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Full text of "Zeitschrift für Ethnologie"

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ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ETHNOLOGIE. 


Organ  der  Berliner  Gesellschaft 


für 


Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 

Unter  Mitwirkung  des  zeitigen  Vorsitzenden  derselben, 

R.  Virchow, 

herausgegeben  von 

A.  Bastian  und  R.  Hartinanii. 


Elfter   Band. 
1879. 


Mit   18   lithograpliirten  Tafeln. 

BERLIN. 

Verlag    von    Wiegandt,    Hempel    &   Parey. 
(Paul  Parey.) 


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Inhalt. 

Seite 

Jagor,  Dr.  F.,  Messungen,  an  lebenden  Indiern  ausgeführt,  bearbeitet  von  Dr.  G.  Körbin         1 

Hartmann,  Robert,  Die  Bejah.     (Hierzu  Taf.  I  — III) 117     195 

Nehring,  Dr.  Alfred,  Fossilreste  eines  Wildesels  aus  der  Lindenthaler  Hyänenhöhle 

bei  Gera.     (Hierzu  Taf.  V) 137 

Bartels,  Dr.  Max,  pract.  Arzt  in  Berlin,  Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen. 

(Zweiler  Aufsatz.)  (Hierzu  Taf.  VI -VIII) 145 

Schultz-Sellack,  Dr.  Carl,  Die  Amerikanischen  Götter  der  vier  Weltrichtungen  und 

ihre  Tempel  in  Palenque 209 

Ascherson,  P.,   Botanisch -ethnographische  Notizen  aus  Guinea.     Aus  den  Aufzeich- 
nungen   von   Thonning  in  Schumacher 's   Beskrivelse   af  Guineiske   Planter 

mitgetheilt 231 

Emin  Bey,  Dr.,  Gouverneur  der  Aegyptischen  Aequatorial-Provinzen,  Wörtersammlung 

des  Kiganda  und  Kinyoro 259 

Schwartz,  Director  Dr.  W.,  Zur  prähistorischen  Mythologie 281 

Gatschet,  Albert  S.,  Farbenbeneunungen  in  nordamerikanischen  Sprachen.     .     .     .     293 
Heunig,    Dr.    med.    Arthur,    pract.  Arzt    in    Königsberg    i.  Pr. ,    Das  Gräberfeld  bei 
Gerdauen.      Vortrag,    gehalten    in    einer    Sitzung    der    Alterthumsgesellschaft 

Prussia 303 

Kon  er,  W.,  Uebersicht  der  Literatur  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte 

im  Jahre  1878  bis  Mitte  1S79 325 

Pietschmann,  Richard,  Ueber  die  Kanarischen  Zahlworte 377 

Kirch  hoff,  Alfred,  Ueber  Farbensinn  und  Farbenbezeichnung  der  Nubier   ....     397 

Saalborn,  Dr.,  Zur  prähistorischen  Karte   des  Kreises  Sorau,  N.  L 403 

Miscellen  und  Bücherschau 136.     208.     292.    393.     436 


Verbandlungen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte 

unter  besonderer  Paginirung. 

Ein   specielles  Inhalts-Verzeichniss  der  Sitzungen,  sowie  ein  alphabetisches  Namen-  und  Sach- 
Register  befinden  sich  am  Schluss  der  Verhandlungen.) 


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Erklärung  der  Tafeln. 


Tafel  I  — III.  Bejah  und  deren  Geräthe.     (Zeitschr.  S.  117.) 

»      IV.  Schädel  aus  der  Knochenhöhle  von  Gorenice  bei  Ojcow  (Polen).  (Verh.  S.  10.) 

„      V.  Wildeselknochen  aus  der  Lindenthaler  Hyänenhöhle  h.  Gera.  (Zeitschr.  S.  137.) 

„      VI  —  VIII.  Abnorme  Behaarung  beim  Menschen.     (Zeitschr.  S.  145.) 

,      IX  — X.  Kanikars  und  deren  Wohnungen.     (Verh.  S.  75.) 

,      XL  — XII.  Ostafrikaner.     (Verh.  S.  97.) 

y,      XIII.  Livländische  Schmucksachen.     (Verh.  S.  108.) 

,      XIV.  Funde  aus  dem  Gräberfeld  von  Reichersdorf,  Nieder-Lausitz.   (Verh  S.  194.) 

r,      XV.  Patagonier.     (Verh.  S.  199.) 

,      XVI.  Steingeräth  von  Hissarlik.     (Verh.  S.  254) 

,      XVIL  ,  Fig.  1.    Schwanzbildung  beim  Menschen.     (Verh.  S.  303.) 

Fig.  2  —  3.  Kupferäxte  aus  Pfahlbauten  der  Schweiz  und  von  der  unteren 
Donau.     (Verh.  S.  335.) 

„      XVIII.  Runenkalender  von  Oesel.     (Verh.  S.  340.) 


Yerzeicliniss  der  Holzsclmitte 
in  den  Yerhandlimgen  der  Berliner  anthropologischen  G-esellschaft, 


Seite  31.    Gesichtsurne  von  Gogolin,  Westpreussen. 
„      42.    Fiing  Schui  in  China. 
„      44.    Fabrikation  der  Pfeifenköpfe  von  Galata. 
B      48.    Gräberfeld  von  Giebichenstein  bei  Halle. 
„      49  —  51,  56.    Fundstücke  von  da. 
,      65.    Trepanirter  Schädel  von  da. 
,      79  —  80.    Geräthe  der  Kanikars.  Indien. 

„  106.    Australische  Zauberhölzer. 
„     107.    Litthaui.scher  Bronzering. 

,  118.    Strohhülle  zum  Transport  von  Schädeln. 

,  124.    Porträtskizzen  eines  Letten  (S.  111) 

„  145.    Ohr  eines  Lappen. 

,  151.    Thongeräthe  von  Jessen,  Niederlausitz. 

,  161.    Geschaftetes  Steinbeil  von  Berlin. 

,  162 — 165.    Altes  Thongeräth  aus  der  Mark  Brandenburg. 

,  192     Thongeräth  vom  Uler  der  Mulde  bei  Eilenburg. 

„  194.    Steinmetzzeichen  vom  Schloss  Grunewald  bei  Berlin. 

„  222.    Angeblicher  Runenstein  von  Heinersdorf  bei  Züllichau. 

„  224.    Weihwasserstein  von  Milz  bei  Römhild. 

,  230.    Hakenringe  und  Perle  aus  dem  Gräberfeld  von  Ober-Oppurg,  Thüringen. 

„  238.    Porträt  eines  Chua,  Punjab. 

,  241.    Trepanirte  (?)  Schädel  von  Strupcic,  Böhmen. 

„  242  —  246.    Funde  von  Elbing. 

„  253  —  254.    Thongeräth  von  Neubrandenburg 

„  265.    Verziertes  Thongeräth  von  Hissarlik. 

,  297.    Altes  Thongeräth  aus  der  Wetterau. 

„  310.    Töpfe  und  Indianergräber  von  Piracicaba,  Brasilien. 

„  327  —  330.    Karten  und  Skizzen  von  Oahu. 

„  335.    Durchschnitt  eines  Schweizer  Schalensteines. 

,  344  —  350.    Funde  aus  Gräberfeldern  von  Lichterfelde  bei  Berlin. 

„  366.    Prähistorische  Kartenskizze  von  Guben. 

,  371  —  374.    Märkische  Funde. 

„  375.    Versilberter  Schläfenring  von  Neuenhageu  an  der  Oder. 

B  377.    Gräberfeld  von  ölaboszewo  (Posen). 

„  378.    Schläfenring  von  da. 

„  380.    Rundmarken  an  der  Kirche  von  Klecko,  Posen. 

,  392.    Abzeichnungen  von  Hand  und  Fuss  eines  Dinka  und  eines  Ben  Amr. 

„  406.    Porträt  des  Grafen  Carl  Georg  Sievers. 

„  428.    Gräber  und  Graburnen  von  Janischewek,  Cujavien. 

„  432.    Schädel  von  da. 

„  434  —  435.   Bernsteinscheibe,  Topfscherben  und  knöchernes  Falzbein  von  da. 

,.  438.    Kirchenmarken  zu  Schmetzdorf  und  Melkow,  Niederlausitz. 

„  442.    Trinkgefässe  (?)  von  Müschen  im  Spreewald. 

,  445.    Bronzecelte  von  Bennewitz  bei  Halle. 


Messungen  an  lebenden  Indiern, 

ausgeführt  von  Dr.  F.  Jagor,  bearbeitet  von  Dr.  G.  Koerbin. 


I.  Vorbemerkungen  von  F.  Jagor. 

Die  Veranlassung  zu  den  folgenden  Körpermessungen  gab  R.  Virchow's 
„Anthropologie  und  prähistorische  Forschungen"  in  Neumayer' s  Anleitung 
zu  wissensch.  Beob.  auf  Reisen,  die  ich  kurz  vor  meiner  Ankunft  in  Süd- 
Indien  erhielt.  Von  der  Mehrzahl  der  gemessenen  Individuen  sind  auch 
Haarproben,  Umrisse  von  Händen  und  Füssen,  mit  der  Camera  lucida  ge- 
zeichnete Bildnisse  und  schriftliche  Aufzeichnungen  über  ihre  Sitten  und 
Gebräuche  vorhanden.  Einige  der  letzteren  sind  bereits  in  den  Verhand- 
lungen der  Anthropologischen  Gesellschaft  (Jahrg.  1876,  S.  100;  1878, 
S.   119  und  S.  230)  veröffentlicht,  andere  sollen  später  folgen. 

Herr  Dr.  Koerbin  hat  sich  der  mühevollen  Arbeit  unterzogen,  die  in 
den  Originallisten  nur  mit  Rücksicht  auf  die  Bequemlichkeit  des  Messens 
gruppirten  Zahlen  zu  einer  übersichtlichen  Darstellung  der  körperhchen  Ver- 
hältnisse wissenschaftlich  zu  ordnen  und  zu  bearbeiten. 

Abgesehen  von  wenigen  Individuen  zweifelhaft  arischer  Abstammung 
sind  sämmtliche  gemessene  Personen  Dravidier,  wenn  nicht  einige  der- 
selben Ueberbleibsel  noch  älterer  Rassen  sind.  Vorwiegend  wurden  zu  den 
Messungen  die  niedrigsten  Kasten  benutzt,  da  anzunehmen  ist,  dass  sie 
den  Typus  der  ältesten  Bewohner  des  Landes  am  reinsten  bewahrt  haben. 
Das  Wort  „Kaste"  ist  hier  in  dem  weiten,  im  modernen  Indien  sehr  ge- 
bräuchlichen Sinne  zu  verstehen,  wie  es  in  den  Verhandlungen  unserer 
Gesellschaft  Jahrg.  1878,  8.  119  erklärt  ist,  und  bezeichnet  Volksgruppen, 
die  durch  ethnographische,  religiöse,  gesellschaftliche,  gewerbliche  oder 
sonstige  Ursachen  zusammengehalten,  von  den  übrigen  Bewohnern  des 
Landes  aber  mehr  oder  weniger  scharf  abgeschlossen  sind;  es  umfasst  also 
auch  die  sogenannten  Kastenlosen  (outcastes)  und  jene  interessanten 
Gruppen,  die  abgesondert  vom  Verkehr,  in  schwer  zugänglichen  Oertlich- 
keiten  hausen,  und,  zum  Theil  wenigstens,  als  letzte  Reste  sehr  alter  Völker 
und  Repräsentanten  vorgeschichtlicher  Civilisationen  betrachtet  werden  müssen. 

In  der  Tabelle  sind  47  „Volksgruppen    oder  Kasten*  aufgeführt.     Eine 

Zeitschrift  für  Ethnologie.    Jahrg.  1879.  1 


2  Dr.  Jagor: 

systematische  Eiatheilung  derselben  auf  ethnographischer  Grundlage  musste 
aus  ünkenntniss  der  näheren  Verhältnisse  unterbleiben.  "Wie  gross  das 
Dunkel  über  den  Ursprung,  die  Gliederung,  die  Begrenzung,  die  relative 
Stellung  der  einzelnen  „Kasten*'  in  Indien  selbst  ist,  zeigt  das  Bekennt- 
niss  des  Dr.  Cornish,  welcher  die  letzte  Volkszählung  in  der  Präsident- 
schaft Madras  1871  geleitet  und  einen  vortrefflichen  Bericht  in  3  Folio- 
bänden (Report  on  the  Census  of  the  Madras  Pres.  Madras  1873)  veröffent- 
licht hat.  Nach  Dr.  Cornish  giebt  es  nicht  zwei  Abtheilungen  oder  Unter- 
abtheilungen des  Volkes,  welche  über  diese  Verhältnisse  einig  sind,  während 
die  Ansichten  europäischer  Autoritäten  hoffnungslos  auseinander  gehen. 
Die  Versuche  der  letzteren,  die  Kasten  zu  beschreiben,  haben  meist  die 
Verwirrung  noch  verworrener  gemacht.  Auf  Verlangen  der  Regierung 
musste  wenigstens  versucht  werden,  die  wichtigeren  Kasten  (Kastengruppen) 
Süd-Indiens  aufzuführen.  Selbst  dies  war  mit  ungeheueren  Schwierigkeiten 
verbunden.  Viele  mit  den  Gewohnheiten  und  Gebräuchen  des  Volkes  ver- 
traute, gelehrte  Missionäre  und  eingeborene  Beamte  wurden  befragt,  ihre 
Angaben  waren  aber  in  der  Regel  so  widersprechend,  dass  der  Werth  der- 
selben dadurch  verdächtig  wurde.  In  keinem  Werke  ist  jemals  der  Ver- 
such gemacht  worden,  die  unzähligen  Cnterabtheilungen  der  Kaste,  deren 
weitere  Spaltung  noch  immer  fortschreitet,  zu  classificiren.  Man  entschloss 
sich  endlich  eine  von  einem  früheren  Volkszählungs-Kommittee  für  Süd-Indien 
vorgeschlagene  Classification  anzunehmen ;  die  wenigstens  den  Versuch 
macht,  das  Dunkel  einigermassen  zu  lichten:  Die  Eintheilung  der  Hindus 
in  1)  Brahminen,  2)  Kschatrias,  3)  Vaisias,  4)  Sudras  und  5) 
Kastenlose  wird  ohne  weiteres  angenommen;  die  Gruppen  4  (Sudra)  und 
5  (Kastenlose),  welchen  fast  die  ganze  Bevölkerung  Süd-Indiens  angehört, 
sind  in  folgende  Unterabtheilungen  zerlegt: 
I.  Acker-  oder  Landbauer-Kasten. 
II.  Schäfer-  oder  Hirten-Kasten. 

III.  Handwerker-Kasten. 

IV.  Schreiber-  und  Rechnungsführer-Kasten. 
V.  Weber-Kasten. 

VI.  Feldarbeiter-  und  Sklaven-Kasten  früherer  Einwanderung,    wahr- 
scheinlich   turanischer    Abstammung    oder  Ureinwohner   (meist 
Arbeiter  oder  Sklaven  von  Abth.  I.) 
VII.  Töpfer-Kasten. 

VIII.  Gemischte  Kasten    (meist  religiöse  Sekten,    welche  dem  Kasten- 
unterschiede entsagen  und  mit  dem  Tempel-  und  Götterdienste 
zu  thun  haben). 
IX.  Fischer-  und  Jäger-Kasten. 
X.  Palmenzapfer-Kastcu. 
XI.  Barbier-Kasten. 
Xn.  Wäscher-Kasten. 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  3 

XIII.  Niedere  Rassen,  gegenwärtig  als  Kastenlose  (outcastes)  oder  Pa- 
riah  geltend,  in  einigen  ihrer  Abtheilungeu  aber  Vertreter  der 
Ureinwohner  Indiens. 

Das  Kommittee  fand,  dass  sich  die  gesammte  Bevölkerung  Süd-Indiens 
in  diesem  Systeme  unterbringen  Hess  und  fügte  für  Ausnahmefälle  noch 
eine  Gruppe  „Andere  Kasten"  hinzu. 

In  nachstehender  Tabelle  ist  diese  Classificirung,  soweit  thunlich,  in 
Anwendung  gebracht;  die  entsprechenden  Zahlen  befinden  sich  in  der 
„Madras  Census"  bezeichneten  Kolumne,  welche  ausserdem  noch  die 
Zeichen  A,  B,  i  enthält:  A  =  Brahmine,  B  =  Vaisia,  M  =  Mohamedaner, 
i  =  isolirt  lebende  Volksstämme.  Die  Gruppe  13  ist  in  6  enthalten,  da  es 
mir  nicht  möglich  war  VI  von  XIII  in  allen  Fällen  mit  Sicherheit  zu 
trennen.  In  der  Tabelle  ist  auch  der  Versuch  gemacht  die  Kasten  nach 
ihren  gegenwärtigen  Wohnsitzen  zusammenzustellen.  Die  ersten  8  Ord- 
nungsnummern wohnen  in  Malabar  und  sprechen  Malayalim,  No.  9  und 
10  bewohnen  die  Anamally-Berge,  11  bis  IG  das  Nilgiri-Gebirge, 
17  die  Shevaro  y-Berge  (im  Salem -Distrikt).  In  den  Nilgiris  wird 
Canaresisch  gesprochen.  Die  Nummern  18  bis  40  Hessen  sich  nicht  strenge 
nach  ihren  Wohnplätzen  sondern,  und  bilden  eine  grosse,  Tamil-sprechende 
Gruppe.  41  enthält  Tel egus,  deren  Heimat  NW  von  der  der  Tamils  liegt. 
Den  Schluss  bilden  einzelne  Individuen  zweifelhaft  arischer  Abstammung. 
Die  Gruppe  7  (Nayer)  enthält  aber  jedenfalls  viel  arisches  Blut  (vgl.  Ver- 
handlungen 1878,  S.  124,  125,  132.) 

Trotz  der  Schüchternheit  dieses  Gruppirungs -Versuches  ist  es  nicht 
unwahrscheinlich,  dass  die  Tabelle  manche  Unrichtigkeiten  enthält.  Möchten 
besser  Unterrichtete  dadurch  zu  Berichtigungen  und  weiteren  Ausführungen 
bewogen  werden. 


II.  Specielle  Bearbeitung  von  G.  Koerbin. 

Herr  Jagor  hat  auf  seiner  indischen  Reise  mit  der  ihm  eigenen  in- 
telligenten Energie,  obgleich  nicht  Naturforscher  von  Fach,  auch  das  schwie- 
rige Capitel  der  Messung  Lebender  in  Angriff  genommen.  Herrn  Vir chow 's 
Wunsche  gemäss  sind  im  Folgenden  die  an  ca.  dritthalbhuudert  Repräsen- 
tanten verschiedener  indischer  Stämme  und  Kasten  gewonnenen  Resultate  zu- 
sammengestellt und,  wie  ich  hoffe,  ihren  Consequenzen  für  die  Wissenschaft 
entsprechend  klar  gelegt.  Die  Arbeit  hatte  in  mehr  als  einer  Beziehung 
ihr  Missliches,  namentlich  in  sofern,  als  manche  Zweifel  in  Bezug  auf  die 
Richtigkeit  der  anatomischen  Daten  hervortraten,  und  andererseits  Herr 
Virchow  als  sorgsamer  Hüter  anthropologischer  Schätze  Nichts  unterdrückt 
zu  sehen  wünschte.  In  ganz  anderer  Weise  würde  der  Werth  des  hier 
Gegebenen  sich  bemerklich  machen,  wenn  die  von  Herrn  J  agor  in  reicher 
Fülle  gesammelten  und  mit  vollendeter  Genauigkeit  (mittelst  der  camera  lu- 

X* 


4-  Dr.  Koerbin: 

cida)  aufgenommenen  Zeichnungen  ganzer  Körper  wie  einzelner  Theile  der- 
selben hinzugefügt  werden  könnten.  Immerhin  liegt  hier  des  Brauchbaren 
und  WerthvoUen  so  viel  vor,  dass  wir  bei  der  Seltenheit  des  zusammen- 
gebrachten Materiales  die  naturgemässen  Un Vollkommenheiten  gern  accep- 
tiren  werden,  um  so  mehr,  als  auch  ein  nicht  eigens  für  diese  Dinge  in- 
struirter  Mediziner  die  zweckgerechten  Maasse  kaum  herausfinden  würde. 

Als  Beobachtungsfeld  dienten  für  die  vorliegenden  Messungen  zum  Theil 
die  Gefängnisse  der  Präsidentschaft  Madras,  zum  Theil  freie  Leute.  So 
sind  namentlich  die  ersten  17  Kasten  sämmtlich  in  der  Freiheit  gemessen. 
Beobachtungen  an  Kindern  wurden  nicht  angestellt,  die  Männer  des  mittleren 
Lebensalters  sind  stark  vorwiegend. 

Ueber  die  Herkunft  fanden  sich  durchgehends  genaue  Notizen  in  fünf 
Rubriken:  L  Nationalität,  IL  Dorf,  Distrikt,  III.  Provinz,  IV.  Kaste,  Beruf, 
Erwerb,  V.  Name  (resp.  Nummer  der  Gefangenen). 

Von  der  Notirung  der  Dorf-  und  Personen -Namen  ist  in  Ueberein- 
stimmung  mit  Herrn  Ja  gor  Abstand  genommen,  zumal  sie,  nur  nach  dem 
Gehör  verzeichnet,  nicht  ganz  sicher  sein  können.  Sonst  ist  nichts  weg- 
gelassen, ausser  dass  beigefügte  Randzeichnungen  der  Zähne  und  Tätto- 
wirungen,  soweit  sie  ihrer  Bedeutung  nach  klar  waren,  in  Text  übersetzt 
wurden. 

Bei  einer  so  grossen  Reihe  von  Ziffern  ist  es  nun  sicherlich  ein  tief 
empfundenes  Bedürfniss,  durch  Zusammenziehung  und  Herstellung  von 
Mittelzahlen  einen  leicht  fasslichen  Ueberblick  zu  gewinnen,  und  wo  mög- 
lich ethnographische  und  klimatische  Verhältnisse  in  den  Köperdimensionen 
wieder  gespiegelt  zu  sehen.  Indess  möge  man  sich  an  die  für  jede  Gruppe 
viel  zu  geringe  Zahl  von  Individuen  und  jenen  Grundsatz  Quetelet's 
erinnern,  dass  die  Grössencurve  einer  Volksgruppe  an  dem  einen  Ende  die 
Menge  der  kürzeren,  an  dem  anderen  die  der  längeren  Leiber  zeigt  und 
die  Mitte  sich  um  so  steiler  erhebt,  je  mehr  Individuen  sich  dem  Mittel- 
typus nähern.  Habe  ich  also  wenige  Individuen,  so  bedarf  ich  wenigstens 
einer  annähernden  Bestimmung  über  die  Stellung,  welche  das  Einzel-Indivi- 
duum gegenüber  seinen  Kastengenossen  bezüglich  des  Körpertypus  einnimmt. 
Solche  Angaben  aber  fehlen  hier  völlig. 

Herr  Jagor  giebt  in  der  Vori)emerkung  die  erforderliche  Aufklärung 
über  die  hier  giltige  Bedeutung  des  Wortes  „Kaste"  und  die  Gesichtspunkte 
der  von  ihm  beigebrachten  Kastenordnung.  Wieweit  sich  danach  die  mit- 
getheilten  47  resp.  54  Nummern  gruppiren  Hessen,  ist  aus  der  hier  folgen- 
den, von  Herrn  Jagor  nach  den  besten  Quellen  so  systematisch,  wie  es 
überhaupt  möglich  war,  hergestellten  Uebersicht  zu  ersehen. 


Messungen  an  lebenden  Indiern. 

Verzeichniss  der  Volksgruppen  oder  Kasten, 
denen  die  gemessenen  Individuen  angehören. 


Volksgruppe 

oder 

Kaste. 

Madras- 
Census. 

Bemerkungen. 

1 

2 
3 
4 

5 
6 

7 
8 
9 

VMas 

Piilayer     ... 

Cheruiiias 

Pduirs 

Mi'ipeu 

Känikas 

Tiers      

NAyors 

Möplah 

VI;i 
VI 
VI 
VI 
VI 
VI  i 
X 
I 
m 

zum  Theil  Feldarbeiter,  Sklaven. 
Feldarbeiter,  Sklaven. 

desgl.                 (sprich  Tscher  mar) 

desgl. 
Holzfäller. 

Feldbauer  in  Waldungen  der  Athrumally-Berge. 
Palmenzapfer. 
Kriegerkaste,  Gutsbesitzer. 
Muhamedaner  von  Malabar. 

No.  1  bis  9  wohnen  in  Malabar  und  sprechen  Malayalim-Dialekte. 


10  I  Mülcers 

1 1  Kaders 


VI 

VI 


10  und  ]  1  bewohnen  die  Anamally-Berge. 


12  Näya-Kurumbas      .     .  1  VI  i      halbwild  in  Wäldern. 

13  Kurümbas VI  i     Feldarbeiter,  Beschwörer. 

14  Irulas VI  i      halbwilde  Vagabunden. 

15  Tödas II?  i     Bütlelzüchter. 

16  Kötas III  ?  i    Handwerker. 

17  Biidagas |    I  i       Landbauer. 

12  bis  17  bewohnen  das  Nilgiri-Gebirge  und  sprechen  Canaresische  Dialekte. 

18 1  Malidlis I     I  i    1  Landbauer. 

18  bewohnen  die  Shevaroy-Berge  im  Salem- Districte. 


19 

20 

21 

22 

23 

24 

25 

2G 

27 

28 

29 

30 

31 

32 

33 

34 

35 

36 

37 

38 

39 

40 

41 

42 

43 

44 

45 

46 

47 


Päriahs     . 
Clieklers 
PiUlaus      . 
Köruvas     . 
Lduibadis  . 
Fischer 
Vetevas 
Katumarätis 
Kall  ans 
Märavaus 
Pyer      .    . 
Pällis     .    . 
Schänars    . 
Döbhis  .    . 
Uüddars     . 
Pandsirems 
Tempeldiener 
Töpfer  . 
Träger  . 
Weber  (niodll 
KamiUas 
PAnikens   . 
Milchuiauu 
Velh'ilas     . 
Telegiis 
Oelhäudler 
Chetti    . 
Brahmiue 
Mohamedauer 


ar 


VI 
VI 

VI 
? 

? 

IX 

IX 

IX  i  (?) 

VI 

VI 
VI? 

VI 

IX 
XII 
VI? 
VIII 
VIII 
VII 

? 

V 

III 
III 

II 

I 

B 
B 
A 
M 


sehr  verschiedene  niedrige  Gewerbe. 

Lederarbeiter  (sprich  Tschekler). 

Feldarbeiter. 

Vßgabunden. 

Vagabunden. 

Jäger. 

Vogelfänger. 

Landbauer,  ehemalige  Diebeskaste. 

Landbauer,  ehemalige  Rüuberkaste. 

Feldarbeiter. 
Palmenzapfer. 
Wäscher. 
Strassenkehrer. 
religiöse  Bettler. 


Handwerker, 
desgl. 

Landbauer, 
verschiedene  Gewerbe. 

(sprich  Tschetti)  Krämer,  Geldleiher. 


6 


Dr.  Koerbin: 


Für  die  Messungsmethode  sind  im  Wesentlichen  zwei  Schemata  in  Ge- 
brauch gezogen:    nämlich    entweder    nur  Kopfmasse   neben  der  Körperhöhe, 
oder  ausserdem  eine  zahlenreiche  Skala  von  Rumpfmassen,  welche  natürlich 
vorzugsweise  unser  Interesse    fesseln.    Bezüglich    der  Technik    wurden    die 
Instructions  generales  pour  les  Recherches  anthropologiques,  Paris  1865,  als 
maassgebend  angenommen.    Ohne  auf  diese  weiter  einzugehen,  muss  ich  doch 
skizziren      was  Herrn  Jagor    für    die  Anwendung    des  Coordinatensystems 
auch    auf    den  Kopf  Veranlassung    geworden    ist.     Pag.  39  und  88  der  In- 
structions  zeigen  uns  unter  dem  Namen  Procede  de  la  double  equerre  eine 
Vorrichtung,    der  Genauigkeit   und  Schnelligkeit    gleichmässig    nachgerühmt 
wird    was  ich  allerdings  nur  cum   grano  salis  acceptiren  möchte.     Aber  ihr 
Hauptvorzug,  heisst  es  dann  weiter,  liege  darin,  die  elements  du  triangle 
facial  avec   une  rigueur  geometrique  zu  liefern.     Wer  sich  hierüber 
instruiren  will,  möge  in  der  Quelle  nachlesen.   Zur  Vorrichtung,  soweit  sie  uns 
angeht,  gehören  drei  Instrumente:   1)  das  in  Centimeter  getheilte  Messbrett, 
(la  plauche    graduee)    2)  die  Richtschiene  (l'equerre    directrice)  und    3)  die 
Tastschiene    (l'equerre  exploratrice).    No.  1  ist  ein  ca.  15  cm  breites,  2  cm 
dickes  Brett  von  1   m  Länge,    das    den    in  cm  getheilten  Maassstab  für  die 
Höhenrichtuug    herstellt.     Eine    Rinne    längs    des    einen  Randes    ist  genau 
rechtwinklig  eingeschnitten,  ca.  1  cm  tief  wie  breit,  so  dass  ein  entsprechend 
geformtes  Winkelmaass  mit  dem  senkrechten  Arm  auf  und  ab  gleitet,  während 
der  längere,  (ca.  25  cm  bei  7  cm.  Breite)  horizontale  gerade  nach  vorn  ab- 
steht.    Wird    letzterer,    unter  Freilassung    des    kleinen   in  die  Rinne  einge- 
schobenen Stückes,    also  von  der  Flächenbreite  des  grossen  Messbrettes  an 
gerechnet,    mit  einer  Millimeterskala   versehen,    so    hat    man  einen  genauen 
Tiefenmesser,    der    sich    für   jeden    beliebigen  Kreuzungspunkt  rechtwinklig 
zu    dem  Höhenmasse    feststellen    lässt    (theils  durch  Reibung,    theils    durch 
den  Druck    einer    am    senkrechten  Arme    angebrachten    kleinen   elastischen 
Metallfeder).     Wie    nun  1)   und  2)  ein  bewegliches  Achsenkreuz  darstellen, 
so  dient  3)  dazu,  mit  2)  einen  rechten  Winkel   zu    bilden  und  jeden  in  der 
Querrichtung  seithch  abstehenden  Punkt,  z.  B.  im  Medianschnitt  des  Kopfes 
bei    aufrechter  Körperhaltung    und  Anlehnung    des   Rückens    an    die  Mess- 
planke, genau  senkrecht  auf  den  Maassstab    an    2)  zu    projiciren;    es    wird 
nämlich    eine    1— H  ^^-    starke  Eisenschiene    von  18  cm    Länge    dadurch 
rechtwinklig  auf  der  Messkante  von  2)  bis  zu  dem  zu  bestimmenden  Punkt 
herangeschoben,    dass    eine    ebenfalls    genau    rechtwinklig    angefügte  glatte, 
ca.   12  cm.  lange,    reichlich    4  cm    breite    und   1   cm   dicke  Platte  von  Holz 
ihr  als  Leitschiene  dient  und  fest  gegen  die  Breite  des  horizontalen  Armes 
von  2)  gedrückt  wird,  während  die  Glätte  der  parallelen  Berührungsflächen 
das  Hin-    und  Hergleiten    in  der  Richtung  von  vorn  nach  hinten  leicht  ge- 
stattet.   Die  Idee  der  Vorrichtung  ist  also  durchsichtig  genug,  um  mit  Ver- 
zicht auf  jede  Kritik  der  sich  bei  dem  Gebrauch  ergebenden  Mängel  Herrn 
Jagors  Modification  erwähnen  zu  können:  No.  1   ist  bei  ihm  2  Meter  hoch 


Messungfen  an  lebenden  Indiern,  7 

und  in  der  Mitte  in  einem  Charnier  zusammen  zu  klappen,  so  dass  bei  zu- 
reichender Höhe  doch  die  Transportfähigkeit  nicht  leidet;  ein  einfacher 
Üeberzug  von  Sackleinen  genügt,  während  mittelst  geeigneter  Einschnitte 
nicht  nur  2)  und  3),  sondern  auch  ein  starker  Tasterzirkel  in  der  Binnen- 
fläche völlig  geschützt  untergebracht  werden.  No.  2  entbehrt  des  senkrechten 
Führungsarmes;  der  horizontale  Messarm  hält  sich  theils  durch  Eiufalzung 
seines  schwalbenschwanzartig  verbreiterten  Fusses  in  entsprechende  Aus- 
schnitte der  Rinnenwände,  theils  durch  oben  und  unten  angebrachte  gleich 
starke  elastische  Federn  von  solcher  Breite,  dass  sie  über  die  Rinne 
hingleiten. 

Mit  dieser  Vorrichtung  sind  nun  folgende  Maasse  genommen:  (die  Nume- 
rirung  nach  Jagor:) 

1)    aufrechte    Höhe,     Niveaudifferenz     zwischen     dem    höchsten 
Scheitelpunkt  und  der  wagerechten  Standebene. 
19)    Sitzhöhe,  d.   i.  Scheitelhöhe    über    den    mit  Weichtheilen    be- 
deckten Tubera  ischii. 

Eine  völlig  exacte  Methode  erforderte,  dass  die  Lage  des  Höhenpunktes 
durch  anatomische  und  geometrische  Beziehungen  genau  präcisirt  würde; 
jedenfalls  aber  muss  die  Kopfhaltung  fixirt  werden,  da  bei  jeder  Drehung 
der  Profilrundung  ein  anderer  Punkt  eingestellt  wird  Von  CIX  an  ist  nun 
auch  der  Ansatz  der  Nasenscheidewand  und  die  äussere  Höröffnung  in  eine 
Horizontale  gebracht,  cf.  p.  88  der  Instructions.  Aber  unser  aufmerksamer 
Reisende  fand  dabei  vielfach  eine  offenbar  unnatürliche  Drehung  nach  hinten, 
und  wer  hier  zu  Lande  eine  grössere  Zahl  von  Personen  darauf  ansieht, 
findet  in  der  That  eine  sehr  verschiedene  Niveaudifferenz  zwischen  Nasen- 
und  Ohröffuung,  in  der  weitaus  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  aber,  bei 
zwangloser  Kopfhaltung  und  Blickrichtung  gegen  den  Horizont  hin,  den 
unteren  Rand  der  Höröffnung  höher  gelegen,  sei  es  auch  nur  um  wenige 
Millimeter.  Dazu  kommt,  dass  der  untere  Endpunkt  der  äusseren  Höröff- 
nuug  wesentlich  tiefer  liegt,  als  der  eigentliche  Eingang  in  das  Innere  des 
Ohres,  und  zwar  ist  die  nach  unten  gegen  den  Ohrzipl'el  hinabsteigende 
flache  Tasche  in  ihrer  Form  auch  wieder  sehr  verschieden.  Der  höher  ge- 
legene Punkt  ist  seiner  typischen  Bedeutung  nach  ohne  Bedenken  der  cor- 
rectere,  schnellt  aber  die  überdies  schon  gehobene  natürliche  Kopfhorizontale 
vollends  ungebührlich  nach  hinten  oben.  In  der  Musterzeichnung  des  fran- 
zösischen Werkes  ist  der  tiefste  Punkt  der  Nasenscheidewand  mit  dem  unteren 
Endpunkt  der  äusseren  Höröffnung,  d.  i.  also  der  incisura  intertragica,  in 
eine  Horizontale  gebracht,  und  Herr  Jagor  gab  ohne  Zögern  den  Bescheid, 
natürlich  dasselbe  gethan  zu  haben :  Bis  zum  Niveau  des  oberen  Tragus- 
randes  zu  di'ehen  sei  ja  völlig  unthunlich  gewesen.  Der  französische  Text 
sagt  p.  87:  On  fait  descendre  Tequerre  directrice  jusqu'ä  ce  que  son  bord 
sup^rieur  „affleure"  le  „conduit  auditif'';  puis  on  fait  „redresser"  la  tete  du 
sujet  jusqu'ii  ce  que  lepoint  sous-nasal  soit  exactement  sur  le  meme  niveau 


8 


Dr.  Koerbin ; 


que  ce  conduit.  Danach  wäre  also  vom  französischen  Autor  gerade  ent- 
gegengesetzt der  oberste  Punkt  der  äusseren  Gehöröffnung  gemeint.  Wenn 
nun  p.  83  die  Ausdrücke  orifice  externe  de  l'oreille  und  niveau  de  l'oreille, 
synonym  mit  conduit  auditif  in  demselben  Satz  gebraucht,  eine  schwankende 
Ortsbestimmung  anzunehmen  gestatten,  so  wird  p.  85  zweifelsohne  point 
auditif  als  Eingangspunkt  für  die  axe  biauriculaire  präcisirt. 

Dieses  anscheinend  kleinliche  Bestehen  auf  dem  Detail  der  Lokalisation 
für  die  Messpunkte  muss  nothwendiger  Weise  zum  richtigen  Verständniss 
voraufgeschickt  werden  so  lange,  bis  eine  anthropologische  Anschauungs- 
weise uns  die  geometrischen  Beziehungen  der  Schädelarchitectonik  vertraut 
gemacht  hut.  Für  Gesammthöhe  u.  dgl.  kommen  natürlich  diese  Tifteleien 
wenig  zur  Geltung,  aber  sehr  wesentlich,  wie  wir  sogleich  sehen,  für  die 
wichtigsten  physiognomischen  Verhältnisse,  Nasen-Index  und  Gesichtswinkel 
resp.  Prognathismus. 

Die  Grenzen  dieser  lediglich  referirenden  Darstellung  verbieten  längere 
theoretische  Erörterungen.  Es  sei  daher  kurz  bemerkt,  dass  für  die  vor- 
lie^yende  Maassmethode  auf  den  alten  Camper'schen  Gesichtswinkel  zurück- 
gegriffen  ist:  die  Ohröffnung  wird  auf  die  Medianebene  projicirt  und  ein 
Winkel  innerhalb  dieser  hergestellt  durch  die  Horizontale  zur  Nasenscheide- 
wand und  durch  die-  Tangente  von  dieser  zur  Stirngrenze.  Die  Gesichts- 
linie nimmt  also  auf  die  Gestalt  der  Alveolarfortsätze  und  die  Richtung  der 
Zähne  keine  Rücksicht. 

Von  den  drei  in  Betracht  kommenden  Punkten  ist  der  hinterste  bereits 
präcisirt  als  der  Durchschnittspunkt  der  Medianebene  und  der  queren  Ohr- 
axe,  gelegt  durch  die  Meatus  auditorii  externi  jederseits.  Der  vorderste 
Scheitelpunkt  wird  am  Skelett  bezeichnet  durch  die  Spina  nasalis  anterior; 
am  Lebenden  ist  es  der  Scheitelpunkt  des  annähernd  rechten  Winkels  zwi- 
schen dem  unteren  Rande  der  knorpeligen  Nasenscheidewand  und  der  Fläche 
der  Oberlippe;  was  wir  etwas  obenhin  und  incorrect  „Nasenscheidewand" 
nennen,  und  vielleicht  besser  thäten  durch  das  auch  nicht  längere  Wort 
„Nasenlippenwinkel"  exacter  zu  bezeichnen,  das  heisst  französisch  point 
sous- nasal.  Dem  entspricht  nun  ein  point  sus- nasal,  dessen  nähere  Er- 
läuterung für  den  deutschen  Leser  nothwendig  ist. 

Jene  abgerundete  Erhebung,  welche  an  der  Nasenwurzel  aus  einer  mehr 
oder  minder  tiefen  Einscnkung  schnell  aufsteigt  und  in  die  Stirnfläche  all- 
mählich übergeht,  und  die  wir  als  meist  frei  von  Augenbrauen  „glabella" 
benennen,  wird  als  bosse  nasale  de  Tos  frontal  zur  Nase  in  besondere  Be- 
ziehung gesetzt.  Die  Grenze  zwischen  Schädel  und  Gesicht  beim  Lebenden 
findet  der  französische  Autor  in  der  ligne  sourciliere,  d.  i.  die  horizontale 
Tangente  des  oberen  Randes  der  Augenbrauen.  Die  Mitte  dieser  Linie  pas- 
sirt  über  die  obere  Gegend  der  bosse  nasale,  und  dieser  Schneidepunkt  in 
der  Mcdiauebenc  heisst  point  sus-nasal.  Er  ist  ungefähr  2  cm  oberhalb  der 
Nasenwurzel  gelegen,    indess  ist  bekanntlich  gerade  hier    die  Variation  mit 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  9 

dem  Gesichtstypus  sehr  bedeutend.  Den  vorspringendsten  Theil  der  Glabella 
oder  die  Nasenwurzel  zu  nehmen,  sei  zwar  bequemer,  aber  weit  weniger 
exact,  indem  man  dem  Schädel  unter  Verkürzung  des  Gesichtes  einen  mehr 
oder  minder  grossen  Theil  der  Augenbrauengegend  hinzufüge.  Bekanntlich 
benutzte  Camper  in  seiner  Profilzeichnung  den  erhabensten  Punkt  der  Gla- 
bella, fand  aber  dafür  auch  seinen  Gesichtswinkel  durch  einen  ganz  äusser- 
lichen  Grund,  je  nachdem,  um  mehrere  Grade  grösser  oder  kleiner:  es 
leuchtet  ein,  dass  das  Zurücktreten  des  Gesichtes  und  das  Vorspringen  der 
Glabella  denselben  Effect,  nämlich  eine  steilere  Richtung  der  Gesichtslinie, 
erzielen.  Die  Werthschätzung  des  point  sus-nasal  ist  hier  nicht  meine  Sache; 
immerhin  giebt  er  dem  Einzelforscher  einen  festen  Punkt  für  die  Messung. 

Indess  hat  Herr  Jagor  diesen  Punkt  nicht  benutzt,  sondern  nach  seinen 
Notizen  bei  den  Catalognummern  I— XLIX  die  „Stirnwulst",  späterhin  aber 
die  „Fläche  unmittelbar  darüber"  genommen;  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  ist 
er  also  über  die  Grenze  der  ligne  sourciliere  noch  hinaufgegangen. 

Man  sieht  daraus,  es  wäre  einfach  verlorene  Mühe  ,  auf  Grund  so 
schwankender  Ortsbestimmungen  vergleichende  Berechnungen  des  Gesichts- 
winkels anstellen  zu  wollen.  Allenfalls  ginge  es  an,  die  späteren  Nummern 
nach  CVIII  dahin  zusammen  zu  fassen,  dass  eine  etwas  grobe  Herstellung 
der  Horizontale  zwischen  unterem  Rande  der  Nasenscheidewand  und  der 
äusseren  Höröffnung  —  ohne  genaue  Präcision  eines  bestimmten  Punktes 
derselben  —  angenommen  würde,  und  dazu  als  Höhenpunkt  der  Beginn  der 
Stirnebene.  Wer  aber  einmal  selbst  gemessen,  nnd  dasselbe  Individuum 
mehrmals  controlirt  hat,  der  weiss,  wie  schwierig  es  schon  bei  ganz  genau 
fixirten  Punkten  ist,  stets  dieselben  Entfernungen  herauszubringen:  wie  viel 
Prozente  der  gefundenen  Unterschiede  soll  man  hier  dem  Verfahren  zu- 
schreiben? 

Es  sei  zur  völligen  Klarstellung  noch  einmal  recapitulirt:  für  die  Orts- 
bestimmung des  Stirnpunktes  liest  man  auf  dem  seitlich  dem  Schädel  an- 
liegenden wagerechten  Maassarm  mittelst  Projection  durch  die  rechtwinklig 
herangeschobene  Eisenplatte  den  Tiefenabstand  von  der  senkrechten  Rück- 
wand ab,  und  gleichzeitig  auf  der  grossen  Scala  die  Höhe  über  dem  Erd- 
boden; dann  rückt  man  den  wagerechten  Arm  weiter  hinab  bis  zum  Niveau 
des  Nasenlippenwinkels  und  des  Gehörganges,  liest  wieder  ab  die  senkrechte 
Höhe  einerseits,  und  den  rechtwinkligen  Abstand  von  der  Rückwand  ande- 
rerseits. Einfache  Subtraction  ergiebt  wie  hoch  der  Stirupunkt  über  der  Hori- 
zontale und  wie  weit  der  Nasenpunkt  vor  dem  Olirpunkt  liegt.  Hierbei  ist  es 
ganz  natürlich,  dass  der  Messende  geneigt  sein  wird,  erst  die  Horizontale 
herzustellen  und  dem  entsprechend  die  Kopfhaltung  zurecht  zu  rücken:  daher 
kommt  es  in  praxi,  dass  man  bei  der  äusseren  Höröffnung  von  unten  her 
an  einem  tiefer  gelegenen  Punkte  Halt  macht  als  von  oben  her,  und  es  ge- 
hört ein  Stück  der  Pedanterie  eines  Mathematikers  dazu,  um  sich  vor  unbe- 
merkten Variationen   zu  hüten. 


j^Q  Dr.  Koerbin: 

Fällt  man  von  dem  Stirnpunkt  eine  Senkrechte  auf  die  Horizontale  zwi- 
schen Nasenlippenwinkel  und  Ohreingang,  so  findet  man  die  Schädellänge 
o-eometrisch  betrachtet,  d.  h.  die  längste  Tiefendimension  bei  der  Projections- 
ansicht  von  oben  her.  Dieser  Abstand,  der  an  den  vordersten  wie  hintersten 
Schädelpunkt  gelegten  Berührungsebenen,  welche  mit  dem  Medianschnitt  wie 
mit  der  Normalhorizontale  rechte  Winkel  bilden,  heisst  „ganze  Schädelpro- 
jection"  und  wird  durch  den  Ohrpuukt  in  eine  „hintere"  und  eine  „vordere 
Schädelprojection"  getheilt.  Die  ganze  HorizontalUnie  zwischen  der  hinteren 
Berührungslinie  und  dem  Nasenlippenwinkel  wird  „Kopfhorizontale"  oder 
wörtlicher  „Horizontal axe  des  Kopfes"  genannt.  Die  Differenz  beider  be- 
schriebenen Linien  heisst  „Gesichtsprojection",  ist  also  die  Abscissendistanz 
zwischen  den  Ordinaten  vom  point  sous  -  nasal  und  point  sus -nasal,  resp. 
dessen  Ersatzpunkt,  und  sie  gilt  nun  als  Mass  des  Proguathismus. 

Man  sieht,  so  lange  die  UnvoUkommenheit  der  Ausführung  nicht  in 
Frage  steht,  ist  das  bezeichnete  Verfahren  ein  Muster  von  Einfachheit  und 
Correctheit.  Nach  den  mitgetheilten  Ziffern  lässt  sich  jederzeit  die  Profil- 
zeichnung reconstruiren :  auf  den  Schenkeln  eines  rechten  Winkels  mit  Oeff- 
nung  nach  oben  und  vorn  theilt  man  aufwärts  die  Niveau  differenz  zwischen 
point  sous -nasal  und  sus  -  nasal  ab,  vorwärts  die  Abstände  des  Ohr-  resp. 
Nasenpunktes  von  der  senkrechten  Rückwand,  die  ihren  Berührungspunkt 
mit  der  hintersten  Schädelstelle  eben  in  der  Oeffnung  des  Winkels  hat. 
Trägt  man  nun  rückwärts  von  der  Nasenscheidewand  her  das  Mass  des 
Prognathismus  in  so  und  so  vielen  MilUmetern  auf,  so  liegt  gerade  senkrecht 
darüber  in  der  auf  dem  entsprechenden  Winkelarm  angezeigten  Höhe  der 
point  sus-nasal.  Hat  man  Lust  dazu,  so  macht  die  Winkelmessung  in  dem 
Dreieck  zwischen  den  Endpunkten  des  Prognathisrausmaasses  und  dem  poiot 
sus-nasal  keinerlei  Schwierigkeit. 

Die  bedenklichen  Seiten  einer  Methode,  welche  categorisch  eine  Milli- 
meterzahl als  prägnanten  Ausdruck  für  Prognathismus  fordert,  der  seinerseits 
gar  nicht  durch  natürliche  Merkpunkte  vorgezeichnet  ist  —  der  point  sus- 
nasal  ist  eben  nichts  als  ein  Kunsttehler  von  sehr  variabler  Bedeutung  — 
werde  ich  an  anderer  Stelle  zu  besprechen  Gelegenheit  haben.  Hier  habe 
ich  die  Gesichtspunkte  entwickeln  müssen,  auf  denen  die  Jagor'sche  Mes- 
sung beruht,  und  der  Fortschritt  meines  Referates  kann  nun  desto  schneller 
geschehen. 

Herr  Jagor  giebt  unter 

2)  Ohrhöhe  (s.  oben.) 

3)  a.  Hintere  Schädelprojection.     b.   Kopfhorizontale. 

4)  Ganze  Schädelprojection 

5)  Stirnhöhe 

Die  anscheinend  verkehrte  Reihenfolge  erklärt  sich  durch  den  Zwang 
zunächst  die  Horizontalstellung  zwischen  Nasengiund  und  Ohröffnung  er- 
mitteln.zu  müssen.     Die  von  Herrn  Jagor   nach  dem  französischen   iMuster 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  11 

angewandte  Buchstabenbezeichnung  glaubte  ich  durch  directe  Angabe  ihrer 
Bedeutung  ersetzen  zu  sollen.  Ein  Blick  auf  das  beigefügte  Maassschema 
orientirt  sofort. 

6)  Höhe  der  Nasenwurzel  1   .. ,         ,       c> ,       ^    \ 

^  .  vuberderötandebene. 

7)  „  „     Nasensc  heidewand  J 

Der  horizontale  Arm  gleitet  von  der  Stirn  nun  wieder  abwärts.  Die 
Differenz  zwischen  5)  und  6)  giebt  einen  Anhalt  zur  Ortsbestimmung  des 
statt  des  point  sus-nasal  gewühlten  Stirnpunktes.  Nr.  7)  fällt  in  den  Fällen 
fort,  wo  die  Broca'sclie  Kopfhaltung  herbeigeführt  war,  resp.  mit  Nr.  2) 
zusammen. 

8)  Kinnhöhe  (unterer  Rand  im  Medianschnitt.) 

9)  Brusthöhe  (Mitte  des  oberen  Brustbeinrandes.)  Die  Differenz 
zwischen  Nr.  8)  und  9)  giebt  einen  relativen  Anhalt  für  die 
Kopfrichtung,  wo  diese  nicht  angegeben  ist. 

10)  Nabelhöhe. 

11)  Schamhöhe    (oberer  Rand   der   Schamfuge.) 

1) — 11)  gaben  Niveaudifferenzen  zwischen  Punkten  des  Median- 
schnittes; die  nächstfolgenden  Nummern  geben  Höhendistanzen 
an  den  Extremitäten. 

12)  Schulterhöhe  (Acromion.) 

13)  Ellenb  euge  (Epicondylusspitze  an  der  Radialseite.) 

14)  Handwurzelhöhe  (untere  Radius-  ev.   Ulna-Ende.) 

15)  Handspitzenhöhe  (Kuppe  des  Mittelfingers.) 

Bei  den  4  genannten  Maassen  soll  der  Arm  senkrecht  herabhängen,  um 
echte  Höhendifferenzen  zu  erzielen.  Nach  französischem  Muster  lag  bis 
Catalog-Nummer  XXH  die  Handfläche  dem  Schenkel  in  der  bekannten  Re- 
krutenposition an;  für  die  späteren  Messungen  Hess  Herr  Jagor  den  Arm 
ganz  zwanglos  frei  hängen,  und  ich  stimme  ihm  bei,  dass  dies  mehr  natur- 
gemäss  sei. 

Für  die  Messung  der  oberen  Extremität  fehlt  uns  der  Zugang  zum  Ge- 
lenkkopfe des  Humerus.  Den  angemessenen  Ersatz  bietet  das  Acromion  in 
seiner  Gelenkverbindung  mit  dem  Schlüsselbein ,  und  zwar  am  äusseren 
Rande,  da,  w^o  beim  Anspannen  des  Deltoideus  die  Winkelbewegung  des 
Armes  gegen  die  Schulter  sich  am  deutlichsten  markirt.  Es  bedarf  einer 
gewissen  Uebung,  um  auch  an  muskulösen  resp.  fetten  Personen  stets  den 
gleichen  Punkt  festzustellen.  Beim  Senken  des  horizontalen  Messarmes  macht 
man  leicht  an  einem  höher  gelegenen  Punkte  des  Acromion  Halt,  zumal  wenn 
nicht  gleichzeitige  Messung  der  Schulterbreite  die  Aufmerksamkeit  auf  den 
richtigen  Aussenpunkt  hinlenkt.  Manche  Differenz  erklärt  sich  auf  diese 
Weise.  Für  das  untere  Ende  des  Ober-  und  obere  Ende  des  Unter-Armes 
empfiehlt  es  sich  begreiflich  den  gleichen  Messpunkt  zu  wählen,  und  ganz 
naturgemäss  bietet  sich  dafür  die  Gelenklinie  zwischen  den  beiden  Knochen. 
Will    mau    statt  Ellenbeuge  Epicondylus    des   Oberarms    nehmen,    so   muss 


12  Dr-  Koerbin: 

man  natürlich  nach  dem  untersten  Ende  fühlen  und  eventuell  bei  gebeugtem 
Arme  sich  den  Punkt  bezeichnen,  was  aber  wohl 'nur  bei  sehr  starken  und 
fetten  Leuten  nothwendig  sein  dürfte. 

Dasselbe  Verhältniss  ist  am  Handgelenk.  Die  französische  Vorschrift 
nennt  Tapophyse  styloide  du  radius  für  die  Norm  und  zum  Nothbbehelf  das 
untere  Ende  der  Ulna.  Es  ist  dringend  anzuempfehlen,  den  tastenden  Finger 
mit  seiner  Spitze  stark  in  das  Gelenk  hinein  zu  drücken,  um  wirklich  den 
tiefsten  erreichbaren  Punkt  zu  nehmen^und  nicht  einen  höheren,  der  nach 
aussen  vorspringt  und  sich  der  Wahrnehmung  eher  aufdrängt. 

Dies  kommt  aber  besonders  in  Betracht  für  die  Handlänge.  Jeder  der 
Wenigen,  die  sich  überhaupt  praktisch  mit  der  Messung  Lebender  beschäf- 
tigt haben,  dürfte  wohl  ebenfalls  erstaunt  inne  geworden  sein,  dass  grade  die 
Messung  der  Hand  ihre  eigenthümlichen  Schwierigkeiten  darbietet.  Will 
man  sicher  gehen,  so  muss  man  mehrere  Male  sowohl  in  senkrechter  als 
horizontaler  Lage  controliren,  und  dabei  ganz  besonders  beachten,  dass  die 
Axe  des  Mittelfingers  schwer  in  der  gleichen  Stellung  gegenüber  der  Arm- 
achse zu  erhalten  ist,  man  also  bald  die  volle  Länge,  bald  nur  eine  variable 
Projectionsverkürzung  misst,  und  dass  die  Gelenkfurche  auf  der  Rückenseite 
wesentlich  höher  gelegen  erscheint  als  auf  der  Volarseite.  Für  Handlängen, 
deren  Messungsmethode  ich  nicht  selbst  beobachtet,  habe  ich  daher  ganz 
besonderen  Scrupel. 

An  der  unteren  Extremität  sind  die  Schwierigkeiten  nicht  geringer 
Auch  der  Gelenkkopf  des  Oberschenkels  ist  weder  fühlbar,  noch  durch  irgend 
ein  sonstiges  anatomisches  Merkmal  ersetzt.  Entweder  misst  man  den  Ober- 
schenkel nicht  ganz,  oder  man  misst  zu  viel,  indem  mau  auf  Beckentheile 
übergeht.  Lediglich  durch  die  Concurrenz  mehrerer  Maassbestimmungen  er- 
hält man  ein  annäherndes  Urtheil.  Zwei  von  diesen  sind  schon  erwähnt: 
die  Rumpf-  oder  Sitzhöhe,  welche  von  der  Lage  der  Sitzhöcker  abhängt,  und 
der  obere  Rand  der  Schamfuge.     Dazu  kommt  nun 

16)  Darmbeinkamm  oben  vorn  =  Spina  ilium  anterior  superior. 

17)  Trochanter  major. 

Beide  haben  gemeinsam,  dass  sie  nach  Alter  und  Geschlecht  bedeutend 
variiren  und  dass  sie  beiderseits  oft  sehr  ungleichmässig  entwickelt  sind. 
Rassenunterschiede  an  ihnen  festzustellen  ist  daher  durch  Massenuntersu- 
chungeu  nur  dann  möglich,  wenn  ein  anthropologisch  gut  geschulter  Anatom 
eine  Reihe  von  Control-Sectionen  machen  kann.  Die  pathologischen  Defor- 
mitäten beeinträchtigen  den  Vorzug  der  scharfen  Pointirung  bei  dem  Darm- 
beinstachel;  und  wiederum  die  massige  Entwickelung  in  die  Fläche  lässt 
beim  Trochanter  die  Maasshöhe  schwer  abgrenzen  :  am  besten  geht  man  auf 
seiner  Erhabenheit  von  unten  nach  oben,  bis  der  Fingerdruck  in  die  Fleisch- 
masse einsinkt;  freilich  fühlt  man  dabei  nicht  selten,  wie  eine  niedere  Ab- 
dachung noch  wesentlich  liöher  hinaufreicht. 

18)  Kniegelenk. 


Messun(i[en  an  lebenden   Indiern  13 

Als  Grenze  zwischen  Ober-  und  Unterschenkel  nimmt  man  nicht  das 
Capituium  fibulae,  sondern  die  Einsenkungsfurche,  wo  die  knorpelige  Zwi- 
schenscheibe einen  weniger  harten  Widerstand  dem  betreffenden  Finger  ent- 
gegensetzt als  die  Knochen  darüber  und  darunter.  Bewegungen  erleichtern 
das  Auffinden  der  Gelenklinie,  und  eventuell  nimmt  man  zur  inneren  Seite 
Zuflucht,  wenn  man  aussen  nicht  zum  Zweck  kommt,  da  das  im  Allgemeinen 
horizontale  Niveau  keinen  grossen  Fehler  befürchten  läset. 

19)  Rumpfhöhe  s.  oben. 

Hiermit  endet  die  Action  des  beweglichen  Doppel- Winkels:  die  nächst 
folgenden  Maasse  sind  mit  dem  gewöhnlichen  Zirkel  gemessen, 

20)  Fussknöchel,  meist  innerer,  und  zwar  ebenfalls  in  seinem  Ab- 
stand vom  Erdboden ; 

wo  der  äussere  geraessen  wurde  (die  ersten  Nummern) .  ist  dies  besonders 
bemerkt.  Letzterer  ist  weniger  constant  in  seiner  Ausbildung  als  ersterer, 
dessen  unterste  Spitze  ohngefähr  der  Höhe  der  Fussgelenkbeuge  gleichkommt. 
Das  obere  Niveau  des  Astragalus  würde  freilich  mehr  der  Basis  des  Malleo- 
lu8  internus  entsprechen,  kommt  indess  äusserlich  nicht  zur  Geltung. 

Die  weiteren  5  Nummern  dieser  Maasscategorie  erstrecken  sich  auf  eine 
ganz  entgegengesetzte  Region,  nämlich 

21)  Nasen- Wurzel  bis  Nasen-Scheidewand,  d.  h.  also  Nasenhöhe  im 
gewöhnlichen  Sinne. 

Streng  genommen  darf  man  hierfür  den  Ausdruck  Höhe  nicht  anwenden. 
Dieser  kommt  lediglich  der  Differenz  von  6)  und  7)  zu,  d.  h.  dem  senk- 
rechten Abstände  beider  genannten  Punkte,  und  die  landläufige  Benennung 
Nasenhöhe  liefert  dazu  eine  Hypothenuse,  wachsend  in  ihrer  Länge  mit  der 
Grösse  des  Prognathismus.  Jedoch  ist  in  den  vorliegenden  Ziffern  besonders 
darauf  Rücksicht  zu  nehmen,  dass  die  Methode,  mit  feinen  Zirkelspitzen  die 
Distanzpunkte  zu  fixiren,  genauere  Resultate  liefern  wird  als  die  erst  ange- 
wandte der  viel  gröberen  Messung  mit  dem  verschiebbaren  Doppelwinkel. 
Daraus  ergiebt  sich  leicht  eine  zu  kleine  Hypothenuse  im  Verhältniss  zur 
Cathete,  und  man  darf  durchaus  nicht  hiernach  ein  Bild  der  Nasenrichtung 
construiren.  Immerhin  ergänzen  und  corrigiren  beide  Ziffern  ihre  Methode 
gegenseitig. 

22)  Innerer  Augenwinkelabstand.  Es  ist  sehr  zu  bedauern,  dass 
dies  das  einzige  Augenraaass  geblieben  ist.  Seinen  Hauptwerth 
hat  es  wohl  für  Beurtheilung  der  Breite  des  Nasenrückens. 

23)  Nasenrücken,  d.  h.  Länge  desselben. 

Der  Ausdruck  Nasenlänge  im  Gegensatz  zu  Nasenhöhe  ist  sicherlich  kein 
prägnanter.  Sollte  genauere  Kopfmessung  dahin  führen,  den  wirklich  senkrech- 
ten Niveauabstand  von  Nasenwurzel  und  Nasenscheidewand  neben  der  Zirkel- 
höhe, missbräuchlich  sogenannten  Nasenhöhe,  zu  messen,  so  wäre  es  vielleicht 
correcter  die  Ausdrücke  Nasenrücken  für  die  bisherige  Nasenlänge,  Nasen- 


14  Dr.  Koeibin: 

länge  aber  für  die  fälschlich  bezeichnete  Nasenhöhe,  und  Nasen  höhe  für  den 
wirklichen  senkrechten  Abstand  in  Anwendung  zu  ziehen.  Jedenfalls  bedarf 
der  Begriff  Nasenhöhe  einer  näheren  Definition. 

Bekanntlich  ist  es  bei  vielen  Nasen    mehr    oder    minder  unsicher,    die 
Spitze  zu  bestimmen.    Hier  würde  die  Länge  der  Unterfläche  der  Nase  ein 
ergänzendes  Maass    darbieten.     Eine    gewisse  Willkür  wird  die  Länge    des 
Nasenrückens  selten  verbergen  können. 
25)  Mund-Breite  und  -Höhe. 

Nach  den  mündlichen  Erläuterungen  Herrn  Ja  gor's  ist  von  ihm  keine 
bestimmte  Mundstellung  —  etwa  festes  Aufeinanderbeissen  beider  Kiefer  — 
angeordnet,  sondern  er  hat  es  Jedem  überlassen  die  ihm  genehme  Form  bei- 
zubehalten. Diese  wird  begreiflicher  Weise  eine  noch  mehr  verschiedene 
gewesen  sein  als  z.  B.  bei  frischen  Rekruten.  Die  Höhe  bezeichnet  die 
Aussendistanz  des  Lippenrothes  in  der  Mittellinie. 


Jetzt  tritt  der  Zimmermann' s  Tastzirkel  in  Funktion  zur  Bestimmung 
der  Categorien  26 — 38. 

26)  Schädellänge,  d.  h.  grösste  Länge  vom  Stirnbuckel  oberhalb  der 
Nasenwurzel  bis  zum  vorstehendsten  Punkte  des  Hinterhauptes. 

27)  Schädelbreite,  nämlich  grösste  Querdimension,  wo  sie  sich  findet. 
Meist  findet  man  die  gesuchte  Stelle  etwas  mehr  nach  hinten  als  nach 

oben  vom  oberen  Ohrrande,  aber  es  bedarf  fast  stets  verschiedentlichen  Hin- 
und  Hertastens,  ehe  man  sicher  ist.  Dabei  geschieht  es  nur  zu  leicht,  dass  die 
zwischen  den  Zirkelenden  eingeschlossene  Linie  nicht  horizontal  und  trans- 
versal bleibt,  wie  es  correcter  Weise  sein  soll,  um  so  eher,  als  bei  dem 
gebräuchlichen  Verfahren  auf  Verschiedenheiten  beider  Seiten  nicht  gerück- 
sichtigt  wird. 

28)  Wangenbeine-,  Breiten- Abstand,    ungefähr    identisch    mit    dem 
Ausdruck  Gesichtsbreite. 

Ich  muss  gestehen,  dass  das  Verlangen  nach  anatomischer  Bestimmtheit 
mir  hier  lebhafter  gekommen  ist  als  irgend  wo  anders.  Allem  Anschein  nach 
ist  der  Messende  in  Höhe  der  Nasenscheidewand  am  unteren  Rande  der 
Wangenbeinerhebung  so  weit  nach  hinten  auseinandergegangen,  bis  die 
Zirkelenden  die  grösste  Frontbreite  erreicht  hatten,  ohne  auf  die  Seitenflächen 
überzutreten. 

29)  Unterkiefer -Winkel,  Breiten-Abstand.     Ein  erquicklich  einfaches 
und  leicht  bestimmbares  Mass. 

30)  Jochbreite.     Bildet  eine  naturgemässe  und  werthvolle  Ergänzung 
zu  28.) 

Bei  genaueren  Messungen  würde  man  eine  Ortsbestimmung  für  die 
grösste  Breite  des  Tractus  zygomaticus  etwa  durch  Beziehung  auf  den  vor- 
deren Ohrrand  herzustellen  haben. 


bis  Gehörgang,  Radiärmaasse. 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  15 

31)  Aeussere  Gehörgänge  —  Breiten-Ahstand  i.  e.  diametre  biauri- 
culaire,  Auricularbreite,  gemessen  am  Rand  des  Tragus. 

32)  Nasen-Wurzel 

33)  Nasen-Scheidewand 

34)  Oberlippen-Rand 

35)  Kinn-Rand 

Bis  XLIX  incl.  (eine  Catalognummer,  der  wir  bei  Aenderung  des  Stirn- 
punktes schon  einmal  begegneten)  wurde  das  Ohrende  des  Tasterzirkels  in 
die  Ohröffnung  hineingeführt  und  von  innen  her  gegen  die  Traguswand  ge- 
drückt; von  L  an  dagegen  aussen  vor  dem  Tragus  in  die  Vertiefung  gedrückt 

36)  Brustwarzen-Distanz. 

37)  Beckenbreite. 

38)  Schulterbreite 

sind  die  drei  mit  dem  Tasterzirkel  gemessenen  Rumpfmaasse.  36)  und  38) 
ergänzen  sich  einigermassen.  Für  die  Bestimmung  von  38  nehmen  die  Fran- 
zosen la  distance  des  deux  acromions,  ou  distance  biacromiale  (s.  oben  bei 
„Schultorhöhe").  In  der  vorliegenden  Arbeit  kann  nicht  mit  Sicherheit  aus- 
geschlossen werden,  dass  der  oberste  Theil  der  Deltoideus-Muskulatur  mit 
einbezogen  sei.  37)  ist  entweder  die  weiteste  Distanz  der  Darmbeinkämme 
oder  —  meist  —  die  Entfernung  der  oberen  vorderen  Darmbeinstacheln  ent- 
sprechend Nr.  16. 

Mit  dem  Bandmass  (von  Stahl)  ist  39) — 44)  gemessen. 

39)  Schulterbreite  B.  längs  der  Rückseite. 

40)  Koplumfang,  grösster,  horizontal  gemessen  entsprechend  der 
grössten  Schädellänge. 

41)  Kopfbogen.  Die  Profilcurve  des  Schädels  von  der  Nasenwurzel 
zum  Beginn  des  Nackens. 

42)  Brust  -  Umfang.  Wird  hier  zu  Lande  möglichst  horizontal  in 
Höhe  der  Brustwarzen  genommen. 

Die  französische  Vorschrift  proponirt  zwei  Parallelmaasse :  1)  unmittel- 
bar unterhalb  der  Achselhöhlen;  2)  in  Gürtelhöhe. 

Herr  Jagor  hat  aller  VV'ahrscheinlichkeit  nach  das  obere  französische 
Maass  angewendet. 

43)  Bauch-Umfang.     In  Nabelhöhe. 

44)  Waden-Umfang  und  -Höhe,  versteht  sich  grösster  Umfang,  und 
in  welcher  Entfernung  senkrecht  über  der  Stand -Ebene  sich 
derselbe  befindet. 

Um  beurtheilen  zu  können,  in  welcher  Weise  sich  die  Waden  bemerk- 
bar machen,  würde  die  Vergleichung  mit  sonstigen  Dickenmaassen  der  Gheder 
erforderlich  sein,  namentlich  aber  ist  sehr  zu  bedauern,  dass  der  Umfang 
dicht  über    den  Knöcheln    nicht    genommen  worden  ist. 


IQ  Dr.  Koerbin: 

Es  erübrigt  noch  wenige  einleitende  Worte  zu  den  sonstigen  Personal- 
beschreibungen vorauszuschicken.  Ausser  den  schon  oben  erwähnten  5  Cate- 
gorien,  die  so  zu  sagen  die  Identität  des  Individuums  fesstellen,  finden  sich 
angegeben : 

VI.  Geschlecht  und  Alter. 

Diese  beiden  Beziehungen  machen  neben  den  Eigenschaften  der  Rasse  wohl 
die  gewichtigsten  Unterschiede  und  habe  ich  in  den  von  mir  angelegten  Ta- 
bellen zur  Unterbringung  des  Stoffes  nach  ihnen  meine  Hauptgruppen  gesondert, 

VII.  Gewicht  und  Körperbeschaifenheit. 

Ersteres  ist  in  hohem  Grade  unzuverlässig  und  zwang  mich  im  Einver- 
ständniss  mit  Herrn  Jagor  zu  zahlreichen  Auslassungen.  Grossentheils  war 
unser  Reisende  eben  auf  die  Angaben  der  Gefängnissbeamten  augewiesen. 
Im  Allgemeinen  dienen  die  vorliegenden  Ziffern  zum  Beweise,  dass  unter  der 
Gefängnisskost  das  körperliche  Gedeihen  sich  weit  überwiegend  wesentlich 
verbesserte.  Bei  den  Gewichten  der  Frauen  sind  6  engl.  Pfund  a  0,453  kg 
für  Kleider,  bei  den  Männern  7  Pfund  für  Ketten  abgezogen.  —  Die  An- 
gabe der  Körperbeschaffenheit  ist  nur  eine  sehr  generelle,  und  beschränkt 
sich  meist  auf  die  Angabe  des  Robusten  und  Fetten. 

VIII.  Puls-  und  Athemfrequenz. 

Selbstverständlich  bei  so  veränderter  psychischer  Spannung  und  zum- 
Theil  auch  körperlicher  Behaglichkeit  nur  von  relativem  Werthe. 

IX.  Farbe  der  Haut,  der  Lippen,  der  Nägel. 

X.  Farbe  der  Iris,  des  Haars,  des  Bartes. 

Zum  Verständniss  dieser  beiden  Hauptcategorien  ist  es  unerlässlich  die 
Bedeutung  der  Farbenproben  vor  Augen  zu  haben,  wie  sie  in  kleinen  Aus- 
schnitten auf  einem  Carton  übersichtlich  neben  einander  geklebt  dem  Rei- 
senden eine  so  bequeme  und  schnelle  Auswahl  zur  Bezeichnung  seiner 
Objecto  mit  einfachen  Ziffern  gewähren.  Die  vorliegenden  54  Nummern  be- 
durften Seitens  des  Herrn  Jagor' s  noch  einiger  Hinzufügungen,  obgleich  schon 
bei  der  Aufstellung  der  Farbenskala  Combinations-Nüancen  vorgesehen  w^aren. 

Ohne  mich  auf  die  Theorie  und  den  Werth  dieser  Probetafeln  hier  des 
Näheren  einzulassen,  will  ich  nur  kurz  vor  Augen  stellen,  dass  von  den  für 
die  Farbe  der  Iris  bestimmten  20  ersten  Nummern  4  Farben -Nuancen  in 
je  5  Abtönungen  vom  Dunkel  zum  Hellen  repräsentirt  werden.  Das,  was  im 
gewöhnlichen  Leben  schwarz  genannt  wird,  ist  für  die  Irisskala  nichts  als 
das  Ganzdunkel  der  einzelnen  Nuancen,  die  als  braun,  grün,  blau,  grau  be- 
zeichnet sind,  und  denkt  man  sich  die  vier  Grundnüancen  untereinander 
geschrieheu,  die  fünf  Abstufungen  des  Farbentones  nebeneinander  und  nach 
Art  unserer  Schreibelinien  von  links  nach  rechts  und  von  oben  nach  unten 
numerirt,  so  ist  man  im  Augenblick  orientirt,  dass  11  dunkelbraun,  III  die 
Mitteltönung  des  Braun,  8  des  Grün,  18  des  Blau  u.  s.  w.  darstellt.  Die 
füuf  Abtönungen  der  vier  Farben  könnte  man  vielleicht  am  Besten  mit  ganz 
dunkel,  dunkel,  helldunkel,  hell,  ganz  hell  bezeichnen.  Für  unsere  vor- 


Messungen  an  leitenden  Indiern.  17 

liegenden  Betrachtungen  kommt  ausser  I,  11,  Ili  nichts  Wesentliches  zur 
Bedeutung. 

Anders  ist  es  mit  der  Mannigfaltigkeit  der  Hautfärbung.  Hier  haben 
wir  eine  reiche  Fülle  der  Abstufungen  zu  bemerken,  und  sie  im  Einzelnen 
ohne  Zuhilfenahme  der  Probetafeln  zu  charakterisiren,  wird  um  so  mehr  seine 
Schwierigkeiten  haben,  als  eine  gleiche  Gruppirung  in  ein  festes  Skalen- 
schema, wie  für  die  Iris,  nicht  vorliegt,  aus  dem  Grunde,  weil  die  Autoren 
die  bellen  Tönungen  ziemlich  weit  auseinandergehend  fanden,  die  ganz  dun- 
keln aber  fast  ununterscheidbar  zusammenlaufend. 

Haar-  und  Bart-Färbung  sind  ebenfalls  durch  die  Hautfarben  angedeutet, 
da  die  Modifizirung  durch  Reflex  und  Schatten,  wie  sie  die  Menge  der  ein- 
zelnen Fasern  bewirkt,  durch  die  gleichmässig  flachen  Papiermuster  nicht 
leicht  nachgeahmt  werden  kann,  und  man  andererseits  nur  die  Haarprobe 
flach  auszubreiten  braucht,  um  ein  ähnliches  Bild  wie  von  der  Haut  zu  erhalten. 

Die  wenigen  Nuancen    der  Nagelfärbung    sind    leicht    bezeichnet.     Für 

ro 
die  Charakterisirung  der  Lippen  kommt  öfters  die  Bezeichnung  ^-  vor,  das 

soll  heissen:  innen  röthlich,    nach  dem  Rande  zu  27,  d.  i.  ein  sehr  dunkles 

ro 
rothbraun,    welches    für  schwarz  genommen  wird.     Das  Zeichen    r-r bedeutet 

eine  Art  Pflaumenblau,  das  in  der  Farbentafel  sich  nicht  vorfand. 

,,,^  _  Beschaffenheit, 

XII  Bart-     J 

also  ob  wellig,  kraus,  glatt,  kurz  oder  lang,  geschoren  oder  rasirt,  reichlich 
oder  spärlich  u.  dgl.  m. 

XIII  Bindehaut. 

Hier  findet  sich  besonders  neben  der  Grundfarbe  die  Einsprengung  von 
Flecken  angegeben. 

XIV  Zähne. 

Ohne  Zweifel  eine  sehr  interessante  Rubrik,  zu  der  ich  zahlreiche  Skizzen 
vorfand.  Soweit  mir  diese  sicher  deutbar  schienen,  habe  ich  sie  durch  Be- 
schreibung ersetzt. 

Die  geographischen  resp.  sprachlichen  Einheiten  sind  in  der  voraus- 
geschickten Liste  einzusehen.  Hier  folgen  die  einzelnen  Kasten  lediglich 
nach  ihrer  Ordnungsnummer,  wobei  sämmtliche  Telegus  für  Eine  Ziffer  ge- 
rechnet sind. 

1.  Vedas. 

8  Nummern:  6  Männer  und  2  Weiber,  sämmtlich  aus  dem  Schutzstaat 
Trovancore  auf  einer  Mission  (Trevandrum)  gemessen,  Christen,  und 
von  Beschäftigung  Land  bau  er. 

Catalog-Nummer  218 — 225. 

Zoitscbrift  für  Ktbnologie.     Jahrg.  ISTll,  2 


18  Dr.  Koerbin: 

Alter:  zwischen  16  und  35  Jahren. i) 

Alle  von  proportionirtem  Körperbau,  "25  j.  W.  etwas  mager,  35  j. 
M.  mager. 

Gewicht:  vacat.  ^ 

Puls:  22j.  W.  =  70;  18—20  j.  M.  A)  and  B)  =  72;  16  j.  M.  =  84; 
30  j.  M.  =  92;  25  j.  W.  =  114. 

Haut:  überwiegend  wie  Probetafel  No.  27,  d.  i.  eine  sehr  dunkle  aber 
nicht  ganz  schwarze  Tönung  von  einer  rothbraunen  Nuance:  ihre  Nachbar- 
farbe No.  28  ist  merklich  heller  und  mit  stärkerer  Beimischung  von  roth; 
No.  35  ist  die  zweitdunkelste  Stufe  einer  vorwiegend  braungrauen,  oder 
wenn  man  will  chokoladenfarbigen  Nuance;  No.  41  ist  die  dunkelste  Cate- 
gorie   der  Gelb-Braunen. 

Die  beiden  Weiber.  22  und  25  j.,  gleichen  der  Probe  27  im  Ueber- 
gange  zu  28:  sie  sind  also  entschieden  die  lichtesten  Gestalten  unter  den 
in  Rede  stehenden  8  Yedas.  Rein  findet  sich  Probe  27  nur  bei  18 — 20  j. 
xM.  (Cat.  No.  220).  und  bei  35  j.  M.;  27/41  bei  18— 20  j.  M.  (Cat.  No.  219) 
d.  i.  eine  Mischung  der  dunkelsten  Stufen  des  Rothbraunen  und  Gelb- 
braunen unter  Vorwiegen  des  Ersteren:  entsprechend  beide  Nuancen  gleich 
stark,  No.  27  -f-  41,  bei  16  j.  M.;  und  41/27,  d.  h.  Vorwiegen  des  Gelb- 
braunen bei  20  j.  M.  Endlich  ist  bei  30j.M.  notirt:  Rücken  35,  vorn  28/27. 
35  aber  ist  wesentlich  dunkler  als  das  ihm  correlate  28. 

Die  feineren  Abstufungen  richtig  zu  characterisiren,  werden  bekanntlich 
die  wunderlichsten  Hilfsmittel  herangezogen;  ich  meinerseits  verzichte  da- 
rauf, generelle  Vorschläge  zu  machen,  und  möchte  nur  für  die  Gelbbraunen 
in  etwas  weitherzigem  Sinne  den  Kaffee  vorschlagen,  wie  er  sich  in  seinen 
verschiedenen  Brennungs-Graden  präsentirt. 

Demnach  wäre  zu  definiren,  dass  die  Vedas  sehr  dunkel  kaffee-  bis 
chokoladenbraun   sind,  jedoch  mit  einem  Stich  ins  Röthliche. 

Den  Haaren,  die  sich  am  natürUchsten  wohl  der  Hautbetrachtung  an- 
reihen, schicke  ich  kurz  die  Farbe  der  Iris  voraus.  Sie  zeigt  durchweg 
die  dunkelste  Nuance,  Probe  I,  mit  Ausnahme  des  30  j.  M.,  der  II  auf- 
weist. Es  ist  derselbe,  für  welchen  bei  Rücken-  und  Vorderseite  eine  ver- 
schiedene Tönung  notirt  ist,  und  es  sei  gleich  bemerkt,  dass  dieses  Indi- 
viduum auch  fernerhin  sich  von  den  übrigen  7  Vedas  abhebt. 

Haarfarbe:  Probe  48,  die  dunkelste  von  Allen,  ein  etwas  glänzendes 
grauschwarz.  Das  ganz  glänzende  blauschwarz,  welches  man  z.  B,  bei  gut 
geölten  Schmachtlocken  polnischer  Rabbiner  findet,  vermisse  ich  in  den 
Tafelproben.  Der  30  j.  M.  zeigt  ein  ?  bei  der  Ziffer  48  und  dazu  die  Be- 
merkung sehr  braun;  wohlgemerkt  seine  Rücken-Nuance  35  gehört  in  die 
chocoladenbraune  Reihe.  Alle  übrigen  Yedas  sind  unzweifelhaft  mit  48 
charakterisirt. 

1)  Um  die  Charakteristik  der  Individuen  anschaulicher  zu  machen,  sind  sie  nicht  durch 
ihre  Nummern  bezeichnet,  sondern  durch  Angabe  ihres  Alters  und  Geschlechtes;  wo  Beides 
gleich  ist,  ordnet  A,  B,  C,  nach  der  Körpergrösse. 


MessTiDgen  an  lebenden  Indiern.  ]  9 

Haarform:  wellig  bei  beiden  Weibern,  bei  den  Männern  kraus,  Der 
eine  18— 20j.  M.  ist  etwas  kraus;  der  andere  18— 20  j.  M.  und  der  20]. 
M.  sind  kurz  geschoren.  Der  30  j.  M.  allein  ist  rasirt.  Beide  W.  tragen 
grosse  geflochtene  Büschel  Weiberhaare  unter  den  eigenen. 

Bart  fehlt  beim  16 j.  M.;  beide  18—20].  M.  und  der  20 j.  M.  sind  mit 
spärlich,  sehr  schwach  und  sehr  spärlich  notirt,  und  zwar  nur  für  Oberlippe 
und  Kinn.  Die  beiden  älteren  Männer  zeigen  an  Backe,  Lippen  und  Kinn 
Bart.  Die  Farbe  ist  bei  dreien  mit  48  notirt,  also  gleich  dem  Haar  dun- 
kelste Tönung,  bei  dem  30  j.  M.  48  mit?  Dieser  weist  auch  die  Notiz  „rasirt" 
bei  Bart  auf;  er  muss  auffällig  ausgedehnt  bebartet  gewesen  sein,  die  Aus- 
dehnung findet  sich  für  die  ganze  untere  Gesichtspartie  notirt.  Bei  dem 
35  j.  M.  ist  der  Bart  ebenso  wie  das  Haar  kraus. 

Nägelfarbe  ist  überall  bemerkt,  und  zwar  mit  25,  nur  bei  dem  30  j.  M. 
mit  26,  ersteres  ein  helleres,  letzteres  ein  dunkleres  Gemisch  von  Rosa  mit 
bräunlichem  Gelb,  und  zwar  der  Art,   dass  bei  25  das  Rosa  stark  vorherrscht. 

Bindehaut  überwiegend  dunkel,  nur  der  16  j.  M.  ist  mit  weiss  und 
das  12  j.  W.  sogar  mit  sehr  weiss  notirt,  das  25  j.  W.  mit  „grünlich",  der 
35  j.  M.  mit  „grünlich  braun",  der  20  j.  M.  mit  „sehr  braun"  überhaupt,  die 
Uebrigen  mit  „sehr  braun  an   der  Lidspalte". 

Lippen:  Beide  W.  roth.  dgl.  35  j.  M.;  die  Uebrigen  ro  +  27,  d.  h. 
innen  roth,  aussen  die  dunkele  Körperfarbe. 

Zähne:  „Betelbraun",  will  sagen  gebräunt  vom  Kauen  des  Betels, 
ist  eine  sehr  häufig  wiederkehrende  Bezeichnung,  direct  angegeben  beim 
35  j.  M.,  30 j.  M.,  22  j.  W.,  und  18— 20  j.  M.  (B).  Der  andere  18— 20j.  M.  und 
der  16  j.  M.  sind  mit  „weiss"  notirt,  das  25  j.  W.  mit  „unrein''.  Als  Be- 
sonderheit findet  sich  für  den  auch  sonst  unterschiedenen  30  j.  M.  „untere 
Zähne  nach  vorn  geschoben".  Der  16  j.  M.  hat  die  „4  vorderen  oberen 
Zähne",  also  die  vier  oberen  Schneidezähne  gefeilt,  i) 

Schliesslich  ist  für  das  22  j.  W.  noch  die  Bemerkung  zu  registriren: 
„Ganzer  Körper  mit  Krätzflecken  übersäet"  und  „Rechter  Nasenflügel  durch- 
bohrt«.   

Die  tabellarische  Uebersicht  erfolgt  für  Männer  und  Weiber  gesondert 
und  nach  den  Altersjahren  geordnet,  innerhalb  der  gleichen  Jahre  aber  nach 
der  Körperhöhe.  Zum  bequemeren  Studium  der  Einzelheiten  werden  die 
Kopfmaasse  in  eine  eigene  Tabelle  zusammengestellt.  Für  die  Uebersicht  der 
Höhenskala  des  Gesammtkörpers  sind  von  den  Kopfmaassen  ausser  der 
Scheitelhöhe  (Körperhöhe)  auch  die  Ohr-  und  Kinnhöhe  wiederholt,  wie  ich 
glaube,  zur  wesentlichen  Erleichterung,  um  die  Höhenschnitte  für  den  An- 
theil  von  Kopf  und  Hals  bequem  vergleichen  zu  können.  Man  möge  sich 
dabei  erinnern,  dass  die  äussere  Ohröffnung  bei  verschiedener  Kopfueigung 

1)  Das  Individuum  hockt  am  Boden,  lehnt  den  Kopf  gegen  den  Schenkel  des  (operirenden) 
Mannes,  der  stehend  mit  eiserner  Feile  die  Zähne  teilt.  Vier  Zähne  zu  feilen  kostet  2  Chakram 
(=  14  Pf.). 


20 


Dr.  Koerbin: 


von  den  angegebenen  Messpunkten  bei  Weitem  am  Wenigsten  ihren  Stand 
ändert,  und  dass  sie  ungefälir  in  gleichem  Niveau  steht  mit  dem  Ende  der 
Nackenmuskulatur;  sowie  andererseits  dass  bei  normaler  Haltung  die  Distanz 
zwischen  Kinn  und  Brustbein  die  Halshöhe  anzeigt,  und  bei  mangelnder 
Bestimmung  für  die  Kopf'neigung  eine  Controle  gewährt. 

Abkürzungen: 

Körperhöhe.  Ohr  H.  Ohrhöhe. 

Sitzhöhe.  U.  N.  H.  Untere  Nasenhöhe. 

Stirnhühe.  (N.  pr.  Nasenprojection. 

Stirnprojection.  \0.  pr.  Ohrprojection. 

Obere  Nasenhöhe.  Ki.  H.  Kinnhöhe. 


Kp.  H. 

Si.  H. 
St.  H. 
St.  pr. 
Ob.  N.  H 


Seh.  L. 
Seh.  B. 


Schädellänge. 
Schädelbreite. 


h.  Seh.  ü.   horizontaler  Schädel-Umfang. 
s.  Seh.  Bo.  sagittaler  Schädel-Bogen. 


N.  Z.  h.    Nasen-Zirkelhöhe. 
N.  r.  L.     Nasenrücken-Länge. 
N.  fl.  B.    Nasenflügel-Breite. 


Aug.  E. 
M.  br./h. 


Augen-Enge. 
Mund-Breite/Höhe. 


Wa.  B, 

ü.  K.  ß. 
J.  B. 
Ohr  B. 


Brb.  H. 
Nbl.  H. 


Breiten-Abstand  der   Wangen- 
beine. 
,  ,  Unterkiefer. 

,  ,  Jochbeine. 

,  „  Ohröffnungen. 


ob.  N.  0.  R.  Oberer  Nasen-Ohr-Radius  (Na- 
senwurzel.) 

u.  N.  0.  R.  Unterer  Nasen-Ohr-Radius  (Na- 
senscheidewand.) 

Obli.  0.  R.  Oberlippen-Ohr-Radius. 

Ki.  0.  R.       Kinn-Ohr-Radius. 


Brustbein-Höhe 
Nabel-Höhe. 


Schb.  H.   Schambein-Höhe. 


Schu.  H.  Schulter-Höhe. 
Ell.  H.      Ellenbeugen-Höhe. 


Hw.  H.     Handwurzel-Höhe. 
Hsp,  H.    Handspitzen-Höhe. 


Drb.  H. 
Tr.  H. 
Kn.  H. 


Darmbein-Höhe. 

Trochanter-Höhe. 

Knie-Höhe. 


Wd.  H.  Waden-Höhe. 

(a)  (i)  Kehl.  H.  äussere,  innere,  Knöchel-Höhe. 


Schu.  B    Schulter-Breite;  (band)  Bandmass 

steht  in  [  ]. 
Wrz.  B.    Warzen-Breite. 


Be.  B. 


Becken  -  Breite    gew.  Dorn -Breite, 
bisweilen  Kamm-Breite:  in  [  ] 


Br.  U.     Brust-Ümfang. 
Bch.  U.  Bauch-Umfang. 


Wd.  U.    Waden-Ümfang. 


ca.  n.  Catalog-Nummer. 

Es  giebt    höhere  Nummern   als   der  Zahl   der  Fälle  entspricht ,  weil  in  den  vorbereiteten 
Schematen  des  Originals  vielfach  Columnen  leer  blieben. 

NB.  In  vielen  Fällen  waren  statt  Millimetern  nur  Centimeter  gemessen. 
Um  die  Symmetrie  nicht  zu  stören  und  doch  über  den  beanspruchten  Grad 
von  Genauigkeit  aufzuklären,  ist  in  allen  Tabellen  der  fehlende  Einer  der 
Millimeterzahl  durch  einen  Punkt  vertreten. 

Die    markirenden  Querlinien    dienen    zur  Gruppirung    näher    zusammen 
gehörender  Maasse. 


Messungen  an  lebenden  Indiern. 


21 


Tabelle  1.     Vedas. 
A.  K  o  p  f  m  aa  8  s  e. 


M.  Männer. 

W.  Weiber. 

ca.  no.  .  .  . 

221 

220 

219 

222 

218 

223 

225 

224 

Kp.  H.  .  .  . 

vacat 

1  506 

1  559 

14.35 

1  467 

1480 

1420 

1  449 

öt.  U.  .  .  . 

1  467 

1443 

1  50. 

1  375 

142. 

1434 

1  365 

1389 

St.  pr.  .  .  . 

186 

182 

180 

172 

182 

175 

172 

175 

Ob.  N.  U.  .  . 

1436 

1422 

1  473 

1  354 

1387 

1  401 

1347 

1361 

Ohr  11.  .  .  . 

1  405 

1  385 

1  435 

1  314 

1346 

1  366 

1  310 

1334 

N.-O.-pr.  .  . 

195-97 

187—94 

187—92 

187-86 

203-98 

193—93 

192-94 

192-90 

LI.  N.  U.  .  . 

1  404 

1385 

1  435 

1315 

1  346 

1365 

1  310 

1  333 

Ki.  U.  .  .  . 

1  349 

1324 

137. 

1  269 

1286 

1.304 

1  257 

1  273 

Seh.  L.  .  .  . 

180 

175 

176 

179 

187 

175 

168 

175 

Seh.  B.  .  .  . 

125 

127 

132 

125 

133 

132 

129 

125 

h.  Seh.  ü.  .  . 

512 

515 

525 

515 

530 

512 

505 

505? 

s.  Seh.  Bo.   . 

308 

■A-2b 

329 

305 

320 

33. 

290 

315? 

N.  Z.  h.   .  . 

39 

41,5 

42 

36 

41 

45 

38 

40 

N.  r.  L. .  .  . 

42 

42 

43 

— 

47 

44 

38 

37 

N.  H.  B.   .  . 

39 

38 

31 

32 

36 

33 

36 

34 

Aug.  E. .  .  . 

32 

31 

28 

31 

31 

31 

32 

31 

M.  br./h.  ,  . 

45/19 

46/15 

49/19 

- 

56/19 

- 

— 

— 

Wa.  B.  .  .  . 

92 

9o 

89 

95 

99 

10. 

95 

95 

U.  K.  B.  .  . 

90 

93 

90 

92 

87 

90 

87 

85 

J.  B.   ... 

12. 

125 

120 

12. 

124 

120 

117 

123 

0.  B.   ... 

— 

113 

111 

— 

116 

— 

- 

— 

ob.  N.  0.  H.  . 

102 

103 

102 

105 

98 

10. 

102 

j     97 

u.  N.  0.  R.  . 

98 

105 

96 

102 

10. 

102 

103 

1     96 

Obli.  0.  R.  . 

— 

— 

112 

— 

121 

— 

— 

— 

Ki.  0.  R.  .  . 

110 

112 

105 

110 

117 

105 

HO 

105 

B.    Körpermaasse. 


M. 

W, 

Alter.  .  .  . 

16 

18/20 

18/20 

20 

30 

35 

22 

25 

Si.  H.  .  .  . 

745     778 

794     756     764 

760 

723     770 

Kp.  H.  .  .  . 
Ohr  H.  .  .  . 
Ki.  U.  .  , 

vacat    1  506 
1  405    1  385 
1  349    1  324 

1  559 
1435 

137. 

1  435 
1  314 

1  269 

1467 
1  346 

1  286 

1480 
1366 
1  304 

1  420    1  449 

1  310  i  1  334 
1  257   (1  273 

Brb.  11.  .  . 
Nbl.  n. .  . 
Sehb.  H.  . 

1  232  1  1  242 
936     905 
821  1   775 

1  274    1  174 
920     823 
—      695 

1  181 
876 
749 

1  193 
874 
759 

1  167    1  19. 
901     877 

Schu.  U.  . 
Ell.  H.  .  . 
Hw.  H.  .  . 
Hsp.  H. .  . 

1  261    1  246    1  275 
965     973     987 
715     713     753 

536     535     587 

1  19. 
912 
710 
541 

1  212    1  216 
921     932 
716  ;   703 

544     540 

116.    1201 
885     952 
690     723 
535     — 

Drb.  II.  .  . 
Tr.  H.  .  . 
Kn.  H.  .  . 
Wd.  n. .  . 
i.  Kehl.  .  . 

894     865 
837     808 
423     411 

—       61 

851 
821 
420 
335 
65 

793 
757 
380 

60 

814 
765 
401 
31. 
64 

829 
802 
387 

vacat 

822     823 
770     755 
398     420? 

59     - 

Seh.  B.  .  . 
Wrz.  B..  . 
Be.  B.  .  . 

335     323 

325 

321     32.     32. 

—  178     — 

—  199     - 

310     305 
215     — 

Br.  U.  .  . 
Beh.  U.  .  . 
Wd.  U.  .  . 

735 
65. 
275 

717 
626 
285 

275 

262 

1   736 
1   680 
1   277 

- 

245 

235 

22  Dr-  Koerbin: 

Um  den  geduldigen  Leser  nicht  zu  ermüden,  werde  ich  mich  bei  dem 
Gesammt-Resume  auf  die  wichtigsten  Verhältnisse  beschränken  und  nament- 
lich solche  berücksichtigen,  welche  durchgehends  homologe  Werthe  reprä- 
sentiren.  Das  auffälligste  und  vorzugsweise  charakteristische  Maass,  die  Ge- 
sammtkürperhöhe,  erlaubt  von  den  Nüancirungen  der  Kopfhaltung  zu  abstra- 
hiren,  da  die  bewirkte  Differenz  verschwindend  ist. 

Die  beiden  Weiber  ergeben  eine  mittlere  Körperhöhe  von  1  435  mm,  die 
fünf  Männer  ausser  dem  16  j,  M.   1  489,  d.  i.  eine  Differenz  von  54  mm. 

Allem  Yermuthen  nach  wird  die  wechselnde  Haartracht  auf  die  Mes- 
sung der  Höhe  Einfluss  geübt  haben,  ohne  dass  sich  die  Grenzen  desselben 
nachträglich  bestimmen  Hessen.  Es  scheint  mir  daher  um  so  mehr  wün- 
schenswerth,  auf  die  Ohrhöhe  zu  reflektiren.  Der  Laie  wird  daraus  ersehen, 
wie  mit  jedem  Schritte  tiefer  hinein  die  Messung  Lebender  immer  neue  Zu- 
sammenstellungen wünschenswerth  macht.  Resignation  rettet  allein  vor 
Ueberhäufung. 

Demnach  haben  die  Weiber  eine  Ohrhöhe  von  1 322,  die  (hier  6) 
Männer  von  1  375,  d.  i.  eine  Differenz  von  53,  sehr  entsprechend  den  obi- 
gen 54.  Das  Geschlecht  bedingte  also  einen  Unterschied  von  reichlich  5  cm, 
wohl  gemerkt  immer  mit  der  reservatio  mentalis,  dass  grössere  Ziffern  andere 
Resultate  ergeben  könnten.  Wie  verhält  sich  dem  gegenüber  das  Alter?  Die 
beiden  Weiber  sind  nicht  in  Betracht  zu  ziehen.  Von  den  Männern  hätte 
der  16  j.  M.  ein  Anrecht  auf  kleineres  Mass;  seine  Körperhöhe  fehlt, 
aber  seine  Ohrhöhe  übersteigt  das  Mittel  um  30  mm  und  wird  darin  nur 
von  dem  zweiten  18/20 j  M.  übertroffen,  der  um  60  mm  darüber  hinaus- 
geht —  dieser  aber  weist  für  die  Gesammthöhe  ein  Plus  von  fast  70  mm 
über  den  Durchschnitt  auf.  Alle  Drei  über  20  Jahre  alten  sind  aber  zufällig 
kleiner  als  die  anderen  unter  20  Jahren. 

Da  die  vorliegenden  8  Individuen  zu  den  späteren  Catalog- Nummern 
gehören,  bei  denen  ein  einheitliches  Verfahren  beobachtet  ist,  so  dürfte  es 
von  Interesse  sein  die  Prozente  festzustellen,  mit  denen  die  verschiedenen 
Höhenschnitte  sich  an  dem  Gesammtkörpermaass  betheiligen.  Es  ist  bei 
allen  Ziffernreihen  gut,  sich  von  vorn  herein  klar  zu  machen,  ob  und  welche 
Resultate  aus  ihrer  Zusammenstellung  gezogen  werden  können:  a  priori  lässt 
sich  manche  Illusion  hegen,  und  wiederum  lohnt  nachträglich  doch  einmal 
ein  unverhoffter  Fund  lange  vergebliche  Anstrengung.  Nur  verlange  mau 
hier  keine  durchgreifende  Behandlung  der  Art,  wie  sie  allein  bei  gleich- 
massigem  Material  möglich  ist,  welches  für  nachträgliche  Revisionen  immer 
wieder  zur  Verfügung  steht. 

Ich  werde  hier  wie  künftig  die  Ohrhöhe  als  das  relativ  sicherste  Maass 
zur  Norm  nehmen,  umsomehr  als  dadurch  die  Difierenzen  in  der  Höhe  des 
Kopfes  von  den  eigentlichen  Körperhöhen  grösstentheils  ausgesondert  werden. 

Ohr-Höhe:    1)  22  j.  W.  =  1  310,    2)  20 j.  M.  =  I  314,  3)  25j.  W.    - 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  23 

1  334,  4)  30 j.  M.  =1  34G,  5)  35 j.  M.  =  1  366,  6)  18/20 j.  M.  A  =  1  385, 
7)  10  j.  M.  =  1  405,  8)  18/20  j.  M.  B  =  1  435. 

Körper-Höhe:  1)  1  420  =  108.  4  pCt.,  2)  1  435  =  109  .  2  pCt.,  3)  1  449  = 
108  .  6  pCt.,  4)  1  467  =  109 .  0  pCt.,  5)  1  480  -  108  .  4  pCt.,  6)  1  506  = 
108.  7  pCt.,  7)  vacat,  8)  1  559=  108.  7  pCt. 

Man  sieht,  die  Reihenfolge  bleibt  in  aufsteigender  Linie  dieselbe.  Der 
Prozentsatz  aber  ist  vollends  identisch  zu  nennen ,  und  gerade  die  Weiber 
erreichen  das  Maxiraum  nicht.  Wir  können  also  ruhig  die  Gesammthöhe  =  1 
setzen  und  danach  unsern  gewohnten  Anschauungen  entsprechend  die  Pro- 
zentziffern der  einzelnen  Abschnitte  berechnen. 

Wir  wollen  ferner,  um  die  relative  Grösse  jedes  der  8  Individuen  zu 
den  Uebrigen  anschaulich  zu  machen,  angeben  um  wie  viel  das  Mittel  über- 
schritten oder  höher  gelassen  wird;  danach  ist: 

n           .,  ..       u-u            7  447+2  869      ,  ,^.,  ^ 
Gesammtkorperhohe       = ^ =  1  473./, 

rM-  L-L             .T  T    V         6846  +  2644      ,„,^^ 
Ohrhöhe  von    7  Indiv.  =^ 1^ =  1  355.7. 

Setzen  wir  Ohrhöhe  =^  100,  so  ist  Körperhöhe  ^  108  .  7  pCt.,  ganz  ent- 
sprechend unserer  früheren  Berechnung;  nehmen  wir  aber  Körperhöhe  =  100, 
so  ist  Ohrhöhe  fast  genau  92  pCt.  (91  .  99  pCt.) 

Dürfen  wir  nun  aus  diesem  Prozentsatz  der  Ohrscheitelhöhe  zu  der 
Gesammthöhe,  wie  er  sich  ganz  übereinstimmend  bei  Weibern  und  Männern 
herausgestellt  hat,  die  fehlende  Körperhöhe  des  16  j.  M.  ergänzen?  Ange- 
nommenen Falles  suchen  wir,  um  wie  viel  die  Ohrhöhe  des  Letzteren  die 
mittlere  Ohrhöhe  übersteigt,  erhöhen  diese  Ziffer  um  8.7  pCt.  und  addiren 
sie  zu  dem  erstgefundenen  Mittel  der  Körperhöhe.  Hätten  wir  grössere  Zahlen- 
reihen, so  würden  wir  natürlich  den  Prozentsatz  der  Männer  für  sich  allein 
nehmen;  bei  unserem  winzigen  Material  müssen  wir  alle  vorhandenen  Ver- 
schiedenheiten sich  möglichst  compensiren  lassen,  da  die  grösseren  Männer 
sich  von  den  kleineren  nicht  minder  als  von  den  Weibern  abheben:  nämlich 
es  überschreiten  (+)  resp.  lassen  grösser  ( — )  die  mittlere  Ohrhöhe  von 
7  Individuen: 

1)  22j.  W.  =  - 45.7  =  -3.37  pCt.,  2)  20  j.  M.  =  -  4  1  .7  =  3  .08  pCt., 
3)  25  j.  W.  =  -  2  1  .  7  =  -  1  .6  pCt.,  4)  30  j.  M.  =  -  9  .  7  =  -  0  .  72  pCt, 
5)  35  j.  M.  -  +  1  0  .  3  =  +  0  .  76  pCt.,  6)  18/20  j.  M.  A  =  +  2  9  .  3  =  + 
2.16pCt.,  7)16j.  M.  =  +  49.3=4-3.64pCt.,  8)  18/20 j.M.  B  =  +  79.3 
=  +  5.85  pCt. 

Obige  49.3  mm  der  Ohrhöhe  werden  nach  dem  Verhältniss  von  108.7: 
10  0.0  für  die  Scheitelhöhe  bei  dem  16  j.  M.  zu  +  5  3  .  6  angewachsen  sein, 
und  dies  addirt  zu  der  Mittelzahl  von  147  3.7  ergiebt  15  27.  mm  als  die 
vermuthliche  Gesammthöhe,  welche  uns  fehlt.  Im  Wesentlichen  werden  wir 
uns  mit  dieser  Muthmassuug  von  der  Wahrheit  nicht  entfernen,  und  es  wäre 
einfach  genug,    ohne  Weiteres  die  Ziffer   für    die  Ohrhöhe  um  8  .  7  pCt.  zu 


24  Dr.  Koerbin: 

erhöhen,    wenn   es   eben   erwiesen  wäre,  dass    jedes  Individuum  8  pGt,  der 
Gesammthöhe  auf  die  Ohr-Scheitel-Höhe  entfallen  Hesse. 

Sehen  wir  nun,  welchen  Prozentsatz  die  übrigen  Höhenabtheilungen 
von  der  Gesammthöhe  ergeben.  Kinnhöhe:  1)  22  j.  W.  =  1  257  :  1  420  = 
88.5  pCt.,  2)  20  j.  M.  =  1  269  :  1  435  -  88.4  pCt.,  3)  25  j.  W.  =  1  273 :  1  449 
=  87.9  pCt.,  4)  30  j.  M.  =  1  286  :  1  467  =  87.7  pCt.,  5)  35  j.  M.  =  1  304  : 
1  480  =  88.1  pCt.,  6)  18/20J.  M.  A.  -  1  324:  1  506  =  87.9  pCt.,  7)  16j.  M. 
=  1  349  :  ?  1  527  =  88.3  pCt,    8)  18/20  j.  M.  B.   =--  1  37.  :  1  559  =  87.9  pCt. 

Die  Variationen  bewegen  sich  also  zwischen  88.5  und  87.7,  im  Mittel 
88.1.  Die  Gesammtkopfhöhe  —  Kinn  bis  Scheitel  —  ergiebt  11.9  pCt,  mit 
sehr  geringen  Schwankungen,  gleichmässig  bis  zu  0.4  pCt.  darüber  und 
darunter.  Die  absolute  Mittelzahl  direkt  berechnet  ist  1  304  mm,  für  Kiun- 
höhe;  mit  Einrechnung  der  vermuthlichen  Körperhöhe  für  den  16  j.  M. 
wächst  die  Mittelzahl  für  die  Gasammthöhe  der  8  Individuen  auf  1  480  mm, 
die  prozentarische  Berechnung  bringt  ebenfalls  11.9  pCt.  für  den  senkrechten 
Abstand  zwischen  Kinn  und  Scheitel. 

Brustbein -Höhe:  1)  22  j.  W.  =  1  167  :  1  420  =  82.2  pCt.,  2)  20  j.  M. 
=  1  174  :  1435  =  81.8  pCt.,  3)  25  j.  W.  =  1  190  :  1  449  =  82.1  pCt.,  4)  30  j.  M. 
=  1  181  :  1  467  =  80.5  pCt.,  5)  35 j.  M.  =  1 193  :  1  480  =  80.6  pCt.,  6)  18/20J. 
M.  A.  =  1  242  :  1  506  =  82.5  pCt.,  7)  16  j.  M.  -  1  232  :  ?  1  527  =  80.7  pCt., 
8)  18/20J.  M.  B.  =  1  274  : 1  559  =  81.7  pCt. 

Wir  finden  hier  erheblich  grössere  Schwankungen  als  bisher:  zwischen 
82.5  und  80.5,  im  Mittel  81.5  pCt.  —  die  Grenzen  des  Plus  und  des  Minus 
sind  gleichmässig  1.0  pCt.;  die  Distanz  Brustbein  bis  Scheitel  ist  also  durch- 
schnittlich 18.5  pCt.  der  Gesammthöhe;  die  Distanz  Brustbein  bis  Kinn 
6.6  pCt.,  die  Distanz  Brustbein  bis  Ohr  10.5  pCt.  Die  absolute  Mittelzahl 
für  die  Brustbeinhöhe  ist  1  207  mm  =81.5  pCt.  von  1  480  Gesammthöhe. 

Nabelhöhe:  1)  22  j.  W.  =  901  :  1  420  =  63.5  pCt.,  2)  20 j.  M.  =■■  823  : 
1  435  =  57.4  pCt.,  3)  25  j.  W.  =  877  :  1  449  =  60.5  pCt.,  4)  30  j.  M.  =  876  : 
1  467  =  59.7  pCt.,  5)  35  j.  M.  =  874  :  1  480  =  59.1  pCt.,  6)  18/20  j.  M.  A. 
=  905  :  1  506  =  60.9  pCt.,  7)  16  j.  M.  =  936  :  ?  1  527  =  61.3  pCt.,  8)  18/20  j. 
M.  B.  =  920 : 1  559  =  59.0  pCt. 

Die  Mittelzahl  ist  889  mm  =  60.1  pCt.  Die  Schwankungen  sind  hier 
wieder  beträchtlicher  als  bisher:  —  2.7  bis  -[~  3.4,  also  um  6  pCt.  differirend; 
1  Mann  bleibt  am  meisten  darunter,  1  Weib  geht  am  meisten  darüber  hin- 
aus •,    die  Uebrigen  weichen  nicht  wesentlich  über  1  pCt.  ab. 

Jetzt  kommen  wir  absteigend  zu  einer  Gegend,  in  der  uns  mehrere 
nahe  bei  einander  Hegende  Maasse  geboten  sind,  die  wir  am  zweckmässigsten 
wohl  zusammen  betrachten.  Es  ist  dies  die  Darmbeinhöhe,  der  Trochanter, 
die  Sitzhöhe  und  die  Schambeinhöhe.  Ihre  Reihenfolge  ist  bei  den  einzelnen 
Individuen  keine  stetige,  nämlich: 

1)  22  j.  W.  -  Kp.  H.  1  420  =  100  pCt.,  Drb.  H.  822  =  57.9  pCt.,  Tr.  II.  770  =  54.2  pCt,  Si.  II. 
72o  =  50.9  pCt.,  Scbb.  H.  vacat. 


Messung;en  an  lebenden  Tndiern.  25 

2)  20  j.  M.  -  Kp.  H.  1  435  :=  100  pCt.,  Drb.  II.  79:5  =  55.3  pCt. ,  Tr.  H.  757  =  52.7  pCt.,  Si.  H. 

756  ^  52.7  pCt.,  ScJjb.  IL  Ü95  :  4S.4  pCt. 

3)  25  j.  W.  -  Kp.  H.  1  44i)  =  100  pCt.,  Drb.  H.  823  ^  5(5.9  pCt.,  Tr.  H.  755  =  52.1  pCt.,  Si.  H. 

770  =  53.1  pCt,  Schb.  H.  vacat. 

4)  30  j.  M.  -  Kp.  II.   1  4(57  -  100  pCt ,  Drb.  II.  814    ^  55.5  pCt.,  Tr.  U.  765  -  52.15  pCt.,  Si.  H. 

7G4:=52.0H  pCt.,  Schb.  H.  749  =  51.1  pCt. 

5)  35 j.  M.  -Kp.  H.  1480=  100  pCt.,  Drb.  ü.  829  =  56.0  pCl.,  Tr.  H.  802  =  54.2  pGt.,  Si.  H. 

760=  51.4  pCt.,  Schb.  H.  759  =  51,4  pCt. 

6)  18/20.J.  M.  A.  -  Kp.  II.  1  n06  =  100  pCt ,  Drb.  H.  805  =  57.45  pCt,  Tr.  H.  808  =  53.65  pCt, 

Si.  H.  778  =  51.66  pCt.,  Schb.  D.  775  =  51.46  pCt. 

7)  16 j.  M.  -Kp.  II.?  1527^-  100  pCt.,  Drb.  H.  894  =  58.55  pGt.,  Tr.  H.  837  =  54.8  pCt., 

Si.  H.  745  =  48.8  pCt.,  Schb.  U.  821  =  53.8  pCt. 

8)  18/20  j.  M.  B.  -  Kp.  H.   1  559  =  100  pCt.,   Drb.  II.  851  =  54.6  pCt.,  Tr.  H.   821  -r  52.7  pCt, 

Si.  H.  794  =  50.9  pCt.,  Schb.  H.  vacat. 

Man  ersieht  hieraus  recht  deutlich,  wie  uubedingt  nöthig  es  ist  erstens, 
alle  al)soluten  Zahlen  in  Prozentziffern  nach  iigend  einem  Normalmass 
umzurechnen,  und  sodann  die  relativen  Differenzen  bei  den  Einzelnen 
genauer  zu  vergleichen. 

Es  ist  durchaus  roh  und  ungenügend,  die  Mittelzahlen  durch  einfaches 
Addiren  und  Dividiren  zu  ziehen:  Exempla  illustrant.  Die  Durchschnitts- 
Körperhöhe  der  8  Individuen  beträgt  1  480  r/im^  wie  wir  oben  sahen.  Genau 
die  gleiche  Ziffer  hat  der  85  j.  M.  Betrachten  wir  ihn  einmal  al>  den  Normal- 
Veda.  Seine  Olu'höhe  ist  1  366,  die  Durchschnitts -Ohrhöhe  aller  8  Indivi- 
duen beträgt  1  362.  Beide  Ziffern  kommen  sich  so  nahe  wie  möglich.  Auch 
die  Prozentsätze  der  Ohrscheiteldistanz  wichen,  wie  wir  fanden,  bei  Allen 
wenig  von  einander  ab.  Die  Kinnhöhe  betrug  genau  übereinstimmend  für 
die  Mittelzahi  der  8  Individuen  wie  für  den  35  j.  M.  1  304:  uim  oder  88.1  pCt. 
der  Gesammtkörperhöhe.  Bei  der  Brustbeinhöhe  ist  die  Mittelzahl  1  '20(/nm 
=  81.5  pCt.  der  Körperhöhe;  für  den  35  j.  M.  sind  die  entsprechenden 
Ziffern   1  193  mm  und  80.6  pCt. 

In  der  Nabelhöhe  bleibt  der  35  j.  M.  ebenfalls  zurück  gegen  die  Mittel- 
zahl um  das  Yerhältniss  von  874  mm  :  889  min  oder  59.1  pCt.  gegen  60.1  pCt. 
Diese  Abweichungen  müssen  natürlich  weiter  abwärts  ihre  Kompensation 
finden,  und  es  fragt  sich,  in  welcher  Höhe  dieselbe  eintritt. 

Die  Darmbeinhöhe  ist  bei  dem  35  j.  M.  56.0  pCt.  der  Gesammthöhe 
oder  829  mm;  die  entsprechenden  Mittelzahlen  sind  836.4 />///<  und  56.5  pCt.; 
es  macht  sich  also  hier  schon  eine  Verminderung  der  Differenz  um  die 
Hälfte  geltend.  An  dem  Trochanter  finden  wir  802  mm  -  54.2  pCt.  bei  dem 
35J.M.,  hingegen  nur  789.4  mm  oder  53.3  pCt.  in  der  Mittelzahl.  Zwischen 
Darmbeinstachel  und  Trochanter  ist  das  Minus  von  0.5  pCt.  in  ein  Plus 
von  0.9  pCt.  verwandelt.  Der  Abstand  von  Spina  ilium  anterior  superior 
und  Trochanter  major  ist  in  (l(>r  Mittelzahl  von  8  Individuen  836.4  nun 
-  789.4  mm  =  47  mm  oder  3.2  pCt.  der  Gesammthöhe  von  1  480  mm;  bei 
dem  Normal -Individuum  von  ebenfalls  1  480 /;</>(!  Körperhöhe  beträgt  derselbe 
Abstand  829  mm  —  802  ?nni  =  27  mm  oder  1.8  pCt  ,  ganz  genau  gerechnet 
1.824  pCt,     Dergleichen   Abweichungen    für   einen   so  geringen   Raum  dürfen 


26  Dr-  Koerbin: 

durchaus  nicht  todt  geschwiegen  werden,  zuioal  bei  Bearbeitung  fremden 
Materiales.  Hätte  ich  die  8  Individuen  zur  Verfügung,  so  würde  ich  natürlich 
im  Speziellen  zu  untersuchen  haben  1)  ob  ein  Irrthum  in  der  Messung  vor- 
liegt, 2)  ob  die  correspondirenden  Punkte  ungleichmässig  durch  die  ana- 
tomische Lage  angedeutet  sind,  3)  ob  die  gemessenen  Individuen  etwa 
pathologischer  Entwicklung  der  Beckengegeud  unterliegen.  Als  Correctiv 
würde  ausserdem  eine  besonders  sorgfältig  angestellte  Paralleluntersuchung 
an  anderen  Individuen  gleicher  Art  dienen  müssen.  Sollen  Zahlen  Das 
wirklich  sein,  was  sie  beanspruchen,  nämlich  beweiskräftiges 
Material,  so  muss  in  strengster  Kritik  die  Weite  ihrer  Compe- 
tenz  festgestellt  werden.  Ohne  diese,  ich  gestehe  es  zu,  ermüdende 
und  peinliche  Kleinlichkeit  ist  au  gesunden  Fortschritt  auf  der  Bahn  der 
Anthropometrie  nicht  zu  denken.  Sollten  sich  wirklich  Leser  finden,  die 
diese  mühselige  Verarbeitung  mit  Aufmerksamkeit  kontroliren  —  was  ich 
bis  auf  Weiteres  bezweifeln  möchte,  so  wäre  mir  speziell  jede  Klärung  meiner 
gewiss  auch  vorhandenen  Irrthümer  mit  Rücksicht  auf  meine  eigenen 
Messungen  angenehm  und  nutzbringend.  —  Welche  procentarische  Differenz 
der  angegebenen  Distanz  ergiebt  sich  nun   bei  den  7  übrigen  Individuen? 

1)  22j.  W.  -  57.9  pCt. -54.2  pCt.  -3.7pCt.,  2)  20j.  M.  =55.3  pCt. 
-  52.7  pCt.  =  2.6  pCt.,  3)  25  j.  W.  -  56.9  pCt.  -  52.1  pCt.  =  4.8  pCt., 
4)  30 j.  M.  =  55.5  pCt  -  52.15  pCt.  =  3.35  pCt,  5)  wie  oben  gefunden 
1.8  pCt.,  6)  18/20].  M.  A.  =  57.45  pCt.  -  53.65  pCt.  =  3.8  pCt.,  7)  16J.M. 
=  58.55  pCt.  -  54.8  pCt.  =  3.75  pCt.,  8)  1 8/20  j.  M.  B.  =  54.6  pCt.  -  52.7  pCt. 
=  1.9  pCt. 

Nach  dieser  Zusammenstellung  findet  sich  die  grösste  Abweichung 
zwischen  zwei  Differenzen  gerade  gleich  3  pCt.,  also  nur  um  0.2  pCt.  geringer 
als  die  Durchschnittsziffer.  Der  Werth  dieser  ist  also  nur  ein  äusserst 
relativer,  um  so  mehr,  als  die  geringe  Ziffer  von  1.8  pCt.  bei  dem  35 j.  M. 
ihr  vollkommenes  Spiegelbild  findet  bei  dem  18/20  j.  M.  B.  mit  1.9  pCt. 
Die  grosse  Differenz  bei  dem  25  j.  W.  ist  schon  für  die  absoluten  Zahlen 
auffällig:  während  die  Körperhöhe  um  29  wm  die  des  anderen  Weibes  über- 
trifft, ist  die  Darmbeinhöhe  nur  um  1  in/)i  grösser  und  die  Trochanter-Höhe 
vollends  um  \5mm  kleiner.  Auch  hier,  sieht  mau,  geht  die  Wandelung 
der  Gonfiguration  in  dem  Beckengürtel  vor  sich. 

Die  mittlere  Darmbeinhöhe  von  56.5  pCt.  ergiebt  -  1.9  pCt.  für  18/20  j. 
M.  B.,  -  1.2  pCt.  für  20  j.  M.,  -  1.0  pOt.  für  30  j.  M.,  -  0.5  pCt.  für  35  j.  M., 
-l-0.4pCt.  für  25  j.  W.,  -f- 0.95  pCt.  für  18/20  j.  M.  A.,  +  1.4  pCt.  für 
22  j.  W.,  -f  2.05pGt.  für  16  j.  M.  Die  Art  der  Abweichung  ist  also  nach 
beiden  Seiten  ziemlich  gleichmässig,  und  dies  erliöht  die  Wahrscheinlichkeit 
für  die  Mittelzahl,  wirklich  der  Durchschnittshöhe  gleich  zu  kommen. 

Die  mittlere  Trochanter-Höhe  von  53.3  pCt.  ergiebt  ~  1.2  pCt.  für 
25  j.  W.,  -1.15pCt.    für    30 j.  M.,  -  0.6  pCt.   für  20j.  M.,   -  0.6  pCt.  für 


Messungen  an  lebenden  ludiern.  27 

18/20J.  M.  B.,  4-0.85  für  18/20  j.  m.  A.,  -j- 0.9  pCt.  für22j.  W.,  -J- 0.9  pCt. 
für  35  j.  M.,   i-  1.5i)Ct.  für  16j.  iM. 

Die  Ahweicliungeu  bewegen  sich  also  nur  zwischen  —  1.2  und  4-1.5  pCt., 
d.  h.  im  Spiehaum  von  2.7  pCt.,  während  derselbe  —1.9  und  -t-].4pCt., 
d.  h.  im  Ganzen  3.3  pCt.  bei  dem  Darmbeinstachel  umfasste.  Darnach  wäre 
die  relative  Sicherheit  bei  dem  Trochanter  eher  grösser  zu  nennen,  und  für 
einen  in  Beckenmessungen  nicht  geübten  Laien  halte  ich  in  der  That  die 
personelle  Unsicherheit  für  die  Bestimmung  des  Darmbeinstachels  um  so 
viel  grösser,  dass  ich  die  anatomische  Differenz  in  der  Trochanterbildung 
dadurch  für  reichlich  aufgewogen  erachten  muss. 

Der  zugemessene  Raum  verbietet  es,  in  gleicher  Genauigkeit  auch  die 
weiteren  Posten  durchzugehen.  Ich  will  daher  nur  darauf  aufmerksam 
machen,  dass  die  Sitzhöhe  eine  andere  räumliche  Vorstellung  beansprucht, 
wie  die  sonstigen  Höheumaasse,  indem  sie  von  den  Tubera  ischii  incl.  Ge- 
säss  aufwärts  zum  Scheitel  gedacht  werden  muss,  während  das  ihr  fast 
gleiche  Höhenmaass  der  Schambeinfuge  abwärts  zum  Fussboden  gültig  ist. 
Die  Schamhöhe  fehlt  für  den  l8/20j.  M.  B.  wie  für  die  Weiber  hier  und 
meist  überall;  die  fünf  übrigen  Vedas  schwanken  zwischen  48.4  pCt.  und 
53.8  pCt.  bei  Zweien,  nämlich  resp.  20j.M.  und  16  j.  M.;  die  drei  Uebrigen 
zeigen  sehr  übereinstimmend,  resp.  51.1  pGt.,  51.4  pCt.,  51.5  pCt.  Direkt 
berechnet  beträgt  die  mittlere  Schamhöhe  759.8  rnni  =  51.33  pCt.  Fast 
genau  identisch  ist  die  Mittelzahl  für  die  Sitzhöhe  derselben  Fünf,  nämlich 
7(J0.6 /«/«  =  51.39  pCt.,  und  zwar  haben  auch  hier  dieselben  drei  Yedas 
resp.  Werthe  von  52  08  pCt.,  51.4  pCt.,  51.7  pCt.,  während  der  20  j.  M.  und 
der  16  j.  M.  sich  im  umgekehrten  Sinne  ausgleichen  wie  bei  der  Schamhöhe, 
nämlich  mit  resp.  52.7  pCt.  und  48.8  pCt.  Hier  scheinen  zufällig  die  entgegen- 
gesetzten Pole  der  Typenvariation  sich  auf  engem  Räume  zu  begegnen.  Der 
18/20J.  M.  B.  bleibt  mit  50.9  pCt.  der  Mittelzahl  nahe,  während  die  beiden 
Weiber:  22j.  \V.  =  50.9  pCt.  und  25 j.  W.  =53.1  pCt.  sich  zu  52  pCt. 
compensiren. 

Ein  Blick  auf  die  gemessenen  Millimeter -Werthe  lehrt  uns,  dass  die 
beiden  Männer  mit  resp.  756  und  764  mm  Sitzhöhe  die  gleiche  Ziffer  mit 
757  resp.  765  mm  für  den  Trochanter  aufweisen,  während  die  zwischen- 
liegende Sitzhöhe  von  760  in  einer  Schamhöhe  von  759  ihr  Gegenbild 
findet,  ganz  entsprechend  der  Schamhöhe  von  775  bei  einer  Sitzhöhe  von 
778.  Es  ist  immerhin  interessant  constatirt  zu  finden,  dass  der  Werth  für 
die  Sitzh()he  im  massigen  Spielraum  schwankt  zwischen  den  Standhöhen 
bis  zum  Trochanter  und  l)is  zum   oberen  Schamfugenrande. 

Um  Licht  und  Schatten  völlig  gleich  zu  vei'theilen,  ziehe  ich  noch  das 
Mittel  der  Trochanterhöhe  für  die  restirenden  fünf  Männer  nach  Ausscheidung 
der  beiden  Weiber  und  des  einen  Mannes  ohne  Schambeinhöhe:  der  Spiel- 
raum ist  eng,  nämlich  53.5  pCt.  gegenüber  53.15  pCt.  bei  den  Weibern. 

Steigen  wir  mit  beschleunigtem  Tempo  zur  Kniehöhe  hinunter,   so  stör^ 


2g  Dr.  Koerbin  -. 

uns  für  das  Ziehen   der  Mittelzahl   das  Fragezeichen   bei  dem  25  j.  W.     In 
der  That    scheint    420  mm  zu    hoch  gegriffen,    denn  ebensoviel  hat  erst  der 
18/20J.  M.  B.  mit  viel  bedeutenderen  Ziffern  für  Körperhöhe,  Darmbein  und 
Trocbanter;    ferner    scheint    das  unverhältnissmässig  tiefe   Herabsteigen  des 
Trochanter  gegenüber  einer  ansehnlichen  Darmbeinhöhe  (Differenz  4.8  pCt, 
während    die  Mittelzahlen    nur  3.2  pCt.  ergeben)   eher  für  eine  verhältniss- 
mässig  grosse  Oberschenkelläuge  zu  sprechen,    ohne  dass  für  die  gesammte 
Unterextremität  viel  über  das  Mittel  Raum  gelassen   Wcäre  (56.9  pCt.  gegen- 
über 56.5  pCt.).    Leider  fehlt  uns  die  Schambeinhöhe,  wie  die  Knöchelhöhe, 
und    somit    Wesentliches    für    die    Beurtheilung    des    individuellen    Typus. 
Wir  müssen  also  wieder  ex  analogia  conjiciren.    Da  wir  vorher  fanden, 
dass   die  Trochanterhöhe   sehr   gleichmässig   genommen  erscheine,  so  dürfen 
wir    dieses    der   Kniehöhe    allein    hinreichend  nahe  Maass    uugescheut    zum 
Ausgangspunkt  der  folgenden  Skala  setzen:    Kn.  H.  von  Tr.  H.  bei  35  j.  M. 
=  48.25  pCt.,    20j.  M.  =50.20  pCt.,    16j.  M.  =50.54  pCt.,    18/20J.  M.  A. 
=  50.87  pCt.,    18/20J.  M.  B.  =  51.16  pCt.,    22 j.  W.  =  51.69  pCt.,    30j.  M. 
=  52.42  pCt.,  25  j.  W.  =?  55.63  pCt.   Lassen  wir  die  niedrigste  und  höchste 
Prozentziffer    vorerst    ausser  Spiel,    so    ergiebt  sich   als  Mittel  für  6  Vedas 
51.15  pCt.,  welches  von  dem  jüngeren  Weibe  nur  um  i  pCt.  übertroffen  wird; 
andererseits  steht  aber  auch  nichts  im  Wege,  für  das  ältere  Weib  ebenfalls 
gegenüber  dem  Durchschnitt  der  Männer  ein  Plus,  und  zwar  ein  noch  etwas 
höheres,    zu  Gunsten   des  Unterschenkels  zuzulassen.     Welcher  Prozentsatz 
der  Gesammtkörperhöhe  bliebe  nun  für  die  Distanz  Kn.  H.  bis  Tr.  H.  übrig? 
In  gleicher  Reihenfolge  35  j.  M.  =  26.15  pCt..  20  j.  M.  =  26.48,  16  j.  M. 
=  27.70,  18/20J.  M.  A.  =  27.29  pCt.,    18/20J.  M.  B.  =26.94  pCt.,  22j.  W. 
=  28.03  pCt.,  30  j.  M.  =  27.33  pCt.,  25  j.  W.  =  28  99  pCt.  für  Kn.  H.  ergiebt: 
35  j.  M.  =  28.05  pCt.,  20j.  M.  =  26.22  pCt.,  1(5  j.  M.  =  27.10  pCt.,  18/20J.  M. 
A.  =26.36  pCt,  18.20J.  M.  B.  =25.76  pCt.,  22j.  W.  =26.17  pCt.,  30j.  M. 
-- 24.82  pCt.,    25  j.  W.   =23.11  pCt.      Lassen    wir    auch   für    diese    beiden 
Zifferreihen  den  35j.  M.  und  das  25 j.  W.  ausser  Rechnung,   so  ergiebt  sich 
für  6  Vedas  ein  Mittel  Kn.  H.  =  27.30  pCt.  und  Tr.  H.  -  Kn.  H.  =  26.07  pCt. 
der  Gesammthöhe.    Wie  verhält  sich  zu  diesen  Mitteln  das  22j.  W.?  Tr.  H. 
für  6  Vedas  im  Mittel  -  53.37  ergiebt  für  das  22  j.  W.  ein  Plus  von  0.83  pCt., 
welchem  ein  Plus  von  0.73  für  Kn.  H.  gegenüber  dem  Mittelwerth  sehr  gut  ent- 
spricht,  während   für   Tr.  H.   -  Kn.  H.  nur  0.10  pCt.    an  Plus   übrig  bleibt. 
Hieraus  erhellt  in  vorzüglich  durchsichtiger  Weise,   dass  an  dem  Plus  für  die 
Unterextremität  des  22  j.  W.  vom  Trochanter  abwärts  überwiegend  der  Unter- 
schenkel   bethftiligt    ist,    und    die   Analogie    des    Geschlechtes    würde    dafür 
sprechen,  ein  solches  Längersein  des  Unterschenkels    auch  für  das  25 j.  W. 
anzunehmen.     Eine   noch    weitere  Verlängerung   des  Unterschenkels  für  das 
25  j.  W.  würde  man  aus  der  Analogie  der  Reihe  folgern,  deren  oberste  Stufe 
das  25 j.  W.  einnahm,  vorausgesetzt,  dass  die  entsprechende  unterste  Stufe 
für  den  35  j.  M    annähernd  correct  zu  erweisen  wäre.    Dies  ist  in  der  That 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  29 

der  Fall.  Denn  die  Trochanterhöhe  hat  bei  dem  35  j.  M.  genau  den  gleichen 
Prozentsatz  von  der  Gesammthöhe  wie  bei  dem  22j.  W. ,  geht  also  ebenso 
um  -f-  0.83  pCt.  über  das  Mittel  der  G  Vedas  hinaus,  während  seine  Kniee- 
höhe  als  die  niedrigste  der  Gesamnitreihe  um  —  1.15  pCt.  unter  dem  Mittel 
der  Sechs  bleibt,  hier  aber  die  nächst  niedrige  Kniehöhe  des  20 j.  M.  sich 
ebenfalls  auf  ein  Minus  von  0.8'i  pCt.  berechnet,  so  dass  der  35  j.  M.  mit 
seiner  Kniehöhe  sich  in  dem  engen  Intervall  von  nur  0,33  pCt.  gerade 
demjenigen  Individuum  anreiht,  welches  eine  fast  identische  absolute  Trochanter- 
höhe mit  dem  in  Frage  stehenden  25 j.  W.  aufweist.  Die  Unterbilanz  des 
35j.  M.  für  die  Kniehöhe  erscheint  vollberechtigt  in  dem  System  der  Reihe, 
und  nach  dem  Gesetz  der  Analogie  können  wir  ein  ähnliches  Plus  für  die 
oberste  Stufe  gegen  die  nächst  niedrige  annehmen  wie  für  die  unterste  ein 
Minus  bezüglich  der  nächst  höheren.  Man  sieht,  wie  unser  Vertrauen  auf 
die  Gesetzmässigkeit  der  menschlichen  Wachsthumsverhältnisse  selbst  bei  so 
sprödem  Stoffe  seine  Mühe  belohnt  findet:  die  Ziffer  von  420  mm  für  die 
Kniehöhe  des  25  j,  W.  erscheint  auffallend  gross,  ein  Fehler  höchst  wahr- 
scheinlich; aber  dieser  Fehler  trifft  hier  zusammen  mit  einem  doppelten 
Plus  aus  ganz  normalen  Ursachen,  welche  die  Folgerichtigkeit  der  Reihe  so 
herzustellen  gestatten,  dass  wir  den  Umfang  des  Fehlers  auf  seine  wirklichen 
Grenzen  einengen  dürfen.  Wenn  wir  uns  nun  aus  der  Erfahrung  die 
Entstehungsgeschichte  eines  derartigen  Fragezeichens  vergegenwärtigen,  so 
kommen  wir  sehr  einfach  auf  die  Ziffer  von  410  mm.  Und  die  Probe  auf 
das  Exempel?  Sehr  natürlich  und  ganz  einfach.  Kn.  H.  :  Tr.  H.  =410:755 
=  54.30 :  100.  Bei  Beginn  unseres  Exempels  sahen  wir,  wie  für  6  Vedas 
das  Mittel  des  prozentarischen  Verhältnisses  von  Kniehöhe  zu  Trochanterhöhe 
sich  ergab  als  51.15  pCt.  aus  6  Stufen  zwischen  50.20  pCt.  und  52.42  pCt.; 
kann  sich  irgend  Etwas  besser  anreihen  als  nach  unten  die  48.25  pCt.  des 
35  j.  M.  und  die  54.30  pCt.  des  25  j.  W.  nach  oben,  so  dass  nunmehr  das 
Mittel  für  alle  8  Vedas  51.18  pCt.  ausmacht.?!  Und  nun  die  Prozentsätze 
für  die  Kniehöhen  direkt  bezogen  auf  das  Gesammtkörpermaass:  Wir  fanden 
für  (5  Vedas  das  Mittel  zu  37.30  pCt.;  für  das  25  j.  W.  ergiebt  sich  nunmehr 
410:  1  449  =  28.30  pCt.  entsprechend  den  26.15  pCt.  des  35  j.  M.,  und  das 
Mittel  bleibt  mit  27.28  pCt.  ganz  dasselbe.  Addiren  wir  aber  sämmtliche 
direkten  Ziffern  für  die  Kniehöhe  unter  Einfügung  von  410  statt  420  mm 
bei  dem  25  j.  W.,  so  ergiebt  sich  als  absolute  Mittelzahl  403.75  mm,  d.  i. 
27.280  pCt.  des  Körpermittels  von  1  480  mm.  ^) 

Die  Wadenhöhe  wie   die   Knöchelhöhe   übergehen  wir,   jene  wegen  der 
spärlichen  Notirung,    diese   wiegen  der  geringen  Zifferhöhe  bei  lückenhaftem 


1)  Ich  erachtete  es  als  eine  Ehrenpflicht,  bei  der  zußllifr  ja  auch  nur  kleinen  Gruppe 
der  erstgenannten  Kaste  zu  erproben,  -welche  allgemeinen  Uesichtspunkte  für  den  kritischen 
Bearbeiter  derartigen  fremden  Materiales  sich  geltend  macheu,  um  so  mehr  als  Herr  Virchow 
reichliche  Vermehrung  durch  andere  Reisende  in  Aussicht  gestellt  hat. 


30 


Dr.  Koerbin; 


Material,    insofern    hier    schon    eine    sehr    kleine   Differenz   den  Prozentsatz 
erheblich  beeinflusst. 

Höhenstufen  der  Vedas. 


1)  Scheitel -Standhöhe 


2)  Ohr- 


3)  Kinn- 

4)  Schulter - 

5)  Brustbein - 

6)  Elleubeuge- 

7)  Nabel - 

8)  Darmbein - 

9)  Trochanter- 
X)  Sitz -Höhe. 


für    6  M. 

«  2  W. 
6M. +  2W. 
für    6  M. 

,     2  W. 
6M.+2W. 
6M.  +  2W. 


11)  Schambein -Standhöhe: 

12)  Handwurzel-  , 

13)  Haudspitze-  „     : 


14)  Kr 


=  1  496  mm 

«  1  434    „ 

»1480    „ 

,  1 375    „ 

,  1  322     , 

,  1  362    „ 

,  1  304    „ 

1220     „ 

1207    , 

941     .. 

889     „ 

836    „ 

789    , 

,     766    , 

746.5  „ 

761    „ 

760    « 

1483 

715 

547 

545 

1485 

404 


=  100  pCt. 

»  100     „ 

„  100     « 

=  91.9  pCt. 

.  92.1      , 

,  92.0     „ 

,  88.1     « 

,  82.4     , 

„  81.5     „ 

„  63.6     „ 

n  60.1     , 

„  56.5     „ 

»  00.6     „ 

=  51.22  pCt. 

,  52.0       , 

,  51.4       , 

=  51.3       „ 


] 


] 


48.3 
36.6 
36.7 

27.3 


für    6     M. 

.  2  W. 
6M.-t-2W. 

„  5  M. 
[D 

6M.  +  2W. 
für  6  M. 
6M.  +  1W. 

[D 

6M.-f-2W. 

Wenden  wir  uns  nun  zur  Oberextremität,  so  werden  wir  uns  mit  Rück- 
sicht   auf   die    oben    dargelegte   Breite    der  Irrthums- Möglichkeit   die  Mühe 
nicht  verdriessen  lassen  dürfen,  anstatt  das  Verhältniss  von  Ober-  zu  Vorder- 
Arm  direkt  auszudrücken,  die  einzelnen  Prozentsätze  der  vier  verschiedenen 
Höhenlagen   zur  Gesammthöhe   auszurechnen:    der   geduldige  Leser  wird  bei 
der  Vermehrung    der  Uebersicht    wesentlich    gewinnen,    ohne   dass   die.  An- 
schaulichkeit der  Vergleichung  dadurch  verliert.    Die  Mittelzahlen  ergeben  für 
Schulterhöhe:     1  220  mm  -  82.4  pCt. 
Ellenbeuge    ;        941    „     „  63.6     „ 
Handwurzel  :        715    „      „  48.3     „ 
Handspitze    :        vacat.  (c.  37  pCt.) 

Leider  fehlt  auch  hier  die  betreffende  Ziffer  für  das  25  j.  W.  Nimmt 
mau  nur  die  6  Männer,  so  ergiebt  sich  für  diese  ein  Mittel  von  547  mm 
=  36.6pCt.  Rechnet  man  für  das  22 j.  W.  sowohl  seine  Körperhöhe  als 
seine  Handspitzenhöhe  mit  ein,  so  erhält  man  für  die  mittlere  Körperhöhe 
für  7  Individuen  statt  6  entsprechend  1  485w/n  statt  1  496wim,  ferner  545.4  mm 
statt  bM:lmm  an  Höhe  für  die  Handspitze,  und  für  36.6  pCt.  -36.7pCt., 
es  ändert  sich  also  sehr  wenig  an  der  Sache;  für  sich  allein  ergielit  das 
Verhältniss  von  535  :  1  420  -  37.7  pCt. 

Von  den  direkt  gemessenen  Rumpfmaassen  nimmt  die  Schulterbreite 
wegen  ihrer  Wichtigkeit  und  der  Vollständigkeit  ihrer  Ziffern  vorwiegend 
das  Interesse  in  Anspruch.  Ihre  Entwickelung  ist  bei  den  Vedas  sehr 
gleichmässig.     Der  Durchschnitt  ist: 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  31 

Schu.  Br.  für  6  M.  ■  =324  mm  =21.7  pCt.  der  Körperlänge. 

„        „      „    2  W.  „  307.5  „      „21.4     „       „ 

„        „      „    6M.-f-2W.   „  :319.8„      „  21.6     „       „ 
Die  beiden  extremen  Zifiern  liefern  auch  nur  21.9  pCt.  für  den  16  j.  M., 
21.0  pCt.  für  das  25  j.  W. 

Ueber  die  Muskelstärke  giebt  allein  der  Waden- Umfang  eine  Andeutung. 
Wd.  U.  für  5  M.  =  275  mm  =  18.2  pCt.  der  Körperlänge. 
[Kp.  H.  =  1499»nw] 
_      „     .    2W.  -240mw  =16.8     „       „ 


Von  den  ungleich  delikateren  Kopfmaassen  werden  wir  uns  schon  in 
Rücksicht  auf  den  gebotenen  Raum  mit  der  Berechnung  der  Indices  für 
Schädel  und  Nase  begnügen  müssen.  Jedem  näheren  Interesse  steht  es  ja 
frei,  aus  dem  so  reichlich  gebotenen  Materiale  selbstthätig  die  Resultate  zu 
entnehmen. 

Zunächst  untersuchen  wir  jedes  einzelne  Individuum  auf  seinen  Längen- 
Breiten  -  Index,  um  danach  einen  Anhalt  zu  gewinnen,  in  wie  weit  es  zulässig 
erscheine,  sich  mit  der  Gesammtberechnung  der  einzelnen  Gruppen  zu  be- 
gnügen. Wir  ordnen  wieder,  da  dies  am  meisten  übersichtlich  erscheint, 
nach  der  Körpergrösse,  unter  Bezeichnung  von  Alter  und  Geschlecht.  Es 
ist  Schädel-Breite  durch  -Länge  bei:  1)  22 j.  W.  =76.79,  2)  20j.  M. 
=  69.83,  3)  25  j.  W.  =71.43,  4)  30  j.  M.  =71.12,  5)  35j.  M.  =75.43, 
6)  18/20J.  M.  A.  =72.57,  7)  16j.  M.  -69.44,  8)  18/20J.  M.  B.  =75.00. 
Runden  wir  zu  0.5  ab,  so  haben  aufsteigend  nach  der  Indexgrösse  69.5  der 
16 j.  M.,  70.0  der  20j.  M.,  71.0  der  30 j.  M.,  71.5  das  25).  W.,  72.5  der 
18/20J.  M.  A.,  75.0  der  18/20  j.  M.  B.,  75.5  der  35  j.  M.,  77.0  das  22  j.  W. 

Auf  die  üblichen  Categorien  der  Brachycephalie  resp.  Dolichocephalie 
werden  wir  hier  bei  den  ziffergerechten  Belägen  keine  Rücksicht  nehmen, 
sondern  einfach  constatiren,  dass  durch  eine  grössere  Lücke  zwei  Gruppen 
von  einander  geschieden  sind,  deren  erste  zwischen  69.5  und  72.5,  in  der 
Mittelzahl  (genau  berechnet)  70.88  misst,   deren  zweite  hingegen  75.74. 

Diese  Gruppirung  ergiebt  eine  Differenz  von  5",  während  zwischen 
den  äussersten  Extremen  sogar  7  35"  liegen ;  hingegen  würde  die  einfache 
Quersumme  für  die  Männer  774  :  1  072  =  72.2,  für  die  Weiber  254  :  343 
=  74.1,  zusammen    1  028  :  1  415  =  72.7  ergeben. 

Indem  ich  mich  jeder  Kritik  sowohl  wie  Conjectur  bezüglich  der  Ge- 
winnung der  Messresultate  sorgsamst  enthalte,  und  jedem  Versehen  bezüglich 
einer  oder  der  anderen  Ziffer  bereitwilligst  den  weitesten  Spielraum  zugestehe, 
will  ich  nur  leise  das  so  ausserordentlich  wechselnde  Verhältniss  berühren, 
in  welchem  auch  bei  dem  einheitlichen  Verfahren  der  hier  vorliegenden 
Nummern  (ähnlich  freilich  auch  bei  allen  übrigen)  die  Schädellänge  zu  der 
iSchädelprojection  resp.  Stirnprojection  steht;  letzteres  Maass  liegt  ebenso  im 


32  •  l>'-  Koerbin: 

Medianschnitt  wie  ersteres,  und  sollte  als  das  Horizontalmaass  gegenüber  dem 
Schrägraass  kleiner  sein,  ist  aber  sehr  häufig  grösser  —  vielleicht  dürfte  die 
Vermuthung  für  gerechtfertigt  gelten,  dass  dickere  Ilaarlagen  oder  sonstige 
Umstände  die  Kopfhaut  von  der  Berührung  mit  der  Rückenwand  weiter 
entfernt  hielten,  so  dass  der  wagerechte  Abstand  des  Stirnpunktes  von  der 
Senkrechten  des  Messbrettes  unnatürlich  gross  wurde,  während  die  Enden 
des  Tasterzirkels  mehr  oder  minder  ungenirt  durch  die  Haare  hindurch 
auf  die  Schädeloberfläche  selbst  gedrückt  werden  konnten. 

Schliesslich  sei  noch  darauf  hingewiesen,  dass  neben  dem  diametre 
antero-posterieur  maximum  auch  der  diametre  antero-posterieur  iniaque  (zur 
sogenannten  Protuberantia  occipitalis  externa)  genommen  ist.  Beider  Unter- 
schied ist  zuweilen  verschwindend,  oft  aber  auch  recht  beträchtlich. 

Dass  ich  von  der  Berechnung  eines  Schädel-Hühen-Index  Abstand  nehme, 
bedarf  keiner  näheren  Motivirung.  Die  Methode  für  die  Distanzmessung  zwi- 
schen Ohrloch  und  Scheitel  verbietet  es  von  vorn  herein,  eine  Beziehung  zu 
den  Resultaten  des  Tasterzirkels  herbeizuführen.  Aus  ähnlichen  Rücksichten 
unterlasse  ich  es,  eine  Nebeneinanderstellung  der  senkrechten  Nasenhöhe 
mit  der  Nasen-Zirkelhöhe  und  der  Nasenrücken-Länge  vorzunehmen. 

Die  Nasenfl.iigel  -  Breite  werde  ich  hingegen  in  doppelter  Bezugnahme 
auf  Nasenrücken-Länge  und  Nasen-Zirkelhöhe  erörtern.  Die  Nasenspitze  zu 
bestimmen  ist  meist  schwer,  oft  unmöglich,  zumal  vernachlässigt  wird,  wie 
viel  oder  wenig  man  der  Nasenscheidewand  lässt.  Nun  ist  die  Nasenrücken- 
Länge  für  gewöhnlich  und  überwiegend  häufig  auch  in  den  vorliegenden 
Zahlen  grösser  als  die  Nasen-Zirkelhöhe:  nicht  ganz  selten  ist  es  aber  auch 
umgekehrt,  und  ich  wüU  gewiss  nicht  an  der  Richtigkeit  der  Thatsache 
mäkeln,  dass  es  zahlreiche  Nasen  giebt,  bei  denen  die  Nasenspitze  sehr  kurz 
ist;  dennoch  wird  mir,  auf  jedem  Blatt  fast  finden  sich  Beläge  dafür,  ein 
billiger  Beurtheiler  zugestehen  müssen,  es  habe  der  Bearbeiter  fremden  aus 
eigener  Anschauung  ihm  nicht  bekannten  Materiales  nicht  das  Recht  Schlüsse 
zu  ziehen  und  Verhältnissziffern  zu  berechnen,  wo  selbst  zwei  geschulte 
Anthropologen  sich  jeden  Augenblick  auf  Differenzen  betreffen.  Demnach 
werde  ich  hier  immer  grössere  oder  kleinere  Complexe  in  der  Hoffnung  auf 
die  stets  waltende  Ausgleichung  zusammenfassen.  Für  die  Vedas  findet  sich 
die  kürzeste  N.  Z.  h.  zu  36  angegeben,  die  N.  r.  L,  fehlt  hier!  die  längste 
N.  Z.  h.  geht  mit  45  mm  noch  über  N.  r.  L.  hinaus:  andererseits  entspricht 
die  verhältnissmässig  geringe  Nasenflügel-Breite  der  Vorstellung  einer  edleren 
Form ,  und  es  ist  nahe  liegend  anzunehmen ,  dass  die  Nasenscheidewand 
einen  stumpferen  Winkel  mit  der  Oberlippe  bildet.  Um  uns  zu  helfen, 
können  wir  annehmen,  da  im  Allgemeinen  die  N.  r.  L.  zu  kurz,  die  N.  Z.  h. 
zu  lang  gemessen  wird  —  jenes  durch  metrische  Schwierigkeit,  dieses  in 
Folge  der  anatomischen  Anlage  —  dass  beide  Mängel  sich  ungefähr  com- 
pensiren,  um  so  mehr,  als  eine  enge  Beziehung  zwischen  der  Form  des 
Nasen-Lippen- Winkels  und  des  Nasenrückens  besteht.    Für  den  sogenannten 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  33 

Nasen-Index  wünschen  wir  nun  lediglich  eine  übersichtliche  Formel,  welche 
uns  das  Verhiiltniss  der  Breite  gegenüber  Höhe  und  Länge  angiebt:  was 
steht  im  Wege,  die  hier  gebotene  Doppelreihe  von  Ziffern  dahin  zu  benutzen, 
dass  wir  aus  N.  r.  L.  und  N.  Z.  h.  einen  Mittelwerth  bilden  für  eine  Nasen- 
Höhen-Länge  (N.  H.  L.)  und  diese  in  Beziehung  bringen  zur  N.  fl.  B. 

Demgemäss  bitte  icii  für  das  Folgende  die  gewohnte  Anschauung  zu 
'corrigiren. 

M.  N.  Z.  h.  für  ö  M.  +  2  W.  =  40.93 

M.  N.  r.  L =41.86 

M.  N.  H.  L =  41.4  mm 

M.  N.  fl.  B -  35.3   mm 

Index  der  Schädel-  und  Nasen-Breite  der  Vedas. 

B.  N.  fl.  B. 

öch.-jj  =  69''.44  -   IG  j.  M.  -      ^    ^      39/40.5     =  96°.30 

,  =  69°.83  -  20  j.  M.  - 

„  =  71°.12  -  30  j.  M.  -  ,  36/44  =  8l".82 

„  =  71°.43  -  25  j.  W.  -  ,  34/38.5  =  88°.31                      ^ 

,  =  72°.57  -  18/20  j.M.A.  -  „  38/41.75  =  9 1''.02 

„  =  75°.00  -  18/20  j.M.B.  -  „  31/42.5  -=  72°.94 

,  =  75°.43  -  35  j.  M.  -  ,  33/44.5  =  74''.16 

,  =  76°.79  -   22  j.  W.  -  „  36/38  =  94^74 

NB.    Bei  den  Kasten  mit  weniger  als  5  Repräsentanten  erfolgt  keine  Berechnung. 

2.    Pulayer. 
8  Männer  und  6  Weiber. 

Alle  aus  Trovancore,  Mission  Trevandrum.  Sie  sind  Christen,  mit  Acker- 
bau beschäftigt;    no.  234  ist  als  Aufseher  angegeben. 

Alter  der  Männer  der  Weiber 

no.  234  —  Jahre  24                        no.  208  —  Jahre  15 

227  25  232  25 
206  —  229  26 
205  28  209  28 
231  35  207  30 

228  —  233  45 
230  36 

226  50 

Haut:  Vorwiegend  ebenso  wie  bei  den  Vedas  ist  Probe  27,  das  dunkle 
Rothbraun;  es  findet  sich  ausschliesslich  bei  15  j.  W.,  25  j.  M.,  [no.  206] 
28  j.  W.,  28  j.  M.,  BO  j.  W.;  mit  der  nächsthelleren  Probe  28  combinirt  bei 
24  j.  M.  (27/28),  25  j.  W.  (Gesicht  28),  -IQ  j.  W.  (Brust  28);  rein  28,  eine 
Probe,  die  ich,  je  länger  ich  sie  ansehe,  desto  mehr  geneigt  werde  als  das 
eigentliche  Braun  sensu  strictissimo  zu  erachten,  ist  notirt  bei  35  j.  M. 
[no.  231]  und  36  j.  M.;  aus  der  chokoladeufarbenen ,  graubraunen  Nuance 
treffen  wir  die  Probe  35  hier  combinirt  mit  34  bei  45  j.  W.  (34,  vorn  35), 
d.  h.  also  die  dunkelste  Tönung  hinten,  die  nächsthellere  vorn;  Probe  57  ist 

Zeitschril't  für  Ethnologie.     Jabrg.  1S79.  3 


34  Dr.  Koerbin: 

vorn  bei  25  j.  M.  [no.  227],  welcher  hinten  Probe  27  mit  der  Majorität  ge- 
mein hat,  notirt;  endlich  ist  die  kafieebraune  Nuance  mit  ihrem  dunkelsten 
Ton,  Probe  41,  vertreten  an  dem  Rücken  des  .'iO  j,  M.,  und  mit  den  beiden 
nächsthelleren,  42/43,  bei  35  j.  M.  [no.  228];  die  Vorderseite  des  Erstge- 
nannten. 

Iris:  Die  dunkelsten  Töne  der  braunen  Nuance  auch  hier  vorherr- 
schend, doch  mit  mehr  Neigung  von  der  schwarzen  Erscheinungsform  fern 
zu  bleiben  als  bei  den  Vedas.  Während  dort  nur  1  mal  Probe  II  neben 
7mal  Probe  I  erscheint,  finden  sich  hier  6mal  I,  6 mal  II,  2mal  III,  also 
bis  zur  Mittelstufe  des  Braunen.  Eine  Concordanz  mit  den  helleren  Haut- 
tönungen macht  sich  entschieden  geltend,  aber  nicht  durchweg,  denn  der 
28j.  M.  hat  III  neben  27. 

Haar:  Durchweg  die  dunkelste  Probe,  48.  Das  frühe  Altern  macht 
sich  schon  bei  50  j.  M.  ^)  geltend:  Haar  weiss.  Die  Haarform  ist  überwie- 
gend schlicht:  rein  wellig  ist  nur  bei  30  j.  W.  notirt;  der  Uebergang  zwi- 
schen der  schlichten  und  welligen  Form  bei  15  j.  W.,  28  j.  W.  und  36j.M. 
Geschoren:  25  j.  M.  [no.  206]  und  der  Weisskopf. 

Bart:  Spärliche  Behaarung  fand  sich  an  der  Backe  von  15  j.  W.  No- 
tirt sind: 

24  j.  M.     Probe  48,  kraus,  an  Backe,  Lippe,  Kinn. 

25  j,  M.  a.  Spuren,  an  Oberlippe. 

25  j.  M.  b.  48,  spärlich,  an  Oberlippe,  Kinn. 

28  j.  M.  48,  etwas  kraus,  an  Lippen,  Kinn. 

35  j.  M.  a.  48,       „         „         an  Lippen,  Kinn. 

35  j.  M.  b.  48,  starr,  an  Oberlippe,  Kinn. 

36  j.  M.  48,       „      an  Lippen,  Kinn. 

Im  Ganzen  fehlt  also  der  Backenbart,  und  auch  der  übrige  Bart  er- 
scheint vielfach  schwach  entwickelt. 

Nägel:  Bei  50  j.  M.  Probe  23,  ein  helles  Weissgelb  fast  ohne  Rosa; 
Probe  24,  eine  Ijlassere  Tönung  zu  25,  bei  25  j.  W.  und  26  j.  W.,  die  beide 
neben  dem  dunkelsten  Rothbraun  (27)  das  hellere  (28)  an  Gesicht  resp. 
Brust  haben;  dosh  darf  man  keine  regelmässigen  Beziehungen  zwischen  dem 
Farbenton  der  Haut  oder  der  Iris  und  den  Nägeln  annehmen,  indem  das 
dunklere  Nagelcolorit  '26  combinirt  ist  mit  den  Hautproben  28  und  37  sogut 
als  mit  27,  und  ebenso  mit  I,  11  und  III  der  Iris.  Bei  15  j.  W.  ist  26/25 
notirt,  6  mal  rein  25,  also  das  Rosa  ist  vorherrschend. 

Bindehaut:  „Weiss"  bei  15  j.  W.,  „ziemlich  weiss"  bei  24  j.  M. 
35J.M.  a..  35  j.  M.  b.,  36j.  M.;  „grünlich"  bei  25  j.  W.,  45  j.  W.;  „grün- 
lich braun"  bei  50  j.  M. ;  „unrein  braun"  bei  28  j.  W.;  „sehr  braun"  bei 
25  j.  M.  a.;  „braune  Flecke"  bei  25  j.  M.  b.,  26  j.  W.,  28  j.  M..  30  j.  W.;  - 
man  bemerkt  leicht,  dass  bei   lichterer  Hauttönung   sich  auch  eine  grössere 


l)  Das  Alter  ist  hier,  wie  liei  den  meisten  andern  Kasten,  mir  geschätzt. 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  35 

Helligkeit  der  Rindehaut  einzustellen  liebt;  die  Weisse  des  dunkelhäutigen 
Mädchens  ist  vielleicht  als  kindliche  Erscheinung  auszusondern. 

Lippen:  7mal  ro.,  5  mal  ro. -(- 27,  1  mal  27, -|- 1  mal  ro. -|- bl.  notirt. 
ro.,  also  rein  roth,  bei  dem  jugendlichen  Weibe  und  sonst  nur  bei  hellerem 
Hautton;  rein  27  bei  dem  schon  greisenhaften  50  j.  M.  Das  ro. -r  bl.,  also 
blauroth,  ist  vermuthlich  pathologisch  und  vorübergehend,  denn  der  28  j.  M. 
ist  mit  „Fieber"  und  Puls  von   190  aufgezeichnet. 

Zähne:  An  sich  schön  und  gesund,  durch  Betelkauen  und  Anfeilen 
vielfach  entstellt.  Die  Weisse  der  Zähne  findet  sich  bei  dem  50  j.  M.  noch 
eben  so  frisch  wie  bei  dem  15  j.  W.  Die  Bräunung  durch  Betelkauen  findet 
sich  sowohl  bei  dem  30  j.  W.,  als  bei  zv^'ei  Männern,  ohne  dass  anscheinend 
die  Festigkeit  der  Zähne  gelitten  hätte.  Die  4  oberen  Schneidezähne  sind 
bei  24  j.  M.  und  beiden  25  j.  M.  gefeilt.  Das  25  j.  W.  hat  die  unteren 
Vorderzähne  ungleich  lang,  namentlich  ragen  die  Eckzähne  merklich  hervor. 
28  j.  M.  hat  die  Eckzähne  gefeilt. 

Körperbau  nichts  Besonderes,  meist  proportionirt,  „etwas  mager" 
25  j.  M.  a),  26  j.  W.,  dagegen  „etwas  fett"  30  j.  W.,  „robust"  sind  35  j.  M.  a) 
und  36  j.  M. 

Die  Puls  Zählungen  scheinen  wegen  ihrer  ausserordentlich  schwanken- 
den Ziffern  von  wenig  Werth;  abgesehen  von  den  190  P.  des  28j.  M.  finden 
wir  102  P.  bei  25 j.  W.,  100  P.  bei  45 j.  W.,  und  sogar  108  P.  bei  30j.  W., 
ferner  96  P.  bei  15  j.  W.,  dagegen  72  P.  bei  26  j.  W.  und  80  P.  bei 
28  j.  W.  Die  Erregung  bei  den  Ersteren  wird  wohl  den  grössten  Theil 
des  Plus  erzeugt  haben.  Die  Männer  haben  84  bei  24  j.  und  25  j.  b),  80 
bei  35  j.  a),  GG  bei  25  j.  M.  a),  60  bei  35  j.  M.  b),  58  bei  50  j.  M.,  vacat  bei 
36  j.  M. 

Bemerkungen.  Das  15  j.  W.  hat  bei  kleinen  zierlichen  Brüsten  sehr 
grosse  Mammae  „wie  bei  den  alten  Weibern"  und  diese  sind  mit  2  Neben- 
warzen versehen. 

NB.  Der  25  j.  M.  a)  no.  227  hat  das  Gesicht  schief,  und  zwar  die 
rechte  Seite  schmaler.  (Hierzu  Tabelle  S.  36/37.) 

3.    Chermnas. 

1  Mann  2  Weiber;    ackerbauende  Sklaven  von  Kotakal, 

Mann  ca.  no.  74,  alt  26?  Jahre. 
Weib    „      „     75,    „    17 
dgl.      „      „     76,    „    25 

Keines  hat  ganz  dunkle  Hautfärbung ;  am  hellsten  ist  das  17).  W.:  kaffee- 
braun 42;  daneben  Iris  H.,  sehr  reine  weisse  Bindehaut  bei  Nägeln  25 
und  gesunde  reine  weisse  Zähne  unter  rothen  Lippen. 

Das  Normalbraun  no.  35  findet  sich  beim    25  j.  W..    neben  Iris  I,    nur 
(Fortsetzung  s.  S.  38  unten.) 

3* 


36 


Dr.  Koerbin: 


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Messungen  an  lebenden  Indiern. 


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CO   -^  IM 

(M  t-  -«l* 
CO  0  r- 
t^  CO   IM 

IM 

05 
«> 

1583 
1464 
1  40. 

1291 
974 
815 

Tj*    Ol    ^    0 

IM  0  >o  r- 
CO  0  c-  0 

>-l   rH 

0  00  00  0  — 

0  >0   "—1  IM  CD 

01  00  "t  CO 

0  0  lO 

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CO  —  — 

CO  0  00 

CO  CO  CO 

r-  tO  CM 

>«         i 

g 

t^ 

1492 
1387 
1334 

1  223 
910 

80. 

CD  <M       -CO 
■*  ■*  Ol   — 
(M   Ol  CO  »O 

>0  ifS  CO 

r-  ^  ,-1    1     1 
00  00  -*    1     1 

0 

•^     1    Ol 

1     I      1 

l 

1499 
1379 
1318 

1     1    1 

MM 

M    M  1 

!   1   1 

1      1     1 

w 

Kp.  H.. 
Ohr  IL. 
Ki.  H.  . 

-^  ~X  -C 

035503 

Sehn.  11. 
Eli.  11. 
Hw.  11. 
Hsp,  11. 

Drb.  11. 
Tr.  H  . 
Wd.  H. 
Kn.  IL  . 
i.  Kehl,  n 

Sehn.  B. 
Wrz.  B. 
Be.  B.  . 

Er.  U.  . 
Bch.  U. 

Wd.  U.  . 

38 


Dr.  Koerbin: 


Durchschnittsprozente  der  Rumpfmaasse  der  Pulayei-. 

Kp.  H  :  7  m  =  1  556  mm  6  W.  =  1  427  7nm   7  ?»  +  6  W.  =  1  496  mm 

Ohr.  H.  :  7  m  -  \  438  mm   =  92.4  pCt.   5  W.  =:  1  322  mm    -    91.7  pCt.  von  1  441  Kp,  H. 
Ki.  H.  :  7  „  „  1375  „  „88.4  „ 


Kp.  H. 

5  m  = 

1  563  mw  =100.0  pCt. 

4  W. 

= 

1  447  mm    = 

100.0  pCt, 

Brb.  H. 

—    „ 

1  276    ,    ,    81.6     „ 

— 

n 

1185   „ 

81.9     „ 

Nbl.  H.  : 

r> 

957    „    „    61.2     „ 

— 

r, 

886.5  7nm  „ 

61.3     „ 

Schb.H. 

» 

808    „    ,    51.7     „ 

1  W. 

= 

771      „    = 

52.8     ,     von  1460 

Schu.H. 

!) 

1  298  m»i=   83.0  pCt. 

4  W. 

= 

1  197  mm     = 

82.7  pCt. 

Ell.  H. 

—         „ 

990    „    „    63.3     ., 

— 

n 

919.5,       „ 

63.5     „ 

Hw.  H. 

—         „ 

740    ,    ,    47.3     „ 

— 

» 

689    „       , 

47.6     „ 

Hsp.  H. 

» 

558    „    „    35.7     , 

— 

" 

530.5  „       „ 

36.5     , 

Drb.  H. 



893  m?n.  =  57.1  pCt. 

— 

^ 

829.5  7ftm  „ 

57.3  pCt. 

Tr.  H. 

—          „ 

840    „    „    53.7     „ 

3  W. 

= 

793     „       = 

54.4     „     von  1  460 

Kn.H. 

—           „ 

425    „    „    27.2     „ 

4  W. 

= 

394    ,      = 

27.2     , 

Wd.H. 

— 

„ 

312.5„       „ 

21.6     „ 

KnchlH 

— 

" 

54    „       „ 

3.7      , 

Schu.  B. 

„_          - 

339mwt  =  21.7  pCt. 

— 

= 

304    mm  = 

21.0  pCt. 

Be.  B.    : 

» 

199  „     „    12.7      „ 

— 

" 

195      „     „ 

13.5      „ 

WdU. 

— 

= 

246    7nm  = 

17.0  pCt. 

Beb.  U. 

— 

» 

581       ,      , 

40.0     „ 

Si.  H. 


—  =  78l7H7«=  50.0  pCt.    — 


718.5 


49.65 


Index  der  Schädel-  und  Nasen-Breite  von  Pulayer. 

fl.  B.    34 


Seh.   -^:  70. »86  —  28  j.  W.       —  N. 


71. "42  —   15j.  W.       — 

71.074  —  35  j.  M   A. 
71.''81   —  24  j.  M. 
71.''84  —  26 j.  W. 
73.»33  —  35  j.  M.  B. 
73.H5  —  50 j.  M. 

74. "12  —  30j.  W.       — 

74.»74  —  28  j.  M. 

75."76  —  25  j.  M.  A. 

76.»00  —   25  j.  M  B.    — 

76."33  —  45  j.  W. 
77. »14  —  25  j.  W. 


H.  L.     40.5 
34 
35.5 


83.»95 
=  95.»77 


40 
38 
33 
51 

34 
40 


=  105.  "26 


=  64,"71 


=  85. »00 


(Forts.  V.  S.  35.) 

rechts  braungefleckter,  weisser  Bindehaut,  Nägeln  25,  sehr  reinen  weissen 
Zähnen  hinter  rother  Unterlippe  und  Pflaum -blauer  Oberlippe.  Letztere 
Angabe  ist  vielleicht  auch  pathologisch  bedingt,  denn  die  Pulsfrequenz  ist 
hier  !  130,  während  das  17  j.  W.  nur  68  (äusserst  schwache)  Schläge  zeigt 
und  auch  der  Mann  70. 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  39 

Letzterer  hat  Haut  35/41,  den  Uebergang  vom  Normalbraun  zum 
dunkelsten  fast  schwarzen  Ton  des  Kaffebraun;    Nägel  2(),  Lippen  roth. 

Haar  und  ßart  sind  beim  Mann  geschoren,  vom  dunkelsten  Grauschwarz 
(48);  die  gleiche  Haarfärbung  hat  25 j.  W.;  bei  17j.  W.  fehlt  die  Angabe, 
indem  eine  Probe  mitgebracht  ist.  Beide  Weiber  haben  das  Haar  wellig, 
jedoch  das  jüngere  weniger  Der  Wuchs  ist  proportionirt,  das  jugendliche 
Weib  etwas  mager.     Des  Letzteren   Arme  sind  „etwas  behaarf"  gefunden. 

Abnormität:  Die  beiden  inneren  Schneidezähne  am  Unterkiefer  des 
25j.  W.  sind  kürzer,  bei  dem  Manne  stehen  an  gleicher  Stelle  die  beiden 
äusseren  Schneidezähne  und  der  innere  rechts  vor  dem  inneren  linken  und 
den  beiden  Eckzähnen   vor. 

4.    Panirs. 

Vier  Männer  aus  Wynad. 

No.  71  ist  ein  20j  ,  no.  70  ein  25  j.  Kaffee  pflanzender  Kuli;  no.  69  ein 
20 j.,  no.  68  ein  ?35j.  Landarbeiter. 

Farbe:  wesentlich  übereinstimmend  mit  den  Vorigen.  Die  dunkelsten 
Töne  fehlen;  no.  68  und  69  haben  die  vorletzte  oder  besser  zweitdunkelste 
Stufe  des  Gelbbraun,  no.  70  die  gleiche  Stufe  des  Rothbraun  dazu  gemischt, 
no.  71  eine  Mischung  der  gleichen  Stufe  des  Braun  im  engeren  Sinne, 
unseres  Normalbrauu,  mit  dem  dunkelsten  Rothbrauu.  Vielleicht  erreichen 
wir  den  besten  Ueberblick  dadurch,  dass  wir  nicht  von  den  dunkelsten 
Stufen  27,  34,  41,  ausgehen,  sondern  eben  von  den  nächst  helleren  No.  35 
ist  ein  dunkles  sattes  Normalbraun,  no.  28  bildet  dazu  die  rothe,  no.  42  die 
gelbe  Nüancirung.  Jene  drei  vorhergenanuten  sind  die  zugehörigen  schwärz- 
lichen Töne  und  no.  48  (man  bemerkt  leicht,  dass  jede  Nuance  der  Probe- 
tafel in  7  Töne  abgestuft  ist,)  ist  die  überhaupt  vorkommende  dunkelste 
Färbung:  grauschwarz.  Man  wird  hiernach  jede  hellere  Tönung  leicht  in 
der  betreffenden  Nüancenreihe  an  ihren  Platz  setzen,  und  die  vorliegenden 
no.  35/27,  28/42,  42  sind  ohne  Weiteres  verständlich. 

Die  Iris  ist  überall  L 

Haarfarbe  meist  nicht  bemerkt,  no.  69  mit  schwarz  bezeichnet.  Alle 
sind  geschoren.     Von  no.  70  ist  d.isselbe  beim  Bart  angegeben. 

Nägel  säramtlich  25.  Bindehaut  bei  68  mit  braunen  Flecken  versehen, 
bei  den  Uebrigen  mit  rothon,  resp.  rothbraunen  Adern,  im  Uebrigen  ziemlich 
rein.  No.  71  besonders  stark  geädert,  präsentirt  sich  grünlich.  Sehr 
eigenthümlicher  Weise  sind  die  Lippen  bei  69,  70,  71  wieder  als  bl./ro. 
resp.  ro./bl.  angegeben  neben  Pulsen  zwischen  120  und  löO.  Bei  68  mit 
Lippen  ro.  steht  statt  der  Pulszahl  leider  nur  ein? 

Die  Zähne  sind  theils  schmutzig,  theils  defect  angegeben,  stehen  also 
von  denen  der  Cheruraas  sehr  ab.  Bei  no  71  steht  unten  ein  Vorderzahn 
links  um  eine  Zahnstelle  hinter  den  übrigen  zurück  und  ist  fast  schwarz; 
oben  ragt  der  Entsprechende  eben  so  weit  vor.  Auch  bei  no.  70  steht  der 
grössere   Schneidezahn    links    und    in  geriugerem    Grade    der    entsprechende 


40 


Dr.  Koerbin: 


Eckzahn  im  Unterkiefer  zurück,  so  dass  die  Zahncurve  links  abwärts  geneigt 
erscheint;  bei  68  endhch  ragen  die  beiden  mittleren  unteren  Schneidezähne 
merklich  über  ihre  Umgebung  nach  oben  hervor  und  divergiren  dabei  von 
einander. 

Der  Körperbau  ist  bei  70  und  71  als  robust,  bei  69  als  etwas  fett,  bei 
68  als  proportionirt  notirt, 

Bemerkungen:   Zu  68:   Spuren  von   Schutzpocken  —  an  den  Beinen  eiternde  Geschwüre. 

Körper  wenig  behaart,  am  Penis  reichliche  schwarze  Haare. 

Zu  70:    Körper  unbehaart. 

Zu  71 :    Eiternde  Hautgeschwüre  an  den  Beinen. 

5.    Mupen. 

20 j.  AI.  no.  72;    ebenfalls  von  Wynad;    Holzfäller. 

Haar  28;  Iris  II;  Haar  48,  geschoren  bis  auf  einen  Scheitelzopf, 
übrigens  wellig;    Bart  auch  geschoren. 

Nägel  25;  Bindehaut  sehr  unrein,  mit  vielen  kleinen  Adern;  Lippen 
ro./bl.,  dazu  Puls  135;  Zähne  regelmässig  ausser  einem  kleinen  Schaltzahn 
zwischen  beiden  oberen  Vorderzähnen  (versteht  sich  den  mittleren). 

Körperbau  robust. 


Tabelle  3. 
Cherumas  A. 


Tabelle  4. 
Panirs  A. 


Tabelle  5. 
Mupen  A. 


w. 

M. 

M. 

M. 

ca.  n.  .  . 

75 

76 

74 

71 

67 

70 

68 

72 

Kp.  H.  . 

1  541 

1442 

IGOO 

1  550 

1  582 

1535 

1623 

1594 

St.  n. .  . 

1  488 

1390 

1546 

1504 

1539 

1494 

1583 

1542 

St.  pr..  . 
Ob.  N.  11. 

188 

180 

188 

166 

185 

186 

168 

185 

1451 

1357 

1  517 

1  482 

1  509 

1465 

1550 

1519 

Ohr  H.   . 

1  420 

1327 

1482 

1450 

1480 

1427 

1  512 

1485 

N.  0.  pr.. 

210/85 

185/90 

205/100 

20./107 

195/105 

215/120 

195/105 

203/95 

U.  N.  H.  . 

1403 

1316 

1483 

1443 

1475 

1425 

I  510 

1478 

Ki.  n..  . 

1  332 

1  254 

1  416 

l  381 

1406 

1  355 

1438 

1  406 

Seh.  L.  . 

18Ü 

170 

187 

173 

180 

197 

175 

181 

Seh.  B.  . 

133 

124 

137 

131 

128 

135 

130 

125 

h.  Seh.  U. 

?520 

?490 

533 

500 

517 

553 

506 

510 

s.  Seh.  Br. 

?301 

300 

330 

310 

318 

330 

300 

300 

N.  Z.  h.  . 

46 

40 

34 

47 

40 

48 

48 

43 

N.  r.  L.  . 

44 

40 

44 

47 

43 

47 

48 

42 

N.  fl.  B.  . 

36 

38 

36 

33 

40 

38 

38 

39 

Aufr.  E.  . 

33 

31 

33 

28 

28 

35 

33 

30 

M.  br./h.  . 

48/22 

42/26 

47/20 

48/18 

52/20 

47/20 

54/12 

53/24 

Wa.  B.  . 

96 

93 

96 

94 

92 

99 

96 

97 

U.  K.  B.  . 

92 

88 

95 

86 

93 

90 

97 

90 

I.  B.  .  . 

120 

122 

123 

12. 

13. 

133 

133 

117 

0.  B.  .  . 

117 

114 

120 

106 

120 

118 

118 

110 

ol).N.O.R. 

10.') 

10. 

105 

100 

102 

110 

106 

100 

u.  N.  0.  K. 

107 

96 

113 

100 

110 

120 

107 

105 

Obli.  0.  R. 

122 

114 

131 

118 

126 

132 

120 

123 

Ki.  0.  R. 

126 

121 

133 

112 

130 

135 

132 

130 

Messungen  an  lebenden  Indiern. 


41 


("lierumas  B. 


Pauirs  B. 


Mupen  B. 


W. 

M. 

M. 

M. 

Alter.  .  .  . 

17 

25 

26? 

20 

20 

25 

35? 

20 

Si.  H.  .  .  . 

755 

715 

810 

780 

788 

767 

785 

780 

K]).  H..  .  . 

1  541 

1442 

1600 

1  550 

1  582 

1  535 

1  623 

1594 

Ohr.  H.  .  . 

1  420 

1  327 

1482 

1  450 

I  480 

1427 

1512 

1485 

Ki.  H.  .  .  . 

1332 

1  254 

1  416 

1381 

1406 

1355 

1438 

1406 

Rrb.  H.  .  . 

1  255 

l  175 

1  305 

1282 

1301 

1263 

1  326 

1  312 

Nbl.  H.   .  . 

95;i 

895 

968 

927 

960 

930 

984 

980 

Schb.  H.  .  . 

— 

— 

788 

?766 

?8Ü6 

?786 

?852 

?823 

Schu.  H.  .  . 

1  25. 

1  19. 

1  325 

1  267 

1276 

1  252 

1  326 

1303 

Ell.  H..  .  . 

965 

915 

1  017 

975 

973 

954 

1  010 

1015 

Hw.  H.  .  . 

705 

680 

744 

707 

725 

710 

765 

770 

Hsp.  H.  .  . 

527 

516 

574 

533 

539 

535 

586 

606 

Drb.  H.  .  . 

878 

854 

922 

894 

898 

900 

960 

919 

Tr.  H.  .  .  . 

853 

806 

859 

840 

861 

835 

?907 

876 

Kn.  H.   .  . 

442 

437 

445 

435 

450 

413 

472 

436 

Wd.  H.  .  . 

32. 

30. 

32. 

32. 

335 

333 

— 

33. 

Knchl.  H.   . 

64 

61 

64 

60 

65 

59 

68 

70 

Schu.  B.  .  . 

325 

318 

[395] 

325 

347 

354 

357 

330 

Wrz.  B.  .  . 

" 

208 

divergent 

192 

168 

170 

172 

197 

167 

Be.  B.  .  .  . 

217 

212 

215 

215 

222 

193 

235 

203 

Br.  U.  .  .  . 



774 

760 

744 

770 

77t; 

750 

Beb.  ü.  .  . 

590 

660 

590 

585 

670 

735 

656 

650 

Wd.  U.  .  . 

255 

25. 

31. 

275 

285 

293 

~ 

31. 

Gewiss  ist  es  misslich,  aus  einer  so  geringen  Zahl  von  Repräsentanten 
auf  den  Durchschnittsbau  einer  Kaste  schliessen  zu  wollen,  und  in  der  That 
ist  die  oben  genannte  Ziffer  von  5  Individuen  als  Miniraalzahl  für  uns  zu- 
lässig erscheinende  Durchscluiittsbereclmung  nur  nothgedrungeu  so  niedrig 
gestellt  worden.  Indess  liegt  uns  eine  besondere  Control- Rechnung  ob. 
Mehrfach  fehlt  die  Messung  der  Gesammt- Kör  per -Höhe,  während  die 
übrigen  Maasse  in  grosser  Vollständigkeit  wiedergegeben  sind.  Es  steht 
kaum  in  Frage,  dass  die  Eigenthümlichkeit  des  Haarwuchses,  resp.  die 
nöthig  erschienene  Schonung  der  Haartoilette  davon  wenigstens  grossentheils 
die  Ursache  ist.  Wie  dem  nun  sein  möge,  die  Ergänzung  der  fehlenden 
Ohr -Scheitel -Distanz  ist  ein  wesentliches  Bedürfniss,  so  lange  wir  Werth 
legen  auf  eine  prozentarische  Berechnung  und  dadurch  allein  ermöglichte 
bequeme  Vergleichung  der  verschiedenen  Höhenschnitte.  Ohne  Zweifel  wird 
die  Kopfhöhe  für  etwaige  Taxirung   des  Höhen- Längen-  und  Breiten -Index 


42  Dr.  Koerbin: 

sich  nicht  berechnen  lassen,  die  individuellen  Schwankungen  des  Kopfl)aues 
sind  hierfür,  wie  wir  überall  ersehen  können,  viel  zu  gross;  wohl  aber  ist 
es  erlaubt  gegenüber  den  meist  ungleich  grösseren  Verhältnisszahlen  der 
Rumpfhöhenschnitte  nach  einem  prozentarischen  Durchschnitts werth  der 
Scheitelhöhe  im  Vergleich  zu  der  Ohrhöhe  zu  suchen,  welche  den  etwaigen 
Fehler  klein  genug  bleiben  lässt,  um  ruhig  die  Beziehung  auf  die  gewohnte 
Normalhöhe  des  Gesammt- Körpers  eintreten  zu  lassen.  Jede  Veränderung 
des  Ausgangspunktes  legt  der  Vorstellungskraft  eines  ausharrenden  Lesers 
unerschwingliche  Lasten  auf.  Da  sind  nun  diejenigen  Individuen  unschätzbar, 
welche  geschorene  Köpfe  oder  wenigstens  hinreichend  schlichte  Haare  haben, 
um  den  vermuthlichen  Durchschnittswerth  des  Ohr- Scheitel -Abstandes  von 
c.  8  pCt.  der  Scheitel -Stand -Höhe  auf  seine  Giltigkeit  zu  prüfen.  Desshalb 
die  folgende  Spezialberechnung.  ^) 

Wir  finden  mit  geschorenem  Haupthaar: 

1  M.  Cherumar:    Kp.  H. 
4  M.  Panirs 


Ohr.  H.  =  1  600 

1482  =  100 

92.625 

,  1  623 

1  512  „  „ 

93.16 

,  1  582 

1480„  „ 

93.55 

„  1  550 

1  -150  „  „ 

93.55 

„  1  535 

1  427  „  „ 

92.96 

r=  6  290 

5  869  =  100 

:  93.31 

„  1  572.5 

1  467  mm 

daran  schliesst  sich: 
1  M.  Mupen  nur  mit  Scheitelzopf  =  1  594     :  1  485  -  100  :  93.16 

Die  beiden  W.  Cherumas  mit  leicht  welligem  Haar  ergeben  bei  Kp.  H. 
=  1541  und  1442  mm  resp.  92.15  pCt.  und  92.02  pCt.  Es  ist  natürlich, 
dass  es  sehr  wesentlich  darauf  ankommt,  wie  viel  Haare  mitgemessen 
werden;  im  Allgemeinen  werden  die  Weiber  davon  mehr  haben.  Alles  in 
Allem  genommen,  werden  wir  nach  keiner  Seite  eine  grosse  Sünde  begehen, 
wenn  wir  als  Durchschnitt  92.5  pCt.  als  Verhältniss  der  Ohrhöhe  zur 
Gesammthöhe  annehmen  und  das  Verhältniss  der  Ergänzung  auf  rund 
108  :  100  beziffern,  jedoch  unter  Vorbehalt  der  Modifikation  nach  dem  vor- 
liegenden Durchschnitt  bei  jeder  Kaste. 

Index  der  Schädel-  und  Nasen-Breite  von  Cherumas  und 
Panirs  nebst  Mupen: 

Seh.  —  72. "94  —  25  j.    W.    Cherumar  —    ^'  ^-  ^    Ji  =  95».00 
L.  U.  L.      40 

.      73.026       ?26j    M.  „  ,  iL  =  92».31 

"  j  »  39 

„      73».89         17  j.  W.  „  „         iL  =  800.00 

•'  45 

■lö 
„      680.53         25  j.  M.       Pauir  „  JiL  =  SQo.OO 

"*  47.5 


1)  Dabei  ist  zu  beachten,  dass  vor  No.  =  C  IX  der  Scheitel  meist  etwas  höher  steht  als 
bei  der  dann  eintretenden  gezwungenen  Kopfhaltung. 


38 

48 

=  79M7 

33 

47 

=  70«.21 

39 

=  91". 76 

42.5 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  43 

Seh.  —  70M1   —  20).  M.    B.      Panir  —    ^-  ^-  ^-    i2-=9G».39 
L.  ■'  II.  L.      41.5 

„     74».29         35j.  M. 
,      75». 72         20j.  M.  A. 

„     69".0C         20 j.  M.  Mupen 

6.    Kanikas. 

4  Männer  aus  dem  Neduvanktidu- Bezirk  in  Trovancore,  Athrumally- 
Hills.,  Landbauer.     25 j.  no.  202,  32j.  203,  35j.  204,  36 j.  201. 

Dunkler  als  die  Vorigen,  Alle  Hautprobe  27;  Iris  I;  Haar  48, 
kraus  und  starr,  bei  no.  204  etwas  wellig;  Bart  48,  spärlich,  an  Lippen 
und  Kinn,  bei  no.  201   kurz  geschoren. 

Nägel  ebenfalls  dunkler,  26  bei  Dreien  und  bei  no.  201  sogar  28 -}- 22, 
eine  Mischung  von  Rothbraun  und  mitteldunklem  Grau-Gelb-Braun;  Binde- 
haut ziemlich  weiss,  nur  bei  201  wieder  dunkelbraune  und  rothe  Flecke. 
Lippen  bei  201  roth,  bei  202  und  204  röthlich,  bei  203  so  dunkel  wie  die 
Haut,  Probe  27.  Alle  kauen  Betel,  daher  die  Zähne  gebräunt,  sonst 
gesund;  bei  no.  203  sind  sie  sehr  lang,  und  zeigen  die  unteren  Vorderzähne 
eine  Lücke. 

Körperbau  proportionirt.  Puls  bei  203  —  75,  bei  202  —  96,  bei 
201  —  100,  bei  204  als  äusserst  schwach  angegeben, 

7.    Tiers. 

(Distrikt  Calicut,  Sprache  Malayalim.) 

1  Weib  no.  145  von  Calicut,  55  j.,  Haut  28,  Iris  III,  Haar  48,  wellig, 
bereits  bleichend. 

Nägel  25,  Bindehaut  mit  einigen  braunen  Adern;  Lippen  rothblau  — 
Pulsangabe  fehlt  — ,  Zähne  sehr  weiss. 

Körper  etwas  mager.  Gewicht  41  kg,  Zunahme  im  Gefängniss  2.V  kg 
binnen  \  Jahr.  (Hierzu  Tabelle  6.) 

Schädel-  und  Nasen-Index  von  Kanikas  und  Tier. 

32  j.  M.  Kanikar    Ohr  H.  92^.2.   Seh.  j^  66°.48    N.  ■g^   -30-=  79°.49 

35  „     „ 
25  ,     , 

36  „     „  , 
55  „     -      Tier 


92^.17 

„ 

69°.44 

r 

41 

49 

=  83°,67 

„ 

72°.G0 

» 

33 
41.5 

=  79°.52 

91^.21 

„ 

73°.68 

« 

37 
42 

=  88°.09 

91^.65 
(FortsetzuL 

67'^.91 

'g 

s. 

S.  45.) 

44 


Dr.  Koerbin; 


Tabelle  6.     Kanikas  A. 


Tabelle  7.     Tier  A. 


ca.  no.   ... 

202 

203 

204 

201 

145 

Kp.  H.  .  .  . 

vaeat 

1576 

1533 

1610  +  5m 

1533 

St.  H 

St.  pr.   ... 
Ob.  N.  H.  .  . 
Ohr  H.  .  .  . 
N.  0.  pr..  .  . 
ü.  N.  H.  .  .  . 
Ki.  H.   .  .  . 

1557 
196 
1528 
1493 
21.— 103 
1492 
1416 

1  510 
182 
1487 
1453 
195-87 
1452 
1  378 

1480 
187 
1  457 
1413 
206—10. 
1  413 
1  346 

1  541   in 

20 
1  507 
1  473 
205—103  „ 
1  471 
1  407 

1472 
189 
145. 
1405 
205-85 
1404 
1335 

Seh.  L.  .  .  . 
Seh.  B.  .  .  . 
h.  Seh.  U.  .  . 
s.  Seh.  Bo.  .  . 

190 

138 

?550 

?340 

179 
119 
515 
•295 

180 

125 

?530 

310 

190 

140 

?543 

?347 

187 

127 

?520 

314 

N.  Z.  H.  .  .  . 

N.  r.  L.  .  .  . 
N.  fl.  B.  .  .  . 
Aug.  E.  .  .  . 
M.  br:/h.  .  , 

42 
41 
33 
34 

50/17 

40 
38 
31 

32 

41/22 

49 
49 
41 
38 

48/18 

43 
41 
37. 
33 

47/18 

34 

32 

!   - 

Wa.  B.  .  .  . 
U.  Ki.  B.   ,  . 

J.  H 

0.  B 

?100 

ioo 

130 
118 

88 

90 

124 

107 

97 

98 

130 

117 

91 
102 
130 
124 

95 

86 

124 

ob.  N.  0.  R.  . 
u.  N.  0.  R. .  . 
Obli.  0.  R.  .  . 
Ki.  0.  R.   .  . 

104 
102 
122 
136 

98 

93 

122 

112 

105 
110 
125 
128 

108 
HO 
125 
128 

102 
100 

123 

Tabelle  6.     Kanikar  B. 


Tabelle  7.     Tier  B. 


Alter  .... 

25 

32 

35 

36 

55 

Si.  H 

832 

794 

804 

815 +  5  mm 

Kp.  H.  .  .  . 
Ohr  H.  .  .  . 
Ki.  H 

vacat     1  576 
1  493     1  453 
1416     1378 

1  533 
1  413 
1  346 

1  610 
1473 

1  407 

1  533 
1  405 
1335 

Brb.  H.  .  .  . 
Nbl.  H.  .  .  . 
Schb.  U.  .  .  . 

1  315      1  298 

972   ]    965 
824   1    824 

1  257 

953 

?820 

1  323 
990 
830 

— 

Schu.  H.  .  .  . 
Ell.  H.  .  .  . 
Hw.  n.  .  .  . 
Hsp.  H.  .  .  . 

1  347 
1  035 

804 
624 

1  316 
1023 

774 
602 

1  275 
984 
729 
580 

1  349 
1043 

787 
620 

— 

Drb.  U.  .  .  . 
Tr.  H.   ... 
Kn.  H.  .  .  . 
W(l.  H.  .  .  . 
Kiichl.  H.  .  . 

907 
845 
463 
35. 
58 

897 
855 
425 
36. 
59 

865 
825 
430 
345 
56 

925 

843   „ 
435 
36. 
62 

— 

Schu.  B.  .  .  . 
Wrz.  B.  .  .  . 
He.  B.   ... 

340 

178 
•220 

344       320 
181       173 

205       188 

345 
171 
235 

— 

Br.  U 

Beb.  U.  .  .  . 
Wtl.  U.  .  .  . 

800 
665 
295 

735 
575 
277 

760 
650 
295 

777 
665 
31. 

i 

— 

Messungen  an  lebenden  Indiern.  45 

8.    Nayers. 

8  Sepoy's  aus  Tiovandrum,  Trovancore. 

Sie  weichen  wenig  von  der  dunkelsten  Farbe  27  ab ;  diese  Probe  selbst 
zeigt  nur  no.  210,  21  j.,  mit  Iris  T;  27/28  haben  no.  211,  35  j,.  214,  37  j., 
216,  51  j.,  Alle  mit  Iris  II;  vorn  28  hinten  27  ist  notirt  no,  217,  36  j., 
nebst  Iris  II;  28/27  mit  Iris  II/IIl  no.  215,  35  j.;  no.  213,  39  j.,  und  no.  212, 
45  j.,  haben  Probe  28,  jener  mit  Iris  I,  dieser  mit  Iris  II. 

Die  Haare  gleichen  auch  hier  Probe  48,  ebenso  der  Bart,  und  sind  beide 
schlicht;  bei  Mehreren  sind  Schöpfe  notirt;  ausnahmsweise  finden  wir  hier 
meist  starke  Barte,  nur  der  des  51  j.  ist  schwach  und  bleibt  den  Backen 
fern,  und  bei  21  j.  fehlt  der  Bart  noch  ganz.  Der  39  j.  hat  einen  kahlen 
Scheitel.  Bemerkenswerth  ist  wieder  das  frühe  Altern :  mit  45  so  gut  schon 
wie  mit  51  Jahren  sind  Haar  und  Bart  gra^i.  Die  Nägel  schwanken,  ohne 
sonstige  ersichtliche  Beziehungen,  zwischen  24  bis  '26,  also  der  blasseren 
und  dunkleren  Tönung  der  Normalnüance,  gleichmässig  (25  viermal,  24  und 
26  jede  zweimal).  Die  Bindehaut  wird  fünfmal  als  weiss,  zweimal  als  ziem- 
lich weiss,  einmal  als  unrein  angegeben,  letzteres  bei  dem  51  j.,  der  auch 
allein  die  Lippen  ro.  -j-  27  notirt.  Diese  sind  bei  39  j.  ro.  -|-  bl.,  ohne  pa- 
thologische Pulszahl;  bei  den  sechs  Uebrigen  einfach  roth. 

Die  Zähne  sind  „Schönheits  halber"  vielfach  vorn  oben  gefeilt,  der  Zeich- 
nung nach  rund,  theilweise  defekt,  in  Folge  des  Putzens  mit  Kohle,  oder 
auch  von  Caries  angefressen.  Beim  21  j.  treten  die  unteren  Eckzähne  stark 
zurück,  bei  den  51  j.  ragen  die  Zähne  des  Unterkiefers  stark  nach  vorn  vor. 

Der  Körperbau  ist  (5 mal  proportionirt,  bei  einem  35  j.  robust,  bei  dem 
39  j.  etwas  fett  genannt.  Die  Pulszahl  schwankt  zwischen  64  bei  dem  51  j. 
und  85  bei  dem  21  j.  Die  Athemzüge  sind  fünfmal  notirt:  mit  18  bei  einem 
35  j.  bis  28  bei  dem  36  j. 

Bemerkung:  Fast  alle  (männlichen)  Nayers  sind  stark  behaart,  rasiren 
1 — 3mal  monatlich  den  ganzen  Körper;" namentlich  ist  der  Oberkörper,  be- 
sonders vorn,  ferner  auch  hinten  bis  zum  Steiss,  von  Haaren  besetzt,  sowie 
die  äussere  Fläche  der  Arme,  weniger  die  Schenkel  (so  bei  dem  39  j.). 

(Hierzu  Tabelle  8/9.) 

Durchschnittsprozente  von  Kumpfmaassen  der  Nayers. 
Kp.  H.:  Sm  -    1695     7iim  =  100.0  pCt. 


Ohr  H. . 

1  Ö67.5 

= 

92.5 

Ki.  H.: 

1494 

- 

88.1 

Kp.   H.:          7  7«   - 

-   1698 

min 

- 

100.0 

Brb.  H.: 

1  391 

= 

81.9 

Nbl.  H.: 

1  036 

= 

61.0 

Schb.  H.:      6  m  - 

-       898 

= 

52.9 

Sehn.  H. :      1  m  - 

-  1392 

= 

82.0 

Ell    H.: 

1078 

= 

63.5 

Hw.  IL: 

808 

= 

47.6 

Hsp.   11.: 

625 

= 

36.8 

(Fortsetzung  s. 

s. 

41 

'•) 

46 


Dr.  Koerbin: 


Tabelle  8.  Na 

y  ers  A 

Tabell 

e  9.  M 

opla  A. 

M. 

W. 

ca  no.  . 

210 

215 

211 

217 

214 

213 

212 

216 

139 

Kp.  H.  . 

1666 

1689 

1  702 

1709 

1670 

1700 

l  748 

1674 

1445 

St.  H.  . 

1  607 

1630 

1  1  631 

1  651 

1614 

1  645 

1  687 

1608 

1377 

St.  pr.  . 

197 

191 

184 

195 

194 

192 

18. 

196 

180 

Ob.  N.  H. 

1575 

1  607 

1605 

1  623 

1694 

1  620 

1  661 

159. 

1  356 

Ohr  H.  . 

1  533 

1  564 

1569 

158. 

1549 

1  576 

1618 

1551 

1317 

N.-O.-pr. 

215/113 

205/97 

204/10. 

212/105 

207/97 

213/103 

209/95 

206/104 

192-87 

ü.  N.  H. 

1530 

1  564 

1  568 

1  58. 

1  549 

1  576 

1618 

1551 

1  315 

Ki.  H.  . 

1449 

1  499 

1  494 

1  502 

1475 

1  505 

1  545 

1  48. 

1  317 

Seh.  L.  . 

185 

190 

179 

192 

189 

190 

185 

173 

Seh.  B.  . 

142 

137 

139 

137 

137 

139 

139 

125 

h.Sch.ü. 

545 

549 

525 

550 

540 

545 

528 

495 

s.Sch.Bo. 

356 

348 

318 

330 

323 

325 

325 

312 

N.  Z.  h.. 

54 

49 

44 

53 

45 

50 

51 



N.  r.  L.. 

51 

49 

43 

53 

47 

49 

57 



N.  fl.  B. 

37 

32 

34 

32 

31 

31 

30 

35 

Aug.  E.. 

34 

34 

32 

32 

30 

31 

32 

31 

M.  br./h. 

49/21 

51/26 

49/19 

45/20 

45/17 

52/15 

46/21 

Wa.  B.  . 

100 

105 

107 

90 

99 

105 

92 

78 

ü.  Ki.  B. 

95 

98 

97 

108 

89 

98 

95 

90 

J.  B.   . 

129 

133 

135 

130 

130 

135 

130 

114 

0.  B.   . 

117 

115 

115 

120 

119 

125 

120 

— 

ob.N.O.R 

111  i 

110 

105 

110 

112 

110 

103 

95 

u.N.O.R. 

105 

105 

104 

110 

HO 

110 

108 

106 

Obli.O.R. 

119 

125 

120 

120 

130 

134 

125 

Ki.  O.R. 

126 

124 

130 

122 

125 

144 

121 

118 

Tabelle  8.     Nayers  B. 


Tabell-e  9.     Mopla  B. 


M. 

w. 

Alter .  . 

21 

35 

35 

36 

37 

32 

45 

51 

25 

Si.  H.  . 

845 

825 

863 

885 

802 

987 

842 

- 

— 

Kp.  H.  . 
Ohr  H.  . 
Ki.  H.  . 

1  666 
1  533 
l  449 

1689 
1  564 
1  499 

1  702 
1  569 
1  494 

1709 
1  58. 
1502 

1  670 
1549 
1475 

1  700 
1  576 
1505 

1748 
1618 
1  545 

1  674 
1551 
148. 

1445 
1317 
1  263 

Brb.  H.  . 
Nbl.  U.  . 
Schb.  n. 

1355 
991 

851 

1394 

1045 

914 

1387 
1  021 

885 

1  403 
101. 

874 

1  375 
1043 

910 

1  38. 
1041 

1445 
1  101 

955 

: 

— 

Schu.  II. 
Ell.  H.  . 
Hw.  H.  . 
Hsp.  H.  . 

1  35. 

104. 
785 
605 

1  392 

1055 

785 

613 

1405 

1  08. 

803 

622 

1401 

1097 

815 

635 

1339 

1074 

810 

627 

1405 

1078 

.  827 

635 

1455 

1  125 

830 

640 

- 

— 

Drb.  H.  . 
Tr.  H.  . 
Kn.  H.  . 
Wd.  H  . 
Knchl.H. 

935 
876 
448 
34. 
69 

978 
920 
470 
360 
71 

965 
914 
465 
385 
62 

945 
890 
424 
355 

78 

961 
914 
490 
38. 
76 

944 
886 
450 
355 
73 

1037 

975 

510 

490 

70 

— 

— 

Schu.  B. 

[band] 

Wrz.  B. 

Be.  B.  . 

[394] 1 

196 
222 

[401] 

189 
206 

[38. ]| 

202 
219  i 

35. 

190 
210 

343 

175 
205 

[375] 

208 
240 

[435] 

177 
252 

- 

- 

Br.  U.  . 
Beb.  U. . 
Wd.  U.. 

782 
655 
305 

807 
687 
29.  1 

815 
715 
31. 

80. 
675 
32. 

723 
685 
295 

835 
867 
323 

780 
725 
305 

- 

\ 

25  j.  W.  Mopla     Ohr  H.:  91°.14 


B. 

Seh.  Y"  72^.24 


Messungen  an  lebenden  Indiern,  47 


Drb.  H.: 

967  mm 

= 

56.9  pCt. 

Tr.  H.: 

911 

= 

53.7  „ 

Kn.  H.: 

465 

= 

27.4  , 

Wd.  H.: 

381 

= 

22.4  „ 

Kehl.  H.: 

71.3 

= 

4.2  . 

Schu.  B.:    7m  —   vacat 

Wrz.  B.: 

191 

= 

11.2   „ 

Be.  B.: 

222 

= 

13.1  , 

Br.  ü.: 

792 

- 

46.6  , 

Boh.  U.: 

716 

= 

42.2  „ 

Wd.  U.: 

307 

= 

18.1   , 

Si.   H.:  864  :=     50.9     , 

Indices  der  Schädel-  und  Nasen-Breite  von  Nayers. 

B.  fl.  B.     32 

Seh.   7-  7r.35  -  36  j.  M.         -  N.    -s— r rr- 

L.  •'  E.  L.     03 

72°.ll  -  35  j.  M.  A. 
72°.49  -  37  j.  M.    - 
73°.16  -  39  j.  M.    - 
75°.  13  -  46  j.  M. 
76°.76  -  21  j.  M.    - 
77''.G5  -  35  j.  M.  B.  - 

9.    Mopla. 

1  Weib,  no.  139. 

25  j.  Bäuerin,  Mohamedanerin  von  Malabar,  Distrikt  Calicut. 

Zart,  39  kg  schwer,  merklich  heller  als  die  früher  Genannten :  Hautprobe 
43  (hell  kaffeebraun);  Iris  IV  (sehr  hellbraun);  Haar  48,  gekräuselt.  Nägel 
25,  Bindehaut  rein,  Lippen  ro.  -f-  bl.,  Zähne  sehr  weiss,  rein. 


H.  L. 

53 

~ 

bU  .J» 

„ 

32 
49 

= 

65°.3l 

y> 

31 

46 

= 

67°.39 

y, 

31 
49.5 

= 

62°.63 

•n 

30 
54 

= 

55°.55 

n 

37 
52.5 

= 

70°.48 

» 

34 
43.5 

= 

78°.16 

n.      Anamally- Berge,   Coimbatore- Distrikt. 
10.    Mulcer. 

5  Männer:  16. j.  no.  101,  Kuli;  18 j.  no.  83;  22.?j.  no.  85,  Kuli; 
26j.  no.  103;    45j.  no.  89. 

4  Weiber:  17j.  no.  87,  Kuli;  20j.  no.  86,  Gärtnerin:  23 j.  no.  88; 
35  j.  no.  90,  Kuli. 

Der  26  j.  M.  ist  aus  dem  Distrikt  Chittur,  alle  Uebrigcn  aus  Coimbatore. 

Haut:   Probe  27  gleicht  17j.  W.,  18j.  M.,  22 ?J.  M.,  26  j.  M.,  35  j.  W, 


48  Dr  Koerbin: 

Alle  fünf  mit  Iris  I.;  27/28  haben  drei,  davon  hinten  27,  vorn  28  mit  Iris  I. 
16 j.  M.  und  45 j.  M.:  20 j.  W.  hat  27/28  mit  Iris  I/II.  und  gleicht  im 
Gesicht  fast  der  Probe  30,  einem  sehr  hellen  Orangebraun  mehr  nach  dem 
Gelb  als  nach  dem  Roth  hingeneigt.  Das  23  j.  W.  hat  bei  der  Körperfarbe 
27  ein  helles  Gesicht,  gelblich  graubraun,  Probe  2'2^  dem  wir  schon  oben 
bei  den  Kanikas  als  Nagelfarbe  begegneten,  und  Iris  IV.  Das  Haar  ist 
überall  48,  nur  bei  dem  18j.  M.  41.  Er,  sowie  die  W.  23j.  und  35j. 
haben  es  zottig,  die  Uebrigen  wellig,  und  zwar  der  Mann  von  Chittur 
kraus -wellig,  das  20  j.  W.  und  der  22?  j.  M.  wellig -lockig.  Der  Bart  fehlt 
ganz  bei  dem  16j.  und  auch  noch  bei  dem  18j.,  selbst  der  ?22j.  trägt  erst 
eine  Spur  an  der  Oberlippe.  Die  beiden  Männer  von  26  und  45  J.  haben 
krausen  Bart,  nur  an  Lippe  und  Kinn,  nicht  an  der  Wange.  Die  Farbe 
ist  bei  allen  Dreien  48.  Auch  hier  ist  der  45  jährige  Mann  bereits  mit 
grau  am  Haupthaar  und  weiss  im  Bart  notirt. 

Nägel  25  und  resp.  26.  Bindehaut  meist  unrein,  mit  braunen  Flecken, 
grünlich,  gelblich,  schwarzbraun  sogar  am  linken  Auge  des  22 j.,  nur  bei 
den  Weibern  mit  den  hellen  Gesichtern  und  der  hellen  Iris  ziemlich  rein; 
bei  dem  45  j.  M.  ziemlich  weiss  mit  braunen  Adern.  Letztere  hat  die  Lippen 
röthlich,  das  20  j.  W.  roth,  der  18  j.  und  der  26  j.  M.  wie  die  Haut  27,  der 
18  j.  aussen  sehr  dunkel,  innen  nur  etwas  roth,  alle  Uebrigen  27  -f  ro. 

Zähne  durchgängig  unrein,  das  Kauen  von  Betel  und  Tabak  ist  bei  dem 
20 j.  und  dem  23  j.  W.  ausdrücklich  bemerkt.  Das  17  j.  W.  hat  sehr  un- 
regelmässig gestellte  Zähne  im  Unterkiefer. 

Der  Körper  ist  etwas  mager  bei  dem  18  j.  M.  und  dem  23  j.  W.,  etwas 
fett  bei  dem  20  j  W.     Die  Uebrigen  sind  proportionirt. 

Tättowirt  ist  das  17j.  W.  auf  der  Stirn  mit  2  wagrechten  Strichen 
untereinander,  darunter  ein  Punkt,  und  noch  weiter  abwärts  ein  nach  oben 
offener  Winkel  von  45  Grad.  Dieselbe  Zeichnung  hat  das  viel  reicher 
tätowirte  20 j.  W.  auf  der  Mitte  der  Stirn,  weiterhin  zu  jeder  Seite  je  drei 
senkrechte  Parallelstriche  und  einen  unregelmässigen  Kreis,  ferner  an  jedem 
Augenwinkel  einen  halben  rechten  Winkel  schräg  nach  innen  convergent, 
an  dem  längeren  aufrechten  Arm  noch  zwei  kleinere  spitzwinklig  nach  oben 
divergirende  Zacken;  endlich  an  der  linken  Backe  eine  Art  Herz.  Ausser 
grossen  Ohrlöchern  hat  diese  Person  auch  den  linken  Nasenflügel  durchbohrt. 

(Hierzu  Tabelle  10.) 

Die  Ergänzung  der  fehlenden  Körperhöhe  für  2  M.  und  2  W.  aus  nur 
eben  so  vielen  vorhandenen  Ziffern  hat  einigermassen  Schwierigkeit.  Suchen 
wir  indess  den  Grad  des  Wahrscheinlichen  uns  klar  zu  machen. 


I8j.  M.  —  Kp.  11. 
?22j.  M.  , 
17j.  W.  ,   , 
20j.  W.  , 


Ohr  H.  =  1  535  :  1  422  =  100  :  92.64 

,  1  593  :  1  483  „  100  :  93.09 

,  1460  :  1351  ,  100:  92.53 

,  1  415  :  1  301  „  100  :  91.94 


(Fortsetzung  s.  S.  50.) 


Messungen  an  lebenden  Indiern. 


49 


T 

abelle 

10. 

Mul  cers  A. 

M. 

W. 

ca.  no.      .     . 

101 

83 

85 

103 

89 

87           86 

88              90 

Kp.  H.      .     . 

vacat 

1  535         1  593 

1580 

vacat 

1460         1415 

vacat        vacat 

St.  II.  .     .     . 
St.  pr.  .    .     . 
Ob.  N.  H.      . 

1459 
17. 
1427 
1398 
186—97 
1397 
1  335 

1477 
172 
1  447 
1422 
190-103 
1413 
1352 

1      1545 

173 

1513 

1483 

197—100 
1475 
141. 

— 

1  560 
,        172 

1  53. 

1493 
1197-95 
1    1  493 
i     1  43. 

141.          1354 
169             173 
1  383          1  335 
1  351          1  301 
186-90  183—11. 
1  351          1  305 
1  282  i       1  245 

1423 
16. 
1  39. 
1  362 
187-105 
1  364 
1  308 

145. 

164 

1  412 

Ohr  H.      .     . 
N.  0.  pr.  .     . 
U.  N.  H.  .     . 
Ki.  U.  .     .     . 

1  44 

100 

1375 
195—95 

!    1  374 
1    1  318 

Seh.  L.     .     . 
Seh.  B.      .     . 
h.  Seh.  U.     . 
s.  Seh.  Bo.    . 

172             174 
130             135 
500          ?50? 
323          ?307 

?155 

137 

?515 

?315 

170           181 
134           127 

—  52. 

—  285 

166  1          168             165   1        154 
125            130          ?124          125 

480            493            495   '        - 
336   !          315  '          300  |        — 

N.  Z.  h.    .     . 
N.  r.  L.    .     . 
N.  fl.  B.    .     . 
Aug.  E.     .     . 
M.  br./h.   .     . 

36 
36 
35 
35 
41/24 

38 
34 
36 
30 
43/25 

45 
44 

35 

30 

41/24 

— 

41 
46 
38 
33 
47/21 

40 
39 
34 
29 

45/23 

35   1 
32 
36 
31 

36/19 

37 
36 
33 
32 
45/19 

43 
42 
39 

28 
44/27 

Wa.  B.     .     . 
U.  Ki.  B. .    . 
J.  B.    .    .     . 
0.  B.    .     .    . 

97 

90 

117 

110 

95 

95 

125 

117 

96 

95 

128 

118 

95 

87 

122 

99 
90 
125 
110 

88   !           94  1           85 

83               84  1            82 

117            119            118 

107   !          110             105 

90 

83 

120 

109 

ob.  N.  0.  R. . 
u.  N.  0.  R.  . 
Obli.  0.  R.   . 
Ki.  CR..     . 

100 

96 

112 

112 

103 
101 
115 
122 

104 
109 
116 
124 

- 

100 
102 
120 
120 

95 
93 

11. 

112 

93  j 
95 

107  ! 

108  1 

94 

96 

110 

115 

95 
112 
12. 
122 

T 

abelle 

10. 

Mulcers  B. 

M. 

W. 

Alter.    .     .     . 

16 

18 

22? 

26 

45 

17 

20 

23 

35 

Si.  H.  .    .    . 

712 

734 

749 

— 

785 

741 

717 

724 

710 

Kp.  H.      .     . 

vacat 

1  535 

1  593 

1  580 

vacat 

1  460 

1  415 

vacat 

1    vacat 

Ohr  H.      .     . 

1  398 

1422 

1483 

— 

1  493 

1  351 

1301 

1  362 

1  375 

Ki.  H.  .     .     . 

1335 

1352 

141. 

—   i     143. 

1  282 

1  245 

1  308 

1  318 

Brb.  H.     .     . 

1  230 

1  269 

1  317   !     — 

1  307 

1  185 

1  155 

1  202 

1215 

Nbl.  H.     .    . 

920 

954 

987        — 

998 

885 

864 

916 

902 

Schb.  H.  .     . 

809 

830 

850        — 

857 

763 



775 

— 

Sehn.  n.  .    . 

1245 

1263 

1  340 



1  351 

1  207 

1  155 

1  205 

1226 

Elb.  H.     .     . 

962 

980 

1043 

— 

1  026 

933 

888 

927 

940 

Hw.  H.     .     . 

710 

723 

800 

— 

790 

705 

652 

685 

715 

Hsp.  H.     .     . 

542 

552 

604 

— 

623 

545 

497 

543 

530 

Drb.  11.     .     . 

867 

896 

932 



926 

842 

805 

877 

837 

Tr.  H.  .     .     . 

824 

832 

876 

— 

883 

786 

759 

814 

— 

Kn.  H.      .     . 

430 

465 

472 

— 

465 

388 

383 

435 

403 

Wd.  fl.     .     . 

315 

335 

325 

— 

365 

305 

33. 

31. 

— 

Knchl.  H.      . 

56 

58 

63 

— 

65 

61 

65 

58 

49 

Schu.  B.   .     . 

325 

315 

310 

356 

292 

?299 

290 

Wrz.  B.    .     . 

182 

170 

197 

— 

195 

173 

— 

— 

— 

Be.  B.  .     .    . 

208 

202 

1 

203 

— 

207 

213 

197 

207 

— 

Br.  U.  .     .     . 

720 

713 

745 

—            787 

1 

Bch.  U.     .     . 

635 

634 

665 

— 

623 

590 

525  1 

585 

— 

Wd.  U.     .     . 

23. 

223 

263 

— 

277 

235 

24.    , 

22. 

— 

Zeitschrift  für  Ethnologie.    Jahrg.  1879. 


50 


Dr.  Koerbin: 


Als  ferneren  Anhalt  haben  wir  die  Erfahrung,  dass  im  Allgemeinen 
bei  den  kleineren  Leuten  die  Ohrhöhe  verhältnissmässig  tiefer  steht  und 
dass  die  Weiber  für  ihre  Öhr- Scheiteldistanz  zu  höherer  Ziffer  prädisponirt 
sind.  Demnach  könnten  wir  die  durchgängig  kleineren  Weiber  zu  92.3, 
die  entsprechend  grösseren  Männer  zu  92.9  pCt.  Ohrhöhe  von  Körperhöhe 
im  Durchschnitt  veranschlagen,  und  da  das  Verhältniss  von  108  Körperhöhe 
zu  100  ührhöhe  fast  genau  den  Prozentsatz  92.6  ergiebt,  so  lässt  sich  der 
symmetrische  Spielraum  der  hypothetischen  Ziffer  für  Männer  wie  Weiber 
als  ein  hinreichend  enger  voraussetzen,  um  die  gewünschte  Ergänzung  aus- 
führen zu  dürfen. 

Nun   ist  offenbar   die  Körperhöhe  des  45  j.  M.    derjenigen  des  22  j.  M. 
sehr  nahe  stehend,    da  sich  ihre  Ohrhöhen  nur  um   1  cm   unterscheiden,  und 
dasselbe  Verhältniss   findet  statt   zwischen   dem  23 j.  W.   und  dem  17  j.  W. 
Wir  können  also  ohne  Weiteres  die  Körperhöhe  für 
45j.  M.  =  1600  -  1  605  mm 
23  j.  W.  =  1  470  —  1  475  mm 
in   Ansatz    bringen.      Bei    1  600  Kp.  H.    wäre    die    Ohrhöhe    von    1  493  mm 
gleich  93.3  pCt  ,    bei    1  605   aber   gleich  93.02  pCt.     Letztere  Ziffer  hat  also 
eine  erdrückende  Wahrscheinlichkeit  für   sich,   und    die  wenigen  Millimeter 
Irrthum,  welche  überhaupt  in  der  Möglichkeit  bleiben,  würden  bei  directem 
Messen  auch  für  die  Schwankungen   während  des  Einstellens  und  Ablesens 
in  Frage  stehen.     Eine   ganz    analoge  Berechnung   führt   auf  1  473  für   das 
23j.  W.     Mit  dem  grössten  Rechte  conjiciren  wir 
45  j.  M.  =  1  605  mw  Kp.  H. 
23  j.  W.  =  1473?WTO       „ 
und  in  gleichmässiger  Schlussfolgerung  des  Weiteren 
35  j,  W.  =1486  mm  Kp.  H. 
16  j.  M.  =1507    „ 
Die  Probe  auf  das  Exempel  bietet  das  nun  sich  findende  Prozentverhältniss 
der  tieferen  Höhenschnitte. 


Höhenprozente  der  Mulcers.     Rumpfmaasse. 


16.).  M. 

18J.M.  ?22j.M. 

45j.  M. 

26  j.  M 

Kp.    H.: 

?1  507 

1  535 

1593 

?1605 

1580 

Ohr     „ 

92.77  pCt. 

92.64 

93.09 

93.02 

— 

Ki.      „ 

— 

— 

— 

— 

— 

Brb.    „ 

81.62 

82.67 

82.67 

81.43 

Nbl.    „ 

61.05 

62.15 

61.96 

62.18 

Schb.  „ 

:        53.68 

54.07 

53.36 

53.40 

Schu.  H 

.:      82.61 

82.28 

84.12 

84,17 

YAh. 

„  :       6:i.84 

63.84 

65.47 

C3.93 

Hw. 

„:      47.11 

47.10 

50.22 

49.22 

Bsp. 

,  :      35.97 

35.69 

37.92 

38.82 

17j.  W.  20  j.  W.  23j.  W.  35  j.  W. 

1  460  1415  ?  1  473  ?  1  486  mm 

92.53  91.94     92.46     92.53  pCt. 

81.16  81.63     81.60     81.76 

60.62  61.06     62.19     60.70 

52.26  —       52.61        — 

82.67  81.63     81.81     82.50 

63.90  62.76     62.93     63.26 

48.29  46.08     46.50     48.12 

37.33  35.12     36.86     35.67 


Messungen  an  lebeuden  indicrn. 


51 


Drb.  n. 
Troch.  „ 
Kn.  „ 
Wd.  „ 
Kehl.    , 


Schu. 
Wrz. 
Be. 

Br.  U. 

Beb.  „ 
Wd.  „ 

Si.  H. 


B, 


16j   M.    18J.M.  ?22j.  M.  45J.M.      26  j.  M.        17j.  W.  20j.  W.  23j.  W.  35  j.  W. 
7.53  pCt.    58.37     58.51       57.69  —  57.67     56.89     59.54     56.33  nCi 


57.53  pCt.    58.37  58.51  57.69 

54.68  54.20  54.99  55.02 

28.53  30.23  29.63  28.97 

20.90  21.82  20.40  22.74 

3.72  3.71  3.95  4.05 

21.57  20.52  19.46  22.18 

12.08  11.07  12.37  12.16 

13.80  13.16  12.74  12.90 

47.78  46.45  46.77  49.03 

42.14  41.30  41.75  38.82 

15.26  14.53  16.51  17.26 

47.25  47.82  47.02  48.91 


57.67  56.89  59.54  56.33  pCt. 

53.84  53.64  55.26  — 

26.23  27.07  29.53  27.12 

20.89  23.32  21.06  — 

4.18  4.59  3.94  3.30 


20.00 

21.13 

19.69 

11.85 

— 

— 

14.59 

13.92 

14.05 

40.4» 

37.10 

39.71 

16.10 

16.96 

14.94 

50.75     50.67     49.15     47.78 


Durchschnitts 

prozent 

.e  von  Rumpfmaassen 

der  Mulcers 

Kp.    H. 

5  M.  - 

1  564  mm 

3   W.   - 

1  449.3 

4  M.  — 

1  560  mm 

=  100  pCt. 

4  W.   - 

1  458,5 

mm 

=  100  pCt. 

Ohr    H. 

1449    „ 

„  9-->.88  , 

1347 

V 

„  92.37  „ 

Brb.     , 

1281    „ 

„  82.10  „ 

1  189 

» 

,  81.54  , 

Nbl.      „     : 

965    „ 

,  61.84, 

892 

7) 

,  61.14  , 

Schb.   „ 

836.5  „ 

,  53.62  , 

2  W.  - 

769 

n 

,  52.44  , 

[Ki.      „ 

1382    „ 

„  88.59  „ 

4  W.  - 

1288 

r> 

»  88.33  ,] 

Schu.  „     • 

1300    „ 

„  83.32  „ 

1198 

» 

,  82.13  , 

Ellbg.  „     : 

1003    „ 

,  64.30  „ 

922 

» 

„  63.22  . 

Hw.      „     : 

756    , 

r,  48.46  , 

689 

» 

r,  47.26  „ 

Hsp.     , 

580   „ 

„  37.18  „ 

529 

» 

„  36.25  , 

Drb.     „ 

905   „ 

„  58.03  „ 

840 

5? 

„  57.61  „ 

Tr.        „ 

854   „ 

„  54.74  „ 

3  W.  - 

786 

1J 

„  54.25  „ 

Kn.      „ 

458   „ 

„  29.36 ,, 

4  W.  — 

401 

)> 

„  27.49  „ 

Wd.     „ 

335  „ 

»21.47,, 

3  W.   - 

315 

55 

„  21.73  „ 

Kehl.    „ 

60.5„ 

„    3.88  „ 

4  W.  — 

58 

)5 

„    3.99  „ 

Schu.  B. 

326.5  mm  =  20.93  pCt. 

3  W.  - 

-  294  7«» 

=  20.26  pCt. 

Wrz.    „ 

186     „ 

„  11.92    „ 

1  W.  - 

-173    „ 

»                       :; 

Be.       „ 

205     „ 

„13.14    „ 

3  W.  - 

206    „ 

„  14.19      „ 

Br.    U. 

741      „ 

„47.52    „ 

— 

— 

— 

Bch.  „ 

639      „ 

„40.97    „ 

3  W.  - 

567    „ 

„  39.09      „ 

Wd.  „ 

248      „ 

„  15.91    „ 

3  W.  - 

■232    „ 

„  16.01      „ 

Si.  H.: 

745     „ 

„  47.76    „ 

4  W.   - 

723    „ 

„  49.57      „ 

Index  der  Schädel-  und  Nasen-Breite  von  Mulcers. 
Seh.  A     70«. 17  —  45  j.  M.     N.  -2—J-     —  =  87».36 

Li. 

„       75». 30  —   17j.  W. 

„       750.58  —   16  j.  M. 

„       77»  38   —   20j.  W. 

„       77».59  —   18j.  M. 

4* 


H.  L. 

43.5 

)) 

34 
39.5 

=  86«.08 

)) 

35 
36 

=  97«.22 

)> 

36 
33.5 

=  107».46 

>> 

36 
36 

=  100«. 00 

52 


Dr.  Koerbin: 


Seh.  A     78».82  -  26  j.  M.     N.  ^-^  — 
L.  H.  L. 


I1M7  —  35  j.  W. 
9  _  ?22j.  M. 
?       —  23  j.  W. 


39 
42.5 

=  91».76 

35 
445 

=  78». 65 

33 
36.5 

=  90».41 

11.    Kaders. 

5  Männer  aus  den  Auamally  Bergen,  Coimbatore- Distrikt. 

20j.  no.   155,  '22].  no.  132,  30j.  no.   131,  33j.  no.  133,  40j.  no.   134. 

Hautfarbe  dreimal  27/28  neben  Iris  I,  beim  30 j.  27  und  II,  beim  40  j. 
34  und  I.  —  Haar  und  Bart:  48;  Haupthaar  wellig,  nur  bei  40j.  kraus; 
Bart  fehlt  noch  ganz  bei  20  j.,  zeigt  eine  Spur  am  Kinn  bei  22  j,,  ist  schwach 
bei  den  Uebrigen,  an  der  Wange  nur  bei  30  j.,  die  andern  beiden  beschränken 
sich  auf  Oberlippe  und  Kinn. 

Es  sei  hierzu  gleich  notirt,  dass  der  20  j.  M.  „weibische  weiche  Formen," 
der  22  j.  „weibisches  Aussehen"  zeigt  und  etwas  fett  ist. 

Nägel  zweimal  25,  dreimal  26.  Bindehaut  bei  33  j.  sehr  braun,  bei 
40  j.  etwas  grünlich,  bei  den  drei  Anderen  ziemlich  weiss. 

Die  Lippen  sind  rein  roth  bei  30).  und  33 j.,  27  bei  30  j.  (Betelkauer), 
27  -f  ro.  bei  22  j.  u.  40 j.,  27  -j-  bl.  bei  20 j.,  (der  auch  Betel  kaut).  Selbst- 
verständlich sind  die  Zähne  bei  beiden  Betelkauern  entsprechend  schmutzig, 
rein  notirt  sind  die  von  22  j.  und  33  j.,  gefeilt  bei  Demselben  und  dem  30  j. 

Der  Körper  des  40 j.  ist  etwas  mager,  der  von  30j.  und  33j.  pro- 
portionirt.  (Hierzu  Tabelle  S.  53.) 

Durchschnittsprozente  von  Rumpfmaassen  der  Kaders. 


Kp.  H.      : 

3 

M.  - 

—  1  579  mm 

Kp.  H.      : 

5 

M. 

1  588  mm 

= 

100.00  pCt. 

Ohr  H.     • 

1466    „ 

V 

92.32     „ 

Ki.  H.      : 

1  390    „ 

51 

87.53     „ 

Brb.  H. 

1  308    „ 

)) 

82.37     „ 

Nbl.  H.    • 

973    „ 

>5 

61.27     „ 

Schb.  H. 

855    „ 

■>■> 

53.84     „ 

Schu.  H. 

1310    „ 

■>1 

82.49     „ 

Ell    H. 

1025    „ 

5> 

64.55     „ 

Hw.  H. 

755    „ 

)5 

47.54     „ 

Hsp.  H. 

576    „ 

55 

36.27     „ 

Drb.  H. 

928    „ 

■>1 

58.44     „ 

Tr    H. 

865    „ 

11 

54.47     „ 

Kn.  H. 

446    „ 

„ 

28.09     „ 

Wd.  H. 

363    „ 

11 

22.86     „ 

Kehl.  n. 

66    „ 

11 

4.16     „ 

(Fortsetzung  s.  S.  54.) 

Messungen  an  lebenden  Indiern. 


53 


Tabelle   11.     Kaders  A. 


ca.  no. 


Kp.  H. 


St.  H.  . 
St.  pr.  . 
Ob.  N.  H 
Ohr  H.  . 
N.  0  pr. 
U.  N.  II. 
Ki.  U     . 


Seil    I.. 
Seh.  B. 
h.  Seh.  U. 
s.  Seh.  Ho 


N.  Z.  h. 
N.  r.  L. 
N.  fl.  H. 
Aug.  K. 
M.  br./h. 


Wa.  B.  . 
U.  Ki.  B 
J.  B.  .  . 
0.  B.  .    . 


ob.  N.  0.  R, 
u    N.  0.  R. 
Obli.  0.  R. 
Ki.  0.  R.  . 


155 


1  645 


1  584 


132 


1  (;-ii 


133 


134 


1  5-28 


1  564 


I  585 
185 
1  555 
1  517 
205—103 
1  517 
1  439 


1  515 

lh5 

1  479 

?1464 

19. -87 
?  I  460 
?1  386 


I  5:.8 
187 
1534 
1  493 
193—90 
1  490 
1  414 


l  48. 
18. 
1  -15. 
1  411 
196-95 
1  41  . 
1  :;3. 


20 


183 
131 
515 
.30. 


45 
41 

37 
34 

45/25 


96 
105 
124 
114 


91» 
104 
125 
121 


181 

175 

124 

135 

51. 

?5I0 

297 

335 

182 

123 

?517 

320 


36 
34 

40 

37 

50/24 


102 
106 
120 
1  17 


50 
48 
39 
38 
42/22 


45 
45 
36 
32 

49/23 


104 

87 

121 

110 


97 
100 
131 
115 


95 

90 

132 

115 


105 

101 

122 
125 


106 
104 
118 
128 


1  508 
180 
1485 
1  446 
—  10. 
1  447 
1  38 . 


178 
125 
507 
312 


45 
35 
37 
35 

46/24 


89 

87 

118 

105 


97 
10. 
118 
120 


Tabelle  11.     Kaders  B. 


Alter 

20 

22 

30 

33 

40 

Si.  H 

806 

777 

802 

747 

760 

Kp.  H  .  .  .  . 

Ohr  H 

Ki.  H 

1  645 
1  517 
1  439 

1  584 
?1464 
?!  386 

1621 
1493 
1  414 

1  5-.'8 
1  411 
1  33 

1  564 
1  446 

1  38 

Brb.  H 

Nbl.  H 

Schb.  H.  .  .  . 

1  374 
1025 

874 

1292 
966 
838 

1  331 
985 
865 

1  245 
941 

835 

1297 
950 

863 

Sehu.  IL 
EUb.  H. 
Hw.  H. . 
Hsp.  H. 


Drb.  11..  . 
Tr.  11.  .  . 
Ku  H.  .  . 
Wd.  H..  . 
Knchl.  H. . 

Schu.  B.  . 

[band] 

Wrz.  B.  . 

Be.  H.  .  . 

Br.  U.  .  . 
Bch.  U.  . 
Wd.  U.  .  . 


1  37. 

1  064 
814 
640 


1  296 
997 
743 
563 


1  335 

101. 

754 

566 


966 
910 
465 
360 
70 

345 

182 
200 

775 
647 
297 


917 
864 
416 
37. 
68 

[39  ] 

182 
2(^7 

788 
62. 
.32. 


945 
884 
463 
377 
66 

390] 
199 


825 
64. 
31. 


1  263 
985 
723 
545 
917 
!820 
445 
365 

61_ 

338 

185 
208 

795 
57. 
27. 


I  286 

1  07. 

740 

566 


S94 
847 
441 
345 
64 

330 

177 

210 

728 
605 
275 


54 


Dr 

.  Koerbin: 

Schu.  B.  : 

3 

M. 

—      338  mm  = 

21.41  pCt. 

Wrz.   B.    : 

185    „     „ 

11.65     „ 

Be.  B.      : 

209    „      „ 

13.22     „ 

Br.  U.       : 

782    „     „ 

49.24     „ 

Bch.  U.    : 

616    „     „ 

38.79     „ 

Wd.  U.    : 

294    „     „ 

18.51     „ 

Si.  H.       :  778    „      „    48.99 


Index  der  Schädel-  und  Nasen-Breite  der  Kaders. 

Seh.  ^  -  33j.  M.  -  670.58     N.  ^A    ^  =800.00 
L.  H.  L.    45 

„  22j.  M.         68».51  „        —  „  1140.29 


40  j.   M.  700.22  „        —  „  920.50 

J  40 

20  i.  M.  710.59  „        —  „860.05 

j  '43 

30  j.  M.  770.14  „        —  „  790.59 


ITl.     Nilgiri- Berge. 
12.    Naya-Kurumbas. 

15 j.  W.  no.  GO,  19).  M    no.  63,  25 j.   W.  no.  61,  45  j.  W.  no.  62. 

Haut:  15).  M.  42  -\-  Gesicht  fast  28;  die  Uebrigen  27,  doch  heisst 
das  Gesicht  des  25  j.  W.  „orange  nahe  44"  (ein  helles  aber  sattes  Gelbbraun). 

Iris:    19j.  M.  I,  25j.  W.  I/II,  15j.  W.  II,  45j.  W.  III. 

Haar:  48,  krauswellig;  bei  45  j.  W.  bereits  ergraut,  bei  19  j.  M.  sehr 
kraus  und   dicht. 

Bart:    48,  sehr  schwach,  an  Wange,  Lippe,  Kinn. 

Nägel:    durchweg  25. 

Bindehaut:  15 j.  W.  ziemlich  rein;  19 j.  M.  grünlich  unrein,  klein 
geädert;    25j.  W.  rein  grünlich  weiss;    45j.  W.  unrein  grünlich  weiss. 

Lippen:  Hier  scheint  sich  ein  Theil  der  hohen  Pulszahl  und  des 
Lippenblau  zu  erklären  durch  die  Angst  vor  dem  Messen,  denn  es  steht 
von  dem  doch  schon  erwachsenen  19  j.  Burschen  no.  63  unter  der  Pulszahl 
geschrieben:  „zittert  vor  Angst",  und  der  Puls  zählt  140  und  die  Lippen 
sind  violett.  Doch  zeigen  auch  die  erwachsenen  Weiber  Pflaumblau,  die 
^5j.  neben  roth,  die  45  j.  neben  27.  Leider  fehlen  die  Pulszahlen  für  die 
Weiber, 

Zähne:  bei  15 j.  W.  gesund  und  regelmässig,  aber  auch  schon  durch 
die  Unsitte  des  Betelkauens  etwas  gefärbt;  bei  19j.  M.  sind  die  oberen 
Zähne  schön,  weiss  und  gerade,  unten  dagegen  die  Vorderzähne  schräg  nach 
vorn   gerichtet,    klein    und   gelb;    der  linke  Hundszahn  unten  ist  zugespitzt; 


Messungen  an  ledenden  Indiern. 


55 


bei  25  j.  W.  sind  die  Zähne  sclimutziggelb  und  defekt,  die  vier  oberen  Vorder- 
zähne auffällig  breit;    45 j.   W.   vacat. 

Körper:  proportionirt.  Der  Bursche  hat  rechts  eine  hohe  Schulter 
(fiel  als  Kind  vom  Baum). 

Bemerkungen:  Die  Augenbrauen  der  beiden  älteren  Weiber  sind 
auffällig  schwach.  Der  junge  Mann  hat  eine  breite,  flache,  plumpe  Nase 
und  dicke  Lippen. 

Tabelle  12. 
Naya- Kurumbas  A.  Nay  a  -  Kurumbas  B. 

?l'ariah.  PPariah. 


M. 

W. 

W. 

M. 

W. 

W. 

ca.  DO.  . 

63 

60 

61 

62 

20 

Alter  .  . 

19 

15 

25 

45 

35 

Kp.  II.  . 

1  435 

1 402/25 

1345 

1  305/7 

1345 

Si.  H..  . 

700 

702 

— 

637 

710 

St.  H.  . 
St.  pr.  . 
Ob.  N.  H. 
Ohr  H 

1  372 
174 

1341 
1313 
204/10Ö 
1305 
1  248 

1  335 
165 
1  320 
1  291 
153/95 
1280 
1  231 



1  23G 
174 
1  205 
1  167 
180/105 
1  174 

1  ik; 

1  268 
186 
1241 
1  224 
190/90 
1  204 
1  145 

Kp.  H.  . 
Ohr  H. 
Ki.  U.  . 

1  435 

1  3 1 ;; 

1  248 

1402/25 
1  291 
1  23 1 

1  345  1305/7 

—  '  1  167 

-  1  116 

1345 
1  224 
1  145 

N.  0.  pr 
U  N.  H. 
Ki.  H.  . 

Brb.  H. . 
Nbl.  11. 
Schb.  II. 

1  154 

840 
721 

1  160    — 
?853    - 

1047 
799 
693 

1085 

?898 
- 

Seh.  L.  . 
Seh.  B.  . 
h.  Seh.  U. 

s.Sch.Bo. 

180 
125 
530 

32. 

169  !   — 

120    — 

?435    — 

325    — 

165 
136 
480 

305 

170 

135 

!510 

zu  gross 

330 

Schu.  H. 
Ell.  II.  . 
Hw.  II. 
Hsp.  H. . 

1  176 
887 
658 
495 

[276, 
225 
165» 

1  080 
838 
615 
461 

1  088 
840 
635 
470 

N.  Z.  h  . 
N.  r.  L.. 
N.  fl.  B.. 
Aug.  E.  . 
M.  br./h.. 

45 
43 
33 

27 
48/18 

39 
41 
31 
27 
40/21 

43 
45 
30 
30 

49/18 

45 
42 

37 

30 

53/22 

Drb.  H.  . 
Tr.  11.  . 
Kn.  H. 
Wd.  11.  . 
Knchl.  n. 

844 
756 
425 
29. 
60 

1  35! 
385  ^ 

— 

742 

700 
384 
275 

58 

782 

?698 

365 

55 

Wa.  B.  . 
U.  K  B. 
J.  B.  .  . 
0.  B.  . 

88 

80 

120 

110 

85 

80 

115 

110 

— 

85 

81 

114 

109 

97 

90 

HG 

110 

[band]  . 
Schu.  B. 
Wrz.  B.. 
Be.  B. 

[oUÖ] 
290 
180 
190 

-  —    270 

—  187 

285 
235 

ob.N.O.R. 
u.N.O.R. 
Obli.O.R. 
Ki.  0.  R. 

100 
102 
119 
111 

95 

90 

95 

lOG 

— 

87 

95 

112 

1U9 

103 

98 

117 

117 

Br.  U.  . 

Bch.  U. . 
Wd.  ü. 

710 
570 
265 

— 

- 

215 

27. 

Schädel-  und  Nasen-Index  von  Naya- Ku  r  u  m  b  as. 

19  j.  M.  Ohr  H.:     Seh.  A    G9."44    N.  IL^    '—     =  Ib^oo 
L.  U.  L.  44 


15  j.  W. 
45  j.  W. 


71. "Ol 
82.042 


—       --=  77.^50 
40 


30 
44 


68."18 


[35 j.   W. 


91.005;         79.041 


—   =  85.»06]? 
43.5 


5g  Dr.  Koerbin: 

12.  X.  Ziemlich  sicher  Naya- Kururaba,  obwohl  es  sich  aas  Eitelkeit 
Pariah  nannte. 

35 j.  W.,  Kuli,  Nilgiris.     no.  20. 

Haut  35;  Iris  II;  Haar  (Probe)  48,  dichte  Locken;  Nägel  25;  Binde- 
haut roth  und  braun  geädert;  Lippen  27;  Zähne  klein,  weiss,  an  den 
Rändern  schwarz,  unten  vorn  fehlend;    Körper  etwas  fett,  43.5%  schwer. 

13.    Kurumbas. 
5  M.  und  2  W.,  Kuli. 

18  j.  M.  von  Coimbatore  no.  107,  22  j.  W.  (Nilgiris),  no.  59,  23  j.  M. 
(Wynad)  no.  G7,  27J.M.  (VVynad)  no.  65,  30  j.  M.  (Wynad)  no.  66,  50J.M. 
(Coimbatore)  no.  108,  50  j.  W.  (Nilgiris)  no.  58. 

Haut  durchgängig  ohne  die  dunkelste  Färbung,  dgl.  Iris  und  Nägel. 
Siehe  folgende  Combinationen : 

18  j.  M.    =  28        +    11  +  24, 

22  j.  W.  =  42/43  +    II  +  24, 

23  j.  M.  =28  +  II  +  25, 
27  j  M.  =  28  +  III  +  25, 
30  j.  M.  =  28  +  11  +  25, 
50  j.  W.  =  42  +  II  +  24, 
50  j.  M.    =  28        +  III  +  25. 

Die  Haare  48,  nur  bei  dem  22j.W.  41,  sind  kraus  wellig,  ausser  bei 
den  beiden  50  j.  M.  und  W.,  wo  sie  einfach  wellig  heissen.  Der  18  j.  M. 
ist  geschoren,  der  50  j.  M.  grau,  das  50  j.  W.  anscheinend  noch  schwarz. 

Der  Bart  fehlt  bei  18  j.;  ist  rasirt  bei  23  j.  und  27  j.  M.;  kraus,  48, 
bei  30  j.  M. ,  nur  an  Lippe  und  Kinn;  findet  sich  spärlich  an  Wangen, 
Lippen  und  Kinn  bei  50  j.  M. 

Die  Bindehaut  ist  ziemlich  rein  und  weiss,  braune  Flecke  sind  nur 
bei  23  j.  M.  und  50  j.  W.  notirt,  rothe  Adern  bei  dem  27  j.  M.  Die  Grund- 
farbe des  23  j.   M.  wird  grünlich  weiss  genannt. 

Lippen:  Das  Bedenken  eines  pathologischen  Ursprunges  der  Blaufär- 
bung bestärkt  sich  wieder,  denn  während  27  j.  M.  nur  73  Pulse  bei  ro.  der 
Lippen  zählt,  hat  23  j.  M.  deren  150  neben  der  Lippenangabe  ro.  +  bl. 
Andererseits  steht  auch  für  den  30  j.  M.  Lippen  ro.  neben  P.  130  und  für 
das  22  j.  W.  ro.  innen,  27  aussen  mit  P.  120.  Die  Pulsaugabe  fehlt  für 
18  j.  M.,  Li.  ro.;  50  j.   W..  Li.  ro.    +  '^^7,  und  50  j.  M.:  ro.  etw.  bl. 

Zähne  meist  gesund  und  weiss.  Sie  stehen  einzeln,  durch  Lücken 
f^etrennt  bei  18  j.  M.  und  50  j.  W.,  wo  besonders  die  Vorderzähne  sehr 
klein  sind.  Bei  22  j.  W.  sind  die  Hundszähne  stark  nach  innen  gerichtet 
und  ziemlich  klein;  eben  so  stehen  bei  27  j.  M.  im  Unterkiefer  einige  Zähne 
schief;  auch  bei  50  j.  M.  stehen  die  Zähne  nur  „ziemlich"  regelmässig; 
schwarz  und  defekt  sind  die  Zähne  bei  30  j.  M.  und  die  oberen  Vorder- 
zähne fehlen.     N.  B.  Die  Kurumbas  putzen  die  Zähne  mit  Holzkohle. 

Körper  bau  durchweg  proportionirt,  der  18  j.  M.  etwas  fett,  46.5  kg 
schwer. 


Messun(3fen  an  lebenden  Indiem. 


57 


Tabelle  13.     Kurumbas  A. 


M. 

w. 

ca.  no.  .  .     107 

1    67 

1    65 

66 

108       59 

58 

Kp.  H.  .  .     1492  1   1515  !   1529  |    1523  ]     1589     1470  1   1410 

St.  U.   .  . 
St.  pr.  .  . 
Ob.  N.  H.  . 
Ohr.  H.  .  . 

N.-  0.-  pr.  . 

u.  N.  ri.  . 

Ki.  11.  .  . 

1  43ü 
175 

1  .382 
■  197-105  - 
40 
95 

1  473     1  475 
167      179 
1  445     1  453 
1413     1416 
192-98  i  195—95 
1413     1405 
1  344     1  283 

1  472      1  533 
185       177 
1 442    (        — 
1  405   J   1  472 
200—105  '  )  203-110 
1  395        54 
1  337       141 

J                               ) 

—  (               —   ' 
27       45 
94      110 

Seh.  L.  .  . 
Seh.  B.  .  . 
h.  Seh.  U.  . 
s.  Seh.  Bo.  . 

172 

125 

487 
303 

175 

128 
505 
301 

172 
138 
505 
205 

186  i     175 
130      ?10U 
525       522 
322       330 

-       —      * 

N.  Z.  h.  .  . 
N.  r.  L.  .  . 
N.  fl.  B. .  . 
Aug.  E.  .  . 
M.  br./h. .  . 

— 

43 
42 
36 
33 

4!)/ 2  5 

47 

48 
37 
33 

50/15 

46 
47 
37 
37 

49/15 

— 

-       ,    — 

Wa.  B. .  . 
ü.  K.  B..  . 
J.  B.  .  .  . 
0.  B.  . 

94 

90 

122 

95 

97 

116 

117 

95 

97 

126 

122 

95        93 
95       100 
118       125 
111       — 

110       97 
92       90 
118      — 

ob.  N.  0.  R. 
u.  N.  0.  R. 
Obli.  0.  R.  . 
Ki.  0.  R.  . 

95 
100 

117 

100 
102 
122 
126 

102 
105 
120 
121 

105 
110 
122 
121 

105 
108 

130 

— 

- 

Tabelle  13.     Kurumbas  B. 


M. 

W. 

Alter  .  .  . 

18       23 

27       30         50       22       50 

Si.  H..  .  . 

—   1    798  1    808 

765 

—        -       - 

Kp.  H.  . 
Ohr  H.  .  . 
Ki.  H.  .  . 

1492  •   1515     1529  I    1523 

1  382     1  413     1  416      1  405 

1  344  '   1  283      1  337 

1  589 
1472 

1470     1410 

Beb.  H.  .  . 
Nbl.  11.  .  . 
Schb.  U.   . 

—  1  '2;iO     1  251      1  255  :     — 

—  !»01       III).',        :i2.')         — 

—  7:»-.'       77,') 

-       — 

Sehu.  H..  . 
Ell.  H.  .  . 
IIw.  H  .  . 
Bsp.  H.  .  . 

—  1 226     1  222     1  241 

—  955      955       955 
717      716       704 

—  554      545       530 

-    i    - 

Drb.  H.  .  . 
Tr.  H.  .  . 
Kn.  H.  .  . 
Wd.  H.  .  . 

Knchl.  11.  . 

i    865      850  1     860       — 

—  1    790      801       820  j     — 

—  '    409      430  '     433  1     — 

—  290      313  j     330       — 

—  49       61   !      68       — 

—       — 

Sehn  B..  . 
Wrz.  B.  .  . 
Be.  B.  .  . 

—  355      345       324       — 
172  1    l(i7       168       — 

—  205  1    214       215        — 

-       — 

Br.  ü.  .  . 
Beb.  U.  .  . 
Wd.  U.  .  . 

720 
605 
270  , 

740   ; 

665  1 
275  , 

730 

638 

?275 

- 

- 

58 


Dr.  Koerbin; 


Schädel-  und  Nasen-Index  von  Kurumbas. 

R  AR        *^7 

30  j.  M.      Ohr  H.:  92.25  pCt.  Seh.  -j^  69°.89  N.  -^-jj-  -^  =  79°57 

18  „    ,   0       ,  92.63     ,  „        72°.67  „  —         — 

36 
93.26     „  „         73°.  14  „  -ttt  =  84°.71 


23 

27 
50 


92.61     „ 
92.64     „ 


80°.23 

9   ? 


42.5 

37 

47.5 


=  77°.89 


19  M. 


14.    Irulas. 


und  3  W. 

16    j.  M. 

no. 

92  Kuli 

17        „ 

„ 

42     ? 

22       „ 

„ 

257  Schäfer 

23a     „ 

, 

93  Kuli 

23b     „ 

„ 

273  Kuli 

25a     , 

, 

41     ? 

25b     „ 

„ 

43    ? 

28  a     „ 

„ 

256  Bauer 

28b     , 

„ 

272  Ochsentreiber 

30         r, 

, 

40    ? 

32        „ 

yy 

100  Kuli 

35a     „ 

„ 

102  Kuli 

35b     , 

„ 

254  Kuli 

36        , 

V 

101  Kuli 

38       „ 

^ 

105  Kuli 

40a     „ 

„ 

94  Kuli 

40b     , 

„ 

255     ? 

40c     „ 

, 

106  Kuli 

50       „ 

^ 

84  Gärtner 

22  j.  W. 

, 

44     ? 

26  ,    „ 

„ 

95  Kuli 

30  „    , 

jj 

96  Kuli 

aus  dem  Distrikt  Coimbatore, 

„       „  V  Madras, 

r       „  ,  Salem, 

„  „  Coimbatore, 

„       n  n  Salem, 

Tanjore, 

„       „  »  Chingleput, 

V       n  „  Salem, 

n       »  7,  Salem, 

„       „  ,  Madras, 

„       j,  „  Coimbatore, 

,.       „  „  Coimbatore, 

„       „  .,  Salem, 

„       „  „  Coimbatore, 

„       „  ,  Coimbatore, 

„       „  „  Coimbatore, 

,       „  ,  Salem, 

Süd-Arcot, 

„       ,  ,  Coimbatore. 

,       „  „  Chittur, 

„  ,  Coimbatore, 

„       _  „  Coimbatore. 


Die  Färbung  schliesst  sich  eng  an  die  früher  angeführten  Kasten  an. 

Haut: 
Probe  27,  zeigte  die  Haut  von  23  6 j.  M.,  25  6j.  M.,  28  aj.  M.,  35  aj.  M., 
SöZ-j.  M.,  40  ^*j.  M.,  50j.  M.,  —  Probe  27  mit  Gesicht  28  hat  16  j.  M., 
23  aj.  M.;  Probe  27  Nacken,  Brust  aber  28  ist  notirt  bei  17  j.  M.  —  27/28 
haben  22j.  M.,  28  ^-j.  M.,  30j.  W.,  32  j.  M.,  36  j.  M.,  40cj.  M.,  —Rücken 
27,  vorn  27/28  hat  40  aj.  M.;  —  hinten  27/28,  vorn  28  hat  38 j.  M.  — 
Rücken  28/27,  Gesicht  30  findet  sich  bei  25  j.  W.;  —  42  bei  25  aj.  M.  und 
30  j.  M.,  und  endlich  42/35  bei  22 j.  W.  Eine  Sonderung  nach  der 
Herkunft  ist  nicht  möglich,  da  die  gemessenen  Individuen  sich  nur  zufällig 
und  stets  vereinzelt  ausserhalb  ihrer  Heimath,  in  anderen  Distrikten 
befanden. 


1)  ^eschureu. 


Messungen  an  lelienden  Imliern.  59 

Iris:    I      bei  Haut  27  findet  sich  5  mal,  bei  27  +  28  combinirt  3  mal, 
n    bei      „      27       „         „     3  mal,  bei  27  +  28  „  3  mal, 

III  bei      „      27       „         „     0  mal,  bei  27  +  28  „  4  mal, 

ferner  bei  28/27  +  30  der  Haut  III  der  Iris 
42  +  35  „         I 

42  (doppelt)  III         „       (doppelt). 

Hiernach  macht  sich  der  auch  bei  uns  giltige  Satz  geltend,  dass  über- 
wiegend häufiger  die  helleren  Töne  der  Regenbogenhaut  sich  bei  den  lichteren 
Hautfärbungen  finden. 

Die  Haare  haben  in  zwei  Dritteln  der  Fälle,  15  von  22,  die  häufigste 
Nuance,  48;  41  findet  sich  nur  bei  dem  Jüngsten  und  Aeltesten,  dem  16j. 
und  50 j.,  letzteres  jedoch  schon  ergrauend;  die  beiden  helleren  Farben  42 
zweimal  und  49  dreimal  combiniren  sich  mit  den  lichteren  Tönen  der  Haut 
und  der  Iris,  nämlich  42  Haar  mit  42/35  Haut  +  I  Iris  und  42  Haut 
+  III  Iris,  49  mit  27  +  II,  27  +  II,  42  +  III.  Die  Form  des  Haares  ist 
schlicht  genannt  3  mal,  schlicht- wellig  3  mal,  wellig  8  mal,  wellig-lockig  1  mal, 
wellig- zottig  2  mal,  kraus  2  mal,  kraus  mit  künstlichen  Büscheln  1  mal.  Die 
wellige  Haarform  ist  demnach  weit  vorwiegend. 

Eine  Analogie  mit  der  Farbe  lässt  sich  nur  in  sofern  herausbringen, 
als  keine  der  helleren  Ausnahmen  mit  den  beiden  schlichten  Formen  sich 
zusammen  findet.  Entsprechend  den  helleren  Färbungen  von  Haut  resp. 
Iris  haben  alle  drei  Weiber  gewelltes  Haar. 

Bart:  fehlt  bei  16j.  M.  und  17j.  M.  Seine  Farbe  ist  überall  48, 
ausser  dem  bereits  ergrauenden  50  j.  M. ,  wo  sie  ebenso  wie  das  Haupthaar 
mit  41  bezeichnet  ist;  ferner  wird  auch  der  Bart  des  40j.  M.  bereits  grau 
genannt.  Durchweg  ist  der  Bartwuchs  kümmerlich,  an  der  Wange  wird  er 
nur  bei  dem  38  j.  gemeldet.  Auch  bei  dem  23  6  j.  findet  sich  erst  eine  Spur 
an  der  Oberlippe;  lediglich  eine  Spur  an  Lippe  und  Kinn  hat  auch  der 
30 j.  aufzuweisen.  Im  Uebrigen  bleibt  es  bei  spärlich,  dünn  und  dergl. 
Rasur  wird  von  einem  22 j.  Schäfer  und  einem  28  j.  Bauer  vorgenommen. 
Ueber  die  Form  der  Barthaare  findet  sich  nur  bei  40  aj.  die  Notiz  kraus. 

Nägel:  8  mal  25,  8  mal  24,  4  mal  26,  1  mal  23;  letztere  Färbung  ist 
ein  lichtes  bräunlich -Gelb,  in  dem  Rosa  kaum  noch  bemerkt  wird;  sie  findet 
sich  bei  dem  25j.  W.  mit  dem  gelblich -orangebraunen  Gesicht.  Ueberwiegend 
findet  sich  das  blassere  24  mit  den  helleren  Tönen  von  Haut  resp.  Iris 
vereint,  aber  niclit  consequent. 

Bindehaut:  „Rein  weiss"  ist  keinmal  notirt,  „ziemlich  weiss"  bei 
30j.  W.  (Haut  27/28,  Iris  II),  30  j.  M.  (Haut  42,  Iris  IH)  und  40  aj.  M. 
(Haut  27  +  27/28,  Iris  III);  „ziemlich  weiss  mit  brauneu  Flecken"  bei 
dem  25  j.  W.;  „grünlich  weiss"  findet  sich  bei  dem  50J.  M.,  „grünlich"  bei 
32  j.  M.,  „grünlich  mit  braunen  Flecken"  bei  IGj.  M..  28  Äj.  M.,  38  j.  M.. 
40cj.  M.;  „wenig  braune  Flecke"  hat  17  j.  M.,  ..Olivonbraune  Flecke"  22  j.W., 


60 


Dr.  Koerbin; 


„einzelne  braun-grüne  Flecke"  25  6  j,  M.;  ferner  wechseln  die  Bezeichnungen 
„braune  Flecke",  „braune  Adern",  „braun",  „sehr  braun"  ohne  zwingende 
Beziehungen  zu  den  bisher  betrachteten  Färbungen. 

Lippen:  Rein  roth  nur  bei  dem  32 j.  M.  genannt,  dagegen  27  oder 
fast  27  11  mal,  und  zwar  auch  bei  dem  25 j.  W.;  ferner  27  innen  roth, 
resp.  27  -\-  ro.  je  1  mal,  ro.  -\-  bl.  (Pulsangabe  fehlt)  4  mal,  27  -|-  bl.  1  mal, 
innen  rosa  bei  dem  25  a  j.  M.,  bei  dem  22  j.  W.  innen  rosa,  an  den  Rändern 
Pflaum -blau -roth. 

Zähne:  überwiegend  gesund,  ziemlich  rein  und  weiss,  mehrfach  durch 
Putzen  mit  Kohle  stark  abgenutzt,  l)esonders  die  oberen  Schneidezähne. 
Die  Angabe  von  Betel-  und  Tabakkauen  findet  sich  gerade  bei  dem  Jüngsten, 
erst  16  j.  Der  17  j.  M.  trägt  jederseits  neben  den  unteren  Schneidezähnen 
einen  zugespitzten  Eckzahn  stark  nach  vorn  gerichtet. 

Körper:  meist  proportionirt,  sonst  überwiegend  etwas  mager.  Von 
den  3  Weibern  die  22  j.  etwas  fett,  die  25 j.  u.  30  j.  etwas  mager. 

Gewicht:  fehlt  sonst;  nur  bei  38  j.  M.  mit  50,5  (-[-  2,0  in  .^  Jahr)  und 
bei  40  cj.  M.  mit  49,5  (—  1,2  in  L]  Jahr)  angegeben. 

Bemerkungen:  Das  22 j.  W.  hat  die  Augenbrauen  fast  zasammeu- 
laufend,   es  ist  sehr  schamhaft. 

Der  17  j.  Bursche  hat  Pocken -Narben,  ausserdem  aber  auf  dem  Bauche 
eine  grosse  Narbe,  29  cm  lang,  13  cm  breit,  links  am  Schenkel  desgl.  von 
45  ct)i  und  17  cm,  kleinere  am  Arm  oben. 

(Hierzu  Tabelle  14.) 

Durchschnitt sprocente  von  Rumpfmaassen  der  Irulas. 


Kp.  I 

I.: 

19     m 

— 

1668 

■!> 

16     „ 

— 

1586 

» 

14     „ 

- 

1586 

5> 

10     „ 

— 

1581 

)) 

9     „ 

— 

1  580 

» 

9     „ 

- 

1  569 

>i 

8     „ 

— 

1  576 

Ohr 

H.: 

16     „ 

— 

1474 

Ki. 

„ 

[14     „ 

— 

1407 

Brb. 

>? 

10     „ 

— 

1  298 

Nbl. 

•>■> 

»>      ?) 

— 

974 

Schb. 

.. 

»      » 

- 

832 

Seh. 

)5 

5)        n 

— 

1  319.5 

Ell. 

,, 

?)            !> 

- 

1018 

Hw. 

5>           )? 

- 

763 

Hsp. 

" 

51           )! 

— 

584 

Drb. 

,, 

— 

926 

Tr. 

„ 

■)■>           )5 

— 

853 

Kn. 

7> 

■>■>           5) 

- 

447 

Wd. 

„ 

8      „ 

— 

329 

Kehl. 

,, 

9a 

- 

02 

100 
100 
100 


pCt. 


3  W.  - 

-   1  459     mm  -  100 

2  W.  - 

-    1  426       „     --   100 

1  W.  - 

-    1  524       „     =   100 

pCt. 


92.91     ., 

3 

W. 

- 

1  351 

11 

= 

9-2.60 

88.71     „    ] 

l 

j) 

— 

1  290 

,, 

= 

88.42 

82.10     „ 

1) 

— 

1  204 

>■> 

- 

82.52 

61.01     „ 

„ 

— 

897 

)j 

= 

61.48 

52  61     „ 

- 

— 

83.46     „ 

,j 

— 

1237 

» 

- 

84.78 

64.39     „ 

)i 

— 

940 

5? 

= 

64.43 

48  26     „ 

1) 

— 

710 

,, 

= 

48.66 

36.94     „ 

" 

— 

537 

)5 

= 

36.81 

58.57     ,. 

) 

— 

?869 

1> 

= 

?  59.56 

53.95     „ 

2 

w. 

— 

783.5 

)) 

- 

53.70 

28.27     „ 

3 

w. 

413 

,, 

- 

28.31 

20.80     „ 

„ 

— 

318 

)» 

- 

21.79 

3.92     „ 

_ 

63 

^, 

- 

4.32 

Messungen  an  lebenden  Indiern.                                                61 

Schu.  B.:  10   M.  —  329     mm  =  20.81  pCt.  3  W.  —  300  mm  =     20.56   pCt. 

Wrz.     „  8     „  -  174       „     =  11.04     „  „       _  -                        _ 

Be.   „  „   „  —  224   „  =  14.21  „  „   -  215  „  =  14.74   „ 

Br.  U.:  „   „  -  735   „  =  4H  64  „  „   _  _          _ 

Beb.  „  ,,   „  —  620   „  =  39.34  „  1  W.  —  590  „  =  38.71   „ 

Wd.  „  ,'   „  -  269.5  „  =  17.10  „  3  W.  —  230  „  =  15.76   „ 

Si.  H.  9a  „  —  777   „  ^  49.52  „  „   -  710  „  =  48.66   „ 


Index  der  Schädel-  und  Nasen-ßreite  der  Irulas. 

H.  „               i\.  B.      38 

30  .).  M.         Seh.  -j—  GG°.8b     N      .,     ,       —r-r  .-=  91°.75 

L.  U.  L.      41.0 

22  j.  W.              „  66°.86            „            -^  =  73^56 

35  j.  M.  A.         ,;  69°.06            „       '       —             — 
:i8  j.  M.               „  69''.53            „              -             - 

36  j.  M.               „  70°.16            „              —             — 

38 

25  j.  M.  B.          „  70°.59            „            -TT-  =  84''.44 


45 


40  j.  M.  C.  „  71°.12 

28  j.  M.  B.  „  72°.09 

32  j.  M.  „  72°.75 

23  j.  M.  A.  „  72°.83 

17  j.  M.  „  73°.53 

25  j.  W.  „  74".27 

22  j  M.  „  74°.44 

23  j.  M,  B.  „  75°.0ü 

50  j.  M.  „  75°.29 

40  j.  M.  B.  ,,  75°.71 

40  j.  M.  A.  „  75^.76 

30  j.  W.  „  77°25 

16  j.  M.  „  77°.65 

28  j.  M.  A.  „  78°.88 

25  j.  M.  A.  „  79^.88 

35  J.  M.  B.  „  ?85°.63 


45 
46 

=  76"'.09 

32 

42.5 

=  75°.29 

30 
40.5 

=  74°.07 

34 
41.5 

=  81°.83 

34 
44.Ö 

=  76°.40 

32 

38 

=  84°.21 

37 
44 

=  84°.09 

33 
44.5 

=^  74°.  16 

37 
44 

=  84°.09 

15.    Todas. 
2  Männer  und  2  Weiber. 

30j.  M.  no.  51;    45  j.  ]\1.  no.  50;    25  j.  W.  no.  53;    28  j.  W.  no.  52. 
Haut:  28  bei  28  j.  W.  u.  30 j.  M.;  42  bei  45 j.  M.;  '2-2  ^'i  bei  25j.  W. 
Iris:    bei  45  j.  M.  II,  bei  den  Uebrigen  III.  (Forts,  s.  S.  66.) 


62 


Dr.  Koerl)in: 


M. 


Tabelle  14. 


ca.  no. .  .  . 

92 

42 

257 

93 

273 

41 

43 

256 

272 

40 

Kp.  H..  .  . 

1  520 

1593 

158. 

1  526 

1660 

1  565 

1  656   1  564 

1596 

1  684 

St.  H.  .  .  . 
St.  pr.  .  .  . 
Ob.  N.  H..  . 
Ohr  H..  .  . 
N.-ü.-pr.  .  . 
ü.  N.  H.  .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1475 
171 
1449 
1420 
197/110 
1  414 
1350 

1542 
180 
1515 
1485 
192/93 
1482 
1412 

1506 
171 
1476 
1456 
181/92 
1454 
1  39. 

1491 
175 
1463 
1418 
217/107 
1425 
135. 

1603 
187 
1575 
1636 
196/95 
1536 
147. 

1  517 
175 
1  493 
1455 
200/105 
1452 
1392 

1  602 
195 
1575 
1540 
202/105 
1  532 
146. 

1503 
174 
1475 
1445 
188/85 
1445 
1379 

1532 
177 
1504 
1472 
194/92 
147. 
1404 

1633 
179 
160. 
1565 
190/95 
1562 
1495 

Seh.  L.  .  .  . 
Seh.  B.  .  . 
h.  Seh.  U.  . 
s.  Seh.  Bo.  . 

170 
132 
49. 
305 

170 
125 

zu  gross 
295! 

180 
134 
495 
330 

184 
134 
530? 
334 

176 
132 
517 
315 

169 
135 

187 
132 

161 
127 
502 
312 

172 
124 
495 
314 

178 
119 

zu  gross 
!295! 

N.  Z.  h. 
N.  r.  L.  .  . 
N.  fl.  B.  .  . 
Aug.  E.  .  . 
M.  br./h.  .  . 

45 
43 
37 
32 

47/19 

45 
40 
32 
33 

48/25 

32 
31 

46 
46 
35 
35 
.  46/22 

34 
32 

47 
42 
33 
30 
53/18 

48 
42 
36 
32 

50/20 

33 
35 

28 
29 

43 
40 
38 
31 

48/23 

Wa.  B.  .  . 
U.  K.  B.  .  . 
J.  B.  .  .  . 
0.  B.  .  .  . 

94 

83 

127 

114 

86 

90 

122 

110 

95 

93 

114 

95 

93 

121 

107 

87 

85 

128 

97 

95 

133 

112 

100 

85 

131 

117 

103 

85 

130 

92 

84 

118 

89 

87 

126 

114 

ob.  N.  0.  R.. 
u.  N.  0.  R.  . 
Obli.  0.  R.  . 
Ki.  0.  B 

96 

91 

112 

112 

100 
105 
121 
123 

93 
91 

105 

105 

97 

122 

122 

98 
10. 

118 

99 
104 
125 
127 

105 
105 
120 
118 

107 
104 

125 

10. 
95 

118 

105 
110 
120 
125 

Messungen  an  lebenden   Inriiern 


63 


Irulas  A. 


M. 

W. 

100 

102 

254 

101 

105 

94 

266 

106 

84 

44 

95 

96 

1358 

1512 

1616 

l  536 

1  563/6 

1490 

1587 

1609 

1573 

1524 

1422 

1430 

— 

- 

1565 

- 

1  507 

1462 

1523 

1535 

1537 

1479 

1372 

1391 

— 

- 

163 

190 

156 

184 

185 

166 

175 

170 

167 

- 

[  — 

1  527 

■  -  ■ 

(   - 

1433 

1  495 

- 

1507 

145. 

1346 

1361 

- 

1504 

- 

1452 

1393 

1473 

1494 

1476 

1415 

1314 

1325 

— 

— 

188/85 

-  ( 

200/110 

190/100 

195/96 

200/120 

187/95 

185/85 

185/100 

185/95 

40 

[  44 

1503 

46 

(     40 

1395 

147. 

45 

1  475 

141. 

1312 

1327 

92  ) 

95 

144. 

iio) 

97 

133. 

141. 

96 

141. 

1341 

1  25. 

1  276 

180 

181 

?159 

190 

187 

165 

177 

187 

174 

172 

171 

167 

131 

125 

136 

136 

1.30 

125 

134 

133 

131 

115 

127 

129 

— 

- 

494 

— 

530 

470? 

507 

520 

505 

— 

49? 

?495 

— 

— 

325 

— 

315 

29? 

324 

320 

31. 

285 

305 

305 

— 

— 

44 

— 

— 

45 

— 

— 

41 

41 

43 

39 

— 

— 

44 

— 

- 

44 

- 

— 

42 

46 

38 

37 

— 

— 

37 

— 

- 

34 

35 

— 

34 

32 

30 

32 

— 

- 

31 

— 

- 

31 

34 

- 

34 

28 

29 

38 

— 

- 

46/2. 

— 

— 

50/18 

— 

— 

44/17 

42/20 

43/22 

45/20 

95 

100 

105 

90 

103 

90 

102 

95 

95 

92 

86 

89 

85 

95 

95 

84 

100 

98 

84 

95 

95 

91 

90 

85 

115 

125 

12. 

120 

128 

125 

125 

129 

13. 

117 

115 

115 

— 

— 

10. 

— 

— 

120 

117 

- 

118 

108 

108 

110 

— 

— 

105 

— 

107 

98 

104 

102 

98 

94 

100 

85 

— 

- 

— 

- 

103 

100 

105 

105 

10. 

10. 

95 

96 

- 

- 

116 

— 

— 

119 

— 

— 

111 

113 

109 

HO 

— 

— 

- 

— 

135 

118 

122 

122 

120 

130 

113 

110 

64 


Dr.  Koerbin: 


M. 


Tabelle  14. 


Aller  .  .  . 

16 

17 

22 

23 

23 

25 

25 

28 

28 

30 

Si.  H.  .  .  . 

729 

760 

— 

760 

— 

772 

843 

— 

- 

- 

Kp.  H..  .  . 

1520 

1593 

158. 

1  526 

1660 

1565 

1656 

l  564 

1596 

1684 

Ohr  H..  .  . 

1420 

1485 

1  456 

1418 

1  536 

1455 

1540 

1  445 

1  472 

1  565 

Ki.  H.  .  .  . 

1  350 

1412 

1  39 

135. 

147. 

1  392 

146. 

1  379 

1  404 

1 

1495 

Brb.  H.  .  . 

1248 

131. 

— 

1246 



1283 

1367 





1  385 

Nbl.  H.  .  . 

932 

1000 

- 

95. 

— 

957 

1  016 

— 

— 

1  025 

Schb.  H.  .  . 

810 

850 

- 

819 

— 

811 

830 

— 

— 

875 

Schu.  H.  .  . 

1262 

1325 

— 

1293 

— 

1307 

1380 

— 

— 

1408 

Ell.  H..  .  . 

964 

1018 

- 

1007 

- 

1037 

1068 

— 

- 

1097 

Hw.  H.  .  . 

730 

776 

- 

755 

— 

792 

820 

— 

— 

832 

Hsp.  H.  .  . 

556 

605 

585 

- 

622 

615 

- 

— 

630 

Drb.  H.  .  . 

892 

935 

887 

910 

992 

960 

818 

983 
880 

— 

830 

— 

816 

995 

— 

— 

Tr.  H.  .  .  . 

89. 

905 

Kn.  H..  .  . 

415 

465 

— 

425 

- 

455 

475 

- 

— 

493 

Wd.  H.  .  . 

33. 

345 

- 

335 

— 

290 

347 

— 

— 

325 

Kehl.  H.  .  . 

66 

60 

- 

56 

- 

61 

70 

- 

- 

67 

Schu.  B.  .  . 

320 

165 

310 
155 

- 

314 

177 

— 

312 
177 

335 

- 

— 

348 

Wrz.  B.  .  . 

172 

196 

Be.  B.  .  .  . 

187 

224 

185 

- 

197 

- 

220 

255 
225 

- 

- 

275 

Br.  U.  .  .  . 

685 

690 

— 

713 

— 

745 

750 

— 

_ 

810 

Bch.  U.  .  . 

58? 

600 

- 

635 

- 

605 

627 

— 

— 

690 

Wd.  U.  .  . 

275 

270 

— 

277 

- 

270 

26. 

- 

— 

295 

Messungen  an  lebenden   Indiern. 


65 


Irulas  B. 


\ 


M. 

W. 

32 

35 

35 

36 

38 

40 

40 

40 

50 

22 

25 

30 

— 

— 

806 

— 

— 

754 

800 

— 

770 

717 

720 

694 

1358 

1512 

1616 

1536 

1565 

1490 

1587 

1609 

1  573 

1624 

1422 

1430 

— 

— 

1504 

— 

1452 

1393 

1473 

1494 

1415 

1415 

1314 

1325 

- 

— 

144. 

- 

— 

133. 

141. 

— 

141. 

1341 

125. 

1278 





1345 



1  22. 

1294 

— 

1281 

1266 

116. 

1  185 

— 

— 

985 

— 

- 

910 

990 

— 

972 

963 

873 

855 

— 

— 

860 

— 

— 

805 

837 

- 

82§ 

- 

— 

— 





1360 





1254 

1316 

— 

1  29. 

1  29. 

1  191 

1229 

— 

— 

1040 

- 

- 

955 

1014 

- 

981 

992 

906 

922 

— 

— 

759 

— 

— 

685 

757 

- 

725 

753 

697 

697 

- 

— 

585 

- 

- 

506 

591 

— 

545 

580 

510 

520 

— 

— 

927 

— 

— 

876 

914 

- 

923 

924 

810 

?874? 

— 

- 

866 

— 

- 

801 

835 

- 

86. 

— 

753 

814 

— 

— 

454 

— 

— 

420 

425 

- 

447 

460 

374 

405 

— 

— 

— 

— 

— 

330 

- 

— 

33. 

33. 

295 

33. 

— 

- 

54 

- 

— 

55 

- 

68 

70 

52 

67 

_ 

_ 

355 



329 

340 



325 

305 

31. 

285 

— 

- 

— 

- 

— 

177 

- 

— 

172 

— 

— 

— 

- 

— 

- 

- 

220 

— 

— 

215 

230 

215 

200 











77. 

— 



717 

— 

— 

— 

— 

— 

- 

— 

- 

610 

- 

— 

606 

590 

gravida 

— 

— 

— 

— 

— 

- 

255 

— 

- 

254 

25. 

227 

213 

Zeitschrift  für  Ethnologie.     Jahrg.  1879. 


66 


Dr.  Koerbin: 


Durchschnitts 

Prozente 

!  von  Rumpimaassen  ( 

1er  ] 

rulas. 

Kp     H.- 

19 

m  — 

1  568 

mm 

r>        '• 

IG 

m  — 

1  586.5 

mm 

-   100  pCt. 

3  W.  — 

1  459  mm 

= 

100  pCt. 

14 

r>       i> 

1586 

n 

,    100     , 

2  W.    , 

1426 

» 

1» 

7>             » 

y> 

10 

»      y) 

1581 

„ 

,    100     „ 

1  w.   , 

1524 

7t 

„ 

»             » 

n 

9a 

»      y> 

1580 

» 

— 

— 

— 

— 

^      : 

8 

7t        « 

1Ö76 

» 

— 

— 

— 

- 

«      : 

9b 

n      » 

1  569 

n 

- 

— 

— 

— 

Ohr  H.  : 

16 

■n      » 

1474 

„ 

,    92.91  „ 

3  W.    . 

1  351 

n 

» 

92.60  pCt 

Ki.      „    : 

[14 

r       1 

1407 

r> 

«    88.71  ,] 

[     ,       , 

1  290 

V 

„ 

88.42     „] 

Brb.   ,   : 

10 

n      n 

1  298 

» 

„    82.10  „ 

71           n 

1  204 

„ 

J> 

82.52     , 

Nbl.    ,  : 

„ 

V       » 

974 

„ 

„  61.61  „ 

!)          n 

897 

y> 

» 

61.48     , 

Schb. , 

t 

»       n 

832 

V 

„  52.61  „ 

— 

— 

— 

Schu.„  • 

r> 

»         V 

1  319.5 

n 

,   83.46  „ 

»          » 

1237 

y> 

„ 

84.78     , 

Ell.     , 

» 

»       y> 

1018 

j> 

„  64.39  „ 

»           n 

940 

71 

1) 

64.43     „ 

Hw.    , 

)j 

»      n 

763 

jj 

.  48.26  „ 

71            n 

710 

rs 

» 

48.66     „ 

Hsp.   „ 

» 

y>      y> 

584 

n 

,   36.94  „ 

r           7) 

537 

» 

" 

36.81     , 

Drb.    , 

•           » 

n      » 

926 

» 

r,   58.57  „ 

•^          » 

?869 

71 

„ 

P59.56     „ 

Tr.      „ 

•            n 

»      » 

853 

V 

„   53.95  , 

2  W.  „ 

783.J 

)fl 

JJ 

53.70     „ 

Ku.     „ 

» 

J»      » 

447 

» 

,  28.27  , 

3  W.  , 

413 

„ 

» 

28.31      „ 

Wd.    „ 

:         8 

r      » 

329 

f> 

,  20.88  , 

» 

318 

, 

» 

21.79     „ 

Kehl.  , 

:         9a 

»      » 

62 

1) 

„     3.92, 

» 

63 

» 

" 

4.32     , 

Schu. B 

:      10 

»       » 

329 

^ 

,  20.81  , 

» 

300 

„ 

„ 

20.56     „ 

"Wrz.    , 

8 

B        » 

174 

„ 

,   11.04  , 

- 

- 

— 

Be.       „ 

•           n 

»         » 

224 

n 

.   14.21  , 

—      „ 

215 

« 

» 

14.74     „ 

Br.    U. 

» 

»        » 

735 

^ 

«  46.64  , 

— 

— 

— 

Beb.  „ 

•           » 

»        » 

620 

n 

„  39.34  „ 

1  w.  „ 

590 

» 

„ 

38.71     , 

Wd.  , 

» 

»        » 

269.5    „ 

,   17.10  „ 

3  W.  , 

230 

J} 

r 

15.76     , 

Si.    H. 


9b   , 


777 


,  49.62 


710 


48.66 


Index  der  Schädel-  und  Nasen-Breite  von  Irulas. 


30j.  M. 

22j.  W. 

35  j.  M.  A. 
38  j.  M. 

36  j.  M. 

25  j.  M.  B. 

40j.  M.  C. 
28j  M.  B. 
32  j.  M. 

23  j.  M.  A. 

17j.  M. 

25,).  W. 

22  j.  M. 

23  j.  M.  B. 


Seh.  —     66.°85     N. 

,  66.°86 

69.°U6 
69.°53 
70.^16 

,  70.°59 

71.°12 
,  72.°09 

72.°78 

72.°83 
73.°53 

74.°27 

74.*'44 
75.000 


fl.  B. 
H.  L. 


38 
41.6 
32 
43.5 


=  91.°57 
=  73.°56 


^        „    84.°44 


35 
46 

„    76.009 

32 
42.5 

„    75.°29 

30 
40.5 

„    74.°07 

■ 

■  H.  L. 

41.5 

75.''71 

„ 

— 

— 

75.°76 

» 

34 

44.5 

" 

76.''40 

77.°25 

» 

.S2 
38 

» 

84. "21 

77.''65 

n 

37 
44 

n 

4  8. "09 

78.°88 

„ 

— 

— 

79.''88 

» 

33 
44.5 

• 

74."  16 

'85.°53 

» 

37 

84.''09 

Messungen  an  lebenden  Indiem.  67 

50j.  M.  Seh.  —     75.«29     N.   ^^^    ^     =  81."93 

40  j.  M.  B. 
40  j.  M.  A. 

30  j.  W. 

16  j.  M. 

28j.  M.  A. 

25j.  M.  A,  „ 

35j.  M.  B.  ,  -  44         - 

(Fortsetzung  v.  S,  61.) 

Haar:  30 j.  M.  48,  schwarz,  lockig,  reichlich;  45j.  M.  schwarz,  gelockt, 
dicht;  25  j.  W.  schwarz,  lang,  künstliche  Locken.  28  j.  W.  48,  lang, 
künstl.  liocken. 

Bart:  30j.  M.  schwarz  bis  bräunlich,  kraus;  45 j.  M.  schwarz,  kraus, 
voll.    25  j.  W.  behaart  an  den  Wangen,  28  j.  W.  an  Wangen  und  Oberlippe. 

Nägel:    bei  28  j.  W.  25,  sonst  24. 

Bindehaut:  weiss  bei  35j.  W.,  weiss,  ziemlich  rein  bei  30j.  M.; 
weiss  mit  braunen  Flecken  bei  45  j.  M.,  unrein  weiss  bei  28  j.  W. 

Lippen:  roth  bei  25j.  W.,  am  Rand  violett  bei  28j.  W.;  28  4- ro. 
bei  30 j.  M.;    27  bei  45  j.  M. 

Zähne:  bei  Allen  gesund,  weiss  bei  28j.  W.  und  30  j.  M. ,  gelblich 
weiss  bei  45  j.  M.,  gelblich  bei  25  j.  W. 

Körper:    proportionirt,  bei  45  j.  M.  etwas  mager. 

Bemerkung:  30j.  M.  hat  die  Schenkel  stark  behaart;  45 j.  M.  die 
Vorderseite  sehr  behaart,  die  Hinterseite  auch  ziemlich  stark. 

(Hierzu  Tabelle  15.) 

16.    Kotas. 

1  Mann. 

No.  64.     32).  M.,  Schmidt  von  der  Mission  in  Kaity. 

Haut  28;  Iris  IV;  Haar  41,  wellig;  Bart  41,  kraus;  Nägel  24;  Binde- 
haut grünlich  weiss,  Lippen  roth,  Zähne  rein,  gesund.  Körper  proportionirt. 
Puls  80.  (Hierzu  Tabelle  16.) 

17.    Badagas. 

Landbauer. 

No.  56,  ein  12  j.  Mädchen,  leider  nur  mit  Angabe  der  Körperhöhe  138  cm. 
no.  54,  ?33j.  M.  und  no.  55,  ?35j.  M. 

Die  Hautfarbe  des  33  j.  ist  eine  Mischung  von  Probe  28  mit  überwiegend 

Probe  40,  dem  lichtesten  Graubraun,  die  der  beiden  Anderen  rein  28.     Die 

(Fortsetzung  s.  S.  69.) 

5* 


68 


Dr.  Koerbin: 


Tabelle  15. 
Todas  A. 


Tabelle  16.     Tabelle  17. 
Kotas  A.      Badagas  A. 


M. 

W. 

M. 

M. 

W. 

ca.  no.  ... 

51 

50 

53 

52 

64 

54 

55 

56 

Kp.  H.  .  .  . 

1  676 

1597 

1554 

1577 

1554 

1519 

1  630 

138. 

St.  H 

1  620 

1532 

1493 

1510 

1508 

— 

— 

— 

St.  pr.  ... 

195 

194 

185 

187 

179 

— 

— 

— 

Ob.  N.  H.  .  . 

1  597 

1498 

1475 

? 

1475 

"""7 

— 

Ohr  H.  .  .  . 

1554 

1465 

1  433 

? 

1445 

37 

42 

— 

N.  0.  pr..  .  . 

220/115 

22. /12. 

195/11. 

205/105 

200/105 

102 

113 

— 

ü.  N.  H. .  .  . 

1  554 

1465 

1  434 

— 

1436 

^  _ 

-- 

Ki.  H.   .  .  . 

1487 

1393 

1366 

1387 

1  364 



, 

— 

Seh.  L.  .  .  . 

200 

190 

185 

189 

182 

186 

189 

— 

Seh.  ß.  .  .  . 

140 

131 

140 

135 

129 

133 

128 

— 

h.  Seh.  U.  .  . 

51.-1 

55.-1 

530 

530 

530 

- 

— 

— 

s.  Seh.  Bo.  .  . 

31.-05 

33. -j^ 

325 

335 

335 

— 

— 

— 

N.  Z.  H.  .  .  . 

49 

55 

46 

44 

49 

— 

— 

— 

N.  r.  L.  .  .  . 

47 

57 

46 

45 

44 

— 

— 

— 

N.  fl.  B.  .  .  . 

40 

37 

35 

33 

30 

— 

— 

— 

Aug.  E.  .  .  . 

33 

31 

27 

34 

30 

— 

— 

— 

M.  br:/h.  .  .  . 

52/22 

54/18 

48/21 

52/20 

40/20 

— 

— 

— 

Wa.  B.  .  .  . 

92 

90 

85 

?100 

84 

90 

94 

— 

U.  Ki.  B.   .  . 

92 

85 

84 

93 

96 

85 

93 

— 

J.  B 

125 

121 

116 

120 

125 

125 

128 

— 

0.  B 

118 

11. 

110 

115 

114 

— 

— 

— 

ob.  N.  0.  R.  . 

105 

104 

108 

105 

104 

— 

— 

— 

u.  N.  0.  R. .  . 

HO 

11. 

104 

96 

104 

— 

— 

— 

Obli.  0.  R.  .  . 

128 

122 

114 

110 

12. 

— 

— 

— 

Ki.  0.  R.  .  . 

126 

135 

120 

120 

127 

— 

— 

— 

Todas  B. 


Kotas  B.      Badagas  B. 


M. 

Vi 

r 

28 

M. 

M. 

W. 

Alter  .... 

30 

45 

25 

32 

33? 

35? 

12 

Si.  H 

834 

801 

801 

795 

792 

— 

— 

— 

Kp.  H.  .  .  . 
Ohr  H.  .  .  . 
Ki.  H 

1  676 
1  554 

1  487 

1597 
1465 
l  393 

1  554 
1433 
1366 

1577 
? 

1  387 

1  554 
1445 
1364 

1519 

1630 

138. 

Brb.  H.  .  .  . 
Nbl.  H.  .  .  . 
Sehb.  H.  .  .  . 

138. 
1037 

?  883 

1297 
936 

?  775 

1  275 
927 

1295 
9ö9 

1  261 
935 
795 

— 

— 

— 

Schu.  H.  .  .  . 
Ell.  H.  .  .  . 
Hw.  H.  .  .  . 
Hsp.  H.  .  .  . 

1  39. 

1085 
805 
6-20 

1305 
998 
756 
572 

1  261 
956 
726 
546 

l  296 
988 
744 
566 

1287 
985 
753 
573 

— 

— 

- 

Drb.  H.  .  .  . 
Tr.  H.   .  .  . 
Kn.  H.  .  .  . 
Wd.  H.  .  .  . 
Knchl.  H.  .  . 

974 
920 
495 
350 
73 

883 
830 
440 
35. 

72 

874 
840 
437 
295 
56 

932 
864 
475 
32. 
60 

890 
824 
448 
32. 
70 

— 

— 

Schu.  B.  .  .  . 
Wrz.  B.  .  .  . 
Be.  B.   .  .  . 

340 
177 
230 

344 
175 

180 

180 

320 
205 

335 
17. 
229 

— 

— 

— 

Br.  U 

Bch.  U.  .  .  . 
Wd.  ü.  .  .  . 

790 
655 
285 

760 
650 
26. 

650 
22. 

640 
235 

81. 
695 
295 

- 

- 



Messungen  an  lebenden  Indiern.  69 

Schädel-  und  Nasen-Index  der  Todas,  Kotas,  Badagas. 

45  i.  M.     Toda        Ohr  H.:     91.74  pCt.     Seh.  JL     68.°95     N.  ^:-^    |I       =  G6.°07 

L.  H.    Li.     56 

70.°00  ,  i2        ,    83.°33 

48 

71.°43  „  H_      „    74.°16 


30  j. 

M. 

»     '■ 

;     92.72 

28  j. 

w.     , 

»     ' 

? 

25  j. 

w.     „ 

« 

:     92.21 

32  j. 

M.    Kotar 

,,     ■ 

:     92.99 

?35j. 

M.  Badagar 

n 

:         — 

?33j. 

M. 

„ 

:        — 

75.°68 


44.5 

^         ,    76.°09 
46 


70.°88  „  —      ,    64.°52 


46.5 


67.°72 
71.°5l 


(Fortsetzung  von  S.  67.) 
Iris  bei  Allen  II,  das  Haar  ebenso  48,  wellig   bei  dem  Kinde,  schlicht  bei 
dem  ?33j.,  hier  auch  schon   etwas  grau;    das  des  ?35j.  ist  geschoren. 

Der  Bart  ist  bei  Beiden  mit  48  bemerkt,  bei  dem  Jüngeren  nur  an  der 
Lippe,  bei  dem  Aelteren  an   Lippe  und  Kinn. 

Die  Nägel  des  Mädchens  haben  die  blasse  Färbung  24,  die  der  Männer  25. 

Die  Bindehaut  des  Ersteren  ist  rein,  auch  die  des  ?35  j.  weiss,  die  des 
?33).  nur  ziemlich  rein.  Die  Lippen  sind  roth  beim  35  j.,  27  +  ro.  bei  dem 
anderen  Manne  und  dem  Kinde. 

Die  Zähne  sind  nur  bei  dem  Brahminen  mit  gesund  und  weiss  notirt. 
Dieser  ist  mager,  die  beiden  Anderen  proportionirt  angezeigt.  Beide  Männer 
haben   auffallend  kleine  Unterkiefer.  (Hierzu  Tabelle  17.) 


18.    Malialis. 

5  M.  +   1   W. 

No.  73  aus  dem  Distrikt  Calicut,  alle  Uebrigen  vou  Salem.  28/«  j.  Kuli 
und  Grasschneider,  no.  73;  i)  28/6  j.  Bauer  no.  277:  28/cj.  Bauer  no.  275; 
30).  M.  no.  49;    37  j.  Gärtner  no.  48;    32  j.  W.,  Bäuerin,  no.  278. 

Haut:    in  eben  genannter  Reihenfolge:   28/35,  41,  27,  35,  42  und  27/28. 

Iris:  hier  entsprechend  den  hellsten  Hautfarben:  III  bei  35  (30  j.  M.) 
und  IV  bei  42  (37  j.  M.),  sonst  I. 

Haare:  schwarz,  geschoren  bei  28/aj.  M.,  sonst  sich  eng  anschliessend 
an  Iris  und  Haut  in  der  Combination,  dass  sich  die  Bezeichnung  „schwarz, 
wellig"  zur  Geltung  bringt  bei  Haut  35,  Iris  lll  und  „schwarz,  lockig"  bei 
Haut  42,  Iris  IV.  Bei  41+1  und  27  +  I  ist  das  Haar  „48,  schlicht" 
notirt,  ebenso  bei  dem  Weibe  27/28  +  I,  während  „schwarz,  geschoren" 
sich  bei  28/35  -\-  I  findet. 

Bart:    entspricht    überall    dem  Haare.     „Sehr  kraus"   wird  er  bei  dem 


1)  Die  Maasse  zu  no.  73  fehlen. 


70 


Dr  Koerliin: 


30 j.  M.  angegeben.  An  der  Backe  wird  er  nur  bei  dem  37  j.  Gärtner 
aufgeführt,  und  auch  hier  nur  kurz. 

Nägel:    26  bei  27  und  41,  sonst  24. 

Bindehaut:  „sehr  braun"  bei  Haut  27  -f-  Iris  I  +  Nägel  26  und 
entsprechend  „bräunlich"  bei  4:1  -{-  l  -{-  2ß;  grünlich  weiss,  schmutzig  bei 
35  -j-  III  -\-  24,  weissgrünlich  bei  27/28  -r  l  -|-  24,  unrein  weiss  bei  42  -f^  IV 
+  24,  sehr  unrein  beim  Grasschneider:  28/35  4-  I  -f  24  —  hier  lässt  sich 
eine  einheitliche  Consonanz  der  Tonstimmung  wohl  heraus  merken. 

Lippen:  ro./bl.  mit  Puls  125,  bei  Haut  28/35;  ro.  4- 27  bei  Haut 
27/28  mit  Puls  100;  27  bei  Haut  41  mit  Puls  90  und  bei  Haut  27  mit 
Puls  62.     Sonstiges  vacat. 

Zähne:    normal,  gesund  und  weiss;    nur   einmal  als  unrein  angemerkt. 

Körper:    proportionirt,  mehrfach  etwas  fett. 

Bemerkungen:    die  Brust  ist  bei  dem  Grasschneider  behaart. 

Der  Gärtner  trägt  sein  Vorderhaupt  bis  zum  Ohr  geschoren. 


Tabelle  18.     Malialis  A. 


M. 

W. 

ca.  n.  .  .  . 

277 

275 

49 

48 

278 

Kp.  H..  .  . 

1629 

1635 

1  645 

1  535/8 

1485 

St.  H.  .  .  . 

1575 

1586 

1  583 

1  482 

1  43. 

St.  pr.  .  .  . 

184 

183 

181 

180 

172 

Ob.  N.  H.   . 

1  541 

1  556 

1  556 

1458 

1  41. 

Ohr  H.   .  . 

1508 

1  52. 

1524 

1  428 

1  374 

N.  0.  pr.  .  . 

201/102 

205/105 

187/105 

200/105 

183/86 

ü.  N.  H.  .  . 

1  508 

1556 

1  517 

1  415 

1374 

Ki.  H.  .  .  . 

1  45. 

1  459 

1445 

1349 

1314 

Seh.  L.  .  . 

174 

175 

182 

180 

159 

Seh.  B.   .  . 

113 

122 

131 

126 

123 

h.  Seh.  U.  . 

497 

507 

497 

517 

— 

s.  Seh.  Bo.  . 

299 

308 

322 

320 

N.  Z.  H.  .  . 





42 

44 

39 

N.  r.  L.  .  . 

— 

— 

44 

50 

— 

N.  fl.  B.  .  . 

34 

35 

39 

40 

32 

Aug.  E.  .  . 

33 

33 

32 

33 

31 

M.  br./h.  .  . 

47/19 

49/19 

48/23 

54/23 

45/24 

Wa.  B.   .  . 

94 

10. 

85 

100 

85 

U.  K.  B.  .  . 

96 

95 

88 

95 

80 

J.  B.  .  .  . 

124 

125 

113 

127 

116 

0.  B.  .  .  . 

112 

112 

108 

119 

" 

Ol).  N.  0.  R.. 

10. 

102 

99 

100 

95 

u.  N.  0.  R.  . 

12 

10. 

96 

.   106 

94 

Obli.  0.  R.  . 

— 

— 

116 

125 

~ 

Ki.  0.  R.  .  . 

116 

116 

121 

135 

11. 

Messungen  an  lebenden  Intliern. 
Malialis  B. 


71 


M. 

W. 

Alter  .  .  . 

28 

28 

30 

32 

32 

Si.  H.  .  .  . 

805 

807 

800 

772 

730 

Kp.  H..  .  . 
OhrH..  .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1  629 
1  508 
14Ö. 

1635 
152. 
1459 

1645 
1524 
1445 

1  538 
1428 
1349 

1  485 
1374 
1314 

Hrb.  n.  .  . 
Nbl.  H.  .  . 
Schb.  H.  .  . 

1  355 

1  004 

882 

1  36. 

1022 

897 

1  343 
999 
852 

1255 
920 
754 

1  227 
952 

Schu.  H.  .  . 
Ell.  H.   .  . 
Hw.  H.  .  . 
Hsp.  H.  .  . 

1363 

1032 

79 

607 

1383 

1052 

805 

621 

1364 

1  054 

791 

615 

1  272 

99. 
754 
574 

1  241 
951 
718 
570 

Drb.  11.  .  . 
Tr.  H  .   .  . 
Wd.  H.  .  . 
Kn.  H. .  .  . 
i.  Kehl.  H.  . 

946 
901 
473 

972 

895 
484 

982 
908 
489 
32. 
65 

875 
812 
440 
310 
65 

884 
830 
399 
34. 
53 

Sehn.  B  .  . 
Wrz  B.  .  . 
Be.  B.  .  .  . 

354      35. 

193 

205      — 

1 

353 
185 
242 

351 
192 

223 

310 
225 

Br.  ü.  .  .  . 
Beb.  ü.  .  . 

Wd.  u.    .    . 

758 

— 

780 
686 
31. 

807 
668 
268 

252 

Durchschnittsprozeute  von  Rurapfmaass  en  der  Malialis. 


Kp.  II. 

4w  - 

-   1  612 

mm 

= 

100  p( 

Jt. 

. 

3  „ 

1  604 

„ 

„ 

„ 

, 

" 

2  „ 

1  591.5 

n 

» 

" 

1  w. 

=  1485 

mm 

Ohr  n.: 

4  m  - 

-  1  495 

n 

, 

92.74 

pCt. 

r> 

92.53 

pCt. 

Ki.   , 

„ 

1  426 

„ 

„ 

88.46 

» 

i> 

88.45 

» 

Brb.  , 

;    ^ 

1328 

„ 

y> 

82.38 

7> 

JJ 

82.63 

•n 

Nbl.  , 

'•             B 

986 

„ 

„ 

61.16 

„ 

■n 

64.11 

v 

Schb.  „ 

» 

846 

" 

» 

52.48 

" 

» 

— 

Schu.  „ 

1  345.5 

» 

„ 

83.47 

n 

T 

83.57 

•K 

Ell.  „ 

•     » 

1032 

„ 

» 

64.02 

» 

rt 

63.97 

„ 

Hw.  „ 

» 

785 

n 

„ 

48.70 

» 

„ 

48.35 

J» 

Hsp.  , 

„ 

604 

y> 

» 

37.47 

« 

» 

38.38 

» 

Drb.  „ 

1) 

944 

n 

» 

58.56 

„ 

« 

59.53 

, 

Tr.   „ 

n 

879 

„ 

» 

54.53 

» 

» 

55.89 

» 

Kn.  „ 

471.5 

V 

» 

29.25 

» 

n 

26.87 

n 

Wd.  , 

2  m  - 

-   315 

„ 

» 

19.79 

n 

■n 

22.89 

„ 

Kehl.  „  : 

» 

65 

» 

D 

4.08 

» 

y> 

3.57 

» 

72 


Dr.  Koerbin; 


Schu.  B.: 

4  7»  — 

352 

Wrz.  „: 

3y/i  — 

190 

Be.   „: 

» 

223 

Br.  U.: 

„ 

782 

Bch.  „  : 

2  m  — 

677 

Wd.  „  : 

» 

289 

Si.    H. 


4  m  —      796 


352  mm     =  21.84  pCt, 
,    11.85     „ 
r,    13.90      , 


48.75 
42.54 
18.16 

49.38 


1  W.  =  1  485  mm 
20.88  pCt. 

15.15     , 


16.97 
49.16 


Index  der  Schädel-  und  Nasen-Breite  von  Malialis. 

28j.  M.  b.     Seh.  ^    64.094     N.  ll^^     —  — 

L.  H.    L. 


28  j. 

M.  c 

37  j. 

M. 

30j. 

M. 

32  j. 

W, 

69."?  1 
70.°00 

71.098 
77.°36 


40  =  85."11 
47 

—  =  90.070 
43 


19. 

21  M.  +  14  W.  und  1 

18  j.  M,  Kuli,  Madras,  no.  9. 
20/aj.  M.,  Koch,  Chingleput,  no.  11. 
20/Äj.  M.,  Ackerbauer,  Tanjore,  no.  156. 
21  j.  M.,  ?         ,  Bengalore,  no.  16. 

22/aj.  M.,  Kuli,  Madras,  no.  10. 
22/6  j.  M.,  Kuli,  Salem,  no.  253. 
22/cj.  M.,  Maurer,  Madura,  no.  126. 
23  j.  M.,  ?      ,  Pondichery,  no.  47. 

25  j.  M.,  Kuli,  Coimbatore,  no.  112. 

26  j.  M.,  Bauer,  Chingleput,  no.  124. 
28  j.  M.,  Kuli,  Coinabatore,  no.  113. 
30/aj.  M.,  Kutscher,  Madras,  no.  17. 
30/ij.  M.,  Bauer,  Tanjore,  no.  158. 
32/aj.  M.,      ?     ,  Coimbatore,  no.   129. 
32/<5<j.  M.,  Kutscher,  Madras,  no.  18. 
35 j.  M.,  Weber,  Coimbatore,  no.  116. 
37  j.  M.,         „      ,  Madras,  no.  1. 

40/48  j.  M.,  pens.  Artillerist,  Chingleput,  no. 
45  j.  M.,  Kuli,  Coimbatore,  no.  128. 
50  j.  M.,  Kuli,  Trichinopoli,  no.  109. 
60j.  M.,  Kuli,  Coimbatore,  no.  118. 


Parias. 

W.  zweifelhafter  Stellung. 

18/aj.  W.,  ?      ,  Madras,  no.  25. 

18/6  j.    W.,    Steinträgerin    und    Maurerin, 

Madras,  no.  22. 
20  j.  W.,  Christin,  Chingleput,  no.  23. 
23  j.  W.,  Köchin,  ehr.,  Madras,  no.  19. 
25/oj.  W.,  Bajadere,  Madras,  no.  21. 
25/Äj.  W.,  Köchin,  Madras,  no.  31. 

26  j.  W.,  Kuli,  Madras,  no.  32. 

27  j.  W.,  Grassehneiderin,  Madras,  no.  33. 
30/aj.  W.,  Rom.  Kath.,  Madras,  no.  29. 
30/6  j.  W.,  ?  ,  Madras,  no.  24. 
33  j.  W.,  Reisbäuerin,  Mysore,  no.  26. 
40/aj.  W.,          ?        ,  Coimbatore,  no.  151. 
40/6  j.  W.,  Priesterin,  Salem,  no.  284. 
50j.  W.,  Kuli,  Salem,  no.  286. 


56  j.  W.,      ?    ,      ?     ,  no.  147. 


Haut:  6  mal  27,  (4 M.  +  2  W.),  2  mal  41  (2  M.),  5  mal  28  (2  M.  +  3  W.), 
4  mal  35  (3  M.  +  1  ^.),  6  mal  42  (3  M.  +  3  W.),  1  mal  27/34  (1  M.), 
2  mal  27/28  (1  M.  +  1  W.)  und  28/27  (1  W.),  h.  27,  v.  28  (1  M.)  je  1  mal, 
Iräal  35/27  (1  W.),  2  mal  27/49  (1  M.  +  1  W.??  [no,  147]),  27/50  1  mal 
(1   M.),  1  mal  43  (1    W.),  1  mal  h.  41  v.  42  (1  M.),  endlich  1  mal  heller  als 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  73 

35  (1  W.)  und  ganz  singulär  weist  Probe  40,  das  hellste  Rein-Braun,  der 
katholische  Koch  aus  dem  Chingleput-District  auf  (vielleicht  Mischling  mit 
Weissen?).     Im  Ganzen  genommen  sind  auch  hier  die  Weiber  heller. 

Für  eine  Erforschung  lokaler  Färbungen  der  einzelnen  Distrikte  reicht 
das  geringe  Material  nicht  aus. 

Iris  :  (11  mal  I,  18  mal  II,  6  mal  III  notirt,  1  mal  vacat.  Auch  hier  sind 
die  hellen  Töne  nur  im  Allgemeinen  mit  denen  der  Haut  analog,  namentlich 
aber  kommt  die  dunkelste  Iris  auch  bei  der  hellsten  Ilautfilrbung  vor,  z.  B. 
bei  40,  ferner  auch  bei  „heller  als  35"  u.  s.  f.;  umgekehrt  finden  wir  III 
zweimal  bei  27  Haut.     Von  den  Weibern  haben  9  II.  2  III,  4  I. 

Haar:  16  mal  48,  3  mal  41,  1  mal  49,  1  mal  43  notirt;  letzteres  von  der 
christlichen  Köchin  mit  der  gleichen  mittelhellen  Haut-Färbung.  Die  Be- 
zeichnung schwarz  erscheint  nur  1  mal,  dagegen  „Probe"  ohne  Farbenan- 
andeutung  6  mal,  da  sich  anderseits  mitgebrachte  Proben  schon  durch  48  pp. 
charakterisirt  finden,  so  ist  vielleicht  eine  schwer  definirbare  Nuance  voraus- 
zusetzen. „Etwas  grau"  erscheint  schon  das  Haar  des  '61  j.  M.,  das  des 
40  —  48  j.  ganz  grau  und  das  der  50  —  60  j.  selbstverständlich  ebenfalls. 
Vielfach  ist  das  Haupthaar  geschoren.  Im  Uebrigen  ist  es  „schlicht"  notirt 
8  mal,  (4  M.  +  4  W.)  „wellig"  8  mal  (3  M.  -+  5  W.),  „schwachwellig"  2  mal 
(1  M.  -f  1  W.),  „sclicht-wellig"  2  mal  (2  W.),  „wellig-lockig"  2  mal  (2  W.). 
Weitaus  mehr  also  findet  sich  eine  wellige  Form  des  Weiberhaares. 

Bart:  5  mal  48,  2  mal  41  notirt;  1  mal  weiss  (50  j.).  —  Kraus  3  mal 
und  zwar  schwach  an  Kinn  und  Oberlippe,  von  Farbe  48  bei  22/6' j.  Maurer 
von  Madura;  ohne  Bemerkung  über  die  Stärke,  ebenfalls  nur  an  Oberlippe 
und  Kinn  und  auch  von  Farbe  48,  bei  35  j.   Weber  von  Coimbatore. 

Im  Allgemeinen  ist  die  Bartentwicklung  gering,  „wenig,  sehr  wenig; 
schwach,  spärlich"  genannt,  stark  nicht  ein  einziges  Mal;  Backenbart  ist 
3  mal  bemerkt. 

Nägel:  23  mal  25,  9  mal  24,  3  mal  26,  1  mal  21. 

Die  auffallend  dunkle  (leberbraune)  Färbung  no.  21  findet  sich  bei 
23  j.  M.  von  Pondichery  mit  Hautfarbe  42;  die  drei  Proben  '2G  bei  2  Männern 
mit  der  Hautfarbe  41  und  einem  Weibe  mit  28.  Die  blassere  Nuance  kommt 
eben  so  gut  bei  den  dunkelsten  Farbentönen,  wie  Haut  27,  als  erheblich 
helleren  (43)  vor. 

Bindehaut:  „Rein  weisslich"  bei  25/6j.  W.  von  Madras  mit  Haut  28, 
Nägeln  24,  Iris  III  und  bei  30/aj.  W.  von  Madras  mit  Haut  27,  Nägeln  25, 
Iris  II;  „ziemlich  rein"  bei  35j.M.  aus  Coimbatore  mit  42  —  I  —  25;  „ziem- 
lich weiss"  bei  18/6  j.  W.  mit  42—11—25,  20^^  j.  M.  mit  40—1  —  25, 
23J.W.  mit  43—11—24,  40/aj.  W.  mit  27/28— III— 24.  Bei  den  Uebrigen 
ist  die  Bindehaut  unrein,  grünlich,  bräunlich  bis  schwärzlich,  hat  vielfach 
braune  Flecken  und  rothe  Adern. 

Lippen:  12  mal  27,  1  mal  41,  3  mal  35,  1  mal  22,  1  mal  27  -f  20,  4  mal 
roth  resp.  rosa,  im  Uebrigen  innen  roth,  aussen  farbig,  mehrfach  aber  nicht 


74 


Dr.  Koerbin 


notirt.  Nur  1  mal  findet  sich  Pflaum -roth- blau,  bei  der  33 j.  Reisbäuerin 
von  Mysore  mit  35/27  -f  II  -|-  24.  Pulsangabe  fehlt  hier  wie  fast  überall  bei  den 
Pariah, 

Zähne:  überwiegend  schön  weiss  und  gesund,  mehrfach  bemerkenswerth 
klein.  Nur  in  4  Fällen  waren  die  Zähne  auffällig  defect,  bei  dem  56  j.  W.?? 
erwiess  sich  der  Unterkiefer  bis  auf  das  Zahnfleisch  abgenutzt.  Die  Unsitte 
durch  zu  scharfes  Putzen  die  Zähne  abzunutzen,  ist  auch  hier  vertreten. 

Bei  22/rtj.  M.  stehen  die  Schneidezähne  sehr  spitz  nach  vorn,  bei23j.M. 
stehen  die  Vorderzähne  des  Unterkiefers  sehr  lang  vor,  bei  27  j.  W.  sind  die 
oberen  Vorderzähne  auffällig  gross;  bei  30/a  j.  W.  finden  sich  zwischen  den 
mittelsten  Zähnen  oben  wie  unten  ansehnliche  Lücken. 

Körper;  15  mal  proportionirt  genannt,  1  mal  robust  (50  j.  W.),  1  mal 
klein  (23 j.  M.),  etwas  mager  1  M.  +  1  W.,  mager  2  M.,  etwas  fett  1  W., 
fett  1  W. 

Gewicht:  31  Kilo  bei  30/aj.  W.;  33.5  bei  20j.  W.;  34.0  bei  18/6 j.  W.; 
36.0  bei  25/aj.  W.;  36.5  bei  18/aj.  W.;  38.0  bei  22/aj.  M.,  25/6  j.  W., 
40— 48j.  M.;  39.0  bei  23 j.  W.  und  56j.  W.??;  39.5  bei  21  j.  M.;  40.0  bei 
26J.W.;  41.0  bei37j.M.;  43.0  bei  28 j.  M.;  43.5  bei  26J.M.  und  27J.W.; 
44.0  bei  40/a j.W.;  45.5  bei  22/cj.M.;  47.0  bei  30/« j.M.,  32/6J.M.,  33J.W.; 
47.5  bei  45 j.  M.;  48.0  bei  30/6J.  W.  und  60j.  M.;  50.0  bei  35 j.  M.;  52.0 
bei  32/aj.  M. ;  54.5  bei  25  j.  M. 

Ueber  die  Verändening  des  Gewichts  im  Gefängniss  lässt  sich  eigentlich 
nichts  Bestimmtes  sagen  :  Es  ist  2  mal  eine  Gewichtsabnahme  von  1  —  2  hg 
notirt,  7  mal  eine  Zunahme  von  resp.  0.5,  0.6,  2.5,  2.8,  3  5,  5.0,  6.0,  letzteres, 
das  aulfälligste  in  1  Jahr  bei  52  kg,  während  5.0  in  1^  Jahren  bei  39.0, 
3.5  bei  54.5  in  1  Jahr,  2.8  bei  43.0  in  8^-  Jahren  und  2.5  bei  50.0  in 
9  Jahren  zu  gewachsen  sein  sollen. 

Puls  und  Athraung:    96  +  16  bei  20/6,j.  M.;   66  -f  1«  bei  30/6J.  M. 
Bemerkungen:    Der    18).    M.    zeigt    sich  auffällig    schmerzhaft   vom 
Anlegen  des  Tasterzirkels  berührt. 

Der  32/6 j.  Kutscher  von  Madras  hat  Brust  und  Bauch,  sowie  Ober- 
und  Unterschenkel  nebst  den  Hinterbacken  stark  behaart. 

(Hierzu  Tabelle  19.) 


Durch  sc  hnittsprocente  von  Rumpf  maassen  d  er  männlichen  Parias. 


Kp. 

H.: 

21 

M. 

—   1  569 

7nm 

= 

100.00 

pCt. 

(Zu  Tabelle  19.) 

Ohr 

ji  ; 

^ 

„ 

1  447 

„ 

„ 

92.22 

r, 

Ki. 

„  ■■ 

yj 

„ 

1  378 

» 

» 

87.83 

" 

Brb. 

12 

M. 

—    1  266 

, 

^ 

82.05 

„ 

-   1  543  mm  Kp.  H. 

Nbl. 

»  • 

„ 

„ 

938 

„ 

, 

60.79 

» 

»          n               » 

Schb. 

V    ■■ 

" 

i> 

808 

" 

n 

52.37 

1 

j)          17             n 

Schu. 

n  '■ 

1  270 

n 

n 

82.31 

„ 

1)          V              n 

Ell. 

„  ■ 

^ 

y) 

974 

I) 

„ 

63.12 

„ 

r>          it               n 

Hw. 

^  : 

» 

1) 

726 

» 

» 

47.05 

„ 

n          n              » 

Hsp. 

„  : 

r, 

» 

554.5 

r 

n 

35.94 

» 

n          n              1) 

Messungen  an  lebenden  Indiern. 


75 


Drb. 

IL: 

7 

M. 

—  '.)ll 

HDIl 

= 

58.35 

pCt. 

-    1  56-2 

lUH 

Kp.  U 

Tr. 

^  : 

12 

M. 

—   840 

„ 

„ 

54.44 

, 

1  543 

„ 

, 

Kn. 

^  : 

^ 

^ 

444.5 

„ 

„ 

28.81 

„ 

„ 

„ 

„ 

Wd. 

,  : 

2 

M. 

—  333.5 

y, 

J) 

22.31 

„ 

1495 

1 

» 

Kehl. 

r    '■ 

10 

M. 

-     61 

« 

» 

3. .96 

i> 

1  542 

» 

» 

Schu 

B.: 

9 

M. 

-   332 

^ 

„ 

21.69 

^ 

1  529 

„ 

„ 

Wrz. 

^  : 

11 

M. 

—   165 

„ 

„ 

10.70 

„ 

1542 

„ 

„ 

Be. 

r  •• 

7 

M. 

—  228 

» 

n 

14.67 

" 

1  554 

' 

n 

Rr. 

U.: 

10 

M. 

—   725.5 

J» 

» 

46.48 

„ 

1  549 

» 

„ 

Reh. 

^  : 

10 

M. 

—  651 

„ 

„ 

42.33 

y> 

1  537 

n 

i> 

Wd. 

3 

M. 

—   273 

„ 

» 

18.06 

„ 

1  513 

V 

*• 

Si.      H.  : 


7    M.  —  772 


49.42 


1  562 


Durclischnittsprocentevou  Rumpf'maassen  der  weiblich  en  Parias. 


Kp.      H.: 

—    15  W. 

1  496 

Ohr.    „: 

1-t     „ 

1390 

Ki.       „  : 

15    „ 

1313 

Brb.     „: 

11    ,, 

1220 

Nbl.     „  : 

11    „ 

930 

Schu.  „  : 

11    „ 

1231 

Ell.     „  : 

10    „ 

951 

Hw.     „: 

10    „ 

722 

Hsp.     „  : 

10    „ 

551 

Drb.    „  : 

10    „ 

902 

Tr.      „  : 

7    » 

829 

Kn.     „  : 

10    „ 

426 

Wd.    „  : 

3    „ 

323 

Kehl.  „  : 

10    „ 

62 

Schu.  B.: 

9    „ 

300 

Be.     „  : 

9    „ 

219 

Br.     U. : 

1    ,, 

660 

Bch.    „  : 

8    „ 

607.5 

Wd.    „  : 

10    „ 

267 

1  496     mm  =   100.00  pCt. 


Si.     H. 


10 


(49.5 


92.46 

87.74 

81.86 
62.38 

82.55 
63.37 
48.13 
3671 

60.71 
54.89 
28.40 
21.83 
4.11 

20.18 
14.57 

46.32 
40.25 

17.78 

49.94 


—  1  504  mm  Kp.  H. 


1491 


1  501 


1510 
1  501 
1  481 
1501 

1487 
1  504 

1425 
1  509 
1501 

1  501 


Schädel-  und  Nasen -Index  der  Parias. 


23  j. 

M. 

Seh. 

B. 
L. 

65."99 

N, 

fl. 
H. 

B. 
L. 

33 
42 

= 

78.057 

40  j. 

W.  a 

67.°04 

» 

- 

— 

22  j. 

M.  b 

es.^sa 

»> 

40 
37 

= 

IO8.O1I 

30  j. 

W.  a 

71.005 

j> 

45 
44 

= 

102.027 

26  j. 

W. 

71."19 

11 

38 
46.5 

= 

8 1.07  2 

37  j. 

M. 

71.035 

" 

33 
42.5 

= 

77.065 

(Fortsetzung 

s. 

S.   80.) 

76 


Dr.  Koerbin: 


Tabelle  19. 


M. 

ca.  n.  ,  .  . 

9 

11 

156 

16 

10 

253 

126 

47 

112 

Kp.  H. .  .  . 

1505 

1500 

1605 

1550 

1  479 

1552 

1647 

1  385 

1667 

St.  H.  .  .  . 

1440 

1438 

1  542 

1472 

1400 

1487 

1  587 

1357 

1593 

St.  pr.  .  .  . 

177 

175 

18. 

183 

177 

187 

176 

142 

185 

Ob.  N.  H..  . 

1423 

1419 

1  511 

1448 

1383 

146. 

1567 

133. 

1  562 

Ohr  H. .  .  . 

1  392 

1387 

148. 

1  432 

1  352 

1426 

1527 

1298 

1532 

N.  0.  pr.  .  . 

192/96 

194/93 

19. /85 

185/80 

185/82 

20. /90 

190/90 

171/76 

195/95 

U.  N.  II.  .  . 

1  372 

1385 

1478 

1406 

— 

1  426 

1525 

1289 

1520 

Ki.  H.  .  .  . 

1  313 

1313 

1  415 

136. 

1  279 

1  36. 

1456 

1  224 

1448 

Seh.  L.  .  . 

180 

174 

175 

176 

174 

180 

175 

147 

180 

Seh.  B.  .  . 

132 

130 

126 

136 

135 

124 

133 

97 

140 

h.  Seh.  U.  . 

505 

502 

496 

505 

487 

512 

502 

413 

527 

s.  Seh.  Bo.  . 

320 

314 

31-2 

330 

340 

314 

320 

260 

310 

N.  Z.  h.  .  . 

47 

45 

44 

41 

40 

37 

— 

40 

— 

N.  r.  L.  .  . 

42 

45 

44 

38 

37 

37 

— 

44 

— 

N.  fl.  B.  .  . 

32 

37 

36 

37 

37 

40 

35 

33 

34 

Aug.  E.  .  . 

31 

31 

32 

30 

36 

35 

34 

39 

23 

M.  br./h.  .  . 

46/24 

46/20 

42/21 

45/15 

48/21 

49/22 

— 

45/20 

— 

Wa.  B.   .  . 

98 

88 

104 

95 

96 

10. 

97 

80 

102 

ü.  K.  B.  .  . 

83 

82 

100 

89 

80 

95 

85 

85 

87 

LB.  ... 

108 

113 

122 

120 

126 

124 

125 

108 

130 

0.  B.  .  .  . 

116 

112 

120 

115 

120 

— 

— 

98 

— 

ob.  N.  0.  R.. 

105 

100 

105 

105 

106 

103 

100 

79 

110 

u.  N.  0.  R.  . 

108 

104 

103 

107 

108 

107 

105 

95 

108 

Obli.  0.  R.  . 

123 

117 

124 

117 

120 

125 

— 

105 

— 

Ki.  Ü.  R. .  . 

116 

122 

127 

120 

118 

118 

125 

111 

123 

Tabelle  19. 


Alter. 


M. 


18 


20 


20 


21 


22 


22 


22 


23 


Si.  H.  . 


754 


766 


794 


697 


Kp.  U.. 
Ohr.  H. 
Ki.  H.  . 


1  506 
1  392 
1  313 


1  500 
1  387 
1  313 


1605 
1480 
1415 


1550 
1432 
1  360 


1479 
1352 
1  279 


1  552  1  647 
1426  1527 
1  360   1  456 


1385 
1298 
1224 


Brb  H. 

Nbl.  H. 
Schb.  II. 


1  239 
906 
804 


1241 
913 

792 


1315 
994 
830 


1  263 
941 
800 


1  212 

903 

787 


1  285 
943 
800 


1  150 

847 
737 


Sehn.  H 
Ell.  H.. 
Hw.  H. 
Hsp.  H. 


1  260 
940 
702 
533 


1  260 
956 
721 
556 


1  331 

1  024 

755 

564 


1  250 
980 
720 
502 


1  230 
950 
721 
570 


1  297 
993 
750 
595 


1  130 
845 
654 

475 


Drb.  H. 
Tr.  H.  . 
Kn  H. 

W(i.  R. 
Knchl.  II, 


450 
53 


822 
413 

47 


932 
901 
465 
377 
68 


912 

821 
450 

70 


815 
428 

54 


890 
825 
447 

71 


792 
745 
386 
290 
59 


[äussere] 

Sehu.  B.  . 

[band] 

Wrz.  B.  . 

Be.  B. .  . 

ßr.  U.  .  . 
Bch.  U.  . 
Wd.  U.  . 


[345] 

155 
215 
(200) 
710 
615 


330 

[360] 

140 

276 

(222) 

695 
620 


337 

171 
240? 

710 
600 
274 


340 

164 
223 

675 
640 
270 


318 
[345] 

165 

220 
(210) 

710 


330 


307 

135 
215 

685 
655 
276 


Messungen  an  lebenden  Indiern. 


77 


Parias  A. 


M. 


124 

113 

17 

158 

129 

18 

116 

1 

2 

128 

109 

IIB 

1573 

1550^ 

1593 

1  617 

1  560 

1632 

1557 

1550 

1550 

I  543 

l  739 

1602 

1517 

1484 

1  &10 

1  555 

1  493 

1  586 

1487 

— 

— 

1481 

1672 

1553 

175 

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195 

196 

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172 

175 

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185 

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1487 

1453 

1492 

1  524 

1  465 

1  56. 

1  453 

92 

91 

1455 

1  637 

1527 

1457 

1427 

1461/6 

1  487 

1  436 

1518 

1422 

1  420 

1428 

1417 

160. 

1488 

192/9. 

185/85 

205/95 

21./105 

176/86 

194/84 

179/83 

- 

— 

192/92 

20. /8ö 

19. /9. 

I  452 

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1  451 

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1  435 

1  512 

1422 

— 

— 

1  42. 

1  594 

149. 

1  388 

1  358 

1  388 

1  419 

1  374 

1  46. 

1  343 

1  363 

1  367 

1  355 

1532 

1  426 

174 

175 

190 

190 

175 

175 

175 

185 

185 

178 

187 

177 

134 

125 

135 

139 

127 

125 

135 

132 

133 

137 

142 

130 

498 

— 

545 

543 

512 

485 

485 

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513 

540 

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320 

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333 

342 

315 

320 

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316 

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37 

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46 

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47 

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48 

45 

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31 

35 

45 

35 

31 

32 

36 

33 

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40 

38 

37 

33 

30 

38 

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30 

22 

33 

32 

34 

31 

36 

34 

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50/20 

42/19 

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45/16 

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44/14 

53/11 

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90 

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86 

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125 

120 

133 

127 

125 

126 

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120 

118 

117 

13. 

123 

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124 

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94 

12. 

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124 

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125 

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124 

128 

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120 

120 

125 

120 

122 

128 

117 

131 

111 

Parias  B. 


M. 

26 

28 

30 

30 

32 

32 

35 

37 

40/48 

45 

50 

60 

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788 

785 

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1  550 

1  550 

1543 

1739 

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1457 

1  427 

1461/5 

1  487 

1436 

1518 

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1  488 

1  388 

1  358 

1  388 

1419 

1374 

1460 

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78 


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Messungen  an  lebenden  Indiern. 


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IM 

2 

250 

CO 
IM 

(M 

CD 

1630 
1  571 
1  446 

1  352 
1061 

1380 

1040 

770 

613 

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1  425 
1307 
1  243 

1  167 
900 

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IM 

IM 

M 

CO  CO  CO 
a;   CD  IM 

« 

i^ 

Kp.  H 

Ohr  H 

Ki.  H 

Schu.  H 

Ell.  H 

!lw.  H 

Hsp.  H 

-  r-,-  ffl  c:  _• 
xj        .  — ;  c 

-3 
3 

d 

80 


Dr.  Koerbin: 

(Fortsetzung 

V. 

S. 

75.) 

28  j.  M. 

Seh.  h 
L. 

.       71. "43 

N, 

fl. 
■  H. 

B. 

L. 

— 

— 

32  j.  M.  b 

■)•) 

71.043 

■» 

32 

48.5 

65.^98 

40/48  j.  M. 

)5 

71.089 

V 

33 
44 

75.000 

20  j.  M.  b 

>> 

72.000 

36 
44 

:  81.082 

18j.  W.  a 

" 

72."22 

" 

37 
42 

:    88.OIO 

30  j.  M.  b 

)5 

73.016 

■» 

35 
45.5 

76.092 

18j.  M. 

" 

73.°33 

)» 

32 
44.5 

71.091 

40  j.  W.  b 

5? 

73.033 

„ 

— 

— 

60  j.  M. 

73.045 

)) 

- 

— 

25  j.  W.  b 

73.953 

>» 

38 
38.5 

98.070 

27j.  W. 

73.071 

)J 

38 
41 

92.068 

öOj.  W. 

74.012 

)) 

- 

— 

20  j.  M.  a 

74.071 

» 

37 
45 

82.022 

33j.  W. 

74.072 

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38 
40 

95.000 

18j.  W.  b 

75.000 

n 

36 
38.5 

93.051 

56  j.  W. 

75.014 

V 

— 

— 

20  j.  W. 

75.090 

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38 
45.5 

83.052 

50  j.  M. 

75.094 

5> 

— 

— 

22  j.  M.  c 

76.000 

„ 

— 

— 

30j.  W.  b 

76.047 

)J 

38 

93.083 

30  j.   W.  a.  „  76.057  „  M      =  76.009 


45  j. 

M. 

,, 

76.097 

26  j. 

M. 

i> 

77.001 

35  j. 

M. 

)> 

77.014 

21  j. 

M. 

» 

,  77.027 

22  j. 

M.  a 

)5 

77.059 

25  j. 

M. 

)> 

77.078 

32  j. 

M.  a 

:? 

78.029 

23  j. 

W. 

5? 

80.000 

25  j. 

W.  a 

» 

80.025 

20.    Chekler. 

Lederarbeiter. 
1  Mann  -j-  1  Weib  von  Coimbatore. 
45j.  M.  no.  130. 
35 j.  W.  no.  283. 


40.5 

35 

46 


37 
39.5 

=  93.067 

37 

38.5 

=  96.010 

32 

45.5 

=  70.033 

34 
42 

=  8O.095 

Messungen  an  lebenden  Indiern. 


81 


Mann:  etwas  heller  als  das  Weib;  resp.  Haut  27  und  28/27;  Iris 
aber  III  — II;  Haar  48  (grau)  und  48,  Beide  schlicht;  Bart  beim  Manne 
auch  an  der  Wange;  Nägel  bei  Beiden  24;  Bindehaut  sehr  braun  resp. 
weiss;  Lippen  27—  roth;  Zähne  bei  Beiden  weiss  und  gesund,  beim 
Manne  stehen  3  Vorderzähne  im  Unterkiefer  vor;  Körper  bei  Beiden 
proportionirt;  der  Mann  wiegt  40^  Kilo  und  hat  in  4  Jahren  um  4  kg 
zugenommen. 


Tabelle  20. 
Chekler  A.  Chekler  B. 


M. 

W. 

M. 

W. 

ca.  no.  .  .  . 

130 

283 

Alter  .... 

45 

35 

Kp.  H.  .  .  . 

1590 

1574 

Si.  H.  .  .  . 

— 

St.  H.  .  .  . 
St.  pr.  .  .  . 
Ob.  N.  H.  . 

1  530 
180 
1-197 
1466 
193/10. 
1465 
1  399 

151. 

177 

1483 

1457 

19  /95 
1455 
1  389 

Kp.  U.  .  .  . 
Ohr  H.  .  .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1590 
1466 
1399 

1  574 
1457 
1389 

Ohr  H.  .  .  . 
N.  0.  pr.  .  . 
ü.  N.  H.  .  . 
Ki.  H.  .  . 

Brb.  H.  .  .  . 
Nbl.  H.  .  .  . 
Schb.  H.  .  . 

— 

— 

Seh.  L.  .  .  . 
Seh.  B.  .  .  . 
h.  Seb.  U.  . 
s.  Seh.  Bo. 

180 
130 
52. 

295 

175 
139 
520 
33. 

Sehu.  H.  .  . 
Elb.  H.  .  .  . 
Hw.  H.  .  .  . 
Hsp.  H. .  .  . 

— 

- 

N.  Z.  h.  .  . 
N.  r.  L.  .  . 
N.  fl.  B.  .  . 
Aug.  E,.  .  . 
M.  br./h.  .  . 

35 
32 

31 
33 

Drb.  H  .  .  . 
Tr.  H.  .  .  . 
Kn.  H.  .  .  . 
Wd.  H.  .  .  . 
Knehl.  H.  .  . 

— 

— 

Wa.  B..  .  . 
U.  Ki.  B.  .  . 

J.  B 

0.  B 

95 

92 

124 

95 
95 

105 

Sehu.  B.  .  . 
Wrz.  B..  .  . 
Be.  B.  .  .  . 

— 

— 

ob.  N.  0.  R.. 
u.  N.  0.  R.  . 
Obli.  0.  R.  . 
Ki.  0.  R.  .  . 

95 
104 

121 

100 

95 

115 

Br.  U.  .  .  . 
Bch.  U.  .  .  . 
Wd.  U.  .  .  . 

- 

— 

Schädel-Index  von  Cheklers. 


45  j.  M.         Ohrhöhe:     92.20  pCt.        Seh.  ^:     72.''22 


35j.  W. 


92.56     „ 


79."43 


ZeitBchrift  für  Ethnologie.     Jahrg.  1879. 


82 


Dr.  Koerbin: 


21.    Pallans. 

Landbauer.     Kuli,  bis  vor  Kurzem  Sclaven. 


18  Männer  +  3  Weiber. 
23  j.  M.  no.  249,  Distrikt  Tinnevelly, 


25/aj.  M.  no.  260 
25//^j.  M.  no  164 
28/aj.  M.  no.  172 
28/6  j.  M.  no.  117 
30/aj.  M.  no.  172 
30//?.  j.  M.  no.  163 
30/cj.  M.  no.  167 
30/rfj.  M.  no.  248 
35/flj.  M.  no.  161 
35/6  j.  M.  no.  251 
36  j.  M.  no.  166 
40/aj.  M.  no.  165 
40/6  j.  M.  no.  168 
45  j.  M.  no.  169 
48  j.  M.  no.  173 
öOj.  M.  no.  170/1 
60  j.  M.  no.  250 


Madura 

Madura 

Tanjore 

Coimbatore 

Madura 

Madura 

Madura 

Tinnevelly 

Madura 

Tinnevelly 

Tranquebar 

Madura 

Tinnevelly 

Madura 

Madura 

Tanjore 

Tinnevelly. 


30  j.  W.  no.  174 
35  j.  W.  no.  178 
45  j.  W.  no.  135 


Tinnevelly 
Cuddapah 

Nord-Arcot. 


Haut:  10  mal  27,  1  mal  41,  1  mal  34, 
2  mal  42,  3  mal  28,  2  mal  27/28,  1  mal  27  h. 
+  28  V  ,  1  mal  35/28. 

Nach  Distrikten  lässt  sich  keine  Ordnung 
herstellen. 

Probe  42  zeigen  die  beiden  Weiber 
von  30  und  45  Jahren,  das  36  j.  W.  hat 
27/28. 

Iris:  13  mal  I,  2  mal  II,  6  mal  Hi- 
ll ist  2  mal  bei  Haut  27,  III  ebenfalls  2  mal 
bei  27,  2  mal  bei  27/28  resp.  27  +  28, 
2  mal  bei  42  vertreten ;  alle  drei  Weiber 
haben  III. 

Haar:  durchweg  48.  Etwas  grau  bei 
35/6  j.  M.,  45  j.  M.,  45  j.  W.,  und  ganz  grau 
bei  60  j.  M.  notirt. 

Die  Haarform  ist  15  mal  schlicht;  schlicht- 
wellig bei  30  j.  W.  und  35/«  j.  sowie  50  j. 
M.;  wellig  bei  25/aj.  M.  und  45 j.  W.; 
kraus -wellig  bei  36  j.  W. 

Bart  48.  Als  kraus  6  mal  bezeichnet, 
und  zwar  nur  1  mal  bei  41,  sonst  immer  bei 
helleren  Färbungen  der  Haut.  An  der  Wange 
nur  3  mal  bemerkt,  spärlich  an  Lippe  und 
Kinn  2  mal,  bei  23  j.  und  30/cj. 


Nägel:  6  mal' 25,  7  mal  24,  7  mal  26,  1  mal  vacat.  24  so  gut  bei  27 
-f-  1  und  41  +  I  wie  26  bei  27/28  +  III  und  25  bei  35/28  +  I,  jedoch 
überwiegend  die  helleren  Nägel  bei  hellerer  Haut  und  Iris. 

Bindehaut:  ganz  rein  weiss  keinmal;  ziemlich  rein  6  mal,  darunter 
45  j.  W.;  ziemlich  weiss  8  mal,  darunter  36  j.  W.;  grünlich  bei  30  j.  W.; 
schwarz  grünlich  braun  bei  35/aj.  M.;  grünlich  mit  braunen  Flecken  bei 
40/6 j.  und  45  j,  M.  Ausserdem  mehrfach  braune  Flecke  eingesprengt.  Ein 
stetiger  Bezug  zur  Haut-  und  Nagelfärbung  lässt  sich  hier  nicht  herstellen. 

Lippen:  27  bei  Haut  27  und  Haut  27/28  je  zweimal,  27/28  bei  Haut 
27  1  mal,  ro.  +  27  bei  Haut  27  dreimal,  und  je  1  mal  bei  41,  42,  28,  35/28; 
ro.  bei  27/28  und  42;  ro.  +  bl.  bei  Puls  70,  Athmung?  und  Haut  27, 
Iris  I,  Nägel  26.     Sonstiges  vacat. 

Zähne:  weit  überwiegend  normal,  weiss,  gesund;  gefärbt  nur  1  mal  und 
ebenso  von  Betel  gebräunt.  N.  B.  der  60  j.  M.  hat  im  Oberkiefer  2  breite 
mittlere  Schneidezähne,  und  ihnen  entsprechend  drei  schmale  im  Unterkiefer. 
28/aj.  hat  kleine  Zähne  im  Unterkiefer,  grosse  im  Oberkiefer. 

Körper:  10  mal  robust;  5  mal  proporüonirt  (darunter  36  j.  W.);  2  mal 
etwas  mager,  1  mal  mager  (45 j.  W.);    1  mal  untersetzt  (28/aj.  M.) 

Gewicht;  38%  (in  7  Jahren  +  1  kg)  das  45 j.  W.;  45^^^  (- 2.^  % 
in  1  Jahr)  25/6  j.  M.;    46  krj  (+  2  kg  in  ^  Jahr)  36  j.  W.;    50^  %  (-f  5.0  in 


Messungen  an  lebenden  hidiern.  83 

9  J.)  28/6J.  M.;  52^ /y/  (+  3.0  in  1«  J.)  45  j.  M.;  53i  kg  (+  h\  in  1  J.) 
28/aj.  M.;  56  hj  (+  8.0  in  1|  J.)  30/^  j.  M.  und  50  j.  M.  (f  3.5  in  2^.); 
HO/y/  (f  0.5  in  1  J.)  35/rtj.  M.  und  36 j.  xM.  (in  1  J.  unverilndert):  (M  kg 
(+  7.0  in  H  J.)  30/«  j.  M. 

Puls-  und  Athemfreq  uenz:  60  j,  M.  57;  '25j/jy  M.  72  mit  Athmung 
18;  70—75  (?A.)  bei  23j.  M.,  30/dj.  M.,  35/6j.  M.;  76/78  ^  A.  19  bei 
36 j.  M.  und  45j.  M.;  80  +  A.  20  bei  36 j.  W.;  84  -f  A.  21  bei  50j.  M.; 
90  -f  A.  22  bei  3Ö/aj.  M.,  30//^.).  M.,  30/cj.  M.,  30  j.  W.;  96  +  A.  24  bei 
40/aj.  M.;  100  -j-  A.  25  bei  48  j.  M.  Man  sieht  sehr  wohl  die  beständige 
Beziehung  des  Vierfachen  zwischen  der  Puls-  und  Athemfrequenz. 

(Hierzu  Tabelle  21.) 


22.    Koruvas  7  M.  +  2  W. 

23.    Lambadis  1  M.  • 

Vagabunden. 

Alle  aus  verschiedenen  Distrikten:  Cliittur,  Coimbatore,  Salem,  Tinne- 
velly,  Karnaul,  Calicut,  Trichinopoli,  Madura,  Madras. 

Der  Lambadi,  no,  125,  ist  ein  32j.  Bauer. 

Die  Koruvas:  no.  123,  36  j.  M.  Kuli,  25/6 j.  M.  no.  77  Korbflechter; 
sonst  fehlen  spezielle  Standesbezeichnungen.  25/aj.  M.  no.  82,  32 j.  M. 
no.  81,  35 j.  M.  no.  80,  40j.  M.  no.  78,  45 j.  M.  no.  79,  14j.  W.  no.  177, 
?j.  W.  no.   142. 

Haut:  5  mal  27,  1  mal  34,  1  mal  42  bei  den  männlichen  Koruvas,  28 
und  27/28  bei  den  weiblichen.     Der  Lambadi  hat  ganz  analog  42/27. 

Iris:  Auffällig  hell  im  Vergleich  zu  den  vorherrschend  dunklen  Haut- 
tönen. Die  beiden  Weiber  haben  H,  ebenso  2  Männer;  der  Lambadi  und 
4  M.  Koruvas  haben  HI;    einzig  und  allein  der  45 j.  hat  I. 

Haar:  Das  ?j.  W.  hat  41,  sonst  48  (incl.  des  Lambadi)  6  mal,  bei 
25/aj.  Korbflechter  Probe,  bei  40 j.  schwarz,  bei  45 j.  M.  ergrauend.  Wellig 
ist  das  Haar  des  Lambadi  und  des  ?j.  W.,  schlicht -wellig  des  14  j.  W.; 
schlicht  angemerkt  ist  das  Haar  des  16  j.  M,,  geschoren  ausserdem  3  mal, 
der  35 j.  M.  trägt  nur  einen  Schopf. 

Bart:  Bei  Lambadi  und  3  Koruvas  48,  bei  40 j.  schwarzbraun,  bei 
45 j.  schwarz;  bei  16 j.  M.  fehlt  er  gänzlich;  kurz  geschnitten  bei  40 j.; 
kraus  bei  32 j.,  kraus  und  stark  an  Wange,  Oberlippe  und  Kinn  bei 
Lambadi. 

Nägel:  die  beiden  Weiber  und  4  M.  Koruvas  haben  25,  der  40 j. 
24,  der  32).  und  Lambadi  26,  endlich  35 j.  M.  von  Calicut  28  bei  Haut 
27  und  Iris  III. 

Bindehaut:  Weiss  bei  ?j.  W.,  rein  bei  Hij.  M.,  rein  weiss  bei  32j. 
M.,  ziemlich  rein  bei  Lambadi,  weiss  mit  rothen  Adern  bei  40  j.  M.,  ziemlich 

(Forts,  s.  S.  S6.) 

6* 


84 


Dr.  Koerbin: 


T 

abelle 

21. 

M. 

ca.  no.  .  .  . 

249 

260 

164 

172 

117 

172 

163 

167 

248 

Kp.  H.  .  .  . 

1665 

1614 

1674 

1575 

1616 

vacat 

168. 

1728 

175. 

St.  H.  .  .  . 
St.  pr.  .  .  . 
Ob.  N.  H.  .  . 
Ohr  H.  .  .  . 
N.  0.  pr.  .  . 

u.  N.  e.  .  . 

Ki.  H.   .  . 

1601 
180 
1  572 
1  539 
192/90 
1  538 
1469 

1544 
192 
1  516 
1488 
195/93 
1486 
1424 

— 

1503 
185 
1484 
1449 
198/97 
1449 
1385 

1564 
186 
1524 
1  497 
197/93 
1494 
142. 

1619 
192 
1592 
1555 
205/11. 
1553 
148. 

1665 
177 
1630 
1597 
202/95 
1595 
1528 

1694 
176 
1666 
1  624 
193/80 
1624 
1564 

Seh.  L.  .  .  . 
Seh.  B.  .  .  . 
h.  Seh.  U.  . 

s.  Seh.  Bo.  . 

180 
140 
532 

332 

180 
139 
525 

327 

175 
131 
500 

317 

173 
125 

507 

320 

183 
134 
517 

323 

187 
144 
550 

345 

180 
140 
526 

332 

176 
144 
532 

33. 

N.  Z  h.  .  . 
N.  r.  L. .  .  . 
N.  fl.  B.  .  . 
Aug.  E..  .  . 
M.  br./h.  .  . 

36 
29 

33 
34 

30 
•22 

31 
29 

34 
34 

39 
31 

37 
32 

31 
33 

Wa.  B  .  .  . 
U.  Ki.  B,  .  . 

J.  B 

0.  B 

104 

98 
127 

100 
100 
130 

89 

95 

125 

97 
105 
125 

97 

91 

120 

100 

90 

129 

100 
105 
132 

103 
100 
130 

ob.  N.  0.  R.. 
u.  N.  0.  R.  . 
Obli.  0.  R.  . 
Ki,  0.  R.  .  . 

100 
101 

122 

105 
100 

127 

10. 
103 

117 

105 
105 

119 

99 
98 

120 

106 
95 

125 

110 
106 

124 

106 
100 

124 

T 

abelle 

21. 

M. 

Alter.  .  .  . 

23 

25 

25 

28 

28 

30 

30 

30 

30 

Si.  H.  .  .  . 

— 

-    - 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

Kp.  H.  .  .  . 
Ohr  H.  .  .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1655 
1539 
1469 

1  614 
1488 
1  424 

1674 

1575 
1449 
1385 

1616 
1497 
142. 

vacat 

168. 
1  555 
148. 

1728 
1  597 

1528 

175. 
1624 
1564 

Brb.  H.  .  .  . 
Nbl.  H. .  .  . 
Schb,  H.  .  . 

- 

— 

— 

— 

— 

- 

— 

— 

Schu.  H.  .  . 
Elb.  H. .  .  . 
Hw.  H.  .  .  . 
Hsp.  H. .  . 

— 

— 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

Drb.  H..  .  . 
Tr.  H  .  .  . 
Kn.  H.  .  .  . 
Wd.  H..  .  . 
Knchl.  H.  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Sehu.  B.  .  . 
Wrz.  B.  .  . 
Be.  B.  .  .  . 

E 

l 

E    E 

~   1 

- 

— 

E 

Br.  U.  .  .  . 
Bch.  ü.  .  .  . 

Wd.  U. .  .  . 

- 

= 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

Messungen  an  lebenden  Indiern. 


85 


Fall 

ans  A. 

M. 

W. 

161 

251 

166 

165 

168 

169 

173 

170/1 

250 

174 

178 

135 

1647 

1712 

1656 

1'59. 

1607 

1704 

1743 

161. 

1666 

142. 

1450 

1559 

1586 

1661 

1593 

1  517 

1547 

1  626 

1  676 

1  542 

1  606 

136. 

1385 

1495 

187 

179 

19. 

175 

18. 

182 

191 

187 

182 

166 

184 

183 

1555 

1633 

1561 

149. 

1518 

1603 

165. 

1516 

1  585 

1334 

1367 

1473 

1516 

1  59. 

1  53. 

1460 

1  482 

1566 

1612 

1476 

1  538 

1  298 

1325 

144. 

196/104 

195/93 

205/96 

183/92 

205/96 

203/99 

205/9. 

207/98 

202/95 

187/90 

187/97 

194/95 

1509 

1  588 

1525 

1459 

1482 

1  565 

1  610 

1474 

1  538 

1  29G 

— 

1  439 

1444 

1  527 

151. 

1  402 

141. 

149. 

1535 

141. 

1  464 

1  2M 

— 

1365 

182 

180 

184 

175 

177 

185 

190 

180 

186 

155 

- 

172 

138 

140 

133 

137 

131 

135 

130 

139 

137 

129 

— 

136 

535 

542 

528 

517 

507 

545 

535 

531 

543 

— 

— 

?512? 

Bänder  ums  H 

aar 

320 

353 

307 

328 

317 

330 

306 

323 

332 

— 

— 

322 

45 
47 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 



33 

35 

32 

36 

34 

31 

30 

31 

36 

31 



35 

34 

32 

29 

29 

35 

32 

35 

32 

32 

32 

— 

30 

44/19 

— 

— 

- 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

101 

105    87 

97 

95 

101 

101 

99 

94 

90 

— 

89 

10. 

95 

100 

94 

100 

107 

100 

106 

98 

93 

— 

90 

135 

105 

125 

128 

127 

135 

134 

133 

120 

120 

— 

124 

125 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

113 

110 

106 

98 

103 

105 

110 

107 

105 

100 

— 

106 

107 

106 

103 

96 

104 

98 

101 

110 

101 

99 

— 

98 

13. 

110 

131 

117 

122 

126 

128 

128 

124 

118 

- 

125 

Pallans  B. 


M. 

W. 

35 

35 

36 

40 

40 

45 

48 

50 

60 

30 

36 

45 

825 

— 

- 

—    — 

— 

— 

— 

- 

- 

- 

1647 
1516 
1444 

1  712 
159. 
1527 

1656 
1  53. 
1  51. 

159. 
1  46. 
1402 

l  607 
1482 
141. 

1704 
1566 
I  49. 

1  743 
1  612 
1  535 

161. 
1476 
141. 

1666 
1  538 
1464 

1  42. 

1  -298 
1  237 

145. 

1  325 

1559 
1  44. 
1365 

1  36. 
994 

870 

— 

z 

— 

— 

- 

— 

- 

— 

- 

— 

1  374 

1061 

799 

615 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

= 

= 

— 

— 

— 

960 
915 
474 
380 
75 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

[400' 
198 
205 

— 

— 

— 

— 

- 

— 

— 

- 

z 

1  

860 
752 
327 

— 

- 

— 

— 

l 

— 

^_ 





'   



86 


Dr.  Koerbin: 


Index  der  Schädelbreiten   und   Durchschnitt   der  Scheitel-  Ohr 
Kinn-Höhen  von  Pallans. 


48  j 

.  M. 

Seh.  |l 

68.042 

28  j 

M.  a 

)) 

72.025 

36  j 

M. 

5? 

72.028 

45j 

M. 

■>1 

72.097 

28  j 

.  M.  b 

•>•! 

73.022 

60  j 

M. 

)) 

73.%6 

40  j 

.  M.  b 

,, 

74.001 

25  j 

M.  b 

)l 

74.086 

35  j 

M.  a 

V 

75.082 

30  j 

.  M.  b 

5) 

77.001 

25j 

M.  a 

'? 

77.022 

23  j 

M. 

)5 

77.078 

30  j 

M.  c 

)' 

77.078 

35j 

M.  b 

)) 

77.078 

40  j 

.  M.a 

)5 

78.029 

45  j 

W. 

V 

79.007 

30  j 

M.  d 

5) 

81.081 

30  i 

.  W. 

15 

83.023 

Kp.  H. 

17  M.  - 

-   1  661  mm 

= 

—     — 

55 

16    „ 

1  660    „ 

= 

100.00  pCt 

55 

3  W. 

1476    „ 

= 

)5                 II 

)5 

2    „ 

1  489.5,, 

= 

)?           ■>■> 

OhrH. 

16  M. 

1  532    „ 

= 

92.29     „ 

,, 

3  W. 

1354    „ 

=■ 

91.73     „ 

Ki.  H. 

16  M. 

1  466    ,. 

= 

88.31     „ 

■>■> 

2  W. 

1301    „ 

- 

37.21     „ 

35  j.  M.  a      N. 


rt.  B. 

H.  L. 


33 
46 


71  074 


(Fortsetzung  v.  S.  83.) 
weiss  und  rein  bei  35  j.,  weiss  mit  brauner  Lidspalte  bei  14 j.  W.,  unrein 
weiss  mit  vielen  roth- braunen  Adern,  bei  45 j.  M.,  braune  Flecke  bei 
25/aj.  M.,  sehr  unrein  mit  braunen  Flecken  bei  25/6 j.  M.  Die  Corabinationen 
von  Bindehaut  mit  Haut  -  Iris  -  und  Nagel  -  Farbe  unterliegen  keiner 
Stetigkeit. 

Lippen:  roth  2  mal  (Lambadi  und  ?j.  W.);  rosa,  Ränder  27  bei 
35j,  M.,  ro.  -1-  27  bei  14j.  W.  und  3  M.,  roth  und  Pflaumfarben,  blau  mit 
27  je  1  mal. 

Zähne:  Normal,  gesund,  und  überwiegend  schmutzig.  Sehr  schön 
weiss  bei  14  j.  W. ,  gefeilte  Zahnlücken  bei  40  j.  M.,  2  obere  Vorderzähne 
sehr  braun  bei  16j.  M. 

Körper:  Lambadi  und  5  M.  Koruvas  proportionirt;  etwas  fett  32 j. 
und  45 j.  M.,  sowie  das  ?j.  W.;    graziös  ist  das  14 j.  W. 

Gewicht:  m.b  k</  das  14j.  W.  (+  F8.0  in  |  Jahren);  40.0  der  16j. 
M.  (-h  1.0  in   1  Jahr);    56.5  (-[-  3.0  in  3  Jahren)  der  32  j.  Lambadi. 

Puls  und  Athmung:    88  -\-  22  bei  14j.  W. 

Bemerkungen:  Bei  2öjb].  M.  (Haut  27,  Iris  II)  ist  der  lUuch  28 
und  die  Iris  von  grauem  Rande  eingefasst;  bei  40j.  M.  um  die  Iris  ein 
grauer  Rand,  das  Individuum  kann  Abends  nicht  sehen, 

(Hierzu  Tabelle  22  u.  23.) 


24.    Fischer. 
2  M.  aus  Madras,  20  j.  no.   15  und  25  j.  no.  5.    Der  20 j.  hat  Hautfarbe 
57  (Extrafarbe); 


(Fortsetzung  s.  S.  89.) 


Messungen  an  lebenden  Indiem. 


87 


Tabelle  23. 
Lambadis  A. 


Tabelle  22. 
Koruvas  A. 


M. 

M. 

W. 

ca.  no.  .  . 

125 

123 

77 

82 

81 

80 

78 

79 

177 

149 

Kp.  H.  .  . 

1  682 

1551 

1647/5. 

1470 

1583 

1605  1594/87 

1  664/74 

1381 

1477 

St.  H.  .  .  . 

1  620 

1487 

1600 

1414 

1  534 

1567 

1537 

1  615 

1  314 

1427 

St.  pr..  .  . 

185 

167 

174 

174 

190 

170 

179 

183 

177 

177 

Ob.  N.  H.  . 

1592 

1465 

1574 

1  386 

1503 

153. 

1513 

1  584 

1295 

1393 

Ohr  H.  .  . 

1  557 

1433 

1  536 

1357 

147. 

1  503 

1481 

1545 

1256 

1  361 

N.  0.  pr.  . 

195/95 

185/90 

203/1051 193/951 204/110] 195/103 

190/105 

207/120 

190/96 

182/87 

U.  N.  H.  . 

1  556 

1  430 

1  535 

1  355 

1464 

1488 

1476 

1  532 

1  258 

]  365 

Ki.  H   .  . 

1  49. 

1  364 

1480 

1  284 

139. 

142. 

1417 

1  467 

?  1  203 

1  301 

Seh.  L.  .  . 

175 

165 

175 

168 

182 

176 

177 

190 

175 

174 

Seh.  B.  .  . 

130 

14U 

121 

126 

134 

130 

128 

142 

125 

130 

h.  Seh.  U.  . 

504 

490 

490 

504 

523 

500 

505 

537 

490 

?510 

s.  Seh.  no.. 

30  t; 

325 

306 

314 

314 

301 

299 

333 

.326 

310 

N.  Z.  h.  .  . 





46 

43 

46 

46 

44 

48 

40 

— 

N.  r.  L.  .  . 





49 

42 

45 

47 

40 

48 

35 

— 

N.  fl.  B. .  . 

33 

34 

35 

37 

39 

32 

34 

37 

31 

32 

Aug.  E.  .  . 

30 

27 

33 

32 

33 

27 

27 

38 

29 

30 

M.  br./h..  . 

- 

— 

48/18 

42/24 

47/21 

41/20 

45/17 

45/17 

39/16 

— 

Wa.  B.  .  . 

100 

91 

90 

100 

lOÜ 

87 

82 

98 

85 

90 

U.  Ki.  B.  . 

95 

87 

93 

85 

103 

92 

1     80 

89 

80 

83 

J.  B.  .  .  . 

115 

123 

118 

130 

129 

123 

'    121 

,     129 

110 

115 

O.B.  .  .  . 

- 

— 

125 

123 

122 

113 

112 

1-20 

106 

— 

ob.  N.  0.  R. 

10. 

94 

105 

107 

108 

I    102 

99 

:   loö 

95 

10. 

u.  N.  0.  R.. 

105 

97 

113 

110 

104 

102 

101 

105 

93 

97 

Obli.  0.  R.  . 

— 

— 

128 

120 

112 

1    119 

115 

120 

— 

'   — 

Ki.  0.  R.  . 

120 

122 

124 

130 

133 

125 

125 

122 

112 

1   110 

Tabelle  23. 
Lambadis  B. 


Tabelle  22. 
Koruvas.  B. 


M. 

M. 

W. 

Alter  .  .  . 

32 

16 

25 

25 

32 

35 

40 

45 

14 

?! 

Si.  H.  .  .  . 



— 

743 

820 

783 

764 

805 

840 

694 

— 

Kp.  n.  .  . 

1682 

1551 

1470 

1647/5. 

1583 

1  605 

1587/94 

1664/74 

1  381 

1477 

Ohr  H.  .  . 

1557 

1433 

1357 

1  536 

147. 

1503 

1481 

1  545 

1256 

1  361 

Ki.  H. .  .  . 

1  49. 

1364 

1  284 

1480 

1  39 

142 

1417 

1467 

?  1  203 

1  301 

Brb.  H.  .  . 





1  191 

1363 

1299 

1332 

1  305 

1  364 

1  132 

— 

Nbl.  H.  .  . 

— 

— 

874 

1025 

984 

1008 

968 

1011 

864 

— 

Schb.  H.  . 

— 

— 

763 

880 

827 

875 

84-2 

843 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

[  1314] 

[  1  358] 

— 

— 

— 

— 

Schu.  H. .  . 

— 

— 

1  22. 

1342 

1  297 

1347 

1  328 

1  353/74 

1  137 

— 

Ellb.  H.  .  . 





925 

104. 

1002 

1  038 

103.J 

105 

835 

— 

Hw.  H.  .  . 





685 

780 

764 

784 

775 

804 

680 

— 

Hsp.  11.  .  . 

— 

— 

507 

603 

587 

604 

59. 1 

615 

?515 

— 

Drb.  11.  .  . 

— 

— 

829 

950 

933 

937 

905 

945 

789 

— 

Tr.  H.  .  .  . 

— 

_ 

793 

880 

870 

886 

855 

889 

— 

1   — 

Kn.  H.  .  . 

— 

— 

404 

470 

464 

456 

454 

443 

367 

— 

Wd.  Tl.  .  . 

— 

— 

315 

361 

34. 

365 

34. 

34. 

— 

— 

Knchl.  H.  . 

— 

— 

66 

75 

60 

57 

70 

67 

62 

— 

Sehn.  B. .  . 

— 

— 

327 

34C 

)    325 

i    340 

:    340 

[   376] 

285 

— 

Wrz.  B.  .  . 

— 



185 

16( 

)    190 

193 

;    175 

190 

—  ? 

— 

Be.  B..  .  . 

— 

- 

200 

28r 

200 

215 

205 

230 

197 

— 

Br.  U. .  .  . 

— 

— 

785 

73C 

>    810 

800 

770 

815 

— 

- 

Bch.  U.  .  . 

— 

— 

69C 

68c 

)|    724 

656 

'    695' 

755 

— 

— 

Wd.  U.  .  . 

- 

— 

2812 

27 

i    29. 

275 

27.. 

284 

235 

— 

88  Dr.  Koerbin: 


Durctscliuittsprozente  von  Rumpfmaassen  der  Koruvas. 

Kp.    H.     7  M.  —  1  588      mm.  =  100.00  pCt.       2  W,  —  1  429      mm.  =  100.00  pCt. 

—  1381         „     =      — 


6 

n 

1595 

» 

= 

— 

1       , 

Ohr 

H.  7 

y, 

1  475 

„ 

= 

92.86 

„ 

2     , 

Ki. 

<i  » 

„ 

1403 

„ 

= 

88.34 

„ 

n       n 

Brb. 

r,     6 

„ 

1509 

„ 

- 

82.09 

„ 

1  „ 

Nbl. 

„     „ 

» 

978 

•D 

— 

61.35 

» 

1  . 

Schb. 

H.  , 

J) 

838 

» 

— 

52.58 

„ 

» 

[1  567  Kp.  H.] 

Schu. 

H,  3 

M. 

1297 

mm 

= 

82.77  pCt. 

1  w. 

Ell. 

.  6 

„ 

1014 

„ 

= 

63.60 

„ 

1  , 

Hw. 

jj    y> 

, 

765 

r> 

= 

47.99 

„ 

1  » 

Hsp. 

■n     » 

n 

584 

n 

= 

36.65 

0 

l  » 

Drb. 

.  6 

n 

916.5 

■n 

- 

57.47 

» 

1  , 

Tr. 

n     » 

r> 

862 

„ 

- 

54.07 

» 

—  „ 

Kn. 

n     » 

„ 

448.5 

» 

— 

28.12 

„ 

1    « 

Wd. 

n     t) 

fl 

343 

„ 

— 

21.53 

r> 

—  , 

Kehl. 

» 

„ 

66 

» 

= 

4.13 

n 

1  , 

[l  580  Kp. 

H.] 

Schu. 

B.5 

11 

334 

mm 

= 

21.17 

11 

1  „ 

Wrz. 

„  ö 

11 

182 

11 

= 

11.42 

)? 

11 

Be. 

„  6 

11 

222 

11 

= 

13.93 

11 

1  „ 

Br. 

U.  6 

11 

785 

11 

= 

49.23 

J1 

11 

Bch. 

„  6 

„ 

696.5 

11 

= 

43.68 

)) 

11 

Wd. 

11 

») 

278.5 

11 

= 

17.45 

11 

1  „ 

Si. 

H.  6 

» 

792.5 

11 

= 

49.70 

11 

1  11 

1  308.5 

„     =     91.55 

1  252 

r,      =      87.61 

— 

=     81.97 

— 

=     62.56 

mm.  -  82.33  pCt. 

,  =  64.08  „ 

,  =  49.24  „ 

r,  =  ?  „ 

«  =  57.13  „ 

„  =  26.57  „ 

.  =  4.49  „ 

„  =  20.64  „ 

11  —  )i 

„  =  14.27  „ 


=     17.02     „ 
=     50.25    „ 


Schädel-  und  Nasen-Index  der  Koruvas. 
25j.  M.  bSch.  ^     69.°14  N.    %^    ^=    73.°68 


14  j. 

W. 

40  j. 

M. 

32  j. 

.  M. 

35  j. 

M. 

?  j- 

W. 

45j. 

M. 

25  j. 

M.a 

16j. 

M. 

■    H.L. 

47.5 

71.°43 

11 

31 

47.5 

65.°26 

72.°32 

11 

34 
42 

80.°95 

73.°63 

11 

39 
45.5 

85.°71 

73.°86 

11 

32 
46,5 

68°.82 

74.°7 1 

11 

— 

- 

74.°74 

11 

37 

48 

77.°08 

75.°00 

11 

37 
42.5 

87.°06 

84.°85 

11 

— 



Messungen  an  lebenden  Indiern. 


89 


(Fortsetzung  v.  S.  86.) 
Haar  schwarz,  geschoren;   Bart  fehlt;  Bindehaut  ziemlich  weiss,  Zähne 

weiss  und  gesund.     Iris,  Nägel,  Lippen  vacant. 

Der  25 j.  hat  Hautfarbe  27/28-,    Iris  I;    Haar  schwarz,  geschoren;   Bart 

an    Lippe    und    Kinn;     Nägel    24;    Bindehaut    unrein,    mit    kleinen    rothen 

Adern;    Lippen    und   Zähne   vacant:    Körper    proportionirt;    Gewicht   53%. 

Unterleib  behaart  bis  zum  Nabel.  (Hierzu  Tabelle  24.) 

25.    Vetevas. 

Jäger. 

1  M.  40  j.  von  Coimbatore. 

Haut  42;    Iris  I;   Haar  41,  schlicht;   Bart  an  Oberlippe  und  Kinn,  41; 
Nägel  25;   Bindehaut  weiss;   Lippen  roth;   Zähne  sehr  stark,  gesund  und  rein. 
Körper  proportionirt;    Gewicht  52.3  kg  (+  2.3  kg  in  9  Jahren.) 


Tabelle  24.         Tabelle  25.  Tabelle  24.     Tabelle  25. 

Fischer  A.         Vetevan  A.  Fischer  B.     Vetevan  B. 


M. 

M. 

M. 

M. 

ca.  no.   .  . 

15 

5 

111 

Aller  .  .  . 

• 

20 

25 

40 

Kp.  H.   .  . 

1 5i;o 

1701 

1  660 

Si.  H.  .  .  . 

— 

— 

— 

St.  H.  .  .  . 
St.  pr.  .  .  . 
Ob.  N.  H.  . 

Ohr  H.   .  . 

1477 
179 

1458 

1  433 

1576 

1592 

189 

1  558 

1  52. 

202/10. 
1  518 
144. 

Kp.  H..  .  . 
Ohr  H..  .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1560 
1433 
1356 

1701 
1576 
1  483 

1660 
1  52. 
144. 

N.  0.  pr.  .  . 
U.  N.  H.  .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

98 
190/85 
1412   l  - 
1  356    1  483 

Brb.  H.  .  . 
Nbl.  H.  .  . 
Schb.  H.  .  . 

1  276  1  382 
950  '  1  035 
790   861 

— 

Seh.  L.  .  . 
Seh.  B.  .  . 
h.  Seh.  U.  . 
s.  Seh.  Bo.  . 

175 
137 
513 
330 

200 
143 
550 
340 

187 
138 
535 
330 

Schu.  H.  .  . 
Ell.  H..  .  . 
Hw.  H.  .  . 
Hsp.  H.  .  . 

1272 
994 

751 
580 

1  375 

1050 

795 

615 

- 

N.  Z.  h.  .  . 
N.  r.  L.  .  . 
N.  fl.  B.  .  . 
Aug.  E.  .  . 
M.  br./h.  .  . 

47 
42 
37 
38 

48/18 

47 
46 
33 
34 

46/22 

36 
35 

Drb.  H.  .  . 
Tr.  H.  .  .  . 
Kn.  H. .  .  . 
Wd.  H.  .  . 
Kehl.  H.  .  . 

839; 
450 

55 

901 
497 

- 

Wa.  B.  .  . 
U.  Ki.  B. .  . 
J.  B.  .  .  . 
0.  B.  .  .  . 

97 

95 

118 

100 

89 

126 

112 

103 

97 

132 

Schu.  B.  .  . 

[band] 
Wrz.  B.  .  . 
Be.  B.  .  .  . 

? 

340   [420] 
[365] 
160   170 
210   222 
235 

— 

ob.  N.  0.  R.  . 

102     116 
105  '   118 
120     130 
128     137 

110 
109 

126 

u.  N.  0.  R.  . 
Obli.  0.  R.  . 
Ki.  0.  R. .  . 

Br.  U.  .  .  . 
Bch.  U.  .  . 
Wd.  U.  .  . 

730 
605 

787 
692 

__ 

90  Dr.  Koerbin: 

Schädel-  und  Nasen-Index  von  Lambadi,  Fischern,  Vetevan. 
32i.  M.  Lambadi:     Ohr  H.:     91.38  pCt.      Seh.  ^:      74.°29     N.  ^1^      —  — 


25  j.  M.  Fischer    : 

5> 

92.65     „ 

)5 

71.°50 

)i 

^^  -  70.°97 
46.5 

20j.  M.         „        : 

>1 

91.86     „ 

)1 

78.°29 

>5 

^^  -  83.°15 
44.5 

40  j.  M.  Vetevan  : 

5> 

91.57     „ 

55 

73.°80 

„ 

—           — 

30.    Katumaratis. 

6  M.  +  4  W. 

Vogelfänger  aus  den  Wäldern  des  Salem -Distriktes,  28  j.  M.  no.  195, 
30 j.  M.  no.  191,  35/aj.  M.  no.  196,  35/6 j.  M.  no.  193,  40 j.  M.  no.  192, 
45 j.  M.  no.  194;  12 j.  W.  no.  199;  35 j.  W.  no.  200,  50 j.  W.  no.  197, 
55j.  W.  no.  198. 

Haut:  2  mal  (35/<^j.  M.  und  50  j.  W.)  Probe  27,  27/28  2  mal  (12  j.  W. 
und  55  j.  W.),  28/29  1  mal  (35  j.  W.),  28  der  Rest  der  Männer  (5  mal). 

Iris:  I  3  mal  (12  j.  W.  und  2  M.j,  II  4  mal  (35  j.  W.  und  3  M.), 
III  3  mal  (50  u.  55  j.  W.  und  30  j.  M.) 

Haar:  Beim  12 j.  W.  gleich  Probe  41,  sonst  gleich  48;  bei  45 j.  M. 
vorn  z,  Th.  braun,  bei  50  j.  W.  mit  einigen  weissen  Haaren,  bei  55  j. 
W.  grau.     Die  Form  ist  überwiegend  wellig,  resp.  kraus -wellig. 

Bart:  Meist  kraus;  stark  an  Lippe  und  Kinn  bei  28  j.,  spärlich  4  mal 
notirt. 

Nägel:    üeberall  25. 

Bindehaut:  weiss  bei  12j.  W.,  ziemlich  weiss  bei  28j.  M.;  ziemlich 
rein  5  mal  (3  W.  -f  2  M.),  braune  Flecke  bei  45  j,  M.,  sehr  braun  bei 
30).  M.  und  35  j.  M. 

Lippen:  Da  hier  die  Puls  Zählung  vollständig  durch  geführt  ist, 
wollen  wir  zur  Controle  gegenüber  dem  früher  Bemerkten  zusammenstellen : 

12  j.  W.  roth  —  96 

28  j.  M.  roth  —  80 

30  j.  M.  ro.  +  hl.  —  84 

35  j.  W.  roth  —  84 

35/aj.  M.  ro.  +  bl.  —  84 

35/6  j.  M.  ro.  +  bl.   -  75 

40  j.  M.  roth  —  84 

45  j.  M.  roth  —  72 

50 j.  W.  ro.  +  bl.  —  96 

55  j.  W.  roth  —  84  (sehr  schwach.) 

Zähne:  Ueberwiegend  schmutzig,  oder  gefärbt:  so  finden  sich  an  dem 
30 j.  M.  noch  Spuren  der  bei  der  Hochzeit  erfolgten   künstlichen  Färbung. 

Körper:  zart  bei  12).  W.,  etwas  fett  bei  28  j.  M.  u.  30  j.  M.,  etwas 
mager  bei  45 j.  M.,  50  j.  W.,  55  j.  W.,  mager  bei  40 j.  M.,  proportionirt 
bei  35 j.  W.,  35/aj.  M.  u.  35/6 j.  M. 

Bemerkung:    Bei  35/«  j.  M.  ist  das  Gesicht  schief. 


Messungen  an  lebenden  Indiern, 


91 


Tab 

eile 

20.  Katumaratis 
1 

A. 

w 

ca.  no, .  .  . 

195 

191    196 

193 

192 

194 

200 

199 

197 

197 

Kp.  H..  .  . 

1  635 

1  465  1  601 

1738 

1599 

1547 

vacat 

1520 

159. 

1490 

St.  11.  .  .  . 

1573 

1  409  1  529 

1675 

1541 

1492 

._ 

1463 

154. 

1445 

St.  pr. .  .  . 

191 

176    196 

178 

18. 

177 

— 

173 

177 

172 

Oh.  N.  H.   . 

1545 

1  386  1  497 

1  647 

1  515 

148. 

— 

1443 

1513 

1425 

Ohr  H..  .  . 

1  510 

1  347  ;  1  465  1  1  606 

1  474  i  1  442 

1  204 

1405 

1476 

1  384 

N.  0.  pr. .  . 

205/113 

197/10.  195/95  195/93 

197/105  185/93 

190/95 

194/97 

19./105 

185/100 

U.  N.  H.  .  . 

1  510 

?    1  464  {  1  604 

1  474  j  1  44 1 

— 

1403 

1475 

1383 

Ki.  H.  .  .  . 

1  432 

1  283  ;  1  387   1  528 

1  410  !  1  383 

— 

1  338 

1  42. 

I  32. 

Seh.  L..  .  . 

180 

174 

185 

181 

178    174 



170 

175 

167 

Seh.  B.  .  . 

135 

133 

139 

140 

139    135 

— 

128 

130 

136 

h.  Seh.  U.  . 

617 

— 

535 

— 

52.  ,  492 

— 

505 

515 

505 

s.  Seh.  Bo.  . 

315 

- 

335 

- 

325  i  303 

- 

?307 

,   30. 

299 

N.  Z.  h.  .  . 

43 

45  1   49  1   49 

50 

45 

— 

46 

45 

45 

N.  r.  L.  .  . 

44 

43    45  !   52 

45 

41 

— 

45 

42 

48 

N.  fl.  B.  .  . 

35 

34 

33    32 

32 

29 

— 

31 

26 

31 

Aug.  E.  .  . 

32 

27 

32    31 

29 

27 

— 

26 

27 

30 

M.  br./h.  .  . 

47/28 

47/18  46/23  '  41/20 

46/..  '52/18 

— 

43/15 

48 '11 

51/19 

Wa.  B.   .  . 

95 

95    100 

95 

90 

87 



77 

89 

90 

ü.  K.  B.  .  . 

85 

99  1   103 

95 

90 

90 

— 

89 

90 

85 

J.  B.  .  .  . 

130 

120 

125 

122 

120 

120 

— 

112 

120 

118 

0.  B.  .  .  . 

112 

112 

113 

— 

111 

107 

— 

108 

111 

114 

ol>.  N.  0.  R.  . 

99 

94    104    103 

100 

95 

— 

,   94 

97 

100 

u.  N.  0.  R.  . 

100 

97    108    10. 

100 

10. 

— 

95 

95 

96 

Obli.  0.  R.  . 

— 

—  1   __  1   _ 

— 

— 

— 

— 

— 

,   — 

Ki.  0.  R..  . 

119 

112 

122 

1  125 

116 

111 

— 

111 

110 

108 

Tabelle  26.     Katumaratis  B. 


M. 

w. 

Alter.  .  .  . 

28     30 

35 

35 

40    45 

12 

35 

50 

55 

Si.  H.  .  .  . 

811    753 

795 

842   802 

768 

—    758 

775 

755 

Kp.  H.   .  . 
Ohr  H.   .  . 
Ki.  H  .  .  . 

1  635    1  465   1  601  1  73»   1  599  1  547 
1510   1347   1465  1606   1474  1442 
1  432   1  283  1  387  1  528   1  410  1  383 

—  1  520   1  59 .    1  490 
1  204  1  405   1  476   1  384 

—  1  338  1  1  42.   132. 

Brb.  H.  .  . 
Nbl.  n.  .  . 
Schb.  H.  .  . 

1338    1200  11305  11418   1301   1263 
965  ;   877   964  1  053  ,   971    937 

815     756  i  808  '  875  '   814  i   807 

—  •  1  235  1  1  297  !  1  195 

-  907    999  i   92. 

Schu.  H.  .  . 
Ell.  n..  .  . 
Bw.  H.   .  . 
Hsp.  II.  .  . 

1  33 .    1  206 

1  038     943 

792     714 

600     545 

1  305 

1008 

774 

595 

1  430   1  325  !  1  305 

1  124   1  041  1  020 

842  :   797  '   777 

655    615   ?603 

—  1  245   1 292   1  226 

—  964    990    950 

—  735     745    725 

—  560    585    560 

Drb.  H.  .  . 
Tr.  H.  .  .  . 
Ku.  H..  .  . 
Wd.  H.  .  . 
Knchl  n..  . 

897     827 
853    776 
424    404 

CT      63 

876  :  957  j   903    883 
835   925    895   814 
421   465    425   405 

70    70     60    56 

—  Ö6ö    ?937    860 

—  —  j   —     815 

—  395  !   430    381 

—  65     60  !    59 

Schu.  B.  .  . 
Wrz  B.  .  . 
Be.  B.  .  .  . 

347     317    334   [425]    330   325 
174     170   177    -     190   154 
205     212   220    -   '   181    205 

—  293     327  ]   305 

1  1   

—  206    205    212 

Br.  U.  .  .  . 
Beb.  U.  .  . 
Wd.  U.  .  . 

74.     - 

630  1    - 
277  1 

760 
653 
305 

843 
625 

700 
570 
25. 

687 
,  585 
'  234 

— 

600 
245 



92 


Dr.  Koerbin; 


Durchschnittsprocente  von  Rumpfmaassen  der  Katumarati's. 


Kp.  H. 
Ohr  „ 
Ki.  „ 
Brb.     „ 

Nbl.  „ 
Schb.  „ 


6  M.   -    1  597.5  mm  =  100.00  pCt.  3  W.  —   1  533  vim  =  100.00  pCt. 

1474       „     =  92.27     „  „    „  1422  „     =  92.72     „ 

1404       „     =  87.89     „  „    „  1359   „     =  88.67     „ 

1304       „     =  81.63     „  „    „  1242   „     =  81.02     „ 

961       „     =  61.67     „  „    „  942   „     =  61.45     „ 

811.5    „     =  50.80     „  —  —  — 


))     V 


Schu. 
Ell. 
Hw. 
Hsp. 


5>      '5 
5)      55 


1317 

1029 

783 

602 


82.44 
64.41 
49.01 
37.68 


))        )5 
55       55 


1  254  „ 
968  „ 
735   „ 

568   „ 


81.82 
63.13 
47.93 
36.96 


Drb. 

Tr. 

Kn. 

Kehl. 


5>     )) 
5)     )' 


890.5 
850 
424 
64 


55.74 

53.20 

26.54 

4.03 


5)        55 

1  w. 

3  W. 


887   „ 

815   „ 

402  „ 

61   „ 


57.87 

54.70 

26.22 

4.00 


Schu.  B, 
[Kp.  H. 
Wrz.  B. 
Be.      „ 


5  M.  — 


55  55 
55  55 
55     55 


330.6  „ 

1  569  ,,] 

173.6  „ 

204.6  „ 


=     21.07 


11.06     „         „    „ 
13.04     „         „    „ 


308 


=     20.11 


208   „     -     13.54 


Br.  U. 
[Kp.    H. 

Bch.    U. 

Wd.  „ 
[Kp.     H. 


5  M.  —      746  „     =     45.32 

1624  „] 

„   „             612.6  „     =     37.72 

5  M.  —     266.5  „     ^     16.70 

-           1  595.5  „1 


1  W. 
1  W. 


600  „ 
245   „ 


37.74 
15.41 


Schädel-  und  Nasen-Index  von  Katumarati's. 


50  j. 

W. 

Seh 

•  - 

74.°29 

28  j. 

M. 

)5 

75.°00 

35  j. 

M.  a 

5) 

75.°14 

35  j. 

W. 

55 

75.°29 

30j. 

M. 

55 

76.°44 

35  j. 

M.  b 

55 

77.°35 

45  j. 

M. 

5) 

77.°Ö9 

40j. 

M. 

)> 

78.°09 

55j. 

W. 

» 

81.°44 

H.  L.      43.5 
35 


43.5 


=  80.°46 


33 
47 

=  70.°21 

31 
45.5 

=  68.°  13 

34 
44 

=  77.°27 

32 
50.5 

=  63.°37 

29 
43 

=  67.°44 

32 
47.5 

=  67.°37 

31 

=  66.°67 

46.5 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  9B 

27.  Kallans. 

Diebeskaste,  Landbbauern. 

17.  Männer. 
Distrikt    Tanjore  25/aj.  no.  =  157; 

„       Tinnevally  25/6 j.    no.  =  236,  'dO/Oi.  no.  =  240,  30/fj.    no.  =  247, 

35/cj.  no.  =  238,  40/aj.  no.  =  241; 
„       Madura  25/6J.  no.  258,  28 j .   no.  =  237,   30/aj.  no.  -  243,  35/aj. 
no.  =  274,  35/6  j.  no.  =  259,    35/fZj.  no.  -  239,  40/6  j.  no.  -  246, 
45  j.  no.  =  244,  50/aj.  no    --  245,  50/6 j.  no.  =  235,  60j.  no.  =  242. 
Haut:    41   nur  bei  35/aj.  und  41/27  bei  25/aj.; 

27  bei  25/6  j.,  40/aj.; 

28  bei  35/(Zj.,  50/aj.; 

Alle  Uebrigen  haben  27  und  28  combinirt  (27/28  fünfmal,  h.  27,  v.  28 
einmal,  28/27   fünfmal).     Die   Distrikte   machen    dabei    keine   Rangordnung. 
Iris:        I.  achtmal:    bei  27,41,  zweimal  bei  27/28,   dreimal  bei  28/27,  und 
bei  28. 
II.  dreimal:  bei  41/26,  h.  27/v.  28,  28. 
III.  sechsmal:  bei  27,  dreimal  27/28,  zweimal  27/27. 

Haar:  durchweg  48  und  schlicht,  vielfach  geschoren. 

Dass  bereits  bei  dem  45  j.  so  gut  wie  bei  50/aj.  und  60  j.  weisse  Haare 
auftreten,  kann  nach  den  früheren  Beschreibungen  nicht  verwundern,  wohl 
aber,  dass  bei  dem  40/6  j.  noch  braune  (keine  grauen)  Haare  neben  den 
dunkelschwarzen  verzeichnet  sind. 

Bart:  Uebereinstimmend  mit  der  Haarfarbe;  neunmal  mit  Bartwurchs 
an  der  Wange  gemeldet,  4  mal  starker  Wuchs,  2  mal  spärlicher,  1  mal  krauser 
(35/6 j.).  Der  spärliche  Bart  findet  sich  bei  Hautfarbe  41/27  und  27,  der 
starke  bei  41,  28,  27/28  und  28/27. 

Nur  einmal  wird  Rasur  gemeldet. 

Auch  50/6  j.,  der  braune  Haare  neben  den  schwarzen  aufweisst,  hat  den 
Bart  grau. 

Nägel:  8  mal  25,  2  mal  24,  5  mal  26,  ohne  hervorstechende  Neigung  für 
bestimmte  Hautfarben;  zweimal  ist  notirt  26  mit  wechselnden  Längsstreifen 
von  27,  bei  35/aj.  besonders  am  Daumen. 

Bindehaut:  Rein  weiss  nur  1  mal  bei  27/28  +  I  +  25;  ziemlich  weiss 
4  mal  bei  28/27  +  I  +  25,  bei  28/27  -+-  HI  +  25  zweimal  und  bei  27;  28  + 
III  +  25 ;  9  mal  sind  braune  Flecke  notirt,  1  mal  braune  Flecke  bei  weisser 
Grundfarbe  (27  +  IH  +  25),  1  mal  braune  Flecke  und  rothe  Adern,  (der  60  j.). 
1  mal  rothe  Flecke  (bei  50/6 j.) 

Lippen:  3  mal  27,  4 mal  ro.  -\-  27,  4  mal  ro.  -|-  bl.,  2  mal  ro.  notirt; 
bei   30/aj.    ist  Oberlippe  27,   Unterlippe    roth   gemeldet   bei   Pulszahl   102. 

Sonst  tritt  die  Beziehung  der  Pulszahl  zur  Lippenbläuung  stark  zurück 
(72,80,  84,90);  freilich  fehlt  zur  Schätzung  der  etwaigen  Spannung  und 
Erregung    die   Zahl    der    Athemzüge;    nur    1   mal    ist    Athmung    18    neben 


94  Dr.  Koerbin: 

Puls  94  bei  25/aj.  gemeldet  (Lippen  27  bei  Haut  41/27),  und  es  finden 
sich  mehrfach  auffällig  niedrige  Pulsziffern,  z.  B.  1  mal  63,  2  mal  60,56 
(schwach)  bei  60 j.,  und  sogar  48  bei  30/Z»j. 

Zähne:  überwiegend  weiss,  normal,  gesund;  künstlich  schwarz  gefärbt 
4  mal,  in  Tinnevally  wie  in  Madura  je  2  mal,  1  mal  braun  von  Betel  notirt. 
Auffällig  unregelmässig  stehen  die  Unterkiefer-Zähne  von  40/6  j.,  namentlich 
ragen  zwei  Schneidezähne  vor. 

Körper:  8 mal  proportionirt,  5  mal  robust,  1  mal  etwas  robust,  1  mal 
etwas  mager  notirt. 

Bemerkungen:  Starke  Behaarung  bei  35/cj.,  35/c^j.,  an  Brust,  Bauch 
und  Armen,  bei  40/aj.;  auch  an  den  Beineu.. 

Der  Letztgenannte  hat  sich  vom  Goldschmidt  je  1  kleines  rundes  Loch 
in  die  beiden  mittleren  Schneidezähne  des  Oberkiefers  bohren  lasseu. 

(Hierzu  Tabelle  27). 

28.  Maravans. 

Distrikt  Madras. 

10  Männer:  25/«  j.  M.  no.  =  183,  25/6J.  M.  no.  =  190,  27  j.  M.  no.  =  180, 
32  j.  M.  no.  -  186,  35  j.  M.  no.  =  182,  36  j.  M.  no.  =  181,  40  j.  M.  no.  = 
188,  45 j.  M.  no.  -  189,  48  j.  M.  no.  185,  50  j.  M.  no.  -  184. 

Die  Hautfarbe  bewegt  sich  zwischen  27,  28  und  41  und  greift  nur 
einmal  bei  dem  35  j.  M.  leicht  nach  29  hinüber.  In  obengenannter  Reihen- 
folge  haben  wir,   bei    sofortiger   Zufügung   der   Iris,  Nägel,  Bindehaut: 

110.=  183:  28/27  +     1  +  26,  weiss. 
190  :  27/28  +     I  +  26,  zl.  weiss. 
180:27/41  +    II  +  25,  br.  Flecke. 
186:28/27  +    II  +  26,  weiss. 
182  :  28/29  +  III  +  26,  zl.  rein. 
181:27/28  +    II  +  25,  br.  Fl. 
188:27/28  +  III  +  25,  zl.  weiss. 
189:27/41  +      1  +  26,  zl.  weiss. 
185:    28      +      1  +  26,  br.  Fl. 
184:28/27  +  III  +  26,  weiss. 

Oberkörper  vorn  28,  auf  der  Backe  unregelmässig  rundliche  Flecke 
mit  27  findet  sich  bei  no.  =  190  augegeben. 

Die  Haare  sind  durchweg  48,  nur  bei  dem 50  j.  M.  mit  Grau  gemischt; 
im  Uebrigcn  geschoren,  so  dass  nur  bei  dem  25/aj.  und  dem  27 j.  sich  die 
schlichte  Beschaffenheit  feststellen  Hess  und  die  krause  bei  35 j.  zweifel- 
haft blieb. 

Der  Bart  ist  oft  spärlich,  meist  aber  auch  an  der  Wange  zu  bemerken. 

Die  Lippen  sind  nur  bei  32  j.  und  35j.  ro.  -\-  27,  sonst  immer  27 
notirt. 

Die  Zähne  sind  überwiegend  schön  weiss  und  gesund,  nur  bei  dem 
32  j.,  dem  48  j.  und  dem  50  j.  schwarz  gefärbt  und  beim  27  j.  unregelmässig. 


Messungen  an  ledenden  Indiern. 


95 


Der  Körper  ist  proportionirt  bei  25/6 j.,  27  j.,  32  j.;  robust  bei  35 j,, 
36 j.,  50j.;  etwas  fett  bei  25/a j.,  40j.,  45 j.;  etwas  mager  bei  48 j. 

Gewichte  in  der  obigen  Altersfolge:  55,  56,  45^,  53,  53,  58,541,  50^, 
5(i,  58^  kg. 

Puls:  6  mal  78  —  80;  72  bei  36  j.,  90  bei  45  j.,  96  bei  32  j.,  104  bei  48  j. 

Athraung:  Zwischen   IS  und  28  ganz  parallel  den  Pulscurven. 

Bemerkung:  Meist  ist  eine  Gewichtszunahme  im  Gefängniss  von 
1 — 3  Xy/  (alle  sassen  3  —  4  Monate)  notirt,  nur  bei  dem  25/a  j.  -}~  ^^  %  ^^^ 
bei  dem  27  j.  sogar  —  10^%;  beim  27  j.  ist  der  Nabel  kaum  sichtbar. 

(Hierzu  Tabelle  28). 

V  ß.,  Landbauer. 
29.  Pyer. 
25  j.  M.,  Bauer  aus  Chingleput    -  Kaste  unsicher. 

Haut  27/42;  Iris  L;  Haar  48,  wellig;  Bart  48,  spärlich  an  Oberlippe 
und  Kinn;  Nägel  24;  Bindehaut  unrein  mit  brauneu  Flecken:  Lippen  27; 
Zähne  gesund;  Körper  proportionirt;  Gewicht  45  /i//,  in   2  Jahren  4~    1^  ^'5'- 

(Hierzu  Tabelle  29. 


(Zu  Tabelle  27) 

Index  der  Schädclbreite  nebst  Scheitel-  Ohr-  und  Kinn- 
Höhen  —  Durchschnitt  von  Kallans. 


28  j.  M. 

40  b  „ 

30  a  „ 

25  a  „ 
35  c  „ 

OD  8r  ^j 

45  „ 

35  b  „ 

26  c  „ 
35  d  „ 
30  b  „ 
25  b  „ 
30  c  „ 
40  a  „ 
50  b  „ 
60  a  „ 


Seh.  h. 
JL. 


64.010 

72.072 
73.016 
73.051 
73."77 
74."44 
74.059 
75."00 
75.042 
76.067 
77.001 
77.030 
77.065 
77.078 
79.035 
81.061 


25j.  M.  a        N. 


fl.  B. 
H.L 


34  44.5  =  76.040 


Kp.  n. 

Ohr.  n. 
Ki.  H. 


U!  M,   —    1  646  mm  =   100.00  pCt. 
„     „    -    1521    „     =     92.41     „ 
.,     „  —   1  454     „     =     88.33     ,. 


96 


Messungen  an  lebenden  Indiern. 


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Dr.  Koerbin; 


97 


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1 

vacat. 
1592 

1  1  1 

1    1    1    1 

M   M  1 

1    1    1 

1      1      1 

o 

1 

1  660 
1534 
147. 

1  1  r 

1    1    1    1 

M  M   1 

1    1    1 

1     1     1 

O 

1 

1602 
148. 
1415 

1  1  1 

1    1    1    1 

M   M   1 

1    1    1 

1     1     1 

i 

1670 
155. 
1  476 

1  1  1 

1    1    1    1 

M   M   1 

1    1    1 

1     1      1 

o 

1 

1699 
1585 
1516 

1  1  1 

1    1    1    1 

M   M   1 

1    1    1 

1     1     1 

5 

1 

1553 
1429 
1  37. 

1  1  1 

1    1    1    1 

M   M   1 

1    1    l 

1     1     1 

CO 

1 

1710 

158. 
1514 

1  1  1 

MM 

M  M  1 

1    I    1 

1     1     1 

CO 

1 

I  706 
1  59. 
1524 

1  1  1 

MM 

IMM 

1    1    1 

1     1     1 

CO 

1 

0  CO  CO 

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I  1  1 

MM 

1  M  1  1 

1    1    1 

1     1      1 

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CO 

1 

1648 
1521 
145. 

1  1  1 

MM 

M  M  1 

1    1    1 

1     1     1 

0 

CO 

1 

1675 
1556 
1484 

1  1  1 

MM 

M  M   1 

1    1    1 

1     i      1 

0 

CO 

1 

169 

1558 

1487 

1  1  1 

MM 

M   M   1 

1    1    1 

1     1     1 

0 

CO 

1 

1  595 
1474 
1416 

1  1  1 

MM 

M   M    1 

1    1    1 

1      1      1 

00 
<M 

1 

1  753 
1  G21 
1545 

1  1  1 

MM 

M   M   1 

1    1    1 

1     1      1 

(M 

1 

1  636 
1  514 
1445 

1  1  1 

MM 

M  M  1 

1    1    1 

1     1      1 

(M 

1 

1596 
146. 
140. 

1  1  1 

MM 

M   M   1 

1    1    1 

1      1     1 

(M 

05 

1  495 
1356 
1  29. 

CO  05  "^ 

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Zeitschrift  für  Etttnologie.    Jahrg.  1879. 


98 


Dr.  Koerbin: 


Tabelle  28. 
Maravans  A. 


Tabelle  29. 
Pyer  A. 


M. 

M. 

ca.  no.  . 

183 

190 

180 

186 

182 

181 

188 

189 

185 

184 

115  B. 

Kp.  H..  . 

1685 

1692 

l  701 

1725 

1597 

1661 

1561 

1605 

1694 

1671 

1622 

St.  H.  .  . 

159. 

1627 

1627 

1655 

1531 

1596 

1493 

1555 

1633 

1  614 

1  563 

St.  pr. .  . 

18. 

177 

186 

18. 

183 

186 

187 

190 

185 

180 

185 

Ob.  N.  H. 

1582 

160, 

1600 

1626 

1503 

1  569 

1469 

1525 

1  601 

1  589 

1538 

Ohr  H.  . 

1558 

1558 

1567 

1  587 

1467 

1531 

1425 

1482 

1  563 

1547 

1  504 

N.  0.  pr. 

192/97 

185/95 

196/96 

194/93 

198/93 

201/98 

199/10. 

203/10. 

202/96 

201/106 

196/93 

U.  N.  H.. 

1  556 

156. 

l  566 

1  587 

1  465 

1531 

1  424 

1483 

1563 

155. 

1  503 

Ki.  H.  .  . 

148. 

1492 

1495 

1  518 

139. 

1458 

1354 

1  405 

1493 

1468 

1425 

Scb.  L.  . 

179 

]75 

185 

175 

185 

181 

187 

188 

180 

— 

180 

Seh.  B.  . 

148 

142 

140 

150 

150 

136 

138 

142 

142 

— 

12G 

h.  Seh.  U. 

532 

520 

540 

533 

539 

533 

533 

545 

537 

— 

500 

s.  Seh.  Bo. 

335 

325 

344 

35. 

368 

330 

335 

345 

325 

— 

31. 

N.  Z.  h  . 

— 

— 

41 

— 

45 

43 

— 

— 

— 

— 

— 

N.  r.  L.  . 

— 

— 

36 

— 

— 

44 

— 

— 

— 

— 

— 

N.  fl.  B.  . 

32 

33 

40 

33 

37 

31 

34 

35 

35 

— 

33 

Aug.  E.  . 

31 

31 

33 

32 

34 

32 

35 

31 

35 

— 

33 

M.  br./h.. 

— 

— 

54/21 

— 

— 

50/20 

— 

— 

— 

— 

— 

Wa.  B..  . 

95 

90 

95 

97 

93 

100 

96 

95 

103 

- 

90 

U.  K  B. . 

95 

95 

109 

95 

95 

105 

92 

87 

99 

— 

95 

J.  B.  .  . 

130 

125 

137 

136 

13. 

135 

91 

13. 

136 

— 

117 

0.  B.   . 

— 

— 

126 

- 

— 

122 

— 

— 

— 

— 

— 

ob.N.O.R. 

92 

108 

103 

107 

105 

104 

127 

— 

110 

— 

101 

u.  N.O.  R 

104 

90 

100 

103 

103 

102 

— 

— 

106 

— 

105 

Obli.  0.  R. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Ki.  0.  R.. 

118 

120 

130 

128 

126 

123 

— 

— 

130 

— 

122 

Maravans  B. 

Pyer  B. 

M. 

M. 

Alter  .  . 

25 

25 

27 

32 

35 

36 

40 

45 

48 

50 

25 

Si.  H.  .  . 

— 

— 

826 

— 

795 

800 

— 

— 

— 

- 

— 

Kp.  H..  . 
Ohr  H.  . 
Ki.  H.  .  . 

1685 
1558 
148. 

1692 
1558 
1492 

1701 
1567 
1495 

1725 
1587 
1518 

1597 
1467 
1  39. 

1661 
1531 

1458 

1561 
1  425 
1354 

1605 
1482 
1405 

1694 
1563 
1493 

1671 
1547 
1468 

1  622 
1504 
1425 

Brb.  H.  . 
Nbl.  H.  . 
Schb.  H. . 

~ 

— 

1413 

1035 

904 

— 

1291 
967 

1  375 

1035 

915 

— 

- 

E 

— 

— 

Schu.  H  . 
Ell.  H..  . 
Hw.  H.  . 
Hsp.  H.  . 

- 

— 
- 

1430 

l  11. 

843 

653 

— 

1325 
1  028 

783 
626 

1402 
107. 

79. 

597 

— 

— 

— 

— 

— 

Drb.  H.  . 
Tr.  H.  .  . 
Kn.  H..  . 
Wd.  H.  . 
Knchl.  H. 

— 

— 

988 
954 
462 

57 

— 

900 
853 

428 

973 
931 
460 

66 

— 

- 

— 

— 

— 

Schu.  B. . 

[band] 
Wrz.  B.  . 
Bo.  B.  .  . 

— 

— 

[398] 
204 
222 

— 

[390] 

345 

195 
200 

~~ 

— 

— 

— 

Br.  U. .  . 
Bch.  U.  . 
Wd.  ü.  . 

— 

— 

860 
710 

— 

- 

800 
740 

E 



— 

— 

— 

Messungen  an  lebenden  Indiern. 


99 


Durchschnittsprozente  von  Rumpfmaassen  der  Maravans. 


Kp.     H. 

:        10  M.  - 

1659 

7nm 

=  100  pCt. 

3  M.  — 

1653 

)> 

~          !5              5) 

2  M.  — 

1  681 

)) 

~         55            5) 

Ohr     „ 

:         10  M.  - 

1  528.5 

)> 

=  92.12  pCt 

Ki.       „ 

•         )i    >» 

1455 

5) 

=  87.71     „ 

Brb.    „ 

:           3  M.    - 

1  360 

,, 

=  82.27     „ 

Nbl.     „ 

n    » 

1012 

1> 

=  61.22     „ 

Schb.  „ 

2  M.  — 

909.5 

5) 

=  54.10     „ 

Schu.  „ 

:           3  M.  - 

1386 

„ 

=  83.85     „ 

Ell.     „ 

it     n 

1  069 

11 

=  64.67     „ 

Hw.     „ 

„     „ 

805 

5) 

=  48.70     „ 

Hsp.    „ 

i>     ■» 

625 

55 

=  37.81     „ 

Drb.    „ 

»       )5 

954 

!> 

=  57.71     „ 

Tr.      „ 

J1       )> 

913 

)5 

=  55.23     „ 

Kn.     „  : 

>'       '1 

450 

,, 

=  27.22     „ 

Kehl.  „  : 

2  M.  - 

61.5 

55 

=     3.66     „ 

Sehu.  B. 

1  M.  - 

345 

)5 

=  20.77     „ 

Wrz.   „. 

2  M.  - 

199.5 

=  11.87     „ 

Be.      „  : 

)?   )i 

211 

.. 

=  12.55     „ 

Br.     ü.  : 

»   )) 

830 

)) 

=  49.38     „ 

Bch.  „ 

?>   » 

725 

)5 

=  43.13     „ 

Si.     H.   : 

3  M.  — 

807 

)5 

=  48.82     „ 

Index  der  Schädel-  und  Nasen-Breite  von  Maravans. 


40  j.  M 

Seh.  ^ 
L. 

73."80 

N. 

fl. 
H. 

B. 
L. 

— 

- 

36     „ 

») 

75.014 

55 

31 
43.5 

=  71.027 

45     „ 

55 

75.»53 

)> 

— 

— 

27     „ 

») 

75."68 

)> 

40 
38.5 

=  103.«90 

48     „ 

?5 

78.089 

j, 

— 

— 

35     „ 

„ 

81.°08 

)) 

— 

— 

25  j.  M. 

B 

>) 

81.014 

55 

— 

— 

25  j.  M. 

A 

55 

82.068 

55 

— 

— 

32  j.  M. 

J> 

85.071 

»> 

— 

— 

Index  der  Schädelbreite  des  Pyer. 

70.000 


30.    Pallis. 

Ackerbauer  aus  dem  Distrikt  Salem. 
11  Männer  +  1  Weib. 

25j.  M.  no.  26&,  28j.  264,  30/aj.  no.  267,  30/^ j.  no.  267,  SO/c-j.  no.  261, 
33 j.  no.  271,  35/aj.  no.  270,  35/ij.  no.  262,  35/cj.  no.  268,  40j.  no.  269, 
45j.  no.  263  und  30j.  W.  no.  280. 

7* 


-[QQ  Dr.  Koerbin: 

Haut:  Das  Weib  hat  28,  der  30/aj.  M.  hat  28/27,  der  35/aj.  M.  und 
der  45  j.  M.  haben  27/28,  alle  Uebrigen  27. 

Iris:    II  beim  Weibe,  bei  30/cj.  M.  und  35/6 j.  M.,  sonst  immer  L 

Haar:    Ueberall  48  und  schlicht. 

Bart:  Ueberall  48;  1  mal  kraus  notirt  bei  30/aj.,  1  mal  stark  bei  33 j., 
2  mal  schlicht  bei  35/r«j.  und  40  j.  lieber  die  Stärke  findet  sich  keine  Be- 
merkung. Backenbart  wird  5  mal  gemeldet,  nur  Bart  der  Oberlippe  2  mal 
(25 j.  und  28 j.) 

Nägel:  3  mal  25,  4  mal  24  (darunter  das  Weib),  1  mal  26,  2  mal  25 
mit  Streifen  27,  endlich  26/27  resp.  26  mit  Streifen  27.  Vielfach  stimmen 
Nägel,  Haut  und  Iris  in  dem  Farbenton,  ebenso  oft  aber  auch  nicht. 

Bindehaut:  Ziemlich  rein  bei  27  +  I  -f  26;  ziemlich  weiss  bei  28  -h 
II  4-  24,  27  -[-  I  +  25,  27  +  I  -f  24,  27  +  H  +  25;  braune  Streifen  an 
der  Lidspalte  bei  28/27  +  1  +  25  mit  Streifen  27  und  27/28  +  1  +  24;  sehr 
braun  bei  27  +  1  +  24;  braune  Flecken  bei  27  +  11  +  25,  27/28  +  I  + 
26/27,  27  +  1  +  25  gestrichelt  27,  und  27  +  1  +  26  gestreift  27. 

Lippen:  8  mal  27,  2  mal  ro.  +  27,  1  mal  ro.  (Weib).  Bei  Letzterem 
Puls  98,  sonst  nicht  über  82.   Der  40  j.  und  der  50 j.  haben  nur  60  Pulse. 

Zähne:  Meist  gesund  und  weiss;  1  mal  schadhaft  (40  j.),  2  mal  künstlich 
schwarz  gefärbt  (Weib  und  35/aj.  M.);  Betel- braun  und  unregelmässig 
bei  35/cj. 

Körper:  8  mal  robust  genannt,  2  mal  proportionirt  (33  j.  u.  45  j.) 
etwas  mager  der  35/6  j.  und  das  Weib. 

Bemerkung:  Das  Weib  tättowirt  durch  Striche  auf  der  Stirn  und  auf 
Armen  und  Händen.  Auf  den  Wangen  hat  es  2,  Zolllange,  Flecken  von 
der  Farbe  27.  (Hierzu  Tabelle  30.) 

31.    Schanars. 

3  Männer  +  2  Weiber. 

35/aj.  M.  von  Madras  no.  13,  35/6 j.  M.  von  Tanjore  no.  159;  25/aj.  W. 
von  Salem  no.   136,  25/6 j.  W.  von  Coimbatore  no.  143. 

Haut:    27/42  u.  28  der  Männer,  28/43  u.  27  der  Weiber. 

Iris:    I  bei  no.  159,  III  bei  beiden  Weibern. 

Haare:  48  resp.  schwarz  bei  no.  131,  gekräuselt  bei  dem  Weibe  von 
Salem,  wellig  bei  dem  von  Coimbatore. 

Bart:    Bei  no.  159  spärlich,  48. 

Nägel:    25  bei  no.  136,  24  bei  no.  159  und  143. 

Bindehaut:  Sehr  rein,  resp.  rein  bei  den  Weibern,  schwarz  grünlich 
mit  braunen  Flecken  bei  no.  159. 

Lippen:    Innen  rosa,  am  Rand  27  bei  no.  13,  sonst  roth. 

Zähne:  Bei  Allen  gesund,  rein  und  weiss  bei  den  Weibern  und  dem 
Manne  von  Tanjore,  sehr  schmutzig  bei  dem  andern  Manne  (Weinstein). 
Bei  Diesem  sind  die  oberen  Vorderzähne  schräg  convergent.    (Forts,  s.  S.  102.) 


Messungen  an  lebenden  Indiern, 
Tabelle  80.     Pallis  A. 


101 


M. 

W. 

ca.  no. .  .  . 

266 

264 

267 

265 

261 

271 

270 

262 

268 

269 

263 

280 

Kp.  H..  .  . 

1  650 

1680 

— 

1713 

1744 

1696 

1643 

1  650 

1683 

1685 

1549 

1497 

St.  U.  .  .  . 

1  586 

1627 

— 

1  650 

1676 

1633 

1594 

1595 

1638 

1632 

1485 

1  445 

St.  pr.  .  .  . 

19. 

182 

— 

175  + 

185 

185 

187 

180 

172 

185 

185 

170 

Ol).  N.  H..  . 

1  565 

1  596 

— 

1627 

— 

1  605 

1  57. 

157. 

1609 

1599 

146. 

1423 

Ohr  n..  .  . 

1  519 

1  561 

1  504 

1  59. 

1614 

1  565 

1523 

1  533 

157. 

1554 

1425 

1  387 

N.-ü.-pr.  .  . 

207/103 

198/98 

195/92 

14. /93 

203/95 

196/95 

206/107 

201/10. 

195/98 

20. /lO. 

205/107 

195/104 

U.  N.  H.  .  . 

1  519 

1  561 

— 

1  59. 

— 

1564 

1  523 

1  532 

157. 

1  554 

1425 

1  387 

Ki.  H.  .  .  . 

1  452 

150. 

- 

1  523 

— 

1  505 

1  46. 

146. 

1  50. 

149. 

136. 

1336 

Seh.  L.  .  .  . 

18-2 

180 

— 

170 

— 

180 

177 

172 

170 

185 

173 

175 

Seh.  B.  .  . 

138 

138 

— 

135 

136 

135 

130 

124 

139 

135 

125 

h.  Seh.  U.  . 

523 

517 

— 

512 

— 

515 

524 

506 

497 

531 

51. 

8.  Seh.  Bo.  . 

330 

327 

— 

337 

— 

325 

320 

30. 

301 

34. 

318 

— 

N.  Z.  h.  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 



N.  r.  L.  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 









N.  fl.  B.  .  . 

31 

35 

— 

32 

— 

38 

33 

29 

27 

32 

40 

32 

Aug.  E.  .  . 

36 

34 

— 

31 

— 

34 

31 

30 

34 

31 

39 

27 

M.  br./h.  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

- 

Wa.  B.  .  . 

100 

100 

— 

100 

— 

100 

100 

87 

10. 

98 

97 

95 

ü.  K.  B.  .  . 

90 

100 

- 

85 

— 

100 

96 

101 

10. 

100 

10. 

83 

J.  B.  .  .  . 

122 

127 

— 

125 

— 

127 

129 

120 

125 

130 

133 

115 

0.  B.  .  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

ob.  N.  0.  R.. 

108 

108 

— 

106 

— 

105 

109 

96 

98 

108 

j    109 

95 

u.  N.  0.  R.  . 

105 

104 

— 

104 

— 

105 

106 

104 

10. 

106 

103 

98 

Obli.  0.  R.  . 

— 

— 

— 

— 









Ki.  0.  R.   . 

122 

120 

— 

121 

127 

12. 

128 

128 

1   125 

120 

107 

Tabelle  30.     Pallis  B. 


M. 

W. 

Alter  .  .  . 

25 

28 

30 

30 

30 

33 

35 

35 

35 

40     45 

30 

Si.  H.  .  .  . 

— 

~ 

— 

— 

— 

— 

— 

- 

— 

- 

- 

740 

Kp.  H..  .  . 
Ohr  H.   .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1650 
i  519 
1452 

1  680 
1561 
150. 

—  1  713  1  744 
1504  159.   1614 

—  1  523    ? 

1696 
1  565 
1505 

1643 
1  523 
146. 

1650 
1533 
146. 

1  683   1  685  j  1  549 
1  57.   1  554   1  425 
1  50.   1  49.  1  1  36. 

1  497 
1  387 
1336 

Brb.  H.  .  . 
Nbl.  H.  .  . 
Schb.  H.  .  . 

— 

- 

— 

— 

-     -     — 

1  233 
93. 

Schu.  H.  .  . 
Ell.  H. .  .  . 
Hw.  H.  .  . 

Hsp.  n.  .  . 

- 

— 

— 

— 

— 

-  1   -  '    - 

— 

— 

— 

1253 
966 
710 
540 

Drb.  H.  .  . 
Tr.  H.  .  .  . 
Kn.  H..  .  . 
Wd.  H.  .  . 
Knchl.  H.  .  . 

— 

- 

—    - 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

901 
875 
415 

Schu.  B.  .  . 
Wrz.  B.  .  . 
Be.  B.  .  .  . 

- 

— 

- 

—    - 

— 

—  I   —  ,   —     - 

32. 

Br.  U.  .  .  . 
Bch.  U.  .  . 
Wd.  U.  .  . 



j  — 

!  Z 

1  z 

— 

__ 

— 

.^ 

^_ 

— 

z 

— 

102 


Dr.  Koerbin: 


Index  der  Schädelbreiten  nebst  Scheitel  -  Ohr -Kinn  -  Höhen 
Durchschnitt  von  Pallis. 


30  j. 

W. 

Seh.  ^ 

Li. 

71.°43 

35  j. 

M.c 

» 

72.°94 

40j. 

M. 

„ 

75.°14 

33  j. 

M. 

„ 

75.°56 

35  j. 

M.  b 

, 

75.^58 

25  j. 

M. 

» 

75.°82 

35j. 

M.  a 

„ 

76.°27 

28j. 

M. 

» 

76.°67 

45j. 

M. 

n 

78.°03 

30  j. 

M.  b 

r, 

79.''41 

Kp. 

H.: 

10  M. 

1  669  mm 

,  =  100.00  pCt. 

» 

9  M. 

1661     „ 

--            »              n 

Ohr 

H.t 

11  M. 

1542    „ 

=          —           — 

10  M. 

1540    „ 

=     92.57     , 

9  M. 

1538    „ 

=     92.59     , 

1  W. 

— 

=     92.65     „ 

Ki. 

H.: 

9  M. 
1  W. 

1472    „ 

=     88.62     , 
=     89.25     „ 

(Forts.  V.  S.  100.) 
Körper:    Proportionirt    beim    Weibe    von    Salem,    etwas    mager    beim 
Manne  von  Tanjore. 

Gewicht:    44.5  und  45.5    bei  den  Weibern   mit  Zunahme   von  je  2  kg 
in  2  resp.  1;^  Jahr. 

Puls  u.  Athmung:    70  +  18  beim  Manne  von  Tanjore. 
Bemerkung:    Bei    dem    Manne    von    Madras    sind    Brust,    Unterarm, 
Gesäss,  Schenkel  und  Bein  stark  schwarz  behaart. 

(Hierzu  Tabelle  31.) 

(zu  Tabelle  31.) 
Schädel-  und  Nasen-Index  von  Schanars. 

R  fl    B       32 

35  j.  M.  b  Ohr  H.  92.17  pCt.     Seh.   ^  71.°91     N.  i^-^     j^  =  70.°33 

25j.  W.  b  „        92.40     „  „         73.°56  „  —  — 

36        .      „ 
35j.  M.  a  ,        91.54     ,  ,         77.°78  „  -^      =  72.°00 

25j.  W.  a  „        92.03     „  „         78.°11  ,  —  - 

32.  DobM 

und 
32x  Dobhi  Pariah. 
2.  W. 
40j.  W.  von  Madura  und    40 j.  W.  von  Salem:    no.  =  176    resp.   281. 
No  =  176:  27/34;  H;  48,  wellig;   24;   weiss  mit  brauner  Lidspalte;   27;   ge- 
färbt, sonst  weiss.     Robust;  50  A-^  (+4,0  in  |  Jahren). 

No.  =  281  :   28/27;   II;   48,  schlicht;    24;    bräunlich;    roth;    sehr  weiss, 
künstlich  schwarz  gefärbt.     Etwas  mager.     Puls  96. 
(Hierzu  Tabelle  32  und  32  x. 


Messungen  Jan' lebenden  Indiern. 
Tabelle  31. 


103 


Schanars  A. 


Schanars  B. 


H. 


13 


159 


W. 


13G 


143 


Alter 


M. 


35 


35 


VV. 


25 


25 


Kp.  H. 


1  642       1  685 


1455 


1645 


Si.  H. 


800 


St.  H.  . 
St.  pr.. 

Ob.  N.  n. 

Ohr  H.      , 
N.  0.  pr. 
U.  N.  H. 
Ki.  H.  . 


1610 
185 
I  537 
1  503 
195/85 
1495 
1410 


1616 

185 

?1  590 

1  553 
195/95 

1  550 

1490 


1  390 
177 

1  375 

1339 

186/87 

1338 

1275 


1  582 
177 
1557 
152. 
185/8! 
1  518 
1449 


Kp.  H.. 
Ohr  H.. 
Ki.  H.  . 


1  642  1  685 
1  503  1  1  553 
1  410     1  49() 


1  455  i  1  645 

1  339  ; 1  52. 

1  275     1  449 


Brb.  H. 
Nbl.  H. 
Schb.  H. 


1  342 
999 

827 


1365 
1012 

886 


Seh.  L.  . 
Seh.  B.  . 
h.  Seh.  U. 
s.  Seh.  Bo. 


184 

178 

169 

140 

128 

132  ' 

530 

~ 

506 

355 

^ 

325 

174 

128 
507 
301 


Schu.  H. 
Ell.  n. 
Hw.  H. 
Bsp.  n. 


1  358  1  395 

1063  1077 

794  i     805 

618  :     621 


N. 

Z. 

h. 

N. 

r. 

L. 

N. 

fl. 

B. 

Aug. 

E. 

M. 

br 

./h. 

50 
50 
36 
36 
51/24 


47 
44 

32 
35 

42/22 


32 
28 


32 
32 


Drb.  H. 
Tr.  H.. 
Wd.  H. 
Kn.  H. . 
i.  Kehl.  H 


-  965 

873        905 
478        445 


50 


70 


Wa.  B. 
U.  K.  B. 
J.  B.    . 
0.  B.    . 


98 

90 

128 

125 


93 

97 

130 

115 


80 

85 

12. 


95 

90 

125 


Schu.  B.    . 

[band] 

Wrz.  B.     . 

Be.  B.  .     . 


35.  — 

[375]  [406] 

160  185 

233  239 
260 


ob.  N.  0.  R. 
u.  N.  0.  R. 
Obli.  0.  R. 
Ki.  0.  R.  . 


105 
108 
120 
136 


100 

98 

123 

120 


82 
95 

109 


104 
95 

123 


Br.  U.  . 
Bch.  ü. 
Wd.  U. 


765  I     — 
630  i     — 


33.  TJaddars.        •  ' 

1  M.  4-  1  W. 
16j.   M.   no.  -  122  von    Coimbatore,    40j.  W.    no.  -  282  von    Salem. 
M.:    27;    II;    48,    schlicht;    fehlt;    24;    rein;    27  +  ro.;  weiss,    gesund. 
Proportionirt. 

W:  28/27;  1;  48,  schlicht;  —  24;  sehr  braun;  27;   weiss.     Robust. 

(Hierzu  Tab.  33.) 
34.  Pandarems. 
2  w. 
25 j.  M.  no.  =  12  von  Chingleput,  33  j.  M.  no.  =  160  von  Tanjore. 
No.  12:  28/35; — ;  schwarz,  geschoren;  — ;  25;  unrein  weiss;  27.  mohr 
rosa;  sehr  weiss,  gesund. 

No.  =  IGO:  27/28;  II;  — ,  — ;  spiu-lich;  25;  grünlich;  roth;  weiss,  gesund. 
Etwas  fett.     66  +  15.  (Hierzu  Tabelle  34). 


104 


Dr.  Koerbin: 


Tabelle  32.    Tabelle  32x.    Tabelle  33.  Tabelle  32. 

DobhiA.  DobhiPariahA.  Uaddars  A.  Dobhi  B. 


Tabelle  32  X.     Tabelle  33. 
Dobhi  PariahB.  UaddarsB. 


W. 

W. 

M. 

w. 

W. 

W. 

W. 

W. 

ca.  110.  . 

176 

281 

122 

282 

Alter  . 

40 

40 

16 

40 

Kp.  H.. 

1615 

1  577 

1538 

1563 

Si,  H.  . 

803 

- 

— 

— 

St.  H:   . 

St.  pr.  . 
Ob.  N.  H. 

1  545 
178 
1  516 
1482 
19. /92 
1482 
I  415 

1  507 
179 
1485 
1454 
195/10 
1  454 
1401 

1  476 
173 
1449 
1  414 
182/83 
1412 
1  ;343 

1503 

186 

1478 

1444 

198/105 

1381 

Kp.  H.  . 
Ohr  H.  . 
Ki.  H.  . 

1  615 

1482 
1415 

1577 
1454 
1401 

1538 
1414 
1343 

1563 
1444 
1381 

Ohr  H.  , 
N  O.pr.. 
U.  N.  H. 
Ki.  H.  . 

Brb.  H.  . 
Nbl.  H.  . 
Sehb.  H. 

1  322 

1027 

— 

— 

— 

Seh.  L.  . 
Seh.  B. 
h.Sch.ü. 
s.Sch.Bo. 

173 
140 
514 
345 

175 
125 

170 
127 
485 
321 

184 
131 

Schu,  H. 
Elb.  H.  . 
Hw.  H.  . 
Hsp.  H.  . 

1327 
1025 

777 
597 

— 

— 

N.Z.h.  . 
N.  r.  L.  . 

N.fl.  B.  . 
Aug.  E.  . 
M.  br./h. 

49 
44 
39 
34 
47/21 

- 

34 
31 

34 

35 

Drb.  H.  . 
Tr.  H.  . 
Kn.  H.  . 
Wd.  H.  . 
Knchl.H. 

949 
904 
447 
365 
69 

- 

— 

— 

Wa.  B.  . 
U.Ki.B  . 
J.  B..  . 
0.  B.   . 

104 
10. 
127 
124 

93 

88 
117 

96 

95 

118 

98 

95 

129 

Schu.  B. 
Wrz.  B.. 
Be.  B.  . 

310 
230 

32. 

— 

ob.N.O.R. 
u.N.O.R. 
Obli.O.R. 
Ki.  0.  R. 

103 

107 

123 

10, 
98 

106 

100 
10. 

108 

105 
99 

116 

Br.  U.  . 
Bch.  U.  . 
Wd.  ü.  . 

266 

- 

— 

E 

35.  Tempeldienerin. 
1  w. 
30 j.  W.  no.  =  137  von  Colmbatore.      28;  III;  48,    schlicht;    24;  ziem- 
lich rein;  roth,  Rand  blau;  gesund,  braun  gebeizt.     Robust.     AÄ  kg   (-f-  3.0 


in 


I  Jahren). 


(Hierzu  Tabelle  35.) 


36.    Töpfer. 

1  Weib. 


27  j.  W.  no.  140  von  Madras. 

28/27;    II;    48,  wellig;    25;    sehr  rein;    roth;    sehr  rein. 

Proportionirt.     43  kg  (  |-  1.5  in  4  Jahr).  (Hierzu  Tabelle  36.) 

37.    Bearer. 

1   Weib. 

35  j.  W.  no.  285  von  Salem. 

27/28;   I;   48,  schlicht; — ;  grünlich;   roth;   gesund,  künstlich  geschwärzt. 

Robust.  (Hierzu  Tabelle  37.) 


Messungen  an  lebenden  Indiem. 


105 


Tabelle  34. 
I'andarems  A. 


Tabelle  35. 
Teinpeldienerin  A. 


Tabelle  34.      Tabelle  35. 

Pandarems  R.     Tempeldienerin  B. 


M. 

W. 

M.      1 

W. 

ca.  no. 

12 

160 

137 

Alter  . 

25 

33 

30 

Kp.  H.. 

1614 

1  581 

1515 

Si.  H.  . 

-       — 

— 

St.  11.  . 
St.  pr.  . 
Ob.  N.  H. 
Ohr  H. 

1546 
18('. 
1520 
1489 
198/90 
1482 
1408 

1  530 
185 
1503 
1464 
208/107 
1467 
140. 

1  4(54 
169 
1437 
1  402 
184/90 
1  400 
1  326 

Kp.  n. . 
Ohr  H.. 
Ki.  U.  . 

1614     1581 
1  489     1  464 
1408     140. 

1515 
1402 
1326 

N.-O.-pr. 
U.  N.  II. 
Ki.  H.  . 

Rrb.  H. 
iNbl.  11. 
Schb.  FI. 

1  320      — 
990      — 
833      — 

— 

Seh.  L. 
Seh.  B. 
h.  Seh.  U 
s.  Seh.  Bo 

180 
138 
520 
355 

188 
139 

165 
129 
495 
333 

Schu.  II. 
Ell.  H.  . 
Hw.  H. 
Hsp.  H. 

1312      — 

ICH 
730      — 
560      — 

— 

N.  Z.  h. 
N.  r.  L. 

N.  fl.  B. 

Aug.  E. 
M.  br./h. 

48 
48 
37 
42 
36 
48/21 

— 

35 

28 

Drb.  H. 
Tr.  H.  . 
Kn.  H.. 
Wd.  H. 
Knehl.  H. 

872 
467 

58 

- 

— 

Wa.  B. 
U.  Ki.  B. 
J.  B.  . 
0.  B.  . 

9G 

98 

134 

127 

100 

91 

136 

119 

87 

77 

120 

Sehu.  B. 
Wrz.  B. 
Be  B.  . 

? 

[495J 

ie5 

276 
222 

— 

— 

ob.  N.  0.  I 
u.  N.  0.  t 
Obli.  0.  R 
Ki.  0.  R. 

i 
l. 

110 
112 
130 
137 

109 
112 

118 

99 
92 

11, 

Br.  U.  . 
Bch.  U. 
Wd.  U. 

795 
675 

— 

— 

Tabelle  36.  Tabelle  37.  Tabelle  36.     Tabelle  37. 

Töpfer  A.  Bearer  A.  Töpfer  B,        Bearer  B. 


W. 

w. 

W. 

W. 

ca.  no.  . 

140 

285 

Alter  .  . 

27 

.35 

Kp.  H.  . 

1468 

1542 

Si.  H. .  . 

— 

— 

St.  H..  . 
St.  pr.   . 
Ob.  N.  H. 

1404 
180 
1376 
1345 
188/93 
1343 
1  283 

1488 
177 
1465 
1425 
192/93 
1425 
1364 

Kp.  H.  . 
Ohr  H.  . 
Ki.  H..  . 

1468 
1345 
1283 

1  542 
1425 
1  364 

Ohr  H.  . 
N.  0.  pr.. 
U.  N.  H.  . 
Ki.  n.  .  . 

Brb.  H.  . 
Nbl.  H.  . 

— 

— 

Schb.  H.  .  . 

— 

Seh.  L.  . 
Seh.  B.  . 

174 
132 
506 
332 

177 
133 
513 
325 

Schu.  H.  . 
Ell.  H.  . 
Hw.  H.  . 
Hsp.  H.  . 

— 

— 

h.  Seh.  U. 
s.  Seh.  Bo. 

— 

N.  Z.  h.  . 

35 
31 

32 
32 

Drb.  H.  . 

— 



N.  r.  L.  . 
N.  fl.  B.  . 
Aug.  E.  . 

Tr.  H.   . 
Kn.  H.  . 
Wd.  H.  . 
Knehl.  H. 

— 

M.  br:/h.  . 

— 

Wa.  B.  . 

88 

90 

117 

97 

90 

130 

Schu.  B.  . 
Wrz.  B.  . 
Be.  B.   . 

— 

U.  Ki.  B. 
J.  B.  .  . 
0.  B.  .  . 

— 

ob.  N.  0.  R 
u.  N.  0.  R. 
Obli.  0.  R. 
Ki.  0.  R. 

99 
97 

118 

106 
99 

113 

Br.  U..  . 
Bch.  U.  . 
Wd.  ü.  . 

— 



106  Dr.  Koerbin: 

38.  "Weber. 

1  Mann  +  3  Weiber. 

18  j.  M.  no.  119  von  Coimbatore;  27  j.  W.  no.  34  B  und  30 j.  W.  A 
von  Tinnevelly  [Kaikalar],  35 j.  W.  no.  138  von  Salem  [Modliar]. 

M.:  27;  I;  48,  schlicht;  schwach  an  Oberlippe  und  Kinn;  25;  ziemlich 
rein;    27;    weiss,  gesund.     Proportionirt.     51  kg  (—  0.5  in  j-  Jahr). 

27 j.  W. :    43,  Gesicht  heller.     Sonstiges  vacat. 

30  j.  W.:  28;  I;  Probe,  schlicht;  24;  ziemlich  rein  mit  kleineu  Adern ; 
innen  rosa,  am  Rand  violett  braun;  regelmässig,  gesund.  Proportionirt. 
371  kg. 

35 j,  W.:  28;  III;  48,  wellig;  24;  sehr  rein;  roth;  sehr  weiss. 
Robust.     50  kg  (+  0.5  in  1  Jahr).  (Hierzu  Tabelle  38.) 

39.  Kamala. 

2  M.  von  Madras. 
No.  4:    Zimmermann,  25  j.  M. 

28;    I;  — ,   geschoren; ;    25;    ziemlich    rein    mit    kleinen    braunen 

Flecken;    rosa;  — .  Etwas  mager.     A3>\  kg. 
No.   7.     Tischler;    60 j.  M. 

28;  II;  weiss,  geschoren;  — ;  25;  ziemlich  weiss;  violetblau  in  Rosa 
übergehend;  durch  Putzen  mit  Holzkohle  fast  zur  Hälfte  (senkrecht)  abge- 
schliflfen,   die  unteren    Vorderzähne   sind   sehr  klein.     Proportionirt,     53  kg. 

(Hierzu  Tabelle  39.) 

40.  Paniken. 

1  Weib. 
42  j.  W.  no.  175  von  Madura. 

27/28;  I;  48,  wellig;  26;  weiss,  Lidspalte  braun;  ro.  -f-  27;  unrein, 
unregelmässig.     36  kg  (-f-  2.0  in  3  Jahren).     90  -)-  28. 

(Hierzu  Tabelle  40.) 

41.    Milchmann. 

18  j.  M.  no.  8  von  Arcot. 

35;  II;  48,  geschoren;  spärlich  an  der  Lippe;  21;  sehr  dunkel, 
bräunlichgrau  mit  einzelnen  weissen  Flecken;  27;  weiss,  gesund —  Vorder- 
zähne oben  etwas  schief.     35  kg.  (Hierzu  Tabelle  4L) 

42.    Vellälas. 

5  Männer  +  3  Weiber. 
28  j.  M.  no.  114,  Kuli  von  Coimbatore, 
30  j,  M.  no.  104,  Landmann  von  Süd -Arcot, 
33  j.  M.  no.  110,  von  Coimbatore, 
37  j.  M.  no.  120,  Bauer  von  Coimbatore, 
55  j.  M.  no.  127,  Bauer  von  Coimbatore, 
25  j.  W.  no.  114,  Kuli  von  Madura, 
30  j.  W.  no.  141,  Bäuerin  von  Coimbatore, 
35  j.  W.  no.  142  von  Erode.  (Forts,  s.  S.  109.) 


Messungen  an  lebenden  Indiern. 


107 


Tabelle  38. 
Weber  A. 


Tabelle  39. 
Kamalas  A. 


M. 

W. 

M. 

ca.  no. .  .  . 

119 

34  B. 

34  A. 

138 

4 

7 

Kp.  H. .  .  . 

1625 

1445 

1445 

1477 

1560 

1665 

St.  H.  .  .  . 
St.  pr.  .  .  . 
Ob.  N.  H..  . 
Ohr  H..  .  . 
N.  0.  pr.  .  . 
U.  N.  H.  .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1  560 
178 
1  531 
1489 
199/87 
1496 
1417 

1383 
182 
1  365 
1323 
185/90 
1325 
1  257 

1382 
180 
1355 
1320 
183/9. 
1314 
1  258 

1412 
175 
1385 
1347 
182/95 
1347 
1281 

]  1440 
!•    93 

1  380 

]  1540 
^       112 
)  1  452 

Seh.  L.  .  . 
Seh.  B.  .  . 
h.  Seh.  U.  . 
s.  Seh.  Bo.  . 

179 
134 
515 
320 

185 
137 

340 

180 
135 

342 

168 
130 
51. 
325 

166 
134 

188 
135 
540 
340 

N.  Z.  h.  .  . 
N.  r.  L.  .  . 
N.  fl.  B.  .  . 

Aug.  E.  .  . 
M.  br./h.  .  . 

35 
32 

43 
39 
33 
31 

44/22 

40 
40 
38 
28 
43/22 

35 
32 

41 
42 

34 
43/23 

55 
48 
37 
38 

47/25 

Wa.  B.   .  . 
ü.  K.  B.  .  . 
I.  B.  ... 
0.  B.  .  .  . 

100 

89 

123 

85 

80 

115 

115 

85 

80 

118 

115 

92 

95 

120 

98       87 

92  1     90 

113      118 

115      124 

ob.  N.  0.  R.. 
u.  N.  0.  R.  . 
Obli.  0.  R.  . 
Ki.  CR..  . 

107 
HO 

130 

96 

97 

113 

122 

103 
105 
120 
125 

100 
90 

HO 

102 
104 
121 
133 

122 
127 
130 
145 

Weber  B. 


Kamalas  B. 


M. 

W. 

M. 

Alter.  .  .  . 

18 

27  • 

30 

35 

25      60 

Si.  H.  ,  .  . 

— 

- 

750 

- 

— 

- 

Kp.  H..  .  . 
Ohr.  H.  .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1625 
1489 
1417 

1  445  1   1 445 
1  323  1   1 320 
1  257  i   1  258 

1477 
1347 
1281 

1  560  ,   1  665 
1  440     1  540 
1  380     1  452 

Brb.  H.  .  . 
Nbl.  H.  .  . 
Schb.  H.  .  . 

- 

1  165     1  168 
872      880 

- 

1283 
940 
814 

1  368 

1021 

793 

Schu.  H.  .  . 
Ell.  H..  .  . 
Hw.  H.  .  . 
Hsp.  H.  .  . 

— 

U60  1   1  196 
907      920 
683      71. 
535      553 

- 

1  280     1  390 
977     1  083 
733      822 
653      638 

Drb.  H.  .  . 
Tr.  H.  .  .  . 
Kn.  H.   .  . 
Wd.  H.  .  . 
Knehl.  H.   . 

— 

810 

398 

295 

58 

840 
798 
397 
300 
60 

— 

840  j    898 
430      492 

[52]     - 

Schu.  B.  .  . 

[band] 
Wrz.  B.  .  . 
Be.  B. .  .  . 

— 

31. 
217 

307      — 
213      — 

—      340 

[357] 
176      175 
226      205 

Br.  U.  .  .  . 
Beh.  U.  .  . 
Wd.  U.  . 

- 

265 

595 
265 

- 

720 
615  j 

775 
680 

108 


Dr.  Koerbin; 


Tabelle  40. 
Panikens  A. 


Tabelle  41. 
Milchmann  A. 


Tabelle  40.  Tabelle  41. 

Panikens  B.    Milchmann  B. 


W. 

M. 

W. 

M. 

ea.  no.      ... 

175 

8 

Alter 

42 

18 

Kp.  H.     .    .     . 

1474 

1498 

Si.  H,  .     .    .    . 

718 

— 

St.  H 

St.  pr 

Ob.  N.  H.     .    . 
Ohr  H.     .     .    . 
N.  0.  pr..     .     . 
U.  N.  H..     .     . 
Ki.  H 

1405 

168 

1  374 

1  354 

176/78 
1352 
1  289 

1420 
184 
1398 
1378 
190/90 
1368 
1  305 

Kp.  H.     .     .     . 
Ohr  H.     .     .     . 
Ki.  H 

1474 
1  354 

1  289 

1498 
1378 
1305 

Rrb.  H.    .     .     . 
Nbl.  H.    .     .     . 
Schb.  H.  .     .     . 

1  21. 
915 

1243 
922 
785 

Seh.  L.     .    .     . 
Seh.  B.     .     .    . 
h.  Seh.  U.    .     . 
s.  Seh.  Bo.  .     . 

165 
130 
480 
314 

177 
137 
510 
330 

Schu.  H.  .     .     . 
Ell.  H.     .     .     . 
Hw.  H.     .     .     . 
Hsp.  H.    .     .     . 

1  195 
906 
683 
525 

1240 
950 
724 

547 

N.  Z.  h.  .    .     . 
N.  r.  L.   .    .     . 
N.  fl.  B.  .     .     . 
Aug.  E.    .     .     . 
M.  br./h.  .     .     . 

39 
39 
30 
29 

45/22 

37 
37 
35 
33 
47/22 

Drb.  H.    .     .     . 

Tr.  H 

Wd.  H.    .     .     . 
Kn.  H.     .     .     . 
Kehl.  H.  .     .     . 

840 
782 
373 
305 

54 

822 
440 

51 

Wa.  B.     .     .     . 
U.  K.  B.  .    .     . 

J.  B 

0.  B 

85 

87 

110 

114 

92 

81 

110 

115 

Sehu.  B.  .     ,     . 

[band] 
Wrz.  B.    .     .     . 
Be.  B 

? 

315 

200 

[300] 

150 
210 

ob.  N.  0.  R.    . 
u.  N.  0.  R.  .     . 
Obli.  0.  R.  .     . 
Ki.  0.  R.     .     . 

94 
100 

113 

108 
110 
119 
120 

(195) 

Br.  ü 

Beh.  U.    .     .     . 
Wd.  U.    .    .    . 

200 

665 
790 

Schädel-  und  Nasen-Index  verschiedener  Kastenglieder. 


40j. 

W. 

Dobhi              Ol 

ir  H.     91.77 

40  j. 

W. 

Dobhi 
Pariah 

92.20 

40  j. 

W. 

Uaddar 

92.39 

16  j. 

M. 

n 

91.94 

33  j. 

M. 

Pandarem 

92.60 

25  j.  M. 


92.25 


30  j. 

W. 

Tempeldiener 

y> 

92.54 

27  j. 

W. 

Tüpfer 

„ 

91.62 

35j. 

w. 

Träger 

» 

92.41 

27  j. 

w. 

Weber 

» 

91.56 

18  j. 

M. 

V 

» 

91.63 

30  j. 

w. 

„ 

» 

91.35 

35  j. 

w. 

5) 

yt 

91.20 

60  j. 

M. 

Kamala 

„ 

92.49 

71°.43 


fl.  B.      39 


H.  L.     46.5 


=  83.°87 


71.°20 

, 

— 

74.°71 

n 

— 

73.°94 

n 

— 

76.°67 

- 

(37 

M42  = 

48 

78.°18 

,, 

— 

75.°86 

„ 

— 

75.°14 

„ 

— 

74.°05 

„ 

33 
41 

74.°86 

» 

— 

75.°00 

n 

38 
40 

77.°38 

„ 

— 

71.°81 

„ 

37 
51.5 

77.°08 
87.°50 


=  80.°49 


—      =  95.°00 


=  71.°84 


Messungen  an  lebenden  Indiern.  109 

R  AR 

25  j.  M.      Kamala  Ohr  H.     92.31  pCt.     Seh.  -r-^   80.°72     N.  -g-r        —  — 

30 
42 j.  W.     Paniken  „  91.86     ,  „         78.°78  ,  rr      =  76.''92 


35 
18  j.  M.      Milchmann  ,  91.99     ,  „         77.°40  „  ^     -  97.°22 


39 
35 

37 


(Fortsetzung  v.  S.  106.) 

Haut:  27  bei  M.  120  ii.  W.  114;  34  bei  M.  110;  27/28  bei  W.  141; 
27,  vom  28  bei  M.  127  und  VV.  104;    43  bei  M.  114. 

Iris:  I  bei  M.  104  u.  120  und  W.  179  und  141;  II  bei  M.  114,  110, 
127  u.  W.  142. 

Haar:  Bei  30 j.  M.  schwarz  geschoren,  bei  55 j.  M.  grau,  geschoren, 
sonst  (6  mal)  48,  bei  37  j.  M.  etwas  grau,  bei  den  Weibern  wellig,  bei  den 
Männern  schlicht.     Das  Haar  des  30 j.  W.  ist  besonders  dick. 

Rart:  48,  bei  55j.  M.  weiss.  An  der  Wange  keinmal  notirt,  nur  an 
der  Oberlippe  bei  55  j.  M.,  sonst  au  Lippe  und  Kinn. 

Nägel:  5  mal  25,  3  mal  24  (combinirt  mit  43  und  II,  34  und  H 
27/28  und  II). 

Bindehaut:  Weiss  bei  35 j.  W.  neben  27/28  +  II -f  24;  rein,  Lid- 
spalte braun  bei  25  j.  W.,  ziemlich  rein  bei  28 j.  M.  u.  37  j.  M.,  grünlich 
mit  braunen  Flecken  bei  30j.  M.,  braune  Flecke  bei  30j.  W.,  viel  braune 
Flecke  bei  55  j.  M. 

Lippen:  1  mal  roth  (55  j.  M.),  1  mal  27  +  ro.  (35  j.  W.),  2  mal  ro.  -|- 
bl.  (28  j.  M.  u.  .30  j.  W.),  4  mal  27. 

Zähne:  Ueberwiegend  schön  weiss  und  gesund,  besonders  beim  25 j. 
u.  30).  W.     Bei  55  j.  M.  bereits  stark  abgenutzt. 

Körper:  Robust  bei  30 j.  M.  und  30 j.  W.,  untersetzt  bei  35 j.  W., 
im  Uebrigen  proportionirt. 

Gewicht:  40.0  bei  25 j.  W.,  40.5  bei  28j.  M.  (+0.5  in  5  Jahren), 
43.5  bei  30  j.  W.  (+  4.5  in  1^  Jahren),  50.5  bei  33  j.  M.  (-  1.0  in  7  Jahren), 
52.0  bei  35j.  W.  (??  +  18.0  in  1  Jahr),  56.0  bei  55j.  M.  (-[-2.0  in  9 
Jahren),  58.0  bei  37  j.  m.  (+  13.0  in  3^  Jahren),  68.5  bei  30  j.  M.  (+  3.0 
in  l  Jahr). 

Puls  u.  Athmung:    80  +  20  bei  25j.  W.  (Hierzu  Tabelle  42.) 

43.     TelegÜS,  verschiedener  Kasten. 

Diese  Abtheilung   nimmt  eine  abgesonderte  Stellung  ein,   denn  sie  um- 

fasst  eine  besondere  Sprache,  das  Telegu,  ein  Wort,  welches  also  keine  Kaste 

repräsentirt,  sondern  in  sich  viele  Kastenabtheilungen  einbegreift.   Lediglich 

die  geringe  Zahl   der  untersuchten  Individuen    rechtfertigt  ihre  Vereinigung, 

23  j.  M.  no.   121,  ?  Chekler  (niederste  Kaste)  von  Belary, 

25  j.  M    110.  252,  Golen  (Schäfer)  von  Salem.  (Forts,  s.  S.  111). 


HO 


Dr.  Koerbin: 


Tabe 

lle  42. 

VelUlas  A. 

M. 

W. 

ca.  no. .  .  . 

114 

104 

IIQ 

120 

127 

179 

141 

142 

Kp,  H..  .  . 

1625 

1686 

1630 

1637 

1693 

1486 

1565 

1457 

St.  H.  .  .  . 

1556 

P1624 

1543 

1586 

1624 

1  411 

1504 

1395 

St.  pr.  .  .  . 

166 

192 

187 

172 

191 

175 

180 

181 

Ob.  N.  H..  . 

1  519 

f   - 

1518 

1556 

1599 

1385 

1474 

1368 

Ohr  H..  .  . 

1498 

<  ?  1  562 

1482 

1  517 

1555 

1357 

1442 

1333 

N.-  0.-  pr.  . 

177/75 

1213/120 

185/100 

191/9. 

197/93 

185/87 

187/10. 

190/89 

ü.  N.  H.  .  . 

149. 

41  1 

1480 

1516 

1556 

1  354 

144. 

1330 

Ki.  H.  .  .  . 

1  415 

109 

1406 

1443 

1495 

1  287 

1375 

1263 

Seh.  L.  .  . 

167 

195 

187 

170 

182 

170 

172 

177 

Seh.  B.  .  . 

130 

137 

144 

138 

135 

135 

141 

138 

h.  Seh.  U.  . 

49. 

540 

540 

515 

525 

506 

?533 

513 

s.  Seh.  Bo.  . 

317 

320 

330 

300 

336 

325 

351 

354 

N.  Z.  h.  .  . 





_ 

_ 

_ 

41 

_ 

_ 

N.  r.  L.  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

39 



— 

N.  fl.  B.  .  . 

32 

— 

38 

34 

39 

31 

36 

35 

Aug.  E.  .  . 

32 

— 

37 

31 

37 

28 

35 

31 

M.  br./h.  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

45/22 

— 

Wa.  B.  .  . 

98 

100 

107 

1?  95 
1?104 

110 

87 

95 

80 

ü.  K.  B.  .  . 

89 

97 

84 

99 

85 

92 

92 

J.  B.  .  .  . 

129 

14. 

127 

140 

137 

117 

124 

124 

0.  B.  .  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

112 

- 

— 

ob.  N.  0.  R.. 

104 

105 

105 

105 

110 

91 

101 

102 

u.  N.  0.  R.  . 

101 

111 

103 

110 

114 

92 

100 

102 

Obli.  0.  R.  . 

— 

_ 

— 

— 

— 

110 

— 

— 

Ki.  0.  R..  . 

126 

130 

122 

130 

125 

123 

119 

120 

Tabelle  42.    Vellalas  B. 


• 

M. 

W. 

Alter.  .  .  . 

28 

30 

33 

37 

55 

25 

30 

35 

Si.  H.  .  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

725 

— 

— 

Kp.  H..  .  . 
Ohr  H.   .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1625 
1498 
1415 

1686 
P1562 

1630 
1482 
1406 

1637 
1517 
1443 

1693 
1555 
1495 

1486 
1357 
1  287 

1565 
1442 
1375 

1457 
1333 
1263 

Brb.  H.  .  . 
Nbl.  H.  .  . 
Sehb.  H.  .  . 

— 

— 

— 

- 

1  205 
92. 

- 

— 

Schu.  H.  .  . 
Elb.  H.  .  . 
Hw.  H.  .  . 
Hsp.  H.  .  . 

— 

— 

— 

— 

— 

1218 
925 
690 
498 



— 

Drb.  n.  .  . 
Tr.  H.  .  .  . 
Kn.  H. .  .  . 

Wd.  H.  .  . 
Knchl.  H..  . 

- 

— 

— 

— 

— 

865 
838 
401 

60 

- 

- 

Schu.  B.  .  . 
Wrz.  B.  .  . 
Be.  B.  .  .  . 

- 

1 

— 

— 

312 
190 

- 

— 

Br.  U.  .  .  . 
Bch.  U.  .  . 
Wd.  U.  .  . 

— 

- 

— 

— 

- 



257 

— 

— 

Messungen  an  lebenden  Indiern. 


111 


Schädel-  and  Nasen-Index  von  Vellalas. 


30j.  M, 

55  j.  M. 
28  j.  M. 
35  j.  W. 
33  j.  M. 

25  j.  W. 

37  j.  M. 
30 j.  W. 


Ohr  H. 


? 

Seh 

B. 
L. 

70.°26 

^-   H.  L. 

91.85  pCt. 

„ 

74.°18 

„ 

92.18     . 

., 

77.''84 

» 

91.49     „ 

„ 

77.°97 

„ 

90.92     , 

.. 

79.°14 

- 

91.32     , 

„ 

79.''41 

- 

92.67      , 

^ 

81.°18 

■n 

92.14     „ 

^ 

81.''98 

y, 

31 

4Ö  =   ''    '"^ 


(Forts.  V.  S.   109.) 

32  j.  W.  no.  28,  GuUiare  (Milchfrau)  von  Chingleput. 

23  j.  M.  no.  38     j  „     Madras. 

24 j.  M.  no.  39     l    Obbar  „     Madras. 

45  j.  W.  no.  37    J  „     Chingleput. 

25  j.  W.  no.  27,  Gentu,  „     Madras. 

22  j,  M.  no.  14,  Hausirer,  „     Chingleput. 

26  j.  W.  no.  35,  Komali  (Kaufmann)      „     Chittur. 
5  M.  +4  W. 

No.  121:  27/28;  I;  48,  schlicht;  48,  an  Lippe  und  Kinn;  24;  grün- 
lich;   27  -[- ro.;    sehr  schadhaft.     Proportionirt ;     4S  kg   (—1.0   in  1:|-  Jahr). 

No.  252:  27;  II;  48,  schlicht,  geschoren;  48  an  Lippe  und  Kinn; 
25;    braune  Flecke;    27;    sehr  weiss,  gesund.     Proportionirt.     73  Pulse. 

No,  28:  28;  II;  Probe  schlicht  -  wellig.  24;  unrein  weiss;  rosa; 
gesund,  schwarz  gefärbt.     Proportionirt.     45  kg. 

No.  38:    \     Haut  vacat.   Iris  vacat.   Haar  Farbe  vacat;  im  Uebrigen 

No.  39:     >     schlicht,    halb    geschoren.     Bart    Farbe    vacat.     Schwach, 

No.  37:  J  an  der  Wange  fehlend.  Nägel  vacat.  Bindehaut:  Braune 
Flecke  bei  no.  38;  viel  braune  Flecke,  sehr  unrein  bei  no.  39;  No.  37: 
vacat.  Lippen  vacat.  Zähne  schmutzig  bei  Allen,  schadhaft  bei  no.  37, 
vollzählig  bei  no.  38,  gesund  bei  no.  39. 

N.  B.  bei  den  Telegüs  und  Mohamedanern  wurden  die  Zähne  durch 
Dasena-padi  häufig  blauschwarz  gefärbt. 

Körper:    proportionirt. 

No.  27:  30/37;  III;  Probe,  schlicht;  24;  ziemlich  weiss,  rein; 
ro8a/27;  gesund,  Unterkiefer  schwarz.  Mager,  AS  kg.  Vorderarm,  Hand- 
und  Fussrücken  sind  blau  tätowirt.     Vertikaler    blauer  Strich  auf  der  Stirn. 

N.  B.  dieser  blaue  Strich  ist  bei  sehr-  vielen  Weibern  wie  Männern 
vorhanden. 

No.  14:  28;  II;  schwarz,  geschoren;  ?,  schwach,  wenig  behaarte 
Lippe;  25;  ziemlich  rein;  Lippe:  Extrafarbe  56;  Zähne  sehr  weiss,  ge- 
sund;   die  oberen  Vorderzähne  sind  grösser. 


112 


Dr.  Koerbin: 


No.  35:    28;    I;    Probe,    schlicht;     25;    ziemlich    weiss    mit    wenigen 
braunen  Flecken ;    Lippen  roth;    Zähne  unregelmässig,  schadhaft,  schmutzig. 

(Hierzu  Tabelle  43.) 


44  —  47.     Vereinzelte  Repräsentanten  anderer,  zum  Theil 

höherer  Kasten. 

44.    Oelhändler. 
1  M.  +  1  w. 

18 j.  M.  no.  115    von    Coimbatore.     35;     II;    48,    schlicht;    fehlt;    25; 
rein  weiss;    27;    rein,  weiss,  gesund, 

23 j.  W.    no.  279    von  Salem.     28/27;    I;    48,    schlicht;    26;    ziemlich 
weiss;    rein  weiss.     Etwas  fett.     Stirn  durch  Strich  tättowirt. 

(Hierzu  Tabelle  44). 


Tabelle  43.     Telegüs  A. 


ca.  no,  .  . 

121 

252 

28 

38 

39 

37 

27 

14 

35 

M.  23 

M.  25 

W.  32 

M.  23 

M.  24 

W.  45 

W.  25 

M,  22 

W.  26 

Chekler 

Golen 

GuUiare 

Obbar 

Gentu? 

Hausirer 

Komali  ? 

Kp.  H.  ,  . 

1557 

1586 

1485 

1  703 

1  745 

1735 

1517 

1637 

1530 

St.  H.  .  .  . 

1487 

1  532 

1460 

1627 

167. 

1674 

1450 

1569 

1463 

St.  pr.,  ,  . 

195 

192 

170 

187 

190 

197 

177 

180 

183 

Ob.  N.  H.  . 

1464 

1493 

1  394 

1606 

1635 

1646 

1430 

1527 

1436 

Ohr  H.  .  . 

1425 

1465 

1367 

1  575 

1  60. 

1601 

1392 

1510 

?1406 

N.  0.  pr.  . 

198/10. 

21./108 

183/85 

195/90 

20./105 

205/100 

192/93 

193/87 

195/90 

U.  N.  H.  . 

1423 

1463 

1355 

1562 

1  594 

1600 

1394 

1  497 

? 

Ki.  e.  .  . 

1364 

1  39. 

1303 

1490 

1  512 

1533 

1342 

1445 

1332 

Seh.  L.  .  . 

188 

1^1 

162 

175 

185 

186 

168 

174 

179 

Seh.  B.  ,  . 

130 

•  133 

131 

132 

145 

145 

130 

130 

130 

h.  Seh.  U.  . 

505 

538 

— 

506 

545 

540 

— 

505 

— 

s.  Seh.  Bo,. 

325 

349 

358 

330 

345 

345 

340 

350 

325 

N.  Z.  h.  .  . 

_ 

51 

46 

47 

50 

55 

45 

50 

46 

N.  r.  L.  .  . 

— 

49 

44 

46 

41 

49 

38 

43 

42 

N.  fl.  B. .  . 

34 

36 

36 

37 

39 

38 

35 

39 

38 

Aug.  E.  .  . 

31 

35 

32 

27 

35 

33 

30 

33 

33 

M.  br./h. .  . 

— 

51/22 

49/18 

50/22 

48/21 

49/17 

48/2. 

45/27 

49/25 

Wa.  B.  .  . 

90 

96 

83 

91 

99 

98 

90 

97 

92 

U.  Ki.  B.  . 

87 

92 

89 

94 

90 

103 

82 

95 

87 

J.  B.  ... 

120 

128 

122 

124 

139 

134 

118 

123 

124 

0.  B.  .  .  . 

— 

110 

112 

120 

130    128 

120 

118 

119 

ob.  N.  0.  R. 

102 

105 

84 

100 

106 

12. 

104 

100 

104 

u.  N.  0.  R. , 

90 

107 

9. 

102 

HO 

124 

106 

105 

107 

Obli.  0,  R.  , 





102 

120 

129 

140 

117 

125 

123 

Ki.  0.  R.  . 

HO 

125 

109 

126 

150 

138 

117 

120 

130 

Messungen  an  lebenden  Indiern. 


113 


Tabelle  43.     Telegüs  B. 


Alter    .    .    . 

M.  23 

M.  25 

W.  32 

M.  23 

M.  24 

W.  45 

W.  25 

M.  22 

W.  26 

Chekler? 

Golen 

QuUiare 

Obbar 

Gentu? 

Hausirer 

Eomali 

Si.  H.  .    .    . 

— 

815 

770 

830 

867 

885 

768 

— 

800 

Kp.  H.    .   . 

1557 

1586 

1485 

1703 

1  745 

1  735 

1  517 

1  637 

15.30 

Ohr  H.    .    . 

1425 

1465 

1367 

1  575 

1  60. 

1601 

1  392 

1  510 

?  1  406 

Ki.  H. .    .    . 

1  364 

1  39. 

1303 

1490 

1512 

1  533 

1  342 

1445 

1  332 

Brb.  H.    .   . 

1  304 

1  22. 

1392 

143. 

1414 

1243 

1342 

1  261 

Nbl.  H.    .    . 



957 

966 

1052 

1046 

1035 

940 

1  002 

915 

Scbb.  H.     . 

— 

832 

— 

887 

930 

850 

— 

840 

— 

Schu.  H. .    . 

1315 

1203 

1427 

1450 

1450 

122. 

1  360 

1267 

Ellb.  H.  .    . 



100. 

963 

1097 

1  144 

1  126 

944 

1070 

990 

Hw.  H.    .    . 



745 

740 

815 

863 

827 

735 

781 

760 

Hsp.  H.  .    . 

— 

564 

571 

627 

660 

615 

555 

598 

587 

1  010 

Drb.  n.   .    . 



905 

875 

960 

1  022 

1  015 

930 

— 

899 

Tr.  H. .    .    . 



847 

800 

895 

934 

907 

828 

917 

?840 

Kn.  H.     .    . 



455 

410 

?490 

471 

498 

392 

500 

428 

Wd.  H.    .    . 

— 

— 

— 

360 

35. 

325 

— 

— 

32. 

Kncbl.  H.    . 

— 

64 

55 

59 

65 

75 

66 

55 

60 

[354] 

[410] 

[395] 

[360] 

Schu.  B.  .    . 

— 

340 

30. 

346 

— 

328 

317 

285 

Wrz.  B.  .    . 

— 

182 

— 

187 

190 

203 

— 

160 

— 

Be.  B..    .    . 

— 

215 

225 

254 

244 

260 

235 

245 
22ü 

205 

Br.  U.  .    .    . 

755 

628 

833 

825 

1       840 



710 

, 

Beb.  U.   .    . 

— 

— 

— 

718 

780 

740 

650 

655 

584 

Wd.  U.    .    . 

— 

— 

31. 

290 

303 

277 

290 

— 

285 

,1 

— ^— 

ca.  no..    .    . 

12lj 

252 

«1 

38 

i""! 

,   37| 

27 

14 

35 

Schädel-  und  Nasen-Index  Telegu   sprechender   Kastenglieder. 

B.        o       „    fl-  B- 
23  j.  M.   Cbekler        Ohr  H.  91.52  pCt.    Seh.  —  69.°15    N.    g-^^     —  — 


25  j. 

M.  Golen 

r> 

92.43 

» 

„ 

69.°63 

» 

36 
50 

72.°00 

26  j. 

W.  Komali 

1 

? 

V 

, 

72.°63 

n 

38 
44 

86.°36 

22  j. 

M.  Hausirer 

T 

92.25 

» 

V 

74.°71 

r> 

39 
46.5  ~ 

83.°87 

23  j. 

M.  Obbar 

n 

92.48 

r 

" 

75.°43 

y> 

37 
46.5  ~ 

79.°57 

25  j. 

W.  Gentu 

y> 

91.76 

" 

n 

77.°38 

n 

35 
41.5  " 

84.^^34 

45  j. 

W.  Obbar 

, 

92.28 

„ 

,, 

77.°96 

, 

38 

52      " 

73.^10 

24  j. 

M.  Obbar 

, 

91.69 

» 

n 

78.°38 

» 

39 
45.5  " 

85.''71 

32  j. 

W.  Milchfrau 

, 

92.05 

„ 

„ 

80.°86 

- 

36 

45 

80.°00 

Zeitscbrift  für  Ethuologie.    Jahrg.  1079. 


114 


Dr.  Koerbin: 


45.    Chetti. 

2  Weiber. 
30 j.  W.  no.  150  von  Erode.     27;    I.     48,  schlichtwellig;    24;   grünlich 
mit  braunen  Flecken;    27;    sehr  weiss,  gesund.     Etwas  mager.     S3  kg. 

55  j.  W.  no.   146  von  Coimbatore.     27;  II;   grau,  wellig.     24;   grünlich 
mit  braunen  Flecken;    27  -[-  ro.;    sehr  gesund.     44%  (+  3.0  in  4  Jahren). 

(Hierzu  Tabelle  45). 


Tabelle  44. 
Oelhändler.  A. 


Tabelle  45. 
Chetti  A. 


Tabelle  44. 
Oelhändler  B. 


Tabelle  45. 
Chetti  B. 


M. 

W. 

W. 

M. 

W. 

28 

ca.  no. .  .  . 

115 

279 

150 

146 

Alter.  .  .  . 

18 

23 

30 

55 

Kp.  H..  .  . 

1606 

1500 

1394 

1  60. 

Si.  H.  .  .  . 

— 

768 

— 

— 

St.  H.  .  .  . 
St.  pr. .  .  . 
Ob.  N.  H.   . 
Ohr  H..  .  . 
N.  0.  pr. .  . 
U.  N.  H.  .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1  533 
177 
1495 
147. 
180/90 
1468 
1  40. 

1451 
173 
1432 
139. 
192/95 
1  390 
1336 

1336 
165 
131. 
1  266 
182/83 
1  266 
1  21. 

1525 
186 
1  503 
1467 
19. /85 
1466 
1398 

Kp.  H.   .  . 
Ohr  H.   .  . 
Ki.  H.  .  .  . 

1606 
147. 
140. 

150. 
139. 
1336 

1394 
1266 
1  21. 

160. 
1467 
1398 

ßrb.  H.  .  . 
Nbl.  H.  .  . 
Sehb.  H.  .  . 

— 

1  243 
934 

— 

— 

Seh.  L..  .  . 
Seh.  B.  .  . 
h.  Seh.  U.  . 
s.  Seh.  Bo.  . 

175 
139 
515 
325 

175 

129 

?505 

298 

164 
130 
492 
332 

180 
125 
510 
306 

Sehu.  H.  .  . 
Ell.  H. .  .  . 
Hw.  H.  .  . 
Hsp.  H.  .  . 

— 

1242 
96. 

727 
554 

— 

— 

N.  Z.  h.  .  . 
N.  r.  L.  .  . 
N.  fl.  B.  .  . 
Aug.  E.  .  . 
M.  br./h.  .  . 

31 
34 

29 
30 

43/18 

35 
32 

31 
30 

Drb.  H.  .  . 
Tr.  H.  .  .  . 
Kn.  H..  .  . 
Wd.  H.  .  . 
Knehl.  H..  . 

— 

865 
815 
403 
34. 
52 

— 

— 

Wa.  B.  .  . 
ü.  K.  B.  .  . 
J.  B.  .  .  . 
0.  B.  .  .  . 

100 

88 

IIB 

90 

89 

115 

110 

89 

85 

115 

95 
95 
120 

Sehu.  B.  .  . 
Wrz.  B.  .  . 
Be.  B.  .  .  . 

— 

30. 
210 

— 

ob.  N.  0.  R.  . 
u.  N.  0.  R.  . 
Obii.  0.  R.  . 
Ki.  0.  R. .  . 

100 
94 

122 

10. 
95 

112 

95 
90 

110 

102 
102 

122 

Br.  U.  .  .  . 
Beh.  U.  .  . 
Wd.  U.  .  . 

— 

275 

— 

— 

46.    Brahmine. 
55 j.  W.    no.  36    von    Chingleput.     Heller    als   28;    HI;    grau,  wellig; 
25;    Lippen  vacat;    Zähne  klein,  etwas  schadhaft.     Etwas  mager.     34^% 

("Hierzu  Tabelle  46). 


Messungen  an  lebenden  Indiern. 


115 


47.    Mohamedaner. 

1  Weib. 
35 j.  W.    no.  30    von    Chingleput.     28;    III;    Probe,   wellig;    25;    rein, 
weiss;    rosa;    gesund,  klein,  schwarz  gefärbt.     Proportionirt.     44^  kg. 

(Hierzu  Tabelle  47.) 


Tabelle  46. 
Brahniine  A. 


Tabelle  47. 
Mohamedaner  A. 


Tabelle  46.         Tabelle  47. 

Brahmine  B.     Mohamedaner  H. 


W. 

W. 

W. 

W. 

ca.  no 

36 

30 

Alter 

55 

35 

Kp.  H 

1470  • 

1532 

Si.  H 

— 

828 

St.  H 

St  pr 

1420 
170 
1387 
1353 
190/100 
1347 
1  282 

148. 
183 
1447 
142. 
195/10. 
1403 
1340 

Kp.  H 

Ohr  H 

Ki.  H 

1470 
1353 
1282 

1532 
142.  . 

Ob.  N.  B.  .  . 
Ohr  H 

1  340 

N.  0.  pr.  .  .  . 
U.  N.  H.  .  .  . 
Ki.  H 

Brb.  H 

Nbl.  H 

Schb.  H.  .  .  . 

1  192 
925 

1  257 
933 

Seh.  L 

Seh.  B 

h.  Seh.  U.  .  . 
s.  Seh.  Bo.  .  . 

171 
141 
490 
310 

175 
130 

355 

Sehu.  H.  .  .  . 

Elb.  H 

Hw.  H 

Bsp.  H 

1  204 

937 
705 
507 

1285 
995 

775 
595 

N.  Z.  h. 
N  r  L 

47 
43 
35 
32 
98/21 

48 
48 
38 
32 
55/20 

Drb.  H..  . 
Tr.  H.  .  . 

855 

425 
315 

t)6 

?885 
?840 

N.  fl.  B. 
Auff.  E.. 
M.  br./h. 

Kn.  H.   . 
Wd.  H.  .  . 
Knchl.  H.  . 

410 

320 

60 

Wa.  B 

U.  Ki.  B.  .  .  . 

J.  B 

0.  B 

82 

85 

117 

115 

91 

90 

125 

120 

Schu.  B.  .  .  . 

Wrz.  B 

Be.  B 

311 

233 

320 

245 

ob.  N.  0. 
u.  N.  0.  f 
Obli.  0.  R 
Ki.  0.  R. 

R..  . 
l.  .  . 

102 
104 
117 
123 

100 
110 
125 
135 

Br.  U.  .  . 
Beb.  U.  .  . 
Wd.  U.  .  . 

247 

633 
286 

Schädel-  und  Nasen-Index  vereinzelter  Repräsentanten  zu  Th. 

höherer  Kasten. 

23  j.  W.  Oelhändler    Ohr  H.  92.67  pCt.     Seh.  -^  73.^71 

18  j.  M.  ,  ,         91.53     ,  ,         79."43 

55  j.  W.  Chetti  ,        91.69     ,  ,         69."44 

8* 


116 

Dr.  Koerbin: 

30  j. 

W. 

B. 

Chetti            Ohr  H.  90.82  pCt.     Seh.  j^  79  »27 

55  j. 

W. 

Brahmine           ,         92.04     ,,             „        82.046 

35  j. 

W. 

Mohamedaner    .,        92.69     ,             ,         74.029 

fl.  B.  B. 

2-^  =  74.047   N.  l"  =  81-40 

=  79.017         „       =  79.017 


Zum  Schluss  gebe  ich  eine  General -Uebersicht  der  Körperhöhe  und 
des  Schädel -Breiten- Index.  Es  sind  nur  ganz  vereinzelte  Exemplare  als 
in  höherem  Grade  zweifelhaft  ausgelassen.  In  wiefern  jüngere  Individuen 
—  unter  20  Jahren  —  ihr  Wachsthum  noch  nicht  vollendet  haben,  bleibt 
dahingestellt.  Für  die  Wuchsgrösse  zeigen  die  römischen  Ziffern  das 
weibliche  Geschlecht  an.  Die  exact  individualisirende  Musterkarte  des 
Schädeltypus  der  einzelnen  Kasten  rechnet  auf  besonders  beifällige  Zu- 
stimmung. 

Vorbemerkung  zur  Liste  der  Körperhöhen. 

Die  ani  Rande  aufgestellten  Categorien  von  157,  162,  167,  170  cm 
bedeuten  die  Minimalmaasse  der  deutschen  Rekrutirungs- Ordnung,  und  zwar 
sind  erfordert: 

1)  161  cm  für  Infanterie,  Jäger,  Train. 

2)  162  cm  für  reitende  und  Feld -Artillerie, 

für  Dragoner  und  Husaren  (generell), 
für  Pioniere  und  Eisenbahner. 

3)  167  cm  für  Fussartillerie, 

für  Kürassiere  und  Uhlanen. 

4)  170  cm  für  die  Garde. 

Ob  die  gewählten  Ziffern  gerade  die  praktischsten  sind,  unterliegt  nicht 
unserer  Beurtheilung.  Für  jeden  an  militairische  Verhältnisse  Gewöhnten 
ergiebt  sich  durch  diese  Bezugnahme  eine  frappante  Anschaulichkeit. 

Sollte  anthropologisch  sich  die  militairische  Betrachtungsweise  einbürgern, 
so  möchte  ich  in  Bezug  auf  die  Körperqualität  der  bezeichneten  Truppen- 
theile   vorschlagen  die  Ausdrücke:    Klein-  Leicht-  Schwer-  Gross -Maass. 


(in  om.) 


vo  Kasten. 


Tabelle  zu  S.  116. 


i 

■* 
m 

CO 

1= 

t^ 

M 

O 
CO 

■o 

CO 

CO 

CO 
CO 

IN 

CO 

CO 

156  —  131  cm 

1  . 

[ 

.'  i 

6  +  11 

•   • 

.    I 

2  + VI 

.    I 

O  +  II 

1    . 
1    '•     '• 

1   . 

1  . 
1  . 

'. 

•  • 

•  • 

' 

2  +  0 

0  +  0 

1  +0 
1  +0 
0  +  0 

0  +  I 

\    1     • 

I 

4    . 

I 

1 

•      ■     1 

I 

.     ■ 

U  -r  XI 

::' 

1    . 

li 
2 

•  • 

2  + IV 

4  +  0 

Nilländer.  Herlin  1865.   Ders.  Die  Nigritier.    Eine  anthropologisch  ethnologiscbe  Monographie. 
Berlin  1876,  I.  etc.  etc. 


Uebersichts -Klarte   der   Körper -Hölie    (m  om.)    von   2öB   IrLciiem   in   B4r   Kasten. 


Tabelle  zu  S.  116. 


1-0 
4 

167 

162 

157  an 

s 

:; 

S 

s 

s 

ä 

s 

S 

s 

S 

S 

s 

S 

s 

£ 

° 

s  ,  a 

-    = 

cm  +  1  M.  +  ™. 

S 

s 

s 

2 

s     s 

s 

S         ? 

5 

^ 

S 

5 

3 

5 

§ 

g 

s 

s 

". 

g 

156—  131  cm 

■ 

0  +  0 
4+0 

1  +  0 

2  +  0 
1  +0 

3  +  n 

0  +  0 

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1 

1.  Vedas. 

2.  Pulajer. 

3.  Cberumas. 

4.  l'dDirs. 

5.  Müpen. 

6.  Känikas. 

7.  Tiers. 

8.  Näyers. 
S.  Sloplah. 

1  . 

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1  +0 
0  +  0 
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10.  Mulcers. 

11.  KaHers. 

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13    Kmümbas. 

14.  Irulas. 

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10.   Kolas. 
17.  B.iJagas. 

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19.  Pariahs. 

20.  Obckleis. 

21.  Pällaiis. 

22.  Koruvas. 

23.  Lämbadis 

24.  Fis.ber. 

25.  Vetevas. 

26.  Katumarätis. 

27.  KallaDS 

28.  Maravaos. 

29.  Pyer. 

30.  Pallis. 

31.  .Schaiiars. 

32.  Dibhis, 

33.  Ubbbi-Pariab. 

34.  Uädd.ars. 

35.  Panddrems, 

36.  Teoipeldienerin. 

37.  Töpfer. 

38.  Träger. 

39.  Weber  ,  llbdliar). 

40.  Kämalas. 
41    Panikens. 

42.  Milcbraann. 

43.  Vellalas. 

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47.  Hausirer 
4S.  Obbar. 

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50.  Milcbfraii. 

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54.  Mnliamedaner. 

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Berlin  1876,  I.  etc.  etc. 


XJebersiohts- Karte  des  Soliädel   P|^l^  -  Inclex   von   S54r   IncLiern  in  04  Kasten. 


Längen 


Tabelle  zu  S.  116. 


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1.  Vedas. 

2.  Pülayer. 

3.  Cherumas. 

4.  Panirs. 

5.  Müpen. 

6.  Kaoikas. 

7.  Tiers. 

8.  Nayers. 

9.  Miplah. 

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13.  Kurümbas. 

14.  Irulas. 
16.  Todas. 

16.  Kiilaä. 

17.  Bädagas, 

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19.  Pariabs 

20.  Chclilers. 

21.  Pallaus, 

22.  Koruvas. 

23.  Lämbadis. 

24.  Fischer. 
26.  Vetevas. 

26.  Eatumaratis. 

27.  KallaDS. 

28.  Maravaus. 

29.  Pyer. 

30.  Pilus. 

31.  Schanars. 

32.  Dobhis. 

33.  Dubhi-Pariab. 

34.  üaddars. 

35.  Pandärems. 

36.  Tempeldienerin. 

37.  Töpfer. 

38.  Träger. 

39.  Weber  (Mödliar). 

40.  Kamalas. 

41.  Fanikens. 

42.  Milchmaim. 

43.  Vellalas. 

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44.  Ohekler. 

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46.  Golen 

46.  Komali. 

47.  Hausirer 

48.  Obbar. 

49.  Genlu. 
60.  Milchfrau. 

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61.  Oelhändler. 

62.  Cbelti. 

63.  Brahmine. 

64.  Mohamedaner. 

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Die   B  ej  a  li. 

Von 

Robert  Hartmann. 

(Hierzu  Tafel  I  -  111). 


Obgleich  ich  meine  Ansichten  über  die  sogenannten  Bejah -Stimme 
schon  früher  an  mehreren  Stellen,  namentlich  aber  in  meinen  „Ni- 
gritiern"^)  erörtert  habe,  so  veranlasste  mich  doch  die  wiederholte  An- 
wesenheit von  sogenannten  „Nubiern",  welche  unser  vortrefflicher  Carl 
Hagenbeck  aus  dem  Täqä  nach  Deutschland  geführt,  jene  Annahmen  hier 
im  Zusammenhange  ausführlicher  wiederzugeben  und  möglichst  alles  Das- 
jenige zusammenzustellen,  was  ich  selbst  über  erwähnte  Afrikaner  in  Erfahrung 
zu  bringen  vermocht  habe. 

Die  Frage  nach  der  Abstammung  der  von  mir  Bejah  genannten  Tribus  ist 
neuerdings  wieder  Gegenstand  lebhafter  Discussionen  geworden  —  ganz 
besonders  hier  in  Berlin.  —  Ich  selbst  nehme  in  dieser  Sache  ganz  ent- 
schieden Stellung.  Dies  hat  mich  veranlasst,  auf  eine  Darlegung  der 
letzteren  während  der  knapp  zugemessenen  Zeit  eines  Vortrages  in  der 
Berliner  Anthropologischen  Gesellschaft  zu  verzichten  und  damit 
lieber  den  Weg  einer  ausführlicheren,  mehr  monographisch  gehaltenen 
Publication  zu  betreten.  Hierdurch  wird  eine  Ausfüllung  der  Lücken 
vermittelt  werden,  welche  sich  nothgedruugener  Weise  in  die  Berichte 
über  eine  stattgehabe  Discussion  (z.  B.  in  der  Oktober-  nnd  November- 
Sitzung  der  hiesigen  Gesellschaft  für  Anthropologie  etc.)  einge- 
schlichen haben. 

Die  Zukunft  möge  nun  über  meine  Ansichten  in  der  ß^aÄ-Frage  ent- 
scheiden, wie  es  sei.  Ohne  auch  nur  im  Entferntesten  an  die  Unfehlbar- 
keit meiner  eigenen  Darlegungen  und  der  Ideen  Anderer  zu  glauben,  ver- 
mag ich  hier  immerhin  dem  Ethnologen  ein  Material  darzubieten,  welches 
nicht  vor  demjenigen  meiner  Gegner  versteckt  zu  werden  benöthigt. 


1)  Vergl.  R.  Hartmann:  Reise  des  Freiherrn  Ä.  v.  Barnim  lUirch  Nord -Ost -Afrika 
i  d.  Jahren  185f»  u.  18G0.  Berlin  18C3.  Ders.  Naturgesehicbtlich -medicinischo  Skizze  der 
Nilläuder.  Berlin  18G5.  Ders.  Die  Nigritier.  Eine  antliropologisch  ethnologische  Monographie. 
Berlin  1876,  I.  etc.  etc. 


118  Rob.  Hartmann: 

Die  von  C.  Hagenbeck  während  der  Jahre  1876 — 1878  nach  Europa 
gebrachten  Nord- Ost -Afrikaner  gehörten  folgenderlei  Stämmen  an:  1876  den 
Homränj  dem  Näs-el-Beled  von  Täqä^  den  Ga'alm,  den  Bauend,  den  Te- 
kärine,  1878  aber  den:  Halenqä^  Hadefidäwa,  Bem-Amir^  den  Märhl,  den 
zlabäina,  den  Homrfm,  dem  Näs-el-Beled  von  Täqä^  den  Ga'alm^  den  Tekä- 
rine^^,  den  Massüäna. 

Es  war  das  eine  gar  stattliche  Vereinigung  von  Kindern  des  glühenden 
Afrika  in  einem  fremden  Lande.  Dennoch  aber  konnten  diese  sogenannten 
j.Nubier",  welche  sich  hier  in  Berlin  eine  ausserordentliche  Popularität 
erworben  hatten,  für  mich  nur  zu  einer  angenehmen  Auffrischung  dienen. 
Der  herzliche  Verkehr,  welcher  sich  zwischen  jenen  Bejah  und  mir  im 
hiesigen  zoologischen  Garten  entwickelte,  mit  mir,  den  sie  in  den  beredtesten 
Worten  ihren  Haklm  und  ihren  Äyü  nannten,  bereitete  mir  grossen  Genuss. 
Aber  ich  hätte  mir  und  meinen  Studien  über  die  afrikanische  Völkerkunde 
ein  rechtes  Armuthszeugnisä  ausstellen  müssen,  wenn  ich  die  hierzulande 
gezeigten  Bejah  als  alleiniges  oder  etwa  selbst  nur  als  hauptsächliches 
Material  für  eine  ethnologische  Arbeit  über  das  ganze  merkwürdige  Volk 
hätte  benutzen  sollen.  Mir  stand  es  an,  zunächst  zu  meinen  eigenen  Reise- 
erinnerungen zurückzugreifen,  und  einmal  zu  zeigen,  was  ich  selbst  in  den 
Heimathländern  der  Bejah  über  die  letzteren  einzuheimsen  gewusst  hatte. 
Zudann  war  es  mir  Bedürfniss,  nach  Kräften  die  einschlägige  Literatur  zu 
Rathe  zu  ziehen,  so  wenig  Erquickliches  letztere  auch  bietet. 

Es  war  wie  gesagt,  eine  stattliche  Schaar,  die  Nubier  C.  Hagenbeck's! 
Aber  was  wollten  sie  Alle  bedeuten  gegen  die  Hunderte,  die  Tausende, 
welche  ich  in  Nubien  und  in  Sennar  mit  eigenen  Augen  beobachtet,  mitten 
in  ihrem  urthümlichen  Leben  und  Treiben,  umgeben  von  einer  Natur,  deren 
wilde  Grossartigkeit  denn  doch  der  schönsten  Birken  und  Ulmen  unserer 
zoologischen  Gärten  spottet.  Was  waren  für  mich  die  hübschen  und 
liebenswürdigen,  aber  doch  fröstelnden  und  unter  der  Niederträchtigkeit 
ihres  miserablen,  verwachsenen  griechischen  Dolmetschers  leidenden  2)  Leute 
mit  den  stinkenden  Talgklumpen  im  Haar,  mit  den  traurigen  rothen  Nacht- 
jacken und  dem  Shirtingplunder,  an  ihren  schönen  Leibern,  wenn  sie  das 
Fleisch  eines  Negretti-Schaafes  brieten  und  sich  die  erstarrten  Glieder  mit 
ihrem  Alqaden  warm  sprangen.  Wo  blieben  da  die  Besärin,  die  Sukuruh., 
die  Baqära,  die  Abü-Röf,  die  llasanleh^  Kahäbl^i^  alle  Vertreter  gerade  der 
mächtigsten  Stämme  des  Där-Sennär.?  Wo  blieben  sie  in  dem  einfachen, 
aber  stolz -romantischen  Wesen  ihrer  Wildnisse.-^ 


1)  Sing.  Tekrürl.  So  schreibe  ich  mit  G.  Wetzstein,  einem  der  allerbesten  lebenden 
Kenner  des  Arabischen,  weicher  selbst  viel  mit  solchen  Pilgrimen  verkehrt  hat.  Die  zuweilen 
beliebte  Schreibart  Takarlr  lasse  ich  hier  ausser  Acht. 

2)  Noch  am  28.  Oktober  vor.  Jahres,  zwei  Tage  vor  der  Abreise  dieser  Braven  aus  Berlin, 
gab  ich  ihren  flehentlichen  Bitten  nach  und  stellte  ihnen  ein  Certificat  über  ihr  Wohlverbalten 
hier  am  Orte  aus.  Das  sollte  ihnen  wenigstens  einigen  Schutz  gegen  die  Bübereien  jenes 
hässlicben  Unholdes  gewähren. 


Die  Bejah.  119 

Ich  habe  nun  die  letzteren  für  die  folgende  Darstellung  hauptsächlich 
deshalb  als  Modell  gewählt,  weil  ich  sie  in  ihrer  Heimath  am  Genauesten 
kennen  gelernt  und  weil  sie  sich  mir  daselbst,  von  keinem  fremden  Wesen 
angekränkelt,  in  ihrer  unverfälschten  Natürlichkeit  zeigen  konnten.  Ich 
habe  übrigens  solche  Leute  hier  nach  meinen  eigenen  Aquarellaufnabmen 
abbilden  lassen  i),  dazu  einige  ihrer  hauptsächlicheren  Geräthe.  Diese 
ikonographischen  Beigaben  werden,  wie  ich  denke,  trotz  aller  Mangelhaftigkeit 
denn  doch  einen  anderen  ethnographischen  Begriff  gewähren,  als  jene  abge- 
griffenen, zerbrochenen  und  verschossenen  Speciraina,  die  von  unseren 
zahmen  Nubiern  mit  sich  geführt  wurden  und  an  denen  sich  höchstens  die 
banale  Naivetät  irgend  eines  Tagesliteraten  begeistern  gekonnt. 

Unter  Bejah  verstehe  ich  im  Gegensatze  zu  den  allemal  sesshaften 
Berähra  oder  Baräbra  (Sing.  Berberi)  jene  Oberägypten,  Nubien,  Sennär, 
Täqä^  Abyssinien,  Kordüfän^  Dar- Für,  Wädäf ^  Bayirml  und  Bornü  be- 
wohnenden, nebenbei  etwas  Ackerbau  treibenden  Hirtenvölker,  welche, 
einem  gemeinsamen  Typus  angehören,  in  gewisser  Eigenartigkeit  inmitten 
der  übrigen  Afrikaner  zur  Erscheinung  gelangen  und  als  eine  besondere 
afrikanische  Familie  betrachtet  zu  werden  verdienen.  Ich  wende  den  Namen 
Bejah  als  eine  mir  bequem  dünkende  KoUectivbezeichnung  für  jene 
sich  in  zahlreiche  Stämme  gliedernde  Familie  an.  Diese  Bezeichnung  ent- 
behrt übrigens  keineswegs  einer  gewissen  historischen  Berechtigung,  wie  sie 
sich  denn  auch  —  die  Folge  wird  es  ja  zeigen  —  ethnologisch  recht  gut 
begründen  lässt. 

Namen,  welche  auf  diese  Völker  und  auf  die  Beräbra  etc.  Bezug  haben, 
treffen  wir  zuerst  auf  den  Siegestafeln  des  Pharao  Tütmes  III  (1600  v.  Chr. 
Geb.)  nämlich: 

Ater  (Adulis  am  rothen  Meere),  Atel-maju  (Atalmö),  Arkek  (Arqiqö), 
Bukak  oder  Bukka  (Bejah ^  Beggah)^  Berber -ia  (Beled-el- Beräbra),  Tqkaru 
(Tigrie),  Balma  (Bqlnemmöm),  ^rek  oder  u^lek  (Alqaden),  Ttirurek,  Tnllek 
(Inseln  Dah'laq,  Taltlaq^  Dah'/ak),  Ankennq  (Insel  Akanthine,  n.  v.  Adulis), 
Gulubu(dieKoloboi,  KoXoßoL'^y)  Bcgsagg^)^  7rt/'»-<(Derri  oder  Der  in  Nubien), 


1)  Die  Verkleinerung  und  der  Mangel  an  Kolorit  haben  es  zu  Wege  gebracht,  dass  diese 
lithographirten  Kopien  nur  einen  höchst  dürftigen  Abklatsch  meiner  z.  Th.  in  halber  Lebens- 
grösse  ausgeführten,  selbst  bei  hervorragenden  Künstlern,  nicht  ganz  übel  beleumundeten 
Originale  bilden  können.  Uebrigens  ist  durch  obige  Abbildungen  mein  Vorrath 
an  farbigen  Originaldarstellungeu  aus  dem  Leben  der  Bejah  noch  lange  nicht 
erschöpft.  Ich  werde  für  deren  weitere  Publikation  sorgen,  sei  es  auch  nur 
um  einmal  zu  zeigen,  was  ein  simpler,  aber  begeisterter  Reisender  mit  etwas 
Touche,  bunter  Kreide  und  starkem  Willen  in  solcher  lliusicht  darzubieten 
vermag. 

2)  Vergl.  Hartmann  Nigritier,  I,  S.  63. 

3)  Vielleicht  von  Heg  Schaf  und  Zägä  die  Zerlbah,  der  Kmal  (Oorral)  für  die  Schafe  und 
Ziegen. 


120  Röb.  Hartmann: 

Qazaq    (Geez,    Agadzi),    Wawa-t   (Wäwl),    Punt    (Sömäl-Land),     Mensau 
(Mensti?)  TJetgu  (Hesäu?),  Aqesu  (Aqäseh  oder  Aqqäseh)  etc.  i) 

Also  wusste  man  schon  damals  von  den  Bejah.  Mit  diesen  inschriftlichen 
Angaben  sind  aber  die  Hinweisungen  auf  die  Beziehungen  der  alten  Aegypter 
zu  ihnen  nicht  abgeschlossen.  AkJfa,  am  Wädi-,  am  Gebel-  OlläqJ,  war  Haupt- 
Goldmine  der  Pharaonen,  namentlich  zur  Zeit  Ramses  des  Grossen.  Ueber 
andere  Beziehungen  der  Pharaonen  aus  den  gewaltigen  XYHI  —  XX 
Dynastien  zu  Km  oder  Ka^,  Beziehungen,  deren  viele  geeignet  sind,  auf 
unsere  Frage  ein  Licht  zu  werfen,  möge  man  die  ausführliche  Darstellung 
in  meinen  Nigritiern  vergleichen.^)  Zur  Zeit  der  XXV.  Dynastie,  also 
unter  den  sogenannten  Aethiopen- Königen,  treten  Beräbra  als  Herrscher 
über  Aegypten  auf.  Dieselben  sind  aus  den  Priester -Fürsten  von  Ngpet 
oder  Ngpgta  am  Gebel-Barkal  (im  heutigen  Där-SeqleJi)  hervorgegangen. 
Hier  hatte  bereits  AmmKotep  HI  dem  thebaischen  Ammon  einen  be- 
festigten Tempel  —  die  Tempelwacht  von  X'g-m-nma,  mit  einer  prachtvollen 
Allee  von  Widdersphinxen  davor,  erbaut^).  Die  grossartigen  Reste  dieses 
Heiligthumes  erheben  sich  noch  jetzt  an  der  Südseite  jener  prachtvollen 
Qald,  Döqah  oder  Ainbä^)^  jener  für  ganz  Ddr-Scqteh  dienenden  Landmarke, 
des  Barkai  oder  Berkal,  welcher  Name  von  Büru-Köl  (JBüru-Kälo) 
Jungfernberg  oder  von  Berua-Käl  (Berua-Kälo')  d,  h.  Berg  von  Meroe^) 
hergeleitet  worden  ist.  Hier  fand  eine  Abzweigung  der  aegyptischen  Kultur 
den  geeigneten  Boden  zu  ihrer  günstigen  Ausbreitung.  Der  Staat  von 
'Nqpgtg  scheint  alle  Südlande  bis  über  die  Nordspitze  von  Sennär  hinaus 
und  alles  Beräbra -Gebiet  bis  an  die  aegyptische  Grenze  umfasst  zu  haben. 
Man  baute  Städte,  Paläste,  Tempel,  Pyramiden  und  Necropolen.  Meroe, 
Marüqü,  im  heutigen  Dar -Send/,  d.  h.  im  Lande  der  Gd'alm  (nahe  dem 
heutigen  Orte  BegeräwJeK)  war  eine  wichtige  Stadt,  zugehörig  dem  Staate 
Meroe,  dessen  Ausdehnung  tief  nach  Sennär  hinein  reichte.  *")  Die  Malereien 
und  Bildwerke  aus  dieser  aethiopischen  Glanzperiode  zeigen  uns  einen 
ausgearteten  aegyptischen,  landesüblich  umgemodelten  Kunststyl.  Wir  er- 
kennen übrigens  an  den  dortigen  noch  heute  sichtbaren  Bauten,  sowie 
an  dem  dortigen  Architekturwesen,  an  den  daselbst  dargestellten  Menschen- 


1)  Vergl.  Brugsch:  Geschichte  Aegyptens  unter  den  Pharaonen.  Leipzig  1877,  S.  345. 
Obige  Namen  berühren  theils  berberinische-  theils  Beyah-  theils  aby.ssinische  Orts-Bezeichnungen. 
In  einer  anderen  Aon^-h'on-nefer  oder  Südland  betreffenden,  aus  der  Zeit  Amgnh'otep  lil. 
herrührenden  Oerterliste  finde  ich  keine  neueren  Benennungen  heraus. 

2)  S.  das.  I  Bd.  S.  54  ff. 

3)  Vergl.  Brugsch  a.  o.  a.  0.     S.  415,  677. 

4)  In  Nubien  und  Abyssiuien  übliche  Benennungen  für  (mehr  isolirte)  Felsen,  deren 
Abhänge  steil  sind,  deren  Gipfel  dagegen  abgeflacht  erscheinen. 

5)  Vergl.  Brugsch  a.  a.  0.  S.  732. 

6)  S.  darüber  Hartmann  Nigritier,  I,  S.  58  ff.  Kiepert:  Lehrbuch  der  alten  Geographie. 
Berlin  1878,  S.  206. 


Die  Bejah.  121 

figuren  etc.  Vieles,  was  sich  noch  heut  unter  Abyssinieru  und  Bejah, 
selbst  Fum'i,  wieder  findet.     Davon  später  mehr. 

In  jener  Zeit  war  das  Aegypterreich  in  Verfall  gerathen.  Im  Norden 
herrschten  assyrische  Satrapen,  im  Süden  geboten  Theilfürsten,  Vasallen 
der  Herren  jenes  Napnta.  Die  Feldhauptleute  der  letzteren  hielten  Süd- 
aegypten  besetzt.  Aus  jener  Periode  mögen  viele  der  aus  lufttrockenen 
Schlamraziegeln  ejbauten  Burgen  herrühren,  (jetzt  (^a.sr,  Qala  genannt)  wie 
sie  so  viele  nubische  Bergzinnen  mit  ihren  zwar  verfallenen,  aber  dennoch 
malerischen  Resten  krönen. 

In  der  Folge  eroberten  die  Fürsten  von  Napqta  auch  Mittel-  und 
Unteraegypten,  Aus  ihren  Reihen  gingen  die  zum  Theil  grossen  und  sieg- 
reichen Pharaonen  Pignyj,  Tqhqrqa  oder  Tqlup'qqa,  ^qhqiiq  und  Sqbqtqqa 
hervor.  Sqbqqq  nnd  Sqbqtqqa  sind  altnubis che  Namen.  Ereterer  ist  gleich- 
bedeutend mit  dem  berberischen  Säb-gä,  Sab -gl  Kater,  letzterer  mit  Säb- 
atö-<jl  Katersohn  ^).  Ich  habe  schon  vor  Jahren  wiederholt  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dass  Thiernamen  wie  Tör  —  Stier,  Asod  —  Löwe,  Nimr  —  Panther, 
^jcl<i  —  Elen-  oder  Pferdeantilope,  Muör  —  Stier  (Zebu)  Fil  —  Elephant, 
TimsäJi  —  Krokodil,  Hidäjeli  —  Gabelweih,  (weiblicher Name)  u.  s.  w.  Lieblings- 
namen für  Ost-  und  Innerafrikaner  von  verschiedenartiger  Nationalität  bilden. 

Wer  war  nun  das  Volk  von  Nqpqtq  und  von  Meroe?  Lepsius  schien 
geneigt,  dasselbe  für  einen  Zweig  der  ßesärin,  d.  h.  Bejah,  zu  halten.-) 
Brugsch  dagegen  bemerkt,  er  habe  stets  die  Ahnung  gehabt,  dass  die 
Beräbra  identisch  mit  den  meroitischen  Aethiopen  seien.  ^)  Es  ist  allerdings 
anzuerkennen,  dass  Nqpqtq  und  Meroe  im  Beräbra- Lande  liegen.  Indessen 
finden  sich  hier  auch  Theile  echter  Bejah,  wie  z.  ß.  Bemrln,  Abäbdeh, 
theils  Leute,  und  zwar  ansässige,  welche,  wie  Ga\dln  und  die  ihnen  nahe 
verwandten  Säiqleh  oder  Seqleh,  hart  an  der  Grenze  von  Bejah  und  von 
Beräbra  stehen.  Viele  Ortsnamen  in  Täqä,  Sennär  und  Kordüfän,  also 
Gegenden,  welche  sehr  gut  einen  Theil  der  alten  Kusiten- Reiche  gebildet 
haben  können,  sind  berberinische.  Andere  Ortsnamen  gehören  freilich  der 
JB<?;a/i- Sprache  und  den  verschiedenen  Dialecten  der  Fwui,  wie  Bertä  an, 
abgesehen  von  später  eingeführten  arabischen  und  von  nach  arabischer 
Weise  verdreheten  altaegyptischen.  Die  Herrscher  jener  Kmiten -Reiche 
werden  die  Vorfahren  der  heutigen  Säiquh  oder  Seqleh  und  der  Gaalin  ge- 
wesen sein,  zum  Theil  vielleicht  altaegyptische  Aristokratie,  u.  A.  auch 
eingewanderte  Ammon -Priester.  Das  hellfarbig  dargestellte  Volk  aber 
muss,  wie  aus  Vielem  hervorgeht,  aus  Beräbra  und  aus  Bejah  zugleich 
bestanden  haben.  Die  alten  Berichte  geben  Kunde  davon,  dass  unter 
Psamtik's  Regierung  (um  666  v.  Chr.)  an  240  000  Augehörige  der  Krieger- 
kaste   soweit  südlich   von  Meroe   gezogen  sein  sollen,    als  dies  von  Syene 

1)  Vergl.  Brugsch  a.  a.  0.     S.  732.     Ferner  Hartinann:    Nigritier,  I,  S.  53. 

2)  Briefe  aus  Aegypteu,  Aetbiopieu  und  der  Halbinsel  des  Sinai.     Berlin  1Sü2,  S.  266. 

3)  Zeitschrilt  f.  allgemeine  Erdkunde.     N.  F.  Bd.  XVII,  S.  b. 


122  Rob.  Hartmann: 

(Assüän)  abliegt.  Nach  unserem  Gewährsmann,  Herodot,  waren  diese 
Kriegsleute  mit  dem  Pharao  deshalb  zerfallen,  weil  man  sie  zu  lange  unter 
den  Waffen  gehalten,  sie  vielleicht  auch  schlecht  oder  unregelmässig  bezahlt 
hatte,  welcher  letztere  Zustand  bekanntlich  in  Aegypten  ein  fast  ständiges 
Uebel  bildet.  ')  Die  Richtigkeit  des  Factums  angenommen,  möchte  aber 
die  Zahl  von  24  Myriaden  d.  h.  240  000  Mann,  denn  doch  zu  hoch  gegriffen 
sein.  Immerhin  könnten  diese  Ausgewanderten  oder  Automolen,  Asma, 
selbst  bei  einer  geringeren  Anzahl,  als  die  Alten  angeben,  ihren  Einfluss 
auf  die  physische  Beschaffenheit  und  auf  die  Gesittung  der  von  ihnen  über- 
zogenen Aethiopen  ausgeübt  haben.  In  welcher  Gegend  Nordafrikas  die 
Ansiedelung  der  landflüchtigen  aegyptischen  Krieger  stattgehabt,  bleibt 
durchaus  zweifelhaft.  H.  Kiepert  ist  geneigt,  hierfür  das  abyssinische 
Hochland  in  Anspruch  zu  nehmen.  '•) 

Auch  ist  der  letzte  aegyptische  König  Nayt-neb-ef  nach  Nubien  ge- 
flüchtet. Er  soll  grosse  Schätze  mit  sich  genommen  haben  und  werden 
ihm  viele  seiner  Landeskinder  gefolgt  sein,  wie  später  dem  Melik  El-Nimr  von 
Sendi.  Diese  Einwanderung  wie  die  oben  erwähnte  der  Krieger,  welche  beide 
reine  Retu,  reine  Aegypter,  nicht  aber  gemischtes  Fe  IIa  Hin -Yo\k  nach 
Nubien  geworfen,  kann  nicht  ohne  Einfluss  auf  die  urthümliche  Bevölkerung 
geblieben  sein.  Das  was  man  z.  B.  an  den  Seqieh  u.  s.  w.  noch  heut  Arabi- 
sches erkennen  will,  ist  vielleicht  auf  jene  Beimischung  aegyptischen  Blutes 
(d.  h.  von  helleren  Menschen)  zu  schieben.  Im  Grossen  und  Ganzen  natürlich 
sind  die  Einwanderer  von  den  Eingebornen  absorbirt  worden. 

Wichtig  für  die  ältere  Kunde  von  den  Bejah  sind  die  griechischen 
Inschriften  der  Stele  zu  Aksüm  und  diejenigen  von  Adulis.  Ich  habe 
beide  in  meinen  „Nigritiern"  Theil  I,  S.  77  —  83,  so  ausführlich  besprochen, 
dass  ich  hier  von  einer  Wiederholung  absehen  und  den  Leser  auf  jene 
Darlegung  verweisen  kann.  Ich  will  hier  nur  kurz  auf  das  dort  über  die  Bejah 
Gesagte  zurückkommen.  Zu  Aksüm  werden  die  Bugaiten,  d.  h.  Bejah  erwähnt. 
Bese- Haien  dürfte  mit  Halenqä  zusammenhängen,  wie  ich  das  a.  o.  a.  0. 
S.  81  auseinandergesetzt  habe.  Zu  Adulis  ist  ebenfalls  von  den  Bega 
{BejaK)  die  Rede. 

Die  im  Alterthume  viel  erwähnten  Blemmyer,  deren  Besiegung  durch 
den  berberinischen  Häuptling  Silco  (Sellaqö,  Sillaqö)  eine  griechische  Inschrift 
von  Talmis  oder  Qaläh^eh  berichtet^),  werden  nach  Lepsius  von  Yielen 
für  Bejah ^  von  Vivien  de  St.  Martin  dagegen  für  Tedä  [von  Bilmah  — 
Balnemmöui  (S.  119)J  gehalten.  Diese  Frage  ist  leider  noch  nicht 
spruchreif.     Der    Name    Blemmyer    könnte    wohl    eine  Kollectivbezeichnung 


1)  Vergl    Uerodot  II,  39. 

2)  Lehrbuch  der  alten  Geographie.  Berlin  1878,  S.  207  ff.  Den  von  unserem  berühmten 
Geographen  in  seinem  eben  citirten  classischen  Werke  aufgestellten  Ansichten  über  die  alt- 
afrikanischen  Vülkerverhültnisse  vermag  ich  im  Allgemeinen  nur  beizupflichten. 

3)  Nigritier  I,  S.  82.     Vergl    das  daselbst  über  die  Be}ah  Mitgetheilte. 


Die  Bejah.  123 

für  räuberische  Tedä  und  für  Bejah  gewesen  sein,  welche  beide  zu  wieder- 
holten Malen  die  Ufer  der  Beräbra  heimgesucht  hatten.  Eine  nähere  Auf- 
klärung der  ethnischen  Beziehungen  der  Tedä  zu  den  Bejali,  welche  freilich 
noch  gänzlich  fehlt,  würde  jedenfalls  mehr  Licht  auf  diese  interessante 
Frage  werfen.  In  meinem  oben  citirten  Werke  ist  ferner  manche  andere 
mehr  oder  minder  klar  zu  entziffernde  Bemerkung  der  Alten  über  die 
Bejah  mitgetheilt  worden,  deren   Wiederholung  ich  hier  sparen  will. 

Klunzinger  erwähnt  nach  Plinius  der  Gebadei  als  uralter  Bewohner 
des  Küstengebirges  am  Westufer  des  rothen  Meeres,  dem  heutigen  Wohn- 
sitze der  Abäbdeh  entsprechend.  ^) 

Die  ausführlichste  mittelalterliche  Schilderung  der  Bejah  verdanken  wir  dem 
gelehrten  aegyptischen  Scy-Täqi-el-Dln  Maqrtzl  in  seinem  Kitäb-el- X.^tf^ti-  ^^ir 
besitzen  Uebersetzungen  dieser  merkwürdigen  Schrift  von  Quatremere"^), 
Burckhardt^),  und  von  A.  v.  Krem  er.  *)  Nach  Maqrizi  beginnt  das  Land 
der  Begga  (so  schreibt  unser  aegyptischer  Forscher)  an  dem  llarhah  genannten 
Orte,  da  wo  sich  in  der  Wüste  die  Smaragdgruben  von  Quss  (zwischen  Koptos 
und  Theben,  3  Tagereisen  weit  von  einander  liegend)  befinden.  Die  südliche 
Grenze  der  Bejah  stösst  an  Abyssinien,  ihr  von  Gewässern  umströmtes 
Gebiet  (Insel,  Gezfreh)  reicht  vom  Nile  östlich  bis  an  das  Meer  gegen 
Biidi  und  DaHlaq  hin.  Sie  sind  Nomaden  und  wechseln  ihre  Weidegründe. 
Sie  hausen  in  Lederzelten.  Ihr  Stammbaum  wird  in  weiblicher  Linie  weiter- 
geführt. Jeder  Stamm  hat  seinen  Sex.  Ein  allgemeines  Oberhaupt  fehlt. 
Eine  Religion  haben  sie  nicht.  Tochter-  und  Schwestersohn  erben,  unter 
Ausschliessung  des  eigenen  Kindes.  Sie  nehmen  nämlich  an,  dass  die 
Geburt  eines  Schwester-  oder  Tochterkindes  mehr  Rechtmässigkeit  darbiete. 
Früher  gab  es  ein  zu  El-IIacjar  residirendes  Oberhaupt  der  Bejah.  Diese 
Stadt  lag  im  äussersten  Winkel  des  Landes.  Sie  züchten  edle  Rosse,  vor- 
treffliche Kameele,  Rinder,  Schafe  und  Ziegen.  Die  Ochsen  sind  besonders 
schön  gefleckt  und  grosshörnig;  die  Schafe  sind  ebenfalls  gefleckt  und 
geben  viele  Milch.  Ihre  Nahrung  besteht  in  Fleisch  und  Milch.  Sie  essen 
sehr  wenig  Käse.  ^)  Sie  sind  stark  von  Leibe  und  haben  schmächtige 
Bäuche,  ihre  Gesichtsfarbe  ist  meist  gelbbraun.  Sie  laufen  äusserst  schnell, 
sowie  auch  ihre  Kameele  schnell  und  ausdauernd  sind.  Auf  letzteren  über- 
holen sie  sogar  Pferde.  Sie  kämpfen  auch  zu  Kameel,  auf  dem  sie  unge- 
heure Strecken  zurücklegen  und  das  abgerichtet  ist,  nach  der  im  Streite 
geworfenen  Lanze  seines  Reiters  zu  laufen  und  dort  niederzuknieen,  damit 
der  Krieger  seine  Lanze  wieder  emporzuheben  vermag. 


1)  Bilder  aus  Oberaegypten,  der  Wüste  und  dem  rothen  Meere.     Stuttgart  1877,  S.  245. 

2)  Memoires  geographiques  et  historiques  sur  l'Egypte.     Tome  II,  p.  J  35  —  156. 

3)  Travels  in  Nubia,  Appendix  III,  p.  503  —  511. 

4)  Mitgetheilt  (im  Auszuge)  durch  Heuglin  in  Petermann's  Mittheilungen;  Ergänzungs- 
heft über  Ostafrika  zwischen  Cbartum  und  dem  rotheu  Meere  bis  Suakin  uud  Massaua. 
Gotha  1861. 

5)  Arab.  Uibn,  im  Btjäuü:    To-dib. 


124  ^°^-  Hartmann: 

Sie  sind  ausserordentlich  gastfrei.  Erscheint  bei  ihnen  ein  Besuch,  so 
wird  ein  Lamm  geschlachtet;  sind  ihrer  mehr  als  drei  Gäste,  so  nimmt  der 
B^ah  das  nächste  beste  Thier  —  mag  es  ihm  zu  eigen  gehören  oder  nicht 
—  und  schlachtet  dasselbe.  Die  Lanzen  werden  von  Weibern  an  einem 
Orte  gearbeitet,  wo  kein  Mann  wohnen  und  hinkommen  darf,  ausser  um 
Lanzen  zu  kaufen.  Wird  eine  dieser  Frauen  von  dem  Kinde  (eines  der 
Lanzenkäufer)  entbunden,  so  tödtet  sie  es,  wenn  es  männlichen  und  sie 
lässt  es  leben,  wenn  es  weiblichen  Geschlechtes  ist. 

Sie  führen  Schilde  von  behaarter  Ochsenhaut,  ferner  hohle,  umgebogene, 
von  Büffelhaut  ^)  die  sie  Aksümeh  nennen,  endlich  andere  aus  der  Haut 
eines  Seethieres  verfertigte,  die  sie  DaKlaqlek  heissen.^)  Die  Bogen,  deren 
sie  sich  bedienen,  haben  die  Form  der  arabischen,  sind  gross,  massiv  und 
aus  dem  Holz  des  Sidr^)  und  Sohad -Bsiumes  verfertigt.  Sie  schiessen 
mit  vergifteten  Pfeilen,  deren  Gift  aus  den  Wurzeln  (Arüq)  des  Galkah- 
Baumes  eingekocht  wird,  bis  es  Leimconsistenz  erhält.  Wollen  sie  es 
prüfen,  so  ritzt  einer  seine  Haut,  bringt  das  Gift  mit  dem  hervorquellenden 
Blute  in  Berührung  und  sobald  dies  gerinnt  (wobei  es  nicht  in  die  Wunde 
zurückgestrichen  werden  darf)  so  ist  der  Stoff  tauglich.  Ein  so  vergifteter 
Pfeil  tödtet  den  Menschen  augenblicklich.  Getrunken  schadet  indessen  das 
Gift  nichts.  Ihre  Ortschaften  sind  immer  Bergwerke  und  je  höher  ein  Ort 
gelegen,  desto  goldhaltiger  und  reicher  ist  der  Platz.  Es  folgt  nunmehr 
eine  Aufzählung  der  durch  Bergbau  von  den  Bejah  gewonnenen  Metalle  und 
Edelsteine,  der  in  ihrem  Lande  vorkommenden  Pflanzen  und  Thiere.  Viele 
der  genannten  Lebensformen  sind  für  die  heutige  Flora  und  Fauna  der 
Steppen  (Xä^ät)  in  Nubien,  Täqä  und  Senntir  charakteristisch.  Der  llegillg 
(ßalanites  aegyptiaca),  der  Makar  (Boswellia  papyrifera),  der 
Sia  (Artemisiae  spec.  compl.),  die  Send  (Cassia  acutifolia, 
C.  obovata),  der  lla?idal  (Cucumis  c  olocynthis),  die  Weinrebe,  ferner 
der  Elephant,  Leopard,  Gepard,  der  Ameisenscharrer  (Anaq-el-ardah), 
Affen,  Turteltauben,  Papageien,  Perlhühner  etc.  etc. 

Unter  den  Bfijah  ist  kein  Mann,  welchem  nicht  der  rechte  Hoden 
exstirpirt  wäre.  Den  Mädchen  beschneidet  man  die  Schamlefzen  und  lässt 
die  Wunde  zusammenwachsen,  um  sie  erst  bei  der  Verheirathung  wieder 
zu  öfinen.  Ein  Bejah  Stamm  reisst  sich  die  Schneidezähne  aus.  Ein 
anderer  Stamm  wird  Bäsa  (Bazenü)  genannt  und  alle  ihre  Weiber  führen 
ein  und  denselben  Namen,  wie  auch  die  Männer.  Die  Schlangen  in  ihrem 
Lande  sind  sehr  gross  und  artenreich.  Die  Bejah  haben  eine  böse  Gemüths- 
art.  Früher  haben  sie  durch  Einfälle  in  Oberaegypten  viele  Verwüstung 
angerichtet.     Die   aegyptischen  Pharaonen    überzogen  sie  oft  mit  Krieg  und 

1)  Bos  caffer,  Güs  der  Abyssinier,  in  deren  Landen  (Aksnm  etc.)  das  Thier  vorkommt. 

2)  Heugflin  vermuthet  hierunter  (wohl  mit  vollem  Recht)  den  (jild,  die  Tawileh  oder 
Nüqat-el-  bahr  {HaUcore  Dugony)  des  rothen  Meeres. 

3)  Sidr  ist  Zizyphus  Spina  Christi,  dessen  Früchte  Nübaq  oder  Nebe«]  heissen. 


Die  Bejah.  125 

schlössen  dann  Waffenstillstand  mit  ihnen  ab,  um  von  den  Bergwerken 
Nutzen  zu  ziehen,  ebenso  die  Griechen,  nachdem  sie  Aegypten  in  Besitz 
genommen  hatten.  Dieselben  hinterliessen  den  Bergstädten  merkwürdige 
Denkmäler  und  ihre  Arbeiter  befanden  sich  noch  daselbst,  als  die  Mohamme- 
daner Aegypten  eroberten. 

Seit  der  Zeit  der  arabischen  Herrschaft  in  Aegypten,  wurden  verschiedene 
Male  Waff"enruhe  und  Verträge  mit  den  Bejah  abgeschlossen;  als  sich  die 
Zahl  der  Mohammedaner  in  den  Bergwerken  vermehrte,  vermischten  sie  sich 
mit  den  Bejah  durch  Heirath  und  eine  grosse  Zahl  vom  Stamme  der  Hadäreb 
nahm  oberflächlich  den  Isläm  an.  Dieser  Stamm  ist  der  Kern  des  Volkes 
und  sein  edelster  Theil,  sein  Gebiet  geht  von  den  aegyptischen  Grenzen 
nach  Gebel-(Ulürfi  und  nach  Ajdäb  und  selbst  darüber  hinaus.  (Letzterer 
Ort  war  früher  Ueberfahrtsstätte  der  Uäggi  oder  Pilgrime  für  Gidda).  Ein 
anderer  Stamm  der  Bejah  heisst  Zenäßf/,  er  ist  zahlreicher  als  die  Hadäreb, 
jedoch  den  letzteren  unterworfen  und  dient  ihnen  als  Geleitsmannen.  Jeder 
Sf'/  der  lladärcb  hat  eine  Anzahl  Zenäßg  im  Gefolge.  Sie  stehen  zu 
ihm  in  einem  ähnlichen  Dienstverhältnisse  wie  Leibeigene  und  werden  ver- 
erbt, obgleich  in  alten  Zeiten  die  Zenäjig  der  herrschende  Stamm  waren. 
Diejenigen  Bejah,  die  im  Innern,  um  das  Gebiet  der  Stadt  Alöah,  bis  zu 
den  Grenzen  von  Habes  wohnen,  sind  in  ihrem  Aeussern  und  Sitten  den 
Hadäreb  ähnlich,  nur  sind  die  letzteren  kühner  als  die  südlichen  Stämme 
und  weniger  ihrer  abergläubischen  Verehrung  des  Teufels  und  ihrer  Priester 
ergeben.  Jeder  Stamm  hat  ^)  einen  solchen  Priester,  dem  zum  Gottesdienst 
ein  Zelt  von  Leder  aufgeschlagen  wird.  Er  tritt  entkleidet  und  rücklings 
in  dieses  Zelt  und  ist  bei  seinem  Wiedererscheinen  vor  dem  Volk  wie  vom 
Wahnsinn  befallen,  grüsst  es  vom  Teufel  und  sagt  ihm  wahr. 

Der  zeitige  Besitzer  der  Goldbergwerke  ist  (im  Jahre  332  der  Hegirah') 
(der  Rabbl'eh -Araber)  Beslr-Ibn-Merwän  gewesen.  Ein  anderer  Schrift- 
steller sagt  (nach  MaqrlzT's  Erzählung)  dass  die  Bejah  im  Binnenlande, 
welche  an  die  Smaragdgruben  grenzten,  und  am  ^Olläql,  wo  die  Goldminen 
sich  befänden,  Götzendiener  seien.  Zwischen  'OUäqi  und  Nil  lägen  15 
Tagereisen;  der  nächste  bewohnte  Ort  sei  Assüän,  die  Insel  Sawäkin  sei 
ihnen  noch  näher.  Die  Bejah  hiesscn  auf  Arabisch  El  -  Häseh  (Xäzt', 
Xäseh?)  seien  Mohammedaner  und  hätten  einen  König.  Nach  anderen 
Schriftstellern  sollten  sie  von  den  Abyssiniern  abstammen,  unter  Zelten 
von  Kameelhaaren  wohnen  und  sollte  ihre  Hautfarbe  dunkler  sein  als  die 
der  Abyssinier.  2) 


1)  Heuglin  bemerkt  hier  mit  Recht,  dass  die  südlichen  Bejah  Christen  gewesen  seien 
(S.  später). 

2)  Unter    freier  Benutzung   der    oben    erwähnten  Uebersetzimgen,    namentlich    aber  der 
Kremer'schen.  Hr.  G.  Wetzstein  schreibt  mir:  „Die  Begga  (so  schreibe  ich  den  Namen)  nennt 

Maqrizi    [^   —     Bejga,  Andere  dagegen  Beg<}ä  —  L^  —  •   Der  Name  muss  als  ein  nicht- 


126  Rob.  Hartmann: 

Im  Mittelalter  geben  ferner  Idris,  Ibn-el- Wardi,  Leo  Africanus,  Ibn- 
Häükal.,  Ibn-Sellm  und  noch  Andere  Nachrichten  über  die  Bojah,  Bogah, 
Bujjah,  Bajeh,  Begab  (*^?^^),  Bugihä.  Nach  Ibn-Selim  stammen  sie  von 
den  Berbern  her.  ^)  Nach  Ahul- Hasan  el-Masüdl  hat  etwa  um  das  Jahr 
332  der  llegirah  (um  943  n.  Chr.)  der  Sex  der  schon  oben  erwähnten  arabischen 
Rabbl'eh,  Beslr  Ibn-Merwän  Ihn- IsJiäq,  mit  Beihülfe  von  3000  (?)  islamitisch 
gewordenen  Bejah  -  Dromedarreitern  der  Uadäreb  die  Goldbergwerke  in 
Nubien  erobert.  2) 

Aus  dem  Reiche  Meroe  ging  das  später  christlich  werdende  Alöah 
hervor.  Dieser  ansehnliche  Staat  erstreckte  sich  über  den  südlichen  Theil 
der  heutigen  Mudlrieh  Berber  und  Donqolah  und  über  Sennär.  Hauptstadt 
war  Söbah,  rechts  am  blauen  Nile,  unfern  Xarpm,  gelegen.  Söbah  muss 
bereits  zur  Zeit  dei'  Blüthe  Meroe' s  eine  wichtige  Stadt  gewesen  sein. 
Dies  beweisen  die  vielen  al<-en,  im  Stile  der  Misäwwarät-el-Man^qä  (S.  120) 
angefertigten  aegyptisch-aethiopischen  Ruinen  von  Gebäuden,  Substruktionen, 
Reste  von  Skulpturen  etc.  ^)  Die  Bewohner  waren  ursprünglich  Anbeter 
der  Gesteine,  später  aber  zum  jacobitischen  (monophysitischen)  Christen- 
thume  bekehrt  worden.  Söbah  muss  eine  recht  stattliche  Erscheinung 
dargeboten  haben.  Es  besass  Bauten  in  gebrannten  Ziegeln,  als  Kirchen, 
Rabat  oder  Karawanseraien  im  Islam. -  Bef  (Mohammedanerviertel)  etc.  Ihre 
heiligen  Bücher  sollen  nach  Sellm-el- Assüänl  in  griechischer  (koptischer?) 
Schrift  abgefasst  gewesen  sein.  Dieselben  mussten  aber  in  die  aloanische 
Volkssprache  übersetzt  werden.  Welche  könnte  nun  wohl  die  letztere 
gewesen  sein?  Die  Meroiten  sprachen  berberinisch;  dies  und  die  Häufigkeit 
berberinischer  Localbezeichnungen  in  den  ehemals  aloanischen  Gebieten 
lassen  darauf  schliessen,  dass  auch  die  aloanische  Volkssprache  wahrscheinlich 
die  berberinische  gewesen  sei. 

Der  Bischof  von  Söbah  wurde,  ebenso  wie  der  abyssinische,  der  Abünä, 
zu  Alexandrien  ernannt  und  geweiht.*) 

Die  alten  Berichte  rühmen  die  Macht  des  aloanischen  Königs,  welcher 
unumschränkt  über  seine  Unterthanen  gebot,  deren  jeden  er  zu  seinem 
Sklaven  machen  konnte.  Unter  ihm  standen  die  Bejah  in  Täqä,  Sennär 
und  Kordüfän,  sehr  wahrscheinlich  in  einem  ganz  ähnlichen  Verhältnisse 
der  Lehnspflicht,  wie  später  unter  den  Besiegern  Alöah's,  den  Fung. 

Das   zwischen   blauem  und  weissem  Nile,   in   der  sogenannten  Gezlret- 


arabiscber  angesehen  werden,  wenn  auch  das  Arabische  die  Wurzel  bgg  hat.  Sie  bedeutet  „Hervor- 
quellen", dann  überhaupt  protuberare  z.  B.  von  dem  Fettbuckel  des  Kameeies  gebraucht.  Männer-, 
resp.  Stammnaraen  sind,   wie  ich  sicher  bin,  von  der  Wurzel  bgg  nicht  gebildet  worden  etc.* 

1)  Quatremere,    Memoires   geographiques.    II,    p.  135.     Burckhardt    Travels   in   Nubia 

p.  504. 

2)  Ausführliches  darüber  in  Hartmann,  Nigritier  S.  332  —  335. 

3)  Hartmann:    Nigritier  S.  11. 

4)  Vergl.  über  ',7/öaA  Ausführliches  in  Hartmann  Nigritier,  S.  362  —  365. 


Die  Bejah.  127 

Sennär  wohnende  Volk  wurde  damals  nach  einer  Lesart  Kersä,  nach  einer 
anderen  Kortinä  oder  Koromä  —  adlig  —  genannt.  Letzterer  Name  hängt 
vielleicht  mit  dem  ßcja/i-Vf orte  Gurma  oder  Qroma  Kopf,  Haupt,  zusammen, 
welches  Wort  etwas  Auszeichnendes,  Adelndes  bedeutet  haben  mag,  etwa 
wie  später  die  Bezeichnungen  Gaali  und  Fmu/i.  Zur  geschichtlichen  Ent- 
wicklung der  uns  beschäftigenden  Frage  soll  hier  noch  darauf  hingewiesen 
werden,  dass  nördlich  von  'Alöah  sich  durch  Nubien  jene  christlich -jako- 
bitischen  Staaten  wie  Moqräd  und  Donqolah,  erstreckten,  deren  Kulturreste 
namentlich  in  Gestalt  von  Kirchenruinen,  noch  heut  in  der  ganzen  Haknidärleh 
Beled -Sudan  zerstreut  auftreten.  Aus  der  aloanischen  und  nubisch-christlichen 
Periode  stammten  denn  auch  wohl  jene  christlichen  Bejak  her,  welche 
noch  heut  hier  und  da  existiren  sollen.  ^) 

Die  Erben  der  Macht  ÄlöaKs  waren  die  heidnischen  nigritischen 
Fünf/,  welche  das  bereits  verfallene  Sobah  gänzlich  aufgaben  und  ihre 
Hauptstadt  zu  Sennär  am  Westufer  des  Ballr-el-azroq  errichteten.  Sie 
traten  zum  Islam  über.  Schon  früher  waren  die  Danäqla  grossentheils 
mohammedanisch  geworden,  nachdem  bereits  1316  —  17  der  islamitische 
Anführer  Säf-el-Dln  Abdallah  -  cl  -  Na^r  Alt -Donqolah  unterworfen  und 
1317  die  dortige  Moschee  eingeweiht  hatte.  Schon  damals  begann  die 
Mohammedanisirung  auch  der  Bejah,  die  ihren  Abschluss  erst  nach  der 
Besiegung  des  Wolled-j!^i6  bei  Arbägi  um  Mitte  des  sechzehnten  Jahr- 
hunderts fand. 

Dieser  ebengenannte  WoUed-  oder  Woad-,  ^QA-Ar)lh  war,  nachdem 
'Alöah  allmählich  mohammedanisirt  worden,  Häuptling  in  Unter -Sennär  über 
die  dort  befindlichen  Beräbra,  Bejah,  Schwarzen  und  Mischlinge,  namentlich 
über  die  Bejah.  Diese  Würde  stammte  jedenfalls  aus  der  Zeit  des  aloani- 
schen Glanzes,  in  welcher  man  den  nomadischen  Bejah  einen  Gross -S^X, 
arabisch  Sex-el-Kebir,  als  Regenten  gab,  der  später  WoWed -Ac/lb  hiess. 
Derselbe  residirte  zu  Geri,  unweit  dem  Moqren  der  beiden  Nilquellströme 
zu  \artüm.  Die  Fung  aber  beherrschten  nach  Ausbreitung  ihrer  Macht  in 
Sennär  das  letztere,  ferner  Theile  von  Kordüfan  und  von  Täqä,  sowie 
Nubien  bis  nach  \iüdl-Halfah  hin.  Sie  unterhielten  im  Innern  der  Gez'ireh, 
in  Nachbarschaft  der  Gebäl-el-Fung,  eine  Kolonie  von  Berlin  oder  Burün, 
ihrer  eigenen  Nation  angehörig,  welche  Land  bebauen  und  in  Zeiten  der 
Kriegsnoth  den  Stamm  des  jFmw^- Heeres  bilden  mussten,  ungefähr  ähnlich 
den  Österreichischen  Czaikisten,  Sereczana  u.  s.  w.,  obwohl  jene  nicht  so 
unmittelbar  Grenzsoldaten,  wie  letztere  waren.  Eine  andere  Macht  befand 
sich  ständig  am  Ufer  des  blauen  Flusses  unter  Waffen.  Sie  diente  aus- 
drücklich dazu,  die  Z?gja/<  -  Nomaden  Sennar's  in  Schranken  zu 
halten  und  diesen  den  Tribut  namentlich  dann  abzufordern,  wenn  diese  im 
Sommer,    im   Xarif,    d.  h.    zur   Regenzeit,    vor    den   Fliegen  —  Dubbän  — 


1)  Aegypteu.  Forschiuigen  über  Land  und  Volk  während  eines  zehnjährigen  Aufenthaltes. 
Von  A.  V.  Kremer.     Leipzig  1863,  I,  S.  125,  M.  Kirchner  das.  S.  154,  Anm.  53. 


128 


Rob.  Hartmann: 


vorzüglich  aber  der  angeblich  so  schrecklichen  Surritah,  die  trockneren,  mehr 
sandigen  Gebiete  der  X«^«^  o^^^  Steppen  von  Nord-Sennär,  Südnubien  und 
West-Täqä  mit  den  heissen,  dampfenden  Walddistrikten  von  Mittel-  und 
Ober-Sennär  zu  vertauschen  gezwungen  wurden,  Soldaten  der  letzteren 
Kategorion  waren  keine  Ftcm/,  sondern  Sklaven  aus  Fazoglo,  Der  und 
Teqeleh  oder  Takiah.  Als  der  treffliche  schottische  Reisende  J.  Bruce 
i.  J.  1772  an  den  Hof  des  damaligen  /^?/n//- Königs  nach  Sennär  kam, 
umgaben  diese  heidnisch  -  nubischen,  in  Dörfern  kampirenden  Truppen  auf 
eine  Entfernung  von  4  —  5  (engl.)  Meilen  die  Hauptstadt.  Sie  waren  etwa 
12  000  Mann  stark. 

Die  Schilderung  welche  der  unvergleichliche  Bruce  von  diesen  Truppen 

und   ihren  Militärlagern   entwirft,    ist   so  interessant,    namentlich  für  das 

Yerhältniss    der  Bejah    zu  ihren    damaligen    Herren,    den  Fung, 

dass   ich  jene  halbvergessene  Darstellung  meinen  Lesern  nicht  vorenthaUen 

möchte.      Bruce    bemerkt,    dass    diese    Sklaventruppen    deshalb,    weil    sie 

Wohnung,    Lebensmittel    und  auch  Wafien   erhielten,    nie  wieder  davon  zu 

laufen   suchten,    sondern   ein  ordentliches  massiges  Leben  führten,  i)     Viele 

unter    ihnen,    mit    denen  Bruce    sich    unterhielt,    schienen    ihm    eine   weit 

bessere  Rasse  von  Negern,  als  die  vom  BaKr-el-Jis,  d.  h.  vom  BaHr-el-abjad, 

d.  h.  als  die  Fung"-)  zu  sein,  aus  denen  damals  die  Regierung  von  Sennär 

bestand.     Sie    haben    kleine  Gesichtszüge,    aber  wolliges  Haar,    und  platte 

Nasen,  wie  andere  Neger,  und  reden  eine  angenehme,  wohlklingende  Sprache, 

die  aber  von  allen,    die  der  Schotte  gehört,   ganz  und  gar  verschieden  war. 

Obgleich  der  Mek  {Sultan  von  Sennär)  und  ihre  Herren  zu  Sennär  sich  für 

Mohammedaner  ausgeben,    so   haben  sie  doch  nie  versucht,  diese  Nubier  zu 

bekehren;   sie  unterhalten  vielmehr  in  jedem  Dorfe  einige  heidnische  Priester, 

die  Soldatensold  bekommen  und  ihre  Religionsgebräuche  verrichten.    Wenige 

vom  niedrigsten  Stande   sprechen    arabisch  etc.     Sie  beten  den  Mond  an  3), 

und    dass    sie    dieses    mit  Vergnügen    und  Zufriedenheit    thun,    merkt  man 

deutlich   jeden   Abend,    wenn    er    scheint.     Wenn    sie    aus    ihren    finsteren 

Hütten  herauskommen,  und  ihn  scheinen  sehen,  sagen  sie  einige  Worte  her, 

1)  Solche  nigritischen  Truppen  sind  bei  leidlicher  Behandlung  in  der  That  willig 
und  anhänglich.  Jetzt  aber,  wo  sie  unter  der  miserablen  Wirthschaft  chedivialer  Schein- 
herrlichkeit und  zum  Theil  verbummelter  osmanischer  oder  fränkischer  Satrapen  malträtirt  und 
nur  selten  bezahlt  werden,  da  laufen  sie  bei  jeder  Gelegenheit  haufenweise  davon  und 
erregen  zuweilen  in  Corpore  schreckliche,  blutig  endende  Rebellionen. 

2)  Bruce  meint  hiermit  die  Sillük,  welche  aber  nicht,  wie  er  anzunehmen  geneigt  ist, 
die  herrschende  Rasse  bildeten.  Vielmehr  wurde  letztere  von  echten  Funy,  Berün  und 
ßammey.,  repräsentirt. 

3)  Wie  noch  heut  die  Bertä  oder  Bartä  im  Süden  und  Südosten  von  Fazoqlo,  welche 
unzweifelhaft  ihr  Kontingent  zu  des  Sultan -Bädi  Truppen  geliefert  hatten.  Indessen  werden 
auch  Nöbah  aus  Kordufän  dabei  geweseA  sein.  Der  treffliche  Rueppell  berichtet,  dass  die 
letzteren  nur  an  ein  höheres  Wesen  glaubten,  dass  man  unter  dem  Monde  personifizirt  zu 
haben  glaube  und  zu  ihm  richte  man  auch  gewisse  Gebete.  (Reisen  in  Nubien,  Kordofan  und 
dem  peträischen  Arabien.     Frankfurt  a/M.  1829,  S.  165), 


Die  Bejah.  129 

und  bei  der  ersten  Erscheinung  des  Neumondes  geben  sie  ihre  grosse 
Freude  durch  Bewegung  der  Hände  und  Füsse  zu  erkennen.  Ich  bemerkte 
nie,  dass  sie  der  Sonne  einige  Achtung  bezeigten,  weder  beim  Aufgange 
noch  beim  Untergange,  sie  mochte  sich  dem  Meridian  nähern  oder  sich 
wieder  davon  entfernen.  Aber  soviel  ich  in  Erfahrung  bringen  konnte, 
beten  sie  einen  Baum  oder  Stein  an,  obgleich  ich  nie  erfuhr,  von  was  für 
einer  Art  sie  waren,  nur  soviel,  dass  sie  nicht  in  Sennaar,  sondern  in  ihrem 
Vaterlande  anzutreffen  wären.  ^)  Ihre  Priester  schienen  grossen  Einfluss 
auf  sie  zu  haben,  aber  blos  aus  Furcht,  nicht  aus  Liebe.  Sie  unterscheiden 
sich  durch  dicke  kupferne  Armbänder  um  die  Hand,  auch  zuweilen  durch 
einen  oder  zwei  dergleichen  Bänder  um  die  Fussknöciiel.  Diese  Dörfer 
beissen  „Dahera"  ')  etc.  Sie  sind  ausserordentliche  Liebhaber  von  Schweine- 
lleisch  und  unterhalten  zu  dem  Ende  grosse  Heerden  von  Schweinen.  Diese 
sind  von  einer  kleinen  Art,  gemeinhin  schwarz  und  weiss,  ungemein  fruchtbar, 
und  gleichen  völlig  derjenigen  Art,  die  in  Nord -Schottland  häufig  ist.  ^) 
Die  Nubier  sind  nicht  beschnitten.  *)  Sie  werden  selten  Mohammedaner, 
aber  ihre  Kinder  thun  es  gemeiniglich.  Wenige  steigen  höher  als  zu  Soldaten 
und  Offizieren  in  ihrem  eigenen  Corps.  Sie  betragen  sich  immer  ruhig,  und 
man  weiss  nicht  leicht,  dass  sie  Räubereien  oder  Meutereien  anfangen,  weil 
sie  sich  allezeit  für  den  grossen  über  sie  gesetzten  Herrn  erklären.  ^) 
Damals  lagerte  *SV^-Adlän,  Wezir  des  SuJtän  von  Senn;ir,  an  der  Spitze 
der  Reiterei  und  der  Nubier  zu  El-'Erah,  um  den  Tribut  von  den  „Arabern" 
(d.  h.  5^;rt/t -Nomaden,  hier  ^Arab  genannt)  zu  erheben,  weil  letztere  jetzt, 
um  ihr  Vieh  vor  der  „Fliege"  zu  schützen,  aus  den  Grenzen  der  tropischen 
Regen  in  die  Sandgegenden  unterhalb  Atbarah  hinabzogen.     (S.   128.) 

Die  Schilderung,  welche  Bruce  vom  Lagerleben  zu  El-'Erah 
entwirft,  enthält  so  vielerlei,  auch  jetzt  noch  für  die  Lebensweise  der  Bejah 
eigenthümliche  Einzelheiten,  dass  ich  sie  hier  sogleich  anschliessen  wiU. 
In  Adlan's  Wohnung  standen,'  als  der  Schotte  hier  seineu  Besuch  abstattete, 
zw^ei  bis  drei  ansehnliche  Häuser  von  einem  Stockwerk  mitten  auf  einem 
grossen  viereckigen  Platze,  wovon  jede  Seite  wenigstens  eine  halbe  (engl.) 
Meile   lang   war.  ^)     Statt    einer   Mauer    zur  Einfassung  desselben,    war  ein 


1)  Kigelia  africana,  Urostigmn  fassoglense,  auch  wohl  Crataeva  Adansonii 
in  Dar-  Bertat. 

2)  Dayeralt,  heisst  am  blaiien  Flusse  das  sich  über  die  Alluvial n iederu  ng  erhebende, 
ebenfalls  aus  AUuvien  bestehende,  höhere  Land.  Dasselbe  bietet  öfters  den  Anblick  einer 
dem  Fiussufer  parallel  ziehenden  Dammbildung  dar.  Auf  dem  Rücken  desselben  wuchert 
Waldvegetation  und  auf  ihm  werden  gewöhnlich  die  Dörfer  angelegt. 

3)  Sns  sennariensis  Fitz.,  von  welchem  später  ausführlicher  die  Rede  sein  wird. 

4)  üebrigens  ist  die  Circumcision  bei  den  Nöbah  üblich. 

ö)  Reisen  zur  Entdeckung  der  Quellen  des  Nils  in  den  Jahren  1768  —  1773,  von  James 
Bruce  von  Kinnaird.     Deutsch  von  Volkmann.     Leipzig  1791,  4  Bd.  S.  423  —  425. 

6)  Derartige  Gebäude  finden  sich  iu  meinen  .Migritiem"  Tat.  IIT.  Fig.  4  und  Taf.  IV. 
Fig.  3  abgebildet. 

Zeiterhril't  für  Kihnologie.     Jahrg.  1879.  9 


130  Rob.  Hartmann: 

hoher  Zaun  (Zerlbah)  von  Faschinen  aus  starkem  Rohr,  Schilf  oder  Durrah- 
Halmen  (^Qamb)  errichtet,  und  mit  Stangen  und  Stricken  fest  zusammen 
verbunden.  Auswendig  am  Thore  standen  auf  jeder  Seite  sechs  Häuser 
von  schlechterer  Bauart  als  die  anderen;  dicht  am  Zaun  sah  man  Schuppen  ^), 
darin  die  Soldaten  lagen:  vor  ihnen  standen  die  Pferde  mit  den  Köpfen 
gegen  die  Schuppen,  und  das  Futter  lag  an  der  Erde.  Unter  der  Schlaf- 
stelle eines  jeden  Soldaten,  die  nur  oben  bedeckt,  aber  an  den  Seiten  oJBfen 
war,  hingen  eine  Lanze,  ein  ovaler  Schild  ^)  und  ein  grosses  breites  Schwert. 
Dies  waren,  wie  man  Bruce  berichtete,  vornehmlich  Quartiere  für  die 
Couriere,  die  weil  sie  „Araber"  (i.  e.  Bejah)  waren,  nicht  in  der  Zerlbah 
aufgenommen,  sondern  über  Nacht  ausgesperrt  wurden. 

Innerhalb  des  Thores  sah  man  viele  Pferde,  und  hinter  ihnen  die 
Baracken  für  die  Soldaten.  Sie  waren  reihenweise  mit  gegen  die  Soldaten 
gekehrten  Köpfen  gestellt.  Es  gab  das  für  unseren  Berichterstatter  „einen 
der  schönsten  Anblicke,  die  er  jemals  in  dieser  Art  gesehen."  Die  Thiere 
waren  alle  auf  16  Hände  hoch,  von  der  Zucht  der  alten -sarazenischen  Pferde, 
fein  gebaut  und  so  stark  als  unsere  Kutschpferde,  aber  ausserordentlich 
schnell  in  ihren  Bewegungen.  Vorne  stark  und  kurz;  mit  den  schönsten 
Augen,  Ohren  und  Köpfen,  die  man  sich  nur  denken  kann.  Sie  waren 
meistens  schwarz,  einige  schwarz  und  weiss,  etliche  milchweiss  aber  nicht 
von  Alter,  mit  weissen  Augen  und  Hufen,  welches  vielleicht  nicht  die  beste 
Empfehlung  war.  ^) 

Bei  eines  jeden  Soldaten  Lagerstatt,  dem  Pferde  gegenüber,  hing  ein 
stählernes  Panzerhemde*),  und  dabei  ein  Antilopenfell,  so  weich  wie  ein 
Gemsenfell  gegerbt,  womit  jenes  gegen  den  nächtlichen  Thau  bedeckt  wurde. 
üeber  dem  Panzerhemde  hing  eine  kupferne  Sturmhaube  an  einer  Schnur 
ohne  Federbusch,  und  war  dies  der  malerischeste  Theil  der  Trophäe:  dazu 
kam  ein  sehr  grosses  breites  Schwert,  in  einer  rothen  ledernen  Scheide; 
am  Kopfe  hingen  ein  paar  dicke  Handschuhe  ohne  Finger,  und  nur  mit 
einem  Loche,  wo  alle  vier  Finger  beisammen  stecken.^)    Sie  sagten  Bruce, 


1)  Solche  schuppenartigen  Bauten,  gewöhnlich  aus  Qamb,  Steppengras,  Qas  (Andropogon, 
Panicum,  Saccharum  spontaneum  und  Qänah)  oder  d.  h.  Bambusa  abyssinica 
errichtet,  heissen  in  Sennär  Hfmeh  oder  Keiiubah.  Mit  letzterem  Namen  wird  sonst  gewöhnlich 
der  oiTene.  meist  nur  aus  Graminenen  errichtete  Vorraum  der  Hütten  bezeichnet.  Derartige 
Baulichkeiten  sind  in  meinen  „Nigritiern".  Taf.  IV,  Fig.  l^^L,  Fig.  2D>  g  ,  abgebildet 
worden. 

2)  S.  in  dieser  Zeitschrift  Jahrgang  1879,  I  Heft,  Taf.  III  Fig.  8. 

3)  Diese  Thiere  gehörten  jedenfalls  zu  der  gegenwärtig  so  gut  wie  ausgestorbenen,  ehemals 
vortrefflichen  Rasse  von  Donqolah. 

4)  Panzerhemde  von  Drathringen,  Arbeit  aus  Xoräsän  oder  Slräz,  abgebildet  hier  auf 
unserer  Tafel  II  an  dem  Reiter  rechts. 

5)  Diese  Rüststücke  sind  gut  abgebildet  bei  H.  Brugsch:  Reise  der  Kön.  Preuss. 
Gesandtschaft  nach  Persien  1860  und  1861.  Leipzig  1863,  S.  83,  femer:  G.  Radde:  Die 
Chews'uren  und  ihr  Land  (ein  monographischer  Versuch)  untersucht  im  Sommer  1876.  Cassel 
X878.    Taf.  V.  Fig.  1  -  3,  Taf.  XIU.  Fig.  2. 


Die  Bejah.  131 

dass  in  dieser  Umzäunung  zu  Ei-^Era1i  400  Pferde  seien,  welche  nebst  den 
Reitern  und  deren  vollständigen  Rüstungen  insgesammt  dem  Adläu  gehörten, 
indem  jeder  Reiter  ein  von  ihm  mit  Geld  erkaufter  Sklave  wäre.  Es  be- 
standen noch  5  oder  (!  solcher  eingezäunter  Plätze  (Zerlbät),  die  keine 
halbe  Meile  auseinander  lagen,  und  des  Königs  Pferde,  Sklaven  und  Bedienten 
enthielten.  Ob  diese  alle  in  so  guten  Umständen,  wie  diejenigen  Adlän's 
waren,  konnte  Bruce  nicht  bestimmen,  weil  er  nicht  weiter  danach  forschte. 
Er  meint  aber,  dass  kein  Corps  Kavallerie,  selbst  unter  einer  christlichen 
Macht,  prächtiger  hätte  equipirt  sein  können,  wie  jenes  des  Adlau. 

Dieser  sass  bei  Bruce's  Besuch  auf  einem  Palmbaumstumpfe  ^)  vor  der 
Fronte  einer  seiner  Pferdereihen,  die  er  mit  Vergnügen  zu  betrachten  schien; 
um  ihn  herum  standen  viele  Schwarze,  die  theils  seine  Diener,  theils  seine 
Freunde  waren.  Er  trug  ein  langes  Oberkleid  von  Kamlot,  von  bräunlicher 
Farbe  mit  gelben  Atlasstreifen  und  eine  kamlotene  Mütze,  wie  eine  Sturm- 
haube, mit  zwei  kurzen  Spitzen,  wodurch  die  Ohren  bedeckt  wurden.  2) 
Dies  war,  wie  Bruce  glaubte,  seine  Morgentracht,  wenn  er  seine  Pferde 
musterte,  was  nie  verabsäumt  wurde.  Der  Sey,  war  über  sechs  Fuss  lang, 
und  etwas  stark  von  Leibe;  er  hatte  einen  schweren  Gang,  dem  Anschein 
nach  mehr,  um  sich  ein  gewisses  vornehmes  Ansehen  zu  geben,  als  aus 
Mangel  an  Beweglichkeit.  Er  mochte  60  Jahre  alt  sein,  und  glich  in  der 
Farbe  und  in  der  Gesichtsbildung  mehr  einem  Araber,  aber  keinem  Neger, 
er  hatte  einen  stärkeren  Bart,  als  er  gewöhnlich  bei  den  hiesigen  Einwohnern 
wächst;  grosse,  durchdringende  Augen,  und  eine  entschlossene,  aber  zu- 
gleich sehr  angenehme  Mine. 

In  einem  grossen  Saale  von  Spy  Adlfln's  Behausung  sah  Bruce  rotho 
damastne  Tapeten  und  Spiegel.  Auf  einer  der  langen  Seiten  standen  zwei 
Sofas  mit  karmesin  und  gelbem  Damast  überzogen  und  mit  Kissen  von 
goldnem  reichen  Zeuge  •*),  wie  beim  Könige.  Der  Spy  warf  nun  ein  Ober- 
kleid und  seine  Mütze  von  Kamlot  ab,  und  blieb  in  einem  Kleide  von 
karmesinem  Atlas,  das  bis  über  die  Kniee  hinabhing,  mit  einem  Ueberschlage 
auf  der  Brust  und  mit  einer  Leibbinde  umgürtet,  darin  ein  kurzer  Dolch 
in  elfenbeinerner  mit  Gold  eingefasster  Seheide  steckte.  Am  Finger  trug 
er  einen  der  grössten  und  schönsten  Amethyste,  den  Bruce  je  sah,  aber 
nur  simpel  ohne  Diamanten  gefasst,  und  in  dem  einen  Ohr  einen  kleinen 
goldenen  Ohrring. 


1)  Wohl  vom  DelC'li  (Borassus  Acthiopum)  deren  einige  Exemplare  noch  jetzt  um 
Sennär  gedeihen. 

2)  Die  Kopfbedeckung  der  meroitischen  Könige,  die  heut  Hörn  mutze  (TäqTet-el-Qarn  oder 
ei  QerTn)  genannte,  ihren  Träger  auszeichnende  Kappe  der  Häuptlinge  von  Täq.i,  Sennär  und 
Kordiifan.  S.  .Nigritier"  Taf.  XLIII.  Fig.  1  und  Cailliaud  Voyage  ä  Meroe,  vol.  III,  pl.  1, 
sowie  Atlas  dazu  PI.  XXXVIl.  Sonst  siml  die  bildlichen  Darstellungen  dieses  letzteren 
Heisenden  keineswegs  als  in  physiognomischer  üinsicht  typisch- brauchbare  anzuempfehlen. 

'S)  Dergleichen  mit  Gold-  oiler  Silberbrokat  bezogene  oder  nur  leicht  bedeckte  Kissen 
findet  man  noch  heut  in  guten  Häusern  von  Aegypten,  Nubien  und  Ost -Sudan. 

9* 


132  Rob.  Hartmann: 

Dieser  Reisende,  nachdem  er  noch  das  (auch  heut  bei  Fung  und  Bejah 
anzutreffende)  freie,  aufrichtige  und  männliche  Wesen  des  Sey^  Adlän  gerühmt, 
bemerkt  noch  Folgendes  über  das  Verhältniss  der  Fung  zu  den  Nomaden. 
Letztere  Leute  waren  damals  alle  auf  dem  Wege  nordwärts  nach  den  ver- 
schiedenen Distrikten  in  den  Saudgegenden,  ostwärts  von  Mendera  (^Gebel- 
Manderah)  und  Barbar  (Berber,  ¥A- Me/nnf^  begriffen.  So  wüst  und  ver- 
lassen dieser  Sandboden  den  übrigen  Theil  des  Jahres  hindurch  ist,  so  fing 
er  doch  nun  an  von  zahlreichen  Viehheerden  und  Einwohnern  belebt  zu 
werden.  Die  Fliege  in  dem  fruchtbaren  mulderen  Boden,  woraus  die  ganze 
südliche  Gegend  von  Sennär  besteht,  hatte  dieses  zahlreiche  Volk  gezwungen, 
diese  Wanderung  anzutreten,  welches,  wie  sie  gar  zu  gut  wussten,  ihnen 
sonst  wenigstens  die  Hälfte  ihres  Unterhaltes  kosten  würde.  Die  Truppen 
von  Sennar  waren  ja  nicht  zahlreich,  aber  mit  allem  wohl  versehen,  und 
standen  in  Bereitschaft,  diesen  „Arabern"  den  Weg  nach  den  Sandgegenden 
zu  verlegen,  wenn  nicht  jedes  Stammeshaupt  vorher  ein  glaubwürdiges  Ver- 
zeichniss  seines  ganzen  Viehstandes  übergab,  und  sich  bei  der  Durchreise 
mit  Sfy  Adlän  deswegen  verglich.  Alle  Ausflüchte  waren  hier  vergebens. 
Die  „Fliege"  war  einmal  im  Besitz  des  fruchtbaren  Landes  und  verfolgte 
jedes  Kameel  unbarmherzig  bis  es  sich  in  die  Sandgegenden  begab,  und 
dort  musste  es  bleiben  bis  die  Regen  aufhörten.  Entdeckte  man  unterdessen, 
dass  in  Ansehung  der  Anzahl  und  der  Beschaflenheit  des  Viehes,  etwas 
verhehlt  worden,  so  mussten  sie  doch  zu  Anfang  des  Septembers  wieder 
nach  ihrer  vorigen  Weide  zurück,  und  auf  diesem  zweiten  Durchzug  ward 
jeder  Betrug,  er  mochte  nun  wirklich  wahr  sein,  oder  nur  so  angegeben 
werden,  mit  grosser  Strenge  bestraft.  Die  „Araber"  haben  zwar  oft  ver- 
sucht sich  zu  widersetzen,  aber  jedes  mal  gefunden,  dass  es  ihnen  zu  nichts 
geholfen.  So  zahlreich  sie  auch  waren,  so  hatten  sie  doch  die  Beschwerde, 
ihre  Familien  und  ihr  Gepäck  bei  sich  zu  führen  und  wurden  allemal  das 
Opfer  dieser  wohlberittenen  und  wohlbewaffneten  Truppen,  die  ihnen  unter- 
wegs im  Angesicht  ihrer  Heimath  auflauerten.  Waren  sie  einmal  auf  dem 
Sandboden  angekommen,  so  konnten  sie  während  der  Regenzeit  sicher  sein, 
weil  sie  ihren  Durchzug  nach  Norden  bezahlt  hatten,  und  ebenso  waren 
sie  es  auch  aus  gleicher  Ursache,  wenn  sie  wieder  in  ihr  eigenes  Land 
gegen  Süden  zurückzogen,  sobald  der  Regen  aufhörte. 

Bruce  bemerkt  nun,  man  könne  die  Frage  aufwerfen,  was  die  Regierung 
zu  Sennär  mit  der  ungeheueren  Menge  von  Kamcelen  anfangen  dürfe,  die 
von  allen  den  „arabischen"  Stämmen  auf  ihrem  Durchzuge  durch  Sennär 
abgeliefert  würden.  Darauf  diene  nun  zur  Nachricht,  dass  der  ganze  Tribut 
nicht  in  Kameelen  oder  in  natura  entrichtet  werde.  Die  verschiedenen 
Stämme^  welche  viele  Kameele,  oder  anderes  Vieh  besassen,  mussten  eine 
gewisse  Anzahl,  nachdem  solche  überhaupt  geschätzt  wurden,  zum  Tribut 
entrichten.  Diesen  bezahlten  sie  entweder  in  Gold,  oder  in  Sklaven,  und 
den  Rest    in   natura    odor    in  Kameelen;    so  und  soviel  zum  Unterhalte  des 


Die  Bejah.  133 

Königs  und  der  Regierung;  denn  man  treffe  auf  dem  Markte  zu  Sennar 
fast  kein  anderes  als  Kameelf  lei  seh  an.  Die  übrigen  Tliiere  kauften  die 
Kaufleute  von  Donqolali  und  schickten  sie  nach  Aegypten,  wo  sie  den 
grossen  Abgang  an  diesen  Thieren  ersetzen,  die  jährlich  von  den  nach 
Mekkah  bestimmten  Karavancn  gebraucht  wurden.*) 

Das  ist  die  Schilderung  des  J.  Bruce,  von  dem  durch  die  Fting  über 
die  seunarischen  Bcjali  verhängten  politisch -ökonomischen  Bedrückungs- 
systera,  eine  Schilderung,  welche  jeder  Erforscher  ostafrikanischer  Zustände 
als  eine  höchst  naturwahre  anerkennen  muss.  Dieses  System  dauerte  noch 
bis  in  unser  Jahrhundert  hinein  und  ging  mit  dem  Sturze  des  letzten  Sultan- 
Bndl  von  Sennär  iu  die  Hände  der  neuen  Herren,  d.  h.  der  türkisch- 
aegyptischen  Behörden  über.  Letztere  waren  beflissen,  die  Bejah  unter  etwas 
geänderter  Form,  aber  noch  viel  schwerer  als  die  Fung  zu  bedrücken  und 
zu  knechten.  Denn  während  die  nigritischen  Häuptlinge  von  Sennär 
nur  den  Durchgaugszoll  von  den  Wanderstämmen  erpressten,  diese  aber 
sonst  meist  ungeschoren  Hessen,  erzwangen  die  Aegypter  eine  allgemeine 
staatliche  Kopfsteuer,  sowie  eine  hoch  normirte  Viehsteuer,  auch  Hessen  ihre 
Beamten  keine  Gelegenheit  vorübergehen,  den  Aermsteu  Geschenke  abzu- 
drücken oder  sie  sonstwie  zu  schinden  und  zu  placken.  Dieser  Zustand 
dauert  noch  bis  in  unsere  Tage  fort. 

Im  Jahre  1821  wurde  von  der  türkisch -aegyptischeu  Armee  unter 
IsDiall-Bäm  neben  Nubien,  d.  h.  dem  längs  des  nubischen  Niles  sich 
erstreckenden  Kulturlande,  Beled-el-Beriibra,  auch  zugleich  durch  den 
Sangäq  lläygt-Hamtned  das  von  Bruce  erwähnte  Land  Atblirah  dem 
Ajälet- Misr^  dem  Vicekönigthume  Aegypten,  einverleibt.  AtbSrah  begriff 
das  zwischen  37  —  32"  O.  L.  Greenw.,  13  —  16"  N.  Er.  gelegene,  östlich 
von  den  abyssinischen  Provinzen  WalqaJt,  Ennet'iöho  und  Dägösa,  westlich 
vom  blauen  Nile  begrenzte,  von  zahlreichen  Bejah  durchschwärmte  Gebiet 
in  sich.  Demnach  umfasste  das  Land  einen  grossen  Theil  der  heutigen 
aegyptischeu  Alinlinch  Beled-Täqä  oder  Beled-el-()«A-.  Der  sogenannte 
Se/  von  Atbarah  hatte  seine  Residenz  zu  „Teawa^  (Tiäwah),  ()5  engl.  Meilen 
von  !|J/--Qäqäma.^  entfernt.^)  Dieser  Ort  besass  1200  ,.nackende,  elende 
und  verächtliche^)  Bejah  zur  Einwohnerschaft  und  25  Reitei-,  darunter  10  ge- 
panzerte, zur  Besatzung.  Ortschaft  und  Land  waren  von  den  Fung  zu 
Sennär  abhängig. 

Der  Schwager  hmai/-Bclsä\s,  der  schreckliche  Pacificator  Nubiens, 
MoHammed-Beij-el-De/terdär^),    hatte    damals    die    für    die   Occupatiou    des 

1)  A.  0.  a.  0.  S.  440       448. 

2)  Bruce  bestimmte  tue  Lage  dieser  jetzt  ganz  vergessenen,  von  keinen  der  durch  mich 
befragten  Leute  gekannten,  vielleicht  längst  aufgegebenen  und  verfallenen  Helleh  (Dorfes)  zu 
14°  2'  4"  N.  Br.     (Vergl.  übrigens  Petermann:    Ostafrika,  Gotha  18G1,  S.  0). 

3)  Bruce  a.  a.  0.  S.  355. 

4)  Ich  setze  bei  den  Lesern  eine  allgemeine  Keuutni.ss  in  der  lieschichte  der  aegyptiach- 
türkischen  Eroberung  von  Nubien  und  Sennär  voraus.   Eine  auf  a  utentische  Nachrichten 


]34  Rob.  Hartmann; 

Atbärah  Gebietes  verwendeten  Streifkorps  organisirt  und  später  persönlich 
geführt.  Nach  seinen  Wahrnehmungen  sind  die  Marschrouten  construirt 
worden,  über  welche  Rueppell  i.  J.  1825  von  jenem  Anführer  directe 
Nachrichten  erhielt.  ^) 

Durch  diese  und  durch  spätere  Streifzüge  wurde  die  Unterwerfung  des 
Landes  übrigens  nur  vorbereitet,  nicht  vollendet.  Vielmehr  verbanden 
sich  eine  Anzahl  Bejah  Stämme  jenes  Gebietes  zu  wiederholter  gemeiusamer 
Aktion  gegen  die  sie  unaufhörlich  mit  schwerer  Steuerauflage  bedräogenden 
Aegypter.  Letztere  sahen  sich  genöthigt,  mehrere  wohlausgerüstete  Gazwät 
(Kriegszüge)  gegen  die  Bejah  von  Taqä  zu  unternehmen,  in  deren  Verlaufe 
jede  Freiheitsregung  der  eines  besseren  Loses  würdigen  Täqa- Stämme  in 
deren  eigenem  Blute  erstickt  wurde.  Die  bekanntesten  dieser  in  Raub- 
und  Plünderungszüge  ausartenden  Gazwät  sind  diejenigen  des  Hahmdär 
AKmed-Bäsä  el-G'erkesi  im  Jaln-e  1840^)  und  AJimed- Basel- Menekll  sowie 
des  ^Oiinän-Bey-el-Arnäüdi  i.  J.  1843.'^)  In  diesen  Feldzügen  leisteten  die 
Fung  unter  Molianimed-Defälläh  und  Ahmed- Wolled-'-Jivad  den  Aegyptern 
Hülfe.  Jene  beiden  türkischen  Anführer  verfuhren  gegen  die  von  ihnen 
bekämpften,  Mitqinäb,  Halenqä^  Söbäb,  ^'iqiläb  und  Hadendäwa^)  mit 
grausamer  Strenge.  A/hned-  Bäsä-  Menekll  Hess  später  eine  Anzahl  der  bei 
seiner  Expedition  gefangenen  Bejah- Si/jüx  vor  der  Moschee  zu  j|ar|!r«?i  wie 
Hammel  abschlachten  —  allerdings  als  Repressalie  für  verschiedene  früher 
von  den  Gerichteten  am  aegyptischen  Soldaten  begangene  Mordthaten. 

Seit  jener  schrecklichen  Beispielen  aegyptischer  Strenge  haben  sich  die 
Täqä- Stämme,  kleinere  Aufstände  mehr  localen  Charakters  abgerechnet, 
ruhig  verhalten.  Dagegen  hatten  sich  in  den  letzten  fünfziger  und  in  den 
ersten  sechziger  Jahren  die  Baqära  mehrmals  empört.  Indessen  wurden  sie 
1858,  später  1862  —  63  von  dem  energischen  Hakmdär  Müsä-Bäm  el- 
Nimr^)  wiederholt  zu  Paaren  getrieben  und  blutig  bestraft.    Die  in  Aegypten 


gegründete  Uebersicht  über  die  Hanptereignisse  jener  Erolierung  habe  ich  in  Westermann's 
Iliustrirten  deutschen  Monatsheften  vom  Jahre  1875,  S.  629  —  G33  veröffentlicht. 

1)  Reisen  in  Nubieii,  Kordofan  u.  s.  w.     S.  286  —  288. 

2)  Vergl.  Werne:  Beitrag  zur  Kunde  des  Innern  von  Afrika.  Die  Völker  Ost-Sudans 
und  Feldzug  der  Türken  von  Sennar  nach  Taka,  Basa  und  Beni-Amer.   Stuttgart  1843. 

3)  Vergl.  Lepsius  Briefe  aus  Aegypten,  Aethiopiea  und  der  Halbinsel  des  Sinai,  Berlin 
1852,  S.  211. 

4)  Lepsius  führt  unter  den  damals  rebellirenden  Täqa -Stämmen  auch  die  „Kehlli- 
Mohammedm"  auf.  Ich  bin  nun  nach  wiederholten  Unterredungen  mit  drei  Parteien  Hagen- 
beck scher  ^Nubier"  zu  der  Ueberzeugung  gelangt,  dass  es  sich  hier  um  einen  kleinen  Irrthum 
handele.  Ein  ße/aÄ- Stamm,  wie  der  genannte,  soll  in  Täqä  gar  nicht  existiren.  Vielmehr 
soll  „Kelrdi-Mohammedln"  wohl  nichts  anderes  bedeuten,  als  dass  die  nach  ihren  Stämmen 
befragten,  von  Otman-Bey  als  Gefangene  hinweggeführten  Bejah- Suja/:  Kullo  (Kulhii) 
Mohammedin  d.  h.  alle  Mohammedaner,  zu  sein,  mit  einem  gewissen  Stolz  erklärt  haben. 

5)  El-Nimr,  der  Panther,  war  ein  von  den  tapferen  Baqära  ihrem  Feinde  und  ßesieger 
verliehener  Ehrentitel.  Sonst  nannten  sie  ihn,  der  gegen  sie  begangenen  Metzeleien  wegen, 
auch  El-G'ezär,  den  Schlächter.  Letzterer  Beiname  wurde  von  den  Halenqä  sowohl  AKmed- 
Bäsä  dem  Tscherkessen  als  auch  Ahmed -Bäsä-Menekli  gegeben. 


Die  Bejah.  135 

und  Nordnubien  hausenden  /?^/aÄ- Stämme  der  '^häbdeh  und  Bü'ärin  sind 
schon  seit  lange  dem  Dlwän  in  Cairo  unterthan  und  verhalten  sich  sehr 
still.  Die  ehemals  so  kriegerischen  St'q'ieJi  aber  sind  seit  1821  unterworfen, 
und  gehen  meist  im  aegyptischen  Militärdienste  auf.  Die  G'äalln  sind 
zerstreut  und  so  kann  man  wohl  sagen,  dass  die  Selbstständigkeit  der  B^ah 
zur  Zeit  total  vernichtet  sei.  (Fortsetzung  folgt.) 


Erklärungen  der  Tafeln  I  —  III. 

(Sämmtliche  Figuren  sind  nach  von  mir  in  Afrika  selbst,  z.  Th.  sogar  in  halber  Lebens- 
grösse,    mit  Aquarell-    und  Pastellfarben    nach   dem  Leben   aufgenommenen  Abbildungen  auf 

den  Stein  übertragen  worden). 

Tafel  I. 

Fig.  1.     Baqarl  von  der  Ferqeh  des  S''/  Moliammed  .Ihd-el-  Wa/,'ed  zu  Rost' res. 
Fig.  2.     RüfäT  vom  Näs-Abü-Röf  in  Sennär. 

Fig.  3.     Säbün-Mädchen  von  Xör-el-Qänah  an  der  Grenze  von  Fazoqlo. 
Fig.  3.     Sukürl   vom  Nas-el-Sukurieh  oder  Näs -Abu -Sinn,  aufgenommen  zu  Mesalamieh. 
Fig.  4.     (Zum    Vergleich)    ein    Fun,jl:     El-Sey-el-Gehäl-el-Gerehln,    aufgenommen   am 
Birket-Kürah. 

Tafel  II. 

Fig.  1.     Zaumzeug  eines  (Ma^af/a-) Pferdes  der  Sabün  zu  Roseres. 

Fig.  2.     Sukürl  -  Reiter  in  voller  Panzerung. 

Fig.  3.     Säbün- Reiter,  aufgenommen  zu  OmmDurman  am  Balr  -  el -  azrac/ . 

Tafel  III. 

Fig.  1 .     Runder  Schild  der  'Ahäbdeh ;    1  a   von  aussen,  1  ^   von  innen  gesehen. 

Fig.  2.     Dolch  der  Abfl-Röf  u.  s.  w.  mit  Scheide  und  Bandelier. 

Eig.  3.     Lanze  der  Abfi-Röf. 

Fig.  4.     Stöcke  derselben. 

Fig.  5.     Amuletbehälter  der  Abü-Röf,  am  rechten  Ellenbogengelenk  zu  tragen. 

Fig.  6.     Wurf-  und  Hiebeisen  (Qulbedah)  der  Abö-Röf. 

Fig.  7.     Ledersandale  eines  angesehenen  RufäT. 

Fig.  8.    Länglicher  Schild  der  Merdüs. 

Fig.  9.     Trapkorb  derselben. 

Fig.  10.     Wasserkrug  (Burmeh)  der  Säbün. 

Fig.  11.     Mit  Tragschnüreii  umwickeltes  und  angehörtes  Strausseuei  der  Abu-Röf. 

Fig.  12.     Schnupftabacksbohälter  der  Säbün. 

Fig.  13.     Büchschen  für  KoKl  oder  Augenlidschminke  {El- Bede  el-'.^jrm)  der  Abü-Röf. 

Fig.  14.    Mattenzelt  der  Abü-Röf. 


Miscellen  und  Bücherschau. 


Der  Darwinismus  ein  Zeichen  der  Zeit.  Von  Alb.  Wigand.  Heilbronn. 
Verlag  von  Gebr.  Henninger.  (Zeitfragen  des  christlichen  Volkslebens  von 
Mühlh  ausser  und  Geffcken,  Bd.  H,  Heft  b  und  6.)  8.     122  S. 

Der  Verfasser,  bekanntlich  ein  eifriger  Gegner  des  Darwinismus,  verlässt  in  dieser  Schrift 
die  Wege  des  arbeitenden  Naturforschers  und  wirft  sich  polemisirend  zum  Schirmer  der  von 
Darwin's  Theorien  bedrohten  geistigen  Güter  der  Menschheit  auf.  Er  hält  zwar  im  All- 
gemeinen die  Zeit  des  Zusammensturzes  dieser  noch  unlängst  soviel  bewunderten  Theorie  für 
hereingebrochen.  Allein  nur  die  Schale  des  Darwinismus,  d.  h.  die  Doktrin,  gilt  ihm  als  eine 
früher  oder  später  in  ihr  Nichts  zerplatzende  Seifenblase.  Der  eigentliche  Kern  dagegen,  die 
tieferen  Grundsätze,  aus  welchen  die  Lehre  selbst  hervorgegangen  ist,  soll  bleiben.  ,Wenn 
dann  die  ersten  Früchte  davon  ans  Licht  treten ,  so  mag  es  wohl  den  auf  der  Höhe  der  Zeit 
stehenden  geistigen  Leitern  des  Volks,  den  Wortführern  auf  dem  Katheder  und  in  der  Presse, 
denselben,  welche  grossentheils  mitgewirkt  haben,  jene  Lehre  in  Curs  zu  setzen,  bange  werden 
um  die  gefährdeten  idealen  Güter  der  Nation,  um  Religion  und  Sittlichkeit,  und  was  ihnen 
mehr  ist,  um  den  Bestand  von  Staat  und  Gesellschaft  (als  deren  Bedingungen  in  ihren  Augen 
die  idealen  Güter  ihren  eigentlichen  Werth  haben).  Aber  vergeblich  bemühen  sie  sich,  die 
beschwornen  Geister  wieder  zu  bannen"  u.  s.  w.  Wir  glauben  und  hoffen,  dass  der  gesunde 
Sinn  des  deutschen  Volkes,  welcher  bereits  die  Schandepoche  des  materiellen  Gründerthums 
überwunden,  auch  die  geringen  Schäden  beseitigen  wird,  die  der  Unverstand  eines  Häufleins 
von  Fanatikern  bisher  verursacht  hat.  Ueberdies  erscheinen  uns  die  vom  Darwinismus  an- 
geblich angerichteten  Uebelstände  von  mancher  Seite  in  einem  weitaus  zu  grellen  Lichte  dar- 
gestellt. So  dürfte  die  jetzt  vielfach  discutirte  gegenseitige  Durchdringung  von  Darwinismus  und 
Sociaklemokratie  zu  den  Gespenstern  gezählt  werden.  Der  Kern  der  Lehre  kann  auch  bei 
uns  ohne  Furcht  ruhig  weitergepflegt  werden.  Sichert  er  doch  der  Naturforschung  unter 
vielem  anderen  Guten,  namentlich  ausser  der  kräftigen  Anregung  zu  gesteigerter  Detailarbeit, 
eine  Befreiung  von  dem  erdrückenden  Wüste  kleinlicher  Specieskrämerei.  Es  ist  natürlich 
wünschenswerth,  dass  derartige  Fragen  für  die  Zukunft  nur  von  wirklichen  Forschern, 
nicht  von  Halbgebildeten,  behandelt  werden.  Indessen  macht  sich  dies  von  selbst.  Der  mit 
Darwinismus  spielende  Dilettant  und  Philister  lässt  schon  die  Hand  davon,  wenn  die  Mode 
aufhört,  d.  h.  wenn  die  Schale  platzt,  wenn  die  Bearbeitung  des  wirklichen  Kernes,  d  h.  die 
Detailforschung,  beginnt.  Diese  Zeit  scheint  uns  jetzt  gekommen  zu  sein  Manches,  was 
Wigand  über  den  blinden  Autoritätenglauben  (S.  96),  über  die  Herrschsucht  und  Heuchelei 
der  Fanatiker  vorbringt,  dünkt  uns  beherzigenswerth.  Immerhin  glauben  wir  obige  Schrift  als 
eine  der  gehaltreichern  aus  dem  Lager  der  Gegner  bezeichnen  zu  dürfen.  H. 


o 


ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ETHNOLOGIE. 


Organ  der  Berliner  Gesellschaft 
für 

Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 

Unter  Mitwirkung  des  zeitigen  Vorsitzenden  derselben, 

R.  Virchow, 

herausgegeben  von 

A,  Bastian  und  R.  Hartniann« 


Elfter  Jahrgang 


1879.  — Heft  11. 


Mit  Tafel  V.  -  Uli. 


BERLIN. 

Verlag    von    Wiegandt,    Hempel    Ä    Parey. 
(Paul  Parey.) 

1879. 


Inhalt. 

Seit« 

Fossilreste    eines    Wildesels    aus    der    Lindenthaler    Hyänenhöhle    bei 

Gera.     Von  Alfred  Neliring.     (Hierzu  Taf.  Y) 137 

üeber    abnorme  Behaarung    beim  Menschen.     (Zweiter  Aufsatz.)  Von 

Dr.  Max  Bartels,  pract.  Arzt  in  Berlin 145 

Die  Be/ah.     Von  Robert  Hartmann.     (Fortsetzung) 195 

Miscellen  und  Bücherschau 208 

Verhandlungen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 

Ausserordentliche  Sitzung  vom  II.  Januar  1879  (Schluss).  Alterthümer  aus  Japan,  v.  Brandt, 
(Schluss).  —  Messungen  an  Schulkindern.  Lucas.  S.  19.  —  Die  Sprache  der 
Australier.     Steinthal,  S.  20;  Virchow  S.  28.  —  Eingegangene  Schriften.     S.  29. 

Sitzung  vom  18.  Januar  1879.  Wahl  des  Ausschusses.  Neue  Mitglieder,  S.  30.  —  Gesichts- 
urne von  Gogolin,  Westpreussen.  (Holzschnitt.)  Florkowski,  Lisch,  S.  30.  —  Vorlagen 
aus  dem  Märkischen  Museum,  Eigenthumsmarken ,  Buckelurnen.  Friedel,  S.  33.  — 
ürnenfriedhof  von  Rosenthal  bei  Berlin.  Schneitier,  Virchow,  S.  33.  —  Goldener 
Halsring  von  Glogau.  Gemss,  Voss,  S.  33.—  Persische  Waffen.  Hollmann,  Jagor, 
Hartmann,  S.  34.  —  Maya- Alterthümer.  Schultz-Sellack,  S.  34.  —  Fung  Schui 
oder  chinesische  Geomantie.  H übrig,  S.  34.  —  Herstellung  schwarzer  Thongefässe  in 
Indien  und  in  der  Türkei.  (Holzschnitt.)  Jagor,  S.  43;  Sarnow,  S.  45;  Voss, 
S.  47.  —  Gräberfeld  von  Giebichen stein  beiHalle  a.  S.  (Holzschnitte.)  Credner,  S.  47. 
Voss,  S.  54.;  Virchow,  S.  64. 


Die  Verlagshandlung  honorirt  Beiträge  für  die  Zeitschrift  für  Ethnologie 
mit  34  Mark  pro  Druckbogen  und  zwar  geschieht  die  Auszahlung  —  wenn 
der  Verlagshandlung  nicht  besondere  Wünsche  mitgetheilt  werden  —  jährlich 
bei  Erscheinen  des  Schlussheftes  des  betreffenden  Bandes. 

Von  jedem  Artikel  werden  20  Separat- Abdrücke  unberechnet  geliefert;  eine  grössere 
Anzahl  wird  aber  principiell  nicht  angefertigt. 

Alle  für  die  Redaction  der  Zeitschrift  für  Ethnologie  bestimmten  Manuscript- 
sendungen  und  Zuschriften  werden  unter  der  Adresse  der  Verlagshandlung  (Berlin  SW. 
91  Zimmerstrasse)  erbeten. 


Fofssilreste  eines  Wildesels  aus  der  Lindeiitlialer 
Hyiineuliöhle  bei  (lera. 

Von 

Dr.  Alfred  Nehring. 

(Uierzu  Tafel  V.) 


Herr  Geh.  Katb  A.  Ecker  hat  vor  zwei  Jahren  in  seinem  ersten 
Autsatze  über  die  quaternäre  Fauna  von  Langen brunn  ^  einige  Fossilreste 
einer  kleinen  Equus-Art  beschrieben,  welche  er  auf  Grund  einer  Diagnose 
des  Herrn  Prof.  Ivüti  nieyer,  sowie  auch  nach  eigenen  Vergleichungen  dem 
Equus  asinus  zurechnet.  Es  sind  dieses,  wie  es  scheint,  die  ersten  Esel- 
reste, welche  in  quaternären  Ablagerungen  innerhalb  Deutschlands  zum 
Vorschein  gekommen  oder  wenigstens  wissenschaftlich  constatirt  worden 
sind.  Herr  Geh.  Rath.  Ecker  hat  mit  Recht  auf  die  Wichtigkeit  jenes 
Fundes  aufmerksam  gemacht,  nicht  nur  wegen  der  Seltenheit  fossiler  Esel- 
reste überhaupt,  sondern  auch  weil  sich  einige  interessante  Fragen  aus  dem 
Gebiete  der  Urgeschichte  daran  knüpfen  lassen.  Letzterer  Umstand  ver- 
anlasst mich,  einen  ferneren  Fund  fossiler  Eselreste  in  dieser  Zeitschrift 
zu  besprechen  und  dadurch  zur  Kenntniss  der  Anthropologen  zu  bringen. 

Als  ich  kürzlich  bei  meinem  verehrten  Freunde,  Herrn  Prof.  Liebe  in 
Gera  zum  Besuch  war,  benutzte  ich  selbstverständlich  die  Gelegenheit,  die 
Fundstücke  aus  der  Lindeuthaler  Hyänenhöhle  mir  anzuseheu,  welche 
den  Lesern  dieser  Zeitschrift  durch  die  interessanten  Publicationen  Liebe's 
bekannt  sein  werden.  Jene  Fundstücke  werden  theils  in  der  Fürstlichen 
Sammlung,  theils  in  der  Privatsammlung  des  um  die  Ausbeutung  der  Hyänen- 
hohle  sehr  verdienten  Herrn  G.  Korn  in  Gera  aufbewahrt.  Als  ich  die 
zahlreichen  Equus -Reste  der  letztgenannten  Sammlung  durchmusterte,  fielen 
mir  zwei  Zähne  und  ein  Zehenglied  wegen  ihrer  ausserordentlichen  Kleinheit 
auf,  und  ich  vermuthete  sogleich,  dass  sie  einem  Wildesel  angehören  möchten. 
Herr  Korn  war  gern  bereit,  mir  die  betrefienden  Reste  zur  genaueren 
Prüfung  mitzugeben;  auch  mein  Freund  Liebe  bat  mich,  die  Sache  weiter 
zu  verfolgen,  und  so  erlaube  ich  mir,  im  Folgenden  eine  kleine  Ergänzung 
zu  den  Liebe 'sehen  Publicationen  über  die  Lindenthaler  Hyänenhöhle  zu 
liefern. 


1)  Siehe  Archiv  f.  Anthropologie,   Bii.  IX,    S.   81  ff.:    ,Zur  Kenntniss   der   quaternären 
Fauna  des  Donauthals. "     Von  Dr.  Rehmann  und  A.  Ecker. 

Zeitschrift  fiir  EUmologie.    Jahrg.  1879.  10 


138 


A.  Nehring ; 


Die  mir  vorliegenden  Fossilreste,  welche  ich  einer  quaternären  Wildesel- 
art zuschreibe,  bestehen  in  zwei  unteren  Backenzähnen  und  einer 
ersten  Phalanx.  Alle  drei  Stücke  scheinen  von  einem  Individuum 
herzustammen,  und  zwar  von  einem  recht  alten;  ich  schliesse  ersteres  aus 
dem  Umstände,  dass  sie  zusammengefunden  sind  und  ein  gleichartiges 
Aussehen  haben,  letzteres  ergiebt  sich  aus  der  starken  Abnutzung  der  Zähne, 
aus  der  scharf  ausgeprägten  Form  der  Phalanx  und  aus  der  völligen  Ver- 
wachsung der  Epiphysen  an  derselben. 

Die  Grösse  und  die  Form  der  genannten  Skelettheile  mögen  die  Leser 
aus  den  von  mir  beigegebenen,  in  natürlicher  Grösse  gehaltenen  Abbildungen 
auf  Taf.  V  ersehen.  Fig.  1  stellt  den  einen  der  Backenzähne  von  der  Innen- 
seite dar,  Fig.  2  die  Kaufläche  desselben,  von  oben  gesehen.  Er  gehört 
der  rechten  Seite  des  Unterkiefers  an;  ich  halte  ihn  für  den  1.  Molar  (//i  1). 
Fig.  3  stellt  die  Kaufläche  des  anderen  Zahnes  dar.  Er  gehört  der  linken 
Seite  des  Unterkiefers  an;  ich  halte  ihn  für  den  zweiten  Molar  {m  2).  In 
Fig.  4  habe  ich  zum  Vergleich  die  Kaufläche  des  ni  2  sin.  eines  recenten 
Equus  asinus  (Schädel  des  Herzogl.  naturhist.  Museums  in  Braunschweig) 
in  blosser  Umrisszeichnung  abgebildet.  Fig.  5  a  stellt  die  Phalanx  von  der 
Vorderseite,  Fig.  5  h  von  der  Hinterseite  und  Fig.  5  c  von  der  proximalen 
Gelenkfläche  aus  gesehen  dar. 

Dass  diese  Fossilreste  einer  Eselart  angehören  und  nicht  einer 
kleinern  Ra^e  von  Equus  caballus,  dafür  scheinen  mir  mehrere  Gründe 
zu  sprechen.  Erstens  spricht  dafür  die  Form  der  Schmelz  falten  auf  der 
Kaufläche  der  Backenzähne  Jeder  Kenner  von  Pferdezähneu  wird  aus 
meinen  Abbildungen  die  wesentlichen  Abweichungen  in  der  Bildung  der 
Schmelzfalten  leicht  ersehen;  dieselbe  ist  viel  einfacher  als  bei  Equus  caballus 
und  stimmt  fast  ganz  mit  derjenigen  bei  Equus  asinus. 

Ferner  ist  die  Form  der  Phalanx  viel  schlanker,  als  es  bei  Equus 
caballus  zu  sein  pflegt;  da  mir  jedoch  augenblicklich  keine  Phalangen 
kleiner  Ra^en  von  Equus  caballus  zur  Disposition  stehen,  so  kann  ich  dieses 
nicht  durch  Zahlen  belegen.  Ich  gebe  dafür  zum  Vergleich  die  Dimensionen 
der  kleinsten  ausgewachsenen,  sowie  auch  einer  jugendlichen  ersten  Phalanx 
von  meinen  fossilen  Pferden  aus  den  Gypsbrüchen  von  Westeregeln.  (Die 
Angaben  sind  in  Millimetern  ausgedrückt). 


Wildesel 
von  Gera 

Wildpferd  von  Westercgeln 

alt 

juvenil ') 

1.  Grössto  Länge  (an  de»  Seite  gemessen)     .    . 

2.  Grössto  Breite  am  oberen  Ende 

3.  „            „         ^    unteren     „       

4.  Schmälste  Stelle  (in  transversaler  Richtung) 

72 
40 
30,5 
24,3 

83 
G4 
48 
41,5 

70 
51 
47 
36 

1)  Die  juvenile  Phalanx  ist  ohne  obere  Epiphyse. 


Fussilreale  eines  WilJesels.  139 

Diese  vier  Dimensionen  werden,  denk'  ich,  schon  genügen,  um  die 
specitische  Abweichung  in  (Um  Grössenverhältnissen  der  Phalangen  des 
Wildesels  von  Gera  und  der  Wild|)ferde  von  Westeregeln  zu  heweisen.  Im 
Uebrigcn  hissen  sich  bei  genauerer  Vergleichung  noch  viele  andere  Form- 
Verschiedenheiten  auffinden;  doch  wird  es  nicht  nöthig  sein,  hier  auf  jede 
Einzelheit  einzugehen. 

Ob  ein  zierlicher  Metatarsus- Knochen  welchen  mir  Herr  Korn  noch 
nachträglich  überbrachte,  auch  zu  der  Wildeselart  gehört,  lasse  ich  vorläuüg 
dahingestellt.  Derselbe  weicht  allerdings  von  den  sonstigen,  zu  Equus 
gehörenden  Metatarsi,  welche  ich  in  Gera  gesehen  habe,  durch  seine  zarten 
Dimensionen  ab;  denn  während  die  anderen  Metatarsi 0  eine  Länge  von 
267  —  288,  am  oberen  Gelenk  eine  Breite  von  55  —  57,  und  am  unteren 
eine  Breite  von  54  —  58  mm  haben,  zeigt  jener,  obgleich  er  entschieden  von 
einem  ausgewachsenen  Thiere  herrührt,  viel  geringere  Maasse,  nämlich  eine 
Länge  von  240,  eine  obere  Breite  von  41,5  und  eine  untere  Breite  von 
41  mm.  Danach  scheint  auch  bei  diesem  Knochen  eine  specifische  Grössen- 
diflerenz  vorzuliegen;  da  er  jedoch  ein  anderes  Aussehen  zeigt  und  aus 
einem  anderen  Niveau  zu  stammen  scheint,  wie  die  oben  besprochenen 
Fossilreste,  so  möchte  ich  ihn  vorläufig  von  den  letzteren  trennen. 

Fragen  wir  nun,  welcher  Wildesel -Art  die  oben  genannten  und 
beschriebenen  Fossilreste  angehören,  so  kann  uns  zunächst  die  sonstige 
Fauna,  welche  die  Lindenthaler  Hyänenhöhle  geliefert  hat,  einen  Fingerzeig 
geben.  Jene  Fauna  weist  uns  auf  die  asiatischen  Steppen  hin.  (Vergl. 
Liebe,  die  Lindenthaler  Hyänenhöhle,  I  u.  II.  Sep.  Abdr.  aus  d.  Jahresber. 
d.  Gesellsch.  f.  Naturw.  in  Gera  und  Arch.  f.  Anthrop.  IX,  S.  155  ff.) 
Besonders  wichtig  ist  in  dieser  Hinsicht  das  zahlreiche  Vorkommen  der 
grossen  Springmaus  (Alactaga  jaculus),  welche  als  ein  entschiedenes 
Oharakterihier  der  asiatischen  Steppen  anzusehen  ist.  Es  liegt  also  sehr 
nahe,  unsere  fossilen  W ild es elr es te  von  Gera  auf  eine  der  asiatischen 
Wildesel -Arten  zurückzuführen.  Auf  welche?  Das  wird  sich  nach 
den  bis  jetzt  vorliegenden  Resten  kaum  mit  irgend  einer  Wahrscheinlichkeit 
bestimmen  lassen.  Dazu  würde  es  eines  weit  reichereu  fossilen  Materials, 
sowie  auch  eines  reichhaltigen  recenten  Vergleichsmaterials  bedürfen,  welches 
letztere  für  Augenblick  wohl  noch  in  keiner  deutschen  Sammlung  zu 
finden  ist. 

Mit  unserem  Hausesel  (Equus  asinus),  resp.  mit  seiner  wilden 
Stammart    dürften    die  Gera  er  Wildeselreste    schwerlich    identificirt   werden 

1)  Mein  Frcuud  Liebe  hat  diese  Knochen  iu  seinen  Puhlicationen  mit  zu  den  Metacarpi 
gerechnet;  in  der  That  sind  es  aber  Metatarsi,  wie  wir  bei  fremeinschaftlicher  Untersuchunfr 
constatirt  haben.  Man  i<ann  ilaher  nnter  den  Resten  von  Equus  caballus  aus  lier  Linden- 
thaler Höhle  nicht  die  wesentliche  Grössendifferenz,  resp.  zwei  Ra^en  nachweisen,  welche 
nach    den    von    Liebe    angegebenen    Maasscn     (für    den    Metacarpus:     vorhanden    zu    sein 

schienen. 

10* 


140  A.  Nehring: 

können.  Denn  1.  scheint  dieser  erst  in  historischer  Zeit,  etwa  zugleich  mit 
der  Obst-  und  Weincultur,  in  Deutschland  eingeführt  zu  sein,  2.  gehört 
derselbe  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ursprünglich  der  nordafrikanischen 
Fauna  an,  nicht  der  nordasiatischen,  3,  ist  derselbe  ein  für  starke  Kälte 
empfindliches  Thier,  während  der  Wildesel  von  Gera,  wie  das  gleichzeitige 
Vorkommen  von  zahlreichen  Lemmingsresten  beweist,  ein  nordisches  Klima 
ertragen  konnte. 

Herr  Geh.  Rath  Ecker  hat  in  dem  citirten  Aufsatze  p.  91  fi'.  sehr 
klar  und  vollständig  die  einschlägigen  Fragen  besprochen.  Danach  sind 
fossile  Eselreste  bis  dahin  mit  Sicherheit  nur  in  den  italienischen 
Terramarelagern  und  in  der  Höhle  von  Brengues  (Lot)  in  Frankreich 
coustatirt  worden.  Die  Terramarelager  sind  bekanntlich  nicht  sehr  alt; 
daher  verträgt  sich  dieses  Vorkommen  mit  einer  ziemlich  späten  Einführung 
des  Esels  in  Europa,  es  können  also  die  betreffenden  Fossilreste  sehr  wohl 
auf  den  Equus  asinus  bezogen  werden.  Anders  verhält  es  sich  mit  jenen 
Eselresten  aus  der  Höhle  von  Brengues;  diese  sind  in  quaternären  Ab- 
lagerungen zusammen  mit  Resten  von  Rhinoceros  tichorhinus  und  Cervus 
tarandus  aufgefunden,  sie  können  daher  nicht  auf  den  spät  eingeführten 
Hausesel  bezogen  werden,  ebenso  wenig  wie  die  quaternären  Eselreste  von 
Langenbrunn.  Ecker  kommt  schliesslich  zu  dem  Resultat,  dass  die 
Langenbrunner  Eselreste  (ebenso  wie  die  von  Brengues)  von  einem  wilden 
Esel  herrühren  müssen,  welcher  „in  keinerlei  directer  verwandtschaftlichen 
Beziehung  zu  dem  aus  Afrika  durch  den  Menschen  eingeführten  Esel, 
unserm  Hausesel,  steht,  sondern  von  diesem  zeitlich  durch  lange  Zeiträume 
und  von  dessen  Heimath  räumlich  durch  viele  Grade  getrennt  ist.  Das 
Verhältniss  zwischen  diesem  quaternären  Thier  und  unserem  jetzigen  Haus- 
thier  ist  demzufolge  ein  ähnliches,  wie  beim  Pferd,  das  als  wildes  Pferd  in 
der  vormetallischen  Zeit  so  ausserordentlich  häufig  ist,  darauf  in  der  Zeit 
der  Pfahlbauten  verschwindet,  um  dann  als  Hausthier  wieder  zu  erscheinen, 
oder  wie  zwischen  fossilen  amerikanischen  Pferden  und  den  durch  die 
Spanier  wieder  neu  dort  eingeführten." 

„Wir  stehen  daher  hier  vor  noch  ganz  ungelösten  Fragen,  Fragen 
überdies,  die  selbst  durch  die  Untersuchung  der  Knochenreste  nur  schwer 
eine  vollständige  Lösung  finden  werden". 

8o  viel  aus  den  sehr  lesen swerthen  und  mit  vielen  Belegstellen  ver- 
sehenen Betrachtungen  des  Herrn  Geh,  Rath  Ecker.*) 

Es  spricht  Vieles  dafür,  dass  die  Wildeselreste  von  Gera  derselben 
Art  angehören,  wie  diejenigen  von  Langenbrunn;  dahin  gehört 
zunächst  das  gleiche  geologische  Alter,  ferner  das  an  beiden  Fundorten 
beobachtete  Zusammen  vorkommen   mit  Mammuth,    Rhinoceros   (tichorhinus), 


1)  Vergl.  übrigens  noch  die  schöne  Arbeit  dessell)en  Verfassers  über  „das  europäische 
Wildpferd  und  dessen  Beziehungen  ziiui  doniesticirteu  Pferd"  im  Globus,  Bd.  XXXIV, 
Nr.  1,  2,  3. 


Fossilreste  eines  Wildesels.  141 

Renthier,  Höhlenbär,  Höhlenhyäne,  Murmelthier  u.  a.,  endlich  die  Dimensionen 
der  fossilen  Phalanx  von  Gera.  Die  Breite  der  unteren  Gelenkfläche  an 
dieser  stimmt  genau  mit  derjenigen  der  oberen  Gelenkfläche  der  Phalanx  von 
Langenbrunn;  da  diese  eine  zweite  Phalanx  ist,  jene  aber  eine  erste,  so 
würden  sie  sehr  gut  zusammen  passen.  Damit  ist  freilich  nur  die  Ueberein- 
stimmung  in  einer  einzigen  Dimension  nachgewiesen,  und  es  muss  weiteren 
Funden  vorbehalten  bleiben,  festzustellen,  ob  die  Uebereinstimmung  auch 
in  den  übrigen  Dimensionen  und  in  sonstigen  iVrtkriterien  vorhanden  ist. 
Immerhin  lässt  sich  aber  schon  jetzt  die  Identität  der  Art  für  die  Langeu- 
brunner  und  Gera'er  Wildeselreste  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  ver- 
muthen. 

Es  lässt  sich  ferner  vermuthen,  dass  derartige  Reste  bald  noch  zahl- 
reicher zum  Vorschein  kommen,  resp.  wissenschaftlich  constatirt  werden, 
wenn  man  erst  einmal  die  Aufmerksamkeit  darauf  gerichtet  haben  wird. 
Ebenso  wie  in  der  Korn 'sehen  Sammlung  zu  Gera  die  Wildeselreste  bisher 
unerkannt  lagen,  mag  es  wohl  auch  noch  in  manchen  anderen  Sammlungen 
der  Fall  sein.  Man  wird  dieselben  als  Reste  von  kleinen  oder  jungen  Pferden 
ansehen.  Freilich  giebt  es  kleine  Pferde-  und  grosse  Esel-Ra^en, 
aber  es  scheinen  doch  in  der  Bildung  der  Zähne,  sowie  in  den  Proportionen 
der  Skelettheile  gewisse  specifische,  wenn  auch  feine  Unterschiede  festzustehen, 
auf  welche  man  eine  Bestimmung  fossiler  Reste  begründen  kann.  Ausser- 
dem scheint  mir  in  den  quaternären  Ablagerungen  Deutschlands  keine  so 
zierliche  Pferdera^e  durch  Fossilreste  vertreten  zu  sein,  dass  sie,  bei  Be- 
rücksichtigung des  Lebensalters  der  einzelnen  Individuen,  mit  den  Wildesel- 
resten verwechselt  werden  könnten.  Was  ich  bisher  durch  eigene  reiche 
Funde  bei  Thiede,  Westeregeln  und  Quedlinburg  an  quaternären 
Pferderesten  in  meiner  Sammlung  vereinigt,  was  ich  ferner  in  anderen 
Sammlungen  der  Art  gesehen  habe,  das  deutet  auf  eine  kräftige,  sehr 
gleichartig  gebaute  Ra^e,  welche  die  Grösse  eines  mittelgrossen  Pferdes  der 
Jetztzeit  hatte.  ^)  Ein  starkes  Variiren  in  Grösse  und  Form  ist  füi'  die 
wilden  Pferde  der  Quaternärzeit,  sofern  sie  einem  bestimmten  geographischen 
Gebiete  mit  wesentlich  gleichen  Lebensbedingungen  angehörten,  kaum 
anzunehmen.  — 

Wenn  wir  zum  Schluss  noch  die  Frage  berühren  wollen,  weshalb 
der  quaternäre  Wildesel  aus  Europa  verschwunden  und  erst  viel 
später  durch  seinen  domesticirten  Vetter  aus  Afrika  ersetzt  ist,  so  erscheint 
mir  die  Losung  derselben  nicht  sehr  schwierig,  wenn  ich  meine  Untersuchungen 
über  die  quaternäre  Steppenfauna  von  Westeregeln  zum  Ausgangs- 
punkte nehme.  Die  Hauptresultate  meiner  Untersuchungen  werden  den 
Lesern  dieser  Zeitschrift  bekannt  sein,  da  Herr  Geh.  Rath.  Virchow  die- 
selben in  verschiedenen  Sitzungen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie 


1)  Vergl.  meine  Angaben  im  Arcb.  f.  Antbrop.,  Bd.  X,  S.  395. 


142  A.  Nehring: 

etc.  freundlichst  besprochen  und  meine  darauf  bezüglichen  Briefe  in  den 
Sitzungsberichten  zum  Abdrucke  gebracht  hat. ')  Ich  hebe  desshalb  nur 
das  hierher  Gehörige  daraus  hervor. 

Norddeutschland  und  mit  ihm  wahrscheinlich  ein  grosser  Theil  von 
Mitteleuropa  Ijcsass  in  der  Postglacialzeit  einen  steppenartigen 
Vegetationscharakter;  der  Wald  war  auf  Flussthäler  und  andere  dauernd 
bewässerte  Districte  beschränkt.  Westeuropa  war  viel  contineutaler  gestaltet 
als  heutzutage,  es  reichte  bis  zur  Huudertfadenlinie  und  stand  vielleicht  mit 
Grönland  durch  eine  Landbrücke  in  fester  Verbindung.  Das  Klima  Mittel- 
europas war  ein  extremes,  das  Gesammtniveau  unseres  Erdtheils  in  Folge 
säcularer  Hebungen  ein  höheres  als  jetzt.  Während  dieser  Periode  belebte 
eine  charakteristische  Steppenfauna  unsere  Ebenen  und  Gebirgsabhänge, 
eine  Steppenfauna,  welche  durch  das  zahlreiche  Vorkommen  der  grossen 
Springmaus  (Alactaga  jaculus),  mehrerer  Zieselarten  (Spermophilus  altaicus, 
fulvus,  guttatus),  mehrerer  Murmelthierarten  (darunter  Arctomys  bobac), 
des  kleinen  Pfeifhasen  (Lagomys  pusillus)  und  vieler  Steppenarvicolen  ihre 
directe  Verwandschaft  und  ihren  zoogeographischen  Zusammenhang  mit  der 
Fauna  der  heutigen  Steppen  in  Ostrussland  und  Westsibirien  auf's  deutlichste 
dokumentirt.  '^) 

Diese  Steppenfauna  ist  nicht  etwa  auf  den  Fundort  Westeregeln  be- 
schränkt, wo  sie  allerdings  von  mir  zuerst  und  am  vollständigsten  nachge- 
wiesen ist;  sie  ist  fast  in  derselben  Zusammensetzung  durch  meinen  Freund 
Liebe  bei  Gera  beobachtet,  sie  lässt  sich  auch  bei  Quedlinburg,  Goslar, 
Thiede,  Saalfeld,  Würzburg,  Steeteu,  Weilbach,  Eppelsheim,  in  Oesterreich 
und  Ungarn,  in  Belgien  und  Frankreich  verfolgen.  Bei  genauerem  Zusehen 
wird  man  sie  noch  an  vielen  anderen  Orten  in  Mitteleuropa  vorfinden. 

Zu  dieser  Steppenfauna  gehörten  auch  die  wilden  Pferde  und 
wilden  Esel.  Grade  die  letzteren  zeigen  sich  überall  auf  der  Erde,  wo 
sie  noch  im  Naturzustande  vorkommen,  als  echte  Steppenthiere.  Eine 
Zähmung  von  Seiten  des  Menschen  bei  den  Wildpferden  und  Wildeseln 
der  Quatornärzeit  anzunehmen,  möchte  sehr  gewagt  erscheinen,  wenngleich 
es  nicht  absolut  unmöglich  ist,  dass  die  damaligen  Steppeujäger  hie  und  da 
ein  junges  Thier  einfingen  und  zeitweise  (vielleicht  als  Spielgenossen  ihrer 
Kinder)  ernährten.  Aus  solchen  Anftingen  ist  sicherlich  die  Zähmung  und 
später  die  bewusste  Züchtung  von  Hausthieren  hervorgegangen.  In  der 
Hauptsache  werden  die  damaligen  Bewohner  Mitteleuropa's  die  Wildpferde 
und    Wildesel    als    Jagdthiere    angesehen    und    auf    Treibjagden    oder    mit 

1)  Vergl.  Sitziingsber.  vom  16.  Oct.  1875,  S.  6  —  8,  vom  21.  Oct.  1876,  S.  3  —  5,  vom 
10.  Üec.   1876,  S.  27  —  30,  vom   12.  April   1878,  S.  24  —  29,  vom  22.  Juni   1878,  S.  3  —  6. 

2)  Die  grosse  Springmaus  kann  ich  jetzt  nachweisen  ausser  bei  Westeregeln  und  Gera 
bei  Quedlinburg,  Saalfeld  und  Würzburg,  die  Stopponzicscl  bei  Wosteregeln,  Qiiedlinl)urg, 
Thiede,  Gera,  Würzburg,  Steeten,  Weilbacli,  Kppelsheim,  l'l'eillinseureste  sind  vorgekommen 
bei  Westeregeln,  Goslar,  Thiede,  Steeten,  Brumbach,  abgesehen  von  den  ausserdeutschen 
Fundorten. 


Fossilreste  eines  Wildesels.  143 

Hülfe  von  absichtlich  erzeugten  Steppenbränden  au  gewissen  Lokalitäten, 
(wie  z.  B.  bei  den  Gypsfelsen  von  Westeregeln)  zahlreich  niedergemacht 
oder  einzeln  durch  Heranschleichen  erlegt  haben. 

Als  dann  im  Laufe  der  Jahrtausende  in  Folge  von  Senkungen  und 
Zerreissuugen  gewisser  Theile  West-  und  Mitteleuropas  und  unter  Mit- 
wirkung mancher  anderer  Umstände  das  Klima  milder  und  feuchter,  die 
Niederschläge  in  Folge  dessen  reichlicher  und  regelmässiger  wurden,  da 
drang  die  Baumvegetation  von  den  Flussthäleru  und  sonstigen  günstigen 
Lokalitäten  aus  energisch  vor,  die  Steppenvegetation  wurde  allmählich  unter- 
drückt, aus  einem  Steppenlande  wurde  ein  Waldland.  Die  Steppen- 
thiere  zogen  sich  dem  entsprechend  nach  dem  Osten  zurück,  die  erapüudlichoren 
Arten  bis  hinter  die  Wolga,  andere  nicht  ganz  soweit,  manche  von  sehr 
elastischer  Constitution  (Iltis,  Wolf,  Dachs  u.  a.  m.)  accommodirten  sich 
den  neuen  Verhältnissen. 

Die  wilden  Esel  als  echte  Steppenthiere  wichen  weit  nach  Osten  zurück, 
wo  ihre  Nachkommen  noch  jetzt  die  asiatischen  Steppen  durchstreifen.  Erst 
in  historischer  Zeit  hat  der  Culturmensch  von  Südeuropa  aus  den  Haus- 
esel in  Mitteleuropa  eingeführt.  Derselbe  gedeiht  jedoch  in  unserm  feuchten 
Klima  nicht,  er  ist  nicht  für  ein  Waldland  von  der  Natur  organisirt;  ja,  er 
ist  auch  für  Kälte  sehr  empfindlich,  was  sein  quaternärer  Vorgänger,  dessen 
einstiges  Weidegebiet  häufig  von  wandernden  Lemmingen  und  Renthieren 
betreten  wurde,  nicht  gewesen  zu  sein  scheint. 


Ueber  ahiiorinc  Beliaarung  l)ciin  Menschen. 

(Zweiter  Aufsatz.) 

Von 

Dr.  Max  Bartels, 

piact.  Arzt  in  Berlin. 


Sfiitflem  im  Jahre  187(5  im  VII T.  Bande  dieser  Zeitschrift  meine  Arbeit 
ül)er  die  abnorme  Behaarung  beim  Menschen  publiclrt  worden  ist,  haben 
sich  mehrere  Autoren  mit  demselben  Gegenstande  beschäftigt.  Es  wird 
vielleicht  zur  weiteren  Aufklärung  dieser  so  schwer  zu  deutenden  Zustände 
beitragen,  wenn  wir  jene,  in  verschiedenen  Zeitschriften  zerstreuten  Auf- 
sätze ihrem  Inhalte  nach  einer  kurzen  Betrachtung  unterziehen,  um  auf 
diese  Weise  das  unseren  Gegenstand  betreffende  Material  möglichst  bei- 
sammen zu  haben.  Eine  Reihe  neuer  Beobachtungen,  welche  zu  machen 
sich  mir  die  Gelegenheit  darbot,  werde  ich  an  den  geeigneten  Stellen 
einschieben. 

Den  Anfang  machte  Dr.  Wilhelm  Stricker  in  Frankfurt  am  Main 
in  einem  Vortrage,  welchen  er  im  November  1876  in  der  dortigen  Sencken- 
l)ergischen  naturforschendon  Gesellschaft  hielt:  „Ueber  die  sogenann- 
ten Haarmenschen  (Hypertrichosis  universalis)  und  insbeson- 
dere die  bärtigen  Frauen.')"  Nach  kurzer  Einleitung,  welche  die  Erb- 
lichkeit und  den  die  Hypertrichosis  universalis  fast  constant  begleitenden 
Zahndefekt,  jedoch  ohne  nähere  Specialisirung,  einfach  erwähnt,  kommt  er 
zur  Aufzählung  der  einzelnen  Fälle,  welche  mit  den  in  meiner  Tabelle  zu- 
sammengestellten identisch  sind.  Er  fügt  jedoch  folgende,  mir  bisher  un- 
bekannte Beobachtung  (No.  7)  hinzu,  welche  wohl  auch  in  die  Grui)pe  der 
Hypertrichosis  universalis  gerechnet  werden  muss: 

„7.  Nach  dem  „Hamburger  Correspondenten"  Hess  sich  1803  in  Paris 
eine  junge  Frau  mit  sechs  Zoll  langem,  schwarzem,  dichtem  Bart  für  Geld 
sehen.  Arme  und  Beine  waren  hie  und  da  mit  weichen  Haaren  besetzt, 
die  Brust  glatt,  dagegen  die  Stirn  bis  fast  zu  den  Augenbrauen  ]).>linnrf. 
so  dass  ihr  Kopf  dem  eines  Kapuziners  geglichen  habe." 


1)    Reridil     über    die  Senckenl>orj;isf  lie    natiuforsdientle    Uesellsiliafi     187G  —  1877, 
Frankfurt  a.  Main.    1877.    pag.  94. 


14ß  M.  Bartels: 

Es  ist  in  hohem  Masse  zu  bedauern,  dass  man  bei  dieser  Patientin 
versäumt  hat,  auf  das  Verhalten  der  Zähne  Rücksicht  zu  nehmeu,  so  dass 
wir  leider  nicht  wissen,  und  da  uns  von  ihr  kein  Bild  erhalten  ist,  auch 
nicht  einmal  vermuthen  können,  ob  auch  hier  ein  mangelhaftes  Verhalten 
im  Zahusystem  sich  mit  der  abnormen  Behaarung  verbunden  hatte. 

Zwei  seiner  16  Fälle  gehören  nach  meiner  Systematik  zu  der  Hyper- 
trichosis  partialis  und  zwar  in  die  Gruppe  der  Heterogenie  der  Behaarung. 
Es  sind  einfach  bärtige  Frauenzimmer,  deren  übriger  Körper  aber  keinen 
abnormen  Haarwuchs  aufweist.  Das  eine  derselben  ist  die  auch  von  mir 
(pag.  114)  nach  Beigel  citirte  bärtige  Schweizerin,  über  welche  Stricker 
nach  der  Originalpublication  des  Dr.  W,  D.  Chowne^)  folgende  genauere 
Notizen  bringt: 

Sie  hatte  „nach  Aussage  ihrer  Eltern  schon  bei  ihrer  Geburt  einen 
Bart,  der  die  Stellen  einnahm,  wo  bei  Männern  der  Bart  wächst,  mit  Aus- 
nahme der  Oberlippe  und  der  Aushöhlung  unterhalb  der  Unterlippe,  und 
etwa  so  stark,  wie  die  Behaarung  eines  Mänuerarmes.  Im  8ten  Lebens- 
jahre hatte  der  Bart  schon  die  Länge  von  2  Zoll  erreicht.  Als  Dr.  Chowue 
sie  sah,  nahm  der  Bart  die  Stellen  ein,  wie  früher,  er  war  dunkelbraun, 
ausserordentlich  stark,  und  die  Cotelettes  (whiskers)  erreichten  die  Länge 
von  vier  Zoll.  Sie  verhüllte  ihr  Gesicht  mit  einem  Tuch,  um  ihren  Bart 
zu  verbergen,  und  rasirte  nur  die  Stelle  unter  den  Augen,  welche  sie  frei 
lassen  musste,  um  zu  sehen.  Ihr  Haupthaar  erreichte  die  Länge  von  2  bis 
2|  Fuss.  Der  Körper  ist  etwa  so  sehr  behaart,  wie  bei  Männern,  nur  die 
Brustgegond  ist  ganz  frei.  Die  Brüste  sind  stark  entwickelt,  ihre 
Körperbildung  und  ihre  Stimme  sind  weiblich."  Sie  war  bekanntlich  schwan- 
ger. Erbliche  Anlage  leugnet  sie  ab  und  giebt  an,  dass  ein  Bruder  von  ihr 
fast  bartlos  gewesen  sei. 

Endlich  ist  noch  Stricker's  Fall  16  zu  erwähnen:  „Eine  bärtige  Frau, 
welche  im  Beginn  des  deutsch-französischen  Krieges  1870  umherzog  und 
Fährlichkeiten  als  angeblich  verkleideter  Mann,  als  Spion  erduldete,  ist  in 
wissenschaftlichem  Sinne  nicht  weiter  bekannt  geworden."  Vielleicht  ist 
sie  aber  identisch  mit  dem  von  A.  Ecker  beschriebenen  bärtigen  Wunder- 
mädchen, auf  deren  Besprechung  wir  weiter  unten  noch  zurückkommen 
werden. 

Dieser  Publikation  ist  eine  Tafel  beigegeben,  auf  welcher  die  Barbara 
Urs  1er  (bei  mir  als  Schumachers  Fall  bezeichnet;  man  vergleiche  weiter 
unten),  ferner  die  bärtige  Schweizerin  und  endlich  die  bärtige  Rosina 
Margarete  Müller,  Burckhard  Eble's  bärtige  Jungfrau  aus  Dresden 
dargestellt  sind. 

Im  September  1877  erschien  ebenfalls  von  Wilhelm  Stricker  in 
Virchows    Archiv  für  pathol.  Anatomie   Bd.  71,   p.   111   ein  Aufsatz  unter 


])  Lancet  1852,  pag.  421. 


Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen.  147 

dem  Titel:  „Zwei  ältere  Fälle  vonHypertricliosis.  Als  Ergänzung  zu 
den  b  e/,ügliclieii  Arbeiten  von  Beigel  (dieses  Archiv  Bd.  44.  S.  418) 
und  Bartels  (Zeitschrift  für  Ethnologie  1876.)".  Der  Verfasser  hat  hier 
seine  Stellung  als  Bil)liothekar  der  8en  ckenbergischen  naturforschenden 
Gesellschaft  benutzt,  um  sich  der  dankenswerthen  Mühe  zu  unterziehen,  die 
Notizen  älterer  Autoren  über  behaarte  Menschen  im  Original  aufzusuchen. 
Es  ist  ihm  auf  diese  Art  der  Nachweis  gelungen,  dass  eine  ganze  Reihe 
von  anscheinend  heterogenen  Publikationen  sich  auf  dieselbe  Person  be- 
ziehen, und  er  schützt  hierdurch  den  späteren  Bearbeiter  vor  der  sonst 
nicht  leicht  zu  vermeidenden  Gefahr,  denselben  Fall  mehrmals  zu  zählen. 
Es  handelt  sich  hier  hauptsächlich  um  die  bereits  vorher  erwähnte  am 
18.  Februar  1633  zu  Augsburg  geborene  Barbara  Ursler,  welche  ich 
in  meiner  Tabelle  über  die  Hypertrichosis  universulis  als  Nummer  5  „Schu- 
machers Fall"  aufgeführt  hatte.  Sie  wurde  durch  das  ganze  civilisirte 
Europa  geschleppt  und  überall  für  Geld  gezeigt,  so  dass  es  uns  nicht  Wun- 
der nehmen  kann,  dass  die  verschiedensten  naturwissenschaftlichen  Forscher 
sich  ihre  Notizen  über  eine  so  merkwürdige,  auffallende  Abnormität  gemacht 
und  diese  ihren  Schriften  einverleibt  haben.  Man  findet  über  die  Ursler 
Aufzeichnungen  bei  Thomas  Bartholinus  ^),  der  sie  in  Kopenhagen 
sah,  als  sie  6  Jahre  alt  war  (1639).  Später  sah  er  sie  in  Belgien  wieder. 
Georg  Hieronymus  Welsch,  ein  Arzt  aus  Augsburg,  traf  sie  1647  in 
Rom  und  1648  in  Mailand^).  Georg  Seger  aus  Nürnberg  konnte 
sie  bei  ihrer  zweiten  Ausstellung  in  Kopenhagen  (vor  dem  Jahre  1655) 
genau  untersuchen.     Er  sagt  von   ihr:  ^) 

„Sie  war  damals  seit  mehr  als  einem  Jahre  kinderlos  verheirathet. 
Sie  war  am  ganzen  Körper  und  selbst  im  Gesicht  mit  blonden,  weichen, 
krausen  Ilaaren  bekleidet  und  hatte  einen  dichten,  bis  zum  Gürtel  herab- 
reichenden Bart.    Auch  aus  den  Ohren  ragten  lange,  blonde  Locken  hervor." 

In  demselben  Jahre  liess  sie  sich  auch  in  England  für  Geld  sehen. 
Es  findet  sich  nämlich  bei  James  Caulfield*)  ihre  Abbildung  und  fol- 
gende Notiz  über  sie: 

„Im  Jahre  1655  wurde  öffentlich  gezeigt  ein  Weib,  genannt  Augus- 
tine Barbara,  Tochter  des  Balthasar  Ursler,  damals  22  Jahre  alt." 

„Sie  war  seit  einem  Jahr  kinderlos  verheirathet.  Ihres  Gatten  Name 
war  Vaubeck;  er  soll  sie  blos  geheirathet  haben,  um  sie  zur  Schau  zu 
stellen.  Zu  diesem  Zweck  reiste  er  in  verschiedenen  Ländern  und  besuchte 
unter  andern  auch  England." 


1)  Historiae  anatoraicae  rariores.     Amstelod.     1CÖ4.  Cent.  1.  Ilist    42. 

2)  Observationum  medicaruui  episagina.     No.  9G.     lfif>7. 

3)  Miscellaneonun  meilico-physiconnn  sivo  ephciiieriilum  geiuianicanim  Annus.  10.  Vratisl. 
et  Hreg.  ItiSO.  pag.  '241). 

4)  Portrails,   uiemoirs   and    cliaracters  of  lemarkable  persons,   tVüui  the  ix-ion  of  Edward 
III  to  the  revolution.     II.  168. 


148  M.  Bartels: 

Seine  Angaben  über  sie  sind  gewiss  die  richtigen,  denn  sie  stimmen 
mit  denjenigen,  welche  Seger  machte  überein: 

„Ihr  ganzer  Körper  und  selbst  ihr  Gesicht  war  bedeckt  mit  krausen 
Haaren  von  gelber  Farbe  und  sehr  weich  wie  Wolle,  dabei  hatte  sie  einen 
dicken  Bart,  welcher  bis  zu  ihrem  Gürtel  reichte  und  aus  ihren  Ohren 
hingen  lange  Locken  von  blonden  Haaren  hervor." 

In  Leiden  sah  sie  Peter  Schumacher  im  Mai  1656  und  theilte 
dem  Thomas  Bartholinus  diese  Beobachtung  brieflich  mit.^)  Nur  diese 
Notiz  war  mir  bekannt  gewesen,  daher  erklärt  es  sich,  dass  ich  die  Patientin 
einfach  als  Schumachers  Fall  aufgeführt  habe.  Erwähnt  wird  sie  end- 
lich noch  von  Peter  Barel  aus  Paris  ^)  und  von  Lersner^)  der  sie  in 
Holland  traf.  Aus  Boreis  Aufzeichnungen  geht  übrigens  das  interessante 
Faktum  hervor,  das  aus  den  Notizen  der  übrigen  Autoren  nicht  zu  er- 
sehen war,  dass  die  Barbara  Ursler  auch  auf  der  Nase  die  abnorme  Be- 
haarung zeigte,  und  also  auch  in  dieser  Beziehung  den  Haarmenschen 
unseres  Jahrhunderts  glich: 

„Ich  sah  ein  deutsches  Mädchen,  Barba  genannt,  welche  am  ganzen 
Körper  haarig  war,  so  dass  sie  auf  der  Stirn,  den  Wangen,  der  Nase  etc. 
weiche,  feine  Haare  zeigte  und  einen  langen,  weissen  Bart,  wie  ein  ehr- 
würdiger Greis  von  80  Jahren.  Sogar  aus  den  Ohren  hingen  lange  Haare 
heraus." 

Eine  Abbildung  der  Barbara  (Brustbild)  ist  Strickers  Aufsatz 
beigegeben. 

Er  fügt  dann  die  Originalnotiz  nach  Gottlieb  Michaelis*)  über  die 
bärtige  Dresdnerin  Eble's  hinzu,  aus  welcher  zu  ersehen  ist,  dass  es 
sich  hier  wirklich  nur  um  eine  Bartbildung  beim  Weibe  und  um  keine  uni- 
verselle Hypertrichosis  gehandelt  hat;  denn  es  heisst  am  Schlüsse: 

„Sie  zeigte  bei  der  Leichenschau  wohlgebildete,  weibliche  Geschlechts- 
theile,  welche  nicht  übermässig  behaart  waren.  Bauch  und  Brust 
waren  glatt." 

Hier  schliesst  sich  eine  Nachricht  über  dieselbe  Patientin  an,  welche 
aus  dem  Archive  des  hiesigen  Märkischen  Provinzial-Museuras  (XII.  326) 
von  dem  Direktor  desselben  Herrn  Stadtrath  E.  Friedcl  in  einer  Abschrift 
der  berliner  anthropologischen  Gesellschaft  übergeben  wurde:  „Umb- 
ständliche  nachricht  von  der  verstorbenen  bärtichteu  Jungfrau 
in  Leipzig."-'')     Dieses  Schriftstück    ist  unterzeichnet   „Lipsiae  1733,  die 


1)  Epistolarmii  modicinalium  Cent.  II  epist.  83.  p.  (;(J8  Ilafniae  1603. 
-2)  Uistoriarum    et   observationum    lariorum    raedico- pliysicanim.      Cent.   I.  ob.serv.    10. 
Paris  lt;57. 

3)  A.  V.  Lersner.     Chronik  von  Frankfurt.     Zweiter  Tlieil.     Erstes  Ikicli.     S.  5G4. 

4)  Acta   physico-medica   academiac   Caesarcb-Lcopoldino-Carolinae    naturae    ciniosorum. 
xNorimb.  1733  Vol.  III  p.  387  und  Tafel  VI. 

5)  Vcrhandl.  dieser  GeseJlscLaft  vom  16.  Juni  1877.  Man  sehe  diese  Zeitschrift  Band  IX. 
1877.  p.  r23»). 


lieber  abnorme  Behaarnn|T  beim  Menschen.  149 

18  aprilis"  und  es  ist  darin  angegeben,  dass  sie  „am  12.  Decerabris  1731 
in  das  hiesige  Lazareth"  gekommen,  also  in  Leipzig,  nicht  wie  die  übrigen 
Versionen  lauten,  in  Dresden  verpflegt  und  gestorben  sei.  Während  es 
in  ihrer  Jugend  für  sie  hinreichend  war,  den  Bart  alle  14  Tage  zu  rasiren, 
„so  hat  es  doch  bey  zunehmenden  Jahren  nicht  wollen  genug  seyn,  sondern 
Sie  wöchentlich  mit,  und  nachgehends  2  mahl  sich  raissiren  müssen." 

Auch  heisst  es  ferner  von  ihr  „soll  auch  in  Ihrer  Jugendt  ein  Kind  in 
Unehren  gezeiget  haben."  Diese  Notiz  ist  von  grosser  Wichtigkeit,  denn 
sie  würde,  wenn  die  Angabe  der  Wirklichkeit  entspricht,  einen  neuen  Be- 
weis dafür  abgeben,  dass  diese  Form  der  echten  Heterogenie  der  Behaarung, 
wo  schon  beim  Weibe  in  den  Jahren  der  Pul)ertiit  der  Bart  zur  Entwicklung 
kommt,  durch  das  Auftreten  des  männlichen  Habitus  die  Fähigkeit  der 
Fortpflanzung  durchaus  nicht  beeinträchtigt,  oder  besser  gesagt,  dass  die- 
selbe nicht  aufgehoben  wird.  Denn  als  eine  Beeinträchtigung  der  Fort- 
yjflanzungsfähigkeit  könnte  man  es  ja  vielleicht  betrachten,  dass  bei  diesem 
Falle  sowohl,  als  auch  bei  der  bärtigen  Schweizerin  nur  von  einem  Kinde 
die  Rede  ist,  während  das  menschliche  Weib  doch  im  Durchschnitt  mehrere 
Kinder  zur  Welt  zu  bringen  pflegt.  Wir  dürfen  aber  nicht  vergessen,  dass 
die  Schweizerin  zum  ersten  Male  schwanger  war  und  im  Begriffe  stand,  sich 
zu  verheiratheu.  Vielleicht  ist  sie  später  noch  mehrmals  entbunden  worden ; 
es  fehlen  fernere  Nachrichten  über  sie.  Unsere  Patientin  dagegen  wird  noch 
in  ihrem  hohen  Alter  als  die  „Jungfer  Rosina  Margaretha  Müllerin" 
bezeichnet  und  somit  würde  für  sie  ein  Kind  grade  hinreichend  sein. 
Uebrigens  verfüge  ich  auch  über  eine  Beobachtung,  wo  in  zweijähriger  Ehe 
zwei  Kinder  geboren  worden  sind.  Hier  lässt  also  die  Fruchtbarkeit  wohl 
nichts  zu  wünschen  übrig: 

Eine  SOjährige  schlanke  Blondine,  aus  Kopenhagen  gebürtig,  stellte 
sich  mir  im  Januar  1877  vor.  Sie  hatte  massig  starke  Augenbrauen,  au 
den  Wangen  etwas  längeres  Wollhaar,  an  der  Oberlippe  und  dem  Kinn  je- 
doch einen  regulären  Bart  von  röthlicher  Farbe.  Die  Haare  sind  stark 
und  stehen  dicht,  wie  bei  einem  mittelstarken  Männerbart;  ihre  Anordnung 
ist  genau  bilateral  symmetrisch.  Während  sie  sich  sonst  immer  rasirte,  hat  sie 
seit  8  Tagen  den  Bart  stehen  lassen,  und  hat  dem  entsprechend  starke 
Stoppeln  von  einem  halben  cm.  Länge.  An  der  Oberlippe  beginnt  der 
Bart  etwas  seitlich  vom  Philtrum  und  ist  am  stärksten  oberhalb  der  Mund- 
winkel. Dieser  Schnurbart  ist  aber  ungefähr  über  den  Eckzähnen  jeder- 
seits  unterbrochen  durch  eine  symmetrische  Insel,  welche  statt  der  echten 
Haare  nur  Wollhaare  trägt.  Nach  hiteralwärts  bildet  die  plica  labio-meu- 
talis  die  Grenze  dieses  Bartes. 

Am  Kinn  ist  die  ganze  Mittelabtheilung  vom  Haarwuchs  frei  ge- 
bli<«ben.  Jederseits  ist  al)er  ein  Dreieck  mit  nach  oben  gekehrter  Spitze 
von  dem  Barte  eingenommen.  Diese  Stelleu  entsprechen  der  Haut  über 
dem  musculus  triangularis  menti,  während  die  freigebliebeuo  Partie  die  Haut 


150  M.  Bartels: 

über  dem  musc.  quiidrunguhiris  menti  ist.  Von  diesen  dreieckigen  Feldern 
ziehi  sich  die  ßehauruug  über  den  ganzen  Boden  der  Mundhöhle,  in  der 
Medianlinie  verschmelzend,  und  steigt  an  der  Mittclpartie  des  Halses  herab 
bis  ungefähr  zur  Höhe  des  Zungenbeins.  Diese  abnorme  Behaarung  ist  in 
den  Pubertätsjahren  aufgetreten  und  hat  allem  Abschneiden,  Rasiren  und  allen 
Enthaarungsmitteln  getrotzt,  vielleicht  ist  sie  sogar  gerade  in  Folge  dieser 
Reize  stärker  geworden.  Die  Mutter  der  Patientin  hatte  nichts  besonderes, 
der  Vater  aber  soll  stark  behaart  gewesen  sein.  Sie  selbst  hat  in  ungefähr 
zweijähriger  Ehe  zwei  Kinder  geboren,  beides  Mädchen,  welche  auffallend 
starkes  und  langes  Kopfhaar  haben  sollen.  Das  jüngste,  jetzt  4  Monate 
alte  Kind  hatte  an  den  Schultern  lange,  feine,  schwarze  Härchen,  welche 
von  selbst  geschwunden  sind.  Am  Körper  soll  unsere  Patientin  keine  ab- 
norme Behaarung  besitzen. 

Im  10.  Bande  des  Archivs  für  Anthropologie  (1878  p.  253)  erschien 
eine  kleine  Arbeit  von  C.  Th.  von  Siebold  unter  dem  Titel,  „Die 
haarige  Familie  von  Ambras."  Ich  ersehe  aus  diesem  Aufsatz  mit 
Freuden,  dass  auch  v.  Siebold,  sicher  ohne  meine  Publikation  zu  kennen, 
die  Nothwendigkeit  hervorhebt,  bei  allen  abnormen  Behaarungen  diejenigen 
Fälle  mit  anscheinend  unveränderter  Haut  von  denen  zu  trennen,  wo  eine 
Veränderung  in  den  behaarten  Hautpartien  nachzuweisen  möglich  ist.  Nach 
dieser  Einschränkung  kommt  er  zu  folgendem  Schlüsse,  „Wollen  wir  nun 
solche  Fälle  von  abnormem  Haarwuchs  in  Bezug  auf  ihre  Bedeutung  und 
auf  ihren  Ursprung  im  Sinne  der  Entwicklungslehre  würdigen,  welche  nach 
Dr.  ßeigeTs  Anschauungen  als  Hypertrichosis  aufgefasst  werden  können, 
so  werden  wir  dieselben  in  die  Reihe  jener  Erscheinungen  einfügen  müssen, 
die  man  als  Atavismus  oder  als  Rückschlag  bezeichnet." 

Er  giebt  zuerst  zwei  Abbildungen  und  das  genaue  Citat  eines  älteren 
von  Dr.  Schoenwald  beschriebenen  Naevus  pilosus  multiplex  von  sehr 
grosser  Ausdehnung  bei  einem  Kinde  und  weist  ferner  durch  citiren  des 
Originales  nach,  dass  das  an  Arm  und  Rücken  abnorm  behaarte  12jährige 
Mädchen  von  Paget,  dessen  Beschreibung  und  Abbildung  ich  nach  Bei  gel 
gegeben  habe,  ebenfalls  der  Gruppe  der  Muttermäler  einzureihen  ist,  da  die 
behaarte  Haut  abnorme  Pigmentbildung  zeigte.  Ich  corrigire  hiermit  den 
von  mir  begangenen  Fehler,  und  ziehe  diesen  Fall  aus  der  Gruppe  der  Hy- 
pertrichosis partialis  zurück. 

Wie  schon  die  Ueberschrift  von  v.  Siebold's  Arbeit  besagt,  ist  der 
Hauptgegenstand  seiner  Erörterungen  die  sogenannte  haarige  Familie  von 
Ambras.  Es  hat  mit  derselben  folgende  Bewandniss.  In  dem  Schlosse 
Ambras  bei  Innsbruck  befinden  sich  unter  den  Inventarnummern  421 
bis  424  vier  lebensgrosse  Portraits  in  ganzer  Figur,  einen  Mann,  eine  Frau 
einen  Knaben  und  ein  Mädchen  darstellend.  Das  Bildniss  der  Frau  bietet 
nichts  besonderes  dar;  von  ihrem  Kopfhaar  sieht  man  fast  nichts,  es  wird 
von    einem    steifen  Kopftuch  verdeckt;    die  Augenbrauen  sind  massig  stark 


Ueber  atinorme  I^chuaruiip  beim  Menschen.  151 

entwickelt.  Desto  überraschender  sind  jedoch  die  drei  anderen  Bilder.  Der 
Vater  besitzt  dichte,  hochstehende  Haare,  welche  ihre  vordere  Girenze  aber 
nicht  oberhalb  der  Stirnhöcker  haben,  sondern  bereits  an  den  starken  Augen- 
brauen beginnen  und  die  ganze  Stirn  bedecken.  Auf  der  sogenannten 
Stirnglatze  zwischen  den  medianen  Enden  der  Augenbrauen  und  der  Nasen- 
wurzel steht  eine  dicke,  nach  oben  gekämmte  Locke.  Ein  starker  Vollbart 
ziert  das  Gesicht;  der  Backenbart  beginnt  hart  an  der  Verbindungslinie 
zwischen  dem  inneren  Augenwinkel  und  dem  Nasenflügel  und  nimmt  die 
gesammte  Wange  ein.  Seitlich  verschmilzt  er  unmittelbar  mit  den  Kopf- 
haaren und  verdeckt  dadurch  die  Ohren  so  vollständig,  dass  bei  dem  von 
vorn  aufgenommenen  Bildniss  absolut  nichts  von  ihnen  zu  sehen  ist.  Es 
ist  ausser  den  genannten  Stellen  auch  noch  das  obere  Augenlied  jederseits 
und  wenn  mich  die  nach  dem  Original  aufgenommene,  (jedoch,  wie  ich  ver- 
jnuthe,  retouchirte)  Photographie,  welche  mir  vorliegt,  nicht  täuscht,  auch 
der  ganze  Nasenrücken  bis  lierab  zur  Nasenspitze  mit  Ilaaren  bedeckt. 
Somit  findet  sich  in  dem  ganzen  Gesichte  keine  unbehaarte  Stelle  ausser 
dem  rothen  Lippensaum,  den  beiden  Seitenflächen  der  Nase,  und  wie  es 
den  Anschein  hat,  den  unteren  Augenliedern.  Füge  ich  noch  hinzu,  dass  die 
Haare  alle  lang  und  zottig  erscheinen,  so  wird  der  Leser  keinen  Augen- 
blick mehr  zweifeln,  dass  wir  einen  Hundemenschen  in  optima  forma  vor 
uns  haben.  Die  Haare  sind  übrigens  auf  das  Sorgfältigste  nach  allen  di- 
vergirenden  Richtungen  gekämmt,  so  dass  der  Ausdruck  des  Gesichtes  bei 
aller  sonstigen  Aehnlichkeit  doch  nicht  etwas  ganz  so  Thierisches  hat,  wie 
bei  dem  russischen  Haarmenschen.  Es  sei  gleich  an  dieser  Stelle  erwähnt, 
dass  durch  von  Siebold' s  Bemühungen  alle  vier  Bilder  photographirt 
worden  sind.  Diese  Photographien  i)  liess  er  in  Holzschnitt  nachbilden 
uud  gab  sie  seiner  Arbeit  bei  (a.  a.  0.  Fig.  20  bis  23).  Sie  sind  nicht 
im  Stande,  die  Photographien  vollständig  zu  ersetzen. 

Doch  gehen  wir  in  unseren  Untersuchungen  weiter.  Es  schliesst  sich 
dem  Alter  nach  unzweifelhaft,  wie  die  unbefangene  Betrachtung  der  Photo- 
graphien ergiebt,  das  Bildniss  des  Mädchens  an.  Als  ich  nur  die  Holz- 
schnitte kannte,  hielt  ich  den  Knaben  für  das  ältere  der  Kinder,  Wie  alt 
das  Mädchen  sein  mag,  ist  für  mich  nicht  sicher  zu  ersehen;  man  würde 
es  wohl  auf  ungefähr  5  bis  7  Jahre  zu  taxiren  haben.  Es  hat  eine  ganz 
entschiedene  Aehnlichkeit  mit  der  Mutter,  ist  aber  trotzdem  ein  ausgebilde- 
ter Haarmensch.  Die  Stirn-  und  Kopfhaare  sind  in  einen  eleganten  Pufl"- 
schoitcl  zurückgekämmt,  dem  sich  auch  die  Locke  der  Stirnglatze  eingefügt 
hat.  Das  ganze  Gesicht  mit  Einschluss  der  Nase  und  der  Augenliedcr  ist 
mit  Haaren  bedeckt ;  dieselben  sind  aber  scheinbar  nicht  sehr  lang,  so  dass 
die  runden  Formen  des  Kindergesichtchens  erhalten  sind.  Von  den  (^hren 
ist  auch  bei  ihr  nichts  zu  sehen. 


1)  Die  PhotograpLien  sind  von  Herrn  Tbotographeu  Fr.  Hopp  iu  lunsbruc  k  angefertigt. 


252  ^-  I^artels: 

Zwischen  dem  Knaben,  dessen  Alter  3  bis  5  Jahre  betragen  mag,  und 
seinem  Vater  besteht  eine  so  unverkennbare  Aehnlichkeit,  dass  ich  ihn  als 
ein  verkleinertes  Abbild  des  Vaters  bezeichnen  möchte.  Er  zeigt  dieselben 
von  den  Augenbrauen  über  die  Stirn  hin  aufwärts  strebenden  Haare,  die- 
selbe starke  Locke  auf  der  Glabella,  denselben  Schnurr-,  Kinn-  und  Backen- 
bart, welch  letzterer  mit  den  Schläfenhaaren  gemeinsam  die  Ohren  verdeckt. 
Nur  die  Nasenspitze  scheint  von  der  Behaarung  frei  zu  sein,  während  die 
Wauge,  die  Lippe  und  die  Augenlieder,  wie  auch  der  ganze  Nasenrücken 
ein  kurzes,  aber  dichtes  Haarkleid  tragen. 

Ueber  den  Zustand  der  Körper  lässt  sich,  da  sie  bekleidet  bis  über  ^ 
den  Hals  herauf  dargestellt  sind,  kein  Urtheil  fällen.  Des  Vaters  Hände 
sind  nach  von  Siebold' s  Angabe  unbehaart,  „von  den  Kindern,  sagt  er, 
zeigten  nur  die  Hände  des  einen  (welches?)  sehr  schwachen  Haarwuchs, 
welcher  auf  der  Photographie  nicht  zum  Ausdruck  gekommen  ist."  Dass 
wir  trotz  die.Ner  Lücke  in  unserer  Kenntniss  diese  Fälle  dennoch  zur  Hy- 
pertrichosis  universalis  zuzuzählen  haben,  ist  über  allen  Zweifel  erhaben. 
Die  Gesichter  entsprechen  in  ihrer  Erscheinung  so  vollkommen  dem  charak- 
teristischen Typus  der  Haarmenschen,  dass  sie  alle  zusammen,  ich  möchte 
sagen,  wie  Thiere  einer  und  derselben  Rasse  erscheinen.  Denn  wenn  auch 
zugegeben  werden  muss,  dass  die  Ambraser  Gesellschaft  etwas  mensch- 
licher aussieht,  als  der  unfrisirte  Andrian  Jeftichjew  oder  der  nackt  in 
Affenstellung  dahockende  ältere  Sohn  der  Maphoon,  so  ist  dennoch  das 
Thierische  in  ihrer  Erscheinung  durchaus  nicht  verschwunden.  Auf  eine 
Mangelhaftigkeit  in  der  Zahnbildung  lässt  sich  aus  den  Photographien  kein 
Rückschhiss  machen:  die  Muudpartien  erscheinen  nicht  eingefallen,  sondern 
sie  bieten  die  normalen  Formen  dar.i) 

In  der  sogenannten  Ambraser  Sammlung  im  unteren  Belvedere 
in  Wien  fand  v.  Siebold  unter  einer  Reihe  kleiner  Oelportraits  auch  die 
verkleinerten  Copien  der  Köpfe  von  den  soeben  besprochenen  vier  Bildern 
des  Schlosses  Ambras.  In  dem  im  Jahre  1819  von  Primisser  heraus- 
gegebenen Catalog  dieser  Sammlung  erhalten  wir  über  die  Bilder  einen  nur 
sehr  unvollkommenen  Aufschluss.  Es  heisst  dort:  „No.  898  Der  haarige 
Mann  aus  München.     No.  899—901.  Seine  Frau  und  zwei  Kinder." 

Auch  die  Nachforschungen  des  Professor  Oell acher  in  den  Archiven 
des  Schlosses  Ambras  (aus  dem  Anlang  dieses  Jahrhunderts)  gaben  keine 
bessere  Auskunft.  Es  heisst  dort  ebenfalls  nur  kurz,  der  haarige  Mann, 
respektive  der  haarige  Freiherr  von  Münken. 

Ich  bin  leider  nicht  so  glücklich,  die  fraglichen  Bilder  im  Original  zu 
kennen,  jedoch  fand  ich  noch  folgende  von  Siebold  entgangenen  Notizen, 


I)  Diese  Bilder  aus  Schloss  Ambras  sind  auf  Befehl  des  Kaisers  Franz  Joseph  in 
Originalgrosse  copirt  und  in  der  Klinik  des  Professor  llcbra  im  allgemeinen  Krankenhause 
in  Wien  aufgehängt  worden. 


üeber  abuorinc  Ijeliiiiirnuji  beim  Meiischeu.  153 

welche  uns  für  die  Aufklärung  dieser  Dinge  wohl  als  ein  sehr  willkommenes 
Material  erscheinen  müssen. 

In  der  Privatbibliothek  des  verstorbenen  Kaisers  Franz  in  Wien  be- 
fanden sich  zwei  Lederbände  mit  je  90  in  Oel  auf  Pergament  gemalten 
zoologischen  Darstellungen  (15|  Wiener  Zoll  hoch,  12  Zoll  breit)  des  Hof- 
malers Kaisers  Rudolph  IL  Georg  Hoefnagel  (geb.  zu  Amsterdam 
1542  (oder  1545  oder  1546)  lebte  noch  1617).  Der  erste  dieser  Bände, 
bezeichnet  l,74  enthält  nach  den  Angaben  des  Herrn  Georg  Ritter  von 
Frauen feld^)  auf  der  ersten  Tafel  folgende  Darstellung: 

„Links  ein  Mann  stehend,  rechts  eine  Frau  sitzend,  dazwischen  zwei 
Kinder,  wovon  das  kleinere  rechts  eine  Eule  hält.  Der  Mann  und  die 
beiden  Kinder  sind  im  Gesicht  und  an  Händen  stark  behaart.  Unzweifelhaft 
historische  Personen,  über  welche  das  von  mir  Ermittelte  weiter  unten  folgt." 

Dieses  von  ihm  Ermittelte  besteht  darin,  dass  die  vier  Personen  unserer 
Tafel  mit  den  vier  Bildnissen  No.  898  bis  901  der  Ambraser  Sammlung 
und  somit  also  auch  mit  den  Gemälden  des  Schlosses  Ambras  überein- 
stimmen, „und  zwar  ist  der  Mann  vollkommen  portraitähnlich  und  auch  die 
Kinder  wie  es  scheint,  nur  etwas  ältlicher,  die  Frau  nicht  so  schön  und 
mit  einem  flachliegenden  schwarzen  Steiftuch  am  Kopfe,  welches  bei  der 
sitzenden  Frau  auf  unserer  Tafel  weiss  ist." 

Somit  wäre  denn  auch  die  echte  Haarmenschennatur  dieser  drei  Leute 
bewiesen,  da  ja  auf  diesem  Bilde  auch  die  Hände  vom  Vater  und  den  Kin- 
dern stark  behaart  erscheinen  und  bei  der  grossen  Sorgfalt  und  Genauig- 
keit in  der  Darstellung,  welche  alle  mir  bekannten  Bilder  G.  Hoefnagels 
auszeichnen,  ist  wohl  anzunehmen,  dass  diese  Behaarung  genau  der  Natur 
entsprechend  zur  Darstellung  gebracht  worden  ist. 

Gerade  diese  mir  bekannte  Genauigkeit  und  Naturwahrheit  der  Hoef- 
nageT sehen  Bilder  aber  machte  nun  natürlich  in  mir  den  Wunsch  rege, 
dieses  genannte  Blatt  genauer  kennen  zu  lernen  und  Herr  Hofrath  Ritter 
von  Becker,  der  Direktor  der  kaiserlichen  Familien-Fideicommissbibliothek, 
welcher  die  Gemälde  jetzt  einverleibt  sind,  willfahrtete  meiner  Bitte,  und 
veranlasste,  dass  mir  das  gewünschte  Bild  in  Originalgrösse  von  Herrn 
Hofphotographen  J.  Loewy  in  Wien  photographirt  wurde.  Natürlich  ist 
dasselbe  der  grösseren  Treue  wegen  keiner  Retouche  unterworfen  worden.  2) 
Als  ich  diese  sehr  gut  gelungene  Photographie  nun  mit  denjenigen  der 
Ambraser  Bildnisse  verglich,  war  ich  zuerst  erstaunt,  wie  Herr  v.  Frauen- 
feld dieselben  für  identisch  erklären  konnte,  da  kein  einziges  der  vier  Ge- 
sichter  mit    dem    entsprechenden    der    anderen  Folge    übereinstimmt.     Und 


1)  Neue  aufgefundene  Abbilduugeu  des  üronte  und  eines  zweiten  kurzHügligen  Vogels 
wahrscheinlich  des  Poule  rouge  au  bec  de  becasse  der  Mascarenen  in  der  Privatbibliothek 
des  verstorbenen  Kaisers  Franz.  Herausgegeben  von  der  k.  k,  zoologisch -botanischen  Gesell- 
schaft Wien  1868. 

2)  Man  sehe  Taf.  VI  Fig.  2. 

Zeit«chrift  für  Ethnologie.    Jahrg.  1379.  11 


154  M.  Bartels: 

doch  musste  ich  bei  wiederholtem  Vergleiche  zugestehen,  dass  trotz  diesem 
scheiubtiren  Mangel  an  Uebereinstimmung  Herr  von  Frauenfeld  ganz 
entschieden  Recht  hat.  Denn  es  findet  sich  eine  solche  Fülle  von 
Gleichmässigkeiten  in  dem  Anzug  dieser  Personen  und  in  anderen  Aeusser- 
lichkeiten,  dass  sie  unmöglich  mehr  als  ein  Spiel  des  Zufalls  angesehen 
werden  dürfen. 

Auf  dem  Hoefnagel' sehen  Bilde  nun  sitzt  rechts  (vom  Beschauer) 
die  Mutter  auf  einem  Stuhl.  Sie  ist  eine  recht  hübsche  Dame  mit  etwas 
träumerischem  Ausdruck.  Ihr  Gesicht,  ihre  Hände  und  Handgelenke  und 
ebenso  auch  ihr  Hals  mit  dem  oberen  Drittheil  der  Brust,  wie  der  schräge 
Ausschnitt  des  Kleides  erkennen  lässt,  sind  unbehaart  und  von  normalem 
Bau.  An  ihre  Knie  schmiegt  sich,  naturgemäss,  das  jüngere  der  beiden 
Kinder,  ein  Knabe  von  (>  bis  7  Jahren.  Sein  Bärtchen  ist  gegen  dasjenige 
auf  dem  Ambraser  Bilde  schon  ziemlich  stattlich  ausgewachsen.  Das  ganze 
Gesicht  ist  behaart  und  die  Haare  in  der  beschriebenen  Weise  zurückge- 
kämmt. Auch  die  Nasenspitze  scheint  kurze  Härchen  zu  tragen.  Mit  der 
rechten,  etwas  zu  gross  geratlienen  Hand  drückt  er  eine  Eule  an  die  Brust, 
deren  Gesicht  mit  dem  seinigen  eine  unverkennbare  Aehnlichkeit  besitzt, 
so  dass  sie  Hoefnagel  gewiss  aus  diesem  Grunde  für  ihn  als  Attribut  er- 
wält  hat.     Beide  Hände  erscheinen  in  massigem  Grade  behaart. 

Neben  ihm  steht  die  ungefähr  2  Jahre  ältere  Schwester,  mit  ebenfalls 
ganz  behaartem  Gesicht,  mit  dem  schon  erwähnten  Puffscheitel  und  einem 
Vollbarte,  der  denjenigen  des  Bruders  noch  etwas  an  Länge  übertrifft.  Die 
Augen  sind  gross  und  rund;  die  rechte  Hand  und  deren  Finger  sind  mit 
langen,  ziemlich  dicht  stehenden  Haaren  besetzt.  Die  linke  Hand  ist  durch 
den  Knaben  verdeckt. 

Hinter  der  Tochter  steht  der  Vater  mit  langer  Schaube  bekleidet,  die 
linke  Hand  vor  der  Brust,  die  rechte  auf  eine  mit  Säulen  verzierte  Ballu- 
strade  gelegt.  Beide  Hände,  Finger  und  Handgelenke  tragen  ziemlich  lange 
Haare.  In  dem  dicht  behaarten,  von  einem  grossen  Vollbarte  umrahmten 
Gesichte  mit  hochaufstrebenden  Stirn-  und  Kopfhaaren  ist  nur,  wie  es 
scheint,  eine  kleine  Stelle  dicht  unterhalb  des  unteren  Augenliedes  unbe- 
haart geblieben.  Es  fällt  bei  diesem  Bilde  recht  in  die  Augen,  was  sich 
auch  schon  bei  den  Porträts  der  Kinder  bemerklich  machte,  nämlich  dass 
der  Maler  der  Bilder  im  Schloss  Ambras  sichtlich  bemüht  gewesen  ist, 
den  thierischen  Ausdruck  zu  mildern  und  die  Leute  zu  verschönern.  Die 
Nase  unseres  Haarmenschen  zum  Beispiel  hat  durchaus  nicht  die  elegante, 
langgestreckte,  schmale  Form,  sondern  ist  ein  ziemlich  breites,  kolbiges, 
dicht  mit  Haaren  besetztes  Gebilde.  Was  aber  ganz  l)esonders  für  die 
Naturwahrheit  unserer  Hoefnagel'schen  Darstellung  spricht,  das  ist  der 
Umstand,  dass  die  Mundpartien  bei  allen  drei  Haarmenschen  einen  einge- 
fallenen Bau  erkennen  lassen,  so  dass  man  mit  voller  Sicherheit  bei  allen 
Dreien    auf  einen  Defekt  im  Zahn  System  zu  schliessen  berechtigt  ist.     Das 


üeber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen  155 

ist  eine  Unschönheit  in  der  Zeichnun^r,  welche  der  Maler  j^anz  sicher  ver- 
mieden haben   würde,  wenn  sie  nicht  der  Wirklickeit  entsprochen  hatte. ') 

Dieses  ist  nun  aber  alles,  was  wir  über  diese  Haarmenschen  wissen  und 
anführen  können  und  so  bleibt  für  uns  immer  noch  die  Frage  eine  offene, 
wer  diese  Leute  waren.  Haben  wir  etwa  unsere  in  der  vorigen  Arbeit 
aufgestellte  Liste  der  Fälle  von  Hypertrichosis  universalis  um  diese  drei 
Exemplare  zu  vermehren?  Da  möchte  ich  nun  noch  einmal  darauf  auf- 
merksam machen,  was  ich  früher  bereits  gesagt  habe:  es  ist  für  mich  un- 
denkbar, dass  sich  für  diese  so  in  die  Augen  fallende  Missbildung  in  einer 
Zeit,  welche  für  alle  Curiositilten  und  sogenannten  Naturspiele  ein  so  warmes 
Interesse  an  den  Tag  legte  nicht  irgendwo  ein  Beschreiber  unter  den  me- 
dicinischen  Schriftstellern  gefunden  haben  sollte.  Es  ist  für  mich  eine  an 
Gewissheit  grenzende  Walirscheinlickeit,  dass  die  von  Felix  Plater^)  be- 
schriebene Haarmenschenfamilie  mit  den  Originalen  unserer  Bilder  identisch 
ist.     Ich  lasse  hier  noch  einmal  Platers  einschlägige  Notizen  folgen: 

„Das   jedoch  ist  wahr,    dass  man  gewisse  Leute  beiderlei  Geschlechts, 


1)  Es  existirt  noch  eine  Sammlung  zoologischer  Zeichnungen  von  Georg  Hoefnagel, 
welche  bei  A.  H.  Hagen  1)  besprochen  sind,  mit  Zugninilclegimg  eines  Weigel'schen 
AiiktionscataIoges2):  „So  steht  auf  Blatt  1  über  einem  im  (xesicht  über  und  über  be- 
haarten männlichen  Brustbild  und  einem  neben  ihm  stehenden,  wohlgebikleten  Frauen- 
zimmer: Omni  miraculo  quod  fit  per  Homiuem  majus  miraculum  est  Homo  visibilium  omnium 
maximus  est  Mundus,  Invisibilium  Dens  sed  mundum  esse  conspicimus,  Deum  esse  credimus." 
Später  wird  noch  gesagt,  dass  Blatt  1  und  2  „menschliche  Missgeburten  Blatt  1  in  Brust- 
bildern, Blatt  2  in  ganzer  Figur'  darstellen  Ob  es  sich  auf  Blatt  2  auch  um  abnorme  Be- 
haarung handelt,  ist  nicht  gesagt.  Ebenso  wenig  wissen  wir,  ob  dieser  behaarte  Mann  mit 
seiner  nnbehaarten  Frau  mit  unseren  Wiener  Leuten  identisch  sind.  Eine  Art  Titelblatt 
dieser  Sammlung  enthält  das  Datum  Monach.  bojar.  Ao.  1582.  Diese  ganze  Sammlung 
war  damals  von  Herrn  Professor  Carl  August  von  Brentano  gekauft  worden.  Meine 
angestellten  Nachforschungen  haben  aber  ergeben,  dass  sie  vor  einer  Reihe  von  Jahren  an 
den  Buchhändler  F.  S.  Ellis  in  London  verkauft  worden  sind.  Meine  Anfrage  bei  diesem 
Herrn,  wo  die  Sachen  jetzt  stecken,  hat  leider  seine  Adresse  nicht  erreicht.  Vielleicht  unter- 
zieht sich  einmal  ein  englischer  College  der  Mühe,  diese  Bilder  zu  suchen  und  zu  publiciren. 

1)  Observationum  Felicis  Plateri  ijuondam  archiatri  et  profess.  Basil.  Libri  Tres. 
Basiliae  1680.  lib.  IIL  pag.  572. 

„Hoc  quidem  verum  est  inveniri  quosdam,  utriusque  se.xus,  praesertim  masculos,  alios 
aliis  hirsutiores,  quorum  crura.  brachia,  venter,  thorax,  totaque  facies  pilis  prolixis  horrent, 
cujusmodi  multos  novi  et  vidi.  Ex  herum  numero  Lutetiae  erat  Vir  quidam.  ob  raram 
pilositatem  totius  corporis,  Regi  Heurico  IL  percharus,  et  in  illius  aula  versatus,  prolixis 
admodum  pilis  totum  corpus,  faciemque  omnino,  si  exiguam  regionem  sub  oculis  excipias, 
obsitam  habens,  superciliis  et  crinibus  in  fronte  adeo  longis,  ut  eas  sursum,  ne  visum  im- 
pedirent,  premere  cogeretur.  Hie  uxore  ductä  glabra,  et  aliis  mulieribus  simili,  liberos  cum 
ea  procreavit,  hirsutos  quoque,  qui  Ducae  Parmensi  in  Flandriam  missi  fuerunt,  quos  in 
Italiam  una  cum  matre,  luasculum  9  et  foemiuam  7  annorum,  transportandos,  hie  Basileae 
vidi,  Anno  1583,  et  depingendos  curavi.  Erant  facie  hirsuta,  magis  mascidus,  minus  paulo 
puella,  cujus  tota  regio  secundnm  spinao  dorsi  longitudinera,  prolixis  admodum  pilis  erat 
hispida.* 


1)  Dr.  August  Hermann    Hagen.    Bibiiotheka   entomologica.    Leipzig  1862.  Bd.  L  p.  369. 

2)  ß.  Weigel.     Kuustauktiouscatalog    vom  28.  Okt.  1861.    No.  2220  a— d.     272  Blatt 
herrlichster  Miniaturzeichnungen  auf  Pergament. 


^56  ^^-  Bartela: 

vornehmlich  Männer,  findet,  die  haariger  als  andre  sind,  und  deren  Schenkel 
und  Arme,  deren  Bauch,  Brust  und  das  ganze  Gesicht  von  langen  Haaren 
starren;  welcher  Art  ich  viele  gekannt  und  gesehen  habe.  Aus  der  Zahl 
dieser  war  ein  Mann  zu  Paris  wegen  der  seltenen  Behaarung  seines 
ganzen  Körpers  dem  Könige  Heinrich  H.  sehr  werth  und  verkehrte  an 
dessen  Hofe,  der  am  ganzen  Körper  und  überall  im  Gesicht  mit  Ausnahme 
der  Stelle  unter  den  Augen,  mit  sehr  starker  Behaarung  bedeckt  war,  und 
in  den  Augenbrauen  und  auf  der  Stirn  so  sehr  lange  Haare  hatte,  dass  er 
sie,  damit  sie  das  Sehen  nicht  hinderten,  aufwärts  zu  frisiren  gezwungen 
war.  Dieser  nahm  ein  Weib,  das  glatt  und  anderen  Frauen  gleich  war, 
und  zeugte  mit  ihr  ebenfalls  behaarte  Kinder,  welche  der  Herzogin  von 
Parma  nach  Flandern  gesendet  worden  waren,  und  die  ich,  als  sie  mit 
der  Mutter  nach  Italien  übergeführt  wurden,  den  Knaben  neunjährig,  das 
Mädchen  siebenjährig,  hier  in  Basel  im  Jahre  1583  sah  und  malen  Hess. 
Sie  waren  am  Gesichte  behaart,  der  Knabe  mehr,  das  Mädchen  etwas  we- 
niger, deren  ganze  Gegend  längs  des  Rückgrats  rauh  von  sehr  langen 
Haaren  waren." 

Wir  sehen,  dass  die  Personenzahl  genau  mit  derjenigen  unserer  bild- 
lichen Darstellungen  übereinstimmt.  Ein  behaarter  Vater,  eine  Mutter,  unbe- 
haart und  anderen  Frauen  gleich,  ferner  ein  Knabe  und  ein  Mädchen,  beide 
behaart,  der  Knabe  neun  Jahr,  das  Mädchen  sieben  Jahr  —  alles  dies  passt 
genau  bis  auf  das  gegenseitige  Altersverhältniss  der  Kinder,  das  bei  den 
Bildern  gerade  umgekehrt  ist  und  von  Plater  wohl  verwechselt  wurde.  Doch 
gehen  wir  noch  weiter!  Der  Vater  war  in  Paris  dem  Könige  Heinrich  II. 
sehr  werth  und  verkehrte  an  seinem  Hofe:  unser  Ambraser  Mann  wird  als 
Freiherr  bezeichnet  und  war  als  ein  Mann  von  Stande,  sei  es  nun  von 
Geburt  auf,  oder  dass  er  erst  später  geadelt  war,  sehr  wohl  geeignet,  am 
Hofe  des  Königs  von  Frankreich  zu  verkehren.  Und  dass  der  Ambraser 
Herr  als  ein  Mann  aus  München  bezeichnet  wird,  das  spricht  doch  keines- 
wegs dagegen,  dass  er  in  jener  wanderlustigen  Zeit  nicht  auch  früher  in 
Paris  gelebt  haben  konnte.  Ich  sage  früher,  denn  Heinrich  IL  starb 
bekanntlich  15r)9  und  die  von  Plater  erwähnte  Verheirathung  mit  der 
mulier  glabra  wird  annähernd  im  Jahre  1573  stattgefunden  haben,  da  Plater 
das  älteste  Kind  im  Jahre  1583  neun  Jahre  alt  in  Basel  sah  —  vorausgesetzt, 
dass  die  von  Plater  untersuchten  auch  wirklich  die  ältesten  Kinder  der 
Leute  waren. 

Dann  muss  der  Vater  als  er  an  Heinrichs  IL  Hofe  war,  allerdings 
noch  ein  sehr  junger  Mensch  gewesen  sein.  Und  hier  hilft  uns  Ulysses 
Aldovrandi  durch  ein  Citat  glücklich  aus  der  Verlegeniieit.  Er  sagt  auf 
Seite  580:  „Item  Henricus  Galliarum  Kex,  Authore  Boscio,  Lutetiae 
Parisioruru,  adolescentem  non  minus  villosum  cane,  litteris  humanioribus 
instrui  curavit".  So  wird  der  „vir"  des  Plater  dann  hier  schon  zum  Jüngling 
und    da    er    auf  Befehl    des  Königs   in    menschlicherem  Wissen  unterrichtet 


üeber  al)norme  Behaaruncr  beim  Menschen.  157 

wurde,  so  spricht  auch  dieser  Umstand  wohl  für  seine  Juf^end.  Interessant 
ist  übrigens  auch  der  gewiss  älteste  und  uns  jetzt  so  geläufige  Vergleich 
dieser  Misshildung  mit  dem  Aussehen  eines  Hundes  (Hundemensch). 

Während  uns  nun  Plater  diesen  Zeitpunkt  seiner  Beobachtung  genau 
notirt  hat,  so  haben  wir  durch  die  Hoefnagelsche  Zeichnung  glücklicher- 
weise auch  für  die  ganze  Ambraser  Gruppe  eine  annähernd  sichere  Datirung 
gewonnen.  Denn  wenn  auch  nur  einzelne  Blätter  dieser  Hoefnag eischen 
Sammlung  mit  einer  Jahreszahl  verselien  sind,  so  ist  hierdurch  doch  auch 
wohl  die  Entstehungszeit  der  anderen,  in  ihrer  Ausführung  mit  diesen 
übereinstimmenden  Abbildungen  gegeben  und  diese  Jahreszahlen  liegen 
sämmtlich  zwischen  1570  und  1610.  Wir  haben  also  auch  hier  wieder  eine 
nicht  zu  unterschätzende  Uebereinstimmung  zu  verzeichnen.  Sehen  wir  uns 
nun  noch  einmal  das  Bild  unseres  M  ünchen  er  Freundes  mit  seinen  elegant 
nach  oben  gekämmten  Stirnhaaren  an  und  lesen  wir  dazu  Platers  Worte 
superciliis  et  crinibus  in  fronte  adeo  longis,  ut  eos  sursum,  ne  visum 
impedirent,  premere  cogeretur,  so  müssen  wir  wohl  zuge.stehen.  dass  eine 
bessere  Beschreibung  der  Frisur,  besonders  wie  sie  sich  auf  dem  Ambraser 
Bilde  darstellt,  garnicht  gegeben  werden  konnte.  Uebrigens  wird  auch 
Platers  Angabe,  dass  des  Mannes  ganzes  Gesicht  behaart  gewesen  sei 
mit  Ausnahme  einer  Stelle  dicht  unterhalb  der  Augen  durch  die  Hoefnagelsche 
Abbildung  vollkommen  bestätigt  und  ich  möchte  bei  dieser  Gelegenheit 
hervorheben,  dass  grade  diese  Stelle  bei  den  übrigen  Haarmenschen  behaart 
zu  sein  pflegt.  Wir  können  es  somit,  glaube  ich,  als  erwiesen  betrachten, 
dass  Felix  Platers  Haarmenschen  mit  diesen  Ambrasern  und  den  von 
Georg  Hoefnagel  dargestellten  identisch  sind  und  somit  die  Zahl  unserer 
Tabelle  nicht  verändert  zu  werden  braucht. 

Fahren  wir  nun  in  der  Besprechung  der  uns  interessirenden  Literatur 
fort,  so  müssen  wir  einen  Aufsatz  von  Alexander  Ecker  folgen  lassen, 
welcher  im  Globus  (Band  XXXIH  Nr.  12  und  14.  1878)  erschien  unter  dem 
Titel  „Ueber  abnorme  Behaarung  des  Menschen  insbesondere 
über  die  sogenannten  Haarmenschen".  Eine  Ergänzung  hierzu 
publicirte  er  im  XI  Bande  des  Archivs  für  Anthropologie  (1878  pag.  176): 
„Ein  neu  aufgefundenes  Bild  eines  sogenannten  Haarmenschen 
(i.  e.  eines  Falles  von  Hypertricbosis  universalis)."  Diese  beiden 
Dinge  gab  er  ausserdem  unter  dem  erstgenannten  Titel  nochmals  heraus 
als  Gratulationsschrift  zu  dem  50jährigen  Doktorjubiläum  Carl  Theodor 
von  Siebold's.     (Braunschweig  1878). 

Ecker  adoptirt  die  von  mir  gegebene  Eintheilung  der  abnormen  Be- 
haarungen und  spricht  die  einzelnen  Gruppen  kurz  durch,  nur  der  Hyper- 
tricbosis universalis  ist  eine  grössere  Ausführlichkeit  gegeben.  Zum  besseren 
Yerständuiss  begleiten  seine  Schrift  mehrere  recht  gute  Holzschnitte,  unter 
denen  drei  bisher  nicht  publicirte  sich  befinden.  Der  erste  derselben  zeigt 
das  Portrait  eines  l)ärtigen,  fünfzigjährigen  Weibes,  das  sich  im  Januar  187G 


158  M-  Bartels: 

in  Freiburg  i.  Br.  als  Wundermädclien  aunoncirte  und  sich  bald  darauf 
daselbst  im  Hotel  erhängte.  Die  Leiche  wurde  der  Anatomie  übergeben 
und  es  zeigte  sich,  dass  sie  ,,einen  freilich  etwas  dünnen  Schnurrbart  und 
einen  ansehnlichen  Knebelbart  von  ziemlicher  Länge"  hatte.  «Wie  die 
äussere  Körpergestalt  einen  durchaus  weiblichen  Typus,  allerdings  bei  etwas 
männlichem  Gesichtsausdruck  darbot,  so  zeigte  auch  die  anatomische 
Untersuchung  der  inneren  Organe  keine  bedeutende  Abweichung  von 
dem  weiblichen  Bau."  Weiter  oben  sprach  ich  schon  die  Vermuthung  aus, 
dass  sie  mit  der  während  des  deutsch -französischen  Krieges  1870 — 1871 
gesehenen  Hochstaplerin  identisch  sein  möchte. 

Die  zweite  bisher  mir  unbekannte  Abbildung  stellte  die  Maphoon, 
die  Tochter  Shwe-Maongs,  des  behaarten  Birmanen  —  man  vergleiche 
meinen  ersten  Aufsatz  —  mit  ihrem  nackten  kleinen  Kinde  auf  dem  Schoosse 
vor.  Leider  ist  der  Holzschnitt,  —  vielleicht  ist  das  die  Schuld  des  Originals 
—  nicht  deutlich  genug  ausgefallen,  um  sich  über  die  Behaarung  der  Ohren 
des  Kindes  ein  Urtheil  bilden  zu  können.  Das  dritte  Bild  endlich  ist  die 
Reproduktion  einer  in  der  öffentlichen  Kunstsammlung  zu  Basel  von  Professor 
Jacob  Burckhardt  aufgefundenen  Federzeichnung  (33  cm  hoch,  19  cm 
breit),  auf  welcher  sich  die  Notiz  befindet  „1653  im  November  ist  eine 
solche  Jungfer  von  Augspurg  allhier  gewesen."  Mit  Recht  hält  Ecker 
es  theils  durch  die  Orts-  und  Zeitangabe,  theils  aus  der  unverkennbaren 
Aehnlichkeit  mit  den  anderen  beglaubigten  Portraits  für  erwiesen,  dass  wir 
hier  ein  weiteres  Bildniss  der  soviel  beschriebenen  Barbara  Ursler  vor 
uns  haben.  Hier  ist  sie  stehend  in  ganzer  Figur  mit  hochanschliessendem 
Weiberrock  dargestellt.  Die  bis  zur  Hälfte  aus  den  Aermeln  heraussehenden 
Vorderarme  sind  mit  langen  Haaren  bedeckt,  während  die  Hände  glatt  und 
kahl  erscheinen.  Das  Gesicht  ist  ganz  behaart;  die  Stirn-  und  Kopfhaare 
sind  ä  la  chinoise  frisiri  und  hinten  in  einen  Zopf  zusammengedreht.  Die 
Wangen  und  die  Nase  erscheinen  behaart  und  die  Oberlippe  und  das  Kinn 
sind  mit  einem  dichten  Barte  bewachsen.  Das  Auffallendste  sind  aber  zwei 
Haarbüschel,  die  aus  den  Ohren  hervorsprossen,  aus  jedem  eins,  von  einer 
Form  und  Stärke,  dass  mau  sie  nur  mit  den  dicken  Gardinenquasten  ver- 
gleichen kann. 

Diese  Abbildung  stimmt  nun  zwar  nicht  vollkommen  mit  derjenigen  in 
den  Ephemeriden  der  Leopoldinisch  -  Carolinischen  Akademie  überein, 
entspricht  aber  ganz  genau  den  von  der  Ursler  gegebenen  Beschreibungen; 
denn  A.  von  Lersncr  sagt  von  ihr  „diese  hatte  einen  grossen  Bart  und 
waren  ihr  lange  Locken  aus  den  Ohren  gewachsen",  und  auch  Peter 
BoreFs  bereits  oben  citirte  Schilderung  passt  vollkommen  zu  dem  Bilde. 
Vergleicht  man  nun  diese  beiden  Abbildungen  genauer  mit  einander,  so 
wird  sich  eine  üebereinstimmung  der  Beobachtung  nicht  entziehen,  das  ist 
die  eigenthümliche  Schmalheit  und  Kürze  der  Oberlippe  und  das  Vorge- 
ßcholjonsein    der  Unterlippe.     Die   Mundpartie    erinnert    ganz    auffallend  an 


1 


Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen.  159 

diejenige  des  älteren  russischen  Haarmenschen,  und  wenn  diese  Abtheilung 
des  Gesichtes  der  Wirklichkeit  entspricht  —  wie  man  wohl  aus  der  Ueber- 
eiustimmung  beider  sonst  in  manchen  Punkten  ditferirenden  Portraits  zu 
schliessen  berechtigt  ist,  —  so  hat  wohl  auch  bei  der  Barbara  Ursler 
zweifellos  ein  Defekt  im  Zahnsystem  vorgelegen  und  zwar  hat  es  sich  mit 
aller  Wahrscheinlichkeit  um  ein  Fehlen  wenigstens  der  Schneidezähne 
gehandelt. 

Doch  kehren  wir  nach  dieser  kleinen  Abschweifung  zu  der  Eck  ersehen 
Arbeit  zurück.  Er  macht  auf  ein  eigenthümliches  Zutreffen  bei  den  meisten 
der  Fälle  von  Hypertrichosis  universalis  aufmerksam,  welches  darin  besteht, 
dass  die  abnorme  Behaarung  eine  ganz  besonders  feine,  weiche  gewesen 
sei.  Es  trifft  dieses  zu  bei  der  Barbara  Ursler,  der  russischen  und 
birmanischen  "Familie  und  er  belegt  diese  Angabe  durch  entsprechende 
Citate.  Auch  die  Ambraser  Familie  macht  ihm  nach  den  Portraits  den 
Eindruck,  als  seien  ihre  Haare  ebenfalls  von  hervorragender  Weichheit  ge- 
wesen. Ich  muss  gestehen,  dass  für  mich  bei  Betrachtung  der  Photographien 
dieser  Eindruck  kein  deutlicher  ist.  Bei  der  Pastrana  und  ihrem  Sohne 
besteht  diese  auffallende  Feinheit  der  Haare  nicht.  Ecker  äussert  sich 
darauf  folgendermassen:  „Es  liegt  sehr  nahe,  anzunehmen,  dass  wir  in  dieser 
(der  Hypertrichosis  universalis)  nichts  anderes  sehen,  als  eine  Bildungs- 
hemmung, das  heisst:  eine  Persistenz  und  Fortbildung  des  embryonalen 
Haarkleides". 

Der  von  ihm  für  die  vorliegenden  Zustände  gebrauchte  Ausdruck 
„Bildungshemmung"  ist  nicht  glücklich  gewählt  und  jedenfalls  nur  als  ein 
Lapsus  calami  anzusehen;  denn  durch  die  folgenden  Worte:  „eine  Fort- 
bildung des  embryonalen  Haarkleides"  wird  er  eigentlich  schon  wider- 
rufen. Unter  einer  Bildungshemmung,  auch  Hemmungsbildung  genannt, 
versteht  man  das  Fortbestehen,  (aber  nicht  die  Fortbildung)  eines  Zustandes 
nacii  der  Geburt,  welcher  zu  dieser  Zeit  abnorm,  zu  einer  gewissen  Zeit 
der  intrauterinen  Entwicklung  des  Embryo  jedoch  ein  normaler  gewesen  ist. 
Man  begreift  hiernach  sofort,  dass  es  sich  bei  der  Bildungshemmung 
immer  nur  um  angeborene  Abnormitäten  handeln  kann.  Das  trifft 
aber  bei  der  Hypertrichosis  universalis  nicht  immer  zu,  die  ja,  wie  wir 
sahen,  in  einigen  Fällen  nicht  angeboren  vorkommt,  sondern  sich  erst 
im  Verlaufe  der  sechs  ersten  Lebensjahre  bei  unbehaart  geborenen  Kindern 
entwickelte.  Nun  bedeckt  sich  allerdings  innerhalb  einer  gewissen  Periode 
unseres  foetalen  Lebens,  zwischen  dem  fünften  und  siebenten  Monat,  der 
ganze  Körper,  inclusive  des  Gesichtes,  mit  kurzen,  feinen  Härchen;  es 
wird  jedoch  dieses  Haarkleid  zum  grössten  Theile  schon  vor  der  Geburt, 
spätestens  aber  innerhalb  des  ersten  Lebensjahres  wieder  abgeworfen.  Also 
ist  es,  wie  man  einsieht,  nicht  möglich,  anzunehmen,  dass  die  Hypertrichosis 
universalis  das  eine  Mal  durch  das  sich  Einstellen  einer  abnormen  Behaarung 
erst  nach  der  Geburt  und  in  anderen  Fällen  durch  Persistenz  des  embry- 
onalen Wollhaares  ihre  Erklärung  findet.     Denn  niemals  ist  dieselbe  Miss- 


160 


M.  Bartels: 


bilduDO'  in  dem  eineu  Falle  eine  BildungsheramuDg  und  in  dem  anderen 
Falle  etwas  besonderes  Pathologisches,  das  durch  die  Embryologie  nicht  zu 
erklären  ist.  Aber  selbst  wenn  die  Annahme  einer  Bildungshemmung  nicht 
schon  durch  das  soeben  Gesagte  vollständig  hinfällig  geworden  wäre,  so 
würde  man  dennoch  diese  Art  von  Erklärung  aufgeben  müssen,  wenn  mau 
die  bei  den  echten  Haarmenschen  fast  niemals  fehlende  Mangelhaftigkeit 
in  dem  Zahnsystem  berücksichtigt.  Und  namentlich  der  Umstand,  dass  es 
sich  nicht  immer  um  einen  Mangel  derselben  Zähne  handelt,  sondern  dass 
bei  dem  einen  Homo  hirsutus  Zähne  vorhanden  sind,  die  wieder  anderen 
fehlen  —  gerade  diese  Unregelmässigkeit  in  der  Missbildung  giebt  bis  jetzt 
für  jede  Erklärung,  auch  für  die  so  verlockende  atavistische,  ein  unüber- 
steio-liches  Hinderniss  ab.  Wir  müssen  uns  fürs  Erste  noch  bescheiden 
und  unsere  Unkenntniss  eingestehen.  Dass  übrigens  auch  durchaus  nicht 
bei  allen  Haarmenschen  die  abnorme  Behaarung  die  erwähnte  Feinheit  und 
Weichheit  besitzt,  das  beweisen  ausser  der  Familie  Pastrana  (oder  eigentlich 
Lent,  denn  sie  war  an  einen  Amerikaner  Namens  Lent  verheirathet) 
und  ausser  dem  nicht  selten  den  älteren  Fällen  gegebenen  Epitheton  hispidus, 
worunter  doch  wohl  ein  rauhes  Haar  zu  verstehen  ist,  das  beweisen,  sage 
ich  »•ewisse  auf  den  Abbildungen  dargestellte  Frisuren,  welche  ohne  einen 
ziemlichen  Grad  von  Starrheit  überhaupt  nicht  bestehen  könnten.  Diese 
Feinheit  des  Haares  ist  es  übrigens  nicht  allein,  welche  Ecker  veranlasste, 
bei  unseren  Patienten  an  eine  Fortbildung  des  embryonalen  Haarkleides  zu 
denken.  Er  hat  dafür  noch  einen  zweiten  Grund,  und  dieser  ist  die  regel- 
mässio-c  und  bei  den  verschiedenen  Haarmenschen  übereinstimmende  An- 
ordnung der  abnormen  Haare,  welche  der  Richtung  und  Gruppirung  der 
embryonalen  Haare  analog  sein  soll.  Ueber  diesen  letzten  Gegenstand  sind 
von  Eschricht')  und  Voigt')  genaue  Untersuchungen  angestellt  worden 
und  sie  halben  am  Körper  eine  Reihe  von  Ausgangspunkten  der  Behaarung 
,  Wirbel"  unterschieden,  von  denen  aus  die  Haare  sich  in  sogenannten 
„Strömen"  ausbreiten.  So  interessant  und  wichtig  nun  auch  das  Auffinden 
dieser  zweiten  Aehulichkeit  mit  dem  embryonalen  Haarkleide  ist,  ^o  dürfen 
wir  doch  nicht  vergossen,  dass  auch  die  bei  den  Erwachsenen  innerhalb 
des  normalen  bestehende  Behaarung  die  embryonalen  Strömen  und  Wirbel 
innehält,  dass  wir  also  auch  hierin  nicht  etwas  Besonderes,  nur  der  Hyper- 
trichosis  universalis  allein  zukommendes  zu  erblicken  vermögen. 

Uebrigcns  macht  Ecker  selbst  darauf  aufmerksam,  dass  er  die  Unter- 
suchungen über  diesen  Punkt  noch  nicht  für  abgeschlossen  hält  denn  er 
sagt:  „Kurz,  aus  allen  Angaben  erhellt,  dass  die  Behaarung  der  sogenannten 
Haarmenschen  vielmehr  dem  embryonalen  Flaum,  der  ja  an  manchen  Stellen 


1)  Ueber  die  Richtung  der  Haare  am  menschlichen  Körper.   Müllers  Archiv  für  Anatomie 
und  Physiologie  18:;7.     Pag.  37.  Taf.  III.  IV.  V. 

2)  Ch    A.  Voigt.     Abhandlung    über   die  Richtung  der  Uaaro  im   menschlichen  Körper. 
Verhuiidl.  d.  Akademie  der  \V.  in  Wien,  Band  Xlll.  I«ü7.     Mit  zwei  Tafeln. 


Ueber  abnorme  Rphaarungf  beim  Menschen.  161 

recht  ansehnlich  ist,  als  dem  wirklichen  Haare  entspreche.  Ob  diese 
'  Aehnlichkeit  auch  auf  die  mikroskopische  Beschaffenheit  sich  erstrecke,  ob 
das  Mark,  das  den  VVollhaareu  fehlt,  auch  dem  Haar  der  Haarmenschen 
fehle,  diese  l^rage  finde  ich  nirgends  beantwortet,  und  es  wäre  wohl  nicht 
unwichtig,  bei  gebotener  Gelegenheit  auf  dieselbe  Rücksicht  zu  nehmen." 

Er  citirt  ausserdem  noch  folgenden  Fall  des  Dr.  Bevern*)  vom  Jahre 
1802  der  in  mehrfacher  Hinsicht  interessant  ist.  Ein  Mädchen  in  Ino- 
vraclav  fing  im  dritten  Lebensjahre  am  Leibe,  Kopf  und  Backen  so  stark 
zu  werden  an,  dass  es  nicht  mehr  gehen  konnte,  und  „wenn  man  das  Kind 
im  Bette  Hegen  sah,  so  sollte  man  es  für  einen  20  jährigen,  schon  starken, 
aber  noch  weichbärtigen,  sehr  dickbackigen  Jüngling  gehalten  haben.  Der 
Kopf  war  sehr  gross  mit  sehr  starken,  ins  Blonde  fallenden  Haaren  bis  tief 
in  die  Stirn  hinein  l>ewachsen,  Augenbrauen  und  Augenwimpern  stark.  Die 
Oberlippe  sowohl  als  das  Kinn  sind  stark  mit  blonden,  aber  weichen  Haaren 
l)esetzt;  die  Brüste  sehr  stark  und  die  ganze  Brust  mit  blonden  Haaren 
bewachsen.  Der  Rücken  aber  ist  dermassen  mit  blonden,  krausen  Haaren 
bewachsen,  dass  er  mit  einem  Kalbsfell  überzogen  zu  sein  scheint.  (Die 
Schaamhaare  dagegen  schwarz  und  stark,  wie  bei  einem  zwanzigjährigen 
Frauenzimmer"). 

Wir  haben  hier  eine  eigenthümliche,  bisher  noch  nicht  beobachtete 
Combination  zwischen  prämaturer  Reife  (Heterochronie  der  Behaarung)  und 
Hypertrichosis  universalis  vor  uns.  Es  ist  ferner  der  Unterschied  in  der 
Art  und  Farbe  der  Schaamhaare  und  derjenigen  des  übrigen  Körpers  und 
Gesichtes  beachtenswerth.  Die  Letzteren  entsprechen  allerdings  der  vorher 
erwähnten  Angabe  Eckers,  sie  sind  hell,  fein  und  weich,  aber  das  Kind 
brachte  sie  nicht  mit  zur  Welt,  sondern  acquirirte  die  Missbildung  erst  im 
dritten  Lebensjahre.  Endlich  war  die  Patientin  noch  ein  Zwillingskind  und 
nur  sie  wurde  von  der  Abnormität  befallen,  während  ihre  Zwillingsschwestcr, 
wenigstens  zur  Zeit  der  Beobachtung  normal  und  glatt  geblieben  war. 

Schon  in  meinem  ersten  Aufsatze  besprach  ich  den  interessanten,  von 
Bernhard  Orn stein  beschriebenen  Fall  von  Hypertrichosis  partialis,  bei 
dem  die  abnorme  Haarbildung  sich  auf  die  Kreuzbeingegend  beschränkte, 
man  vergleiche  Verhandlungen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthro[)ologie 
etc.  Sitzung  vom  14.  Mai  1875.  Zeitschrift  für  Ethnologie  Bd.  VII  1875, 
p.  (Hl)  und  p.  (279),  Taf.  XVH  Fig.   1.) 

Ürnstein  hat  seine  Stellung  als  Chefarzt  der  griechischen  Armee 
dazu  benutzt,  bei  dem  Ersatzgeschäft  die  zu  untersuchenden  Mannschaften 
auch  in  Bezug  auf  ihre  Behaarung  näher  in  das  Auge  zu  fassen  und  hat 
ausser  diesem  einen  noch  1 1  analoge  Fälle  zu  beobachten  Gelegenheit  ge- 
habt. Drei  derselben  Hess  er  photographiron  und  übersandte  die  Bilder  der 
Berliner  anthropologischen  Gesellschaft. 


1)  Hufelainls  Journal  XIV,  1802  p.  141. 


jß2  M.  Bartels: 

(Man    vergleiche    a.  a.  O.  Sitzung    vom    IB.  December    1876    und    vom 
15.  December  1877.     Zeitschrift  für  Ethnologie  Bd.  YIII  1876,  p.  (287)  und* 
Bd.  IX  1877,  p.  (485)  Taf.  XXI  f.  3.  4.  5.) 

Er  erwähnt  ausserdem  noch  einen  ähnlichen  Patienten,  welchen  der 
griechische  Generalarzt  Dr.  Treiber  vor  einer  Reihe  von  Jahren  sah. 

In  allen  13  Fällen  nahm  die  abnorme  Behaarung  nur  die  Kreuzbein- 
gegend ein,  hatte  einen  bilateral- symmetrischen  Bau  und  sass  auf  anscheinend 
unveränderter,  weder  abnorm  gefärbter,  noch  abnorm  verdickter  Haut,  so 
dass  diese  Beobachtungen  unbedingt  der  Hypertrichosis  cicrumscripta  einzu- 
reihen sind.  Der  von  Orn stein  gewählte  Name  Sacra  1-Trichose  ist 
ein  ganz  geeigneter,  denn  in  der  That  kann  man  diese  uns  soeben  be- 
schäftigende Form  als  eine  besondere  Unterabtheilung  der  Hypertrichosis 
circumscripta  aufstellen. 

Wenn  nun  auch  die  Sacral-Trichose  in  besonders  grosser  Häufigkeit 
in  Griechenland  gesehen  worden  ist,  so  unterliegt  es  dennoch  keinem  Zweifel, 
dass  sie  auch  bei  uns  vorkommt.  Ich  selbst  habe  seit  Veröffentlichung 
meiner  Arbeiten  drei  einschlägige  Fälle  gesehen. 

Dieselben  mögen  hier  in  Kürze  folgen: 

1.  Ein  Candidat  der  Theologie  H.  aus  Berlin,  in  der  ersten  Hälfte 
der  Zwanziger  Jahre,  hat  einen  sehr  gering  behaarten  Körper.  Au  der 
Hinterseite  jedoch  präsentirt  sich  ein  symmetrisches  Dreieck,  welches  mit 
massig  dicht  stehenden  ungefähr  3  cm  langen  Haaren  besetzt  ist.  Die  Basis 
dieses  Dreiecks  verläuft  horizontal  zwischen  den  Lendenwirbeln  und  dem 
Kreuzbein,  die  Seiten  entsprechen  annähernd  dem  Verlauf  der  Synchondroses 
sacroiliacae ,    und  die  Spitze  liegt  fast  an  der  Gelenkfläche  des  Steissbeins. 

2.  Ein  53  Jahre  alter  Uhrenfabrikant  aus  Berlin  ist  am  Rücken 
unbehaart  bis  auf  eine  symmetrische  dreieckige  Stelle  über  dem  os  sacrura, 
auf  welcher  allerdings  dünn  stehende,  aber  3  —  4  cm  lange  Haare  sich  be- 
finden. Die  Basis  auch  dieses  Dreiecks  entspricht  der  unteren  Grenze  der 
Lendenwirbel,  die  Seiten  den  Kreuzbeinsynchondrosen  und  die  Spitze  der 
Verbindung  zwischen  dem  os  sacrum  und  dem  os  coccygis. 

3.  Ein  aus  Suhl  in  Thüringen  gebürtiger,  zur  Zeit  in  Spandau 
ansässiger  Fabrikarbeiter  A.  K.  von  49  Jahren  besitzt  fast  am  ganzen  Körper 
eine  ausserordentlich  starke  Behaarung.  Leider  kann  diese  Hypertrichosis 
nicht  für  unsere  Besprechungen  verwerthet  werden,  da  der  Patient  seit  Jahren, 
und  wie  er  angiebt,  mit  Erfolg,  seinen  Rücken  mit  Enthaarungsmitteln  be- 
handelt hat.  Es  ist  nun  für  uns  nicht  mehr  zu  ersehen,  was  bei  ihm  künstlich 
enthaart  worden  ist  und  was  von  vornherein  mit  Haaren  nicht  bewachsen 
war.  Seine  Gesässpartie  bietet  jedoch  folgenden  Anblick  dar:  Die  Hinter- 
backen über  dem  Sitzknorren  sind  kahl,  die  seitlichen  Abtheilungen  über 
den  Hüftgelenken  besitzen  eine  ziemlich  dichte  Behaarung;  die  obersten 
Partien  in  der  Gegend  des  vorderen  Ilüftbeinstachels  sind  nur  spärlich  be- 
haart.     Ausserordentlich     deutlich    markirt    sich    aber    eine    reichlich    und 


Ueber  abnorme  Bebanruug  beim  Menschen.  163 

ziemlich  dicht  mit  mehrere  cm.  laugen  Haaren  bedeckten  Stelle,  welche 
eine  symmetrisch  dreieckige  Gestalt  besitzt  mit  nach  unten  gekehrter  Spitze 
am  Uebergange  vom  Kreuzbein  zum  Steissliein,  mit  hoiizontaler  Grundlinie 
an  der  Grenze  zwischen  dem  os  sacrum  und  den  Lendenwirbeln,  während 
die  Seitenlinien  an  der  Verbindungsstelle  zwischen  dem  Kreuzbein  und  den 
Darmbeinen  liegen. 

Vergleichen  wir  diese  drei  Beobachtungen  mit  denjenigen  Ornsteius, 
so  müssen  wir  allerdings  zugeben,  dass  sie  an  Intensität  der  Behaarung 
von  den  frappantesten  Fällen  desselben  bedeutend  übertroffen  werden,  in 
Bezug  auf  die  Ausdehnung  der  Behaarung  bieten  sie  jedoch  alle  unter  ein- 
ander eine  ganz  ausserordentliche  Uebereinstimmung  dar. 

Wir  finden  in  allen  IG  Fällen  die  Form  der  Behaarung  durch  die 
Gestalt  der  hinteren  Kreuzbeinfläche  auf  das  Genaueste  vorgeschrieben. 
Stets  handelt  es  sich  um  ein  bilateral  symmetrisch  angeordnetes  Dreieck 
mit  nach  unten  gerichteter  Spitze.  Die  Grundlinie  entspriciit  genau  der 
oberen  Grenze  des  os  sacrum  und  reicht,  wie  es  scheint,  niemals  auf  die 
Lendenwirbel  hinauf.  Die  Seitenlinien  liegen  über  den  Hüftbeinsynchondrosen, 
stimmen  also  wiederum  mit  den  seitlichen  Grenzen  des  Kreuzbeins  überein. 
Die  Spitze  endlich  coincidirt  mit  der  unteren  Grenze  des  Kreuzbeins;  sie 
liegt  an  der  Gelenkverbindung  zwischen  dem  os  sacrum  und  dem  os  coccygis. 
Die  das  Steissbein  bedeckende  Haut  ist  nur  in  einem  einzigen  der  Fälle 
von  der  abnormen  Behaarung  betroffen  worden. 

ÄJan  ersieht  hieraus,  wie  ausserordentlich  passend  der  Name  „sacrale 
Trichose"  gewählt  worden  ist. 

In  sämmtlichen  Fällen  war  die  behaarte  Hautstelle  weder  abnorm  ge- 
färbt, noch  aut-h  abnorm  verdickt,  auch  Hess  sich  nicht  das  Vorhandensein 
eines  einstmaligen  Irritationszustandes  in  derselben  nachweisen. 

Diese  Form  der  Hypertrichosis,  welche  ich,  wie  bereits  oben  erwähnt, 
nur  für  eine  wohl  charakterisirte  Unterabtheilung  der  Hypertrichosis  partialis 
ansehe,  lässt  sich  in  ihrer  Entstehung  nicht  anders  begreifen,  als  dass  man 
den  Atavismus  zur  Erklärung  herbeizieht.  Ich  habe  dieses  schon  in  meinem 
vorigen  Aufsatze  ausgesprochen  und  freue  mich,  auch  bei  Orn  stein  der- 
8ell)en  Ansicht  zu  begegnen.  Uebrigeus  betrachte  ich  es  nur  als  das,  was 
es  ja  auch  wirklich  ist,  eine  Form  der  Rückenbehaarung  und  erblicke  hierin 
durchaus  kein  Analogen  einer  Schwanzbildung.  Denn  selbst  wenn  man 
nicht  so  weit  gehen  wollte  wie  Virchow,  der  wohl  mit  Recht  für 
eine  Schwanzbildung  auch  eine  Verlängerung  des  Steissbeins  fordert,  so 
muss  man  bei  den  bescheidensten  Ansprüchen  doch  wenigstens  verlangen, 
dass  wenn  es  sich  um  einen,  wenn  auch  nur  rudimentären  Schwanz  handeln 
soll,  die  Behaarung  doch  auch  auf  der  das  Steissbein  bedeckenden  Haut 
ihren  Sitz  haben  muss.  Das  ist  aber,  wie  wir  gesehen  haben,  nicht  der 
Fall,   sondern   da,    wo    das  Steissbein   beginnt,    hört  die  abnorme  Behaarung 


164 


M.  Bartels: 


auf.  Zu  erwähneu  ist,  dass  nach  Ecker  (a.  a.  O.)  die  Kreuzgegeud  des 
Embryo  mit  besonders  langem  Wollhaare  bedeckt  ist.  i) 

Es  ist  übrigens  eigenthümlicb,  dass  man  die  Sacraltrichose  bis  jetzt  nur 
bei  Männern  beobachtet  hat,  denn  das  von  Yirchow  beschriebene,  scheinbar 
hierher  gehörige  Frauenzimmer  (und  noch  zwei  analoge,  später  zu  erwähnende 
Fälle)  mussten  wir  hier  ausscheiden,  weil  durch  eine  unter  dem  Haarbezirk 
beßndliche  spina  bifida  das  einstige  Vorhandensein  eines  tleizungszustandes 
in  dieser  Region  bewiesen  wurde. 

Ausser  diesen  soeben  besprochenen  Fällen  giebt  Oru stein  noch  die 
Beschreibung  und  Abbildung  eines  anderen  abnorm  behaarten  Mannes, 
(a.  a.  0.  Bd.  IX  p.  (486)  Taf.  21,  Fig.  1  und  2)  welcher  auf  den  ersten 
Anblick  der  von  mir  für  die  Hypertrichosis  partiahs  aufgestellten  Regel, 
dass,  wie  gering  oder  wie  gross  ihre  Ausdehnung  auch  sein  möge,  dieselbe 
stets  von  der  hinteren  JNledianlinie  des  Körpers  ihren  Ausgang  nimmt, 
zu  widersprechen  scheint.  Und  ich  rauss  gesteheu,  dass  ich  auch  zuerst 
durch  diese  Abbildung  etwas  frappirt  wurde.  Denn  man  sieht  eine  sehr 
starke  Behaarung  der  Brust,  der  Schulterhöhe  und  der  Arme,  ferner  eine 
ziemlich  reichliche  Haarbildung  längs  der  medianen  Contouren  der  Schulter- 
blätter, aber  die  ganze  Mittelpartie  des  Rückens  vom  Halse  bis  zur  Hosen- 
schnalle erscheint  auf  dem  Bilde  kahl  und  wird  auch  nicht  in  dem  Texte 
als  behaart  beschrieben.  Bei  näherem  Zusehen  findet  man  aber,  dass  der 
ganze  Nacken  vom  Hinterhaupt  bis  herab  zum  Anfang  der  Brustwirbelsäule 
eine  dichte  Behaarung  trägt  und  nur  durch  eine  kleine  Lücke  von  derjenigen 
der  Schulterblätter  getrennt  ist.  Also  auch  hier  kann  man  die  hintere 
Medianlinie  des  Körpers  gleichsam  als  den  Ausgangspunkt  der  Hypertrichosis 
betrachten.  Man  ersieht  aus  diesem  Falle  aber,  dass  ausnahmsweise  die 
hintere  Medianlinie  nicht,  wie  das  meistens  bei  der  Hypertrichosis  partialis 
Statt  hat,  bis  zu  derselben  Tiefe  herab  mit  Haaren  bewachsen  zu  sein  braucht, 
als  der  übrige  von  der  Missbildung  betroffene  Körper, 

Von  Publikationen  über  das  uns  interessirende  Thema  sind  noch  die 
Nachrichten  zu  erwähnen,  welche  N.  v.  Miklucho  -  Maclay  schriftlich 
unter  dem  Titel  „Anthropologische  Notizen,  gesammelt  auf  einer 
Reise  in  Wes  t- Mikrouesien  und  Nord-Melanesien  im  Jahre  1876 
der  hiesigen  anthropologischen  Gesellschaft  übersandte.  [Man  vergleiche: 
Verhandlungen  dieser  Gesellschaft,  Sitzung  vom  9.  März  1878.  Zeit- 
schrift für  Ethnologie  Bd.  X.  1878.  p.  (104)].  Er  giebt  an,  dass  viele 
der  Einwohner  von  West-Mikronesien  stark  behaart  an  Rumpf  und 
Beinen  sind  und  ausserdem  bilden  die  Haare  „nicht  selten  einen,  vom  Nacken 
anfangenden,  am  Rücken  herunterlaufenden  Zug".  Ausserdem  soll  die  Be- 
haarung   der    ganzen  Stirn    ziemlich   häufig   sein   und  der  Autor  giebt  dazu 


1)  Uebrigens  fasse  ich  aucli  Ornsteius  Bemerkung-,  dass  es  sich  hier  „uiu  eiu  Erbtheil 
unserer  geschwäuzteu  Vorfahren  handele"  durchaus  nicht  so  auf,  dass  er  «labei  an  einen  ver- 
erbten Schwanz  sondern,  ebenso  wie  ich,  an  ein  vererbtes  Haarkleid  gedacht  hat. 


Ueber  uhiiorinc  Hchaarunt;  beim  Menschen.  165 

3  schöne  Abbildungen  (auf  Tiif.  X  Fig.  2.  3.  4).  Man  ersieht  aus  denselben, 
fkiss  die  Härchen  wenigstens  in  2  Fällen  auch  die  sogenannte  glabella 
bedecken  und  über  den  Nasenrücken  abwärts  ziehen,  bei  dem  einen  Indi- 
viduum fast  bis  zur  Nasenspitze  herab.  Auch  die  Oljcrlippe  und  der  obere 
Thcil  der  Masseterengegend  ist  mit  kurzen  Haaren  besetzt.  Diese  Behaarung 
der  Stirn,  welche  Miklucho  -  Maclay  besonders  schön  bei  zwei  geschlechts- 
reifen  Mädchen  und  bei  einem  Alädchen  und  einem  Knaben  zwischen  10 
und  1 1  Jahren  sah  —  also  bei  lauter  nicht  mehr  in  der  ersten  Kindheit 
beiindlichen  Individuen  —  variirte  in  Bezug  auf  ihre  Länge  zwischen  3  und 
23  mm.  Leider  giebt  er  über  die  Stärke  der  einzelnen  heterotopen  Haare 
im  Vergleich  zu  den  Kopfhaaren  keine  Auskunft,  jedoch  scheinen  mir  die 
letzteren,  wenn  ich  die  Zeichnungen  richtig  verstehe,  die  ersteren  bedeutend 
an  Stärke  zu  übertreffen. 

Es  wird  übrigens  noch  hervorgehoben,  dass  „beim  Behaartsein  der 
ganzen  Stirn  die  Anordnung  der  Haare  auf  derselben  fast  in  einem  jeden 
Falle  eine  andere  ist." 

Bei  Betrachtung  dieser  Abbildungen  wurde  ich  an  Zustände  erinnert 
wie  man  sie  bei  uns  nicht  übermässig  selten  als  eine  Form  verstärkter 
Lanugobildung,  muss  man  wohl  sagen,  zu  sehen  bekommt.  Hierhin  gehört 
in  erster  Linie  das  sogenannte  ßärtchen  bei  Frauenzimmern  und  eine 
gewisse  Andeutung  von  Bartbildung  bei  Kindern,  besonders  bei  Knaben 
an  der  Oberlippe  und  der  Gegend  der  Masseteren.  Doch  auch  an  anderen 
Stellen  des  Gesichtes  und  ebenso  am  Körper  und  den  Extremitäten  linden 
sich  bisweilen  derartig  behaarte  Stellen.  So  machte  ich  mir  zum  Beispiel 
eine  Notiz  über  ein  11  Jahre  altes  Mädchen.  Sie  besitzt  blonde  Haare  und 
starke  Augenbrauen  und  hatte  langes,  dichtstehendes  Wollhaar  auf  den 
Dorsalseiten  beider  Vorderarme.  Ausserdem  besteht  vom  Hinterhaupte  ab- 
wärts bis  zum  ()ten  Brustwirbel  längs  der  Wirbelsäule  eine  abnorme  Be- 
haarung, welche  jederseits  von  der  Medianlinie  die  Haut  auf  ungefähr  3  cm 
deckte.  Diese  Haare  sind  fein,  aber  ziemlich  dicht  stehend  und  meistens 
von  1  cm  Länge,  einige  waren  sogar  noch  länger. 

Ein  kleines  zwei  und  ein  halbjähriges  Mädchen  hat  dichtes  dunkles 
Kopfhaar,  das  vorn  an  den  normalen  Grenzen  endigt.  Von  dieser  Grenze 
aus  ziehen  sich  aber  über  die  ganze  Stirn,  bis  auf  die  Nasenwurzel  feine 
dichtstehende  WoUhärchen.  Ebensolche  bekleiden  die  Gegend  der  Masseteren 
und  die  Mittellinie  des  Rückens.  Sie  sind  von  dunkler  Farbe  wie  die 
Augenbrauen  und  die  Kopfhaare. 

Es  bedarf  hierfür  keiner  weiteren  Beispiele.  Es  wird  wohl  kaiuu  einen 
Arzt  geben,   welcher    nicht  in  seiner  Bekanntschaft  Aehnliches  beobachtete. 

Alle  diese  Fälle  und  wohl  auch  diejenigen  von  Miklucho- Maklay 
sind  wie  schon  gesagt  als  wirkliche  Lanugobildungen  zu  betrachten  und 
hierfür  hätte  Ecker  mit  Recht  die  Erklärung  in  einer  Hemmungsbildung, 
in  der  Persistenz   des  embryonalen  Wollhaares  linden  können,   während  es 


IQß  M.  Bartels: 

mir    unmöglich    war,    diese    seine  Auffassung    für    die  Deutung    der  Hyper- 
trichosis  universalis  zu  theilen. 

Im  December  1877  hielt  H.  Hildebrandt  in  der  physikalisch- 
oekonomischen  Gesellschaft  zu  Königsberg  i.  Preussen  einen  Vortrag 
„üeber  abnorme  Haarbildung  beim  Menschen",  der  in  den  „Schriften" 
dieser  Gesellschaft  Jahrgang  19,  1878  mit  zwei  Tafeln  veröffentlicht  wurde. 
Es  ist  darin,  wie  das  bei  einem  Vortrage  nicht  anders  sein  kann,  der  den 
des  Gegenstandes  unkundigen  Zuhörern  ein  vollständiges  Bild  von  dem 
gegenwärtigen  Stande  der  Frage  zu  geben  beabsichtigt,  sehr  vieles  enthalten, 
was  uns  bereits  bekannt  und  in  mehreren  der  früher  erwähnten  Autsätze 
begegnet  ist.  Jedoch  sind  diese  älteren  Daten  untermischt  mit  höchst 
interessanten  Angaben  über  die  normale  weibliche  Behaarung,  worüber  dem 
Verfasser  als  Professor  der  Gynäkologie  und  Geburtshilfe  ein  kompetentes 
Urtheil  zu  steht.  Ich  kann  hier  nicht  unterlassen,  den  Herren  Collegen 
denen  sich  häufiger  die  Gelegenheit  bietet,  den  Mitmenschen  unverhüllt  zu 
sehen,  die  dringliche  Mahnung  an  das  Herz  zu  legen,  dass  sie  für  solche 
scheinbar  gleichgültigen  Kleinigkeiten,  die  sich  ja  nur  nebenbei  dem  Blicke 
darbieten,  und  derentwegen  nicht  der  ärztliche  Rath  eingeholt  wird,  ein 
recht  achtsames  Auge  haben  mögen.  Wir  sind  noch  weit  davon  entfernt, 
die  Sache  zu  durchschauen  und  jede  einschlägige  genaue  Beobachtung,  kann 
dazu  dienen,  ein  unerwartetes  Licht  in  diese  Verhältnisse  zu  bringen. 

Die  neuen  Fälle,  welche  Hildebrandt  giebt,  gehören  beide  in  die 
Gruppe  der  ausgedehnten  behaarten  Muttermäler.  Der  erste,  ein  IG  Jahre 
altes  bleichsüchtiges  Mädchen  mit  infantilem  Uterus  hat  einen  bilateral 
symmetrischen  Naevus  pilosus,  welcher  vom  6.  Brustwirbel  bis  herab  zum 
oberen  Drittheil  der  Oberschenkel  den  Körper  bedeckt  (an  der  Bauchseite 
ist  die  Ausdehnung  eine  entsprechende).  Die  von  dem  Haarkleide  bedeckte 
Haut  ist  aber  „dunkel,  beinahe  schwarz  verfärbt,  etwas  erhaben,  rauh, 
trocken,  leicht  schuppend".  Auch  bei  dieser  Patientin  war  der  beschriebene 
symmetrische  Naevus  nicht  die  einzige  afficirte  Partie,  sondern  „ähnlich  be- 
schaffene, nur  kleinere  schwarzverfärbte  und  behaarte  Hautstellen  waren  über 
den  ganzen  Körper,  über  die  Extremitäten  und  auch  über  das  Gesicht 
zerstreut  und  zwar  an  nahezu  symmetrischen  Stellen".  Die  zweite  Beobachtung 
betrifft  einen  neugeborenen  Knaben,  der  „über  dem  Rücken  von  der  Höhe 
der  Anguli  scapulae  anfangend  und  an  den  unteren  Lendenwirbeln  endend, 
auch  noch  etwas  auf  die  rechte  Hinterbacke  herabreichend,  eine  dichte, 
am  meisten  dem  Fell  eines  W^achtelhündchens  ähnelnde  Behaarung  l)esas8, 
welche  sich  auch  auf  die  Weichengegenden  und  vorne  bis  in  die  Hypochondrien 
erstreckte".  Die  Haare  sitzen  auf  nicht  erhabener,  aber  dunkelblau  ge- 
färbter Haut.  „Einzelne  gleichbeschaffene  groschengrosse  Hautstellcn,  eben- 
falls behaart,  befanden  sich  auf  der  linken  Hinterbacke,  an  der  äusseren 
Seite  des  linken  Oberschenkels   und  auf  dem  linken  Scheitelbein,     Auf  den 


lieber  abiioriue  Hehaaruiiff  beim  Menschen.  167 

unteren  Extremitäten  waren  einzelne  zerstreute,  kleinere  und  grössere,  eben- 
falls pigmeiitirte,  aber  nicht  behaarte  Hautstellen  vorhanden". 

Ich  führte  diese  beiden  Fälle  etwas  genauer  an  des  Schlusses  wegen, 
den  Hilde  b  ran  dt  aus  seinen  Betrachtungen  zieht  und  welcher  folgender- 
niassen  lautet: 

„Es  haben  somit  beide  Hautabnormitäten  doch  soviel  Gemeinsames, 
dass  man  sie  nicht  ganz  von  einander  trennen  darf,  und  wenn  mau  die 
durch  Auge  und  Tastsinn  wahrnehmbaren  Erscheinungen  auf  der  Haut  in 
erster  Reihe  berücksichtigt,  so  verdienen  die  Naevi  mindestens  in  deniselln-n 
Grade  die  Erklärung  durch  Atavismus,  wie  die  Fälle  von  Hypertrichosis 
universalis". 

Auch  ich  bin  ähnlicher  Ansicht  und  möchte  glauben,  dass  manche  der 
sogenannten  behaarten  Muttermäler  eine  Form  des  Rückschlags  darstellen, 
besonders  die  bilateral  symmetrisch  von  der  Medianlinie  des  Rückens  her 
den  Körper  umziehenden,  bei  denen  keine  disseminirten  Naevi  auf  der 
übrigen  Haut  sich  finden.  Es  würde  überhaupt  sehr  wohl  der  Mühe  sich 
verlohnen,  wenn  Jemand  die  reiche  Casuistik  der  Muttermäler  sammeln 
wollte.  Ganz  sicher  würden  auch  hier  ganz  bestimmte  Gruppen  und  Unter- 
abtheilungen sich  aufstellen  lassen,  von  denen  auch  einige  möglicher  Weise 
in  unser  Gebiet  hinübergreifen  mögen.  Aber  bis  jetzt  sind  wir  noch  nicht 
soweit.  Und  ich  kann  nur  auf  das  Bestimmteste  betonen,  dass  wir  bei 
unserer  noch  so  ungemein  mangelhaften  Kenntniss  dieser  Prozesse  um  so 
eher  zu  einer  Einsicht  gelangen  werden,  je  strenger  wir  solche  Zustände, 
welche  nicht  ganz  gleichartig  sind,  auseinander  halten  und  nur  wirklich 
ganz  Uebereinstimmendes  gemeinsam  betrachten. 

Wenn  man,  wie  das  bisher  geschah,  den  unilateralen  Nävus  neben 
dem  Weiberbart,  die  prämature  Reife  neben  der  Hypertrichosis  universalis 
nennt,  dann  können  wir  zu  keiner  Klärung  dieser  so  complicirten  Verhältnisse 
gelangen.  Das  war  es  ja,  was  mich  veranlasste,  die  in  meiner  vorigen 
Arbeit  aufgestellte  systematische  Eintheilung  zu  geben.  Wir  müssen  fürs 
Erste,  ich  wiederhole  es,  die  zwei  Hauptformen  abnormer  Behaarung  aus- 
einander halten,  diejenige  Form  bei  der  einstmals  ein  Reizungszustand  im 
Hautsysteme  bestanden  hat  (Naevi  pilosi  und  Hypertrichosis  irritativa)  und 
die  andere  uns  besonders  interessirende  Form,  wo  sich  eine  solche  Irritation 
nicht  nachweisen  lässt.  Diese  letztere  Ilauptgruppe  zerfällt  wieder  in  die 
drei  Unterabtheilungen 

1 .  in  die  Heterogenie  der  Behaarung*.  ( B  e h  a a r  u n  g  b  e  i  m  f a  1  s c  h  e  n 
Geschlecht)  (abnormes  Auftreten  von  Haaren  bei  Weibern  au  den  für  das 
männliche  Geschlecht  typischen  Stellen) 

2.  in  die  Heterochronie  der  Behaarung  (Behaarung  zur  falschen 
Zeit)  (die  prämature  Reife)  und  endlich 

3.  in  die  Heterotopie  der  Behaarung  (Behaarung  am  falschen 
Orte).     (Auftreten    von   Ilaiuen    an    solchen    Stellen    des  Körpers,    welche 


2ßg  il.  Bartels: 

normaler  Weise  zu  keiner  Zeit  uucl  bei  keinem  Geschlechte  mit  Haaren 
bewachsen  sind)  —  umfassend  die  Hy pertrichosis  partialis  und  die 
Hypertrichosis  universalis. 

Das  alles  sind  diiferente  Gruppen,  in  sich  abgeschlossen  und  von  den 
anderen  unterschieden,  (fast  niemals  in  die  Nachbargruppe  übergreifend). 
Und  dass  ich  mit  diesem  System  der  Eintheilung  demjenigen  einen  Ausdruck 
gegeben  habe,  was  die  anderen  Bearbeiter  dieses  Stoffes  fühlten,  das  wird 
wohl  am  besten  dadurch  bewiesen,  dass  sie  sämmtlich  diese  Eintheiluug 
adoptirt  haben. 

Bevor  ich  nun  zu  dem  letzten  Theile  meiner  Arbeit,  zur  Besprechung 
meiner  neuesten  Beobachtungen  über  abnorme  Behaarung  beim  Menschen 
übergehe,  soweit  dieselben  nicht  schon  in  den  vorstehenden  Erörterungen 
ihre  Erledigung  gefunden  haben,  möchte  ich  erst  noch  einigen  Notizen  älterer 
Forscher  zu  ihrem  Rechte  verhelfen  und  sie  aus  dem  Dunkel  der  Vergessenheit 
von  Neuem  an  das  Tageslicht  ziehen.  So  finden  wir  zum  Beispiel  in  den 
Observationes  medicae  des  Johannes  Schenckius  a  Grafenberg 
[Francofurti  1600  observ.  14.  p.  18.  und  Francofurti  1609  p.  6.]  einige 
Angaben  über  bärtige  Weiber: 

„Das  Weib  ist  von  Natur  glatt  und  zart,  und  wenn  sie  viele  Haare 
hat,  so  ist  sie  ein  Monstrum  (Epictetus  cap.  1.  lib.  3).  Solch  Monstrum 
sah  ich  einst  in  Paris  mit  schwarzem  Schnurrbart,  einem  Backenbarte 
von  gehöriger  Grösse  und  auch  mit  massig  behaartem  Kinn." 

„Es  Süll  auch  unter  den  Frauenzimmern  Herzog  Alberts  von  Bayern 
ein  Weib  mit  entwickeltem  schwarzem  Barte  gewesen  sein.  (Wolfius  in 
enarrat.  hujus  loci.)" 

Endlich  erzählt  er  auch  von  dem  Kupferstich  des  Dominik  Gustos, 
welchen  ich,  ohne  damals  diese  Stelle  zu  kennen  nach  dem  Exemplare  des 
hiesigen  königlichen  Kupferstichcabinets  am  Ende  meiner  vorigen  Arbeit 
beschrieben  habe.  [Ich  benutze  die  Gelegenheit,  einen  Druckfehler  zu 
verbessern,  der  sich  dort  eingeschlichen  hatte.  Es  steht  dort  das  Todesjahr 
des  1560  zu  Antwerpen  geborenen  Stechers  als  1512  gedruckt,  natürlich 
muss  es  heissen  1612,] 

„Helena  Antonia  in  Archiepiscopato  Leodinensi,  aetatis  suae 
annorum  18  a  sereniss.  Archiducissa  Austriae  Maria  Yidua  Graecii 
educata,  faoie  et  mento,  viri  instar  barbata,  muliebri  alias  habitu.  Cujus 
Eiconem  Dominicus  Custodis  Augustae  affabre  in  aere  excudit.  Ex 
f|ua  Charta  nos  transtulimus.     Schenckius." 

Ein  Paar  Fälle  prämaturer  Reife,  welche  sich  ebenfalls  unter  seinen 
Aufzeichnungen  finden,  übergehe  ich  hier,  um  dieser  Abhandlung  nicht  eine 
ungebührliche  Länge  zu  geben.  Es  wird  sich  mir  vielleicht  bald  die 
Gelegenheit  bieten,  über  diese  Zustände  an  einer  anderen  Stelle  ausführlich 
zu  sprechen. 

Real d US  Columbus    aus  Gremona,    Anatom   am  Gymnasio  Romano 


üeber  abnorme  Bebaarung  beim  Menschen.  169 

sagt  in  seinem  Buche  De  re  anatomica  (Venetiis  1699)  IIb.  XIII  cap.  11. 
Ego  tarnen  Hispanum  quendam  vidi  pilis  refertissirauni  in  omni  corporis 
parte,  praeterquam  in  facic,  et  manuum  parte. 

Vidi  etiam  vestalem  adeo  pilosam. 

Auch  in  dem  grossen  Werke  über  die  Missgeburten  von  dem  Bolog- 
neser Ulysses  Aldrovandi ')  finden  sich  ein  Paar  Fälle,  welche  hier 
anzuschliessen  sein  würden:  „Und  Majolus  erwähnt  in  den  Colloquien, 
dass  von  einer  glatten  Frau  in  einem  Flecken  des  Gebietes  von  Pisa, 
dessen  Namen  Petrasancta  ist,  eine  Jungfrau  mit  langen  Haaren  bedeckt 
entsprossen  sei,  wie  man  in  Figur  l  sieht. 

Die  Autoren  geben  als  Ursache  dieses  Umstandes  eine  Abbildung  des 
der  Sitte  gemäss  mit  der  Kameelshaut  gemalten  St.  Johannes  des  Täufers 
an ;  dieses  im  Schlafgemache  hängende  Bild  hätte  die  Mutter  aufmerksamer 
betrachtet."  Es  ist  hierzu  ein  sehr  roher  Holzschnitt  beigegeben,  der  eine 
schlanke  Jungfrau  unbehaart  an  Händen  Füssen  und  Gesicht  darstellt,  deren 
Körper  und  Extremitäten  mit  langen  Zotten  bedeckt  sind.  Es  ist  offenbar 
keine  Abbildung  nach  der  Natur,  sondern  ein  nach  der  soeben  gegebenen 
Beschreibung  construirtes  Bild. 

Dasselbe  gilt  von  der  sich  sofort  anschliessenden  Abbildung  H  die 
einen  Knaben  mit  ganz  behaartem  Körper  und  Krallen  an  den  Händen  und 
Füssen  zeigt.     Der  hierzu  gehörende  Text  ist  folgender: 

„Zottig  war  auch  jener  Neugeborene  wie  mit  Krallen  behaftet,  welcher 
nach  dem  Zeugniss  des  Licosthenes  im  Jahre  des  Heils  1282  von  einer 
vornehmen  Dame  das  Licht  der  Welt  erblickte,  als  der  Pabst  Martin  IV 
den  christlichen  Erdkreis  regierte,  dessen  sämmtliche  im  Hause  der  Dame 
angebrachte  Darstellungen  des  Bären  (Martins  IV.  Wappenthier)  entfernt 
wurden  als  untrüglicher  Beweis,  dass  durch  Betrachtung  jener  Abbildungen 
des  Bären  jenes  Versehen  verursacht  worden  ist.  Auch  Peucerus  ver- 
sichert, nach  des  Licosthenes  Angabe,  in  einem  anderen  Falle  im  Jahre 
des  Heils    1549    ein    mit  Bärenzotten    bedecktes  Neugeborenes    gesehen   zu 

haben." 

Es  ist  nun  natürlich  für  uns  nicht  mehr  nachzuweisen,  was  eigentlich 
in  diesen  fünf  Fällen  vorgelegen  hat.  Am  wahrscheinlichsten  ist  es  jedoch 
wohl  anzunehmen,  dass  es  sich  um  llypertrichosis  partialis  handehe. 

Ein  Fall  von  Felix  Plater  (p.  573)  ist  wohl  mit  Sicherheit  den 
Beobachtungen  von  Miklucho  -  Maclay  anzureihen:  Es  heisst  dort  ^Ein 
vornehmer  polnischer  Officier  verlangte  von  mir  im  Jahre  1591»  ein 
Enthaarungsmittel,  womit  er  einer  ihm  sehr  werthen  Dame,  um  die  er  sich 
bemühte,    die  Stirn,    welche  fast  zur  Hälfte   von  den  Haaren  eingenommen 

1)  Ulysses  Aldrovandi  Patricii  Bononiensis  Monstrorum  Historia  cum  Paralipomenis 
Uistoriae    Omnium    Animalium    Bart  holomaeus    Ambrosiuus  etc.  etc.    Labore   et   Studio 

Volumen  conii)OSuit.     Hononiae  1642. 

12 

Zeitschrift  för  EthnoloRio.    .I.ihrp.  1879. 


170  M-  Bartels: 

wurde  von  den  Haaren  befreien  und  ein  Wiederwachsen  derselben  verhindern 
könnte." 

Einen  sehr  wichtigen  literarischen  Fund  machte  ich  in  dem  grossen 
bereits  erwähnten  Werke  des  Grafen  Ulysses  Aldrovandi  über  die 
Missgeburten.  Er  giebt  in  Holzschnitt  auf  den  Seiten  16  bis  18  die  Ab- 
bildungen von  vier  derselben  Familie  angehörigen  Haarmenschen,  welche 
bisher  in  den  neueren  Publikationen  noch  keine  Berücksichtigung  gefunden 
haben.  Ich  reproducire  dieselben  auf  Tafel  YH  Fig.  1  bis  4  nach  Photographien 
welche  Herr  Photograph  Carl  Günther  hierselbst  in  sehr  vollkommener 
Weise  nach  den  Holzschnitten  herstellte.  Die  erste  Abbildung  stellt  neben 
einander  Vater  und  Sohn  in  Brustbild  dar,  mit  der  Ueberschrift:  „Pater 
annorum  quadraginta,  et  filius  annorum  viginti  toto  corpore  pilosi."  Das 
diese  letztere  Notiz  hinzugefügt  wird:  am  ganzen  Körper  behaart,  das  ist 
sehr  gut,  weil  ein  Wamms  und  ein  bis  unter  das  Kinn  heraufreichender 
Kragen  den  Körper  bedeckt  und  die  Hände  nicht  mehr  mit  auf  dem  Bilde 
sich  befinden.  Das  Gesicht  des  Vaters  ist  vollständig  mit  langen  Haaren 
bedeckt,  die  wie  bei  dem  Ambraser  Manne  nach  allen  divergirenden 
Richtungen  gekämmt  sind,  um  Augen,  Mund  und  Nase  uu verdeckt  zu 
lassen.  Nur  der  Nasenrücken,  und  die  unteren  Augenlieder  nebst  einer 
kleinen  Stelle  dicht  unter  diesen  letzteren  ist  frei  von  abnormer  Behaarung. 
Auch  das  Gesicht  des  Sohnes  ist  ganz  behaart,  jedoch  nicht  in  so  dichter, 
gleichmässiger  Weise,  wie  bei  dem  Vater,  sondern  es  stehen  hier  die  Haare 
mehr  in  einzelnen  Büscheln  und  Zotten  zusammen.  Diese  Zotten  haben 
aber  eine  ganz  beträchtliche  Länge  und  hängen  von  der  Stirn  herab  über 
die  Augen,  sodass  sie  wirklich,  wie  es  von  Platers  Manne  hiess,  das 
Sehen  gehindert  haben  müssen.  Die  Kopfhaare  sind  ziemlich  kurz  abge- 
schoren; der  Nasenrücken,  nebst  deren  Spitze,  die  Oberlippe  und  die 
Gegend  zwischen  dem  Kinn  und  der  Unterlippe  lassen  auf  dem  Holzschnitt 
keine  längeren  Haare  erkennen.  Auch  das  sichtbare  linke  Ohr  erscheint 
unbehaart,  während  das  rechte  Ohr  des  Vaters  dermassen  in  den  Schatten 
gestellt  ist,  dass  man  über  seinen  Zustand  nicht  zu  urtheilen  vermag. 

Es  folgt  nun,  die  ganze  nächste  Folioseite  einnehmend,  in  ganzer  Figur 
eine  „Puella  pilosa  annorum  duodecim".  wie  ich  gleich  hinzufügen  kann, 
eine  Tochter  des  zuvor  beschriebenen  vierzigjährigen  Mannes.  Auch  sie 
ist  von  der  Kleidung  dermassen  verhüllt,  dass  nur  die,  übrigens  unbehaarten, 
Hände  und  das  Gesicht  zu  sehen  sind.  Das  letztere  ist  nun  wieder  voll- 
ständig behaart  und  zeigt  keine  einzige  kahle  Stelle.  Die  Gesichtshaare 
sind  mit  dem  Bart  nach  den  Seiten  und  nach  unten  gestrichen ,  während  die 
Stirn-  und  Kopf- Haare  rückwärts  gekämmt  und  in  einem  Puifscheitel  ver- 
einigt sind,  ein  Zwang,  gegen  welchen  einzelne  Haare  sich  energisch  sträuben. 
Die  ganze  Erscheinung  macht  den  Eindruck,  als  ob  man  ein  costümirtes 
Kätzchen  vor  sich  hätte. 

Die    vierte  Abbildung    giebt   eine  „Puella   pilosa  annorum  octo  alterius 


Ueber  abnorme  Behaaruug  beim  Menschen.  171 

soror."  Leider  findet  sich  keine  Angabe,  ob  der  behaarte  Mann  wirklich 
nur  in  so  grossen  Pausen  die  Vaterfreuden  erlebte,  so  dass  sein  ältestes 
Kind  zwanzig,  sein  zweites  zwölf  und  sein  jüngstes  acht  Jahre  alt  sein 
konnte,  oder  ob  dazwischen  ihm  auch  noch  Kinder  geboren  worden  sind, 
und  ob  dieselben  behaart  oder  glatt  gewesen  waren.  Diese  Jüngste  nun, 
mit  ebenfalls  unbehaarten  Händen,  in  deren  einer  sie  eine  Art  Fähnchen 
hält,  hat  scheinbar  etwas  längere  und  struppigere  Gesichtshaare,  als  die 
ältere  Schwester,  während  die  Haare  der  Stirn  und  das  eigentliche  Kopf- 
haar zu  kurz  war,  um  in  den  modernen  Puff'scheitel  gezwängt  werden  zu 
können;  sie  sind  nur  in  die  Höhe  frisirt  und  mit  einzelnen,  langgestielten 
Blumen  geschmückt.  Auch  bei  dieser  Kleinen  findet  sich  kein  einziger 
kahler  Fleck  im  Gesicht.  Alle  vier  Abbildungen  lassen  einen  Rückschluss 
auf  einen  Defekt  im  Zahnsystem  nicht  zu. 

Die  kurzen  Nachrichten  welche  Graf  A  Idro  van di  über  die  vier  Personen 
giebt,  müssen  aus  verschiedenen  Theilen  seines  Werkes  zusammengesucht 
werden.  Sie  finden  sich  auf  den  Seiten  16—18  und  auf  pagina  580.  Ich 
ordne    diese  Notizen,    wie  ich   es  für  das  Verständniss  am  zweckmässigsten 

halte. 

„Diese  Art  der  Waldmenschen"  —  oder,  wie  wir  übersetzen  könnten: 
Haarmenschen  —  „wurde  das  erste  Mal  in  Bologna  gesehen,  als  die 
erlauchte  Markgräfin  von  Soranium  auf  ihrer  Reise  nach  Bologna  von 
dem  erlauchten  Herrn  Marius  Casalius  auf  das  Ehrenvollste  empfangen 
wurde:  sie  führte  nämlich  ein  behaartes  Mädchen  von  acht  Jahren  mit  sich, 
die  Tochter  jenes  vierzigjährigen,  auf  den  Canarischen  Inseln  geborenen 
Waldmenschen,  der  nicht  allein  diese  Tochter,  sondern  auch  eine  ältere  von 
zwölf  Jahren  und  einen  Sohn  von  zwanzig  Jahren  gezeugt  hatte;  und  dieser 
aller  Bilder  werden  hier  gegeben."  ^) 

Ich  bin  vergeblich  bemüht  gewesen  durch  befreundete  Historiker  das 
Jahr  zu  eruiren,  in  welchem  dieses  Ereigniss  des  feierlichen  Empfanges 
stattfand.  Herr  Dr.  Oscar  Reich  macht  mich  darauf  aufmerksam,  dass  die 
Casali  eines  der  vornehmsten  Bologneser  Patriciergeschlechter  gewesen  sei. 
Marius  Casali,  der  Bruder  des  Bischofs  von  Massa  und  Populonia 
Vincentio  Casali,  muss  um  das  Jahr  1600  gestorben  sein.  Soranium 
ist  eine  kleine,  früher  selbstständige  Markgrafschaft  Soragna  in  der 
Nähe  von  Parma.  Ferner  hält  er  es  für  sehr  wahrscheinlich,  dass  dieser 
feierliche  Empfang  nur  kurze  Zeit  vor  Niederschreiben  dieses  Passus 
vor    sich    gegangen    sein    muss,    da    er    als  etwas  Bekanntes,    noch  in  aller 


1)  „Hoc  sylvestre  genus  hominum  Bononiae  primiim  visum  est,  cum  Illustrissima 
Soranii  Marchionissa  Bononiam  se  conferens  ab  lllnstrissinio  viro  Mario  Casalio  hoiiorifi- 
centissime  fiiit  suscepta:  secum  enim  deducebat  puellam  octo  aunorum  pilosam,  filiam  illius 
sylvestris  hominis,  aetatis  annornm  quadraginta,  in  insulis  Canariis  orti,  qui  non  solum 
hanc  filiam,  sed  aliam  natu  majorem  annorum  duodecim,  et  filium  annornm  viginti  genuit; 
horumiiue  omuinm  icones  exhibeutur." 

;2* 


172  M.  Bartels: 

Leser  Gedächtniss  Haftendes  angenommen  wird.  Und  das  war  in  jener  Zeit, 
wo  feierliche  Aufzüge  an  der  Tagesordnung  waren,  nicht  gerade  leicht. 
Nun  erwächst  die  neue  Schwierigkeit,  zu  bestimmen,  wann  das  Buch  ge- 
schrieben worden  ist.  Jedenfalls  ist  es  eins  der  spätesten,  das  Ulysses 
Aldrovandi  schrieb,  denn  er  weisst  auf  Seite  28  auf  seine  Historia 
Quadrupedam  hin.  Da  Graf  Aldrovandi  durch  die  Herstellungskosten  für 
die  Zeichnungen  zu  seinen  Werken  an  den  Bettelstab  kam  und  ausserdem 
erblindet  in  dem  Armenhause  seiner  Vaterstadt  Bologna  im  Jahre  1605 
gestorben  ist,  so  wird  man  die  Entstehung  seines  Werkes,  über  die  Miss- 
geburten, das  erst  lange  Zeit  nach  seinem  Tode  herausgegeben  wurde,  wohl 
in  die  Zeit  zwischen  den  Jahren  1590  und  1600  zu  setzen  haben. 

Auf  der  Seite  580  heisst  es  dann  „Neulich  wurden  auch  an  dem  aller- 
höchsten Hofe  von  Parma  von  wo  anders  hingebrachte  Haarmenschen 
ernährt,  deren  Bilder  dem  ersten  Capitel  dieser  Historia  beigefügt  sind."  i) 

Es  ist  nach  diesen  letzten  Worten  gar  kein  Zweifel  möglich,  dass  diese 
hier  als  in  Parma  lebend  bezeichneten  Haarmenschen  mit  denjenigen 
identisch  sind,  welche  zuerst  als  im  Gefolge  der  Markgräfin  von  Soragna 
befindlich  aufgeführt  worden  sind.  Uebrigens  erwähnen  die  folgenden  Zeilen, 
in  denen  er  auf  die  Erblichkeit  der  Hypertrichosis  universalis  aufmerksam 
macht,  noch  einmal  Parma  als  den  Aufenthaltsort  dieser  Leute.  Es  heisst 
da  „Den  eruirten  Ursachen  für  eine  behaarte  Nachkommenschaft  können  wir 
behaarte  Eltern  anreihen,  da  die  Natur  stets  bemüht  ist  ihren  Ursachen  nur 
ja  nicht  unähnliche  Erfolge  zu  erzeugen:  und  aus  diesem  Grunde  haben 
wir  noch  in  Parma  den  behaarten  Sprössling  von  jenen  behaarten  Erzeugern 
gesehen."  2)  Einen  dieser  Sprösslinge  hat  Aldrovandi  übrigens,  sei  es 
nun  in  Parma,  sei  es  bei  ihrer  damaligen  Anwesenheit  in  Bologna  ein- 
gehender zu  untersuchen  Gelegenheit  gehabt  und  er  macht  uns  von  ihr, 
nämlich  von  der  älteren  der  beiden  Töchter,  die  nachfolgende  Beschreibung: 

„Es  war  das  Antlitz  des  Mädchens  gleichzeitig  mit  der  Stirn  behaart, 
mit  Ausnahme  der  Nasenlöcher  und  der  Lippen  rings  um  den  Mund.  Die 
Stirnhaare  waren  länger  und  starrer  im  Vergleiche  mit  jenen,  welche  die 
Wangen  bedeckten,  während  diese  für  das  Gefühl  weicher  waren.  Der 
übrige  Theil  des  Körpers  und  vornehmlich  des  Rückens  war  rauh  und 
wimmelte  von  blonden  Haaren  bis  zum  Beginne  der  Lenden.  Die  vordere 
Abtheilung  des  Halses,  die  Brust,  die  Hände  und  Arme  waren  von  Haaren 
entblösst:  die  übrigen  Partien  des  Körpers  waren  uneben  und  gleichen  der 
Haut  noch    nicht   befiederter  Vögel."  ^)     Man  ersieht  wohl  allein  schon  aus 


1)  ,Nuper  etiam  in  Serenissima  Par mae  Aula  villosi  homines  aliunde  advecti  alebantur, 
quorum  icones  in  primo  capite  hujus  historiae  roUocatae  sunt." 

2)  ,Causis  villosi  partns  exaratis  addere  possuinus  parentes  villosos,  cum  Natura  semper 
stufleat  effectus  suis  caiisis  neutiquam  dissimiles  procreare:  ideoque  adhuc  Parmae  hirsutam 
prolem  ex  illis  genitoribus  villosis  intelleximus." 

3)  „Erat  facies  puellae  unä  cum  fronte  pilosa,  praeter  nares,  et  labia  circa  os.  Pili  frontis 
longiores  et  hispidiores  erant  in  comparatione  ad  illos,  qui  genas  tegebant,  cum  bi  tactu  essen t 


Ueber  abnorme  ReLuaruug  beim  Menschen.  173 

dieser  für  jene  Zeit  ganz  vorzüglichen,  sachgemässen  Beschreibung,  was  für 
ein  vortrefflicher,  genau  beobachtender  Naturforscher  Aid ro  van di  gewesen 
ist.  Besonders  möchte  ich  auch  noch  auf  die  Schilderung  der  noch  nicht 
behaarten  Haut  des  Körpers  aufmerksam  machen.  Ganz  derselbe  Zustand 
der  Haut  ist  auch  von  anderen  Autoren  beobachtet  worden,  namentlich  bei 
manchen  Fällen  von  Hypertrichosis  irritativa.  Die  Haut  wurde  uneben,  wie 
bei  der  sogenannten  Gänsehaut  oder  um  mit  Aldrovandi  zu  sprechen, 
wie  die  Haut  noch  nicht  befiederter  Vögel  und  aus  der  Spitze  dieser  kleinen 
Knötchen  sprossten  dann  später  Haare  hervor.  Es  ist  mir  sehr  wahrscheinlich, 
dass  bei  dieser  zwölfjährigen  Kleinen  auch  aus  diesen  Hautkuötchen  später  noch 
Haare  hervorgewachsen  sind.  Uebrigens  möchte  ich  noch  beiläufig  erwähnen, 
(lass  wir  in  dem  Vater  dieser  haarigen  Familie,  der  von  den  Canarischen 
Inseln  stammt,  nun  auch  einen  Repräsentanten  Africas  besitzen,  dass 
unter  den  Haarmenschen  noch  nicht  vertreten  war,  während  ganz  abgesehen 
von  den  europäischen  Hominibus  hirsutis,  Asien  die  Birmanenfamihe 
aus  Ava  und  Amerika  die  Julia  Pastrana  hervorgebracht  hat. 

Wir  sind  nun  aber  mit  dieser  Gruppe  von  Haarmenschen  noch  keines- 
wegs zu  Ende.  Durch  eine  Notiz  des  Ritter  von  Frauenfeld  in 
seiner  oben  erwähnten  Abhandlung  über  den  Dronte  wurde  ich  nämlich 
auf  ein  Blatt  in  der  Kupferstichsammlung  der  kaiserlichen  Hofbibliothek 
in  Wien  aufmerksam  gemacht,  welches  der  Gustos  dieser  Sammlung  HeiT 
Dr.  Schestag  die  grosse  Freundlichkeit  hatte,  auf  meine  Bitte  für  mich 
photographiren  zu  lassen.^)  Es  hat  annähernd  die  Grösse  eines  ge- 
wöhnlichen Briefbogens  und  stellt  das  Brustbild  eines  behaarten  jungen 
Mädchens  dar,  deren  Namen  Antonie  (abgekürzt  Tognina),  wir  aus  der 
Unterschrift  erfahren. 
Die  letztere  lautet: 

„Tognina,  welche  diejenige  ist,  welche  man  hier  sieht,  gel)oren  von 
einem  behaarten  Vater  auf  den  Canarischen  Inseln  ganz  behaart,  hatte 
einen  Bruder,  behaart  wie  sie  selber  ist,  welcher  den  Herren  Farnesi 
geschenkt  war. 

Die  oben  genannte  T  ogu  in  a  befindet  sich  in  Parma.  Frauco  Forma.''-) 

moUiores:  reliqua  pars  corporis,  et  potissimuni  dorsi  hispicbi  erat,  et  flavis  soatens  pilis  ad 
lumborum  iisque  principium.  Gula,  pectus,  manus  et  brachia  pilis  erant  mulata:  caeterae 
corporis  partes  asporae,  et  cutim  avium  nondum  plumesceutium  aemulabautur." 

1)  Herr  Uofphotograph  J.  Loewy  in  Wien  hat  diese  Photographie  in  vollliommeuer 
Weise  a\isgeführt.     Mau  sehe  Taf.  VII  Fig.  5. 

2)  „Tognina  che  e  costei,  che'qui  si  vede  di  padre  peloso  naqne  nelT  Isole  canarie 
tutta  pilosa,  hebbe  fratello  piloso  com'ella  e  propriamento,  il  quäle  fu  donato  a  Signori  Farnesi. 
La  sopra  detta  Tognina  si  ritrova  in  Parma  Franco  Forma." 

Herr  Professor  Hermann  Weiss  hatte  die  grosse  Freundlichkeit,  mir  folgende*  mitzu- 
theilen:  .Es  bedeutet  das  dem  Namen  beigefügte  ,Forma",  wenn  anch  mit  grossen  Anfangs- 
buchstaben geschrieben,  keinen  Namen,  sondern  soviel  wie  „excudit."  Der  Verfertiger  des 
Stichs  heisst  also  Franco."  Wahrscheinlich  ist  es  der  „als  Stecher  und  Kunstverleger  in 
Venedig  um  1560  f.  f."  thätige  Giacomo  Franco  gewesen. 


174  M.  Bartels: 

Die  Kleine  trägt  ein  hohes  Kleid  von  anscheinend  reichem  Stoffe,  die 
Aermel  reichen  bis  zu  dem  Handgelenk  herab;  die  Hände  sind  nicht  behaart, 
die  Linke  ist  mit  der  Rückenfläche  auf  die  Hüfte  gestützt,  die  Rechte  hat 
sie  vor  die  noch  flache,  kindliche  Brust  erhoben  und  hält  graziös,  gleich 
einer  Königin  im  Kartenspiel  mit  dem  Daumen  und  Zeigefinger  drei  grosse 
blühende  Nelken  an  einem  Stiele.  Das  ernste,  etwas  missmuthige  Gesicht 
ist  dicht  mit  Haaren  l)ewachsen.  Am  kürzesten  sind  diejenigen,  welche 
den  Nasenrücken  und  die  Nasenflügel  bedecken,  nächst  diesen  folgen  die 
Haare  der  ganzen  Kinngegend  und  der  Unterlippe.  Die  Haare  der  Ober- 
lippe bilden  schon  ein  ganz  anständiges  Schnauzbärtchen,  während  die 
Haare  der  Wangen  sogar  eine  recht  beträchtliche  Länge  erreichen.  Weit 
übertreffen  werden  sie  aber  noch  von  den  Stirn-  und  Schläfenhaaren,  welche 
den  eigentlichen  Kopfhaaren  fast  nichts  an  Länge  nachgeben.  Alle  diese 
zuletzt  genannte  Haare  sind  radiär  zum  Gesicht  gekämmt  und  laufen  in  einzelne 
höchst  sonderbar  gestaltete  Locken  aus,  welche  den  gegründeten  Verdacht 
erregen,  dass  sie  ihre  nicht  selten  dem  Paragraphenzeichen  ähnliche  Form 
durch  fleissiges  und  consequentes  Aufrollen  auf  Lockenwickel  erlangt  haben,  i) 

Die  kleine  Tognina  gewährt  hierdurch  einen  ganz  eigenthüralichen 
Anblick;  man  möchte  glauben,  ein  schlangenumwundenes  Medusenhaupt  vor 
sich  zu  haben.  Diese  Locken  sind  aber  überhaupt  nur  möglich,  wenn  die 
Haare  eine  gewisse  Starrheit  besitzen.  Wären  sie  so  embryonal  weich, 
wie  das  Ecker  für  die  Haarmenschen  verlangt,  so  würde  diese  Frisur  ganz 
sicher  in  sich  selbst  zusammenfallen  müssen.  Die  oberen  und  unteren 
Auffenlieder  und  eine  kleine  Stelle  dicht  unter  den  letzteren  scheinen  von 
der  abnormen  Behaarung  verschont  geblieben  zu  sein.  Die  dicht  behaarte 
Stirn  bietet  in  der  Anordnung  ihrer  Haare  auch  einen  kleineu  Unterschied 
von  demjenigen  dar,  was  wir  sonst  bei  den  Haarmenschen  zu  sehen  gewohnt 
waren.  Es  sind  nämlich  die  unteren  zwei  Drittel  derselben  in  der  Mitte 
bis  auf  die  Nasenwurzel  herabgescheitelt  und  es  fehlt  somit  die  charakte- 
ristische Stirnlocke,  welche  sonst  bei  den  Haarmenschen  von  der  Stirnglatze 
sich  zu  entwickeln  pflegt.  Eine  desto  grössere  Stirnlocke  strebt  jedoch  von 
der  Mitte  der  obersten  Stirnpartie  als  dicker  Haarbüschel  in  die  Höhe. 
Von  den  Ohren  ist  auch  hier  absolut  nichts  zu  sehen,  sie  werden  voll- 
ständig von  den  seitlichen  Haarlocken  verdeckt. 

Was  man  auf  den  ersten  Anblick  schon  vermuthen  musste,  wird  durch 
die  Unterschrift  bestätigt,  nämlich  dass  dieses  Haarfräulein  zu  der  von 
Aldrovandi  beschriebenen  Familie  gehört  und  zwar  lehrt  ein  Vergleich 
mit  dessen  Abbildungen,  dass  wir  die  jüngste,  bei  Aldrovandi  als  acht- 
jährig bezeichnete  Tochter  vor  uns  haben.  Es  übertrifft  jedoch  dieses  von 
Franco  herausgegebene  Bild  diejenigen  Aldrovandi's  ganz  ausserordentlich 
nicht  nur  an  Grösse,  sondern  auch  an  Schönheit  und  Exaktheit  der  Aus- 
führung.     Erwähnt    sei    übrigens    noch,    dass    die    Darstellung    der    Mund- 

1)  Man  sehe  Taf  VII  Fig.  5. 


Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen.  175 

partie    auch    in    der   grösseren  Abbildung    auf  einen  Defekt  im  Zahnsystem 
nicht  schliessen  lässt. 

Bevor    wir    in-   unsern    Betrachtungen    fortfahren,    sei    noch    auf    einige 
auffallende    Punkte    hingewiesen,     welche    dem    aufmerksamen    Leser    wohl 
kaum    entgangen    sein    werden.     Wir  haben  einen  behaarten  Vater  und  V)e- 
haarte    Kinder,    ganz    wie    in    der    Ambraser   Familie.     Die   Mutter    wird 
nirgends    erwähnt:     Das    ist    wohl  hinreichend,    um    anzunehmen,    dass    sie 
elabra  und  andern  Frauen  ähnlich   war,    wie  Plater   sich  ausdrückte.     Die 
Haarmenschen  Plater's,  deren  Identität  mit  den  Ambraser  Haarmenschen 
ich  oben  nachgewiesen  zu  haben  glaube,   wurden  der  Herzogin  von  Parma 
nach  Flandern    geschickt    und  Plater    sah    sie    in  Basel,    als   sie   nach 
Italien    übergeführt    wurden.     Die    haarige   Gesellschaft   des  Aldrovandi 
war  „von  wo  anders  her"  gebracht  worden  und  lebte  an  dem  Farnesischen 
Hofe   in  Parma.     Nehmen    wir    hierzu    noch    die  Coincidenz    der  Zeit    bei 
beiden  Gruppen,  so  zweifle  ich  nicht  mehr,  dass  der  Vater  der  ersteren,  mit 
dem    der    zweiten    identisch    ist.     Denn   es    passt   mit  der  Zeit  ganz  genau, 
dass    der   auf  den  c  an  arischen  Inseln  geborene  haarige  Knabe  als  Merk- 
würdigkeit au  den  Hof  des  König  Heiurich's  II.  von  Frankreich  kam,  von 
diesem  erzogen  wurde,  später  um  1573  heirathete,    1583  Kinder   von  7  und 
9  Jahren  hatte  und  endlich  zwischen   1590  und  1600   ein  homo  quadraginta 
annorum,    das   heisst,    wie    wir  sagen  würden,    ein  Vierziger,  .war.     Es  be- 
stärkt   mich    in    der   Annahme    der   Identität    dieser    beiden  Personen    ganz 
besonders    noch   eine   unverkennbare  Uebereinstimmung  in  dem  Arabraser 
und   dem  Aldrovandischen  Bilde.     Alle   beide   zeigen  nämlich  eine  ganz 
absonderliche,    und  meines  Wissens  in  jener  Zeit  ungebräuchliche  Art,  den 
Bart  zu  tragen.    Dieselbe  besteht  darin,  dass  der  Schnurrbart  mit  dem  Backen- 
bart gemeinsam  den  eigentlichen  Kinnbart  um  ein  ganz  beträchtliches  Stück 
an  Länge    übertrifft.     Ob    nun    auch    der    zwanzigjährige   Sohn   mit    unserm 
kleinen   haarigen   Knaben   der  Ambraser  Gruppe   identisch   ist,    das    lässt 
sich    natürlich  nur    vermuthen,   aber  nicht   nachweisen.     Die  um  zwei  Jahre 
ältere  Schwester  ist  bereits  verschollen;    vielleicht   war  sie  gestorben.     Von 
Aldrovandi 's  zwöltjährigem  und  achtjährigem  Mädchen  weiss  Felix  Plater 
natürlich  noch  nichts.     Ist  der  zwanzigjährige  Jüngling   mit  unserm  sieben- 
jährigen Knaben    identisch,  so  ist   die  Mutter    damals  wahrscheinlich  gerade 
mit  Aldrovandi's  Zwölfjähriger  schwanger  gewesen.    Beide  Mädchen  haben 
mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  in  Italien  das  Licht  der  Welt  erblickt. 

Anmerkung  1:  In  dem  Werke  Aldrovandis  findet  sich  auf  Seite  473  noch  eine  Notiz, 
welche  mich  zuerst  etwas  in  Verlegenheit  setzte  Nach  einer  kurzen  Auseinandersetzung,  dass 
der  Sprössling  immer  den  Eltern  zu  gleichen  pflegt,  auch  wenn  die  letzteren  monströs  sein 
sollten,  heisst  es  weiter-.  „Das  ereignete  sich  neulich  in  Parma  an  dem  erlauchtesten 
Farneseschen  Hofe  bei  jenem  Mädchen  mit  behaartem  Antlitz,  welche,  verheirathet  und 
umarmt,  einige  am  ganzen  Gesichte  behaarte  Kinder  gebar."') 

1)  Demum  refertur  hie  eiTectus  ad  naturam.  et  furmam  consilium  Genitorum:  etenim  si- 
quis    parentum    monstrifica  effigie  refertus    fuerit,    proculdubio  prolem  sibi  similem   procreare 


176  M    Bartels: 

Wie  kommt  nun  mit  einem  Male  diese  behaarte  Mutter  in  die  Gesellschaft,  von  der  sonst 
nirgends  die  Rede  war?  Der  Schlüssel  für  dieses  Paradoxon  ist  meiner  Meinung-  nach  in 
Folgendem  zu  finden.  Das  soeben  gegebene  Citat  ist  mit  den  anderen  nicht  gleichzeitig, 
sondern  eine  ganze  Reihe  von  Jahren  später  geschrieben  und  stammt  nicht  aus  Aldrovandis 
Feder,  sondern  aus  derjenigen  seines  Herausgebers  Bartholomaeus  Ambrosinus  und  wir 
haben  in  der  behaarten  Mutter,  eins  der  beiden  kleineu  Mädchen,  vielleicht  unsere  Freundin 
Tognina  vor  uns,  welche  mittlerer  Weile  herangewachsen  ist.  Wir  erfahren  auf  diese  Weise 
das  interessante  Faktum,  dass  auch  sie,  trotzdem  sie  zweifellos  einen  normalen  Mann  heirathete 
ihre  entstellende  Missbildung  auf  ihre  Kinder  vererbte. 

Meine  Behauptung  nun,  das  Bartholomaeus  Ambrosinus  auch  eigene  Erfahrungen 
dem  Werke  Aldrovandis  einfügte,  ist  nicht  etwa  eine  von  mir  geschickt  verwerthete  Hypo- 
these, sondern  ich  kann  diese  Angabe  beweisen.  Es  ist  nämlich  beispielsweise  auf  Seite  507  von 
einem  Kranken  die  Rede  (und  seine  Abbildung  nimmt  sogar  die  ganze  Seite  506  ein),  welcher 
im  Jahre  1640,  in  dem  Xenodochium  des  heil.  Franciscus  in  Bologna  Aufnahme  fand. 
Das  kann  Graf  Aldovrandi  natürlich  nicht  geschrieben  haben,  da  er  bereits  im  Jahre  1605 
gestorben  war.  Darauf  werden  eine  Reihe  von  Gelehrten  namentlich  aufgeführt,  welche  diesen 
interessanten  Patienten  untersuchten,  und  unter  diesen  nennt  der  Schreiber  auch  ^.Hyacin- 
thum  A  mbrosinu  m  fratrem  meum."  Durch  diese  Bemerkung  wird  wohl  jeglicher  Zweifel 
beseitigt. 

Anmerkung  2:  Der  obige  Abschnitt  dieser  Abhandlung  war  bereits  vollendet,  auch  hatte 
ich  Aldrovandis  Holzschnitte  schon  photographisch  vervielfältigen  lassen,  als  ich  von  einer 
neuen  kleinen  Publikation  Dr.  Wilhelm  Strickers  Kenntniss  erhielt,  welche  sich  im  Band 
73  von  Virchows  Archiv  1878  p.  622  bis  624  unter  folgendem  Titel  befindet:  „Noch  eine 
Familie  von  Haarmenschen,  nebst  Notizen  über  andere  erbliche  Anomalien 
des  Haarwuchses."  Diese  Haarmenschenfamilie  ist  diejenige  Aldrovandis,  von  welcher 
Stricker  sagt  „Es  ist  ein  Waldmensch  (homo  silvestris)  von  den  canarischen  Inseln,  40 
Jahre  alt,  mit  seinem  Sohne  von  20  und  zwei  Töchtern  von  8  und  12  Jahren,  welche  alle 
haarig  waren.  Aldrovandi  sah  sie  in  Bologna.  Glatt  waren  bei  den  Mädchen  nur  die 
Lippen  und  die  Nase,  die  Haare  auf  den  Wangen  waren  weich;  Hals,  Brust  und  Hände  glatt." 
Ich  fasse  die  Stelle  nicht  ganz  so  auf.  In  Bologna  war  wohl  nur  die  achtjährige,  während 
Aldrovandi  die  zwölfjährige  wahrscheinlich  in  Parma  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte. 
Ob  er  den  Vater  und  den  Sohn  ebenfalls  persönlich,  oder  nur  nach  Abbildungen  kannte,  ist 
nicht  genau  ersichtlich.  Jedoch  vermuthe  ich  das  Letztere,  weil  ein  so  eifriger  Forscher,  wie 
Aldrovandi,  uns  sonst  ganz  sicher  auch  eine  Beschreibung  dieser  Leute  geliefert  haben 
würde. 

Stricker  erwähnt  ferner  noch  ein  von  Thomas  Bartholinus  als  im  Museum  Aid ro- 
vandinum  befindlich  citirtes  Hildniss  einer  bärtigen  Frau.  Es  ist  wohl  ohne  Zweifel  das- 
jenige, von  dem  es  bei  Aldrovandi,  de  Monstris,  auf  Seite  213  heisst:  „in  Musaeo  lUustrissimi 
Senatus  Bononiensis  conspicitur  icon  mulieris  Germanae,  quae  olim  Bononiae  transiens 
barbam  duos  palmos  longam  gestabat." ') 

Die  erbliche  Anomalie  des  Haarwuchses  besteht  in  einer  von  Professor  Rizzoli  in 
Bologna  durch  sechs  Generationen  verfolgten  weissen  Locke  auf  der  Stirn  im  tiefschwarzoi 
Haar.  (Vergleiche  Bulletino  delle  scienze  modiche  di  Bologna  Ser.  V.  Vol.  23.  1877). 
Rizzoli  beobachtete  ausserdem  einen  sehr  interessanten  Fall  von  Sacraltrichose  auf  einer 
Spina  bifida  (also  fürs  Erste  noch  der  Hypertrichosis  irritativa  zuzuzählen).  Es  war  ein  sechs- 
jähriges Mädchen,  dessen  Haarzone  am  Kreuzbein  15  cm  breit  war  bei  einer  Haarlänge  von 
32  cm  (a.  a.  0 )  Zwei  analoge  Fälle,  ebenfalls  einer  Spina  bifida  aufsitzend,  werden  noch 
citirt.  (Berardi,  Memoria  sopra  una  neonata  colla  coda  per  spina  bifida.  Ancona  1855  und 
Morgagni,  de  sedibus  et  causis  morborum  Brief  48).  Ob  in  diesen  Fällen  das  Öteissbein 
mit  betheiligt  ist,  wird  nicht  angegeben. 

potorit;  cum  Natura  semper  omnes  edat  conatus,  ut  effectum  sibi  similem  progignat.  Id 
iiuper  accidit  Parmae  in  Serenissima  Aula  Farnesiana,  in  illa  Puella  hirsutae  faciei, 
quae  nupta,  et  compressa,  aliquos  foetus  facie  hirsutos  edidit." 

1)  Ebenfalls  auch  erwähnt  loco  citato  pag.  446:  „Mulieris  quoque  Germanae  icon 
servatur  in  Musaeo  lUustrissimi  Senatus  Bononiensis,  quae  annis  elapsis  propter  admirandam 
barbam,  quam  gerebat  ad  ventrem  usqne  proraissara,  cunctis  spectanda  circumducebatur." 


Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen.  177 

Die  haarifre  Familie  Aldrovandis  findet  sich  übrigens  auch  mit  seinen  eigenen  Worten 
citirt  und  mit  den  verkleinerten  und  verschlechterten  Abbildungen  in  P.  Gasparis  Schotti 
Regis  Curiani  e  Societate  Jesu  etc.  Physica  curiosa  sive  Mirabilia  Naturae  et  Artis,  Herbipoii 
1667.  Lib.  III  cap.  IX  Iconismus  III  Fig.  3  und  4.  und  Iconismus  IV  Fig.  1  und  2.  Neue 
Aufschlüsse  giebt  er  uns  nicht. 

Ritter  von  Fraueufeld  macht  am  angeführten  Orte  noch  auf  ein 
zweites  Blatt  der  kaiserlichen  Hofbibliothek  in  Wien  aufmerksam,  welches 
Herr  Dr.  Schestag  ebenfalls  die  Güte  hatte,  für  mich  durch  Herrn  Hof- 
photographen J.  Loewy  copiren  zu  lassen.  Ich  reproducire  es  hier  als 
Fig.  G  auf  Taf.  VH. 

Es  wird  uns  auf  diesem  Blatte,  dessen  Stecher  sich  leider  nicht  ge- 
nannt hat,  das  Brustbild  eines  behaarten  Mannes  in  einer  Umrahmung  ge- 
boten, welche  zwei  Namen  enthält,  nämlich  denjenigen  des  im  Bilde  dar- 
gestellten und  dessen  Namen,  dem  der  Stich  gewidmet  war.  Auch  erfahren 
wir,  dass  der  Mann  in  Rom  gelebt  hat.  Auf  diese  Weise  bleibt  uns  die 
Hoffnung,  dass  gelegentlich  in  irgend  einem  der  italienischen  und  be- 
sonders der  römischen  Archive  und  Geschichtsquellen  Notizen  über  die- 
sen Patienten  aufgefunden  werden,  welche  uns  über  die  Zeit,  in  der  er 
lebte  und  über  seine  Verhältnisse  weitere  Aufschlüsse  zu  geben  im  Stande 
sind.  Nach  der  etwas  barocken  Form  der  Umrahmung  möchte  ich  glauben, 
dass  unser  Kupferstich  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  das  Licht 
der  Welt  erblickte.  Die  Umschrift  des  Bildes  lautet:  „Ad  Mercurium 
Ferrarium  Horatii  Gonzalis  effigies",  und  unter  dem  Bilde  stehen 
die  Verse: 

Gonzales  nitet  hie  Romana  notus  in  aula 
Cujus  in  humano  stat  pilus  ore  ferae 
Et  tibi  qui  quondam  Ferrari  junctus  amore 
Vixit,  adhuc  spirans  vivit,  in  obsequio. 
Man  kann  diese  Verse  übersetzen: 

Gonzales  steht  hier,  bekannt  am  Römischen  Hofe, 
Dem  in  dem  Menschengesicht  starret  das  thierische  Haar- 
Und  Ferrari  US,  Dir,  dem  er  einst  in  Liebe  verbunden 
Dienstbar  gelebt,  auch  jetzt  lebet  und  athmet  er  noch. 
Der  Sinn    dieser  Dedikation  ist  wohl  folgender:    Gonzales   ist  bereits 
todt  und  d^i- Stecher  oder   dessen   Auftraggeber   überreicht   demMercuvius 
F'errarius  das  Bildniss  des  todten  Freundes  und  sagt,  wie  der  Volksmund 
sich  ausdrücken  würde:  Da  hast  Du  ihn,  wie  er  leibt  und  lebt.    Wer  dieser 
Mercurius  Ferrarius  gewesen  sei,  habe  ich  nicht  eruiren  können. 

Ich  kann  es  nicht  läugnen,  dass  unser  Hör  ati  u  s  Gonz  ales  auf  mich 
einen  etwas  semitischen  Eindruck  macht;  Die  Augen  sind  in  massigem 
Grade  geschlitzt  und  dennoch  die  Augäpfel  dabei  ziemlich  stark  hervor- 
gewölbt und  die  Nase  zeigt  deutlich  die  israelitische  Krümmung.  Sollte 
Gonzales  ein  am  römischen  Hofe  lebender  spanischer  Jude  gewesen 
sein?     Dass    er    spanischer  Al)kunft  war,    das   wird  durch  seinen   Namen 


178  M.  Bartels: 

Gonzales  unzweifelhaft  bewiesen.  Sein  ganzes  Gesicht  ist  mit  dichten,  aber 
nicht  sehr  langen  Haaren  besetzt.  Der  Nasenrücken  ist  nur  massig  behaart, 
während  wir  von  den  Nasenflügeln  starke,  krause  Locken  hervorsprossen 
sehen.  Die  Augen  sind  gänzlich  von  Haaren  umrahmt  und  nicht  einmal  die 
unterenAugenlieder  sind  unbehaart  geblieben.  Die  starke  Locke  auf  der  Stirn- 
glatze ist  vorhanden  und  die  dichten  Stirnhaare  verschmelzen  mit  dem 
starken,  krausen,  Kopfhaar.  Auch  die  eigenthümliche  Kräuselung  dieser 
letzteren,  so  wie  auch  diejenigen  der  Wangen-,  Lippen-  und  Kinnhaare 
widerspricht  durchaus  nicht  der  Yermuthung,  dass  wir  hier  einen  Juden 
vor  uns  haben.  Wie  bei  den  meisten  älteren  Bildern,  so  werden  auch  bei 
Gonzales  die  Ohren  vollständig  von  den  Haaren  versteckt;  seine  Wangen 
erscheinen  deutlich  eingesunken,  so  dass  man  geneigt  ist,  daran  zu  glauben, 
dass  hier  ein  Mangel  der  Backzähne  vorgelegen  hat. 

Der  nackte,  ziemlich  abgemagerte  Hals  und  die  oberste  Abtheiluug  der 
Brust  wird  von  einem  locker  um  die  blossen  Schultern  geschlageneu  Tuche 
nicht  verhüllt.  Der  Hals  ist  unbehaart,  aber,  wie  bereits  gesagt,  welk  und 
abgemagert,  so  dass  man  wohl  den  Gonzales  für  einen  älteren  Mann, 
wahrscheinlich  einen  hohen  Fünfziger  zu  halten  berechtigt  ist.  Die  ßrust 
zeigt  schon  von  den  Schlüsselbeingegenden  ab  leichte  Spuren  der  Behaa- 
rung, von  dem  obersten  Theil  des  Brustbeins  jedoch,  dem  Mauubrium  sterni, 
entspringt  eine  bilateral  symmetrisch  gebaute  dichte,  krause  Haarlocke.  Der 
übrige  Körper  ist  nicht  zur  Darstellung  gekommen.  Das  ist  Alles,  was 
ich  über  ihn  anzuführen  vermag.  Vielleicht,  wie  gesagt,  giebt  uns  einmal 
eine  glückliche  literarische  Entdeckung  genauere  Auskunft  über  ihn. 

Die  interessante  P'amilie  der  behaarten  Birmanen  habe  ich  schon  in 
meinem  ersten  Aufsatze  in  extenso  besprochen  und  ich  würde  sie  hier  mit 
Stillschweigen  übergehen,  wenn  ich  mich  nicht  in  der  Lage  befände,  ein 
bisher  noch  nicht  bekanntes  Bild  dieser  Leute  dem  Leser  vorführen  zu 
können.  Es  befindet  sich  als  Fig.  1  auf  der  Tafel  VL  Ich  recapitulire 
hier  nur  ganz  kurz,  dass  Shwe-Maong,  der  Stammvater  dieser  Familie 
angeblich  von  gesunden  Vorfahren  stammte,  und  ungefähr  im  Jahre  1799 
geboren  war.  Er  wurde  dem  Könige  von  Ava  als  Kind  zum  Geschenk 
gemacht  und  wurde  von  diesem  im  Alter  von  22  Jahren  mit  einer  normal 
entwickelten  Frau  verheirathet.  Dieselbe  gebar  ihm  vier  Kinder,  von  denen 
nur  eins,  Namens  Maphoon,  am  Leben  blieb.  Maphoon  hatte  die  Hy- 
pertrichosis  universalis  ihres  Vaters  geerbt  und  vererbte  sie  ihrerseits  wie- 
der auf  zwei  Söhne.  Bei  der  Geburt  sollen  alle  diese  vier  Haarmenschen 
ein  normales  Aenssere  besessen  haben,  nur  ihre  Ohren  waren  behaart. 
Nach  Verlauf  einiger  Monate  und  Jahre  stellte  sich  dann  die  abnorme  Be- 
haarung des  ganzen  Körpers  ein,  bei  Shwe-Maong  im  Alter  von  6  Jahren, 
bei  Mai)hoon  schon  im  siebenten  Monat,  bei  deren  jüngstem  Sohne  eben- 
falls   schon  innerhalb    des  ersten  Lebensjahres,    bei  dem  Aeltesten  dagegen 


Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen.  179 

erst  nach  dem  fünften  Jahre. ^)  Es  ist  daher  bemerken swerth,  dass  das 
neugeborene  Kind  der  Julia  Pastrana  bereits  in  vollkommenem  Maasse 
die  abnorme  Behaarung  besitzt. 

Die  birmanischen  Haarmenschen  leben  jetzt  —  oder  lebten  wenigstens 
vor  wenigen  Jahren  —  in  Mandel  ay  und  die  sogleich  zu  beschreibende 
photographische  Aufnahme  von  ihnen  sah  ich  zuerst  unter  den  Schätzen, 
welche  F.  Jagor  auf  seinen  Reisen  im  südlichen  Asien  für  die  ethnologi- 
sche Abtheilung  des  königlichen  Museums  in  Berlin-)  gesammelt  hat. 
Der  genannte  Herr  hatte  die  Güte,  mir  die  Bezugsquelle  derselben  anzugeben. 

im  Vordergründe  rechts  vom  Beschauer  sitzt  Shwe-Maong  mit  einer 
Art  Turban  auf  dem  Kopfe.  Stirn,  Wange,  Nase  und  Lippen  sind  dicht 
und  lang  behaart.  Ein  Scheitel  set^t  sich  von  der  Stirn  bis  zur  Nasen- 
spitze fort.  Die  Nase  ist  breit  und  kolbig,  ganz  ähnlich  derjenigen,  welche 
Hoefnagel  dem  Vater  seiner  Haarmenschen  gegeben  hat.  Es  liegt  hierin 
vielleicht  ein  erneuter  Beweis  für  die  Genauigkeit  der  Ho efnageT  sehen 
Zeichnung.  Die  Mundpartie  unseres  Birmanen  ist  eingefallen,  namentlich 
die  Oberlippe.  Der  Schnurrbart  mischt  sich  mit  den  Haaren,  welche  von 
der  Nasenspitze  und  den  Nasenflügeln  entspringen.  Rings  um  das  Gesicht 
hängt  nicht  ein  continuirlicher  Vollbart,  sondern  eine  grössere  Anzahl  langer 
einzelner  Haarquasten,  wie  bei  einem  Ziegenbock.  Das  linke  Ohr  ist  mit 
einem  Pelze  kürzerer  Haare  besetzt.  Unbehaart  ist  im  Gesicht  kein  ein- 
ziger Fleck  geblieben.  Ganz  oben  auf  der  Stirn  macht  sich  aber  der  An- 
fang einer  Glatze  bemerkbar.  Da  Shwe-Maong  bei  der  Aufnahme  un- 
serer Photographic  gewiss  schon  ein  reichlicher  Siebziger  war,  so  kann  uns 
diese  Altersveränderung  nicht  überraschen.  Es  ist  aber  interessant,  zu  sehn 
wie  die  abnormen  Haare  des  Gesichtes  gegen  die  Einflüsse  des  Alters 
widerstandsfähiger  sind,  als  die  normalen  Kopfhaare. 

Die  unter  dem  Halse  zugeknüpfte  Jacke  steht  au  der  Brust  offen  und 
lässt  die  Vorderfläche  des  Körpers  bis  zu  dem  Gürtel  sehen.  Auch  hier 
markiren  sich  überall  lauge  Haarzotten.  Die  Hände  sind  unbehaart,  auf 
die  Behaarung  der  Arme,  welche  ganz  von  den  Jackenärmeln  verhüllt  wer- 
den, erlaubt  eine  aus  jeden  Aermel  hervorsehende  Haarlocke  einen  Rück- 
schluss.  Die  Untcischenkel  sind  ziemlich  dicht  mit  langen  Haaren  besetzt, 
die  Füsse  aber  inclusive  der  Knöchelgegend  sind  von  der  Behaarung  frei- 
geblieben. 

Daneben  auf  einem  Stuhle  sitzt  die  Vertreterin  der  zweiten  Generation, 

1)  Crawford.  Journal  of  an  euibassay  t'roui  the  Governor- General  of  huiia  to  the 
court  of  Ava.     Second  Edition.     Loudon   1834.     \oi.  I.  paor.  318. 

Henry  Youle.  A  Narrative  of  the  Mission  sent  by  the  Governor -General  of  India  to 
the  court  of  Ava  in  1855,  with  notices  of  the  country,  ^overnnuMit,  and  people.  London 
1858.  pag.  9;'.. 

Man  vergleiche  auch  die  Aufsätze  von  H.  Bei  gel  und   A.  Kcker, 

2)  Ausgestellt  in  den  Räumen  der  früheren  Kuustkammer.  Bezeichnet:  .Photographien 
90.  91.  Haarmenschen  Mandelay.*- 


180  M.  Bartels: 

seine  Tochter  Maphoon.  Von  ihr  sind  ausser  dem  Gesichte  nur  die 
Hände  und  Füsse  und  die  obere  Abtheilung  der  Brust  zu  sehen.  Alle 
diese  zuletzt  genannten  Theile  sind  unbehaart.  Das  Gesicht  dagegen  zeigt 
ausser  den  Augen  und  dem  Lippensaum  überhaupt  keine  unbehaarte  Stelle. 
Die  Stirn-  und  Kopfhaare  entsprechen  noch  der  von  Capitain  Youle  ge- 
machten Beschreibung,  sie  sind  „wie  bei  Frauen  vom  Lande  gebräuchlich 
ä  la  Chinoise  frisirt";  dabei  sind  sie  in  der  Mitte  der  Stirn  gescheitelt  und 
liegen  dem  Kopfe  glatt  an.  Die  breite,  kurze  Nase  ist  mit  kurzen  krausen 
Haaren  besetzt,  während  von  ihren  seitlichen  Partien  und  von  den  äusseren 
Augenwinkeln  lange  Locken  herabhängen,  die  sich  mit  den  Quasten  des 
Backenbartes  und  den  langen  dichten  Haaren  der  Ohrmuscheln  vereinigen. 
Bei  diesem  Gesichte  ist  die  Aehnlichkeit  mit  einem  Affenpinscher,  besonders 
wenn  man  den  menschlichen  Rumpf  mit  der  Hand  verdeckt,  allerdings 
überraschend. 

Hinter  seinem  Grossvater  und  seiner  Mutter  in  der  Mitte  steht  der 
Sohn  der  Maphoon,  dessen  einzig  sichtbare  rechte  Hand  nebst  ihrem  Hand- 
gelenke unbehaart  ist.  Der  ganze  übrige  Körper  wird  theils  durch  die  Davor- 
sitzenden  verdeckt,  theils  ist  er  von  der  bis  zum  Halse  hinaufreichenden 
Kleidung  verhüllt.  Seine  Kopfhaare  bilden  einen  aufrecht  stehenden  Schopf, 
während  die  in  der  Mitte  gescheitelten  Frontalhaare  der  Stirn  glatt  anlie- 
gen. Eine  Strähne  dieser  letzteren  hat  sich  losgelösst  und  hängt  über  das 
rechte  Auge  zur  Wange  herab.  Die  Haare  der  Wangen,  des  Kinnes  und 
der  Lippen  vereinigen  sich  zu  einem  ziemlich  continuirlichen  Vollbart. 
Beide  Ohren  tragen  am  Rande  und  an  der  vorderen  Fläche  lange  Haare. 
Die  Nase  erscheint  noch  breiter,  als  bei  seinen  beiden  Verwandten  und  ist 
wie  bei  diesen  vollständig  behaart.  Von  ihren  Seitenflächen  entwickeln 
sich  ein  Paar  lange  Haarzöpfe.  Die  mangelhafte  Ausbildung  seines  Zahn- 
systems ist  sofort  wie  bei  Shwe-Maong  und  Maphoon  an  dereingefallenen 
Mundpartie  zu  erkennen. 

Von  dem  Sohne  der  berühmten  Julia  Pastrana  habe  ich  zwar  schon 
in  meiner  ersten  Arbeit  eine  kurze  Beschreibung  gegeben.  Dieselbe  ist 
jedoch  lückenhaft  ausgefallen,  da  die  sehr  schlechte  Beleuchtung,  in  wel- 
cher das  Kind  ausgestellt  war,  viele  Feinheiten  in  der  Behaarung  garnicht 
erkennen  Hess.  Eine  genauere  Schilderung  dieses  kleinen  anderthalb  Tage 
alten  Herrn  scheint  mir  aber  um  so  wünschenswerther,  als  er  bei  Weitem 
der  jüngste  Patient  mit  Hypertrichosis  universalis  ist,  welcher  sich  einer 
wissenschaftlichen  Beobachtung  darbot.  Das  Kind  starb  bekanntlich  36 
Stunden  nach  der  Geburt  und  seine  Mutter  folgte  ihm  am  5.  Tage  ihres 
Wochenbettes  in  den  Tod  nach.  Beide  Leichname  wurden  wie  zoologische 
Präparate  ausgestopft  und  bilden  jetzt  eine  Hauptzierde  von  Präuschers 
anatomischem  Museum.  Hier  konnte  ich  Mutter  und  Kind  in  diesen  Tagen 
(Decembcr  1878)  einer  wiederholten  und  eingehenden  Besichtigung  unterziehen. 

Bei    dem  Knaben    sind    die  Kopfhaare  schlicht,    nicht  gekräuselt,    aber 


lieber  abnorme  Beha.irung  beim  Menschen.  181 

sehr  dicht,  pechschwarz  und  ungefähr  8  cm  lang.  Sie  hören  aber  nicht  an 
der  normalen  vorderen  Grenze  auf,  sondern  sie  gehen  in  ununterbrochenem 
Zuge  über  die  ganze  Stirn,  dieselbe  dicht  bekleidend,  so  dass  die  Augenbrauen 
nur  eine  direkte  Fortsetzung  der  Stirnhaare  bilden.  Aber  auch  selbst  die 
oberen  Augenlieder  sind  behaart.  liier  sind  jedoch  die  Hactre  kürzer  als  die 
Kopfhaare,  ungefähr  1,5  bis  2  cm.  lang.  Ich  hebe  hier  noch  besonders  her- 
vor, dass  auch  die  sogenannte  Stirnglatze  mit  Haaren  bedeckt  ist,  jene  Stelle 
zwischen  den  Augenbrauen  und  der  Nasenwurzel,  welche  bei  dem  echten 
Haarmenschen  die  so  charakteristische  AfFenpinscherlocke  zu  tragen  pflegt. 

Die  Haut  der  Nase,  und  der  grössere  Theil  des  Gesichtes,  der  Schultern 
und  der  Nackengegend  erscheint  vollständig  wie  gegerbt,  so  dass  man  jetzt 
über  das  einstige  Vorhandensein  oder  Fehlen  einer  Behaarung  an  diesen 
Stellen  kein  Urtheil  mehr  abzugeben  im  Stande  ist.  Es  findet  sich  aber 
auch  jetzt  noch  ziemlich  dichtes  und  ungefähr  0,5  cm  langes  Wollhaar  auf 
dem  unteren  Augenlied,  der  Augenwinkel-Nasenfurche,  also  längs  der  seit- 
lichen Nasengrenze,  ferner  an  den  Mundwinkeltheilen  der  Oberlippe  und  in 
der  ganzen  horizontalen  Furche  zwischen  Kinn  und  Unterlippe.  Als  ich 
das  Kind  im  Jahre  1876  sah,  bemerkte  man  noch  Lanugo  auf  der  ganzen 
Medianlinie  des  Nasenrückens,  die  jetzt  jedoch  dem  Zahne  der  Zeit  erlegen 
ist.  Auf  beiden  Jochbögen  findet  sich  noch  jetzt  Wollhaar;  die  Masseteren- 
gegend  aber,  also  die  Stelle  des  normalen  Backenbartes,  trägt  ein  dichtes, 
gewiss  2  cm  langes  Haarkleid. 

Eine  besondere  Beachtung  verdient  das  rechte  Ohr  —  das  linke  war 
nicht  deutlich  zu  sehen.  *Die  rechte  Ohrmuschel  ist  mit  1  cm  langen  feinen 
schwarzen  Haaren  dicht  besetzt  und  zwar  nicht  nur  an  dem  iiinteren  scharfen 
Rande,  sondern  auch  auf  der  Hinterfläche  und  auf  der  ganzen  Vorderfläche. 
Ich  erinnere  hier  daran,  dass  bei  denjenigen  Haarmenschen,  welche  kahl 
und  glatt  geboren  wurden  und  bei  denen  sich  die  Hypertrichosis  universalis 
erst  einige  Monate  oder  Jahre  nach  der  Geburt  entwickelte,  doch  angegeben 
wird,  dass  wenigstens  ihre  Ohren  schon  bei  der  Geburt  die  abnorme  Be- 
haarung gezeigt  hätten. 

Ueber  den  Körper  ist  wenig  hinzuzufügen,  denn  er  ist  fast  vollständig 
von  dem  bunten  Anzüge  verhüllt.  Die  kleinen  Hände  und  die  vordere 
Abtheilung  des  Halses  ist  vollständig  gegerbt,  ebenso  auch  der  grössere 
Theil  des  Nackens.  Eine  kleine  Partie  dieses  letzteren  lässt  aber  eine 
kurze  Behaarung  erkennen.  Die  hier  beigegebene  Abbildung  Fig.  7.  auf 
Taf.  VII.  ist  nach  einer  Zeichnung  gemacht,  welche  von  der  bewährten  Hand 
des  Malers  Herrn  A.  Dworzaczeck  in  natürlicher  Grösse  gefertigt 
worden  ist. 

Wir  werden  im  weiteren  Verlaufe  dieser  Arbeit  den  echten  Haarmenschen 
nicht  mehr  begegnen.  Bevor  wir  daher  diese  unläugbar  interessanteste  Form 
der  abnormen  Behaarung  verlassen,  gebe  ich  noch  einmal  eine  tabellarische 
Uebersicht  der  uns  bis  jetzt  bekannten  Fälle.  Die  Gliederung  dieser  Tabelle 
ist  80  einfach,  dass  sie  einer  näheren  Erläuterung  nicht  bedarf: 


182 


M.  Bartels: 


Hypertrichosis  universalis. 


o 

a 
g 

Name  des  Autors  oder  des 
Patienten 

Geschlecht 

Zustand  des 
Zahnsystems 

Haare 

Bemerkungen 

1 

Felix  Platers  Mann  .... 

Mann 

? 

? 

lütes 

Jahrhundert 

2 

dessen  Sohn 

Knabe 

? 

p 

do. 

3 

dessen  Tochter 

kl.  Mädchen 

? 

? 

do. 

4 

Mann  von  Ambras 

Mann 

? 

p 

do. 

wahrscheiul.  ideut.  m.  1. 

5 

dessen  Tochter 

kl.  Mädchen 

p 

? 

do. 

do.                       3.     • 

6 

dessen  Sohn 

Knabe 

? 

? 

do. 

do.                        2. 

7 

Manu  der  Ambraser  Sammlung. 

Mann 

? 

p 

do. 

do.                        1 ,  ident.  m 

.  4. 

8 

dessen  Tochter  

kl.  Mädchen 

? 

P 

do. 

do.                       3,        do. 

5 

9 

dessen  Sohn 

Knabe 

? 

P 

do. 

do.                       2,        do. 

6 

10 

ü,  Hoefnagels  Mann.     .     .    . 

Mann 

defekt 

nicht 
weich 

do. 

do.                       1.  4.  7. 

11 

dessen  Tochter  

kl.  Mädchen 

defekt 

p 

do. 

do.                       3.  5.  8. 

12 

dessen  Sohn 

Knabe 

defekt 

p 

do. 

do.                        2.  6.  9. 

13 

Aldrovandis  Mann  der  Cana- 

Mann 

? 

p 

do. 

do.                         1.  4.  7.  10. 

rischen  Inseln    .... 

U 

dessen  Sohn 

Manu 

? 

p 

do. 

vielleicht  identisch  mit  2.  G.  9. 

12. 

15 

dessen  Tochter  I 

kl.  Mädchen 

? 

p 

do. 

IC 

dessen  Tochter  II 

kl.  Mädchen 

? 

nicht 
weich 

4lo. 

17 

dessen  Tochter  Togniiia   .     . 

kl.  Mädchen 

? 

nicht 
weich 

do. 

wahrscheinlich  identisch  mit  IC. 

18 

Horatius  Gonzales    .... 

Mann 

defekt 

nicht 
weich 

17tes 

Jahrhundert. 

19 

Z acutus'  Mädchen 

kl.  Mädchen 

? 

nicht 
weich 

do. 

20 

Barbara  Ursler 

Frau 

defekt 

weich 

do. 

21 

Kind  aus  Inowraclaw     .     .     . 

kl.  Mädchen 

? 

weich 

19tes  Jahrhundert  1802. 

22 

Frau  d.  Hamburger  (!orrespond. 

Frau 

? 

p 

do.                 1803.     (Paris). 

23 

Shwe-Maong  aus  Birraa  .     . 

Mann 

defekt 

weich 

do. 

24 

dessen  Tochter  Maphoon  .     . 

Frau 

defekt 

weich 

do. 

25 

deren  Sohn  I 

Knabe 

y 

? 

do. 

2ß 

deren  Sohn  II 

Knabe 

? 

weich 

do. 

27 

Julia  Pastrana  aus  Mexiko  . 

Frau 

defekt 

nicht 
weich 

do. 

28 

deren  Sohn 

Knabe 

y 

nicht 
weich 

do. 

29 

Andrian       Jeftichjew       aus 

Mann 

defekt 

weich 

do. 

Russland 

30 

dessen  Tochter  

kl.  Mädchen 

? 

p 

do. 

31 

dessen  Sohn  Fedor  .     .     .     . 

Knabe 

defekt 

weich 

do. 

Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen.  183 

Die  Gesamratsumme  beträgt,  wie  wir  sehen,  31,  jedoch  ist  dieselbe 
sicherlich  zu.  hoch  gegriffen.  Denn  unter  den  17  Fällen  des  16ten  Jahr- 
hunderts sind  mit  au  Gewissheit  grenzender  Wahrscheinlichkeit  bestimmte 
Fälle  unter  einander  identisch,  und  zwar  reduciren  sich  5  Männer,  4  Knaben, 
4  Mädchen  und  noch  einmal  2  Mädchen  auf  je  einen  Patienten.  Dann  ist 
die  Gesammtsumme  natürlich  eine  viel  kleinere  und  beträgt  dann  nur  20, 
von  denen  10  männlichen  und  10  weiblichen  Geschlechts  sind.  Eine  gleich- 
massigere  Vertheilung  über  beide  Geschlechter  kann  man  wohl  kaum  ver- 
langen. Dass  der  grösste  Theil  dieser  Leute  noch  in  kindlichem  Alter 
stand,  als  die  erste  Beschreibung  von  ihnen  gemacht  wurde,  kann  uns  bei 
dem  so  sehr  in  die  Augen  fallenden  der  Missbildung  in  keiner  Weise  über- 
raschen. Die  bereits  mehrfach  besprochene  Mangelhaftigkeit  im  Bereiche 
des  Zahnsystems  ist  bei  der  Hälfte  von  unseren  Patienten  mit  Sicherheit 
oder  grösster  Wahrscheinlichkeit  vorhanden.  Unter  der  anderen  Hälfte,  bei 
welcher  ein  Zahndefekt  nicht  nachweisbar  ist,  befanden  sich  6  zur  Zeit  der 
Untersuchung  in  so  jugendlichem  Alter,  dass  überhaupt  die  Zähne  noch 
nicht  in  vollständiger  Anzahl  hervorgebrochen  sein  konnten,  so  dass  diese 
6  Fälle  also  eher  in  die  Gruppe  mit  unvollkommener,  als  mit  normaler  Zahn- 
bildung gerechnet  werden  müssen.  Somit  bleiben  in  Wirklichkeit  nur  4  Patienten 
übrig,  bei  denen  wir  den  Beweis  für  eine  bestehende  Mangelhaftigkeit 
nicht  zu  erbringen  im  Stande  sind.  Natürlich  ist  damit  aber  noch  keineswegs 
erwiesen,  dass  das  Zahnsystem  dieser   vier  Leute  ein  normales  gewesen  ist. 

Was  die  von  A.  Ecker  für  die  Hypertrichosis  universalis  betonte  Fein- 
heit und  Weichheit  des  Haarkleides  anbetrifft,  so  giebt  uns  auch  hierüber 
unsere  Tabelle  näheren  Aufschluss.  Die  Weichheit  bestand  mit  Sicherheit 
in  7  von  unseren  20  Fällen;  von  ebenfalls  7  wissen  wir  über  den  Zustand 
der  Haare  nichts  Näheres  und  bei  6  Patienten  besassen  dieselben  ganz 
bestimmt  einen  gewissen  Grad  von  Starrheit.  Man  sieht,  das  Für  und  das 
Wider  in  dieser  Sache  ist  ziemlich  gleichmässig  vertheilt. 

Von  der  grossen  Neigung  unserer  Missbildung,  sich  zu  vererben,  ist 
schon  früher  die  Rede  gewesen.  Wir  haben  unter  unseren  20  Patienten  nur 
5,  welche  isolirt  dastehen,  während  die  anderen  15  alle  familienweise 
zusammengehören  und  zwar  haben  wir  4  Familien  zu  verzeichnen.  In  zweien 
dieser  Familien,  bei  den  Birmanen  und  bei  den  Haarmenschen  Aldrovan- 
dis  hat  man  die  Vererbung  bis  in  das  dritte  Glied  verfolgt. 

AnmerkuiifT  3:  Weiter  oben  ist  von  mir  bereits  darauf  aufmerksam  gemacht  worden,  dass 
bei  den  Patienten,  welche  mit  der  Hypertrichosis  universalis  behaftet  sind,  nicht  immer  die- 
selben Zähne  fehlen,  und  dass  ich  in  diese  Ummstande  fürs  Erste  noch  ein  unüberwindliches 
Hinderniss  erblicke,  am  die  uns  beschäftigende  Abnormität  durch  Atavismus  zu  erklären.  Es 
ist  aber  wohl  der  Mühe  werth,  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  denn  überhaupt  im  Thierreich  sich 
etwas  Aehnliches  findet,  ob  bei  irgend  einer  Thiergattung  eine  Wechselwirkung  besteht  zwischen 
abnormer  Verstärkung  der  Behaarung  einzelner  Individuen  und  einer  Mangelhaftigkeit  im 
Bereiche  ihres  Zahnsystems.  Dasjenige  Thier  nun,  au  welches  man  hier  in  erster  Linie  denken 
muss,  weil  es  dem  Menschen  in  Beziehung  auf  seine  Behaarung  unter  allen  Säugethieren  am 
ähnlichsten  erscheint,  das  ist  unstreitig  der  Elephant.  Gleich  dem  Menschen  schreitet  er  jetzt 
fast  nackt  und  bloss  einher,    während  sein  berühmter  Vorfahr,    das  Mammuth,  gleich  unserm 


184  M.  Bartels: 

von  den  Anhängern  der  Descendenzlehre  uns  vindicirten  Ahnherrn,  sich  eines  dichten  Haar- 
kleides erfreute. 

Das  Mammuth,  welches  man  im  Jahre  1804;  an  der  Mündung  der  Lena  fand,  besass  ein 
dichtes,  den  ganzen  Körper  bedeckendes  Wollhaar  von  röthlicher  Farbe,  dem  schwarze  Borsten- 
haare beigemischt  waren.  Auf  einem  Hautstück  von  diesem  Thiere,  welches  das  hiesige 
zoologische  Museum  besit-zt,  haben  die  Borstenhaare  eine  Länge  von  ungefähr  3  bis  6  cm, 
während  die  Wollhaare  2  bis  2,5  cm  lang  sind.  Durch  die  Güte  des  Herrn  Professor  Peters 
konnte  ich  diese  Reliquie  besichtigen.  Das  Ohr  trug  ein  Haarbüschel  und  am  Halse  sass  eine 
lange  Mähne,  deren  Haare  bis  zu  einer  Archine  lang  waren.  Adams^)  welcher  das  Thier 
beschreibt,  konnte  von  dem  umgebenden  Erdreich  mehr  als  ein  Pud  von  Haaren  sammeln, 
welche  von  den  Eisbären,  die  sich  an  dem  Fleisch  des  Mammuth  delektirt  hatten,  rings 
umher  zerstreut  waren.  ^)  Vergleicht  man  nun  mit  diesem  dichtbehaarten  Urweltriesen  den 
heutigen  Elephanten,  wie  armselig  erscheint  er  in  Bezug  auf  seine  Behaarung!  Ganz  ver- 
einzelte Borstenhaare  am  Rüssel  und  hier  und  da  am  Rumpfe,  eine  bescheidene  Haarquaste 
am  Schwänze  —  das  ist  Alles,  dessen  er  sich  rühmen  kann. 

Es  sind  nun  also  folgende  Fragen  aufzuwerfen:  Kommen  unter  den  Elephanten  überhaupt 
einzelne  Individuen  vor,  welche  stärker  behaart  sind,  als  es  der  Durchschnittsnorm  entspricht, 
und  zweitens  wie  verhält  sich  das  Zahnsystem  derselben?  Oder  man  könnte  die  Frage  auch 
umgekehrt  formuliren :  Giebt  es  Elephanten  mit  Abnormitäten  im  Zahnsystem  und  lassen 
diese  in  Bezug  auf  ihre  Behaarung  irgend  etwas  Besonderes  erkennen.  Ich  will  sogleich  voraus- 
schicken, dass  mir  von  Elephanten,  bei  denen  einzelne  Zähne  überhaupt  nicht  zur  Ausbildung 
gekommen  waren,  kein  einziges  Beispiel  bekannt  geworden  ist.  Es  kann  sich  bei  dieser  Be- 
sprechung also  nur  darum  handeln,  ob  die  einzelnen  Zähne  kümmerlicher  in  ihrer  Entwicklung 
geblieben  sind,  als  bei  den  übrigen  Individuen. 

Die  ausführlichste  Publikation,  welche  wir  über  den  Elephanten  besitzen,  ist  in  dem 
Werke  von  Tennent^)  über  Ceylon  enthalten.  Er  führt  darin  an,  dass  die  Elephanten  von 
Ceylon  den  übrigen  in  Bezug  auf  die  Grösse  und  Brauchbarkeit  der  Stosszähne  bedeutend 
nachstehen.  Ob  sie  jedoch  in  Bezug  auf  ihre  Behaarung  die  übrigen  Arten  übertreffen,  ist 
leider  aus  seinen  Angaben  nicht  zu  entnehmen.  Die  in  höher  gelegenen  und  kälteren  Gegenden 
lebender}  indischen  Elephanten  haben  nach  Owen*)  mehr  Haare,  als  diejenigen  in  der  Ebene. 
Aber  über  ihre  Zähne  wissen  wir  nichts.  Wegen  des  afrikanischen  Elephanten  wendete  ich  mich 
an  den  Herrn  Superintendenten  A.  Merensky  in  Botsabelo  in  der  jüngst  von  England 
annectirten  Transvaalrepublik  (nahe  dem  25ten  Grade  südlicher  Breite)  und  bat  ihn,  über  die 
betreffenden  Fragen  bei  den  eingeborenen  Elephantenjägern  Erkundigungen  einzuziehen.  Er 
hatte  die  grosse  Freundlichkeit,  mir  im  Februar  1879  die  folgende  Auskunft  zu  geben: 

„Ich  habe  mich  bei  einigen  Leuten  nach  diesen  Zeugen  der  Vorwelt  erkundigt;  die 
Leute  sind  ziemlich  gute  Beobachter  und  gaben  mir  folgende  Auskunft.  Sie  unterscheiden 
drei  Arten  unter  den  hier  ehemals  einheimischen  Elephanten: 

1.  Thoka,  sehr  gross  mit  grossen  Zähnen,  etwas  behaart. 

2.  Sakoane,    klein,  kommt  in  grossen  Heerden  vor,    hat  dünnere  Zähne,    die  etwas 
stärker  gekrümmt  sind  als  die  der  anderen  Arten. 

3.  Leoko  oder  Leokoana,  mittlere  Sorte,  Zähne  mittlerer  Grösse. 

Von  diesen  drei  Arten  von  Elephanten  hat  Thoka  und  Leokoana  einigen  Haarwuchs 
aufzuweisen.  Besonders  Leokoana  erfreut  sich  einiger  Haare;  diese  stehen  zu  drei  und 
vier  zusammen,  sind  über  den  ganzen  Körper  verbreitet,  haben  braunschwarze  J'ärbung  und 
sind  hart  und  borstig. 

Von  einzelnen  Exemplaren,  die  etwa  besondere  Eigenthümlichkeiten  im  Haarwuchs  oder 
Bau  der  Zähne  aufzuweisen  gehabt  hätten,  ist  mir  nichts  bekannt  geworden." 

Es  existirt  in  Süd -Afrika    also    wirklich  eine  Elephantenart,    die  Leokoana,    welche 

1)  M.  F.  Adaras.  Relation  abrege  d'un  voyage  k  la  mer  glaciale  et  decouverte  des  restes 
d'un  Mammouth.     St.  Petersbourg.     1808. 

2)  Der  grösste  Theil  dieses  Thieres  befindet  sich  bekanntlich  in  St.  Petersburg. 

3)  Sir  I.  Emerson  Tennent.     Ceylon.  1859. 

4)  Owen.  Anatomy  of  Vertebrates.  Vol.  III  p  019.  Charles  Darwin.  Die  Abstammung 
des  Menschen  Bd.  I  p.  73. 


üeber  abnorme  Rebaarungf  beim  Menschen.  185 

bei  Zähnen  von  nur  „mittlerer  Grösse"  die  übrigen  Arten  durch  ihre  Behaarunpf  überragt. 
Ihnen  gegenüber  stehen  aber  einerseits  die  grosszähnigen  und  immerhin  noch  etwas  behaarten 
Thoka  und  andrerseits  die  liahlen  Sakoane  mit  dünneren  Zähnen.  Bei  diesen  letzteren 
haben  wir  also  grade  eine  mangelhaftere  Entwicklung  der  Stosszähne  mit  mangelhafterem 
Haarkleide  Hand  in  Hand  gehend,  ähnlich  wie  Yarrell')  dieses  von  den  haarlosen  Hunde- 
rassen nachgewiesen  hat.  So  interessant  daher  auch  alle  diese  Fakta  sind,  so  führen  sie  uns 
doch  leider  dem  Verständniss  der  Hypertrichosis  universalis  bis  jetzt  noch  nicht  näher.  Trotz- 
dem verdienten  wohl  diese  Zustände  als  Bausteine  künftiger  Forschung  zu  allgemeinerer 
Kenntniss  gebracht  zu  werden.  Jedenfalls  wird  hierdurch  von  Neuem  bestätigt,  dass,  wie 
Darwin^)  dies  ausdrückt,  eine  Correlation  zwischen  den  Zähnen  und  Haaren  der  Säugethiere 
existirt,  nur  befindet  sich,  wie  wir  gesehen  haben,  ihre  jeweilige  Ausbildung  manchmal  in 
umgekehrter  Proportion,  in  anderen  Fällen  dagegen  in  gleichem  Verhältniss. 

Einen  sehr  schönen  Fall  von  Hypertrichosis  partialis  verdanke  ich  den 
Herren  Generalarzt  Dr.  Mehlhausen  und  Dr.  Wernicke.  Der  betreffende 
Patient,  ein  ungefähr  45  Jahre  alter  Mann  war  auf  der  Irrenabtheilung  der 
hiesigen  königlichen  Charite  wegen  Gehirnerweichung  untergebracht.  Er 
war  von  mehr  als  mittlerer  Grösse  und  kräftigem  Körperbau.  Die  Augen- 
brauen sind  stark;  ein  dichter,  dunkelbrauner  Vollbart  umrahmt  das  Gesicht, 
der  Backenbart  überschreitet  aber  nicht  die  Masseterengegend.  Der  Kopf 
ist  bis  zum  Hinterhaupt  herab  ganz  kahl,  (die  Glatze  ist  eine  Fortsetzung 
der  Stirn),  nur  von  den  Schläfengegenden  aus  geht  ein  Kranz  noch  leidlich 
dichter  Haare  zu  dem  Hinterhaupt.  Der  Nacken  und  Hals  sind  unbehaart. 
Soweit  bietet  das  Aeussere  dieses  Mannes  also  nichts  besonders  Bemerkens- 
werthes  dar.  Wahrhaft  überraschend  war  aber  der  Anblick,  wenn  der 
Kranke  entkleidet  wurde.  Die  ganze  Vorder-  und  Rückseite  des  Rumpfes 
nämlich,  mit  Einschluss  der  Schultern  und  Oberarme  war  mit  einem  dichten, 
krausen,  schwarzbraunen  Pelze  bedeckt,  welcher  vollständig  den  Eindruck 
des  Thierischen  machte.  Die  einzelnen',  ziemlich  dicken  Haare  waren  nicht 
glatt,  sondern  annähernd  halbkreisförmig  gebogen;  sie  hatten  nämlich 
meistentheils  erst  eine  Richtung  nach  unten,  hoben  sich  dann  aus  der  Ebene 
des  Körpers  heraus  und  bogen  sich  .schliesslich  mit  ihren  Spitzen  nach  oben, 
so  dass  man  an  die  Zotten  gewisser  Bären  erinnert  wurde.  Die  mit  diesen 
Haaren  besetzte  Haut  war  von  normaler  Beschaffenheit  in  Bezug  auf  ihre 
Dicke  und  ihre  Färbung.  Die  Haare  selbst  hatten  eine  Länge  von  5  cm 
und  darüber. 

Die  abnorme  Behaarung  nimmt,  wie  das  nach  meinen  früheren  Ausein- 
andersetzungen bei  der  echten  Hypertrichosis  partialis  jedesmal  der  Fall  ist, 
von  der  Medianlinie  des  Rückens  ihren  Ausgang  und  zieht  in  genau  bilateral 
symmetrischer  Anordnung  über  den  Rücken  und  die  Brust  hinweg.  Ihre 
obere  Grenze  liegt  hinten  ungefähr  am  6ten  Halswirbel,  ihre  untere  Grenze 
in  der  Mitte  der  Lendenwirbel.  Die  Kreuzbeingegend,  welche,  wie  wir 
sahen,  eine  Prädilektionsstelle  für  abnorme  Behaarung  abgiebt,  ist  in  unserem 


1)  Proceed.     Zool.  Soc    1833  p.  113. 

2)  Das  Variiren   der  Thiere   und  Pflanzen   im  Zustande   der  Domestikation.    Gesammelte 
Werke  IV  Band  p.  351. 

Zeitschrift  für  Ethnologie.    Jahrg.  XS79.  X3 


186  M.  Bartels: 

Falle  nur  spärlich  mit  Haaren  besetzt  und  keineswegs  abnorm  behaart. 
Auch  die  Hinterbacken  und  die  Oberschenkel  tragen  keinen  stärkeren  Haar- 
wuchs, als  er  überhaupt  bei  kräftigen  Männern  zu  bestehen  pflegt.' 

Die  abnorme  Behaarung  geht  vom  Rücken  auf  die  Schultern  über  und 
bedeckt  die  Haut  in  der  ganzen  Ausdehnung  der  Deltamuskeln  und  auf 
der  ganzen  Streckseite  des  Oberarms.  Die  Innenfläche  des  Oberarms  und 
ebenso  auch  der  ganze  Vorderarm  zeigen  keine  abnorme  Verstärkung  ihres 
Haarwuchses.  Von  den  seitlichen  Theilen  des  Rückens  zieht  die  abnorme 
Behaarung  über  die  Seitenflächen  des  Brustkorbs,  die  Axillarflächen,  zur 
anderen  Körperhälfte  und  bedeckt  hier  die  ganze  Brust  von  den  Schlüssel- 
beinen abwärts  und  ebenso  auch  den  ganzen  Bauch,  wo  sie  schliesslich 
ohne  deutliche  Grenze  in  die  Schamhaare  übergeht.  Zwischen  dem  Darm- 
beinkamm und  dem  Rippenbogen  erstreckt  sich  aber  jederseits  eine  dreieckige, 
unbehaarte  Zone  mit  nach  aufwärts  gekehrter  Spitze,  welche  die  Behaarung 
des  Bauches  von  derjenigen  der  unteren  Rückenhälfte  scheidet.  Diese  haar- 
lose Stelle  entspricht  ziemlich  genau  der  musculösen  Ausbreitung  des 
Musculus  obliquus  abdominis  externus.  Wir  sahen  ja  bereits  früher  einmal, 
dass  theils  abnorm  behaarte,  theils  in  abnormer  Behaarung  unbehaart  gebliebene 
Hautpartien  bisweilen  genau  der  Ausbreitung  gewisser  darunter  liegender 
Muskeln  entsprechen.  Die  Behaarung  auch  der  vorderen  Flächen  der  Beine 
weicht  von  der  Norm  nicht  ab. 

Die  beigegebenen  Abbildungen  dieses  Falles  Fig.  1  und  2  auf  Tafel  VHI 
sind  nach  zwei  sehr  gelungenen  Aquarellen  angefertigt,  welche  ebenfalls 
Herr  Maler  A.  Dworzaczeck  nach  der  Natur  aufgenommen  hat.  Es  war 
dieses  eine  ganz  besonders  schwierige  Aufgabe,  weil  der,  wie  erwähnt, 
geisteskranke  Patient  buchstäblich  keine  Secunde  ruhig  stand,  sondern  sich 
dauernd  in  einer  Weise  bewegte,  die  man  am  besten  mit  dem  „auf  der  Stelle 
marschiren"  der  Soldaten  vergleichen  kann. 

Ganz  ähnlich  muss  wohl  der  Buchdrucker  Martin  den  Slaper  in 
Leiden  ausgesehen  haben,  der  seinem  Leben  im  Jahre  1662  durch  Erhängen 
ein  Ende  machte.  Ol  aus  Borrichius  sah  ihn  auf  der  Anatomie  und 
schrieb  über  ihn  an  Thomas  Bartholinus.  ^):  „Totum  pectus,  imo  et 
abdomen  hispidum,  imo  et  dorsum,  sed  praecipue  brachiorum  superiora,  nee 
tarnen  pili  illi  praesertim  in  dorso  ad  inferiora  vergebant  ut  solenne  alias, 
sed  nitebantur  omnes  versus  superiora.  In  huraeris,  qua  brachia  exeunt, 
tarn  hirsuta  omnia,  ut  pene  ursi  alicujus  armos  videre  me  existimarem.  In 
cruribus  tarnen  vix  pilorum  vestigium." 

Ich  lasse  nun  zwei  Fälle  abnormer  Behaarung  folgen,  bei  denen  ich 
mich  in  einiger  Verlegenheit  befinde,  wie  ich  sie  systematisch  gruppiren 
soll.  Aber  gerade  weil  sie  nicht  in  das  aufgestellte  System  passen,  möchte 
ich  sie  nicht  mit  Stillschweigen  übergehen,  da  sie  so  vielleicht  die  Publikation 

1)  Thomae  Hartholini  Epistolarum  Medicinalium  Cent.  111.  Hafniae  1667.  epist.  97 
pag.  418, 


lieber  abnorme  Behaarung  heim  Menschen  187 

ähnlicher,  sie  selbst  aufklärender  Beobachtungen  provociren.  Der  erste 
dieser  Fälle  ist  ein  Herr,  welcher  im  Jahre  1877  in  einer  wissenschaftlichen 
Gesellschaft  einige  Bänke  vor  mir  sass,  so  dass  ich  sein  Gesicht  und  be- 
sonders sein  rechtes  Profil  in  guter  Tagesbeleuchtung  beobachten  konnte. 
Es  war  ein  angehender  Sechziger  mit  schwarzem,  jedoch  schon  etwas  melirtem 
Kopfhaar  und  einer  kleinen  Tonsurglatze  auf  dem  Scheitel.  Die  Farbe  des 
Gesichtes  war  dunkel,  die  Augenbrauen  buschig  und  pechschwarz.  Ein 
grauer  starker  Vollbart  hing  ihm,  wie  man  im  17ten  Jahrhundert  gesagt 
haben  würde,  mit  Philosophenwürde  auf  die  Brust  herab  Am  rechten  Ohre 
nun  machte  sich  eine  abnorme  Behaarung  anscheinend  auf  unveränderter 
Haut  bemerkbar.  Ein  dichter  Busch  pechschwarzer  Haare  von  ungefähr 
5  cm  Länge  quoll  aus  dem  äusseren  Gehörgange  hervor  mit  nach  unten 
und  vorn  divergirender  Richtung,  so  dass  bei  gewisser  Kopfstellung,  wenn 
man  das  Ohr  in  Verkürzung  von  hinten  her  ansah,  das  Ohrläppchen  von 
den  Haaren  völlig  verdeckt  wurde.  Dieses  selbst  aber,  so  wie  auch  die 
ganze  übrige  Ohrmuschel  waren  von  Behaarung  frei,  mit  einziger  Ausnahme 
einer  Stelle  am  Helix  auriculae  von  der  Grösse  einer  Kleinfingerkuppe  und 
in  der  Höhe  des  Meatus  auditorius  externus.  Diese  Stelle  war,  ebenfalls 
auf  unveränderter  Haut,  mit  dichten,  schwarzen  Haaren  besetzt,  welche  aber 
nur  eine  Länge  von  1  bis  2  cm.  besassen. 

Eine  ganz  ähnliche  abnorme  Behaarung  trug  das  linke  Ohr,  das  ich 
jedoch  nur  flüchtig  sehen  konnte.  Auch  hier  quoll  ein  grosses,  schwarzes 
Büschel  ebenso  langer  Haare,  wie  die  längereu  des  rechten  Ohres,  in  der 
Höhe  des  äusseren  Gehörganges  hervor,  vielleicht  aus  diesem,  und  ver- 
deckte das  ganze  Ohrläppchen.  Dieses  Büschel  reichte  in  querer  Richtung 
über  die  ganze  Breite  des  Ohres  fort  bis  zum  hinteren,  äusseren  Rande 
des  Helix.  Die  dunkelschwarze  Farbe  der  abnormen  ]Iaare  stach  stark 
von  dem  Grau  des  Backenbartes  ab;  die  Form  dieser  Haarbüschel  erinnert 
aufiallend  an  die  Haarquasten,  wie  sie  der  Barbara  Ursler  aus  den  Ohren 
wuchsen.  Das  Gesicht  des  Herrn  war  aber,  trotz  des  starken  Haarwuchses 
keineswegs  vollständig  bewachsen;  die  Stirn  und  die  Wangen  waren  glatt 
und  auch  zwischen  dem  Ohre  und  dem  hinteren  Rande  des  Backenbartes 
besteht  eine  haarlose  Zone.  Ich  gebe  in  Figur  3  (Tafel  VHI)  eine  nach 
der  Natur  von  mir  aufgenommene  Skizze  des  rechten  Ohres. 

Der  zweite  Fall  bot  eine  ganz  besondere  Form  der  Augenbrauen  dar, 
wie  ich  sie  bisher  noch  niemals  gesehen  habe.  Es  handelte  sich  um  einen 
18  Jahre  alten  Burschen,  bei  dem  der  erste  Bart  zu  keimen  begann. 
Während  nun  in  der  Norm  die  Augenbrauen,  wenn  sie  schwach  ausgebildet 
sind,  die  Licisura  supraorbitalis  nur  um  Weniges  lateralwärts  überragen,  und 
auch  selbst  bei  starker  Entwicklung  höchstens  bis  zur  Verbindungslinie  des 
Stirnbeins  mit  dem  Jochbeine  reichen,  so  bogen  sie  bei  diesem  jungen 
Menschen  an  der  soeben  genannten  Stelle  nach  unten  um,  dem  Margo  orbi- 
talis    des  Jochbeins   folgend    bis  nahezu  an  dessen  mediane  Angrenzuug  an 

13* 


18g  M.  Bartels: 

den  Oberkiefer,  und  breiteten  sich  hier  in  bilateral  symmetrischer  Anordnung 
zu  einer  unregelmässig  vierseitigen  behaarten  Fläche  aus,  welche  nach  Sitz, 
Form  und  Grösse  der  Superficies  facialis  des  Jochbeins  entsprach.  Ich 
gebe  in  Fig.  4  Taf.  VIII  eine  Skizze  der  linken  Seite.  Am  ganzen  übrigen 
Körper  war  die  Behaarung  eine  Normale.  Eine  Erklärung  habe  ich,  wie 
gesagt,  für  dieses  Verhalten  nicht.  Vielleicht  könnte  man  ein  nicht  gar 
seltenes  Vorkommen  bei  der  Behaarung  der  Genitalien,  wenn  auch  nicht 
zur  Erklärung,  so  doch  zum  Vergleiche  heranziehen.  Es  ist  das  die  seitliche 
Verbreiterung  dieser  Behaarung,  welche  nicht,  wie  gewöhnlich  an  den  Inguinal- 
furchcn  ihre  laterale  Grenze  findet,  sondern  bisweilen  über  diese  hinweg 
bis  auf  die  obere,  vordere  Abtheilung  der  Oberschenkel  sich  ausbreitet. 
Erwähnt  sei  hier  noch,  was  ja  auch  anderen  Beobachtern  bekannt  ist,  dass 
ganz  unläugbar  zwischen  der  Ausbildung  der  Augenbrauen  und  derjenigen 
der  Genitalbehaarung  eine  gewisse  Reciprocität  festgestellt  werden  kann. 

Ich  möchte  hier  noch  einige  Bemerkungen  über  die  sogenannte  Hete- 
rogenie  der  Behaarung  folgen  lassen.  Da  ich  darunter  das  abnorme  Auf- 
treten von  Haaren  bei  dem  einen  Geschleckte  an  solchen  Stellen  verstehe, 
welche  für  das  andere  Geschlecht  typisch  sind,  so  ist  die  Heterogenie  na- 
türlich immer  nur  eine  Aifcktion  der  Frauen.  Denn  die  bei  diesen  normaler 
Weise  behaarten  Stellen  sind  auch  bei  Männern  in  der  Norm  mit  Haaren 
bewachsen.  Die  Männer  prävaliren  aber  vor  dem  weiblichen  Geschlechte 
durch  ihren  Bare  und  die  Behaarung  von  Brust  und  Bauch,  namentlich  in 
den  medianen  Abtheilungen.  Man  könnte  nun  allenfalls  wohl  solche  Männer 
als  heterogen  behaart  ansehen,  welche  durch  einen  Mangel  von  Haarwuchs 
an  den  soeben  genannten  Stellen  sich  dem  weiblichen  Typus  nähern.  Da 
wir  aber  in  den  vorliegenden  Untersuchungen  immer  nur  das  Uebermass  und 
nicht  den  Mangel  au  Behaarung  ins  Auge  fassen,  so  können  wir  nicht  näher 
auf  das  soeben  Angedeutete  eingehen.  Die  Heterogenie,  welche  uns  hier 
besonders  interessirt,  betrifft,  wie  gesagt,  immer  nur  das  weibliche  Geschlecht 
und  diejenige  Form  dieser  Heterogenie,  welche  ganz  besonders  in  die  Augen 
fallend  ist,  haben  wir  in  dem  Auftreten  des  Bartes  beim  Weibe  kennen  ge- 
lernt, über  das  in  meinem  ersten  Aufsätze,  sowie  auch  in  den  vorliegenden 
Zeilen  wohl  schon  hinreichend  ausführlich  gesprochen  wurde.  Es  giebt  nun 
aber  noch  zwei  Arten  von  Heterogenie  der  Behaarung,  welche  zwar  beide, 
wie  es  scheint,  ausserordentlich  selten  sind,  hier  aber  wohl  um  so  mehr 
eine  Erwähnung  verdienen,  weil  ich  mich  in  der  glücklichen  Lage  befinde, 
eine  jede  derselben  durch  ein  paar  Beispiele  illustriren  zu  können.  Es 
wurde  oben  schon  darauf  hingewiesen,  dass  bei  der  Behaarung  des  männ- 
lichen Geschlechtes  das  Vorhandensein  derselben  nicht  nur  an  den  Geni- 
talien, den  Axelhöhlen  und  dem  Gesichte,  sondern  auch  auf  dem  Brustbein 
und  der  Mittellinie  des  Bauches  als  typisch  und  normal  betrachtet  werden 
muss,  während  bei  den  Weibern  diese  beiden  zuletzt  genannten  Stellen  von 
Haaren    vollkommen    frei    sind.     Tritt    ausnahmsweise  also  hier  bei  Frauen 


Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen.  189 

eine  Behaarung  auf,  so  muss  man  sie  als  abnorm  und  heterogen  bezeichnen. 
Ich  habe  nun,  wie  gesagt,  für  jeden  dieser  beiden  Fälle  Paradigmata.    Zwei 
der  betreffenden  Patientinnen  gestatteten,    dass  ich  sie  photographiren  Hess, 
so  dass  ich  die  folgenden  Beschreibungen  im  Stande  bin,    durch  die  beige- 
gebenen Abbildungen  (Fig.   5  und  6  auf  Tafel  VIII)  anschaulicher  zu  machen. 
Das  erste  Beispiel  Fig.  ()  giebt  uns  eine  Dame  von  ungefähr  40  Jahren 
mit    starkem  Kopfhaar  und  dichten,    aber    nicht   sehr  grossen  Augenbrauen. 
Das  Gesicht  hat  weder  an  dem  Kinn,  noch  an   den  Wangen  oder  der  Ober- 
lippe   irgend    eine  Andeutung  einer  Bartbildung.     Auf  der  Medianlinie  des 
Thorax,    gerade    zwischen    den  ziemlich  stark  ausgebildeten  Brüsten,    findet 
sich    auf   normaler  Haut    eine    abnorm    behaarte  Stelle.     Ihre  obere  Grenze 
liegt    3  Querfinger    breit  unter  dem  Angulus  Ludovici    (der  Verbindungs- 
stelle zwischen  dem  Grifi"  und  dem  Körper  des  Brustbeins),  ihre  untere  Grenze 
besteht  an  der  Basis  des  processus  ensiformis  sterni.    Die  ganze  Ausdehnung 
der    behaarten  Zone    beträgt    in    der  Länge  8  cm    und  in  dej'  Breite  5  cm. 
Es  sind  dünngesäte  schwarze,  gerade  (nicht  gekräuselte)  Haare  von  durch- 
schnittlich   4  cm  Länge.     Auf    den  Brüsten    befindet   sich    etwas    von    dem 
Warzenhofe  entfernt  und  concentrisch  um    denselben  ein  Kreis  3,5  cm  lan- 
ger, schwarzer  einzeln  stehender  Haare.   Dieselben  sind  in  gleichem  Winkel 
zu  dem  Radius  des  von  dem  Warzenhofe  gebildeten  Kreises  gestellt,  so  dass 
nicht  nur  die  Verbindungslinie  ihrer  Wurzeln,  sondern  auch  diejenige  ihrer 
Spitzen  ebenfalls  einen  Kreis  bildet.     Es  verdient   hier  wohl  eine  ganz   be- 
sondere Beachtung,    dass  diese  auf  der  Mamma  sitzenden  Haare  nicht  auf 
der    Areola    der    Brustwarze    ihren    Platz    haben.      Starke    Haare    auf   dem 
Warzenhofe  der  weiblichen  Brust  sind  ja  besonders  bei  dunkelpigraeutirtem 
Kopfhaare    gar    nicht    selten.     Ein    solches  Auftreten    von  Haaren    auf  der 
Mamma    entfernt    von    der  Areola    habe    ich  ausser  in  diesem  Falle  jedoch 
niemals  zu  sehen  Gelegenheit    gehabt.     Die   ganze  übrige  Brust  ist  von  je- 
der Behaarung  oder  stärkeren  Lanugobildung  frei. 

Dieser  abnorme  Haarwuchs  entwickelte  sich  bei  der  Dame  schon  sehr 
früh,  gleichzeitig  mit  dem  Auftreten  der  Schamhaare  und  machte  es  ihr 
unmöglich,  in  ausgeschnittenem  Kleide  zu  gehen,  weil  aucii  schon  bei 
massigem  Ausschnitt  der  obere  Theil  der  Behaarung  sichtbar  wunle.  Be- 
merkenswerth  ist  wohl  noch  der  Umstand,  dass  ihr  mit  starken  Augenbrauen 
und  dichtem  Kopfhaar  ausgestatteter  Sohn  an  iler  Brust  keine  Spur  von 
Behaarung   besitzt. 

Die  stark  entwickelten  Schanihaare  überschreiten  nach  ol)en  hin  nicht 
die  gewöhnliche  Grenze.  Auch  die  untersten  2  Zoll  der  Linea  alba  sind 
normal  und  unbehaart.  Dann  ist  aber  die  Linea  alba  auf  eine  Strecke  hin 
mit  kleinen,  schwarzen  Härchen  besetzt,  deren  Länge  ungefähr  einen  cm 
beträgt.  Es  folgt  dann  wieder  eine  kleine  unbehaarte  Strecke  und  die  letzten 
drei  Querfinger  bis  zum  Nabel  hinauf  sind  mit  2 — 3  cm  langen,  schwarzen 
Haaren  massig  dicht  auf  2  cm  weit  jeder.=eits  von  der  ^littellinie  in  syninie- 


190  M.  Bartels: 

trischer  Weise  bedeckt.  Auf  den  übrigen  Abtheilungen  des  Bauches,  in- 
clusive der  Medianlinie  oberhalb  des  Nabels  findet  sich  weder  eine  Behaar- 
ung noch  auch  eine  Entwicklung  von  Wollhärchen  vor. 

Eine  sehr  kräftige,  unverehelichte  Dame  in  der  Mitte  der  Dreissiger 
mit  blondem,  massig  reichlichem  Kopfhaar  und  schwachen,  weissblonden 
Augenbrauen  besitzt  eine  abnorme  Behaarung  auf  der  medianen  Abtheilung 
der  Brust.  Dieselbe  entspricht  in  ihrer  Ausbreitung  dem  Brustbeinkörper 
und  nimmt  ihren  Ausgang  dicht  unterhalb  des  Angulus  Ludovici.  Der 
Schwertfortsatz  ist  nicht  mehr  von  Haaren  bedeckt.  Die  behaarte  Zone 
hat  bei  einer  Breite  von  4  cm  eine  Länge  von  ungefähr  14  cm.  Die  Haare 
sind  röthlich  blond,  nicht  gekräuselt,  sondern  gerade;  sie  stehen  ziemlich 
dicht  und  schwanken  in  ihrer  Länge  zwischen  1  bis  3  cm.  Diese  abnorme 
Behaarung  fällt  um  so  mehr  in  die  Augen,  weil  die  ganze  übrige  Vorder- 
fläche von  Brust  und  Bauch  weder  mit  Haaren  noch  auch  mit  Wollhärchen 
bedeckt  ist.     Nur  die  Areolen  der  Brustwarzen  tragen  einige  Härchen. 

Der  Umstand,  dass  bei  diesen  beiden  Patientinnen  mit  abnormer  Brust- 
behaaruug  das  Manubrium  sterni  jedesmal  frei  blieb,  beweist  wohl,  dass 
letzteres  entwicklungsgeschichtlich  mehr  dem  oberen  Extremitätengürtel,  als 
dem  Brustkorbe  angehört.  Denn  dass  es  überhaupt  behaart  sein  kann,  wenn 
die  abnorme  Behaarung  nicht  als  reine  Heterogenie,  sondern  als  ausgedehnte 
Hypertrichosis  auftritt,  dafür  liefert  der  oben  beschriebene  Hör ati  us  Gon- 
zales ein  deutliches  Beispiel. 

Für  die  zweite  Beobachtungsgruppe  sei  zuvor  Folgendes  erwähnt:  In 
der  weiter  oben  besprochenen  Arbeit  äussert  sich  Professor  Hildebrand 
folgendermassen :  „Bei  Männern  findet  sich  diese  Wucherung  der  Haare 
besonders  häufig  am  Mons  Veueris  zum  Nabel  aufsteigend  und  über  den- 
selben hinaus.  Bei  Frauen  kommt  dies  bei  sonst  starker  Behaarung  auf- 
fallender Weise  nie  voi\  Am  oberen  Rande  des  Mons  Veneris  findet  bei 
ihnen  ausnahmslos  die  strenge,  absolute  Begrenzung  der  Schamhaare  statt. 
Wenn  die  Wucherung  bei  ihnen  sich  über  die  normalen  Grenzen  hinaus 
erstreckt,  so  geschieht  es  stets  nur  seitwärts  und  nach  hinten  zu." 

Auf  dem  Unterbauche  junger  Mädchen  markiren  sich  in  der  Haut  zwei 
l)Ogenförmige  seichte  Furchen,  oder  Falten,  deren  Convexität  nach  abwärts 
gerichtet  ist.  Der  obere  dieser  beiden  Bögen  beginnt  etwas  oberhalb  der 
Spina  anterior  superior  ossis  ilei  und  schneidet  die  Linea  alba  ungefähr  an 
der  (irenze  zwischen  ihrem  unteren  und  mittleren  Drittheil.  Der  untere 
Bogen  ist  stärker  gekrümmt;  er  beginnt  etwas  unterhalb  des  oberen,  vor- 
deren Hüftbeinstachels  und  verläuft  annähernd  in  der  Richtung  der  Liga- 
menta Pouparti,  sich  etwas  über  dem  oberen  Rande  der  Schambeinsym- 
physe  mit  dem  entsprechenden  Bogenschenkel  der  anderen  Seite  vereinigend. 
Die  mittlere  Partie  dieses  Bogens  giebt  die  obere  Grenze  der  normalen 
Behaarung  der  weiblichen  Schamtheilo  ab.  Der  Bogen  selbst  ist  nämlich 
weiter  nichts,  als  die  äussere  Marke  für  die  untere  Begrenzung  der  Bauch- 


lieber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen.  191 

wand,  für  die  Stelle,  wo  die  Bauchmuskulatur  theils  an  die  Poupartischen 
Bänder,  theils  an  die  Symphyse  der  Schambeine  sich  ansetzt.  Alle  Haut 
oberhalb  dieses  Bogens  ist  daher  als  eigentliche  Bauchhaut  v.u.  betrachten, 
während  die  abwärts  von  ihm  gelegene  Haut  schon  der  äussern  Bedeckung 
des  Beckengürtels  angehört  und  mit  ihrer  mittleren  Abtheilung  den  Schani- 
berg bildet.  Bei  den  Männern,  wo  die  Mittellinie  von  Brust  und  Bauch 
eine  Haurbekleidung  trägt,  geht  die  Behaarung  des  Bauches  an  diesem 
unteren  Bogen  in  die  Beckenbehaarung,  die  Schamhaare,  über,  bei  dem 
weiblichen  Geschlechte,  wo  Brust  und  Bauch  von  Behaarung  frei  ist  und 
nur  die  vordere,  mediane  Partie  der  Haut  des  Beckengürtels,  der  eigent- 
liche Mons  Veneris,  mit  einem  Haarwuchs  ausgestattet  ist,  muss  dieser 
Bogen  die  obere  Grenze  des  letzteren  bilden,  weil,  wie  gesagt,  die  ober- 
halb dieses  Bogens  gelegene  Haut  bereits  dem  Bauche  angehört. 

Nach  diesen,  meiner  Meinung  nach  nicht  ganz  überflüssigen  Ausein- 
andersetzungen über  die  normalen  anatomischen  Verhältnisse  lasse  ich  nun 
einen  Fall  von  Heterogenie  der  Behaarung  an  diesen  Theilen  folgen,  dessen 
Seltenheit  wohl  in  ein  recht  klares  Licht  gestellt  wird,  wenn  ein  Mann  wie 
Hildebrand,  der  über  ein  so  reiches  Beobachtungsmaterial  in  Bezug  auf 
diese  schwer  zugänglichen  Regionen  des  Körpers  gebietet,  die  zu  be- 
sprechende Abnormität  als  niemals  vorkommend  bezeichnet.  (Der  Leser 
vergleiche  seine  oben  citirten  Worte.) 

Meine  Beobachtung  betrifft  ein  18 jähriges  junges  Mädchen,  welches, 
wie  ich  sogleich  vorausschicken  will,  in  ihrer  Erscheinung  durchaus  nichts 
an  den  männlichen  Habitus  Erinnerndes  darbietet.  Sie  besitzt  eine  sehr 
zarte  weibliche  Stimme  und  ist  von  schlankem  Wuchs  mit  gut  entwickelten 
Brüsten  und  kräftigen  vollkommen  nach  weiblichem  Typus  gebauten  Hüften 
und  Beinen.  Ihr  Kopfhaar  ist  dicht  und  lang,  von  graublonder  Farbe;  die 
starken,  dichten,  gelbbraunen  Augenbrauen  lassen  die  Stirnglatze  frei:  kur- 
zes, gelbblondes  Wollhaar  sitzt  au  dem  Kiefergelenk,  etwas  längeres  von 
gleicher  Farbe  bedeckt  die  Oberlippe;  die  Axelhaare  sind  blond,  lang  und 
dicht;  die  Areolen  der  Brustwarzen  tragen  kurze,  dunkle,  vereinzelte  Här-  ' 
chen.  Die  Schamhaare  sind  dunkelblond,  lang  und  dicht  und  reichen  seit- 
lich bis  in  die  Inguinalfurchen,  oder  eigentlich  bis  auf  das  obere  Drittheil 
der  Vorderfläche  der  Oberschenkel.  Denn  diese  soel)en  genannte  Partie 
unterscheidet  sich  sehr  merklich  durch  ihre  kurzen  dunkelblonden  Härchen 
von  dem  mit  gelbblondem  Wollhaare  besetzten  mittleren  Drittheil  und  der 
Innenfläche  der  Oberschenkel.  Nach  oben  werden  die  Schamhaare  durch 
den  besprochenen  unteren  Bogen  begrenzt.     (Man  sehe  Taf.  VIH  Fig.  5). 

Der  ganze  Bauch,  namentlich  dessen  regiones  mesogastrica  und  hypo- 
gastrica,  sind  mit  ganz  kurzem,  gelbblondem  Wollhaare  bedeckt,  nur  an  der 
Linea  alba  zieht  ein  2,5  cm  breiter  Streifen  langer,  nicht  dicht  stehender, 
dunkelblonder  Haare,  die  bei  Lampenlicht  schwarz  erschienen,  von  der 
unteren  Grenze  des  Bauches  bis  zum  Nabel  in  die  Höhe,    und   reicht  sogar 


]92  ^-  Bartels: 

über  diesen  hinweg  noch  5  cm  weiter  aufwärts.  Die  Strecke  von  unten  bis 
zum  Nabel  beträgt  21  cm.  Diese  heterogenen  Haare  kreuzen  sich  in  den 
verschiedensten  Richtungen  und  haben  eine  Länge  von  3  bis  3,5  cm,  jedoch 
nur  auf  dem  unterhalb  des  Nabels  gelegenen  Gebiete.  Ueber  dem  Nabel 
sind  die  Haare  beträchtlich  kürzer,  nur  einen  halben  cm  lang.  Sie  unter- 
scheiden sich  aber  nicht  nur  durch  diese  Länge,  sondern  auch  durch  ihre 
dunkle  Farbe  deutlich  von  dem  benachbarten,  gelben  Wollhaare. 

Die  Rückenfläche  der  jungen  Dame  zeigt  auf  den  ersten  Blick  nichts 
Abnormes.  Bei  näherem  Zusehen  ergiebt  sich  aber  das  blonde  Wollhaar 
zu  beiden  Seiten  der  ganzen  Medianlinie  etwas  länger  als  in  der  Umgebung. 
Die  Hinterbacken  und  das  Steissbein  sind  vollständig  kahl,  auch  nicht  einmal 
von  Lanugo  bedeckt.  Auf  dem  Kreuzbein  jedoch  zeigen  sich  vereinzelte 
dunkle,  etwas  längere  Haare,  so  dass  man  sie  mit  den  Fingerspitzen  fassen 
kann,  und  es  ist  wohl  immerhin  bemerkenswerth,  dass  diese  Kreuzbeinhaare 
die  einzigen  dunkeln  am  ganzen  Rücken  sind.  Die  Patientin  giebt  noch 
an,  dass  ihr  Yater  reichlichen  Haarwuchs  besitze,  ihre  Mutter  aber  nicht. 
Ferner  erwähnt  sie  noch,  dass  ihre  Schamhaare  und  Axelhaare  sich  schon 
vor  mehreren  Jahren  entwickelt  haben,  während  sie  die  heterogene  Behaarung 
der  Linea  alba  erst  seit  einem  Jahre  bemerkt  haben  will. 

Ein  schlankes  Mädchen  von  ungefähr  28  Jahren  besitzt  bei  dunkel- 
blondem, mittelstarkem  Kopfhaar  schwarze,  kurze,  sehr  dichte  Augenbrauen. 
Gesicht  und  Brust  sind  ohne  Lanugo.  Die  stark  entwickelten,  dunkelblonden 
Schamhaare  enden  nach  oben  hin  nicht  an  der  normalen  Grenze,  sondern 
sie  überschreiten  dieselbe  um  annähernd  3  Querfinger,  eine  Fläche  von 
ungefähr  6  cm  Breite  (durch  die  Medianlinie  halbirt)  bedeckend.  Die  Haare 
stehen  auf  dieser  Fläche  ziemlich  dicht,  wenn  auch  nicht  ganz  so  dicht,  wie 
die  eigentlichen  Schamhaare  und  sind,  je  näher  diesen  letzteren,  um  so 
länger.  Die  obere  Greu/.e  dieser  Zone  sendet  nun  wieder  aus  ihrer  medianen 
Abtheilung  einen  schmalen  Zug  kurzer,  dünngesäter  Härchen  längs  der 
Linea  alba  aus,  welcher  am  Nabel  endet.  Im  Uebrigen  ist  der  Bauch  ebenso 
kahl,   wie  die  Brust  und  das  Gesicht. 

Es  ist  eine  eigenthümliche  und  gewiss  auch  den  Leser  überraschende 
Erscheinung,  dass  die  drei  Arten  von  Heterogenie  der  Behaarung  nicht,  wie 
man  doch  a  priori  erwarten  müsste,  mit  einander  combinirt  vorkommen.  Es 
hat  zwar  die  erste  dieser  vier  zuletzt  beschriebenen  Patientinnen  ausser  der 
Brustbehaarung  auch  noch  diejenige  am  Bauche.  Diese  letztere  ist  aber, 
wie  wir  sahen,  nur  lückenhaft  zur  Entwicklung  gekommen.  Die  jungen 
Mädchen  mit  der  behaarten  Linea  alba  haben  eine  unbehaarte  Brust  und 
allen  vier  Damen  fehlt  der  Bart.  Dagegen  wird  man  sich  erinnern,  dass 
die  im  Anfang  dieser  Arbeit  besprochenen  bärtigen  Frauenzimmer  bei  der 
anatomischen  Untersuchung  weder  auf  der  Brust  noch  auch  auf  dem  Bauche 
eine  abnorme  Behaarung  besassen. 

Das    mir    zu  Gebote    stehende  Material    ist    hiermit    erschöpft    und    ich 


Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menschen.  193 

wäre  daher  zum  Schlüsse  der  vorliegenden  Arbeit  gelangt.  Wenn  wir 
noch  einmal  einen  kurzen  Blick  auf  dieselbe  zurückwerfen,  so  lässt  sich 
darin  etwas  Ungeordnetes,  iMosalkartiges  nicht  verkennen.  Das  war  jedoch 
nicht  zu  vermeiden  in  einem  Aufsatze  der  neben  einer  Reihe  eigener  Beo- 
bachtungen und  verschollener  Fälle  alter  Autoren  auch  die  Referate  über 
die  neusten  Arbeiten  auf  diesem  Gebiete  zu  geben  unternommen  hatte. 
Auf  diese  Weise  Hess  sich  leider  kein  rechtes  System  in  die  Abhandlung 
bringen,  wenn  man  nicht  daueind  in  Wiederholungen  verfallen  wollte,  ich 
gebe  mich  aber  trotzdem  der  Hoffnung  hin,  dass  dem  aufmerksamen  Leser, 
besonders  wenn  ihm  mein  erster  kleiner  Artikel  über  diesen  Gegenstand 
noch  im  Gedächtniss  haften  sollte,  den  leitenden  Faden  doch  nicht  verloren 
haben  wird;  und  was  dieser  Arbeit  an  System  und  Ordnung  fehlt,  wird 
sie  hoffentlich  durch  die  Reichhaltigkeit  des  Materials  ersetzen  und  wird 
auf  diese  Weise  doch  wohl  etwas  zur  Aufklärung  über  die  Art  und  Weise 
des  Vorkommens  dieser  höchst  merkwürdigen  Zustände  beigetragen  haben. 
Möge  sie  auch  die  CoUegen  anregen,  für  diese  gewöhnlich  als  gleichgültig  und 
nebensächlich  betrachteten  Dinge  ein  recht  offenes  Auge  zu  haben,  denn 
nichts  ist  gleichgültig  und  nebensächlich  in  der  Natur. 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Tafel  YI. 

Fig.  1.  Die  Birmanischen  Haarmenschen  (Hypert richosis  universalis)  aus 
Mandelay,  Birma.     Nach  einer  Photographie.     23,5  cm  hoch,  17,5  cm  breit. 

Im  Vordergrumle  rechts  der  Stammvater  Shwe-Maong  sitzend.  Hinter  ihm  steht  sein 
Enkel  und  neben  und  vor  diesem  sitzt  dessen  Mutter,  Shwe-Maongs  Tochter  Maphoon. 
(Man  vergleiche  Seite  178.) 

Fig.  2.  Eine  Haarmenschenfamilie  (Uypertrichosis  universalis)  des  ItJten 
Jahrhunderts.  Der  Vater  stehend,  an  Gesicht  und  Händen  behaart;  neben  ihm  steht  das 
ältere  Kind,  ein  Mädchen,  neben  diesem  das  jüngere  Kind,  ein  Knabe.  Auch  sie  haben  be- 
haarte Gesichter  und  Hände,  besonders  das  Mädchen.  Der  Knabe  schmiegt  sich  an  den  Schooss 
der  sitzenden  Mutter,  welche  keine  Abnormität  erkennen  lässt. 

Diese  Familie  ist  höchst  wahrscheinlich  identisch  mit  der  sogenannten  liaarigen  Familie 
von  Ambras    (man   vergleiche  C.  Th.  v.  Siebold.     Archiv    für  Anthropologie  Bd.  X.  1878). 

Das  Original,  in  Gel  ausgeführt  \b%  zu  12  Zoll  gross,  befindet  sich  als  Tafel  I  in  einer 
Sammlung  von  Oelzeichnungen  des  Hofmalers  Georg  Hoefnagel,  welche  einst  zu  der 
Bibliothek  des  verstorbenen  Kaisers  Franz  gehörte,  jetzt  aber  sich  in  der  kais.  königl. 
Familien- Fideicommiss -Bibliothek  in  Wien  befindet. 

Unsere  Figur  ist  nach  einer  in  Originalgrüsse  gefertigten  Photographie  ausgeführt.  ;Man 
vergleiche  Seite  153.) 

Tafel  TU. 

Fig.  1.  Haarmensch  männlichen  Geschlechtes  von  -JO  Jahren  aus  dem  lOten  Jahr- 
hundert (Hypertrichosis  universalis).  Er  ist  auf  den  Canarischen  Inseln  geboren 
und  ist  der  Vater  von  Fig.  2  —  4.  Wahrscheinlich  ist  er  identisch  mit  dem  Vater  der 
Hoefuagelschen  Haarmenschenfamilie  (man  vergleiche  Talel  VI  Fig.  2)  und  mit  dorn  Vater 
der  Amliraser  Grnppe.     ^Man  vergleiche  Seite   170). 


194  M.  Bartels:    Ueber  abnorme  Behaarung  beim  Menseben. 

Fig.  2.  Haarmensch  (Hypertrichosis  universalis)  männlichen  Geschlechtes  von 
20  Jahren.  Er  ist  der  Sohn  des  Vorigen  und  lebte  im  IGten  Jahrhundert  in  Parma.  Viel- 
leicht ist  er  identisch  mit  dem  Knaben  der  Hoef  nage  Ischen  und  der  Ambraser  Familie. 
(Man  vergleiche  Seite  170.) 

Fig,  3.  Haarmensch  weiblichen  Geschlechtes  (Hypertrichosis  universalis),  zwölf 
Jahre  alt.  Dieses  Mädchen  lebte  im  IGten  Jahrhundert  in  Parma  und  ist  die  Tochter  von 
Fig.  1  und  die  Schwester  von  Fig.  2  (Man  vergleiche  Seite  170.) 

Fig.  4.  Haarmensch  weiblichen  Geschlechtes.  (Hypertrichosis  universalis). 
Diese  Kleine  ist  acht  Jahre  alt,  lebte  ebenfalls  im  16ten  Jahrhundert  in  Parma  und  ist  die 
Tochter  von  Fig.  1  und  die  Schwester  von  Fig.  2  und  3.     (Man  vergleiche  Seite  170.) 

Die  Figuren  1  bis  4  dieser  Tafel  sind  nach  Holzschnitten  copirt,  welche  sich  in  dem 
von  Bartholomaeus  Ambrosinus,  im  Jahre  1642  in  Bologna  herausgegebenen  Foliowerk 
des  Grafen  Ulysses  Aldovrandi  ,Monstrorum  historia"  auf  Seite  16  bis  18  finden. 

Fig.  5.  Haarmensch  weiblichen  Geschlechtes  (Hypertrichosis  universalis)  Namens 
Tognina.  Sie  lebte  im  16ten  Jahrhundert  in  Parma  und  ist  die  Tochter  von  Fig.  1  und 
somit  die  Schwester  von  Fig.  2  und  3.  Mit  Fig.  4  ist  sie  wahrscheinlich  identisch.  Diese 
Figur  ist  nach  einem  Kupferstiche  von  Giacomo  Franco  angefertigt,  welcher  ungefähr 
25  cm  hoch  und  15  cm  breit  ist  und  sich  in  der  Kupferstichsammlung  der  kais.  kön.  Hof- 
bibliothek in  Wien  befindet.     (Man  vergleiche  Seite  173.) 

Fig.  6.  Haarmensch  männlichen  Geschlechtes  (Hypertrichosis  universalis).  Er 
heisst  Horatius  Gonzales  und  lebte  in  Rom  am  Schluss  des  ißten  oder  in  der  ersten 
Hälfte  des  17  ten  Jahrhunderts.  Das  Original  zu  dieser  Figur  ist  ein  Kupferstich  ohne  Stecher- 
namen, ungefähr  25  cm  hoch  und  15  cm  breit,  aus  der  Kupferstichsammlung  der  kais.  königl. 
Hofbibliothek  in  Wien.     (Mau  vergleiche  Seite  177.) 

Fig.  7,  Der  jüngste  bekannte  Haarmensch  (Hypertrichosis  universalis).  Er 
ist  der  36  Stunden  alte  Sohn  der  Julia  Pastrana  nach  dem  in  Pränschers  Museum 
befindlichen  ausgestopften  Originale  gezeichnet  von  Herrn  Maler  A.  Dworzaczek.  (Man 
vergleiche  Seite  180.) 

Tafel  VIII. 

Fig.  1.  Vorderansicht  eines  geisteskranken  Mannes  mit  sehr  ausgedehnter  Hypertrichosis 
partialis.     (Man  vergleiche  Seite  185.) 

Fig.  2.  Hinteransicht  desselben  Kranken.  Beide  Figuren  sind  nach  Aquarellen  ausgeführt, 
welche  Herr  Maler  A.  Dworzaczek  nach  der  Natur  angefertigt  hat.    (Man  vergleiche  Seite  185.) 

Fig.  3.  Abnorme  Behaarung  der  Ohrmuschel  bei  einem  alten  Herrn.  Ansicht 
des  rechten  Ohres  nach  einer  Skizze  des  Autors  nach  der  Natur.    (Man  vergleiche  Seite  187.) 

Fig.  4.  Abnorme  bilateral  -  symmetrische  Ausdehnung  der  Augenbrauen  bei 
einem  jungen  Manne.  Ansicht  der  linken  Seite  nach  einer  Skizze  des  Autors  nach  der  Natur. 
(Man  vergleiche  Seite  187). 

Fig.  5.  Heterogenie  der  Behaarung  bei  einem  18  Jahre  alten  Mädchen.  Die  Pubes 
setzen  sich  längs  der  Linea  alba  bis  über  den  Nabel  aufwärts  fort.  Nach  einer  Photographie 
des  Herrn  Photographen  Carl  Günther  in  Berlin.     (Man  vergleiche  Seite  191). 

Fig.  6.  Heterogenie  der  Behaarung  bei  einer  Dame  in  den  Vierzigern.  Die  abnorme 
Behaarung  sitzt  in  der  Mittellinie  der  Brust  und  auf  den  Brü.sten  ausserhalb  der  Warzenhöfe. 
Nach  einer  Photographie  des  Herrn  Photographen  Carl  Günther  in  Berlin.  (Mau  ver- 
gleiche Seite  189). 


Die    Bejali. 

Von 

Robert  Hartmann. 

(Fortsetzung). 


Im  Folgenden  will  ich  zunächst  eine  Aufzählung  der  von  mir  unmittelbar 
zu  den  Bejah  gerechneten  Volksstämme  und  ihrer  Wohnsitze  zu  gehen  ver- 
suchen. 

1.  Äbäbde/i,  Sing.  Ahhüdh  Klunzinger  ist  der  Ansicht,  dass  des 
Plinius  Gebadei  jenes  Volk  im  Alterthume  bedeuteten.  Die  Abäbdeh  seihst 
behaupten,  so  sagt  unser  Reisender,  sie  stammten  von  den  Ginn  d.  h. 
Geistern  oder  Berggeistern  ab,  was  wohl  soviel  heissen  soll,  als  dass  sie 
Autocbthonen  seien.  ^)  Im  Palaste  R'amses  III.  zu  Medinet-Abü 
werden  besiegte  Häuptlinge  von  Km  dargestellt,  die  Chefs  von  Turses 
und  Targiva^  beide  Schwarze.  Für  den  Namen  Turses  weiss  ich  noch 
jetzt  keine  Beziehungen  zur  Neuzeit  anzugeben.  Tarcuca  erinnert  sehr 
au  Daräül,  ein  südlich  von  Qorosqö  gelegenes  zerstörtes  Heim  unseres 
Bejah  -  Stammes.  ^)  Die  heutigen  Abäbdeh  betrachten  Dariiü  in  Ober- 
aegypten,  in  der  Muc/lneh  von  Assüan  gelegen,  als  ihren  Stammsitz. 
Von  dort  sind  auch  ihre  Häuptlinge  gekommen.  Sie  leben  in  der 
arabischen  Wüste  durch  die  Gouvernements  Qeneh  ü  Esneh  (Ober- 
aegypten  und  Nordnubien  bis  Wädt-  IJal/ah'),  Berber  ü  Donqolah  (Nubien 
von  Wädl-llalfah  bis  nach  ILalfäjeh  am  oberen  Nil),  Taqä  und  Sennär  hin. 
Hauptsächlich  bewohnen  sie  die  arabische  Wüste  zwischen  Nil  und  rotliem 
Meere.  Hier  nomadisu'en  dieselben  unter  Zelten.  Ferner  besorgen  sie  haupt- 
sächlich den  Kameeltransport  zwischen  Qeneh  und  Qi/sfr,  zwischen  Qorosqö 
und  Abü-Uammed,  zwischen  Dabbeh  und  \arff/m.  Sehr  ansehnliche  ^uji'/'/ 
oder  Slüx-d- Genial,  d.  h.  Kameel-Schekhs,  lieferte  in  unseren  Tagen  die 
angesehene  und  weitverbreitete  Familie  der  Xall/uh,  welche  ihre  Sitze  zu 
Daräü,  Assüän,  Qorosqö,    Wädi-7/a//r///,    Donqolah- el-Ürdü    oder  el  Urdü 


1)  Bilder  aus  Oberaegypten.  der  Wüste  uud  dem  lutbeu  Meere.     Stuttgart  1877,    S.  245. 

2)  Nigrilier  I.  S.  62. 


196  Ro*^-  Hartmann: 

(Donqolah-el- GW^'c^e;  Urdl-Dunqulah  im  Berber- Jargon),  Dabbeh,  Abü- 
Hamined^  Berber,  Xartfon  und  Sennär  hatte.  Im  Jahre  1860  leiteten  den 
Karawanentransport  zwischen  Wädi  -  Half  ah  und  Ordü  AKmed-Hasan- 
Xaltfah  und  sein  Sohn  Sollmäu- el-i/rt^^f,  zwischen  Dabbeh  und  XartRm 
dagegen  All-  Xalffah  von  Ordü.  Letzterer  campirte  damals  unter  Matten- 
zelten mitten  zwischen  Gestrüpp  von  El-'Ud  (L'aöd,  Aracia  pterijgocarpa)^ 
Sef/a  {Maerua  crassifoliaf),  Säü  oder  Suaq  (Salvadora  persica)^  Crozophora^ 
Tundub  {Capparis  sodada),  Taqar-qä  {Pulicaria  imdidata')^  S'iä  (Artemida), 
'0.sur  oder  'Oser,  '  User  (Calotropis  procera)  und  Gramineen  in  der  Steppe 
(Ei-yälaJi)  südöstlich  von  Dabbeh.  Die  übrigen  Sujüx  wohnen  lieber  in 
den  oben  bezeichneten  Ortschaften  in  z.  Th.  recht  stattlichen  und  für 
dortige  Verhältnisse  wohleingerichteten  Lehmhäusern.  Die  Familie  Xallfah 
liefert  den  Grosshäuptling,  Ä^-el-Keblr,  der  gewöhnlich  in  Abu- Hanmied 
wohnt.  Er  ist,  wie  sein  ganzes  Volk,  den  Aegyptern  unterthan,  denen  er 
als  Generalaufseher  der  zum  rothen  Meere  und  zum  Sudan  führenden  Strassen 
dient.  Er  zahlt  dem  Xedhve  keinen  Tribut,  macht  aber  diesem  oder  jenem 
Mudir  Geschenke.  Er  hat  Privatvermögen,  besteuert  aber  auch  alljährlich  seine 
Stammesgenossen  an  Geld  und  Naturalien  und  zwar  in  einer,  von  ihm  und 
seinen  Gehülfen  berechneten  Höhe.  ^) 

Die  Abähdeh  sind  nicht  mehr  durchweg  Nomaden.  Sie  sind 
z.  Th.  ansässig  geworden,  betreiben  Ackerbau  und  selbst  Handwerk  oder 
Handel.  Manche  strolchen  jetzt,  ähnlich  den  Ga'alin,  als  Kleinkrämer  im 
Sudan  herum.  Diejenigen  am  rothen  Meere  treiben  Fischfang  und  leben 
auch  meist  von  dessen  Ertrag.  Sie  bereiten  selbst  Salzfische  zu  und  ver- 
treiben dieselben  als  Provision.  Klunzinger  und  Andere  betrachten  diese 
Küsten -Aöäbdeh  mit  Recht  als  Repräsentanten  der  von  den  alten  Schrift- 
stellern sogenannten  Ichthyophagen.  Andere  verdienen  ihren  Unterhalt  durch 
Holzsammeln,  Kohlenbrennen,  durch  Einsammeln  von  Wüstendroguen 
(Sennes,  Koloquinte,  Gummi),  durch  Wasserholen  und  durch  sonstige 
Tagelöhnerdienste  an  den  Karawanenstrassen,  und  Telegraphenlinien  etc. 
Klunzinger  giebt  an,  dass  die  im  Nilthale  ansässigen,  Ackerbau  treiben- 
den Abähdeh  dort  gern  bei  einander  bleiben,  eigene  Dörfer  bilden  und 
sich  nicht  leicht  mit  Fellälun  vermischen  (A.  o.  a.  O.  S.  256).  Ich  kann 
diese  Angaben  nach  meinen  eigenen  Wahrnehmungen  nur  schlichtweg 
bestätigen.  Unserem  Gewährsmannne  zufolge  beträgt  die  Anzahl  der  Abäbdeh 
gegenw  artig  etwa  30  000.  Ihre  Stämme  heissen  nach  meinen  Erkundigungen 
Anbäb^  iVlelikäb,  Nimrüb,  Sawätir.  Ich  weiss  aber  nicht,  ob  diese  Liste  als 
eine  vollständige  betrachtet  werden  dürfe. 

E.  Prisse  und  Horeau  halten  auch  die  Benl-Wänl  bei  Monfalüt 
und    Minleh,     die    unter    dem    Grade    von    Beni  -  Süef    am     rothen    Meere 


1)  Vergl.  Kluiiziii£rer  a    a    0.     S.  250  ff. 


Die  Bejah.  197 

hausenden    MeHäse/i     und    die     llairfffit     des    Istbraus    für    Verwandte    der 
Abäbdeh.  i) 

2.  Die  Besärhi,  ßisärin,  Bimriab,  Bisörlb.  Sie  sind  die  Hflri  der 
Hieroglyphen.  Ihr  Staramhind  erstrekt  sich  als  Edbal  (Etbäl,  Edbä,  DebbäT, 
Debba,  Debei)  in  der  arabischen  Wüste  zwischen  23  und  10"  N.  Br.  In 
diesem  meist  einer  Steppe  (S.  128)  ähnelnden  Territorium,  in  welchem  die 
Fächerpalme  Anjr/n  oder  Deläz  (IJijphaene  Argun)  manches  einzelne  Wiidi 
schmückt,  erhebt  sich  der  Sotorbd  oder  Sotirbä  in  Richtung  v.  N.  W.  nach 
S.  0.  Auf  ihm  erreicht  ein  Hauptgipfel,  der  Olbä  oder  Elba  unter  22" 
N.  Br.  eine  Meereshöhe  von  5  000  Fuss.  Die  Beklrin  sind  meist 
Nomaden,  sie  leben  zerstreuter,  sind  wilder  und  durchweg  auch  weniger 
bekannt,  als  die  Abäbdeh.  Dem  Diwan  zahlen  nur  einige  ihrer  Stämme 
und  selbst  diese  nur  zeitweilig,  Tribut.  Wenn  in  Cairo  u.  s.  w.  aus 
Kegierungskreisen  das  Gegentheil  berichtet  wird,  so  beruht  dies  aller- 
meist auf  eitler  Renommage.  Ihre  Anzahl  mag  50  000  —  60  000  be- 
tragen, indess  gründet  sich  auch  dies  mehr  auf  Vermuthung  wie  auf 
reale  Abschätzung.  Ein  Gross -Ä7  existirt  bei  ihnen  nicht.  Ich  kenne 
folgende  /imZ/v«  -  Stämme:  Iladäreb  im  Gebiete  von  Sawäkin.  Sinterdb, 
nördlich  davon.  Besarln  (sie)  am  Soforbä.  Heljäb,  theilen  sich  in  Beljäb 
und  Araräb.  Man^üräb.  Hammedäb  oder  Hamdclb.  Amrär.  Dam  -  liatäb. 
Hammed-Äll.  Bai  rem.  Nefa'äb.  Hammah.  Ilannläb.  Samlär.  ArtlqHb.  Biränäb. 
Gemeläb.  Saräb.  Gurgäb.'-)  Diese  Liste  ist  sicher  noch  nicht  vollständig. 
Die  vielfach  darin  vorkommende  Endung  ab  mahnt  direct  an  eine  in 
der  ^^/ö/i- Sprache  herrschende  Fluralbildung. 

3.  Die  Täqa- Stämme: 

a)  Üalenqä  oder  Halänqd,  Sing.  llaUnql  oder  auch  (weniger  gebräuchlich) 
Halenqäm.  Sie  bilden  den  Hauptkern  des  Volkes,  des  Nas-el-Beled 
oder  Näs-el-Tiu,  Gim-el-Tln,  von  Beled-Täqä.  Sie  halten  sich  be- 
sonders in  XadiHln,  Hellet- el- Serif,  Abrrt,  Dabab  oder  Debäb  und  in 
A'asa^a A  (-el-Lüz)  der  Landeshauptstadt.  =^)  Sie  sollen  ursprünglich 
Abyssinier  (Habm)  sein  und  nach  einer  Version  aus  Hamazün, 
nach  einer  anderen  aus  Seräwi  herstammen.*)  Die  Bewohner  von 
Hainazini  rechnet  Rueppell  zu  seinen  sogenannten  Aethiopiern.  *) 
Er  will  wohl  hiermit  die  Aehnlichkcit  eines  Theiles  der  x\byssinier 
mit  den  echten   Bejah  andeuten.     Ihr  Sey,  residirt  zu  Dabäb. 


1)  L'Egypte  moderne.     Paris  1848,  p.  112.     Hartmann,  Nigritier  S.  336. 

2)  Vergl.  Nigritier.  S.  338.  Die  von  mir  an  diesem  Orte  gebrauchte  Rechtschreibung  der 
Tribusiiameu  der  Beiurin  ist  der  im  citirten  WerJje  augewendeten  vorzuziehen. 

3)  Vergl.  Hunzinger:    Ostafrikanische  Studien,  Schaffhausen  1864,  S.  81. 

4)  Vergl.  Munzinger  a.  0.  a.  0.  8.  81.  (Munzinger  schreibt  Saraö.  Vergl.  Heuglin 
Reise  nach  Abyssinien.  Jena  18f.8,  S.  129).  Ueuglin's  Schreibweise  ist  die  meinige,  auf 
Manuskripten  gefundene.     Lejean  schreibt  Seraoue  [Le  Tour  du  Monde  1865,  I,  p.  107). 

5)  Reisen  in  Abyssinien.     Frankfurt  a.  M.  1840,  II,  S.  324. 


198  Rob.  Harlmann: 

b)  Hadendäwa^)  (Sing-  Hendäicl  oder  IJendäwa).  Sie  nehmen  die  Steppen- 
gebiete zwischen  dem  Westufer  des  Xör-el-Barakä  und  dem  Ostufer 
des  Atbärah  etwa  unter  16 — 17"  N,  Br.  ein.  Unter  allen  Täqä- 
Stämraen  stehen  sie  den  Bemrm  am  nächsten.  ^)  Ihr  Gross -Ä^^X 
(Müsä)  residirt  zu  Mifqinäb.^)  Uebrigens  haben  sie  ausserdem  noch 
Niederlassungen  zu  Filiq,  Maraan  etc.,  dehnen  auch  ihre  Wanderungen 
bis  gegen  Sawäkin  hin  aus.  Während  die  Halenqä  z.  Th.  schon 
mehr  Ackerbauer,  Kaufleute  und  Industrielle  geworden  sind,  sich 
namentlich  zu  Kamlah  und  Dabäb  mit  anderen  Bejah^  mit  Gaalln^ 
Awlad-el-Rif  (d.  h.  Aeizyptern),  Beräbra,  Nigritier-Sklaven,  Tekärine,  *) 
selbst  mit  Türken,  Bäsi-  Bozüq  (also  auch  Arnauten  und  Griechen) 
vermischt  haben,  sind  die  Iladendäwa  mehr  Nomaden  und  reiner  von 
Vermischung  geblieben. 

c)  Die  Säbderät:  Sie  bewohnen  die  Gegend  am  \ö)'-Aöhe  oder  ORRe 
östlich  von  Ka>ialah.  Ihr  Hauptort  ist  Hellet-  Säbderät.  Sie  sollen  vom 
Anseba  herstammen  und  ursprünglich  Agäü,  also  Verwandte  der  Bogos 
und  Mensa,  gewesen  sein.  Lejean  möchte  sie  mit  den  Soboridae 
des  Ptolemaeus  identificiren.  ^) 

d)  Die  Siquläb  oder  Siqiläb,  bewohnen  den  Atbärah,  oberhalb  Qpz-Regib. 
Sie  sind  den  Bemrin  verwandt,  wenn  auch  weniger  nahe  als  die  vorigen 
und  sind  stark  mit   Gaalhi  gemischt. 

e)  Söbäb,  über  deren  Wohnsitze  ich  nichts  Näheres  zu  sagen  weiss. 

f)  Die  Hoinrän  oder  Hamrän,  Sing.  IloinränJ,  Hamränt^  seltener  Hainri, 
erstrecken  sich  nördlich  vom  SeUt^  östlich  vom  Atbärah  und  westlich 
vom  Bazen  etwa  zwischen  14  —  15*^  N.  Br.,  36  —  2>1^  0.  L.  Grecnw. 
Ihr  Gross  -  Äfe'/  Awad  residirte  1859  —  63  zu  Tömät  oder  Tümät 
gegenüber  dem  Einflüsse  des  Seilt  in  den  Atbärah.  Ich  weiss  nicht 
ob  er   noch  lebt.     Steudner    identificirt   diesen  Sex   der  llomrän   mit 


1)  IbräKlm-el-Faqlh  welcher  letzten  Herbst  mit  Haf^enbecks  Nubiern  in  Berlin  war, 
schrieb  mir  dies  Wort  in  folgender  Weise  auf:  UuXJiAP  —  also  Hadenduä.  Obige  Schreib- 
weise rührt  u.  A.  vom  Gross-Ä;/  der  Sukurleh  ' /«^arf-el- Kerim,  einem  sehr  unterrichteten 
Häuptlinge,  her. 

2)  Dies  scheint  auch  Hunzinger  anerkennen  zu  wollen.     A.  o.  a.  0.  S.  81. 

3)  Unter  den  Hadendäwa  benannte  sich  früher  eine  um  Mitqinab  her  wohnende  Ferqeh 
selbst  nach  diesem  Ort.  (Vergl.  hiermit  die  im  vorigen  Heft  S.  134  nach  Lepsius  gegebene 
Aufzählung  der  rebellirten  Täqä- Stämme). 

4)  In  der  Darstellung  des  Prof.  Virchow  in  dieser  Zeitschr.  Heft  VI,  1878,  Ver- 
handlungen S.  337,  lese  ich,  dass  Nachtigal  sich  vergeblich  bemüht  habe,  irgend  wo  einen 
Stamm  ,Takrüri  zu  entdecken."  Ein  solcher  konnte  aber  überhaupt  nicht  gesucht  werden, 
namentlich  nachdem  die  Bedeutuiig  der  Namen  Tekärine,  Sing.  TeknirT  (S.  vor.  Heft  S.  118) 
und  Tukiiler  (Toucouleurs  der  P'ranzosen)  durch  Hurckhardt,  Beke,  Seh weinfurth^ 
Faidherbe,  Wetzstein,  Haker  und  durch  mich  bereits  aufgeklärt  worden  war.  Das 
(halbmythische)  Reich  Teknir  könnte  wohl  auf  ähnliche  Weise  entstanden  sein,  wie  neuerdings 
Qalabät,  Qedäbi  und  Qedäwi  in  einer  entgegengesetzten  Gegend, 

5)  A.  0.  a.  0.  p.  IIb. 


Die  Bejah.  199 

dem  oben  genannten  .{irad-el-Kerini,  letzterer  Sohn  des  bekannten  Gross- 
S^x  der  Stdunc/i,  und  späteren  MudJr  von  Xartüm^  Aliined-  Hey-  Ahfi- 
Sinn.  ')  Mit  welcliem  Recht  dies  geschehen  ist,  lasse  ich  dahingestellt, 
bezweifle  indessen  diese  Identität  aus  mancherlei  Gründen.^) 
g)  Die  Bem-Amr  oder  hem-Vlnnr.  (Heuglin  schreibt  auch  BenT- 
Aämer'^)  östlich  vom  \'ör-el-ßarakä,  zwischen  diesem  und  dem 
Küstengebirge  etwa  zwischen  16  —  18"  N.  Br.  und  ;^6  —  37"  0.  L. 
Greenw.  wohnend.  Sie,  sowie  die  zugehörigen  Jlälkota*)  werde  ich 
mit  den  llabäb  weiter  unten  besprechen. 
4.  Es  folgen  nun  eine  Anzahl  Stämme,  welche  zwar  geographisch 
z.  Th.  noch  zu  Taqli  gehören,  politisch  jedoch  zur  Mudlrieh  Sennär  hinzuge- 
rechnet werden  müssen. 
Es  sind: 
a)  Die  Sukunch.  Sing.  Sukün^  manchmal  nach  ihrem  weit  bekannten  und 
viel  geehrten  Gross -*S^7  das  Näs -Abu -Sinn  genannt.  Sie  bewohnen 
das  siüsgedehnte  Dar- el-Sukurleh,  welches  sich  nach  Norden,  bis  zum 
Atbärah  und  über  das  El- Ilawede  genannte  Steppengebiet,  westlich 
bis  zum  Ka'ad  und  südlich  bis  zum  blauen  Flusse  erstreckt.  Ihr 
Volksname  stammt  nach  den  Angaben  des  MoKammed^  Wekil  des  Sey,- 
llammed  Wö'ad- (Wolled-)  Abu -Sinn,  von  Hiih\  Sukiir  her,  einem 
mächtigen  Sex,  der  sich  die  übrigen  Suji'r/,  unterworfen  hatte.  Sie 
sollen  früher  am  Dull-AV/i  gehaust  haben.  Einer  ihrer  Sujüx  hat 
eine  Tochter  des  Sultan  von  Sennär  geehelicht  und  mit  dieser  drei 
Söhne  gezeugt.  Von  diesen  sind  angeblich  die  QabäU  Jlasandb^ 
Derrisäb,  Tikent  gegründet  worden.  Die  Sukurieh  sollen  früher  den 
Nil  nicht  gekannt,  nachdem  sie  ihn  aber  vom  Xrli -Berge  aus  entdeckt, 
A'deq  genannt  haben,  dies  weil  er  gutes  Wasser  führte.  O'deq,  heisst 
in  der  iJ^^'^aÄ  -  Sprache  Wasser,  Teich,  See.  Mir  wurde  erzählt,  dass 
L'Adeq  (arabisirt  von  El-A'deq  oder  El-O'deq)  bei  den  Sukurieh  und 
Qöähil  den  „Nil",  d.  h.  den  blauen,  Balir-el-azroq^  bedeute.*)  Viele 
Sukurieh  betreiben  jetzt  Ackerbau,  Zucht  von  Standvieh  und  manche 
Industrie  in  gefälligen  Lehmhäusern  (S.  196),  deren  man  zu  Rufa'. 
Ahn- Jlaräz,  Sennär  und  Mesalamleh  antrifft.  Andere  haben  nur  runde 
Strohhütten  (Toqüle)  zu  Hellet- Ali- Q^oriüh,  Q^oz -Rir/ib,  Hellet  Sflq 
Abu- Sinn,    QanFirah,  Qanniirah    (in  Qedärif)    u.  s.    w.      Noch    andere 


1)  Zeitschr.  f.  allgem.  Erdkunde,  Neue  Folge,  Bd.  XVII,  S.  49. 

2)  Mit  \4icnd-e\-Ktr\xa  haben  wir  persönliche  Bekanntschaft  fjemarht.  Derselbe  erwähnte 
durchaus  nichts  von  etwaigen  Beziehungen  zu  den  Homrän,  welche  letzteren  mir  stets  als  ein 
von  den  Sukurieh  unabhängiger  Stamm  geschildert  wonien  sind. 

3)  Reise  in  Nordost -Afrika.     Braunsohweig  1877,  I,  S.  271. 

4)  Die  vorigen  Herbst  in  Berlin  anwesenden  Idrls-  und  Hammed-Häiköta  Hessen  die 
Aspiration  im  H  deutlich  vernehmen. 

5)  llartmann:    Nigritier  J,  S.  342.     Werne:    Reise  nach  Mandera  etc.     S.  90,  98. 


200  Rob.  Hartmann: 

ziehen    mit  ihren  Mattenzelten    nomadisirend    durch    die  Steppen.     Zu 
ihnen  müssen  folgende  Stämme  gerechnet  werden: 
rt)   GeKena  (Sing.   GeKni)    im  Norden    der    zwischen   Ra'ad    und  Dindir 

gelegenen  Landschaft  \ör-el-  Atsän. 
ß)  QöäJnl  (Qöä/iiä,    Koäyjah  Anderer),    von  Einigen  ^)  für  eine  Ferqeh 
der  vorigen  gehalten,  zwischen  Ra'ad  und   Dindir.    Ihr  »Srx  MoJißin- 
med -  Wolled -^ Es    campirte    zu    Hellet  -  Wolled -^ Es    am    westlichen 
Ra'ad -Ufer. 
/)  Debdällah    oder    Debdeleh    östlich    vom    mittleren    Ra'ad    bis    nach 

Qedärif  hin. 
d)  Rekübln,  wohnen  nordöstlich  vom  mittleren  Ra'ad.    Waren  früher  um 
den  Berg  Manderah    ansässig,    wo    sie    eine  grössere  Niederlassung 
Namens  El-Xerleh  gehabt  und  mancherlei  nunmehr  verfallene  Brunnen- 
bauten etc.   veranlasst  haben  sollen.    Sie  wurden  von  den  eigentlichen 
SukurJeh    aus    einem    Theile    des    dortigen    El-Bufänah    genannten 
Steppenlandes    nach     den    Bergen    JJaräi,    Abü-Sena     und    Qala' 
gedrängt. 
«)  Pruyssenaere    nennt   die    südlich  von  Saef  am  östlichen  Ufer  des 
Dindir    hausenden    Hamädi    oder   Rufa-el-^S^r^^)    des    Abu-  Ginn. 
Letzterer,    dessen    Wekil     MoHammed-Abü-Zebib    im    Jahre    1864 
Gouverneur  von  Deberkl  war,  residirt  zu  Saef.  ^) 
C)  Säbün  an  den   Gebäl-Ardüs  oder  Qardüs  und  ^  Ugelme  oder   Ogelnii. 
Sie  werden   so    nach   ihrem  Sex  i^/oÄ«wm^r7- Wolled-Abü-Säbfln  ge- 
nannt, dessen  Hauptlager   1860  am  Gebel- Qardüs  aufgeschlagen  war. 
rf)  Awlild-Abü  -  Simbil    um    den     Gebel -Gert    in    Dar-Roseres.      Die 
Stämme  'C  und    /;    nomadisiren    theils,    sind    aber    auch   in    einigen, 
zwisctien  Kärkiis  oder  Kärkög,  Kürkög  belegenen  Dörfern  angesiedelt. 
if)  Zabälat    oder    Abü-Gerid   in  Dar-Röseres,    und  Dar-Fazoqlo,    von 
Hellet- el-Ser/f  a,n  bis  nach  Där-el-Guinüz  hin.  ^) 
b)  Die  Abü-Röf,  Rüfäja.     (Eine  zuweilen  beliebte  Singularbildung  ist 
Rüfäi).      Sie  bewohnen    die    sogenannte    Gezlreh    d.  h.    das  Zwischen- 
flussland    von  Sennär  von  Wolled-Medlneh  (Wö'ad-Medenl)  bis   nach 
Fazoqlo.     Ursprünglich  ein  Zweig  der   GV<'o/m,  zu  denen  auch  SecpeK 
Mcrefäb  und  sehr  wahrscheinlich  die  Aläwln  gehören,   bilden  sie  jetzt 
einen    der    zahlreichsten    und    mächtigsten    5e;cfA- Stämme.      Sie    sind 
z.  Th.    in  Städten   und  Dörfern   ansässig,    namentlich   am  linken  Ufer 
des    blauen   Nil,    theils    nomadisiren    sie    durch    die  Xälät    und  Gäbät 
(Wälder)  von  Sennär.   Ihre  Hauptsitze  sind  ständig  am  Gebel -^•ä.&mZxn 
und    am    Gebel-  ISaqati.      Sr/-el-Kebir    ist    zur    Zeit    Melik  -  Wö'ad 


1)  U.  A.  von  Steudner  a    o.  a.  0.  S.  47. 

2)  Peter  mann  Mittheilunjren,  Ergänzungsheft  51,  S.  24. 

'.i)  Vergl.  Werne  Reise  nach  Mandera  S.  71  und  Nigritier  1,  S.  343. 
4)  Nigritier  S.  344. 


Die  Bejah.  201 

(Wolled)  -  Abü-Köf  Wö'ad-Idris  Abu-  Röf.  Sie  dehnen  ihre  Wanderzüge 
während  der  Regenzeit —  El-Xarlf,  bis  nach  Xör-Tumbaq  und  Hellet- 
Abü-Qönes  (oder  Abu  Gönes?),  ferner  durch  das  Tümät-Thal  bis 
gegen  Benl-ßonqölo  hin  aus.  Hier  schlagen  sie  sich  fortwährend  mit 
Denqa,  Ber-tä  und  Berün  herum,  deren  Angehörige  sie  auch  häufig  in 
die  Sklaverei  entführen.  Während  der  trocknen  Zeit  —  El-JIetä^  el-Sef — 
gerathen  sie  nordwärts,  gegen  den  Moqren  des  Nil  hin,  mit  Easänleh 
und  mit  Aläwm  in  Streit.  Im  Xarif  schlagen  sie  ihre  Düär  oder 
Zeltlager  in  den  Bergen  der  Fun(/  oder  in  der  Nähe  des  blauen  Nil, 
namentlich  auf  der  Strecke  von  Hc'debät  bis  Sern  oder  Sero  hin,  auf. 
Zu  ihnen  gehören  die  eigentlichen  Abü-Kof  des  Sex  Melik-Idrls,  die 
Beduinen  des  Wolled -Merdüs  um  Hedebät,  und  die  Qimräb,  letztere 
eine  grosse  nördlicher  hausende  Ferqeh. 

c)  Die  El-ÄlCacJn  (von  Manchen  nicht  richtig  Lahauin  geschrieben.  Hier 
sind  Artikel  und  Eigenname  zusammengezogen  und  ist  letzterem  ein 
he  eingeschoben,  was  nach  des  Melik  Regib- Adlän,  der  Gehäl-el-Fung 
Angabe  keine  Berechtigung  hat).  Sie  wohnen  an  verschiedenen  Punkten 
von  Sennär,  namentlich  im  Nordwesten  der  Gezvreh,  am  blauen  Nil 
zwischen  14— 15^  N.  Br.,  um  Mesalamieh  \xnA  Abii - Haräz .  Zu  ihnen 
gehören  die  sich  bis  Xartfim,  Qöz-SolTmänieh  und  Omm-Durmän 
erstreckenden  GemcTfeh,  denen  man  auch  wohl  an  den  Darb-el-Bejü- 
dah  und  Darb-el-  Güif,  d.  h.  an  den  zwischen  Dabbeh  oder  Abü- 
Döm  und  Xarmm,  zwischen  Nüri  und  Sendi  fährenden  Karawanen- 
strassen,  begegnet. 

d)  Dabenah,  Dabälnah,  Dabafia,  DubbäniO  zwischen  oberem  Atbnrah  und 
oberem  Ra'ad.  Ein  zahlreicher  Stamm,  dessen  Sr/  J.<://<:7«-Wolled- 
Sä'id  oder  Zed  bald  zu  Döqä  bald  zu  Tömüt  haust. 

e)  El- Hasameh,  Sing.  Hasänl.  Ein  zahlreicher  Stamm,  welcher  sich  von 
Donqolah  an  durch  die  Bejüdah- Steppe  bis  nach  Kordüfan"^)  und  an 
dem  BaTir-el-abjad  bis  zur  Höhe  von  Türat-cl-lla:rah  erstreckt. 
Th.  Kotschy's  hinterlassenen  Tagebüchern  entnehme  ich,  dass  die 
Hasanieh  am  weissen  Nil  bis  zum  Steigen  der  Wasser  bleiben,  dann 
aber  mit  ihren  Heerdeu  auf  höheres  mehr  im  Inneren  gelegenes  Terrain 
ziehen.  Hier  bebauen  sie  Waldlichtungen  mit  Durrah  und  Baumwolle, 
begeben    sich    aber    bei  Beginn    der    trocknen  Zeit   wieder  nach  dem 


1)  Im  Arabischen  des  Ost -Sudan  wird  das  Wort  bald  mit  langem  e-Laiit  (dies  z.  15.  im 
Sennär),  bald  breit  äl  oder  äi  (so  z.  B.  im  Täqä)  ausgesprochen.  In  ähnlicher  Weise  sind 
die  Schreibweisen  Seqieh  und  Säiqieh,  Debdüllah  oder  Debdi-leh,  Roseres  unil  Rösäires  etc. 
zu  verstehen. 

2)  Bejiidah  ist  der  sprachlicü  geläiüige  Ausdnick  für  die  grosse  zwischen  der  doiuiolanisohen 
Nilkrümmuug  und  dem  Moqren  (i.  e.  Conlluens  des  Niles)  sich  ausbreitenden,  eigentlich 
Bahjtulah  zu  schreilienden  Xälah,  welche  sich  westwärts  in  dem  quer  durch  Afrika  gehenden 
kordufanisch - furischen  Thal  der  Steppenzoue  fortsetzt,  deren  westlichsten  Ausläufern  wir  wieder 
an  der  Nigerkriimmung  bei  Timbuktü  und  am  Ostufer  des  Senegal  begegnen. 

Zeiuohrifc  für  Etbuologie.     Jahrg.  187^.  " 


202  Rob.  Hartmann: 

Nile  zurück.  Sie  beschäftigen  sich  grossentheils  mit  Schaafzucht, 
etwas  Ackerbau,  mit  Jagd,  Holzfällen,  Kohleubrennen,  und  verdingen 
sich  wohl  auf  der  Mcmgerah^  Werfte,  als  Gehülfen  beim  Schiffbau. 

f)  Die  Kabäbf^,  Sing.  Kabbäsf,  von  El-Kebs^  das  Schaf.  Sie  bewohnen 
die  westliche  Bejüdah,  einige  südliche  Oasen  und  Awdiat  der  libyschen 
Wüste,  wie  El-Qab,  Tätt^  Xi"^'''»  ^'■''^^  ^^c-j  ferner  Kordüfän  und  zwar 
bis  zur  furischeu  Grenze  hin.  Von  ihren  Qabäil  kennt  man,  ebenso 
wie  von  den  Hasanleh,  erst  noch  wenig.  Man  nennt  die  Nüräb-Türat- 
el-Hazrah^  Giljän,  Kebsäb,  ^tawteh,  Blrär,  'Amir,  Aw\ü.d- OqbaJi,  Awläd- 
el-Mawta'a^  Sirr/äb,  Fez-AW^^.  Sie  sind  Nomaden,  welche  während 
des  \arlf  sich  hier  und  da  anbauen,  unter  Mattenzelten  oder  eckigen 
Strohhütten  campiren.  Einige  haben  sich  zu  Bärah,  El-Obed,  Abü- 
Hai'äz,  Melbes,  Omm-Qenäneh  u,  s.  w.  niedergelassen.  Ihr  S(';(-el- 
Keblr  wohnt  zu  Melbes. 

g)  Die  Baqära  (Baqqära)  Sing.  Baqäri,  von  El-Baqr  die  Kuh,  einer 
der  zahlreichsten,  kühnsten,  mächtigsten  Bejah  Stämme,  wohnen 
am  weissen  Nile  etwa  zwischen  11°  und  14*^  N.  Br.,  in  Kordüfän  und 
in  Där-Ferfd,  dann  am  blauen  Nile,  in  zerstreuten  Qabäil  in  der 
Gezireh  von  Sennär,  in  Fazoqlo  und  in  Täqä.  Sie  zerfallen  in  mehrere 
grössere  Fereq:  a)  Die  Baqära-Sellmi  in  der  Serq-el-Aqabah  in  Ost- 
Kordüfän  (Dar- el- Baqära  noch  1864  genannt).  Zu  ihnen  gehören  die 
meisten  der  im  Gebiete  des  BaUr-el-azroq  umherwohnenden  Bejah. 
dieses  Stammes,  so  z.  B.  diejenigen  des  Se%  MoKammed  ^Abd-el-  WüKed 
zu  Roseres.  In  Täqä  gewinnen  diese  unternehmenden  Leute  neueren 
Nachrichten  zufolge  mehr  und  mehr  Terrain,  b)  B.-Hmcä,  c)  B.- 
Haioäsm  in  Kordüfän  nördlich  von  den  Selimi.  d)  B.-Hamr  im  Där- 
liami\  West -Kordüfän.  c)  ]lomi\  ob  identisch  mit  den  vorigen,  ob 
selbstständig,  ist  noch  ungewiss.  Sollen  nördlich  vom  Qäläqah,  Qä- 
lläq  oderKl-iläq  hausen.-)  f)  B.-Qenäneh,  nördlich  von  den  iiawaÄW, 
westlich  vom  BaJir-el-abjad,  zwischen  12  und  13"  N.  Br.,  haben  ver- 
schiedene Niederlassungen  im  Gebiet  von  Sennär  und  von  Täqä,  so 
z.  B.  zu  Döä,  am  mittleren  Ka'ad,  am  Gebel  Möjp  und  Gebel-  Saqatl  etc. 
g)  B.-IIabanieh  in  Süd-Kordütän,  direkt  nördlich  von  Takiah. 

Die  Baqära  sind  grossentheils  Nomaden,  Jäger  und  Räuber.  Ihr  Haupt- 
besitz sind  Zebu's.  Zu  Krieg  und  Jagd  verwenden  sie  auch  Pferde.  Aus  ihnen 
gehen  sehr  kühne  ^y/gagir  oder  Aqaqrr  d.  h.  Schwertjäger  hervor.  Letztere 
werden  selbst  von  den  Abü-Röf  =^)  und  von  anderen  Bejah-Siümmen  engagirt. 

1)  Vergl.  Nigritier  S.  346. 

2)  Ich  erhielt  letztere  Nachricht,  welche  ich  hier  ohne  weiteren  Kommentar  wiedergebe, 
von  den  im  Februar  1860  zu  Smt,  versammelt  gewesenen  Häuptern  der  furischen  Kara- 
wane, deren  hervorragendste  Persönlichkeiten  kiris-lmäm  und  ylli-l/>ralivm,  letzterer  typischer 
Qanyürl,  waren. 

3)  Vergl.  E.  Marno:  Keiseu  im  Gebiete  des  blauen  und  weissen  Nil  etc.  Wieu  1864, 
S.  264  tf. 


Die  Bejah.  203 

Viele  dieser  Leute  leben  aber  aucli  vom  Strassen-  und  Sklavcnraub  im 
Grossen.  Ihre  Gazwiit  oder  Raubzüge  dehnen  sie  zuweilen  auf  beträchtliche 
Entfernungen  hin  aus.  Manche  ärmere  Familien  führen  ein  elendes  Zigeuner- 
dasein in  den  Wäldern,  andere  und  das  nur  wenige  sind  in  Häusern  an 
verschiedenen  Ortschaften  von  Ost- Sudan  angesessen. 

Ausser  diesen  echten  und  unbezweifelbaren  Bojali  zähle  ich  hier  noch 
eine  Anzahl  Stämme  auf,  welche  bisher  meist  als  „reine  Araber,  Hedjaz- 
Araber,  Koreischiten"  und  unter  anderen  unsicheren,  missverstandenen  und 
willkürlichen  Benennungen  aufgeführt  worden  waren.  Ich  habe  aber  sehr 
triftige,  unten  noch  weiter  auszuführende  Gründe,  auch  diese  hier  näher  zu 
classificirenden  Stämme  den  Bejah  anzureihen.     Es  sind  das 

1)  die  schon  viel  genannten  Gaalin  Sing.  Gaalt.  Sie  erstreckten  sich 
ursprünglich  längs  des  Niles  von  Ulüq  in  Där-Donqolah  bis  in  den  Süden 
von  Där-Sennär  hinein.  Ein  zahlreiches  und  mächtiges  Volk,  haben  diese 
Gaalin  vielfache  verwandtschaftliche  Verbindungen  mit  den  Beräbra-Stämmen 
der  Kenüs,  MaKnsi  und  Danäqla.  Wenn  ich  an  mehreren  Orten  den  Aus- 
spruch gethan,  die  Gaalin  bildeten  den  Uebergang  zwischen  Beräbra  und 
eigentlichen  Bejah  (^BeSärln,  Sukurieh  etc.)  so  möchte  ich  jenen  Ausspruch 
nunmehr  dahin  präcisiren,  dass  die  Gaalin  ein  Z?eya/i-Stamm  seien,  welcher 
durch  zahlreiche  Kreuzungen  mit  Berabra ,  namentlich  Danäqla,  diesen 
nubischen  Ansässigen,  physisch  z.  Th.  ähnlicher  geworden  sei  und  welcher 
auch  innerhalb  seiner  Wohnsitze  in  Där-Donqolah,  und  Dar- Seqleh,  die 
Rötäna-Berheneh,  das  Berberwelsch ^)  sich  angeeignet  hätte.  Sie  zerfallen 
in  eine  Anzahl  Unterabtheilungen.  Die  vornehmste  derselben  sind  die  Seqieh 
oder  Säiqieh,  Sing.  SeqJ  oder  Säiqi  in  Där-Srqleh  (S.  121),  welches  sich 
am  Westwinkel  der  grossen  nubischen  Nilkrümmung  bei  Dabbeh  bis  über  den 
Ge6eZ- Barkai  hinaus  östlich  erstreckt.  Ihr  Hauptsitz  ist  Meräwl  am  östlichen 
Nilufer.  Nach  Osten  folgen  die  von  Gaalin  bewohnten  Landschaften  Där- 
iMonäsir  (Hauptort  Selilml.),  Där-Rohatät  (Hauptort  Abü-Hammed  am 
östlichen  Ufer,  wo  aber  die  Aöäbdeh  den  meisten  Einfluss  haben  —  S.  195) 
Dar- Berber  (Hauptort  Berber  oder  El-Meyenf\  El-Muxerif  am  östlichen 
Ufer,  Där-Ga'al  (Hauptort  El-Dämer  am  östlichen  Ufer).  Am  Letzteren 
liegt  dann  Där-Sendl  mit  der  Hauptstadt  gleichen  Namens,  auf  dem  westlichen 
aber  befindet  sich  Där-Metammeh  mit  dem  ebenso  genannten  Hauptorte. 
Hierauf  folgt  Där-Ualfäjeh  mit  dem  am  östlichen  Ufer  gelegenen  Hauptsitz 
desselben  Namens.  Ein  hervorragender  Theil  der  gemischten  Bevölkerung 
von  Xartüm  und  vom  Lande  Sennar  besteht  aus  Gaalin.  Das  Blut  der 
Letzteren  ist  hier  vielfach  vorherrschend.  Man  kann  wohl  behaupten,  dass 
ein  grosser  Theil  der  nordsennarischen  Dörfer  und  Städte  gegen  Serü  hin, 
hauptsächlich    von    mehr    oder  weniger  gemischten  Ga'altn  bewohnt  werde. 


1)  Sonst  etwas  weniger  spöttisch  Lisän-Berl>erieh  die  Berbersprache,  Idiom  der  Beräbra 
genannt. 

14* 


204  Rob.  Hartmann.: 

Wenn  nun  neuerdings  und  zwar  hauptsächlich  auf  die  Autorität  des  Tirolers 
Herrn  Pieroth,  eines  der  Agenten  der  letzten  Nubierkarawane  Hagenbeck's 
hin^),  behauptet  wurde,  die  Gaalln  seien  durch  die  Türken  gänzlich  zer- 
sprengt, sodass  sie  nirgends  mehr  einen  festen  Kern  hätten, 
80  muss  ich  dem  sehr  entschieden  widersprechen.  Im  Jahre  1822  erfuhren 
zwar  die  Gaalln  von  Där-Sendt,  wie  alle  nubischen  Stämme  in  Folge  der 
an  dem  Prinzen  Ismä'il-ßäs«  verübten  Metzelei,  eine  allerdings  schwere 
politische  Erschütterung.  Das  hier  in  Rede  stehende  Ereigniss,  welches 
vielfach  falsch  oder  ungenau  wiedergegeben  ist,  will  ich  nach  der  An- 
gabe zweier  Zeitgenossen,  des  alten  Biduq-Bäsl  Sollmän-Af/ä  zu  Urdü  und 
meines  alten  berberischen  Reis  (auf  der  Fahrt  zwischen  jljrj'r^i/m  und  Wädl- 
Hal/ah),  sowie  eines  Augenzeugen,  des  alten  Sex-el-Beled  Hammed-Wed- 
MoKammed  von  Metammeh^  kurz  darstellen:  Nach  Vollendung  seines  ruhmvollen 
Feldzuges  gegen  das  Fungl-^eich  Sennär  und  gegen  die  Berfä  war  Ismä'il, 
Sohn  MoUammed-Alis^  nach  Norden  zurückgekehrt  und  hatte  sein  Quartier 
zu  Sendl  genommen,  woselbst  ihm  der  Landesfürst,  Melik  Nä'ir,  ge- 
nannt El-Nimr  (der  Panther)  einen  von  hohen  lufttrockenen  Lehmmauern 
umzogenen  Toqül- Komplex,  zur  Unterkunft  übergab.  Ismä'il,  ein  tapferer, 
offenherziger,  freigebiger  und  im  Ganzen  leutseliger  Mann,  war  stark  dem 
Trünke  ergeben  und  in  alkoholischer  Laune  sehr  zu  extravagantem  Benehmen 
geneigt.  Der  Nimr  hatte  sich  offen  als  Vasall  der  Aegypter  bekannt  und 
nahte  sich  dem  Bäkl  mit  den  Zeichen  hündischer  Demuth,  seinen  hohen 
Gast  mit  Merisi,  Bilbil  und  allerhand  Esswaaren  auf  das  Beste  tractirend. 
Nimr  schien  zu  glauben,  es  sei  vorläufig  das  Klügste,  gute  Mine  zum  bösen 
Spiel  zu  machen  und  seine  Zeit  abzuwarten,  obwohl  er  eine  Verschwörung 
gegen  die  Aegypter  bereits  während  Ismä'il's  Zuge  nach  Sennär  vollkommen 
vorbereitet  und  selbst  Beziehungen  mit  dem  damaligen  abyssinischen  Det- 
Ästnaz^)  Komffl  von  TMgä  und  Walqa'it  angeknüpft  hatte.  Ismä'il  liebte 
es  nun,  Abends  im  Kreise  seiner  Officiere  den  scheinbar  kriechenden  Nimr 
zu  nörgeln.  Der  Ga'afo^-Fürst,  im  Grunde  ein  muthiger,  begabter  und 
trotziger  Mann,  fiel  dabei  einige  Male  aus  seiner  Rolle  und  gab  dem  ihn 
neckenden  Bäkl  lose  Antworten.  Letzterer  fügte  desshalb  dem  Nubier  im 
Zorne  eine  thätliche  Beleidigung  zu  und  erlegte  ihm  halb  scherzweise  eine 
vöUig  unerschwingliche  Kontribution  auf.  Nimr,  zornentbrannt  über  den 
empfangenen  Schlag  und  unsicher  darüber  ob  Ismä'il  mit  der  geforderten 
Kontribution  Scherz  oder  Ernst  getrieben,  unberechenbarem  türkischen  Ueber- 
muthe  übrigens  alles  Böse  zutrauend,  beschloss  die  Aegypter  kurzweg  zu 
vernichten.  Er  machte  den  Bäkl  und  seinen  Stab  durch  neue  Libationen  von 
Sorghum -Bier,  durch  Darreichung  von  Speisen  und  durch  die  Productionen 
lasciver  Tänze   von  Sklavinnen    und  Dirnen  sicher,    liess  jedoch  inzwischen 


1)  Vergl.   Sitzungsbericht   der   Berliner   anthropoi.    Gesellschaft   vom    19.  Oktober    1878, 
diese  Zeitschr.  1878,  Heft  VI,  S.  335. 

2)  Provinzialgouverneur  im  AmUärla. 


Die  Bejah.  205 

eiligst  grosse  Mengen  von  Stroh  um  das  Quartier  der  Aegypter  anhäufen. 
Auf  die  befremdete  Anfrage  wozu  Letzteres  eigentlich  dienen  solle,  gab  man 
zur  Antwort,  es  werde  ja  nur  ein  Theil  des  geforderten  I^ferdefutters  abgeliefert. 
Dann  wurde  plötzlich  der  ganze  Strohvorrath  entzündet  und  wurde  durch 
Bewaffnete  ein  Ausbrechen  der  dem  Tode  geweiheten  Aegypter  verhindert. 
Diese,  Ismä'il  an  der  Spitze,  kamen  in  Rauch  und  Flammen  elend  um. 

Hierauf  erhob  sich  ganz  Nubien  gegen  die  Fremdherrn  und  man  ermordete 
Alles,  was  aegyptisch  war,  soweit  man  es  nur  zu  erreichen  vermochte.  Ehe 
aber  noch  der  S.  133  erwähnte  MoHammed-Beij  von  Kordüfän  aus  den  Auf- 
stand der  Nubier  in  deren  eigenem  Blute  zu  ersticken  vermocht  hatte,  war 
Nimr  bereits  mit  seinen  Anhängern  nach  Osten  entflohen.  Er  Hess  sich 
hier  zu  Mrn-Gogwä  (Mal -Kuba  nach  anderer  Schreibweise)  am  Westabhange 
der  Ämhä  Qabfä,  Grenze  von  Wqlqait,  nieder.  Allmählich  sammelten  sich 
nicht  nur  viele  flüchtige  Gcialln  um  ihn,  sondern  er  nahm  auch  andere 
Flüchtlinge  und  Unzufriedene  aus  allen  möglichen  Theilen  der  aegyptischen 
Besitzungen,  ferner  Abyssinier  u.  s.  w.  bei  sich  auf,  an  deren  Spitze  er  (ver- 
gleichbar einem  Mirambo  und  anderen  afrikanischen  Patrioten)  die  aegyptischen 
Besitzungen  fortwährend  hart  bedrängte.  Nach  seinem  Tode  setzte  sein 
Sohn  Ihmm-  Wolled-Nimr  die  Thätigkeit  seines  Vaters  fort.  Ihr  Haupt- 
parteiträger war  Sex  Abü-Röas.  Trotz  ihrer  Feindseligkeit  gegen  alles 
Türkisch -Aegyptischc,  bewahrten  sich  die  kühnen  Rebellenführer  dennoch 
vorurtheilsfreien  Sinn  genug,  um  für  ihre  Politik  unschädliche  europäische 
Reisende  zu  empfangen.  So  nahm  El -Nimr  den  Mansfield  Parkyns, 
sein  Sohn  Hasan- Wolled-Nimr  nahm  den  S.  W.  Baker  freundlich  auf. 
Wenn  Nimr  und  später  sein  Sohn  etliche  aegyptische  Grenzdistricte  ge- 
plündert und  Vieh,  auch  Menschen  hinweggetrieben  hatten,  so  pflegte  der 
Ilakmdär  oder  Generalgouverneur  von  Beled- Sudan  eine  Gazwah  gegen  den 
Seyi-Asl^  den  rebellischen  Häuptling,  auszurüsten.  Bei  solcher  Gelegenheit 
fehlte  es  nicht  an  militärischem  Gepränge  und  selbst  leichte  Geschütze  wurden 
alsdann  mobil  gemacht.  Man  zog  gegen  den  aufständischen  District.  lieferte 
sich  gegenseitig  mit  wechselndem  Glück  Scharmützel,  brannte,  wenn  der 
Erfolg  der  letzteren  ein  weiteres  Vorgehen  der  Aegypter  gestattete,  dem 
Nimr  einige  Dörfer  nieder,  machte  einige  Gefangene,  erbeutete  etwas  Vieh 
und  kehrte  dann  voll  Genugthuung  und  Selbstzufriedenheit  nach  Hause 
zurück.  So  ging  es  eine  Zeit  lang  fast  alljährlich.  Im  Juni  1861  aber 
lieferte  Hasan- Bey^  Mudlr  von  Sennär,  ein  tüchtiger  Soldat,  dem  Hasan-Wolled 
Nimr  am  Xör-Ma-surd?  ein  ernsteres  Treffen,  durch  welches  die  Macht  des 
letzteren  wesentlich  geschwächt  wurde.  Hasan- Hey  gelang  es  bei  dieser 
Gelegenheit  eine  Anzahl  der  mit  den  Rebellen  gemeinschaftliche  Sache 
machenden  Sitjüx  der  Ga'alhi  und  abyssinischen  Parteigänger  des  Melik  in 
seine  Gewalt  zu  bekommen.  Der  Mudir  liess  nach  türkischer  Art  diese 
Anführer  ohne  Federlesen  köpfen.  *)  Entmuthlgt  zog  sich  damals  der 
Rebellenhäuptling    nach    Mäi-Gogwä    zurück.      Zwei    Jahre    später    wurde 


206  Rob.  Hartmaan: 

Abü-Röas.  der  sich  zu  weit  in  die  Gebenden  des  unteren  Settt  vorgewaat 
hatte,  von  den  Tekarine  und  Dabenah  unter /SV^  il/aÄm(7rZ- VFo'a(:/-/S«'f(Z  über- 
wältigt und  erschlagen.  Aegypter  wie  ^Asin  wurden  endlich  des  ewigen 
Krieges  müde  und  Hasan-WoUed- Nimr  schloss  eine  Convention  mit  ersteren 
ab,  die  ihm  und  seinen  Leuten  Aman,  d.  h.  Amnestie  sowie  angeblich  ein 
Jahrgehalt  (?)  bewilligten.  Wie  mir  von  Bedri  und  anderen  Halenqä  der 
vorjährigen  Nubierkarawane  bestätigt  wurde,  ist  Hasan -Wolled- Nimr  vor 
einiger  Zeit  gestorben. 

Dies  die  Geschichte  des  Aufstandes  der  Ga'alin  gegen  die  Aegypter. 
Die  genauere  Erzählung  dieser  Begebenheit  schien  mir  hier  zur  Klärung 
der  Sachlage  durchaus  am  Platze  zu  sein. 

Ich  habe  erwähnt,  dass  dem  landflüchtigen  Melik  Nimr  1821  eine  nicht 
unbeträchtliche  Zahl  von  (jCLcdhi  in  die  Verbannung  nachgefolgt  sei.  Auch 
später  hat  es  ihm  nicht  an  Zuzüglern  gefehlt.  Die  abenteuerlichen  Züge 
des  überall  als  Helden  gepriesenen  „Panthers  von  Sendl'"''  sagten  dem 
Geschmacke  der  stolzen,  viel  Freiheitsgefühl  bewahrenden  Nation  ganz  be- 
sonders zu.  Sie  rissen  sich  daher  gern  einmal  von  ihrem  nubischen  Herde 
los  und  folgten  dem  Nimr  auf  seinen  Kriegspfaden.  Dieser  unterhielt  auch 
stets  intime  Verbindungen  mit  der  Heimath  und  wurde  durch  unter  der 
Maske  friedlicher  Kaufleute  umherziehende  Ga'alin  häufig  und  sehr  genau 
von  Allem  unterrichtet,  was  man  in  Sennär  gegen  ihn  geplant  hatte.  Noch 
während  der  Glanzzeit  der  Nimr,  Vater  und  Sohn,  sowie  später,  selbst 
noch  gegenwärtig,  ziehen  sehr  viele  aben teuer-  und  reiselustige  Ga'alin  bei 
allen  möglichen  Be/jah-^  Abyssinier-  und  Nigritierstämmen  als  Kaufleute, 
Wunderdoctoren,  Rathgeber,  Missionäre,  selbst  als  Kuppelpriester  (Nasär- 
el-Nekäli)  und  Condottieri  C^mker)  in  der  Weite  umher.  Sie  haben  das 
besondere  Talent  sich  allüberall  einnisten  und  Einfluss  gewinnen  zu 
können.  Intelligent  und  unverschämt  haben  sie  sich  selbst  zu  kleinen 
Gemeinden  mitten  unter  den  Fung'^)^  Bazenä  u.  s.  w.  angesammelt.  Der 
tapfere  Sultan  Nasr  von  Takiah  oder  Teqeli,  welcher  so  lange  den  Aegyptern 
siegreich  widerstand,  hatte  stets  eine  Anzahl  Gaaltn  als  Kapitäne  und 
Wokäla  um  sich.  Der  Liwä  '//dem-Bäm,  selbst  ein  Schwarzer  aus  Teqeli, 
erzählte  F.  Binder,  es  sei  sein  Kamerad,  der  Llwa  ^()fmän-Bei/-el-Asivad, 
im  Jahre  1856  in  der  blutigen  und  für  die  Aegypter  so  unglücklichen  Schlacht 
beim  Gebel-Abül- Däl  von  einem  dem  General  als  Führer  dienenden  mit 
iVa.sr  im  Einverständniss  begriffenen  Gaali  vom  Pferde  geschossen  worden. 
Die  Geschichte  eines  der  bekannteren  wandernden  Ga'alln-AerzAc,  des  Ud- 
el-lladarl^  welcher  als  Hauptmedicament  lerfüs  oder  Süh-el-Arzah  (lli/dnora 


1)  Diese  Affaire  füllt  in  die  Zeit  unserer  Anwesenheit  in  Sennär.  Die  Details  der 
(iazwah  verdanke  ich  theils  Ilasan-Bey  persönlich  theils  dem  BimbäsT  \-lhined  Efendl-Uadarl 
sowie  auch  dem  Consulatsverweser  Dr.  Natterer. 

2)  Hellet- IdrTs,  der  llauptort  der  Fun<j  am  Gebel-Qnle^  wird  auch  Hellet- el- Ga'alin 
genannt. 


Die  Bejah.  207 

africanaX  Qwüso  oder  Säü-Maqädi  (Brayera  anthelminthicd)  und  Ba8al-el-\ülg 
(^Scillae spec?)  mit  sich  hatte,  ist  von  mir  an  anderer  Stelle  mitgetheilt  worden,  i) 
Aber  trotz  aller  der  oben  geschilderten  Abzüge,  trotz  der  von  dem  wilden 
Moliammod-Beij-el-Defterdär  unter  den  Gaalin  namentlich  zu  SendJ^  Mefammeh 
und  Tamanjat  begangenen  Metzeleien  kann  von  einer  gänzlichen  Zer- 
sprengung  (S.  204)  selbst  nur  der  nubischen  Gaalin  keine  Rede  sein. 
Ich  möchte  u.  A.  auch  wohl  wissen,  welche  Art  Leute  die  Gaalin  in  den 
ziemhch  volksreiclien  und  wohlbebauenten,  zwischen  Abü-Hammed  und 
Xartüm  gelegenen  Uferdistricten  sobald  hätten  ersetzen  sollen!  Diese  Ufer- 
bevölkerung bestand  aber  in  den  Jahren  1859 — 1864  (auf  diese  Periode 
kann  ich  —  wie  man  zu  sagen  pflegt  —  schwören)  aus  echten,  unver- 
fälschten dichtgedrängt  wohnenden  Gaalin.  Von  denjenigen  Leuten  dieses 
Stammes,  welche  Sennär  bewohnen  2),  sowie  von  den  Seqleh,  will  ich 
hier  ganz  absehen.  3)  Diese  sind  noch  zahlreich  genug.  Die  sennarischen 
Ga'aUn  haben  wir  oben  (S.  203)  hinreichend  kennen  gelernt.  Die  Sfq/e/i, 
welche  sich  schon  im  17.  Jahrhundert  durch  ihre  Zucht  der  schönen  Pferde- 
rasse von  Donqolah  und  durch  kriegerische  Tüchtigkeit  auszeichneten, 
erlagen  bekanntlich  im  November  des  Jahres  1820  dem  Ismail- Bäm  nach 
sehr  muthiger  Gegenwehr  bei  U^^'P  ^^^d  Gebet- Döqah.  Seit  der  Zeit  haben 
sich  alljährlich  ihrer  eine  Menge  den  Aegyptern  als  Reiter  (neuerdings 
selbst  als  Fusssoldateu)  verdingt.  Obgleich  nun  in  dem  Zeiträume  von 
1824  bis  jetzt  sehr  viele  solcher  Är^Z^A -  Soldaten  während  der  unaufhörlichen 
Kriege  der  Aegypter  in  den  ungesunden  Ländern  Ost-Südän's  ihr  frühes 
Grab  gefunden  haben,  so  ist  durch  solche  Abgänge  zwar  wohl  eine 
Schwächung,  keineswegs  aber  eine  Auflösung,  eine  Vernichtung  des 
Bevölkerungsstandes  der  Scqich,  verursacht  worden.  Ich  hoflPe  nun  zur 
Ehre  der  in  diesen  Blättern  vertreteneu  Wissenschaft,  dass  selbst  die 
fanatischesten  Verfechter  der  Semitentheorie,  sollten  sie  einmal 
in  einer  Daltäbteh  den  Nil  entlang  fahren  oder  zu  Kameele  die  Ländereieu 
der  St'qleh  durchstreifen,  hier  heutzutage  wenigstens,  nur  leibliche 
Beräbra  erkennen  werden.  (Fortsetzung  folgt.) 


1)  Hart  mann:  Naturgeschichtlich  -  medicinische  Skizze  der  Nilländer.  Berlin  1865, 
S.  341. 

2)  Die  AqalTu  oder  '.Iqqalln  mancher  Reisender  sind  th.  nomadische  th.  ansässige  Ua'alin, 
in  deren  Namen  das  Anfangs -Glw  in  Senniir  hart,  oft  wie  Qfif,  ausgesprochen  wird.  Die 
gezwungenen  Etymologien  obigen  Namens  sind  entschieden  anzufechten,  wie  mir  wieder 
neuerdings  von  Hagenbeck's  Oa'alln  bestätigt  wurde. 

3)  Pieroth  stellt  nach  Prof.  Virchow's  Mittheilung  (A.  o.  a.  .0.  S.  335  Anmerk.  2 
die  Verwandtschaft  der  Seqleh  mit  den  Gaalin  entschieden  in  Abrede.  Es  wäre  mir 
interessant  zu  erfahren,  womit  Pieroth  diese  Angabe  begründen  würde. 


2(33  Miscellen  und  Bücherschau. 


Miscellen  und  Bücherscliau. 

A.  Pansch,  Prof.:  Die  Furchen  und  Wülste  am  Grosshirn  des 
Menschen.  Zugleich  als  Erläuterung  zum  Hirnmodell.  Mit  drei  lithographirteu 
Tafeln.     Berlin,  Verlag  von  Robert  Oppenheim.  1879.     8.  51  S. 

Sorgfältige  Darstellung  dieser  für  die  Anthropotomie,  Zootomie  und  vergleichenden 
Psychologie  so  äusserst  wichtigen  Gehirnabtheilungen.  Pansch  führt  uns  vor:  I.  Total- 
furchen (Fissurae).  1)  Fissura  (Fossa)  Sylvii.  2)  Fiss.  occipitalis.  3)  F.  calcarina. 
4)  F.  Hippocampi.  II.  Rindenfurchen  (Sulci).  a)  Primäre  oder  Haupt-,  typische 
Furchen.  1)  Sulcus  Rolando.  2)  S.  parietalis.  3)  S.  frontalis.  4)  S.  temporalis.  5)  S. 
olfactorius.  6)  S.  occipito-temporalis  (inferior).  7)  S.  medialis  fronto-parietalis.  —  S.  calloso- 
marginalis.  8)  S.  frontalis  superior.  III.  Primär-  oder  Hauptwülste  (Lobuli).  A. 
Laterale  Fläche,  a)  Laterale  Fl.  b)  Orbitale  Fl.  B.  Mediale  Fläche,  a)  Med.  Fl.  b)  Untere 
Fl.  IV.  Die  Nebenfurchen  und  ünterabtheilungen  der  einzelnen  LobuH. 
1)  Lob.  frontalis  inflerior.  2)  Lob.  front,  superior.  3)  Lob,  parietalis  super.  4)  Lob.  pariet. 
infer.  5)  Lob.  tempor.  super.  6)  Lob.  tempor.  infer.  7)  Lob.  orbitalis  medialis.  8)  Lob. 
Orbitalis  lateralis.  9)  Lob.  medial,  anter.  10)  L.  med.  poster.  11)  Lob.  occipito-temporalis 
medialis.  12)  Lob.  occip.-temporalis  lateralis.  Gyrus  dentatus.  Insula.  Auf  S.  22  findet 
sich  eine  Besprechung  des  Sulcus  occipitalis  transversus,  der  sogen.  Affenfurche,  auf 
S.  31  eine  solche  der  sogen.  Broca'schen  Syrach  windung  (Gyrus  frontalis  inferior  s. 
tertius  Ecker  und  Pansch),     Die  ikonographischen  Beigaben  sind  recht  übersichtlich. 


Revue    d'Hygiene    et    de    police    sanitaire:    Redacteur    en    chef  Prof. 

M.  E.  Valiin.     Tome  I,  No.  1.     Paris  G.  Masson,  1879.     8°  88  S. 

Dies  neue  Journal  entspricht  nach  unserem  Dafürhalten  einem  Zeitbedürfnisse.  Die 
erste  Nummer  enthält  kürzere  anregende  Artikel  von  Mitarbeitern,  unter  denen  wir  Namen 
von  gutem  Klang  finden.  Besonderes  Interesse  nahmen  wir  an  Fauvel's  Arbeit  über  die 
ausländischen  Pestkraukheiten,  an  V  all  in 's  Desinfectionsvorschlägen  und  au  Colin 's  Neutrali- 
sation der  Gifte  im  Organismus.    Die  Ausstattung  ist  eine  befriedigende. 


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ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ETHN.OLOGIE, 


Organ  der  Berliner  Gesellschaft 


für 


Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 

Unter  Mitwirkung  des  zeitigen  Vorsitzenden  derselben, 

R.  Virchow, 

heraasgegeben . von 

A.  Bastian  und  R.  Hartitiann. 


Elfter  Jahrgang 


1879.  -  Heft  IlL 


Mit  Tafel  IX -XIII. 


BERLIN. 

Verlag    von    W  i  e  g  a  u  d  t,    H  e  m  p  e  1    &    P  a  r  e  y. 

(I'aul  Parey.) 

l^Ti». 


Inhalt. 

Seite 

Die  Amerikanischen  Götter  der  vier  Weltrichtiingen  und  ihre  Tempel 

in  Palenque.     Von  Dr.  Carl  Schultz -Sellack 209 

Botanisch -ethnographische  Notizen  aus  Guinea.  Aus  den  Aufzeich- 
nungen von  Thonning  in  Schumacher  s  Beskrivelse  af  Guineiske 
Planter  mitgetheilt  von  P.  Ascherson 231 

Wörtersammlung   des  Kigända   und   Kinyoro.      Von  Dr.  Emin  Bey, 

Gouverneur  der  Aegyptischen  Aequatorial- Provinzen 259 

Zur  prähistorischen  Mythologie.     Von  Director  Dr.  "W.  Schwartz      .     281 

Miscellen  und  Bücherschau 292 

Verhandlungen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 

Sitzung  vom  18.  Januar  1879  (Schluss).     Schädel  aus  dem  Gräberfelde  von  Giebichenstein 
bei  Halle  (Holzschnitt).     Virchow  (Schluss).  —  Eingegangene  Schriften,  S.  67. 

Sitzung  vom  15.  Februar  1879.    Neue  Mitglieder,  S.  68.   —  Association  Lyonnaise  des  Amis 
des  Sciences  Naturelles,  S.  68.  —  Modelle  amerikanischer  Alterthümer.     Hayden,  S.  68. 

—  Pompejanische  Bronzen.  Oelsner,  S.  68.  —  Bearbeitete  Steine  aus  dem  Torfmoore 
von  Freesdorf.  Behla,  S.  68;  Virchow,  Weiss,  S.  69.  —  Der  Name  Freesdorf  und 
lausitzer  Alterthümer.  Jentsch,  Weiss,  S,  69.  —  Kleiner  Thierknochen  aus  der  Balver 
Höhle.  Virchow,  Nehring,  S.  69.  —  Torus  palatinus  an  ostpreussischen  Schädeln. 
Kupfer,  S.  70,  Hagen,  S.  71.  —  Gebräuche  der  Eingeborenen  Americas.  Walter 
Hoffmann,  S.  72     —    Wallberge  des  Bartner  Landes,   Ostpreussen.     Virchow,    S.  72. 

—  Pfahlbauten  im  Bartsch-Bruche,  Posen.  Hegner,  S.  73;  Virchow,  S.  75.  —  Waffen 
aus  Australien,  Neu-Caledonien  und  Neu-Seeland.  Umlauft,  Woldt,  S.  75.  —  Urne 
von  Wissen  bei  Kalau.  Raben  au,  S.  75.  —  Geschenk  des  Herrn  Schomburgk, 
S.  75.  —  Kanikars  (Taf.  IX  u.  X  und  Holzschnitt).  Jagor,  S.  75;  Fritsch,  S.  82.  — 
Verwendung  der  Stereoskopie  zu  physiognomischen  Studien.  Francis  Gaulton, 
Liebreich,  S.  82.  —  Eingegangene  Schriften,  S.  82. 

Sitzung  vom  15.  März  1879.     Neue  Mitglieder,  S.  83.  —  Reisebericht.    Bastian,  S  83.  — 
Tod    von  Abdallah    Scherif.     Pieroth,    Rensch,   S.  84.    —    Westsibirische   und   neu- 

Fortsetzung  auf  der  dritten  Seite  des  Umschlags. 


Die  Verlagshandlung  honorirt  Beiträge  für  die  Zeitschrift  für  Ethnologie 
mit  34  Mark  pro  Druckbogen  und  zwar  geschieht  die  Auszahlung  —  wenn 
der  Verlagshandlung  nicht  besondere  Wünsche  mitgetheilt  werden  —  jährlich 
bei  Erscheinen  des  Schlussheftes  des  betreffenden  Bandes. 

Von  jedem  Artikel  werden  20  Separat- Abdrücke  unberechnet  geliefert;  eine  grössere 
Anzahl  wird  aber  principiell  nicht  angefertigt. 

Alle  für  die  Redaction  der  Zeitschrift  für  Ethnologie  bostimmten  Manuscriptsendungen 
und  Zuschriften  werden  unter  der  Adresse  der  Verlagshandlung  (Berlin  SW.  91  Zimmerstr.) 
erbeten. 


Die  Ameiikaiiischen   Götter  der  vier  Weltriclitungen 
und  ihre  Tempel  in   Palencjue. 

Von 

Dr.  Carl  Schultz -Seilack. 


1.  Die  zwanzig  Himmelszeichen. 
Die  Religionen  der  alten  Völker  von  Mejico  und  Mittelaraerika  waren 
wesentlich  astrologisch,  auf  die  Verehrung  der  Gestirne,  der  Sonne  und  des 
Mondes  gegründet,  daran  geknüpft  war  eine  complicirte  Zeitrechnung,  auf- 
gebaut auf  eine  Reihe  von  zwanzig  „Himmelszeichen".  Mit  diesen  Himmels- 
zeichen war  verbunden  die  ausgedehnteste  astrologische  W^ahrsagerei  sowie 
eine  astrologische  Heilkunde,  denn  die  zwanzig  Himmelszeichen  beherrschten, 
genau  wie  die  Thierkreiszeichen  der  Europäischen  Astrologen,  die  einzelnen 
Theile  des  menschlichen  Körpers;  ja  alle  Verhältnisse  scheinen  nach  einem 
astrologischen  Schematismus  geregelt  gewesen  zu  sein.  Die  zwanzig 
Himmelszeichen  und  die  damit  gebildete  Zeitrechnung  sind  in  zwei  ver- 
schiedenen Formen  bekannt;  es  ist  die  der  Völker  von  Anahuac  und  ihrer 
Sprachverwandten,  und  die  der  Maya  und  ihrer  Sprachverwandten,  besonders 
der  Chiapa  und  Quiche.  Der  herrschende  Stamm  der  Nahua  waren  zur 
Zeit  der  Spanischen  Eroberung  die  Azteca,  und  fast  alle  in  Mejico  uns 
erhaltenen,  auf  Kultus  und  Kalender  bezüglichen  Malereien  und  Denkmale 
werden  den  Azteca  zugeschrieben.  Die  gesammte  Kultur  der  Nahua  galt 
aber  als  das  Erbtheil  des  alten  Volkes  von  Tollan  (=  ßinsenland),  der 
Tolteca,  welche  unter  Führung  ihres  grossen  Gottes  oder  Weisen  Hueraac 
oder  Quetzalcoatl ,  im  achten  Jahrhundert  n.  Chr.  Tollan  in  Anahuac 
gründeten.  In  einigen  Sagen  werden  die  Azteca  unter  dem  Namen  Mejitl 
als  einer  der  „vier  Stämme  der  Tolteca"  neben  Huitznahua.  Culhua  und 
Panca  aufgeführt,  Namen,  welche  mit  den  Stammesgöttern  zusammenzuhängen 
scheinen.  Der  Stammesgott  der  Mejitl,  der  Kriegsgott  Huitzilopuchtli.  ist 
nämlich  der  Bruder  und  Besieger  des  Huitznahua;  aber  Huemac  oder 
Quetzalcoatl  der  „Luftgott"  und  sein  Gegner  Tezcatlipoca  der  „Wassergott" 
sind  die  beiden  Hauptgestalten  in  der  sagenhaften  Geschichte  des  alten 
Reiches    von  Tollan    und  Culhuacau.     Die   Vierzahi    war    ül»erhaupt  bei  den 

Zeitscbriit  für  Ktlioologie.    Jabrg.  1879.  \ö 


210  C.  Schultz -Sellack: 

Tolteca  bevorzugt,  sie  nannten  vier  grosse  Weise  als  Gründer  der  astro- 
logischen Wissenschaft,  Quetzalcoatl  hatte  vier  Schüler,  errichtete  vier 
Tempel  nach  den  vier  Weltgegenden  u.  s.  w. 

Auch  die  Sagen  der  Maya  und  Quiche  (Brasseur,  Hist.  du  Mexique  III. 
p.  3,  7)  kennen  vier  Brüder,  welche  aus  dem  Hause  des  Nonohual  im  Lande 
Tula  kamen,  in  Mittelamerika  Bakhalar  (angeblich  =  Binsenstadt,  wie  ToUan) 
gründeten  und  das  ganze  Land  beherrschten;  die  Maya  benennen  dieselben 
mit  dem  Nahua-namen  Tutul-jiuh  =  Vogelbaum,  und  ihren  Führer  Ahmakat. 
Die  Gründung  der  Mittelamerikanischen  „Binseustadt"  wird  in  eine  frühere 
Zeit  gesetzt  als  die  der  Mejicanischen. 

Auf  diese  Sagen  stützt  sich  die  Annahme,  dass  die  Gesittung  der 
Völker  von  Mejico  und  Mittelamerika,  untrennbar  verknüpft  mit  einer 
complicirten  astrologischen  Religion,  ihren  gemeinsamen  Ursprung  einem 
Volk  der  Tolteca  verdankt;  die  Vergleichung  der  Sagen  und  Denkmale 
der  Nahua-  und  der  Maya -Völker  kann  allein  die  ältere  Form  der  Kultur 
der  Tolteca  uns  offenbaren.  Diese  Vergleichung  muss  beginnen  mit  der 
Betrachtung  der  zwanzig  Himmelszeichen,  der  Grundlage  der  Zeitrechnung. 
Die  zwanzig  Himmelszeichen  der  Azteca,  meistens  Thiere,  werden  durch 
die  wirklichen  Bilder  dieser  Thiere  oder  ihrer  Köpfe  in  den  gemalten 
Büchern  dargestellt;  die  zwanzig  Himraelszeichen  der  Maya  dagegen  stellen 
nicht  deutlich  erkennbare  Gegenstände  vor  und  erscheinen  mehr  wie  schrift- 
artige Zeichen,  jedes  "  von  einem  viereckigen  Rahmen  umschlossen;  ihre 
Namen  haben  —  was  besonders  auffallend  ist  —  in  der  Mayasprache  keine 
Bedeutung.  Ein  Theil  dieser  Namen  findet  sich  bei  den  Quiche  und 
Chiapa  identisch  wieder,  während  die  übrigen  Namen  der  Quiche  lieber- 
Setzungen  der  Thiernamen  der  Azteca  sind,  und  zwar  in  übereinstimmender 
Reihenfolge;  dies  nöthigt  zu  einer  Vergleichung  der  Himmelszeichen  der 
Azteca  beginnend  mit  cipactli  =  Fisch  und  der  der  Maya  beginnend  mit 
imoj,  einer  Vergleichung,  welche  die  Identität  wenigstens  einiger  dieser 
Zeichen  ergiebt.  Das  sechste  Zeichen  der  Azteca  ist  „Todtenkopf"  —  das 
sechste  Zeichen  der  Maya  ein  Kopf  mit  geschlossenen  Augenlidern;  das 
fünfte  Zeichen  der  Azteca  ist  „Schlange"  —  das  der  Maya  ein  runder  von 
Zacken  umgebener  Fleck  innerhalb  des  Rachens,  dieselben  Flecken  aber 
zeigt  die  heilige  Schlange  in  Codex  Tro  p.  21;  das  vierzehnte  Zeichen  der 
Azteca  ist  der  gefleckte  „Tiger"  —  das  der  Maya  zeigt  grosse  und  kleine 
Flecken  innerhalb  des  Rachens;  das  dreizehnte  Zeichen  der  Azteca  sind 
zwei  zusammengebundene  „Rohrstäbe"  —  das  der  Maya  lässt  dieselben 
erkennen;  das  sechszehnte  Zeichen  der  Azteca  ist  der  astrologische  Regent 
des  Ohres,  der  „Perladler'-'  mit  Menschenohr  —  das  der  Maya  zeigt  nur 
die  Ohrmuschel  innerhalb  des  Rahmens;  das  zwanzigste  Zeichen  der  Azteca 
„Blume"  ist  in  der  Form  welche  es  auf  dorn  Relief  der  Kathedrale  von  Mejico 
hat,  übereinstimmend  mit  dem  der  Maya.    Die  Formen  der  Azteca  erscheinen 


Die  Amerikanischen  Götter.  211 

in    diesen  Fällen    als    die    ursprünglichen,    und    die   der  Maya  sind  als  Ab- 
kürzungen oder  Variationen  zu  betrachten. 

Diese  zwanzig  Himiuelszeichen  wurden  einer  Reihe  von  zwanzig  Tagen 
also  einer  „Woche"  beigelegt,  welche  in  Einem  Jahre  (zu  365  Tagen)  sich 
18^  mal,  in  vier  Jahren  also  73  mal  wiederholte,  so  dass  der  Erste  Tag 
eines  jeden  Jahres  in  der  vierjährigen  Periode  durch  das  erste,  oder  aber 
sechvSte,  elfte,  sechszehnte  Zeichen  der  Woche  beherrscht  wurde ;  dieses 
Zeichen  des  Ersten  Tages  des  Jahres  galt  als  astrologischer  „Jahrregent". 
Obgleich  nun  aber  bei  den  Nuhiia  stets  cipactli,  bei  den  Maya  stets  imoj 
als  ei'stes  Himmelszeichen  angegel)en  wird,  so  gilt  doch  in  der  Zählung  der 
Woche  bei  den  Nahua  das  achte  liimmelszeichen  tochtli,  bei  den  Maya  das 
vierte  Himmelszeichen  kan  als  Anfang  der  Woche  Die  vier  „Jahrregenten" 
der  Nahua  waren  also  das  achte,  dreizehnte,  achtzehnte,  dritte  Himmels- 
zeichen, die  Jahrregenten  der  Maya  das  vierte,  neunte,  vierzehnte,  neun- 
zehnte Himmelszeichen.  Neben  dieser  „Periode  von  zwanzig  Tagen"  be- 
nannt nach  den  zwanzig  Himmelszeichen,  hatten  die  Nahua  wie  die  Maya 
eine  „Periode  von  dreizehn  Tagen"  benannt  nach  den  Zahlen  „Eins  bis 
Dreizehn",  welche  sich  in  einem  Jahre  '28 ^\  mal  wiederholte,  so  dass  also 
der  Erste  Tag  des  Jahres  auch  die  Zahlen  Eins  bis  Dreizehn  als  astrologische 
Regenten  erhielt.  Die  Periode  von  vier  Jahren  und  von  dreizehn  Jahren 
verbanden  sich  dann  zu  einer  Periode  von  zweiundfüufzig  Jahren.  Die 
Azteca  hatten  ferner  noch  eine  ,.Periode  von  neun  Tagen"  nach  den  neuji 
teucyohua  =  dunkle  Herren,  benannt,  und  endlich  eine  „Periode  von  vier 
Tagen"  durch  die  Genien  der  vier  Weltrichtungen  bezeichnet. 

2.     Die  vier  Götter  der  Maya. 

Aus  der  Ueberlieferung  und  den  Commentaren  der  Aztekischen  Malereien 
kennen  wir  eine  grosse  Zahl  von  Göttern,  welche  sich  auf  die  Himmels- 
zeichen und  die  verschiedenen  Perioden  des  Kalenders  beziehen,  aber  es 
scheint  unmöglich,  in  diesem  Wust  einen  übersichtlichen  Zusammenhang  zu 
finden.  Anders  verhält  es  sich,  nach  den  spärlichen  Nachrichten  die  wir 
Landa  verdanken,  bei  den  Maya.  Die  Maya  verehrten  vier  grosse  Götter, 
die  Kanob,  oder  ßacab  oder  „Stützen  des  Himmels",  als  Herrscher  der 
vier  Weltrichtuugen  und  astrologische  Regenten  der  vier  Himmelszeichen 
der  vierjährigen  Periode;  ihre  Heiligthümer  lagen  nach  den  vier  Himmels- 
richtungen einander  gegenüber.  Diese  vier  Götter  waren  besonders  durch 
ihre  Farbe  characterisirt,  und  einem  jeden  waren  eine  Anzahl  von  Begleitern 
beigegeben;  die  grossen  Jahresfeste  wurden  ihnen  vierjährig  gefeiert,  uml 
sie  wurden  l)ei  allen  Kultushandlungen  angerufen.     Ihre  Namen  sind: 

Südgott:    Hobnil-Kanal:    gelbe  Farbe;    vierte  Himmelszeichen   kau. 

Ostgott:    Canzicnal-chac;   rothe  Farbe;   neunte  Himmelszeichen  muluc. 

Nordgott:  Zac-zivi-izacal;  weisse  Farbe;  vierzehnte  Himmelszeichen  ij. 

W  estgott:  Hozan-ek;  schwarze  Farbe;  neunzehnteHinimelszeichencauac. 

15* 


212  C-  Schultz -Sellack: 

Bei  den  Azteca  werden  Gottheiten  der  Weltrichtungen  nicht  genannt, 
mit  Ausnahme  eines  „Gottes  des  Südens",  welchem  wie  bei  den  Maya  das 
vierte  Himmelszeichen  (Eidechse)  geweiht  war;  aber  das  neunte  Hiramels- 
zeichen  (Wasser)  ist  bei  den  Azteca  dem  Wassergott  Tezcatlipoca,  das 
vierzehnte  (Tiger)  dem  Luftgott  Quetzalcoatl,  das  neunzehnte  (Regen)  dem 
Erdgott  Tlaloc  geweiht,  und  von  einer  Beziehung  dieser  Götter  zu  den 
Weltrichtungen  ist  nicht  ausdrücklich  die  Rede.  Freilich  werden  die  vier 
Himmelszeichen,  welche  die  Jahrregenten  der  Azteca  sind:  das  achte, 
dreizehnte,  achtzehnte,  dritte  auch  auf  die  vier  Weltrichtungen  bezogen,  aber 
nicht  mit  deutlich  characterisirten  Göttern  verbunden.  Dagegen  feierten  die 
Azteca  wie  die  Maya  ebenfalls  die  vierjährige  Periode  durch  das  grosseste 
Fest,  und  knüpften  daran  die  Fabel  von  vier  Weltperioden  und  Weltzer- 
störungen, die  in  dem  Himmelszeichen  nahui  ollin  tonatiuh  —  vier  Bewegungen 
der  Sonne  dargestellt  sind.  Das  Bild  von  nahui  ollin  zeigt  die  Sonne 
umgeben  von  vier  anderen  Himraelszeichen:  dem  zweiten,  neunten,  vier- 
zehnten, neunzehnten,  an  welche  sich  die  Weltperioden  knüpfen;  es  sind 
dies  die  vier  Jahrregenten  der  Maya  —  nur  statt  des  vierten  ist  das  zweite 
gesetzt.  Alle  vier  Jahre  feierten  die  Azteca  im  Anfang  Februar  ein  grosses 
Fest  der  „Wiederbelebung",  und  in  den  Zwischenjahreu  drei  Gedächtniss- 
feste der  verschiedenen  Weltzerstörungen.  So  ist  anscheinend  die  Stelle 
bei  Kingsborough  V  p.  134  zu  verstehen:  „fiesta  de  Pilquijtia,  la  naturaleza 
humana  quo  nunca  se  perdiö  en  las  veces  que  se  perdiö  el  mundo  —  — 
de  cuatro  en  cuatro  anos  ayun  avan  otros  ocho  dias  eu  memoria  de  las  tres 

veces  que  se  ha  perdido  el  mundo i  asi    Uaman  h  este  „cuatro  veces 

Senor"  porque  siempre  que  sc  perdia  el  mundo,  a  este  uo  se  perdia". 
Diese  Weltperiodon  oder  Wehzerstürungen,  von  denen  der  Codex  Vatican 
(Kingsborough  II)  interessante  Bilder  giebt,  benannten  sie  nach  den  vier 
Farben  und  den  vier  Elementen: 

1)  Periode  des   Wassers  oder  Weisse, 

2)  Periode  des  Windes  oder  Gelbe, 

3)  Periode  des   Feuers  oder  Rothe, 

4)  Periode  der  Erde  oder  Schwarze. 

Nach  Boturini  und  Veytia  werden  diese  vier  Elemente  bei  den 
Azteca  wie  die  Farben  bei  den  Maya  den  vier  Weltrichtungen  zugetheilt, 
wobei  indessen,  im  Vergleich  mit  den  Maya,  die  Farl)en  für  Ost  und  Nord 
vertauscht  sind: 

Süd  —  Luft  —  Gelb, 

Ost  —   Wasser  —  Weiss  [für:    Feuer  —  Roth], 

Nord  —  Feuer  —  Roth  [für:    Wasser  —  Weiss], 

West  —  Erde  —  Schwarz. 

Die  vier  Himmelszeichen  der  Weltperiodon,  das  vierte  (statt  seiner  ist 
das  zweite  „Wind"  gesoitzt),  neunte,  vierzehnte,  neunzehnte  wurden  bei  den 
Azteca     aul    dieselben     Wellrichtungen,     Süd,    Ost,    Nord,    West    bezogen 


Die  Amerikanischen  Götter.  213 

wie  bei  den  Mtiya;  bei  den  Azteca  witrdeii  übrigens  je  fünf  der  zwanzig 
Himmelszeichen  einer  Weltrichtung  zugetheilt:  das  4.,  8.,  12.,  16.,  20. 
dem  Süden;  das  1.,  5.,  9.,  13.,  17.  dem  Osten;  das  2.,  0.,  10.,  14.,  18.  dem 
Norden;  das  3.,  7..  11.,  15.,  19.  dem  Westen  (Kingsborough  V  p.  173);  diese 
Angabe  ist  wie  sich  nachher  zeigen  wird,  von  ausserordentlicher  Wichtigkeit. 

Die  Weltperioden  wurden  von  bestimmton  Göttern  beherrscht.  Der 
Periode  des  Wassers  stand  die  Chalchihuitlicuye  -  Juwelengöttin  oder 
Cozcaquauhtli  ■-  Perladler  vor,  den  die  Coramentatoren  als  Symbol  des 
Fluthgottes  Tezcatlipoca  bezeichnen;  die  Perlen  waren  dem  Wassergott 
heilig  und  Perlschnüre  wurden  ihm  geopfert.  Die  Himmelszeichen  Cozca- 
quauhtli (Perladler)  und  Tochtli  (Hase)  beherrschen  astrologisch  das  Ohr; 
Tezcatlipoca  trug  in  seinem  herabhängenden  Haar  befestigt  ein  „goldenes 
Ohr"  und  in  Durchstechen  der  Ohren  bestand  das  Opfer  an  ihn.  Das 
Wasser  in  den  Malereien  der  Azteca  wird  deshalb  fast  stets  mit  Menschen- 
ohren eingefasst  dargestellt,  abwechselnd  mit  kreisrunden  Tropfen;  nach 
Brasseur  (Ruines  de  Palenque  p.  YHI)  wäre  auch  bei  den  Maya  das 
„Ohr"  die  Hieroglyphe  für  „Wasser".  Ferner  ist  das  „Bein"  Attribut  des 
Tezcatlipoca,  des  Gottes,  „von  dem  man  nur  die  Beine,  die  Adlerbeine" 
sieht  (Codex  Letellier  p.  26);  im  Codex  Vatican  p.  6  ist  er  dargestellt  mit 
abgebrochenem  linken  Bein,  aus  welchem  Wasser  hervorströmt.  Cozcaquauhtli 
wird  nach  Veytia  (I  p.  78)  auch  Temeztlatl  genannt,  wahrscheinlich  von 
meztli  =  Bein.  Dem  Tezcatlipoca  waren  die  „Ecken  der  Strassen  heilig, 
an  welchen  er  besondere  Heiligthümer  hatte;  von  seinem  Gegner  dem  Luft- 
gott Quetzalcoatl  wird  dagegen  gesagt,  dass  ihm  „runde  Tempel  ohne  alle 
Ecken"  errichtet  wurden. 

Die  Periode  der  Luft  wurde  von  einem  Gott  beherrscht,  welcher  mit 
der  Strahlenscheibe  der  Sonne  geschmückt  ist;  sonst  ist  Huemac  oder 
Quetzalcoatl  der  Luftgott.  Dem  Quetzalcoatl  war  geweiht  das  Himmels- 
zeichen „Sonne  in  vier  Bewegungen",  welches  astrologisch  die  Zunge  be- 
herrscht, und  im  Durchstechen  der  Zunge  bestand  das  Opfer  an  ihn  (Codex 
Letellier  p.  2,  3);  ferner  war  das  Himmelszeichen  „Tiger"  und  „Haus" 
ihm  zugetheilt;  sein  Name  Huemac  bedeutet  „Grosse  Hand",  und  die  Hand 
war  sein  Attribut  wie  das  Bein  das  des  Tezcatlipoca,  seines  Gegners.  Die 
Periode  des  Feuers  und  die  der  Erde  wurden  von  dem  Feuergott  und  der 
Blumengöttin  beherrscht. 

Es  lässt  sich  nicht  bezweifeln,  dass  die  Verehrung  der  vier  Götter  bei 
den  Maya  und  die  "Verehrung  des  Zeichens  „Vier  Bewegungen  der  Sonne'- 
bei  den  Azteca  auf  identischen,  völlig  identischen  Vorstellungen  beruhen. 
Auch  die  Götter  der  Maya  werden  als  der  Weltzerstörung  Entronnene  be- 
zeichnet (Landa,  p.  206).  Im  Codex  Vatican  werden  vor  den  Bildern  der 
vier  Weltperioden  die  höchsten  Götter  aufgeführt,  der  Oberste  ist  Ometecutli 
welcher  „über  den  neun  Himmeln"  herrscht;  die  vier  ersten  dieser  neun 
Himmel  sind   der  Rothe,  Gelbe,    Weisse  und  Himmel  der  Blumen,  offenbar 


214  C-  Schultz -Sellack: 

in  Zusammenhang  mit  den  Farben  der  vier  Weltperioden.  Darauf  folgen 
die  „vier  Götterpaare  der  Unterwelt".  Das  erste  Paar  istMictlantecutli  (=  Todes- 
gott) und  die  Mictlacihua  (=  Todesgöttin),  sie  sind  durch  einen  Schädel 
characterisirt  und  sitzen  auf  einer  riesigen  Kinnlade;  das  zweite  Paar  ist 
der  durch  Adlerfüsse  ausgezeichnete  Ijpuztequi  (==Lahme,  Name  des  Wasser- 
gottes Tezcatlipoca)  und  die  Wassergöttin  Nejojoch.  Diese  vier  Götterpaare 
finden  sich  übereinstimmend  wieder  im  Codex  Land  p.  9 —  16,  uud  (in  Um- 
armung dargestellt)  iu  Codex  Vatican  ß  p.  23,  22,  21,  Codex  Borgia  p.  42,  41, 
59;    sie  beziehen  sich,  wie  nachher  gezeigt  wird  auf  die  vier  Weltgegenden. 

3.     Die  vier  Götter  der  Azteca. 

Wie  die  vier  Weltgegenden  war  auch  Links  und  Rechts  bei  den 
Maya  von  religiöser  Bedeutung,  cehuial  (von  zic,  zicnal  -  klein  links)  und 
nohnial  (von  noh  =  gross,  rechts)  bedeutete  Ost  und  West;  der  rothe  Ost- 
gott hiess  Canzicnal  =  Himmel -links,  der  Name  des  schwarzen  Wasser- 
gottes Hozan  ist  aus  dem  Maya  nicht  verständlich.  Auch  die  Azteca  hatten 
einen  „linken"  oder  „linkshändigen"  Gott,  den  Kriegsgott  Huitzilopuchtli  = 
Yogel- links,  welcher  kaum  geboren  seineu  älteren  Bruder  Huitznahua  be- 
siegte und  tödtete;  das  Bild  des  Huitzilopuchtli  war,  nach  Einigen,  blau 
gestreift,  nach  Anderen  ganz  roth.  In  seinen  Tempeln  hatte  Huitzilopuchtli 
stets  einen  Beisitzer,  welcher  als  Tlaloc,  zuweilen  aber  auch  Yacatecutli 
Gott  der  Kaufleute,  bezeichnet  wird;  Sahagun  nennt  Yacatecutli  den  älteren 
Bruder  der  Tlaloc- götter.  Yacatecutli  (wörtlich  =  Nasenherr)  könnte  viel- 
leicht (von  yectli  =  rechts)  im  Gegensatz  zu  Huitzilopuchtli  den  „Rechten" 
bedeuten;  wahrscheinlich  ist  er  aber  dem  Huitznahua  identisch,  und  dieser 
wiederum  =  Hozan,  Westgott  der  Maya. 

Es  liegt  nahe,  die  schon  oben  genannten  vier  Stammesnamen  oder 
Stammesgottheiten  der  Tolteca  mit  diesen  Göttern  der  vier  Weltgegenden 
in  Zusammenhang  zu  setzen: 

(0.)    Mejitl,  Huitzilopuchtli, 

(W.)  Huitznahua,  Huitznahua  (Tlaloc), 
(S.)     Culhua  Itztlacoliuhqui  (Quetzalcoatl), 

(N.)    Panca  Pantecatl  (Tezcatlipoca). 

Als  Südgott  bezeichnen  die  Commentatoren  den  Gott  des  Himmels- 
zeichens „Eidechse"  und  nennen  ihn  Itztlacoliuhqui,  „Gott  der  Sünde  oder 
Wollust  (tlacolli)!"  er  wird  dargestellt  mit  verbundenen  Augen  und  mit 
aufrechtem  oben  hornartig  umgekrüuimtem  Haarschopf  in  dem  ein  zweiter 
Kopf  und  ein  Rohrstab  steckt  (Codex  ßorgia  p.  46;  Letellicr  p.  18;  Vatican 
p.  37).  Nach  einer  anscheinend  verderbten  Stelle  bei  Sahagun  hiess  dieser 
umgekrümmte  Schopf  selbst  Itztlacoliuhqui,  angeblich  ==  Gott  des  Frostes, 
während  wahrscheinlich  culhua  =  Krümmund  in  dem  Namen  steckt.  Izamna- 
kabul,  nach  Landa  einer  der  Namen  des  Südgottes  der  Maga,  ist  vielleicht 
mit  Itztlacoliuhqui    zu   parallelisiren,    jedenfalls   werden   wir   sogleich  in  den 


Die  Amerikanischen  Götter.  215 

Malereien  der  Maya  (Codex  Dresden  p.  3)  einen  Gott  mit  einem  zweiten 
Kopf  in  seinem  Schöpfe  und  von  der  Eidechse  begleitet  als  Südgott  be- 
zeichnet linden.  Izamna-Kabul  der  Südgott  der  Maya  wurde,  nach  Lizaua, 
unter  dem  Bilde  einer  Hand  (Kab)  verehrt;  bei  den  Nahua  war  die  Hand 
Symbol  des  Luftgottes  Quetzalcoatl,  der  deshalb  Huemac  ^  Grosse  Hand 
hiess  '),  die  Luft  aber  ist  das  dem  Süd  zugetheilte  Element.  Itztlacoliuhqui 
ist  also  als  eine  Form  des  Quetzalcoatl  zu  betrachten;  dies  wird  besonders 
durch  das  beiden  gemeinsame  Symbol  des  „Rohrstabes"  bestätigt,  nach 
welchem  Quetzalcoatl  auch  Ce-acatl  ^  Eins -Rohr  hiess.  Als  Gott  des 
Himmelszeichens  „Rohr"  wird  sonst  genannt  Tlacolteotl  =  Wollustgott, 
welcher  ähnlich  den  Itztlacolinhqui  mit  verbundenen  Augen  dargestellt  wird 
(Codex  Vatican  p.  21,  24;  Letellier  p.  8,  9).  Der  „Rohrstab"  dient,  wie 
die  Malereien  unendlich  oft  zeigen,  als  Feuerquirl  und  wird  auch  im  zweiten 
Codex  Vatican  stets  als  entflammt  dargestellt:  nach  Sahagun  VII,  3  wurde 
der  Feuerquirl,  namalhoaztli  (?  mamahuitzli  =^  Gepriesene)  genannt,  beson- 
ders hoch  verehrt  und  ein  Gestirn  war  ihm  geweiht;  die  Rohrstäbe  waren, 
nach  Sahagun,  auch  Attribut  des  „Gottes  der  Heirathen",  und  wahrschein- 
lich wurde,  wie  in  Asien,  das  Feuerquirlen  als  ein  der  Zeugung  entsprechen- 
der Vorgang  aufgestellt.  Jedenfalls  ist  das  „Rohr"  mit  dem  Luftgott  Quet- 
zalcoatl und  dem  Südgott  Itztlacoliuhqui  in  enger  Verbindung. 

Dem  Luftgott,  der  auch  Jomunco  heisst,  war  ferner  das  Himmelszeichen 
„Haus"  heilig;  daher  wird  auch  der  Luftgott  Quetzalcoatl  als  Herrscher 
des  Himmelszeichens  checatl  =  "Wind  und  ocelotl  =  Tiger  stets  neben  dem 
Hause,  dem  mit  Zinnen  bedeckten  Hause  abgebildet  (Codex  Vatican  p.45, 
46).  Die  Chiapa  nannten  das  dem  „Haus"  entsprechende  Himmelszeichen 
„votan",  die  Tarasca  „ettuni",  Namen,  welche  wahrscheinlich  wie  der  ent- 
sprechende des  Quiche:  akbal  -=  schwarz  (bode  in  der  Otomi-Sprache)  be- 
deuten. Die  Fabeln  der  Chiapa  von  König  Votan  und  seinem  „dunklen 
Hause"  beziehen  sich  also  auf  den  Luftgott;  in  der  That  wurde  in  den  be- 
nachbarten Gebieten  Yabalan  =  der  Schwarze,  als  höchster  Gott  verehrt 
(Bancroft,  Native  races  III  p.  458);  auch  in  den  Malereien  der  Azteca  ist 
Quetzalcoatl  öfter  schwarz.  Wie  übrigens  das  Haus  das  Attribut  des  Luftgottes 
Quetzalcoatl,  so  ist  die  Ecke  das  Attribut  des  Wassergottes  Tezcathpoca. 
Der  vierte  Toltekische  Stammesname  Panca  müsste  nun  mit  Tezcatli- 
poca  dem  „Bein-gott",  dem  Gegner  des  „Handgottes„  Quetzalcoatl-Hueraac 
verknüpft  werden.  Fantecatl,  Patecatl  oder  Papantzin,  nach  den  Commen- 
taren  identisch  mit  Cipactonal,  hiess  der  Gott  des  Himmelzeichens,  „Afle" 
der  Gott    der    berauschenden  Getränke,    und   Maiavel    oder  Mayaquil    oder 


1)  In  dem  Maya -codex  Fro.  p.  24  wird  der  durch  seine  (unten  erklärte)  Hieroglyphe  be- 
zeichnete Gott  des  Südens  mit  verbundenen  Augen  und  mit  einer  Menschenhand  als  Scepter 
dargestellt.  Ebenso  wird  im  Codex  Borgia  p.  43  der  (von  den  fünf  Südzeichen  begleitete)  Südgott 
miteinem  Handabd  r  uckim  Gesichtdargestellt,  während  die  entsprechende  Göttin  des  Nordens, 
Mayaquil,  die  Fussabdrücke  als  Attribut  hat.  (Dieselbe  Mayaquil  mit  einem  Fussabdruck 
neben  sich  üadei  man  Codex  Land  p.  0.  und  Codex  Borgia  p.  41.  als  Nordgüttin.) 


216  C.  Schultz-Sellack : 

Quilaztli ,  die  Göttin  der  mostgebenden  Aloe,  seine  Gattin.  Aber  grade 
durch  Verführung  zum  Rausch  richtete  Tezcatlipoca,  der  Gott  des  Wassc-rs 
und  der  Grossen  Fluth,  das  alte  Reich  des  Huemac  zu  Grunde;  Pantecatl 
oder  Cipactonal  scheint  also  ein  Name  des  Wassergottes  Tezcatlipoca  zu 
sein,  wie  Jomunco  oder  Ojomoco  ein  Name  des  Luftgottes  Quetzal coatl. 

Ojomoco  und  Cipactonal  (auch  Jumio  und  Cipatenal)  sind  bei  den  Nahua 
die  Erstgeschaffen eu  und  Erfinder  der  Astrologie.  Ojomoco,  Cipactonal, 
Tlateonin,  Jochicoaca  sind,  nach  Sahagun,  die  „vier  Weisen  der  Tolteca"; 
Tlateonin  heisst  auch  Ijtlilton  =  der  Schwarze  (Sahagun  I,  16)  und  Jochi- 
coaca ist  der  Rothe.  Bei  den  Nahua  von  Nicaragua  werden  genannt  (8quier, 
Nicaragua  II,  pag.  355):  Famagostad  und  Zipaltenal  (Ojomoco  und  Cipac- 
tonal) und  ihre  Söhne,  Ecalchotl  der  Grosse,  und  Ciagat  der  Kleine.  Die 
beiden  letzteren  Namen  beziehen  sich  anscheinend  auf  den  rothen,  kleinen 
Ostgott,  und  den  schwarzen,  grossen  Westgott,  so  dass  Ojomoco  und  Cipac- 
tonal den  Süd-  und  Nord-Gott  bezeichnen.  Diese  beiden  Namen  finden 
sich  bei  der  Quiche,  nach  Brasseur,  wieder  als  Jepiyacoc  und  Jemucane, 
die  Schöpfer  der  Menschen,  welche  den  Mann  aus  tsite  bildeten,  das  Weib 
aus  cipac  (cipac  Maya),  icpatl  (Azteca  =  Binse).  Auch  bei  den  Chibcka 
in  Südamerika  findet  sich,  nach  Acosta,  anscheinend  dieselbe  Sage:  Bochica 
der  Zaque  und  Sogamozo  der  Zipa  erschufen  den  Menschen,  den  Mann  aus 
„gelben  Thon",  das  Weib  aus  Zibak;  dann  erhoben  sie  sich  in  den  Himmel, 
der  Zaque  als  Sonne,  Sogamozo  als  Mond;  die  Mondgöttin  oder  der  Unter- 
weltgott Chibcha-cum  erregte  die  Grosse  Fluth,  welche  Bochica  bewältigte. 
In  Peru  wurde  (Tschudi,  Antiguedades  pag.  149)  als  ältester  Gott  verehrt  Ca- 
mac=  Schaffende,  und  ihm  stand  gegenüber  der  Unterweltsgott  Supay,  welchem 
Säuglinge   geopfert  wurden  (wie  den  Wassergöttern  der  Azteca  und  Maya). 

Dass  Ojomoco  und  Huemac  =  Grosse  Hand  denselben  Gott  bezeich- 
nen, sonst  Quetzalcoatl,  Sohn  des  Camajtli  genannt,  ist  nach  dem  Vorher- 
gehenden ersichtlich  ;  maitl  ^  Hand,  temaca  =  geben  bildet  also  vielleicht 
auch  die  Wurzel  des  Namens  Ojomoco.  Aehnlich  ist  im  Quechna:  maki  = 
Hand,  camac  =  schaffen. 

4.  Darstellung  von  Sonne  und  Mond. 
Dieser  Versuch,  die  vier  Weltrichtungen  in  Verbindung  mit  den  vier  Ele- 
menten und  Farbön  wie  bei  den  Maya  so|auch  bei  den  Azteca  in  den  höchsten 
Gottheiten  personificirt  zu  finden,  müsste  als  sehr  zweifelhaft  gelten,  wenn  nicht 
die  Denkmäler  denselben  in  allen  Einzelheiten  bestätigten.  Bevor  indessen  die 
auf  die  Gottheiten  der  Weltrichtungen  bezüglichen  Bilder  betrachtet  werden, muss 
zunächst  die  Darstellung  von  Sonne  und  Mond  in  denselben  erläutert  werden. 
Die  Sonne  findet  sich  in  den  Malereien  sehr  häufig  als  eine  von  Farben- 
ringen umgebene,  mit  Strahlen  besetzte  Scheibe,  dagegen  ist  die  Dar- 
stellung des  Mondes  eine  rein  conventionelle,  welche  durch  die  folgende 
Fabel   der  Azteca   verständlich    wird:    Das  Erste  Paar    oder    die    irdischen 


Die  Amerikanischen  Götter.  217 

Götter    gingen    aus    dem   „himmlischen  Stein"  hervor,    welchen  der  höchste 
Gott  Ometecutli    auf  die  Erde  hcrahsandte;    dieses  Paar    mit   dem  „Steine" 
/.wischen  sich  ist  in  Codex  Vatican  p.   17,    Codex    Borgia  p.  54  dargestellt. 
Die  irdischen  Götter  versammelten   sich  in  Teotihuacan,  der  ältesten  Cultus- 
stätte  in  Anahuac,  erfanden  die  Feuerzündung,  und  beriethen  dann   über  die 
Erzeugung    der    Sonne,    des  Mondes    und    des    göttlichen  Kalenders.     Zwei 
von    ihnen,    Nanahuatl    (=  Aussätzige)    und    Teccistecatl    (=  Muschelherr) 
opferten  sich  in  den  Flammen  und  stiegen  zum  Himmel  auf  als  Sonne  und 
Mond;  Citli  (=  Hase),  welcher  sich  der  Erhebung  des  Sonnengottes  wider- 
setzte, wurde  in  den  Mond  verbannt,  in  welchem  er    noch  als   Mondflecken 
sichtbar  ist    (B  an  er  oft,    Native  races  Hl   p.  G2),    oder  er  ist  der  Begleiter 
des  Mondes  (Sahagun,    VH,  2).i)     Der    Monngott    wird    deshalb  dargestellt 
mit  einer  grossen  Muschel  auf  dem  Kopfe  und  von    dem  Hasen  begleitet 
(Codex    Borgia    p.  49;    Vaticaii  A  p.  27,    28;    Vatican   B    p.  42;    Letellier 
p.   12).     Die  Muschel    (tecciomana)  soll  die  matrix  (tecizth)  bedeuten,    dem 
Monde  wegen  seiner  Fruchtbarkeit  zukommen,  und  der  Tempel  des  Mondes, 
nach  Torquemada,    ganz    mit  Muscheln  ausgelegt    gewesen   sein.     Auch  bei 
den  Maya   ist  hub,    puy  =  Muschel  oder  vulva,    und    nach  Landa  (p.  146) 
trugen    die    Mädchen    bis    zur    Mannbarkeit    eine    Muschel    über    den  Ge- 
schlechtstheilen. 

Der  Mond  selbst  wird,  wie  aus  seiner  Gegenüberstellung  mit  der  Sonne 
ersichtlich  ist  (Codex  Borgia  p.  29,  44,  60;  Vatican  B  p.  77),  dargestellt 
als  wassererfüllter,  muschelförmiger  Krug  oder  Spiralmuschel  aus 
der  ein  Hase  hervorkommt;  zuweilen  ist  der  Hase  in  diesem  Gefäss  durch 
das  Ilimmelszeichen  „Stein"  ersetzt.  Eine  solche  Vorstellung  der  Hasen- 
muschel findet  sich  auch  auf  einer  Thonschale  des  Museums  von  Mejico 
(Joaza,  Antiguedades  tab.  4),  und  Squier  (Nicaragua  I  p.  406)  fand  ein 
ähnliches  Bild  in  Nicaragua  an  einen  Felsen  gemalt.  Wahrscheinlich  liat 
das  in  den  gemalten  Büchern  häufige  Bild  einer  Schlange,  aus  deren  flach 
aufgeklappten  Rachen  ein  Hase  hervorkommt,  ebenfalls  die  Bedeutung  eines 
Mondsymbols.  Die  Muschel  (cuechtli)  ist  auch  das  Attribut  des  Pantecatl 
oder  Cuejteco,  des  Gottes  des  Himmelszeichens  „Affe",  des  Gottes  der 
Trunkenheit;  der  Affe  oder  der  neben  ihm  dargestelUe  Gott  wird  fast  stets 
im  Wasser  stehend  und  mit  einer  Muschel  am  Munde  dargestellt;  dieser 
Pantecatl    soll    eine  Form    des  Wassergottes  Cipactonal    oder    Tezcatlipoca 


1)  Die  Vorstellung,  dass  die  Mondtlecken  (es  ist  die  Fleckencrruppe  des  Ersten  Viertels 
gemeint)  einen  Hasen  darstellen,  ist  in  ganz  Asien  verbreitet,  sie  ist  altindisch  und  alt- 
chinesisch ;  die  Verbreitung  dieser  Ansicht  in  Asien  könnte  mit  der  des  Mondiodiabis  zu- 
sammenhängen, der  in  Indien  und  China  wahrscheinlich  aus  derselben  Quelle  stammt  und 
nach  den  Untersuchungen  von  Herrn  Professor  A.  Weber  Semitischen  Ursprungs  ist.  Es 
sei  denn,  dass  man  die  Form  der  Flecken  so  ähnlich  dem  Bilde  eines  hockenden  Hasen  linden 
will,  d;iss  mehrere  Völker  unabhängig  von  einander  dieselbe  haben  können:  der  Hase  wäre 
alsdann  das  einzige  reale  astronomische  Thier,  denn  von  keinem  Sternbild  kann  man  Aehn- 
liches  behaupten. 


218  C.  Schult^-Sellack: 

sein.  Auch  das  Himniclszeicheu  „Hase",  das  Mondthier,  ist,  nach  Sohagun, 
besonders  dein  Gott  der  Trunkenheit  geweiht,  welcher  also  mit  dem  Mond- 
gott zusammenzufallen  scheint. 

In  Teotihuacan  wo  nnch  der  Sage  der  Aztcca  die  Erzeugung  von  Sonne 
und  Mond  geschah,  finden  sich  noch  die  Reste  zweier  Tempelpyramiden, 
deren  Spitzen  sich  genau  nördlich  und  südlich  gegenüber  stehen,  deren 
Seiten  aber  nicht  genau  nach  den  Weltrichtungen  orientirt  sind.  Die  Ueber- 
lieferung  —  denn  von  Bildern  hat  sich  keine  Spur  erhalten  —  bezeichnet 
die  südliche  Pyramide  als  Tempel  der  Sonne,  die  nördliche  als  Tempel 
des  Mondes.  Ich  will  nun  versuchen  zu  zeigen:  dass  in  dem  alten  Kult 
die  Sonne  der  Südgott,  der  Mond  der  Nordgott  ist;  dass,  da  dem  Süden 
das  Element  Luft  zugetheilt  wird,  der  Luftgott  Quetzalcoatl  mit  der  Sonne 
verknüpft  ist,  und  dass  sein  Gegner,  der  Wassergott  Tezcatlipoca,  der 
Nordgott,  mit  dem  Monde  verknüpft  ist;  dass  eben  weil  im  Grunde  Sonne 
und  Mond  in  dem  alten  Kult  die  erste  Stelle  hatten,  die  beiden  Götter 
Quetzalcoatl-Huemac  (Luft)  und  Tezcatlipoca  (Wasser)  fast  ausschliesslich 
die  Helden  der  mythischen  Geschichte  von  Tollan  sind. 

5.  Abbildungen  der  Vier  Götter. 

Die  schon  erwähnte  Angabe  des  Commentators  (Kingsborough  V  p.  173), 
dass  die  Azteca  je  fünf  der  zw^anzig  Hiramelszeichen  einer  der  vier  Weltrichtun. 
gen  zutheilten,  ermöglicht  die  Auffindung  der  auf  die  vier  Weltrichtungen  bezüg- 
lichen Gottheiten  in  den  ohne  Commentar  gebliebenen  Malereien.  Denn  diese  vier 
Gruppen  von  je  fünf  Zeichen  finden  sich  öfter  einer  Reihe  von  vier  zusammenge- 
hörigen Bildern  beigelegt.  Besonders  manigfach  sind  die  in  Codex  Borgia 
p.  66  bis  <)3  und  21  bis  18  dargestellten  auf  die  vier  Weltrichtungen  be- 
züglichen Bilder;  sie  finden  sich  wiederholt,  aber  nur  zum  Theil,  im  zweiten 
Codex  Vatican,  Codex  Tejervary,  Codex  Land  und  Codex  Bologna.  Die 
mittelste  Gruppe  ist  in  diesen  vier  Bildern  je  ein  Tempel,  vor  dem  ein 
Opferer  steht  (wiederholt  in  Codex  Bologna  p.  12,  13):  zur  Rechten  ist  die 
Gruppe  eines  Gottes  der  ein  Thier  tödtet  (wiederholt  in  Codex  Tejervary 
p.  3,  4;  Codex  Vatican  B.  p.  72—75);  zur  Linken  oder  hinter  dem  Tempel 
steht  je  ein  Baum,  M^elcher  das  Symbol  der  Sonne  oder  des  Mondes  trägt 
und  unter  welchem  je  ein  sich  umarmendes  Paar,  durch  ein  gemein- 
schaftliches Tuch  umschlungen,  sitzt  (ähnlich  wiederholt  im  Codex  Tejervary 
p.  44);  endlich  unterhalb  des  Tempels  steht  je  ein  grosser  Baum  auf  wel- 
chem ein  Vogel  sitzt  und  vor  welchem  ein  getesseltes  Menschenopfer  liegt 
(wiederholt  in  Codex  Vatican  B.  p.  65,  66).  Der  oberste  Theil  der  vier 
Seiten  des  Codex  Borgia  aber  enthält  vier  Figuren,  welche  auf  ihren  Schul- 
tern und  Armen  den  mit  Augen  bedeckten  Himmel  tragen  (wiederholt 
im  Codex  Vatican  B.  p.  67—70);  sie  sind  durch  die  vier  „grossen  Zeichen" 
der  Azteca,  also  das  13.  (0.),  IS.  (N.),  3.  (W.),  8.  (S.)  bezeichnet;  man 
mu88  bei  dieser  Darstellung  sich  erinnern,    dass  die  Maya  die  vier  grossen 


Die  Amerikanischen  fiötter.  219 

Götter  auch  „Stützen  des  Himmels"  nannten.  Eine  eigentliiiiiiliclie  Darstel- 
lung der  vier  Götter  (durch  ihre  fünf  Zeichen  characterisirt)  angeordnet  um 
einen  mittleren  Skorpionskopf  findet  sich  Codex  Borgia  p.  43  und  Codex 
Vatican  B.  j).  24;  daran  schliessen  sich  auf  den  folgenden  Seiten  (Borgia 
p.  42,  41  und  /ji);  Vatican  B  p.  2:5,  'l'l^  21)  vier  sich  umarmende  Götter- 
paare, in  denen  man  die  vorher  genannton  vier  sich  umarmenden  Paare 
wiedererkennt.  Deutlicher  sind  aber  diese  vier  Paare  (durch  ihre  fünf 
Zeichen  charakterisirt)  dargestellt  in  Codex  Land  p. '.)  IG;  diese  Paare  aber 
identificireu  sich  mit  den  schon  oben  genannten  „vier  Götterpaaren  der 
Unterwelt"  in  Codex  Vatican  A  p.  3,  4.  Besonders  hervorzuheben  ist  das 
„Südpaar"'  und  das  „Nordpaar".  Das  Südpaar  ist  nach  Codex  Land  p.  13, 
14,  29  der  auf  der  Eidechse  sitzende  Tigergott  mit  Sonnensymbol 
und  die  Todesgöttin;  nach  Codex  Vatican  A.  p.  3,  Codex  Vatican  B. 
p.  21,  Codex  Borgia  p.  51'.  u.  s.  w.  ist  es  der  Gott  mit  liohem  konischem 
Schopf  und  die  Todesgöttiu,  die  auf  einer  riesigen  Kinnlad  e  sitzen;  ausser 
der  Kinnlade  sind  ein  aufrechtes  Kreuz  -f-  und  der  11  undab druck 
ihre  Symbole.  Das  Nordpaar  ist  nach  Codex  Land  p.  9,  10  der  Vogelgott 
(Tezcatlipoco)  und  die  nackte  Schlangengöttin  in  der  Aloe  sitzend  (sonst 
Mayaquil  genannt);  nach  Codex  Vatican  A  p  3,  Codex  Vatican  B  p.  23, 
Codex  Borgia  p.  41  u.  s.  w.  ist  es  der  vogelbeinige  blaue  Gott  und  die 
nakte  Schlangengöttin  mit  dem  Attribut  des  Spinnrockens;  das  liegende 
Kreuz  X  und  der  Fussabdruck  sind  ihre  Symbole. 

Ferner  rinden  sich  die  Gruppen  von  je  fünf  Himmelszeichen  mit  l>il- 
dern  begleitet  in  52  Vertikalreihen  angeordnet,  vermuthiich  in  Zusammen- 
hang mit  der  Periode  von  52  Jahren  in  Codex  Borgia  p.  38 — 31;  Codex 
Vatican  B  p.  49 — 5(5;  Codex  Bologna  p.  1—4. 

Am  interessantesten  ist  die  Darstellung  der  vier  Bäume  mit  "\  ogol  und 
der  zugehörigen  Götterpaare  in  Codex  Tejervary  p.  44,  in  Kreuzform  um 
eine  mittlere  schreitende  Figur  angeordnet,  Süd  oben,  Nord  unten,  Osten 
links,  Westen  rechts;  unter  dem  Baum  des  Südens  steht  die  strahlende 
Sonnenscheibe,  unter  dem  des  Nordens  ein  fratzeidiafter  Kopf  welcher 
den  Moudkrug  trägt.  Auch  der  Tempel  und  der  Baum  neben  dem  Tem- 
pel in  Codex  Borgia  p.  65  zeigt  das  uns  bekannte  Mondsymbol,  und  da- 
neben den  uns  bekannten  „Perladler''.  Der  Tempel  des  Südgottes  in  Codex 
Borgia  p.  03  enthält  aber  nicht  das  Sonnensymbol  sondern  die  Eule  (an- 
geblich Attribut  des  Bösen)  und  der  daneben  stehende  Baum  traut  als  Svm- 
bol  ein  abgerundetes  schwarzes  Viereck,  welches  durch  ein  senkreclites 
und  ein  wagerechtes  weisses  Band  in  vier  Felder  getheilt  ist,  und  über 
welchem  zwei  Bündel  von  ..Rohrstäben"  hängen;  daneben  steht  das  llimmels- 
zeichen  „Tod".  Dieses  durch  ein  stehendes  Kreuz  in  vier  Felder  getheilte 
schwarze  Viereck  aber  steht  in  Codex  Borgia  p.  45  und  Codex  \  atican  B 
p.  39  als  Attribut  zwischen  zwei  Göttern,  welche  als  „Gott  der  Sonne  und 
Gott  des  Todes"   bezeichnet  sind. 


220  C.  Schul tz-Sellack: 

Auch  in  der  Malerei  der  Maya  finden  sich  die  entsprechenden  vier  Grup- 
pen von  je  fünf  Zeiclien.  das  1.,  5.,  *>.,  13.,  17.,  dann  das  2.,  6  ,  10.,  14., 
17.  u.  s.  w.  bestimmten  Bildern  beigelegt;  in  dem  von  Brasseur  veröffent- 
lichten Codex  Tro  p.  30,  31  sieht  man  vier  Götter  die  einen  Vogel  auf  dem 
Kopfe  tragen,  von  den  je  fünf  Zeichen  für  Süd,  Ost,  Nord,  West  begleitet. 
In  dem  Mayacodex  Dresden  p.  o  (und  ähnlich  Codex  Tro  p.  22*)  sieht 
man  einen  Baum  mit  Vogel  unter  welchem  ein  gefesseltes  Menschenopfer 
liegt,  und  neben  welchen  ein  Götterpaar  sitzt,  völlig  übereinstimmend  mit 
dem  „Südbaum"  des  Codex  Tejervary  p.  44  und  Codex  Borgia  p.  63  (neben 
dem  Tempel);  an  diesen  Baum  sind  die  fünf  Südzeichen,  das  8.,  16.,  4., 
12.,  20.  angebracht,  genau  in  derselben  Reihenfolge  wie  in  den  Aztekischen 
Bildern.  In  beiden  Fällen  steht  unter  dem  Baume  ein  Paar  von  den  Göt- 
tern, deren  einer  in  seinem  hohen  Haarschopfe  einen  zweiten  Kopf  trägt, 
die  andere  Figur  ist  in  dem  Mayacodex  von  einer  Eidechse  begleitet, 
und  ich  habe  schon  oben  erwähnt,  dass  Itztlacolinhqui  der  Südgott  der 
Azteca,  das  Himmelszeichen  „Eidechse"  beherrscht  und  einen  zweiten  Kopt 
in  seinem  Schöpfe  trägt;  das  Götterpaar  des  „Südbauraes"  des  Maya  scheint 
also  mit  dem  entsprechenden  der  Azteca  völlig  identisch  zu  sein.  Der  un- 
tere Theil  derselben  Seite  3  des  Codex  Dresden  ist  leider  leer  geblieben, 
ohne  diese  Lücke  würden  wir  auch  die  Bäume  von  Ost,  Nord,  West  kennen, 
wenigstens  finden  sich  die  vier  Gruppen  von  Zeichen  der  Darstellungen  der 
Seite  45  (in  Wahrheit  die  Zweite  Seite)  beigefügt.^) 

Es  scheint  völlig  gerechtfertigt,  diese  vier  „Vogelbäume''  welche  in  den 
Malereien  der  Azteca  und  Maya  identisch  sind,  für  die  vier  Toltekischen 
Häuptlinge,  die  Tutul-joih  (=  Vogelbaum)  der  Ueberlieferung  der  Maya 
zu  halten. 

Dass  diese  vier  Vogelgenien  auch  bei  den  Azteca  eine  bedeutende  Rolle 
spielten,  scheint  sich  aus  Folgendem  zu  ergeben:  die  Azteca  hatten,  wie 
schon  oben  bemerkt  ist,  eine  „Periode  von  zwanzig  Tagen",  eine  „Periode 
von  dreizehn  Tagen"  und  eine  „Periode  von  neun  Tagen".  Die  Kalender 
in  Codex  Letellier,  Codex  Borgia  und  den  beiden  Codex  Vatican  verzeich- 


1)  Ich  will  hier  bemerken,  dass  der  Maya-codex  von  Dresden  (nachgebildet  bei  Kingsborough 
III)  aus  zwei  langen  Streifen  besteht,  deren  erstes  auf  seinen  beiden  Flächen  Seite  1—45 
umfasst.  Vermuthlich  durch  ein  Versehen  ist,  schon  ehe  der  Codex  nach  Dresden  kam,  das 
eine  Ende  enthaltend  Seite  1,  2  und  Rückseite  44,  45  falsch  angeklebt  worden,  und  es  ge- 
hört in  der  That  Seite  42,  43,  1,  2  nach  einander,  während  Seite  44,  den  grossen  Zungen- 
ausstreckenden Kopf  enthaltend,  die  Erste  Seite  ist.  Herr  llofrath  Dr.  Foerstemann  billigt 
diese  Ansicht,  welche  durch  die  sichtbare  starke  Abnutzung  von  Seite  44,  ursprünglich  Aussen- 
fläche  des  zusammen  gefalteten  Codex,  bestätigt  wird. 

Die  beiden  Hälften  des  Codex  Borgia  (Kingsborough  III)  sind,  wie  die  durchlaufenden 
Reihen  der  Zeichen  ergeben,  verkehrt  numerirt;  es  ist  bei  Seite  38  und  76  anzufangen  und 
zu  lesen  Seite  38-1  und  7«- 39. 

Im  zweiten  Codex  Vatican  (Kingsborough  111)  ist  ein  doppeltes  Versehen  gemacht  wor- 
den; Seite  48  (identisch  mit  Seite  38  des  Codex  Borgia)  ist  die  Erste  Seite,  und  es  ist  zu 
lesen  Seite  48-1  und  Seite  49—66. 


Die  Amerikanischen  Götter. 


221 


nen  den  Lauf  dieser  drei  Perioden.  Dagegen  zeigt  der  Kalender  eines  dem 
Herrn  Aubin  gehörigen  Codex,  von  dem  Herrn  Loon  de  Bosny  (Ecriture 
hieiiitique  de  i'Amer.  Centr.  tab.  18)  eine  Seite;  veiüfFentlicht  hat,  noch  eine 
vierte  Reihe  bestehend  aus  vier  Vögeln;  neben  den  dem  Süden  geweihten 
Himraelszoichen  d.  i.  dem  4.,  8.,  12.,  16.,  20.  steht  die  Eule,  neben  den 
Nordzcibhen  der  Vogel  mit  dem  llimmelszeichen  „Stein";  die  Eule  findet 
sich  aber  in  Codex  Borgia  p.  03  in  dem  Südtempel,  und  der  Vogel  mit 
„Stein"  ib.  ji.  ()5  auf  dem  Baum  des  Nordens  abgebildet.  Diese  vier  Vögel 
sind  also  die  Genien  derWeltrichtungen  und  beherrschen  eine  viertägigePeriode. 
Auf  Seite  42,  43,  1,  2  des  Mayacodex  von  Dresden  sieht  man  die  vier 
Gruppen  von  je  fünf  Zeichen  neben  vier  Göttern,  welche  mit  den  vier 
thiertödtenden  Göttern  der  Aztekischen  Bilder  die  grosseste  Aehnlichkeit 
haben;  besonders  interessant  aber  ist,  dass  neben  diesen  vier  Göttern  je 
eine  Kolumne  von  Schrift-Hieroglyphen  steht,  und  das  die  oberste  Hiero- 
glyphe wahrscheinlich  den  Namen  des  Gottes  enthält.  Die  Bilder  dieser 
vier  Götter  wicderliolen  sich  nämlich  noch  mehrfach  in  demselben  Codex 
p.  29jBP.,  und  immer  sind  sie  von  denselben  vier  Hieroglyphen  begleitet. 
Es  ist  dabei  zu  bemerken,  dass  die  Bezeichnung  von  Ost  und  West  mit 
einander  vertauscht  wird,  ebenso  die  von  Süd  und  Nord;  so  wird  der  vom 
Fisch  begleitete  und  eine  Trommel  haltende  Gott  (Codex  Dresden  p.  1 
und  29;  Codex  Tro  p.  24*)  meist  als  Nordgott  bezeichnet,  aber  einmal  als 
Südgott;  der  schwarze  Gott  mit  dem  Wasserdrachen  und  der  Gott  mit 
dem'  rothen  Hunde    sind  Codex  Dresden    p.  29    respective  als  West-  und 

Ostgott,  aber  Codex  Dresden  p.  2  und  43  umgekehrt 
bezeichnet;  diese  beiden  letzteren  stimmen  übrigens 
fast  vollkommen  mit  dem  Aztekischen  West-  und 
Ostgott  des  Codex  Vatican  B  p.  72,  73  überein. 
Die  vier  Hieroglyphen  finden  sich  auch  im  Maya- 
codex Tro  p.  26  vier  Göttern  beigelegt,  die  um 
einen  mittleren  mit  Skorpionschwanz  angeordnet 
sind,  ganz  wie  in  dem  Azteca-codex  Borgia  p.  43 
die  vier  Götter  um  einen  Skorpion  köpf,  Ost  und 
Nord  links,  West  und  Süd  rechts;  auch  Codex  Tro 
p.  24*,  25*  stehen  die  vier  Hieroglyphen  neben 
den  vier  Göttern.     S.  nebenstehend. 

Das  untere  Zeichen  in  den  Hieroglyphen  des 
Ost-  und  Westgottes  bedeutet,  nach  Landa,  Kin  = 
Sonne;  die  beiden  oberen  Zeichen  derselben  Hiero- 
glyphen sind  ahau,  entsprechend  jochitl  —  Blume 
der  Azteca,  und  manik,  entsprechend  mazatl  = 
Hirsch  der  Azteca.  Nach  Landa  ist  Kinchaham 
einer  der  Namen  des  Ostgottes,  vielleicht  ist  das 
die  Aussprache  der  Hieroglyphen  des  Ostgottes;  die 


Südgoft: 


Nordgott: 


Ostnrott: 


Westgott: 


222  C.  Schultz-Sellack: 

Wörterbücher  geben  lakin  (laak  =  neu)  und  chikiu  (chih  =  gewachsen) 
als  Namen  für  Ost  und  West.  Die  Hieroglyphe  des  Westgottes  ist  an  sich 
nicht  zu  deuten,  hängt  aber  vielleicht  mit  folgendem  zusammen:  Bei  den 
Azteca  hiessen  die  Menschen  der  Weltperiode  des  Westens,  der  Erde,  der 
schwarzen  Farbe  „Quiname"  und  waren  ein  Geschlecht  von  Riesen;  bei  den 
Maya  hiess,  wie  oben  erwähnt,  der  Osten  die  kleine  oder  linke,  der  Westen 
die  grosse  oder  rechte  Seite;  im  Codex  Tro  p.  23  sieht  man  nun  aber  links 
einen  kleinen  ganz  rothen  Mann  mit  einer  Fackel  einem  schwarzen  Riesen 
gegenüber,  und  darüber  steht,  am  Ende  mehrerer  Reihen  von  Hieroglyphen, 
links  die  Hieroglyphe  des  Ostgottes,  rechts  die  des  Westgottes.  Die  Hie- 
roglyphe des  Westgottes  der  Maya  lautet  also  vielleicht  Kiname. 

6,  Die    beiden  Tempel  von  Paleuque. 

Wirkliche  Tempel  dieser  Götter  der  Weltrichtungen  sind  noch  vor- 
handen in  Palenque;  denn  zwei  der  am  besten  erhaltenen  Pyramidentempel 
von  Palenque  stellen  in  ihren  Kultusbildern  diese  Gottheiten  dar.  Es  sind 
die  von  Stephens  als  casa  II  und  casa  III  bezeichneten,  nördlich  und 
südlich  sich  gegenüberliegenden  Tempel,'  welche  kurz  Nordtempel  und  Süd- 
tempel genannt  werden  sollen ,  da  das  Naos  mit  dem  Kultusbild  sich 
respective  am  Nord-  und  Südende  derselben  befindet. 

Das  Kultusbild  des  Nordtempels  ist  das  viel  besprochene  „Kreuz", 
der  Baum  auf  welchem  der  Vogel  mit  Perlhalsband  sitzt,  den  die  Azteca 
Cozcaquauhtli  =  Perladlei  nennen.  Man  erkennt  in  diesem  Baum  sogleich 
den  „Baum  des  Nordens"  des  Codex  Tejervary  p.  44.  und  des  Codex  Borgia 
p.  05  (neben  den  Tempel)  wieder;  wie  dort  steht  am  Fusse  des  „Kreuzes" 
ein  fratzenhafter  Kopf  undder  Krug  des  Mondes,  innerhalb  dessen —  wie 
Chamay's  Photographie  des  Kreuzes  deutlich  zeigt  —  das  Himmelszeichen 
„Stein"  liegt,  welches  bei  den  Maya  die  Form  eines  punktirteu  querliegeu- 
den  Kreuzes  hat.  (so  besonders  im  Mayacodex  Dresden  p.  74).  Auch  in 
Codex  Borgia  p.  16,  28  und  Codex  Land  p.  26  steht  der  Baum  und  der 
Krug  des  Mondes  neben  dem  Himmelszeichen  „Perladler".  Bei  den  Azteca 
ist  der  Perladler  Gott  des  Wassers  und  der  Fluth,  und  Perlen  oder  Perl- 
schnüre werden  dem  Wassergott  geopfert,  welcher  auch  Tezcatlipoca  heisst 
(Codex  Letellier  p.  26;  Borgia  p.  51);  eben  diese  Perlschnüre  trug  aber 
auch  der  Mondgott  (Codex  Letellier  p.  11,  Borgia  p.  41)).  Der  Perlen vogel 
und  die  Perlenschnüre,  welche  das  Kreuz  von  Palenque  umschlingen,  er- 
klären sich  also  als  Symbole  des  Wasser-,  Nord-  und  Mondgottes  vollkom- 
men aus  den  Bildwerken  der  Azteca.  Dieser  dem  Tezciitlipoca  heilige  Baum 
ist  nach  ('odex  Vatican  A  p.  5  der  chichihua-quahuitl  -  Milchsaftbaum; 
der  Milchsaft  oder  Kautschuk  wurde  dem  Tezcatlipoca  geopfert. 

An  die  Arme  des  Kreuzes  sind  zwei  rechtwinklige  mit  Perlen  besetzte 
Mäanderljgurcn  geheftet;  diese  bedeuten  nichts  anderes  als  die  dorn  Tezcatli- 
poca heilige  „Ecke",  wie  später  nach  einem  Aztekischen  Bilde  (Codex 
Wien  p.  17)  deutlich  gezeigt  werden  soll. 


Die  Amerikanischen  Götter.  223 

Ein  im  Paliist  von  Palenqiie  befindliches  Reliefs  (Stephens,  Central 
America  11  p.  316)  zeigt  inneihalh  einer  Einfassung  zon  Perlschnüren  einen 
Gott  oder  Priester;  er  trügt  die  perlenbesetzte  „Ecke"  wie  ein  Scepter  in 
der  Hand')  und  auf  dem  Kopfe  einen  Gegenstand,  welcher  einem  Ele- 
phantenkopf  oder  -riissel  ähnlich  ist;  derselbe  Gegenstand  ist  bei  den 
Azteca  der  Kopfschmuck  des  Gottes  Tonacachihua  oder  Cipactonal,  des 
Regenten  des  Ilimraelszeichens  cipactli  ■^-  Fisch,  der  auf  Binsen  (icpatl  oder 
tollin)  sitzend  dargestellt  wird  (C'odex   Vatican  A  ]).    17). 

\>',\%  Kultusbild  des  Südtem})els  von  Palenque  stellt  einen  von  zwei 
knienden  in  Tigerfelle  gehüllten  Männern  getragenen  Gegenstand  dar, 
welcher  auch  in  dem  „Südbaum"  des  Codex  Borgia  p.  63  (neben  dem  Tem- 
pel) sich  findet:  es  ist  eine  vierecke,  durch  einen  horizontalen  und  einen 
vertikalen  Streifen  oder  ein  stehendes  Kreuz  Ar  \n  vier  dunkle  Felder  ge- 
theilte  Tafel,  über  welcher  zwei  ,,Rohrstäbe"  stehen,  der  Art  die  in  den 
Malereien  .als  Feuerquirh'  dienen.  In  der  Mitte  dieser  Kohrstäbe  ist  wie 
ein  Schild  ein  Bild  aufgehängt,  welches  völlig  dem  Aztekischen  Himmels- 
zeichen „Sonne  in  vier  Bewegungen"  gleicht,  wie  dasselbe  in  dem  grossen 
Relief  der  Kathedrale  von  Mejica  dargestellt  ist:  ein  zungenausstreckendes 
Gesicht  über  dessen  Stirn  eine  dreieckige  oder  abgerundete  Spitze  steht, 
und  welches  von  vier  Bändern  oder  Knoten  eingefasst  ist. 2)  Das  Viereck 
mit  den  vier  schwarzen  Feldern  oder  stehende  Kreuz  -j-  ist,  wie  schon 
oben  gezeigt  wurde,  ein  Attribut  des  Sonnen-  und  Todesgottes,  und  das 
Mayaschriftzeichen  kin  =^  Sonne  scheint  damit  identisch  zu  sein.  Die  Mitte 
dieses  Vierecks  auf  unserem  Kultusbild  zeigt  einen  fratzenhaften  Kojtf, 
wahrscheinlich  der  „Todtenkopf"  der  Azteca;  der  Todesgott  ist,  wie  schon 
oben  bemerkt,  eng  mit  dem  Sonnengott  verbunden.  In  einem  Relief  des 
Palastes  von  Palenque  (Stephens,  Central  America  II  p.  318)  sitzt  ein  Gott, 
welcher  das  Himmelszeichen  „Sonne  in  viei-  Bewegungen"  an  einer  Kette 
um  den  Hals  trägt,  auf  einem  Thron,  welcher  aus  zwei  Vordertheilen  von 
Tigern  gel)ildet  ist;  dieser  Tigerthron  ist  offenbar  nur  eine  andere  Form  der 
beiden  in  Tigerfelle  gehüllten  knienden  Träger  des  Kultnssymbols,  welches 
eben  beschrieben  ist.  Ein  ganz  ähnlicher  Gott  auf  dem  Tigerthron  ist  dar- 
gestellt   im    Kultusbild    des    dritten    Pyramidentempels    von    Palenque,    bei 

1)  Ks  ist  besonders  interessant,  dass  vor  dem  Nordtempel  zwei  rund  aufgeführte  Sta- 
tuen gefunden  worden  sind  (Stepbens  ib.  p.  348),  welche  einen  älanu  mit  einer  hohen  ge- 
liörnten  (den  Assyrischen  ähnlichen)  Mütze  darstellen,  der  in  der  Hand  ein  Symbol  hält 
welches  wie  eine  zinneutragende  M;iuer  aussieht,  völlig  der  Aegyptischen  Hieroglyphe  .Mauer- 
gleich ;  (las  llinimel>zeichen  ^Haus"  ist  bei  ilen  Azteca  dem  QuetzalcoatI  geweiht  und  in  tier 
Abbildung  Code.x   Vatican    p.  51,    5"2    ist    das    ,Haus    des  (QuetzalcoatI"    mit  Zinnen   besetzt. 

Ueber  die    symbolische  Bedeutung    der  «Ecke"    in  Ostasien  ist  am  Schlüsse  die  Rede.  - 

In  Aegypten  war  bekanntlich  Hapi  -  Ecke  die  Namenshieroglyphe  des  Mondstiers,  Meu  = 
Mauer  die  des  Sonnenstiers. 

2)  Dieser  Kopf  findet  sich  auch  dargestellt  in  Maya-codex  Dresden  p.  41.  Ein  ähnlicher 
Kopf  mit  dreieckiger  Spitze  über  der  Stirn  ist  auf  eineui  Goldblech  in  Peru  gefunden  wor- 
ilcn  (Hollaert,  Antiquilies  of  Suutli   America  p.  140). 


224  C.  Schultz-Sellack: 

Stephens  casa  IV  genannt;  anscheinend  —  denn  eine  deutliche  Angabe 
findet  sich  nirgend  —  nimmt  dieses  Bikl  ebenfalls  die  Südwand  des  Tem- 
pels ein,  und  wäre  alsdann  ein  Bild  des  Südgottes.  Auch  mit  dem  Azte- 
kischen Südbaum  ist  der  Tiger  verknüpft  (Codex  Vatican  ß  p.  6l))  und  das 
Himmelszeicheu  „Tiger"  dem  Quetzalcoatl,  dem  Gott  der  „Luft"  und  des 
„Rohres"  geweiht  (Codex  Letellier  p.  2;  Borgia  p.  53). 

Hiernach  bezieht  sich  also  das  Kultusbild  des  Nordtempels  von  Palen- 
que  auf  den  Gott  des  Nordens,  des  Wassers,  der  Perlschnüre,  der  Ecke, 
des  Mondes;  das  Kultusbild  des  Südtempels  auf  den  Gott  des  Südens, 
der  Luft,  der  Rohrstäbe,  der  Sonne  mit  dem  Attribut  des  Tigers.  Die 
Bilder  lassen  sich  in  allen  Einzelheiten  aus  der  Ueberlieferung  der  Azteca 
und  Maya  erklären,  und  nach  Aztekischer  Bezeichnung  müsste  man  die 
Tempel  von  Palenque  benennen  als:  Tempel  des  Tezcatlipoca,  welchem  das 
Himmelszeichen  „Perladler",  die  Muschel,  Perlschnur  und  die  Ecke  geweiht 
ist,  und  Tempel  des  Quetzalcoatl,  welchem  die  Himmelszeicheu  „Rohr", 
„Sonne  in  vier  Bewegungen"  und  „Tiger"  heilig  sind,  oder  aber  als:  Tem- 
pel des  Mondes  und  der  Sonne.  Es  ist  zu  bemerken,  dass  nach  der  Ueber- 
lieferung die  beiden  Tempelpyraraiden  von  Teotihuacan,  die  nördliche  und 
die  südliche,  ebenfalls  dem  Monde  und  der  Sonne  geweiht  waren. 

7.  Der  „Herr  der  Höhe"  und  der  ,,Herr  der  Tiefe". 

Der  Südgott  d.  i.  Quetzalcoatl-Huemac  mit  dem  Attribut  der  Hand  oder  Itztla- 
coliuhqui  mit  dem  Attribut  des  Kopfes,  und  der  Mondgott  d.  i.  Tezcatli- 
poca mit  dem  Attribut  des  Beines,  oder  aber:  Sonne  und  Mond  sind  in 
dem  Bilde  der  vier  Götter  des  Codex  Tejervary  p,  44  als  Oberer  und  Un- 
terer dargestellt.  Noch  deutlicher  ist  diese  Vorstellung  im  Codex  Wien 
p.  17  und  48:  Ueber  den  Streifen  der  vier  Farben  erheben  sich  fünf  Berge; 
auf  den  beiden  ersten  stehen  zwei  Bäume,  welche  mit  dem  Ostbaum  und 
Westbaum  des  Codex  Tejervary  übereinstimmen ;  auf  dem  dritten  Berg  steht 
innerhalb  eines  viereckigen  Feldes  ein  Kopf,  (wahrscheinlich  gleichbedeu- 
tend mit  dem  Viereck  und  Kopf  im  Südtempel  von  Palenque)  am  Fusse  des 
vierten  Berges  eine  mit  Perlen  besetzte  rechtwinklige  „Ecke",  innerhalb 
deren  ein  Menschenbein.  Auf  der  Spitze  des  fünften  Berges  endlich 
sieht  man  die  strahlende  Sonnensche  und  ein  Menschenauge  am  Fusse  die- 
ses Berges  den  Krug  des  Mondes;  von  der  Sonne  fliegt  ein  Vogel  herab, 
von  dem  Monde  ein  zweiter  aufwärts').  Vor  diesen  fünf  Bergen  stehen 
zwei  hundköpfige  Priester;  der  obere  mit  aufwärts  gerichteten  Schopf 
quirlt  Feuer  mittelst  des  Rohrstabes,  der  untere  mit  abwärts  hangendem 
Schopl    ist  mit  Perlen  bedeckt    und  hält  eine  grosse  Bandschleife  an  einem 

1)  Aehnlich  ist  iu  Codex  Borgia  p.  21  dargestellt  die  strahlende  Sonne  und  in  ihrer 
Mitte  der  Mondkrug.  auf  dem  Streifen  der  vier  Farben  ruhend;  daneben  ein  Vogel  der  eine 
Menschenhand  (Symbol  des  Südgottes)  im  Schnabel  hält,  und  ein  zweiter  mit  dem  „himmli- 
schen Stein"  (Symbol  des  Mondgottes  imd  Mondes) 


Die  Amerikaiiischeu  Ciötter,  225 

Stabe.  —  Der  aufwärts  und  abwärts  gerichtete  Schopf  characterisiren  auch 
den  Soonen-  und  Mondgott  in  Codex  Vatican  B.  p.  43.  —  Diese  beiden 
Priester  wiederholen  sich  fast  auf  jeder  Seite  des  Codex  Wien,  der  obere 
hält  öfter  einen  brennenden  Uohrstab  oder  Fackel,  der  untere  perlen- 
bedeckte  hält,  wie  der  Gott  Pantecatl,  eine  Muschel  am  Munde;  auch  iu  Co- 
dex Laud  p.  8  finden  sie  sich  wieder,  sie  heissen  die  beiden  Jolotl  (=  Die- 
ner, Hund).  Der  Commentator  von  Codex  Letellier  p.  24,  25  bezeichnet 
nämlich  als  Herrscher  des  Himmelszeichens  „Perladler"  den  hundkopfigen 
Jolotl,  den  Vater  des  „Zwillingogottes",  dessen  obere  Hälfte  Tonatinh  = 
Sonnengott,  dessen  unlere  Hälfte  Tlalchi  =  Unterweltgott  mit  dem  Mond- 
krug bildet.  In  Codex  Borgia  p.  16,  28  und  Codex  Laud.  p.  26  ist  neben 
dem  Himmelszeichen  „Perladler"  nur  der  Mondkrug  mit  dem  Hasen  und 
der  ,,Ecke"  dargestellt. 

Diese  beiden  Priester  oder  Jolotl  sind  offenbar  dieselben,  welche  in 
Cholula  von  den  vier  Priestern  und  vier  Tempeln  des  Quetzalcoatl  den 
höchsten  Rang  hatten,  der  Aquiach  und  Flachiach,  nach  Brasseur  =  Herr 
der  Höhe  und  Herr  der  Tiefe;  es  ist  der  Rohr-  oder  Feuerpriester  und  der 
Muschel-,  Perlen-,  oder  Wasserpriester.  Eine  andere  Form  des  Zwillings- 
gottes von  Sonne  und  Mond  sieht  man  auf  der  Ersten  Seite  des  Codex 
Borgia  (p.  H\  75):  der  Schwarze  Gott  trägt  eine  grosse  Sonne  auf  der 
Mitte  seines  Körpers  und  ist  von  acht  kleineren  Sonnen  umgeben;  aus  dem 
Mondkruge  (ähnlich  wie  Codex  Laud.  p.  26)  gehen  zwölf  Mondsicheln  tra- 
gende Männer  hervor,  und  darüber  sieht  man  die  zwei  Priester  oder  Ge- 
nien, eine  rothe  Gestalt  mit  einem  flammenden  Rohr  zwischen  den  Zähnen 
und  eine  schwarze  Gestalt  mit  einem  Wasserkrug.  Die  letzteren  Figuren 
erscheinen  in  derselben  Form  in  Codex  Vatican  B.  p.  3  neben  dem  Himmels- 
zeichen,, Regen";  auch  in  einem  der  Tempel  von  Palenque  (Stephens,  Cen- 
tral America  H.)  stehen  zwei  solche  Figuren  sich  gegenüber,  die  eine  mit 
einem  flammenden  Rohr  im  Munde,  die  andere  mit  Wasser  und  Fischen 
auf  dem  Kopfe. 

8.  Verbreitung  Toltekisch  er  R  eligionsansichteu  In  Amerika. 

Der  den  Nahua  und  Maya  gemeinschaftliche  oder  der  Toltekische  Kultus 
hatte  als  Hauptgötter  die  Gottheiten  der  vier  Elemente  und  Weltgegenden, 
verknüpft  mit  vier  Bäumen  und  Vögeln ;  der  Gott  des  Südens,  der  Höhe, 
der  Luft  (oder  auch  des  Feuers)  und  der  Cott  des  Nordens,  der  Tiefe,  des 
Wassers  stellen  sich  auch  dar  als  Sonne  und  Mond,  und  ihre  Symbole  sind: 
die  rechte  Hand  —  das  linke  Bein;  die  Zunge  —  das  Ohr;  das  Rohr  — 
die  Muschel;  das  Haus  —  die  Ecke;  der  Tiger  —  der  Hase. 

Auch  iu  Peru  wurden  Sonne  und  Mond  und  die  Herrscher  der  vier 
Weltgegenden  verehrt;  die  Namen  der  Götterpaare  der  vier  Weltgegendeu 
sind  nach  Garci  las  o  (Coment.  real.  L  18):  für  Nord  Manco-caj)ac  und  die 
Mama-ocUo,    für  Süd  Colla,    für  Ost  Tocay,    für  West  Pinahua,    von  denen 

Zeitschrift  für  Ethnologie.    Jahrg.  187i>.  IG 


226  C-  Schultz-Sellack: 

der  erste  Cuzco  gründet.  Als  höchster  Gott  aber  wurde  verehrt  Viraco- 
cha,  der  sich  Bruder  des  Manco-capac  nennt  (Garcilaso  IV,  22)  und  mit 
dem  gleichnamigen  (achten)  Jeca,  dem  Eroberer  von  Chinchasuyu  (=  Nord- 
land), zuweilen  confundirt  wird  Dieser  kriegerische  Inca,  der  Sohn  des 
feigen  Yahuar-huacac  (=  Blut  weinende)  liess  an  einen  Felsen  das  Bild 
eines  Adlerpaares  malen,  welches  ihn  und  seinen  Vater  bedeuten  sollte 
und  welches  Garcilaso  noch  gesehen  hat;  der  eine  Adler  sass  mit  aufwärts 
gerichtetem  Kopf,  der  andere  abwärts  gewendet.  Vielleicht  ist  der  Name 
Viracocha,  dessen  wörtliche  Bedeutung:  Fett-Meer  Garcilaso  zurückweist, 
=  Huayracocha  d.  i.  Luft-Meer  oder  Luft- Wasser.  Ich  habe  oben  gezeigt, 
dass  neben  den  Aztekischen  Bildern  von  Sonne  und  Mond,  welche  auch 
als  Götter  der  Luft  und  des  Wassers  aufgefasst  wurden,  ein  aufwärts  und 
ein  abwärts  fliegender  Vogel  dargestellt  wird,  der  Vogel  des  Nordens  oder 
des  Gottes  der  Tiefe  und  der  Vogel  des  Südens  oder  des  Gottes  der  Höhe 
(Codex  Wien  p.  17;  Borgia  p.  21);  der  Aztekische  „Zwillingsgott''  von 
Sonne  und  Mond,  Quetzalcoatl  und  Tezcatlipoca,  könnte  also  wohl  mit  dem 
Peruanischen  ,, Luft-Meer"  gleichbedeutend  sein.  Die  Peruanischen  Namen 
Manco  und  Colla  für  den  Nord-  und  Südgott  erinnern  an  die  entsprechen- 
den Toltekischen  Panca  und  Culhua,  sowie  das  Paar  des  Nordens  Manco- 
capas  und  die  Mama-ocllo  am  Pantecatl  und  Mayaquil.  Schon  oben  ist  der 
Camac  und  Supay  von  Peru,  der  Bochica  und  Chibchacum  der  Chibcha 
mit  dem  Luft-  und  dem  Fluthgott  der  Tolteca  verglichen  worden.  Bei  dem 
Mangel  an  Peruanischen  Kultusbildern  und  der  Lückenhaftigkeit  der  Ueber- 
lieferung  ist  ein  eingehender  Vergleich  freilich  unmöglich.  Die  Toltekische 
„Woche  von  zwanzig  Tagen''  findet  sich  nicht  in  Südamerika;  sondern  bei 
den  Chibcha  Mondmonate,  deren  sich,  nach  Landa  übrigens  auch  die  Maya 
bedienten,  und  in  Peru  Monate  von  30  Tagen, 

Wahrscheinlicher  ist  eine  Verwandtschaft  des  Toltekischen  Kultus  mit 
dem  Nordamerikanischer  Völker.  Die  Pima  des  Gilathales  erzählten  Ban- 
croft,  Native  races  III,  p.  78):  Die  grosse  Fluth  wurde  durch  den  Adler  des 
Berges  erzeugt,  und  nur  Ein  Mann  Szeukha  (?  =  Cipactonal)  rettete  sich, 
er  vertrieb  den  Adler  und  sein  Geschlecht  die  Hohocam  (?  =  Ojomoco), 
welche  nach  dem  Süden  auswanderten.  Vorzüglich  hervorzuheben  ist,  dass 
der  Tiger  und  Hase,  bei  den  Tolteca  die  Thiere  von  Sonne  und  Mond, 
auch  bei  den  Algonkin,  einer  der  ausgebreitetsten  Nordamerikanischen 
Stammesfamilien,  die  höchsten  Götter  sind.  Der  grosse  Hase  Michabu  hat 
auf  den  Wassern  schwimmend  Welt  und  Menschen  erschaffen,  aber  der 
Grosse  Tiger  Michibissi  bekriegt  ihn  (Charlevoix,  Nouvelle  France  HI 
344).  Die  Siüux-Stämme,  namentlich  die  Dahcotah,  verehren  als  höchsten 
Gott  den  Sturmgott  Hoakah,  dem  der  Elennhirsch  und  der  Donneradler 
geweiht  sind  (Eastman,  Dahcotah  p.  208,  262);  ihm  steht  gegenüber  Un- 
ktahe    der  Gott  der  Unterwelt,  des  Wassers,  der  Grosse  Fisch;    ausserdem 


Die  Amerikanischen   Götter.  227 

haben  sie  vier  Götter,  der  Götter  der  vier  Weltrichtungen  und  Fabeln  vom 
Kampfe  des  Südgottes  mit  dem  Nordgott.  Besonders  ausgebildet  ist  die 
Sage  von  der  Fluth,  welche  der  Grosse  Adler  erzeugte,  dessen  Fussspuren 
auf  dem  Heiligen  Berge,  dem  Coteau  des  prairies,  westlich  von  Missouri, 
gezeigt  werden  (Catlin,  Lettero  II,   p.   160). 

Bei  den  Bewohnern  der  Westküste,  namentlich  den  Indianern  des  Nutka- 
Fundes,  also  weit  im  Norden,  hat  man  den  Gebrauch  der  den  Tolteka 
eigenthümlichen  Zeitperiode  von  zwanzig  Tagen  gefunden;  die  Sage  der 
noch  nördlicheren  Tlinkit  verdienen  besondere  Beachtung:  Sie  handeln  von 
dem  Luftgott  Yehel  =  Schwarze,  Rabe,  welcher  zuerst  die  Erde  aus  den 
Fluthen  erhob,  und  dem  Wassergott  Khanakh,  statt  ihrer  wird  auch  ein 
Paar  Chethl  -  Donneradler  und  Ahgishanakhu  =  Unterirdische  Weib  ge- 
nannt, Yehel  wurde  zweimal  auf  der  Erde  geboren,  das  erste  Mal  aus 
einem  Stein,  um  den  Gott  der  Fluth  zu  besiegen,  das  zweite  Mal  aus 
einem  Grashalm,  um  den  Gott  des  Lichtes  zu  bezwingen,  welcher  Sonne 
Mond  und  Sterne  in  drei  Büchsen  verschlossen  hielt,  die  Yehel  öffnete; 
endlich  überlistete  er  den  Khanak,  welcher  die  „Quelle  alles  süssen  Wassers'' 
besass  (B  an  er  oft,  Native  races  III  p.  98,  145).  Der  aus  dem  Grashalm 
geborene  „Schwarze",  welcher  bei  den  Tlinkit  den  Fluthgatt  besiegt,  ist  zu 
vergleichen  mit  dem  grossen  Toltekischem  Luftgott,  dem  Gott  des  „Rohres", 
welcher  ebenfalls  der  ,, Schwarze"  heisst;  auch  die  Geburt  aus  dem  himm- 
lischen „Stein"  spielt  bei  den  Azteca  eine  grosse  Rolle. 

9.  Verwandtes  in  Asien.  Die  Vorstellung  der  Genien  der  vier 
Weltrichtungen  ist  im  Buddhismus  von  hervorragender  Bedeutung,  die  vier 
Buddha  werden  mit  den  vier  Weltrichtungen  und  den  vier  Elementen  in 
Verbindung  gebracht,  und  einem  jeden  ist  ein  besonderer  Baum  heilig;  die 
Verehrung  von  Bäumen  zeigt  sich  in  den  Buddhistischen  Denkmälern  von 
Indien  und  Java.  Die  vier  Dhyanibuddha  aber  sind  gradezu  Personifica- 
tionen  der  vier  Himmelsrichtungen,  Elemente,  Farben,  Sonne  u.  s.  w.;  be- 
sonders in  Tibet  und  China  gilt  ein  solches  Schema,  zu  dem  auch  die 
Jahreszeiten,  die  Ziffern  und  andere  Verhältnisse  hinzutreten  als  Grundlage 
aller  Geheimlehre  und  Wahrsagerei.  Das  Gesammtcompendium  dieser 
Lehre,  welches  Eitel  auszugsweise  übersetzt  hat,  führt  den  Namen  Fung- 
chouy  =  Luft-Wasser.  In  Japan  trägt  der  Weise,  welcher  (804  n.  Chr.) 
die  Chinesische  Schrift  und  Wissenschaft  einführte,  den  Namen  Kung-kai 
=  Luft-Ocean  (Klaproth,  Hist.  des  Jap.  p.  93).  In  der  mythischen  Ge- 
schichte der  Chinesen  spielt  Kaiser  Yu,  welcher  aus  der  Region  der  „Luft" 
stammt,  die  Hauptrolle  als  Besieger  des  Kungkung,  des  Mannes  der  „Fluth". 
In  der  Japanischen  Sage  ist  besonders  berühmt  das  Bruderpaar  Sosans, 
der  Sturmgott  und  Yebisu  der  Wassergott;  sie  sind  die  Söhne  von  Izanagi 
Szanami,  welche  zuerst  die  Erde  aus  den  Fluthen  erhoben.  Izanagi  und 
Izanami  sind  das  vierte  der  „vier  grossen  Götterpaare";  man  muss  dabei 
der  „vier  Götterpaare"  der  Amerikanischen  Sage  sich  erinnern.    Zwei  fabel- 


228  C.  Schiiltz-Sellack: 

hatte  Bäume  werden  mit  diesen  Göttern  in  Verbindung  gebracht:  Die  dem 
Izanagi  geweihte  Cypresse  oder  der  Baum  der  Begattung,  und  der  Enoki 
oder  der  Baum  der  geschlechtlichen  Enthaltung;  Izanagi  wird  auch  Ying- 
lung  =  Vogelpaar-Drache  genannt  und  der  „köstliche  Bambus"  ist  sein 
Attribut.  Die  Japanischen  Bilder  dieser  beiden  Bäume  sind,  wie  sich  un- 
zweifelhaft zeigt,  in  den  Buddhistischen  Skulpturen  von  Java  und  Indien 
aufzufinden;  der  Gott  des  „köstlichen  Bambus"  ist  kein  anderer  als  der 
Indische  Vana  ==  Rohr,  welcher  mit  dem  Maha-kala  =  Grosse  Schwarze 
identisch  ist. 

Diesen  Japanischen  Sturmgott  Ying-lung  =  Vogelpaar-Drache  mit  dem 
Attribut  des  „Rohres",  den  „Schwarzen"  kann  man  gegenüberstellen  dem 
Toltekischen  Luftgott  Quetzcoatl  =  Vogelschlange  mit  dem  Attribut  des 
,, Rohres",  der  in  Mittelamerika  ebenfalls  der  Schwarze  heisst.  Eine  ganze 
Reihe  von  religiösen  Vorstellungen  des  äussersten  Ostasiens,  durch  Denk- 
mäler belegt,  lässt  sich  in  dieser  Weise  mit  dem  Toltekischen  von  Amerika 
parallelisiren.  Insbesondere  ist  hervorzuheben  die  Uebereinstimmung  des 
Bildes  von  Quetzcoatl  mit  dem  „Rohr"  innerhalb  des  „Hauses"  (Codex 
Vatican  A.  p.  51,  52)  —  und  das  des  Japanischen  Ying-lung  mit  dem 
„Rohr"  neben  dem  Baum  mit  „Umzäunung"  (Humbert,  Le  Japon  II, 
p.55)  —  sowie  des  entsprechenden  Bildes  in  Java  (Leemanns,  Boro-budor 
tab.  102);  ferner  die  Uebereinstimmung  des  mit  Perlschnüren  behängten 
Baumes  oder  „Kreuzes"  von  Palenque,  an  dessen  Fuss  der  Mond  steht  — 
und  des  mit  Perlschnüren  behängten  Baumes  von  Java,  unter  welchem  ein 
Gott  mit  der  Mondsichel  auf  dem  Kopfe  (Leemans,  Boro-budor,    tab.  43). 

In  dem  in  China  für  so  bedeutsam  gehaltenen  quadratischen  Schema 
der  neun  Ziffern 


4      9      2 

3 

5      7 

8  1   1      6 

bilden  die  Graden  Zahlen  (Symbol  des  Mondes)  die  ,, Ecken"  (die  vier  ye), 
die  Ungraden  Zahlen  (Symbol  der  Sonne)  die  „Mitten";  diese  neun  Zif- 
fern symbolisiren  die  acht  Richtungen  und  die  Mitte.  In  Amerika  ist  die 
„Ecke"  das  Attribut  des  Wasser-  und  Mondgottes  Tezcatlipoca,  das  „Haus" 
Attribut  des  Luft-  und  Sonnengottes  Quetzalcoatl  vielleicht  in  demselben 
Sinne  wie  in  China.  Die  neun  Teucyohua  =  Schwarze  Herren  der  Azteca 
könnten  zusammenhangen  mit  den  Chinesischen  Genien  der  neun  Ziffern 
und  Richtungen,  sowie  mit  den  Japanischen  neun  Genien  des  Sturmgottes 
Sosano,  welche  letztere  übrigens  den  neun  Formen  des  Indischen  Sturm- 
gottes Rudra  entlehnt  sind.  Auch  scheint  es  unzweifelhaft,  dass:  die  vier 
Weltperioden  der  Amerikaner  —  die  Chinesische  Fluth  des  Kung-kung  und 
die  Missethaten    seiner    drei  Genossen,    welche    mit  ihm  an  die  vier  Enden 


Die  Amerikanischen  Gotter.  229 

der  Welt  verbrannt  sind  —  endlich  die  vier  yuga  der  Inder  —  Illustra- 
tionen eines  und  desselben  Seliemas,  und  übrigens  ohne  alle  historische 
Bedeutung  sind. 

In  Asien  ist  die  Wechselbeziehung  der  Indischen,  besonders  Buddhis- 
tischen Vorstellungen  und  Sagen  mit  den  Chinesischen  und  Japanischen 
sicher  erwiesen,  die  Annahme  einer  Verwandtschaft  der  letzteren  mit  den 
Toltekischen  ist  nicht  unmöglich,  und  die  von  Humboldt  in  dieser  Be- 
ziehung ausgesprochenen  \  ermuthungen  werden  sich  an  der  Hand  der  Denk- 
male zur  Gewissheit  erheben   lassen. 


Botanisch -ethnographische  Notizen  aus  Guinea. 

Aus  den  Aufzeichnungen  von  Thonning  in  Schumacher's 
Beskrivelse  af  Guineiske  Planter 

mitgetheilt  von 

P.  Ascherson. 


Im  dritten  und  vierten  Theile  der  naturwissenschaftlichen  und  mathe- 
matischen Abhandlungen  der  Kgl.  Dänischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 
(1828  und  1829)  veröfi'eutlichte  Professor  Christ.  Fredr.  Schumacher  in 
Kopenhagen  eine  Abhandlung^),  in  der  etwa  500  Pflanzenarten  aus  Ober- 
Guinea  beschrieben  wurden.  Diese  Arbeit,  einer  der  werthvoUsten  Beiträge 
zur  Keuntuiss  der  damals  noch  fast  unerforschten  Flora  des  tropischen  Afrika, 
bietet  für  die  Ethnographie  ein  besonderes  Interesse,  da  sie  die  während 
eines  fast  dreijährigen  Aufenthaltes  in  den  dänischen  Besitzungen  an  der 
Goldküste  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  gemachten  Aufzeichnungen  des 
zur  Zeit  dieser  Veröffentlichung  noch  lebenden  Etatsrathes  Peder  Thonuing 
über  einheimische  Namen  und  Benutzung  bez.  Schaden  der  Pflanzen  ent- 
hält. Derartige  Notizen,  wenn  sie  von  den  Sammlern  überhaupt  in  er- 
wünschter Vollständigkeit  gemacht  wurden,  sind  bei  den  Veröffentlichungen 
über  die  Sammlungen,  welche  oft  erst  lange  nach  dem  Tode  der  Reisenden 
oder  ohne  alle  Verbindung  mit  ihnen  erfolgen,  häufig  sehr  stiefmütterlich 
behandelt  worden;  umgekehrt  sind  die  Reisenden  in  ihren  bald  nach  der 
Rückkehr  erschienenen  Berichten  selten  in  der  Lage,  die  genaue  botanische 
Bestimmung  der  besprochenen  Pflanzen  mitzutheilen.  Gleich  reichhaltige  und 
gleich  authentische  Aufzeichnungen  finden  sich  daher  in  der  botanischen 
Litteratur  sehr  selten;  aus  der  das  tropische  Afrika  betreffenden  lassen  sieh  nur 
die  Aufzeichnungen  W.  Schimper's  in  Abessinieu  und  die  von  Grant  während 
der  von  ihm  mit  Speke  ausgeführten  Nilquellen -Expedition  2)  den  Thon- 


1)  Beskrivelse  af  Guineiske  Planter  soia  ere  fiuidne  af  Danske  Rotanikere,  isacr  afEtats- 
raad  Thouning.  Det  Kongl.  Danske  Videnskaberaes  Selskabs  Nalurvideiisk.  og  Mathemat. 
Afhandl.  Tredie  Deel.  (1S28)  p.  21—248.     Fierde  Deel  (ISJO)  p.  1—236. 

2)  Oliver,  The  Botany  of  the  Speke  and  Graut  Expedition.  Trans,  of  the  Linn.  Society 
Vol  XX iX. 


232  P-  Ascherson: 

ning'schen  an  die  Seite  stellen.  Die  Nachrichten  des  dänischen  Reisenden  sind 
indess,  vielleicht  weil  sie  in  seiner  Muttersprache  veröffentlicht  worden  sind, 
in  dem  seitdem  verflossenen  halben  Jahrhundert  fast  unbeachtet  geblieben. 
Selbst  in  so  reichhaltigen  Sammelwerken,  wie  Endlicher's  Enchiridion  und 
Rosenthal's  Synopsis  plantarum  diaphoricarum  sind  die  auffälligsten  An- 
gaben Thonning's  nicht  berücksichtigt.  Es  schien  dem  Herausgeber  daher 
wohl  der  Mühe  werth,  auf  diese  vor  etwa  80  Jahren  gemachten  Aufzeich- 
nungen, welche  bei  der  Stabilität  der  Zustände  bei  den  Naturvölkern  der 
Westküste  Afrika's  wohl  auch  heut  noch  grösstentheils  ihre  Geltung  haben 
dürften,  von  Neuem  die  Aufmerksamkeit  zu  lenken.  Dass  diese  Arbeit  in 
einer  ethnologischen  Zeitschrift  erscheint,  bedarf  wohl  kaum  einer  Recht- 
fertigung. Die  Beziehungen  der  Naturvölker  zu  der  sie  umgebenden  Pflanzen- 
welt sind  so  vielseitig  und  tief  eingreifend ,  dass  sie  die  Beachtung  der 
Ethnologen  in  vollem  Maasse  verdienen.  Es  sind  hier  sämmtliche  Arten 
aufgenommen,  für  welche  im  Original  einheimische  Benennung  und  Be- 
nutzung, oder  eins  von  beiden  angeführt  ist. 

Vor  Allem  erhalten  wir  aus  diesen  Mittheilungen  einen  Einblick  in  die 
Heilkunde  der  Gruinea -Neger,  wie  wir  ihn  wohl  von  wenigen  afrikanischen 
Völkern  besitzen.  Das  complicirte  System  von  Indicationen  (auch  eine 
Contra-Indication  wird  unter  n.  31  mitgetheilt)  deutet  auf  eine  tausendjährige 
Tradition.  Die  nahe  Beziehung  der  Medicin  zu  den  religiösen  Vorstellungen 
dieser  Völker  tritt  uns  vielfach  entgegen,  wie  der  von  den  Geistern  der 
verstorbenen  Verwandten  befürchtete  nachtheilige  Einfluss,  dem  man  durch 
die  starkriechenden  Labiaten,  welche  man  als  den  Gespenstern  widerwärtig 
ansieht,  zu  begegnen  sucht  (n.  122 — 125).  Neben  manchen  sicher  recht  zweck- 
mässigen und  wirksamen  Curmethoden  begegnen  uns  auch  mehrere  höchst 
verkehrte  und  schädliche,  wie  z.  B.  (abgesehen  von  den  Fetisch-Ceremonien, 
für  die  der  dänische  Reisende  (vom  ethnologischen  Standpunkte  müssen 
wir  sagen  leider!)  kein  specielles  Interesse  gehabt  zu  haben  scheint,  da  er 
nur  unter  n.  42  eine  genauere  Mittheilung  macht)  das  Einstreuen  pulverisirter 
Kräuter  in  alte  Geschwüre.  Der  Krankheitscharakter  eines  tropischen,  von 
intensiver  Malaria  -  Infection  heimgesuchten  Landes  spricht  sich  selbstver- 
ständlich in  den  hier  mitgetheilten  Indicationen  aufs  Entschiedenste  aus.  In 
erster  Reihe  erscheinen  langwierige  Fussgeschwüre,  häufig  Dysenterie,  Fieber, 
und  Folgezustände  derselben  wie  Wassersucht;  wogegen  Symptome,  die  auf 
Lungenkrankheiten  deuten,  nur  zweimal  (n.  13  und  127  erwähnt  werden. 
Als  Universalmittel,  die  nicht  leicht,  namentlich  bei  äusserlicher  Medication 
fehlen  dürfen,  scheinen  Paradieskörner  (Malagetta- Pfeffer)  und  Citronensaft 
zu  gelten.  Sehr  originell  ist  die  unter  n.  110  mitgetheilte  Encheirese  des 
Klystiers  bei  den  Negern.  Auch  über  die  Quantität  Bier,  welche  ein  flotter 
Trinker  täglich  zu  sich  nimmt  (n.  145)  dürften  anderweitige  Angaben  kaum 
vorliegen.  Von  nicht  geringem  ethnologischen  Interesse  erscheint  die  Ver- 
wendung derselben  Frucht  (n.  12)  als  Schnupftabaksdose  in  Guinea  und  an 


Thonning's  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Ouinea.  233 

den  Ufern  des  Rothen  Meeres,  da  wir  die  Bekanntschaft  mit  diesem  ameri- 
kanischen Genussmittel  doch  kaum  weit  über  drei  Jahrhunderte  werden  zu- 
rück datiren  können. 

Selbstverständlich  sind  für  die  aufgeführten  Pflanzen  die  jetzt  gebräuch- 
lichen botanischen  Namen  vorangestellt  worden,  und  für  Diejenigen,  welche 
weitere  botanische  Nachweise  suchen,  ausser  der  S  chumacher'schen  Ab- 
handlung (8.  III  und  S.  IV.  bezeichnet  die  im  dritten,  resp.  vierten  Theile 
enthaltene  Abtheilung  derselben)  Oli  ver's  Flora  of  Tropical  Africa  (0.  F.  A.), 
sowie  für  die  Familien,  welche  in  den  bisher  erschienenen  drei  Bänden  dieses 
Werkes  noch  nicht  behandelt  sind,  De  Candolle's  Prodromus  (DO.  P.) 
und  Kunth's  Enuraeratio  (K.  E.)  citirt  worden.  Die  einheimischen  Benen- 
nungen sind  wie  die  botanischen  cu?'siv  gedruckt;  für  erstere  ist  die  däni- 
sche Orthographie  Thonn in  g's  beibehalten,  da  der  Herausgeber  kein  Mittel 
besass,  sie  richtig  zu  stellen;  nur  ist  die  bei  T.  oft  variirende  Schreibung 
eines  und  desselben  Wortes  conformirt  worden.  Zur  leichteren  Uebersicht 
dieser  Namen  ist  ein  alphabetisches  Verzeichniss  derselben  angehängt. 
Immerhin  lässt  sich  aus  dieser  Zusammenstellung  errathen,  dass  die  oft  vor- 
kommende Silbe  Tjo  Baum  oder  Strauch,  Panf/  Liane,  Fi/e  Gemüse 
oder  Kraut  bedeutet.  Die  Zusätze  des  Herausgebers  sind  durch  [  J  und 
die  Chiffre  A.  kenntlich, 

Anonaceae. 

1.  Anona  senegalemi-i  Pers.  (0.  F.  A.  1.  16.  A.  arenaria  Thonn.  S.  IV 
31.)  Najoie.'^)  Die  Frucht  hat  einen  angenehmen,  obwohl  schwachen  Ge- 
ruch und  scliraeckt  süss,  etwas  aromatisch,  hat  aber  nur  wenig  Fleisch. 
Vielleicht  würde  sie,  cultiviit,  andere  Arten  dieser  Gattung  übertreffen.  Die 
Abkochung  der  getrockneten  Blätter  wird  gegen  alte  Fussgeschwüre  ge- 
braucht. 

2.  A.  glauca  Schum.  (0.  F.  A.  I.  17.  S.  IV.  33.)  Die  Frucht  hat  im 
Geschmack  einige  Aehnlichkeit  mit  Guadeloupe -Melonen  [wohl  Carica  Pa- 
paya L.  A.] 

3.  Uvaria  cordata  Schum.  (O.  F.  A.  I.  22.  S.  IV.  29.)  Aginyeli.  Die 
Frucht,  welche  einen  süssen  Schleim  enthält,  wird  von  den  Neffern  becieri-J- 

ö  ort 

gegessen.  Eine  Abkochung  der  Wurzel,  Rinde  und  des  Holzes  wird  gegen 
alte  Fussgeschwüre  gebraucht.  Die  Blätter  erinnern  im  Geschmack  an  Lor- 
beerblätter. 

4.  V.  Chamae  P.  B.  (O.  F.  A.  1.  c.  U.  cijlindrica  Schum.  S.  IV.  30.) 
Abada.  Die  frischen,  lorbeerähnlich  riechenden  Blätter  werden  gestosseu  auf 
alte  Fussgeschwüre  gelegt.  Die  Wurzel  wird  innerlich  in  Abkochung  und 
äusserlich  fein  gerieben  als  Salbe  gebraucht,   um  Anschwellung  des  Hodens 

1)  Die  zweite  Hälfte  des  Namens  Ba/>ij/a  -  A'ajn'c,  welcher  den  ebenfalls  essbare  Früchte 
tragenilen  Snr<iH-<'f,ha/ii.t  t'.s(  «/t/i/u.v  Afz.  (n.  79)  bezeichnet,  ist  DDÜglioher  Weise  identisch;  ob 
aber  /•  oder  v  die  richtige  Schreibung  ist,  i)leibt  festzustellen.  A 


234  P-  Ascherson: 

zu  vertreiben.  Die  Abkochung  wird  auch  gegen  Gonorrhoe  getrunken.  Die 
Samen  sind  von  einer  vs'ohlschmeckenden,  süsslichen  Gallert  umhüllt,  welche 
geröstet  gegessen  wird. 

Nymphaeaceae. 

5.  Nymphaea  Lotus  L.  (0.  F.  A.  I.  52.  N.  dentata  Schum.  S.  IV.  23)  und 

6.  N.  atellata  Andrews  (Willd.)  (0.  F.  A.  1.  c.  N.  maculata  und  N. 
guineensis  Schum.  S.  IV.  21,  22  ^).)     Taetremande. 

Capparidaceae. 

7.  Gynandropsis  pentaphylla  (L.)  DC.  (0.  F.  A.  I.  82.  Cleome  acuta 
Schum.  S.  IV.  67.)  Taeta-Fye.  Die  Blätter  dienen  den  Negern  als  Gemüse. 
[Dieselbe  Anwendung  findet  auch,  trotz  des  Übeln  Geruchs  der  Pflanze,  nach 
E.  de  Pruyssenaere  (Sitzb.  der  Ges.  naturf.  Freunde,  Berlin  1877  S.  156), 
in  den  oberen  Nilländern  statt]. 

8.  Capparis  tomentosa  Lmk.    (0.  F.  A.  I.  96.  S.  IV.  8.)    Petipeti. 

9.  C.  Thonningii  Schum.    0.  F.  A.  I.  97.  S.  IV.   10.)    Otjobibomo. 

10.  CJ  reflexa  Thonn.    (0.  F.  A.  I.  98.  S.  IV.   11.)    Ajilebi. 

11.  C.  erythrocarpa  Isert.  (0.  F.  A.  I.  98.  S.  IV.  9.)  Petipeti;  die 
Frucht  Abaumba. 

Bixaceae. 

12.  Oncoba  s/jmosa  Forsk.  (O.  F.  A.  I.  115.  Lundia  monacantha  Schum. 
S.  IV.  5.)  Azara-Tjo.  Die  Neger  gebrauchen  die  innen  gereinigte  Frucht- 
schale, welche  sie  nur  mit  einem  Pfropfen  verschliessen,  als  Schnupftabaksdose. 
[Dieselbe  Benutzung  findet  auch  im  östlichen  tropischen  Afrika  statt  und 
sind  diese  zierlichen  runden  Owcoia-Dosen  nach  Schweinfurth  (Im  Herzen 
von  Afrika  I.  206)  weit  im  Arabischen  Handel  des  Rothen  Meeres  ver- 
breitet.    A.] 

13.  Flacourtia  ßavescens  Willd.  (O.  F.  A.  I.  121.  F.  eduUs  Schum. 
S.  IV.  224.)  Amagomi.  Dieser  Strauch  erreicht  in  der  Nähe  der  Seeküste 
selten  über  2  Fuss  Höhe;  auf  den  Bergen  und  an  deren  Fusse  wird  er  weit 
über  mannshoch  und  der  Stamm  armsdick.  Das  Holz  ist  röthlich,  hart  und 
fein,  aber  sehr  krumml'aserig.  Die  kirschengrossen,  schwarzrotlien  Beeren 
gehören  zu  den  besten  wildwachsenden  Früchten;  sie  haben  ein  süsses,  meh- 
liges Fleisch  und  können  ohne  Schaden  in  bedeutender  Anzahl  gegessen 
werden.  Die  in  der  Nähe  des  Strandes  gewachsenen  Früchte  sind  wohl- 
schmeckender als  die  aus  den  fruchtbaren  Berggegenden,  was  übrigens  auch 
bei  den  meisten  anderen  Früchten,  wie  Ananas,  Orangen,  Guajaven  etc.  der 

1)  Herr  Prof.  II.  Caspary,  der  rühmlichst  bekannte  Monon;rapli  der  Familie,  theilt  dem 
Herausg.  nachträglich  mit,  dass  A'.  guineensis  Schum.  (-  A^.  reticiilata  Vahl  ms.  in  hb.  Hafn.) 
zu  A^.  caerulea  Sav.  gchoit,  welche  Herr  C.  jetzt  von  N.  stellata  trennt.  Ob  N.  maculata  zu 
N.  atellala  oder  A'.  coerulra  zu  ziehn  ist,  bleibt  indess  noch  zu  ermitteln. 


Thonning's  botanisch -ethnographische  Notizen  aus  Guinea.  235 

Fall  ist,  welche  in  der  Nähe  der  Küste  kleiner,  aber  viel  süsser  und  aro- 
matischer sind.  Die  jungen  Blätter  legt  man  [in  Pytto  (Negerbier)  und  lässt 
dies  in  der  Sonne  stehen  und  sauer  werden;  dies  Getränk  dient  bei  Gonor- 
rhoe als  harntreibendes  Mittel.  Bei  auszehrendem  Husten  wird  eine  Portion 
der  Blätter  mit  etwas  Malagetta  -  Pfeffer  gekaut  und  der  Saft  mit  kaltem 
Wasser  heruntergespült. 

Malvaceae. 

14.  Hibiscus  surattensis  L.  (0.  F.  A.  I.  201.  S.  IV.  91)  und 

15.  H.  cannabinus  L,  (0.  F.  A.  I.  204.  H.  congener  Schum.  S.  IV.  93.) 
Sirsa-Imum  oder  Sissa-Imnne.  Der  Stengel  letzterer  Art  ist  sehr  zähe  und 
lässt  sich,  wie  manche  andere  Arten  dieser  Gattung  zu  einer  Art  Hanf  ver- 
arbeiten, aber  die  Neger  benutzen  ihn  nicht.  [In  anderen  Gegenden  des  tro- 
pischen Afrika,  auch  in  Aegypten,  wo  die  Pflanze  TU  heisst,  wird  die  Faser 
allerdings  benutzt.     A.] 

16.  H.  esculentus  L.  (0.  F.  A.  I.  207.  S.  IV.  90.)  Wird  hie  und  da 
cultivirt.  [In  den  arabisch  redenden  Ländern  ist  die  unreife  Frucht  unter 
dem  Namen  Bämiah  ein  allgemein  bekanntes  schleimiges  Gemüse.     A.] 

17.  H.  Ahelmoiichm  L.  (O.  F.  A.  I.  207.  S.  IV.  89.)  Asiante- Kitteva. 
Hier  und  da  cultivirt,  doch  in  geringer  Menge.  [Der  systematische  Name 
ist  eine  unerhebliche  Modification  des  arabischen  Habb-el-misk  (Moschus- 
korn), womit  die  nach  Moschus  riechenden  Samen  dieser  in  Ostindien  ein- 
heimischen Pflanze  bezeichnet  werden.     A.] 

18.  GosHypium  Barbadense  L.  (0.  F.  A.  I.  210.  G.  punctatum  Schum. 
S.  IV.  83)  und 

19.  G-  herbacevm  L.  (0.  F.  A.  I.  211.  G.  prostratum  Thonn.  S.  IV.  85) 
werden  cultivirt, 

20.  Adansonia  digitata  L.  (0.  F.  A.  I.  212.  S.  IV.  74.)  SJadJo-Tjo. 
Die  Eingeborenen  von  Aschanti,  Akim,  Aquapim  begraben  ihre  vornehmen 
Todten  stets  heimlich  und  oft  in  diesem  Baume,  besonders  in  Kriegszeiten, 
da  sie  fürchten,  dass  der  Feind  die  Leiche  ausgraben  und  die  Knochen  an 
seiner  Trommel  als  Zeichen  des  Sieges  und  zur  Schmach  der  Besiegten  ent- 
führen könnte.  Die  Neger  versichern,  dass  die  Leiche  in  diesem  Baume 
austrocknet  ohne  zu  verwesen.  Man  vergräbt  die  Leiche  im  Innern  vom 
Alter  ausgehöhlter  Stämme.  Das  Holz  ist  schwammig  und  selbst  zum  Brennen 
unbrauchbar.  Die  mehlige  säuerliche  (trockene)  Substanz,  welche  die  Samen 
umgiebt,  wird  von  den  Negern  gegessen.  Die  ganze  Frucht  wird  zu  Asche 
verbrannt,  aus  deren  Lauge  man  mit  Palmöl  Seife  kocht. 

21.  Eriodendron  anfractuosum  DC.  (0.  F.  A.  I.  214.  Bombajc  pentan- 
druin  L.  S.  IV.  75  (Onjai-Tjo)  und  B.  guineeme  Thonn.  S.  IV.  76  {Odvm- 
TJo.)  [Der  bekannte  Silk-cotton  trrc,  an  der  Loangoküste  Mafumeird .  im 
Siulfm  Bimi  genannt.     AJ 


236  P-  Aschersoü: 

Sterculiaceae. 

22.  Cola  acuminata  (P.  B.)  R.  Br.  ß.  nitida  (Vent.)  Maxw.  Mast. 
(O.  F.  A.  I.  221.  Sferculia  verticillata  Thonn.  S.  IV.  14.)  Kjaelae.  Die 
Frucht  wird  von  den  Eingeborenen  gekaut;  sie  hat  einen  bitteren,  zu- 
sammenziehenden Geschmack  und  färbt  den  Speichel  carmoisinroth.  [Die 
Samen  stellen  das  an  der  Westküste  als  Äb^cz-Nuss,  im  westlichen  und 
mittleren  Sudan  als  Ctm/o-Nuss  allgemein  bekannte  Genussmittel  dar.  A.] 

23.  Wa/theria  americana  L.  (0.  F.  A.  I.  235.  W.  guineensis  Schum. 
S.  IV.  69.)  Fufuba.  Die  getrockneten  Blätter  werden  als  Thee  gebraucht, 
welcher  im  Geschmack  dem  von  Verbascum-Q\vi\\iQn  gleicht  und  dieselbe 
Wirkung  hat. 

Tiliaceae. 

24.  Grewia  carpinifoUa  Vahl  (P.  B.)  (0.  F.  A.  I.  247.  S.  IV.  15.) 
Asi-Gremi.  Die  etwas  säuerliche  Frucht-Pulpa  wird  von  Kindern  gegessen. 
Die  jungen  Schosse  dienen  als  Gemüse. 

25.  Triumfeita  rhomboidea  Jacq.  (O.  F.  A,  I.  257.  T.  mollis  Schum. 
S.  IV.  12.)  Toube.  Die  Wurzel  wird  bei  Geschwüren  welche  vom  Guinea- 
Wurm  herrühren,  gebraucht. 

26.  Corchoms  acutangulus  Lmk.  (0.  F.  A.  I.  264.  C.  polygonus  Schum. 
und  C.  muricatus  Schum.  S.  IV.  19.,  20.)  und 

27.  C.  tridens  L.  (0.  F.  A.  1.  c.  C.  angustifolius  Schum.  S.  IV.  18). 
Koina-Fye.  Die  Blätter  werden  von  den  Negern  als  Gemüse  gegessen.  [Der 
nahe  verwandte  C.  oUtorius  L.  ist  in  den  arabisch  redenden  Ländern  ein 
als  Melnchiali  allgemein  bekanntes  schleimiges  Gemüse.  Die  in  Asien  ge- 
wonnene Faser  der  Stengel  ist  die  bekannte  Jute.  A.] 

Linaceae. 

28.  Erythroxylon  emarginatum  Thonn.  (0.  F.  A.  I.  274.  S.  III.  244.) 
Sio-Tahmi. 

Zygophyllaceae. 

29.  Tribulvs  terrester  L.  (0.  F.  A.  I.  283.  T.  humifusu.«  Schum.  S.  III. 
235.  Bldfo  bei  Akkra.  Ein  gefährliches  Unkraut  auf  Fusssteigen  [da  dem 
barfüssigen  Neger  die  stachligen  Früchte  sehr  lästig  werden.  A.J 

Rutaceae. 

30.  Xanthoxylon  senegalense  DC.  (0.  F.  A.  I.  305.  Zanthoxylum  poly- 
gamum  Schum.  S.  IV.  207.  Hah-Tjo.  Das  Holz  dieses  im  Binnenlande  die 
Grösse  mittelmässiger  Eichen  erreichenden,  am  Strande  aber,  wie  die  meisten 
Holzgewächse  verkümmernden  Baumes  eignet  sich  in  mancher  Hinsicht  vor- 
trefflich zu  Möbeln.  Es  ist  stark,  hart,  schwer,  von  einer  schönereu  gelben 
Farbe    als  Buchsbaum,    (die    es  indessen,    wie  dieser,    mit  der  Zeit  verliert) 


Thonnings  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Guinea.  237 

und  80  fein  wie  eine  mittlere  Qualität  von  Mahagoni.  Es  enthält  viel  Harz, 
lässt  es  indess  später  nicht  ausschwitzen,  sondern  nimmt  in  Folge  dieses 
Gehalts  eine  glänzende,  feine  Politur  an.  Es  wird  nie  vom  Wurm  ange- 
griffen. Es  ist  indess  voller  Aeste  und  wegen  des  gewöhnlich  krummen 
Wuchses  kann  man  keine  Bretter  erhalten,  die  länger  als  2  Ellen  sind. 
Die  gewöhnliche  Breite  derselben  beträgt  5  —  8,  höchstens  12  —  K!  Zoll. 
Aus  dem  Holze,  besonders,  wenn  es  recht  astreich  ist  macht  man  Fackeln, 
deren  sich  die  armen  Leute  zur  Beleuchtung  bedienen.  Aus  den  grossen  Stacheln 
alter  Bäume  macht  man  Kugelformen  und  Schablonen,  um  farbige  Verzierungen 
auf  dem  Körper  abzudrücken.  Die  Neger  gebrauchen  die  Wurzelrinde  gegen 
Gichtschmerzen,  indem  sie  sie  mit  einigen  Paradieskörnern  fein  zerrieben  auf 
die  schmerzende  Stelle  einreiben.  Bei  Zahnschmerzen  wird  die  feingeriebene 
Wurzelrinde  am  Kinn  eingerieben,  und  eine  Abkochung  wird  ab  und  zu  in 
den  Mund  genommen. 

31.  Clausena  anüata  (Willd.)  Hook.  f.  (0.  F.  A.  1.  308.  Amyrü  animta 
Willd.  S.  in.  211.)  Abanii-Tjo  oder  Alami-aidage-Tjo.  Anisbaum  der 
Europäer.  Die  ganze  Pflanze  hat  einen  anisähnlichen  Geruch  und  Geschmack; 
die  Blätter,  Blüthen  und  Samen  am  meisten,  weniger  die  Wurzel  und  am 
wenigsten  das  Holz.  Die  abgekochten  Blätter  werden  oft  zum  Bade  bei 
chronischen  Uebeln  gebraucht.  Bei  allen  acuten  Krankheiten  ist  dies  Bad 
schädlich.  Ein  Aufguss  der  Wurzel  wird  bei  verschiedenen  Magenübeln 
getrunken.  Bei  der  Gesichts- Geschwulst  (in  der  Sprache  von  Akkra  Ahoa) 
wird  die  Wurzel  mit  Citronensaft  und  Paradies -Körnern  fein  gerieben  und 
das  Gesicht  damit  bestrichen. 

32.  ? Citrus  panicidaUi,  Schum.  (S.  IV.  152.  Wie  Bentham  (Hooker's 
Niger  Flora  p.  257.)  bemerkt,  schwerlich  zu  dieser  Gattung  gehörig.) 
Koklo-Tjo.  Von  der  Asche  der  Frucht  wird  Lauge  bereitet,  aus  der  man 
mit  Palmöl  Seife  kocht, 

Meliaceae. 

33.  Melia  Azedarach  L.  (0.  F.  A.  I,  332,  M.  angtitstifoHa  Schum.  S.  HI. 
234.)  Wird  cultivirt.  Der  Same  kam  zuerst  von  Elmina,  wie  Thonning 
glaubt  ursprünglich  aus  Westindien,  [Das  eigentliche  Vaterland  dieses, 
auch  in  Südeuropa  häufig  angepflanzten  Baumes  ist  Ostindien,  A]  Die 
Blüthen  riechen  angenehm,  wie  Syi'inga.  Unter  allen  Bäumen  leidet  dieser 
am  meisten  von  dem  Schmarotzer  Loranthus  TItonninyii  Schum, 

Chailletiaceae. 

34.  Chüületia  toxicoria  Don.  (0.  F,  A.  I.  341.  Rliumnvs  paniadatu^ 
Thonu,  S,  III.    151.)     Otofrömi. 

Olacaceae. 

35.  Ximenia  americana  L.  (0,  F.  A.  I.  34ti.  S.  III.  213.)  Me-Tjo. 
[Die  kirsohengrosse  gelbe  Frucht  dieses  Strauches  schmeckt  nach  Schwein- 


238  P.  Ascherson: 

furth  (Im  Herzen  von  Africa  I.  208.)  citronenähnlich  und  wird  sammt  dem 
haselnussartigen  dünnschaligen  Kern  gegessen.  A.] 

Celastraceae. 

36.  ?Salacia  africana  (Willd.)  DC.  (0.  F.  A.  I.  377.  Tonsella  africana 
Willd.  S.  III.  40.)  Ploem-Tjo.  Der  die  Samen  umgebende  weisse,  süssliche 
Schleim  wird  von  Kindern  gegessen. 

Ampelidaceae. 

37.  Vitis  quadrangularis  (L.)  Wall.  (0.  F.  A.  I.  399.  Oisaus  bifida 
Schum.  S.  III.  100.)  Die  gestossenen,  mit  Citronensaft  gemischten  Blätter 
werden  auf  die  vom  Guinea- Wurm  (Filaria  medincnsis)  verursachten  Ge- 
schwülste gelegt.  Dasselbe  Mittel  mit  gestossenen  Paradieskörnern  gemischt, 
wird  gegen  die  Hautwassersucht  (Anasarca)  angewendet;  es  wird  der  ganze 
Körper  damit  eingerieben. 

38.  V.  Thonningii  Baker.  (0.  F.  A.  I.  407.  C.  cymosa  Schum.  S.  III. 
102.)     Anmanum-Ba. 

Sapindaceae. 

39.  Cardiospermum  grandiUorum  Sw.  3.  hirstdum  (Willd.)  Radlk. 
(Sitzungsber.  bayer.  Akademie  Phys.  math.  Cl.  1878.  S.  260.  C.  Halicacabum 
0.  F.  A.  I.  418  ex  p.     C.  hirmtum  Willd.  S.  III.  216.)  und 

40.  C.  Hcdicaccabuni  L.  (0.  F.  A.  418  ex  p.  C  glabrum  Schum.  S.  III. 
217.)  Sablabe.  Beide  Arten  werden  als  Zaubermittel  gebraucht,  die  letztere 
aber  seltener  als  die  erste. 

41.  Schmidelia  africana  (P.  B.)  DC.  (0.  F.  A.  I.  421.  Omithrophe 
tristachyos  Schum.  S.  III.  208.)  und 

42.  S.  magica  (Schum.)  Baker.  (0.  F.  A.  I.  423.  Omithrophe  magica 
Schum.  S.  III.  206.)  Tadadua.  Die  Wurzelrinde  der  letzteren  Art  wird 
zuweilen  auf  alte  Fussgeschwüre  gelegt.  Die  Zweige  derselben  werden  oft 
als  Zaubermittel  in  Krankheitsfällen  gebraucht  und  zwar  folgendermaassen: 
Man  haut  einen  l.J-  Ellen  langen  Ast  ab,  schabt  die  Rinde  ab,  bestreicht 
das  Holz  mit  weissem  Thon,  und  umwickelt  das  eine  Ende  mit  einem  aus 
Bast  gedrehten  Strick,  welcher  mit  rother  Erde  überstrichen  wird.  Das 
andere  Ende  wird  in  die  Erde  gesteckt  und  zwar  an  einer  Stelle,  welche 
der  Fetischpriester  oder  Arzt  bestimmt,  gewöhnlich  an  einem  Kreuzwege. 
Oft  wird  ein  Ei  oder  sonst  ein  kleiner  Gegenstand  daneben  gelegt  und 
nicht  selten  werden  mehrere  solche  Stäbe  nach  und  nach  eingepflanzt,  wenn 
die  Krankheit  nicht  weichen  will.  Die  Blätter  werden  in  kaltes  Wasser 
gethan,  mit  dem  der  Kranke  sich  waschen  muss.  Dies  Wasser  wird  dann 
neben  dem  eingepflanzten  Stabe  auf  die  P]rde  gegossen. 

42.  Blighia  sapida  König.  (O.  F.  A.  I.  426.  Cupania  edulis  Schum. 
S.  III.  210.)  Atja-Tjo.    Wilder  Kaschu  der  Europäer.    Der  Baum  erreicht 


Thonning's  botanisch-ethnoprHphische  Notizen  aus  Guinea.  239 

die  Grösse  einer  mittelstarken  Eiche.  Von  der  Frucht  isst  man  nur  den 
Samenmantel,  rauss  aber  den  Nabelstrang  sorgfältig  entfernen,  da  dieser 
nach  Angabe  der  Neger  ein  sehr  heftiges  Gift  enthält.  Die  mit  Citronen- 
saft  zerriebene  Rinde  wird  als  Umschlag  oder  Einreibung  bei  geschwollenen 
Hoden  angewendet. 

44.  DeinboUia  pinnaia  Schum.  (0.  F.  A.  I.  432.  S.  IV.  16.)  Badima- 
nopla.  Die  geschmacklosen  Beeren  werden  mitunter  von  Kindern  aus  Neugier 
gegessen,  welche  davon  wunde  Lippen  bekommen. 

Anacardiaceae. 

45.  Spondins  lutea  L.  (0.  F.  A.  I.  448.  -S.  aurantiaca  Schum.  S.  III. 
245.)  Adodomi.  Die  Frucht  dieses  [aus  dem  tropischen  Amerika  stammenden 
A.]  Baumes  hat  einen  angenehm  weinsauren  Geschmack,  greift  aber  bald  die 
Zähne  an.    Die  Blätter  werden  zum  Dampfbade  bei  Wassersucht  abgekocht. 

Connaraceae. 

46.  Bijrsocnrpufi  coccineus  (Schum.)  Baker  (0.  F.  A.  I.  452.  B.  coccineus 
Schum.  und  ß.  puniceus  Schum.  S.  III.  246,  247.)  Ploem-Tjo,  die  Frucht 
Sio-Tahmi.  Die  Rinde  wird  von  der  frischen  (oder  iu  deren  Ermangelung 
von  der  trocknen)  Wurzel  abgeschabt,  weich  geklopft  und  auf  alte  Fuss- 
geschwüre  gelegt,  welche  ausserdem  mit  einer  Abkochung  derselben  gebadet 
werden.  William  Parker  versicherte  Thonning,  er  habe  gesehen,  dass 
ein  Neger  die  mit  einigen  Paradieskörnern  gekauten  Blätter  auf  eine  von 
einer  Giftschlange  zugefügte  Bisswunde  legte  und  dass  er  ihn  später  frisch 
und  gesund  gesehen  habe.  Indess  wusste  er  nicht,  welcher  Art  die  Schlange 
angehörte.  Andere  Neger  versicherten  dem  dänischen  Reisenden,  in  diesem 
Falle  sei  nicht  die  Heilkraft  der  Pflanze  wirksam  gewesen,  sondern  dies 
Verfahren  habe  nur  diesem  Einen  und  Niemand  anders  helfen  können,  da 
die  Pflanze  sein  Privat -Fetisch  sei.  Der  Name  Ploem-Tjo  gehört  übrigens 
eigentlich  der  Salacia  africana  DG.  (Nr.  36.),  Sio-Tahmi  aber  den  Enjth- 
roxylon  emarginaium  Thonn.  (Nr.  28)  an. 

Leguminosae. 

47.  Indigofera  ptdchra  WiUd.  (0.  F.  A.  II.  76.  S.  IV.  143.)  Die  ge- 
trockneten, pulverisirten  Blätter  werden  auf  alte  Fussgeschwüre  gestreut  und 
diese  mit  einer  Abkochung  derselben  Pflanze  gebadet 

48.  /.  finctoria  L.  (0.  F.  A.  II.  99.  /.  ornithopodioides  Schum.  S.  146. 
Diese  Indigofera- kvi  ist  die  gemeinste  der  in  Guinea  vorkommenden,  doch 
nirgends  in  solcher  Menge  zu  finden,  dass  sie  ohne  besondere  Cultur  zur 
Indigofabrication  gebraucht  werden  könnte.  Thonning  konnte  keine 
medicinische  oder  chemische  Benutzung  der  Pflanze,  nicht  einmal  ihren  Namen 
in  Erfahrung  bringen;  der  einzige  Gebrauch,  den  man  zuweilen  von  ihr 
macht,  ist  zu  Kehrbesen. 


240  P-  Ascherson: 

49.  Mülettia  Tlwnningii  (Schum.)  Baker.  (0.  F.  A.  II.  128.  Robinia 
Thoniringii  Schum.  S.  IV.  123.  Tah-Tjo.  Das  Holz  dieses  fast  die  Grösse 
der  Buche  erreichenden  Baumes  ist  gelblichweiss ,  ziemlich  hart,  aber  nicht 
sehr  fein.  Die  weichgeklopfte  Rinde  wird  auf  alte  Fussgeschwüre  gelegt, 
um  die  Wunde  zu  reinigen. 

50.  M,  (oder  Lonchocarpus?)  sp.  (Robinia  midtißora  (Schum.  IV.  124.) 
Ahaemete.  Die  Wurzel  wird  durch  Klopfen  in  einen  weichen  Lappen  ver- 
wandelt, mit  dem  die  Neger  sich  waschen. 

51.  Arachis  hypogaea  L.  0.  F.  A.  IL  158.  S.  IV.  111.)  Engkatje  der 
Aschanti,  Molaqve  bei  den  Akkraleuten,  Assianthe-Bönner  (Aschanti-Bohnen) 
bei  den  Dänen.  Wird  ziemlich  häufig  aber  nur  in  geringer  Menge  cultivirt; 
kommt  überall  fort  und  giebt  reiche  Ernte.  Die  Samen  sind  reich  an  einem 
dicken,  milden  Oel  und  werden  von  den  Negern  gegessen.  Man  röstet  die 
Frucht,  bis  sich  die  Schale  ablöst.  [Die  bekannte,  jetzt  als  Oelfrucht  in 
ungeheurer  Menge  aus  dem  tropischen  Afrika  exportirte  Erdnuss.   A.) 

52.  Desinodium  mauntianitin  (Willd.)  DC  (0.  F.  A.  IL  164.  Hedysanim 
fruticulosvm  Schum.  S.  IV.  137.)  AUponia-Kripei. 

53.  Erythrinn  senegalensis  DC.  (0.  F.  A.  IL  181.  E.  latifolia  Schum. 
S.  IV.  107)  Naba-Tjoelv.  Eine  Abkochung  der  Rinde  wird  von  den  Negern 
bei  Dysenterie  und  Kolik  angewendet,  sowie  um  schwere  Geburten  zu  er- 
leichtern. 

•54.  Miicuna  urens  (L.)  DC.  (0.  F.  A.  IL  185.  Stizolobium  urens  Pers. 
S.  IV.  117.)  Taefjoe-Pang.  Die  Neger  färben  mit  dem  ausgepressten  Safte 
von  Stengel  und  Blättern  Leder  schwarz,  indem  sie  es  damit  bestreichen 
und  an  der  Luft  trocknen  lassen. 

55.  Canavalia  obtusifolia  (Lmk.)  DC.  (0.  F.  A.  IL  190.  Dolichon 
obovatiis  Schum.  S.  IV.  115.)  Aniba-Pang.^)  Die  Neger  bedienen  sich  zu- 
weilen der  Stengel  dieser  Strandbohne  zum  Binden. 

56.  Phaseolu^  cidgans  L.  (0.  F.  A.  IL  193.  S.  IV.  112.)    Wird  cultivirt. 

57.  Vigna  sinensis  (L.)  Endl.  (0.  F.  A.  IL  204.  Dolichos  oleraceus 
Schum.  S.  IV.  114.)  Jo  der  Eingeborenen,  Quitto-Bönner  der  Dänen,  Cale- 
vancus  der  Engländer.  Die  Augna-Neger  cultiviren  diese  Pflanze  häufig; 
ieder  Stock  bedeckt  eine  Fläche  von  16  Quadrat-Ellen  und  giebt  eine  reiche 
Ernte.  Die  Hülsen  müssen,  nachdem  sie  reif  geworden,  abgepflückt  werden. 
Jedes  Halbjahr  wird  die  Pflanze  neu  gesäet.  Die  Bohnen  haben  die  Grösse 
der  gewöhnlichen  Bohne  (Phaseolus  vulgaris)  [doch  kaum  der  kleinsten  Sorten 
der  letzteren  A.];  sie  sind  ziemlich  wohlschmeckend  und  werden  als  Kajüten- 
Provision  den  Seefahrern  verkauft.  Die  Neger  essen  die  Blätter  als  Gemüse, 
und  glauben,  dass  ein  massiges  Entfernen  derselben  den  Fruchtertrag 
steigert. 

1)  Denselben  Namen  führt  die  in  den  Blüthen  sehr  unähnliche  Ipomoca  Pes  caprae  (L.) 
Sweet,  n.  99,  die  mit  Nr.  öj  nur  den  Standort  am  Strande  und  den  kriechenden  Wuchs 
gemein  hat.  A. 


Thonning's  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Guinea.  241 

58.  Voand:eia  suhterranea  (L.)  Du  Petit  Thouars.  (O.  F.  A.  II.  207. 
Glycine  suhterranea  L.  S.  IV.  118.)  ^"iquiny  (nach  Thonning),  Juhbejuhhe  (nach 
Tsert).  [Ebenfalls,  wie  Arachis,  eine  unterirdisch  reifende,  durch  das  ganze 
tropische  Afrika  angebaute  Frucht,  in  Bornu   Ngangala  genannt.  A.] 

59.  Rhynclmsia  caribaea  (Jacq.)  DC.  (0.  ¥.  A.  IL  220.  Glycine  sub- 
lohata  Schum.  S.  IV.  121.)  Nanni-Jo. 

60.  Drepanocarpus  Ivnatm  (L.  fil.)  G.  F.  W.  Mey.  (0.  F.  A.  IL  2H7. 
Sommerfeldtia  obocafa  Schum    S.  IV.   105.)  Ohoa-Tjo. 

ßl.  Pterocarpus  e^culeatus  Schum.  (0.  F.  A.  IL  238.  S.  IV.  104.) 
Gaegaenae.  Die  unreife  Frucht  enthält  eine  die  Samen  umhüllende  weiche 
Pulpa;  dieselben  werden  von  den  Negern  geröstet  gegessen.  [Nach  Baker 
in  0.  F.  A.  1.  c.  haben  die  Samen,  roh  gegessen,  eine  berauschende  Wirkung. 
Von  derselben  Art  (=-  P.  ftafit<di?ioiiIes  UUer.':')  dürfte  das  bei  den  Monbuttu 
so  viel  gebrauchte  Rothholz  abstammen,  vgl.  Schweinfurth ,  Zeitschr.  für 
Ethnologie  1873,  8.  17.)  A.] 

62.  Lonchocurpus  sericeus  (Poir.)  H.  B.  Kth.  (0.  F.  A.  IL  241.  Robinia 
argentißora  Schum.  S.  IV.   126.)  Lablaku. 

63.  L.  cyanescens  (Schum.)  Benth.  (0.  F.  A.  IL  243.  Robinia  cyanrscens 
Schum.  S.  IV.  1-25.)  Akussi.  Die  Wurzel  wird  wie  die  von  Nr.  50  ver- 
wendet. Die  gestossenen  Blätter  werden  auf  alte  Fussgeschwüre  gelegt  um 
diese  zu  reinigen. 

64.  Baphia  nitida  Afzel.  (O.  F.  A.  IL  249.  Podalyria?  Haemuto.cylo/t 
Thonn.  S.  IIL  222.  Das  Holz  hat  eine  lichte  Farbe,  ist  aber  zuweilen 
von  röthlichen  Adern  durchzogen.  Es  ist  ziemlich  fein,  doch  nicht  in 
grossen  Stücken  zu  bekommen  und  nicht  fein  genug  zu  zierlichen  Arbeiten. 
Wenn  der  Baum  abstirbt,  erhält  das  Holz  eine  sehr  dunkel  rothe  Farbe. 
Der  Stamm  verfault  von  innen  her,  so  dass  schliesslich  nur  die  äussere  Partie 
übrig  bleibt,  und  wird  diese  gewöhnlich  so  von  Wurmfrass  und  Fäulniss 
beschädigt,  dass  sie  zum  Verarbeiten  nicht  mehr  taugt.  Als  Farbholz  ist 
das  Holz  in  diesem  Zustande  dagegen  vortrefflich,  da  es  ausserordentlich 
reich  an  Farbstoff  ist.  Es  wird  von  den  Negern  viel  zu  Fetisch-Ceremonien 
und  Arauleten  gebraucht,  und  zu  diesem  Zwecke  mit  Wasser  auf  einem 
Steine  fein  zerrieben.  [Das  zum  Färben  benutzte  Holz  dieser  Pflanze  ist 
unter  dem  Namen  Camicood  im  europäischen  Handel  wohl  bekannt.  A.] 

65.  Caesalpinia  Bonducella  (L.)  Koxb.  (O.  F.  A.  IL  262.  Gvilamiina 
Bonducella  L.  S.  IIL  230.)  Demi-TJo;  die  Samen  Vmle-Afi.  Die  Samen 
dienen  als  Spielsteine  in  einem  Vi/ale  genannten  Spiele,  woher  der  Name. 
Sie  werden  zuweilen  auch  als  Fetisch  kleinen  Kindern  angehängt.  [In  der 
That  gleichen  diese  steinharten,  glatten,  runden  Samen  auffallend  den  Stein- 
kugeln, welche  in  Süddeutschland  Schusser,  in  Berlin  Murmeln  genannt 
werden.  A.] 

66.  Cassin  occidrnfa/i-^  L.  (0.  F.  A.  IL  274.  C.  platiisiliqua  L.  S.  HL 
•22Ö.)  Bäd^sa.     Wird    von  den  Negern    auf   verschiedene  Weise   medicinisch 

Zeitscbrift  für  ElUiiologie.     Jahrg.  1879.  *' 


242  P-  Ascherson: 

angewendet;  so  wird  z.  B.  eine  Abkochung  der  abgeschabten  Rinde  der 
Wurzel  in  PijHo  bei  Dysenterie  getrunken.  Dieselbe  Rinde  wird  auch  mit 
einigen  Paradieskörnern  fein  gerieben  und  mit  Citronensaft  zu  einer  Salbe 
angerührt,  mit  der  man  Flechtenausschläge  bestreicht.  Die  Blätter  wirken 
eröffnend  und  stillen  Leibschmerzen,  und  zwar  werden  sie  zu  diesem  Zwecke 
mit  Pytto  abgekocht.  Die  Wurzelrinde  hat  einen  bitteren,  etwas  zusammen- 
ziehenden Geschmack  und  möchte  sich  als  ein  gutes  Surrogat  der  Chinarinde 
empfehlen.  Die  Blätter  haben  einen  betäubenden,  opiumähnlichen  Geruch. 
[Die  Anwendung  der  Samen  dieser  im  portugiesischen  Afrika  Fedegozo 
genannten  Pflanze  als  Kaffee- Surrogat,  welche  neuerdings  vielfach  zur  Sprache 
gekommen  ist,  (vgl-  Wittmack,  Sitzber.  bot.  Ver.  Brandenb.  1878. 
S.  126  ff.),  scheint  zu  Thonning's  Zeit  noch  nicht  stattgefunden  zu 
haben.  A.] 

67.  Dialium  c/uineense  Willd.  (O.  F.  A.  II.  283.  Codariinn  nitidtim  Vahl 
S.  III.  38.)  Joj-Tjo.  Neger  -  Tamarinde  der  Europäer.  Der  mehlige  Frucht- 
brei hat  eine  angenehme  Säure  und  giebt,  in  Wasser  macerirt,  ein  sehr 
erquickendes  Getränk  für  Fieberkranke.  Das  Holz  giebt  gute  Kohlen  zum 
Schmieden  und  anderen  Zwecken. 

68.  Tetrapleura  Thonningii  Benth.  (0.  F.  A.  II.  330.  Adenanthera 
tetraptera  Schum.  S.  III.  233.)  Pepraemese.  [Die  Früchte  dienen  in  Sierra 
Leone  nach  Oliver  a.  a.  0.  zum  Waschen.  A.] 

69.  Dichrodachys  nutans  (DC.)  Benth.  (O.  F.  A.  IL  333.  Mimosn 
hicolor  Schum.  S.  IV.  100.)  Kahn~Tjo;  die  Früchte  bei  den  Akkra-Leuten 
Beseri.  Erschöpft  den  Boden  in  solchem  Maasse,  dass,  wo  sie  wächst,  keine 
andere  Pflanze  fortkommt,  wenn  sie  auch  nicht  von  diesem  Strauche  über- 
schattet und  verdrängt  wird.  Wegen  der  kriechenden  Wurzel  ist  er  schwer 
auszurotten.  In  den  Baumwollenpflanzungen  bei  Fredriksborg  wurden  die 
Stauden,  welche  übrigens  mit  magerem  Boden  vorlieb  nehmen,  nahezu  von 
dieser  Pflanze  verdrängt. 

70.  Acacia  glabernma  (Schum.)  Benth.  (0.  F.  A.  IL  358.  Mimom 
gluherrima  Schum.  S.  IV.  95.)   Laedjo-Tjo.     Liefert  Brennholz. 

Combretaceae. 

71.  Conocarpus  crectus  Jacq.  (O.  F.  A.  IL  417.  C.  p^ibescens  Schum. 
S.  IIL  135.  Mah-Tjo. 

Myrtaceae. 

72.  Eugenia  coronata  Vahl  (DC)  (0.  F.  A.  IL  437.  S.  IV.  4.  Amima, 
Die  Neger  essen  die  Frucht  dieses  am  Strande  kaum  eine  Elle  hohen,  im 
Binnenlande  dem  Schlehdorn  an  Grösse  gleichenden  Strauches,  der  mit  dem 
letzteren  in  der  Blüthe  von  Weitem  einige  Aehnlichkeit  hat. 

Passifloraceae. 

73.  Modecca  lohata  Jacq.  (0.  F.  A.  IL  516.  M.  diversifolia  Schum. 
S.  IV.  209.)  Koo-Pang. 


Thonning's  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Guinea.  243 

Cucurhitaceae- 
74.  Momordica  Charantia  L.  (0.  F.  A.  IL  537.  M.  anthelminthica 
Schum.  S.  IV.  197.)  Jan-fna.  Die  NegerUinder  essen  die  Frucht;  die  in 
3  Klappen  zerreissende  Fruchthülle  ist  wüssrig,  der  den  Samen  umhüllende 
Schleim  aber  etwas  süsslich.  Die  Blätter  haben  einen  widerwärtigen  Geruch. 
Gegen  Spulwürmer  wird  die  Pflanze  von  den  Negern  folgenderraaassen 
angewendet:  Ein  bis  zwei  gute  Handvoll  der  frischen  Pflanze  wird  mit 
etwa  .^  Pot')  Wasser  ausgepresst,  und  der  Saft  von  4  Citronen  dazugegeben. 
In  diese  Mischung  wird  ein  heiss  gemachter,  kleiner,  6  —  8  Loth  schwerer 
Stein  geworfen  und  dieselbe  nach  dem  Erkalten  getrunken.  Die  Wirkung 
besteht  bald  in  Erbrechen,  bald  in  Abführen,  mitunter  in  Beidem,  womit 
der  Wurm  ausgeworfen  wird.  Dasselbe  Getränk  v^ürd  auch  bei  Verstopfung 
als  Abführmittel  angewendet.  Ausserdem  ist  dies  eine  der  wichtigsten 
unter  den  vielen  Fetisch-Pflanzen.  Die  meisten  Fetisch-Ceremonien  endigen 
z.  B.  mit  einer  Waschung  des  Körpers  in  Wasser,  worin  die  Blätter  macerirt 
worden  sind.  Wenn  ein  Neger  auf  der  Reise  die  Pflanze  findet,  umvs-indet 
er  gern  seinen  Hals  mit  einem  Stück  des  Stengels  und  ist  des  Glaubens, 
dass  diese  Handlung  ihn  unfehlbar  vor  einem  Unglücksfall  bewahren  werde. 

75.  Cucumis  Melo  L.  var.  (O.  F.  A.  II.  546.  C.  urenarius  Schum. 
S.  IV.  200.)  Nanni-Adumatre  der  Neger,  Nannis  Vandmeion  [Wassermelone] 
der  Dänen. 

76.  Rhynchocarpa  foetida  (Desr.)  Schrad.  (0.  F.  A.  II.  564.  Brijonia 
foetidisdina  Schum.  S.  IV.  202.)  Sia-Panc/.  Die  ganze  Pflanze  hat  einen 
sehr  Übeln  Geruch,  fast  wie  verfaulter  Kohl.  Die  Abkochung  dient  als 
Bad  gegen  Tencsmus.  [W.  Schi m per  vergleicht  den  Geruch  dieser,  durch 
das  tropische  und  Süd- Afrika  weit  verbreiteten  Pflanze  mit  dem  eines  Menschen, 
der  seine  Beinkleider  verunreinigt  hat.  A.] 

Cactaceae. 

77.  Opnntia  Tuna  (L.)  Mill.  {Cactus  T.  S.  IV.  3.)     Wird  cultivirt. 

Ficoideae. 

78.  Sesuvivm  Portulacastrum  L.  (0.  F.  A.  II.  585.  S.  hrcvifoUum  Schum. 
S.  IV.  7.)     Imbebi. 

Ruhiaceae. 

79.  Sarcocephahs  esculentus  Afz.  (O.  F.  A.  III.  38.  CephaUna  esc. 
Schum.  S.  III.  125.)  Babyla-Najne.  Die  Neger  essen  die  etwas  säuerliche 
reife  Frucht. 

80.  Mitragijne  africana  (Willd.)  Korth.  (O.  F.  A.  III.  40.  Nauclea 
ufricana  Willd.  S.  III.  124.)  Khui-TJo.  Das  Holz  ist  hart,  fein,  gelblich 
mit  röthlichen  Adern  und  nimmt  eine  sehr  schöne  Politur  an. 


n  1  Pot  =  )^  Kanne  =  0,96612  /. 

17* 


244  P-  Ascherson: 

81.  Gardenia  Thunbergia  L.  (0.  F.  A.  III.  100.  G.  tenuifolia  Schum. 
S.  III.  167  und  Gardenia  medicinalis  Vahl  S.  III.  168.)  Paettaeplae-Bi. 
Wird  nach  Isert  von  den  Eingeborenen  in  verschiedenen  Krankheiten 
angewendet. 

82.  Pacetta  Bacojiia  Hiern.  (O.  F.  A.  III.  176.  Lrora  nitida  Schum. 
S.  III.  97.)  Koi-Tjo. 

83.  Morinda  citrifolia  L.  (O.  F.  A.  III.  192.  Psycliotria  f  chrysorhiza 
Thoun.  S.  III.  131.)  Boj-tecji-Tjo. 

84.  Psijchotria  Kollij  Schum.  (O.  F.  A.  III.  203.  S.  III.  130.)  KoUij-Tjo. 

Compositae. 

85.  Vernonia  senegalensis  (Pers.)  Less.  (0.  F.  A.  III.  283.  Chrysocoma 
amara  Schum.  S.  IV.  157.)  Tali-Tjo.  Die  Neger  wenden  diese  Pflanze 
in  verschiedener  Weise  medicinisch  an.  Bei  alten  Fussgeschwüren  wird 
eine  Abkochung  der  Blätter  zum  Bade  gebraucht  und  auf  die  Wunde  selbst 
die  weichgeklopfte  und  angefeuchtete  Rinde  der  Wurzel  gelegt.  Wenn  die 
rothe  Rshr  recht  heftig  ist,  wird  eine  Abkochung  der  Blätter  mit  einigen 
Paradieskörueru  getrunken;  bei  rheumatischen  Schmerzen  braucht  man  die 
mit  kaltem  Wasser  ausgezogeneu  Blätter  zum  Bade,  und  bestreicht  den 
Körper  mit  der  feingeriebenen  Rinde,  wobei  noch  gewisse  Fetisch-Ceremonieu 
gemacht  werden.  Die  Wurzel  und  besonders  die  Blätter  haben  eine  ziemlich 
reine  Bitterkeit,  und  werden  von  den  Europäern  zur  Bereitung  eines  recht 
guten  Bittern  verwendet.  [Die  Abkochung  derselben  Art,  welche  in  der 
Fiottsprache  Ndu'li-Nduii  heisst,  gilt  an  der  Loangoküste,  wo  sie  von  Soyaux 
(Nr.  58.)  gesammelt  wurde,  für  ein  vortreffliches  Mittel  gegen  Fieber;  vgl. 
Correspondenzbl.  der  Afrik.  Ges.  Nr.  10.  S.   189,  190.  A.] 

^Q.  Blumea  aurita  (L.)  DG.  (0.  F.  A.  III.  322.  Eriyeron  sli]»datinn 
Schum.  S.  TV.   159.)   HaUasjajo. 

87.  Edipia  alba  (L.)  Hassk.  (0.  F.  A.  III.  373.  K  punctata  L.  S.  IV. 
163.  Odibol. 

88.  Laetnca  tarawacifolut  (Willd.)  Schum.  0.  F.  A.  III.  451.  S.  IV. 
154.  Abloye.  Die  Europäer  essen  diese  Pflanze  unter  dem  Namen  „wilde 
Endivie"  als  Salat;  sie  hat  einen  bitterhchen  Geschmack  und  etwas  nar- 
kotischen Geruch.  Die  Neger  wenden  den  ausgepressten  Saft  bei  frischen 
Wunden  als  schmerzstillendes  Mittel  an.  Die  Abkochung  oder  die  als 
Gemüse  zubereiteten  Blätter  werden  bei  der  rothen  Ruhr  gegeben. 

Goodenoughiaceae. 

89.  ^caevola  Lobdia  L.  (0.  F.   A.  III.  4(i2.  S.  III.   126.)  Gnbä. 

Sa-potaceae. 

90.  Sidero.Tylon  dnicifianu  (Schum.)  Aipli.  DG.  (O.  F.  A.  III.  503 
BumeHa    dulcißca    Schum.    S.    III     150.)    Tahmi.      Die    stacbelbeergrossen 


ThonninfT's  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Guinea.  245 

Beeren  habeu  nur  wenig  Fleisch  und  fast  keinen  Geschmack,  aber  die 
merkwürdige  Eigenschaft,  die  Geschmacksnerven  /u  täuschen,  so  dass  alles, 
was  man  nach  dem  Verzehren  von  zwei  oder  drei  i^eeren  geniesst,  süss 
schmeckt.  Eine  Citrone  schmeckt  z.  B.  wie  eine  Apfelsine,  Weinessig  wie 
süsser  Wein  etc.  Wenn  man  des  Morgens  etwa  20  Beeren  geniesst,  so 
hält  diese  Wirkung  fast  den  ganzen  Tag  an.  Da  der  Palmwein  so  rasch 
gährt,  ilass  er  auf  dem  Transport  von  Aquapim  nach  den  Straudorten  (unge- 
fähr 5  Meilen)  in  der  Regel  sauer  wird,  so  bringen  die  Weinverkäuferinnen 
gern  diese  Beeren  mit,  mit  welchen  ihre  Kunden  zuerst  ihre  Geschmacks- 
nerven betäuben  und  sich  dann  mit  dem  säuern   Wein  berauschen. 

Ebenaceae. 
<)1.  I)io,y>ijrm  tricolor  (Schum.)  Hiern.  (0.  F.  A.  III.  521.  Noltia  tricolor 
Schum.  S.  III.  209.)     Aumhae. 

Jasminaceae. 

92.  Jasminvm  dichotomum  Vahl  (DC  P.  VIII.  307.  S.  III.  27.) 
Jamjkumaetri  Die  Neger  legen  die  gestossenen  Blätter  auf  alte  Fuss- 
geschwüre,  nachdem  die  Wunde  durch  andere  Mittel  gereinigt  ist. 

Apocynaceae. 

93.  Carissa  didcis  Schum.  (DC.  P.  VIII.  333.  S.  III.  166.)  Akokohessa 
(die  Wurzel),  Aßaumbe  (die  Frucht.)  Die  Rinde  der  Wurzel  wird  fein 
zerrieben  als  Gewürz  einem  Gerichte  zugesetzt,  welches  danach  Akokohessa 
heisst.  Die  Beeren  schmecken  sehr  angenehm,  fast  wie  Süsskirschen  und 
geben  eine  vortreffliche  Suppe  für  Kranke. 

Asclepiadaceae. 

94.  Daemia  angolensis  Dcne.  (DG.  P.  VIII.  544.  Asdepias  convolvulacea 
und  A.  muricata  Schum.  S.  III.  172,  173.)  Kah-Ba.  [Die  Blätter  werden 
nach  Heudelot  bei  Decaisne  in  DC.  P.  in  Senegambien  als  Gemüse 
gegessen.  A.] 

95.  Leptadenia  gracilis  Dcne.?  (DC.  P.  VIII.  629.  Asclepiw<  nuda 
Schum.  S.  III.  175.)  Enka/o.  [Die  Decaisne'sche  Art,  deren  Identität  von 
dem  französischen  Monographen  übrigens  als  zweifelhaft  betrachtet  wird, 
heisst  nach  ihm  in  Senegambien  ßahatte-y-cdla.  A.) 

Lofjaniaceae. 

96.  Stri/c/mos  scandens  Schum.  (DC.  P.  IX.  13.  S.  III.  147.)  Abonta 
Die  Neger  geniessen  den,  den  Samen  umhüllenden  säuerlichen  Schleim, 
welchen  sie  für  gesund  halten. 

Co7ivoluutacea€. 

97.  natntas  pannicuhta  (L.)  Chois.  (DC.  P.  IX.  339.  Convolvuhs 
panicidaUis  L.  S.  III.  114.)  Loeloa-Pang.    Bei  Haut-  sowohl  als  Bauchwasser- 


246  P-  Ascherson: 

sucht  wird  die  Wurzel  sowohl  innerlich  (in  einer  Abkochung  mit  einigen 
Paradieskörnern)  als  äusserlich  (mit  einigen  Paradieskörnern  fein  zerrieben 
und  auf  den  ganzen  Körper  eingerieben)  angewendet.  Bei  Gonorrhoea 
virulenta  thut  man  die  feinzerschnittene  Wurzel  in  Pytto  oder  Palmwein, 
den  man  dann  hinstellt  und  sauer  werden  lässt  und  als  urintreibend  ver- 
wendet. Die  Stengel  werden  von  den  Negern  zum  Zusammenbinden  von 
Brennholz  u.  dgl.  benutzt. 

98.  Ipomoea  Clappertonii  R.  Br.  DC.  P.  IX.  849.  Convolonlvs  incurom 
Schum.  S.  III.  119.)  Vula-Fye.  Die  Blätter  werden  von  den  Negern  als 
Gemüse  gegessen. 

99.  /.  Pes  caprae  (L.)  Sweet.  (DC.  P.  IX.  349.  Conoolvulus  rotuncHfoliiis 
Thonn.  S.  III.  122.)  Amba-Pany. 

100.  I.  ovalifoUa  (Yahl)  Chois.  (DC.  P.  IX.  357.  Concolnchcs  coeruleus 
Schum.  S.  III.  121.)  Klovake  bei  den  Akkra-Leuten.  Die  Neger  finden  die 
Blätter  als  Gemüse  sehr  wohlschmeckend.  Der  Fetisch  des  Stammes  Ussu 
soll  diese  Speise  lieben,  weshalb  sie  Niemand  aus  diesem  Stamme  gemessen 
darf.     Die  Uebertretung  dieses  Verbots  gilt  für  ein  grosses  Verbrechen. 

Solanaceae. 

101.  Solanum  nodifloritm  Jacq.  (DC.  P.  XIII.  I.  46.  S.  III.  143. 
Dendrae.  Die  mit  einigen  Paradieskörnern  gestossenen  Blätter  werden  als 
Salbe  gegen  rheumatische  Schmerzen  an  den  leidenden  Theilen  eingerieben. 

102.  S.  disticlmm  Schum.  DC.  P.  XIII.  I.  130.  S.  III.  142.  Simoa. 
Die  Beeren  werden  ohne  Schaden  von  Kindern  gegessen. 

103.  S.  anomalum  Thonn.  (DC.  P.  XIII.  I.  259.  (S.  III.  14f).)  Asogagaplae 
oder  Sissa-Simsoa  [d.  h.  Gespenster-Ä/ssoa].  Der  Saft  der  Beeren  wird  zum 
Bestreichen  von  Geschwüren  am  Ohr  angewendet. 

104.  S.  da.^ijphjlUcm  Schum.  (DC.  P.  XIII.  I.  313.  S.  III.  146.)  Ätropo-Ba. 

105.  S.  gemimfoUum  Thonn.  (DC.  P.  XIII.  I.  352.  S.  III.  141.) 
Sebae.  Wird  cultivirt.  Die  Frucht  wird  in  verschiedener  Weise  zubereitet 
besonders  zu  Suppe  verwendet  oder  als  Muss  mit  Salz ,  spanischem  Pfeffer, 
Palmöl  und  etwas  gedörrtem  Fisch  zubereitet. 

106.  6".  Thonninyianum,  Jacq.  (DC.  P.  XIII.  I.  354.  S.  Atropo  Schum. 
S.  III.  144.)  Kva-Fye  (die  Pflanze),  Atropo  (die  Frucht). 

107.  S.  eduJe  Schum.  (DC.  P.  XIII.  I.  356.  S.  III.  145.)  Bläfo- Atropo. 
Die  unreifen  Früchte  der  drei  von  den  Negern  cultivirten  Arten  104,  106 
und  107,  werden  zu  Suppe  gekocht  oder  mit  halbverfaultem  gedörrtem  Fisch, 
spanischem  Pfeffer,  Salz,  Palmöl  und  Zwiebeln  zu  einem  Gericht  zubereitet, 
das  die  Neger  für  eine  Delicatesse  halten.  Die  Blätter  geben  ein  sehr 
gutes  Gemüse,  das  ebenso  wie  die  Früchte  geschmort  wird;  dies  Gericht 
heisst  Fankvau  und  ist  eine  Lieblingsspeise  der  Neger.  [Als  Curiosum  ver- 
dient Erwähnung,  dass  Walpers  (Rep.  III.  47.)  den  Namen  *S.  Atropa^ 
der   allerdings   in   eigenthümlicher  Weise  an    die  botanische  Benennung  der 


Thonning's  botanisch-ethnof^raphische  Notizen  aus  Guinea.  247 

in    dieselbe  Familie    gehörigen  Tollkirsche,    Atropa  Belladonna  L.    erinnert, 
in  S.  Atropae  verdreht  hat.   A.] 

lOS.  I'/iijmlü-  Linkiana  Nees.  (DC.  P.  XIII.  I.  448.  P.  angulata 
Schuin.  S.  III.  140.)  Amotobi.  Mädchen  m  Adampi,  welche,  ohne  die  religiösen 
Cercnionieu  beobachtet  zu  haben,  scliwanger  geworden  sind,  suchen  die 
Frucht  durch  eine  Abkochung  dieser  Pflanze  abzutreiben,  die  sie  theils 
trinken,  theils  als  Klystier  gebrauciien,  theils  die  Geschlechtsthcile  damit 
waschen.  Die  zerquetschten  Blätter  werden  gegen  einen  Flechten-Ausschlag 
gebraucht,  indem  mau  d«n  Körper  damit  einreibt, 

Cordiaceae. 

109.  Cordia  cjuineemis  Thonn.   (DC  P.  IX.  480  S.  III.  148.)  Jumo-sa. 

Asperifoliae. 

110.  Ehretia  cymom  Thonn.  (DC.  P.  IX.  508.  S.  III.  149.)  Lamsci 
Die  langen  Aeste  dienen  als  Ankertau.  Die  Neger  kauen  das  Holz  mit 
den  Samen  der  Cola  acuminata  R.  Br.  (Nr.  22.)  wodurch  sie  eine  zu 
Fetischen,  Amuleten  etc.  verwendete  rothe  Farbe  erhalten. 

Bignoniaceae. 

111.  Spathodea  campamdata  P.  B.  (DC.  P.  IX.  208.  [incl.  S.  tidipifeva 
Don.  1.  c.  207. J  Bignonia  tulipifera  Thonn.  S.  IV.  47.)  Osisiu.  Die  Kinde 
dieses  Baumes,  dessen  Blumen  so  gross  wie  die  schönsten  Tulpen  sind, 
wird  von  den  Negern  bei  Dysenterie  gebraucht. 

112.  S.  adenantha  Don.  (DC.  P.  IX.  207.  Bignonia  glandnlosa  Schum. 
S.  IV.  48.)  Nähä-di.     Wird  zu  Fetisch-Ceremonieu  gebraucht. 

113  Sesamopteris  radiata  (Schum.)  DC.  (D.  C.  P.  IX.  251.  Sesamuni 
radiaUvm  Schum.  S.  IV.  56.)  und 

114.  'S.  alata  (Thonn.)  D.  C.  (DC.  P.  1.  c.  Sesamuni  radiatum  Thonn. 
S.  IV.  58.)  Otru.  Die  Blätter  werden  entweder  für  sich  oder  mit  andern 
gemischt  als  Gemüse  verwendet.  [Die  letztere  Art  dient  auch  in  Bornu, 
wo  sie  Ko  be  le  bul  heisst,  zu  demselben  Zwecke;  vgl.  Rohlfs,  Quer  durch 
Afrika  II.  283.  A.] 

Scrophulariaceae. 

115.  Scoparia  dulcis  L.  (DC  P.  X.  431.  S.  III.  99.)  SJa-Bld 

Acanthaceae. 

IK).  Anystasia  quaterna  (Thonn.)  Nees.  (D.  C.  P.  XI.  108.  Ruellia 
quaterna  Thonn.  S.  IV.  58.)  Blabä- Fye.     Dient  als  Gemüse. 

Verhenaceae. 
117.    Stachjtarpheta   indica    (L.)    Vahl.     (DC.   P.  XI.    564.   S.  III.  34.) 


248  P-  Ascherson: 

Laläha.  Die  Neger  wenden  diese  Pflanze  bei  Augeneutzündungen  und 
Hornhautflecken  auf  folgende  Weise  an:  Die  zwischen  heissen  Steinen  zer- 
quetschten Blätter  werden  in  einen  leinenen  Lappen  gethan  und  der  Saft 
hieraus  in's  Auge  gepresst. 

118.  Lantana  antidotalis  Schum.  (I)C.  P.  XL  598.  S.  IV.  50.)  Nanni- 
Kumi.  Die  Blätter  haben  einen  starken  Geruch.  Wenn  ein  Neger  von 
einer  Schlange  gebissen  wird  (fast  immer  befindet  sich  die  Wunde  am  Fusse) 
sucht  er  sofort  den  Blutlauf  zu  hemmen,  indem  er  ein  Band  so  fest  als 
möglich  um  das  Bein  bindet.  Alsdann  sucht  er- einen  Arzt  auf,  welcher 
gewisse  abergläubische  Handlungen  und  den  Gebrauch  von  Heilkräutern 
verordnet.  In  solchen  Fällen  braucht  man  oft  die  Blätter  dieser  Pflanze 
zu  einem  warmen  Bade;  auch  die  mit  Paradiesköruern  und  Citronensaft 
fein  zerriebene  Wurzel  wird  auf  dem  ganzen  Körper  eingerieben,  damit,  wie 
man  sagt,  das  Gift  sich  nicht  ausbreite.  Zugleich  wendet  der  Arzt  eine 
schon  zubereitete  Medicin  innerlich  an,  deren  Bestandtheile  Thonning 
nicht  in  Erfahrung  brachte;  doch  soll  sich  die  Wurzel  der  Lantana  darunter 
belinden.  Zuletzt  giebt  er  einige  Taschenspielerkunststücke  zum  Besten, 
um  die  Giftzähne  hervorzutreiben,  die  nach  der  Meinung  der  Neger  in  der 
Wunde  stecken  bleiben. 

119.  Premna  quachifolia  Schum.  (DO.  P.  XL  633.  S.  IV.  49.)  Obosso- 
Tjo.  Die  Blätter  und  noch  mehr  die  Frucht  haben  einen  sehr  angenehmen 
Geruch.  Die  Blätter  werden  mit  Wasser  gestossen,  welches,  lauwarm  ge- 
macht, als  Klystier  applicirt  wird.  Man  bedient  sich  hierzu  eines  Flaschen- 
kürbisses, dessen  dünnes  Ende  eingeführt  wird,  worauf  die  Arznei  durch 
ein  Loch  im  Boden  der  Kalebasse  mit  dem  Munde  eingespritzt  wird. 

120.  Vitex  cuneata  Thonn.  (DG.  P.  XL  694.  S.  IV.  63.)  Fjomj.  Die 
Frucht  wird  von  den  Eingeborenen  gegessen,  obwohl  sie  für  den  Ungewohnten 
keineswegs  angenehm  schmeckt.  Das  Fleisch  ist  saftig-mehlig,  wenig  süss 
mit  einem  ölartigen  Beigeschmack.  Aus  dem  Holze  werden  von  den  Negern 
Trommeln  verfertigt. 

121.  Avicemna  africana  P.  ß.  (DC.  P,  XL  699.  S.  IV.  64.)  Muteku. 
Kern  und  Splint  dieses  Baumes,  der  auf  Salzboden  in  der  Nähe  des  Strandes 
kaum  6  —  8  Ellen  Höhe  erreicht,  am  Rio  Volta  aber  und  an  benachbarten, 
vor  dem  Seewinde  geschützten  Stellen  die  Grösse  der  stärksten  Eichen 
erreicht,  sind  von  sehr  verschiedener  Beschaffenheit.  Das  Kernholz,  das 
etwas  über  die  Hälfte  des  Stammdurchmessers  einnimmt,  hat  eine  dunkei- 
braungrüne  Farbe,  etwa  wie  Guajakholz;  es  ist  hart,  schwer,  grob,  ziemlich 
harzreich  (obwohl  nicht  so  sehr,  dass  das  Harz  ausschwitzte),  ohne  hervor- 
stechenden Geruch  oder  Geschmack;  dasselbe  ist  sehr  dauerhaft  für  grobe 
Arbeiten,  namentlich  in  der  Erde.  Commandeur  Schönning  versicherte 
den  Reisenden,  dass  er  bei  Kongesteen  einen  Pfahl  ausgraben  Hess,  der 
fast  steinhar*;  geworden  war,  wozu  vielleicht  die  salzige  Beschaffenheit  des 
Bodens    am  Volta    beigetragen    haben    mag.     Das  Holz   rauss   übrigens    mit 


Thonninpf's  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Guinea.  249 

Vorsicht  mit  der  Axt  bearbeitet  werden,  <lu  es  leicht  schief  spaltet.  Das 
äussere  Stammholz  hat  die  gewöhnliche  hellgell)liche  Holzf'arbe  und  ist 
viel  weniger  dauerhaft.  Die  Neger  machen  von  dem  fiaume  keinen  Gebrauch 
für  Heilzwecke. 

Labiatae. 

122.  Ocimvm  C(tnu»i  Sims  (DC.  P.  XII.  82.  (K  hispidulum  Schum.  S.  IV. 
40.)  Koae.  Die  ganze  Pflanze  hat  einen  ausserordentlich  starken  und  ziemlich 
angenehmen  Geruch;  sie  wird  von  den  Negern  bei  verschiedenen  Krank- 
heiten gebraucht,  namentlich  solche  die  man  der  Behexung  oder  den  Ver- 
storbenen zuschreibt. 

123.  0.  Basilicum  L.  />.  anixafum  Benth.  (DG.  P.  XII.  33.  0.  lanceolatum 
Schum.  S.  IV.  42.)  Bldfo-Koae.  Die  Neger  haben  den  Aberglauben,  dass 
ihre  verstorbenen  Verwandten  sich  bei  ihnen  einfinden  und  dadurch  ver- 
schiedene Krankheiten  hervorrufen  können.  Wenn  man  eine  Krankheit  dieser 
Ursache  zuschreibt,  wäscht  man  den  Kranken  mit  einer  Abkochung  dieser 
oder  anderer  stark  riechender  Pflanzen  und  besprengt  den  Boden  um  den- 
selben damit,  um  den  Geist  durch  den  starken  Geruch  zu  vertreiben. 

124.  0.  viride  Willd.  (DC.  P.  XII.  34.  0.  gimieeme  Schum.  S.  IV. 
39.)  Sylu  der  Akkraleute  Die  Neger  wenden  bei  den  meisten  Krankheiten 
Bäder  von  verschiedener  Art  an;  meistens  sind  diese  mit  Fetisch  Ceremonien 
verbunden  und  wirken  nur  durch  die  damit  verbundeneu  abergläubischen 
Vorstellungen.  Indess  einige  der  dabei  verwandten  Mittel,  unter  denen  be- 
sonders vorliegende  Pflanze,  können  in  der  That  durch  ihre  heilkräftigen 
Bestaudtheile  wirken.  Man  braucht  sie  hauptsächlich  bei  einem  bösartigen, 
mit  Gelbsucht  verbundenen  Gallenfieber,  welches  am  Rio  Volta  nach  den 
Ueberschwemmungen  des  Flusses  herrscht.  Gewöhnlich  trinkt  mau  die 
lauwarme  Abkochung  und  badet  sich  darin  4  mal  am  Tage.  Auf  dieselbe 
Art  verfährt  man  bei  gewöhnlicher  Gelbsucht  (Afi-Odoi).  Bei  plötzlich 
eintretender  Käserei  oder  Ohnmacht  ohne  vorhergehende  lüankheit,  tröpfelt 
man  den  ausgepressten  Saft  in  Nase,  Mund  und  Augen  des  Kranken,  um 
den  Sirsa  (Geist  eines  Verstorbenen)  zu  vertreiben,  von  dem  mau  glaubt, 
dass  er  den  Kranken  heimgesucht  hat.  Alte  Fussgeschwüre  und  stark 
eiternde  Ausschläge  (den  sogen.  Salzfluss)  hat  Thonning  glücklich  durch 
äussere  Anwendung  einer  Abkochung  der  unreifen  Frucht  von  JIil>i>cios 
etsaäenfun  li.  (Nr.  IC))  und  obiger  Pflanze  mit  innerlichem  Gebrauch  blut- 
reinigender Mittel  geheilt. 

125.  Orthoüinhon  glabratus  Benth.  (DC  P.  XII.  .50.)  Ocimum  ^i/[f'ntfcs- 
cem  Thonn.  (S.  IV.  330;  an  dieser  Stelle,  im  Register,  ist  iler  im  Text 
S.  43  durch  ein  Versehen  als  .,(>.  T honingii  T\\o\\n.^''  gedruckte  Name  berichtigt, 
da  schon  S.  39.  ein  ().  T/ion/n/igii  Schum.  beschrieben  wird,  welches 
Bentham  (DC.  P.  XII.  41.)  zu  O.  tercficaule  Poir.  zieht.)  Sma-Koae. 
[d.  h.  Gespenster -Basihcum  A.] 


250  P-  Ascherson: 

12fi.  Coleus?  africa/ius  Benth.  (DC.  P.  XII.  74.  Solenostenton  ocymoides 
Schum.  S.  IV.  45.)  Keriro. 

127.  Leonotis  pallida  (Schum.)  Benth.  (DC.  F.  XII.  535.  Phlomis 
})allida  Schum.  S.  IV.  36.  Riecht  ungefähr  wie  Marrubium  mz/f/are  L.  Die 
Abkochung  der  trocknen  Pflanze  wird  bei  langwierigem  Husten  gebraucht. 

Amarantaceae. 

128.  Amarantiis  polystachijus  Willd.  (DC.  P.  XIII.  IL  265.  S.  IV. 
181.)  Maja.  Die  Blätter  gleichen  dem  Spinat  fast  vollständig.  Die  Neger 
sammeln  die  wilde  Pflanze. 

129.  Piqmlia  molUs  (Thonn.)  Moq.  Tand.  (DC.  P.  XIII.  II.  333. 
Acliyranthcs  mollü  Thonn.  S.  III.  157.)  Mem'lemete.  Aus  der  Asche 
der  ganzen  Pflanze  wird  eine  Lauge  bereitet,  die  bei  der  Blaufärberei  der 
Neger  Verwendung  findet. 

130.  Alternanthera  Ächjrantha  (L.)  R.  Br.  DC.  P.  XIII.  IL  358.) 
Illecebruni  obliquum  Schum.  S.  III.  162.)  Samangkama.  Ein  sehr  lästiges 
Unkraut  auf  Feldern  und  Fusswegen.  namentlich  für  die  barfuss  gehenden 
Neger. 

Nyctaginaceae. 

131.  Boerhaama  ascendens  Willd,  DC.  P.  XIII.  11.  451.  B.  diffusa 
und  B.  ascendens  Schum.  S.  III.  36,  37.)  Tjalula.  Die  Abkochung  der 
Wurzelrinde  wird  gegen  die  rothe  Ruhr  getrunken.  Uebrigens  ist  dies  eine 
der  gewöhnlichsten  Fetisch-Pflanzen,  welche  von  den  Negern  zu  ihren 
Reiuigungs-Bädern  in  Krankheits-  und  anderen  Fällen  gebraucht  wird. 

Lo7'a7ithaceae. 

132.  Loranthus  Thonningii  Schum.  (S.  III.  199),  nicht  L.  Thonningii 
DC.  P.  IV.  1830.  303,  welcher  mit  L.  incarms  Schum.  S.  III.  200.  zu- 
sammenfällt.) Eduämdod.  Wird  zuweilen  in  verschiedenen  Krankheiten  ge- 
braucht, um  ein  Wasser,  womit  sich  der  Patient  waschen  muss,  zu  weihen. 
Die  Pflanze  ist  übrigens  ein  auf  Fruchtbäumen  sehr  schädlicher  Schmarotzer. 

Euphorbiaceae. 

133.  Euphorbia  drnpifera  Thonn.  (DC.  P.  XV.  IL  80.  S.  IV.  24.) 
Tenjo-Tjo.  Die  ganze  Pflanze  enthält  einen  ausserordentlich  reichlichen, 
weissen  Mehlsaft  der  so  scharf  ist,  dass  der  kleinste  Tropfen  fast  ohne 
Rettung  das  Augenlicht  zerstört.  Derselbe  gerinnt  alsbald  an  der  Luft,  im 
Wasser,  und  in  starkem  Rum  zu  einem  weisslichen,  undurchsichtigen,  porösen, 
geruchlosen,  auf  Wasser  schwimmenden,  mit  röthlicher  Flamme  brennenden 
Harze.  Die  Neger  im  Binnenlande  waschen  mit  einer  Abkochung  Geschwüre 
des  Zahnfleisches.  Hie  und  da  wird  die  zerquetschte  Pflanze  ins  Wasser 
geworfen  um  die  Fische  zu  betäuben ;  kleine  Fische  sterben  an  dieser  Ver- 
giftung.    Selten  werden  aus  dem  Stamme  Negertrommeln  angefertigt. 


ThouniiiR's  botanisch  etliiioj^^ruiiiiische  Notizen  aus  Guinea.  •2i')\ 

134.  Phillautlnas  Niruri  \j.  i).  delnH'i  (Willd.)  Müll.  Arg.  (DC.  P.  XV. 
II.  407.  1\  amarits  Schum.  S.  IV.  1<.)5)  Ainiuxhxdi.  Die  Blätter  haben, 
besonders  getrocknet,  einen  zusanunenzielienden,  sehr  bittern  Geschmack. 
Besonders  ist  dies  bei  krautartigen  Exemplaren  der  Fall,  welche  unsere 
Menijanthes  tnfoUata  L.  bei  Weitem  übertreffen  und  mit  Branntwein  einen 
vortrefflichen  Bittern  geben.  Die  Neger  gebrauchen  die  Abkochung  des 
Krautes  in  Pijtfo  gegen  Fieber  und  Magenschmerzen.  Auch  gegen  Ilaut- 
und  Bauch- Wassersucht  hat  Thonning  die  Pilanze  mit  Erfolg  anwenden 
sehen,  wobei  der  ganze  Körper  mit  dem  zerriebenen  Kraute  eingerieben  und 
innerlich  eine  Abkochung  genommen  wird. 

135.  Securinega  ohomta  (Willd.)  Müll. -Arg.  (DC.  P.  XV.  II.  449. 
niyllnnthm  angulatas  Schum.  S.  IV.   189).   Lomo-Tjo. 

VMS.  Manihot  utüüsima  Pohl.  (DC.  P.  XV.  II.  1004.  Janlpha  Manihot 
Willd.  S.  IV.   188.)     Wird  cultivirt. 

Moraceae. 

137.  Ficus  unibellata  Vahl.  (Miquel  Ann.  Mus.  Lugd.  Bat.  III.  2S8. 
Nr.  111.  S.  III.  45.)  Wächst  sehr  rasch  und  spendet  dichten  Schatten,  und 
wird  desshalb  allgemein  in  den  Negerstädten  an  den  Hauptstrassen  und  auf 
den  Märkten  gepflanzt. 

138.  F.  lutea  Vahl.  (Miq.  1.  c.  Nr.  114.  S.  III.  45.)  Wird  cultivirt. 
[Bei  dieser  Pflanze  beging  der  verstorbene  Miquel  das  spasshat'te  Versehn, 
das  dänische  Wort  „Dyrkes"  (wird  cultivirt)  für  einen  Ortsnamen  in  Guinea 
zu  halten.  A.| 

139.  F.  calyptmta  Vahl.  (Miq.  1.  c.  Nr.  121.  S.  III.  47.)  Apata.  Die 
Frucht  wird  von  den  Eingeborenen  gegessen. 

140.  F.  ovata  Vahl  (Miq.  1.  c.  Nr.  133.  S.  III.  46.)  Ninndu-Tjo. 

Fiperaceae. 

141.  Piper  gaineense  Thonn.  (DG.  P.  XVI.  I.  343.  S.  lU.  39.)  Dojoi^. 
Aschanti- Pfeffer  der  Europäer.  Die  Frucht  ist  ein  schlechtes  Surrogat 
des  schwarzen  Pfeffers,  da  sie  eine  unangenehme  Bitterkeit  besitzt,  welche 
um  so  widerlicher  ist,  je  frischer  die  Frucht  ist. 

Balanophoraceae. 

142.  Thonningia  sanguinea  Vahl.  (DC.  P.  XVII.  142.  S.  IV.  205.) 
Die  Abkochung  dieser  Pflanze  braucht  man,  um  venerische  Geschwüre,  be- 
sonders von  Haut-Ausschlägen,  auszuwaschen.  Man  benutzt  dieselbe  auch, 
um  die  Farbe  der  rothen  Schwanzfedern  der  Papageien  zu  erhöhen^;  zu 
diesem  Zwecke  reisst  man  die  alten  Federn  aus  und  reibt  die  wunde  Stelle 
mit  der  feingeriebenen  PHanze  ein.  Diese  Federn  werden  viel  als  Putz 
verwendet  und  ihr  Werth  richtet  sich  nach  ihrer  Farbe.  [Diese  bisher  in 
den  botanischen  Museen  sehr  seltene  Pilanze  wurde  von  Soyaux  an  der 
Loango- Küste  reichlich  gesammelt.  A.] 


252  P-  Ascherson: 


Palmae. 


143.  Borassvü  flabelliformis  L.  (S.  IV.  217.  B.  Aethioputn  Mart.  K.  E. 
III.  223.)  VJi/a-Tjo.  Der  Stamm  giebt  die  besten  und  dauerhaftesten  Balken, 
die  indess  nicht  überall  anwendbar  sind,  da  sie  ziemlich  kurz  ausfallen  und 
keine  symmetrische  Gestalt  annehmen.  Ein  Stamm  wird  der  Länge  nach 
in  4  Theile  gespalten,  und  die  innere  fasrige  Substanz  entfernt.  Schade,  dass 
die  nöthigen  Geräthschaften  zum  Fällen,  Spalten  und  Transportiren  derartige 
Balken  ebenso  theuer  machen,  als  solche  aus  Europti.  Der  junge  Keim 
wird,  sobald  er  aus  der  Erde  hervortritt,  gekocht  und  gegessen;  ebenso 
dient  die  Frucht  roh  und  gekocht  zur  Nahrung;  besonders  waschen  die 
Neger  den  grützeartigen  Fruchtbrei  aus  und  kochen  ihn  mit  gerösteten  fein- 
geriebenem  Mais  zusammen.  Die  gallertartigen  Kerne  der  unreifen  Frucht 
werden  begierig  gegessen  und  gelten  als  sehr  nahrhaft  sowie  als  Aphrodi- 
siacum.  Von  den  Blättern  werden  Fliegenwedel,  Matten,  Säcke  etc.  ge- 
macht. [Im  Sudan -Arabischen  heisst  diese  Palme  Deleb  und  ist  in  die 
afrikanische  Reise -Literatur  allgemein  unter  diesem  Namen,  im  tropischen 
Asien  als  Falmyra-VdXme  (Corruptel  des  portogiesischen  Wortes  palmeira, 
Palme;  hat  also  mit  der  syrischen  Wüstenstadt  nichts  zu  thun)  bekannt.  Ueber 
den  einem  Europäer  wenig  lohnend  erscheinenden  Genuss  der  Frucht  und 
die  Benutzung  der  Keimpflanze  (die  bei  dieser  Palme  stets  zu  2  —  3  vor- 
handenen Samen  werden  zu  diesem  Behufe  von  den  Bewohnern  des  Sudan 
ausgesät)  vgl,  Barth,  Reisen  IL  511,  512.  Diese  Palme  wird  in  Indien 
nicht  nur  zu  allen  oben  erwähnten  Zwecken  (auch  der  Genuss  der  Kdingu 
genannten  Keimpflanzen  ist  allgemein  gebräuchlich)  sondern  auch  noch  auf 
mannigfaltige  andere  Weise  benutzt;  z.  B.  zu  Palmwein  (Toch/ij),  die  Blätter 
als  Schreibmaterial  etc.  Ein  tamulisches  Gedicht,  Tala-Vilasam  betitelt, 
zählt  801  verschiedene  Zwecke  auf,  zu  denen  die  Palmyra- Palme  benutzt 
werden  kann.  Vgl.  Seemann,  Die  Palmen,  deutsch  bearb,  von  C  Bolle, 
S.  74  ff.  A.] 

144.  Hyphaene  guineensis  Schum.  (K.  E,  III.  227  (sub  //.  thebaica) 
S.  IV.  219.  Songu-Tjo. 

145.  Phoetiix  sp'mosa  Schum.  K,  E.  III.  256.  S.  IV.  211.  Akoteno.  Un- 
echte oder  süsse  Weinpalme  der  Europäer.  Der  Saft  dieser  Palme  liefert 
einen  weit  süsseren,  aber  weniger  starken  Wein  als  der  der  wahren  Wein- 
palme {Elaeis  guineensis  Jacq.);  doch  wo  man  diese  nicht  haben  kann, 
nimmt  man  mit  der  unechten  vorlieb.  Man  zapft  den  Saft  auf  folgende 
Art  ab:  Wenn  der  Baum  mannshoch  oder  etwas  darüber  geworden  ist, 
werden  die  Blätter  dicht  am  Stamm  abgeschnitten;  etwa  8  Tage  später 
schneidet  man  die  Stammspitze  ab,  und  leitet  den  ausfliessenden  Saft  durch 
eine  krumme  Röhre  in  eine  an  den  Stamm  festgebundene  Flasche  oder 
Kalabasse.  Die  Schnittfläche  muss  täglich  erneuert  werden,  weil  die  alte 
austrocknet  und  nichts  mehr  ausfliessen  lässt.     Wenn    der  Baum   von  selbst 


Thonning's  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Guinea.  253 

keinen  Saft  nielir  liefert,  wird  unten  um  den  Stamm  Feuer  angezündet, 
welches  den  letzten  Saft  nach  oben  treibt  und  den  Baum  vollständig  er- 
schöpft. Die  Neger  am  Rio  Volta  leiden  oft  an  nicht  selten  sehr  grossen 
Wasserbrüchen  (Hydrocele);  man  schreibt  diese  Krankheit  diesem  Getränk 
zu;  sollte  aber  nicht  die  niedrige  und  feuchte  Lage  des  einen  Theil  des 
Jahres  überschwemmten  Ijandes,  sowie  das  unmässige  Pijffo -Trinken  (manclie 
Neger  können  täglich  Hi —  24  Pot  zu  sich  nehmen)  ebensoviel  Schuld  haben? 
Aus  den  jungen  Blättern  werden  ziemlich  starke  Schnüre  geflochten.  Die 
Frucht  hat  sehr  wenig  süsslich  schmeckendes  Fleisch;  sie  wird  Amitjolobi 
genannt. 

14(j.  Elueis  guineensia  Jacq.  (K.  E.  III.  279.  S.  IV.  213.  Taehn-Tjo. 
Die  Ot'lpalmc  wird  wegen  ihres  grossen  Nutzens  angebaut,  kommt  aber 
auch  wild  vor.  Fast  kein  Theil  der  Palme  bleibt  unverwendet.  Die  reifen 
Früchte  werden  gesammelt  und  lässt  man  sie  so  lange  liegen,  bis  sie  anfangen 
zu  faulen.  Alsdann  stampft  man  sie  in  einer  kleinen,  in  der  Mitte  etwas 
tiefereu,  mit  flachen  Steinen  ausgelegten  Grube  unter  öfterem  Zugiessen  von 
warmem  Wasser,  so  lange  mit  Holzkeulen,  bis  die  fleischige  Fruchthülle 
sich  völlig  von  den  Steinkernen  getrennt  hat.  Hierbei  sammelt  sich  schon 
ein  Theil  des  Oels  in  der  Mitte  der  Grube;  der  übrig  bleibende  Teig  wird 
noch  mit  den  Händen  tüchtig  ausgequetscht  und  zuletzt  noch  eine  weitere 
Quantität  Oel  durch  Auskochen  gewonnen.  Auf  Poppo  vorfertigt  man  aus 
den  Kernen  ein  Oel,  welches  nur  zu  Lampen  gebraucht  wird;  in  Aquapim 
brennt  mau  sie  zu  Asche,  aus  der  Lauge  zur  Seifenbereitung  (mit  Palmöl) 
verfertigt  wird.  Aus  den  Blättern  werden  Matten  zum  Dachdeckeu  und  /ur 
Einhogung  von  Häusern  und  Gehöften  geflochten.  Ein  solches  Dach  ist 
fester  aber  nicht  so  dauerhaft  als  ein  gewöhnliches  StroLdach.  Die  Wolle 
am  Grunde  der  Blattstiele  wird  mit  Pulver  gemischt  als  Zunder  verwendet, 
der  Aso><o  heisst.  Zur  Weinbereitung  haut  man  von  einer  6 —  10  Jahr  alten 
Palme  die  Blattstiele  ab  und  lässt  den  ausgegrabenen  Baum  4  Wochen  lang 
auf  dem  Boden  liegen.  Hierauf  schneidet  man  in  der  Mitte  des  Stammes 
auf  der  oben  liegenden  Seite  ein  viereckiges  Loch,  welcher  in  seiner  Mitte 
etwas  tiefer  geht.  Um  dem  an  beiden  Enden  hervorquellenden  Safte  Ab- 
fluss  zu  verschaß"en ,  bohrt  man  ein  Loch  in  den  Stamm,  und  befestigt  eine 
Röhre  darin,  unter  welche  ein  Topf  gesetzt  wird.  Die  ganze  Oefiiiung  muss 
täglich  ausgebrannt  und  frisch  angeschnitten,  sowie  durch  darüber  gelegte 
Palmblätter  gegen  Sonne  und  Staub  geschützt  werden.  Der  zuerst  aus- 
fliessende Wein  ist  am  süssesten,  soll  aber  I)iarrhoe  hervorrufen;  man  be- 
reitet auch  Essig  aus  demselben.  Der  folgende  erhält  einen  höhern  Alkohol- 
gehalt, der  zuletzt  auf  diese  Weise  gewonnene  Wein  (diese  Bereitung  kann 
(i  Wochen  fortgesetzt  werden)  ist  säuerlich  und  schlecht.  Nach  einiger 
Zeit  ünden  sich  in  dem  Loche  grosse,  dicke,  weisse  hisektenlarven  {Akon- 
kroiHi)  ein,  (li(>  lu'gierig  von  den  Negern  gegessen  werden;  desgleichen  ein 
in     augezapften  Palmen    häutiger  Rüsselkäfer   {tvrculio  sp.,  iSamuüju).     Der 


254  P-  Ascherson: 

Palmmost  beginnt  sofort  beim  Ausfliessen  zu  gähren  und  wird  sehr  bald 
alkoholhaltig  und  darauf  säuerlich;  er  moussirt  wie  Selterwasser  oder 
Champagner. 

Typhaceae. 

147.  Typha  a7if/nstifolia  i^  australis  (Schum.)  Rohrb.  (Verhandl.  bot. 
Ver.  in  Brandeub.   1SG9.  83.  Typlia  caistralis  Schum.  S.  IV.  175.)   Käsdmae. 

Araceae. 

148.  fJolorasia  esmdenta  (L.)  Schott.  (K.  E.  III.  37.  Caladinm  esndentuni 
Veut.  S.  IV.  182.)     V^ird  cultivirt. 

Zingiheraceae. 

149.  Zingibcr  nfficinaJe  Rose.  (^Amomwn  Zingiher  L.  S.  IV.  169.)  Wird 
cultivirt. 

150.  Ainomum  Mebyueta  Rose.  {A.  Granvm  purudixi  S.  IV.  170.)  Die 
Samen  werden  von  den  Eingeborenen  vielfach  zu  Speisen  und  als  Arznei 
gebraucht.  [Die  Samen  sind  die  bekannten  Paradieskörner,  welchen  der 
Name  Malagetta  -  Pfeffer  vorzugsweise  angehört.  A.] 

151.  Cvrcuma  longa  Willd.  (S.  IV.  171.)     W^ird  cultivirt. 

Orchidaceae. 

152.  Eidophia  articidota  (Schum.)  Lindl.  (Lindl.  Gen.  and  Sp.  of  Orch. 
Plauts   181)  Limodorum  articulaktm  Schum.  S.  IV.  173.  Jangkosno. 

Amaryllidaceae. 

153.  Crinvm  spec.  (Zu  dieser  Gattung  zieht  Ben tham  (Ilook.  Niger  Fl. 
p.  535)  AmarijUis  trigona  Thonn.  S.  III.  190.)  Die  Zwiebel  wirkt  blasen- 
ziehend. 

154.  Haemanthus  multißorus  Mart.  et  Nodd.  (K.  E.  V.  587.  Hierher 
zieht  Bentham  (in  Hooker's  Niger  Flora  p.  535.  mit  grosser  Wahrscheinlich- 
keit //.  cruentaüis  Schum    S.  III.  188.)  Mika  oder  Maej. 

Dioscoreaceae, 

155.  Dioscorea  sativa  L.  (K.  E.  V.  340.  S.  IV.  221.)  und 

156.  D.  alata  L.  (K.  E.  V.  387,  S.  IV.  221.)  werden  cultivirt. 

Liliaceae. 

157.  AlUum  guineense  Thonn.  (S.  III.  191.  Fehlt  auch  in  der  neuesten 
Monographie  dieser  Gattung  von  Regel  in  Arbeiten  des  Bot.  Gartens  zu 
Petersb.  1875.)  Sabullä.  Wird  am  meisten  von  den  Gab -Negern  cultivirt. 
Die  Zwiebel  ist  ebenso  gut  wie  Schalotten,  nur  etwas  kleiner  aber  feiner. 

158.  Aloe  obiicura  Mill.  (K.  E.  IV.  526.  A.  picta  Thunb.   S.  III.    196.) 


Thonning's  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Guinea.  255 

Ähablobae  oder  Asahlobae.  Die  Blätter  enthalten  einen  klaren,  gelblichen, 
schleimigen  Saft,  der  sich  in  Wasser  ohne  Trübung  auflöst.  Wenn  diese 
Lösung  der  Luft  ausgesetzt  bleibt,  färbt  diese  sich  mit  der  Zeit  immer 
stärker  dunkelrotli.  Die  Neger  legen  die  zerquetschten  Blätter  auf  alte 
Fussgeschwüre,  welche  sie  auch  mit  einer  Abkochung  derselben  waschen. 
In  der  Wassersucht  wird  diese  Abkochung  als  Abführmittel  gebraucht.  [In 
den  aegyptischen  Oasen  wird  die  dort  öfter  in  Gärten  und  auf  Gräbern 
angepflanzte  A.  viilgaris  Lmk.  (A.  harhadensia  Mill.  K.  E.  IV.  521.)  in  der- 
selben Weise  wie  von  unserem  Volke  bei  Verbrennungen  angewendet.  Es 
scheint  also  diese  Benutzung  mit  der  Pflanze  in  Europa  eingeführt  zu 
sein.  A.] 

159.  Sanseviera  guineensis  Willd.  (K.  E.  V.  l(i.  S.  III.  194.)  Bla.  Die 
Fischer  sammeln  die  Blätter  und  trennen  durch  Maceriren  in  Wasser  und 
Klopfen  die  faserige  von  der  fleischigen  Substanz  derselben;  die  erstere 
stellt  einen  recht  guten  Hanf  dar,  woraus  sie  die  gröberen  Leinen  ihrer 
Netze  verfertigen.  Adanson  erwähnt  dieselbe  Benutzung  der  Pflanze  am 
Senegal.  [Auch  in  den  oberen  Nilländern  dient  diese  Pflanze  nach  Schwein- 
furth  zur  Anfertigung  von  Stricken,  die  aber  wenig  haltbar  sind.  A.]  In 
derselben  Weise  erhalten  die  Neger  aus  den  Blättern  der  Ananas  einen 
ziemlich  feinen  und  langen,  aber  rauhen  Flachs,  woraus  sie  ihr  Garn  zu 
Fischernetzen,  Fäden  zum  Nähen  etc.  verfertigen.  Es  giebt  noch  eine  dritte 
Pflanze,  welche  eine  den  gewöhnlichen  Hanf  an  Stärke  weit  übertreöende 
Faser  liefert;  dieselbe  ist  eine  halbkrautartige  gegliederte  Schhngpflanze. 
Die  Faser  besteht  eigentlich  aus  dem  Splint,  welcher  mit  den  Fingern  ausge- 
schält wird  und  nicht  länger  ist  als  die  Glieder  der  Pflanze. 

Gramina. 

IGO.  Onjza  sativa  L.  (K.  E.  I.  7.  S.  III.  201.)     Wird  cultivirt. 

161.  Zea  Mays  L.  (K.  E.  L  S.  IV.  170.)     Wird  cultivirt. 

162.  Sacc/iarirm  ojjicinaruin  L.  (K.  E.  I.  474.  S.  HI.  67.)  und 

163.  6'.  punctatuin  Schum.  (S.  HL  ^^.)  werden  zur  Zuckergewinnung 
cultivirt. 

164.  Andropogon  tectorum  Schum.  (S.  HI.  69.)  Das  gemeinste  Gras, 
welches  alle  Fluren  vom  Strande  bis  auf  die  Höhe  der  Berge  bedeckt.  Wird 
als  Dachstroh  benutzt.  In  der  Nähe  des  Rio  Volta  verfertigt  man  davon 
eine  Art  Matten  zum  Einzäunen  der  Gehöfte. 

165.  Sorghum  vulgare  Pers.  {Andropogon  Sorghum  Brot.  K.  E.  50L  S.  III. 

77.)  und 

166.  S.  saccharatum  (L.)  Pers.  {Andropogon  s.  Roxb.  K.  E.  I.  r)()2. 
S.  HI.   77.)  werdeil  cultivirt. 


Alphabetisches  Verzelchniss 
der  afrikanischen  Pflanzennamen  und  einiger  anderer  afrikanischer  Worte. 


Abada  (üvaria  Chamae  P.  B.)  S.  233  Nr.  4. 
Abami-Tjo  1  (Olausena  anisata  Hook,  f.) 

Abami-aulage-Tjo  j     S.  237.  Nr.  31. 
Abaumba  (Capparis  erythrocarpa  Isert,  Frucht.) 

S.  234  Nr.  11. 
Abloge    (Lactuca   taraxacifolia   Willd.)   S.   244 

Nr.  88. 
Aboa  (Gesichtsgeschvvulst)  S.  237  Nr.  31. 
Abontä    (Strychnos   scaudens  Scbum ';    S.  245 

Nr.  96. 
Adodomi  (Spondias  lutea  L.)  S.  239  Nr.  45. 
Aflaximbe     (Carissa    dulcis    Schum..     Frucht) 

S.  245  Nr.  93. 
Agingeli  (üvaria  cordata  Schum.)  S.  233  Nr  3, 
Ahablobae  (Aloe  picta  Thunb.)  S.  254  Nr.  158. 
Ahaemete  (Milletia  sp.)  S.  240  Nr.  50. 
Ajilebi  (Capparis  reflexa  Thonn.)  S.  234  Nr.  10. 
Akassi  (Lonchocarpus  cyanescens  Benth.)  S.  241 
Nr.  63. 
Akokobessa   (Carissa  dulcis   Schum.,    Wurzel) 

S.  245  N.  93. 
Akonkroug  (Insecteularven)  S.  253  Nr.   146. 
Akoteuo  (Pboeuixspinosa  Schum.)  S.252  Nr.  145. 
Alipoma-Kripel  (Desmodium  mauritiaiium  DC.) 

S    240  Nr.  52. 
Amagomi  (Flacourtia  flavescens  Willd.  S.  234 

Nr.  13. 

/  (Canavalia  obtusifolia  DC.)  S.  21(1 

Amba-Pang  j     ^'"-  ^^• 

1(Ipomoea  Pes  caprae  Sweet)  S.  246 
Nr.  99. 
Amitjoldbi   (Phoenix  spinosa  Schum.,   Frucht) 

S.  253  Nr.   145. 
Amotobi(Physalis  LiiikiauaNees)  S.247  Nr.  108. 
Amuma  (Kugenia  coronata  Vahl)  S.  242  Nr.  72. 
Anmaiium-Ba  (Vitis  'l'hoimingii  Baker)  S    238 

Nr.  38. 
Apatä  (Ficus  calyptrata  Vahl)  8.  251   Nr.  130. 
Aquing  (Voaiidzeia  .subterrauea   Du  Pet.  Tli.) 

S.  -.'41  Nr  58. 
Asabiobae  (Aloö  picta  Thunb.)  S.  254  Nr.  158. 
Asiautt-  -  Kitteva     (Uibiscus    Abelmoschus     L.) 

S.  235  Nr.  17. 


Asi  -  Gremi  (Grewia  carpinifolia  Vahl)    S.  236 

Nr.  24. 
Asogagaplae     (Solauum     auomalum     Thonn.) 

S    246  Nr.  103. 
Asoso    (Zunder  aus  der  Blattwolle  von  Elaeis 

guineensis  Jacq.)  S.  253  Nr.  146. 
Atja-Tjo  (Blighia  sapida  Kün  )  S.  238  Nr.  43. 
Ati-Odoi  (Gelbsucht)  S.  249  Nr.  124. 
Atropo  (Solanum  Thonningianum  Jacq.  Frucht) 

S.  246  Nr.  106. 
Atropo-Ba    (Solanum     dasyphyllum     Schum.) 

S.  246  Nr.  104. 
Aumodoati     (Phyllanthus    Niruri    var.    debilis 

Müll.  Arg.)  S.  250  Nr.   134. 
Aumbae    (Diospyrus    tricolor    Hiern.)    S.  245 

Nr.  91. 
Azara-Tjo  (Oncoba  spinosa  F.)  S.  234  Nr.  12. 
Badimanoplä     (Deinbollia     pinnata     Schum.) 

S.  239  Nr.  44 
Räsissa  (Cassia  occidentalis  L.)  S.  241  Nr.  66. 
Beseri    (Dichrostachys  nutans   Benth.  Frucht) 

S.  242  Nr.  69. 
Blafo  (Tribulus  terrester  L.)  S.  236  Nr.  29. 
Bläfo -Atropo  (Solanum  edule  Scbum.)   S.  246 

Nr.  107. 
Blafo-Koae    (Ocimum    Basilicum    L.)-  S.    249 

Nr.   1-^3. 
Bhi  (Sauseviera  guineensis  Willd.)  S.  255  Nr.  159. 
Bläbä-Fye   (Asystasia  quaterna  Nees)    S.  247 

Nj.  116. 
Boj  -  tegi  -  Tjo    (Morinda  citrifolia   L.)    S.  244 

Nr.  83. 
Rubylä-Najrie  (Sarcocephalus  esculentus   Afz.) 

S.  243  Nr.  79. 
Demi-Tjo  (Caesalpinia  Bonducella  Roxb.)  S.  241 

Nr.  65. 
Dendrae    (Solauum   noditlorum  Jacq.)    S.   246 

Nr.  101. 
Dojvie  (Piper  guineense  Thonn.)  S.  251  Nr.  141. 
Eduasudcia    (Loranthus    Tiionningii    Schiuu.) 

S.  250  Nr.  132. 
Eukafo    (Leptadenia   gracilis    Dciie.?)    S.    245 

JSr.  U5. 


Thonning's  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Guinea. 


257 


Engkatje  (Arachis  hypogaea  L.)  S.  240  Nr.  51. 
Fankvau  (Gericht   aus  Atropa-Frucht)  S.  246 

Nr  107. 
Fjong  (Vitex  cuneata  Thonn)  S.  248  Nr.  120. 
Fufuba(Walthena  americana  L.)  S.  236  Nr.  23. 
Gaegaenae    (Pterocarpus    esculentus    Schum.) 

S.  241  Nr.  61. 
Guba  (Scaevola  Lobelia  L.)  S.  244  Nr.  89. 
Uah-Tjo  (Xanthoxylon  senegalense  DC.)  S.  236 

Nr.  30. 
llallasjajo  (Blumea  aurita  DC.)  S.  244  Nr.  86. 
Iinbebi   (Sesuvium   Portulacastrum  L  )  S.  243 

Nr.  78. 
Jangkosno  (Eulophia  articulata  Lincll.)  S.  254 

Nr.  152. 
Jangkumaetri    (Jasuiinum    dichotomum    Vahl) 

S.  245  Nr.  92. 
Jan-j'na  (Momordica  Charantia  L  )  S.  243  Nr.  74. 
Jo  (Vigna  sinensis  Endl.)  S.  240  Nr.  57. 
Joj-Tjo  (Dialium  guineense  Willd.)  S.  242  Nr.  67. 
Jubbe-Jubbe  (Voandzeia  subterranea  Du  Pet. 

Th.)  S.  241  Nr.  58. 
Jumo-sä(Cordiaguineeusis  Thonn.)  S.  247  Nr.  109. 
Kah-Ba  (Daemia  angolensis  Dcne.)  S.  245  Nr.  94. 
Kahn-Tjo  (Dichrostachys  nutans  Benth.)  S.  242 

Nr.  69. 
Keriro  (Coleus  africanus  Benth.)  S.  250  Nr.  126. 
Kinä-Tjo   (Mitragyne  africana  Korth )  S.  243 

Nr.  80. 
Kjaelae  (Cola  acuminata  R.  Br.)  S.  236  Nr.  22. 
KIovake(IjJomoeaovalil'oliaChois.)S.246Nr.  100. 
Koae  (Oeimum  canum  Öiuis)  S.  249  Nr.  122. 
Koiaa-Fye  (Corchoms  sp.)  S.  236  Nr.  26,  27. 
Koi-Tjo  (Pavetta  Baconia  Hiern.)  S.  244  Nr.  82. 
Koklo-Tjo   (Citrus   paniculata  Schum.)  S.  237 

Nr.  32. 
KoUy-Tjo    (Psychotria  KoUy  Schum.)   S.  244 

Nr.  84. 
Koo-Pang  (Modecca  lobata  Jacq.)  S.  242  Nr.  73. 
Kva  -  Fye     (Solanum    Thonningianum     Jacq.) 

S.  246  Nr.   106. 
Kasamae     (Typha     angustifolia    ß.    australis 

Rohrb.)  S.  254  Nr.  147. 
Lablaku  (Lonchocarpus    sericeus   H.  B.    Kth.) 

S.  241  Nr.  62. 
Laedjo-Tjo  (Acacia  glabcrrima  Benth.)   S.  242 

Nr.  70. 
Lalaba    (Stachytarpheta   indica  Vahl)    S.  248 

Nr.  117. 
Lavasa  (Ehretia  cymosa Thonn.)  S.  247  Nr.  110. 
Loeloa-Pang  (Batatas  panniculata  Chois.)  S.  245 

Nr.  97. 
Lomo-Tjo    (Securinega    obovata    Müll.    Arg.) 

S.  251  N.  135. 

Zeitschrift  für  Ethnologie.    Jahrfc.  1879. 


Maej  (Haemanthus  multiflorus  Mart.  et  Nodd.) 

S.  254  Nr.   154. 
Mah-Tjo   (Conocarpus    erectus    Jacq.)    S.  242 

Nr.  71. 
Mem'    lemete    (Pupalia     mollis    Moq.     Tand.) 

S.  250  Nr.  129. 
Me-Tjo  (Ximenia  americana  L.)  S.  237  Nr.  35. 
Miha  (Haemanthus  multiflorus  Mart.  et  Nodd.) 

S.  254  Nr.  154. 
Molaque  (Arachis  hypogaea  L.)  S.  240  Nr.  51. 
Muteku    (Avicennia   africana    P.    ß.)     S.    248 

Nr.  121. 
Maja  (Amarantus  polystachyus  Willd.)   S.  250 

Nr.  128. 
Naba  -  Tjoelu     (Erythrina     senegalensis    DG.) 

S.  240  Nr.  5;^. 
Näbä-di   (Spathodea    adenantha  Don.)    S.   247 

Nr.  112. 
Najvie  (Anona  senegalensis  Pers.)  S.  233  Nr.  1. 
Nanni-Adumatre  (Cucumis  Melo  L.  var.)  S.  243 

Nr.  75. 
Nanni-Jo    (Rhynchosia   caribaea  DC.)   S.  241 

Nr.  59. 
Nanni  -  Kumi     (Lantana    antidotalis    Schum.) 

S.  248  Nr.  118. 
Nduli  -  Nduli     (Vernonia    senegalensis     Less.) 

S.  244  Nr.  85. 
Ninndu-Tjo  (Ficus  ovata  Vahl)  S.  251  Nr.  140. 
Obosso  -  Tjo      (Premna     quadrifolia     Schum.) 

S.  248  Nr.   119. 
Odiboi  (Eclipta  alba  Hassk.)  S.  244  Nr.  87. 
Odum  -  Tjo    (Eriodendron   anfractuosum    DC.) 

S.  235  Nr.  21. 
Ohoa-Tjo  (Drepanocarpus  lunatus  G.  F.  W.  Mey.) 

S.  241  Nr.  60. 
Onjai  -  Tjo    (Eriodendron    anfractuosum    DC.) 

S.  235  Nr.  21. 
Osisiu  (Spathodea  campanulata  P.  B.)  S.  247 

Nr.   111. 
Otjobibomo     (Capparis     Thonningii     Schum.) 

S.  234  Nr.  9. 
Ototrömi    (Chailletia    toxicaria    Don.)    S.   237 

Nr.  34. 
Otru  (Sesamopteris  sp.)   S.  247   Nr.  113,  114. 
Paettaeplae  -  Bi     (Gardenia     Thunbergia     L.) 

S.  244  Nr.  81. 
Pepraemaese  (Tetrapleura  Thonningii    Benth) 

S.  242  Nr.  68. 
Peti-Peti  (Capparis  sp )  8.  234  Nr.  8,  11. 

I(Byrsocarpus  coccineus   Schum.) 
S.  239  Nr.  46. 
\  (Salacia    africana    DC.)     S.    238 
I       Nr.  36. 
Pytto    (Negerbier)    S.    235    Nr.    13,    S.    242 

18 


258 


P.  Ascherson:    Thonning's  botanisch-ethnographische  Notizen  aus  Guinea. 


Nr.    66,    S.    246   Nr.  97,    S.   251  Nr.    134, 

S.  253  Nr.  145. 
Sablabe  (Cardiospermum  sp.)  S.  238  Nr.  39,  40. 
Sabulla    (Alliura    giiineense    Thonn.)    S.    254 

Nr.  157. 
Sahatte-y-alla(LeptadeniagracilisDcne.)  S.  245 

Nr.  95. 
Samudju  (Curculio  sp.)  S.  253  Nr.  146. 
Samangkama  (Alternanthera  Achyrantha  R.  Br.) 

S.  250  Nr.  130. 
Sebae  (Solanum  geminifoliam  Thonn.)  S.  246 

Nr.  105. 
Sia  -  Pang     (Rhynchocarpa    foetida      Schrad.) 

S.  243  Nr.  76. 

(Byrsocarpus  coccineus   Scham. 
Sio-Tahmi  )       F™cht)  S.  239  Nr.  46. 

(Erythroxylon  emarginatum  Th ) 
S.  236  Nr.  28. 
Sirsa    (Wohl    auch     Sissa,     Todtengespenst.) 

S.  249  Nr.  124. 
Sirsa-Imum  1  (Hibisous     surattensis    L.     und 
Sissa-Imune  J  H.cannabinusL.)  S.  235  Nr.  14,15. 
Sissa  -  Koae     (Orthosiphon    glabratus    Benth.) 

S.  249  Nr.  125. 
Sissa -Sussoa    (Solanum    anomalum    Thonn.) 

S.  246  Nr.   103. 
Sjadjo-Tjo  (Adansonia  digitata  L.)  S.  235  Nr.  20. 
Sjä-Blä  (Scoparia  dulcis  L)    S.  247    Nr.  115. 
Songu  -  Tjo     (Hyphaene    guineensis    Schum.) 

S.  252  Nr.  144. 


Sussoa   (Solanum    distichum   Schum.)    S.   246 

Nr    102. 
Sylu  (Ocimum  viride  Willd.)   S.  249  Nr.  124. 
Tadadua   (Schmidelia  sp.)    S.  238  Nr.  41,  42. 
Taehn-Tjo    (Elaeis    guineensis   Jacq.)    S.   253 

Nr.  146. 
Taeta  -  Fye    (Gynandropsis    pentaphylla    DC  ) 

S.  234  Nr.  7. 
Taetjoe  -  Pang    (Mucuna    urens    DG )    S.    240 

Nr.  54. 
Taetremande  (Nymphaea  sp )  S.  234  Nr.  5,  6. 
Tahmi    (Sideroxylon    dulcificum    Alph.     DC.) 

S.  244  Nr.  90. 
(  (Millet 
j       Nr. 

1   (Vernonia  senegalensis  Less.)  S.  244 
l       Nr.  85. 
Tenjo-Tjo  (Euphorbia  drupifera  Thonn.)  S.  250 

Nr.  133. 
Tjalala  (Boerhaavia  ascendens  Willd.)   S.  250 

Nr.   J31. 
Toube    (Triiimfetta   rhomboidea  Jacq.)   S.  236 

Nr.  25. 
Vjye-Tjo    (Borassus  flabelliformis  L)    S.   252 

Nr.  143. 
Vuale-Mi  (Caesalpinia  BouducellaRoxb.,  Samen, 

beim     Spiele      Vuale     verwendet)     S     241 

Nr.  65. 
Vula-Fye  (Ipomoea  Clappertonii  R.  Br.)  S.  246 

Nr.  98. 


(Milletia  Thonningii  Baker)   S    240 
Tah-Tjo  I       ^'r-  49. 


Wörtersammlung  des  Kigaiidä  und  Kinyoro. 

Von 

Dr.  Emin  Bey. 

Goiivenieur  der  Aegyptischen  Aequatorial- Provinzen'). 

1878. 

Erläuterungen  zum  Vocabular. 

Die  Wörtersammlung  sowie  die  Phrasen  wurden  zunächst  mit  gütiger 
Hülfe  Mifta  Dallingtons,  Dragomans  für's  Englische,  niedergeschrieben.  Da 
aber  in  vielen  Fällen  sich  Mängel  herausstellten  wurden  die  Worte  Arabern 
vorgelesen,  die  seil  Jahren  der  Uganda -Sprache  des  Kiganda,  mächtig  sind 
und  zum  Uebertlusse  noch  Eingeborene  zur  Feststellung  verwendet.  Soviel 
für  Kiganda.  Da  übrigens  Rev.  Wilson  noch  in  Uganda  ist  und  sich 
mit  Anlage  eines  ausführlichen  Vocabulars  beschäftigt,  dürfen  wir  von 
diesem  ebenso  tüchtigen  als  gründlichen  Forscher  nächstens  Besseres  erwarten, 
als  ich  zu  geben  vermochte. 

Kinyoro  spreche  ich  ziemlich  fliessend  (auch  Kiganda  ziemlich),  konnte 
also  Dragomane  entbehren.    Doch  sind  alle  Worte  wiederholt  geprüft  worden. 

Ich  enthalte  mich  aller  grammatikalischer  Bemerkungen,  selbe  Männern 
vom  Fach  überlassend.  Nur  soviel  will  ich  bemerken,  dass  Kinyoro  jeden- 
falls die  ältere  und  noch  heute  reiner  erhaltene  Sprache  ist,  während  Kiganda 
durch  dauernden  Contuct  mit  Zanzibar  vielfach  modificirt  worden  und  immer 
noch  sich  ändert.  In  Karägua  spricht  man  eine  dem  Kinyoio  sehr  nahe 
verwandte  Sprache,  verschieden  vom  Kiganda:  überhaupt  scheint  Uganda  ein 
Einschiebsel  in  das  ursprüngliche  Kinyoro  sprechende  Gebiet  (ünyoro,  Uddu, 
Karägua,  Färu)  zu  sein. 

Die  Wahüma,  das  bekannte  Hirtenvolk  von  Galla- Abstammung, 
sprechen  unter  sich  eine  eigene  Sprache,  im  öffentlichen  Leben  jedoch  die 
iemalige  Landessprache. 

Lado  13.  Juli  1878.  Dr.  Emin  Effeudi. 

NB.     Für  Kiganda  gilt  als  Regel: 

1.  Adjective  stets  nachgestellt.  1  hre  Vocalisation  richtet  sich  nach  derjenigen 
der  ihnen  voraufgehenden  Substantiv a.  Z.  H.  bingi  viel  (bintu  bingi  viele 
Dinge;    bäntu  bängi  viele  Leute). 

2.  Alle  Infinitive  sind  durch  die  Anfangssilbe  .ku"  gekennzeichnet. 


1)  Wir  verdanken  diesen  werthvollen  Artikel  der  gütigen  Vermittlung  des  Herrn  Dr.  Behm 
in  Gotha.  D.  Red. 

18* 


260 

Dr.  Emin  Bey. 

£igän(la 

Kinyöro 

gürru 

iguru 

Himmel 

kile  (plur.  bile) 

bitjü 

Wolke 

gürru  littu  kudi 

iguru  tukviri 

der  Himmel  ist  unbewölkt 

mujagaa 

mujägga 

Wind 

kisimu 

kisimu 

Wirbelwind 

ndjübba 

issänna 

Sonne 

ndjubba  imude 

issänua  deulkre 

die  Sonne  ist  aufgegangen 

ndjübba  wüdde  buswije 

issanna  duguire 

die  Sonne  ist  untergegangen 

mssänna  guahssi 

l  ^^i^^S^^y  riangri 
i  issanna     j 

der  Mittag  (Sonne)  ist  heiss 

muehsi,  ssuba 

kuehsi 

Mond,  Monat 

muehsi  mudja 

kuehsi  kudjä 

Neumond  (wört.  Mond  neuer) 

munyeiye 

njü  yehsi 

Stern 

luffü 

kjoho 

Nebel 

nkübba 

indjurä 

Regen 

nkiibba  itünja 

indjurä  guire 

es  regnet 

nkübba  ikedde 

indjura  kaire 

der  Regen  hat  aufgehört 

räddu 

inkubbä 

Donner 

mssüiTU 

dumenj 

Thau 

ruuaku,  naku 

ninaku 

Tag  (als  Zeitraum) 

ndjübba 

mssänna 

Tag  (im  Gegensatz  zur  Nacht) 

kiro 

mükero 

Nacht 

nkoko 

münkoko 

Morgen  (Zeit) 

mssänna 

mujängue 

Mittag 

lüagiila 

waigollo 

Zeit  vor  Sonnenuntergang 

kaorigesi 

gorümmai 

Zeit  unmittelbar  nach  Sonnenuntergang 

gulolimum 

Zeit  etwa  2Std.  nach  Sonnenuntergang 

tümbi 

muttümbi 

Mitternacht 

kissikisa 

muirimma 

es  ist  dunkel 

kissigesige 

Dunkelheit  und  Schatten 

muäka  (pl.  miäka) 

muäka  (pl.  miäka) 

Jahr  (zu  5  Monaten  gerechnet!) 

wankübba 

wandjürra 

Regenzeit 

reiro  (leilo) 

erero 

heute 

djö 

iso 

gestern 

luli 

isaeri 

vorgestern 

nkjä 

nkjä 

morgen 

liuibirri 

luäbirri 

übermorgen 

nakumssämvo 

mssänjo 

Woche  (naku Tag,  mssämvo  7;  mssänjo 
die  sieben  Tage) 

buwandji'ibba 

Ost  (wört.  Aufgang  Sonne) 

bugwandjubba 

bugguä 

West  (w.  Untergang  Sonne) 

mpeo 

mpea,  malombe 

Kälte,  kalt,  es  ist  kalt 

ninampeo 

ndenempeo 

mir  ist  kalt 

madsi  gäujo  goka  (gakfuka) 

maesi  gakfukä 

das  Wasser  ist  kalt 

madsi  gakua  kja 

maesi  gäkua  kja 

das  Wasser  ist  warm 

(Wahüma-Öprache) 

kubngümma 

attagättiri 

es  ist  warm 

mbugümma 

utomire 

es  ist  mir  warm 

enssi 

btäkka 

Erdboden 

lussükku 

lussükku 

Bananenpflanzung,  Pflanzung 

kjälo 

kjälo 

Land 

nssikkö 

Wüste,  Steppe 

Wörtersaminlung  des  Kigiinda  und  Kinyöro. 


201 


Kigiliida 

Kinyöro 

ludsi 

kissiba 

Brunnen,  Wasserloch 

lüssosi  (pl.  bssiJsi) 

lussosi,  rossosi 

Berg 

lussenje 

kjea 

Ebene 

niandja,  nyäiiga 

niandja 

Wasserbecken,  See,  Fluss  (selten) 

muggd 

muigga,  kijämbo 

Fluss 

kdgga 

kaggera 

Bach 

kisinga 

kisinga,  uyamesi 

Insel 

madsi 

tuaesi 

Wasser 

mädsi  miirifii 

maesi  gängi 

hohes  Wasser 

madsi  matütio 

maesi  kadcili 

niederes  Wasser 

mädsi  mabugümrai 

maesi  gükua  kjä 

das  Wasser  ist  warm 

muliro 

muro 

Feuer 

mükka 

muika 

Rauch 

liända 

makkala 

Kohle  (glühend  und  kalt),  jHolzkohle 

wü 

nkokke 

Asche 

fesa  (arab    fadda) 

(unbekannt) 

Silber 

ssabu  (viell.  Kisuahili?) 

(unbekannt) 

Gold 

kjikomo 

kikömo 

Kupfer 

namädsi 

muheri 

Messing 

tjüma 

tji'ima 

Eisen 

lissähssi 

lissähssi  (ebenso) 

Blei 

(veriinstaltet  aus  arub.  rossas) 

mssenja 

mssenje 

Sand 

djindja 

kabali 

Stein 

tohssi 

ssabu 

Schlamm 

münju 

münju 

Salz 

ssabuni  (arab.  ssapun) 

ssabün 

Seife 

mtih 

mssäli  (pl.  kissiili) 

Baum 

kutäma  mtih 

kutäma  kissäli 

fällen  Bäume 

lulagalla  (pl.  malagülla) 

dibbiibi 

Blatt 

kjikütta 

kja'i 

Rinde,  Schaale  (Ei) 

leggua  (pl.  maggua) 

e'iva  (pl    mavvä) 

Dorn 

toki  rjengedä 

kitöke  kiri 

die  Banane  ist  reif 

toki  bissi 

kitoke  kibissi 

die  Banane  ist  unreif 

toki  li(')une  nessa 

kitüke  ki'ssi  kai'ri 

die  Banane  ist  faulig 

mssi 

mssi 

Wurzel 

lukkii 

lukkui  (pl.  nkui) 

Holz 

kuassa  lukkii 

kuattia  lukkui 

spalten  Holz 

ssübbi 

ssübbi 

Heu 

kjitoki  (pl.  bitoke) 

kitüke  (pl.  bitoke) 

Bananenbaum 

toki  (pl.  bitiiki) 

kitoke  (pl.  bitoke) 

Bananenfrucht 

mtih.  guä  muanni 

ujymuünui 

Kaffebaum 

muäimi 

muanni 

Kaffe 

kamräli 

kamräli 

rother  Pfeffer  (Capsicum  conicum) 

pasuba 

Baumwolle 

taba 

täba 

Nicotiana  virginiana 

teri  (Wahüraa  Spr.) 

irkäbuc  (altes  Wort) 

Nicotiana  rustica 

muemba 

mogiissa 

Sorghum  vulgare 

bulo 

binta 

Eleusine  coracaua 

kassoli 

bitjoli 

Zea  Mais 

rumoude  (lumöuge) 

biata 

Batalas  edulis 

ndjäggi  (njauja  kisuahili) 

(unbekannt) 

Solanum  Lycopersicum 

2G2 


Dr.  Einin  Pey; 


Kigända 

Kiuyöro 

ntüngo 

makjändi 

Sesamum  Orientale 

binjiievua 

mpändi 

Ärachis  hypogaea 

kjiküdjii                      (klein)] 

bikaidju                       (klein)] 

Swcharum  officinarum 

bidjandaro  (gross),  [mpindi 

unverango    (gross),    [nkoli 

Phaseolus  sp.  diff. 

mtiibba 

mtühma 

Ficus  sp.  diff.  zur  Kleiderstoff  bereitung 

(unbekannt) 

maisia 

Sorghum  saccharatum 

lumänge  usmtih 

lumonge  mkällu 

(nur  Süd-Unguro  und  Miitnge.l) 

Manihot  utilissima  (Kisuahili-.mahogo) 

balliiggu 

birai 

Dioscoraea  alata  (Kisuah:  viasikü) 

makobbe 

makingo 

Dioscoraea  (Helmia)  bulbifera 

ssamije  (gegen  Husten) 

nssorro 

Canavalia  sp. 

matembe 

kitembe 

Musa  Ensete 

ssiti 

burünga 

Abrus  precatorius 

pohtscha 

utögo 

I'haseolus  Mungo 

djüni 

(nur  in  Süd-Unyoro):  dji'mi 

Colocassia  Antiquorum 

betügu 

betügu 

Borassus  Aethiopum 

mssiggo 

megitta 

Butter,  Oel 

müggo 

miggo 

Stock,  vStab 

nsoro  (pl.  bisöro) 

kissolo  (pl.  bissölo) 

Thier 

mbua 

mbuene 

Hund 

mbuä  uogolla 

mbuene  koigolla 

der  Hund  bellt 

mbua  erumä 

mbuene  kumenna 

der  Hund  beisst 

kibbi 

buä 

Schakal 

kappa 

lissusi 

Katze 

nte 

nte 

Kuh 

nte  nummeh 

norami 

Ochse 

ujänna 

njäuna 

Kalb 

imbusi 

mbuli 

Ziege 

imbusi  ja  seddume 

mpanja 

Ziegenbock 

ndigga 

ntamma 

Schaaf 

ndigga  nummeh 

ihrmi 

Widder 

kanakatdmma 

kanakatamma 

Lamm 

ntugga 

ntwiga 

Giraffe 

mbidsi 

mberege 

Phacochoerus  Aeliani 

mbarässl  (kiouahil.?) 

Pferd 

ndoggoi 

nkaina 

Esel 

ntregge 

ntlegge 

Zebra 

ngamirna 

Kameel 

ndjovu 

ngedju 

Elephant 

nküia 

piüko 

Rhinoceros 

mvübbu 

mbirsi 

Hippopotainus 

mporögoma 

ntali 

Löwe 

ngo 

ngtii 

Leopard 

mpissi,  utädja 

mfittili 

Hyäne  (H.  crocuta) 

msse 

mbcbba 

Maus 

massüh 

mssu(''h 

Aulacodus  Swinderianus 

Damlemi 

ndümmi 

Manis  sp. 

ngenge 

ngonee 

Lutra  sp. 

ngäbbi 

ngäbbi 

Tragelaphus  scriptus 

bugga  =  bügga 

mbüggu-mbuggu 

Fledermaus 

ngeje 

ng.'ije 

Colobus  Guereza 

n'kobbe 

n'kobbe 

Pavian  (gross,  röthlich) 

Wörtersammlung  des  Kio^ända  und  Kinyi'iro. 


263 


Kigiiiida 

Kinyöro 

masikki 

kinjabantu(wörtl.  menschen- 

Troglodytes  spec. 

njiinni 

njiinni 

[gleich) 

Vogel 

njiinni  imba 

njiinni  aksiol 

ia 

der  Vogel  singt 

nsegga 

nsegga 

Geier 

tschugiiru 

nssimlissi 

Eule 

nküssu 

tükku 

Psittacus  erythacus 

maja 

lidu 

Strauss 

nkoko  mpänga 

mpanga 

Hahn 

nkoko 

nkoko 

Henne  (auch  für  Halin  gebraucht) 

nkoko  ul(') 

niusst'nje 

Küchlein 

nk<')ko  ik('ikroma 

nkoko  kärra'i 

der  IJahn  kräht 

nkiilTu 

nssüllomi 

Perlhuhn 

kasKuuki 

Pytelia  minima 

katü'i 

utü'i 

Schwali)e 

namgfina 

tjikoua 

Corvus  scapulatus 

gi  (pl-  mäggi) 

maüle 

Ei 

ffönja 

ssambi 

Krokodil 

lügawi 

inkudd 

Schildkröte 

ussuä-ussuä 

kigarra-gärra 

Eidechse 

kikkerä 

kikkerä 

Bufo  pantherinus 

mussotä 

udjiikä 

Schlange 

timba 

nsrjärarje 

Python  africanus 

mussota  gutümhola 

udjoka  akuuwa 

die  Schlange  kriecht 

keniäudja,  ussousi 

inqui 

Fisch 

nabiihbi 

uabühbi 

Spinne 

kankä 

ukängo,  ussüssisi 

Ameise 

niova 

uisvä 

Termite  weisse 

kisvä 

kisvä 

Termitenhügel 

ujenjägidsi 

Cicade 

udji'iki 

udsoki 

Biene 

mobiosi  gua  udjüki 

djüru 

Honig 

nssut'hra 

nssuoLra 

Fliege 

ussirri 

mebbu,  us^iina 

Mosquito 

njämma 

njämma 

Fleisch 

massäwu 

raassädju 

Fels 

mattä 

mattäi 

Milch 

mfiri 

issoki 

Haar 

mkira 

mukkira 

Schwanz 

vqja 

voja 

Wolle,  Federn 

dschembe  (pl,  niajembe) 

docbombe  (j) 

.  madjembe) 

Hörn 

mukonno 

mukonno 

Rüssel  (eig.  Hand) 

ssänga  {\)\.  massänga) 

sjänga  (pl.  massänga) 

Stosszähne  des  Elephauten,  Elfenbein 

bigämba 

bigämba 

Schuppen  (Fisch) 

müntu  (pl    Itantu) 

müntu  (pl    1 

äntu) 

Menschen.  Leute 

mssedja 

mssedja 

Mann 

mukkäsi  (jil.  bakk;isi) 

luukkasi  (pl. 

bakkäsi) 

Frau 

muüima  (pl.  bvanna) 

muänna  (pl. 

bavänna) 

Kind 

mtabänu 

Sohn 

muälla(eig.jedes  weibl.Kind) 

mriänna 

Tochter,  Mädchen 

Frau         (leine      hat      Kinder 

Frau        dcini 

hat 

Kinder 

mukkäsi  onno  aina  bvänna 

mukkali    ävi 

äire 

bavänua 

diese  Frau  hat  b  Kinder 

fünf 

fünf 

betäua 

betana 

264 


Dr.  Emiü  Bey: 


'             Kigända 

Kinyöro 

uä  säräüa 

uä  uerai 

wo  (bist)  du  geboren? 

Vater  dein      lebend 

Vater  dein  lebend 

kitäo    mlammii 

viteo     momi 

lebt  dein  Vater? 

affa 

atfiri 

er  ist  gestorben 

noch        lebend 

noch     lebend 

atjäli  mlammü 

atjäli  momi 

er  lebt  noch 

mürüngi 

mussä'i 

er  ist  wohl 

murensi 

modjo 

Knabe 

monbukkä 

junger  Mann 

kaala 

kaäla 

kleines  Mädchen 

kuässa 

kubäudoba 

heirathen                    * 

Mann    dieser  hatgeheiratetFrau, 

müntu  önna  avässa  mukkasi 

dieser  Mann  hat  diese  Frau  geheirathet 

onno 

moulü 

munäku 

unverheirathet,Wittwer,  arm, verlassen, 

ssevo,  kita  (n.  m.  pron.),  täte 

oite,  täta 

Vater                       [Waise,  verwaist 

njavvo,  mäuge 

mäma 

Mutter 

kähua 

kähua 

Säugling 

mugända 

mugända 

Bruder 

mugandawänge ,    mugan- 

(ebenso  in  Kinyäro) 

mein    Bruder,     dein     Bruder,     sein 

daaue,  mugandawe 

Bruder 

muänjina 

njakä'ita 

Schwester 

djädja 

djädja 

Grossvater 

djeidja 

djeidja 

Grossmutter 

Bruder         von  Vater  mein 

mugända  uä  kitänge 

mugända  uä  täta 

Bruder  meines  Vaters,  Oheim 

Bruder      von    Mutter 

mugända  ua  mange,  kodja 

mugända  uä  mäma 

Bruder  der  Mutter,  Oheim 

mukkoi 

mukk()'i 

Schwiegervater  und  Schwager 

mukädde 

muka'iri 

er  ist  alt;    alter  Mann 

Ilaar  ist  geworden  grau 

Ha.ir  geworden  grau 

muri     ssiliko     mwi 

issoki  rimu  embui 

sein  Haar  ist  ergraut 

noch           jung 

atjäli  moubukkä 

atjäli 

er  ist  noch  jung 

lugända 

lugända 

Familie 

msbirsi 

mobirri 

Körper 

gümba  (pl.  magümba) 

gümba  (pl.  magümba) 

Knochen 

mssäi 

ssäggama 

Blut 

dibba 

udibba 

Haut 

mtue 

mtue 

Kopf 

kjuänga 

kjiäuga 

Schädel 

tjJini 

bussiü 

V^orderkopf,  Stirn 

nkona 

nkola 

Hinterkopf 

m'niähsso 

maisso 

Gesicht 

lihsso  (pl.  fflähsso) 

lisso  (pl.  massö; 

Auge 

kuttii  (pl.  mattü 

kutui  (pl.  mattui) 

Ohr 

tämma  (pl.  matämma) 

itämma  (pl.  matämma) 

Wange 

njendu 

jendfj 

Nase 

mummuä 

mummä 

Mund 

muä  (pl.  mimuä) 

mnnuä  (pl.  minuä) 

Lippe 

kusaawüka 

Athem 

Wörtersammlung  des  Kigända  und  Kinyoro. 


265 


Kigdnda 

Kinyöro                j 

ndsissamiika 

kaokera 

ich  athme 

kirevu 

kiresu 

Kinn 

linio  (pl.  mänio)                    | 

lihno  (pl.  maino)                   | 

Zahn 

lulimmi 

lulumi 

Zunge 

bussoga 

mlisu 

Bart 

kümmua 

kugernba 

rasiren 

usikju 

vikjä 

Nacken 

uhiggo 

kadangi'ddo 

Keble 

nssinga 

nssinga 

Mähne 

mabegga 

mabegga 

Rücken 

kibegga-begg 

a  (sing,  ibegga) 

kibegga-begga  (sing,  ibegga) 

Schultern 

bängo 

bango 

Buckel 

oabängo 

vibango 

bucklig 

mukonno 

mukonno 

Arm 

lukkogola 

lukkogola 

Ellenbogen 

ngallo  (muk 

6nno) 

biäla 

Hand 

mukönno  uä 

dio 

mukonno  gi 

i  buliö 

rechter  Arm,  r.  Hand 

mukonno  uä 

konnn 

mukönno  gu  mossö 

linker  Arm,  1.  Hand 

kjikönde 

intomi 

: 

Faust 

lunne  (pl.  ngällo  gebräuchl.) 

luala  (pl.  bi 

ala) 

Finger 

ngjälla 

nönno 

Nagel 

kifübba 

kissübba 

Brust 

maweri 

maweri 

weibl.  Brustdrüse,  Busen 

lubüttu 

ndä 

Bauch 

kündi 

nkündi 

Nabel 

kivümba 

inih 

Leber 

mbirisi 

mbädju 

Rippe 

täkko 

nio 

Hintern 

kügulu  (pl. 

mägulu) 

kügulu  (pl. 

mägulu) 

Beiu 

kiinga 

kibäro 

Oberschenkel 

wiri 

kadjivi 

Knie 

ntümbue 

ntümbue 

Unterschenkel 

kiggerä  (pl. 

biggerä) 

kiggerä  (pl. 

biggerä) 

Fuss 

bussä 

buäre 

nackt 

ntiijo 

ntüjo 

Schweiss 

masigga  (pl 

basigga) 

maligga  (pl 

baligga) 

Thräne 

kuhaba 

kotschürra 

weinen 

malüssu 

malüssu 

Speichel 

kutukuli 

msero  (eig. 

weiss) 

rein,  sauber 

kudugarra, 

taka 

kuirägura 

schmutzig 

kunäbsa 

kunawia 

waschen 

kuenahsa 

kuenawia 

sich  waschen 

kukallilira 

kuüma 

trocknen 

sich  einreiben 

Fett 

kuesiga 

msiggo 

kuesiga  me 

gitta 

sich  einfetten 

namagüje 

ndmagsj 

Albino 

kunäba 

kunaba 

baden 

kuenaba 

kuenaba 

sich  baden 

mukuvvu 

aianükkerä 

mager 

munenne 

mukoto 

fett,  dick,  gross 

merrä 

kulia  (eig. 

verbum :    essen) 

[  Speise 

266 


Dr.  Emin  Bey; 


Eigända 


tünnua 
Presens: 

kulia 
Präsens : 


linua  ich  trinke 
tünnua  wir  tr.; 

1  p.  ndia;    2  p. 
1  p    tulia;    2  p. 


tue  tünjue 

ninanjerrii 

ninanjonta 

nssigusse 

kümira 

buttä 

mkati 

merrä  ja  nkja 

merrä  ja  mssäuna 

merrä  ja  luägula 

attamiddi 

künnua  taba 

kuoiaerrirä 

merrä  jomerrirä 

kukaua 

kukämbaga 

lüggoi 

ngätto 

momi 

kuämbula 

kitanda 

kutoba 

nkallilire 

nssirriba 

kiguiri 

mpeta 

njümba 

fümbiro 

mfümbiro 

mliango 

kissässi 

kitikro 

kusseräka 

mkeka 

kulüka  mkeka 

ntebbe 

ninga 

ntämmu 

kidsiko 

kaämbe 

nssüa 

kitä 
rudjiä 
mssirri 
bia  mtili 


Kinyöro 

künnua 

ünnua  du  trinkst;  annua 
ünnua  ihr  tr  ;  bännua  sie 
I  knlia 

ulia;    3  p.  alia 
ulia;    3  p.  balia 
I  tue  tunjue 

dinansälla 

dinamä'iro 

nikutre 

kümira 

bussiäni 

mkäti 

tuikuire  münkoko 

tulire  mssänna 

okulia  igollo 

attamire 

künnua  täba 

kussä'i 

kulia  kussä'i 

kissära 

nuegera 

Kleider    des  Europäers 

dübbugo  wusüngu 
nkä'ito 


kusuäla 

ntäbbu 

kisoberi 

kiomere 

ngissa 

nsüire  mukonno 

kätam  (arab.) 

njümba 

fümbiro 

mfümbiro 

mliango 

kissäkki 

kitikro 

kusseräka 

mkeka  (v.  Uganda) 

kulüka  mkeka 

kitebbe 

duindu 

tuägga 

ngämba 

mujoh 

nssüa 

kissessi 

rübuga 

mssirri 

bia  mtih 


trinken 
er  trinkt; 
trinken; 

essen 


Imperat  :    nüa  trink 


gieb  zu  trinken 

ich  bin  hungrig 

ich  bin  durstig 

ich  bin  satt 

schlingen 

Mehl 

Brei  aus  zerriebenem  Korn 

Speise  des  Morgens  (Frühstück) 

Speise  des  Mittags 

Speise  des  Abends 

er  ist  betrunken 

Tabak  rauchen 

süss 

süsse  Speise 

bitter,  salzig 

sauer 

Stoife,  Kleider  (europäische) 

Schuhe  ^rothe  arab.) 

Sandalen  (aus  Büifelhaut  mit  Pelzwerk) 

sich  anziehen 

Bettstatt,  Tragbahre 

feucht 

trocken 

Halsband,  Collier 

Armband 

Ring  (Finger) 

Haus 
Küche 

Koch 

Entree  ins  Haus,  Thür 

vorspring.  Dach  über  der  Thür 

ausgezogene  Dachspitze  (Toqul) 

Dach,  Bedachung 

geüocht.  Matte 

Matte  flechten 

Stuhl 

Nagel  (Holz  und  Eisen) 

Topf  (Burma) 

Lüffol 

Messer 

Wassergefässo  aus  Thon 

Kürbisgefässe  (allgem.) 

Hof 

Garten 

'Krüclite 


Wörtcrsammlung  des  Kig^ända  und  Kinyoro. 


267 


Kigända 

Kinyoro 

kibbo 

kibo 

Korb 

nkümbi 

mssikah 

Harke  zur  Feldarbeit 

kulli'ma 

kallima 

beharken 

mbadsi 

mpango 

Axt 

kussigga 

kussigga 

säen 

kussara 

kussara 

reifes  Korn  schneiden 

ntäna 

kusika 

Grab 

msi 

kjika,  mükka  (Wal 

üma  Sp ) 

Dorf 

katäli 

katali 

Markt  (Kauf  und  Verkauf) 

lübiri 

kjikäli 

Residenz  des  Königs,  Palast 

kujögera 

kuväsa  iper  '^  perfect:  avddse 

sprechen,  sagen 

er  hat 

gesagt 

Präsens : 

Präsens: 

sing.    1  ujijgera    2 

ujogera, 

sing.     1    uvasa 

2    uväsa, 

3  ajögera 

3  aväsa 

plur.    1  tuj('igera  2 

njogera, 

plur.      1    tuväsa 

2    uväsa, 

3  bajogera 

3  vaväsa 

kugämba 

kugämba 

reden 

Präsens : 

sing.    1  Dgämba  2 

ugamba, 

3  agamba 

(wie  neben) 

plur.    1  tugämba  2 

ugiimba, 

3  bagämba 

was 

was 

ugämba  ki 

Ugämba  ki 

was  sagst  du? 

ugämbje  ki  (wahüma  Form) 

ugämbje  ki 

was  hast  du  gesagt? 

kigämbo  (pl.  bigäm 

bo) 

kigämbo  (pl.  bigä 

nbo) 

Wort 

kuita  müddu 

kmta  müddu 

einen  Sklaven  rufen 

Name    sein  ist  wie 

Name    sein    Ist  wie 

linja    He     äni 

ibara  nue    näni 

wie  ist  sein  Name? 

kubüsa 

kubulia 

fragen 

küdoa 

antworten 

kussilika 

kussilika 

schweigen 

Din)j;e  diese    nennst  du 

ie 

bintu  bino     uvita 

ki 

wie  nennst  du  diese  Dinge? 

kullira 

kutsch  ürra 

weinen 

kuägala 

kuendia 

lachen 

kunisa 

kuffulia 

niesen 

kukörora 

kukuühla 

husten 

kussebba 

kussebba 

bitten 

Präsens : 

sing.    1  nssebba  2 

ussebba, 

3  assebba 

(wie  nebeU/ 

plur.    1  tusst'bba  2 

ussebba, 

3  bassebba 

kuläbba   imperat.  h 

ibbe  sieh 

kuvänna 

sehen 

Präsens: 

Presens : 

sing.    1  ndabba    2 

ulabba, 

sing,      nvänna, 

uväuna, 

3  aläbba 

avänna 

plur.    1  tulabba    2 

ulabba, 

plur.     tuvänna, 

uvänna, 

3  balabba 

vavauna 

kunöuja 

kumonja 

suchen 

268 

Dr.  Em  in  Bey. 

Kigända 

Kinyöro 

kuülira      imper.  ulire  höre 

kuüra 

hören 

Präsens : 

sing,  mpulira,  ui'ilira,  aülira 

plur.  tuülirä,  uülira,  baülira 

kuröta 

kurota 

träumen 

kugurokoka 

kuimüka 

erwachen 

kuinairira 

kuimera 

erwecken 

kuebakka,  kuebässia 

kuebässia 

. 

schlafen 

kuifä 

kuffa 

sterben 

mlammii 

muomi 

gesund,  lebend,  kräftig 

namanj 

namanj 

tüchtig,  verständig,  wissend 

1 
mueffu 

muanüki 

kränklich,  weichlich 

mduadde,  mniödde 

mluairi 

krank 

vukürru 

mkiirru 

gross,  hoch 

katono,  kadoli  (Wahiima) 

kadoli 

klein 

bruoddi 

bruä'ire 

Schmerz 

mtue  kurümma 

mtue  vukünduma 

Kopfschmerzen 

linyo  kurümma  (linio) 

linio  vukünduma 

Zahnschmerzen 

kauwali 

blündu,  kulündu 

Blattern 

daggala 

mobbasi 

Arznei 

dschembe 

dschembe 

Hörn,  Zauber,  Amulet 

vulemma 

mulemma 

muguera 

lahm 

mssillu 

kiböbo 

stumm 

taub        von    Ohreu 

mssivvu  ua  mattü 

kigara 

taub 

taub       von     Augen 

mssivvu  ua  massü 

pimpite 

blind 

vugümmu 

kigümmu 

hart 

bugomfu 

kikoroba 

weich 

uogi 

bogi 

scharf  (Messer) 

kisito 

kikuremerra 

schwer 

tjöma  ino  kugümmu 

das  Eisen  ist  hart 

mpeo 

mpeo 

kalt,  Kälte 

kokja 

okokja 

heiss 

vutukuffu,  ndjerou 

moiiro 

weiss 

vutugawwu 

meragusü 

schwarz 

vumioffu 

mutukuli 

roth 

tschiemfu 

gelb 

mabala 

mabala 

gefleckt,  punctirt 

burüngi 

burüngi 

schön,  gut 

müntu    murilngi,    mukkasi 

(wie 

neben) 

der  schöne  Mann;    die  gute  Frau 

bübbi                   [murüngi 

mübbi 

hässlich,  schlecht 

mrimmo 

Musik 

kukola  (nkola,  uki  jla,  aküla  eh) 

(wie 

neben) 

arbeiten 

uebirri,  muendi 

bereit 

magesi 

magesi 

klug 

mssirru 

mssirru 

dumm 

mugedja 

mugedja 

lange  Trommel 

ngomma 

ng(imma 

kurze  Trommel 

jängua 

jängua 

sei  schnell 

uangu 

mangu 

schnell 

mpolla 

m  pol  an 

langsam 

Wörtersammlung  des  Kiffända  und  Kinyoro. 


269 


Kifräiida 

lünydro 

muidsi 

muiggi 

Jäger 

kuifrga 

kui'gga 

jagen 

kassali 

mfiiidu  ,    iigobbe  (Wahüraa- 1 

Pfeil 

mteggu 

kitta,  butta 

[«P) 

Bogen 

kitimba 

kitimba 

Netz  zum  Wildfange 

kussalla  rabiisi 

kussalla  mbiisi 

eine  Ziege  schlachten 

kufiimba 

kussüinba 

kochen 

madsi  gabbugümja 

maesi  gattagättere 

das  Wasser  kocht 

kukiinama  miiliro 

kuäkja  muro 

Feuer  machen,  anzünden 

kukollcsa  iniilirn 

knkollesa  murö 

das  Feuer  auslöschen 

mulin')  guaka 

muro  guaka 

das  Feuer  brennt 

mulirü  gündjo  kidsa 

muro  giindjo  kerrije 

das  Feuer  hat  mich  verbrannt 

njoudo 

njiJiido 

Hammer 

nssamraii 

nssämmu 

Hammer  zur  Rinde nstoffbereitung 

rudjegeri 

Kette,  Fessel 

mpisso 

nki'nso 

Nadel 

üsi 

ngoje 

Faden 

kutünga 

kuvassira 

nähen 

mugguä 

muggua 

Seil,  Strick 

kitüli 

kjülu 

Loch,  Höhle 

diato 

mväto 

Boot,  Schilf 

nkassi 

ngai 

Ruder 

ngombe 

kigguära 

Hom,  Trompete 

ndere 

njamberi 

Flöte,  Pfeife 

nanga    (Uganda),     nämgue 

bidongo  (Ussöga),   ntöngoli 

Harfe,  Guitarre 

ugoje                [(Wahiima), 

ugoje                      [(U 

nyoro) 

Saite 

kusinna 

kubilla 

tanzen 

kuimba 

kubinna 

singen 

kujanja 

kujänja 

spielen 

kujogera  ugeru 

tukobadsa 

Geschichten  erzählen 

kiigula 

kügula 

kaufen 

kutünda 

kutünda 

verkaufen 

nitiinsi 

mtiuisi 

Kaufmann 

kubiidsa 

kuhulia 

verlieren 

Thaler  (arab.)  mein  ist  verloren 

rialijange         imbüdse 

rialikänge  kanguire 

mein  Thaler  ist  verloren  (gegangen) 

ansedde 

er  hat  mich  getäuscht 

vukäliubo 

agumma 

theuer 

kussassiira 

kussassiira 

bezahlen,  eine  Schuld  erledigen 

küa  (verb.  defectiv.) 

kueria 

geben 

kugabba 

geben 

Präsens: 

Präsens : 

sing.    1  ngabba    2  ugabba, 

Perf.  sing.  1  nagäbb 

a  2  ua- 

3  agabba 

gäbba  3  jaba 

?sa 

iuiperat.  mpa  gieb 

plur.    1  tugabba    2  ugabba 

plur.    1  tuagabba  2 

ugabba 

3  bagabba 

3  vagäbba 

munäku  (s.  oben; 

munaku 

arm 

mugägga 

mutüngi 

reich 

ndüa  bandja  die 

ich  bin  ihm  schuldig 

kuballa 

kuballa 

zählen 

makiiiigu 

maköngo 

Chef,  Anführer,  Districts- Gouverneur 

kabakka 

kabakka 

König 

270 

Dr.  Emin  Bey: 

Kigända 

Kinyöro 

muläugera 

mulängera 

Königssohn 

uabissa 

freier  Mann 

müddu 

muiro 

Sklave 

kulagidsa 

befehlen 

kukirisa 

kuikiria 

gehorchen 

mhändua 

mbändua 

Zauberer,  Zauberin 

kussala 

kulegga 

bitten  (auch  für  beten  der  Araber) 

kussoma 

lesen 

kuäiidika 

kukola  (arbeiten) 

schreiben 

muebssi 

müehssi 

Schmidt 

muvübbi 

balimba 

Fischer 

mussesse 

Schiffer 

munjuäni  (pl.  baujuäni) 

munjuäni  (pl.  banjuäni) 

Freund 

uaguanga 

ujajäna 

Feind 

kulliräna  (pl.  balliräna) 

kulliräna  (pl.  balliräna) 

Nachbar 

mugenj 

mugenj 

Fremder 

müsüngu  (pl.  wasüiigu) 

miisüngu  (pl.  wasiingu) 

Europäer,  Weisser 

kübba 

kuiba 

stehlen 

mubbi 

muibi 

Dieb 

kütta 

kuita 

tödten 

Präsens : 

Präsens: 

sing.  1  nssitta,  2  ütta,  3  ätta 

sing,  nätta,  unätta,  anätta 

plur.   1  tiitta  2  üttä  3  bätta 

plur.  tunatta,  unätta,  vanätta 

mutemmu,  mütti 

mutemmu,  muiti 

Mörder 

rutälo 

Krieg 

mussibi 

Gefangener 

Leute  meine     aUc        entflohen 

(verloren) 

Leute  meine      alle    entflohen 

bautuwänge  bona    vabndse 

bautuwäuge  bona  vabüri 

All  meine  Leute  entflohen 

kitläla 

Schwert 

buoggi 

vuoggi 

Schneide  (Messer) 

fümmu 

issomü,  kidikiä  (für  Eleph.- 

Speer,  Lanze 

ngäbbu 

ngäbbu                       [jagd) 

Schild 

ntumüssi,  mbündu  (verunst. 

bendüki 

Gewehr 

bugänga                    [arab.) 

bugänga 

Pulver 

murüngi-buhbi 

murüngi -m  11  bbi 

gut  —  schlecht 

müntu    murüngi     ein    (der) 

bäntu  varüngi  gute  Leute 

gute  Mann 

mukadsi  muningi  eine  (die) 

kintu  kurüngi  ein  gutes  Ding 

bintu  biriingi  gute  Dinge 

gute  Frau 

masimma 

masimma 

richtig,  wahr 

kulimba 

agobbia 

lügen 

mulimba 

mugobbia 

Lügner 

kuagala 

kuendia 

lieben,  wollen,  wünschen 

nkuebassa,  nkussimie 

genda  kubassia 

ich  danke 

gieb  mir    Wasser      wenig 

gieb   mir  Wasser    wenig 

onompa  madsi  katono 

ndeta    maesi  kadoli 

gieb  mir  ein  wenig  Wasser 

rap;i  madsi  katono 

gieb  ein  wenig  Wasser 

kutuäla  (mutuaie  nimm  es) 

kutuäla 

nehmen 

kumonja 

kumonja 

suchen 

kuläbba  (sehen) 

kubbania 

finden 

''uleta  (imperat.  mleta) 

kudeta  (imp.  ndeta) 

bringen,  geben 

Wörter.'-ainmhuiß  des  Kipaii(l:i  und  Kiiiyoro. 


271 


Ki^^nda 


Kiny6ro 


kugenda 

Präsens: 
sing.    1    ngenda    2  ugenda, 

3  agenda 
plur.    1  tugönda  2  iigonda, 

3  bagenda 
kutiila,  kutiidda  (Wahiiina) 
tiila  vi'uissi 
ui'bakki 
garämira 

kadükka  (präs.   1  per.  nssir- 
kuffukämira  [iikka) 

kuggua 
kubiika 
kiidja 

Präsens:  nssidja,  iidja,  ädja, 
tüdja,  i'idja,  badja 
Perfect:  ndsidse,  udse,  adse, 
tudse,  udse,  vadse 
adse  rero  (leilo) 
lugendo 
kutambola 
kiibbu 

bleib     mit  mir 

tula     nänge 
kulamissa 

willst  du  mir  zeigen    Weg 

ononjölessa     kübbu 
kutümma  mbakka 

Jetzt  bist  du  gewesen  wo 

luno    urinidda    uä 
kutäma 
kumenja 
luggo'i  liorissi 
kussiba 

kixkuba  (pr.  nkiibba,  ukiibba 
kussunnirura  [etc.) 

kumära 

bugässi  • 

uaffiinda 
butono 
buäuifu 
biimpi 
kiimpi 
uolli'i 
bingi 

bintu  bingi  viele  Dinge 
bäntu  bängi  viele  Leute 
katono  (bintu  bitono,  bäntu 
batono') 
mukädde(bintunkädde,  iiitih 
mukädde) 


kugenda  gehfi 

imperat.  genda 

3  pers.     perfect.     gensere 

(Wahi'ima)  weit  gegangen 
knkära  (imperat.  ikkära) 
ikkära  väiissi 
bässia 
kukubässia 
kuin'ikka 
kukubamädjua 
kugguä 
kugulka 

kidja  (iinper    idjä) 
iraper.  django 

futur.  nädja,  uiiädja,  anadja 
etc. 

lugendo 

kutambola 

mubäiula 

tüla  nänge 
kulamikje 

ononjoleko  kübbu 
kutümma  mkuenda 

uä  noläi 

kuttäma 

kuhenda 

Uiggo'i  temkire 

kubbuä 

kükuba 

kundübula 

kumära 

uaffünda 

budoli 

meläi 

mümpi 

maämpi 

aliäi 

bingi 

bakkäsi  l)angi   viele  Frauen 

kadoli 

mnkäise 


sitzen,  bleiben 

sitz  nieder 

schlafe 

leg  dich  nieder 

rennen 

knieen 

fallen 

springen 

kommen,  zurückkehren 


er  ist  beute  gekommen 

Reise 

gehen,  kriechen 

Weg,  Strasse 

bleib  bei  mir 
grüssen 

willst  du  mir  den  Weg  zeigen 
einen  Boten  senden 

wo  bist  du  jetzt  gewesen 

schneiden 

brechen 

die  Kleider  sind  zerrissen 

binden 

schlagen 

öffnen 

enden,  beenden 

weit,  breit 

schmal,  eng 

dünn 

hoch,  lang 

niedrig,  kurz 

nahe 

weil 

viel 


wenig 


alt 


272 


Dr.  Emin  Bey: 


Kigända 


Kiuyöro 


viidjä 

mojä 

kitiindu 

kudjiira 

kisuire 

buereru,  domulikantu 

udomukäntu 

kakänno 

ätti 

kuruä 

mansolleki 

er  ist   mehr  als  du      «ross 

ja    akiissinga  bkürru 

Frau       diese       schön        aber 

mukkäsi   ono  murüngi  oae 

jene      mehr  als  sie      schön 

bänno  bebassinga  burüngi 
nessimije 

traurig  warum 

orinne  näku  ssäki 

ich  habe    genug 

bina     märra 
nsse  üno  ich  bin;    gue  iijo 
du  bist;   je  üjo  er  ist 
tii  tüno   wir  sind;    gue  ujo 
ihr  seid;  ve  väbo  sie  sind 
(werden    zusammengezogen 
z.  B.    nsseuno   ich    bin; 
auch  oft  nur  nsse) 
nsse  ich,  gue  du,"j 

je  er  (  i. Einzeln 
twe  wir;  gue  ihr;j  getrennt 

ve  sie  J 
wange  (jänge)  mein;  je  dein; 

yUe  sein 
viäffi  unser;  biämmue  euer; 
biäuwe  ihr 
■  (immer  angehängt  als  Post- 
ssiridjä  [fixum) 

tuäla  ntebe 
onädja  nkjä 
ussikrisa 
ssikrisa 
je  —  nedda 
uallavuänjuma 
däu 
muendoki 

wir  werden  gehen  wann 

tuligenda        di 


uv'u  uä 


ugenüc  uä 
uä  Wmissi.jjj 


reich 


edda  ngänf^i  m"-u\(Tfe, 

ich  habe  nichi  ^esc- 

alverebirri  nga  ssakuläbba 


binä  mari 
ugje,  ue,  je 

ischje,  ue,  ve 


ebenso 


ebenso 


tendira 
tuäla  ktebe 
olirä  iso 


je  —  ngaine 


neu 
Hälfte 
voll 
leer 

jetzt,  sofort,  bald 

später  0 

er  ist  grösser  als  du 

diese  Frau   ist    schön  aber  jene    ist 

schöner  als  sie 
ich  bin  zufrieden 

warum  bist  du  traurig? 

ich  habe  genug 


ich  will  nicht  kommen  (Verneinung  ssi) 

nimm  den  Stuhl;  nimm  den  Stuhl  fort 

wirst  du  morgen  kommen? 

ich  glaube  es 

ich  glaube  nicht 

ja  —  nein  (nicht,  nimmer) 

der  (die)  letzte 

ein  ander  Mal 

wie  viel? 

wann  werden  wir  gehen? 

wo  bist  du? 

wohin  gehst  du? 

wo  ist  deine  Heimath? 

früher  war  ich  reich 

ich  habe  dich  niemals  gesehen 


Wörtersammlung  des  Kigända  und  Kinyoro. 


273 


Kigända 


tanasfenda  (3  p.  perfect  verneint) 

bulidjo 

büli  müntu,  büli  mukkäsi,  bi'ili  kintu 

muaka  günno 

muaka  güdja 

muaka  guli 

J   müntu  ono,  mukkäsi  oiio,  mtih  günno 

I    bäntii  bänno,  bakkäsi  bänno,  niittih  djino 

mbüsi   äno-njümba    äno    plur.    mbüsi    ssiuno, 

muesi  günno  [majümba  sinno 

muesi  guli,  muesi  gudja 

Haus  sein      ist  wo 

njumbane     eriiä 
mukkäsi  ono  nanä 
ono  kiräbba  näno 

geh  in  Haus     des     N:ichbar 

genda  munjümba  ja  muliräno 

ugenda  mbüga 

mvä  mbüga 

ruggi 

namläbba  däu 

atämbola  nonnä 

kilänge,  mukkasiwänge,  njumbajänge 

bakkasiwänge,  majumbajänge 

ndenka,  nenka,  jenka,  tuenka,  nenka,  bonka 

anjägala  (kuägala  lieben) 

muägala 

nkuägala 

ijämpa  mädsi 

nkuläbba  (kuläbba  (sehen) 

onotuäla 

ssamuläbba 

namuläbba 

ndjägala  njogere 

mpä  merrä-mpä  tjä  kuiia 

änoje  njunibojänge,  ärije  njumbani 

diese  gross 

majümba  gänno  man  nenne 

bakkäsi  bänno  basüngi 

mbitra  müddu 

bäntu  bona,  mittih  djona,  mbüsi  söna 

lubirri  luä  kabäkka 

luggoi  lud  murensi 

mpisso  ja  mukkäsi 

kambe  ka  müddu 

Topf  Milch 

nssümbi  Ja  mätta 
nssue  ja  mädsi 

roth 

nkufTira  mii'iffu 
muänna  murüngi 
Djina  amuägala 

Zeitschrift  für  Ethnologie.    Jahrg.  lti>79. 


er  ist  nicht  gegangen 

täglich 

jeder  Mann,  jede  Frau,  jedes  Ding 

dies  Jahr 

kommendes  Jahr 

verflossenes  Jahr 

I  dieser  Mann,  diese  Frau,  dieser  Baum 

\  diese  Männer,  diese  Frauen,  diese  Bäume 

jene  Ziege,  jenes  Haus  und  ihre  Plurale 

dieser  Monat 

vergangener  Moaat,  kommender  Monat 

wo  ist  sein  Haus? 

woher  kommt  deine  Frau? 

du  wirst  dies  dort  finden 

geh  ins  Nachbarhaus 

ich  gehe  zum  Palaste 

ich  komme  vom  Palaste 

Thor 

ich  sehe  ihn  ein  ander  Mal 

er  geht  überall  hin 

mein  Vater,  meine  Frau,  mein  Haus 

meine  Frauen,  meine  Häuser 

ich  selbst,  du  selbst  etc. 

er  liebt  mich 

ich  liebe  sie 

ich  liebe  dich 

er  giebt  mir  Wasser 

ich  sehe  dich 

willst  du  nehmen? 

ich  sah  ihn  nicht 

ich  habe  ihn  gesehen,  sah  ihn 

ich  möchte  dir  sagen 

gieb  Essen;    gieb  zum  Essen 

jenes  ist  mein  Haus,  das  dort  das  seine 

diese  Häuser  sind  gross 
diese  Frauen  sind  schön 
rufe  den  Sklaven 
alle  Männer,  alle  Bäume 
des  Königs  Palast 
des  Knaben  Kleider 
die  Nadel  der  Frau 
das  Messer  des  Sklaven 

Milchtopf 
Wassergeßss 

rother  Tarbnsch  (Fez) 
ein  gutes  Kind 
ihre  Mutter  liebt  sie 

19 


274 


Dr.  Emin  Rey; 


mein     mehr,  (Komparats)         gut 

janssingira      burüngi 


Ki^äuda 

murensi  ajägala  kitauwe 

jebassi,  nebassi,  nebakki 

tamanje 

akola  mängu 

tälia  ujamma 

alia  njämma 

er  ist     Freund 

je  munjuam  jaiige 
luäki  tojügera 
takola 
onodja 
toülira 
ssiülira 
mpiilira 
ansebba  njö 

du  thust   wiis   Tag    diesen 

nkola    kl  näku  16 nn 
nina,  ulina,  alina;    tiilina,  ulma,  baliiia 
ssirina,  tolina,  talina;    tutulina,  tolina,  tibalina 
nalina,  ualina,  jalina;    tualina,  iialina,  balina 
ssiuse,  ssigue,  ssije;    ssifwe,  ssigue,  ssivo 
madinda  (ebenso  Unyoro) 
kussanikira  ntammu 
ulirira  ki 

lussiikku  je  ndussimije  njo 
mukkäsi  ono  akuagala 
nalissinedja  nenkuandikira  lupäpula 
unonja  ki 
nte  ännua 

ich  gebe     za      trinken    Kuh  diese 

ujuadde  tja  künnua  nte  äno 

kübbu  ligusse 

ugüdde  kiibbu 

tuassigadde  kintu  ku  njämma 

tutiidjere  keddi  kinUi 

jejagala  njenka  ujo 

baniäna 

bagaläna 

kukullembira 

mssäli,  mukurembesi 

kukiibba 

akola  birüngi,  takola  bi'ibbi 

ugätto  ssafwe  ssittikude 

luggoiwänge  tisinäbba  kiikalla 

kjangenda  njanikö  ndälla 

ssimuadde 

ukuädde 

ssimübbi-murüngi 

talimbie,  ajogera  masimma 

nonädja  uakucbassa 

mohinno  guauge  juedde 

kussoka  lugendo 


der  Knabe  liebl  seinen  Vater 
er  schläft;    schläfst  du?;    schlafe 
er  weiss  nicht 
er  arbeitet  schnell 
er  isst  nicht  Fleisch 
er  isst  Fleisch 

er  ist  mein  bester  Freund 

warum  sprichst  du  nicht? 

er  thut  nichts 

willst  du  kommen? 

hörst  du  nicht? 

ich  höre  nicht 

ich  höre 

er  bat  ihn  sehr 

was  thust  du  diesen  Tag? 

ich  habe,  du  hast,  er  hat  etc. 

ich  habe  nicht,  du  hast  nicht  etc. 

ich  habe  gehabt,  du  hast  gehabt  etc. 

ich  bin  nicht;    du  bist  nicht  etc. 

Holzharinonika 

einen  Topf  zudecken 

warum  weinst  du? 

euer  Garten  gefällt  mir  sehr 

gefällt  dir  dies  Mädchen? 

ehe  ich  kam  schrieb  ich  dir  einen  Brief 

was  suchst  du? 

die  Kuh  trinkt 

ich  gebe  jener  Kuh  zu  trinken 

die  Strasse  ist  offen 

ich  habe  die  Strasse  eröffnet 

es  ist  nichts  übrig  vom  Fleische 

wir  hallen  nichts  davon  gelassen 

er  liebt  sich  selbst  sehr 

sie  zanken  sich 

sie  lieben  sich 

anführen,  leiten 

Anführer,  Chef 

trommeln 

er  thut  gut;    er  thut  nichts  schlechtes 

unsere  Schuhe  sind  rein 

meine  Kleider  sind  noch  nicht  trocken 

ich  gehe  jetzt  dieselben  zu  trocknen 

ich  habe  es  ihm  nicht  gegeben 

ich  gab  es  dir 

er  ist  nicht  schlecht  —  er  ist  gut 

er  log  nicht,  er  sagt  die  Wahrheit 

willst  du  kommen  (so)  danke  ich  dir 

mein  Werk  (Arl)eit)  ist  zu  Ende  (geendet) 

eine  Heise  beginnen 


Wörtersammlung  des  Rigända  und  Kinyoro. 


275 


Kigäuda 


nkiibba  iltaniuUh' 

ädja  mukkäsi  mukaddc 

udi  muvubukkii 

udi  mugandauwH! 

alikä 

djäli  uwe 

äni  gue  und  guani 

mtintu  ono  äni 

äni  ni'nni  niümba  iiiio 

mbusi  äno  jange  na  ndigga  ssinno  ssiso 

iikoffir(a)  üno  üji» 

djf)  uä  genda  n;i 

namalla  näku  ssattu  mkiälo 

nkjä  nkübba  inati'inja 

uina  uämbe  (v.  kämbe  Messer) 

ssinä  lümmu 

du  hast  Kinder       wieviel 

uima  (uina)  bavänna  bamäkä 

ussinse 

gukussinse 

ualia 

uinsa  kugenda 

tuinsa  kugenda  itin  inkubba 

alidja 

tutukola 

iisse  nakola 

ich  tjebe  nicht  Hache      keine 

ssikue      bintu  biräila 
tagenda  nänge 

ich  gebe  was    für     Slilave  euer 

ukue     kl  guo     miiddiui 
Ute  äno  jäni 
nküssu  äno  jänge 

ich  wünsche     Stück  gross  Holz 

udjägala  kinädjo  kinenne  kja  lukkii 
ukjagailirä  ki 

gleich 

mübbi  apännana  n'kobbe 
uina  (uina)  mbiisi 

so 

uägula  ko  kömi 

Regen      geendet  kommt  zurück     Sonne 

nkiibba  negäko     uakmija     iidjubba 
agudde  ku  nitili 

lern 

eguänga  li"  lili  uälla 

bleib     mit  mir  ich  fürchte  zu  bleiben  allein 

tiila    uänge,       ntjä        kutnla    oma 

du  hast  gebracht  Wort       was 

uli'sse       bigämbo    ki 
nakubiilira 
lubäli  agudde  ku  njiimba 


der  liegen  hat  begonnen 

es  kommt  eine  alte  Frau 

ich  bin  jung 

ich  bin  sein  Bruder 

er  ist  zu  Hause 

er  ist  hier  und  ist  er  hier? 

wer  liist  duY 

wer  ist  dieser  Mann 

wer  ist  Herr  jenes  Hauses? 

jene  Ziege    ist    mein  und  die  Schaafe  dort 

jener  Tarbusch  ist  dein  [sind  euer 

wohin  gingst  du  gesternV 

ich  blieb  3  Tage  auf  dem  Lande 

morgen  wird  es  regnen 

hast  du  Messer'!" 

ich  habe  keine  Lanze 

wieviel  Kinder  hast  du? 

du  hast  Recht 

du  hast  Unrecht 

ich  will  (werde)  essen 

du  kannst  gehen 

du  kannst  nicht  gehen  weil  es  regnet 

er  wird  kommen 

wir  wollen  nicht  arbeiten 

ich  habe  es  gethan 

ich  gebe  nichts  mehr 

er  will  nicht  mit  mir  gehen 

was  soll  ich  für  euren  Sklaven  gebenV 
wem  gehurt  jene  Kuh? 
dieser  Papagei  gehört  mir 

ich  wünsche  ein  grosses  Stück  Holz 
zu  was  willst  du  es? 

böse  wie  ein  Alle 
hast  du  Ziegen;" 

ich  will   10  davon  kaufen 

Nach    geendetem    Regen    kommt  die   Sonne 
er  fiel  vom  Baume  [zurück 

ist  euer  Land  fern? 

bleib  bei  mir,  ich  fürchte  mich  allein  zu  bleiben 

was  für  Neuigkeiten  bringst  du? 
ich  will  zu  dir  sprechen 
der  Blitz  fiel  auf  das  Haus 


27« 


Dr.  Flmiii  Bey: 


Kigäuda 

nkübba  itünja  bulidjö 

kuäta  kübbu  limmo  totjamma 

anassima  uä  naiilira 

u6 

büli  müntu  anebakka 

budde  kiro  ssebasse  gua  iissirri 

leka  tjibe 

kambere  nauwe 

nessimije  kuknlabba  • 

ndeta  mädsi  an  kallidide  lukkii  kukiimma  miiliro 

adse  iiagamba 

adse  nagenda 

wir  haben  nicht  gesehen  Mann  und  Thier 

tutualäbba       muntu  nanssirro 

willst  du  Wasser  Milch 

ujägala  madsi  ujagala  malla 
mssoke 

FIuss      dieser      hat         Fische        viel 

mügga  guno  guina  ussonssi  iiingi 

anagenda  rero  alä  anagenda  nkja 

mtutüli  (Unyoro:   kjürka) 

mugandawängo  naiio  talio,  äli  kukübbu 

dugüddu 

kukera 

onno  genda  nange  onno  ttila  alika  (aka) 

ich  glaube       reich      doch     jetzt       ich  höre    er  sei  arm 

ussikrisa  mugagga  nae  kakoniio  upülirantimunäku 

frage       Mann  diesen  Name  sein  wie 

büsa  müntu  ono   linja  lie  ani 

jambadsfdse  naba  mauödde 

ue  nadse  jagenda 

kitänge  ue  Jaffa  ngankjali  muanna  mtö 

uenobba  murüngi  nakiia  ndigga 

ssi'nga  udi  muvubukka  ssinga  geuda  näuwe 

zeitig       angehst 
ono  kera  kutämbola  ono  tüka  mallia  ga  mssänna 
dükka 

während    ich  schlief     Dieb      drang  ein         Haus  mein 

mbadde  nabessä  mübbi  naingira  njumbawange 
ssoka  mpadsa  ntüdde  uäno 

zeig  mir      eure  Hand      ich  sehe 

njolessa  mukonnogo  ndabbe 
kabäkka  aiilire  bigambo  biongambie 

gieb       Mann    er  weiss      Weg 

inpa  müntu  amänj  dübbu  ' 

Land  woher  du     gross    oder     klein 

ussi  kuauua  nenne  äo  ntiinnu 

umanj  ki  dässä 

ulabba  kikerassidja  ussüngu 

tojogera  ngabbo 

bautu  baraäka  nä  bigambo  bimäka 

lege    Kleid      auf  Bett 

täko  ngoi  kukitända 


es  regnet  jeden  Tag 

nimm  den  Weg  immer  gradeaus 

er  wird  zufrieden  sein  zu  hören 

wenn 

jeder  Mensch  will  schlafen 

diese  Nacht  habe  ich  nicht  geschlafen  wegen 

lass  es  sein  [Mücken 

nimm  mich  mit  dir 

ich  freue  mich  dich  zu  sehen 

bring  mir  Wasser  und  trocken  Holz  zu  machen 

er  kam  und  sagte  [Feuer 

er  kam  und  ging 

wir    haben    weder    Menschen    noch    Thiere 

gesehen 
willst  du  Wasser  oder  Milch? 
Regenbogen 

dieser  Fluss  hat  viele  Fische 

wollen  wir  heute  oder  morgen  gehen? 

Zwerg 

mein  Bruder  ist  nicht  hier,  er  ist  unterwegs 

breiter  Weg  [(auf  dem  Wege) 

zeitig,  früh 

entweder  geh  mit    mir  oder  bleib  zu  Hause 

ich  glaube  er  ist  reich,  doch  höre  ich  er  sei 

arm 
frage  diesen  Mann  wie  sein  Name  sei 
er  fragte  mich  ob  ich  krank  sei 
als  (wann)  ich  kam  ging  er  [Kind 

als  mein  Vater  starb  war  ich  noch  ein  kleines 
wenn  du  gut  bist  werde  ich  dir  ein  Schaaf geben 
wäre  ich  jung,   so  würde  ich  mit  dir  gehen 

wenn  du  früh  aufbrichst,  so  wirst  du  am  Mittag 
lauf  fort  [ankommen 

[Haus 
während  ich  schlief  drang  ein  Dieb  in  mein 
seit  ich  geheirathet  wohne  ich  hier 

lass  mich  deine  Hand  sehen 
der  König  hörte  das  Wort  welches  du  mir  ge- 
sagt 
gieb  mir  einen  Mann  welcher  den  Weg  weiss 

ist  das  Land  aus  welchem  du  bist  gross  oder 
du  weisst  warum  ich  komme  [klein? 

du  siehst  weshalb  ich  ärgerlich  bin 
du  sprichst  wie  sie 
wieviel  Leute,  soviel  Worte 

lege  das  Kleid  auf  das  Bett 


Wörtersammlung  des  Kiganda  und  Kinyoro. 


277 


KigAnda 


unter  dem  Bett 

der  Vater  des  Kindes 

nahe  dem  flause 

ich  habe  einen  Weissen  gesehen 

ich  habe  es  vom  Slilaven  genommen 


mkitanda 
kitao  ua  inuänna 
kümpi  m'i  njümba 
iialaMiie  musMingu 
iikidji'  111)  niiiddu 

kugenda  gehen  imperat.  geuda 
I'res.  ngenda,  ugenda,  agenda,  tugenda,  ugenda,  bageuda 
Perfect.  nagenda,  uagenda,  jageiida,  tuagenda,  uagenda,  vagenda  (hierfür  auch  die  Wahuma  Form  : 

ngensere,  iigensere,  gensere  etc    gebräuchlich.     Ebenso  KinyJro). 
Fat.  nnagenda.  unagenda,  anagenda,  tunagenda,  unagenda,  banagenda 
ndigönda,    uligenda,    aligenda,    tuligenda,    uligeuda,    valigenda    (in   der   Bedeutung:     ich    will 

kujögera  reden,  sagen  imper.  jogera  [gehen  etc. 

Pres,  njogera,  ujogera,  ajogera,  tuj('>gera,  ujogera,  baji'igera 

Perfect.  naji'jgera,  uajogera  etc.  (wie  oben)  hierfür  auch:    uajijgere,  ujogere,  jogere  etc. 

Fut.  nnaji')gera,  unaji')gera,  anajogera  etc.  (wie  oben) 
ndijf'tgera,  ulijogera,  alij^gera  etc.  (in  der  Bedeutung:    ich    will  sagen  etc.) 

kulabba  sehen  imper.  läbba 
Pres,  ndabba,  ulabba,  alabba  etc. 
Perf.  nalablja,  uaiabba,  jalabba  etc.  keine  Nebenform 
Fut.  nnaiabba,  unaläbba,  anah'ibha  etc. 
ndih'ibba,  unilabba,  anihibba  etc.  ich  will  sehen 

künnua  trinken  niia  trink 
Pres,  nnua,  i'innua,  ännua  etc. 
Perf.  naumia,  uannua,  jännna,  etc. 
Fut.  unannua,  unannua,  anannua  etc 
ndinnua,  ulinnua,  alinnua  etc.  ich  will  trinken 
djangü  onnue 
7,      ulie 
„      labbe 
„      tuU" 

Nachtrag  zu  kugönda  gehen 
negat.  Präsens  (zugl.  negat.  Futur.)  ssigende,  togende,  tagende;    tutugende,  togende,  tibagende 

Nachtrag  zu  kujögera  sagen 
negat.  Präsens  (zugl.  negat.  Futur.)  ssij<)gere,  tojogere,  ta)Ogere:   tutujogere,  tojogere,  tibajogere 

kugäbba  geben  imperat.  gabba  (gebräuchlicher  mp-.i) 
affirm.  Präsens:    ngäbbe,  ugäbba,  agäbba,  tugäbba,  ugäbba,  bagäbba 
negativ.  Präsens  und  Fut.:    ssigäbba,  togabba,  tagabba,  tntugäbba  etc. 

küa  geben 
affirm,  Präsens:    nkiia,  uküa,  akiia  etc  (wenig  gebraucht) 
negat.  Präs.  und  Fut.:    ssiva,  tova,  täva  etc. 
mhiggu  (Kinyoro:   msseri)  1    einer  der  Menschenfleisch   isst   (soll  verkom- 


komm 

trink 

yj 

iss 

, 

sieh 

„ 

setz  dich 

baliabantu  (Kinyoro:   ebenso) 
bämbua  do. 

mbiigu  do. 

ssiingo  do. 

Zahlworte: 

muründi  gummo 

niunindi  äbirri 

murnndi  ässattu 

murüudi  ämli 

murundi  ätäno 

munindi  mkaga 


menl?)  Der  allgemeine  .\usdruck:  Menschen- 
Henker      [fresser,  anthropophage  Nationen 
Rindenstoi^"  zur  Bekleidung 
roth  gefärbter  Rindenstoff 

ein  Mal 
zwei  Mal 
drei  Mal 
vier  Mal 
fünf  Mal 
sechs  Mal 


278 


Dr.  Emin  Bey: 


Eigäuda 


miinindi  mssämvo 
muründi  mrauäna 
mutündi  mmut-nda 
muründi  mkomi 


sieben  Mal 
acht  Mal 
neun  M;il 
zehn  Mal 


Nr. 

Kigända 

Kinyöro 

Nr. 

Kigäoda 

Kioyöro 

1 

mö 

timmoi 

112 

kikömi  mükomi 

igänna  miikomi 

2'birri 

bibiri 

nä  birri 

na  birri 

S^ssattu 

bssättu 

120 

„        muäbiri 

„     muäbiri 

4jnjä 

binäj 

130 

,        muässatu 

^     muässatu 

ö'täno 

btäna 

140 

„        muähna 

,     muänaj 

6  mkäga 

mukäga 

150 

„        muattäno 

.     muattäno 

7  mssämvu 

mssänjo 

lÜO 

„        mu  nkäga 

„     mu  nkäga 

Simuäua 

muäna 

170 

munssämvo 

,     mussänjo 

9jniuenda 

muenda 

180 

„        mükiuäna 

„     mukinäna 

10  kömi 

ikomi 

190                mukijenda 

„     mukijenda 

11  kömi  nä  mn 

ikomi  na  timmoi 

200 

biki'imi  bibirri 

raagänä  birri 

12  kömi  nä  bi'rri 

ikomi  na  bibiri 

201 

„  muämo 

^natimmoi 

ISjkömi  nä  ssättu 

ikomi  na  bsattu 

300 

„        bssättu 

_     bssättu 

20  ;'ibiri(m;ikonii abiri) 

mäkomi  äbiri 

400 

binäh 

,.     anäj 

21 

äbiri  muämo 

mäkomi  äbiri  na- 

500 

btäno 

„     atähn 

timmoi 

60O 

lukäga 

„     mkäga 

22 

äbiri  mubirsi 

„nabirri 

700 

lussämvu 

,     kssänjo 

23 

äbiri  mussättu 

do.    na  bssättu 

800 

lunähna 

„     kinäna 

24 

äbiri  munjä 

do.      na  binäj 

900 

luenda 

„      kijenda 

25 

abiri  mutäno 

do.      na  btäna 

1000 

lukiJmi 

kassirisa 

30 

assättu      (mäkomi 
assättu) 

mäkomi  assättu 

1001 

„       muämo 

40 

ähna(mäkomiähua) 

mäkomi  änaj 

olubedjcbedjä 

der  erste 

50 

attäno  (  ,    attäno) 

mäkomi  attähn 

okvirri 

der  zweite 

60 

nkäga 

nkäga 

okosättu 

der  dritte 

70 

nssümvu 

nssänjo 

naküna 

der  vierte 

80 

kinäna 

kenäna 

nakutäno 

der  fünfte 

90 

kijenda 

kijenda 

namkäga 

der  sechste 

100 

kikömi 

igänna 

nampsämvu 

d.  siebente 

101 

kikömi  muämo 

igänna  mutimmoi 

nammnäna 

der  achte 

102 

„        mubirrl 

„  mu  bibirri 

nammuenda 

der  nennte 

110 

„        mükomi 

„  miikomi 

näkomi 

der  zehnte 

111 

„    mükomi  nämo 

„     „  na  timmoi 

Nachtrag'. 


Kigända 


nifändi 
nkende 


Kinyoro 


mpäiidi 

nkende 

I  mumbue 


Voandzeia  subterranea 
Cercopithecus  grisoo- viridis 
Greis 


WÖrtersainmluii}^  des  Kijranchi  uiui  Kinyoro. 


279 


Kigüuda 


Eiuyöro 


muenge 
ssändi 


iDukamma 
matoiifrali 


Ssimbi 


matungusu 


njamanongo 


Name  des  BetrelVeud. 

Herr 

—  Ant.  kabakka 


njungu 
dussäkä 

kuünsi 


muenge 
ssäudi 


ndobbo 

kuvende,  kjibende 

mukamma 

mat(')iigali 

balongo 

nssonko 

kssattu 

mabi'igo 

mbogo 

müngu 

ssimbi 

mkngi 

oränga 

bariassi'ira 

matiinguru 

njenge 

bunira 

madda 

kiniängoro 

kjoho 

dumenj 

mebäli 

kovissimba 

njamanongo 

nzige 

nssindissi 

ngünsono  kali 

oti(') 

nkonkoiia 

du  Vater 

Ue  —   täta 


aus  Bananen  bereitetes  Getränk  (gegohren) 

„  „  y,  r,  (ungegohren),  Palmwein 

aus  Sorghum  vulgare  bereitetes  Getränk  (in  Uganda 

beinahe  unbekannt  und  in  Unyoro  aus  Kleusine 

gemacht) 

Angelhaken 

Reusen  zum  Fischfang 

grosser  Herr,  Titel  für  HerrSfher 

Unterchef 

,,    .,,.         f  nssinyoma  der  Erstgeborene 
Zwillinge  .{   ,  ,      •'  ,      ^,     ,      , 

[  kato  der  Nachgeborene 

Schnecke,  Muschel 

zur  Bekleidung  getragene  Häute 

Jupon  aus  Ilindenstoff  für  Frauen 

Büffel      . 

Kürbis 

Cypraea  moneta 

Tamarindenbaum 

Prostituirte 

Leibgarde  des  Chefs 

Amomum  spec.  div. 

Blatta  orientalis 

Floh 

Laus 

Wurm 

Nebel 

Thau 

Hagel 

Rhabdogale 

Hystrix  cristata 

Heuschrecke 

Eule 

Regierungsformel  für  den  obersten  Chef 

gut.  wohl  (adverb.; 

Specht  (Picus  badius  Heugl.) 

Anruf  (he  da!)  und  Antwort  darauf 


taiümba 
buera 
nji'ingu 
dussäkä 
merömbe 
kuänsi 

ssaggamarothe;  moe- 
ro  weisse 
bkonge  grüne;  gäila- 
ma  himmelblaue 
njamakiingo 
mbc'u  idja 

Antwort : 


enthaarte  Ziegenfelle  zur  Kleidung 

^  „  ,        sehr  fein  geschabt 

Pfeifenkopf  [(Uyäuda) 

Pfeifenrohr 

Gruss  (bei  Begegnung) 
Glasperlen 


Motacilla  vidua 
komm  später 


fehlen  in  Uganda       1  rairote        daabante  I  guten  Morgen 


280 


Dr.  Emin  Bey; 


Eigäuda 

Kinyöro 

Antwort: 

fehlen  in 
mueraba  - 

Uganda 
mueraba 

mssänna 

geroba 

nkuaba 

mssanna 
geroberi 
rämmi 

guten  Tag 

guten  Abend 

Gruss  zur  Verabschiedung  nach  Besuchen 

yebbali 

vebbali 

danke 

biittosi,  bkolio 

Pilz 

kunjära 
ukola  ki 

kunjära 
uköla  ki 
waholü 

uriniren 

was  machst  du? 

Buceros  sp. 

kibuga 
mtone 

miboga 
mtone 

Residenzstadt 

Rindenstoff  mit  schwarzen  Mustern 

massoga 

kissoga 
mojöra 

Ricinus  communis 
Entada  sudanica 

Folgende  Worte  sind  nur  am  Markte  in  Kabreyas  Residenz  gebräuchlich  (Kinyoro) 
(Zur  Vergleichung  mit  den  südl.  Galla- Idiomen!!) 

viaköuga    (gewöhnlicher  Ausdruck;    umenge)  Getränk  aus  Bananen 


djürru  ( 
rumomoro  ( 
kohenda  ( 
rengua  ( 
kjänjoa  ( 
btüma  ( 
karamanjäso  ( 
kabümba     ( 


ndivua 
kisseko 


mondö 


( 

( 
mondo 
nsi 

nkünda 
waibottö 
waisselokötto 
kjivanomue 
kibobo 


megitta)  Butter,  Oel 
ajäta)  Batatas  edulis 
bitoke)  Banane 
miinju)  Salz 
ujämma)  Fleisch 
mwerängo)  Lubia 
issomü)  Lanze 
bussiäni)  Mehl 
muanni)  Kaftee 
mbügu)  Rindenstoff 

Gepard 

Blasebalg 

Cercopithecus  spec. 
Cosmetornis  Spekii 
Chamäleon 
Sternschnuppe 
stumm 


Zur  prähistorischen  Mytliologie. 

Von 

Director  Dr.  W.  Schwartz. 


Mit  dem  Abschluss  des  II.  Tlieils  der  „Poetischen  Naturanschauungen 
der  Griechen,  Römer  und  Deutschen"  in  ihrer  Beziehung  zur  prähistori- 
schen Mythologie  der  betretenden  Völker  beschäftigt,  stosse  ich  auf  ein 
paar  Anschauungen,  welche  für  sich  so  charakteristisch  sind,  dass  sie  wohl 
eine  besondere  Aufmerksamkeit  und  besondere  Behandlung  verdienen.  Sie 
verbreiten  sowohl  Licht  über  höchst  eigenthümliche  und  bedeutsame  Kreise 
von  Mythen,  als  auch  bewahren  sie  schlagend  die  in  Betreff  der  prähistorischen 
Mythologie  zu  befolgende  Methodik,  Dämlich  „durchZusammenstellung  analoger 
mythischer  Elemente  gleichsam  zu  mathematischen  Reihen"  das  verschlungene 
mythische  Gewebe  aufzulösen  und  klar  zu  legen  die  Grundlagen  der 
mythischen  Anschauung  und  somit  die  ersten  Anfänge  menschlichen 
Denkens  in  Betreff  dieser  Kreise  überhaupt  sowie  die  ersten  Versuche 
der  Menschheit,  sich  in  der  sie  umgebenden  Natur  zu  orientiren;  in  welcher 
Beziehung  zunächst  Glaube  und  sprachlicher  Ausdruck,  soweit  sie  dieselben 
Stoffe  betrafen,  sich  gegenseitig  bedingten,  i) 

1)    Der  Sturm,  der  oben  auf  Wolken  ritt, 
Keucht  ächzend  hinterdrein. 

Strachwitz:  Ged.  Leipzig  1877,  S.  38. 

Mit  diesem  Bilde  eröffnet  der  Dichter  eine  höchst  interessante,  weit 
reichende  Perspective  auf  die  mythologischen  Vorstellungen  der  Urzeit.  Ich  habe 
in  dem  ersten  Theil  der  „poetischen  Naturanschauungen "  des  Ausführlicheren 
entwickelt,  wie  die  Sagen  von  dem  den.Athem  benehmenden  Alp- oder 


1)  Erst  kürzlich  habe  ich  in  der  Schrift  „Der  Ursprung  der  Stamm-  und  Gründungssa-je 
Roms  unter  dem  Reflex  indo-germanischer  Mythen"  Gelegenheit  gehabt,  in  Anschluss  au 
Goethe's  Bemerkungen  über  Tropen  kurz  die  Sache  dahin  zu  präcisiren:  , In  jenen  Urzeiteu 
war  das  Auflassen  der  Naturanschauuugen  in  Analogien  und  Bildern  nicht  blos  eine 
poetische  Sprache,  sondern  auch  der  Glaube  mid  das  Wissen  überhaupt  von  ihnen  das 
Material,  an  welchem  sich  die  religiösen  Vorstellungen  entwickelten,  ebenso  wie  die 
unbehülflichen  Anfänge  einer  Naturphilosophie,  so  dass  in  letzterer  Hinsicht  ihre 
Geschichte  dann  gleichzeitig  gleichsam  ein  Antekosmos  im  Humboldt  "sehen  Sinne  ist. 


282  W.  Schwanz: 

Mahrdrücken ,  das  den  Menschen  im  Traume  quäle,  ihre  Ausführung 
und  sagenhafte  Gestaltung  empfangen  hätten  in  Analogie  und  An- 
schluss  an  den  athe  m  b  eklem  men  den  Druck,  welchen  eine  Gewitter- 
wolke, die  sich  über  die  Sonne  (den  Himmel  und  die  Erde)  lagerte  und 
die  man  als  einen  Alp  fasste,  dort  oben  wie  auf  den  Menschen  auszuüben 
schien.  Der  Naturmensch  suchte  sich  nämlich  alle  ihm  fremden,  unverständlichen 
Erscheinungen  durch  Parallelen,  gleichviel,  wo  er  selbige  fand,  zurecht 
zu  legen,  grade,  v\'ie  es  noch  heutzutage  der  ungebildete  wie  gebildete 
Mensch,  Jeder  in  seiner  Weise,  zunächst  zu  thun  pflegt. 

Ebensolche  Wechselbeziehung  zwischen  einem  scheinbar  analogen  himm- 
lischen und  irdischen  Vorgang  scheint  man  nun  auch  beim  Fieber  statuirt  zu 
haben.   „Das  Fieber,"  sagt  J.  Grimm,  M.  1107,  „wird  wie  ein  Alp  betrachtet, 
der  den  „Menschen  reitet,  rüttelt  und  schüttelt,"  ,,der  alp  zuometdich," 
„der  mär  ritet  dich"  heisst  es  "     Es    ist  also  nur    ein    modificirter  Zustand, 
welcher   die  Vorstellung   des  Reitens    in    Folge    der    körperlichen,    anders 
auftretenden  Einwirkung    hineinbringt,    sonst    aber    von    demselben  Wesen, 
dem  Alp  oder  Mahr,  ebenso  wie  der  zuerst  erwähnte,  ausgehen  sollte.    Nun 
hat  Mannhardt  (Germ.   Mythen  S.  771)  schon  in  demselben  Naturelement 
das  ^Reiten"  der  „Wolken"  durch  die  „Sturmesgeister",    zu  denen  auch  die 
Elbe  gehören,    in    derselben  Weise,    wie    es  der  Dichter    oben    reproducirt, 
nachgewiesen.     „Der  Teufel  reitet  z.  B.  die  Hexen;  auch  von  den  Mahren 
heisst  es,  dass  sie  Menschen  „ritten",    besonders  aber  hat  dieser  Ausdruck 
und  diese  Vorstellung  sich  noch  in  Betreff  des  Viehes  und  namentlich  der 
Pferde  erhalten,    die    man    davon    zitternd    und   seh  w  eisstriefend  im 
Stalle  finden   wollte.')     Das  ist   aber    fast    dieselbe  Lage,    in    der   auch  der 
Mensch  sich  befindet,  wenn  ihn  das  Fieber,  d.  h.  der  Alp  „geritten",  und 
so  ist  die  Parallele  und  Uebertragung   jenes    himmlischen  Zustandes,    wenn 
der  Wind  auf  den  Wolken,    sie  im  Unwetter  rüttelnd   und  schüttelnd 
reitet,  auf  den  entsprechenden  des  Fieberkranken  ebenso  erklärlich  wie 
beim  gewöhnlichen  Alpdrücken;    war    man    doch  zumal  in  der  Urzeit  allge- 
mein   geneigt,    alle    plötzlich    eintretenden    Krankheiten    dem    Einfluss    der 
Winde,  noch  in  weit  umfassenderer  Weise  als  heut  zu  Tage  dem  des  „Zuges" 
zuzuschreiben.    Zu   dieser  Vergleichung  hebt  nun  aber  gerade  die  Stelle  aus 
Strachwitz,    und    dadurch    wird    sie   besonders    bedeutsam,    das   passende 
Nebenmoment  charakteristisch  hervor.     Beim   himmlischen  Ritt  „keucht  es 
und  ächzt",  nach  Strachwitz  —  ob  es  der  Reiter  oder  das  Ross  thut,  ist 
mehr  zufällig  und  gleichgültig  —  gerade  wie  der  Fieberkranke,  wenn   es 
ihn  packt  und  schüttelt  und  reitet. 

Dass  die  aufgestellte  Deutung  der  Urzeit  angemessen  und  richtig,  dürfte 
noch  von    anderer  Seite    in    höchst    merkwürdiger  Weise    bestätigt    werden. 


1)  Das  gemahnt  auch  an  die  „schweisslriefenden  Pferde"  im  Tempel  des  Swantewit, 
welche  der  Golt  dann  geritten  haben  sollte. 


Zur  prähistorischen  Mythologfie.  283 

Die  ältesten  Gebräuche  sind,  wie  ich  schon  oft  bemerkt,  meist  Nach- 
ahmungen gewisser  ähnlicher  Vorgänge,  welche  man  am  Himmel  so  vor 
sich  gehend  wähnte.  Nun  finden  wir  bei  den  Esthen  einen  hierher  schlagen- 
den Gebrauch  geradezu  als  Cur,  auf  denselben  Vorstellungen  beruhend.  Der 
Unbefangenheit  des  Urtheils  halber  gebe  ich  die  Stelle  nach  Kreutzwald 
und  Neuss  (Mythische  und  magische  Lieder  der  Esthen.  Petersburg  1  SM.), 
die  ihren  Bericht  ohne  jede  Ahnung  der  obigen  Parallele  und  des  betr. 
Zusammenhangs  fassten. 

Eine  Besprechung  des  kalten  Fiebers  heisst  dort  S.  91 : 

„Weg  der  Graue  zu  Wolfes  Baue! 

In  die  Schneetrift,    in   die  Eistrilt 

Weich'  er,    wo  sein  wohnlich  Erbe. 

Marie  die  heiFge,  der  Sohn  der  heil'ge, 

Mögen  sie  den  Siechen   schützen." 
Zu  dem  ersten  heidnischen  Theil  des  Spruches,  durch  den  das  Fieber  in 
kalte  öde  Gegenden,    wo  es   eigentlich  hingehöre,    gebannt   wird,  be- 
merken die  Herausgeber  nun: 

„Hai  (der,  das  Graue)  dient  für  sich  allein  gewöhnlich  und  sehr  häutig 
zur  Bezeichnung  eines  grauen  Pferdes,  und  das  kalte  Fieber  haben,  heisst 
man  auf  Esthnisch  walged  oder  halli  ajama,  soitma,  d.  i.  das  weisse  oder 
graue  (Thier)  zum  Lauf  antreiben,  reiten.  Man  denkt  sich  also  den  vom 
Fieberschauer  Erbebenden  als  einen  Reiter,  den  die  Bewegung  des 
Rittes  durchschüttelt.  Da  nun  weiter  die  volksmässige  Heilungsweise, 
wie  sie  in  den  Zaubersprüchen  und  sympathetischen  Curen  zu  Tage  hegt, 
*m  weiter  Verbreitung  auf  dem  Grundsatze  Hahnemann's  beruht:  similia 
similibus  curantur,  so  möchte  die  merkwürdige  Behandlung  des  kalten 
Fiebers  bei  den  Tartaren  und  Kalmücken,  obwohl  kein  geschichtlicher  Zu- 
sammenhang derselben  mit  der  esthnischen  Vorstellung  nachgewiesen  ist, 
dennoch  die  letztere  bestätigen  helfen.  Nach  einer  ihm  von  Desbouts 
gewordenen  Mittheilung  erzählt  Masing  (s.  Rosen  plant  er  XH.,  A'2  f.) 
Folgendes:  Tartaren  und  Kalmücken  binden  den  Erkrankten,  sobald 
sich  der  Anfall  des  Fiebers  ihm  durch  Schläge  unter  den  Schulterblättern 
ankündigt,  auf  ein  Pferd,  welches  sie  als  starken  und  unsanlten  Renner 
kennen.  Einer  von  ihnen  setzt  sich  auf  ein  anderes  und  führt  das  erstere 
an  langem  Zügel.  Giebt  nun  beim  Beginn  des  Fiebers  selbst  der  Kranke 
das  Zeichen,  indem  er  spricht:  nun  ist  es  Zeit,  so  ruft  ein  Dritter,  der 
gleichfalls  ein  Pferd  bestiegen  und  mit  einer  Peitsche  bewaffnet  ist,  den 
Pferden  zu  und  treibt  sie  vor  sich  her  zum  fürchterlichsten  Laufe  an, 
bis  sie  im  vollesten  Schaume  sind,  der  Kranke  aber  fast  gänz- 
lich erschöpft  und  die  Fieberkälte  vorüber  ist.  Dann  bindet  man 
ihn  ab,  bringt  ihn  zur  Ruhe  und  bedeckt  ihn  wohl.  Nach  fünf  bis  sechs 
Stunden  Schlaf  erwacht  er,  zwar  sehr  ermattet,  aber  genesen,  und  wird  so- 
fort, weil  er  über  die  Massen  geschwitzt,  umgekleidet." 


284  W.  Schwartz: 

„Leitet  J.  Grimm  a.  a.  0.  S.  1107  das  ahd.  rito  (männlicli)  Fieber  mit 
Recht  von  ritan,  reiten,  ab,  so  scheint  hier  eine  der  esthnischen 
ähnliche  Vorstellung  stattgefunden  zu  haben:  „das  Fieber  wird  als  ein  Ritt 
des  Erkrankten  gedacht  worden  sein."  —  So  Kreutzwald  und  Neuss 
a.  a.  O. 

Wie  oben  im  Himmel  Friede  und  Ruhe  zurückgekehrt  zu  sein  schien, 
wenn  Wind  und  Wolken  sich  (keuchend  und  ächzend)  abgejagt,  musste 
der  Kranke,  welcher  in  denselben  Paroxysmus  verfallen,  es  ebenfalls  auch 
äusserlich  durchmachen,  um  zu  gesunden.  Dass  sich  der  Gebrauch 
lange  gehalten,  hat  wohl  den  realen  Nebengrund,  dass  die  körperliche  Durch- 
arbeitung bei  kräftigen  Naturen  auch  ganz  gut  bekam,  wie  ähnliches  auch 
in  einer  alten  märkischen  Geschichte  charakteristisch  geschildert  wird,  wenn 
sie  aus  dem  Tagebuch  eines  Landarztes  Folgendes  als  von  ihm  gemachte 
und  notirte  Erfahrung  berichtet:  „Erbsen  und  Sauerkohl  ist  gut  gegen  das 
Fieber  bei  Schmieden;  Schneider  sterben  daran."  Wie  dem  aber  auch 
sei,  die  Vorstellung  ist  jedenfalls  bei  den  Esthen  dieselbe  wie  die  oben 
entwickelte,  nur  dass  hier  der  Kranke  den  „Grauen"  reitet,  nicht  von  dem 
betr.  Geist  geritten  wird.  Wie  dies  nur  eine  Modification  ist,  so  führt  auch 
Grimm  ohne  Weiteres  die  von  Kreutzwald  und  Neuss  erwähnte  Stelle  aus 
Rosenplänter's  Beitr.  an  und  zieht  den  Kreis  des  betr.  Glaubens  noch  weiter, 
wobei  zur  Bestätigung  der  oben  aufgestellten  Ansicht  das  gewöhnliche  Alp- 
drücken unddasFie  ber  in  einander  übergeht.  ,, Den  Griechen,  sagt  J.  Grimm, 
ware/Tm/wX/yc,  fy/a/r/jig  wörtlich  „Aufspringer",  ein  dämonischer  incubus,  alb, 
der  das  nächtliche  fieberhafte  Alpdrücken  verursacht.^)  Gleichwohl  ist 
riTciaXrjq,  riTr.LÖlrjg  alp  und  iqniaknc,  ^niolng  Fieber,  Fieberfrost,  Aus- 
drücke, welche  die  Grammatiker  durch  verschiedene  Betonung  zu  sondern 
trachteten." 

Geht  so  die  erwähnte  Anschauung  in  die  ältesten  Zeiten  hinauf,  wo 
Alles  grobsinulich  roh  gefasst  wurde,  so  ist  es  höchst  lehrreich  für  die  Glau- 
bensgeschichte der  Menschheit,  wahrzunehmen,  wie  der  Anschluss  derartigen 
Aberglaubens  an  reale  Verhältnisse  des  Lebens,  speciell  was  das  gewöhn- 
liche Alpdrücken  anbetrifft,  bewirkt  hat,  dass  nicht  blos  die  Bezeichnung 
mit  den  alten  Sagen  noch  theilweise  heutzutage  fortlebt,  sondern  dass  die 
Sache  noch  ganz  andere  Anknüpfungspunkte  gehabt,  noch  ganz  andere 
Scelenzustände  unter  den  furchtbarsten  Folgen  für  Tausende  in  seinen  Bereich 
hineingezogen  hat.  Ich  reihe  in  diesem  Sinne  an  das  Obige  noch  einige 
Bemerkungen  an  über: 

Den    Incubus    des  Mittelalters    und    die  sogenannten 
Teu  felsbuhl  Schäften. 
Der  Alp   umtasst    nämlich    nicht    blos    den  Traurazustand,    an    dem 
viele  Menschen    leiden,    wo,    wenn  das  llerz    durch   die  Lage   des  Körpers 


1)  Auch  bei  demselben  ist  mau  leicht,  weuu  man  aufwacht,  in  Schweiss  gebadet. 


Zur  prähistorischen  Mythologie  285 

gedrückt  wird,  Beängstigungen  eintreten,  so  dass  der  Mensch  unter  ent- 
setzlichem Druck  stöhnt,  das  Gefühl  hat,  erdrückt  oder  erwürgt  zu 
werden,  ohne  sich  dagegen  wehren,  überhaupt  sich  bewegen  zu  können, 
sondern  nimmt  auch  einen  sexualen  Charakter  an.  Der  Aberglaube  lässt 
Männer  von   Frauen   und   Frauen   von  Männern  gedrückt  werden.') 

Der  Glaube,  dass  es  eine  in  derartigen  Träumen  gewissermassen  real 
sich  bekundende  Geis  ter  weit  gäbe,  an  der  nur  ,, zauberkundige"  Men::chen 
(Hexen  u.  dergl.)  dann  sich  betheiligen  könnten,  war  das  alte  Substrat,  so 
dass,  als  man  im  Mittelalter  derartige  Wesen  dann  mit  dem  Teufel  und 
seinem  Anhang  in  Verbindung  brachte,  der  Waim  der  Teufelaustreibungen 
und  die  damit  verijundenen  Hexen  Verfolgungen  dem  Alpdrücken  auch  eine  Art 
Methode  und  Theorie  unterlegte,  indem  man  dasselbe  als  Teufelsbuhlschaft 
fasste.  Man  erörterte  U.A.  nun  ernsthaft,  ob  solche  Buhlschaften  productiv 
sein  könnten,  und  stieg  dabei  in  die  Interna  der  Sache  in  einer  Weise  hin- 
ein, die  uns  die  ganz  rohe  Grundlage  des  betr.  Glaubens  nach  dieser 
Seite  hin  enthüllt.  Man  unterschied  Incubus  und  Succubus,  von  denen 
der  erste re  die  Frauen,  der  letztere  die  Männer  im  Schlafe  heim- 
suche. Der  Teufel,  meinte  man,  sei  an  sich  unproductiv,  wenn  er  aber 
als  Succubus  den  Samen  eines  Mannes  empfangen,  könne  er  denselben 
als  Incubus  einer  Frau  mittheilen  und  so  zeugen.-)  In  dieser  Aus- 
führung treten  also  deutlich  als  Urgrund  dieser  Seite  des  sexualen  Alp- 
drückens wollüstige  Träume,  in  denen  Geister  den  Schlafenden  zu 
besuchen  schienen,  hervor.  Es  bestätigt  sich  auch  hier  wieder,  worauf  ich 
schon  bei  anderer  Gelegeuheit  hingedeutet  habe,  dass  das  Seelenleben  im 
Traum  eine  grosse  Rolle  in  den  mythischen  Vorstellungen  der  Völker  zu 
allen  Zeiten  gespielt. •*)     Wie  das  Erscheinen  Verstorbener   den  Glauben  an 


1)  Dass  dies  mit  eine  der  primitivsten  Seiten  des  betr.  Aberfjlaubens  w;ir,  zeigt  die  ge- 
glaubte Parallele  mit  der  Gewitterscenerie,  wo  man  entsprechend  meinte,  dass  der  betr. 
Geist  die  Sonnenjungfrau  beschleiche,  wie  es  übereinstimmend  griechische,  römische 
und  deutsche  Sage  vom  Zeus,  l'"aunus  und  Ouhin  (in  Gestalt  di-r  Blitzschlange)  geschehen 
lässt.  (cf.  Seh  war  tz:  ,Zur  Methode  der  Mythenforschung'  in  den  Jahrbüchern  für  classische 
Philol.  1877.  S.   177  iV.) 

2)  P.  Gaspar  Schottus,  Societ.  Jesu,  behandelt  dies  in  s.  Physica  curiosa  v.  J.  1697,  Herbi- 
poli.  Lib.  I.  Pars  11.  Caput  22:  An  ex  Daemonis  concubitu  cum  lemiiiis  possit  ac  soleat  nasci 
proles  folgendermassen:  Posse  id  coiitingere  et  vero  etiam  non  semel  cofttigisse  multorum  sermoni- 
bus  ac  scriptis  prodiium  est.  Quod  quiilem  credibile  valde  fit,  si  quomodo  commixtio  et  impraeg- 
natio  Diiemoiiis  ope  fieri  possit  exi)iicetiir.  lostatus  q.  Ü  in  cap.  ^  Genes,  rem  ita  expiicat.  Daemones 
semcn  fundere  uequeunt,  cum  corporei  non  sunt,  nee  babeint  unde  semen  decidant.  sed  ex 
viris  acceptum,  ipsi  mulieribus  infundunt.  Duo  autem  t^unt  eorum  genera  Aliquando 
daemon  succubus  est,  aliquando  incubus;  piius  lamen  succubus  est,  quam  incubus. 
Nam  cum  viri  noc  turno  semine  poUuuntur,  ibi  daemon  succubus,  corpore  ex 
aöre  in  speciem  muliebrem  figurato,  semen  accipit,  servatque  ne  Spiritus  ejus 
exhalotur,  quo  sit  aptum  generationi:  deinde  sexu  transformato,  induens  speciem 
viri,  virile  semen,  quod  acceperat,  in  muliebrem  u  ter  um  iuserit! 

:\)  „Culturhistorische  Studien  in  Fliusberg"  im  .Ausland".  No.  10  des  Jahrg.  1878.  Vergl. 
auch  Vergil  X.  640  tV.,  wo  Juno  ein  Schemen  des  Aeueas  bildet,  um  den  Turnus  zu  täuschen, 
und  es  heisst: 


286  W.  Scliwartz: 

das  Fortleben  derselben  anderswo  realiter  zu  geben  schien,  so  sehen  wir 
von  dem  Alpdrücken  der  Urzeit  bis  zu  den  mit  Feuer  und  Schwert  ver- 
folgten angeblichen  Teufelsbuhlschaf'ten  einen  analogen  Glauben  eines  vorhan- 
denen Yerkehrs  mit  den  Geistern  und  Gespenstern,  an  allerhand  natürliche 
Verhältnisse  sich  anknüpfend,  fortziehen.^) 

2)    Die  Sonne  wälzt  ihr  sprühend  Rad 

In's  abendkühle  Wogenbad,         (Strachwitz,  Ged.  S.  154.) 

Mit  diesen  Versen  entscheidet  der  Dichter,  wie  ich  ghiube,  endgültig, 
eine  interessante  mythologische  Streitfrage,  und  zwar  durch  die  gewisser- 
massen  typische  Form,  in  welche  er  die  Anschauung  kleidet,  so  dass  man 
ein  stehendes  BihI,  einen  stehenden  Ausdruck  erhält;  ähnlich  wie  unter 
anderem  Reflex  das  homerische:  ///«ot;  d' HaXtng  /nETevloaeTo  ßovlvznvÖE. 
Denn  darin  hat  Perthes  Recht,  nicht  jede  Anschauung  ist  mythologisch 
productiv  gewesen,  sondern  es  gehört  dazu,  dass  sie  einen  gewissen,  allge- 
meinen typischen  Anstrich  ha^.te. 

Nun  zur  Sache  selbst.  Kuhn  hatte  in  seinem  Buche  über  die  Herab- 
kunft des  Feuers  des  Jxion  feuriges  Rad,  welches  dieser  zur  Strafe  für 
seineu  Angriff  auf  die  Hera  (resp.  Nephele,  die  Wolke)  rastlos  wälzen 
sollte,  auf  das  Sonnenrad  bezogen,  und  Pott  ihm  darin  beigestimmt.  Nach 
Kuhn  sollte  dann  Ixion  etymologisch  „der  Achsen-  resp.  der  Radträger" 
heissen.  Gewisse  Untersuchungen  hatten  nun  mich  im  Urspr.  d.  Myth.  und 
den  ,, Poetischen  Naturanschauungen"  daljin  geführt,  dass  ich  im  Anschluss 
z.B.  an  die  Darstellung  des  Blitzes  bei  Hesiod,  wo  es  heisst:  ot  xeoavrol 
no'c  äovTo  —  i6(;^j'  (plöyn  lH  vtpn  ojvi  eg  (liinwirbelndj  ein  Herabrollen 
feuriger  Räder  im  Gewitter  als  alten  Glauben  annahm  und,  nachdem  ich  es 
in  anderen  mythischen  Kreisen  ausgeführt,  vom  Ixion  sagte  (P.  Ansch.  S.  98): 
„Kuhn  und  Pott  beziehen  Ixion's  Rad  auf  das  Sonnenrad,  da  wäre  die  rota 
altivolans  des  Lucrez,  und  Kuhn  will  demgemäss  Ixion  mit  Achsenträger 
oder  Radträger  übersetzen;  die  das  fliegende  Rad  umwindenden 
Schlangen  weisen  aber  anderseits  wieder,  wie  das  ganze  Höllenlocal 
(welches  man  am  Himmel  im  Gewitter  heraufziehend  wähnte  und  in 
das  ixion  versetzt  wird)  mehr  auf  das  Gewitter  hin,  wie  ich  Urspr,  S.  82  f. 
dargelegt  habe. 


Dat  sine  mente  souum,  gressusque  etfingit  euntis; 

Morte  obita  quales  f;ima  est  volitare  figuras, 

Aiit  quae  sopitos  deludunt  somnia  sensus. 
Verfrl.  wie  I'atrorlus  beim  IJumer  dem  Acliill  erscheint,  oder  Hcctor  im    blutigen  Staube, 
wie  er  gefallen,  dem  Aeneas  bei  Vergil. 

1)  Auch  in  Uetreff  Amerika's  finde  ich  nachträglich  noch  in  Müllers  (Jeschichte  der 
amerikanischen  Urreligionen  folgende  Stelle.  Er  sagt  S.  171  von  den  Columbia-Indianern,  „sie 
lebten  in  einer  bestilndigen  Furcht  vor  den  Geistern,  den  Zemes.  S.  Baum  garten  II.  624. 
Man  kann  sich  auch  darob  nicht  verwundern,  denn  bei  Tag  und  bei  Nacht,  im  Traum 
und  im  Wachen  beängstigen  sie  die  Menschen.  Ik-sonder.N  erscheinen  sie  ihnen  häufig  im 
Traum,  indem  sie,  wie  der  Teufel  in  den  He xenprocessen,  die  Weiber  zum  Beischlaf 
zu  verführen  suclieu  und  dann   verschwinden." 


Zur  priiliistorischeu  ilytholo^ie.  287 

M  an  nhar  dt  wendet  sicli  in  seiner  neuesten  Schrift:  „Die  Wald-  und  Feld- 
culte",   in  der  er  meist  mit  einem  gewissen   Nachdruck    gegenüber   der   auch 
von  ihm  bisher  in  der  vergleichenden  Mythologie  befolgten  Richtung  Stellung 
zu  nehmen  trachtet,  mit  einem  langen  Excurse  gegen  die  obigen  Deutungen  und 
findet    im    Ixion    „den    Wirbelwind",    im    „Rade"    die  „Umdre h ung  einer  • 
Trombe."    Wenn  er  sich  S.  84  auf  eine  griechische  Auffassung  dabei  bezieht, 
die  da  sacft:    noo'nicooDlai  di  i'vioi,  loq  -/.cd  iiavtiri  o  'littov  OJi;  y.ui  <h6oh/.vöqg 
xcd  Tr)v  errl  xnv  'i{t<r/<)v  ytö'KuüLv  avcoj  jcuof^yxey^tioTJuuatv.   vtco  yao  öirr^Q 
x(d  iyvallqg  avxov  f.l;a(>rcaoO  arc  a  (piictQrjvai  cpaoiv,  so  glaube  ich,  dass 
ich  dies  ebensogut,  ja  noch  eher  für  meine  Auffassung  anführen  könnte.    Und 
wenn  er   dann  weiter    sagt:     „Ein  Knabe    aus  Zoppot    beschrieb    mir  1864, 
sein  Vater  habe  auf  der   Chaussee    nach  Koliebke    ein    feuriges    Had    mit 
grossem  Geräusch  „schisch,    schisch"    in    horizontaler  Lage    fliegend  sich 
fortbewegen  sehen,    so   dürfte  doch  eine  solche  immerhin  sehr  vereinzelte 
Erscheinung  (und   Auffassung),    abgesehen    von    allem  Anderen,    schwerlich 
als    Grundlage    einer    allgemeineren    mythischen    Vorstellung    anzusehen 
sein.')     Das  Uebrige    aber,    was    Mannhardt    weiter    ausführt,    trifft    den 
Kardinalpunkt  weniger,  so  dass  es  in  keiner  Weise  meine  Ansicht  erschüt- 
tert.    Es  bekommt  überdies  durch  einige  Momente  seine  Deduction  trotz  der 
Reichhaltigkeit  der  Untersuchung,  welche  stets  Mannhardt's  Arbeiten  aus- 
zeichnet,   hier    (wie    auch   z.  Th.   anderweitig)    eine   etwas  schiefe  Richtung. 
Erstens  durch  seinen  sogen,  historischen  Standpunkt,  den  er  in  dem  Glauben, 
so  mit  der  alten  Zunft  der  klassischen  Mythologen  sich  leichter  vermitteln  zu 
können,  überall  prononcirt  geltend  machen  möchte,  während  die  betr.  Grund- 
sätze, so  weit  sie  ausführbar  sind,  ja  von  Jedem  sofort  zugegeben  werden; 
ihre  principielle  und  einseitig  mechanische  Geltendmachung  aber  auf  diesem 
Gebiete,  wie  schon   Otfried  Müller  s.  Z.  ausführte,  jede  Forschung  ebenso 
leicht  corrumpirt,  als  geradezu  unmöglich  macht.    Dann  verkehrt  Mannhardt, 
abgesehen  davon,  dass  er  gern  die  Vorstellung  von  „Seelen"  hineinbringt,  wo 
höchstens  von  ,, Geistern"  die  Rede  oder  das  Ding  „realiter'' als  „lebendig" gefasst 
ist,  noch  besonders  den  ,, Ursprung"  der  Mythen,  indem  er  sie  individuel  localiter 
aus  Baum-,  Wald-  und  Feldculten  erklären  möchte,  während  umgekehrt  die 
Wesen    in    den    atmosphärischen   Erscheinungen    des  Himmels  Leben 
und  Gestalt  bekamen  und  sich  dann  in  die  übrige  Welt,  in  Wald  und  Feld 
(wie  auch  in  das  Wasser)  einfügten  und  auch  dort  thätig  zu  sein  schienen. 
Endlich  stellt  er  sich  z.  B.  gerade  in   den    bei    der  Ixion -Sage  behandelten 
Partien,  wo  er  meine   Deutungen  der  Cyclopen- Sagen  angreift,  auch  auf  den 
falschen  Standpunkt  der  bisherigen  klassischen  Mythologie,  als  hätte  es  ein 
System  der  einzelnen  Mythen  im  Volke  gegeben,   während  im  Gegentheil 


1)  Wie  viel  Menschen  dürften  lilierhaiipt  eine  derartige  feuri}re  Trombe  —  das  Factum 
selbst  zugegeben  —  sehen?  Vergl.  im  Uebrigeu  ilaunhardt  selbst  u  a.  0.  Vorrede  XXIV 
unten. 


288  W    Schwartz: 

die  volksthümliche  Anschauung  die  mannigfachsten  Vorstellungen  neben 
einander  localiter  und  zeitlich  entfaltete,  und  erst  allmählich  dann 
eine  einheitliche  Verarbeitung  stattfand,  j«  gemeinsamer  die  Tradition 
sich  historisch  (namentlich  etwa  unter  dichterischem  Einfluss)  gestaltete. 
Ich  musste  dies  ausführen,  um  eben  darauf  gestützt  erklären  zu  können,  dass 
Mannhardt's  weitere  sich  an  den  Ixion  schliessenden  Expositionen  mich 
nicht  für  seine  Ansicht  gewonnen  haben. 

Die  obige  Stelle  aus  Strachwitz  also,  um  zu  ihr  zurückzukehren, 
bietet  für  die  täglich  wiederkehrende  Erscheinung  der  Sonne  ein  so 
plastisch  typisches  Bild  und  stellt  sich  so  ganz  zu  analogen  indischen,  dass 
sie  entschieden  den  Ausgangspunkt  der  ganzen  Vorstellung  bezeichnen  dürfte. 
Voraussetzung  ist,  dass  jenseits  des  sichtbaren  erst  der  wahre  Himmel 
ist,  aus  dem  einzelne  Wesen  dann  in  die  Erscheinung  dort  oben  am 
sichtbaren  Himmel  in  besonderer  Weise  treten. 

In  den  Poet.  Ansch.  habe  ich  in  dieser  Hinsicht  z.  B.  auf  ein  höchst 
plastisches  Bild  von  Tegner  hingewiesen,  nach  welchem  die  Sonne  eine 
goldhaarige  Jungfrau  sei,  die  (wegen  TrotzJ  aus  dem  (oberen)  Himmel 
verwiesen,  einsam  ihre  Bahn  dort  oben  wandeln  müsse,  bis  sie  würde 
erlöst  werden,  gerade  wieHesiod  von  solchem  durch  irgend  eine  Schuld 
herbeigeführten  Verweisen  von  göttlichen  Wesen  berichtet,  die  nach 
vielen  Kämpfen  erst  wieder  in  den  oberen  Himmel  eingehen  sollten. 
Das  weist  für  die  prähistorische  Zeit  der  griechischen  Mythologie  auf  einen 
entsprechenden  allgemeinen  Volksglauben  der  Art  zurück,  wie  wir  ihn 
vorher  gekennzeichnet.  Nun  finden  wir  im  Indischen  Stellen,  wo  bestimmt 
von  einem  solchen  Drehen  des  Sonnenrades  die  Rede  ist,  z.  B.  wenn 
es  in  einem  Hymnus  heisst:  „Der  Sonnengott,  er  tritt  hervor,  der  Beieber 
der  Menschen,  der  grosse  wogende  Lichtglanz  der  Sonne,  indem  er  das- 
selbe Bad  umzudrehen  wünscht,  das  sein  Boss  Etasa,  an  das  Gespann 
gefügt,  zieht.""  (M.  Müller,  Vorlesungen  über  die  Wissenschaft  d.  Sprache. 
Leipzig  1806.  II.  S.  457.)  Was  hier  in  entwickelter  Auffassung  vom 
Standpunkt  göttlicher  Wesen  als  eine  Wohlthat  derselben  für  die  Welt  er- 
schien, und  was  man  dann  allmälig  einem  Boss  beilegte  oder  zu  einem  Wagen 
erweiterte,  auf  dem  der  Gott  einherfuhr,  das  galt  in  seiner  rastlosen  Be>vegung 
dem  rohen  Naturmenschen  zunächst  als  eine  Strafe  irgend  eines  Wesens  dort 
oben,  nämlich  rastlos  Tag  für  Tag  das  feurige  Rad  am  Himmel  aufund 
ab  zu  wälzen  (cövov  anavGTov  exeiv  «A««?'),  gerade  wie  der  tropfe  In  de  Regen 
die  Sage  von  den  Danaiden  und  ihren  Fässern  dort  oben  erzeugte,  oder  die 
aufgehängte  Wetterwolke  (die  Hera  bei  Homer  in  der  bekannten  Stelle) 
die  Vorstellung  von  einem  Wesen,  das  dort  zur  Strafe  aufgehängt,  her- 
vorrief, oder  die  Fesselung  des  Sturms  auch  nicht  bloss  als  Abwehr, 
sondern  wie  z.  B.  noch  beim  Prometheus  als  Busse  gefasst  wurde.  Eine 
Zusammenstellung    aller    dieser  Himmels-  (und  Höllen-)  Strafen    giebt 


Zur  prähistorischen  Mythologie.  289 

eine  Stelle  bei  Norrnus  Dion.  H5,  279  ff.,  wo  Zeus  die  Hera  daran  erinnert, 
wie  er  sie  einst  gefesselt  und  in  den  Wolken  aufgehängt,  und  dann 
sagt: 

<)^üo>  oug  nakäf-iag  y^Qvotdj   rcäliv  rOudi  deo/LKii. 

AQea  ö* aQ^ayieo oiv  dkvxroneörioi  neörjow 

eig  zQoxov  ai  roy.v'/.iOT nv^  n(.iöÖQn(xnv,  OLog  aXrjTrjQ 

Tävxalng  ^e()6q)niTog  rj  ^l^iiov  /titTavciOTrig. 

xat  (.iiv  aval^r'iToio IV  ohiv  n^r^y/joiv  if-tanaw, 

elgöics  viifTJoeiev  ef.idg  ticuq  vitag  IvötZv. 

Wenn  ich  so  die  Sonne  als  den  Ausgangspunkt  mit  Kuhn  und  Pott 
tür  das  Richtige  halte,  wie  auch  Soph.  Antig.  noch  von  xQoyovg  a^uV.rjTrJQag 
rilLnv  spricht,  so  meine  ich  doch,  dass  der  von  mir  oben  angedeutete  Ueber- 
gang  in  die  Gewitterscenerie  damit  nicht  ganz  ausgeschlossen  sei.  Wie 
sonst  das  Sonnenrad,  der  Sonnen  wagen  in  das  Gewitter  einrückt, 
im  r31itz  :tn  jenem  gehämmert,  der  Sonnenwagen  zum  Donnerwagen 
wurde,  so  entstanden  aus  dem  einen  tiadträger  viele,  die  man  dann  dort 
oben  herumgewälzt  zu  erblicken  glaubte,  wie  es  denn  auch  bei  den  Griechen 
überhaupt  als  eine  allgemeine  Strafe  der  Bösewichter  im  Himmel  wie  auf 
Erden  schliesslich  galt,  aufs  Rad  geflochten  zu  werden  i) 

3)  J.  Mosen  sagt  in  der  Beschreibung  des  Gemäldes  ,,Der  Judenkirchhof' 
von  Jacob  i^uisdael: 

„Ein  Gewitter  zieht  wolkenquirlend  am  Himmel  vorüber.'' 

Mosen  reproducirt  hier  unbewusst  eine  der  ältesten  Vorstellungen  in- 
discher Mythologie,  welche  ich  nach  Kuhn 's  Darstellung  in  meinem  Buche 
„Der  Ursprung  der  Mythologie  u.  s.  w.^',  Berlin  1860,  S.  45  so  gedeutet  hatte. 
Ehe  ich  die  betr.  Stelle,  wie  ich  sie  vor  nunmehr  19  Jahren  niederschrieb, 
abdrucke,  schicke  ich  zum  Verständniss  auch  für  weitere  Kreise  voraus, 
dass  nach  gemeinsamen  uralten  Vorstellungen  fast  aller  mythetibildenden  Völker 
mau  im  Gewitter  neben  verschiedenen  anderen  Auffassungen  auch  eine 
geheimnissvolle  Neuschöpfung  irgend  welcher  Art  nach  der  üeber- 
windung  der  eingebrochenen  Dunkelheit  vor  sich  gehend  wähnte,  bei 
welcher  nun  in  dem  Bilde,  von  dem  ich  hier  rede,  die  Gewitterwolke 
als  Berg,  der  Blitz  als  Schlange  resp.  Strick  eine  Rolle  spielte,  der 
„umwölkte"  Himmel  als  „ein  Wolkenmeer  weisslicher  Art",  als  ein  wunder- 
bares Milchmeer  erschien,  wie  mau  in  Analogie  noch  heut  zu  Tage  einen 
„weisslichen"  lierbstnebel  am  Schwarzwald  „einen  Milchnebel''  nennt,  die 
Winde  endlich  dabei  als  die  agir enden  Wesen  galten. 

Dies  vorausgeschickt,  gebe  ich  nun  die  betr.  Stelle:  „Der  von  Kuhn 
entwickelten  Feuerbereitung  durch  dasDrelieu  des  Mant  hala-Holzes 
in  der  Nabe    eines  Rades,    welches    man    im  Himmel    (im  Gewitter)  dazu 


1)  fv9a  Sri  (in  der  üuterweit)  j(  imv  xtcxiöy  ov  nda/ovai  (liie  Brisewichter;  m oiß/.o  i- 
fxivol  ii  xni  xntöiLtfyot,  x(i\  vnh  yvrnüv  ta^iöiitvoi  xa'i  njo/w  a  t  uti  fotq:  (nöfif- 
voi  xcu  Ui)ov<;  ai'axvUoviti;  Lucian  de  liutu.  8. 

Zeitschrift  für  Ethnologie.    Jahrg.  lS7a.  20 


290  W.   Schwartz: 

benutzt  wähnte  (nämlich  des  Sonnenrades),  stellt  sich  die  Umquirlung 
des  ]Milchmeers  mit  dem  M  andaraberg  als  Butterquirl  zur  Seite;  beides 
glaubte  man  in  analoger,  doch  verschieden  gewandter  Auffassung  jener  Urzeit, 
welche  erst  die  ersten  Elemente  des  Lebens  kannte  und  welcher  Butter- 
und Feuerbereitung  ein  Haaptelement  war,  im  Gewitter  vor  sich  gehen 
zu  sehen.  Nun  berichtet  Kuhn  weiter,  dass  um  diesen  Mandaraberg  die 
Schlange  Cesha  als  Strick  der  Sage  nach  gelegt  gewesen  sei,  an  welchen 
Deva's  und  Asureu  von  beiden  Seiten  gezogen  (d.  h.  den  Stock  wie  einen 
Drillbohrer  in  Bewegung  gesetzt  hätten).  Da  haben  wir  also,  fuhr  ich 
fort,  nach  unserer  Deutung  der  Schlange  ganz  sichtlich  den  Wolken- 
berg im  himmlischen  Milchmeer,  um  den  nach  altindischer  Auffassung 
die  Blitzesschlange  geschlungen  und  der  so  als  Butterquirl  von  den 
himmlischen  Wesen  (den  Sturmeswesen)  hin  und  her  gedreht  wird. 
Die  Schilderung,  schloss  ich,  welche  der  Maha  Bharata  von  dem  Vorgange 
giebt,  bringt  auch  noch  einzelne  besonders  zu  der  angeführten  Scenerie 
passende  Züge  hinzu.  Die  Schlange  Vasuki  nämlich,  wie  sie  hier  heisst, 
spie,  während  sie  hin-  und  hergezogen  wurde,  Feuer,  Rauch  und 
Wind  in  einem  Strome  aus  ihrem  Rachen;  diese  stiegen  wie  eine  blitz- 
schwaugere  Wolke  in  die  Höhe  und  senkten  sich  wieder  auf  das  müde 
Heer  der  himmlischen  Arbeiter  herai).  —  Um  den  herumgetriebenen 
Berg  brüllte  das  Meer  (d.  h.  das  Wolkenmeer  also)  wie  der  dumpfe 
Donner  einer  Wolke;  Feuer  bedeckte  plötzlich  den  Berg  mit  Flammen 
und  Rauch,  gleich  einer  dunklen  Wolke,  aus  welcher  Blitz  auf  Blitz 
herabfährt.  —  Da  schickte  der  unsterbliche  Indra  eine  Wolke,  die  durch 
starken  Regen  den  Brand  löschte." 

Als  ich  die  obige  Stelle  niederschrieb,  konnte  ich  für  das  im  Mittel- 
punkt des  Bildes  stehende  Umquirlen  der  Gewitterwolken  keinen 
sprachlichen  analogen  Ausdruck  beibringen.  Die  oben  aus  Mosen  bei- 
gebrachte Stelle  bietet  jetzt  die  vollste  Parallele.  Und  so  habe  ich  wohl 
nicht  nöthig,  weiter  etwas  hinzuzusetzen,  als  dass  die  göttlichen  Wesen  dort 
oben  nicht  Butter,  sondern  den  himmlischen  Lichttrank,  das  Amrta, 
d.  h.  das  neue  Sonnenlicht  (als  eine  Flüssigkeit  gedacht')  zu  quirlen 
schienen. 

4)  Körner  sagt  in  seinem  Gedicht  Amphiaraos: 

Wild  schnauben  die  Hengste,  laut  rasselt  der  Wagen, 

Das  Stampfen  der  Hufe  zermalmet  die  Bahn. 

Und  schneller  und  schneller  noch  rast  es  heran, 

Als  galt  es  die  flüchtige  Zeit  zu  erjagen. 

Wie  wenn  er  die  Leuchte  des  Himmels  geraubt, 

Kommt  er  in  den  Wirbeln  der  Windsbraut  geflogen. 
Diese  Stelle    hatte    ich  schon   in    einem  Aufsatz    über    die  Prometheus- 
Sage  herangezogen,  welchen  ich  1871   in  Kuhn's  Zeitschr.  f.  vergl.  Sprachf. 
1)  Poet.  Naturansch.  I.  S.  22  ff.  u.  28  ff. 


Zur  prähistorischeil  Mytholoj^ie.  291 

veröffentlichte.  Nachdem  Kuhn  (die  Herahkunft  des  Feuers  u.  s.  w.)  den 
praraantha  im  Indischen  als  den  Drehstab  bei  der  Feuer  bereitung  und  die 
sprachliche  Beziehung  des  Wortes  pramantha  zum  griechischen  Pro- 
metheus nachgewiesen  hatte,  welcher  bekanntlich  das  Feuer  vom  Himmel  ge- 
raubt und  den  Menschen  gebracht  haben  sollte,  hatte  ich  die  betr.  Anschauungs- 
kreise weiter  im  Anschluss  an  die  obige  Stelle  verfolgt  und  war  schliesslich 
zu  dem  Resultat  gekommen,  dass  Prometheus  ursprünglich  auf  den 
Wirbelwind  zu  beziehen  sei.  Ich  schloss  in  diesem  Sinne  den  betr. 
Artikel:  Wie  die  Wurzel  manth  ursprünglich  „wirbeln",  ,, kreiseln",  plattd. 
„küseln"  bedeutet,  verhielte  sich  pramantha  zu  Prometheus,  wie  etwa  die 
Ausdrücke  ., Kreiselbohrer"  zu  ,, Kreiselwind"  oder  schlechtweg  ,.Küsel". 

Zu  dem  Bilde  bei  Körner  kann  ich  jetzt  noch  eine  Parallele  stellen. 
Im  „Ansiedler  im  Westen"  von  Street,  übersetzt  von  Freiligrath  (C. 
Menzel,  Gesänge  der  Völker)  heisst  es  S.   72: 

Sieht  zu  der  Windsbraut  Ungestüm, 

Die  Föhren  niederreisst  im  Grimm, 

Das  Licht  des  Tages  stört. 

Wenn  sie,  ein  fegend  üngethüm, 

Heulend  vorüberfährt. 
War  so  zunächst  der  Wirbelwind  der  Feuerräuber  (wie  sonst  der 
y€{>avv(')Q  als  TvoipnQog  bezeichnet  wird),  so  wurde  er,  wenn  er  in  dem  zur  Erde 
hernieder  schiessendeu  Blitz  den  Menschen  dasselbe  gebracht  zu  haben 
schien,  zum  Wohlthäter  der  Menschen,  der,  wenn  er  dafür  vom  Zeus  ge- 
fesselt galt,  für  die  Menschen  litt.  Ist  das  Fesseln  speciell  noch  in 
demselben  Naturkreis  insofern  begründet,  als  es  eine  ganz  gewöhnliche  Vorstellung 
war,  den  Wind  für  gefesselt  und  nur  gelegentlich  losbrechend  zu 
halten,  so  beginnt  mit  der  Verbindung  der  betr.  Natur  demente  und 
der  Motivirung  des  geglaubten  Leidens  des  agirenden  Wesens  die 
ethische  Phase  der  Entwickelung  des  berühmten  Mythos,  welche  dann  bei 
Aeschylus  culminirt. 

Posen,  November  1878.  W.  Schwartz. 


•20* 


292  Miscellen  und  Bücherschau. 


Miscellen  und  Bücherschaii. 


In  der  Sitzung  des  anthropologischen  Institutes  in  London  am  11.  März  hielt 
E.  B.  Tylor  einen  Vortrag  über  die  geographische  Verbreitung  der  Spiele  und 
führte  die  Spiele  Polynesiens  und  Amerikas  als  Beweis  dafür  an ,  dass  eine  von  Asien  ausge- 
gangene civiiisireude  Strömung  jene  Regionen  erreicht  haben  müsse,  bevor  sie  Europäern  be 
kannt  wurden.  Das  Damenbrettspiel  auf  den  Sandwichsinseln  und  Neu-Seeland  sei  nicht  unser 
modernes  Spiel,  sondern  anscheinend  eine  dem  alten  klassischen  Brettspiele  verwandte  Abart 
(welche  wie  Tylor  gefunden,  sich  noch  heutigen  Tages  in  Aegypten  erhalten  hat).  Es  mag 
von  Ost-Asien  her  nach  den  Südsee-Inseln  gekommen  sein,  so  wie  das  Drachensteigen,  das 
mit  Geschick  geübt  wurde  und  vielleicht  schon  vor  der  verhältnissmässig  neuen  Einführung 
der  Drachen  in  England  bekannt  war.  F.  Jagor  (aus  Times  März  13.  1879). 


Description   pliysique    de    la   Republique   Argentine   d'apres   des    obser- 

vatious  personnelles  et  etrangeres  par  le  Dr.  H.  Burmeister.    T.  V.  Lepidop- 

teres.     I  part.  8.  524  p.     Avec  Atlas  de  XXIV  planches.  in  4to.     Buenos 

Ayres,  Paris,  Halle  1878. 

Das  hiermit  angezeigte  grossartige  Unternehmen  des  Sub  Titulo  genannten  ausge- 
zeichneten Forschers  behandelt  1.  die  Geschichte  der  Entdeckung  und  die  Geographie,  2.  die 
Klimatologie  und  Geoguüsie,  3,  4,  die  Botanik  und  Zoologie  des  weiten  und  wichtigen  Landes. 
Bd.  III  und  IV  stehen  noch  aus.  Die  erste  Abtheilung  des  V  Bandes,  welche  die  Tag-,  die 
Dämmerungs-Falter  und  die  Spinner  umfasst,  ragt  durch  klare  und  gediegene  Darstellungs- 
methode hervor.  Hier  gewinnt  die  bisher  noch  vielfach  dunkel  gewesene  Metamorphose  der 
Insecten  sehr  beträchtlich  an  Aufklärung.  Die  das  Werk  begleitenden,  u.  A.  höchst  sonder- 
bare Entwicklnngsformen  der  argentinischen  Schmetterlinge  darstellenden  Farbentafeln  zeigen 
eine  sehr  schöne  Ausführung.  H. 

Berichtigung. 

Hinsichtlich  des  S.  118  Jahrganges  1879  von  mir  erwähnten  Dragomanes  der  C.  Hagen- 
beck'schen  Nubierkarawane  V.  Calleja  aus  Alexandria  (in  Aegypten)  schreibt  mir  Herr 
Hagenbeck,  dass  jener  von  den  Bejah  bei  mir  so  hart  verklagte  Mann  sich  stets  durch 
treues  und  rechtschaffenes  Wesen  ausgezeichnet  habe.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  auf 
die  Argumente  jener  jetzt  fern  in  ihrer  fleimath  weilenden  Afrikaner  zurückzukommen.  Allein 
bei  dem  unbedingten  Vertrauen,  welches  ich  Hrn.  Hagenbeck's  Versicherungen  schenke, 
freut  es  mich,  obige  Rechtfertigung  des  p.  Calleja  hier  öffentlich  zur  Kenntniss  unserer 
Leser  bringen  zu  können  und  spreche  ich  mein  Bedauern  über  den  oben  angedeuteten 
Zwischenfall  aus.  R.  Hartmann. 


seeländiscbe  Photographien.  Finsch,  S.  85.  —  Neukaledonische  und  amerikanische 
Photographien.  Paul  Magnus,  S.  85.  —  Ethnologische  Gegenstände  aus  Sudan. 
0.  Mantey,  S.  85,  —  Macrocephalenschädel  von  Csongräd,  Ungarn,  v.  Lenhossek, 
S.  85.  —  Mammuthhaare.  Lew  in,  S.  85.  —  Archäologische  Erwerbungen  in  Chile. 
Philippi,  S.  85.  —  Sendungen  aus  Buenos-Ayres.  Lamas,  Zeballos,  S.  85.  — 
Rassenanatomische  Studien  aus  Australien.  Miklucho-Maclay,  S.  86,  —  Steinfunde 
vom  rothen  Berge  bei  Saalfeld,  Thüringen.  Richter,  S.  87.  —  Pariser  Farbentafel, 
S.  87.  —  Keltische  Ueberreste  in  Ortsnamen.  Göbeler,  S.  88.  —  Peruauische  Alter- 
thümer.  Paulsen,  Virchow,  S.  97.  —  Bildliche  Darstellungen  von  Ostafrikanern 
(Taf.  XI  u.  XII).  Hartmann,  S.  97;  J.  M.  Ili  Idebrandt,  S.  98.  —  Hakka-Chinesen, 
Hubrig,  S.  99.  —  Steinmesser  und  Zauberhölzer  aus  Süd- Australien  (Holzschnitte). 
R.  Schomburgk,  Jagor,  S.  105;  Virchow,  S.  106.  —  Lithauischer  Bronzering  (Holz- 
schnitt). Lepkowski,  S.  106.  —  Forschungsreise  in  Livland  (Taf.  XIII).  GrafSievers, 
S.  108.  —  Livländische  Schädel  (Holzschnitt).  Virchow,  S.  118.  —  Kupferfunde  von 
Skarbnice  bei  Znin,  Posen.  Feldmano wski,  Virchow,  S.  134.  —  Schädel  von 
Ophrynium,  Troas.  Virchow,  S.  136.  —  Lappen  (Holzschnitt).  Virchow,  S.  143.  — 
Eingegangene  Schriften,  S.  148. 

Sitzung  vom  19.  April  1879.  Neue  Mitglieder,  S.  150.  —  Reisebericht  von  Künne,  S.  150. 
—  Ausgrabungen  bei  Jessen,  Kr.  Sorau  (Holzschnitt).  Saalborn,  S.  151.  —  Böhmische 
Alterthümer.  Pudil,  S,  151,  —  Gesichtswinkelmesser.  Falkenstein,  S.  153.  — 
Verschiedene  Vorlagen.  Woldt,  S.  154.  —  Schwarzer  Tod  in  der  Mark.  Budczies, 
S.  154.  —  Gräberfunde  von  Allendorf  zu  Schönebeck  a.  Elbe,  Dalidorf  bei  Aschersleben 
und  Meissdorf.  Schilling,  Hartmaun,  S.  154;  Voss,  S.  156.  —  Topographie  der 
trojanischen  Ebene.    Koner,  S.  156.   —  Eingegangene  Schriften,  S.  156. 

Sitzung  vom  17.  Mai  1879.  Neue  Mitglieder,  S.  157.  —  Geschäftliches,  S.  157.  —  Alterthümer 
von  Querfurt.  Walter,  S.  157.  —  Münzfund  von  Witakowice  (Kr.  Schroda).  Schwartz, 
Voss,  S.  159.  —  Scratch-book.  Koner,  Jagor,  Woldt,  Friedel,  S.  159.  —  Feuer- 
bestattung.   Friedel,  S.  159. 


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ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ETHNOLOGIE 


Organ  der  Berliner  Gesellschaft 

für 

Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 

Unter  Mitwirkung  des  zeitigen  Vorsitzenden  derselben, 

R.  Virchow, 


herausgegeben  von 


A.  Bastian  und  R.  Hartmann. 


Elfter  Jahrgang 


1879.  —  Heft  IV  u.  V. 


Mit  Tafel  XIV -XV, 


BERLIN. 

Verlag    von    Wiegaudt,    Hernpel    &    Parey. 

(Paul  Parey.) 

1879. 


Inhalt. 

Seite 

Farbenbenennungen    in    iiordamerikanischen    Sprachen.      Von    Albert 

S.  Gatschet  . 293 

Das  Gräberfeld  bei  Gerdauen.  Vorti-ag,  gehalten  in  einer  Sitzung  der 
Alterthumsgesellschaft  Prussia  von  Dr.  med.  Artur  Hennig, 
pract.  Arzt  in  Königsberg  i.  Pr 303 

Uebersicht  der  Literatur  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte 

im  Jahre  1878  bis  Mitte  1879.     Zusammengestellt  von  "W.  Koner  325 

lieber  die  Kanarischen  Zahlworte.     Von  Dr.  Richard  Pietschmann  378 

Miscellen  und  Bücherschau 393 

Verhandlungen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 

Sitzung  vom  17.  Mai  1879  (Schluss).  Geschaftete  Feuersteinbeile  von  der  unteren  Weser 
und  Elbe  (Holzschnitt).  Friedel,  S.  161.  —  Urnenfuude  von  Satzkorn,  Fürstenwalde 
Seelow,  Wilsnack,  Schöneberg  (6  Holzschnitte).  Friedel,  S.  163;  Voss,  Koner, 
V.  Korff,  S.  16t5.  —  Inschriften  trojanischer  Vasen,  v.  Korff,  S.  166.  —  Vedas. 
Jagor,  S.  166.  —  Patagonier.  Hartmann,  S.  176.  —  Neue  Schriften,  S.  179. 
Na<!htrag:   Reise  in  die  Troas.     Virchow,  S.  179. 

Sitzung  vom  21.  Juni  1879.  Neue  ordentliche  und  correspondirende  Mitglieder,  S.  181.  — 
Anthropologische  Versammlungen  in  Strassburg  und  Moskau,  S.  181.  —  Excursionen 
S.  181.  —  Ortsvereine  zu  Braunschweig  und  Wolfenbüttel,  S.  182.  —  Rückkehr  von 
Serpa  Pinto,  S.  182.  —  Pariser  Farbentafel,  S.  182.  —  Schädelabgüsse  eines  Galtscha 
und  eines  Savoyarden.  Topinard,  S.  18"2;  Virchow,  S.  183.  —  Madagascar.  Hilde- 
brandt, S.  183.  —  Rassenmessungen  in  Aden.  Hildebrandt,  S.  184.  —  Schonung 
der  Eingeborenen  in  Neu -Guinea,  v.  Miklucho- Maclay ,  S.  186.  —  Zoologische 
Station  in  Sydney,  v.  Miklucbo-M  aclay ,  S.  187.  —  Paläontologisches  Vorkommen 
des  Dingo  in  Australien.  Wilkinson,  S.  189.  -  Reise  nach  Melanesien.  v.Miklucho- 
Maclay,  S  190.  —  Sorbisch-wendische  Alterthümer  (4  Holzschnitte).  Vorckel,  S.  191. 
—  Steinmetzzeichen  vom  Schloss  Grunewald  bei  Berlin.  Ed.  Krause,  S.  194.  — 
Reichersdorfer  Urnenfeld  (Taf.  XIV).  Jentsch,  S  194.  —  Angebliche  Zulukaifem. 
Virchow,  Hartmann,  S.  197;  Fritsch,  S.  198.  —  Drei  Patagonier  (Taf.  XV), 
Virchow,  S.  199  -  Reise  nach  Troja.  Virchow,  S.  204.  —  Vorgeschichtliche  Spuren 
in  der  Lüneburger  Heide.   Bracht,  Virchow,  S.  217.  —  Eingegangene  Schriften,  S.  220. 

Ausserordentliche  Sitzung  vom  12.  Juli  1879.  Neue  Mitglieder,  S.  2-'l.  —  Reise  im  indischen 
Archipel.  Bastian,  S.  221.  —  Reise  nach  Micronesien.  Finsch,  S.  221.  —  Biblio- 
thekar der  Grey  Library,  Cape  Town,  S.  221.  —  Urnenfelder  und  Runenstein  bei  Zül- 
lichau  (2  Holzschnitte).  M.  Erdmann,  S.  222 ;  Virchow,  S.  223.  —  Eingeschriebener 
Stein  vom  Grave  Creek  Mound  Reid,  S.  2"23.  —  Näpfchensteine  an  der  Moritzkirche 
zu  Coburg  und  Weihwasserstein  zu  Milz  bei   Romhild  (Holzschnitt).     Jakob,  S.  223 


Farhenbeiiennungeii  in  nordamerikanisclien  Sprachen. 

Von 

Albert  S.  Gatschet 

in  Washington. 


Wissenschaftliche  Untersuchungen  über  Farbensinn  und  Farbenblindheit 
bei  den  Völkern  Europas  und  anderer  Welttheile  sind  freilich  nur  auf  dem 
Wege  des  Experiments  wirksam  zu  fördern;  nichtsdestoweniger  ist  es  von 
Interesse,  zu  vernehmen,  was  die  Sprachen  der  einzelnen  Völker  uns  be- 
trefis  ihrer  Farben  mittheilen.  Denn  können  wir  alle  Farbenbenennungen 
eines  Sprachstammes  oder  auch  nur  eines  Dialektes  vollständig  sammeln 
und  analytisch  wie  etymologisch  untersuchen,  so  erschliessen  wir  uns  da- 
durch nicht  nur  den  P'arbensinn  jenes  Volkes  in  der  Jetztzeit,  sondern  auch 
den  seiner  ältesten  Vorfahren.  Es  kann  aber  keinem  Zweifel  unterliegen, 
dass  solche  Forschungen  auf  die  physikalisch -experimentelle  Untersuchung 
durch  den  Naturkundigen  nur  in  günstigster  Weise  einwirken  können. 

Von  der  Richtigkeit  nachstehender  sprachlicher  Angaben  habe  ich  mich 
im  Gespräche  mit  intelligenten  Indianern  durchweg  persönlich  und  wieder- 
holt überzeugt;  nur  betreffs  des  Sioux- Dakota  stützte  ich  mich  auf  das 
ausführliche  Wörterbuch  von  Stephen  R.  Riggs  (Washington,  1852.  4«) 
das  eine  Frucht  langjährigen  Umgangs  mit  Indianern  dieses  Stammes  ist, 
und  auf  das  man  sich  verlassen  kann.  Beim  Abfragen  der  Fai-benbenennungen 
bediene  ich  mich  meist  einer  aus  farbigen  Papierstreifen  bestehenden  Scala 
von  zwanzig  allmälig  ineinander  übergehenden  Farben,  gruppenweise  nach 
grau,  blau,  grün,  gelb,  roth  und  braun  geordnet,  mit  weiss  am  Anfange  und 
schwarz  am  Ende.  Gleichzeitig  weise  ich  auf  Naturgegenstände  hin,  die 
keine  oder  nur  geringe  Farbenschwankungen  zeigen,  wie  Silber,  Blei, 
Kupfer,  Gold,  Erdbeeren,  rothe  und  schwarze  Kirschen,  das  Gelbe  im  Ei 
und  die  Farben  des  Regenbogens. 

Das  vollständigste  Verzeichniss  von  Farbeunamen  erlangte  ich  in  der 
Sprache  der  Klamath  -  Indianer  oderMiiklaks  im  südwestlichen  Oregon. 
Dieser  erst  vor  Kurzem  dem  reinen  Nomaden-  und  Jägerthum  entrissene  Stamm 
besitzt  kein  eigentliches  Wort  für  unseru  abstracten  Begrifl  Farbe,  oder 
gar  für  Nuance,  Farbenschattirung.    Dagegen  hat  Klamath  einen  Aus- 

Zeitgcbrili  lür  Ethuologio.     Jahrg.  1S79.  ^^ 


294  Albert  S.  öatschet: 

druck  für  Färbestoff,  shneluash,  was  auch  einen  Flecken  oder  Klecks  be- 
deutet. Dies  Nomen  ist  abgeleitet  vom  Verbum  shnelua  tünchen,  färben,  be- 
flecken, beklecksen,  woher  das  Farticip  shneluatko  gefärbt,  getüncht,  und 
ein  weiteres  Nomen  shneluotkish  Färbestoff,  Farbe  als  Substanz  (nicht  als 
optischer  Effect).  Alle  diese  Vocabeln  sind  sprachverwandt  mit  8hnel;fa 
durch  etwas  hindurchbrennen,  und  das  Etymon  aller  ist  nüta  brennen  (v.  intr.) 
Andere  auf  Farbe  bezügliche  Wörter  sind  hushkal;janätko  verschiedenfarbig, 
uyokatko  farbig  gestreift.  Da  die  drei  Farben,  womit  sich  diese  Indianer 
das  Gesicht  und  den  Leib  bei  festlichen  Anlässen  bemalen,  aus  verschiedenen 
Stoffen  angefertigt  werden,  so  besitzen  sie  für  jede  auch  einen  besondern 
Ausdruck. 

Zum  bessern  Verständnisse  des  Nachstehenden  muss  bemerkt  werden, 
dass  alle  die  ächten  Adjectiva,  welche  in  diesem  Hochlandidiom  die  Be- 
schaffenheit einer  Körperoberfläche,  also  auch  Farben,  beschreiben,  auf  -li 
endigen  und  durch  Iterativreduplication  der  Wurzel  gebildet  sind.  Durch 
das  Suffix  -ptchi,  „ähnlich",  werden  von  Substantiven  Adjectiva  abgeleitet, 
denen  eine  concrete  Bedeutung  eigen  ist;  das  Suffix  -tko  bildet  Participien 
und  Verbaladjectiva. 

Diese  Sprache  macht  keinen  Unterschied  zwischen  natürlichem  und 
künstlichem  Weiss,  wie  das  Latein;  beides  ist  hä'lpali  oder  palpäli,  von 
pala  auftrocknen,  trocken  sein.  Grau  ist  päkpä  kli,  eine  thematische  Variation 
vom  vorigen  Adjectiv  und  sprach  verwandt  mit  pä'ktgl  grauen  (vom  Morgen, 
Tagesanbruch),  sowie  mit  pä'ka,  einer  Art  von  Decke  oder  Kleidungsstück. 
Ausserdem  wird  unterschieden  zwischen  lüashptchi  nebelgrau,  käilaptchi 
erdfarbig  (liiash  Nebel,  käila  Erde,  Koth),  skedshatko  grau,  von  Steinen, 
Felsen,  Thieren;    spügatko  graufarbig.  — 

Für  dunkles  Blau  und  Violett  existirt  nur  ein  Wort,  das  auch  die 
Farbe  des  fast  ganz  schwarzen,  dort  gebrochenen  Obsidians  bezeichnet: 
mätchmä'tchli  oder  metsmetsli.  Graublau  ist  dagegen  makmakli,  und  das 
Radical  dieses  Wortes  findet  sich  wieder  in  dem  Appellativnamen  aller 
Wasservögel,  die  meist  ein  Gefieder  von  dieser  Mischfarbe  besitzen:  mä'mäkli. 
Eine  andere  Farbenschattirung,  zwischen  blau  und  violett  stehend,  ist  einem 
farbigen  Berghäher  oder  Kernbeisser,  tch/e-utch/e-ush,  eigen,  und  wird  von 
ihm  auf  Kleidungsstücke  oder  Decken,  die  diese  Farbe  zeigen,  übertragen; 
diese  Farbe  heisst  tch/e-utch^e-uptchi.  Eine  weitere  Farbennüance  schildert  das 
Blau  gewisser  Glasperlen  und  bläulicher  Feüerflammen:  yämnashptchi,  von 
yämnash  Halsschmuck.  Für  grün  ist  der  gewöhnliche  Klamath -Ausdruck 
käkä'kli,  die  Farbe  des  Grases  im  Frühling  andeutend.  Ein  anderes  Grün 
ist  tolalüptchi;  es  ist  das  Grün,  das  sich  an  tolalui- Decken  findet,  welche 
von  den  Weibern  aus  dem  Material   des  töl^ash- Grases  angefertigt  werden. 

Hellgelb  und  goldgelb  wird  mit  demselben  Ausdrucke  bezeichnet  wie 
grün,  käkä'kli.  Dieses  Adjectiv  bezeichnet  nämlich  alle  Färbungen  der 
Gewächse,    besonders    des  Grases,    vom  Grün   des  Frühlings   bis  zum  Gelb 


Farbenbenennungen  in  nordamerikanischen  Sprachen.  295 

des  Sommers,  der  brennenden  Sonnenhitze  und  der  welkenden  Färbung 
aller  Gewächse  im  Herbste;  es  ist  also  im  Grunde  eher  ein  Eigenschafts- 
wort aller  Vegetabilien  als  ein  Farben -Adjectiv,  Es  existirt  indess  noch 
ein  anderes  Wort  für  das  Gelb  verwelkter  Blätter,  spalptchi,  herzuleiten  von 
päla  trocken  sein  oder  werden,  welken.  Die  Farbe  des  metallischen  Goldes 
und  des  Kupfers  werden  wiederum  durch  käkä'kli  bezeichnet,  dagegen  ist  die 
Farbe  der  Tannzapfen,  des  Zimmtgewürzes  und  das  Braun  an  Pferden  ka- 
ukä-uli,  tief- dunkelbraun  tchuitchiiili.  Letzteres  ist  von  dem  Zeitworte 
tchüitchiga  „roth-  oder  weissglühend  sein",  abzuleiten  und  ein  Derivat  da- 
von ist  auch  tchüitchiks  Erdbeere,  nach  ihrer  Farbe  so  benannt.  Wird  von 
Haaren  gesprochen,  so  ist  makmdkli  blond. 

Für  alle  Abschattungen  von  roth,  wie  Scharlach,  Incarnat,  blutroth 
u.  s.  w.  giebt  es  nur  ein  Wort,  taktakli. 

Schwarz  wird  ausgedrückt  durch  pushpüshli,  was  auch  von  der  dunkeln 
Hautfarbe  eines  Menschen  gesagt  werden  kann.  Dunkelfarbig,  düster  ist 
tiptipli,  schwärzlich  limlimli;  beide  beziehen  sich  im  Grunde  auf  bewölkten 
Himmel,  letzteres  wird  aber  auch  von  der  Hautfarbe  gebraucht.  „Es  ist 
finster,  düster",  vom  Einbruch  der  Nacht  oder  von  der  Nacht  selbst  ausge- 
sagt, heisst  tchmiika. 

In  mehreren  dieser  Farbennamen  finden  wir  dieselbe  Sprachwurzel 
wieder,  die  zum  Zwecke  der  Bedeutungsänderung  auch  den  Vocal  verändert 
oder  zur  thematischen  Wurzel  sich  gestaltet:  So  z.  B.  in  metsmetsli,  mak- 
mä'kli,  makmäkli;    in:    pälpä'li,  spalptchi,  pakpä'kli;   in:   käkä'kli,  ka-ukä-uH. 

Die  Race  der  Kalapuya  -  Indiau  er  ist  als  das  Autochthonen-Volk 
des  Willämetthales  im  Nordwestlichen  Oregon  anzusehen.  Als  die  Weissen 
zuerst  mit  ihnen  bekannt  wurden,  bewohnten  sie  die  ganze  Westseite  und 
den  Südtheil  der  Ostseite  dieses  breiten  und  fruchtbaren  Thaies,  während 
der  Nordost  ihnen  von  dem  Jagdvolke  der  Mobile  streitig  gemacht  wurde. 
Die  sieben  Hauptstämme  der  Kalapuya  sind  die  Atfalati,  Yamhill,  Luka- 
mayuk,  eigentliche  Kalapuya  auf  der  Westseite  jenes  Flusses,  die  Ahant- 
schuyuk  (oder  Pudding  River  Indianer)  und  Santiam  auf  dessen  Ostseite, 
die  Yonkalla  oder  Ayankeld  im  obern  Thale  des  Umpkuaflusses.  Die  Mehr- 
zahl der  Individuen  aller  dieser  Stämme  lebt  jetzt  auf  der  Grande  Ronde 
Reservation,  im  NW.  von  Oregon. 

Nachstehende  Farbennamen,  bei  denen  ich  das  stets  sie  begleitende 
Präfix  ua-  wegliess,  gehören  dem  Atfalati -Dialekte  an: 

Weiss  mö-u,  grau  plötim,  blau  pe-i  änkaf  pawe-u,  violett  tülelu,  grün 
tönktr/o. 

Gelb  pe-i  äutk  pawe-u,  rothgelb,  die  Farbe  eines  Rothschimmels  liblo, 
ein  dem  Chinook -Jargon  entnommener  Ausdruck;  graugelb  sandeli,  die 
Farbe  des  Apfelschimmels,  englisch  roan,  lat.  ravus;  braun  püdshnank 
tülrdu,    d.  h.  „nicht   völlig   violett";    roth  tchäl,    tchellim,    schwarz    möyim. 

21* 


296  Albert  S.  Gatschet: 

Metallglänzend ,      goldglänzend     weltchiäm ;      vielfarbig ,     farbig  -  gescheckt 
yä'mtche-i. 

Hier  ist  weiss  und  schwarz  offenbar  aus  derselben  Wurzel  hervorge- 
gangen; blau  und  gelb  scheinen  ein  und  dasselbe  Wort  zu  sein.  Die 
Phonetik  dieses  Sprachstammes  ist  etwas  verwickelter  Natur  und  das  Auf- 
finden der  ursprünglichen  Bedeutung  der  Wörter  stösst  daher  auf  besondere 
Schwierigkeiten.  Von  den  meisten  ihrer  Personen-  und  Localnamen  wissen 
daher  diese  Indianer  die  Bedeutung  nicht  anzugeben. 

Die  Mitchopdo  -  In  dianer  gehören  der  nordcalifornischen  Maidu- 
Race  an  und  wohnen  in  unmittelbarer  Nähe  der  Ortschaft  Chico,  Butte 
County,  östlich  vom  Mittellaufe  des  Sacramentoflusses.  Nach  dem  Chico- 
flüsschen,  das  dort  dem  Sacramento  zueilt,  und  in  ihrem  Dialekte  Otakim 
she-ui  heisst,  nennen  sie  sich  Otakimma,  oder  Otaki-Leute.  Die  Farben- 
adjectiva  dieser  Maidu-Mundart  sind  meist  dreisylbig;  sie  beginnen  mit 
e-  und  enden  in  -i,  wie  folgt: 

Weiss  und  weisslich  ekoko;  grau  ^pupi,  graue  Glasperlen  epupi  güya. 
Das  Wort  für  blau,  himmelblau  ist  epoti  und  bedeutet  auch  violett  und 
andere  Schattirungen,  wie  denn  das  Gelbe  vom  Ei,  wohl  wegen  seiner  von 
Aussen  oft  bläulich  erscheinenden  Farbe,  epotim  päpaga  genannt  wird. 
Grün  ist  ebali,  epali.  Edshishi,  edsissi  bedeutet  zugleich  gelb,  dunkelgelb, 
strohgelb,  braun  und  metallglänzend,  ein  Golddollar  heisst  edshishim  peso. 
Roth  in  allen  seinen  Schattirungen  ist  epapi  und  kann  ausgesagt  werden 
vom  Blut,  von  Blumen,  Ameisen,  Glasperlen  u.  s.  w.;  schwarz,  ekili,  wird 
auch  von  dunkler  Hautfarbe  gesagt,  während  dunkel,  oder  stockdunkel  (von 
der  Nacht)  kaisiki  lautet.  Lauter,  hell,  klar  wie  das  Tageslicht,  ist  yokäki; 
farbig  gestreift:    etü'düti. 

In  dieser  Sprache  wird  demnach  gelb  von  braun  nicht  genau  unter- 
schieden. 

Die  vocalreiche  Dakota-Mundart  der  Sioux  am  obern  Missouri  und 
westlich  davon  besitzt  eine  grosse  Auswahl  von  Ausdrücken  für  alle  Farben- 
abstufungen. Die  Sprache  dieses  volkreichsten  aller  Indianerstämme  ist  uns 
durch  das  umfangreiche  Wörterbuch  des  Missionärs  Stephen  R.  Riggs, 
das  insbesondere  den  Santee-  oder  Isangti- Dialekt  giebt,  ziemlich  zugänglich 
geworden.  Alle  Hauptfarben  zeigen  hier  eine  Nebenform,  die  Intensität 
anzeigt  und  durch  Wurzelreduplication  gebildet  wird.  ^)  In  diesem  stark 
nasalirenden  Dakota-Dialekte  ist  das  nasale  n,  das  völlig  dem  französischen 
n  in  bon,  son,  loin  entspricht,  durch  h  bezeichnet. 

Ein  unserm  Worte  Farbe  entsprechendes  abstractes  Wort  findet  sich 
in  dieser  Sprache  nicht  vor,  wohl  aber  ein  Ausdruck  für  malen,  bemalen, 
oder  anstreichen:    owa. 


1)  Causativ-Verba,  wie  unser  röthen  von  rotb,  schwärzen  von  schwarz,  können  von  den 
meisten  Dakota-Farbe- Acljectiven  gebildet  werden. 


Farbenbenennungen  in  nordamerikaniscben  Sprachen.  297 

Ska  bedeutet  nicht  bloss  weiss,  sondern  auch  klar,  durchsichtig,  und 
saii  ist  weisslich,  gelblich,  braun.  Braun  wird  ausserdem  ausgedrückt  durch 
Xota,  und  rostbraun,  dunkelf,'rau  ist  gi;  gigi:  rostig,  rostbraun,  gitka 
bräunlich,  gitkadaii  leicht  gebräunt,  gitkätka  röthlich,  bräunlich,  gelblich.  *) 
To,  reduplicirt  toto,  bezeichnet  blau,  grün  und  alle  dazwischen  liegenden 
Stufen;  toya:  blau  oder  grün  bemalen,  färben  oder  anstreichen,  blaue  und 
grüne  Glasperlen  totodaii.  Violett  und  die  Farbe  der  dunkeln  Weintraube 
ist  stan,  violett  auch  stäüka,  von  gebräunter,  dunkler  Gesichtsfarbe  ha  stan 
(ha  bedeutet  Haut),  tiefroth,  dunkelroth  shästau  (wörtlich  „roth- violett"). 
Zi  (englisches  z)  bezeichnet  gelb,  ziya  gelb  färben,  zitchä  ist  das  röthlich- 
graue  Eichhörnchen.  Hellroth  ist  hier  unterschieden  von  dunkelroth  oder 
scharlachroth,  denn  jenes  ist  sha,  dieses  duta.  Doch  kann  letzteres  auch 
umschrieben  werden  durch  sha  ;^iijtcha,  „stark  roth",  oder  shashä.  Roth- 
färben ist  shäya,  shashäya;  rothe  Schminke,  rother  Farbstoff  washe-sha; 
was^  ist  „rothe  Erde." 

Dunkel  ist  tpaza,  Dunkelheit  und  dunkel  sein  okpaza,  otpaza;  schwarz 
säpa,  pechschwarz  sapsäpa,  schwärzen  samyä,  dunkel,  schwärzlich  samyähan. 

Wie  in  der  Namenliste  der  Atfälati  die  Farben  weiss  und  schwarz,  so 
sind  hier:  weisslich  san,  roth  sha,  und  schwarz  säpa  Bildungen,  die  der- 
selben Sprachwurzel  entsprossen  sind,  ein  bei  der  totalen  Verschiedenheit 
dieser  Farben  merkwürdiger  Umstand. 

Die  Shawano  oder  Shawnee-Indianer  bilden  einen  700  Köpfe 
zählenden  Stamm  der  weitverbreiteten  Algönkin-Kace  und  sind  jetzt  im 
Indianerterritorium,  nördlich  vom  Arkansas  River,  angesiedelt.  Der  in  ihrer 
Sprache  gehörte  Laut  th  entspricht  völlig  dem  englischen  scharfen  th  in 
month,  throng.  Die  Farbennamen,  die  ich  von  diesem  südlichen  Algonkin- 
Idiome  erlangt  hübe,  sind  folgende: 

Jede  bestimmte  Art  von  Körper-  oder  Gesichtsschminke  hatte  ihre 
eigene  Benennung;  so  hiess  die  rothe  Schminke,  mit  der  sich  die  zum 
Kriege  Ausziehenden  ehemals  bedeckten,  hülamu.  Ein  Ausdruck  für  Farbe 
fehlt  auch  hier;  ich  bemale  mich,  meinen  Körper  etc.:  netasathü;  Farbstoö: 
hat'tika. 

Weiss  ist  wa};kanagiä,  durchsichtig  oder  durchscheinend  säpune. 
Grau,  wipegua,  kann  wie  jede  andere  Farbe  in  ihrer  Intensität  genauer 
bezeichnet  werden  durch  pküui  wibegua  dunkelgrau,  tiefgrau,  und  hälawe 
wipegua  hellgrau.  Für  blau  und  grün  existirt  nur  ein  Wort,  skipagia,  das 
auch  himmelblau  bezeichnet.  Gelb  ist  huthäwa,  roth  mskuäwi,  bronzefarbig 
hälawi  mskuawi  (helhoth),  braun  pküni  mskuäwi  (tiefroth),  der  Ilahnenkamm 
mskuä  pelue,  schwarz  lukatcwa.  Was  die  Sonnenstrahlen  reflectirt,  ist 
wasete,  vielfarbig  tsägi  yelategi,  farbig  gestreift  lulatasäte,  sofern  die  Streifen 
in  verticaler  Richtun«;  verlaufen. 


1)  g  ist  iu  allen  diesen   Wörtern  als  rauher  Ktbllaul  zu  sprecbeu. 


298  Albertus.  Gatschet: 

Creek  ist  einer  der  wichtigsten  Dialekte  des  einst  in  den  Golfstaaten 
einheimischen,  weitverbreiteten  Masköki- Sprachstammes.  Die  einzelnen 
Dialekte  desselben  sind  morphologisch  nicht  so  sehr  als  phonetisch  differen- 
zirt,  doch  so  dass  die  meisten  derselben  gegenseitig  unverständlich  sind.  Die 
Hauptdialekte  sind  Cha'hta  mit  Chikasä ;  Oberer  und  Unterer  Creek-Dialekt 
mit  Seminole;  Natchez;  Hitchiti;  Apalache.  Ueber  das  noch  im  Südosten 
von  Texas  gesprochene  Alibamu  ist  wenig  bekannt  geworden.  Beinahe  alle 
Angehörige  dieser  Race  sind  jetzt  im  Indianer- Territorium  angesiedelt; 
nach  unsern  phonetischen  Begriffen  sind  diese  Dialekte  sonor  und  wohl- 
klingend, soweit  wir  von  ihnen  Kenntniss  erlangt  haben. 

Weiss  und  durchsichtig,  klar,  ist  hatgi,  „er  ist  weiss":  hatgis,  „ich  bin 
weiss":  hatgäs.  Von  diesem  Adjectiv  ist  abgeleitet  supak-hatgi  grau  und 
hellbraun;    wörtlich:    „mit  weiss  vermischt",  und  hatui  blass,  bleich. 

Blau  holati,  o/olati  kann  von  der  Farbe  des  Firmaments,  des  Wassers 
oder  ferner  Gebirge  ausgesagt  werden.  Lani  bedeutet  grün,  Galle,  und  von 
Vegetabilien  gesagt,  auch:  grünend,  treibend;  unverwelkt,  pahilanoma  gras- 
grün. Pahit  lanis  dagegen  kann  sowohl  „das  Gras  ist  grün"  als  „das  Gras 
ist  welk,  vergilbt,  gelb"  bedeuten. 

Roth  tchati  heisst  auch  Blut  und  bildet  das  Derivat  oktsadi  violett 
und  dunkelbraun.  Von  lasti  schwarz  ist  abgeleitet  okulöshti  braun. 
Finster  wie  die  Nacht  ist:    yemüdshki. 

Für  die  durch  Europäer  importirten  Metalle  haben  die  Creeks  nicht, 
wie  einige  andere  Indianer,  neue  Namen  ersonnen,  sondern  sie  nennen 
Goldmünzen  „gelbe  Eisen -Perlen  ^):  tchätu  ^önap  läni;  Silbermünzen  „weisse 
Eisen-Perlen":  tchätu  p^önap  hatgi;  Schwefel  „gelbes  Schiesspulver":  tehötop 
lani;  Kupfer,  Bronze  und  Messing  „gelbes  Eisen,  gelbes  Metall":  tchatu 
lani;    Alaun  „saures  Eisen":    tchätu  kamüksi. 

Die  Sprache  der  Nez -Perces  wird  von  dem  volkreichen  Stamm  dieses 
Namens  gesprochen,  der  eine  Reservation  im  nördlichen  Idaho  inne  hat  und 
ist  neuerlich  auch  von  dem  sonst  anderssprachigen  Volke  der  Cayuses  am 
Columbiaflusse  als  Umgangssprache  adoptirt  worden.  Der  Sprachstamm, 
dem  dieser  Dialekt,  sowie  die  der  Palüs,  Yäkima  und  Klikatat  im  Washington 
Territorium,  und  die  Dialekte  der  Yumatilla,  Walawala  und  Warm  Springs 
in  Oregon  angehört,  ist  bei  den  Ethnologen  unter  dem  Namen  Sahäptin 
bekannt.  Dieser  Name  rührt  von  Selisch- Indianern  her,  seine  Bedeutung  ist 
jedoch  nicht  klar. 

Wie  in  der  Klamathsprache,  so  sind  die  ursprünglichen  Farben- 
adjectiva  in  der  Nez  Perce- Sprache  durch  Wurzelreduplication  gebildet. 

Weiss,  xaixaijf,  wird  auch  von  klarem,  durchsichtigem  Wasser  gesagt 
und  kommt  in  Flussnamen  jenes  Sprachgebietes  nicht  selten  vor.  Hell- 
grau, gelblich  grau   ist  pii^pu^  oder  pä^pa^,   während  ein  etwas  dunkleres 

1)  Perle  n  hier  im  Siune  vod  Glasperleo,  ruudlicbe,  runde  Gegeuätäade. 


Farbenbenennungen  in  nordamerikanischen  Sprachen.  299 

Grau,    hellgelb,    strohgelb  ka-u;;ku-ux,    kä-u^ka-ux    lautet,    und    auch    den 
metallischen  Glanz  des  Silbers  bezeichnet. 

Blau  ist  yüshyush,  yüssyuss,  hellblau,  himmelblau  mä'xkuts  yüshyush 
(raä'xkuts  entspricht  unserra  hell-  in  Farbenbenennungen),  dunkelblau  payu 
yüshyush.  Mit  denselben  Adverbien  werden  die  Abschattungen  von  grün, 
tsixtsi/  (heisst  auch  Gras)  unterschieden. 

Gelbbraun,  dunkler  als  ka-u/ka-u^,  ist  shr-lüshrlu  wäkush  (wakush 
gleich,  vergleichbar  mit),  ein  dunkleres  Gelbbraun  payu  shlüshlu; 
das  Braun  an  Pferden,  oder  an  Nussbaumholz,  ist  pä'tkuiki,  ein  etwas 
leichteres  Braun  als  diess,  zwischen  pä'tkuiki  und  ka-u^kä-ux  mitten  inne 
stehend,  ist  tako-wakush.  Graubraun,  mausefarbig,  aschfarbig  ist  lakolkoli, 
während  das  eigentliche  Wort  für  gelb  nioksmoks  lautet.  Die  Bedeutung 
dieses  Ausdruckes  ist  indess  eine  ziemlich  schwankende,  denn  sie  gilt  von 
hellblondem  und  ins  Röthliche  ziehenden  Haare,  vom  Pelz  des  amerikanischen 
zimmtfarbenen  Bären,  vom  Eigelb  und  von  der  Farbe  eines  Rothschimmels. 

Lilafarben  wird  nach  der  in  Traubenform  wachsenden  Mitip-Beere 
genannt:  küshka  mitip.  Rostbraun  und  dunkelbraun  heissen  shukuishukui, 
roth  und  röthlichbraun  ilpilp,  die  Benennung  der  Farbe  der  Erdbeere,  der 
rothen  Kirsche  und  der  hundertblättrigen  Rose.  Schwarz  an  Thieren 
oder  Pflanzen  ist  timü^timu/;    dunkel  von  der  Nacht,  ist  hisketsc. 

Im  Regenbogen  unterscheiden  diese  Indianer  nicht  über  drei  Farben: 
gelb,  roth  und  blau,  oder  mo/smo/s,  ilpilp,  yüshyush. 


Aus  den  hier  angeführten  Detailangaben  allgemeine  Schlüsse  auf  den 
Farbensinn  und  die  Farben -Namengebung  aller  amerikanischen  Urvülker 
nördlich  vom  Isthmus  von  Panama  ziehen  zu  wollen,  wäre  ein  höchst  ver- 
frühtes und  oberflächliches  Unternehmen.  Denn  in  ganz  Nord-  und  Central- 
amerika  giebt  es  bei  achtzig  Sprachstämme,  von  denen  einzelne  durch  fünf 
bis  sechs,  andere  durch  zehn  die  zwölf,  ja  bis  zu  zwanzig  Dialekten  ver- 
treten sind,  während  freilich  einige  nur  noch  in  einer  Mundart  sich  erhalten 
haben,  oder  wenn  schon  ausgestorben,  uns  nur  durch  schriftliche  Denkmale 
noch  zugänglich  sind.  Es  ist  also  klar,  dass  die  geringe  Anzahl  Sprachen, 
von  denen  wir  hier  die  Farbennamen  geliefert,  für  die  grosse  Masse  von 
200  —  300  amerikanischer  Dialekte  wenig  beweisen  können.  Sie  sollen 
bloss  Beispiele  für  Indianische  Farbenauschauung  liefern. 

Allgemein  gültige  Sätze  über  ethnologische  Verhältnisse  Amerikas 
aufzustellen  ist  höchst  schwierig,  sofern  nämlich  damit  durchgreifende 
und  wichtige  Thatsachen  gemeint  sind,  die  sich  bei  allen  Stämmen  eines 
der  beiden  Coutinente  erwahren  sollen.  Es  ist  freilich  einiges  Gemein- 
same da,  aber  die  Isolirung  ist  wiederum,  selbst  bei  Nachbarvölkern,  so 
gross,  dass  dieselben  oft  so  verschieden  in  Sitten  und  Gebräuchen,  Intelli- 


300  •  Albert  S.  Gatschet: 

genz  und  Sinnesart,  Sprache  und  Race,  wie  die  Basken  von  den  Engländern, 
die  Albanesen  von  den  Türken,  oder  die  Polen  von  den  Krim'schen  Tataren. 
Nachstellende  Schlussfolgerungen  sollen  nur  von  den  obigen  sieben, 
mit  Ausnahme  des  Dakota  von  mir  selbst  aufgenommenen  Farben-Listen 
gelten.  Nichtsdestoweniger  dürfte  sich  bei  weitern  Untersuchungen  zeigen, 
dass  Indianer  vieler  anderer  Stämme  Nordamerikas,  vielleicht  auch  Süd- 
amerikas, bei  Benennung  der  Farben  von  denselben  Grundsätzen  ausge- 
gangen sind. 

1.  Schliessen  wir  unsere  nach  Kunstproducten  benannten  Farben  aus, 
so  besitzen  die  Indianer  ebenso  viele  Farbenbenennungen  als  wir;  hienach 
unterscheiden  sie  also  ebensoviele  Farbenuüancen,  wie  wir  wenigstens  ver- 
rauthen  dürfen.  Auch  künstliche  Farben-Nuancen  sind  übrigens  bei  ihnen 
nicht  ganz  ausgeschlossen.  Bei  der  allgemeinen  Tendenz  der  Indianer- 
sprachen zu  speciali  siren  wäre  eine  geringere  Anzahl  von  Farbennamen 
als  die  in  europäischen  Sprachen  vorfindliche,  geradezu  auffallend. 

2.  Dieselben  besitzen  keinen  abstracten  Begriff,  kein  Appellativum, 
für  Farbe  wie  die  europäischen  Sprachen.  „Farbe"  ist  ihnen  bloss  der 
concrete  Farbstoff,  die  Tünche,  Malerfarbe;  „farbig"  in  ihren  Sprachen 
entspricht  unserm  „gemalt,  angestrichen,  angepinselt,  getüncht." 

3.  Wir  können  in  diesen  Dialekten  oft  Gruppen  von  Farbennamen 
unterscheiden,  welche  Derivate  einer  und  derselben  Wurzel  sind.  Beispiele 
davon  sind  unter  Klamath,  Kalapuya,  und  Dakota  angeführt.  Im  Deutschen 
gehen  grau  und  grün  auf  eine  und  dieselbe  Wurzel,  die  wachsen  be- 
deutet zurück;  von  einer  Wurzel  bin  stammt  blank,  blau,  bleich  und  das 
niederdeutsche  black. 

4.  Wurzelredupllcation  findet  sich  nicht  selten  in  Farbennamen  des 
Westens  Amerikas,  doch  ist  der  Grund  dafür  nicht  immer  derselbe.  Im 
Klamath-,  Sahaptin-  und  aztekischen  Sprachstamrae  soll  dadurch  Wieder- 
holung und  VertheiJung  („roth  hier,  roth  dort"),  im  Dakota  Intensität  (roth- 
roth;    d.  h.  tiefroth)  versinnbildlicht  werden. 

5.  Obige  Listen  zeigen  Beispiele  von  Mischfarben,  die  sich  dem  Auge 
nicht  als  einförmig- homogene,  sondern  als  sprenklige,  fleckige  Mischung 
darstellen.  So  ist  das  mä'kmäkli  der  Klamath-  oder  Mäklaks- Sprache  ein 
mit  Blau  gemischtes  Grau,  wie  es  an  wilden  Gänsen  und  Enten  beobachtet 
wird;  tch^e-utch/e-uptchi  ist  die  am  blauen  Häher  beobachtete  gesprenkelte 
blaue  Farbe.  In  den  meisten  Dialekten  ist  grau  ein  Schwarzweiss  oder 
Weissschwar/,  wie  es  am  Felle  des  Racoons,  des  Graufuchses  und  anderer 
Waldthiere  bemerkt  wird. 

6.  Einige  F'arbennamen  sind  nach  einem  Princip  benannt,  das  von 
unserm  Gebrauche  abweicht.  Gewisse  Naturgegenstände  erhalten  nämlich 
eine  Farbenbenennung,  die  beibehalten  wird,  selbst  wenn  das  Object  die 
Farbe  ändert.  Dies  gilt  von  mehreren  Sorten  Gewild,  das  die  Färbung  der 
Haut  mit  der  Jahreszeit  ändert,  den  Farbennamen,  der  ihm  einmal  gegeben 


Farbenbenennungen  in  nordamerikanischen  Sprachen.  301 

ist,  jedoch  beibehält.  Das  Gras  wird  im  Klamath  käkä'kli  grün  benannt; 
wird  es  dürr  und  gelb,  so  lieisst  es  trotzdem  käkä'kli  und  dies  gilt  auch 
von  Bäumen  und  andern  Repräsentanten  des  Pflanzenreiches.  Im  Selisch- 
Dialekte  der  Niskualli-Indianer,  Washington  Territory,  heissen  beide  Farben 
hokwats,  gewiss  eher  die  lichte,  helle  als  die  dunkle  Nuance  beider  Farben. 
In  vielen  Sprachen  ist  blau  und  grün  mit  demselben  Ausdrucke  benannt; 
so  im  Sioux-Dakota,  Shawnee  und  Maya  (yäash,  yäsh),  im  Chokuyem  nördlich 
von  der  Bucht  von  San  Francisco:  sivita;  in  den  Sahaptin -Mundarten  der 
Yäkiina  und  der  Warm  Spring  Indianer:  lomT-t,  lä'mt;  im  Shasti:  itchumpa;/e, 
im  Guaraui  t6l)i,  im  Chibcha  bei  Bogota:  tchiskuiko,  beide  letztere  Süd- 
amerika angehörig.  Auch  in  den  Pai-Uta,  den  Uta,  Pomo,  Wintiin  und 
Tinne -Apache  Dialekten  scheint  ein  und  derselbe  Ausdruck  für  beide 
Farben  zu  gelten.  Blau  und  violett  (purpui färben)  zeigen  dieselbe  Be- 
nennung im  Klamath  und  im  iMitchopdo-Maidu.  Roth  und  gelb,  oder  gelb 
und  braun,  oder  braun  und  roth  werden  oft  gleich  benannt,  doch  nur  in 
solchen  Idiomen,  worin  gelb  und  blau  verschieden  benannt  sind.  Einige 
Sprachen  sollen  auch  schwarz  und  tiefblau,  oder  schwarz  und  dunkelgrün 
mit  demselben  Worte  bezeichnen. 

Leider  kennen  wir  den  Ursprung  erst  weniger  Farbenbenennungen; 
sind  wir  hierüber  erst  genauer  unterrichtet,  so  wird  uns  die  Ursache  dieser 
Art  von  Namengebung  besser  einleuchten  und  es  wird  klar  werden,  dass 
hier  etwas  anderes  als  Farbenblindheit  zu  Grunde  liegt. 

7.  Eine  und  dieselbe  Farbe  wird  oft  durch  mehrere  Ausdrücke  be- 
zeichnet, von  denen  jeder  nur  einer  gewissen  Klasse  von  Gegenständen 
zukommt.  So  haben  die  Sioux  drei  verschiedene  Ausdrücke  für  braun: 
gt,  San,  xota,  und  im  Deutscheu  gebrauchen  wir  blond  nur  von  Ilaaren, 
gelblichweiss,  oder  weissgelb  von  andern  Dingen. 

8.  Betreffs  der  Benennungen  einzelner  Farben  ist  zu  bemerken,  dass 
weiss  ursprünglich  klar,  hell,  durchsichtig,  rein  bedeutet  hat,  jedoch  nicht 
in  allen  der  sieben  behandelten  Dialekte.  In  den  meisten  derselben  existirt 
ferner  nur  ein  Ausdruck  für  die  verschiedenen  Nüancirungen  des  Roth; 
da  diese  die  am  meisten  in  die  Augen  stechende,  den  Gesichtssinn  am 
höchsten  afficireude  Farbe  ist,  so  fand  man  eine  Differenzirung  derselben 
wohl  unuöthig,  und  im  Spanischen  heisst  roth  einfach:  farbig,  gefärbt 
(colorado).  Grün  dürfte  in  den  meisten  Dialekten,  sei  es  nun  von  gelb 
verschieden  oder  nicht,  auf  das  Wachsen  der  Pflanzen  oder  .><peciell  des 
Grases,  auf  die  vegetative  Farbe  zurückgehen;  vergl.  viridis,  verde,  vert 
vom  lat.  virere  grünen,  wozu  zu  ziehen  ist  vigere  strotzen;  käkä  kli  grün, 
im  Klamath,  ist  verwandt  mit  kcdsha  wachsen,  ein  Verbum  das  bloss  von 
Pflanzen  gebraucht  wird,  währeiul  von  Thieren  t'shin  gilt.  Schwarz  ist  in 
allen  Sprachen,  wie  bei  uns,  von   ,,duukel*"  geschieden. 

9.  Untersuchungen  über  den  Farbensinn  eines  Volkes  müssen  getrennt 
von    denjenigen     über    Farbenblindheit    vorgenommen    werden.      Eine    Ver- 


302  Albert  S.  Gatschet:    Farbenbenennungen  in  nordamerikanischen  Sprachen. 

schiedenheit  des  Princips,  nach  welchem  Farben  benannt  werden,  von  dem 
bei  uns  gebräuchlichen  beweist  noch  lange  nicht  die  Existenz  von  Farben- 
blindheit, und  anzunehmen,  dass  ganze  Stämme  farbenblind  sein  können, 
ist  ohne'  beweisende  Experimente  etwas  sehr  Gewagtes.  Es  ist  freilich 
möglich,  dass  diese  Erscheinung  bei  Jägervölkern  und  Nomaden  häufiger 
vorkommt  als  bei  Culturvölkern.  Hier  kann  nur  das  directe  Experiment 
entscheiden;  bei  Bestimmung  des  Farbensinns  eines  Volkes  darf  dagegen 
auch  die  Sprachkunde  ein  Wort  mitsprechen.  — 


Das  Gräberfeld  bei  Gerdauen. 

Vortrag,  gehalten  in  einer  Sitzung  der  Alterthumsgesellschaft  Prussia 


Dr.  med.  Artur  Hennig, 

pract.  Arzt  in  Königsberg  i,/Pr. 


Bei  der  Erforschung  der  Wallberge  des  Bartener  Landes  hatten  die 
mit  derselben  beauftragten  Mitglieder  Freiherru  von  Romberg  auf  Schloss 
Gerdauen  im  Sommer  1877  besucht  und,  wenn  auch  über  das  Vorhanden- 
sein von  Wallbergen  keine  genauere  Auskunft,  so  doch  werthvolle  und  zahl- 
reiche Geschenke  aus  der  prähistorischen  Zeit  und  der  Herrschaft  des 
deutschen  Ordens  für  die  Sammlungen  der  Gesellschaft  Prussia  erhalten 
(Sitzungsbericht  September  1878)  und  gleichzeitig  die  Aufforderung  auf 
einem  Felde  zwischen  dem  Schlosse  Gerdauen  und  dem  Bauctien-See  Nach- 
grabungen zu  veranstalten.  Eine  solche  wurde  von  dem  Vorstande  mit 
um  so  grösserem  Danke  angenommen,  weil  das  Feld  „Pracher  Liske" 
genannt  wurde.  Eine  alte  Ausiedlung  von  Stammpreussen  die  von  dem 
Orden  auch  noch  ihre  Rechte  erhielt,  war  hier  vorhanden  gewesen,  denn 
„Lischke"  bedeutet  (nach  Toeppen  Altpreuss.  Monatsschrift  IV  p.  137) 
1.  eine  aus  bastartigem  Holz  oder  aus  Rohr  geflochtene  Schachtel,  welche 
gewöhnlich  an  einem  Stricke  getragen  wird  2.  eine  Ortschaft  und  tritt  dann 
in  die  Reihe  mit  Stadt,  Dorf  etc. 

Noch  während  meiner  vorjährigen  archäologischen  Untersuchungen  auf 
dem  Territorium  des  Kammerherrn  v.  Tyszka  auf  Kibben  erhielt  ich  von 
unserm  Vorsitzenden  den  ehrenvollen  Auftrag  auf  der  bezeichneten  „Pracher 
Liske''  des  Freiherrn  von  Romberg  Ausgrabungen  zu  veranstalten,  einen 
Auftrag,  dem  icii  mit  desto  grösserer  Bereitwilligkeit  Folge  leistete,  weil 
hier  schon  früher  einzelne  interessante  AUerthümer  von  Herrn  v.  Streng 
bei  einem  flüchtigen  Besuche  in  dieser  Gegend  und  ebenso  bei  dem  Chaussee- 
bau der  Gerdauen-Nordenburger  Strecke  gefunden  waren.  Im  Sommer  ver- 
gangenen und  dieses  Jahres  unterzog  ich  mich  einer  im  Ganzen  7  wöchentlichen 
für  mich  höchst  anregenden  und  belehrenden,  für  die  Alterthumskunde  unserer 
Provinz  und  specieil  für  unsere  sehr  lohnenden  und  erfolgreichen  .\rbeit,  deren 


304  ^-  Hennig: 

Resultate  ich  bei  dem  ausserordentlich  umfangreichen  Materiale  in  einem  kurzen 
sachlichen  Berichte  vortragen  werde.  Hoffentlich  wird  aber  eine  von  mir 
vorbereitete  genaue  Bearbeitung  des  Gerdauer  Gräberfeldes  nicht  zu  lange 
auf  sich  warten  lassen. 

Zwischen  dem  neuen  Schlosse  und  dem  Bahnhofe  von  Gerdauen  ziehen 
sich  von  Norden  nach  Süden  3  natürliche  Hügel  hin,  welche  sich  westwärts 
mit  sanfter  Abdachung  in  den  Bauctien-See  senken,  während  sie  auf  der 
Ostseite  allmählich  in  das  angrenzende  Terrain  übergehen.  Diese  3  Hügel 
wurden  mir  bei  meiner  vorjährigen  Ankunft,  als  ich  auf  das  Schreiben 
unseres  Vorsitzenden  hin  nach  der  Bracher  Liske  fragte,  mit  diesem  Namen 
bezeichnet  und  sie  sollten  mit  einer  Bodenfläche  von  c.  900  a  das  Feld 
meiner  Thätigkeit  werden.  Ich  entschloss  mich  zunächst  den  an  der 
Chaussee  angrenzenden  Hügel  zu  untersuchen,  weil  erstens  auf  diesem 
v.  Streng  seine  Alterthümer  gefunden  hatte,  und  weil  er  ferner  auch  der 
Fundstelle  auf  der  Chaussee  am  nächsten  lag.  Dieser  nördlichste  Hügel, 
welcher  westwärts  vom  Bauctien-See,  nach  Norden  zu  vom  Schlossgarten 
und  weiter  vom  Schlösse^  ostwärts  von  der  Chaussee  und  südlich  durch 
eine  geringe  Bucht  vom  zweiten  Hügel  getrennt  ist,  besitzt  eine  Grund- 
fläche von  c.  250,0  a.  — 

Hat  man  es  bei  archäologischen  Untersuchungen  mit  so  bedeutenden 
Flächen  zu  thun,  so  halte  ich  es  für  unpractisch,  wenn  auch  die  Möglichkeit, 
ja  Wahrscheinlichkeit  gegeben  ist,  dass  man  nur  an  einem  oder  dem  andern 
Abhänge  irgend  welche  Alterthümer  finden  wird,  auch  von  diesem  oder 
jenem  Abhänge  die  Untersuchungen  vorzunehmen.  Practisch  dagegen  ist 
es  zur  besseren  Orientirung  über  die  Lage  und  Grösse  des  Begräbniss- 
platzes und  zur  richtigen  Erkenntniss  der  Form  und  Anlage  desselben  von 
der  Kuppe  eines  solchen  Hügels  zwei  aufeinander  rechtwinklige  Untersuchungs- 
gräben zu  ziehen,  welche  in  einer  Breite  von  mindestens  1  m  über  den 
ganzen  Hügel  fortgehen,  und  die  so  tief  angelegt  werden  müssen  bis  man 
auf  den  gewachsenen  Boden  kommt.  Es  lässt  sich  nicht  wegleugnen,  dass 
man  auch  bei  dieser  Untersuchungsmethode  vielleicht  zuerst  Einiges  zer- 
stören kann,  doch  ist  das  bei  jeder  Methode  möglich,  dagegen  gewinnt  man 
hierbei  nach  Anlage  vorgeschriebener  Gräben  ein  deutliches  Bild  über  den 
ganzen  Begräbnissplatz  und  lernt  sehr  schnell  den  Typus  desselben  kennen, 
wodurch  eine  Untersuchung  von  vornherein  systematischer  und  nutzbringen- 
der werden  kann,  als  wenn  sehr  lange  nach  der  Eigenartigkeit  des  Gräber- 
feldes gesucht  werden  muss.  Auf  diese  Weise  erkannte  ich  auch  in  Ger- 
dauen sehr  bald  den  Charakter  der  zu  untersuchenden  Stelle  der  Bracher 
Liske  als  den  eines  Begräbnissplatzes  und  konnte  nun  der  bestimmten  Lage 
der  Skelete  entsprechend  meine  Untersuchungen  anstellen.  Die  Skelete  be- 
fanden sich  in  den  meisten  Fällen  mit  dem  Kopf  im  W.,  und  den  Füssen 
im  O.,  und  aus  diesem  Grunde,  um  so  wenig  Schädel  als  möghch  zu  zer- 
stören, wurde  die  Arbeitslinie  von  Norden  nach  Süden  angeordnet,  weil  man 


Das  Gräberfeld  bei  Gerdauen.  305 

durch  diese  Einrichtung  nun  immer  zuerst  an  die  weniger  zu  zerstörenden 
und  auch  nicht  so  wichtigen  Fussknochen  kam,  und  die  Lage  des  ganzen 
Skelets  aus  den  bald  aufzufindenden  Unterschenkelknochen  leicht  erkennen 
konnte. 

Nach  der  Vermessung  durch  Herrn  Kühne  habe  ich  bis  jetzt  0,  07, 
92  h  untersucht  und  zwar  0,  03,  39  h  im  Sommer  des  Jahres  1877  und 
0,  04,  53  A  das  letzte  Mal.  In  betreff  der  Beurtheilung  der  Grösse  des 
ganzen  Begräbnissplatzes  giebt  dieses  ausgegrabene  Stück  gar  keinen  Auf- 
schluss.  Meine  Vermuthung  geht  dahin,  dass  sich  das  in  Rede  stehende 
Gräberfeld  von  dem  untersuchten  Terrain  weiter  westwärts  nach  dem 
Bauctien-See  zu  und  ferner  noch  nach  Norden  also  nach  dem  Schlosse  zu 
zieht;  ja  vielleicht  steht  noch  ein  Theil  des  herrlichen  Schlossgartens  mit 
seinen  schönen  alten  Bäumen  auf  den  Ueberresten  eines  Friedhofes  aus 
grauer  Vorzeit.  Um  aber  für  alle  Fälle  später  Untersuchenden  —  falls  mir 
die  höchst  wünschenswerthe  Beendigung  der  hier  angefangenen  Ausgrabungen 
durch  irgend  welche  Umstände  unmöglich  gemacht  vrerden  sollte  —  die 
Arbeit  zu  erleichtern,  habe  ich  einen  Situationsplan  der  ganzen  Hii gelkette 
und  eine  Specialkarte  des  bis  jetzt  untersuchten  Stückes  von  Herrn  Kühne 
in  Gerdauen  anfertigen  lassen.   — 

Skelete  von  Menschen  mit  und  ohne  Beigaben,  frei  in  der  Erde  liegende 
Waffen,  Schmucksachen,  Geräthe  und  Münzen  bilden  den  Inhalt  des  Ger- 
dauer Gräberfeldes. 

Bis  jetzt  sind  91  Skelete  ausgegraben,  die  in  irgend  einer  Beziehung 
näher  untersucht  sind  und  über  die  Protokoll  geführt  ist;  zu  diesen  kommen 
wohl  mindestens  noch  ebensovlele,  welche  zum  Theil  ganz  zerfallen  waren 
oder  aus  irgend  welchen  Umständen  keiner  näheren  Beobachtung  unterzogen 
werden  konnten.  Die  Richtung  war  ziemlich  constant  die  schon  oben  ange- 
gebene, mit  dem  Kopfe  im  W.,  den  Füssen  im  0.,  wenigstens  lagen  63  in 
dieser  Weise,  während  die  andern  ein  wenig  mehr  nach  S.  oder  N.  geneigt 
waren;  von  dem  Grundtypus  vollkommen  abweichende  Lagen  kamen  gar- 
nicht  vor. 

Diese  hier  bestatteten  Individuen  sind  mit  ihren  Gewändern  und  viele  mit 
ihren  Schmucksachen  und  Waffen  ohne  einen  Sarg  frei  in  die  Erde  gelegt 
worden,  denn  nur  in  4  Fällen  habe  ich  sicher  Holzreste  gefunden  und  auch 
nur  unterhalb  des  Skelets  am  Hinterhaupte  und  den  Wirbelkörpern,  wodurch 
es  wahrscheinlich  wird,  dass  man  diese  Todten  entweder  ganz  frei  in  eine 
Grube  gelegt  oder  höchstens  auf  einer  hölzernen  Unterlage  gebettet  verscharrt 
hat.  Särge,  wie  sie  auf  der  Nehrung  auf  dem  Begräbnissplatze  von  Stangen- 
walde von  Prof.  Berendt,  Lohmeyer,  v.  Wittich  und  Dr.  Schieffer- 
decker  beobachtet  sind,  und  welche  sich  besonders  durch  die  Sargnägel 
und  die  dunklere  Färbung  des  Sandes  an  den  Stellen,  an  welchen  das  Holz 
verfault  ist,  leicht  kennthch  machen,  sind  in  Gerdauen  in  keinem  Falle 
aufgedeckt  worden.    Die  Skelete  lagen  reihenweise  ziemlich  dicht  nebenein- 


306  A.  Hennig: 

ander,  bisweilen  leider  so  dicht,  dass  das  eine  nur  unter  einer  theil weisen 
Erhaltung  des  andern  herausgenommen  w^erden  konnte;  oftmals  liesseu  sich 
mehrere  Schichten,  bisweilen  drei  übereinander  constatiren.  Hin  und  wieder 
wurden  nur  einzelne  Skelettheile  wie  Schädel,  oder  untere  Extremitäten  oder 
Schädel  mit  Rumpf  gefunden.  Meiner  Meinung  nach  wird  hier  wohl  Nie- 
mand auf  Menschenopfer  verfallen,  da  es  zu  nahe  liegt,  dass  bei  dem  Ver- 
graben neuer  Leichen  Theile  früher  Bestatteter  aus  ungenauer  Kenntniss  der 
Lage  derselben  aufgegraben  worden  sind;  auf  eben  diese  Weise  lassen  sich 
auch  die  zahlreich  in  dem  ganzen  Gräberfelde  zerstreut  liegenden  Schmuck- 
sachen und  Waffen  erklären,  welche  genau  denselben  Charakter  wie  die  an 
den  Skeleten  gefundenen  haben  und  auch  keine  Spur  von  Verbrennung 
zeigen,  ein  untrügliches  Merkmal,  dass  sie  nicht  etwa  von  Brandgräbern 
herrühren. 

In  Betreff  der  genaueren  Lage  der  Skelete  wurde  Folgendes  beobachtet. 
57  Skelete  ruhten  auf  dem  Hinterhaupte,  13  auf  der  rechten  und  17  auf 
der  linken  Wange,  alle  auf  dem  Kücken  ausgestreckt;  die  Haltung  der 
Arme  war  sehr  verschieden,  bald  befanden  sie  sich  in  vollständiger  Streckung 
längs  dem  Körper,  bald  mehr,  bald  weniger  aber  gleichmässig  in  beiden 
Ellenbogengelenken  gebeugt,  bald  auch  ganz  verschieden  flectirt.  Die 
Hände  lagen  in  Folge  dessen  entweder  nach  aussen  von  den  Oberschenkeln 
oder  im  Becken,  auf  der  Brust  oder  den  Schlüsselbeinen.  Das  Längen- 
maass  der  Skelete  konnte  in  59  Fällen  bestimmt  werden,  von  diesen  war 
nur  1  Skelet  unter  1  m  (0,97)  8  zwischen  1,01  und  1,50  m  die  grössere 
Zahl  maass  zwischen  1,51  und  1,70  m  und  zwar  kamen  18  auf  1,51 — 1,60  m 
und  25  auf  1,61 — 1,70  m;  nur  7  Skelette  hatten  eine  Länge  über  1,71m 
und  zwar  2  (1,71),  1  (1,72),  1  (1,74),  2(1,78)  und  1  (1,82).  Die  Durchschnitts- 
grösse  unter  diesen  59  Skeleten  beträgt  1,57  m.  Hierbei  möchte  ich  gleich- 
zeitig bemerken,  wie  wichtig  es  ist,  die  Längenmessungen  gleich  an  Ort  und 
Stelle  vorzunehmen  und  zwar  das  Maass  1.  vom  Scheitel  bis  zur  untern 
Fläche  des  Fersenbeins  2.  vom  obersten  Halswirbel  bis  zum  letzten  Lenden- 
wirbel und  3.  vom  Oberschenkelkopfe  bis  zur  untern  Fläche  des  Fersenbeines, 
um  bei  einer  späteren  eventuellen  Zusammensetzung  das  ursprüngliche 
Maass  auch  wirklich  herauszubekommen.  Geschieht  dieses  nicht,  so  ist  es 
zu  leicht  möglich,  dass  man  bei  dem  künstlichen  Ersatz  der  Intervertebral- 
scheiben,  der  Synovialmembranen  u.  s.  w.  entweder  hinter  der  ursprünglichen 
Länge  um  mehrere  Centimeter  zurückbleibt  oder  aber  die  ursprüngliche 
Grösse  vermehrt;  beides  muss  und  kann  vermieden  werden.  Addiren  wir 
dann  2  —  2.}  Cm.  für  die  Weichtheile  an  Kopf  und  Fusssohle  zu  dem  am 
Skelet  gefundenen  Maasse  hinzu,  so  werden  wir  ziemlich  genau  die  wirkliche 
Grösse  des  verstorbenen  Individuums  erhalten. 

Schon  vorher  machte  ich  kurz  darauf  aufmerksam,  dass  die  Skelete 
bisweilen  schichtweise  übereinander  lagernd  gefunden  sind,  woraus  man 
ersehen  kann,  dass  keine  bestimmte  Tiefe  für  die  Gräbcranlage  eingehalten 


Das  Gräberfeld  bei  Gerdauen.  307 

war,  sie  befanden  sich  zwischen  0,50  m  und  1,70  m  Tiefe,  die  meisten 
zwischen  0,80  m  und  1,30  m. 

Das  Volk,  welches  diesen  Begräbnissplatz  anlegte,  bestattete  seine  Todten 
bereits  mit  Gewändern  und  legte  ihnen  auch  Schmucksachen  und  Waffen 
mit  in's  Grab,  wenigstens  gilt  diese  Behauptung  für  einen  grossen  Theil. 
Wenngleich  aber  auch  nicht  an  allen  Skeleten  Gewandreste  aufgefunden 
worden  sind,  sondern  nur  an  einzelnen  der  mit  Beigaben  geschmückten,  so 
dürfte  es  dennoch  wahrscheinlich  sein,  dass  das  Tragen  von  Gewändern 
zu  jener  Zeit  allgemeine  Sitte  war.  Es  ist  ja  bekannt,  dass  Wollen-  wie 
Leinengewebe  im  Laufe  der  Zeit  vollständig  verrotten,  und  es  geboren  nicht 
gerade  Jahrhunderte  dazu,  sondern  gewisse  Bodenarten,  besonders  lehmiger 
Grund,  zehren  diese  Gewebe  sehr  schnell  auf;  dagegen  erhalten  sich  diese 
Stoffe  recht  häufig  an  Metall,  und  hierin  ist  auch  wohl  der  Grund  zu  suchen, 
warum  immer  nur  an  solchen  Skeleten,  welche  mit  Beigaben  versehen  waren, 
Zeugreste  gefunden  worden  sind.  Auf  dem  Begräbnissfelde  von  Stangen- 
walde (s.  Schrft.  der  phys.  ökon.  Gesellschaft  zu  Kbg.  XII  Jahrg.  1871. 
p.  42  sq.),  welches  wie  wir  später  sehen  werden,  derselben  Zeit  angehört 
wie  das  Gräberfeld  bei  Gerdauen,  wurden  an  jedem  Skelet,  welches  in  jenem 
Aufsatze  über  Stangenwalde  verzeichnet  ist,  Gewandreste  aufgedeckt,  und 
die  Sitte,  welche  den  alten  Nehrungsbewohnern  eigen  war,  dürfte  auch  wohl 
schon  jenen  Bewohnern  Bartens  eigen  gewesen  sein.  Der  Grund  nun, 
warum  sich  auf  der  Nehrung  an  jedem  Skelet  Zeugreste  und  sehr  viel 
grössere  Gewandreste  erhalten  haben  als  in  Gerdauen,  muss  in  der  ver- 
schiedenartigen Bodenbeschaffenheit  beider  Plätze  gesucht  werden;  der 
Dünensand  der  Nehrung  conservirte  jedenfalls  sicherer  und  besser  als  der 
lehmige  Gerdauer  Boden. 

Wir  können  an  den  Wollenstoffen  feinere  und  gröbere  Gewebe  unter- 
scheiden, einfachere  und  kostbarere ;  die  besten  und  sicherlich  auch  dauer- 
haftesten Wollenstoffe  bestehen  aus  groben  Wollenfäden,  die  mit  feinen  Wollen- 
fäden spiralförmig  umwunden  sind,  wodurch  einem  solchen  Gewände  eine 
besondere  Haltbarkeit  gegeben  worden  ist.  Eingewirkte  kleine  Broncespiralen, 
wie  sie  häufiger  in  Stangenwalde  sind ,  konnte  ich  nirgends  entdecken. 
Ausser  Wolle  kommt  in  Gerdauen  auch  schon  das  für  jene  Zeit  kostbare 
Leinenzeug  vor,  welches  sich  ebenfalls  massig  gut  an  Metall  erhalten  hat; 
grössere  Stücke  feinen  Leinenzeuges  habe  ich  besonders  häufig  von  den 
Halsringen  abgenommen,  eine  Erscheinung  auf  die  ich  noch  weiter  unten 
zurückkommen  werde.  — 

Von  den  im  Protokoll  verzeichneten  Skeleten  sind  50  mit  Beigaben  aus 
Bronce,  Eisen,  Silber,  Leder  und  Stein  bestehend  versehen,  und  dieses 
dürften  wohl  die  Wohlhabenderen  gewesen  sein;  den  Aermeren  zog  man 
wahrscheinlich  nur  ein  einfaches  Gewand  au,  welches  auf  der  Schulterhöhe 
oder  vorn  auf  der  Brust  nicht  wie  bei  den  Reichen  mit  einer  Broncespange 
sondern  nur  mit  einem  Faden  zugeheftet  war.    Broucebeigabeu  allein  fanden 


308  -Ä..  Hennig: 

sich  an  24  Skeleten,  Eisengegenstände  allein  an  13,  Bronce  und  Eisen 
gemischt  an  12  und  in  der  rechten  Augenhöhle  eines  Skelets  lag  nur  ein  Bracteat. 

Es  dürfte  von  Interesse  sein  die  reichen  Beigaben  dieser  50  Skelete  mit 
genauer  Angabe  der  Körperstellen,  an  denen  sie  gelegen  haben,  kennen 
zu  lernen,  und  so  lasse  ich  denn  hier  eine  kurze  Beschreibung  derselben, 
entnommen  meinem  an  Ort  und  Stelle  geführten  Protokolle,  folgen.  Die 
übrigen  Notizen  desselben,  also  besonders  die  Beobachtungen  über  die  Lage, 
Grösse  und  Anomalien  der  Skelete  wie  auch  die  craniologischen  Unter- 
suchungen behalte  ich  mir  für  meine  Specialarbeit  über  das  Gerdauer  Gräber- 
feld vor. 

Um  jedoch  die  wichtigsten  Funde  zu  fixiren,  sind  noch  sichrere  Mittel 
als  die  Führung  eines  Protokolls  angewandt  worden. 

Sobakl  das  erste  Skelet  mit  einem  broncenen  Halsring  und  einer 
hufeisenförmigen  broncenen  Gewandnadel  von  mir  aufgedeckt  war,  liess 
Freiherr  von  Romberg  einen  Photographen  zur  Aufnahme  nach  Gerdauen 
kommen  und  lud  bald  darauf  noch  Prof.  Heydeck  zur  Besichtigung  des 
interessanten  Leichenfeldes  ein,  welcher  der  Einladung  bereitwilligst  Folge 
leistend  mit  gewohnter  Meisterschaft  3  Skelete  mit  Beigaben  an  Ort  und 
Stelle  aufnahm;  ferner  habe  ich  selber  im  Ganzen  8  Zeichnungen  von 
Skeleten  mit  Beigaben  angefertigt.  — 

Skelet  Nr.  1.  Ein  Bronceriug  in  8  Umgängen  um  die  Halswirbel- 
säule; eine  Broncegewandnadel  in  Hufeisenform  unter  der  Mitte  des  rechten 
Schlüsselbeins;    Gewandreste  Photographirt. 

Nr.  2.  Ein  Broncering  in  5  Umgängen  um  die  Halswirbelsäule;  am 
Unterkiefer  und  in  der  Nähe  der  Halswirbel  mehrere  Klappern  aus  Bronce; 
ein  Ring  ans  Broncedraht  mit  Glasperlen  am  linken  Zitzenfortsatz;  mehrere 
hundert  Glasringe  in  der  Halsgegend;  silberne  leider  unkenntliche  Münzen 
in  einer  Eisenfassung  auf  der  Handhabe  der  Brustbeins;  Gewandreste.  Ge- 
zeichnet von  Prof.  He  yd  eck. 

Nr.  8.  Unter  der  Brustwirbelsäule  aul  der  linken  Seite  vom  6  —  9 
Brustwirbel  2  Bronceberloques  mit  Klapperblechen  und  eine  Bärenklaue  in 
Broncefassung. 

Nr.  9.  Nach  aussen  vom  obersten  Drittel  des  linken  Oberarms  ein 
Feuerstahl;  ja  eine  eiserne  Schnalle  von  5  cm  im  lichten  Durchmesser  nach 
innen  vom  Oberschenkelknochen  in  der  Höhe  des  kleinen  Rollhügels;  an 
der  rechten  Seite  des  Skelets  in  Höhe  der  Backenknochen  vom  untern 
Rippenrande  an  ein  einschneidiges  Messer  in  Resten  einer  mit  Bronce  be- 
schlagenen hölzernen  Scheide. 

Nr.  10.  Nach  aussen  vom  untern  Drittel  des  rechten  Unterschenkels 
eine  Bronceschnalle;  auf  der  Innern  Seite  des  rechten  Oberschenkels  ein 
eiserner  Ring;  am  kleinen  Rollhügel  des  linken  Oberschenkelknochens  ein 
eiserner  Ring;  in  der  Gegend  der  Schambeinfuge  ein  Riemenstück  mit 
Broncebeschlag    und    ein    Bracteat    zwischen    den    Lederplatten;    ferner    17 


Das  Gräberfeld  bei  Gerdauen.  309 

eiserne  Buckel  in  der  Gürtelgegend;  unter  dem  linken  Ellenbogengelenk  ein 
10  cm  langes  Stück  eines  sehr  starken  Bronceringes  mit  Zeugresten.  (Letzteres 
Stück  gehört  sicher  nicht  zu  diesem  Skelet,  sondern  rührt  von  einer  früheren 
Bestattung  her.) 

Nr.  11.  Unter  dem  linken  Ellenbogengelenk  ein  eisernes  Messer  mit 
Spuren  einer  hölzernen  Scheide;  in  jeder  Augenhöhle  ein  Bracteat;  an  der 
Innenseite  des  rechten  Oberschenkelknochen  in  der  Höhe  des  Gelenkhalses 
ein  eiserner  Ring. 

Nr.  14.  Ein  diademartiger  Broncering  und  ein  2-spiraliger  Bronce- 
ring  um  die  Halswirbelsäule;  oberhalb  und  unterhalb  der  Ringe  lagen  an 
der  vordem  Halsfläche  10  Bronceklappern  von  verschiedener  Grösse  und 
Form;  in  der  Drosseladergrubengegend  ein  rundes  mit  zahlreichen  Ver- 
zierungen versehenes  Bleistück  in  Grösse  eines  Fünfmarkstückes;  in  der 
linken  Augenhöhle  ein  rudimentärer  Bracteat;  auf  der  rechten  Brusthälfte 
in  Höhe  der  6  —  8ten  Rippe  eine  grosse  aus  Bronccdraht  gefertigte  Gewand- 
nadel; über  dem  untern  Theile  der  Brust  eine  feine,  kleine  und  zierlich 
gearbeitete  Brustkette,  die  aus  4  gedrehten  Broncegliedern  und  einem  eisernen 
Zwischengliede  besteht;  am  Ende  dieser  Kette,  die  in  der  Höhe  der  9.  Rippe 
rechterseits  begann  und  sich  über  den  letzten  Brustwirbel  auf  die  linke 
Thoraxhälfte  zog,  befanden  sich  10  broncene  Klapperbleche;  auf  dem  Zeige- 
finger der  rechten  Hand  ein  kostbarer  silberner  Filigranring.  Gezeichnet 
von  Prof.  Hey  deck. 

Nr.  15.  Broncering  in  3  Umgängen  um  die  Hals  Wirbelsäule;  eine 
grosse  Zahl  blauer,  gelber  und  grüner  Glasringe;  Gürtelstück  und  Leder 
mit  Broncebeschlag  in  der  Höhe  des  11.  Brustwirbels,  eine  in  Bronceblech 
gefasste  Bärenklaue,  4  broncene  Klapperbleche,  mehrere  Bronceklappern  unter 
dem  Gürtel;  kleine  hufeisenförmige  Gewandnadel  aus  Bronce  mit  Gewand- 
resten auf  dem  rechten  Schultergelenke. 

Nr.  19.  Rechts  vom  6.  Brustwirbel  eine  Bronceschnallek;  auf  der  ersten 
rechten  Rippe  eine  Bronceklapper;  in  der  linken  Achselhöhle  ein  Bronce- 
berloque;  am  rechten  Zitzenfortsatz  ein  feiner  Broncereifen  mit  Glasperlen; 
auf  einem  Finger  der  linken  Hand  2  Ringe,  ein  Siegel-  und  ein  Filigranring. 
Gezeichnet  von  Prof.  He  yd  eck. 

Nr.  20.  Ein  spiraliger  Broncering  in  2  Umgängen  um  die  Halswirbel- 
säule; an  dem  3.  Finger  der  rechten  Hand  ein  Ring;  3  Bronceschellen 
in  der  Gürtelgegend.     Gewandreste. 

Nr.  22.  Zwischen  den  Oberschenkeln  2  eiserne  Messer,  ein  langes  und 
ein  kurzes  dicht  aufeinander;  der  oberste  Theil  des  langen  Messers  über- 
ragte die  Schambeinfuge  um  6  cm,  sie  lagen  dann  weiter  etwas  näher  der 
Innenfläche  des  rechten  Oberschenkelknochens  an:  in  der  Höhe  des  letzten 
Brustwirbels  Lederzeug  mit  2  Schnallen  aus  Bronce ;  an  dem  Leder  befanden 
sich  noch  Gewandreste.  Zwischen  den  Lederplatten  lag  ein  Halbschoter 
Konrad   Zöllners    von   Rothenstein;    an    der  Innenfläche    des  rechten  Ober- 

Zeitscbrift  für  miiQologie.     J»lirg.  1879.  -'•' 


310  A.  Hennig: 

Schenkelknochens  in  dessen  Mitte  etwa  2  eiserne  Schnallen  dicht  aufeinander; 
eine    ganz   gleiche  am  grossen  Rollhügel  des  linken  Oberschenkelknochens. 

Nr.  23.  In  der  linken  Augenhöhle  ein  Bracteat;  unmittelbar  unter  dem 
linken  Ellenbogengelenk  ein  Broncegürtelhalter  mit  Lederresten  und  in  den- 
selben 5  Bracteaten. 

Nr.  27.  Etwas  über  dem  rechten  Ellenbogengelenk  nach  aussen  vom 
Oberarmknochen  ein  eiserner  Ring;  ein  ebensolcher  Ring  nach  aussen  von 
der  Mitte  des  rechten  Unterarmknochens ;  eine  eiserne  Schnalle,  deren  Dorn 
aus  Bronce  gefertigt  ist,  lag  nach  innen  vom  linken  Oberschenkelkopfe;  an 
dem  linken  Fersenbeine  ein  eiserner  Sporn;  auf  den  Brustknochen  in  Höhe 
des  5.  Brustwirbels  ein  Bracteat.     Gezeichnet  von  mir. 

Nr.  30.  Zur  linken  Seite  des  Schädels  lagen  2  verschieden  grosse 
Lanzenspitzen,  die  grössere  noch  ein  wenig  unter  dem  Schädel,  die  andere 
12  cm  von  der  ersten  nach  aussen  entfernt;  nach  innen  vom  linken  Ellen- 
bogengelenk ein  Messer  mit  Griff;  in  derselben  Höhe  mit  dem  Messer 
ganz  nahe  der  Wirbelsäule  ein  eiserner  schnallenartiger  Gegenstand;  ein 
wenig  unter  letzterem  ein  bearbeiteter  Feuerstein;  nach  innen  vom  linken 
kleinen  Rollhügel  zwei  eiserne  Ringe  (s.  Nr.  9.)  dicht  unter  einander;  auf 
dem  linken  Oberschenkelknochen  über  der  Grenze  zwischen  dem  oberen 
und  mittleren  Drittel  ein  defectes  eisernes  Messer.     Gezeichnet  von  mir. 

Nr.  33.  Ein  grosses  eisernes  Messer  zwischen  den  Oberschenkeln  von 
der  Schambeinfuge  an;  nach  innen  vom  rechten  Oberschenkelkopfe  in  der 
Höhe  zwischen  dem  oberen  und  mittleren  Drittel  ein  nicht  mehr  erkennbarer 
eiserner  Gegenstand,  wahrscheinlich  das  Rudiment  eines  Ringes,  nach  innen 
vom  kleinen  Rollhügel  jederseits  ein  eiserner  Ring  (s.  Nr.  9).  Gezeichnet 
von  mir. 

Nr.  34.  Unmittelbar  unter  dem  Kinn  eine  grosse  Zahl  von  kleinen 
gelben,  grünen  und  blauen  Glasringen,  die  auf  feinem  Broncedraht  aufge- 
zogen waren;  2  Bronceklappern  und  ein  Stück  eines  zinnernen  Gegen- 
standes auf  dem  linken  Schulterblatte.  Rechts  von  der  Wirbelsäule  in  der 
Höhe  des  7.  Brustwirbels  eine  Bronceschnalle  mit  Gewandresten;  eine  zweite 
Schnalle  aus  Bronce  in  Hufeisenform  nach  aussen  von  der  Mitte  des  linken 
Vorderarmknochens. 

Nr.  35.  Ein  eisernes  Messer  zwischen  den  Unterschenkelknochen,  der 
Griff  desselben  lag  in  der  Höhe  des  untern  Drittels  des  Oberschenkelknochens; 
ein  eiserner  Ring  nach  innen  vom  kleinen  Rollhügel  jederseits;  nach  aussen 
von  der  linken  Darmbeinschaufel  ein  eisernes  Messer  mit  Holzgrifi,  welcher 
mit  Broncebeschlag  verziert  ist;  zwischen  den  beiden  Kniegelenken  Ueber- 
reste  einer  eisernen  Schnalle.     Gezeichnet  von  mir. 

Nr.  37.  Ein  Broncering  von  8  Umgängen  um  die  Halswirbelsäule; 
nach  innen  vom  linken  Oberarmknochen  ein  eisernes  Messer  mit  Griff, 
letzterer  ist  mit  Leder  überzogen  und  mit  Bronceplatten  belegt;  nach  innen 
vom    linken    Oberarmkopf    eine    Bronceschnalle;     nach    innen    vom    linken 


Das  Gräberfeld  bei  Gerdaaen.  311 

ünterarmknochen  in   der  Höhe    des   obersten    Drittels    ein  Bronceberloque ; 
Haare  unter  dem  Hinterhaupte. 

Nr.  38.  Ein  spiraliger  Broncering  von  H  Umgängen  um  die  Halswirbel- 
säule; auf  dem  Mittelfinger  der  rechten  Hand  2  Ringe,  der  eine  von  den 
beiden  ist  ein  silberner  Filigranring. 

Nr.  39.     In  der  Höhe  des  7.  Brustwirbels  eine  Bronceschnalle. 

Nr.  40.  Um  die  Halswirbelsäule  ein  spiraliger  Broncering  von  8  Um- 
gängen; nach  aussen  von  der  rechten  Darmbeinschaufel  eine  Bronceschnalle; 
unmittelbar  rechts  vom  4.  Lendenwirbel  ein  kleines  Bronceberloque. 

Nr.  41.  In  der  Höhe  des  2.  und  8.  Lendenwirbels  rechts  von  denselben 
eine  in  Bronceblech  gefasste  Bären  klaue;  auf  der  linken  Seite  in  derselben 
Höhe  eine  Bronceschnalle;  an  dem  Zeigefinger  der  linken  und  dem  Mittel- 
finger der  rechten  Hand  ein  Ring;  unter  den  Rippen  der  linken  Seite 
eine  grosse  Anzahl  von  Glasringen;  am  linken  Zitzenfortsatz  ein  Bronce- 
berloque.    Gezeichnet  von  mir. 

Nr.  42.  Ein  Bronceberloque  ein  wenig  links  von  der  Halswirbelsäule; 
am  linken  Ellenbogengelenk  und  zwar  nach  innen  von  demselben  ein  Stück 
eines  Feuerstahls;  nach  aussen  vom  rechten  grossen  Rollhügel  eine  Bronce- 
schnalle. 

Nr.  43.  Auf  dem  rechten  wie  linken  Oberschenkelhalse  jederseits  eine 
Bronceschnalle,  an  denen  sich  noch  grössere  Stücke  Gewandreste  befanden; 
über  dem  letzten  Brust-  und  ersten  Lendenwirbel  eine  eiserne  Schnalle; 
nach  aussen  vom  linken  Unterschenkelknochen  dem  untern  Drittel  ent- 
sprechend 6  cm  von  demselben  entfernt  eine  Lanzenspitze;  unter  dem  rechten 
Oberschenkelknochen  in  seinem  obern  Drittel  ein  Messer  und  mehrere 
eiserne  Gegenstände;  unter  dem  linken  Kniegelenke  eine  in  Bronce  ge- 
fasste Bärenklaue  mit  Eisenstücken  zusammen.  Gewandreste  an  den  Ober- 
schenkelknochen. 

Nr.  45.  Broncespiralring  von  8^  Umgängen  um  die  Hals  Wirbelsäule; 
an  der  rechten  Hand  ein  defecter  Fingerring;  unter  der  rechten  Darmbein- 
schaufel ein  Broncering;  Haare  befinden  sich  noch  am  Hinterhaupte;  Spuren 
einer  Holzunterlage  konnten  sicher  festgestellt  werden. 

Nr,  40.  Eine  eiserne  Schnalle  nach  innen  vom  rechten  Oberschenkel- 
kopfe; Bracteaten  hinter  der  linken  Darmbeinschaufel;  eine  Bronceschnalle 
in  der  Nähe  der  Schambeinfuge. 

Nr.  47.  Ein  Broncering  in  Spiralform  um  die  Ilalswirbelsäule;  an  der 
linken  Hand  ein  Broncefingerring;  links  vom  2.  Lendenwirbel  eine  Bronce- 
schnalle. 

Nr.  48.  Nach  innen  vom  rechten  kleinen  Rollhügel  ein  Schleifstein 
mit  einem  Loche  versehen;  am  linken  kleinen  Rollhügel  ein  eiserner  Ring; 
nach  aussen  vom  linken  Kniegelenk  ein  Feuerstahl. 

Nr.  50.  Ein  breites  Bronceband  um  die  Halswirbelsäule;  in  der  Mitte 
auf  dem  rechten  Schlüsselbeine  eine  Bronceschnalle, 

22* 


312  A.  Hennig: 

Nr.  51.  Eine  Bronceschnalle  über  dem  linken  Schlüsselbeine  nach 
dem  Oberarmgelenke  zu;    Bronceberloque  am  rechten  Zitzenfortsatz. 

Nr.  52.  Ein  Broncespiralring  in  mehreren  Umgängen  um  die  Hals- 
wirbelsäule;   am  rechten  Schlüsselbeine  eine  Bronceschnalle. 

Nr.  54.  Ein  Broncespiralring  mit  8  Umgängen  um  die  Halswirbelsäule; 
nach  innen  vom  obern  Drittel  des  linken  Oberarmknochens  3  Bracteaten; 
auf  der  linken  Seite  von  der  Wirbelsäule  zwischen  Armknochen  und  Wirbel- 
körper in  der  Höhe  des  9.  Brustwirbels  ein  Bronceberloque;  nach  innen 
von  letzterem  Zierrath  also  näher  der  Wirbelsäule  am  10.  Brustwirbel  eine 
Bronceschnalle;  unmittelbar  unter  dem  Bronceberloque  eine  mit  Broncebe- 
schlag  verzierte  Lederscheide;  an  dem  linken  Mittelfinger  2  Broncefinger- 
ringe;  Zeugreste  und  Haare  hatten  sich  am  Halsringe  erhalten  und  sind 
unter  Glas  eingeschlossen.     Gezeichnet  von  mir. 

Nr.  57.     Zwei  eiserne  Lanzenspitzen  gerade  unter  dem  Schädel. 

Nr.  62.  Auf  dem  Ellenbogengelenke  des  linken  Armes  eine  mit  Bronce- 
beschlag  verzierte  Lederscheide;  auf  dem  8.  Brustwirbel  eine  Bronceschnalle 
mit  wollenen  Gewandresten. 

Nr.  64.  Unter  dem  Kinn  mehrere  Bronceschnallen;  auf  der  linken 
Brusthälfte  5  cm  von  der  Wirbelsäule  entfernt  in  Höhe  des  6.  Brustwirbels 
ein  Bronceberloque;  rings  um  den  Schädel  eine  Anzahl  von  kleinen  Glas- 
perlen und  eine  Broncerosette  auf  der  Stirnglatze.     Gezeichnet  von  mir. 

Nr.  65.  Eine  Schnalle  aus  Bronce  auf  dem  linken  Rabenschnabel- 
Fortsatz;    um  die  Halswirbelsäule  ein  Broncespiralring  von  5^  Umgängen. 

Nr.  69,  Ein  Broncespiralring  von  8  Umgängen  um  die  Halswirbel- 
säule; am  linken  Zitzenfortsatz  ein  kleiner  Broncering  mit  einigen  Glas- 
perlen. 

Nr.  72.  Nach  innen  vom  rechten  Oberschenkelkopfe  ein  eiserner  Ring, 
(s.  Nr.  9.) 

Nr.  73.     An  jedem  kleinen  Rollhügel  ein  eiserner  Ring.     (s.  Nr.  9.) 

Nr.  75.  Ein  Broncering  um  die  Hals  Wirbelsäule;  ein  Feuerstahl  und 
defecte  eiserne  Gegenstände  auf  der  linken  Brusthälfte. 

Nr.  76.     Feuerstahl  unter  dem  Kreuzbeine. 

Nr.  77.  In  der  Beckenhöhle  ein  Bracteat;  rechts  vom  ersten  Lenden- 
wirbel Lederreste  mit  Amulet  aus  Bronce.     Gezeichnet  von  mir. 

Nr.  80.  Zwischen  den  Unterschenkelknochen  ein  eisernes  Messer; 
links  vom  ersten  Lendenwirbel  Broncerudimente;  in  der  rechten  Augenhöhle 
ein  Bracteat. 

Nr.  81.  Nach  innen  vom  rechten  wie  linken  kleinen  Rollhügel  ein 
eiserner  Ring  (s.  Nr.  9)  jederseits;  an  der  linken  Seite  des  3.  Lendenwirbels 
eine  eiserne  Schnalle;  7  Knöpfe  in  der  Gegend  des  3.  Lendenwirbels;  in 
der  linken  Augenhöhle  ein  Bracteat;  kleine  Glasringe  von  blauer,  grüner 
und  gelber  Farbe  um  die  Halswirbelsäule  und  unter  dem  Hinterhaupte; 
zwischen  dem  rechten  Ellenbogengelcnke  und  dem  obern  Rande  der  rechten 


Das  Gräberfeld  bei  Gerdauen,  313 

Darmbeinschaufel  eine  Anzahl   von  kleinen    Glasringen;    9  Knöpfe   um    die 
Mitte  des  rechten  Oberarmknochens. 

Nr.  82.     Auf  dem  linken  grossen  Rollhügel  ein  eiserner  Ring. 
Nr.  84.     An  jedem  Fersenbeine  ein  Sporn,    (s.  Demmin,  Kriegswafifen. 
Sporen  p.  365  Nr.  18). 

Nr.  85.  Am  linken  Sprungbeine  einige  nicht  näher  zu  bestimmende 
Eisenstücke,  wohl  herrührend  von  einem  Sporn;  nach  innen  vom  linken 
kleinen  Rollhügel  ein  eiserner  Ring  (s.  Nr.  9). 

Nr.  87.     Nicht  bestimmbare  Eisenstücke  in  der  Beckenhöhle. 
Nr.  88.     In  der  rechten  Augenhöhle  ein  Bracteat, 

Nr.  89.  Eine  Schnalle  an  jedem  kleinen  Rollhügel;  in  der  Becken- 
höhle Lederreste  und  in  derselben  mehrere  Bracteaten;  nach  aussen  vom 
linken  Oberschenkelkopfe  ein  Messer;  an  derselben  Stelle  rechts  ein  eiserner 
Nagel;  unter  dem  untersten  Drittel  des  rechten  Oberarmknochens  eine 
Bronceschnalle;  in  der  Gürtelhöhe  eine  eiserne  Schnalle,  Eisenstücke  und 
mehrere  Knöpfe.  — 

Ausser  diesen  zahlreichen  Beigaben,  welche  an  den  50  Skeleten  aufge- 
deckt worden  sind,  wurde  eine  noch  grössere  Anzahl  von  kostbaren  Schmuck- 
gegenstünden,  welche  sich  jedoch  im  Wesentlichen  an  die  im  Protokoll 
aufgeführten  Objecto  anschliessen,  frei  in  der  Erde  gefunden;  wie  sie  dahin 
gekommen  sind,  habe  ich  schon  oben  auseinander  gesetzt. 

Wir  wollen  jetzt  versuchen  aus  den  Aufzeichnungen  im  Protokoll  die 
herrschende  Mode  in  der  Bekleidung  und  dem  äussern  Ausputz  jener  alten 
Bewohner  des  Bartener  Landes,  welche  auf  der  Pracher  Liske  ihre  Ruhe- 
stätte gefunden  haben,  zu  reconstruiren.  — 

Das  hier  bestattete  Volk  war  mit  Gewändern  bekleidet,  und  es  dürften 
nach    den  Funden    vielleicht   einzelne  Vornehme    sogar    unter  dem  wollenen 
Ueberwurfe,    noch  ein  leinenes  Hemde  getragen  haben.     Der  nothwendigste 
Schmuck  zu  diesem  Anzüge  ist  nun  eine  Gewaudnadel,  welche  den  Ueber- 
wurf  entweder  auf  der  Schulterhöhe  oder  vorue  auf  der  Brust  zusammenhält 
und    in    der  That   ist    die  Gewandschnalle  ein  in  vielen  Exemplaren  und  in 
besonders  zwei  Typen  vertretener  Gegenstand  des  Gerdauer  Gräberfeldes;  aus 
der  Lage  derselben  geht  es  sicher  hervor,  dass  man  das  Gewand  bald  auf  der 
rechten,  bald  auf  der  linken  Schulter  oder  vorne  schloss.    Diese  Brustnadel, 
Scheiben-  hufeisen-  oder  ringförmig  mit  beweglicher  Pinne,    in    allen  Fällen 
aus   Brouce    bestehend,    schloss    ganz    zweifellos   einen   andern   Gegenstand 
aus.     An    allen    denjenigen  Skeleten    nämlich,    welchen    diese   Nadel    fehlte, 
fand  sich  entweder  nach  innen  von  jedem  Oberschenkclkopfe  resp.  dem  kleineu 
Rollhügel  je  ein  eiserner  Ring  von  circa  5  cm  im  lichten  Durchmesser  oder 
eine  ruude  Bronce-  oder  Eisenschnalle;   gauz  vereinzelt  war  nur  eine  Schnalle      , 
vorhanden,  oder  lagen  beide  auf  derselben  Seite  eine  unter  der  anderen.    Es 
ist  merkwürdig,   dass  eine  ähnliche  Beobachtung  in  Preussen  noch  nicht  ge- 
macht  wordeu    ist,    besonders    auffallend  ist  es  mir  gewesen,    dass  auch  auf 


314  A.  Hennig: 

dem  sonst  in  vielen  Beziehungen  so  ähnlichen  Begräbnissfelde  von  Stangen- 
walde nicht  ein  einziges  Mal  unter  24  Skeleten  ein  gleicher  Fall  vorge- 
kommen ist.  In  Loebertshof,  K.  Labiau  dagegen  habe  ich  im  letzten  Jahre 
einzelne  analoge  Fälle  gefunden.  — 

Bevor  wir  an  die  Beantwortung  der  Frage,  wozu  dieser  Gegenstand 
benutzt  worden,  gehen,  muss  ich  bemerken,  dass  in  allen  Fällen,  in  denen 
Ringe  gefunden  wurden,  auch  anzunehmen  ist,  dass  ursprünglich  Ringe  und 
nicht  etwa  Schnallen  vorhanden  gewesen  sind;  eine  absolute  Aufzehrung 
der  eisernen  Dorne  muss  nach  dem  Aussehen  der  Ringe  von  der  Hand  ge- 
wiesen werden.  Wozu  haben  diese  an  den  Oberschenkelköpfen  gefundenen 
Ringe  oder  in  einzelnen  Fällen  auch  Schnallen  gedient?  Zunächst  muss  es 
auffallen,  dass  diese  Ausstattung  nur  an  Skeleten  zur  Beobachtung  gekommen 
ist,  welche  nach  Becken-  und  Schädelform  wie  auch  nach  den  Beigaben 
männlichen  Individuen  angehören,  oder  von  denen  es  wenigstens  nicht  absolut 
auszuschliessen,  dass  sie  Männern  zuzurechnen  sind.  Eine  Schnalle  kann 
entweder  zum  Befestigen  eines  Riemens  oder  zum  Schliessen  eines  Schlitzes 
dienen;  zu  beiden  Zwecken  können  in  Rede  stehende  Schnallen  benutzt 
worden  sein,  da  sich  sowohl  Leder-  wie  Zeugreste  an  denselben  gefunden 
haben.  Man  kann  nun  annehmen,  dass  sie  den  wollenen  Rock  unten  ge- 
schlossen oder  eine  Hose  etwa  oben  an  den  Oberschenkeln  durch  einen 
Riemen  befestigt  haben;  für  beide  Möglichkeiten  fehlen  uns  allerdings  die 
Beweise,  doch  ist  es  ebenso  wahrscheinlich,  dass  sie  zur  Bekleidung  benutzt, 
als  dass  durch  sie  ein  Gürtel,  der  über  die  Hüften  herumging  und  vorne 
bis  zur  Schambeinfuge  herabreichte  zwischen  den  Oberschenkeln  geschlossen 
worden  ist,  an  dem  verschiedene  Gegenstände  zwischen  den  Beinen  aufgehängt 
waren.  Darf  man  annehmen,  dass  die  Gegenstände  in  der  Gegend,  in  der 
man  sie  aufdeckt,  auch  wirklich  im  Leben  getragen  worden  sind,  so  ist 
jedenfalls  eine  solche  Hypothese  auch  berechtigt,  denn  an  Skelet  Nr.  22 
fanden  sich  zwischen  den  Oberschenkelknochen  zwei  eiserne  Messer,  an 
Skelet  Nr.  33  ein  grosses  eisernes  Messer  ebendaselbst  und  an  Skelet  Nr.  35 
ein  eisernes  Messer  zwischen  den  Unterschenkelknochen.  — 

Einfacher  als  eine  Schnalle  ist  ein  Ring  und  dieser  kann  nicht  zum 
Verschlusse  des  Gewandes  benutzt  sein;  dagegen  ist  es  sehr  leicht  möglich, 
dass  er  an  dem  Gewände  durch  einige  Fäden  befestigt,  dazu  diente,  dass 
mau  zwischen  je  zwei  Ringen  ein  Band  ausspannte,  an  dem  dann  die  be- 
treffenden Gegenstände  aufgehängt  werden  konnten,  oder  auch  au  dem 
Ringe  selbst. 

AVeuugleich  die  Verwendung  dieser  Schnallen  und  Ringe  also  vorläufig 
noch  nicht  vollkommen  aufgeklärt  ist,  so  hielt  ich  es  doch  für  nothwendig 
auf  sie  besonders  aufmerksam  zu  machen,  zumal  man  schon  aus  Ringen  und 
Schnallen,  welche  also  an  der  bezeichneten  Stelle  liegen  mit  Bestimmtheit 
auf  ein  männliches  Skelet  schliessen  kann,  eine  Beobachtung,  die  mich  in 
nicht  geringem  Grade  erfreut  bat    — 


Das  Gräberfeld  hei  Gerdauen.  315 

Unter  den  Schmuckgegenständen  kommt  sehr  häufig  die  in  Bronceblech 
gefasste  Bärenklaue  (Schrft.  der  y-hys.  ökon.  Gesellsch.  Kbg.  XIl  Jahrg.  1871. 
Taf.  V  (II)  Fig  9)  vor,  welche  an  Kiemen  befestigt  auf  der  Brust  getragen 
wurde;     bisweilen    hängen    an    der    Broncefassung    dreiseitige,    verschieden 
grosse,    glatte    oder    mit    durchbrochener    oder   erhabener   Arbeit   versehene 
glatte  Klapperbleche   aus  ßroncc.     Neben   diesem  Zierrath   bilden   ein  nicht 
selten    vorkommendes    Fundobject    in    Gerdauen    Broncebommeln,     (Bahr, 
Gräber    der    Liven   Taf.  III,    Grab  I    Fig.  7,    Taf.  VIII,   Fig.  4;    Taf.  IX, 
Fig.  4  etc.)  welche  in  ihrem  Innern  ein  Steinchen  haben,  und  die  man  vor- 
nehmlich  an  Broncedraht   befestigt  als  Halsschmuck  neben  den  eigentlichen 
Halsringen  trug.    Sehr  häufig  sind  dieselben  neben  feinen  auf  dünnen  Bronce- 
drähton    gezogenen  Glasringen    zu    finden.     Dieser    kleinen   grünen,    gelben 
und  blauen  Glasringe  bediente  man  sich  zum  Ilalsschmucke  oder  zur  Zierde 
des  Ohrreifens;    letzterer    wurde    wahrscheinlich   in    den   meisten  Fällen  nur 
einseitig  sowohl   rechts   als  links  getragen,    doch  scheint  es  keine  Sitte  ge- 
wesen zu  sein  sich  mit  Ohrringen  zu  schmücken. 

Ein  dagegen  wieder  recht  häufig  vorkommender  Schmuckgegenstand  ist 
der  Fingerring,  welcher  bald  federnd,  mit  übergelegten  Endigungen,  bald 
vollkommen  geschlossen  ist,  in  Form  eines  einfachen  Reifens  oder  nach  Art 
eines  Siegelringes;  ein  grosser  Theil  ist  von  eleganter  Filigranarbeit  aus 
Bronce  oder  Silber  gefertigt.  Die  Sitte  mehrere  Ringe  an  den  Händen  zu 
tragen,  ja  sich  auf  einen  Finger  mehrere  Ringe  zu  ziehen,  herrschte  schon 
damals.  — 

Derjenige  Gegenstand,  welcher  am  meisten  interessiren  dürfte  und  der 
auch  eine  gewisse  Aufmerksamkeit  und  eine  nähere  Betrachtung  verdient, 
ist  der  grosse  Spiralring,  welcher  früher  Todtenkrone  genannt  wurde  und 
von  dem  Bahr  in  der  Beschreibung  der  Livengräber  sagt:  „der  Halsring 
wird  nicht  allein  in  diesen  Ostseeprovinzen  sehr  häufig,  sondern  auch  in 
vielen  Gegenden  Deutschlands  und  Skandinaviens  gefunden,  und  muss  ein 
Lieblingsschmuck  vieler  Völker  gewesen  sein.  Wahrscheinlich  diente  er 
bei  den  Männern  auch  zum  Schutz,  wie  viele  von  den  Schmucksachen.  In 
der  Grösse  und  Dicke  sind  die  gefundenen  Ilalsringe  nicht  gleich,  doch 
wiederholt  sich  oft  die  strickartig  gewundene  Form." 

Die  hier  in  Gerdauen  ausgegrabenen  Broncehalsringe  in  Spiralform  von 
2  bis  zu  10  Windungen,  deren  Gewicht  bis  zu  2  kg  in  einzelnen  Fällen 
ansteigt,  sind  aus  drei  2  —  3  mm  dicken  Broncedrähten  zusammengedreht 
und  endigen  entweder  in  einer  Oese,  oder  die  Enden  der  3  au  dem  kleineren 
Durchmesser  der  Spirale  zusammengewundenen  Drähte  sind  von  einer  Hülse, 
die  in  ein  mit  Würfelaugen,  Strichen  oder  Punkten  verziertes  1  —  l.J  cm 
breites  Band  ausläuft,  bedeckt  und  nur  die  Enden  der  3  Drähte  an  dem 
o-rösseren    Durchmesser    sind    mit    einer    einfachen    Hülse    in    Kapselform 

umgeben. 

Sie   sind   nach    meinen  Untersuchungen  besonders  uh  eiu  Schmuck  des 


316  A.  Hennig: 

weiblichen  Geschlechts  anzusehen,  doch  ist  es  nicht  auszuschliessen,  dass 
sie  auch  von  Männern  allerdings  viel  seltener  getragen  worden  sind,  unter 
den  17  mit  Halsringen  geschmückten  Skeleten  des  Gerdauer  Gräberfeldes 
könnten  Skelet  Nr.  37,  54  und  75  Männern  angehören,  denn  bei  37  spricht 
ein  am  linken  Oberarm  liegendes  eisernes  Messer,  bei  54  eine  mit  Bronce- 
blech  verzierte  Lederscheide,  die  noch  Reste  eines  Messers  enthält  und  bei 
75  ein  Feuerstahl  für  männliche  Skelete.  Leider  waren  diese  3  Gerippe  so 
sehr  verrottet,  dass  der  absolute  Beweis  für  ein  männliches  oder  weibliches 
Skelet  durch  die  Eigenthümlichkeit  des  Beckens  resp.  Schädels  nicht  ge- 
liefert werden  konnte.  Auf  der  kurischen  Nehrung  fanden  sich  ganz  ver- 
einzelt diese  Halsringe  an  Skeleten,  welche  Lanzen  und  Messer  neben  sich 
hatten.  Auffallend  bleibt  es  dagegen  immer,  dass  die  durch  ihre  Becken- 
form ausgesprochen  männlichen  Skelete  diesen  Ring  durchweg  entbehren. 
Mit  dieser  Thatsache  ist  eigentlich  auch  die  Frage  entschieden,  wozu  dieser 
colossale  Ring  benutzt  wurde?  War  er  ein  Schmuck  oder  diente  er  zum 
Schutz  oder  wie  Bahr  annimmt  gleichzeitig  zum  Schutz  und  Schmuck? 
Abgesehen  davon,  dass  ich  stets  gegen  die  Ansicht,  dass  dieser  Halsring 
wenigstens  im  13.  und  14.  Jahrhundert  als  ein  Schutz  des  Halses  gedient 
haben  soll,  weil  er  eben  gar  keinen  Schutz  vor  horizontal  geführten  Messer- 
und Schwerthieben  sowie  vor  Lanzenspitzen  bietet,  was  sollten  die  Weiber 
mit  einem  Halsschutz,  sie  ziehen  ja  nicht  in  den  Kampf,  um  Haus  und  Heerd 
zu  schützen?  Damit  dass  dieser  Gegenstand  vorzüglich  von  den  Weibern 
getragen  worden  ist,  wird  ihm  auch  gleichzeitig  seine  Bestimmung  als 
Schmuck,  als  Halszierde  zuertheilt.  [In  Betreff  der  Bedeutung  dieses 
Ringes  in  der  heidnischen  Zeit  behalte  ich  mir  mein  Urtheil  noch  vor.]  Hat 
er  aber  beim  Weibe  als  Schmuck  gedient,  so  gilt  dieses  ebenso  beim  Manne, 
zumal  er  an  männlichen  Skeleten  so  äusserst  selten  vorkommt. 

Wir  wagen  uns  auch  an  die  Frage:  Wann  trug  man  diesen  Schmuck? 
War  derselbe  etwa  wie  der  fälschlich  beigelegte  Name  Todtenkrone  besagt 
ein  Schmuck,  den  man  nur  den  Todten  und  zwar  den  weiblichen  Leichen 
anlegte?  Diese  Hypothese  muss  von  vornherein  zurückgewiesen  werden, 
weil  in  diesem  Falle  jeder  Ring  gut  erhalten  sein  müsste,  was  verhältniss- 
raässig  selten  vorkommt,  und  wogegen  ganz  besonders  die  Schlififlächen  an 
den  Ringen  einmal  innen,  wo  der  Nacken  scheuert,  und  zweitens  die  Schliff- 
flächen zwischen  den  einzelnen  Windungen  sprechen,  welche  nur  durch 
längeren,  vieljährigen  Gebrauch  entstanden  sein  können.  Aus  dem  mehr 
oder  minder  starkem  Abschliff  an  den  eben  bezeichneten  Stellen  kann  man 
auf  die  Dauer  des  Gebrauches  schliessen;  ein  nur  kurze  Zeit  benutzter 
Ring  wird  geringere  Schliffflächen  zeigen  als  ein  viele  Jahre  hindurch  ge- 
tragener. Trug  man  den  Ring  nur  bei  besonderen  Festlichkeiten  oder  war 
derselbe  ein  täglicher  Ausputz?  Wenngleich  dieses  gerade  nicht  positiv 
bewiesen  werden  kann,  so  müssen  wir  aus  verschiedenen  Gründen  annehmen, 
dass  er  nicht  nur  nicht  täglich  getragen  worden,   sondern   dass  dieser  Ring 


Das  Gräberfeld  bei  Gerdauen.  317 

einmal  angelegt,  ohne  besonderen  Grund  wie  etwa  schwere  Erkrankungen 
am  Halse  nie  wieder  von  dem  betreffenden  Individuum  abgelegt  wurde. 
Hierfür  spricht  in  erster  ijinie  die  practische  Erfahrung,  dass,  wenn  man 
eine  noch  so  stark  federnde  Spirale  täglich  biegt,  wie  es  ja  beim  Auf-  und 
Abziehen  gar  nicht  zu  vermeiden  wäre,  sehr  bald  ihre  Festigkeit  verliert, 
ihre  Federkraft  schwindet  und  leicht  bricht;  ein  so  kostbares  Stück,  wie 
es  doch  ein  solcher  Ring  ganz  entschieden  gewesen  ist,  musste  auf  jede 
mögliche  Weise  geschont  werden  und  schon  aus  einfach  ökonomischen  und 
für  den  Ring  practischen  Gründen  hat  man  denselben,  einmal  angelegt,  ohne 
besondere  Gründe  gewiss  nie  wieder  abgenommen.  Hierfür  liefern  auch 
gerade  die  in  ihrer  Spiralform  am  besten  erhalteneu  Ringe  den  Bewein,  denn 
aus  ihren  Schliffflächen  kann  man  schliessen,  dass  sie  lange  Zeit  hindurch 
getragen  worden  sind,  während  ihre  Spiralform  so  gut  wie  bei  einer  neuen 
Feder  erhalten  ist;  wäre  der  Ring  nun  jeden  Abend  von  dem  betreffenden 
Individuum  abgelegt  und  nächsten  Morgen  wieder  aufgezogen,  so  hätte  sich 
nie  und  nimmer  diese  gleichmässige  Spiralform  erhalten  können.  Waren  diese 
Ringe  Jahre  hindurch  getragen,  so  ist  es  schon  leicht  denkbar,  dass  sie  hier 
und  da  Brüche  bekamen,  welche  eine  Verkleinerung  der  Spirale  zur  Folge 
hatten,  und  so  ist  es  zu  erklären,  dass  in  einzelnen  Fällen  Ringe  mit  2  — 
3  Umgängen  an  den  Skeleten  gefunden  wurden,  welche  auf  beiden  Seiten 
die  deutlichen  Zeichen  eines  Bruches  trugen.  — 

Nachdem  wir  unsere  Meinung  dahin  abgegeben,  dass  diese  Ringe  einmal 
angelegt  nie  wieder  abgenommen  worden  sind,  so  scheint  sich  von  selbst 
die  Frage  aufzudrängen,  wann  d.  h.  in  welchem  Alter  den  Weibern  dieser 
Schmuck  angelegt  wurde,  ob  bei  ihrer  Heirath,  oder  nach  der  ersten  Entbin- 
dung oder  bei  sonst  einer  wichtigen  Gelegenheit?  Hierüber  dürfte  uns  wohl 
Skelet  15  belehren.  Wenngleich  dasselbe  leider  nicht  erhalten  ist,  so  findet 
sich  im  Protokoll  die  Bezeichnung  Kinderskelet,  ungefähres  Längenmaass 
1,15  m.  Dasselbe  war  mit  einem  aus  3  Broncedrähten  gewundenen  Hals- 
ringe geschmückt,  welcher  allerdings  nicht  in  derselben  Weise  gefertigt  ist 
wie  die  grossen  in  Rede  stehenden  Spiralringe;  doch  dürfte  dieses  Factum, 
dass  schon  Kinder  ähnhchen  Schmuck  getragen  haben,  so  bedeutend  in  die 
Wagschale  fallen,  dass  ich  mich  nicht  zu  scheuen  brauche  die  Vermuihuug 
auszusprechen,  dass  verhältuissmässig  früh  schon  deu  Kindern  von  wohl- 
habenden, ja  wahrscheinlich  nur  reichen  Eltern  dieser  Schmuck  zur  Zierde 
und  zum  Ausputz  angelegt  worden  ist.  Ein  neuer  Ring  konnte  mit  geringem 
Kraftaufwande  so  weit  gebogen  werden,  dass  er  leicht  über  deu  Schädel 
herüberging  und  nur  wenig  oder  gar  nichts  von  seiner  Form  verlor.  Gar 
zu  bequem  mag  nun  allerdings  ein  solcher  Schmuck  gerade  nicht  gewesen 
sein  und  ganz  besonders  nicht  in  der  ersten  Zeit,  und  daher  hat  man  auch 
den  Druck  des  Ringes  auf  verschiedene  Weise  zu  mildern  gesucht,  wie 
ich  wenigstens  aus  meinen  Fundresultaten  mich  für  berechtigt  halte  anzu- 
nehmen.    Zuerst    umwickelte    man   jeden    Umgang    des    Riuges    mit    feinem 


318  A.  Hennig: 

Leinengewebe;  diese  Vorkehrung  wird  man  besonders  aus  dem  Grunde  gethan 
haben,  um  die  zarte  Halshaut  vor  dem  Scheuern  der  harten  Metallreifen  zu 
schützen  und  vielleicht  erst  in  zweiter  Linie  zur  bessern  Erhaltung  des 
Ringes  selbst.  Dass  man  aber  die  einzelnen  Umgänge  mit  diesem  Stoffe 
überzog,  ja  gewissermassen  damit  polsterte,  kann  aufs  deutlichste  an  9 
Ringen  erkannt  werden,  au  denen  noch  an  verschiedenen  Seiten  und  Win- 
dungen kleinere  und  grössere  Stücke  Leinengewebes  haften,  und  ganz  be- 
sonders sprechen  die  auf  den  äussern  Flächen  der  Spiralen  haftenden  Stücke 
dafür,  dass  es  wohl  nicht  Theile  eines  leinenen  Unterhemdes  sein  können. 
Aber  auch  diese  Einwickelung  in  Leinen  scheint  nicht  zur  Genüge  vor 
Druck  geschützt  zu  haben,  und  man  hat  die  obersten  Windungen  dann 
ferner  noch  mit  Leder  gepolstert  oder  ein  Stück  Leder  um  den  Hals  auf 
blossem  Körper  getragen,  wodurch  der  Gebrauch  eines  solchen  Ringes  nun 
wenigstens  ermöglicht  und  nicht  gerade  mehr  eine  Tortur  war.  Es  ist  ja 
selbstverständlich,  dass  nach  längerem  Tragen  der  leinene  Ueberzug  abge- 
nutzt worden  ist;  ob  man  dann  abermals  den  Ring  mit  Leinenzeug  umwickelte, 
muss  dahingestellt  bleiben ,  doch  neige  ich  zur  gegentheiligen  Behauptung, 
da  ich  mir  nicht  vorstellen  kann,  dass  man  einen  so  kostbaren  Schmuck, 
der  wie  Ducatengold  glänzte,  stets  den  Blicken  der  Mitmenschen  entzogen 
haben  sollte. 

Endlich  möchte  ich  noch  darauf  aufmerksam  machen,  dass  man  diese 
Ringe  auch  nach  dem  Tode  des  betreffenden  Individuums  mit  Leinenzeug 
umwickelt  haben  kann,  und  würde  ich  in  diesem  Falle  die  ganze  Manipula- 
tion als  ein  Zeichen  der  Trauer  ansehen. 

Im  Anschlüsse  hieran  bemerke  ich  noch,  dass  man  bisweilen  zwei  Hals- 
riuge  trug  und  zwar  ausser  diesem  Spiralringe  noch  einen  breiten  diadem- 
ähnlichen aus  Bronceblech  gefertigt.  Von  letzterer  Art  sind  vier  gefunden, 
von  denen  zwei  die  deutlichsten  Zeichen  einer  allerdings  nicht  sehr  eleganten 
Reparatur  aufweisen,  und  zwar  der  eine  eine  einmalige,  der  andere  eine 
dreimalige,  was  wohl  zur  Genüge  den  Werth  eines  solchen  Stückes  kenn- 
zeichnet, denn  sonst  würde  mau  sich  die  Mühe  einer  so  häufigen  Reparatur 
sicherlich  nicht  gemacht  haben.  Auch  sie  sind  wahrscheinlich  mit  Leinen- 
zeug umwickelt  gewesen,  wie  es  an  dem  einen  Exemplar  aus  den  zahlreichen 
angeklebten  Leinenstückchen  besonders  auf  der  äusseren  Seite  zu  erkennen 
ist,  während  an  der  Innenfläche  des  anderen  Ringes  ein  grösseres  Stück 
Leder  aufgedeckt  wurde,  wodurch  obige  Behauptung  eine  neue  Stütze  und 
grössere  Wahrscheinlichkeit  gewinnt. 

Gehen  wir  von  diesen  Schmucksachen  zu  der  Ausrüstung  des  Mannes  über. 

Die  Ordensburg  Gerdauen  ')  war  wohl  schon  angelegt,  als  dieser  Kirchhof 
entstand,   und  so  kann  es  uns  keinen  Augenblick   wundern,   wenn  die  Aus- 

1)  Die  Burej  Gerdanen  wurde  1325  vom  Komthur  zu  Königsberg,  Heinrich  vou  Isenburg 
erbaut  an  Stelle  einer  von  dem  edlen  Preussen  Girdave  bewohnten  1263  zerstörten  Burg 
(Voigt,  Geschichte  Preussens  III  p.  237;    IV  p.  402.) 


Das  Gräberfeld  bei  Gerdauen,  319 

rüstungsgegenstände  zum  Kriege  den  männlichen  Skeleten  fehlen,  denn  der 
Orden  hatte  die  Waffenvorräthe  in  den  Burgen  und  stellte  mit  ihnen  die 
Ausrüstung  zum  Kriege  her,  abgesehen  von  den  Bürgern  in  den  Städten 
und  dem  Landadel.  Die  Bewohner  der  Liske  Gerdauen  haben,  wie  es  die 
Grabfunde  darthun,  nur  Waffen  zur  Jagd  gehabt,  ähnlich  wie  es  ein  Theil 
der  Gräberfunde  an  der  obern  Donau  in  der  Sigmaringischen  Sammlung 
nach  Lindenschmits  Werk  zur  Zeit  der  Macht  des  römischen  Reichs  in 
den  Grenzprovinzen  erweist,  indem  daselbst  auch  nur  Jagdwaffen  und  keine 
Schwerter  gefunden  sind.  — 

Ein  eisernes  Messer  mit  Holzgriff  lag  meistens  zur  linken  Seite  der 
Brust  oder  des  Beckens,  bisweilen  allerdings  auch  rechts.  Grössere,  hirsch- 
fängerartige Messer,  welche  zwischen  den  kleinen  Messern  und  den  Schwertern 
stehen,  sind  im  Ganzen  6  ausgegraben,  und  hatten  zwei  ihre  Lage  zwischen  den 
ünterscheukslknocheu,  die  anderen  zwischen  den  Überschenkelknochen.  Der 
Feuerstahl  (Bahr,  Gräber  der  Liven  Taf.  XV,  Fig.  11)  in  allen  Exemplaren 
von  gleicher  Form  wurde  auf  der  Brust,  unter  dem  Gesäss,  auf  der  äusseren 
Seite  des  linken  Kniegelenks  und  auf  der  äusseren  Seite  des  linken  Ober- 
armes gefunden  und  scheint  somit  an  keiner  besonderen  Körperstelle  ge- 
tragen zu  sein.  In  wenigen  Fällen  wurden  dann  noch  Sporen  [s.  Demmin, 
Kriegswaffen;  Sporen  S-  365,  Nr.  18)  an  den  Fersen  aufgedeckt,  wodurch 
der  Reiter  sicher  char;ikterisirt  ist.  An  2  Skeleten  lagen  je  2  Lanzenspitzen 
unter  oder  neben  dem  Schädel;  die  Lanzen  des  einen  waren  an  ihren  Spitzen 
stark  verbogen,  vielleicht,  dass,  wie  in  früheren  Zeitaltern  durch  Verbiegung 
der  Waffen  gezeigt  werden  sollte,  Niemand  habe  sie  mehr  zu  gebrauchen. 
Sehr  häufig  befanden  sich  auf  der  linken  Brusthälfte  Lederreste  mit  band- 
artigem Broncebeschlag,  welche,  wie  ich  aus  einigen  sehr  gut  erhaltenen 
Exemplaren  habe  ersehen  können,  Dolchscheiden  sind;  in  einzelnen  Fällen 
steckt  noch  ein  Theil  des  allerdiogs  sehr  stark  vom  Roste  verzehrten  Messers 
darin.  Endlich  kommen  noch  zwei  Beile  (Bahr,  Gräber  der  Liven  Taf.  XIX, 
Fig.  7)  hinzu,  und  hiermit  schliesst  die  Serie  der  Waffenstücke  ab.  — 

Es  fehlen  also  vollständig  auf  dem  Gerdauer  Gräberfelde  Schwerter; 
diese  kommen  auch  in  Stangen walde  nicht  vor;  Beile  dagegen  hat  man  da- 
selbst in  vielen  Exemplaren  gefuuden. 

Von  einzelnen  Objekten  wäre  noch  der  häutiger  wiederkehrenden  Leder- 
gürtel Erwähnung  zu  thun,  welche  aus  Lederplatteu  bestehen,  die  mit 
Broiicenieten  aneinander  befestigt  und  zum  Theil  auch  noch  mit  Broncedraht 
aneinander  genäht  sind;  an  diesen  Gürteln  hingen  bisweilen  zierliche  Bronce- 
bommelchen,  wie  z.  B.  an  jenem  oben  erwähnten  Kinderskelet.  Ein  kleiner 
durchbohrter  Sciileifstein  von  rhomboider  Form  fand  sich  nach  innen  vom 
rechten  Oberschenkelkopfe  eines  mit  eisernen  Ringen  und  Feuerstahl  ge- 
schmückten Skelets.  — 

Unter  den  Münzen  sind  bis  auf  einige  wenige  alles  Bracteaten  der 
verschiedensten  Hochmeister,  der  Zeit  von  1352 — 1413  angehürig  (s.  Voss- 


320  A-  Heunig: 

berg  Taf.  II.  Fig.  2,  4  und  ein  Bracteat  sehr  ähnlich  diesen  letzteren,  doch 
nicht  genau  ebenso),  üeber  ihre  Lage  kann  nichts  Bestimmtes  gesagt 
werden,  bald  lagen  einige  im  Becken,  bald  auf  der  Brust,  au  den  Armen  und 
in  den  Augenhöhlen;  in  einem  Falle  lag  in  jeder  Augenhöhle  ein  Bracteat, 
in  andern  immer  nur  ein  Bracteat  in  einer  von  beiden  Augenhöhlen,  seine 
Münze  gehört  der  Zeit  Konrad  Zolin  er's  von  Rothenstein  an  und  ist  ein 
Halbschoter  (s.  Vossberg,  IV  106,  IV  120,  121),  zwei  andere  sind 
Vierchon  von  demselben  Hochmeister. 

Nachdem  wir  nun  die  Objekte  des  Gerdauer  Gräberfeldes  flüchtig 
durchmustert  und  im  Grossen  und  Ganzen  Alles  erwähnt  haben,  was  dort 
ausgegraben,  hebe  ich  hervor,  dass  bis  jetzt  kein  Stück  Bernstein  im  Leichen- 
felde gefunden  ist.  — 

Ueber  die  Zeit,  in  welcher  (Jer  in  Rede  stehende  Kirchhof  bei  Gerdauen 
angelegt,  resp.  benutzt  worden,  ist  schon  im  ganzen  Fundberichte  Ver- 
schiedenes gesagt;  sicher  ist,  dass  derselbe  in  der  Ordenszeit  und  zwar 
nach  den  Münzen  zu  urtheilen  unter  Konrad  Zöllner  von  Rothenstein 
(1382 — 90)  benutzt  worden  ist.  Ob  auf  der  Bracher  Liske  schon  vor  An- 
kunft der  Ordensritter  ein  Begrübnissplatz  bestand,  ist  fraglich,  doch  möchte 
ich  es  für  wahrscheinlich  halten,  und  vielleicht  finden  wir  auch  noch  bei 
späteren  Ausgrabungen  Objekte,  die  wir  mit  Bestimmtheit  einer  früheren 
Periode  zurechnen  müssen;  wenigstens  könnten  die  Gegenstände,  welche 
beim  Chausseebaue  gefunden  worden  sind,  schon  immerhin  nach  der  Be- 
schreibung zu  urtheilen  einer  sehr  viel  früheren  Zeit  angehört  haben.  Es 
ist  aber  auch  nicht  unmöglich,  dass  einer  der  anderen  Hügel  die  acht  heid- 
nischen Grabalterthumer  birgt,  und  sollten  aus  dem  Grunde  schon  jedenfalls 
im  nächsten  Jahre  Untersuchungsgräbeu  daselbst  gezogen  werden,  um  diese 
Frage  sicher  zu  beantworten. 

Es  ist  zum  ersten  Male,  dass  wir  einen  so  umfangreichen  Kirchhof, 
welcher  in  die  erste  christliche  Zeit  in  unserer  Provinz  zu  setzen  ist,  ge- 
funden haben.  Zwar  gehört  der  Begräbnissplatz  bei  Stangenwalde  auf  der 
kurischen  Nehrung  auch  dieser  Periode  an,  wie  es  durch  die  Bracteaten  und 
den  ganzen  Habitus  der  AnUige  bestätigt  wird,  doch  ist  dieser  Kirchhof 
zum  Theil  wenigstens  nicht  mit  der  nöthigen  Sorgfalt  systematisch  unter- 
sucht und  kann  allerdings  auch  sehr  schwer  systematisch  untersucht  werden. 
Die  einzelnen  Fundobjekte  können  wohl  mit  Ausnahme  einer  gerieften  blauen 
Glasperle,  wie  wir  sie  aus  dem  Warenger  Schatz  her  können,  und  die  nur 
durch  einen  unglücklichen  Zufall  in  jenen  Fund  hineingekommen  sein  kann, 
als  Parallelstücke  gelten.  Wir  finden  denn  auch  von  Stangenwalde  ge- 
nau dieselben  Gewandnadeln  in  denselbea  Grössen  und  Mustern  wieder, 
die  in  Bronce  gefasste  Bärenklaue,  die  dreiseitigen  Bronceklapperbleche, 
die  Broncebommeln,  einige  wenige  Broncespiralhalsringe,  einzelne  einfache 
wie  Filigranringe,  kleine  blaue,  grüne  und  gelbe  Glasperlen  und  endlich 
Bracteaten    wie  sie   in  Gerdauen  an's  Tageslicht  gekommen  sind.     Obgleich 


Das  Gräberfeld  bei  GenJaaen.  32] 

das  Gräberfeld  auf  der  kurischen  Nehrung  sehr  viel  kleiner  ist  als  unseres, 
so  hat  man  doch  schon  bis  jetzt  17  eiserne  Lanzenspitzen  zwischen  15  und 
43  cm  Länge  gefunden,  von  denen  3  eine  ganz  gleiche  Umbiegung  der 
Spitzen  zeigen,  wie  wir  sie  aus  Gerdauen  bei  einzelnen  kennen  gelernt 
haben.  Gradbeile,  sehr  grosse  eiserne  Sargnägel,  Armringe  überhaupt  und 
besonders  die  eigenthüraliche  Form  der  Spiralringe;  die  mit  kleinen  Bronce- 
spiralen  durchwebten  Wollengewebe,  Wagschalen,  Trinkhörner  und  ein  aus 
Eisen  bestehender  Gürtelbesatz,  welcher  sehr  schön  mit  Silber  tauschiert 
ist,  fehlen  bei  uns  vollständig.  Desshalb  nun  ist  es  ganz  interessant  zwei 
Gräberfelder,  welche  derselben  Zeit  angehören  aber  räumlich  sehr  weit  ge- 
trennt sind,  mit  einander  vergleichen  zu  können. 

Das  Allgemeine,  der  Grundtypus  der  Anlagen  ist  beiden  Kirchhöfen 
gemeinsam,  doch  lassen  sich  zahlreiche  kleine  Unterschiede  auffinden,  welche 
durch  den  Einfluss  der  Nachbarvölker,  durch  die  Lage  des  Ortes  selbst, 
und  endlich  durch  die  Handelsverbindungen  bedingt  sind".  Auf  diese  Weise 
ergänzt  dann  in  einem  solchem  Falle  ein  Begräbnissplatz  den  andern,  und 
man  bekommt  durch  die  Betrachtung  beider  ein  sehr  viel  klareres  und 
umfangreicheres  Bild  von  jener  Zeit. 

Ausser  auf  den  Unterschied,  welcher  sich  zwischen  den  Objekten  aus 
Gerdauen  und  Stangenwalde  hat  auffinden  lassen,  möchte  ich  noch  besonders 
auf  einzelne  Verschiedenheiten  bei  der  Bestattung  selbst  aufmerksam  machen. 

In  Stangenwalde  sollen  die  Skelete  erstens  durchaus  keine  bestimmte 
Richtung  eingehalten  haben,  wogegen  wir  doch  in  Gerdauen  den  grössten 
Theil  in  der  Richtung  mit  dem  Kopf  im  W.  und  den  Füssen  im  0.  vorfanden; 
dann  ferner  lagen  sämmtliche  Skelete  in  Holzsärgen,  während  wir  in  Ger- 
dauen nur  in  4  Fällen  hölzerne  Unterlagen  constatiren  konnten,  von  wirk- 
lichen Särgen  war  nirgends  die  Rede,  und  endlich  hatte  man  in  Gerdauen 
die  Leichen  nicht  mit  Holzkohle  beschüttet,  wie  es  in  der  Hälfte  der  Fälle 
in  Stangenwalde  geschehen  war.  Dagegen  habe  ich  eine  gleiche  Beobach- 
tung in  Betreö  der  Särge  und  der  Beschüttung  der  Leichen  mit  Holzkohle 
auf  dem  grossen  Loebertshofer  Leichenfelde  gemacht.  — 

Dr.  Paul  Schiefferdecker,  der  erste,  welcher  die  kurische  Nehrung 
in  archäologischer  Beziehung  genauer  untersucht  hat,  sagt  an  einer  Stelle 
in  dem  Aufsatze  „der  Begräbnissplatz  bei  Stangenwalde"  Schriften  der 
phys.  Ökonom.  Gesellsch.  Kbg.  Jahrg.  XH  p.  54:  „Ich  glaube,  dass  der 
Schluss  gerechtfertigt  sein  dürfte,  dass  dasselbe  Volk,  w(jlchcs  die  Grab- 
stätten bei  Ascheraden  und  Segewolde  anlegte,  auch  die  Gräber  bei  Stangen- 
walde uns  hinterlassen  hat."  Ob  es  die  alten  Liven  waren,  also  ein  finischer 
oder  ein  lettischer  Stamm,  hält  er  allerdings  für  nicht  entschieden.  Ich 
habe  nun  vorhin  mehrfach  auf  das  Gleiche  zwischen  Stangenwalde  und 
Gerdauen  hingewiesen  und  so  müsste  denn  nach  jener  citirten  Stelle  eine 
sehr  nahe  Beziehung  zwischen  Gerdauen  und  den  von  Bahr  geschilderten 
Livengräbern  bestehen,  ja  nach  Schiefferdecker    müsste  dann  wolil  auch 


322  A.  Hennig: 

jenes  Volk,  welches  die  Bef^räbnissstätten  bei  Ascheraden  und  Segewolde 
anlegte,  den  Kiichhof  in  Gerdauen  angelegt  haben.  Wollten  wir  so  schliessen, 
so  hätten  wir  einen  falschen  Schluss  gemacht,  denn  nichts  wäre  irriger,  als 
das  Volk,  welches  am  Dünastrom  und  im  Aathale  bestattet  liegt,  mit  dem- 
jenigen zu  identificiren,  welches  vor  500  Jahren  auf  der  Pracher  Liske  zur 
Ruhe  gebracht  worden  ist.  Es  wird  sich  nun  darum  handeln,  zu  unter- 
suchen, in  welcher  der  Prämissen  etwas  Falsches  behauptet  worden  ist. 
Das  Factum,  dass  zwischen  Stangenwalde  und  Gerdauen  innige  Relationen 
bestehen,  steht  fest,  und  so  kann  der  Fehler  nur  in  der  Schiefferdecker- 
schen  Behauptung  zu  suchen  sein,  und  hier  liegt  er  auch  in  der  That. 
Schiefferdecker  verweist,  wie  er  sagt,  an  vielen  Stellen  seines  Aufsatzes 
auf  Abbildungen  in  dem  Bahr  sehen  Werke,  doch  wenn  wir  uns  näher  da- 
nach umsehen,  so  sind  es  nur  16  Fälle  und  zwar  von  diesen  6  Fingerringe, 
darunter  der  eine  4  Mal  und  ein  zweiter  2  Mal  angeführt,  5  Schnallen  dar- 
unter eine  doppelt  erwähnt,  ein  grosser  Spiralhalsring,  2  Gürtelbeschläge 
und  ein  Stück  eines  Wagebalkens.  Schiefferdecker  giebt  selbst  überall 
an,  dass  diese  Gegenstände  auch  nur  ähnlich  und  nicht  ganz  gleich  mit  den 
von  Bahr  abgebildeten  sind.  Zu  diesen  Gegenständen,  die  allerdings  einige 
Aehnlichkeit  mit  den  livischen  Alterthümern  zeigen,  füge  ich  dann  noch, 
nach  genauer  Durchsicht  des  Stangenwalder  Fundes  Gewandreste  mit  ein- 
gewebten kleinen  Broncespiralen,  die  Broncewagschalen  und  einige  Eisen- 
beile hinzu.  \  ergleichen  wir  nun  aber  aufmerksam  den  Inhalt  der  I-iven- 
gräber  mit  dem  des  Stangenwalder  Gräberfeldes,  so  werden  wir  gerade 
finden,  dass  der  grösste  Theil  der  für  die  Livengräber  und  für  die  Liven- 
cultur  charakteristischen  Gegenstände  in  Stangenwalde  fehlt.  Schieffer- 
decker sagt  selbst  im  oben  citirten  Aufsatze  S.  53:  „Es  ist  nicht  zu 
läugnen,  dass  manche  Gattungen  von  Gegenständen,  die  Bahr  in  den  Liven- 
gräbern  fand,  vollständig  fehlen,  es  sind  nicht  die  grossen  Brustgehänge 
vorhanden,  nicht  die  Leibringe,  die  Fussringe,  die  Bogenspanner,  die  Fibeln, 
Schulternadeln,  Kopfringe,  es  fehlen  die  symbolischen  Ringe  und  die  Hau- 
flegel und  ein  grosser  Theil  der  Amulette.  Aber  Schiefferdecker  hat 
nicht  genau  zugesehen,  denn  nicht  nur  diese  Objekte  fehlen,  sondern  auch 
die  Schwerter,  Dolche,  die  charakteristischen  Messer,  Trensen,  Steigbügel, 
Gurtschnallen,  Scheeren,  Perlen,  Ohrringe,  Kettenbündel,  der  grösste  Theil 
der  Schnallen,  Ketten  und  Halsgehänge  suchen  wir  auf  der  Nehrung  ver- 
gebens. Wie  konnte  denn  nun  Schiefferdeck  er  behaupten,  dass  dasselbe 
Volk,  welches  in  Ascheraden  und  Segewolde  bestattet  ist,  auch  Mitglieder 
ihres  Volksstammes  auf  der  Nehrung  beerdigt  hat. 

Es  ist  Schiefferdecker  genau  so  ergangen,  wie  es  vielen  Archäologen 
unserer  Provinz  in  Betreff  einer  andern  Frage  ergangen  ist;  denn  bis  zur 
Stunde  behaupten  Einige,  dass  der  grösste  Theil  unserer  in  den  verschieden- 
sten Gräbern  gefundenen  Schmucksachen  und  Geräthe  und  ein  bedeutender 
Theil  unserer  Waffen  aus  der  Zeit  des  etrurisch-römischen  Imports  herstammt, 


Das  Gräberfeld  bei  Gerdauen.  323 

und  doch  ist  diese  Behauptung  absolut  falsch.  Ganz  gewiss  sind  einige 
Objekte,  welche  in  unserer  Provinz  gefunden  sind,  römisch,  doch  ist  dies  ein 
80  verschwindend  kleiner  Theil,  dass  es  uns  auffallen  muss,  wie  man  zu 
dieser  Behauptung  denn  überhaupt  gekommen  ist,  zumal  doch  ein  so  reich- 
liches Material  in  unsern  Sammlungen  dem  beobachtenden  Auge  zu  Gebote 
steht.  Vergleiche  man  doch  unsere  Grabalterthümer  mit  jenen  von  Linden- 
schmit  veröffentlichen  römischen  Alterthümern,  so  wird  man  ja  auf  den 
ersten  Blick  die  grosse  Verschiedenheit  in  beiden  Fällen  gewärtig.  Warum 
verschliesst  man  sich  denn  so  gewissenhaft  gegen  eine  eigene,  eigentümliche 
nordische  Kultur  und  macht  Alles  ohne  nähere  Prüfung  römisch?  Spricht 
sich  in  dieser  Beziehung  nicht  eine  bedeutende  Geringschätzung  vor  unseren 
Altvorderen  und  eine  mangelhafte  Beobachtungsgabe  aus? 

Wenngleich  nun  auch  noch  nicht  die  craniologischen  Untersuchungen 
herangezogen  werden  können,  um  die  Schiefferdecker'sche  Behauptung 
zu  widerlegen,  so  sind  aus  den  Fundresultaten  sicher  folgende  Schlüsse  zu 
ziehen. 

Auf  dem  Gräberfelde  in  Gerdauen  sind  sehr  viele  Gegenstände  ge- 
funden, welche  in  Form  und  Grösse  genau  mit  Objekten  von  dem  Stangen- 
walder  Begräbnissfelde  übereinstimmen.  Abweichungen  zwischen  Stangen- 
walde und  Gerdauen  kommen  vor  und  sind  schon  vorher  zur  Genüge  hervor- 
gehoben, trotzdem  gehören  beide  Kirchhöfe  derselben  Zeit  an  und  sind  auch 
von  demselben  Volke  angelegt  worden.  Stangenwalde  und  die  von  Bahr 
beschriebenen  Livengräber  haben  dagegen  äusserst  wenig  Gemeinsames  an 
sich,  und  sicherlich  legten  nicht  Vertreter  desselben  Volksstammes  die  Be- 
gräbnissstätte auf  der  kurischen  Nehrung  wie  an  dem  Dünastrome  und  im 
Aathale  an.  Hieraus  folgt  auch,  dass  der  Todtenacker  am  Fusse  des  Schlosses 
von  Gerdauen  die  Ueberreste  eines  anderen  Volksstammes  deckt  als  jene 
beiden  Gräberfelder  in  Livland.  — 


Uebersicht  der  Literatur  für  Ethnologie,  Anthropologie 
und  Urgeschichte  im  Jahre  1878  bis  Mitte  1879. 

Zusammengestellt  von  W,  Koner. 


Anthropologisch-ethnologische  Versammlungen  und  Museen. 

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Die  IX.  allgemeine  Versammlung  der  deutschen  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und 

Urgeschichte    zu  Kiel    am   12.  bis  14,  August  1878.      Nach    stenographischen   Aufzeich- 

zeichnungen  red.  von  Job.  Ranke.  —  Correspondenzbl.  d.  deutschen  Ges.  f.  Anthropologie 

1878.     N.   9-11  (auch  einzeln  erschienen).     München  1878.     4. 
IX.    Versammlung    der    deutschen    anthropologischen    Gesellschaft    in    Kiel.     —     Ausland, 

1878.     N.  41. 
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September  12th  to  18th  1878.  —  Journ.  of  the  Anthropolog.  Institute.    VIII.  1879.  p.  284. 
Magilot  (E.),  Rapport  sur  les  questions  ethnographiques  et  anthropologi(|ues  au  congres  de 

Pesth.  —  Archives  d.  Missions  scientifiques.     3.  Ser.  V.  1878. 
Der  vierte  archäologische  Kongress  in  Kasan,  —  Journ,  d,  Ministeriums  d.  Volksaufklärung. 

1878.     Heft  2  (russisch). 
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1878.     p.  187.  256.  321.  364. 
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Bild  und  Schrift.     1878.     p.  281. 
Arbeiten  des  anthropologischen  Instituts  von  Grossbritannien  und  Irland,  —  Globus  XXXIV. 

1878.  N.  22. 

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Zeitschrift  für  BthDolotjie.    Jahrg.  1879.  23 


326  W.  Koner: 

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Leipzig  (Klinkhardt)  1878.    8.   (M.  2.80). 

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Uebersicht  der  Literatur.  327 

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Kosmos  von  Caspari.     IL     Ilft.   11. 
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Busch  (0.),  Philosophische  Mystik  contra  Darwinismus.  —  Kosmos  von  Caspari.    IL  Hft   12. 
Hörnes    (R.),    Das    holzfreie    Urmeer    nnd    seine    Consequenzen    für    den    Darwinismus.   — 

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Wagner  (Moritz)^!  Meine  Antwort  an  Georg  Seidlitz  in  einer  Darwinistischen  Streitfrage.  — 

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Haeckel  (E.),  Einstämmiger  und  vielsiämmiger  Ursprung.  —  Kosmos  von  Caspari.  IL  Hft.  11. 
Stern  (M.  L.),  Die  Philosophie   und  die  Anthropogenie  des  Prof.  Dr.  Ernst  Haeckel.     Berlin 

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anthropometrical    chart    or  register,    and    instructions    for    making    measurements    on  a 

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23* 


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Schumann,    Die  Thiere    im   Glauben    unserer  Vorfahren    und   des  Volkes.  —  Die  Natur. 

1878.     N.  3  f. 
Bodin  (Th.),  Braun,  der  Bär  im  Volksleben  und  Volksglauben.  —  Die  Natur.    1S79.    N.  18 
Andree  (R.),  Sympathie-Zauber.  —  Globus.     XXXV.    1879.     p.  28. 
Allerhand  sagenhafte  deutsche  Steine.  —  Europa.     1878.     N.  46. 

Ritter  v.  Rittershain  (G.),  Der  medicinische  Wunderglaube  und  die  lucubation  im  Alter- 
thume.     Berlin  (Denicke)  1878.    8.    fM.  2,50). 


332  W.  Koner: 

Haberland  (C),  Die  Vorbedeutungen  am  eigenen  Körper.  —  Globus.    XXXV.   1879.  p.  58. 
Stern  (J.),  Die  Frau  im  Talmud.     Eine  Skizze.    Zürich  (Verlags-Magazin)  1879.    8.    (M.  1). 
Kulischer  (M.),    lutercommunale   Ehe    durch   Raub    und  Kauf.    —    Z.    f.   Ethnologie.     X. 

1878.  p.  193. 

Haberland  (C),  Altjungfernschicksal  nach  dem  Tode.  —  Globus  XXXIV.    1878.    p.  205, 
de  Gubernatis  (A.),    Storia  comparata    degli   usi  natalizi  in  Italia  e  presso  gli  altri  popoli 

Indo-Europei.     Milano  (Treves)  1878.     8. 
ßuckland    (Miss    A.  W.),    Ethnological   hints    aftbrded    by    the    Stimulants    iu    usu   among 

Savages    and    among    the    Ancients.    —    Journ.    of   the    Anthropolog.    Institute.     VIII. 

1879.  p.  239 

Haberland  (C),  Die  Behandlung  des  Alters.  Ethnologische  Studie.  —  Kosmos  von  Caspari. 
II.     Heft  12. 

Der  Nasengruss.   -   Globus  XXXV.     1879.     p.  151. 

Samuelson  (J.),  The  history  of  Drink.     London  (Trübner  <fe  Co.)  1878.     8. 

Ethnographisches  über  das  Tric-Trac-Spiel.  —  Globus.    XXXV.     1879.    p.  238, 

Haberlaud  (C),  Hochhaltung  der  Corpulenz.  —  Globus.    XXXIV.    1878.     p,  189, 
— ,  Lange  Nägel,  —  Ebds,  XXXIV.  1878.     p.  191. 

Riccardi  (P.),  Saggio  di  studii  intorno  alla  pesca  presso  alcune  razze  umane.  —  Archivio 
per  l'Antropologia.     IX.     1879.     p.  1. 

de  Charency  (H.),  Des  couleurs  considerees  comme  symboles  des  points  de  Thorizon  chez 
les  peuples  du  nouveau  monde.     Paris  1877,     8, 

Andree  (Rieh.),  Ueber  den  Farbensinn  der  Naturvölker.  —  Z.  f.  Ethnologie.  X.  1878.  p.  323. 

Sonntag  (W,),  Die  Todtenbestattung.  Todtencultur  alter  und  neuer  Zeit  und  die  Begräbniss- 
frage.   Halle  (Schwetschke)  1878.     8.     (M.  1,75). 

Der  Kampf  der  Drillinge  und  des  Horatius  Schwestermord  in  ihrer  Berührung  mit  der 
Faunusmythe,  —  Ausland  1878.     N.  52. 

Hartmann  (Herrn.),  Altheidnische  Todtenurnen  in  christlichen  Begräbnissen.  —  Nordwest. 
IL     N.  6. 

Fischer  (H.),  Mineralogisch-archäologische  Studien.  —  Mitthi.  d.  anthropol.  Ges.  in  Wien. 
VIII.     1878.     p.  148. 

Die  Muschelkugel  in  Europa.   —  Ausland.     1878.     N.  51. 

Morgenstern  (J.),  Die  Steinzeit.  —  Vossische  Ztg.     Sonntagsbeilage.    N.  24. 

Arcelin,  La  Classification  prehistorique  des  äges  de  la  pierre,  du  bronze  et  du  fer.  — 
Revue  des  questions  historiques.     1877.  Avril. 

Wörner  (E.)  Beiträge  zur  Würdigung  der  unter  dem  Namen  Hinkelstein,  Spindelstein, 
Gollenstein,  Lange  Stein  u.  s,  w.  vorkommenden  monolithischen  Denkmale.  —  Corre- 
spondenzbl.  d.  Gesammtvereins  d.  deutschen  Geschichts-  u.  Alterthumsvereins.  1878.  N.  7. 

Virchow,  Ueber  Schalensteine.  —  Correspondenzbl.  d.  deutsch.  Ges.  f.  Anthropologie. 
1878.     p.  155. 

Mestorf  (J.),  Ueber  Schalensteine.  —  Anhang  zum  Bericht  der  allgem.  Vers.  d.  deutschen 
anthropol.  Ges.  in  Kiel. 

Ueber  Schalensteine.  I.  J.  Mestorf,  Schalensteine  aus  Schleswig-Holstein.  ILA  Vierling, 
Schalensteine  aus  der  Oberpfalz.  III.  0.  Low,  Schalensteine  aus  Amerika.  —  Corre- 
spondenzbl. d.  deutschen  Ges.  f.  Anthropologie.     1879.     N.  1.  3. 

Friede!,  Ueber  Näpfchen-  und  Rillensteine.  —  Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X.    1878.    p.  56. 

Fischer  (H.),  Ueber  Verbreitung  der  Steinbeile  aus  Nephrit,  Jadeit  und  Chloromelanit,  be- 
sonders in  Europa.  —  Correspondenzbl.  der  deutschen  Ges.  f.   Anthropologie.    1879.   N.  3. 

Voss,  Grüne  Steinbeile  aus  deutschen  Sammlungen.  —  Z.  f.  Ethnologie.  Verhdl.  X. 
1878.     p.  243. 

Damour  et  Fischer,  Notice  sur  la  distribution  geographique  des  haches  et  autres  objets 
prehistoriques.  —  Revue  archeoiog.     XXXVI.     1878.     p.  12. 

Chapet,  Rapport  sur  läge  du  bronze.  —  Bullet,  de  la  Soc.  de  geogr.  de  Lyon.  II.  1878.  p.  456. 

Bastian  (A.)  u.  A.  Voss,  Die  ßronzeschwerter  des  Königl.  Museums  zu  Berlin.  Berlin 
(Weidmann)  1878.     fol.     (M.  20). 

Becker  (Joh.  U.),  Die  Arier  und  die  Sintfluth.  —  Vossische  Ztg.  1879.  Sonntags-Beil.  N.  29 f. 


Uebersicht  der  Literatur.  333 

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Schwur tz  (W.),  Der  prähistorische  Osten.   —    Ausland.     1879.    N.  7. 

Cermak  (Cl.),  lieber  siavische  Alterthümer  und  Ortsnamen.  —  Z.  f.  Ethnologie.    Verhdl.  X. 

1878.     p.  357. 
Virchow,  Ueber  Silberfunde  im  Norden  nnd  Osten  Europa's.  —  Z.  f.  Ethnologie.    Verhdl.  X. 

1878,     p.  206. 
Kohn  (A.)  u.  C.  Mehlis,  Materialien  znr  Vorgeschichte  der  Menschen  im  östlichen  Europa. 

Bd.  II.     Jena  (Costenoble)  1879.     8,     (M.  15). 
de  Valroger,  Les  Celtes,  la  Gaule  celtique;  etude  critique.     Paris   1879.     VII.     560  S,    8. 

(7  fr.  40  c). 
Robiou  (F.),  Observations  criticjues   siir   Tarcheologie  dite  prehistorique,   specialement  en  ce 

qui    concerne  la    race    celtique.     Paris    (Didier)    1879.     8.     (Extr.    d.   Mem.   de   la  Soc. 

archeolog.     d'Ille-et-Vilaine). 
Christ  (K.),    Der    keltische  Gott  Merdos   nnd  der  arische  Mithras.    —    Jahrb.    d.  Vereins  v. 

Alterthunisfreunden  im   Rheinlande.     LXIV.     1878.     p.  53. 
Simson  (M.),  History  of  the  Gipsies,  with  specimens  of  the  Gipsy  language.     Edited,  with 

preface,    introduction,    and    notes,    and    a  disquisition  on  the  past,  present,    and  future 

Gipsydom,  by  James  Simson.     2nd  edit.     New  York  1879.     8.     (10  s.  6.  d). 
Origin  and  wauderings  of  the  Gypsies.   —   Edinburgh  Review.     1878.     N    303.     p.  117. 


Europa. 

Deutschland. 

Lindenschmit  (L.),  Die  Alterthümer  unserer  heidnischen  Vorzeit.  Bd.  III.  Hft  9.  10. 
Mainz  (v.  Zabern)  1879.     4.     (ä  M.  4). 

Arnold  (W.),  Deutsche  Urzeit.     Gotha  (F.  A.  Perthes)   1878.     8.     (M.  8,40). 

Die  erste  vorgeschichtliche  Karte  von  Deutschland.  —  Ausland.     1879.    N.  27. 

Fraas,  Ueber  die  Fortschritte  in  der  Anlage  der  prähistorischen  Uebersichtskarte  Deutsch- 
lands. —  Correspondenzbl.  d.  deutsch.  Ges.  f.  Anthropologie,     1878.     p.  98. 

Backhaus  (S.),  Die  Germanen  ein  semitischer  Volksstamm.  Geschichtlicher  und  sprach- 
licher Nachweis.     Berlin  (Driesner)  1879.     8.     (M.   1,50). 

Berghaus  (A.),  Germanen  und  Romanen.  —  Die  Natur.     1878.     N.  44  f. 

Hovelacque  (A.),  Progres  de  Tallemand  dans  lEurope  Orientale.  —  Bullet,  de  la  Soc. 
geogr.  commerciale  de  Bordeaux.     1878.     p.  221. 

V.  Kl  öden  u.  F.  v.  Koppen,  Unser  deutsches  Land  und  Volk.  2.  Aufl.  2.  Bd.  Leipzig 
(Spamer)  1878.     8,     (M.  4,50), 

Dederich  (A.),  Ueber  die  Suevi  des  Tacitus  Agricol.  28.  —  Monatsschr.  f.  d.  Gesch. 
Westdeutschlands.     IV.     Hft.  7-9. 

V.  Hellwald  (Ferd.),  Von  unserer  Sprachgrenze.  —  Ausland  1878.     N.  26. 

Christ  (K.),  Deutsche  Volksnamen.  —  Monatsschr.  f.  d.  Gesch.  Westdeutschlands.  V, 
Heft  3—5. 

Virchow,  Siavische  Funde  in  den  östlichen  Theilen  von  Deutschland.  —  Correspondenzbl. 
d.  deutsch,  Ges.  f.  Anthropologie.  1878.  p,  128.  —  Discussion  zu  dieser  Mittheilung 
von  Pösche,  Tischler  und  Montelius,     p.  137. 

Wendt  (G.),  Die  Nationalität  der  Bevölkerung  der  deutschen  Ostmarken  vor  dem  Beginne 
der  Germanisirung.     Göttingen  (Peppmüller)  1878,     8.     (M,   1,20). 

Steurich,  l'eber  Hochäcker  in  Norddeutschland.  —  Correspondenzbl.  d.  deutschen  Ges. 
f.  Anthropologie.     1879.     N,  3. 

Kühne,  Bericht  über  Alterthümer,  Ausgrabungen,  Münzfunde  etc.  im  Sommer  1878.  — 
Baltische  Studien.     XXVIII.     p.  565. 

Landschaften  und  Figuren  aus  preussisch  Litthauen.  —  Europa.    1879.     Nr.  28  f. 

Laugkusch  (Ä.  G.),     Litthauische  Sagen.  —  Altpreuss    Monatsschr,  Bd.  XV.  Hft,  5.  6. 


334  W.  Koner: 

Voelkel  (M.  J.  A.),    Die    lettischen    Sprachreste    auf   der  kurischen    Nehrung.     Heidelberg 

(Winter)  1879.     4.     (M.  1,60). 
Passarge  (L.),  Fiscberleben  auf  der  kurischen  Nehrung.  —  Daheim.    1879.    N.  39. 
Anger,  Ueber  die  Lage  des  alten  Truso.  —  Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  XI.     1879.     p,  15. 
Blell-Tüngen  (Th.),  Zwei  Vorlegeschlösser  des  jungem  Eisenalters  aus  dem  Grabfelde  zu 

Löbertshof  in  Ostpreussen.  —  Altpreuss.  Monatsschr,    Bd.  XV.  Hft.  7.  8.     1878. 
Braudstätter    (F.  A.),    Land    und    Leute    des    Landkreises   Danzig.     Eine    topographisch- 
historisch-statistische Schilderung.     Lief.  1  —  3.     Danzig  (Berlling)  1879.     8.     (ä  50  Pf,). 
Mannhardt,  Ausgrabungen  in  den  Kreisen  Pr.  Stargardt  und  Danzig.  —  Correspondenzbl. 

der  deutschen  Ges.  f.  Anthropologie.     1878.     p.  61. 
Anger,  Ueber  Ausgrabungen   in  der  Gegend  von  Elbing.   —   Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X. 

1878.     p.  198. 
Florkowski,  Gesichtsurne  aus  einem  Steiukistengrab  in  Gogoliu  (Kreis  Culm,  Westpreussen). 

—  Z.  f.  Ethnologie.     XL     1879.     Verhdl.  p.  30. 
Schuck,  Ausgrabungen  im  Bereuter  und  Carthäuser  Kreise.  —  Correspoudenzbl.  d,  deutsch. 

Ges.  f.  Anthropologie.     1878.     p.  63. 
Treichel,    Funde    von  Strugga  uud  Alt-Paleschken  (Kreis  Bereut,  Westpreussen.    —  Z.  f. 

Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  316. 
Virchow,    Getriebene    Bronzeeimer    von  Alt-Grabau  (Kr.  Bereut,  Westpreussen).    —    Z.  f. 

Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  201. 
Voss,  Uebereine  Urne  von  Elsenau(Kreis  Schlochau).  —  Z.  f.  Ethnologie.  Verhdl.  X.1878.  p.  330. 
Lissauer,  Ueber  die  Vorgeschichte   des  Culmer  Landes.    —  Correspondenzbl.  d.  deutschen 

Ges.  f.  Anthropologie.     1878.     8.     p.  68. 
Anger,  Ausgrabungen  am  Drausen-See  und  auf  dem  Neustädter  Felde  bei  Elbing.  —  Z.  f. 

Ethnologie.     Verh.  X.     1878.     p.  254. 
Berendt  (G.),  Nachtrag  zu   den   Pommerellischen   Gesichtsurnen.   —  Königsberg  (Koch,  in 

Comm.).     1879.     4.     (M.  3,70). 
Schwartz  (W.),  Ueber  Posensche  Alterthümer.  —  Z.  f.  Ethnologie.    Verhdl.  X.    1878.  p.  314. 
Schwartz  (W.),  Beiträge  zu  einem  Jahresberichte  über  die  Funde  in  Posen  im  J.  1877.  — 

Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  49. 
Schwartz    (W.),    Berichte    über  die  Ausgrabungen  zu  Kazmierz  und   Slaboszewo;    mit  Be- 
merkungen von  Virchow.  —   Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X.  1878.    p.  275. 
Fl i gier,  Runensteine  in  der  Provinz  Posen.   —    Mitthl.  der  anthropol.  Ges.  in  Wien.    VIU. 

1878.     p.  61. 
Kasten,  Steinkreis  iu  der  Netzebauder  Haide.  — Baltische  Studien.    XXVIII.    1878.  p.  54. 
Virchow,    Burgwälle    uud    alte  Ansiedelungen    im  Bomster  Kreise  (Prov.  Posen).    —    Z.  f. 

Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  251. 
Oelsuer  (Fr.),    Bronzen    aus   der  Gegend  von  Krotoschin.  —  Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X. 

1878.     p.  270. 
Struckmann  (C),  Vorkommen  vou  bearbeiteten  Steinen   im  Kieslager  von  Bobbin  auf  der 

Halbinsel  Jasmund,  Insel  Rügen.  —  Correspondenzbl.  d.  deutschen  Ges.  f.  Anthropologie. 

1878.     p.  18. 
Friedel    (E.),    Die   Stein-,    Bronze-    und    Eisen -Zeit    in    der    Mark    Brandenburg.     Berlin 

(Nicolai)  1878.     8.     (60  Pf.). 
Friedel,    Fundstücke  aus    heidnischen   Gräbern    von  Trieglitz,  Weitzensdorf,  Steffenshagen, 

Mertensdorf,  Wolfshagen  und  Gross-Pankow  (Ost-Priegnitz).  —  Z.  f.  Ethnologie.  Verhdl.  X. 
1878.     p.  434. 
v.  Alvensleben,   Ein   slavischer  Burgwall    bei  Rathenow.  —   Correspondenzbl.  d.  deutsch. 

Ges.  f.  Anthropologie.     1879.     N.  G. 
Götze,  Funde  aus    den  Torfmooren  und  Wiesenkalklagern   des   Nottetbales  bei  Zossen.  — 

Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  54. 
Virchow,    Ueber   die    Excursion    der  Berliner  ethnographischen  Gesellschaft    nach    Luckau 

und  Umgegend.  —  Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  289. 
V.  Martens,  Ueber  die  Conchylieu   aus  dem  Burgwall  von  Freesdorf  bei  Lnckau.  —  Z.  f. 
Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  297. 


üebersicht  der  Literatur.  335 

Jentsch,  Ueber  den  Namen  Friesendorf.  —  Ebds.  VerbdI.  X.     1878.    p.  '299. 
Veckenstedt,    ßronzeschmuck    von   Babow   (Spreewald).   —    Z.   f.   Ethnologie.     Verhdl.  X. 

1879.     p.  318.     Mit  Bemerkungen  von  Friede!  und   Voss.     p.  360.  361. 
Veckenstedt,  lieber  den  Wendenkönig  und  die  Boza-losc.  —  Z.  f.  Ethnologie.     NerhdI.   X. 

1878.     p.   1G2. 
Voss,  Fund  aus  dem  Urnenfelde    auf  Steinhurdt's  Berg   hei   S'-hlieben.   —   Z.  f.  Ethnologie. 

Verhdl.  X.      1878.     p.  218. 
Friedel  (E.)  Ueber  einen  Stein-   und   einen  Bronze-Celt,   in   einem  Hünengrab   bei  Crossen 

an  der  Oder  zusammen  gefunden,  sowie  über  eine   bei  Königs-VVusterhausen   gefundene 

steinerne  Hacke    mit  Durchbohrung    und'  drei  eigenthümJiche  Steinplatten  im  Moor  bei 

Stepenitz  und  bei  der  Försterei  Neumühl  aufgefunden.   —   Z.  f.  Ethnologie.     N'erhdl.  X. 

1878.     p.   158. 
Zimmermann  (J.),    Vorgeschichtliche  Karte    von   Schlesien.     Chromolith.     4  Bl.    1:30,000. 

Breslau  (Korn)  1879.     fol.    (M.  7).     Vergl.  Schlesiens   Vorzeit  in  Bild   und  Schrift.    1879. 

Januar. 
Neue    Funde    von    Reichersdorf,    Uaaso    und   Weissig    (Kreis   Guben).    —    Z.   f.    Ethnologie. 

Verhdl.  X.     1878.     p.  272. 
Voss  ,  Ueber  einen  südwestlich  von  Glogau  gefundenen  Halsring  von  Gold,  gegenwärtig  im 

Kgl.  Museum  zu  Berlin.  —  Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  XI      1879.     p.  33. 
Rabenau,  Steinsetznng    auf    den   Freibergen     bei  Kalau.    —    Z.  f.  Ethnologie.     \'erhdl.  X. 

1878.     p.  55. 
Saalborn,  Fundstätten   im  Krei-^e  Sorau.    —   Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  XI.      1879.     p.  13. 
Saalborn,    Ueber   die    Alterthümer    des    Kreises  Sorau.    —    Z.   f.   Ethnologie.     Verhdl.  X. 

1878.     p.  311. 
Saalborn,    Ueber  Buckelurnen    und    prähistorische  Fundstücke  aus  dem  Kreise  Sorau.    — 

Z,  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  221. 
von  der  Wengen,   Fund  von   drei   durch   Menschenhand   bearbeiteten   Hirschgeweihstücken 

aus  dem  Diluvium   bei  Mondschütz,    uuweit  Wohlau.   —   Correspondenzbl.    d.  deutschen 

Ges.  f.  Anthropologie.     1879.     N.  6. 
Die  Bewohner  des  Riesengebirges.  —  Europa.     1879.     N.  27. 
Schultz    (Egon),    Hochzeitsgebräuche    in    Oberschlesien.    —    Aus    allen    Welttheilen.      IX. 

1878.     p_   117. 
Wegener  (Ph.),  Hochzeitsgebräuche  des  Magdeburger  Landes.  —  Geschichtsbl.  f.  Stadt  und 

Land  Magdeburg.     XIII.   1878.  Hft.  3.     XIV.  1879.  Hft.   1. 
Hülsse  (F.),    Beiträge    zu    Magdeburger    Häuser-    und   Strassennameu.    —    Geschichtsbl     f. 

Stadt  und  Land  Magdeburg.     Jahrg.  XIII.     Hft.  3. 
Veckenstedt,  Ueber  prähistorische  Funde  von  Vehlitz  bei  Magdeburg.    -   Z.  f.  Ethnologie. 

Verhdl.  X.     1878.     p.  325. 
Credner,  Ueber  das  Gräberfeld  von  Giebichenstein  bei  Halle  a.  S.  —  Z.  f.  Ethnologie.    1879. 

Verhdl.  XI.     p.  47. 
Ausgrabungen  bei  Cöthen  in  Anhalt.  —  Correspondenzbl.  d.  deutsch.  Ges.  f.  Anthropologie. 

1878.     p.  14. 
Wäschke  (H.),  Ueber  Anhaltische  Volksmundarteu    —    Mitthl.  d.   Ver.  f.   .Anhalt.  Gesch.  u. 

Alterthk.     II.     1879.     p.  304. 
Werneburg,  Ueber  thüringische  gegen  Sachsen  und  sächsische  gegen  Thüringen  gerichtete 

Grenzvertheidigungs werke  des  6.  Jahrhunderts.  —  Z.  d.  Ver.  f.  thüring.  Gesch.    N.  F.  1. 

1878.     p.  103. 
Klopfleisch,    Kurzer  Bericht  über   die  Ausgrabungen   des  Laibinger  Grabhügels.  —  Neue 

Mitthl.  d.  thüring.-sächs.  Vereins.     XXIV.     1878. 
Jacob  (G.),    Die  Gleichberge    bei  Römhild  (Uerzogthnm  Meiningen)    und   ihre   prähistorische 

Bedeutung.  —  Archiv  f.  Anthropologie.     XI.     1879.     p.  441. 
Jacob    (G.),    Streichsteine    vom    kleinen    Gleichberge    bei     Römhild.    —    Z.    f.    Ethnologie. 

Verhdl.  X.     1878.     p.  273. 
Nehring  (A.),  Fossilreste  eines  Wildesels   aus   der  Lindentbaler  Hyäneuhöhle   bei  Gera.   — 

Z.  f.   Ethnologie.     XI.     1879.     p.   137. 


336  '  W.  Koner;: 

N  ehr  in  g(A.),  Lebten  zu  Caesar's  Zeiten  Reiithiere  im  hercynischen  Walde?  —  Globus  XXXIV. 
1878.     p.  91.  108. 

Pindor  (Ed.),  Bericht  über  die  heidnischen  Alterthümer  der  ehemals  Kurhessischen  Pro- 
vinzen Fulda,  Oberhessen,  Niederhessen,  Herrschaft  Schmalkalden  und  Grafschaft  Schaum- 
burg, welche  sich  in  den  gegenwärtig  vereinigten  Sammlungen  des  Museum  Fridericianum 
zu  Cassel  und  des  Vereins  für  hessische  Geschichte  und  Landeskunde  befinden.  —  Z.  d. 
Ver.  f.  hessische  Gesch.  u.  Landeskunde.     N.  F.     6.  Supplement. 

Obermüller  (W.),  Saken  und  Sachsen,  der  Hessen-Völker  2.  Bd.  Historisch-sprachliche 
Forschung.     5.  Hft      Wien  (Eurich)  1878.     8.     (M.  1,50). 

Nehring,  Ueber  neue  Funde  in  Thiede.  —  Z.  f.  Ethnologie.    Verhdl.  X.  1878.     p.  259. 

Nehriug  (A.),  Prähistorische  Funde  aus  dem  Braunschweigischen.  —  Ausland.  1878.  N.  35. 

Virchow,  üeber  die  von  Dr.  Nehring  eingesendeten  Manufakte  aus  dem  Diluvium  von 
Thiede  und  Westeregeln.  —  Correspondenzbl.  d.  deutsch.  Ges.  f.  Anthropologie.  1878. 
p.  149. 

Virchow,  Die  Existenz  des  Menschen  während  der  Diluvialzeit  in  Norddeutschland,  nament- 
lich in  der  Gegend  von  Thiede.  —  Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  213. 

Müller  (J.  H.),  Die  Reihengräber  zu  Rosdorf  bei  Göttingen.  Hannover  (Hahn)  1878.  8. 
(M.  1,60). 

Bartsch  (K.),  Sagen,  Märchen  und  Gebräuche  aus  Meklenburg.  Bd.  L  Sagen  und  Märchen. 
Wien  (Braumüller)  1879.     8.     (M.  8). 

Virchow,  Ueber  die  sogenannten  Idole  von  Prillwitz.  —  Z.  f.  Ethnologie.  Verhdl.  X. 
1878.     p.  264. 

Brückner,  Ueber  einen  Trinkschädel  und  einen  stark  brachycephalen  Schädel  von  Neu- 
Brandenburg.  —  Z.  f.  Ethnologie.  Verhdl.  X.  1878.  p.  182.  Mit  Bemerkungen  von 
Virchow. 

Brückner,  Ueber  ein  Hünengrab  bei  Neu -Brandenburg.  —  Z.  f.  Ethnologie.  Verhdl,  X. 
1878.     p.  247;  mit  Bemerkungen  von  Virchow. 

Handelmann  (H.),  35.  Bericht  zur  Alterthumskunde  Schleswig -Holsteins.  Kiel  (v.  Maack, 
in  Comm.).     1878.     4.     (M.  1,20). 

Haussen,  Die  Nationalitäts-  und  Sprach- Verhältnisse  des  Herzogthums  Schleswig.  —  Z.  f. 
d.  gesammte  Staatswissensch.     1878.     Hft.  1. 

Hostmann,  Der  Urnenfriedhof  von  Quelkhorn.  —  Z.  d.  bist.  Ver,  f.  Niedersachsen.  1878.  p.  164. 

Karsten  (Herrn,),  Ueber  die  heidnischen  Begräbnisse  im  Sachsenlande  Lauenburgs.  —  Die 
Natur.     1879.     N.  1  ff. 

Handelmann,  Ueber  ein  auf  der  Holzkoppel  Kämpekisten  bei  Haberland  (Kr,  Apenrade) 
eröffnetes  Riesenbett.  —  Ueber  einen  Grabhügel  beim  Dorf  Kitschelund  (Kr.  Flensburg). 
—  Correspondenzbl.  d.  deutsch.  Ges.  für  Anthropologie,     1879.     N,  1, 

Mestorf  (Frl.  J.),  Ueber  alte  Ansiedelungen  bei  Eddelack  in  Süder -Ditmarschen.  —  Z.  f. 
Ethnologie,    Verhdl,  X.     1878.     p,  224. 

Hart  mann  (R.),  Ueber  die  Funde  von  Eddelack  (Süder-Dithmarschen).  —  Z.  f.  Ethnologie. 
Verhdl.  X.     1878.     p.  268. 

Poppe  (S.  A.),  Beschreibung  einiger  geschafteter  Feuersteiubeile  aus  dem  Gebiete  der  unteren 
Weser  und  Elbe.  —  Abhdl,  d.  naturwiss.  Ver.  zu  Bremen.     VL  Hft.  1.   1879.  p.  307. 

Much  (M.),  Ueber  eine  Bernsteinperle  mit  phönicischer  Inschrift  in  der  Sammlung  nordischer 
Alterthümer  zu  Oldenburg.  —  Mitthl.  d.  anthropolog.  Ges.  in  Wien.    VIL    1877.  p.  239. 

Rose  (R.),  Die  vorchristlichen  Denkmäler  Ostfriesland.s.  —  Ostfriesisches  Monatsblatt.  1878. 
p.  289.  342. 

Tergast,  Die  heidnischen  Alterthümer  Ostfrieslands.  Embden  (Haynel)  1879.  8.  (M.  2). 
Vergl.  Globus.  XXXV.     1879.     N.  14. 

Einführung  der  Familiennamen  in  Ostfriesland.  —  Europa,     1878.     N.  30. 

Harland  (A.),  Sagen  und  Mythen  aus  dem  Sollinge.  —  Z.  d  hi.st,  Ver,  f,  Niedersachsen, 
1878,     p.  76, 

Woeste  (F.),    Kinderspiele  in  Südwestfalen,    —    Jahrb,    d.   Ver.    f.    niederdeutsche  Sprach- 
forschung (1877)   1878,     p,   103, 
— ,  Sädwestfälische  Schelten,  —  Ebds.  p,  HO. 


Uebersicht  der  Literatur.  337 

Woeste  (F.),  Aberglaube  und  Gebräuche  in  Süd  Westfalen.  —  Ebds.  p.  127. 
Schierenberg  (G.  A.  B.),  Der  Externstein  zur  Zeit  des  Ileidenthums  in  Westfalen.    Detmold 

(Klingenberg)  1879.     8.     (M.  6). 
Heinzerling  (J.),  Die  Namen  der  wirbellosen  Thiere  in  der  siegerländer  Mundart,   verglichen 

mit    denen    anderer    deutscher    Mundarten    und    germanischer    Schriftsprachen.     Siegen 

(Montanus)   1879.     (M.   1,60). 
Giefers  (W.  E.),    Eresburg,    Irmensäule,    Bullerborn.     —    Z.    f.   vaterl.    Gesch.    u.  Alterthk. 

1878.    Hft.  II.    p.  134. 
Essellen  (M.  F.),  Das  römische  Kastell   Aliso   und   der   Ort  der  Niederlage  des  römischen 

Heeres  unter  Q.  Varus.     2  Abhdlngn.     Hamm  (Grote)  1878.    8.    (60  Pf.). 
Schneider  (J.),   Aliso   IL  III.    —    Monatsschr.    f.   d.  Gesch.  Westdeutschlands.     IV.    1878. 

p.  209.  436. 
— ,  Grenzwehren.  —  Ebds.  IV.     1878.     p.  328. 
Schaaffhause  n ,    Ueber  altgermanische  Denkmäler  im  Rheiniande.    -    Gorrespondenzbl.  d. 

deutsch.  Ges.  f.  Anthropologie.    J878.    p.  151.    Neiist  Bemerkungen  von  Virchow  und 

Pösche.     p.   155. 
V.  Cohausen,   Fränkische  Gräberfunde    von  Erbenheim,  1  Stunde  von  Wiesbaden.    —  Z.  f. 

Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  284. 
Schaaffhausen  ,  Fränkisches  Todtenfeld  zu  Erbenheim.  —  Jahrb.  d.  Ver.  f.  Alterthumsfreande 

im  Rheinlande.     LXIII.     1878.     p.  167. 
Koenen,  Ein  fränkischer  Steinbau  zu  Gohr.  —  Ebds.  LXIII.     1878.  p.  168. 
— ,  Grabfunde  zu  Nettersheim,  Kreis  Schieiden.  —  Ebds.  LXIII.    1878.    p.  181. 
Schneider  (J.),  Das  römische  Lager  bei  Bonefeld.  —  Monatsschr.  f.  d.  Gesch.  Westdeutsch- 
lands.    Jahrg.  IV. 
Mehlis  (C),  Bronzefunde  aus  Grabhügeln  bei  Eppstein.  —  Ebds.  Jahrg.  IV. 
Dederich,  l'eber  die  Nabalia  des  Tacitus.  —  Ebds.  Jahrg.  IV. 
Eine  fränkische  Gewaudnadel  mit  Runeninschrift  gefunden   bei  Ems.  —  Gorrespondenzbl.  d. 

Gesammtver.  d.  deutschen  Geschichts-  und  Alterthumsvereine.    1878.     p.  33, 
Gareis  (0.),    Das    salische  Recht    und    ein  Hünengrab    bei  Giessen.   —  Gorrespondenzbl.  d. 

Gesammtver.  der  deutschen  Geschichts-  und  Alterthumsvereine.     1878.     p.  27. 
Duncker  (Alb.),  Beiträge  zur  Erforschung   und  Geschichte   des  Pfahlgrabens  (Limes  imperii 

Romani  Thransrhenanus)    im    unteren    Maingebiet  und  der   Wetterau.   —   Z.  d.  Ver.  f. 

Hessische  Gesch.  u,  Landeskunde.     N.  F.  VIII.    Hft.  1.  2. 
Mehlis  (C.),   Bronzefunde  aus  Grabhügeln   bei  Eppstein   in  der  Pfalz.   —   Monatsschr.  f.  d. 

Gesch.  Westdeutschlands.     IV.     1878.     p.  205. 
Mehlis,    Ausgrabungen    auf   der  Limburg  an   der   Isenach  (Pfalz),    —    Gorrespondenzbl,  d. 

deutsch.  Ges.  f.  Anthropologie.     1878.     p.  120.     Vergl.  Kölnische  Ztg.  1878.  6.  Juli, 
Mehlis  (C,),    Das  Grabhügelfeld  bei  Ramsen  in  der  Pfalz,    —    Gorrespondenzbl.  d.  deutsch. 

Ges.  f.  Anthropologie.     1878.     p.  72. 
Remier  (Anna),  L'Alsace-Lorraine  depuis  le  traite  de  Francfort.  —  Bullet,  de  la  Soc.  geogr. 

commerc.  de  Bordeaux.     1878.     p.   185.  209. 
Faudel,    Materiaux  pour  une  etude  prehistorique  de  l'Alsace-    —    Bullet,  de  la  Soc.  dhist, 

natur.  de  Colraar.     18.  et  19.  annee  1878,     p.  107. 
Bück,    Schwäbische  Kelten  des   8.  und  9,  Jahrhunderts.  —  Würtemberg.     \  ierteljahrshefte 

f.  Landesgesch.  II.    Hft.  1. 
Paulus,  Altgermanische  Ausgrabungen  und  Entdeckungen  in  Württemberg  in   den  J.  1876 

und  1877.   -   Jahrb.  d.  Ver.  f.  Alterthumsfreunde  im  Rheinlande.    LXIII,    1878.  p.   190. 
Mehlis  (C.),  Die  Altertbümer  in  Württemberg.   —   Ausland.    1878.    N.  30. 
Birlinger  (A.),   Volksthümliches,  Sittengeschichtliches,  Rechtsalterthümliches.  -  Alemannia. 

VII.     1879.     p.  80. 
Doli  (R.)  und    A.  Birlinger,    Volksthümliches,   Sagen,    .\berglauben.   —   Alemannia.    VI. 

1878.     p.  161. 
Fraas  (0.),  Gemauerte  Gräber  innerhalb  der  Stadt  Stuttgart.  -  Gorrespondenzbl.  d.  deutsch. 

Ges.  f.  Anthropologie.     1879.     N.  6. 
Mayer  (K.  A),  Bayerisch  Land  und  bayerisch  Volk.  —  Preuss.  Jahrbücher.  XLII.  1S78.  p.  183. 


338  W.  Koner: 

Wenz  (F.),    Volkskunde    von   Baiern.     1.    Abthl.  Oberbaiern,    Niederbaiern    und    Oberpfalz 

München  (Kellerer)  1879.     8.     (M.  1,60). 
Pürkhauer,    Merz,    Schiller,    Ringwälle    bei    Rothenburg    ob    der    Tauher.    —    Corre- 

spondenzbl.  d.  deutsch.  Ges.  f.  Anthropologie.     1879.     N.  4. 

Oesterreich-Ungarn. 

Schlesinger  (L.),  üeber  die  Abstammung  der  Deutschböhmen.  Prag  (Sammlung  gemein- 
nütziger Vorträge  N.  44)  1878.     8.     (20  Pf.). 

Schneider  (L,),  üeber  böhmische  Gräberfelder  und  Burgwälle.  —  Z.  f.  Ethnologie.  VerhdI.  X. 
1878.     p.  368.     Mit  Bemerkungen  von  Virchow.     p.  378. 

Schneider  (L.),  üeber  böhmische  Burgwälle.  —  Z.  f.  Ethnologie.  VerhdI.  X.  1878.  p.  35. 
— ,  üeber  vorhistorische  Töpferei  in  Böhmen,  nebst  Bemerkungen   von  Virchow.  —  Ebds. 

X.  1878.     p.  39. 

Schneider  (L.),    Böhmisches    vorhistorisches  Thongeräth.    —   Z.  f.  Ethnologie.     VerhdI.  X. 

1878.  p.  34. 

v.  Hochstetter  (F.),  Gräberfunde    bei  Dux  in  Böhmen.  —  Mitthi.  d.   anthropolog.  Ges.  in 

Wien.  VIII.  1878.  p.  118. 
v.  Hochstetter  (F.),    Die   Alterthümer    von  Hradischt.    —    Mitthi.    d.  anthropolog.  Ges.   in 

Wien.  VIII.  1878.  p.  142. 
Die  prähistorische  Fundstätte  auf  dem  Berge  Hradiste  bei  Stradonic  in  Böhmen.  —  Ausland. 

1879.  N.  11.     Vergl.  Gaea.     XV.     1879.     p.  166. 

Voss,  üeber  den  Fund  am  Hradiste  bei  Stradonic  in  der  Gegend  von  Beraun  in  Böhmen. 

—  Correspondenzbl.  d.  deutsch.  Ges.  f.  Anthropologie.     1878,     N.  4. 
Tischer  (A.),  Ueber  prähistorische  Wohn-  und  Begräbnissplätze  aus  dem  mittleren  Goldbach- 
gebiete in  Böhmen.   —  Mitthi.  d.  anthropolog.  Ges.  in  Wien.    VIII.     1878.     p.   1. 
Zemeen  (Jos.)  Analysen   von  prähistorischen  Gräbererden   und  von  Braunkohlenaschen  aus 

der  Nähe  Bilins.  —  Z.  f.  Ethnologie.     VerhdI.  X.     1878.     p.  374. 
Benedikt  (A.),  üeber  Schauerfeste  im  westlichen  Böhmen.  —  Mitthi.  des  Ver.  f.  Gesch.  d. 

Deutschen  in  Böhmen.     XVII.     1879.     p.  315. 
Göppert  und  Virchow,  Schlacke  von  dem  Burgberge  bei  Jägerndorf.  —  Z.  f.  Ethnologie. 

VerhdI.  X.     1878.     p.  274. 
Voss,  Gefässfragmente   und   kleinere  Gefässe  aus  Mähren.  —  Z.  f.  Ethnologie.     VerhdI.  X. 

1878.     p.  218. 
Much  (M.),   Noch   ein  Wort  über  Höhlenwohnungen  im  Löss.  —  Mitthi.  d.  anthropoL  Ges. 

in  Wien.     VIII.     1878.  p.  131. 
Wurmbrand    (Graf  C),    Ueber    behauptete    Höhlenwohnungen    in    Löss    bei    Joslowitz.    — 

Mitthi.  d.  anthropolog.  Ges.  in  Wien.     VIII.     1878.     p.   128. 
Trapp,  Eine  heidnische  Grabstätte  im  Innern  der  Stadt  Brunn.  —  Mitthi.  d.  k.  k.  Cenlral- 

commiösion   z.   Erforschung   und  Erhaltung   der   Kunst-   u.   hist.  Denkmale.     N.  F.  IV. 

Hft.  2.     1878. 
Trapp,  Prähistorische  Funde  nächst  Lundenburg-Bernhartsthal.  —  Mitthi.  d.  k.  k.  Central- 

commission  z,   Erforschung  u.  Erhaltung   der  Kunst-   und   hist.   Denkmale.     N.  F.  IV. 

Hft  2.     1878. 
Fligier,  Zur  Ethnographie  Noricums.  —  Mitthi.  d.  anthropol.  Ges.  in  Wien.  VII.   1878.  N.  10. 
Much  (M.),  Kün.stliche  Höhlen  in  Nieder-Oesterreich.  —  Correspondenzbl.   d.  deutschen  Ges. 

f.  Anthropologie.     1879.     N.  5. 
Wurmbrand  (Graf  Gundaker),  Das  ürnenfeld  von  Maria-Rast.  —  Archiv  f.  Anthropologie 

XI.  1879.     p.  399. 

Deschmann    (K.)    üeber    die    vorjährigen    Funde    im   Laibacher    Pfahlbau.    —    Mitthi.   d. 

anthropol.  Ges.  in  Wien.     VIIL     1878.     p.  65. 
Schlangenhagen  in  Steyermark.  —  Die  Heimath.     1879.     N.  38. 
Deschmann  (K.),    Eine    heidnische    ürnengrabstätte    bei  Zirknitz  in  Krain.    —    Mitthi.   d, 

anthropol.  Ge.s.   in  Wien.     VIII.     1878.     p.   137. 
Jvanetic  (Fr.),  Die  wilden  Frauen  des  Görtschitz-Thales.  —  Garinthia  LXVIII.     2. 


üebersicht  der  Literatur.  339 

Gimmer  (E.),  Zu  den  Deutschen  in  Nonsberg.  —  Alpenfreund.     1878.     XI.     p.  130. 

V.  Czoernig,    Die  deutsche  Sprachinsel  Gottschee.   —    Z.  d.  deutsch,   n.  Österreich.  Alpeu- 

vereins.     Jahrg.   1878.     IX.     p.  273. 
DaB  neuentdeckte  vorgeschichtliche  Kupferbergwerk  auf  d.  ilitterberge.  —  Ausland.  1879.  N.  29. 
Zwei  ali>iiie  Frühliiigsfeste  in  Tyrol.    -  Alponfreund.     1878,     XL     p.  63. 
Land  und  Leute  im  Grödnerthal  in  Tirol.  —  Europa.     1879.     N.  21  f. 
V.  Hochstetter  (F.),  lieber  neue  Ausgrabungen  auf  den  alten  Gräberstätten   bei  llalistadt. 

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Ausland.     1879.     N.  8  f. 
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Russlands  Völker.     Ethnographische  Skizzen.     Mit  10  Chromolith.  und  20  Gravuren.     Bd.  I. 

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1879.  N.  6. 

Symbolik  der  Vögel  in  Sage  der  Polen  und  Ruthenen.  Nach  dem  Warschauer  .Echo*  mit- 
getheilt  von  A.  Kohn.  —  Die  Natur.     1879.    N.  11  f. 

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24* 


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nische  üntersuchungeu  über  das  Skopzenthum  in  Russlaud.  —  Globus.  XXXIII. 
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Einiges  über  Finnland  und  die  Finnen.  —  Ausland.     1879.     N.  10. 

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40  S.  4. 
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Pigorini,  Le  abitazioni  lacustri   di  Peschiera   nel  Lago   di  Garda,  —   Atti  della  R.  Accad. 

dei  Lincei.     3.  Ser.  Memorie,     L     1877.     p.  295, 
Eine    deutsche    Colonie   jenseits    der  Alpen  (am  Monte  Rosa),    —    Im    neuen  Reich.     1879. 

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346  W.  Koner: 

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1200  S.     8,     (32  s.). 
Castiglioni  (P.),  Della  popolazioni  di  Roma  dalle  origine   ai   nostri  tempi.     Roma  (Tipogr. 

Elzevir)  1878.     4. 
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Die  albanischen  Colonien  in  Italien  und  ihre  Volkslieder.  —  Ausland  1879.    N.  16. 
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zu  Jahrg.  1878.     8.    (M.  5). 

Die  Balkan-Halbinsel. 

The  people  ofTurkey:  Twenty  years'  residence  among  Bulgarians,  Greeks,  Albanians,  Turks 

and  Armenians.    ßy  a  Consul  Doughter  and  Wife.    Edit.  by  Stanley  Lane  Poole.    2  vols 

London  (Murray)  1878.     660  S,     8.    (21  s.). 
Gaj  (V.),  Balkan  divan   etc.     (Nachrichten,   Gedanken  und  Lehren  über  Land  und  Volk  auf 

der  Balkan-Halbinsel,  besonders  in  Bosnien  und  der  Herzegowina.    Agram  1878.    251  S. 

8.     (fl.  1,30).     (croatisch). 
V.  Hellwald  (F.),  und  L.  0.  Beck,  Die  heutige  Türkei.     Bd.  L  2.  Aufl.  und  Bd.  IL  Leipzig 

(Spamer)  1878.     8.     (ä  M.  750). 
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2.  Aufl.     Stuttgart  (Lewy  &  Müller)  1879.     8.     (M.  9). 

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Ges.  XXI.     1878.     p.   177. 
Die  politische  Umgestaltung  des  Türkischen  Reiches  in  Europa  und  Vorder-Asien  nach  dem 

Berliner  Vertrage  vom  13.  Juli  1878.  -   Petermann's  Mitthl.     1878.     p.  365. 
Fligier,  Ein  neuer  Beitrag  zur  prähistorischen  Ethnologie  der  Balkanhalbinsel.  —  Ausland 

1878.  N.  40. 

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1879.  p.   53.  86.   124.  218.  225. 

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1878.     p.  65. 

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schrift, f.  d.  Orient.      1877.     N.  7. 

Fligier,  Die  Zingaren.  -  Gaea.     XV.     1879.     p.  337. 

Seh  wicker  (J.  H.),  Die  Herkunft  der  Rumänen.  —  Ausland.     1879.  N.  12  ff. 

Fligier,  Ueber  die  Herkunft  der  Rumänen.   —  Ausland.     1878.     N.  38. 


Uebersicht  der  Literatur.  qj^ 

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1877.  N.  8. 

Kanitz  (F.),  Auf  Dobrucaboden.  —  Ausland,     1878.     N.  40. 

Ozanne  (J.  W.),  Three  years  in  Routuania.    London  (Chapman)   1878,    236  S.    8.    (7  8,  6  d.). 
Barbanti-Brodano  (G.),   Su  la  Drina,  ricordi  e  studi  siavi:    In  viaggio  —  Storia  —  Bel- 
grad© —  L'interno  —   Molo  Jugo-Slavo.   —   Letteratura  serba.     Milano   1878      398  S 

16,     (1.  3). 
Beddoe  (J),  On  the  Buigarians.  —  Journ.  of  the  Anthropolog.  Institute.  VIII.  1879.  p.  232 
Kanitz  (F.),   Donau-Bulg;irien    und    der   Balkan.     Historisch-geographisch-ethnograpbische 

Reisestudien    aus    den   J.  1860—1878.     Bd.  III.     Leipzig  (Fries)  1878.     8,     (M,  25)    — 

Dass.  2.  Aufl.  Bd.  I,  Lief.  1.  1879.  (M.  4). 
Kirchner  (J.  J.),  Bosnien  in  Bild  uud  Wort.    20  Federzeichnungen  mit  erklärendem  Texte 

von  A.  V.  Schweiger-Lerchenfeld.     Wien  (Hartleben)  1878.     8.    (M.  2,25), 
Hornung,  Les  recherches  de  M.  Bogosiö  sur  le  droit  coutumier  des  Slaves  meridionaux, — 

Le  Globe,     Journ,  geogr,  de  Geneve.     XVH.     1878.     p,  101, 
Rüffer  (E.),  Land  und  Leute  von  Bosnien   und   der  Herzegowina,     Prag  (Brüllmann)  1878 

16,     (M,  1,60), 
Ebinger  (J.),    Studien    über    Bosnien    und    die    Herzegowina,     2.  Aufl.     Demmin    (Freund) 

1878,  8.     (M.   1). 

Buddeus  (A.),  Bosnien  und  sein  Leben.  —  Deutsche  Rundschau.  I.  1879.  p,  344.  461. 
Verlobungs-  und  Heirathsgebräuche  der  bosnischen  Jluhamedaner,  —  Europa,  1879,  N.  10. 
Schweiger-Lerchenfeld  (A,   Frh.  v.),    Bosnien,    das   Laud    und  seine   Bewohner,     Wien 

(Zamarski)  1878,     8.     (M,  4). 
V.  Schweiger -Lerchenfeld,    Die    Bewohner   von    Bosnien -Herzegowina,    —    Oesterreich. 

Monatsschr.  f,  d.  Orient.     1878.     N,  8. 
Gyurkovics  (G.),  Die  Agrar-Verhältnisse  in  Bosnien  und  der  Herzegovina.  —  Ebds.  1879.  N,  3 

-~,  Die  Verkehrsverhältnisse  in  Bosnien  und  der  Herzegovina,  —  Ebds.  1878.    N.  12, 
Herzegovinischer  Gewerbfleiss.  —  Ebds.  1879.     N,  2. 
Aus  Neu-Oesterreich.  —  Ausland.     1879,     N.  20  f, 
La  Bosnie,  —   Revue  britannique.     1878.    Novembre. 
Kesselmeyer  (P.  A.)  und  A,  Stossich,  Bilder  aus  Montenegro,  —  Aus  allen  Welttheilen. 

IX,     1878,     p,  98, 
Wassa  Effendi,  The  truth  on  Albania  and  the  Albanians:  historical  and  critical.    London 

(National  Press)  1879.     8,     (1  s,). 
V,  Löher  (Fr),  Die  Albanesen.  —  Deutsche  Revue.     III.    1878.     Hft.  2.     p.  234. 
Wassa  Effendi,  Albanien  uud  die  Albanesen,     (Zur  griechischen  Frage),     Eine  historisch- 
kritische  Studie.     Berlin  (Springer)  1879,     8.     (M.   1,20), 
Gerstner  (0,),  Nord-Albanien  und  seine  Bewohner.  —  Oesterreich.   militär.  Zeitschr.    1878. 

p.  139, 
Carapanos,  Dodone  et  ses  ruines,     Paris  1878.     VII,  243  S.     gr.  8.     Atlas,  4. 
Statistisch-ethnographische  Daten  des  Sandschaks  Seres  (Macedonien),  gesammelt  von  Steph, 

J.  Verkovic,  mitgeth.  von  Fr.  Bradas'ka,  —  Petermanns  Mitthl,     1878,     p,  299, 
de  Ami  eis  (E,),    Constantinople,    Transl.    from  the  7th  italian   edition  by  Carolina  Tilton. 

London  (Low)  1878,     8.     (10  s,  6  d.). 


Stillmant  and  Sayce,  The  Pelasgians,  —  The  Academy.  1879.  N,  352, 
The  Phoenicians  in  Greece.  —  The  Contemporary  Review.  1878,  December, 
Burnouf  (E.),  Memoire  sur  l'Antiquite.    L'age  de  bronze.    Troie,  Santorin,  Delos.    Mycenes. 

Le  Parthenon,    Les  Courbes.     Les  Propylees.     Un   faubourg  d'Athenes.     Paris  (Maison- 

neuve  <fe  Co.)  1879,     8. 
Belle  (H.),  Voyage  en  Grece.  —  Le  Tour  du  Monde.    N.  906  ff,  960  ff. 
Belle  (U,),  Eine  Reise  in  Griechenlaud.    Nach  dem  Franz,—  Globus.    XXXV.  1879,  N.  1  ff. 
La  Grece  agricole,   —  Bullet,  de  la  Soc.  de  Geogr.  de  Marseille.     1878.     p.  225. 
Das  heutige  Griechenland  und  seine  Hauptstadt.   —    Aus  allen  Welttheilen.  IX.  1878.  p.  259. 


348  W-  Koner! 

Kleinpaul  (R.),  Athener  Strassennifo.  —  Ausland.     1878.     N.  45. 

V.  Christ,  Schliemann's  Ausgrabungen  in  Mykenä.   —    Correspondenzbl.  d.  deutsch.  Ges.  f. 

Anthropologie.     1879.     N.  2. 
Schliemann's  Entdeckungen  in  Mykenä  und  die  Kritik.  —  Correspondenzbl.  d.  deutsch.  Ges. 

f.  Anthropologie.     1878.     N.  1. 
Furtwaengler  (Ad.)    und  G.  Loeschke,    Mykenische    Thongefässe.     Festschrift    zur  Feier 

des  fünfzigjährigen  Bestehens  des  deutschen  archaeologischen  Instituts  in  Rom.    Berlin 

(Asher  &  Co.,  in  Comm.)  1879.  qu.Fol.  (M.  40). 
V.  Warsberg  (A.),  Corfu.  —  Oesterreich.  Monatsschr.  f.  d.  Orient.     1878.     N.  2. 
V.  Warsberg  (A.),  Völkerwanderungen  auf  den  jonischeu  Inseln.  —  Ebds.  1879.     N.  5. 


Asien. 

Allgemeines. 

Fourtner  (H.),  Arier  und  Semiten.  —  Ausland.     1879.    N.  18. 

Bonghi  (Raggero),  La  storia  antica  in  Oriente  e  in  Grecia.     Milano  (Fratelli  Treves)  1879. 

377  S.  8.     (M.  3). 
Helfer  (Dr.  and  Madame),    Travels    in    Syria,    Mesopotamia,    Burmah,    and    other    Lands. 

Narrated    by    Pauline    Countess    Nostitz    (formely    Madame  Ilelfer),    and    rendered    into 

English  by  Mrs.  Gorge  Sturge.    2  vols.     London  (Bentley)  1878.     644  S.  8.     (21  $.). 
Burton  (Isabel),    Arabia,    Egypt,    India:    a    narrative  of  travel.     With  15  illustrations   and 

2  maps.    London  (Mullan)  1879.     486  S.     8.     16  s.). 
Potocnik  (W.),  Streifzüge  in  Ostasieu.  —  Aus  allen Welttheilen.   X.    1879.    p.  50.  175.  268. 
Colebrooke  (T.  E.),    On    the  proper    names  of  the  Mohammadans.    —    Journ.   of  the  Roy. 

Asiat.  Soc.  of  Gieat  Britain  and  Ireland.     XI.     1879.     p.  171. 
The  ancient  silk-traders  route  across  Central  Asia.  —  Geograph.  Magazine.    V.    1878.   p.  10. 
Figdor  (S.).  Der  Kleinverkehr  in  Indien,  China  und  Japan.  -  Triester  Ztg.  1878.    N.  268  f. 
V.  Cramer  (N.),  Frauenleben  im  Orient.    —   Baltische  Monatsschrift.    XXVI.    1879.    p.  516. 
Thomas  (Edw.),  On   the  position  of  women  in  the  East,  in  olden  time.    —    Journ.  of  the 

Roy.  Asiat.  Soc.  of  Great  Britain  and  Ireland.    New  Ser.  XI.    1879.    p.  1. 
Neu  mann   (W.  A.),    Beiträge    zur  Geschichte  der  Taubenpost  im  Orient.    —     Oesterreich. 

Monatsschr.  f.  d.  Orient.     1879.     N.  7. 
Petrowitsch  (M.),  Das  Haarfärben  bei  den  Orientalen.  —  Die  Natur.    1879.     N.  26. 
Rudel  (A.),  Von  der  Tusche  und  der  Tinte  des  Orients,   oder  den  Farben  des  Friedens.  — 

Oesterreich.  Monatsschr.  f.  d.  Orient.     1877.  N.  11.     1878.  N.  2  f. 


,  Sibirien. 

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Howorth  (H.  II.),  Tho  country  of  the  White  Horde  of  Kipchak.  —  Geograph.  Magazine.  V. 
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üebersicht  der  Literatur.  349 

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Das  alte  Russland.     187!).     Hit.   1   f.  (russiscli). 
Die  Samojeden.  —  Aus  allen  Welttbeilen.     IX.     1878.     p.  218. 
Aus  dem  fernen  Nordosten  (Sibirien).  —  Ausland.  1878.  N.  32  f. 
Ssibirjakow  (A.),  Eine  Skizze  transbaikalischen  Lebens.    St.  Petersburg   1878.     133  S.    8. 

(russisch). 
McCarthy  (J.  W.),  Saghalin  from  a  Japanese  source.  —  Geograph.  Magazine.  V.  1878.  p.  205. 

Die  Kaukasusländer. 

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—  Mitthl.  d.  anthropol.  Ges.  in  Wien.     VII.     1877.     p.  361. 
Bayern  (F.),  Notizen   zu  den  Ausgrabungen    von   Samthawro.     1872.  —    Z.   f.  Ethnologie. 

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Die  grusinischen  Volksfeste.  —  Russ.  Revue.     XIII.     1878.     p.  460. 
Radde  (G.),  Nachrichten  über  die  Chefsuren.  —  Petermann's  Mitthl.     1878.     p.  248. 
Radde  (G.),    Die  Chews'uren    und  ihr  Land  (ein   monographischer  Versuch),   untersucht  im 

Sommer   1876.     Cassel  (Fischer)  1878.     8.     (M.  12). 
Karsten  (K.),  Natur-  und  Kulturbilder  aus  Transkaukasien.  —  Aus  allen  Welttheilen.     X. 

1879.     p.  57.  60.  271. 
Ein  Besuch  bei  den  Kurden  auf  dem  Alagös.  —  Ausland.     1879.     N.  24. 

Die  turanischen  Chanate. 

d'Ujfalvy  de  Mezo-Kovesd  (C.  E.),  Expedition  scientifique  fran^aise  en  Russie,  en  Siberie 

et  dans  le  Turkestan,  le  Kohistan,  le  Ferghanah  et  Kouldja,  avec   un  appendice  sur  la 

Kachgarie.     Paris  (Leroux)  1878.     V,  192  S.  8.     (15  fr.), 
de  Ujfalvy  (Ch.  E.),  Les  frontieres  des  possessions  russes  en  Asie  centrale.  —  Bullet,  de  la 

Soc.  de  Geogr.  de  Paris.     6me  Ser.    XVIL     1879.     p.  242. 
Schuyler  (E.),    Die    mittelasiatische  Kultur    und    unsere  Politik    in  Ost-Turkestan.    Reise 

notizen.  —  Der  europäische  Bote.     1878.     Heft  6  f.     (russisch). 
Vämbery  (H.),  Die  primitive  Cultur  des  turko-tatarischen  Volkes.     Auf  Grund  sprachlicher 

Forschungen  erörtert.  Leipzig  (Brockhaus)  1879.  8.  (M.  6).   Vergl.  Ausland.  1879.  N.  15. 
de  Ujfalvy  (Gh.),  La  chasse  en  Asie  centrale.  —  Bullet,  de  la  Soc.  de  Geogr.  de  Marseille. 

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y.  Hellwald  (Friedr.),  Ein  Blick  auf  Ostturkestan.  —  Oesterreich.  Monatsschr.  f.  d.  Orient 

1878.  N.  6. 

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du  Laurens  (G.),  Le  Turkestan.  —   Revue  geographique  internationale.     1876.     N.  12.  14. 

1877.  N.  17.  25.  1878.  N.  32. 
de  Ujfalvy  (Ch.  E.),  Les   Galchas  et  les  Tadjiks.  —   Revue  d'anthropologie.     2e  Ser.     IL 

1879.  p.  5. 

Vämbery  (H.),  Die  Sprache  der  Turkomanen  und  der  Diwan  Machdumkuli's.  —  Z.  d.  deut- 
schen morgenl.  Ges.     XXXIII.     1879.     p.  387. 

Karategiu,  das  mittelasiatische  Alpenland.  —  Ausland.     1878.     N.  43. 

V.  Onody  (Barth.),  Khiwa  1875.  Skizzen  einer  Heise  nach  Mittelasien.  —  Deutsche  geogr. 
Blatter.     IL     1878.     p.  28. 

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(Pitrat)  1879.     42.     S.  8. 

Forsyth's  Gesandschaftsreise  nach  Kaschgar.  —  Globus.     XXXIV.     1878.     N.  4  ff. 

de  Ujfalvy  (Ch.),  Voyage  au  Zarafschane,  au  Ferghanah  et  ä  Kouldja.  -  Bullet,  de  la  Soc. 
do  Geogr.  1878.     XV.     p.  481. 

The  KuKija  ijuestion.  —  Geograph.  Magazine.    V.    1S78.    p.  279. 


350  W.  Koner: 


China. 

Perny,  Note  sur  Torthographe  des  noms  chinois.  —  Revue  geogr.  internationale.  N.  33.  1878. 
Woeikof  (A.),  Europäische  Einflüsse  auf  die  Entwickelung  Ostasiens.  —  Mitthl.  d.  "Wiener 

geogr.  Ges.     XXI.     1878.     p.  220. 
Kleczkowski,    La  verite  sur    la  Chine.    —    Revue    geogr.    internationale.     1878.     Nr.  34. 

1879.    N.  39. 
de  Rosny  (L.),    Les    peuples    orientaux  counus  des  anciens   Chinois.   —   Mem.  de  la  Soc. 

d'Ethnographie.     2me  Ser.     I.     1878.     p.  9, 
Les  recits  de  Marco  Polo,  citoyen  de  Venise    sur    l'histoire,    les  moeurs  et  les  coutumes 

des  Mongols,  sur  l'empire  chinois  et  ses  merveilles.    Texte  original  fran^ais  du  Xllle  siecle, 

rajeuni  et  annote  par  H,  Bellenger.     Paris  (Dreyfous)  1878.     VIII,  280  S.    18.     (fr.  2). 
I   viaggi  di  Marco  Polo:  unica  versione  originale,  riscontrata  col  codice  magliabecchiano  e 

sulle  opere  di  Charten,  per  cura  di  Ezio  Colombo.     Milano   1878.     140  S.  8.     (1.  0,50). 
Gill  (W.  J.),  Travels  in  Western  China  and  on  the  eastern  borders  of  Tibet.  —  Proceed.  of 

the  Roy.  Geogr.  Soc.     XXIL     1878.     p.  255. 
Prejevalsky  (N.),  From  Kulja,  across  the  Thian  Shan,  to  Lobnor.  Translated  by  E,  Delmas 

Morgan.  Including  notices  of  the  lakes  of  Centtal-Asia,  with  introduction  by  Sir  T.  Douglas 

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500  in  den  Te.\t  und  auf  96  Taff.  gedruckten  Holzschnitt-Illustrationen,  12  lith.  Schrift- 
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Syrien.     Palästina. 

de  Chambrier  (A.),  Die  Rolle  der  phoenicischen  Ka.sse  in  der  alten  Welt.  Basel  (Schweig- 
häuser) 1878.     8.     (80  Pf.). 

Burton  (Isabel),  The  Jnner  Life  of  Syria,  Palestine,  and  the  Uoly  Land.  New  cheaper 
edit.  with  photographs  and  colour.   plates.    London  (Paul)  1879.    516  S.  8.    (10  s.  6  d.). 

Perolari-Malmignati,  Su  e  giü  per  la  Siria,  uote  e  schizzi.  Milano  1878.  242  S. 
IG.     (1.  2,50), 


354  W.  Koner: 

de  Vogüe  (Comte),  Syrie  centrale.     Architecture  civile  et  religieuse  du  1er  au  Vlle  siecle. 

(Bis  jetzt  30  Lief.).     Paris,    fol. 
de  Saulcy  (F.),  Viiles  du  Leuten  superieur  (Syrie   des  anciens  egyptiens).  —  Bullet,  de  la 

Soc.  de  Geogr.  de  Paris.     6me  Ser.     XVIL     1879.     p.  209.  327. 
Favre  (Camille),    Banias  (Balanee)  et   son   enceinte  cyclopeenne  (Syrie).    —    Revue  archeo- 

logique.     XXXVIII.     1879.     p.  223. 
Fraas  (0.).  Libanotische  Höhlen-Knochen.  —    Z.  f.  Ethnologie.     Verhdl.  X.     1878.     p.  157. 
Goretti  (L.),   Drusi    e    Muselmani.     P.   1.  2.     2a  ediz.    Modena    (tip.    di   P.  Toschi)    1878. 

103  u.  91  S.    8. 
Reise  in  das  Heilige  Land  des  Fürsten  Radiwil  Ssirotka,  1582—84,  herausgeg.  von  Hildebrandt. 

St.  Petersburg  1879.     8.     (russisch). 
Conder  (C.  It.),    Tent  work  in  Palestine:   a  record  of  discovery   and  adventure.     Published 

for  the  Committee  of  the  Palestine  Exploration  Fund.    With  Illustr.  by  J.  W.  Whymper. 

2  vols.     London  (Bentley)  1878.     76  S.  8.     (24  s.). 
Die  Beduinen  Palästinas  (nach  Conder).  —  Globus.     XXXV.     1879.     N.  16. 
Bonar  (A.  A.),  and  McCheyne  (R.  M.),  Narrative  of  a  visit  to  the  Holy  Land.     New  edit. 

Edinburgh  (Oliphant)  1878.    8.     (3  s.  6  d.). 
Bartlett  (S.  C),    From  Egypt  to  Palestine,    through  Sinai,    the  wilderness  and  the  south 

country:    Observations   of  a  journey   made   with   special  reference   to  the  history  of  the 

Israelites;  with  maps  and  illustrations.     London  (Low)  1879.     555  S.  8   (18  s.). 
Bernardi  (Jac),  Viaggio  in  Terra  Santa,  descritto.     Treviso  1877.     448  S.    8.     (l.  6). 
Schaff  (P.),    Through  Bible  Lands:    Notes  on   travel  in  Egypt,    the  Desert,  and  Palestine. 

London  (Nisbet)  1878.     416  S.  8.     (6  s.), 
Vogt  (V.),    Det    hellige    Land.     Med    omkring    100    Illustrationer.      Hft.    1.  2.      Cbristiania 

(Mailing)  1878.     (ä  80  öre). 
Kent  (S.  H.),    Gath    of   the   Cedars.     Travels  in  the  Holy    Land   and  Palmyra.     New   edit 

with  photograph  and  illustrations.     London  (Warne)  1878.     392  S.  8.     (7  s.  6  d.), 
Merill  (Selah),   On  modern  researches  in  Palestine.    —    Bullet,  of  the  American  geogr.  Soc. 

1877.    N.  5.     p.  5. 
Leben  und  Gewohnheiten  der  Fellahs  in  Palästina.  —  Globus.   XXXIV.    1878,    p.  359.  376. 
Schick,  Ueber  Landwirthschaft  in  Palästina.  —  Oesterreich.  Monatsschr.  f.  d.  Orient.   1879. 

N.  4  f.  7. 
Sepp,  Jerusalem  und  das  Heilige  Land.     Pilgerbuch  nach  Palästina,  Syrien  und  Aegypten. 

2.  Aufl.    Wohlfeile  Volksausgabe.     I.  Lief.     Regensburg  (Manz)  1878.     8.     (ä  75  Pf.). 
Schick  (C),    Mittheilungen   aus  Jerusalem.     1.  Neu   entdeckte  Felsengräber  am  Berge   des 

bösen    Raths.     IL    Die  antiken    Reste   an   der  Nordwestmauer  von  Jerusalem.  —  Z.  d. 

deutschen  Palästina- Vereins.     I.     1878.     p.  11. 

Arabien. 

Homburg,  Arabiens  Bedeutung  unter  dem  Gesichtspunkte  seiner  natürlichen  Beschaffenheit. 

—  1.  Jahresber.  d.  Ver.  f.  Erdkunde  zu  Metz  pro  1878.     p.  117. 
Pomel,  Le  peuple  Aiabe.  —  Revue  geograph.  internationale.     N.  19  f.  25.     1877. 
Zehme   (A.),    Aus    und  über  Arabien.    -    Globus.    XXXIV.    1878.    N.  4.      XXXV.    1879. 

N.  18  f.  24. 
Teichmüller  (G.),  Charakteristik  der  Araber,  eine  völkerpsychologische  Skizze.  —  Baltische 

Monatsschr.    XXVI.    Hft.  1.  2. 
Freund  (Leonh.),  Die  arabische  Polizei.  —  Ausland.     1879.     N.  24. 

Wetzstein,  Ueber  die  Gazia's  der  Araber.  —  Z.  f.  Ethnologie.    Verhdl.  X.    1878.     p.  388. 
Rogers  (E.  T.),  Arabic  amulets  and    mottoes.    —    Journ.  of  the  Roy.  Asiat.  Soc.    of  Great 

Britain  &  Ireland.    -  New.  Ser.  XI.     1879.     p.   122. 
Burton  (R.  F.),    The  Land  of  Midian,  revisited.     With  map,  and  illustrations  on  wood  and 

by  chromo-lithography,     2  vols.     London  (Paul)  1879.    670  S.  8.    (32  s.). 
Burton  (R.  F.),   Gold   Mines    and    Ruines    Cities   of   Midian.     2nd    edit.     London   (Kegan 

Paul  <fe  Co.)  1878.     8.     (18  s.). 


üebersicht  der  Literatur.  355 

Burton  (R.  F.),  Stones  and  bones  from  Kf^ypt  and  Midian.    —    Journ.  of  the  Anthropülog. 

Institute.     VIII.     1879.     p.  290. 
Burton  (R.  F.),  Midian  e  Midianiti.  —  Cosmos  di  Cora.     V.     1878.     p    41.  173. 
Schweinfurth  (G.),    Burton's    Forschungen    in   Midian.    —    Oesterreicb.   Monatsschr.    f.   d. 

Orient.     1879      N.  3. 
A  reported  Troglodyte  City  in  North-wpstern  Arabia.  -  Proceed.  of  the  Roy.  Geograph.  Soc. 

I.     1879.     p.  454. 
Manzoni  (R.),  Viaggi  neli'   Arabia  nieridionale.  —  Cosmos  di  Cora.     V.     1878.     p.  121. 
Iluntor  (F.  M.),  Account   of  the  British    settlement   of  Aden    in  Arabia.     London  (Trübner) 

1878.  8.     (7  s.  6  d.). 

Persien.     Afghanistan. 

Ballati ne  (H.),  Midnight  marches  throngh  Persia.  With  an  introductory  by  the  President 
Seely,  of  Amherst  College      lilustrated.     Boston  1879.     12.    (12  s.  6  d.). 

Mac  Gregor  (C.  M.),  Narrative  of  a  jouruey  through  the  province  of  Khorassan  and  of  the 
N.  W.  P'rontier  of  Afghanistan   in    1875.     With   illustrations.     2   vols.     London    (Allen) 

1879.  666  S.  8.     (30  s.). 

Von  Moskau  bis  Teheran.    Aus  den  Erinnerungen  eines  russischen  Reisenden.  —  Der  euro- 
päische Bote.     1879.     Hft.  3.     (russisch). 
Sketches  of  Persia.  —  Geograph.  Magazine.     V.     1878.     p.  203. 
V.  Call  (G.),   Die  persische  Provinz   Masenderan.    —    Oesterreicb.   Monatsschr.  f.  d.   Orient. 

1877.     N.  11. 
V.  Schweiger-Lerchenfeld,  Culturbilder  vom  persischen  Golf.  —  Oesterreicb.  Monatsschr. 

f.  a.  Orient.     1878.     N.  5  f.  11. 
Much  (M.),  lieber  einen  Grabhügel  bei  Digala  am  Ourmia-See.     Nach   einer  Mittheilung  des 

Staatsraths  H.  Abich.  -  Mitthl.  d.  anthropolog   Ges.  in  Wien.     VIL     1877.     p.  161. 
Rawlinson  (H.  C),  The  road  of  Merv.  —  Proceed.  of  the  Roy.  Geograph.  Soc.     L     1879. 

p.   191. 
V.  Riederer  (G.),  Die  Post  in  Persien.  —  Oesterreicb.  Monatsschr.  f.  d.  Orient.    1878.   N.  2. 
de  Ujfalfy,  Les  habitants  du  Kohistan.   —  Revue  de  philologie  et  d'etbnographie.     T.  III. 
Mori    (Count    S.   T.   A.),    Afghanistan,    its    people,    their    costume    and    bistory.     Leipzig 

(0.  Schultze)  1879.     16.  (25  Pf.). 
Vämbery  (H.),    Land    und    Leute    in    Afghanistan.    —    Westermann's    illustr.  Monatshefte. 

1879.     April. 
Vämbery  (H.),    Die   Afghanen    als  Haudelsvolk.    —    Oesterreicb.  Monatsschr.   f.   d.  Orient. 

1879.     N.  2. 
Chavanne  (J.),  Afghanistan.     Mit  Rücksiebt    auf  den   englisch -afghaniseben  Krieg.     Wien 

(Hartleben)  1878.     8.     (M    1). 
Mayer  (S.  R.  T.)  and  Paget  (J.  C),    Afghanistan;    its  political  and  military  bistory,   geo- 

grapby  and  ethnology.     London  (Routledge)  1878.     178  S.     12.     (1  s.). 
Beilew  (H.  W.),  Afghanistan   and  the  Afghans:   being  a    brief  review   of  the  history  of  the 

country  and  account  of  its  people,    with    a  special  reference    to  the  present  crisis  and 

war  with  Amir  Shere  Ali  Khan.     London  (Low)  1879.     230  S.     8.     (6  s.). 
Fisher  (F.  H.),    Afghanistan    and    the   Central   Asian  Question,    with    map.     London  (Jas. 

Clarke)  1878.     -'78  S.  8.     (3  s.  6  d.). 
V.  Stein  (F.),   Afghanistan  in  seiner  gegenwärtigen  Lage.  —  Petermaun's  Mitthl.    1879.  p.  23. 
Afghanistan.  —  Geograph.  Magazine.     V.     1878.     p.  256. 
Afghanistan.  —  Annales  de  l'extröme  Orient.     I.     1879.     p.  233. 
Deutsch  (0.),  Afghanistan.     Geschichtliche  und   geographische  Skizze.  —   Aus  allen  Welt- 

theilen.     X.    1879.     p.  33. 
Bainier  (P.),  L'Afghanistan.  —  Bullet    de   la  Soc.  de  Geogr.   de  Marseiile.     1878.     p.  253. 
Les  frontieres  anglaises  de  lAfghanistau.  —  Revue  britanniijue.     1878.    Novembre. 


356  W.  Koner: 

Vorder-  und  Hinter-Indien, 

Cust  (R.  N.),    Notice  of  the  scholars   who  have  contributed   to   extension   of  our  knowledge 

of  the  languages  of  British  ludia    during  the  last  thirty  years.    —    Journ.  of  the  Roy. 

Asiat.  Soc.  of  Great  Britain  and  Irelaiid.     New.  Ser.     XI.     1879.     p.  61. 
Cust  (R.  N.),  Language-map  of  the  East  Indies.  —  Geograph.  Magazine.    V.    1878.    p.  1.  25. 
Versteeg  (W.  F.),  De  Poendit.  —  Tijdschr.  van  het  aardrijksk.  Genootsch.   te  Amsterdam. 

in.     1878.     p.  153. 
Clarke  (Hyde),    Himalayan    origin    and    connection    of    the  Magyar    and    Aryan.      London 

(Trübuer)  1878.     21   S.  8  (1  s.). 
Keene  (H.  G.),  Note  on  Manriqiie's  Mission  and  the  Catholics  in  the  time  of  Shah  Jahan. — 

Journ.   of  the  Roy.  Asiat.  Soc.  of  Great  Britain  and  Ireland.   New  Ser.   XI.    1879.  p.  93. 
Devic  (L.  M.),    Merveilles    de    l'Inde.     Ouvrage    arabe    inedit   du   Xme   siecle.    Trad.     Paris 

(Lemerre)  1878.     220  S,     16.     (fr.  2,50). 
Prinsep  (Val.  G.),  Imperial  India:    an    aitist's  Journals.     Illustrated   by  numerous  sketches 

taken  at  the  Courts  of  the  Principal  Chiefs    in  India.    London  (Chapman)  1879.    350  S. 

8.     (21  s.). 
Sanderson  (G.  P.),  Thirteen  years  among  the  wild  beasts  of  India:  their  haunts  and  habits, 

from  private  Observation.    With  account  of  the  mode  of  capturing  and  training.    London 

(Allen)  1878.    4.    (2ö  s.),  —  Dass.  2d  edit.  1879. 
Covino  (A.),    Un    viaggio   oelle  Indie,    descritto   con  tre    carte    geografiche.     Torino    1878. 

128.     S.  8.     (1.  2). 
Caird  (J.)  Notes  by  the  way  in  India:  the  land  and  the  people.  —  The  Nineteenth  Century. 

1879.  Juli. 
Hall  (E.  C.  S.),  European  in  India,  with  Mair's  medical  guide  for  Anglo-Indians.     3nd  edit. 

London  (Kegan  Paul  &  Co.)  1878.    8.    (6  s.). 
Birdwood,  L'Inde  anglaise  en  1878.  —  Revue  geogr.  Internat.     N.  42.     1879. 
Williams  (Monier),  Modern  India.     2nd  edit.     London  (Trübner)  1878.     8.     (7  s.*6  d.). 
Hutcheon  (Mrs.),    Glimpses    of  India   and  of  mission   life.     London   (Wesleyan  Conference 

Office)  1878.     208.  S.    8.    (3  s.). 
Andrew  (W.  P.),  India  and  her  neighbours.     London.     1878.     8.     (15  s.). 
Richesse  de  l'Inde;  leur  influence  sur  la  prosperite   des  peuples   de  l'Occident.  —  Annales 

de  I'extreme  Orient.     1878.    N.  2.     p.  41. 
Walhouse  (M.  J.),  Archaeological  Notes.  —  The  Indiau  Antiquary.    VII.    1879.    p.  21.  40. 

162.  176.   192. 
Les  cavernes  ou  temples  souterrains   de  l'Inde.   —  Annales  de  I'extreme  Orient.     I.     1879. 

p.  221. 
Wilson  (J.),  Indian  Gaste.     2  vols.     London  (Blackwoods)  1878.     230  S.    8.     (31  s.  6  d.). 
Jagor  (F.),  lieber  einige  Kasten  in  Malabar.  —  Z.  f.  Ethnologie.    Verhdl.X.  1878.  p.  119.  230. 
Macke nzie  (D.  S.  F.),    Customs    of   the    Komti  Gaste.    —    The    Indian    Antiquary.     VIIL 

1879.     p.  36. 
Becker  (Lothar),  Die  heiligen  Feigenbäume  der  Inder.  —  Die  Natur.     1879.     N.  22  f. 
Tawney  (C.  II.),  A  folklore  parallel.  —  The  Indian  Antiquary.     VIII.     1879.      p.  37. 
Räma  Varmä,  First  Prince  of  Travankor,  Sepulchral  ums  in  the  district  of  Koimbatur. — 

The  Indian  Antiquary.     VII.     1879.     p.  26. 
Sinclair  (W.  F.),   The   firearms    of  the  Hindus.    —    The    Indian  Antiquary.    VII.     1878. 

p.  231.  136. 
Schlagintweit   (E.),    Der   Indische    Kaufmann.    —    Oesterreich.  Monatsschr.  f.  d.  Orient. 

1879.    N.  4, 

Jagor  (F.),  Ostindisches  Handwerk  und  Gewerbe  mit  Rücksicht  auf  den  europäischen  Arbeits- 
markt.    Berlin  (Springer)  1878.     8.     (M.  1,20). 

Einiges  über  indisches  Kunstgewerbe.  -»■  Oesterreich.  Monatsschr.  f.  d.  Orient.     1878.     N.  7. 

Jagor  (F.),  Das  Schwarzbrennen  von  Thongefässen  in  Indien.  —  Z.  f.  Ethnologie.  VerhdU  X. 
1878.     p.  228. 

Jagor  (F.),  üeber  die  Herstellung  schwarzer  Thongefässe  in  Indien  und  in  der  Türkei.  — 


üebersicht  der  Literatur.  357 

Z.  f.  Ethnolof^ie.  XI.  1879.  Verhdl,  p.  43,  —  Dazu  Bemerkungen   von  Dr.  Sarnow.    p.  45. 
Williams  (Monier),  Pärsi  iuneral  and  initiatory  rites.  —  The  Indian  Antitjuary.    VII.    1878. 

p.  227.  179. 
Rivott-Carnac  (H.),    Archaeological    notes    on  a  niarch   between   Cawnpore  and  Nagapuli 

diiring  the  camping  season  of  1879.  —  The  Indian   Antiijuary.     VII.     1879.     p.  100. 
Elliot  (W.),   Notice  of  a  reniarkable  Hypaethral  Teuiple  in   the  Hill  Tracts  of  Orissa,  with 

remarks  on  the  identitication   of  ancient  sites.  —  The  Indian  Antiquary.  VII.  1878.  p.  19. 
Cain  (J.),    The    Bhadrachellam    and  Rekapalli  Talugas.    —    The    Indian   Antiquary.     VIII, 

1879.     p,  33, 
Missionsbilder.     Neue  Ser.     5.  Malabar.     6.   Die  Tamil-   und   Teluguländer.     Calw  (Vereins- 

buchhdl.)  1878.     8.     (ä  M.   1). 
Pope  (G.  U.),  Notes  on  the  Dravidian  or  South  Indian  Family  of  Languages.  —  The  Indian 

Antiquary,     VII.     1879.     p.  80. 
Crawford  (E.  C,  Gordon),  Personal  nanies  in  the  southern  part  of  the  Ahmadäbäd  CoUectorate 

and  neighbouring  country.    -  The  Indian  Antiquary,    VII.    1878.     p,  165. 
Morris  (H.),  Descriptive  and  historical  account  of  the  Gadavery  District   in  the  Presidency 

of  Madras,     London  (Trübner)  1878,     .396  S,  8.     (12  s,). 
Digby  (Wm.),  The  famine  campaign  in  Southern  India  1876 — 78.    2  vols.    London  (Longman) 

1877.  9,     (32  s.). 

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the  best  localities  in  those  countries  for  sport,  natural  history  notes,  illustrations  of  the 

people,    scenery,    and    game.      With    illustrations.     2   vols.     London   (Chapman)    1879. 

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geogr.  de  Paris.     6me  Ser.     XVI.     1878.  p.  316, 
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Geograph.     1878,     XV.     p.  97. 
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De  regeering  van  Nederlandsch  Indie  tegenover  den  Islam.  —   Tijdschr.  voor  Nederlandsch 

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De  abschafting  der  Slavernij  in  Nederlandsch  Indie.  —  Ebds.    N.  Ser.    1878.    II.    p.  1. 
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Legendes  et  traditions  historiques  de  l'archipel   Indien    (Sedjarat  Malayou).     Trad.  pour  la 

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van    de    leden   der    Sumatra-Expeditie.    N.  1  —  5.    —    Bijblad   1 — 5  behoorende   bij  het 

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'2b* 


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Stanley   (H.  M)    A  travers    le    continent  mysterieux.     Decouverte  des  soures  meridionales 

du  Nil;  circumuavigation    du    lac  Victoria  et  du  lac  Tanganika  etc.  Ouvrage   trad.  par 

Mme  H.  Loreau.     2  vol.     Paris  (Hachette)  1878.     8.     (20  fr.). 
Stanley  (M.  Enrico,)  Attraverso  il  continente  nero,  ossia  il  sorgenti  del  Nilo,  i  grandi  laghi 

deir  Africa  equatoriale  e  lungo  il  tiume  Livingstone  iino  all' Oceano  Atlantico  (1874-77) 

con  150  incisione  e  7  carte  geografiche.     Milano  1879.     314  S.     4.     (1.  12). 
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Pinart  (A.),  Voyage  ä  l'ile  de  Päques.  —  Le  Tour  du  Monde.     1878.    N.  927. 


lieber  die  Kanarischen  Zalilworte. 

Von 

Dr.  Richard  Pietsclimann. 


Das  Studium  der  auf  ozeanischen  Inseln  ansässigen  Menschenrassen 
hat  für  die  Ethnologie  eine  ähnliche  Bedeutung  wie  das  ihrer  Fauna  und 
Flora  für  die  Zoologie  und  Botanik.  Neben  der  durch  Isolirung  gewonnenen 
typischen  Entwicklung  interessirt  uns  an  diesen  Rassen  die  Untersuchung 
ihrer  Herkunft,  ihrer  Beziehungen  zu  den  benachbarten  Festlanden.  Meist 
sind  die  Nachrichten,  welche  wir  über  solche  ethnologische  Findlinge  be- 
sitzen, zugleich  die  über  ihren  politischen  und  physischen  Untergang.  Für 
die  Frage  nach  der  Abstammung  sind  sie  von  besonderm  Werthe,  wenn  sie 
Auskunft  über  die  Sprache  geben,  denn  bei  dem  abgeschlossenen  Leben 
dieser  Inseln  hat  dieselbe  mehr  für  die  physische  Verwandtschaft  zu  zeugen, 
als  das  bei  kontinentalen  Völkern  der  Fall  ist. 

Die  Zahlworte  der  Insulaner  von  Gran  Canaria,  welche  ich  hier  zu 
besprechen  vorhabe,  gehören  den  ältesten  Nachrichten  an,  welche  wir  über 
die  Bewohner  des  Kanarischen  Archipels  besitzen.  Die  Fahrt  der  soge- 
nannten Mayvr'm  nach  dieser  Inselgruppe  hat  mehr  Interesse  für  die  Sagen- 
forschung als  für  die  Geschichte.  Ob  die  historisch  beglaubigte,  ')  von 
Tedisio  d'Oria  und  den  Brüdern  Vivaldi  ausgerüstete,  Expedition  sie 
berührte,  ist  unbekannt.  Die  erste,  auch  ethnologisch  ausführlichere,  Mit- 
theilung datirt  vom  Jahre  1341,  in  welchem  unter  Befehl  des  Florentiners 
Angiolino  del  Tegghia  de  Corbizzi  zwei  Schifl'e  nach  den  ^neulich 
entdeckten  Eilanden"  von  Lissabon  aus  einen  Raubzug  unternahmen.  Man 
landete  auch  auf  Gran  Canaria,  stahl  was  man  bekommen  konnte,  darunter 
4  Eingeborne.  Niccoloso  da  Recco,  der  als  Pilot  an  der  Reise  betheiligt 
war,  wurde  über  seine  Erlebnisse  von  florentiner  Kaufleuten  in  Sevilla  aus- 
gefragt. Sie  berichteten  an  ihre  heimathlichen  Geschäftsfreunde  darüber,  und 
ein  unbekannter  Gelehrter,-)  der  ihre  Briefe  einsehen  konnte,  hielt  diese 
Begebenheit  glücklicherweise  für  wichtig  genug,  sie  in  einem  Sammelbaude, 
den  jetzt  die  Mafjliabccchiana  in  Florenz  besitzt,  der  Nachwelt  zu  überliefern. 
Es  lag  wohl  mehr  an  dem  merkantilischen  als  an  dem  linguistischen  Interesse 

Zeitschritt  für  Ethoologie.    Jahrg.  1879.  27 


378  ß-  Pietschmann: 

seiner  Gewährsmänner,  dass  auf  diese  Weise  uns  16  Zahlworte  der  Sprache, 
welche  jene  4  Insulaner  „mit  solcher  Gewandtheit  redeten,  als  ob  es  italienisch 
wäre",  ^)  erhalten  wurden.  Obwohl  eine  solche  Ueberlieferung  aus  dritter 
Hand  schwerlich  geniui  sein  kann,  so  hat  sie  iiuinerhin  den  Vorzug  uns 
Proben  einer  noch  intakten  Sprache  und,  was  wir  von  den  spätem  Autoren 
nicht  immer  erhalten,  sicher  nur  aus  dem  Dialekte  einer  der  Inseln  zu 
geben.  Wir  können  darum  uns  auch  nicht  wundern,  dass  sie  von  einem 
zweiten  Verzeichnisse  von  21  Zahlworten  angeblich  derselben  Insel,  welche 
Berthelot  in  seiner  gediegenen  Untersuchung  über  die  Ethnographie  der 
Kanaren  aus  der  1632  geschriebenen  Chronik  Abreu  Galindo's  veröffent- 
lichte,'*) mehrfach  abweichen. 

Ich    gebe    hier    zunächst    eine  Zusammenstellung   dieser   beiden  Listen, 
in  der  ich  die  Worte  der  älteren  C,  die  der  jüngeren  G  bezeichne: 

1  =  nait  C,  been  G.  14  =  acodat  niarava  C. 

2  =  smetti  G,  lini  G.  15  =  simusat  marava  C. 

3  =  amelotti  C,  amiat  G.  16  =  sesatti.  marava  C. 

4  =  acodetti  C,  arba  G.  20  =  linago  G. 

5  —  simusetti  C,  cansa  G.  21  =  beni  linago  G. 

6  =  sesetti  C,  sumons  G.  22  -  lini -linago  G. 

7  =  satti  C,  sat  G.  30  =  aoiiago  G. 

8  -=  tamatti  G,  sei  G.  31  =  beni-amiago  G. 

9  ==  aldamorana  C,  acot  G.  32  =  lini-amiago  G. 

10  -   marava  G,  marago  G.  40  =  arbiago  G. 

11  =  nait -marava  C,  beni- marago  G.  50  =  cansago  G. 

12  =  smatta  marava  G,  lini -marago  G.  100  -  beemaragoin  G. 

13  =  amierat  marava  0.  200  =  limaragoin  G. 

Wie  schon  Berthelot  richtig  erkannte,  fällt  zunächst  in  die  Augen, 
dass  in  einer  der  beiden  Listen  ein  Fehler  sich  befinden  muss.  Die  Worte 
für  4  und  5  in  C  entsprechen  deutlich  9  und  6  bei  G.  Dafür  hat  G  unter 
4  und  5  zwei  Worte,  die  deutlich  aus  dem  arabischen  stammen,  was  sich 
von  den  entsprechenden  bei  C  nicht  sagen  lässt.  Arba  ist  ^  arbaa  und 
cansa  =  y/wisa.  Da  diese  Zahlen  für  40  und  50  bei  G  in  der  Form 
arbiago  und  cansago  wiederkehren,  kann  diese  Einschiebung  keine 
willkürliche  sein;  G  muss  einen  mit  arabisch  gemischten  Dialekt  geben. 
Da  aber  ferner  acot  die  richtige  Form  für  4  und  sumous'')  in  der  That 
das  Wort  für  5  ist,  wie  wir  später  sehen  werden,  so  leuchtet  ein,  weil 
nimmermehr  das  Wort  für  4  das  für  9  und  das  Wort  für  5  ebensowenig 
das  für  G  in  irgend  einer  Sprache  einem  Fremdworte  zu  Gefallen  werden 
kann,  dass  diese  Worte  einem  andern,  entweder  dem  in  C  überliefertem 
oder  diesem  verwandten  Dialekte  angehören  müssen.  Neben  dem  höhern 
Alter  sprechen  also  au(;h  innere  Gründe  dafür,  dass  wir  C  der  Liste  G  vor- 
zuziehen haben. 

Dass  wir  in  simusetti  und  acodetti  die  ursprünglicheren  Worte  haben, 
ergiebt  sich  aus  der  Vergleichung  der  Zahlworto  des  grossen  nordafrikanischen 
Sprachstammes,    den    man    gewöhnlich  als   den   berberischen  bezeichnet, 


Uebei  die  Kanarischen  Zablworte.  379 

mit  den  kanarischen  Formen.  Die  Analogie  unserer  beiden  Listen  mit  vielen 
Herber -Worten  hat  schon  Berthelot  an  einzelnen  Beispielen  erläutert. 
Wollen  wir  dies  hier  weiter  ausführen,  so  haben  wir  zunächst  zu  beachten, 
dass  weder  unsere  Kenntnisse  der  von  den  Berbervölkern  gesprochenen 
Mundarten  erschöpfend  genügt),  noch  das  sprachgeschichtliche  Stadium,  in 
dem  sie  sich  befinden,  dazu  angethan  ist,  durch  Vergleichung  der  einzelnen 
Dialekte  die  ursprünglichen  Wortformen  zu  erschliessen.  Ob  die  Kasse, 
welche  sie  redet,  ihrer  physischen  Abstammung  nach  eine  einheitliche  ist, 
kann  noch  als  eine  offene  Frage  gelten.  Zwar  macht  ihre  Sprache  einen 
homogeneren  Eindruck,  entspricht  aber  in  ihrer  Zersplitterung  in  dem  Masse 
der  politischen,  dass  in  ihr  einzelne  Mundarten,  wie  Duveyrier  bemerkt 
hat,  einander  nicht  näher  stehen  als  die  verschiedenen  Zweige  der  romanischen 
Sprachen.  Zwei  grosse  Gruppen  lassen  sich  bis  jetzt  in  diesen  Dialekten 
sondern.  Die  eine  breitet  sich,  mannigfach  verzweigt  und  stärker  als  die 
andere  mit  arabischen  Lehnworten  gemischt,  an  den  Gestaden  des  Mittel- 
meers und  atlantischen  Ozeans  aus,  reicht  bis  in  die  südlichen  Abhänge 
der  algerischen  und  marokanischen  Gebirgszüge  und  zieht  sich  südlich  bis 
zum  Senegal  hin.  Ihr  gehört  an,  was  man  als  Kabylisch,  Schaüi,  Schilha.  ') 
Berebber  und  Zenaga  zu  bezeichnen  gewohnt  ist.  Die  andere  umfasst  die 
nomadischen  Stämme  der  grossen  Wüste;  ihre  Vertreter  sind  das  durch 
Barth  bekannte  Idiom  der  Auelimmiden  und  das  von  Hanoteau  erforschte 
Tamaseq.  Innerhalb  beider  Gruppen  und  wieder  in  jedem  Dialekte  für  sich 
herrscht  der  grösste  Formenreichthum.  Ein  und  dieselbe  Mundart  weist 
eine  Mischung  von  augenscheinlich  alten  mit  degenerirten  Lauten  auf,  so 
dass  abgesehen  von  dem  Masse,  in  dem  sie  sich  des  arabischen  Sprachguts 
erwehrt  hat,  keine  Anspruch  darauf  machen  kann,  einer  etwa  zu  suppo- 
nirenden  gemeinsamen  Sprache  am  nächsten  zu  stehen.  Lexikalisch  macht 
sich  diese  Ueberfülle  besonders  in  der  Bildung  der  Pronomina  aber  auch 
in  der  der  Zahhvorte  merklich,  soweit  uns  diese  bekannt  sind,  denn  bei 
den  meisten  Mundarten  des  Nordens  und  Westens  wurden  diese  von  den 
arabischen  verdrängt.  Während  so  einerseits  die  Unbestimmtheit  der  ber- 
berischen Zahlworte  und  ihr  theilweiser  Untergang  die  Vergleichung  er- 
schweren, finden  wir  berberische  Zahlworte,  bei  denen  man  zweifeln  darf, 
welchem  Sprachstamme,  ob  dem  arabischen  oder  dem  berberischen,  sie 
angehören.  Dem  ersteren  nähern  sie  sich  nicht  weit  genug,  um  sicher  als  Lehn- 
worte gelten  zu  können,  und  es  ist  nicht  zu  läugnen,  dass  ebenso  wie  das 
aegyptische  auch  das  berberische  trotz  seiner  grossen  lexikalischen  und 
grammatischen  Verschiedenheit  von  den  semitischen  Sprachen  manche 
Analogien  mit  diesen  in  einzelnen  elementaren  Bestraidtheilen,  z.  ß.  in  der 
Pronominalbildung  besitzt.  Andererseits  entstellt  '.las  berberische  vermöge 
seiner  regen  Gestaltungskraft  fremde  Worte  so,  da.'js  sie  oft  schwer  kenntlich 
bleiben  und  dialektisch  mehrfach  äusserlich  sich  von  ächten  nicht  unter- 
scheiden. ^)     Nur    das  Vorhandensein    zweifellos    berberischer   Worte   neben 

27* 


380  ^'  Pietschmann: 

solchen  amalgamirten  Bezeichnungen  kann  in  einigen  Fällen  noch  das  erborgte 
verrathen.     Bei  einigen  der  Zahlworte  fehlt  aber  auch  diese  Kontrole. 

Aus  unsern  Listen  sehen  wir,  dass  das  Kanarische,  wie  das  berberische, 
nach  dem  Dezimalsystem  zählte;    ferner  stehen  in  beiden  Verzeichnissen  die 
Einer  vor  den  Zehnern.    Im  Berberischen  herrscht  darin  kein  durchgehender 
Gebrauch.     Gerade    aber    die    den  Kanaren   näher    liegende  der  beiden  von 
mir  unterschiedenen  Sprachgruppen  braucht  dasselbe  Verfahren,  während  das 
Tamaseq  die  Einer  durch  /t/,  „und",  verbunden  den  Zehnern  nachstellt.   Host 
giebt    als   marokauisches   „Brebisch":     11  ien-te-merau,    12  sln-te-merau,    13 
karäd-te-merau^    14  kü.:-te-merau^    15   semüz-te-nierau,    16  sadis-te-mermc   und 
erst  von  21  ab  die   umgekehrte  Folge:    aserln-te-ieti  etc.     Im  Zenaga  haben 
wir:    11  ütn-id-mereg  und  mn-id-mereg,  12  sinan-id-mereg,  13  karai}-id-mereg 
und    kara'^-id-mcreg ^    14   ahuz-id-mercg    und    akuz-id-mereg ,    15   sammus-id- 
mereg    und    mmmus-id-niereg.      De  Slane    führt    als    Schelha    11  =  ian-da- 
mrao    an.      Venture    de   Paradis    giebt    in    seinem  Berber- Wörterbuche: 
11    ian-de-mrau,    12   sin-de-mrau    und    sin-at-mrau^    13    kerad-de-mrau    und 
kerrad-di-mrati  ^    14  qüz-de-mrau  und  küz-di-mrau^    15  summvs-de-mrau    und 
summus-di-mrau ,  16  sedls-de-mrau  etc.     Von   21   ab   sind  bei  ihm  die  Einer 
meist  nachgestellt.     Diese  Stellung  findet  sich  auch  noch  in  Dialekten,   die 
fast    alle    ihre   Zahlen    dem    arabischen    entnommen    haben,    und    auch    das 
ehemalige  Bindeglied    ist    hier    noch   sporadisch   erhalten,    z.  B.   im  Schaüi: 
14  arba-i-(U\  15  yems-t-äs^  17  sehä-t-äs\    ähnlich  in  dem  „Dictionnaire  fran- 
gais-berbere" :     14  arha-t-as^    15  yames-t-äs^    17   sba-t-ds.     Diese    Zählungs- 
weise kann  nicht  vom  arabischen  beeinflusst  sein,    denn  das  arabische  stellt 
zwar   die  Einer    vor   die  Zehner,    verbindet  sie  aber  in  den  Worten  von  11 
bis  19  nicht  durch  va,  „und",  sondern  thut  dies  erst  von  21  ab,  wo  in  den 
erwähnten  Berberdialekten  der  Regel  nach  umgekehrt  gezählt  wird.     Einige 
Dialekte,  die   auch  von  21  ab  wie  das  arabische  zählen,    haben  hier  neben 
den    arabischen  Zahlen    auch    das   arabische  Bindewort  entlehnt.     So  findet 
man  bei  Delaporte:    21  iuen-u-o^rln,   22  s'in-u-o^rm    und  auch  im  Schaüi: 
21  ist-u-asenn  etc. 

Findet  sich  dies  vielgestaltige  berb.  Bindewort  te^  t,  at,  ü\  di,  de,  da 
auch  im  Kanarischen?  Auf  den  ersten  Blick  scheint  es,  als  herrsche  hier 
ein  anderes  Gesetz.  Nur  nait  bleibt  sich  in  der  Zusammensetzung  gleich, 
sesetti  wird  sesatti-,  amelotti^)  amierat-  und  in  den  übrigen  Worten 
die  Endung  -etti  zu  -atta  oder  -at.  Man  könnte  annehmen,  dass  hier  die 
Zusammengehörigkeit  beider  Zahlen,  des  Einers  und  der  Zehn,  durch  eine 
Veränderung  des  Auslauts  des  Einers  etwa  so  ausgedrückt  würde,  wie  das 
Hebräische  in  den  Einerzahlen  von  11  — 19  den  sogenannten  Status  con- 
sfructvs  braucht.  Dies  träfe  dann  aber  bei  nait  nicht  zu,  und  auch  die 
Endungen  -atta,  -atti  können  nicht  für  kürzere,  gedrungenere  Formen  als 
-etti  gelten.  Die  Liste  G  müsste  dann  einer  Sprachperiode  angehören,  in 
der  sowohl  die  Endung  der  isolirten  wie  der  verbundenen  Formen  der  Einer 


Ueber  die  Kanarischen  Zahlworte.  381 

verloren  gegangen  wären,  denn  G  hat  für  siraus-etti  simous,  für  acod- 
etti  acol.  Wenn  wir  ferner  die  kanar.  Zahlworte  lexikalisch  mit  den  berb. 
vergleichen,  so  ergiebt  sich,  dass  die  Differenz  zwischen  beiden  gerade  in 
diesen  Endungen  liegt.  Hätten  wir  mit  einem  kritisch  gesicherten  Material 
zu  thun,  so  müssten  wir  uns  jeder  weitern  Erklärung  enthalten.  Da  aber 
auch  die  Ueberlieferung  der  bessern  Liste  C  keineswegs  über  allem  Zweifel 
erhaben  ist,  so  darf  man  wohl  folgenden  Versuch,  ihre  Formen  zu  verstehen, 
zulässig  finden. 

Diejenigen  Berber-Dialekte,  welche  dieselbe  Zählung  von  11  —  19  wie 
das  kanar.  auch  da  beibehalten,  wo  sie  sich  zur  Zahlbezeichnung  arabischer 
Worte  bedienen,  zeigen,  dass  ihnen  das  Bedürfniss  nach  einem  Bindeworte 
zwischen  den  Einern  und  Zehn  jibhanden  gekommen,  dass  dieses  Bindewort 
nur  noch  gelegentlich  rudimentär  als  t  erhalten  ist.  Die  Liste  G  enthält 
die  Einer  in  verbundener  Form  nur  in  den  Zahlen  1  und  2;  wie  die  Mundart, 
welche  ihr  zu  Grunde  liegt  weiter  zählte,  wissen  wir  nicht;  doch  scheint 
sie  ein  Bindewort  dabei  nicht  benutzt  zu  haben.  Dagegen  ist  von  den 
Einerzahlen  in  den  Worten  von  11—16  in  C  anzunehmen,  dass,  vielleicht 
sehr  entstellt,  in  ihren  Endungen  das  Bindewort  enthalten  ist.  Yielleicht 
hat  einer  der  Gewährsmänner  dieser  Liste  die  isolirten  Zahlen  für  1  —  8 
willkürlich  mit  diesen  entsprechenden  Endungen  versehen.  Ich  schlage 
daher  vor,  die  Zahlen  der  Liste  C  von  11  —  16  so  abzutheilen:  na-it  oder 
n  ai-t-marava,  sm-atta-  oder  smat-ta-mara-va,  amier-at-marava, 
acod  -  at  -  marava,  simus  -  at  -  marava,  ses-atti-  oder  sesat-ti 
niarava.  Die  nachfolgende  lexikalische  Erörterung  wird  diese  Hypothese 
mehrfach  unterstützen. 

Die  Zahlen  für  20  —  50  bei  G  enden  ebenso  wie  die  Zahl  10  derselben 
Liste  mit  -ago.  Sie  sind  offenbar  aus  den  Worten  für  die  Einer,  linago 
aus  lini,  amiago  aus  amiat,  arbiago  aus  arba  und  cansago  aus  cansa 
gebildet,  und  zwar  durch  Anfügung  einer  dem  -ago  in  marago  entnommenen 
Endung.  Ganz  anders  bildet  das  berb.  diese  Zahlen,  soweit  es  dieselben  nicht 
aus  dem  Arab.,  wo  diese  Zahlen  Plurale  der  Einer  sind,  entlehnt  hat.  So 
weit  mir  bekannt  ist,  hat  nur  das  Zenaga  eine  besondere  Nomiualbildung 
tcnnda  (aus  sin  =  2)  für  20.  Im  übrigen  folgt  es  derselben  Methode  wie 
das  Tamascheq,  die  darin  besteht,  dass  man  aus  dem  Zahlwort  für  10  ein 
weibl.  Nomen  tcmerln  (im  Tarn,  temendii)  in  der  Pluralform  =  ..Zehnheiten" 
bildet  und  damit  „3  Zehnheiten"  =  30,  „4  Zehnheiten"  =  40  etc.  zählt. 
Bei  G  fällt  noch  besonders  auf,  dass  auch  die  beiden  arabischen  Lehnworte 
arba  und  cansa  nicht  wie  im  arab.,  sondern  ganz  nach  Analogie  der 
übrigen,  sicher  nicht  arab.,  Worte  behandelt  werden.  Statt  in  den  Zahlen 
für  20  —  50  haben  wir  vielmehr  den  Plural  der  Zahl  10  in  -maragoin, 
dem  zweiten  Bestandtheil  der  Zahlen  100  und  200.  Für  100  hat  das  berb. 
meist  die  arab.  Lehnworte  inia  und  miet,  daneben  aber  auch  eine,  wie  es 
scheint,    selbständige    Bildung,    die    bei    100    im    Singular    und    analog    der 


382  R.  Pietschmann.: 

Zähluug  von  20  —  90  von  da  ab  im  Plural  gebraucht  wird.  Im  Sing,  lautet 
sie  im  Tarn,  timidi,  im  Zen.  tma^i;  im  Plur.  im  Zen.  tomodan  ^  •^)  und 
ttimuöa7i,  im  Tarn.  tema(\  im  Berebber  temCd.  Es  kann  immerhin  aber  auch 
diese  Form  eine  berb.  Nominal-Bildung  sein,  der  eine  Verstümmelung  des 
arab.  Zahlworts  zu  Grunde  liegt. 

Aus  dem  bisher  gesagten  folgt,  dass  in  grammatischer  Hinsicht,  die 
bei  der  Vergleichung  von  Sprachen  den  wichtigsten  Gesichtspunkt  bildet, 
das  kanarische  Zählsystem  in  den  Worten  von  11  —  16  ebenso  zählt,  wie 
die  Sprachen  der  im  Norden  und  Westen  Afrikas  wohnenden  Berber -Völker, 
dass  es  für  die  Zahlen  von  20  an  selbständige,  vom  arab.  verschiedene. 
Formen  hat,  und  für  100  zwar  auch  wieder  eine  selbstständige,  aber  deutlich 
als  berb.  Pluralbildung  gekennzeichnete.  Form  verwendet. 

In  lexikalischer  Beziehung  ist  die  Verwandtschaft  mehrerer  Worte 
unserer  Listen  mit  den  Berber -Zahlworten  unläughar.  Von  denjenigen 
Berberworten,  bei  denen  wir  es  sicher  nicht  mit  arab.  Entlehnungen  zu 
thun  haben,  ist  zunächst  zu  den  Worten  für  5  das  marokanische  semüs 
(Host  und  Chenier),  Venture's  se7)inm.s\  das  ebenso  im  Tamascheq  lautet, 
und  das  Azgör  Tuäreq  sdinmöz  anzuführen.  Das  Zen.  bildet  seinen  Laut- 
gesetzen gemäss  seinus  und  Sdinmu.'t.  Aus  dem  Benl  Mzab  sind  senimes 
und  senimez,  aus  dem  Schilha  sommns  zu  vergleichen.  Das  Wort  lautet 
auch  summus  (Newman;  Venture;  Auelimmiden)  und  sumruos  (Tuiir.  bei 
De  Slane).  Sirausetti,  simusat-  sind  der  von  Hodgson  angeführten 
Serqu-Form  semust  im  Auslaute  jedenfalls  nur  zufällig  ähnlich,  denn  in 
H.'s  Sprachproben  enden  mehrere  Zahlworte  von  Dialekten  auf  ^,  welchen 
diese  Endung  in  ausführlichem  Quellen  fehlt.  Er  wird  die  Feraininalformen, 
die  regelrecht  auf  t  enden,  verwechselt  haben. 

10=marava,  raarago  gehört  ebenfalls  unbedingt  dem  berb.  Sprach- 
stamme an.  Wir  haben  hier  nirraim  (Newm.),  meraced  (Vent.),  merao  (Schil. 
bei  De  Sl. ;  ZauOua  bei  dems.;  Azgör  T.  bei  Duveyrier),  mar  ran  (Dict. 
franp.  berb.;  lehnt  sich  in  der  Orthographie  irrthümlich  an  das  arab.  Wort 
marra  „einmal"  an),  w^ra?«  (Vent,;  Schaüi;  B.  Mzb.  bei  Du v.  undDeSl.; 
Schil.  bei  Chen.;  Berebb.  bei  Host;  Tuar.  und  Serqu  bei  Hodg.)  und  mran 
(Journ.  R.  Geogr.  Sog.  IX  S.  216).  Das  g  in  nuirago  findet  seine  Analogie 
in  Zenaga  ivrrf'g^  mPreg^  vieveL\  (neben  man',  merP^  mcri  in  eben  demselben 
Dialekte).  Die  Halbvokale  i  und  k  wechseln  im  berb.  mehrfach,  besondors 
wenn  sie  den  zweiten  Bestandtheil  eines  Diphthongen  bilden,  mit  i/,  -y,  //, 
y  und  r.  Zu  der  Form  mf-ri  verhalten  sich  merPg^  etc.  wie  Zen.  uri,  „Gold", 
zu  Tarn,  iirey^  Auel.  uray^  B.  Mzb.  vrak^  Azgör  nroq^  ein  Beispiel,  aus  dem 
zu  ersehen  ist,  wie  im  berb.  die  Formen  ein  und  desselben  Wortes  in  dem- 
selben Dialekte  flem  mannigfachsten  sonst  dialektisch  getrennten  Lautwandel 
unterliegen  können.  Maragoin  entsprechen  die  Pluralformen  -niruin  von 
Tarn,  vbnrav^  und  -nirduin/n^  - mravinm  (Vent),  -inrmnii,  (De  Sl.),  von 
-mniu  und   niiao.    Mau  imichte  dementsprechend  für  maragoin  etwa  maravuin 


üeber  die  Kannrischen  Zahlworte  3g3 

oder  marauin  und  dann  auch  für  marago:  rnaravo  oder  marau  schreiben. 
Derselbe  Fall,  dass  in  einem  kanar.  Worte  in  der  spanischen  ljm8clireil)ung 
das  go  einem  bcrb.  o  oder  u  entspricht,  kommt  auch  in  goffio  vor.  So, 
in  neuerer  Orthographie  gofio,  hiess  ein  noch  jetzt  auf  den  kanar.  Inseln 
sehr  beliebtes  Gericht,  dessen  Hauptbestandtheil  geröstete  und  dann  ge- 
schrotene  Gerste  bildet.'')  Auch  bei  den  Beil)ervölkern  ist  diese  Speise 
unter  dem  Namen  hvshuHSo ^  scLsü  etc.  (d.  h.  „Nalinnig"  ' '')  weit  verbreitet. 
Es  ist  wohl  kein  Zweifel,  dass  wir  in  der  Zenaga-Benennung  dieses  National- 
essens ofti,  iifti  dasselbe   Wort  wie  goffio  haben. 

Ebenso  wie  bei  5  und  10  ist  bei  4  eine  selbständige  berb.  Form  vor- 
handen. Berth.  hat  quz^  (p:  und  aus  dem  B,  Mzb.  aqoz  verglichen.  Der- 
selbe vokalischo  Anlaut  findet  sich  in  Zen.  ako:  und  akiiz,  im  Aiiel.  akös^ 
Tarn,  okkoz  und  ß.  Mzb.  oggoz.  Wenn  dem  kan.  eine  Form  aqoi)  zu  Grunde 
liegt,  wäre  der  Wechsel  von  f),  s  und  z  erklärbar.     (Vergl.  auch  zu  6). 

Für  7  hat  das  Berb.  meist  das  arab.  >^abli.  Set,  wie  die  Zahl  kan. 
nach  G  heissen  würde,  haben  auch  Vent.  und  Newm.,  und  dem  würde, 
wenn  wir  sat-ti  abtheilen  auch  C  entsprechen.  Theilen  wir  dagegen  sa- 
tti,  so  klingt  es  an  m  (Hodgs.;  B.  Mzb.  bei  Duv.;  Schil.  beiDeSl.  und 
und  Chen.;  Berebber  bei  Host),  hü  (Auel.)  und  saa  (B.  Mzb.  bei  De  Sl.) 
an.  Das  Wort  findet  sich  in  mehreren  Dialekten  auch  mit  vokalischem 
Anlaut  {esm^  essau^  os>ä  und  iUa).  Ob  hier  nicht  eine  Verschmelzung  eines 
berb    mit  dem  arab.  Zahlwort  vorliegt,  kann  jedoch  fraglich  erscheinen. 

Das  Vorhandensein  des  arab.  sitfM,  Fem.  sit  für  6  erschwert  die  Ver- 
gleichung  von  Berberzahlworten  mit  ses-etti  und  sat.*  Wenn  man  seset- 
ti  abtheilt,  so  hat  Berth.  richtig  aus  dem  Dialekt  von  /'adames  se:  oder 
seds  vergleichen.  Hodgson  bietet  hier  wieder  eine  Tuär.-Form  se^of^  die 
noch  näher  stände,  aber  dasselbe  Bedenken  wie  oben  semust  erregt.  Soz 
im  B.  Mzab  ist  gleichfalls  herbeizuziehen.  Dieses  und  ähnliche  Worte  sind, 
wie  ticds  zeigt,  aus  demselben  Stamme  wie  scdis  (Vent.;  Newm.;  Tara.). 
sedise  (Scbil.  bei  Ghen.),  sidis  (ßchiX.  bei  De  SL),  sadis  (Host),  xadis  (Dm-v.^^ 
und  seddis  (Serqu  bei  Hodg.)  entstanden,  nodid  entspricht  diesen  Formen 
im  Zenaga.  ^^')  Da  das  kan.  Wort  in  der  Form  sesatti-  wie  eine  Reduplikation 
von  sat    l)ei  G  aussieht,    so    ist   die  Vergleichung  des  berb    sehr  unsicher. 

Auch  8,  tamatti  führt  auf  einen  Stamm  der  ebensogut  arab.  wie  berb. 
sein  mag,  denn  arab.  lautet  8  iianulniya^  Fem.  !>amün.  Sicher  entlehnt  und 
daher  nicht  vergleichbar  sind  im  Schaiii  Uemennia,  im  Berebber  tcmenia 
und  im  alger.  Kabylisch  tmenid]  mctän  im  Azgör  Tuär.  ist  dasselbe  Wort 
mit  Transposition  dor  Konsonanten,  wie  man  im  Zenaga  z.  B.  Junni  als 
Bezeichnung  für  „Ausländer"  statt  Rüinl  (ursprünglich  „Römer",  „Ange- 
höriger des  ehemaligen  byzantinischen  Reiches")  findet.  Wenn  aus  der  Form 
tarn  (Serqu  und  Tuar.  bei  Hdg.;  B.  Mzb.  bei  De  Sl.)  und  tein  (Newm.; 
Vent.;  Schil.  bei  Chen.:  B.  Mz.  bei  Duv.:  Tuär.  bei  Hodg.)  auch  ta 
(B.  Mzb.    bei  Hdg.)    werden    kann,    so    kann    auch    das  oben  angeführte  sa 


35^4  ^-  Pietschmann: 

(vergl.  zu  7)  aus  saba,  und  tarn  aus  Hameln  und  ^amäniya  geworden  sein, 
denn  in  Nordafrika  wird  das  arab.  '>  meist  wie  t  gesprochen.  Ettani  (Tarn. ; 
Tuär.  bei  De  Sl.)  und  ittern  (Zen.)  beweisen  nichts  dagegen,  und  Oam 
(Schil.  bei  De  Sl  )  sowie  Hemt  (Host)  sprechen  dafür.  Jedenfalls  ist  aber 
die  Verwandtschaft  des  Staaimes  des  Wortes  tamatti  mit  einem  in  den  berb. 
Sprachen  für  8  üblichen,  mag  dieses  auch  arab.  Ursprungs  sein,  nicht  zu 
läugnen. 

Einen  andern  Fall  haben  wir  bei  1.  Been,  das  in  der  Zusammensetzung 
theils  beui  theils  bee  geschrieben  wird,  wurde,  wie  Berthelot  vermuthet, 
wdhl  veen,  oder  ven  gesprochen.  ^  3)  Man  muss  dies  annehmen,  wenn 
man,  wie  er  gethan  hat,  das  berb.  Zahlwort  für  1  vergleichen  will,  obwohl 
diesem  nach  der  spanischen  Art  zu  umschreiben  eher  guen  entsprechen 
würde.  Im  berb.  ist  das  Wort  sehr  variabel.  Vent.  giebt  allein  die  Formen 
wa/i,  ieuen,  ton  und  ua.  Das  n  ist  kein  integrirender  Bestandtheil  des  Wortes, 
denn  es  fällt  im  Fem.  fort  (vergl.  im  Tam.  ahden  „ein  anderer",  nhdei  „eine 
andere")  Zu  der  von  Berthel.  angenommenen  Aussprache  lassen  sich 
allenfalls  noch  ii/en  (Dict.  fr.  b.;  Delap.;  Schaüi  bei  Shaw;  Zuäua  bei  De 
Sl.),  hm  (Zen.)  und  üitn  (Kabyl.  bei  Sierakowski)  vergleichen.  Dass  wir 
auch  noch  in  den  übrigen  dialektischen  Formen:  iien  (Tam.;  Ifuyäs  bei 
Hanot.;  Auel;  Zen.),  ün  (Azgör  bei  Duv.),  ian  (De  Sl.  Schil.  und  Tuär.; 
J.  R.  G.  S.  IX,  231),  i(/i/en  (B.  Mzb.  De  Sl.),  *>^«  (Auel.),  egen  (Siuah 
nach  Minutoli),  schliesslich  auch  im  ieg  (B  Menäser  bei  De  Sl.),  ig  (B. 
Men.  bei  Duv.)  und  ist  (Schaüi)  dasselbe  Wort  haben,  dafür  vergleiche  man 
die  verschiedenen  "berb  Ausdrücke  für  „Mond",  „Monat":  iur,  aiör,  aiur, 
aggw\  agir,  öggir  und  eggir,  sowie  für  „Mann":  argaz^  erge:,  argäz,  aryaz, 
ariaz  und  eries.  Denselben  Anlaut  wie  nai-t  hat  nur  das  Zenaga-Wort 
für  1:  neiun  und  niv;  wie  dies  auch  für  2  neben  ^in  und  mian:  minan, 
nesin  und  nisin  hat. 

Ebenso  problematisch  ist  die  Vergleichung  der  Worte  für  2  smetti 
und  lini,  man  müsste  denn  annehmen,  dass  smetti  und  smatta  aus  metti 
und  maüa,  ferner  dass  lini,  linago  etc.  aus  sini,  sinago  verschrieben 
sind.  Dann  ist  allerdings  das  Berberzahlwort  Qien^  Hin  oder  CKStn  auch  sin, 
sfnan)  vergleichbar. 

Dagegen  haben  alle  Formen  für  4  im  berb.  (krad,  kard ,  karaö,  kariJe, 
kam!),  kamt,  qeraö,  qarat  etc.)  auch  nicht  die  geringste  Aehnlichkeit  mit 
dem  kanar.  Ebenso  steht  es  mit  der  Zahl  9  aldamorana,  wo  Berthel  ot 
bereits  aldanwrava  vermuthet  hat,  doch  ist  aldamorana  die  Lesart  der 
Handschrift.  Es  ist  möglich,  dass,  da  die  entsprechende  Berber-Zahl  (tezzaa, 
tezza,  adza,  tza  etc.)  aus  dem  arab.  tisä  stammt,  es  vordem  ein  acht  berb. 
Zahlwort  für  9  gegeben  hat,  welches  diese  Zahl  aus  marava,  dem  Worte 
für  10,  (vermuthlich  durch  Subtraktion:  10—  1)  bildete,  durch  das  bequemere 
arab.  Wort  aber  verdrängt  wurde. 

Der  Wortschatz    von   C  enthält  also  kein  direkt  arabisches  Wort,    der 


Ueber  die  Ranarischen  Zahlworte.  385 

von  G  dagegen  deren  2,  für  welche  G  aber  auch  die  entsy)rechenden  berb. 
Formen  bekannt  sind.  Berberischen  Worten  verwandt  sind  in  C  drei;  und 
drei  weitere  Worte  entsprechen  im  berberischen  üblichen  Worten,  die  aller- 
dings von  arabischen  Formen  sich  nicht  streng  unterscheiden.  Es  bleiben 
4  Worte  übrig,  von  denen  1  vielleicht  einem  untergegangenen  berb.  Worte 
entspricht.  Für  die  3  andern  besitzt  das  berb.  eigene  Worte,  von  denen 
eins  dem  kanarischen  auf  keinen  Fall,  das  zweite  nur,  wenn  wir  beide 
Listen  korrigiren,  und  das  dritte  dem  kanarischen  nur  sehr  ungenau  entspricht. 
Da  das  jeder  Vei-gleichung  spottende  Wort  (amelotti,  amierat-,  amiat, 
amiago)  2  mal  in  beiden  Listen  belegt  ist,  so  können  wir  auch  auf  die 
Vergleichung  der  4  letztgenannten  überhaupt  (d.  h.  also  der  Zahlen  C  1,  2, 
3  und  9)  verzichten.  Das  Verhältuiss  der  berberischen  Formen  entsprechenden 
Worte  zu  den  nicht  vergleichbaren  in  ü  ist  demnach  das  von  3 :  2.  Für 
die  vier  als  nicht- berberisch  ausgeschiedenen  Worte  nach  Analogien  in 
andern  afrikanischen  Sprachen  zu  suchen,  wäre  ein  müssiges  Beginnen, 
denn  die  Vergleichung  zweier  Sprachstämme  darf  niemals  eine  lediglich 
lexikalische  sein.  Von  der  grammatischen  Struktur  der  Sprache,  welcher 
diese  Worte  angehören,  haben  wir  aus  diesen  Proben  ebensowenig  ein  Urtheil, 
wie  man  etwa  allein  aus  cansa  und  arba  eins  über  das  arab.  ohne  nähere 
Kenntniss  desselben  gewinnen  könnte.  Nur  ist  anzunehmen,  dass  diese  4 
Worte  einem  Idiom  angehörten,  welches  vor  der  dem  berberischen  verwandten 
Sprache,  von  der  sie  aufgenommen  wurden,  auf  Gran  Canaria  geredet  wurde. 
Trotz  dieser  fremdartigen,  wahrscheinlich  also  autochthon  kanarischen,  Worte, 
von  denen  eins,  das  charakteristischste,  sich  auch  bei  G  findet,  ist  die 
Sprache  von  C  als  dem  berberischen  verwandt  zu  bezeichnen,  da  die  Zähl- 
methode von  11  —  16  mit  der  des  berb.  übereinstimmt.  Obwohl  wir  ferner 
nicht  wissen,  wie  in  dem  Dialekte  von  C  die  Zahlen  für  20  etc.  und  für 
100  gebildet  wurden,  so  würde,  selbst  wenn  das  in  derselben  Weise  wie 
bei  G  geschehen  wäre,  auch  dies  nicht  gegen  eine  ursprüngliche  Verwandt- 
schaft mit  dem  berberischen  sprechen  können,  da  die  Zahlworte  bei  G  für 
20  etc.  und  100  berberische  Endungen  haben.  Wir  haben  hier  also  mit 
einem  Dialekt  zu  thun,  der  innerhalb  der  dem  berberischon  zu  Gebote 
stehenden  formalen  Elemente  selbständige  den  Charakter  der  berberischen 
Sprachen  bewahrende  Ausdrücke  erworben  hat.  Alle  uns  bekannten  Berber- 
dialekte haben  einen  andern  Weg  eingeschlagen  und  können  auch  nie  die 
Art  der  Zahlbezeichnung,  wie  sie  G  in  20  etc.  und  100  hat,  besessen  haben. 
Würden  sie  sonst  diese  gewandteren  Formen  mit  ihrem  unbeholfenen  Ver- 
fahren vertauscht  haben,  bei  dem  für  21  etc.  drei  Zahlworte  nöthig  sind? 
Darum  muss  der  dem  berberischen  verwandte  kanarische  Dialekt  sich  von 
dem  Sprachstamme,  dem  er  ursprünglich  angehörte,  sehr  früh  abgesondert 
haben.  Es  wäre  sogar  bedenklich,  anzunehmen,  dass  er  jemals  wie  dieser 
die  Worte  für  20  u.  s.  w.  gebildet  hat,  denn  dann  müsste  er  den  Plural 
von    10    auch    ebenso    wie    diese   anfangs   zur  Bezeichnung  der  Zehnheiten, 


3gg  .R.  Pietschmann: 

und  erst  dann,  nachdem  für  letztere  je  ein  besonderes  Wort  mit  der  Singular- 
endung des  Wortes  10  geschaffen  war,  für  100  gebraucht  haben.  So  be- 
wusste  Aenderuugen  erlaubt  sich  keine  Sprache  mit  ihren  formalen  Prinzipien 
zu  Gunsten  rein  praktischer  Rücksichten. 

Geo-en    die  Annahme    einer    so   frühen  Absonderung  lässt  sich  nur  das 
Vorhandensein  der  arabischen   Worte  arba  und    cansa^*)  einwenden.     Sie 
sind,    da    aus    ihnen    mit   berberischer  Endung   40    und  50  gebildet  werden, 
gerade  dem  besprocheneu  berberisclien  Idiom    vollständig  amalgamirt.     Will 
man    daraus    schliessen,    dass   sie   mit   dieser  Mundart   schon  auf  die  Inseln 
kamen,  so  muss  die  Einwanderung  der  Sprache,  welcher  sie  angehören,  erst 
nach  dem   Vordringen  des  Islam  in  das  Mayreb  stattgefunden  haben.    Dann 
wäre    unverständlich,    dass    kein    anderer  Berber-Dialekt    mehr    die    analoge 
Form  der  Zehner  aufweist     Will  man  hingegen  annehmen,  dass  diese  beiden 
Worte    nicht    mit    der    betreffenden  ßerber-Mundart   importirt,    sondern    erst 
nach    ihrer  Ausbreitung    auf  den  Inseln  von  ihr  erworben  wurden,    so  kann 
dies  nur   durch  Verkehr    mit  einem  arabisch  redenden  oder  diese  arabischen 
Zahlworte  brauchenden  Volke  geschehen  sein.    Zu  einer  solchen  sprachlichen 
Vermischung    ist   aber  gerade  Gran  Canaria  ganz  ungeeignet  gelegen.     Wir 
haben    aber    schon    früher   gesehen,    dass   die  Liste    G    wegen  des  Missver- 
ständnisses   der  Worte    sumous    und    acot   keinen  einheitlich  sprachlichen 
Eindruck    macht.     Es    scheint   vielmehr,    als   habe  Abreu  Galindo   in  ihr 
handschriftliche   Aufzeichnungen    über    verschiedene  Dialekte   des  Archipels 
kompilirt.     Wenn    man   die    übrigen  sprachlichen  Nachrichten  vergleicht,    so 
ergiebt  sich,    dass  die  Sprache  der  Inseln  Lanzarote  und  Fuerte Ventura  der 
von  Gran  Canaria    verwandt   gewesen    sein  muss.     Aus  der  Mundart  dieser 
beiden,    dem    Festlande    nächstliegenden    Inseln    werden    die    beiden    arab. 
Lehnworte    und    deren    Derivate    40  und    50    stammen.     Auf    beiden  Inseln 
soll  zwar  ein    einheitlicher  Stamm  gewohnt  haben.     Doch  bildete  dieser  auf 
Fuerteventura  zwei  feindliche  Reiche,  Maxorata  und  Handia,  die  angeblich 
auf  dem  Isthmus  durch  eine  cyklopische  Mauer  geschieden  wurden   und  be- 
ständig in  Fehde  lagen.    Der  König  des  nördlichen  Reiches  Maxorata  heisst 
bei    den    Geschichtschreibern    der    Eroberungen    Bethencourt's    zum    Unter- 
schiede von  dem  andern  ie  roy  Sarazin,^^)   und  „Äaracewe«"  ^ «)  nennen  sie 
auch  die  muharamedanischen  Bewohner   des  afrikanischen  Festlandes.     Hier 
wäre    also    wohl    der    geeignetste  Ort   für   die   muthmassliche  Einbürgerung 
jener  arabischen  Worte. 

Unsere  Untersuchung  über  die  Listen  C  und  G  ergiebt,  dass  eine 
Sprache  berberischer  Abstammung  und  Veranlagung  eine  andere  auf  den 
kanarischen  Inseln,  speciell  auf  Gran  Canaria,  verbreitete  Sprache  unbe- 
kannter Herkunft  verdrängte  und  theilweise  in  sich  aufnahm  und  dass, 
wahrscheinlich  auf  Fuerteventura,  sich  dieselbe  nachträglich  mit  arabischen 
Bcstandtheilen  mischte.  Die  Heimath  dieser  Sprache  scheint  das  nord- 
westUche  Afrika  gewesen  zu  sein.  >'') 


Ueber  die  Kanarischen  Zahlworte.  387 


Anmerkungen. 

1)  Eine  Erinnerunff  an  diese  Fahrt,  welche  Avezac  (in  den  Nouvelles  annales  des 
voyages  n.  s.  annee  1845  t.  IV  S.  42  ff.  und  annee  1859  t.  III  S.  273  ff.)  ausführlich  be- 
sprochen hat,  findet  sich  auch  bei  Azurara  {Chronica  do  descobrimento  e  conquista  de  Guine 
Pari'/,  1841  S.  45),  wo  er  sagt,  der  heilige  Brandan  sei  über  Bojador  hinau.sgefahreii :  outros 
dezium  (jue  forum  la  duas  gallees,  e  que  nunca  mais  tornarom. 

2)  Der  erste  Herausgeber  des  Textes,  Ciampi  {Monitmenti  d'un  manoscritto  autoyrafo 
di  Messer  Gio.  Boccacvi  da  Certaldo  trovati  ed  üliistrati,  Firenze  18ti7  S.  53  ff.)  hielt  dafür 
keinen  geringern  als  den  Verfasser  des  Decanierone,  und  man  hat  ihm  das  gern  geglaubt, 
bis  M.  Landau  {Gio.  Boccaccio.  Stuttgart  1877  S.  248  ff)  dus  vollständig  grundlose  dieser 
Annahme  nachwies.  Abgedruckt  wurde  dieser  Bericht  von  Kunstmann  {Afrika  vor  den 
Entdeckungen  der  Portugiesen,  München  1853  S.  45  ff.)  mit  tranzösischer  Uebersetzung  von 
S.  Berthe  lüt  {Ilistoire  naturelle  des  lies  Canaries  1,  partie  I  S.  23  ff.)  und  mit  spanischer 
von  Chil  y  Narunjo  {Estudios  lii><t.,  climalol.  y  patolögicos  de  las  Jslas  Canarias  parte  I 
tomo  I,  Las  Palmas  1876,  S.  259  ff.)  Der  Güte  des  Herrn  Prof.  Vitelli  in  Florenz  ver- 
danke ich  die  Vergleichung  der  Handschrift  {Magl.  n.  122  cl.  13  palc/i.  5  S.  124)  mit 
Ciarapi's  Druck. 

3)  Gewöhnlich  findet  man  über  den  Klang  des  Kanarischen  nichts  angegeben.  L.  Marineus 
Siculus  {opus  de  rebus  Hispaniae  memorabilibus,  Compluti  1533,  S.  cvj  verso)  nennt  die 
Sprache:  lingua  barbara,  sibique  solis  intelligibilis.  Schon  die  ältesten  Nachrichten  {Le 
Canarien  ed.  Gravier,  Rouen  1874,  S.  2  und  S.  52;  Aluiso  da  Ca  da  Mostn  bei  Ramusio  I, 
3  ed.  S.  98,  C  u.  A.  m.)  erwähnen  die  grosse  Verschiedenheit  der  Sprachen  der  einzelnen 
Inseln.  Bereits  Bern  aide  z  {Histuria  de  los  reijes  catölicos  D.  Fernando  y  Da.  Izabel^ 
tiranada  1856,  I  S.  275)  warf  die  Frage  auf,  wie  es  käme,  dass  die  Bewohner  der  verschiedenen 
Inseln  der  Antillen  einander  verstünden,  die  der  Kanaren  aber  nicht,  und  leitete  das  aus 
dem  Mangel  an  Verkehr  und  Schifffahrt  bei  den  letztern  ab.  Am  meisten  fiel  den  Begleitern 
Bethencourt's  die  sonderbare  Aussprache  der  Bewohner  von  Gomera  auf,  die  angeblich 
so  klang,  als  ob  sie  keine  Zunge  hätten.  Sie  erzählen  {Le  Canarien  Kap.  67  S.  122),  diese 
stammten  von  einem  Geschlecht  ab,  welchem  man  die  Zunge  abgeschnitten  und  das  man 
dann  nach  der  Insel  oxportirt  habe.  Die  Quelle  dieser  thorichten  Erfindung  muss  dieselbe 
sein  wie  das  „alte  Buch',  in  dem  Ab  reu  Galindo  (Glas,  Historij  of  the  di.^covery  and 
conquest  of  the  Canary  Islands  l  London  1767  S.  212  —  213)  gelesen  haben  will,  dass  die 
Römer  an  einem  mauritanischen  Stamme  diese  Brutalität  verübten.  Auch  Nunez  de  la 
Peüa  {Conquista  y  antiguedndes  de  las  islas  de  la  Gran  Cänaria,  Madrid  1676  S.  19  —  20) 
und  Via  na  (bei  Viera  y  Clavijo,  Noticias  de  la  historia  general  de  las  islas  de  Canaria  I 
Madrid  1772  S.   115)  wissen  davon  zu  erzählen. 

4)  1.  1.  S.  190;  vgl.  S.  191  und  S  226  —  227  ibid.  Abreu  Galindo's  Werk  i>t  im 
Original-Texte  1848  in  Santa  Cruz  de  Tenerife  gedruckt  worden,  war  mir  aber  nicht  zu- 
gänglich.    Glas'  Auszüge  enthalten  diese  Zahlworte  nicht. 

5)  Scheint    von  Berthelot    so    nach  der  französischen   Aussprache  geschrieben  zu  sein. 

6)  Mir  standen  für  das  folgende  nur  die  nachstehenden  Quellen  zu  Gebote:  H.  Barth, 
Wörterbuch  des  Dialektes  der  Aueiimmideu  im  V.  Bd.  seiner  Reisen  und  Entdeckungen 
S.  588  —  718.  Chenier,  recherches  historiques  sur  les  Maures  t.  III  Paris  1787  S.  189. 
I,  II.  Delaporte  fils,  vocabulaire  herbere  im  Journal  asiatique,  3e  serie  I  1836  S.  97  —  122. 
De  Slane  im  IV.  Bande  der  Historie  des  Berberes  par  Ibn -Khaldoun,  Alger  1856  S.  508 
—  509.  Dictionnaire  franijais-berbere,  Paris  1844.  H.  Duveyrier,  Notizen  über  vier 
herb.  Völkerschaften  in  der  Zeitschrift  der  deutsch,  morgenländ.  Gesellschaft  XII,  185s 
S.  179  —  186.  Faidherbe,  le  Zenaga,  Paris  1877.  A.  Hanoteau,  essai  de  grammaire 
de  la  langue  Tamachek',  Paris  1860.  Hodgson,  notes  on  Northern  Africa,  New  York  1844 
S.  95—100.  Newniau,  a  grammar  of  the  Berber  language,  in  der  Zeitschrift  für  die 
Kunde  des  Morgenlandes  Bd.  VI,  1845  S.  245  356.  Th.  Shaw,  travels  er  researches 
relating  to  several  parts  of  Barbary  and  the  Levant,  2  cdition,  London  1757  8.477.  .\  Graf 
Sierakowski,  das  Schaüi",  Dresden  1871.  —  Die  Orthographie  dieser  Arbeiten  lä.«st  viel- 
fach   eine   sichere    linguistische  Umschreibung  nicht    zu.     Die  Halbvokale    /  und   li   habe  ich 


338  ^-  Pietschmann : 

auch    da,    wo  sie  y  uud  v  geschrieben   sind,    mit  i  und  u   nach  Hanoteau's  Vorgang  wieder- 
gegeben. 

7)  Die  einzelneu  Autoren  verstehen  darunter  oft  etwas  sehr  verschiedenes,  da  diese  drei 
Benennungen  nicht  ethnologische  Bedeutung  haben.  Schaüi  bedeutet  eigentlich  einen 
Hirten,  Schelüh  die  Leute,  welche  in  Zelten  aus  Kameelshaaren  wohnen. 

8)  Z.  B.  ist  akli  =  türk.  qüli  „Diener".  Das  arab.  «bd,  „Knecht"  wird  im  Zenaga  obt) 
etc.     Für  Allah  finden  wir  ialla. 

9)  amelotti  kanu  wohl  mit  Sicherheit  als  fehlerhaft  überliefert  gelten,  da  C  in  14 
dafür  das  G  näher  entsprechende  amierat  hat.  Amiat  bei  G  kann  wegen  amiago  kein 
Schreibfehler  sein. 

10)  Dieses  Wort  ist  sogar  aus  dem  Zenaga  in  die  Pul-Sprache  übergegangen.  Vergl. 
Faid herbe  in  der  Revue  de  linyuistique  (Tome  VII,  1875,  S.  228). 

11)  Der  Bericht   vom    Jahre  1341    sagt  (Ciampi   S.  56)  von   Gran   Canaria:    Frumentum 
autern  et  segetes  aut  more  avium  comedunt,    aut  farinam    confickmt,    quam   et   absque   panis 
confectione  aliqua  manducant,  aquam  'potantes.     Azurara,    der    sein  Werk    1448    abschloss, 
weiss  ebenfalls  von  Gran  Canaria,  dass  man  dort  zwar  Weizen  und  Gerste  habe ,  aber  nicht 
Brod    daraus   zu   backen    verstehe;    soomente  fazem  farinha,    äqual  comem  com  carrie,    e  com 
manteiga   (Chronica  S.  378).     Bei  Bernaldez  {hist.  de  los  reyes    catöUcos    I  S.  136)  findet 
sich  zuerst  die  Aussage,    es  habe   auf  allen  Inseln  kein  Brod,   sondern  nur  gofio,    mit  Milch 
und    Fett    angerichtetes    (geschrotetes)    Korn,    gegeben.      Mit    ähnlicher    Verallgemeinerung, 
nur    ausführlicher,    haben    nach    ihm    viele    Autoren    die    Zubereitung    dieser  Speise    ganz 
ähnlich  wie  Cherbonneau  die  des  algerischen  mermez  (Nouvelles  annales  des  voy.  1859  t.  IV, 
S.  227)  beschrieben.     Noch  jetzt  ist   unter  dem  Namen  gofio  ein  Gericht  die  Hauptnahrung 
der    ärmlichen  Landbevölkerung    dieser  Inseln,    das    neben    den    alten   Bestandtheilen    auch 
Maismehl    und    besonders    auf   den    westlichen  Inseln    das    der   Wurzel  der  Pteris   aquilina 
enthält  (Berthelot,    H.  Nat.  I,    2e  partie    S.  79;    ders.   in  den  Me'm.  de  la  soc.  ethnolog. 
tome  1,   S.  148;    Bolle  in   der  Zeitschrift  f.  allgem.  Erdkunde   N.  F.  Bd.  X,  S.  22;    Noll, 
Thal  von  Orotava  S    20),  deren  Nahrungswerth  schon  die  frühern  Bewohner  Ferro's,  ebenso 
wie  die  Maori  den   ihrer  Pteris  esculenta,  nicht   verschmähten.    In  Folge  dieser  allgemeinen 
Erwähnung  gehört  das  Wort  goffio  zu  denjenigen,  welche  gewöhnlich  unter  den  Beispielen 
angefühlt   werden,    die   bezeugen   sollen,    dass    man   auf  allen  Inseln  des  Archipels  trotz  der 
von  den  Schriftstellern    überlieferten   dialektischen  Verschiedenheit  im  Grunde   ein    und  die- 
selbe Sprache  redete.    Das  Wort  goffio  ist  aber  vielmehr  erst,  nachdem  es  in  das  Spanische 
aufgenommen    war,    dem    es    auch   die  Endung   o  zu  verdanken  scheint,    mit  den  Eroberern 
von  einer  Insel  zur  andern  gewandert,  denn  es  ist  sehr  fraglich,  ob  überhaupt  die  Insulaner 
überall    den  Anbau   der  Gerste   kannten.     Mit  Sicherheit  lässt  sich  allerdings  wenig  darüber 
ermitteln,    da    unsern  Berichterstattern    meist  wenig  daran  lag,    ob  die  Produkte  der  Inseln, 
die    es    zu    ihrer  Zeit    gab,    schon    vordem    dort  vorhanden    waren.     Ein   gut   unterrichteter 
Autor    (Azurara,    chronica  Kap.  82    S.  384)    versichert,    dass    auf   Palma    es    weder   Brot- 
noch    Hülsenfrüchte    gab.      Das    Fehlen    des    Gerstenbaues    erwähnt    Abreu    Galindo    (bei 
Glas  I  S.  37)  auch  von  Ferro,   und   wenn    auch  das  Canarien  (Kap.  65  S.  H6)  von  diesem 
Eiland  sagt:    Et  y  croit  bles   de   ioutes  fnanieres  asses,    so   bezieht   sich    das,    wie  man  aus 
dem  Zusammenhange    ersieht,    nicht    auf   die  Vergangenheit   der  Insel,    soweit  dieselbe   vor 
der  Landesvertheilung    unter    die   von  Bethencourt  importirten  Ansiedler  liegt.     Auf  den 
eroberten  Inseln  bildete  zur  Zeit  der  Reise  Ca  da  Mosto's  (bei  Ramusio  I,  3  edit.,  p.  98 
B)  Gerste  die  Hauptnahrung.    Von  diesen  war  in  alter  Zeit  vornehmlich  Lanzarote  an  Gerste 
reich  (Le  Canarien,   S.  49;    50  und  135).     Auch   nur   für   die  Sprache  von  Lanzarote  und 
Fuerteventura    ist    das  Wort    goffio    ausdrücklich    belegt  (ülas  I,    18  und  216).     Zwar  sagt 
Glas  (I,  88)    auch    von    den  Bewohnern  Gran  Canaria's,     „Ihr  gewöhnliches  Essen   war  ge- 
röstetes Gerstenmehl,  das  goffio  bei  ihnen  hiess,  und  das  sie  mit  Milch  oder  Ziegenfleisch 
assen.     Wenn    sie    ein  Fest   machten,    so   richteten  sie  das  letztere  mit  Schweinespeck  oder 
Butter    an,    und    dies    ihr    Gericht    hiess    bei    ihnen    tamazanona.      Ihre    Gerste,    welche 
asamotan    bei   ihnen   hiess,    schroteten  sie  mit  einer  Handmühle."     Mag  nun  Glas  Recht 
haben,  dass  Galindo  den  Namen  der  Gerste  mit  dorn  der  Speise  verwechselte,    oder  nicht, 
jedenfalls  enthalten  tamazanona  und  asamotan  denselben  Stamm  wie  das  Wort  tamasen 


Ueber  die  Kanarischen  Zahlworte.  389 

(ülas;    hei  Viera  I,  13:5  tarn  ose n),    welches  auf  Laiiz.   und  Fuert.  „Gerste"  bedeutete,    und 
kann  daher  das  hetreftende  Gericht  nur  als  „Gerstenspeise"  bezeichnet  sein,   und  keiner  der 
Namen,  wie  Glas  (1,  -220)  angiebt  „Hesh  iried  in  butter"  bedeuten.    Man  hat  also  die  Wahl, 
anzunehmen,    dass    entweder   goff'io    auch    auf  Gran  Canaria    synonym    mit   dem  aus  dem 
Wort    für  Gerste    gebildeten  Speisenamen,    also    eigenllich    überflüssig    war,    oder,    was   mir 
wahrscheinlicher  ist,  dass   dies  Gericht  dort  überhaupt  nicht  goffio  genannt  wurde.     Dass 
zu  Galindo's  Zeit    die    spanisch    redende  Bevölkerung   Gran  Canaria's    goffio   gebrauchte, 
und    er    deshalb    glaubte,    auch   hier, sei   diese  Bezeichnung   ursprünglich  heimisch  gewesen, 
kann   für   uns   nicht   massgebend  sein.     Ueberall  wo  die  s{)anische  Sprache  hingelangte,   hat 
sie,  wie  vor  ihrer  Verbreitung  ausserhalb   der  iberischen   Halbinsel  aus  dem  arabischen,    aus 
den    einheimischen  Sprachen    sich    beieichert.     Die    Bezeichnungen    goffio,    tamarco    und 
ähnliche,  scheinbar  über  die  ganze  kanarische  Inselgruppe  verbreitete,  wurden  den  spanischen 
Ansiedlern  auf  diesen  so  geläutig,  dass   sie  wo  eigene  Worte  dafür  üblich  waren,  diese  ver- 
drängten.    In    ähnlicher  Weise    nahm    das    spanische   aus  dem  Dialekte   von  Espanola  (vgl. 
Las  Casas,    hrevissima   reladon  de   la  destruycion  de  las  Indias   Sevilla  1552    S.  4    verso) 
das  Wort  hamaca    in    seinen  Wortschatz    auf,    aus    dem    es    unter    anderm   ja   auch    in  der 
lautlichen  Nachbildung  , Hängematte"  ins  deutsche  überging.  —  Was  die  Silbe  gue,  gua  etc. 
in   den  spanischen  Umschreibungen  kanarischer  Worte  anlangt,   so  hat  man  ziemlich  allge- 
mein angenommen,  dass  dieser  Umschreibung   dieselben  Laute  wie  in  den  arabischen  Lehn- 
worlen    (z    B   in  Guadalquivir)    entsprächen.     In   Bezug    auf   das    arab.    ist   man   allerdings 
sehr  konsequent  verfahren,  und  schon  Pedro  de  Alcala  (in  der  Vorrede  seines  Vocabulista 
aravigo  eii  letra  castellana,  Granada  1505)  hat  feste  Regeln  für  die  Wiedergabe  von  va,  ua 
etc.  durch    gua  etc.    aufgestellt.     Andererseits   aber   hat   man  in  dem  spanischen  von  Chiloe 
das  aus  der  Sprache  der  Urbewohner  aufgenommene  We-,  wi-  etc.  mit  hue-,  hui-  etc.  (vergl. 
C.   Martin    in    dieser    Zeitschrift    1877    S.    J63  ff.),    und    in    mehreren    südamerikanischen 
spanischen  Mundarten    ein    einheimisches    hua  etc.    umgekehrt  mit  gua  z.  B.    Paraguay  für 
Parahuay  (vergl.  Maspero  in  den  Memoires  de  la  societe  de  linguistique  de  Paris  II  S.  52) 
wiedergegeben.     Es    ist    also    möglich,    dass   goffio    mit    einem  stark   aspirirten    h  anlautete. 
Dieser  Zweifel  wird    dadurch    gehoben,    dass  sich,    besonders    in   den  von   der  Insel  Gomera 
erhaltenen  Eigennamen,  vielfach  h  vorfindet  z.  ß.  in  Hautacuperche ,   Hapalupu  etc.    Somit 
wird   auch   dem  Anlaut  Gua-   z.  B.   in   Guanches   ein    iV  oder   ü  und  nicht  hua-  zu  Grunde 
liegen.  —   Da  im  vorstehenden  der  Anbau  der  Gerste  auf  den  Kanarischen  Inseln  besprochen 
wurde,    mag    hier  noch   zur  Ergänzung    der  Untersuchungen  von  Hartmann    {Die  Nigriiier 
I  Theil  S.   120  1.)    über    die  afrikanischen  Kulturpflanzen   die  Bemerkung  Platz  finden,    dass 
auch    für    diesen    Theil    Afrikas    ein    frühzeitiger    Anbau    des    Weizens    erwiesen    ist.     Die 
Expedition    von    1341    fand    auf  Gran  Canaria:  frumentum    longe   pulchrius   nostro;    habebat 
quippe  grana   longiora    et  grossiora   nostro,    alhum   valde.     Sic   et  hordeum,    et  segetes  alias 
(bei  Ciampi    S.  56),    also    wahrscheinlich    triticum   turgidum;    das    Canarien    sagt    (S.    12") 
von  den  damals    noch    nicht   unterworfenen  Bewohnern   dieser  Insel:    Ils  ont  formens,  feues, 
ble's  de  toutes  sortes;    taut  y  croit    und    Azurara    (S.  378    und  382)    nennt  Weizen    unter 
den  Erzeugnissen    dieser  Insel    und  Tenerife's,    doch  bestreitet  dies  von  der  letztern  der  in 
solchen  Dingen  freilich  schlecht  genug  unterrichtete  Nufiez  de  la  Pena  (S.  32).   Espinosa 
(bei  Viera  I,    S.  124)    hat    die    merkwürdige    Notiz,    der  Weizen    sei    in    der    auf  Tenerife 
kultivirten  Spezies   kurz   vor   der  Eroberung  untergegangen,   er  meint  also  wohl  deren   Ver- 
drängung   durch    die   aus  Spanien   importirte.     Von   dem   Vorhandensein    des  Weizens  weiss 
auch  Bernaldez  (I  S.  136). 

12)  Vergl.  im  Auel.  aieksu,  im  Tarn,  ameksi,  „Essen";  auch  tisekkit  „la  houchee"  im 
Plural  tisekkiin  und  tiXekkiint  im  Tarn,  (bei  Hanoteau  S.  25  und  S.  257).  —  Für  Tenerife 
ist  als  goffio  entsprechende  Bezeichnung  ahoren  überliefert. 

13)  beni  ist  die  einzige  Zahl  welche  Aehnlichkeit  mit  einer  entsprechenden  der  hier 
mit  dem  kanarischen  nicht  verglichenen  afrikanischen  Sprachen  nämlich  mit  der  Zahl  1 
im  Serawulli  besitzt.  Doch  ist  darauf  nichts  zu  geben,  weil  diese  im  übrigen  ab- 
weichen. 

14)  Die  Form  cansa  macht  es  so  gut  wie  unmöglich,  dass  diese  beiden  Worte  etwa 
aus  dem  phönizischen  entlehnt  wären. 


390  R-  Pietschmann : 

15)  In  der  Ueberscbrift  des  Kap.  78  des  Canarien  heissen  sie  allerdings  beide  les 
deulx  roys  sarazins,  im  Texte  (S.  153)  dagegen  einmal  les  deulx  roys  d'Erhanne  payens ; 
im  80.  Kap.,  wo  von  der  Taufe  die  Rede  ist,  die  beide  empfingen,  ist  in  der  Ueberscbrift 
nur  von  dem  einen  als  le  roy  Sarazin  und  zwar  mit  dem  falschen  Zusätze  de  l'ille  Lance- 
lot, statt  du  coste  de  rille  Lancelot,  die  Rede.  Ich  habe  dies  mit  Berthelot  auf  den 
zuerst  genannten  bezogen.  Die  andern  Insulaner  werden  im  Caiiavien  nie  so  bezeichnet. 
Nur  der  König  von  Lanzarote,  den  wir  unter  dem  Namen  Guadartia  aus  andern  Nach- 
richten kennen,  heisst  einmal  roy  sarazin  (S.  10),  sein  Gegner  Asche  dagegen  paien 
(S.  45). 

16)  Das  im  Canarien  sarazin  etwas  anderes  als  ein  blosses  Synonym  von  paien  ist 
ergiebt  sich  daraus,  dass  Kap.  55  (S.  87)  von  der  Reise  des  Bettelmönches(frere  niande- 
ant),  die  darin  und  in  den  folgenden  erwähnt  wird,  gesagt  wird,  sie  habe  alle  „christlichen 
[das  des  Priester  Johann],  heidnischen  und  sarazenischen  Reiche",  die  an  die  Küste  Afrikas 
grenzten,  berührt  und  geschildert.  Kap  81  (S  134)  wird  noch  näher  diese  Küste,  die  den 
Kanaren  gegenüberliegende,  als  deuers  la  Guynoye,  qui  est  terre  fernie  de  Sarazins,  be- 
zeichnet. Bekanntlich  hat  sich  der  Name  Guinea  erst  im  Laufe  der  Entdeckungen  weiter 
südlich  lokalisirt.  Hier  ist  noch  wie  auch  aus  Kap.  55  mit  Gewissheit  hervorgeht  das  an 
Kap  Bogador  angrenzende  Land,  gemeint.  Auch  im  Kap.  70  (S.  133)  heisst  es  von  Fuerte- 
ventura:  C  est  la  plus  pres  ille  qui  y  sott  de  terre  des  Sarazins,  aar  il  riya  que  dorne 
Heues  frangoises  du  cap  de  Bugeder,  qui  est  terre  ferme. 

17)  Was  wir  über  die  staatlichen  und  sozialen  Verhältnisse  der  grössern  Inseln  wissen, 
sowie  das  sprachliche  uns  erhaltene  Material  unterstützen  dies  Ergebniss.  Von  nähern 
Erörterungen  darüber  muss  ich  hier  absehen,  da  ich  die  Ethnographie  der  Kanarischen 
Inseln  in  einer  besondern  Abhandlung  darzustellen  vorhabe.  Doch  will  ich  hier  nur  noch 
einen  Einwand  berühren,  der  sich  gegen  die  muthmassliche,  aus  der  ähnlichen  Anordnung 
der  Einer  vor  der  Zehn  geschlossenen,  nähern  Beziehung  der  berberischen  Elemente  des 
kanarischen  Idioms  zu  den  Sprachen  der  Küstenländer  des  Mittelmeeres  und  des  atlantischen 
Ozeans  auf  Grund  der  neuerdings  vorgefundenen  Inschriften  auf  den  kanarischen  Inseln 
erheben  Hesse.  Die  zeitgenössischen  Berichte  sagen  nichts  über  den  Besitz-  der  Schrift  bei 
den  Eingebornen,  erwähnen  im  Gegentheil  manches,  welches  als  ein  Nothbehelf  bei  dem 
Mangel  einer  solchen  aufgefasst  werden  kann,  z.  B,  das  Ueberseuden  wohlriechender  Früchte 
als  Ausdruck  des  Verlangens  Frieden  zu  schliessen.  Hätte  H.  Wuttke  mit  seiner  un- 
richtigen Verallgemeinerung,  nach  der  Schrift  aus  der  Tätowirung  hervorging,  Recht,  so 
könnte  man,  da  diese  und  die  zu  gewissen  Zwecken  wie  zu  Kriegszügen  und  Festtänzen 
bestimmte.  Bemalung  üblich  waren  (Ca  da  Mosto  bei  Ramusio  I  S.  98  F;  Le  Canarien 
S.  128;  Lopez  de  Gomara  in  den  Historiadores  primitivos  de  Jndias  I.  S.  294  A  und 
Thevet  bei  Berthelot  Eist.  nat.  I,  partie  1,  S.  87),  und  Nufiez  de  la  Pena  sogar  aus- 
führlich von  Portraitmalern  und  deren  Farben  berichtet  (S.  33),  in  den  kanarischen  In- 
schriften-Zeichen eine  Art  Bilderschrift  vermuthen,  die  aus  der  Tätowirung  entwickelt  wurde. 
In  der  That  enthalten  die  in  den  Stein  gegrabenen  Zeichen  der  Grotte  von  Velmaco  und 
die  beschriebene  Felsenwand  in  der  Nähe  von  Valverde,  dem  frühern  Orte  Amoco  der 
Insel  Ferro,  der  Mehrzahl  nach  unverständliche  Umrisse.  Faidherbe  theilt  jedoch  von 
der  letztern  (in  den  Comptes  rendus  de  V Acad.  des  Inscript.  et  Beiles  Lettres,  IVe  serie 
t.  II  S.  18  —  19)  eine  Probe  mit,  die  ganz  ähnliche  Charaktere  wie  die  numidischen  Fels- 
iüschriften  aufweist.  Das  Gebiet  der  letztern  geht  aber,  wie  er  selbst  bemerkt,  nicht  weit 
nach  Westen  über  das  des  ehemaligen  Numidiens  hinaus,  und  das  damit  verwandte  Tefinay- 
Alphabet  ist  nur  bei  den  /mo^ay-Stämmen  der  grossen  Wüste,  dagegen  nicht  bei  den 
marokanischen  und  den  südlich  von  diesen  an  der  atlantischen  Küste  wohnenden  Berbern 
üblich.  Man  hat  also  die  Wahl,  die  nähere  sprachliche  Verwandtschaft  der  kanarischen 
Zahlworte  mit  denen  der  jetzigen  Bewohner  Numidiens  auch  für  jene  Inschriften  der  kanarischen 
Inseln  für  massgebend  zu  erachten,  oder  darin,  weil  unstreitig  das  Gebiet  des  modernen 
Te/inay-Alphabets  diesen  Inseln  näher  liegt,  eine  ältere  Form  des  letztern  zu  finden,  und 
somit  den  Ursprung  derselben  bei  den  Imosay  der  grossen  Wüste  zu  suchen.  Das  letztere 
ist  wegen  der  geringern  sprachlichen  Verwandtschaft  nicht  rathsam.  Die  Länder  der  west- 
lichen Berbern  sind  zudem  zu  wenig  genau  bekannt,  um  das  Vorhandensein  dieses  Inschriften- 


Ueber  die  Kanarischen  Zahlworte.  391 

Typus  überhaupt  ihnen  absprechen  zu  können.  Schliesslich  giebt  es  auch  eine  .Nachricht, 
aus  der  hervorgeht,  dass  die  Stämme  an  der  atlantischen  Küste  vor  der  Entlehnung  des 
jetzt  bei  ihnen  gebräuchlichen  Alphabets  eine  eigene  Schrift  besassen.  Im  Jahre  1445 
nämlich  Hess  sich  bei  einer  zur  Aufsuchung  des  sogenannten  rio  do  ouro  unternommenen 
Expedition  ein  portugiesischer  Knappe  Joäo  Feniandez  an  der  Küste  nördlich  vom 
Senegal  aussetzen  und  lebte  längere  Zeit  bei  einem  nomadischen,  Schaafe  züchtenden 
Berberstamme.  Von  den  Nachrichten,  welche  durch  ihn  bei  seiner  Rückkehr  nach  Portugal 
gelangten,  hat  Azurara  einiges  erhalten  und  aus  diesem  de  Barros  in  seine  Dekaden  aufge- 
nommen, unter  anderm  auch  die  Notiz,  dass  diese  Berber,  die  bei  Azurara  (S  366)  als 
Alarves,  Azeneyues  und  Barharus,  bei  de  Barros  dagegen  nur  als  Azenegues  bezeichnet  und 
ausdrücklich  von  den  Alarves  unterschieden  werden  (Da  Asia,  Lisboa  1778  I.  S.  82),  von 
den  übrigen,  d.  h.  den  bis  dabin  den  Portugiesen  bekannten,  sich  nicht  allein  in  ihrer 
Sprache  sondern  auch  in  ihrer  Schrift  unterschieden.  Wenn  nicht  die  übrigen  Berber  dieser 
Küste  so  hatten  doch  sicher  also  die  Zenaga  damals  noch  ihre  einheimische  Schrift 
bewahrt. 

18)  Die  arabischen  Grammatiker  lassen  sitta  und  sit  aus  sidt  und  letzteres  aus  sids 
entstehen.  Die  arabische  Form  der  Ordinalzahl  6  sädis  zeigt,  dass  dies  richtig  ist.  Sie 
entspricht  zugleich  am  genauesten  den  Berberformen  der  Kardinalzahl,  welche  dieselben 
Konsonanten  haben.  Es  ist  sehr  unwahrscheinlich  dass  die  Berber  bei  der  Entlehnung  die 
Ordinal-  mit  der  Kardinalzahl  verwechselt  haben  sollten.  Es  scheint  vielmehr  als  hätten 
wir  hier  einen  der  Fälle  ursprünglich  gleicher  Veranlagung  des  Berberischen  und  Semitischen. 


Miscellen  und  Büclierscliau. 


Den  von  mir  in  der  Sitzung  der  Berl.  anthropolog.  Geseilschait  vom  Mai  besprochenen 
Patagoniern:  Mann,  Frau  und  Kind  wurde  in  deren  Logis  (während  ihrer  Iturzen  Anwesen- 
heit in  Berlin)  ein  Besuch  abgestattet.  Das  wenige  Spanisch,  über  welches  ich  vertilge  und 
einige  in  ernstem  Tone  gehaltene  directe  Anfragen  machten  den  Mann  warm,  wiewohl  die 
bekannte  lakonische  Kürze  des  Indianers  auch  hier  bald  ihren  Ausdruck  fand.  Zu  meinem 
Befremden  erklärte  Capitan  Pijötse  (wie  er  sich  ganz  gern  anreden  Hess),  der  Name  Tehuelche 
sei  ihm  unbekannt.  Er  selbst  gehöre  zur  Nacion  de  los  patagones,  sein  Specialstamm  bilde 
den  Tsoneea-Tribus,  der  zwischen  Chiipat  (er  sagte  Cupat)  und  Bahia  de  San  Jorge  hausen- 
den Uaveniken  (wobei  das  II  leise  aspirirt  ward). 

Stammesfehden,  Noth  nnd  Krankheit  haben  nach  seiner  Angabe  den  Havenikeu  arge 
Verluste  bereitet  und  diese  in  ganz  materielle  Abhängigkeit  von  Punta  Arenas  gebracht. 
Auf  meine  Erkundigung  nach  einigen  von  Musters  erwähnten  Häuptlingen  antwortete  er 
bald  „muriö",  bald  „viva".  Capitan  Tangalo  (Musters'  Tankelow)  besitze  noch  vielen  Einfluss. 
Dem  verstorbenen  Musters  spendete  Pijötse  als  einem  Hombre  fuerte  y  geneioso  mit  kurzen 
"Worten  ein  wohlempfuudenes  Lob.  Auf  meine  Frage,  ob  die  Tsoneca  lieber  zu  Chile  oder 
zur  argentinischen  Republik  gehören  möchten,  erwiderte  er,  das  sei  ihm  gleichgültig.  Seines 
Volkes  Wohnsitz  seien  die  inneren  Pampas,  Pastos  und  Montanas,  auf  denen  der  Puma 
(GöU),  das  Guanaco  (Eräu)  und  der  Avestruz  (Miküsch)  gejagt  werde  und  wo  weder  der 
Chilener  noch  der  Argentiner  viel  zu  suchen  hätten,  zumal  die  Patagonier  alle  überflüssigen 
Felle  und  Federn  nach  Punta  Arenas  und  Patagones  in  den  Tausch  brächten.  Jeder  Versuch 
übrigens,  Hrn.  Pi/ötse  zur  weiteren  Mittheilung  von  Haveniken-Wörtern  zu  bewegen,  wurde 
von  ihm  mit  dem  Bemerken  abgewiesen,  dass  der  (anwesende)  Dolmetscher  Hr.  Jakobssen  das 
ebenso  gut  wisse. 

Die  Frau  Bazinca  bemerkte,  sie  sei  von  Geburt  Araucana.  Als  ich  fragte,  ob  ihr  sehr 
intelligent  aussehender  Sohn  Luis  ein  Cholo  oder  Mestize  sei,  verneinte  sie  dies  lachend. 

Der  Abschied  der  Leute  war  fast  herzlich.  Mein  Händedruck  wurde  von  ihnen  kräftigst 
erwidert.  Die  anwesenden  Agenten  des  Hrn.  Hagenbeck  behaupteten,  so  viel  wie  bei  dieser 
Unterredung  hätten  die  Leute  seit  lange  nicht  gesprochen.  R.  H. 


FraiiQois  Lenormant,  Prof.:  Die  Geheim  Wissenschaften  Asiens. 
Die  Magie  und  Wahrsagekunst  der  Chaldäer.  Autorisirte,  vom  Verfasser 
bedeutend  verbesserte  und  vermehrte  deutsche  Ausgabe.  Zwei  Theile  in 
einem  Bande.     Jena,  H.  Costenoble.     1878.     8.     571  S. 

In  der  Vorrede  bezeichnet  L.  seine  deutsche  Ausgabe  als  ein  wesentlich  verbessertes, 
zum  grossen  Theile  noch  unedirtes  Werk.  Der  erste  Abschnitt  behandelt  die  Magie  der 
Chaldäer  und  die  Urgeschichte  von  Akkad.  Bekanntlich  huldigt  auch  der  gelehrte  und  geistvolle 
Verfasser  der  „Anfänge  der  Cultur"  der  Ansicht,  dass  in  den  sumpfigen  Ebenen  des  unteren 
Euphrat  ursprünglich  ein  türkischer  Volksstamm,  die  Akkadier,  gehaust  habe,  von  welchem 
eine  den  finnischen  und  tartarischen  Idiomen  verwandte  Sprache  geredet  worden  sei.  Lenor- 
mant   führt    uns    im    ersten  Capitel    seines    so  inhaltreichen  Werkes  Zaubersprüche  zur  Be- 

Zeitschrift  für  Rthnologie.    Jahrg.  1879.  28 


394  Miscelleu  und  Bücherschau. 

schwörung  böser  Geister,  von  Krankheiten  u.  s.  w.  vor,  welche  zwar  in  akkadischer 
Sprache  verfasst,  jedoch  von  einer  assyrischen  Interlinear- üebersetzung  begleitet  sind.  Alles 
gehört  zu  einem  dreitheiligen  magischen  Werke,  welches  seit  dem  frühesten  Alterthume  in 
der  Bibliothek  der  Priesterschule  zu  Erech  in  Chaldaea  befindlich  war  und  von  welchem  der 
assyrische  König  Assurbenhabal  durch  seine  Schreiber  mehrere  Abschriften  anfertigen  Hess. 
Das  Akkadische  war  bereits  damals  nur  noch  eine  todte  Sprache,  aber  um  so  begieriger  Hess 
man  die  Zaubersprüche  und  Beschwörungsformeln  in  jenem  Idiom  gelten.  Bekamen  die- 
selben doch  durch  letzteres  eine  höhere  geheimnissvolle  Macht,  indem  sie  ja  unverständlicher 
wurden.  Verhielt  es  sich  nicht  etwa  ähnlich  mit  unserem  mittelalterlichen,  cabbaHstischen 
Unsinn,  der  hier  und  da  noch,  horribile  dictu,  selbst  in  das  vulgäre  Leben  der  Neuzeit  mit 
seiner  Drachenzunge  hineinleckt.  Ohne  Lenormant  vorzugreifen,  fühlen  wir  uns  doch  ge- 
drungen, u.  A.  die  medicinischen  Anschauungen  der  Alten  zu  bewundern,  wie  sie 
namentlich  in  gewissen  ein  geradezu  gynäkologisches  Interesse  beanspruchenden  Beschwörungs- 
formeln (z.  B.  VII  auf  S.  7)  hervortreten.  Freilich  sind  wir  sehr  interessanten  derartigen 
Auslassungen  auch  schon  in  den  aegyptischen  Papyrus,  im  Zend-Avesta  und  in  den  jüdischen 
Opfervorschriften  begegnet.  (Referent  hat  sich  z.  B.  durch  Autopsie  überzeugt,  dass  u.  A. 
das  Verhalten  des  Ligamentum  hepato  —  s.  hepatico-duodenale,  beim  Schaf  in  den  alten  Opfer- 
vorschriften über  Joteroth  u.  s.  w.  ganz  gut  bekannt  gewesen  ist.)  Aehnliche  und  andere 
kulturgeschichtliche  Andeutungen  finden  wir  in  Lenormant's  ganzem  Werke,  selbst  in  dessen 
dämonischen  Theilen.  Letztere  aber  sind  in  völkerpsychologischer  Hinsicht  von  grösstem 
Werth.  Namentlich  wichtig  erscheinen  uns  Lenormant's  vergleichend  dämouologische  Excurse 
über  Aegypten  und  Chaldaea.  Unser  Verfasser  führt  uns  eine  Anzahl  mystischer  und 
magischer  Götternamen  vor,  wie  sie  sich  in  einem  Papyrus  aus  der  Zeit  des  grossen  Ramses 
vorfinden  und  wie  sie  z.  B.  auch  in  den  vier  letzten  Kapiteln  des  Todtenbuches  zahlreich 
vertreten  sind.  Jene  Namen  erscheinen  th.  semitischen,  th.  nubischen  Ursprunges.  Lenor- 
mant vermuthet,  dass  die  aegyptische  Magie  von  den  Zauberpriestern  (Fetischpriestern)  der 
Nubier  und  Neger  einige  Gebräuche  und  Namen  entlehnt  habe.  Wir  freilich  gehen  noch 
viel  weiter,  indem  wir  glauben,  dass,  wie  die  ganze  Cultur  der  Aegypter  und  so  auch  ihre 
sogenannte  Magie,  auf  urthümlich  =  africanischem  Boden  wurzeln.  Der  Verfasser  stützt  diese 
Ansicht  indirect  und  unabsichtlich,  indem  er  z.  B.  den  Gegensatz  zwischen  den  magischen 
Grundlehren  der  Aegypter  und  der  Assyrer  hervorhebt.  Erstere,  die  Verehrer  der  in  gewisser 
Hinsicht  vom  Sonnensystem  abhängigen  Tages-  und  Jahreswechsel,  der  damit  verbundenen 
tellurischen  Freuden  und  Leiden,  letztere  die  Gestirndeuter  und  Gestirnanbeter  mit  dem  höchst 
complicirten  theosophischen  Apparat  des  Sabäismus. 

Der  Inhalt  dieses  Buches  bleibt  durch  alle  Kapitel  anziehend  und  anregend.  Da  handelt 
es  sich  z.  B.  um  Bauchredner  ei,  die  bei  den  alten  Völkern  als  etwas  Dämonisches  galt. 
Sie  steht  auch  in  unseren  Tagen  bei  sibirischen  Schamanen,  indianischen  Medicinmännern 
und  afrikanischen  Ganga-Priestern  in  hoher  Gunst.  Wir  gewinnen  nun  hieraus  und  aus 
Anderem  die  Ueberzeugung,  dass  weniger  noch  der  Aberglaube,  eine  innige  d.  h.  Ueber- 
zeugung  von  (der  Existenz  und  vom  Eingreifen  übernatürlicher  Kräfte ,  als  vielmehr  die),  den 
Aberglauben  als  Mittel  zum  Zweck  benutzende  Schlauheit  und  Thatkraft  überlegener  Menschen 
(z.  B.  eben  der  Bauchredner  u.  s.  w.,  u.  s.  w.)  der  faulen,  urtheilslosen,  bornirten  Masse 
gegenüber  das  Schicksalsrad  des  menschlichen  Seins  gedreht  habe. 

Inwieweit  nun  Lenormant  berechtigt  sei,  das  ursprüngliche  finnisch-ugrische  Akkadier- 
thum  in  Mesopotamien  aufrecht  zu  erhalten  oder  nicht,  das  hier  zur  Erörterung  zu  bringen, 
erklären  wir  uns  für  nicht  competent.  Wenn  Verfasser  aber  die  finnisch-tartarischen  Stämme, 
selbst  die  Osmanen,  gegen  den  einseitigen  und  lieblosen  Vorwurf  gegen  ihre  vermeintliche  Uncultur 
oder  gar  Uncivilisirbarkeit  in  Schutz  nimmt,  so  pflichten  wir  ihm  von  Herzen  bei.  Was  u.  A.  die 
Osmanen  betrifft,  so  haben  auch  sie  früher  eine  kulturhistorische  Aufgabe  erfüllt.  Wie  so 
viele  vorurtheilsfreie  Beobachter,  sehen  wir  voll  Wehmuth,  das  im  Kern  überaus  tüchtige, 
volksthümliche  Türkenthum,  von  der  elenden  Serailwirthschaft  seiner  verfaulten  Paschas 
ruinirt.  Wir  halten  das  vom  Scepticismus  durchsetzte,  nihilistisch  angekränkelte  Reussen- 
thum  vom  ethischen  und  moralischen  Standpunkte  aus,  nicht  für  berechtigt,  die  Söhne  Osman's 
niederzutreten.  Diese  zu  heben,  bedürfte  es  vielmehr  der  gesunden  germanischen  Rasse  oder 
auch  eines  der  westlichen  romanischen  Kulturvölker. 


Miscellen  und  Bücherschau.  395 

Mit  Lenormant's  Ansichten  vom  Pyramidenbau  sind  wir  nicht  ganz  einverstanden. 
Prächtig  erscheinen  uns  dagegen  wieder  die  Artiiiel  über  die  Träume  und  deren  Deutung, 
über  die  Pythanen  und  die  Nekromantie,  über  die  Vorbedeutungen  geometrischer  Figuren  und 
über  diis  Buch  Daniel.  Die  historische  Bedeutung  des  letzteren  wird  vom  Verfasser  anerkannt. 
Referent  möchte  hierbei  bemerken,  dass  die  culturgeschichtlichen  Vorzüge  des  alten  Testa- 
ments noch  viel  zu  wenig  anerkannt  werden.  Nur  der  gelehrte  Orientalist,  der  im  Orient 
praktisch  erfahrene  Geograph,  der  Naturforscher  und  der  mit  der  Völkerkunde  dieser  Gegenden 
durch  Autopsie  vertraute  Anthropolog  können  hier  befriedigende  Entscheidung  bringen. 

Zum  Schlüsse  wünschen  wir,  dass  Lenormant's  Talent  und  Fleiss  uns  bald  wieder 
mit  neuen  Erzeugnissen  seiner  nie  rastenden  Feder  beschenken  mögen.  R.  H. 


American  Anthropological  Notes. 

A  new  building  for  the  National  Museum  is  being  erected  at  Washington .  which  is  to 
be  finished  in  lass  than  a  year.  In  this,  the  splendid  archaeological  and  ethnological 
collections,  which  are  now  accommodated  in  the  Smithsonian  Institution,  will  be  placed. 

The  first  volume  of  the  „American  Antiquarian"  is  ended  with  the  fourth  number, 
which  has  just  been  issued.  This  is  the  first  periodical  that  has  been  published  on  the 
continent,  devoted  entirely  to  archaeology  and  ethnology.  It  ha.s  been  the  means  of  awaken- 
ing  much  interest  amongst  the  scientific  men  in  the  United  States  and  its  contributors 
include  a  large  number  of  the  most  prominent  anthropologists.  The  latest  number  contains 
the  following  papers :  „Emblematic  Mounds  of  Wisconsin",  by  Dr.  G.  N.  De  Hart;  ,Com- 
parison  between  the  Archaeology  of  Europe  and  America",  by  the  editor,  Rev.  S.  D.  Peel; 
„Early  Indian  Migration  in  Ohio",  by  C.  C.  Baldwin,  Esq.;  translation  of  an  address  by 
Dr.  Paul  Broca,  at  the  Paris  Exposition,  by  Prof.  0.  J.  Mason;  „Indian  Music",  by  Rev. 
M.  Eells;  Correspondence,  Editorial  Notes,  Anthropological  News,  etc.  — 


Prof.  Cope,  the  distinguished  palaeontologist,  has  recently  received  from  Nevada  a 
large  collection  of  the  bones  of  fossil  birds,  among  which  were  found  quantities  of  stone 
implements,  mostly  of  obsidian.  They  are  taken  from  deposits  of  recent  geological  formation 
and  include  a  number  of  arrow-heads  of  the  most  delicate  and  beautiful  workmanship  ever 
found  in  the  United  States.  A  careful  study  of  them  may  bring  new  facts  to  light  bearing 
upon  the  antiquity  of  man  in  the  Western  hemisphere. 

The  government  surveys  which  have  accomplished  so  much  within  the  post  few  years, 
not  only  in  the  Held  of  geology,  but  also  in  archaeology,  have  been  abolished.  This  will 
be  regretted  by  all  scientists,  not  only  in  America,  but  in  Europe  also.  The  last  report  of 
the  United  States  Geological  Survey,  in  Charge  of  Prof.  F.  V.  Hayden,  for  the  year  1876 
has  beed  issued,  and  contains  a  large  amount  of  ethnological  matter.  Among  the  illustrations 
are  light  beautiful  lithographic  plates  representing  modern  and  ancient  pottery  found  in 
Colorado,  New  Mexico  and  Arizona. 

The  main  building  of  the  Centennial  Exposition  of  1876,  which  hat  been  retained  for 
a  permanent  exhibition  building,  is  about  to  form  a  museum  of  archaeology  and  ethnology 
on  a  large  scale.  Being  central  and  possessing  all  the  conveniences  for  such  a  purpose,  it 
is  believed  that  in  a  few  years  one  of  the  most  valuable  collections  of  American  antiquities 
in  the  country  will  be  gathered  there.  Contributions  are  Coming  in  very  rapidly  and  many 
objects  of  great  interest  and  value  will  probably  be  preserved  for  science,  which  otherwise 
would  be  destroyed  or  lost.  It  is  proposed,  in  connection  with  the  museum,  to  establish  a 
school  of  authropology  to  be  instructed  by  courses  of  lectures  by  competent  gentleman. 
The  museum  will  be  arranged  according  to  the  latest  and  most  approved  methods  showing 
as  far  as  possible  the  aboriginal  processes  of  manufacture  by  series  of  objects  arranged  in 
progressive  sequence. 

The  following  diagram  relating  to  the  Archaeology  of  North  America  will,  in  a 
measure  show  the  plan  to  be  adopted. 


396 


Miscellen  und  Bücherschan. 


Stone    Age. 

C  0  p  p  e  r 
Age. 

Necessity. 

Utility. 

Ornament 

Luxury. 

(Jbjects 

illustrative  of  o 

religion,       £- 

Architecture,    e 

Music,  and.    .* 

Litterature 

Art. 

Relics  of  the 
Mound 
Builders 

Chippeld 
Implements. 

Polisbed 
Implements. 

Pottery. 

Sinkers, 

Martars, 

etc. 

Beads, 

Gorgents 

Badges, 

etc. 

Pipes, 
Games, 

Toys, 

etc. 

Puebles     .    . 

■ 

• 

Mexicans  .    . 

• 

Indian  Tribes 

• 

The  Davenport  Jowa  Academy  of  Natural  Sciences  bas  recently  come  into  possession  of  a 
very  interesting  stone  pipe,  carved  in  the  form  of  an  elephant.  There  can  be  no  mistake 
as  to  the  animal  intended  to  be  represented.  If  the  pipe  can  be  proved  to  be  authentic,  and 
not  a  fraud,  we  are  forced  to  the  conclusion  that  the  Monnd-Builders  were  acquainted  with 
this  pachyderm  or  the  mammoth.  The  Unding  of  this  interesting  relic  has  naturally  excited 
mach  iuterest. 

Ä  new  mode  of  primitive  burial  has  been  discovered  in  the  State  of  Tennessee.  Among 
the  ledges  of  a  perpendicular  bluff,  graves  have  been  found  situated  on  little  shelves  or 
platforms,  which  is  the  first  instance  of  clifif-burial  yet  brought  to  light  in  the  United  States 
Dr.  II.  C.  Yarrow,  of  the  Army  Medical  museum,  at  Washington,  is  engaged  in  the  pre- 
paration  of  an  exhaustive  works  on  the  various  methods  of  aboriginal  burial. 

A  large  number  of  Indian  graves  were  examined  a  few  weeks  ago  in  the  vicinity  of 
Philadelphia,  which  produced  many  valuable  articles  of  native  manufacture  as  well  as  a 
number  of  objects  of  European  introduction.  Among  the  latter  were  four  clay  pipes,  as- 
certained  to  have  been  made  in  England  about  the  middle  of  the  seventeenth  Century. 
These  were  doubtless  traded  to  the  Indians  by  the  earlier  English  settlers.  The  graves  are 
supposed  to  be  little  more  than  a  Century  and  a  half  old. 

Several  steatite  or  soapstone  quarries  have  been  discovered  recently,  which  reveal  the 
manner  in  which  the  Indians  fashioned  and  worked  their  soapstone  vessels  which  oceur  so 
abundantly  in  various  portions  of  the  country.  They  were  rudely  shaped  in  a  hemispherical 
form  on  tho  surface  of  the  quarry  bottom-side  up,  and  then  split  of  with  wedges  and  hoUowed 
out  with  stone  chisels. 

Mr.  W.  H.  Holmes,  of  the  United  States  Geological  Survey  discovered,  last  summer, 
an  obsidian  quarry  in  the  National  Yellowstone  Park.  The  ground  was  covered  with  flakes 
and  a  number  of  finished  implements  were  found.  The  volcanic  formation  was  found  in 
situ,  from  which  the  aborigines  obtained  the  material.  This  is  the  tirst  obsidian  „Work- 
shop" found  north  of  Mexico.  E.  A.  B arber. 


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Dieses  Werk,  von  zwei  berufenen  Autoren  in  archäologischen  und  culturgeschicht- 
lichen  Fragen  herausgegeben,  erfüllt  den  langgehegten  Wunsch  der  Culturhistorikcr  nach 
l'ublication  der  in  den  slavischen  Sprachen  vorliegenden  Materialien  über  Urgeschichte, 
Archäolo<ne  und  Anthropologie  des  Ostens  von  Europa.  Friedrich  Ton  HelhualJ  urtheilt 
darüber:  , .Dieses  Werk  ist  ein  unentbehrliches  Ililfsniittel  für  jeden  Forscher  auf  d( 
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Autorisirte  deutsche  Kearlx'itnng  von  TiUL)^YIG  STERN. 

Mit  einleitendem   Foniwrt  von  Georg  Ebers. 

Mit  mehr  als   500  in   den   Text  und    auf    06  Tafeln  gedruckten   Holzschnitt- Illustrationen, 

12  lithogr.  Schrifttafeln  und   2   Karten. 

','   ThcHr.     f.fjr.-S.     Auf  t'hittiioi.sjiiiiiicr  in  spleudidr.strr   Aiis.stttitiinij.    Mit   Kofiflviatrii, 

Initialen,     'Inj.  bioch.      I'riis  pro   Theil  18  M.     2   Thrilr  in    I    lianil  (irb.  ;iS  M.  4<t   I'f. 


Die  Untersuchungen  Cks.noIa's  auf  Cypern  haben  zu  einem  der  glänzendsten  Er- 
gebnisse archäologischer  Forschungen  geführt  und  bietet  sich  daher  in  dem  vorliegenden 
Werke  nicht  nur  dem  Archäologen,  sondern  auch  dem  Historiker,  Geographen  und  Ethno- 
graphen, Anthropologen  und   Kunstfreunde  eine  reiche  .\usbeute. 


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ZEITSCHRIFT 

FÜR 


ETHNOLOGIE. 


Organ  der  Berliner  Gesellschaft 


für 


Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 

Unter  Mitwirkung  des  zeitigen  Vorsitzenden  derselben, 

R.  Virchow, 

herausgegeben  von 

A.  Bastian  und  R«  Hartmann* 


Elfter  Jahrgang 


Mit  Tafel  XVI— XVIII. 


BERLIN. 

Verlag    von    Wiegaudt,    Hempel    &    Parey. 
(Paul  Parey.) 

1879. 


Inhalt. 


Seite 


Ueber    Farbensinn   und  Farbenbezeichnung  der  Nubier.     Von  Alfred 

Kirchlioff 397 

Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L.    Von  Dr.  Saalbom     403 

Miscellen  und  Bücherschau 436 

Verhandlungen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte. 
Ausserordentliche  Sitzung  vom  12.  Juli  1879.    Näpfchensleine  an  der  Moritzkirche  zu  Coburg 
und  Weihwassersteiu   zu  Milz   bei  Römhild  (Schluss).      Virchow,    S.  225.    —    Hünen- 
gräber mit  Skeletten,  Steinbeilen  u.  s.  w.  zu  Slaboszewo  (Posen).    W.  Schwartz,  S.  225.  — 
Fensterurne  von  "Wildeshausen,   v.  Alten,  S.  228.  —  Verglaste  Steine  vom  Sängersberg 
bei  Salzschlierf.    Barth,  S.  228;  Virchow,  Hauchecorne,  S.  229.  —  Hakenringe  in 
Gräbern    von    Ober-Oppurg    (Thüringen\     (Holzschnitte.)     Eisel,    S.    229.    —    Photo- 
graphien von  Patagoniern.   Günther,  S.  231.  —  Prähistorische  Karte  des  Kreises  Sorau 
(Niederlausitz).     Saalborn,  S.  231.  —  Japanische  Kjökkenmöddinger.    v.  Siebold,  S. 
231.  —  Zauberhölzer  der  Australier.    Schomburgk,  Jagor,  S.  234.  —  Sitten  und  Ge- 
bräuche der  Südaustralier  am  Peake-Fluss.    S  235.  —  Chua  (Holzschnitt).  Wilson,  Jagor, 
S.   237.   —   Lehmkugeln  von   Posen.     Pfuhl,    S.  239.    -    Hradiste  von  Stradonice  und 
Schädel  von  Strupeic  (Böhmen)  (Holzschnitte).     L.  Schneider,  S.  239.  —  Ausgrabungen 
bei  Elbing  (Holzschnitte).     Anger,   S.  241.  —  Funde  in  der  Wallstrasse  von  Elbing. 
Anger,   S.    '246.    —  Excursion  nach  Rüdersdorf,     Orth,  S.  247;    Virchow,  S.  251.  — 
Excursion   nach  Neubrandenburg  (Holzschnitte).     Virchow,    S.  252.  —  Troja  (Hierzu 
Taf.  XVI  und  Holzschnitte).     Virchow,  S.  254.  -  Eingegangene  Schriften,  S.  281. 
Sitzung  vom  19.  Juli  1879.     Correspondirendes  und  ordentliches  Mitglied.    S.  283.  —  Ver- 
sammlungen   von    fremden   Gesellschaften.     S.   283.   -    Finnische  und   ugrische  Fragen. 
Kuropaeus,   S.   383.    —  Die  Ama-Zulu  Süd-Afrika's.     Fritsch,  S.  284.    —    Todten- 
bestattung  zu  Ancon  (Peru).  Reiss,  S.  290.  -  Alte  Wohnplätze  in  der  Wetterau.  Meitzen, 
S.  295;  Virchow,  (Holzschnitte)  S.  296. 
Sitzung  vom  18.  October  1879.     Neue  und  correspondirende  Mitglieder.    S.  299.  —  Sibi- 
rische Literatur  v.  Duhmberg,  S.  299.  —  Bericht  v.  Bastian,  S.  300.  —  Werk  von 
Rajendra  Lalamitra  über  Buddha  Gaya,  S.  300.  —   Chronologische  Geschichte   der 
Pflanzen.    Pickering,  S.  301.  —  Congresse  in  Strassburg  und  Brüssel,  .\usstellung  in 
Berlin.   Virchow,  S.301.  —  Congress  in  Lissabon.  S.  302.  -  Prähistorische  Alterthümer 
Siebenbürgens.      Goos;    Fräul.    Torma,    S.    302.    —    Schwanzbildung    beim    Menschen 
(Taf.  XVII.,  Fig.  1).    Ornstein,  S.303;  Virchow,  S.  305.  -  Farbe  der  Haare,  derAugen 
und  Haut   in  Griechenland.     Ornstein,    S.  305.   —   Haarfarbe  der  Stämme  in  Persien 
und  am  Caspischen  Meer.    Houtum  Schindler,  S.  306.  —  Felszeichnungen  der  Busch- 
männer.    Th.  Hahn,   S.  307.   —  Bedeutung  der  nordamerikanischen  Mounds.     Evans, 
3,  308.  —  Neue  Funde  der  kleinen  Diluvialfauna  in  Höhlen.    Nehring,  S.  309.  —  India- 
nische Graburnen  von  Piracicaba  (Brasilien)  (Holzschnitte).     Nehring,  S.  309.    -    Rö- 
mische Münze   bei  Guben,   Freesdorf  und  schlesische  Urne  mit  Seitenöffnung.     Jentsch, 
S.  310.—  Alterthümer  im  Kreise  Sorau  (Niederlausitz).    Krug,  S.  311.  —  Gold-  und  Bronze- 
fund von  Dorotheenhof  (Kreis  Flatow).    v.  Hirschfeld,  S.  313.  -  Gräberfeld  von  Wronke. 
Schwartz,  S.  315.  —  Reise  von  J.  M.  Hildebrandt,  S.  316.  —  Messungen  von  Wa- 
ganda,   Bari;  und  Kidj.     Felkin,  Buchta,  S.  316;  Israel,  S.  325;  Virchow,  S.  326. 

Fortsetzung  auf  der  3.  Seite  des  Umschlages. 


Die  VerlfigshanfUung  theilt  hierdurch  ergehenst 
mit,  dass  vom  Jahrgang  ] 880  ab  das  Honorar  fär  Beiträge 
»ur  „Zeitschrift  /'irr  Ethnologie*^  in  Wegfall  konifnt. 


lieber  Farbensinn  und  Farbenbezeichnung  der  Nnbier. 

Von 

Alfred  Kirchhoff. 


In  der  neuerdings  in  Fluss  gekommenen  Frage  über  die  ünvollkommen- 
heit  des  Farbensinns  der  Naturvölker,  sowie  der  Kulturvölker  auf  früheren 
Entwicklungsstufen  hat  man  sich  mehrfach  der  Täuschung  hingegeben,  als 
ob  es  erlaubt  sei  aus  der  sprachlichen  Unterscheidung  der  Farben  ohne 
weiteres  auf  den  Grad  der  sinnlichen  Schärfe  der  Farbenunterscheidung 
irgend  eines  Volkes  zu  schliessen.  Richard  Andree  hat  sich  das  Ver- 
dienst erworben,  diesen  Trugschluss  in  seinem  Aufsatz  „Ueber  den  Farben- 
sinn der  Naturvölker"  (Jab-g.  1878  dieser  Zeitschrift,  S.  323  ff.)  gründlich 
autgedeckt  zu  haben;  indessen  pflichtete  er  doch  schliesslich  der  Vermuthung 
bei,  dass  zahlreichen  Völkern  in  fast  allen  Erdtheilen,  bei  denen  gewisse 
Mittelfarben  wie  Blau  und  Grün  mit  einem  und  demselben  Wort  bezeichnet 
würden,  „in  der  That  diese  Farben  nur  als  eine  erscheinen  mögen." 

Auch  die  in  solcher  Muthmassung  immer  noch  enthaltene  Hinneigung 
zu  jenem  Trugschluss  ist  recht  erschüttert  worden  durch  das  Farben-Examen, 
welches  Vir chow  nebst  Nachtigal  und  Hildebrandt  mit  den  im  Herbst 
1878  zu  Berlin  anwesenden  Nubiern  angestellt  hat  (vergl.  die  Sitzungsbe- 
richte des  angeführten  Jahrgangs  S.  351—353).  Ich  benutzte  daher  die 
Gelegenheit  zu  neuen  Ermittelungen  dieser  Art,  als  im  Juli  d.  J.  eine  Rice- 
Hagenbeck'sche  „Nubier-Karawane"  Halle  mit  ihrem  Besuch  erfreute,  und 
bin  in  Folge  dessen  in  der  Lage,  die  Virchow'schen  Bemerkungen  über 
Farbensinn  und  Farbenbezeichnung  der  Nubier  theils  zu  bestätigen  theils  zu 
verschärfen. 

Unumwunden  darf  ich  es  bestätigen,  dass,  auch  soweit  die  in  Halle 
der  Prüfung  unterzogenen  Nubier  urtheilen  lassen,  den  heutigen  Nubiern 
ein  ganz  ausgezeichnetes  Unterscheiduugsverraögen  für  Farben  eigen  ist. 
Mit  grösster  Sicherheit  verstanden  jene  nicht  weniger  als  15  verschiedene 
Nuancen  sofort  zu  sondern,  die  gleichgefärbten  Papierbogen  und  Wollföden 
zu  vereinigen,  selbst  wo  es  sich  um  ganz  geringe  Differenzen  von  Gelb, 
Gelbgrün,  dunkleren  und  hellereu  Arten  von   Blau,  Grün,  Violett  handelte. 

ZeitüchrU't  liir  Etbuologie.    JiUirg.  16;^.  29 


398  A.  Kirchhoff: 

Anders  jedoch  verhielt  sich  das  sprachliche  Uuterscheidungs vermögen. 
Beschäftigen  wir  uns  zunächst  allein  mit  denjenigen  13  Nubiern  unserer 
Karawane,  welche  das  ßedaute  als  Muttersprache  redeten.  Einer  von  ihnen 
war  ein  Halengi  aas  Hatmte  (dicht  bei  Kassala  am  Gasch);  alle  anderen 
waren  Ben!  Amr,  gebürtig  aus  dem  noch  ferneren  Südosten  Nubiens,  dem 
Vorland  von  Habesch,  grösstentheils  Angehörige  des  grossen  Heikota-Dorfes, 
welches  oberhalb  Kassala  unfern  des  Gasch  je  nach  den  jahreszeitlichen 
Verhältnissen  bald  hier  bald  dort  aufgerichtet  wird,  deshalb  auch  auf  speciel- 
leren  Karten  zu  fehlen  pflegt.  Besonders  für  den  Stamm  der  Beni  Amr 
(der  in  Berlin  nur  durch  zwei  Personen  vertreten  war)  dürfen  also  die  nach- 
folgenden Farbenbezeichnungen  auf  einige  Vollständigkeit  Anspruch  erheben. 
In  Bezug  auf  Schwarz,  Weiss,  Roth  war  durchaus  kein  Schwanken  in 
der  Wahl  der  Benennung  zu  spüren,  und  auch  für  Braun  stellte  sich  ein 
Sondernamen  von  nahezu  ähnlicher  Gemeingültigkeit  heraus.  Es  wurde  ge- 
genannt: 

schwarz     hadal 

weiss         eräb^) 

roth  adarob 

braun  hamäsch. 
Offenbar  dreht  sich  zumeist  um  diese  Farben,  wenn  überhaupt  um 
Farben  die  Unterhaltung  der  zumeist  mit  Viehzucht  und  Jagd  beschäftigten 
Nubier.  Bräunliche,  weiss  und  schwarz  gezeichnete  Thiere  kommen  ihnen 
alle  Tage  vor.  Das  Roth  des  Blutes,  das  Weiss  der  Milch  wird  wie  das 
Dunkel  der  wolkenschwarzen  Nucht  gewiss  Gegenstand  ihrer  Aufmerksam- 
keit und  ihres  Gesprächs  seit  Alters  gewesen  sein.  Ein  in  glücklicher 
Farbenbezeichnung  wie  auch  sonst  durch  Witz  und  Gewandtheit  sich  her- 
vorthuender  junger  Heikota-Mann,  Saleh  uod  Adam,  nannte  eine  Art  Braun 
hamasch  karäi,  vielleicht  nach  dem  Fell  der  Hyäne  (kerai  in  Hunzingers 
Vocabular).  Und  wohl  vom  Schwarzblau  des  sternenklaren  Nachthimmels 
stammt  es,  dass  mitunter  hadal  auch  für  Dunkelblau  gebraucht  wurde.  In 
unbestimmterer  Weise  heisst  delif  (bei  Munzinger  dölif)  dunkel,  keineswegs 
nur  braun,  wie  Munzinger  angiebt;  es  wird  ebensogut  von  dem  Aussehen 
der  eigenen  schwarzbraunen  Haut  als  von  dunkelviolett  gesagt.  Auch  als 
adverbialer  (zur  Bezeichnung  gemischter  Farben  dienender  und  dann  wie 
bei  uns  der  adjecti  vi  sehen  Bezeichnung  der  Hautfarbe  stets  vorangestellter) 
Ausdruck  für  dunkel  wird  delif  angewendet  und  nur  als  solcher  adäl  (adar  ?) 
z.  B.  für  dunkelbraun,  adäl  hamasch,  jedoch  auch  delif  hamäsch,  sowie 
hamäsch    delif;    für    hellbraun    und    für    eine  Art   rothbraun  gebrauchte  der 


1)  Das  auslautende  b  ist  adjectivisches  Masculin-Suffix  (auch  die  weisse  Gazelle  heisst 
nach  Munzinger  im  Bedauie  erab),  selten  wurde  das  Feminin-Suffix  a  bei  diesen  Farben- 
namen gebraucht,  also  statt  eräb  und  adarob  erat  und  adarot  gesagt,  öfter  aber  ein  schwach 
austönendes  u  (ö,  e?)  noch  am  Ende  hörbar  (adarobü,  oder  adaröbe).  Oft  klang  auch  das 
r  wie  1. 


üeber  Farbensinn   nnd  Farben^ezeichnunj^  Her  Nubier. 


399 


schon  erwähnte  Saleh  hamasch  jaf  (nach  der  Farbe  der  eigenen  Lippen;  bei 
Hunzinger  jafa  Pluralform  für  Mund),  und  solche  substantivische  Beihülfen 
scheinen  dann  in  der  Kegel  —  entgegengesetzt  unserem  Kosenroth,  Veilchen- 
blau —  dem  Adjectivum  nachzufolgen. 

Nur  in  einer  Beziehung  ist  hamasch  nicht  so  ausnahmslose  Bezeichnung 
für  Braun  wie  hadal  erab,  adarob  für  Schwarz,  Weiss  und  Roth:  man  hört  bis 
weilen  statt  dessen  hämisch.  Doch  in  diesem  Wort  steckt  ähnlich  wie  in  delit 
keine  eigentliche  Farbenbezeichnung,  es  bedeutet  vielmehr  eine  unreine,  unbe- 
stimmte oder  Bastardfarbe  und  führt  uns  daher  von  Braun  durch  Grau  in 
Gelb,  ja  sogar  in  die  bläulichen  und  grünlichen  Farbentöne.  Es  heisst 
nämlich  hämisch  zunächst  bräunlich  und  vicarirt  geradezu  für  hamasch;  in- 
dessen lässt  sich  das  durchaus  nicht  umkehren:  hämisch  ist  die  echte  Be- 
zeichnung für  Grau,  hamasch  dient  dazu  nur  mit  dem  Beisatz  eroi  oder 
elöi  (hamasch  eroi)  d.  h.  jedenfalls  weisslich,  und  eroi  kommt  auch  selb- 
ständig für  Lichtgrau  vor,  desgleichen  era  (elä)  d.  h.  weiss  und  (abgekürzt) 
el  in  Verbindung  mit  hämisch,  nämlich  era  (elä)  hämisch  und  el  hämisch. 
Dass  nun  ein  ganz  lichtes  Gelb  gleichfalls  el  hämisch  genannt  werden  kann, 
überrascht  noch  nicht  so  sehr,  denn  nach  obiger  Deutung  ist  eben  Beides 
„lichtfarben  oder  weisslich  verwaschen" ;  dass  aber  dieses  nämliche  el  hämisch 
auch  für  Dottergelb  begegnet,  synonym  mit  sot  hämisch,  was  auch  Orange, 
Grün,  ja  Dunkelviolett  bedeuten  kann  —  das  führt  uns  zuvörderst  in  gänz- 
liche Rathlosigkeit,  aus  der  uns  indessen  eine  nähere  Vergleichung  folgender 
tabellarisch  geordneter  Synonyma  bald  erretten  soll: 


Orange 

Gelb           Hellgrün 

Dunkelgrün 

Hellblau 

Dunkelblau 

Violett 

sotäi 

sotäi 

sotäi 

sotäi 

sotäi 

sotäi 

sot  homam 

sot  homäm 

sot  homam 

dunkusib 

sot  homäm 

gurküm 

gurküm 

sot  hämisch 

sot  hämisch 

sot  eboi 

söt  hadäl 

delif 

(oder  girkim) 

sot  gurküm 

farbäi 

sotäi  darur 

homäm 

hadäl 

dunkusib 

adal  gurküm 

sot  eroi 

sot  hämisch 

adarobe 

el  hämisch 

sot  adarob 

söt  hämisch 

sot  hämisch 

Alle  hier  zusammengestellten  Farben  sind  als  Angehörige  der  söt-  oder 
sotäi-Gruppe  gekennzeichnet,  und  dieses  sot  (regelmässig  noch  mit  einer 
näheren  Bestimmung,  hamasch  oder  homäm  [öfters  wie  hamäm  klingend], 
versehen,  heisst  ebenso  wie  das  selbständig  gebrauchte  sotäi  offenbar  weiter 
nichts  wie  bunt  im  Sinne  von  weder  schwarz,  noch  weiss,  noch  roth,  noch 
braun. 

Keiner    wird    verkennen,    dass    die  Farben    auch  dieser  Gruppe,    troij! 


400  A.  Kirchhoff: 

mehrfach  begegnender  Gleichbenennung  dennoch  meist  Specialnamen  besitzen. 
Namentlich  wird  gurküm  (oder,  wie  es  fast  ebenso  häufig  lautet,  girkim) 
ausschliesslich  für  Gelb  und  Rothgelb  gebraucht,  wobei  sich  die  Wortver- 
einigung adal  gurküm  für  den  tieferen  Ton  der  Orange  aus  Obigem  von 
selbst  erklärt,  auch  das  (seltenere)  sot  hämisch  für  beide  Gelb  nun  nicht 
mehr  Wunder  nehmen  wird,  da  wir  in  sot  einen  eigenthümlichen  adverbialen 
wie  in  sotäi  einen  ebensolchen  adjecti vischen  Gattungsnamen  erkannt 
haben,  in  hämisch  aber  den  ganz  allgemeinen  Namen  für  eine  nicht  recht 
bestimmte  Färbung  (für  Dottergelb  übrigens  nur  einmal  gehört,  daher  an's 
Ende  der  Reihe  gesetzt).  Auch  ist  es  ganz  verständlich,  dass  in  dieser 
„Bunt-Gruppe"  zweimal  doch  adarob  begegnet,  nämlich  da,  wo  sie  mit 
Rothgelb  (Orange)  und  Rothblau  (Violett)  in  einem  Element  der  Mischung 
über  ihre  Grenze  hinausreicht.  Dabei  mag  es  Zufall  sein,  dass  ich  nur  für 
Violett,  nicht  aber  für  Orange  adarob  mit  dem  Vorwort  sot  vernahm,  wie 
es  wohl  auch  nur  zufällig  war,  dass  mir  für  Orange  niemals  sotäi  genannt 
wurde.  Uebrigens  waren  unsere  Nubier  allerdings  geneigt  adarob  auch  für 
unreine  und  matte  Spielarten  des  Roth  in  recht  verschiedenen  Nuancen  zu 
gebrauchen,  namentlich  auch  für  helle  Hautfarbe.  Sie  bezeichneten  z.  B.  den 
jugendlichsten  ihrer  Genossen,  den  15jährigen  Lila  uod  Gäid,  durchaus 
nicht  als  delif,  sondern  als  adarob,  weil  er  lohfarben-gelblich  aussah.  Und 
der  sprachkundige  Omar,  der  uns  noch  näher  beschäftigen  soll,  sagte  mir: 
„Du  adarob,  ich  delif;  Europa  alles  adarob,  Afrika  dehf." 

Dass,  wie  Virchow  (a.  a.  O.  S.  353)  behauptet,  sotai  auch  für  Grau 
vorkomme,  möchte  ich  bezweifeln;  höchstens  für  ein  bläuliches  oder  sonst- 
wie bunteres  Grau,  nicht  aber  für  ein  reines  Silbergrau  möchte  das  der  Fall 
sein.  Und  zu  ändern  ist  auch  nun  wohl  der  ebenda  zu  lesende  Ausspruch: 
„Eine  Sicherheit  ist  jedenfalls  nicht  gewonnen,  ob  im  Bedauie  ein  bestimmtes 
Wort  für  blau  existirt."  Unsere  Tabelle  liefert  den  Beweis,  dass  dunkusib 
nur  Blau  bedeutet,  und  zwar  Dunkelblau,  seltener  Dunkelviolett,  Besonders 
aber  möchte  ich  noch  auf  ein  interessantes  Ergebniss  dieser  Tabelle  auf- 
merksam machen:  dass  nämlich  durch  homäm  (hamära)  aus  der  Bunt-Gruppe 
sich  eine  Blau-Grün-Gruppe  noch  absondert;  Hellblau  wurde  mir  sogar  ein- 
mal schlechtweg  homäm  genannt,  und  für  Dunkelblau  fehlt  in  der  Tafel 
vermuthlich  ^vieder  nur  zufällig  das  sot  homäm.  Lehrreich  erscheint  auch 
sot  eroi  neben  sot  hadäl:  Hellblau  ist  dem  Bedauie-Redonden  also  ein 
Weisslich  mit  bunter  (blauer)  Zuthat,  Dunkelblau  ein  Schwarz  von  derselben 
Beimischung.  Die  Unterscheidungen  von  Hellgrün  und  Dunkelgrün  als 
farhäi  und  sotai  darür  rühren  abermals  von  Saleh  her,  der  sichtlich  bewusst- 
voUes  Interesse  verrieth,  die  ihm  ungewohnte  Sonderbezeichnung  so  nahe 
verwandter  Farbentöne  doch  zu  erringen;  falls  die  Verdolmetschung  nicht 
irre  führte,  meinte  er  mit  sätai  darür  das  Grün  des  Grases  (darür). 

Am  deutlichsten  ergiebt  sich  die  in  Nubien  herrschende  Gleichgültigkeit 
Blau  und  Grün  für  gewöhnlich  zu   unterscheiden    daraus,    dass    die  Djälin, 


üeber  Farbensinn  und  Farbenbezeichnung  der  Nubier.  401 

nach  Hartmann  ein  entschiedener  Bedscha- Stamm,  bei  Annahme  der 
arabischen  Sprache  das  in  dieser  Grün  bedeutende  Wort  für  Grün  und  Blau 
zugleich  einführten.  Omar  Mudeni,  der  vierzehnte  unserer  Nubier,  war  ein 
Djäli  vom  Nilufer,  gebürtig  aus  Galöba  bei  Macherif,  das  auf  unseren 
Karten  unzweckmässig  mit  dem  Landesnamen  Berber  aufgeführt  wird.  Er 
gehörte  bereits  der  Berliner  Nubier-Karawane  an,  wurde  aber  in  Berlin, 
so  viel  ich  weiss,  nicht  mit  auf  seine  Farben-Nomenclatur  untersucht.  Er 
nannte : 

schwarz         asrek 

weiss  abjed 

roth  achmer 

braun  asrek  bünni 

grau  achabesch 

orange  achmer  homi 

gelb  asfer 

grün 


, ,        ,  achder 

blau 

hellblau         achder  labani 
dunkelblau  asuad. 
Er  war  so  vollkommen  ungewohnt  Blau  und  Grün  sprachlich  zu  unter- 
scheiden, dass  er  die  Farbe  des  klaren  Himmels  ebenso  wie  die  des  Laubes 
mit  achder  und  nur  mit   achder    bezeichnete,    was    bekanntlich    im  Schrift- 
arabischen  ausschliesslich  Grün  bedeutet.    Welchen  Fehlschluss  würde  man 
aber  begehen,    ihn   deshalb   der  Farbenblindheit  zu  zeihen!     Er  unterschied 
das    wässrige  Blau    durch  Vergleich   mit  der  Milch  als  milchfarben  (labani) 
von  dem  gesättigten,   für  welches  er  das  schriftarabische  Wort  für  Schwarz 
(asuad)  hatte.    Ausser  den  (meines  Wissens  überhaupt  nicht  schriftarabischen) 
Worten  achabesch  und  homi,  durch  welches  letztere  er  Orange  als  eine  be- 
sondere Spielart  von  Roth   hervorhob ,    während    er    für  Violett    gar  keinen 
Taufuamen  fand,  fesseln  besonders  diese  gegen  die  ursprüngliche  Bedeutung 
etwas    verschobenen  Namen    der    düstern  Farben.     Das   arabische  Wort  für 
Blau  (asrek,    azrak)  machte    er    zum  Namen    des  Schwarz    wie    umgekehrt. 
Wahrscheinlich   sollten   wir   darum  Bachi'  el  asrek  auch  nicht  „Blauer  Nil", 
sondern  Schwarzer    oder  Dunkler    Nil    übersetzen.     Dabei    zog    Omar,    um 
reines  Schwarz    von  Braun    zu    sondern,    für    das    ihm   ein  einfacher  Name 
fehlte,  Vergleiche  heran:   jenes  nannte  er  genauer  asrek  kiichli  (Adjectivum 
von  küchl  oder  kochl,   Antimonschminke  zum  Schwärzen  der  Augenränder), 
dieses  asrek  bünni  (von  bünn,  Kaffeebohne).    Die  üebernahme  des  dsfer  — 
neben  abjed  und  achmer  der  einzige  in  unverändertem  arabischen  Sinne  be- 
wahrte Farbenausdruck  der  Djälin  —  seine  nie  zu  bemerkende  Verwechslung 
mit    achder    erinnert    uns    an    die    erwähnte  Scheidung  des  Gelb-Bunt  vom 
Blau-Grün-Bunt  im  Bedauie. 

Unsere   Untersuchung    führt    also    zu    dem    Ergebniss:    weder    Unvoll- 


402  A.  Kirchhoff:  üeber  Farbensinn  und  Farbenbezeichnung  der  Nubier. 

kommenheit  des  Farbengesichts  noch  eine  solche  des  Sprachvermögens, 
sondern  Gleichgültigkeit  hat  die  Nubier  und  neben  ihnen  noch  eine  grosse 
Zahl  namentlich  afrikanischer  Völker  (wie  R.  Andree  nachwiess)  nicht  zur 
Uebung  im  sprachlichen  Auseinanderhalten  gewisser  Farben,  insbesondere 
des  Blau  und  Grün,  gelangen  lassen.  Man  stehe  mithin  gänzlich  ab  von 
dem  ungerechtfertigten  Schluss,  die  Sprache  eines  Volkes  sei  in  ihrem 
Farbenwortschatz  ein  treuer  Spiegel  seines  Farbensinnes,  und  lasse  sich 
durch  das  Beispiel  der  Djälin  belehren,  dass  ein  Volk  im  Stande  ist,  selbst 
ihm  fertig  angebotene  Wortbilder  für  scharfe  Farbensonderung  wie  jene 
arabischen  für  die  einander  thatsächlich  auch  im  Spectrum  benachbarten 
Farben  Blau  und  Grün  abzulehnen,  einfach,  weil  es  auf  diese  Unterscheidung 
nicht  Lust  hat,  im  gewöhnlichen  Leben  einzugehen. 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L. 


von 

Dr.  Saalbom. 


A.     Summarisches  Verzeichniss 

der  in  den  Jahren  1875—1879   ermittelten  prähistorischen  Fundstücke   aus 
dem  Kreise  Sorau  und  von  Fundstellen  an  der  Grenze  desselben. 


Gegenstand 


Gegenstand 


<c 

_^ 

tu 

<£> 

a 

c 

M 

o 

<D 

ei 

N 

TS 

I.  Aus  erratischer  Stein- 
masse 

(Flint,  Granit,  Diorit,  Syenit, 
Sand,  Kalk,  Gyps  —  ?— ): 


Flintmesser 

Flintschabstein,  Pfeil- 
spitzen, Flintmeissel     . 

Aexte  (1  aus  Sandstein) 

Hämmer 

Eine  kleine  Walze  (Reibst.) 
V.  Granit 

Keile 

Wirtel  u.  Netzsteine  .    . 

Schleifstein  (Granit)    .    . 

Gurkensteine 

Mahlsteine 

Von  1  Dolmen  mit  4  Stein- 
platten      


Summa  I.: 

In  Urnen: 
II.  Aus  Knochen: 


Nadel  mit  Oehr  .    . 
(Menschenzähne  etc.) 


Summa  II. 


Latus 


6 

14 
12 

1 
2 
5 
1 
14 
1 


3 
10 


37 


61 


13 


Transport 

III.  Aus  Rom: 

Heft  (Hirschhorn)    .    .    .    . 
Zehenspitzen  (Strauss?) .    . 


Summa  III.: 

IT.  Aus  Holz: 

Perlen 

Stücke  aus  1  Pfahlbau  .    . 


Summa  IV. 

V.  Aus  Kupfer: 

Spirale 

Lanzenspitze 

Halbmondförmige  Stücke 

Ohrring 

Stück  Blech  


Summa  Y.; 

VI.  Aus  Bronze  mit 
Patina: 


framea  (?) 

Nadeln  (Busen-,  Haar-) 


Latus 


2 

46 


37 


34 


78 


404 


Dr.  Saalborn: 


Gegenstand 


Gegenstand 


CS    ^3 


Transport 

Stücke  V.  Nadeln  etc.  .  . 
Knopfartige  Gegenstände  . 

Messerklinge 

Kelt  (Schaft-  u.  Hohl-)  .  . 
1  Dreifuss,  1  Zeidlermesser 
Pfeilspitzen  10,  Lanzensp.  6 

Fibel  mit  Nadel 

Schab-  u.  Rasirmesserchen 
Schlangenringe     (Drath, 

Spirale) 

Stücke  V,  solchen  .... 
Ringe  (Finger-  2,  Bein-  15, 

Arm-  20) 

Ohrring  mit  (Bommeln).  . 
Halsringe,  Haarringe  .  .  . 
Halsschmuck  in  Stücken  . 
Halsring    mit    18    Ketten - 

ringen 

Halsring  mit  46  Glasperlen 
Hals-  u.  Brustschmuck  mit 

30  Kettengliedern    und    9 

Plättchen,  de.  m.  Gliedern 
1  Gürtel,  2  Agraffen .  .  . 
1     Reibstein ,     3    Meissel , 

1  Platte 

1  Hackmesser,  1  Eimer.  . 
9ährenfürmigeSchmuckgest. 
Verschiedene    Bronzestück. 

Summa  VI. : 

VII.  Thongefässe  ohne  u. 
mit  Verzierungen. 

1.  Urnen,  glatte  (darunter 
mit  2  Henkeln,  Oehren, 
Leisten,  2,  4,  6,  8  Hörnern 
=48) . 

2.  Doppelurnen   (-Töpfe) 

3.  Titthen  Urnen  (Buckel-) 

Titthentöpfe 

Titthenkrüge  (Methkr.?).    . 

4.  Deckel  resp.  Schüsseln, 
Teller,  Stürzen,  Näpfe, 
Näpfchen,  (auch  3  u.  4 
fache  „Thränennäpfchen") 

5.  Töpfe 

a)  ohne  Henkel  od.  Oesen 

b)  mit  l      „         „        „ 

c)  „     2      „ 

d)  ,     2  Hörnern,  Ansatz. 

«  4  «  w 


29 

10 

3 

2 

1 

1 

48 

3 

2 

1 

16 

16 

1 

1 

7 

7 

26 
12 

48 
5 
9 

35 

19 
1 

39 

285 

3 

5 
2 
9 


86 


78 


39 
285 


556 

238 

16 

13 

10 

9 

11 

11 

12 

12 

84 


126 

120 

157 

147 

94 

94 

3 

3 

3 

3 

Latus 


1379 


671 


605 


Transport 

mit  6  Hörnern,  Ansatz. 
„     8  (je  2  nebeneinad.) 
e)     „     1  Kranze 

6.  Kannen  u.  Kuffen     . 

7.  Obertassen 

8.  Becken,     Schalen, 
Schälchen    

9.  Krüge 

lO.Krüglein,  Fläschch. 

11.  Diverse  Thongefässe,  w. 
sub.  1—10 

12.  Andere    Gefässe    u. 
Geräthe  aus  Thon: 

Löffel 

Flaschen    

Büchsen     

Tiegel 

Hörn 

Scheiben 

Maass  in  Literform     .    .    . 

Ein  kreiseiförmiges  Stück 
mit  1  durchgehenden  Loche 

Stücke  in  eckiger  Form     . 

Gegenstände  in  Obelisken- 
form (4-kantig,  6-8  cm  hoch) 

Perlen  in  Linsenform     .    . 

1  grosse  Perle,  punctirt     . 

Pokale 

Humpen    .    • 

Pokalschale 

Doppelbecher 

Räuchergefässe 

Wirtel 

Idole 

12.  Scherben  mit  charakte- 
ristischen Verzierungen   . 

Summa  VII.: 

In  U  rnen: 

VIII.  Ans  Glasmasse  an 
Bronzestücken: 

Glaskugeln,  -knöpfe  auf 
Nadeln 

Perlen,  graue,  blaue,  grüne, 
braune     


Summa  VIII. 


Latus 


1379 

2 
2 
2 


35 
90 

80 
50 
39 


1320 


10 
4 
1 
4 
3 
1 
1 
9 
2 
2 


2 
136 


35 

87 

77 
47 
38 

40 


1 
1 
1 
4 
3 
1 
1 
9 
1 
2 

75 


136 


1867 


1)  An  Lehmgefässen  etwa  10. 

2)  An  keinem  der  Thonfundstücke  das  Weilenornamentl 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L. 


405 


Gegenstand 


Transport 

IX.  Aus  Eisen  in  Urnen: 

Ringe,  auch  1  kleiner  in 
der  Form  eines  Siegelring. 

Speer-,  Lanzenspitzen    .    . 

Pfeilspitzen  (2  seitige  1,  3 
u.  i  kantige  6) 

Spitze  eines  Fischspeeres  . 

Nadeln  (eine  mit  1  Oehr). 

Mantelschloss 

Schabmesser 

Platte  (rund)  mit  1  Loch  . 

Sporn  (verrostet)     .... 

1  Schwert,  gradlinig  u.  zwei- 
schneidig (germanisch).    . 

Stücke  aus  verrostet.  Eisen 

Schlackenmasse 

Summa  IX.: 

X.  Ans  Gold  in  Urnen: 

Golddraht  (Spirale).  .  .  . 
1  Spiegelplatte  (rund)  .  . 
Goldplättchen 

Summa  X.: 

XI.  Römische  Münzen  in 

Urnen : 

I  Antoninus,  anno  138 — Cl 
1  Aurelius,  „  161—80 
1  Maximinus,  ,  253—58 
1  Gallienus        ,     259—68 


Latus 


1867 


1  905 


38 


10 


Gegenstand 


Transport 

XII.  Gezeichnet: 

d.  Teufelstein,  b.  Kemnitz- 
Triebel 

1  Hunschloss,   1  üunhaus, 

3  Grabhügel  (mogila),    .    . 

Durchschnitt  eines  Kasten- 
Grabhügels  mit  Rollstein. 


Summa; 


XIII.  Fundstellen: 

1.  im  Kreise  Sorau     .    . 

2.  am       ,  ,         .    . 


a)  im 

b)  , 

c)  „ 

d)  , 

e)  V 
0    « 


Sagan    .    . 
Rothenburg 
Guben   .    . 
Crossen 
Spremberg 
Cottbus  .    . 


Summa 


I         = 

>     OJ 

es   N 


1  905 


1912 


212 


159 


371 


Von  diesen  hat  Saalborn  249  theils  selbst 
entdeckt,  theils  zum  1.  Male  ermittelt  resp. 
verzeichnet.  Von  den  45  im  Kreise  Guben, 
der  ehemals  zur  Terra  Sarowe  (Sorau)  gehörte, 
waren  ihm  17  Stellen  vor  1875  bekannt;  die 
Kenntniss  der  anderen  28  verdankt  er  dem 
Blitgliede  Dr.  Jentsch  i.  Guben.  — 


Recapitulation. 


L  Fundstücke  aus  Stein 

n. 
111. 
IV. 

V. 
VL 

vn. 

YIII. 
IX. 
X. 


davon  gezeichnet 1  912 


Stein  .    .    . 

61 

Knochen 

13 

Hörn    .    . 

.    .              3 

Holz    .    . 

3 

Kupfer    . 

8 

Bronze     . 

671 

Thon   .    . 

.       2  756 

Glasmasse 

138 

Eisen  .    . 

38 

Gold    .    . 

10 

Sumt 

na:      3  701 

erhöht  auf  65') 

....  15 
3 

....  4 

....  9 

....  698 

.  .  .  .  3  080 

....  15o 

....  40 

•  •  •  •  11 

....  4075 

etwa  2  040 


1)  Während  des  Druckes  dieses  Verzeichnisses  hat  sich  die  Zahl  erhöht. 


406  ^■■-  Saalbom: 

B.     Specielles  Verzeichniss  der  Fundstellen. 
I.  im  Kreise  Sorau. 

1,  2.  Bademeusel  a.  d.  Neisse,  südl.  von  Forste.  Im  Osten  und  Süden 
vom  Orte  2  Fundstellen.  Um  1840  Urnen  auf  dem  rechten  Neisseufer, 
Hügel  noch  vorhanden.  (Lehrer  Jurk  und  der  Ortsvorsteher  Nie  sehe. 
Einige  Gefässe  vom  Grafen  Brühl  in  Pforten  dem  Mark.  Prov.-Museum  in 
Berlin  übersandt.    1  Doppelurne,  erwähnt  in  der  Zeitschr.  f.  Ethnologie,  1875). 

3.  Bademeusel,  Klein-,  daselbst.  Schanzen  und  Wall  (diluvischer 
Sand),  nach  Süden  vom  Orte,  auf  dem  linken  Neisseufer. 

4.  Bahren,  nördl.  von  Triebel.  1  Sandhügel  von  Wasser  umgeben, 
aber  1877  abgetragen.  Der  Hügel  ist  zu  Acker  gemacht,  der  Burgwall  zu 
einer  Wiese.     Scherben  und  Eisenstücke.     (Ortsrichter  Lehmann). 

5—7.  Baudach,  südöstl.  von  Sommerfeld.  Seit  1844,  1876  und  1879 
wiederholt  Urnen,  Töpfe,  Scherben,  Steininstrumente,  nach  Süden  und  am 
Bahnhofe.  Hügel  noch  vorhanden.  (Der  Ortsvorsteher,  1  Bahnwärter,  4 
Arbeiter  und  der  Architect  Scheuermann;  das  Gubener  Wochenblatt  vom 
5.  October  1876,  das  Sommerfelder  Wochenblatt,  Nr.  70;  der  Pastor  Schulze 
in  Linderode;  der  Töpfermeister  Schieb  lieh  in  Gassen;   1879  Bahnarbeiter. 

8—12.  Benau,  nördl.  von  Sorau.  Im  N.  0.  und  S.  0.  1824,  1861, 
1853,  1873/74  und  77.  Urnen  etc.,  Scherben.  —  (Pastor  Petri,  Bauer 
Aisch  in  Benau;  Scbeltz,  Gesammtgesch.  1847,  S.  4;  Ritterguts- 
besitzer Fischer;  Riehl  und  Scheu,  Berlin  und  die  Mark  Brandenburg 
1861,  S.  544;  der  Postexpedient  Gros sm an n  in  Benau;  die  Petri-Bibliothek 
in  Sorau;    Saalborn). 

13 — 14.  Berge  östl.  v.  Forste.  Nach  Süden,  Norden  vor  1861,  an 
dem  „Wendenkirchhofe"  seit  1874:  Urnen  mit  Resten  des  Leichenbrandes, 
1  Krüglein,  Scherben,  1  kreisrunde  Scheibe,  1  Räuchergefäss,  Broncenadeln. 
(Riehl  und  Scheu  1861,  der  Lehrer  Kleist  und  der  Todtengräber  Opitz 
in  Berge;  der  Lehrer  Weigel  in  Lobs  bei  Sorau;  Dr.  ^oss  in  der  Zeit- 
schrift f.  Ethnol.  1875;  Dr.  Veckenstedt,  Zeitschr.  f.  E.  1878.  —  Einige 
Thongefässe  an  das  Mark.  Museum  vom  Grafen  Brühl  in  Pforten  einge- 
sandt.) 

15 — 16.  Bernsdorf,  östl.  von  Triebel.  Nach  Südosten  schon  vor 
1692  Urnen.  (Nach  Wagner's  Annalen  im  Laus.  Magazin  1838  S.  139.) 
Neuerdings  1  bronzene  Framea  (?)  mit  Ansätzen  zu  Oehren  (nach  Dr. 
Jentsch  in  der  Zeitschr.  f.  Ethn.  1877). 

17.  Berthelsdorf,  südöstl.  von  Gassen.  Ein  WaU  (Sand),  durch 
Ortsvorsteher  Bogisch. 

18—22.  Billendorf,  nördl.  von  Sorau.  Vor  1692,  dann  1873,77,78, 
1879  an  5  Stellen  am  „Luge" ;  nämlich  im  W.  auf  der  „Hölle",  im  S.-W., 
im  S.  an  den  „Königsgräbern",  im  O.  an  dem  „Kroatenwege",  im  W.  in  den 
^Räuden"  (Räuden).     Noch    Vorrath.     Gegen  200  Urnen    etc.;    von  Bronce 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L.  407 

3  Pfeilspitzen,  1  Nadel,  1  Knopf;  1  Steinhammer,  die  Hälfte  einer  colossalen 
Steinaxt  ({geschliffen);  1  Ring  von  Eisen,  1  beilartiges  Werkzeug  von  Eisen 
(gestählt);  mehrere  Stücke  einer  zerschmolzenen  und  zerbrochenen  Glas- 
masse; 1  King  von  Glas;  5  Menschenzähne  aus  dem  Brande.  Unter  den 
Thongefässen  eine  roth  gestrichene  glänzende  schöne  Urne  und  Stücke  von 
einer  glänzend  schwarz  gefärbten  und  mit  '2  Leisten  versehenen;  1  Topf 
mit  (),  1  mit  8  Hörnern  (an  diesem  je  2  neben  einander,  also  4  Paare), 
1  Titthenkrug  und  1  Titthenurne  „(Buckelurne").  Im  Sande  eines  kleinen 
Topfes  befanden  sich  an  4  Stellen  durchgehend  schwarze  Stellen,  die  man 
für  die  Ueberreste  von  Docht  hielt;  in  1  andern  eine  sandige  Masse,  in 
der  man  die  Form  von  Speiseresten  (Fleisch)  zu  erkennen  meinte;  1  „Pumper- 
stein"  (Opferstein).  —  (Alte  Nachricht  in  Wagner' s  Annalen  1692;  Riehl 
und  Scheu  18G1;  der  Lehrer  Engelmann  in  ßillenhorf  1877,  78,  79. 
Der  Bauer  Blobel  daselbst  1878;    G.  Saalborn  1878). 

23.  Bohrau,  nordwestl.  von  Forste.  Nach  Westen  1  Wall  (Sand); 
(der  Ortsvorsteher  Schulze  in  Sacrow). 

24 — 26.  Brestau,  nordwestl.  von  Sorau.  Nach  N.  am  „Lugk"  1873, 
nach  S.-W.  und  0.  Im  Sande  viele  Urnen ,  Nadeln  von  Bronze.  Vorrath 
an  Hügeln ;  Im  S.-W.  3  Urnen,  welche  umgestürzt  und  übereinander  gesetzt 
waren,  zwischen  Kämmerchen  von  Steinen ;  ringsum  Asche  mit  kleinen 
Bronzenadeln  und  gebrannten  Bronzeresten,-  auch  Perlenkugeln,  wie  ISIilch- 
glas.  —  Im  0.  1  Schanze.  —  (Der  Steinsetzer  Warlich  in  Sorau,  der 
Gutsbesitzer  Schön  und  sein  Buchhalter  Rothe  in  Brestau,  Förster  Giese 
in  Altenau,  Kreis  Kalau,  Saalborn). 

27.  Buchholz,  westlich  von  Triebel.   Nach  Norden  Urnen,  (Saalborn). 

28.  Buckoke,  südwestl.  von  Triebel.  Nach  Südwesten:  Urnen 
(Orts Vorsteher  Noack). 

29 — 30.  Christianstadt  am  Bober,  nördl.  von  Sorau.  Nach  Süden: 
Urnen,  schon  vor  1600  und  neuerdings  1876.  (Der  Superintendent  Garcaeus 
in  Sorau  um  1600  in  seinen  Nachrichten  (Manuscr.)  und  der  Schlossermeister 
A.  Müller  1877  in  Naumburg  am  Bober). 

31 — 32.  Culme,  westl.  von  Sommerfeld.  Nach  0.  und  im  Norden 
Urnen.  Hügel  noch  vorhanden.  —  (Der  Schanker  Lindner  daselbst  und 
G.  Saalboru  in  Sorau  1878).  Silberne  Bracteaten  fand  und  besitzt  nach  der 
Angabe  des  Ortsvorst.  Lehmann  der  Herr  von  Wiedebach. 

33 — 35.  Dattcn,  nördlich  von  Pforten.  Nach  W.  am  „Töppelberge" 
und  nach  N.  um  1874:  Urnen  und  Eisenreste.  Unter  den  Thongefässen 
1  Topf  mit  2  Hörnern  und  1  mit  einem  Kranze.  —  (Der  Pastor  Böttcher 
in  Nieder-Jeser;  der  Bürgermeister  Kunzer  in  Pforten,  der  Mauermeister 
Grosse  daselbst  und  Dr.  Jentsch  in  der  Zeitschr.  f.  Ethn.  1876  77). 

36 — 37.  Dolzig,  südwestl  von  Sommerfeld:  der  „Trebehügel'*  im 
S.  und  der  „Töppelberg"  im  S.-O.  —  Trebehügel,  d.  i.  der  Opferhügel. 
(Wendisch  tjreba,  in  der  Niederlausitz:    treb,  das  Opfer). 


408  I^r-  Saalborn: 

38 — 40,  Droskau,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  W.  am  „Pfaffen graben" 
und  im  N.-W.  am  „Pfaffenholze"  vor  1700:  3  Urnen,  1  Löffel  von  Thon, 
1  Nadel  von  Bronce,  1  kleines  Kreuz  von  Bronce.  (Angabe  des  Pastor 
Deckart  daselbst  1716  in  der  Vorrede  zu  einer  Predigt.)  —  Beim  „Hammer 
Vorwerke"  um  1840  mehr  als  40  Urnen  etc.  (Apotheker  Mylius,  der 
Schanker  u.  A.)  —  1  „Schlossberg",  d.  i.  1  Rundwall  aus  Sand  mit  Mauern 
ohne  Mörtel,  obgleich  sich  mächtige  Kalklager  in  der  Nähe  befanden,  zwischen 
Droskau  und  Laubnitz;  vor  30  Jahren  etwa  ein  Theil  der  Steine  zu  Bau- 
zwecken abgefahren.     (Der  Lehrer  Böhmer  z.  Z.  in  Sorau). 

41-42.  Du  brau,  nördl.  von  Sorau,  405'  hoch.  Nach  S.-O.  und  im 
0.  um  1850  und  1870:  Urnen,  2  Pfeilspitzen  v.  Bronce.  (Der  Gäriner 
Graf,  der  Richter  Wuudke  daselbst,  der  Lehrer  Weigel  in  Lohs.) 

43.  Düben,  klein,  westlich  von  Muskau.  Im  N.-W.  auf  Krals 
Felde;  1834  daselbst  etwa  40  Fuhren  Steine  aus  Grabhügeln  abgefahren 
und  viele  Urnen  etc.  zertrümmert. 

44.  Erlenholz,  westl.  von  Triebel.     Im  S.  Urnen. 

45.  Eulo,  nordwestl.   von  Forste.    1874:    Urnen;  (der.  Ortsvorsteher). 
46—50.     Forste    a.  d.  Neisse.     An    5  Stellen    im  N.-W.,    0.    und  bei 

Alt-Forst  am  „Töppelberge",  am  Schlosse,  am  Vorwerke  „Mickenheyn" 
am  „Schöpstliesse."  Vor  1683,  um  1738,  1826,  1861,  1876:  Urnen  etc.  — 
(Magnus  der  Aeltere,  f  1683;  Heinsius,  Hist.  Entwurf  1738;  Destinata 
1Y38  S.  251;  Siugularia  1738  S.  581;  Merkel,  Erdbeschreibg.  VI.  Bd. 
S.  250;  Kästner  im  Laus.  Magaz.  1826,  S.  199;  Schneider,  Chronik 
von  Forst  1846,  S.  76;  Scheltz,  Gesammtgesch.,  S.  3;  Riehl  und  Scheu, 
1861,  S.  577  und  544;  Kunzer,  Bürgermeister  in  Pforten  und  der  Bau- 
inspector  Strasser  daselbst;    Dr.  Voss  in  der  Zeitsch.  f.  Ethnol.  1875). 

51 — 54.  Fried  er  sdorf,  nördl.  von  Sorau.  Im  N.,  N.-O.  und  S. ,  im 
„Han"  und  an  der  „Pumpergrenze" !  Vor  1800,  um  1825,  1835,  1870,  1877: 
Urnen,  1  broncene  Fibel  mit  Nadel,  6  Nadeln  und  1  „Rasirmesserchen" 
von  Bronce;  ausserdem  „viele  Broncenadeln  (Vorsteck-  und  Haarn.),  zum 
Löthen  in  der  Schmiede  verbraucht  —  angeblich  die  beste  Löthmasse,  besser 
als  Wismuth  —  bis  auf  1  Vorstecknadel,  die  18  cm  lang,  und  statt  des 
Knopfes  ein  5  fach  zusammengepresstes,  3  cm  breites  plattes  Gewinde  in 
Schneckenform  hat;  patinirt.  —  1878  waren  noch  32  Hügel  im  „Busch" 
vorhanden,  aber  nicht  mehr  intact.  —  2  „Pumpersteine"  (—  Opferst.)  i),  von 
denen  der  grosse  20'  im  Durchmesser  und  36'  im  Umfange  hatte;  leider 
sind  beide  1835  zersprengt  und  zu  einem  Baue  verwendet.  Eine  Platte 
aus  dem  grossen  P.  ist  angeblich  als  Grundstein  des  Schützenhauses  in 
Christianstadt  a.  B.  gelegt  worden.  — 

Unter  den  Thongefässen  ein  Titthenkrug  (Buckelkrug)  und  1   Topf  mit 
einem  Einsatzdeckel.  —  Im  S.-O.  1  „Schanze"  (Sand).  — 

(Alte    Nachricht    von    einem    Urnenfunde    in  Merkels  Erdbeschr.  VI, 

1)  Der  grosse  hatte  9  Löcher  von  Meii&chtiibaiid  eingehauen,  um  1  grosseres  in  der  Mitte; 
ie  waren  1"  tief,  l%"  weit.    Nach  der  Volkssage  „bat  der  Teufel  hier  Kegel  geschoben." 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L,  409 

S.  265,  eine  neue  vom  Pastor  Petri  in  Benau,  wohin  früher  Friedersdorf 
als  Filial  gehörte,  von  Saalborn). 

55 — 58.  Gassen  an  der  Lubst,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  N.,  W., 
S.-O.;  in  Alt-Gassen  im  Orte,  im  „Teuthün engarten";  früher  und  zu- 
letzt 1877  und  78  Urnen,  1  Titthenurne,  1  Titthenkrug,  1  Titthentopf 
(„Buckel-"),  1  Kupferdraht  (Spirale):  das  Dominium  liegt  auf  dem  „Teuthünen- 
garten."  — 

Der  Töpfermeister  Schieb  lieh  in  G.,  der  Lehrer  Lö  ebner  in  Soran, 
der  Pastor  Schulze  in  Gassen  (seit  1877  in  Linderode);  der  Ortsrichter 
in  G.  und  Schuhmacher  Müller  daselbst;  Gubener  Wochenblatt  von  1876, 
Saalborn. 

59 — 60.  Gersdorf,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  N'.-W.  und  S.  1846, 
1860:  Urnen  etc.,  in  einer  derselben  röthliche  Haare  von  einem  Thiere.  — 
1878  Hügel  noch  vorhanden  —  (der  Inspector  Pohlenz  daselbst,  der 
Kutscher  Bartsch,  1878  in  Waltersdorf;  Arbeiter  in  Bergisdorf  und 
Saalborn). 

61.  Goldbach,  östl.  von  Sorau.  Im  S.-O.  1847:  Urnen  und  1 
Schelle,  diese  von  Bronce.  —  (Der  Archidiaconus  Kirchner  in  Sorau; 
Besitzer:    der  Herzog  in  Sagan).  —  1879  fand  der  Küster  Klenke  Scherben. 

62.  Göhren,  nördlich  von  Sommerfeld,  Kreis  Krossen.  Um  1840: 
Töpfe,  Näpfe.  —  1878  in  einem  Busche  beim  Ausroden:  Thongefässe  mit 
schwärzlicher  Masse  gefüllt,  theils  als  Blumentöpfe  benutzt,  theils  in  den 
Fluss  geworfen  (E.  Sittig), 

63_64.  Grabig,  westl.  von  Sorau.  Im  S.-O.  und  N.-W.:  Urnen- 
scherben. 

65.  Gurkau,  westlich  von  Sorau.  Im  W.  2  Schanzen,  1  „Schlossberg" 
auf  einem  tiefen  Wiesengrunde.  (Lehrer  Thiele,  Ortsrichter  Just  daselbst 
und  der  Steinsetzmeister  War  lieh  in  Sorau). 

66 — 67.  Guschau  am  Billendorfer  Luge,  nördl.  von  Sorau.  Im  S.-W. 
und  S.-O.  Urnen  und  1  schwarz  gefärbter  Topf  mit  1  Henkel. 

68—70.  Hasel,  westl.  von  Sorau.  Im  N.-W.,  S.-O.  und  W.  1846, 
1850,  1857,  1862,  1877,  1878  viele  Urnen  etc.  und  Scherben,  Broncestücke, 
1  Kugel  von  bunter  Glasmasse  (?).  —  (Alte  Nachricht,  cf.  W'orbs  Geschichte 
1826,  S.  72;  neue:  vom  Pastor  Pannewitz  in  Linderode  bei  Hasel; 
Gutsbesitzer  von  Lüdecke  und  die  Lehrer  Friebe,  Bartusch  und 
Brummer  daselbst;  Meier  in  Leisegar;  ßruunenmacher  Schellschraidt 
in  Sorau;  Schornsteinfeger  Ludwig  in  Sorau;  Graf  Münster  auf  Tzschuck*- 
dorf  bei  Triebel,  welcher  eine  kleine  Sammlung  besitzt;  der  Wirth  Wonne- 
berg;   Saalborn). 

71 — 72.  Hermsdorf,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  S.  am  .^Heidenberge* 
viele  „Töppel"  .V  Meter  tief  im  Sande.  Noch  Vorrath.  1  ..Schlossberg" 
und  1  „Wall",  aber  abgetragen.  (Herkner  in  H.  und  der  Ortsvorsteher 
Bogisch  in  Berthelsdorf). 


410  Dr.  Saalborn: 

73.  Jähsen,  nördl.  von  Sorau.  Im  W.  um  1860  Urnen.  (Lehrer 
Engel  mann  in  Billendorf). 

74.  Jeser,  Hohen-,  nordwestl.  von  Pforten.  1876  auf  einem  Hügel 
eine  Lanzenspitze  von  Kupfer.     (Der  Bürgermeister  Kunzer  in  Pforten). 

75.  Jeser,  Nieder-,  noi-dwestl.  von  Pforten:  1  Rundwall  zwischen  J. 
und  Tauchel,  1  Hohlkelt  mit  Oehr,  gef.  um  1835  auf  einer  Wiese,  1  Pfeil- 
spitze: beide  von  Bronce.  Der  Pastor  Böttcher  in  N.  Jeser  vermuthet 
im  Jeser'schen  See  einen  Pfahlbau. 

76.  Jeschkendorf.  südöstl.  von  Sorau.  Im  W.  um  1850.  Urnen 
und  Näpfe  in  Steinkasten  ohne  Sand:    unter  dem  Rasen. 

(Der  Bauer  Else  daselbst,  der  Arbeiter  Seidel,  1878  in  Kunzendorf 
bei  Sorau;    Saalborn). 

77.  Jessen,  südwestl.  von  Gassen.  An  mehreren  Stellen  um  1853 
mehr  als  100  Thongefässe,  von  denen  ein  Theil  als  Schmalz-,  Mehl-,  Honig-, 
Samentöpfe  etc.  von  einem  Krämer  benutzt  worden  sind,  1878  und  1879 
zwischen  Jessen  uudJüritz,  etwa  100  Urnen  etc.,  von  denen  16  Urnen  und 
39  Töpfe,  Schaalen,  Tassen  etc.  noch  vorhanden  und  sich  im  Besitze  des 
Rittmeisters  Krug^)  auf  Jessen  und  des  Herrn  von  Uechtritz  auf  Jüritz 
befinden;  die  Verzierungen  in  Triangelform,  Hörnern,  Leisten,  Bandlinien, 
Buckeln  etc.  1  Streitaxt  aus  Kieselschiefer  in  der  Form  eines  Löthhammers 
und  1  Hörn  aus  Thon,  beide  Stücke  zusammen  5 — 6'  tief,  neben  Urnen 
gefunden.  14  Broncestücke  von  Ringen,  Fibeln  und  einem  Haisschmucke, 
alle  vom  Feuer  sehr  angegriffen.  Auch  1  Perle  von  Bronce.  —  das  Hörn 
ist  bis  jetzt  wohl  ein  Unicum  in  der  Niederlausitz.  (Lehrer  Schulz  I 
in  Sorau,  früher  in  Jessen;  der  Rittergutsbesitzer  und  Rittmeister  Krug  auf 
Jessen  nebst  Gemahlin  und  Schwester;  der  Rittergutsbesitzer  von  Uechtritz 
auf  Jüritz  nebst  Gemahlin;  Saalborn  u.  A.)  —  Vorrath  an  Begräbnissstätten 
noch  vorhanden.  Im  Oct.  1879  hat  Hr.  Kr  ug  noch  etwa  100  Urnen  aufgefunden. 

78.  Jocksdorf,  südl.  von  Forste.  Im  N.-O.  seit  1871  etwa  30 
Urnen  etc.  Nadeln  und  Fingerringe  von  Bronce,  bis  6'  tief  in  Steinkasten, 
die  mit  Rollsteinen  bedeckt  waren;  ein  solcher  Steinhügel  war  von  einer 
dicken  5'  hohen  Mauer  umgeben.  Es  war  wohl  eine  Wohnstätte.  (Schneider 
Kubin  in  J.;  Lehrer  Weigel  in  Lohs,-  von  Schelgar,  seitdem  in 
Wädelsdorl  bei  Spremberg).     Noch  Hügel  im  S.-O. 

79.  Jüritz,  südwestl.  von  Gassen.  Im  S.  1866:  Urnen  massenhaft. 
(Lehrer  Schulz  II  in  Sorau,  früher  in  Jessen.)  cf.  Jessen  ad  1878. 

80.  Kalke,  nordwestl.  von  Triebel.  Im  N.-W.  Urnen  1827  (der 
Schwurmann  Vaest  — ? — ) 

8] — 82.  Kemnitz,  südwestl.  von  Triebel.  Urnen  an  mehreren  Stellen 
vor  1847,  1861. 

1   „Teufelsstein"  (Opferstein,)  der  leider  seit  einigen  Jahren  immer  tiefer 

1)  Durch  fortgesetztes  Nachgraben  hat  sich  diese  Zahl  bedeutend  erhöht;  das  Hörn  von 
Thon  ist  beschrieben  in  dieser  Zeitschr.  1879  S.  (151). 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L.  411 

in  den  Sand  hinein  sinkt.  Als  Ursache  dieser  auffallenden  Thatsache  nimmt 
man  an,  dass  seit  der  Eröfinung  der  Kohlengruben  in  der  Umgegend  der 
Stand  des  Grundwassers  niedriger  geworden  und  deshalb  der  Sand  nach- 
giebt.  ^)  In  dem  Teufelsstein  befinden  sich  15  Löcher;  sein  Umfang  beträgt 
48';  im  mittleren  Durchmesser  hat  er  12',  im  oberen  24'.  Die  15  Löcher 
sind  1 — 5"  tief  und  3—4"  weit;  auf  der  Ost-  West-  und  Südseite  befinden 
sich  je  5,  jedesmal  in  einem  Halbkreise.  —  1  Schanze,  1  Ringwall,  früher 
von  Wasser  umgeben,  jetzt  von  einer  Wiese  umgeben  und  mit  Gesträuch 
bewachsen. 

(Preusker,  Blicke  1844,  III  160  und  172;  Scheltz,  Ges.  gesch. 
1847,  S.  4;  Riehl  und  Scheu,  Berlin  -  1860,  S.  544;  mehrere  Bürger 
in  Triebel). 

83.  Kölzig,  Gross-,  westlich  von  Triebel.  Vor  1700:  Urnen. 
(Heinsius,  Hist.  Entwurf  1738,  S.  1). 

84.  Kölzig,  Klein-,  daselbst.     Im  N.-W.  Hügel. 

85.  Kohlo,  nördl.  von  Pforten.  Im  S.  am  „Töppelberge"  vor  1876: 
Thongefässe.     Ausserdem  cf.  ad  Datten. 

86.  Kotsemke,  nördl.  von  Sommerfeld.    Im  N.  1  Pfeilspitze  (Bartels). 

87.  Koyne,  südl.  vom  Forste.  Nor.  1738  und  1800  Urnen  mit  Asche 
und  Knochenresten;  1874  im  W.  Scherben,  welche  sehr  roh,  schwärzlich 
und  glatt  waren.  —  1  „Schlossberg"  (Sand).  (Heinsius,  Hist.  Entw. 
1738,  S.  1;  Destin.  1738,  S.  251;  Singul.  1738,  S.  581;  Merkel,  Erdbeschr. 
VI,  249;    Koppens  in  Koyne  und  der  Lehrer  Weigel  in  Lohs). 

Koyne  ist  im  Sachsenspiegel,  der  in  dem  Zeiträume  zwischen  dem  9. 
und  12.  Jahrhundert  entstanden  sein  soll,  erwähnt  (IL  art.  6). 

88 — 90.  Kriebau,  auf  dem  linken  Boberufer  nordwestl.  von  Naumburg 
a.  B.  Im  N.,  S.  am  Hasenberge  (Schlossberg)  und  im  S.-O.  1845,  1846, 
1877,  1878.  Eine  Kuh  trat  ein  Thongefäss  los;  in  Folge  dessen  grub  zuerst 
der  Lehrer  Weigel,  dann  der  Pastor  Pannewitz  und  der  Schlossermeister 
A.  Müller  nach;  sie  fanden  ausser  Nadeln  mit  Patina  und  einem  eisernen 
Mantelschloss  etwa  50  Thongefässe  verschiedener  Art;  ein  Theil  gelangte 
ins  Schloss  zu  Sagan,  ein  anderer  nach  Grünberg.  Eine  andere  Sammlung 
gewann  der  Bürgermeister  Kunzer.  1878  kaufte  Saalborn  aus  einem  neuen 
Funde  daselbst  die  grösste  aller  bisher  in  dem  Kr.  Sorau  bekannt  ge- 
wordenen Urnen  2)  nebst  einem  Stück  Deckel,  30  cm.  hoch  und  128  cm  im 
Umfange,  ferner  einen  sehr  schönen  Tittheukrug.  1846  fand  man  daselbst 
auch  in  einer  Urne  1  Pfeilspitze  von  Bronce,  breit  und  zweischneidig  von 
derselben  Art,  wie  die  in  den  Pfahlbauten  der  Schweiz. 

91.  Krohle,  östl.  von  Triebel.  Im  0.  1855  beim  Chausseebauen  in 
einem  Topfe  4  römische  Münzen:  1  Antonin,  a.  138—61,  1  M.  Aurel,  a. 
161—80,    1  Maxirainus,    a.  235—80,    1  Gallienus,    a    259—68.     Im  O.  bis 

1)  »Es  kann  aber  auch  Sand  angeschwemmt  sein"  (Major  Bode,  Sorau). 

2)  In  dieses  Gefäss  gehen  17,05  1. 


412  Dr.  Saalborn: 

1870  auch  1  Schanze,  1  Wall,  1  Opferstein.  (Ortsvorsteher  Noack  daselbst 
und  der  Kaufmann  Schönian  in  Triebel). 

92.  Kromlau,  westl,  von  Muskau,  Im  S.-W.  ein  Krug  (Munter); 
1  Opferstein,  Spitzen  von  Flint. 

93-96.  Kunzendorf,  südöstl.  von  Sorau.  Im  S.-W.,  S.-O.,  S.,  W., 
0.  seit  1851,  1865,  Urnen  29  Stück  eines  Kopf-,  Hals-  und  Brustschmuckes 
von  Bronce,  1  Arm-,  1  Beinring  von  Bronce,  1  Steinhammer,  1  Steingeräth, 
1  vierfaches  „Thränennäpfchen",  dessen  Schälchen  nach  Innen  kleine  Höhlun- 
gen haben;  also  kein  Thränennäpfchen,  sondern  ein  Hausgeräth,  wohl  eine 
4  fache  Lampe.  —  1  „Schlossberg"  —  Rundwall.  (Der  Pastor  Augustin 
in  K.,  der  Tischler  Nickelmann,  Director  Schwarzer,  Saalborn  u.  A. 

97,  Kutschmühle,  bei  Lübsgen,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  0.  1876. 
Urnen,  Scherben,  1  Ring,  1  Nadel,  2  Stücke  von  Bronce.     (Saalborn). 

98.  Laesgen,  westl.  von  Teuplitz.  Im  S,  am  Penkenteiche  um  1854. 
Urnen.     (Koall  in  Pokuschel,  Saalborn). 

99,  Laubnitz,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  N.-W.  1860:  Urnen  (Ober- 
förster Muss,  Bauer  Füllborn,  Pastor  Ulrich). 

100.  Legel,  am  Bober,  nördl.  von  Sorau,  unterhalb  Christianstadt's, 
Im  N.  am  „Schlossberge",  der  jetzt  zu  Acker  gemacht  ist,  1875  Scherben 
und  Eisenreste  (Flöther);    ferner  im  S.-O,  Urnen. 

101  —  2.  Leuthen,  nordöstl.  von  Sommerfeld.  Im  S.  und  N.-W.:  Urnen. 
Hügel  noch  vorhanden.  (Ortsvorsteher  Jachnick  in  Altwasser.  Alte 
Nachricht  in  Worbs  Gesch.  1826,  S.  72,  Saalborn). 

103—106.  Lübsgen  (Liebsgen)  westnordwestl.  von  Sorau,  an  der 
Lobst.  Im  S.,  N.,  N.-W.  und  S.-O.  1844,  1850,  1870,  1876:  gegen  100 
Urnen  etc.,  darunter  1  Titthentopf  und  1  Titthenkrug  („Buckel-")  1  Stein- 
axt, 3  Nadeln  und  1  Spiral-Ring  von  Bronce  mit  der  Patina.  (Brunnen- 
macher Schellschmidt  in  Sorau,  Müller  Weiss  in  der  Brestauer  Mühle, 
Müller  Pöthke,  1  Bahnwärter;  Mylius,  später  Apotheker  in  Friedeberg 
am  Queiss;  der  Legationsrath  von  Saurma,  Besitzer  des  Waldschlosses 
bei  Sorau  (zur  Zeit  in  Alexandrien) ,  Baron  von  Saurma  auf  Lortzendorf, 
Saalborn  u.  A.). 

107—110.  Linderode,  westl.  von  Sorau.  Im  N.,  0.,  W.,  S.-W.  und 
S.-O.:  vor  1854,  1865  Urnen  und  Broncesachen  2—4'  tief  im  Sande  (Pastor 
Panne witz,  mündlich  und  in  seiner  kleinen  Chronik  von  Linderode  1854, 
S.  1;    der  Gutsbesitzer  Dahme  daselbst  und  Saalborn). 

111.  Lohs  am  „Sorauer  Walde."  Im  0.  Urueuscherben  1850  und 
1877  (der  Bauer  Koppel,  Lehrer  Weigel  und  Saalborn). 

112—113.  Mallwitz,  östl.  von  Leuthen,  nördl.  von  Sommerfeld.  Im 
W.,  S.  und  S.-O.:  Urnen  etc.,  1  kreiseiförmiges  Thonstück  mit  durch- 
gehendem Loche,  1  Broncenadel  mit  einem  Kettchen  am  Knopfe.  (Bader 
in  Frankfurt  a./O.  Dr.  Schubring,  Oberlehrer  Baier). 

114—117.     Marsdorf,   östlich  von  Sorau.     Im  0.,    S.-O.,    im  „Wein- 


Zur  prähistorischen  Karte  Hes  Kreises  Sorau  N.  L.  413 

berge«  N.-W.  und  N.  1847,  1854,  18G5,  1867,  1870:  Urnen  in  Kastenhügeln 
mit  liollsteinen ;  daneben  auch  1  Topf  mit  1  Lehrakranz;  1  Celt  beim 
Chausseebau  1854;  Glasperlen,  1  cm  im  Durchmesser  (Wieland  in  Wellers- 
dorf;  Späth  und  Schölzcke  in  Marsdorf;  Oberstlieutenant  von  Nein- 
dorff  in  Sorau,  seit  1879  in  Kosen;    Saalborn.     1879  Scherben). 

118.  Matzdorf,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  S.-O.  1860  Urnen. 
(Lehrer  Schulz  II,  zur  Zeit  in  Sorau). 

119.  Mulknitz,  nordwestl.  von  Forst:  1  Rundwall  vor  1843  nach 
Haupt  Sagenbuch  S.  34. 

120.  Niemaschkleba,  nordwestl.  von  Triebel.  Im  S.  vor  1835  viele 
Urnenhügel  aus  Rollsteinen  mit  Kisten,  Broncesachen,  und  Eisenreste. 
(Schneider,  Beschreibung,  1835). 

121/2.  Niewerle,  südwestl.  von  Gassen.  Im  S.-W.  eine  Schanze, 
ein  Wall,  im  N.  der  „Heidenkirchhof."     (Ortsvorsteher  Bathe  — ? — ) 

123.  Nissmenau,  nördl.  von  Sorau.  Im  W.  Urnen  und  Bronce- 
sachen, Flintstücke,  Steinwaffen,  Eisenstücke  vor  1800,  1819,  1828,  1850, 
1857,  1873  und  1878.  (I^Ierkel,  Erdbeschr.  VI,  265;  von  Zychlinsky, 
von  Rheinbabeu,  Kunzer,  Saalborn), 

124/5.  Nossdorf,  südl.  von  Forste.  1.  Im  W.  ein  „Heidenkirchhof" 
im  „Pferdegarten",  daselbst  Scherben  von  Urnen.  2.  In  der  Koinzerschen 
Haide  noch  Hügel,  in  denen  nach  der  Sage  die  ..Luttchen"  (Ludki=Zwerge= 
Finnen  (?)  =Sorben wenden  (?)  gewohnt  haben.    (Ortsvorsteher  Nerlich  in  N.) 

126-132.  Pforten,  nordwestl.  von  Sorau.  Vor  1779,  1823,  1825, 
1855,  1868,  1872,  1874,  1876  im  N.  am  „Töppelberge«,  im  0.,  S.,  W., 
S.-O.,  N.-W.  und  bei  Drahthammer,  im  Thiergarten  an  vielen  Stellen: 
Urnen,  darunter  1  „Doppelurne"  und  1  Gefäss  in  Blasenform  mit  einem 
engen,  trichterförmigen  Halse;  1  Maass  in  Literform;  1  Steinhammer  von 
Diorit  und  mehrere  „Gurkensteine"  (nach  Ansicht  des  Volks  eine  Schleuder- 
waffe); 6  Schlangenringe,  1  Speerspitze,  1  Schaftcelt,  1  Vorstecknadel  mit 
gebogenem  Halse  und  am  Knopf  mit  1  grünen  Stein,  auch  patinirt;  1 
Fingerring,  9  ährenförmige  Schmuckgegenstände  (leider  eingeschmolzen)  von 
Gold;    1  Mantelschloss  und  1  Speerspitze  von  Eisen, 

(Thüringer  Alterth.-Ver.  1823,  S.  17;  Gallus,  Beiträge  1835  S.  9; 
Preusker,  Blicke  III,  193;  Maurermeister  Grosse,  Graf  Brühl,  Gräfin 
Reventlow,  Oberförster  Reichert,  Bürgerm.  Kunzer,  Dr.  Jentsch, 
Zeitschr.  f,  Ethn.  1875,  Saalborn), 

133/4.  Pitzschkau,  wcstl,  von  Sorau.  Im  S.  und  0.  vor  1847,  1861, 
1877  viele  Urnen;  noch  Hügel  und  ein  „Schlossberg"  (Scheltz,  Ges, 
Gesch.  S.  4;  Riehl  und  Scheu,  Berlin  S.  544;  der  Kantor  Bogisch 
daselbst). 

135/6,     Pokuschel,  nördl.  von  Teuplitz,     Im  0.  und  S.     Urnen  1840 

1)  Der  Nauie  scbiwa,  schibe,  scheibe  findet  sich  noch  fast  bei  jedem  Orte  im  Kreise  Sorau; 
es    führen  ihn  Stellen,    die  Anger,    Schaftriften,   Schafteiche   sind  oder  waren.     Er  hat  wohl 

Zeitschrift  für  Ethnologie.    Jahrg.  1879.  30 


414  ^'■-  Saalborn: 

und  1852  (der  Ortsrichter  Koall  und  der  Lehrer  Maisch).  Der  „Kröden- 
berg",  nördl.  von  Pok. ,  und  der  Schiwabach  i)  daselbst  würden,  wenn  man 
der  Erklärungsweise  von  Grosser  und  Preusker  bei  ähnlichen  Namen 
folgt,  Anlass  geben,  die  Verehrung  des  Wendengötzen  Crodo  und  der 
Wenden -Venus  Siwa  bei  Pokuschel  vorauszusetzen.  —  Grotten,  kelt.,  der 
Thiergarten. 

137.  Preschen  (Bresinchen,)  westl.  von  Triebel:  1  Doppelurne, 
Zeitschr.  f.  Ethn.  1875. 

138 — 142.  Reinswalde,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  0.,  S.  und  S.-O. 
vor  1800,  1857,  1872,  1874,  1877.  Daselbst  mehr  als  200  Hügel,  von  denen 
etwa  150  zerstört  oder  schon  untersucht  sind.  Am  Orte  1  Töpferwerkstätte 
in  Heinz  es  Garten  (jetzt  zerstört);  1  „Hanschloss",  von  Saalborn  be- 
schrieben und  gezeichnet,  1872  zerstört.  Unter  den  vielen  Thongefässen 
2  sehr  schöne  Titthenkrüge,  wohl  als  Methkrüge  gebraucht.  (Alte  Nach- 
richt in  MerkeFs  Erdbesch.  VI,  265;  Architect  Sü bring;  Lehrer  Böhmer, 
jetzt  in  Sorau;  Pastor  Biehler;  Heinze,  mehrere  Bahiiarbeiter  und  Bahn- 
wärter in  und  bei  Reinswalde,  Maurermeister  Ulrich,  der  Steinsetzer 
Warlich  in  Sorau  und  Saalborn). 

143/5.  Sablath,  nördl.  von  Sorau.  Im  N.-W.,  S.-W.  und  im  Schul- 
garten:   Urnen,  1  Steinaxt  und  1  Steinhammer  (colossal). 

(Lehrer  Engelmann  in  Billendorf,  Rector  Wirth  in  Guben  und  Dr. 
.Jentsch  in  der  Zeitschr.  f.  Ethn.  1876  S.  312,  Saalborn). 

146.  Sakrow  nördl.  von  Forst.  Am  „Hange"  1877  viele  Urnen 
(Graf  Brühl). 

147.  Sakrow,  Neu-  daselbst.  Im  „Eichenhaine"  östlich  am  Sakrow- 
Euloer  Wege  viele  Sandhügel;  westlich  davon  bei  der  Anlage  einer  Forst- 
cultur  viele  Urnen  gefunden.  Daselbst  ist  auch  ein  „Raubschloss"  (Orts- 
vorsteher Schulze). 

148—151.  Särchen,  Gross-,  südwestl.  von  Triebel.  Im  W.,  N.-W., 
S.,  W.  vor  1843,  1850,  1857,  1865,  1877:  Urnen  etc.  In  einer  derselben,  1877 
gefunden,  lagen  2  kleine  Spangen,  1  grössere,  aus  2  Ringen  bestehend; 
10  grosse  Ringe,  2  Schlangenringe,  1  Kette,  1  pfeilartiges  Mantelschloss, 
alle  von  Bronce;  1  Spirale  von  Gold.  Der  Urnenfund  von  1857  ist  im 
Kataloge  der  Oberlaus.  Gesellsch.  d.  W.  i.  Görlitz  verzeichnet.  Mehrere 
„Gurkensteine",  1  Schanze  an  der  Neisse,  1  Schloss  auf  einer  Teichinsel. 
(Prediger  E.  Jenichen  in  Cottbus,  der  einige  Urnen  an  Dr.  V  eck  en- 
gte dt  abgegeben  hat;  die  Oberförster  Muss  und  Krackau,  der  Fabrik- 
besitzer Nabbat,  Saalborn).  Nach  der  unter  Zilmsdorf  mitgetheilten  Sage 
beglückte  Emma  von  Särchen  um  527  n.  Chr.  den  heidnischen  Prinzen 
Adalbert   von    der  Wunzen    bei  Teuplitz  mit    ihrer  Liebe,    und    bewog 

keine  Beziehung  auf  die  Göttin  Siwa,  wie  Haupt  1846  und  1864  und  Preusker  1843 
angenommen  haben,  siwa  heisst  bei  den  Wenden  das  Mutterschaf;  noch  jetzt  ruft  der 
Schäfer,  wenn  er  die  Schafe  lockt:    „Schibe,  Schibe!"     Also:    Schiwagraben=Schafgraben. 


Zur  prähistorischen  Knrte  des  Kreises  Sorau  N.  L.  415 

den  Vater  Bodo,  dass  er  sich  samrat  seinem  Sohne  Adalb  ert  taufen  liess. 
In  Forst  dagegen  erfolgte,  wie  berichtet  wird,  die  Annahme  des  christl. 
Ghiubeiis  erst  a.  1173,^)  als  sich  die  2  wendischen  Fräulein  Lamina  und 
Lucia  von  Biberstein  in  die  Ritter  Abraham  von  Metzrad  und  Wolf 
von  Seelhausen  verliebten  und  Gegenliebe  fanden.  Bei  Gr.  Särchen  führte 
eine  alte  Fürth  durch  die  Neisse. 

152.  Scheuno,  südöstl.  von  Forste:  1  Urne  und  2  Beigefasse,  von 
Bronce  1  Paalstaf  (Zeitschr.  f.  Ethn.  1875;    Graf  Brühl  in  Pforten). 

15.S.  Schöne  ich,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  W.  um  1850  Urnen  mit 
„Stürzen",  im  Busch  beim  Ausroden  der  Stämme  gefunden.  (Brunnenmacher 
Schellschmidt  in  Sorau). 

154.  Schönwalde,  westl.  von  Sorau.  Im  S.  um  1850  und  1870 
Urnen  und  Beigefasse.  (Schellschmidt,  der  Oberstlieutenant  von  Nein- 
dorff  in  Sorau,  Saalborn). 

155/6.  Seiffersdorf  bei  Sorau.  Im  S.  und  S.-O.  1857  und  1860 
Urnen  und  Beigefasse.  (Der  Maurermeister  Ulb rieh,  der  Schornsteinfeger- 
meister Ludwig  in  Sorau,  der  Bauer  Eichner  in  Seiffersdorf,  Saalborn.) 

157_167.  Sorau.  An  11  Stellen  im  0.,  S.-O.  S.  und  N.  am  „Töppel- 
berge",  am  Steinteiche  (1844)  und  1847,  am  Rautenkranze  (1851),  auf  der 
Südseite  an  mehreren  Stellen  (1857)  am  nordöstlichsten  der  7  Brunnen 
(1858),  im  Südosten  (1859),  im  Sorauer  Walde  westl.  vom  Blockhause  (1876), 
und  nördL  vom  Rückenberge  (1876)  Urnen,  Scherben.  1870  gefunden:  1 
kraus  gewundener  Broncering,  1  Armring  von  einfachem  Broncedraht,  1 
horizontal  gerippter  Armring  (beschädigt),  2  Fragmente  von  Spiralen,  Theile 
einer  grossen  Fibula.  —  Diese  Stücke  von  1870  befinden  sich  im  Kön. 
Museum.  Nicht  in  Urnen:  2  Steinhämmer,  1  Schabstein  von  Flint,  4  Pfeil- 
spitzen 3  und  4  kantig,  1  Theil  einer  vierkantigen,  glattpolirten  Pfeilspitze 
von  Flint  (1878).  —  1  „Teufelsstein"  im  „Doctorbusche",  um  1830  zersprengt. 2) 

(Der  „Töppelberg"  mit  Urnen  in  grösster  Menge  von  dem  Chronisten 
Magnus  der  ältere  (f  1683)  erwähnt,  cf.  Worbs,  Gesch.  1826,  S.  72; 
Riehl  und  Scheu  1860  S.  544  Scheltz,  Gesammtgesch.  1847  Seite  4; 
der  Restaurateur  Brose,  die  Sorauer  Bürger  Märkisch,  Bräunig, 
Ulrich,  Ludwig;    Dr.  Voss  in  Berlin,  Saalborn). 

168/9.  Syrau,  nördlich  von  Sorau.  Im  0.  das  „Schloss'*  (versunken 
nach  der  Sage),  im  S.-W.  1  „Wendentempel."  Vor  dem  Jahre  1600  Urnen, 
nach  einem  Manuscr,  des  Superintendenten  Garcaeus  in  Sorau  um  1600; 
ferner  nach  Abr.  Roths  in  seinem  a  und  m  von  1701.  Auch  1850  sind 
Urnen  gefunden  (Brunnenmacher  Schellschmidt  Sorau;  1879  Hügel, 
Saalborn.) 


1)  Nach  Grosser  (Merkwürd.  1714)  bereits  a.  920. 

2)  Derselbn  hatte  Löcher  nach  der  Sape  „von  den  Krallen  des  Teufels."     3  Eichen  be- 
zeichnen die  Stelle,  an  der  er  gelegen.     (Major  Bode). 

30* 


416  Dr.  Saalborn: 

170.  Tauchel,  nordwestl.  von  Gassen.  Im  S.  mehrere  Urnen  an 
einem  alten  Graben,  1877.     (von  Herford  auf  Gr.  Tauchel). 

171/3.  Teichdorf,  südl.  von  Sorau.  Im  S.,  S.-W.  und  W.  1854, 
1861,  1862,  1875  bei  Urnen  3  Nadeln  von  Bronce  mit  der  Patina,  1  Pfahl- 
bau (1854).  —  (Der  Bauer  Junick  in  T.  u.  der  Lehrer  Weigel  in  Lohs).  — 
Der  Arbeiter  Seidel  stach  in  Gemeinschaft  mit  anderen  Arbeitern  1854  im 
W.  bei  Teichdorf  Torf  aus  und  fand  in  einer  Tiefe  von  8'  eine  Anzahl 
Eichen  und  Buchenstämme,  welche  theils  horizontal  theils  schräg  lagen  und 
zum  Theil  auf  senkrecht  eingerammten  ruhten.  Er  erkannte  eine  Wohnstätte. 
Ausser  mehreren  unglasirten  „Töpfen",  welche  ins  Wasser  geworfen  wurden, 
weil  nichts  darin  war,  fand  er  auch  eine  Broncenadel  mit  starkem  Knopfe, 
der  geschmiedet  war.  Beim  Untersuchen  zerbrach  sie  und  zugleich  sprang 
die  „Schale  oder  Scheide,  in  der  die  Nadel  steckte",  ab.  Die  Baumstämme 
waren  schwarz  und  weich;  wenn  sie  mit  dem  Spaten  angestochen  wurden, 
so  zeigte  die  Stelle  eine  hellweisse  oder  graue  Farbe;  dieselbe  ging  aber 
bald  in  die  schwarze  über,  dann  zerfielen  die  Theile,  während  die  Borke, 
welche  auf  der  untern  Seite  der  Stämme  fast  noch  fest  war  und  fest  blieb. 
In  dem  Räume  lag  etwas  Asche;  nicht  weit  von  demselben  fanden  die 
Arbeiter  sehr  viele  Haselnüsse;  wohl  1  Schefiel  voll;  die  Kerne  der  ge- 
öfineten  waren  jedoch  sämmtlich  „verschienen",  verfault.  Dieser  Fund  vieler 
Haselnüsse  erscheint  bemerkenswerth,  da  jetzt  ein  Haselbusch  in  dieser 
Gegend  eine  auffallende  Seltenheit  ist;  ^)  früher  gab  es  wohl  viele  im  Kreise  S. 

174/5.  Teuplitz,  Gr.-,  westl.  von  Sorau.  Im  N.  und  N.-O.  vor  1847; 
1861,  77,  Urnen.  Noch  Vorrath.  1  Schloss  die  „Wunzenburg"  und  1  Erd- 
wall, der  „Königsdamra"  1835  noch  vorhanden.  Die  Sage  von  der  Wunzen- 
burg ist  unter  Zilmsdorf  mitgetheilt  (Zeitschr.  f.  Ethnol.  1875  und  Schneider, 
Beschreibung  der  Heidengräber  bei  Zilmsdorf,  2  H.  v.  1835,  Riehl  und 
Scheu  S.  544.    Der  Ortsvorsteher  Franke;    Scheltz,  Gesammtgesch.  S.  4). 

176.  Thurno,  an  der  Timnitz,  östl.  von  Pforten.  Im  0.  vor  1861 
Urnen  (Riehl  und  Scheu,  Berl.  S.  544). 

177—181.  Triebel.  Im  S.-O.  und  W.  an  der  „Hölle",  dem  „Schloss- 
berge", am  Buchholzer  Berge,  an  Harmuths  und  Polte's  Berge.  Vor 
1589;  1847,  1853,  1860,  1861:  Uroen  und  Beigefässe,  1  Streitaxt  von 
Granit.  —  Scherben  am  „Galgenberge"  noch  1878  (Major  Bode). 

(Albinus  in  seiner  Bergchronik;  Scheltz,  Ges.  gesch.  S.  4,  Riehl 
und  Scheu  S.  544;  der  Oberförster  Muss  in  Sorau  um  1853;  der 
Bürger  Harmuth  in  Triebel,  Saalborn). 

182.  Tzchacksdorf,  östl.  von  Triebel.  Im  N.-W.  um  1870  noch 
viele  Begräbnisshügel.  (Der  Schanker  Schönborn  in  Wellersdorf,  früher 
in  Tzchacksd. 


1)  Die  örtlichen  Verhältnisse  haben  sich  im  Laufe  der  Zeiten  so  f^eändert,  dass  die 
Wurzeln  von  Ilaselnusssträuchern,  welche  in  hiesiger  Gegend  meist  an  Torfwiesen  standen, 
noch  in  einer  Tiefe  von  20'  angetroffen  werden.  Die  Nüsse  liegen  an  solchen  Stellen  „scheffel- 
weise", wie  die  Torfstecher  erzählen. 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L.  417 

183.  Tzchecheln,  westl.  von  Sorau:  An  der  „Buschmühle"  1  Hügel, 
daselbst  ausser  andern  1  Urne  nebst  Deckel,  dieser  in  der  Form  einer 
„Stürze"  mit  2  Henkeln. 

184.  üllersdorf,  Ober-,  südl.  von  Sorau.  Im  N.  1846  Urnen  etc. 
Im  N.-O.  ein  „Schlossberg"  (Sandhügel).  —  Saalborn. 

185.  Üllersdorf,  Nieder-,  südl.  von  Sorau.  Im.  S.-W.  1866  vier 
Thongefässe,  2  Ringe,  2  Nadeln,  1  Ohrring  mit  Ohrbommel  von  patinirter 
Bronce;  1  Reibstein,  8  „Gurken steine."  (Die  Tochter  des  Försters  1866, 
zur  Zeit  in  Forsthaus  Helle  bei  Sorau,  Saalborn). 

186.  Weissagk,  nordwestl.  von  Forste:  1  grosse  Urne,  9  vierkantige 
Bronceringe,  8  goldene  Zierplättchen.     (Zeitschr.  f.  Ethn.  1875). 

187—194.  Weilersdorf,  nordwestl.  von  Sorau.  Im  O.  1879  noch 
84  Begräbnisshügel  resp.  Reste  von  Wohnstätten,  2  ustrinae;  doch  nur 
wenige  Hügel  noch  intact.  Viele  Urnen  und  Scherben,  Nadeln.  Nachrichten 
aus  dem  Jahre  1577,  1600,  1701,  1798,  1830,  1843,  1847,  1861,  1877. 

Nach  Use's  (Hoffmann's)  Chronik  von  Sorau  (Manuscr.  S.  83)  „zog 
anno  1577  den  17.  Mai  der  Kaiser  Rudolph  II  zu  Sorau  ein,  nachdem  zu- 
vor den  14.  Mai  Ihro  Majestät  bei  dem  Dorfe  Greiss  hinter  Wellersdorf  auf 
dem  Töppelberge  gewesen  und  daselbst  graben  lassen,  zu  dessen  Gedächtniss 
nachgehends  3  eichene  Säulen  aufgerichtet  daselbsten."  (Diese  Säulen  standen 
noch  um  1835).  Hierauf  bezieht  sich  wohl  Joh.  Chr.  Wagner  in  seinen 
Annales  a.  1692,  indem  er  Urnenfunde  beim  Dörflein  Greuss,  jenseits  Sorau, 
nicht  fern  vom  Flusse  Bober  erwähnt.  Auch  Gare  aus,  der  Superintendent 
um  1600,  und  Magnus  in  seiner  Chronik  Soraus,  gedenken  jener  Aus- 
grabung, die  der  Kaiser  Rudolf  hat  veranstalten  lassen.  Ebenso  a.  1684 
Abr.  Rothe,  Superint.  in  Sorau,  in  seinem  a  und  w.  In  Worbs  Archiv 
von  1798  heisst  es  S.  110:  In  Wellersdorf  bei  Sorau,  wo  mehrere  Hünen- 
gräber sind,  nennt  man  sie  „Heunenhäuser."  Dieselbe  Mittheilung  macht 
Worbs.  a.  1826  in  seiner  Gesch.  d.  Herrsch.  Sorau,  S.  72,  105  und  183. 
Haupt  in  seinem  Sagenbuche  von  1843,  S.  51,  sagt:  „Heinchenhäuser" 
heissen  bei  Wellersdorf  in  der  Nähe  von  Sorau  die  Todtenhügel,  welche 
im  Norden  den  Namen  Hünengräber  haben."  Endlich  erwähnen  Scheltz 
in  seiner  Gesammtgeschichte  1847,  S.  4  und  Riehl  und  Scheu,  S.  544  die 
Urnenfunde  bei  Wellersdorf.  —  Seit  1830  haben  wiederholt  Nachgrabungen 
stattgefunden,  nämlich  durch  den  Kantor  Tzschacher  in  Well.,  den  Grafen 
zu  Dohna  daselbst  1857  und  durch  Saalborn  1877.  Ein  Theil  der  vom 
Grafen  zu  Dohna  gewonnenen  Fundstücke  gelangte  in  den  Besitz  des 
Banquiers  Lattermann  auf  der  Rochusburg  bei  Sagan  und  wurde  1877 
durch  Saalborn's  Vermittelung  von  Hugo  Lattermann,  damals  Stud. 
juris  et  cam.,  dem  Konigl.  Museum  in  Berlin  überwiesen. 

195 — 98.  Witzen,  östl.  von  Gassen.  An  4  Stellen,  in  N.,  S.-O.,  in 
dem  Weinberge  und  im  Schlossberge  (Rundwall,  beschrieben  von  Saalborn 
in    der  Zeitschr.  f.  Ethn.   1878,    S.  4  und  5,  Bericht    über    die    Sitzung   am 


41g  Dr.  Saalborn: 

19.  Oct.);    1823,  1827,  1847,  1861,  1875:    Urnen  etc.,  auch  1  schwarze  und 

1  Doppelurne;  ferner  1  nach  innen  und  aussen  abwechselnd  gedrehter 
Bronce-Ring  mit  Furchen,  1  Spiraldraht,  1  Ring  mit  46  Glasperlen  in 
brauner,  grauer  und  bläulicher  Masse;  etwa  60  broncene  Nadeln,  Ringe, 
Lanzenspitzen,  von  denen  aber  die  meisten  zerstreut  und  nicht  mehr  zu 
erlangen  sind;    1  broncener  Spiess  (1835  gef.)  etwa  1  Fuss  lang,  mit  einer 

2  schneidigen  Spitze;    1  Goldplatte  in  der  Grösse  eines  Zweithalerstücks. 

(Scheltz  1847,  S.  4,  Riehl  und  Scheu,  S.  593/4  und  544,  die  Lehrer 
Müller  und  Reichenbach,  der  Ortsrichter  Bogisch  in  Hermsdorf,  die 
Bauern  Tillack,  Walter,  Dittrich  in  Witzen;  Dr.  Jentsch  und 
Saalborn. 

199—200.  Zauchel,  westl.  von  Pforten.  Im  S.-W.  und  N.-W.  um 
1876  ausser  Urnen-Scherben:  2  Arm-,  2  Beinringe,  1  gerippter  Ring,  1 
Halsschmuck,  nämlich  1  Kette  aus  18  Ringen  bestehend,  also  dass  sie  Brust 
und  Bauch  bedeckt  (Bronce). 

(Ortsrichter  Lehmann  in  Tauchel;  Pastor  Bötticher  in  Nieder-Jeser, 
welcher  einen  Pfahlbau  im  See  vermuthet.  Der  Bürgermeister  Kunze r  in 
Pforten;  Dr.  Jentsch  in  der  Zeitschr.  f.  Ethn.  1877,  S.  277  —  statt 
Taucheier  -  See  muss  es  aber  Zaucheler  -  See  heissen  — ). 

201.  Zelz,  an  der  Neisse,  südl.  von  Triebel.  Im  S.-O.  „Urnen  vor 
vielen  Jahren"  (Kuh seh,  Ortsvorsteher). 

202.  Zeschau  a.  Bober,  nördl.  von  Christianstadt.  Im  N.  am  „Heiden- 
berge."    Urnen  vor  1800  (Merkel,  Erdbeschreibung  "VI,  279). 

203—211.  Zilmsdorf  nördl.  von  Triebel.  Im  N.-O.  und  S.-W.  1809, 
1827,  29,  1833,  34,  47,  57,  71,  78.  —  1827  existirten  daselbst  noch  mehr 
als  100  Begräbnisshügel;  jetzt  noch  Vorrath.  Ausgegraben  wurden  von 
1827  bis  1833  etwa  40  Urnen,  2  Doppelurnen,  1  Titthentopf,  1  Tiegel  und 
etwa  100  gelbliche  und  schwarze  Beigefässe  von  verschiedener  Thonmasse 
und  Gestalt;     sie    sind    gezeichnet;    an  Kupfer    1  Stück    Blech;    in  Bronce 

1  Messer,  1  Nadel  mit  gebognem  Halse,  1  schwache  Platte  mit  1  Loch  im 
Mittelpunkte,  1  knopfartiger  Gegenstand,  mehrere  Stücke  von  Ringen  und 
Ketten.     In    Eisen    1    Nadel    mit    Rost    und  Brandflecken,     1    grades    und 

2  schneidiges  Schwert  (germanisch),  aber  verrostet,  1  Schlackenmasse.  Alles 
in  und  neben  den  Urnen.  Die  Hügel  waren  theils  aus  Kistengräbern  und 
Rollsteinen,  theils  nur  aus  Sand  gebildet.  Auch  ein  Erbbegräbniss  wurde 
1809  blossgelegt;  die  Urnen  standen  in  demselben  in  3  Theilen  (Schichten) 
über  einander,  die  unterste  lag  in  einer  Tiefe  von  5—6  Ellen,  Die  2.  Schicht 
war  mit  einem  ohne  Mörtel  hergestellten  Mauerwerk,  in  je  2  einander  gegen- 
über liegenden  Rechtecken,  umgeben;  die  Urnen  standen  und  lagen  hier 
meist  in  den  Winkeln  der  Mauer.  An  einer  anderen  Stelle  wurde  auch  im 
Urnengewölbe,  wohl  ein  Brennofen,  entdeckt.  —  1833  fand  man  noch 
Ueberreste  von  Wohnstätten,  deren  Alter  aus  den  Ringen  aUer  Eichen  da- 
selbst auf  1400  Jahre  geschätzt  wurde.  Leider  fehlte  Zeit  und  Geld  um 
durch  Nachgraben  bestimmte  Resultate  zu  gewinnen. 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L.  419 

1871  beim  Bau  der  Bahnstrecke  fand  der  Bahnmeister  O.  Bandke 
aus  Sorau  auf  der  Südseite  von  Zilmsdorf  eine  Anzalil  patinirter  Bronce- 
sachen,  welche  etwa  50  cm  tief  im  Sande  lagen.     Es  war 

1)  ein  Halsschmuck,  6  —  8  Pfund  schwer,  bestehend  aus  einem  mit 
23  Perlen  gezierten  Ringe  zum  Zuhaken,  10  daran  hängenden  Kettchen 
von  vQrschiedener  Länge  und  9  Plättcheu  (Bommeln),  6  Kettchen, 
bestehend  aus  je  6,  2  aus  je  7,  1  aus  8,  2  aus  9,  Summa  30 
Gliedern ; 

2)  ein  Halsschmuck  mit  52  Glasperlen  und  15  herabhängenden  Ketten- 
gliedern, k  19  Gliedern.  1) 

3)  6  Arm-  und  Beinringe,  nicht  ganz  geschlossen,  16 — 20  cm  im  Durch- 
messer und  mit  Verzierungen,  theils  gefurcht,  theils  gerippt,  gekerbt. 

4)  4  einfache  Reifen  aus  etwa  1  cm  breitem  Bronceblech,  8  cm  weit; 
auf  der  Aussenseite  erhaben. 

5)  6  Fibulae,  8  cm  etwa  im  Durchmesser;  die  Nadeln  8  cm  lang,  aber 
aus  stärkerem  Drathe. 

6)  5  spiralförmige  Reifen  aus  7 — 8  cm  breitem  Bleche  und  10  cm  lang, 
mit  8  cm  im  Durchmesser. 

7)  1  Gürtel,  2  Agraffen. 

8)  1  Ring,  vierkantig,  gebogen,  abwechselnd  nach  aussen  5  mal  und 
nach  innen  5  mal.  — 

Da  der  Finder  dieser  Broncesachen  sie  nicht  mehr  besitzt  und  jetzt 
erst  —  nach  7  Jahren  —  Mittheilung  macht,  so  will  er  nicht  mit  Sicherheit 
für  die  Vollständigkeit  und  Richtigkeit  der  vorstehenden  Angaben  einstehen.  — 

1878  fand  der  Direktor  Schwarzer  in  Zilmsdorf  Steinkeile  und  Schleuder- 
steine.  — 

(1809  V.  Reibnitz  auf  Z.,  Dr.  Anton,  Görlitz;  Worbs  Gesch.  1826 
S.  72;  Schneider,  Beschreibung  1827  und  1834;  Bönisch,  die  Götter, 
1830,  S.  88;  Haupt,  Sagenbuch  1846,  S.  35;  Preusker,  Blicke,  HI, 
193  und  200;  Riehl  und  Scheu  1861,  S.  544;  Scheltz,  Gesammtgesch., 
S.  4;  Dr.  Jentsch  in  der  Zeitschr.  f.  Ethn.,  1876,  S.  312;  der  Bahn- 
meister Bandke  in  Sorau,  der  Baumeister  Schmidt  in  Berlin,  Direktor 
Schwarzer  in  Zilmsdorf  und  Saalborn). 

A.  1798  wurde  der  Thurmknopf  in  Zilmsdorf  reparirt.  Man  fand  alte 
Nachrichten  in  demselben;  nachdem  die  Reparatur  vollendet  war,  legte  man 
sie  wieder  hinein.  Unter  denselben  befand  sich  die  Sage  über  die  Gründung 
des  Ortes  und  der  nahe  gelegenen  Wunzenburg.  Da  Haupt  in  seinem 
Sagenbuche  diese  Sage  nur  im  Auszuge  nacherzählt  hat,  so  wird  ^ie  hier 
unverkürzt  mitgetheilt. 

Die  ganze  dasige  Gegend,  sowie  die  zur  Kirchfahrt  gehörigen  5  Dörfer, 
waren    in    grauer  Vorzeit    ein  undurchdringlicher  Wald,    welcher  wegen  der 


1)  Dem  Köu.  Museum  i.  Berliu  übergeben. 


420  ^^-  Saalborn: 

vielen  Sümpfe  und  des  grossen,  sogenannten  Wunzen-Sees,  von  dem  der 
noch  jetzt  vorhandene  ]  Meile  im  Umfange  habende  Wunzenteich,  so  wie 
die  übrigen  zahlreichen  Teiche  noch  Ueberbleibsel  sind,  fast  gänzlich  unzu- 
gänglich war. 

Um  das  Jahr  527  und  528,  so  lautet  die  Sage,  nach  Auflösung  des 
thüringschen  Reiches  unter  Herrmannfried  durch  den  König  der  Franken, 
Theodorich,  soll  sich  Bodo  von  der  Wunzen  mit  mehreren  heidnischen 
Priestern  und  treuen  Dienern  in  jene  Wildniss  geflüchtet  haben,  Bodo 
erbaute  am  westlichen  Ende  gedachten  Sees  eine  Burg,  versah  sie  mit  einem 
grossen  Erdwalle,  dessen  Ueberreste,  noch  mit  übertausendjährigen  Eichen 
bewachsen  unter  dem  Namen  „  Königsdamm "  so  wie  die  Ruinen  der 
Wunzeuburg  selbst  an  Ort  und  Stelle  nachzuweisen  sind.  ^) 

Der  Burgherr  Bodo  von  der  Wunzen  war  ein  gar  finsterer  und 
grämlicher  Mann,  aber  dennoch  von  seinen  Dienern  mehr  geliebt  als  ge- 
fürchtet gewesen. 

Sein  Sohn  Adalbert  soll  nun  in  dem  gedachten  Kriege  mit  den 
Franken  gefangen  genommen  und  einem  Sachs.  Anführer  zu  Theil  geworden 
sein.  Die  Eroberer  überliessen,  wie  bekannt,  ihren  Verbündeten,  den  Sachsen, 
einen  Theil  des  eroberten  Landes,  und  zwar  den  nordöstlichen,  als  Kampf- 
pfennig. Diese  aber,  welche  im  Kriege  viele  ihrer  Brüder  verloren  hatten, 
fühlten  sich  zu  schwach,  den  neuen  Landesanfall  gehörig  anzubauen  und 
mit  Erfolg  zu  behaupten,  daher  sie  auch  nur  einen  Theil  behielten  und  den 
andern  den  gefangenen  Thüringern  und  fremden  Colonisten  gegen  einen 
jährlichen  Tribut  überliessen.  Auf  diese  Weise  entging  auch  Adalbert 
von  der  Wunzen  dem  harten  Loose  der  Sclaverei,  ward  aber  aus  einem 
freien  Thüringer  ein  Sächsischer  Dienstmann. 

In  den  eroberten  Gauen  waren  aber  auch  viele  fränkische  Edele  ge- 
blieben, und  durch  diese  wurde  schon  um  jene  Zeit  (also  früher  als  durch 
Carl  d.  Grossen)  das  Christenthum  unter  jenen  Heiden  bekannt  und  ausge- 
breitet. Auch  Bodo  von  der  Wunzen  lernte  dasselbe  kennen  und  hoch- 
schätzen.   Am  meisten  aber  trug  hierzu  die  allgewaltige  Liebe  Adalberts  bei. 

Eine  engelschöne  Tochter  eines  edlen  Franken,  an  der  Saar  geboren, 
Emma  von  Särchen  genannt,  hatte  den  jungen  Helden  mit  ihrer  Liebe  be- 
glückt, wovon  jedoch  ihre  Mutter  Barbara,  die  nach  damaliger  Sitte  ihrem 
Gatten  in  den  Krieg  gefolgt,  und  nachdem  er  im  Kampfe  gefallen,  mit  einem 
Sohne  und  ihrer  Tochter  Emma  in  Thüringen  geblieben  war,  nichts  wissen 
wollte,  daher  auch  von  einer  Verbindung  ihrer  Tochter  Emma  mit  dem  ge- 
hassten  Thüringer  lange  keine  Rede  sein  durfte. 

Auf  der  Burgveste  Bodo's  blieb  der  Burgherr  immer  finster  und  miss- 
muthig,  was  namentlich  einem  alten  treuen  Diener,  Namens  Udo,  so  nahe 
ging,  dass  er  mit  Bitten  und  Thränen  seinen  Herrn  unaufliörlich  bestürmte, 


1)  utiuilicb  a.  1798. 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Soraii  N.  L.  421 

bis  dieser  ihm  seinen  Kummer,  die  Ungewissheit  über  das  Schicksal  seines 
einzigen  Sohnes,  anvertraute. 

Es  versicherten  zwar  die  heidnischen  Burgpriester  und  Wahrsager,  dass 
Adalbert  noch  lebe,  fügten  aber  bei,  dass  er  sich  in  Gefahr  befinde. 

Dieses  bewog  nun  den  treuen  Udo,  keine  Gefahr  scheuend,  sich  von 
der  Burg  zu  entfernen  und  nach  Thüringen  zu  reisen,  um  seinen  jungen 
Gebieter  auszuforschen. 

Er  fand  ilin  glücklicher  Weise.  Doch  welcher  Schreck  iür  den  alten 
eifrigen  Anhänger  der  Hertha,  als  ihm  Adalbert  seine  grosse  Neigung  und 
Liebe  zu  der  schönen  Fränkin  Emma  und  zugleich  den  Entschluss,  ein  Christ 
werden  zu  wollen,  gestand. 

Alle  gutgemeinten  Vorstellungen  des  treuen  Tjdo  wegen  des  grossen 
Kummers,  den  er  dadurch  seinem  alten  Vater  machen  würde;  alle  Schilde- 
rungen des  unausbleiblichen  väterlichen  Zornes,  so  wie  der  beleidigten 
väterlichen  Götter  blieben  fruchtlos.  Adalbert  blieb  standhaft  bei  seinem 
gefassten  Entschluss.  Als  jedoch  Udo  einsehen  lernte,  dass  Adalbert  Recht 
habe,  so  ward  er  nun  selbst  bei  der  Mutter  der  schönen  Emma  Fürsprecher 
für  seinen  geliebten  Herrn.  Frau  Barbara  willigte  endlich  in  die  Ver- 
bindung ihrer  geliebten  Tochter  Emma  mit  Adalbert  von  der  Wunzen  unter 
der  Bedingung,  dass  beide,  Adalbert  und  Udo,  Christen  würden,  unter  der 
Voraussetzung,  dass  Udo's  Versicherungen  von  der  Macht  des  alten  Bodo 
von  der  Wunzen  auf  reiner  Wahrheit  beruhten,  und  mit  der  ihr  gemachten 
Aussicht,  dass  dieser  alte  mächtige  freie  Thüringer  aus  Liebe  zu  seinem 
einzigen  Sohne  wohl  auch  das  Christenthum  annehmen  würde.  Voll  der 
schönen  Hoffnung,  dadurch  die  beglückende  und  beseligende  Lehre  vom 
Kreuze  des  Erlösers  auch  in  diese  östliche  noch  ganz  finstere  heidnische 
Gegend  verbreiten  zu  können,  that  sie  noch  mehr,  indem  sie  in  Begleitung 
eines  frommen  Mönchs  und  ihres  jungen  Sohnes,  dem  neuen  Eidam  und 
Mitchristen  in  das  ihr  völlig  unbekannte,  und  aus  sehr  abschreckenden  und 
schauerlichen  Beschreibungen  als  völlige  Wildniss  vorschwebende  Land 
folgte.  Nicht  ohne  Gefahr  und  viele  Mühseligksiten  gelangten  diese  Pilger, 
unter  der  umsichtigen  Leitung  des  treuen  Udo,  bis  au  die  Ufer  des  Neisse- 
Üusses,  suchten  und  fanden  hier  unweit  des  jetzigen  Dorfes  Gross-Särchen 
eine  Durchfurth  und  baueten  auf  der  Stelle  an  einer  nahe  gelegenen  Anhöhe, 
eine  Capelle,  nachher  zur  heiligen  Barbara  genannt.  Mittlerweile  suchte 
der  treue  Udo  die  Unstern  Haine  wieder  auf,  wo  Bodo  mit  seinen  heidnischen 
Priestern  verweilte.  Als  ein  erfahrner  und  geschickter  Waidmauu  fand  er 
leicht  die  viel  verschlungenen  Steige,  und  freute  sich  höchlich,  da  er  den 
geliebten  Herrn  gesund  und  voll  gespannter  Erwartung  über  das  Schicksal 
seines  geliebten  Adalbert,  antraf.  Udo  benutzte  sogleich  die  wahrgenommene 
glückliche  Gemüthsstimmung  des  alten  Herrn  und  berichtete  ihm  Alles 
treulich,  was  geschehen  war.  Statt  des  erwarteten  Dankes  gebot  ihm  der 
alte  Herr  mit  zorniger  Geberde  Schweigen  und  verbot  ihm  und  Adalberten, 


422  Dr.  Saalborn: 

unter  fürchterlicher  Androhung  der  Rache  seiuer  erzürnten  Götter,  ihm  je 
unter  die  Augen  zu  kommen,  oder  sich  seiner  Burg  und  dem  heiligen  Haine 
zu  nähern. 

Traurig  ging  der  alte  Diener  zu  seinem  geliebten  jungen  Herrn  und 
hinterbrachte  demselben  die  unheilvolle  Nachricht  von  dem  unversöhnlichen 
Zorne  des  so  aufgebrachten  und  erbitterten  Vaters. 

Adalbert  hoJBfte  jedoch,  durch  die  siegende  Schönheit  und  das  Engel- 
antlitz seiner  guten  und  frommen  Emma  den  erzürnten  Vater  besänftigen 
und  versöhnen  zu  können,  und  fasste  daher  den  Entschluss,  mit  seiner  jungen 
Gattin  vereint  sich  dem  Vater  zu  Füssen  zu  werfen  und  so  nicht  nur  seinen 
Segen  zu  erlangen,  sondern  ihn  auch  wohl  der  himmlischen  Christuslehre 
geneigt  machen  zu  können 

Der  treue  Udo  mahnte  vergeblich  von  diesem  gewagten  und  gefährlichen 
Entschlüsse  ab  und  weigerte  sich  lange,  den  nur  ihm  bekannten  Weg  zu 
zeigen.  Als  er  sich  doch  endlich  dazu  entschliessen  musste,  wagte  er  es 
nicht  sich  der  Burg  weiter  zu  nähern,  als  bis  an  den  heiligen  Umkreis, 
welchen  die  heidnischen  Priester  bezeichnet  hatten. 

Schou  hatte  das  glückhche  Paar  den  verschlungenen  Weg  über  den 
langen  See  unter  Udo's  Geleite  glücklich  zurückgelegt;  schon  sahen  sie  die 
väterliche  Burg  vor  sich  liegen,  als  sich  plötzlich  der  Himmel  verfinsterte, 
schwarze  Gewitterwolken  den  Horizont  verdunkelten.  Blitze  sich  durchkreuzten, 
Emma  und  Adalbert  vom  Wege  abkamen  und  in  der  Tiefe  des  Sees  ertranken. 
Ein  heftiger  Donnerschlag  erfolgte;  —  und  ein  Blitzstrahl  traf  die  Burg, 
unter  deren  rauchenden  Trümmern  später  die  wimmernden  Diener  die  Ge- 
beine des  alten  Bodo  aufsuchten  und  hervorzogen.  Mit  Schaudern  und 
Entsetzen  sah  der  treue  Udo  die  Schreckens-Scene  —  floh  den  schauerlichen 
unheimlichen  Ort,  verkündete  der  Frau  Barbara  das  tragische  Ende  ihrer 
vielgeliebten  Kinder;  wandte  sich  weiter  östlich  und  auf  die  jenseits  des 
See's  gelegenen  Anhöhen,  und  soll  der  Sage  nach,  weil  er  eigentlich  Udo 
Zielmann  hiess,  der  Erbauer  und  Gründer  von  Zielmannsdorf,  woraus  man 
in  der  Folge  Zilmsdorf  gemacht  hat,   —  geworden  sein. 

Mutter  Barbara  mit  ihrem  Sohne  und  dem  frommen  Mönche  soll  die 
Burg  Särichen  erbaut  haben,  und  die  bei  dem  Dorfe  Gross-Särichen  noch 
vorhandenen  Ruine,  so  wie  die  auf  dem  ehemaligen  herrschaftlichen  Wein- 
berge befindlichen  Ueberrcste  der  Capelle  zur  heiligen  Barbara,  sind  historische 
Denkmäler  dieser  Sagen  der  Vorzeit.  — 

Man  sah  noch  vor  wenig  Jahren  in  der  Zeit  zwischen  Pfingsten  und 
Johannes,  am  Wunzengraben  entlang,  unfern  der  Ruine  der  Wunzenburg, 
in  den  Mittagsstunden  ein  eng  sich  umschlingendes  Paar  weisser  Gestalten 
dahin   wandeln,    am  Ende  des  Grabens  aber  im  Wunzenteich  verschwinden. 

An  der  Stelle  des  Verschwinden's  sollen  dann  zwei  weisse  Lilien  bis 
zur  nächsten  Mittagsstunde  blühen,  dann  aber  schnell  verschwinden.  — 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L.  423 

212.  Zwippendorf,  südöstl.  von  Gassen.  Im  S.-W.  um  1872  Urnen, 
(Mülloi-  Petlikc,  unterliiill)  der  Hammerraühle  hei  Liebsgon). 

II.    Prähistorische  Fundstellen,  welche  1  his  2  Stunden  weit  TOin  Kreise  Sorau 

aus  nach  Osten  licj^en. 

I.  Altkirche  a.  Bober,  nördl.  von  Sagan.  1)  Daselbst  war  nach 
einem  alten  Codex,  der  wohl  aus  dem  15.  Jahrli.  stammt  und  in  einer  Mauer 
des  Augustiner-Klosters  in  Sagan  a.  1615  gefunden  wurde,  ein  heidnischer 
Tempel  nebst  einer  Opferstätte;  daneben  ein  Schloss  (ein  Hügel  von 
diluvischem  Sande,  ein  Rundwall)  zum  Schutze  des  Tempels;  in  diesem  ein 
grosser  Schatz.  „Beim  Verbrennen  der  vornehmsten  abgestorbenen  Körper, 
gebrauchte  man  herrliche  und  wohlriechende  Kräuter."  (Fybing,  Chronik 
von  Sagan;  Worl)s,  Gesch.  von  Sagan  1795,  S.  5.  H;  Leipelt,  Gesch. 
1853,  S.  12,  15,  21,  192).  Um  1852  gefunden  daselbst  vom  Cand.  medic. 
Vogt  aus  Petersdorf  bei  Sagan  eine  Axt  von  Stein  und  ein  kleines  Idol 
aus  hellem  Tiion.  ^) 

2 — 4,  Bergisdorf  a.  Bober,  auf  dem  linken  Ufer,  uordwestl.  von 
Sagan:  nach  Süden  um  1850  Urnen  auf  einem  Pflaster  von  Rollsteinen  im 
diluvischen  Sande  —  „Hünenbett."  —  1864  am  „Heidenberge"  Urnen;  1872 
am  Bahndamme:  Urnen  mit  Brandresten  (der  Ortsrichter,  Bahnarbeiter  und 
Holzhauer). 

5.  Brennstadt,  nördl.  von  Sagan:  Urnen  etc.  (Leipelt,  Gesch. 
1853,  S.  21,  192). 

6.  Dittersbach  auf  dem  rechten  Boberufer,  nördl.  von  Sagan:  Urnen 
(der  Gutsbesitzer  Neu  mann). 

7 — 9.  Dobritzsch  am  Bober,  südl.  von  Naumburg  a./B.  Nach  Norden 
um  1850  und  1870  Urnen  und  Scherben,  1  Pfeilspitze  von  Bronce.  Gewährs- 
leute: der  Schlossermeister  A.  Müller  in  Naumburg  a./B.;  der  Bürgermeister 
Kunzer  in  Pforten,  früher  in  Naumburg;  der  Ortsrichter  Wunderlich  in 
Dobritzsch  und  der  Lehrer  W  ei  gel  in  Lohs  bei  Sorau,  früher  in  Kriebau 
am  Bober.  —  1828:  1  Urne  mit  2  Oehren  und  Winkel  Verzierung,  2  Ober- 
tassen mit  2  Henkeln.     Finder:    Grashoff. 

10.  Dobritzsch-Wüst,  auf  dem  linken  Boberufer,  südl.  von  Naumb. 
a./B.  Daselbst  ein  „Heidenberg"  (Sand).  Urnen  um  1840.  Gewährsmann: 
Der  Restaurateur  G.Müller  in  Naumb.  a./B.  und  der  Vater  desselben  als  Finder. 

II.  Eisenborg,  südöstl.  von  Sagan:    Urnen. 

12.  Gladisgorpe  am  Bober,  südl.  von  Naumimrg  am  Bober.  Nach 
Norden:  1  „Schlossberg."  (Sandhügel,  Rundwall).  Viele  Urnenscherben 
um  1870.  (A.  ]\[üllor  und  Kunzer).  Um  1853  zwei  Mammuthszähne,') 
4'  tief  (Förster  Juri  seh):    im  herzogl.   Schlosse  in  Sagan. 


1)  Wohl  ein  Pikoll  en  uiiniature,   g^ezeichnet  und  boschrieben  von  S.Talborn. 

2)  1  Megatherium  wurde  um  170U  in  einer  Sandgrube  bei  den  , Windmühlen'  (580'  hoch) 
u.  V.  Sorau,  gefunden;  1  Kibbe  (6"  breit,  7'  lang,  CO  Pfund  schwer)  hängt  im  südlichen 
Durchgauge  des  neuen  Scblobses  in  Surau  ilTll   erbaut). 


424  Dr.  Saalborn: 

13.  Gorpe  -  Ni  eder  a./B.  südlich  von  Naumburg  a./B.:   Broncenadeln. 

14.  Greisitz  a.  Bober,  zwischen  Sagan  und  Naumburg  a./B.  an  der 
alten  Heerstrasse  aus  der  Nieder-Lausitz  nach  Polen  gen  Glogau.  Nach 
Westen  um  1876  Uruenscherben  auf  dem  „Heidenkirchhofe."  —  Alte  Nach- 
richt in  "Waguer's  Annalen  1692.  Wagner  spricht  von  einem  Dörflein 
Grauss  jenseits  Sorau,  nicht  fern  vom  Fluss  Bober.  Sein  Grauss  kann  nur 
unser  Gi'eisitz  sein;  dieser  Name  findet  sich  im  IG.  Jahrh.  auch  in  der 
Form  Greus,  Greitz  und  Grätz.  —  Leipelt,  Gesch.  1853,  S.  12  führt 
die  „bekannten  Begräbnissplätze  bei  Greisitz"  an;  auch  spricht  er  von 
einem  Gückelsberge  bei  Greisitz. 

15.  Hirschfeldau,  nördl.  von  Sagan:    Urnen  (Lehrer  Berchner). 

16.  Kieppen-Neu,  östl.  von  Naumburg  a./Bober:  nach  Nordosten 
an  2  Teichen  seit  1870  Urnen  und  Scherben.     (A.    Müller  und  Kunzer). 

17.  Kunzendorf,  östl.  von  Sagan:  im  0.  Urnen.  Noch  Vorrath. 
(Zimmermann  Kicke). 

18/19.     Küpper,  östl.  von  Sagan: 

1)  um  1830:  Urnen,  1  Eisenschnalle,  gef.  vom  Rentier  Laube  in 
Polnisch-Machen. 

2)  um  1852  vom  Cand.  Vogt  aus  Petersdorf  (s.  ad  1)  10  Urnen  etc. 
in  2 — 3'  tiefen  Kistengräbern,  die  mit  Rollsteinen  und  Sand  bedeckt 
waren;  1  Pfeilspitze,  Reste  1  Nadel,  Reste  eines  Glasschmuckes, 
1  helle  Kräuterbüchse  in  Krusenform.  —  Leipelt,  Gesch.  1853, 
S.  12  und  24  weist  auf  Ausgrabungen  bei  Küpper  hin. 

20.  Machen- Polnisch,  südl.  von  Sagan  auf  dem  linken  Boberufer: 
um  1831 :  Urnen  und  Scherben,  vom  Fluss-Wasser  ausgespült.  Lehrer 
Weigel  in  Lohs. 

21.  Malmitz,  südöstl.  von  Sagan:  um  1827  waren  am  Badehause 
daselbst  6  Urnen  aufbewahrt.  Schwiegermutter  des  Pastor  AI  brecht  in 
Weissig. 

22 — 24.  Mednitz  am  Bober,  nördlich  von  Sagan.  Urnen  zwischen 
Steinen  1868  vom  Arbeiter  Räbiger,  um  1873  und  1878  am  „Auberge". 
Noch  Vorrath.  —  Im  S.-W.  Urnenscherben  ausgegraben  1879  v.  Saalborn. 

(Der  Amtsrath  Rein  ecke,  der  eine  sehr  schöne  Urne  mit  Knochen- 
inhalt an  seinen  ReichstagscoUegen,  den  Senator  Römer  nach  Hildesheim 
gesandt,  wo  sie  „die  Zierde  einer  Sammlung  bildet."  Ferner  der  Revier- 
förster Lohnhardt,  Lehrer  Pfennig  und  Bauer  Munske). 

25 — 33.     Naumburg  am  Bober, 

1)  Urnen,  die  denen  der  Cymmerier  gleichen.     (Alte  Nachricht  in  der 
Naumburger  Chronik). 

2)  1850:    Urnen,  darunter  1  schwarze,  G.  Müller. 

3)  1870:    Urnen  nach  Norden   am    „Wolfsbusche." 

4)  „  «  „      Nordosten   an  der  Chaussee  \    A.  Müller. 

nach  Grüneberg 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L.  425 

5)  1873:    drei  Urnen  in  1  Hünenhause  auf  Pflaster,  ] 

10'  im  Durchmesser    und  10'    hoch,    4 — 5  Fuder  l    G.  Müller. 
Steine  darin  J 

6)  1877:    nach  Süden  etwa  44  Urnen,  2  Broncestücke,  A.  Müller. 

7)  Mehrere  Urnen,  Lehrer  H andre ka,  zur  Zeit  in  Tzchecheln. 

8)  1828:  1  Urne,  1  Töpfchen  mit  1  Henkel,  1  Topf  mit  2  Henkeln. 
Finder:  Grashoff;  nördlich  von  Naumburg  am  Eichdorfe;  Farbe 
bei  allen :    hellgelb  und  schwärzlich. 

9)  1830:    1  Topf  mit  2  Henkeln,  hell.     - 

Vom  Bürgermeister  K unzer  gesammelt:  1  Flintmesser,  3  Steinwaffen, 
24  Broncesachen,  2  in  Eisen. 

Yon  den  Fundstücken    hei  Naumburg   sind  von  mir  und  für  mich  etwa 
252  gezeichnet,  nämlich: 
I.  Gefässe  aus  Thon:    etwa  50  grosse  Urnen,  unter  ihnen  13  mit  Oehren, 

Oesen,    Henkeln,    1  mit  einem  Deckel  aus  eisenhaltigem  Thon;    ferner 

2  „Doppelurnen,"  2  Titthentöpfe,  2  Titthenkrüge  („Buckel-"),   32  Töpfe 

ohne  Henkel,  5()  Töpfe  (24  mit  2,  32  mit  1  Henkel),  9  Krüge,  1  Kanne, 

28  Näpfe,  18  Tassen,  9  Schalen,  2  Pokale,  4  Räuchergefässe,   1  Wirtel, 

1  Krüglein,  1  Tiegel,  1  Lampe  (?),  8  kleine  Geräthe  in  eckiger,  kantiger 

und  flachrunder  Form,  4  Perlen. 
H.  aus   Stein:    1  Flintmesser,     1    Axt    aus    Sandstein,    2    aus   Serpentin 

ein  halber  Hammer. 
IH.  aus  Bronce:    6  Kettenglieder,    1  Schlangenring,  3  Lanzenspitzen  mit 

patina,    5  Ohrringe   mit   patina,  3  grosse  Ringe,    4  Nadeln  und  Stücke, 

1   Schaftcelt. 

Nach  alten  Nachrichten  (cf.  Aelteste  Chronik  von  Naumb.  und  Schelz) 
ist  die  Gegend,  wo  jetzt  Stadt,  Schloss  und  Propstei  Naumburg  stehen,  schon 
in  der  Zeit  bewohnt  gewesen,  wo  das  Christerithum  noch  nicht  in  Schlesien 
eingeführt  war;  dieses  beweisen  die  in  der  Nähe  gefundenen  heidnischen 
Gräber.  Sie  sind  nach  Kruse' s  Budorgis  S.  63  mit  Kreisen  von  Steinen 
umsetzt  und  haben  hierin  Aehnlichkeit  mit  den  Grabstätten  der  alten 
Cymbern. 

Die  handschriftlichen  Nachrichten  beschreiben  drei  dergleichen  Begräbniss- 
plätze und  sagen  davon:  „die  eine  Grabstätte  der  alten  Cymbern  befindet 
sich  von  der  Stadt  aus  im  N.-W.,  auf  Theuerner  Grund  und  Boden,  auf 
einem  jetzt  dem  Naumburger  Bürger  Wolf  gehörigen  Besitzthume.  Der 
andere  Begräbnissort  befindet  sich  von  der  Stadt  aus  gegen  S.-O.,  über  der 
Briesnitz,  links  der  Strasse  nach  Sagan,  auf  Propsteigebiet,  der  gewesenen 
Altstadt  gegen  Osten  und  auf  einem  sandigen  Hügel." 

„Die  Entfernung  beider  Grabstätten  beträgt  beinahe  eine  halbe  Stunde. 
Jede  begreift  in  einem  steinernen  Gemache  in  der  Mitte  eine  Urne  und  um 
sie  her  die  sogenannten  Thränennäpfchen.  Die  dritte  Grabstätte  trifft  man 
von  der  Stadt  nordwärts    |  Stunde    entfernt,    nahe    der    Grünberger  Strasse, 


426  Dr.  Saalboru: 

in  einem  Kiefernwäldchen.  Sie  ist  ebenfalls  von  Steinen  gesetzt,  enthält 
aber  in  der  Mitte  keine  Urne,  sondern  ein  Gefäss,  mehr  ähnlich  unsern 
Schüsseln,  und  man  nennt  diese  letzte  Grabstätte  hier  die  wendischen 
Gräber." 

„Im  Jahre  448  sollen  sich  die  ersten  Einwohner,  die  Cymbern,  im 
Boberthale  niedergelassen  und  daselbst  angebaut  haben.  Des  Ortes  damalige 
Grösse  soll  sich  erstreckt  haben  von  der  jetzigen  Dobritz'schen  Grenze 
jenseits  der  Briesnitz  bis  diesseits  an  die  genannte  Mühlenberglähne  in 
einzeln  stehenden  Häusern  oder  Hütten.  —  Im  sechsten  Jahrhundert  sind 
die  Cymbern  von  den  Wenden,  welche  sich  hier  niederliessen,  unterjocht 
worden." 

„Ein  wendischer  Graf,  Novico  oder  Nerico,  soll  auf  einem  Hügel  die 
Burg  und  auf  dem  Berge  östlich  davon  die  Stadt  erbaut  haben,  welche  von 
Wenden  bewohnt,  und  im  Gegensatze  des  im  Boberthale  gelegnen  und 
schon  früher  bewohnten  Theiles,  die  Neustadt  genannt  wurde.  (Noch  wird 
ein  Stück  Acker,  jetzt  zur  Propstei  gehörig  und  jenseits  der  Briesnitz  ge- 
legen, die  Altstadt  genannt.)  Auch  soll  der  nämliche  Graf  eine  zweite  Burg 
auf  einem  ähnlichen  Hügel,  nördlich  von  Poydritz,  von  welchem  man  bis 
Crossen  und  Sagan  sehen  kann,  erbaut  haben,  und  dieses  soll  gleichzeitig 
mit  der  ersten  Gründung  von  Crossen  geschehen  sein." 

„989  sollen  die  Deutschen  mit  einer  grossen  Macht  über  den  Bober 
vorgedrungen  sein,  beide  Burgen  erobert,  die  Wenden  verdrängt  und  die 
Letzteren  sich  hierauf  weiter  gegen  Grünberg  zu  angebaut  haben,  welcher 
neue  Anbau  die  Wendenstadt  genannt  wurde.  Von  jenen  Wenden  sollen 
die  Gräber  herrühren,  die  man  in  neuerer  Zeit  in  dem  Kieferbusche  \  Stunde 
von  Naumburg,  entdeckt  hat,  und  da  man  im  18.  Jahrhundert  auf  einer  gegen 
Grünberg  hin  gelegenen  herrschaftlichen  Wiese,  dem  sogenannten  Hufegarten, 
eine  alte  Röhrenleitung  mit  verwittertem  Troge  gefunden  hat,  so  meint  man, 
die  Stadt  habe  früher  auf  der  Grünberger  Seite  bis  hierhin  gereicht. 

Bald  darauf  (der  Chronist  sagt:  im  Jahre  1012)  habe  ein  deutscher 
Burggraf  hier  auch  zwei  Klöster  angelegt,  das  eine  von  der  Burg  im  Nord- 
ost, das  andere  ostwärts,  nahe  beim  jetzigen  1805  erbauten  Klostervorwerke, 
und  da  sich  hier  ein  Brunnen  befindet,  der  noch  jetzt  die  Benennung  „der 
Nonnenbrunnen"  führt,  so  glaubt  man,  das  zweite  Kloster  sei  ein  Nonnen- 
kloster gewesen;  dagegen  soll  die  Bartholomäuskirche  in  der  Stadt  1117 
durch  Peter  den  Dänen  gegründet  worden  sein.  F'erner  wird  berichtet; 
1158  hätten  Polen  die  Städte  Crossen  und  Naumburg  verbrannt  und  Deutsche 
hätten  letztere  Stadt  1159  und  60  grösser  als  zuvor  erbaut,  auch  habe  man 
damals  jährlich  zu  Bartholomäi  hier  einen  grossen  und  sehr  besuchten  Markt 
gehalten,  denselben  aber  später  nach  Frankfurt  a./O.  verlegt,  und  1163  sei 
durch  eine  grosse  Boberfluth  die  bei  Naumburg  gelegne  Colonie  Schöschau 
völlig  zerstört  und  hierauf  jenseits  des  Bobers  wieder  aufgebaut  worden,  so 
wie  denn  auch  schon  früher,  999  und  1115,  grosse  Fluthen  stattgefunden 
haben  äoiien. 


Zur  prähihlorischen  Karte  des  Kreises  riorau  N.  L.  427 

34.  Nirabsch  am  Bober,  nördl.  von  Sagaa,  nicht  weit  von  der  alten 
Heerstrasse  aus  der  Lausitz  nach  Polen  (Glogau),  die  bei  Gteisitz  über 
den  Bober  führte, 

1  „Schlossberg"  (Rundwall  von  Sand).  Urnenscherben  auf  dem  Heiden- 
Kirchhofe.     Rothe  in  Nimbsch,  und  der  Todtengräber. 

35 — 36.     Petersdorf,  südöstl.  von  Sagan,  an  der  Mündung  des  Queiss. 

1)  1828  nach  Süden  viele  Urnen.     (L.  Weigel). 

2)  1853  Urnen  und  Ringe  von  Bronco,  gegenüber  den  „Buschhäusern^; 
(Vogt,  cand.  aus  Petersdorf.     Besitzer:    der  Herzog  in  Sagan), 

37.  Rohr  wiese,  östl.  von  Naumburg  am  Bober:  Urnen  und  Beigefässe, 
1  Schlaugenring  mit  Patina;    vor  1876. 

38.  Poydritz  am  Bober  nördl.  von  Naurab.  a./B,  Broncestücke, 
(Kunzer),  nördl.  von  „Schlossberg"  Sandwall  Zwischen  Poydritz  und 
Reichenau  1868:  1  Eimer  von  Bronce  mit  9  Nieten  in  1  Reihe  von  oben 
nach  unten:  darin  7  Ringe  von  Bronce,  darunter  einer  abwechselnd  von 
rechts  nach  links  gedreht  und  gekerbt.  Ferner  ein  kleiner  Ring,  2  Lanzen- 
spitzen mit  Patina,  2  halbmondförmige  Stücke  aus  Kupfer  (gesammelt  von 
Kunzer). 

39 — 41.     Popowitz  am   Bober,  südl.  von  Naumb.  am  Bober. 

1)  um  1830  und  1877  „Hünenhäuser"  zerstört  durch  Abfahren  der 
Steine,  1  Altar,  Broncenadeln  mit  Patina  (auf  der  Scheibe  gedreht, 
corinthisch!)  Perlen  von  Lehm  (in  Linsenform)  Müller.  (Vater 
und  Sohn), 

2)  vor  etwa  18  Jahren:  41  Paalstäbe  (Schaftkelt)  und  1  Hohlkelt. 
Kunzer. 

3)  1871  etwa  50  Urnen,  Broncenadeln  mit  der  Patina,  Fundstelle  nach 
Südosten  vom  Orte.  Kunzer  hat  gesammelt:  8  Perlen  von  Thoii, 
auch  1  grosse,  welche  punctirt  ist;  1  Wirtel  (1869)  von  Bronce, 
3  Nadeln,  3  Ringe,  8  Stücke  von  Nadeln  und  anderen  Schmuck- 
sachen; 15  helle,  graue,  grüne  Glasperlen  (1869);  1  Heft  aus 
Hirschhorn,   1   Knochennadel  mit  Oehr. 

42  —  50.     Sagan  am  Bober. 

1)  Alte  Nachricht  aus  der  Zeit  vor  1555  durch  Georg  Agricola, 
geboren  1490  in  Glauchau  (Sachsen),  Rektor  in  Zwickau,  Arzt  in 
Joachimsthal,  Bürgermeister  in  Chemnitz,  f  1555.  In  fine  libri  \  H. 
de  natura  fossiliiim;  cf.  Manlius  apud  HofTuiann  lil).  I.  c.  XXHI, 
S.  131.   132.   de  urnis  in  Lusatia  inferiori  effossis. 

„§  I.     Ad  Lubiuum  (Agricohx  „Libeuara"^  vocat) 

Lusatiae  inferioris  oppidum  —  —  in  terra 

reperiuntur  vasa  fictilia,  quorum  Collum 

plerumque  est  strictum,   venter  tumidus. 

Quaedam  anas  habent  singulas,  alia  l)i- 

nas,  partim  ternas,  nonnulla  operculis 


428  ^^   Saalborn: 

sunt  tecta.     Qualia  etiam  effodiuntur 

eruunturque  a  villicis  in  Silesia  ad 

Saganum,  idemque  ad  Trebnicium. 

oppidum  et  Coenobium  Divae  Hedvigis^),  sepulcrum 

celcbre. 

§  III.     Imperitum  Lusatiae,  Silesiae,  Saxoniae 

et  Poloniae  vulgus  sibi  persuadet  opinione, 

ea  vasa  intra  terram  esse  nata  et  a  natura 

forraata.  —  — 

§  IV.     Accedunt  et  superstitiones  aliae:    Trebni- 

censia  non  nisi  inter  Paschatis  et 

Peiitecostes  festa,  Saganensia  tautum  nocte 

Pentecostes  extrahi:    hae  febrientibus  mederi, 

si  poculi  loco  iis  utantur.     Re  autem 

vera  fuerunt  urnae,  in  quibus  veteres 

Germani  et  Heneti,  nondum  ad 

Christum  conversi,  cineres  mortuorum 

combustorum  condiderunt.     Si  quidem  in 

Omnibus  non  operculo  tantum  tectis,  sed 

et  aliis  cineres,  in  quibusdam 

etiam  carbones,  atque  adeo  ossa  semicrema- 

ta,  in  aliquibus  annuli,  acus,  forfices,  fibulae 

reperiuntur. 

No8^)  de  Trebnicensi  inprimis  condito- 

rio  et  similibus  sententiam    . 

nostrara  explicaviraus  peculiari 

Elegia  ad  Eustathinm 

Gnobelsdorfium. 
2)  „In  der  vor  mehreren  Jahren  (um  1830)  bei  Sagan  in  Schlesien 
gefundenen  ßrennstätte,  welche  zur  Verbrennung  der  dort  beigesetzten 
Leichen  gedient  haben  mag,  sind  die  Seitenwände  und  der  Boden, 
über  1  Fuss  stark,  roth  durchgebrannt.  Dieser  Verbrennungsplatz 
ist  5'  tief  und  hat  die  Form  eines  länglichen  Vierecks.  An  jeder 
von  dessen  schmalen  Seiten  geht  eine  Rampe  (Eingang  zur  Feuerung) 
herunter  auf  den  Boden,  welche  sowohl  zum  Heruntergehen  als 
auch  zum  Feuerzuge  gedient  haben  mag. 

(Sehn  eid  er,  Fortsetzung  der  Beschreibung  heidnischer  Begräbniss- 
plätze zu  Zilmsdorf  1853,  S.  20/21. 


1)  gest.  1243. 

2)  Manlius  1569,  gest.  1575.  —  Andere  Angaben  über  Funde  in  Schlesien  in:  Schwenk- 
feld, fossil.  Siles.;  Thomas,  Schles.  Literaturgesch.  1801,  auch  S.  241.  Mylii  Silesia 
subterranea,  Leipzig  1870,  S.  303,  Tafel  IV.  (Militsch,  Ma.ssel  etc.)  und  S.  315.  ff.  und  altern 
Angaben.  —  Job.  Christ.  Wagners  Annalen  (Manuscr.)  de  1692,  s.  Neues  Laus.  Magazin, 
Görlitz  1838,  S.  138  ff.  —  Hecht,  Bustum,  in  Mise.  Lips    Vll.  1718,  S.  158  fl.) 


Zur  prälii.stoii.'^clien   Kailc  des  Kreises  Soiau  N.  L.  .i29 

3)  Am  Koyteiche,  nördl.  von  Sagau,  um  1852  von  dem  Kandidaten 
der  Medicin  Vogt  aus  Petersdorf:  ]  Axt  von  Stein  (Besitzer:  der 
Herzog  von  Sagan).  1822:  1  Topf  mit  2  Henkeln;  Finder: 
Pfennig.  —  Leijtelt,  Gesch.  1858  S.  12,  15,  21  herichtet  über 
zahlreiche  Freunde. 

An  merk.  Von  Büsching  (vor  1821>)  soll  auch  ein  Fund  von  dem- 
selben Koyteiche  ervt'iihnt  sein. 

4)  Am  Pusch,  Vorwerke  (Buschv.)  nördl.  von  Sagan:  Urnen  vor  1856; 
sie  sollen  nach  Stettin  gesandt  sein. 

5)  Bei  Schönthal,  Colonie,  westl.  von  Sagan:  1857  viele  Urnen  (auch 
schvs'arze)  und  Nadeln,  aufbewahrt  vom  Grafen  Lüders,  damals 
Besitzer  der  „Rochusburg",  vom  Nachfolger  Rentier  Latter  mann, 
auf  derselben    1877    an    das  Königl.  Museum    in  Berlin    abgegeben. 

6)  Vor  1876:  Urnen  aus  der  Umgegend  von  Sagan  im  Besitze  des 
Kaufm.  Paulin  US  das.;  als  unbequem  bald  auf  den  Schutthaufen 
geworfen. 

7)  An  der  „heiligen  Grabkirche"  bei  Sagan;  1  grossen  Broncekelt. 
(Besitzer:    Oberstlieutenant  von  Neindorff  in  Sorau). 

8)  An  der  Bahn  nach  Glogau,  südl.  von  der  Stadt. 

9)  Am  Gückelsberge,  südöstl.  von  Sagan,  1  Opferstein;  (es  konnte 
nicht  ermittelt  werden,  ob  er  1879  noch  vorhanden  oder  in  den 
letzten  Jahren  zersprengt  und  als  Baumaterial  verwendet). 

51 — 52.     Tschiebsdorf,  südl.  von  Sagan: 

1)  vor  1840  auf  dem  „Wendenkirchhofe"  5  Thongefässe  im  blossen 
Sande. 

2)  vor  1853  Thongefässe  und  unter  den  Knochenresten  1  kleiner  Ring 
mit  1  Platte  von  Eisen,  in  der  Form  eines  Siegelringes,  aber  kleiner; 
wahrscheinlich  an  einer  Schnur  getragen  oder  vom  Schmucke  eines 
Pferdes.     Cand.  Vogt  aus  Petersdorf  und  der  Lehrer  Körner. 

53.  Wachsdorf  (Waxdorf)  nordöstl.  von  Sagan:  um  1870  Urnen 
(alle  schwärzlich),  1  Fuss  tief  im  Sande,  auch  Buckelurnen.  Lips  in  W. 
und  der  Hauptlehrer  Berchner  in  Sorau  N./L. 

54.  VVeissig,  Kr.  Krossen,  nördl.  von  Naumburg  am  Bober.  Kriebau 
gegenüber.     Etwa  122  Stücke  gefunden  1877  im  N.-W.,  N.  und  0. 

L  in  Thon:  19  Urnen  (6  mit  Oehren),  1  Doppelurne,  5  Titthenurnen, 
4  Titthentöpfe  („Buckel-"),  5  Töpfe  ohne  Henkel,  2  mit  2  Hörnern,  2  mit 
4,  und  2  mit  (?  Hörnern  (Ansätzen),  21  Töpfe  mit  1  Henkel,  3  Kannen, 
7  Näpfe,  3  Schalen,  2  Pokale,  1  Doppelbecher,  3  Gefässc  in  der  Form 
der  Fischgläser,  3  Humpen,  (>  Tassen,  6  Schälchen,  1  Tiegel,  1  Büchse, 
1  Wirtel,  1  Büchse  (zu  Nadeln  und  Perlen?)  in  Seeigelform.  2  Tlion- 
perlen.  ^ ) 

1)  Ausserdem:  1  flaches  schwärzliches  Gefäss  und  3  Stücke  eines  löffelartigen  Geräthes, 
dessen  Stiel  durchbohrt  ist  (Dr.  Jentsch  in  der  Zeitschr.  f.  Ethn.  1878,  S.  273). 

Zeitschrift   für  Ethnologie.     Jahrg.  1879.  31 


430  l^r.  Saalburii: 

II.  in  Stein:    3  Netzsteine,  1  Wirtel  (Sand),  1  Schleifstein  (Sand). 

III.  in  Bronce:    4  Nadeln,  5  Ringe,  1  Pfeilspitze,   1  Rasirmesscr  (Schab-), 
1  Meissel,  1  Hackemesser?). 

IV.  in  Eisen:    2  Pfeilspitzen  (3-  und  4  kantig). 
V.  in  Holz:    1  Perle. 

VI.  in  Hörn:    1   Stück. 

Ein  Theil  auf  „Hünen betten",  d.  i.  auf  Steinpflaster,  in  Rechtecken  mit 
Steinen  (etwa  2  Fuss    hoch)    abgethei*,    der    andere  Theil    in    Steinkasten. 

(Arbeiter:  derLehrer  Kuhlisch,  Pastor  Albrecht,  Frau  vonThiessen- 
hausen,  in  Weissig;    Präparand  Lucas  in  Guben;    Saalborn). 

55.  Zedelsdorf,  östl.  von  Naumburg  am  Bober.  Im  N,  1870:  Nadeln 
und  Ringe  von  Bronce. 

(A.  Müller  in  Naumburg  und  der  Bürgermeister  Kunzer). 

b.     Im  Süden  vom  Sorauer  Kreise: 

56.  Biehain,  südl.  von  Rothenburg:   Urnen. 

57.  Bielau,  Nieder-  südöstl.  von  Rothenburg:  Urnen  und  Bronce 
vor  1843. 

58.  Buchwalde,  südl.  von  Priebus  a.  d.  Neisse:  Urnen  und  Bronce 
vor  1843.     (cf.  Peschek,  Beiträge  1790,  S.  107). 

59.  CoUm,  südwestl.  von  Rothenburg:  Urnen  und  Broucestücke 
vor  1843. 

60.  Crebe,    westl.   von  Rotheiib.:    Urnen   und  1  Broncecelt  vor  1843. 

61.  Daubitz,  nordwestl.   von  Rothenb.:    Urnen. 

62.  Diehsa,  südwestl.  von  Rothenb.:  1  Antonin.  Pias  und  Galba, 
vor  1843. 

63.  Freiwaldau,  südl.  von  Sorau:    Bronce. 

64.  Gebeizig,  südwestL  von  Rothenb.:    Urnen,  Bronce  vor  1843. 

65.  Hai  bau,  südl.  von  Sorau,  Bahnstation:    Urnen  nordöstl. 

66.  Hänichen,  nordwestl.  von  Rothenburg:  Urnen  und  Bronce  vor  1843. 

67.  Hartmanns dorf,  an  der  Grenze  des  Sorauer  Kreises,  südl.  von 
Sorau:  Urnen,  nach  einer  alten  Nachricht  in  Worbs,  Gesell,  der  Herrsch 
Sorau,  1826,  S.  72.     Neuerdings  an  3  Stellen  westl.  von  H. 

1  Urnen  undBroncevorl843 

68.  Horka,   südsüdwestl.  von  Rothenburg:  I     j  tt        l        f   n*      T) 

69.  Horscha,  westsüdwestl.  von       „  M  /-.••.    tt        r  u  -ioao 

J  Gel nitz  Urnenfeld. ,184b. 

70.  Jahmen,  westl.  von  Rothenb.:    Urnen  und  Bronce  vor  1843. 

71 — 72.  Kübeln,  nördl.  von  Muskau,  vor  und  seit  etwa  25  Jahren 
ca.  1200  Fundstücke  in  Thon,  Bronce,  Eisen.  (Gewährsm.  Clement)  1877 
und  78  von  den  Brüdern  Clement  mehr  als  30  Stücke  in  Thon,  auch 
runde  Scheiben,  auf  dem  Opferschalen  standen,  13  in  Bronce  mit  der  Patina, 
4  in  Eisen  ausgegraben. 

73 — 74.     Kunau,  südöstl.  von  Sorau,  an  der  Grenze, 


Zur  prähistorischen  Karte  des  Kreises  Sorau  N.  L.  431 

1)  nach  Norden  18G5  vom  Förster  Scheffter  in  Liebsen:  Urnen,  1 
Sporen  (vom  Rost  zerstört),  1  ScLlangenring  mit  Patina.  Beide 
Stücke  sind  ans  Aberglauben  an  einer  andern,  nicht  mehr  bekannten 
Stelle  vergraben. 

2)  Nach  Westen  und  Osten  1875  Urnen  und  Broncenadeln  mit  Patina. 
Gewilhrsm.  Lehrer  W  ei  gel  in  Lohs  bei  Sorau. 

75 — 70.     liiebsen,  südl.  von  Sorau  an   dei-  Grenze. 

1)  Nach  Nordwesten  ISCA  vom  Förster  Scheffter  Urnen  und  Scherben, 
1   Schhmgenring  von  Bronce  in  Steinhaufen  bis  5  P^uss  tief. 

2)  Nach  Südosten  1875  vom  Förster  Scheffter  und  dem  Bahnwärter 
Teich  mann,  Urnen  und  3  Broncenadeln  mit  der  Patina. 

77.  Linda,  westl.   von  Daubitz:    Urnen  (Köhler  S.   14). 

78.  Lodenau  nördl.  von  Rothenburg:  Urnen  und  Broncestücke  vor  1843. 

79.  Moholz,  westsüdwestl.  von  Rothenburg:  Urnen  und  Bronce  von  1843. 

80.  Muskau.  Kreis  Rothenburg  a./Neisse,  die  „Königsgräber"  im 
Park  (Kralske  rowy)  um  1843  noch  vorhanden  nach  Haupt,  Sagenbuch, 
S.  278;    J.  Preusker,  Blicke  in  die   Vorzeit  III,  172. 

81.  Neundorf,  Nieder-,  südöstl,  von  Rothenburg:  Urnen  und  Bronce 
vor  1843. 

82.  Neundorf,  Ober-,  nördl.  von  Görlitz:  1  Marc.  Aurelius,  vor  1843. 

83.  Neusorge,  nördl.  von  Rothenb. :    Urnen  und  Bronce  vor  1843. 

84.  Nicolsschmi  ede,  südöstl.  von  Halbau:   1  steinerne  Axt,  vor  1843. 

85.  Petersdorf  an  der  Sorauer  Grenze,  östl.  von  Muskau;  Bronce- 
und  Eisenstücke,  nördl.  vom  Orte. 

86.  Petershayn,  westl.  von  Rothenburg:  Urnen  und  Bronce  vor  1843. 

87.  Pen  zig  an  der  Bahn  Kohlfurt  Görlitz:  1  Schanze  (Haupt, 
Sagenb.  S.  390). 

88.  Podrosche,  westl.  von  Priebus  an  der  Sorauer  Grenze:  Urnen 
vor  1843  und  Opfersteine  1878.  —  Alte  Nachricht  aus  dem  17.  Jahrhundert, 
cf.  Peschek,  Beiträge  1790,  S.  109. 

89.  Prauske,  nordwestl.  von  Rothenburg:  Urnen  und  Bronce  vor  1843. 

90.  Priebus  auf  dem  rechten  Ufer  der  Neisse,  südwestl.  von  Sorau, 
nach  Westen  1  Burgwall,  vor  1795  mit  einer  unzähligen  Menge  von  zer- 
brochenen Urnen,  Näpfen  („Asch",  in  Schlesien  „Reinel"  genannt)  und  „Kuffeu"^ 
zum  Trinken;  mit  vielen  verbrannten  Knochen  von  Menschen,  Schweinen, 
Pferden,  (an  diesen  noch  Zähne).  Nur  2  Urnen  blieben  ganz;  jede  stand 
in  einem  mit  Ziegeln  eingefassten,  viereckigen  Räume.  Der  Berg  (Sand) 
war  also  ein  Todtenhügel  (mogila).  (Nach  Worbs  Gesch.  von  Sagan  und 
Priebus  de  1795,  S.  172).  —  1  Idol  aus  Bronce,  um  1785,  (Peschek, 
Beitr.  1790,  S.  111). 

91.  Priebus,  Klein-,  nuf  dem  linken  Ufer  der  Neisse,  südl.  von 
Priebus:     Die    .,Königsgräber"  —  Kralske    rowy,     2   sehr    auffallende,    hohe 

31* 


432  Pr-  Siialhorn: 

Sandhügel   im   Bette   der   alten    Neisse;    auf  dem    2.  steht   die    Kirche    von 
Podrosche.  ^) 

92.  Reich enau,  südw.  von  Sorau,  an  der  Grenze.  Nach  Norden  vor 
1853:    Urnen,  Beigefässe,  2  Broncenadeln,  (der  Kantor  das.) 

93.  Rengersdorf,  Ober-,  südl.  v.  Rothenburg:    1  Antoninus,  vor  1843. 

94.  Rothenburg  an  der  Neisse:    Urnen  und  Bronce,  vor  1843. 

95.  Roth  Wasser,  südl.  von  Kohlfurt:    1  broncener  Celt  vor  1843. 
9G.     Saatz,    nördl.    von    Haibau    an    der    Sorauer    Grenze    und  Bahn: 

Urnen  etc. 

97.  Särichen,  südwestl.  von  Rothenburg:    Urnen  vor  1843. 

98.  Schleife,  Kr.  Rotheuburg,  v^^estl.  von  Muskau:  zwei' Rundwälle 
(auf  800  Schritte  im  Umfange),  nicht  weit  von  dem  grössten  im  Kreise 
Sorau,  dem  „Schlossberge"  im  Sablather  Luge  bei  Witzen.  '^) 

99.  S  chnell fürte  1,  südl.  von  Haibau:    1  Julia.  Dom.  vor  1843. 

100.  See,  südwestl.  von  Rothenburg:    Urnen  und  Bronce  vor  1843. 

101.  Selten,  uordöstl.  von  Priebus  a./Neisse:  mehr  als  30  Urnen, 
südwestl.  vom  Orte  um  1850. 

102.  Steinbach,  nördl.  von  Rothenburg:   Urnen  und  Bronce  vor  1843. 

103.  Spree,  südwestl.  von  Muskau:    Bronce  vor  1843. 

104.  Stenker,  südl.  von  Haibau,  Kr.   Görlitz:    dergl. 

105.  Tränke,  südwestl.  von  Priebus:    desgl.  östl.  vom  Orte. 

106.  Tschirudorf  an  der  Tschirne,  südwestl.  von  Sagan,  1868  etwa 
25  Thongefässe  im  Formsande,  auch  Nadeln  von  Kupfer  und  Bronce,  als 
„altes  Metall"  zum  Löthen  verkauft.  Kutscher  Schussig  und  Menzel; 
Gebrüder  Glöckner.  Noch  Yorrath  in  der  Erde.  Die  Herren  Glöckner 
sind  bereit,  Nachgrabungen  zu  gestatten  und  zu  unterstützen. 

107.  Wie  sau,  südl.  von  Sorau,  an  der  Grenze  des  Saganer  Kreises: 
vor  1853  südl.  vom  Orte,  nicht  weit  vom  Mordkretscham.  Besitzer:  der 
Herzog  in  Sagan. 

108.  Zibelle,  Kreis  Rothenburg  zwischen  Sorau  und  Muskau:  Urnen, 
Broncestücke. 

109.  Ziebern,  südwestl.  von  Sorau:  Urnen  am  Moderteiche.  Saal- 
born 1879). 

c.     Im  Westen  vom  Kreise  Sorau  aus. 

110.  Branitz,  Kr.  Kottbus:    Urnen  vor  1843  und  neuerdings. 

111.  Loitz,  Klein-,  nordwestlich  von  Muskau,  1  Opferstein,  („Teufels- 
stein")  in  der  Bohsdorfer  Haide,  8'  lang,  4'  breit,  kahnförmig  gestaltet,  mit 
Vertiefungen.  Die  Bohsdorfer  Haide  liegt  an  der  Grenze  der  Kreise  Sprem- 
berg  und  Sorau. 


1)  Der  3.  lingt  )^  Stunde  weiter  abwärts  bei  W^ircleck. 

2)  Dieser  in  d.  ZeitscLr.  f.  Ethn.   1878  S.  (311)  beschrieben. 


Zur  prähistoriMcLeii   Karte  des  Kreises  Soraii   N.  L.  433 

d.     Im  Norden  vom  Kreise  Sorau  aus: 
1.     Kreis  Krossen. 

112.  Sommerfeld,  nordnordwestl.  von  Sorau:  „Urnen  und  Tliränen- 
gefässe,  die  man  nicht  selten  liierlierum  ausgegraben  hat."  (Peschek, 
Beiträge  1790,  S.  4iJ). 

113.  Tre[)pelii,  Kr.  Krossen,  nördl.  von  Naumburg  am  Bober: 
„Eine  Menge  Heidenbegiäbnisse",  theils  Hügel  mit  Steinkasten  unter  Roll- 
steinen, theils  nur  im  Sande  stehend.  Die  Urnen  standen  etwa  1  Meter  tief, 
(Förster  Kiediger;    von  Zychlinsky,  vor  18()0). 

114.  Welmitz  bei  Jähusdorf,  Kr.  Krossen:  Heidnische  Begräbniss- 
stätten vor  1861  (Kiehl  und  Scheu,  Berlin  etc.,  S.  .343). 

2.     Kreis  Guben. 

115.  Amtitz.  Am  „Aratitzer  Berge"  vor  1800  und  dann  um  1830: 
Urnen,  Münzen.  (Merkel,  Erdbeschreibung;  Laus.  Magaz.  1832,  S.  7!>; 
Scheltz,  Gesammtgeschichte,  S.  3,  Dr.  Jentsch,  in  der  Zeitschr.  f.  Ethnol. 
187G  und  77). 

116.  Breslagk  bei  Guben.  Um  1770  noch  etwa  60  Hügel,  in  den 
einzelnen  30 — 60  Urnen  von  verschiedener  Form  uud  Grösse,  in  Steinkisten 
mit  Rollsteinen  bedeckt;  sämmtlich  von  weissem  Thon.  In  dem  Stifte 
Neuzelle  eine  Sammlung  von  solchen  Urnen,  Opfermessern,  Griffeln  (Nadeln?), 
heidnischen  Münzen.  (Merkel,  Erdbeschr.  1800,  VI.  S.  240,  Scheltz, 
S.  3).  —  1879  war  diese  Sammlung  daselbst  nicht  mehr  vorhanden;  auch 
wusste  man  nicht,  was  aus  ihr  geworden. 

In  Peschek's  Beiträgen  (1790,  S.  146)  hat  von  Wiedebach  einen 
Fund  beschrieben.  Er  zählte  80—90  Familienbegräbnisse,  einige  von  be- 
sonderer Grösse,  aus  Haufen  von  weit  hergeholten  Rollsteinen  bestehentl, 
Durchmesser  11 — 12  Fuss.  Der  Abt  von  Neuzelle  Hess  einige  aufgraben 
und  fand  Asche,  Kohlen,  Streithämmer,  Urnen,  Krüglein,  Zierathen.  Retten. 
Ringe,  Spitzen  von  Pfeilen,  Grabstichel,  Opfermesser,  alte  Münzen,  (zum 
Theil  Bilateraten,)  z.  Th.  Bracteaten.  Die  Ketten  waren  aus  Silber,  die 
Grabstichel  aus  Silberdraht,  die  Opfermesser  aus  einer  kupferartigen  Masse.  — 
Peschek  meint,  dass  die  Slawen  dieser  Gegend  das  Silber  aus  Böhmen 
erhalten  hätten. 

117.  Breesen,  Gr.:  1  Broncecelt  (Dr.  Jentsch  in  der  Zeitschr.  f. 
Ethn.  1877). 

118.  Bresinchen:    1   Steiuhammer,  ders.  1  .     ,  ,,  ,  /r    m    i  ...  .x 

TT  1  je  1  Schanze  (L.  M.  l.s.-;2). 

119.  riuaerose:    Urnen,  ders.  J 

120.  Goschen:    Urnen  und  Bronceüberreste,  ders. 

121.  Deulowitz:    1  Streitaxt  von  Bronce,  ders. 

122.  Döbern,  Neu-:    Urnen,  ders. 


434  Dr.  Saalbom: 

123.  Fürstenberg:  1845  und  1877:  Urnen.  (Dr.  Weiler,  das., 
Zeitschr.  f.  Ethn.  1877). 

124.  Germersdorf:    Urnen.     (Dr.  Jentsch). 

125.  Göttern:    Urnen  um  1830  (Laus.  Mag.  1832,  S.  79). 

126.  Griesen:    Urnen  (Dr.  Jentsch  in  der  Zeitschr.  f.  Ethn.   1877), 

127.  Guben,  an  4  Stellen  Urnen,  broncene  Ringe,  Nadeln,  1  Dolch, 
Eisenreste,  1  Steinkeil  (Dr.  Jentsch;    Scheltz,  S.  3). 

128.  Gubinchen:    Urnen  (Alte  Nachricht). 

129.  Haasow:  Urnen  und  Broucesacben,  1  Kinderklapper  (Dr. 
Jentsch).     1820  Urnen  (L.  Mag.  1840,  S.  66). 

130.  Kaikau,  nördl.  von  Sommerfeld:  Urnen,  broncene  Armringe 
(Krüger  und  Dr  Jentsch,  in   der  Zeitschr.  f.  Ethn.  1877,  S.  274). 

131.  Kanig,  südöstl.  von  Guben:  1  Topf  mit  2  Henkeln  (1828, 
Wilgenroth). 

132.  Krebsjauche:  1763  eine  Urne  mit  Blechmünzen  (Merkel, 
VI,  240;    Scheltz,  S.  4). 

133.  Lahmo:    Nadel  von  Bronce  (Dr.  Jentsch). 

134.  Lawitz:    Urnen,  ders. 

135.  Liebesitz:    Urnen  (Saalborn). 

136.  Lübbinchen:    Pfahlbau  und  Eisenreste  (Dr.  Jentsch). 

137.  Möbiskrug  (anno  1230:  Möanskrug).  1760  und  1799  Urnen. 
1799  auf  dem  Kirchhofe  alte  heidnische  Münzen  (Merkel  VI,  241). 

138.  Neuzelle,  ^  Stunde  vom  Orte  auf  einer  Brandstätte:  Stücke 
von  Urnen,  gebrannte  Steine,  auf  denen  Kohlen  lagen.  (Merkel,  VI,  241). 
Neuerdings  1  Streitaxt  von  Stein,  2  hart  gebraunte  Urnen  (diese  1879  noch 
im  Besitze  des  Oberkaplans  in  Neuz.) 

139.  Niemaschkleba,  Kr.  Guben:    Urnen,  Bronce  (Dr.  Jentsch), 

140.  Nimitzsch:  Urnen,  Eisen-,  Steingerilthe.  Beckmann,  Stief 
(Breslau  1704),  Grimm  Laus.  Mag.  1842,  234;  Preusker,  Blicke  1843, 
III,  45,  112,  Tab.  VI  Nr.  92  über  f;  Scheltz,  Gesammtgesch.  1847,  S.  4; 
Dr.  Jentsch).     1820  Urnen  (L.  Mag.  1840). 

141.  Oegeln:  Urnen,  Bronce,  Eisen,  1  Steinharamer,  2  „Schreck- 
steine."   (Dr.  Jentsch,  Dr.  Veckenstedt  in  der  Zeitschr.  f.  Ethn.   1877). 

142.  Ossig,  im  N.-W.  noch  Hügel  (Saalborn). 

143.  P  lesse  -  Schön  eich:    Urnen,  (Dr.  Jentsch). 

144.  Pohsen:    Urnen,  ders. 

145.  Ratzdorf:  Urnen  und  Bronce,  ders.  —  Nach  Merkel  VI, 
240  anno  1777  eine  Urne  (?)  mit  Blcchmünzen  vom  Kaiser  Otto  und 
andere  mit  dem  Johanniterkreuze  (Meissuisclie  oder  Schenkendorfischer') 
Scheltz  S.  4.  —  In  Peschek's  Beiträgen  von  1790  S.  247  referirt  von 
W 1  e  d  e  b  a  c  h  diese  Nachricht. 

146      K<'ichenbach:     Urnen   (Dr.  Jentsch). 


Zur  prähistorischen  Karle  de.«  Kreises  Sorau  N.  L.  435 

147.  Reich ersdorf:     Urnen,  2  dreitheilige  Gefässe,  1  Räuchergefäss, 

1  Vogel.     Aus  Bronce:    1  Celt  etc.     (Dr.  Jentscb).     Urnen  a.  1793. 

148.  Sadersdorf:    Urnen,  (ders.) 

149.  Schenkendorf:    Urnen,  Bronce,  Stein,  Eisen,  (ders.) 

150.  Seh  laben:  vor  1800  heidnische  Begräbnisse  (Merkel  VI,  240; 
Peschek,  Beitr.  1790.  S.  145  „unglaubliche  Menge  von  Urnen"  —  von 
Wicdebach;    Scheltz  S.  4). 

151.  Schlagsdorf:    Eisen  (Dr.  Jentsch). 

152.  Sprucke:    Urnen,  ders. 

153.  S targar d:    Urnen  fast  auf  allen  Höhen,  Bronce,   1  Stein hammor, 

2  Pfeilspitzen  von  Eisen.  1831  wurde  in  der  „Schanze"  —  Durchmesser 
100'  —  an  mehreren  Stellen  nachgegraben;  man  fand  auf  dem  Grunde  0' 
hoch  Knochen  von  grossen  und  kleinen  Thieren,  Hörner,  Urnen  (?);  im 
Innern  war  ein  Pflaster.     (Laus.  iMag.  1832  S.  78). 

154.  Strega,  im  N.-W:  Hügel  (Saalborn),  „wie  die  Düppler  Schanzen." 

155.  Taubendorf:    Urnen  um  1820  (L.  Mag.  1840). 

156.  Treppein,  Kr.  Guben,  (anno  1300  Tribule):    Urnen. 

157.  Tschernowitz-Bösgen:  Bronce  (Dr.  Jentsch).  Urnen  uml814. 

158.  Wellmitz:  Heidnische  Begräbnisse  (Merkel,  VI,  240; 
Scheltz  S.  3). 

159.  Zschiegeru:    Urnen  (L.   Magazin   1832). 


43fi  Miscellen  nml   Kiifhersrhan 


Miscellen  und  Bücherschau. 


Frit/  llommel:  Die  Namen  der  Säugethiere  bei  den  südsemitischen 
Völkern  als  Beiträge  zur  arabischen  und  äthiopischen  Lexicographie,  zur 
semitischen  Kulturforschung  und  Sprachvergleichung  und  zur  Geschichte 
der  Mittelraeerfauna.     Leipzig  1879.     J.  C.  Hinrichs.     8.  III,  472. 

Eine  ungemein  fleissige  und  inhaltreiclie  Arbeit,  die  nicht  allein  Geschichts-  und  Sprach- 
forscher, sondern  auch  Ethnologen  und  Zoologen  gleichmässig  ansprechen  muss.  Dass  die 
genaue  analytische  Bearbeitung  der  Thiernamen  in  den  alten  Kultuiceutren  des  Orientes  eine  be- 
sondere Bedeutung  für  die  oben  erwähnten  Disciplinen  gewinne,  leuchtet  wohl  jedem  Gebildeten 
ein.  Verfasser  gebietet  über  einen  unvergleichlichen  Sprachschatz  und  über  ausgedehnte 
exegetische  Kenntnisse,  welches  Alles  er  zwar  nach  strenger  Methode  aber  auch  in  sehr 
anmuthiger  Form  zu  gewähren  weiss.  Wir  empfehlen  dies  selbst  äusserlich  wohlgefällige, 
namentlich  die  fremden  Schrifttypen  in  sehr  klarer,  übersichtlicher  Weise  zeigende  Werk 
dringend  allen  sich  mit  Kulturgeschichte  beschäftigenden  Fachmännern. 


Fei.  Liebrecht:    Zur  Volkskunde.     Alte    und    neue   Aufsätze.     Heil- 
brouu  1879.     Gebr.  Henninger.  8.  522. 

Verf.  ist  uns  schon  lange  als  sehr  geschickter  und  gewissenhafter  Forscher  auf  kultur- 
geschichtlichem Gebiete  bekannt.  Seinem  scharfen  Blick  entgeht  selten  ein  irgend  wo  ver- 
steckt liegender  Gegenstand,  welcher  einen  Lichtstrahl  auf  die  Entwicklung  des  geistigen 
und  materiellen  Lebens  der  gesammten  Menschheit  zu  werfen,  geeignet  erscheint.  Li  eh- 
re cht  hat  in  diesem  Buche  ältere  und  neuere  Aufsätze  zusammengestellt  und  gewisser- 
massen  umgearbeitet,  so  dass  dieselben  ein  vielfach  anderes,  man  möchte  sagen,  solideres 
Gewand  angenommen  haben.  Zahlreiche  streng  wissenschaftlich  gehaltene  Beläge  heben  den 
Character  des  gut  geschriebenen ,   übrigens  mit  volksthümlicher  Klarheit  verfassten  Werkes. 


F.  V.  Lilienfeld:    Gedanken  über  die  Socialwissenschaft  der  Zukunft. 
4  Theile.     Die  sociale  Physiologie.     Mitau.     E.  Behre.     1879.     8.  496. 

Obgleich  wir  weder  mit  der  Methode  noch  mit  den  Schlussfolgerungen  des  Verfassers 
in  allen  Punkten  übereinstimmen,  so  müssen  wir  doch  seiner  Ausdauer  in  Beschaffung  und 
Sichtung  von  Material  die  lebhafteste  Anerkennung  zollen,  können  auch  nicht  umhin  anzu- 
nehmen, dass  der  Vokswirthschaftslehrer  vieles  für  ihn  Nützliche  finden  werde.  Selbst  der 
Ethnolog  wird  manche  Seite  dieses  ausgedehnten  Werkes  mit  Genugthuung  durchsehen. 


G.  Eckers:    Des  Greises  Erzählung.    Berlin.  E.  Staude  1880.  8.    38  S. 

Eine  freundliche  Dichtung  versöhnlichen  Wortes,  welche  in  einer  Zeit,  in  der  die  Geister 
wieder  einmal  mit  Heftigkeit  aufeinander  zu  platzen  drohen,  von  wohlmeinenden  Naturen 
\sillkommen  geheissen  werden  sollte.  Die  Ableitung  der  Chatten  von  den  Akkad  oder  Cheta 
und  so  manches  andere  hier  entwickelte  Element  der  Völkeretymologie  erscheinen  uns 
freilich  recht  sehr  gewagt.  R.  H. 


Knirk  von  Debr.  Unger  (Th.  Grirom)  in  Berlin.  Scbönebergerstr.  17a. 


—  Die  Insel  Oahu.  Finsch,  S.  320.  -  Hawaiische  Grabstätte  bei  Waimanalo,  Oahu. 
(Holzschnitte).  Finsch,  S.  .327.  —  Photographien  von  Negrito-.Schädeln  (Philippinen). 
Baer,  S.  331.  —  Angebliche  Photographie  einer  Apache  Squaw.  Stein,  Virchow, 
Hilgendorf,  S.  334.  —  Näpfchenstein  und  Kirchenmarken  in  der  Schweiz.  Virchow, 
S.  334.  —  Schalensteine  und  Kupferäxte  in  der  Schweiz.  (Taf.  XVII.,  Fig.  2  —  3  und 
Holzschnitt)  F.  Keller,  S.  335;  Gross,  Virchow,  S.  336.  —  Hünengräber  von 
Lohme  auf  Rügen.  Schöler,  S.  337;  Virchow,  S.  339.  —  Balkenverzierung  aus  Ap- 
penzell. Kollmann,  S.  340.  -  Lehmfunde  von  Posen.  Pfuhl,  Roth,  Friedel,  S. 
340.  —  Runeukalender  von  Oesel.  (Taf.  XVIII).  v.  Stein,  S.  340.  -  Thongefäss  aus 
dem  Borchelt  von  Gosmar  und  Mamrauthszähne  von  Luckau.  Behia,  S.  34'>.  —  Gräber- 
feld von  Gr.  Lichterfekle  bei  Berlin  (Holzschnitte).     Urban,  S.  342;  Virchow,  S.  346. 

—  Nubische  ethnologische  Gegenstünde.  Mantey,  S.  350.  —  Fenersteinfunde  von  Uelwan 
und  moderne  Industrie.  Mantey,  8.  361;  Reil,  S.  363.  —  Karrenfelder  und  Strudel- 
löcher mit  besonderer  Rücksicht  auf  Küdersdorf.  Sadebeck,  S.  353;  Uauchecorne, 
Orth,  Virchow,  S.  360.  —  Neue  Schriften,  S.  360. 

Sitzung  vom  15.  November  1879.  Deformirter  Schädel  von  Coati.  Künne,  S.  362.  - 
Bericht  des  Hm.  Bastian,  S.  363.  —  Geschenke  des  Hrn.  v.  Mohl,  S.  362.  —  Verein 
für  Orts-  und  Heimathskuude  zu  Altena  a.  d.  Lenne,  S.  362.  —  Böhmische  Gräberfelder. 
Pudil,  S.  362.  —  Prähistorische  Funde  von  Guben.  (Mit  Holzschnitten).  Jentsch, 
S.  366.  —  Generalversammlung  und  Ausstellung  zu  Berlin,  S.  370.  —  Funde  von  Berlin 
und  Potsdam.  (Mit  Holzschnitten\  Friedel,  S.  371.  Virchow,  S.  374,  375.  —  Grab- 
urnen von  Ober-Wilda  bei  Posten.  M.  Kuhn,  S.  376.  —  Gräberfeld  von  Slaboszewo 
(Posen)  und  Hakenringe.  (Mit  Holzschnitten.)  Schwartz,  S.  376.  —  Kirchenmarken  im 
Posenschen.  (Mit  Holzschnitt).  Schwartz,  S.  379;  Virchow,  S.  381;  Weiss,  Alfieri, 
Friedel,  S.  381;  Hart  mann,  S.  383.  —  Moderne  Stöcke  mit  Feuersteinbesatz  in  Polen. 
Schwartz,  S.  384.  —  Orang-Utan  und  Gibbons.  Virchow,  S.  384.  —  Nubier  und 
Dinka.  (Mit  Holzschnitten.)  Virchow,  S.  388:  Uartmann,  S.  395.  —  Neue  Schriften. 
S.  397. 

Sitzung  vom  20.  Dezember  1879.  Geschäfts-  und  Verwaltungsbericht,  S.  398.  -  Kassen- 
bericht, S.  405.  —  Neuwahl  des  Vorstandes,  S.  405.  -  Neue  Mitglieder,  S.  405.  —  Tod 
des  Herrn  Sadebeck,  S.  406  —  Nekrolog  des  Grafen  Sievers  (Holzschnitt),  v.  Pahleu, 
S  406;  Virchow,  S.  408.  —  Geschwänzte  Menschen  im  indischen  Archipelago.  Bastian, 
S.  412.  —  Schwanz  eines  menschlichen  Kindes.  Virchow,  S  413.  —  Reise  nach  den 
Marshall's  Inseln.  Finsch,  S.  413.  —  Academia  nacional  de  ciencias,  Cördoba,  Argen- 
tinien, S.  414.  —  Küstenlinie  des  Hellespont.  Calvert,  S.  414.  —  Messungen  an  Bari 
und  Bachopi.  Felkin,  S.  415;  Virchow,  S.  418.  —  Gräberfeld  bei  Giauen  (Amt  Peine, 
Hannover).    Müller,    S.  419.  —  Reise  nach  Lappland.     Schulz-Marienburg,  S.  419. 

—  Photographien  von  Negritos  (Philippinen).  Munoz,  S.  422;  Jagor,  S.  423; 
Virchow,  S.  424.  -  Schädel  und  Skelette,  besonders  von  Negritos  und  Igorroten  von  den 
Philippinen.  Virchow  ,  S.  426.  —  Gräberfunde  aus  Cujavien  (Holzschnitte),  v.  Erckert, 
S.  428;  Virchow,  S.  431.  —  Näpfchensteine  und  Kirchenmarken.  Virchow,  S.  436; 
Jentsch  (Holzschnitte),  S  436;  Brückner,  S.  440;  Alfieri,  S.  441;  v.  Schulen- 
burg, S.  442.  --  Thongeräthe  aus  dem  Urnenfelde  von  Müschen  im  Spreewalde  (.Holz- 
schnitte). V.  Schulenburg,  Virchow,  S.  442.  —  Nachkommen  des  wendischen  Königs 
im  Spreewalde,  v.  Schulenburg,  S.  442.  —  Muschelgcräthe  und  Muschelbeil  aus 
Gräbern  von  Barbadoes.  Virchow,  S  444.  —  Bronzefunde  von  Bennewitz,  Provinz  Sachsen, 
(Holzschnitte).  Voss,  S.  444.  —  Runengemmeu.  Voss,  S.  446.  —  Maske  von  Neu- 
Britannien.  Hollmann,  S.  446.  —  Topf  und  Mais  aus  dem  Gräberfelde  von  Madison- 
ville(Ohio).  Brühl,  S.446;  Virchow,  S.447;  Wittmack,  S  448.  -  Südamerikanische 
und  chinesische  Gegenstände.  Künne,  S.  449.  —  Nubier.  Virchow,  S.  449;  Nachtigal, 
S.  452.  —  Eingegangene  Schriften,  S.  466. 

Chronologisches  Inhalts -Verzeichniss  8.  467. 
Namen -Verzeichniss  S.  462. 
Alphabetisches  Register  S.  463. 


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1879. 


Dr.  Bastian,  Professor,  1 
Dr.  Beyrich,  Professor,  J 
Dr.  Rob.  Hartmann,  Prof.,  erster  Schriftführer 


Vorstand. 

Dr.  Rud.  Virchow,  Professor,  Vorsitzender. 

Dr.  Max  Kuhn,  zweiter  Schriftführer. 
Dr.  Alb.  Voss,  dritter  Schriftführer. 
W.  Ritter,  Banquier,  Schatzmeister. 


Stellvertreter  des 
Vorsitzenden. 


Dr.  Koner,  Professor,  Obmann, 
Dr.  F.  Jagor. 

Dr.  A.  Kuhn,  Gymnasialdirector. 
Dr.  Wetzstein,  Consul. 
Friedel,  Stadtrath. 


Ausschuss. 

Deegen,  Kammergerichtsrath. 
Dr.  G.  Fritsch,  Professor. 
Dr.  Nachtigal,  Vorsitzender  der  Gesellsch. 
für  Erdkunde. 


Ehrenmitglieder. 


Dr.  Lisch,  Geheimer  Archivrath,  Schwerin, 

Meklenburg. 
Dr.  Schott,  Prof.,  Mitglied  der  Akademie, 

Berlin. 


Don   Pedro   d'Alcantara,    Kaiser   von   Bra- 
silien. 
Caesar  Godeffroy,  Hamburg. 


9. 
10. 
11. 

12. 


Correspondirende 

Joseph  Baruai-d  Davis,  M.  D.,  F.  R.  S.,    13. 
Shelton,  Staffordshire. 

John  Beddoe,  M.  D.,  F.  R.  S.,  Clifton,   14. 
Glocestershire.  15. 

Desor,  Professor,  Neuchätel. 

Huxley,  Professor,  F.  R.  S.,  London.      16. 

Worsaae,  Kammerherr,  Kopenhagen.        17. 

Graf  UwarotF,  Präsident  der  archäolo-    18. 
gischen  Gesellschaft,  Moskau. 

Capellini,  Professor,  Bologna.  19. 

Dr.  Giiistiuiauo  Nicolucci,  Isola  di  Sora, 
Napoli.  20. 

Paolo  Mantegazza,  l'rofessor,  Florenz. 

Juan  Vilanova  y  Piera,  Madrid.  21. 

F^douard  Dupont,  Directeur    du    Musee   22. 
royal  d'liistoire  naturelle,  Bruxelles. 

Japetus  Steenstrup,  Professor,  Kopen- 
hagen. 23. 


Mitglieder. 

Sir  John  Lubbock,  Iligh  Elans,  Farn- 
borough,  Kent. 

Dr.  Philippi,  Professor,  Santiago,  Chile. 

Dr.  Julius  Haast,  F.  R.  S.,  Christchurch, 
New  Zealand. 

Dr.  med.  A.  Weissbach,  Constantinopel. 

Luigi  Calori,  Professor,  Bologna. 

Edgar  Leopold  Layard,  Britischer  Con- 
sul, Parä,  Brasilien. 

Gustav  Radde,  Director  des  transkau- 
kasischen Museums,  Tiflis. 

Riedel,  Holländischer  Resident,  Billiton 
bei  ßangka. 

Dr.  Burmeister,  Professor,  Buenos  Ayres. 

Luigi  Pigorini,  Capo  Sezione  nella  dtre- 
zione  generale  dei  Musei  e  degli 
Scavi  del  Regno,  Roma. 

Dr.  Pereira  da  Costa,  Lissabon, 
i* 


(4) 


24. 

25. 

26. 
27. 

28. 
29. 
30. 
31. 

32. 
33. 
34. 

35. 

36. 

37. 
38. 

39. 
40. 
41. 

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43. 

44. 

45. 
46. 


47. 
48. 

49. 
50. 
51. 
52. 

53. 


Dr.  Grewingk,  Professor,  Dorpat. 

von  Blaramberg,  Generallieutenant,  Se- 
wastopol. 

Augustus  W.  Franks,  M.  A.,  London. 

V.  Tschudi,  Schweizerischer  Gesandter, 
Wien. 

Dr.  Leemans,  Director,  Leiden,  Holland. 

Dr.  Hans  Hildebränd,  Stockholm. 

Dr.  Carl  Rau,  Washington,  D.  C. 

Conte  Giovanni  Gozzadini,  Senator,  Bo- 
logna. 

Oscar  Montelius,  Stockholm. 

Baron  von  Düben,  Professor,  Stockholm. 

Baron  F.  von  Müller,  Melbourne,  Au- 
stralien. 

von  Kaufmann  I.,  General,  Taschkend. 

Dr.  von  Heldreioh,  Director  des  botani- 
schen Gartens,  Athen. 

Engelhardt,  Professor,  Kopenhagen. 

Dr.  Zwingmann,  Medicinalinspector  von 
Ostsibirien,   Nikolajewsk  am  Amur. 

Dr.  med.  Rell,  Leibarzt,  Cairo, 

Dr.  med.  Sachs,  Leibarzt,  Cairo. 

Oscar  Flex,  Missionär,  Ranchi,  Nagpore, 
Ostindien. 

Dr.  A.  Stübel,  z.  Z.  in  Dresden. 

Bror  Emil  Hildebrand,  Reichsarchivar, 
Stockholm. 

A.  L.  Lorange,  Director  des  Alterthums- 
Museums,  Bergen,  Norwegen. 

Dr.  J.  R.  Aspelln,  Helsingfors,  Finnland. 

John  Evans,  F.  R.  S.,  President  of  the 
British  geological  Society,  Nash  Mills, 
Hemel  Hempsted. 

Spiegelthal,  Schwed.    Consul,   Smyrna. 

Frank  Galvert,  Consul,  Dardanellen, 
Kleinasien. 

Dr.  Kopernicki,  Krakau. 

Dr.  N.  v,Miklucho-Maclay,z.  Z.in  Sydney. 

Dalton,  Culonel,  Nagpore,  Ostindien. 

Alexander  Cunningham,  Major- General, 
Caicutta. 

Dr.  Lührsen,  Ministerresident,  Lima. 


54.  Lepkowski,  Professor,  Director  des  Ar- 

chäologischen Museums,  Krakau. 

55.  Jos.  von  Lenhossek,  Professor,  Budapest. 

56.  George    M.   Wheeler,    Lieut.    Corps    of 

Engineers,  Washington,  D.  C. 

57.  Dr.  F.  V.  Hayden,  U.  S.  Geologist  in 

Charge,  Washington,  D.  C. 

58.  J.  W.  Powell,  Major,  Washington,  D.  C. 

59.  Franz  v.  Pulszki,  Director  des  National- 

Museums,  Budapest. 

60.  Dr.  Fl.  Romer,  Professor,  Budapest. 

61.  Boyd  W.  Dawkins,  Prof.,  Manchester. 

62.  Dr.  Sessels,  Washington. 

63.  Sir  Charles  Darwin,  Down  Beckenham, 

Kent,  S.  E. 

64.  Dr.  Wenzel  Gruber,  Prof.,  St.  Peters- 

burg. 

65.  Dr.  Ornstein,  Chefarzt  der  griechischen 

Armee,  Athen. 

66.  P.    Broca,    Professor,    Generalsecretär 

der  anthropol.  Gesellschaft,  Paris. 

67.  A.  Bertrand,  Director  des  Museums  zu 

Saint  Germain  en  Laye. 

68.  Graf    Carl    Georg   Sievers,    Wenden, 

Livland. 

69.  Don    Francisco    Moreno,    Director    des 

National-Museums,  Buenos  Aires. 

70.  Dr.    Majer,    Präsident    der    Academie, 

Krakau. 

71.  Dr.  Bogdanoff,  Professor,  Moskau. 

72.  Raja    Rajendra    Lala    Mitra,    Bahädur, 

Caicutta. 

73.  Burnell,  Ph.  D.,  Tanjore,  Ostindien. 

74.  John  Shortt,  M.  D.,  Madras,  Ostindien. 

75.  Giuseppe  Ponzi,  Professor  und  Senator, 

Rom. 

76.  Dr.  Ernst,  Director  des  Nationalmuseums, 

Caracas. 

77.  F.  A.  de  Roepstorff,  Port  Blair,  Nicobaren. 

78.  Houtum-Schindler,  General  und  Telegra- 

phendirector,  Teheran. 

79.  Dr.  V.  Duhmberg,    Staatsrath,    Barnaul, 
Westsibirien. 


Ordentliclie  Mitglieder. 

1.  Abarbanell,  Dr.,  Sanitiltsrath,  Berlin.      |    6.  Adler,  Dr    med.,  Berlin 

2.  Abbot,  Dr.  med.,  Berlin. 

3.  Abeking,  Dr.  med.,  Berlin. 

4.  Achenbach,    Dr.,    Staatsmiuister,  Ober 

präbidont,  Potsdam. 


7.  Älbrecht,  P.,  Dr.,  Professor,  Königsberg. 

8.  Alfieri,  L.,  Kaufmann,  Berlin. 

9.  von  Andrian,  Freiherr,  Aussee  i/Strmk. 
10.  Appel,  Ch.,  Kaufmann,  Berlin. 


5.  Acland,  Dr.,  Professor,  F.  R.  S.,  Oxford.  1 11.  Arons,  Alb.,  Banquier,  Berlin. 


(5) 


12.  Ascherson,  P.,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

1?),  Ascherson,  F.,  Dr.  phil.,  Berlin. 

14.  Aschoff,  Dr.  med.,  Berlin. 

15.  Assmann,  Dr.  med,,    Freienwalde  a/0. 

16.  Awater,  Dr.  med.,  Berlin. 

17.  Barchewitz,  Hauptmann,  Connewitz  boi 

18.  Bardeleben,  Dr.,  (ich.  Med. -Ruth,  Berlin. 
10.  Barnewitz,    Realschullehrer,    Branden- 
burg a/H. 

20.  Bartels,  Dr.  med.,  Berlin. 

21.  Bastian,    Dr.,    Professor,    Director    der 

ethnologischen   Abtheilung   des  Kgl. 
Museums,  Berlin. 

22.  Baumann,  Kaufmann,  Berlin. 

23.  Beer,  Rittergutsbesitzer,  Berlin. 

24.  Behia,  Dr.  med.,  Luckau. 
2.').  Behmer,  Fabrikant,  Berlin. 

26.  Benda,  Dr.  med.,  Lübeck. 

27.  V.  Bennigsen,  Landesdirector,  Bennigsen 

bei  Hannover, 

28.  Berendt,  Dr.,  Professor,  Berlin. 
20.  Bergius,  Oberstlieutenant,  Berlin. 

30.  Bernhardt,  Dr.  med.,  Berlin, 

31.  Bernhardy,  Kaufmann,  Berlin. 

32.  Bertheim,  Stadtverordneter,  Berlin. 
3.).  Beuster,  Dr.  med.,  Berlin. 

34.  Beyrich,  Dr.,  Professor,  Geh.  Bergratb, 

Berlin. 

35.  Rogalla  von  Bieberstein,    Vorsteher  des 

Statist.  Bureau   d.   Niederschl.-Märk, 
Eisenbahn,  Berlin, 

36.  Biefel,  Dr.,  Oberstabsarzt,  Berlin. 

37.  Blasius,  Dr.,  Professor,  Braunschweig. 

38.  Bodinus,  Dr ,  Berlin. 

30.  V.  Boguslawski,  Dr.,  Breslau. 

40.  du  Bois-Reymond,    Dr.,    Professor,  Geh. 

Medicinal-Rath,   Berlin. 

41.  Bohr,  Dr.  med.,  Stabsarzt,  Kiel. 

42.  Börner,  P.,  Dr.,  Ober-Stabsarzt,  Berlin. 

43.  von  Brand,  Baron,  Major,  Berlin. 

44.  von  Brandt,    MinisLerresident,    Peking, 

Cliiiui. 

45.  Braun,  Dr.,  Justizrath,  Berlin. 

46.  V.  Bredow,  Kittergutsbesitzer,  Berlin. 

47.  Breslauer,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

48.  Bretschneider,  Dr..  Berlin. 
40.  Bruchmann,  Dr.  phil.,  Berlin. 

50.  Brückner  seu.,  Dr.  med.,  Neu-Brandeu- 
bure. 


51.  Buchholz,  Gustos  des  Mark.  Mus  ,  Berlin. 
52".  Budczies,  Schulvorsteher,  Berlin. 

53.  Bütow,  Geh.  Regierungsrath,  Berlin 

54.  Castan,  Besitzer  d.  Panoptikums,  Berlin. 

55.  Cochius,  Dr.,  Oberlehrer,  Berlin. 

56.  Crampe,  l)r,  Proskau  i/Schles. 

57.  Croner,  Dr.  med.,  Berlin. 

58.  Curth,  (i.,  Dr.  med.,  Berlin. 
50.  Dames,  Dr.,  Prof.,  Berlin. 

60.  Davidsohn,  IL,  Dr.  med.,  Berlin. 

61.  Davidsohn,  L.,  Dr.  med,  Berlin. 

62.  Deegen,  Kammergerichtsrath,  Berlin. 

63.  Degener,  Kaufmann,  Berlin. 

<i4.  Degener,  Kreisrichter,  Neuenburg,  West- 
preussen. 

65.  Dönitz,  Dr.,  Professor,  Tokio,  Japan. 

66.  Döring,  Dr.,  Stabsarzt,  Berlin. 

67.  Dorn,  Geh.  Justizrath,  Berlin. 

6S.  Driemel  jr.,  Fabrikbesitzer,  Guben. 
60.  Dümichen,    Dr.,    Professor,    Strassburg 

im  Eisass. 
70.  Dumont,  Dr.,  Berlin. 
7L  Dzieduczycki,  Graf,  Lemberg. 

72.  Eben,  Dr.  med.,  Berlin. 

73.  Eckardt,  Rittergutsbesitzer,  Lübbinchen 

bei  Guben. 

74.  Eggel,  Dr.  med  ,  Berlin. 

75.  Ehrenreich,  Stud.  med.,  Berlin. 

76.  Erdmann,  Gymnasiallehrer,  Züllichau. 

77.  Eschwege,  Kaufmann,  Berlin. 

78.  Eulenburg,  Dr.,  Geh.  Sanitätsrath,  Berlin. 

79.  Ewald,  J.,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

80.  Ewald,  Kirnst,   Historienmaler,  Berlin. 

81.  Ewald,  Dr.,  Privatdocent,  Berlin. 

82.  Fälligen,  Stadtgerichtsrath,  Berlin. 

83.  Falkenstein,  Dr.,  Stabsarzt,  Berlin. 

84.  Fasbender,  Dr..  Professor. 

85.  Finklenburg,  Dr.,  Geh.  Reg.-Rath,  Berlin. 

86.  Förster,  Dr.,  Berlin. 

87.  Fraas,  Dr.,  Professor,  Stuttgart. 

88.  Fränkel,  J.,  Dr.  med.,  Berlin. 

80.  Fränkel,  Beruh.,  Dr.  med.,  Berlin. 

00.  Frege,  F.,  Banquier,  Berlin 

01.  Friedel,  Stadtrath,  Beriin. 

02.  Friedländer,  Dr.,  Berlin. 

03.  Frisch,  Photograph,  Berlin. 

94.  Fritsch,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

95,  Fürstenheim,  Dr,  med.,  Berlin. 
06,  Gaede,  Marine-Ingenieur,   Berlin. 
97    Gärtner,  Consul.  Berlin, 


(ß) 


98.  von  Gagern,  Kreisrichter,  Hilchenbach. 

99.  Geim,  Banquier,  Berlin. 

100.  Gentz,  Professor,  Berlin. 

101.  Gesenius,  Stadtältester,  Berlin. 

102.  Götze,  Bürgermeister,  Wollin. 

103.  Goldschmidt,  F^eoB.  H.,  Banqnier,  Paris. 

104.  Goldschmidt,  Heinr ,  Banquier,  Berlin. 

105.  Goldschmidt,  Herrn.  B.  H.,  Banq.,  Berlin. 

106.  Goltdammer,  Dr.  med.,  Berlin. 

107.  Gosiich,  Rentier,  Berlin. 

108.  Gottschau,  Dr.  med.,  Würzbirrg. 

109.  Graupner,  Kaufmann,  Luckau. 
HO.  Grawitz,  Dr.   med.,   Berlin. 

111.  Grempier,  Dr.,  Sanitätsrath,  Breslau. 

112.  Griesbach,  Dr.  med.,  Thorn. 

113.  Grimm,  Herm.,  Professor,  Berlin. 

114.  Gubitz,  Rud.,  Notar,  Berlin. 

115.  Gubitz,  Erich,  Cand.  med.,  Berlin. 

116.  Güssfeldt,  Dr.  phil.,  Berlin. 

117.  Güterbocit,  P.,  Dr.  med.,  Berlin. 

118.  Güterbock,  L.,  Maler,  Berlin. 

1 19.  Guttstadt,  Dr.  med.,  Berlin. 

120.  Hagenbeclt,  Carl,  Hamburg. 

121.  Hahn,  (lust.,  Dr.,  Oberstabsarzt,  Berlin. 

122.  Hahn,  Dr.  med.,  Berlin. 

123.  Hansemann,  Fabrikant,  Berlin. 

124.  Harms,  L.  Heinr.,  Lübeck. 

125.  Hartmann,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

126.  V.  Haselberg,  Dr.  med.,  Berlin. 

127.  Hauchecorne,     Geh.    Ober  -  Bergrath, 

Berlin. 

128.  Heimann,  Redacteur,  Berlin. 

129.  Hermes,  0.,  Dr.,  Berlin. 

130.  Hertz,  William  D.,  London. 

131.  Herzberg,  Dr.  med,  Berlin. 

132.  Hildebrandt,  J.  M.,  z    Z.  auf  Reisen. 

133.  Hilgendorf,  Dr.  phil.,  Berlin. 

134.  Hitzig,  Dr.,  Prof.,  Burgliölzli  bei  Zürich. 

135.  Hoffmann,  Dr.,  Sanitätsrath,  Berlin. 

136.  V.  Holleben,   Ministerresident,   Monte- 

video. 

137.  Hollmann,  Stadtgerichtsrath,   Berlin. 

138.  Holtze,  Dr.,  Sanitätsrath,  Kattowitz. 

139.  Hörn  v.  d.  Hork,  Dr.,  z.  Z.  in  China. 

140.  Horwitz,  Dr.,  Uechtsanwalt,  Berlin 

141.  Houselle,  Dr.,  Geh.  Med.-Rath.  Berlin. 

142.  Huld,  Fr.,  Dr.,  Stabsarzt,  Inowrazlaw. 

143.  Humbert,  Legationsrath,  Berlin. 

144.  Jacob,  Dr.  med.,  Coburg. 

145.  Jagor,  F.,  Dr.,  Berlin. 


146.  Jahn,  Rentier,  Burg  Lenzen  a/F>lbe. 

147.  Ideler,  Dr.  med.,  Berlin. 

148.  Jentsch,  Oberlehrer,  Guben. 

149    Jetschin,  Geh.  Calculator,  Berlin. 

150.  Israel,  Dr.  med.,  Berlin. 

151.  Jürgens,  Dr.  med.,  Berlin. 

152.  Junker,  Dr.,  St.  Petersburg. 

153.  Kaiser,  Em.,  Dr.,  Privatdocent,  Berlin. 

154.  Kaiser,  Ed.,  Dr.,  Berlin. 

155.  Kersten,  Dr.  phil.,  Berlin. 

156.  Kirchhoff,  Dr.,  Professor,  Halle  a/S. 

157.  Kny,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

158.  Koch,    Dr.,    Kreisphysicus,  WolisttMii, 

Prov.  Posen. 

159.  König,  Kaufmann,   ßei'lin. 

160.  Körbin,  Dr.  med.,  Berlin. 

IGl.  Körte,  Dr.,  Geh.  Sanitätsrath,   Berlin. 

162.  Koner,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

163.  Krocker,  Dr.,  Stabsarzt,  Berlin. 
16-^.  Krüger.  Dr.  phil.,  Berlin. 

165.  Krug  v.  Nidda,  Wirkl.  Geh.  Rath,  Ober- 

Berghauptmann,  Berlin. 

166.  Kuchenbuch,  Kreisgerichtsrath,  Münche- 

berg. 

167.  Künne,  Buchhändler,  Charlottenburg. 

168.  Küster,  Dr.,  Sanitätsrath,  Berlin. 

169.  Kuhn,  A.,  Dr.,  Director,  Berlin. 

170.  Kuhn,  M.,  Dr.  phil.,  Berlin. 

171.  Kuntze,  Dr.  phil.,  Eutritzsch  b.  Leipzig. 

172.  Kunz,  Stadtrath,  Berlin. 

173.  Kunze,  Kreisbaumeister,  Saniter,  Prov. 

Posen. 

174.  Kurtz,  Dr.  phil.,  Berlin. 

175.  Kurtzwig,  Regierungsrath,  Berlin. 

176.  Lahr,   Sanitätsrath,    Schweizerhof  bei 

Zehlendorf. 

177.  Landau,  H.,  Banquier,  Berlin 
178    Landau,  Dr.  med.,  Berlin. 

179.  Landau,  W.,  Dr.  phil.,  Tarnau  i/Schles. 

180.  Lange,  Henry,  Dr.  phil.,  Berlin. 

181.  Langerhans,  Dr.  med.,  Berlin. 

182.  Lasard,  Dr.,  Berlin. 

183    Lassar,  Dr.  med.,  Berlin. 

184.  .Lazarus,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

185.  Lehmann,  Reg.  Baumeister,  Guben. 

186.  Lehnerdt,  Dr.,  Sanitätsrath,  15erliu. 

187.  Le  Coq,  v.,  Darmstadt. 

188.  Lessler,  P.,  Consul,  Dresden. 

189.  Levlnstein,  Dr.,  Geh.  Sanitätsrath,  Alt- 

Schöneberg. 


(7) 


190.  Lewin,  Dr.,  Professor,  Berlin. 
101.  Liebe,  Dr.,  Oberlehrer,  Berlin. 

192.  Liebe,  Professor,  Gera 

193.  Liebermann,     Geh.     Commerzienrath, 

Berlin. 

194.  Liebermann,  Felix,  Dr.,  Prof.,   Berlin. 
V.)f).  Liebermann,  Dr.,  Professor.  Berlin. 
190.  Liebreich,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

197.  Liepmann,  Rentier,  Berlin. 

198.  Liman,  Dr.,Prof.,Geh.Med.-Rath,  Berlin. 

199.  Loew,  Dr.,  Oberlehrer,  Berlin. 
■200.  Lossen,  Dr.  phil.,  Berlin. 

201.  Luhe,  Dr.,  Oberstabsarzt,  Stralsund. 
"202.  Mailäth,  Bela  v.,  Vicegespann,  Andras- 
falu,  Liptau,  Ungarn. 

203.  Magnus,  P.,  Dr.  phil,,   Berlin. 

204.  Manthey,  Cairo. 

205.  IMartens,  v.,  Dr.,  Professor,  Berlin. 
20().  Marthe,  Dr.,  Oberlehrer,  Berlin. 

207.  Martin,  Dr.  med.,  Berlin. 

208.  Mayer,  L.,  Dr.,  Sanitätsrath,  Berlin. 

209.  Meitzen,  Dr.,  Geh.  Reg.-Rath,  Berlin. 

210.  Mendel,  Dr.  med.,  Pankow  bei  Berlin. 

211.  Menger,  Dr.  med.,  Berlin. 

212.  Meyer,  Moritz,  Dr.,  Geh.  Sanitätsrath, 

Berlin. 

213.  Meyer,  Lothar,  Dr.  med.,  Berlin. 

214.  Meyer,  Geh.  Legatiousrath,  Berlin. 

215.  Michaelis,  Ed.,  Dr.,  Berlin. 

216.  Mohl,  V.,  Consul,  Chicago. 

217.  Montefiore,  George,  Bruxelles. 

218.  Moritz,  Adalb.,  Kaufmann,  Berlin. 

219.  Mühlenbeck,  Gutsbesitzer,  Gr.  Wachlin 

i/Pomm. 

220.  Müllenhof,  Dr.  phil.,  Berlin. 

221.  Müller,  0..  Buchhändler,  Berlin. 

222.  Munk,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

223.  Nachtigal,  Dr.,  Berlin. 

224.  Neindorff,  v.,  Oberstlieutenant,  Sorau. 

225.  Neumann,  G.,  Kaufmann,  Guben. 
22G.  Neumayer,  Dr.,  Professor,  Wirkl.  Ad- 

miralitätsrath,  Hamburg. 

227.  Niendorff,  Stadtrichter,  Berlin. 

228.  Oelsner  Fr.,  Amsterdam. 

229.  Orth,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

230.  Orth,  Dr.,  Professor,  Göttingen. 

231.  Paetel,  Stadtverordneter,  Berlin. 

232.  Paetsch,  Dr.,  Berlin, 

233.  Parey,   Buchhändler,  Berlin. 

234.  Pauli,  Dr.,  Depart.-Thierarzt,  Berlin. 


!  235.  Peipers,  Dr.,  Stabsarzt,  Kiel. 
i236.  PetrI,  Dr.,  Berlin. 
'  237.  Pfuhl,  Realschullehrer,  Rawitsch. 
;  238.  La  Pierre,  Dr.,  Sanitätsrath,  Berlin. 

239.  Pippow,  Dr.  med.,  Berlin. 

240.  Plessner,  Dr.,  Berlin. 

241.  Ponfik,  Dr.,  Professor,  Breslau. 

242.  Pringsheim,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

243.  Prollius,  v.,  M.,  Meklenburgischer  Ge- 

sandter, Berlin. 

244.  Prümm,  Kaufmann,  Berlin. 

245.  Puchstein,  Dr.  med.,  Berlin. 

246.  Rabenau,  Oeoonom,  Vetschau, 

247.  RabI  -  Rückhard  ,     Dr.,    Oberstabsarzt, 

Berlin. 

248.  von  Radowitz,  Gesandter,  Athen. 

249.  Raschkow,  Dr.  med.,  Berlin. 

250.  Ravene,    L.,    Geh.    Commerzienrath, 

Berlin. 

251.  Reichenheim,  Ferd.,  Berlin. 

252.  Reichert,  Prof.,  Geh.  Med.-Rath,  Berlin. 

253.  Reichert,  Apotheker,  Berlin 

254    Reinhardt,  Dr.,  Oberlehrer,  Berlin. 

255.  Reiss,  W.,  Dr.,  Berlin. 

256.  Reiss.  Uhrenfabrikant,  Berlin. 

257.  Richter,  Banquier,  Berlin. 

258.  Rieck,  Dr.  med.,  Küpnick  bei  Berlin. 

259.  Riedel,  Kaufmann,  Alt-Döberu. 

260.  Ritter,   Banquier,   Berlin. 

261.  Robel,  Dr.  phil.,  Berlin. 

262.  Rocholl,  Stadtrichter,  Berlin. 

263.  Rolofr,  Dr.,  Geh.  Reg -Rath,  Berlin. 

264.  Rosenberg,  Stadtgerichtsrath,  Berlin. 

265.  Rosenthal,  Dr.  med.,  Berlin. 

266.  Roth,  Dr.,  Generalarzt,  Dresden. 

267.  Runge,  Stadtrath,   Berlin. 

268.  Saalborn,  Dr.,  Schlossprediger,  Sorau. 

269.  Samson,  Banquier,  Berlin. 

270.  Sander,  Dr.  med.,  Berlin. 

271.  Sattler,  Dr.  med.,  Fluntern  bei  Zürich. 

272.  V.  Saurma-Jeltsch,  Baron,  Alexandrien. 

273.  Schaal,  Maler,  Berlin. 

274.  Scheibler,  Dr.  med.,  Berlin. 

275.  Scherk,  Dr.  med.,  Berlin. 

276.  Schillmann,  Dr.,  Stadt-Schulinspector, 

Berlin. 

277.  Schlesinger,  Rentier,  Berlin. 

278.  Schmidt.  Emil,  Dr..  Essen  a.  d.  Ruhr. 

279.  Schmidt,  Jos.,  Kaufmann,   Berlin. 

280.  Sohmldt,  F.  W.,  Fabrikbesitzer,  Guben. 


(8) 


281, 
282, 
283. 
284. 
285. 
286. 
287. 
288. 
289. 

290. 
•291. 
292. 
293. 
294. 

295. 


296. 
297. 
29S. 
299. 
300. 

301. 
302. 
303. 
304. 
305. 
300. 


307. 

308. 
309. 

310. 
311. 
312. 
31:;. 

314. 


Schneitier,  C,  Dr.,  Berlin. 

Schobert,  Schulvorsteher,  Berlin. 

Schöler,  Dr.,  Privatdocent,  Berlin. 

Schönlank,  W.,  Kaufmann,  Berlin. 

Schubert,  Kaufmann.  Berlin. 

Schütze,  Acad.  Künstler,  Berlin. 

Schultze,  Ose,  Dr.  med.,  Berlin. 

Schütz,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

Schwartz,  W  ,  Gymnasial  -  Director, 
Posen. 

Schwarzer,  Dr.,  Zilmsdorf,  Kr.  Sorau. 

Schweinfurth,  Dr.,  Cairo. 

Schwerin,  Ernst,  Dr.  med.,  Berlin. 

Seemann,  Dr.  med.,  Berlin. 

V.  Siebold,  Alexander  Freiherr,  Tokio, 
Japan. 

V.  Siebold,  Heinrich,  Attache  d.  K.  K. 
Oesterreichischen  Gesaudtsch.,  To- 
kio, Japan. 

Siegmund,  Dr.  med.,  Berlin. 

Siehe,  Dr.  med.,  Calau. 

Siemens,  W.,  Dr.,  Berlin. 

Simon.  0.,  Kaufmann,  Bunzlau. 

Sierakowslti ,  Graf,  Dr.  jur.,  Waplitz 
bei  Altmark,  Westpreussen. 

Steinthal,  Leop.,  Banquier,  Berlin. 

Steinthal,  Dr.,  Professor,  Berlin 

Strauch,  Captain-Lieutenant,  Kiel. 

Strecker,  Kreissekretär,  Soldin. 

Stricker,  Verlagsbuchhändler,  Berlin. 

Struck,  Dr.,  Director  des  Reichs-Ge- 
suudheits-Amtes,  Geh.  Reg. -Rath, 
Berlin. 

TepluchofF,  A.,  Gubernial  -  Secretär, 
iljiiibk,  Gouv.  Perm,  Russland. 

Teschendorf,  Portraitmaler,  Berlin. 

Tesmar,  Rittergutsbesitzer,  Eichen- 
hagen, Prov.  Posen. 

Thiele,  Kreisrichter,  Soldin. 

Thorner,  Dr.  med.,  Berlin. 

Thunig,    Domänenpächter,    Kaiserhof. 

Tiedemann,  Rittergutsbesitzer,  Siabo- 
scliewo  bei  Mogilno. 

Timann,  Dr.  med.,  Berlin. 


315.  V.    Transehe  -  Roseneck,  Schwanenburg 

bei  Riga. 

316.  Trautmann,    Dr.  med.,    Oberstabsarzt, 

Berlin. 

317.  Treichel,  Rittergutsbesitzer,  Hoch-Pal- 

leschken,  Westpreussen. 

318.  Tuckermann,  Alf.,  Dr.,  New-York. 

319.  Umlauft,  J.  F.  G.,  Hamburg. 

320.  Urbahn,  Tabaksfabrikant,  Berlin. 

321.  V.  Unruhe-Bomst,    Freiherr,    Landrath, 

Wollsteiu,  Prov.  Posen. 

322.  Veckenstedt,  Dr.,  Cottbus. 

323.  Veit,  Dr.,  Geh.  Sanitätsrath,  Berlin. 

324.  Virchow,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

325.  Voigtmann,  Carl,  Baumeister,  Guben. 

326.  Vorländer,  Fabrikant,  Dresden. 

327.  Voss,  Dr.  med.,  Directorial -Assistent 

am  ethnol.  Museum,  Berlin. 

328.  Wankel,  Dr.,  Blansko  bei  Brunn. 

329.  Wattenbach,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

330.  Wegscheider,    Dr.,    Geb.  Sanitätsrath, 

Berlin. 

331.  Weiss,  H.,  Professor,  Berlin. 

332.  Weiss,  Guido,  Dr.,  Berlin. 

333.  Weisbach,  Dr.,  Stabsarzt,  Wriezen  a/O. 

334.  Werner,  Dr.  med,,  Berlin. 

335.  Werner,  Pastor  Primarius,  Guben. 

336.  Westphal,  Dr.,  Professor,  Berlin. 

337.  Wetzstein,  Dr.,  Consul,  Berlin. 

338.  Wilsky,    Director,    Rummelsburg   bei 

Berlin. 

339.  Witt,  Gutsbesitzer,  Charlottenburg. 

340.  Wittmak,  Dr.  phil,,  Berlin. 

341.  Woldt,  Schriftsteller,  Berlin, 

342.  Wolff,  Alex.,  Stadtrath,  Berlin. 

343.  Wolff,  Max,  Dr.  med,  Berlin. 

344.  Wredow,  Professor,  Berlin. 

345.  Wutzer,  Dr.  med.,  Berlin. 

346.  Zierold,  Rittergutsbesitzer,  Mietzelfelde 

bei  Soldin. 

347.  Zimmermann,  Dr.,  Rechtsanwalt,  Berlin. 

348.  Zimmern,  Dr.,  Stabsarzt,  Berlin. 

349.  Zuelzer,  Dr.,  Privatdocent,  Berlin. 

350.  Zwicke,  Dr.,  Stabsarzt,  Berlin. 


Ausserordentliche  Sitzuiif?   am    11.  Januar    1879 
im  neuen  (iobäude  der  Bergakademie. 

Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Neue  Mitglieder: 

Akademischer  Künstler  A.  Schütze,   Berlin. 

Gymnasiallehrer  Erdmann,  Züllichau. 

Baron  von  Brand,  Berlin. 

Ulrich  Castan,  Besitzer  des  Panoptikums,  Berlin. 

Stabsarzt  Dr.  Zimmern,  Berlin. 

Tabaksfabrikant  ürbahn,  Berlin. 

Zum  correspondirenden  Mitgliede  ist  ernannt: 

Hr.  Dr.  Otto  von  Duhmberg,    Staatsrath    und   (Jeneralinspector    des 
Medicinal Wesens  zu  Barnaul,  Altai. 

Hr.  Dr.  Ernst  zu  Caracas  dankt  für  seine  Ernennung  zum  correspondirenden 
Mitgliede. 

(2)  Hr.  Graf  Sievers  hat  Hrn.  Virchow  eine  Sammlung  von  17  Schädeln, 
vorwiegend  dem  Lettischen  Stamme  angehörig,  in  ausgezeichnet  guter  Verpackung, 
sowie  eine  Reihe  von  Photographien  über  Ausgrabungen,  welche  neue  archäo- 
logische Resultate  ergeben  haben,  gesandt.  Sobald  der  genauere  Bericht  einge- 
gangen sein  wird,  soll  darüber  weitere  Mitlheilung  erfolgen. 

(3)  Hr.  Virchow  zeigt  einen  ihm  von  Hrn  Ferd.  Römer  in  Breslau  über- 
sendeten 

Schädel  aus  der  Knochenhöhle  von  Gorenice  bei  Ojcow  (Polen). 
(,Hier/.ii   Tat'.   IV.) 

Die  betreffenden  Erläuterungen  aus  dem  begleitenden  Briefe  des  Hrn.  Römer 
lauten  folgendermaasseu : 

„Ich  habe  mich  in  diesem  Sommer  mit  der  Ausbeutung  gewisser  Knochenhöhlen  bei 
Ojcow  in  Russisch  Polen  beschäftigt  und  ein  sehr  grosses  Material  von  fossilen  Knochen 
und  von  prähistorischen  anthropologischen  Gegenständen  (verarbeiteten  Feuersteinen, 
geschnitzten  unil  durchbohrten  Eberzähnen,  Borusteiu-Perlen  u.  s.  w.)  für  unser 
Museum    zusammengebrachte     Von  Thierea    habe    ich    aus    den  Höhlen  namentlich 


(10) 

folgende  Arten  bestimmt:  ürsus  spelaeus  (vollständige  Schädel,  alle  anderen 
Theile  des  Skelets,  über  1000  Eckzähne),  Hyaena  spelaea,  Felis  spelaea  (schön 
erhaltene  Unterkiefer),  Wolf,  Fuchs,  Canis  lagopus,  Pferd,  Elephas  primigenius, 
Rhinoceros  tichorhinus  und  Renthier  (zahlreiche  Geweihe). 

„Meuscbliche  Knochen  wurden  in  den  meisten  Höhlen,  vollständige  Schädel  in 
zwei  Höhlen  gefunden.  Ich  habe  sechs  fast  vollständige  Schädel  ziif  ammengebracht. 
Da  ich  mir  selbst  in  der  Beurtheilung  des  anthropologischen  Werthfs  dieser  Schädel 
durchaus  kein  ürtheil  zutrauen  kann,  so  erlaube  ich  mir  Sie  um  ein  gefälliges 
ürtheil  übei  einen  dieser  Schädel  zu  bitten  und  nehme  mir  die  Freiheit  denselben 
gleichzeitig  mit  diesem  Briefe  au  Sie  abzuschicken.  Drei  der  übrigen  Schädel  sind 
ganz  ähnlich  wie  dieser  gestaltet.  Die  zwei  anderen  scheinen  mir  der  typischen 
deutschen  Schädelform  näher  zu  stehen.  Die  Schädel  sind  ziemlich  tief  in  dem 
Boden  der  Höhle  gefunden,  zusammen  mit  altem  Töpfergeschirr.  Das  Zusammen - 
vorkommen  genau  in  derselben  Schicht  mit  Knochen  ausgestor- 
bener Thierarten  kann  ich  nicht  sicher  behaupten,  da  ich  bei  der  Aus- 
grabung gerade  der  Schädel  nicht  anwesend  war.  Sie  haben,  wie  ich  aus  der 
Schrift  des  Grafen  Zawisza  "ersehe,  schon  früher  einmal  einen  Schädel  aus  einer 
dieser  Höhlen  bestimmt." 
Hr.  Virchow: 

In  der  Sitzung  vom  6.  December  1873  (Verh.  S.  192.  Zeitschr.  für  Ethnol. 
Bd.  V.)  habe  ich  die  mir  vom  Grafen  Zawisza  übergebenen  menschlichen  üeber- 
reste  aus  den  Krakauer  Knochenhöhlen  vorgelegt.  Zwei  derselben  waren  aus  der 
Höhle  von  Wierszchow.  Obwohl  Graf  Zawisza  dieselben  in  das  Zeitalter  des 
polirten  Steins  zurück  zu  datiren  geneigt  war,  so  schien  es  mir  doch  wahrschein- 
licher, dass  sie  verhältnissmässig  jung  und  vielleicht  slavischer  Herkunft  seien. 

Ob  eine  der  von  Hrn.  Römer  ausgebeuteten  Höhlen  mit  den  oben  erwähnten 
identisch  ist,  erscheint  zweifelhaft.  Er  bezeichnet  die  eine  in  einem  Vortrage  vom 
24.  April  1878  in  der  Schlesischen  Gesellschaft  für  vaterländische  Cultur  als  die 
von  Wierzbanowice,  südlich  von  Olkusz  in  Polen,  giebt  jedoch  au,  dass  sie  sämmt- 
lich  zwischen  Olkusz  und  Ojcow  gelegen  seien.  Auf  dem  mir  übersendeten  Schädel 
steht  der  Name  Gorenice,  und  es  darf  daher  wohl  angenommen  werden,  dass  es 
sich  um  eine  andere,  wenngleich  benachbarte  Höhle  handelt. 

Wie  sich  aus  dem  Briefe  des  Hrn.  Römer  ergiebt,  so  ist  die  Fundstelle  selbst 
nicht  ganz  sicher  bestimmt.  Die  tiefe  Lage  ist  an  sich  nicht  entscheidend,  da  die 
Möglichkeit  nicht  bestritten  werden  kann,  dass  lange  nach  der  Ablagerung  der 
älteren  Schichten  menschliche  Leichen  in  dieselben  eingesenkt  und  begraben  wor- 
den sind.  Ich  erinnere  in  dieser  Beziehung  an  meine  eigenen  Erfahrungen  von 
dem  Rinnekaln  in  Livland  (Sitzung  vom  20.  October  1877.  S.  407.  Zeitschr.  für 
Ethnol.  Bd.  IX.)  und  an  meine  Erörterungen  über  die  Skeletfunde  aus  der  Bären- 
höhle von  Aggtelek  in  Ober-Ungarn  (Sitzung  vom  21.  Juli  1877.  S.  310.  Eben- 
daselbst). Es  bedarf  unzweifelhaft  der  allergenauesten  Feststellung  nicht  bloss  des 
Fundlagers,  sondern  auch  des  Verhaltens  der  dasselbe  bedeckenden  Schichten,  um 
darüber  entscheiden  zu  können,  ob  die  Skelette  jünger  oder  älter  sind. 

Das  ganze  Verhalten  des  mir  übersendeten  Schädels  spricht  gegen  das  hohe 
Alter.  Er  hat  eigentlich  nichts  im  engeren  Sinne  Fossiles  an  sich.  Er  ist  nicht 
nur  im  Ganzen  gut  erhalten,  sondern  er  erscheint  auch  in  seinen  einzelnen  Theilen 
mehr  recent.  Seine  sehr  glatte,  dichte  Oberfläche,  der  gute  Zusammenhalt  der 
einzelnen  Knocheuschichten,  der  Mangel  des  „Kiebens  an  der  Zunge",  die  feste, 
aber    nicht    schwere  Beschaffenheit    sprechen    durchaus    für  eine  der  jüngeren  Zeit 


Ol) 

angehörige    Bestattung.      Einige    Dendriten    an    der    linken    Seite   beweisen    nichts 
gegen  eine  solche  Annahme.     Rechts  ist  die  Färbung  im  Ganzen  mehr  bräunlich. 

Obwohl  ich  von  den  früher  untersuchten  Schädeln  leider  keine  Zeichnung  habe 
antortigiMi  lassen  um!  obwohl  ioli  daher  auf  die  damals  von  mir  gegebene  Beschrei- 
liutig  zur  Vergleichung  boschränkt  bin,  so  glaube  ich  doch  aussagen  zu  dürfen,  dass 
der  jetzt  vorgelegte  Schädel  etimologisch  und  chronologisch  den  früheren  beiden 
tialiestclit.  Die  damals  genommenen  Maasse  sind  ausführlich  genug,  um  eine 
gewisse  Sicherheit  zu  gewähren.  Um  jedoch  für  die  Zukunft  einen  besseren  Anhalt 
zu  gewähren,  gebe  ich  in  Taf.  IV.  die  geometrischen,  auf  '/.t  der  natürlichen  Grösse 
reducirten  Zeichnungen  des  Schädels  von   Gorenice. 

Derselbe  gehört  einem  Weibe  in  der  Mitte  des  Lebens  an;  die  stark  abge- 
scldiffeucii  Zähne  und  die  grosse  Zahl  der  Synostosen  zeugen  dafür.  Es  findet  sich 
iioiderseits  eine  Synostose  der  Sphenofrontal-  und  der  unteren  Theile  der  Coronar- 
Nalit;  theil weise  ist  auch  die  Spbenoparictal-Naht  (iu  ihrem  vorderen  Abschnitt), 
vollständig  jederseits  die  Mastooccipital-Naht  verstrichen.  Dafür  ist  links  eine  Spur 
der  Sutura  transversa  occip.  vorhanden. 

Der  Schädel  ist  lang  und  niedrig,  mit  flacher,  hinter  der  Kranznaht  etwas  ver- 
tiefter Scheitelcurvc  und  vorspringendem  Hinterhaupt.  Die  Stirn  ist  gerade,  aber 
niedrig.  Die  Tubera  kräftig  entwickelt.  Viel  auffälliger  ist  jedoch  die  Bildung 
des  Gesichts.  Dasselbe  ist  im  Ganzen  niedrig ;  die  Augenhöhlen  höchst  charakte- 
ristisch durch  ihre  breite  und  niedrige,  zugleich  aber  tiefe  Form.  Auch  die  Nase 
ist  kurz  und  zugleich  breit,  mit  tief  eingebogenem  Rücken.  Der  Alveolarfortsatz 
des  Oberkiefers  gleichfalls  niedrig,  aber  leicht  prognath.  Der  Unterkiefer  fehlt. 
Die  Hauptmaasse  ergeben   Folgendes: 

Grösste  Länge 187  mm 

„        Breite 132     „ 

Senkrechte  Höhe 12G     „ 

Auriculare  Höhe 108     „ 

Untere  Stirnbreitc 96     r 

Temporaldurchmesser Hb     „ 

Parietal  „  120     „ 

Occipital  „  105     „ 

Mastoideal       „              (Basis)     ...     114     „ 
Auricular         „  104     „ 

Obergesichtshöhe   (Nasenwurzel  bis  Alveolarrand)     57     mm 

Gesichtsbreite  (Sut.  zygom.  maxill.) 93  ?     „ 

Höhe  der  Nase 43       „ 

Breite  der  Nasenöffnuug 24       „ 

Höhe  der  Orbita 29       „ 

Breite    „         „ 41        „ 

Zu  den  daraus  berechneten  Index-Zahlen  füge  ich  hier  sogleich,  der  Ver- 
gleichung wegen,  die  Index-Zahlen  der  beiden,  früher  von  mir  vorgelegten  Schädel 
von  Wierszchow.  Es  wird  sich  so  alsbald  die  Aelmlichkoit  und  die  (im  (ianzen 
geringe)  Verschiedenheit  ergeben, 

Gorenice.  Wierszchow. 

Q  l  Ö  11.  6 

Läugenbreiten-Index      ....     70,5  73,5  7.), 4 

Längenhöheu-       „  ....     07,3  80,4  — 

ßreiteuhöheu-       „         ....     95,4  102,3  — 


(12) 

Gorenice.  Wierszchow. 

0  T.  5  II.  (5 

Ohrhöhen-Index 57,7 

Nasen-  „ 55,8  4G  47 

Orbital-         „ 70,7  75  79,5 

Obergesichts-Index 61,2 

Leider  habe  ich  im  Jahre  1873  die  „Ohrhöhe"  und  die  Gesichtsbreite  (Distanz 
der  beiden  Suturae  zygomatico-maxillares)  noch  nicht  bestimmt  und  diese  Indices 
sind  daher  nicht  mehr  zu  ermitteln.  Im  üebrigen  habe  ich  schon  damals  hervor- 
gehoben ,  dass  die  Gesichtsbilduug  beider  Scliädel  von  Wierszchow  unter  einander 
mehr  Aehnlichkeit  darbiete,  als  die  eigentliche  Schädelbildung,  trotzdem  beide 
dolichocephal  waren. 

Jetzt  sehen  wir,  dass  der  weibliche  Schädel  von  Gorenice  noch  mehr  dolicho- 
cephal, dagegen  ungleich  niedriger  ist,  als  der  männliche  Schädel  von  Wierszchow 
Nr,  I.  Die  durchgehende  Dolichocephalie  ist  in  meinen  Augen  kein  Gegengrund 
gegen  die  slavische  Abstammung,  wie  ich  früher  wiederholt  auseinandergesetzt 
habe.  Was  das  Gesicht  betrifft,  so  ist  nicht  nur  bei  allen  dreien  eine  sehr  geringe 
Höhe  bemerklich,  sondern  vornehmlich  die  niedrige  Zahl  des  Orbitalindex  auffällig. 
Selbst  der  Wierszchow-Schädel  Nr.  IL,  obwohl  er  die  höchste  Zahl  ergiebt,  ist 
doch  weit  unter  dem  Mittel  der  meisten  europäischen  Schädel.  Die  Nase  ist  bei 
beiden  Wierszchow -Schädeln  leptorrhin,  dagegen  bei  dem  Gorenice -Schädel 
platyrrhin.  Indess  kommt  ein  solcher  Gegensatz  der  Geschlechter  öfter  vor,  und 
auch  hier  erklärt  sich  derselbe  allein  aus  der  extremen  Niedrigkeit  der  Weiber- 
uase,  während  die  Breite  der  Nasenöffnung  bei  allen  3  Schädeln  gleich  ist. 

Nicht  ohne  Interesse  ist  die  Vergleichung  mit  den  Schädeln  von  Aggtelek, 
welche  einer  Höhle  am  Südraude  des  galizisch-ungarischen  Gebirgsstockes  ent- 
stammen. Auch  hier  fanden  sich,  freilich  neben  brachy-  und  mesocephalen  Formen, 
ausgezeichnete  Dolichocephalen,  unter  welchen  letzteren  leptorrhine  und  mesorrhine 
vorkamen. 

Können  wir  es  daher  keineswegs  als  wahrscheinlich  annehmen,  dass  einer  der 
Schädel  aus  den  Höhlen  des  Ojcow- Thaies  in  die  Mammuthzeit  gehört,  so  folgt 
daraus  nichts  für  die  Frage  der  Coexistenz  des  Menschen  mit  dem  Mammuth  in 
dieser  Gegend.  Wie  Hr.  Römer  in  der  Sitzung  der  Schlesischen  Gesellschaft  am 
20.  November  1878  mittheilt,  so  hat  Graf  Zawisza  in  seiner  Gegenwart  aus  einer 
Holzkohle  führenden  Schicht  der  Mammuthhöhle  von  Wierszchow  „mehrere  schmale, 
von  den  Seiten  zusammengedrückte,  an  den  Enden  zugespitzte  Stäbe  von  lanzett- 
licher, fischähnlicher  Gestalt",  deren  grösster  1  Fuss  lang  und  1 '/s  Zoll  breit  war, 
ausgegraben.  Dieselben  bestehen  aus  Elfenbein  und  zwar,  wie  Hr.  Römer  an- 
nimmt, aus  Mamrauth-Elfenbein,  In  derselben  Schicht  fanden  sich  geschlagene 
Feuersteine  und  Knochen  vom  Reuthier,  Polarfuchs,  Mammuth  u.  s.  w. 

(4)  Hr.  Dr.  Ne bring  zu  Wolfenbüttel  berichtet  vorläufig  über  die  Resultate 
seiner  Untersuchungen  einiger  von  Hrn.  Virchow 

in  der  Balver  Höhle  gefundenen  kleinen  Thierreste. 

„Nachdem  ich  mir  die  mitgenommenen  kleinen  Thierreste  soeben  mit  Ruhe 
durchgesehen  habe,  kann  ich  Ihnen  mittheilen,  dass  die  Vogelreste  meistens  einer 
Hühnerart  angehören,  welche  mit  Lagopus  albus,  dem  sog.  Moorschneehuhn  Nord- 
russlands, identisch  oder  sehr  nahe  verwandt  ist.  Auf  dem  beiliegenden  Zettel 
steht  freilich,  es  seien  keine  Hühnerreste;   aber  dies  kann   nur  soweit  richtig  sein, 


(13) 

dass  es  koino  Reste  vnm  TTaiishuhn  seien.  Daneben  finde  ich  die  Dlna  eines  Maul- 
wurfs, den  Humenis  und  das  Feraur  eines  grossen,  alten  Frosches  und  zwei  zu- 
sammengehörige Femora,  welche  vielleicht  dem  kleinen  Wiesel,  Putorius  vulgaris, 
zukommen." 

(5)  Hr.  Künne  übersendet  folgenden  Brief  aus  Cordoba  (Argentinische  Repu- 
blik) d.  d.  4.  December. 

„Heute  sandte  ich  der  Anthropologischen  Gesellschaft  durch  Vermittlung 
der  Kaiserlichen  Minister-Residentur  in  Buenos-Aires  eine  Kiste,  enthaltend: 

1)  eine  Urne  aus  Loma-Rica  (Nr.  5  des  Liverani'schen  Albums,  das  jetzt  im 
Besitz  der  Gesellschaft). 

2)  zwei  Indianerschädel,  den  heutigen  Typus  der  niedrigen  Klassen  Argen- 
tiniens illustrirend  (Gemisch  von  Gauchos-  und  Pampas-Indianern). 

Der  erstere  ist  ein  Geschenk  von  Mr.  Faget,  prof.  et  secretaire  du  College 
national  de  Tucuman.  Da  dieser  eine  grössere  Sendung  von  Alterthümern  aus 
Catamarca  in  Aussicht  gestellt,  bitte  ich  ihm  den  Eingang  der  Urne  officiell  zu 
bescheinigen. 

Nr.  2  ist  ein  Geschenk  des  Hrn.  Weyenbergh,  Professors  der  Zoologie  an 
der  hiesigen  Universität. 

Ich  habe  bis  hierher  meine  Reise  programmässig  zurückgelegt  und  gedenke 
morgen  nach  der  Cordillere  aufzubrechen. 

Ich  habe  im  Innern  Argentiniens  viel  von  Hitze  und  Staub  zu  leiden  und  bitte 
deshalb  die  Kürze  meines  Briefes  zu  entschuldigen." 

(G)  Hr.  Saalboru  übersendet  einen  weiteren  Bericht  über  die 

Fundstätten  des  Kreises  Sorau  N.  L. 

Es  ist  mir  angenehm,  Ihnen  5  Stellen  prähistorischer  Fundstücke  und  Wohn- 
stätten,  welche  bisher  in  die  prähistorische  Karte  des  Kreises  Sorau  noch  uicht  ein- 
getragen waren,  zu  nennen. 

Dieselben  befinden  sich: 

1)  bei  Mednitz  am  Bober,  zwischen  Naumburg  a.  B.  und  Sagan, 

2)  .,  Billendorf,  N.  v.  Sorau,  in  der  Richtung  nach  Sablath, 

3)  y,  Billendorf,  „  „  „  Sommerfeld, 

4)  „  Benau  „  „  „  Reiuswalde, 
ö)  „  Köbeln  a.  d.  Neisse,  zwischen  Muskau  und  Särchen. 

Die  Fundstücke,  welche  ich,  ausgenommen  die  Urnen  von  Mednitz,  besichtigt 
habe,  bestehen: 

bei  Billendorf,  Oktober  1878  gefunden,  aus: 

7  Urnen  mit:  Deckel  und  Re&teu  des  Leicbenbiandes,    u.   A.  mit 

5  Zähneu  und  Kohlen. 
11   Krügen  (klein). 

9  Tassen  (mit  einer  sandigen  Masse,  einen  Speiserest  andeutend.) 
1   Räuchergefäss  mit  4  Seitenlöchern,  eine  braune  Sandmasse  ent- 
haltend. 
1 1   Schälchen. 

8  Fläschchen. 

4  Büchsen  (topfartig). 

5  Näpfchen. 


(14) 


1  kleinen  Scheibe  mit  1  Loch  im  Centrum. 
29  Töpfen  und  Töpfchen,  einige  mit  Graphit-Ücberzug  (?). 

in  Thon: 
1    Nadel    mit    einer    grau  -  weisslichen    Deckmasse    (verbrannt?), 

darunter  die  Patina. 
1  Knopf  mit  concent.  Ringen  verziert. 

in  Bronze: 
1  Ring,  zerbrochen,  (um  den  Daumen?    oder  Mittelfinger,)    aus 
einer  glasartigen  Masse, 

Ferner  viele  Scherben,  darunter  solche  mit  einem  karmosinrothen, 

matt  glänzendem  Anstriche. 
1  Lanzenspitze  (?)  von  Quarz  (?). 
1  Speerspitze  (?)  von  Diorit  ('?).  


86  Stück. 


2  Stück. 


1  Stück 


in  Stein:       2  Stück 


bei  ßillendorf: 
2  Töpfe,  1  Tasse, 


1  Näpfchen. 


in  Thon:       4  Stück. 


bei  Benau: 

1  Topf  mit  ausgeschweiftem  Halse  und 
1  Schälchen  als  Deckel. 


in  Thon:     2  Stück 


ii 

Köbeln : 

6 

Urnen. 

2 

Doppel-Ürnen. 

5 

Krüge. 

6  Töpfe. 

1 

Napf. 

2 

Näpfchen. 

2 

Tassen,  1 

Wirtel  (?) 

1 

Becher,  1 

Rauch  ergefäss, 

3 

keilartige 

Thonstücke. 

5 

(?)  Nadeln 

mit  Patina. 

1 

Ring  (jetzt  in  London). 

in  Thon:     30  Stück. 


in  Bronze:       6  (?)  Stck. 

Der  Finder    und  Besitzer    des  grössten   Theiles   der  Fundstücke 

von  Billendorf,  der  Hr.  Cantor  Engelmann  daselbst,  den  ich  für 

unsere  Sache  gewonnen  habe,  wird  noch  näheren  Bericht   erstatten. 

Ich  selbst    besitze  wieder  11  Urnen,   darunter   die  grösste  unter 

allen  aus  dem  hiesigen  Kreise,  ein  Riesenexemplar,  7  Töpfe, 

2  Näpfchen,  1   Tasse,  1   Schale.  

in  Thon:     22  Stück. 
2  Schlangenringe,  10  Stücke  Bronze,   1  Ring  (zerbrochen). 
2  Nadeln,  1  schöne  Spange,  1  Halsring  (gedreht). 
1   Halsring  mit  entgegengesetzt  laufendem  Gewinde. 
1         do.       mit  4G  braunen,  blauen  und   grauen  Perlen. 

in  Bronze:     10  Stück. 


(15) 

1  Goldspirale  (Goldwerth  7,50  Mk.). 

8  Gurkensteine  (Waffen?). 

1   Mahlstein,   1   grosse  Kugel  l(i  Stink. 


in  Summa  185  Stück. 
Ausserdem    besitze    ich    2    Stück   versteinerten    Ilirschhornes    mit    technischen 
Versuchen    primitivster   Form,    um   Füsse    herzustellen.      Fundort:    Grabezock    bei 
Oppeln  1809. 

Die  von  mir  ermittelten  Fundstellen  prähistorischer  Art  belaufen  sich  bis  zum 
18.  Oktober  1878  auf: 

186  im  Kreise  Sorau, 
57  am  „ 

Summa     243 
Die  Zahl   dor  Fundstücke  im   Kreise  Sorau    hat   sich  erhöht    bis   zu    derselben 
Zeit  auf 

1049  in  ThoD, 
48  in  Stein, 
163  in  Bronze, 
21  in  Eisen. 

1  in  Holz  (?), 

4  in  Glas  (?)  (incl.  46  Perlen), 

2  in  Gold. 

Summa  summarum    1288 

Die  Mehrzahl  derselben  ist  gezeichnet  und  noch  erhalten. 

Die  Sammlung  des  Bürgermeisters  Kunze  r  in  Pforten,  welche  dem  Märkischen 
Museum  vor  Kurzem  überwiesen  ist,  ist  der  Stückzahl  nach  in  der  umstehend  an- 
gegebenen Summe  mit  etwa  300  Nummern  enthalten. 

(7)  Hr.  Woldt  legt  2  Steinbeile  von  den  Samoa-Inseln  und  Photo- 
graphien von  Australiern,   dem  Museum  Godeffroy  zu  Hamburg  gehörig,  vor. 

(8)  Der  Vorsitzende  zeigt  eine  von  Herrn  Castan  in  "Wachs  geformte  Nach- 
bildung eines  pathologischen  Gehirnes,  über  das  Herr  Sauder  später  berichten 
wird. 

(9)  Hr.  Dr.  Anger  in  Elbing  hat  dem  Vorsitzenden  4  Blätter  mit  vortrefflichen 
Photographien  Elbinger  Gräberfunde  zugeschickt.  Zugleich  berichtet  er  in  einem 
Briefe  vom  2.  Januar  über  die  Resultate  seiner  fortgesetzten  Untersuchungen 

über  die  Lage  des  alten  Truso. 

Auf  allen  Ausgrabungs-Gebieten  herrscht  jetzt  winterliche  Ruhe.  Die  Fund- 
stelle auf  dem  Spittelhöfer  Felde  (Brandstelle)  wird  in  nächster  Zeit  kein  neues 
Material  liefern,  weil  die  Kiesgrabungen  daselbst  eingestellt  sind.  —  Desto  besser 
geht  es  dafür  in  der  Stadt  Elbiug  selbst.  Viele  Nachrichten  älterer  Funde  bestäti- 
gen meine  Annahme  in  Betreff  der  Lage  Trusos  durchaus.  Ich  habe  neulich  mit 
Herrn  Kendzius  in  Schidlitz  bei  Danzig,  selbst  gesprochen  und  kann  nur  sagen, 
dass  die  Aussagen  des  einfachen  und  ehrlichen  Mannes  durchaus  glaublich  sind. 
Er  hat  wirklich  ein  Steinkistengrab  in  seinem  Hause  gefunden.  Wo  aber  ein 
Grab  sich  befindet,  da  müssen  auch  noch  noch  mehrere  andere  sein,  loh  werde 
die  Keller  des  Hauses  und  auch  der  benachbarten  Häuser  untersuchen. 


(16) 

Pfahlbauten,  Knochen  und  Scherben  sind  auch  noch  an  anderen  Stellen,  sud- 
lich V(Mi  der  Altstadt,  auf  dem  sog.  Fischervorberge  gefunden  worden  Dort  hoffe 
ich  mit  verhältuissmässig  leichter  Mühe  Tiefgrabungen  vornehmen  zu  können. 
Bis  dahin  hat  der  Drausensee  sich  ganz  sicherlich  erstreckt.  Freilich  muss  ich 
überall  bis  auf  10  Fuss  hinabsteigen. 

Im  Laufe  der  Jahre  wird  es  mir  hoffentlich  gelingen,  den  Nachweiss  bis  zur 
Evidenz  zu  führen,  dass  Elbing  auf  der  Stelle  gebaut  worden  ist,  wo  einst 
Truso  lag. 

(10)  Der  deutsche  Gesandte  in  Peking,  Herr  v.  Brandt,  der  leider  noch 
immer  durch  schwere  Erkrankung  gehindert  ist,  die  Gesellschaft  zu  besuchen, 
übersendet 

Photographien  wilder  Stämme  in  Cambodja, 

nehmlich  1.  ein  Blatt  mit  4  Chams, 

2.  ein  anderes  mit  Hiengs 

3.  zwei  Frauen  und  ein  Mann  von  den  Thpongs. 

(11)  Hr.  v.  Brandt  berichtet  ferner,  unter  Beigabe  verschiedener,  vou  ihm 
angefertigter  Zeichnungen, 

über  die  Steinwerl<zeuge  Japans  und  über  verschiedene,  in  der  Sammlung  der  Deutschen 
Geseilschaft  für  die  Kunde  Ostasiens  befindliche  Alterthümer. 

Die  Sammlungen  der  Deutschen  Gesellschaft  für  die  Natur-  und  Völkerkunde 
Ostasiens  in  Yeddo  sind  in  den  Besitz  des  ethnologischen  Museums  in  Leipzig 
übergegangen  und  werden  daher  voraussichtlich  in  nicht  zu  langer  Zeit  eingehen- 
deren Forschungen  zugänglich  werden,  als  dies  der  Natur  der  Sache  nach  in  Japan 
möglich  sein  konnte,  wo  es  namentlich  an  allem  sich  zur  Vergleichung  eignenden 
Material  fehlte. 

Unter  diesen  Umständen  dürfte  es  vielleicht  an  der  Zeit  sein,  die  Aufmerk- 
samkeit auf  die  nicht  unbedeutende  Anzahl  japanischer  Alterthümer  zu  lenken, 
welche  zu  den  Sammlungen  der  Gesellschaft  gehören.  Abgesehen  von  den  Kuda- 
tama  und  Mangatama,  den  versilberten  und  vergoldeten,  d.  h.  mit  Silber  oder  Gold- 
blech beschlagenen  kupfernen  Ringen,  und  den  Thongefässen,  befindet  sich  unter 
diesen  Gegenständen  auch  eine  grössere  Anzahl  von  Steinwaffen,  welche  ganz  be- 
sonderes Interesse  verdienen  dürften. 

Bis  zu  welcher  Zeit  man  sich  in  Japan  der  Steinwaffen,  namentlich  der  Pfeil- 
spitzen und  Beile,  bediente,  ist  schwer  zu  entscheiden.  Obgleich  manche  Angaben, 
namentlich  des  Siok  Nihon  Koki,  welches  die  Zeit  von  833  —  850,  und  des  Sau  dai 
djitnu  roku,  welches  die  von  ,858  —  887  umfasst  und  901  herausgegeben  wurde, 
steinerne  Pfeilspitzen  schon  als  etwas  Unbekanntes  und  als  „Waffen  der  Götter" 
erwähnen,  möchte  es  doch  wohl  am  richtigsten  sein,  anzunehmen,  dass  der  Gebrauch 
von  Steinwaffen  in  den  mittleren  und  westlichen  Provinzen  wenigstens  theilweise 
bis  zum  8.  oder  9.  Jahrhundert  gedauert  habe,  während  er  sich  im  Norden  noch 
viel  länger  erhalten  hat. 

In  Shendai  wurden  noch  vor  wenigen  Jahren  steinerne  Pfeilspitzen  angefertigt, 
während  die  Ainos  auf  Yesso  alle  Metallgegenstände,  wie  Säbel  und  Messerklingen 
u.  s.  w.,  noch  heute  von  den  Japanesen  erhalten  und  Rohr,  Holz  und  Knochen  zu 
Pfeilspitzen  verwenden  und  Steinäxte  und  Hämmer  gebrauchen. 

Ueber  die  Fundorte    der  Steinwaffen    ist  wenig  bekannt;   die  gewöhnlich  sehr 


(17) 

oberflächlichen  Angaben,  anch  das  von  Si  el)old  benutzte  Dnkonshi  ist  nicht  genauer, 
weisen  auf  alte  Tempelgrundstiicke,  Jierge,  Bergstürze,  Klussdäniine  u.  s.  w.  hin. 
Die  Bezeichnung  „in  einem  Grabe  gefunden"  ist  mir  bei  Waffen  nicht  vorgekommen, 
während  sie  bei  alten  Thongefässen  sich  sehr  häutig  findet;  es  mag  dies  aber  Zufall 
sein,  und  wäre  es  jedenfalls  voreilig  daraus  den  Schiuss  zu  ziehen,  dass  solche  (legen- 
stände  den  Todten   überhaupt  nicht  mitgegeben  wurden. 

Was  die  Formen  der  Stein wafton  anbetritt't,  so  ähneln  dieselben  in  vielen 
Beziehungen  den  auch  an  anderen  Orten  gefundenen  und  sind  auf  Tafel  I.  und  II. 
eine  Anzahl  Abbildungen  aus  dem  Unkoushi ,  auf  111.  und  IV.  aus  der  Samndung 
der  Ostasiatischen  Gesellschaft  zusammengestellt. 

Pfeilspitzen:  Yadjiri  ishi  oder  Yanone  ishi  genannt.  Nach  Japanischen 
Angaben  ziemlich  häufig,  3  oder  4  bis  10  Sun  lang  (1  Sun  -  3,03  cai),  von  schwar- 
zer, grüner  oder  grauer  Farbe;  sie  werden  als  Amulette  gegen  Verwundung,  Fieber 
und  den  Einfluss  böser  Geister  hochgeschätzt,  darum  von  Kindern  in  einem  Beutel- 
chen um  den  Hals,  von  Männern  als  Verzierung,  Menuki,  am  Schwertgriff  ge- 
tragen. Der  Verfasser  des  ünkonshi  erklärt  sehr  richtig,  dass  diese  Pfeilspitzen 
weder  ein  Werk  der  Götter  noch  der  Natur  seien,  sondern  auf  einer  sehr  niedrigen 
Kulturstufe  stehenden  Menschen  zugeschrieben  werden  müssten.  Dagegen  lassen 
die  im  ünkonshi  befindlichen  sehr  verkleinerten  Zeichnungen,  Taf.  IL,  Fig.  1»; — 30, 
den  Verdacht  aufkommen,  dass  die  betreffenden  Gegenstände  säramtlich  spätere 
Nachahmungen  metallener  Pfeilspitzen  seien,  wenigstens  ähneln  sie  denselben  in 
der  Form  in  auffallender  Weise  und  zeigen  keine  der  gewöhnlichen  charakteristischen 
Kennzeichen  der  Steinwaffen.  Die  der  Sammlung  der  Ostasiatischen  Gesellschaft 
entnommenen,  Tafel  III,  5 — 30,  welche  in  natürlicher  Grösse  wiedergegeben  sind, 
zeigen  dagegen,  dass  auch  die  Japanischen  Pfeilspitzen  sich  weder  in  der  Form 
noch  in  der  Grösse  wesentlich  von  den  in  anderen  Ländern  gefundenen  unter- 
scheiden. Die  dreieckige  Form,  HL,  5  —  9,  ist  sehr  häutig,  ebenso  die  unter  III., 
19 — 25,  aufgeführte,  welche  sich  durch  unverhältuissmässige  Dicke  in  der  Mitte, 
plumpe  Form  und  gewöhnlich  rohe  Arbeit  unyortbeilhaft  auszeichnet;  III.,  iü,  ist 
eine  sehr  sorgfältig  gearbeitete  Spitze  in  Blattform  mit  einem  Ansatz  zur  Befesti- 
gung; III.,  30,  ein  schönes,  au  der  Spitze  abgebrochenes  Exemplar  von  schwarzem 
Obsidian,  dessen  scharf  ausgezackte  Ränder  fast  die  Verinuthung  aufkommen  lassen 
könnten,  dass  man  es  mit  einer  Säge  zu  thuu  hat,  wenn  nicht  namentlich  die 
durch  den  Ansatz  angedeutete  Art  der  Befestigung  mehr  auf  eine  Pfeilspitze 
deuteten. 

Ueber  das  Material,  aus  dem  die  Spitzen  bestehen,  muss  ich  mich  als  Laie 
jeder  Aeusserung  enthalten.     Feuerstein  scheint  vorzuwalten. 

Die  auf  Tafel  IV.,  1—3,  5,  6  und  8,  in  natürlicher  Grösse  abgebildeten  Spitzen 
scheinen  eher  zur  Befestigung  an  Lanzen  als  an  die  leichteren  Pfeile  bestimmt  ge- 
wesen zu  sein. 

Tengu  no  meshigai,  Speiselöffel  des  Tengu  (Tengu,  der  himmlische  Hund 
d.  h.  die  Persouitication  der  mit  Geräusch  fallenden  Meteorsteine,  mit  Gavuda  der 
Hindumythülogie  identisch;  alt  Japanisch  werden  die  Aerolithen  himmlische  Füchse, 
Amatsu  kitsune  genannt).  Die  sogenannten  Speiselöffel  des  Tengu,  heisst  es  im 
Ünkonshi  fAbth.  IL  Bd.  5),  sind  eine  Art  Pfeilspitzen,  die  Form  der  einzelnen 
ist  fast  gleich  und  wenig  von  einander  verschieden,  sie  sind  meistens  flach  und 
dünn,  und  von  grüner,  schwarzer,  rother  und  violetter  Farbe;  sie  sind  mit  Stein- 
äxten, Pfeilspitzen,  Mangatama  und  ähnlichen  Sachen  zugleich  ausgegraben  worden, 
finden  sich  aber  nur  selten  und  sind  schwer  zu  erhalten.     In  Mino   nennt   man  sie 

Verhindl.  der  Bcrl.  Authropol.   Gesellschaft  ISTH.  2 


(18) 

Speiselöffel  des  Tengu,  ebenso  in  Dewa,  Echigo  und  Hida,  in  Sudo  und  Noto 
Kitzune  no  meshigai,  d.  h.  Speiselöffel  des  Fuchses. 

Die  Formen  der  Tengu  no  meshigai,  wie  sie  im  Ukonshi  (I.,  1 — 23,  IL,  1 — 4) 
abgebildet  sind,  widersprechen  der  Angabe  des  'N'erfassers,  dass  sie  sich  unterein- 
ander sehr  ähnlich  sehen,  und  dürften  ausserdem  hinreichen,  um  zu  beweisen,  dass 
die  grössere  Mehrzahl  weder  Pfeil-  noch  Lanzenspitzen  gewesen  sein  können;  viel- 
mehr dürfte  man  sie  für  Messer  oder  Schaber  halten,  die  vielleicht  mit  dem  griff- 
artigen Ansatz  in  Holz  eingelegt  gewesen  sind.  Sie  mögen  auch  wie  das  von  Dr. 
Jagor  in  den  Philippinen  vorgefundene  Instrument  (Reisen  in  den  Philippinen  von 
F.  Jagor,  Berlin  1873,  S.  121)  zum  Schneiden  von  Reis  u.  s.  w.  in  einzelnen 
Halmen  gebraucht  worden  sein.  Manche  der  abgebildeten  Stücke  würden  sich 
auch  zu  dem  Zweck  verwenden  lassen,  wenn  mau  sie  senkrecht  zwischen  Zeige- 
und  Mittelfinger  nimmt  und  mit  dem  Daumen  den  Halm  gegen  die  Schneide 
drückt 

Das  in  der  Sammlung  der  Gesellschaft  befindliche  Stück  (HL,  3)  in  natürlicher 
Grösse  wiedergegeben,  ist  unbedingt  keine  Pfeilspitze;  es  ist  aus  gelbbraunem 
Feuerstein,  auf  der  einen  Seite  leicht  coucav,  auf  der  anderen  verhältnissmässig 
etwas  weniger  gewölbt,  und  macht  den  Eindruck,  als  wenn  die  Kunst  der  natürlichen 
Form  nur  wenig,  und  zwar  hauptsächlich  bei  Herstellung  der  Schneide,  auf  der 
dem  Ansatz  gegenüberliegenden  Seite  nachgeholfen  hätte.  Ob  die  Stücke,  HL,  4, 
7,  8,  ebenfalls  zu  den  , Speiselöffeln "  zu  zählen  sind,  wage  ich  nicht  zu  ent- 
scheiden. 

Sekito,  steinerne  Schwerter.  Nach  dem  ünkonshi  sind  dieselben  2^2  Sun 
lang  und  7  Bun  (1  Bun  =  3,03  mm)  bis  ein  Sun  breit  und  an  einer  Seite  ge- 
schärft; sie  sind  alle  fast  gleichmässig  geformt  und  nicht  aus  guten  (d.  h.)  harten 
Steinarten  gefertigt.  IL,  13,  14,  15  giebt  die  Abbildungen  aus  dem  ünkonshi 
wieder.  III.,  1,  2  die  in  der  Sammlung  befindlichen  Stücke  in  natürlicher  Grösse. 
Dieselben  sind  aus  einem  weichen  Stein  (Speckstein)  gefertigt  und  unzweifelhaft 
nicht  für  praktische  Zwecke  bestimmt. 

Sekikento,  steinerne  Schwertknöpfe,  stammen  nach  dem  ünkonshi  aus  der 
Götterzeit  und  sollen  nur  in  Washiu  gefunden  werden;  sie  sollen  3  —  4  Sun  lang 
und  1  Sun  oder  etwas  mehr  breit,  mit  Buckeln  verziert  sein  und  unten  ein  Loch 
zum  Befestigen  haben.  Dieser  Beschreibung  und  den  Abbildungen  im  ünkonshi 
IL,  5 — 9  entspricht  ein  in  der  Sammlung  befindliches  Stück,  IV.,  13,  vollständig; 
das  andere,  obgleich  durchaus  ähnlich  in  der  Form,  ist  bedeutend  grösser,  beide 
sind  aus  weichem  (Speck-)  Stein. 

Ishidzutzui,  steinerner  Trommelstock.  Die  im  ünkonshi  abgebildeten  Exem- 
plare sind  das  eine  1  Shaku  7'/2  Sun,  das  andere  8  Sun  lang  (1  Shaku  =  30,3  cm). 
Beide  sind  in  der  Mitte,  wo  sie  zwei  stichblattartige  Erhöhungen  haben,  zwischen 
welche  man  mit  einer  kleinen  Hand  greifen  kann,  etwas  dicker  und  verlaufen  nach 
beiden  abgerundeten  Enden  zu  schmaler  und  abgeplatteter.  Nach  dem  Volks- 
aberglaubeu  soll  es  der  Trommelstock  des  Donners  sein,  der  personificirt  als  Trom- 
meln schlagend  dargestellt  wird.  —  Das  in  der  Sammlung  befindliche,  in  natürlicher 
Grösse  abgebildete  Stück,  ähnelt  ganz  dieser  Beschreibung;  dasselbe  ist  aus  sehr 
hartem,  schwärzlichen  Stein  angefertigt. 

Von  sonstigen  in  der  Sammlung  befindlichen  Stücken  scheint  IV.,  11,  eine 
ebenfalls  aus  sehr  hartem  Stein  gefertigte  Keule  zu  sein,  die  indessen  vielleicht 
auch  nur  ein  Stössel  oder  Schlägel  gewesen  ist.  Das  ünkonshi  giebt  die  Abbildung 
eines  ähnlichen,  nur  als  djindaiseki,  Stein  aus  der  Götterzeit  bezeichneten  Stücks. 


(19) 

IV.,  10,  aus  einem  Serpentinartißcn  Stein,  scheint  ein  Naturprodukt  zu  sein, 
obgleich  die  Japanischen  Händler  es  als  Steinwaffe  zum  Kauf  anboten. 

Ich  füge  die  Abbildungen  von  drei  alten  Thongefässen  bei,  welche  vor  einigen 
Jahren  von  der  Japanischen  Regierung  ausgestellt  wurden. 

(12)  Hr.  Professor  Lucae  in  Frankfurt  a.  M.  übersendet  die  Fortsetzung  seines 
Berichtes  über 

die  Ergebnisse  seiner  Messungen  an  Schulkindern. 

Anbei  folgt  eine  Zusammenstellung  von  GOO  Schülern,  ihr  Wachsthum  vom 
October  1876  bis  dahin  1877  betreffend.  Während  ich  mit  meinen  Fingern  die 
Stellen  bezeichnete,  vi^elche  zu  messen  seien,  und  mit  den  Fingern  die  Arme  des 
Stangenzirkels  fixirte,  wurden  die  Messungen  von  Hrn.  Görlach  ausgeführt  und 
von  einem  zweiten  Lehrer  in  die  Liste  eingetragen.  Ein  dritter  Lehrer  stand  dabei 
um  zu  controlliren,  dass  der  Kopf  in  horizontaler  Lage  gehalten  wurde.  So  haben 
wir  die  mühsam  langweilige  Arbeit  vollbracht,  aber  mit  aller  möglichen  Akura- 
tesse.  Die  Punkte,  welche  festgehalten,  finden  Sie  in  dem  Bericht  über  die  Con- 
stanzer  Versammlung.  Die  von  mir  freilich  erstrebten  Resultate  können  erst  dann 
sicher  hervortreten,  wenn  diese  Messungen  in  den  nächsten  10  Jahren  fortgeführt 
sind.  —  Die  Zusammenstellung  ist  von  dem  Lehrer  Görlach.  Daher  nicht  die 
leichtsinnigen  Fehler,   durch  welche  ich  von  meinem  Neffen  so  blamirt  worden. 

Die  im  Herbste  v.  J.  an  den  Knaben  der  Bornheimer  Bürgerschule  begonnenen 
Erhebungen  wurden  in  diesem  Jahre  wiederholt,  und  ergaben,  verglichen  mit  den 
vorjährigen,  folgende  Resultate: 

I.  Durchschnittliche  jährliche  Zunahme  der  genommenen  Maasse. 


<n 
•o 

u 

>o 

Maasse 

des  Schädels          Maasse  des  Gesichts 

11 

s 

IC« 

4) 

9 

•  O 

n 

1    5 

1       bo 
s 
<! 

et                « 

■o 

1. 

der  Kinder  v. 

2, 

1 
-    3.  Lebensj. 

6,15 

• 

0,300 

0,175 

0,450     0,125 

1 

0,150     0,100 

0,275 

2. 

^ 

- 

3.- 

-  4. 

n 

6,50 

0,400 

0,100     0,500  ;  0,100     0,200  ^     — 

0,100 

3. 

, 

« 

4.- 

-  ö. 

n 

8,80 

0,340 

0,114     0,557     0,100 

0,257  1     — 

0,214 

4. 

, 

^ 

5. 

-  G. 

y>              1 

4,60 

0,125 

0,200;  0,125        - 

0,375       — 

0,100 

5. 

, 

« 

6.- 

-  7. 

„ 

5,90 

' 

Es  wurde  nur  1  Kind  gemessen. 

6. 

« 

7. 

-    8. 

'              1 

5,90 

0,210 

0,081 

0,100     0,060 

0,371 

0,150 

0,120 

7. 

^ 

8. 

9. 

,. 

5,00 

i  0,171 

0,0565 

0,104     0,195 

0,400 

0,269 

0.195 

8. 

■.^ 

9. 

-10. 

, 

5,30 

0,226 

0,087 

0,125     0,611 

0,375 

0,548 

0,223 

9. 

, 

■n              « 

10. 

-11. 

, 

5,10 

0,202 

0,090 

0,138     0,375 

0,280 

0,420 

0,130 

10. 

t» 

11. 

-12. 

, 

4,70 

0,186 

0,115 

0,150     0,151 

0,440 

0,500 

0,182 

11. 

, 

12. 

-13. 

, 

4,70 

0,143 

0,078 

0,165     0,270 

0,300 

0,450 

0,164 

12. 

-       1 

13. 

-14. 

. 

5,40 

0,144 

0,100 

0,230 

0,530 

0,180 

0,345 

0,195 

Aus  vorstehender  Tabelle  ergiebt  sich,  dass  zwischen  dorn  •2.-7.  Lebensjahre 
das  Wachsthum    des  Schädels    grösser    ist,    als  zwischen  dem  7.  — 14.  Lebensjahre. 


(20) 


dagegen    aber    in    dem  letzten  Zeitabschnitt    das  Wachsthum  des  Gesichtes  grösser 
ist,  als  in  dem  ersten  Zeitabschnitt. 

II.  Durchschnittsmaasse. 


Ol 

'2 

Ol 

ui 

Maass( 

)  des  Schädels 

Masse  des 

Gesichtes 

C 

a 
bc 

< 

a 

b€ 
C 

kl 

Ol 

3 

.£3 

m 

1.  der 

Kinder  v.    2.  Lebensjahre 

82,50 

16,50 

13,50 

11,30 

9,50 

10,40 

7,40 

7,20 

?. 

-     3. 

95,15 

17,25 

14,00 

11,80 

9,65 

11,025 

8,025 

8,05 

3.     , 

.        .     4. 

102,85 

17,00 

13,71 

11,63 

9,46 

10,76 

7,97 

7,90 

4.     , 

,        .     5.           „ 

106,70 

17,57 

14,257 

12,34 

10,057 

11,32 

8,057 

8,37 

5.  , 

6.  „ 

7.  , 

,        -     6. 
.        .     7. 
,        ,     8. 

110,86 

17,86 

14,48 

12,14 

10,24 

11,52 

8,600 

8,46 

119,20 

17,94 

14,67 

12,686 

10,294 

11,655 

8,70 

9,07 

8.     , 

,        ,     9. 

122,74 

17,95 

14,61 

12,67 

10,60 

11,78 

9,12 

9,32 

9.     , 

,   10. 

128,20 

18,067 

14,71 

1-2,723 

10,865 

11,947 

9,194 

9,53 

10.     „ 

,    11- 

131,96 

18,11 

14,90 

12,85 

11,100 

12,314 

9,625 

9,60 

n.    , 

.         ,    12. 

136,90 

18,20 

15,00 

12,80 

10,920 

12,080 

9,36 

9,77 

12.     „ 

,        ,   13. 

142,00 

18,21 

15,00 
(14,93) 

12,81 

11,125 

12,170 

9,63 

10,06 

13.     „ 

,         ,   14. 

150,00 

18,49 

15,37 

13,05 

11,620 

12,64 

9,98 

10,?6 

(13)  Hr.  Stein thal  hält  einen  Vortrag 

über  die  Sprache  der  Australier. 

M.  H.,  Sie  erinnern  sich  wohl,  dass  vor  längerer  Zeit,  wenn  ich  nicht  irre  im 
vorigen  "Winter,  die  Rede  kam  auf  die  Bevölkerung  Australiens.  Es  wurde  be- 
zweifelt, dass  Australien  eine  autochthone  Bevölkerung  haben  könne,  dass  also 
nothwendig  eine  Einwanderung  dorthin  stattgefunden  haben  müsse.  Nun  war  aber 
eben  nicht  zu  sagen,  woher  wohl  die  Einwanderung  stattgefunden  haben  solle,  und 
die  Frage  lag  nahe,  ob  die  Vergleichung  der  australischen  Sprachen  mit  den  sonst 
bekannten  Sprachen  irgend  welchen  Aufschluss  darüber  gäbe.  In  der  That  hat 
schon  vor  längerer  Zeit  Bleek,  ein  Deutscher,  welcher  in  englischen  Diensten  ge- 
standen und  in  Südafrika  gelebt  hat  und  dort  vor  zwei  Jahren  gestorben  ist,  die 
Behauptung  aufgestellt,  dass  die  australischen  Sprachen  mit  den  südafrikanischen, 
d.  h.  mit  den  Sprachen  der  Congo-Neger  und  Hottentotten,  mit  den  so  genannten 
Bantu-Sprachen  verwandt  seien,  und  ausserdem  hat  der  Engländer  Caldwell  die 
Behauptung  aufgestellt,  dass  die  australischen  Sprachen  mit  den  Dravida- Sprachen 
ira  südlichen  Vorderindien  eine  ursprüngliche  Verwandtschaft  zeigen.  Diese  letztere 
Behauptung  war  früher  schon  als  eine  Möglichkeit  angedeutet  von  dem  englischen 
Sprachforscher  Norris.  In  letzter  Zeit  hat  Friedrich  Müller,  der  bekannte  Ethno- 
loge und  Sprachforscher  in  Wien,  in  seinem  „Grundriss  der  Sprachwissenschaft" 
bei  seiner  Darstellung  der  australischen  Sprachen  auch  die  Frage  ganz  ausdrücklich 
erörtert,  welche  uns  hier  beschäftigt,  die  Frage  von  der  Verwandtschaft  des  Austra- 


(21) 

Hschen  mit  den  Dravida-Sprachen  und  den  südafrikanischen.  Er  ist  zu  dem  Er- 
gebniss  gekommen,  dass  eine  solclie  Verwandtschaft  durchaus  nicht  erwiesen  sei 
und  dass  die  australischen  Sprachen  völlig  für  sich  stehen. 

Ich  habe  ganz  unabhiingig  von  Friedrich  Müller  früher  schon  die  australischen 
Sprachen  erforscht  und  habe  gleichfalls  die  Ansicht  gewonnen,  dass  die  Gründe, 
worauf  Bleek,  Caldwell  und  Norris  die  von  ihnen  behauptete  Verwandtschaft 
stützen  wollen,  durchaus  nicht  stichhaltig  sind.  Ich  will  noch  hinzufügen,  dass 
auch  die  Sagen  der  Australier  mir  das  nicht  im  mindesten  zu  beweisen  scheinen. 
Nehmlich ')  im  Nordwesten  Australiens  sagt  mau,  die  ersten  Bewohner  Australiens 
seien  zur  See  von  Osten  gekommen  und  nach  NW.  gewandert.  Bei  einer  ent- 
standenen Zwistigkeit  sei  ein  Theil  vom  anderen  nach  Süden  in  eine  kalte  unfrucht- 
bare Gegend  gewaltsam  getrieben  worden.  Die  Bewohner  des  Nordwestens  nennen 
alle  anderen  Australier  Bastarde.  Dagegen  giebt  es  auch  Stämme  des  Ostens, 
welche  sagen,  sie  seien  aus  Nordwesten  gekommen,  was  sich  damit  vereinigen 
Hesse,  wenn  man  annimmt,  dass  die  Stämme  sagen  wollen,  sie  seien  gezwungen 
gewesen,  von  Nordwesten  auszuwandern,  aber  es  wäre  ein  Widerspruch,  wenn  sie 
damit  meinten,  sie  seien  von  Nordwesten  eingewandert.  Ich  glaube,  dass  diese 
unbestimmten  Sagen  für  die  Behauptung  einer  Einwanderung  von  Osten  oder 
Westen  gar  keinen  Werth  haben ,  dass  sie  weiter  nichts  bedeuten,  als  die  mythi- 
schen Anschauungen  der  Völker,  von  dem  Ursprünge  ihres  Lebens  und  von  ihrem 
zukünftigen  Aufenthaltsorte  nach  dem  Leben.  Beides  wird  nach  dem  Aufgang  und 
Untergang  der  Sonne  bestimmt.  Einerseits  meinen  die  Völker  oft,  sie  kämen  von 
dort  her,  woher  die  Sonne  aufgeht,  und  sie  würden  später  im  Tode  dorthin  ge- 
langen, wo  die  Sonne  untergeht;  andererseits  aber  kann  der  Mythus  leicht  die 
Gestalt  annehmen,  dass  die  Menschen  von  dort  gekommen  seien,  wohin  die  Väter 
nach  dem  Leben  gegangen  seien.  Ich  lialte  diese  Mythen  der  Australier  für  völlig 
bedeutungslos  für  ihre  Geschichte. 

M.  H.,  dies  ist  in  kurzen  Worten  der  Thatbestand,  und  wenn  es  Ihnen  nur 
darum  zu  thun  wäre,  diesen  Thatbestand  kennen  zu  lernen,  so  hätte  ich  meine 
Aufgabe  erfüllt.  Es  ist  mir  aber  augedeutet  worden,  Sie  würden  gern  einmal  einen 
Einblick  iu  die  Werkstätte  des  Sprachforschers  thun,  um  selbst  beurtheilen  zu 
können,  wie  viel  Sicherheit  und  Unsicherheit  den  Behauptungen  der  Sprachforscher 
über  Verwandtschaft  zuerkannt  werden  müsse.  Die  Sache  scheint  im  ersten  An- 
blick für  den  Sprachforscher  recht  ungünstig  zu  liegen,  nehmlich  es  scheint,  als 
könnte  man  recht  wohl  beweisen,  dass  zwei  Sprachfamilien  mit  einander  verwandt 
seien,  indem  man  eben  bestimmte  positive  Gründe  anführt,  welche  unerklärlich 
blieben,  wenn  nicht  eine  Verwandtschaft,  eine  Gemeinschaft  des  Ursprungs  ange- 
nommen würde.  Dagegen  scheint  es,  als  wäre  es  ganz  unmöglich,  negativ  zu  be- 
weisen, zwei  Sprachen  seien  nicht  verwandt.  Es  scheint  also,  wenn  Caldwell 
u.  A.  behaupten,  die  australischen  Sprachen  seien  mit  den  Dravida  Sprachen  ver- 
wandt, dass  dann  Jemand  behaupten  könne:  die  Gründe,  die  ihr  anführt,  sind 
nicht  stichbaltig.  Aber  wer  bürgt  uns  dafür,  dass  nicht  über  Nacht  ein  Sprach- 
forscher kommt,  welcher  stichhaltige  Gründe  für  die  Verwandtschaft  beibringt? 
Man  könnte  demnach  immer  nur  sagen,  uns  scheine  die  Verwandtschaft  zweier 
Sprachfamilien  noch  nicht  erwiesen,  man  könnte  aber  nicht  behaupten:  es  sei 
erwiesen,  dass  zwei  Sprachen  nicht  mit  einander  verwandt  sein  können.  So  sieht 
das  zunächst  aus;  es  verhält  sich  aber  nicht  so.  Wir  Sprachforscher  sind  günstiger 
gestellt    und    können  mit  aller  Bestimmtheit  behaupten :    zwei   Sprachen  sind  nicht 


1)   Vergl.  Ritiley,  Kaiiiilaroi  aiul  other  Australiuii  languages,  secuuU  ed    1875,  p.  li9J'. 


(22) 

verwaoclt;  wir  können  den  negativen  Satz  auf  positive  Gründe  stützen.  Ich  will 
zuvor  nur  noch  bemerken,  dass  es  sich  mit  den  australischen  Sprachen  unter  ein- 
ander so  verhält,  dass  wir,  so  weit  wir  sie  kennen,  allerdings  uns  für  berechtigt 
halten,  zu  sagen,  dass  sie  unter  einander  verwandt  sind.  Wir  kennen  am  besten 
die  Sprache  des  Südens,  auch  die  Sprache  von  Südosten  und  etwas  weiter  hinauf, 
und  wir  kenneu  auch  noch  einige  von  den  Sprachen  des  Südwestens;  dagegen  sind 
uns  die  Sprachen  im  Norden  noch  unbekannt.  Also  wenn  von  den  australischen 
Sprachen  kurzweg  gesprochen  wird,  so  stützt  es  sich  darauf,  dass  wir  den  süd- 
lichen Theil  wohl  kennen  und  die  Sache  immerhin  so  gut  erforscht  haben ,  dass 
wir  behaupten  können,  sie  sind  unter  einander  näher  und  ferner  verwandt,  denn 
man  wird  wohl  auch  hier  grössere  Nähe  oder  Ferne  unterscheiden  müssen.  Dann 
meine  ich,  ist  noch  zu  beachten:  wenn  wir  vermuthen,  dass  eine  Einwanderung 
doch  wohl  nur  vom  Westen  oder  vom  Norden  her  gekommen  sein  könne  —  und 
nun  wird  ja  von  den  genannten  Sprachforschern  ausdrücklich  auch  nur  auf  eine 
Einwanderung  von  Ostindien  oder  Afrika  her  Rücksicht  genommen  —  so  ist  es 
noch  günstig,  dass  wenn  diese  Einwanderung  auf  eine  ursprüngliche  Bevölkeruiii>" 
gestossen  ist,  sie  dann  diese  ursprüngliche  Bevölkerung  nach  dem  Süden  und 
Osten  gedrängt  haben  muss.  Wir  können  also  annehmen,  dass  wir  in  jedem  Fall 
im  Süden  und  Osten  auch  die  ursprünglichsten  australischen  Sprachen  haben. 

Hiernach  wollte  ich  mir  erlauben,  Ihnen  einige  Bemerkungen  vorzutragen  über 
die  verschiedenen  Momente  der  Sprachen,  auf  welche  die  Behauptung  von  Ver- 
wandtschaft und  Nichtvervvandtschaft  gestützt  wird.  Es  kommen  dabei  allerdings 
alle  möglichen  Momente  in  Betracht.  Erstens  das  reine  Alphabet;  indess  dieses 
beweist  im  Durchschnitt  gar  nichts.  Sie  brauchen  nur  daran  zu  denken,  wie  zwei 
so  nahe  verwandte  Sprachen,  wie  Lateinisch  und  Griechisch  in  ihrem  Alphabet 
sehr  weit  von  einander  entfernt  sind.  Wir  wissen  eben  zu  gut,  dass  im  Laufe  der 
geschichtlichen  Entwickelung  sehr  bedeutende  Lautänderungon  eintreten.  Das  blosse 
Alphabet  an  sich  würde  also  nichts  beweisen.  Ganz  anders  stellt  sich  freilich  die 
Sache  dann,  wenn  wir  die  Geschichte  des  Alphabets  verfolgen  können,  wie  wir 
das  in  Bezug  auf  Latein  und  Griechisch  thun  können.  Da  können  wir,  wie  über- 
haupt bei  den  indogermanischen  Sprachen  von  jedem  Laut  des  Alphabets  eine  Ge- 
schichte entwerfen ,  und  es  lässt  sich  also  die  Verwandtschaft,  das  heisst  die 
ursprüngliche  Identität  verschiedener  Laute  beweisen  und  ebenso  die  Differenz 
etwa  scheinbar  zusammentreffender  Theile  des  Alphabets.  Dagegen  in  Bezug  auf 
solche  Sprachen,  die  wir  nur  in  ihrem  Stadium  von  heute  kennen,  kann  das 
Alphabet  gar  nichts  beweisen.  Jedoch  auch  hier  können  wir  uns  Ausnahmen 
denken.  Wenn  wir  im  Alphabet  einen  so  eigenthümlichen  Laut  finden  oder  eine 
so  eigenthümliche  Lautklasse,  wie  die  Südafrikanischen  Sprachen  haben,  diese 
Schnalzlaute,  dann  können  wir  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  behaupten:  in 
welchen  Sprachen  irgendwo  uns  diese  Schnalzlaute  wieder  begegnen,  haben  wir 
verwandte  Sprachen.  Wenn  nun  also  in  den  australischen  Sprachen  die  Schnalz- 
laute vorkämen,  würden  wir  sagen:  ja  wohl,  hier  müssen  Verwandte  der  Hotten- 
totten sein.  Davon  aber  findet  sich  in  den  australischen  Sprachen  keine  Spur  und 
vielleicht  kann  man  schon  aus  dieser  Negation  der  Schnalzlaute  positiv  behaupten : 
diese  Sprachen  können  nicht  mit  einander  verwandt  sein. 

Nach  dem  einfachen  Alphabet  kommt  dann  in  Betracht  die  Art  und  Weise, 
wie  die  Laute  zu  Silben  verbunden  werden  und  die  Gestalt  des  Wortes.  Dabei 
kommen  solche  Differenzen  vor,  dass  viele  Sprachen  nur  den  einfachsten  Silbenbau 
kennen  :  jede  Silbe  besteht  aus  einem  Consonanteu  und  Vokal  und  höchstens  nur, 
dass  der  Vokal  noch  einen  Nasal  haben  kann,  oder  der  Consouant  vorne  kann  eine 


(23) 

muta  mit  einer  liquida  sein.  Auch  dieser  Silbenbau  —  und  namentlich  der  Bau 
der  Endsilben  der  Wörter,  wenn  nehmlich  mehrsilbige  Wörter  da  sind  und  nur  die 
Eigenthümlichkeit  der  Silben  in  lietracht  kommt,  mit  der  die  Wörter  enden  — 
beweist  sehr  wenig,  es  raüsste  denn  eben  wieder  nur  eine  ganz  wunderbare  Eigen- 
thümlichkeit hervortreten,  wie  z.  B.  allerdings  die  so  genannten  einsilbigen  Sprachen 
einen  sehr  eigenthümlichen  Silbenbau  haben.  Sie  haben  sehr  ausgedehnte  Silben: 
muta  cum  liquida,  dann  vielleicht  ein  Diphthong,  dann  ein  Nasal.  Dies  ist  so 
eigenthümlich,  dass  man  allerdings  behaupten  kann,  dass  bei  den  Sprachen,  welche 
diese  Form  der  Silben  nicht  nur  vereinzelt,  sondern  in  grösseren  Massen  haben, 
das  nicht  eine  zufällige  Uebereinstimnmng  sein  könne.  Sonst  wissen  wir  ja,  dass 
die  Sprachen  im  Laufe  der  Zeit  den  Silbenbau  bald  vereinfachen,  wie  z.  B.  im 
Griechischen  die  Endsilben  alle  sehr  einfach  geworden  sind,  bald  im  (jegentheil, 
wie  wir  z.  ß.  im  Deutschen,  die  Silben  sehr  consonantenreich  machen,  also  den 
Bau  derselben  sehr  vervielfältigen.  Wenn  es  wiederum  möglich  ist,  geschichtlich 
das  nachzuweisen,  wie  die  Silben  in  einer  Sprache  eine  so  eigenthümliche  Gestalt 
gewonnen  haben  durch  Auswerfung  von  Vokalen  und  Zusammenziehung,  dann  aller- 
dings kommt  man  auch  auf  einen  anderen  Standpunkt,  während,  wenn  wir  nur  den 
heutigen  Standpunkt  einer  Sprache  kennen,  aus  der  blossen  Beschaffenheit  der 
Silben  wenig  zu  schliessen  ist. 

Dann  kommen  wir  weiter  zu  einem  anderen  Moment,  nehmlich  zur  Technik 
der  Sprache:  wie  werden  die  Wcirter  gebildet  und  durch  welche  Hilfsmittel?  Habeu 
sie  Präfixe,  habeu  sie  Suffixe  und  vielleicht  auch  Infixe?  Wenn  nun  diese  Infixt 
auch  lautlich  übereinstimmten,  würden  wir  eine  Uebereinstimmung  in  solchen 
Punkten,  die  etwas  so  eigeuthümliches  sind,  wie  die  Infixe,  für  sehr  wesentlich 
halten;  aber  kurzweg  zu  sagen:  alle  Sprachen,  welche  Präfixe  haben,  oder  alle 
Sprachen,  welche  Suffixe  haben,  müssen  mit  einander  verwandt  sein,  das  geht 
sicherlich  nicht.  Aber  umgekehrt  kann  man  behaupten,  wenn  ein  grosser  Sprach- 
stamm in  allen  seinen  Familien  Präfixe  gar  nicht  kennt  und  eine  andere  Sprach- 
familie Präfixe  liebt,  dass  diese  beiden  Sprachfamilien  absolut  nicht  mit  einander 
verwandt  sein  können;  denn  die  Abneigung  gegen  Präfixe  möchte  man  für  unver- 
tilgbar  halten.  In  dem  weit  ausgedehnten  mongolischen  Sprachstamui  von  der 
Mandschurei  bis  Lappland  und  bis  nach  Constantinopel,  nirgends  giebt  es  Präfixe. 
Dagegen  haben  die  afrikanischen  Sprachen  allerdings  Präfixe,  ich  meine  die  süd- 
afrikanischen, die  Congo-  und  Hottentottensprache,  und  so  könnte  man  bestimmt 
behaupten,  diese  beiden  Sprach klassen,  die  mongolische  und  diese  afrikanische, 
können  nicht  mit  einander  verwandt  sein.  Wenn  das  ist,  dann  ist  die  Behauptung, 
das  Australische  sei  verwandt  mit  dem  Hottentottischen  und  mit  dem  Mongolischen, 
eine  in  sich  widersprechende.  Das  ist  ein  Widerspruch,  den  sich  Caldwell  zu 
Schulden  kommen  lässt;  er  geht  nehmlich  so  weit  zu  behaupten:  die  Dravida- 
Sprachen  seien  auch  mit  dem  Mongolischen  verwandt,  also  auch  die  ausü-alischen 
mit  dem  Mongolischen.  Ja,  wenn  die  australischen  mit  dem  Mongolischen  verwandt 
wären,  so  könnten  sie  nicht  mit  den  prätigirenden  Sprachen  verwandt  sein.  Hier 
kommt  noch  ein  anderer  Punkt  in  Betracht  in  Bezug  auf  die  Technik.  Nehmlich 
nicht  der,  dass  überhaupt  Suffixe  vorhanden  sind,  wäre  zu  erwägen,  sondern  wie 
sich  diese  Suffixe  an  die  Stämme  anschliesseu.  Hier  giebt  es  nun  einen  Punkt, 
den  merkwürdiger  Weise  Caldwell  gar  nicht  erwähnt  hat,  weil  er  allerdings  doch 
vorzugsweise  an  die  Dravida-Spracheu  gedacht  hat.  Nehmlich  in  den  mongolischen 
Sprachen  in  diesem  weiten  Umfange,  wie  ich  ihn  voriiin  bezeichnet  habe,  in  alleu 
tatarischen  Sprachen,  uralischen  Sprachen  und  altaischen  Sprachen,  in  allen  diesen 
werden  die  Suffixe  so  an  die  Wurzeln  oder  au  den  Stamm  gefügt,  dass  die  Suffixe 


(24) 

eigentlich  nur  einen  oder  zwei  Consonanteu  haben  ohne  bestimmten  ihnen  ange- 
hörigeu  Vokal.  Der  Vokal  wird  ihnen  erst  verliehen  je  nach  dem  Vokal  der 
Wurzel.  Daher  kommt  es  auch,  das?,  wenn  Sie  Jemanden  türkisch  haben  sprechen 
hören  oder  magyarisch,  es  viele  lange  Wörter  giebt,  vier-  bis  fünfsilbige,  und  in 
jedem  herrscht  ein  einziger  Vokal;  nehmlich  einer  Wurzel  folgen  2  bis  4  Suffixe 
mit  demselben  Vokal  der  in  der  Wurzel  lautet.  Dieser  Punkt  kommt  nun  aber  in 
der  Dravida-Sprache  nicht  vor  und  daher  hat  Caldweli  ihn  nicht  beachtet  und 
hat  übersehen,  dass  er  hier  Gelegenheit  gehabt  hätte,  einen  Punkt  herauszuheben, 
•wo  das  Australische  mit  dem  Mongolischen  übereinstimmt;  denn  in  den  australischen 
Sprachen  kommt  allerdings  etwas  ganz  ähnliches  vor;  die  Wörter,  welche  in  der 
Wurzel  den  Vokal  a,  e,  oder  i  haben,  haben  im  Suffix  den  Vokal  i;  dagegen  die 
Wörter,  welche  den  Vokal  o  oder  u  in  der  Wurzel  haben,  haben  im  Suffix  den 
Vokal  u.  Das  ist  nun  dem  Prinzipe  nach  dasselbe,  wie  in  den  mongolischen 
Sprachen,  aber  allerdings  sehr  einfach.  In  den  mongolischen  Sprachen  gestaltet 
sich  die  Sache  viel  günstiger;  es  herrscht  eine  viel  grössere  Genauigkeit  in  dieser 
Correspondenz  der  Vokale.  Da  aber  dieses  Gesetz  der  Harmonie  der  Vokale  im 
Australischen  von  geringer  Bedeutung  ist,  rein  euphonisch,  und  auch  nur  in  dieser 
unausgebildeten  Weise  vorkommt,  ist  die  Sache  für  das  Australische  bedeutungslos. 
Dagegen  ist  diese  Harmonie  der  Vokale  für  den  Wortbau  der  mongolischen  Sprachen 
durchaus  wesentlich;  eine  mongolische  Sprache  müsste  geradezu  aufhören,  zu  dieser 
ganzen  Klasse  zu  gehören,  wenn  das  irgendwie  verkürzt  werden  sollte,  und  darum 
glaube  ich,  dass  auch  dies,  selbst  wenn  man  auf  eine  so  vereinzelte  Erscheinung 
Rücksicht  nehmen  wollte,  für  eine  Verwandtschaft  des  Australischen  mit  dem  Mon- 
golischen nichts  beweisen  würde. 

Zur  Technik  wollen  wir  dann  ferner  rechnen  die  Wortstellung.  Das  ist  eine 
syntaktische  Technik.  Die  Wortstellung  scheint  so  sehr  von  naturgemässen  Ver- 
hältnissen abhängig,  entweder  von  logischen  Bestimmungen  oder  von  rhetorischen 
Bestimmungen,  dass  wir  sicherlich  nur  unter  besonderen  Umständen  uns  veranlasst 
fühlen  könnten,  wenn  zwei  Sprachen  in  der  Wortstellung  übereinstimmen,  dies  für 
einen  Beweis  irgend  welcher  Verwandtschaft  anzuerkennen.  Indess  für  die  niedriger 
stehenden  Sprachen,  wo  die  Wortstellung  vielfach  die  grammatischen  Formen  er- 
setzen muss,  kann  gelegentlich  die  Sache  schon  bedeutsamer  werden.  Wenn  wir 
nun  gerade  diesen  Punkt  anwenden  auf  die  Frage  von  der  Verwandtschaft  des 
Dravidischen  und  Australischen,  so  fällt  er  gerade  sehr  ungünstig  aus  für  die  Be- 
hauptung der  Verwandtschaft;  denn  im  Dravidischen  und  im  Mongolischen  ist  eine 
durchaus  feste  Wortstellung  und  zwar  von  der  Mandschurei  bis  nach  Ofen  und 
Pest  genau  dieselbe.  Ich  habe  eine  ganz  verwickelte  Periode  oder  eine  sehr  zu- 
sammengesetzte Periode  aus  dem  Jakutischen,  das  ist  ein  tatarischer  Dialekt,  über- 
setzen lassen  in  das  Magyarische  und  das  Magyarische  hat  genau  dieselbe  Stellung 
der  untergeordneten  Sätze  in  der  Periode  und  der  Wörter  in  dem  Satze.  Das 
Australische  aber  hat  eine  ganz  andere  Wortstellung,  es  hat  eine  freie  Wortstellung. 
Sieht  man  nun,  wie  nothwendig  für  den  ganzen  Charakter  der  mongolischen  Spra- 
chen die  Festigkeit  der  Wortstellung  ist,  dass  kein  einziger  von  den  vielen  Dia- 
lekten sich  erlaubt,  diese  Wortstellung  abzuändern,  so  muss  man  behaupten:  eine 
Sprache,  die  eine  höchst  freie  Wortstellung  hat,  wie  die  Australische,  kann  positiv 
nicht  verwandt  sein  mit  diesen  mongolischen  Sprachen. 

Dann  kommt  weiter  die  innere  Sprachform,  worunter  wir  verstehen  alles,  was 
zur  Bedeutung  der  Sprache  gehört,  die  Begrilisbildung  und  die  Bildung  der  gram- 
matischen Kategorien.  Wenn  nun  eine  derartige  Uebereiustimmung  zwischen  zwei 
Sprachfamilien  besteht,  dass  derselbe  Begriff  oder   dieselbe  grammatische  Kategorie 


(25) 

nacli  derselben  Technik  mit  demselben  Laute,  also  derselbe  innere  Inhalt,  dasselbe 
gedankliche  Element  mit  derselben  äusseren  Form  bezeichnet  wird  —  ja,  wenn 
ein  solcher  Beweis  geliefert  werden  kann  für  die  Verwandtschaft  —  und  ein  solcher 
Beweis  kann  für  die  indogermanischen  Sprachen  geliefert  werden  —  dann  schwindet 
jeder  Zweifel,  dann  schwindet  jeder  Gedanke  an  Zufälligkeit,  In  den  indogerma- 
nischen Sprachen,  deren  lOrforschuiig  für  uns  immer  noch  die  musterhafte  Methode 
darbietet,  war  das  Verfahren  nun  so.  Die  innere  Form  der  Sprachen,  das  gedank- 
liche Klement  hatten  wir  alle  längst  gekannt;  dass  das  innere  Schema  der  griechi- 
schen, lateinischen  und  deutschen  Grammatik  übereinstimmt,  wurde  stillschweigend 
vorausges(>tzt,  ileswegen  weil  die  Sache  seit  Jahrtausenden  sicher  festgestellt  war, 
und  darum  hat  man  nicht  weiter  darum  gefragt.  Der  Beweis  der  Verwandtschaft 
ward  uur  dadurch  gegeben,  dass  man  nachwies:  dasselbe  innere  Klement  wird  in 
diesen  indogermanischen  Sprachen  auch  durch  dasselbe  äussere  Element  ausgedrückt. 
Man  hat  also  auf  dem  Gebiet  des  Indogermanischen  keine  Gelegenheit  gehabt,  die 
Aufmerksamkeit  besonders  auf  die  innere  Sprachform  zu  richten  und  dieselbe  ab- 
geliist  au  sich  zu  betrachten.  Man  hat  sogar  vielfach  die  stillschweigende  Voraus- 
setzung gemacht,  als  müsste  die  innere  Sprachform,  wie  wir  sie  aus  unseren  indo- 
germanischen Sprachen  kennen,  auch  in  allen  übrigen  Sprachen  der  Erde  vorhanden 
sein,  als  könnten  hier  keine  Differenzen  hervortreten.  Nun  aber  haben  wir  durch 
die  Ausdehnung  der  Sprachforschung  die  Erfahrung  gemacht,  dass  die  ferner  liegen- 
den Sprachen  der  kulturlosen  Völker  uns  eine  ganz  andere  innere  Form  ihrer 
Sprache  zeigen,  als  diejenige,  an  welche  wir  gewöhnt  sind,  und  zwar  eine  andere 
innere  Form  unter  den  Mongolen,  eine  andere  unter  den  Malayen ,  eine  andere  in 
Afrika,  und  ich  meine  nun,  wenn  wir  die  Behauptung  aufstellen  wollen,  zwei 
Sprachen  können  nicht  mit  einander  verwandt  sein,  so  giebt  es  gar  keinen  siche- 
reren positiven  Grund  für  das  Gegeutheil  der  Verwandtschaft,  als  die  Erkenutniss, 
dass  die  inneren  Formen  nicht  zusammen  stimmen;  denn  natürlich,  wenn  die 
inneren  Formen  nicht  zusammenstimmen,  kann  die  weitere  Frage,  ob  dasselbe 
innere  mit  demselben  Laut  bezeichnet  wird,  gar  nicht  mehr  aufkommen.  Ich  glaube 
also,  ich  kann  Ihnen  den  Beweis  liefern,  dass  die  australischen  Sprachen  ganz 
isolirt  sind,  indem  ich  Ihnen  zeige:  sie  haben  eine  besondere  innere  Sprachform 
und  bei  dieser  Gelegenheit  werden  Sie  sich  überzeugen  vielleicht  zum  ersten  Mal, 
wie  merkwürdig  die  innere  Sprachform  dieser  uns  ferner  stehenden  Menschen  wer- 
den  kann. 

Ich  werde  also  einen  einfachen  Satz  nehmen,  und  den  analysiren.  Wenn  Sie 
daran  gewöhnt  sind,  dass  ein  Satz  aus  Subject  und  Prädikat  bestehen  muss,  und 
wenn  ein  transitives  Verbum  gebraucht  wird,  dass  auch  ein  Object  da  sein  muss, 
müssen  Sie  diesen  Gedanken  fallen  lassen.  Im  Australischen  giebt  es  kein  Subject 
und   Object,  sondern  die  Sache  gestaltet  sich  ganz  anders. 

Korn-il  lak-in  mäme,    der  Mann  durchbohrt  den  Fisch'). 

Korne  heisst  Mann.  Es  ist  ein  Punkt,  der  zur  innersten  Technik  des  Austra- 
lischen gehört,  dass  alle  Stoffwörter,  d.  h.  alle  Wörter,  welche  Dinge  oder  Personen, 
Eigenschaften  oder  Thätigkeiten,  bezeichnen,  mit  einem  Consouanten  anfangen, 
dagegen  alles,  was  zu  den  formellen  Verhältnissen  gehört,  also  alle  Sulfi.xe  sämmt- 
iich  vokalisch  beginnen.  Weder  in  den  Dravida-,  noch  iu  den  mongolischen,  noch 
in  den  hottentottischen   Sprachen  ist  das  der  Fall,  also  wieder  ein   Punkt,  der  eine 


1)  Dieser  Satz  wie  alle  folgenden  Angaben  über  •I;i.-j  .Anstndiscbe  gehüren  der  Sprache 
in  der  (iegend  der  Encounter  Bay,  im  Süden  Aii.>itralien>  und  .stützen  sich  auf  die  tiraui- 
ni.itik  von   H.  A.  K.  Meyer,   1843. 


(26) 

Verwandtschaft  mit  diesen  Sprachen  abweist.  Nun  giebt  es  ein  Suffix  il,  das  ist 
das  Suffix  für  den  Instrumentalis,  wir  müssen  es  übersetzen  mit  durch.  Vor  dem 
Suffix  il  fällt  der  Endvocal  e  des  Wortes  Korne  ab;  also  Korn-il  durch  den 
Mann. 

Lak  bedeutet  eine  Thätigkeit,  nehmlich  durchbohren.  Vollständig  lautet  das 
Wort  auch  wieder  lake.  Die  meisten  Stoff- Wörter  haben  dieses  Suffix;  Thätigkeiten 
eben  so  wohl  wie  Personen  und  Dinge  und  Eigenschaften;  folglich  heisst  lake 
Durchbohrung.  Dazu  tritt  ein  Suffix  in,  welches  die  Gegenwart  bezeichnet;  also: 
durch  den  Mann  Durchbohrung  jetzt.  Mäme  den  Fisch,  d.  h.:  der  Mann  durchbohrt 
den  Fisch.  Das  ist  eine  ganz  andere  innere  Form  als  diejenige  unserer  Sprachen, 
und  ein  solcher  Satzbau  kommt  auf  der  Erde  nicht  noch  einmal  vor,  er  ist  den 
australischen  Sprachen  eigenthümlich.  Analogien  giebt  es  allerdings;  selbst  das 
formeureiche  Sanskrit  bietet  auch  eine  Analogie.  Dort  ist  eine  sehr  beliebte  Wen- 
dung, statt:  der  König  sprach,  zu  sagen:  vom  König  Gesagtes.  Das  ist  aber  ein 
Produkt  späterer  Entwickeluag;  ich  weiss  nicht  worauf  das  beruht,  und  wie  sicli 
das  bei  einem  Volke  indogermanischen  Stammes  ausgebildet  haben  kann. 

Dass  es  einen  Accusativ  besitzt,  unterscheidet  das  Australische  rühmlichst  von 
den  meisten  Sprachen  der  Erde,  nehmlich  von  allen  ausser  denen  der  kaukasi- 
schen Rasse. 

Bei  dem  Wort  mäme,  Fisch,  will  ich  noch  etwas  Eigenthümliches  bemerken. 
Dasselbe  soll  ganz  allgemein  animalische  Speise  bedeuten.  Nun  ist  es  ganz  merk- 
würdig, (während  man  meint,  und  es  ist  doch  auch  der  Fall,  dass  die  Australier 
die  elendesten  Völker  der  Erde  sind),  dass  sie  hier  eine  Analogie  zeigen  zum  geist- 
vollsten Volke  der  Erde,  nehmlich  zu  den  Athenern.  Neugriechisch  heisst  der 
Fisch  -^^clpi,  unverstümraelt  o-^dpiov  statt  des  alten  ly)h)q;  aber  nicht  nur  der  Neu- 
grieche sagt  so,  wir  können  es  bis  in 's  Alterthum  verfolgen  und  aus  den  Komikern 
ersehen  wir,  dass  man  o^poipiov  für  Fisch  im  Volke  gesagt  hat.  Ks  kommt  her  von 
o-^ov  Gekochtes,  bei  Homer  Fleisch.  Australier  und  Athener  stimmen  darin  über- 
ein, dass  sie  das  W^ort  für  Fleisch  auf  den  Fisch  übertragen.  Bei  den  Athenern 
ernährte  sich  das  ärmere  Volk  von  Fischen.  Daher  ward  der  Fisch  als  gewöhn- 
liches Nahrungsmittel  schlechtweg  gekochte  Speise  genannt.  So  günstig  wird  bei 
den  Australiern  die  Sache  nicht  liegen;  ich  vermuthe,  dass  der  Australier  umge- 
kehrt, da  er  gewöhnlich  alles  mögliche  Ungeziefer  frisst,  wenn  er  einen  Fisch  be- 
kommt, darin  einen  delikaten  Braten  sieht. 

Nun  ist  es  wirklich  ganz  interessant,  wie  diese  "Weise  der  Construction  durch 
die  ganze  Sprache  sich  hindurchzieht.  Ich  sagte  schon,  dass  hier  eine  sehr  freie 
Wortstellung  herrscht;  so  will  ich  Ihnen  nur  bemerken,  dass  solch  ein  Satz,  wie: 
„ich  flechte  den  Korb"  drei  verschiedene  Stellungen  erleiden  kann:  „durch  mich 
Flechtung  den  Korb",  „Flechtung  durch  mich  den  Korb",  „den  Korb  durch  mich 
Flechtuiig".  Was  wir  durch  die  Betonung  erreichen,  wird  hier  durch  die  Stellung 
mit  verstärkt.  Ein  Passivum  kann  nun  auch  in  solcher  Weise  erreicht  werden, 
wenn  man  das  Subject  weglässt;  wenn  man  also  blos  sagt:  „Durchbohrung  ihn", 
so  heisst  das:  „er  ist  durchbohrt".  Die  blosse  Weglassung  eines  Instrumentalis 
drückt,  wie  man  sagt,  das  Passivum  aus.  Aber  es  ist  falsch;  denn  ob  ich  sage: 
„durch  den  Mann  Durchbohrung  Fisch"  oder  „Durchbohrung  Fisch"  ist  gleich,  nur 
dem  Sinne  nach   näliert  sich  die  Weglassung  des  Subjects  unserem  Passivum. 

Nun  giebt  es  allerdings  noch  eine  andere  Construction  neben  dieser:  korue 
iag')-el-in    mäm-il.      Das    Suffix  el  bedeutet  den  Locativ  „in":    der  Manu  (ist) 


1)  g  aus  k  erweicht.     Die  media  besteht  im  Australischen   nur  euphuuisch. 


r27) 

jetzt  im  Durchbohren  an  einem  Fisch.  Da  ist  das  Object  umgewandelt,  ich  möchte 
sagen  in  einen  I^ncativ.  Dass  das  il  in  der  That  Locativ  ist,  will  ich  Ihnen  kurz 
beweisen  dadurch,  dass  man  sagt:  ich  gehe  bei  Mondschein:  niarger-il,  d.  h.  bei 
Mond;  dieselbe  Rolle,  die  hier  „bei  Mondschein"  spielt,  wird  dort  durch  mäni-il 
vertret(;n:  beim  Fis(;h.  Sie  könnten  nur  bezweifeln,  ob  ich  darin  Recht  hatie,  dass 
ich  auch  ei  für  il  nehme.  Miin  könnte  meinen,  lag-el-in  bedeute  „durchbohrend- 
ist-jetzt".  Ich  muss  Ihnen  sagen,  dass  ich  allerdings  hier  von  Friedrich  Müller 
abweiche,  der  ein  Vorbum  8ul)stantivum  el  annimmt.  Ursprünglich  habe  el  be- 
deutet „sich  bewegen",  dann  „gefien,  kommen",  dann  „wünschen,  vermissen",  end- 
lich „sein". 

Indessen  ich  habe  gute  (iründe,  weswegen  ich  meine,  el  könne  kein  Verbum 
sein.  Es  ist  weder  ein  ursprüngliches  Verbum  substantivum,  noch  überhaupt  ein 
Verbum,  etwa  mit  ursprünglich  concreterem  Sinne.  Nur  dies  will  ich  bemerken: 
hätte  el  die  Bedeutung  gehen  gehabt,  so  müsste  es  mit  einem  Consonanten  an- 
fangen, da,  wie  ich  schon  gesagt  habe,  im  Australischen  alle  Nomina  und  Verba 
mit  einem  Consonanten  beginnen,  die  Formwörter  aber  sämmtlich  mit  einem  Vocal. 
El  kann  also  kein  Stoffwort,  Verbum  oder  Substantivum  gewesen  sein,  sondern  nur 
solch  ein  Form  wort,  welches  durch  unsere  Präpositionen  zu  ersetzen  ist.  Ich  würde 
Sie  sicherlich  ermüden,  wollte  ich  die  Gründe  weitlilutig  auseinandersetzen,  wes- 
wegen ich  el  so  nehmen  muss:  also  lag-el  „im  Durchbohren". 

So  haben  Sie  den  Kern  der  inneren  Sprachform  und  ich  kann  Sie  versichern, 
es  ist  ein  eigeuthümlicher  Reiz,  zu  sehen,  wie  solch  ein  einfaches  Formen-Princip 
sich  durch  die  Sprache  hindurchzieht  und  wie  damit  alle  Bedürfnisse  der  Sprache 
erfüllt  werden.  Z.  B.  das  Haben  ist  auch  ein  sehr  schweres  Wort  für  diese  fern- 
liegenden Sprachen,  tarn  heisst  „nicht":  tarn-el-än  pirl  im  Nicht  (ist)  meine 
Angel,  d.  h.  ich  habe  keine  Angel. 

Ich  möchte  noch  ein  Paar  Worte  hinzufügen  über  die  Zahlwörter.  Die  Stufe 
der  Intelligenz  wird  vorzugsweise  in  den  Zahlen  gesucht,  und  es  ist  Ihnen  Allen 
bekannt,  dass  von  den  Darwinisten  gar  zu  gern  auf  den  niedrigen  geistigen  Stand- 
punkt der  Australier  hingewiesen  wird.  Der  sei  .schrecklich  und  thierisch,  sie 
könnten  nicht  bis  3  zählen.  Die  Sache  liegt  allerdings  so,  dass,  wenn  man  sich 
bei  ihnen  nach  Zahlwörtern  erkundigt,  sie  dann  unzusammengesetzte  Zahlwörter 
nur  bis  3  haben,  dass  sie  bei  4  schon  eine  Zusammensetzung  vornehmen  und  dass 
sie  für  5  ein  Wort  haben,  welches  „viel"  bedeutet,  und  dann  beginnen  sie  die  Zu- 
sammensetzung von  6  ab.  So  wissen  sie  sich  nothdürftig  höchstens  bis  zu  10  zu 
helfen;  aber  gewöhnlich  werden  die  Leute  bei  5  aufhören,  weil  die  Rechnung  zu 
complizirt  für  sie  wird.  Indessen  ganz  so  ungünstig  wird  von  einer  glaubwürdigen 
Seite  her  die  Sache  nicht  dargestellt;  nehmlich  Ridley  (a.  a.  0.  p.  32)  sagt,  die 
Leute  zählen  so:  1  bis  3  besondere  Wörter;  4  drücken  sie  aus  durch  2+  2;  5  be- 
deutet „viel",  aber  sie  bilden  dann  wieder  G  durch  5  +  1  u.  s.  w.  Wenn  sie  zu 
10  kommen,  haben  sie  ein  Wort,  welches  bedeutet:  was  zu  beiden  Händen  gehört, 
und  11  heisst  dann:  1  vom  Fuss  dazu,  12:2  vom  Fuss  dazu  u.  s.  w.  So  können 
sie  es  bis  19  bringen  und  bei  20  sagen  sie:  was  zu  beiden  Händen  und  Füssen 
gehört.  Das  ist  doch  schon  ein  weiteres  Zählen,  und  ich  weiss  nicht,  ob  nicht 
vielleicht  gelegentlich  noch  weiter  gezählt  wird,  denn  die  Leute  könnten  es  ja  nun 
so  machen,  wie  es  in  Afrika  geschieht,  dass  sie  für  20  „Mensch"  sagen,  nehmlich 
die  Hände  und  Füsse  des  Menschen,  und  für  lOO  5  Menschen.  Doch  weiss  ich 
nicht,  ob  sie  es  so  macheu.  Es  mag  wohl  sein,  dass  die  Leute  in  Australien  wenig 
zähliMi;  aber  Sie  sehen,  sie  zählen  iloch.  Was  die  Zahlwörter  1,  2  und  3  betrifft, 
so  bedeutet  3  auch  schon  eine  nnl^estiminte  N'ielheit  und  das  W'oit  für  3  stimmt  in 


(28) 

den  Sprachen  fast  gar  nicht  übereiu.  Merkwürdiger  Weise  stimmt  aber  auch  das 
Wort  für  1  nicht  überein,  dagegen  stimmt  das  Wort  für  2  vielfach  in  diesen  Dia- 
lekten überein.  Was  dieses  Wort  für  2  bedeutet,  weiss  ich  nicht,  aber  das  Wort 
für  1  in  der  Sprache  der  Encounter  Bay  kann  ich  deuten,  und  die  Deutung  führt 
zu  einer  merkwürdigen  Vorstellung.  Es  heisst  nehmlich  yamala-itye;  itye  ist 
ein  Suffix.  Wenn  ein  Volk  für  die  Zahl  1  ein  fünfsilbiges  Wort  hat,  so  ist  das 
schon  eine  wunderliche  Sache.  Nun  bedeutet  itye  so  viel  wie  unser  privatives 
Suffix  „los"  oder  unser  privatives  Präfix  „un".  yam  heisst  ein  anderer  undyamala 
wird  bedeuten  einige;  yamala-itye  bedeutet  also:  einer,  der  ohne  andere.  Das  ist 
freilich  ein  schlimmer  Anfang;  denn  das  ganze  Zahlensystem  ruht  auf  der  abstrak- 
ten Auffassung  der  Einheit.  Das  ist  hier  nicht  erreicht,  sondern  die  Einheit  bildet 
gar  nicht  einmal  die  Grundlage  der  Zahlen,  sondern  eher  die  Zweiheit.  Wie  con- 
cret  alles  bei  den  Leuten  ist,  sehen  Sie  daran,  dass  sie  mit  Händen  und  Füssen 
zählen.  Das  bedeutet  allerdings  eine  niedrige  geistige  Eutwickeluug;  dass  aber 
die  Australier  wenig  begabt  wären,  möchte  ich  mit  Rücksicht  auf  die  Spracliform 
nicht  behaupten,  denn  ich  stelle  diese  Sprache  viel  höher  als  die  Sprache  der  Poly- 
nesier  und  der  Malayen.  Ich  glaube  die  Sprache  steht  auch  höher,  als  die  der 
Hottentotten  und  die  der  Kaffern,  die  der  sogenannten  Bantu.  Also  dürften  wir 
annehmen,  dass  die  niedrige  geistige  Stufe  der  Australier  nur  durch  die  traurigen 
Nahrungsverhältnisse  verschuldet  wird. 

Hr.  Virchow:  Ich  kann  mich  nicht  rühmen,  in  gleicher  Weise  die  australi- 
sche Sprache  durchdrungen  zu  haben.  Indess  habe  ich  bei  Gelegenheit  einer  Unter- 
suchung über  die  Zusammengehörigkeit  der  australischen  Stämme  die  Vocabularien 
einiger  30  Stämme  durchgesehen  und  dabei  speciell  auf  die  Zahlwörter  geachtet. 
Beiläufig  möchte  ich  bemerken,  dass  mir  dabei  auffiel,  dass  yarama  am  Moreton 
River  Arm  (Hand?)  bedeutet  und  murra,  welches  mehrfach  in  Zahlwörtern  vor- 
kommt, bei  den  Wailwun  Hand  heisst.  Mir  schien  darin  eine  gewisse  Beziehung 
zu  liegen.  Jedenfalls  habe  ich  die  Ueberzeugung  gewonnen,  dass  in  dem  Mangel 
an  Zahlwörtern  an  sich  eine  niedrige  Form  der  Denkmöglichkeit  nicht  ausgedrückt 
ist.  Je  nach  den  verschiedenen  einzelnen  Stämmen  ist  das  Vocabularium  vollstän- 
diger oder  unvollständiger.  Gelegentlich  tauchen  alle  möglichen  Combi nationen  von 
1  und  2  auf,  welche  beweisen,  dass  auch  Ausdrücke  für  höhere  Zahlen  recht  wohl 
gebildet  werden.  Demnach  stimme  ich  Hrn.  Steinthal  ganz  bei:  es  kann  keine 
Rede  davon  sein,  dass  der  Maugel  eines  Wortes  für  die  Zahl  3  an  sich  beweist, 
dass  die  Leute  den  Begriff  3  nicht  besitzen.  Sie  drücken  ihn  nur  in  einer  mehr 
grobnaturalistischen  Weise  aus. 

Uebrigens  haben  wir  ja  nicht  wenige,  sehr  zuverlässige  Zeugnisse  für  die  Ent- 
wickelungsfähigkeit  der  Australier.  Ich  erinnere  an  die  in  unserer  Gesellschaft 
gemachten  Mittheilungen  des  Hrn.  Neumayer  u.  A.,  die  alle  dahin  gehen,  dass 
an  sich  die  geistigen  Fähigkeiten  vorhanden  sind,  nur  dass  es  sehr  schwer  hält, 
irgend  eine  Fixirung  und  selbständige  Weiterführung  der  geistigen  Arbeit  herbei- 
zuführen. Durch  irgend  einen  Umstand,  der  sich  bis  jetzt  der  Analyse  entzieht, 
kommt  das  Nomadenhafte,  welches  einmal  in  der  Bevölkerung  steckt,  in  jedem 
einzelnen  Individuum  schliesslich  zum  Durclibruch.  Scheinbar  an  einer  bestimmton 
Stelle  erfolgt  plötzlich  das  Abspringen  von  der  Cultur.  Dass  Leute,  die  Jahre  lang 
in  der  Cultur  gevvesen  sind,  mit  einem  Mal  in  ihr  altes  Wesen  zurücksinken  und 
jeden  Trieb  verlieren,  eine  selbständige  Entwickelung,  wie  bei  uns,  weiterzuführen, 
das  ist  mir  immer  am  meisten  unverständlich  gewesen.  Hier  zeigt  sich  ein  offen- 
bar erbliches  Verhältniss,  das  sich  nicht  austreiben  lässt  durch  irgend  eine  der  bis 


(29) 

jetzt  angewendeten  Erziehungsmethoden.  Ich  habe  nach  dieser  Richlmig  hin  alle 
möglichen  Berichte  durchgesehen  und  auch  nicht  ein  einziges  Beispiel  conslatiren 
können,  dass  es  jemals  gelungen  wäre,  einen  Australier,  auch  wenn  er  sehr  früh 
aus  seinen  Stammes-Verhältnissen  herausgenommen  wurde,  in  die  Gewohnheit 
unseres  Denkens  und  Empfindens  hineinzubringen.  Er  lernt  verstehen,  was  die 
gewöhnlichen  Verhältnisse  des  Verkehrs  und  der  Schule  bringen,  dann  wendet  er 
um,  und  ist  wieder  der  Wilde,  als  der  er  scheinbar  prädestinirt  geboren  wurde. 
Ich  wijrde  sehr  gern  eine  Belehrung  in  dieser  Richtung  entgegennehmen ,  denn 
dies  ist  für  mich  das  eigentliche  Problem.  Daran  hängt  auch  die  ganze  weitere 
Untersuchung,  wie  die  letzten  Reste  des  Volkes  etwa  noch  gerettet  werden  können,  — 
eine  Frage,  die  in  letzter  Zeit  die  Regierungen  der  verschiedenen  australischen 
Colonien  viel  beschäftigt  hat.  Man  scheitert  immer  an  dem  Umstand,  dass  nirgends 
sich  Jemand  gefunden  hätte,  der  das  Geheimniss  entdeckt  hat,  wodurch  die  Ein- 
geborenen verhindert  werden,  über  einen  gewissen  Grad  hinaus  sich  selbständig 
weiter  zu  bringen.  Es  ist  erst  ganz  neuerdings  ein  Bericht  an  das  Parlament  von 
Victoria  erstattet  worden,  der  verzweiflungsvoll  die  absolute  Renitenz  aller  Indivi- 
duen, aus  welchem  Alter  man  sie  auch  herausgenommen  hat,  allen  Culturversuchen 
gegenüber,   constatirt. 

(14)  Eingegangene  Werke. 

1)  Mittheilungen  der  anthropologischen  Gesellschaft  in   Wien.     Nr.   10,   11,   12. 

2)  Annalen  der  Hydrographie  und  maritimen  Meteorologie.     Heft   12.     1878. 

3)  Nachrichten  für  Seefahrer.     1878.     Nr.  52.     1879.     Nr.  1. 

4)  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.     1878.     Nr.   12. 

5)  Beiträge  zur  Anthropologie  und  Urgeschichte  Bayerns,     Band  2,  Heft  3. 

6)  Stenographischer  Bericht  über  die  neunte  allgemeine  Versammlung  der  deutschen 

anthropol.  Gesellschaft  in  Kiel. 

7)  Necrolog  auf  den  Marquis  de  Sä  da  Bandeiro. 

8)  Achille  Casanova,  Ibridismo  in  specie  fra  luomo  e  parecchi  animali. 


Sitzung  am   18.  Januar  1879. 
Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Zu  iVIitgliedern  des  Ausschusses  für  das  Jahr  1879  wurden  gewählt: 

Hr,  Kon  er, 

^  A.  Kuhn, 

„  Fritsch, 

„  Jagor, 

„  Deegen, 

„  Friede!, 

„  Wetzstein, 

„  Nachtigai. 

(2)  Als  neue  Mitglieder  werden  angemeldet: 

Hr.  J.  F.  G.  umlauft  in  Hamburg. 
„     Kaufmann  William  Schön lauk,  Berlin. 
„     E.  Rogalla  von  Bieberstein,   Vorsteher  des  Statistischen  Amts 

der  Niederschlesisch-Märkischen  Eisenbahn,  Berlin. 
„     Sanitätsrath  Dr.  A  bar  baue  11,  Berlin, 
„     Dr.  E.  Schwerin,  Berlin. 

(3)  Hr.  Lisch  übersendet  mittelst  Schreibens  d.  d.  Schwerin,  14.  Januar,  einen 
Bericht  des  Hrn.  Florkowski  über  eine 

Gesichtsurne  aus  einem  Steinkistengrab  in  Gogolin  (Kreis  Culm,  Westpreussen). 

Bei  der  Ackerbestellung  im  Spptembor  1878  wurden  auf  der  östlichen  Seite 
einer  10  m  hohen  Bergkuppe  des  Vorwerks  Gogol  in,  Kreis  Culm,  Steine  bloss- 
gelegt.  Durch  den  Gutspächter  F.  Sieg  davon  benachrichtigt,  begab  ich  mich 
dort  hin  und  fand,  nachdem  die  50  cm  hohe  Ackerkrume  abgeräumt  war,  ein 
doppeltes  Kistengrab  von  je  3  m  Länge,  1,50  m  Breite,  und  0,75  m  Höhe, 
genau  von  Ost  nach  West  gelegen.  Die  eine  Laugseite  bildete  die  Scheidewand 
der  beiden  Kisten.  Es  sind  zu  derselben  gespaltene  rothe  Sandsteine  ver- 
wendet. Die  langen  Wände  bestehen  nur  aus  einem  solchen  Steine,  die  kurzen 
sind  aus  mehreren  zusammengesetzt.  Zugedeckt  war  die  eine  Kiste  mit  drei,  die 
andere  mit  zwei  solchen  Steinen.  Als  die  Decksteine  entfernt  waren,  zeigten  sich 
die  Kisten  mit  grobem  roth  gefärbten  Sand  gefüllt.  Nach  erfolgter  Abtragung  des 
Sandes  ergab  sich,  dass  die  Beisetzung  von  Osten  aus  geschehen  war. 


(31) 

In  der  ersten  Kiste  befanden  sich  vierzehn  örneu  mit  sehr  weit  über- 
greifenden, schalenförmigen  Deckeln  zugedeckt  und  neun  Hänkel töpfchen  theils 
mit,  theils  ohne  Unterschalen.  Dreizehn  dieser  Urnen  waren  nur  ganz  roh  ge- 
arbeitet von  röthlich  gelber  Farbe,  theils  mit,  theils  ohne  Oeschen  und  Strich- 
verzierungen und  von  der  bekannten  Form.  In  denselben  befanden  sich  ausser 
gebrannten  Knochenresten  noch  Beigaben  von  Bronze,  als  Ohrringe,  Ringe, 
Kettchen  und  Stückchen  von  Draht,  auch  einige  Stückchen  von  Eisendraht,  sowie 
ganze  Klumpen  von  geschmolzenen  blauen  Glasperlen  und  eine  erbsengrosse 
Thonperle.  Von  diesen  13  Urnen  habe  ich  nur  ö  ganz,  von  den  Deckeln  keinen 
ganz  erhalten  können,  weil  dieselben  schon  sehr  mürbe  und  zum  Theil  in  der 
Kiste  zerbrochen  waren.  —  Die  9  Henkel  töpfchen  sind  von  verschiedener 
Grösse,  theils  hellgelb,  theils  schwarz,  und  alle  mit  Sund  gefüllt.  Von  diesen  habe 
ich  nur  4  und  eine  Schale  ganz  erhalten  können. 

Die  vierzehnte  Urne,  die  ich  in  dieser  Kiste  hart  am  westlichen  Ende  fand, 
ist  schwarz  und  sehr  schön  geformt;  sie  stand  in  einer  röthlich  gelben  Schale 
und  war  mit  einem  pyramidenförmigen  Deckel  zugedeckt.  Nachdem  ich  dieselbe 
ausgehoben  hatte,  sah  ich,  dass  es  eine  Gesichtsurne  sei,  meines  Wissens  die 
erste  aus  der  diesseitigen  Weichselgegeud  und  des  Kreises.  Das  Gesicht,  dassich  am 
obern  Halsrande  befindet,  hat  eine  gut  geformte  spitze  Nase,;  die  Augen  sind  durch 
eingeritzte  Kreise  mit  Punkten  angegeben.     Mund  und  Ohren  fehlen. 


Da,  wo  der  Hals  der  Urne  aufhört,  sind  vier  tief  eingeritzte  Kreislinien 
gezogen,  mit  einer  weissen  Masse  (vielleicht  Kalk)  ausgefüllt;  unter  diesen 
Fvinien.  die  wohl  einen  Gürtel  darstellen  sollen,  befindet  sich  ein  Doppelkreis  mit 
Punkten  und  schrägen  Linien  mit  daran  hängenden  8  Strichchen,  (vielleicht  Ciürtel- 
schloss  nebst  Quaste  darstellend);  unter  diesen  4  Linien  auf  dem  Bauch  der  Urne 
sind  ganz  deutlich  zwei  Arme  mit  Handflächen  und  Fingern  gezeichnet,  welche 
Zeichnung    in    dem    noch    weichen  Thon  mit  dem  Finger  gemacht  zu  sein  scheint, 


(32) 

da  sie  mulden artig  vertieft  ist,  also  so,  als  wenn  man  leise  mit  einem  Finger 
über  einer  noch  etwas  weichen  Thonfläche  hinzieht.  Jn  der  Urne  befanden 
sich  sehr  weisse,  lioll  klingende  Kiiochenreste  und  ein  kleines  Klümpchen 
Bronze. 

In  der  zweiten  Kiste  stand  nur  an  der  westlichen  Wand  eine  roh  gearbeitete 
Urne  ohne  Deckel  mit  Knochenresten  und  Sand  gefüllt;  also  erst  angefangen  mit 
Urnen  zu  besetzen,  dieselbe  aber  zerbrach  bei  der  leisesten  Berührung  und  fiel 
zusammen. 

Sämmtliche  Sachen  sind  meiner  Sammlung  einverleibt. 

(4)  Hr.  E.  Friedel  legt  folgende  dem  hiesigen  Märkischen  Museum  ge- 
hörige Gegenstände  vor: 

a.  Eine  grosse  bronzene  Fibula  aus  zwei  grossen  brustförmig  aufgerollten 
Spiralen  bestehend,  mit  beweglichem  Dorn,  der  o  Quersprossen  besitzt,  in  Form 
und  Grösse  der  von  Plauerhagen  in  Mecklenburg  bekannten,  bei  Lindenschmit, 
Heidn.  Alterthümer,  Bd.  I.,  Heft  IX.,  Tafel  o,  Nr.  I.,  sehr  ähnlich,  nur  dass 
der  vorgelegten  die  Strichelverzierung  fehlt.  Länge  der  ganzen  Fibula  34  cm, 
Durchmesser  der  Brustspiralen  12,5  cm,  Länge  des  Doms  32  cm.  Im  hiesigen 
Königl.  Museum  befindet  sich  eine  ähnliche  Fibula  (Nr.  II.,  9732),  jedoch  nur  halb 
erhalten,  von  Lubholz  bei  Lübben,  und  eine  wohlerhaltene  (Nr.  II.,  3404)  von 
Kunersdorf  bei  Frankfurt  a/0. 

b.  Eine  Bronze-Nadel  mit  rundem  Kopf,  70  gr.  schwer  und  noch  32,5  cm  lang, 
wobei  von  der  Spitze  etwa  1,5  cm  abgebrochen  sein  mögen.  (IL,  9091  und  9092 
des  Katalogs.) 

Beide  Objekte  sind  mit  einer  weniger  gut  erhaltenen  ähnlichen  Fibula  wie  zu 
a  und  kleineren,  verloren  gegangenen  Fragmenten  beim  Graben  von  Sand  für  die 
Dämme  der  hiesigen  Stadtbahn  am  Ufer  der  wendischen  Spree  (Dahme)  bei 
Schmöckwitz,  ca.  21  km  südöstlich  Berlin  auf  dem  Grundstück  des  Schulzen  Nusche 
im  Sande  ohne  sonstige  Verpackung  gefunden  worden.  Die  defecte  zweite  Fibula 
ist  leider  hier  in  Berlin  verschwunden. 

c.  Eine  Urne  (IL,  1617  des  Katalogs),  mit  schwachkonisch  vom  rundlichen 
Bauche  abgesetztem  Hals  und  zwei  Oehren  an  dieser  Ansatzstelle.  Geriefelt,  glän- 
zend braun,  ohne  Drehscheibe  gefertigt,  sogen,  lausitzer  Typus,  15  cm  hoch,  Boden 
7,5,  Bauch  bis  19  cm  Durchmesser;  Hals  4  cm  hoch,  am  Bauch  11,  an  der  Mün- 
dung 10  cm  Durchmesser. 

Zu  dem  Vortrage  des  Hrn.  Dr.  Schneitier  bemerkt  Hr.  E.  Friedel,  dass 
der  eigentliche  Entdecker  des  Urnenfriedhofs  am  Eyderfenn,  Hr.  Rentier  Rühe, 
Kleine  Lettecolonie  Nr.  20  wohnhaft,  gewesen  sei.  Derselbe  habe  bereits  im  Jahre 
1874  der  Gesellschaft  einige  Scherben  vorlegen  lassen. 

Hr.  E.  Friedel  macht  darauf  aufmerksam,  dass  die  von  Prof.  Ernst  im  Jahr- 
gang 1878,  Taf.  XIV.,  abgebildeten,  Verhandl.  S.  192  besprochenen,  in  Venezuela 
dem  Zuchtvieh  eingebrannten  Eigenthu  msmarken ,  welche  der  Genannte 
geneigt  ist,  zum  Theil  mit  der  indianischen  Bilderschrift  in  Verbindung  zu  bringen, 
vielmehr  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  den  von  Homeyer  in  seinen  „Haus-  und 
Hofmarken"  (Berlin  1870)  dargestellten  europäischen  Zeichen  haben,  die  hie  und 
da  noch  jetzt  clem  Vieh  eingebrannt  oder  eingeschnitten  (bei  Rindvieh  häufig  ein- 
rasirt)  werden.  Eine  beträchtliche  Anzahl  der  Ernst'schen  Zeichen  sind  zunächst 
lateinische  Buchstaben,  z.  B.  Zeile  1,  Kig.  5,  8,  9;  Zeile  3,  Fig.  1,  3,  10,  13; 
Zeile  5,  Fig.  1,  3,  4,  8,  9  u,  ff.,  oder  Zahlenzeicheu,  z.  B.  Zeile  1,  Fig.  1;  Zeile  3, 
Fig.  12;  Zeile  4,  Fig.  3;  Zeile  9,  Fig.  2  u.  ff.     Fast  jedes  der  anderen  Zeichen  ist 


(33) 

bei  Homeyer  nachweisbar,  und  es  drängt  sich  sonach  vielmehr  die  Frage  auf,  ob 
diese  Zeichen  nicht  von  den  europäischen  Kolonisten,  wobei  man  zunächst  an 
Spanier  denken  möchte,  eingebürgert  worden  sind. 

Hr.  E.  Friedel  erinnert  ferner  gegenüber  des  von  Hrn.  Dr.  Saalborn  in  den 
Verhandlungen  von  1878,  S.  221,  ausgesprochenen  Vorschlages,  die  sogen.  Buckel- 
urnen lieber  Zitzenurnen  oder  Tittchenkrüge  oder  Mastotöpfe  zu  nennen, 
wie  er  die  theilweise  Aehnlichkeit  der  Buckel  mit  der  weiblichen  Brust  und  der 
Buckelurnen  mit  den  mittelalterlichen  und  neueren  sogen.  Pilgerflaschen  bereits  in 
der  Zeitschrift  „der  Bär",  Jahrg.  I.,  1875,  S.  7.3  und  74,  hervorgehoben  und  anheim 
gegeben  habe,  diese  Gefässe  „Brusturnen",  die  mit  sehr  hervorragenden  Warzen 
„Zitzenurnen"  zu  nennen.  Vor  dem  Namen  „Mastotöpfe",  der  an  „Hühnerologie" 
und  ähnliche  barbarisirende  Wörter  erinnere,  sei  dringend  zu  warnen.  Wie  Hr, 
Saalborn  die  Buckelurnen  mit  der  slavischen  Bevölkerung  in  Beziehung  bringen 
könne,  sei  auch  ihm  unerfindlich.  Alle  in  Deutschland  bisher  gemachten  Funde 
eigentlicher  Buckel-  oder  Brusturnen  beziehen  sich  bis  jetzt  sicherlich  auf  die  vor- 
slavische  Zeit. 

(5)  Hr.  Schneitier  zeigt  eine  neue  Reihe  von  Topfscherben  von  dem  schon 
früher  besprochenen 

Urnenfriedhof  der  Feldmark  Rosenthal  bei  Berlin 

Er  bemerkt,  dasa  merkwürdigerweise  die  betreffende  Stelle  von  den  Leuten 
noch  jetzt  das  „heilige  Land"  genannt  werde. 

Hr.  Virchow  bemerkt,  dass  der  zwischen  Rosenthal,  Schönholz  und  Reinicken- 
dorf gelegene  Friedhof  ihm  zuerst  im  Jahre  1875  durch  Hrn.  Rühle  angezeigt  und 
von  ihm  in  der  Sitzung  vom  2ü.  November  1875  (Verh.  S.  238,  Zeitschr.  f.  Ethnol. 
B.  VH.)  besprochen  worden  sei.  Die  damals  gefundenen  Scherben  Hessen  eine 
chronologische  Bestimmung  nicht  zu;  die  jetzigen  schliessen  sich  durch  ihre  Ver- 
zierungen, die  geglättete  Oberfläche,  die  Henkel,  dem  lausitzer  Typus  an,  und  in- 
sofern sei  durch  Hrn.  Schneitier  ein  wirklicher  Fortschritt  des  Wissens  über 
dieses  uns  so  nahe  Gräberfeld  gewonnen  worden. 

(6)  Hr.  Dr.  Gemss  zeigt  einen  schweren 

südwestlich  von  Glogau  gefundenen  Haisring  von  Gold. 

Hr.  Voss  bemerkt:  Der  vorgezeigte  Ring,  nachträglich  vom  Königl.  Museum 
erworben  (Kat.  Nr.  H.,  11,230),  ist  von  bedeutender  Stärke,  massiv  gegossen  und 
hat  ein  Gewicht  von  188,45  g  (Metall werth  524,65  M.).  Er  besteht  aus  einem 
runden  unverzierten  Stabe,  welcher  auf  dem  einen  Ende  zu  einer  breiten  ebenfalls 
sehr  starken  massiven  achterförmigen  Oehse  ausgearbeitet  ist,  in  welche  das  andere, 
mit  einem  knopfförmigen  Haken  versehene  Ende  eingreift.  (Vergl.  Montelius,  Ant. 
Suedois.  Fig.  343).  Durchmesser  des  Ringes  im  Lichten:  16  cm,  Stärke  des  Stabes: 
0,5  cm.  Ein  ähnlicher  Ring,  bei  Körbeke  im  Paderboruschen  (Kreis  Warburg)  mit 
einem  Siegelring  zusammen  gefunden,  wurde  vom  Kgl.  Museum  im  Jahre  18G7  durch 
gütige  Vermittelung  des  Hrn.  Dr.  Giefers  in  Paderborn  erworben.  Derselbe  ist  doppelt 
gewunden  und  hat  in  Folge  dessen  nur  die  Weite  eines  Armringes.  Der  auf  ihn  gescho- 
bene Fingerring  hat  eine  runde  Platte  ohne  weitere  Verzierung.  Beide  zusammen  von 
feinstem  Golde,  haben  einGewicht  \on  41 ' '.jDucateu  undeinenMotallwerth  von3'J4,25M. 
(Kat.  Nr.  iL,  5922  und  5923).    Die  Fundstelle  ist  ein  .\cker  zwischen  Warburg  und 

Verhaudl.  der  Berl.  Antbropol.  Gesellschaft  187^.  •" 


(34) 

Körbeke,  1220  Schritte  SW.  von  Körbeke,  ^4  Meile  vom  Desenberge.  Ein  geringer 
Theil  stand  aus  dem  Boden  hervor,  wodurch  der  Finder  aufmerksam  wurde.  Ausser- 
dem wurde  im  vorigen  Jahre  in  der  Nähe  von  Voigtstedt,  Kreis  Sangerhausen,  beim 
Bau  der  Berlin-Wetzlarer  Eisenbahn  an  einer  Stelle,  wo  eine  grosse  Anzahl,  jetzt 
im  Königl.  Museum  befindlicher  Römischer  Gegenstände  (Kat.  Nr.  II.  11,273  u.  ff.) 
gefunden  wurden,  ein  ähnlicher  goldener  Ring  gefunden.  Derselbe  Verschluss  findet 
sich  auch  bei  einem  aus  sechs  in  der  Mitte  plattenförmig  verbreiterten  einzelnen 
goldenen  Ringen  bestehenden  Halsschmuck,  welcher  zu  einer  goldenen  Schmuck- 
garnitur gehört,  bestehend  ausser  diesem  Halsschmuck  aus  einem  runden  Ringe  von 
gleicher  Form,  wie  der  von  Hrn.  Dr.  Gemss  vorgezeigte,  einem  Fingerringe,  ähnlich 
jenem  von  Körbeke,  einer  kurzen  und  engen  Spirale  aus  sehr  starkem  Golddraht  und 
zwei  Armspiralen  aus  dünnem  Golddraht.  Der  Fund,  Eigeuthum  des  Königl.  Museums 
(Kat.  Nr.  l\.,  3688 — 3698),  wurde  in  der  Nähe  von  Velp  in  Gelderland  gemacht, 
und  ist  abgebildet  und  beschrieben  von  Dr.  li.  S.  F.  Janssen  in  ßijdragen  voor 
Vaterlandsche  Geschiedenis  en  Oudheidkunde  door  J.  A.  Nyhoff,  Th.  HL,  S.  3. 
Arnheim  1852. 

(7)  Hr.  Hollmann  legt  ein 

Schwert  und  eine  Lanzenspitze 

von  schöner,  reich  damascirter  und  ausgelegter  Arbeit  vor.  Beide  Gegenstände 
stammen   von  der  Messe  in  Nishnij-Nowgorod. 

Hr.  Jagor  und  Hr.  Hartmann  erklären  die  Waffen  für  persisches  Fabrikat. 
Letzterer  erkennt  schon  an  dem  spitzkonischeu  Aufsatze  der  Lanzenspitze,  welcher 
auch  den  Kamä  oder  Kindschal,  den  persischen  Dolch,  regelmässig  ziert,  die  Her- 
kunft aus  Khorassan  oder  Schiras.  Auf  dem  Bazar  des  Beled-el-Adjem  (Perser- 
landes) zu  Cairo  findet  man  prächtige  Waffenstücke  der  Art,  ferner  Lunten-  oder 
Feuerschloss-Gewehre,  erstere  auch  mit  der  Fourchette  (Duschek),  ferner  Streitäxte, 
Streitkolben  mit  crenelirtem  Schlagstück,  Köcher  etc.  Dergleichen  sind  zur  Zeit  der 
Memluken  ungemein  beliebt  gewesen  und  finden  auch  jetzt  noch  unter  Türken  wie 
Europäern  Absatz.  Berühmt  sind  ferner  die  persischen  Panzerhemden,  welche 
ihren  Weg  bis  in  die  Weidegrüude  der  Hadendua  und  bis  in  die  Berge  der  Funje 
genommen  haben. 

(8)  Hr.   Dr.  Schulz-Sellack  hält  einen  Vortrag  über 

Maya-Alterthümer. 

Dieser  Vortrag  wird  in  der  Zeitschrift  für  Ethnologie  gedruckt  werden. 

(9)  Hr.  Missionär  H  übrig  hält  einen  Vortrag  über 

Fung  Scliui  oder  chinesisciie  Geomantie. 

Es  wird  an  uns  Missionare,  die  wir  mit  den  chinesischen  Verhältnissen  eipiger- 
massen  vertraut  sind,  oft  die  Frage  gerichtet:  Woher  kommt  es  doch,  dass  die 
Chinesen  als  Volk  sich  noch  immer  so  hartnäckig  gegen  Cultur  und  Religion  des 
Abendlandes  abschliessen?  —  Warum  hat  China  noch  keine  Eisenbahnen,  Telegra- 
phenlinien u.  dergl.  eingerichtet?  —  Warum  öffnet  das  Land  nicht  seine  Berge, 
die  reiche  Schätze  werth\ ollen  Materials  enthalten?  —  Warum  immer  wieder  die 
alten    bekannten  Schwierigkeiten,    wenn  Europäer    sich    in  diesem  Lande  irgendwo 


(35) 

ansiedeln  wollen?  —  Wie  war  es  möglich,  dass  eine  Hungersnoth,  mit  welcher 
China  in  den  letzten  Jahren  heimgesucht  wurde,  solche  Opfer  fordern  konnte,  dass 
die  Zahl  der  Verhungerten  nach  Millionen  gezählt  wurde?  —  Auf  alle  diese  Fragen 
giebt  es  wohl  die  verschiedensten  Antworten,  die  auch  mehr  oder  weniger  berechtigt 
sind,  doch  eine  möglichst  umfassende  Antwort  kömnen  wir  nur  dadurch  geben,  dass 
wir  auf  jenen  Aberglauben  der  Chinesen  aufmerksam  machen,  welcher  in  dem 
System  des  Fung  sc  hui  seine  Nahrung  findet  und  als  Geomantie  bezeichnet 
werden  kann. 

Hei  allen  Unternehmungen,  die  eine  Veränderung  des  Bodens  erfordern,  sei  es 
dass  Hügel  abgetragen.  Berge  durchstochen,  der  J^auf  der  Flüsse  verändert,  ein  Weg 
verlegt,  ein  Haus  oder  Thurm  gebaut,  ein  Grab  oder  Brunnen  gegraben,  ein  Baum 
gefällt,  eine  Stange  errichtet  werden  soll,  muss  man  stets  befürchten,  irgendwie  mit 
den  Gesetzen  des  Fuug  schui  in  Collision  zu  gerathen,  und  die  Folge  würde  sein, 
dass  man  entweder  über  sich  selbst  und  die  eigene  Familie  oder  über  die  ganze 
Gegend  unsägliches  Unheil  herbeiführte,  —  oder  man  würde  irgendwie  das  gute 
Fung  schui  des  Nächsten  vernichten  oder  stören  und  somit  den  Hass  und  die 
Feindschaft  desselben  auf  sich  lenken.  Der  Chinese  sieht  sich  daher  genöthigt  bei 
all  dergleichen  Unternehmungen,  den  Rath  eines  Geomauten  einzuholen,  der  sich 
dann  seine  Dienste  gut  bezahlen  lässt.  Es  ist  dies  eine  besondere  Klasse  von  Ge- 
lehrten, meist  entgleiste  Literaten,  die  sich  ein  Wenig  mit  der  hierauf  bezüglichen 
Literatur  beschäftigt,  vor  allen  aber  sich  in  allerlei  Schlichen  und  Betrügereien 
geübt  haben.  Mit  einem  sehr  gelehrten  Gesicht,  einer  grossen  Brille  auf  der  Nase, 
einen  räthselhaften  Compass  oder  Horoscop  in  der  Hand,  untersucht  er  dann  die 
Bodenformation  der  betreffenden  Gegend,  stellt  in  einem  meist  unverständlichen 
Jargon  seine  Berechnungen  an  und  braucht,  um  recht  viel  dabei  zu  verdienen,  oft 
Monate  und  Jahre,  ehe  er  für  ein  Grab  oder  Haus  den  Platz  gefunden,  wo  man 
allem  Unheil  entgeht  und  die  Segensströme  der  Natur  auf  sich  und  seine  Familie 
lenken  kann. 

Am  unbequemsten  wird  das  Fung  schui  für  den  Europäer,  der  genöthigt  ist 
unter  den  Chinesen  sich  anzusiedeln.  Erhaben  über  die  Gesetze  des  Fung  schui 
baut  er  nach  eigenem  Gutdünken  und  Wohlgefallen;  doch  bald  wird  er  von  allen 
Seiten  angefochten:  Hier  stört  das  hohe  Dach  seines  Hauses  den  Lauf  des  Drachen, 
dort  stört  ein  Fenster  „die  Aussicht  für  das  linke  Auge  einer  verstorbenen  Gross- 
mutter'', hier  hat  er  mit  seinem  Brunnen  eine  Ader  des  Erddrachen  verletzt,  dort 
auf  andere  Weise  die  Harmonie  der  Natur  gestört.  Um  deswillen  sucht  man  sich 
diese  europäischen  Friedensstörer  von  vornherein  fern  zu  halten,  die  noch  nicht 
gezügelt  von  der  höheren  Cultur  des  Mittelreichs,  gleich  wilden  Buben  überall 
Unheil  und  Schaden  anrichten.  Wo  nun  die  Chinesen  mit  Gewalt  genöthigt  wur- 
den den  europäischen  und  amerikanischen  Ansiedlern  Bauplätze  abzutreten,  wählten 
sie,  wenn  irgend  möglich,  Grundstücke  mit  schlechtem  Fuug  schui.  um  auf  diese 
Weise  die  Eindringlinge  ins  Verderben  zu  stürzen. 

Fung  schui  ist  ein  Stein  im  Wege  für  Handel,  Cultur  und  Mission,  und  es 
kann  daher  für  Jeden,  der  irgend  ein  Interesse  hat  für  dies  grösste  Volk  der  Erde, 
die  Frage  nicht  gleichgültig  sein:  Was  ist  Fung  schui?  — 

Legt  man  dem  gewöhnlichen  Chinesen  diese  Frage  vor,  so  wird  jeder  gleich 
die  Realität  von  Fung  schui  zu  vertheidigen  suchen,  selten  aber  wird  einer  eine 
genügende  Auskunft  geben  können.  Meist  hört  man  die  Antwort:  Fung  heisst 
Wind,  und  Schui  heisst  Wasser,  und  Fung  schui  ist  auch  etwas  wie  Wind  und 
Wasser,  das  man  weder  greifen  noch  begreifen  kann.  Auch  die  klassischen  Schrif- 
ten geben  darüber  keine  Auskunft,  da  diese  Lehre  erst  seit  Tschu  hi,  dem  grossen 


(36) 

Commentator  der  klassischen  Schriften  (im  12.  Jahrh.  n.  Chr.)  allgemein  Eingang 
gefunden,  obgleich  die  leitenden   Ideen  ein  höheres  Alter  beanspruchen. 

In  China  ist  bekanntlich  seit  Jahrhunderten  alles  im  Verfall  begriffen,  und 
dieser  Verfall  ist  allem  aufgeprägt,  auch  den  Stützen  dieses  alten  Culturstaats.  Die 
Moralgrundsätze  des  Confucius  sind  zur  Phrase  geworden.  Der  Buddhaismus  mit 
seinem  Weltschmerz  und  Weltverachtung,  mit  seinen  Höllen-  und  Seelenwande- 
rungen ist  nur  noch  ein  Schreckgespenst  für  die  Unbemittelten  und  ein  Ruhekissen 
für  die  Reichen,  die  mit  Geld  alles  erkaufen  können.  Die  Klöster  sind  keine  Zu- 
fluchtsstätten für  die  Frommen,  sondern  fast  nur  Freistätten  für  Verbrecher  und 
Faullenzer.  Die  jetzigen  Thauisten  sind  Niemand  unähnlicher  als  ihrem  Stifter 
Lau  tz,  dessen  philosophisches  Werk  Thau  tet  kin  sie  weder  verstehen  noch  be- 
greifen und  daher  nur  als  Zauberformel  bei  ihren  Betrügereien  und  Zaubereien 
anwenden.  Ebenso  ist  es  auch  mit  dem  ältesten  philosophischen  Werk,  dem  Yit 
kin  ergangen,  welches  Philosopheme  über  Weltentstehung  enthält.  Es  blieb  dem 
späteren  Geschlechte  dunkel,  und  wurde  die  Fundgrube  für  die  Phantasien  des 
Fung  schui.  Da  Fung  schui  sich  mit  dem  Entstehen  und  Fortbestehen  der  Natur 
beschäftigt,  könnte  man  es  vielleicht  auch  Naturwissenschaft  nennen,  besonders  in 
unseren  Tagen,  vpo  man  unbewiesene  und  unbeweisbare  Annahmen  oft  genug  mit 
dem  Namen  Wissenschaft  zu  bezeichnen  pflegt.  Die  Erkenntniss  des  wahren 
Gottes,  welche  allein  die  rechte  Grundlage  alles  wahren  Wissens  bildet,  fehlt  den 
Chinesen,  wohl  aber  haben  sie  in  der  Natur  ein  unsichtbares  göttliches  Wirken 
erkannt,  und  daher  die  Attribute  Gottes  den  Naturkräften  beigelegt.  Die  Natur 
erscheint  dem  Chinesen  als  ein  lebendiger  in  allen  seinen  Theilen  beseelter  Orga- 
nismus, der  zum  Selbstbewusstseiu  kommt  im  Menschen.  Mensch  zu  sein  ist  die 
höchste  Stufe  der  Entwickelung,  die  erreicht  werden  kann,  daher  auch  alle  Götter 
Chinas  nur  Erdgeborene  sind.  Es  bewahrheitet  sich  auch  hier,  dass  Abfall  von 
Gott  stets  zur  Selbstvergötterung  oder  Vergötterung  des  eignen  Geschlechts  führt. 
Eritis  sicut  Dens. 

Ehe  wir  nun  auf  die  Darstellung  des  Fung  schui  Systems  selbst  eingehen, 
müssen  wir  uns  zuvor  mit  den  Ansichten  über  Entstehung  der  Welt  ein  Wenig 
bekannt  machen.  Das  erwähnte  Buch  Yit  kin  d.  i.  Buch  der  Wandlungen  berichtet 
folgendermassen:  „Wu  khit  sang  thai  khit,  thai  khit  sang  yim  yong,  yim  yong  sang 
wan  wut  d.  h.  das  Nichtsein  oder  das  Unbegrenzte  erzeugte  das  Sein  oder  das 
grosse  Begrenzte,  das  Sein  erzeugte  das  männliche  und  weibliche  Princip,  und  die 
Dualkräfte  erzeugten  alle  Dinge".  Und  zwar  Dinge,  die  mehr  oder  weniger  von 
diesem  oder  jenem  Princip  durchdrungen  sind.  Die  feineren,  ätherischen,  geistigen 
Substanzen  gehören  dem  männlichen  Princip  zu,  die  gröberen,  stofflichen,  körper- 
lichen Massen  dem  weiblichen.  Darum  wird  auch  der  Himmel  an  und  für  sich 
das  grosse  Männliche  oder  Active  genannt,  die  Erde  hingegen  das  grosse  Weibliche 
oder  Passive. 

Beide  Grundprincipien  werden  beseelt  vom  Hi  oder  Odem  oder  Athmen.  Hi 
wandelt  das  Nichtsein  zum  Sein  und  bewirkt  die  Spaltung  des  Sein  in  die  Dual- 
kräfto  und  die  Hervorbriogung  aller  Dinge.  Hi  durchdringt  belebend  und  ver- 
nichtend die  ganze  Natur,  je  nachdem  es  ein  Ausathmen  oder  Einathmen  ist. 
Dieses  Athmen  ist  indess  kein  selbstbewusstes,  willkürliches,  sondern  geschieht 
nach  bestimmten  Gesetzen,  die  man  fji-Ordnung  oder  Naturgesetze  nennt.  Die 
Naturgesetze  aber  beruhen  wieder  auf  bestimmten  mathematischen  Voraussetzungen, 
welche  mit  Sz  =  Zahl  bezeichnet  werden.  Hi,  Li  und  Sz  sind  die  verborgenen 
Kräfte,  die  in  einem  Vierten,  Yim  =  P^orm  oder  Naturerscheinung  sich  unseren 
Sinnen    offenbaren.     Auf    diesen    vier  Principien  nun  beruht  das  System  von  Fung 


(37) 

Schui.     Nur    skizzenhaft    kann    ich    in    diesem    engen    Rahmen    die   verschiedenen 
Seiten  des  Systems  berühren  und  beginne  mit  Li,  den  Naturgesetzen: 

Die  Chinesen  betrachten  den  Himmel  als  das  eigentliche  ideale  Product  der 
Nuturkräfte,  die  Erde  ist  nur  der  grobmaterielle  Reflex  des  Himmels.  Alle  Herr- 
lichkeit und  Schönheit  dieser  Erde,  die  Berge,  Thäler,  Ströme,  Meere,  Gefilde  mit 
ihren  mannigfachen  Formen  und  ihrer  Farbenpracht  sind  nur  der  Reflex  dessen, 
was  am  Firmament  in  viel  vollkommenerer  Schönheit  und  Herrlichkeit  zu  finden 
ist.  So  ist  z.  B.  die  männliche,  lebende  und  beseelende  Kraft  in  der  Natur  nur 
ein  Reflex  der  Sonne;  das  weibliche  Princip,  d.  h.  die  mit  unseren  Sinnen  erreich- 
baren Formen  und  Erscheinungen,  sie  sind  nur  ein  Abglanz  des  Mondes.  Die  fiJnf 
Elemente:  Holz,  Feuer,  Metall,  Wasser,  Erde  correspondiren  mit  den  5  Planeten: 
Jupiter,  Mars,  Venus,  Mercur,  Saturn,  (daher  ihre  Namen  :  Holzstern  -  muk  sin,  Feuer- 
stern =  fo  sin,  Goldstern  -  kim  sin,  Wasserstern  =  schui  sin  und  Erdstern  =  thu  sin.) 
Die  Berge  der  Erde  correspondireu  mit  den  Sternen  am  Himmel  und  die  Flüsse 
und  Meere  mit  der  Milchstrasse. 

Das  Firmament  ist  das  grosse  Buch,  wo  mit  geheimnissvoller  Schrift  die  Ge- 
setze der  Natur,  die  Geschichte  der  Nationen,  das  Schicksal  jedes  Einzelnen  zu 
lesen  ist,  und  Fung  schui  beansprucht  die  Wissenschaft  zu  sein,  welche  jene  Schrift 
enträthseln  kann. 

Es  kommen  nach  der  Lehre  von  Fung  schui  vor  allem  3  Grundregeln  in  Be- 
tracht, nehmlich  dass  1)  der  Himmel  die  Erde  beeinflusst;  2)  Himmel  und  Erde 
vereint  beeinflussen  alle  Wesen;  3)  die  Hilfe  der  Abgeschiedenen  ist  nöthig,  und 
man  muss  sich  daher  in  der  Ahnenverehrung  um  deren  Gunst  bemühen.  Der 
Mensch,  als  das  allein  vernünftige  Wesen,  hat  es  nun  in  seiner  Hand  die  vom 
Himmel  und  Erde  ausgehenden  Ströme  sich  zum  Segen  oder  Unsegen  zuzuleiten. 

Der  Himmel  übt  seinen  Einfluss  aus  durch  die  Sonne,  den  Mond  und  die 
12  Zeichen  des  Thierkreises  (Ratte,  Ochse,  Tiger,  Hase,  Drachen,  Schlange,  Pferd, 
Widder,  Affe,  Huhn,  Hund,  Eber),  ferner  durch  die  28  Constellationen  des  Mondes, 
durch  die  5  Planeten,  7  Sterne  des  grossen  Bären  und  9  andere  hervorragende 
Sterne  im  Schützen  etc. 

Die  12  Zeichen  des  Thierkreises  bilden  auch  das  Zifferblatt  für  die  24  Zeit- 
abschnitte des  Jahres:  Frühlingsanfang,  Regenzeit,  Insektenbelebung,  Frühlingsmitte, 
klares  Wetter,  fruchtbarer  Regen,  Sommersanfang,  Aehrenbildung,  Aehrenreife, 
Vollsommer,  kleine  Hitze,  grosse  Hitze,  Herbstanfang,  Kühle,  Thau,  Herbstmitte, 
kalter  Thau,  Reif,  Wintersanfang,  kleiner  Schnee,  grosser  Schnee,  Wintersmitte, 
kleine  Kälte,  grosse  Kälte.  —  Die  Bahn  des  Mondes  theilt  man  in  4  grössere 
Abschnitte  mit  je  7  Constellationen:  Links  im  Osten  der  azurnene  Drache;  Rechts 
im  Westen  der  weisse  Tiger,  dazwischen  der  geharnischte  Krieger  und  der  Phönix. 
Man  denkt  sich  darunter  auch  geistige  Mächte,  welche  in  Verbindung  mit  Sonne, 
Mond  und  5  Planeten  und  deren  Repräsentanten  auf  Erden  ihren  Eintiuss  ausüben 
auf  Wohl  und  Wehe  der  Menschen.  Besonders  spielen  die  5  Planeten  eine  be- 
deutende Rolle  im  Fung  schui. 

Jupiter  hat  seinen  Sitz  im  Osten,  beherrscht  den  Frühling,  sein  Attribut  ist 
Wohlwollen.  Mars  wohnt  im  Süden,  sein  Reich  ist  der  Sommer,  und  er  fördert 
Reichthum.  Venus  thront  im  "Westen,  begünstigt  den  Herbst  und  verleiht  Schön- 
heit. Mercur  herrscht  im  Norden,  sein  Gebiet  ist  der  W^inter  und  giebt  Weisheit. 
Saturn  bildet  die  goldene  Mitte,  er  herrscht  im  Hochsommer,  und  bei  ihm  wird 
Treue  und  Gerechtigkeit  gefunden. 

Die  Sonne,  der  Mond  und  die  5  Planeten  werden  daher  auch  die  7  Herrscher, 
Sonne,    Mond    und    die  7  Sterne    des    grossen   Bären    die   9    Lichtträger    der  Welt 


(38) 

genannt.  Das  Bild  des  grossen  Bären  hat  daneben  noch  den  praktischen  Nutzen 
ein  Zeiger  an  der  grossen  Himmelsuhr  zu  sein,  welcher  die  grossen  Zeitabschnitte 
anzeigt.  Ist  der  Schwanz  des  grossen  Bären  bei  anbrechender  Dunkelheit  nach 
Osten  gerichtet,  dann  ist  Friihling,  nach  Süden  Sommer,  nach  Westen  Herbst, 
nach  Norden  Winter.  Ausserdem  kommen  noch  9  hervorragende  Sterne  in  Betracht, 
welche  ebenfalls  auf  das  Schicksal  der  Menschen  bestimmend  einwirken  und  mit 
Hilfe  geomantisch-astrologischer  Kenntnisse  kann  man  sich  ihre  Segeusströme  zu- 
wenden und  verderbliche  Einflüsse  ablenken. 

Alle  die  genannten  Sterne  haben  aber  ihre  Abbilder  an  den  Bergen  und  Ele- 
menten der  Erde,  und  es  ist  Aufgabe  der  Geomauten  die  Berge  nach  diesen  Sternen 
zu  klassificiren.  Dem  Mars  entspricht  eine  scharf  und  steil  aufsteigende  Bergspitze, 
und  das  Element  Feuer  ist  hier  vorherrschend.  Das  Bild  des  Jupiter  findet  man 
in  einer  abgeflachten  Spitze,  und  das  Element  Holz  ist  hier  vertreten.  Saturn 
spiegelt  sich  in  einem  breiten  Plateau,  und  das  Element  Erde  findet  sich  dort.  Venus 
findet  ihr  Abbild  in  abgerundeten  Bergen,  und  das  Metall  ist  das  entsprechende  Element. 
Mercur  erscheint  als  kugelförmiger  Hügel,  und  Wasser  ist  als  Element  hier  domi- 
nirend. 

Himmel  und  Erde  vermitteln  ihren  Einfluss  durch  die  5  Elemente  Holz,  Feuer, 
Erde,  Metall  und  Wasser,  die  man  sich  aber  nicht  als  materielle  Substanzen,  son- 
dern als  geistige  Essenzen  zu  denken  hat.  Es  ist  bereits  oben  erwähnt,  dass  diese 
5  Elemente  in  innigster  Verbindung  zu  den  5  Planeten  stehen,  aber  sie  haben  auch 
Beziehungen  zu  einander,  indem  sie  entweder  erzeugend  oder  vernichtend  auf  ein- 
ander einwirken. 

Holz  erzeugt  Feuer,  Feuer  —  Erde,  Erde  —  Metall,  Metall  —  Wasser,  Wasser  — 
Holz.  Metall  vernichtet  Holz,  Holz  —  Erde,  Erde  —  Wasser,  Wasser  —  Feuer, 
Feuer  —  Metall. 

Metall  ist  überwiegend  vorhanden  im  Westen  und  zur  Zeit  des  Herbstes. 

Holz       „  „  fl  «    Osten        „       „       „       „     Frühlings. 

Erde       „  „  „  „    Centrum  am  Ende  jeder  Jahreszeit. 

Wasser  „  „  „  „    Norden  und  zur  Zeit  des  Winters. 

Feuer     „  „  „  „    Süden       „       „       „       „     Sommers. 

Die  5  Elemente  und  somit  auch  die  5  Planeten  haben  ihre  bestimmten  Be- 
ziehungen zu  den 

5  Substanzen  des  menschl.  Körpers:  Muskel,  Ader,  Fleisch,  Knochen,  Haut. 
5  Eingeweiden  „  „  „  Herz,  Leber,  Magen,  Lunge,  Niereu. 

5  Farben weiss,  schwarz,  roth,  blau,  gelb. 

f)  Glückseligkeiten:    Reichthum,    Ehre,   langes  Leben,  Nachkommen    und  ruhiges 

Ende. 
5  gesellschaftlichen  Beziehungen:   zwischen  Fürst  und  Beamte,  Vater  und  Sohn, 
Mann    und   Weib,    älteren    und    jüngeren  Brüdern,    Freunde   unter  ein- 
ander. 

Nun  wäre  noch  in  Betracht  zu  ziehen  der  Einfluss  der  Abgeschiedeuen  auf 
die  Lebenden,  welcher  schon  um  des  Ahneudienstes  willen  eine  wichtige  Stellung 
im  Fung  schui  einnehmen  muss.  Nach  der  Lehre  des  Tschu  hi  lebt  die  Seele  de 
Vorfahren  theilweise  in  den  Nachkommen  fort,  wie  das  Leben  des  Baumes  fortlebt 
in  den  Abzweigungen.  Ferner  erstreckt  sich  der  Dualismus  der  Chinesen  auch  auf 
die  Seele  des  Menschen,  sie  ist  ihm  ein  animus  von  oben  her  und  eine  anima  hier 
unten  entsprungen.  Wenn  nun  der  Leib  stirbt,  so  kehrt  der  animus  zurück  zu 
seinem  Ursprung,  den  hitnnilichen  Elementen,  die  anima  löst  sich  auf  in  irdische 
Elemente,     Es    sind    daher    die  Seelen    der  Abgeschiedenen    ebenso  allgegenwärtig 


(39) 

wie  die  Elemente  des  Himmels  und  der  Erde,  und  der  Chinese  fühlt  sich  stets 
umgeben  von  einer  zwar  unsichtbaren,  aber  realen  und  wirksamen  Geisterwelt. 
Abgesehen  von  dieser  mehr  philosophischen  Ansicht  denkt  sich  aber  der  gewöhn- 
liche Mann  die  anima  zeitweilig  gefesselt  an  das  Grab  und  den  animus  an  die 
Wohnung  des  Verstorbenen.  Daher  hält  man  es  für  höchst  wichtig,  das  Grab  der 
Ahnen  an  einem  Orte  anzubringen,  wo  die  Seele  frei  aus-  und  eingehen  kann  und 
in  keinerlei  Weise  von  den  das  Grab  umgebenden  himmlischen  und  irdischen 
Elementen  gestört  wird.  Die  Seele  wird  sich  dann  dankbar  zeigen  und  allerlei 
Segen  auf  die  Nachkommen  herabschütten.  Chinesen,  die  im  Dienste  europäischer 
Kaufleute  stehen,  beten  und  opfern  daher  auch  oft  auf  den  europäischen  Begräbniss- 
stätteu,  um  so  durch  den  Einfluss  der  Verstorbeneu  sich  die  Gunst  ihrer  Herren 
zu  erwerben. 

Was  giebt  nun  Fung  schui  für  Vorschriften,  um  einen  günstig  gelegenen  Platz 
für  ein  Grab.  Haus,  Tempel,  Dorf  u.  dgl.  ausfindig  zu  machen?  Man  nimmt  an, 
dass  auch  in  der  Erdrinde  die  Dualkräfte,  gleichsam  als  zwei  magnetische  Ströme, 
positiv  und  negativ,  belebend  und  vernichtend  überall  vorhanden  sind,  die  man  in 
der  Regel  allegorisch  bezeichnet  als  „azurnener  Drache"  und  „weisser  Tiger";  jener 
muss  zur  Linken,  dieser  zur  Rechten  sich  zeigen.  Der  Geomant  hat  also  vor  allen 
Dingen  in  den  Bergformationen  den  azurnenen  Drachen  und  den  weissen  Tiger  zu 
entdecken,  oder  Nordpol  und  Südpol,  Positives  und  Negatives.  Den  Drachen  erkennt 
er  an  den  steilaufsteigenden  Höhen,  den  Tiger  hingegen  an  den  lang  hingestreckten 
Hügeln.  Wo  die  magnetischen  Ströme  sich  kreuzen,  oder  Drache  und  Tiger, 
Männliches  und  Weibliches  sich  berühren,  da  ist  ein  glückverheissender  Ort  für 
Grab,  Haus  etc.  Doch  muss  auch  die  Harmonie  der  himmlischen  und  irdischen 
Elemente  dazu  kommen,  welche  einzig  durch  den  Gebrauch  des  Compasses  zu 
ermitteln  ist.  Es  giebt  auch  noch  andere  Regeln,  wonach  männlicher  und  weib- 
licher Boden  zu  bestimmen  ist,  z.  B.  im  Hochgebirge  oder  gebirgslosen  Gegenden, 
doch  können  wir  hierauf  nicht  näher  eingehen.  Die  Hauptsache  ist,  dass  der 
männliche  Boden  überwiegend  (zu  wenigstens  V5)  vorhanden  ist,  trocken  und  frei 
von  weissen  Ameisen  ist  etc.  Wo  das  weibliche  Element  die  Oberhand  hat,  da 
ist  nur  Unglück  zu  erwarten.  Alles  dies  hat  der  Geomant  mit  seinem  complicirten 
Compass  reiflich  zu  prüfen. 

Der  Gebrauch  des  Compasses  setzt  aber  eine  genauere  Kenntniss  der  numeri- 
schen Proportionen  in  der  Natur  voraus,  welche  mau  Sz  =  Zahl  nennt 

Der  beständige  Wechsel  der  Zeiten,  die  Harmonie  am  Himmel  und  auf  Erden, 
das  Kommen  und  Gehen,  Werden  und  Verderben  brachte  die  chinesischen  Beob- 
achter der  Natur  zu  der  Annahme,  dass  alles  geordnet  sein  müsse  nach  Maass  und 
Zahl,  und  somit  auf  mathematischen  Priucipien  beruhen  müsse.  Und  zwar  auch  hier 
als  Urbild  und  Abbild,  eine  himmlische  Zahl  und  als  Abglanz  die  irdische  Zahl.  Man 
erfand  hierzu  die  sogenannten  Pat  kwa  oder  Diagramme  Ob  nun  Fuk  hi  diese 
zuerst  auf  dem  Rücken  eines  Drachenpferdes  oder  einer  Schildkröte  gesehen,  oder 
ob  sie  sonst  Jemand  erfunden,  kann  uns  gleichgültig  sein,  so  viel  steht  fest,  man 
hatte  und  gebrauchte  sie  als  Zaubermittel  bereits  vor  2000  Jahren. 

Ursprünglich  wurden  nur  die  Dualkräfte  durch  eine  gerade und  eine 

gebrochene  Linie    dargestellt.     Später    combinirte    und    multiplizirte  man 

beides  und  erhielt  4  Diagramme: 

:  das    grosse    Männliche,    dazu    gehörten:    Sonne,    Hitze,    Intelligenz, 
Auge   etc., 

=    :::::=  das  grosse  Wfibliche,  dazu  gehörten:  Planet,  Nacht,  Leib,  ilund, 


(40) 


das  kleine  Männliche,    dazu  gehörten:    Mond,    Kälte,    Leidenschaft, 

Ohren, 

=  =■  das  kleine  Weibliche,  dazu  gehörten :  Sterne,  Dämmerung,  Form,  Nase. 
Durch  Combination  dieser  4  erhielt  man  später  8  Diagramme,  wodurch  die  Dual- 
kräfte der  Elemente,  Himmelsgegenden  etc.  dargestellt  wurden: 

•  NW.   Himmel,  Männlich,  Erzeuger,  Aether,  Feuchtigkeit. 

'^E:::^=      W.  Wasser,  aufsteigende  Nebel,  Quelle,  Pfuhl,  Leichtigkeit. 

:       S.   Feuer,  Licht,  Leben,  Schönheit,  Wärme,  Hitze,  wirkende  Kraft, 

'■       0.   Donner,  Ausdiinstung,  Feurig,  Bewegung,  Steifheit. 

"     SO.  Wind,  Nebel,  Ausdehnung,  Biegsamkeit. 

— N.  Wasser,  Flüssigkeit,  Kälte,  Steifigkeit. 

^=.    NO.  Berge,  Festigkeit,  Triebkraft,  Ruhe,  Schwere. 

SW.  Erde,  Weiblich,  Empfänglichkeit,  Vernichtung,  Dürre. 

Noch  später  multiplicirte  man  8  mit  8  und  erhielt  64  Diagramme,  auch  wurde 
eine  durchgehende  Veränderung  vorgenommen. 

Die  früheren  6  Elemente:  Donner,  Wind,  Feuer,  Ocean,  Wasser,  Berg  Hess 
man  zwar  respectvoU  als  alte  Reliquie  bestehen,  meint  indess  zu  einer  besseren 
Ansicht  von  5  Elementen :  Holz,  Feuer,  Erde,  Metall,  Wasser,  gekommen  zu  sein, 
die  nun  auch  eine  hervorragende  Stelle  im  System  des  Fung  schui  fanden.  Um 
nun  den  6  alten  Elementen  neben  den  5  neuen  noch  Stimme  und  Recht  zu  ver- 
schaffen, half  man  sich  damit,  dass  man  alle  himmlischen  Mächte,  Einflüsse,  Kör- 
per etc.  nach  dem  Decimalsystem,  alle  irdischen  hingegen  nach  dem  Duodecimal- 
system  ordnete.  Daher  spricht  man  von  den  10  himmlischen  Stämmen  und  den 
12  irdischen  Zweigen.  Die  himmlischen  Stämme  sind  die  5  Planeten  und  5  Ele- 
mente; die  irdischen  Zweige  sind  der  Thierkreis,  die  12  Punkte  des  Compasses 
(0.,  OSO.,  SSO.,  S.,  SSW.,  WSW.,  W.,  WNW.,  NNW.,  N.,  NNO.,  ONO.),  die 
12  Zeitabschnitte  des  Tages  (von  je  2  Stunden).  6x10  und  5x12  ergiebt  die 
60  Zeichen  des  Cyclus  für  Tage  und  Jahre,  und  6  x  60  ergiebt  die  360  Grade  der 
Ekliptik.  Auf  dem  chinesischen  Compass  der  Geomanten  oder  dem  Horoscop  sind 
in  18  Kreisen  alle  diese  verschiedenen  Zahlen,  gesondert  und  verbunden  dargestellt. 
Man  findet  hier  die  2  Grundprincipien  Männlich  und  Weiblich,  die  8  Diagramme, 
die  64  Diagramme,  die  Ekliptik  der  Sonne  und  des  Mondes,  die  360  Längengrade, 
die  Jahrestage,  5  Planeten,  5  Elemente,  28  Constellationen,  12  Zeichen  des  Thier- 
kreises,  24  Zeiten,  12  Punkte  des  Compasses,  9  Sterne,  die  ungleichen  männlichen 
Zahlen,  die  gleichen  weiblichen  Zahlen  bis  360,  verzeichnet.  Das  Ganze  ist  ver- 
wirrt und  geheimnissvoll  genug  um  dem  Laien  Respect  einzuflössen  und  mit  Leich- 
tigkeit etwas  vorreden  zu  können.  Dem  Eingeweihten  hingegen  ist  es  ein  kurz- 
weiliges hocus  pocus-Spiel,  ein  Punctirbuch  oder  eine  Rechenmaschine,  um  irgend 
ein  mathematisches   Exempel  des  Fung  schui  zu  lösen. 

Neben  Gesetz  (Li)  und  Zahl  (Sz)  kommt  nun  im  System  des  Fung  schui  noch 
in  Betracht  das  Hi  =  das  Athmen  oder  der  Odem  der  Natur.  Die  Natur  ist  dem 
Chinesen  ein  lebendiger  Organismus,  der  aus  und  einathmet,  und  dadurch  alle 
Naturerscheinungen  hervorbringt.  Es  ist  zwischen  Himmel  und  Erde  nichts  so 
wichtig,  so  allmächtig  und  allgegenwärtig  als  Hi,  in  ihm  leben  und  bewegen  sich 
alle  Dinge.  Hi  ist  der  im  Nichtsein  schlummernde  Lebenskeim,  der  durch  sein 
Hervorbrechen  das  Sein  bewirkt,  durch  seine  Regungen  die  Dualkräfte  erzeugt, 
erst  chaotisch,  dann  mehr  und  mehr  abklärend.  So  wirkt  Hi  fort  in  der  Natur 
durch  Ausathnien  Leben  erzeugend,  durch  Einathmen  Leben  vernichtend.  In  der 
Athmosphäre  zeigt  sich  die  Pulsation  des  lli  in  sechsfacher  Form  und  verursacht: 
Kälte  und  Hitze,  Trockenheit  und  Feuchtigkeit,  Wind  und  Feuer.     Verbunden  mit 


(41) 

dem  Einfluss  der  5  Planeten  und  5  Elemente  werden  die  24  Jahreszeiten  geregelt, 
daher  spricht  man  auch  von  einem  24  fachen  Athmen. 

Z.   B.  Hi  in  Verbindung  mit  Element  Holz  und  Jupiter  schafft  Regen. 
„     „  „  „    Metall  und  Venus  erzeugt  Hitze. 

r,     n  n  n    Wasset  Und  Mercur  bewirkt  Kälte. 

„     r>  V  n    Erde  und  Saturn  bringt  Wind  her\or. 

Will  man  sich  nun  über  die  Art  des  Hi  in  einer  bestimmten  Gegend  infor- 
miren,  so  niuss  man  die  Geomanten  um  Rath  fragen.  Die  Erdoberfläche  ist  auch 
hierbei  nur  ein  Reflex  der  himmlischen  Kräfte,  es  muss  sich  daher  auch  das  Athmen 
der  Natur  entdecken  lassen  Der  azurnene  Drache,  der,  wie  wir  oben  gesehen, 
sich  links  in  den  7  östlichen,  und  der  weisse  Tiger,  der  sich  rechts  in  den  7  west- 
lichen Constellatiouen  der  Mondbahn  findet,  ist  auch  durch  Hi  beseelt,  dort  aus- 
athmend,  hier  einathmend.  So  muss  auch  das  Athmen  zu  finden  sein  in  den  ent- 
spreohenden  Bodenformationen.  Der  Geomant  wird  also  dem  Frager  beweisen,  wo 
in  den  Bergen  Brust,  Leib,  (jlieder,  Adern  des  Drachen  zu  suchen  seien.  Am 
kräftigsten  muss  der  Lebenshauch  in  der  Nähe  der  Brust,  am  schwächsten  in  den 
äusseren  Gliedmassen  zu  finden  sein.  Man  nimmt  an,  dass  in  einer  Entfernung 
von  2  Meilen  der  Lebenshauch  eines  Drachen  unwirksam  wird.  Aber  auch  in  der 
Nähe  der  Brust  kann  das  Hi  zerstreut  werden,  z.  B.  durch  freien  Zuzug  des 
Windes,  reissenden  Ablauf  des  Wassers.  Wohingegen  nach  Ost  und  West  ein 
Abschluss  sich  findet,  die  Bäche  nur  langsam  sich  herauswinden,  und  die  engste 
Verbindung  von  Drache  und  Tiger,  Männlich  und  Weiblich,  sich  feststellen  lässt, 
da  sind  glückliche  Wohnplätze  für  Todte  und  Lebendige,  da  blühet  Wohlbehagen, 
Reichthum,  Ehre,  reiche  Nachkommenschaft,  Gesundheit  und  dergleichen  Glück- 
seligkeiten. 

Damit  indess  der  Laie  nicht  zu  leichtes  Spiel  habe  und  sich  dergleichen  Orte 
selbst  suchen  kann,  wo  der  Lebensodem  kräftig  weht,  so  hat  der  Geomant  noch 
eine  Menge  Wenn  und  Aber,  die  nur  er  mit  Hilfe  seiner  Wissenschaft  und  seines 
Instruments  beseitigen  kann.  Z.  ß.  kann  der  äusseren  Form  nach  alles  in  Richtig- 
keit sein,  und  dennoch  weht  ein  verderblicher  Odem  und  bringt  unsägliches  Unglück 
über  die  betreffenden  Bewohner.  Es  ist  dann  irgend  welche  Disharmonie  mit  den 
Elementen,  Planeten,  Sternen  etc.  vorhanden,  und  nur  mit  Hilfe  des  Compasses 
kann  man  ins  rechte  Fahrwasser  gelangen. 

Unheilschwanger  sind  dem  Chinesen  alle  graden  Linien,  z.  B.  steile,  kahle 
Felsen,  gradlinige  Abhänge  und  Bergrücken,  grade  Wasserfälle  und  Bäche,  grade 
Wege  u.  dergl.  stören  ein  an  und  für  sich  gutes  Fung  schui.  Nun  denke  man  sich 
diese  gradlinigen  Schienenwege  durchs  Land  gezogen,  würden  sie  nicht  dem  Chi- 
nesen seinen  ganzen  Fung  schui-Traum  vernichten?  Daher  diese  Widerspenstigkeit 
der  Chinesen  bei  dieser  Frage;  den  Europäern  redet  man  natürlich  etwas  anderes 
vor.  Auch  eine  Menge  andere  Formen  schaffen  Unglück  herbei,  wie  man  aus 
Erfahrung  zu  schöpfen  vorgiebt,  und  in  den  Werken  über  Fung  schui  mit  Bei- 
spielen beleuchtet.  Z.  B.  ist  eine  Anhöhe  einem  Sopha  ähnlich,  dann  sterben  die 
Söhne  und  Enkel  der  Umwohnenden  eines  plötzlichen  Todes.  Ist  die  Anhöhe  wie 
ein  umgestülptes  Boot,  dann  sterben  die  Töchter  au  der  Schwindsucht  und  die 
Söhne  im  Gefängniss.  Ist  der  Berg  einer  Glocke  ähnlich,  dann  werfen  die  Sterne 
des  grossen  Bären  tödtliches  Licht  auf  die  Familien.  Noch  schlechter  ist  das 
Omen,  wenn  die  umliegenden  Hügel  die  Form  eines  Korbes,  einer  Flugschaar, 
Schildkröle,  Pferdeauge,  Terrasse  etc.  haben. 

Ist  mau  trotz  aller  fronuuon  Wünsche  dennoch  genöthigt  in  einer  Gegend  zu 
wohnen,    die    ein    schlechtes  Fung  schui  hat,    so  kann  man  doch  durch  Kunst  und 


(42) 

Fleiss  dasselbe  in  ein  besseres  bekehren.  Der  Himmel  erfordert  die  Hilfe  des 
Menschen,  um  seine  Pläue  auszuführen,  und  die  Erde  erfordert  die  Hilfe  des  Men- 
schen, um  ihre  Produkte  zur  Reife  und  Vollkommenheit  zu  bringen.  Himmel  und 
Erde  an  sich  unvollkommen,  überlassen  dem  Menschen  den  letzten  Federstrich  bei 
ihren  Schöpfungen.  Der  Mensch  kann  sich  daher  auch  ein  gutes  Fung  schui 
schaffen  ;  or  kann  Berge  erhöhen  durch  Thürme,  Bergspitzen  abtragen,  einen  Mars 
in  einen  Jupiter  bekehren,  oder  einen  Jupiter  in  eine  Venus.  Er  kann  Wege 
und  Flüsse  krümmen,  Hügelformen  durch  Gebüsche  herstellen  In  dem  kleinen 
Bereiche  des  eigenen  Gehöftes  oder  Dorfes  gehört  zu  einem  guten  Fung  schui  ein 
Gebüsch  im  Rücken  und  ein  Teich  in  Front  des  Hauses  oder  Dorfes.  Der  Ein- 
gang ins  Haus  muss  verschlungen  und  verdeckt  sein.     Eiu  Brett    mit    den  2  Prin- 


n>.^^ 


cipien  und  8  Diagrammen  über  der  Hausthüre,  Löwen-  und  Drachenbilder  auf  dem 
Dache  und  am  Eingange  gehören  ebenfalls  zur  Herstellung  eines  guten  Fung  schui. 
Vor  alleu  Dingen  aber  muss  man  einen  Geomauten  zu  Rathe  ziehen,  der  gegen 
gute  Bezahlung  genaue  und  gute  Vorschriften  ertheilen  wird.  Hat  der  Geomant 
sich  dennoch  verrechnet,  so  dass  das  gehoffte  Glück  ausbleibt,  so  versucht  man  es 
mit  den  Rathschlägen  eines  zweiten  und  dritten,  und  endlich  verlässt  man  Haus 
und  Hof  und  sucht  einen  Platz,  wo  ein  besseres  Fung  schui  herrscht.  Man  kann 
daher  in  China  oft  sehr  billig  Häuser  und  Grundstücke  kaufen,  die  eines  schlechten 
Fung  schuis  halber  verlassen  wurden. 

Das  Gebiet  der  Form,  Naturerscheinung,  Yim,  ist  im  Obigen  oft  genug  berührt 
worden,  so  dass  wir  es  jetzt  übergehen  können.  Wir  fassen  zum  Schluss  die 
Frage:  Was  ist  Fung  schui?  noch  einmal  kurz  dahin  zusammen:  Es  ist  ein  Phau- 
tasiegemälde  mit  manch  glücklichen  Einfällen,  die  wir  einem  praktischen  Sinne 
zuschreiben  würden.  Es  ist  ein  Gemisch  von  Naturwisseuschaft  und  einer  ent- 
arteten Religion,  aus  welcher  die  edleren  Momente  des  alten  Theismus  verschwun- 
den sind  und  dafür  Ahnendienst,  Menschenvergötterung  an  die  Stelle  getreten.  „Es 
ist  die  Quintessenz  von  thauistischem  Mysticismus,  Buddhischem  Fatalismus  und 
Confucianischem  oder  besser  Tschu  hi'schen  Materialismus."  Fung  schui  kommt 
von  einer  Höhe  des  Forschens  und  verliert  sich  im  Thale  des  Aberglaubens,  wo  es 
seine  Anhänger  hoch  und  niedrig,  gelehrt  und  ungelehrt,  in  allen  Lebensverhält- 
nissen von  der  Geburt  bis  zum  Tode  knechtet  und  für  jeden  Aufschwung  erlahmt. 
Fung  schui  ist  eine  Macht  in  China,  gegen  welche  der  Götzendienst  mit  seineu 
unzähligen  Götzen  nichts  ist.  Fung  schui  in  Verbindung  mit  dem  Ahnendienst 
ist  für  die  Einführung  des  Christenthums,  als  auch  europäischer  Cultur  das  grösste 
Hinderniss.  Als  Christen  sehen  wir  hinter  jenen  Drachen,  der  die  chinesischen 
Gemüther  knechtet,  sei  es  dass  er  als  Gesetz,  Zahl,  Hauch  oder  Form,  als  Urbild 
oder  Abbild  auftritt,  eine  Macht  der  F'insterniss,  die  in  der  Bibel  mit  demselben 
Namen  bezeichnet  wird.  Die  europäische  Cultur,  wie  sie  hauptsächlich  von  Be- 
amten, Kaufleuten   und  wohl  auch  etlichen  Gelehrten  dort  vertreten  wird,  hat  bisher 


(43) 

noch  nicht  vermocht,  an  diesem  Aberglauben  zu  rütteln,  wohl  aber  hat  es  das 
Christenthum  gethan.  Die  Glieder  uns'n-er  (Temeinden  sind  frei  davon  und  gehen 
mit  Wort  und  That  voran  diesen  und  andere  Systeme  des  Aberglaubens  zu  ver- 
nichten, und  ihre  Lundsleute  zur  rechten  Freiheit  zu  fuhren,  die  sie  selbst  im 
christlichen  Glauben  gefunden  haben.  Die  Christen  sind  auch  in  China  die  Pionire 
einer  höheren  Cultiir,  die  nur  gedeihen  kann,  wo  die  gesunden  Grundlagen  des 
christlichen  Glaubens  vorhanden  sind.  Wie  es  geht,  wo  diese  Stützen  fehlen,  wird 
sich  an  Japan  zeigen. 

(lU)  Hr.  Ja  gor  bespricht  die  Herstellung 

schwarzer  Thongefässe  in  Indien  und  In  der  Türkei. 

Hr.  Jagor  erinnert  an  seine  frühere  Bemerkung  (Verhandl.  1878,  S.  228), 
dass  die  Farbe  der  an  vielen  Orten  gebräuchlichen  schwarzen  Thongefässe 
nicht,  wie  Einige  annehmen,  von  einem  Anstrich  von  Wasserblei,  sondern  lediglich 
von  der  Art  des  Brennens  herrühre.  Er  legt  Proben  aus  verschiedenen  Localitäten 
vor,  darunter  ein  Töpfchen  aus  Ben  galen,  das  in  ausgezeichneter  Weise  den  Glanz 
des  Graphites  zeigt,  ohne  eine  Spur  davon  zu  enthalten.  In  Indien  sind  derartige 
schwarze  Gefässe  sehr  allgemein.  Auch  unter  den  dort  ausgegrabenen  sind  sie 
häufig.  Es  werden  Proben  von  letzteren  vorgelegt,  zugleich  mit  anderen  von  der- 
selben Ausgrabung  stammenden  Schalen,  welche  nur  innen  schwarz,  aussen 
aber  braun  sind.  Letztere  zeigen,  wenn  gut  erhalten,  nicht  nur  die  Farl)en, 
sondern  auch  denselben  milden  Glanz,  den  man  au  den  antiken  Vasen  bewundert 
und  in  Europa,  wie  es  scheint,  bis  jetzt  vergeblich  versucht  hat,  wieder  zu  erzielen. 
Wie  jene  Vasen,  lassen  sie  sich  mit  dem  Messer  ritzen,  sind  aber  für  Wasser  ganz 
oder  beinahe  undurclidriugbar.  Einige  zum  Vergleich  vorgezeigte  Scherben  antiker 
Vasen  bestätigen  die  Uebereinstimmung.  Da  sich  nun  in  Indien  manche  gewerb- 
liche üebungen  von  den  ältesten  Zeiten  bis  in  die  Gegenwart  erhalten  haben,  so 
durfte  man  vermuthen,  dass  auch  diese  vorgeschichtliche  Technik  sich  in  irgend 
einer  Kaste  fortgeerbt  haben  könne.  Dass  diese  Vermuthung  sich  bestätigte,  ist 
bereits  (loc.  cit.)  mitgetheilt,  wo  das  ganze  Verfahren  ausführlich  beschrieben  ist. 
Der  Vortragende  hat  heute  eines  jener,  in  seiner  Gegenwart  angefertigten  Gefässe 
mitgebracht.  Vergleicht  man  es  mit  den  ausgegrabenen,  so  zeigt  sich  ein  so  be- 
deutender Unterschied,  dass  ein  Unvorbereiteter  schwerlich  auf  den  Einfall  kommen 
würde,  beide  Gefässe  für  das  Ergebniss  derselben  Technik  zu  halten.  Bei  genauer 
Betrachtung  entdeckt  man  indessen  einzelne  Stellen,  die  einen  Vergleich  zulassen, 
und  wenn  mau  erwägt,  dass  dieser  Topf  von  einem  wahrscheinlich  nicht  sehr  ge- 
schickten Manne,  unter  so  ausnahmsweise  ungünstigen  Umständen  gebrannt  worden 
ist,  dass  ein  gelungenes  Stück  gar  nicht  erzielt  werden  konnte,  so  war  die  Mög- 
lichkeit nicht  ausgeschlossen,  dass  es  geschickteren  Händen,  mit  reichen  Hilfs- 
mitteln gelingen  möchte,  durch  wesentlich  dasselbe  Verfahren,  etwas  dem  Lüster 
antiker  Vasen  ähnliches  zu  erreichen.  Diese  Hoffnung  ist,  wie  die  vorgelegten 
Proben   zeigen,   in  Erfüllung  gegangen. 

Dem  Chemiker  der  Königl.  Porzellanfabrik,  Hrn.  Dr,  Saruow,  ist  es  gelungen, 
die  Technik,  ohne  sie  im  Wesen  abzuändern,  durch  wissenschaftliche  Methode  zu 
vereinfachen  und  zugleich  ihr  Feld  zu  erweitern. 

Der  Vortragende  bemerkt,  dass  Hr,  Sarnow,  der  als  Gast  anwesend  ist,  selbst 
sein  Verfahren  beschreiben  wird,  macht  aber,  bevor  er  ihm  den  Platz  räumt,  noch 
auf  einige  Getasse  aus  Sijut  in  Ober-,\egypten  un;l  auf  türkische  Pfeifeuköpfe  aus 
Galata    und  Rustzuck    aufmerksam,    die    einen  ganz  ähnlichen  Lüster,    ähnliche 


(44) 

Farben  und  dieselben  physikalischen  Eigenschaften  wie  die  in  Indien  ausgegrabenen 
und  die  von  Hrn.  Sarnow  dargestellten  besitzen.  —  Kein  Wunder,  denn  die  Art 
ihrer  Herstellung  ist  wesentlich  dieselbe.  Während  aber  bei  dem  indischen  Ver- 
fahren die  Stücke  vor  dem  Brennen  polirt  werden,  ist  bei  den  Pfeifenköpfen 
(die  Stücke  aus  Sijut  hat  Vortragender  nicht  selbst  anfertigen  sehn)  der  Glanz 
hauptsächlich  durch  starken  Druck  erzeugt. 

Der  rohe  Thon  zu  den  Pfeifenküpfen  von  Galata  ist  grau  von  Farbe,  er 
kommt  aus  Pera,  wird  sorgfältig  geschlämmt,  bis  zu  einer  bestimmten  Grenze 
getrocknet  und  je  nach  der  Grösse  der  zu  formenden  Gegenstände  in  genau  abge- 
wogene Portionen  getheilt.  Jede  Portion  wird  dann  in  Form  einer  Pflaume  gerollt, 
roth  angestrichen  und  auf  eine,  aus  zwei  Theilen  zusammengefügte,  bleierne  Matrize 
gesteckt.  (Die  rothe  Farbe  besteht  aus  feingeschlämmtem,  mit  Oel  angeriebeneu 
Thon,  dem  eine  grössere  oder  geringere  Menge  englisch  Roth  beigemischt  ist.)  Vor 
dem  Arbeiter  befindet  sich  eine  in  den  Boden  eingelassene  Hebel  Vorrichtung,  ähn- 
lich derjenigen,  die  zum  Verkorken  der  Flaschen  dient.  Während  aber  der  Stempel 
zum  Eintreiben  der  Korke  cylindrisch  ist,  ist  der  Stempel  unseres  Hebels  (der 
Mönch)    so  gestaltet,    dass    er,  durch  einen  Schlag  auf  den  Hebelarm  in  Bewegung 


gesetzt,  nicht  nur  die  Thonpflaume  in  die  Matrize  treibt,  sondern  auch  das  Becken 
des  Pfeifenkopfes  formt.  In  demselben  Augenblicke,  in  welchem  der  Arbeiter  mit 
einer  Hand  auf  den  Hebel  schlägt,  stüsst  er  mit  der  anderen  einen  konischen 
Zapfen  gegen  den  von  oben  her  in  das  horizontale  Ende  der  Matrize  eindringenden 
Thon  und  formt  auf  diese  Weise  das  andere  Ende  des  Pfeifenkopfes  (das  zum 
Einpassen  des  Rohres  dient).  Wo  Zapfen  und  Stempel  einander  begegnen,  entsteht 
eine  dünne  Scheidewand  von  verdichtetem  Thon,  die  durchbohrt  werden  muss. 
Der    aus    der  Form    genommene  Kopf    wird    durch    Feileu,    Poliren,  Einritzen  von 


(45) 

Verzierungen  naittels  gezähnter  Räder  u.  s.  w.  fertig  gemacht.  In  Rustzuck  wer- 
den derartige  Thongefässe  (Pfeifen,  Kiinnen,  Becher)  auch  mit  kleinen  silbernen 
Blättchen  verziert.  Die  schönen  Gefässe  aus  Sijut,  so  wie  auch  die  Gefässe  von 
Terra  sigillata,  zeigen  denselben  Glanz,  dieselbe  Härte,  dieselben  Farben,  wie  die 
Pfeifenköpfe  von  Galata  und  sind  augenscheinlich  auf  ganz  ähnliche  Weise  her- 
gestellt. Je  nach  der  Art  des  Brennens  sind  die  fertigen  Stücke  roth,  braun,  grau 
oder  schwarz. 

Man  darf  wohl  annehmen,  dass  das  hier  skizzirte  Verfahren  früher  sehr  ver- 
breitet war,  nach  Erfindung  der  Glasur  aber  allmälig  in  Vergessenheit  gekommen 
ist  und  sich  nur  noch  bei  einzelnen  Kasten  oder  Ziinften,  in  solchen  alten  Cultur- 
ländern  erhalten  hat,  welche  ausserhalb  des  grossen  Weltverkehrs  liegend,  uralte 
technische  Manipulationen,  unbeeinflusst  von  den  Erfindungen  der  Neuzeit,  bewahrt 
haben.  — 

Hr.  Dr.  Sarnow  berichtet,  im  Anschlüsse  an  diese  Mittheilungen,  über  seine 
eigenen  Versuche: 

Wenn  man  die  Thongefässe,  welche  Hr.  Dr.  Jagor  aus  Indien  mitgebracht 
hat,  aufmerksam  betrachtet,  wird  man  leicht  geneigt  sein,  die  glänzende  Oberfläche, 
welche  dieselben,  besonders  auf  den  schwarzen  Flächen,  zeigen,  für  eine  wirkliche 
Glasurschicht  zu  halten.  Sie  ist  zwar  so  ausserordentlich  dünn,  dass  man  ihren 
Charakter  schlecht  erkennen  kann,  zeigt  aber  durch  die  vielen  kleinen  Risschen, 
welche  sie  häufig  besitzt,  durch  das  vom  Scherben  abweichende  Verhalten  beim 
Bruch  und  durch  den  lebhaften  Glanz,  dass  sie  ein  ganz  anderes  Gefüge  hat  und 
besonders  viel  spröder  ist,  wie  der  übrige  Scherben.  Ich  glaubte  daher  auch,  dass 
sie  durch  irgend  ein  Flussmittel  hergestellt  sei  und  wurde  in  meiner  Vermuthung 
noch  bestärkt  durch  Brogniart'),  welcher  diese  schwarzen  und  rothen  indischen 
Thonwaaren  beschreibt  und  die  glänzende  Oberfläche  ebenfalls  für  eine  dünne 
Glasurschicht  hält. 

Nach  der  Beschreibung,  welche  Herr  Jagor  von  der  Herstellung  der  indi- 
schen Thonwaaren  gegeben  2),  lag  es  nahe  zu  vermuthen,  dass  die  rothe  Substanz, 
mit  welcher  die  indischen  Töpfer  die  Thonwaaren  vor  dem  Brennen  einreiben,  das 
Mittel  sei,  durch  welches  die  Glasurschicht  erzeugt  werde.  Allein  die  Analyse, 
deren  Resultat  Hr.  Jagor  bereits  mitgetheilt,  zeigte  bald,  dass  dies  ein  rother 
ziemlich  fetter  Thon  sei,  welcher  in  dem  Feuer,  das  der  Scherben  erhalten  hat, 
durchaus  nicht  glänzend  werden  kann.  Das  Flussmittel  musste  also  nach  meiner 
Meinung  in  den  Samen  von  Gyrocarpus  asiaticus  zu  suchen  sein,  mit  welchen  der 
rothe  Thon  auf  dem  Scherben  eingerieben  wird.  Herr  Jagor  war  so  gütig, 
von  diesen  Samen  eine  grössere  Menge  aus  Indien  kommen  zu  lassen  und  mir 
davon  eine  Quantität  zur  Verfügung  zu  stellen.  —  Die  Untersuchung  zeigte  sehr 
bald,  dass  die  Samenhaut  so  hart  ist,  dass  von  derselben,  selbst  wenn  grössere 
Flächen  damit  polirt  werden,  fast  gar  nichts  abgerieben  wird,  und  dass  das  Ge- 
wicht des  Samen  vor  und  nach  dem  Reiben  nahezu  gleich  bleibt.  Es  war  also 
klar,  dass  auf  dem  von  Herrn  Jagor  beschriebenen  Wege  ein  Flussmittel  dem  Scher- 
ben nicht  zugeführt  worden  war. 

Um  in  der  Sache  klar  zu  sehen,  stellte  ich  aus  einem  Thon,  welcher  dem  der 
indischen  Scherben  möglichst  ähnlich  zusammengesetzt  war,  und  den  indischen 
Materialien  einige    kleine  Gefässe    genau    nach    dem    von  Dr.  Jagor    angegebenen 


1)  Brogniart,  Traite  des  arts  cöramiques.     I.,  496. 

2)  Jagor,  Verhandlungen  dieser  Gesellschaft.     Jahrg.  1878,  S.  228. 


(46) 

Verfahren  dar.  Das  Resultat  war  ein  gutes,  die  Gefässe  wurden  den  aus  Indien 
bezogenen  Thonwaaren  sehr  ähnlich,  und  es  stand  somit  fest,  dass  die  glänzende 
Oberfläche  der  Scherben  nicht  chemischen  Einflüssen  zuzuschreiben  war,  sondern 
physikalische  Ursachen  hatte.  Nachdem  dies  festgestellt,  bedurfte  es  natürlich  auch 
nicht  der  indischen  Materialien  mehr  zur  Herstellung  ähnlicher  Thonwaaren  und 
eine  Erklärung  für  das  Auftreten  der  glänzenden  Oberfläche  war  bald  gefunden. 
Reibt  man  nämlich,  wie  bekannt,  einen  Thon  mit  einem  harten,  mit  glatter  Ober- 
fläche versehenen  Körper,  so  wird  derselbe  glänzend,  und  zwar  um  so  mehr  je 
fetter  er  ist.  Der  Glanz  verliert  sich  in  Folge  der  Einwirkung  von  Feuchtigkeit 
oder  ähnlichen  Einflüssen  nach  einiger  Zeit,  wird  aber  bleibend,  wenn  mau  den 
Thon  einem  geeigneten  Feuer  aussetzt.  Verschiedene  antike  Thonwaaren  haben 
einen  solchen  durch  Foliren  entstandenen  Lüster  aufzuweisen.  In  gewöhnlicher 
Flamme  gebrannt  verändert  sich  natürlich  die  dem  Thon  nach  dem  Brennen  eigen- 
thümliche  Farbe  nicht,  brennt  man  aber  in  reducirender,  stark  russender  Flamme, 
so  nimmt  die  Oberfläche  einen  noch  tiefer  schwarzen  Ton  an  wie  der  übrige  Scher- 
ben, der  Glanz  wird  erhöht,  und  was  die  Hauptsache  ist,  die  oberste  Schicht  wird 
so  dicht,  dass  sie  für  Wasser  fast  undurchlässig  ist. 

Verschiedene  Sorten  von  Thonen  sind  in  der  angegebenen  Weise  behandelt 
worden,  unter  anderen  Veltener  Thon,  Thon  aus  Nienstädt  am  Harz,  ein  fetter 
Thon  aus  Inowraclaw  u.  a.  Das  Resultat  war  durchweg  ein  gutes.  Das  beste 
lieferten  indess  die  fetteren  Thone,  welche  oft  einen  sehr  schönen  Graphitglanz 
annahmen.  Ganz  besonders  that  dies  der  rothe  Thon  von  Salem  in  Indien,  welcher 
häufig  auch  sehr  schöne  Anlauffarben  zeigte.  Da  derselbe  nahezu  16  pC4.  Eisen- 
oxyd enthält  und  überhaupt  alle  der  genannten  Thone  mehr  oder  weniger  Eisen- 
oxyd besitzen,  eo  lag  es  nahe  zu  vermuthen,  dass  dieses  in  Folge  der  Reduction 
eine  bedeutende  Rolle  bei  der  Erzeugung  der  dichten  und  glänzenden  Oberfläche 
ausübe.  Es  wurden,  um  dies  zu  bestätigen,  einige  Thonplatten  direct  mit  fein- 
vertheiltem  Eisenoxyd  eingerieben;  sie  Hessen  sich  aber,  da  das  Eisenoxyd  magernd 
auf  den  Thon  wirkt,  schlecht  polireu  und  gaben  auch  beim  Brennen  nicht  das  ge- 
wünschte Resultat.  Sodann  wurde  der  Versuch  in  entgegengesetzter  Richtung  an- 
gestellt, indem  einige  Platten  von  Zedlitzer  Kaolin,  welcher  bekanntlich  nahezu 
eisenfrei  ist,  polirt  und  gebrannt  wurden.  Das  Poliren  war  in  diesen  Falle  natür- 
lich nicht  leicht,  da  die  Platten  aus  lufttrockenem  Kaolin  bei  geringem  Druck  be- 
kanntlich zu  Pulver  zerfallen;  allein  nachdem  es  gelungen,  ihnen  bei  einiger  Sorg- 
falt eine  glänzende  Oberfläche  zu  geben,  war  das  Resultat  beim  Brennen  ein  sehr 
gutes;  die  Oberfläche  wurde  sehr  tief  schwarz,  hob  sich  sehr  von  dem  grauschwarzen 
porösen  Scherben  ab  und  zeigte  eine  bei  weitem  grössere  Dichtigkeit,  wie  dieser. 
Es  war  also  darnach,  weniger  das  reducirte  Fiseuoxyd,  als  die  Einwirkung  der 
Kohle  auf  den  gut  polirten  Scherben,  welche  das  gewünschte  Resultat  hervorrief. 

Zum  Poliren  des  Thones  eignet  sich  jeder  harte  Körper  mit  glatter  Oberfläche, 
namentlich  Achat  und  Glas.  Gebrannt  wurden  die  polirten  Gefässe,  indem  sie, 
in  einem  grösseren  Gefäss  in  Sägespähne  eingehüllt  und  dann  in  einen  Ofen  ge- 
schoben wurden,  welcher  heiss  genug  war,  die  Sägespähne  zu  entzünden.  Von 
diesen  waren  so  viele  in  das  Gefäss  eingedrückt  worden,  dass  die  hervorgebrachte 
Temperatur  genügte,  die  rohen  Scherben  hinlänglich  hart  zu  brennen.  —  Bevor 
die  von  den  Spähnen  herrührende  Kohle  völlig  verbrannt  war,  wurde  das  Gefäss 
aus  dem  Ofen  genommen  und  abgekühlt.  Sollte  ein  Gefäss  nur  innen  geschwärzt 
werden,  wurde  es  natürlich  nur  innen  mit  Spähnen  gefüllt,  erhielt  aber  aussen 
Oxydationsflammcii. 

Der  Vorgang  bei  der  Hervorbringung  einer  glänzend   schwarzen,  dichten  Ober- 


(47) 

fläche  auf  diesem  Wege  ist  leicht  zu  erklären.  Polirt  man  ein  Thongefäss  durch 
Reiben,  so  wird  der  Thon  an  der  Oberfläche  natürlich  comprimirt;  setzt  man  ihn 
alsdann  in  einer  russenden  Atmosphäre  einer  geeigneten  Temperatur  aus,  so  wird, 
soliald  die  Temperatur  hoch  genug  wird,  das  gebundene  Wasser  ausgetrieben  und  die 
dadurch  entstandenen  Poren  werden  alsbald  mit  Kohle  erfüllt;  diese  Kohle  kann, 
da  die  Atmosphärt;  reducirend  bleihjt,  nicht  verbrennen  und  wird,  sobald  der  Thon 
schwindet,  sobald  also  die  Thonkörperchen  einander  genähert  werden,  in  den  Foren 
comprimirt.  Der  Scherben  wird  dadurch  glänzend  und  so  dicht,  dass  er  selbst  dem 
Wasser  den  Durchgang  nicht  gestattet.  --  Gegen  diese  Rrklärung;  glaube  ich,  wird  kaum 
etwas  einzuwenden  sein;  um  mich  indess  von  der  Richtigkeit  derselben  zu  überzeugen, 
setzte  ich  bereits  gebrannte  Scherben  demselben  Process  aus,  wie  die  rohen  und 
fand,  dass  diese  Scherben  geschwärzt  wurden,  wenn  sie  in  der  russenden  Flamme 
höher  erhitzt  wurden,  wie  sie  früher  beim  Brennen  erhitzt  worden  waren;  blieb 
die  Temperatur  indess  unter  dem  früher  erlittenen  Hitzegrad,  so  behielt  der  Scher- 
ben seine  natürliche  Farbe. 

Diese  Erfahrung  gab  zu  einigen  neuen  Versuchen  Anlass.  Es  wurde  ein  bereits 
gebrannter  Scherben  mit  rohem  Thon  überlegt  und  dann  der  russenden  Flamme 
ausgesetzt,  aber  nicht  so  hoch  erhitzt,  wie  er  früher  erhitzt  gewesen.  Das  Resultat 
war  natürlich,  dass  der  frische  Thon  geschwärzt  wurde,  während  der  gebrannte 
seine  Farbe  behielt.  Wählt  man  hierbei  als  frischen  einen  ziemlich  fetten  Thon 
und  polirt  ihn  sorgfältig,  so  nimmt  er  oft  einen  sehr  schönen  graphitartigen  oder 
auch  tiefschwarzen  Glanz  an  und  hat  dann  das  Aussehen  von  Asphaltlack,  welcher 
auf  den  gebrannten  Thon  aufgetragen  ist.  Indem  man  mit  demselben  Zeichnungen, 
z.  B.  Figuren  auf  dem  gebrannten  Thon  ausführt  oder  ihn  als  Fond  auf  den  ge- 
brannten Thonkörper  legt  und  Figuren  ausspart,  kann  man  Decorationen  gleich 
denen  auf  den  griechischen  Thonwaaren  hervorbringen.  Ob  und  in  wie  weit  gerade 
diese  Art  der  Decoration  und  wie  weit  diese  Methode  der  Hervorbringung  eines 
Lüsters,  welche  ja  der  allergeringsten  und  leichtzugänglichsten  Mittel  bedarf,  im 
Alterthum  angewandt  worden  ist,  müssen   weitere   Versuche  lehren. 

(11)  Hr.  Voss  legt  im  Auschluss  hieran  einige  Gefässfragmente  aus  der  früher 
bereits  erwähnten  Ansiedelung  von  Tordosch  an  der  Marosch  in  Siebenbürgen  (Verh. 
der  Berl.  Anth.  Ges.  1878,  S.  279),  welche  in  der  von  Hrn.  Dr.  Ja  gor  und  Hrn. 
Dr.  Sarnow  beschriebenen  Weise  geglättet  und  schwarz  gebrannt  sind,  sowie 
solche,  welche  mit  einem  röthlichen  üeberzug  versehen  und  in  der  von  den  ge- 
nannten Herrn  ebenfalls  erklärten  Weise  hergestellt  sind.  Dieselben  wurden  neben 
einer  zahlreichen  Menge  anderer  Fundstücke  aus  derselben  Localität  von  Fräulein 
Torma  in  Broos  dem  Köuigl.  Museum  geschenkt.  Zum  Vergleich  legte  derselbe 
sodann  noch  einige  Fragmeute  von  Gefässen  aus  Terra  sigillata  aus  dem  Römischen 
Castrum  am  Valium  Hadriani  in  dem  jetzigen  Flecken  Mainhardt  bei  Schwäbisch 
Hall  in  Württemberg  vor,  welche  aus  einer  in  Gemeinschaft  mit  Hrn.  Kreisrichter 
Hauff  in  Schwäbisch  Hall  unternommenen  Ausgrabung  daselbst  herstammten.  Auf 
dem  einen  Stücke  sind  die  Buchstaben:  8ATURN0V  eingeritzt. 

(12)  Ausserdem  theilt  derselbe  folgenden  ßerichtdes  Hrn.  Dr.  C  r  e  d  n  e  r  zu  Halle  a/S. 
Ueber  das  Gräberfeld  von  Giebichensteln  bei  Halle  a^S.  mit. 

d.  d.   Halle  a  J?.,  den   21.  October   1877. 
„Nach  einer  achtwöchentlichen  militärischen  Dienstleistung   und  einer  längeren 
Reise    wieder    hier    angelangt,    tinde    ich   endlich  Zeit  Ihnen  einen  kurzen   Bericht 
über  die  Funde,    welche    ich  Anfangs  Juli  in  der  Sandgrube  bei  Giebichensteln  zu 


(48) 


macheu  Gelegenheit  hatte,  zukommen  zu  lassen.  Ich  bitte  das  lange  Ausbleiben 
dieser  Notizen  entschuldigen  zu  wollen,  meine  lange  Abwesenheit  von  Halle  ist  der 
Grund  der  Verzögerung.  Gleichzeitig  aber  muss  ich  Ihre  gütige  Nachsicht  für  die 
nachstehenden  Skizzirungen  in  Anspruch  nehmen,  als  von  einem  Laien  auf  diesem 
Gebiet  herrührend  und  vielleicht  nicht  Ihren  Wünschen  und  Erwartungen  ent- 
sprechend. 

Die  Fundstelle  befindet  sich  auf  einem  breiten  terassenförmigen  Absatz  des 
rechten  Gehänges  unseres  t^aallhales,  zwischen  dem  schroffen  Abfall  des  letzteren 
westlich  von  Giebichenstein  und  dem  sanfter  geneigten  oberen  Absturz  des  sich  von 
hier  nach  Osten  erstreckenden  Plateaus. 


Das  Erdreich  besteht  an  der  betreffenden  Stelle  zu  oberst  aus  einer  7^  bis 
'/4  m  mächtigen  Humusschicht,  stark  untermengt  mit  Bruchstücken  von  dem  in  der 
Umgegend  anstehenden  und  Kuppen  bildenden  Porphyr.  Unter  dieser  Humus- 
schicht folgt  dann  in  einer  Mächtigkeit  von  Vj.^ — 2  m  ein  hellgelber,  chamoisfarbiger, 
feinkörniger,  stellenweise  lehmiger  Sand  mit  Schmitzeu  und  Lagen  von  gröberen, 
grandigen  Kies.  Es  gehört  allem  Anschein  nach  diese  Bildung  nicht  dem  Diluvium 
an,  repräsentirt  vielmehr  die  Absätze  der  einst  in  diesem  Niveau  fliessenden  Saale. 
Es  werden  diese  Sande  und  Kiese  unterteuft  durch  einen  hellgrauen  durch  Qaarz- 
körner  stark  verunreinigten  Thon,  dem  Verwitterungsproduct  des  darunter  anstehen- 
den Rothliegenden. 

In  den  hellgelben  Sauden  finden  sich  nun,  regellos  vertheilt,  grubenartige  Ver- 
tiefungen, im  Horizontaldurchschnitt  von  runder  oder  ovaler  Gestalt,  ^/4 — 2^j.,  m  im 
Durchmesser,  und  ^jn — ^/^  m  tief,  und  zwar  z.  Th.  muldenförmig,  z.  Th.  steilwandig 
im  Profil. 


Humus. 


Humus. 


Bei  den  muldenförmigen  Gruben  findet  sich  zuweilen  entweder  an  einem  Ende 
oder  gerade  in  der  Mitte  eine  zweite  kleinere  und  tiefere  kesselartige  Mulde: 


Humus. 


Humus. 


''''Sand 


Sand 


Sämmtliche  Gruben  schneiden  nach  oben  unter  der  Humusschicht  ab,  setzen 
sich  nicht  bis  zur  heutigen  Erdoberfläche  fort,  so  dass  die  Humusdecke  erst  später 
durch  Abschwemmung  von  den  umliegenden  Höhen  sich  an  dieser  Stelle  gebildet 
haben  kann.  Die  Gruben  sind  erfüllt  von  einer  an  organischen  ßestandtheilen  und 
Asche  reichen  Erde,  deren  grauschwarze  bis  dunkelschwarze  Färbung  die  Grenzen 
der  Löcher  gegmi  den   hellgelben  Sand  scharf  hervortreten  lässt. 


(49) 

Nach  den  Funden,  welche  ich  in  diesen  Gruben  selbst  gemacht  habe  und  die 
mir  von  den  Arbeitern  überliefert  sind,  scheint  es,  dass  die  Löcher  eine  verschie- 
dene Bestimmung  gehabt  haben:  1)  als  Gräber,  2)  als  Opfer-,  vielleicht  auch  einige 
als  Wohustättcn. 

Ein  Grab,  das  kurz  vor  meinem  P)ekanntwerden  mit  dem  betr.  Fundpunkte 
erschlossen  war  und  mitten  zwischen  den  andern  Gruben  lag,  enthielt  ein  voll- 
ständiges Skelet,  lang  ausgestreckt,  mit  dem  Kopf  gegen  SW.  gerichtet,  und  war 
mit  grossen  Steinblücken  überdeckt  (meist  erratische,  nordische  Geschiebe,  und 
einheimischer  Porphyr).  Ein  anderes  Loch  enthielt  nur  einen  Menschenschädel.  In 
beiden  Füllen  war  quer  über  den  Kopf  ein  Pferdeschädel  gelegt.  Ein  Schüdel- 
fragment,  das  Hr.  Prof.  Kirchhoff  von  den  Arbeitern  erhalten  hat,  ist  von  Hm 
Prof.  Welker  untersucht;  derselbe  erklärt  es  nach  Dimensionen  und  Form  als  hier 
vollkommen  identisch  mit  den  Schädeln  aus  den  Reihengräbern  Mittel-  und  Süd- 
deutschlands etc.  Da  sich  einzelne  Fragmente  menschlicher  Schädel  auch  mit  Thier- 
knochen  und  Thongerätlischaftcn  vereint  in  den-  als  Opferstätten  aufzufassenden 
Gruben  gefunden  haben,  so  wird  man  wohl  zu  der  Annahme  gedrängt,  das  Menschen- 
opferungen stattgehabt  haben  müssen. 

Die  Opferstätten  (z.  Th.  wr.hl  auch  "Wohnplätze)  zeichnen  sich  aus  durch  zahl- 
reiche Thierknochen,  Goräthschaften,  Gefässe,  "Waffen  und  verkohlte  Holztbeile. 

2)  Thierknochen.  Ich  habe  bisher  constatiren  können:  Skelettheile  von 
Rind,  Pferd,  Hund,  Hirsch,  Schaf,  Huhn.  Ein  in  zahlreichen  Theilen  erhaltenes 
Skelett  einer  Ziege  fand  ich  als  einzigen  Inhalt  in  einer  Grube,  bedeckt  mit  grossen 
Steinblöcken,  wie  dies,  nach  Aussage  der  Arbeiter,  sonst  nur  bei  menschlichen 
Skeletten  der  Fall  zu  sein  pflegt.  Der  obere  4-4  cm  lange  Theil  eines  ausserordent- 
lich starken  Hirchgeweihes  zeigt  deutliche  Spuren  von  Bearbeitung.  Namentlich 
sind  die  Spitzen  sämmtlicher  4  Enden  durch  zahlreiche  Schnitte  mit  einem  scharfen 
Instrument  rings  eingekerbt  und  dann  abgebrochen.  Eine  derartig  isolirte  Spitze 
eines  Geweiheudes  ist  zu  einer  Pfeil-  oder  Speerspitze  verarbeitet,  glatt  polirt, 
innen  durch  Auskratzen  der  porösen  Knochensubstanz  ausgehöhlt  und  am  unteren 
dicken  Theile,  um  befestigt  werden  zu  können,  durchbohrt. 

Mehrere  Markknochen   sind  längsgespalten  und  zeigen  deutliche  Schlagmarkeu. 
Von  thierischen  Resten  erwähne  ich  noch  Schalen  einer  Dnio-Art,  wie  sie  jetzt 
noch  in  der  Saale  vorkommt,  sowie  Fischschuppen,  die  lagenweise  auf  dem  Boden 
einer  Grube,   vermischt  mit  Muschelresten,    aufgehäuft  waren,   leider  aber  von  den 
Arbeitern  nicht  aufgehoben  worden  sind, 
^j^     .,^-  2)   Geräthschaften.      Unter    dieser    Rubrik    führe    ich    folgende 

^^   ^ ^^M     Funde  an: 
f     ■  a)  massive  Thoncylinder,   20—25  cm  lang,  4 — 5  cm  dick,  roh  mit 

E  ^k  der  Hand  geknetet,  oben  und  unten  mit  den  fussartigen  Verbreiterungen 
B  ^m  welche  6 — 7  cm  im  Durchmesser,  innen  flache  Einseukungen  zeigen. 
p  ^  Dieselben  kommen  sehr  häufig  vor,  meist  aber  in  Bruchstücken,  selten 
B     ■      ganz  erhalten  (Fig.  I.). 

p    fl  Das  Material,  aus  dem  diese  Cylinder  gebrannt  sind  und  aus  dem 

B  9  wie  ich  hier  gleich  vorausschicke,  alle  übrigen  Thongeräthe  und  Gefässe 
%■  I  verfertigt  sind,  ist  ein  mit  Quarzkörnern  stark  untermischter  Thon,  das 
r  ;fl  Verwitterungsprodukt  des  in  der  Nähe  unter  dem  Schwemmland  zu 
%     M^     Tag  treetenden  Rothliegenden  (s.  oben).  • 

^^^^^^^  b)  mehrere  in  ihrer  Gestalt  und  Form  am  besten  mit  einem  Cham- 

Fig.  1.        paguerglas  vergleichten    Thoukegel,    sehr  roh   mit  der  Hand  geknetet, 

Verlmiidl.  der  Berl.   Aiitlirupol.  Gesellscbaft  1879.  4 


(50) 


Fig.  2. 


25  cm  hoch,  mit  einer  gegen  9  cm  tie- 
fen spitz-conischeu  Vertiefung  am  obe- 
ren Ende  (Fig.  2); 

c)  zwei  ellipsoidische,  in  ihrer  Axe 
durchbohrte  Thonkörper,  von  beistehen- 
der Gestalt  und  Grösse  (Fig.  3) ; 

d)  eine  Nadel,  15  cm  lang  und  5  mm 
dick,  an  einem  Ende  stumpf  zugespitzt, 
am  andern  mit  einer  1  cm  starken  Ver- 
dickung, aus  Knochen  hergestellt,  mit 
deutlichen  Schnittspuren.  Sehr  gut  er- 
halten ; 

Fiff.  4.  Fig.  3.  ö)  mehrere  Reibsteine,    aus  einem 

sehr  harten  quarzitischem  Gestein.  Die- 
selben gleichen  in  ihrer  Gestalt  einem  7  cm  hohen  Würfel,  dessen  eine  Seite  stark, 
dessen  5  andere  Flächen  schwach  sphärisch  gewölbt  sind.  Dieselben  zeigen  deut- 
liche Schleif-  und  Gebrauchsspuren; 

f)  ein  länglicher  Würfel  aus  einem  leicht  zerbröckelnden  Sandstein,  (dem  im 
Saalthal  kurz  oberhalb  Halle  anstehenden  Buntsandstein  entsprechend)  472  cm  laug 
und  je  3V2  cm  hoch  und  tief. 

3.    Gefässe. 

a)  Urnen  und  gehenkelte  Töpfe.  Dieselben  sind  z.  Th.  mit  blosser  Hand  ge- 
formt, z.  Th.  wohl  auch  auf  der  Drehscheibe  verfertigt.  Die  Grösse  schwankt  sehr: 
ich  besitze  als  Extreme  ein  Exemplar  von  6,5  cm  Höhe,  7  cm  Weite  an  der  Aus- 
bauchung und  mit  einem  Durchmesser  von  4  cm  an  der  Oeffnung  (Fig.  5),  und 
dem  entgegengesetzt  ein  grosses  Bruchstück  (ganze  Gefässe  sind  überhaupt  äusserst 
selten)  einer  Urne  von  18,5  cm  Höhe  und  21  cm  im  Durchmesser  (Fig.  6).  Die 
hauptsächlich  vertretenen  Formen  sind  durch  die  nachstehenden  Skizzen  angedeutet: 


Fig.  5. 


Fig.  6. 


Fig.  7. 


Fig.  8. 


Fig    9. 


Fig.  10. 


Eine  eigentliche  Glasur  ist  nicht  vorhanden,  höchstens  bei  manchen  eine  ge- 
wisse Abglättung.  Verzierungen  sind  auch  nicht  häufig  zu  beobachten.  Das  in 
Fig.  G  skizzirte  Gefäss  zeigt  flach  erhaltene,  parallel  um  die  Erweiterung  unter  dem 
Halse  verlaufende  Ringe,  ein  anderes  Fragment  (Fig.  8)  (I  scharf  und  sehr  regel- 
mässig parallel  eingeschnittene  Streifen  oder  Linien.  An  anderen  Fragmeuten 
erkennt    man    rings    um    den    oberen  Theil  des  Gelasses  Tupfen,    mit  den  Finger- 


(51) 


Fig.  11. 


Fig.  12. 


spitzen  ganz  roh  in  gewissen  Abständen  von  einander  eingedrückt.  Irgend  welchen 
Inhalt  von  Perlen,  Schmucksachen  oder  Knochen  habe  ich  nicht  nachweisen  können; 
njoderige  Erde  erfüllt  die  nicht  zerdrückten  und  zerbrochenen   örnen  und  Töpfe; 

b)  ein  roh  geformtes  Gefäss  von  der  Gestalt  des 
oberu  Theiles  eines  Trichters,  1)  cm  hoch  und  oben  7  cm 
weit,  oben  mit  2'/,{  cm  dicken  Wandungen,  die  sich  nach 
unten  bis  auf  2  mm  verdünnen.     (Fig.   11.) 

4.   Waffen: 

a)  4  undurchbohrte  Steinbeile,  3  aus  einem  festen 
Hornblendeschiefer  verfertigt,  welcher  genau  einem  im 
sächsischen  Mittelgebirge  vorkommenden  Gestein  (Grün- 
schiefer von  Hainichen  im  Königreich  Sachsen)  entspricht; 
das  vierte  aus  einem  sehr  harten  quarzitischen  Gestein. 
Es  sind  deutlich  die  Spuren  einer  künstlichen  Zuschärfung  der  Kanten  durch 
Schleifen  erkennbar; 

b)  eine  Hälfte  einer  ausserordentlich  glatt  und  regelmässig  durchbohrten  Axt 
von  quarzitischem  Gestein,  die  Durchbohrung  misst  2,5  cm  im  Durchmesser; 

c)  eine  1<)  cm  lange,  6  cm  breite  und  2'/2  cm 
dicke  Platte  von  Quarzitschiefer,  die  augenschein- 
lich zu  einer  Axt  verarbeitet  werden  sollte,  wie 
begonnenes  Anschleifen  der  Kanten  beweist.  Be- 
sonders interessant  ist  das  Stück  durch  eine  in 
Augriff  genommene,  aber  nicht  vollendete  Durch- 
bohrung, die  8  mm  tief  schon  ausgeführt  ist  und 
durch  kreisende  Bewegung  mit  einem  scharfen 
Instrument  bewirkt  zu  sein  scheint,  da  in  der  Mitte  der  begonnenen  Durchbohrung 
ein  massiver  Cylinder  stehen  geblieben  ist,  wie  es  nebenstehende  rohe  Skizze  ver- 
anschaulichen soll.     (Fig.   12.) 

Das  sind  die  Funde,  welche  ich  zu  machen  Gelegenheit  gehabt  habe  und  für 
deren  vielleicht  unzulängliche  Beschreibung  auf  den  vorstehenden  Zeilen,  ich  noch- 
mals um  Ibre  gütige  Nachsicht  bitte.  Ich  bin  durch  anderweitige  Arbeiten  gegen- 
wärtig 30  in  Anspruch  genommen,  dass  mir  die  Zeit  zu  einer  detaillirteren  Dar- 
legung fehlt. 

Die  genannten  Gegenstände  liegen  der  Mehrzahl  nach  regellos  in  der  die 
Gruben  ausfüllenden  moderigen  Erde  und  schwarzen  Branderde.  Nur  die  sub  2  a. 
und  b.  beschriebenen  Thoncylinder  ordnen  sich  zuweilen  regelmässiger  an  der 
Peripherie  der  Gruben  an,  so  dass  man  vielleicht  vermuthen  dürfte,  dass  sie  bei 
den  Opfervorrichtungen  irgend  eine  Verwendung  gefunden  haben  möchten.  Nur 
vereinzelte  Fälle  habe  ich  beobachtet,  wo  die  Urnenscherben  und  Knochenreste 
deutlich  'geschichtet,  auf  der  die  unterste  Partie  der  Grube  erfüllenden  aschen- 
reichen Branderde  ausgebreitet  lagen.  Die  Urnen  und  Töpfe  müssen  übrigens  zum 
grössten  Theil  schon  zerbrochen  in  die  Gruben  geworfen  sein,  da  sich  zumeist  nur 
isolirte  Fragmente  finden. 

Während  meiner  Abwesenheit  in  Magdeburg  ist  auf  Veranlassung  der  histori- 
schen Commission  der  Provinz  Sachsen,  Hr.  Prof.  Klopfleisch  aus  Jena  hier 
gewesen  und  hat  eine  Untersuchung  einer  Anzahl  von  Gruben  vorgenommen,  über 
deren  Resultat  ich  im  Specielleren  noch  nicht  unterrichtet  bin.  Wie  ich  höre,  ist 
es  ihm  gelungen  Fragmente  zweier  eiserner  Nadeln  oder  Pfriemen  aufzufinden.  Ich 
hatte  trotz  eifrigen  Sucbens  bisher  metallue  Gegenstände  auch  nicht  spurenweise 
entdecken  können. 


(52) 

Ich  gedenke  meine  Beobachtungen  und  Sammlungen,  soweit  es  meine  Zeit 
gestattet,  in  der  Folge  fortzusetzen  und  Ihnen  seiner  Zeit  über  etwaige  interessante 
Funde  Bericht  zu  erstatten. 

Ich  möchte  mir  erlauben  zu  diesem  ausführlichen  und  höchst  dankenswerthen 
Berichte  einige  weitere  Mittheilungen  hinzuzufügen.  Zunächst  möchte  ich  denselben 
ergänzen  durch  eine  der  Halleschen  Zeitung  entnommene  Notiz,  welche  ich  in  der 
hiesigen  Vossischen  Zeitung  fand  und  über  die  Resultate  der  erwähnten  Unter- 
suchungen des  Hrn.  Professor  Klopfleisch  in  Jena  ein  kurzes  Referat  enthält. 
Daselbst  heisst  es:  „In  der  „Halleschen  Zeitung"  lesen  wir  Folgendes:  Die  Leser 
dieser  Blätter  werden  sich  der  interessanten  Mittheilungen  erinnern,  welche  in  der 
letzten  Sitzung  des  Vereins  für  Erdkunde  über  Ausgrabungen  auf  dem  jenseit 
des  Mühlweges  (rechts  vom  Advokatenweg)  auf  dem  Grunde  der  Buschmann'- 
schen  Kiesgruben  gemacht  wurden.  Auf  Anregung  des  genannten  Vereins  ist  nun 
die  kürzlich  begründete  „historische  Commission  der  Provinz  Sachsen"  zu  dem,  wie 
wir  hoflfen  wollen,  nicht  verspäteten  Entschluss  gelangt,  diese  merkwürdige,  weit  in 
die  Giebichensteiner  Flur  reichende  Fundstätte  genauer  zu  erforschen.  Während 
der  letzten  Tage  hat  bereits  im  Auftrage  dieser  Commission  Hr.  Prof.  Klop- 
fleisch aus  Jena  die  nöthigen  Voruntersuchungen  vorgenommen,  und  wir  sind  in 
der  Lage,  aus  verlässlicher  Quelle  die  ersten  Ergebnisse  derselben  hier  mitzutheilen. 
Nicht  weniger  als  13  Gruben,  gefüllt  mit  Resten  einstmaliger  Opferungen  und 
Opferschmäuse,  wurden  von  unserem  in  dergleichen  Arbeiten  so  trefflich  bewander- 
ten heimathlichen  Forscher  binnen  weniger  Stunden  recognoscirt.  Es  fanden  sich 
eine  Menge  von  Scherben  solcher  Tbongefässe,  wie  sie  nach  altgermanischer  Sitte 
beim  Opfer  nur  zum  ersten  und  zugleich  letzten  Male  gebraucht  werden  durften; 
ferner  profane  Geräthstücke,  wie  knöcherne  Pfeilspitzen,  eine  grosse  Anzahl  jeuer 
Thoncylindcr,  die  schon  Hr.  Dr.  Credner  im  Verein  für  Erdkunde  vorlegte  und 
die  sich  nun  als  Opferstellen  herausstellen,  wie  man  sie  an  Cultstätten  in  den  Boden 
steckte;  auch  wieder  zahlreiche  Bruchstücke  thierischer  und  menschlicher  Gebeine, 
bestens  erhaltene  Hirschkiefer,  zusammen  mit  Schalen  der  in  der  Saale  vorkommen- 
den Malerinuschel.  Am  eutscheidungsreichsten  für  das  wohl  nicht  in  vorgermani- 
sche Zeit,  sondern  wahrscheinlich  in  die  ersten  Jahrhunderte  nach  Christus  hinaus- 
reichende Alter  dieser  Begräbniss-  und  Opferstätte  waren  aber  einige  Eisengeräthe, 
namentlich  eine  eiserne  Nadel,  die  wohl  eine  hemundurische  Hallenserin  vor  mehr 
denn  anderthalb  Jahrtausenden  zu  häuslichen  Zwecken  fleissig  benutzt  hat.  Vor- 
kommen isolirter  Menschenschädel  könnte  sogar  auf  Opferung  Kriegsgefangener  an 
dieser  heiligen  Stätte  oder  auf  einen  zugleich  damit  verbundenen  Richtplatz  von 
Verbrechern  deuten." 

Hr.  Ober- Post -Secretär  War  necke  in  Halle  a/S.,  der  sich  das  grosse  Ver- 
dienst erworben  hat,  die  in  den  letzten  Jahren  gemachten  Funde  gesammelt  zu 
haben,  hat  die  Güte  gehabt,  mir  folgende  Angaben  zuzustellen: 

„Ihrem  Wunsche  entsprechend  theile  ich  nachstehend  das  Verzeichniss  der  in 
meinem  Besitz  befindlichen,  aus  Giebichenstein  stammenden  Alterthümer  mit. 

1.  Fundort:  Buschmanns  Sandgrube  am  Advocatenwege,  hinter  dem  Mühlwege. 

Knochengeräthe:  8  Lanzenspitzen,  1  Dolch  aus  dem  Flügelknochen  von 
vultur  fulvus,  1  Nadel  mit  Oehr,  1  polirter  Rippenknochen,  benützt  zum  Glätten 
beim   Herstellen  der  Thongefässe, 

Brouzegeräthe:  ;J  einfache  Kopfuadeln,  1  Randstück  eines  Topfes,  einige 
Bruchstücke  von  Armringen. 


(53) 

Steingeräthe:  19  geglättete  flache  Steine,  etwa  fingerlang,  von  verschiedenem 
Profil,  gebraucht  bei  der  Herstellung  der  Töpfe,  8  rundliche,  faustgrosse  Steine, 
Kornquetscher,  3  gn'issere  Steine  mit  einer  graden  Fläche,  welche  als  Unterlagen 
beim  Kornquetschen  gedient,   1   kleiner  Schleifstein,  5  Steinäxte. 

Thongeräthe:  1  Löffel,  13  Spinnwirtel  verschiedener  Form,  1  Kinderklapper 
in  birnförmiger  Gestalt,  mit  Punkten  verziert  und  gefüllt  mit  weissen  Quarzstein- 
chen  (jedenfalls  das  älteste  Hallesche  Kinderspielzeug),  I  Lampe,  ähnlich  wie  die 
sogen.  Opferleuchter,  mit  tiefer  Aushölung  zur  Aufnahme  des  Oeles,  1  trichter- 
förmiges Gefäss,  1  üntertheil  einer  Urne,  den  menschlichen  Fuss  darstellend,  4  sog. 
Opferleuchter  in  derselben  vorkommenden  viereckigen  Gestalt,  eine  grosse  Anzahl 
der  sogen.  Opferleuchter  von  runder  Form.  Sodann  25  Stück  Gefässe  mit  und 
12  dergl.  ohne  Henkel,  von  den  verschiedensten  Formen  und  zum  Theil  roher 
Arbeit,  einige  tragen  Kamm-  und  Fingerverzierung,  keins  ist  auf  der  Drehscheibe 
hergestellt,  eine  grosse  Anzahl  Scherben  mit  Kamm-,  Faden-  und  Fingerverzie- 
rungen. 

6  Perlen  von  blauem  Glasfluss. 

In  einer  Grube  fanden  sich  6  Schädel,  von  denen  einige  die  Spuren  gewalt- 
samer Tödtung  tragen,  ohne  weitere  Knochen;  in  einer  anderen  wurde  I  Schädel 
und  in  einer  dritten  1  Schädel  nebst  den  zum  Theil  vermoderten  Skeletknochen 
eines  14jährigen  Mädchens  gefunden.  Schädel  besitze  ich  sämmtlich;  eine  vom 
Hrn.  Privatdocent  Dr.  Brauns  gegebenen  Beschreibung  der  ersten  sechs  übersende 
ich  später. 

2.  Fundort  Röderberg  in  Giebichenstein. 
Bronzegeräthe:    3   schön   gewundene  Halsringe,    5  Armringe,    10  Ohrringe, 

2  Fibeln,  3  verzierte  Kopfnadeln  und  1  Schneide  eines  Messers. 

Steingeräthe:   1   Axt. 

Thongeräthe:  5  Gefässe,  darunter  ein  schön  gearbeitetes  von  schwarzem 
Thon,  in  welchem  sich  ausser  Knochenresten  und  Asche  folgende  Eisengegenstände 
vorfanden:  1  Messer  mit  verziertem  Knochengriff,  2  Fibeln,  1  Schildbuckel,  4  Kopf- 
nadeln, 3  Haken  und  3  Ringe. 

3.  Fundort  Fährstrasse  in  Giebichenstein. 
Knochengeräthe:   1  sogen.  Spleiss').  2  Lanzenspitzen,  wovon  eine  mit  kleinen 

Ringverzierungen,   1  lange  und  1   kurze  Pfeilspitze. 

Bronzegeräthe:  1  grösserer  und  1  kleinerer  Gelt,  1  sichelförmige  Messer- 
klinge. 

Steingeräthe:  3  Äxte, 

Thongeräthe:  3  kleine  Gefässe  mit  Henkel,  1  schalenförmiges  desgleichen, 
5  Spinnwirtel  uud  3  trichterförmige  Gefässe  mit  dicken  Rändern. 

4.   Fundort  Friedhof  in  Giebichenstein. 
Thongeräthe:  7  grosse  und  kleine  Urnen,  einige  schön  verzierte  Scherben. 

5.  Fundort:  Sachsenburg,  Gasthaus  zwischen  Giebichenstein  und  Trotha. 
Knochengeräthe:   1   Lanzenspitze,  1  Pfeilspitze. 


1)  Abgeschnittene  Hirschgeweihzacke  mit  geglätteter  Spitze,  ähnlich  den  jetzt  noch 
von  Seilern  und  Seeleuten  gebrauchten  Werkzeugen  zum  Durchflechten  der  Enden  bei  der 
nerstellung  eines  Oehrs  an  einem  Tauende.  Die  Seeleute  nennen  ein  solches  Instrument, 
das  jetzt  häufig  ans  Eisen  gefertigt  wird,  wenigstens  für  die  Kaiser!.  Deutsche  Marine,  wie 
Hr.  Capitän-Lieutenant  Strauch  mir  mitgetheilt  ,Maaispleiss".     Voss, 


(54)        . 

Bronzegeräthe:  1  Halsring,  2  Armringe. 
Thongeräthe:  4  Urnen. 

6.    Fundort  Diaconissenhaus  in  Giebichenstein. 

Bronzegeräthe:  4  schöne,  massive  Armringe. 
Thongeräthe:  1   Urne  mit  Knocheuresten. 

7.  Fundort:  Bauer's  Felsenkeller  in  G. 
Thongeräthe:  2  Urnen,  1  Spinnwirtel. 

8.    Verschiedene  Fundorte. 

Bronzegeräthe:  1  schön  gearbeiteter  Dolch. 
Thongeräthe:  10  Urnen. 

Leider  kann  ich  z.  Z.  einen  Bericht  über  meine  Wahrnehmungen  nicht  geben, 
da  mir  die  Zeit  mangelt;  was  Dr.  Caro  besitzt,  weiss  ich  nicht  genau,  jedoch  hat 
er  aus  Giebichenstein  einige  Steingeräthe." 

Auch  Hr.  Hofapotheker  ür.  Caro  in  Dresden  war  so  freundlich,  mir  ein  kurzes 
Verzeichniss,  von  den  in  seiner  Sammlung  befindlichen  Stücken  aus  Giebichenstein 
zuzusenden.  Die  Gegenstände  sind  zum  grossen  Theil  ebenfalls  von  Hrn.  War- 
necke  gesammelt  und  Hrn.  Dr.  Caro  überlassen  worden.    Letzterer  besitzt  darnach : 

Halsringe 27  Stück, 

Armspangen 67       „ 

Fibeln 8       „ 

Fingerringe 11       „ 

Nadeln 17       „ 

Bronzecelte ,     .     .     .     .       1       „ 

Aschenkrüge  mit  Inhalt 34       „ 

Kleine  Gefässe  zum  Wirthschaftsgebrauch  ...     16       „ 

Glasperlen 5  grosse,  18  kleine. 

Steinwaffen:  keine,  ausser  Feuersteinspähne,  welche  jedoch  auch  zufällig 
dorthin  gekommen  sein  mögen. 

Schädel:  3  Stück  gut  erhalten  und  zahlreiche  Reste.  Dieselben  wurden  mit 
Bronzen  zusammen  gefunden,  einzelne  Theile  zeigen  grüne  Flecken  von  Patina  her- 
rührend." 

In  der  Provinzial- Sammlung  in  der  Moritzburg  zu  Halle  a/S.  befinden  sich 
wahrscheinlich  auch  B''undstücke  von  dieser  Localität.  Wenigstens  erinnere  ich  mich 
vor  Jahren  einige  mit  concentrischen  Kreisen  ornamentirte  Beinschnitzereien  gesehen 
zu  haben,  welche  ganz  dem  Charakter  einiger  hier  gefundenen  Gegenstände  ent- 
sprechen. Auch  findet  sich  in  Förstemanns  Mittheilungen  eine  Notiz  über  einen 
Fund  an  der  Stelle  des  Schmelz  er 'sehen  Gartens  und  einen  solchen  auf  dem 
sogenannten  Bleichberge,  wo  Urnen,  Skelete  und  gebrannte  Knochen  ohne  weitere 
Beigaben  aufgedeckt  wurden. 

Das  hiesige  Königliche  Museum  besitzt  folgende  Gegenstände: 
L    Mit    Halle  a/S.  bezeichnet,    aus    der    Sammlung    des  Hrn.  Dr.  Herbst    zu 
Calbc  a/S.,  wahrscheinlich  aber  nach  der  grossen  Uebereinstimmung  mit  den  übrigen 
dort  gefundenen  Gegenständen  zu  urtheilen,  ebenfalls  bei  Giebichenstein  gefunden: 
IL    4142.     Eine  Fibula. 
n.    4146.     Grosse  bronzene  Nadeln. 


C55) 

Kleinere  bronzene  Nadeln. 

Nestnadel  von  Bronzedraht. 

Kraus  gewundener  Sclieltelring  von  Bronze. 

do.  do. 

Fragment  von  dergleichen. 

do.  do. 

Gerippter  Scheitelring. 
s  4170.     Sieben  kleinere  Ringe, 
bis  4174.     Vier  dergleichen  mit  Buckeln, 
Streitmeissel. 

do. 
Streitaxt  aus  Hirschgeweih. 

Von  Giebichenstein.    (Geschenk  des  Hrn.  Dr.  Caro.) 

Grosser  bronzener  Halsring  nach  Art  eines  Torques  gravirt  mit  vier- 
kantiger Hakenschliesse  und  mit  einem  kleinen  daran  hängenden  Ringe, 
ebenfalls  von  Bronze.     Durchmesser  16  au. 

2  kleine  auf  einander  passende  Ringe,  oval,  unten  grade  (Armringe?), 
von  6^4  und  5  cm  Durchmesser. 

Ein  ornamentirter  Bronzering  ähnlicher  Form  von  7,5  und  6,75  em  Durch- 
messer. 

n.  10141,  a,  b,  c.     3  ähnlich    geformte    ganz    dünne    unverzierte   kleinere  Bronze- 
ringe. 

n.  10142,  a,  b.     2  blaue  Glasperlen. 

An  Ort  und  Stelle  von  mir  selbst  im  Jahre  1876  gesammelt  und  erworben, 

II.  10151.  a. — d.     a)  Zerschlagener  verkohlter  Thierknochen. 

b)  Fragment  eines  Thoncylinders. 

c)  Rand  eines  Thongefässes  mit  Fingereindrücken, 

d)  Henkel  eines  Thongefässes, 
alle  unmittelbar  neben  einander  gefunden, 

H.  10152.  a,  b.     2  Knochenpfrieme  aus  Röhrenknochen,   die  Epiphysen  sind  abge- 
schnitten (Lanzenspitze?).    Zusammen  gefunden  mit  II.  10153 — 54  und 
I,  4724.  a.— h. 
II.  10153.  a.  und  b.     2  rudimentäre  Fibeln  (Beinknochen)  vom  Pferde,  wahrschein- 
lich   als    Pfrieme    benutzt.     Mit  II.  10152—10154  und  I.  4724.  a.— h. 
zusammen  gefunden. 
IL  10154.  a,  b.    a)  Knochenplatte  mit  concentrischen  Kreisen  verziert.    (Die  beiden 
Enden   ähneln   Thierköpfen.     S.  Abb.);   mit    IL  10152—10153 
und  I,  4724,  a. — h.  zusammen   gefunden   in  Buschmanns  Sand- 
grube bei  Giebichenstein. 


IL 

4147. 

IL 

4149. 

IL 

4154. 

H. 

4155. 

H. 

4156. 

IL 

4157, 

IL 

4161, 

IL 

4164  1 

n. 

4171  [ 

H. 

4209. 

n. 

4210. 

H, 

4232. 

II 

IL 

10138, 

IL 

10139. 

IL 

10140. 

^d.Tiat.ßr. 
b)  Hirschhornhammer  (?),  ebendaselbst  allein  gefunden. 


(56) 

II.  10155.  a. — d.   a)  Schädel  eines  Erwachsenen.     (Trepanirt?) 
b)  und  c)  zwei  Kinderschädel, 
alle   drei  aus  dem  Gräberfelde  von  Giebichenstein ,  a  soll  an  der  Stelle 
einer  russischen  Schanze  gefunden  sein;  b  und  c  in  Buschmanns  Sand- 
grube, sämmtlich  aber  in  runden  Vertiefungen  („Löchern"); 

d)  roher  Bernstein,  ebendaselbst  in  einem  „Loche"  gefunden. 
I.     4724.  a — d.    a)  Kleines  ungeheukeltes  röthliches  Thongefäss; 

b)  röthliches  kleinesThongefäss,  wahrscheinlich  ursprünglich  mit  Fuss, 
c  und  d)  2  Cylinder  von  röthlichem  Thon.     (Leuchter?) 
I.     4724,  e— h.     e  und  g)  3  konische  Gefässe,  ;trinkhornartige,    der    untere    Theil 
derselben  fehlt, 
h)  Kleine  flache  Schale  mit  ebenem  Boden  aus  sehr  grober  Masse, 
a — h)  Mit  II.  10151 — 54a    zusammen    gefunden    in  Giebichenstein    bei 
Halle  a/S.  in  Buschmanns  Sandgrube  am  Mühlwege, 
I.     4725.  a — i.     a — e)  Randstücke  von  Gelassen, 
f)  Henkelstück, 
g  und  h)  Gefässfragmente, 
i)  Thoncylinder, 
a — i)  Vom  Gräberfeld    von  Giebichenstein    aus   Buschmanns  Sandgrube 
am  Mühlwege. 
I.     4725.     k— r.     k)  Fragment  eines  kleinen  schwärzlichen  Gefässes, 
m — o)  Fragmente  von  Thoncylindern, 

p)  Vierkantiges  Thonprisma  (Geschenk  des  Hrn.   Warne cke), 
q— r)  Fragmente  von  schwarzen  Gefässen.     S.  a.  I.  4724. 
Ebendaselbst  gefunden. 

Aus  der  Sammlung  des  verstorbenen  Apotheker  Schumann  zu  Golssen. 
I.     4679,     Thoncylinder  (Leuchter)  Höhe  18  cm.  (Schumann's  Katalog  Nr,  97.) 
1,     4680.     2  Fragmente  von  solchen.     (Schumann's  Katalog  Nr.  98  und  99.) 

Das  hervorragendste  Interesse  gewähren  nun  bei  diesem  Gräberfelde  folgende 
Vorkommnisse.  1)  Die  zahlreichen  Begräbnisse  auf  der  Stelle  eines  Wohnplatzes. 
2)  Die  Bestattung  von  Schädeln  und  die  Trepanation  eines  derselben.  3)  Pferde- 
schädel als  Grabbeigaben.  4)  Die  Thoncylinder  und  champagnerglasähnlichen  (triiik- 
hornartigen)  hohlen  Thonkegel  (Fig.  1  und  3).  5)  Die  reichen  Bernsteinfunde  in 
so  grosser  Entfernung  von  den  Küsten  der  Nord-  und  Ostsee. 

Hinsichtlich  der  äusseren  Erscheinung  bieten  die  Gräber  grosse  Aehnlichkeit 
mit  jenen,  über  welche  Hr.  Schneider  im  vorigen  Jahre  (Verh.  S.  368  u.  ff.) 
berichtet  hat.  Eine  andere  Localität  in  Böhmen,  welche  mir  aus  eigener  Anschau- 
ung bekannt  ist  und  ebenfalls  viele  Vergleichungspunkte  gewährt,  ist  die  Gegend  des 
Scharkathaies,  von  dem  „Hradischtje"  bis  zu  dem  Dorfe  Wockowitz,  über  welche 
unser  Hr,  Vorsitzender  im  Jahre  1875,  Verh,  S.  97  u.  ff.,  einen  kurzen  Bericht 
erstattet  hat.  Von  dieser  Localität  befindet  sich  eine  grosse  Sammlung  im  Böhmi- 
schen National-Museum  in  Prag,  von  Hrn.  Kaufmann  Micksche  zusammengebracht, 
und  eine  fast  ebenso  reichhaltige  in  der  letzten  Zeit  angelegte,  in  dem  Privat- 
besitz des  Letzteren.  Auch  haben  Hr.  Dr.  Berger  und  Hr.  Gutsbesitzer  von 
Strasser  auf  Russin  bei  Prag  zahlreiche  Gegenstände  von  da  erworben.  Herr 
Micksche,  der  über  diese  reiche  Fundstätte  eine  grössere  Publication  vorbereitet, 
hatte  die  Güte,  mir  auf  meine  Anfrage  folgende  Notizen  zu  senden. 

„1.  Die  Wockowitzer  Gräber  enthielten  ganze  Menschenskelette,  auch  nur 
Schädel,  endlich  auch  nur  Thierknocheu. 


(57) 

n.  Thoncylinder  kamen  wohl  am  Berge  ITradiscFitje  in  der  Scharka  vor,  in 
Wockowitz  jedoch   nicht. 

Hl.  Kine  Thier6gur  aus  Thon  wurde  in  einem  Wockowitzer  Grabe  vorge- 
funden, wobei  leider  der  Kopf  und  Schweif  fehlt,  so  dass  es  schwer  ist  zu  be- 
stimmen, ob  es  ein  Pferd  oder  ein  Eber  sein  soll.  Dieselbe  ist  aus  getrockne- 
tem Thon. 

IV.  Kin  etwa  4  Zoll  langer  Gegenstand  aus  gebranntem  Thon  in  Form  eines 
Trinkhorns  ist  in   Wockowitz  vorgefunden  worden, 

V.  Gefässe  und  Gefässscherben  mit  farbigen  und  mattirten  Ornamenten  kamen 
in  Wockowitz  nicht  vor. 

VI.  Kreisförmige  Ornamente  wurden  auf  den  Wockowitzer  Fundgegenständen 
nicht  entdeckt,  wohl  aber  auf  einigen  Beinsachen,  die  am  Hradischte  in  der  Scharka 
ausgegraben  wurden 

VII.  Von  einer  Ti'epanation  der  Wockowitzer  Schädel  fand  ich  keine  Spur." 
Die  erwähnten  Thoncylinder  ähneln  den  Fig.  1  abgebildeten.    Dieselben  kommen, 

zum  Theil  mit  Querdurchbohrung,  auch  in  Polen,  Schlesien  und  Ungarn  (Tisza- 
Füred)  vor.  Aehnliche  Thierfiguren  von  Thon  wurden  ebenfalls  in  Ungarn,  nament- 
lich bei  Pilin  und  Toszeg  gefunden,  worüber  unser  Hi'.  Vorsitzender  in  der  Sitzung 
vom  18.  November  1876,  S.  245  u.  ff.,  berichtet  hat.  Das  Trinkhorn  hat  mehr 
Aehnlichkeit  mit  den  spitzen  Gefässeu  von  Giebichenstein,  als  mit  den  bekannteren 
aus  Posen,  Brandenburg  und  Sachsen,  welche  besser  gearbeitet  und  meist  schön 
geglättet,  zum  Theil  sogar  reich  verziert  sind  (Klemm,  Handbuch  der  germani- 
schen Alterthumskunde,  Taf.  XIV.,  Fig.   \2)'). 

Zu  erwähnen  ist  hier  ferner  der  Hradischtje  von  Stradonitz  bei  Beraun,  über 
welchen  in  dem  Correspondenzblatt  (Jahrg.  1878,  S.  25  u.  ff.)  berichtet  wurde.  Auf 
meine  Anfragen  hinsichtlich  dieser  Localität  an  Hrn.  Dr.  Berger  in  Prag,  welchem 
das  Verdienst  gebührt,  die  Untersuchung  derselben  zuerst  in  Angriff  genommen 
und  eine  möglichst  vollständige  Sammlung  der  verschiedenartigen  Fundgegenstände 
zusammengebracht  zu  haben,  erhielt  ich  zugleich  mit  Angaben  über  die  im  Böhmi- 
schen National-xMuseum  in  Prag  aufbewahrten  ähnlichen  Gegenstände  folgende  freund- 
lichst gewährte  Auskunft: 

„ad   I.     Trepanirte  Schädel  besitzt  das  Museum  ca.  'i—4  von  Bilin  bei  Teplitz. 

Einen  F^und  von  Bilin  finde  ich  beschrieben  in  den  Pamätky,  Band  X., 
Jahrgang  II.,  1875.  Der  Ort  heisst  Patokryje  (Patogrö  deutsch).  A.  a.  0.  finden 
Sie  Beschreibung  und  Abbildung  dieses  Fundes,  allein  von  den  trepanirten  Schädeln 
geschieht  im  Berichte  keine  Erwähnung.  Ich  weiss  in  diesem  Momente  nicht,  wo 
dieselben  beschrieben  sind,  werde  Ihnen  aber  in  kürzester  Zeit  hierüber  Mittheilung 
machen. 

ad  IL  Aus  dem  „Hradistc"  in  der  Scharka  befinden  sich  Beinarbeiten  mit 
Kreisornamenten  ganz  bestimmt  im  Museum,  ob  auch  von  anderen  Fundplätzen, 
kann  ich  Ihnen  heute  nicht  mittheilen,  da  ich  bei  bestem  Willen  seit  dem  Erhalte 
Ihres  Briefes  nicht  ins  Museum  gelangen  konnte.  Auch  hierüber  schreibe  ich 
llinen  detaillirter,  sobald  ich  die  Sammlungen  durchgesehen  haben  werde,  was 
demnächst  geschehen  ^o\\. 

„In  hervorragendem  Maasse  ist  das  betreffende  Kreisornament  auf  dem  „Hradiste" 
von  Stradonitz  vertreten.     Man    findet    es    so    zu  sagen  auf  allen  Artefacten,    möge 

1)  Das  Könio;).  Miiseinn  hesitzt  dergleichen  ans  der  Lausitz,  und  von  Sohlieben.  Das 
eine  derselben  endet  in  eine  Spitze  von  der  Form  eines  Thierkopfes. 


(58) 

das  iMaterial  welches  immer  sein,  auch  auf  Gefässscherben  (nur  auf  Steingeräthen 
nicht,  da  selbe  nur  sporadisch  vertreten  sind)."  .... 

Unter  späterem  Datum:  ....  „Auf  Ihre  weitere  Anfrage,  ob  in  Stradonitz 
Gräber  mit  ganzen  Skeletten  oder  bloss  solche  mit  Schädeln  gefunden  wurden, 
theile  ich  Ihnen  mit,  dass  meines  Wissens  am  Hradiste  gar  kein  Grab  gefunden 
wurde,  denn  die  Gruben,  die  sich  da  vorfinden,  ebenso  wie  die  Aschenlager,  sind 
doch  wohl  für  keine  Gräber  zu  halten. 

„In  einigen  Gruben  und  Aschenlagern  fanden  sich  Schädel  vor  —  immer  aber 
ohne  weitere  Körperbestandtheile,  so  dass  die  Vermuthung  nahe  liegt,  dass  die- 
selben vom  Rumpfe  getrennt  in  diese  Lager  gelangten. 

„Man  fand  am  Hradiste  auch  viele  Cisternen,  manche  von  ziemlicher  Tiefe. 
In  einer  derselben  lagen  4  zerquetschte  Schädel  und  5  Mühlsteine,  sonst  war  die 
Cisterne  mit  schwarzer  humusartiger  Erde  ausgefüllt. 

„In  Wockowitz  fand  man  in  den  Gräbern,  deren  Formen  Ihnen  ja  bekannt  sind 
(mulden-  oder  kessel förmig),  auch  ab  und  zu  einzelne  Schädel.  So  viel  mir  be- 
kannt ist,  stiess  mau  im  Ganzen  bloss  auf  zwei  ganze  Skelette  mit  reichen 
Beigaben;  das  ist  jedoch  bei  den  nach  Hunderten  zählenden  Gräbern  der  anderen 
Art  ein  verschwindendes  Prozent. 

„Von  dem  Ringornamente  kommt  auf  dem  Hradiste  in  der  Scharka  verhältniss- 
mässig  wenig  vor.  —  Ich  bemerkte  es  bloss  auf  zwei  Gegenständen. 

„Auf  einem  Kamm  läuft  über  das  Mittelstück  ein  mit  Eisennägeln  angenieteter 
Beinrücken,  der  nebst  Linienornamenten  auch  zwei  Ringornamente  enthält,  dann 
auf  einem  würfelartigen,  etwa  P/a  Zoll  laugen  viereckigen  ßeinstücke,  welches  aus- 
schliesslich Ringornamente  enthält.  Sollten  mir  noch  andere  mit  diesem  Ornamente 
versehene  Gegenstände  bekannt  werden,  werde  ich  es  Ihnen  mittheilen. 

„Ueber  die  trepanirten  Schädel  kann  ich  nichts  weiter  erfahren,  als  dass  die- 
selben von  Bilin  stammen.  Ich  weiss,  dass  ein  Bericht  erschien,  entweder  in  einer 
medizinischen  Zeitschrift  oder  in  einem  Tagesjournal;  sobald  ich  diesen  Bericht 
entdecke,  sende  ich  Ihnen  denselben^)." 

Auch  bei  Stradonitz  scheinen  also  inmitten  der  "Wohnstätten  Todte  bestattet  zu 
sein.  In  ähnlicher  Weise  dürften  auch  die  Befunde  von  der  in  der  Nähe  von  Selchow 
bei  Mahlow  aufgedeckten  Localität  zu  erklären  sein  (Verh.  d.  Berl.  Anth.  Ges. 
1877,  S.  254).  Ebenso  fand  ich  innerhalb  der  Verwallung  der  sogenannten  „Schwe- 
denschanze"  bei  Crossen  Begräbnissstellen.  Ferner  existirt  unmittelbar  neben  dem 
nicht  unbedeutenden  Begräbuissplatze  auf  Steinhardtsberg  bei  Schlieben,  welcher  dem 
bekannten  Burgwall-)  gegenüber  liegt  und  der  von  Hrn.  Hauptmann  a.  D.  Schlesier 
untersucht  und  beschrieben  wurde  (Verh.  d.  Berl.  Anth.  Ges.  1877,  S.  32  u.  ff.),  eine 
Ansiedelung,  deren  Reste  ich  in  Gemeinschaft  mit  Hrn.  Schlesier  einige  Zeit 
nach  den  erwähnten  Ausgrabungen  desselben  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte. 
Auch  eine  bei  Voigtstedt  in  der  Nähe  von  Sangerhausen  in  letzter  Zeit  ent- 
deckte Fundstätte  mit  zahlreichen  römischen  Artefacten  scheint  hierher  zu  rechnen 
zu  8§in.  Vielleicht  dürfte  sich  in  Zukunft  die  Zahl  ähnlicher  Beobachtungen  mehren,  da 
die  Sitte,  den  Todten  in  seinem  Hause  zu  bestatten,  eine  in  verschiedenen  Ländern  der 


1)  Vielleicht  i.st  hier  der  von  Hrn.  Dr.  Wanke  1  in  den  Mittheilungen  der  Wiener 
Anthropologischen  (iesellschaft,  Jahrg.  1871),  erstattete  Bericht  „Leber  die  angeblich  trepanir- 
ten Cranien  des  Beinhauses  zu  Sedlec  in  Böhmen",  in  welchem  die  Biliner  Schädel  kurz 
besprochen  sind,  gemeint.    V. 

2)  Auch  in  diesem  Burgwall  wurden  Reste  von  menschlichen  Skeletten  gefunden.  (Verh. 
d,  Berl,  Anth.  ües.  1877,  34.) 


(59) 

Erde  gebräuchliche  ist.  Lubbock  (Vorgeschichtliche  Zeit,  Jena  1874,  I.  S.  126  u.  ff.) 
führt  dafür  Beispiele  von  den  Indianern  am  Amazonenflusse,  den  Neuseeländern, 
den  Insulanern  an  der  Torres-Strasse,  von  den  Bewohnern  von  Bornu,  Dahomey, 
Yoruba  und  von  anderen  Völkerschaften  an  der  Goldküste,  sowie  von  den  Eskimo's 
an.  Auch  theilt  v.  Christ  in  einem  Vortrage  über  Mykenae  (Correspondenzblatt 
der  Deutschen  Anthropologischen  Gesellschaft  1879,  Nr.  2,  S.  11)  folgendes  mit: 
„Nun  war  aus  Zeugnissen  alter  Schriftsteller  bekannt,  dass  Gründern  und  Heroen 
der  Stadt  öfters  die  Ehre  des  Begräbnisses  innerhalb  der  Mauern  auf  dem  Markt- 
platze erwiesen  worden  war,  wie  dem  Battos  in  Kyrene  und  dem  Danaos  in 
Argos  und  dass  sogar  die  Megarenser  auf  einen  Orakelspruch  der  Priesterin  in 
Delphi  hin  das  Rathhaus  so  angelegt  hatten,  dass  es  die  Gräber  der  Heroen  der 
Stadt  in  sich   unischloss." 

Ueber  die  Bestattungen  mit  partieller  Verbrennung,  die  sogenannten  Theil- 
gräber  und  Schädelgräber,  hat  Giesebrecht  bereits  ausführlichere  Abhand- 
lungen in  den  Baltischen  Studien  XII.,  2,  Seite  127  u.  ff.,  S.  146  und  XIII., 
2,  S.  28  u.  ff.  und  S.  158  u.  ff.  publicirt.  Ebenso  berichtet  von  Sacken  über  ähn- 
liche Befunde  aus  dem  Gräberfelde  von  Hallstadt  Auch  in  Gräbern  in  der  Gegend 
von  Ranis  und  Thüringen  wurden  Schädelgräber  entdeckt.  (Adler,  Die  Grabhügel 
üstrinen  und  Opferplätze  der  Heiden,  Saalfeld  18.37,  S.  9.)  Sodann  berichtet  Hr. 
Dr.  Much  (Künstliche  Höhlen  in  Nieder -Oesterreich,  Sep.-Abdr.  aus  Mitth.  der 
Anthrop.  Gesellsch.  in  Wien  Nr.  1—3,  Bd.  IX.,  S.  9)  folgendes  über  eine  Stätte, 
welche  derselbe  im  Jahre  1876  in  der  grossen,  wallumschlossenen  urgeschichtlichen 
Ansiedelung  von  Still fried ')  fand.  „Hier  gerieth  ich  nehmlich  bei  meinen  Aus- 
grabungen auf  eine  Grube,  welche  bei  einer  Länge  und  Breite,  die  beiläufig  den 
unterirdischen  Kammern  entsprechen,  mit  ihrer  Sohle  etwa  3  m  unter  die  Ober- 
fläche hinabreichte.  An  den  Wänden  zeigten  sich  ca.  30  cm  hohe  Lehmbänke,  der 
übrige  Raum  war  mit  schwarzer,  von  Thongefässscherben  durchsetzter  Erde  aus- 
gefüllt; auf  dem  Grunde  der  Grube  lagen  die  Schädel  von  fünf  Menschen 
und  einem  Kinde,  ohne  irgend  andere  Knochen.  Zwei  der  menschlichen  Schädel 
waren  mit  grossen  Scherben,  welche  so  wie  die  des  übrigen  Raumes,  von  Freihand- 
gefässen  herrührten,  sorgfältig  dachförmig  zugedeckt.  Die  Schädel  gehörten  Men- 
schen verschiedenen  Alters  an  und  sind,  mit  Ausnahme  eines  einzigen,  Langschädel. 
So  merkwürdig  diese  F'undstätte  auch  ist,  und  so  ähnlich  sie  jenen  unterirdischen 
Höhlen,  die  den  Gegenstand  unserer  Untersuchung  bilden,  zu  sein  scheint,  so  bin 
ich  doch  ausser  Stande,  Belege  für  volle  Identität  derselben  beizubringen."  Eine 
sehr  sorgfältige  Zusammenstellung  über  das  Vorkommen  von  Schädelgräbern  und 
Theilgräbern  giebt  J.  H.  Müller  in  seinem  Bericht  über  die  Reihengräber  zu  Ros- 
dorf, Hannover  1878. 

Auf  die  Ausübung  der  Trepanation  in  urgeschichtlicher  Zeit  haben  vor  einigen 
Jahren  französische  Forscher  die  Aufmerksamkeit  gelenkt.  Dadurch  aufmerksam 
geworden,  glaubte  Hr.  Dr.  Dudik  in  Brunn  auch  eine  Zahl  der  in  dem  Beinhause 
zu  Sedletz  in  Böhmen  aufbewahrten  Schädel  hierher  zählen  zu  können.  Hr.  Dr. 
Wankel  in  Blansko,  eifrig  forschendes  Mitglied  unserer  Gesellschaft,  unterzog  sich  der 
Mühe,  diese  Angaben  an  Ort  und  Stelle  zu  prüfen,  erklärte  sich  jedoch  gegen  diese 
Annahme.  Bei  dieser  Gelegenheit  dehnte  er  seine  Reise  nach  Prag  aus  und  fand  dort 
im  Museum    die    oben  erwähnten    Schädel    von  Biliu    vor.     Er  hat  jedoch  nur  bei 


1)  Die  Beschreibung  der  letzteren  findet  sich  bei  Much:  Germanische  Wohnsitze  und 
Baudenkmäler  in  Nieder-Oesterreich.  Wien  J876.  Sep.-Abdr.  aus  den  ,B1.  d.  Ver.  f.  Landes- 
kunde von  NiederGsterreich".     IX.  Jahrg.  1875. 


(60) 

zweien  die  Annahme  der  Trepanation  bestätigt;  die  übrigen  noch  vorhandenen 
waren  ihm  wahrscheinlich  nicht  zugänglich  ').  Das  Ihnen  vorgelegte  Exemplar  habe 
ich  von  Hrn.  Kupferschmid  Julius  Götze  in  Giebichenstein  erworben,  welcher  an- 
gab, dass  es  bei  dem  Bau  seines  Hauses  auf  der  „Russenschauze"  („Moskowiter- 
schanze") genannten,  Localität  in  einer  ähnlichen  mit  Asche  und  Kohle  gefüllten 
Grube,  wie  jene  in  der  Buschmaun'schen  Sandgrube,  ohne  andere  Skelettheile  und 
sonstige  Beigaben  gefunden  sei.  Die  Fuudlocalität  liegt  noch  innerhalb  des  Bereiches 
des  Gräberfeldes  und  es  ist  auch  aus  der  Bestattungsweise  zu  schliessen,  dass  dieser 
Fund  zu  den  übrigen  in  nächster  Beziehung  steht. 

üeber  die  Beigabe  von  Thierresten,  namentlich  von  Pferdeschädeln  und  Pferde- 
zähnen hat  Hr.  J.  H.  Müller  (a.  a.  0.)  ebenfalls  ein  nicht  unbeträchtliches  Mate- 
rial zusammengestellt.  Auch  habe  ich  früher  über  einige  im  Königl.  Museum  auf- 
bewahrte Funde  von  Pferdezähnen  aus  Gräbern  berichtet.  (Verh.  d.  Berl,  Anth.  Ges. 
1878,  S.  333).  Ferner  wurden  auf  dem  Eritzberge  bei  Ranis  Pferdezähne  und  Vogel- 
knochen in  Urnen  zwischen  Asche,  am  Fusse  der  Altenburg  zwischen  Pössneck  und 
Werneck  nicht  selten  Thierreste,  z.  B.  ein  kurzes  dickes  Ochsenhorn,  Pferdezähne 
und  andere  gefunden.  (Variscia  H,,  S.  83  u.  ff.  und  S.  92.)  Ebenso  berichtet  A  dler 
(a.  a.  0.  S.  4)  über  einen  in  einer  Urne  gefundenen  Pferdezahn  aus  einem  Grabe 
auf  der  Saibische  bei  Ranis.  Hosaeus  (Die  Alterthümer  Anhalts.  Dessau  1879. 
S.  33)  erwähnt  ebenfalls,  dass  in  Grabhügeln  bei  Rathmannsdorf  Menschen-  und 
Pferdeknochen  neben  zahlreichen  Urnen  gefunden  sind. 

Ueber  Bernsteinfunde  in  Gräbern  des  Binnenlandes  fehlt  es  leider  noch  an  einer 
übersichtlichen  Zusammenstellung.  Es  würde  dies  eine  dankenswerthe  Aufgabe  sein. 
So  gross  die  Literatur  über  den  Bernsteinhandel  auch  ist,  so  ist  doch  die  Statistik 
der  Funde  ganz  vernachlässigt.  Bei  der  Aufstellung  eines  solchen  statistischen 
Verzeichnisses  wird  man  selbstverständlich  darauf  Rücksicht  nehmen  müssen,  ob 
der  gefundene  Bernstein  unbearbeitet  ist  oder  bearbeitet.  In  letzterem  Falle  wird 
man  die  Art  der  Bearbeitung  zu  unterscheiden  haben,  welche  je  nach  der  Zeit  eine 
sehr  verschiedene  ist.  Die  Formen  der  Steinzeit  sind  wesentlich  andere,  als  jene  in 
Gräbern  mit  Bronzen  zusammen  gefundenen,  ebenso  diejenigen  aus  den  Funden 
mit  Römischen  Gegenständen  und  aus  den  fränkisch-alemannischen  Gräbern-).  Wäh- 
rend die  ßernsteinarbeiten  der  Römischen  und  älteren  Metallzeit  sorgfältig  gearbeitet, 
zum  Theil  schön  gedreht  sind,  zeigen  diejenigen  der  Steinzeit  und  der  nachrÖmi- 
schen  Zeit  eine  sehr  rohe  Bearbeitung'*).  Der  bei  Giebichenstein  gefundene  Bern- 
stein ist  zum  weitaus  grössten  Theile  gänzlich  unbearbeitet.    Wie  die  Arbeiter  aus- 


1)  Dr.  H.  Wankel:  Ueber  die  angeblich  trepanirten  Cranien  des  Beinhauses  zu  Sedlec 
in  Böhmen.     Wien  1879.     Sep.-Abdr.  aus  den  Mittb.  d.  Wiener  anthrop.  Ges. 

2)  Bernsteinschmuck  und  Bernsteinperlen  der  Steinzeit  sind  abgebildet  bei  Nilsso n, 
Das  Steinalter,  1808,  Fig.  175,  194,  195,  197,  198;  bei  Montelius,  Anticjuites  Suedoises 
1873,  Fig.  84  —  88,  und  Worsaae:  Nordiske  Oldsager  1859,  F'ig.  90—93;  aus  Gräbern 
mit  Bronzebeigaben  vorrömischer  Zeit  bei  von  Sacken:  Das  Gräberfeld  von  Hallstatt, 
1868,  Taf.  XVIl.,  11-13;  Fig.  22  u.  26  u.  Fig.  29-31.  Ausserdem  Taf.  V.,  Fig.  2  und  3 
zwei  Schwertknöpi'e  aus  Elfenbein  mit  Bernsteineinlagen.  Bernsteinperlen  aus  Gräbern  mit 
römischen  Beigaben  hat  Lisch  pnblicirt  (Römergräber  in  Meklenburg  1875,  Taf.  L,  Fig.  14. 

3)  Uel)er  die  Gowiniiung  des  Bernsteins  und  seine  Bedeutung  als  Handelsartikel  vergl. 
u.  A.  W.  Runge,  Der  Bernstein  in  Ost-Preussen  (Samml.  v.  Virchow  und  Holzendorf: 
III.  Serie,  Heft  59).  Schieiden:  Das  Salz,  1875;  v.  Sadowski,  Die  Handelsstrassen  der 
Griechen  und  Römer,  1877,  Wiberg  :  Der  Einfluss  der  klassischen  Völker  auf  den  Norden 
durch  den  Handelsverkehr  1867;  und  die  Verband!,  d.  anthrop.  Congresse  zu  Bologna,  Stock- 
holm und  Budapest. 


(61) 

sagten,  fauden  sie  ihn  mehrfach  in  solchen  Quantitäten  beisammen,  dass  sie  ihn  pfund- 
weise an  eine  Lackfabrik  verkaufen  konnten.  Die  Stücke  sind  nämlich  sehr  schlecht 
erhalten,  (stark  „verbninnt")  von  einer  dicken  Kruste  eiugesclilossen  und  sehr  mürbe, 
so  dass  sie  zur  Bearbeitung  nicht  mehr  tauglich  sind  und  nur  noch  zur  Herstellung 
chemischer  Präparate  benutzt  werden  können.  Ihre  Grösse  variirt  zwischen  Wall- 
uuss-  und  Hühnereigrösse. 

Ueberblicken  wir  nun  das  gesammte  über  diese  Fundlocalität  vorliegende 
Material,  so  weit  es  bei  der  Zerstreutheit  desselben  und  in  Kürze  möglich  ist,  so 
finden  wir  Folgendes:  In  der  Nähe  der  jetzigen  Stadt  Halle  existirte  schon  in  der 
Zeit  vor  der  Römischen  Herrschaft  in  Deutschland  eine  Ansiedelung,  deren  Bevölke- 
rung wahrscheinlich  einen  lebhaften  Verkehr  mit  anderen  Volksstämmen  unterhielt. 
Hierauf  deuten  die  Stein  Werkzeuge,  viele  römische  Bronzen,  der  Charakter  einer 
grösseren  Zahl  von  Thongefässen  und  die  Menge  rohen  Bernsteins.  Die  Funde  um- 
fassen die  Zeit  der  ersten  Jahrhunderte  vor  unserer  Zeitrechnung  und  die  ersten  Jahr- 
hunderte unserer  Aera  etwa  bis  zur  Zeit  der  Völkerwanderung.  Wahrscheinlich  wurde 
durch  die  slavische  Invasion  eine  bedeutende  Veränderung  in  den  Verhältnissen  der 
früheren  Bevölkerung  veranlasst  und  diese  Localität  von  den  ehemaligen  Bewohnern 
aufgegeben.  Sicherlich  waren  die  benachbarten  Salzquellen  die  Ursache  der  Entstehung 
der  Niederlassung  und  des  Verkehrs.  Von  welcher  Bedeutung  das  Salz  auch  schon 
in  den  Lebensverhältnissen  der  alten  Germanen  war,  ersehen  wir  aus  den  Käm- 
pfen ,  welche  von  ihnen  um  den  Besitz  von  Salzquellen  geführt  wurden.  So  be- 
richtet Tacitus  (Annal.  13,  57)  von  solchen  zwischen  Chatten  und  Hermunderen 
(nach  Zeuss  um  die  Quellen  von  Salzungen)  und  Ammian.  Marcellinus  28,  5, 
von  einem  Kriege  aus  gleicher  Veranlassung  zu  Kaiser  Julians  Zeit,  welcher 
einige  Jahrhunderte  nach  den  erstgenannten  Kämpfen  zwischen  Burgundern  und 
Alemannen,  nach  Zeuss  (Die  Deutschen  und  ihre  Nachbarstämme,  S.  312)  um 
den  Besitz  von  Schwäbisch-Hall  oder  Kissingen,  geführt  wurde.  Auch  während  der 
slavischen  Zeit  dürfte  der  Handelsverkehr  fortbestanden  haben,  nur  wurde  durch 
den  Wechsel  der  herrschenden  Bevölkerung  wahrscheinlich  eine  Aenderung  in 
dem  Betriebe  herbeigeführt.  Hierfür  spricht,  was  Kaliua  von  Jäthcnstein  (Böh- 
mens Heidnische  Opferplätze,  Gräber  und  Alterthümer,  Prag  1836,  S.  6)  sagt: 
....  „Ich  begründe  meine  Meinung  auf  die  Thatsache,  dass  die  Böhmen  in 
den  ältesten  Zeiten  Hall  in  Sachsen  —  woher  sie  ihren  Salzbedarf  bis  zur  Ver- 
einigung unter  dem  österreichischen  Scepter  meistens  holten,  immer  „Dobro-Sul, 
gutes  Salz"  nannten.  Wäre  dies  wohl  denkbar,  wenn  sie  im  Vaterlande  ein  ebenso 
gutes,  das  ist  achtes  Kochsalz  gehabt  hätten?"  Dies  wird  bestätigt  von  Schieiden 
(Das  Salz,  seine  Geschichte,  seine  Symbolik  und  seine  Bedeutung  im  Menschen- 
leben,   Leipzig    1875,   S.  35) , Halle   heisst   zuweilen    in    Urkunden   Sulcia 

Dobresoelensis."  Und  ununterbrochen  bis  auf  unsere  Tage  scheinen  die  Salinen 
von  Halle  von  grossem  Einfluss  auf  den  Handelsverkehr  gewesen  zu  sein.  Victor 
Hohn  (Das  Salz,  eine  culturhistorische  Studie,  1873,  S.  3  u.  flf.)  theilt  darüber 
folgendes  mit:  „War  eine  Soole  entdeckt  worden  und  die  nicht  leichte  Kunst  er- 
funden, diese  durch  Versieden  über  Ofenfeuer  in  feste  Salzkrystalle  zu  verwandeln, 
dann  wurde  eine  solche  Hallstätte  ein  Sammelpunkt  der  Bevölkerung,  des  Waaren- 
und  Marktverkehrs,  friedlicher  Beschäftigung  und  höherer  Culturgewohnheiteu.  Wir 
führen  für  das  letztere  nur  zwei  Beispiele  aus  dem  früheren  Mittelalter  au :  Reichen- 
hall  an   der    baierischen   und  Halle   an   der  sächsischen  Saale Das  andere 

Beispiel,  betreffend  Halle  in  Sachsen,  entnehmen  wir  dem  Leben  des  heiligen  Otto, 
Bischofs  \on  Bamberg  (Herbordi  dialogus  de  \'\tn  Ottouis,  bei  Pertz  SS.  XX.,  1, 
3G   und  3,   I).     Als  dieser  Ueidenbekehrer  in  Erfahrung  gebracht  hatte,  dass  einige 


(62) 

der  von  ihm  Getauften  im  Lande  der  wilden  Pommern  in  Sclaverei  gerathen  waren, 
Hess  er  durch  einen  treuen  Verwalter  auf  der  Messe  zu  Halle  edle,  reine  und  kost- 
bare Tiicher  (nobiles,  puros  et  preciosos  paunos),  sowohl  Barchent  und  Purpur,  als 
die  Zeuge,  die  prunati  und  friscalii  genannt  wurden,  zusammen  kaufen  und  diese 
begehrte  Waare  dann  im  Pommerlande  theils  an  die  Häuptlinge  verschenken,  theils 
als  Lösegeld  für  die  gefangenen  Christen  verwenden,  und  als  der  Heilige  vier 
Jahre  nach  seiner  ersten  Missionsreise  sich  zum  zweiten  Male  anschickte,  seine 
Glaubenspflanzung  in  Pommern  zu  besuchen,  es  war  im  Jahr  1127,  da  belud  er  in 
Halle  Lastschiffe  mit  den  nöthigen  Lebensmitteln,  versorgte  sich  ebendaselbst,  um 
nicht  mit  leeren  Händen  zu  kommen,  mit  Gold  und  Silber,  Purpur  und  ßyssus, 
kostbaren  Zeugen  und  sonstigen  werthvoUen  und  mannichfachen  Geschenken,  fuhr 
die  Elbe  hinab  und  die  Havel  hinauf,  schaffte  sein  Gepäck  dann  auf  Lastwagen 
und  kam  so  durch  das  Land  der  Lutizer  nach  Demmin,  wo  das  eigentliche  Pommern 
begann.  Dass  beide  Male  gerade  Halle  der  grosse  Markt  ist,  auf  dem  die  Schätze 
des  Abend-  und  Morgenlandes  zu  haben  sind,  verdankte  diese  Stadt  nur  ihren 
Salzquellen  und  dem  mit  diesen  verbundenen  Zusammenfluss  von  Menschen  und 
Capital.'' 

Wir  sehen  also,  dass  Halle  damals  wahrscheinlich  schon  Bamberg,  eine  als 
Handelsknotenpunkt  schon  früh  genannte  und  als  Bischofssitz  jedenfalls  sich  durch 
höhere  Cultur  auszeichnende  Stadt,  als  Markt  für  Luxusgegenstände  übertraf,  wenn 
man  nicht  etwa  annehmen  muss,  dass  Halle  wegen  directen  Verkehrs  mit  den  da- 
mals noch  slavischen  Gegenden  Norddeutschlands  besonders  jene  Artikel  darbot, 
welche  bei  den  slavischen  Volksstämmen  am  meisten  beliebt  waren. 

Es  erübrigt  nun  noch  über  die  Nationalität  der  an  dieser  Fundlocalität  ehe- 
mals Angesiedelten  und  Bestatteten  Einiges  zu  bemerken.  Kefer stein  (üeber  die 
Halloreu,  als  eine  wahrscheinlich  keltische  Colonie,  den  Ursprung  des  Halleschen 
Salzwerkes,  und  dessen  technische  Sprache,  ein  Versuch,  Halle  1843)  sagt  (a.  a,  O. 
S.  22).  „Schon  der  Name  der  Stadt,  des  Salzwerkes  und  des  dabei  fliessenden 
Flusses  deutet  klar  auf  keltischen  Ursprung,  abgesehen  von  anderen  keltischen 
Spuren.  Sind  diese  Namen  wirklich  keltisch,  so  werden  es  also  Kelten  gewesen 
sein,  die  etwa  vor  zwei  Jahrtausenden  das  Hallesche  Salzwerk  aufgenommen  und  be- 
trieben haben."  Er  sucht  dann  im  Folgenden  darzuthun,  zum  Theil  mit  Beihülfe  des 
ehemaligen  Professors  H.  Leo  in  Halle  (a.  a.  0.  S.  113):  „Die  Halleschen  Salzarbeiter 
(die  sogenannten  „Halloren'^)  seien  ein  Rest  uralter  keltischer  Bevölkerung  des 
Landes."  Diefenbach  dagegen  (Vorschule  der  Völkerkunde  und  der  Bildungs- 
geschichte, Frankfurt  a/M.  1864)  bemerkt  (a.  a.  O.  S.  342)  „Wir  erinnern  uns 
keines  Beispieles  einer  möglicher  Weise  aus  vordeutscher  Zeit  herstammenden 
Salzbereiterzunft,  als  der  der  „  Halloreu  "  in  Halle  an  der  Saale,  in  welchen  man 
ohne  Zweifel  irrig  alte  Kelten  suchte;  eher  sind  sie  minder  antike  Slaven," 
Victor  Hehn  (a.  a.  O.  S.  54)  tritt  jedoch  wieder  für  die  Annahme  keltischen  Ein- 
flusses ein.  Er  sagt:  „Dies  und  alles  obige  drängt  uns  zu  der  Annahme,  dass  der 
Name  dieses  einst  Hermundurischen  Halle  keinen  anderen  Ursprung  hat  als  der  von 
Reichenhall  und  Halle  am  Kocher  in  Schwaben.  „Die  Hermunduren  werden  hier 
das  Salzwasser  auf  brennende  Hölzer  gegossen  haben;  dann  werden  Kelten  von  der 
Donau  und  den  Alpen  die  Kunst,  aus  den  Quellen  Salz  in  Gestalt  von  weissen 
Krystallen  abzuscheiden,  hier  zuerst  eingeführt  haben,  sei  es  zwangsweise  in  harter 
Sklavenarbeit,  sei  es  freiwillig  gegen  reichen  Lohn.  Salzbereiter,  die  ihre  Sache 
verstehen,  finden  wir  in  entlegenen  Gegenden  noch  im  Mittelalter  auf  der  Wande- 
rung. So  schleicht  sich  Hiaruo,  der  den  Fridlevus  tödten  will,  als  fremder  Salz- 
sieder  („Saltkarl")  in  das  Haus  und  unter  das  Gesinde  seines  Feindes  (Saxo  Gramm. 


(63) 

ed.  P.  E.  Müller,  G.  p.  264).  Dasselbe  thut  Frithiof  in  der  aach  ihm  benannten 
Sage:  er  schleicht  sich  als  Salzbrenner  an  den  Hof  des  Königs  Hrings,  vergisst 
aber  den  kostbaren  Ring  von  seinem  Finger  zu  nehmen  u.  s.  w.  Auch  in  neueren 
Zeiten  bezogen  Fürsten,  die  eine  ergiebige  Salzquelle  zu  besitzen  glaubten,  von 
Süden  her  Werkmeister  zur  Einrichtung  eines  kunstgerechten  Betriebes.  Wie  der 
niederdeutsche  Bergbau  überhaupt  erst  eine  Folge  des  oberdeutschen  war,  so  auch 
die  Salzproduction,  die  dem  eigentlichen  Bergbau  in  vielen  Beziehungen  nahe  ver- 
wandt ist."  ....  „Nun  waren  die  Kelten,  wie  in  allen  Dingen,  so  auch  im  Bergbau  den 
Germanen  lange  vonius,  und  es  hat  durchaus  nichts  Unwahrscheinliches,  dass  Ar- 
beiter ihres  Stammes,  die  herübergewandert,  oder  auch  in  Kriegszügen  geknechtet 
waren,  an  dem  Orte  qui  vocatur  Halla  eine  Siedewerk  eingerichtet  und  demselben 
den  Namen  gegeben  hatten.  Mau  vergesse  nicht,  dass  eine  Zeit  war,  wo  die  Hel- 
vetier  bis  an  den  Thüringer  Wald  reichten,  der  von  Hermunduren  besetzt  war,  dass 
das  Königreich  Böhmen  noch  heute  den  Namen  seiner  keltischen  Bewohner,  der 
Bojer,  trägt,  dass  in  der  Hauptstadt  des  Maroboduus,  römische,  d.  h.  keltische, 
mehr  oder  minder  romanisirte  Händler  und  Handwerker  sich  aufhielten,  woher  z.  B. 
sich  erklärt,  dass  das  Römische  Caupo  =  der  Krämer  ins  Germanische,  Slavische, 
Litauische  überging  (gothisch  Kaupon ,  slavisch  Kupiti,  litauisch  Kupczus)  u.  s.  w. 
Ganz  in  gleicher  Weise  schlössen  nach  Jahrhunderten  deutsche  Bergleute  die 
Mineralschätze  Polens  und  Russlands  auf  und  brachten  ebenfalls  nicht  bloss  ihre 
Bräuche,  sondern  auch  ihre  Namen  mit.  Im  Uebrigen  hat  die  Invasion  der  Slaven 
einem  grossen  Theil  der  deutschen  Salinen,  sowohl  Reichenhall,  als  Lüneburg  und 
Halle  ihre  Physiognomie  gegeben.  Dieser  Stamm,  der  allmälig  von  Westen  her 
unterjocht  wurde,  gab  nicht  nur  leibeigene  Feldarbeiter,  sondern  auch  Minen-  und 
Salzknechte  ab,  und  mancher  in  den  genannten  Werken  gebrauchte  Ausdruck  stammt 
aus  seiner  Sprache.  Auch  das  sonderbare  „Hallor"  für  Salzarbeiter  in  Halle  wird 
wohl  ein  entstelltes  slavisches  Wort  sein.  Dass  es  nicht  deutsch  ist,  lehrt  die  Be- 
tonung Hallö'r."  Dieser  Meinung  schliesst  sich  Seh  leiden  (a.  a.  0.  S.  34  u.  ff.; 
3G  u.  ff.)  an  und  fügt  hinzu:  „Aber  wir  haben  ja  auf  dieser  Ausbreitung  des  kelti- 
schen Salzbetriebes  noch  mehrere  Stationen,  die  die  Verbindung  zwischen  Hallstadt 
und  Hall  im  Süden  und  Halle  im  Norden  herstellen.  Dazu  gehört  vor  Allem 
Nauheim,  wo  die  Ausgrabungen  nicht  nur  die  Anwesenheit  der  Römer,  sondern 
auch  der  Kelten  und  einen  uralten  Betrieb  der  Salzwerke  sicher  gestellt  haben 
(Archiv  f.  Hessische  Gesch.  u.  Alterthumsk.  Herausg.  v.  Dr.  Ph.  A.  F.  Walt  her, 
Bd.  X.,  Heft  3,  S.  447  u.  ff.;  Otto  Weiss:  Das  Soolbad  Nauheim.  Friedberg  und 
Nauheim  1871,  S.  1  u.  ff.)  Vielleicht  geben  aber  Ausgrabungen  bei  den  uralten 
Salinen  von  Salzungen  und  Allendorf  a.  d.  Werra,  sowie  von  Suiza  an  der  Ihn  noch 
einmal  Mittel  an  die  Hand,  um  auch  hier  die  Vermittelung  der  Kelten  bei  der 
Salzproduction  ganz  streng  historisch  festzustellen.  Alle  diese  Salinenorte,  sowie 
Frankenhauseu  sind  uralt;  für  alle  wird  auch  die  Ehre  in  Anspruch  genommen, 
der  Kampfplatz  der  Chatten  und  Hermunduren  gewesen  zu  sein."  Auch  nach 
Kiepert  (Lehrbuch  der  alten  Geographie,  Berlin  1878,  S.  534  u.  ff.)  würde  Gie- 
bichenstein  nicht  allzu  entfernt  von  der  Nordgrenze  des  ehemals  keltischen  Gebietes 
liegen,  um  nicht  eine  Betheiligung  keltischer  Arbeiter  bei  der  Ausbeutung  der  Salz- 
quellen anzunehmen.  Derselbe  sagt  hierüber:  „eine  wirkliche,  durch  die  natürlichen 
Bodeuformeu  bedingte,  wenn  auch  keineswegs  durch  eine  continuirende  Linie  zu 
bestimmende  Grenzscheide  hatte  in  der  That  Jahrhunderte  lang  in  der  Richtung 
von  W.  nach  O.  bestanden:  sie  liegt  nur  halbwegs  zwischen  dem  Fusse  der  Alpen 
und  der  Küste,  beträchtlich  nördlich  der  Donau.  Es  ist  die  zusammenhängende 
Zone    von    damals    menschenleeren  Waldgebirgen,    welche  nach  Caesars  Erkundi- 


(64) 

gungen  in  einer  Breite  von  9,  und  einer  Länge  von  60  Tagemärschen  vom  oberen  Rhein 
bis  an  die  dakische  Grenze  sich  erstreckte,  die  mittlere  v?estöstliche  Gebirgsscheide 
des  heutigen  Deutschlands  bis  zu  den  Karpathen,  damals;  bekannt  unter  dem  kelti- 
schen Gesammtnamen  Herkynia,  „der  Höhenzug".  Diese  Waldzone,  welche  keines- 
wegs mit  der  Hauptwasserscheide  zwischen  N.  und  S.  zusammenfällt,  da  sie,  durch 
Erz-  und  Rieseugebirge  sich  fortsetzend,  das  obere  Eibgebiet  abschneidet  und  dem 
Süden  zuweist,  bildete  zu  Cäsars  Zeit  noch  die  wahre,  wegen  des  Mangels  an 
Anbau  für  Culturvölker  schwer  zu  überschreitende  Südgrenze  der  Germanen,  denn 
längs  ihrer  Südseite  wohnten  damals  nur  keltische  Völker;  .  .  .  erst  in  Augustus' 
Zeit  änderte  sich  diese  Lage,  indem  grosse  germanische  Völkerzüge  durch  den 
lierkynischen  Wald  erobernd  nach  Süden  einbrachen  und  an  die  Donau  vor- 
drangen." 

Ich  schliesse  hiermit  meine  Skizzirung  des  Materials  aus  dieser  Fundstätte  und 
der  sich  daran  knüpfenden  Fragen,  und  behalte  ein  genaueres  Eingehen  auf  die 
letzteren  unter  Berücksichtigung  der  Fundgegenstände  einer  weiteren  Mittheilung 
vor.  Nur  soviel  möchte  ich  schon  heute  constatiren,  dass  bereits  im  Anfange  unserer 
Zeiti-echnung  an  dieser  Stelle,  abgesehen  von  der  Frage,  ob  nicht  auch  andere,  sicher- 
lich germanische  Völker  gewohnt  haben.  Hierauf  weisen  die  hier  gefundenen  Thon- 
gefässe,  welche  dem  Formenkreise  des  Lausitzer  Typus  angehören,  ähnlich  Fig.  6 
und  10.  Es  ist  dies  für  die  dortige  Gegend  auch  nicht  eine  vereinzelte  Erscheinung, 
da  unser  Mitglied,  Hr.  Prof.  Liebe  in  Gera,  das  Vorkommen  ähnlicher  Gefässe, 
sogar  noch  südlicher,  in  den  Grabhügeln  auf  der  Kosse  bei  Gera  (Verhandl.  der 
Berl.  Anthrop.  Gesellsch.,  Jahrg.  1877,  S.  122  u.  if.  und  Taf  X.,  Fig.  7  und  12) 
gefunden  hat.  — 

Hr.  Virchow  bemerkt  zu  den  vorgelegten  Schädeln:  Obwohl  von  den  drei 
Schädeln  zwei  jugendliche,  fast  kindliche  und  stark  verletzt  sind,  auch  wahrscheinlich 
weiblichen  Individuen  angehört  haben,  so  lässt  sich  doch  nicht  verkennen,  dass  sie 
demselben  Typus  angehören,  welcher  in  dem  sehr  gut  erhaltenen  und  ungemein 
kräftigen  männlichen  Schädel  hervortritt.  Leider  hat  nur  der  eine,  der  Kinder- 
schädel ([[.  10  155)  einen  Unterkiefer.  Es  sind  ausgemachte  Dolichocephale  u 
mit  ungemein  verlängertem  Hinterhaupt  und  trotzdem  ziemlich  hohem  Scheitel  und 
mit  etwas  niedrigem,  breitem  Gesicht.  Unter  ihnen  erregt  der  männliche  Schädel 
(II.  10155a)  besonderes  Interesse  wegen  einer,  wahrscheinlich  von  Trepana- 
tion herrührenden,  vernarbten  Lücke  des  rechten  Parietale. 

Im  Einzelnen  habe  ich   Folgendes  hervorzuheben: 

1)  Der  männliche  Schädel  (bezeichnet  Moskowiterschanze.  IL  10  155a)  ist  sehr 
gross  und  kräftig,  von  starkem  Knochenbau  und  überall  von  dichter,  glatter,  weisser 
Oberfläche.  Alle  Muskel-  und  Sehnenansätze  sind  stark  entwickelt.  In  der  Seiten- 
ansicht bemerkt  man  eine  sehr  lange  Scheltelcurve  mit  langem  und  breitem  Hinter- 
haupt, der  Nasenwulst  und  die  Protuberantia  occipitalis  stark  entwickelt,  die 
Schläfeulinien  sehr  kräftig  und  breit.  In  der  Oberansicht  erscheint  das  Dach  vor- 
wiegend lang,  jedoch  zugleich  breit.  Das  Gesicht  niedrig  und  breit,  die  Orbitae 
gleichfalls  niedrig,  die  Nase  stark  vorspringend  und  sehr  schmal,  ausgemacht 
leptorrhin,  die  Wurzel  etwas  tief,  der  Rücken,  obwohl  erhaben,  doch  etwas 
abgeflacht,  der  Alveolarfortsatz  ebenfalls  niedrig,  jedoch  leicht  vortretend,  der 
Gaumen  kurz  und  breit. 

Das  Trepanationsloch  liegt  ganz  in  der  unteren  Partie  des  rechten  Parietale 
am  Planum  temporale,  dicht  unter  und  ein  wenig  nach  vorn  von  dem  Tuber,  bis 
nahe  an  die  Schuppennalit.     Es  ist  längsoval,    23  7im  hoch,    15  breit,  von  ziemlich 


(fi5) 


regelmässiger  Gestalt,  nur  am  untern  Umfange  etwas  ausgebuchtet  und  mit  einem 
kleinen,  zackigen  Vorsprunge  versehen.  Der  Rand  ist  überall  zugeschärft,  so  dass 
das  Loch  selbst  von  der  inneren  Tafel  begrenzt  wird,  jedoch  ist  durch  reichliche 
Knochenneubildung  überall  die  Diploe  gefüllt  und  die  Oberfläche  nicht  nur  compakt, 
sondern  geradezu  sklerotisch  geworden.  Die  nächste  Umgebung,  namentlich  unten, 
ist  hyperostotisch,  in  der  Art,  dass  ein  breiter  erhöhter  Rand  rings  um  das  Loch 
herumläuft.  Irgend  eine  anderweitige  Verletzung  ist  nicht  zu  sehen.  Der  Ein- 
druck entspricht  daher  ganz  dem,  was  man  bei  einer  geheilten  Trepanationswunde 
zu  sehen  gewohnt  ist. 

2)  Der  Kinderschädel  II.  10155  ist  mehrfach  verletzt,  hat  sich  aber  erträglich 
zusammenfügen  lassen.  Die  Weisheitszähne  sind  noch  nicht  ausgebrochen,  die 
Syuchondrosis  spheno-occipitalis  ist  noch  offen.  Die  Form  ist  weiblich,  mit  niedriger, 
aber  gerader  Stirn  und  schnell  zurückweichender  Scheitelcurve.  Der  Schädel  ist  sehr 
lang,  mit  weit  ausspriugendem  Hinterhaupt,  an  welchem  die  Oberschuppe  fast 
kegelförmig  gestaltet  ist.  Trotzdem  erscheint  er  in  der  hinteren  Tarietalgegend 
breit,  auch  treten  die  Höcker  stark  vor.  Rechts  ein  grosses  trennendes  Os  fonti- 
culare  temporale.  Das  Gesicht  mehr  breit.  Orbitae  verhältuissmässig  gross, 
aber  vorwiegend  in   der  Breite.     Nase  an  der  Wurzel  etwas  flach,  wenig  vorsprin- 

Vorliiiiidl.  der  Berl.  Aiurophul.  Gesellschaft  K^TD.  5 


(66) 

geud,  mit  breiterer  Oeffuuug,  daher  mesorrhin.  Die  Oberkiefergegeud  etwas 
breit,  der  Alveolarfortsatz  etwas  vortretend,  die  Curve  der  (fehlenden)  Schneidezähne 
gross  und  dem  entsprechend  der  Gaumen  sehr  kurz,  breit,  fast  hufeisenförmig. 
Das  Kinn  vortretend. 

3)  Der  zweite  Kinderschädel  (II.  10155''),  ohne  Gesicht,  mit  abgesprengtem 
Vorderkopf  und  zerbrochener  Basis,  hat  sich  nur  schwer  wieder  zusammenfügen 
lassen  und  erscheint  wegen  erheblicher  posthumer  Verdrückung  sehr  schief  und 
verschoben.  Die  Maasse  sind  daher  unsicher.  Auch  seine  Form  ist  mehr  weiblich 
und  die  Stirn  niedrig,  die  lange  und  schmale  Scheitelcurve  schnell  zurückweichend, 
die  Höcker  stark.  Die  Hinterhauptsschuppe  hat  dieselbe,  weit  vorspringende  Ge- 
stalt, wie  bei  Nr.  2.  Auch  hier  ist  die  Synch.  spheno-occipitalis  offen.  An  beiden 
Ohrgegenden  ausgedehnte  grüne  Färbungen,  links  etwas  ausgedehnter,  so  dass 
fast  die  ganze  Schläfenschuppe  daran  betheiligt  ist. 

Die  Hauptzahlen  sind  folgende: 


II. 
10  155  a. 


Grösste  Länge     .     .     .     .     .     .     , 

,         lireite 

„        Höhe 

ührhöhe      

Horizontale  Iliuterhaiiptsläiige  . 

Horizoiitaliiintaiig 

Vertikaler  Qiierumfang  .  .  . 
Sagittalinnfaug  des  Stirubeii;s  . 
Länge  der  l^reilnaht  .... 
Sagittalumfang  des  Hinterhaupts 
Ganzer  Sagittalbogen  .... 
Unterer  Frontaidiirchniesser . 
Temporaler  Durchmesser. 
Parietaler  „ 

Occipitaler 
Mastoidealer 


(Tubera) 


(Basis) 

(Spitze) 

Auricularer  „  

Jugaler  ,  

Entfernung  des  Ohrloches   von  der  Nasenwurzel      .     . 

„  „  ,  „     dem  Nasenstacliel    .     . 

,  ,  „  ,.  ,    Alveolarraud    .     . 

n  y,  r,  «  ,     Kinn 

„  ,     For.  magnum  von  der  Nasenwurzel  . 

„  ,        ,  ,  ,     dem  Nasenstachel 

n  n        r.  -n  n         v      Alveoiarraud 

7,  V       „  V  r,        .,      Kinn    .     .     . 

Gesichtshöhe 

Obergesichtshöhe  (Nasenwurzel-Oberkieferraiid^    .     .     . 

Gesiclitsl)reile  (Sut.  zyg.  niaxill.) 

Orbita,  Höhe    .     .     .  " 

„       Breite 

Nase,  Höhe 

„       Breite 

Mediane  Höhe  des  Alveolarforfsatzes 

ini'raorliitaldurchmesser 

Maxillurdurchniesser 


195 
14Ö 
142 
120 
61,5 
5:38 
327 
140 
135 
125 
400 
101,5 
115 
125 
112,5 
129 

117,5 

137 

107 

108 

111,5 

105 
93 
92 


6ß 

96 

33 

38 

49 

22»5 

20,5 

52 

63,5 


177,5 
132 
126 
110 

56 
485 
296 
128 
110 
116 
354 

91 

105,5 
127 
106 
109 

93 

87,5 
HO 

90 

86,6 

93 
103,5 

88 

81 

82,5 

86,5 

90 

52,5 

82 

30,5 

35 

39 

21,5 

14,5 

42,5 

50 


178 
123 
125 
109 

57 
470 
283 
114 
108 
118 
340 

87 

95 
110 

99,5 
101 

88 

85,5 

90 


92 


(r;7) 


I)ar;nis   hcrcfhiicii   sich    fiil<'«Mi(1<' 


Ilauptindices. 

j  10  155  a. 

11. 
10  155. 

11. 
10  155  b. 

Lullte  11  breit  eiiiiuiex 

....          74,3 

74,3 
70,9 
95,4 
62,1 
64,0 
87,1 
55,1 

69,1? 
70,2 

Läiigeiihiihciiiiulcx   . 

.     .                     72,8 

lireitoiih("}liciiiiidex   . 
Ohrhiiiieiiiiulex 

....          97,9 
.....        62,5 

100,8? 
61,2 

OlteifTesichtsiiuiex     . 
()rl)italiii(lex     . 

...           68,7 
....          86,8 

Naseiüudcx 

....          45,9 

_ 

1 

(12)  Eingegangene  Schriften: 

1)  Alterthümer  von  Prenzlau  und  Umgegend.     Geschenk  des  Hrn.  Friedel. 

2)  Geographische  Nachrichten  für  Welthandel   und   Volkswirthschaft.     Heft  1. 

schenk  des  Hrn.  Woldt. 

3)  Arbeiten  der  Moskauer  Archäologischen  Gesellschaft.     Bd.  VII.,  Heft  o.  4. 


Ge- 


Sitzung  vom  15.  Februar  1879. 
Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Der  Ausschuss  hat  sich  constituirt  und  Hru.  Koner  zum  Obmann  ge- 
wählt. 

Als  neue  Mitglieder  sind  augemeldet: 
Dr.  med.  Menger  in  Berlin, 
Dr.  Scherk  in  Berlin, 
Prof.  Dr.  Breslauer  in  Berlin, 
Stabsarzt  Dr.  Krocker  in  Berlin, 
Stabsarzt  Dr.  Zwicke  in  Berlin. 

(2)  Der  Vorsitzende  legt  eine  verspätet  eingegangene  Einladung  zu  der  am 
2.  Februar  stattgehabten  General -Versammlung  der  Association  Lyonnaise  des 
Amis  des  Sciences  Naturelles  und  zu  der  damit  verbundenen  Rröffnung  einer 
neuen  Gallerie  für  Anthropologie  und  Ethnographie  im  Museum  vor.  Dieselbe  ist 
unterzeichnet  von  den  Hrn.  Lortet,  Teissier  und  E.  Chantre  (Secretär). 

(3)  Hr.  Hayden  übersendet  eine  Liste  der  käuflichen  Modelle  und  Abgüsse 
von  archäologischen  Gegenständen,  welche  Seitens  der  ü,  S.  Geological  Survey  of 
the  Territories  ausgeführt  sind,  namentlich  aus  den  Ruinenstädten  von  Arizona. 

(4)  Hr.  Oelsner  (Amsterdam)  schickt  als  Geschenk  eine  Sammlung 

Pompejanischer  Bronzen. 

Der  Vorsitzende  spricht  den  Dank  der  Gesellschaft  aus  und  macht  namentlich 
auf  die  zahlreich  vertretenen,  wenn  gleich  meist  defekten  Fibulae  aufmerksam. 

(5)  Hr.  Behia  (Luckau)  übersendet  mit  folgendem  Briefe: 

bearbeitete  Steine  aus  dem  Torfmoore  von  Freesdorf. 

Ich  übersende  einen  eigenthümlich  bearbeiteten  Stein  —  wohl  einen  Wirtel  — , 
welcher  im  Torfmoor  nahe  dem  Freesdorfer  Borchelt,  circa  2  Fuss  tief  beim  Torf- 
machen gefunden  wurde.  Ich  mache  auf  die  parallelen  Rundstreifen  in  dem  durch- 
bohrten Theil  der  Kugel  aufmerksam,  welche  sich  besonders  bei  Tageslicht  gut 
erkennen  lassen.  —  Die  beiden  anderen  beigelegten  Steine,  die  wohl  auch  in  Ge- 
brauch gewesen  sind,  rühren  ebenfalls  aus  diesem  Torfmoor  her.  — 


Hr.  Vir  eil ow  bezweifelt,  ob  die  durchbohrte  Steinkugel  ein  höheres  Alter 
besitze.  Wenigstens  seien  ihm  niemals  ähnliche  vorgekommen.  Die  ganze  Technik 
scheine  auf  spätere  Bearbeitung  hinzudeuten. 

Hr.  Weiss  bemerkt  dazu,  dass  im  Mittelalter  derartige  Kugeln  vorkommen, 
die  in  einem  Riemen  befestigt  waren  und  zum  Schlagen  dienten. 

(6)  Hr.  Jentscli  überscliickt  folgenden  Brief,  d.  d,  Guben,  (J.  Februar,  betreffend 

den  Namen  Freesdorf  und  lausitzer  Alterthümer. 

Den  Zusammenhang  des  Namens  Freesdorf  mit  bräsa  Birke  anlangend,  habe 
ich  unlängst  noch  ein  simile,  allerdings  e  contrario,  gefunden:  der  offenbar  ursprüng- 
lich deutsche  Name  Friedland  (wie  mir  Hr.  Director  Wagler  sagt  =  Asyl,  insofern 
in  den  Orten  dieses  Namens  den  anderwärts  nicht  ansässigen  Juden  der  Erwerb 
von  Grundbesitz  gestattet  gewesen  sei)  heisst  nach  Hauptmanns  wendischer 
Grammatik  Lübben  1761.  S.  70  und  408:  Briland  und  Briwand.  Es  tritt  bei  der 
Wenilisirung  des  Namens  gleichsam  die  Rückwirkung  der  germanisirenden  Um- 
formung von   b  in  f  ein. 

Bezüglich  der  S.  297  der  vorjährigen  Verliaudlungen  unter  IV.,  Nr.  17,  er- 
wähnten Urnen  kann  ich  die  ganz  zuverlässige,  von  dem  langjährigen  Verwalter 
der  Luckauer  Gymnasialbibliothek,  dem  verstorbenen  Professor  Vetter  mitgetheilte 
Nachricht  geben,  dass  die  Mehrzahl  aus  Klein-Melisso  bei  Calau,  I  kleine  aus  Nex- 
dorf  bei  Dobrilugk  stammt. 

Der  ebenda  unter  lil.  6  aufgefülirte  Eisenschmuck  ist  inzwischen  in  den  Besitz 
des  Märkischen  Museums  übergegangen,  dem  er  von  Hrn.  v.  L arisch  durch  einen 
von  Hrn.  Stadtrath  Fr  i  edel  mir  einmal  zur  Einsicht  gesandten  Brief  geschenkt 
war;  bei  einer  Anwesenheit  in  Luckau  war  ich  durch  die  Direction  des  Märkischen 
Museums  veranlasst  worden,  bei  der  Uebermittelung  mitzuwirken.  (In  den  lausitzi- 
schen und  anderen  Localblättern,  der  Saxonia  u.  s.  w.  wurden  die  Gegenstände 
als  „slavischer  Opferpriesterschmuck"  bezeichnet). 

Die  in  den  Berliner  Anthropol.  Verhandlungen  1877,  S.  297  g.  E.,  erwähnte 
Fibula  von  Schlagsdorf  besteht,  wie  inzwischen  durch  eine  genaue  Untersuchung 
nachgewiesen  ist,  aus  Eisen. 

Schliesslich  nehme  ich  mir  die  Freiheit,  das  eine,  von  einem  Gymnasiasten 
mir  übergebene  Glied  einer  s.  Z.  olfgliedrigen  Kette  beizufügen,  die  beim  Ragolen 
eines  Ackers  nördlich  von  Lieberose  (Station  der  Cottbus-Frankfurter  Eisenbahn) 
1  '/^,  Fuss  tief  in  der  Erde  gefunden  worden  ist;  ich  halje  Bedenken  getragen,  das 
Stück  einzusenden,  da  es  doch  woid  modernen  Ursprungs  ist.  Sämmtliche  11  Glie- 
der haben  genau  dasselbe  Gepräge.   — 

Hr.  Weiss  bestätigt,  dass  das  Kettenglied  modern  sei. 

(7)  Hr.  Virchow  zeigt  die  in  der  Sitzung  vom  11.  Januar  (Verh.  S.  12)  er- 
wähnten 

kleinen  Thierknochen  aus  der  Balver  Höhle. 

Ein  Bericht  des  Hrn.  Nehriug  (Wolffenbüttel)  darüber  lautet  folgendermaassen: 

„Anbei    sende  ich  Ihnen  die  kleinen  Fossilreste  aus  der  Balver  Höhle  zurück, 

welche  Sie    mir    freundlichst  anvertraut  haben.     Das  Resultat    ist  interessanter,  als 

es  anfangs  schien;  bei  sorgfältiger  Reinigung  stellte  es  sich  heraus,  dass  die  beiden 

kleinen   F(Mnora.  w<>1c1k'  auf  ilon  ersten   Blick  und,  so  lange  die  Gelenktheile  unge- 


(70) 

reinigt  waren,  an  Foetorius  vulgaris,  das  kleine  Wiesel,  erinnerten,  von  Lagomys 
pusilius,  dem  kleinen  Pfeifhasen,  herrühren,  ebenso  die  untere  Hälfte  einer  Tibia, 
welche  im  ungereinigten  Zustande  an  Ar\icola  oder  Mus  erinnerte,  üebrigens 
könnte  möglicherweise  auch  Lagomys  hyperboraeus  in  Frage  kommen,  jedenfalls 
handelt  es  sich  um  eine  kleine  Pfeif hasenart.  Und  das  ist  schon  interessant  genug! 
Die  Bestimmung  war  mir  nur  vermittelst  meines  fossilen  Vergleichsmaterials  mög- 
lich, und  es  bedarf  der  subtilsten  Vergleichungen,  um  die  Kriterien  der  Bestimmung 
herauszufinden,  was  nur  an  macerirten  Skeletten  möglich  ist.  Leider  sind  unsere 
meisten  Museen  mit  solchen  macerirten  Skeletten  noch  sehr  ungenügend  versehen. 
Und  doch  kann  man  ohne  dieselben  bei  der  Bestimmung  fossiler  Knochen  so  gut 
wie  nichts  ausrichten;  an  zusammenhängenden  Skeletten  ist  das  Wichtigste  meistens 
nicht  zu  sehen.  Wie  viele  unrichtige  Bestimmungen  fossiler  Thierreste  laufen  in 
der  Wissenschaft  um,  welche  vermieden  sein  würden,  wenn  man  mit  macerirten 
Skeletten  hätte  vergleichen  können! 

„Die  Schneehuhnreste  stimmen  fast  ganz  mit  den  entsprechenden  Skelettheilen 
eines  macerirten  Schneehuhns  meiner  Sammlung  üherein.  Die  Gattung  ist  sicher; 
ob  es  aber  Lagopus  alpinus  oder  albus  ist,  wage  ich  noch  nicht  zu  sagen.  Ich 
halte  letzteres  für  wahrscheinlicher. 

„Es  wäre  wichtig,  wenn  Sie  mir  mittheilten,  in  welcher  Schicht  der  Balver 
Höhle  die  betreffenden  Reste  gefunden  sind". 

Hr.  Virchow  bemerkt,  dass  er  diese  Knochen  ziemlich  oberflächlich,  in  einer 
mit  Holzkohlen  gemischten  Schicht,  gefunden  habe  (Zeitschr.  für  Ethuol.  1870, 
Bd.  n.,  S.  361),  dass  indess  ein  Zusammenhang  derselben  mit  der  von  ihm  nach- 
gewiesenen Renthierschicht  wohl  möglich  sei. 

(8)  Hr.  Virchow  zeigt  einige  ihm  von  Professor  Kupffer  in  Königsberg 
übersendete 

Abgüsse  von  Gaumen  ostpreussischer  Schädel. 

Der  Brief  des  Hrn.  Kupffer  vom  31.  Januar  lautet  folgendermaassen: 

„Beifolgend  übersende  ich  Ihnen  für  Ihre  Sammlung  zwölf  Abgüsse  von  Gaumen 
heutiger  Bewohner  Ost-Preussens,  die  meiner  Meinung  nach  ein  ethnologisches 
Interesse  bieten.     Zur  P>rläuterung  diene   Folgendes: 

„Bei  der  Messung  der  Schädel  hiesiger  Samndungen  für  den  von  der  deutschen 
anthropologischen  Gesellschaft  zu  edirenden  Schädel-Katalog  wurde  ich  auf  einen 
sehr  häufig  vorkommenden  convexen  Wulst  an  der  Unterseite  des  harten  Gaumens 
aufmerksam,  der  mir  früher,  in  Kiel  namentlich,  nicht  aufgestossen  war.  Der  mitt- 
lere Theil  des  Gaumens  war  wulst-  oder  plattenartig  verdickt,  häufig  sehr  regel- 
mässig symmetrisch,  seltener  leichte  Asymmetrie  zeigend.  In  den  Fällen  besonderer 
Regelmässigkeit  der  Bildung  erscheint  dieser  Torus  palatinus  als  eine  dreieckige, 
convex  gegen  die  Mundhöhle  vorragende  Platte,  die  vorn,  hinter  dem  Foramen 
incisivum,  breit  und  flach  beginnt,  nach  hinten  sich  verschmälert  und  verdickt  und 
im  Bereiche  der  Partes  horizontales  der  Gaumenbeine  in  ein  kielartig  sich  erheben- 
des lünde  ausläuft.  Nie  erreicht  dieses  Ende  die  Spina  nasalis  poster.  Entsprechend 
dem  Verlauf  der  Sutura  palatina  longitudinalis  zeigt  sich  bisweilen  eine  mediane 
Rinne  an  dem  Torus. 

„Die  Schädel  der  Sammlung  des  anatomischen  Instituts,  der  Hauptzahl  nach  von 
den  unteren  Bevillkerungsschichteri  Königsb(!rgs  und  der  Provinz  stammend,  zeigen 
den  Torus  palatinus  in  25 — 3U  p("t.  der  Gesammtzuhl  gut  ausgebildet,  andeutungs- 


wfisp  öfter.  Aolinlicli  verhalten  sich  alt-litthauisclie  Schädel  aus  dem  Kirchhof 
von  Noinmersdorf  (Gumbinnen).  Mein  Schüler,  F.  Haj^en,  gegenwärtig  als  stud. 
medic.  in  Berlin  seiner  militärischen  Dienstpflicht  genügend,  hat  eine  specielle 
Bearl)eitung  dieser  Schädel  beendet  und  ich  will  seiner  Publikation  nicht  durch 
Mittheilung  weiterer  Details  vorgreifen. 

„Hr.  Dr.  Lissauer,  dem  wir  den  Torus  palatinns  an  hiesigen  Schädeln  zeig- 
ten, hat  darauf  die  Bildung  auch  an  den  (jräberschudeln  von  Kaldus  (Crauia  prns- 
sica,  zweite  Al.h;iii(lhiii}2;)  in  starker  Entwicklung  angetroffen. 

„Dasselbe  ist  der  l''all  an  Schädeln,  die  neuerdings  hier  in  der  Stadt  an  der 
Stelle  des  alten  Kirchhofes  einer  ehemaligen  litthanischen  Kirche  ausgegraben 
werden. 

„Jetzt  nun  habe  ich  von  Zahnärzten  weitere  Aufschlüsse  über  den  Torus  pala- 
tiuus  erhalten. 

„Ein  Zahnarzt  aus  Wihia  theilt  mir  mit,  er  sehe  den  Wulst  sehr  oft,  nament- 
lich bei  Littiiauern  aus  dem  Gouvernement  Kowno  (Schamaiten),  wo  der  litthaui- 
sche  Stamm  noch  am  reinsten  erhalten  ist.  —  Aus  der  Sammlung  von  Gaumen- 
abdrücken  eines  hiesigen  Zahnarztes  stammen  die  12  Abgüsse,  die  Sie  erhalten. 
Es  finden  sich  unter  30U0  Abdrücken  15  mit  deutlichem  Torus  palatinus,  also  ver- 
gleichsweise in  geringer  Zahl,  was  sich  mit  der  Annahme,  dass  dieser  Gaumen- 
wulst  einen  speciüsch  litthau isch-altpreussischen  Character  abgiebt,  ganz  wohl  ver- 
einen lässt,  denn  die  Gaumenabdrücke  sind  Personen  der  wohlhabenden  Stände 
entnommen,  während  sie  der  Hauptzahl  nach  nicht  autochthoner  Herkunft  sind. 

„An  Ihrem  reichen  Schädelmaterial  werden  Sie  Gelegenheit  haben,  die  Begrün- 
dung der  Annahme  zu  prüfen,  es  liege  in  dieser  Formation  ein  Kennzeichen 
Preussisch-litthauischer  Schädel  vor." 

Hr.  Stud.  Fritz  Bessel  Hagen  legt  entsprechende  Photographien,  sowie  den 
Querschnitt  eines  Schädels  mit  Gaumenwulst  vor,  und   bemerkt  Folgendes. 

„Nur  sehr  vereinzelt  sind  Cranien  in  der  Literatur  verzeichnet,  die  eine  wahr- 
scheinlich unserem  „med  ian  en  Gau  m  en  wulst"  analoge  Bildung  aufzuweisen 
haben.  Boyer  erwähnt  den  Wulst  bei  einem  männlichen  Schädel  aus  dem  Departe- 
ment Puy-de-D6me,  desgleichen  Verneau  bei  zwei  Schädeln,  die  ihn  in  derselben 
F'orm  besitzen  sollen,  wie  der  bekannte  Höhlenschädel  von  Cro  Magnon.  Nach 
Luschka  hat  Chassaignac  den  Wulst  unter  dem  Namen  exostose  medio-palatine 
beschrieben. 

„Von  uns  darauf  aufmerksam  gemacht,  fand  ihn  schliesslich  auch  Dr.  Lissauer 
in  Danzig  häutig  und  in  ausgeprägter  Weise  bei  den  Schädeln  von  Kaldus  (West- 
Preussen)  und  fügt  er  seinen  Angaben  noch  die  wichtige  Bemerkung  bei,  dass  er 
auch  in  der  Weisbach'schen  Sammlung  dieselbe  Eigenthümlichkeit  öfter  zu  Ge- 
sicht bekommen  habe.  Demnach  werden  erst  genauere  Untersuchungen  ergeben 
können,  inwieweit  mau  berechtigt  ist,  die  exostose  medio-palatine  zu  einem  Stammes- 
charakter zu  machen. 

^Da  ich  erst  gestern  von  dieser  heutigen  Sitzung  Kenntniss  erhielt,  so  ist  es  mir 
leider  nicht  möglich,  genauere  Angaben  über  die  Frequenz  zu  machen,  und  kaun 
ich  nur  sagen,  dass  der  Torus  palatinus  bei  reichlich  der  Hälfte  aller  Preusseu- 
schädel  zu  finden  ist,  freilich  nicht  immer  in  der  gleichen  Form  und  Stärke.  Bis- 
weilen beginnt  er  erst  hinter  dem  foramen  incisivum,  erscheint  au  der  Kreuzungs- 
stelle der  suturae  palatiuae  am  stärksten  aufgetrieben  und  endet  dann  plötzlich  in 
die  meist  schwach  verdickte  spina  uasalis  posterior  übergehend;  bisweilen  aber 
nimmt  er  von  vorn  nach  hinten  allmählich  an  Breite    und  Höhe  ab    und  stellt  hin 


(T2) 

und  wieder  auch  eine  mehr  dachförmige  Erhebung  mit  scharfem  Kamm  dar.  Ist 
nur  eine  Andeutung  des  Wulstes  vorhanden,  so  liegt  sie  meist  im  hinteren  Drittel 
des  Gaumens  und  läuft  dabei  dorsalwärts  in  eine  niedrige  Crista  aus.  Die  den 
Choanen  zut^ekehrte  Fläche  der  knöchernen  Gaumenplatte  wird  übrigens  in  keiner 
Weise  durch  den  Wulst  beeinflusst,  da  derselbe,  wie  es  sehr  schön  an  Querschnitten 
zu  sehen  ist,  nichts  anderes  als  eine  Auftreibung  der  unteren  Knochentafel  bei 
starker  Vermehrung  der  Diploe  ist. 

Interessant  und  möglicher  Weise  von  Wichtigkeit  ist  es,  dass  wir  es  hier  nicht 
mit  einer  extrauterinen,  sondern  bereits  aus  der  embryonalen  Periode  herdatirenden 
Bildung  zu  thun  haben.  Schon  im  vierten  und  fünften  Mouat  tritt  sie  als  eine 
cristenartige  oder  dachförmige  Erhebung  der  ganzen  Medianlinie  auf,  verstärkt  sich 
dann  allraählig  und  nimmt  schliesslich  nach  der  Geburt  die  vorhin  charakterisirten 
Formen  an.  Im  Alter  aber  verliert  sich  mit  dem  Schwinden  der  Diploe  auch 
wiederum  der  Gaumenwulst  bei  der  allgemeinen  Resorption  der  Schädelknochen, 
doch  lassen  sich  die  Spuren  des  früheren  Merkmals  auch  dann  noch  in  den  meisten 
Fällen  nachweisen. 

Zum  Schluss  möchte  ich  noch  darauf  aufmerksam  machen,  dass  ich  die  be- 
sprochene Abnormität  unter  den  Thieren  bei  Pavianen,  besonders  schön  bei  Cyno- 
cephalus  Babuin,  hin  und  wieder  auch  bei  einigen  Inuus-Arten,  niemals  aber  bei 
anthropoiden  Affen  gefunden  habe." 

(9)  Dr.  Walter  Hoffmann  in  Washington  kündigt  eine  Reihe  von  Schriften 
an,  die  er  an  die  Gesellschaft  abgesendet  habe.  Zugleich  überschickt  er  eine  Notiz 
aus  dem  American  Naturalist,  January  1879,  über 

eigenthümliche  Gebräuche  der  Eingeborenen  Americas. 

Er  behandelt  darin  namentlich  die  Sitte,  Ehebrecherinnen  die  Nase  abzuschnei- 
den, worüber  er  schon  früher  (Am.  Naturalist  XII.,  1878,  pag.  5G0)  geschriebeu 
habe.  Die  Creeks  schnitten  das  Haar  und  die  Ohren,  die  Comanches  und  die 
Mexicaner  in  Itztepec  die  Ohren  und  die  Nase  ab.  Auch  in  Mittelamerica  bestand 
derselbe  Gebrauch,  wie  denn  auch  die  alten  Aegypter  die  Nase  abschnitten. 

(10)  Der  Hr.  Cultusminister  hat  dem  Vorsitzenden  verschiedene  Berichte  über 
antiquarische  Untersuchungen  in  den  Provinzen  zur  Kenutnissnahme  vorlegen  lassen. 
Der  letztere  macht  daraus  folgende  Mittheilungen: 

A.  Der  Bericht  der  Alterthumsgesellschaft  Prussia, 
welche 

die  Untersuchung  der  Wallberge  des  Bartner  Landes  und  seiner  Grenzgebiete 

betrifft,    constatirt,  dass   sich    dort  eine  Reihe  von  zeitlich  sehr  verschiedenen  An- 
lagen vorfinden : 

1)  Vermeintliche  Wallberge,  welche  aus  historischer  Zeit  stammen.  Dahin 
wird  eine  Befestigung  eines  ehemaligen  Gutshofes  in  Dönhofstädt  (Kr.  Rastenburg), 
der  Schlossberg  in  Posegnick  (Kr.  Gerdauen),  die  Schwedenschanze  im  sog.  Bären- 
winkel bei  Bartenstein  (vielleicht  erst  100  Jahre  alt),  der  inzwischen  verschwun- 
dene Schlossberg  bei  Frankenau  (Kr.  Heilsberg). 

2)  Schlossberge,  Längswälle  und  Hügel  der  Ordenszeit,  und  zwar 

a.  durch  Pallisaden  geschützte  Schanzen:  der  Nordenberger  Schlossberg  (Kreis 
Gerdauen),  die  Gr.  Sobroster  Schanze  (Kreis  Gerdaueu,  ein  Brückenkopf  an  der 
Wangappe),  der  Bartensteiner  Schlossberg. 


(78) 

b.  hinter  Verhauen  liegende  Längswälle:  ein  dreifacher  Längswall  im  Walde 
hinter  Gr.  Sobrost,  ein  I  km  langer  Längswall,  gleichfalls  in  diesem  Walde,  ein 
desgleichen  in  der  Marschallshaide  bei  Bajohrenthal  (Kr.  Gerdauen),  zwei  im  rechten 
Winkel  sich  treffende  Längswälle  bei  Drengfurtshof  (Kr.  Rastenburg),  Spuren  einer 
ähnlichen  Verschanzung  bei  Kramarka  unfern  Bischofsberg  (Kr.  Rössel),  ein  2,5  km 
langer  Längswall  bei  Bischofsberg. 

c.  Erdkegel  zur  Errichtung  eines  gesicherten  Wohnhauses  eines  deutschen 
Colonisten  unter  eingebornen  Preussen,  der  Wallberg  bei  Laggarben  (laide-garbis  - 
Lehml)erg),  der  Flöhl)erg  bei  Kiwitten  (Kr.  Heilsberg,  1.3)1  als  castellum,  propugna- 
culum  s.  firmitas  erriclitet),  der  Kannen berg  bei  Kobeln  (Kr.  Heilsberg),  der  Woll- 
berg bei  ßischofstein  (Kr.  Rössel),  die  Schanze  am  Sonntag-See  bei  Sonnberg  (Kr. 
Sensburg). 

3)  Heidnische  Zu  fl  u  ch  tsörter  vor  oder  zur  Zeit  der  Unterwerfung 
unter  den  Orden:  der  Grodzisko  bei  Engelstein  (Kr.  Angerburg);  Cernirungs- 
schanzen  der  Preussen  zur  Umschliessung  der  Ordensburg  Bartenstein  (Kr.  Fried- 
land. P.  D  US  bürg  c  119—121)  und  zwar  bei  Werwitten,  Ardappen  (Kr.  Pr. 
Eylau)  und  Kopkis;  ferner  eine  Reihe  von  Orten  mit  der  Endigung  hagen. 

4)  Gräberfunde: 

a.  Skeletgräber.  Ausser  zwei  Eiuzelgräbern  bei  Liekein  (Kr.  friedland)  und 
Skatnik  (Kr.  Rasteuburg)  ein  grosses  Leichenfeld  bei  Gerdauen. 

b.  ürnenfriedhöfe  des  älteren  und  jüngeren  Eisenalters. 

In  einem  Vortrage  des  Dr.  Bujack  werden  Gräber  aus  vier  verschiedenen 
Zeiträumen  unterschieden:  als  älteste  Form  Ganggräber,  aus  Steinen  zusammen- 
gesetzt, wie  bei  Dobeln  (Kr.  Angerburg);  dann  kommen  Gräber  der  römischen 
Kaiserzeit  mit  iMünzen  und  Bronzen,  dann  Gräber  der  älteren  Eisenzeit  und  end- 
lich Gemeindekirchhöfe  aus  der  Ordenszeit,  jedoch  noch  immer  mit  Beigaben  älterer 
Form  (spiralförmige  Halsringe  aus  Bronze),  z.  B.  auf  der  Feldmark  des  Schlosses 
Gerdauen. 

B.  unter  dem  20.  Mai  v.  J.  berichtete  der  Königl.  Feldmesser  Hr.  Hegner 
an  das  Handelsministerium  über 

anscheinende  Pfahlbauten  in  dem  Bartsch-  (Baritsch-)  Bruche. 

Es  ist  diess  ein  'U—\  iMeile  breites  Torfmoor,  welches  durch  die  Kreise  Schild- 
berg, Adelnau,  Krotoschin,  Kröben,  Militsch-Trachenberg  fortzieht  und  wahrschein- 
lich früher  einen  grossen  See  bildete,  von  dem  noch  zahlreiche  Teiche  in  der  Graf- 
schaft Przygodzice,  dem  Fürstenthum  Krotoschin.  der  Herrschaft  Miliisch  und  dem 
Fürstenthum  Trachenberg  zurückgeblieben  sind.  Nach  den  Aussagen  der  Leute  wären 
dort  seit  Jahren  zahlreiche  Pfähle  aus  dem  Moore  ausgezogen.  Hr.  Hegner  sah 
zwei  davon:  es  waren  schwache  eichene  Pfähle,  gespalten  und  behauen,  am  Kopf- 
ende eingefalzt. 

In  Folge  einer  Aufforderung  der  Posener  Regierung  stellte  derselbe  Herr  später 
eine  genauere  Untersuchung  an,  worüber  er  unter  dem  3L  December  pr.  weiter 
berichtet.  Die  Hauptstelle,  von  welcher  die  Pfähle  stammen,  ist  bei  dem  Dorfe 
Garki,  östlich  von  Adelnau.  Einzelne  der  Pfähle  zeigten  ein  zugespitztes  unteres 
Ende  und  waren  vierkantig  und  so  glatt,  als  wären  sie  gehobelt.  Auch  sollte  ein, 
aus    einem    ganzen    Stamm    ausgearbeiteter    Trog    gefunden    sein').      Anderweitige 

1)  Ein  „Rad"  aus  Kiefernrinde,  25  cm  im  Durchmesser  und  in  der  Mitte  mit  einem 
Loche,  durch  welches  mau  mit  einem  Finder  greifen  kann,  ist  heim  Torfstechen  auf  einer 
moorigen  Wiese,  2  Fuss  tief  unter  der  Obertiäche  des  Torfes,  von  dem  Gutsbesitzer  Schu- 
bert in  Slarienthal  bei  Schildberg  gefunden  worden. 


(74) 

Fiindstücke  sind  bis  dahin  nicht  gemacht  worden,  und  da  auch  über  die  Stellung 
und  Anordnung  der  Pfähle  in  dem  .Moor  nichts  Genaueres  ermittelt  ist,  so  muss 
allerdings  das  ürtheil  vorläufig  suspendirt  werden. 

Bei  dieser  Gelegenheit  erfuhr  Hr.  Hegner  durch  den  Hrn.  Vicar  Berkowski 
aus  Adelnau,  dass  vor  einigen  Jahren  bei  Nabyszyce  (NNW.  vou  Adelnau,  etwa 
2  km  von  Garki)  eine,  auf  einer  sehr  nassen  Wiese  gelegene  Seh  wed  e  n schanze 
abgetragen  sei,  wobei  sich  viel  Holzkohle,  Topfscherben,  ein  Kochheerd  und  ein 
Estrich  aus  Lehm,  sowie  eiserne  Gegenstände  und  endlich  ein  Prager  silberner 
Groschen  aus  der  Zeit  König  Weuceslaus  H.  fanden.  Unter  den  eisernen  Gegen- 
ständen werden  ein  Schwert,  Lanzenspitzen,  Steigbügel,  Sporen,  das  Mundstück 
einer  Pferdetrense,  eine  Kette  mit  Handfesseln  erwähnt.  Ein  Theil  der  Fundstücke 
soll  au  die  Gesellschaft  der  Freunde  der  Wissenschaft  zu   Posen  gelangt  sein. 

Aehnliche  Hügel  sollen  auf  den  Bartsch -Wiesen  bei  Raczyce  gegen  üciechovo 
(W.  von  Adelnau)  und  bei  Gross  Topole  (2)  sich  befinden.  Auch  sollen  auf  der 
Gemarkung  Swieca  gegen  Krzyzno  (SO  vou  Adelnau)  Urnen  und  Scherben  aus- 
geackert  sein '). 

Zahlreiche  Pfähle  sollen  ferner  aus  einer  Wiese  auf  der  Pusskowie  Harych, 
östlich  von  Adelnau  im  Baritsch-Bruch,   ausgezogen  sein. 

Endlich  wird  des  Fundes  eines  nicht  geschliffeneu  Meisseis  (genauer  Beils) 
aus  braunem  Feuerstein  auf  dem  Adelnauer  Territorium  der  Vorstadt  Gorka  gedacht.  — 
Hr.  Heguer  giebt  dann  noch  eine  genauere  Beschreibung  der  Stadt  Adel  nau, 
welche  auf  einer  künstlichen  Anhöhe  mitten  im  ßaritsch- Bruche  gelegen  ist,  wäh- 
rend zwei  dazu  gehörige  Stadttheile  davon  ganz  getrennt  und  ^4 — ^'2  ^'^  davon 
entfernt  sind.  Es  sind  diess  die  ältere  Vorstadt  Gorka,  an  der  Lehne  eines  Höhen- 
zuges im  Baritsch-Thal  gegen  Ostrowo  zu,  und  die  spätere  Schlossvorstadt,  ausser- 
halb des  Bruches  und  hinter  dem  Bartsch-Flusse  und  dem  Kuroch-Graben,  auf  der 
Höhe  nach  Sulmierzyce  zu.  Das  jetzige  Magistratsbureau  soll  auf  der  Stelle  stehen, 
wo  früher  das  Schloss  des  Piaubritters  Bartosz  lag;  es  ist  diess  ein  etwas  erhöhter 
Platz  an  dem  Baritsch-Fluss  und  hart  an  der  Strasse,  die  über  das  Baritsch-Bruch 
durch  die  Dörfer  Bornikow,  Garki  und  Bugdaj  nach  Schlesien  fülirt.  Die  Fuhrt 
über  deii  Fluss  habe  sich  einige  hundert  Schritt  von  dem  Schlosse  bei  dem  letzten 
Hause  befunden,  welches  auf  der  rechten  Seite  der  Chaussee,  die  nach  Sulmierzyce 
führt,  liegt;  hier  sei  man  vor  2  Jahren  beim  Neubau  auf  bedeutende,  regelmässig 
gestellte,  eingerammte  Pfähle  vou  Eichenholz,  sowie  auf  einen  langen,  querüber 
liegenden  Balken,  auf  ein  menschliches  Gerippe,  ein  Pferdeskelet,  eine  silberne 
Münze  des  Vespasian  (im  Besitze  des  Hrn.  Wrzesinski  in  Adelnau)  und 
einen  scheinbar  vergoldeten  Knopf  gestossen.  Früher  sei  in  Adelnau  auch  ein 
römischer  Bronzeschmuck  gefunden.  Hr.  Hegner  vermuthet  daher,  dass  hier  eine 
Handelsstrasse,  etwa  von  Dyhrenfurth  und  Massel  aus  Schlesien,  gen  Norden  ge- 
führt habe.  Er  beruft  sich  darauf,  dass  rings  um  die  Stadt  so  nasse  Wiesen  liegen, 
dass  sie  nur  im  Sommer  und   bei  starkem   Frost  betreten   werden  könnten. 

Wahrscheinlich  habe  früher  in  Adelnau  (Odalanow)  nur  der  Schlossherr  ge- 
wohnt, während  die  Ansiedelung  der  Bewohner  '/.j  km  davon  in  der  Vorstadt 
Gorka  stattfand,  wo  auch  die  Pfarrkirche,  der  Sitz  des  Pfarrers  und  der  Begräbuiss- 
platz  liegen. 

Hr.  Hegner  l)ericlitigt  endlii^ii  einen  Irrthum  des  Hrn.  v.  Sadowski  (Handels- 
strassen der  Griechen  und    liömer  S.    17  — LS),   wonach   in  joner  alten  Zeit  der  ein- 


1)  Zahlreiche  Topfschcrtjcn  findet  der  Gutsbesitzer  Leder  auf  einem  Hohonzugo  bei  dein 
Vorwerk  VVanda  bei  Antoiiin  (Kv.  Scliildl)erg). 


(75) 

zige  Uebergang  über  den  Bartsch-Fluss  bei  Herrnstadt  gewesen  sei,  und  man 
Kempen,  Adelnau  und  Ostrowo,  sowie  die  Bartsch-(^)uellen  umgangen  habe.  Er  ist 
vielmolir  der  Ansicht,  dass  gerade  von  Dyhrenfurth  und  Massel  aus  der  Uebergang 
bei  Adelnau  gewesen  sei,  welches  in  dieser  Richtung  südlich  von  dem  Bartschflusse 
liegt,  während  der  Weg  von  Kempen  nach  Ostrowo  über  Przygodzice  gehe,  wo  das 
Bartschbruch  am  engsten  sei.  Er  denkt  sich  daher  Ostrowo  als  den  Kreuzungs- 
punkt der  Strassen  von  Adelnau  und  von  Kempen  und  der  Strassen  nach  Kaiisch 
(Ossa-Fuhrten)  und  nach  Schrimm.  — 

Der  Vorsitzende  spricht,  den  Dank  der  Gesellschaft  für  die  fortgesetzte  Theil- 
nahme  des  Hrn.  Ministers  aus  und  l)etout  die  Nothwendigkeit,  die  Untersuchungen 
bei  Adelnau  fortzusetzen.  Bis  jetzt  sei  in  keiner  Weise  zu  übersehen,  ob  es  sich 
um  einon  l)ewolinton  PfMhll)au,  also  um  eine  wirkliche  Pfahlansiedlung  handelt, 
oder  nicht.  Wohl  aber  h;it  die  Gegend,  wie  Hr.  Hegner  ganz  richtig  erkannt 
hat,  eine  grosse  Bedeutung  für  die  Frage  der  alten  Handels-  und  Verkehrsstrassen. 

(11)  Im  Auftrage  des  Hrn.  Umlauft  in  Hamburg  legt  Hr.  Woldt  eine  An- 
zahl  von   Waflen  aus  Australien,  Neu-Caledoiiien   und  Neu-Seeland  vor. 

(12)  Hr.   Kabenau  übergiebt  eine  grosse  Urne  von  Wissen  bei  Kalau. 

(13)  Hr.  Jagor  überreicht  ein  neu  erschienenes  Werk  über  „the  Native  tribe 
of  South   Australia"  ols  Geschenk  des  Dr.  Pt    Schomburgk  in   Adelaide. 

(14)  Hr.  Jagor  spricht  über  die 

Kanikar's. 

(Tlierzu  T;ifel  IX.  unti  X.) 

In  Süd-Indien  hatte  ich  oft  von  kleinen  kraushaarigen  Menschen  oder  schwar- 
zen Zwergen  reden  hören,  die  in  den  dichten  Wäldern  der  Athrumal  ly-Berge  auf 
Bäumen  leben,  mit  der  Behendigkeit  von  Katzen  die  höchsten  Bäume  erklimmen 
und  sich  vom  Ertrage  der  Jagd  und  wilden  Wurzeln  nähren.  Aber  Niemand  hatte 
sie  gesehen  und  schon  fing  ic!i  au  alles  für  Fabel  zu  halten,  als  ich  endlich  in 
Palamcottah  einen  jungen  Engländer  kennen  lernte,  der  in  jenen  wilden  Bergen 
eine  Kaffepflanzung  besass  und  wenigstens  einen  Theil  der  wunderbaren  Erzählungen 
l>estätigte.  Mr.  de  Gussack,  ein  jüngerer  Sohn  aus  angesehener  Familie,  war 
hauptsächlich  durch  seine  Leidenschaft  für  die  Jagd  veranlasst  worden,  das  üppige 
Leben  eines  reichen  englischen  Hauses  mit  den  Entbehrungen  eines  Pflanzers  in 
tiefer  Waldeinsamkeit  zu  vertauschen.  Mit  Freude  nahm  ich  seine  Einladung  an, 
ilin  auf  der  Rückreise  zu  begleiten.  In  zwei  Ochsenkarren  gelangten  wir  bis  an 
den  östlichen  Fuss  des  Gebirges,  nach  Pavanasan,  wo  die  Strasse  aufhört.  Wir 
befanden  uns  dort  in  einer  Landschaft  von  grossartiger  Schönheit,  Tempel  und 
Tempelruinen,  herrliche  Bäume,  Wasserfälle  über  Granitfelsen  rauschend,  von 
Granitquadern  eingefasste  Wasserbecken,  in  den  Felsen  gehauene  Treppen  von 
mehreren  hundert  Stufen.  Die  Schwierigkeit,  Transportmittel  für  die  Weiterreise 
zu  beschaffen,  verkümmerte  uns  aber  den  Genuss  und  nahm  unsere  ganze  Zeit  ia 
Anspruch.  Da  keine  Träger  zu  erlangen  waren,  brach  ich  am  folgenden  Morgen 
mit  einem  Führer  nach  der  nächsten  Kaffeepflanzung  auf,  um  Kulis  für  unser 
Gepäck  zu  besorgen,  bei  dem  mein  Gefährte  zurückblieb.  Der  Marsch  durch  den 
stellenweise  pfadlosen  Wald  war  selbst  für  den  unbeladenen  Reisenden  höchst  be- 
schwerlich und  wegen  vieler  zu  umgebender  Hindernisse  sehr  zeitraubend.  Hätten 
die  Pflanzer  nicht  auf  dem  Westabhange  einen  besseren  Weg,    so    müssten   sie  auf 


(7G) 

die  Ausfuhr  ihres  Produktes  verzichten,  da  die  Trausportkosten  durch  das  Gebirge 
den  Werth  der  Waare  übersteigen  würden. 

Erst  am  fünften  Tage  traf  Hr.  Cussack,  der  unterwegs  einen  Fieberanfall 
hatte,  mit  dem  Gepäck  ein. 

Dichter  Wahl  umgab  die  Pflanzung  von  allen  Seiten.  In  einzelnen  Lichtungen 
dieser  Wälder  aber  lagen  Dörfer  derKanikar,  jener  kleinen  Schwarzen,  bei  denen 
mein  Gastfreund  in  hoher  Gunst  stand,  da  er  ihnen  als  kühner  Jäger  manche 
Dienste  geleistet  hatte.  So  wurden  wir  denn  auch  immer  von  den  Männern  gut 
aufgenommen;  Frauen  und  Kinder  aber  verbarg  man  stets  ängstlich  vor  uns. 

Die  Häuser  der  Dörfer  stehen  in  einer  Reihe,  durch  kleine  Zwischenräume 
getrennt,  oder  durch  vorn  und  hinten  offene  Schuppen,  wie  dorch  Thore,  zu  einer 
ununterbrochenen  Reihe  verbunden.  Die  Richtung  der  Häuserreihe  hängt  von  der 
Oertlichkeit  oder  der  Laune  ab;  immer  aber  ist  vor  der  Vorder-  und  Hinterfront 
ein  freier  Raum  vorhanden,  jener  dient  den  Männern,  dieser  ausschliesslich  den 
Frauenzimmern  zum  Verkehr,  die  dort  ihre  häuslichen  Arbeiten  verrichten.  Selbst 
die  Männer  des  eigenen  Dorfes  dürfen  den  Platz  der  Frauen  nicht  betreten.  In 
der  Mitte  dieses  Raumes,  etwa  15  Fuss  von  der  Häuserreihe  entfernt,  erhebt  sich 
eine  wie  die  Wohnhäuser,  aus  Rohr  erbaute  einfache  Hütte,  1,80  m  tief,  1,45 //t 
breit,  zur  Aufnahme  menstruirender  Frauenzimmer  und  Wöchnerinnen.  Auf  dem- 
selben Platze  stehen  mehrere  bienenkorbförmige,  aus  gespaltenem  Rohre  geflochtene 
Hühnerställe,  im  Mittel  1  m  hoch,  2,80  m  Umfang  (Tafel  IX.,  Fig.  2).  Man 
sieht  auch  eine  mit  Aesten  verdeckte  Mistgrube,  Mörser  aus  ausgehöhlten  Baum- 
stämmen,  zum  Zerstossen  des  an  der  Sonne  gedörrten  Tapiokas  und  einige  Siebe 
und  Töpfe.  Frauenzimmer  und  Kinder  waren  nicht  sichtbar:  sie  wurden  während 
unseres  Besuches  unter  strengem  Verschluss  gehalten. 

Die  Häuser  der  Kanikar  sind  4,50  bis  4,80  m  tief,  4,60  bis  5,80  m  lang,  Wand- 
höhe 1,05  in,  Giebelhöhe  2,33  m.  Die  Wände  bestehen  aus  dünnem,  dünnwandigem 
Bambus  mit  langen  Internodien,  dessen  breite   Blätter  zum  Dachdecken  dienen. 

Das  grösste  der  von  uns  besuchten  Dörfer  bestand  aus  2  Häuserreihen,  die 
einen  rechten  Winkel  bildeten:  4  OW.  streichende  Häuser,  und  in  NS.-Richtung 
daran  stossend,  zuerst  eine  offene  Halle,  4,25  ?/i  breit,  2,30  ??i  tief,  3,10  m  hoch, 
dann  ein  Haus  wie  die  früheren,  eine  zweite  offene  4  ?/t  breite  Halle  und  noch 
3  Häuser.  Die  erste  Halle  enthält  1,55  m  über  dem  Boden  einen  Hängeboden  von 
Aesten  mit  gespaltenem  Rohr  belegt,  sie  dient  den  Männern  zum  Rathhalten;  zu 
anderen  Zeiten  darf  sie  auch  von  Weibern  betreten  werden.  Oft  hält  sich  der 
Wächter,  der  die  Felder  gegen  Wildschweine  zu  schützen  hat,  darin  auf. 

Die  zweite  Halle  ist  ein  Rasthaus  für  Fremde;  das  Dach  ist  von  Rauch  ge- 
schwärzt, da  in  der  Regenzeit  Feuer  darin  gemacht  werden.  Wohnhäuser  dürfen 
nie  von  Fremden  betreten  werden.  Den  Schluss  der  Reihe  bildeten  zwei  Häuschen, 
halb  so  gross  wie  die  anderen,  für  Wittwer  und  Wittwen.  Jede  Familie,  jeder 
Wittwer,  jede  Wittwe  bewohnt  ihr  eigenes  Haus. 

Eines  der  Häuser  des  Dorfes  war  an  einer  Seite  offen,  und  enthielt  30  cm  über 
der  Erde,  einen  1,80  m  langen,  75  rm  breiten  Schlafplatz  von  Aesten  mit  Kohr 
bedeckt.  Etwa  einen  Meter  darüber  schwebte  eine  Matte  aus  fein  gespaltenem  Rohr, 
darunter  zwei  Feuerplätze,  um  bei  Regenwetter  Reis  und  Feldfrüchte  zu  trocknen. 
Das  grosse  Dorf  entluelt  auch  in  einiger  Entfernung  von  den  übrigen  Häusern 
eine  Schmiede:  eine  von  zwei  Seiten  offene  Hütte,  am  Boden  ein  Stein  als  Ambos, 
eine  Lehmwand,  aus  welcher  eine  Düse  von  gebranntem  Thon  hervorragte,  zum 
Einsetzen  eines  Blasebalges  von  Ziegeni'ell.  Der  Schmied  kommt  gelegentlich 
aus  t\<-r   Kb(!iie  herauf  und  bringt  scnn  Werkzeug  und  die   Kohlen   mit. 


(77) 

Dieses  Dorf,  sowie  die  übrigen,  ist  von  Tapioka-Feldern  umgeben.  Am  ßerg- 
abhange  unterhalb  der  Tapioka- Felder  liegt  ein  krautfreier,  sorgfältig  gejäteter 
ovaler  Raum,  :J  m  x  Hm,  ohne  Einfriedigung,  ohne  Abzeichen;  dies  ist  der  Platz, 
an  welchem  alljährlich  Einmal,  n:ich  der  Ernte,  die  Fuja  (Gottesdienst)  stattfindet. 
Frauen  dürfen  sich  dem  Platz  nicht  nahen,  und  Männer  nur  nachdem  sie  sich  und 
ihre  Kleidung,  d.  h.  ihren  Schainlappen  gonvaschen  haben.  Bei  der  Feier  darf  ihn 
nur  der  Priester  betreten,  die  iMänner  sitzen  ringsum 

Jedes  Dorf  hat  einen  Priester,  der  als  Abzeichen  seiner  Würde  Rudrakscha- 
kerne  (Elaeocarpus  ganitrus,  dem  Gotte  Siva  heilig)  zwischen  den  rothen  Glas- 
perlen trägt,  mit  denen  jeder  Kanikar  seinen  Hals  schmückt. 

Der  Priester  hat  jährlich  Einmal  nach  der  Ernte  ein  Dankfest  zu  feiern,  wobei 
die  Sonne,  Sangarem-perumal,  Sangarem  und  die  Geister  der  Vorfahren 
der  Reihe  nach  angebetet  werden.  Ausserdem  hat  er  gelegentlich  Teufel  zu  ver- 
treiben, Unheil  abzuwenden  und  Träume  zu  deuten,  AVofür  er  besonders  bezahlt 
wird.  Die  Sonne  hat  sich  selbst  zugleich  mit  der  Welt  erschaffen,  ist  der  höchste 
Gott,  aber  allen  Völkern  gemeinsam.  Der  oberste  Spezial-Gott  der  Kanikar  ist 
Sangarem-perumal.  Er  schützt  sie  gegen  wilde  Thiere  und  Teufel,  und  giebt 
ihnen  Ernten.  San  garem  ist  sein  Gehülfe,  dessen  Beruf  hauptsächlich  im  Ver- 
treiben der  Teufel  besteht.  Der  Priester,  welcher  uns  diese  Mittheilungen  macht, 
ein  lebhafter  Alter  mit  klugem  Gesicht,  hat  Sangarem-perumal  im  Traume 
gesehen,  als  alten  Mann  in  schönen  Kleidern,  wie  sie  reiche  Hindus  tragen,  mit 
einem  Turban,  ein  Katti  (Kanikar-Waldmesser)  in  der  Hand;  seine  Hautfarbe  war 
so  weiss  wie  die  eines  Europäers.  Sein  Erscheinen  deutet  in  der  Regel  bevor- 
stehendes Glück  oder  Unglück  an.  Die  Geister  angesehener  Männer  werden 
Schutzgeister  oder  Teufel,  je  nachdem  sie  im  Leben  gut  oder  böse  waren,  beiden 
werden  gelegentlich  Opfer  dargebracht,  jenen  damit  sie  helfen,  diesen  damit  sie 
nicht  schaden.  Die  Geister  der  Weiber  verwandeln  sich  in  Thiere,  aber  nur  in 
Fantome,  die  im  Traume  erscheinen  können.  Seelenwanderung,  Lohn  für  Gute, 
Strafe  für  Böse  nach  dem  Tode  findet  nicht  statt.  Gespcnsterfurcht  ist  unbekannt, 
da  die  Dämonen  der  Kanikar  nicht  herumschleichen,  sondern  sich  bei  Annähe- 
rung von  Menschen  tief  in  den  Wald  zurückziehen;  der  alte  Priester  hat  im  Laufe 
seines  langen  Lebens  nie  ein  Gespenst  gesehen. 

Das  jährliche  Daukfest  findet  nach  der  Ernte,  gewöhnlich  im  October  statt; 
es  beginnt  mit  Sonnenaufgang. 

Die  heiligen  Geräthschafteu  haben  sämmtlich  in  einem  Körbchen  Platz:  Ein 
kleiner  Bambusbecher  zum  Darbringen  von  Blumen;  2  Körbchen  von  je  einem 
Kubikzoll  Inhalt,  um  Reis  zu  opfern,  ein  Messingschälchen  zum  Reiben  von  Sandel- 
holz, ein  Stück  Cocosschale,  um  darin   Weihrauch  auf  Kohlen  zu  verbrennen. 

Der  Priester  opfert  zuerst  der  Sonne  Reiskörner  und  Reismehl  vom  ersten 
geernteten  Reis,  Bananen,  Blumen;  er  verbrennt  Weihrauch,  sprengt  Wasser  mit  einer 
Blüthenrispe  um  sich  her  und  betet  leise:  „0  gnädige  Sonne,  nimm  dieses  Opfer 
an,  welches  wir  Dir  darbringen.  Schütze  uns  und  unsere  Kinder  vor  allen  Ge- 
fahren, die  uns  in  diesen  Wäldern  drohen.  Hüte  die  verschiedenen  Feldfrüchte, 
die  wir  bauen,  vor  den  wilden  Thieren,  wie  Elephanten,  Tigern.  Wildschweinen 
u.  A.  und  gieb  uns  eine  gute  Ernte,  wie  Du  uns  in  diesem  Jahre  gegeben  hast." 
Nach  der  Sonne  werden  2)  Saugarem-peru  mal,  3)  Saugarem,  4)  die 
Dämonen,  in  genau  gleicher  Weise,  nur  mit  entsprechender  Abänderung  der  An- 
rede verehrt.  Gegen  '/,8  Uhr  ist  die  Pnja  vorüber,  ein  Rei-sehmaus  beschliesst 
das  Fest. 

Böse  Träume    bedeuten,    dass    ein  Dämon  Schaden   thun   will.     Der  Betroffene 


(78) 

wendet  sich  an  den  Priester,  der  durch  seine  Künste  den  Dämon  und  San  garem, 
den  Teufelzwiuger,  in  einem  eingebildeten  Netze  zu  fangen  sucht.  S angarem 
wird  durch  Opfer,  Puja  und  Mantrams  (Zaubersprüche)  herbeigeloclit. 

Die  Mantrams  sind  den  Priestern  mündlich  von  ihren  Vorgängern  überliefert 
worden.  Das  erste  Mantram  an  San  garem  hiutet:  „0  Gott,  Allmächtiger,  mit 
silbernem  Sonnenschirm  und  silbernem  Gewände,  mit  tausend  Augen  und  tausend 
Antlitzen  und  zehntausend  Millionen  Haaren,  sechzigtausend  Millionen  Teufeln  ge- 
bietend, tausend  Fackeln  in  jeder  Hand,  und  tausend  Fackeln  auf  dem  Rücken,  ein 
Tigerfell  unter  dem  Arme,  ein  Schwert  in  der  Hand,  Feuer  auf  dem  Haupte  und 
im  Munde." 

Folgt  San  garem  der  Einladung,  so  fährt  er  in  den  Leib  des  Priesters,  der 
alsbald  zu  tanzen,  zu  singen  und  zu  sprechen  beginnt,  oder  nach  Auffassung  der 
Kanikars  zu  sprechen  scheint,  denn  Santarem  ist  es,  der  aus  ihm  spricht.  Der 
Priester  selbst  ist  bewusstlos  während  er  besessen  ist  und  hört  nicht  einmal  die 
allen  übrigen  Anwesenden  vernehmbaren  Worte,  die  aus  seinem  eigenen  Munde 
kommen.  Der  Priester  sagt,  er  habe  nur  einmal  für  seine  Stamniesgenossen  und 
dreimal  für  Su  dras  Teufel  ausgetrieben  und  sei  dafür  von  Letzteren  reichlich 
bezahlt  worden. 

Bei  der  Geburt  sitzt  die  Mutter,  von  alten  Weibern  unterstützt,  am  Boden, 
stemmt  die  Füsse  gegen  die  Wand  der  Hütte,  und  hält  sich  mit  den  Händen  an 
einem  Querholz  fest ').  Die  Nabelschnur  wird  mit  einem  Rohrmesser  durchschnitten, 
mit  keinem  anderen;  die  Rohrmesser  dienen  nur  zu  diesem  Zweck.  Die  Wöchnerin 
erhält  zur  Stärkung  zehn  Tage  laug  ein  besonderes  mit  Turmerik,  Pfeffer  und 
Tamarinden  gewürztes  Kari  (eine  Art  Ragout). 

Das  Kind  wird  kalt  gewaschen  und  sofort  von  der  Mutter  gesäugt,  die 
Waschungen  werden  fast  ein  Jahr  lang  fortgesetzt,  so  lange  bis  das  Kind  zu  laufen 
beginnt.  Nach  jeder  Waschung  wird  es  mit  Cocosöl  eingerieben,  wobei  der  Scheitel 
mit  besonderem  Nachdruck  behandelt  wird,  damit  der  Kopf  nicht  zu  hoch  werde. 
Weder  das  Kind  noch  die  Wöchnerin  erhält  besondere  Arzeneien.  Nach  3  Mona- 
ten giebt  man  dem  Kinde  den  „ersten  Reis".  Es  wird  3  bis  5  Jahre  lang  gesäugt, 
erhält  aber  allmählich  auch  andere  Speisen  und  pflegt  vom  siebenten  Jahre  an  mit 
der  Familie  zusammen  zu   essen. 

Eiu  Mann  heiratet  gewöhnlich  nur  eine  Frau,  selten  zwei.  Eine  Wittwe  bleibt 
in  der  Regel  ledig,  darf  indessen  einen  Wittwer,  aber  keinen  Junggesellen  heiraten. 
Wenn  2  Brüder  2  Schwestern  heiraten,  und  2  davon  sterben,  so  dass  ein  Wittwer 
und  eine  Wittwe  bleiben,  so  müssen  sie  einander  heiraten.  Ehebruch  kommt 
fast  nie  vor,  wird  durch  Auspeitschen  der  Schuldigen  bestraft. 

Der  Freier  verhandelt  nur  mittelbar  mit  den  Brautelteru,  und  giebt  ihnen, 
wenn  sein  Antrag  angenommen  wird,  eine  Rupie  =  2  Mark,  4  Maass  Reis  (etwa 
1  Hut  voll),  Betel  und  Areca.  Seine  Freunde  erwarten  ein  Fest,  bei  dem  es  nicht 
an   Branntwein  fehlen  darf. 

Die  Mädchen  heiraten  selten  vor  dem  14.  Jahre,  nach  eingetretener  Reife,  es 
kommen  indessen  auch  Ehen  zwischen  siebenjährigen  Mädchen  und  zehnjährigen  Kna- 
ben vor,  die  dann  zusammenleben.  Eine  Mutter  ist  aber  wohl  selten  jünger  als  vier- 
zehn Jahr.  Die  erste  Menstruation  wird  durch  ein  Fest  gefeiert.  Die  Musik- 
instrumente beschränken  sich  auf  eine  Haudtrommel  und  das  Kokkur ai  (S.  Holz- 
schnitt   S.   79),    eine   aus  Eisenblech    zusammengebogene  Röhre    mit  unregelmässig 

1)  Wie  mir  Dr.  Sperscli  iiei  der  nachträglich  niittheilt,  müssen  sowohl  die  Gebärende, 
wie  die  hellenden  Weiber  völlij;  nackt  sein. 


(79) 


gezrihnolteii  Rändern,  auf  welchen  mit  einem  eisernen  Griffel  hin 
und  licr  gefahren  wird.  (Verjj;!.  Verhaudl.  d.  Ges.  l''S78,  S.  '2'i'-^ 
untf-n).  Zuweilen  hingen  und  tanzen  die  Männer  dazu.  Flöten  und 
Pfeifen   sind   unbekannt,  obgleich  Rohr  in    Fülle  vorhanden  ist. 

Die  Ilauptbescliäftigungen  der  Kanikar  sind  Ackerbau, 
Jagd   und  Sammeln   von   Waldproducten. 

Sie  bauen  vorwiegend  Tapiokii  (Jatropha  manihot),  Berg- 
reis und  khdne  lohnen,  in  Lichtungen,  die  sie  durch  Ab- 
brenncM)  des  Waldes  erbalten  und  nach  wenigen  Ernten,  sobald 
die  oberflächliche  Fruchtbarkeit  des  Bodens  nachlässt,  wieder 
aufgeben,  uui  das  Werk  der  Zerstörung  der  Wälder  au  einer 
anderen  Stelle  fortzusetzen.  In  neuen  Lichtungen  haben  die 
Kanikar,  die  ausser  Bogen  und  Pfeileu  keine  Waffen  besitzen, 
viel  von  wilden  Thieren ,  Tigern,  Wildschweinen,  namentlich 
aber  von  Elephanten  zu  leiden;  deshalb  wohnen  sie  zuerst  in 
Hütten  auf  abgestutzten  Bäumen  8  bis  10  >n  über  dem  Boden, 
die  sie  mit  Leitern  ersteigen.  Die  Hütten  bestehen  aus  Rohr, 
die  Leitern  aus  Lianen,  die  in  passenden  Abständen  durch 
Stöcke  verbunden  sind.     (Siehe  Tafel  IX.,  Fig.    1,  4,  5). 

Diese  Baumwohnungen  waren  es  namentlicli,  die  mich  zur 
Reise  in  das  Ath  r  umalli- tiebirge  veranlasst  hatten;  ich  wollte 
die  kleinen  schwarzen,  kraushaarigen,  auf  Bäumen  lebenden 
Wilden  sehen,  von  denen  ich  oft  gehört  hatte. 

In  der  Nähe  eines  erst  vor  wenigen  Jahren  angelegten  Dorfes  fand  ich  noch 
mehrere  solcher  Wohnungen  vor,  sie  standen  indessen  seit  längerer  Zeit  unbenutzt 
und  waren  etwas  in  Verfall  gerathen.  Die  Dorfbewohner  fürchteten  aber,  dass  sie 
gezwungen  werden  möchten,  wieder  ihre  Zuflucht  zu  iimen  zu  nehmen,  da  die  Zahl 
der  Tiger  und  Klephauteu  in  der  Nähe  ihrer  Niederlassung  in  der  letzten  Zeit  zu- 
genommen hatte '). 

In  einer  kleinen  Lichtung  im  Walde  wurde  Tabak  gebaut,  dessen  winzige 
Blätter  frisch  oder  an  der  Sonne  getrocknet,  mit  gebranntem  Kalk  und  Arecanuss 
gemischt,  wie  Betel  gekaut  oder  in  eigenthümlichen  Wasserpfeifen  geraucht  werden. 
Ein  grünes  Baumblatt,  zu  einer  Düte  gedreht,  durch  einen  Dorn  zusammengehalten, 
wird  mit  mehr  oder  weniger  getrocknetem,  in  der  Hand  geknetetem  Tabak  gefüllt, 
in  ein  fingerdickes  Rohr  fest  eingepasst;  das  Rohr  steht  in  einem  zur  Hälfte  mit 
Wasser  gefüllten  Bambus.  Der  Raucher  fasst  den  Bambus  mit  der  Linken,  bedeckt 
mit  dem  gebogenen  rechten  Arm  den  grössten  Theil  der  Oeffnung  und  saugt  aus 
der  frei  bleibenden  Stelle  den  Rauch  ein  ,  was  indessen  solche  Anstrengung 
erfordert,  dass  ihm  dabei  oft  Thräuen  in  die  Augen  treten ;  dann  reicht  er  die 
Pfeife   seinem  Nachbar  (Holzschnitte  S.  8U). 


1)  Ganz  ähnliche  liäu.ser  auf  Häiuneii  konuiien  nach  Dumont  d'Urville  (Voyage  au 
Pole  sud)  auf  den  Fidji-Inseln  vor.     (S.  Taf.  IX.,  Fig.  3,  nach  D.  d'Urville's  Atlas). 

In  einem  Do  rfe  in  Arracan  (bei  den  Kuuiiui  oder  Kweymee,  am  Kolod  au-Flusse, 
im  Chillagong-Gebirge)  fand  T.  H.  Lewin  (Wild  races  of  S.  E.  India  •J22)  sogar  eine 
Festung  in  einem  Baume.  In  den  Aesten  eines  gewaltigen  Baumes,  hundert  Fu.-s  über  dem 
Boden,  war  ein  kleines  Hans  aus  kugelfestem  IJolz  gezimmert.  Es  konnte  gegt-n  zwanzig 
Personen  aufnehmen,  war  ringsum  unten  mit  Schiej>sscharten  versehen  und  wurde  durch 
eine  Leiter  erstiegen,  die  eingezogen  werden  konnte.  Ur.  Lewin  bemerkt,  dass  wahrschein- 
lich ein  solcher  Bau  zu  der  von  Colonel  Phayre  (J.  As.  Soc.  Beng.  1841)  erwähnten  Er- 
zählung von  den  in  Bäumen  lebenden  Kookies  Veranlassung  gegeben  haben  wird. 


(80) 


^^^lj,rf*»k,- 


Auf  demselben  Felde  wuchsen  auch  einige  Baumwollenstauden.  Ein  Mann  war 
beschäftigt  mit  den  Fingern  Baumwolleafasern  von  den  Kernen  loszuzupfen  und  zu 
einer  groben  Schnur  zum  Festbinden  des  Schamlappens  zu  spinnen.  Als  Spindel 
diente  ein  13  cm  langes,  in  ein  kegelförmig  geschnittenes  Stückchen  Tapioka  von 
20  mm  Höhe,  25  mm  Durchmesser  gestecktes  Stäbchen..  Spinnen  ist  Arbeit  der 
Männer,  Weben  können  die  Kanikar  nicht.  Ausser  zu  Schnüren  dient  die  Baum- 
wolle angeblich  nur  noch  als  Zunder. 

Feuer  sah  ich  auf  zwei  verschiedene  Weisen  machen:  durch  Reiben,  genau  wie 
bei  den  Todas,  und  durch  Schlagen.  Letztere  Art  war  kaum  weniger  mühevoll  als 
die  erste,  wegen  der  ünvollkommenheit  der  Geräthschaften  (ein  Stück  eisernen 
Tonnenbandes,  ein  Stück  Milchquarz  und   Baumwolle  in  einer  Bambuskapsel)  -'). 

Der  Kanikar  geniesst  ausser  Feldfrüchten  auch  Fleisch  von  allen  Thieren, 
deren  er  habhaft  werden  kann,  Schlangen  und  Tiger  ausgenommen.  Sein  Haupt- 
nahrungsmittel ist  gegenwärtig  Tapioka. 


2)  Das  Kunststück  durch  Reiben  Feuer  zu  machen,  ist  nicht  so  schwer,  als  man  wohl 
glaubt.  Von  einem  80  cm  bis  1  m  langen,  fingerdicken  trocknen  Stocke  bricht  mau  ein  10 
bis  20  cm  langes  Stück  ab  und  rundet  ein  Ende  des  längeren  Stückes  zu.  In  das  kurze 
Stück  schneidet  man  eine  beckenförmige  Vertiefung  und  befestigt  es  dann  mit  Pflöcken 
am  Boden  oder  hält  es  mit  den  Füssen  fest.  Das  lange  Stück  wird  dann  mit  dem  abge- 
rundeten Ende  in  die  Vertiefung  eingesetzt  und  mit  Druck  zwischen  den  Handflächen  hin 
und  her  bewegt,  wie  beim  Quirlen.  Nach  wenigen  Sekunden  raucht  es,  bald  beginnt  das 
durch  die  Reibung  losgetrennte  Holzpulver  zu  schwelen.  Es  wird  durch  irgend  welchen 
Zunder,  häufig  einen,  dem  kurzen  Stücke  als  Unterlage  dienenden,  alten  baumwollenen 
Lappen  aufgefangen,  der  zwischen  trockenen  Spähnen  oder  Grashalmen  vorsichtig  hin  und 
her  geschwungen  und  angeblasen  wird,  bis  ein  Flämmchen  erscheint. 

Für  den  Einzelnen  ist  es  allerdings  nicht  ganz  leicht  in  dieser  Weise  Feuer  zu  machen, 
da  die  Hände  bei  dem  Quirlen  allmälig  von  oben  nach  unten  gleiten,  und  das  Reiben  ohne 
Unterbrechung  fortgesetzt  werden  muss,  wenn  die  bereits  verwendete  Mühe  nicht  ver- 
loren sein  soll.  Sehr  leicht  aber  ist  die  Operation  von  Zweien  au.szuführen,  wenn  der  Eine 
in  demselben  Augenblicke  am  oberen  Ende  zu  quirlen  beginnt,  wo  der  Andere,  weil  seine 
Hände  unten  angekommen  sind,  aufhören  muss.  Eine  auch  für  einen  Einzelnen  leichte 
Art,  durch  Reiben  zweier  Bambusstücke  Feuer  zu  machen,  ist  in  meinen  Reiseskizzen  S.  178 
beschrieben. 


(81) 

Bei  Zahnweh  wird  ein  Stück  Elepbantenzahn  mit  Wasser  auf  einem  Stein  ge- 
rieben, der  Schlamm  aussen  auf  die  Backe  aufgetragen.  Bei  Bauchweh  reibt  man 
den  Leib  mit  Schlamm  der  Schildkrötenschale  ein.  Verschiedene  Früchte,  mit 
Wasser  angerieben,  werden  auch  innerlich  genommen.  Bei  schwerer  Krankheit 
wird  Sangarem-peruraal  augerufen.  Die  Formel  lautet:  „O  Gott,  erscheine 
diesmal  auf  uusere  Bitte  und  heile  diese  Person,  welche  an  dieser  schweren 
Krankheit  leidet."  Dem  Sterbenden  wird  Reiswasser  eingegeben,  in  der  Hoffnung, 
dadurch  sein  Leben  zu  verliingern,  nicht  mit  der  Absicht,  den  bei  dem  Scheiden 
der  Seele  Durst  empfindenden  Körper  zu  tränken.  Der  Leichnam  wird  in  eine 
Matte  gebunden,  vom  Sterbehause  aus  in  den  Wald  getragen  und  dort  verscharrt. 
Alle  schliessen  sich  dem  Zuge  an  und  verkünden  laut  die  guten  Eigenschaften  des 
Verstorbenen.  Andere  Feierlichkeiten  finden  nicht  statt.  Einige  Tage  lang  treibt 
sich  der  Geist  in  der  Nähe  des  beerdigten  Leichnams  herum,  dann  aber  geht  er 
weiter  in  den  Wald ,  ohne  die  Ueberlebendeo  zu  belästigen.  Die  Kanikars  fürch- 
ten sich  nicht  vor  Geistern.    Keinem  war  je  ein  Gespenst  oder  ein  Teufel  begegnet. 

Bei  wichtigen  Botschaften  wird  dem  Boten  ein  mit  4  oder  7  Knoten  eigen- 
thümlich  geknüpfter  Baststreifen  mitgegeben,  den  er  zugleich  mit  der  Botschaft 
abzuliefern  hat.  Der  Inhalt  der  Botschaft  wird  dadurch  ebenso  wenig  beeinflusst, 
wie  der  unserer  Dokumente  durch  Aufdrücken  eines  Siegels  oder  Stempels.  Aehn- 
lich,  wie  diese  zur  Bekräftigung  von  Documenten,  dienen  die  ßastschleifen  zur 
feierlichen  Bekräftigung  der  mündlichen  Botschaft '). 

Die  Kauikar  sind  sehr  ehrlich  und  wahrhaftig;  sie  sind,  wie  die  Hindus  be- 
haupten, zu  ungebildet,  um  zu  lügen,  und  werden  von  den  Mohamedaner  Krämern, 
die  Tauschhandel  mit  ihnen  treiben,  arg  übervortheilt.  Bleibt  ein  Kanikar  dem 
Händler  Geld  schuldig,  so  macht  er  eine  seiner  Schuld  entsprechende  Anzahl 
Knoten  in  einen  Baststreifen;  dieses  Schulddokument  bleibt  aber  nicht  bei  dem 
Gläubiger,  der  wahrscheinlich  betrügerisch  Knoten  hinzufügen  würde,  sondern  bei 
dem  Schuldner,  dessen  Ehrlichkeit  unbezweifeJt  ist.  Solche  Schulden  übersteigen 
nie  wenige  Groschen.  Alle,  selbst  nur  einigermaassen  grössere  Summen  können 
nur  durch  den  Häuptling  im  Namen  der  Dorfgemeinde  geborgt  werden. 

An  den  Lichtungen,  am  Bau  der  Häuser,  am  Ackerbau  betheiligen  sich  Alle 
gemeinschaftlich,  daher  giebt  es  kein  Privateigenthum.  Die  Ernte,  der  Ertrag  der 
Jagd  wird  nach  der  Kopfzahl  der  Familien  vertheilt.  Was  an  Tagelohn  erworben 
wird,  (in  neuester  Zeit  wegen  der  vielen  Anlagen  von  Kaffeepflanzungen  ein  be- 
deutender Posten),  gehört  nicht  dem  p]inzelaen,  sondern  der  Dorfgemeinde. 

Die  Kanikar  halten  sich  für  Ureinwohner,  nennen  sich  (wie  die  Mulcers) 
Könige  der  Berge.  Zuweilen  machen  sie  dem  Rajah  von  Trovancore  einen  Be- 
such; dann  hocken  sie  im  Hofe  des  Palastes  nieder,  stecken  einen  Pfeil  vor  sich 
in  den  Boden,  und  grüssen,  indem  sie  mit  gefalteten  Händen  Stirn   und   Brust  be- 

1)  Ein  ähnlicher  Brauch  besteht  hei  den  Luschais  oder  Kukis  (Lewin  schreibt 
Lhooshais,  Kookies,  C:ipt.  Woodtho  rpe:  Luj-hai's).  Um  seine  Leute  zu  sammeln  oder  einen 
Befehl,  eine  Botschaft  zu  bep;laubigen,  sendet  der  Häuptling  seinen  Speer  mit  dem  Boten. 
Ist  die  Bcitschatt  feindlich,  so  trägt  der  Bote  ein  Kriegsmesser  (Dao),  woran  ein  Stück 
rotben  Tuches  befestigt  ist.  Ein  anderes  Zeichen  ist  das  Phuroi,  ein  Kreuz  aus  Bambus- 
spliessen  (+)  etwa  acht  Zoll  lang:  Sind  die  Enden  des  Querstückes  eingebrochen,  so  bedeutet 
es,  dass  Blackmail  (Zwangssteuer,  Räubersold)  erhoben  werden  soll,  und  zwar  für  jeden 
Bruch  eine  Rupie.  Eiues  der  Enden  angebrannt,  bedeutet:  dringlich,  und  dass  die  Leute 
sogar  bei  Fackellicht  kommen  sollen.  Ein  Capsicum  auf  dem  Phuroi  liedeutet  schwere 
Strafe  für  Ungehorsam.  Ist  das  Querstück  von  Rotang  statt  von  Bambus,  so  bedeutet  es 
Körperstrafe  für  Ungehorsam.    (Nach  T.  H.  Lewiii,  ^Yild  races  of  S.  F.  India,  pag.  '2b2). 

Verhandl.  der  Berl.  Antbropot.  Gesellschaft  ISIi».  G 


(82) 

rühren.     Der  Rajah  tritt    vor    sie   und   unterhält  sich,  nach  einem  uralten  Brauche, 
auf  welchen  die  Kanikar  sehr  stolz  sind,  stehend  mit  ihnen. 

Zu  meinem  grossen  Bedauern  konnte  ich  nur  wenige  Tage  mit  diesem  inter- 
essanten Volksstamme  verkehren,  da  sich  sämmtliche  Pflanzer  zu  einer  grossen 
Versammlung  nach  Trevandrum  begaben.  — 

Erklärung  der  Tafeln. 

Tafel  IX.,  Fig.  1,  4,  5.     Häuser  auf  Bäumen  der  Kanikar. 

,     3.  Ein  desgl.  auf   den   Fidji- Inseln,    nach   Dumont  d'Urville's  Atlas, 

Voyage  au  Pole  Sud. 
,     2.  Hühnerstall  der  Kanikar. 

Tafel  X.     Kanikar  (Kanika's). 

Fig.  9  u.  10.     Mann,  ganze  Figur,  Front  und  Seiten -Ansicht. 
„     5  u.  6.  desselben  Kopf,  „         v  n 

„  11  u.  12.     Mann,  ganze  Figur,       »         »  „ 

„     7  u.    8.        desselben  Kopf,  »         »  » 

„     1  u.    2.     Mann,  ,  »         «  » 

„     3  u.    4.         „  „  „         , 

Die  Zeichnungen  sind  mit  der  Camera  lucida  aufgenommen  und  mechanisch  verkleinert. 
Die  römischen  Zahlen    beziehen    sich    auf   die    von  Hrn.  Körbin    bearbeiteten  Körper- 
messungen, Zeitschr.  für  Ethnologie  1879,  S.  43,  44. 

Hr.  Fritsch  knüpft  hieran  Bemerkungen  über  die  Verwandtschaft  der  Hotten- 
totten mit  der   Urbevölkerung  Indiens. 

(15)  Hr.  Liebreich  spricht  über  die 

Verwendung  der  Stereoskopie  zu  physiognomisohen  Studien, 

indem  er  eine  Reihe  von  Photographien  vorlegt,  welche  Hr.  Francis  Gaulton 
durch  Combinatiou  mehrerer,  einander  ähnlicher,  aber  von  einander  verschiedener 
Bilder  zu  einem  einzigen  hergestellt  hat. 

(16)  Eingegangene  Schriften: 

1)  Archiv  für  Anthropologie,  Bd.   11,  Heft  3. 

2)  Archivio  per  l'antropologia  e  la  etnologia.     Vol.  8.  Fase.  3,  4. 

3)  L'enseignement  commercial  en  Portugal. 

4)  Nachrichten  für  Seefahrer.     Nr.  2,  3,  4,  5. 

5)  Annalen  für  Hydrographie,  Heft  1,  1879. 

6)  Th.  Pyl,  Geschichte  der  Stadt  Greifswald. 

7)  Schlesiens  Vorzeit  in  Bild  und  Schrift,  40.  Bericht.     Januar  1879. 

8)  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.     Januar  1879. 

9)  Archiv  des  Vereins  für  Siebenbürgische  Landeskunde,  Bd.  X.— XIV. 

10)  Materiaux  pour  l'hist.  primit.  et  natur.  de  Thomme.   1878.  Livr.  6 — 10. 

11)  L'industrie  miniere  du  Portugal.     Soc.  de  geogr.  de  Lisbonae.  1878. 

12)  Cosmos  1878.  HI. 

13)  Atti  della  R.  Accad.  dei  Lincei.     Roma  1H79.  Vol.  III.  Faso.  1—2. 

14)  Mittheilungen  der  deutschen  Gesellschaft  für  Natur-  und  Völkerkunde  Ostasiens. 

Yokohama.     Dec.  1878.     Heft  16. 


Sitzung  am   15.  März  1879. 
Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Neu  angemeldete  Mitglieder: 

Professor  Ende,  Berlin. 

Kaufmann  Bruno  Müller,  Berlin. 

Dr.  Lesser,  Berlin. 

Dr.  Mühsam,  Berlin. 

Dr.  H.  Schlesinger,  Berlin. 

Kaufmann  Müller,  Berlin. 

Kaufmann  Hille  in  Olbernhau  in  Sachsen. 

(2)  Der  Vorsitzende  verliest  einen  Brief  des  Hrn.  Bastian  d.  d.  Calcutta, 
den  5.  Februar,  enthaltend  einen  Reisebericht. 

„So  eben  von  einer  Reise  durch  Assam,  einer  reichsten  Fundgrube  ethnologi- 
scher Studien,  zurückgekehrt,  freut  es  mich,  Ihnen  Mittheilung  machen  zu  können, 
dass  neben  den  ethnologischen  Sammlungen,  welche  ich  bereits  aus  der  kurzen  Zeit 
meines  Aufenthalts  persönlich  mitgebracht  habe,  Aussicht  auf  weitere  Vermehrung 
derselben  bleibt,  sowie  auch  auf  anthropologische. 

Unter  den  mir  in  dieser  Hinsicht  gemachten  Versprechungen  ist  auf  Erfüllung, 
wie  ich  glaube,  besonders  bei  Dr.  O'Brien  in  Shilleng  zu  rechnen,  der  das  Ge- 
fängniss  und  die  mit  demselben  verbundenen  Hospitäler  unter  seiner  Aufsicht 
hat,  um  so  leichter,  als  ein  Anderer  Gelegenheit  zu  Uebersendung  von  Schädeln 
der  verschiedenen  Hügelstämme  finden  kann. 

Jeder  der  in  Assam  zusammengedrängten  Hügelstämme  würde,  bei  der  Spär- 
lichkeit der  bis  jetzt  vorhandenen  Beschreibungen,  eines  besonderen  Studiums  werth 
sein.  Aus  eigener  Anschauimg  lernte  ich  besonders  die  Naga,  Duphla,  Mirs,  Mikir, 
Bhutia,  Garo,  Kasya  kennen,  und  war  das  Land  der  letzteren,  wie  Sie  denken 
können,  von  jeher  ein  besonderer  Anziehungspunkt  für  mich  gewesen.  Man  musste 
sich  manchmal  in  der  That  die  Augen  reiben,  um  aus  dem  Traum  in  die  Wirk- 
lichkeit zurückversetzt  zu  werden,  wenn  ringsum  die  Monumente  unserer  prähistori- 
schen Vergangenheit  hier  im  Lichte  des  Tages  den  Gesichtskreis  füllten.  Die  wider- 
sprechenden Nachrichten  über  dieselben  Hessen  sich  nach  der  Ajrt  der  auch  auf 
meine  Erkundigungen  erhaltenen  Antworten  unschwer  verstehen,  doch  glaube  ich 
schliesslich  die  Hauptpunkte  festgestellt  zu  habeu,  und  auch  die  erworbene  Samm- 
lung   ist    sehr    befriedigend.     Reicher  noch    fiel  die  unter  den  Naga  aus,  in  deren 

6* 


(84) 

Dörfern  ich  mich  einige  Tage  aufhielt,  Tage  des  üppigsten  Schwelgen's,  wie  iöh 
sie  selten  erlebt  hatte.  Von  Morgen  bis  Abend  war  unser  Haus  von  Besuchern 
gefüllt,  und  jede  Stunde,  ja  oftmals  jede  Minute,  konnte  man  sagen,  brachte  etwas 
Neues,  nicht  nur  in  Notizen,  sondern  in  Erwerbung  von  Sammlungen.  Schädel 
sollten  im  Lande  dieser  berüchtigten  Kopfabschneider  reichlich  vorhanden  sein,  und 
werden  sich  wohl  allmählich  durch  die  Vermittelung  der  englischen  Beamten  ge- 
winnen lassen,  deren  Sitze  jetzt  neuerdings  mehr  und  mehr  in  die  Hügel  vorge- 
schoben werden.  Man  sucht  die  steten  Fehden,  wodurch  die  Dorfbewohner  im 
ununterbrochenen  Vertheidigungszustand  zu  leben  gezwungen  werden,  möglichst  zu 
verhindern,  wenigstens  an  den  Grenzgebieten,  und  pflegt  dann  auf  Ablieferung  der 
Trophäenköpfe  zu  bestehen.  Ein  kürzlicher  üeberfall  hatte  solche  in  einer  Zahl 
von  über  Vierzig  ergeben,  die  in  Folge  nachdrücklicher  Maassnahmen  schliesslich 
in  die  englische  Station  gelangten,  aber  leider,  wie  ich  hörte,  verbrannt  worden 
sind.     Doch  wird  dieser  Zustand  wohl  noch  einige  Zeit  fortdauern. 

Die  Schwierigkeit  des  Reisens  in  diesen  Jungle  -  Ländern  involvirt  einen 
nicht  unbeträchtlichen  Zeitaufwand,  und  wechseln  die  Beförderungsmittel  je  nach 
Umständen,  indem  man  sich  bald  im  Cauoe  fortzubringen  hat,  bald  auf  Pony  oder 
Elephanten,  mit  Ochsenkarren  oder  Coolie,  zu  Fuss  oder  getragen.  Indess  betrachte 
ich  trotzdem  die  Erfolge,  die  durch  einige  günstige  Verhältnisse  erleichtert  wur- 
den, als  ausnehmend  befriedigend  und  für  Alles  Debrige  compensirend. 

Ich  entschloss  mich  zu  diesem  Besuche  Assam's,  da  mich  der  Zufall  eines 
Unwohlseins  von  Kurrachee  nach  Calcutta  geführt  hatte,  was  bis  dahin  ausserhalb 
meiner  Berechnung  gelegen  hatte.  In  Kurrachee  blieb  jedoch  keine  andere  Wahl. 
Ich  fühlte  eine  solch'  gänzliche  Abnahme  meiner  Kräfte,  dass  ich  mich  fast  zu 
jeder  selbständigen  Bewegung  unfähig  fand,  und  der  Schwächezustand  nahm  täglich 
zu,  da  es  mir  völlig  unmöglich  war,  irgend  eine  Art  von  Nahrung  zu  mir  zu  nehmen. 
Höchstens,  dass  ich  mich  alle  2 — 3  Tage  zum  Hinunterschlucken  von  ein  paar  Eiern 
zwang.  Da  indess  keine  tiefere  organische  Zerrüttung  vorzuliegen  schien,  und  so 
ein  psychisches  Heilmittel  sich  vielleicht  besser,  als  Mediciniren,  bewähren  mochte, 
Hess  ich  mich  statt  in  das  Hospital  auf  die  Eisenbahn  bringen,  und  gelangte  dann  zur 
Einschiffung  auf  einen  der  ludus-Dampfer,  wo  ich  mich  nach  einer  vieltägigen  Kalt- 
badekur zuerst  fähig  fühlte,  einmal  am  Tage  langsam  über  das  Deck  zu  schleichen. 
Einige  Wochen  später,  auf  einer  der  Eisenbahnstationen,  konnte  ich  meine  Kräfte 
schon  soweit  erproben,  um  eine  halbe  englische  Meile  zu  Fuss  zu  gehen,  obwohl 
mich  diese  Anstrengung  dann  für  24  Stunden  zum  Ausruhen  nöthigte.  Der  Appetit 
begann  sich  indess  zu  bessern,  und  besonders  wohl  that  mir  ein  mehrtägiger  Auf- 
enthalt in  Simla,  im  Angesicht  der  Schneekette  des  Himalaya.  Sobald  die  Recon- 
valescenz  einmal  eingesetzt  hatte,  ging  sie,  wie  gewöhnlich  in  solchen  Fällen,  auf 
das  Rapideste  vorwärts.  Ich  habe  selten  eine  solche  Esslust  verspürt,  und  dass 
gegenwärtig  Alles  in  bester  Ordnung  ist  (so  lange  es  dauern  wird),  dafür  liegt  der 
beste  Beweis  in  diesen  Fusstouren  während  der  Bereisung  Assam's,  oft  14,  15  bis 
16  Meilen  pro  Tag.  Im  Uebrigen  bin  ich  soweit  von  allen  Fieberanfällen  ver- 
schont geblieben,  sowohl  im  Indus-Thal,  wo  solche  damals  grassirten,  wie  auch  jetzt 
in  Assam,  einem  berüchtigten  Nest  solcher.  Sicher  darf  man  sich  freilich  trotz  alle- 
dem nicht  fühlen,  doch  ist  vorläutig  Alles  gut,  und  wenn  eine  neue  Störung  kommen 
sollte,  nimmt  sie  hoffentlich  eine  gleich  günstige  Wendung,  wie  diesmal,  wo  ich 
BODst  wahrscheinlich  an  Assam  vorübergereist  wäre. 

(3)  Hr.  Rensch  hat  dem  Vorsitzenden  mitgetheilt,  dass  zufolge  eines  Briefes 
des  Hrn.  Pieroth  einer  der  im  letzten  Herbst    hier  gezeigten  „Nubier",    der  noch 


(85) 

in  Aller  Erinnerung  lebende,  durch  edle  Körperfornaen  und  heiteres,  lebendiges 
Wesen  hervorragende  Halenga  A  bdal  Iah -Scher  if  auf  der  Rückreise  von  Suakim 
nach  Kassala  als  ein  Opfer  der  Blutrache  Seitens  der  Hadendoa  gefallen  ist.  Er 
hatte  durch  ein  unglückliches  Versehen  mit  einem  kurz  zuvor  erworbenen  Gewehre 
einen  der  Hadendoa  getüdtet,  und  die  Karavane  konnte  Nichts  zu  seiner  Rettung  thun. 

(4)  Hr.  0.  Finsch,  im  Begriff,  im  Auftrage  der  Humboldt-Stiftung  über  Nord- 
Amerika  nach  Mikronesien  abzugehen,  hat  der  Gesellschaft  schöne  Photographien 
von  Eingeborenen  Sibiriens  und  von  Maori  zum  Geschenk  gemacht.  Dabei 
befinden  sich  auch  die  Abbildungen  eines  bärtigen  Frauenzimmers  und  eines 
bärtigen  Knaben.  Hr.  Finsch  konnte  über  dieselben  nichts  Näheres  angeben, 
als  dass  er  auch  diese  Photographien  von  Neuseeland  erhalten  habe. 

(5)  Hr.  Paul  Magnus  legt  die  Photographien  eines  Ne  ucaledoniers  und 
eines  Great-Salt-Lake-Indian  vor. 

(6)  Hr.  O.  Mantey,  gegenwärtig  in  Cairo,  hat  vom  Telegraphen  -  Director 
Ziegler-Bey  im  Sudan  ethnologische  Gegenstände  (Lanzen,  Schwerter, 
Pfeile  uud  Bogen  u.  s.  w.)  zum  Geschenk  erhalten  und  spricht  in  einem  Schreiben 
an  den  Vorsitzenden,  d.  d.  IG.  Februar,  seine  Absicht  aus,  dieselben  der  Gesell- 
schaft zum  Geschenk  zu  machen. 

(7)  Das  correspondirende  Mitglied  der  Gesellschaft,  Hr.  Jos.  v.  Leuhossek  in 
Budapest  übersendet  den  Gypsabguss  des  von  ihm  beschriebenen  Macrocephalen- 
schädels  von  Csongräd. 

Der  Vorsitzende  bezeugt  die  Vortrefflichkeit  des  Abgusses,  der  nach  der  Mit- 
theilung des  Gebers  selbst  das  Gewicht  des  Originals  wiedergiebt.  Er  hat  das 
letztere  bei  Gelegenheit  des  Cougresses  in  Budapest  wiederholt  gesehen. 

(8)  Der  Vorsitzende  zeigt  Haare  vom  Maraniuth  des  Petersburger  Mu- 
seums, welche  ihm  Hr.  Lewin  mitgebracht  hat. 

(9)  Das  correspondirende  Mitglied  Hr.  R.  A  Philippi  in  Santiago  de  Chile 
übersendet  eine  Nummer  des  Diario  oficial  de  la  Republica  de  Chile  (16.  Novem- 
ber 1878.  Num.  513).  Sie  enthält  ein  Schreiben  desselben  an  den  ünterrichts- 
Minister,  in  welchem  er  Bericht  erstattet  über  die  palaeoutologischen  Ergebnisse 
seiner  Reise  in  Coquimbo.  Er  erwähnt  am  Schlüsse,  dass  er  6  Gefässe,  mehrere 
Pfeilspitzen  von  Stein  und  andere  Gegenstände  der  alten  Indianer  zum  Geschenk 
für  das  Museum  in  Santiago  erhalten  habe. 

(10)  Die  in  den  Sitzungen  vom  21.  Dec.  1878  (Verb.  S.  416)  und  vom  11.  Jan. 
d.  J.  (Verb.  S.  13)  angekündigten  Sendungen  des  Hrn.  Künne  sind  durch  Vermit- 
telung  des  Minister-Residenten  in  Buenos  Aires,  Hrn.  v.  Holleben,  und  des  aus- 
wärtigen Amtes  augelangt.  Von  grossem  Reichthum  ist  die  Sammlung  vollendet 
ausgeführter  Zeichnungen  aus  der  Privatcollection  des  Don  Andres  Lamas.  In 
Bezug  auf  das  Geschenk  des  Hrn.  Estanisiao  S.  Zeballos  liegt  folgender  Brief 
desselben,  d.  d.   Buenos  Aires,  ."i.   Decbr.,  an  den  Vorsitzenden  vor: 

Teugo  el  honor  de  saludar  a  Vd.  y  de  ofrecerle  uua  coleccion  de  obgetos  del 
cementerio  prehistorico  de  Campana  (Buenos  Aires,  Repul'lica  Argentina),  cuya 
coleccion  fue  visitada  en   mi  propio  Museo  por  el  Dr.  Carl  Künne. 


(86) 

Los  detalles  de  este  deseobrimiento  hau  sido  publicados  en  la  Revista  que  Vd. 
dirije,  en  carta  del  Dr.  Burmeister. 

La  „Revue  d'Anthropologie"  publicara  pronto  otra  descripcion  mia,  con  dibujos 
que  se  leyo  eu  el  Congreso  de  Paris. 

Ruego  a  Vd.  me  comunique  sus  impresiones  sobre  el  regalo  que  le  remito  y 
que  si  algo  escribe  vd.  eu  la  Revista,  me  la  envie. 

(11)  Hr.  N.  V.  Miklucho- Maclay  berichtet  in  eiuein  Schreiben  an  den  Vor- 
sitzenden aus  Sydney  vom  19.  Januar  über: 

Rassenanatomische  Studien  in  Australien. 

Ich  fand  in  Sydney  die  Möglichkeit,  dieses  Vorhaben  auszuführen.  Die  fünf 
Steingutgefässe,  welche  ein  wohlerhaltenes  Material,  an  welchem  ich  jetzt 
fleissig  arbeite,  enthalten,  tragen  die  Etiquettes: 

No.  1.     Cerebrum.     Polynesier,  cf,  circa  18  Jahre  alt. 

No.  2.     Cer.     —  Melauesier  cf  von  Fiji,  circa  20  J. 

No.  '6.     Cer.     —  Melauesier  cf  von  Eromanga,  circa  25  J. 

No.  4.     Cer.     —  Melanesier  cT  von  N.-Caledonia,  circa  10  J. 

No.  5.  Cer.  (blos  Hemisphären).  Australier  (f  von  N.-S. -Wales,  73  J.  alt. 
Da  mir  die  Leichen  nur  wenige  Stunden,  in  einer  zum  längeren  Aufenthalte 
wenig  geeigneten  Leichenkammer,  und  nur  zu  einer  sehr  beschränkten')  Dis- 
position standen,  so  mussten  meine  Pläne  und  Ansprüche  sehr  bedeutend  beschränkt 
werden.  Ausser  einer  aufmerksamen  Musterung  des  Cadavers,  zur  Fest^elluug  der 
Rasse,  habe  ich  mich  auf  eine  sorgfältige  Herausnahme  des  Gehirns  und 
das  „Herausschneiden''^),  nach  sorgfältiger  A  bpräparation  der  Haut  des 
Halses,  des  Kehlkopfs  sammt  dem  Pharynx,  dem  weichen  Gaumen,  der 
Zunge  etc.  etc.,  beschränkt.  Diese  Operation  war  zuweilen,  bei  sehr  knapper 
Zeit  und  dem  Bedenken:  „mutilation  of  the  body"  (welche  nur  einen  medianen 
Hautschnitt  gestattete  und  die  Schonung  der  Mm.  sternocleido-mastoidei  indicirte) 
mehr  eine  Metzgerarbeit,  bei  welcher  ich  nur  daran  dachte,  möglichst  viel  auszu- 
schneiden und  ja  nicht  mit  einem  ungeschickten  Einschnitt  das  künftige  Präparat 
zu  beschädigen.  Die  obige  Rücksicht  („mutilation  of  the  body")  machte  es  unmög- 
lich, die  untere  Extremität,  deren  myologische  Untersuchung,  wie  ich  glaube,  bei 
dunklen  Rassen  zu  interessanten  Resultaten  führen  wird,  als  Material  für  spätere 
Untersuchungen  aufzubewahren. 

Ich  muss  mich  unter  diesen  Verhältnissen  glücklich  schätzen,  dass  ich  die  vier 
Geliirne  (das  fünfte  unvollständige  ist  mir  nachgesandt  worden)  erbeutet  habe.  Um 
möglichst  die  Form  zu  erhalten,  bewahre  ich  dieselben  in  der  Schädelkappe 
„in  situ". 

Diese  seit  1873  unterbrochene,  lange  erwünschte  Arbeit  will  ich,  wenn  sie 
mich  auch  hier  noch  einige  Zeit  aufhalten  soll,  hier  zu  Stande  bringen.  Die  Er- 
fahrung hat  mich  gelehrt,  dass  das  Aufschieben,  das  „By-and-by"  für  einen 
Reisenden  eine  schlimme  Sache  ist.  Wenn  es  auch  nicht  immer  ein  Synonym 
der  Faulheit  und  Apathie  ist,    so  bildet    das    miserable   „ßy-and-by"  sehr    oft  den 


1)  Die  Furcht  des  dirigirenden  Krankenhauspersonals  vor  der  Anklage:  „Mutilation 
of  the  body"  (obwohl  auch  dieser  Begriff  ein  sehr  elastischer  ist)  stellt  hier  ein  bedeutendes 
Iliiiderniss  für  Rassenanatoniische  Studien  dar! 

2)  Wenn  auch  dieser  Ausdruck  gar  wenig  wissenschaftlich  klingt,  so  ist  er  doch  — 
wahrheitsgetreu.  Die  Zeit,  die  mir  gegönnt  war,  und  die  ganze  Umgebung  bestimmten 
diese  Methode  als  die  passendste. 


(87) 

Grund,  weshalb  manche  Arbeit  nie  zu  Stande  kommt  und  wichtiges  Material  nicht 
ordentlich  (da  der  günstigste  Moment  unproductiv  vorbeigeht)  verarbeitet  wird.  Dazu 
ist  in  meinem  Falle  ein  Aufschieben  ganz  unerlaubt,  da  meine  Gesundheit  zuweilen 
(auch  in  der  letzten  Zeit)  gar  zu  eibürmlich  ist.')  Ich  darf  nicht  meine  Zeit  ver- 
geuden I  .  .  .  . 

Ich  danke  im  Namen  der  "Wissenschaft  für  liiren  gewichtigen  Beistand 
in  der  Angelegenheit  der  Gründung  anthropologischer  Beobachtungsstatio- 
nen! —  Der  Status  praesens  dieser  Frage  ist  nicht  sehr  ermuthigend  (wie  es  in 
Europa  mit  derselben  aussieht,  ist  mir  unbekannt),  doch  hängt  auch  sehr  Vieles 
von  der  Initiative  und  dem  Kleisse  der  Reisenden  selber  ab.  Auf  Beistand  darf 
man  in  seltenen  Fällen  rechnen,  es  ist  schon  viel,  wenn  man  auf  keine  directe 
stupide  Opposition  stösst 

Ich  danke  ferner  für  die  zugesandten  Sitzungsberichte  vom  9.  März,  die  ich 
im  December  erhalten  habe.  Die  einigen  Worte  von  Anerkennung  (es  sind  die 
ersten  —  die  ich  je  gelesen  habe)  meiner  wissenschaftlichen  Bestrebungen  haben 
mich  nur  deshalb  erfreut,  da  dieselben  von  einer  so  competenten  Seite 
kommen! 

P.  S.  Da  die  Encephalologie  des  Gen.  Homo  mich  jetzt  besonders  beschäftigt 
und  da  ich  schon  neun  Jahre  nicht  in  der  Lage  bin,  die  wissenschaftliche  Litera- 
tur auch  nur  durch  Berichte  zu  kennen,  so  sind  mir  eine  jede  Mittheilung  über 
neue  (falls  dieselben  zu  empfehlen  sind)  Couservirungsmittel  des  Gehirns,  ein  jeder 
Wink  in  Bezug  auf  wichtige  Desiderata  und  neu  entstandene  Fragen  der  compara- 
tiven  Encephalologie,  im  höchsten  Maasse  willkommen! 

(12)  Hr.  Dr.  Richter  zu  Saalfeld  in  Thüringen  übersendet  eine  kleine  Schrift, 
welche  den  unscheinbaren  Titel  führt:  „Zu  einer  Weihnachtsgabe  für  arme  Schul- 
kinder", Saalfeld  1868,  in  welcher  Steinfunde  vom  Rothen  Berge  (Feuersteiu- 
splitter,  Pfeilspitzen  und  Hämmer)  beschrieben  werden.  Gleichzeitig  sendet  er 
eine  prähistorische  Karte  der  Umgegend,  über  welche  er  Folgendes  bemerkt: 

„Die  Notizen  über  die  Umgebung  von  Ranis  sind  hauptsächlich  aus  Adler,  die 
Grabhügel  etc.  im  Orlagau,  Saalf.  1837,  aber  auch  aus  mündlichen  Mittheilungen 
des  verst.  Diaconus  Börne r  in  Ranis  und  aus  eigenen  Anschauungen  genommen. 
Das  Uebrige  habe  ich  meist  selbst  gesehen  und  über  die  diluvialen  Knochen  des 
Rothen  Berges  beabsichtige  ich  eine  kurze  Notiz  zu  publiciren,  die  insofern  ein 
Interesse  wird  beanspruchen  können,  als  die  hiesigen  Species  (47)  mit  23  von 
Gera  und  24  von  Westeregeln,  endlich  19  von  Thiede  übereinstimmen.  Menscheu- 
reste  oder  Spuren  des  Menschen  finden  sich  in  dem  Kuocheulager  mit  Hyänen  etc. 
nicht.  Die  Steinwaffen  des  Rothen  Berges  liegen  2  km  davon  entfernt.  Ebensoweit 
entfernt  eine  zweite  Fundstätte  von  C.  Tarandus." 

Die  Karte  wird  an  Hrn.   Fraas  abgegeben  werden. 

(13)  Die  Pariser  anthropologische  Gesellschaft  hat  die  viel  benutzte  Farben - 
tafel,  welche  früher  in  den  Memoires  de  la  societe  d'Anthropologie  T.  II  pl.  V 
und  in  den  bekannten  Instructions  pour  les  recherches  anthropologiques  publicirt 
war  (vgl.  auch  Notes  and  querries  on  Anthropology   for  the   use   of   travellers    and 


1)  Auf  alle  Fälle  aber  werde  ich  bei  meiner  nächsten  Reise  Anordnnnffen  treffen,  dass 
mein  Gehirn  wob!  erhalten  Ihnen  nach  Berlin  zukömmt.  Sie  werden  so  freundlich  sein, 
mit  der  Dissectiou  und  dem  Abbilden  desselben  (ich  werde  meine  Desiderata,  die  mau 
dabei  berücksichtigen  soll,  der  Sendung  beilegen)  einen  Ihrer  Schüler  zu  beauftragen!?  .  .  .  . 


(88) 

residents  in  uncivilized  lands.  Drawn  by  a  committee  appointed  by  the  British 
association  for  the  advancement  of  science.  London  1874,  pl.)  in  besonderer  Aus- 
gabe neu  herstellen  lassen  und  ist  bereit,  davon  Exemplare  abzugeben.  —  Der 
Vorstand  hat  Schritte  gethan,  einen  kleinen  Vorrath  von  Exemplaren  davon  zu 
erwerben. 

(14)  Hr.  Göbeler  übersendet  d.  d.  Potsdam,  20.  Februar,  folgendes  Schreiben 
betreffend 

Keltische  Ueberreste  in  Ortsnamen. 

Während  die  Urgeschichte  des  Menschen,  insoweit  sie  sich  auf  prähistorische 
Funde  stützt,  gegenwärtig  mit  grossem  Eifer  und  erfolgreich  erforscht  wird,  bleibt 
die  Untersuchung  über  Bedeutung  und  Entstehung  der  Terrain-  und  Ortsnamen  im 
Allgemeinen  und  Deutschlands  insbesondere  offenbar  vernachlässigt,  obgleich  sie 
zunächst  die  Brücke  aus  der  Neuzeit  in  die  prähistorische  bilden. 

Denn  bei  der  Rückeroberung  und  Christianisirung  der  vormals  slavischen  Land- 
schaften Norddeutschlands  durch  die  Deutschen  erscheint  die  Besiedelung  des  Landes 
im  Ganzen  ebenso,  wie  wir  sie  heute  sehen.  Die  heutigen  Ortschaften  sind  mit 
geringen  Ausnahmen  schon  vorhanden,  selbst  von  den  Städten  sind  z.  B.  diejenigen 
der  Mark  (ausser  Joachimsthal,  Neuwedel  und  Müocheberg)  keine  neudeutschen 
Anlagen,  sondern  ältere,  die  nur  mit  deutschem  Stadtrechte  bewidmet  wurden, 
während  die  Zahl  der  in  die  geschriebene  Geschichte  eintretenden  Dörfer,  mit  Aus- 
schluss einiger  Colonien  in  den  Brüchen,  sich  nicht  vermehrt,  sondern  vermindert 
hat.  So  sind  allein  im  Barnim  Blumenthal,  Kopra,  Damerow,  Karutz,  Kensdorf, 
Altena,  Doberow  spurlos  verschwunden.  Ebenso  sind  die  Terrainbezeichnungen,  die 
Namen  der  Flüsse,  Seen,  Berge  etc.  mit  geringen  Ausnahmen  aus  vorgeschichtlicher 
Zeit  uns  überliefert. 

Wenn  sich  nun  bei  unbefangener  Prüfung  ergiebt,  dass  ein  erheblicher  Theil 
aller  dieser  Namen,  besonders  die  meisten  der  Flüsse,  weder  deutsch  noch  slavisch 
sind,  dann  folgt,  dass  die  Besiedelung  des  Landes  in  ihren  Anfängen  in  die  vor- 
slavische  und  vorgermanische  Zeit  zurückreicht,  und  wenn  ferner  in  zahlreichen 
Fällen  die  anscheinend  deutschen  oder  slavischen  Namen,  die  besonders  hervor- 
tretende Kigenthümlichkeit  der  Lage,  die  doch  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  das 
Namengebende  meist  gewesen  sein  wird,  gänzlich  ausser  Acht  lassend,  eine  nichts- 
sagende oder  unpassende  Deutung  geben,  dann  scheint  die  Annahme  geboten,  dass 
Germanen  und  Slaven  ältere  vorgefundene  Namen  lautähnlichen  Wörtern  der  eigenen 
Sprache  ohne  Rücksicht  auf  deren  Inhalt  assimilirten. 

Da  nun  der  Vortrab  der  Arier  bei  ihrer  Einwanderung  in  das  westliche  Europa 
aus  den  keltischen  Stämmen  besteht,  so  habe  ich,  vornehmlich  gestützt  auf  die  in 
Zeuss  gramm.  Celtica  ed.  Ebel  und  bei  Glück  (keltische  Namen  bei  Caesar)  vor- 
kommenden altkeltischen  Wortformen,  obgleich  die  bisherigen  Bemühungen  der  Art 
zum  Theil  verdientem  Spotte  anheimgefallen  sind,  untersucht: 

ob  unsere  weder  deutsch  noch  slavisch  löslichen  Terrain-  und  Ortsnamen 
aus  jenen  altkeltischen,  dann  überhaupt  keltischen  Wortformen,  möglichst 
in  Uebereinstimmung  mit  bezüglichen  Namen  von  unzweifelhaft  vormals 
oder  noch  heut  keltischen  Gebieten  zu  erklären,  ob  ferner  unter  den  der 
Form  nach  deutschen  oder  slavischen,  aber  aus  mancherlei  Gründen  doch 
verdächtigen  nicht  altkeltische  verborgen  sind. 

Indem  ich  hierbei  von  der  bald  bestätigten  Annahme  ausging,  dass  auch  die 
Ortsnamen    allermeist  Terrainbestimmungen    enthalten,    untersuchte    ich    zunächst, 


(89) 

soweit  meine  geringen  Kräfte  und  Hilfsmittel  dies  zuliessen,  ob  ein  Name  ein 
wesentliches  Merkmal  der  Lage,  des  Terrains,  dann  der  daraus  etwa  resultirenden 
Lebens-  oder  Erwerbebeweise  keltisch  enthalte,  ob  ferner  derselbe  Name  oder  ihm 
gleichwerthige  Formen  bei  uns  oder  in  vormals  oder  heut  noch  keltischen  Land- 
schaften sich  wiederholen. 

Obgleich  nun  hierbei  der  Muth  oft  erlahmen,  die  Arbeit  fast  vergeblich  er- 
scheinen wollte,  indem  das  gräuliche  Gewirre  der  im  Laufe  so  langer  Zeit  verstüm- 
melten oder  an  die  verschiedenen,  aufeinander  folgenden  Idiome  angelehnten  For- 
men, die  sich  so  oft  nähern,  dass  für  denselben  Namen  die  verschiedensten  Deu- 
tungen aus  allen  '6  Sprachen,  dem  Keltischen,  Deutschen  und  Slavischen  möglich 
sind,  oft  unlöslich  scheint,  indem  ferner  nach  der  von  mir  befolgten  Weise  weit 
mehr  auf  das  Keltische  zurückgehen,  als  nach  allen  historischen  Veränderungen 
und  Katastrophen  zu  erwarten,  so  waren  es  doch  folgende  Ergebnisse,  die  zu  neuer 
Forschung  ermuthigten  uud  unumstösslich  zu  beweisen  schienen: 

dass,  wenn  auch  ein  grosser  Theil,  wenn  selbst  drei  Viertel  der  von  mir 
dem  Keltischen  in  Folge  unzureichender  Sprachkenntnisse  oder  zufälliger 
Lautähnliclikeit  zugewiesenen  Namen  mit  besseren  Kräften  und  Hilfsmitteln 
dem  Deutschen  oder  Slavischen  zu  vindiciren,  immer  noch  ein  hinreichend 
grosser  Theil  bleibt,  um  die  Anfänge  und  Grundlagen  der  Besiedelung 
unseres  Landes  als  keltisch  zu  constatiren. 
Diese  Resultate  sind : 

1)  Die  meisten  Namen  der  norddeutschen  Flüsse  und  Bäche  kehren  in  ähn- 
lichen, gleichwerthigen  Formen  wieder  in  den  vormals  oder  noch  heut 
keltischen  Ländern,  oder  lassen,  wie  auch  eine  grosse  Zahl  der  Seeunamen, 
nur  keltisch  eine  befriedigende  Deutung  zu. 

2)  Bei  gleichen  Verhältnissen  des  Terrains  kehren  nicht  nur  gleiche  oder 
ähnliche  Namen  wieder,  so  zum  untrüglichen  Beweise  besonders  auch  für 
Mündungsstätten  und  Winkel,  sondern  es  treten  auch  bei  grösserer  Aus- 
dehnung gleichen  Terrains  Synonyme  der  Begriffe  Niederung,  Sumpf, 
Berg,  Gestein  in  ganzen  Gruppen  auf,  so  in  den  geschiebereichen  Bezirken 
die  verschiedenen  keltischen  Wörter  für  Stein  und  Steinmale,  in  den  frucht- 
baren von  Schlesien  durch  Sachsen,  die  Pro\inz  Sachsen  und  weiter  bis 
in  die  Rheinprovinz  dahin  deutende  Namen. 

3)  Aber  diese  Gruppen  erstrecken  sich  auch  auf  vorzugsweise  betriebene 
wirth schaftliche  Pflege.  So  erscheinen,  da  die  Kelten  die  Rosszucht  mit 
besonderer  Vorliebe  betrieben,  von  der  Schweiz  durch  Frankreich,  die 
Rheinlande,  Westfalen,  Hannover,  Sachsen  bis  über  die  Oder  die  zahl- 
reichen Wörter,  welche  das  Keltische  zur  Bezeichnung  des  Pferdes  in 
seiner  verschiedenen  Art  und  Bestimmung  hat,  in  Gruppen,  in  denen  den 
mannichfach  verstümmelten,  zum  Theil  an  deutsche  Personennamen  ange- 
lehnten altkeltischeu  Namen  der  Rosszucht  die  aus  deutschem  ois,  hors, 
harea,  stuot,  studets  gebildeten  zugefügt  sind.  Ebenso  zeigen  sich  ausser 
Anderem  Namengruppen  der  für  die  alten  Arier  so  wichtigen  Bienenzucht, 
in  welchen  den  keltischen  Namen  deutsche  aus  Biene,  Imme,  Zeidl,  Ziedl 
und  zum  Theil  slavische  aus  bare,  zola,  hui  sich  auschliessen.  Ja,  im 
Capitel  über  den  Cultus  glaube  ich  Namengruppen  aufgefunden  zu  haben, 
die,  entsprechend  den  erwähnten  Beispielen,  den  üebergang  solcher  Cultus- 
stätten,  resp.  von  Tenipelbezirkeu  von  der  keltischen  durch  die  germanische 
bis  schliesslich  in  die  christliche  Zeit  erweisen. 

So  ist  nun  im  Verlauf  von  Jahren  uud  nicht  ohne  grosse,    durch    die  Mangel- 


(90) 

haftigkeit  meiner  Kräfte  und  Hilfsmittel  vermehrte  Mühen  ein  Opus  entstanden, 
welches  etwa  unter  dem  Titel: 

Materialien  zur  Geschichte  der  Besiedelung  Norddeutschlands  nach  seinen 
Terrain-  und  Ortsnamen 

den  Gegenstand  möglichst  unter  Beifügung  der  etwa  concurrirenden  deutschen  oder 
slavischen  "Wörter  nach  folgenden  Rubriken  behandelt: 

Einleitung  (Begründung  des  Ganzen). 

Erste  Abtheilung,  Terrainnamen:  L  Buch:  Fluss.  II,  B.:  Erweiterung,  Ver- 
stärkung des  Stromes,  Mündung.  III.  B.:  See.  IV.  B.:  Sumpfsee,  Sumpf.  V.  B.: 
Insel,  Niederung,  Wiese,  Ebene,  Thal,  Strasse,  Enge,  Gränze.  VI.  B.:  Krümmung, 
Bucht,  Winkel,  Beziehung  der  Lage,  durch  Präpositionen  ausgedrückt.  VII.  B. : 
Berg.     VIII.  ß.:  Gestein.     IX.  B.:   Wald. 

Zweite  Abtheiluug,  Culturnamen:  X.  B. :  Wohnstätten.  XI.  B.:  Erwerb,  Acker- 
bau, Viehzucht,  Jagd  und  Fischerei,  Gewerbe.  XII.  B. :  Cultus  und  politische 
Verhältnisse.  — 

Als  Probe  fügt  Hr.  GÖbeler  einen  von  ihm  bearbeiteten  Abschnitt  bei,  welcher 
Ortsnamen  behandelt,  welche  hergenommen  sind  von  der 

Bienenzucht. 

Wenn  auch  Plinius,  indem  er  von  den  acht  Fuss  langen  Honigwaben  des  deut- 
schen Urwaldes  berichtet,  nach  römischer  Weise  übertreiben  mag,  so  ist  daraus 
doch  zu  entnehmen,  dass  die  Honigbiene,  welche  nach  Heer  (Urwelt  der  Schweiz 
S.  386)  schon  während  der  Miocenzeit  in  der  Schweiz  erscheint,  seit  ältester  Zeit 
in  Deutschland  heimisch  ist.  Dass  aber  die  Arier  schon  vor  ihrer  Scheidung  in 
verschiedene  Stämme  auch  künstliche  Bienenzucht  trieben,  möchte  nach  der  Gleich- 
artigkeit oder  doch  Annäherung  mancher  der  hierauf  bezüglichen  Wörter  unzweifel- 
haft sein. 

Zur  Bezeichnung  der  Biene,  ihrer  Zucht,  des  Honigs  und  des  aus  demselben 
bereiteten  Getränks  fanden  sich  nämlich  aus  dem  Keltischen,  Deutschen  und 
Slavischen: 

Ir.  bech  (apes  Z.  273)  =  cambr.  gwen,  ven  und  mit  der  Singulativendung 
en  gwenyn  gwenynen  (Z.  276).  Es  verhält  sich  also  bech,  bek  mit  Vertauschuug 
von  Guttural  und  Liquida  zu  gwen,  ven,  ben,  wie  etwa  ir.  deich,  dek  zu  deutsch 
tehn,  zehn.  Dem  cambr.  gwen,  ven,  ben  entspricht  deutsch  Bien,  altn.  und  altd. 
bi,  bie,  ags.  beo,  und  diese  letzteren  gcrm.  Formen  erscheinen  als  Abschwächung 
des  im  Irischen  erhaltenen  urarischen  bech,  dessen  Grundbedeutung  vielleicht  in 
kelt.  bech,  bichan  (parvus),  resp.  in  kelt.  whek  (dulcis)  liegt. 

Nach  Mone  ist  ferner  kelt.  bothan  =  die  Beute,  d.  i.  Stand  von  Bienen- 
stöcken. Möglich  wäre  nun,  dass  auch  botan,  Beute  aus  ir.  bech-tau  :=  Bienen- 
garten (wie  fin-tan  Wein-,  ros-tan  Rosengarten  Z.  855)  oder  aus  abgeschwächtem 
bech-da  Bienenort  (wie  fin-da,  hur-dai  Z.  791)  hervorging. 

Den  Kelten  allein  eigen  ist  ir.  earc,  arc  =  Biene  (Mone)  und  kymr.  risg, 
ir.  gäl.  rusg,  corn.  rusc,  bret.  rusken,  wie  es  scheint  auch  brusc,  frz.  ruche  = 
Bienenstock,  Beute  (Brandes).  Wenn  aber  Z.  92  rusc  mit  cortex  übersetzt,  so 
ist  dies  offenbar  ein  Beweis  für  die  künstliche  Bienenzucht  bei  den  Kelten,  indem 
sie,  wie  es  heut  noch  in  Frankreicli  und  Italien  geschiebt,  die  Bienenstöcke  aus 
der  Rinde  starker  Bäume  herstellten,  die  sie  in  einem  Stücke  um  den  ganzen 
Stamm  ablösten. 


(91) 

Ir.  sgeap,  sgeip  -  Bienenstock,  Beute  (Mone)  scheint  gleichfalls  allein  zu 
stehen,  wenn  nicht  doch  zwischen  ihm  und  dem  altd.  zeidl  (Honig)  nihd  ziedel 
(Biene),  das  mit  Elision  des  d  auch  zu  zeil  wird  (so  Zeilhard  -  Honig-  oder  Bie- 
uenwiild),  sowie  mit  wend.  zola,  poln.  pszczola  (Bleue),  zolka  (Bienenhaus)  ein 
Zusammenhang  aus  urarischer  Zeit  anzunehmen.  Denn  wenn  1  hier  nur  Ableitung, 
dann  unterscheidet  sich  kelt.  sgeip  von  deutsch  zeid  nur  durch  Vertauschuug  der 
Mutae  p  und  d,  die  auch  sonst  vorkommt,  wenn  z.  B.  (fdllof,  folium  =  kelt.  dula, 
delen  Z.  37. 

Ohne  Zusammenhang  mit  anderen  arischen  Sprachen  ist  im  Deutschen  Honig 
und  Imme,  im  Slavisclien  poln.  ul,  wend.  ten  hui  Bienenstock,  ulownica  Ort,  wo 
Bienen  gehalten  werden,  nebst  poln.  bare,  ein  im  Walde  aufgehängter  Bienen- 
stock. 

Dass  die  Arier  nun  die  Benutzung  des  Honigs  zur  Bereitung  des  Meths  schon 
vor  ihrer  Scheidung  kannten,  geht  aus  der  Gemeinsamkeit  des  Wortes  zur  Bezeich- 
nung dieses  Getränkes  oder  seiner  Folge,  der  Trunkenheit,  hervor.  Unser  Honig, 
Zeidl  ist  gr.  fxiki^  wovon  /jishrTa,  die  Honigbereiterin,  lat.  mel,  corn.  mel,  auch  im 
Namen  des  Bären  mel-foch,  d.  i.  Honigschwein,  bei  den  Slaven  aber  ist  es  med, 
auch  im  Namen  des  Bären  med-ved,  d.  i.  Honigfresser.  Dieses  med,  bei  den  Slaven 
Honig,  ist  bei  den  übrigen  europäischen  Ariern  der  Name  des  aus  demselben  erst 
erfolgenden  Getränkes  und  der  Trunkenheit:  gr.  /i^teiiv  jedes  berauschende  Getränk, 
/j.ei}v\  Trunkenheit,  cambr.  med,  arem.  mez,  corn.  medu,  meddu  =  germ.  medo, 
Meth,  litau.  medus;  camb.  medw,  meddow  =  ebrius  Z.  S16.  Die  Griechen  haben 
also  über  den  Wein  einen  Theil  des  ursprünglichen  med,  die  Lateiner,  welche  dafür 
die  Ableitung  von  mel  mulsus  (schon  bei  Plautus)  haben,  das  ganze  med  ver- 
gessen. 

Bei  der  grossen  Bedeutung  des  Honigs  für  den  Haushalt  der  Kelten.  Germanen 
und  Slaven,  indem  er  den  ganzen  Bedarf  an  Zucker  und  neben  dem  Bier  das  für 
Klima  und  Lebensweise  nothwendige  spirituöse  Getränk  lieferte,  scheint  von  vorn- 
herein unzweifelhaft,  dass  bienenreiche  Oertlichkeiten  auch  als  solche  genannt 
wurden,  und  werden  auch  hier  ganze  Namengruppen  der  Bienenzucht  grössere  Ge- 
währ für  die  Erklärung  der  oft  mehr-  oder  vieldeutigen  Namen  geben,  trotz  aller 
Concurrenten  wie  Bach,  beke,  Becker,  Bicke  oder  Picke,  Pech,  Rüster,  Ross, 
Schaaf  etc.  etc.  Solche  Gruppen  finden  sich  aber  nicht  nur  aus  keltischen  Namen, 
sondern  auch  aus  keltischen  mit  deutschen,  aus  Biene,  Beute,  Imme,  Zeidl,  ja  auch 
mit  slavischen  Namen  der  Bienenzucht  zusammengestellt,  zum  Beweise,  dass  dieselbe 
in  solchen  Gegenden  von  den  Kelten  auf  die  Germanen,  ja  auf  die  Slaven  über- 
ging, wie  dies  auch  von  der  Rosszucht  und  ausser  Anderem  von  den  Cultusstätten 
dargethau  werden  kann 

Ir.  bech  (apes). 

Alte  Beispiele  sind  Begerri  und  Begesse. 

Begerri,  gall.  Volksuame,  d.  i.  die  Imker,  Zeidler,  ist  die  Ableitung  bech-ur, 
gebildet  wie  halenn-ur,  Art-ur  etc.  und  identisch  mit  Bechereau  im  Dep  Seine  et 
Uise,  mit  Beggerow  nebst  Mesiger  und  Meesow  (s.  unten  med,  mez)  im  Kr. 
Demmin.  Germanisirt  ist  es  zu  Bechra  mit  Beichlingen  (bech-lann)  im  Kr.  Eckards- 
berga,  zu  B  ecke  rode  im  Kr.  iMelle  (s  unten  mel).  Osnabrück,  auch  mit  Anleh- 
nung an  die  Gonuption  von  Wikhard  zu  Vecker-hagen  a.  d.  Weser  mit  Immen- 
hausen im  Kr.  Hofgeismar,  Kurhessen.  Beckern  im  Kr.  Liegnitz  mit  slavisirtem 
ursprünglich  d.  Bieuowitz  und  Küstern  (aus  kelt.  ruso-tor  Beutenbühl,  angelehnt  an 
Rüster,  ulnius?),  ßickeru  im  Kr.  Bochum  (aus  bech  angelehnt  an  d.  book  Ruche?), 


(92) 

Pe ehern  im  Kr,  Sagan,  sind  entweder  gleichfalls  aus  bechur  entstanden  oder  als 
Corruptionen  von  ir.  bech-gart  =  Immenhag  anzusehen,  was  als  Beggars  in  Irland 
erhalten,  auch  zu  Bech-acker  mit  Scheven  (s.  unten  sgeip)  im  Kr.  Hagen,  Westf., 
germanisirt  scheint. 

Begesse  in  Britannien  =  Immenstedt,  ist  die  Composition  bech-ese,  erkennbar 
in  Bichis-hausen  im  würltemb.  Donaukreise,  in  Peges-dorf  a.  d.  Weser,  Kr.  Ha- 
meln, verkürzt  zu  Besse  im  Kr.  Fritzlar,  Kurhessen,  zu  Besch  im  Kr.  Saarburg, 
zu  Besch -dorf  nebst  Weigs-dorf,  Schiebe  (sgeap)  und  Rusdorf  (rusc?)  in  der 
Amtshauptm.  Loebau  des  Königr.  Sachsen,  ferner  zu  Weicbs  a.  d.  Glon  und  Weichs 
a.  d,  Donau  in  Bayern;  auch  Bexbach  a.  d.  Blies  bei  Homburg  in  der  Pfalz  mag 
dahin  gehören. 

Bechy  in  Lothringen,  Landkr.  Metz,  wie  Becha  nordöstl.  von  Doebeln  in 
Sachsen  und  Bechau  im  Kr.  Neisse  sind  schon  aus  bech  allein  oder  aus  bech-ua 
(für  ma),  d.  i.  Immenfelde,  zu  deuten.  Ebenso  Beicha  nebst  Beutitz  (dieses  slavi- 
sirt  aus  botan,  Beute)  bei  Brandis  in  Sachsen,  Beucha  und  Zeilsdorf  (s.  unten 
zeidl)  im  Gerichtsamt  Borne  daselbst,  Beckum  im  Reg.-U.  Minden  und  Arnsberg, 
ferner  B  eggen -dorf,  Beck  und  Immendorf  im  Kr.  Geilenkirchen,  Baggen-dorf 
nebst  Mezeken-hagen  (s.  unten  mez),  Milzow  (s.  unten  mel)  und  ßarkow  (poln. 
bare)  im  Kr.  Grimmen,  Bicken-dorf  mit  Bachern  und  Roesberg  (rusc-brig)  an 
der  Ville  (fyllon  Buschwald)  im  Reg.-B.  Cöln,  Bechen  bei  Kürten  (caor-tas  Schä- 
ferei) im  Kr.  Wipperfurt,  Becken- dorf  im  Kr.  Oschersleben,  Beek  mit  Erkelenz 
(earc-lann  Bienenheide)  und  Immerath  (deutsch  rad  =  opes?)  im  Kr,  Erkelenz  des 
Reg. -Bez.  Aachen  (cf.  aber  lin  Lein  und  imbde  Reichtbum),  Bigge  mit  Mede- 
Ion  (med-laun  wie  medgel,  kil  Z.  159)  im  Kr.  Brilon,  Westf.  Wenn  der  Bachuame 
Bigge  der  ursprüngliche,  dann  kelt.  Bechava  der  Immenbach,  wie  gleicher  Bedeu- 
tung Begenza,  jetzt  Pegnitz  als  Ableitung  von  bech  auf  ent.  Im  Kr.  Krossen  findet 
sich  die  Gruppe:  Trebichow  =  kelt.  Treb-Bechua,  d.  i.  Gemeinde  oder  Gau 
Immenfeld,  dabei  die  Vorwerke  Metsch-dorf  (metsch  etwa  aus  medgel  =  cella  medi 
corrumpirt)  und  Riesenitz  (aus  risg?),  östlich  dabei  Beutnitz  (slavisirt  aus  botan. 
Beute),  südöstlich  Zettitz  (aus  zeidl),  endlich  an  der  Oder  der  Ort:  Sieben-beuten. 
Es  fragt  sich,  ob  solche  Gruppirung  die  Concurrenz  von  slav,  trebiez  Rodung,  mocz 
Nässe,  raschesschiua  Dorn  oder  dergleichen,  woran  die  Namen  in  slavischer  Zeit 
angelehnt  scheinen,  ausschliesst  und  eine  von  den  Kelten  her  durch  die  germanische 
Zeit  fortgesetzte  Pflege  der  Bienenzucht  indicirt.  Keltisch  Bechua  etwa  an  d,  Pech 
angelehnt  in  Pechau,  Kr.  Jerichow,  in  Püchau  mit  Schepa  (sgeip)  und  Zeititz  (ver- 
stümmelt aus  zeidl)  im  Ger,-Amt  Würzen  und  mit  der  Aspirata  statt  der  Media 
im  Anlaut  etwa  Fechen-heim  im  Kr,  Hanau,  Grossh.  Hessen  und  Fechingen  im 
Kreise  Saarbrücken.  (Vergleiche  aber  fochunn,)  —  Bech,  Bechua  vielleicht  auf- 
gelöst zu  bey  in  der  Gruppe  Immendorf,  Beyenthal  und  Bickeudorf  im  Land- 
kreise  Cöln. 

Bech  mit  lan  (plenus,  reich  an)  oder  lann  (aula,  Hof,  auch  Heide)  zusammen- 
gesetzt in  Bech-lin,  Kr.  Ruppin,  Bech-lingeu  ii.  d.  Jagst  in  Württemb.,  Bech- 
ling-hofeu  im  Kr.  Bonn,  Beuch -lin  gen  mit  Bechra  (bechur)  im  Kr.  Eckards- 
berga,  und  mit  Elision  des  1  etwa  in  Beckingen  a.  d.  Saar  mit  Mett-lach 
(s.  unten  med)  im  Kr.   Merzig. 

Bechda,  Ableitung  auf  d,  t  (Z.  791-2)  oder  bech-du  Bienenort  in  Beuchte 
mit  Immenrode  bei  Goslar,  Becht-heim  und  Metten -heim  (med)  im  Kr.  Worms 
und  mit  Vertauscbung  der  Muta  gegen  Aspii-ata  Feucht,  ehemals  Gerichts-  u.  Ver- 
sammlungsort der  angestellten  Bienenwächter  im  kaiserl.  Reichswalde  bei  Nürn- 
berg, jetzt  noch  durch  Bienenzucht  ausgezeichnet,    362  m   hoch    und   nicht   feucht 


(93) 

gelegen.  Die  Nordgrenze  dieses  Gebiets  ist  die  Begenza,  j.  Pegnitz,  d.  i.  Immen- 
bach, Ableitung  von  bech  auf  nt.  Kbenso  Füchtorf  mit  Milte  (mel-dai  Honigort) 
luui  Vinneuberg  (gwenyn-brig  Rienenberg)  im  Kr.  Warendorf,  Westf.,  Wechte  bei 
Ibbenbüren  in  Westf.,  von  welchem  nördlich  Mettiugen  (med)  liegt,  und  Vicht 
nebst  Scheven-hütte  (sgeap)  im  Kr.  Aachen. 

Bech-reidh,  d.  i.  Immenau  in  Bicken-riede  mit  Büttstedt  (botan,  Beute) 
im  Kr.  Mühlhausen,  Reg.-B.  Krfurt;  französirt  ist  es  vielleicht  zu  Becherelles  im 
Dep.  Seine-Marne  und  Becherel  im  Dep.  Marne, 

Bech  componirt  mit  ceal,  kil  =  Bienenhaus,  wie  unten  med-gel  -  cella  medi 
etwa  in  Peckels-heim,  Kr.  Warburg,  Reg.-B.  Minden,  slavisirt  zu  Beuchlitz 
a.  d.  Saale,  Kr.  Merseburg;  bech-lis  wäre  Immenhof.     Wenn 

Carabr.  gwenyn,  gwenyneu  =  apis  Z.   296 

und  en  nur  die  Singulativendung,  so  dass  gwen,  ven  =  apes,  dann  etwa  daher 
Vinnen-berg  =  gwenyn-brig  Bienenberg,  zusammenliegend  mit  Milte  (meldai) 
und  Füchtorf  (bechdai)  im  Kr,  Warendorf,  Reg.-B.  Münster.  Diesem  Vinnenberg 
gleich  scheint  Vienen-burg  mit  Beuchte  und  Immenrode  bei  Goslar.  In  diesen 
Gruppen  wären  also  Fücht-  und  Beucht  die  ältesten  Ansiedelungen  aus  der  Zeit 
der  ersten  kelt.  Einwanderung,  die  Vinnen  —  Vieneu  datireu  aus  späterer  cambri- 
scher  Zeit,  dann  aus  deutscher  die  Ansiedelung  Immenrode. 

Unter  mannichfacher  Concurrenz  von  deutsch.  Fenn,  Venu,  Fenz  (Gehäge),  altd. 
wunna  (Wiese,  Weide),  von  kelt.  gwyen  (Bächlein),  find  (weiss),  gwaen  (campus)  etc. 
wäre  ferner  anzuführen:  Vennebeck  im  Reg.-B.  Minden,  hoch  gelegen,  daher  etwa 
gweu-buac  der  Immenbühl,  Venningen  nebst  Bechingen  im  Bezirksamt  Landau 
der  Pfalz,  als  Ableitungen  von  bech  und  gwen  auf  in.  Finnentrop,  etwa  aus 
gwen  und  tor  Immenbühl,  wenn  nicht  gwenyn-treb  Imraenstadt,  an  der  Bigge  (Be- 
chava  Immenbach)  mit  Wenden  (gwen-dai?)  im  Reg.-B.  Münster,  Venniglohe 
Ableitung  gwennic  -  Bienenort,  dem  d.  loh  Wald  beigefügt,  im  Kr.  Arnsberg  mit 
Beckum  (bechua).  Ven -rat  h  mit  Imraerath  im  Kr.  Erkelenz.  Hier  ist  Venrath 
aus  ir.  feu  (heros  Z.  praef  VIII)  -rath  =  Wallburg  der  Helden,  cambr.  gwaen-rath 
wäre  Wallhügel  im  Sumpfe  oder  der  Ebene,  gwenyn-reidh  =  Immenau. 

Kell,  bothan  (?)  =  d.  Beute, 

d.  i.  Bienenstand,  Bienenweide,  häufig  in  norddeutschen  Urkunden,  auch  als  melli- 
ficia  erwähnt,  da  für  die  Benutzung  der  fiscalischen  Forsten  als  Bienenweide  Ab- 
gaben meist  in  Honig  und  Wachs  zu  entrichten  waren,  so  z.  B.  von  der  merica 
Cöpnick  3  Tonnen,  Bysdal  (Biesenthal)  1  Tonne,  Potsdam  l'/j  Schock. 

Aus  bothan,  Beute  wären  zu  deuten:  Beuthen  im  Reg.-B.  Liegnitz,  Beuthen 
im  Reg.-B.  Oppeln,  Beuthen  im  Kr.  Teltow,  alt  Buten,  als  wäre  es  niederd. 
buten  ==  draussen,  Beutha  im  Ger.-Amt  Hartenstein,  Kön.  Sachsen,  Butten  und 
Ratz-weiler  (rase?)  im  Kr.  Zabern,  Dnter-Elsass,  Beutuitz  und  Sieben-beuten  in 
der  erwähnten  grossen  Gruppe  des  Kr.  Krossen,  Botten-dorf  und  Eulau  (slav.  ul?) 
im  Kr.  Querfurt,  Bottrop  im  Kr.  Recklinghausen,  Reg.-B.  Münster,  Boten-heim 
im  württemb.  Neckarkr.,  Bütt-stedt  mit  Bickenriede  (bech-reidh)  und  Immenau 
im  Kr.  Mühlhausen,  Reg.-B.  Erfurt.  Nota:  kelt,  bawd  Sumpf,  byth  (Grab-,  Opfer- 
stätte) buith,  bod  (Stätte),  bodu  (Sieg)  etc, 

Ir.  earc,  arc 

soll  nach  Mone  Biene  bedeuten,  an  anderen  Stellen  auch  Fluss,  Bach,  dann  wieder 
Herr,  in  welchem  Sinne  es  wohl  mit  airech  (princeps)  identisch  wäre.    Lautähnlich 


(94) 

ist  noch  ir.  arc,  arg  -  lat.  arctus  Z.  68;  ahd.  ercun  =  genuinus,  ingenuus  in  Per- 
sonennamen kommt  schwerlich  hier  in  Betracht. 

Wenn  nun  Mone's  Angabe  richtig,  dann  arc,  earc  etwa  in  Erks- leben  mit 
Buddenstedt  (botaa)  und  Süpplingen  (s.  unten  sgeip)  im  Kr.  Neuhaldensleben;  Erk- 
mans-dorf  östlich  von  Dresden  als  earc-magn  =  Immenfelde,  Erkeln  mit  Hemb- 
sen  (aus  Immenhausen)  im  Kr,  Höxter,  Reg.-B.  Minden,  als  earc-kil  oder  lann 
Bienenhof  oder  Heide,  Arkel  im  Kr.  Lingen,  Hann.,  ebenso.  Erk-rath  im  Ldkr. 
Düsseldorf  als  earc  -  reidh  =  Immenau  oder  (erk  aus)  airech  rath  Wallhügel,  Burg 
des  Herrn?  Ergste  unweit  der  Ruhr  (kelt.  rhyar)  im  Kr.  Iserlohn,  aus  earc-sig 
=  Bienenhaus.  Nerk-witz  in  Weimar  als  u'-earc-fid  der  Bienenwald  und  in  der 
Amtshauptm.  Grimmen  des  Königr.  Sachs.  Nerchau  aus  n-earc-ua  (für  ma)  der 
Bieuenort  zu  der  Gruppe  Gr.  Bothen  (botan),  Beicha  und  Peucha  (bech-ua), 
Tschepa  aus  sgeip. 

Kelt.  rhisg,  rusc,  rusg,  Bienenstock 

sprachlich  mit  Concurrenz  von  kelt.  rhiasg  Moor,  russ  Vorberg,  deutsch  Ross,  Rausche 
(Zitterpappel  etc.)  möglich  im  Risch  am  Zuger  See,  Rischow  im  Kr,  Pyritz  (kelt. 
gweryd),  Rischenau  in  Lippe-Detmold,  Rysum  in  der  Landdr.  Aurich,  Rees 
im  Regierungs-Bezirk  Düsseldorf,  Röschen  im  Kreis  Kalau  (kelt.  Calau),  slavisch 
angelehnt  an  raschesschina  Dorn,  ferner  in  der  Gruppe  um  Preetz  in  Holstein 
Rais-dorf,  Ras-dorf,  Honigsee  und  Barkau,  wo  also  die  Fortsetzung  der  Bie- 
nenzucht von  der  keltischen  Zeit  durch  die  germanische  bis  auf  die  slavische  durch 
kelt.  rhisg,  rusc,  deutsch  Honig  und  slav.  bare  (im  Walde  aufgehängter  Bienenstock) 
indicirt  wäre.  In  Lüneburg  erscheint  als  Gruppe  der  Bienenzucht:  Rösche  (rusc), 
Rätzlingen  (rusc-lann),  Medingen  (aus  med),  Bienen-büttel,  worin  das  dem 
kelt.  budhail  (Wohnort)  entlehnte  büttel  ursprünglich  kelt.  botan  gewesen  sein  mag, 
dem  d.  Biene  vorgestellt  ist;  endlich  hierzu  vielleicht  Melbeck  aus  camb.  mel- 
buac,  boc  =  Honigbühl,  angelehnt  an  deutsch  Mühlbach.  —  Rauschen- berg  in 
Kurhess.,  d.  Berg  mit  Espen,  ist  kelt.  rusken-brig  Berg  mit  Bienenstöcken.  Roes- 
rath  mit  Immekeppel  im  Kr.  Mülheim,  dasselbe  aus  rath  =  coUis  Z.  oder  aus  reidh 
(Feld,  Au);  ebenso  Ro  es -berg  =  rusc-brig  mit  Reis- dorf  und  Bechlinghofen  (bech- 
lann)  im  Kr.  Bonn. 

Wenn  brusc  wirklich  eine  Nebenform  von  rusc,  dann  daraus  etwa  Brusen- 
dorf  im  Kr.  Teltow,  hoch  und  trocken  gelegen,  Brusen-felde  im  Kr.  Greifenhagen, 
in  gleicher  Lage,  so  dass  weder  kelt.  brisidh  (Sumpf),  noch  poln.  brud  (Schmutz) 
oder  sloven.  brusa  (Durchbruch  des  Wassers)  betheiligt  sein  können.  Auch  in 
Namen  wie  Broussy,  Brissac  in  Frankr.,  Brüssow  im  Kr.  Prenzlow,  Bruttig  im 
Kr.  Kochern  u.  dergl.  könnte  es  enthalten  sein. 

Ir.  sgeap,   sgeip  =  Bienenstock,  Beute  (Mone) 

in  Chepy  und  Cheppe  im  Dep.  Marne  =  Schaepe  (sgeap  -  ua  Beutenstand)  mit 
Ras- dorf  (rusc)  und  Wend.  Borkow  (poln.  bare?)  in  der  Zauche  (kelt.  seygh-ua 
Dürrenfelde)  am  Rande  des  wüsten,  mit  Heide  erfüllten  Hader-landes  (aus  kelt.  edr 
die  Wüste).  Dasselbe  Zschepa  a.  d.  Losse  (aus  kelt.  luaith  =  rapidus)  bei  Würzen 
(kelt.  vurdai  Grasanger),  ferner  Scheibe  mit  Rus-dorf  (rusz)  und  Weigs-dorf 
(weigs  aus  bech-ese  Immenstedt)  in  der  Amtshauptm.  Loebau  des  Kön.  Sachsen, 
Tschepa  mit  Beicha,  Peucha,  Bothen  und  Nerchau  (n-earc-ua  das  Beuten- 
feld) in  der  Amtshauptm.  Grimmen  daselbst,  ferner  in  Zschepa  mit  Zscheplin 
(sgeap-lann)  und  Reisseu  (risg)  im  Kr.  Deutsch.  Aus  sgeap-laun  mit  Elision  des 
Gutturalen  entstand  Sipp-liugen  mit  Irnmenstädt  am  überliuger  See  in  Baden,  Süpp- 


(95) 

lingen  mit  Büdden-stedt  (botaii?)  im  Kr.  Helmstedt,  Braunschweig,  Süpp-lingen 
mit  Erks-leben  (earc-lub  Bienenhusch?)  und  ümmendorf  (für  Immend.?)  im  Kr.  Neu- 
haldeusleben.  Schiften  -  berg  mit  Reis-kircheu  (risg?)  im  Kr.  Giessen  aus  sgeap- 
brig  =  ßeuteuberg.  Schiffel-bach  mit  Erks-dorf  (earc-tig)  und  Rauschenberg 
(rusken-brig)  im  Kr.  Kirchheim,  Kurhessen,  aus  sgeap-kil,  etwa  Beutenhausen,  wie 
med-gel,  kil  =  cella  medi;  sgeap-cul  wäre  Beutenberg.  Zeppen-feld  im  Kr.  Siegen 
als  sgeap-foil  --  Beutenhausen.  Zscheip-litz  bei  Freiberg  an  der  ünstrut,  früher 
als  Nonnenkloster  zu  supplicium  umgemodelt,  ist  als  ir.  sgeip-lis  =  Beutenhofen. 
Als  Gruppen  der  Bienenzucht  wären  auch  zu  deuten:  Tscheplau  (sgeap  mit  le, 
loch  Ort  componirt)  mit  Seppau  (sgeap-na).  Weich nitz  (bech-enza  wie  Pegnitz 
aus  Begenza?)  Rausch  witz  (rusc-vid)  im  Kr.  Glogau,  Zapken-dorf  (sgeap  -  kae 
Beutenhag)  mit  Bützin  (botan?)  und  M  atgen-dorf  (für  med-gel?)  im  Amte  Güstrow, 
Meklenb.,  wie  Zschepkau  im  Kr.  Bitterfeld,  Scheven  und  Beckacker  (Sgeap-na 
und  Bech-gart)  im  Ki.  Hagen,  Westf.,  Scheven-hütte  und  Vicht  (bech  -  dai)  im 
Kr.  Aachen.     Mit  dem 

Cambr.  med,  arem.  mez,   com.  medu, 

erhalten  im  kelt.  Ortsnamen  Med  -  gel  =  cella  medi  (Z),  tritt  in  Concurrenz  das 
identische  d.  iMeth,  altd.  medo  und  slav.  med  -  Honig,  ausserdem  mit  cambr.  meddu 
(possessio),  cambr.  mes,  mesen  Eichel,  ir.  midhe  Grenze  (Mone),  kelt.  medd, 
mez  =  d.  mitten,  sloven.  med,  wend.  masy;  med  ist  aber  auch  die  Wurzel  von 
ir.  mess  =^  Judicium  Z.  49. 

Auf  kelt.  med,  mez  wären  ausser  den  oben  erwähnten  Metsch-dorf  (aus  med- 
gel)  mit  Trebichow  etc.  im  Kr.  Kxossen,  Medelon  (med- lann  reich  an  Meth)  mit 
Bigge  im  Kr.  Brilon,  Mett-lach  (med  -  loch  Methstätte)  mit  Beckingen  im  Kr. 
Merzig,  Metschow  (med-ua  Methort)  mit  Mesiger  (mezic  Methort)  und  Beggerow 
im  Kr.  Demmin,  Meseken -hagen  (mezec),  Milzow  (mel-da)  und  Beggen-dorf  im 
Kr.  Grimmen  noch  zu  merken: 

Metelen  (med-lann)  und  Mezum  (mez-ua)  im  Kr.  Steinfurt,  Reg.- B,  Münster, 
Metsch-lau  (med-gel  =  cella  medi  Z)  und  Wichels-dorf  (bech  -  gel  -  kil  Bienen- 
haus) im  Kr.  Sprottau,  Reg.-B.  Liegnitz,  Metten-dorf  (med-na)  und  Beilingen  (für 
bech-lann)  im  Kr.  Bittburg,  Reg.-B.  Trier,  Metten-heim  mit  Becht-heim  (bech-dai) 
im  Kr.  Worms,  Rheinhessen,  Methler  (alt  Mediolarius?)  =  med  -  lar  Methstetten 
wie  med-gel,  medua,  medic,  med-lann,  und  das  letzte  mag  auch  in  dem  einen  oder 
anderen  der  häufigen  Mediolanum  enthalten  sein. 

Kelt.  mel  (Honig) 

unter  mannichfacher  Concurrenz  aus  allen  drei  Sprachen  zu  suchen  besonders  in  deu 
Gruppen;  so  Milzow  (mel-du  Honigort)  mit  Baggendorf  etc.  im  Kr.  Grimmen  — 
ihm  sprachlich  gleichwerthig  ist  Melzow  im  Kr.  Angermünde  —  ferner  Melz(mel- 
dai  oder  tig  Honighaus)  mit  Bütow  (botan.  Beute)  im  Amt  Wredenhagen,  Mecklen- 
burg, diesem  gleich  ist  Melz-heim  im  Landkr.  Strassburg,  Elsass;  Mels-wig  im 
Kreis  Wittenberg  etwa  mel-gwic  Honigmarkt?  —  Mel-beck  in  der  erwähnten 
Gruppe  von  Lüneburg  wäre  aus  mel  -  buac  Honigbühl,  selbst  Melibocus  kann  so 
gedeutet  werden.  Melauue  mit  Rauschendorf  (rusc)  im  Kreis  Görlitz  als  cambr. 
mel  -  laun  reich  an  Honig.  Melle  mit  Beckerode  (Mel-ua  und  bechur  oder  bech- 
leidh  Immenau)  in  der  Landdr.  Osnabrück.  Mehlis  und  Wechmar  im  Kr.  Ohr- 
druf,  Gotha,  =  mel  -  ese  Honigstätte  und  bech  -  mar  =  bieneureich?  Als  Gruppe 
der  Bienenzucht  kann  vielleicht  auch  gelten  Milow,  Schapow,  Brussow,  Rossow 
im  Kr.  Prenzlow  aus  mel-le  Honigort,  sgeap-na,  rusc-  und  brusc. 


C96) 


Deutsch  Biene,  beo,  Imme,  ziedl. 

Zu  dem  ersten,  welches  seltener  als  die  beiden  anderen  erscheint,  sei  noch  er- 
wähnt: Bienen  d.  i.  to  den  Bienen,  mit  Emmerich  d.  i.  Immenreich  (?)  im  Kr. 
Rees  und  Bien-dorf  in  Anhalt,  Kr.  Köthen;  zu  Immen:  Immenthal  mit  ßüding 
(botan,  Beute?)  uod  Bissen-hofen  (bech-ese)  im  Bezirksamt  Oberhofen  in  Bayern. 
Erwähnt  sei  noch,  dass  ir.  imb,  imme  Butter  bedeutet.     Z.  283, 

Mhd  ziedl  Biene,  zeidl  Honig,  wovon  Zeidler  =  Imker,  mit  Elision  des  d  zu 
zeiL  Äiel  etc.,  des  1  zu  zeit,  zed,  sied  etc.  corrumpirt  und  an  deutsch  siedel,  slaY. 
zyto  etc.  angelehnt.  So  Zeilhard,  d.  i.  ziedl-,  zeidl-hart  Bienenwald  in  Starken- 
burg, Gr.  Hessen;  die  Zehlen-dorf  im  Teltow,  Barnim  und  im  Kreise  Güstrow, 
Mekl,  mit  Zapkend  (sgeap),  Matgend  (med?)  und  Rosswitz  (rusc-vid)  heissen  alt 
und  urkundlich  Cedelendorf,  also  unzweifelhaft  Zeidlerdorf.  Zeil  in  ünterfranken 
aus  zeidl?  Zeils-dorf  bei  Kieritsch  (kelt.  keyryd  =  castra)  mit  Zedlitz,  Beucha 
(bech-ua)  und  Medewitz  (med-vid,  d.  vidu)  im  Gerichtsamt  Borna,  Sachs.,  Zeit- 
litz  und  Meesow  (mez)  im  Kr.  Regenwalde,  Pomm.,  Zeititz,  Püchau  (bech-ua), 
Schepa  (sgeap-ua)  im  Gerichtsamt  Würzen.  Zedtwitz  (ziedl  -  vidu)  im  Bezirksamt 
Hof  in  Bayern.  Zeit-low  (ziedl-loh  Bienenwald)  gegenüber  Rüstow  (risg  -  du?)  im 
Kr.  Denimin,  mit  Beggerow,  Meesow,  Riesiger  und  Barkow  eine  Gruppe  bildend, 
die  aus  kelt.  bech  und  risg,  d.  ziedl,  slav.  bare  und  dem  allen  3  Sprachen  gemein- 
samen med,  medo,  Meth  gebildet  und  slavisirt  ist.  Ferner  sei  erwähnt  Seidel  mit 
Rosnow  (rusc)  und  Schübben  (sgeap)  im  Kr.  Köslin,  Seidlitz  mit  P]ulam,  alt 
Dlem  (ans  poln.  ul  Bienenstock)  im  Kr.  Landsberg  südlich  der  Warthe,  auch  Zed- 
litz mit  Rosterd.  (rusctor?)  im  Kr.  Steinau  und  Zedlitz  mit  Schebitz  (sgeap) 
und  Rusc  (russ)  im  Kr.  Trebnitz  (treb-newyd  Neuendorf?),  Reg.-B.  Breslau.     Aus 

Poln.  pszczola  (Biene),  pszczolnik  (Bienenhaus),  wend.  zola,  zolka 

werden  die  Zolchow  in  der  Mark,  Zolke  in  Schlesien,  Zolken-dorf  in  Mekl., 
Zollwitz  und  Zülz  in  Schlesien,  letzteres  mit  Zeiselwitz  (also  wohl  beide  aus  zeidl?) 
im  Kr.  Neustadt,  auch  Züllichau  in  der  Mark  erklärt.  Kelt.  ist  cylch  =  circuitus, 
cambr.  kylch  =  confinia  Z.  832. 

Poln.  bare  (Waldbieuenstock)  in  Barkow,  Kr,  Demmin,  mit  anderen  kelt, 
und  deutsch.  Namen  der  Bienenzucht,  Barkow  im  Kr,  Greifenberg,  Barkow  mit 
Beggen-dorf  im  Kr,  Grimmen,  Bar  kau  mit  Honigsee  und  Rois-dorf  (rusc)  in 
Holstein,  wobei  zu  erinnern,  dass  bark  sich  auch  aus  kelt.  (e)  bar  (Sumpf),  (e) 
brach  (lutosus),  (i)  burec  (Eibenstand)  etc.  ergiebt. 

Poln.  ul,  wend.  ten  hui  in  ülera,  j.  Eulam  im  Kr.  Landsberg  mit  Seidlitz, 
slavisirt  aus  zeidl,  und  ßorkow  (bare?).  Das  sehr  niedrige  Terraio  deutet  freilich 
mehr  auf  kelt.  aul  Dreck,  sit  und  (e)  barac.  Ferner  in  Eulow,  wend.  aber 
"Wilow;  ülnitz,  Kreis  Kalbe,  aus  kelt.  haelned  =  illuvies,  aus  slavisch  ulownica  = 
Bienenstätte. 

Wenn  von  diesen  Gruppen  auch  ein  Theil  auf  zufälliger  Lautähnlichkeit  be- 
ruhen kann,  so  beweisen  doch  auch  sie  im  Ganzen,  dass  die  Besiedelung  des  Landes 
von  den  Kelten  beginnt,  speciell,  dass  die  Pflege  der  Bienenzucht  von  ihnen  auf 
die  Germanen,  ja  auf  die  Slaven  überging.  Auf  die  Appellative  Stadt,  Dorf,  Leben, 
Heim  etc.  ist  auch  hier  in  der  Deutung  keine  Rücksicht  genommen,  weil  die 
mit  ihnen  verbundenen  Namen  von  Lehnsmilizeu,  die  der  Deutsche  noch  heut  Adel 
nennt,  allermeist  nur  Anlehnungen  an  ältere  unverstandene  Namen  sind. 


(97) 

(15)  Hr.  Vircliow  zeigt 

peruanische  Aiierthümer, 

welche  er  der  Güte  des  Hrn.  Julius  Paulsen  verdaukt: 

1)  ein  männliches  Lama  aus  Goldblech,  rohe  Arbeit,  aber  doch  sehr 
kenntliche  Darstellung,  4,8  cm  hoch. 

2)  eine  silberne  Vasinica,  'i  cm  hoch,  mit  hoch  abstehendem  Henkel  und 
einem  stielförmigen,   1,5  cm  hohen  Fuss  und  einer  Mündung  von  2  cm  Weite. 

3)  eine  Holzfigur  von  der  Insel  Titicaca  im  gleichnamigen  See,  8,8  cm 
hoch,  von  schwärzlicher  b^arbe.  Es  ist  scheinbar  eine  weibliche  Figur,  ohne  Kopf- 
bedeckung, mit  gescheiteltem,  lockigem  Haar,  sehr  ausgeführtem  Gesicht,  die  Arme 
gebogen  und  die  Hände  an  die  Seiten  der  Brust  angelegt.  Der  untere  Theil  des 
Körpers  ist  mit  einem,  nach  unten  sich  erweiternden  Gewände  bekleidet,  das  ganz 
mit  horizontalen  i\eihen  geometrischer  Figuren  bedeckt  ist.  Füsse  fehlen.  Der 
untere  Theil  trichterförmig  ausgehöhlt, 

(iTi)  f^r.  Hartmann  spricht  über 

bildliche  Darstellungen  von  Ostafrikanern. 

(Hierzu  Taf.  XI.  und  XII.) 

Die  besten  älteren  Abbildungen  finden  sich  in  Henry  Salt  Voyage  to  Abys- 
sinia,  London  1814.  Der  daselbst  abconterfeiete  Hadzareb  von  Suakim,  Typus  des 
Bischari,  ist  schon  häufig  copirt  worden,  u.  A.  in  den  illustrirten  englischen  und 
französischen  Ausgaben  von  Prichard  Natural  history  of  mau.  Die  recht  hübschen 
Abbildungen  einer  Bischari-Frau  und  eines  jungen  Abyssiniers  gab  Ch.  Pickering 
in  seinen  „Races  of  man  and  their  geographical  distributiou.  London  MDCCCL. 
Rechet  d'Hericourt  bildete  den  bekannten  Regenerator  Sachla-Selasie  von  Schoa 
in  höchst  charakteristischer  Weise  ab  (Voyage  sur  la  cöte  Orientale  de  la  mer 
Rouge  etc.  Paris  1841,  pl.  L),  gab  auch  die  ganz  vorzügliche  Darstellung  eines 
Tschauri  der  Danakil  in  der  Adajel  -Wüste  (Second  voyage  sur  les  deux  rives  de 
la  mer  Rouge  etc.  Paris  1841),  pl.  L).  Ausserordentlich  schöne  und  befriedigende 
Abbildungen  von  Ostafrikanern  zieren  das  Prachtwerk  Lefebvre's,  Voyage  en  Abys- 
sinie.  Hier  sind  die  Leute  in  ihrem  natürlichen  Colorit  dargestellt  worden.  Copien 
einiger  der  besten  dieser  Bilder  finden  sich  in  Waitz:  Anthropologie  der  Natur- 
völker, IL  Theil. 

Cornwallis  Harris'  Highlands  of  Aethiopia  (namentlich  die  colorirte  x\us- 
gabe  der  leider  gänzlich  vergriffenen  Illustrations  of  the  Highlands  of  Aethiopia), 
in  welchen  Weiken  sich  auch  seltener  beschriebene  Stämme,  wie  Woema,  Mu- 
daito  etc.  abgebildet  finden,  sind  weniger  bekannt,  als  sie  es  verdienen,  ßernatz 
gab  in  seinem  Prachtwerke  über  die  Adajel -Landschaften  und  über  Schoa  — 
die  Aufnahmen  dazu  entstanden  bekanntlich  während  Harris'  Gesandtschafts- 
reise nach  Schoa  —  vortreffliche  Bilder  von  Afer,  Somal  etc.  Ich  bemerke 
übrigens  beiläufig,  dass  ich  an  Harris'  und  au  Bern  atz'  Figuren  die  Fülle  der 
unteren  Extremitäten  tadeln  muss,  welche  in  strictem  Gegensatze  zu  der  drastischen 
Schilderung  der  physischen  Eigenthümlichkeiten  der  Afer  Seitens  jenes  britischen 
Gesandten  (übrigens  eines  guten  Zeichners)  steht. 

Moritz  Rügen  das  bildete  in  seiner  vielfach  als  ikonographische  Vorlage  be- 
nutzten Voyage  pittoresque  dans  le  Bresil  „Negres  de  Mozambique"  etc.  ab.  Ferner 
sind  eine  Reihe  sehr  interessanter  ostafrikanischer  Typen  während  der  Küstenreise 
der  französischen  Brigg  üucouedic  auf  daguerreotypischem   Wege  aufgenommen  und 

Yerhandl.  der  Borl.  Authropol.  Gesellschaft  It^Ty.  7 


(98) 

durch  die  Lithographie  vervielfältigt  worden  (Documents  sur  l'histoire,  la  geogra- 
phie  et  le  commerce  de  l'Afrique  Orientale  recueillis  et  rediges  par  M.  Gu ilain. 
Atlas.  Paris.  Fol.).  Hier  zeigen  sich  Somal  von  Geledi,  Warsangelli,  Medjerten, 
Wasuaheli,  echte  Araber,  ferner  Wadjagga,  Wakamba,  Wakuafi,  Wanyamezi, 
Wayao,  Warima,  Wabongo,  Wanyassa,  Makomanga,  Makua,  Amhara  und  Guragie. 

Die  auf  Veranlassung  des  früheren  Directors  der  Seewarte  von  Freeden  und 
auf  meine  specielle  Instruction  hin  von  dem  Photographen  C,  Dam  mann  ausge- 
führte Aufnahme  der  Matrosen  an  Bord  der  zanzibarschen  Fregatte  El-Megidi  i.  J. 
1871  (Sitzungsbericht  vom  14.  Januar  1871)  steht  noch  in  Ihrer  Erinnerung.  Ein 
Theil  dieser  Typen  ist  nach  damals  getroffenem  Abkommen  mit  dem  Photographeu 
in  meinen  „Nigritiern"  wiedergegeben  worden,  wie  denn  auch  neue,  von  mir  in 
Afrika  gezeichnete  Typen  hinzugekommen  sind.  Ferner  fanden  in  meinen  „Ni  gri- 
tiern"  einige  Photographien  von  Ostafrikanern  Verbreitung,  welche  durch  die 
HHrn.  Vogel,  Fritsch,  Zenker  u.  s.  w.  im  Jahre  1868  zu  Aden  aufgenommen 
worden  waren.  Hr.  Fritsch  hatte  damals  selbständig  eine  Anzahl  Somal  photo- 
graphirt,  die  hoffentlich  noch  einmal  in  dieser  Zeitschrift  zur  Vervielfältigung  ge- 
langen werden. 

Unserem  Mitgliede  Hrn.  J.  M.  Hild  ebrandt  haben  wir  eine  nicht  geringe  An- 
zahl von  Negativ-Photographien  zu  danken,  welche  Musterexemplare  der  Mischaraber, 
Godjam-Abyssinier,  Komoraner,  Wasuaheli,  Wayao,  Wanyassa,  Wajiji  und  Wanya- 
mezi in  ganzer  Figur  darstellen.  Der  Vorstand  hielt  es  der  Mühe  werth,  diese  von 
Hrn.  Hildebrandt  auf  seiner  ersten  Reise  mit  mangelhaften  photographischen 
Utensilien  sehr  geschickt  aufgenommenen  Platten  vor  deren  gänzlicher  Verderbniss 
hier  zum  Theil  durch  Steindruck  wiedergeben  zu  lassen.  Einen  Kommentar  vermag 
ich  allerdings  zu  diesen  Typen  nicht  weiter  zu  liefern,  und  zwar  um  so  weniger,  als 
Hr.  Hildebrandt  vor  seiner  Abreise  nach  Madagascar  aus  Zeitmangel  nicht  mehr  in 
der  Lage  gewesen  ist,  etwas  über  jene  von  ihm  photographirten  Ostafrikaner 
niederzuschreiben.  Indessen  denke  ich,  dass  jeder  Fachmann  aus  den  dargestellten 
Typen  Belehrung  über  die  körperliche  Beschaffenheit  dieser  Menschen  wird  schöpfen 
können.  Ihr  Gesichtsschnitt  erinnert  mich  vielfach  an  die  von  Guilain  publicirten 
Typen,  ferner  an  „Speke's  Faithfuls"  (Journal  of  the  discovery  of  the  sources  of 
the  Nile,  p.  611)  und  an  manche  der  von  Stanley  abgebildeten  östlichen  Afrikaner. 
Endlich  möchte  ich  hier  noch  auf  die,  von  dem  unermüdlichen,  talentvollen,  leider 
so  früh  verstorbenen  Capitän  Elton  aufgenommenen  Photographien  aufmerksam 
machen,  deren  einige  für  meine  „Nigritier"  zur  Verfügung  gestanden  haben. 
Da  übrigens  ein  Theil  derjenigen  Fragen,  welche  ich  heute  hätte  erledigen  mögen, 
bereits  in  der  Julisitzung  vom  vorigen  Jahre  unserer  Gesellschaft  und  auch  in  der 
diesjährigen  Januarsitzung  der  „Gesellschaft  für  Erdkunde"  von  mir  zur  Sprache 
gebracht  worden  ist,  so  kann  ich  auf  die  bezüglichen  Sitzungsberichte  verweisen. 

Erklärung  der  Tafeln  XI.  und  XII. 

Taf.  XL,  Fig.  1 — 4.     Wasuaheli,  und  zwar  1 — 2  männlich,  3—4  weiblich. 

Fig.  5 — 8.     Wayao,  und  zwar  5 — 6  männlich,  7-8  weiblich. 

Fig.  9.     Kopf  eines  Abessiniers  aus  Godjam. 

Fig.  10.     Kopf  eines  Komoraners. 

Fig.  11.    Kopf   eines  Mischlings    von    chocoladenbrauner  Hautfarbe,    Vater  Araber, 
Mutter  Suaheli. 
Taf.  XII.,  Fig.  1-4.     Wanyassa. 

Fig.  5—6.     Wajiji. 

Fig.  7  —  8.     Wanyamezi. 


(99) 

(17)  Hr.  Hubrig  hält,  unter  VorleguDg  zahlreicher  ethnologischer  Gegenstände, 
einen  Vertrag 

über  die  Hakka-Chinesen. 
Die  Hakka  sind  ein  Zweig  der  mongolischen  Rasse  in  China,  unter  welchem 
besonders  die  Missionare  deutscher  Gesellschaften  ihr  Arbeitsgebiet  gefunden  haben, 
und  da  auch  ich  zwölf  Jahre  unter  diesen  Leuten  gelebt,  mögen  mir  einige  Mit- 
theilungen gestattet  sein  über  diesen  Zweig  des  grossen  chinesischen  Volksstammes, 
wie  er  in  der  Provinz  Kong  tung  (Kwang  tung) ')  neben  den  Punti-  und  Hoklo- 
Chinesen  auftritt. 

Die  Hakka  sind  in  Hong  kong,  Canton  und  anderen  europäischen  Häfen  be- 
kannt als  Kuli,  Lastträger,  Steinhauer,  Barbiere,  Schmiede  etc.,  wohingegen  die 
Hoklo  mehr  als  ßcotleute,  Matrosen,  Sänftenträger,  und  die  Punti  als  Diener,  Köche, 
Geschäftsführer  der  Europäer  auftreten,  obgleich  dies  keine  Regel  ohne  Ausnahme 
ist  und  daraus  kein  Schluss  auf  die  Beschäftigungen  dieser  Stämme  überhaupt 
gemacht  werden  kann. 

Eine  gewisse  Beriihmtheit  haben  die  Hakka  erlangt  durch  jene,  leider  fehl- 
geschlagene Thaiping-Revolution  (1848—64).  Bekanntlich  wurde  diese  Bewegung 
mit  Hülfe  englischer  Truppen  niedergeschlagen,  um  den  von  den  Thaipings  ver- 
botenen Opiumhandel  aufrecht  zu  erhalten.  Hier  sei  nur  bemerkt,  dass  die  Häupter 
dieser  Bewegung  meist  Hakka,  aus  den  Kreisen  Fayen  und  Tshyangyen,  10  Meilen 
nördlich  von  Ganton,  gebürtig,  waren.  An  den  Ruinen  des  Dorfes  bin  ich  oft  vor- 
übergegangen, in  welchem  der  Thaipingkaiser  Fung  siu  tshen  (Hung  siu  tsuen) 
als  einfacher  Schulmeister  seine  grossen  Pläne  geträumt,  da  ich  in  jener  Gegend 
eine  kleine  Christengemeinde  von  circa  200  Gliedern  zu  bedienen  hatte.  —  Zur 
Zeit  des  letzten  englisch-chinesischen  Krieges  leisteten  die  Hakka  den  Europäern 
gute  Dienste,  indem  sie  als  Lastträger  dem  englisch-französischen  Heere  folgten. 
Den  schlechten  Ruf,  als  seien  die  Hakka  Diebe,  Räuber  vor  anderen  Chinesen,  und 
überhaupt  eine  niederere  Rasse,  haben  sie  ihren  Erbfeinden,  den  Punti,  zu  ver- 
danken, welche  die  Hakka  auf  jegliche  Weise  zu  verläumden  suchen,  aus  Gründen, 
die  weiter  unten  erwähnt  werden  sollen.  Wenn  hie  und  da  Colonisten,  Reisende  ete. 
in  dasselbe  Horu  stossen,  so  haben  sie  diese  Weisheit  von  ihren  Punti-Dieuern 
und  Comparadoren.  Näheres  wird  sich  aus  meinen  Mittheilungen  von  selbst  er- 
geben. 

Als  die  eigentlichen  Ureinwohner  Südchinas  werden  allgemein  die  Myautz 
betrachtet,  die  mit  den  Bergvölkern  in  Burman,  Assam,  Hoinam,  Formosa  gleichen 
Stammes  zu  sein  scheinen,  mögen  sie  als  Yutz  Tschongts  oder  unter  irgend  einem 
anderen  Namen  auftreten.  In  der  Provinz  Kwangtung  sind  die  Myautz  bereits 
seit  vielen  Jahrhunderten  in  die  hohen  Gebirge  im  NW.  zurückgedrängt,  wo  sie 
bis  jetzt  eigene  Sprache,  Sitten,  Kleidung,  Unabhängigkeit  und  Freiheit  sich  ge- 
wahrt haben,  und  wohl  aus  ihren  Bergen  heraus  auf  die  chinesischen  Märkte 
kommen,  um  mit  den  Chinesen  Handel  zu  treiben,  den  Chinesen  aber  keinen  Zu- 
tritt in  ihre  Berge  gestatten.  Ein  Zweig  dieses  Sfammes,  die  Tauka,  hat  sich 
zwar  der  chinesischen  Regierung  unterworfen,  Sprache  und  Kleidung  der  Punti 
angenommen,  aber  sie  werden  doch  von  diesen  streng  unterschieden  und  sind  als 
Hoitshit  =  Otterngezücht    verachtet.     Die  Tauka    werden    nicht   zu  den  öffentlichen 


')  Die  Namen  sind  im  Hakkaiiialekt  gegeben,  die  eingeklammerten  Namen  bezeichnen  die 
Aussprache  des  Mandarindialekts. 


(100) 

Examinationen  zugelassen,  waren  ursprünglich  auch  verurtheilt,  nur  auf  den  Flüssen 
ihr  Leben  zuzubringen,  doch  wird  darüber  jetzt  nicht  mehr  so  streng  gewacht. 

Die  ersten  einwandernden  Chinesen,  welche  diese  Ureinwohner  verdrängten, 
waren  die  Punti,  die,  wie  ihr  Name  besagt,  sich  jetzt  als  die  eigentlichen  „Ein- 
geborneo'*  oder  „Insassen"  betrachten.  Die  Zeit  ihrer  Einwanderung  lässt  sich 
indess  nicht  genau  bestimmen.  Man  unterscheidet  mehrere  grosse  Einwanderungen 
in  China,  die  erste  unter  der  Ha  (Hia)  Dynastie  um  2000  v.  Gh.,  dann  unter  der 
Schong  (Schaug)  Dynastie  um  1600  v.  Ch.,  ferner  unter  der  Tschu-  (Tschu)  Dynastie 
um  1048  V.  Ch.  und  unter  der  Tshin-Dyuastie  um  220.  Dass  alle  diese  Einwan- 
derer vom  Westen  kamen  (und  zwar  NW.),  geht  nicht  nur  aus  der  Tradition  des 
Volkes  hervor,  sondern  kann  man  auch  aus  Zeichencombinationen  ersehen  (z.  B.. 
„West"  und  „Mund"  =  lachen,  „West"  verbunden  mit  „wieder"  heisst  zurückkehren, 
antworten,  berichten,  nachfragen;  „West"  und  „Frau"  verbunden  heisst  erlangen, 
sehnen  u.  s.  w.).  Eine  Trennung  der  Nordchiuesen  und  Südchiuesen  oder  Punti 
fand  wohl  schon  zur  Zeit  jener  Einwanderungen  statt,  indem  jene  dem  Laufe  des 
Wong  ho  (Hvangho),  diese  dem  Laufe  des  Yong  tz  Kong  (Yang  tse.Kyang)  folgten 
und  dann  weiter  nach  Süden  zum  Westfluss  Si  Kong  sich  wandten  und  die  süd- 
lichen Provinzen  bevölkerten. 

Die  Einwanderungen  der  Hakka  in  die  Canton-Provinz  datiren  aus  der  Zeit 
der  Sung  (960— 1127)  und  Nyen- (Yuen-)  Dynastie  (128ü— 1368)  und  zwar  vom 
Norden  her.  Fast  gleichzeitig  dringen  auch  die  Hoklo  aus  der  benachbarten  Fuk 
ken-  (Fo  kien-)  Provinz  ein  und  besetzen  die  Meeresküsten  und  Flüsse  im  Osten 
der  Provinz,  während  die  Hakka  sich  in  den  unbewohnten  Gebirgsgegenden  fest- 
setzen und  von  da  aus  weiter  sich  ausdehnen.  Auch  später  folgen  sie  nur  den 
Gebirgszügen  und  dringen  immer  weiter  in  das  Gebiet  der  Punti  vor.  Zunächst 
verdangen  sich  die  fleissigen,  anspruchslosen  Hakka-Einwauderer  bei  den  trägen, 
bequemen ,  genusssüchtigen  und  verweichlichten  Puntibesitzern ,  wurden  später 
Pächter  und  Besitzer,  und  wenn  sie  sich  stark  genug  fühlten,  griffen  sie  wohl  auch 
zu  ungerechten  Mitteln,  um  sich  das  Puntijoch  abzuschütteln.  Und  so  ist  es  dahin 
gekommen,  dass  die  Hakka  nicht  nur  den  NO.  der  Provinz  allein  besitzen,  sondern 
auch  die  Mitte  immer  mehr  den  Punti  streitig  zu  machen  suchen  und  auch  im 
Süden  in  den  Gebirgsgegenden  bereits  ihre  Vorposten  haben.  Kein  Wunder,  wenn 
sie  sich  dadurch  den  Hass  und  die  Feindschaft  der  Punti  zugezogen  haben  und  es 
stets  zu  endlosen,  oft  recht  blutigen  Fehden  Veranlassung  gab.  Natürlich  wurden 
auch  den  Punti  diese  Hakka-Gäste  oft  lästig  genug  und  versuchten  sie  dieselben  hinaus 
oder  zurück  zu  drängen.  So  fand  um  1863  ein  blutiger  Krieg  statt  im  Kreise  Sin 
len,  südlich  von  Hong  kong,  wo  die  Hakka  ihre  Todten  nach  Myriaden  zählten;  sie 
wurden  von  den  Punti  förmlich  ins  Meer  gedrängt.  'Europäische  Reisschiffe  nahmen 
3000  auf  und  brachten  sie  nach  Hongkong,  wo  sie  von  den  Europäern  unterhalten 
wurden,  bis  sie  Arbeit  gefunden. 

Charakteristisch  sind  die  gegenseitigen  Schimpfuamen.  Die  Punti  nennen  die 
Hakka  „Schildkröten",  und  die  Punti  werden  von  den  Hakka  „Schlangen"  genannt. 
So  redet  man  unter  den  Hakka  allgemein,  auch  in  Gegenden,  wo  es  keine  Punti 
giebt,  von  einer  „Schlangensprache"  =  Puntidialect,  „Schlangenweib",  „Schlangen- 
kind" u.  s.  w. 

Den  sichersten  Aufschluss  über  den  Ursprung  und  die  sucessive  Ausdehnung 
der  Hakka  geben  uns  die  Familienurkunden,  welche  mit  grosser  Genauigkeit  ge- 
führt werden,  so  dass  mancher  arme  Hakkabauer  die  Reihe  seiner  Ahnen  2  bis 
3000  Jahre    zurück    nachweisen    kann.     Z.  B.  wohnte    der  Clan  Ho,  Lai,  Lo,  Yen 


(101) 

zur  Zeit  der  Tschu-Dynastie  (1048 — 220  v.  Ch.)  in  der  Provinz  San  tung  (Schan 
tung)  am  unteren  Laufe  des  Wong  lio  (Hoang  ho)  und  der  Clan  Kong  (Kyang)  am 
Youg  tz  kong  (Yang  tse  kyang),  wovon  er  seinen  Namen  entlehnte.  Die  einen  wan- 
derten schon  zur  Zeit  der  früheren  Sung  (420 — 478),  andere  zur  Zeit  der  Thong 
(Thang)  620 — 907  nach  der  Fuk  ken-  (Fo  kien)  oder  Kong  si-  (Kyang  si)  Provinz 
aus  und  gelangten  unter  den  späteren  Sung  (960 — 1127)  und  unter  der  mongolischen 
Herrschaft  Yen  (Yueu)  (1280 — 1368)  nach  der  Kong  tung  (Kwang  tung)  Provinz. 
Der  Clan  Ilyu  lebte  zur  Zeit  der  Hon  (Hau)  206  v.  Ch.  bis  2ö  n.  Ch.  in  Honam, 
wanderte  unter  den  Sung  nach  Fuk  ken  und  unter  den  Yen  nach  Kong  si,  zur 
Zeit  der  Min  (Ming)  13ß.S— 1G44  nach  Kong  tung.  Der  Clan  Lyong  wohnte  zur 
Zeit  der  Tsin  (260 — 322)  in  Honam  und  wanderte  unter  der  Min-Dynastie  in 
Kong  tung  ein.  Der  Clan  Fung  lebte  zuerst  in  Scham  si  (Sehen  se),  wandte  sich 
dann  nach  Si  tschong  (Sze  tschuen),  dann  wieder  östlich  nach  Kong  sz  (Kyang  su), 
von  da  siidlich  nach  Fuk-ken  und  zuletzt  nach  Kong  tung.  Der  Stamm  Li  besteht  aus 
Nachkommen  der  Thong  (Thang  620 — 907),  die  nach  ihrer  Entfernung  zum  Theil 
in  Tschet  kong  (Tsche  kyang)  Ackerbau  trieben,  dann  nach  Fuk  ken  verzogen  und 
zuletzt  in  Kong  tung  sich  niederliessen. 

Diese  Beispiele  mögen  genügen,  um  zu  beweisen,  dass  die  Hakka  ein  Zweig 
der  nördlichen  Chinesen  sind,  und  zwar  dem  classischen  Boden  am  Wong  ho  ent- 
stammen, somit  als  Chinesen  mehr  Anspruch  auf  Aechtheit  haben,  als  die  später 
unterworfenen  südlichen   Stämme  der  Punti. 

Ein  Hauptsammelplatz  für  die  in  Kong  tung  (Kneang  tung)  einwandernden  Hakka 
war  der  Bezirk  Ka  yin  tschu  (Kia  ying)  im  NO.  Von  hier  dehnten  sie  sich 
aus  über  die  Bezirke  Fui  tschu  (Hoei  tschu),  Kong  tschu  (Kwang),  Schau  tschu 
(Tscbau),  Nam  hyung,  und  einzelne  Vorposten  findet  man,  wie  schon  bemerkt, 
über  die  ganze  Provinz  verbreitet.  Mau  nimmt  au,  dass  etwa  ein  Drittel  der  Be- 
völkerung in  diesen  Provinzen  aus  Hakka  besteht.  Ausserdem  findet  man  Hakka 
in  Fuk  ken,  Kong  si  (Kyang  si),  Kong  si  (Kwang  si),  Tschet  kong  (Tsche  kyang) 
und  Formosa  Die  Hakka  der  Kong  tung-Provinz  betrachten  jetzt  Kayin  tschu  als 
ihre  Heimath  und  man  spricht  daher  von  einer  Kayin  tschu  wä  =  Hakkadialect. 
Der  Name  Hakka,  welches  „Fremdlinge",  „Gäste"  bedeutet,  wurde  diesem  Stamme 
höchst  wahrscheinlich  deshalb  beigelegt,  weil  sie  ihre  Wohnplätze  oft  wechselten 
und  dann  immer  wieder  als  Gäste  uud  Fremdlinge  auftraten.  Diese  Wanderlust 
ist  dem  Hakka  auch  jetzt  noch  eigen,  denn  neben  den  Hoklo,  die  als  Seefahrer 
allerdings  mehr  versucht  werden,  sich  in  anderen  Ländern  anzusiedeln,  sind  es 
besonders  die  Hakka,  welche  nach  allen  Gegenden  der  Welt  auszuwandern  pflegen.  — 
Andere  legen  dem  Namen  Hakka  folgende  Anecdote  zu  Grunde:  Wahrscheinlich 
zur  Zeit  der  Thoug-Dyuastie  hauste  iu  der  Fuk  ken-Provinz  ein  Rebell  Wong  tsan, 
der  mit  Feuer  und  Schwert  die  Provinz  verwüstete,  und  überall  raubend  und  plün- 
dernd umherzog.  Das  Volk  fürchtete  ihn,  so  dass  alles  floh,  sobald  man  sein 
Kommen  hörte.  Auch  aus  dem  Dorfe  Schak  pyak  entfloh  alles,  was  fliehen  konnte. 
Unter  den  Flüchtlingen  war  auch  ein  Weib,  welches  einen  kleinen  Knaben  an  der 
Hand  führte  und  einen  grösseren  auf  dem  Rücken  trug.  Diese  fiel  gerade  in  die 
Hände  des  Wong  tsan.  Erstaunt  über  die  sonderbare  Art,  wie  die  Frau  die  zwei 
Kinder  behandelte,  erkundigte  er  sich  nach  dem  Grunde,  und  erfuhr  von  der  Frau, 
der  kleine  Knabe  sei  ihr  Sohn,  der  grössere  ihr  Schwager.  Sie  sprach:  Kommt 
mein  Sohn  um,  so  kann  ich  einen  anderen  gebären,  aber  den  Onkel  meiner  Kinder 
kann  ich  nicht  ersetzen.  Dem  Räuber  gefiel  die  Logik  der  Frau  und  er  gestattete 
ihr  nicht  nur  frei  zu  passiren,  sondern  schickte  sie  heim  mit  der  Weisung,  einen 
Zweig    des  Dolichos  tuberosus    über    ihrei  Hausthür  anzubringen,    das  solle  seineu 


(102) 

Soldaten  ein  Zeichen  sein,  damit  sie  ihr  Haus  nicht  belästigten.  Die  Frau  erzählte 
dies  überall  und  bald  war  das  ganze  Dorf  mit  diesen  Zweigen  geschmückt  und 
blieb  verschont.  Nach  und  nach  zogen  alle  Flüchtlinge  nach  Schak  pyak,  um  dort 
eine  Freistatt  zu  finden  und  der  Räuber  Wong  tsan  hielt  Wort.  Die  zahlreichen 
nyin  hak  =  Gäste  zerstreuten  sich,  nachdem  wieder  Friede  in  das  Land  eingekehrt  war, 
in  den  NO.-Theil  der  Kong  tung-Provinz  als  Hakka,  d.  h.  Familie  der  Gäste. 

Ein  anderer  Beweis,  dass  die  Hakka  näher  verwandt  sind  mit  den  Chinesen 
im  Norden,  ist  die  Aehnlichkeit  des  Hakka-Dialekt  mit  dem  Mandariudialekt  oder 
dem  Hochchinesischen.  Die  Dialekte  Punti  und  Hakka  haben  nur  mit  einander  gemein, 
dass  sie  aus  dem  Altchinesischen  die  Endconsonanten  m.  p.  1.  k.  bewahrt  haben, 
welche  der  Mandarindialekt  verloren  hat,  z.  B.  711  heisst  in  Puuti:  Tshat  pak  schap 
yat.  Hakka:  Tshit  pak  schip  yit,  Mandarin:  Tshi  pa  schi  yi.  Hakka  hat  reine 
Vocale,  während  Punti  viele  unreine  Vocale  gebraucht,  das  nordchinesische  a  ver- 
wandelt sich  in  i  und  umgekehrt,  au  in  o,  o  in  öo  öu,  i  in  e  u.  s.  w.  Ebenso 
haben  die  Töne  einen  ganz  verschiedenen,  oft  entgegengesetzten  Charakter.  Im 
Mandarin  wendet  man  4 — 5  verschiedene  Töne  an,  die  im  Hakka  durch  den  Ge- 
brauch der  abrupten  Endconsonanten  m,  1,  p,  k  um  zwei  vermehrt  werden.  Im  Punti 
hingegen  gebraucht  man  8  Töne.  Total  verschieden  ist  Hoklo,  nur  ein  Beispiel: 
Tabak  rauchen  heisst  Punti:  schek  yin,  Hakka:  schit  yen,  Mandarin:  schi  yen, 
Hoklo  tshya  hun.  An  Lauten  besitzt  Punti  707,  Hakka  619,  Mandarin  532, 
Hoklo  674. 

Nahm  man  früher  an,  dass  der  Punti-Dialekt  dem  Altchinesischen  am  nächsten 
liegen  müsse,  so  sind  neuere  Sprachforscher  zu  der  Ueberzeuguug  gekommen,  dass 
Hakka  am  meisten  mit  der  Sprache  der  alten  Chinesen  verwandt  sein  müsse.  Es 
lässt  sich  dies  aus  der  Zeichenerklärung  in  alten  Wörterbüchern  und  aus  der  alten 
Poesie  nachweisen. 

Nicht  allein  in»  der  Sprache,  sondern  auch  in  Character,  Sitten,  Gebräuchen, 
Kleidung  und  selbst  in  den  Religionsanschauungen  finden  sich  wesentliche  Unter- 
schiede zwischen  diesen  Stämmen.  Während  die  Hoklo  sich  als  Schifffahrer  und 
Kaufleute,  die  Punti  durch  Kunst  und  Industrie  auszeichnen,  muss  man  die 
Hakka  im  Allgemeinen  ein  Ackerbau  treibendes  Volk  nennen  ,  besonders  in 
Gegenden,  wo  sie  mit  den  Punti  vermischt  wohnen.  Doch  soll  damit  nicht  gesagt 
sein,  dass  sie  sich  nur  mit  Ackerbau  beschäftigen.  So  zeichnen  sich  die  Bewohner 
von  Ka  yin  tschu  durch  Gelehrsamkeit  aus,  so  dass  dort  ein  solcher  üeberfluss  von 
Literaten  zu  finden  ist,  dass  längst  nicht  alle  Beschäftigung  finden,  obgleich  eine 
grosse  Anzahl  in  den  Gerichtshallen  der  Mandarinen  Verwendung  findet  als  Schrei- 
ber und  ünterbeamte.  In  Hongkong  und  Canton  sind  alle  Steinmetzen,  Barbiere 
und  Schmiede,  zum  Theil  auch  Matten-  und  Zeugweber,  Gold-  und  Silberschmiede 
Hakkachinesen.  Im  Fa-Kreise  werden  seidene  Besatzlitzen,  in  Yun  an  Grasleinen 
in  Ka  yin  tschu  baumwollene  Stoffe  von  Hakka  fabricirt  Das  höchste  Ideal  ist 
auch  für  die  Hakka,  ein  Gelehrter  oder  Beamter  zu  werden,  und  wenn  dies  nicht 
erreicht  werden  kann,  dann  wird  man  Doctor  (Arzt,  Qnaksalber)  oder  Kaufmann. 
Da  im  Allgemeinen  die  Hakka  ärmer  sind  als  die  Hoklo  und  Punti,  so  sind 
auch  ihre  Häuser  und  Dörfer  schlechter  gebaut  und  eingerichtet,  so  dass  man  ein 
Hakkadorf  schon  aus  der  Ferne  von  einem  Puntidorfe  unterscheiden  kann.  Die 
llakkahäuser  werden  in  der  Regel  von  Lehmsteinen  erbaut,  die  aus  dem  ausge- 
nutzten Boden  der  Reisfelder  geformt  werden.  Ausser  der  Thür  lässt  man  nur 
eiuzelne  kleine  Löcher  in  den  Wänden,  die  etwas  Luft  und  Licht  in  die  dunklen 
Räume  lassen.  Ein  einfaches  Ziegeldach  reicht  weit  über  die  Lehmmauer  hinaus, 
um  diese  vor  Regen  zu  schützen.    Grössere  Häuser  haben  innen  einige  Abtheilungen, 


(103) 

durch  Lehmmauern  oder  Bretterwände  von  einander  getrennt,  vielleicht  auch  einen 
erhöhten  Bretterverschlag.  Der  Fussboden  ist  gestampft  wie  eine  Tenne,  entweder 
mit  Lehm  oder  mit  Kalk  und  Sand.  Ein  besonderer  Luxus  ist  es,  wenn  das  Haus 
beim  Neubau  innen  weiss  getüncht  wird,  hernach  geschieht  das  nie  wieder.  Als 
Möbel  findet  man  einen  oder  etliche  primitive  Tische,  die  jährlich  einmal  gewaschen 
werden,  einen  hölzernen  Lehnstuhl  für  besonders  hohe  Gäste  und  eine  Anzahl  hand- 
breiter Bänke.  Ferner  1  ni  breite  Bettbretter,  die  auf  schmalen  Bänken  oder  vier 
Schichteu  Lelimsteincn  ruhen.  Ueber  das  Bettbrett  wird  eine  Matte  ausgebreitet, 
ein  Kopfkissen  von  Bambus  oder  Rohrgeflecht  mit  Leder  überzogen  und  etliche 
wollene  Decken  oder  Mattdecken  findet  man  auch  in  einer  Ecke  liegen,  und  das 
Ganze  wird  von  einem  grauen  oder  blauen  Moskitovorhang,  der  an  Bambusstangen 
befestigt  ist,  umschlossen.  Das  Bett  ist  Sofa,  Parlour  und  Ehrenplatz  für  Gäste. 
Die  Thüren  und  auch  wohl  die  inneren  Räume  schmückt  man  mit  Sprüchen  auf 
bunten  Papierstreifeu,  die  zu  Neujahr  erneuert  werden.  Die  Häuser  der  reichen 
Hakka  haben  natürlich  ein  besseres  Aussehen,  die  Mauern  werden  mit  einer  cement- 
artigen  Masse  von  Kalk  und  Sand  gestampft  uncf  weiss  getüncht.  Diese  Masse 
erreicht  mit  der  Zeit  die  Festigkeit  von  Sandstein.  Doch  findet  man  in  der  inneren 
Einrichtung  auch  hier  keinen  besonderen  Comfort.  Die  sogenannten  tshoi  tschu 
lau  oder  Rittergutsbesitzer  haben  grosse,  oft  dreistöckige  Häuser,  mit  30 — 40  Fuss, 
hohen  Ringmauern  umgeben,  und  "Wachtthürmen  an  den  vier  Ecken,  um  sich,  ihre 
zahlreiche  Verwandtschaft  (die  das  Dienstpersonal  bildet)  und  ihre  Güter  zu 
schützen  und  selbst  gegen  die  Angriffe  der  Regierung  zu  vertheidigen. 

Die  Häuser  der  Punti  und  Hakka  sind  hingegen  meist  aus  gebrannten  Back- 
steinen erbaut,  die  Dächer  haben  die  eigenthümliche  Grundform  des  Drachen  und 
sind  mit  Figuren  verziert,  die  Wände  werden  inwendig  und  auswendig  bemalt  und 
der  Fussboden  mit  Backsteinen  gepflastert.  Ihre  Dörfer  sind  enggeschlossen,  mit 
Mauer  und  Gräben  umgeben,  wohingegen  die  Dörfer  der  Hakka  meist  frei  liegen; 
nur  ein  Gebüsch  im  Norden,  ein  Teich  im  Süden  gehört  zu  einem  guten  Fung 
schui  (siehe  meinen  früheren  Vortrag)  und  zur  Vertheidigung  des  Orts. 

Auch  die  Ahnenhallen,  Tempel  und  öffentlichen  Gebäude  sind  viel  einfacher 
gebaut,  als  die  der  Punti  und  Haklo,  doch  ist  Reinlichkeit  und  Schönheit  weder 
hier  noch  dort  zu  finden. 

In  der  Kleidung  unterscheiden  sich  die  Männer  nicht  wesentlich  von  einander, 
nur  dass  Gelehrte  und  Reiche  lange  Kittel,  Schuhe  und  Strümpfe  tragen;  die  ge- 
ringeren Leute  tragen  nur  kurze  Kittel  und  weite  Beinkleider,  Bootleute  vielfach 
nur  ein  Stück  Zeug  um  die  Lenden  gewunden.  Die  Kittel  der  Frauen  sind  etwas 
länger,  haben  enge  Aermel  und  engen  Halsausschnitt.  Das  Haar  kämmen  sie 
schlicht  nach  hinten,  winden  es  in  einen  Knäuel  zusammen  und  befestigen  es  mit 
silbernen  Nadeln,  Pfeilen  oder  Ringen.  Dicke  silberne  Armringe  und  Ohrringe 
trägt  jede  Hakkafrau,  doch  schmücken  sie  sich  nie  mit  Blumen,  wie  die  Punti- 
frauen.  Die  verschiedenen  Formen  der  Ohrringe  bilden  auch  ein  Abzeichen  der 
verschiedenen  Stämme,  sowie  auch  die  übrige  Kleidung  und  Haartracht. 

Während  die  Frauen  fast  aller  Stämme  die  Unsitte  haben,  ihre  Füsse  zu  ver- 
krüppeln, um  dadurch  an  Schönheit  zu  gewinnen,  bewahren  die  Hakkafrauen,  auch 
die  reichsten  und  vornehmsten,  ihre  natürlichen  Füsse,  können  daher  und  müssen 
auch  sich  freier  bewegen,  als  die  Punti-  und  Hoklofrauen,  die  in  den  Häusern 
zurückgezogen,  sich  nur  mit  häuslichen  Arbeiten  beschäftigen.  Die  reicheren  brin- 
gen ihre  Zeit  mit  Spielen,  Rauclien  und  Faullouzen  hin.  Hakkafrauen  sieht  man  nie 
rauchen  und  spielen,  sie  arbeiten  mit  ihren  Männern  zusammen  auf  dem  Felde, 
bringen    die  Erzeugnisse    des  Feldes    auf    die  Märkte    und  bewegen  sich  ganz  frei, 


(104) 

auch  in  der  Gesellschaft  von  Männern.  Im  Herbst  und  Winter  ziehen  sie  schaaren- 
weise  auf  die  Berge,  um  das  trockene  Gras  zu  schneiden,  für  eigenen  Bedarf  und 
zum  Verkauf.  Gras  wird  als  Brennmaterial  verwendet.  Da,  wo  die  Wasserstrassen 
aufhören,  sieht  man  grosse  Schaaren  von  Hakkaweibern  die  schwersten  Lasten 
meilenweit  über  die  Berge  schleppen.  Mit  den  sogenannten  weiblichen  Arbeiten 
beschäftigen  sie  sich  wenig,  manche  können  kaum  ihre  Kleider  ausbessern. 

Trotz  des  härteren  Looses  scheinen  die  Hakkafrauen  glücklichere  Ehefrauen 
zu  sein,  als  die  Puntifrauen,  die  ihre  Rechte  oft  mit  Nebenfrauen,  Concubinen  und 
Sklavinnen  theilen  mii!?sen.  Polygamie  ist  bei  den  Hakka  viel  seltener,  als  bei  den 
Punti.  Die  reichen  Hakka  nehmen  nur  ein  zweites  Weib,  wenn  sie  von  der 
ersten  keinen  Sohn  bekommen,  und  die  zweite  Heirath  geschieht  mit  Einwilligung 
der  ersten  Frau;  auch  bleibt  diese  Herrin,  und  die  zweite  wird  nur  ihre  Magd. 

Ein  schwarzer  Fleck  im  Familienleben  der  Hakka  ist  jedoch  der  häufige 
Kindermord.  Selten  wird  eine  Hakkafrau  mehr  als  1 — 2  Töchter  auferziehen,  die 
übrigen  werden  gleich  nach  der  Geburt  umgebracht,  so  dass  die  meisten  Hakka- 
frauen als  Kindesmörderinnen  betrachtet  werden  können.  Es  giebt  viele,  die  4  bis 
5  und  manche,  die  10  und  mehr  Mädchen  umgebracht  haben.  Oft  ist  dies  grade 
das  Geschäft  der  Grossmutter.  Man  ermordet  die  Mädchen  meist  aus  Armuth, 
scheut  die  Kosten  der  Erziehung;  oft  geschieht  es  auch  aus  Aberglauben,  um 
Knaben  zu  erzielen.  Je  öfter  ein  Mädchen  zur  Welt  kommt,  um  so  grausamer 
wird  es  umgebracht,  um  die  Seele  abzuschrecken,  als  Mädchen  zu  erscheinen;  denn 
man  nimmt  an,  dass  die  Seele  der  Gemordeten  in  dem  nächsten  Kinde  wieder  als 
lebendes  Wesen  auftritt.  Daher  ist  in  manchen  Hakkadistrikten  ein  grosser  Mangel 
an  Frauen,  und  die  Männer  wissen  oft  nicht,  wo  sie  eine  Frau  suchen  sollen,  sie 
sind  daher  vielfach  genöthigt,  sich  mit  armen  Puntimädchen  zu  verheiratheu. 

Schulen  findet  mau  ebenso  gut  in  jedem  Hakkadorf,  als  in  den  Puntidörfern, 
nur  dass  den  ärmeren  Hakka  oft  die  Mittel  fehlen,  ihre  Söhne  länger  als  2  bis 
4  Jahre  in  die  Schule  zu  schicken,  um  die  nöthigsten  Zeichen  zu  lernen.  Mädchen- 
schulen findet  man  imr  selten  unter  den  Hakka,  wohingegen  die  Puntimädchen 
wenigstens  eine  Zeit  lang  die  Schule  besuchen,  um  die  Lieder  auswendig  zu  lernen, 
die  sie  heulend  hersingen,  wenn  sie  ihre  Jungfrauschaft,  oder  vielmehr  den  Ab- 
schied vom  Elteruhause  beweinen  müssen. 

Noch  einen  Umstand  möchte  ich  nicht  unerwähnt  lassen,  wodurch  sich  die 
Hakka  von  den  Punti  unterscheiden.  Die  Punti  lassen  sich  gern  etwas  vorsingen 
und  vorspielen  von  herumziehenden  Sängern  und  Musikanten,  die  die  Helden-  und 
Liebesgeschichten  der  Alten  besingen  und  erzählen,  halten  es  aber  unter  ihrer 
Würde,  selbst  zu  singen.  Die  Hakka  hingegen  sind  ein  singendes  Volk,  sie  habep 
eine  reiche  Auswahl  von  Liedern,  die  nicht  im  classischen  Buchstyl  geschrieben, 
sondern  in  der  deutlichsten  Umgangssprache  sicli  von  Mund  zu  Mund  vererben. 
Allerdings  sind  sie  oft  in  einer  so  niedrigen  Sprache  und  von  so  gemeinem  und 
schmutzigem  Inhalt,  dass  man  unter  unseren  Volksliedern  wohl  vergeblich  nach 
ähnlichen  Liedern  suchen  niüsste.  Es  giebt  Berglieder,  Salzwasserlieder,  Fluss- 
lieder, Theepflückerlieder,  Bettlergesänge,  Wiegenlieder  und  Responsorien ,  in  wel- 
chen die  beiden  Geschlechter  einander  necken  und  mit  einander  scherzen.  Man 
hört  daher  die  Schiffer  auf  ihren  Booten,  den  Bauer  hinter  dem  Pfluge  singen,  die 
Lastträger  summen  ihre  besonderen  Lieder,  einzeln  und  im  Chor.  Die  Viehhirten 
singen,  auf  dem  Rücken  des  Biiffels  liegend,  und  zehnjährige  Knaben  und  Mädchen^ 
die  nicht  lesen  und  schreiben  können,  haben  oft  schon  einen  reichen  Schatz  der 
schmutzigsten  Lieder  im  Kopf. 

Die    religiösen    Anschauungen    der  Chinesen    bestehen    aus    einem  Mischmasch 


(105) 

confucianischer,  buddhaistischer  und  thauistischer  Ideen,  wozu  noch  Reste  eines  alten 
Monotheismus  kommen.  Während  nun  die  Punti  sich  mehr  vom  Buddhaismus 
haben  beeinflussen  lassen,  zahlreiche  Tempel  mit  den  verschiedensten  Göttern  haben 
und  selbst  eifrige  Götzendiener  sind,  trotz  ihrer  höheren  Gultur  —  beschränken  die 
Hakka  sich  auf  wenige  hervorragende  Götter,  haben  mehr  vom  alten  Monotheismus 
bewahrt  und  lieben  besonders  die  Ahnen-  und  Geisterverehrung. 

Als  hervorragende  Götter  und  Göttinnen  werden  von  den  Hakka  verehrt  die  kon 
yun  nyong,  die  eine  ähnliche  Stellung  einnimmt,  wie  die  Marie  im  katholischen  Gultus, 
—  die  theu  heu  oder  Himmelskönigin,  eine  Beschützerin  der  Schiffer,  —  ferner  die 
Götter  der  Literatur  und  Kriegskunst,  die  Schutzgötter  der  Städte,  des  Landes,  des 
Feldes,  des  Heerdes,  Thores  etc.  Doch  alle  diese  Götter  haben  nur  eine  unter- 
geordnete Stellung;  sie  müssen  am  Ende  jedes  Jahres  vor  dem  höchsten  Herrscher 
Nyuk  fong  Schongti  ■=  Edelsteinkaiser,  höchster  Herrscher,  erscheinen  und  Rechen- 
schaft ablegen  von  ihrer  Regierung  und  gemachten  Erfuhrung.  An  den  höchsten 
Gott  darf  sich  der  Sterbliche  nicht  wenden,  so  wenig  sich  der  geringe  Uuterthan 
direct  an  den  Kaiser  wenden  darf,  aber  man  nimmt  an,  dass  er  am  Ruder  steht. 
Regen  und  Sonnenschein,  Donner  und  Blitz,  Glück  und  Unglück  herbeiführt.  Doch 
steht  auch  dieser  höchste  Gott  nicht  über  den  Weltgesetzen. 

Eine  Hauptrolle  spielen  bei  den  Hakka  die  Zauberer,  Exorcisten,  Frauen,  die 
Nachrichten  aus  der  Geisterwelt  holen,  entwichene  Seelen  zurückrufen,  (z.  B.  wenn 
ein  Kind  krank  ist)  u.  s.  w.,  Gebräuche,  die  zum  Thauismus  gehören  und  mit  denen 
die  Nordchineseu  übereinstimmen.  Aber  ganz  besonders  sind  die  Hakka  in  den 
Fesseln  des   Fung  schui  (wobei  ich  auf  frühere   Mittheilungen  verweise). 

Das  Christenthum  hat  in  Südchina  besonders  unter  den  Hakka  Eingang  ge- 
funden, während  die  Punti  sich  hartnäckig  dagegen  verschliessen.  Da  die  Punti 
mit  eben  solcher  Verachtung  auf  die  Hakka  kwai  hai  =  Hakkaschildkröten,  als  auf 
die  Fan  kwai  tsai  =  fremden  Teufel,  herabsehen,  fühlen  die  Hakka  sich  mehr  zu 
den  Europäern  hingezogen  und  schliessen  sich  diesen  vertrauensvoll  an.  Es  ist 
dies  neben  vielen  anderen  wichtigen  Gründen  gewiss  auch  als  Grund  geltend  zu 
machen.  Dass  die  Hakka  nicht  nur  äusserlich  Christen  werden,  sondern  auch  treu 
sein  können  bis  zum  Tode,  haben  sie  in  manchen  Verfolgungen  bewiesen.  — 

(18)  Hr.  Jagor  überreicht 

ein  Steinmesser  und  sieben  Zauberhölzer  aus  Süd-Australien 
und  bemerkt  dazu: 

DerDirector  des  botanischen  Gartens  in  Ad  elaide,  Süd-A  ustralien  ,  Dr.Richard 
Schomburgk,  dem  wir  bereits  manche  werthvolle  Zuwendung  verdanken,  hat  mir 
diese  Gegenstände  zum  Geschenk  übersandt  mit  der  Auflage,  ein  oder  zwei  Exem- 
plare davon  an  die  Gesellschaft  für  Erdkunde  abzugeben.  Da  jene  Gesellschaft 
aber  ethnographische  Gegenstände  nicht  sammelt,  so  habe  ich  den  Geber  um  die 
Ermächtigung  ersucht,  sämmtliche  Gegenstände  unserer  Gesellschaft  als  Geschenk 
überreichen  zu  dürfen.  Ich  übergebe  sie  hiermit,  vorbehaltlich  seiner  Geneh- 
migung. 

Hr.  Schomburgk  theilt  über  den  Gebrauch  dieser  Zauberhölzer  Folgen- 
des mit: 

,Es  war  bekannt,  dass  einige  Stämme  im  Innern,  die  Tortin gui  und  die 
Larra  pintus,  Regenmacher  haben,  die  nach  dem  Volksglauben  durch  ihre 
Zauberkünste  Regen  erzeugen  können.  Diese  beiden  Stämme  leben  zum  Theil  von 
einer  Drosera  „muraon"  genannt,    welche  nur  nach  starkem  Regen  reift.     Bleibt 


(106) 

der  ersehnte  Regen  aus,  so  versammeln  sich  die  Regenmacher  Nachts  an  einem 
abgelegenen  Orte  und  nehmen  ihre  Beschwörungen  vor,  wobei  sie  sich  dieser  Hölzer 
bedienen.  Die  Länge  der  meisten  beträgt  43  bis  78,  ihre  Breite  zwischen  42  und 
60  mm. 


w 


C©  CÄJ  %l  #  C  Ö  J  i)  ^ 


„Sie  haben  die  Form  von  Bacillarien  und  sind  mit  rothem  Ocker  augestrichen. 
Bekanntlich  haben  die  Süd-Australier  keinen  Sinn  für  Ornameutik;  ihre  Waffen 
und  Geräthe  sind  sehr  selten  und  immer  nur  mit  geraden  Strichen  verziert,  auf 
die  Verzierung  der  Zauberhölzer  ist  aber  etwas  mehr  Sorgfalt  verwendet.  Die 
runden  Figuren  auf  denselben  stellen  angeblich  Droseren  vor,  die  anderen  be- 
deuten verwandte  Pflanzen.  Das  kleinste  Holz  ist  an  einem  Ende  mit  einem  Loche 
versehen  zum  Durchziehen  einer  Schnur,  mittelst  welcher  es  um  den  Kopf  ge- 
schwungen wird,  so  dass  es  laut  summt.  Die  anderen  Hölzer  werden  unmittelbar 
mit  der  Hand  gefasst  und  bringen,  von  geübter  Hand  geschwungen,  einen  ähnlichen 
Ton  hervor.  Das  Geräusch  ist  weithin  hörbar,  kein  Eingeborener  würde  wagen, 
sich  dem  Orte  zu  nahen,  aus  welchem  es  tönt.  Nach  dem  Gebrauch  werden  die 
Zauberhölzer  sorgfältig  verborgen;  sie  würden  ihre  Zauberkraft  verlieren,  wenn  ein 
profanes  Auge  sie  schaute. 

„Die  vorliegenden  Regenhölzer  wurden  mit  noch  23  anderen  in  einer  Höhle, 
unter  getrocknetem  Grase  verborgen,  gefunden.  Der  Finder  zeigte  sie  Männern 
eines  Nachbarstammes,  die  darüber  in  grosse  Bestürzung  geriethen ;  schnell  bedeck- 
ten sie  dieselben  mit  trocknem  Grase,  als  einige  Weiber  naheten,  und  befahlen 
diesen,  sich  schleunigst  zu  entfernen.  Am  folgenden  Tage  zeigte  er  die  Instru- 
mente Weibern.  Sie  waren  wie  vom  Blitz  getroffen  und  baten  flehentlich,  den 
Männern  nicht  zu  verrathen,  dass  sie  die  Hölzer  gesehen  hätten,  da  man  sie  sonst 
unfehlbar  umbringen  würde.  Rs  sind  dies  die  ersten  derartigen  Zaubergeräthe, 
welche  nach  Adelaide  gekommen  sind.  Kein  Museum  in  Australien  besitzt  ein 
Exemplar." 

Von  dem  Steinmesser  bemerkt  Hr.  Schomburgk  nur,  dass  es  zum  Ver- 
schneiden der  armen  Knaben  diene.  — 

Hr.  Virchow  erinnert  an  eine  frühere  Sendung  des  Hrn.  Baron  Müller. 
Schon  damals  habe  er  diese  Art  von  Brettern  mit  den  von  Eyre  beschriebenen  und 
als  Mooyuinkarr  bezeichneten  heiligen  Geräthschaften  identificirt  (Sitzung  vom 
1(J.  December  187G.     Verhandl.  8.  286). 


(19)    Das  correspondirende  Mitglied,  Hr.  Prof.  Lepkowski    in  Krakau    über- 
sendet eine  schöne  Aquarellabbiidung  eines 

lithauischen  Bronceringes. 

Die    hier    in    natürlicher  Grösse    dargestellte    und   1,0!»  /,y/  wiegende  Bronce 
befindet  sich  im   archäologischen  Cabinet  der  Jagellonischeu  Universität    unter   der    J 


(107) 

Zahl  6755.  Ich  erhielt  dieselbe  für  diese  unter  meiner  Leitung  stehende  Samm- 
lung von  Herrn  H.  ßukowski  aus  Stockholm.  Dieser  Gegenstand  stammt  aus 
Lithauen,  Gouvernement  Kowno,  Kreis  Poniewicz,  woselbst  man  zwei  ganz  gleiche 
in  der  Erde  gefunden.  Er  Ist  ganz  mit  dunkelgrüner  Patina  bedeckt.  Auf  der 
Einfassung  ist  eine  Verzierung  aus  regelmässigen  Einschnitten.  —  Vom  Orte  A 
geht  die  Krümmung  ah  ihren  beiden  Enden  aus  ihrer  runden  Form  in  ein  durch 
drei  immer  grössere,  kreisförmige  Plättchen  mit  klein  gekerbtem  Rande  unterbrochenes 
Octaeder  über.  Aus  dem  letzten  grössten  Plättchen  ragen  zwei  gestreifte  Enden 
hervor  (diese  zu  je  zwei  gestreiften  Linien  sind  keine  Schraubenlinien).  Die  Theile 
von  A  bis  B  sind  auf  die  Fortsetzung  der  am  Orte  C  zugehämmerten  Krümmung 
aufgesteckt.     Sie  bewegen  sich  auf  ihr. 


Dieser  Gegenstand,  in  der  Form  einzig  in  seiner  Art  und  unbekannten  Ge- 
brauches, steht  nur  mit  demjenigen  (von  den  bekannten)  in  einiger  Analogie,  der, 
1871   in  den  Hochalpeu  zu  Pallon  in  Val  Freissinieres  aufgefunden,  beschrieben  und 


(108) 

im  Holzschnitt  vorgeführt  ist  in  den  Materiaux  (Heft  4,  Band  IX.,  Serie  2),  wo- 
selbst Hr.  15.  Tournier,  jene  Bijoux  (von  massivem  Silber)  prüfend,  sie  torques 
nennt  und  sicVi  so  gewissermaassen  der  Meinung  zuneigt,  dass  dies  ein  Collier  sei, 
indem  er  Montelius  (L'Age  du  bronze  en  Suede)  und  L.  Quicherat  (Hi- 
stoire  du  costume  en  France)  citirt,  dass  ihnen  solche  bekannt  seien,  welche 
mit  dem  in  den  Materiaux  angeführten  in  Analogie  stehen. 

Unser  Gegenstand  kann  keinenfalls  als  Collier  angesehen  werden.  Es  ist 
dies  kein  zum  Putz  dienender  Zierrath.  Vielmehr  Hesse  sich  etwa  in  seiner  origi- 
nellen Form  ein  Werkzeug  zu  religiös  rituellem  Gebrauche  erkennen. 

(20)  Graf  Carl  Georg  Sievers,  correspondirendes  Mitglied  der  Gesellschaft, 
übersendet  einen   Bericht  über  eine 

Forschungstour    während    der  Monate  Juli    und  August  1878  im  lettischen  Gebiete   an  der 

Oger  und  Ewst. 

(Hierzu  Tafel  XIII.) 

Da  mein  Hauptzweck  bei  dieser  P'orschungstour  die  Untersuchung  von  alten 
Grabstätten  in  den  Theilen  des  lettischen  Livland  war,  w^ohin  einestheils  nach 
Heinrich's  von  Lettland  Chronik  die  Raubzüge  der  Esten  nicht  gereicht  hatten, 
anderntheils  nach  den  Localitätsnamen  livische  Blutmischung  wenigstens  nicht 
vorauszusetzen  war,  so  sah  ich  mich  auf  die  südöstliche  Ecke  Livlands,  zwischen 
Oger  und  Ewst,  beschränkt  Denn  in  dem  noch  östlicher  liegenden  polnischen  Liv- 
land das  erst  im  Olivaer  Frieden  von  Livland  definitiv  abgetrennt  worden  und 
von  dem  nur  spärliche  Nachrichten  vorliegen,  scheinen  litthauische  und  weissrussi- 
sche  Blutmischungen  zu  herrschen;  entlang  der  ganzen  Aa  aber  finden  sich  zwischen 
den  urlettischen  Gesindenamen,  wie  z.  B.  Subers  (Auerochse)  einzelne  Gesinde, 
die  den  Namen  Liwe,  Liewen,  Liebets  führen,  und  zwar  die  letzten  derartigen  noch 
beim  Ursprung  der  Aa,  zwischen  dem  Alokstne  und  Lodenhofschen  See.  Nahe 
dabei  weist  der  Name  des  Kirchspiels  Pebalg  Orisaar  (livisch  Ori  =  wasserbedeckte 
Sandbank,  Saar  =  Insel)  auf  den,  nahe  der  Kirche  und  dem  Pastorate  Alt-Pebalg 
liegenden  Innis-See,  dessen  Bildung  im  Namen  beschrieben  ist,  weshalb  auch  die 
auf  einer  Halbinsel  in  demselben  liegenden  zahlreichen  Gräber  von  meinem  For- 
schungsgebiete ausgeschlossen  bleiben  mussten. 

Etwa  8  Werst  von  Alt-Pebalg  liegt  ohnweit  des  nach  Kayenhof  (Kaie  eine 
grosse  Mövengattung,  die  vielfach  auf  Landseen  vorkömmt  im  lettischen  Livland) 
führenden  Weges  beim  Kischan  (Kuschan)  Gesinde  auf  dem  höchsten  Punkte  eines 
langgestreckten  Hügels  eine  mächtige  Eiche,  in  deren  Höhlung,  die  thürartig  aus- 
gehauen ist,  auf  angebrachten  Bänken  3  Personen  sitzen  können.')  Im  Umkreise  von 
circa  219  qm  ist  der  Boden  mit  1  bis  Vi,  Fuss  Durchmesser  habenden  Steinen 
gepflastert,  die  zwischenliegende  Erde  gelblich  -  grauer  Lehm.  Darunter  befindet 
sich  eine  zweite  Schichte  grösserer  Steine,  die  jedoch  schon  so  sehr  von  den  Wur- 
zeln der  Eiche  über-  und  umwaclisen  ist,  dass  man  sie,  ohne  den  Baum  ernstlich 
zu  gefährden,  nicht  mehr  rühren  konnte.  Indem  ich  einzelne  Zv?ischenräume 
zwischen  den  Steinen  dieser  zweiten  Schicht  durch  Loskratzen  der  Erde  und  Her- 
auslangen mit  der  Hand  reinigen  Hess,  stiess  ich  darunter  auf  eine  dritte  Schicht 
Steine  und  in  den  Zwischenräumen  mehrfach  auf  calcinirte  Knochenpartikelu.  Daher 
glaube  ich  diese  Stätte  wohl  für  einen  alten  Opferplatz  halten  zu  dürfen. 

An  der  alten  Heerstrasse  von  Riga   nach  Pleskau  liegt  im  Löseru'schen  Kirch- 


1)  Umfang  der  Eiche  2  Fu.ss,  über  der  Erdo  5,55  Meter. 


(100) 

spiele  unter  Eckhof  der  Salnekrug;  bei  ihm  fliessen  die  Adstirwe  und  das  Sudsett- 
Flüssclien  zusaumien  und  bilden  die  Oger  (Woga).  welche  ein  Paar  Werste  weiter 
die  aus  dem  Gulbern'schen  See  entspringende  neue  Oger  (jetzt  durch  einen  Canal 
gerade  gelegt)  aufnimmt.  An  dieser  neuen  Oger  liegt  ohnweit  des  Zusammen- 
flusses in  Gulbern'scher  Grenze  auf  dem  rechten  Ufer  die  Ogersille  (Ogerwald), 
während  auf  dem  linken  Ufer  ein  Stück  unterhalb  an  der  geeinten  Oger  in  Lubey- 
scher  Grenze  sich  ein  Hügelriicken  friit  Gräbern  hinzieht.  In  der  Ogersille,  die 
aus  sandigen  Hügeln  mit  zwischeuliegenden  kleinen  Morästen  und  in  einem  der- 
selben dem  Sirgsde-See  besteht,  von  denen  das  feste  Terrain  mit  hohem  Kiefer- 
walde bestanden  ist,  liegen  nahe  dem  Sirgsde-See  2  flache  Sandhügel,  die  mit  alten 
Grabhügeln  bedeckt  sind,  denen  schon  sehr  viel  an  Schmucksachen  zu  verschiede- 
neu Zeiten  entnommen  ist.     Ich  untersuchte  folgende: 

Grab  I.  Am  20.  -Juli  Abends,  als  ich  die  Localität  in  der  Ogersille  besich- 
tigte, öffnete  ich  einen  Grabhügel  und  fand  in  4  Fuss  Tiefe  nur  calciuirte  Knochen. 

Indem  diese  Tumuli  sich  meist  um  3—4  Fuss  über  das  umliegende  Terrain  er- 
heben, und  sie  zunächst  eine  grabenartige  flache  Vertiefung  umgiebt,  erhält  man 
den  Kindruck,  dass  die  Leichen  entweder  auf  den  Boden  gelegt,  oder  wahrschein- 
licher etwa  in  1  Fuss  Tiefe  eingesenkt,  und  dann  mit  der  umliegenden  Erde  der 
Tumulus  aufgeworfen  worden  sei. 

Grab  II.  und  JH.,  den  21.  Juli  und  in  den  folgenden  Tagen  geöffnet,  waren 
schon  früher  durchgraben  worden,  die  wenigen  durcheinander  geworfenen  Knochen 
zeigten  Spuren  von  Metall. 

Grab  IV.  (Schädelnummer  1),  Skelet  auf  dem  Rücken  liegend,  Kopf  nach 
Norden  gekehrt,  mit  bis  in  den  Nacken  reichendem  Haare  unter  dem  reichen  Kopf- 
schmucke. Letzterer  besteht  ans,  auf  Wollenzeug  aufgenähtem  Schmuck  aus 
feinsten  Bronzespiralen,  in  Form  eines  Flechtwerkes,  an  das  sich  Arabesken,  zum 
Theil  in  Wellenform,  zum  Theil  in  Form  eines  geschlungenen  Bandes  aus  gelben 
Perlen  verschiedener  Grösse  anschlössen;  die  kleinsten  Perlen  waren  auf  Pterde- 
haaren  aufgereiht.  Um  den  Hals  befand  sich  ein  reicher  Kaurischmuck,  bei  dem 
jedesmal  zwischen  "2  Kauri's  sich  entweder  eine  oder  zwei  Perlen  oder  eine  kurze 
Bronzespirale  befand.  Unter  dem  Rücken  lag  ein  Rindenstück.  In  der  Gegend 
des  Unterleibes  fanden  sich  Reste  eines  aus  Drahtspiralen  gefertigten  Gürtels,  an 
dem  auf  der  rechten  Seite  ein  Messer  in  einer  Scheide  aus  Leder  mit  Bronzever- 
zierung und  Bronze-Scheidenende  sich  vorfand.')  Die  unteren  Extremitäten  und 
die  Hände  fehlten. 

Grab  V.  (Schädelnummer  2),  Schädel  nach  Norden,  zur  linken  Seite  gekehrt, 
während  das  Skelet  auf  dem  Rücken  lag.  Um  den  Hals  ein  Schmuck  von  Kauri's, 
kleinen  Schellen,  kleinen  gelben  Perleu  und  kleiner  Schnalle.  Ein  Klapperblech 
an  Drahtring  mit  angehäugten  fünf  kleinsten  Klapperblechen  lag  dazwischen.  Bei 
Lindenschmit  Bd.  II  Heft  X  Taf.  6  findet  sich  ein  ähnliches  Blech  als  Gehänge 
eines  Ohrringes  abgebildet,  wozu  es  hier  möglicherweise  ebenfalls  verwandt  wor- 
den, indem  nur  dieses  einzelne  Klapperblech  an  dieser  Stelle  zwischen  dem  grossen 
Klumpen  Kauri's  etc.  zwischen  dem  schwarzen  Malm  von  zersetzten  organischen 
Stoffen  sich  vorfand,  und  der  dünne  Ohrring  oder  Theile  desselben  zwischen  der 
grossen  Menge  von  kleinen  Spiralen  und  Theilen  derselben  übersehen  werden 
konnte.  —  Unterhalb  des  Beckens  fand  sich  der  untere  Rand  eines  mit  Bronze- 
Einsätzen  verzierten  Gewandes,  in  der  Gegend  der  fehlenden  rechten  Hand  2  Ringe 
(spiralige). 


1)  Bahr,  Livengräber  Taf.  2,  Nr.  7;  Taf.  3,  Grab  3,  Nr.  1. 


(110) 

G-rab  VI.  war  schon  durchwühlt,  an  den  Knochen  Spuren  voa  Metall. 

Grab  VII.  (Schädelnummer  3),  Kopf  in  Südwest,  0,83  m  tief,  Rückenlage,  Kopf 
noch  in  Südwest. 

Grab  VIII  (Schädel  No.  4),  Kopf  nach  Nordost.  Lage  1,43  m  tief,  Rücken- 
lage. Gesicht  nach  Ost  gekehrt.  Neben  dem  rechten  Fusse  Beil  und  Lanze.  An 
den  Fingern  der  rechten  Hand  3  Ringe.  Parallel  dem  Armknochen  2  grosse  mas- 
sive Armbänder  (Taf.  XIII  Fig.  1  u.  4),  am  Unterarme  ein  Armring  (Fig.  3),  auf 
dem  Oberarm  aufliegend.  Auf  dem  Bauche,  bis  auf  den  halben  Oberschenkel  rei- 
chend, lag,  auf  einem  Stücke  Kinde  (Linden)  ein  oval  zusammengebogener  GürteP), 
bestehend  aus  einem  Streifen  Birkenrinde,  mit  Leder  überzogen,  mit  Beschlag  auf 
beiden  Seiten  aus  Bronzeblech,  angenietet  mit  daran  hängenden  Ringen,  ähnlich 
Taf.  XIII.  Fig.  5,  jedoch  bedeutend  breiter  und  ohne  angehängte  Klapperbleche,  statt 
dessen  an  jedem  zweiten  Beschlagbleche  eine  Oehse  mit  Ring  von  0,026  m  Durch- 
messer. Die  Enden  des  Gürtels  liefen  in  einen  versilberten  Beschlag  schmäler 
aus.  In  dem  inneren  Räume  des  vom  Gürtel  gebildeten  Ovals  befanden  sich  eine 
Menge  Spiralen  verschiedener  Dimension,  Kauri's,  Klapperbleche  und  ein  Paar 
Riemenenden  mit  einem  Beschläge  von  weissem  Metall,  Silberähnlich.  In  dem- 
selben Tumulus  mit 

Grab  VIII.  lag  in  0,40  m  Entfernung,  jedoch  in  entgegengesetzter  Lage,  öst- 
lich vom  Skelet  VIII.  ein  zweites  Skelet,     Der  Kopf  also  südwestlich. 

Grab  IX.  Der  Schädel  in  Stücke  zerbrochen,  die,  wie  flachgedrückt,  bei  ein- 
ander lagen.  Auf  demselben  und  ihn  vollständig  bedeckend  lagen  3  Bronzereifen, 
nehmlich  ein  gedrehter  Bauchreifen,  ein  Halsreifen,  wie  ihn  Kruse's  Necrolivonica 
Taf.  4  q.  q.  zeigt,  mit  einem  Einschiebeschloss,  dieses  war  jedoch  nicht  geschlossen, 
sondern  die  übereinander  geschobenen  Enden  mit  einem  Stück  Bronzedraht  zu- 
sammengebunden —  und  ein  Kopfreifen  mit  Klapperblechen  (Todtenkrone  vgl. 
Necrolivonica  Taf.  4  N.)  —  Dazwischen  noch  die  Reste  eines  Kopfschmuckes,  be- 
stehend aus  8  Reihen  auf  Bast  (Linden)  gereihter  Bronzespiralen,  die  in  gewissen 
Entfernungen  durch  querliegende  zusammengequetschte  Blechstreifen  in  einer  be- 
stimmten Lage  erhalten  wurden  (Necrolivonica  Taf.  18  Fig.  4).  Anstossend  an  diese 
Reifen  in  der  Halsgegend  lag  ein  glattes  gebogenes  Nackenblech  mit  Doppelhaken 
an  den  fanden,  in  welchen  ein  Kettenangehänge  von  4  Ketten  mit  Klapperblechen 
und  Schellen  hing.  Darauf  lag  ein  Kettenschmuck  mit  anhängenden  Klapperblechen 
und  Schellen,  an  einem  durchbrochenen  dreieckigen  Bronzebleche  hängend,  wie  ihn 
Tafel  XIII  Fig.  9  zeigt  und  wie  ich  sie  an  dem  Kopfschmucke  zweier  weiblicher 
Leichen,  hinten  links  bis  auf  die  Schulter  herabhängend,  schon  früher  gefunden 
hatte;  daran  stiessen  2  Armspiralen  im  rechten  Winkel  zur  Körperlage.  In  der 
Beckengegend  fanden  sich,  gleichwie  in  der  Fussgegend,  eine  Menge  kleiner  Bronze- 
spiralen, die  offenbar  in  der  Kleidung  sich  befunden  hatten. 

Mitten  zwischen  diesen  beiden,  in  einem  Tumulus  liegenden,  offenbar  zu  einander 
gehörenden  und  wohl  auf  eine  Opferung  des  W^eibes  zu  deutenden  Skeletten  lag 
ein  Kinderschädel,  flach  gedrückt,  so  dass  die  Schädeldecke  das  Bild  einer  flachen, 
wenig  gewölbten  Knochenplatte  bot,  ohne  Skelet.  —  Es  ist  dieses  der  dritte  Fall, 
dass  ich  bei  unverbrannten  Leichen  solche  evidente  Spur  der  Opferung  gefunden 
habe.     Die  anderen  waren  folgende: 

1)  Unter  den  Ikkul-Gräbern  in  Gross  Roop,  wahrscheinlich  gemischte  lettisch- 
livische  Bevölkerung,  ein  männliches,  auf  dem  Rücken  liegendes  Skelet,  mit  nahe- 
bei dem  Manne  zugekehrtem,  reichgeschmücktem  weiblichem  Skelet;  an  deren  Füsse 


1)  0,94  m  lang,  incl.  Schnalle  von  0,045  m  Länge,  und  0,057  Breite  ohne  die  Ringe. 


(111) 

fast  anstossend  eine  Brandstätte  mit  vielen  calcinirteu  Knochen,  und  hart  bei  den 
Füssen  des  männlichen  Skelets  ein  Kinderkopf,  aufrecht  gestellt,  mit  Kaurischmuck 
in  der  Halsgegend,  jedoch  ohne  jede  Spur  eines  Skelets,  obwohl  bis  2  Fuss  tief 
und  rundum  die  Erde  aufs  Genaueste  durchsucht  wurde.  Später  fand  sich  in 
etwa  15  —  20  Schritten  Entfernung  ein  Kinderskelet  ohne  Schädel  in  einem  geson- 
derten Turaulus. 

2)  Ebendaselbst  ein  männliches  Skelet,  mit  einem  Messer  zwischen  den  Rippen, 
in  knieender  Stellung  rückwärts  zusammengesunken,  ohne  Schmuck  oder  Waffen, 
neben  dem  Skelet  eines  sehr  alten   Mannes  in  Rückenlage  mit  Schmuck. 

;-$)  Dieses  ebenbeschriebene  Gulbern'sche  Grab,  um  von  anderen,  wo  die 
Opferung  nicht  ebenso  evident,  zu  schweigen. 

Grab  X  (No.  5),  Schädel  und  Unterkiefer  erhalten,  in  der  Hüftgegend  ein 
Messer,  zwischen  den  unteren  Enden  der  Unterschenkel  ein  lieil.  Die  Knochen 
des  Rumpfs  durcheinander  geworfen,  das  Grab  also  schon  nach  Schmuck  durch- 
sucht. — 

Grab  XI  (No.  6),  Kopf  in  nordwestlicher  Richtung,  bloss  eine  Breetze  (grosse 
ßrustspange)  beim  Schädel. 

Grab  XII  (No.  7),  Schädel  und  Unterkiefer  erhalten.  Die  grüngefärbten 
Knochen  des  Skelets  durcheinander  geworfen. 

Grab  XIII.  (Nr.  8),  brauner  Schädel  ohne  Beigaben,  scheint  einer  späteren 
Zeit  anzugehören. 

Grab  XIV.  (Nr.  9),  Kopf  nach  Norden  liegend,  zurückgebogen.  Unter  dem 
Kopfe  eine  Unterlage  aus  Lindenborke,  darauf  eine  Schichte  Farrnkraut,  schön 
erhalten.  Ueber  dem  Farrnkraut,  zunächst  den  Haaren,  Flechtwerk  von  Bast  oder 
Farrenkrautstengeln,  zum  Theil  sehr  fein  und  künstlich  in  Maschenform  ausgeführt 
mit  hineingewundenen  Wollenfäden,  so  dass  es  fast  den  Anschein  erhält,  dass  ein 
derartiges  Netz  die  Haare  bedeckt  habe.  Auf  dem  Hinterhaupt  eine  schön  im  Zu- 
sammenhang erhaltene  Krone  aus  Bronze-Spiralen;  auf  dem  Ende  des  schein- 
bar zusammengewundenen  Haarzopfes  eine  Partie  Kauris,  mit  Drahtspiralen  und 
Perlen  durchflochten.  —  In  der  Gegend  der  Herzgrube  eine  Bronze-Schnalle,  Ringe 
an  den  Fingern,  und  zum  Theil  nur  in  der  Fingergegend  2  Schellen  an  einem 
ankerförmig  gebogenen  Drahte.  —  Auf  der  oberen  Hälfte  der  Oberschenkel  der 
untere  Rand  eines  Kleidungsstückes,  aus  sehr  dicken  Wollfäden  gewebt,  mit  ein- 
gewebten Bronzespiralen,  anhängenden  Wollfranzen  und  Stücken  des  Kleidzeuges. 

Ausser  diesen  14  Gräbern  habe  ich  noch  circa  10  Tumuli  geöffnet,  in  denen  ich 
nur  wenige,  durcheinander  geworfene  Knochen  fand,  die  mithin  schon  früher  durch- 
sucht waren  und  vielleicht  der  Untersuchung  der  Professoren  Hueck  und  Kruse 
unterlegen  haben,  oder  beim  Schätzesuchen  durchwühlt  worden  sind.  Somit  habe  ich 
von  dieser  interessanten  Stelle  nur  9  gehörig  numerirte  Schädel  entnehmen  können. 

Jacob  Turk,  Gemeindeältester  in  Gulbern,  gemessen  und  gezeichnet,  ein  rüsti- 
ger Mann  von  über  60  Jahren,  aus  einer  Familie,  die  der  Tradition  nach  seit  vielen 
Generationen  in  ihrem  Gesinde  gelebt  hat,  jetzt  Gesindeseigenthümer,  erzählte,  dass 
betreffs  der  Gräber  in  der  Ogersille  sich  die  Sage  erhalten  habe ,  dass  in  der  Zeit, 
als  die  Gegend  unter  verschiedenen  eigenen  Königen  bewohnt  worden,  die  unter 
einander  gekämpft,  hier  die  vornehmsten  Gefallenen  bestattet  seien. 

In  Eckhof,  ohnweit  Gulbern,  Kirchspiel  Lösern,  ist  in  früheren  Jahren  auf 
einem  Feldstücke,  einen  Hügel  hinter  der  Schmiede  einnehmend,  nach  Erzählung 
des  früheren  Arrendators  v.  Hübbenet  eine  Menge  Skelette  mit  reichem  Bronze- 
schmuck, Kettengehängen,  Armspiralen  etc.  gefunden  worden.  Die  Nachgrabungen 
müssen    ziemlich    vollständig    durchgeführt    worden    sein,  da  ich  nur  2  Schädel  an 


(112) 

durcheinander  geworfenen  Skeletten  mit  ein  Paar  unbedeutenden  Bronzesohnallen 
gefunden  habe,  von  denen  nur  einer  (Nr.  10)  das  Mitnehmen  lohnte.  Aeussere 
Zeichen  der  Gräber  waren  nicht  mehr  sichtbar,  Alles  durch  Ackern  eben  geworden, 
so  dass  ich  nur  durch   Auswerfen  schmaler  Parallelgräben  die  Skelette  auffand. 

Unweit  der  Oger  liegt  unter  Lubey  an  der  Pleskauschen  Strasse  der  Nagel- 
Krug,  und  neben  demselben  der  hohe  und  steile  Nagel-Berg,  aus  Grandgewölbe 
bis  auf  den  Grund  bestehend.  Zunächst  dem  Wege  ist  ein  Knde  des  Berges  zur 
Graudgrube  für  die  Wegereparatur  geöffnet,  in  welche  beim  Nachstürzen  der  oberen 
Erdschichten  gelegentlich  Kuochen  mit  herabkommen.  Ich  fand  dort  beim  Nach- 
graben einen  Schädel  (Nr.  11),  etliche  kleine  Perleu,  darunter  eine  von  Bernstein 
und  eine  von  Knochen,  ein  Paar  kleine  Bronze-Sachen,  und  erhielt  ein  Stück  einer 
dort  gefundenen  Armspirale  Ich  sah  jedoch  auch  etliche  dort  gefundene  kleine 
Münzen  aus  der  Ordenszeit.  Nach  der  Tradition  soll  dort  oben  früher  die  Lösern- 
sche  Kirche  gestanden  haben.  — 

unter  Lubey  sollten,  wie  erzählt  wurde,  gegenüber  der  Gulbernschen  Oger- 
sille,  auf  einem  Sandberge  viele  heidnische  Gräber  sich  befinden,  nur  durch  die 
Oger  und  den,  von  derselben  durchflossenen  Heuschlag  von  jenen  getrennt.  Bei 
Untersuchung  dieses  Lubeyschen  Hügels,  der  aus  einem  langgestreckten,  mit  seiner 
Nordspitze  der  Oger  zugekehrten,  stellenweise  mit  dichtem  Strauche,  sonst  mit  star- 
kem Haidekraut  bewachsenen,  sandigen  Landrücken  gebildet  ist,  der  durch  eine 
Reihe  von  Jahren  durch  Küttisbrennen  und  Ackern  ausgenutzt  worden,  fand  sich 
auf  dem  Nordende  eine  Menge  ausgegrabener  Gniber.  Aus  einem  scheinbar  unbe- 
rührten Grabhügel  erhielt  ich  in  1,24  m  Tiefe  ein  ziemlich  erhaltenes  Skelet.  Der 
Schädel  (12),  den  ich  mitnahm,  lag  in  Nordwest,  neben  ihm  ein  Stück  Feuerstein. 
Auf  dem  Rückgraht  in  der  Höhe  der  Herzgrube  eine  Bronze-Schnalle  mit  auf- 
gebogenen Enden;  zwischen  den  Oberschenkeln  ein  Messer  (Stelle,  wohin  die  Tasche 
eines  langen  Mantels  käme)  und  auf  dem  unteren  Ende  des  rechten  Unterschenkels 
ein  Beil.  Auf  dem  Becken  eine  eiserne  Schnalle.  Da  die  Lage  des  Messers  auf 
den  Gebrauch  einer  Tasche  in  einem  langen  Rock  oder  Mantel,  wie  ihn  die  Letten 
bis  in  die  Neuzeit  getragen,  hindeutet,  so  bin  ich  geneigt,  mit  Berücksichtigung 
der  Schnallenform,  das  Alter  des  Skelets  auf  etwa  300  Jahre  nach  Einwanderung 
der  Deutschen  zu  setzen,  indem  das  Stück  Feuerstein  am  Kopfe,  die  Form  des 
Beiles  und  der  Mangel  eines  Sarges  gegen  ein  sehr  viel  späteres  Alter  sprechen. 

Aus  einem  zweiten  ziemlich  gleichen  Grabe  hart  nebenbei  hob  ich  einen  zweiten 
desgleichen  Schädel  (Nr.  13),  nur  fehlte  bei  diesem  der  Feuerstein  am  Kopfe  und 
die  eiserne  Schnalle,  dagegen  fanden  sich  Bronze-Schnalle  und  Messer  und  neben 
dem  Beile  eine  eiserne  Lauzeuspitze,  er  ist  also  wohl  bedeutend  älter.  Ein  drittes 
nahebei  liegendes  Grab  hatte  einen  zerbrochenen  Schädel.  — 

Von  Eckhof  fuhr  ich  nach  Sesswegen  (lettisch  Zeesuwain,  in  den  Chroniken 
Chessowe,  Zessowe),  besichtigte  dort  unter  Neu-Geistershof  mehrere  kreisförmige 
Steinsetzungen,  zum  Theil  mit  einem  grossen  Stein  in  der  Mitte,  und  untersuchte 
eine  grössere  Steinsetzung,  16  Werst  vom  Hofe,  im  Alsuppe -Walde,  Krakul  ge- 
nannt, wo  nur  ein  Beil  und  ein  meisselförmiges  Eisen  (Celt)  gefunden  wurden.  In 
der  Mitte  des  Steinhaufens  befand  sich  ein  fast  ovaler  Raum,  mit  grossen  Steinen, 
die  glatte  Seite  nach  innen  gekehrt,  umstellt  und  mit  kleinen  Steinen  gepflastert, 
der  jedoch  nur  ziemlich  viel  .\sche  und  Sand  enthielt.  Etwa  4  Werst  von  dort 
nach  Sesswegen  zu,  beim  Wirdeen  Gesinde  (werdeet,  wirdeet,  das  Singen  beim 
Kochen  des  Wassers),  heisst  ein  Gräberfeld  kreewulei-kalu  (Russenfeldberg) ;  dasselbe 
fand  ich  so  vollständig  durchgraben,  dass  es  mir  erst  nach  langem  Suchen  gelang, 
dort  einen  unzerbrochenen  Schädel  (Nr.  14)  zu  finden,  dagegen  waren  da  sehr  viele 


(113) 

grüngefärbte  Knochen.  Einiges  Wenige  an  Bronzesachen  erhielt  ich  dort  noch  ge- 
kauft, während  die  Leute  in  den  letzten  Jahren  sehr  viel  an  Juden  veräussert 
hatten. 

Darauf  begab  ich  mich  nach  Lasdohn-Pastorat  (hier  Pastor  Gähtgens)  und  be- 
suchte von  dort  aus  das  Pohle- Gesinde  (unter  Prauien),  wo  mein  Bruder  vor 
Jahren  auf  dem  Felde  Feuersteinknollen  gefunden  haben  wollte.  Das  betreffende 
Feld  stand  noch  unter  unreifer,  sehr  Qppiger  Gerste.  Auf  einem  benachbarten  Felde 
hob  ich  selbst  einen  Feuerstein  mit  weisslicher  Patina  auf,  während  auf  diesem, 
wie  auf  den  benachbarten  Feldern,  sich  in  grosser  Menge  grauvioletter  Schiefer  als 
Geschiebe  fand,  der  nach  der  Probe  vor  dem  Löthrohre  kein  Brandschiefer  zu  sein 
scheint.  —  Der  Wirth  des  Pohle-Gesindes  bestätigte  die  Angabe  meines  Bruders 
betreffs  des  Vorkommens  von  Feuersteinen  auf  einem  bestimmten  Feldstücke  und 
brachte  mir  endlich  ein  aufbewahrtes  Stück,  in  welchem  deutlich  ein  Stück  eines 
geschliffenen  Beiles  zu  erkennen  ist.  —  Ende  September  sandte  ich  meinen  Kut- 
scher hin,  um  nach  beendeter  Erndte  die  Nachsuchung  fortzusetzen.  Da  derselbe 
behauptet  nichts  gefunden  zu  haben,  so  werde  ich  wohl  selbst  noch  einmal  hin  müssen, 
um  zu  untersuchen,  ob  dort  nicht  eine  Begräbnissstätte,  wie  Kohn  dieselben: 
Vorgeschichte  des  Menschen,  Bd.  1.,  für  Litthauen,  Galizien  etc.  beschreibt,  vor- 
handen sei.  — 

2)  Auf  dem  Felde  des  Sihle-Wirths  in  Prauien,  wo  ich  vor  circa  23  Jahren 
selbst  einmal  ein  Skelet  mit  einem  Hiebe  im  Schädel  aufgegraben  hatte,  fand  ich 
nur  durchwühlte  Gräber  mit  ein  Paar  Lanzenspitzen  und  eigenthümlich  geformten 
Beilen;  endlich  am  Abend  des  zweiten  Tages  unter  den  Wurzeln  einer  vor  30 
bis  40  Jahren  vom  Sturm  umgebrochenen,  sehr  grossen,  hohlen  Rüster  einen 
Schädel,  der  ziemlich  wohl  erhalten  gehoben  werden  konnte  (Nr.  15).  Die  Sage 
spricht  von  einer  Schlacht,  die  dort  zwischen  Letten  und  Litthauern  geschlagen 
worden,  und  sie  scheint  in  dem  Umstände  eine  Bestätigung  zu  finden,  dass  auf  diesem 
Felde  häufig  kleine  Beile  aus  Eisen  von  eigenthümlicher  Form  und  Kleinigkeiten 
von  Bronze  aufgehoben  sind.  Mir  wurde  während  der  Untersuchung  von  der 
Wirthin  ein  auf  jenem  Felde  gefundener,  kleiner,  kreisrunder  Schleifstein  von  grau- 
lichem Sandstein  mit  umlaufender  Rille  zum  Umbinden  einer  Schnur  oder  Riemen 
zum  Anhängen  gebracht.  Derselbe  hat  0,017  m  Dicke  und  gleicht  einigermaassen 
dem  von  Nilsson,  Steinalter  auf  Taf.  L,  Nr.  10,  abgebildeten. 

3)  Es  liegt  dieses  Feld  an  einem  uralten,  erst  neuerdings  wieder  in  Aufnahme 
gekommenen  Wege  nach  Polnisch-Livlaud,  der  über  die  Flüsse  Kuje  und  Ewst  auf 
Borchow,  Warkland,  Welonen  und  Rositten  hinausführt  und  in  alten  Zeiten  wohl 
über  Ludsen  ins  Pleskausche  ging.  In  der  Gabelung,  wo  die  Wege,  von  Prauien 
und  Lasdohn  herkommend,  etwa  3  Werst  von  Prauien  zusammenlaufen  und  nun 
diesen  Weg  zu  bilden  anfangen,  befindet  sich  auf  der  Spitze  eines  Grandhügels 
eine  Menge,  zum  Theil  schon  beim  Grandführen  für  den  Wegebau  zerstörter,  ebener, 
runder,  mit  faust-  bis  kopfgrossen  Steinen  gepflasterter  Flecken.  Mir  war  mitgetheilt, 
dass  bei  der  Grandfuhr  unter  jenen  Flecken  gelegentlich  Menschenknochen  und 
Bronzeschmucksachen  zu  Tage  kämen.  Bei  der  Untersuchung  von  vier  solchen 
kleinen  Steinsetzungen  fand  ich  die,  nach  unten  grösser  werdenden  Steine  bis 
4  Fuss,  d.  h.  1,25  m  in  die  Erde  hineinreichend,  und  dann  unter  denselben  ein 
Skelet  liegend,  an  dem  der  Schädel,  wohl  durch  das  Gewicht  der  Steine,  jedesmal 
zerdrückt  war.  Da  ein  daneben  wohnender  deutscher  Töpfer  aussagte,  dass  er  dort 
wohl  Knochen  und  Bronzesachen,  aber  keinen  unversehrten  Schädel  gesehen,  gab 
ich  die  Arbeit  auf, 

4)  Endlich  untersuchte  ich  circa  6  Werst  nördlich  vom  Pastorate  Lasdohn  beim 

Verbandl.  der  Berl.  Anthropol.    UeitelUvIiuft  187H.  g 


(114) 

Pehter'en-Gesiüde,  unter  dem  Gute  Modohn,  ohnweit  des  von  Erlaa  nach  Sess- 
wegen  etc.  nach  Pleskau  jetzt  führenden  "Weges  eine  Stelle,  wo  beim  Graben  eines 
Fundaments  in  3  Fuss  Tiefe  eine  Reihe  von  circa  6  hart  neben  einander  liegender 
Skelette,  mit  reichem  Bronzeschmuck,  namentlich  Armspiralen,  Kettengehänge, 
reichem  Kopfschmuck  und  Kopf-  und  Haisringen,  gefunden  worden.  Der  Wirth 
selbst,  vou  dem  der  Pastor  die  Nachricht  erhalten,  war  nicht  zu  Hause,  sein  "Weib 
und  sein  Schwiegervater  schienen  misstrauisch  mit  ihrem  etwaigen  Wissen  hinterm 
Berge  zu  halten,  und  konnte  ich  daher  nur  in  der  Umgegend  des  betreffenden 
Gebäudes,  einer  massiven  Heitzriege  (Getreidedarre  nebst  Dreschtenne),  meine  Nach- 
grabungen und  Sondirungen  anstellen  und  fand  endlich  ein  ziemlich  schmuckloses 
Skelet  mit  Beil  und  Lanze  und  defectem  Schädel.  Die  erwähnten  Bronze-Schmuck- 
sachen sollen  theils  verschleppt,  theils  an  Juden  verkauft  sein,  so  dass  ich  nur  ein 
alterthümliches  kleines  Beil  erhalten  konnte.  Ein  an  die  Riege  grenzendes  Feld- 
stück, mit  üppig  stehenden  Erbsen  bestellt,  deutet  durch  die  sehr  schwarze  Farbe 
des  Bodens,  die  wohl  durch  reiche  organische  Beimischung  entstanden  scheint,  dar- 
auf, dass  dort  vielleicht  künftig  Interessantes  zu  finden  wäre. 

In  dem  an  Lasdohn  grenzenden  Kirchspiele  Laudon  liegt  jenseits  der  Ewst, 
d.  h.  östlich  derselben,  das  Gut  Odsen  (Ohde,  Mücke);  hart  am  Wege  dorthin, 
an  der  Grenze  zwischen  den  Gütern  Sawensee  und  Odsen,  und  zwar  noch  in  der  des 
ersteren,  liegen  im  Tannenwalde  etwa  10  grosse,  2  Fuss  hohe,  mit  Steinen  umstellte 
Turauli,  an  denen  allen  jedoch  die  Spuren  mehrfachen  Grabens  zu  sehen  waren; 
zwei  davon  untersuchte  ich.  Der  grössere  davon  maass  von  Nord  nach  Süd  12,40  vi, 
vou  Ost  nach  West  17,45  m.  In  der  Mitte  dieses  Tumulus  fanden  sich  die  Knochen 
mehrerer  Skelette  durch  einander  geworfen,  die  Schädel  zerbrochen,  theilweise 
grün  gefärbt.  Am  Südrande  innerhalb  der  Steinsetzung  fand  ich  in  1  m  Tiefe  ein 
Skelet,  ohne  Beigaben  an  Schmuck,  der  Kopf  in  "West,  Füsse  Ost.  Der  Schädel 
erhalten,  folgt  unter  Nr.  17.  Das  Alter  des  Skelets  glaube  ich  in  die  ersten 
christlichen  Jahrhunderte  hieselbst,  also  zwischen  1200  und  1400  setzen  zu  müssen, 
näher  letzterem,  als  das  Beerdigen  in  heidnischen  Begräbnissplätzen  noch  allge- 
mein war. 

Eine,  etwa  eme  Werst  davon  entfernte  interessante  Bauerburg  mit  dreifacher 
etagenförmiger  ümwallung,  die  specifisch  lettisch  scheint,  werde  ich  später  mit 
weiteren  Burgbergen  besprechen.  —  In  den  Beiträgen  zur  Kenntniss  der  Alter- 
thümer  in  den  Ostseeprovinzen  Russlands  Bd.  1.,  Heft  3,  S.  368  u.  ff.  bespricht 
Hr.  von  Brackel  die  Gräber  einer  Localität  unter  Odsen,  circa  2  Werst  oberhalb 
der.  Brücke  über  die  Ewst  am  linken  Ufer,  2  Loofstellen  {-  20  000  G  Ellen  schwe- 
disch) gross,  mit  zahlreichen  Grabhügeln  bedeckt,  derzeit  Krewu  kappi  genannt 
(Russengräber),  woselbst,  wie  es  scheint,  durch  den  Conservator  des  Mineralien-Cabi- 
nets  von  Dorpat,  ülprecht,  im  Jahre  1814  Aufgrabungen  gemacht  sind.  Wenigstens 
ist  1836  in  dem  Dorpater  Localblatte  „Inland",  S.  345  in  Nr.  21,  von  einem  Esten- 
grab  an  der  Ewst  unter  Odsen  und  Sawensee  die  Rede,  und  von  einem  Esten- 
schädel (von  dort  her,  in  dem  Nachlasse  ülprecht's)  mit  Kupferblechen  an  Draht. 
Drahtketten,  kupfernen  Reifen,  Armband,  Lanzenspitze  (Eisen)  10  Zoll  lang.  Dieser 
Nachlass  ist  schliesslich  an  die  Rigaer  Gesellschaft  für  Alterthumskunde  durch  die 
Schwester  ülprecht's  gelangt.  Als  ich  nun  zu  diesen  Krewu  kappi  fuhr,  fand 
ich  fast  den  ganzen  Platz  durch  jährliche  Ausspülungen  der  Ewst  zerstört,  von 
Grabhügeln,  welche  die  alten  Leute  gesehen  haben  wollten,  keine  Spur.  In  dem 
ziemlich  steil,  etwa  15  Euss  mit  frischen  Spuren  des  Einsturzes  zur  Ewst  abfallen- 
den Ufer  wurden  2  massive  Armspangen  von  Bronze  (Taf.  Xlll.,  Fig.  2  und  3),  den 
Formen  von  Gulbern  sich  anschliessend,  2  Lanzenspitzen,  sowie  ein  Beil  von  Eisen, 


(115) 

kleine  Bronze-Spiralen  und  2  defecte  Schädel  gefunden.  Nach  langem  Suchen 
fand  ich  endlich  nahe  dem  Ufer  ein  Skelet,  ohne  Beigaben  oder  Waffen,  der  Kopf 
nach  Norden,  die   Füsse  nach  Siidfm  gekehrt.      Der  Schädel  folgt  unter  Nr.    IG. 

Von  Odsen  aus  fuhr  ich  nach  Stockmannshof  an  die  Düna,  machte  von  dort 
bis  Kokenhusen  die  Fahrt  mit  einem  Boote  und  kehrte  über  F'istelen  etc.  nach 
Hause  zurück.  Da  ich  schon  5  Wochen  unterwegs  war  und  ich  mich  auf  den  Gütern  an 
der  Düna  nicht  angemeldet  hatte,  hielt  ich  mich  nur  in  Fistelen  an  der  Ogcr,  wo 
ich  wusste,  dass  schon  früher  Sachen  gefunden  seien,  ein  Paar  Tage  auf.  Oben- 
ein wurde  das  Wetter  durch  Kälte  und  sehr  häufigen  heftigen  Regen  von  Tag  zu  Tag 
zu  solchen  Arbeiten  ungünstiger.  —  8  bis  9  Fuss  über  der  Oger  traf  ich  ein  ebenes, 
mit  Klee  bestandenes  Feld,  von  dem  ein  Stück  beim  F-^isgang  von  der  Oger  abge- 
rissen war,  wo  man  auf  dem  Grunde  die  vom  Wasser  losgespülten  Bronze-Schmuck- 
sachen gefunden  hatte.  Der  Boden  war  schwärzlich  grauer  Sand,  4  F'uss  tief,  gegen 
die  Tiefe  stets  dunkler  und  härter  werdend,  fast  steinhart.  Darunter  lag  3  bis 
4  Fuss  rother  Sandstein,  auf  Lehm  auflagernd;  der  Erdbohrer  nutzte  dort  nichts 
weil  die,  die  Nähe  von  Leichen  sonst  andeutende  dunkelere  ßodeufärbung  sich 
hier  von  der  Bodenfarbe  nicht  abhob.  Eine  eingehende  Untersuchung,  durch  Aus- 
werfen schmaler  paralleler  Gräben,  womit  ich  einen  Versuch  bei  störendem  Regen 
machte,  musste  ich  wegen  Mangel  an  Menschen  aufgeben,  weil  in  den  umliegenden 
Gesinden  der  Scharlach  bösartig  herrschte,  und  der  Gutsbesitzer,  mein  Vetter  mich 
gebeten  hatte,  jede  Berührung  mit  den  Leuten  zu  vermeiden,  um  die  Krankheit 
nicht  auf  seine  Pflegekinder  zu  übertragen.  Höchst  interessant  ist  es  nun,  dass  hier 
in  den  von  der  Oger  blosgelegten  Bronzesachen,  derselbe  Typus,  wie  bei  Gulbern 
hervortritt. 

Prof.  ßaehr  zeichnet  in  seinem  Buche  über  die  Gräber  der  Liven  (Taf.  XIIL 
Fig.  14,  15,  16)  3  Bogenspanner,  wie  er  sie  bezeichnet,  ab,  von  denen  einer,  Nr.  14 
aus  Ascheraden  stammend,  sich  im  Rigischen  Museum  befindet,  zwei  von  unbekannten 
Fundorten  im  Mitauer  Museum.  Professor  Dr.  Kruse  (Necrolivonica)  bildet,  wie  es 
scheint,  einen  derselben  in  schlechter  Zeichnung  auf  Taf.  19,  Fig.  7,  ab  und  be- 
merkt dazu  S.  24,  dass  dergleichen  mehrere  von  ihm  gefunden  seien,  ohne  jedoch 
Fundort  und  Verbleib  anzugeben,  spricht  auch  von  solchen  Funden  in  Schlesien 
Thüringen  und  Sachsen.  Da  er  von  dem  abgebildeten  sagt,  dass  er  in  Ascheraden 
gefunden,  dürfte  es  derselbe,  in  Ascheraden  gefundene  und  von  Baehr  ge- 
zeichnete sein.  Mitiiin  befanden  zu  jener  Zeit  nur  3  dergleichen  Bogenspanner 
Armringe  oder  Schwurringe,  wie  man  sie  nun  nennen  mag,  sich  hier  im  Lande. 

Bei  einer  genauen  Besichtigung  des  Rigischen  Museums  am  5.  December  1878 
und  des  Mitauer  Museums  am  9.  December  fand  ich  in  ersterem  o  Schwurringe 
(Bogenspanner),  von  denen  2  aus  Ascheraden  stammen,  der  dritte  aus  Kewer  Ge- 
sinde, Kirchspiel  Serben,  Gut  Auleiiberg.  Das  Mitauer  Museum  besitzt  auch  jetzt 
nur  zwei  dergleichen,  sehr  schöne,  die  beide  von  Baehr,  Gräber  der  Liven,  abt^e- 
bildet  sind.  Der  Fundort  von  beiden  ist  unbekannt.  —  In  den  Verhandlun^^en  der 
gelehrten  estnischen  Gesellschaft,  Band  VI.,  Heft  3  und  4,  „das  Vaterländische 
Museum'',  Taf.  X.,  Fig.  43,  ist  ein  Schwurring  abgebildet;  in  der  Erläuterung 
heisst  es  ^aus  Ronneburg,  Körber's  Sammlung".  Da  nun  das  Gebiet  von  Rönne- 
bürg  einen  Theil  des  Smiltenschen  Kirchspiels  bildet  und  auf  der  anderen  Seite 
bis  auf  ein  Paar  Werst  au  das  Kewer  Gesinde  hinanreicht,  so  glaube  ich  annehmen 
zu  können,  dass  dieser  Schwurring  eben  daher  stammen  werde.  Sollte  das  jedoch 
auch  nicht  richtig  sein,  so  ist  immer  im  Auge  zu  behalten,  dass  Ronneburg  noch 
in  das  unabhängig  lettische  Tolowa  Heinrichs  von  Lettland  gehört,  und  von  mir 
nur  wegen  der  zu  präsumireuden  estnischen  Sklaven  bei  meiner  Uutersuchungsfahrt 

8* 


(116) 

vermieden  wurde.  —  In  Gotthard  Hausen  „Estländisches  Provinzial-Museum" 
findet  sich  Taf.  IV.,  Fig.  1 ,  ein  desgleichen  Schwurring  abgebildet.  Der  Fundort 
unbekannt.  Mithin  sind  in  sämmtlichen  Museen  der  drei  Ostseeprovinzen  derzeit 
vorhanden  7  Schwurringe  oder  Bogenspanner,  von  denen  einer,  der  estländische, 
wegen  unbekannten  Fundortes  aus  der  Betrachtung  wegfällt,  während  die  übrigen 
nur  bei  Ascheraden  an  der  Düna  und  in  der  Oger-Gegend  gefunden  sind,  insofern, 
wie  sich  später  zeigen  wird,  das  Kewer  Gesinde  in  nächster  Beziehung  zu  der- 
selben steht;  zu  diesen  hat  die  diesjährige  Tour  weitere  6  Schwurringe  ergeben, 
von  denen  ich  einen  an  dem  männlichen  Skelet,  Grab  VIII.,  selbst  gefunden  habe, 
die  übrigen  5  an  der  Oger  bei  Fistelen  aufgelesen  sind  '),  während  der  Bauer,  der 
dort  die  Sachen  im  Oger-Bette  aufgesammelt  hatte,  aussagt,  dass  er  eine  Menge 
ähnlicher  bei  dieser  und  früheren  Gelegenheiten  gefunden  und  an  Juden  als  altes 
Messing  verkauft  habe.  —  Im  Jahre  1877,  im  Spätherbst  war  ich  beim  Aufsuchen 
von  grossen  Steinsetzungen  (Schiffsgräbern)  bis  ins  Serbensche  Kirchspiel,  an  Ronne- 
burg  grenzend,  gelangt,  und  fand  dort  im  Gebiete  Aulenberg  im  Kewer  Gesinde 
einen  alten,  leider  jedoch  meist  schon  durchgrabenen  Begräbnissplatz,  dessen 
Schmucksachen  einen  auffallenden  Unterschied  von  denen  der  livischen  oder  ge- 
mischt livisch-lettischen  beim  Ikkul-See,  Gross  Roop,  Kremon,  Treyden  etc-.  zeig- 
ten. Von  den  dort  gefundenen  Sachen  war  etliches  nach  Riga  gebracht  worden, 
durch  Hrn.  Probst  Keussler,  dort  aber  nicht  die  verschiedenen  Fundorte,  wie 
Kewer,  Gotthardsberg,  Drostenhof  gesondert  bemerkt;  das  meiste  war  an  Juden  ver- 
kauft, so  dass  ich  nur  eine  spärliche  Nachlese  halten  konnte.  Dieselbe  gestaltete 
sich  trotzdem  zu  einem  reichen  und  wichtigen  Funde,  weil  in  Gulbern  und  dem 
übrigen  rein  lettischen  Gebiete  nahe  verwandte  oder  gleiche  Funde  in  diesem  Jahre 
hinzukamen.  So  fand  ich  unter  den  5  Leichen,  die  ich  dort  ausgrnb  und  die  in 
2  Gruppen    vertheilt    lagen  —  nehmlich  eine  männliche  und  nebenan  liegend  eine 


1)  Die  Bezeichnung  dieser  Ringe  als  Schwurringe  scheint  mir  keine  ganz  glückliche  zu 
sein,  da  höchstens  die  scheinbare  Uamöglichkeit,  sie  leicht  vom  Arme  zu  eutfernen,  dafür 
sprechen  dürfte;  unter  den  5  aus  Fistelen  von  dem  Oger-Ufer  erhaltenen  derartigen  Ringen 
ist  einer  beim  seitlichen  Losbiegen  zerbrochen,  während  3  die  Spuren  zeigen,  dass  sie  eben- 
falls seitlich  losgebogen  gewesen,  offenbar  um  so  den  Arm  hineinstecken  zu  können.  Es 
könnte  jedoch  ein  solches  gelegentliches  Ablegen  des  massiven  und  schweren  Armringes  an- 
gezweifelt werden,  wenn  nicht  der  eine  der  Mitauer,  von  Baehr  „Gräber  der  Liveu",  Taf.  XIII., 
Nr  15,  abgebildete,  in  seinem  hinteren  schmalen  Theile,  wie  das  auch  in  der  Zeichnung 
angedeutet  ist,  einen  Einsatz  hätte,  der  sich  dem  übrigen  Ringe  genau  anschliesst,  aber 
nach  Entfernung  eines  kleinen  Domes  losgebogen,  und  selbst  ganz  herausgenommen  werden 
konnte,  so  dass  eine  bequeme  Oeffnung  den  Arm  hineinzufügen  entstand.  Danach  kann  es 
keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  diese  Ringe  trotz  ihrer  Grösse  und  unbequemen  Form  am 
Arme  getragen  worden  sind.  Wer  mit  Bogen  und  Pfeil  geschossen  hat,  weiss  aber,  dass 
der  Pfeil  mit  seiner  Rille  auf  der  Bogensehne  direct  aufliegen  muss,  wenn  er  die  volle  Kraft 
der  Bogenspannung  empfangen  soll,  und  dass  desshalb  mit  dem  Daumen  und  dem  gebogenen 
Zeigefinger  um  die  zwischeuliegende  Bogensehne  herum  der  Pfeil  gefasst  und  durch  ihn  die 
Sehne  gespannt  wird,  die  dann  den  Pfeil  im  Momente  des  Loslassens  in  der  gegebenen 
Richtung  fortschnellt.  In  welcher  Weise  soll  bei  solcher  Manipuhition  der  sogenannte  Bogen- 
spanner verwandt  werden?  Wohl  aber  ist  es  mir  sehr  verständlich,  dass  dieses  Armband, 
wenn  es  auf  den,  den  Bogen  führenden  Arm  mit  dem  breiton  Theile  nach  innen  angelegt 
worden,  die  Partie  der  Pulsader  und  der  fast  freiliegenden  Sehnen  unmittelbar  bei  der 
Handwurzel  gegen  den  sehr  schmerzhaften  Anschlag  der  zurückschnellenden  Bogensehne  bei 
starker  Bogenspannung  schützen  würde,  und  zwar  besser  als  jedes  andere  platt  anliegende 
Arml)and,  und  dass  es  wohl  für  diesen  Zweck  die  auffallende  Form  mit  den  breit  vorsprin 
gendon  Rändern,  sowohl  um  das  Armloch,  wie  aussen  herum,  erhalten  hat.  — 


(117) 

weibliche;    in    der    zweiten    Gruppe    eine    männliche    Leiche    und    an    jeder  Seite 
eine  weibliche  —  bei  2  weiblichen  Skeletten   an  den  Vorderarmen  Bronzespiralen; 
die  mit  ihnen  geschmückten  Arme  waren  mit  zusammengelegten  Händen  zum  Kinn 
erhoben,    welche    Stellung    in    der    Lage    der    Armspiralen     in   Grab   IX.    Gulbern 
nachgeahmt    zu    sein     scheint,    (Baehr,    Liven  -  Gräber    Taf.    L,    8).      Auf    dem 
Kopfe    hatten    sie    die    sogenannte  Todtenkrone    mit  den  herabhängenden  Klapper- 
blechen, die  aus  r)raht8piralen  gefertigte  Krone,  und  eine  von  ihnen  auf  der  linken 
Seite  des  Nackens  den  vom  durchbrochenen  Bronzedreieck  herabhängenden  Ketten- 
schmuck mit  Schellen  und  Klapperblechen,  ähnlich  dem  hier  auf  Taf.  XIIL,  Fig.  9, 
abgebildeten.  —    Baehr,    Livengräber,    bildet  Taf.  \'IIL,    Nr.   1,    aus    Libau    eine 
colossale  Fibel  von  Bronze  ab,  wahrscheinlich  dieselbe  bildet  Kruse  Necrolivonica 
aus  Libau,    Taf.  35,    Nr.  d,    mit  der  Bemerkung  ab,  „grosse  Bronze-Fibel  späterer 
römischer  Zeit",    sie    befindet    sich    im  Mitauer  Museum.     Ebendaselbst    findet  sich 
ebenfalls  eine  grosse  Fibel  aus  Mesothen  herstammend,  deren   Fuss  und  Mitte  nebst 
Spiralenden  wie  Fig.  8  beschaffen  ist,  nur  dass  der  obere  Theil  der  Platte  fehlt.  — 
In  Kewer    erhielt    ich    zwei  ähnliche,    die  an  Leichen  gefunden  waren,  Taf.  XIIL, 
Fig.  8,   10,   11.     Fig.  8  wohlerhalten,  von  Bronze,  versilbert,  mit  Gravüre.     Fig.   10 
und  11:  Theile  von  Fig.  11   waren  mit  einer  dünnen  Silberplatte  belegt  und  eben- 
falls   gravirt    gewesen.     Ein  Schmid  hatte  diese  Silberplatte  abgerissen  und  Theile 
davon    zum  Löthen    von  Stahl    verbraucht.     Den  Rest    nebst  der  Bronze-Unterlage 
konnte    ich    retten,    und    habe    ich    sie    von   der  unteren  Seite  her  photographiren 
lassen,    weil    dort    in    Fig.   10    der    über   den  Bindfaden    hervorstehende  Haken  zu 
sehen    ist,    unter    den    des  zweiten  Stück  geschoben  worden    und  dann  durch  Hin- 
durchziehen   eines  Dornes    durch    die    beiden  Endöhsen    und    die  in  der  Mitte  des 
oberen  Theiles    von  Fig.   10  befindliche  Oehse    die  Theile   mit  einander  verbunden 
und  die  Unterlage  für  die  Drahtspirale  gewonnen  wurde.     Auf  dem  unteren  Theile 
befand  sich  gleich    unter    den  2  kleinen  Löchern  der  Rest  des  Hakens,  in  den  die 
Nadel    hineingriff.     Die  Maasse    dieser  Fibeln    sind:    Fig.  8:    von  einem  Ende  der 
Drahtspirale    zum    anderen    0,105  in,    Höhe  vom  höchsten  Punkte  der  oberen  halb- 
runden Platte    bis    zur  Mitte    der  Einbucht    am  Fusse  0,095  m,    grösste  Breite   der 
oberen   Platte   0,065  m,    grösste  Breite    des  Fusses  0,076  m.     Mit    diesen    2  Fibeln 
(die  etwa  Platten fibeln  genannt  werden  könuten)  wurde  die  in  Fig.  7,  Taf.  XHL, 
abgebildete    gefunden.      Sie    ist    von    dunkelbrauner  Bronze    mit   Spuren   von  Ver- 
goldung und  misst:  die  Kopfenden  der  Drahtspiralenstange  0,119  m,  die  Länge  des 
Mittelstückes  0,123  m      Auch    diese  Form    ist    selten;    in  Riga  kenne  ich  nur  drei 
von    diverser    Grösse,    aus  Ascheraden    stammend:    Taf.   19,    Fig.  8  bei  Kruse,  in 
Mitau    eine    grosse   von  dunkelbrauner  Bronze  mit  Vergoldung,  und  dann  die  zwei 
Prachtstücke,  welche  Kruse  Necroliv.  Taf.  36  D.  und  Taf.  35  e..  Bahr,  Taf.  VIII., 
Fig.  2,  3,  abbilden,   und  von  denen  erstere  aus  mit  grünlicher  Patina  angelaufener, 
stark  vergoldeter  Bronze,    letztere    aus    massivem  Silber  besteht,    beide    in  Grobin 
gefunden     Ein  Bruchstück  einer  ähnlichen  colossal  grossen  Fibel  von  dunkelbrauner 
Bronze    mit  Spuren    von  Vergoldung    fand  ich   1876  in  Oesel  in  einem  Brandgrabe 
auf  dem  Felde  eines  Dorfes,  das  Kurefer  heisst  (etwa  Kurenrain).    Ich  glaube  mich 
aber  zu  erinnern,  eine  ähnliche  vollständige  Fibel  im  Arensburger  Museum  gesehen 
zu  haben.     Doch    kann    das    in  keiner  Weise  maassgebend  sein,  weil  die  -Chronick 
Heinrichs  von  Lettland  viel  von  der  Seeräuberei  der  Oeselaner  an  den  Küsten  der 
Ostsee  und  ihren  Raubzügen  in's  Land  hinein  zu  erzählen  weiss. 

Auch  Form  und  Gewicht  der  übrigen  Armbänder,  Armringe,  weicht  wesentlich 
von  den  der  Gräber  an  der  Aa  bei  Cremon,  Treyden,  Roop  etc.  ab,  sie  sind  durch- 
weg massiv  gegossen,  die  Enden  meist  in  Schlaugen-  oder  Thierköpfe  auslaufend. 


(118) 

So  glaube  ich  deun  wohl  auch  in  dem  Schmuck  der  Gräber  eine  Bestätigung 
für  den  Satz  zu  finden,  dass  ein  vielfach  von  den  Esten  und  Liven  sich  unter- 
scheidender Volksstauim  hier  seine  Spuren  in  Gräbern  hinterlassen  hat,  die 
mit  den  Alterthiimern  der  Gegenden  jenseits  der  Düna  am  meisten  Aehnlichkeit 
haben  und  sich  dadurch  als  lettisch  erweisen.  —  Während  Ascheraden  der  Punkt 
an  der  Düna  zu  sein  scheint,  von  dem  aus  die,  durch  den  Handel  in's  Land  ge- 
brachten Schmucksachen  nach  der  Sitte  der  Volksstämme  getheilt,  sich  in's  Land 
verbreiteten,  so  liefert  der  auf  Birkenrinde  genähte  Gürtel  den  Nachweis,  dass 
manche  eingeführte  Schmucktheile  hier  erst  in  landesüblicher  Weise  verarbeitet 
wurden.  — 

Hr.  Virchow  bespricht  die  in  der  Mittheilung  des  Grafen  Sievers  er- 
wähnten 

livländischen  Schädel. 

Die,  schon  in  der  Sitzung  vom  11.  Januar  (Verh.  S.  8)  erwähnte  Sendung  des 
Grafen  Sievers  war  so  ausgezeichnet  verpackt,  dass  trotz  der  grossen  Gebrech- 
lichkeit der  Mehrzahl  der  Schädel  kein  einziger  auf  der  langen  Reise  beschädigt 
worden  war.  Es  verdient  daher  die  Art  der  Verpackung  um  so  mehr  eine  be- 
sondere Erwähnung,  als  es  gerade  für  den  Transport  von  Schädeln  noch  sehr  an 
erprobten  Methoden  fehlt. 

Graf  Sievers  hatte  die  Holzkiste,  welche  zum  Transport  bestimmt  war,  zu- 
nächst durch  Quer-  und  Längswände  in  eine,  der  Grösse  und  Zahl  der  zu  trans- 
portirenden  Schädel  entsprechende  Zahl  von  Kammern  eintheileu  lassen.  Jede 
Kammer  enthielt  2  Schädel.  Von  diesen  war  wiederum  jeder  einzeln  in  eine  aus 
Stroh  geflochtene  Hohlkugel  eingesetzt,  von  der  die  vorgelegte  Zeichnung  ein  Bild  giebt. 


Die  Kugel  ist  in  der  Art  hergestellt,  dass  zuerst  sorgfältig  ein  Strohseil  ge- 
flochten, dieses  dann  in  Spiraltouren  aufgerollt  und  durch  Bindfaden  vernäht  worden 
ist.     Ich  kann    diese,  leicht  herzustellende  Schutzhülle  dringend  empfehlen. 


(119) 

"Was  die  Sch'ädel  selbst  anbetrifft,  so  bilden  dieselben  eine  sehr  erwünschte 
Ergänzung  des  Materials,  welches  ich  in  den  Sitzungen  vom  2Ü.  October  1H77 
(Verh.  S.  3G9,  415)  und  vom  (t.  März  1878  (Verh.  S.  141.  Taf.  Xlll.)  besprochen 
habe.  Der  Haupttheil  derselben,  nehmlich  9,  stammen  überdiess  von  einer  Localität, 
aus  der  (hegend  von  Gulbern,  dem  Hochlande  von  Livlaud,  von  wo  ich  früher 
(Sitzung  vom  20.  October  1877,  Verh.  S.  .371)  schon  einen  Schädel  im  Museum  zu 
Riga  gemessen  hatte.  Nicht  weit  davon  nördlich  liegt  Pebalg,  von  wo  ich  gleichfalls 
2  Schädel  in  Riga  gefunden  hatte;  südlich  und  östlich  in  massiger  Entfernung 
finden  sich  die  vom  Grafen  Sievers  ausgebeuteten  Gräber  von  Eckhof,  Lubey 
dem  Nagelberg  und  Sesswegen,  sämmtiich  im  Oger- Gebiet.  Nur  Praulen  und 
Odsen  liegen  viel  weiter  südlich  im  Gebiet  der  Ewst,  letzteres  ganz  nahe  der 
Grenze  des  Gouvernements  Witebsk.  Wie  ich  schon  früher  hervorgehoben  hatte 
und  wie  Graf  Sievers  es  jetzt  bestätigt,  ist  diess  vorwiegend  lettisches  Gebiet. 

Unter  diesen  Funden  verdient  der  aus  der  Ogersille  bei  Gulbern,  den  ich 
unter  letzterem  Namen  aufführen  werde,  die  grösste  Aufmerksamkeit,  weil  hier 
9  Schädel  gewonnen  worden  sind,  also  die  Möglichkeit  einer  Vergleichung  und 
Mittelung  viel  grössere  Wahrscheinlichkeiten  der  Richtigkeit  gewährt.  Auch  sind  diese 
Gräber  archäologisch  gut  bestimmt.  Sie  gehören  in  die  Gruppe  der  sogenannten 
Livengräber,  deren  wahrscheinlich  häufig  lettische  Natur  ich  schon  früher  ausein- 
andergesetzt habe. 

Die  Schädel  von  Gulbern  befinden  sich  in  einem  sehr  verschiedenen  Erhaltungs- 
zustände. Die  meisten  sind  sehr  gebrechlich,  einzelne  sogar  stark  verwittert,  meh- 
rere am  Gesicht  bei  dem  Ausgraben  stark  verletzt;  aber  sie  haben  meist  Unter- 
kiefer, mehrere  Hessen  sich  gut  restauriren  und  sie  lassen  fast  sämmtiich  die  Haupt- 
maasse  erkennen.  Am  besten  erhalten  ist  Nr.  4  von  Gulbern:  es  ist  ein  braun- 
gelber, sehr  fester  und  schwerer  Schädel,  den  ich  für  einen  viel  mehr  recenteu 
halten  würde,  wenn  nicht  die  archäologischen  Beigaben  (Grab  VIII.)  ganz  charakte- 
ristisch wären. 

Meiner  Schätzung  nach  sind  5  Schädel  (Nr.  2,  3,  4.  6,  8)  männlich  und  zwar 
von  Männern  im  mittleren  oder  höheren  Lebensalter;  4  (Nr.  1,  5,  7,  9)  halte  ich 
für  weiblich,  darunter  ist  einer  (Nr.  9)  von  einem  sehr  jungen  Individuum.  Mit 
dieser  Bestimmung  treffen  auch  die  archäologischen  Beigaben  zum  Theil  zusammen, 
obwohl  der  Geschlechtsuuterschied  sich  darin  nicht  stark  zeichnet.  Unter  den 
weiblichen  Skeletten  mache  ich  namentlich  auf  die  aus  Grab  IV.  (Nr.  1)  und  aus 
Grab  XIV.  (Nr.  9)  in  der  Beschreibung  des  Grafen  Sievers  aufmerksam;  unter 
den  männlichen  treten  die  aus  Grab  V.  (Nr.  2)  und  Grab  VIII.  (Nr.  4)  besonders 
hervor.  Der  mit  einer  Bronzekette  versehene  Kauri-  und  Glasperlen-Schmuck  von 
Nr.  1  ist  mitgesendet  worden;  obwohl  die  Kauris  in  der  Verwitterung  sind,  ist  er 
doch  noch  gut  erhalten  und  liegt  auf  den  Halswirbeln  auf.  Auch  von  den  kleinen 
gelben  Perlen,  die  bei  Nr.  2  erwähnt  wurden,  fanden  sich  in  dem  Moder  am  Kopfe 
noch  ziemlich  viele  vor.  Ob  der  weibliche  Kopf  Nr.  8  aus  Grab  XIII.,  der  übrigens 
ein  ausgezeichneter  Kreuzkopf  mit  erhaltener  Sutura  frontalis  ist,  einer 
späteren  Zeit  angehört,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden;  jedenfalls  scheint  es  mir 
nicht  gut  zulässig,  ihn  ganz  und  gar  auszuscheiden. 

Ich  gebe  die  absoluten  Messzahlen  und  die  daraus  berechneten  Indices  am 
Schlüsse  für  jeden  einzelnen  Schädel.  Hier  möge  es  gefallen,  zunächst  die  ge- 
niitteiten  Indexzahlen  übersichtlich  zu  betrachten.  Es  ergaben  sich  folgende  Zahlen 
für  die  Gulbern-Gruppe: 


(120) 


Schädel  aus  der'l 

Indi 

c  e  s  : 

Ogersille.        :  Längen- 
(Gulbern).         ^^^j^^^. 

Längen- 
hohen- 

Breiten- 
höhen- 

Ohr- 
höhen- 

Gesichts- 

Ober- 
gesichts- 

Nasen- 

Orbital- 

Männliche         (5)  72,5 

Weibliche        :  (4)  74,0 

Summa      (9)  73,3 

(5)  73,6 
(4)  71,1 

(9)  72,5 

(5)101,6 
(4)   96,1 
(9)   99,2 

(5)  59,9 
(4)  59,5 
(9)  59,6 

(3)118,3 
(2)119,6 
(5)118,8 

(4)  72,8 
(2)  70,6 
(6)  71,9 

(3)  50,5 
(2)  49,5 
(5)  50,1 

(4)  76,8 
(3)  87,1 
(6)  81,2 

Dem  Län geübreiten-  (Schädel-)  Index  nach  fallen  darnach  diese  Schädel,  so- 
wohl in  ihrer  Gesammtheit,  als  in  den  einzelnen  Geschlechtsgruppen  in  die  aus- 
gemachte Dolichocephalie,  so  zwar,  dass  dieselbe  bei  den  Männern  mehr,  bei 
den  Frauen  etwas  weniger  entwickelt  ist.  Dem  entsprechend  ergiebt  die  Special- 
tabelle, dass  unter  den  4  Weiberschädeln  2  mesocephale  sind,  nehmlich  Nr.  5 
mit  einem  Index  von  76,7  und  Nr.  9,  der  jugendliche,  mit  76,1,  während  umge- 
kehrt unter  den  5  männlichen  Schädeln  kein  mesocephaler,  wohl  aber  ein 
subdol ich ocep haier  ist,  indem  Nr.  2  nur  die  Zahl  von  68,5  ergiebt.  Diess 
Resultat  ist  so  scharf,  wie  nur  irgend  möglich.  Es  stimmt  auch  mit  meinen  frühe- 
ren Messungen,  indem  die  Schädel  von  Pebalg  74,1  und  73,2,  der  weibliche  von 
Gulbern  76,0  ergaben. 

Der  Längenhöhenindex  fällt  nach  der,  früher  von  mir  angenommenen  Bezeich- 
nung (Verhandl.  von  1877,  S.  424)  in  die  Orthocephalie,  wobei  umgekehrt,  wie 
bei  dem  Längenbreitenindex,  die  Männer  das  höhere  Maass  ergeben.  Im  Einzelnen 
zeigt  sich,  dass  nur  ein  Schädel,  der  männliche  Nr.  4,  hypsicephal  ist,  indem 
sein  Maass  77,1  beträgt,  dass  dagegen  ein  weiblicher,  nehmlich  der  jugendliche 
Nr.  9,  mit  66,1  in  die  Chamaecephalie  fällt.  Hierin  weichen  die  früheren 
Schädel  etwas  ab,  da  der  eine  von  Pebalg  76,4,  der  von  Gulbern  81,7,  beide  also 
hypsicephale  Maasse  ergaben,  Indess  habe  ich  auch  schon  damals  die  etwas 
anomale  Bildung  des  Pebalg-Schädels  erwähnt. 

Der  Ohrhöhenindex  diflferirt  viel  weniger  bei  den  beiden  Geschlechtern,  da- 
gegen zeigt  er  grössere  individuelle  Abweichungen.  Er  überschreitet  das  Mittel  bei 
den  männlichen  Schädeln  Nr.  4  und  6  und  bei  den  weiblichen  Nr.  5  und  7,  wo 
er  zwischen  60,2  und  62,7  variirt.  Letzterer  Gruppe  schliessen  sich  auch  die 
früheren  Schädel  von  Pebalg  und  Gulbern  mit  63,2,  61,4  und  63,7  an.  Das  nie- 
drigste Maass  zeigt  der  weibliche  Schädel  Nr.  1  mit  56,6. 

Der  Nasenindex  ist  mesorrhin  bei  beiden  Geschlechtern.  Unter  den  Indi- 
viduen findet  sich  ein  leptorrhines,  der  Mann  Nr.  4  mit  45,4,  und  ein  hyper- 
platyrrhines,  das  Weib  Nr.  8  mit  56,2,  ganz  entsprechend  den  Pebalg-Schädeln, 
von  denen  der  weibliche  6ü,8,  der  andere  50,0  ergab.  Ich  habe  dieses  besondere 
Verhältniss  einer  Combination  von  Dolichocephalie  mit  Mesorrhinie  schon  bei  Ge- 
legenheit der  Schädel  vom  Rinnekaln  (Verb.  1877,  S.  432)  besprochen,  wo  ich  sie 
als  eine  lettische  Eigenschaft  ansprach.  Die  Nase  ist  übrigens  in  allen  Schädeln 
von  Gulbern,  an  denen  sie  gut  erhalten  ist,  stark  vorspringend,  mehr  oder  weniger 
scharf  am  Rücken,  nach  oben  schwach  eingebogen. 

Nach  dem  Orbitalindex  sind  die  Schädel  geschlechtlich  stark  unterschieden. 
Das  männliche  Mittel,  76,8,  gehört  der  Chamaekonchie,  das  weibliche,  87,1, 
der  Hypsikonchie  an.  Das  Gesammtmittel,  81,2,  ist  demgemäss  mesokonch. 
Indess    ira   Einzelnen    treffen    die  Verschiedenheiten    weniger    zu.     Ein  männlicher 


(121; 

Schädel,  Nr.  6,  ist  gleichfalls  hypsikonch,  da  sein  Index  88  erreicht.  Dagegen  war 
ein  früherer  Pebalg-Schädel  mit  75,6  gleichfalls  chamaekonch. 

Mit  dem  Orbitalindex  stimmt  am  meisten  der  Obergesichtsindex,  der  bei  den 
Frauen  kleiner,  7ü,6,  bei  den  Männern  grösser,  72,8,  ist.  Das  Mittel,  71,9,  stimmt 
mit  dem  Index  des  einen  (überhaupt  messbaren)  Pebalg-Schädel,  wo  er  71  betrug. 
Indess  sind  auch  hier  die  individuellen  Variationen  recht  gross.  So  zeigt  der 
raännlicbe  Schädel  Nr.  8  die  ganz  geringe  Zahl  G5;  es  ist  diess  derselbe  Schädel, 
der  auch  den  sehr  niedrigen  Orbitalindex  von  66,2  ergab.  Der  Zusammenhang 
beider  Bildungen  zeigt  sich  auch  darin,  dass  der  weibliche  Schädel  Nr.  5,  welcher 
das  hypsikonche  Maass  von  91  erreicht,  unter  allen  weiblichen  Schädeln  den 
grössten  Obergesichtsindex,  nehnilich  74,4,  zeigt. 

Bei  dem  eigentlichen  Gesichtsindex  stehen  sich  die  Geschlechter  in  den  Mitteln 
sehr  nahe.  In  Bezug  auf  die  Geschlechter  findet  sich,  dass  der  männliche  Schädel 
Nr.  8  das  geringste  Maass,  108,  besitzt  und  hinter  dem  weiblichen  Nr.  1  mit  114,2 
nicht  unbeträchtlich  zurückbleibt,  während  hiewiederum  der  weibliche  Schädel  Nr.  5 
mit  125  fast  das  höchste  Maass  der  männlichen  Schädel,  welches  Nr.  4  mit  126,3 
darbietet,  erreicht.  Es  ist  also,  wie  leicht  ersichtlich,  nicht  etwa  der  Unterkiefer, 
welcher  die  Entscheidung  giebt.  — 

Was  die  übrigen  Schädel  (nach  Abrechnung  der  von  Gulbern)  betrifft,  so  fasse 
ich  sie  in  eine  gemeinsame  Betrachtung  zunächst  unter  einander,  sodann  mit  denen 
von  Gulbern  zusammen.  Den  Schädel  Nr.  17  aus  dem  Grabe  von  Odsen  (nach 
der  genaueren  Bestimmung  an  der  Grenze  unweit  der  Bauerburg  im  Sawen-See 
gefunden)  lasse  ich  dabei  ausser  Rechnung,  da  er  zu  sehr  verletzt  ist,  um  sichere 
Zahlen  zu  liefern:  er  ist  auf  das  Schädeldach  reducirt.  Es  bleiben  also  im 
Ganzen  noch  7  Schädel,  darunter  3  männliche  (Lubey-Haide  Nr.  12  und  13,  Prau- 
len  vom  Sintel  Sihle  Feld  Nr.  15)  und  4  weibliche  (Eckhof  Nr.  10,  Nagelberg  bei 
Lubey  Nr.  11,  Sesswegen  am  Krewuleikaln  im  Wirdeen-Gesinde  Nr.  14  und  Odsen 
vom  Krewukappi  am  Ewst-Üfer  Nr.  16).  Von  letzteren  sind  überdiess  zwei  (Nr.  14 
und   16)  jugendliche. 

Sie  liefern  folgende  Indexzahlen: 


Schädel. 


I  n  d  i  c  e  s 


Längen- 
breiten- 


Längen-  j  Breiten- 
böhen-      höhen- 


Ohr- 
höben- 


Gesichts- 


Ober- 
gesicbts- 


Naseo    i  Orbital- 


A.    Von  Eckhof,  Liibey,  Sesswegen,  Praulen  und  Odsen. 


Männliche  . 

Weibliche 

Zusammen 


Männliche  . 
Weibliche  . 


(3)  74,4 

(3)  71,7 

(3)  96,3 

(3)  60,7 

(2)  114,5 

(2)  68,1 

(1)  63,0 

(4)  77,2 

(4)  72,1 

(4)  91,5 

(4)  60,8 

(1)119,7 

(2)  66,8 

(2)  48,3 

(7)  76,0 

(7)  71,9 

(7)  94,6 

{!)  60,8 

(3)  116,2 

(4)  67,5 

(3)  49,9 

(3)  80,4 
(3)  86,7 
(6)  83,2 


B.    Sämnitliche  Schädel  der  jetzigen  Sendung, 


(8)  73,2 
(8)  75,6 


(8)  72,9  I  (8)  99,6  ,  (8)  60,1    (5)  116,8     (6)  71,2 
(8)71,6  !  (8)94,8  '  (8)60,1    (.3)119,6  \  (4)68,7 


Gesamnitsumme   (16)74,4  (16)72,3   (16)97,2  (16)60,1    (8)117,8  ;(10)  70,3 


(4)  51,1 
(4)  48,9 
(8)  50,0  !( 13)  82,1 


(7)  78,4 
(6)  86,6 


Wie  leicht  ersichtlich,  ist  die  Differenz  der  Gesammtmittel  von  den  .Mitteln 
der  Gulbern-Gruppe  sehr  gering.  Dagegen  zeigt  das  Gesammtmittel  der  anderen 
Schädel  (A)  allerdings    etwas  grössere  Abweichungen,  indess  sind  doch  auch  diese 


(122) 

massig.  Am  auffälligsten  ist  die  Verschiedenheit  bei  dem  eigentlichen  Schädel- 
(Längeubreiten-)lndex.  Denn  hier  ist  sowohl  das  Gesammtmittel  der  Nicht-Gulbern- 
Schädel,  als  namentlich  das  Mittel  der  Weiberschädel  mesocephal;  nur  die 
Männerschädel  liefern  auch  hier  ein  dolichocepales  Mittel.  Die  Mesocephalie  ist 
massig,  indess  erreicht  und  überschreitet  der  Index  doch  bei  2  weiblichen  Schädeln 
(Lubey  Nagelberg  Nr.  11  und  Odsen  Nr.  IG)  mit  je  78,0  und  7h,7  die  Zahl  78. 
Im  Ganzen  sind  unter  der  Gruppe  A  4  mesocephale  und  3,  wenn  man  Odsen 
Nr.  17  mitrechnet,  sogar  4  dolichocephale  Schädel.  Die  letzteren  stammen 
von  Lubey  (Nr.  12  und  13)  und  von  Sess wegen  (Nr.  14),  Orten,  welche  ganz  nahe 
dem  Gulbern  -  Gebiet  liegen.  Sämmtliche  16  (17)  Schädel,  zusammen- 
gerechnet, ergeben  ein  rein  dolichocephales  Mittel. 

Die  zahlreichen  Verletzungen  des  Gesichts  an  Schädeln  der  Gruppe  A  haben 
leider  die  Feststellung  der  Verhältnisszahlen  für  die  facialen  Theile  sehr  beschränkt. 
Die  gefundenen  ludices  entsprechen  jedoch  im  Ganzen  den  Verhältnissen  der 
Gulbern -Gruppe  recht  gut.  Auch  hier  findet  sich  ein  leptorrhiner  Schädel 
(Odsen  Nr.  16),  jedoch  steht  sein  Nasenindex  der  Mesorrhinie  sehr  nahe.  Die 
2  Lubey-Schädel  sind  mesorrhin.  Ebenso  sind  3  Schädel  der  Gruppe  A,  der  von 
Sesswegen  (Nr.  14)  und  einer  von  Lubey  (Nr.  13)  hypsikonch,  indem  sie  einen 
Orbitalindex  von  je  97,2  und  92,1  zeigen;  der  Schädel  vom  Nagelberg  bei  Lubey 
(Nr.  11)  hat  einen  Index  von  82,1,  ist  also  mesokonch,  dagegen  die  3  übrigen 
(Lubey  Nr.  12,  Praulen  Nr.  15  und  Odsen  Nr.  16)  sind  chamaekonch.  Dadurch 
wird  das  Gesammtmittel  der  Gruppe  A  allerdings,  wie  bei  dem  Gulbern-Schädel, 
mesokonch,  allein  auch  das  männliche  Mittel  fällt  in  diese  Kategorie.  Nur  stimmt 
das  Ergebniss  insofern  mit  dem  bei  der  Gulbern-Gruppe,  als  auch  hier  das  männ- 
liche Mittel  ungleich  kleiner  ist,  als  das  weibliche.  Dem  grösseren  Orbitalindex 
entspricht  ein  kleinerer  Obergesichtsindex. 

Eine  etwas  deutlichere  üebersicht  der  Gesammtverhältnisse  werden  wir  erhal- 
ten, wenn  man  die  sämmtlichen  Schädel  nach  den  Indices  in  Gruppen  bringt. 
Darnach  gestaltet  sich  folgendes  Bild,  dem  ich  in  einer  zweiten  Reihe  (II.)  die 
früher  von  mir  gemessenen  Schädel  von  Pebalg  und  Gulbern,  sowie  die  Semgallen- 
schädel von  Terwethen  anschliesse: 

I.   Nach  dem  Schädel-(Längenbreiten-)  Index  erhalten  wir 

I.  II. 

1.  Dolichocephalen.         ?;  o  fi  0 

Gulbern  Nr.     2  68,5  _  _  _ 

„  7  -  70,4  -  - 

Odsen  „  17  71,5  —  —  — 

Gulbern  „  4  72,0  __  _  _ 

Lubey  „  13  72,5  _  _  _ 

Gulbern  »1  —  ^^A  —  — 

Alt-Pebalg  „  5  —  —  73,2  — 

Gulbern  „  6  73,6  —  —  — 

n  8  74,1  _  _  _ 

Lubey  „  12  74,1  _  _  _ 

Alt-Pebalg  „  4  —  —  —  74,1 

Terwethen  „  L  —  —  74,2  — 

Sesswegen  „  ^4  —  74,5  —  — 

Gulbern  „  3  74,6              —  —  — 

Terwethen  „  III.  —  —  —  74,7 


8  Schädel,  3  Schädel,  2  Schädel,  2  Schädel. 
Zusammen       10  männliche,  5  weibliche  =  15  Schädel, 


(123) 

I.  II. 

2.  Mesocephalen,  ^  q  *  ^ 

Gulbern  —  —  —  76,0 

Nr.     9  -  76,1  —  - 

Terwethen      „II.  —  —  —  "^6,6 

Gulbero  „       ^  —  ^'^"^  "~  "" 

Praulen  ^      15  76,7  —  — 

Eckhof  ,      lU  —  77,7  —  — 

Lubey  Nagelberg  1 1  —  78,0  — 

Odsen  Nr.  16  —  78,7  —  —  _ 


r  Schädel,   5  Schädel,  —  2  Schädel. 

Zusammen     \  männlicher,  7  weibliche  -  8  Schädel. 

Demnach  sind  unter  2:^  Schädeln  überhaupt  11  männliche  und  12  weibliche, 
also  nahezu  gleiche  Zahlen,  dagegen  ist  unter  den  sämmtlichen  männlichen  nur  ein 
mesocephaler  =  9  pCt.,  während  unter  den  12  weiblichen  nur  5  dolichocephale  ^ 
42  pCt.  sich  finden.  Diess  ist  jedenfalls  ein  sehr  bemerkenswerthes  Resultat.  Immer- 
hin bleibt  das  Gesammtergebniss,  dass  das  Mittel  aller  Schädel  der  letzten  Sendung 
74,4  beträgt,  und  wenn  wir  mit  dem  Grafen  Sievers  diese  Schädel  als  wesentlich 
lettische  nehmen,  so  folgt,  dass  der  Lettentypus  dolichocephal  ist. 

Dieses  Ergebniss  stellt  sich,  wenn  wir  die  früher  beschriebenen  Schädel  von 
Pebalg,  Gulbern  und  Terwethen')  {einzunehmen,  rechnungsmässig  so  dar: 

11  männliche  Schädel  haben  einen  mittleren  Index  von  73,1 

12  weibliche  „ ^  „ » v         r,     '^^>Q 

23  lettische^Schädel  haben  einen  mittleren  Index  von      74,4. 

So  erklärt  sich  vielleicht  die  Differenz,  welche  Hr.  Stieda^)  fand.  Er  maass 
2  männliche  und  4  weibliche  Lettenschädel  und  fand  einen  Index  von  77,3.  Da- 
gegen erhielt  Hr.  Wäber''),  der  seine  Messungen  an  Lebenden  anstellte,  bei 
60  Männern  im  Mittel  80,5,  bei  40  Frauen  79,6.  Er  zieht  davon  2,5  ab  und  be- 
rechnet danach  den  Schädelindex  der  Letten  im  Mittel  auf  77,5,  bei  Männern  78,0, 
bei  Weibern  77,1.     Darnach  wäre  der  lettische  Index  mesocephal. 

Nicht  ohne  Grund  betont  Hr.  Wäber,  dass  alle  meine  Messungen  an  Schädeln 
aus  alten  Gräbern  ausgeführt  sind.  Er  bezweifelt  daher,  ob  man  die  Resultate 
dieser  Messungen  auf  die  jetzt  lebende  Generation  übertragen  dürfe.  Ich  erkenne 
an,  dass  dieser  Zweifel  begründet  sein  kann,  nur  würde  daraus  noch  nicht  folgen, 
dass  die  Zeugnisse  der  alten  Gräber  einen  geringereu  Werth  haben,  als  die  jetzigen 
Messungen,  die  an  einer  wahrscheinlich  viel  mehr  gemischten  Bevölkerung  an- 
gestellt werden.  Immerhin  mag  die  weitere  Aufklärung  eine  Aufgabe  neuer 
Forschungen  sein;  ich  werde  mich  freuen,  wenn  meine  Anregung  auch  fernerhin 
den  Eifer  für  diese  Forschungen  in  den  Ostseeprovinzen  wach  erhalten  sollte.  Heute 
beschränke  ich  mich  darauf,  noch  ein  Paar  Skizzen  und  einige  Messungen  des  Grafen 
Sievers  von  dem  in  seinem  Reiseberichte  erwähnten  Jacob  Turk  von  Gulbern, 
Gesinde  Purwailaineen,  mitzutheilen : 


1)  Hr.  Wäber  (Beiträge  zur  Anthropologie  der  Letten.  Inaug.-Dissert.  Dorpat  1879, 
S.  39)  hat  mit  Recht  bemerkt,  dass  das  Mittel  der  !}  von  mir  gemessenen  Schädel  von  Ter- 
wethen nicht  74,8,  wie  ich  berechnet  hatte,  sondern  75,1  beträgt.  Indess  ändert  die  Cor- 
rektur  in  der  Hauptsache  nichts. 

2)  Wäber  a.  a.  0.  S.  37. 

3)  Wäber  a.  a.  0.  S.  32. 


(124) 


Länge  des  Schädels    .     .197     Mm. 

Breite     „  „  .     .  149  „ 

Ohrhöhe 120  „ 

Stirnbreite 108  „ 

Mastoideal-Durchmesser  .138  ^ 

Gesichtshöhe 207,5  „ 

Gesichtsbreite     ....   126,5  „ 

Haarrand  bis  Mund     .     .   170  „ 

Augendistanz      ....     40  „ 

Höhe  der  Nase  ....     54  „ 

Breite    „        „     .     .     .     .     32,2  „ 

Kieferwinkeldistanz     .     .117  „ 

Daraus  berechnet  sich  ein 

Längenbreitenindex  von  .     75,6    „ 
Ohrhöhenindex  „    .     60,9    „ 

Nasenindex  „    .     59,6    „ 

Man  sieht,  dass  dieser  Schädelindex  auch  ohne  Reduction  dem  von  mir  an 
alten  Schädeln  derselben  Gegend  gefundenen  näher  steht,  als  der  von  Hrn.  Stieda 
an  Schädeln  und  der  von  Hrn.  Wäber  au  Lebenden  berechnete. 


(125) 


II.  Der  Längenhöhenindex: 


I)  Hypsicephale  (über  75): 
I. 


II. 


Gulbern 

Terwethea      Nr.  1. 
Gulbern  „      4 

Alt-Pebalg       „      5 
Lubey  Nagelberg  1 1 


77,1 


75,2 


6 

77,7 
76,4 


81,7 


1  mann].,     1  weibl.,     2  männl.,     1  weibl.  Schädel. 


Zusammen     3  männliche,  2  weibliche  =  5  Schädel 


2)  Orthocephale   (70—75): 
I. 


II. 


Terwethen    Nr,  III. 
Gulbern  _      8 


Odsen 
Lubey 
Gulbern 

n 
Praulen 
Gulbern 


Terwethen 
Eckhof 


16 

12 

5 

6 

15 

7 

2 

1 

3 

IL 

10 


6 

74,6 

74,1 

73,6 
72,7 

72,2 

70,9 


9 
74,7 


74,3 
74,0 

72,3 
72,0 

70,2 


(0.8 


6  mann].,      5  weibl. ,  —         2  weibl.  Schädel. 


Zusammen     6  männl,      7  weibl.  =  13  Schädel. 

3)  Chamaecephale  (unter  70): 

I.  IL 

5  $  5 

—  68,9  — 

68,5  —  _ 

— 66^1 — 

1  männl.,     2  weibliche  -  3  Schädel. 


Sesswegen     Nr.  14 
Lubey  „    13 

Gulbern  ,      9 


Wir  finden  hier  unter  21  Schädeln,  von  denen  10  männliche,  11  weibliche 
sind,  nur  3  chamaecephale,  dagegen  5  hypsicephale  und  13  orthocephale.  Die  Yer- 
theiluug  auf  die  Geschlechter  ist  eine  ziemlich  gleichmässige,  höchstens  dass  bei 
den  Männern  die  höheren  Zahlen  ein  wenig  prävaliren.  Im  Gesaramtmittel  aller 
21  Schädel  erhält  man  für 

die  Männer .  .  73,7 

_j,    Weiber  .  .  72,7 

im  Ganzen  .  .  72,7. 
Das  Mittel  ist  also  orthocephal. 


(126) 


III.  Der  Ohrhöhenindex: 
1)  Ueber  62. 

Odsen  Nr.  IG 

Terwetheu  y,  III. 

Gulbern  „     — 

Alt-Pebalg  „      4 
Lubey  Nagelberg  1 1 

Gulberu  ^      7 

Terwethen  _     I. 


II. 


9 
64,8 


63,1 
62,7 


64,7 

63,7 
63,2 


62,1 


3  weibl.,      1   männl.,     3  weibl.  Schädel 


Zusanamen     1   männl.,  6  weibliche  =  7  Schädel. 


I. 


II. 


,)   AiWiiscueu 

Oi  — 

-ov : 

6 

Gulbern 

Nr. 

6 

61,8 

Lubey 

11 

12 

61,5 

Terwethen 

n 

II. 

— 

Alt-Pebalg 

•n 

5 

— 

Gulbern 

n 

4 

60,9 

Praulen 

n 

15 

60,8 

Gulbern 

•n 

5 

— 

Lubey 

•n 

13 

59,8 

Gulbern 

r> 

3 

59,5 

Sesswegen 

n 

14 

— 

Gulbern 

n 

8 

59,1 

61,5 


61,4 


60,2 


59,3 


7  männl.,     2  weibl.,     1  männl.,     1  weibl.  Schädel. 
Zusammen     8  männliche,  3  weibliche  =  11  Schädel. 


3) 

unter  59: 

5 

$ 

Gulbern 

Nr.    9 

— 

58,6 

Odsen 

«    17 

58,3 

— 

Gulbern 

«      2 

57,5 

— 

n 

„      1 

— 

56,6 

Eckhof 

.    10 

— 

56,2 

II. 


2  männl ,  3  weibliche  =  5  Schädel. 

Hier  tritt,  wie  gewöhnlich,  der  Geschlechtsunterschied  sehr  auffällig  hervor. 
Von  12  weiblichen  Schädeln  hat  die  Hälfte  einen  Index  über  62,  dagegen  von 
11  männlichen  nur  einer.  Dagegen  fallen  8  männliche  -  72,7  pCt.  in  die  mittlere 
Gruppe,  in  welcher  sich  nur  3  weibliche  =  25  pCt.  befinden.  Dem  entsprechend 
beträgt  das  Gesammtmittel 

der  Männer .     .     60,2 

„    Weiber  .     .     61,2 

"  aller  SchäderT~60,'77 

Der  Ohrhöhenindex   von  Jacob  Turk  ist  damit  im  Einklang. 

Bei  der  Vergleichung  mit  dem  Längenhfihenindex  stellt  sich  sofort  heraus,  wie 
wenig  derselbe  mit  dem  Ohrhöhenindex  zusammentrifft.  Allerdings  sind  die  meisten 
Schädel  mit  einem  Auricularindex  von  über  62  auch  hypsicephal   und  die  chamae- 


(127) 


cephalen    Schädel    stehen    in    der    auricularen  Reihe    gleichfalls    niedrig,    aber    ein 
strenger  Parallelismus  fehlt. 


IV.     Der  Bre  itenhöhen  index: 

'l)  Ueber   lOÜ; 

O 

Gulbern  — 


IL 


9 
107,5 


Nr. 


Alt-Pebalg 
Gulbern 


1Ü7,U 
105,3 

103,0 
100,7 
100,7 


104,3 


5  männliche, 


1   männl.,   1  weiblicher  Schädel 


Zusammen     6  männliche,  1  weiblicher  =  7  Schädel. 


2)  Zwischen  95—100: 


II. 


GuU)ern 

Terwethen 

Gulbern 


Nr.     (i 
„  III. 

"       l 

Lubey  Nagelberg  1 1 
Terwethen  „  I. 
Gulbern  _      3 


5 
100,0 


98,5 
96,4 
96,4 


2 
1UU,Ü 


95,1 


95,2 


2  mänol ,     3  weibl.,     1   männl.,     1   weibl.  Schädel. 


Zusammen     3  raännl.,  4  weibl.  =  7  Schädel 


3)  Unter  95: 

Praulen  Nr. 

Lubey  „ 

Odsen 

Terwethen 

Sesswegen 

Eckhof 

Gulbern 


11. 


13 
16 
IL 
14 
10 
9 


5 
94,7 
94,4 


94,3 

92,4 
90,5 
86,8 


92,4 


1  weibl.  Schädel. 


2  männl.,     4  weibl.,  — 

Zusammen    2  männl.,     5  weibl.  =  2  Schädel. 

Auch  hier  ist  der  Geschlechtsunterschied  höchst  auffällig.  Die  hohen  Zahlen 
sind  ganz  überwiegend  männliche,  die  niedrigen  weibliche.  Procoutisch  betrachtet 
ergiebt  sich  folgendes  Bild: 

Männlich.     Weiblich, 
über  100 .     .     28,5  pCt.      4,7  pCt. 
95-100.     .     14,2     ,        19,0     „ 
unter    95.     .       9,5     „        23,8     „ 
Aehiilich  gestaltet  sich  die  Sache  bei  der  Mittelung. 
Männer    .     .     .     99,7 
Weiber    .     .     .     96,2 
Gesammtmittel      97,8 


(128) 


Der  in  den  Summen  hervortretende  Parallelismus  mit  dem  Ohrhöhenindex  ist 
nur  scheinbar.  Im  Einzelnen  fällt  die  Beziehung  fast  ganz  aus,  da  die  Vertheilung 
der  Schädel  in  den  einzelnen  Gruppen  eine  höchst  mannichfaltige  ist. 

V.  Der  Nasenindex: 

1)  Platyrrhine  (über  52). 

Hier  sind  nur  der  eine  weibliche  Schädel  von  Gulbern  Nr.  8  mit  dem  unge- 
wöhnlich hohen  Maass  von  56,2  und  der  weibliche  Schädel  von  Pebalg  Nr.  4  mit 
dem  noch  höheren  von  60,8  zu  erwähnen. 


2)  Mesorrhine  (48—52). 
I. 


II. 


Lubey  Nr.  12 

Gulbern  „      5 

Pebalg  „      5 

Gulbern  „      7 

Lubey  Nagelberg  1 1 


5 
52,0 

50,0 


50,0 


49,0 
48,9 


50,0 


2  männl.,     3  weibl.,     1  männl.  Schädel. 
Zusammen     3  männl.,     3  weibl.  =  6  Schädel. 


3)  Leptorrhine  (unter  48): 
I. 


II. 


Odsen 

Nr.  16 

Gulbern 

.      4 

Terwethen 

.    "• 

.     I. 

47,8 


45,4 


45,0 


41,3 


1  männl.,     1  weibl.,     1  männl.,     1  weibl.  Schädel. 


Zusammen  2  männl,  2  weibl.  =  4  Schädel. 
Leider  hat  der  so  häufig  verletzte  Zustand  des  Gesichts  nur  etwa  bei  der 
Hälfte  der  Schädel,  nehmlich  bei  12  und  zwar  bei  5  männlichen  und  7  weiblichen, 
gestattet,  die  Nasenmaasse  mit  einiger  Sicherheit  festzustellen.  Die  Hälfte  dieser 
Schädel  ist  mesorrhin  und  ebenso  das  Gesammtmittel,  und  zwar  gestaltet  sich 
das  Verhältniss  folgendermaassen: 

Männerschädel 
Weiber       „ 
Gesammtmittel 
Der    Unterschied    ist    nicht    unerheblich, 
das    Ergebniss    mit    meinen    früheren    Ermittelungen.       Dabei    will    ich    besonders 
erwähnen,  dass  die  Platyrrhinie  zugleich  mit  Prognathie  zusammenfällt. 
VI.   Der  Orbitalindex: 


47,9 
51,1 
49,7 
Wie    schon  vorher  erwähnt,  stimmt 


1)  Hypsikonche  (über  85): 

I. 

6                 9  6 

Sesswegen     Nr.  14            —                97,2  — 

Lubey              „    13           92,1               —  — 

Gulbern           ,5            —                91,0  — 


U. 


(129) 


Gulbern        Nr.    6  88,0  — 

.      7  -  85,3 


2  mänDl.,     3  weibl.  -  5  Schädel. 

II. 


2)  Mesokonche  (80—85): 

I. 

6                 2  5 

Gulbern                Nr.    1      —               85,0  - 

Lubey, Nagelberg  „   11      - 82^^ - 


Odsen 

Nr. 

16 

— 

Gulbern 

■n 

2 

78,3 

Terwethen 

n 

II. 
I. 
15 

— 

Praulen 

76,6 

Pebalg 

r> 

5 

— 

Gulbern 

n 

4 

75,0 

Lubey 

r> 

12 

72,6 

Gulbern 

n 

8 

66,2 

—     2  weibl.  Schädel.    — 

3)  Chamaekonche  (unter  80): 

I.  II. 

78,9  — 


77,6 


76,6 
75,6 


5  männl.,     1  weibl.,     2  männl.,     1  weibl.  Schädel. 
Zusammen     7  männliche,  2  weibliche  =  9  Schädel. 

Leider  hat  auch  hier  der  defecte  Zustand  des  Gesichts  das  Material  bis  auf 
16  Schädel  herabgebracht,  wobei  noch  der  ungiinstige  Umstand  hinzutritt,  dass  nur 
7  weibliche  auf  9  männliche  Schädel  kommen,  also  kein  vollständiger  Parallelismus 
besteht.  Trotzdem  scheint  es  mir  kein  Zufall  zu  sein,  dass  die  Mehrzahl  der 
naännlichen  Schädel  (7)  chamaekonch,  dagegen  die  Mehrzahl  der  weiblichen  (5) 
meso-  oder  hypsikonch  ist.  Die  grössere  Niedrigkeit  der  männlichen 
Orbita    erhellt   noch  besser  aus  der  Gesammtübersicht.     Es   ergeben  nehmlich  die 

Männerschädel      77,8 

Weiber       „  85,3 

Gesammtmittel      81,1. 

Während  demnach  das  Gesammtmittel  mesokonch  ist,  stellt  sich  ein  chamae- 
koDches  männliches  und  ein  hypsikonches  weibliches  Mittel  heraus. 


VII.  Der  Gesichtsindex: 


I. 


5 

$ 

Gulbern 

Nr. 

4 

126,3 

— 

» 

T> 

5 

— 

125,0 

in 

» 

6 

120,7 

— 

Odsen 

T) 

16 

— 

119,7 

Lubey 

fl 

13 

118,2 

— 

Gulbern 

r> 

1 

— 

114,2 

Lubey 

T) 

12 

110,9 

— 

Gulbern 

n 

8 

108,0 

— 

5  männl.,     3  weibl.  =  8  Schädel. 


Verliandl.  der  Berl.   Aiithropol.  Gesell.srhalt   US7'.'. 


(130) 

Hiernach  ergiebt  sich  für  die 

Mänuerschädel  ein  Mittel  von   1 16,8 
Weiber      „         „        „         „     119,6 
Gesammtmittel     117,8 
Da    der  Gesichtsindex    das  Verhältniss    der  Höhe    des   Gesichts   (Sutura  naso 
frontalis  bis  Kinn)  zur  Breite  (von  einer  Sutura  zygomatico-maxillaris  zur  andern), 
die  Breite  =  100  gesetzt,  bedeutet,  so  heisst  das,    dass  im  Allgemeinen  das  weib- 
liche   Gesicht    schmaler    ist,    —    ein   Verhältniss,    welches    mit  der  grösseren 
Höhe  der  weiblichen  Orbita  harmonirt. 


Vni.  Der  Obergesichtsindex: 


IL 


6 

9. 

6 

$ 

Gulbern 

Nr. 

4 

76,3 

— 

— 

~ 

n 

» 

6 

75,5 

— 

— 

— 

1) 

Tl 

2 

74,5 

— 

— 

— 

rt 

•n 

5 

— 

74,4 

— 

— 

Terwethen 

n 

I. 

— 

— 

72,2 

— 

Pebalg 

■n 

5 

— 

— 

71,0 

— 

Lubey 

•n 

13 

70,8 

— 

— 

— 

Odsen 

» 

16 

— 

69,2 

— 

— 

Terwethen 

•n 

n. 

— 

— 

— 

67,7? 

Gulbern 

n 

1 

— 

65,9 

— 

— 

Lubey 

n 

12 

65,4 

— 

— 

— 

Gulbera 

» 

8 

65,0 

— 

— 

— 

Lubey,  Nagelberg  „ 

11 

— 

64,5 

— 

— 

6 

mäonl., 

4  weibl.,     5 

l  männl., 

1 

weibl. 

Zusammen 

8 

männl., 

5  weibliche 

-  13  Schädel. 

nach  erhalten 

wir  für 

8  Männerschädel 

im  Mittel 

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Den  Obergesichtsindex  berechne  ich  aus  der  geraden  Höhe  des  Obergesichts 
(Sutura  nasofrontalis  bis  Alveolarrand  des  Oberkiefers)  und  der  vorher  angegebenen 
Breite,  letztere  =  100  gesetzt.  Es  stellt  sich  hier  also  ein  umgekehrtes  Verhältniss 
von  dem  Gesichtsindex  heraus,  indem  das  männliche  Obergesicht  verhältnissmässig 
höher  ist,  was  durch  die  stärkere  Entwickelung  des  Oberkiefers  bedingt  ist. 

lu  Betreff  der  Kieferbildung  bemerke  ich  speciell,  dass  dieselbe  bei  den  ein- 
zelnen Schädeln  eine  grosse  Reihe  von  individuellen  Abweichungen  zeigt.  So  tritt 
bei  einigen  ein  leichter  alveolarer  Prognathismus  hervor,  z.  B.  bei  Gulbern 
Nr.  1,  5,  6,  7,  8;  Eckhof  Nr.  10;  Lubey  Nr.  13;  Odsen  Nr.  16.  Eine  grössere 
Zahl  dieser  Schädel  sind  weibliche,  und  ich  trage  kein  Bedenken,  auch  hier,  wie 
so  häufig,  dem  Geschlechtseiufluss  einen  grösseren  Werth  beizulegen.  Die  Zahncurven 
sind  meist  weit  und  daher  die  Gaumen  mehr  breit,  als  lang,  auch  überwiegend 
etwas  flach.  Nur  der  Schädel  von  Gulbern  Nr.  4,  der,  wie  schon  erwähnt,  auch 
sonst  manches  Besondere  zeigt,  besitzt  einen  mehr  schmalen  und  langen  und  zugleich 
sehr  tiefen  Gaumen.  Die  in  der  Sitzung  vom  15.  Februar  (Verh.  S.  70)  durch  die 
Mittheilungen  der  Hrn.  Kupffer  und  Ilagen  augeregte  Untersiichung  nach  dem 
Vorkommen  eines  Torus  palatinus  findet  hier  nur  geringe  Ausbeule.  Genau 
genommen,    ist    unter    sämmtlichen    Schädeln    nur    ein    einziger,    der    von  Eckhof 


(Nr.  10),  bei  welchem  sich  in  der  Mittellioie  zu  beiden  Seiten  der  Längsnaht  ein 
dicker  Wulst  über  die  Gaumenfläche  hinzieht.  Auch  die  früheren  livländischen 
Schädel,  welche  ich  gesammelt  habe,  zeigen  in  der  Regel  nichts  von  dem  Gaumen- 
wulst. Nur  das  kann  ich  erwähnen,  dass  allerdings  nicht  selten  am  hinteren  Theil 
der  Gaumenplatte,  kurz  vor  der  Quernaht,  der  Knochen  durch  unregelmässige  Er- 
hebungen eine  mehr  diffuse  Anschwellung  erleidet,  die  sich  jedoch  auf  das  Os 
palatiiium  nicht  fortsetzt,  hier  sogar  (ifter  durch  eine  Art  von  Vertiefung  begrenzt 
wird.  Dadurch  entsteht  bei  einigen  Schädeln,  z.  ß.  bei  Gulbern  Nr.  3,  namentlich 
bei  6,  eine  gewisse  Annäherung  an  einen  Torus  palatinue. 

Der  Unterkiefer  zeigt  noch  grössere  individuelle  Abweichungen,  als  der  Ober- 
kiefer. Das  Kinn  tritt  meist  stärker  vor,  bald  mit  einer  Art  von  Zuspitzung,  bald 
als  breite,  nach  den  Seiten  kantig  abgesetzte  Fläche.  Bei  einigen  nimmt  die  Zu- 
spitzung eine  fast  progenaeische  Form  an,  so  namentlich  bei  Gulbern  Nr,  2  und 
8,  iudess  ist  diess  doch  nicht  so  ausgeprägt,  dass  eine  rückwärts  gehende  Stellung 
der  Schneidezähne  dadurch  bedingt  würde.  Die  Distanz  der  Kieferwinkel  ist,  wie 
die  Tabelle  ergiebt,  verhältnissmässig  klein,  auch  bei  sonst  kräftiger  Entwickelung 
der  Knochen. 

Im  üebrigen  sind  die  Schädel  recht  regelmässig  gebildet.  Synostosen  kommen 
mehrfach  vor,  z.  B.  eine  Synostosis  sagittalis  bei  Gulbern  Nr.  4.  Indess  sind  alle 
diese  Verknöcherungen  nicht  eigentlich  prämatur  und  daher  für  die  Schädelform 
von  geringerem  Werthe.  Ein  einziger  Schädel,  der  von  Gulbern  Nr.  1,  hat  ein 
Os  apicis  an  der  Squania  occipitalis,  welches  12  mm  im  Sagittalumfang  misst. 
Verhältnissmässig  gut  ist  durchweg  namentlich  die  Bildung  der  Schläfengegend.  — 

Das  Gesamratergebniss  dieser  Untersuchung  ist  daher  ein  solches,  welches 
meine  früheren  Ermittelungen  in  der  Hauptsache  bestätigt.  Ob  man  in  den  Ost- 
seeprovinzen geneigt  sein  wird,  ihm  einen  gewissen  Werth  beizulegen,  muss  ich 
nach  den  neuesten  Aussprüchen ')  fast  bezweifeln.  Zum  Mindesten  darf  ich  den 
Anspruch  erheben,  dass  die  Untersuchung  und  auch  die  Darstellung  eine  objektive 
ist  und  dass  sie  sich  über  die  Grenzen  einer  nüchternen  Interpretation  nirgends 
hinauswagt.  Die  Zukunft  wird  darüber  entscheiden,  ob  die  alten  Gräber  uns 
werthvolle  Gaben  geliefert  haben,  und  ob  es  recht  ist,  ihrem  Zeugniss  auch  neben 
den  Zeugnissen  der  Lebenden  einen  bestimmenden  Werth  beizulegen. 

Die  genaueren  Angaben  über  die  einzelnen  Schädel  finden  sich  in  folgenden 
2  Tabellen: 


1)  So  sagt  Ilr.  Wahlhauer  (Zur  Anthropologie  der  Liven.  Inaug.-Dissert.  Dorpat  1879. 
S.  27):  „Zum  Schhiss  flieser  literarischen  Uebersicht  füge  ich  noch  hinzu,  dass  im  Laufe 
der  letzten  Jahre  Professor  Virchowbei  einem  gel  egent  liehen  Besuche  in  Livland 
einige  Schädel  aus  alten  Gräbern  Livlands  als  liviscbe  beschrieben  hat.  Da  meiner  Ansicht 
nach  der  livische  Charakter  dieser  (welcher?  V.)  Schädel  äusserst  problematisch  ist,  und  der 
sichere  Beweis,  dass  es  sich  um  Livenschädel  handelt,  fehlt,  scheint  es  mir  nicht  angezeigt, 
über  dieselben  zu  referiren."     Wie  die  Alten  sungen,  so  zwitscherten  die  Jungen. 

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(184) 

(21)  Hr.  Virchow  legt  eiu  Schreiben  des  Hrn.  H.  Feld  mano wski  in  Posen 
vor,  mit  welchem  derselbe  zur  Ansicht  der  Gesellschaft  eine  Kiste  übersendet,  ent- 
haltend 

Alterthümer  von  Skarbnice  bei  Znin. 

Die  betreffende  Stelle  des  Briefes  lautet: 

„Die  Spiralringe  und  Bruchstücke  sind  im  vorigen  Jahre  auf  dem  Territorium 
von  Skarbienice  oder  Skarbnice  bei  Znin  und  zwar  auf  einer  kleinen  sum- 
pfigen Wiese,  etwa  2  Fuss  unter  der  Oberfläche,  in  einem  grossen  Topfe  gefunden 
worden.  Es  waren  nur  2  grössere  und  2  kleinere  ganze  (wie  die  zur  Ansicht  ge- 
sandten) und  eine  Hand  voll  kleine,  meist  zerbrochene  in  jenem  Topf  aufbewahrt 
gewesen,  sonst  keine  Spur  von  Knochen,  Asche  oder  anderem  Urneninhalt.  Der 
Topf  zerfiel  in  kleine  Scherben,  soll  dicke  Wände  gehabt  haben  und  von  ganz 
roher  Arbeit  gewesen  sein,  von  dem   Wiesenraoor  schwärzlich  gefärbt. 

Das  Territorium  Skarbnice  besteht  aus  kleinen  Bauern wirthschafteu  und  ist  au 
archäologischen  Fundeu  ergiebig,  obgleich  wenig  absichtlich  untersucht.  Der 
Zufall  hat  dort  schon  einige  Steinkistengräber  entdeckt.  Aus  dein  einen  habe  ich 
sehr  schöne  Bronzen  und  Bernstein  (schon  früher  in  den  Berichten  beschrieben); 
die  Goldringe  aber  aus  demselben  Grabe  sind  an  einen  Goldarbeiter  verkauft 
worden  und  eingeschmolzen,  ehe  ich  es  erfahren. 

Der  angefangene  Steinhammer  ist  im  Sandhügel,  nicht  bei  Urnen  oder  deren 
Scherben,  nur  vereinzelt  gefunden  worden. 

Jene  Spiralringe  sind  mir  deshalb  höchst  interessant,  weil  ihre  Bestimmung 
mir  wenigstens  räthselhaft  zu  sein  scheint." 

Hr.   Virchow  bemerkt  dazu   Folgendes: 

Der  wegen  des  angefangeneu  und  nicht  vollendeten  Bohrloches  interessante 
Steinhammer  ist  auch  wegen  seiner  Kleinheit  auffällig.  Er  ist  nur  10  mm  lang, 
25  dick  und  an  der  breitesten  Stelle,  neben  dem  fast  central  gelegenen  Schaftloche, 
37  breit.  Er  besteht  aus  einem  sehr  dunklen  Glimmerschiefer,  der  an  den  Rändern 
so  stark  verwittert  ist,  dass  dieselben  fast  überall  abgerundet  sind.  Seine  Form 
ist  unregelmässig  rautenförmig,  indem  die  Seiten  gegen  die  Stelle  des  Schaftlochs 
winklig  vortreten;  beide  Enden  sind  stumpf  und  leicht  gerundet.  Das  Loch,  wel- 
ches L'i  mm  im  Durchmesser  hat,  ist  etwa  bis  zur  Hälfte  durchgebohrt;  der  Zapfen, 
obwohl  etwas  verletzt,  steht  noch  in  der  Tiefe,  von  der  Uinfangswand  durch  eine 
breite  Rinne  getrennt.   An  seinem  Umfange  sieht  man  starke  Furchen  von  der  Bohrung. 

Was  die  Metallsuchen  aulangt,  so  sind  sie  meiner  Meinung  besonders  des- 
wegen von  grossem  Werthe,  weil  sie  aus  Kupfer  bestehen.  Schon  äusserlich 
unterscheiden  sie  sich  von  Bronzen  dadurch,  dass  sie  zum  Theil  gar  keine  grüne 
Patina  besitzen,  sondern  eine  une!3ene,  aber  harte,  dunkelbraune,  stellenweis  fast 
schwärzliche  Oberfläche  zeigen,  zum  Theil  allerdings  eine  grüne  Patina  haben,  aber 
eine  ungewöhnlich  blasse,  hie  und  da  fast  weisslichgrüne.  Beim  Anfeilen  erschienen 
alle  diese  Theile  rothglunzend.  Hr.  Professor  Salkowski  hat  die  Güte  gehabt, 
eine  chemische  Prüfung  vorzunehmen,  es  hat  sich  dabei  herausgestellt,  dass  ausser 
Kupfer  nur  geringe  Spuren  anderer  Metalle  vorhanden  sind. 

Diese  Sachen  sind  folgende; 

1)  Enge  Kupfer  locken  und  zwar 

a.  eine  7  cm  lange,  oben  1,5  cm,  unten  7  mm  im  Durchmesser  haltende  Röhre 
aus  einem  platten,  4,5  mm  breiten,  in  dichten  Spiralwinduiigen  aufgerollten  Bande, 
dessen   Oberfläche  rauh  und  rothbraun,   nur  am  dünnen   Ende  grün  aussieht.     Nach 


(135) 

unten,  gegen  die  enge  Oeffnung,  läuft  das  Band  ganz  regelmässig  in  eine  lang 
ausgezogene  Spitze  aus;  nach  oben  ist  es  verletzt  und  zugleich  verbogen  und  aus- 
einandergezogen. 

b)  eine  ganz  enge,  aber  scheinbar  gleichmässige  Köhre  von  12  cm  Länge, 
gleichfalls  aus  einem  platten,  spiralförmig  aufgerollten  Bande  bestehend.  Letzteres 
ist  übrigens  2,/)  mm  dick,  12  mm  breit,  und  auf  beiden  Seiten  mit  einer  vorsprin- 
genden medianen  Kante  (Rippe)  versehen.  Die  Oberfläche  ist  sehr  rauh  und 
stellenweise  ganz  ausgefressen,  theils  grün,  theils  rothbraun.  An  einem  Ende  liegen 
die  Windungen  noch  sehr  dicht  und  regelmässig,  am  andern  ist  die  ganze  Spirale 
ausgezogen  und  verbogen. 

c)  ein  einfaches,  aus  einer  sehr  langen,  aber  wenig  ausgebogenen  Spirale  ge- 
bildetes, also  nicht  röhrenförmiges,  sondern  schlaiigenförraiges,  schmales  Band  (Locke) 
von  13,5  cm  Länge,  jedoch  auch  mit  Andeutung  einer  medianen  Rippe.  Möglicher- 
weise ist  es  erst  nachträglich  ausgezogen.  Seine  Oberfläche  ist  sehr  rauh  und 
überwiegend  rothbraun. 

2)  Ein  kurzes  Bruchstück  einer  Spiralröhre,  2  cm  lang,  1  cm  im  Quer- 
durchmesser, aus  einem  ganz  dicht  aufgewundenen,  etwas  kantigen,  dicken  Spiral- 
balken. Die  Patina  ist  weisslichgrau.  Das  Innere  ist  ganz  erfüllt  mit  einer 
trockenen,  ziemlich  festen,  beim  Schaben  pulverigen  oder  sandigen  Substanz  von 
graubläulicher  Farbe.  Nach  der  Analyse  des  Prof.  Salkowski  besteht  dieselbe 
aus  Kupfersalzen  und  Sand. 

3)  Zwei  Spiral-Armschienen: 

a)  eine  kleinere  von  270,5  g  (jewicht.  11  cm  Länge  und  einem  Querdurch- 
messer oben  von  57,  unten  von  45  mm.  Sie  besteht  aus  einem  in  14  Windungen 
dicht  aufgerollten,  aber  noch  sehr  elastischem  Spiralbande,  welches  in  der  Mitte 
7 — 9,  unten  5,  oben  3  mm  breit  ist.  Dasselbe  endigt  zungenförmig  und  ist  im 
Ganzen  platt,  jedoch  nach  aussen  und  innen  etwas  convex,  nach  aussen  stärker, 
nach    innen    schwächer.     Ornamente    sind    nicht  daran.     Die  Farbe  ist  eanz  «^rün 

II  .  OD? 

stellenweis  sogar  dunkelgrün  und  glänzend,  meist  jedoch  weisslichgrün  und  matt 
durch  Abblätterung.     Gefeilte  Stellen  sind  kupferroth. 

b)  eine  grössere,  807  g  schwer,  von  19,5  vm  Länge  und  einem  Querdurch- 
messer oben  von  85,  unten  von  60  mm,  mit  18  Windungen.  Das  gleichfalls  noch 
sehr  bewegliche  Band  bat  in  den  mittleren  Theilen  1  cm  Breite,  endigt  in  ein 
ganz  feines  Ende,  bildet  eine  sehr  regelmässig  konische  Röhre  (natürlich  ohne  Spitze) 
und  ist  in  der  Mittellinie  mit  einer  schwachen  Rippe  versehen.  Irgend  ein  Orna- 
ment ist  nicht  vorhanden.  Die  Farbe  ist  durchweg  grün,  zum  Theil  etwas  ver- 
wittert. Gefeilte  Stellen  sehen  kupferroth  aus.  Die  Analyse  ergab  9G,6  pCt.  Kupfer, 
etwas  Eisen  und  Verunreinigungen  (Salkowski),  jedoch  weder  Zinn,   noch  Zink. 

Was  die  Bestimmung  dieser  Geräthe  betrifft,  so  wird  über  die  zuletzt  er- 
wähnten wohl  kein  Zweifel  bestehen  können.  Dagegen  lässt  sich  wenig  über  die 
ersteren  sagen.  Ich  möchte  in  dieser  Beziehung  an  ein  Paar  schlesische  Stücke 
erinnern,  welche  im  27,  Bericht  des  Vereins  für  das  Museum  schlesischer  Alter- 
thümer  (Schlesiens  Vorzeit  in  Bild  und  Schrift.  Breslau  1875.  October)  Fig.  75 
und  76  abgebildet  sind.  Dieselben  stammen  aus  einem  Funde  des  Freiherrn 
V.  Wechmar  (Verhandl.  der  uaturwiss.  Section  Breslaues  1854.  S.  53):  in  einem 
Thongefässe  bei  Zedlitz  unweit  Steinau  a.  0.  wurden  dieselben  neben  Bronze  ge- 
funden, und  für  angefangene  Stücke  gehalten,  insofern  die  Spirallocke  in  eine 
solide  Röhre  überging,  aus  welcher  sie  ausgeschnitten  zu  sein  schien.  Man  hielt 
sie  desshalb  für  Arbeiten  eines  schlesischen  Bronzeschmiedes.  Bei  der  chemischen 
Analyse  derselben  ergab  sich  (29.  Bericht  S.  72,  74),  dass  sie  aus 


(136) 

98,30    pCt.  Kupfer, 
1,56        „      Zinn, 
0,116      „      Eisen, 
Spuren   von   Blei 
bestanden.      Hr.  Dieck     erklärte    sie    daher    für  Kupferlocken,  welche  die  natür- 
liche Mischung  des  Kupfers   besässen,  und  Hr.  Biefel    war   der  Meinung,  dass  sie 
als  Vorarbeit  für  eine  Fibula  und  als  Reste  aus  der  Arbeitsstätte  eines  etruskischen 
Metallschmiedes  anzusehen  seien. 

Gegen  die  Annahme,  dass  sie  zu  einer  Fibula  hätten  verarbeitet  werden  sollen, 
spricht  in  dem  Falle  von  Znin  der  Umstand,  dass  die  Locken  ein  plattes,  mit  einer 
medianen  Rippe  versehenes,  also  schon  ausgearbeitetes  Band  zeigen,  und  dass  sie 
ganz  vollendet  sind.  Die  unter  1  a  beschriebene  ist  so  regelmässig  konisch  ge- 
wunden, dass  man  daran  nicht  zweifeln  kann,  dass  es  eine  fertige  Arbeit  war.  Bei 
Nr.  Ib  könnte  man  daran  denken,  dass  daraus,  wie  Hr.  Dieck  vermuthet,  ein 
Armring  (etwa  wie  die  von  Znin)  hätte  gemacht  werden  sollen.  ludess  spricht 
auch  dagegen  nicht  nur  die  Schmalheit,  sondern  noch  mehr  die  Kürze  des  Bandes, 
man  müsste  denn  weiterhin  annehmen,  dass  mehrere  solche  Locken  zu  einer  Arm- 
schiene zusammengeschmiedet  oder  gelöthet  werden  sollten.  Es  scheint  mir  aber 
nichts  entgegenzustehen,  anzunehmen,  dass  diese  Spirallocke  auf  einen  Riemen 
oder  eine  Schnur  aufgezogen  und  als  Schmuck  benutzt  wurde. 

Ob  der  „kraus  gewundene  Kupferdraht",  dessen  Freiherr  von  Ledebur  (Das 
Königl.  Museum  vaterländischer  Alterthümer.  Berlin  1S38.  S.  100)  gedenkt  und 
der  in  einer  Urne  bei  Saatzke,  unweit  von  Wittstock  in  der  Mark  Brandenburg, 
gefunden  wurde,  hierher  gehört,  vermag  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Jedenfalls  ist  der  Fund  von  Skarbnice  schon  desshalb  von  höchstem  Werthe, 
weil  er  einen  neuen  Zuwachs  zu  den  bisher  so  spärlichen  Kupferfundeu  im  Norden 
Deutschlands  darstellt.  Ich  erinnere  bei  dieser  Gelegenheit  an  den  Kupferfund  von 
ßythin  im  Grossherzogthum  Posen,  wo  üusser  6  uudurchbohrten  Aexten  das  merk- 
würdige Doppelgespann  von  Stieren  zu  Tage  kam.  Ich  habe  darüber  in  den 
Sitzungen  vom  6.  December  1873  (Verh.  S.  200.  Taf.  XVIII.  Fig.  1)  und  vom 
29.  Juli  187G  (Verh.  S.  180),  sowie  auf  dem  internationalen  Congress  in  Budapest 
(Compte  rendu.  1876.  T.  I.  p.  250)  berichtet.  Bei  letzterer  Gelegenheit  erwähnte 
übrigens  Hr.  v.  Pulszky  (p.  224)  auch  einen  Spiralring  von  Kupfer,  der  sich  in 
dem  Besitze  des  dortigen  Museums  befindet. 

(22)  Hr.  Virchow  spricht,  unter  Vorlage  der  Gegenstände, 

über  Schädel  von  Ophrynium. 

Durch  Vermittelung  des  Hrn.  G.  Hirsch  fehl  bekam  die  Gesellschaft  vor 
4  Jahren  16,  theils  vollständig,  theils  unvollständig  erhaltene  Schädel,  welche  Hr. 
Frank  Calvert  in  der  Gegend  des  alten  Ophrynium  ausgegraben  hatte  (Sitzung 
vom  16.  Januar  1875.  Verh.  S.  7).  Nach  der  Angabe  des  Gebers  stammen  die- 
selben   von    einer    römischen  Ansiedlung,    etwa    1   (engl.)  Meile   von   Ophrynium '). 


1)  Nachträgliche  Bemerkung.  Ich  hatte  seitdem  Gelegenheit,  bei  meinem  Besuche  in 
der  Troas  auch  die  Ueberreste  derjenigen  Stadt  zu  besuchen,  welche  als  Ophrynium  gedeutet 
wird.  Es  ist  vielleicht  die  schönste  Stelle  am  ganzen  Hellespont.  Etwa  1  Stunde  westlich 
von  Renköi  (Erinköi)  erhebt  sich  ziemlich  steil  am  Ufer  der  asiatischen  Seite  ein  aus  Tertiär- 
gestein gebildeter,  fast  kegelförmiger  Berg,  der  nur  nach  Nordost  durch  einen  niedrigeren 
Einschnitt  mit  dem  Uauptstock  des  Küstengebirges  zusammenhängt.  Die  Höhe  selbst  besteht 
aus  mehreren  Terrassen  über  einander,  von  denen  die  oberste  noch  jetzt  mit  den  zusammen- 


(137) 

In  den  Gräbern  wurden  ausser  mehreren  Glasgefässen  Münzen  gefunden  von  Phi- 
lippus  (244 — 49  n.  Chr.),  Maximus  (Maxirainus)  Pius  (235 — 38)  und  Alexander 
Severus  (222 — 235).  Ein  Schädelfragment  stammt  aus  den  Ruinen  von  Öphrynium 
selbst  und  zwar  aus  einem  Grabe  mit  Topfsachen  aus  dem  5.  oder  6.  Jahrhundert 
V.  Chr. 

Ich  mache  mir  Vorwürfe,  das  reiche  Geschenk  so  lange  ohne  Beschreibung 
gelassen  zu  haben.  Gerade  jetzt,  wo  ich  im  Begriff  stehe,  eine  Reise  in  diese 
Gegend  zu  unternehmen,  ist  es  mir  eine  Gewissenssache,  noch  vorher  einen  üeber- 
blick  über  diese  Schädel  zu  geben.  Möglicherweise  wird  auch  die  Vergleichung  mit 
anderen  Funden  einigen  Werth  haben. 

Der  aus  Öphrynium  selbst  stammende  Schädel  (IG)  unterscheidet  sich  sehr 
auffällig  dadurch,  dass  er  ganz  dicht  von  einer  weisslichen,  stark  kalkhaltigen,  fest 
anklebenden  Schicht  überzogen  ist,  unter  der  nur  au  wenigen  Stellen  eine  glatte, 
gelbbräunliche  Oberfläche  zu  Tage  tritt.  Obwohl  ziemlich  dick,  ist  er  doch  leicht 
und  sehr  brüchig.  Die  Oberfläche  klebt  an  der  Zunge.  Er  ist  in  hohem  Grade 
defekt,  indem  nicht  nur  die  ganze  Basis  cranii  fehlt,  sondern  auch  die  Seitentheile 
bis  auf  ein  abgebrochenes,  die  rechte  Kiefergelenkgrube  umfassendes  Stück,  und  das 
Gesicht  bis  auf  das  rechte  Oberkiefer-  und  Wangenbein  vermisst  werden.  Der  Rest 
des  eigentlichen  Schädeldaches  hat  sich  aus  3  Stücken  wieder  soweit  zusammen- 
setzen lassen,  dass  man  wenigstens  die  Gesammtform  des  Schädels  erkennen  kann. 
Er  misst  in  der  Länge  184,5,  in  der  Breite  annähernd  (die  grösste  Breite  ist  wegen 
des  Defektes  an  der  mittleren  Partie  des  Parietale  sinistrum  nicht  genau  festzu- 
stellen) 139  mm,  der  Index  würde  also  ungefähr  75  betragen.  Diesem,  noch  doli- 
chocephalen  Maass  entspricht  auch  der  Augenschein.  In  der  Seitenansicht  zeigt 
die  Calvaria  eine  etwas  schräge,  schnell  zurückweichende  Stirn  mit  kräftigen 
Augenbrauenwülsten  und  einer  deutlichen  Glabella.  Die  Scheitelcurve  ist  ziemlich 
lang  und  gleichförmig,  mit  schwach  keilförmigem  Wulst  an  der  Sagittalis.  Von  der 
Gegend  der  Tubera  parietalia  aus  fällt  die  Hinterhauptscurve  mit  einer  fast  kug- 
ligen  Wölbung  schnell  ab.  In  der  Oberansicht  erscheint  der  Schädel  ausgemacht 
lang,  aber  zugleich  auch  ziemlich  breit.  Die  Tubera  durchweg  wenig  vortretend. 
Am  Hinterhaupt  liegt  die  Protuberantia  externa  weit  unter  der  Wölbung.  —  Vom 
Gesicht  ist  wenig  zu  erkennen.  Die  Orbita  scheint  mehr  hoch  und  ein  wenig 
nach  unten  und  aussen  ausgezogen  gewesen  zu  sein.  Die  Nase  setzt  mit  einer 
massigen  Vertiefung  an  der  Sutura  nasofrontalis  schmal  an;  der  Rücken  hebt  sich 
dann  sofort  stark  hervor,  ist  aber  alsbald  abgebrochen.  Der  Oberkiefer  zeigt  einen 
niedrigen  Alveolarfortsatz  und  sehr  tief  abgeschliffene  Zähne.  Es  handelt  sich  also 
um  einen  älteren,  offenbar  kräftig  gebauten  Mann  von  mehr  länglichem  Schädelbau. 

Die  übrigen  15  Schädel  sind  unter  sich  nicht  ganz  übereinstimmend,  weder  in 
Farbe,  Aussehen  und  Festigkeit,  noch  in  der  Form,  und  es  ist  daher  wohl  möglich, 
dass  auch  hier  ein  gewisses  Mischungsverhältniss  bestanden  hat.  Allein  in  der 
Mehrzahl  gehören  sie  offenbar  einem  gemeinsamen  Stamme  an,  und  manche  Be- 
sonderheiten einzelner  sind  offenbar  nur  individueller  Natur.  Diess  zeigt  sich  nament- 
lich sehr  deutlich  bei  dem  am  meisten  abweichenden,  Nr.  8,  der  von  ausgedehnter 
sagittaler  Synostose  und    starker  Stenokrotaphie   betroffen    ist,    und    der    in    Folge 

hängenden  Resten  einer  Mauer  aus  Quadern  umg^ehen  ist;  gegen  Norden  sind  auch  innerhalb 
der  Acropolis  noch  Mauerreste  Es  musste  jedenfalls  eine  sehr  feste  Stadt  sein.  Ich  war 
oben  am  Ostermontage,  14.  April,  Mittags  und  hatte  eine  entzückende  Aussicht  über  die 
ganze  Länge  des  llellesponts  von  den  Dardanellen  bis  zum  Aegäischen  Meer.  Da  auch  das 
gegenüberliegende  Ufer  des  thrakischen  Chersoneses  hoch  ist,  so  gleicht  der  Hellespont  hier 
in  hohem  Grade  dem  Bosporus. 


am 

dessen  eine  ausgemacht  dolichocephale,  fast  clinocephale  Gestalt  angenommen  hat. 
Bei  einigen  der  stark  verletzten  Schädel,  bei  denen  Gesicht  und  Basis  cranii  fehlen, 
maty  wohl  noch  ausserdem  etwas  posthume  Veränderung  hinzugekommen  sein; 
namentlich  vermuthe  ich  diess  von  dem  sehr  dünnwandigen  Schädel  Nr.  14,  der 
gleichfalls  ein  dolichocei)liales  Maass  ergiebt.  Scheiden  wir  diese  wenigen  Exem- 
plare in  der  Betrachtung  aus,  so  bleibt  ein  \  erhältnissaiässig  homogenes  Material, 
das    natürlich    von    zahlreichen    sexuellen     und    individuellen    Besonderheiten    nicht 

frei  ist. 

Die  beiden  Tabellen,  welche  die  durch  Messung  und  durch  Berechnung  ge- 
fundenen Zahlen  enthalten,  werden  diess  sofort  ergeben. 

Von  den  15  Schädeln  halte  ich  3,  nehmlich  Nr.  2,  5  und  15,  für  bestimmt 
weiblich;  '2,  nehmlich  Nr.  4  und  9  sind  mir  etwas  zweifelhaft,  indess  möchte  ich 
sie  doch  für  männlich  halten.  Sieht  man  aber  auch  von  ihnen  ab,  so  ist  doch  die 
Mehrzahl  unzweifelhaft  männlich. 

Die  Capacität    konnte    nur    bei  9  Schädeln    und    auch  hier  zum  Theil   nicht 
ohne  besondere  Maassnahmen   bestimmt  werden.     Es  sind  diess  folgende: 
Capacität.  Männlich.       Weiblich.     Zweifelhaft. 

1560  ccm  Nr.     G  —  — 

1500     „  _      12  —  — 

1475     ,.  „       7  —  — 

14-25     „  ,     10  -  - 

1410     „  „       8  -  - 

1400     „  „       1  -  - 

1350     „  —  Nr.  2  — 

1300     „  —  —  Nr.  9 

1125     ,.  —  Nr.  5  — 

Daraus  würde  sich  ein  mittleres  Maass  von  1394  berechnen.  Indess  sind  die 
Variationen  so  gross,  namentlich  die  Raum-Verhältnisse  der  weiblichen  Schädel  so 
klein,  dass  es  wohl  ein  besseres  Bild  gewährt,  das  Mittel  der  6  männlichen  Schädel 
=  1461  ccin  als  das  mehr  bezeichnende  zu  betrachten.  Nicht  ohne  besonderes 
Interesse  ist  es,  dass  die  beiden  Schädel,  welche  eine  Sutura  frontalis  per- 
sistens  haben,  nehmlich  der  männliche  Schädel  Nr.  6  und  der  weibliche  Nr.  2, 
jeder  in  seiner  Abtheilung  das  höchste  Maass  der  Capacität  ergaben,  der  männliche 
mit  1560  das  absolut  höchste  in  der  ganzen  Gruppe.  Bei  dem  weiblichen  Schädel 
Nr.  2  tritt  überdiess  der  Einfluss  der  Naht-Persistenz  nicht  nur  in  der  ungewöhn- 
lich vollen  Wölbung  der  Stirn,  sondern  namentlich  in  der  Breite  der  unteren  Stirn- 
gegend hervor;  trotz  seiner  geringen  Grösse  hat  dieser  Schädel  doch  die  absolut 
grösste  Stirn  breite,  nehmlich   106  mm. 

Im  Ganzen  werden  wir  also  die  Qphrynium-Leute  zu  einer  Rasse  mit  guter 
Schädel-Capacität  rechnen  dürfen. 

Was  die  Schädelform  anbetrifft,  so  dorainirt  die  Brachycephalie.  Aller- 
dings ergiebt  die  Berechnung  aller  Schädelindices  für  das  Verhältniss  von  Länge 
und  Breite  nur  79,4,  also  ein  dem  brachycephalen  Minimum  (80)  im  Sinne  der 
deutschen  Terminologie  nur  sehr  nahe  stehendes  Maass.  Allein  es  genügt,  die 
schon  vorher  erwähnten  Schädel  Nr.  8  und  14,  sowie  das  gleichfalls  sehr  zweifel- 
hafte Schädeldach  Nr.  11  auszuscheiden,  um  für  den  Rest  der  12  Schädel  die 
Mittelzahl  81  zu  erhalten.  Sonderbarerweise  geben  die  weiblichen  Schädel  für  sich 
das  höchste  Mittel,  nehmlich  83,1. 

Immerhin  wird  man  besonders  beachten  müssen,  dass,  abgesehen  von  dem 
pathologischen  Schädel  Nr.  8,  alle  gut  erhaltenen  Schädel  ausgemacht  brachycophal 


(139) 

sind,  und  dass  unter  der  Gesammtzahl  von  15  die  grössere  Hälfte,  nehmlich  8, 
Zahlen  von  80  und  darüber  ergeben.  Kinige  der  etwas  längeren  Schädel  sind 
überdiess  durch  unregelmiissige  Ossifikation  au  der  Sjjitze  der  Lambdanaht,  nament- 
lich durch  Schaltknochen  an  der  Stelle  der  hinteren  Fontanelle,  etwas  hinaus- 
geschoben. 

Trotz  der  Kürze  der  meisten  Schädel  ist  doch  der  Längenhöhenindex  von 
massiger  Grösse.  Nur  bei  2  Schädeln,  nehmlich  dem  pathologischen  Nr.  8  und 
dem  weiblichen  Microcephalus  Nr.  5,  finde  ich  ein  chamaecephales  Maass.  Alle 
übrigen,  soweit  sie  bestimmt  werden  konnten  (7),  sind  orthocephal.  Sie  ergeben 
die  Mittelzahl  74. 

Die  Lage  des  Ohrloches  ist  mehr  schwankend.  Bei  einer  giossen  Zahl  liegt 
es  verhältuissmässig  tief,  so  dass  der  Oh  rhöhenindex  weit  höhere  Zahlen  ergiebt, 
als  der  gewöhnliche  Längenhöhenindex  (vom  Foramen  magnum  aus  bestimmt). 

Der  Breitenhöhen  index  ist  durchschnittlich  gering,  was  die  Prävalenz  der 
Breiteudurchmesser  am  besten  anzeigt.  Letztere  tritt  übrigens  bei  den  absoluten 
Zahlen  nicht  bloss  in  Berug  auf  die  grösste  Breite,  sondern  auch  in  Bezug  auf  die 
frontalen,  occipitalen  und  mastoidealen  Durchmesser  sehr  deutlich  hervor. 

Unter  den  einzelnen  Knochen  des  Schädeldaches  überwiegt  im  Ganzen  die 
Ausbildung  des  Stirnbeins.  Nicht  nur  der  untere  Querdurchmesser,  sondern 
auch  der  sagittale  Längsumfang  hat  eine  sehr  bedeutende  Grösse,  wie  die  Maass- 
tabelle leicht  erkennen  lässt.  Dem  entsprechend  ist  die  Stirn  gross  und  stark 
gewölbt,  die  Scheitelcur\  e  hoch  und  stark  gebogen,  das  Hinterhaupt  kurz,  jedoch 
voll.     Bei  den   Männern  sind  die  Stirnnasenwülste  massig  ausgebildet. 

Die  Verhältn  isse  des  Gesichts,  obwohl  im  Einzelnen  vielfach  abweichend, 
fügen  sich  doch  zu  einem  erträglich  einheitlichen  Gesammtbilde.  Nur  die  Nasen- 
form zeigt  grössere  und  zum  Theil  unvermittelte  Gegensätze.  Leider  hat  sich  bei 
der  häufigen  Zerstörung  der  Gesichtstheile  der  Nasenindex  nur  bei  6  Schädeln 
bestimmen  lassen.  Davon  ist  die  grössere  Zahl,  nehmlich  4,  leptorrhin,  und  zwar 
zeigt  der  weibliche  Schädel  Nr.  2  eine  ganz  extreme  Schmalheit  der  Nase.  Sein 
Index  beträgt  nur  39,4,  was  hauptsächlich  der  ungewöhnlichen  Höhe  der  Nase 
(57  mm)  zuzuschreiben  ist.  Die  2  anderen  Schädel  dagegen  sind  platyrrhin,  und 
zwar  der  pathologische  Schädel  Nr.  8  und  der  männliche  Schädel  Nr.  1.  Bei  beiden 
ist  es  die  Breite  der  Nasenöffnung,  welche  dieses  Resultat  bedingt.  Immerhin  wird 
man  als  regelmässige  Form  dieser  Nasen  die  Leptorrhinie  betrachten  dürfen.  Ihr 
entspricht  ein  massig  vertiefter  Ansatz  der  Nasenwurzel,  ein  kräftig  hervortreten- 
der, aber  schmaler  Rücken  und  ein  stark  ausgebildeter  Nasenstachel. 

Ungleich  constanter  ist  der  Orbitalindex.  Hier  macht  nur  der  pathologische 
Schädel  Nr.  8  eine  Ausnahme,  indem  er  mit  der  Zahl  90  über  alle  anderen  hin- 
ausragt. Indess  sind  auch  alle  übrigen  Schädel  hypsikonch;  nur  Nr.  7  bleibt 
mit  einem  Index  von  84,6  hart  an  der  Grenze  der  Mesokonchie  stehen.  Durchweg 
ist  die  Augenhöhle  weit  geöffnet  und  verhältuissmässig  hoch,  der  obere  Rand  stark 
gewölbt,  der  Malarrand  etwas  ausgetieft. 

Die  Kieferbilduug  ist  durchweg  orthognath.  Am  Oberkiefer  ist  die  Zahn- 
curve,  entsprechend  der  Breite  der  Kopfbildung,  gleichfalls  überwiegend  kurz  und 
breit  und  nach  rückwärts  auseinanderweichend.  Der  Gaumen  liegt  tief.  Seine 
Länge  war  leider  nur  bei  3  Schädeln  zu  bestimmen.  Am  Unterkiefer  ist  die 
Distanz  der  Kieferwinkel  dagegen  meist  klein,  die  Kiefer  selbst  von  massiger 
Stärke,  das  Kinn  vortretend,  aber  im  Ganzen  mehr  gerundet. 

Das  Gesicht  im  Ganzen  ist  weder  hoch,  noch  besonders  breit.  Die  Joch- 
bogen,   obwohl    ihre    grösste  Distanz    recht  erheblich    ist,    treten    doch  nicht  stai'k 


(140) 

hervor.     Auch    die  Wangenbeine    haben    eine  massige  Distanz  und  treten  nicht  zu 
stark  vor.  — 

Nach  diesen  Auseinandersetzungen  besteht  allerdings  ein  grosser  Unterschied 
zwischen  der  grossen  Mehrzahl  der  in  dem  römischen  Friedhofe  bei  Ophrynium 
gefundenen  Schädel  uod  dem  weit  älteren ,  in  Ophrynium  selbst  ausgegrabenem 
Fragment.  Dem  letzteren  nähern  sich  nur  einige  der  aus  dem  Friedhofe  stammen- 
den Calvarien,  namentlich  Nr.  14  und  Nr.  4.  Ks  ist  natürlich  unzulässig,  aus 
eiuem  einzigen  Fragment  einen  bestimmten  Schluss  zu  ziehen,  zumal  da  hier  in 
der  Sammlung  der  Friedhof-Schädel  der  Beweis  unmittelbar  vorliegt,  dass  inmitten 
einer  sonst  ziemlich  homogenen  Reihe  einzelne  ganz  abweichende  vorkommen 
können.  Dagegen  kann  man  allerdings,  ohne  den  Thatsacben  Gewalt  anzuthun, 
sagen,  dass  der  ältere  Schädel  in  seiner  Bildung  bekannten  althellenischen  Formen 
sehr  nahe  steht,  während  der  Typus  der  Mehrzahl  der  Schädel  aus  dem  Friedhofe 
der  römischen  Zeit  davon  ganz  abweicht.  Wenn  ich  z.  B.  an  meine  Mittheilungen 
in  der  Sitzung  vom  14.  Juni  1873  (Verh.  S.  113)  erinnern  darf,  so  gleicht  der 
Schädel  aus  Ophrynium  selbst  den  Schädeln  aus  der  Gräberstrasse  von  Athen, 
deren  Index,  wie  ich  zeigte,  auf  der  Grenze  von  Dolicho-  und  Mesocephalie  liegt, 
während  ich  mit  den  Schädeln  aus  dem  römischen  Friedhof  höchstens  die  beiden 
brachycephalen  Schädel  von  Laurion  vergleichen  kann,  die  wir  der  Güte  des 
Hrn.  V.  Heldreich  verdanken.  Letztere  sind  nur  in  noch  höherem  Grade  brachy- 
cephal,  und  ich  habe  schon  damals  hervorgehoben,  dass  es  schwer  sei,  sie  irgend 
einem  althelleniscben  Stamme  zuzuschreiben. 

Leider  weiss  mau,  so  viel  ich  sehe,  über  die  Herkunft  der  in  Ophrynium  ange- 
siedelten Leute  nichts.  Aus  einer  Notiz  bei  Lechevalier  (Voyage  dans  la  Troade 
pag.  240)  ersehe  ich  nur,  dass  im  Alterthum  mehrfach  die  Erinnerung  an  Hector  auf 
Ophrynium  zurückführt.  Lycophrou  lässt  von  da  die  Gebeine  des  troischen  Helden, 
welche  nach  Pausanias  von  den  Thebanern  in  ihr  Vaterland  herübergeführt  und  dort 
an  der  Quelle  des  Oedipus  begraben  sein  sollen,  nach  Boeotien  bringen  und  Strabo 
spricht  von  einem  Hain  (ol'ka-og)  des  Hector  bei  Ophrynium.  Höchstens  Hessen  sich 
aus  diesen  Anführungen  gewisse  Beziehungen  zwischen  Boeotien  und  Ophrynium 
ableiten,  welche  ja  auch  in  den  alten  Sagen  des  Hellespont  manche  Anknüpfungen 
finden  würden.  Indess  will  ich  mich  in  diese  Möglichkeiten  nicht  zu  weit  ver- 
tiefen. Näher  läge  jedenfalls  der  Gedanke,  der  in  direkten  Erzählungen  der  Alten 
eine  Stütze  hat,  dass  auch  auf  der  asiatischen  Seite  des  Hellespont  thracische 
Ansiedelungen  stattgehabt  haben,  und  dass  der  brachycephale  Typus  durch  sie 
eingeführt  sei.  Römisch  ist  dieser  Typus  nicht.  Aber  freilich  kann  eine  römische 
Colonie,  zumal  in  der  Kaiserzeit,  so  verschiedenartige  Elemente  enthalten  haben, 
dass  es  heute  sehr  schwer  sein  dürfte,  diese  Elemente  aus  rein  craniologischen  Gründen 
auseinanderzulösen. 

Vielleicht  wird  in  einer  späteren  Zeit  Gelegenheit  gegeben  sein,  auf  die 
Schädel  von  Ophrynium  zurückzukommen.  Ihre  verhältnissmässig  grosse  Zahl  und 
ihr  ausgeprägter  Charakter  geben  dem  Funde  einen  hervorragenden  Werth,  und 
ich  kann  Hrn.  Frank  Calvert  nur  noch  einmal  herzlich  danken,  dass  er  uns 
diesen  reichen  Fund  übergeben  hat. 

Die  zugehörigen  Tabellen  sind  folgende: 


(141) 


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(143) 

(23)  Nach  Mittheilung  des  Vorsitzendeu  wird  ara  Montag,  den  17.  März,  um 
l2'/j  Uhr  Mittags  im  zoologischen  Garten  die  Vorstellung  der  hier  anwesenden 
Lappen  stattfinden. 

Hr.  Virchow  bemerkt  vorläufig  Folgendes  über  die 

Lappen. 

Nachdem  wir  schon  friilior  in  den  Sitzungen  vom  16.  Januar  und  20.  Februar 
187:)  (Verh.  S.  12  und  28)  8,  von  Hrn.  Bohle  und  Frl.  Willardt  vorgestellte,  und 
in  der  Sitzung  vom  Iß.  October  1875  (Verh.  S.  225)  6  durch  Hrn.  Hagen  beck 
uns  zugeführte  Lappen  gesehen  und  besprochen  hatten,  wird  uns  jetzt  wiederum 
durch  die  unternehmende  Thätigkeit  des  letzteren  eine  Gesellschaft  von  Lappen 
zugänglich,  —  die  grösste  der  Zahl  nach,  —  es  sind  10  Individuen,  —  und  zu- 
gleich die  interessanteste,  weil  neben  4  Männern  3  Frauen,  1  Knabe  und  2  Kinder 
vorhanden  sind,  somit  die  glücklichste  Mischung  der  Alters-  und  Geschlechts- 
verhältnisse sich  darbietet. 

Der  sehr  fähige  Agent  des  Hrn.  Hagenbeck,  Hr.  Jacobson  hat  die  Leute 
im  norwegischen  FiappUmd,  in  jener  Gegend,  wo  die  russische  (finnische)  Grenze 
so  nahe  an  die  Westküste  heranreicht,  geworben.  Die  Mehrzahl  stammt  von  Kau- 
tokeina  am  Altenfjord,  nehmlich  Jon  Gaupa,  38  Jahre  alt,  dessen  Frau  Kirsten 
(Kistan),  2()  Jahre  alt,  deren  beide  Kinder,  Niclas,  gegen  3  Jahre  alt  und  ein  erst 
kürzlich  geborenes,  noch  an  der  Brust  genährtes  Kind,  ferner  Inger  Gaupa,  die 
Nichte,  15  Jahre  alt,  endlich  Mikel  Andersen  Sara,  20  Jahre,  dessen  Schwester  Kri- 
sten,  18  (?  oder  23)  Jahre,  und  Bruder  Aslak,  13  Jahre  alt  Nur  2  Männer,  Jon 
Porsanger,  46  Jahre,  und  Per  Anti,  20  Jahre  alt,  sind  von  Karrosjok  (Karroschok), 
noch  näher  an  der  finnischen  Grenze.  Alle  gehören  den  sogenannten  Fjeldlappen 
ao  und  wurden  im   Besitz  grosser  Renthierheerden  angetroffen. 

Nach  der  Meinung  des  Führers  wäre  Jon  Josephson  Porsanger  von  allen  der 
reinste  Lappe.  Ich  muss  diess  dahin  gestellt  sein  lassen.  Porsanger  selbst  erklärt 
sich  für  einen  Landsmann  von  Gaupa,  und  ich  kann  nur  sagen,  dass  ich  den  letz- 
teren nach  Allem,  was  mir  bekannt  ist,  für  mehr  typisch  halten  möchte,  als 
Porsanger.  Trotzdem  wären  nach  der  Ansicht  des  Führers  alle  Anderen  ausser 
Porsanger  mehr  oder  minder  mit  Finnen  gekreuzt. 

Bei  der  Kürze  der  Zeit  will  ich  bier  nur  auf  wenige  Einzelheiten  eingehen 
Ich  habe  die  hauptsächlichen  physischen  Verhältnisse  der  Leute  festgestellt  und  sie 
gemessen;  die  Einzelergebnisse  sind  in  einer  besonderen  Tabelle  (Tabelle  I.  am 
Schlüsse)  zusammengestellt. 

Es  ergiebt  sich  daraus,  dass  auch  bei  diesen  Leuten  die  früher  erörterten 
Merkmale  zutreffen,  allerdings  mit  gewissen  Abweichungen,  aber  doch  im  Grossen 
nicht  erheblich  verschieden. 

Die  Körperhöhe  der  Männer  beträgt  im  Mittel  (den  Knaben  natürlich  aus 
geschlossen)  1,511,  die  der  Frauen  1,416 /«.  Der  grösste  ist  Porsanger  mit  1,560  m 
und  schon  dieses  Maass  macht  es  etwas  unwahrscheinlich,  dass  er  der  reinste  Lappe 
sei.  Sein  nächster  Landsmann  Anti,  der  freilich  nur  20  Jahre  zählt,  hat  nur 
1,452  m,  übertrifft  also  nur  um  Weniges  die  18  (oder  23?)  jährige  Kristen  Sara 
(oder  Sarag?),  welche  1,449/«  misst.  Die  15jährige  Inger  Gaupa,  welche  übrigens 
auch  sonst  schon  sehr  entwickelt  erscheint,  hat  ilieselbe  Höhe,  1.4  ?«,  wie  ihre 
Taute  Kirsten  Gaupa. 

Die  Klafterlänge  (von  der  Spitze  des  einen  Mittelfingers  zur  Spitze  des 
anderen    quer    über    die  Brust)  ist  durchweg  grösser,  zum  Theil  erheblich  grösser, 


(144) 

als  die  Körperhöhe.  Nur  bei  der  15jährigen  Inger  Gaupa  ist  das  Verhältniss  um- 
gekehrt: die  Klafterlänge  bleibt  um  25  mm  hinter  der  Körperhöhe  zurück.  Sonst 
beträgt  der  Ueberschuss  der  Klafterlänge  über  die  Körperhöhe  62 — 25 — 35  bei  den 
Männern,  21  und  25  bei  den  Frauen,  nur  4  bei  dem  Knaben.  Es  hängt  diess  ganz 
wesentlich  mit  der  grossen  Schulter  breite  der  Leute  zusammen. 

Die  Kopfform    ist    in  hohem  Grade  brachycephal.     Der  Schädelindex  be- 
trägt bei 

Jon  Gaupa,     .     .     86,3  Kirsten  Gaupa     .     89,6 


Mikel  Sara  . 
Aslak  Sara.     . 
Per  Anti      .     . 
Jon  Porsanger 


87.8  Inger  Gaupa    .     .     87,6 

90.9  Kirsten  Sara   .     .     87,5 
82,0 

88,2 


'  5  Männer:    Mittel     87,0 3  Weiber:    Mittel     88,2 

8  Lappen:  Gesammtmittel  87,4. 
Lässt  man  den  Knaben  Aslak  Sara  weg,  so  erhält  man  für  4  Männer  ein  Mittel 
von  86,0  und  für  Alle  ein  Gesammtmittel  von  86,1. 

Diese  Zahlen  stimmen    mit  den  früher   von  mir  gefundenen  recht  gut  überein. 
Hr.  Ecker,    der    neulich    eine    von    Hrn.  Bohle    in    Frankfurt  a.  M.    vorgestellte 
Gruppe^)  untersucht  hat,    erhielt    im  Mittel   von  4  Individuen  86,4   (Lappland  und 
die  Lappländer.     Freiburg  in  Baden.  1878,  S.   11). 
Der  Ohrhöheuindex  beträgt  bei 

Kirsten  Gaupa  ,  6ß,6 
Inger  Gaupa  .  .  67,0 
Kirsten  Sara   .     ,     63,0 


Jon  Gaupa .     . 

.     60,3 

Mikel  Sara  .     . 

.     65,3 

Aslak  Sara  .     . 

.     67,6 

Per  Anti      ,     . 

.     60,1 

Jon  Porsanger 

.     64,8 

5  Männer:    Mittel     63,6 3  Weiber:    Mittel     65,5 

8  Lappen  Gesammtmittel  64,3, 

Ohne  Aslak  Sara  beträgt  das  männliche  Mittel  nur  62,6,  das  Gesammtmittel 
63,8.  Die  grössere  Höhe  des  weiblichen  und  des  kindlichen  Index  dürfte  nicht 
ohne  Zusammenhang  sein. 

Im  Ganzen  ergab  sich  als  herrschende  Kopfform  auch  bei  der  blossen  Be- 
tastung die  kurze  und  runde.  Je  ausgeprägter  dieselbe,  namentlich  bei  gleich- 
zeitiger Höhe,  wurde,  um  so  mehr  wurde  sie  geradezu  kugel-  oder  bombenförmig. 
Dazu  tragen  besonders  zwei  Umstände  bei:  einmal  die  grosse  Auswölbung  der 
Schläfengegend,  welche  mir  schoo  von  anderen  Studien  über  Lappenschädel  her 
bekannt  war,  sodann  die  eigeuthümlich  breite  und  runde  Stirn,  Die  grosse 
Breite  derselben  geht  aus  den  in  der  Tabelle  mitgetheilten  Maassen  der  (unteren) 
Stirnbreite,  gemessen  über  den  Ansätzen  der  Apophysis  zygomatica,  hervor;  die- 
selbe kam  beinahe  der  Ohrhöhe  gleich,  bei  Jon  Gaupa  übertraf  sie  die  letztere 
sogar. 

Am  Gesicht  entscheidet,  wie  ich  auch  schon  früher  bemerkte,  nicht  bloss  die 
Niedrigkeit  und  Breite  desselben,  wobei  Jochbogen  und  Wangenbeine  stark 
hervortreten,  sondern  ganz  besonders  die  Kleinheit  der  Kieferknochen.  In 
dieser  Beziehung  habe  ich  zu  den  früheren  Maassen  noch  die  Distanz  der  Kiefer- 
winkel hinzugefügt;  es  ergiebt  sich  daraus,  dass  4  mal  (bei  Mikel  und  Aslak  Sara, 
bei  Inger  und  Kirsten  Gaupa)  die  Stirnbreite  grösser  war,  als  die  Kieferwinkel- 
distanz,   1   mal    (bei    Jon  Gaupa)    beide  einander  gleich  waren   und  nur  3  mal  die 

1)  Es  scheint,  dass  die  von  Hrn.  Ecker  untersuchten  Personen  andere  waren,  als  die 
bei  uns  gezeigten.  Obwohl  2  Namen  der  Frauen  übereinstimmen,  so  sind  doch  ganz  andere 
Altersbezeichnungen  angegeben. 


(145) 


Kieferwinkeldistanz  die  untere  Stiru breite  übertraf  (bei  Auti  und  Porsaoger  und 
bei  Kirsten  Sara).  Das  Gesiclit  erlangt  dadurch  mehr  und  mehr  die  Form  eines 
umgekehrten  Kegels. 

Sehr  eigenthümlich  wirkt  dabei  das  geringe  Hervortreten  des  Ohrs.  Es  ist 
mir  dabei  nicht  zweifelhaft,  dass  ein  nicht  geringer  Theil  der  Eigenthümlichkeiten 
des  äusseren  Ohrs  artificiell  hervorgebracht  wird,  indem  durch  das  Herüber- 
greifen der  bei  beiden  Geschlechtern  angewendeten  Kopfbedeckungen,  die  schon  in 
ganz  zartem  Alter  angelegt  werden,  das  Ohr  einem  anhaltenden  starken  Druck 
ausgesetzt  wird.  Sowohl  der  helmartige  Aufsatz  der  Frauen,  als  die  grosse  vier- 
eckige Mütze  der  Männer  werden  bis  über  die  Ohren  herunter  getragen,  so  dass  bei 
den  ersteren  nicht  einmal  das  Haar  sichtbar  wird.  Das  Ohr  erscheint  daher  ganz 
dicht  an  den  Kopf  augelegt  und  abgeflacht.  Die 
Muschel  ist  meist  gross,  wie  wenigstens  dass  Maass 
ihrer  Höhe  in  der  Tabelle  ergiebt,  ihr  Rand  platt 
gedrückt  und  die  Randfurche  mehrmals  erweitert. 
Tragus  und  Antitragus  sind  meist  kurz  und  wenig 
entwickelt,  das  Läppchen  kurz  und  schwächlich.  Bei 
5  Personen,  also  bei  mehr  als  der  Hälfte,  war  das 
letztere  nicht  deutlich  von  der  Wange  abgesetzt  oder, 
wie  mau  sagt,  angewachsen.  Am  meisten  charak- 
teristisch fand  ich  das  Ohr  von  Mike!  Anderson  Sara, 
bei  dem  übrigens  das  Läppchen  leicht  abgesetzt,  nur 
sehr  klein,  dagegen  der  obere  Theil  der  Muschel  um 
so  grösser  war  (vgl.  den  Holzschnitt). 

Die  Nase  ist  fast  durchweg  kurz.  Wenn  man 
als  Länge  die  Entfernung  der  Nasenwurzel  von  der 
Nasenspitze,  also  eigentlich  die  Ausdehnung  des 
Rückens,  und  als  Höhe  die  gerade  Entfernung  der 
Wurzel  von  dem  Ansatz  der  Scheidewand  bezeichnet,  so  übertrifft  in  der  Regel, 
wie  die  Tabelle  lehrt,  die  Höhe  die  Länge.  Nur  die  beiden  Männer  von  Karrosjok, 
Anti  und  Porsanger,  haben  Nasen  mit  grösserer  Länge  als  Höhe,  und  auch  dess- 
halb  scheinen  sie  mir  weniger  typisch  zu  sein.  Die  Nase  von  Anti  ist  oben  schmal, 
unten  breit  und  etw^as  gebogen,  die  von  Porsanger  gleichfalls  an  der  Wurzel  schmal, 
an  den  Flügeln  breit,  mit  langem,  etwas  eingebogenem  Rücken  und  ausgeprägter 
Spitze.  Bei  allen  übrigen  ist  die  Nase  sehr  gleichförmig  gebildet:  kurz,  etwas  tiefe, 
aber  schmale  Wurzel,  breite  Flügel,  etwas  stumpfe  Spitze,  stark  vortretender,  aber 
eingebogener  Rücken.     Nur  bei  Jon  Gaupa  ist  der  Rücken  mehr  gerade. 

Die  Bildung  der  Augen  entspricht  dem,  was  ich  schon  früher  bemerkt  habe. 
Das  Auge  liegt  in  der  Regel  tief  und  sieht  daher  klein  aus,  ist  aber  nicht  schief 
oder  im  engeren  Sinne  geschlitzt.  Nur  bei  Kirsten  Sara,  bei  welcher  das  obere 
Augenlid  ungewöhnlich  voll  und  convex  erscheint,  ist  die  Lidspalte  etwas  geschlitzt 
und  der  äussere  Winkel  etwas  erhoben,  und  bei  Jon  Gaupa,  bei  dem  die  Lider 
schmal  sind,  ist  auch  die  Spalte  eng  und  etwas  schief  nach  oben  und  aussen  er- 
hoben.    Der  eigentlich  mongolische  Charakter  ist  also  wenig  entwickelt. 

Die  Farbe  der  Iris  ist  sehr  wechselnd.  Jon  Gaupa  hat  ganz  hellblaue 
Augen  mit  einem  lichten,  fast  weisslichen  Ring  um  die  Pupille,  in  welchem  nur 
einzelne  braune  Insolchen  liegen.  Seine  Frau  hat  gleichfalls  ganz  hellblaue  Augen 
mit  einem  gelblich  bräunlichen  Schimmer  um  den  Pupillarrand.  Bei  Inger  Gaupa 
sind  die  Augen  ganz  hellblau  mit  einem  weisslichen  Ring  in  der  Iris.  Mikel  Sara 
hat    eine    dunkelrohfarbene  Iris,    seine    Schwester    Kirsten    eine    hellbraune,    etwas 

Verhandl.  der  Berl.  Authropol.  üescllsoliaft  l«7y.  |^Q 


(146) 

fleckige,  sein  Bruder  Aslak  eine  sehr  helle,  nach  aussen  fast  blaugraue,  um  den 
Pupillarrand  mit  einem  bräunlichen  Schimmer,  dazwischen  fast  grünlich.  Die  Iris 
von  Anti  ist  hellblau,  mit  einem  weisslichen  Netz  darin;  die  von  Porsanger  erscheint 
von  Weitem  hellbraun,  in  der  Nähe  blaugrau  mit  braunen  Punkten.  Ein  eigentlich 
dunkles  oder  gar  schwarzes  Auge  hat  also  keiner  von  allen;  fast  überall  herrschen 
lichtere  Nüancirungen  vor. 

Wesentlich  anders  ist  es  mit  dem  Haar.  Das  Kopfhaar  ist  bei  Allen  schlicht, 
kaum  wellig,  nicht  sehr  dicht,  etwas  trocken  und  von  massiger  Länge:  auch  bei 
den  Frauen  erreicht  es  nur  eine  Länge  von  50  cm.  Seine  Farbe  ist  nur  bei  Kir- 
sten Sara,  der  eigentlichen  Schönheit  der  Gesellschaft,  schwarz  und  die  einzelnen 
Haare  erreichen  bei  ihr  eine  grössere  Stärke.  Nächstdem  zeigen  Porsanger  und  Mikel 
Anderson  Sara  dunkles  Haar;  namentlich  bei  dem  letzteren  ist  es  dunkelbraun, 
leicht  ins  Schwärzliche  ziehend  (nach  der  Pariser  Farbentafel  Nr.  42  oder  zwischen 
41  und  43).  Alle  anderen  haben  braune,  bald  etwas  dunklere,  bald  und  über- 
wiegend hellere  Haare  mit  dem  eigenthüuilichen  Lichtschimmer,  dessen  ich  schon 
in  meiner  früheren  Beschreibung  gedachte.  Wirklich  blondes  Haar  hat  keiner. 
Die  Haare  am  Gesicht  sind  nicht  reichlich,  nur  die  Augenbrauen  und  Lidhaare 
pflegen  dichter  und  dunkler  zu  sein.  Am  reichlichsten  mit  Bart  ist  Porsanger 
ausgestattet. 

Endlich  die  Hautfarbe  ist  durchgehends  licht,  wenngleich  bei  manchen 
etwas  ins  Gelbliche  spielend.  Sie  variirt  zwischen  24 — 26  der  Pariser  Farbentafel. 
Bei  Aslak  und  Kirsten  Sara  ist  sie  sehr  zart  und  fast  weiss.  Das  Roth  der  Lippen 
und  der  Wangen  tritt  daher  sehr  deutlich  hervor.  Nichts  erinnert  an  eine  pigmen- 
tirte  Rasse. 

Damit  will  ich  für  heute  meine  Bemerkungen  über  die  physischen  Eigenschaf- 
ten der  Lappen  schliessen.  Ich  übergebe  jedoch  noch  eine  üebersicht  (Tabelle  II.) 
der  Worte,  welche  die  einzelnen  zur  Bezeichnung  der  ihnen  vorgelegten  Farben- 
proben gebrauchen.  Es  ergiebt  sich  daraus,  wie  aus  der  ähnlichen  üebersicht, 
welche  ich  in  der  Sitzung  vom  16.  November  1878  (Verh.  S.  332)  in  Bezug  auf 
die  Nubier  vorgelegt  habe,  dass  der  Wortschatz  der  Leute  für  den  Ausdruck  der 
unterschiede,  welche  sie  wahrnehmen,  nicht  ausreicht,  während  doch  ihr  Farben- 
sinn gut  entwickelt  ist.  Dabei  zeigt  sich  ein  immerhin  sehr  merkwürdiger  Gegen- 
satz: während  die  Lappen  sämmtlich  für  blau  dasselbe  Wort  gebrauchen  und  auch 
in  der  Wahl  desselben  nicht  zögern,  so  bestand  gerade  für  diese  Farbe  die  grösste 
Schwierigkeit  bei  den  Nubiern.  Selbst  grün  wird  von  den  Lappen  recht  scharf 
unterschieden,  wenngleich  weniger  sicher  bezeichnet. 

Die  Besucher  des  Zoologischen  Gartens  darf  ich  überdiess  auf  die  schöne 
Sammlung  ethnologischer  Gegenstände  aus  Lappland  aufmerksam  machen,  welche 
Hr.  Hagenbeck  zugleich  ausgestellt  hat.  Von  ganz  besonderem  Interesse  aber 
ist  die  Weberei  der  lappischen  Schönen,  welche  ohne  alles  grössere  Geräth  mit 
grösster  Geschicklichkeit  vor  sich  geht  und  welche  daher  fast  an  jedem  Ort  ohne 
besondere  Vorbereitungen  aufgenommen  werden  kann.  Meist  beschränkt  sich  die- 
selbe allerdings  auf  die  Herstellung  farbiger  Bänder.  Man  kann  aber  auch  an  die- 
sen ersehen,  wie  ausgebildet  der  Farbensinn  der  Leute  ist. 


(147) 


Tabelle  I. 

Körperverhältnisse. 


o 


!^ 


>-5      tn 


Geburtsort 
Alter  ,     . 


Haut 
Haar 


Auge 

Körperhöbe      .     .     . 

Klalterläuge     .     ,     . 

Schulterbreite  .     .     . 

Höhe  des  Kinns  .     . 
„      der  Schulter  . 
„      des  Ellenbogen 
„        ,     Handgelenks 
„        ,    Mittelfingers 

Handbreite  .... 

Höhe  des  Nabels 
„        ,    Trochanters 
^        ,    Knies  .     . 
,        „    Mall.  int,. 

Fusslänge    .     . 

Fussbreite   .     . 

Kopflänge   .     . 

Kopfbreite  .     . 

Auricularhöhe  . 

Stirnbreite  .     . 

Höhe  der  Ohrmusehel 

Gesichtshöhe,  Haarrand 
»  Nasenw. 

Obergesichtshöhe.     . 

Gesichtsbreite,  Jugal 
Bizyg. 
Kieferw 

Nasenlänge      ,     .     . 

Nasenbreite      .     .     . 

Nasenhöhe  .... 

Augendistanz,  innen 
,  aussen 

Länge  des  Mundes  . 

Meat.  aud.  -  Nasenwurzel 
r.        „     Spina  nas. 
,     Kinn  ,     . 


Eauta- 

kaino 

38 

gelblich, 

Hals  dunkel, 

Bauch 

bräunlich. 

hellbraun 

bellblau 

1515 

1577 

341 

1325 

1280 

1015 

765 

618 

90 
870 
760 
405 

63 
245 
100 
179 
154,5 
108 
110 

57 
160 

95 

127,5 
143 
100 
110 

42 

35 

45 

27 

86 

48,5 
116 
116 
135 


Kauta- 

kaino 

23 

hell 

dunkel- 
braun 

braun 

1520 

1545 

362 

1320 

1240 

945 

700 

533 

93 
865 
785 
420 

62 
235 

98 
180,5 
158,5 
118 
112 

55 
160 
100 
126 
140,5 
100,5 
109,5 

42 

34 

45,6 

33,5 

92 

48 
120 
116 
131 


Karro- 

schock 

20 

bell 

dunkel- 
braun 

graublau 

1452 


1252 
1186 

903 

692 

541 
83 

740 
406 

73 
235 

88 
173 
142 
104 

95,5 

60 
168 
104 
128,5 
127,5 

95,5 
105 

49 

34 

44 

31 

89 

54 
111 
113 
126 


Kauta- 

kaino 

18 

hell 

dunkel 
öOcHilang 

hellbraun 

1449 
1470 

322 
1240 
1191 

911 

715 

514 
82 

720 
400 

66 
227 

85 
176 
154 
111 
108 

57 
158 
100 
126 
136 

89 
117 

41,5 

35 

45 

33 

94 

48 
112 
116 
121 


Kauta- 
kaino 
15 

hell,  mit 
rothen 

Wangen 

hellbraun 

blau 

1400 
1375 

300 
1206 
1126 

893 

686 

498 
80 

711 
374 

67 
208 

82 
170 
149 
114 
107 

62 
155 

94 
122 
131 

90 
106,5 

43 

34,5 

45 

32,6 

98 

46 
113 
117 
126 


Karro-    Kauta- 

scbock    kaino 

46      13 


etwas     I 
bräunlich 


hell 


schwarz  i  hellbraun 


blaugrau 

1560 

1595 

370 

1345 

1286 

980 

761 

600 

97 
906 
793 
415 

71 
237 

90 
179 
158 
116 
112,5 

57 
176 
111 
143 
150 

95 
115 

50 

36 

52 

33,5 

95,5 

46 
117 
121 
142 


blau- 
grau 

1196 

1200 
257 

1088 
982 
750 
586 
445 

698 
602 
307 

61 
195 

75 
171,5 
156 
116 
101 

50 
148,5 

93,5 
126 
129 

73 

98 

37,5 

30 

40 

31,5 

80 

45 
109,5 
106 
112,5 


Kauta- 

kaino 

36 

bell 

bellbraun 

blau 

1400 
1425 

342 
1205 
1141 

865 

663 

488 


734 
371 

70 
229 

85 
174 
156 
116 
110 

50 
169 
102 
128 
134 

94 
103,5 

43 

36,5 

46 

33 

92,5 

50 
105 
109 
119 


10* 


(148) 

Tabelle  II. 
Verzeichniss  der  Farbenbezeichnungen  in  lappischer  Sprache. 


c 

Farbe 

i 

Gaupa 

Frau  von 
Gaupa 

geb. 
Nico- 

Nikel 

Anderson 

Sara 

Kirsten 
Sara 

2 

Peter 
Larsen 

Anti 
Karra- 

schok 

Inger 
Gaupa 

Porsanger 

Aslak 
Sara 

denius 

1 

schwarz 

tscharpat 

tscharpat 

tscharpat 

tscharpa 

tscharpa 

tscharpa 

tscharpa 

tscharpa 

2 

grau 

ruana 

ranis 

wekis 
tscha 

welkis 

ranat 

wekis 
stilko 

ranis 

rana 

3 

weiss 

welgat 

wielegat 

wielgat 

welkies 

wielgat 

wielkies 

welkis 

welki 

4 

roth 

roksat 

i 

roksat 

roksat 

roksis 

roksat 

roksat 

rokses 

roksat 

5 

orange 

fiskat 
(gelb) 

fiskat 
(gelb) 

ruana 

ruana 

roks- 
fiskat 

ruschkis 

ruschkat 

fiske 

6 

gelb 

fiskat 

fiskat 

welgis 
ruana 

fiske 

fiskat 

fiskat 

fiskis 

fiske 

7 

grün 

ruana 

ruana 

fiskat 

ruana 

ruana 

ruana 

ruana 

alich 
ruana 

8 

blau 

alicht 

alicht 

alicht 

alicht 

alich 

alicht 

alich 

alich 

9 

violett 

alicht 

alicht 

tscharpis 
ruana 

alicht 

ruks 
alich 

tscharpes 
alicht 

alich 

alich 

10 

braun 

tscbarpat 
(schwarz) 

roksat 

roks 
ruanat 

roksat 

roksat 

tscharpes 
ruksat 

weissdiese 
Farbe 
nicht 

weissdiese 
Farbe 
nicht 

(24)  Eingegangene  Schriften: 

1)  Verhandlungen  der  Berliner  medicinischen  Gesellschaft.  8.  IX. 

2)  Schlesiens  Vorzeit  in  Bild  und  Schrift.     Bericht.  41. 

3)  Nachrichten  für  Seefahrer.  7,  8,  9,  10.  Jahrg.  1879. 

4)  Annalen  der  Hydrof^raphie.     Heft  II.      1879. 

5)  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.     Nr.   2.     1879. 


(149) 

6)  Journal  of  the  Anthropological  Institute.     Vol.  VII.  4,  VIII.  1. 

7)  Andres    Lamas,  Juan  Diaz    de  Solos    descubridor  del  Rio  de  la  Plata.     Ge- 

schenk des  Verfassers. 

8)  Andres  Lamas  Instrucciones  para  la  adquisicion  en  los  archivos  europeos  de 

documentos  ineditos  qua  puedan  ilustrar  la  historia  colouial  del  Rio  de  la 
Plata.     Desgl. 

9)  Andres    Lamas    Colecion    de    obvas    documentos  y  noticias   para   servir  a  la 

historia  del  Rio  de  la  Plata.     Vol.  L— IV.     Desgl. 

10)  A  ndres  Lamas  Escritos  politicos  y  literarios,  coleccionados  por  Angel  J.  Car- 

ranza.     Las    agresiones  del  dictutor   argentino  Juan  Manuel  Rosas  contra 
la  independencio  de  la  Republica  Oriental    del  Uruguay.     Gesch.  d.   Verf. 

11)  Dr.  R.  Richter  (üeber  die  Steinfunde  am  Rothen  Berg    bei  Saalfeld  in  Thü- 

ringen).    Zu    einer  Weihnachtsgabe    für    arme  Schulkinder    unserer  Stadt. 
Saalfeld  1868. 


Sitzung  am  19.  April  1879. 

In  Abwesenheit  des  Vorsitzenden,  Hrn.  Virchow  und  der  beiden  Stellvertre- 
ter übernimmt  Hr.  Koner  als  Obmann  des  Ausschusses  den  Vorsitz. 

(1)  Als  neue  Mitglieder  werden  angemeldet: 

Don  Jose  ViUar  Sanchez  in  Sevilla. 

Director  Dr.  Goldbeck,  Berlin. 

Dr.  Marc  US  e,  Berlin. 

Dr.  Th.  Schuchardt,   Görlitz. 

A.  Nicolson,  Attache  der  englischen  Gesandtschaft,  Berlin. 

Baron  Camillus  von  Brand,  Berlin. 

Rittmeister  Krug  auf  Jessen,  Kreis  Sorau. 

(2)  Hr.  Hartmann  verliest  folgenden,  an  ihn  gerichteten  Bericht  des  Hrn. 
Künne  d.  d.  Lima,  den  20.  Februar  1879. 

„Ich  habe  auf  der  Reise  nach  Mendoza  den  Commaudanteu  der  Indianer  Grenze 
Coronel  Racedo  in  Villa  Mercedes  kenneu  gelernt  und  versprach  derselbe  ein 
Cazikeiigrab  der  Ranqueles  mit  allen  Beigaben  an  Hrn.  von  Holleben  zu 
schicken. 

„Die  Passage  über  die  Cordillere  war  schwierig  und  nicht  sehr  lohnend.  In 
Santiago  besuchte  ich  Dr.  Philippi  und  war  ich  über  den  Reichthum  der  ethnolo- 
gischen Abtheilung  des  Museo  Nacional  erstaunt.  Ich  ging  dann  nach  Mollendo 
und  über  Arequipa  und  den  Titicaca  See  nach  La  Paz.  Hier  kam  ich  zu  einer 
sehr  ungünstigen  Zeit  an,  denn  ein  Fest  jagte  das  andere,  dazu  ist  Hungersnoth 
im  Lande  und  konnte  ich  nur  mit  der  grössten  Mühe  Thiere  zu  einem  Ausfluge 
nach  Tialmanaco  auftreiben.  Hr.  v.  Grumbkow  begleitete  mich  auf  diesem  Aus- 
fluge. Später  machte  ich  den  Inseln  Titicaca  und  Coati  einen  Besuch  und  wohnte 
dem  Fest  der  Virgeu  in  Copacapana  bei.  Ich  habe  Photographien  und  verschie- 
dene Kleinigkeiten  gesammelt. 

„Hr.  Belisario  Saenz  schenkte  dem  Berliner  Museum  einen  drei  Fuss  hohen 
steinernen  Inka-Kopf  und  wird  derselbe  mit  einem  der  nächsten  Kosmos  Steamer 
dort  ankommen.  Ein  Kaufmann  M.  Hartniann  La  Paz  will  dem  Museum  den 
Kopf  von  CoUo-CoUo,  den  d'Orbigny  ganz  falsch  gezeichnet,  schenken,  wenn  es 
möglich  ist,  denselben  nach  dem  See  zu  schaffen.  Endlich  stellte  der  deutsche 
Konsul  Wagner  in  Arequipa  der  Anthropologischen  Gesellschaft  eine  hübsche 
Mumie,  wahrscheinlich  die  eines  Verbrechers,  der  bei  Lebzeiten  in  eine  nasse  Haut 
eingenäht  wurde,  zur  Verfügung.  Hr.  Stamm  aus  Arequipa,  dem  ich  ein  Paar 
Zeilen  für  Sie  mitgab,  wird  dem  Museum  einige  silberne  Idole  u.  s.  w.  überreichen. 
Derselbe  macht  jährlich  Reisen  nach  Cuzco. 

^Ich  fühle  mich  hier  in  Lima,  abgesehen  von  der  Hitze,  recht  wohl  und 
geniesse    die  Civilisatiou    in    vollen    Zügen.      Am    27.  gehe    ich    direkt    nach    San 


(151) 

Francisco.  Von  dort  werde  ich  einen  Abstecher  nach  Oregon  machen  und  dann 
nach  Yokohama  segeln." 

(3)  Hr.  M.  Kuhn  macht  Mittheiiungen  aus  einem  Briefe  des  Schlosspredigers 
Saalborn  zu  Sorau,  Nieder-Lausitz.  Derselbe  berichtet  im  Einverständnisse  mit 
Hrn.  Rittmeister  a.  D.  Krug  auf  Jessen  über 

Ausgrabungen  bei  Jessen,  Kreis  Sorau, 

welche  derselbe  im  October  1878  •veranstaltet  hat.  Dieselben  ergaben  eine  Streit- 
axt, (Kieselschiefer?),  welche  die  Form  eines  Löthhammers  hat  und  roh  gearbeitet 
ist;  an  Bronzesachen  fanden  sich  ausser  1  Perle  und  1  Plättchen  nur  Stücke 
von  Nadeln,  Fibeln  und  Ringen  aus  einem  Halsschmucke  vor;  die  Einwirkung  des 
Feuers  ist  an  diesen  14  Reststücken  sehr  sichtbar.  Bei  dem  Ausgraben  und  Aus- 
heben der  Thongefässe  wurden  sehr  viele  verletzt  und  zerbrochen;  doch  konnten 
etwa  6  grosse  Urnen  und  22  Töpfe,  Schaalen,  Tassen  etc.  zu  einer  kleinen  Samm- 
lung vereinigt  und  im  Schlosse  zu  Jessen  von  dem  Finder   aufgestellt  werden. 

Die  Linear- Verzierungen  an  den  Thongefässen  sind  die  der  Triangulär-  und 
der  Bindfadenform.  An  einer  Urne  befinden  sich  2  kurze  Leisten  als  Stützpunkte 
für  den  Daumen;  an  einer  andern  6  kleine  Ansätze  (Hörner);  an  einer  dritten 
3  Rippen,  welche  als  Leisten  in  der  Länge  von  zwei  Zollen  am  Bauche  senkrecht 
herabgehen;  au  einer  vierten  6  Rippen  oder  Leisten  in  schräger  Richtung,  ebenfalls 
am  Bauche.  Die  Masse  ist  feiner  Thon,  die  Farbe  meist  gelblich  und  durch  Flug- 
Feuer  beim  Brennen  stellweise  geschwärzt.  Eine  Topfscherbe  enthält  auf  der 
Innenseite  einen  carminrothen,  matten  Anstrich;  sie  scheint  einem  Farbentopfe 
angehört  zu  haben. 

Das  werthvollste  dieser  Fundstücke  ist  ein  Hörn  aus  hellem,  feinem,  fettem 
Thon;  dasselbe  hat  einen  runden  Henkel  an  der  Oeffnung  und  ist  etwa  6  Zoll 
lang.  Die  Zeichnung  veranschaulicht  die  Gestalt  und  die  Verzierungen  in  Ellipsen- 
und  Triangelform. 


Es  scheint  als  Salbhorn  gedient  zu  haben. 

Die  Bestattungsstätten  sind  Hügel  mit  Steinkisten  und  Rollsteineu;  doch  wurde 
auch  ein  bruunenartiges  Gemäuer  biosgelegt,  an  dessen  Innen-  und  Aussenseite 
Thongefässe  standen.     In  einigen  der  grösseren  Gefässe  standen  kleinere. 

(4)    Hr.    Ingenieur   Fudil    in    Bilin    übersendet   d.    d.    25.   März    Bemerkungen 

über  böhmische  Alterthümer. 
„Ich  kann  nicht    umhiu,    auf  einige  Unrichtigkeiten   in  dem  in  dem  Sitzungs- 
bericht vom   IG.  November  1878  abgedruckten   Berichte  des  Hrn.  Ludwig  Schnei- 
der aufmerksam    zu    macheu.     Ich    thue    dies    lediglich    im  Interesse  der  Wissen- 
schaft und  wünsche,    dass  diese  meine   Berichtigung  auch  so  aufgenommen  werde. 


,    (152) 

Dort  heisst  es:  „Auch  die  in  den  Pamatky  veröffentlichten  Zeichnungen  der 
Pudil'schen  Gefässe  sind  nicht  correct;  namentlich  das  Gefäss  6e.,  Tafel  VI., 
von  dem  ich  einen  grossen  Theil  erwarb,  ist  nicht  mit  hängenden  Guirlanden,  son- 
dern mit  wagerechten  Parallelstreifen,  deren  Enden  etc und  weiter:  Nebstbei 

muss  ich  bemerken,  dass  Taf.  VI.,  10  f.  nicht  Nadel  etc " 

Hr.  Ludwig  Schneider  konnte  unmöglich  von  den  in  Pamatky  archaeologicke 
von  mir  veröffentlichten  Zeichnungen  der  Grabgefässe  von  Polep,  Bilin,  Strupcic 
(=  Trupschitz  bei  Brüx),  Patogrö,  Hochpetsch  (^  Becov),  Lyskosic  und  Stadic  ge- 
sprochen haben;  denn  alle  von  mir  veröffentlichten  Zeichnungen  der  Grabgefässe 
von  den  obengenannten  Orten  sind  auf  das  Gewissenhafteste  mit  aller  Genauigkeit 
gezeichnet  und  die  meisten  ebenso  genau  durch  die  Pamatky  archäologicke  wieder- 
gegeben worden.  Ich  zeichnete  nur  Gefässe,  deren  ganze  Form  ich  unzweifelhaft 
bestimmen  konnte,  und  enthielt  und  enthalte  mich  aller,  blos  durch  Phantasie  er- 
reichbaren Formenbestimmungen  Die  Originale  dieser  Gefässe  sind  in  meinem 
Besitze  (mit  Ausnahme  der  Stadicer,  welche  in  Brüx  bei  Hrn.  Corp  von  mir  auf- 
genommen wurden),  und  bis  heute  habe  ich  an  Niemanden  weder  diese  verschenkt 
noch  verkauft.  Ich  schenkte  Hrn.  Schneider  nur  Bruchstücke  von  Gefässen, 
deren  ganze  Form  nicht  zu  bestimmen  war  und  die  in  keiner  Weise  von  mir  bis 
jetzt  veröffentlicht  wurden.  Auch  fand  Hr.  Schneider  bei  seinem  Besuche  bei 
mir  keine  Gelegenheit,  einen  Vergleich  mit  meinen  Zeichnungen  anzustellen. 

Ebenso  ist  sowohl  nach  meiner  Zeichnung  als  nach  der  Beschreibung  nicht 
möo-lich,  dass  Jemand  den  Messerrücken  des  Stadicer  Fundes  für  eine  Nadel  halten 

könnte. 

Bezüglich  der  in  Pamatky  Band  X.  1876  enthaltenen  irrigen  Bezeichnung  der, 
Asche,  Scherben  und  Knochenreste  enthaltenden  Biliner  ßurgstelle  wurde  in  Pa- 
matky, Band  X.,  1877,  die  Correctur  durch  die  Redaction  vorgenommen;  meine 
Verwechslung  kam  daher,  dass  ich  den  tiefsten  Burghof  als  Vorburg,  die  Redaction 
aber  den  höchsten  vom  Land  zugänglichen  Vorhof  als  Vorburg  bezeichnete.  So- 
wohl in  der  von  mir  bezeichneten  Vorburg  als  auch  im  Mittelfelde  der  Burg  sind 
Scherben,  Asche  und  zahlreiche  Knochenreste  zu  finden. 

„Auch  die  Bemerkung  bezüglich  des  Schädels  aus  den  Liebshausner  (Liebs- 
hausen =  Libceves)  Gräbern,  dass  dieser  Schädel  in  der  Asche  allein  gefunden 
wurde,  ohne  weitere  Skeletreste,  ist  nicht  zutreffend.  Ich  fand  das  ganze  8kelet, 
und  am  Oberarme  desselben  einen  Bronze-Ring.  Die  Bestattung  geschah  daselbst 
durch  Verbrennung  und  auch  durch  das  Begraben  des  unverbrannten  Körpers  in 
die  Erde,  allerdings  seltener.  Die  Beschreibung  und  die  Zeichnungen  dieser  Grä- 
ber und  Funde  habe  ich  für  die  Pamatky  vorbereitet. 

„Böhmen  bietet  in  der  That  viel  Material  und  ist  überaus  reich  an  Fundorten 
von  Gräbern,  Wohnstätteu  und  befestigten  Plätzen  der  vorhistorischen  Zeit.  Die 
ältesten  Gefässe  sind  ohne  Anwendung  der  Töpferscheibe  mit  der  Hand  geformt, 
und  solche  Gefässe  sind  die  zahlreichsten. 

Ich  bezweifle,  dass  bei  Schalan  (Zalang)  in  der  Kulturschicht  auch  Scherben 
vorzufinden  sind,  welche  die  Anwendung  der  Töpferscheibe  zeigen.  Es  ist  mir 
nicht  ein  einziger  Fall  vorgekommen;  die  ich  in  der  Hand  des  Hrn.  Schnei- 
der sah,  waren  alle  aus  freier  Hand  geformt  und  den  Gefässen  von  Luschitz 
(Luzice)  am  meisten  ähnlich.  Die  Anwendung  der  Töpferscheibe  ist  in  dieser 
Gegend  sehr  spät  vorgekommen;  Gefässe,  die  nur  modellirt  wurden,  bekamen 
unzweifelhaft  in  der  Hand  des  Verfertigers  theilweise  auch  solche  Bewegungen,  die 
ähnlich  der  Töpferscheibe  waren.  Einzelne  parallele  Streifen  entscheiden  niemals, 
ob  die  Anwendung  der  Töpferscheibe    vorkam.     Es    gehören  dazu  schärfere  Unter- 


(153) 

suchungen  in  Bezug  auf  gleiche  Dicke  längs  den  Streifen,  correspondirende  Streifen 
auch  im  Inneren  etc,  etc. 

„Ueberhaupt  ist  die  Forschung  über  die  Grabgefässe,  die  einzigen  sicheren 
überbliebenen  Zeugen  der  Cultur  des  den  Ort  einst  bewohnenden  "Volkes,  noch 
unvollkommen  und  wird  nur  leicht  behandelt.  Es  wird  von  nur  wenig  gebrannten 
Scherben,  auch  sogar  von  ungebrannten  oder  nur  am  offenen  Feuer  gedorrten  Ge- 
fässen  gesprochen.  Allerdings  war  der  Hitzegrad  zum  Brennen  der  Gefässe  nicht 
so  gross,  wie  er  unsere  Porzellangefässe  benöthigen;  dann  wären  solche  Gefässe  zur 
Schlacke  geschmolzen.  Aber  der  grösste  Hitzegrad,  als  es  das  Material  erforderte, 
wui'de  überall  und  mit  grossem  Geschick  angewendet.  Schwerlich  hat  sich  ein 
schwach  gebranntes  Gefäss  bis  auf  unsere  Tage  erhalten,  ja  nicht  einmal  eine  Spur 
von  selchem  dürften  wir  finden. 

„Ich  habe  nur  noch  zu  bemerken,  dass  die  ebenfalls  vom  Hrn.  Schneider 
mitgetheilte  Analyse  des  Hrn.  Zeman  über  Grabscherben  auf  meine  Veranlassung 
erfolgte,  mich  aber  dieses  Resultat  durchaus  nicht  befriedigte." 

(5)  Hr.   Falkenstein   stellt  seinen   verbesserten 

Gesichtswinkel-Messer 

vor  und  bemerkt  dazu: 

Als  ich  bei  Gelegenheit  der  Bearbeitung  der  Loango-Neger-Schädel  in  die  Lage 
kam,  die  verschiedenen  bisher  angegebenen  Gesichtswinkel  unter  einander  zu  ver- 
gleichen und  da  mir  Apparate  hierfür  theils  nicht  zugänglich  waren  theils  unpraktisch 
schienen,  construirte  ich  mir  selbst  ein  Modell  das  ich  Ihnen  damals  (s.  Zeitschr. 
f.  Ethnologie  1877.  IV  S.  169)  vorzustellen  die  Ehre  hatte.  Nachdem  dasselbe 
vom  hiesigen  anatomischen  Cabinet  erworben  war,  hatte  ich  nicht  weiter  Veranlassung 
mich  damit  zu  beschäftigen ,  bis  von  verschiedenen  Seiten  zugleich  auf  die  in  der 
Zeitschrift  beigegebene  Abbildung  Anfragen  und  Aufträge  namentlich  von  Leipzig 
und  Dorpat  an  mich  gelangten  und  ich  in  Folge  dessen  mit  Herrn  Dörffel  (Berlin 
Linden  Nr.  46)  in  Verbindung  trat,  um  dieselben  mit  den  nöthig  scheinenden  Ver- 
änderungen auszuführen.  Die  bezüglichen  Institute  haben  die  Apparate  nunmehr 
erhalten  und  Herr  Prof.  Stieda  hatte  die  Freundlichkeit,  ein  Exemplar  auf  der 
anthropologischen  Ausstellung  zu  Moskau  anderen  Instrumenten  anzureihen.  Ich 
führe  Ihnen  nunmehr  hier  ein  eben  fertig  gestelltes  Exemplar  vor,  das  Herr  Dörffel 
für  die  Industrie -Ausstellung  (angekauft  von  der  Schwedischen  Regierung)  bestimmt 
hat  und  für  dessen  correkte  und  ausgezeichnete  Arbeit  ich  nicht  umhin  kann,  ihm 
hier  meinen  besten  Dank  zu  sagen. 

Zur  Aufnahme  des  Schädels  dient  eine  mit  Tuch  überzogene  Platte,  welche 
an  vier  gezahnten  Pfeilern  gleichmässig  auf  und  nieder  bewegt  werden  kann  und 
in  der  gegebenen  Richtung  durch  Einschnappen  einer  federnden  Vorrichtung  ge- 
halten wird. 

Durch  diese  Bewegung  kann  leicht  jede  beliebige  der  bekannten  Basal-Linien 
zur  Einvisirung  gelangen.  Der  Beobachter  sucht  dieselbe  in  gleiche  Richtung  mit 
dem  horizontal  eingespannten  Haar  und  der  an  der  Hinterwand  markirten  Linie 
zu  bringen,  welche  mit  jenem  gleiche  Höhe  hat.  Er  kann  zu  diesem  Zweck  gleich- 
zeitig den  Schädel  auf  dem  an  der  Platte  befindlichen  Hufeisen  nach  Bedarf  ver- 
schieben und  den  links  befindlichen  Reiter,  damit  jegliches  Hin-  und  Herrutschen 
ausgeschlossen  bleibt,  bis  an  die  Stirn  oder  den  Alveolarfortsatz  heranschieben. 

Nunmehr  wird  zur  Bestimmung  der  Profillinie  der  Rahmen  mit  dem  senkrecht 
eingespannten  Haar  herangeholt  und  ist  wenn   die   gewünschte  Richtung  gefunden, 


(154) 

mit  einer  an  ihm  befindlichen  Schraube  an  den  horizontalen  Rahmen  angedrückt. 
Durch  einen,  in  einer  Rinne  des  letzteren  verschiebbaren  Transporteur  vermag 
man  sich  dann  in  kürzester  Zeit  von  der  Grösse  des  eingeschraubten  Winkels  zu 
überzeugen. 

Es  erhellt  aus  der  Anschauung,  dass  man  auch  in  der  Wahl  der  Profillinie 
beliebig  schnell  ohne  Zeitaufwand  wechseln  kann  und  so  leicht  die  mannichfachen 
variirenden  Angaben  der  einzelnen  Autoren  bei  einer  grossen  Zahl  von  Schädeln 
auf  ihren  Werth  zu  prüfen  im  Stande  ist;  da  selbstverständlich  nur  derjenige 
Winkel  ein  Aurecht  auf  spätere  allgemeine  Verwendung  erwerben  kann,  welcher 
bei  Schädeln  eines  und  desselben  Volksstammes  die  gleichmässigsten  Werthe  ergiebt. 

Es    ist    vielleicht    aber    der    grösste    Vorzug    dieses    Apparats    eine    endgültige. 
Lcisuug  der  Frage  über  die  Wahl  der  bezüglichen  o  Punkte  für  den  Gesichtswinkel 
erleichtern  zu  helfen. 

Bei  der  Arbeit,  welche  den  Apparat  allmälig,  gleichwie  von  selbst  entstehen  Hess, 
und  wurden  an  einer  Anzahl  von  Schädeln  der  Loango- Neger  6  bekannte  Winkel 
und  zwar  der  von  Virchow,  v.  Ihering,  Camper,  Cloquet,  Geoffroy  St. 
Hilaire  und  Jacquart  geprüft  und  verglichen. 

Alle  ergaben  grosse  Schwankungen  bis  zu  180,5,  Eine  eigene  Combinatiou, 
bei  welcher  die  Basallinie  von  der  Mitte  des  Alveolarfortsatzes  zur  Mitte  des  For. 
aud.  extr.,  die  Profillinie  dagegen  von  der  Mitte  des  Alveolarfortsatzes  zur  Nasenwurzel 
verlief,  schien  sich  für  die  Erzielung  gleichmässiger  Werthe  sehr  vortheilhnft  zu 
erweisen,  und  wird  es  denen,  welche  mit  dem  Apparat  zu  arbeiten  versuchen, 
gewiss  interessant  sein,  neben  allen  anderen  auch  diesen  Winkel  auf  seine 
Brauchbarkeit  zu  prüfen. 

(6)  Hr.  A.  Woldt  bespricht  und  legt  vor  Heft  2  und  3  des  I.  Jahrganges 
der  Geographischen  Nachrichten  für  Welthandel  und  Volkswirth- 
schaft,  Berlin  1879. 

Ferner  legt  derselbe  vor  Photographien  der  im  Frühjahr  hiergewesenen 
Lappen,  angefertigt  durch  den  Photographen  Herrn  Günther,  sowie  Gyps- 
abgüsse  von  Körpertheilen  jener  Lappen,  letztere  angefertigt  von  Hrn.  Castan. 

(7)  Hr    Budczies  spricht  über  den  schwarzen   Tod  in  der  Mark. 

(ß)  Hr.  Hartmann  legt  einige  alte  Gräber -Funde  vor,  welche  ihm  von 
dem  Naturaiienhändler  Hrn.  H.  Schilling  zu  Hamburg  übergeben  und  vom  Vor- 
tragenden für  das  märkische  Provinzialmuseum  bestimmt  worden  sind. 

Die  erste  Reihe  dieser  P'unde  besteht  aus  Urnen-,  Knochen-  und  Geweihresten, 
welche  in  einem  Urnenfelde  auf  dem  Grundstücke  des  Paiticulier  Allendorff 
zu  Schönebeck  a.  Elbe  aufgedeckt  worden  sind.  Wir  sehen  hier  aus  grobem 
Material  verfertigte  Urnenscherben,  Reste  von  menschlichen  Skeletten  und  .Stücke 
von  Hirschgeweihen.  Unter  den  Menschenknochen  befinden  sich  zwei  Schädeldächer, 
ein  Rückenwirbel,  das  Fragment  eines  solchen,  ein  Kreuzbein,  ein  rechtes  Beckeu- 
bein,  ein  oberes  und  zwei  untere  Stücke  vom  Oberarmbein,  ein  Speichenbein, 
zwei  obere  Stücke  von  Oberschenkelbeinen,  zwei  Reste  von  Schienbeinen,  zwei 
Wadenbeine,  zwei  Fragmente  von  Wadenbeinen,  zwei  Fersenbeine,  ein  mittleres 
linkes  Mittelfussbein,  ein  Mittelstück  einer  Rippe.  Alle  diese  Theile  stammen  von 
Erwachsenen  her.  Ausserdem  finden  sich  ein  oberes  und  ein  unteres  Stück  vom 
Oberschenkelbein,  zwei  Schienbeine  und  eine  Kniescheibe  von  Kindern. 

Alle  diese  Knochen  sind  morsch,  z.  Th.  noch  mit  einer  ziemlich  festbackenden 


(155) 

kalkartig-  raergeligen  Erde  bedeckt.  Spuren  von  Brand  konnte  ich  an  ihnen  nicht 
wahrnehoien.  Ein  Oberschenkelbeinstück  zeigte  einen  tieferen  gerundeten,  ver- 
muthlich  von  einer  Spit/Jiacke  herrührenden  Einbruch  recenter  Natur.  Die  Knochen 
bieten  stark  ausgeprägte  Fortsätze,  Leisten,  Protuberanzen  u.  s.  w.  dar.  Das 
Darmbein  jenes  oben  erwähnten  Beckenbeines  zeigt  eine  beträchtliche  Vertiefung 
im  hinteren  Abschnitt  der  äusseren  Fläche  und  einen  stark  s- förmig  gekrümmten 
Darmbeinkamra.  Dies  und  das  Kreuzbein  scheinen  einem  weiblichen  Individuum 
angehört  zu  haben.  An  den  Oberschenkelbeinen  tritt  die  Linea  aspera  stark  hervor. 
Die  Schienbeine  zeichnen  sich  durch  sehr  hervorragende  vordere  Kanten  (Cristae 
oss.  tibiae)  aus.  Ferner  ist  die  mediale  Kante  des  Speichenbeines  und  der  Waden- 
beine beträchtlich  entwickelt,  klingenartig  scharf  hervortretend.  An  den  Fersen- 
beinen zeigen  sich  die  beiden,  sonst  meist  getrennten,  zur  Articulation  mit  dem  Talus 
dienenden  Gelenkflächen  (eine  mediale,  dem  Sustentaculum  tali  angehörende  und 
eine  vordere,  vom  Processus  anterior  calcanei  gebildete)  zu  einer  einzigen,  concaven, 
35  mm  langen  und  lo  mm  breiten  Fläche  vereinigt.  Diese,  bei  den  anthropoiden 
Affen  gewöhnlich  stattfindende  Bildung,  welche  E.  D'Alton  (Anatomie  der  Be- 
wegungswerkzeuge S.  152  Fig.  129  C,  p.)  beim  Menschen  so  schön  abbildet  und 
wie  die  meisten  Anatomen  als  „zuweilen  vorkommend"  erwähnt,  fand  ich  selbst 
bis  jetzt  trotz  eines  mir  durch  die  Hände  gegangenen  reichen  Materiales  au  recenten 
Knochen  noch  kein  einziges  Mal.  Die  in  den  letzten  zehn  Jahren  auf  der  berliner 
Anatomie  präparirten  Fersenbeine  zeigten  immer  die  beiden  Articulationsflächen 
am  Calcaueus  durch  eine  Furche  —  Henle's  Sulcus  interarticularis  —  getrennt. 
Es  waren  dann  entweder  von  beiden  Flächen  die  hintere,  Henle's  Facies  articularis 
medialis  posterior  =  16  —  17  mm,  die  vordere  aber  (Henle's  Fac.  articul.  medial.) 
9 — 12  7nm  lang,  —  in  solchen  Fällen  zeigte  sich  der  Sulc.  interarticularis  ziemlich 
breit,  —  der  beide  Facies  waren  gleich  lang  (je  16 — 17  mm)  und  durch  einen 
nur  schmalen  Sulcus  von  einander  getrennt.  Von  den  Schädelfragmenten  besteht 
das  eine,  eine  Schädeldecke,  aus  beiden  Scheitelbeinen  und  dem  Stirnbein.  Von 
ersteren  ist  das  rechte  noch  bis  zum  mittleren  Theil  des  Schuppenrandes,  das  linke 
nur  bis  gegen  den  Schuppenrand  hin  erhalten.  Das  Fragment  ist  in  der  Rich- 
tung von  vorn  und  links  nach  hinten  und  rechts  dergestalt  verschoben,  dass  in  der 
Norma  verticalis  das  rechte  Scheitelbein  (abgesehen  von  der  besseren  Erhaltung 
desselben)  in  grösserer  Ausdehnung  übersehen  werden  kann  als  das  linke,  mehr 
laterahvärts  herabgeneigte.  Das  andere,  ebenfalls  schiefe  Fragment  enthält  die 
Reste  beider  Scheitelbeine  und  ein  Stückchen  der  Hinterhauptschuppe. 

Die  Geweihreste  stammen  von  Thieren  her,  welche  dem  Wapiti-  oder  Elk- 
hirsche  Nordamerikas  au  Grösse  nur  wenig  nachgegeben  haben  können.  Ein  unter 
ihnen  befindlicher  Augenspross  misst  370  mm  in  der  grossesten  Biegung.  Ein 
Rosenstock  von  111  mm  Höhe  ist  an  seinem  distalen  Ende  mit  einem  queren,  von 
Menschenhand  herrührenden  Anschnitte  versehen. 

Unter  den  Funden  zeigen  sich  in  zweiter  Reihe  eine  grössere  ürnenscherbe 
von  Dalldorf  bei  Aschersleben  (gefunden  1868),  ferner  eiserne  Reste  von 
kugel-|oder  schalenförmiger  Form  mit  horizontalwärts  umgebogenem  Rand.  Letztere, 
am  1.  December  1872  in  der  Mergelgrube  zu  Meissdorf  in  der  Grafschaft 
Falken  stein  i.,H.  aufgedeckten  Funde  sind  Gegenstand  ziemlich  lebhafter  Dis- 
cussion  unter  denen  geworden,  welchen  ich  dieselben  gezeigt  habe.  Der  Eine  er- 
klärte sie  für  Reste  einer  Sturmhaube,  der  Andere  für  diejenigen  von  Töpfen  oder 
Schalen,  wieder  Einer  sprach  von  frühmittelalterlichem  Kircbengeräth.  Ich  selbst 
fülilt^  mich  aussser  Stande,  diesen  alten   Eisenkram  genügend  zu  tlt^tiniren.  — 


(156) 

Hr.  Voss  bemerkt,  dass  letztere  Gegenstände  die  Fragmente  eines  Schildbuckels 
aus  dem  zweiten  bis  vierten  Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung  und  wahrscheinlich 
Römischen  Ursprungs  wären. 

Von  derselben  Fundstelle  besitzt  das  Königl.  Museum  Reste  eines  Gefässes  aus 
getriebenem  Bronzeblech  uud  eiserne  Waffen  und  Fibeln,  dem  sogenannten  La  Tene- 
Typus  angehörig. 

(9)  Hr.  Kon  er  schliesst  mit  einigen  Bemerkungen  über  die  Topographie 
der  trojanischen  Ebene. 

(10)  Eingegangene  Schriften. 

1)  Nachrichten  für  Seefahrer.     1879.     Nr.  12,   13,  14,  15,   IG. 

2)  Annalen  der  Hydrographie.     1879.     Heft  3. 

3)  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.     1879.     Nr.  3. 

4)  Bulletins  de  la  Societe  d'Anthropologie  de  Paris.    Ser.  HL    Tome  I.    Fase.  3,  4. 

5)  Mittheilungen  der  anthropologischen  Gesellschaft  in  Wien.    Band  IX.    Nr.  1 — 3. 

6)  Beiträge  zur  Anthropologie  und  Urgeschichte  Bayerns.     Band  H.     Heft  4. 

7)  M.  Much,  Ueber  die  Kosmogenie  und  Anthropogenie  des  germanischen  Mythus. 

Geschenk  des  Verfassers. 

8)  M.  Much,  Künstliche  Höhlen  in  Niederösterreich.     Gesch.  d.  Verf. 

9)  M.  Much,  Noch  ein  Wort  über  Höhlenwohnungen  im  Löss.     Gesch.  d.  Verf. 

10)  M.  Much,    Das    vorgeschichtliche  Kupferbergwerk  auf  dem  Mitterberg  bei  Bi- 

schofshofen  (Salzburg).     Gesch.  d.  Verf. 

11)  Geographische  Nachrichten  für  Welthandel  und  Volkswirthschaft.     Jahrgang  1. 

Heft  2,  3.     Geschenk  des  Hrn.  Woldt. 


Sitzung  vom  17.  Mai  1879. 
Stellvertretender  Vorsitzender  Hr.  Koner. 

(1)  Als  neue  Mitglieder  werden  angemeldet: 

Lieuteuant  a.  D.  W.  von  Schulenburg,  Charlottenburg. 
Kaufmann  Ernst  Driese,  Guben. 
Kaufmann  Georg  Siikey,  Berlin. 
Baron  von  Korff,  Oberst  a.  D.,  Berlin. 

(2)  Die  Societe  d'histoire  naturelle  de  Colmar  übersendet  durch  ihren 
Secretär,  Dr.  Faudel,  ihre  Bulletins  und  erbietet  sich  zum  Austausch  der  Schrif- 
ten.    Die  Gesellschaft  nimmt  das  freundliche  Anerbieten  mit  Dank  an. 

Hr.  Faudel  hat  seinerseits  eine  Note  über  den  berühmten  Schädel  aus 
dem  Löss  von  Egisheim  bei  Colmar  hinzugefügt. 

(3)  Hr.  Voss  macht  Mittheilung  von  einem  Briefe  des  Hrn.  Pfarrer  0.  Walter 
zu  Crumpa  über 

Alterthümer  aus  der  Gegend  von  Querfurt. 

In  "Verfolg  des  übersendeten  Aufrufes  erlaube  ich  mir,  anliegend  Notizen  über 
Funde  beizulegen,  die  in  hiesiger  nächster  Umgebung  gemacht  worden  sind,  soweit 
mir  dieselben  von  einiger  Bedeutung  zu  sein  schienen.  Die  unter  I.  aufgezeichne- 
ten Notizen  habe  ich  mir  damals  gleichzeitig  gemacht.  Ich  war  damals  Pfarrer  in 
Leiha.  Die  Reste  von  Kupfersachen  behielt  der  Eigenthümer  des  Steinbruches.  Sie 
sind  seitdem,  wie  ich  erfahren  habe,  in  dessen  Familie  verschwunden.  Den  kleinen 
Steinmeissel  resp.  Beil  besitze  ich  noch,  sowie  die  Steinkugel.  —  Die  Funde  von 
römischen  Münzen  bei  Braunsdorf  sind  auffallend  durch  ihre  Häufigkeit.  Erst  vor 
zwei  Jahren  fand  ein  Einwohner  des  Dorfes  wieder  drei  Stück  bei  dem  Ausroden 
eines  Baumes.  Ich  bemühte  mich,  sie  zu  sehen,  um  sie  zu  bestimmen.  Aber  nicht 
einmal  in  das  Haus  seines  eigenen  Pfarrers  wollte  der  iManu  sie  schicken,  bis  er  sie 
nachher  einem  Handlungsreisenden  anvertraut  hat,  mit  dem  sie  natürlich  verschwunden 
sind.  Die  unter  11.  erwähnte  hatte  ich  mir  in  Staniol  abgedruckt,  der  Abdruck  ist 
mir  aber  auch  abhanden  gekommen.  Die  Schrift  war  sehr  scharf  und  deutlich.  Sie 
war  von  einem  Kaiser,  der  nur  drei  Tage,  in  der  Mitte  des  dritten  Jahrhunderts 
den  Cäsarenthron  mit  zwei  anderen  getheilt  hatte  und  mir  ist  nur  der  Beiname 
Pupitnius  im  Godächtniss  geblieben.  Ich  ghuibo.  ich  fand  ihn  schliesslich  im 
Eutrop  erwähnt. 


(158) 

Im  Jahre  lößS  trafeu  Arbeiter  in  den  auf  dem  Hutberge  südlich  von  Leiha 
eröffneten  Steinbrüchen,  beim  Abräumen  der  Erdschicht,  auf  mehrere  Gräber  aus 
vorgeschichtlicher  Zeit. 

Es  fanden  sich  zunächst  7  Gräber.  Später  wurden  bei  weiterem  Fortschritt 
der  Arbeiten  noch  einige  einzelne  gefunden. 

Einige,  die  darum  besser  erhalten  waren,  waren  mit  den  Platten  des  an  Ort 
und  Stelle  brechenden  Kalksteines  ausgesetzt  und  gedeckt. 

Sie  enthielten  sämmtlich  unverbrannte  Leichen;  die  Skelette  wiesen  Individuen 
verschiedenen  Alters  nach.  Leider  habe  ich  Schädel  nicht  aufbewahrt,  die  Auf- 
merksamkeit war  damals  noch  nicht  so  auf  Schädelformen  gerichtet.  Namentlich 
in  dem  einen  Grabe  war  das  Skelet  vollständig  erhalten. 

Die  Richtung  der  Gräber  war  von  Ost  nach  West,  aber  die  Lage  der  Skelette 
nicht  die  christliche.     Der  Kopf  lag  nach  Ost. 

Andere  Fundstücke  boten  sie  wenig.     Es  waren: 

1)  In  dem  einen,  auch  sehr  sorgfältig  angelegten  Grabe 

a.  sehr  angegriffene  Reste  eines  Ringes  von  dünnem  Kupferblech,  mit  Zacken, 
diademartig; 

b.  ein  kupfernes,  tiegelartiges  Gefäss  mit  Handgriff.  Am  Boden  schwache 
Ringe  bemerklich,  als  wäre  es  nach  dem  Gusse  abgedreht;  ein  Loch  im 
Boden  zugenietet  mit  einem  Stück  Kupfer.  Im  Gefässe  eine  unbestimm- 
bare Masse ; 

c.  eine  bronzene  Spange  ohne  Dorn. 

2)  In  einem  anderen  Grabe 

a.  ein  kleiner  Steinmeissel  mit  breiter  und  schmaler  Seite,  von  einem  grün- 
lich schwarzen  Stein;  die  Schneide  fein  polirt;  oben  noch  Reste  eines 
Harzes ; 

b.  eine  steinerne  Kugel,  ca.  3  Zoll  rhein.  Durchmesser,  ziemlich  regelmässig, 
mit  der  Hand  abgearbeitet  oder  als  Flussgeröll  abgeschliffen,  aus  sehr 
feinkörnigem  Granit ,  aber  mit  einer  dünnen  Schicht  Kalkniederschlag 
überzogen,  jedenfalls  durch  die  Bodenfeuchtigkeit. 

In  der  die  Gräber  bedeckenden  Erdschicht  fanden  sich  ürnenscherben  sehr 
sparsam,  dagegen  viele  einzelne  Knochen. 

Es  ist  nicht  uninteressant,  mit  diesem  Funde  eine  Tradition  zusammenzuhalten, 
die  im  Dorfe  Leiha  erhalten  ist.  Nach  derselben  soll  der  Kirchhof  des  Ortes 
fräher  mehr  Umfang  gehabt,  und  sich  über  die  Merseburg- Freiburger  Strasse 
erstreckt  haben;  die  Gehöfte,  welche  jetzt  die  Kirche  umgeben,  zahlen  Kirchenzins, 
und  in  deren  Gärten  sind  vielfach  Gräber  gefunden  worden.  Diese  waren  aber 
entschieden  aus  christlicher  Zeit.  Sollten  etwa  die  oben  bezeichneten  Gräber  aus 
der  üebergangszeit  sein'?  —  Vor  dem  Eingänge  des  Dorfes  Leiha  befindet  sich 
ein  Teich,  der  der  heilige  Teich  heisst. 

(Vorstehendes  nach  unmittelbaren  Aufzeichnungen  im  Jahre  1868).  — 

II.  An  dem  linken  Ufer  des  Leiha -Baches  zwischen  Braunsdorf  und  Bedra 
befanden  sich  Wiesen.  Als  diese  in  den  Jahren  1820—30  zu  Acker  gemacht  wur- 
den, sind  römische  Münzen  in  ziemlicher  Zahl  zu  Tage  gekommen.  Noch  jetzt 
werden  dergleichen  dann  und  wann  gefunden,  auch  in  anderen  Umgebungen  des 
Dorfes  Braunsdorf.  Eine  sehr  schön  erhaltene  des  Kaisers  Pupienus  (ich  musste 
erst  eine  Zeit  lang  suchen,  ehe  ich  ihn  in  den  Autoren  fand),  besass  der  frühere 
Lehrer  in  Braunsdorf.     Seine  Kinder  haben  sie  mitgenommen. 

III.  Der  Apotheker  Hr.  Hoffmann  in  Mücheln  besitzt  ein  eisernes  Messer 


(159) 

und    eine  bronzene  Sichel,    die    in    der  Gegend    des  Schiesshauses    von  Mücheln 
beisammen  gefunden  worden  sind. 

IV.  Die  Stelle  zwischen  Zorbau  und  Stöbnitz,  wo  die  Braunkohlengrube  sich 
befindet  (auf  der  Gen. -St.  Charte  neben  den  Buchstaben  D.  M.),  kann  als  ein 
wahres  ürnenfeld  bezeichnet  werden.  Hr.  Oberst  Werner  findet  dort  bei  dem 
Abräumen  des  Erdreichs  über  der  Braunkohle  sehr  häufig  Urnen:  erst  kürzlich 
wieder  eine  sehr  grosse,  umstellt  mit  sechs  kleineren,  die  aber  nicht  unverletzt 
gehoben  werden  konnte.  — 

V.  Nachträglich  theilt  mir  noch  ein  Freund  eben  mit,  dass  im  Dorfe  Schnellrode 
(westlich  von  Mücheln)  ihm  ein,  seinem  Urtheile  nach,  kupfernes  Beil  gebracht 
worden  sei,  sonderbarer  Weise  ohne  Stielloch.  Dasselbe  ist  bei  Schnellrode  ge- 
funden worden.  Ich  habe  noch  nicht  Gelegenheit  gehabt,  es  selbst  in  Augenschein 
zu  nehmen.  — 

(4)  Hr.  Voss  legt  den  als  Geschenk  für  das  Königliche  Museum  von  Hrn. 
Director  Schwaitz  in  Posen  übersandten  Rest  eines 

Münzfundes  von  Witakowice  (bei  Pudewitz,  Kreis  Schroda)  vor. 

Derselbe  besteht,  nach  der  Bestimmung  des  Hrn.  Dr.  A.  Erman,  Assistenten 
am  Königl.  Münzcabinet,  aus  Fragmenten  samanidiscber  Münzen  des  Nasr  ibn 
Ahmed  und  des  Nuh  ibn  Nasr.  Der  Letztere  regierte  bis  954  n,  Chr.  Ausser- 
dem ist  ein  Bruchstück  einer  Münze  des  Chalifen  El  Muqtadir,  der  932  n.  Chr. 
starb,  dabei. 

(5)  Hr.  Koner  erinnert  an  das  von  Hrn.  Jagor  angelegte  Scratch-book, 
dessen  Verbreitung  und  Vervollständigung  bis  jetzt  wenig  gefördert  worden  ist. 
Er  möchte  zu  lebhafterer  Betheiligung  an  dem  Unternehmen  anregen  und  schlägt 
vor,  alljährlich  ein  Register  über  die  Einlaufe  anzufertigen. 

Hr.  Jagor  unterstützt  diesen  Vorschlag  lebhaft  und  spricht  den  Wunsch  aus, 
dass  eines  der  jüngeren  Mitglieder  das  Amt  eines  Archivars  für  das  Scratch-book 
übernehmen  möchte. 

Hr.  Koner  erörtert  die  Anlegung  von  anthropologischen  Sammlungen 
auch  ausserhalb  Berlins  und  befürwortet  dieselbe. 

Hr.  Wo  Kit  schlägt  vor,  ein  Sendschreiben  an  die  Redactionen  der  grösseren 
deutschen  Blätter  abzufassen  und  diese  um  Beiträge  für  das  Scratch-book  zu  er- 
suchen. 

Hr.  Friedel  bemerkt,  dass  er  die  Einrichtung  einer  solchen  Sammlung  für 
die  Mark  Brandenburg  bereits  eingeführt  habe  und  zwar  in  der  modificirten 
Form  von  Sammelkästen.  Er  räth  zur  Anlegung  von  verschiedenen  Fascikeln  für 
die  einzelnen   Uuterfächer. 

(6)  Hr.  E.   Friedel  übergab: 

Die  Feuerbestattung.     System  Friedr.  Siemens. 

Mit  6  Blatt  Zeichnungen,  Blatt  1—3:  Neue  Friedhofs-Gebäude-Anlage  in  Gotha; 
4  und  5:  Projekt  eines  Urnenfriedhauses  von  Hrn.  Architekt  Niess  in  Dresden. 
G:  Siemens'  Feuerbestattuugsofen.     Dresden,  Druck  von  B.  G.  Teubner.     1878. 


(160) 

gr.  «.  als  Geschenk  für  die  Bibliothek  und  wies  auf  die  neuesten  Fortschritte  in 
der  Leichenverbrennung,  die  kürzlich  erfolgte  Einführung  derselben  in  Paris, 
sowie  darauf  hin,  dass  vermuthlich  in  nicht  zu  langer  Zeit  auch  hier  in  Berlin 
praktische  Versuche  würden  behördlicherseits  veranlasst  werden.  Während  Gott- 
fried Kinkel  vor  einigen  Jahren  die  Feuerbestattang  in  beredter,  ja  poetisch 
schwungvoller  Weise  als  die  Todtenbestattung  der  Zukunft  gefeiert,  hat  Wald  emar 
Sonntag:  „Die  Todtenbestattung.  Todtencultur  alter  und  neuer  Zeit 
und  die  Begräbnissfrage.  Halle,  1879"  in  einer,  von  grosser  Belesenheit  zeu- 
genden, culturgeschichtlichen  Studie  nach  objektiver  Erwägung  des  Pro  und  Contra 
sein  Urtheil  vor  Kurzem  gegen  die  Leichenverbrennung  ausgesprochen.  Beachtens- 
werther Weise  gipfelt  sein,  für  ihn  den  Ausschluss  gebendes  Bedenken  in  einem 
völkerpsychologischen  und  philosophischen  Axiom:  „Das  Gesetz  der  historischen 
Continuität  wird  von  den  Freunden  der  Leichenverbrennung  völlig  vernachlässigt 
und  rücksichtslos  übertreten."  (S.  274).  Er  schliesst  sein  für  jeden  Anthropologen 
und  Ethnologen  beachtenswerthes  Buch  mit  folgender  Betrachtung  (S.  285): 
„Schauen  wir  noch  einmal  auf  die  Ergebnisse  unserer  geschichtlichen  Betrachtung 
zurück,  so  lässt  sich  die  Summe  derselben  in  einem  einzigen  Satz  zusammenfassen. 
Die  Behandlung  der  Todten  bei  den  verschiedenen  Völkern  steht  in  einem  unleug- 
baren, hier  näheren,  dort  weiteren,  theils  nachweisbaren,  theils  verborgenen  Zu- 
sammenhange wie  mit  der  gesammten  geistigen  und  sittlichen  Bildung,  so  ins- 
besondere mit  den  religiösen  Vorstellungen  derselben,  so  dass  eine  willkürliche, 
unvermittelte,  plötzliche  Aenderung  jener  Sitten  nothwendig  ein  Irrewerden  an 
diesen  Vorstellungen  zur  Folge  haben  würde,  welches  diejenigen  zu  verantworten 
hätten,  die  das  Alte  beseitigen,  ohne  etwas  Neues  und  Besseres  an  seine  Steile 
setzen  zu  können."  — 

Der  Vortragende,  der  als  städtischer  Decernent  für  das  Berliner  Beerdigungs- 
wesen mit  den  dabei  in  Frage  kommenden  Verhältnissen  vielfach  in  Berührung 
gelangt,  will  die  ethischen  Gesichtspunkte  hier  nicht  weiter  berühren,  obwohl  auch 
diese  ethnologisch  und  anthropologisch  selbst  innerhalb  einer  bestimmten  Religion 
oder  Confession  in  verschiedenen  Zeiten  zu  schwanken  pflegen;  er  will  nur  au  die 
grosse  Macht  erinnern,  welche  neue  Erfindungen  denn  doch  schliesslich,  wenn  sie 
als  praktisch  befunden  werden,  ausüben.  Er  erinnert  daran,  wie  man  sich  z.  B. 
so  lange  Zeit  gegen  Benutzung  des  „unreinen"  Leuchtgases  in  den  Kirchen  ge- 
sträubt habe,  das  jetzt  die  „reinen"  Wachskerzen  mehr  und  mehr  verdränge.  So 
würden  praktische  Gesichtspunkte  und  die  Bedürfnisse  der  künftigen  Generationen 
schliesslich  wohl  auch  über  die  Ethik  wie  über  die  Zweckmässigkeit  des  Leichen- 
brandes endgültig  entscheiden.  Bis  jetzt  seien  jedenfalls  die  Siemens'schen 
Versuche  die  technisch  besten  ihrer  Art,  auch  nach  der  Richtung  der  Wahrung  der 
Pietät  hin.  Vortragender  macht  noch  auf  den  fundamentalen  unterschied  der 
Feuerbestattung  aufmerksam,  wie  letztere  von  den  prähistorischen  und  den  noch 
jetzt  lebenden  Völkern,  welche  dem  Leichenbrand  huldigen,  einerseits  und  mittelst 
der  S  ieraens'schen  Apparate  andererseits  vollzogen  wurde,  beziehentlich  vollzogen 
wird.  Während  bei  jenen  Nationen  der  Leichnam  mit  den  Brenn- 
materialien direct  in  Berührung  kommt,  ist  dies  nach  dem  Siemens'- 
schen  Verfahren  gerade  nicht  der  Fall.  Nach  letzterem  werden  die 
Feuerungsstoffe  abgesondert  vom  Leichnam  verbrannt,  erzeugen 
überhitzte  atmosphärische  Luft  und  diese  bewirkt  die  Verbrennung, 
die  hiernach  viel  schneller,  viel  gründlicher,  viel  sauberer,  also  auch  viel  ästheti- 
scher verläuft.  Scheiubur  auffallend  ist  es,  dass  Uolzsärge  die  Verbrennung  ver- 
zögern, während  Metallsärge,  namentlich  Zinksärge  Hott  weg  brennen,  ja  die  Ver- 
zehrung des  Leichnams  beschleunigen.  — 


"(161) 

(7)  Hr.  Fried el  Ifgt  die 

Beschreibung  einiger  geschafteter  Feuersteinbeile  aus  dem  Gebiete  der  unteren  Weser 

und  Elbe 

von  S.  A.  Poppe  (mit  2  Tafeln,  Abhandlungen  des  naturwissenschaftlichen  Vereins 
zu  Bremen.  VI.  S.  307  — 317)  vor.  Funde  von  Steinbeilen  mit  Schäftung  aus 
Mittel-  und  Norddeutschland  sind  zwar  nicht  mehr  unerhört,  immerhin  aber  noch 
so  selten,  dass  jeder  einzelne  Fund  bekannt  gemacht  zu  werden  verdient.  Ver- 
fasser, welcher  sich  mit  prähistorischen  und  naturwissenschaftlichen  Studien  be- 
schäftigt, auch  seit  vorigem  Herbst  mit  der  Aufstellung  des  ethnographischen,  prä- 
historischen und  anthropologischen  Theils  der  städtischen  Sammlung  in  Bremen 
beschäftigt  ist,  hat  nun  eine  ganze  Reihe  von  geschäfteten  Feuersteinbeilen  zu- 
sammengebracht, welche  sämmtlich  das  Besondere  haben,  dass  der  Stein  direkt  in 
den  Stiel  eingelassen  ist,  gleichviel  ob  dieser  aus  Holz,  Knochen  oder  Geweih  be- 
steht. Dagegen  pflegen  die  süddeutschen  und  schweizer  Steinbeile  (vergl.  z.  B.  den 
Fund  von  Robenhausen,  Pfahlbau  vormetallischer  Zeit  aus  der  Schweiz)  erst  in 
Hirschhornhülsen  eingelassen  zu  sein,  die  ihrerseits  dann  in  den  eigentlichen  Stiel 
eingetrieben  sind. 

Die    grösste  Merkwürdigkeit    ist   jedenfalls    ein  Feuersteinbeil   mit  Stiel 
aus  dem  Penis-Knochen  eines   Walross  (Fig.  5,  Tafel  H.)    Fundort:  Smehl- 
weg  bei  Otterndorf,  Land  Hadeln,    etwa  10  km  südöstlich  Cuxhafen.     In  den  Mar- 
schen   der  Elbe    pflegt    man    8—20  P\iss  tiefe  Löcher  (Kuhlen)  zu  graben,  um  die 
an  Schalen    von  Cardium    edule    und    Mytilus    edulis    reichen,    daher    kalkhaltigen 
Schichten  zum  Mergeln  zu  verwenden;  hierbei  wurde  vor  ca.  12  Jahren,  der  50,5  c»* 
lange  Penisknochen    gefunden.     In    einen    fast    rechteckigen,    5  cm  langen,    1,6  cm 
breiten  Ausschnitt  ist  der  helle  Feuersteiukeil  eingepasst.     Der  Penis-Knochen,  den 
Professor  Ad.  Pansch  in  Kiel  festgestellt,  ist  wohl  erhalten,  fest,  die  Gefässe  des- 
selben   deutlich    zu   sehen.     Hr.  Poppe  beoderkt:   „Es  ist  wahrscheinlich,  dass  die 
Beile    von    den    Ureinwohnern    des   Landes    angefertigt    wurden.     Von    dem  Beile, 
dessen  Stiel  aus  einem  Penisknochen  besteht,  lässt  sich  das  jedoch  wohl  nicht  be- 
haupten,   da    man    schwerlich   wird  nachweisen  können,    dass  die  Walrosse  in  prä- 
historischer Zeit  weiter  nach  Süden  verbreitet  gewesen  sind  als  jetzt.    Nach  v.  Baer 
(üeber  das  Walross  in  Memoires  de  l'Academie  imperiale  des  sciences  de  St.  Peters- 
bourg,  VI.  Serie,  Tom.  II.)  ist  den  Alten  das  Walross  nicht  bekannt  gewesen.    Die 
erste  Kunde  von  demselben  rührt  von  dem  Normannen  Othere  her,  der  von  seiner 
Reise    um    das  Nordcap    nach  Biarmien  i.  J.  890    dem  König  Alfred    von  England 
Walrosszähne  mitbrachte,  die  in  Biarmien  schon  sehr  frühe  ein  bedeutender  Handels- 
artikel gewesen  zu  sein  scheinen.     Im  XII.  und  XIII.  Jahrhundert  wurde  das  Wal- 
ross   in  Scandinavien    besonders    von  Grönland    aus    bekannt    und    von  Albertus 
Magnus    im  13.  Jahrhundert  zuerst  beschrieben.     Nach  v.   Baer    (a.  a.  0.)  ist  es 
jetzt  im  nördlichen  Polarmeer  von  der  Mündung  des  Jenissei  über  Nowaja- Semlja, 
Spitzbergen    und  Grönland    bis    zur  Hudsons-Bay    hin  verbreitet.     Einzelne  Indivi- 
duen   sind   bisweilen  weiter  südlich  nach  Lappland  und  Norwegen  versprengt  wor- 
den.    Eins  wurde  i.  J.  1817  auf  der  Insel  Harris,  einer  der  Hebriden,  erlegt.     (S. 
Edinburg  Phil.  Journal.  Vol.  II.),    ein    anderes    auf    den  Orkney -Inseln    i.  J.   1825 
(Naturalist's  Library,  vol.  VIII.,   pag.  118).     Ich  möchte  daher  annehmen,  dass  das 
Beil  aus  dem  Norden  stammt    und    auf  einem  Raubzuge  nordischer  Seeräuber,  die, 
wie  in  historischer  Zeit,    so    gewiss  auch  schon  früher  unsere  Küsten  heimsuchten, 
verloren  gegangen  und  vom  Schlamm  bedeckt  worden  ist." 

Der  Vortragende    bemerkte    hierzu,    dass    das  Walross    in    früheren    Zeiten    in 

Verhandl.  der  Berl.  Amhropol.  GeaeUschatt  1679.  H 


(162) 

äusserlicher  Beziehung  im  Volk  mehr  bekannt  war  als  jetzt.  Während  z.  B.  ein 
Walross  in  unseren  zoologischen  Gärten  unerhört  ist,  waren  i.  J.  1612  ihrer  zwei 
in  Amsterdam  und  anderer  Orten  "zu  sehen,  eins  alt,  das  schon  todt  war,  das 
andere  jung,  welches  längere  Zeit  lebend  erhalten  ward.  Vergl,  Rudolf 
Capel's:  Norden,  Hamburg  1678,  S.  48.  —  Albertus  Magnus  (XXIV.  244) 
erzählt,  die  Riemen  aus  Walrossleder  seien  sehr  stark,  denn  man  könne  grosse 
Lasten  damit  über  Rollen  in  die  Höhe  heben;  auf  dem  Markte  zu  Cöln  wären  sie 
beständig  zu  kaufen ;  darnach  musste  also  dies  Thier  damals  schon  häufig  gefangen 
werden.  Nach  Oken  (Allgem.  Naturgesch.)  kann  man  den  Elephantus  mariuus  des 
Plinius  Eist.  Nat.  XXXII.  10  nur  auf  das  Walross  deuten.  Plinius  schreibt 
ferner  H-ist.  Nat.  IX.  4:  „Tiberio  principe,  contra  Lugdunenses  provinciae  litus  in 
insula  simul  trecentas  amplius  belluas  reciprocans  destituit  oceanus,  mirae  varietatis 
et  magnitudinis,  nee  pauciores  in  Santonum  litore  interque  reliquas  elephantos  et 
arietes,  candore  tantum  cornibus  assimilatis."  Die  Santoner  wohnten  in  der  Pro- 
vinz Saintonges  zwischen  Charente  und  Gironde  am  biskayschen  Meerbusen.  Unter 
den  Seeelephanteu  versteht  man  auch  hier  Walrosse.  Brehm:  Thierleben  IL  Aufl. 
Bd.  3.  S.  646  bemerkt:  „Gewichtige  Gründe  sprechen  dafür,  dass  zu  Zeiten  der 
Römer  das  Thier  die  Küsten  von  Schottland  bevölkerte,  und  dass  von  ihnen  die 
aus  „Elfenbein"  gefertigten  Schmuck-  und  Gebrauchsgegenstände  herrührten,  weiche 
die  ersten  Besucher  Grossbritanniens  bei  den  alten  Briten  vorfanden.  Hector 
Boece,  bekannter  unter  dem  Namen  ßoethius'),  führt  das  Walross  noch  zu 
Ende  des  15.  Jahrhunderts  als  einen  regelmässigen  Bewohner  oder  doch  Besucher 
der  schottischen  Küsten  auf,  und  spätere  Berichte  gedenken  wiederholt  verirrter 
Walrosse,  welche  an  den  Küsten  Norwegens  oder  Grossbritanniens  beobachtet  wor- 
den; Brown  hält  es  sogar  für  möglich,  dass  die  etwas  fabelhaften  „Seerosse"  oder 
„Seekühe",  welche  dann  und  wann  die  Fischer  der  von  wilder  Brandung  umtosten 
Küsten  des  nordwestlichen  Schottlands  beobachtet  haben  wollen,  auf  hier  noch 
heutigen  Tages  zuweilen  sich  zeigende  Walrosse  zurückzuführen  sind,  da  solche 
erwiesenermassen  in  den  Jahren  1817  und  1825,  ja  sogar  noch  i.  J.  1857  an  der 
Küste  von  Harris  und  auf  den  Orkneyinseln  erlegt  wurden." 

Besonders  interessant  ist  es,  dass  der  Smehlweger  Fund  nicht  vereinzelt  da- 
steht. In  der  Sitzung  vom  14.  December  1872  wurde  eine  in  einer  Torfwiese  bei 
Neu-Brandenburg  gefundene  Knochenkeule  vorgelegt,  welche  ebenfalls  sehr  wohl 
erhalten  und  scheinbar  mit  einem  Stein  bearbeitet  war  (vgl.  Verhandlungen  der 
Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Urgeschichte.  Berlin  1872, 
S.  276  und  277  und  1873,  S.  191).  Auf  Grund  einer  nur  in  kurzer  Zeitfrist  und 
ohne  Vergleichungsmaterial  vorgenommenen  Betrachtung  erschien  diese  Keule  als 
eine  Renthierstauge.  Eine  nachträgliche  genaue  Vergleichung,  durch  Prof.  Rüti- 
meyer  in  Basel  vorgenommen,  hat  aber  inzwischen  erwiesen,  dass  diese  vermeint- 
liche Renthierkeule  in  der  That  der  bearbeitete  Penis-Knochen  vom  Wal- 
ross ist,  so  dass  nunmehr  ein  zweiter  derartiger  hochseltener  Fund  vorliegt,  — 

Im  Anschluss  hieran  legte  Hr.  Friedel 
ein  aus  einem  Geschiebe  (nicht  Flint)  ge- 
fertigtes Steinbeil  mit  dem  Reste  der 
Holzschäftung  vor  (Kat.  II.  6278  des  Mär- 
kischen Museums)  Fig.  a.  Das  Beil  ist  fast 
plättbolzeuartig,  an  beiden  Enden  spitz,  an 
Pi„   a  einer  Spitze  deutlich  stark  abgenutzt,  an  der 

1)  Nicht  zu  verwechseln  mit  dem  Philosophen  Boethius  (um  500  p.  Chr.),  dessen 
CoDSolatio  philosophiae  Alfred  der  Grosse  in's  Angelsächsische  übertrug. 


(Iß3) 

andern,  wo  es  der  Schaft  umfasste,  nicht  abgenutzt.  Das  Beil  ist  18  cm  lang  und 
hat  in  der  Mitte  (>  cm  Durchmesser.  Es  ist  zunächst  in  ein  Maserstück  einer  Erle, 
die  nicht  Alnus  glutinosa  zu  sein  scheint,  eingelasseu.  Die  Maser  ist  alsdann 
senkrecht  durchbohrt  und  mit  Resten  eines  Holzstiels  versehen.  Die  Holzmaser 
und  der  Holzstiel,  welche  zur  Zeit  sehr  verschrumpft  erscheinen,  so  dass  der  Stiel 
in  dem  Loch  der  Maser  hin-  und  her  spielt,  sind  leider  sehr  verändert,  insbeson- 
dere war  der  Stiel  bei  der  Ausgrabung  des  Stücks  in  einer  torfigen  Wiese  ge- 
legentlich des  Baus  des  Hamburger  Bahnhofsgebäudes  unweit  der  luvalidenstrasse 
zu  Berlin,  viel  länger  und  fast  vollständig  (50 — 60  cm  lang),  wie  die  Figur  in  der 
Reconstruction  zeigt. 

(8)  Hr.  Friedel  zeigt  eine  Auswahl  von  Fundstücken,  welche  dem  Märkischen 
Provinzial-M  useu  m  neuerdings  zugegangen  sind: 

1)  Zwei  Crnen,  der  Steinzeit  angehörig  und  aus  der  Mark  stammend,  aus 
welcher  dergleichen  Urnen,  von  der  Altmark,  die  jetzt  zur  Provinz  Sachsen  ge- 
hört, abgesehen,  bisher,  wie  es  scheint,  noch  nicht  bekannt  sind. 

a.  Das  grössere  Gefäss  (II.  '.UlS),  Fig.  b,  aus  mehreren  Fragmenten  wohl 
ergänzt,  ist  überhaupt  eine  der  grösseren  Urnen  der  Steinzeit  und  auf 
einer  natürlichen  Insel  in  einem  Luch  oder  Fenn,  bei  Satzkorn  nahe 
Potsdam,  auf  einem  Pflaster  von  geschwärzten  Fauststeinen  zerbrochen 
stehend,  ausgegraben.  Dieselbe  Fundstelle  hat  mehrere  polirte  Hämmer 
aus  Geschiebesteinen  (nicht  Flint)  geliefert.  Die  dickwandige  Urne  von 
dunklem,  mit  groben  Steinchen  vermengtem  Thon  ist  28  cm  hoch  und  hat 


Fig.  b.  7^  natürlicher  Grösse. 
an  der  weitesten  Stelle  (Mündung  und  Bauch)  38  cm  Durchmesser.  Die 
Verzierungen  sind  theils  eingekerbt,  theils  erinnern  sie  ganz  deutlich  an 
die  Form,  welche  durch  Eindrücken  einer  Schnur  entsteht,  (Schnur-  oder 
Bindfaden-Ornament).  Zwischen  dem  Hals  und  dem  wenig  ausladenden 
Bauch  sind,  einander  gegenüberstehend,  je  1  Paar,  also  im  Ganzen  vier 
verhältnissmässig  kleine  Henkel  (Oehre)  angebracht  und  die  Zwischen- 
felder mit  Ornamenten,  in  geraden  und  in  Bogen-Linien,  ausgefüllt'). 

1)  Von    den    bei  Worsaae,    Nordiske  Oldsager,   abgebildeten  Gefässen    des  Steinalters 
kommt  die  Nr.  98  dieser  Urne  am  Nächsten. 

11* 


(164) 


b.  Das  kleinere  Gefäss,  (IL  4550),  Fig.  c,  stammt  wie  das  vorige,  aus  dem 
osthavelländischen  Kreise,  von  der  Gegend  bei  Nauen  und  ist  dem  Märki- 
schen Museum  vom  Prinzen  Carl  von  Preussen  ge- 
schenkt; die  näheren  Umstände  des  -vor  Jahren  gemach- 
ten Fundes  sind  nicht  bekannt.  Es  ist  10  cm  hoch  und 
bis  6  cm  weit  und  von  gelblichem  Thon.  Der  cylindri- 
sche  Hals  zeigt  ebenfalls  an  das  Schnur-Ornament  er- 
innernde Verzierungen  und  zwar  ist  das  zwischen  zwei 
concentrischen  Doppellinien  befindliche  Feld  in  Dreiecke 
getheilt,  von  denen  die  mit  der  Basis  nach  unten  gerich- 
Fig.  c.  teten    von    dichten    wie   mit  einer  Schnur  eingedrückten 

V4  natürl.  Grösse.  Schräglinien  ausgefüllt  sind.  Im  Allgemeinen  dürfte 
diese  Urne  einen  jüngeren  Typus  der  Steinzeit  repräsentiren,  als  die 
Vorige. 

2)  Eine  Schale  von  geschwärztem,  aussen  glänzendem  Thon  mit  einem  Henkel, 
auf  der  bei  1)  a  genannten  Insel  bei  Satzkorn  ausge- 
graben (II.  9113),  Fig.  d.  Sie  zeigt  deutlich  die  Formen 
eines  Bronze-Gefässes,  sogar  bis  auf  die  2  Nietköpfe  des 
Henkels,  da,  wo  man  sich  den  Letzteren  an  den  Gefäss- 
rand  angenietet  denken  würde,   durch  zwei  kegelförmige 

Fig.  d.     '/s  natürl.  Grösse.    Ansätze.     Vorzügliche  Technik    ohne  Drehscheibe;    6  cm 
hoch,  an  der  Mündung  18  cm  Durchmesser. 

3)  Bronze-Halsring  (Torques),  auf  dem  Werder  bei  Satzkorn,  im  Moor  ge- 
funden. Er  ist  vollständig,  noch  gut  federnd  und  schliessend,  fast  goldglänzend, 
ohne  erhebliche  Patina-Bildung  (wie  die  meisten  Moorfunde).  Hohldurchmesser 
10  cm,  Gesammtdurchmesser  13  cm;  scharf  vierkantig  hin  und  her  gewunden. 
(IL  9127). 

4)  Bronzefund  von  Glienike  bei  Fürstenwalde,  durch  Vermittelung  des 
Königl.  Landraths-Amts  dem  Märkischen  Museum  überwiesen.  (IL  9280 — 95).  Er 
besteht  aus: 

a.  6  Sichelmessern,  von  denen  1  Exemplar  am  Griff-Ende  mit  einer  zuge- 
spitzten Aushöhlung  und  einem  Nietloch  zur  besseren  Befestigung  des 
Stiels  versehen  ist  (vergl.  Lindenschmit,  Alterth.  der  heidn.  Vorzeit, 
Bd.  L,  Heft  XII.,  Taf.  2,  Nr.  3013). 

b.  Eine  schön  patinirte  Speerspitze. 

c.  3  Gelte  mit  Schaftlappen,  davon  2  im  zerbrochenen  Zustande. 

d.  3  Armringe,  massiv,  offen,  mit  in  verschiedenen  Richtungen  laufenden 
Strichen  reich  verziert. 

Diese  Gegenstände  wurden  in  einer  beim  Ausgraben  zerfallenen  Urne  gefunden, 
von  welcher  Scherben  vorhanden  sind. 

5)  3  Steinbeile  aus  Ostend  bei  Cöpenick  und  Paarow  bei  Fürsten- 
walde, Repräsentanten  jener  aus  Geschiebesteinen  hergestellten  fast  cylindrischen 
schön  gearbeiteten  und  geglätteten  Form,  welche  für  die  Mark  typisch  ist.  Die 
Schäftung  ist  ähnlich  zu  denken,  wie  bei  Fig.  a.     (IL   II,   12). 

G)  Geschliffenes  Feuersteinbeil  aus  Oderberg  i./M.,  (IL  7530),  soweit  be- 
kannt, das  grösste  Exemplar  aus  der  Mark.  Es  ist  von  regelmässiger  Form,  27  cm 
lang,  an  der  Schneide  8,  am  Rücken  5,5  breit  und  4  cm  dick  und  erinnert  an  die 
schönsten  dergl.  Stücke  von  Seeland. 

7)  Kleinere  mehr  flaschenförmige  Urne  von  geschlemmtem  dunkelgrauen  Thon 
(II.  7517),  Fig.  d.    Sie  ist  mit  anderen  Urnen  und  Eisensachen  (Heftel  und  Messer) 


(165) 


bei  Seelow  ausgegraben.  Die  Höhe  beträgt  15,5  cm,  die 
Form  ist  unter  den  germanischen  ürnentypen  ganz  fremd- 
artig und  erinnert  sehr  an  italische  Gefässe.  Das  Gefäss 
ist  auf  der  Drehscheibe  gewesen  und  dljrfte  ausländischer 
Import  sein,  wie  die  zubehörigen  Eisensachen  etc. 

8)  2  Mäander-Urnen.  Das  Mäander -Ornament,  (ä  la 
Grecque-Borte)  kommt,  wie  die  bez.  Exemplare  des  Mark. 
Museums  zeigen,  in  verschiedenen  Theilen  der  Mark,  in  der 
Priegnitz,  Havelland,  Uckermark,  Kreis  Soldin,  Kreis  Lebus 
uud  auch  in  der  iNähe  Berlins,  zwischen  Wilmersdorf  und 
Charlottenburg,  wenn  auch  immerhin  selten,  vor. 

a.  Schöne  glänzend  schwarze  Urne,  16  cm  hoch, 
25  cm  weitester  Durchmesser,  8  cm  Bodendurch- 
mefiser,  bei  Wilsnack  ausgegraben  (H.  8883). 

b.  Drne  von  matter  dunkelgrauer  Farbe,  sonst  der  Vorigen  ähnlich  (H.  7422), 
aus  Seelow. 

9)  6  kleinere  Schalen  von  unglasir- 
tem,  braunem  Thon,  davon  die  letzten  3 
(b)  mit  der  Verzierung  auf  der  Hohlfläche, 
die  ersten  3  (a)  mit  Verzierung  auf  der 
convexen  Fläche,   alle  mit  2  Bohrlöchern, 


Fig.  d.   7^  natürl.  Grosse. 


Fig.  e.     73  natürlicher  Grösse. 


wie  zum  Anhängen    an   einem  Bindfaden, 
versehen. 

a.  3  ziemlich  ähnliche  Deckel,  dun- 
kelfarbig, 15 — \lcm  Durchmeser, 
bis  4  cm  hoch,  die  convexe  Seite 
mit  concentrischen  und  gewunde- 
nen Rippen  verziert,  im  Ganzen 
einer  geflochtenen  Mütze  oder 
einem  Strohhut  ähnlich;  ausge- 
graben mit  Urnen  bei  Schöne- 
berg nahe  Berlin  resp.  Neu- 
mühle, Kreis  Nieder-Barnim.  (II. 
663,  7390;i)  Fig.  e. 

b.  3  Schaalen  mit  Verzierung  in  der 
Hohlfläche.  Facs.,  die  Originale 
(im  Königl.  Museum)  in  Cöpe- 
nick  ausgegraben.  Vorgelegt  zum 
Vergleich  mit  der  ad  a.     (Fig.  f). 

Die  Fundstücke  zu  Ob  sind  vielfach  besprochen  und  für  Butterformen  gehal- 
ten, auch  für  mittelalterlich  erklärt  worden.  Ihre  nahe  Verwandtschaft  zu  !>  a  liegt 
auf  der  Hand,  der  Unterschied  liegt  nur  in  der  unwesentlichen  Aeusserlichkeit,  dass 
der  Mützenkopf  bei  9  b  vertiefter  liegt,  als  wenn  die  Krempe  etwas  in  die  Höhe 
getrieben  wäre,  während  bei  9  a  die  Aehnlichkeit  mit  einem  flachen  Hut  unver- 
kennbar ist.  Das  Vorkommen  der  je  2  Löcher  macht  es  wahrscheinlich,  dass  hier 
eine  Schnur  durchging,  die  den  Deckel  am  Halse  eines  Gefässes  festband,  wie  man 
dergl.  noch  heut  an  Kaffee-  und  Theekannen  findet.  Leider  ist  keins  der  6  Stücke 
mit  der  eigentlich  zubehörigen  Urne  gefunden  worden.  Alle  sind  aber  von  ürnen- 
feldern,  welche  man  als  vorslavisch  aufzufassen  in  unserer  Gegend  gewohnt  ist. 
Die  nächste  Analogie  bieten  die  westpreussischen  iiml  posouscbeu  M  ü  t  z  enii  rn  on.  — 


Fig.  f.     '/s  natürlicher  Grösse, 


(166) 

Hr.  Voss:  Hinsichtlich  der  Bestimmung  der  Verzierungsart  möchte  ich  mir 
eine  kurze  Bemerkung  erlauben.  Die  Urue  von  Satzkorn  zeigt  nach  meiner  Auf- 
fassung nicht  den  Charakter  des  Schnurornaments,  vielmehr  gehört  sie  zu  dem 
Typus  von  Gefässen  mit  eingestochenen  Ornamenten,  welcher  in  dem  Verbreitungs- 
bezirk der  Dolmen  und  megalithischen  Gräber,  hauptsächlich  also  in  Nordwest- 
deutschland vorkommt.  Besonders  interessant  ist  dieselbe  dadurch,  dass  sie  mehrere 
Henkel  hat,  während  bei  diesem  Typus  einhenklige  besonders  häufig  sind.  Das 
zweite  Gefäss,  aus  der  Gegend  von  Nauen,  ist  allerdings  im  Charakter  der  Schnur- 
ornamente verziert,  die  Ornamente  selbst  sind  aber  nicht  mit  einer  Schnur  einge- 
drückt, sondern  eingestochen.  Bei  einer  früheren  Gelegenheit  (Bericht  über  die 
Untersuchung  von  Hünenbetten  bei  Klemmen,  Kreis  Cammin  in  Hinter-Pommern 
in  den  Verh.  der  Berl.  Anth.  Ges.,  Jahrg.  1877,  S.  307)  habe  ich  über  die  Ver- 
breitung dieses  Ornaments  mich  bereits  ausführlicher  geäussert  und  will  nur  noch 
hinzufügen,  dass  dasselbe  auch  in  Preussen  (Berendt  und  Tischler  in  den  Mitth, 
d.  Physial.-Oecon.  Gesellsch.  zu  Königsberg,  eTahrg.  1875  u.  1877),  namentlich  aber 
auf  der  Kurischen  Nehrung  häufiger  vorkommt  und  vielleicht  doch  an  die  Existenz 
einer  in  früherer  Zeit  bestandenen  Verbindung  mit  dem  fernen  Osten  denken  lassen. 
Ich  erinnere  an  das  Gouvernement  Perm,  wo  dasselbe  von  unserem  Mitgliede,  Hrn. 
Gubernial-Sekretair  Tepluchoff  aufgefunden  ist,  wofür  die  im  Königl.  Museum 
befindlichen  Stücke,  sowie  namentlich  ein  in  der  Sammlung  zu  Freiburg  i/B.  be- 
findliches Fragment  als  deutliche  Beläge  dienen.  Wahrscheinlich  ist  das  Schnur- 
ornament, wenngleich  auch  noch  zum  grössten  Theil  der  Steinzeit  zubehörig,  den- 
noch jünger,  als  das  Ornament  mit  dem  zuerst  besprochenen  westlichen  Typus. 

Hr.  Kon  er  hält  den  Bronzefund  von  Glienike  für  römisch. 

Nach  Hrn.  Friedel's  Meinung  müssten  die  ausgestellten  Bronzemesser  älter  sein. 

Hr.  V.  Korff  möchte  die  Bronzemesser  ebenfalls  für  nicht  römischen  Ursprunges 
erklären.  Mit  Bezug  auf  die  Mittheilung  des  Hrn.  Friedel  über  die  sogenannten 
Butterformen  erwähnt  derselbe  die  von  ihm  beobachteten  classischen  Formen  russi- 
scher Buttergefässe. 

(9)  Hr.  V.  Korff  bespricht 

die  Inschriften  verschiedener,  in  der  Troas  gefundener  Vasen. 

Er  erwähnt  das,  auch  in  die  politischen  Zeitungen  übergegangene  Gerücht, 
dass  der  hiesige  chinesische  Gesandte  eine  dieser  Inschriften  als  altchinesisch  an- 
erkannt habe. 

(10)  Hr.  Ja  gor  spricht  über 

die  Veda's. 

im  Anschluss  au  oiuon  früheren  Vortrag  über  die  südindische  Sklaveukaste 
der  Pulayer  (Verhandl  der  Ges.  1878,  18.  Mai,  S.  230)  möchte  ich  heute  einige 
Mittheilungen  über  die  Vedas,  eine  in  ähnlichen  Verhältnissen  lebende  Kaste 
machen,  welche  in  Begleitung  der  Pulayer  in  die  Mission  von  Trevandrum 
gekommen  waren. 

Die  allgemeinen  Bemerkungen  über  die  Sklavonkasten  Südindiens  und  über 
den  Abscheu,  mit  welchem  hrihcrc  Kasten  sie  und  andere  verstossene  Volksgruppen 
behandeln,    werde  ich  nicht  wiederholen,  da  sie  bereits  in  den  Verhandlungen  der 


(167) 

Gesellschaft    gedruckt    vorliegen ;    wobl    aber    möchte  ich  dem  früher  darüber  Mit- 
getheilten  noch  ein  recht  schlagendes  Beispiel  hinzufügen. 

Nach  einem  zu  Mangalore  von  ülhih  Raghavendra  Rao  gehaltenen  Vor- 
trage (Indian  Antiquary  111.  195)  zerfallen  die  Koragars,  in  3  Abtheilungen,  deren 
niedrigste,  die  jetzt  nur  selten  gesehenen  A  ude-Koragars,  einen  Topf  am  Halse 
tragen  mussten,  weil  sie  für  so  unrein  galten,  dass  sie  nicht  auf  die  Strasse  speien 
durften.  Eine  andere  Abtheilung,  die  Vastra-Koragar  mussten  ihre  Blosse  mit 
Tüchern  decken,  die  zum  Einwickeln  der  Leichen  gedient  hatten,  neue  Kleider 
(es  werden  wohl  Schamlappen  geraeint  sein)  waren  ihnen  nicht  gestattet.  Die 
dritte  Abtheilung  bilden  die  als  Sklaven  in  der  Umgegend  von  Mangalore  zahl- 
reichen Sappu-Koragar,  bei  denen  die  Weiber  Blätter  statt  Kleider  tragen.  Nach 
dem  Gesetzbuch  Manu's  dürfen  die  Koragar  nur  zerbrochene  irdene  Geschirre 
benutzen  und  in  Hütten  von  Blättern  wohnen  '). 

In  den  Wäldern  von  Trovancore  und  Cochin,  in  kleinen  Gruppen  zerstreut, 
lebt  ein  Volksstaram,  dieVedar  (ind.  Vedan  (spr.  Vödan )  oder  europäisirt  Veda, 
plur.  Vedas),  der  von  einigen  für  einen  Zweig  der  Veddahs  von  Ceylon  gehalten 
wird.  Zur  Begründung  dieser  Annahme  gebricht  indessen  bis  jetzt  noch  das 
Material;  ihnen  selbst  ist  über  ihre  Herkunft  und  Abstammung  durchaus  nichts 
bekannt,  von  ihren  Namensvettern  auf  Ceylon  haben  sie  nie  gehört  und  ihre  Sitten 
und  Gebräuche,  soweit  ich  sie  kennen  gelernt,  stimmen  nicht  mit  den  von  ver- 
schiedenen Autoren  beschriebenen  der  Veddas  jener  Insel-).  Aehnlich  wie  die 
Kanikar  hausen  sie  in  schwer  zugänglichen  Waldlichtungen;  Kanikar  halten 
sich  aber  für  verunreinigt,  wenn  Vedas  sie  berühren,  und  pflegten  sie  in  solchen 
Fällen  durciizubläuen  „bevor  die  Bibel  kam",  d.  h.  bevor  die  Missionäre  sich  dieses 
bedrängten  Volksstammes  annahmen. 

Dass  das  Loos  der  Vedas  sich  in  neuester  Zeit  erheblich  gebessert  hat,  ist 
vor  allem  das  Verdienst  dieser  wackeren  Männer. 

Die  Vedas  wohnen  meist  in  Konans,  Gruppen  von  4  bis  5  elenden  Hütten, 
in  Waldlichtungen  als  Jäger,  oder  auf  Ländereien  von  Sud  ras,  deren  Sklaven  sie 
bis  vor  Kurzem  waren.     Von  ihren  Herren  wurden  sie,  eben  so  wie  die  Pulayer 
mit  grausamer  Härte    behaudelt,    für    kleine   Vergehen    mit    den   Ohren    an  Bäume 
genagelt  und  fast  zu  Tode  gepeitscht,  wie  Vieh  verkauft,  auch  wohl  getödtet. 

An  Lohn  erhielten  sie  für  einen  vollen  Arbeitstag  im  nassen  Reisfelde  1  Idon- 
gali  Paddi  (Reis  in  der  Hülse)  und  1  Nali  Kanji  (Reiswasser),  für  Arbeit  auf 
trockenem  Felde  aber  nur  3  Nali  Paddi  und  Kanji  wie  oben,  weder  Geld  noch 
Geschenke^). 

1)  Wie  J.  Waihouse  (Journ.  Anthrop.  Inst.,  Apr.  1875)  bemerkt,  mussten  sich  früher 
Männer  sowohl  als  Weiber  der  Koragar-Kaste  in  Blätter  kleiden.  Heut  tragen  nur  noch 
die  Weiber  Blattschürzen,  und  zwar  über  dem  Gewände,  also  wohl  nur  aus  Liebhaberei  oder 
als  Abzeichen. 

Dalton,  Ethnology  of  Bengal,  giebt  Photographien  von  zwei  hübschen  Juantr. 
Weibern,  deren  einzige  Kleidung  aus  belaubten,  durch  einen  Gurt  festgehalteneu  Baum- 
zweigen besteht;  die  Juangs  gehören  zur  Khol-Gruppe. 

Wie  der  Revd.  Ilislop  mittheilt,  tragen  auch  in  den  abgelegenen  Theilen  des  Chaudu- 
Distriktes  die  Weiber  einiger  Gond-Gruppen  und  die  neben  ihnen  wohnenden  Cha  n  chwa- 
Franeu  durchaus  keine  Kleider,  sondern  vorn  und  hinten  einen  dicht  belaubten  BaumzweiT. 
Wie  es  die  Andamanesen  mit  der  Kleidung  halten,  ist  in  der  Verh.  der  Ges.  11.  Februar 
1877  erzählt. 

2)  Vergl.  Sir  K.  Tennant,  Ceylon  II.  437;  J.  Bailey,  Wild  Tribes  of  the  Veddahs 
of  Ceylon,  in  Trausactions  Ethnol.  Soc.  of  London  11.  18G3;  B.  F.  Hartshorne,  The  Wed- 
das  in  Fortniphtly   Review,  1  March  1876. 

3)  1  Idongali  -  4  Nali  =  1   Quait,  reitlilitb. 


(168) 

Geld  war  früher  in  Trovancore  so  knapp,  dass  noch  vor  16  Jahren  der 
Tagelohn  der  Shanars  (Palmenweinzapfer,  die  täglich  zweimal  die  hohen  Palmyra- 
palmen  zu  erklimmen  haben)  1^2  Chakram  (10  Pfennige)  betrug.  Gegenwärtig  ist 
er  auf  5,  (35  Pfennige),  in  Tre  van  drum,  der  Hauptstadt,  sogar  auf  G'/j  Cha- 
kram gestiegen. 

An  Tagen  wo  die  Vedas  nicht  für  ihre  Herren  zu  arbeiten  hatten,  war  ihnen 
wohl  gestattet,  Wald  zu  liebten  und  Tapioka,  Kürbis  und  andere  Feldfrüchte  für 
sich  zu  bauen.  Ein  grosser  Theil  der  Ernte  wurde  ihnen  aber  abgenommen.  Die 
von  ibnen  gepflanzten  Fruchtbäume  waren  Eigenthum  ihres  Herrn,  man  überliess 
ihnen  indessen  ein  Zehntel  des  Ertrages,  um  sie  zur  Pflege  der  Bäume  zu  ver- 
anlassen. 

Privat-Grund besitz  scheint  bei  ihnen  auch  jetzt  noch  nicht  zu  bestehen.  Bei 
dem  Lichten  des  Waldes  und  dem  Pflanzen  wird  jedem  Arbeiter  eine  seinen  Kräf- 
ten entsprechende  Parzelle  überwiesen,  und  die  Früchte  der  Arbeit  werden  so  lange 
sie  reichen  von  allen  gemeinschaftlich  verschmaust. 

Auch  jetzt  noch  wird  ihnen  das  urbar  gemachte  Land  häufig  durch  List  oder 
Gewalt  abgenommen. 

unverheiratete  Erwachsene  wurden  einzeln,  Familien  aber  nur  im  Ganzen 
verkauft.  Nach  Aussage  eines  Missions-Assistenten,  der  Zeuge  solcher  Käufe  ge- 
wesen, lautete  der  Kontrakt:  .  .  Urru  (ürru  heisst  Stück,  besonders  aber  Stück 
Vieh)  sind  verkauft  worden  von  A  an  B  für  .  .  .  Fenam,  der  Preis  ist  bezahlt 
worden  und  haben  die  .  .  ürru  in  B's  Besitz  zu  bleiben  bis  an  den  Tod.  Pu- 
layer  galten  zwei  bis  dreimal  so  viel  als  Vedas. 

Die  Kinder  aus  einer  Ehe  gehören  dem  Eigenthümer  der  Mutter;  wenn  ein 
Veda  eine  Frau  heiraten  will,  die  einem  andern  Herrn  gehört,  so  darf  sein  Herr 
es  nicht  verweigern,  obgleich  er  dadurch  das  Anrecht  auf  die  Nachkommenschaft 
verliert, 

Sitten  und  Gebräuche, 

Die  Wöchnerin  bringt  die  ersten  5  Tage  nach  der  Geburt  in  einer  auf  Ruf- 
weite (Uillipad)  vom  Konan  entfernten  Hütte  zu,  die  ausser  ihr,  nur  noch 
Mutter  und  Schwester  oder  in  deren  Ermangelung  eine  für  diesen  Dienst  bestimmte 
Frau  betreten  dürfen ').  Bei  der  Geburt  wird  die  Nabelschnur  von  der  Mutter 
selbst  mit  einem  Rohrmesser  durchschnitten  und  geknotet.  Die  Wöchnerin  erhält 
zur  Stärkung  10  Tage  laug  einen  Absud  von  Reis,  Tamarinden  und  Pfeffer,  am 
sechsten  Tage  bezieht  sie  ein  anderes,  dem  Konan  näher  gelegenes  Obdach,  in 
dem  sie  wiederum  5  Tage  abgesondert  verweilt.  Vom  elften  Tage  au  wäscht  sie 
sich  täglich  mit  warmem  Wasser  und  Turmerik  und  reibt  dann  ihren  Körper  mit 
Gel  ein.  Am  dreissigsten  Tage  verrichtet  sie  wieder  harte  Arbeit;  das  Waschen 
aber  wird  einen  Monat  laug  fortgesetzt. 

Der  ganze  Kopf  des  Neugeborenen  ist  mit  kräuselndem  Haar  bedeckt,  die 
Augen  sind  braun  und  so  dunkel  wie  bei  Erwachsenen.  Das  Kind  wird  sofort 
nach  der  Geburt  in  kaltem  Wasser  gewaschen  und  von  der  Mutter  gesäugt.  Reicht 
die  Muttermilch    nicht   aus,    so    stirbt    es    in    der  Regel,    da  keine  andere  Frau  es 


1)  Grössere  E  ti  t fern  n  ii  gen  werden  iii  Trovancore  nach  Zeit,  kleinere  nach  Schall- 
weite  geschätzt.  Ein  Naliga  (etwas  weniger  als  '/^  Stunde)  entspricht  in  der  Ebene  etwa 
l'/ü  engl.  Miies,  im  Gebirge  '/^  weniger.  Ein  Uillipad  (Ruf)  ist  etwa  =  '/"  engl.  M.  Das 
Anrufen  geschieht  in  einem  eigenthiimiichen  Ton  mit  aller  Kraft,  deren  die  Lunge  fähig 
ist,  die  Antwort  erfolgt  auf  dieselbe  Weise.  Wahrscheinlich  hat  dieser  Brauch  seine  Ursache 
in  der  starken  Bewaldung  des  Landes.      (Fbarno's  Gazetteer  S.  India  pag.  61'2.) 


(169) 

säugen  darf.  In  seltenen  Fällen  gelingt  es,  das  Kind  mit  Kuhmilch  aufzufüttern. 
Nach  d<.'r  kalten  Waschung  wird  der  Körper  des  Kindes  mit  Turmerik  und  Oel 
eingerieben  und  nach  gewissen  Regeln  geknetet  und  gestrichen;  dies  geschieht 
30  Tage  laug.  Folgendes  ist  das  Verfahren:  Man  streicht  den  Kopf  des  Kindes 
mit  den  flachea  Händen,  vom  Scheitel  beginnend,  nach  allen  Richtungen  gleich- 
massig  abwärts,  fährt  mit  der  Kante  der  Hand,  den  Zeigefinger  fest  aufdrückend, 
längs  l)oider  Seiten  der  Nase  hin,  dann  unter  der  Nase,  von  links  nach  rechts  und 
umgekehrt;  dann  werden  die  Handflächen  auf  die  Wangenbeine  gesetzt  und  mit 
Druck  hin  und  her  gedreht.  Der  Scheitel  wird  in  derselben  Weise  mit  einer  Hand 
bebandelt.  Zum  Schluss  streichelt  mau  den  ganzen  Körper,  von  oben  beginnend. 
Nach  8  bis  !»  Monaten  erhält  das  Kind  den  „ersten  Reis",  zugleich  giebt  ihm  sein 
Vater  einen  Namen,  jedoch  nicht  seinen  eigenen.  Männer  pflegen  bei  der  Heirat 
15  bis  16  Jahre  alt  zu  sein,  die  Mädchen  7  bis  9  Jahre,  sie  cohabitiren  aber  mit 
ihren  Männern  schon  vor  Eintritt  der  Geschlechtsreife.  Wenn  diese  sich  einstellt, 
wird  das  junge  Weib  iu  einer  fiir  den  Zweck  erbauten  besonderen  Hütte  unter- 
gebracht, in  welcher  sie  5  Tage  verweilt,  nach  Verlauf  dieser  Frist  bezieht  sie  eine 
andere,  halbwegs  zwischen  jener  und  der  Wohnstätte  ihres  Mannes  belegene  Hütte, 
iu  der  sie  abermals  5  Tage  zubringt.  Täglich  geht  sie  aus  um  sich  zu  waschen, 
am  zehnten  Tage  aber  wird  sie  von  ihrer  und  ihres  Mannes  Schwester  an  das 
Wasser  geführt,  sie  badet,  wäscht  ihre  Kleidung,  reibt  sich  mit  Turmerik  ein, 
badet  abermals,  ölt  ihren  Körper  und  kehrt  dann  (am  zehnten  Tage)  mit  ihren 
Begleiterinnen  in  ihre  Wohnung  zurück.  Dort  angekommen,  kochen  die  3  Frauen 
ein  Idongali  Reis  und  verzehren  ihn  gemeinschaftlich. 

Während  jener  Tage  der  Absonderung  darf  der  Mann  in  seiner  Hütte  nur 
Wurzeln  essen,  keinen  Reis,  aus  Furcht  vom  Teufel  umgebracht  zu  werden;  am 
neunten  Tage  aber  findet  Abends  ein  Fest  statt.  Der  Boden  der  Hütte  wird  mit 
Palmbranntwein  besprengt,  man  ladet  Freunde  ein  und  bewirthet  sie  mit  Reis  und 
Branntwein. 

Die  Frau  hält  sich  noch  abgesondert  in  der  zweiten  Hütte.  Am  zehnten  Tage 
aber  muss  sich  der  Gutt(>  aus  seiner  Wohnung  entfernen  und  darf  sie  erst  wieder 
betreten,  nachdem  die  Weiber  den  Reis  aufgezehrt  haben. 

Während  der  uäclisten  4  Tage  darf  der  Mann  weder  Reis  im  eigenen  Hause 
essen  noch  Umgang  mit  seiner  Frau  pflegen. 

Jedes  Versehen  im  vorgeschriebenen  Ceremoniell  wird  von  den  Tschawus 
(den  zu  Teufeln  gewordenen  Geistern  gestorbener  Vorfahren)  streng  geahndet.  Im 
sechsten  Monat  der  Schwangerschaft  bringt  der  Pujari  (Priester)  den  Tschawus 
ein  Opfer  (Bananen,  platten  Reis'),  Arecablüthe,  und  vielleicht  auch  einige  Cha- 
kram)  dar.  Ausser  einem  Antheil  am  Opfer  nud  ßewirthung,  erhält  er  für  seine 
Thätigkeit  2  bis  3  Idongali  Paddi  und  eine  Cocos-Nuss.  Sind  zur  Zeit  die 
Mittel  nicht  vorbanden,  so  verpflichtet  sich  der  Gatte  schriftlich,  es  später  zu  leisten 
indem  er  eine  den  aufzuwendenden  Chakrams  entsprechende  Anzahl  Striche  in 
ein  Stück  Palmblatt  einritzt.  Die  etwa  baar  geopferten  Chakrams  werden  Eigeu- 
thum  der  ältesten  Verwandten  der  Frau. 

Borgt  ein  Veda  Geld,  so  wird  die  Schuld  auf  ein  Stück  Bambus  eingetragen, 
indem  die  Keuams  als  über  die  ganze  Breite  reichende,  die  Chakrams  als  halb 
so  lauge,  an  beiden  Kndon  durch  Längsstreifen  begrenzte  Querstriche  eingeritzt 
werden.     Das  Dokument    wird    dann  gespalten,     Gläubiger  und  Schuldner  erhalten 


1)  Auf  besondere  Weise  zubereiteter  Reis;  das  Verfahren  soll  au  anderer  Stelle  bescbrie- 
beu  werden. 


(170) 


J^ 


je    eine   Hälfte,    deren    üeberein Stimmung    mit    der    andern   Hälfte 
jederzeit  geprüft  werden  kann. 

(1  Fenam  =  4  Chakram,  1  Chakram  =  IOV2  Pfennig.)  Zum 
Rechnen  dienen  den  Vedas  kleine  Steine,  die  sie  zusammenzählen. 
Die  Vedas  tattuiren  sich  nicht,  sie  färben  ihre  Zähne  nicht; 
solclie  aber,  die  Gelegenheit  dazu  haben,  z.  B.  die  als  Kulis  in 
Kaffeepflauzungen  arbeiten,  lassen  gern  ihre  Vorderzähne  im  Ober- 
kiefer rund  feilen,  wie  es  die  höheren  Kasten,  selbst  Brahminen,  an 
der  Westküste  zu  thun  pflegen. 

Die  Männer  bohren  nur  ein  kleines  Loch  in  jedes  Ohrläppchen, 
die  Weiber  ein  kleines  in  den  oberen  Ohrrand,  für  ein  scheiben- 
förmiges Ornament,  Kopu,  tragen  aber  in  den  Ohrläppchen  Cy linder 
von  Holz  oderHoru,  oder  zu  Spiralen  aufgerollte  Palmen  blattstreifen 
von  IV2  bis  2  Zoll  Durchmesser.  Der  rechte  Nasenflügel  wird  gleich- 
falls durchbohrt  zur  Aufnahme  eines  Ornamentes,  Nokuli. 

Der  Freier  wendet  sich  durch  2  Brautwerber  au  den  Vater, 
dann  an  den  Mutterbruder  der  Auserwählten;  wird  sein  Antrag  an- 
genommen, so  bringt  er  dem  Oheim  ein  Stück  Zeug  im  Wcrthe  von  4  Chakram 
(28  Pfennige),  das  dieser  dem  Vater  übergiebt.  An  dem  für  die  Heirat  festgesetz- 
ten Tage  händigt  der  Freier  durch  Vermittelung  eines  Freundes  dem  Oheim  oder 
dem  Vater  der  Braut  10  Feuams  ein,  die  Braut  wird  herausgerufen  und  geht  mit 
dem  Bräutigam  heim;  eine  Festlichkeit  findet  nicht  statt. 

Trotz  der  grossen  Jugend  der  Mütter,  sollen  die  Ehen  fruchtbar  sein;  die 
Sterblichkeit  der  Kinder  ist  aber  sehr  gross.  Dem  Assistenten  waren  Frauen  be- 
kannt, die  7  Kinder  geboren  hatten,  mehr  als  die  Hälfte  der  Kinder  stirbt  früh. 
Pulayer-Frauen  sollen  sogar  bis  15  Kinder  gebären,  von  denen  aber  die  grosse 
Mehrzahl  im  Alter  von  1  bis  2  Monaten  stirbt.  Grossväter  kommen  vor;  einen 
Urgrossvater  kannte  man  nicht. 

Einige  Männer  hatten  2,  3,  selbst  4  Frauen.  (Die  Missionäre  gestatten  aller- 
dings nur  eine.)  Ehebruch,  vorsätzliche  Aborte,  Kindermord  kommen  nicht  vor. 
Die  frühen  Ehen  müssen  einen  sehr  nachtheiligen  Einfluss  haben  und  mögen  mit 
Schuld  sein  au  der  Verkommenheit  dieses  Volksstammes'). 

Das  Familienband  ist  sehr  lose,  ältere  Geschwister  geniessen  kein  besonderes 
Ansehen. 

Die  Eidesformel  lautet:  bei  Shasta  (ein  Sohn  Sivas)  oder  bei  den  Tscha- 
wus  oder  bei  meinem  Herrn  .  .  .,  schwöre  ich  falsch,  so  möge  er  mich  in  drei 
Tagen  tödten.  —  Gottesurtheile  kennt  man  nicht. 

Das  Hauptnahrungsmittel  der  Vedahs  sind  wilde  Yams  (Dioscorea  sp.),  ihre 
Lieblingsspeise  Reis.  Die  Yams  werden  in  Salzwasser  gekocht  mit  Capsicum,  zu- 
weilen auch  mit  Turmerik  gewürzt  (Pfefferbrühe  wird  nur  von  der  Wöchnerin  zur 
Stärkung  genossen);  getrockneter  oder  gesalzener  Fisch  ist  eine  beliebte  Zuspeise. 
Als  Getränk  dient  Wasser  und  Kanji  (dünner  Reisschleim),  Branntwein  ist  sehr 
beliebt.     Bananen  und  Cocos  sind  seltene  Leckerbissen. 

Krankheiten  gelten  für  das  Werk  der  Tschawus,  die  durch  den  Pujari  ver- 
söhnt werden  müssen.  Er  opfert  ihnen  phxtteu  Reis,  Bananen,  Cocos-Nüsse,  aber 
keine  Areca-Blüthe,  tanzt,  singt  und  ruft  sie  bei  Namen.    Arzneien  sind  unbekannt. 

1)  Bei  den  Dieyerie  in  Süd -Australien  werden  gegen  30  pCt.  der  Neugeborenen  von 
ihren  Müttern  umgebracht,  namenthch  Erstgeborene,  die  für  unreif  gelten,  weil  ihre 
Mütter  zu  jung  waren.  Sofort  nach  der  Geburt  erstickt  die  Mutter  das  Kind  iui  Sande  oder 
schlägt  ihm  den  Schädel  ein.  (The  Dieyerie  tiibe  of  Austraiian  Aborigines  by  S.  Gason, 
Adelaide  1874,  pag.  12.) 


(171) 

Zweimal  jährlich,  nach  den  Reisernten  (inTrovancore  finden  zwei  Ernten  statt), 
werden  die  Geister  der  Eltern  und  Vorfahren  verehrt. 

Tempel  besitzen  die  Vedas  nicht,  sie  errichten  aber,  wie  die  Pulayer,  Ge- 
rüste, indem  sie  die  Stämme  '6  oder  4  nahestehender  Häume  als  Pfeiler  benutzen 
und  bringen  darauf  bei  den  Erntefesten  ihre  Gaben,  Blumen,  besonders  Ixora'), 
Reis,  Reisblüthen,  platten  Reis,  Bananen,  Areca-Blüthe,  in  Stücke  geschnittene 
Hühner  dar.  Um  diese  Gerüste  tanzen  sie,  während  die  Trommel  geschlagen  und 
die  Chankmuschel  (Turbinella  pyruin)  geblasen  wird.  Diese  Feste  finden  Abends 
statt;  das  Tanzen,  Schmausen,  Trinken  dauert  bis  spät  in  die  Nacht. 

Der  Priester  redet  zur  Menge:  ^Ich  werde  die  Tschawus  versöhnen,  die 
bösen  Sterne  und  bösen  Geschicke  ablenken,  schweiget  und  höret.  Ich  werde  ver- 
künden vsras  geschehen  ist  und  was  geschehen  wird."  Er  bindet  Schellen  au  seine 
Beine,  nimmt  Areca-Blüthe  in  die  Hand,  dreht  sich  dreimal  herum  und  wirft  sie 
in  die  Höhe;  dann  nimmt  er  Ixoren  und  geplatzten  Reis  in  die  Hand,  bewegt  sie 
dreimal  nm  sein  Haupt  und  wirft  sie  in  die  Höhe.  Er  tanzt  bis  er  heftig  zittert, 
reisst  einigen  Hühnern  die  Köpfe  ab,  trinkt  einen  Theil  des  Blutes  uud  sprengt  den 
Rest  über  den  Boden  aus.  Dann  nimmt  er  Rinde  von  Elanien  (Mimusops  elengi), 
windet  sie  in  den  Händen,  bricht  sie  in  Stücke,  die  er  auf  die  Anwesenden  wirft, 
schwingt  ein  Huhn  um  seinen  Kopf  und  schleudert  es  weit  von  sich.  Während  des 
Tanzes  singt  der  Priester:  „Väter,  Söhne,  Oheime,  Neffen,  Verwandte,  was  immer 
Euch  an  Krankheit  und  Unglück  zugestossen  sein  mag,  der  Grund  davon  ist,  dass 
Ihr  unterlassen  habt,  gewisse  Tschawus  (er  nennt  sie)  zu  besänftigen.  Nächstes 
Jahr  werden  N.  N.  (hier  werden  Personen  genannt)  von  ....  (Krankheiten  oder 
Unglücksfällen)  heimgesucht  werden." 

Die  namhaft  gemachten  Personen  pflegen  zu  antworten:  „Oh  Pujari  wende 
dies  Unheil  ab,  ich  will  ein  Huhn  geben,  ich  will  Opfer  bringen,  um  den  Tschawu 
zu  versöhnen."  Der  Priester  nimmt  die  dargebotenen  Gaben  für  den  Tschawu  in 
Empfang,  und  erhält  ausserdem  für  die  Funktion  4  bis  5  Fenam  (1  Fenam  etwa 
=  28 Vj  Pfennig)  und  ein  Para  Reis  2). 

Dem  sterbenden  Veda  wird  Kanji  eingegeben,  dem  Todten  steckt  jeder  der 
Anwesenden  eine  kleine  Priese,  halb  Reis,  halb  Paddy,  in  den  Mund,  die  Weiber 
wehklagen.  Die  Leiche  wird  weder  gewaschen,  noch  an-  oder  ausgekleidet.  Ohne 
Feierlichkeiten  wird  sie  im  Walde  verscharrt;  der  Gutsherr  gestattet  nicht,  dass  sie 
in  dem  Boden  ruhe,  den  der  Veda  als  Sklave  bebaut  hat.  Einige  abgeschnittene 
Zweige  werden  auf  das  frische  Grab  geworfen.  Aeltere  Gräber  sind  ohne  jedes 
Abzeichen.  Nach  drei  Tagen  wird  der  Geist  des  Verstorbenen  zum  Tschawu. 
An  demselben  Tage  meldet  der  Pujari,  ob  ihm  der  neue  Tschawu  bereits  er- 
schienen sei  oder  nicht?  Im  ersten  Falle  freuen  sich  die  Verwandten,  im  zweiten 
Falle  droht  Unheil,  das  nur  der  Pujari  abwenden  kann.  Am  neunten  Tage  wird 
für  2  Chakram  (15  Pf.)  Toddi  (Branntwein)  und  ein  Idongali  platter  Reis  in 
das  Haus  des  Verstorbenen  gebracht,  eine  geringe  Menge  davon  auf  die  Stelle  ge- 
schüttet, wo  der  Verstorbene  den  letzten  Athemzug  getban  und  auf  die  Personen, 
die  bei  dem  Verscheiden  gegenwärtig  waren;  den  Rest  verzehren  die  Anwesenden. 

In  neuer  Zeit  haben  die  Vedas  zuweilen  Gelegenheit  bei  Anlage  von  Kaffee- 
pflanzungen gute  Löhne  zu  verdienen.  Was  sie  etwa  hinterlassen,  erben  die  Söhne 
und  Schwestersöhne  zu  gleichen  Theileu. 


1)  Isora,    der  Allwissende,    ist    iii  Süd-Indien    mit  Siva  identisch:    ihm    ist    die  L\ora 
geweiht,  der  Linue  aus  diesem  Grunde  ihren  Namen  gegebeo  hat. 

2)  1   Para  -  ca.  10  Liter. 


(172) 

Die  Vedas  haben  eine  Sage,  ■wonach  sie  vor  Zeiten  von  höherer  Kaste  waren. 
Da  betrat  einer  der  ihren  das  Haus  eines  Sudra,  dieser  fragte  ihn:  „Verlangst 
Du  gute  Speise  oder  nur  altes  Kauji  und  Hülsen?"  Der  Veda  antwortete:  „Für 
den  Kadan  (Waldmann)  sind  saures  Kanji  und  Reishülsen  gut  genug."  Der  Sudra 
reichte  dem  Veda  Kanji  in  einer  Messing- Lota  (Wassergefäss);  „trinke  aus 
dieser  Lota"  sprach  der  Sudra.  „Nein,"  antwortete  der  Veda,  „für  mich  ist  ein 
Blatt  gut  genug."  Der  Sudra  goss  das  Reiswasser  in  die  Blüthenscheide  einer 
Palme  und  reichte  es  dem  Veda.  Von  diesem  Tage  an  verloren  die  Vedas  ihren 
Rang  und  werden  von  Sud  ras  und  anderen  Kasten   Elende,  Kopflose,   genannt. 

Die  Vedas  wurden  oder  werden  von  den  Kanikars  gezwungen,  ihnen  auf 
etwa  35  Schritte  auszuweichen,  halten  sich  indessen  für  höher  stehend,  als  Pariahs 
und  Pulayer.  Nach  ihrer  Behauptung  sagen  die  Sudras:  „W^enn  der  Vedah  bei 
der  Begegnung  auch  nur  wenig  ausweicht,  so  ist  die  Verunreinigung  nur  eine  ge- 
ringe, der  Pari  ah  aber  muss  64  Schritte  ausweichen  und  ein  Pulayer  verunreinigt 
die  ganze  Strasse,  auf  der  er  wandelt. 


Hiermit  schliesseu  meine  Aufzeichnungen.  Die  Vedas  waren  nach  mehr- 
tägigem Aufenthalt  in  Trevandrum  durch  Fragen,  Zeichnen,  Messen,  so  abge- 
spannt und  unruhig  geworden,  dass  es  nicht  lohnte,  das  Verhör  fortzusetzen.  Zur 
Beantwortung  der  Frage,  ob  sie  und  ihre  Namensvettern  in  Ceylon  desselben 
Stammes  sind,  werden  diese  Notizen  nicht  beitragen. 

Die  Vedas  von  Ceylon  habe  ich  nicht  kennen  gelernt,  und  die  über  sie  vor- 
handenen Berichte ')  bieten  keine  Anhaltspunkte  zu  Vergleichen,  da  die  Lebens- 
weise beider  Volksgruppen,  der  einen  als  freie  Wilde,  der  andern  als  Feldsklaven, 
durchaus  verschieden  ist. 

Eingehende  Beschreibungen  der  Vedas  von  Trovancore  sind  mir  nicht  be- 
kannt, nur  vorübergehend  habe  ich  sie  erwähnt  gefunden  und  das  Wenige,  was  von 
ihnen  berichtet  wird,  ist  so  ungenügend  und  zum  Theil  widersprechend,  dass  da- 
durch eher  Verwirrung  als  Klarheit  in  die  Sache  gebracht  wird.  Aehnliche  Schwierig- 
keiten stellen  sich  oft  demjenigen  in  den  Weg,  der  zu  ermitteln  versucht,  ob  indische 
Kasten  oder  Volksgruppen,  die  fast  gleichlautende  Namen  führen,  aber  in  verschie- 
denen Lokalitäten  wohnen,  oder  von  verschiedenen  Schriftstellern  erwähnt  werden, 
desselben  Stammes  sind? 

Die  durch  ünkenntniss  der  Verhältnisse  bedingte  Unsicherheit  in  der  Um- 
grenzung einzelner  Gruppen  wird  oft  beträchtlich  dadurch  vermehrt,  dass  die  durch 
europäische  Alphabete  nicht  genau  auszudrückenden,  von  dem  englischen  Ohre  un- 
genau aufgenommenen  Namen  durch  die  unvollkommene  englische  Schreibart  in 
mannichfaltigen  Verstümmelungen  wiedergegeben  werden,  so  dass  ein  und  derselbe 
Name  bei  verschiedenen  Berichterstattern  in  verschiedenen,  bis  zur  Unkenntlichkeit 
reichenden  Vermuramungen  auftreten  kann,  während  verschiedene  Kasten  mit  ähn- 
lich klingenden  Namen  zu  Einer  vermischt  werden  können.  Die  Vedas  mögen  als 
Beispiel  dienten: 

Ich  habe  hier  das  Wesentlichste  dessen,  was  ich  bei  verschiedenen  Autoren  über 
die  Vedas  von  Trovancore  gefunden,  sowie  auch  die  verschiedenen,  von  ihnen 
gebrauchten  oder  als  gebräuchlich  angeführten  Schreibarten  des  Namens  Veda  zu- 
sammengestellt. 

Dr.  S perschnei  der,    seit    mehr    als    30    Jahren    in    Trovancore    ansässig, 


1)  Sir  E.  Teunant,    Ceylon  L  372,    569;    II.  437.   -   Joim   Bailey    in    Transactions 
Ethnol.  Soc.     London  1863,  p.  280.   -   B.  Hartshorne  in  Fortnightly  Review  March  1876. 


(173) 

nennt  den  in  den  dortigen  Wäldern  oder  als  Sklaven  auf  Pflanzungen  lebenden 
Volksstamm  (tamil)  Vedan,  plural  Vedar,  oder  europäisirt  Veda,  plural  Vedas. 

Nach  Wilson')  heisst  Vedar  Jäger,  auch  ein  wilder  Stamm  in  den  Bergen 
und  Wäldern  Süd-Indiens,  fast  im  Naturzustande  lebend,  .  .  .  vielleicht  ein  Urvolk 
der  Halbinsel.  ...  In  Malabar  zu  den  Praedial-Sklaven  gerechnet,  zum  Holz- 
fällen, Einzäunen  und  Feldhüten  benutzt,  denen  aber  nicht  gestattet  ist,  sich  am 
Ackerbau  zu  betheiligeu.  Wilson  führt  folgende  Schreibarten  an:  Vedan,  plural 
Vedar,  corrumpirt  Vaidun,  Veddah,  Bedan,  Weden,  Vedu,  Veduvan,  richtiger  Vettuvan 
(S.  545,  1),  Vetan,  Wedan,  Vetuvan  (S.  546). 

Nelson  sagt-):  die  Vedans  in  Süd-Indien  sind  von  sehr  niederer  Kaste;  leben 
in  Wäldern,  scheinen  vor  Kurzem  nackte  Wilde  gewesen  zu  sein,  sind  wahrschein- 
lich mit  den  Veddahs  auf  Ceylon  zu  identificiren  und  wurden  nach  Taylor  (wohl 
Revd.  W.  Taylor?)  von  den  Kurumbars  unterjocht. 

Nach  (Col.  M.)  Taylor 3)  waren  die  Bedur  oder  Veddar,  Bedurs  oder  Beydurs 
(in  Tara,  Tauchnitz  edit.  II.  59,  schreibt  Col.  M.  Taylor  Beyder)  eine  über  einen 
grossen  Theil  Süd -Indiens  ausgebreitete  mächtige  Kriegerkaste,  die  älteste  im 
Lande,  von  welcher  ein  Theil  in  die  Wälder  von  Trovancore  und  Mysore  ge- 
drängt worden  ist.  Für  identisch  mit  den  Kurumbars  der  Nilgiris  gehalten, 
gegenwärtig  meist  friedliche,  fleissige  Landbauer,  ein  schöner  kräftiger  Menschen- 
schlag, die  Frauen  zuweilen  von  ausserordentlicher  Schönheit,  vorzügliche  Haus- 
frauen, sehr  reinlich  und  sauber,  ihre  Häuser  wohl  gebaut  und  in  Stand  gehalten^). 

Dr.  CaldwelP)  hält  die  Weddahs  von  Ceylon  für  einen  Rest  der  Urbevölke- 
rung, verwandt,  wenn  nicht  identisch,  mit  den  ursprünglichen  Dravidiern  und 
schreibt  Veddahs,  Weddahs;  tamil  Vedar. 

Sir  E.  Tennant  (loc.  cit.)  nennt  die  Veddahs  von  Ceylon  einen  Rest  der  Ur- 
bevölkerung jener  Insel  und  führt  an  (Bd.  II.  438  Anmerk.,  nach  Journ.  Asiat. 
Soc.  Beng.  XXVI.  "206),  dass  die  Bedas  von  Mysore  ebenfalls  der  Rest  eines 
Drvolkes  sind. 

Nach  J.  Bailey  (loc.  cit.)  bezeichnet  der  Ausdruck  Veddah  oder  Weddah  an 
und  für  sich  keine  besondere  Rasse,  sondern  einfach  Jäger  und  wird  in  Indien 
auf  Aboriginer  und  barbarische  Stämme  im  Allgemeinen  angewendet.  Bailey  führt 
folgende  Schreibarten  an:  Veddah,  Veddahs,  Weddah,  Weddä  (singhal),  Vedän  (tamil) 
und  angeblich  nach  Wilson's  Glossary:  Vedan,  Vaidan,  Beddah. 

Nach  B.  Ilartshorne  (loc.  cit.)  heisst  Weddah  (ungenau  Veddah)  ein  Bogen- 
schütz  und  entspricht  dem  Sanskrit- Wort  Vyadha —  es  giebt  deren  nur  2  Klassen: 
Kele  Weddo  und  Gan  Weddo. 

G.  M.  Tagore*^)  citirt  die  Vaidehas  als  eine  von  Ptolemaeus  erwähnte  nie- 
drige Wander-Kaste  im  nördlichen  Indien,  später  in  Mysore  als  Bedas  wieder 
aufgefunden  und  gegenwärtig  in  wildem  Zustande  als  Veddahs  in  Ceylon  lebend. 

Nach  Buchanan')    giebt    es  Karnata-  und  Telinga-Baydaru    oder   Baydas 


1)  H.  H.  Wilson,  Glossary  of  Indian  terms,  pag.  545,  1. 

2)  J.  H.  Nelson,  The  Madiira  Country.    A  Manual,  Madras  1868.  II.  63,  78. 

3)  Col.  Meadows  Taylor  Descr  Letterpress  to  TLe  People  of  India  .  .  bv  F.  Watsou& 
Sir  J.  W.  Kaye  Vlll.  No.  454. 

4)  Col.  M.Taylor  als  politischer  Agent  des  Beyd  ur- Staates  Shorapoor  hat  die  beste 
Gelegenheit  gehabt,  sich  mit  der  Geschichte  dieses  Volksstammes  bekannt  zu  machen.  Vergl. 
seinen  Student's  Manual  of  Indiaii  History,  p.  356.  Anm. 

5)  Revd.  Dr.  Caldwell,  A  comparative  Grammar  of  the  Dravidian  . .  languages,  2d  ed.  535. 

6)  G.  M.  Tagore,  The  Aryan  Polity,  in  Trans    Ethnol.  Soc.  London   1863,  p.  381. 

7)  F.  Buchanau,  A  Journey  .  .  tbroagh  .  .  Mysore,  Canara  und  Malabar  .  .  I.  358. 


(174) 

sie    scheinen    die    ächten    Sudra,    Landbauer    und   Krieger   von    Telingana    zu 
sein.  .  .  . 

Bd.  II.  482  erwähnt  derselbe  Autor  Vaytuvans  aus  Malayala  stammend,  nicht 
für  Sud  ras  geltend;  sie  brechen  Steine,  verrichten  Erdarbeiten,  machen  Salz  durch 
Abdampfen  des  Meerwassers. 

In  einer  Notiz,  die  ich  wahrscheinlich  Kittel,  Ueber  den  Ursprung  des  Linga- 
Kultus,  entnommen,  heisst  es:  Die  Maravas  entsprechen  den  Kannada  -  Bedas 
(d.  i.  Erschläger)  und  waren,  wie  sie,  ursprünglich  Jäger  und  Krieger.  Die  Bedas 
sind  jetzt  Landbauer,  zum  Theil  brahmanisirt. 

Es  ist  leicht,  aus  obigen  Citaten    einzelne  Angaben   herauszugreifen  und  so  zu 
gruppiren,  dass  eine  Liste  von  Widersprüchen  entsteht.    Zum  Beispiel  die  Vedas  sind: 
Landbauende  Sklaven, 

Sklaven,  die  aber  kein  Land  bauen  dürfen. 
Eine  mächtige,  weit  ausgedehnte  Kriegerkaste, 
Eine  niedrige  Wanderkaste. 
Sie  stammen  aus  dem  Norden  von  Indien, 

Sie  sind  das  ürvolk  von  Ceylon,  das  Urvolk  von  Süd-Indien,  Aboriginer  über- 
haupt, keine  besondere  Rasse  oder  Kaste,  sondern  Jäger  im  Allgemeinen, 
identisch    mit    den  Kurumbars,    unterjocht    von    den   Kurumbars,   sie 
entsprechen  (z.  Th.)  den  Maravas,  sie  sind  die  ächten  Sudras  des  Lan- 
des, sie  gelten  nicht  für  Sudras. 
Die  Vedas  sind  ein  schöner,  kräftiger  Menschenschlag,  ihre  Weiber  zum  Theil 
von  ausserordentlicher  Schönheit,  vorzügliche  Hausfrauen.    (Die  Vedas,  die 
ich  kennen  gelernt,  sind  von  dem  allen  genau  das  Gegentheil.)  u.  s.  w. 
Ordnet  man  die  vorstehend  angeführten  Schreibarten  des  Namens  Veda  alpha- 
betisch, so  erhält  man  folgende  Liste: 


Baydaru, 

Veddahs, 

Baydas, 

Veddar, 

Bedan, 

Vedu, 

Bedas, 

Veduvan, 

Beddah, 

Vetan, 

Bedur, 

Vettuvan, 

Bedurs, 

Vetuvan, 

Beyder, 

Vedan, 

Beydurs. 

Vedar, 

Vaidan, 

Vedans, 

Vaidun, 

Vedar. 

Vaidehas, 

Wedan, 

Vaytuvans, 

Wedda, 

Veda, 

Weddä, 

Vedan, 

Weddah, 

Vedas, 

Weddahs, 

Vedän, 

Weddo, 

Vedans, 

Weden, 

Veddah, 

Ordnet    man    aber  die  dabei 

benutzten 

Buchstaben  so,  dass  diejenigen,  welche 

einander  vertreten,  in  einer  Reihe  stehen,  so  erhält  man: 

b       ai 

d 

(r) 

V       ay 

dd 

ä               (s) 

[dh]  ah 


(175) 

e  an 

et  an 

ey  tt  aru 

[ya]  ehä 

ea 
er 
o 

un 
ur 

uvan 
woraus    sich,    selbst    nach  Ausscheidung    der  Accente,  der  beiden  Pluralformen  (r) 
(s)  und  der  dem  Sanskrit- Worte  entnommenen  Zeichen  [ya]  [dh],  528  Combinatiouen 
zu,  wie  es  scheint,  ziemlich  beliebigem  Gebrauche  ergeben. 

Selbstverständlich  habe  ich  diese  Zusammenstellungen  nicht  gemacht  in  der 
Absicht  den  Knoten  zu  entwirren,  sondern  im  Gegentheil,  um  in  auffälliger  Weise 
zu  zeigen,  wie  vorsichtig  derjenige  zu  Werke  gehn  muss,  der  aus  der  vorhandenen 
Literatur  Beschreibungen  indischer  Volkstärame  aufbauen  will;  —  wie  leicht  durch 
oberflächliche,  kritiklose  Benutzung  selbst  des  allerbesten  Materials,  die  grösste  Ver- 
wirrung angerichtet  werden  kann.  Den  Namen  des  allerbesten  Materials  verdienen 
aber  die  oben  citirten  Schriften,  wie  zum  Theil  schon  die  Namen  ihrer  Verfasser 
schliessen  lassen. 

Dr.  A.  Buruell  schreibt  mir  aus  Tanjore  (März  1876):  Es  ist  kein  Zweifel, 
dass  der  Name  Veddah  (wie  Professor  Ghilders  gezeigt  hat)  eine  Corruption  des 
Sanskrit- Wortes  Vyfidha  =  ein  Jäger  ist.  Ich  glaube,  dass  die  Veddahs  von  Tro- 
vancore  und  die  von  Ceylon  von  derselben  Rasse  sind;  aber  die  Veddahs  von 
Ceylon  sprechen,  wie  ich  glaube,  singalesisch,  und  dies  ist  ein  fremder,  aus  Nord- 
Indien  eingeführter  Dialekt.  Schon  lange  habe  ich  vermuthet,  dass  alle  niederen 
Kasten,  in  Indien  sowohl  als  in  Ceylon,  Dravidier  sind. 

Dr.  Burneil  verwies  mich  an  Professor  Childers,  Üniversity-College,  Lon- 
don, als  den  am  besten  über  diese  Verhältnisse  Unterrichteten.  Bevor  ich  den 
Brief  erhielt,  war  aber  Prof.   Childers  schon  gestorben. 

Als  interessantes  Beispiel,  wohin  die  Willkür  im  Buchstabiren  führen  kann,  wird 
im  Journal  Asiatic  Soc.  Bengal  III.  285  mitgetheilt,  dass  in  der  Karte  vom  Doab, 
welche  die  Unterschrift  des  General-Directors  der  topographischen  Aufnahmen  trägt 
und  angeblich  nach  den  besten,  in  den  Archiven  der  Anstalt   vorhandenen  Quellen 
construirt    ist,    die    wohl  bekannte   Strasse  von  Cawnpore   (Kanhpoor)   nach  ük- 
barpoor   doppelt  tracirt  ist;    offenbar  nach  zwei  Aufnahmen,  bei  denen  die  Com- 
passe    oder  Theodolite    von    einander    abwichen,    so    dass  zwei  verschiedene  Rich- 
tungen die  Folge  waren.    Die  Compilatoren  im  topographischen  Bureau  kamen  aber 
nicht  zu  der  Einsicht,  dass  beide  Strassen  eine  und  dieselbe  seien,  weil  alle  Orts- 
namen verschieden  buchstabirt  sind,  zum  Beispiel: 
Kuttra  —  Gittera, 
Chichehree  —  Chichindy, 
Bhysour  —  Bhysawn,  Bheisawn  (ßhenour), 
Futtipr  —  Futtehpr, 
Reneea  —  Runneah, 
Oomrun  —  Oomerun 
und  verschiedene  andere.     Die  relativen  Entfernungen  aller  Orte  sind  dieselben. 

Es  mag  von  Interesse  sein,  die  Körpermaasse  der  Vedas  von  Trovancore 
(Zeitsch.  f.  Ethnol,  1879,  S.  21)  mit  folgenden  Maassen  der  Veddahs  von  Ceylon  zu 


(176) 

vergleichen:    Der  grösste  Veddah,  den  J.  Bailey  (loc.  cit.  pag.  283)  je  gesehen, 
maass 

5  Fuss  3  Zoll  engl.  =  1,600  m 
der  kleinste  4      „      1     „        „      =  1,245    „ 
rnittlereGrössederMänner4Fuss6Zollbis5      „      1     „        -n      =  1,372— 1,549  w 
„         ,    Frauen  4    „     4    „     „  4      „      8     „        ,      =  1,322-1,423  „ 
Von  14  von  einem  Anderen  gemessenen  Männern  war 

der  grösste     5  Fuss  3  Zoll     4  Strich  =  1,610  m 
„    kleinste  4      „      6      „     25      „       -  1,379  „ 
Mittel    .     .     5      „      0      „       5      „       =  1,536  „ 
Von  12  Weibern 

die  grösste    5  Fuss  25  Zoll  0  Strich  =1,597  m 
„     kleinste  4      „        4     „     9       „      =  1,333  „ 
Mittel    .     .     4      „        9     „     0      „      =  1,451  „ 
B.  Hartshorne  (loc.  cit.  406)  fand  einen  Wedda 

5  Fuss  4  Zoll  75  Strich  =  1,645  m 
2  von  mittlerem  Wuchs    4      „      4     „     25       „      =  1,327  „ 
4      ,    11      „     75       „      =4,518  „ 
Einen  nach  England  gesandten  Veddah  Q  Schädel  fand  Busk  kleiner,  als  die 
kleinsten  Neger-,  Australier-    oder  Eskimo-Schädel;   es    war    der  kleinste,   den    er 
je  gemessen  hatte.     (J.  Bailey.) 

(11)  Hr.  Hartmann  spricht  über  die  vor  Kurzem  nach  Europa  übergeführten 
und  zur  Zeit  noch  in  Hamburg  weilenden 

Patagonier. 

Diese  Ueberführung  ist  wieder  ein  Meisterstück  unseres  ebenso  umsichtigen, 
wie  unermüdlichen  und  ausdauernden  K.  Hagen  beck.  Die  Sache  ist  erst  nach 
vielen  vergeblichen  Bemühungen  gelungen.  Man  hat  uns  zwar  nicht,  wie  es  erst 
beabsichtigt  worden  war,  Pescheräs  oder  Feuerländer,  sondern  nur  Tehuelches  ge- 
bracht. Es  ist  das  jedoch  ein  sehr  guter  Tausch  für  Diejenigen,  welche  sich, 
wie  ich  selbst,  in  erster  Linie  für  die  heroischen  Typen  der  Menschheit  und  dann 
erst  für  die  verkommenen  derselben,  interessiren.  Dass  aber  die  Patagonier  zu  den 
heroischen  Typen  gehören,  geht  nicht  allein  aus  den  Mittheilungen  und  bildlichen 
Darstellungen  früherer  Berichterstatter,  sondern  auch  aus  den  photographischen 
Aufnahmen  der  in  Hamburg  befindlichen  Individuen  hervor,  welche  Aufnahmen  ich 
Ihnen  hiermit  im  Namen  Hrn.  Hagenbeck' s  überreiche.  Auch  hat  mir  Hr.  Maler 
H.  Leutemann  auf  Wunsch  Hagenbeck's  eine  Anzahl  recht  interessanter  Aqua- 
rellen vorgelegt,  welche  er  von  dem  Aeussern  und  von  den  Geräthen  der  Patago- 
nier angefertigt.  Diesem  Künstler,  und  seit  einigen  Tagen  auch  Hrn.  Hagenbeck 
selbst,  verdanke  ich  die  vorläufigen  Notizen  über  jene  Bewohner  Südamerikas, 
welche  ich  Ihnen  hier  mittheilen  und  die  ich  aus  unserem  Literaturschatze  noch 
mit  einigen  Flrläuterungen  versehen  will.  Ich  hoffe  durch  das  wenige,  hier  Mitzu- 
theilende  Ihnen  einen  kleinen  Wegweiser  für  die  Betrachtung  der  Patagonier  zu 
geben,  die  wir,  wie  bestimmt  zu  erwarten,  binnen  kürzester  Zeit  unter  uns  sehen 
werden. 

Die  Leute  sind  ein  Mann  Namens  Pijötse,  eine  Frau  Bazinka,  genannt  Maria 
und  ein  Knabe,  Namens  Luiz.  Sie  zählen  zu  den  Haveniken  oder  Avaniken,  einem 
an  Individuenzahl  etwas  heruntergekommenen  Tzoueka-Stamrae,  der  zu  der  grossen 
die  eigentlichen  Patagonier,  Los  Patagones,  repräsentirenden  Nation  der  Tehuelches 


(177) 

gehört.  Unsere  Leute  sind  mit  Erlaubniss  der  Regierung  der  Republik  Chile  und 
unter  Assistenz  des  Commandauten  von  Punta  Arenas  Don  Carlos  Wood,  daselbst 
nach  Europa  eingeschifft  worden. 

Pnnta  Arenas,  Sandy  Point  der  britischen  Seefahrer,  liegt  in  der  Magallanes- 
Strasse  unter  .03"  'J'  42"  S.  Br.  und  Ü"  12'  31"  0.  L.  Greenw.,  am  Westufer 
einer  Halbinsel,  als  Hauptort  der  in  chilenischem  Besitz  befindlichen  „Colonia  de 
Magellanes".  Punta  Arenas  ist  Presidio,  Verbannungsort,  hier  für  Deserteure  der 
chilenischen  Armee ,  enthält  unregelmäsig  nebeneinander  stehende  Blockhäuser, 
ein  Gouvernementgebäude,  eine  Kirche,  ein  Schulhaus  und  ein  Cuartel.  Letz- 
teres ringsum  verpalissadirt,  enthält  wiederum  eine  Kaserne,  ein  Wachtlokal,  das 
(iefängniss  und  eine  kleine  Art  Leuchtthurm.  Die  Bewohner  sind  ausser  den 
Soldaten  der  Besatzung,  den  Beamten  und  Deportirten  meist  Chiloten,  d.  h.  Be- 
wohner des  Chiloe-Archipels,  grösstentheils  Cholos  oder  Mestizen.  Es  befinden  sich 
auch  einige  Tiendas  oder  Kramläden  am  Ort,  in  welchen  die  hier  zu  Markt  kom- 
menden Tehuelches  sich  ihre  geringen  Hodürfnisse  eintauschen.  Nicht  selten  finden 
Entweichungen  der  Deportirten  statt,  welche  dann  von  Truppenkoramandos  in  die 
patagonische  Wildniss  hinein  verfolgt  zu  werden  pflegen.  Diese  Commandos  kom- 
men dann  wohl  mit  herumschweifenden  Tehuelches  in  nähere  Berührung. 

l*uiita  Arenas  ist  wegen  seiner  Lage  an  einer  Meeresstrasse,  wegen  Nähe  von 
Kohleuflötzen  u.  s.  w.  ein  Ort  der  Zukunft.  Leider  geht  es  mit  dessen  Entwick- 
lung nur  höchst  langsam  vorwärts.  Letzterer  hat  ein  vor  ziemlich  zwei  Jahren 
stattgefundener  Aufstand  der  Deportirten  sehr  geschadet.  Diese  Empörung  musste 
mit  Waffengewalt  unterdrückt  werdeti  und  fiel  der  zu  grosser  Schwäche  überführte 
damalige  Coramandant  nach  kriegsgerichtlichem  Spruch  unter  den  Kugeln  eines 
Executionstrupps.  Ich  erwähne  diese  mir  von  Vertretern  unserer  Kriegsmarine  aus- 
führlich geschilderte  trübe  Episode  gerade  deshalb,  weil  sie  damals  in  vielfacher 
Beziehung  hemmend  auf  Hrn.  Hagen  beck's  Bestrebungen  eingewirkt  hat. 

Patagonien  ist  in  neuerer  Zeit  von  unterrichteten  Reisenden  besucht  worden. 
Aleide  d'Orbigny  berührte  mehr  die  nordöstlichen  Gestade  bei  der  argentinischen 
Besitzung  Puerto  Carmen  oder  Patagones  am  Ausfluss  des  Rio  Negro.  D'Orbigny's 
Abbildungen  scheinen  sich  mehr  auf  Indios  Pampas  oder  auf  nördliche  Tehuelches,  auf 
Huilli-Pehuenches,  zu  beziehen,  wie  auf  Leute  von  Pijötse's  Stamm.  Die  französi- 
schen Corvetten  Astrolabe  und  Zelee,  welche  u.  A.  Port  Famine  an  der  Magellanes- 
Strasse  besuchten,  sind  unstreitig  mit  südlichen  Tehuelches  in  Berührung  gekommen. 
Der  berühmte  Commandant  jener  Schiffe,  Admiral  Dumont  d'ürville  liefert  Be- 
schreibungen und  Abbildungen  von  echten  Patagoniern,  auch  von  einem  ihrer 
Lager  mit  seinem  characteristischen  Treiben.  Die  britischen  Kriegsschiffe  Adven- 
ture  und  Beagle  unter  Capt.  Fitzroy  sind  verschiedene  Punkte  von  Patagonien 
angelaufen,  la  der  von  Fitzroy  selbst  gelieferten  Beschreibung  jener  Reise  finden 
wir  zahlreiche  höchst  interessante  Angaben  über  Land  und  Leute,  begleitet  von 
guten  Abbildungen.  Ch.  Darwin,  welcher  dieser  für  die  wissenschaftliche  Er- 
schliessung des  äussersten  Südamerika  so  höchst  erspriesslichen  Expedition  als 
Naturforscher  beiwohnte,  hat  uns  seinerseits  ebenfalls  viele  wichtige  Mittheilungen 
über  Patagonien  gemacht.  Dagegen  scheinen  sich  die  Angaben  eines  französischen 
Abenteurers,  Namens  Guinnard,  welcher  angeblich  Patagoniern  in  die  Hände  ge- 
fallen ist,  nur  auf  Indios  Pampas,  nördlich  vom  Rio  Negro  zu  beziehen.  Es  sollen 
auch  Berichte  englischer  Missionäre  über  die  südlichen  Tehuelches  vorhanden  sein. 
Leider  ist  mir  bis  jetzt  keine  dieser,  jedenfalls  recht  erbaulichen  Arbeiten  unter 
die  Augen  gekommen. 

In    den  Jahren  1866  —  69    besuchte  das  britische  Kriegsschiff  Nassau  den  Ort 

Verbttiull.  der  Berl.  Anlhropol.   Gesellscbalt  187S>.  12 


(178) 

Punta  Areuas  und  andere  Punkte  von  Patagonien.  Rob.  0.  Cuuningham,  Natur- 
forscher an  Bord  der  Nassau,  hat  in  seinen  Notes  on  the  natural  history  of  the 
Straits  of  Magellan  (London  1871)  eiu  namentlich  in  botanischer,  zoologischer  und 
geologischer  Hinsicht  sehr  werthvoUes  Buch  geliefert,  in  welchem  auch  der  bei 
Punta  Arenas  gelagerten  Tehuelches  Erwfihuung  geschieht. 

Ein  britischer  Marineoffizier,  George  Chaworth  Musters  hat  nun  ein  Jahr 
lang  unter  diesen  Leuten  zugebracht  und  die  sehr  beschwerliche  Landreise  von  der 
Magollanes-Strasse  bis  nach  Puerto  Carmen  unternommen.  Musters  gab  über 
seine  Reisen,  Jagden  u.  s.  w.  ein  vortrefflich  geschriebenes,  gut  iJlustrirtes  Buch 
heraus:  At  home  with  the  Patagonians,  London  L871,  deutsch  von  Dr.  Martin, 
Jena  1873.  Dies  Buch  fesselte  mich  schon  damals  sogleich  nach  seinem  Erscheinen 
ganz  ungemein.  Musters  Werk  ist  es,  welches  ich  Ihnen,  namentlich* 
in  der  bei  Costenoble  erschienenen  bequemen  deutschen  Ausgabe, 
lebhaft  zur  Leetüre  empfehlen  möchte. 

Was  nun  Pijötse  und  seine  Genossen  anbetrifft,  so  soll  ersterer  von  guter  Mittel- 
grösse und  sehr  kräftiger  Muskulatur,  von  „kurzer  Kopfbildung",  langem  schwarzen 
schlichten  Haarwuchs  und  von  schweigsamem  würdevollen  Benehmen  sein.  Die 
Frau  schildert  man  mir  als  eine  von  Gesicht  nichts  weniger  als  schöne,  übrigens 
üppig  gebauete,  sittsame  und  bescheidene  Person.  Der  Junge,  zwischen  5  bis 
6  Jahre  alt,  soll  sehr  geweckten  Temperamentes  sein.  Wenn  ich  nun  Pijötse's 
Photographie  betrachte,  so  fällt  mir  die  grosse  Aehnlichkeit  seiner  Physiognomie 
mit  derjenigen  eines  Tehuelche  auf,  welcher,  südlich  vom  Rio  Negro  herstammend, 
ebenfalls  photographisch  aufgenommen  worilen  war  und  dessen  Bild  mir  ein  ent- 
fernter Verwandter  über  Buenos  Ayres  eingesendet  hat.  Ich  liess  das  Bild  dieses 
Patagoniers,  dessen  Gesichtsschuitt  übrigens  gröber  als  derjenige  Pijötse's  ist,  in 
meiner  Bearbeitung  von  Harless  Lehrbuch  der  plastischen  Anatomie  (Stuttgart  187(i) 
S.  idS,  Fig.  l'J  durch  einen  recht  gelungenen  Holzschnitt  wiedergeben.  Ich  finde 
sogar  Aehnlichkeit  zwischen  Pijötse  und  dem  ledergepanzerten  Häuptlinge  bei 
Dumont  d'ürville,  dagegen  nicht  zwischen  jenem  und  den  Patagoniern  des 
Capt.  Fitzroy.  Die  Frau  Bazinka  erinnert  mich  an  die  Frau  meines  Pata- 
goniers und  ungefähr  an  die  von  Dumont  d'ürville  abgebildeten  Tehuelche- 
Weiber.  Aber  noch  mehr.  Ich  habe  meinen  ganzen  Vorrath  von  Photographien, 
Steindrücken  und  Stichen  nord-  und  südamerikanischer  Indianer  hervorgeholt, 
üeberall  finde  ich  unter  Krähen  und  Dakota,  Pa-Üta  und  Comanches,  unter  Huaz- 
tecos,  Peruanern,  Boliviern,  Chiloten,  Araucanos  und  Pampas-Indianern,  eine  Aehn- 
lichkeit mit  Pijötse  wieder.  Sehen  Sie  sich  den  berühmten  Mandan-Häuptliug 
Matotope  oder  „die  vier  Bären"  bei  Catlin  und  Bodmer  (Prinz  Maximilian  von 
Neuwied)  oder  die  Tschinuk  Hidögiats  oder  H'koakoakhotesmin,  den  Ottu  Wabo- 
nisa  oder  den  Kousa  Meachoschingau  bei  Prichard  an,  überall  finden  Sie  hier 
Aehnlichkeiten  mit  Hagenbeck's  Tehuelche.  Ja  selbst  unter  den  Porträts  von 
Guarani-Stämmen,  von  den  Tapuyas  Brasiliens  (Botocudos,  Coroados,  Puris)  bemerke 
ich  hier  und  da  Anklänge  an  Pijötse.  Ein  von  Hamilton  Smith  in  dessen 
Natural  history  of  the  human  species  pl.  22  abgebildeter  (ich  weiss  nicht  welchem 
Original  entlehnter)  Patagonierkopf  zeigt  zwar  die  breite  mächtige  ünterkinnladen- 
partie  unseres  Mannes,  sonst  aber  ganz  abweichende  Gesichtsformen.  Indessen 
sind  in  diesem  Werkchen  die  Copien  bekannter  guter  Originale  meist  so  entsetz- 
lich corrigirt  worden,  dass  sie  absolut  kein  Vertrauen  Verdienen. 

Der  Pijötse    begleitende  Knabe    zeigt   allerdings  einen  (4esichtsschnitt,  welcher 
uns  eher  an   einen  Cholo  (Mestizen)  oder  Mulato  mahnen  könnte. 

Man  rühmt  mir  die  ritterliche  Haltung  und  noble  Attitüde   unseres  Tehuelche, 


(179) 

wenn  er  zu  Hamburg;,  von  seinem  rinanacomantel  halb  umhüllt,  barbeinig  auf  einem 
für  ihn  gekauften  Pferde  sitzt  und  nach  einem  ihm  als  Ziel  dienenden  Baumstämme 
seine  Bolas  oder  Wurfkugeln  schleudert.  Frau  und  Knabe  sollen  gleich  gute  Reiter 
sein.  Sobald  diese  Leutchen  mit  der  Fellbedeckung  und  dem  Gestänge  ihres  Toldo, 
Zeltes,  davon  reiten,  so  soll  man  lebhaft  an  Musters  Abbildung  das.  S.  85  er- 
innert werden. 

Hr.  Hart  mann  schloss  hieran  noch  eine  gedrängte  üebersicht  der  Sitten  und 
Gebräuche  der  Tehuelches,  hauptsächlich  nach  den  Angaben  von  Dumont  d'Dr- 
ville,  Fitzroy  und  Musters. 

(12)  Neu  eingegangene  Schriften: 

1)  Nachrichten  für  Seefahrer.     187'J.     Nr.   17,   18,   19. 

2)  Annalen  für  Hydrographie.     1879.     Heft  IV. 

3)  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen   Vorzeit.     1879.     Nr.  4. 

4)  Moriz  Benedikt,    Anatomische  Studien    an  Verbrecher-Gehirnen.     Geschenk 

des  Verfassers. 

5)  Kecension  von  Gubernatis:  la  mythologie  des  plantes. 

6)  Faudel,  Note  sür  la  decouverte  d'ossements  fossiles  humains  ä  Kguisheim. 

7)  Bulletin  de  la  societc  d'histoire  naturelle  ä  Colmar.     Annees  18,  19. 

8)  Archivio  per  l'antropologia  e  la  etnologia.     Vol.  9.  Heft   1. 

9)  Verwaltungsbericht  über  das  Märkische  Provinzialmuseum.    Gesch.  d.  Magistrats 

zu  Berlin. 

10)  Archiv  für  Anthropologie.     Bd.   II,  Heft  4. 

11)  F.  Hilgendorff,  Zur  Streitfrage  des  Planorbis  multiformis.     Gesch.  d.  Verf. 

12)  Die  F'euerbestattung,  System  Fried.  Siemens.     Gesch.  d.  Hrn.  Fr i edel. 


Nachtrag  zur  Sitzung  vom   17.  Mai  1879. 

Hr.  Voss  hat,    leider    um    einen  Tag    zu  spät,    folgenden  für  die  Sitzung  be- 
stimmten Brief  des  Hrn.  Virchow  erhalten,  betreffend 

die  ersten  Ergebnisse  seiner  Reise  in  die  Troas. 

Ilion,  am  Gründonnerstag,  10.  April  1879. 
„Ich  sehe,  dass  der  dritte  Sonnabend  des  April  herannaht,  und  ich  möchte  Ihnen 
und  der  Gesellschaft  doch  ein  Lebenszeichen  senden.  Aeusserlich  habe  ich  freilich 
manche  negative  licistung  zu  verzeichnen.  Meine  Reise  hierher  hat  sich  wegen 
allerlei  Verhinderungen  um  5  Tage  verlängert.  Ich  kam  erst  am  Abend  des 
4.  April  hier  an.  Indess  habe  ich  nicht  viel  verloren.  Die  auf  den  5.  angesetzte 
Reise  in  den  Ida  musste  verschoben  werden,  weil  noch  jetzt  der  Gargarus  fast 
ganz  verschneit  ist.  Auch  die  Gräber  sind  noch  unversehrt,  da  die  türkische  Re- 
gierung immer  neue  Anstände  fand.  Erst  auf  wiederholte  Depeschen  von  hier  und 
auf  energisches  Andrängen  der  deutschen  und  englischen  Botschaft  ist  gestern  die 
Nachricht  eingetroffen,  dass  die  Pforte  darauf  verzichtet,  für  jeden  einzelnen  Fall 
ihre  Zustimmung  zu  ertheilen.  Sie  schickt  sogar  einen  besonderen  Commissar, 
Dr.  Dethier,  den  Director  des  Museums  in  Constantinopel,  um  die  Specialverhand- 
lungen mit  den  einzelnen  Besitzern  zu  fördern.  Aber  diese  Leute  sind  höchst 
unverschämt.  So  verlangt  der  Grundeigenthümer,  dem  das  Land  um  den  Achilles- 
hügel gehört,  nicht  einmal  der  Hügel  selbst,  200  Lire  oder  türkische  Pfund,  d.  h. 
fast  3500  M.  für  seine  Einwilligung,  und  das  für  einen  Hügel,  der  schon  von  Choi- 
seul  und  Lechevalier  theil weise  geöffnet  ist. 

12* 


(180) 

„Wir  haben  daher  darauf  verzichtet,  diesen  Hügel  überhaupt  vorzunehmen.  Einige 
andere  sind  vorläufig  in  Beschlag  genommen,  darunter  der  mächtige  üdschek  Tepe, 
der  weithin  die  Aussicht  beherrscht  und  dessen  Deutung  so  viele  mal  versucht 
worden  ist.  Inzwischen  sind  wir  einigermaassen  entschädigt  worden,  indem  unser 
correspondirendes  Mitglied,  Hr.  Frank  Cal  vert  ein  prächtiges  Kegelgrab  auf  seinem 
Gute  (Chiflik)  im  Thymbros-Thal  mit  grösstem  Erfolge  bearbeitet.  Wir  waren  gestern 
hinübergeritten.  Er  hat  in  der  Tiefe  eine  ganze  Zahl  von  Skeletten  gefunden,  mit 
Beigaben,  welche  ganz  der  „ältesten  Stadt"  in  Hissarlik  gleichen.  Nur  Spuren  von 
Metall  (Bronze),  dagegen  schöne  Steinsachen,  zahlreiche  Nahrungsreste,  Massen  von 
Topfgeschirr.  Der  einzige,  einigermaassen  erhaltene  Schädel  ist  dolichocephal 
(Index  70);  unter  den  Skeletknochen  sind  namentlich  die  Tibiae  bemerkenswerth, 
von  denen  einige  die  höchsten  Grade  der  Platyknemie  darbieten.  Wie  es  scheint,  sind 
hier  Reste  der  ältesten  Bevölkerung  aufgefunden.  Darüber  folgen  ungeheure 
Brandschichten,  und  in  der  Höhe  wieder  Skelette  mit  griechischen  Beigaben. 

„Inzwischen  ist  hier  in  Troja  in  grösstem  Styl  fortgearbeitet  worden.  Es  sind 
bis  jetzt  täglich  100  —  120  Arbeiter  in  Tbätigkeit  gewesen.  Schliemann  lässt 
einen  grossen  Theil  der  Oberfläche  ganz  abräumen,  um  die  „trojanische  Stadt** 
vollständig  blosszulegen.  Ungeheure  Brandmassen  kommen  dabei  zu  Tage.  Grosse 
Quadern  von  ungebranntem  Lehm,  in  plattviereckiger  Gestalt,  welche  zum  Aufbau 
der  Wände  benutzt  waren,  sind  bis  zum  Schmelzen  angebrannt;  sie  tragen  voll- 
ständige Glasur-Ueberzüge.  Heute  wurde  auch  in  meiner  Gegenwart  ein  neuer 
„Schatz"  von  Gold,  ganz  ähnlich  dem  in  unserem  6.  Hefte  (1878)  abgebildeten,  mit 
langen  Kettengehängen,  gefunden;  mit  ihm  eine  Reihe  goldener  Scheiben,  wie  sie  iu 
Mykenae  so  häufig  waren. 

„Ich  kann  also  schon  jetzt  aus  eigener  Wahrnehmung  bezeugen,  dass  die  Schilde- 
rungen Schliemann's  wahrheitsgetreu  sind.  Er  ist  von  unermüdlicher  Thätigkeit 
und  wahrhaft  bewundernswerth  iu  seiner  Ausdauer.  Da  auch  Hr.  E.  Burnouf  von 
Paris  hier  ist,  so  wird  jedenfalls  die  Authenticität  dieser  letzten  Ausgrabungen  ge- 
sichert sein.  Dieser  kenntnissreiche  Mann  macht  zugleich  zahlreiche  Höhenbestim- 
mungen und  wird  die  Karte  der  Troade  definitiv  sicher  stellen. 

„So  viel  für  heute.  Schliemann  hat  mir  eine  Reihe  von  Dingen  geschenkt, 
so  dass  ich  wenigstens  Einiges  werde  zur  Anschauung  bringen  können.  Von  Gold 
ist  natürlich  keine  Rede;  der  von  der  türkischen  Regierung  bestellte  Aufseher, 
Kadri  Bey,  bewacht  jeden  solchen  Fund  mit  Argusaugen.  Dafür  habe  ich  einige 
ganz  grosse  Sachen  in  Aussicht,  die  ich  natürlich  dem  Museum  übergeben  werde, 
wenn  es  dieselben  haben  will.  Darunter  ist  namentlich  einer  jener  „ürbehälter" 
aus  gebranntem  Thon,  die  so  gross  sind,  dass  ein  Mensch  darin  stehen  kann." 


Sitzung  am  21.  Juni  1879. 
Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Als  neue  Mitglieder  werden  gemeldet: 

Hr.  Kaufmann  Hermann  Strebel  in  Eilbeck  bei  Hamburg. 

Hr.  Banquier  Th.  Simon,  Berlin. 

Hr.  Dr.  "Werner,  Berlin. 

Hr.  Dr.  Moses,  Berlin. 

Hr.  Dr.  Baer,  Berlin. 

Hr.  Dr.  Simonsohn,  Friedrichsfelde. 

Hr.  Bauinspector  Becker,  Berlin. 

Zum  correspondirenden  Mitgliede  ist  erwählt: 

Hr.  Rygh,  Director  des  Alterthums-Museums  zu  Christiania. 

(2)  Der  Hr.  Kultusminister  hat  unter  dem  18.  d.  M.  für  das  laufende  Geschäfts- 
jahr der  Gesellschaft  wiederum  eine  Staatsunterstützung  bewilligt. 

(3)  Der  Vorsitzende  verliest  die  Einladung  zu  der  vom  11.  bis  15.  August  in 
Strassburg  tagenden  Generalversammlung  der  deutscheu  anthropologischen  Gesell- 
schaft und  fordert  zu  zahlreicher  Betheiligung  auf. 

(4)  Nach  einer  Benachrichtigung  des  Hrn.  Bogdanoff  soll  die  Zusammenkunft 
der  Anthropologen  in  Moskau  bei  Gelegenheit  der  dortigen  Ausstellung  vom  27.  Juli 
bis  5.  August  stattfinden. 

Hr.  Virchow,  der  zu  seinem  Bedauern  verhindert  ist,  der  sehr  freundlichen 
Einladung  zu  folgen,  obwohl  nach  einer  neuesten  Mittheiluug  die  Ausstellung  bis 
zum  15.  27.  August  dauern  wird,  legt  eine  sehr  schöne  photographisohe  Ab- 
bildung einer  Gruppe  von  Wogulen  aus  Tobolsk  vor,  welche  zu  der  Ausstellung 
iu  Moskau  angelangt  sind. 

(5)  Der  Vorsitzende  theilt  mit,  dass  für  Sonntag,  den  29.  Juni  eine  Excursion 
nach  Rüdersdorf  stattfinden  werde,  um  die  dort  aufgedeckten  Gletschertöpfe 
zu  sehen.     Hr.  Bergrath  Foitzick  wird  die  Führung  übernehmen. 

Für  einen  folgenden  Sonntag  ist  auf  Einladuug  des  Hrn.  Dr.  Brückner  sen. 
eine  anthropologische  Excursion  nach  Neubran den  bürg  in   .aussieht  genommeu. 


(182) 

(6)  Der  Ortsverein  für  Geschichte  und  Alterthumskunde  zu  Braun- 
schweig und  Wolfenbüttel  übersendet  einen  Aufruf  zur  Sammlung  der  vater- 
ländischen Alterthümer. 

(7)  Die  geographische  Gesellschaft  in  Lissabon  theilt  ein  Telegramm 
vom  16.  März  aus  Aden  (Pretoria)  mit,  worin  Hr.  Serpa  Pinto,  der  im  Mai  1878 
von  Bitel  abgereist  war,  die  glückliche  Beendigung  seiner  Reise  quer  durch  Africa 
anzeigt. 

(8)  Von  der  pariser  anthropologischen  Gesellschaft  ist  eine  Anzahl 
von  Exemplaren  der  neu  aufgelegten  Farbentafel  eingegangen.  Exemplare  davon 
stehen  den  Mitgliedern  der  Gesellschaft  käuflich  zu  Gebote. 

(9)  Hr.  Topinard  übersendet  mit  einem,  an  den  Vorsitzenden  gerichteten 
Schreiben  vom  15.  Mai, 

Schädelabgüssse  von  einem  Galtscha  und  einem  Savoyarden. 

J'ai  mis  u  la  poste,  il  y  a  3  ou  4  jours,  2  moulages  de  cränes  que  je  vous  serais 
oblige  d'offrir  en  mon  nom  k  la  Societe  d'Anthropologie  de  Berlin.  Sur  Tun  est  ecrit 
Galtcha  au  crayon.  L'original  ä  ete  rapporte  d'aupres  de  Samarcande  par 
M.  de  Ujfalvy.  J'en  ai  donne  la  description  et  les  mesurations  dans  la  seance  de 
notre  Societe  d'Anthropologie  du  6.  Juin  1878.  Sur  l'autre  est  ecrit  au  crayon  le  mot 
Savoyard.  L'original  vient  de  la  coUection  envoyee  ä  notre  Musee  par  M.  Hove- 
lacque.     H  exprime  le  type  moyen  de  la  serie. 

Le  rapprochement  de  ces  deux  pieces  a  pour  objet  de  prouver  que  Tun  des 
types  brachycephales  „Aryeus"  qui  existent  encore  dans  le  Turkestan  oriental  et  qui 
sont  tres  distincts,  ä  premiöre  vue,  des  types  brachycephales  de  la  meme  region,  et 
precisement  celui  des  Tadjicks  de  Montagne,  ou  Galtchas,  que  Ton  considere  comme 
les  plus  purs  descendants  des  anciens  Perses  du  temps  de  Zoroastre  -^  est  serablable 
il  notre  type  Savoyard,  lequel  ne  serait  autre  que  notre  type  Auverguat  modifie 
.  .  .  ou  au  contraire  plus  pur. 

En  rapprochant  notre  type  Auvergnat,  ou  Gelte  de  Cesar,  le  type  savoyard,  le 
type  slave  represente  par  une  serie  de  Croates  que  nous  possedons  au  Musee  et  le 
type  ci-joint  de  Galtcha,  j'arrive  ä  cette  doctrine  que  d'autres  considerations  appuient, 
que  les  brachycephales  etendus  du  centre  de  la  France  au  Pamir,  avec  tres  peu  de 
Solutions  de  continuite,  ne  forment  qu'une  seule  et  meme  famille  anthropologique 
(lont  les  ancetres  ont  commencö  ä  se  repandre  en  Europe  au  temps  neolithique,  sinon 
il  la  fin  du  temps  paleolithique.  Les  descriptions  des  cranes  brachycephales  alle- 
munds  soit  d'aujourd'hui,  soit  du  temps  des  Hügelgräber  me  porteut  les  rattacher 
il  la  meme  grande  famille. 

Parmi  les  brachycephales  de  l'Europe  je  n'en  separe  que  les  Finnois  et  leurs 
derivus,  sur  lesquels  je  m'abstiens  encore  d'exprimer  une  opinion,  et  les  brachy- 
cephales Mongols  du  Sud  de  la  Russie. 

Je  ne  saurais  terminer  sans  dire  que  je  ine  rallie  entierement  ä  l'opinion  que 
vous  avoz  soutenue  dans  Fun  des  derniers  congres  d'AUemagne,  que  les  Nationalites 
ne  reposeut  pas  sur  les  caracteres  anthropologiques,  mais  sont  produites  par  les 
eveuements  de  l'histoire.  Les  idees  de  peuple  et  de  race  naturelle  sont  ab- 
solument  distinotes.  Les  Alemans  ont  donne  leur  nom  ii  l'Allemagne,  les  Francs  a, 
la  France  et  cependant  ils  etaient  assuremcnl  de  meme  race.  La  France  se  compose 
de  3  eleinentM  Pthiiiques  priiicipaux:   les  dolicocephales  bruns  et  petits  du  Midi,  les 


(183) 

brach} cc'phales  chatains,  de  moyenne  taille  du  Centre  et  les  dolicocepbales  grands 
et  bloiids  du  Nord.  L'Aliemagne  se  compose  de  2  eleraents:  les  bracliycephales 
predominent  au  midi  et  les  sous-dolicocephales  ;i  Torigine  (votre  type  Frison)  au 
Nord.  Les  deux  pays  n'ont  donc  pas  d'unitt'  anthropologique  reelle.  La  Russie  est 
encore  plus  couii)li(|uee  daus  ses  ('lements  etlini(]ues.  Le  Dänemark  est  ('galeraent 
constitue  par  un  melange  de  bracliycephales  et  de  dolicocephales,  aussi  loiu  daus 
son  passe  que  nous  pouvous  remonter. 

Votre  proposition  est  donc  tres  juste.  Ce  (jui  fait  la  Nationalite  c'est  l'asso- 
ciation  de  peuplades  diverses,  quekjue  soit  le  mobile  de  cetto  association.  Les  deux 
moulages  que  j'ai  Ihouiieur  de  vous  adresser,  en  soot  la  confirmations,  — 

Hr.  Virchow  dankt  Hrn.  Topinard  für  die  ungemein  interessante  Mitthei- 
lung und  stellt  neben  die  beiden  Schädelabgüs.se  einen  mitteldeutschen  Schädel, 
den  er  einer  kleinen  Sammlung  aus  der  fränkischen  Schweiz  entnommen 
hat.  Derselbe  ist,  wie  die  übrigen  Schädel  dieser  Sammlung,  ausgezeichnet  brachy- 
cephal  und  gleicht  den  beiden  Abgüssen  in  höchstem  Maasse.  Er  erinnert  dabei 
an  einen  von  Hrn.  Fiusch  aus  der  Dschuugarei  mitgebrachten,  brachyceplialen 
Schädel,  den  er  in  der  Sitzung  vom  21.  Juli  1877  (Verb.  S.  342)  besprochen  hat, 
und  er  bedauert  es  in  hohem  Maasse,  dass  aus  Mittelasien  noch  ein  so  geringes 
Schädehnaterial  nach  Europa  gelangt  i.st.  Die  von  Hrn  Topinard  aufgestellte 
Vergleichung  macht  diesen  Maugel  noch  raehr  fühlbar. 

(10)  Von  Hrn.  J.  M.  Hildebraudt  ist  ein  Brief  vom  21.  April  aus  Nosi  -  Be 
eingegangen,  betreffend  seine 

Ankunft  in  Madagascar. 

„So  habe  ich  mir  denn  nach  der  langweiligen  Seefahrt  wieder  einmal  ein 
nettes  warmes  Nest  in  Form  eines  Bretterliäuschens  im  Städtchen  Hellevillo  auf 
Nosi-Be  eingerichtet. 

Während  ich  dies  schreibe,  sitze  ich  auf  der  Veranda  desselben.  Ein  halbes 
Dutzend  schwarzer  Diener  sind  eben  mit  dem  Umlegen  des  Herbars  beschäftigt, 
sie  singen  und  schwatzen  in  ihrer  gemüthlichen  Weise.  Andere  reinigen  Muscheln. 
Ab  und  zu  kommen  Kinder  und  bringen  Eidechsen,  Frösche  und  anderes  Hochwild 
zum  Kauf.  Trotz  der  wenigen  (10)  Tage  meines  Hierseins  nimmt  mein  Haus 
bereits  jenen  eigenthümlichen  Museum-Geruch  an,  der  die  Leidenschaft  des  Reisen- 
den ebenso  anfeuert,  wie  der  Geruch  des  Pulverdampfes  den  Soldaten. 

Hellevillo  liegt  äusserst  malerisch  an  einer  weiten  Meeresbucht,  welche  von 
den  nahen  Gebirgen  Madagascars,  der  kuppelgipfeligen  Insel  Nosi-Comba,  dem  dicht 
bewaldeten  Lucube-Berge  und  anderen  Borgzügeu  Nosi-Be's  eingerahmt  ist.  Die 
wenigen  Steinhäuser  der  Stadt,  im  gemüthlichen  Stile  unserer  Bauernhäuser  er- 
richtet, liegen  in  weiten  Abständen  verstockt  in  übermächtigen  Baumkronen.  Mango's, 
Cocospalmen  und  viele  tropische  Zierbäume  wetteifern  au  massigem  Wuchs.  Die 
Strassen  stellen  schattige  Alleen  dar.  Eine  grössere  Auzahl  Häuser  ist  aus  Brettern 
gebaut.  Sie  «'nthalten  2  bis  3  Zimmer.  Einige  sind  mit  Schindeln,  die  meisten 
aber  mit  Palmstroh  gedeckt.  Die  Hütten  der  Schwarzen  endlich,  welche  von  üppi- 
gen Bananenstauden  überragt  werden,  haben  ihren  Fussbodeu  aus  plattgedrückten 
Uavenala-Stämmen  in  madagassischer  Weise  etwa  meterhoch  auf  Pfählen  erhoben. 
Ihre  Wände  bestehen  aus  den  Wedelstielen  der  Rafia-Palme.  Sie  sind  mit  den 
mächtigen,  zusammengefalteten  Blättern  der  Ravenala  gedeckt,  durch  die  der  Rauch 
des  selten  verlöschenden  Feuers  seinen   Ausgang  sucht. 


(184) 

Die  Bevölkerung  von  Nosi-Be  besteht  neben  den  madagassischen  Eingeborenen 
aus  afrikanischen  Negern,  Creolen  jeder  Hautfarbe  und  einigen  Franzosen,  die  das 
Gouvernement  bilden  oder  sich  als  Pflanzer  oder  Kaufleute  niedergelassen  haben. 
Man  spricht  madagassisch  (Sakalava)  oder  Creolen -Französisch,  wo  j  und  ch  in 
weiches  s  verwandelt  wird. 

Den  eigentlichen  Reichthum  der  Colonie,  die  Zucker-  und  Kaffeepflanzungen 
habe  ich  noch  nicht  in  Augenschein  nehmen  können.  Es  soll  sehr  an  Arbeits- 
kräften fehlen,  da  die  Einfuhr  von  Schwarzen  aus  Afrika  sehr  verboten  ist.  Daher 
ist  es  auch  für  mich  sehr  schwierig,  Leute  zu  finden,  und  sind  die  Löhne  sehr  hoch. 

Etwa  seit  Jahresfrist  hat  Nosi-Be  sein  eigenes  Gouvernement,  nachdem  es 
früher  unter  der  Coramandantur  von  Mayotte,  der  französischen  Comoro-Insel  stand. 

In  Mayotte  hielt  unser  Dampfer  einen  Tag  und  machte  ich  in  einem,  mir  vom 
dortigen  Gouverneur,  Mr.  de  "Vasalle,  freundlichst  zur  Verfügung  gestellten  Boote 
eine  kleine  Ruudtour.  Mayotte  ist,  wie  auch  Nosi-Be,  eine  äusserst  fruchtbare 
Insel.  Man  glaubt  aus  der  Ferne  eines  der  glücklichen  Mittelmeer-Eilande  vor  sich 
zu  sehen.  Nur  ist  die  Vegetation  natürlicherweise  weit  verschieden:  Cocoshaine 
und  grellgrüne  Zuckerrohrfelder  bedecken  die  sumpfigen  und  daher  höchst  unge- 
sunden Uferflächen.  Auf  den  Hügeln  gedeihen  unter  dem  Schattenschutze  von 
Acacia  Labbek  ausgedehnte  Kaffeepflanzungen.  Die  hohen  vulkanischen  Bergkuppeln 
sind  mit  dem  dichtesten  ürwalde  bestanden,  aus  dem  vieladerige  Bäche  nieder- 
rieseln. 

Ich  sammelte  einige  Kleinigkeiten  auf  Mayotte,  unter  andern  die  lebenden 
Knollen  von  einem  Amorphophallus,  welcher  nach  Angabe  der  Eingeborenen  eine 
kolossalle  Blüthenscheide  entwickeln  soll. 

Meine  Sammlungen  und  Beobachtungen  hier  auf  Nosi-Be  mehren  sich  erfreu- 
licher V^eise,  jedoch  muss  ich  einen  grossen  Theil  meiner  Zeit  auf  Formiruug  einer 
Carawane  und  die  Einrichtung  des  Reisegeräths  verwenden. 

In  etwa  3  Wochen  hoffe  ich  von  hier  nach  Madagascar  aufbrechen  zu  können 
und  zwar  begebe  ich  mich  zuerst  in  die  Provinz  Menabe  (Westküste),  wo  Ruteu- 
berg  ermordet  wurde.     Weitere  Pläne  kann  ich  erst  an  Ort  und  Stelle  entwerfen. 

Vor  meiner  Abreise  werde  ich  noch  Gelegenheit  haben,  meine  Sammlungen 
nach  Europa  zu  senden.  — 

Hr.  Virchow  hat  ausserdem  von  Hrn.  Hildebrandt  aus  Aden,  20.  März, 
folgende 

Tabelle  von  Rassenmessungen 

erhalten: 


(185) 


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(186) 

(1 1)  Der  Vorsitzende  übergiebt  eine  ganze  Reihe  von  Zusendungen  des  Hrn. 
V.  Miklucho-Maclay:  1)  Einen  „offenen  Brief"  an  den  Gouverneur  von  Fiji  und 
Ober-Comraissär  im  westlichen  Pacific,  Sir  Arthur  Gordon  über 

die  Schonung  der  Eingebornen  in  Neu-Guinea. 

Sydney,  23  Janv.,   1879. 
Excellence, 

L'importauce  du  sujet  de  cette  lettre  et  Pespriance  qu'elle  ne  restera  pas  sans 
resultat  pour  la  sainte  cause  de  Vhumanile,  qui  Ta  uniquement  dictee,  me  decide  de 
prier  Votre  Excellence  de  la  lire  avec  attention  et  de  faire  ce  que  Votre  Excellence 
jugera  possible. 

Je  ne  m'arreterai  sur  quelques  details  concernant  "ina  personne,  qu'autant  qu'il 
me  paraitra  necessaire  pour  faire  comprendre  a  Votre  Excellence  en  suite  de  quoi, 
et  ä  quel  titre,  je  prends  la  resolution,  clevant  la  voix  au  nom  „du  droit  de 
rhorame,"  d'attirer  l'attention  de  Votre  Excellence  sur  les  dangers  qui  menacent 
de  detruire  pour  toujours  le  bien-etre  de  milliers  d'hommes,  qui  n'ont  commis 
d'autre  crime  que  d'appartenir  ä  une  autre  race  que  la  notre  et  d'etre  les  plus 
faibles. 

Ayant  debarque  en  Nouvelle-Guinee  en  l'annee  1871,  pour  des  etudes  scienti- 
fiques,  les  circonstances  d'abord,  l'interet  d'etudier  une  race  primitive  ensuite,  m'ont 
mis  en  rapports  tres  rapproches  avec  les  iudigenes  de  la  cote  N.  E.  de  la  Nouvelle 
Guinea  oü  j'ai  debarque.  A  force  de  patience,  d'une  conduite  tres  amicale  et  juste, 
j'ai  fini  par  gagner  la  confiance  parfaite  des  indigenes,  qui  d'abord  et  pendant  des 
mois  m'ont  traite  d'une  maniere  bien  peu  aimable.  —  La  couuaissance  de  la  laugue 
papoua  acquise,  m'a  donne  la  possibilite  d'etudier  leurs  moeurs  et  leurs  usages. 
Ayant  passe  pres  de  troi'^  ans  parmi  ces  gens,  ayant  eu  le  temps  de  juger  leur 
caractere  et  leurs  facultes,  je  prends  un  interet  serieux  et  desinteresse  ä  leur 
destinee,  surtout  en  prevoyant  que  l'invasion  de  la  race  blanche  en  Nouvelle  Guiuee 
peut  facilement,  ou  presque  certainement  mener  ä  une  suite  de  catastrophes  bien 
deplorables. 

Je  pense  pourtant,  que  beaucoup  de  ces  injustices  revoltantes  des  forts  envers 
les  faibles,  pourraient  etre  prevenues,  si  les  Gouvernements  des  peuples  civilises, 
ne  meprisant  pas  la  cause  de  la  justice,  confirmaient  et  faisaient  respecter  les  Cle- 
ments les  plus  simples  du  droit  des  gens  et  du  droit  international.  Quelques  lignes 
signees  ä  temps,  par  une  main  autorisee  et  puissante,  peuveut  prevenir  une  Serie 
de  meurtres  injustes,  epargner  dans  l'avenir  a  la  „civilisation"  la  honte,  sous  le 
litre  de  y,punition  merüee,"'  de  massacrer  des  femmes  et  des  enfants. 

Avant  tont,  je  prie  Votre  Excellence  de  remarquer  (je  parle  en  connaissance 
parfaite  des  faits),  que  les  habitants  de  la  Cöte  Maclay  (partie  de  la  Cote  N.  E. 
de  la  Nouvelle  Guinee,  entre  le  Gap  Croisilles  et  le  Gap  King  William),  etant  une 
population  agricoie  et  nombreuse  (pres  de  15,000  ä  20,000  hommes,  au  moins),  sont 
strictement  lies  au  sol  qu'ils  cultivent:  chaque  pouce  de  terre,  chaque  arbre  utile 
dans  la  foret,  les  poissons  dans  chaque  ruisseau,  etc.  etc.,  ont  un  proprii'taire!  Cette 
propriete  est  reconnue  et  respectee  par  les  voisins.  L'invasion  d'etrangers  qui 
voudraient  occuper  une  terre  dejä  occupee  et  culiivee  depuis  des  siecks  mettraient  les 
habitants  de  la  cote  entre  les  armes  des  blaues  et  ceux  des  habitants  des  niou- 
tagnes,  qui  ne  voudraient  pas  ceder  leur  terre  Des  meurtres  et  des  guerres  satis 
flu  auraient  lieu,  etc.,  etc. 

Pour  eviter  iles  catastrophes  semblables  ä  Celles  qui  out  desole  les  Mariannes, 
la  Nouvelle  Zelande,  la  Tasmanie  et  autres,  il  ne  serait  que  juste,  de  di'clarer  ä  temps: 


(187) 

que  le  Gouvernement  Imperial,  reconnaissant  le  droit  des  indigenes  sur  leur  sol,  ne 
protegera  pas  les  envahisseurs  blancs,  dans  le  cas  oü  les  indigenes,  defendant  leur 
terrain,  leurs  femmes,  leurs  enfants  et  leurs  autres  proprietes,  essaieraient  de  faire 
respecter  leurs  droits  a  main  armee,  en  s'opposant  aux  envahisseurs. 

[Je  prie  Votre  Excellence  de  remarquer,  que  ce  que  je  demande  (droit  sur  le 
sol)  a  cte  sanctionne  par  le  Gouvernement  de  Sa  Majesti-,  en  Nouvelle  Zelande,  en 
1840,  par  le  Traite  de  Vaitangi.] 

L'histoire  du  contact  de  la  race  blanche  avec  les  peuples  de  l'Oceanie  nous 
montre  le  resultat  funeste  de  i'introduction  des  alcook  par  les  blancs,  dont  les 
tristes  suites  rivalisent  avec  les  etfets  des  maladies  introduites  et  la  poudre  (derniere- 
meut  la  dynamite  eu  Nouvelle  CaU-donie)  pour  exterminer  les  races  non  blanches. 

La  menae  histoire  nous  prouve,  que  les  tentatives  genereuses  des  Gouverne- 
ments Europeens  pour  proteger  les  indigenes  contre  les  violences  et  les  injustices 
des  envahisseurs  blancs,  sont  ordinal rement  venues  trop  tard,  quand  le  mal  etait 
dejä  fait,  quand  les  torts  des  deux  cotüs  avaient  abouti  ä  exciter  une  haine  insatiable 
et  constaniment  attisce. 

C'est  une  raison  de  plus  pour  que  votre  Excellence  prenne  ces  remarques  en 
consideration.  Les  mesures  j)our  prevenir  le  mal,  plus  tard  irreparable,  peuvent 
arriver  encore  ä  teiiips. 

Pour  ne  pas  fatiguer  Votre  Excellence,  je  me  resume:  J'ose  deinander  pour  la 
protection  des  habitants  de  la  Gute  Maclay  que  le  Gouvernement  Imperial: 

1.  reconnaisse    le    droit    complet    des    indigenes    de    la   Nouvelle   Guinee    (Cote- 
Maclay)  sur  leur  sol, 

2,  interdise,    ou  rende  improbable   (par  des  taxes  bien  elevees)  l' i7npo7-tation  et 
la  vente  aux  indigenes:  des  alcools,  des  armes  et  de  la  poudre. 

(Si  le  §  1  a  e.te  sanctionne  par  le  Traite  de  Vaitangi,  1840,  le  §  2  a  ete  ordonne 
aussi  en  Nouvelle  Zelande  en   1852  par  le  Gouverneur  Sir  George  Grey.) 

Si  Votre  Excellence  pense,  que  puisque  la  Nouvelle  Guinee  n'est  pas  encore 
annexee  par  le  Gouvernement  Imperial,  le  Gouvernement  de  la  Grande  Bretagne 
n'a  pas  le  droit  de  proclamer  ces  lois,  je  supplie  Votre  Excellence  au  nom  de 
Vhumanite  et  de  la  justice  de  ne  pas  oublier  cette  lettre,  quand  Votre  Excellence 
jugera  possible  de  faire  quelque  chose  pour  mes  pauvres  proteges  de  la  Cote  Maclay 
et  d'etendre,  si  possible,  ces  reglementations  aussi  aux  autres  parties  independantes 
de  la  Nouvelle  Guinee  et  aux  lies  de  la  Melanesie. 

En  ctniant  ii  mes  representations  instantes  et  desinieressees ,  le  Gouvernement 
Imperial  meritera  des  siecles  ä  veuir  le  titre  de  juste  et  de  sage.  .  .  . 

2)   Ein   Schreiben  aus  Sydney  vom  8.   Februar,  enthaltend 

Einige  Worte  über  die  noch  nicht  vorhandene  Zoologische  Station  in  Sydney. 

Hochgeehrter  Herr  Professor! 
Aus  Ihrem  Brief  vom  28.  November  v.  J.  (am  29.  Januar  hier  erhalten), 
ersehe  ich,  dass,  möglicher  Weise  durch  meine  Schuld,  Sie  in  einem  gros- 
sen Irrthume  sich  befinden.  —  Ich  meine  die  zoologische  (resp.  anthro- 
pologische) Station  in  Sydney.  Richtig  ist  es,  dass  mein  Vorschlag  \om 
2y.  August,  eine  zoologische  Station  zu  gründen,  von  der  hiesigen  Linnean  Society 
of  New  South  Wales  mit  Beifall,  einstimmig  angenommen  wurde  (darüber  habe 
ich  Ihnen  am  1.  October  geschrieben).  Aber  vom  Schwatzen  —  zur  That 
ist  bei  ilen  meisten  ordentlichen  Mitgliedern  des  bipodischeu  Geschlechts  ein 
langer,  langer  Weg!     Hier  fand  sich  wieder    ein   Beweis   der  Richtigkeit  dieser 


(188) 

alten  Erfahrung.  In  den  sechs  folgenden  Monaten  ist  für  die  Ausführung  dieses 
„angenommenen"  (!)  Planes  nichts,  gar  nichts  geschehen!  ...  Es  wäre  zu  lang 
und  nutzlos  über  die  Gründe  und  Ursachen  dieses  Zögerns  zu  schreiben;  solche 
Betrachtungen  könnten  mich  viel  zu  weit  führen.  Um  aber  nicht  durch  meinen 
Bericht  (dass  die  Linnean  Society  of  New  South  Wales  meinen  Vorschlag  als  „excel- 
lent  and  most  desirable"  gefunden  hat)  unschuldige  Naturforscher  zu  verlocken, 
sogleich  nach  Sydney  zu  eilen,  um  in  der  zoologischen  Station  zu  arbeiten,  will  ich, 
oder  richtiger  in  diesem  Falle  gesagt,  muss  ich  über  den  „Status  praesens"  dieser 
Angelegenheit  oder  über  die  Möglichkeit,  „de  facto"  hier  zu  arbeiten,  einige  Worte 
sagen. 

Da  es  meine  feste  üeberzeugung  ist,  dass  der  Schwerpunkt  der  Thätigkeit 
eines  wissenschaftlichen  Reisenden  nicht  das  Sammeln,  sondern  das  Arbeiten 
an  Ort  und  Stelle  sein  soll,  so  ergriff  ich  ohne  Aufschub  die  Gelegenheit,  meine 
anatomischen  Untersuchungen  fortsetzen  zu  können.  Material  erhielt  ich  mit  etwas 
Mühe  genug,  sogar  mehr,  als  ich  zu  verarbeiten  im  Stande  bin;  aber  was  die 
Arbeitsplätze,  welche  ich  in  Sydney  vorgefunden,  betrifft,  so  sind  dieselben 
erbärmlich!  (Meine  Australischen  Freunde  werden,  die  Wahrheit  der  Bezeichnung 
einsehend,  mir  diesen  Ausdruck  verzeihen.) 

Aus  dem  provisorischen  Museum  meines  Freundes,  des  Hrn.  Nrn.  Macleay, 
bin  ich,  der  Hitze  dieses  eisernen  Kastens  (das  Gebäude  ist  von  Eisenblech),  haupt- 
sächlich aber  der  häufigen  Unterbrechungen  und  Störungen  bei  der  Arbeit  (durch 
den  vom  dienenden  Personal  im  Museum  hervorgebrachten  Lärm)  wegen,  in's 
„Australian  Museum"  (Sydney  Stadt-Museum)  übergezogen.  Dieser  Umzug  schien 
mir  manche  Vorzüge  (von  denen  einige  sich  leider  nicht  bewährt  haben)  zu  be- 
sitzen, wie  z.  B.  ein  apartes  Local,  wo  ich  allein  arbeiten  konnte,  eine  photo- 
graphische Anstalt,  welche  ich  gelegentlich  (in  Folge  einer  speciellen  Erlaubniss 
der  Trustees  of  the  Australian  Museum)  benutzen  konnte,  und  den  grossen  Vor- 
theil,  im  selben  Gebäude  auch  wohnen  zu  können! 

Die  Arbeiten,  die  ich  hier  zu  Staude  zu  bringen  gedenke  und  an  welchen  ich 
nach  Vermögen  fleissig  arbeite,  sind  über  das 

1)  Gehirn  des  Genus  Homo. 

2)  Gehirn  von  Echidna  hystrix. 

3)  Gehirn  der  Selachier. 

Das  Material  ist,  wie  gesagt,  ausreichend  und  interessant,  aber  das  Arbeits- 
local  ist  nichts  anderes,  als  ein  dumpfer,  kalter,  schlecht  ventilirter,  sehr  un- 
behaglich aussehender  Kellerraum.  Never  mind  —  ein  Keller;  wenn  nur  die 
Umgebung  ruhig  wäre!  Aber  nein  —  Cacadu's,  Kühe,  Hunde  und  Menschen  finden 
sich  in  der  nächsten  Nachbarschaft,  und  der  Lärm  dieser  Menagerie  bringt  mich 
oft  in  eine  sehr  miserable  Stimmung,  stört  meine  Gedanken,  verzögert  und 
unterbricht  die  Arbeit.  Die  guten  Menschen  hier  wundern  sich,  dass  ich  so 
schwache  Nerven  habe 

Dazu  ist  noch  die  kalte  und  schlechte  Luft  des  Kellers  wenig  günstig  für  mein 
kränkliches  Cadaver,  so  dass  die  Fieberanfälle  sehr  oft  wiederkommen.  —  Zuweilen, 
nach  einem  anhaltenden  Fieberanfall,  fühle  ich  mich  so  erbärmlich  schwach,  dass 
ich  mehrere  Tage  und  Nächte  ohne  Unterbrechung  schlafen  möchte!    Zum  Glück 

überfällt  mich  diese  Empfindung  nicht  gar  zu  oft Wie  schon  gesagt,  wenn 

auch  nicht  bequem,  arbeiten  kann  man  doch,  und  ich  bin  sehr  Hrn.  E.  P. 
Ramsay,  Curator  des  Austr.  Museum,  dankbar,  dass  er  mir  die  Möglichkeit, 
meine  Untersuchungen  weiter  zuführen,  gegeben  hat! 

Es    wäre    aber    ein  schlechter  Witz,  diesen  Kellerraum  im  Australian  Museum 


(180) 

als  „temporäre"  zoologische  Station  zu  taufen.  Ob  jemals  aus  diesem  elenden 
Embryo  einer  zoologischen  Station  etwas  ordentliches  wird,  oder  ob  derselbe  nach 
meiner  Abreise  verkümmert,  oder  in  ein  Monstrum  sich  entwickelt,  wage  ich  noch 
nicht  mit  Entschiedenheit  zu  sagen;  ich  bin  aber  von  der  grossen  Bedeutung  einer  sol- 
chen Anstalt  in  Australien  und  der  Ausführbarkeit  dieses  Planes  in  Sydney  mit  nicht 
gar  zu  grossen  Schwierigkeiten  ganz  überzeugt.  "Was  hier  fehlt,  ist  der  Mann,  der 
die    ganze  Sache    auf   einige  Zeit    (die    für    die  Gründung  nöthig  ist)    ernst  in  die 

Hand  nimmt.  —    Es   wird   aber  ein  solcher  mit  der  Zeit  sich  finden Aber 

einstweilen  muss  man  noch  mit  dem  „Kellerraura"  zufrieden  sein.  .  .  . 

3)  Einen  Bericht  des  Hrn.  Wilkinson,  Chef  des  geologischen  Dienstes  in 
New-Sou(h- Wales,  vom  31.  Januar: 

Notes  on  the  occurrence  of  Canis  dingo  or  „Wild  dog"  of  Australia 
in  Pleistocene  Tertiary  and  Quaternary  deposits. 
Ou  the  NW  Quarter  Sheat    of  Map  Nr.  7  published  by  the  Ueological  Survey 
of    Victoria,    are    description,    plan    and    section   of  a   cave  in  Pliocene  basalt  near 
Gisborne,  explored  by   C.  D.  H.  Aplin,  Field  geologist,  in  1857. 

The  following  are  Professor  xMc.  Coy's  notes  on  the  animal  remains  found  in 
this  cave. 

Placental  Mammalia. 
„Canis  Dingo  or  Wild  dog  identical  with  living  one. 
„New  Genus  of  Carnivorous  animal. 

Implacental  or  Marsupial  Mammalia. 

„Diabohis  (sarcophilus)  Drsinus,  Tasmanian  Devil:  no  species  of  this 
genus  at  present  known  living  on  the  ct)ntiuent  of  Australia. 

„Dasyurus  viverrinus,  identical  with  living  species. 

„Dasyurus  affinis  (M'Coy)  new  species  nearly  as  large  as  D.  maculatus, 
but  dififering  in  proportions. 

„Phalangista  vulpina,  identical  with  living  species. 

^Phalangista  new  species, 

„Perameles  obesula,  apparently  identical  with  living  species. 

„Hypsiprymnus  trisulcatus  (M'Coy),  a  new  species  a  little  smaller  than 
the  living  H.  minor,  and  having  only  3  sulci  on  large  premolar  in  the  lower  jaw. 

„Macropus,  a  species  nearly  allied  to  the  living  M.  nalabat  us,  but  distinct." 

Near  Wellington  in  New  South  Wales  are  some  large  limestone  caves  formed 
during  the  Pleistocene  tertiary  period,  and  containing  the  remains  of  raany  extinct 
and  living  animals.  These  caves  were  explored  in  1870  by  Professor  Thomson  of 
the  Sydney  üniversity  and  Gerard  Krefft,  late  Curator  of  the  Australian  Museum, 
and  the  fossil  remains  were  also  examined  by  Professor  Owen  of  London.  The 
remains  of  the  Canis  dingo  occur  here  with  bones  of  the  extinct  gigantic  marsu- 
pials  —  Diprotodon,  Nototherium,  Zygomaturus  etc.;  Thylacoleo,  Sar- 
cophilus Ursinus  (Tasmanian  Devil),  Thylacinus,  Macropus  &c.  all  of 
species  now  extinct  in  Australia.  Mr.  Krefft  remarks:  „Remains  of  the  dog  (canis) 
are  scarce  in  everj-  part  of  Australia  where  fossil  bones  occur;  there  can  be  no 
doubt  however,  of  the  presence  in  this  country  of  a  dog  during  the  post-pliocene 
period:  a  few  teeth  were  obtained  at  Wellington;  they  resemble  the  teeth  of  the 
common  dingo  of  the  present  day." 

In  1866  —  67  Professor  M'  Coy,  Palaeontologist  of  the  Geological  Survey  in 
Victoria,  in  bis  Essay  on  the  Palaeontology  of  Victoria,  speaking  of  the  Pleistocene 


(190) 

tertiarv  dejwsits  of  Lake  Siint^oon,  Victoria,  says  —  -Here  we  find  with  the  living 
Dingo,  or  Native  Wild  L>og.  inbabiting  the  neighbouring  localities  at  present,  skuUs 
and  leeth  of  the  Sarcophilus  Ursinus  or  „Tasmanian  Devil*,  which  is 
DOW  only  knowD  to  exist  in  Tasmania.  and  has  never  been  known  on  the  Main- 
land; with  these  are  the  bones  and  teeth  of  the  gigantic  extiuct  Kangaroos  (the 
Macropas  Titan,  and  the  M.  Atlas),  as  well  as  bones  and  teeth  of  the  gigantic 
extinct  genera  Notolherium  and  Diprotodon  ....  The  ordinary  gold  drifts 
<rf  Victoria  from  the  association  (more  or  less  direct)  with  these  fossil»,  may  thus 
be  taken  to  be  of  the  newer  pleiocene,  or  mammaliferous  crag  period,  like  those 
of  Russia  determined  by  Sir  Roderick  Murchison." 

The  late  Rev.  W.  B.  Clark e  M.  A.  f.  R.  S.  in  bis  4tli  Edition  of  Re- 
marks  on  the  Sedimentary  formations  of  New  South  Wales"  1878,  states 
—  ^Professor  M'  Coy  has  named  bones  of  a  Dingo  in  a  caTem  near  Mount 
Macedon  (Victoria).  If  it  be  really  a  d^g  of  this  period  in  Austraüa,  it  is  another 
link  between  the  Quatemary  and  Recent  tinies.  Vicomte  d'Archiac,  howeyer,  doubts 
its  antiqaity:  .Rien,"  he  says.  -ne  prouve  que  ce  chien  n"  ait  pas  cte  in- 
troduit  par  les  premiers  hommes  qui  ont  peuple  le  continent  Austra- 
lien" (LeQons  sur  la  Faune  Quaternaire.  Parie  1666,  p.  271.) 

Many  other  works  on  this  subject  are  referred  to  in  R.  Etheridge's  „Cata- 
logae  of  Australian  Fossils-  p.  196  published  at  Cambridge  —  London: 
Cambridge  Warehouse  17  Paternoster  Row.  Leipzig:  F.  A.  Brockhaus,  1878. 

I  have  myself  examined  the  deposits  in  the  Wellington  and  other  bone  caves 
in  New  South  Wales,  and  feel  convinced  that  Canis  Dingo  is  indigenous  to 
Australia  aud  existed  on  this  continent  in  the  Post  Pliocene  period. 

The  „Dingoes*  were  very  numerous  and  a  great  trouble  to  the  early  settlers, 
and  still  are  so  in  the  newlv-settled  parts  of  the  Colonies.  Sheepyards  with  high 
fences  have  to  be  constructed  to  protect  the  sheep  during  the  night;  by  means  of 
poisoned  bait  the  sqaatters  are  endeavouring  to  exterminate  the  wild  dog.  I  have 
Seen  the  .dingoes-  in  their  wild  State:  their  fox-like  appearance  and  light  tawny 
colour  readily  distinguish  them  from  the  introduced  domestic  dog:  they  intermix 
with  the  latter  and  produce  cross-breeds  of  various  colours.  — 

Br.  V.  Miklucho-Maclay  verspricht  zugleich,  Hrn.  Virchow  das  Skelet  und 
das  Fell  eines  Diugo  einzusenden,  und  betont  die  gänzliche  Verschiedenheit 
des  Hundes  von  Neu  Guinea. 

4)  Einen  Brief  des  Hrn.  v.  Miklucho-Maclay  d.  d.  Sydney,  24.  März,  be- 
treffend eine 

Reise  nach  den  Inseln  Melanesiens. 

Was  man  erwählt,  sei  man  panz. 

Schoppenbauer's  Parerga. 

....  Eine  Arbeit  zu  beginnen,  ist  meistens  leichter  als  dieselbe  zum  be- 
friedigenden .Abschluss  zu  führen.  Die  mangelnden  Lücken  mit  Wortkram  aus- 
zufüllen, ist  auch  nicht  schwer  und  geschieht  öfters,  ist  aber  der  wahren  For- 
schung ganz  und  gar  zuwider 

Da  mir  nach  neunjährigen  Reisen  auf  den  Inseln  des  stillen  Oceans  mehr  die 
unentschiedenen  Fragen  auf  dem  Gebiete  der  Anthropologie  und  Ethnographie, 
als  die  ausreichenden  .\ntworten  auffallen  und  da  wiederum  der  Gesundheitszustand 
mir  eine  Frist  gönnt,  so  habe  ich  beschlossen,  den  von  mir  erwählten  Weg  fortzu- 
setzen und  einen  .\bstecher  von  einigen  4  oder  5  Monaten  nach  den  Inseln  Mela- 


(191) 

nesien's  CN.-Culedonien,  N.  Hebrideii,  Sa.  Cruz,  Salomon  Inseln  u.  s.  w.)  zu 
imtfirnohmen.  —  Es  scheint  mir  ausserord  eutlicli  wichtig,  möglichst  viele  Zweige 
des  Melanesischen  Stammes  seihst  zu  sehen.  Einige  Tage,  ja  sogar  Stunden 
persönlicher  Retrachtunj,'  und  Heobachtung  dor  Eingebornen  au  Ort  und  Stelle 
sind  in  diesem  Falle  weit  wichtiger,  als  das  Auswendiglernen  der  ganzen,  darüber 
bestehenden  Literatur!  .  .  . 

Diese  Reise  unternehme  ich  unter  besonderen  Verhältnissen.  Nur  wegen  der 
grossen  Bedeutung  derselben  für  meine  anthropologischen  Studien  habe  ich  dieselbe 
Hotz  aller  Hindernisse  beschlossen,  meiner  Ueberzeugung  getreu,  dass  da,  wo  es 
sich  um  Wissenschaft  und  ihren  wahren  Fortschritt  handelt,  alle  persönlichen  Rück- 
sichten wegfallen  müssen. 

Da  ich  überzeugt  bin,  hochgeehrter  Herr  Professor,  dass  Sie  meine  Ansichten 
über  die  Bedeutung  einer  unparteiischen  Aufklärung  vieler  anthropologischer  Fragen 
bezüglich  des  Melanesischen  Stammes,  sowie  die  Nothweudigkeit  eines  eingehen- 
deren Studiums  der  Beziehungen  der  Zweige  desselben  zu  einander  theilen,  so  hoffe 
ich,  dass  mein  Plan  Ihrer  vollen  Zustimmung  würdig  sein  wird. 

Der  Umstand,  dass  ich  diese  Reise,  wenn  ich  sie  nicht  jetzt  unternehme, 
wahrscheinlich  nie  zu  machen  im  Stande  sein  werde,  bestimmt  mich  ferner  die- 
selbe nicht  aufzuschieben.  — 

Hr.  N'irchow  spricht  seine  Freude  über  den  Entschluss  des  unternehmenden 
Reisenden  aus  und  wünscht  ihm  volles  Gelingen. 

(IS)  llr.  Voss  überreicht  einen  Bericht  des  Archidiacon  Hrn.  Vörckel  in 
Leipzig 

über  sorbisch-wendische  Alterthümer, 

Wohl  war  ich  vor  etwa  7  Jahren  noch  im  Besitze  einer  kleinen  Sammlung 
Sorben -Wendischer,  in  der  Umgegend  von  Eilenburg  aufgefundener  Aschenkrüge 
und  'lliräneniiäpfchen  —  es  waren  ungefähr  \'2  bis  15  Stück  von  gleicher  Masse, 
aber  von  verschiedener  Grösse  und  Gestalt  — ;  allein  dieselben  sind  jetzt  nicht 
mehr  in  meinen  Händen.  Zum  grösseren  Theile  überliess  ich  sie  kurz  vor  meiner 
Uebersiedelung  nach  Leipzig  Hrn.  Kreisgerichts-Rath  Rasch,  welcher  sich  um  die 
Verschönerung  Eilenburgs,  wie  früher  um  die  der  Umgebungen  Dübens,  wesentliche 
Verdienste  erworben  hat,  indem  ich  ihm  anheimgab,  sie  mit  etwaigen  anderen 
heimischen  Alterthümern  in  der  uralten,  aber  zum  Theil  drohenden  Einsturzes 
wegen  abgetragenen  Burgwarte  des  Eilenburger,  vormals  einem  Zweige  des  Wettin- 
schen  Geschlechtes  gehörigen  Bergschlosses  einen  Platz  finden  zu  lassen,  welche 
alte  Warte  durch  seine  Bemühungen  bis  zu  ihrer  mit  einer  eisernen  Vergitterung 
gekrönten  IhUie  für  das  Publikum  wieder  zugänglich  gemacht  worden  ist.  Die 
übrigen  Exemplare  der  von  mir  gesammelten  irdenen  Urnen  verschenkte  ich  einzeln 
an  Alterthumsfreunde. 

Beim  Auffinden  derselben  am  Muldcnufer  enthielten  sie  meist  noch  Asche  und 
Spuren  der  Verbrennung  tragende  Knochentheile,  doch  ohne  metallene  Ringe  und 
Nadeln,  wie  sie  in  vielen  anderen  sich  vorzufinilen  pflegen.  Während  einige  wie 
gewöhnliche  Töpfe  geformt  waren,  hatten  andere  eine  recht  gefällige  Gestalt  mit 
einfachen  Verzierungen  uiui  waren  auch  zum  Fheil  mit  je  zwei  öhrartigen  Henkeln, 
jedenfalls  um  bei  der  Bestattungsfeier  an  Schnüren  getragen  zu  werden,  versehen. 
.Allem  Anscheine  nach  sind  sie  auf  der  Drehscheibe  aus  gewöhnlichem  röthlicheu 
oder  graulichem  Lehm  gefertigt  und  dann  gebrannt  worden.  Einige  waren  mehr 
von  dunkler  und  schwärzlicher  Farbe. 


(192) 


Seien  hier  von  den  in  meinem  Besitze  gewesenen  Urnen  wenigstens  die  Formen 
von  einigen,  wenn  auch  noch  so  unvollkommen,  aus  der  Erinnerung  wiedergegeben'). 


Wie  in  anderen  Gegenden  zwischen  der 
Saale  und  Elbe,  so  haben  sich  auch  in  der 
Umgegend  von  Eilenburg  von  Zeit  zu  Zeit  der- 
gleichen gefunden,  namentlich  an  dem  soge- 
nannten hohen  Ufer  nach  den  beiden,  an  der 
Mulde  ganz  nahe  beieinander  liegenden  Dör- 
fern Mörtitz  und  Manzdorf  unterhalb  Eilen- 
burg zu,  wo  sie  der  oft  reissende  Strom,  wel- 
cher nach  und  nach  zahlreiche  Äecker  ver- 
schlungen hat,  etwa  2  Fuss  unter  der  Ober- 
fläche des  Bodens  öfter  sichtbar  werden  lässt. 
Ich  fand  die  meinigen,  so  wie  andere,  die  ich  in  meiner  Heimath  gesehen,  den- 
jenigen ganz  ähnlich,  welche  hier  in  Leipzig  in  der  auch  an  anderen  deutschen 
Alterthümern  sehr  reicheu  Sammlung  der  Deutschen  Gesellschaft  aufbewahrt  wer- 
den, und  welche  einem  grossen  Theile  nach  aus  dem  nahen  Connewitz  stammen. 
Neu  waren  mir  in  dieser  Sammlung  Kinderklappern  aus  gebranntem  Thon  in  Form 
von  Vögeln.  Als  besonders  seltsam  hat  sich  in  einer  Urne  von  feinerer  dunkler 
Masse,  welche  an  einem  anderen  Orte  entdeckt  worden,  ein  nach  unten  sich  zu- 
spitzendes Trinkglas  ohne  Fuss  gefunden. 

Dass  unter  anderen  Halberstadt  im  Capitelsaale  der  Domkirche  eine  ungewöhn- 
lich reiche  Sammlung  wendischer  Ascheuurnen  besitzt,  darf  ich  wohl  als  Ihnen 
bekannt  voraussetzen.  Noch  bemerke  ich,  dass,  so  viel  mir  erinnerlich  ist,  in 
den  zwanziger  Jahren  von  dem  damaligen  Rector  Geissler  eine  Partie  wendischer 
Aschenkrüge  aus  Eilenburg  nach  Berlin  gesendet  worden  ist,  so  dass  damit  in 
irgend  einer  der  dortigen  Sammlungen  meine  Heimath  wahrscheinlich  bereits  ver- 
treten sein  wird. 

In  Beziehung  auf  die  von  dem  Anthropologischen  Vereine  projectirte  Karte 
dürfte  es  nicht  überflüssig  sein,  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  nahe  bei  dem 
oben  erwähnten,  an  der  Mulde  gelegeneu  Dorfe  Menzdorf  gegen  das  Ende  des 
17.  Jahrhunderts  eine  ungewöhnlich  reichhaltige  Lagerstätte  wendischer  Urnen 
entdeckt  worden  ist,  welche  wohl  als  Beweis  gelten  kann,  dass  sich  in  der  Nähe 
eine  Ortschaft  oder  Stadt  mit  starker  wendischer  Bevölkerung  befunden  hat.  Die 
alte  Eilenburgische  Chronik  vom  Jahre  1696  spricht  sich  darüber  S.  11  wie  folgt 
aus,    nachdem    der  Verfasser,  Pfarrer  Simon  zu  Liraehna,  vorher  von  S.  7  an  zu 

1)  Vergl.  Mylii  Memorabilia  Saxoniae  subterraneae  p.  I.  u.  IL,  Leipz.  b.  Weidm.,  1720, 
und  G.  A.  Volkmann 's  Silesia  subterranea,  Leipz.  b.  Weidm.,  1720.  Beide  Werke  mit 
vielen  Kupfern. 


(193) 

beweisen  gesucht  hat,  dass  das  '/.j  Stunde  Weges  stromabwärts  an  der  Mulde  ge- 
legene Dorf  Gruna  die  alte  von  Heinrich  dem  Vogler  nach  2()tägiger  Belagerung 
eingenommene  Hauptfestung  der  Sorben  Grona  gewesen  sei.    Er  sagt  unter  anderem: 

„Ueberdies  ist  hierbei  sehr  wohl  zu  beobachten,  dass  vor  etlichen 
Jahren,  nämlich  1678  und  in  folgenden  unweit  von  solcher  alten  zerstörten 
Stadt  Gruna,  nämlich  bei  Meynsdorf  (jetzt  Meusdorf  oder  Menzdorf)  an 
der  Mulde  eine  sehr  grosse  und  fast  unzählige  Menge  grosser  und  kleiner, 
runder  und  länglichter  Todtentöpfe  (zu  Latein  urnae  ferales)  ....  sind 
gefunden,  und  nicht  allein  nach  Leipzig  (woselbst  auf  beiden  sowohl  der 
Universität  als  des  Raths  Bibliotheken  nicht  wenige  von  diesen  urnis 
sepulcralibus  annoch  zu  sehen),  ingleichen  nach  Dresden  und  andern  vor- 
nehmen Städten  fast  im  ganzen  Lande  herum,  sondern  auch  sehr  viele 
davon  nach  Hamburg,  Amsterdam  und  andern  Orten  ausserhalb  Deutsch- 
lands verschickt,  ja  deren  auch  sehr  viele  am  Ufer  von  dem  Strome  und 
grossen   Wasserfluthen  sind  weggespült  und  weggeschwemmt  worden." 

Weiter  bemerkt  der  Verfasser,  dass  eine  so  grosse  Menge  von  Urnen  nothwendig 
auf  das  frühere  Vorhandensein  einer  nahen  volkreichen  Stadt  schliessen  lasse,  und 
dass  diese  wahrscheinlich  keine  andere  gewesen  sei,  als  das  von  Heinrich  1.  ein- 
genommene und  zerstörte  Grona.  Die  '/.,  stündige  Entfernung  des  Begräbnissplatzes 
von  Gruna  könne  nicht  befremden,  wenn  man  annehme,  dass  die  alte  Sorbenstadt 
sich  ziemlieh  weit  nach  Mörtitz  und  Menzdorf  zu  ausgedehnt  habe,  und  wenn  man 
bedenke,  dass  schon  zur  Vermeidung  von  Feuersgefahr  beim  Verbrennen  der  Leichen 
eine  gewisse  P^ntfernung  der  Begräbnissplätze  von  den  Wohnorten  nötbig  gewesen  sei. 
Dass  in  jener  Gegend  viel  Sorben  zusammen  gewohnt  haben,  darauf  deutet 
wohl  auch  der  Umstand  hin,  dass  auf  einem  freien  Platze  zwischen  Mörtitz  und 
Menzdorf  ein  sehr  altes,  etwa  drei  Ellen  hohes  steinernes  Kreuz  von  feinkörniger 
Masse  aufgestellt  ist,  an  welchem  sich  zwischen  härteren  steinigen  Adern,  entweder 
allmählich  durch  den  Zahn  der  Zeit  und  Verwitterung  hervorgebracht,  oder  durch 
öfteres  Schärfen  von  eisernen  Instrumenten  an  den  weicheren  Stellen  bewirkt,  mehr- 
fache Vertiefungen  und  Aushöhlungen  zeigen.  Dieses  Kreuz  mag  nach  einer  massen- 
haften Bekehrung  von  Sorben -Wenden  zum  Christenthume,  oder  auch  als  Denkmal 
eines  in  der  Gegend  über  die  heidnischen  Bewohner  errungenen  Sieges  an  der  be- 
zeichneten Stelle  seinen  Platz  gefunden  haben.  Der  Name  des  Dorfes  Mörtitz  weist 
mit  seiner  Endung,  wie  viele  andere  Ortschaften  der  Umgegend  von  selbst  auf 
seinen  slavischen  Ursprung  hin. 

Das  alte,  von  Heinrich  L  belagerte  und  zerstörte  Grona  oder  Gruna  wird  be- 
kanntlich von  verschiedenen  Geschichtschreibern  in  verschiedenen  Gegenden  und 
Orten  gesucht.  In  Pölitz  Geschichte  und  Statistik  des  Königreichs  Sachsen  lese 
ich  Th.  1.,  S.  30: 

„Als  der  deutsche  König  Heinrich  L  die  Ungarn  zu  einem  9jährigen 
Waffenstillstände  genöthigt  hatte,  bereitete  er  seine  Deutschen  zum  er- 
neuerten Kriege  gegen  die  Ungarn  durch  die  Bekämpfung  der  slavischen 
Stämme,  der  Heveller  in  dem  nachmaligen  Brandenburgischen,  und  der 
Daleminzier  (Thalmenschen)  in  dem  nachmaligen  Meissnischen  vor.  Er 
zerstörte  die  wendische  Festung  Gana  (in  der  Nähe  des  heutigen  Lom- 
matzsch  ( —  Gau  Glomaci  oder  Glumaci  — ),  und  gründete  wahrscheinlich 
922,  (nach  andern  erst  928)  auf  dem  eroberten  wendischen  Gebiete  die 
Stadt  und  Festung  Meissen." 
Pfarrer  Simon  führt  in  seiner  Eilenburger  Chronik  für  seine  Ansicht  von  dem 

VerbADdl.  der  Borl.  Auihropol.  GeseUscliaft  lt>7i).  lo 


(194) 

heutigen  Dorfe  Gruna    an    der  Mulde  als  der  Stätte  der  alten  wendischen  Festung 
unter  andern  an: 

1.  Eine  Stelle  aus  Witichindus  Corbejensis: 

„Cumque  Henricus  illa  urbe  (Brennabor)  potitus,  signa  vertit  con- 
tra Dalmantiam,  et  obsidens  urbem  quae  dicitur  Grona,  vigesima  tan- 
dem  die  cepit  eam,  praeda  urbis  niilitibus  tradita,  puberes  omnes  inter- 
fecti,  pueri  et  puellae  captivitati  servatae;  posthac  Pragam  adiit  cum 
omni  exercitu,  ßohemorum  urbem,  regemque  ejus  in  deditionem  accepit." 

2.  Aus  Dresser  de  urbibus  Germaniae: 

„Dass  Kaiser  Heinrich  I.,  nachdem  er  die  Wenden,  so  Dalmantici 
genannt,  zwischen  der  Saale  und  Mulde  überwunden,  auch  die  Stadt 
Brandenburg  und  Gruna  unter  Eilenburg  an  der  Mulde  in  seine  Gewalt 
gebracht,  hab  er  darauf  das  Schloss  Meissen  an  der  Elbe  erbaut  und 
eine  Markgrafschaft  daselbst  angerichtet  zum  steten  Schutz  wider  die 
Feinde." 

3.  Aus  Mich.  Sachs  es  Kaiserchronik: 

„Den  5.  Krieg  hat  K.  Heinrich  I.  geführt  wider  die  Sorben -Wenden 
zwischen  der  Saale  und  Elbe  so,  man  Dalmanzer  genannt,  deren  Hauptstadt 
Gruna    belagert    und    am    21.  Tage    mit   Sturm    genommen,    die    alten 
widerspenstigen  Dalmanzer  erwürgt,  das  junge  Volk  aber  gefangen  ge- 
nommen und  die  Stadt  ausplündern  lassen." 
^enn  Pf.  Simon    im  Dorfe  Gruna    einen    auf  einer  massigen  Anhöhe  befiod- 
iichen    alten    hohen  Thurm    erwähnt,    welcher    angeblich  schon  vor  Christi  Geburt 
erbaut    worden    sei,    so   trägt  doch  derselbe  keineswegs  die  Spuren  eines  so  hohen 
Alterthums,  als  die  oben  erwähnte  Warte  des  Eilenburger  Schlosses,  an  welcher  die 
altersgrauen  Backsteine  mit  dem  .Mörtel  fast  völlig  verkalkt  erscheinen. 


(13)  Hr.  Ed.  Krause  übergiebt  eine  von  ihm  und  Hrn.  Friedel  veranstaltete 
Sammlung  der 


Steinmetzzeichen  vom  Schloss  Grunewald  bei  Berlin. 


..  1 1 


/         H^  y^ 


/tri>t 


(14)  Hr.  Dr.  Jentsch  (Guben)  zeigt  eine  Reihe  märkischer  Gräberfunde, 
namentlich  aus  dem 

Reichersdorfer  Urnenfelde. 

(Hierzu  Taf.  XIV.) 

Das  Reichersdorfer  ürnenfeld  liegt  in  dem  Winkel  zwischen  der  Neisse  und 
der  Lubst,  östlich  von  der  ersteren,  etwa  2  Meilen  in  direktem  Abstände  von  ihr 
entfernt,  vom  Dorfe  Reichersdorf  südöstlich,  dutch  die  neuen  Ausbauten  desselben 
bereits  erreicht,    auf  der  tiachcn  westlichen  Abdachung  der  leichten,  muldenartigen 


(195) 

Einsenkung,  welche  vielfach  gewunden  die  Wedder  durchfliesst,  nur  durch  das 
Dorf  von  deren  wiesenreichem  Ufer  getrennt,  im  Süden  und  Westen  durch  junges 
Kieferugebüsch  abgeschlossen.  In  massiger  Entfernung  liegen  nach  Nordwesten  hin 
zahlreiche  unregelmässige  hüglige  Erhebungen,  theils  angebaut,  theils  mit  Haide 
bedeckt.  Die  Länge  der  Fundstätte,  die  sich  von  SO.  nach  NW.  erstreckt,  beträgt 
130  ?«,  die  Breite  40  vi.  Bodenerhebungen  sind,  da  das  Land  zum  grössten  Theile 
Ijereits  seit  Jahren  beackert  wird,  kaum  mehr  wahrzunehmen. 

Die  älteste  Nachricht  über  Urnenfunde  geht  in  das  Jahr  1790  zurück.  Nach 
1840  sind  mehrfach  systematische  Ausgrabungen  durch  den  Besitzer  des  Rittergutes 
Reichersdorf,  den  verstorbeneu  Director  des  Gymnasiums  zu  Guben  Reimnitz,  und 
dessen  Sohn,  den  gegenwärtigen  Besitzer,  angestellt  worden.  Der  Ertrag  ist  der 
gubener  Gymnasialsammlung  übergeben  worden;  Fundberichte  sind  nicht  mehr  vor- 
handen. Zahlreich  egelegentliche  Nachgrabungen  haben  der  jetzige  Inhaber  des  Ter- 
rains und  viele  Gymnasiasten  aus  Guben  vorgenommen. 

Die  Gefässe  stehen  in  sehr  verschiedener  Tiefe,  zum  Theil  ziemlich  dicht 
unter  der  Oberfläche,  vielleicht  in  Folge  der  allmählichen  Ausgleichung  ehemaliger 
Bodenunebonheiten.  Sie  sind  mit  Steinen  von  massiger  Grösse,  meist  unbearbeite- 
ten Findlingen,  umstellt,  zum  grösseren  Theile  mit  Tellern,  bisweilen  mit  Deck- 
steineu  belegt,  dann  allerdings  meist  zerdrückt.  Nicht  selten  ist  auch  die  Oeffnung 
nach  unten  gerichtet.  Ungewöhnlich  hohe  Gefässe  lagen  auf  der  Seite.  Die  Bei- 
gefässe  (Töpfchen,  Tassen ,  Schalen  mit  Henkel  und  ohne  einen  solchen,  Fläschchen) 
liegen  oder  stehen  unregelmässig  im  Kreise  umher,  einige  sehr  kleine  fanden  sich 
auch  in  den  Urnen. 

Die  Grösse  variirt  bis  zu  einer  Höhe  von  30  cm  und  einem  Durchmesser  von 
41^  cm.  Intact  erhalten  ist  keines  dieser  grössten  Gefässe,  vielmehr  waren  die 
meisten  von  diesen  Dimensionen  schon  in  der  Erde  zerdrückt.  Bei  einigen  Urnen 
war  der  obere  Rand  offenbar  schon  bereits  zur  Zeit  der  Beisetzung  gleichmässig 
abgehauen,  bei  einzelnen  war  der  Boden  durchbohrt. 

Die  Thonmasse  ist  ziemlich  fest  gebrannt,  nur  selten  brüchig;  bei  dickwandigen 
Gefässen  sind  Quarzbröckchen  eingemischt.  Die  Oberfläche  hat  meist  einen  stumpfen 
Glanz.     Die  Farbe  ist  theils  roth-  und  graubraun,  theils  schwarz. 

Die  Form  der  Gefässe  und  die  Art  der  Verzierung  ist  von  ausserordentlicher 
Verschiedenheit.  Ausser  Urnen  von  dem  in  dieser  Gegend  verbreiteten  Typus 
und  den  erwähnten  Beigaben  haben  sich  ziemlich  zahlreiche,  zum  Theil  grössere 
Doppelgefässe ,  einige  kreisrund,  mehrere  dreitheilig,  ferner  eine  Urne  mit  ein  Mal 
eingeschnürter  Wandung  (Zeitschr.  f.  Ethnologie  IX.  1877.  Taf.  XVIL,  Fig.  6),  grössere 
und  kleinere  Räuchergefässe  (ebend.  Fig.  7),  vereinzelte  Buckelurnen,  Deckteller- 
chen mit  einem  dem  äusseren  Boden  eingestrichenen  Kreuze,  einer  mit  glatter 
Innenwand,  dreimaliger  leichter  Verzierung  auf  dem  oberen  Rande  und  durch  vier 
fingertiefe  conceutrische  Einstriche  sich  in  5  Stufen  absetzender  Aussenwand  (Tafel 
XIV.,  Fig.  6),  ein  Töpfchen  von  4'/._.  cm  Höhe  mit  5  Spitzen  auf  dem  oberen  Rande 
und  einer  Spitze  auf  der  inneren  Bodeufläche  (F^ig.  2  und  la.),  endlich  eine  Vogel- 
gestalt mit  oben  offener  Tülle  (Fig.  3  obere,  Fig.  4  seitliche  Ansicht)  gefunden. 

Die  Ornamente  sind  zum  grösseren  Theile  unter  dem  oberen  Rande  und  an  der 
weitesten  Stelle  der  Gefässe  angebracht;  einzelne  kleinere  Gefässe  sind  fast  völlig  mit 
denselben  bedeckt.  Unter  diesen  Verzierungen,  die  meist  in  reifenartig  aufge- 
strichenen Eindrücken,  in  triangulär  oder  halbkreisförmig  gruppirten  Strichen,  in 
Nageleindrücken,  linsenartig  eingeprägten  Tupfen  verschiedener  Anordnung,  auf- 
gesetzten flachen  Knöpfen  in  regelmässiger  Gruppierung  bestehen,  ist  die  einer 
kleinen  schwarzen   Urne  (verschieden  durchstrichene  Vierecke  und  ein  Hakenkreuz) 

13* 


(196) 

hervorzuheben.  S.  d.  Abbildung  Verhandl.  1876,  S.  165,  vgl.  1877,  S.  297.  Wie 
eine  primitive  Nachbildung  einer  Doppelurne  erscheint  ein  einhenkliges,  7^2  cm 
hohes  Gefäss  mit  gleich  grossem  Durchmesser,  auf  dessen  ^weiteste  Ausbauchung 
sechs,  1  cm  hohe  Spitzen,  gleich  den  äussersten  Vorsprüngen  der  Buckelurnen,  in 
regelmässigen  Abständen  aufgesetzt  sind. 

Fast  alle  grösseren  Gefässe  enthielten  Leichenbrand.  An  Beigaben  haben 
sich  gefunden: 

1)  Aus  Thon:  1  Spinnwirtel  von  3  cm  Durchmesser;  4  Körper  in  abgestumpf- 
ter Kegelform  aus  sehr  brüchiger  Masse  von  6,  5,  4,  SVs  cm  Höhe  und  3 — 2^2  cm 
Grundflächendurchmesser,  sämmtlich  unter  dem  obersten  Drittel  durchbohrt  (viel- 
leicht Gewichte?);  eine  längliche,  schwärzlich  glasirte  Thonperle  von  1,  resp.  Vs  cw* 
Durchmesser;  ein  einzelner  starker,  lackartig  glänzender,  hellroth  gefärbter  Scherben. 

2)  Aus  Stein:  ein  verwitterter,  durchbohrter  Hammer  aus  grau  und  schwarz 
gemischtem  Gestein,  vor  Jahren  an  der  Oberfläche  des  Gräberfeldes  gefunden;  der 
grössere  Theil  eines  kleinen  durchbohrten  Hammers  aus  grau  röthlichem  Gestein, 
in  dem  Boden  zwischen  den  Urnen  gefunden. 

3)  Aus  Bronze:  1  Celt  mit  anhaftendem  Kitt,  zahlreiche  Ringe  von  ^2  bis 
4  cm  Durchmesser,  ein  fünf  Mal  spiralförmig  gewundener  dünner  Fingerring,  Nadeln 
theils  mit  geringer  Verdickung  am  oberen  Ende,  theils  mit  flachem  Knopf,  auf 
v^elchem  concentrische  Kreise  und  aus  dem  eine  spitze  Verlängerung  der  Nadel 
hervorragt,  eine  mit  blumenförmig  erweitertem,  ausgehöhltem  Knopfe,  eine,  deren 
oberes  Ende  abgeplattet  und  dann  nur  kreisförmig  umgelegt  ist;  ein  halbkreis- 
förmiger, dünner,  nadelartiger  Bogen  von  9  cm  Durchmesser,  eine  platte  Pfeilspitze 
—  meist  mit  blaugrüner  Patina,  die  zum  Theil  lackartigen  Glanz  hat. 

4)  Drei  Eisenfragmente  —  ein  4^2  cm  langer  Nadeltheil,  eine  hohle,  7  cm 
lange  Speerspitze,  der  Rest  einer  etwas  unförmlichen,  rundlichen  Schnalle  mit  5  cm 
Durchmesser  und  2^«  cm  langen  Dorn  —  sind  nicht  sicher  genug  beglaubigt. 
Mehrfach  haben  sich  nämlich  in  dem,  stellenweise  schon  früher  ziemlich  tief  durch- 
wühlten Boden  fremdartige  Objecte  (z.  B.  ein  Bronzeschildchen  mit  Glasschmuck, 
s.  Verhandl.  1878,  S.  272)  gefunden. 

Gegenwärtig  ist  das  Gräberfeld  zum  grössteu  Theile  durchgraben.  150  Ge- 
fässe, worunter  etwa  30  grössere,  besitzt  die  gubener  Gymnasialsammlung;  ungefähr 
350  'befinden  sich  iu  zerstreutem  Privatbesitz  in  Guben;  vielleicht  100  sind  an 
anderen  Orten  in  Sammlungen  aufbewahrt.  Erhalten  sind  also  im  Ganzen  gegen 
600  Stücke.     Mindestens  ebenso  viele  sind  am  Fundorte  selbst  zerstört  worden. 

In  der  Nähe  des  reichersdorfer  Urnenfeldes  befindet  sich  jenseits  des  Wedder- 
baches ein  zweites,  minder  umfängliches,  mit  gleichartigen  Gefässen  und  Bronze- 
beigaben unweit  des  Heidenhügels  bei  Haaso.  Dort  ist  u.  A.  die  auf  Taf.  XIV., 
Fig.  5,  abgebildete  Kinderklapper  gefunden;  s.  Verhandl.  1878,  S.  273'). 

(15)  Es  erscheinen  die  augenblicklich  in  Berlin  anwesenden  angeblichen  Zulu- 
Kaffern,  in  ein  flott  aussehendes  Seemanns-Costüm  gekleidet. 

Hr.  Virchow,  der  dieselben  zum  ersten  Male  sieht,  enthält  sich  ausdrücklich 
eines  Urtheiles. 

Hr.  Hartmann:  Auf  Veranlassung  der  Direction  der  Unionsbrauerei  besichtigte 
ich  heut  Mittag  die  hier  anwesenden  Schwarzen.  Es  sind  ihrer  sechs,  mit  Namen 
Lamina,  Dschamisa,  Abdallah,  Ambika,  Gambusamba  und  Beneduga.  Die  Leute 
producirten  sich  uns  fast  nackt  mit  imitirten  Zulu-Schilden,  imitirten  Assagaien  be- 


1)  Beigelegt  ist  die  Abbildung  des  gleichfalls  in  den  Verhandl.  1878,  S.  273,  erwähnten 
Kinderlöffels  mit  durchbohrtem  Stiel  aus  We  issig.  Kr.  Crossen  (Taf.  XIV.,  Fig.  1). 


(197) 

wehrt  und  mit  einem  aus  Federn,  Glasperlen,  Fadengewebe  u.  s.  w.  hergestellten 
Putz  angethan,  welcher  letztere  mir  etwas  stark  nach  einer  Niederlage  von  Theater- 
requisiten oder  einem  Maskenverleihinstitute  aussah.  Der  die  Schwarzen  begleitende 
Dolmetscher  oder  Commissionär  gab  freilich  zu,  dass  seine  Kaffern  bereits  alle  mit- 
gebrachten Originalgeräthe  u.  s.  w.  zerbrochen  oder  beschädigt  hätten  und  dass 
man  diese  daher  so  gut  und  schlecht  es  anging,  durch  nachgeahmte  Dinge  zu 
ersetzen  gesucht  habe.  "Wir  erinnern  uns  ja  noch,  wie  auch  die  Hagenbeck'schen 
Nu  hier  des  Vorjahres  ihre  heiniathlichen  Tobs  und  Ferdahs  bereits  verbraucht, 
durch  Schirting  und  Unterjacken  ersetzt,  wie  sie  einen  Theil  ihrer  "Waffen  zer- 
brochen hatten  u.  s.  w.  Deshalb  habe  ich  mich  auch  an  jener  für  die  Kaffern  in 
Anwendung  gebrachten  Imitirung  nicht  weiter  gestossen. 

Die  lebenden  Bilder,  Gesänge,  Tänze  u,  s.  w.,  welche  die  Leute  aufführten, 
hatten  für  mich  manches  Erbauliche,  indem  ich  darunter  Einiges  wahrnahm,  was 
ich  auch  unter  Bedja,  Funje  und  Herta  gesehen  hatte.  So  namentlich  das  Nieder- 
legen der  Speere  und  Schilde,  das  Kniebeugen  und  die  Haltung  der  Hände  bei  der 
Begrüssung  eines  Mächtigen,  was  die  Gebelauin  und  Bertat  fast  ganz  ebenso 
machen.  Pierre  Triimaux  hat  in  seinem  sehr  hübschen  Atlas  zu  den  Voya- 
ges  au  Soudan  oriental  die  Begrüssung  des  Funje  -  Königs  Idris-Adlan  durch 
Berta  in  einer  Weise  abgebildet,  welche  ich  nach  eigener  Anschauung  nur  zu  loben 
vermag.  Das  erinnert  aber  gerade  an  die  erwähnte  heut  von  unseren  Schwarzen 
zum  Besten  gegebene  Scene.  Ich  besitze  ferner  eine  Photographie  von  Kisch  in 
Durban,  welche  vorstellt,  wie  ein  Zulu-Regiment  seine  Indunas  oder  Befehlshaber 
in  ähnlicher  Weise  begrüssst.  Ferner  möchte  ich  an  ein  Bild  von  Th.  Baine's: 
„The  royal  (Zulu-)  brothers  receiving  the  advanced  guard  of  a  regiment  on  its 
return  from  an  expedition",  copirt  in  dessen  Gold  regions  of  South  Eastern  Africa 
London,  Cape  Colony  1877,  erinnern. 

üeberdies  erweckten  noch  andere  Gesten  unserer  Schwarzen,  so  z.  ß.  das  Hand- 
klatschen zum  Gesang  und  Recitativ  in  mir  die  erneueten  "Vorstellungen  von  in 
Ost-Sudan  öfters  gesehenen  Dingen. 

Die  Leute  persönlich  zeichnen  sich  bis  auf  ein  Individuum  durch  sehr  kräftigen, 
muskelreichen  Wuchs  aus.  Abgesehen  von  den  auch  hier  nicht  eben  wohlgebilde- 
ten Unterschenkeln  und  den  etwas  breitgetretenen  Füssen  bildet  es  einen  ästheti- 
schen Genuss  diese  Menschen  in  ihrem  Naturzustande  zu  betrachten.  Sie  behaup- 
ten bis  auf  jenen  sehr  hellgefärbten  Gambusamba,  der  Fingo  sein  will,  sämmtlich 
Amazulu  zu  sein.  Oeber  die  Namen  der  Leute  lassen  Sie  mich  ein  Paar  "Worte 
sagen:  Der  Name  des  Führers  der  Gruppe,  Lamiua,  könnte  wie  der  sonst  in  Sudan 
übliche  Lamino  aus  dem  Arabischen  El-Amin,  häufig  L'amin  gesprochen,  abgeleitet 
werden.  Dschamlsa  könnte  vom  Arabischen  Djamus-Büffel  abstammen ,  zumal  ja 
Thiernamen  bei  den  Afrikanern  sehr  beliebt  sind,  der  Büffel  (Bos  caffer)  aber 
wegen  seiner  Stärke  und  seines  offensiven  Muthes  in  hohen  Ehren  steht.  Der 
Name  Abdallah  jenes  grossen,  sehr  dunklen,  sehr  nigritierhaften  Mannes,  den  ich 
für  einen  Eingeborenen  der  Zanzibar-Küste,  etwa  für  einen  Suaheli,  halten  möchte, 
ist  ja  prononcirt  arabisch. 

Ich  fragte  nun  die  Schwarzen  auf  Englisch  laut  und  deutlich  nach  ihrem  Lande, 
wobei  ich  eine  Anzahl  mir  durch  die  HHrn.  Mereusky  Cecil,  und  Aurel  Schultz 
geläutig  gewordene  Zulu-Namen  einfliessen  liess.  Diese  wurden  von  dem  sich 
durch  Intelligenz  und  Redseligkeit  hervorthuenden  Lamina  in  einer  Art  und  Weise 
ausgesprochen,  welche  mir  wenigstens  eine  gewisse  Vertrautheit  mit  dem  KaÖer- 
lande  zu  verrathcn  schien.  So  z.  B.  der  Name  des  Ihnen  allen  bekannten  Königs 
Chetchwayo   (ü'etswäyo,    von  den  Zeitungen  in  Cetewayo    verballhornt),    derjenige 


(198) 

seines  Bruders  ü'rabaläzi,  des  Banditen  Langalibalele,  der  Flüsse  ü'mfalosch  und 
Umgeni,  derjenige  der  D'nkunjlöwe  oder  der  Zeriba  des  Königs,  die  Namen  ge- 
wisser Thiere,  Pflanzen  und  Geräthe. 

Nach  Allem,  was  ich  heut  gesehen  und  gehört,  möchte  ich  nun  die  Möglich- 
keit, dass  wir  hier  wirkliche  A-Bantu  von  den  Völkern  der  Amazulu  und  Ama- 
fingo  vor  uns  haben  (mit  Ausschluss  des  Abdallah)  nicht  fallen  lassen.  Indessen 
muss  ich  trotzdem  die  persönliche  Verantwortung  hinsichtlich  der  Provenienz  dieser 
Schwarzen  von  mir  weisen  und  es  zunächst  Hrn.  Fritsch  überlassen,  dieselbe  ent- 
weder sicher  zu  stellen  oder  auch  im  Zweifel  zu  halten.  — 

Hr.  Fritsch  enthält  sich  für  heute  eines  bestimmten  Urtheils,  bestreitet  jedoch 
di«  Zugehörigkeit  der  Leute  zu  den  eigentlichen  Zulu's,  lässt  aber  die  Möglichkeit 
zu,  dass  es  sogenannte  Natal-Zulu's  seien.  — 

Hr.  Hart  mann:  Im  Anschluss  und  gewisserraassen  zur  Bestätigung  der  An- 
gabe des  Hrn.  Fritsch,  es  könne  sich  hier  höchstens  um  Natal-Zulu  handeln, 
will  ich  noch  Folgendes  anführen:  Als  ich  nämlich  nach  jenen  vorhin  erwähnten 
Namen  frug,  erwiderten  die  Leute,  diese  Namen  in  charakteristischer  Weise  nach- 
sprechend, das  beträfe  Dinge  „in  the  far  Zulu  Country".  Mich  frappirte  das  sehr 
und  brachte  auch  mich  auf  den  Gedanken,  die  Schwarzen  möchten  wohl  nur  Zulu 
aus  der  britischen  Colonie  sein.  Verdächtig  war  es  mir,  dass  sie  nichts  Rechtes 
von  König  Tchaka  wussten,  auf  den  sonst  jeder  Zulu  schwört,  wogegen  wieder  ihr 
Gruss  „Salegassi"  an  der  ganzen  Natalküste  üblich  sein  soll. 

(16)  Hr.  Virchow  stellt 

drei  Patagonier 

(Hierzu    Tafel    XV.) 

vor.  Ich  darf  wohl  jetzt  Ihre  Aufmerksamkeit  auf  unsere,  fast  mehr  als  ausländi- 
schen Gäste  lenken,  die  als  moderne  Centauren  das  allgemeine  Interesse  in  An- 
spruch nehmen  könnten.  Leider  besteht  keine  Möglichkeit,  sie  zu  Pferde  zu  sehen. 
Hr.  Hagenbeck  hat  die  grosse  Liebenswürdigkeit  gehabt,  diese  Personen,  welche 
bestimmt  gewesen  waren^  hier  ölfeutlich  vorgestellt  zu  werden,  was  sich  durch  die 
Ungunst  der  Verhältnisse  niclit  hat  ausführen  lassen,  mehrere. Tage  hier  zu  be- 
lassen, nur  um  sie  heute  Ihnen  vorzuführen.  Ich  sage  ihm  dafür  im  Namen  der 
Gesellschaft  den  besten  Dank. 

Sie  werden  erstaunen,  wie  ich  selber  es  war,  so  ungewöhnliche  Erscheinungen 
vor  sich  zu  sehen,  Die  Leute  sind  von  Punta  Arenas,  einem  Ort  an  der  Westküste 
Südamerika,  der  jetzt  der  chilenischen  Regierung  untersteht,  aber  ein  Gegenstand 
der  Eifersucht  der  argentinischen  Republik  ist.  In  der  Nähe  dieser  Stadt  ist  der 
ganze  Stamm,  zu  welchem  die  Leute  gehören,  der  gegenwärtig  nach  den  Mitthei- 
lungen des  Mannes  allerdings  nur  aus  80  Individuen  besteht,  angesiedelt;  er  bildet 
sonach  vielleicht  die  der  Civilisation  am  meisten  genäherte  Gruppe  der  patagonischen 
Stämme.  Wie  Sie  wissen,  ist  diese  Region  in  der  neueren  Zeit  einige  Mal  von 
berufenen  Reisenden  heimgesucht  worden  und  wir  besitzen  einige  gute  Schilde- 
rungen davon;  sie  betreffen  aber  nur  einzelne  Districte,  so  dass  eine  Uebersicht  im 
Ganzen  niclit  hat  gewonnen  werden  können.  Wenn  das  richtig  ist,  was  der  Mann, 
der  sehr  wenig  gesprächig  ist  und  nur  von  Zeit  zu  Zeit  einen  Rede-Anfall  be- 
kommt, uns  mittheilt,  so  würde  es  9  Stämme  von  Patagoniern  geben:  er  nennt  sie 


(199) 

Tölken, 
Cholpen, 
Lalamitsch, 
Ankatsch, 
Eire, 
T;iker, 
Haveniken. 
Die  Lalamitscheu  hält  er  jedoch  eigentlich  für  Araucaner.    Er  selbst  rechnet  sich 
zu  den  Haveniken.    Er  giebt  an,  dass  seine  Leute  gelegentlich  in  dem  ganzen  Gebiet 
zwischen    dem  Rio  Negro    und    der  Mugelhaens-Strasse    streifen    und    dass  sie  vom 
Flusse  Kutat  (S.   Cruz)    aus    auf    ihren    nomadenhaften  Zügen  grosse  Landstrecken 
durchwandern. 

Sie  sind  mit  ihren  Pferden  verwachsen.  Auch  unsere  Leute  haben  in  Dresden 
und  Hamburg  ihre  Kunst  gezeigt;  hier  ist  es  im  Augenblick  unmöglich.  Vielleicht 
wird  uns  jedoch  später  ein  Genuss  der  Art  zu  Theil,  denn  der  Mann  ist  der  Meinung 
wenn  er  zurückkomme  und  seine  Erlebnisse  seinen  Stammesgenossen  mittheile, 
werde  ein  grosser  Theil  derselben  geneigt  sein,  auch  eine  solche  Expedition  aus- 
zuführen. 

Was    die    anthropologische  Seite  der  Frage    anbetrifft,    so    muss  ich  leider  be-* 
kennen,    dass    meine  Kenntnisse  nicht  ausreichen,    um  eine  ganz  genaue  Erklärung 
geben  zu  können.     Wir  sind  gewohnt,  das  Gebiet,  um  das  es  sich  handelt,  in  drei 
grössere   Abschnitte    einzutheilen,    aber    es    ist  wohl  möglich,    dass  dieselben  mehr 
territoriale  Bedeutung    haben,    als    dass    sie    eine  strenge  Abgrenzung  der  Stämme 
bezeichnen.     Südlich  vom  Rio  Negro  setzen  wir  die  eigentlichen  Patagonier;    nörd- 
lich kommen  die  Pampas-Indianer,  die  der  argentinischen  Republik  unterstehen,  und 
im  Westen    schliessen  sich  die  unabhängigen   Araucaner  an.     Wir    besitzen    in   un- 
seren Sammlungen  eine  nicht  zu    unterschätzende  Reihe  von  Schädeln,    welche  aus 
diesem    Gebiet    herstammen.      Durch    die    Vermittelung    des    Hrn.    Burmeister, 
unseres  sehr  geschätzten  correspondireuden  Mitgliedes,  haben  wir  von  Don  Francisco 
Moreno    eine  Sammlung  altpatagonischer  Schädel  bekommen,    die   in  Gräbern    am 
Nordufer  des  Rio   Negro    in  der  Gegend  von  El  Carmen  gesammelt  sind    (Sitzung 
vom  14.  März   1874.    Verh.  S.  51).     Durch  ein  anderes  correspondireudes  Mitglied, 
Hrn.  Prof.  Phil ippi,  haben  wir  Araucaner-Schädel,  auch]  aus  Grä.bern,  bekommen 
(Sitzung  vom   12.  December  1874.  Verh.  S.  258).     Dazu  kommt  ein  mir  durch  Hrn. 
Dr.  V.  Dessauer  zugegangener  Araucaner  Schädel  (Sitzung  vom   15.  Januar  1875. 
Verh.  S.  11),  sowie  ein  der  Gesellschaft  von  Hrn.  Fonck  geschenkter  Schädel  vom 
See  Llanquibue  (Zeitschrift  für  Ethnologie   II.  S.  292).     Endlich  habe  ich    durch 
den  Minister   für  die  landwirthschaftlichen  Angelegenheiten    in   Buenos  Aires,  Hrn. 
Oldendorff,    einige  Schädel  von  Pampeos  erhalten   (Sitzung  vom  14.  März   1874. 
Verh.  S.  58).     Wir    haben    also  einiges  Material    für  die  drei  Gruppen  und  dieses 
hatte    zu    dem  Ergebniss    geführt,    dass    wenigstens  in  zweien  dieser  Gruppen,  bei 
den  Alt-Patagoniern  sowohl,    wie    bei  den  Pümpeos,    künstliche  Deformationen  der 
Schädel  stattfinden,  dass  namentlich  das  Hinterhaupt  abgeplattet  wird  und  dadurch 
Formen    entstehen,    welche    es    unmöglich  machten ,    eine    genügende  Analyse    des 
Typus  dieser  Schädel  vorzunehmen.     Im  Ganzen  ergab  sich  jedoch,  wie  es  schien, 
aus  meinen  früheren  Untersuchungen,  zu  denen  auch  noch  anderweitiges  Material  aus 
fremden  Sammlungen  herangezogen  war,   ein  gewisser  Gegensatz,  indem  die  nörd- 
licheren und  westlichen,  also  die  Araucaner  und  Pampeos  mehr  brachycephale,  da- 
gegen   die  Alt -Patagonier    mehr    dolichocephale    Schädelformen    zeigten.     Auf  der 


(200) 

anderen  Seite  waren  die  Nachrichten  über  die  Physiognomie  der  modernen  Pata- 
gonier  ungemein  widersprechend,  so  dass  es  unmöglich  war,  hieraus  einen  General- 
typus zusammenzustellen  ^). 

Ich  will  übrigens  bemerken,  dass  nach  einem  Berichte  des  Hrn.  Burmeister 
(Sitzung  vom  17.  April  1875.  Verh.  S.  58)  die  Alt-Patagonier  als  Tehuelches  anzu- 
sehen sind,  während  die  Pampeos  der  neueren  Zeit  ein  Gemisch  von  Querandis  und 
einem  östlichen  Zweig  der  Araucaner,  den  Aucas,  darstellten.  So  würde  sich  die 
Schädelähnlichkeit  von  Pampeos  und  Araucanern  freilich  leicht  erklären. 

Wenn  ich  die  Personen,  die  wir  jetzt  vor  uns  haben,  der  Schädelform  nach 
klassificiren  soll,  so  sind  sie  ausgemacht  brachycephal :  sie  gehören  zu  den  meist 
ausgeprägten  Kurzköpfen,  indem  der  Mann  87,  die  Frau  86,8  und  der  kleine  Junge 
86,5  als  Schädelindex  haben.  Das  sind  Zahlen,  die  den  höchsten  Formen  der 
Brachycephalie  entsprechen,  vergleichbar  den  Lappenköpfen  (S.  144).  Allein  es  hat 
sich  herausgestellt,  dass  bei  allen  drei  Personen  eine  ungewöhnliche  Abplattung  des 
Hinterhaupts  vorhanden  ist,  und  die  Wahrscheinlichkeit  lag  also  von  vornherein 
vor    dass  es  sich  auch  hier  um  eine  künstliche  Deformation  handele. 

Sonderbarerweise  stimmt  die  Schädelform  dieser  Patagonier  jedoch  nicht  überein 
mit  der  Form  der  uns  zur  Disposition  stehenden  altpatagonischen  Schädel,  auch 
nicht  in  der  Deformation.  Die  Deformation  bei  den  alten  Patagoniern  ist  nehmlich 
insofern  abweichend,  als  sie  offenbar  durch  das  Zusammenwirken  zweier  Bretter 
hervorgebracht  ist,  von  denen  eins  schräg  an  die  Stirn,  das  andere  an  den  Hinterkopf 
gelegt  wurde.  Dadurch  entstand,  wie  bei  den  alten  Peruanern,  eine  Zurückschiebung 
der  Stirn  und  eine  Abflachung  des  Hinterkopfes.  Bei  den  Pampeos  und  bei  unseren 
Patagoniern  dagegen  bildet  der  Hinterkopf  eine  senkrechte  Fläche ,  und  auch 
die  Stirn  ist  fast  gerade.  Es  hat  sehr  viel  Mühe  gemacht,  dahinter  zu  kommen, 
was  man  jetzt  für  eine  Methode  anwendet;  bei  der  Schwierigkeit,  mit  den  Leuten 
überhaupt  zu  sprechen,  schien  es  einige  Tage  hindurch  fast  unmöglich,  von  ihnen  etwas 
Genaueres  zu  erfahren.  Erst  heute  ist  es  mir  gelungen,  durch  die  Vermittelung 
eines  jungen  chilenischen  Mediciners,  Hrn.  Dr.  Cienfuegos  ,  eine  Unterhaltung  einzu- 
leiten, bei  der  auch  die  Mutter  warm  wurde.  Sie  legte  endlich  ihren  Sohn  auf 
einen  Tisch  und  setzte  uns,  unter  Anwendung  ihres  gestickten  Gürtels,  auseinander, 
dass  in  der  That  das  Kind,  nachdem  es  geboren  ist,  auf  ein  Brett  gebunden  wird 
und  zwar  so,  dass  zunächst  an  beide  Seiten  des  Kopfes  je  ein  Brett  gestellt  wird, 
damit  der  Kopf  beim  Reiten  nicht  hin  und  her  wackeln  könne;  dann  wird  eine 
breite  Binde,  wie  sie  dieselbe  um  den  Leib  tragen,  um  den  Kopf  des  Kindes  ge- 
legt und  derselbe  auf  das  horizontale  Brett  festgebunden.  So  wird  das  Neugeborne 
mit  auf  das  Pferd  genommen  und  macht  mit  der  Mutter  die  weitesten  Touren  mit. 

Es  ist  interessant,  dass  hier  ein  menschliches  Motiv  für  die  Befestigung  des 
Kindskopfes  hervortritt,  während  wir  sonst  nichts  anderes  entdecken  können,  als 
einen  phantastischen  oder  übernatürlichen  Grund.  Hier  erscheint  die  Fixirung  des 
Kopfes  als  eine  Nothwendigkeit  für  die  Abwehr  der  heftigen  Bewegungen  des 
Pferdes,  an  denen  die  Kinder  theilnehmen  müssen.  Es  ist  jedoch  erstaunlich,  dass 
diese  immerhin  kurze,  wie  sie  behaupten,  nur  ein  Jahr  lang  dauernde  Befestigung 
eine  bleibende  Wirkung  ausübt,  so  dass  sie  sich  nachher  in  keiner  Weise  beseitigen 
lässt.  Bei  unseren  Kindern  treffen  wir  auch  nicht  selten  Abplattungen,  die  durch 
das  lange  Liegen  auf  dem  Hinterkopf  entstehen,  indess  pflegen  sich  dieselben  früh- 
zeitig wieder  auszugleichen. 


1)  Man  vergleiche  meinen  Vortrug  über  die  Anthropologie  America's  (Sitzung  vom  7.  April 
1877.  Verh.  S.  149). 


(201) 

Nachdem  wir  somit  wissen,  dass  die  Brachycephalie  unserer  Patagonier  eine 
erworbene  ist,  so  fragt  es  sich,  wie  der  Kopf  ursprünglich  beschaffen  ist  Dass 
er  irgend  wie  lang  sein  sollte,  das  darf  man  wohl  zurückweisen,  und  wenn- 
gleich über  das  Maass  der  künstlichen  Einwirkung  kein  eigentliches  Urtheil 
gefüllt  werden  kann,  so  würde  ich  doch  fast  annehmen,  dass  die  Rasse,  zu  der  sie 
gehören,  im  Wesentlichen  eine  brachycephale  ist.  Damit  würde  jener  "Widerspruch, 
welcher  durch  das  Studium  der  altpatagonischen  Schädel  entstanden  ist,  wegfallen; 
denn  die  Mehrztihl  der  anstossenden,  sowohl  der  südbrasilianischeu,  wie  der  Pam- 
pas-Stämme stimmt  damit  überein.  Es  würde  sich  alsdann  ergeben,  dass,  so  weit 
es  sich  um  die  Schädelform  handelt,  eine  verhältnissmässig  einheitliche 
Bevölkerung  diesen  Theil  von  Amerika  überdeckt. 

Was  für  unsere  Betrachtung  weiterhin  stark  in  den  Vordergrund  tritt  und 
worauf  ich  Ihre  Aufmerksamkeit  besonders  lenken  möchte,  das  ist  einerseits  das 
Haar,  andererseits  die  Bildung  des  Gesichts. 

Was  das  Haar  angeht,  so  werden  Sie  selbst  sehen,  dass  die  Vergleichung  mit 
den  Mähnenhaaren  eines  Pferdes  in  der  That  eine  so  zutreffende  ist,  dass  man 
wohl  kaum  Bedenken  tragen  kann,  sie  anzuwenden.  Das  rein  schwarze  und  glän- 
zende Haar  ist  absolut  schlicht,  es  geht  in  ganz  dicken  Fäden  glatt  herunter  und 
fühlt  sich  ausserordentlich  hart  au.  Es  hängt  bei  beiden  Erwachsenen  etwa  40  cm 
lang  in  gleicher  Weise,  durch  eine  Kopfbinde  zurückgehalten,  lang  herunter  und 
bietet  in  dieser  Beziehung  eine  gewisse  Aehnlichkeit  dar  mit  den  Haaren  der  Grön- 
länder; indess  unterscheidet  es  sich  doch  so  sehr  davon,  wie  die  Mähnen  mancher 
wilden  Pferde  von  den  Mähnen  unserer  gezähmten  Rassen.  Die  Grönländer  er- 
scheinen relativ  civilisirt  gegenüber  diesen  Wilden.  Nach  der  Pariser  f  arbentafel 
würde  die  Haarfarbe  zwischen  Nr.  48  und  41  zu  classificiren  sein. 

Ich  will  gleich  hinzufügen,  dass  die  Hautfarbe  sehr  dunkel,  jedoch  weniger 
in  Roth,  als  vielmehr  in  Gelb  nüancirt  ist.  Man  kann  auch  hier,  wie  bei  den  Nu- 
biern,  eine  Grund-  und  eine  Deckfarbe  unterscheiden:  erstere  ist  dunkelgelb,  letz- 
tere graubraun  und  auf  der  Brust  rothbraun.  Die  Stirn  ist  am  dunkelsten.  Auf 
den  Wangen  erkennt  man  eine  deutliche,  wenngleich  schwache  Röthung  (durch 
Blut).  Nach  der  Farbentafel  stellte  sich  die  Hautfarbe  bei  dem  Mann  auf  Nr.  28 
(oder  29),  bei  der  Frau  (Arm)  auf  Nr.  29  (oder  30);  der  kleine  Luiz  zeigte  am 
Arm  gleichfalls  29  (oder  30),  am  Gesicht  33  (oder  32).     Die  Nägel  sind  hell. 

Das  Andere  ist  die  Configuration  des  Gesichts,  die,  nach  meiner  Auf- 
fassung wenigstens,  in  hohem  Maasse  den  amerikanischen  Typus  wiedergiebt,  der 
vom  hohen  Norden  bis  zum  Süden  durch  alle  alten  Stämme  geht.  Wir  haben  fast 
nichts  in  der  alten  Welt  dieser  Homogeneität  an  die  Seite  zu  stellen.  Das  Gesicht 
ist  gross  und  sehr  breit,  namentlich  an  den  Jochbogen  und  der  Wangengegend. 
Auch  die  Stirn  ist  ungemein  breit  und  macht  den  Eindruck  der  Intelligenz.  Die 
Augenbrauenwülste  sind  sehr  kräftig  entwickelt.  Die  eigentlichen  Kieferknochen 
sind  weniger  breit,  dagegen  sehr  hoch  und  stark;  auch  die  Oberlippe  ist  hoch. 
Die  Masseuhaftigkeit  der  Knochenentwickelung,  namentlich  die  Mächtigkeit  in  der 
Ausbildung  der  Kieferknochen,  die  bei  den  Grönländern  anfängt  und  sich  durch 
fast  alle  älteren  Völker-Schichten  Americas  bis  zur  Magelhäens-Strasse  verfolgen 
lässt,  tritt  hier  so  auffallend  hervor,  dass  der  Kopf,  namentlich  des  Mannes,  im 
Verhältuiss  zu  dem  Gesammtkörper,  nahezu  so  gewaltig  erscheint,  wie  der  Kopf 
eines  Löwen  auf  dem  verhältnissmässig  nicht  eben  so  grossem  Leibe. 

Die  Erzählungen  von  der  Grösse  (Höhe)  der  Patagonier  stimmen  nicht  ganz 
überein  mit  dem,  was  wir  hier  erblicken.  Der  Mann  misst  in  der  Gesammthöhe 
nur  1,755  m,  die  Frau  1,586  m,  ein  Maass,  welches  über  unsere  Verhältnisse  nicht 


(202) 

hinausgeht  und  mit  den  riesenhaften  Leibern,  die  uns  sonst  geschildert  werden, 
nicht  harnionirt.  Indess  kann  uns  das  nicht  bewegen,  das  Interesse  der  Fälle  zu 
unterschätzen.  Ich  will  dabei  hervorheben,  dass  die  Klafterlänge  ungewöhnlich 
die  Körperlänge  übersteigt.  Der  Mann  hat  eine  Klafterlänge  von  1,825  ?«,  also 
70  mm  mehr,  als  die  Höhe  seines  Körpers  beträgt.  Die  Frau  hat  sogar  1,688  /«, 
also  102  mm  mehr,  als  die  Höhe  ergiebt.  Dabei  sehen  beide  ungemein  kräftig  aus 
und  haben  namentlich  eine  ungewöhnliche  Schulterbreite.  Dagegen  ist  der  Hals, 
obwohl  stark,  doch  sehr  kurz  und  steckt  etwas  zwischen  den   Schultern. 

Sehr  auffallend  ist  bei  der  mächtigen  Entwickelung  der  Kieferknochen  die 
ungemein  orthognathe,  ja  man  kann  fast  sagen,  opisthognathe  Stellung  der 
übrigens  sehr  schönen  Zähne.  Das  Gebiss  hat  etwas  höchst  Auffallendes.  Die 
ganz  tief  abgeschliffenen  und  daher  nur  kurz  hervortretenden  Schneidezähne  sind 
oben  und  namentlich  unten  breit  und  bilden  eine  fast  gleichmässige  Reihe.  Sie 
präsentiren  sich  daher  vorn  relativ  sehr  kräftig.  Im  Ganzen  bilden  die  Zähne  eine 
sehr  weite  Curve;  aber  alle  stehen  ganz  gerade  gegen  einander,  so  dass  trotz  der 
Grösse  des  Gebisses  nicbt  eine  Spur  von  Prognathie  existirt.  Nach  dieser  Rich- 
tung fällt  daher  die  Form,  welche  mau  gewöhnlich  den  niederen  Rassen  zuschreibt, 
gänzlich  aus.  Der  Eindruck  einer  edleren  Rasse  wird  dadurch  verstärkt,  dass  die 
Lippen  fein  und  zierlich  sind  (trotz  der  Höhe  der  Oberlippe)  und  dass  der  Mund 
eine  sehr  massige  Länge  hat. 

Damit  harmonirt  die  sehr  charakteristische  Form  der  Nase,  die  ungewöhnlich 
gerade  und  kurz  ist.  Die  Nase  ist  allerdings  verhältnissmässig  breit,  aber 
nur  durch  die  starke  Auslegung  der  Flügel;  im  Ganzen  erscheint  sie  keineswegs 
breit.  Die  Wurzel  ist  nicht  tief,  der  Rücken  schmal  und  vortretend,  die  Spitze 
fein  und  etwas  überhängend,  die  ganze  Form  derjenigen  der  benachbarten  brasi- 
lianischen (Zeitschr.  f.  Ethuol.  1875.  Taf.  XII.  Fig.  1)  und  südandischen  Wilden 
analog.  Der  Nasenindex  des  Mannes  beträgt  63,5,  der  Frau  78,4,  des  Knaben, 
dessen  Nase  allerdings  sehr  flach  ist,  83,3. 

Die  glänzenden  Augen  sind  dunkelbraun;  bei  dem  Manne  hat  die  Conjunctiva 
einen  bräunlichen  Schimmer,  bei  der  Frau  erscheint  sie  rein  weiss.  Nach  der 
Pariser  Farbentafel  trifft  die  Irisfarbe  bei  dem  Manne  auf  Nr.  3  (oder  2),  bei  dem 
Knaben  auf  2  (oder  1).  Die  Lidspalte  ist,  wie  bei  uns,  mehr  gerade.  In  der 
Regel  ist  das  etwas  tief  liegende  Auge  ziemlich  weit  von  den  Lidern  bedeckt. 

Die  Details  der  Messungen  lege  ich  ohne  weitere  Erläuterung  vor  ^).     Ich  hoffe, 
das  Mitgetheilte    wird    ausreichen,    um    die  Aufmerksamkeit  auf  diejenigen  Punkte 
zu     richten,    die    mir   besonders  bezeichnend  erschienen  sind.  — 
üeber  die  Personen  bemerke  ich  Folgendes: 

Der  Mann,  Piktschotsche  oder  Pikjiojie,  43  Jahre  alt,  vom  Stamme  der  Have- 
niken,  jedoch  von  Mutterseite  her  von  den  Eire  stammend,  bewahrt  in  der  Regel 
ein  sehr  ernstes,  stolzes  und  dabei  melancholisches  Aussehen.  Sehr  schwer 
entschliesst  er  sich,  zu  sprechen;  wenn  es  geschieht,  so  belebt  sich  plötzlich  das 
ganze  Gesicht,  aber  er  beschränkt  sich  darauf,  eine  kurze,  schnell  hervorgestossene 
Phrase  hören  zu  lassen.  In  der  Ruhe  hat  sein  Gesicht  einen  strengen,  fast  harten 
Ausdruck:  die  feinen  Lippen  sind  fest  geschlossen,  die  Falten  um  Mund  und  Nase 
treten  stark  hervor,  das  Auge  schaut  gerade  vor  sich  hinaus.  Die  vollkommene 
Haarlosigkeit  des  Gesichts  lässt  alle  Züge  scharf  hervortreten.  Es  erklärt  sich  die- 
ser Zustand  aus  der  Gewohnheit,  die  Haare  am  Bart  in  sehr  beständiger  und  sorgsamer 


1)  Ich  will  nur  noch  bemerken,  dass  die  zweite  Zehe  sehr  gross  ist. 


(203) 

Weise  auszurupfen,  Nichtsdestowenigsr  scheinen  die  Haare  immer  wieder  nach- 
zuwachsen; man  sieht  überall  die  offenen  Haarbälge,  die  verschwunden  sein  wür- 
den, wenn  in  Folge  dieser  emsigen  Thätigkeit  der  Haarwuchs  gänzlich  aufgehört 
hätte.  Die  Kahlheit  des  Gesichts  ist  also  eine  artificielle;  auch  die  Augenbrauen 
scheinen  auf  diese  Weise  grossentheils  vertilgt  zu  sein.  Die  Augen  selbst  sind  sehr 
schmal  und  sie  erscheinen  klein.  Der  Mann  bewegt  sie  mit  ungeheurer  Schnelligkeit, 
wie  das  Leben  auf  dem  Pferde  es  mit  sich  bringt.  Er  ist  gewohnt,  den  Strauss  mit 
der  Bola  zu  jagen,  und  es  lässt  sich  denken,  dass  dazu  ein  schnelles  Auge  und  ein 
sicherer  Arm  gehören. 

Die  Frau,  Bützinka,  27  Jahre  alt,  hat  der  Angabe  nach  mit  dem  Manne  nichts 
zu  thnn.  Sie  ist  die  Mutter  des  kleinen,  5'/^,  Jahre  alten  Luiz.  Sie  versteht 
Araukanisch  und  der  Führer  hält  es  für  möglich,  dass  araukanisches  Blut  in  ihr 
fliesse.  Indess  hat  ihre  ganze  Erscheinung  so  viel  Aehnlichkeit  mit  der  ihres  Reise- 
genossen Piktschotsche,  dass  ich  auf  diese  Yermuthung  keinen  Werth  legen  möchte. 
Auch  ist  ihr  Bruder  ein  Häuptling.  Das  Kind  hat  sie  von  einem  Spanier.  Ihren 
Wohnort  nennt  sie  Potari.  Sie  ist  ungemein  corpulent,  namentlich,  soweit  es  er- 
kennbar war,  am  Rumpf  und  den  Armen,  sowie  an  den  Wangen.  Nichtsdesto- 
weniger hat  sie  ein  gefälliges  Aussehen,  was  zum  Theil  allerdings  durch  ihre 
liebenswürdigen  Manieren  erklärlich  wird. 

Der  kleine  Luiz  ist  für  sein  Alter  verhältnissmässig  gross,  kräftig  und  lebhaft. 
Sein  Aussehen  hat  etwas  Japanisches  an  sich,  was  namentlich  durch  die  flache 
Form  der  Nase  bedingt  wird.  Dagegen  unterscheiden  ihn  seine  grossen,  runden 
Augen  sehr  scharf  von  den  mongolischen  Stämmen. 

Tabelle  I. 


Eopfmaasse. 


Pikjiojie, 


Bätziüka, 


Luiz, 


Länge     

Breite 

Ohrhöhe  

Stirnbreite 

Gesichtshöhe 

Untergesichtshöhe 

Gesichtsbreite,  Wangen     .... 

„              Sutura  zygom.  niaxill 
Nase,  Höbe 

„      Breite 

n      Länge     

Augenwinkel,  innere,  h^ntfernung  . 
,  äussere,         „ 

Mundhöhe 

Mundbreite 

Jngalbreite 

Unterkieferbreite 


193 
168 
141 
118 
198 
136 
149 
104 

63 

40 

62 

38,5 
103 

91 

60,5 
163 
122,5 


183 

159 
123 
118 
189 
130 
139 
109 

51 

40 

50,5 

40 

98 

79 

54 
152 
114 


171 

148 
107 
101 
159 
110 
105,5 

82,5 

42 

35 

38 

32 

86 

65 

48 
124 

98 


(204) 
Tabelle  II. 


Indices. 


Pikjiojie.        Bätzioka. 


Luiz. 


Längenbreitenindex 
Ohrhöhenindex 
Nasenindex .     .     . 
Gesichtsindex  . 


87,0 
73,0 
63,5 
91,2 


86,8 
67,2 
78,4 
93,6 


Tabelle  III. 


83,5 

62,5 

83,3 

104,2 


Körpermaasse. 

Pikjiojie. 

Bätzinka. 

Luiz. 

Klafterlänge 

1825 

1688 

1190 

Höhe  des  Körpers          

1755 

1586 

1150 

„        ,    Kinns 

1518 

1335 

970 

der  Schulter 

1462 

1319 

955 

,      des  Ellenbogens 

1116 

1020 

711 

,        ,    Handgelenks 

845 

745 

535 

,    Mittelfingers 

685 

569 

400 

Handbreite 

100 
991 

95 

68 

Höhe  des  Nabels 

645 

der  Crista  ilium 

1011 

— 

645 

des  Trochanters 

855 

— 

575 

„        ,    Knies 

477 

438 

330 

„    Mall,  ext 

CO 

65 

40 

Länge  des  Fusses 

272 

240 

190 

Breite     ,         r,         

110 

103 

78 

Schulterbreite 

410 

375 

257 

(17)  Hr.  Virchow  berichtet,  unter  Vorlegung  von  Karten, 

über  seine  Reise  nach  Troja. 

Es  würde  zu  weit  führen,  wenn  ich  die  ganze  Reihe  der  Streitfragen  Ihnen 
vorführen  wollte,  welche  sich  an  Troja,  seine  Existenz,  seine  Lage,  seine  Ge- 
schichte u.  s.  f.  knüpfen.  Indess  muss  ich  doch  wohl  F^iniges  sagen  in  Bezug  auf 
die  historische  Entwickelung  derjenigen  Coutroversen  ,  welche  die  Topographie  von 
Troja  betreffen,  da  ohne  dieses  Manches  in  meinem  Vortrage  Ihnen  etwas  ver- 
worren vorkommen  könnte. 

Die  ersten  territorialen  Untersuchungen,  welche  seit  dem  Untergänge  des 
byzantinischen  Reichs  in  Bezug  auf  die  Ilias  und  ihren  Schauplatz  stattfanden, 
datiren  aus  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts.  Sie  haben  aber  eine  ganz  falsche 
Kichtung  angciionimnn,  indem  sie  die  Stätte  von  Alexandria  Troas,  gegenüber 
von    'J'euedos,    als    das    eigentliche    Feld   der    Ilias   nahmen.      Diese    Meinung    hat 


(205) 

sich  sonderbarer  Weise  lange  Zeit  fortgeschleppt  und  ist  noch  am  Finde  des 
vorigen  Jahrhunderts  in  grosser  Stärke  hervorgetreten.  Alexandria  Troas  (später 
unter  den  Römern  auch  bloss  Troas  genannt)  erwuchs  bald  nach  der  Zeit,  in  der 
Alexander  der  Grosse  seinen  berühmten  Besuch  auf  Ilion  gemacht  hatte.  Antigonus 
hatte  an  der  Westküste  des  troischen  Landes  eine  seiner  Auffassung  nach  ungemein 
günstig  gelegene  Stelle  ermittelt;  hier  gründete  er  eine  Stadt,  die  nach  seinem 
Namen  Antigonia  genannt  ward.  Erst  Lysimachus,  nachdem  er  das  Land  erobert 
hatte,  gab  der  Stadt  den  Namen  Alexandria.  Es  war  eine  sehr  reich  ausgestattete 
Metropole,  die  noch  lauge  nachher  in  voller  Blüthe  stand;  so  erscheint  sie  in  der  Ge- 
schichte des  heiligen  Paulus,  der  zweimal  hierher  kam,  und  noch  unter  Hadrian,  wo 
Herodes  Atticus  eine  grosse  und  ungemein  kostbare  Wasserleitung  errichtete. 
Zerstört  wurde  es,  wie  es  scheint,  durch  die  Gothen  zur  Zeit  des  Galien  (Jornandes). 
Noch  jetzt  trifft  man  hier  eine  so  grosse  Trümmerstätte,  dass  nichts  au  dieser 
Küste  ihr  gleichgestellt  werden  kann.  Es  ist  ein  herrlicher  Platz,  den  die  Türken 
in  voller  Anerkennung  seiner  Bedeutung  Eski  Stambul  (Alt-Constantinopel)  nennen. 
Man  kann  Stunde  um  Stunde  in  den  zum  grösstenTheil  bewaldeten  Flächen  umhersuchen 
und  man  findet  immer  wieder  neue  Strassen  und  grosse,  zum  Theil  noch  in  erkenn- 
barer Form  erhaltene  Gebäudereste.  Ja,  Spuren  der  grossartigen  Bauthätigkeit,  die 
dort  geherrscht  hat,  sind  noch  jetzt  Stunden  weit  im  Umfange  verbreitet.  So 
trafen  wir  auf  dem  Wege  von  Kestambul  nach  dem  Tschigri  Dagh  zwei  Steinbrüche, 
wo  noch  jetzt  fertige  grosse  Säulen  von  Syenit,  12  m  lang  und  P/ü  bis  2  m  an  der 
Basis  dick,  liegen,  ohne  dass  sie  je  ein  Mensch  aus  dem  Bruch  fortbewegt  hat.  In  dem 
Steinbruche  Kotsch  Ali  Owassi  liegen  hintereinander  5  solcher  Säulen,  in  gewissen 
Abständen  heruntergerollt,  fertig  zum  Transport  da.  Es  sieht  aus,  als  habe  eine 
grosse  Katastrophe  diese  Arbeiten  plötzlich  unterbrochen. 

Gegenwärtig  hat  es  nur  noch  ein  historisches  Interesse,  auf  diese  Verhältnisse 
zurückzukommen.  Es  dürfte  wohl  kaum  noch  Jemanden  geben,  der  behauptete, 
dass  Alexandria  Troas  durch  irgend  welche  Andeutungen  mit  Stellen  der  Ilias  in 
Beziehung  gebracht  werden  könnte.  Das  Verdienst,  die  Aufmerksamkeit  auf  einen 
weiter  nördlich  gelegenen  Punkt  gelenkt  zu  haben,  ist  englischen  Reisenden  zuzu- 
schreiben, welche  iui  Laufe  des  vorigen  Jahrhunderts  die  troische  Ebene  in  den 
Kreis  ihrer  Forschungen  zogen  (Pococke  1739,  Wood  1750).  Aliein  ihre  Ergeb- 
nisse waren  wenig  entscheidend,  und,  so  wenig  ich  sonst,  wie  Sie  sehen  werden, 
geneigt  bin,  gerade  in  dieser  Richtung  die  französischen  Verdienste  anzuerkennen, 
muss  ich  doch  sagen,  dass  eigentlich  erst  seit  Lechevalier,  der  zuerst  1785  bis 
178(3  das  Land  besuchte,  eine  wirklich  lebhafte  Forschung  begonnen  hat.  Dieser 
Gelehrte  wusste  den  damaligen  französischen  Botschafter  in  Constantinopel,  den  Grafen 
de  Choiseul-Gouffier,  für  die  Sache  zu  interessiren.  Derselbe  betheiligte  sich 
personlich  an  den  Untersuchungen,  wandte  seineu  ganzen  Einfluss  bei  der  türki- 
schen Regierung  auf  und  konnte  so  einige  Punkte  direct  in  Angriff  nehmen,  welche 
hervorragendes  Interesse  hatten;  namentlich  wurde  das  Grab  des  Achill  (gegenständ 
einer  Ausgrabung,  die  man  leider  einem  Juden  von  sehr  zweifelhafter  Redlichkeit 
überliess,  so  dass  es  zweifelhaft  geblieben  ist,  ob  die  von  ihm  zurückgebrachten 
Gegenstände  wirklich  aus  dem  Grabhügel  herstammten 

Lechevalier  glaubte  den  Platz  von  Troja  auf  einer  felsigen  Höhe  am  Süd- 
ende der  troischen  Ebene  gefunden  zu  haben.  Um  sich  diese  Situation  zu  ver- 
gegenwärtigen, muss  man  sich  das  Generalbild  dieser  Ebene  klar  machen.  Von 
der  Gegend  von  Alexandria  Troas  her  zieht  sich  in  der  Richtung  von  Südwest 
nach  Nordost  eine  lange  Bergkette  fort,  die  auf  der  einen  Seite  nahe  an  das  Aegäi- 
sche  Meer,    auf   der    anderen    bis    gegen    den  Hellespont  reicht.     Sie  schliesst  die 


(206) 

Troas  im  engeren  Sinne  oder,  wie  ich  lieber  sagen  möchte,  die  vordere  Troas  ab. 
In  dieser  aber  kann  man  die  eigentliche  Ebene,  vom  Hellespont  bis  zum  Bali 
Dagli,  mit  ihren  Nebenebeuen  und  Ausbuchtungen,  und  eine  grössere  Reihe,  die 
Ebene  umgebender  und  gegen  sio  einspringender,  niedrigerer  Bergrücken  unter- 
scheiden. Der  vorher  erwähnte  Gebirgszug  enthält  eine  fortlaufende  Reihe  vulka- 
nischer Kegel  und  Stöcke,  von  denen  einige  hoch  emporragen,  andere  nur  niedrige 
Vorberge  darstellen,  so  jedoch,  dass  hier  eine  höchst  eigenthümliche  und  durch  die 
Schönheit  der  lundwirthschaftlichen  Erscheinung  auffallende  Erdbildung  hervor- 
tritt. Der  Skamauder,  heute  Mendereh  genannt,  kommt  weit  aus  dem  Südosten  vom 
Ida  her  und  durchfliesst,  ehe  er  den  eben  erwähnten  Gebirgszug  erreicht,  eine 
hinter  demselben  quer  vorgelagerte  Hochebene  der  Länge  nach.  Südlich  vom  Bah 
Dagh  bricht  er  durch  das  Gebirge  hindurch  in  einer  tiefen  Schlucht  mit  zahlreichen 
Windungen.  Namentlich  in  der  letzten  Strecke  sind  diese  Windungen  weit  aus- 
gelegt. Wenn  man  auf  der  äussersteu  Ecke  des  Bali  Dagh  steht,  so  gewinnt 
man  einen  überraschend  schönen  Ueberblick.  Rückwärts  nach  dem  Süden  schaut 
man  weithin  in  das  waldige  Gebirgsthal  hinein;  vorwärts,  nach  Norden  hat  man  die 
ganze  Ebene  bis  zum  Hellespont  und  darüber  den  thracischen  Chersonnes  und  noch 
weiterhin  das  ägäische  Meer  bis  Samothrake  vor  sich.  Aber  auch  der  Bali  Dagh 
für  sich  hat  hohe  landschaftliche  Schönheiten.  Wer  sich  speciell  für  diese  Fragen 
interessirt,  dem  kann  ich  nur  empfehlen,  das  Werk  des  Grafen  Choiseul  (Voyage 
pittoresque  de  la  Grece.  Paris  1809.  Vol.  H.),  welches  ungemein  anziehend  ge- 
schrieben ist,  zu  lesen;  er  kann  da  sehen,  wie  der  Autor  sich  Schritt  für  Schritt 
an  der  neuen  Entdeckung  begeistert,  wie  er  allmählich  jeden  einzelnen  Fleck,  der  in 
der  Ilias  genannt  ist,  auffindet,  sogar  die  Stelleu,  wo  der  Feigenhain  und  die  soge- 
nannte Buche  standen,  entdeckt  und  schliesslich  die  Höhe  des  Berges  als  den  Platz 
erkennt,  wo  die  Akropolis  (Bergamos)  der  heiligen  Ilios  stand. 

Am  Nord -Abhänge  dieses  vielfach  von  Basaltmassen  durchbrochenen  Kalkberges, 
unmittelbar  da,  wo  der  Basalt  aufhört,  liegt  ein  elendes,  schmutziges,  türkisches 
Dörfchen,  welches  dadurch  ungewöhnlich  auffällt,  dass  eben  so  viel  Störche  wie  Leute 
dort  zu  finden  sind.  Ich  sah  ein  Haus,  auf  dessen  nahezu  flachem  Dach  12  Storchnester 
neben  einander  standen.  Dieses  elendeDorf,  welches  durch  die  daran  geknüpfte  Präten- 
sion unter  den  Philologen  eine  Welt-Berühmtheit  erlangt  hat,  heisst  Bunärbaschi,  d.  i. 
Quellhaupt,  und  zwar  daher,  weil  dicht  unter  ihm,  da  wo  der  Kalkfels  aufhört  und 
die  Ebene  beginnt,  aus  den  tiefsten  Kalkschichten  eine  ganze  Menge  von  Quellen 
hervorströmt.  Sie  sind  unter  dem  Namen  der  40  Augen  (Kirk  Ghioz)  bekannt. 
Aus  ihnen  setzt  sich  schnell  ein  kleiner,  wie  man  gesagt  hat  „Fluss",  ich  kann  nur 
sagen,  ein  etwas  kräftiger  Bach  zusammen,  der  Bunärbaschi  Su.  Dieser  Bach  hat 
in  der  Beweisführung  Lechevalier's  eine  besondere  Bedeutung  erlangt,  weil  dieser 
Gelehrte  die  Behauptung  aufstellte,  dass  sich  hier  eine  warme  und  eine  kalte  Quelle 
neben  einander  befänden,  und  weil  er  daraus  schloss,  er  habe  hier  den  Ort  getroffen, 
der  im  22.  Gesänge  der  Ilias  (147—155)  so  plastisch  geschildert  wird  bei  Gelegen- 
heit des  Kampfes  zwischen  Achill  und  Hector: 

Und  sie  erreichten  die  zwei  schön  sprudelnden  Quellen,  woher  sich 
Beide  Bach'  ergiessen  des  wirbelvollen  Skamandros. 
Eine  rinnt  beständig  mit  warmer  Flath,  und  umher  ihr 
Wallt  aufsteigender  Dampf,  wie  der  Rauch  des  brennenden  Feuers. 
Aber  die  andere  lliesst  im  Summer  auch  kalt  wie  der  Hagel, 
Oder  des   Winters  Schnee,  und  gefrorene  Schollen  des  Eises. 
Es    hat    sich    leider  nachher  herausgestellt    und    ich  muss  es  bestätigen,    dass 
diese    ganze  Geschichte    von    der  Existenz    einer    warmen  und  einer  kalten  Quelle 


(207) 

bei  Bunärbaschi  nur  durch  die  Lebhaftigkeit  der  Phantasie  des  Lechevalier  zu 
Stande  gekommen  ist.  Die  Quellen  differireii  unter  einander  nur  um  wenige  Zehntel 
Grade;  sie  unterscheiden  sich  nur  dadurch,  dass  ein  Theil  derselben  unmittelbar  in 
den  schon  foruiirten  Bach  füllt,  so  dass  sie  sofort  verschwinden,  während  die  am 
meisten  östliche  (^)u(!lle  einige  Schritte  vom  Bergrande  entfernt  in  einem  Sumpf  zu 
Tage  tritt  und  ihr  Wasser  über  eine  grössere  Fläche  ausbreitet.  So  mag  es  viel- 
leicht geschehen,  dass  an  kühleren  Tagen  durch  die  stärkere  Verdampfung  über 
dieser  ^^läche  sich  Nebel  bilden,  während  diess  bei  den  anderen  Quellen,  die  sich 
unmittelbar  in  den  Bach  entleeren,  nicht  stattfindet.  Das  ist  die  mildeste  Kr- 
klärung,  die  man  geben  kann;  eine  eigentlich  physikalische  Differenz  lässt  sich 
nicht  nachweisen. 

Allein  die  Doctrin,  dass  die  alte  Ilios  bei  Bunärbaschi  lag,  ist  schnell  die 
herrschende  geworden,  so  dass  nicht  blos  die  nachfolgenden  französischen  Unter- 
sucher, auch  solche,  welche  die  Troas  selbst  besuchten,  sondern  auch  eine  ganze 
Reihe  von  deutschen  und  englischen  Autoren  sich  ihr  angeschlossen  haben. 

Der  Erste,  welchei-  einen  positiven  Schritt  weiter  machte,  war  ein  französischer 
Architekt,  Mauduit,  der  1812  auf  der  Höhe  des  Bali  Dagh  Reste  alter  Mauern 
auffand  und  damit  den  ersten  naturwissenschaftlichen  Grund  für  eine  solche  An- 
nahme feststellte.  Es  erregte  das  um  so  mehr  Aufmerksamkeit,  als  man  bis  dahin 
sichtbare  Spuren  einer  alten  Ansiedlung  nicht  gefunden  hatte;  mit  ihrem  Nach- 
weise schienen  alle  Zweifel,  die  etwa  noch  bestehen  konnten,  gehoben. 

In  der  neueren  Zeit  (1864)  ist  diese  Untersuchung  von  Neuem  aufgenommen 
worden  durch  den  verstorbenen  Herrn  von  Hahn,  den  bekannten  früheren  öster- 
reichischen Consul  in  Dalmatieu,  damals  Consul  in  Syra,  der  längere  Zeit  darauf 
verwandte,  diese  Stelle  nach  allen  Richtungen  zu  durchgraben.  Er  gelangte  in  der 
That  dahin,  ein  regelmässiges,  auch  fortificatorisch  den  Voraussetzungen  einiger- 
massen  entsprechendes  Werk  bioszulegen,  welches  er  als  die  eigentliche  Pergamos 
(Akropolis  von  Ilion)  ansprach.  Er  hat  dasselbe  im  Einzelnen  höchst  genau 
beschrieben,  wie  ich  gern  anerkenne.  Auch  will  ich  darüber  nicht  rechten,  dass  er 
jedem  einzelnen  Theile  des  Werkes  einen  besondern  Namen  und  zwar  nicht  einen 
alten,  sondern  im  Gegensatz  zu  dem,  was  man  Hrn.  Schliemann  so  sehr  vor- 
geworfen hat,  einen  ganz  neuen  Namen  gegeben  hat.  Er  nahm  eine  Reihe  be- 
kannter Männer  der  neuesten  Zeit  und  nannte  nach  ihnen  die  Bastionen,  die  Thore, 
die  Aufgänge. 

Ich  war  mit  Herrn  Schliemann  auch  auf  dieser  Höhe,  und  wir  haben  die 
durch  die  Ausgrabungen  von  Hahn  freigelegten  Werke  studirt.  Es  kann  kein 
Zweifel  darüber  sein,  dass  hier  die  Fundamente  alter  Befestigungen  vorliegen  und 
dass  da  eine  „Akropolis"  gewesen  ist.  Die  Frage  ist  nur,  ob  zu  dieser  Akropolis 
auch  eine  Stadt  gehört  hat.  Denn  die  Akropolis  selbst  ist  so  klein,  dass  Jeder- 
mann, der  sie  sieht,  sich  überzeugen  muss,  dass  es  ausser  der  Möglichkeit  liegt 
den  Sitz  so  grosser  Ereignisse,  wie  sie  die  llias  schildert,  hierher  zu  verlegen.  Alle, 
welche  sich  mit  der  Sache  beschäftigten,  haben  daher  angenommen,  dass  die  Stadt 
selbst  sich  in  grösserer  Ausdehnung  auf  dem  Abhänge  unterhalb  der  Akropolis,  sei 
es  auf  der  Stelle  von  Bunärbaschi  selbst,  sei  es  weiter  oberhalb,  ausgedehnt  habe. 
Herr  v.  Hahn  selbst  war  so  offen,  anzuerkennen,  dass  trotz  eifrigsten  Suchens  er 
auf  dieser  ganzen  Fläche  keine  Spur  einer  solchen  Stadt  gefunden  habe,  auch  nicht 
einmal  die  leisesten  Andeutungen,  weder  Fundationeu,  noch  auch  nur  Scherben,  die 
doch  fast  überall  übrig  bleiben.  Ich  kann  dies  nur  bestätigen  :  trotz  der  grössten 
Mühe,  die  wir  uns  gegeben  haben,  fanden  wir  nichts;  die  ganze  Fläche  ist  ein  fast 
nackt  zu  Tage  tretenher  Felsbodeu,  auf  dem  nur  zwischen   den    quer    vorlaufenden 


(208) 

Felsrippen  eine  düune  Humusschicht  liegt,  und  in  dieser  ist  auch  nicht  eine  Spur 
von  älteren  Resten  vorhanden.  Dabei  muss  ich  besonders  betonen,  dass  der  Abhang 
gegen  Bunarbaschi  keineswegs  so  steil  oder  so  eben  ist,  dass  man  verrauthen 
könnte,  es  sei  durch  Regengüsse  etwa  das  vorhandene  Material  fortgespült  worden. 

Ich  bin  daher  der  Meinung,  dass  irgend  eine  Möglichkeit,  eine  grössere  Stadt, 
welche  auch  nur  von  einer  massigen  Bevölkerung  bewohnt  war,  an  diesen  Platz  zu 
setzen,  gar  nicht  aufrecht  erhalten  werden  kann.  Ich  muss  überdiess  hinzufügen, 
dass  die  ganze  Art  der  Fundationen  selbst,  welche  sich  auf  der  Höhe  finden,  auch 
nicht  entfernt  dem  entspricht,  was  man  von  einer  so  alten  Stadt  erwarten  müsste. 
Die  Mauern  bestehen  aus  wohl  behauenen  Quadersteinen,  die  ungemein  sauber  ge- 
arbeitet sind  und  die  sich  so  gut  erhalten  haben,  dass  man  noch  jetzt  die  dichten 
Hiebe  der  Steinpicke  sehen  kann,  mit  welcher  die  Oberfläche  bearbeitet  worden  ist. 
Es  kann  kein  Zweifel  darüber  sein,  dass  gute  eiserne  Instrumente  benutzt  wurden,  um 
diese  Quadern  herzustellen.  Wenn  man  sie  vergleicht  mit  dem,  was  uns  sonst  aus 
dem  Alterthum  bekannt  ist,  so  kann  meiner  Meinung  nach  kaum  ein  Bedenken 
bestehen,  dass  sie  einer  verhältnissmässig  späten  Zeit  angehören  und  dass  sie 
sich  der  Zeit  Alexanders  nähern.  Hr.  Frank  Calvert  hat  schon  früher  eine 
Vermuthung  aufgestellt  über  die  Bedeutung  dieser  Ruinen,  welcher  sich  Hr.  S chl le- 
rn an  n  angeschlossen  hat;  sie  halten  dieselben  für  die  Reste  des  alten  Gergis 
(Gergithes).  Ich  will  hierauf  nicht  eingehen,  da  ich  eine  bestimmte  Meinung  aus 
den  sehr  widersprechenden  Angaben  der  alten  Schriftsteller  nicht  habe  gewinnen 
können.  Nachdem  ich  das  Land  in  verschiedenen  Richtungen  durchstreift  habe, 
bin  ich  in  Bezug  auf  die  Deutung  der  einzelnen,  im  Alterthum  genannten  Orte 
im  höchsten  Grade  zweifelhaft  geworden,  und  ich  will  mich  daher  enthalten,  eine 
positive  Meinung  darüber  auszusprechen,  welchen  alten  Namen  man  der  Veste  auf 
dem  Bali-Dagh  beilegen  soll.  Das  glaube  ich  aber  mit  Bestimmtheit  aussagen  zu 
können,  dass  das  kleine  Werk,  welches  man  hier  findet,  weder  mit  einer  Stadt 
etwas  zu  thun  hat,  noch  ein  in  ein  solches  Alter  zurückreichender  Bau  ist,  wie  man 
es  von  Ilion  zu  fordern  hat. 

Beiläufig  will  ich  bemerken,  dass  auf  der  andern  (rechten)  Seite  des  Mendereh, 
gleichfalls  in  einer  beträchtlichen  Höhe,  an  dem  gegenüberliegenden  mächtigen 
Bergstock  noch  eine  Stelle  liegt,  wo  sich  Spuren  einer  älteren  Ansiedelung  finden; 
sonderbarer  Weise  führt  dieser  Platz  denselben  Namen,  wie  der  von  Hrn.  Schlie- 
inann  in  Angriff  genommene:  er  heisst  gleichfalls  Hissarlik,  d.  h.  Platz,  wo  ein 
bchloss  gewesen  ist. 

Die  Reaction  gegen  die  Bunarbaschi-Theorie  ist  von  verschiedenen  Seiten  her 
eingeleitet  worden;  ich  muss  aber  sagen,  dass,  soweit  ich  die  Literatur  übersehe, 
englische  Autoren  entschieden  das  Verdienst  haben,  die  Sache  in  der  gründ- 
lichsten und  ernsthaftesten  Weise  angefasst  zu  haben.  Unter  ihnen  steht  obenan 
Maclaren,  der  1822  eine  kleine  Dissertation  über  die  Lage  von  Troja  geschrieben 
hat,  welche  schon  damals  denselben  Punkt  in  Aussicht  nahm,  den  Hr.  Schlie- 
mann  später  zum  Gegenstand  seiner  Untersuchungen  gemacht  hat,  einen  Punkt, 
der  viel  weiter  vorwärts  in  der  Ebene  gelegen  ist.  Maclaren  hat  1847  selbst 
eine  Reise  in  die  Troas  gemacht  und  1863  in  einem  grösseren  Werke  seine  Auf- 
fassung dargelegt.  Er  hat  an  Ort  und  Stelle  die  von  ihm  aufgeworfenen  Fragen 
geprüft,  und  obwohl  er  in  keiner  Weise  positives  Material  auffand,  welches  direct 
für  seine  Thesen  verwendet  werden  konnte,  so  hat  er  doch  die  Gesammtheit  aller 
der  Fragen,  welche  sich  aus  dem  Studium  der  Alten  ergeben,  in  einer  so  gründ- 
lichen Weise  erörtert,  dass  seine  Untersuchung  als  eine  mustergültige  betrachtet 
werden   kann. 


(209) 

An  ihn  schliesst  sich  (1819)  ein  anderer  englischer  Forscher,  Barker  Webb, 
der  mehr  vom  Standpunkt  des  Naturforschers  die  Untersuchung  der  Troas  in  An- 
griff nahm  und  ganz  besonders  die  geologische  8<Mte  ins  Auge  fasste.  Er  theiite 
die  Opposition  gegen  Hunarbaschi,  meinte  aber,  dass  die  alte  Stadt  wohl  in  der 
Nähe  von  Hissarlik,  jedoch  auf  einem  mehr  gegen  das  Dorf  Kalifatli  vorgeschobenen 
Vorsprunge  des  Bergrückens  gelegen  haben  müsse. 

Ich  darf  endlich  die  Anerkennung  unserem  deutschen  Landsmann,  Hrn.  v.  Ecken- 
brecher nicht  versagen,  dass  er  bei  wiederholten  Durchreisungen  der  troischen 
Ebene  zu  einer  richtigen  Auffassung  kam  und  dass  er  schon  vor  Hrn.  Schliemann's 
Untersuchungen  (seit  1H(]9)  eine  Stellung  eingenommen  hat,  die  sich  nachher  als 
eine  haltbare  erwies. 

Das  ist  ungefähr  die  Reihe  der  topographischen  Streitpunkte  gewesen.  Sie 
sehen,  es  handelt  sich,  wenn  mau  Alexandria  Troas  ausschliesst,  eigentlich  nur  um 
das  Gebiet  von  Bunarbaschi  und  um  Hissarlik;  einige  benachbarte  Stellen,  welche 
noch  genannt  worden  sind,  kann  ich  hier  übergehen,  da  sie  nur  vorübergehend  die 
Aufmerksamkeit  gefesselt  haben.  Dabei  will  ich  nicht  verschweigen,  dass  einer  der 
verdienstvollsten  deutschen  Forscher,  mein  sehr  geschätzter  Freund  Forchhammer, 
zu  den  lebhaften  Vertheidigern  der  Bunarbaschi-Theorie  gehört  hat  und,  wie  ich 
glaube,  sich  noch  nicht  hat  entschliessen  können,  davon  zu  lassen. 

Wenn    ich    nun    zunächst  den  Generaleindruck  meiner  eigenen  Beobachtungen 
zusammenfassen  soll,   so  muss  ich  sagen,  dass  ich  in  der  That  keinen  Grnnd  sehe, 
irgendwie  die  Meinung  zu  bestreiten,  als  sei  der  Platz,  welchen  Hr.  Schliemann 
in  Angriff  genommen  hat,  derjenige,  welcher  in  der  alten  Sage  fortgelebt  hat.     Ob 
dieser  Platz  ursprünglich  Ilion  oder  Troja  hiess,  ist  ganz   gleichgültig;  die  Namen 
thun  nichts  zur  Sache,  und   ich    kann    nur    sagen,    dass    Hr.  Schliemann    selbst, 
unter  dem  Druck  der  Angriffe,  die  man  von  dieser  Seite  her  auf  ihn  gerichtet  hat, 
zu  der  Entschliessung  gekommen  ist,  das  neue  grosse  Werk,  welches  er  vorbereitet, 
ohne  irgend   welche  Speciainamen  zu  publiziren,  und  nur  ganz  objectiv  darzustellen 
was  er  gefunden  hat.     Ich  würde,  offen  gesagt,  so  weit  gar  nicht  gehen.     Ich  sehe 
nicht  ein,    welcher    Grund    uns  bestimmen  kann,  uns  blos  auf  den  Standpunkt  der 
objectiven  Untersuchung  zu  stellen  und  einfach  zu  schildern,  was  gefunden  ist.    Es 
bleibt  doch  nichts  weiter  übrig,  als  die  Funde  chronologisch  zu  ordnen  und,  so  viel 
wie    möglich,    mit    dem,    was    wir  sonst  wissen,  in  Verbindung  zu  bringen.     Dann 
aber    kommen    wir    nothwendiger    Weise    auf    Homer.     Wir  können  ihn  nicht  um- 
gehen; er  ist  für  eine  gewisse  Zeit  das  einzige  Quellenmaterial,  und  dies  wird  um 
so  werthvoller,  wenn  sich  ergiebt,  dass  die  Quellen  in  vielen  Richtungen  zutreffend 
sind.     Das    Haus    des    Priamus  nennt  Hr.  Schliemann  jetzt  das  Haus  des  Stadt- 
hauptes.    Das  wäre  ganz  bezeichnend,  wenn  die  llias  nicht  existirte.     Aber  können 
wir  sie  ignoriren? 

Durch  die  Ausgrabungen  dieses  Jahres  ist  auf  Hissarlik  diejenige  Bodenschicht, 
in  welcher  die  Hauptfunde  gemacht  worden  sind,  vollkommen  freigelegt  worden. 
Der  ganze  Umfang  dieser  „Stadt"  ist  ersichtlich.  Auf  dem  gesammten  Territorium  von 
Hissarlik  findet  sich  kein  zweiter  Platz,  der  in  Bezug  auf  Vollständigkeit  der  Bau- 
lichkeiten und  auf  Reichthum  der  Funde  auch  nur  entfernt  an  die  Stelle  heran- 
reicht, welche  Hr.  Schliemann  das  Haus  des  Priamus  nannte.  Wir  haben  während 
der  Zeit,  in  welcher  ich  dort  war,  noch  zwei  Goldfunde  gemacht,  einen  in  aller- 
nächster Nähe  dieses  Hauses  an  einer  Stelle,  die  unzweifelhaft  durch  das  Zusammen- 
stürzen von  Steinmauern  und  durch  das  Heruntergleiten  der  Goldsachen  zwischen 
den  Steinen  sich  etwas  weiter  über  die  Stadtmauer  ausgebreitet  hat,  die  sich 
jedoch    so    nahe    an    das  fragliche  Haus  anschliesst,  dass  man  sie  als  dazu  gehörig 

Verbandl.  der  Berl.  Anthropol.  Oevellschaü  l&7y.  n 


(210) 

betrachten  kann.     Nur  ein   Fund  wurde  an  einer  wesentlich  verschiedenen,  sowohl 
höher  gelegenen,  als  mehr  entfernten  Stelle  gemacht,    aber  er  war    auch    von    ver- 
hältnissmässig  geringer  Grösse.     Freilich  waren  es  sehr  interessante  Sachen,  die  für 
die  archäologische  Stellung  der  Funde  erheblichen  Werth  haben,  aber  es  war  kein 
Fund,  der  vergleichbar  gewesen  wäre  den  grossen  Goldfuudeu  im  „Hause  des  Stadt- 
hauptes".     Dass  dieses  also  ein  principales  Gebäude  war,    ein    ganz    besonderes,   in 
dem  ungewöhnliche  Schätze  zusammengehäuft  und  ausgezeichnete    Geräthe    allerlei 
Art    vereinigt    waren,    und    dass    dasselbe    dann    in    dem    grossen  Brande,  welcher 
augenscheinlich  diese  „Stadt"  zerstört  hat,  theilweise  zusammengestürzt  ist,  das  ist 
unzweifelhaft.    Wenn  man  sich  aber  die  Organisation  einer,  wenn  auch  nur  kleinen 
Stadt  oder  Burg  vorstellt,  so  würde  es  sonderbar  zugehen  müssen,  wenn  man  nicht 
dahin  kommen  sollte,   an   diese  Stelle   den  Sitz  der  vornehmsten  Person  zu  setzen. 
Ob  ich  diese  Person  „Stadthaupt"  nennen  soll  oder  „Priamus",  darüber  lässt  sich  dis- 
cutiren;  ich  würde  ungern  darauf  verzichten,   die  Anknüpfung  an  die  grosse   Dich- 
tung aufzugeben,    weil    es,    menschlich    betrachtet,    ein    ganz  anderes  Interesse  ge- 
währt, sich  die  einmal  gegebene  poetische   Vorstellung  einigermassen  zu  bewahren, 
selbst  wenn  man  nicht  überzeugt  ist,    dass  der  Mann  gerade  Priamus  hiess,  der  da 
wohnte.     Mit  dem  Namen  gewinnen  wir  eine  gewisse,  plastische  Persönlichkeit,  und 
gerade  so,  wie  es  für  unsere  deutsche  Sage  Bedeutung   hat,  gewisse    Orte    unseres 
Vaterlandes    mit    mythischen  Personen,    z.  B.    mit    Siegfried,    in  Zusammenhang  zu 
bringen,    von    denen    wir  nicht  wissen,  ob  sie  jemals  existirt  haben,  so,  meine  ich, 
braucht  Niemanden  der  Name  Priamus  zu  hindern,  Priamus  selbst  für  einen  sagen- 
haften König  zu  halten.    Wer  diesen  sagenhaften  Charakter  allein  betont,  mag  sich  an 
die  objectiveu  Funde  halten;  für  jeden  andern  Menschen  aber,  der  in  dem  Gedicht 
selbst  eine  Quelle  immer  neuer  ästhetischer  Genüsse  findet,  hat  es  eine  grosse  Be- 
deutung, das  Gedicht  an  die  Localität   anzuknüpfen.      Darum  trage  ich  meinerseits 
gar  kein  Bedenken,  zu  sagen:    nehmen    wir    das    Haus    des    Stadthauptes    für  das 
Haus  des  Königs  und  fahren  wir  fort,  diesen  König  Priamus  zu  nennen. 

Die  Einzelheiten  der  Ausgrabung  sind  so  mannichfaltig,  dass  ich  ausser  Stande 
bin,  dieselben  auch  nur  annähernd  in  dem  heutigen  Vortrage  zu  erledigen.  Ich 
werde  mir  daher  die  Erlaubniss  erbitten,  die  Specialverhältnisse  von  Troja  das 
nächste  Mal  unter  Vorlegung  von  Fundstücken  etwas  genauer  zu  erläutern.  Ich 
möchte  an  sich  gern  noch  länger  damit  zögern,  da  Hr.  Schliemann  mir  allerlei 
andere  Sachen  geschenkt  hat,  welche  noch  nicht  angekommen  sind.  Ich  meiner- 
seits habe  dieselben  dem  Königlichen  Museum  überlassen.  Darunter  befindet  sich  ein 
grosser  Vorrathskrug  (nibog)  aus  dem  Keller  des  „Priamus",  der  gegen  25  Centner 
schwer  ist  und  wohl  eines  der  grössten  Thongeräthe  darstellt,  die  je  gemacht 
worden  sind.  So  gern  ich  also  noch  warten  möchte  mit  meinen  Besprechungen,  so 
begreife  ich  doch,  dass  Sie  ungeduldig  sind,  sie  zu  hören,  und  ich  werde  mich 
fügen. 

Der  Theil  des  Burgberges  von  Hissarlik,  in  welchem  die  Trümmerstätte 
der  „gebrannten  Stadt"  gefunden  wurde,  war  zur  Zeit  meiner  Abreise  aus  der 
Troas  an  einer  beträchtlichen  Zahl  von  Stellen  bis  auf  den  ürboden  geleert; 
wir  waren  an  einer  Stelle  bis  auf  den  Felsen  selbst  gekommen,  auf  dem  die  älteste 
„Städte"  aufgebaut  sind.  —  Mitten  in  der  grossen  Grube  hat  Hr.  Schliemann 
einen  mächtigen  Block  stehen  lassen,  der  so  lange  er  eben  halten  wird,  das  ursprüng- 
liche Niveau  der  Fläche  den  Reisenden  zeigen  wird.  Er  bildet  eine  grosse,  vier- 
seitige Säule,  welche  sich  über  der  Fläche,  auf  welcher  der  Boden  des  Hauses  von 
Priamus  steht,  8  bis  i)  m  hoch  erhebt.  Unter  diesem  Niveau  kann  mau  aber  noch 
6,  8,  ja  10  m  tiefer  gehen,  ehe  man  sämmtliche  Trümmerschichten  durchsunken  hat, 


(211) 

80  das8  al3o  die  gesammte  Höhe  der  Schuttschichten  von  der  Oberfläche  bis  zu  dem 
eigentlichen  Felsbett  nahezu  20  m  beträgt.  Diese  ganze  Höhe  besteht  aus  den 
üeberresten  ehemaliger  Wohnungen;  nichts  ist  dabei,  was  irgend  den  Eindruck 
macht,  zu  etwas  anderem  gehört  zu  haben. 

Die  Situation  ist  die,  dass  auf  dem  letzten  Vorsprunge  eines  tertiären  Berg- 
rückens, der  von  den  eruptiven  Gebirgen  im  Osten  sich  gegen  den  Skamander 
vorschiebt  und  der  seinerseits  vielleicht  60  Fuss  über  der  Ebene  hoch  ist,  eine 
Reihe  von  Schuttmassen  aufgethürmt  ist,  in  denen  man  mit  Leichtigkeit  die  Strati- 
fication  der  auf  einander  folgenden  Ansiedelungen  erkennt.  Freilich  ist  dieser 
Schutt  bis  zu  einer  unglaublichen  Massenhaftigkeit  angewachsen.  Allein  gerade  der 
umstand,  dass  bis  jetzt  vielleicht  noch  nirgends  in  der  Welt  eine  derartige  Auf- 
häufung coiistatirt  ist,  eine  Aufhäufung,  welche  aus  einer  solchen  Masse  von  Schutt 
aufeinaudersttihender  Aulagen  besteht,  beweist,  dass  eine  ungemein  lange  Zeit  ver- 
gangen sein  muss  von  der  Gründung  der  ersten  Ansiedelung  bis  zu  der  Zerstörung 
der  letzten.  Man  mag  sich  die  Constructionen,  um  die  es  sich  handelt,  zusammen- 
gesetzt denken,  wie  man  will;  um  eine  solche  Höhe  der  Schuttmassen  herbeizu- 
führen, dazu  gehört  unzweifelhaft  mehr  Zeit,  als  wir  an  irgend  einer  anderen  Stelle 
der  Welt  für  die  Herstellung  der  Ruinenberge  annehmen  dürfen.  Will  man  eine 
Vergleichung  anstellen,  so  würden  allenfalls  die  assyrischen  Ruinenhügel  eine  ge- 
wisse Parallele  darbieten,  bei  denen  wegen  der  grossen  Quantitäten  von  Back- 
steinen, welche  zum  Bau  verwendet  wurden,  die  sich  auflösenden  Thonmassen  eine 
ganz  ungewöhnliche  Mächtigkeit  erreicht  haben.  Einen  gewissen  Vergleich  bieten 
auch  die  Aufgrabungen  auf  dem  palatinischen  Berg  in  Rom.  Allein  die  Aufhäufungen 
in  Hissarlik  unterscheiden  sich  von  allen  anderen  dadurch,  dass  eine  grössere 
Reihe  auf  einander  folgender  und  in  sich  verschiedenartiger  Strati- 
ficationen  vorhanden  ist,  die  ihrer  ganzen  Beschaffenheit  nach  einen  wiederholten 
Wechsel  der  Bevölkerung  bekunden.  Allerdings  lässt  sich  ihre  Dauer  nicht  berechnen 
nach  bestimmten  Jahreszahlen,  aber  wir  gewinnen  doch  einen  chronologischen  An- 
halt durch  das  eingeschlossene  Material,  welches  in  reicher  Fülle  vorhanden  ist. 

Wie  lange  der  erwähnte  Block  den  Einflüssen  der  Witterung  wird  Wider- 
stand leisten  können,  wage  ich  nicht  zu  sagen;  jedenfalls  wird  er  lange  Zeit 
nicht  blos  Zeugniss  geben  von  der  ungeheuren  Höhe  dieser  Trümmermassen,  son- 
dern, wie  ich  meine,  auch  von  der  unglaublichen  Energie  des  Mannes,  der  mit 
Privatmitteln  es  zu  Stande  gebracht  hat,  so  gewaltige  Massen  von  Erde  zu  be- 
wegen. Wenn  Sie  sähen ,  welche  Berge  (im  wahren  Sinne  des  Wortes)  von  Erde 
haben  weggeschafft  werden  müssen,  um  eine  üebersicht  der  tiefen  Lagen  zu  be- 
kommen, so  würden  Sie  in  der  That  kaum  glauben,  dass  ein  einziger  Mann  im 
Laufe  von  wenigen  Jahren  oder  eigentlich  nur  im  Laufe  der  wenigen  Monate,  in 
denen  in  dieser  fieberreichen  Gegend  gearbeitet  werden  kann,  dieses  grosse  Werk 
hat  vollenden  können.  Dabei  möchte  ich  an  dieser  Stelle  Hrn.  Schliemann  in 
Schutz  nehmen  gegen  einen  Vorwurf,  der  an  sich  berechtigt  ist,  der  aber  bei  ge- 
nauerer Betrachtung  in  Nichts  zerfällt,  —  den  Vorwurf,  dass  er  nicht  Schicht  für 
Schicht  von  oben  her  abgetragen  hat,  um  für  jede  einzelne  Periode  die  Totalität 
des  Plans  zu  gewinnen. 

Es  ist  kein  Zweifel,  dass  die  Art,  wie  er  gegraben  hat,  indem  er  sofort  einen 
grossen  Durchschnitt  durch  den  ganzen  Hügel  machte,  im  höchsten  Maasse  zer- 
störend gewirkt  hat  auf  die  oberen  Schichten.  In  diesen  oberflächlichen  Schichten 
fanden  sich  Tempelreste  aus  griechischer  Zeit,  Säuleu,  Triglyphen  und  allerlei 
andere  Stücke  von  Marmor,  freilich  schon  in  zusammengeworfenem  Zustande,  indess 
wäre  es  doch  vielleicht  möglich  gewesen,  bei  so  grosser  Sorgfalt,    wie  in  Olympia, 

14* 


(212) 

den  Tempel  wenigstens  theilweise  zu  rekonstruiren,  Indess  Hr.  Schliemann 
hatte  kein  Interesse  für  einen  Tempel,  der  einer  für  ihn  viel  zu  jungen  Zeit  an- 
gehörte, und  ich  kann  sagen,  nachdem  ich  einen  grossen  Theil  der  Stücke  noch 
gesehen  habe:  ich  bezweifle,  wenn  sie  zusammengebracht  worden  wären,  ob  für  die 
Kunstgeschichte  oder  die  "Wissenschaft  ein  wesentlicher  Gewinn  dadurch  erreicht 
wäre.  Ich  gestehe  zu,  es  ist  das  eine  Art  von  Sacrilegium  gewesen;  Hr.  Schlie- 
mann  hat  den  Tempel  mitten  durchschnitten,  die  Baustücke  sind  auf  die  Seite 
geworfen  und  zum  Theil  wieder  verschüttet  worden,  nnd  es  wird  nicht  leicht 
Jemand  in  die  Lage  kommen,  auch  mit  den  grössten  Aufwendungen,  sie  wieder 
zusammenzubringen.  Aber  unzweifelhaft,  wenn  Hr.  Schjiemann  in  der  Weise 
vorgegangen  wäre,  dass  er  von  oben  her  Schicht  um  Schicht  abgeräumt  hätte, 
würde  er  bei  der  Grösse  der  Aufgabe  heute  noch  nicht  auf  den  Schichten  sein,  in 
denen  die  Hauptsachen  gefunden  sind.  Er  hat  sie  nur  erreicht,  indem  er  aus  dem 
grossen  Hügel  gewissermassen  den  Kern  ausgeschält  hat. 

Der  Hügel  von  Hissarlik  ist  uehmlich  im  Laufe  der  Zeit  nicht  blos  in  die 
Höhe  gewachsen,  sondern  er  ist  auch  in  die  Breite  und  Dicke  gewachsen 
durch  diejenigen  Schuttmassen,  welche  die  nachfolgenden  Geschlechter,  um  ihrer- 
seits bauen  zu  können,  wegräumten  und  bei  Seite  warfen,  um  sich  eine  Bau- 
fläche herzustellen.  Jetzt,  nachdem  die  Grabungen  in  dieser  Richtung  in  einer 
gewissen  planmässigen  Ordnung  vorgenommen  sind,  kann  man  aus  dem  Aufbau 
dieses  Abraums,  der  auf  senkrechten  Durschschuitten  eine  Reihe  von  übereinander 
liegenden,  schief  abfallenden  Stratificationen  bildet,  mit  grösster  Bestimmtheit 
chronologische  Schlüsse  machen.  Schwerlich  würde  man  solche  Schlüsse  machen 
können,  wenn  man  einfach  die  auf  einander  liegenden  Schichten,  die  doch  nicht 
immer  in  demselben  Niveau  fortlaufen,  abgetragen  hätte. 

In  der  Oberfläche  sehen  wir  an  einer  Stelle  die  Tempelfundamente;  an  anderen 
die  aus  regelmässigen  Quadern  zusammengesetzte  Mauer  der  alexandrinischen  Zeit, 
die  sogenannte  lysimachische  Mauer.  Ihr  Verhältniss  ist  höchst  charakteristisch. 
An  senkrechten  Durchschnitten,  welche  durch  die  peripherischen  Theile  des  Hügels 
gemacht  sind,  erblickt  man  Aufschüttungen  von  Abraummasse,  eine  über  der  anderen, 
aber  alle  schräg  gestellt,  so  dass  man  deutlich  erkennt,  dass  der  Abraum  über  den 
Abhang  des  Hügels  heruntergeschüttet  worden  ist.  Auf  diese  Aufschüttungen  ist 
die  Mauer  aufgesetzt;  sie  steht  nicht  über  dem  alten  Fels,  sondern  auf  dem  seitlich 
hinausgeworfenen  Material  und  zwar  an  Stellen,  wo  unten  überhaupt  kein  Fels 
mehr  ist.  Man  erkennt  so,  dass  die  Fläche  des  Hügels  offenbar  von  Anbau  zu 
Anbau  sich  verbreitert  hat.  Der  Hügel  wurde  im  Laufe  der  Zeit  immer  umfang- 
reicher. So  ist  er  gewachsen  zu  Dimensionen,  die  weit  über  das  hinausgehen, 
sowohl  der  Höhe  als  der  Fläche  nach,  was  die  alte  Stadt  hatte.  Die  alte  Stadt 
bildet  inmitten  des  Ganzen  einen  verhältnissmässig  kleinen  centralen  Theil.  Die 
folgenden  Städte  wurden  immer  grösser  und  erweiterten  ihre  Rayons. 

Wir  wurden  zuerst  aufmerksam  auf  diese  Verhältnisse  durch  unsere  eigene 
Arbeit;  die  Erde  musste,  um  die  alte  Stadt  freizulegen,  aus  der  Mitte  heraus  zur 
Seite  weggebracht  werden,  und  da  hier  der  Abhang  war,  so  wurde  sie  durch  eine 
Tranchee,  welche  radial  durch  den  Mantel  des  Hügels  durchgelegt  wurde,  bis  zum 
Rand  des  Abhanges  gefahren  und  hier  ausgeschüttet.  Die  Erdmasse  glitt  somit  den 
Abhang  zum  Theil  herunter,  zum  Theil  blieb  sie  auf  demselben  liegen;  nur  die 
grösseren  Steine  kollerten  bis  in  die  Ebene  herab.  Dadurch  erweiterte  sich  die 
Fläche  zusehends  immer  mehr,  und  von  unten  sah  es  aus,  als  würde  der  Berg 
immer  grösser.  Er  erscheint  jetzt  stattlicher,  wie  ich  glaube,  als  vorher;  durch  die 
Abwechslung  von  Durchschnitten  und  Aufschüttungen  ist  etwas  entstanden,  was  in 


(213) 

der  That  einer  grossen  Festung  höchst  ähnlich  sieht.  Das  so  entstandene  Kunst- 
produkt von  Hügel  hat  folgende  Beschaff(;nheit:  Abgesehen  von  den  einzelnen 
Durchschnitten,  ist  der  äussere  Mantel  des  alten  Hügels  immer  noch  in  seiner  ur- 
sprünglichen Höhe  vorhanden,  dagegen  die  inneren  Theile  sind  ausgegraben.  Steht 
man  auf  den  Urafassuiigswänden,  so  sieht  man  in  einen  grossen  Kessel  herab,  in 
dessen  Grunde  die  alte  Stadt  mit  ihren  Mauern  und  Fundamenten  wie  auf  einem 
Plane  ausgebreitet  ist.  So  ist  man  in  die  Lage  gekommen,  die  besondere  Art  des 
Aufbaues  kennen  zu  lernen. 

Es  hat  das  insofern  ein  nicht  geringes  Interesse,  als  für  diejenigen,  welche 
philologische  Untersuchungen  darüber  anstellen  wollen,  inwieweit  die  Beschreibungen 
Homers  mit  den  vorhandenen  Verhältnissen  stimmen,  z  B.  in  Bezug  auf  den  drei- 
maligen ündanf  um  die  Stadt,  welchen  Hektor  und  Achill  ausführten,  nicht  mehr, 
wie  früher,  das  ganze  Hissarlik  in  Frage  kommen  kann,  sondern  begreiflicher  "Weise 
nur  der  centrale  Theil,  welcher  wirklich  der  alten  Anlage  entspricht.  Dieser  ist 
allerdings  noch  viel  kleiner,  als  das,  was  Hissarlik  an  sich  darstellt.  Indess  will 
ich  besonders  hervorheben,  dass,  verglichen  mit  der  Akropolis  des  Bali  Dagh,  auch 
dieser  kleinere  Theil  immer  noch  eine  sehr  stattliche  Anlage  ist,  die  weit  über 
das  Werk  hinausgeht,  welches  wir  über  Bunarbaschi  sehen. 

Nun  möchte  ich  noch  ein  paar  Worte  über  die  sogenannten  Heroen  grabe  r 
hinzufügen.  Die  Frage  hat  mich  persönlich  am  meisten  beschäftigt.  Sie  wissen, 
ich  ging  nach  Troja,  weil  Hr.  Seh lie mann  die  Absicht  hatte,  jetzt  zur  weiteren 
Erforschung  der  alteu  Verhältnisse  die  Gräber  in  Angriff  zu  nehmen.  Er  hatte 
mir  grosse  Vorwürfe  gemacht,  weil  ich  seiner  Einladung,  nach  Mykenae  zu  kommen, 
nicht  entsprochen  hatte,  da  er  meinte,  durch  meine  Anwesenheit  daselbst  würde  es 
verhütet  worden  sein,  dass  die  sämmtlichen  Schädel  der  „Atriden"  zertrümmert 
worden  sind.  In  dieser  Beziehung  kann  ich  glücklicherweise  sagen,  dass  ich  diese 
Schädel  nachträglich  in  Athen  genauer  angesehen  und  mich  überzeugt  habe,  dass 
keiner  der  Schädel  intact  gewesen  sein  kann  zur  Zeit,  als  die  Aufgrabung  erfolgte. 
Die  allerdings  auch  mit  zahlreichen  frischen  Brüchen  versehenen  Fragmente  sind 
schon  vorher  Fragmente  gewesen.  Meine  Anwesenheit  würde  also  nicht  dazu  ge- 
führt haben,  ganze  Schädel  zu  heben j  höchstens  hätte  ich  sie  vor  weiterer  Zer- 
störung retten  können.  Als  ich  nach  Troja  ging,  wusste  ich  das  nicht;  es  war  mir 
vielmehr  immer  als  ein  besonderer  Vorwurf  erschienen,  dass  ich  seiner  Zeit  der 
Aufforderung  nicht  entsprochen  hatte. 

Obwohl  ich  von  den  Gräbern  der  Troas  keine  Schädel  erwartete,  da  die  alten 
Traditionen  auf  Leichenbrand  gehen  und  überdies  zahlreiche  frühere  Aufgrabungen 
geschehen  waren,  so  war  es  für  mich  doch  entscheidend,  mich  jetzt  auf  den  erneuten 
Ruf  dahin  zu  begeben.  Diese  Gräberfrage  hatte  nach  meiner  Meinung  ein  beson- 
deres Interesse,  weil  nicht  blos  nach  den  in  der  Ilias  enthalteneu  Angaben,  sondern 
auch  nach  zahlreichen  andern  Deberlieferuugen  die  Troas  ein  uraltes  Feld  mensch- 
licher Tliätigkeit,  menschlicher  Kämpfe  und  des  Aufeinauderstosses  der  uiannich- 
faltigsten  Völker  gewesen  sein  muss,  und  weil  hier  gerade  die  Frage  nach  dem 
Vorhandensein  prähistorischer  Reste  scheinbar  am  besten  gelöst  werden  konnte. 

Wenn  man  sich  daran  erinnert,  dass  in  der  Ilias  eine  Reihe  von  Grabmälern 
früher  gestorbener  Personen  wiederholt  aufgeführt  wird  und  dass  diese  Monumente 
anknüpfen  an  bestimmte  Stammessagen,  so  durfte  man  eigentlich  erwarten,  dass 
wenigstens  ein  Theil  der  Grabhügel  sich  als  prähistorisch  erweisen,  dass  man 
möglicherweise  hier  auf  Verhältnisse  stossen  würde,  welche  für  unsere  sonstigen 
vorgeschichtlichen  Untersuchungen  werthvoUe  chronologische  Anhaltspunkte  gewähren 
könnten. 


(214) 

In  Bezug  auf  diese  Untersuchungen  war  mein  erster  Eintritt  sehr  abschreckend. 
Hr.  Schliemann  empfing  mich,  als  er  in  den  Dardanellen  mich  von  dem  Dampf- 
schiff  abholte,    sofort    mit    der    Nachricht,    dass    die  Pforte  es  verweigere,  die  Ge- 
nehmigung zu  der  Untersuchung  der  Grabhügel  zu  ertheilen,    falls  nicht  jeder  ein- 
zelne   Eigenthümer    nicht    blos    des  Landes,  sondern  auch  der  Nachbargrundstücke 
seine  Genehmigung  dazu  gegeben    habe   und   dieselbe   amtlich    festgestellt   sei.     Es 
lief    das   darauf  hinaus,   dass   man   für  jeden  einzelnen  Grabhügel  einen  besondern 
Ferman  extrahiren  sollte.     Dazu  aber  gehört  nicht  nur  die  vorgängige  Genehmigung 
einer  Menge  von  unteren  Instanzen,    sondern  auch  alle  möglichen  Gegenleistungen, 
die  mit   Geldeutschädigungen    aufgewogen    werden  müssen.     Es  erwies  sich  als  un- 
möglich,   auf    diesem   Wege   etwas   zu    Stande   zu    bringen.     So  stellte  sich  heraus, 
dass    auf   demjenigen    Grabhügel,    der    schon    durch    den  Unterhändler  des  Grafen 
Choiseul    am    tiefsten    durchgraben  ist,   auf  dem   des  Achill,  wo  wir  eigentlich 
nur  die  Aufgabe  hatten,  nachzusehen,  ob  nicht  etwas  übrig   geblieben  sei,  von  dem 
Nachbarn    100    türkische    Pfund    gefordert   wurden  für  die  Genehmigung,  die  Erde 
auf  sein  übrigens  ziemlich  werthloses  Terrain  legen  zu  dürfen.  Eine  solche  Forderung 
zu    erfüllen,    wäre  lächerlich  gewesen,   und  wir  verzichteten  daher  sofort  auf  diese 
Untersuchung.     Die  Schwierigkeiten,  welche  die  Localbehörden  machten,  mögen  Sie 
sich  vorstellen,   wenn  ich  Ihnen  mittheile,  dass  wir  nicht  einmal  im  Stande  waren, 
irgend  ein  Loch  für  die  Untersuchung  des  Bodens  der  Ebene  zu  machen,  ohne  dass 
nicht  eine    Specialgenehmigung   des  Ministers  des  öffentlichen  Unterrichts  dazu  ge- 
geben   wurde.      Die    hohe    Pforte    hatte    einen    besondern    Beamten   nach  Hissarlik 
gesetzt,  der  die  ganzen  Operationen  zu  überwachen  hatte;    derselbe   erklärte,    dass 
wir  kein  Loch  machen  dürften,  um  auch  nur  zu  untersuchen,    ob  Sand  oder  Lehm 
oder    sonst    irgend    ein    Material    an  einer  bestimmten  Stelle  vorhanden  ist.     Ueber 
immer  neuen    und   immer    vergeblichen   Anfragen  in  Constantiuopel  vergingen  drei 
Wochen    meines    Aufenthalts,    und    es    ist   nur   der  grossen  und  stets  bereitwilligen 
Energie  unseres  Botschafters  zu  verdanken,  dass  endlich  ein  besonderer  Commissar 
der  türkischen  Regierung  abgesandt  wurde,  der    allerdings    seine   Diäten    von  Hrn. 
Schliemann  zu  beziehen  hatte.     Nachdem  als  Garantiesumme   lOüO  Pfund  hatten 
niedergelegt  werden  müssen,  gelang  es  uns,   nicht  nur   die  geologischen  Löcher  zu 
machen,  sondern  auch  —  freilich  ohne  Ergebniss  —  ein  paar  von  den  Grabhügeln 
zu   durchgraben,    deren   Nachbarn  sich  gegen  massige  Entschädigung  bereit  erklärt 
hatten,  das  zu  gestatten.     Allein  kaum  war  der  Specialcommissarius  wieder  abgereist, 
so  kam  bei  dem  uns  besonders  interessirenden,    bis   dahin   noch   ganz   unversehrten 
Udschek  Tepe  nach  drei  Tagen  schon  wieder  eine  Unterbrechung,  indem  die  nächst- 
gelegene Militärbehörde  reclamirte,  das  sei  ihr  Terrain,  und  ehe  nicht  der  Chef  des 
Artilleriewesens  seine  besondere  Genehmigung  ertheilt  hätte,  sei  es  unmöglich,  die 
Sache  fortzuführen.     Auch  das  wurde  endlich  zu  Stande  gebracht,   und   so  sind  in 
der  That  einige  interessante  Ausgrabungen  gemacht  worden. 

Die  vordere  Troas  ist  in  der  wunderbarsten  Weise  garnirt  mit  alten  Hügeln. 
Die  Zahl  der  als  Grabhügel  angenommenen  ist  meistentheils  grösser  veranschlagt, 
als  sie  in  Wirklichkeit  ist;  die  Natur  hat  hier  gewissermassen  dem  Menschen  die 
Form  vorgezeichnet.  Eine  Reihe  von  Tumulis,  um  mich  so  auszudrücken,  existirt, 
die  sich  bei  der  Untersuchung  als  ganz  natürliche  Formationen  ergaben.  Die  Türken 
nennen  jeden  solchen  Hügel  Tepe,  was  im  Stillen  in  dieser  Gegend  immer  einen 
(Jrabhügel  bezeichnet,  wie  Tumulus  im  neueren  Sinne  des  Wortes,  obwohl  dasselbe 
ursprünglich  auch  nichts  mit  Gräbern  zu  thuu  hat.  Es  ergab  sich  also,  dass  einige 
Tepes  natürliche  Bildungen  sind. 

Dahin  gehört  der  schönste  und  grösste,  der  Dimitri   Tepe,   ein  weither  vom 


(215) 

Aegäischen  Meer  sichtbarer  Kegel  auf  der  Mitte  desSigeion,  der  in  Beziehung  auf 
seine  Lage  und  Gestalt  so  sehr  der  berühmten  Beschreibung  der  Ilias  vom  Grab- 
hügel des  Achill  entspricht,  dass  nicht  wenige  der  Vorüberschiffeuden  ihn  für  den 
Achilleus-Hügel  halten.  Bei  der  Untersuchung  ergab  sich  aber,  dass  der  Hügel  bis 
oben  hinauf  Fels  ist  und  dass  nur  die  oberste  Decke,  offenbar  in  Folge  von  dar- 
gebrachten Opfern,  mit  einzelnen  Thonscherben  und  Knochenstücken  bedeckt  war, 
die  aber  gar  nichts,  was  der  Rede  werth  wäre,  ergaben. 

In  gleicher  Weise  hat  sich  herausgestellt,  dasS  eine  Reihe  von  anderen  Hügeln, 
die  wir  untersuchten,  natürliche  Bildungen  waren,  darunter  namentlich  diejenige 
Erhöhung,  welche  mitten  in  der  Ebene  gelegen  ist  und  welche  der  Stelle  zu  ent- 
sprechen scheint,  die  in  der  Ilias  als  Grab  des  Ilos  bezeichnet  wird;  der  Dichtung 
nach  lag  es  in  der  Richtung,  in  welcher  die  Trojaner  sich  regelmässig  zurückzogen 
und  in  welcher  die  Griechen  anstürmten.  Man  kann  freilich  in  Frage  stellen,  ob 
das  Wort  it^/a«,  welches  hier  stets  gebraucht  wird,  einen  Grabhügel  oder  nur  einen 
Gedenkhügel  bezeichnen  soll.  Jedenfalls  ergab  die  von  Hrn.  Scliliemann  veran- 
staltete Ausgrabung  nichts,  was  auf  ein  Grab  hinwies. 

Freilich  hat  sich  bei  einer  ganzen  Reihe  von  anderen  Hügeln,  die  unzweifelhaft 
künstlich  errichtet  sind,  auch  nichts  ergeben.  So  bei  einem  sehr  schönen,  kleineren 
Stein-Turaulus,  der  in  der  Nähe  des  Aias-Hügels  (Intepe)  auf  einer  Landzunge  am 
Ilellespont  liegt,  und  bei  einem  andern  namenlosen  Erdhügel,  der  dicht  bei  Hissarlik, 
südwestlich,  in  der  Richtung  auf  den  schon  früher  von  Frau  Schliemann  fruchtlos 
untersuchten  Pascha  Tepe,  gelegen  ist. 

Dagegen  hatte  sich  Hr  Schliemann  zuletzt  hauptsächlich  mit  zwei  gewaltigen 
Tumulis  beschäftigt,  von  denen  der  eine  an  der  Ecke  des  Sigeion  gegen  die  Beschika- 
Bucht  liegt  und  Beschik  Tepe  heisst,  der  andere,  in  der  Mitte  des  Gebirgsstocks 
von  üdschekKöi,  den  Namen  Üdschek-Tepe  führt.  Letzterer  ist  derjenige  Hügel, 
der  von  den  älteren  Forschern  als  Grab  des  Aesyetes  bezeichnet  wurde,  weil  mau 
von  ihm  den  weitesten  Ausblick  hat  und  weil  mau  glaubte,  dass  Polites,  der  Sohn 
des  Priamus,  der  die  Operationen  der  Griechen  beobachten  und  darüber  berichten 
sollte,  sich  hier  aufgestellt  habe.  Hr.  Forchhammer  hat  von  da  aus  seine  Studien 
über  die  Troas  begonnen.  Er  ist  in  der  That  am  meisten  geeignet,  eine  weite 
üebersicht  über  das  ganze  Land  zu  geben.  Es  ist  ein  gewaltiger  Hügel,  ^einige  80 
Fuss  hoch  und  von  einem  enormen  Durchmesser  an  der  Basis.  Hier'  war  die 
besondere  Bedingung,  dass  der  Hügol  im  Wesentlichen  erhalten  werden  sollte,  weil 
er  als  Schiffahrthsignal  dient.  Es  stellte  sich  heraus,  dass  schon  nach  kurzer  Zeit, 
als  die  Arbeiter  erst  wenige  Fuss  in  die  Tiefe  eingedrungen  waren,  man  auf  eine 
iMauer  aus  grossen  Steinen  stiess,  die  quer  durch  den  Hügel  ging,  etwas  excentrisch, 
und  bei  der  Senkung  eines  centralen  Schachtes  sich  als  Vorspruug  einer  viereckigen 
Fundation  erwies.  Diese  .Mauer  hat  sich  merkwürdigerweise,  wie  ich  aus  Briefeu 
des  Hrn.  Schliemann  ersehe,  der  nach  meiner  Abreise  die  Tiefuntersuchuug  weiter- 
führte, bis  auf  den  Grund  des  Hügels  und  bis  nahe  auf  den  Felsen  verfolgen  lassen. 
Der  Hügel  ist  also  um  eine  centrale,  thurmartige  Mauer  aufgeschüttet  worden,  und 
man  kann  kaum  umhin  anzunehmen,  dass  die  Mauer  als  fester  Mittelpunkt  für  die 
Construction  hat  dienen  sollen.  Im  Grunde,  da  wo  man  auf  den  Felsen  kam, 
haben  sich  mehrere  kreisförmige  Einschliessungen  gezeigt.  Es  ist  aber  keine  Spur 
von  menschlichen  Gebeinen,  auch  keine  irgendwie  nennenswerthe  Beigabe  gefunden 
worden;  nur  Scherben  kamen  zu  Tage.  Das  Interesse  des  Fundes  liegt  also  ganz 
überwiegend  in  der  Art  und  der  Höhe  dieser  Construction.  Es  kann  daher  auch 
hier  die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  es  ein  eigentliches  Grabmal  war  oder  nur 
ein    (TYfxa.,    welches    dem    Todten    geschüttet    worden    ist.      Hr.    Schliemann    ist 


(216) 
» 
geneigt,    eine    andere    Interpretation    anzustellen    und    darin    das  von  Caracalla  auf- 
geworfene Grab  des  Festus  zu  sehen.     Ich  habe  nur  zu  constatiren,  dass  ein  eigent- 
licher Grabfund  als  solcher  nicht  gemacht  wurde. 

Noch  weniger  ist  im  Beschik  Tepe  gefunden  worden.  Allerdings  kamen 
daselbst  einige  Steinsachen  und  Thonscherben  heraus,  aber  ganz  zerstreut  in  der 
aufgeschütteten  Erde,  also  unter  Verhältnissen,  die  es  zweifelhaft  machen,  ob  sie 
deponirt  waren  als  ßestandtheile  eines  Grabes,  oder  ob  sie  nicht  eben  einer  älteren 
Stätte  angehören,  die  bei  der  Aufschüttung  zerstört  ist. 

So  ist  es  gekommen,  dass  der  einzige  ganz  vollständige  Fund,  der  gehoben 
worden  ist,  wie  ich  schon  in  meinem  Briefe  (Nachtrag  zur  Sitzung  vom  17.  Mai, 
Verh.  S.  180)  mittheilte,  in  dem  Hanai-Tepe  gemacht  ist,  einem  mächtigen 
Erdhügel,  der  in  der  Nähe  des  Kimar  Su  (Thymbrios)  liegt  und  zu  dem  Gute 
unseres  ausw;irtigen  Mitgliedes  Hrn.  Calvert  gehört.  Da  allein  wurde  in  der  That 
ein  Fund  gemacht,  der  entscheidende  Ergebnisse  geliefert  hat.  Der  Hügel  erwies 
sich  als  ein  Massengrab.  Obwohl  bei  der  Grösse  desselben  nur  erst  ein  Sector 
desselben  und  die  Spitze  untersucht  ist,  so  ist  doch  eine  ganze  Reihe  von  Skeletten 
gefunden  worden,  zugleich  mit  einer  ausserordentlichen  Menge  von  Beigaben  aller 
Art.     Auf  diese  Weise  ist  es  möglich,  eine  bestimmte  Chronologie  zu  gewinnen. 

Ich  möchte  jedoch  heute  nicht  definitiv  über  diese  Sachen  aburtheilen,  weil 
auch  nach  meiner  Anwesenheit  noch  viel  gefunden  ist.  Auch  habe  ich  um  so  mehr 
Grund,  mich  in  dieser  Beziehung  reservirt  zu  halten,  als  durch  die  ausserordent- 
liche Liebenswürdigkeit  der  betreffenden  Herren,  des  Hrn.  Calvert  und  des 
Hrn.  Schliemann,  dieser  ganze  Fund  unserem  Museum  geschenkt  worden  ist. 
Ich  habe  vor  wenigen  Tagen  die  Nachricht  davon  durch  Hrn.  Schliemann  er- 
halten, der  das  Geld  für  die  Ausgrabungen  hergegeben  hat,  welche  Hr.  Calvert 
auf  seinem  Grund  und  Boden  hat  ausführen  lassen.  Beide  haben  sich  dahin 
geeinigt,  die  Fundstücke  dem  Königlichen  Museum  zu  geben.  Wir  werden  also 
später  in  der  Lage  sein,  die  Sachen  selbst  zu  sehen  und  zu  besprechen.  Es  ist 
das  unzweifelhaft  der  wichtigste  Gräberfund,  der  in  der  ganzen  Troas  gemacht  ist. 
Er  gehört  in  jene  alte  Periode,  welche  nach  der  gewöhnlichen  Bezeichnung  als 
älteste  Bronzezeit  bezeichnet  wird.  Bronze  ist  freilich  nur  in  ganz  spärlichen 
Rudimenten  vorhanden.  Die  Mehrzahl  der  werthvolleren  Fundstücke  sind  Stein- 
geräthe,  so  dass  ein  begeisterter  Steinalterthümler  den  Fund  selbst  in  die  Stein- 
periode versetzen  könnte.  Indess  man  muss  der  Wahrheit  die  Ehre  anthun  und 
zugestehen,  dass  schon  etwas  Metall  dabei  ist.  Aber  sicherlich  ist  es  ein  ganz 
alter  Fund,  und  er  berechtigt  allerdings  zu  der  Schlussfolgerung,  dass  dieser  Hügel 
wesentlich  einer  ganz  prähistorischen  Zeit  angehört.  Er  ist  natürlich  auch  unter- 
gebracht worden  unter  den  Heroengräbern;  Graf  Choiseul  schrieb  ihn  dem  Troilus 
zu.  Ich  will  Sie  mit  diesen  willkürlichen  Vermuthungen  nicht  behelligen.  That- 
sache  ist,  dass  dieser  gewaltige  Grabhügel,  der  wahrscheinlich  auch  künftighin  noch 
eine  grössere  Reihe  von  wesentlichen  Dingen  liefern  wird,  uns  entschädigt  für  die 
vielen  Mühen,  welche  auf  die  übrigen  Hügel  vergeblich  verwendet  worden  sind. 

Ich  werde  mir  erlauben,  nächstens  die  anderen  Punkte  nachzuholen,  für  deren 
Erörterung  heute  keine  Zeit  ist,  um  Sie  in  volle  üebersicht  zu  setzen  über  die 
Verhältnisse  der  alten  „Städte"  von  Hissarlik.  Für  diejenigen,  welche  die  thatsäch- 
lichen  Funde  vergleichen  wollen  mit  den  Unterlagen,  auf  welchen  die  trojanische 
Sage  basiren  dürfte,  wird  vielleicht  gerade  eine  solche  üebersicht  von  entscheidendem 
Interesse  sein, 

(18)  Hr.  Virchow  legt  eine  herrliche  Sammlung  von  Zeichnungen  und  Skizzen, 


(217) 

sowie  von  Photographien  nach  Gemälden  vor,  welche  ihm  Hr.  Maler  Eugen  Bracht 
in  Carlsruhe  iu  freundlichster  Weise  gesandt  hat,  nebst  einem  eingehenden  Manu- 
skript desselben,  betreffend 

vorgeschichtliche  Spuren  in  der  Lüneburger  Heide. 

Ilr.  Bracht,  dessen  prächtige  Bilder  von  Heidelandschaften  uud  megalitischen 
Monumenten  unseres  Nordens  längst  die  allgemeine  Bewunderung  erregt  haben, 
durchstreifte  während  der  Jahre  1875,  187G  und  1878  zu  künstlerischen  Zwecken 
die  liüneburger  Heide  und  sammelte  bei  dieser  Gelegenheit  eine  grosse  Zahl  von 
Kinzelbeobachtungen  über  alte  Feuerstein -Werkstätten  und  Gräber,  welche  er  in 
dem  übersendeten  Manuskript  eingehend  schildert  und  mit  einem  erläuternden 
Atlas  begleitet.  Der  Umfang  des  Manuskripts  und  des  dazu  gehörigen  Atlas  ge- 
stattet an  dieser  Stelle  nicht  die  Wiedergabe.  Es  muss  leider  vor  der  Hand  ge- 
nügen, die  Hauptfundorte  anzugeben  uud  die  Schlussfolgerungen  des  Autors  mitzu- 
theilen. 

Die  Untersuchungen  erstreckten  sich  auf  folgende  Punkte: 

1)  Den  Wilseder  Berg  (den  höchsten  Punkt  der  Heide)  und  die  Sanddünen 
von  Einem  mit  einem  alten  Gräberfelde; 

2)  Die  prähistorische  Niederlassung  iu  den  Dünen  bei  Wehlen,  ungemein  reich 
an  geschlagenen  Feuersteinen,  von  denen  offenbar  dort  eine  Werkstätte  gewesen  Ist, 
darunter  besonders  charakteristisch  eine  grössere  Reihe  sogenannter  Schaber; 

3)  Spuren  von  Niederlassungen  südlich  vom  Wilseder  Höhenzuge,  namentlich 
eigenthümliche  Pflasterungen  oder  Heerdstellen; 

4)  Das  obere  Luhe-Gebiet  mit  einer  Reihe  einzelner  Stationen,  in  denen  Feuer- 
stein-Werkstätten und  Pflasterungen  nachgewiesen   wurden; 

5)  Der  Hohlhorst  und  der  Krüseberg  im  oberen  Luhethal  bei  Steinbeck,  mit 
ähnlichen  Werkstätten; 

G)  die  Hünenbetten  und  Grabhügel  von  Oldendorf  mit  zahlreichen  Resten  von 
geschlagenem  Feuerstein; 

7)  die  Grabhügel  von  Hambostel,  V2  Meile  südwestlich  von  der  Luhe -Quelle, 
grosse  Steinhäufungen,  in  denen  Bronzen  gefunden  wurden; 

8)  die  analogen  Grabhügel  von  Harmelingen  mit  Resten  bestatteter  Leichen, 
Bronze  und  Thongeräth; 

9)  die  Grabhügel  bei  Stübeckshorn,  in  denen  neben  analogen  Fundstücken  auch 
gewundene  Drahtstangen  von  reinem  Golde,  sowie  kleine  Pfeilspitzen  aus 
geschlagenem  Feuerstein  vorkommen. 

Diese  Orte  liegen  nördlich  von  der  Eisenbahn,  die  von  Uelzen  nach  Bremen, 
und  der  Chaussee,  die  von  Lüneburg  nach  Soltau  führt. 

Die  Schlussfolgerungen,  welche  Hr.  Bracht  aus  seinen  Beobachtungen  zieht, 
sind  folgende: 

„Fragt  man  nach  den  Beziehungen  zwischen  den  Resten  aus  den  Gräbern  und 
denjenigen  der  Pflasterungen  uud  Feuersteinwerkstätten,  so  wird  mau  sich  sagen 
müssen,  dass  keine  solchen  nachweissbar  vorliegen  —  die  Bronzen  könnten  beiden 
Perioden  gemeinsam  sein,  dagegen  haben  die  Feuersteinpfeilspitzen  der  Gräber 
keine  Gemeinschaft  mit  dem  einfachen,  gespaltenen  Steingeräth  von  Wehlen  und 
dem  Luhe-Gebiet. 

„Die  ersteren  setzen  eine  weit  kunstvollere  Arbeitsweise  und  das  Bedürfniss 
nach  schöner  Form  voraus  —  die  letzteren  sind  eben  das  Nothdürftigste  in  prak- 
tischer, aufs  leichteste  herzustellender  Gestalt. 

„Die    zahlreichen  Grabhügel  des  besprochenen  Gebiets    der  Lüneburger  Heide 


(218) 

sind  allerdings  erst  zum  kleinsten  Theile  gewissenhaft  untersucht;  viele  derselben 
sind  der  Steine  wegen  von  den  Bauern  oder  aus  Neu-  oder  Habgier ')  angegraben 
und  erst  eine  vollständige  Kenntniss  ihres  Baues  und  Inhaltes  wird  einigermassen 
sichere  Schlüsse  auf  ihre  Erbauer  gestatten. 

^Interessant  ist  es  indessen,  das  Vorhandene  unter  sich  und  mit  Aehnlichem  an. 
anderen  Orten  zu  vergleichen. 

^Das    allerdings    vorläufig    nur    dürftige  Material    ergiebt    an  Spuren   von  vor- 
geschichtlichen  Bewohnern: 

1)  blosse  Brandstätten,  wie  sie,  ähnlich  der  vom  Wilseder  Berg,  zu  Tausenden 
in  der  Heide  zu  finden  sind  und  beim  Bepflügen  zu  Tage  treten,  in 
Verbindung  mit  primitiven  Gefässscherben. 

2)  Längliche  Pflasterungen  in  Gemeinschaft  mit  ebensolchen  Scherben,  ohne 
Feuersteinsplitter. 

3)  Runde,  kleine  Pflasterungen  mit  den  Resten  von  Feuersteinbearbeitung, 
ohne  Gefässscherben. 

4)  Bearbeitungsstellen  des  Feuersteins  an  der  Stelle  selbst,  wo  das  Rohmaterial 
zu  finden  war,  zu  geeigneten  Knollen  für  die  Spaltung. 

5)  Bearbeitung  der  Geräthe  an  einer  Niederlassung  oder  an  anderen  Orten, 
ohne  Gefässreste. 

G)  Feuersteingeräthe  ursprünglicher  Art,  in  Gemeinschaft  mit  verzierten  ürnen- 
scherben  im  Schutte  der  grossen  Hünenbetten  mit  Steinsetzungen  zu  Olden- 
dorf;  weiterer  Inhalt  dieser  gewaltigen  Gräber? 

7)  Grabhügel  mit  Steinlagern  für  Leichenbestattung,  mit  oder  ohne  Bronze- 
beigaben, ohne  Urnen, 

8)  Grabhügel  mit  Urnen  für  Knochen  und  Asche  von  verbrannten  Leichen, 
mit  Bronzebeigaben  und   Bernstein. 

9)  Grabhügel  mit  Steinkammern  und  eben  solchen  Resten  von  Leichenbrand, 
ohne  Beigaben. 

10)  Grabhügel  mit  Steinkammern  und  eben  solchen  Resten  von  Leichenbrand, 
mit  Beigaben. 

1 1)  Grabhügel  mit  begrabenem  Schädel  und  einigen  anderen  Knochen,  ohne 
Beigaben. 

„Was  hiervon  zusammengehörig  ist  und  was  zeitlich  geschieden,  sowie  in  wel- 
cher Ordnung  auf  einander  folgend,  das  wäre  lehrreich  zu  ergründen! 

„Auffallend  ist  in  allen  Grabhügeln  das  Fehlen  der  einfachen,  gespaltenen  Feuer- 
steingeräthe, deren  Anfertigung  wir  in  der  Nachbarschaft  verfolgen  können,  oder 
selbst  von  blossen  Splittern  und  Abfällen,  mit  welchen  der  Boden  der  grossen 
Grabkammern  des  Nordens  bestreut  ist.  Bei  einigen  wenigen  Grabhügeln  unter 
den  Hunderten,  die  ich  in  der  Heide  besucht  habe,  fand  sich  wohl  auf  dem 
Hügel  oder  dicht  daneben  eine  Stelle,  an  welcher  offenbar  Messerchen  oder  dergl. 
gespalten  worden  waren ;  ob  und  welcher  Zusammenhang  da  vorlag,  war  ohne  gründ- 
liche Untersuchung  nicht  zu  errathen.  Dies  war  unter  andern  der  Fall  bei  einem 
von  zwei,  zwischen  Dehnsen  und  Thausen  (nicht  weit  von  Ameliughausen)  liegenden 
Grabhügeln;  desgl.  bei  mehreren  eines  grossen  Grabhügelfeldes,  welches  zwischen 
Dehnsen    und  Kehrhof   in  öder  Heide  eine  Anhöhe  krönt;   ein  zwischen  den  Grab- 


1)  Ein  Engländer,  Mv.  J.  Kemble,  war  in  den  Jahren  1850—1851  in  dieser  Gegend 
um  .Alterthümer  zu  graben",  und  soll  auch  mehrere  Kisten  voll  nach  England  geschickt  haben; 
wir  sehen  öfters  seine  Bohrlöcher  in  den  Urabhügein,  nachdem  uns  die  Bauern  darauf  auf- 
merksam gemacht  hatten. 


(219) 

hügeln  im  Boden  steckender  Granitblock  hatte  allerdings  auch  als  Dnterlegstein 
gedient,  wie  aus  den  um  ihn  her  gesplitterten  Stücken  hervorging.  Von  dem  In- 
halte der  Hügel  weiss  ich  leider  nichts  zu  sagen,  als  dass  ein  angegrabener  davon 
eine  gewöhnliche  rundbauchige  Urne  enthalten  hatte,  nebst  Knochen  mit  Querrissen 
vom  Feuer. 

„Ferner  verdanke  ich  der  freundlichen  Mittheilung  des  Hrn.  Hilseuberg,  dass 
sich  bei  einer  (jruppe  von  8 — 10  Grabhügeln,  welche  auf  der  Höbe  zwischen 
Wilsede  und  Ober-Haverbeck  gelegen  sind,  eine  Sandmulde  befindet,  mit  den  Resten 
von  Feuersteinbearbeitung,  Unterlegsteinen,  Splittern,  Kernen  und  kleinen  Geräthen, 
sowie  einem  roh  geschliffenen  Beil  aus  Sundstein,  welches  ich  indessen  nicht  von 
Augenschein  kenne;  ferner  im  Räume  zerstreut  ca.  25  handgrosse,  ca.  1  cm 
dicke,  regelmässig  geformte  Platten  von  Gneiss,  welche  geglüht  erscheinen,  und 
nicht  gerade  das  Aussehen  zufälliger  Geschiebe  haben.  Die  Sandmulde  liegt 
so  mitten  in  der  Gräbergruppe,  dass  eine  Zusammengehörigkeit  natürlich  erscheint. 
Hr.  Hilsenberg  Hess  den  nächstgelegenen  Grabhügel  abtragen  und  ergab  der- 
selbe: 1)  ganz  oben  dicht  unter  dem  Heidekraut  eine  Urne,  deren  Inhalt  von  den 
Wurzeln  durchwachsen  und  aufgezehrt  war;  2)  tiefer  und  seitlich  davon  eine  kleine 
Kammer  aus  schmalen  Steinen,  mit  Saud  gefüllt,  mit  einer  Urne  nebst  Knochen 
und  Aschenresteu ;  3)  fast  unter  der  zuerstgefuudenen  Urne,  aber  einige  Fuss  tiefer, 
eine  dritte  Urne  mit  gleichem  Inhalt  —  sämmtlich  zerdrückt, 

„Aus  den  verschiedenen  Funden  auf  verschiedene  Culturstufen  und  weiter  auf 
grosse  Zeitunterschiede  zu  schliessen,  wobei  das  Einfache  in  fernes  Alterthum  ge- 
schoben, das  Kunstfertigere  uns  näher  gedacht  würde,  will  ich  lieber  unterlassen; 
abgesehen  davon,  dass  man  damit  auf  das  Gebiet  der  Vermutbungen  geräth,  spricht 
ein  Umstand  eher  gegen  solch  anscheinend  natürliche  chronologische  Anord- 
nung. Die  Töpferarbeit  der  Grabhügel  nehmlich  mit  ihrer  Bronze,  ihren  Gold- 
spiralen und  kunstvoll  geschlagenen  Steinpfeilen  hat  meistens  neben  diesem  Luxus 
das  jämmerlichste  Thongeschirr,  zum  Theile  ganz  schlecht  geknetet,  kaum  gehärtet 
und  von  unschönen  Profilen.  Die  grossen  Hünenbetten  von  Oldendorf  scheinen  in 
Verbindung  mit  der  primitiven  Feuersteinbenutzuug,  aus  den  Bruchstücken  zu 
schliessen,  bessere  Arbeit,  Verzierung  und  Brand  an  ihren  Urnen  zu  enthalten; 
auch  das  Bruchstück  einer  Urne  aus  einer  mächtigen  ^teinkammer  unweit  Ame- 
lingshausen  zeigt  vortreffliche  Arbeit  und  dekorative  Verzierungsweise.  Dieselbe 
erinnert  au  diejenige  der  schönen  Verzierungen  der  Urnen,  welche  den  riesigen 
Ganggräberu  des  Hümmlings  im  Herzogthum  Aremberg-Meppen  entstammen,  denen 
gemeinsam  mit  den  ganz  gleichartigen  Dolmen  oder  allees  couvertes  der  Bretagne 
doch  ein  hohes  Alter  zugemessen  wird. 

„Das  absolute  Fehlen  von  Thongeschirren  dagegen,  in  ihren  sonst  unvergäng- 
lichen Bruchstücken,  in  der  Wehlener  Dünenumwallung  bei  sichtlich  langer  Be- 
wohnung,  langem  Gebrauch  von  Feuer  auf  Steinpflaster- Unterlage,  das  eben  solche 
Fehlen  derselben  bei  den  Pflasterungen  von  Bispingen  —  führt  uns  direkt  zu  der 
Vorstellung  einer  Bevölkerung,  die  sich  ohne  Kochgeschirr  zu  behelfen  wusste; 
ein  Bronzekessel  könnte  allerdings  zum  Abknochen  gedient  haben,  doch  würde 
ein  solcher  den  Gebrauch  von  anderweitigem  Geschirr  nicht  etwa  überflüssig 
machen,  sondern  geradezu  bedingen.  Heute  fragt  man  übrigens,  um  Schlüsse  zu 
ziehen,  nicht  nach  dem,  was  früher  einmal  gewesen  sein  muss  oder  kann,  sondern 
lediglich  nach  dem,  was  von  dem  Früheren  noch  greifbar  übrig  ist;  es  handelt  sich 
um  Ansammlung  und  Vergleichung  von  Material.  Ein  kleiner  Beitrag  hierzu 
sollen  diese  Zeilen  sein."  — 

Hr.  Virchow  dankt  Hrn.  Bracht  für  die  ungewöhnlich  reiche  Gabe,  wie  sie 


(220) 

eben  nur  ein  wahrer  Künstler  spenden  kann,  und  hofft,  dass  die  Aufmerksamkeit 
des  offenbar  für  derartige  Untersuchungen  besonders  befähigten  Mannes  auch  ferner 
den  prähistorischen  Dingen  zugewendet  bleiben  möge.  Schon  lange  konnte  es  als 
ein  bedauerlicher  Mangel  betrachtet  werden,  dass  unsere  Landschaftsmaler  sich  den 
oft  so  malerischen  Denkmälern  unserer  Vorzeit  nicht  zuwendeten.  "War  ihnen  doch 
vor  Allen  die  dankbare  Aufgabe  gestellt,  durch  die  Wiedergabe  dieser  Denkmäler 
deren  Kenntniss  und  das  Interesse  an  ihnen  zu  beleben,  und  da,  wo  die  Zerstörung 
derselben  droht,  wenigstens  die  Erinnerung  an  sie  der  Nachwelt  zu  erhalten.  Wir 
können  von  grossem  Glück  sagen,  dass  ein  so  begabter  Maler  noch  rechtzeitig  diese 
Aufgabe  erfasst  und  in  so  gelungenen  Werken  durchgeführt  hat.  Es  ist  das  ein 
Trost  für  so  manche  Enttäuschung,  die  dem  Alterthumsforscher  auf  seinen  oft  so 
mühseligen  Wegen  wird,  und  zugleich  ein  reicher  Lohn  und  eine  rechte  Aufmunte- 
rung. Man  sieht,  wie  das  Interesse  an  unseren  Bestrebungen  in  immer  grössere 
Kreise  dringt,  und  wie  selbst  Männer,  deren  Lebensaufgabe  scheinbar  in  ganz  an- 
derer Richtung  liegt,  sich  für  die  Zwecke  der  vorgeschichtlichen  Forschung  er- 
wärmen. Möge  dieses  erfreuliche  Ereigniss  eine  gute  Vorbedeutung  für  die  Zu- 
kunft sein! 

In  Bezug  auf  die  P^rwähnung  von  Kemble  ist  zu  bemerken,  dass  das  sehr 
verdienstliche  Werk  desselben  (Horae  ferales)  eine  der  besten  Unterlagen  für  das 
Studium  der  Alterthümer  von  Hannover  bildet. 

(19)  Eingegangene  Schriften: 

1)  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.     Nr.  5. 

2)  Mittheilungen  der  anthropologischen  Gesellschaft  in   Wien.     Bd.  IX.,  Nr.  4 — 6. 

3)  Guido  Cora,  Cosmos.     Vol.  V.,  Nr.  IIL,  V. 

4)  Bulletins  de  la  societe  d'anthropologie  de  Paris,     tom.   12,  (ser.  III.),  fasc.   i, 

5)  Nachrichten  für  Seefahrer.     1879:  Nr.  20,  21,  22,  23. 

6)  Annalen  der  Hydrographie.     1879.     Heft  5. 

7)  Materiaux  pour  l'histoire  de  l'homme.     Ser.   2,  tom  10,  livr.  2,  3. 

8)  Boletina  da  sociedade  de  Geographia  de  Lisboa  Nr.  4,  Dec.  1878. 

9)  Verhandlungen    des  Vereins    für    naturwissenschaftliche  Unterhaltung   zu  Ham- 

burg, Band  IIl. 

10)  A    Meitzen,  Die  Ausbreitung  der  Deutschen  in  Deutschland.    Gesch.  d.  Verf. 

11)  0.  Waeber,  Beiträge  zur  Anthropologie  der  Letten.     Gesch.  d.  Hrn.  Virchow. 

12)  Bruhns  und  Hirsch,  Verhandlungen  der  Europäischen  Gradmessung.    Berlin 

1879.     Geschenk  des  Hrn.  Virchow. 

13)  Atti  della  r.  Accademia  dei  Lincei.     Vol.  III.,   Fasc.  6. 

14)  Schriften  der  Moskauer  Gesellschaft  für  Ethnol.,  Anthrop.  u.  Naturgesch.  T.  31. 

15)  Nicolucci,  Armi  ed  utensili  in  pietra  della  Troade.     Gesch.  d,  Verf. 


Druckfehler:  S.  59,  Z.  29  v.  oben  Rinde  statt  Kinde. 


Ausserordentliche  Sitzung  am  12.  Juli  1879. 
Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Als  neue  Mitglieder  werden  angemeldet: 

Hr.  C.  B.  Ruttledge,  M.  D.  Ingatestone,  Essex,  England. 

Hr.  Büchtemann,  Director  der  Potsdam-Magdeburger  Eisenbahn,  Berlin. 

Hr.  Dr.  G.  Goetz,  Ober-Medicinal-Rath,  Neustrelitz,  Mecklenburg. 

Hr.   Dr.  Boer  jun.,  Berlin. 

Hr.  Dr.  Palm,  Berlin. 

Hr.  A.  Naphtali,  Vereidigter  Makler,  Berlin. 

Hr.  Dr.   M.  Erdraann,  Gymnasiallehrer,  Züllichau. 

Hr.  Dr.   Vater,  Ober-Stabsarzt,  Spandau. 

Hr.  Dr.  jur.  R.  von  Kaufmann,  Berlin. 

(2)  Hr.  Bastian  berichtet  in  einem  an  den  Vorsitzenden  gerichteten  Briefe, 
d.  d.  Macassar,  16.  Mai,  über  seine 

Reise  im  indischen  Archipel. 

Nach  diesem  Briefe  hat  Hr.  Bastian  Amboina  und  Timor  besucht,  und  dort  so- 
wohl, als  in  Macassar  Verbindungen  für  die  liesellschaft  augeknüpft.  In  Koepang 
(Timor)  traf  er  mit  unserem  correspondirenden  Mitgliede,  Hrn.  Riedel,  zusammen,  der 
dahin  versetzt  ist  und  nach,  wie  vor,  für  die  Zwecke  der  Gesellschaft  thätig  sein 
wird.     Das  Befinden  des  Reisenden  ist  ein  günstiges. 

(H)  Hr.  Fi  n  seh  meldet  in  einem  an  den  Vorsitzenden  gesandten  Brief,  d.  d. 
Washington,  den  21.  Mai  d.  .J.  seine  bevorstehende  Abreise  nach  dem  Westen. 

(4)  Kine  Reihe  von  englischen  Gelehrten,  darunter  Professor  Max  Müller, 
hat  eine  Petition  an  den  Gouverneur  des  Caps,  Sir  Bartle  Frere,  ge- 
richtet, in  welcher  derselbe  aufgefordert  wird,  die  Stelle  des  verstorbenen  Biblio- 
thekars der  Grey  Library  in  Cape  Town,  Dr.  Bleek,  mit  einem  anderen  tüchtigen 
Philologen  zu  besetzen. 

Der  Vorsitzende  erklärt,  dass  auch  unsere  Gesellschaft  sich  diesem  Wunsche 
auf  das  Lebhafteste  anschliesse.  Die  Verdienste  des  Dr.  Bleek,  unseres  früheren 
correspondirenden  Mitgliedes,  sind  noch  in  Aller  Erinnerung. 


(222) 

(5)  Hr.  Gymnasiallehrer  Max  Erdmann  berichtet  über 

Urnenfelder  und  einen  Runenstein  bei  Züllichau. 

Beim  Bau  der  Posener  Chaussee  wurde  gleich  hinter  dem  Dorfe  Krummeu- 
dorf  im  Jahre  1860  ein  ürnenfeld  aufgedeckt,  aus  dem  die  beiliegenden  Sachen 
stammen.  Es  sind  dies  die  einzigen  erhaltenen  Reste;  alles  andere  ist  von  den 
Arbeitern  damals  zerschlagen  und  vernichtet  worden.  Später  hat  man  zwar  auf 
dem  Felde  zu  beiden  Seiten  der  Chaussee  Scherben,  nicht  aber  wieder  Urnen  ge- 
funden. Die  Urnen  befanden  sich  ganz  etwa  40  cm  unter  der  Erde,  und  zwar  stand 
die  in  Scherben,  Nr.  1,  erhaltene  auf  einem  Boden  von  Steinen.  Neben  ihr  be- 
fanden sich  die  Gefässe,  von  denen  nur  der  Hals  und  Scherbe  2  übrig  geblieben 
sind.  Beim  Herausnehmen  sind  alle  3  Gefässe  zertümmert  worden.  In  der  Urne 
von  1  lagen  ausser  den  Sachen,  die  ich  übersende:  „ein  Wirtel,  Knochenreste,  eine 
bronzene  Schnalle,  eine  eiserne  Nadel,  ein  Gewinde  einer  Fibula?",  die  erst  nach- 
träglich zerbrochen  resp.  blank  geputzt  worden  sind,  zwei  Stückchen  Gold- 
drath,  gerade,  und  wie  ein  Bindfaden  zusammengedreht.  Der  Besitzer  des  Gutes 
hat  daraus  unter  Beibehaltung  der  alten  Form  zwei  Kreuzchen  für  seine  Nichten 
herstellen  lassen.  Das  Gold  ist  ganz  blank  und  rein  gewesen.  Knochenstücke 
waren  sehr  viele  in  der  Urne, 

In  der  Nähe  desselben  Dorfes  hat  man  auch  einen  runden  Stein  gefunden  von 
etwa  45  cm  Durchmesser,  dessen  obere  Seite  gewölbt  ist,  die  untere  aber  ganz 
platt.  In  der  Mitte  ist  der  Stein  durchbohrt.  Leider  ist  er  in  drei  Stücke  ge- 
spalten, von  denen  nur  zwei  vorhanden  sind.  Ich  glaube,  dass  es  der  obere  Theil 
einer  Steinmühle  zum  Zerquetschen  des  Getreides  ist.  Auch  dieser  Stein  befindet 
sich  schon  seit  langer  Zeit  im  Besitz  jenes  Gutsbesitzers. 

Ferner  hat  man  im  vergangenen  Winter  beim  Bau  der  Chaussee  nach  dem 
Dorfe  Radewitsch  Urnen  und  darin  eine  Nadel  gefunden,  die  mit  dem  prächtig- 
sten Edelrost  überzogen  war.  Trotz  der  grössten  Mühe  habe  ich  weder  Scherben 
noch  eine  Crne  bekommen,  denn  die  Arbeiter,  nach  Schätzen  begierig,  —  denn  von 
dem  Goldfund  sprach  seiner  Zeit  die  ganze  Gegend,  —  haben  Alles  zerschlagen;  auch 
jene  Nadel,  excl.  Spitze  10  crn  lang,  war  von  ihnen  beschädigt  und  zerbrochen. 
Der  Schneefall  verhinderte  weitere  Nachforschungen,  und  seit  dem  Frühjahr  ist  das 
Wasser  der  Obra  von  dem  Terrain  noch  nicht  heruntergekommen. 

Endlich  füge  ich  noch  die  Inschrift  eines  Felsblockes  bei,  der  nicht  weit  vom 
Dorfe  Heinersdorf  im  Walde  liegt.  (Bei  Züllichau  giebt  es  mehrere  erratische 
Blöcke.)  Der  Block  ist  von  ziemlich  regelmässiger  Gestalt  und  hat  9  m  Umfang 
und  2,30  m  Höhe.  Nach  oben  spitzt  er  sich  etwas  zu  und  hat  mehrere  Kanten. 
Die  Inschriftseite  ist  ziemlich  eben  und  regelmässig;  die  Inschrift  steht  95  cm  über 


9  cm. 


ijumiir 


dem  Erdboden,  5.'i  cm  vom  linken  und  50  cm  vom  rechten  Rande  entfernt  und  hat 
eine  Länge  von  80  cm.  Der  Kreis  ist  etwas  unregelmässig.  Nach  meinen  Erkun- 
digungen   weiss    man   von  diesem  Stein  seit  1815  und  hat  auch  danach  ein  in  der 


(223) 

Nähe  gelegenes  Vorwerk  „Runenthal"  genannt.  Einzelne  Zeichen  habe  ich  auf  den 
Runensteinen  des  Kopenhagener  Museums  gesehen;  aber  das  Ganze  zu  deuten,  ist 
mir  nicht  möglich,  und  ich  wende  mich  desshall)  an  Sie.  Bemerken  will  ich  noch, 
dass  die  Zeichen  mehr  eingeritzt  als  eingemeissr-lt  sind,  so  dass  z.  B.  die  im  Kreise 
stehenden,  die  noch  dazu,  wie  überhaupt  der  ganze  Stein,  mit  Flechten  überwachsen 
sind,  nur  schwer  zu  entziffern  sind.  — 

Hr.  Virchow  bemerkt,  dass  die  ürnenscherben  von  Krummendorf  ein  etwas 
verschiedenes  Aussehen  zeigen.  Die  Stücke  Nr.  1  und  2  sind  einander  so  ähnlich, 
dass  die  Vermuthung  nahe  liegt,  sie  möchten  zu  demselben  Getäss  gehört  haben. 
Beide  sind  Randstücke  eines  weiten  Gefässes  mit  niedrigem,  glattem,  wenig  abge- 
setztem Rande  und  weitem  Bauche.  Von  Henkeln  ist  nichts  daran  zu  sehen.  4  cm 
unterhalb  des  Randes  läuft  eine  tiefe  eingeritzte  Linie  um  das  Gefäss;  an  dieselbe 
setzen  schräge,  gleichfalls  sehr  tiefe  Doppellinien  an,  welche  grosse  Dreiecke  um- 
grenzen. Die  Stücke  sind  dick,  das  Material  grob,  mit  Kiesbrocken  untermischt, 
aussen  glatt  und  schwarz,  auf  dem  Bruch  rauh  und  gleichfalls  schwarz.  Das  dritte 
Stück  ist  ganz  anders  beschaffen:  es  ist  der  allerdings  stark  verletzte,  7  cm  weite 
und  4  cm  hohe,  mit  einem  sehr  engen,  am  Uebergange  des  Halses  zu  dem  weit 
ausgelegten  Bauche  angesetzten  Henkel  versehene  Hals  eines  feineren,  äusserlich 
geglätteten,  mehr  gelben  Gefässes.  Der  kleine  Rest  vom  Bauch  zeigt  flache,  parallele, 
senkrechte  Einritzungen.  Der  ganze  Habitus  dieses  Gefässes  entspricht  dem  lau- 
sitzer Typus. 

Dazu  kommen  gebraunte  Menschenknochen  und  gebrannte  Steine  (Glimmer- 
schiefer), ein  stark  verbrannter  Thouwirtel,  ein  recht  gut  erhaltener,  9,5  cm  langer 
eiserner  Stab  mit  einem  zugespitzten  Hinterende  (Dorn),  einer  dickeren,  vierkantigen 
Mitte  und  einem  nach  Art  eines  kleinen  Stemmeisens  zugeschärften  Vorderende, 
ein  Stück  einer  ganz  frisch  aussehenden,  zerbrochenen  Fibula,  aus  einem  Bronze- 
draht gewunden,  und  endlich  mehrere  stark  oxydirte  Stücke  eines  mit  2  ßronze- 
nägeln  durchsetzten,  platten  Bronzebeschlages,  der  wohl  kaum  als  Schnalle  wird 
aufgefasst  werden  können,  sondern  eher  zu  einem  Gefäss  gehört  haben  dürfte. 

Durch  das  Vorkommen  von  Gold  erlangt  dieser  Fund  ein  besonderes  Interesse. 
Ob  die  Fibula  und  das  kleine  Stemmeisen  in  der  That  dazu  gehören,  erscheint 
nach  der  guten  Erhaltung  der  Stücke  nicht  ganz  zweifelsfrei. 

Was  den  sogenannten  Runenstein  anbetrifft,  so  ist  Hrn.  Müllenhoff  Kennt- 
niss  von  dem  Schreiben  gegeben  worden  und  hat  dieser  Gelehrte  die  Sache  für 
wichtig  genug  gehalten,  um  eine  besondere  Untersuchung  des  Steines  zu  ver- 
anlassen. — 

Im  Anschlüsse  daran  zeigt  Hr.  Virchow  eine  Notiz  aus  dem  American  Anti- 
quarian.  Vol.  I.  Nr.  o,  in  welcher  Hr.  Reid  von  Hudson,  Ohio,  über 

einen  eingeschriebenen  Stein  vom  Grave  Creek  Mound 

berichtet.  Seine  Mittheilungeu  lassen  die  Zuverlässigkeit  dieser  Inschrift  sehr 
zweifelhaft  erscheinen.  — 

(6)  Hr.  Dr.  Jakob  in  Coburg  berichtet  über 

Näpfchensteine  an  der  Moritzkirche  zu  Coburg  und  einen  muthmasslichen,  alten 
Weihwasserstein  zu  Milz  bei  Römhild. 

Au  der  Moritzkirche,  der  Hauptkirche  Coburgs,  sieht  mau,  wie  an  gewissen 
anderen  Kirchen  Deutschlands,  ausser  vielen  2—4  cm  tiefen  und  15 — 20  cm  langen 


(224) 

Rinnen  an  der  Aussenseite  der  Steinwände,  die  oft  reihenweise  in  den  Sandstein 
eingerieben  sind,  kleine,  etwa  1 — 2  cm  tiefe  und  2 — 4  cm  im  Durchmesser  haltende, 
in  die  Sandsteinquadern  eingeriebene,  Schüssel-  oder  napfförmige  Vertiefungen. 

Dieselben  befinden  sich  an  der  Westwand  der  Kirche  und  an  den  Seiten  der 
zum  Hauptportal  führenden  Steintreppe,  in  dessen  Seitennischen  die  Steinbilder 
Adams  und  Evas  stehen.  Sie  erstrecken  sich  durchschnittlich  nicht  über  das 
Höhenniveau  eines  Meters  vom  Boden  aus  und  stehen  einzeln  oder  in  Gruppen 
bis  zu  25  Stück  an  der  Aussenseite  eines  Steins. 

Zuweilen  stehen  drei  Näpfchen  in  der  Form  eines  Dreiecks  beisammen,  zwei 
nach  oben  die  Basis  und  eins  nach  unten  die  Spitze  desselben  bildend. 

Die  Näpfchen  sind  theilweise  gut  erhalten  und  innen  glatt ,  meistentheils  aber 
ist  die  Innenfläche  derselben  vom  Wetter  angegriffen  und  rauh  anzufühlen.  Kreis- 
furchen um  dieselben  sind  nicht  vorhanden,  auch  keine  Kreise  mit  Kreuzspeichen 
oder  sonstige  Verzierungen. 

Obschon  1225  ein  Kirchenvoigt  Coburgs  urkundlich  aufgeführt  wird,  so  ist 
doch  das  Westportal  und  die  Westseite  der  Moritzkirche,  die  von  zwei  Thürmen 
flankirt  ist,  erst  1420  erbaut  (Joh.  Gerh.  Grüner,  Histor.  statistische  Beschr.  des 
Fürstenth.  Coburg  S.  132,  Coburg  1783).  Der  rechte  Thurm,  welcher  ausgebaut  ist, 
trägt  die  in  Stein  gehauene  Jahreszahl  1450.  Auf  Grund  dieser  historischen  Nach- 
richten gehören  also  die  erwähnten  Näpfchen  oder  Schalensteine  dem  Mittelalter 
an,  da  die  Annahme,  dass  prähistorische  Näpfchensteine  in  das  Fundament  der 
Moritzkirche  eingemauert  seien,  durch  nichts  zu  begründen  ist. 

Auch  die  schon  erwähnten  Rillen  an  vielen  Kirchen  Deutschlands  dürften  dem 
Mittelalter  und  sogar  der  Neuzeit  angehören,  ohne  dass  die  Entstehung  derselben 
in  der  Gegenwart  ausgeschlossen  ist.  So  sieht  man  in  den  Sandsteiuquadern  des 
Süd-  und  Nordportals  der  Heiligkreuzkirche  Coburgs,  deren  Thürdecksteine  die 
Jahreszahl  1737  tragen,  gerade,  mehr  oder  minder  tiefe  Rillen,  die  noch  von  Kindern 
mit  gebrannten  Ziegelstücken  ausgerieben  und  zuweilen  von  Ziegelstaub  geröthet 
sind.  Dergleichen  Rillen  findet  man  auch  an  den  Einfassuugssteinen  des  nördlichen 
Eingangs  zum  Zeughaus  in  Coburg,  an  den  Stadtthürmen  und  an  verschiedenen 
alten  Mauern  Coburgs,  deren  geschichtlich  festgestelltes  Alter  jedoch  nicht  immer 
bis  in  das  Mittelalter  zurückreicht.  Ich  theile  deshalb  bezüglich  der  Rillen  die  in 
den  Verhandlungen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Anthropologie  Bd.  X.,  S.  58  auf- 
gestellte Meinung  des  Dr.  Voss,  dass  die  Entstehung  jener  Sandsteinrillen  auf  die 
weit  verbreitete  CJuart  von  Kindern  zurückzuführen  ist,  mit  Ziegelstücken  Sand- 
steinfurchen auszureiben,  und  erinnere  ich  mich  aus  meiner  Kindheit,  solches  öfters 
gesehen  zu  haben,  wie  auch,  dass  Kinder  au  den  Seitenwänden  jener  Steinfurcheu 
ihre  Schiefergriffel  schärften. 

Ein  muthmasslicher  alter  Weihwassersteiu  befindet  sich  in  dem  Dorf  Milz 
bei  Römhild.  Dort  ist  in  die  Ostseite  des  Mauerunterschlags  des  dem  Oekonom 
Christian  Peter  zu  Milz  gehörigen  Hauses  ein  durch  künstlich,  hergestellte 
Vertiefungen    auffallender    Stein    eingemauert.      Derselbe ,    Buntsandstein ,     ist    ur- 


(225) 

sprünglich  32  cm  breit  und  36  cm  laug  gewesen,  ist  aber  jetzt  nicht  mehr  voll- 
ständig erhalten.  In  der  Mitte  desselben  sind  drei  runde  Vertiefungen,  an  der 
Oeffnung  6  cm  weit  und  8  cm  tief.  Die  Höhlung  gleicht  dem  Innern  einer  Ober- 
tasse. An  jeder  Ecke  des  Steins  ist  eine  vorspringende  kleinere  runde  Vertiefung 
von  6  cm  Weite  an  der  Oeffnung  und  6  cm  Tiefe.  Zwischen  je  zwei  Eckvertiefungen 
springt  in  der  Mitte  eine  gleich  grosse  Vertiefung  vor,  so  dass  die  8  Seitennäpfe 
je  eine  Seitenreihe  von  drei  Näpfen  bilden.  Niemand  im  Dorf  kennt  den  Ursprung 
dieses  Steins,  und  da  er  in  der  Mauer  steckt,  so  sieht  man  nur  die  Aussenfläche 
und  ist  über  Grösse  und  Form  des  Steins  im  Unklaren. 

Ueber  alte  Weihwassersteine  zu  wenig  unterrichtet,  bin  ich  im  vorliegenden 
Fall  durch  Vergleichung  mit  den  Abbildungen  alter  Weihwassersteine  (S.  Nilsson, 
die  Ureinwohner  des  Scandinavischen  Nordens,  Nachtrag  S.  48  und  49)  und  aus 
historischen  Gründen  zu  der  Annahme  hingeleitet  worden,  dass  der  erwähnte  Stein 
ein  alter  Weihwasserstein  sein  könnte,  indem  geschichtlich  feststeht,  dass  in  Milz 
783  p.  Chr.  von  einer  reichen  Edeldame  Emhild  ein  Nonnenkloster  gegründet  wor- 
den war,  welches  jedoch  schon  805  von  den  Sorbenwenden  zerstört  wurde.  Auch 
ist  die  ursprüngliche  Klosterstätte,  die  etwa  100  Schritte  von  dem  gedachten  Hause 
entfernt  war,  noch  bekannt. 

Immerhin  bleibt  der  in  Frage  stehende  Stein  eine  interessante  und  auffallende 
Erscheinung,  dessen  ursprüngliche  Verwendung  noch  einer  competenten  Erklärung 
bedarf.  — 

Der  Vorsitzende  behält  sich  vor,  die  Näpfchensteine  bei  einer  späteren  Ge- 
legenheit zum  Gegenstande  einer  Diskussion  zu  machen,  glaubt  aber  schon  jetzt 
vor  einer  zu  weit  getriebenen  Unterschätzung  der  Grübchen  und  Rillen  an  Kirchen- 
mauern warnen  zu  sollen. 

(7)  Hr.  Direktor  W.  Schwartz  in  Posen  berichtet,  im  Anschlüsse  an  frühere 
Mittheilungen  (Sitz,  vom  22.  Juni  und  19.  Oct.  1878,  Verh.  S.  276,  314)  über  eine 

neue  Ausgrabung  in  Slaboszewo,  und  zwar  zweier  sogen.  Hünengräber  mit  Siteletten, 

Steinbeilen  u.  s.  w. 

Am  3.  und  4.  Juni  d.  J.  fand  eine  Ausgrabung  in  Slaboszewo  im  Mogilnoer 
Kreise,  zu  welcher  die  Freundlichkeit  des  Besitzers  von  Slaboszewo,  Hrn.  Tiede- 
mann,  die  Gelegenheit  geboten,  statt.  Anwesend  waren  ausser  dem  genannten 
Herrn,  sowie  dem  Berichterstatter,  Hr.  Dekan  Dydynski  aus  Klecko,  Hr.  Vikar 
J(;draszkiewicz  aus  Szczepankowo  und  Hr.  Albin  Kohn  aus  Posen,  Die  Aus- 
grabung erstreckte  sich  auf  zwei  grosse  sogen.  Hünengräber,  die  etwa  1  km 
vom  Dorfe  ab,  am  Wege  nach  Szczepankowo  zu  liegen,  und  zwar  östlich  von  dem 
sogenannten  Blonie-Bruch.  Südlich  von  beiden  Gräbern  ist  ein,  von  nassen  Wiesen 
umgebenes  Wasserloch.  Das  höher  gelegene  Grab  wurde  zuerst  untersucht.  Es 
zieht  sich  von  Ost  nach  West,  hat  eine  Ausdehnung  von  etwa  15  m.  Nach  der 
Nordseite  zu  zeigten  sich  zunächst  eine  ganze  Reihe  gewaltiger  Granitblöcke, 
an  welche  sich  auf  der  Westseite  eine  Art  Grabkammer  in  Länge  von  6  m  und 
1  m  Breite  reihte,  an  die  sich  dann  nach  Süd -Westen  vorspringend  eine  andere 
mehr  quadratische  anschloss,  so  dass  die  Anlage  des  Ganzen  nach  dieser  Seite  hin, 
von  Süden  aus  gesehen,  einen  bastionartigen  Charakter  hatte.  Innerhalb  dieser 
Grabkammern  wurde  nichts  gefunden,  selbst  nicht  einmal  die  Spur  einer  Scherbe. 
Als  sich  die  Untersuchung  nach  der  offenen  Südseite  wandte,  und  zwar  von  der 
Süd-Ostecke  an,  wo  ein  grosser  Granitblock  die  Grenze  der  Steinsetzung  anzeigte, 

Verhandl.  der  Berl.  Antropol.  Gesellichaft  1S73.  15 


(226) 

stiess  man  in  dem  lehmigen  Boden  in  der  Tiefe  von  40  cm  auf  eine  ziemliche  An- 
zahl Schädel,  Menschen-  und  Thierknochen ,  von  letzteren  besonders  Kinn- 
backen, Zähne,  Wirbelknochen  und  Schulterblätter.  Hier  fand  sich  auch  unmittel- 
bar bei  einem  Gerippe  in  der  Nähe  von  Knochen,  die  wie  Finger  aussahen,  ein 
Meissel  aus  Rehhorn,  schön  erhalten,  mit  charakteristischer  Schärfe  oben  und  an 
der  einen  Seite  mit  einer  Rinne  wie  zum  Einschäften  versehen.  Dann  stiess  man 
auf  zwei  kleinere  Urnen,  welche  mit  der  Oeffnung  nach  unten  gestellt  waren, 
von  denen  aus  dem  fetten  Boden  aber  nur  Scherben  gerettet  werden  konnten. 
Ebendaselbst  wurde  zu  grosser  üeberraschung  ein  schöner  Feuerstein-Meissel, 
von  schiefergrauer  Farbe,  11  cm  lang  und  ca.  6  cm  breit  und  schön  geschliffen,  ent- 
deckt. Fast  gleichzeitig  ging  von  dem  anderen  Grabe,  wo  inzwischen  auch  die 
Ausgrabung  begonnen  hatte,  die  Meldung  ein,  dass  zwischen  zwei  grossen  Steinen 
in  der  Tiefe  eines  Meters  ein  Feuerstein-Meissel  derselben  Art,  auf  allen  Sei- 
ten noch  wie  neu  im  Schliff,  8  an  lang,  vorn  eben  so  breit  gefunden  sei.  Schon 
erachtete  man  nach  Allem  die  Ausgrabung  des  ersten  Grabes  für  erschöpft,  als  bei 
weiterer  Untersuchung  an  der  Südseite  man  dicht  unterhalb  des  Südrandes  des 
Grabes,  in  einer  Tiefe  von  1,10  m  gewaltige  Steinplatten  fand,  die  mit  gewöhn- 
lichen Steinen  bedeckt  waren.  Nach  Abräumung  der  letzteren,  sowie  der  grossen 
Deckplatten  zeigte  sich  hier  der  Anbau  eines  rechteckigen,  kolossalen  Stein- 
kistengrabes,  welches  mit  gewaltigen  Platten  bedeckt  und  umstellt  war.  Die 
Hauptdeckplatte  hatte  eine  Länge  von  93  cm,  eine  Breite  von  68  cm  und  eine 
gleichmässige  Dicke  von  27  cm.  Mit  grosser  Mühe  gelang  es  endlich,  dies  Grab 
zu  öffnen  und  zu  den  Urnen  zu  gelangen.  Es  waren  deren  9,  sehr  verschieden, 
zum  Theil  gewöhnliche,  zum  Theil  schöne,  mit  napfartigen  Deckeln  zugedeckt, 
von  welchen  zwei  besonders  charakteristisch  waren ,  indem  sie  im  Bauche  37,5  cm, 
in  dem,  den  Verschluss  bildenden  Falz  35  cm,  in  der  Peripherie  6  cm  umfassten 
und  oben  mit  einer  Art  Knopf  versehen  waren,  der  hutartig  diese  Deckelgefässe 
schloss.  Oben  befanden  sich  in  denselben  als  Verzierung  zwei,  7  mm  breite  con- 
centrische  Kreise.  Besonders  schön  war  eine  Urne  mit  knopfartigen  Buckeln  und 
zwar  drei  Paaren,  sowie  eine  andere  vom  intensivesten  Schwarz  innen  und  aus- 
wendig, mit  vorhangartigen  Verzierungen  ringsherum. 

Die  Urnen  waren  sämmtlich  mit  Knochen  gefüllt  und  in  einer  derselben  waren 
Ueberreste  einer  bronzenen  Spange,  an  der  stellenweise  noch  zinnartige  Masse 
zu  Tage  zu  treten  schien.  In  zwei  anderen  Urnen  befanden  sich  Ueberreste  von 
ziemlich  grossen  Nadeln  eisenartigen  Gehalts. 

Diese  Steinkiste,  welche  dem  Hünenbette,  wie  erwähnt,  angebaut  war,  hatte 
die  Richtung  von  Nord  nach  Süd  und  eine  Länge  von  1,50  m,  eine  Breite  von 
67  und  72  cm,  und  eine  Tiefe  von  74  cm.  Eine  an  der  Südseite  derselben 
etwas  schräg  stehende,  bedeutend  dünnere  Platte  als  die,  die  anderen  drei 
Seiten  des  Grabes  bildenden  Steine,  schien  zum  Verschluss  des  Grabes  gedient 
zu  haben.  —  Als  Curiosum  sei  noch  bemerkt,  dass  eine  der  Urnen,  welche  einige 
kalcinirte  Knochen  enthalten  hat,  zu  '/4  i^it  Wasser  gefüllt  war,  während  die 
anderen  in  gleicher  Höhe  stehenden  Urnen  mit  feuchtem  Sand  und  kalcinirten 
Knochen,  oder  mit  Lehm  und  eben  solchen  Knochen  angefüllt  waren,  und  nur  die 
zuletzt  herausgebrachte,  mit  einem  schwarzen  napfartigen  Deckel  zugedeckte  wenig 
kalcinirte  Knochen  ohne  jede  sonstige  Beimischung  enthielt.  Asche  und  Kohlen 
wurden  in  keiner  der  gefundenen  Urnen,  noch  sonst  in  dem  hier  in  Rede  stehen- 
den Steingrabe  gefunden.  —  Unter  den  aus  der  Steinsetzung  herausgeschafften 
Knochen  befand  sich  auch  ein  kleines  zugespitztes  Instrument  aus  Hörn  (möglicher- 
weise eine  Lanzenspitze.) 


(227) 

Die  AufgrabuDg  des  anderen  Hügels  hatte  gleichzeitig  fortgedauert.  Auch  hier 
war  man  auf  ungefähr  3  Skelette  gestosseu,  bei  denen  sich,  wie  in  dem  vorher- 
beschriebenen Hünengrabe,  auch  Thierknochen  in  Menge  vorfanden.  Auffallend 
ist  es,  dass  diese  Thierknochen  lediglich  in  Schenkeln,  Rückenwirbeln,  Schulter- 
blättern und  Unterkiefern  —  jedoch  nur  den  die  Backenzähne  enthaltenden  Theilen 
—  von  Wiederkäuern  bestanden. 

In  der  Mitte  fanden  sich  weiter  hier  zuerst  an  einer  Stelle  Scherben  überein- 
ander, dann  zwei  grössere  Urnen,  eine  von  ihnen  mit  einer  aus  senkrechten  Strichen 
in  Intervallen  geraachten  Verzierung.  Diese  beiden  Gefässe  zerfielen  jedoch  sofort. 
Am  folgenden  Tage  (4.  Juni),  wo  dieser  Stätte  besondere  Aufmerksamkeit  gewidmet 
wurde,  fand  sich  hier  ein  zweiter,  noch  kleinerer,  als  der  vorher  hier  gefundene, 
nur  7  C771  langer,  und  an  der  Schneide  3,7  cm  breiter  Feuersteinmeissel  aus 
demselben  schiefergrauen  Feuerstein,  wie  die  beiden  Tags  zuvor  gefundenen.  Fast 
in  der  Mitte  <ler  Grabstätte  traf  man  zuletzt  auf  ein  Skelet,  neben  welchem  sich 
rechts  vom  Schädel  ein  krugartiges,  leeres,  ganz  rohes,  den  Eindruck  der  Fin- 
ger, die  es  geknetet,  an  sich  tragendes  Zeremon  iengefäss  befand,  während  links 
von  dem  Skelet  ein  kleines  Dior it bei!  resp.  Meissel  von  8,50  cm  Länge  und 
4,50  cm  Breite  an  der  Schneide  ausgegraben  wurde.  Auch  dies  Skelet  war,  wie  alle 
übrigen,  dermassen  vermorscht,  dass  es  in  kleine  Knochenbrocken  zerfiel. 

Nördlich  vom  ersten  Grabe  wurde  eine  Steiusetzung  in  Kreisform  mit 
einem  Durchmesser  von  1,35  m  entdeckt.  Diese  Steinsetzung,  drei  Steine  über- 
einander, verjüngte  sich  nach  unten.  Die  Steine  waren  meist  rund  und  hatten 
durchschnittlich  eine  Höhe  von  31  cm.  Im  Innern  dieses  nach  Westen  zu  offenen 
Steinkreises  befand  sich  eine  ungefähr  3  cm  dicke,  rothgebrannte  Lehmschicht,  Spuren 
von  Asche  und  Kohlen  waren  nicht  vorhanden;  dagegen  hatte  man  östlich  von  diesem 
Steinkreise  Tags  zuvor  (in  der  Entfernung  von  ungefähr  5 — 6  Schritt)  beim  Sondiren 
des  Bodens  Kohlen  und  durch  Feuer  zerbröckelte  Steine  in  einer  Tiefe  von  etwas 
über  30  cm  gefunden.    Die  Kohlen  stammen  augenscheinlich  nicht  von  Nadelholz.  — 

Zu  diesem  gleich  an  Ort  und  Stelle  in  den  Hauptsachen  aufgenommenen  Pro- 
tokoll wird  noch  bemerkt,  dass  namentlich  die  erste  Grabstätte  Analogien  zu  dem 
früher  in  Zdziechowo  aufgegrabenen  bietet,  sowohl  in  der  Anlage  der  genannten 
Grabkammern,  als  in  der  eigenthümlichen  Verbindung  mit  einem  grossen  Stein- 
kistengrabe,  nur  war  ein  solches  in  dem  Slaboszewoer  angebaut,  dort  schien 
eine  der  Grabkammern  dazu  benutzt  worden  zu  sein.  Die  Gerippe,  Stein- 
beile, der  Meissel  aus  Rehhorn,  die  Thierknochen  waren  den  beiden  Slaboszewoer 
Gräbern  eigenthümlich  ^), 

Postscr.  Die  Schädel  von  Uljeno  sende  ich  zu  den  früheren  von  Hrn.  Sar- 
razin eingeschickten  ein.  Die  drei  mit  einem  Kreuz  oben  bezeichneten  rühren  aus 
den  Steinkanälen  her;  der,  bei  welchem  das  Kreuz  vorn  ist,  ist  in  sofern  der  charak- 
teristischste, als  das  erwähnte  Messer  bei  ihm  lag.  Die  Knochen  von  den  Hünen- 
betten bei  Slaboszewo  gehen  gleichzeitig  an  Dr.  M.  Kuhn  mit  der  Bitte,  zur  Er- 
gänzung beistehenden  Berichts  die  Thierknochen  näher  feststellen  zu  lassen.  Dabei 
sind  auch  einige  Schädelfragmente  und  zwei  Zähne,  die  ein  hiesiger  Arzt  für  Frauen- 
zäh  ne  erklärt  hat.  — 


1)  Wie  die  Erde  überall  Spuren  der  verschiedensten  Vergangenheit  birgt,  davon  legten 
zwei  Funde  Zeugniss  ab,  die  zufällig  gleichzeitig  auf  dem  Slaboszewoer  Felde  gemacht  wur- 
den. An  einer  Stelle  fand  man  einen  mittelalterlichen  Sporen  und  von  den  Deutschrittern 
geschlagene  Münzen,  an  einer  anderen  ein  kleines  russisches  Heiligenbild,  den  heiligen  Nico- 
laus darstellend,  von  der  Art,  wie  man  sie  öfter  findet  (auch  in  der  Mark)  und  wie  sie  wohl 
aus  dem  Durchzug  der  Russen  aus  dem  Jahre  1813  herstammen. 

16* 


(228) 

Hr.  Virchow  behält  sich  eine  Besprechung  der  Schädel  vor,  welche  zu  einem 
grossen  Theil  so  verletzt  angekommen  sind,  dass  erst  eine  umfassende  Restauration 
derselben  vorgenommen  werden  muss. 

(8)  Der  Direktor  des  Museums  in  Oldenburg,  Hr.  Kammerherr  v.  Alten,  be- 
richtet über  eine 

Fensterurne  von  Wildeshausen. 

Vor  einigen  Wochen  ist  in  der  Nähe  von  Wildeshausen  eine  sogenannte  Fenster- 
ürne  gefunden,  sie  befindet  sich  bereits  im  Besitz  des  Grossherzoglichen  Museums. 

Dieselbe  ist  in  einem  Hügelgrabe,  in  der  Nähe  eines  Baches,  gefunden,  und 
zwar  ziemlich  genau  in  der  Mitte  desselben.  Eine  kleinere  Vase  von  demselben 
Material  stand  in  ihr,  der  Inhalt  zeigte  nichts,  als  Spuren  von  Knochen  und  Kohle. 

Die  Urne  ist  vorzüglich  geglättet,  aber  nicht  glasirt,  wie  die  in  den  Annaler 
for  Oldkyndighed,  1856,  pag.  182 — 183,  Anmerkung  2  erwähnte;  sie  ist  von  hell- 
grauem, sehr  fein  geschlemmten  Thon  angefertigt.  Die  Höhe  beträgt  etwa  10  cm, 
der  Durchmesser  oben  13,7,  Durchmesser  des  etwas  ausgeschweiften  Fusses  5,4,  die 
Ausbauchung  14.  Ihre  Form  ist  elegant  zu  nennen;  der  Rand,  leicht  übergebogen, 
bildet  nach  der  kantigen  Ausbauchung  eine  Hohlkehle,  auf  dem  Rande  dieser  Aus- 
bauchung liegen  eiförmige  Vertiefungen  in  schräger  Richtung  0000,  unter  dieser 
Verzierung  läuft  ein  vertiefter  Strich  um  die  Urne,  auf  welchem  ein  Stabmuster 
DQd^CH  aus  vertieften  viereckigen  Stäbchen  folgt,  die  zweite  Reihe  dieses  Musters, 
nahe  der  ersten,  wird  durch  drei  gleichmässig  vertheilte  runde  Löcher  durchbrochen, 
in  welche  grünes  Glas,  in  tropfenartiger  Form,  in  den  Thon  eingesetzt  ist.  Die 
Glasansätze  an  jenen  Tropfen  sind  weit  dünner,  und  offenbar  in  den  feuchten  Thon 
eingesetzt.  Der  Durchmesser  dieser  Löcher  beträgt  etwa  1,7  cm.  Ebenso  ist  in 
dem  Fuss  ein  grösseres  Stück  Glas  gleicher  Farbe  eingesetzt.  Keines  dieser  Stücke 
dürfte  von  zerbrochenen  Gefässen  herstammen. 

In  demselben  Hügel  fand  ich  Kohle  und  zahlreiche  Scherben  von  Urnen,  ver- 
schiedenster Arbeit.  Arbeiter  hatten  schon  vielfach  in  demselben  gegraben,  und 
so  war  Alles  zertrümmert,  doch  wollten  sie  anderweit  keine  erhaltenen  Urnen  be- 
merkt haben. 

Ich  schliesse  diese  kurze  Notiz  mit  der  Hoffnung,  dass  die  Leser  der  Zeit- 
schrift über  ihnen  etwa  bekannte  ähnliche  Funde  Mittheilung  machen. 

Wie  ich  aus  dem  Archiv  für  Anthropologie  1874  (Correspondenzblatt)  ersehe, 
sind  in  Schweden,  Dänemark  und  England  dergleichen  Urnen  gefunden.  Die  bei 
Stade  gefundene  Urne  ist  in  der  Zeitschrift  für  Niedersachsen  abgebildet,  die  Urne 
selbst  befindet  sich  sehr  wahrscheinlich  im  hannoverschen  Provinzial-Museum. 

(9)  Hr.  Hofgerichtsadvokat  Barth  in  Giessen  übersendet 

verglaste  Steine  vom  Sängersberg  bei  Salzschlierf. 

Nach  seiner  Mittheilung  liegt  der  516  m  hohe  Sängersberg,  dessen  Kuppe  aus 
Basalt  besteht,  etwa  ^|^  Stunden  von  Salzschlierf  in  der  Richtung  nach  Schlitz, 
und  zwar  im  Gebiete  des  bunten  Sandsteins.  In  der  Nähe  der  Kuppe  desselben 
befinden  sich  erhebliche  Mengen  von  Basaltschlacken,  die  sich  nach  der  Meinung 
des  Hrn.  Barth  ganz  wesentlich  von  allen  den  Basaltgebilden,  die  ihm  sonst  im 
Vogelsberg  zu  Gesicht  kamen,  unterscheiden.  Sie  sind  so  reichlich,  dass,  obwohl 
sogar  ganze  Wagenladungen  davon  fortgefahren  sind,  noch  immer  grosse  Mengen 
vorhanden  sind.  Hr.  Barth  wirft  die  Frage  auf,  ob  es  sich  um  einen  verglasten 
Wall  handeln  könne. 


(229) 

Hr.  Virchow  findet,  dass  die  Wahrscheinlichkeit  dafür  spreche,  da  sich  in 
den  zusammengeschmolzenen  Stücken  Lücken  finden,  welche  genau  die  Merkmale 
darbieten,  die  er  früher  (Sitz,  vom  14.  Mai  und  9.  Juli  1870.  Verh.  S.  257,  461) 
für  die  Glaswälle  der  Oberlausitz  als  Stellen  veraschter,  aber  geschlagener  Holzstücke 
nachgewiesen  hat.  Jedenfalls  werde  es  nöthig  sein,  eine  Localuntersuchung  vorzunehmen. 

Hr.  Hauchecorne  übernimmt  es,  eine  genauere  Analyse  der  übersendeten 
Proben  ausführen  zu  lassen. 

(10)  Hr.  Rob.  Eisel  in  Gera,  macht  Mittheilungen  über 

Hakenringe  in  Gräbern  von  Ober-Oppurg. 

Einige  Hakenringe  in  der  Sammlung  des  voigtl.  alterth.  Vereins  verweisen  auf 
Ober-Oppurg,  die  Acten  dieses  Vereins  aber  berichten  darüber  Folgendes: 

1.  (Grab  1 — 28)  1846  wurden  auf  dem  Schulfelde  bei  Ober-Oppurg 
('/4  Stunden  von  Station  üppurg  der  Gera-Eichichter  Bahn)  bei  einer  Wegerweiterung 
28  Gerippe  in  einer  Reihe  begraben  aufgefunden,  deren  Schädel  bei  Ankunft  des  da- 
maligen Berichterstatters  noch  unberührt  lagen.  Nur  einen  nahm  er  mit  sich,  er  sagt 
aber  nicht,  wohin  er  gekommen.  Einer  der  Ringe  war  von  Silber (?),  da  aber  nur 
sehr  wenig  Beigaben  vorgefunden  worden  waren,  wurde  von  näherer  Nachsuchung 
abgesehen.  Mir  sind  die  fraglichen  Ringe  momentan  nicht  zur  Hand,  doch  wären 
sie  von  Hohenleuben  leicht  zu  erhalten. 

2.  (Grab  29—68).  An  Ort  und  Stelle  erfuhr  ich  hiervon  nichts  mehr.  Wohl 
aber  war  inzwischen  einige  100  Schritt  entfernt,  etwa  1865,  neuerlich  der  Weg  er- 
weitert worden,  und  will  man  dabei  die  Köpfe  von  mehr  als  100  Gerippen  (??)  ab- 
geschnitten haben.  Die  Arbeiter  berichteten,  die  übrigen  Gerippe  lägen  z.  Th- 
noch  in  den  an  den  Weg  grenzenden  Bauernfeldern  des  Pfarrberges.  Mindestens 
ein  sicherer  Kinderschädel  wurde  gefunden,  auch  Ringe  u.  A.  brachte  man  mir, 
die  ich  käuflich  erwarb;  doch  wusste  man  nichts  über  ihre  ursprüngliche  Lage, 
Diese  Gerippe  sollen  immer  (?)  auf  der  Brust  mit  4  bis  5  fast  kopfgrossen  Steinen 
belegt  gewesen  sein;  stets  habe  die  Erde  schwärzer  ausgesehen,  als  der  um- 
gebende schwarze  Boden,  und  alle  3 — 4  Schritt  sei  man  auf  ein  neues  solches 
Grab  gestossen.  Auch  ein  Pferdegerippe  habe  sich  gefunden,  mindestens  ein 
Pferdekopf;  doch  waren  hierüber  die  Berichte  unsicher  und  sich  widersprechend. 
Endlich  will  man  einen  Scherben  gefunden  haben,  sowie  ein  einziges,  kleines, 
irdenes  Gefäss,  welches  bis  heute  im  Besitz  des  Kirchenvorstehers  Hartmann 
in  Ober-Oppurg  ist,  welcher  es  mir  zwar  zu  überlassen  versprach,  es  aber  bis 
heute  nicht  wieder  aufgefunden  hat.  (Nach  Ausschreiten  des  Terrains  glaube  ich, 
dass  höchstens  40  Gräber  in   1  Reihe  lagen,  nicht  100). 

Weitere  Ausgrabungen  mussten  rasch  geschehen,  um  nicht  durch  Feldbestellungen 
gehindert  und  durch  Concurrenten  ausgestochen  zu  werden.  Ich  musste  dem  häss- 
lichsten  Wetter  trotzen,  so  stiessen  wir  denn: 

3.  (Grab  69 — 74)  auf  6  Gräber,  welche  eine  neue  Reihe  auf  den  Bauern- 
feldern des  Pfarrberges  bildeten,  indem  die  Gerippe  mit  den  Köpfen  fast  an 
die  Füsse  der  unter  Nr.  2  bereits  beseitigten  Reihe  anstiessec.  Auch  von  der  Reihe 
Nr.  2  (Grab  29 — 68)  deckten  wir  dabei  mehrere  kopflose  Gerippe  auf,  ohne  auf 
Beigaben  zu  stossen,  diese  fehlten  auch  in  den  Gräbern  69 — 74  gänzlich.  Be- 
merkenswerth  erschien  in  den,  kaum  durch  Zwischenräume  von  ^^ — IVi  Elle  ge- 
trennten 6  Gräbern  Folgendes:  die  viel  dunklere  Farbe  der  Erde,  die  mit  einer  Aus- 
nahme sämnitlich  nach  Osten  blickenden,  etwas  weniger  erhöht  liegenden  Köpfe, 
die  geringe  Tiefe  der  Gräber  —  kaum  \j  —  1  Elle.  Wahrscheinlich  wehte  der  W^ind 
auf  dem  Pfarrberg  viel  Erde  weg;  auch  der  Regen  mag  abgespült  haben.     Speciell: 


(230) 

Grab  Nr.  69  lieferte  1  Schädel,  wenig  defect,  doch  nach  Vi  Stunde  schon  an 
der  Luft  zerfallend.  Ich  bin  mit  der  Reparatur  beschäftigt,  halte  ihn  für 
den  eines  jungen  Mädchens  und  vermisste  bei  diesem  Grabe  die  sonst 
angeblich  überall  auf  der  Brust  liegenden  Steine. 

Grab  Nr.  70  lieferte  1  Schädel ,  dessen  Gesicht  durch  die  Rodehacke  eines  Ar- 
beiters stark  verletzt  wurde.  Hier  lagen  4—5  fast  kopfgrosse  Steine  auf 
der  Brust.     Die  Zähne  waren  seitlich  angefressen. 

Grab  Nr.  71.  Der  Schädel,  wahrscheinlich  vom  Ackervieh  zertreten,  war  nicht 
zu  retten.     Auch  hier  fehlte  jede  Steiubedeckung. 

Grab  Nr.  72  ganz  wie  Nr.  71,  dabei  aber  mit  fast  P/s  Centnern  kleineren  und 
grösseren  Steinen  belastet,  besonders  auf  Leib  und  Füssen. 

Grab  Nr.  73.  Hier  zeigten  sich  2  übereinander  liegende,  das  Gesicht  nach 
Osten  gewendete  Gerippe  und  ein  quer  über  ihnen  liegendes.  Letzteres 
sehr  defect,  auch  alle  3  Schädel,  zwar  in  der  Erde  noch  nothdürftig  zu- 
sammenhaltend, beim  Herausschneiden  mit  dem  Messer  aber  sofort  in  viele 
kleine  Stücke  zerfallend.  Ich  besitze  nur  einige  Kinnbackenreste  mit  Zähnen. 
Steine  lagen  hier  über  das  ganze,  der  Querlage  des  einen  obersten  Gerippes 
willen  etwas  breitere  Grab,  doch  nur  ganz  einzeln  umherliegend.  Mir  schien 
das  oberste  Gerippe  das  Gesicht  abwärts  zu  neigen,  dessen  Armlage  war 
leider  ebenfalls  nicht  mehr  zu  erkennen,  die  beiden  unteren  Gerippe  hatten 
die  Arme  flach  am  Körper  anliegend.  Alle  o  waren  offenbar  zusammen 
begraben,  nicht  in  verschiedenen  Epochen. 

Grab  Nr.  74.     "Wiederum   mehrere   grosse  Steine   auf  der  Brust,   vom  Schädel 
rettete  ich  ein  volles  Dach  und  das  Gebiss, 
Natürliche  Grösse. 


Silber. 
Der  punktirte  Haken  ist  abge-  2inn  mit  Blei. 

Bronze  (braun).  gebrochen.    Der  Ring  ist  rund,       Ränder  Querschnitt,  das 

Z.  Th.  wohl  verbogen,  runder  das  Hakenende  aber  ist  flach    Hakenende  flach  geschlageu. 
Querschnitt.  geschlagen. 


Bronze  (braun). 

Offener  ?  Fingerring.    Reifähnlich, 

nicht  runder  Querschnitt. 


Perle,  blauer  Glasfluss  mit  3  weissen 
Streifen. 


Bronzeartipe  Legirung  (gelb)  mit  Grünspan. 


(231) 

(11)  Hr.  Carl  Günther  hat  in  voi trefflicher  Weise  dia  Photographien  der  in 
der  letzten  Sitzung  vorgestellten  Patagonier  ausgeführt.  (Darnach  ist  Taf.  XV. 
gearbeitet  worden). 

(12)  Hr.  Schlossprediger  Dr.  Saal  born  in  Sorau  N/L.  übersendet  die  von  ihm 
bearbeitete 

prähistorische  Karte  des  Kreises  Sorau, 

welche  212  Fundstellen  im  Kreise  und  1G9  an  der  Grenze  desselben  verzeichnet. 

(13)  Ilr.  Jagor  theilt  mit,  dass  von  unserem  Mitgliede,  Hrn.  Heinrich  v.  Siebold 
in  Yeddo  ein  längerer  Aufsatz  ^Ueber  japanische  Kjökkenmoeddinger"  und 
als  Belag  dazu,  zum  Geschenk  für  die  Gesellschaft,  5  Blatt  Photographien  und  4 
Kästchen  Topfscherben  und  behauener  Steine  aus  eben  diesen,  in  der  Nähe  von  Yeddo 
befindlichen  „Kjökkenniöddinger"  oder  Muschelbergen  eingegangen  sind.  Auch 
meldet  der  Einsender,  dass  er  mit  der  Zusammenstellung  einer  grösseren  Samm- 
lung vorgeschichtlicher  Funde  für  das  Königliche  Museum  beschäftigt  sei. 

Japanische  Kjökkenmöddinger. 

Anknüpfend  an  seine  früheren  Mittheilungen  (Verh.  1878,  S.  428),  berichtet 
Hr.  V.  Siebold: 

Die  Muschelhaufen  in  nächster  Nähe  von  Tokio  (Yeddo),  südlich  bei  den 
Dörfern  Omori  und  Tsurumi,  nördlich  bei  Oji'),  scheinen  ursprünglich  dem  Meere 
bedeutend  näher  gelegen  zu  haben  als  heute.  Nach  Dr.  Naumann' s  Berechnung 
befindet  sich  die  Meeresküste  der  Bai  von  Yeddo  in  fortwährender  Hebung,  wie 
dies  auch  schon  nach  alten  japanischen  Karten  zu  vermuthen  ist. 

Die  Muschelhaufen  bestehen  aus  Schalen  von  Turbo,  Eburna,  Ostrea,  Cerithium, 
Area,  Pecten,  Cardium,  —  Gattungen,  die  heute  noch  in  der  Bai  von  Y'^eddo  vorkommen 
und  der  Bevölkerung  zur  Nahrung  dienen;  sie  sind  alle  geöffnet. 

Mit  den  Muscheln  kommen  zahlreiche  Knochen  von  Vierfüsslern,  Vögeln  und 
Fischen  vor;  unter  ersteren  sind  Hirsch,  Wildschwein,  Fuchs,  Hund  (?),  Bär  (?)  am 
reichlichsten  vertreten  -).  Alle  Röhrenknochen  sind  der  Länge  nach  aufgeschlagen, 
wahrscheinlich  um  das  Mark  herauszunehmen. 

Noch  reichlicher  und  sehr  mannichfaltig  in  Form  und  Zeichnung  sind  Scherben 
von  Thongefässen.  Einigermassen  gut  erhaltene  Stücke  finden  sich  nur  ganz  aus- 
nahmsweise, doch  ist  aus  vielen  Scherben  die  einstige  Form  des  Gefässes  noch 
zu  erkennen. 

Eine  so  grosse  Mannichfaltigkeit  der  Form  und  der  flachen  sowohl  als  plastischen 
Ornamentirung  dürfte  selten  bei  Gefässen  dieser  Periode  vorkommen. 

Der  verwendete  Thon  ist  von  rother,  brauner  oder  gelblicher  Farbe  und  lässt 
Spuren  des  Feuers  und  Rauches  erkennen,  die  merkwürdiger  Weise  an  der  inneren 
Seite  mancher  Gefässe  deutlicher  als  an  der  äusseren  sind.  Die  Böden  vieler 
Töpfe,  welche  in  noch  weichem  Zustande,  zum  Trocknen,  auf  geflochtenen  Unterlagen 
(aus  Bambus,  Reisig  oder  Malten)  gestanden  haben,   zeigen   die  Muster  der  alten 


1)  Von  diesen  sieben  Muschelhaufen  hat  Dr.  Naumann  zwei  entdeckt  und   mir   bereit- 
willigst zur  Untersuchung  überlassen. 

2)  Prof.  Morse  will  in  einem  Muschelhaufen  folgende  Menschenknochen  entdeckt  haben: 

rechter  humerus,  linker  humerus,  rechte  ulua,  rechter  radius,  rechtes  femur,  rechte 
tibia,  rechte  tibula,  fünfter  rechter  metatarsal,  linke  untere  maxilla  und  linkes  parietale 
und  schliesst  daraus,  dass  die  Urheber  dieser  Muscbelberge  „Cannibalen"  waren;  ich  werde 
am  Schlüsse  dieses  Berichtes  auf  diese  wichtige  Frage  näher  eingehen. 


(232) 

Flechtarbeiten  in  scharfen  Abdrücken  (wie  aus  den  eingesandten  Proben  zu  ersehen). 
Die  Gefässe  sind  vorherrschend  muldenförmig,  mit  Randverzierungen  oder  mit  ein 
gedrückten  Strichen  über  die  ganze  Aussenseite  verziert.  Seltener  kommen  schmale 
Verzierungen  auf  der  Innenseite  vor. 

An  den  Schüsseln  und  Kannen  sind  die  Henkel  oder  Oehsen  zum  Aufhängen 
reich  ornamentirt  und  mit  besonderem  Geschraacke  angebracht. 

An  einigen  Gefässen  sind  die  vertieften  Verzierungen  mit  einer  rothen  Substanz, 
welche  sich  als  Zinnober  erwies,  ausgefüllt. 

Nach  und  nach  fand  ich  in  verschiedenen  anderen  Muschelhaufen  hunderte 
celt-  und  beilartiger  Steine  ^).  Bei  allen,  von  Natur  flachen  waren  an  beiden 
Seiten  kleine  Stücke  ausgeschlagen,  vermuthlich  zur  Befestigung  einer  Schnur.  Für 
meine  Annahme,  dass  es  Netzbeschwerer  gewesen,  spricht  der  Umstand,  dass  ich 
später  eben  solche  Steine,  für  diesen  Zweck,  bei  den  Aino's  auf  Y  es  so  im  Gebrauch 
fand  ^).  Die  Muschelhaufen  enthielten  auch  grosse  Mengen  runder  Steine,  die 
deutliche  Spuren  des  Feuers  an  sich  trugen,  und  andere,  welche  durch  die  Hitze 
gesprengt  waren.  Wahrscheinlich  sind  diese  Steine  zum  Kochen  benutzt  worden 
in  der  Art,  wie  es  bei  den  Aino's  noch  vor  nicht  langer  Zeit  Brauch  war  ^). 
Auch  der  ümstaud,  dass  die  Scherben  äusserlich  so  geringe  Spuren  des  Feuers 
zeigen,  weniger  sogar  als  auf  den  Innenseiten,  spricht  für  diese  Annahme. 

Es  deutet  auf  den  geringen  Culturzustand  der  Errichter  dieser  Muschelhaufen, 
dass  unter  mehreren  Hunderten  von  Steingeräthen  und  Bruchstücken  nur  etwa  sechs 
polirte  vorkommen  (z.  B.  Taf.  V.  Fig.  18,  22)*). 

Schleifsteine  wurden  in  verschiedenen  Grössen  und  Formen  angetroffen.  Mit 
Ausnahme  jener  aus  Kieselschiefer  angefertigten  sechs  Exemplare  bestand  alles 
Hausgeräth  aus  Thonschiefergeschieben,  die  aus  dem  nur  wenige  englische  Meilen 
entfernten  Tamagawa-Flusse  entnommen  zu  sein  scheinen. 

Die  unvollendeten  sowie  die  fertigen  Stücke  Hessen  die  Art  der  Anfertigung  er- 
kennen. Runde  Rollsteine  und  flache  Geschiebe  waren  gespalten,  durch  Behauen 
der  Enden  zugeschärft  oder  abgerundet  worden,  so  dass  ein  Geschiebe  meist  zwei 
Stücke  gegeben  hatte,  deren  eine,  durch  das  Wasser  abgeschliffene  Seite  bei  ober- 
flächlicher Betrachtung  leicht  für  künstlich  hergestellt  gehalten  werden  könnte. 

Die  Töpferarbeiten  aus  diesen  Muschelhaufen  stimmen  hinsichtlich  ihrer  Form 
und  Verzierung  genau  überein  mit  solchen,  die  auf  Jesso  unter  ähnlichen  Verhält- 
nissen vorkommen;  namentlich  stiess  ich  an  der  Westküste  jener  Insel  auf  mehrere 
aus  der  Steinzeit  datirende  Niederlassungen,  in  denen  ich  nicht  nur  dieselben  Thon- 
ächerben,  sondern  auch  dieselben  Steingeräthe,  wie  in  den  Muschelbergen  bei  Yeddo 
und  wie  sie  noch  heute  bei  den  Aino's  in  Gebrauch  sind,  vorfand.  Manche  dieser 
Scherben  waren  jenen  in  Form  und  Zeichnung  so  ähnlich,  dass  ich  glaubte,  Bruch- 
stücke der  Thongefässe  von  Yeddo  vor  Augen  zu  haben. 

Auch  die  noch  jetzt  von  den  Aino's  hin  und  wieder  angefertigten  Thongefässe 
haben  denselben  Charakter,  ebenso  die  Stickereien,  während  sie  durchaus  ver- 
schieden sind  von  den  Gefässen  aus  alten  japanischen  Gräbern  und  den  zuweilen 
im  Lande  gefundeneu  Gefässen  coreanischen  Ursprunges. 

Es  muss  hier  noch  besonders  hervorgehoben  werden,  dass  die  Aino's  heute  noch 
mit  grosser  Gewissenhaftigkeit  in  der  Nähe  ihrer  Hütten,  am  Meere  oder  am  Flusse, 
Muschelliaufen,  und  in  den  Bergen  einen  Abfallhaufen  errichten.    Dieselben  enthielten, 

1)  Taf.  IV.  1-14;  Taf.  V.   1-17,  19-24,  33. 

2)  Taf.  V.,  Fig.  20,  21   iiiul  23,  und  zwei  Original-Ohjecte. 

3y  (Indem  man  sie  nchmlich  hei.>-s  in  die  zu  kochende  Flüssigkeit  waif.     F.  J.) 
4)  Die  Tafchi  konnten  wegen  ihrer  Zahl  nicht  mit  publicirt  werden.  Red. 


(283) 

als  ich  sie  untersuchte,  genau  wie  die  Muschelhaufeu  bei  Yeddo,  ausser  Thonscherben, 
der  Länge  nach  aufgeschlagene  Knochen  von  Hirsch,  Fuchs  u.  s.  w.,  deren  Mark 
für  die  Aino'js  ein  besonderer  Leckerbissen  ist. 

Ihr  Cultus  schreibt  ihnen  vor,  allen  Speiseresten  und  unbrauchbar  gewordenen 
Hausgeräthen,  welche  ihnen  durch  die  Gnade  des  grossen  Geistes  „Kamoi**  (vom 
japanischen  Kami)  verliehen  worden  sind,  eine  besondere  Stelle  anzuweisen,  um  dem 
Gefühle  der  Dankbarkeit  auch  noch  in  dieser  Weise  Ausdruck  zu  geben.  Eine  so 
ausgeprägte,  streng  gehaltene  Sitte  besteht  bei  den  Japanern  und  Coreanern  nicht. 

Was  das  Alter  der  Muschelhaufen  bei  Yeddo  anbelangt,  so  sind  gelehrte 
Japaner  der  Ansicht,  dass  dieselben  etwa  2000  Jahre  alt  sein  dürften.  Sie  gründen 
ihre  Berechnung  auf  die  geschichtliche  Aufzeichnung,  dass  im  Jahre  110  n.  Chr. 
der  Sohn  des  Kaisers  Kaiko  Tenno  (was  auch  für  die  Abstammung  der  Muschel- 
haufen von  den  Aino's  spricht)  in  der  Umgegend  der  heutigen  sogenannten  Bai  von 
Yeddo  die  Aino-llorden  besiegte.  Es  darf  hier  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden, 
dass  die  Errichtung  dieser  Muschelhaufen  in  manchen  Fällen  sehr  lange  Zeit  in 
Anspruch  genommen  haben  kann.  —  Vollständig  wurden  die  Aino's  aus  Japan  erst 
um  das  Jahr  1000  n.  Chr.  vertrieben;  bis  zum  Jahre  1670  n.  Chr.  fanden  auf 
Yesso  Empörungen  gegen  das  japanische  Joch  statt. 

Die  Aino's  haben  nach  ihren  Gesängen  und  Traditionen  eine  grosse  Vergangen- 
heit, sind  aus  dem  unfreundlichen  Norden  nach  dem  fruchtbaren  Süden  gezogen, 
durch  die  Japaner  aber  wieder  zurückgedrängt  worden.  Ihre  Körperbeschaffenheit 
und  ihre  Sprache  deuten  auf  nördliche  Abstammung,  vielleicht  auf  Kamtschatka. 

Aus  obigen  Gründen  bin  ich  der  Ansicht,  dass  die  Muschelhaufeu  bei  Yeddo 
den  Aino's  ihren  Ursprung  verdanken.  Diese  Ansicht  ist  nicht  nur  in  Japan,  sondern 
auch  in  Europa  bezweifelt  worden  •),  doch  sind  die  angeführten  Gründe  nicht  stich- 
haltig, und  beweisen  eine  grosse  Unkenntniss   der  alten  japanischen  Geschichte. 

In  erster  Linie  ist  das  Nichtvorkommen  zweier  Steinschmuckgegenstände,  der 
sogenannten  Magatama  undKudatama  in  den  Muschelhaufen  als  sicherer  Beweis, 
dass  letztere  nicht  von  den  Aino's  herrühren,  sondern  prä-japanisch  seien,  hervor 
gehoben  worden. 

Abgesehen  von  der  grossen  Unwahrscheinlichkeit,  unter  Steingeräthen  einer  so 
fernliegenden  Periode,  Steinornamente  zu  finden ,  deren  Anfertigung  grosses  künst- 
lerisches Geschick  voraussetzt  (zum  Durchbohren  des  Kudatama  würde  sogar 
Metall  nöthig  sein,  Metall  ist  aber  noch  nie  in  einem  Muschelhaufeu  gefunden 
worden),  ist  auf  die  Thatsache  zu  verweisen,  dass  das  Magatama  sowohl  als  das 
Kudatama,  welche  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  von  China  oder  Corea  nach 
Japan  kamen,  den  Aino's  erst  seit  kurzer  Zeit  bekannt  und  keineswegs  früher  all- 
gemeine Schmuckgegenstände  dieses  Volkes  gewesen  sind.  Die  Aino's  haben,  wie 
ich  mich  in  Yesso  überzeugte,  jenes  Magatama,  welches  sie  „Sitogi"  heissen, 
von  den  Japanern  erhalten,  kannten  dasselbe  aber  noch  nicht,  als  sie  mit  ihnen 
im  Kriege  lebten  (bis  1670). 

In  China  wird  das  Magatama  noch  heute  als  Schmuck  getragen,  in  Japan 
gilt  es  als  Sinnbild  der  Regierung  des  Mikado  „nachgiebig,  aber  im  Innern  stark", 
üebrigens  würde  wohl  ein  so  kostbarer  Schmuck  schwerlich  in  Abfallhaufen  zu  suchen 
sein.  Wichtig  ist  endlich  der  Umstand,  dass  das  Magatama  aus  Nephrit  besteht, 
welcher  Stein  auf  Japan  od(^r  Yesso  nicht  vorkommt,  in  China  und  Corea  hin- 
gegen häufig  ist. 

Alle  bisher  ausgegrabenen  Magatama' s  wurden  im  Süden  gefunden,  niemals  im 
Norden  von  Japan,  wo  allein  A  in o- Niederlassungen  vorhanden  waren. 

1)  Tokio   Times,  Dec.  21,  TB.    N  ou  llellwald  in  Üest.  Ost-Asiat.  Zeitung,  Qctober  ]878. 


(234) 

Man  hat  ferner  bezweifelt,  dass  die  Muschelhaufen  von  Aino's  herrühren,  weil 
ein  Volk,  welches  so  reich  verzierte  Thongefässe  anzufertigen  verstand,  solche  Kunst 
niemals  verlernt  haben  würde  •).  Die  Aino's  brauchen  sich  aber  heute  solcher  Mühe 
nicht  mehr  zu  unterziehen,  da  sie  von  Japanern,  für  wenige  Hirschfelle,  nicht  nur 
mit  glasirten  Töpfen,  sondern  auch  mit  Metallgefässen  reichlich  versehen  werden. 

Prof.  Morse  hat  in  dem  einzigen  Muschelhaufen,  den  er  untersuchte,  Menschen- 
knochen gefunden,  die  alle  gespalten  sein  sollen,  und  schliesst  daraus,  dass  diese 
Muschelhaufen  von  Cannibaleu,  aber  nicht  von  Aino's  stammen,  die,  nach  den 
japanischen  Annaien  zu  schliessen,  nicht  so  grausam  gewesen  sein  können  2). 

Ich  will  nicht  in  Frage  stellen,  dass  diese  Knochen  Menschenknochen 
sind,  obwohl  ich  in  7  grossen  Muschelhaufen,  in  verschiedenen  Gegenden,  unter 
einer  grossen  Menge  von  Knochen,  nicht  einen  einzigen  Menschenknochen  gefunden 
habe  ^).  Es  ist  aber  doch  jedenfalls  sehr  gewagt,  nicht  nur  die  Errichter  dieser 
Haufen  für  Cannibalen,  sondern  auch  für  Nicht-Aino's  zu  erklären.  Der  Cha- 
rakter der  Aino's,  welchen  Dr.  Morse  sehr  milde  nennt,  war,  wie  die  Annaien 
melden,  in  früheren  Zeiten,  als  sie  noch  nicht  unterjocht  und  gedemüthigt  waren, 
ein  sehr  roher;  viele  ihrer  früheren  Gebräuche  und  einige,  die  sich  bis  heute 
erhalten  haben,  sind  sehr  grausam  und  lassen  wohl  die  Vermuthung  zu,  dass  aus- 
nahmsweise Menschenfleisch  —  besonders  das  eines  Feindes  —  verzehrt  worden 
sein  mag.  Japaner  haben  im  Kriege  wiederholt  das  Fleisch  ihrer  Feinde  verzehrt, 
oder  deren  Blut  getrunken,  wie  schon  Marco  Polo*)  anführt. 

Ich  glaube  hiermit  bewiesen  zu  haben,  dass  die  Muschelhaufen  von  den  Aino's 
herrühren,  welche  heute  nur  noch  in  geringer  Zahl  auf  Yesso,  in  Kamtschatka 
und  auf  den  Kurilen  leben,  nicht  aber  von  einer  prä-j  apanischen  Rasse,  von 
der  sonst  keine  Spur  zu  finden  ist. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  noch  auf  die  geringe  Glaubwürdigkeit  der  j  apanischen 
Annaien  aufmerksam  machen,  in  denen  alles  für  das  Volk  Unrühmliche  übergangen, 
Niederlagen  sogar  als  Siege  verzeichnet  sind. 

(14)  Hr.  Jagor  theilt  mit,  dass  Dr.  Richard  Schomburgk  in  Adelaide 
auf  seine  Anfrage  sich  damit  einverstanden  erklärt,  dass  die  Zauberhölzer  der 
südaustralischen  Regenmacher  der  Anthropologischen  Gesellschaft  als  Ge- 
schenk verbleiben.  Dr.  Schomburgk  fügt  hinzu,  dass  die  von  ihm  zurückbehaltenen 
Exemplare  dieselbe  Form  haben,  wie  die  hierher  gelangten. 

Zugleich  schickt  er  einen  handschriftlichen  Originalbericht  ein 

1)  Tokio  Times,  Dec.  21,  1878. 

2)  Repeated  inquiries  among  eminent  Japanese  scholars  and  archaeologists,  like  Mr. 
Rauda,  Mr.  Ninagawa  and  others,  as  to  this  question,  are  always  answered  in  the  same 
way.  Not  only  were  they  (the  Aino's)  not  cannibals,  bat  they  are  reported  as  being  so  mild  and 
gentle,  that  murder  has  never  been  known  to  have  occurred.  So  nionstrous  a  habit  would 
certainly  have  been  known  and  recorded,  particularly  in  the  painstaking  annals  of  early 
historians  in  Japan.     (Tokio  Times,  Dec.  21,  1878.) 

'.i)  Dr.  H.  Gierke  hatte  die  Güte,  alle  von  mir  ausgegrabenen  Knochen  zu  untersuchen. 

4)  „Der  Leser  möge  jedoch  wissen,  dass  die  abgöttischen  Einwohner  dieser  Insel  (Zipangu 
=  chin.  Ji-peu  =  Japon  =  Japan),  sobald  sie  einen  Feind  ergreifen,  der  nicht  die  Mittel  hat, 
ein  Lösegeld  aufzubringen,  alle  ihre  Verwandte  und  Freunde  in  ihr  Haus  laden  und  den 
Gefangenen  schlachten,  seinen  Leib  zurichten  und  im  Gastmahl  verzehren.  Sie  sagen  auch, 
das  Menschenfleisch  sei  das  wohlschmeckendste,  das  in  der  Welt  zu  linden  sei."  (Marco 
Polo  —  August  Bürk  1845.  Seite  512).  Marco  Polo's  Aussage,  dass  die  Dächer 
des  Kaiserlichen  Palastes  in  Japan  mit  Gold  platirt  gewesen,  ist  als  Unsinn  bezeichnet 
worden,  erweist  sich  aber  heute  als  "Wahrheit,  in  sofern,  als  die  Ziegel  vergoldet 
waren.     Ich  selbst  besitze  deren. 


(235) 

über  einige  Sitten  und  Gebräuche  der  tief  im  Innern  Südaustraliens,  am  Peake-Flusse  und 
dessen  Umgebung,  hausenden  Stämme, 

welchen  er  einem  seiner  Freunde  verdankt,  den  er  als  einen  durchaus  zuverlässigen 
Mann  schildert,  der  gewiss  nicht  übertreibe,  so  stark  gewürzt  seine  Schilderungen 
auch  scheinen  mögen. 

Notes    on    some    habits    of   native    tribes. 

Peake  River.  —  Ci  rcumcision. 

As  soon  as  the  boy's  hair  commences  to  grow,  he  is  to  be  circumcised.  This 
ceremony  is  performed  once  ayear,  at  a  place  called  Wenta  nurina  (foreskin).  A 
party  of  the  men  ot"  the  tribe,  especially  old  men,  collect  all  the  boys,  who  have 
arrived  at  the  required  age  and  take  them  to  this  place;  the  remainder  of  the  tribe 
camp  on  the  Peake  River,  a  few  miles  off,  where  they  indulge  in  singing 
and  sexual  iutercourse  ad  libitum.  None  of  the  boy's  relatives  are  included 
in  the  cutting  party;  they  and  the  boys  are  supposed  not  to  be  aware,  that  the 
Operation  is  to  take  place.  At  about  half  a  mile  from  the  place  of  circumcisiou 
the  party  camps  and  tive  or  six  of  the  old  men,  taking  a  boy  with  them,  proceed 
to  the  place  of  circumcision.  They  play  with  him,  to  give  him  confidence,  then 
one  of  them  throws  the  boy  down  or  takes  him  on  his  back,  stooping  at  the  same 
time.  Another  mau  then  lays  hold  of  the  boy's  legs,  while  the  chief  old  man,  with 
a  very  sharp  flint  kuife,  severs  the  foreskin  in  about  two  cuts.  He  then  throws  a 
little  earth  on  the  bleeding  wound,  and  with  a  firestick  gradually  scars  it.  All  this 
is  done  very  gently,  so  as  not  to  give  unnecessary  pain.  During  the  whole  of  the 
ceremony  the  men  keep  singing  at  the  top  of  their  voices.  When  the  boys  are  all 
circumcised,  they  receive  each  a  flat  piece  of  wood  with  notches,  which  when  swung 
over  the  head  by  a  string,  produces  a  whizzing  sound,  that  may  be  heard  several 
hundred  yards  off.  They  are  directed  to  souud  it,  when  approaching  the  camp, 
which  they  are  only  permitted  to  do  at  night.  Their  fathers  and  brothers  then 
bring  them  some  food,  as  they  must  not  be  seen  by  the  women,  until  they  are 
quite  well.  When  thoroughly  recovered  from  the  Operation,  they  receive  a  small 
white  tassel,  made  of  the  für  of  the  cote  (?),  and  fix  it  in  the  hair,  so  as  to  cover  the 
gland  of  the  penis.  They  are  then  allowed  to  miugle  freely  with  the  reöt  of  the 
tribe  and  indulge  in  sexual  intercourse  whenever  they  get  a  chance. 

About  a  twelvemonth  after  circumcision  the  ceremony  of  Splitting  the  Urethra  is 
performed.  This  is  done  with  a  sharp  flint  and  a  piece  of  bark,  placed  in  the 
wound,  to  prevent  its  uniting  again.  They  are  now  full-blown  young  men  and  can 
marry,  provided  they  can  get  a  „Subra". 

Charlotte-Water  and  Dalhousie-Springs. 
The    natives    of    these    districts    have    the    same  ceremonies  as  at  the  Peake 
River.     Of  the  Alice  Springs  and  further  North,  nothing  is  known  except  that 
the  inhabitants  are  all  circumcised  and  have  the  Urethra  split. 

Making  Young  Women. 
Peake  River. 
This  is  uo  periodical  ceremony,  no  particular  time  or  place  being  set  apart 
for  it.  When  the  girl's  breasts  begin  to  grow  and  the  down  appears,  a  number  of 
old  men  kidnap  her  and  carry  her  off  to  some  lonely  spot ;  she  is  thrown  on  her 
back,  one  man  holds  her  arms  and  two  others  her  legs.  The  chief  man  then  first 
introduces  one  fiuger  iuto  the  vagina,  then  two;  tied  together  with  a  string,  and  finally 


(236) 

four.  When  the  orifice  is  sufficiently  enlarged,  he  pulls  out  the  hymen.  The  girl 
is  thea  considered  broken  —  in,  and  allowed  to  return  to  the  camp.  In  consequence 
of  this  rough  treatment  the  girl  is  generally  unable,  for  three  or  four  days,  to  leave 
ihe  camp.  As  soon  as  she  can  go  about,  she  is  waylaid  in  every  uook  and  corner 
by  the  men.  In  fact  the  unfortunate  girl  cannot  stir  out  of  the  camp,  without  being 
followed,  and  has  to  submit  to  the  carual  desires  of  five  or  six  men  one  after  the 
other.  This  State  of  things  continues  until  she  (as  she  is  certain  to  do)  contracts 
some  venereal  desease;  when  she  is  dispised  by  the  whole  camp  and  left  to  get 
well,  as  best  she  may.  The  native,  to  whom  she  was  promised,  when  she  was  a 
child,  takes  her  and  lives  with  her. 

The  natives  of  the  Charlotte  Waters  and  Alice  Springs  have  much  the 
same  customs,  but  they  cut  the  hymen  with  a  stone  and  use  a  stick  instead  of  the 
tiugers  as  described. 

Classes  or  families. 

The  tribes  of  the  Peake  River  and  Charlotte  Waters  are  divided  into  four 
classes  or  families,  uamely  Parulä,  Poouingä,  Pultarä  and  Coomarä.  A  Purulä 
may  only  marry  a  Pooningä,  and  their  children  are  either  Pultarä  or  Coomarä. 
If  the  Parulä  is  the  male,  the  children  are  Coomarä;  but  if  female,  the  children 
are  Pultarä.  A  Pultarä  may  only  raarry  a  Coomarä;  if  male,  the  children  are 
Pooningä,  but  if  female,  Parulä. 

Prostitution  is  one  of  the  great  trades  among  the  natives.  A  number  of 
them,  upon  the  arrival  of  any  native  and  bis  ^gin"  (of  the  tribe)  into  the  camp,  make 
a  collection  of  weapons,  each  giving  something,  and  take  them  to  the  „wurley"  where 
this  native  is  camped;  they  also  take  one  of  their  own  „gins"  with  them.  They  lay  these 
weapons  at  bis  feet,  and  leaving  the  „gin",  they  brought,  go  away  a  short  distance; 
when  the  native,  perfectly  oiiderstanding,  what  is  required,  sends  his  gin  out  to  them. 
They  take  her  a  little  way  oflf  and  have  sexual  intercourse  with  her,  one  after  the 
other.  Women  have  been  known,  to  take  as  many  as  30  men  in  one  night.  When 
they  have  done,  she  returns  to  her  husband,  and  the  other  gin  immediately 
leaves  him. 

Weapons. 
Peake  River. 

The  weapons  here  are  very  poor,  consisting  of  light  spears  without  barbs, 
boomerangs  (the  commou  one  for  throwing)  and  a  iarge  two  handed  one,  about  five 
feet  long,  used  as  a  sword.  They  throw  the  spears  with  a  woomera,  a  flat  piece 
of  wood  about  two  feet  long,  with  a  hook  in  the  end,  which  fits  into  the  end  of  the 
spear.  The  weapons  at  Charlotte  Waters  and  Alice  Springs  are  very  similar 
to  those  of  the  Peake  River  tribes. 

Tenants  Creek. 

Their  weapons  are  of  a  much  superior  class.  They  have  war-spears  from  16 
to  18  feet  long,  with  four  to  ten  barbs  on  them,  some  of  the  barbs  being  from  6  to 
I)  inches  long.  They  have  also  lighter  spears  for  throwing,  and  reed- spears  for 
killing  game,  which  they  throw  from  a  woomera.  They  have  three  or  four  different 
kinds  of  boomerangs  and  sword,  sticks,  and  a  stone  tomahawk,  marie  by  fixing  a 
piece  of  fliut  to  the  end  of  „a  yam"  stick,  by  means  of  a  resin,  obtained  by  burning 
the  porcupine-  or  spinifex-grass. 

Their  shields  are  round,  from  18  inches  to  two  feet  in  diameter,  and  made 
from  a  bean-  or  cork-tree. 

They  are  a  fine  race,  but  very  hostile  to  white  men  and  great  thieves.    I  think 


(287) 

that  when  they  know  alittle  more,  it  will  be  very  urisafe  for  Europeans  to  reside  in  that 
part  of  the  couatry,  as  they  are  very  numerous,  especially  on  the  Alttack  Creek. 

Superstition  s. 

When  a  member  of  the  Peake  River  tribe  is  about  to  die,  he  is  asked,  who 
gave  him  the  bone?  as  they  do  not  believe,  that  a  person  cau  die  naturally;  but 
think,  it  must  be  the  work  of  sonae  enemy.  The  patient  names  a  person,  against 
whom  he  has  a  grmlge,  and  if  he  dies,   a  party  is  formed,  who  go  and  kill  him. 

When  the  doctor  calls  on  a  person,  who  coni[)lains,  for  instauce,  of  a  pain  in 
the  Shoulder,  he  sucks  that  part,  and  pretending  to  extract  quantities  of  matter, 
turns  round  and  spits  out  now  and  then;  or  he  rubs  ihe  part,  and  by  some  sleight 
of  band,  simnlates  to  druw  a  bone  out  of  it.  Such  is  their  folly,  that  I  believe,  it 
actually  does  them  good. 

When  a  woman  persists  in  allowing  one  of  her  near  relatives,  say  a  brother 
or  Cousin,  to  have  connection  with  her,  she  is  cut  with  stone  knives  in  a  frightful 
manner.  1  saw  one's  bowels  hang  out  through  her  back.  If  she  still  persists  in  this 
crime,  a  burning  firestick  is  run  right  up  the  vagina  and  she  is  burnt  in  such  a 
manner,  that  the  wound  never  heals.  The  above  Statements  about  circumcision, 
superstition  etc.  refer  to  the  Peake  River  and  Charlotte  Water  tribes. 

When  a  child  dies,  they  eat  it,  saying  that  they  will  always  grieve  for  it,  unless 
they  do  so.  They  give  the  head  to  the  mother,  the  children  in  the  camp  also  get 
some,  „to  make  them  grow".  They  also  eat  different  parts  of  the  men  and 
women,  who  die,  viz  those  parts,  where  their  best  abilities  are  supposed  to  be  placed. 

These  are  only  rough  notes,  they  will  be  supplemented  at  a  future  time. 

(15)  Herr  Jagor   übergiebt  der  Gesellschaft 

a)  Photographie   eines  „Chua", 

b)  Abschrift  eines  Berichtes  über  die  „Chua's"  von  Dr.  Johnston  aus  der 
Indiau  Medical  Gazette   18(56,   1   May, 

die  er  von  Dr.  J.  Wilson,  Surgeon-Major  R.  H.  A.,  aus  Peshawer  erbalten  hat, 

Dr.  Johnston  theilt  über  den  Ursprung  jeuer  merkwürdigen  Sekte  von  Fakir' s, 
welche  den  Dienst  im  Tempel  Shadowla  bei  Gujrat  (Punjab)  verrichten.  Fol- 
gendes mit: 

unter  der  Regierung  Akbar's  (also  im  XVI.  Jahrh.)  gründete  ein  18 jähriger 
Sonni-Fakir,  Shadowla,  einen  Tempel  in  Gujrat.  Unfruchtbare  Weiber  kon- 
sultirten  ihn  um  Mitternacht  und  brachten  ihm  ihre  Erstgeborenen  als  Tribut  dar. 
Der  Kopf  des  ersten  dieser  Kinder  glich  angeblich  einem  Rattenkopf,  daher  der 
Name  Chua  (Ratte).  Shadowla's  3  Söhne  heirateten,  und  uuter  Aurungzeb's 
Regierung  (in  der  letzten  Hälfte  des  XVII.  Jahrh.)  war  ihre  Nachkommenschaft  auf 
hundert  Köpfe  angewachsen.  Jetzt  (1866)  leben  noch  9  Chua's,  5  5  4$,  im  Tempel 
von  Shadowla.  Der  Tempel  wird  heimlich  von  Weibern  besucht,  welche  die 
Nacht  darin  zubringen,  und  am  Morgen  nur  einen  Chua  an  ihrer  Seite  finden, 
was  die  Conception  begünstigen  und  Chua's  erzeugen  soll. 

Von  den  Chua's,  welche  er  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte,  meldet  Dr. 
Johnston: 

Ihr  UrtheilsvermögtMi  war  beinahe  gleich  Null;  sie  waren  fast  unfähig,  Laute 
zu  artikuliren  und  Nahrungsmittel  zu  unterscheiden.  Alles  verschlangen  sie  mit 
gleicher  Gier. 

Sie  waren  durchaus  impotent  und  ihre  Geschlechtsorgane  so  unentwickelt,  wie 
die  eines  Kindes,  Rumpf  und  Gliedmaassen  zwerghaft  klein  und  eingeschrumpft. 

Dr.  Wilson  ist  der  Ansicht,  dass  die  Chua- Schädel  das  Ergebniss  künstlicher 


(238) 

Verunstaltung  seien,  und  erwähnt,  dass  die  meisten  jetzt  noch  vorhandenen  Chua's 
über  25  Jahre  alt  sind,  weil  die  Regierung  in  neuerer  Zeit  diese  Körperentstellung 
mit  Erfolg  verboteo  hat.  Dr.  Johnston  aber  kennt  eine  Mutter,  deren  Erstgeborener 
ein  Chua,  während  ihre  beiden  andern  Söhne  kräftige  Männer  sind,  die  sich  in 
nichts  von  den  übrigen  Sonui-Mohamedanern  unterscheiden. 

Auch  sind  ihm  2  vornehme  Hindu-Knaben  bekannt,  welche  eine  den  Chua's 
ganz  analoge  Entwickelung  zeigen,  deren  Schädel  aber  sicherlich  nicht  künstlich 
verunstaltet  worden  sind. 


Den  craniologischeu  Theil  des  Berichtes  lassen  wir  im  Original  folgen: 

The  typical  skull  of  the  „Chua"  is  trigonocephalous;  its  immediate  morpho- 
logical  form  is  dependent  upon  a  premature  amalgamation  of  the  frontal  bone, 
producing  a  marked  keeled  ridge  with  its  expanded  base  resting  on  the  nasal  bones, 
and  running  longitudinally  upwards,  until  it  meets  the  coronal  or  fronto- parietal 
synchondrosis;  there  is  an  entire  absence  of  the  domelike  rotundity,  so  characteristic 
of  the  frontal  bone,  no  frontal  eminences  are  visible,  but  a  gradual  backward  slope 
of  the  bilateral  surfaces,  with  a  defined  central  carina.  The  cerebral  aspect  of  the 
frontal  protrudes  in  a  sphenoidal  form  and  dovetails  with  the  parietals.  Neither  fon- 
tanelle  nor  "Wormian  bones  are  present. 

The  longitudinal,  vertical  transverse,  and  bilateral  longitudinal  sutures  are 
patent;  the  sphenoido-basilar,  generally  united  in  one  compact  mass,  from  the  age 
of  18  to  25,  is  likewise  patent,  and  merits  notice,  as  the  crania  of  cretins  are 
characterized  by  sphenoido-basilar  uuity  at  the  earliest  age;  the  posterior  clinoid 
processes  are  remarkabily  developed,  and  ridge  upwards  and  forwards,  overhanging 
the  sella  turcica. 

In  the  only  brain  I  had  the  opportunity  of  examining,  there  was  a  decided 
diminution  in  bulk  of  the  anterior  lobes,  the  special  sense  ganglia,  although  shrunk, 
did  not  exhibit  any  structural  peculiarity,  but  the  parietal  or  central  portion  of  the 
cerebrum  was  expanded  in  extreme  proportion  to  the  absolute  size  of  the  brain  mass. 

The  cerebellum  was  abnormally  small;  no  miscroscopic  ksion  could  be  traced, 
or  other  speciality  observed. 

They  have  a  special  Aztek  look;  the  trunk  and  limbs  are  dwarfed  and  withered; 
however,  diminutive  development  in  no  way  regulates  brain  mass,  or  is  incom- 
patible  with  great  mental  tension.  Witness  Phi  letas,  „the  most  considerable  man  in 
Geece  for  fifty  years,  who  was  so  short  and  small,  that  he  was  obliged  to  put  lead 
in  bis  ßhoes  to  keep  the  wind  from  blowing  him  away". 

I   had    once  the  opportunity  of  lithotomizing  a  male  Chua,    exhibiting    many 


(239) 

characteristics  of  formation  and  intellectual  aberration;  the  Operation  was  success- 
ful,  but  on  the  evening  of  the  3^  day,  when  the  wound  was  fleshing  inost  favorably, 
he  signalled  for  a  drink;  while  swallowing  it,  he  was  suddenly  seized  with  centrio 
convulsions,  and  died. 

(16)  Hr.  Dr.  Pfuhl  in  Posen  sendet  einen  Bericht  über 

eigenthümliche  Lehmfunde  aus  der  Nähe  von  Posen. 

Vor  kurzer  Zeit  wurden  2  km  nördlich  von  Posen  in  diluvialer  Kiesschicht 
etwa  6  7«  unter  der  jetzigen  Erdoberflüche  9  Kugeln  und  3  Cylinder  ausgegraben, 
welche  aus  Jishm  bestehend,  von  einer  groben  Kiesschicht  umgeben  waren,  die 
unter  Anwendung  von  Gewalt  eingedrückt  zu  sein  schien.  Aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  hat  mau  es  hier  mit  Artefakten  zu  thuu.  Der  Boden,  in  dem  sie  ruhten, 
war,  soweit  zu  beobachten,  intakt.  Der  Durchmesser  der  ziemlich  regelmässigen 
Kugeln  schwankte  von  4,5—8  cm,  die  Cylinder  ebenfalls  variirend  in  Grösse  und 
Form,  hatten  eine  Länge  von  8 — 10  cot,  eine  Dicke  von  6—8  cm;  bei  zweien  bil- 
dete der  Rand  der  Kreisfläche  einen  erhabenen,  unregelmässigen  Ring.  Die  lehmige 
Grundmasse,  bei  dem  einen  Cylinder  mehr  thon-  oder  lettenartig,  zerfiel  mit  Wasser 
Übergossen,  sofort.  Die  Kiesschicht,  in  welcher  diese  Gegenstände  gefunden  waren, 
hatte  eine  Mächtigkeit  von  ungefähr  3  m,  ober-  und  unterhalb  lag  Sand.  Lehm 
oder  Thon  war  nicht  in  der  Nähe.  In  derselben  Schicht,  nicht  weit  von  der 
Fundstelle  jener  entfernt,  doch  etwas  tiefer,  wurden  auch  mehrere  Knochenrudiments, 
vielleicht  von  einem  Hirsche  stammend,  ausgegraben. 

Diese  Gegenstände  befinden  sich  jetzt  in  der  Sammlung  des  Naturwissenschaft- 
lichen Vereins  der  Provinz  Posen.  — 

Der  Vorsitzende  behält  eine  weitere  Erörterung  bis  zum  Eingang  von  Fund- 
stücken   vor. 

(17)  Hr.  L.  Schneider  berichtet  in  einem  Briefe  d.  d.  Jicin,  20.  Juni   1879 

über  die  Hradiste  von  Stradonice  und  die  Schädel  von  Strupcic  (Böhmen) 
Die  „Hradiste  ( Burgstätte) "  genannte  Flur  in  der  Gemeinde  Stradonice, 
hoch  über  dem  rechten  Ufer  der  Mies,  war  wohl  seit  Jahren  als  Fundort  von 
Münzen  sog.  gallischen  und  pannonischen  Gepräges  bekannt  (der  erste  Band  von 
Vocels  „Pravek"  enthält  Abbildungen  einer  ganzen  Reihe  derselben),  doch  wurde 
dieselbe  nicht  weiter  beachtet  und  erst  die  Auffindung  von  mehreren  Hundert  Gold- 
münzen (Regenbogenschüsselchen)  vor  etwa  2  Jahren  lenkte  die  Aufmerksamkeit 
auf  diesen  Platz,  die  Stätte  einer  längst  verschollenen  und  gewiss  recht  bedeuten- 
den Ansiedelung,  auf  welcher  die  Anwohner  seit  lunger  Zeit  nach  Küchenabfällen 
für  Beinschwarzfabriken  gruben,  wobei  die  häufig  gefundenen  Alterthümer  unbe- 
achtet zu   Grunde  gingen. 

Durch  den  Redakteur  des  „Pamätky",  Pf.  Kalousek  auf  das  abweichende 
Verhalten  der  Stradonicer  Gefässe  (oder  richtiger  Scherben)  aufmerksam  gemacht, 
besuchte  ich  die  Ansiedelung  heuer  zur  Zeit  des  Ackerns  und  sammelte  auf  der 
weitläufigen  Stätte  eine  ziemlich  bedeutende  Menge  von  Gefässscherben.  Ich  war 
dabei  recht  freudig  überrascht  durch  die  vollständige  Analogie,  welche  zwischen 
diesen  Gefässen  und  denen  aus  der  Bydzower  Ziegelei  des  H.  Spatuy  (Ziegelei  B 
in  den  Verhandlungen  von  1878,  S.  372  und  381)  herrscht.  Beiderlei  Gefässe  stimmen 
mit  dem  jedenfalls  älteren  Typus  Premysleni  darin  überein,  dass  sie  gewöhnlich 
geglättet  und  nur  selten  mit  Streifen  von  senkrechter  Richtung  verziert  sind  — 
dagegen  weichen  sie  in  Folgendem  ab: 

1.  die  Gefässe    von   Stradonice    und   Bydzov   (B)    sind    fast    immer    auf    der 
Scheibe  geformt; 


(240) 

2.  fehlen  in  Folge  dessen  Henkel  und  Buckel  (ich  fand  weder  auf  dem  Platze 
selbst,  noch  in  der  reichen  Sammlung  des  Kunsthändlers  Lehmann  in  Prag 
ein  Henkelstück); 

3.  kein  Stück  zeigt  Graphitanstrich,  dagegen  kommt  Graphit  als  Bei- 
mischung zur  Masse  der  Gefässe  sehr  häufig  vor; 

4.  findet  man  oft  mit  einer  Art  dunklen  Lack  angestrichene,  sowie  auch  be- 
malte Gefässscherben,  und  zwar  in  der  Regel  weisse  oder  helle  Malerei 
auf  dunklem  Grund. 

Da  die  Ansiedelung  von  Stradonice  allem  Anschein  nach  gewaltsam  vernichtet 
wurde,  so  findet  man  hier  sehr  häufig  Gegenstände  des  Hausgebrauchs.  Ich  selbst 
habe  einige  ganz  unverdächtige  Stücke  erworben  (es  kommen  auch  Falsificate  vor, 
namentlich  solche  aus  Geweihen  und  Bein  geschnitzte)  und  zwar  zwei  mit  Wider- 
haken versehene  Pfeilspitzen  von  Eisen,  eine  grosse  Nadel  mit  Oehr,  zwei  ganze 
Fibeln.  Bruchstücke  von  zwei  anderen,  zwei  kleine  Ringe,  eine  Perle  nebst  an- 
deren Gegenständen  und  Bruchstücken  von  Bronze,  endlich  eine  kleine  Silbermünze 
desselben  Gepräges,  wie  die  pannonischen  (mit  einem  Adlerflügel  ('?;■,  doch  ohne 
die  gewöhnliche  Inschrift  BIATEC).  Einige  der  kleinern  Bruchstücke  habe  ich 
chemisch  untersucht  und  darin  nur  Kupfer  und  Zinn  ohne  jede  Spur  von  Blei  und 
Zink  gefunden. 

Der  Umstand,  dass  die  römischen  Kaisermünzen  von  Kostomlat  und  Fünfhunden 
(August,  Nerva,  Trajan)  zugleich  mit  Gefässen,  welche  von  freier  Hand  geformt 
sind,  gefunden  wurden  und  der  römische  Charakter  mancher  von  den  Stradouicer 
Gegenständen  deuten  darauf  hin,  dass  wir  es  hier  mit  einer  um  die  Mitte  des  ersten 
Jahrtausends  n.  Gh.,  also  wahrscheinlich  durch  die  Hunnen  zerstörten  Ansiedelung 
zu  thun  haben. 

Die  Gefässe  von  Stradonice  und  Bydzov  sind  insofern  wichtig,  als  sie  einen 
neuen  Abschnitt  in  der  vorhistorischen  Töpferei  Böhmens  bezeichnen.  Wir  kennen 
hier  nunmehr: 

I.  Typus  Zalan.  Gefässe  von  freier  Hand  geformt,  mit  Buckeln  versehen  und 
mit  punktirten  Zeichnungen  verziert.  Begleitet  von  Waffen  und  Geräth, 
welches  aus  Quarzgestein  durch  Schlagen  erzeugt  wurde.  Dieser  Typus 
geht  über  in 
II.  Typus  Pfemysleni.  Von  freier  Hand  geformte  Gefässe,  geglättet,  später 
mit  Graphitanstrich  versehen.  Buckel  und  Henkel.  Verzierung  durch 
Striche,  meist  senkrecht  .angeordnet,  doch  im  Ganzen  nicht  häufig.  Bei- 
gaben: Waffen  und  Geräthe  von  polirtem  Stein  und  Geweihen,  später 
Bronze  und  Eisen.  Dauer  unbestimmbar,  jedenfalls  sehr  lang  und  bis  in 
das  II.  Jahrhundert  n.  Gh.  reichend. 

III.  Typus  Stradonice.  Geglättete  Gefässe  auf  der  Scheibe  geformt,  Verzie- 
rungen senkrecht,  Henkel  und  Buckel  fehlen,  ebenso  Graphitanstrich,  dafür 
häufig  Zusatz  von  Graphit  zur  Masse.  Bemalte  Gefässe.  Beigaben:  Waffen 
von  Eisen,  Schmuck  von  Zinnbronze.    Dauer  III.  bis  V.  Jahrhundert  n.  Ch. 

IV.  Typus  Budec.  üngeglättete  Gefässe  auf  der  Scheibe  geformt,  reich  ver- 
ziert. Verzierungen  horizontal,  slavisch-typisch.  Henkel  fehlen,  ebenso 
Graphitanstrich.  Graphit  im  Material  häufig  genug.  Waffen  aus  Eisen  (Streit- 
häniraer  —  mlat  —  von  Stein).  Schmuck  aus  Zinkbronze.  Dauer  VI.  bis 
XI.  Jahrhundert. 

V.  Typus  Drajice.     üngeglättete    Gefässe,    Verzierungen    seltener,    manchmal 
gemalt,  angeklebte  Henkel.     Fundorte  Burgen  aus  dem  XII.  bis  XIV.  Jahr- 
hundert. 
VI.   Moderne  Gefässe  mit  GlaRur. 


(241) 

Bei  meinem  letzten  Bericht  gab  es  ein  kleines  Missverständniss  bezüglich  des 
Ortes  Polepy.  Es  giebt  nämlich  ein  Dorf  Polepy  bei  Leitmeriz  und  von  hier 
stammt  das  sehr  alte  punktirte  Gefäss  —  ferner  ein  Dorf  Polepy  bei  Kolin,  wo  ich 
die  Heerdstelle  mit  den  theilweise  auf  der  Scheibe  geformten  Gefässscherben  und 
die  Thierknochen  gesammelt  habe. 

Ueber  die  Schädel  von  Strupcic  kann  ich  bloss  nach  Autopsie  berichten,  da 
ich  bisher  nicht  erfahren  konnte,  wer  sie  als  trepanirt  bezeichnete. 


Der  eine  Schädel  weist  im  Stirnbeine  oberhalb  des  linken  Auges  ein  ziemlich 
grosses,  jedoch  vernarbtes  Loch  mit  zackigen  Rändern  auf,  welches  wohl  von  einem 
mächtigen  Schlage  mit  einem  Hammer  herrührt.  Die  regelmässige,  elliptische, 
glattrandige  und  ziemlich  grosse  Oeffnung  des  zweiten  Schädels  sieht  ganz  anders 
aus;  sie  befindet  sich  im  rechten  Scheitelbein  ziemlich  in  dem  Winkel  zwischen 
Pfeilnaht  und  Kranznaht,  ist  vernarbt  und  durchaus  nicht  zackig.  Doch  musß  ich 
bemerken,  dass  ich  beide  Schädel  bloss  im  Kasten  sah  und  nicht  näher  unter- 
suchen konnte. 

(18)  Hr.  Dr.  Anger  berichtet  in  einem  Schreiben  d.  d.  Elbing,  "21.  Juni 
1879  über 

weitere  Ausgrabungen  bei  Elbing. 

Am  IG.,  17.  und  18.  April  grub  ich  auf  dem  Quiuternschen  Lande  und 
auch  auf  dem  Hrn.  Kaufmann  gehörigen  benachbarten,  etwa  50  Schritte  von  der 
Quinternschen  Kiesgrube  entfernten  Felde  nach  und  fand  an  beiden  Stellen  Leichen 
und  Urnen,  auf  dem  Kaufmännischen  Lande  insbesondere  zahlreiche  Knochen 
und  Knochentrümmer  von  Kinderleichen.  Diese  Kinderleichen  waren,  weil  0,30 
bis  0,50  m  tief  bestattet,  vom  Pfluge  vielfach  zerschnitten  und  durcheinander  ge- 
worfen.    P^inen  Theil  von  Schädelfragmeuteu,  Fiugerknochen,    Rippen  n.  dgl.  habe 

Verliandl.  der  Berl.  Authropol.  Uesellschalt  IsTa.  16 


(242) 


ich  gesammelt  und  Hrn.  Dr.  Lissauer  übersendet.  Unter  den  Kinderleichen  lagen 
in  der  bekannten  Weise  Skelette  von  Erwachsenen.  Dass  diese  Kinderskelette 
nicht  etwa  erst  aus  späterer  Zeit  herstammen,  beweist  eine  kleine  zierliche  Fibula, 
die  ich  in  der  mit  Kohle  und  Knochen  durchmischten  Erde  fand.  Es  ist  eine 
sog.  Armbrustfibula,  jedoch  geht  der  Draht  nicht  im  Halbkreise  unter  dem  Bügel 
hindurch,  sondern  zieht  sich  von  dem  einen  Ende  der  Nadelrolle  von  obenher  über 
den  Bügel  fort,  schlingt  sich  dann  unter  dem  Bügel  herum  und  schliesst  sich,  über 
dem  Bügel  den  Draht  kreuzend,  an  das  entgegengesetzte  Ende  der  Nadelrolle  an. 
Es  ist  dieses  das  einzige  Exemplar  der  Art.  —  Auf  dem  Kauf  man  n'schen  Lande 
fand  ich  an  Beigaben  bei  den  Skeletten  Erwachsener  nur  zwei  sog.  Neronische 
Fibeln,  eine  sehr  schöne  Nähnadel,  einen  Spinnwirtel  und  ein  Stück  eines  mit 
einer  eisernen  Niete  versehenen  Kammes. 

Erheblich  reicher  und  interessanter  waren  dagegen  die  Funde  auf  dem  Quin- 
ternschen  Lande.  In  einer  25  cm  hohen  und  26  cm  im  Durchmesser  haltenden 
Urne  fand  ich  zwei  sehr  schöne  Nerouische  Fibeln,  eine  eiserne  Schnalle,  einen 
Spinnwirtel  und  einen  aus  einem  Stücke  geschnittenen,  knöchernen  Kamm,  ohne 
Verzierung.  An  Ceremonial-Urnen  fand  ich  drei.  Neben  einer  derselben  lag  der 
Unterkiefer  eines  Schweines,  den  ich  zur  näheren  Bestimmung  Hrn.  Dr.  Lissauer 
übersendet  habe.  Auffallend  war  mir  eine  Thatsache.  Genau  und  unmittelbar 
unter  einem,  etwas  auf  der  Seite  liegenden  Schädel  fand  ich  eine  mit  dem  Boden 
nach  oben  gekehrte,  gut  erhaltene  Ceremonialurne.  Was  könnte  sie  in  dieser  Lage 
zu  bedeuten  haben  ?     An  dem  Skelet  war  nicht  gerührt.    Es    war    vollständig    und 

mit  Beigaben  geschmückt.  Und  nun  meine  schönen 
Funde  bei  den  Skeletten:  4  Armbänder  von  Bronze, 
an  dem  einen  Paare  deutliche  Abdrücke  von  Zeug, 
au  dem  zweiten  Paare  in  der  Patina  eingeschlossene 
Wollfasern;  2  Fibeln  (Bronze),  welche  Sadowski 
"Vespasianische  nennt  (Holzschn,  A);  sie  sind  6  cm 
lang;  die  Nadelrolle  in  einer  länglichen  Kapsel 
ganz  eingeschlossen,  der  Bügel  stark  und  Sförmig 
geschwungen  mit  drei  Querwülsten  und  am  un- 
teren Ende  mit  einem  kleinen  Knöpfchen  geschmückt. 
Am  oberen  und  mittleren  Querwulste  ist  ein  feiner, 
silberner  Draht  angebracht.  Die  Fibeln  haben  zur 
Befestigung  eines  ledernen  Gewandes  gedient,  wie 
die  auf  der  einen  Fibula  befindlichen  Reste  deut- 
lich beweisen.  Es  ist  dies  das  erste  hier  gefun- 
dene Paar  der  Art.  Ausserdem  eine  Fibula,  vorne 
mit  Silber  plattirt,  Kettenkästchen,  ganz  wie  sie 
Hostmann     beschreibt,      doppelte     Bronzebleche 


A. 


(Silber 


B. 


Seitenansicht. 


Ansicht  tou  oben. 


(Bolzschnitt    B),    Bronzestifte    und    Bronzenägel,    ein     Stück    rohen    Bernsteins, 
verschiedene    Perlen,    3    Bronzeschnallen,    3    eiserne    Schnallen,    drei    sehr    schöne 


(243) 


C. 


n. 


Trojanische  Fibeln  ,  3  Neronische 
Fibeln,  3  Gewand halter  oder  Riemen- 
beschläge, 2  eiserne  Schnallen,  einen 
pincettenartigen  Gewaudhalter  mit 
Ring  und  Ohrlöffelchen  (Holzschn.C), 
2  Bohrnadelu  aus  Bronze,  so  möchte 
ich  sie  nennen  (Holzschnitt  D). 
Dieselben  sind  am  oberen  Ende 
hakenförmig  gekrünunt  und  spiral- 
förmig um  die  Längsaxe  der  Nadel 
gedreht;  ferner  einen  Angelhaken 
von  Eisen,  einen  massig  gut,  und 
einen  vollkommen  erhaltenen,  reich 
verzierten  Knochenkamm.  Alle  Zähne 
des  Kammes  sind  vorhanden.  Die 
Griffplatte  ist  auf  der  einen  Seite 
mit  8  Doppelkreisen,  auf  der  andern 
mit  drei  Doppelkreisen  und  Drei- 
ecken geschmückt,  deren  Seiten  das 
bekannte  Wolfszähnchen- Ornament 
zeigen. 

Bei  weitem  der  wichtigste  Fund 
ist  jedoch  ein  Marc,  Aurel.  Der  Silberdenar  zeigt  auf  dem  Avers  das  Haupt  des 
Kaisers  (caput  nudum)  mit  der  Umschrift  IMP.  M.  AVREL.  ANTONINVS.  AVG. 
Auf  der  anderen  Seite  ist  eine  stehende  Providentia  abgebildet,  welche  im  linken 
Arme  ein  Füllhorn,  in  der  Hand  des  rechten  ausgestreckten  Armes  den  orbis  hält; 
die  Umschrift  lautet:  PROV.  DEOR.  TR.  P.  XVI.  COS  HI.  Nach  Eckhel:  Doo- 
trina  uummorum  Bd.  VH.,  pag.  49  und  89  ist  diese  Münze  im  Jahre  162  n.  Chr. 
geschlagen.  —  Die  Münze  lag  neben  dem  rechten  Ohre  eines  Skelets,  zu  dessen 
Häupten  ein  mächtiger  Stein,  den  drei  Leute  kaum  bewältigen  konnten,  und  über 
dessen  Knieen  ein  eben  so  grosser  Stein  gelagert  war.  unter  diesem  letzteren  Steine 
befand  sich  neben  dem  Kniegelenke  ein  zerbrochener  Kamm.  Derselbe  muss  so, 
wie  ich  ihn  fand,  hineingelegt  sein;  dem  ungeachtet  der  grössten  Sorgfalt  gelang 
es  mir  nicht,  die  vielen  abgebrochenen  Zähne  des  Kammes  aufzufinden.  Da  die 
an  dem  Kamme  noch  befindlichen  Zähne  gut  erhalten  sind,  so  müssten,  wenn  man 
annimmt,  dass  die  Zähne  des  Kammes  durch  den  Druck  des  Steines  abgebrochen 
sein  könnten,  auch  die  abgebrochenen  Stücke  sich  erhalten  haben.  Es  wurde  aber 
keine  Spur  davon  gefunden. 

Dieser  Münzfund  nun  bestätigt  nude  meine  Ansicht,  dass  das  Gräberfeld  in  die 
ersten  drei  Jahrbumlerte  unserer  Zeitrechnung  zu  versetzen  ist.  Hostmann's 
Urnenfriedhof  von  Darzau  zeigt  so  viele  und  so  auffallende  Parallelen  zu  dem 
Neustädter  Felde,  dass  ich  an  der  Gleichzeitigkeit  beider  Kirchhöfe  nicht  zweifeln 
konnte.  Es  sind  unter  den  von  Hostmann  gefundenen  Gegenständen  nur  noch 
sehr  wenige,  die  ich  nicht  habe;  wogegen  andererseits  die  Zahl  und  Beschaflfen- 
heit  der  Kämme  (17),  der  Bronzeeimerchen  (9),  der  mannichfachen  Armbänder 
(ich  erinnere  besonders  an  das  doppelt  gewundene,  13,8  cm  [aufgerollt  47  cm]  lange 
und  25  mm  breite  silberne  Armband)  und  der  Korallen  und  Perlen  dem  Neustädter 
Felde  ein  gewisses  Uebergewicht  verschaffen.  An  der  Gleichzeitigkeit  beider  Fried- 
höfe ist  also  nicht  zu  zweifeln.  Dass  die  Münze  aber  etwa  erst  mehrere  Jahr- 
hunderte   später  "  au  die  bezeichnete  Stelle  gekommen  sein  könnte,  ist  nicht  anzu- 

10* 


(244) 

nehmen.  Sie  ist  gut  erhalten;  die  Buchstaben  treten,  wo  der  Rost  sie  nicht'  zer- 
stört hat,  klar  hervor.  Auch  das  Kopfbild  des  Kaisers  ist  so  gut  erhalten,  dass  an 
einen  längeren  Umlauf  der  Münze  nicht  zu  denken  ist.  —  üebrigens  ist  diese 
Münze  nicht  die  einzige  vom  Neustädter  Felde.  Fuchs  berichtet  in  seiner  Be- 
schreibung der  Stadt  Elbing  (Frag,  der  letzten  Abtheilung  des  dritten  Bandes,  El- 
bing  1852,  S.  82):  „Gewiss  eine  der  ältesten  der  bei  Elbing  aufgefundeneu  Münzen 
ist  eine  wohlerhaltene  Kupfermünze  in  der  Grösse  eines  Guldenstückes,  von  Tra- 
jan,  welche  im  Jahre  18o4  im  Neustädter  Felde  ausgegraben  wurde."  In  der  dem 
Städtischen  Museum  gehörenden  Münzsammlung  befindet  sich  nun  eine  Münze,  auf 
welche  die  angegebenen  Merkmale  genau  passen.  Leider  ist  in  dem  Kataloge  der 
Fundort  nicht  vermerkt.  Es  könnte  aber  sehr  wohl  sein,  dass  es  diese  Münze  ist, 
von  der  die  Fragmente  reden;  ich  wenigsteiis  zweifle  deshalb  nicht  daran,  weil  zu 
der  Zeit,  als  die  Münze  gefunden  wurde,  Ferdinand  Neu  mann,  der  nach  Fuchs' 
Tode  die  Fragmente  herausgab,  ein  eifriger  Münzensammler,  grade  diese  Münze 
sich  am  wenigsten  wird   haben  entgehen  lassen. 

Dies  sind  in  Kürze  die  Resultate  meiner  im  Frühjahre  dieses  Jahres  veran- 
stalteten Ausgrabungen,  Das  wichtigste  Ergebniss  ist  die  annähernd  festgestellte 
Zeit  des  Gräberfeldes  und  auch  die  Feststellung  der  Thatsache,  dass  ich  das  Ende 
des  Gräberfeldes  nach  der  Südostseite  noch  lauge  nicht  erreicht  habe.  Vielleicht 
gelingt  mir  das  in  den  Michaelisferien,  Evident  ist  es  ferner,  dass  die  Urnen  und 
Leichen  einer  und  derselben  Culturepoche  angehören :  der  einzige  Unterschied  be- 
steht nur  darin,  dass  die  Funde  aus  Urnen  nicht  so  zahlreich  und  nicht  so  kostbar 
sind,  wie  die  bei  Leichen  vorkommenden  Artefacte. 

Dies  ist  das  Neustädter  Feld.  Aber  auch  an  zwei  anderen  in  unmittelbarer 
Nähe  bei  Elbing  befindlichen  Funkten  habe  ich  die  Beweise  von  dem  Vorhanden- 
sein alter  Begräbnissplätze.  Oestlich  von  Elbing,  hart  an  dem  Wege,  welcher  von 
Elbing  über  die  Hommel  nach  Vogelsang  führt,  sind  beim  Kiesgraben  Urnen  ge- 
funden, —  und  nördlich  von  der  Stadt,  in  unmittelbarer  Nähe  des  Armenkirchhofes 
und  westlich  vom  Wasserreservoir,  auf  dem  letzten  sandigen  Berge  des  hier  ab- 
fallenden Höhenzuges  fand  ich  bei  einer  am  28.  Mai  d.  J,  veranstalteten  Ausgra- 
bung in  einer  Tiefe  von  0,50  m  eine  mit  Kohlen ,  verbrannten  Menschenknochen 
und  zahlreichen,  zum  Theil  höchst  eigenthümlich  verzierten  Urnenscherben  erfüllte 
0,50  711  dicke  Erdschicht.  Von  Artefacten  fand  ich  nur  eine  eiserne  Bohrnadel,  Die 
Gefässscherben  zeigen  Wellenornamente,  Strichornamente,  Streifenornamente,  keil- 
förmige Eindrücke    und    quadratförmige    in    regelmässigen  Abständen  von  einander 


(245) 


entfernte  Eindrücke,  grossere  und  kleinere  punktförmige 
Eindrücke.  Wuiirscheinlich  sind  die  quadratförmigen 
Eindrücke  naittelst  eines  Töpferrädchens  hergestellt.  Die 
Scherben  zeigen  Farben  von  allen  Nuancen  von  Schwarz, 
Grau  und  Roth.  Einige  in  der  Bruchfläche  grauschwarze 
Scherben  sind  auf  der  Oberfläche  intensiv  roth.  Durch 
den  Brand   kann    die  Farbe  nicht  entstanden  sein,    denn 

die  Scherben  färben  ab.  Einige  Scherben,  die  ich  zu  stark  mit  der  Bürste  be- 
arbeitet habe,  zeigen  jetzt  nur  noch  eine  orangenfarbene  Oberfläche.  Ich  bin  über- 
zeugt, die  Gefässe  sind  gefärbt.  Die  Technik  anlangend,  so  hebe  ich  noch  herror, 
dass  das  Material  aus  Lehm,  resp.  Thon  besteht  und  mit  sehr  groben  Quarzkörnern 
gemischt  ist.  — 

Eine  dritte  Begräbnissstelle  ist  rechts  vom  Bahnhofe  gefunden,  und  zwar  schon 
vor  12  Jahren.  Hr.  Gerichtsrath  Kamirski  hat  die  von  dorther  stammenden 
Urnen  selbst  gesehen.  Der  Besitzer  Müller  hat  dort  viele  Urnen  gefunden,  nie- 
mals aber  Leichen.  Die  Urnen  standen  in  Steinsetzungen,  waren  ohne  Verzierung 
und  angeblich  auch  ohne  Beigaben.  Ein 
Steinbeil,  welches  in  der  Nähe  von  Poppshof 
am  Bahnhofe  gefunden  worden  ist,  besitze 
ich.  Diese  Begräbnissstelle  werde  ich  in  den 
Michaelisferien  untersuchen. 

Wenn  man  nun  die  angeführten  Fund- 
orte in  eine  Karte,  z.  B  in  die  des  Königl. 
Preuss.  Generalstabes  einträgt,  so  sieht  man 
leicht,  dass  das  heutige  Elbing  von  denselben 
in  einem  Halbkreise  von  Nord  über  Ost  bis 
Südost  umschlossen  wird.  Meine,  auf  zahl- 
reiche Funde  in  der  Stadt  selbst  gestützte 
Ansicht,  dass  Elbing  auf  der  Stelle  erbaut 
wurde,  wo  einst  Truso  lag,  erhält  durch  diese 
Thatsachen  eine  neue,  feste  Stütze.  Die 
Mannichfaltigkeit  der  Begräbnissarten ,  der 
Reichthum  an  kunstvollen  und  werthvollen 
Beigaben  lässt  auf  ein  langes  Bewohntsein  des 
Ortes  und  auf  eine  verhältnissmässig  reiche 
Bev()lkerung  schliessen,  und  hiermit  stimmt 
Wulfstan's  Bericht  gut  überein.  Aber 
Wulf  st  an  hat  den  Ort  nicht  in  seiner 
Blüthezeit  kennen  gelernt.  Sechs  bis  sieben 
Jahrhunderte  vor  ihm  brachte  der  Bernstein- 
handel einen  reichen  Strom  etruskischer  Arte- 
facte  hierher.  Diese  aufzufinden,  zu  sichten 
und  zu  beschreiben,  ist  nun  meine  Aufgabe. 
Aber  auch  Elbing  selbst  darf  nicht  vernach- 
lässigt werden.  Ich  habe  in  diesem  Sommer 
daher  überall  nachgesehen ,  wo  zu  irgend 
welchem  Zwecke  Tiefgrabungen  vorgenonmien 
worden  sind  und  bin  jedesmal  belohnt  wor- 
den. Beim  Krweiterungsbaue  des  hiesigeu  *  bedeuten  Urnenfelder.  C  Leichenfeld 
Kreisgerichtes    wurde     der    Boden     bis     auf  ^g  Drausenniederuug. 


(246; 

15  Fuss  ausgehoben.  Es  zeigte  sich  da,  dass  in  der  vielfach  durchwühlten  Erde 
sich  neue  und  alte  Gegenstände  in  friedlichem  Neben-  und  Durcheinander  befinden: 
Austernschalen  mit  Violinsaiten  neben  grobgearbeiteten,  unglasirten,  schwärzlichen, 
braunen  und  grauen  Scherben,  Gefasse  mit  aufgedrücktem  Gefässboden,  mit  Daumen- 
eindrücken verziert,  genau  in  derselben  Weise,  wie  die  in  Dambitzen  und  10  Zoll 
tief  in  der  Fleischerstrasse  gefundenen;  auch  Mittelalterliches  fehlt  nicht,  Sporen 
und  starke  eiserne  Trensen.  Kaum  hatte  ich  die  Funde  geordnet,  da  wurde  ich 
durch  eine  Mittheilung  eines  Baggerarbeiters  auf  den  Elbingfluss  aufmerksam  ge- 
macht. Ich  begreife  noch  nicht,  warum  ich  nicht  schon  früher  an  den  Namensvetter 
unserer  Stadt  gedacht  hatte.  Ein  schöner  eiserner  Dolch  und  ein  eisernes  Schwert 
aus  dem  16.  Jahrhundert  wurden  mir  sofort  übergeben.  Auf  meine  Frage,  ob  viel- 
leicht auch  Scherben  gefunden  seien,  erhielt  ich  ein  Nein  zur  Antwort.  Als  ich 
aber  den  Arbeitern  Scherben,  wie  ich  sie  in  der  Fleischerstrasse  gefunden,  zeigte, 
und  ihnen  Aufmerksamkeit  einschärfte,  da  dauerte  es  kaum  fünf  Tage,  und  ich 
hatte,  was  ich  wollte.  Den  Elbingfluss  werde  ich  von  nun  ab  in  meinen  ganz  be- 
sonderen Schutz  nehmen.  Er  ist  sicherlich  ein  treuer  Hüter  der  ältesten  Alter- 
thümer. 

Ein  Zufall  hat  es  gefügt,   dass  ich  auf  einem  am  17.  Juni  nach  Frauenburg 
unternommenen  Ausfluge  mit  dem  als  Historiker  bekannten  Pfarrer,  Hrn.  Woiky, 
bekannt  wurde,  der  mir  die  in  Frauenburg  vorhandenen  Alterthümer  aus  heidnischer 
Zeit    zeigte.     Derselbe    hatte  die  Güte,    mich  zu  dem  nahe  bei  Frauenburg  an  der 
nach  Braunsberg  führenden  Chaussee  liegenden  weiten  Ürnenfriedhof  von  Willen - 
berg  zu  führen.     Zahlreiche  Urnenscherben    lagen    auf  dem,  mit  spärlichem  Gras- 
wuchse    bedeckten,    sandigen  Terrain,    viele    mit  Fingereindrücken    verziert.     Eine 
flüchtige  Suche  nach  anderen  Artefacten  hatte  überraschend  guten  Erfolg.    Ich  fand 
das  untere  Ende  einer  eisernen  Dolchscheide,  eine  längliche,   cannelirte,  aus  grünem 
Glase  bestehende  Koralle  (genau  so  wie  vom  Neustädter  Felde),   zwei  sehr  schöne, 
gnt  erhaltene  Armbrustfibeln   und  ein  Fragment  eines  sieb- 
artigen   Gefässes.      Diese    Fibeln    und    die    in    Frauenburg 
vorhandenen  Neronischen  Fibeln  gleichen  genau  denen,  die 
ich    hier    auf   dem  Neustädter  Felde   gefunden  habe.     Auf- 
fallend  und    nicht    ganz  klar  ist  mir  ein  thönerner  Gegen- 
stand, genau  aus  derselben  Masse  wie  die  Urnen  gearbeitet. 
Er  ist  röthlich  braun,  M  mm  lang,  15  7nm,  dick,  10 — 17  »im 
breit.    Auf  dem,  wie  ich  annehme,  oberen  Theile  sind  deut- 
lich zwei  Ohren  zu  erkennen.    Das  Ganze  macht  den  Ein- 
druck   eines    Kopfes    und    Halses    einer    Thierfigur.      Die 
Schnauze    ist  abgebrochen.     Bis  jetzt  hat  Jedermann,    dem 
ich    das  Object    zeigte,    ohne    weiteres  darin  ein  Fragment 
Schräg  gestellt.  einer  Thierfigur  erkannt.  — 

Ausserdem  liegt  eine  Nummer  der  Elbiuger  Zeitung  vom  5.  Juli  (Nr.  135)  vor, 
enthaltend  einen  Bericht  des  Hrn.  Anger  über 

den  Fund  in  der  Wallstrasse  von  Elbing. 

Am  2.  Juli  habe  ich  in  der  Wallstrasse,  nahe  der  Ecke  der  Herrenstrasse  und 
Wallstrasse,  nachgraben  lassen,  um  über  die  interessante  Fundstelle  Genaueres  zu 
ermitteln  und  womöglich  noch  einige  Gefässe  zu  retten. 

Zunächst  sei  bemerkt,  dass  au  der  bezeichneten  Stelle  kein  Gewölbe  sich 
befindet.     Allerdings  liegen  in  einer  Tiefe  von  0,75  m  grosse  Feldsteine  im  Durch- 


(Ul) 

messer  von  0,30  —  0,50  m  Durchmesser,  aber  dieselben  liegen  in  einer  Linie  neben 
einander  und  zwar  auf  Ziegeln,  während  bei  einem  Gewölbe  sonst  umgekehrt  zu- 
erst die  F'eldsteiue  gelegt  und  dann  erst  Ziegel  darauf  gemauert  werden.  Die  Feld- 
steine fanden  sich  nicht  auf  dem  ganzen  Räume  der  aufgegrabenen  15  qm,  sondern 
zogen  sich  nur  an  der  südlichen  Seite  der  Grube  bandartig  hin.  üebrigens  waren 
die  Steine  unverbunden,  und  ebenso  auch  die  Ziegelsteine.  Letztere  zeigten  nur 
an  einigen  Stellen  eine  massige  Mörtelschicht,  und  zwar  nur  da,  wo  die  Feldsteine 
ilinen  aufgelagert  waren.  Die  Ziegelsteine  haben  ein  grosses  Format;  jedoch  ge- 
laug es  nicht,  auch  nur  einen  einzigen  ganzen  Ziegelstein  auszugraben.  Es  schien, 
als  wenn  zu  dieser  Unterlage  nur  Ziegels-tücke  verwendet  worden  sind.  Unter  den 
Ziegeln  befand  sich  an  einigen  Stellen  eine  Schicht  verwitterten  Holzes.  Aber 
unter  dieser  Schicht,  bis  zu  einer  Tiefe  von  2  m,  fanden  sich  zahlreiche  Gefäss- 
scherben  und  auch  ganze  Gefässe.  Von  letzteren  habe  ich  bis  jetzt  14;  ich  hoffe 
jedoch,  aus  den  zahlreichen  Scherben  noch  einige  Gefässe  wieder  zusammenstellen 
zu  hönnen.  Die  Erde  war  fest,  stark  mit  Kohlen,  Fischabfällen  und  Knochen  ge- 
mischt; doch  habe  ich  mit  Sicherheit  nur  Thierknochen  gesehen.  Die  Gefässe  sind 
schwarz,  gelb,  blau,  roth  und  zwar  unglasirt;  aber  auch  glasirte  Gefässe  finden  sich. 
Viele  Gefässe  sehen  genau  so  aus,  wie  die  Ceremouialurnen  vom  Neustädter  Felde, 
andere  sind  entschieden  Kochgefässe  (grapenartige);  sie  stehen  auf  drei  starken 
Füssen;  andere  gleichen  unsern  Tiegeln  und  Leimpfannen.  Auch  ganz  kleine,  nur 
6  cm  hohe  Gefässe  wurden  gefunden.  Merkwürdig  sind  eine  schwarze  Kanne  und 
ein  büttenartiges  blauschwarzes  Gefäss  mit  doppeltem  Rande.  Verzierungen  zeigen 
nur  zwei  Gefässe.  Die  Technik  zeigt  im  Verhältniss  zu  den  Neustädter  Urnen 
einen  Fortschritt.  Der  Thon  ist  geschlemmt,  die  Gefässe  sind  hart  gebrannt.  Ein 
grosser  Theil  von  einzelnen  Objecten  harrt  noch  der  Erklärung.  —  Ohne  Zweifel 
ist  die  Fundstelle  noch  lauge  nicht  erschöpft.  —  Eine  Erklärung  über  die  Bedeu- 
tung des  Fundes  kann  ich  nicht  eher  abgeben,  als  bis  der  Inhalt  mehrerer  ganzer 
und  gefüllter  Gefässe  genau  untersucht  ist.  Es  wäre  doch  seltsam,  wenn  an  dieser 
Stelle  Leichen  verbraunt  und  auf  diese  Weise  beigesetzt  sein  sollten.  —  Die  Neu- 
stadt ist  gegen  Anfang  der  fünfziger  Jahre  des  vierzehnten  Jahrhunderts  gegründet 
v?orden  (man  nimmt  au,  im  Jahre  i;341  unter  Dietrich  von  Altenburg),  also  hundert 
Jahre  nach  Gründung  der  Altstadt  Elbing.  Aber  auch  schon  vorher  ist  das  Land 
hier  bebaut  gewesen;  denn  hier  ging  der  Weg  nach  Marienburg  durch  und  hier 
übernachteten  Reisende,  welche  nach  Thoresschluss  nach  Elbing  kamen,  in  Her- 
bergen. Da  die  Stelle  gerade  sehr  nahrhaft  war,  so  bauten  sich  hier  bald  Bäcker 
und  Fleischer  an;  diese  sind  die  ersten  Gewerke,  die  sich  in  der  Neustadt  nieder- 
gelassen. —  Die  Wallstrasse  liegt  nun  am  östlichen  Ende  der  Neustadt,  und  zwar, 
wie  schon  der  Name  sagt,  hart  am  Wall.  Sie  ist  schon  früh  gebaut  ge- 
wesen; denn  zu  einigen  Häusern  der  Wallstrasse  radicirte  Land.  Folglich  sind  sie 
mit  den  übrigen  Häusern  der  Neustadt  zugleich  erbaut.    (Fuchs  2,  428  und  469). 

(19)  Hr.  Orth  erstattet  Bericht  über  die 

Excursion  nsch  Rüdersdorf. 

Am  29.  Juni  d.  J.  hat  eine  Excursion  der  Gesellschaft  nach  Rüdersdorf  zum 
Studium  der  au  dem  dortigen  Muschelkalk  auftretenden  Glacialerscheinungen  statt- 
gefunden. 

Ich  habe  bereits  vor  zwei  Jahren  bei  Gelegenheit  der  Versammlung  der  deut- 
schen anthropologischen  Gesellschaft  zu  Constauz  darauf  hingewiesen,  dass  die 
Glacialstreifen    am  Rüdersdorfer  Mupohelkalk,    wie    sie    bereits   1S36  erkannt,    aber 


(248) 

erst  seit  1875  »enauer  verfolgt  und  nachgewiesen  sind,  nur  durch  Gletschereis  an 
Ort  und  Stelle  hervorgerufen  sein  können.  (Vergl.  auch  Orth,  ßüdersdorf  und 
Umgegend  [Abhandlungen  zur  geologischen  Specialkarte  von  Preusseu  und  den 
thüringischen  Staaten,  Band  IL,  Heft  2]  Berlin,  Neumann  1877,  Seite  20,  21,  22). 
Im  Laufe  der  letzten  Jahre,  namentlich  in  diesem  Jahre,  sind  in  der  Nähe 
dieser  Glacialstreifen  noch  verschiedene  trichterförmige  und  rundliche  Vertiefungen 
im  Muschelkalk  aufgefunden,  welche  in  ihrer  Form  an  die  durch  Gletschermühlen 
unterhalb  anstehender  Gletschereismassen  hervorgerufenen  sogenanuten  Riesentöpfe 
erinnern  und  deshalb  ein  besonderes  Interesse  in  Anspruch  nehmen,  während 
andererseits  verschiedene  Erscheinungen  derselben  nur  durch  die  Annahme  einer 
erheblichen  Gesteinsverwitterung  erklärt  w^erden  können. 

Da  die  bezüglichen  Stellen  von  der  ßergwerksverwaltuug  bald  weggenommen 
werden  sollten,  so  war  es  von  besonderer  Wichtigkeit,  vorher  von  diesen  für  die 
Geschichte  der  norddeutschen  Ebene  bedeutsamen  Thatsachen  Kenntniss  zu  er- 
halten. 

Die  Besichtigung  hat  unter  zahlreicher  Betheiliguug  und  von  gutem  Wetter 
begünstigt  stattgefunden. 

Der  Sachverhalt  ist  nachstehender: 

Das  vier  Meilen  östlich  Berlin  auftretende  Kalklager,  wovon  wesentlich  nur 
die  Schaumkalk  führende  Abtheilung  des  unteren  Muschelkalks  aufgeschlossen  ist, 
hat  nach  der  Ostseite  hin  nahezu  ein  west-östliches  Streichen  der  Schichten  und 
dieselben  fallen  unter  einem  Winkel  von  12  —  20  Grad  nach  Norden  ein,  so  dass 
die  höchste  Erhebung  sich  auf  der  Südseite  befindet.  Letztere  ist  100—200  Fuss 
höher  als  die  Nordseite  und  hat  man  deshalb  von  da  den  schönsten  üeberblick 
über  die  Verhältnisse.  Mag  man  nun,  wie  verschiedene  Geologen  es  thun,  für  die 
Erklärung  der  Glacialstreifen  Drifterscheinungen  und  die  Verbreitung  der  nordischen 
Geschiebe  durch  schwimmende  Eisberge  heranziehen,  oder  wie  es  in  der  neueren 
Zeit  mehr  und  mehr  geschieht,  von  einer  sehr  allgemeinen  Vergletscherung  von 
Nordeuropa  und  über  den  Boden  Norddeutschlands  hinweg  ausgehen:  für  beide 
Fälle  ist  es  von  Wichtigkeit,  dass  die  vom  Norden  nach  dem  Süden  hin  wirken- 
den mechanischen  Agentien  an  dieser  Stelle  südlich  auf  ein  Terrain  von  höherem 
Niveau  trafen  und  dadurch  naturgemäss  in  ihrer  Richtung  eine  Ablenkung  erfahren 
raussten.  Man  wird  es  dadurch  erklären  müssen,  dass  die  Streifen  und  Kritzen, 
welche  unter  der  Diluvialdecke  auf  dem,  zum  Theil  sehr  glatt  geschliffenen  Kalk- 
stein gefunden  werden  und  welche  an  der  niedrigeren  Nordseite  des  Alvensleben- 
bruchs  noch  nahezu  die  nord-südliche  Richtung  einhalten  (nach  meiner  Messung 
hora  1—2),  beim  Ansteigen  nach  Süden  weit  mehr  in  west-östlicher  Richtung 
(zwischen  hora  3  und  6)  angetroffen  werden.  Charakteristisch  ist  auch,  dass  man 
die  Muschelkalkbruchstücke,  welche  in  der  Diluvialzeit  von  diesem  Flötzvorkommen 
aus  verbreitet  sind,  wesentlich  nur  in  südlicher  und  südwestlicher  Richtung,  zum 
'i'heil  in  der  regellosesten  Weise,  wie  sie  an  moränenartige  Anhäufungen  erinnert, 
antrifft.  Ilr.  Eck  hat  bereits  fräher  auf  dies  Fehlen  der  Triasgesteine  im  Diluvium 
nach  den  anderen  Seiten  hin  aufmerksam  gemacht. 

Mit  besonderem  Interesse  wurden  die  im  Muschelkalk  meist  nur  bis  1  Meter, 
einzeln  bis  mehrere  Meter  Tiefe  vorhandenen  Trichter  und  Töpfe  untersucht,  wie 
sie  von  Hrn.  stud.  Nötling  und  in  den  letzten  Tagen  von  der  Bergwerksverwal- 
tung als  Vorbereitung  für  die  Excursion  mit  anzuerkennender  Sorgfalt  entleert 
worden  waren.  Es  handelte  sich  hierbei  namentlich  um  die  Frage,  wie  weit  diese 
eigenthümlichcn  Vertiefungen  auf  die  mechanische  Wirkung  von  Wasserstrudeln 
unterhalb  von  Gletschereis,  wie  weit  auf  die  Auflösung  und  Verwitterung  des  Kalk- 


(249) 

Steins  zurückziifiiliren  sind.  Denn  dass  in  manchen  dieser  Trichter  nachträglich 
ein  derartiger  chemisclier  Lüsungsprozess  wesentlich  zur  Veränderung  der  Verhält- 
nisse beigetragen  hat,  ergiebt  sich  aus  dem  mehrfachen  Auftreten  von  Lehm  und 
Thon,  welcher  deutlich  auf  Muschelkalk -Verwitterung  zurückzuführen  ist.  In  man- 
chen der  kleineren  Aushöhlungen  ist  dieser  aus  Muschelkalk  herrührende  Lehm 
so  stark  vertreten,  dass  die  chemische  Verwitterung  des  Gesteins  in  erster  Linie 
für  die  Erklärung  derselben  herangezogen  werden  muss.  Ganz  abgesehen  von  der 
ursprünglichen  Entstehung  der  Trichter,  weist  die  Wandung  vieler  derselben  darauf 
hin,  dass  die  Verwitterung  des  Kalks  zur  Ausweitung  derselben  beigetragen  haben 
muss.  Ebenso  mussten  auch  alle  Kalkbruchstücke,  welche  bei  der  mechanischen 
Entstehung  der  Triciiter  mit  hineingekommen  waren,  durch  Verwitterung  zur  Ent- 
stehung von  lehmigen  Theilen  Veranlassung  geben,  welche  man  bei  der  mechani- 
schen Erklärung  dieser  Trichter  darin  nicht  als  ursprünglich  abgelagert  annehmen 
kann,  da  sie  durch  das  bewegte  Wasser  sofort  hätten  mit  fortgeführt  sein  müssen. 

So  sehr  also  diese  sekundären  Verwitterungs-Erscheinungen  bei  diesen  Trich- 
tern eine  wichtige  Rolle  gespielt  haben  und  als  solche  anerkannt  werden  müssen, 
so  weisen  die  in  voller  Schönheit  und  Schärfe  auf  dem  Kalkstein  erhalten  geblie- 
benen und  durch  die  Verwitterung  nicht  oder  wenig  veränderten  Kritzen  und 
Streifen  auf  der  anderen  Seite  deutlich  darauf  hin,  dass  man  mit  der  Heranziehung 
der  Verwitterung  zur  Erklärung  der  Trichter  nicht  zu  weit  gehen  darf  und  dass  in 
dieser  Frage  die  meist  nicht  geringe  Bedeckung  des  Muschelkalks  mit  Diluvial- 
bildungen, welche  reich  sind  an  kohlensaurem  Kalk,  wesentlich  berücksichtigt  wer- 
den muss,  ohne  welche  diese  Diluvialstreifen  schon  seit  langer  Zeit  der  Zerstörung 
und  Verwitterung  anheim  gefallen  sein  würden.  Nur  im  Süden  tritt  der  Muschel- 
kalk nahezu  zu  Tage  und  ist  nur  mit  einer  dünnen  Diluvialdecke  überlagert, 
während  auf  dem  grössten  Theile  und  namentlich  weiter  nach  Norden  hin  das 
Diluvium  meist  in  einer  Mächtigkeit  von  1  bis  über  2  Meter  vorhanden  ist.  Das- 
selbe besteht  hier  grösstentheils  aus  Geschiebemergel,  welcher  nach  Norden  bin 
unmittelbar  über  dem  Muschelkalk  von  Diluvial-Kies  und  -Sand  unterlagert  wird. 
An  einigen  Stellen  liegen  scharfeckige  Muschelkalkbruchstücke  mit  einzelnen  nordi- 
schen Gesteinen  unregelmässig  durch  einander  gemengt  auf  dem  Muschelkalk,  in 
einer  Beschaffenheit,  wie  sie  dem  „Krosssteinsgrus"  nordisch-baltischer  Glacial- 
bildungen  entspricht. 

Indem  die  atmosphärische  Kohlensäure  durch  das  kalkhaltige  Diluvium  ober- 
halb in  Anspruch  genon)men  und  dasselbe  dadurch  oberhalb  sein  Kalk-Carbonat 
verloren  hat,  so  diente  das  Diluvium  gro.ssentheils  zum  Schutze  der  Unterlage,  auf 
welcher  die  genannten  Diluvialstreifen  deshalb  in  so  grosser  Schärfe  erhalten  blei- 
ben konnten.  Der  kohlensaure  Kalk  des  Geschiebemergels  schützt  die  darin  ein- 
geschlossenen nordischen  gekritzten  Kalksteingeschiebe  in  ähnlicher  Weise  fast 
vollständig  vor  Verwitterung.  Nur  wo  Risse  und  Spalten  im  Geschiebemergel  auf- 
treten und  noch  aus  einigen  anderen  Ursachen  dringt  die  Auflösung  des  kohlen- 
sauren Kalks  und  die  sich  anschliessende  weitere  Verwitterung  partiell  und  unregel- 
mässig tiefer  nach  unten  hin  vor  und  die  durch  die  Verwitterung  entkalkte  obere 
Decke  wird  dadurch  in  ihrer  Begrenzung  nach  dem  Geschiebemergel  hin  eine  sehr 
uuregelmässige,  eine  zum  Theil  partiell  in  Zapfen  und  dergl.  stark  vorspringende 
und  dicht  daneben  wieder  weit  zurücktretende,  wie  es  auch  am  Geschiebemergel 
in   Rüdorsdorf  beobachtet  werden  kann. 

Enfsoheidcnd  für  die  Frage  der  sogenannten  Kiesentöpfe  ist  einmal,  dass  diese 
trichterartigen  Vertiefungen  nach  unten  hin  vollständig  geschlossen  sind,  wie  auf 
der  Excursiou    vielfach    konstatirt    werden  konnte,    nnd  zweitens,    dass  Sand,  Kies 


(250) 

und  Geröll,  als  das  mechaniscli  reibende  Moment  der  Wasserstrudel  in  Gletscher- 
mühlen, zum  Theil  noch  auf  dem  untersten  Grunde  der  Trichter,  wo  sie  ihre 
mechanische  Arbeit  im  Gestein  vollzogen  haben,  gefunden  werden. 

Für  den  Fall,  dass  trichterartige  Vertiefungen  durch  Verwitterung  im  Kalkstein 
entstanden  sind,  wie  man  sie  zum  Theil  als  geologische  Orgeln  bezeichnet  hat, 
bleibt  der  dadurch  aus  dem  Kalkstein  hervorgegangene  Lehm  auf  dem  Grunde  und 
an  den  Seiten  des  unten  geschlossenen  Trichters  liegen,  und  da  der  Lehm  nur 
einen  kleinen  Theil  des  Raumes  einnimmt  (vielleicht  etwa  \',o  bis  Vis),  welchen 
vorher  der  Kalkstein  inne  hatte,  so  muss,  je  nach  der  Auflagerung  von  Geröll, 
Sand  und  Kies,  Kalksteingrus  oder  Geschieberaergel,  das  betreffende  Material  an 
der  durch  Verwitterung  freigelegten  Stelle  von  oben  her  nachrücken,  und  was  von 
dem  hineingefallenen  Material,  namentlich  also  dem  Kalkstein,  verwitterungsfähig 
ist,  nimmt  dann  eventuell  an  dieser  Verwitterung  Theil  und  es  können  dadurch 
aus  derselben,  wie  erwähnt,  in  derselben  Weise  lehmige  Theile  hervorgehn,  wie 
die  in  den  mechanisch  ausgeriebeneu  Löchern  liegen  gebliebenen  Kalksteinbruch- 
stücke dazu  Veranlassung  geben  können. 

Wo  aber  in  diesen  geschlossenen,  rundlichen  Vertiefungen  unterhalb  der  aus 
Muschelkalk  hervorgegangene  Lehm  fehlt  und  statt  dessen  Quarzsand  und  die  ab- 
gerundeten Bruchstücke  der  härteren  nordischen  Silikatgesteine  auftreten,  wie  es 
thatsächlich  beobachtet  ist,  da  liegt  der  Beweis  vor,  dass  das  harte  Material  am 
Grunde  dieser  Aushöhlungen  auch  als  das  mechanische  Agens  aufzufassen  ist,  was 
sich  allmählich  in  den  relativ  weichen  Kalkstein  aushöhlend  hineingearbeitet  hat. 
Es  ist  klar,  dass  da,  wo  Wasser  mit  atmosphärischer  oder  im  Boden  oberhalb  ge- 
bildeter Kohlensäure  in  solche  mechanisch  entstandene  Hohlräume  hineingelangen 
konnte,  nachfolgend  auch  die  chemische  Auflösung  und  Verwitterung  zur  weiteren 
Veränderung  beitragen  musste,  sowie  andererseits  an  den  Stellen,  wo  die  Ver- 
witteruugsagentien  partiell  auf  den  Kalkstein  zu  wirken  im  Stande  sind,  auch 
partielle,  zum  Theil  sehr  kleine  Aushöhlungen,  wie  es  im  Rüdersdorfer  Muschelkalk 
ebenfalls  der  Fall  ist,  sich  gebildet  haben. 

Die  Excursion  bot  Gelegenheit,  in  bestimmter  Weise  zu  unterscheiden,  welcher 
Lehm  als  aus  der  Verwitterung  des  Muschelkalks  hervorgegangen  anzusehen  ist 
und  dass  die  chemischen  Auflösungsprocesse  sekundär  im  Kalkstein  von  Bedeutung 
gewesen  sind.  Es  wurde  jedoch  auf  der  andern  Seite  ebenso  wenig  bezweifelt,  dass 
daselbst  mechanische  Wirkungen  bei  der  Aushöhlung  des  Gesteins  in  Betracht 
kommen,  welche  durch  Risse  und  Klüfte  im  Gletschereis  mit  seinen  temporär  hin- 
unterfalienden  Wassermassen  und  den  dadurch  auf  dem  Grunde  entstandenen 
Strudeln  am  besten  zu  erklären  sind. 

Dasselbe  stimmt  deshalb  überein  mit  der  Erklärung,  welche,  aus  den  Streifen 
und  Kritzen  am  Muschelkalk  unter  der  Diluvialdecke  und  aus  andern  Erscheinungen 
gezogen  werden  muss,  und  welche  dahin  geht,  dass  Norddeutschland  in  der  Diluvialzeit 
wiederholt  unter  starken,  von  Norden  ausgehenden  Eismassen  gelegen  hat,  und  dass 
die  weite  Verbreitung  der  Geschiebe  über  den  Boden  Norddeutschlands,  sowie  die 
Entstehung  des  Geschiebemergels  (als  Grundmoräne)  in  erster  Linie  auf  so  weit 
vorgedrungene  Gletscher  zurückzuführen  sind.  Die  verschiedenen  Ablagerungen  von 
Geschiebemergel  weisen  darauf  hin,  dass  hier  verschiedene  Vergletscherungsperioden, 
also  ein  wiederholtes  Vorschreiten  und  Zurückschreiteu  der  Gletschermassen,  worauf 
ich  bereits  vor  2  Jahren  in  Conslanz  aufmerksam  gemacht  habe,  anzunehmen  sind, 
zwischen  welchen  Perioden  die  unter  Wasser  geschichteten  Diluvialsandmassen  zur 
Ablagerung  gelaugten.     Diese  Theorie   einer  weit  ausgedehnten  früheren  Gletscher- 


(251) 

Verbreitung  auf  dem  Boden  von  Nordeuropa  und  Norddeutschland  hat  ihren  der- 
zeitigen Hauptvertreter  in  dem  Director  der  geologischen  Landesanstalt  zu  Stock- 
holm, Herrn  Torell;  dieselbe  hat,  gegenüber  der  Lyell' sehen  Drifttheorie,  wo- 
nach von  Gletschern  stammende  Eisberge  an  der  Bildung  der  Geschiebeforination 
ausgedehnter  betheiligt  sind,  unter  allen  den  Geologen,  welche  sich  eingehend  mit 
diesen  Fragen  beschäftigt  haben,  so  namentlich  in  Skandinavien,  in  Süddeutsch- 
land und  der  Schweiz  in  der  neueren  Zeit  mehr  und  mehr  Freunde  gewonnen. 
Sowie  der  Geschiebelehm,  resp.  -mergel,  welcher  von  den  alten  Alpengletscheru 
gebildet  ist,  und  derjenige  in  Skandinavien  daselbst  fast  allgemein  als  die  ehe- 
malige Grund moräne  der  bezüglichen  Gletscher  aufgefasst  wird,  so  wird  man  durch 
die  sehr  grosse  Aciluilichkeit  des  norddeutschen  Geschiebemergels  mit  den  genann- 
ten Bildungen  in  Schweden  und  in  der  Nähe  der  Alpen  auf  eine  ähnliche  Ent- 
stehung dieser  Ablagerung  hingewiesen.  Wie  nahe  sich  diese  Gebilde  ihrer  Be- 
scliaffeiilieit  nach  stehen,  wie  sie  namentlich  bei  uns  sowohl,  wie  in  den  genannten 
anderen  Gegenden,  durch  jeglichen  Mangel  an  Schichtung  —  diesem  Hauptmerk- 
mal der  unter  Wasser  abgelagerten  Bildungen  —  ausgezeichnet  sind,  ergiebt  die 
Vergleichung  auf  den  ersten  Blick,  und  eine  Probe  des  Geschiebelehms  aus  der 
Gegend  von  Como  am  Südfusse  der  Alpen,  welche  ich  zu  der  Excursion  n)it- 
genommen   hatte,  Hess  diese  Uebereinstimmung  leicht  erkennen. 

Der  Muschelkalk  von  Rüdersdorf  ist  einer  der  wenigen  Punkte  innerhalb  der 
norddeutschen  Geschiebeformation,  wo  sich  Diluvialerscheinungen  am  festen  an- 
.steheudeu  Gestein  unterhalb  der  auflagernden  Diluvialdecke,  ähnlich  wie  in  Schwe- 
den und  Norwegen,  in  den  russischen  Ostseeproviuzen  und  zu  beiden  Seiten  der 
Alpen,  beobachten  lassen.  Die  erwähnten  interessanten  Verhältnisse  daselbst  wer- 
den deshalb  von  der  Gesellschaft  fortlaufend  im  Auge  behalten  werden  müssen 
und  es  wird  die  Aufgabe  sein,  durch  eine  weitere  eingehende  Verfolgung  derselben 
die  in  der  Erklärung  noch  vorhandenen  Schwierigkeiten  mehr  und  mehr  zu  be- 
seitigen und  so  das  bezügliche  Material  für  die  Geschichte  des  norddeutschen 
Flachlandes,  namentlich  des  Diluviums,  immer  mehr  klar  zu  legen.  Da  die  Schwierig- 
keiten bei  uns  grösser  sind,  als  in  der  Nähe  der  anstehenden  Gebirge,  wo  sich 
Alles  genetisch  genauer  verfolgen  lässt,  und  da  es  sich  hier  um  für  die  Anthro- 
pologie und  Urgeschichte  sehr  wichtige  Fragen  handelt,  so  werden  diese  Diluvial- 
bildungeu  seitens  der  Wissenschaft  besonders  eingehend  berücksichtigt  werden 
müssen,  und  ist  zu  hoffen,  dass  die  E.xcursion  nach  Rüdersdorf  eine  weitere  An- 
regung nach  dieser  Richtung  gegeben   hat  und  auch  für  die  Zukunft  geben  wird.  — 

Der  Vorsitzende  spricht  im  Anschluss  daran  den  Wunsch  aus,  dass  auch  die 
Fachgeologen,  welche  die  fraglichen  Verhältnisse  in  Rüdersdorf  näher  untersucht 
haben,  sich  über  dieselben  ausführlicher  üussern  mc'ichten. 

Er  dankt  Namens  der  Gesellschaft  Hrn.  Bergrath  Foitzick  in  Rüdersdorf,  der 
in  freundlichster  Weise  die  Leitung  der  Excursion  übernommen  hatte,  sowie  den 
beiden  Aerzteu  von  Rüdersdorf,  Dr.  Häbler  und  Dr.  Pfeffer,  für  den  grossen 
Genuss,  welchen  sie  allen  Theiluehmera  bereitet  haben.  Die  zahlreich  erschienenen 
Mitglieder,  unter  welchen  die  HHrn.  Nachtigal ,  Wattenbach,  Frhr.  v.  Dnruh- 
Bomst,  Voss,  Witt,  Kny,  Berendt,  v.  Martens  genannt  werden  mögen,  nahmen 
mit  hohem  Interesse  die  neue  Erscheinung  in  Augenschein.  Hr.  Nöthling,  der 
dieselbe  zuerst  in  grösserer  Ausdehnung  studirt  hat,  war  persönlich  anwesend. 

Auf  der  Rückkehr  wurde  ein  Urnenfeld  am  Ufer  des  Krien-Sees,  das  aller- 
dings nur  spärliche  Ergebnisse  lieferte,  untersucht 


(252) 

(20)  Hr.  Virchow  berichtet  über  die,  am  5.  Juli  unter  reger  Betheiligung 
stattgefundene 

Excursion  nach  Neu-Brandenburg. 

Or  Dr.  Bri'ickner  sen.,  unser  sehr  thätiges  Mitglied,  hatte  die  Güte  gehabt, 
in  umsichtigster  Weise  Alles  vorzubereiten,  so  dass  trotz  der  grösseren  Entfernung 
das  reiche  Programm  vollständig  erledigt  werden  konnte.  Dr.  Voss  und  ich  hatten 
uns  schon  am  Abende  vorher  nach  Neu-Brandenburg  begeben,  um  am  Morgen  des 
Tages  das  Gräberfeld  am  Stargarder  Berg  (V4  Stunde  westlich  vor  der  Stadt) 
zu  prüfen  und  geeignetenfalls  für  die  Gesellschaft  vorzubereiten.  Es  ergab  sich 
bei  der  vorgenommenen  Ausgrabung,  dass  am  Rande  einer  grossen  Kiesgrube  auf 
der  Höhe  des  Berges  Skelette  in  geringer  Tiefe  vorhanden  waren,  und  es  wurden 
ein  Paar  davon,  allerdings  nicht  ohne  mancherlei  Beschädigung,  gehoben.  Aber  es 
zeigte  sich  auch,  dass  dieselben  wohl  höchstens  ein  Paar  Jahrhunderte  alt  sein 
konnten,  und  wir  verzichteten  daher  darauf,  unsere  Mitglieder  hierher  zu  führen. 

Nach  der  Ankunft  des  Zuges  fuhr  man  daher  sofort  nach  der  Ravensburg 
im  Burgholze,  einem  mächtigen  und  sehr  gut  erhaltenen  Burgwalle,  in  mehr  öst- 
licher Lage,  \'2  Meile  vor  der  Stadt.  Hr.  Lisch  (Meklenb.  Jahrb.  Bd.  VL)  hat 
früher  eine  Skizze  davon  geliefert.  Es  ist  eine  dreifache  Umwallung  und  ein 
äusserer,  noch  zum  Theil  mit  Wasser  gefüllter  Graben  vorhanden.  Der  innere 
Wall  ist  fast  kreisförmig  und  ziemlich  hoch.  An  ihn  schliesst  sich  ein  zweiter, 
mehr  eiförmig  angelegter  Vorwall,  der  jederseits  an  den  inneren  Wall  anschliesst 
und  einen  Theil  des  letzteren,  da,  wo  der  Schutz  durch  das  äussere  Wasser  am 
vollkommensten  ist,  freilässt.  Der  dritte  Wall  oder  genauer  Vorwall  ist  der  nie- 
drigste; sein  einer  Schenkel  setzt  an  die  Aussenwand  des  zweiten,  der  andere  an 
die  von  dem  zweiten  frei  gebliebene  Wand  des  ersten  Walles  an,  so  dass  das  gar 
nicht  weiter  geschützte  Stück  des  letzteren  ziemlich  kurz  ist.  Es  scheint  daher, 
dass  man,  dem  Bedürfniss  einer  grösseren  Sicherheit  entsprechend,  nach  und  nach 
die  beiden  Vorwälle  angesetzt  hat,  beide  auf  der  Seite,  wo  der  Waldboden  am 
trockensten  ist  und  daher  der  Zugang  am  leichtesten  war.  Von  hier  aus  führt 
auch  jetzt  noch  ein  Waldweg  in  das  Innere  des  Innenwalles  durch  thorartige  Aus- 
schnitte der  drei  Wälle. 

Rings  umher  ist  der  schöne,  mit  hochstämmigen  Buchen  besetzte  Kämmerei- 
wald, das  Burgholz.  Auch  die  Wälle  selbst  und  das  Innere  sind  mit  alten  Bäumen 
besetzt.  Der  von  dem  Burgwall  eingenommene  Raum  beträgt  86  802  Q.-R.  Die 
Ausgrabungen  ergaben  das  gewöhnliche  Resultat.  Im  Innern  wurde  sehr  wenig 
gefunden.  Die  meisten  üeberreste  lagen  an  der  inneren  Seite  des  Walles,  doch 
fanden  sich  auch  manche  Stücke  in  der  aufgeschütteten  Erde  des  Walles  selbst, 
jedoch  auch  hier  weniger  in  der  Höhe,  als  in  der  Tiefe.  Man  darf  daher  wohl 
annehmen,  dass  die  Stelle  schon  bewohnt  war,  ehe  die  jetzigen  Wälle  aufgeschüttet 
wurden,  und  dass  so  Manches  in  den  Wall  gelangte,  was  ursprünglich  auf  der 
Fläche  gelegen  hatte. 

Wir  Hessen  einen  grösseren  Durchschnitt  durch  den  inneren  Wall  auf  seiner 
Südseite  machen.  In  einer  Tiefe  von  2,14  m  erreichten  wir  den  Sandboden;  in  Ivi 
Tiefe  zeigten  sich  noch  Topfscherben  und  bei  1,34  m  erreichten  wir  eine  Brand- 
schicht. Hier  war  nicht  bloss  die  Erde  schwarz,  sondern  es  steckten  auch  zahl- 
reiche Kohlenstücke,  namentlich  von  Eichenholz,  im  Boden;  daneben  zahlreiche 
Thiorknochen,  besonders  von  Schwein,  Rind  und  Ziege. 

In  der  städtischen  Sammlung,  welche  in  sehr  ansprechender  Weise  in  einem 
der    alten  hitadtthorthürme  untergebracht   ist,  befand  sich  schon  eine  kleine  Anzahl 


(253) 

Ravensburger  Alterthütner,  iiameütlicli  eiuo  eiserne  Axt  und  ebensolche  Sporen, 
jedoch  auch  polirte  S teingeräthe,  namentlich  2  durchbohrte  Stücke,  von  denen 
das  eine,  leider  zerbrochene  ein  breites  ausgeschweiftes  Ende  zeigt  und  seiner  ge- 
bogenen Form  nach  an  ein  Bronze-Vorbild  erinnert.  Auch  ein  polirtes  Feuerstein- 
beil ist  vorhanden.  Das  Thongeräth,  sowohl  das  in  der  Sammlung  befindliche,  als 
auch  das  von  uns  gesammelte,  hat  durchweg  den  Burgwulltypus,  sowohl  die  ge- 
schwungenen und  wellenförmigen  Linien,  als  auch  die  mit  einem  zackigen  Stempel 
eingedrückten  Reihen  kleiner,  eckiger  Grübchen.  — 

In  der  Sammlung  sahen  wir  noch  die  Fundstücke  von  einem  s lavischen 
Burgwall  bei  Lapitz,  den  Hr.  Neu  mann  ausgebeutet  hat.  Auch  hier  waren 
viele  Thierknochen  und  Thonscherben  zusammengebracht,  doch  fanden  sich  gleich- 
falls 2  nicht  durchbohrte,  aber  gut  polirte  Feuersteinbeile  und  einige  grosse,  ge- 
schliffene Steinhämmer,  von  denen  freilich  einer  auf  dem  benachbarten  Acker  auf- 
gelesen war.  Unter  den  übrigen  Fundstücken  erwähne  ich  einen  grossen  Klumpen 
von  gebranntem  Thon,  der  noch  den  Abdruck  eines  Geflechts  (Korbes?  Gewebes?) 
trägt.  — 

Auch  sonst  ist  die  Sammlung  reich  an  geschlageneu  und  geglätteten  Stein- 
sachen,  von  denen  letztere  mehrfach  an  die  Formen  von  Bronzehämmern  erinnern. 
Auch  ein  kleines  Feuersteinmesser  mit  einer  Fassung  ist  vorhanden.  Unter  den 
Bronzesachen  sind  namentlich  mehrere  Exemplare  grosser  Armspangen  mit  doppel- 
ter Spiralplatte  zu  erwähnen,  wie  sich  deren  ganz  ähnliche  in  der  Sammlung  von 
Neu-Strelitz  finden. 

Ganz  besonders  interessant  ist  eine  Reihe  feiner  und  sehr  gut  erhaltener  Thon- 
gefässe.  Ich  hebe  daraus  namentlich  ein  Paar  Gefässe  aus  der  ersten  Eisenzeit 
hervor,  von  denen  das  eine  (a)  1862  auf  dem  Bahnhofe  vor  der  Stadt,  das  andere  (b), 
allerdings  nur  in  Bruchstücken,  1873  zu  Cammin  bei  Stargard  in  Mekl.  ausgegraben 
wurde.     Die  Ornamente  sind  sehr  ausgiebig  angelegt  und  in  langen,  geometrischen 


Figuren  um  den  Bauch  der  Gefässe  geführt.  An  dem  einen  (a),  welches  sich  durch 
einen  Henkel  und  sonderbare  Form  auszeichnet,  zeigt  sich  eine  Art  von  Mäander. 
Das  andere  (b)  hat  Linien,  welche  ganz  dicht  auf  beiden  Seiten  mit  kleinen, 
dornenartigen  Flinritzungen  besetzt  sind. 

Eine  dritte,  der  Angabe  nach  der  Steinzeit  angehörige  Henkelurne  (Nr.  611) 
von  schwarzer  Farbe  wurde  im  Torf  bei  Lapitz  in  einer  Tiefe  von  5  Fuss  gefunden. 
Ob  sie  wirklich  so  alt  ist,  erscheint  wegen  der  sauberen  Ausführung  des  Gefässes 
zweifelhaft.     Dasselbe  hat  einen  senkrechten,  glatten,    sehr  hohen  Rand  mit  weiter 


(254) 

Mündung,  einen  niedrigen,  weit  ausgelegten  Bauch,    an  der  Grenze    zwischen  Hals 
und  Bauch  eine  breite  Zone  mit  Gruppen  von  halbkreisförmigen  und  geraden  Linien. 


Der  grosse  und  sehr  weite  Henkel  ist  abgeplattet,  oben  au  den  Hals,  unten  mit 
schöner  Biegung  an  den  Bauch  angesetzt.  Hier  schliesst  sich  an  ihn  wiederum 
eine  radiäre  Einritzung.  — 

Hr.  Brückner  führte  sodann  die  Gesellschaft  in  den  üppig  angewachsenen 
Stadtpark  am  See,  wo,  nahe  der  Badestelle,  das  früher  (Verhandl.  vom  21.  Juli  1877, 
Verh.  S.  277,  Taf.  XVH.,  Fig.  2)  von  ihm  beschriebene  Stein kistengrab  in  ähn- 
licher Weise,  wie  es  gefunden  ist,  aufgestellt  worden  ist.  Von  da  begab  man  sich  über 
das  alte  Kloster  Broda  nach  dem  Belvedere,  welches  in  schönster  Lage  über  dem  weit 
ausgedehnten  See  einen  der  prächtigsten  Aussichtspunkte  unseres  Nordens  darstellt. 

Auf  dorn  Rückwege  passirte  man  noch  die  Kirche,  deren  Wände  „Näpfchen" 
besitzen,  und  zum  Schluss  vereinigte  ein  fröhliches  Mal  die  Fremden  von  Berlin, 
Stettin,  Stralsund  und  Strelitz  nebst  den  Einheimischen.  Dabei  wurde  der  Lands- 
leute, welche  in  der  Alterthumsforschung  einen  grossen  Namen  erworben  haben, 
namentlich  des  verstorbenen  Boll  und  des  stets  thätigen  Schliemann,  rülimeud 
gedacht. 

(21)  Hr.  Virchow  beendet,  unter  Vorlegung  zahlreicher  Fundstücke,  den  in 
der  vorigen  Sitzung  begonnenen  Vortrag  über 

Troja. 

(Hierzu  Tafel  XVI.) 

Ich  hatte  Ihnen  das  vorige  Mal  eine  kurze  Uebersicht  über  die  Streitfragen 
in  Betreff  der  Lage  von  Troja  gegeben  und  einige  der  Gründe  angeführt,  welche 
dafür  sprechen,  unter  den  Orten,  welche  in  Frage  gekommen  sind,  den  Vorsprung 
von  Hissarlik  zu  wählen,  wie  es  zuerst  von  Maclaren  theoretisch  geschehen  und 
endlich  von  Hrn.  Schliemann  praktisch  ausgeführt  worden  ist. 

Ich  werde  Ihnen  daher  heute  zunächst  ein  objectives  Bild  von  der  Situation 
von  Hissarlik  zu  entwerfen  suchen.  Sollte  ich  mich  dabei  zuweilen  etwas  ver- 
sprechen, indem  ich  vielleicht  mehr,  als  Ihnen  begründet  scheint,  die  Präsumption 
mache,  dass  hier  das  homerische  Ilion  zu  suchen  sei,  so  bitte  ich  im  Voraus  um 
Entschuldigung.  Jedenfalls  werde  ich  mich  bemühen,  unter  Zuhülfenahme  des 
allerdings  etwas  kümmerlichen  Materials,  das  ich  augenblicklich  zur  Verfügung 
habe,  die  Sachlage  unbefangen  darzustellen. 

Ich  habe  schon  in  meinem  ersten  Vortrage  hervorgehoben,  dass  im  Augenblick 
wohl  kaum  ein  zweiter  Ort,  weder  in  Italien,  noch  in  Griechenland,  noch  in  Klein- 


(255) 

Asien  existiren  möchte,  welcher  in  Bezug  auf  die  Massenhaftigkeit  der  auf  ein- 
ander geschichteten  Funde  und  in  Bezug  auf  die  Zahl  verschieden  gearteter  Fund- 
schichten auch  nur  entfernt  in  Parallele  mit  Hissarlik  gestellt  werden  kann.  Vor 
den  Ausgrabungen  des  Hrn.  Schliemann  hatte  man  davon  keine  Ahnung.  Der 
Hügel  von  Hissarlik  oder,  wie  ich  ihn  der  Kürze  wegen  bezeichne,  der  Burgberg 
erschien  allen  Reisenden  als  eine  natürliche  Anhöhe.  Dieselbe  bildet  den  letzten 
Vorsprung  eines  niedrigen,  durchschnittlich  nicht  viel  über  100,  erst  weiterhin  200  bis 
300  Fuss  hohen  Rückens  aus  miocäneni  Tertiärkalk,  der  sich  gegen  Osten  an  einen 
ziemlich  hohen  Eruptivstock,  den  ülu  Dagh,  anschliesst.  Das  Tertiärgebirge  sendet 
von  hier  zwei  Hauptarme  gegen  die  Ebene  aus:  einen  nördlichen,  etwas  höheren, 
der  sich  über  Renköi  an  den  Hellespont  schiebt  und  der  Küste  bis  zum  Vor- 
gebirge Rhoiteion  folgt,  und  den  schon  erwähnten  südlichen.  Beide  Arme  sind 
von  einander  durch  das  Thal  des  Dumbrek  Tschai  getrennt,  gegen  welches  ihre 
Gehäuge  ziemlich  steil  abfallen.  Gegen  die  eigentliche  Skamander-Ebene  springen 
sie  ziemlich  scharf  vor,  so  dass  das  Vorgebirge  Rhoiteion  und  Hissarlik  von  einer, 
senkrecht  gegen  den  Hellespont  gezogenen  Linie  ziemlich  gleichmässig  getroffen 
werden.  Etwa  eine  starke  Viertelstunde  von  Hissarlik  nach  Osten  liegt  auf  dem- 
selben Längsrücken  das  türkische  Dorf  Tschiblak,  nach  welchem  ich  diesen  Berg- 
zug den  Rücken  von  Tschiblak  nennen  werde.  Hissarlik  selbst  ist  ganz  unbe- 
wohnt. 

Wenn  man  von  Tschiblak  nach  dem  Burgberge  geht,  so  stösst  man  schon  weit 
Tor  Hissarlik,  wie  übrigens  seit  langer  Zeit  bekannt  ist,  auf  ein  sehr  umfangreiches 
Feld,  welches  ganz  mit  Thonscherben,  Bruchstücken  von  bearbeitetem  Marmor  und 
anderen  Resten  einer  alten  Ansiedelung  bedeckt  ist.  Dasselbe  umfasst  den  ganzen 
vorderen  Theil  des  Rückens  von  Tschiblak,  namentlich  auch  den  nach  Süden  ge- 
richteten Abbang  mit  seinen  einzelnen  Terrassen  und  Vorsprüngen.  Nach  Osten 
und  Süden  lässt  sich  noch  jetzt  sehr  deutlich  die  alte  Umgrenzung  erkennen. 
Man  kann  noch  ganz  genau  die  scharfen  Linien  und  Ecken  der  alten  Mauern 
definiren.  Durch  eine  Menge  von  einzelneu  „Brunneugrabuugen"  hat  Hr.  Schlie- 
mann festgestellt,  dass  es  sich  durchweg  um  eine  Ansiedelung  handelt,  welche  bis 
in  die  spätrömische  Zeit  hinein  reicht,  welche  aber  nirgends  frühgriechische  oder 
gar  prähistorische  Einschlüsse  enthält.  Es  wird  daher  darüber  w^ohl  kaum  noch 
ein  Zweifel  bestehen  können,  dass  dieses  grosse  Trümmerfeld,  wie  übrigens  schon 
im  Alterthum  ziemlich  allgemein  angenommen  worden  ist,  die  Stätte  des  soge- 
nannten llion  novura  ist.  Es  war  diess  eine  Stadt,  deren  Gründung  nicht  genau 
feststeht,  die  aber  seit  der  Zeit,  als  Vorderasien  unter  römische  Herrschaft  fiel, 
namentlich  in  den  letzten  Zeiten  der  Republik  und  unter  den  Kaisern,  mit 
grosser  Vorliebe  behandelt  wurde.  Julius  Cäsar ,  der  nach  der  Schlacht  von 
Pharsalus  selbst  nach  llion  kam,  und  die  Kaiser  aus  der  julischen  Familie,  welche 
ihr  Geschlecht  von  Aeneas  herleiteten  und  denen  Troja  als  ihr  eigentliches  Mutter- 
land erschien,  wandten  der  Stadt  ihre  besondere  Sorgfalt  zu  und  statteten  sie  mit 
zahlreichen  Privilegien  aus.  Gräbt  man  in  diesem  Gebiet,  so  stösst  man  noch  an 
vielen  Stellen  auf  ausgedehnte  Fundamente  von  Gebäuden.  Aber  im  Allgemeinen 
liegt  das  Material  ganz  oberflächlich,  so  dass  es  weiter  keiner  Grabungen  bedarf; 
man  hat  blos  auf  das  Feld  hinauszugehen  und  aufzulesen.  Allerdings  findet  man 
dabei  manches,  was  wir  auf  den  ersten  Blick  weiter  zurückdatiieu  würden.  Da 
liegen  Mühlsteine  aus  Trachyt,  die  wir  auch  nach  unseren  nordischen  Gewohnheiten 
in  römische  Zeit  versetzen  würden,  so  ähnlich  sind  sie  unseren  vorgeschicht- 
lichen Mühlsteinen.  Da  liegt  ferner  eine  Menge  von  Gegenständen,  die  einer  ganz 
alten  Zeit  entsprechen  könnten,  Thonwirtel,  Feuersteinsplitter,  Knochenreste  u.  s.  f. 


(256) 

Aber  bei  genauerer  Betrachtung  erweisen  sie  sich  doch  als  Bestandtheile  einer 
jüngeren  Ansiedelung.  Weit  und  breit  ist  über  das  ganze  Terrain  eine  Menge 
von  Marmortrümmern  zerstreut,  die  auf  einen  grossen  Luxus  schliessen  lassen, 
und  wenn  man  die  Nachbarorte  durchmustert,  namentlich  die  alten  türkischen 
Kirchhöfe,  so  trifft  man  Haufen  von  verschleppten  Marmorsäulen  und  Architektur- 
stücken der  mannichfaltigsten  Art  als  Bestandtheile  von  Haus-  und  Garten- 
mauern, als  Grabstelen  u.  dgl.  Ich  lege  ein  Paar  Stücke  von  bearbeitetem  Marmor 
aus  dieser  oberflächlichen  Schicht  vor  und  ausserdem  einen  Thonscherben,  der  Ihre 
besonderen  Sympathien  auf  sich  ziehen  dürfte,  weil  er  das  Wellenornament  unserer 
slavischen  Burgwälle  auf  das  Vortrefflichste  ausgeführt  zeigt.  Aber  alles  Thon- 
geräth  ist  ein  durchaus  junges;  es  hat  den  klingenden  Ton  von  gut  gebranntem 
Geschirr  und  ist  auf  der  Scheibe  gearbeitet. 

Offenbar  war  die  Bewohnung  eine  sehr  ausgedehnte.  Stellenweise,  namentlich 
westlich  von  Hissarlik,  hat  sie  sich  bis  in  die  Ebene  herunter  erstreckt  bis  auf 
Stellen,  wo  man  jetzt  Bedenken  tragen  würde,  wegen  der  Malaria  überhaupt  zu 
wohnen.  Noch  unterhalb  von  Hissarlik  liegen  auf  den  Aeckern  ganz  dieselben 
Trümmer  von  Bausteinen  und  Hausgeräth,  wie  auf  dem  Berge.  Indess  kann  dieses 
Suburbium  nicht  sehr  gross  gewesen  sein;  die  Hauptansiedlung  war  auf  der  Höhe 
und  zwar  in  mehreren  Terrassen  den  südlichen  Abhang  hinaufgebaut.  Auch  sieht 
man  noch  die  Andeutung  einer  kleinen  Akropolis  weit  gegen  das  östliche  Ende 
hin,  sowie  mehrere  andere  Erhöhungen,  die  vielleicht  alte  Tempelstellen  waren,  denn 
gerade  in  ihrer  Nähe  ist  viel  Marmor  verbreitet.  Genug,  es  war  eine  hoch  organi- 
sirte  Stadt.  Zahlreiche  Münzfunde  haben  übrigens  sehr  bestimmte  chronologische 
Anhaltspunkte  gewährt. 

Dieses  ganze  Terrain  ist  natürlich  auszuschliessen  aus  unserer  Betrachung.  Es  hat 
nichts  Wesentliches  zu  thun  mit  Hissarlik  und  zwar  um  so  weniger,  als,  so  weit  meine 
Beobachtungen  reichen,  die  eigentliche  Höhe  von  Hissarlik  wahrscheinlich  von  aller 
eigentlichen  Bewohnung  Seitens  der  Leute  von  Ilion  novum  ausgeschlossen  gewesen  ist. 
Jetzt  natürlich  ist  der  grössere  Theil  der  Oberfläche  zerstört;  ich  kann  aus  eigener 
Anschauung  nur  noch  über  gewisse  Reste  aussagen,  aber  an  ihnen  sieht  man 
keineswegs  eine  so  reiche  Bedeckung  der  Oberfläche  mit  Trümmern  von  Hausgeräth, 
wie  ausserhalb  des  Burgberges.  Wahrscheinlich  war  dieser  Theil  mit  Tempeln  be- 
setzt und  im  Uebrigen  frei  gelassen.  Das  wird  leicht  begreiflich,  wenn  man  aus 
den  alten  Schriftstellern  erfährt,  mit  welcher  Beharrlichkeit  die  Bewohner  von  Ilion 
novum  die  Tradition  festhielten,  dass  da  das  alte  Ilion  existirt  habe.  Lag  das 
Ilion,  welches  Alexander  vor  und  nach  der  Schlacht  am  Granicus  besuchte,  an  dieser 
Stelle,  so  müssten  wir  annehmen,  dass  damals  schon  ein  Tempel  der  Athene  und 
einer  des  Zeus  auf  Hissarlik  standen  und  dass  darin  allerlei  Waffen  bewahrt  wur- 
den, welche  man  als  die  des  Hektor  und  anderer  trojanischer  Streiter  bezeichnete. 
Jedenfalls  würde  es  den  religiösen  Gefühlen  der  Alten  durchaus  entsprechen,  dass 
sie  den  alten  Burgberg  ausschlössen  von  dem  gewöhnlichen  Gebrauch  und  ihn  als 
einen  sacrosancten  Ort  bewahrten.  So  ist  vielleicht  der  glückliche  umstand  zu 
erklären,  dass  keine  nennenswerthe  Vermischung  später  Funde  mit  den  älteren 
stattgefunden  hat. 

Was  nun  den  eigentlichen  Burgberg  oder  Hissarlik  anbetrifft,  so  kann 
ich  natürlich  nicht  mehr  berichten,  wie  er  etwa  vor  20  Jahren  ausgesehen  hat,  da 
ich  ihn  angetroffen  habe  in  einem  Zustand  von  starker  Zerstörung.  Indess,  wie  ich 
schon  das  vorige  Mal  darlegte,  Hr.  Schliemann  hat  sich,  nachdem  er  sich  zuerst 
durch  einige  Durchschnitte  von  ungeheuerer  Ausdehnung  eine  üebersicht  der  Lage- 
rungaverhältnisse  verschafft  hatte,  nachher  nur  die  Aufgabe  gestellt,    den  Kern  des 


(207) 

Berges  gleichsam  auszuschulen.  Daher  ist  im  Wesentlichen  der  äussere  Mantel 
stehen  geblieben,  und  man  gewinnt  immer  noch  ein  gutes  Bild  der  ursprüng- 
lichen äusseren  Configuration.  Es  steht  im  umfange  noch  so  viel,  dass  man  sich 
das  Fehlende  leicht  ergänzen  kann.  Darnach  bildete  das  Ganze  einen  breit  abge- 
stumpften Kegel,  der  sich  über  den  Bergrücken,  auf  dem  Ilion  novum  lag,  erhob,  und 
der  namentlich  gegen  Norden  ganz  steil  gegen  die  Ebene  abfiel.  Vor  dem  Burgberge  hat 
der  Bergrücken  eine  seichte  Einbiegung.  Der  eigentliche  Burgberg  musste  sich  also  den 
früheren  Reisenden  als  ein  vorgeschobener,  über  100  Fuss  hoher  Posten  darstellen. 

In  diesen  Hügel  hat  Hr.  Schliemann  nach  und  nach  in  4,  genau  genommen 
sogar  5  verschiedenen  Richtungen  tiefe  radiale  Durchschnitte  gelegt,  um  die- 
jenigen Stellen  zu  suchen,  auf  welche  es  hauptsächlich  ankomme.  Es  hat  sich 
dabei  herausgestellt,  wie  ich  schon  neulich  hervorhob,  dass  je  tiefer  man  kommt, 
der  bewohnte  Bezirk  sich  immer  mehr  verengt,  dass  daher  die  äusseren  Theile 
des  Hügels  nicht  etwa  dem  ursprünglichen  Boden  angehören,  sondern  vielmehr 
durch  den  Abraum  der  im  Laufe  der  Zeit  vernichteten  Städte  und  durch  die 
Planirung  der  Oberfläche  künstlich  entstanden  sind.  Wenn  eine  neue  Generation 
über  den  Ruinen  der  nächst  älteren  baute,  so  räumte  sie  zunächst  den  Schutt 
weg  und  warf  ihn  zur  Seite  den  Abhang  hinab.  So  ist  ein  System  concentri- 
scher  Ablagerungen  entstanden,  welche  wie  umgekehrte  Trichter  mit  abgeschnit- 
tener Spitze  über  einander  stehen.  Daraus  geht  hervor,  dass  der  Hügel  in  der 
Grösse,  in  welcher  er  von  den  früheren  Reisenden  beschrieben  ist,  keineswegs  den 
uralten  Burgberg  darstellt.  Erst  die  Tiefuntersuchungen  des  Hrn.  Schliemann 
haben  mit  Sicherheit  herausgestellt,  dass,  während  späterhin  offenbar  die  Bewoh- 
nung  die  ganze  Fläche  des  Hügels  umfasst  hat,  früher  ein  ungleich  kleinerer  Kreis 
davon  eingenommen  wurde. 

Hr.  Schliemann  hatte  das  grosse  Glück,  sehr  bald,  schon  in  seiner  zweiten 
Campagne,  indem  er  die  westliche  Tranchee  erweiterte,  auf  denjenigen  Punkt  zu 
stosseu,  wo  inmitten  grosser  Brandflächen  enorme  Massen  von  wohlerhaltenem  Ge- 
räth,  namentlich  jene  grossen  Goldfunde  erreicht  wurden.  An  dieser  ziemlich 
kleinen  Stelle  wurde  so  viel  gefunden,  wie  überhaupt  an  keinem  zweiten  Punkt 
des  Burgberges;  ja,  man  kann  sagen,  was  den  Werth  der  Gegenstände  anbetrifft, 
so  lässt  sich  die  Gesammtheit  aller  anderen  Funde  nicht  entfernt  mit  dem  ver- 
gleichen, was  an  dieser  kleinen  Stelle  angetroffen  wurde.  Hier  liegen,  in  nächster  Nähe 
der  alten  Stadtmauer,  die  Grundmauern  jenes  Gebäudes,  welches  Hr.  Schliemann  das 
„Haus  des  Priamos"  nannte.  Ganz  in  der  Nähe,  in  der  Verlängerung  der  nach 
Westen  gerichteten  Tranchee,  stiess  er  auf  das  Thor,  welches  er  als  das  skäische 
ansprach.  Es  hat  sich  bei  den  Untersuchungen  dieses  Jahres  herausgestellt,  dass 
dies  die  einzige  Stelle  ist,  die  als  ein  altes  Thor  angesprochen  werden  kann,  und 
da  es  für  einen  nach  Westen,  d.  h.  gegen  Sonnenuntergang  gerichteten  Beobachter 
zur  Linken  (o-kccivj)  liegt,  so  wird  der  Festhaltung  des  alten  Namens  wohl  wenig 
entgegenstehen.  Die  Strasse,  welche  von  aussen  zu  demselben  emporführt,  ent- 
spricht genau  dem,  was  man  in  anderen  Ruinenstädten  der  Troas  sieht.  Am  besten 
erhalten  ist  eine  solche  Strasse  an  der  schöngelegenen  Ruinenstadt  von  Asses, 
dem  heutigen  Behram  (Bechram)  Köi  am  Golf  von  Edremit,  wo  die  obere  Stadt 
noch  bis  in  dieses  Jahrhundert  hinein  ziemlich  gut  erhalten  war  und  erst  durch 
Hrn.  Texier  zerstört  ist.  Assos  liegt  ganz  steil  über  dem  Meere  auf  einem 
gewaltigen  Eruptivkegel,  der  durch  das  tiefe  Thal  des  Tuzla  Tschai  von  den  west- 
lichen Ausläufern  des  Ida  geschieden  ist.  Wenn  man  von  Norden  herkommt, 
so  überschreitet  man  den  Fluss  auf  einer  hochgeschwungenen  Stoinbrücke,  gelangt 
dann    durch    eine    ausgedehnte  Gräberstadt    au    das  Thor    und    erreicht    auf    einer 

VcrliaiuU.  der  BcrI.  Authropol.  Gesellauhaft  ISTJ.  17 


(258) 

mit  grossen  Steinplatten  gepflasterten,  schräg  ansteigenden  Strasse  die  Höhe.  Ganz 
ähnlich  ist  die  Situation  am  skäischen  Thor.  Freilich  übersieht  man  nicht  unmittel- 
bar das  ganze  Verbältuiss  nach  aussen.  Denn  durch  den  mächtigen,  noch  stehen 
gebliebenen  Mantel  von  Auswurfmassen  ist  der  Weg  nach  aussen  verlegt  und,  so 
freigebig  Hr.  Schliemann  auch  seine  Geldmittel  verwendete,  so  konnten  wir  ihm 
doch  nicht  rathen,  auch  noch  die  ungeheure  Schale  abzuräumen,  was  nebenbei  ein 
ziemlich  gefährliches  Werk  gewesen  wäre,  da  die  innere  Wand  des  „Mantels" 
ganz  steil  abgestochen  war  und  in  einer  Höhe  von  beiläufig  12  m  und  darüber 
abfiel.  .\uch  war  im  Grunde  kein  tiefer  gehendes  Motiv  vorhanden,  diese  Strasse 
zu  verfolgen.  Darüber  ist  kein  Zweifel,  dass  dieselbe,  wenn  man  sie  sich  nach 
aussen  verlängert  denkt,  zunächst  auf  den  sanft  geneigten  Abhang  des  Berges  nach 
Nordwesten  und  von  da  gegen  die  Ebene  führen  musste,  dass  sie  also  genau  dem 
Wege  entspricht,  wie  er  in  der  Ilias  für  die  aus  dem  Thor  gegen  die  Ebene  vor- 
brechenden Krieger  und  für  den  Ansturm  der  Belagerer  gedacht  ist. 

Innerhalb  der  blossgelegten  Fläche  hat  man  also  einen  schräg  ansteigenden 
Zugang,  der  mit  grossen  Steinplatten  gedeckt  ist,  wie  es  an  keiner  anderen  Stelle 
gefunden  ist.  Auf  dieser  schiefen  Ebene  erreicht  man  das  Thor  in  der  Stadtmauer 
und  darüber  einen  kleinen  Platz,  der  sich  unmittelbar  vor  dem  „Hause  des  Pria- 
mos"  ausbreitet.  An  die  Thoröffnung,  von  der  allerdings  nur  die  Fundamente  er- 
halten sind,  schliesst  sich  jederseits  die  Stadtmauer  an.  Diese  ist  so  eingerichtet, 
dass  vom  Grunde  her  eine  ziemlich  steile,  jedoch  etwas  schräg  liegende  Fläche  mit 
rohen  Bruchsteinen  belegt  ist;  erst  da,  wo  diese  Decke  das  Niveau  der  „gebrannten 
Stadt"  erreicht,  setzt  eine  senkrecht  aufgebaute  Schicht  an. 

Die  gebrannte  Stadt  bildet  aber  keineswegs  die  tiefste  Lage,  sondern  darunter 
findet  sich  noch  eine  sehr  mächtige  Culturschicht,  welche  die  Trümmerhaufen  noch 
älterer  Ansiedelungen  einschliesst.  ludess  gewährt  gerade  das  geschilderte  Ver- 
hältniss  einen  recht  guten  Anhaltspunkt  für  die  Unterscheidung  der  einzelnen  Ab- 
schnitte. Nichts  liegt  näher,  als  die  Continuität  dieser  Schichten  zu  verfolgen. 
Indess  hat  sich  hier  eine  nicht  geringe  Schwierigkeit  ergeben.  Gerade  durch  die 
Grabungen  dieses  Jahres  hat  sich  eine  Voraussetzung  als  irrig  erwiesen,  welche 
früher  festgehalten  worden  war,  nehmlich  der  Gedanke,  dass  alle  Schichten  hori- 
zontal fortliefen  und  dass,  wenn  man  einen  gewissen  Horizont  erreiche,  man  damit 
sofort  die  Schicht  bestimmen  könne,  wohin  das  einzelne  Fundstück  gehöre.  Die 
.\uf3eher  hatten  den  Auftrag,  auf  jedes  Stück  mit  Bleistift  die  Zahl  der  Fusse 
unter  der  Oberfläche  des  ursprünglichen  Hügels  zu  schreiben,  um  so  die  Tiefe  an- 
zugeben, in  welcher  das  Stück  gefunden  war.  Von  dieser  Zahl  nahm  man  an, 
dass  sie  sofort  die  Schicht  anzeige,  welcher  das  Stück  angehöre.  Denn  nachdem 
die  Tiefe  der  einzelnen  Schichten  einmal  bekannt  war,  so  schien  es,  dass  man  aus 
der  verschiedenen  Tiefe  auch  sofort  die  chronologische  Reihenfolge  der  Schichten 
werde  ableiten  können.  Diese  Meinung  wurde  jedoch  schon  in  den  ersten  Tagen, 
nachdem  ich  angekommen  war,  durch  einen  neuen  Goldfund  erschüttert,  der  viel 
weiter  östlich  und  in  einem  sehr  viel  höheren  Niveau  lag,  als  das  „Haus  des  Priamos". 
Da  aber  die  einzelnen  Goldsachen  hier  in  demselben  Styl  und  Muster  gehalten 
waren,  wie  die  früheren,  namentlich  wie  die  aus  einem  Bericht  des  Hrn.  Schlie- 
mann in  unserer  Sitzung  vom  21.  December  v.  J.  (Verh.  1878,  S.  425,  Taf.  XXIH.) 
uns  bekannt  gewordenen,  so  konnte  man  keinen  Augenblick  zweifeln,  dass  sie 
derselben  Gruppe  von  Funden  angehörten,  wie  die  früheren.  Es  war  dadurch 
mit  Sicherheit  fastgestellt,  dass  die  blosse  Horizontirung  nicht  ausreichte,  um  die 
Zugehörigkeit  der  einzelnen  ^-chichten  zu  bestimmten  chronologischen  Gruppen  zu 
bezeichnen.     Es    wurde    vielmehr    nothwendig,    ausgedehntere  Grabungen    zu    ver- 


(259) 

anstalten,  und  umfangreiche  Erörterungen  über  die  Höhenverhältnisse  der  einzelnen 
Schichten  eintreten  zu  lassen.  Das  Schlussergebniss  dieser  Untersuchungen  konnte 
ich  nicht  abwarten,  da  mein  Urlaub  zu  Ende  ging.  Ich  hatte  nur  noch  Gelegen- 
heit, im  Augenblick,  wo  ich  zu  Pferde  steigen  wollte,  um  meinen  Rückweg  nach 
den  Dardanellen  anzutreten,  einem  neuen  Goldfund  beizuwohnen,  —  dem  letzten, 
der  gemacht  worden  ist  und  wahrscheinlich  auch  gemacht  werden  wird.  Derselbe 
lag  nördlich  von  dem  Thor  auf  der  Stadtmauer  selbst,  zum  Theil  zwischen  die 
Steine  derselben  hinuntergesunken,  also  in  einem  ungleich  tieferen  Niveau,  als  die 
ersten  grossen  Funde.  Trotzdem  befand  er  sich  dem  „Hause  des  Priamos"  so  nahe 
und  machte  so  sehr  den  Eindruck,  dass  er  mit  dem  Zusammensturz  eines  Hauses 
herabgefallen  sei,  dass  wir  keinen  Anstand  nehmen  konnten,  ihn  der  gebrannten 
Stadt  zuzurechnen. 

Hr.  Schliemann  hat  nach  meiner  Abreise  die  Stadtmauer  mit  grosser 
Sorgfalt  verfolgt.  Es  hat  sich  ergeben,  dass  er  ein  sehr  viel  grösseres  Terrain 
blosgelegt  hat,  als  er  zu  seinem  Specialzwecke,  das  alte  Ilion  aufzudecken,  gebraucht 
hätte.  Er  behauptet,  4Ü  000  Q.-Meter  Erde  unnütz  bewegt  zu  haben.  Es  ist  das 
in  gewisser  Beziehung  ein  Unglück.  Dafür  ist  er  andererseits  ungemein  glück- 
lich gewesen,  indem  es  ihm  gelungen  ist,  schon  bei  der  zweiten  Campagne  an  den 
Punkt  zu  kommen,  welcher  die  Hauptsachen  enthielt  und  welcher  sicherlich  immer, 
so  lange  gebildete  Menschen  existiren,  das  allgemeine  Interesse  auf  sich  ziehen  wird. 

Die  Disposition  der  Häuser  in  derjenigen  Stadt,  welche  dieses  Thor,  diese  Mauer, 
dieses  Schatzhaus  besass,  ist  sonderbarer  Weise  in  ihren  Hauptzügen,  architektonisch 
betrachtet,  vollständig  das  Vorbild  derjenigen  Bauart,  welche  noch  jetzt 
in  den  Dorfschafteu  der  Troas  üblich  ist.  Wenn  man  ein  solches  Dorf 
durchreitet  und  sich  in  eines  oder  mehrere  der  Häuser  begiebt,  so  bekommt  man 
eine  Reihe  von  Anschauungen,  welche  ganz  übereinstimmen  mit  dem,  was  wir  in 
der  alten  Stadt  sahen.  Ich  lernte  einige  sehr  eigenthümliche  Verhältnisse,  welche 
mir  auf  den  Durchschnitten  unserer  Ausschachtungen  nicht  recht  begreiflich  waren, 
erst  verstehen,  nachdem  meine  ärztliche  Praxis  mir  gestattet  hatte,  widerholt  das 
Innere  der  Häuser  zu  betreten.  Da  zeigte  sich,  dass  bis  in  Kleinigkeiten  hinein 
die  alten  Verhältnisse  noch  gegenwärtig  massgebend  sind. 

Bei  genauerer  Erwägung  ist  das  auch  keineswegs  erstaunlich.  Mau  uiuss  dabei 
zwei  Umstände  in  Betracht  ziehen.  Der  eine  ist  der,  dass  die  troische  Ebene  ver- 
möge ihrer  sehr  ungesunden  Beschaffenheit  niemals  ein  Feld  grosser  Besiedelung 
sein  konnte.  Es  finden  sich  weder  erhebliche  Ueberreste  älterer  Ansiedelungen  darin, 
noch  sind  die  wenigen  Orte,  welche  jetzt  darin  liegen,  irgend  wie  ansehnlich;  im 
Gegentheil,  es  sind  arme,  kleine  Orte  mit  grossen  Feldmarken.  Diese  wenigen 
Leute  haben  offenbar  auch  wenig  dazu  beigetragen,  neue  Culturen  einzuführeu.  Sie 
haben  fast  gar  keine  Verbindung  nach  aussen;  Strassen  im  modernen  Sinne  giebt 
es  nicht  und  hat  es  v?ahrscheinlich  niemals  in  der  Ebene  gegeben.  Das  hängt  zu- 
sammen mit  den  Eigenthümlichkeiten  des  Bodens,  der  fast  überall  Malaria  erzeugt. 
In  dem  Maasse  aber,  wie  der  Boden  eine  reichere  Besiedelung  und  eine  grössere 
Ausbildung  des  Ackerbaus,  überhaupt  die  Entwickelung  der  höheren  Künste  des 
Friedens  erschwert,  haben  die  Leute,  obwohl  sie  nicht  mehr  Nomaden  sind,  doch 
immer  die  Beschäftigung  der  Hirten  vorgezogen.  Das  ist  der  zweite  Umstand,  der 
die  Fortdauer  der  uralten  Gewohnheiten  erklärt.  Hirten  haben  geringere  Bedürf- 
nisse der  häuslichen  Einrichtung,  als  Ackerbauer  und  Handwerker.  Sie  leben  viel 
im  Freien  und  das  Haus  steht  in  zweiter  Linie  des  Interesses.  Die  Heerden  der 
Trojaner  bestehen  noch  heut,  wie  sie  Homer  beschrieben,  aus  grossen  Mengen  von 
Pferden,  Schaafen    und  Ziegen.     Rindvieh    und   namentlich  Schweine  sind  ungleich 

]7* 


(260) 

seiteuer.  Pferde  dagegen  werden  noch  immer  in  so  grossen  Massen  gezogen,  dass 
die  alte  Beschreibung  von  dem  Reichthum  des  Königs  Erichthouios ,  welcher 
3000  Stuten  hielt,  beinahe  noch  anwendbar  sein  dürfte  auf  gewisse  Regionen.  Wahr- 
scheinlich cxistiren  in  der  Tfoas  mehr  Pferde  wie  Menschen;  es  hat  daher  nie- 
mals Schwierigkeiten,  ein  Pferd  zu  bekommen. 

unter  solchen  Umständen,  und  gleichsam  als  ein  Ausdruck  der  conservativen 
Anlage  der  Bevölkerung,  hat  sich  auch  die  alte  Bauart  erhalten.  In  der  Regel 
errichtet  man  zunächst  auf  dem  geebneten  Boden  die  aus  unbehauenen  Bruchsteinen 
gebildeten  Mauern  von  etwas  über  Manneshöhe.  Damit  umschliesst  man  gewisse 
Wirthschaftsräume,  welche  die  Keller  ersetzen,  sowie  die  Räume  zur  Aufnahme 
derjenigen  Hausthiere,  welche  überhaupt  in  Ställen  untergebracht  werden.  Schaafe 
und  Ziegen  werden  überhaupt  nicht  in  regelrechte  Ställe  gebracht:  für  den  Winter 
und  sehr  schlechtes  Wetter  hat  man  halb  offene  Schuppen  oder  Hallen,  unter  welche 
man  sie  treibt.  Auch  die  Kameele  bleiben  im  Freien  und  man  sieht  sie  Nachts 
auf  den  Höfen  oder  auch  auf  den  Strassen  und  Plätzen  haufenweise  lagern,  stets 
mit  dem  Rückengestell  bekleidet,  auf  welches  Sattel  und  Gepäck  aufgelegt  werden. 
Es  sind  also  eigentlich  nur  Pferde,  Kühe,  zuweilen  Büffel  und  Schweine,  für  welche 
Ställe  gehalten  werden. 

üeber  diesem  steinernen  Erdgeschoss  liegt  das  Geschoss,  welches  die  Wohn- 
räume enthält,  die  eigentliche  Beletage.  Die  Wände  desselben  bestehen  und  be- 
standen aus  Lehuisteiuen  von  einer  für  unsere  Vorstellungen  ganz  ungewöhnlichen 
Grösse  Es  sind  mächtige,  viereckige  Platten,  zuweilen  1  Fuss  im  Geviert  und  3 
bis  4  Zoll  dick,  gewöhnlich  nur  schwach  gebrannt,  oder  nur  an  der  Luft  getrocknet. 
Der  dazu  verwandte  Lehm  wird  vorher,  und  zwar  oft  sehr  reichlich,  mit  dem  bei 
dem  sogenannten  Dreschen  gewonnenen  Häcksel  durchknetet.  Den  Lehm  nimmt 
man,  wie  ihn  der  fette  Acker  darbietet,  und  den,  bei  feuchtem  Wetter  sich  sofort 
reichlich  bildenden  Strassenkoth  benutzt  man  als  Cement.  Die  Substanz  der  Steine 
und  des  Cements  ist  daher  nicht  sehr  verschieden,  indess  ist  sie  doch  unterscheid- 
bar namentlich  wegen  der  Beimischung  der  Vegetabilien  zu  den  Lehmsteinen. 
Diese  erhalten  dadurch  ein  etwas  helleres  Aussehen,  während  der  cementirende 
Schmutz,  wenn  ich  so  sagen  darf,  eine  dunklere,  mehr  graue  oder  bläuliche  Farbe 
und  eine  gleichmässigere  Beschaffenheit  zeigt. 

In  ähnlicher  Weise  sind  übrigens  auch  die  ürafassungswände  der  Höfe  und 
Gärten  hergestellt.  Manchmal  bestehen  sie  aus  Steinen  und  dann  findet  man  nicht 
selten  Bruchstücke  alter  Haus-  und  Tempelbauten,  Marmorblöcke,  zuweilen  noch 
mit  Inschriften,  darin.  Am  häufigsten  jedoch  werden  sie  auch  aus  Lehmsteinen 
aufgerichtet,  welche  man  oben  durch  irgend  eine  Deckmasse,  meist  vegetabilischer 
Art,  zu  schützen  sucht.  Am  Strande  nimmt  man  Seegras,  in  der  Nähe  des  Waldes 
Baumrinde,  anderswo  zerschnittenes  Rohr  und  Strauchwerk.  In  der  Regel  schliessen 
sich  diese  Hof-  und  Gartenmauern  direkt  an  die  Hausmauern  an,  und  da  sie  fast 
immer  weit  übermannshoch  sind ,  so  gewinnt  das  Ganze  den  Charakter  einer 
kleinen  Festung. 

Lehmwände  sind  natürlich  der  Zerstörung  sehr  ausgesetzt.  Glücklicher  Weise 
regnet  es  im  Ganzen  in  der  Troas  nicht  viel.  Man  hat  verhältnissmässig  lange 
trockenes  Wetter,  dessen  Wirkungen  jedoch  einigermaassen  compensirt  werden 
durch  die  sehr  constanten  Seewinde.  Genau  genommen  giebt  es  in  der  Troas  kaum 
einen  einzigen  Wind,  der  nicht  Seewind  wäre;  fast  alle  sind  feuchte  Winde,  was 
eine  grosse  Annelnnlichkeit  des  Klimas  auch  in  den  heissen  Tagen  erzeugt.  Das 
im  GioasoD  trockene  Wetter   conservirt  die  Lehmwände  der  Häuser.     Man  schützt 


(2r.i) 

sie  ausserdem  dadurch,   dass  man  das  Dach  weit  vorschiebt  und  um  das  erste  Ge- 
schoss  Galerien,  namentlich  auf  der  Westseite,  errichtet. 

Diese  Bauart  erklärt  zweierlei.  Erstens  ist  kein  Bedürfniss  vorhanden  für 
directe  Eingänge  in  die  unteren  Wirthscliaftsräurae;  man  steigt  von  oben  Jier  in 
dieselben  hinab,  wie  in  einen  unterirdischen  Keller.  Daher  kommt  es,  dass  sehr 
gewöhnlich  die  steinerneu  Mauern  coutinuirlich  fortgehen,  ohne  irgend  einen  Ein- 
gang zu  zeigen,  als  das  Hoi'thor.  Der  Zugang  zu  dem  Wohngeschoss  erfolgt  durch 
eine  Treppe,  welche  sowohl  in  das  ifaus,  als  auf  die  regelmässig  vorhandene 
Veranda  oder  Terrasse  führt.  Letztere  erhebt  sich  im  Niveau  des  ersten  Geschosses 
auf  der  Steinmauer :  es  ist  der  Ort,  wo  ein  Theil  der  Wirthschaftsgeschäfte  ver- 
richtet wird  und  wo  die  Leute  in  den  kühleren  Tageszeiten  sich  aufhalten. 

Bei  dem  verwahrlosten  Zustand  der  Gegend  hat  man  nicht  ganz  selten  Ge- 
legenheit, derartige  Häuser  im  Verfall  zu  sehen,  —  moderne  Ruinen.  Das  auffälligste 
Beispiel  davon  traf  ich  in  Erkessi  Köi,  einem  geradeüber  von  Hissarlik  auf  der 
westlichen  Seite  der  Ebene  gelegenen  Orte,  der  uns  stets  als  ein  dominirender  Punkt 
des  Landschaftsbildes  vor  Augen  lag.  Es  steht  dort  ein  grosses  altes  Schloss,  von  dem 
man  mir  erzählte,  ein  Armenier  habe  es  erbaut,  aber,  obwohl  es  ganz  festungsartig 
eingerichtet  war,  habe  er  es  doch  für  gerathen  gehalten,  sich  aus  der  unsicheren 
Gegend  zurückzuziehen.  So  sei  das  ßesitzthum  für  eine  Billiges  in  die  Hand  der 
Regierung  gekommen.  Gegenwärtig  wird  dasselbe  als  eine  Farm  von  Seiten  des 
Kriegsministers,  oder  genauer  des  Chefs  des  Artilleriewesens,  und  zwar  zum  Theil 
durch  Soldaten  bewirthschaftet.  Die  Folge  davon  ist  gewesen,  dass  die  Arbeits- 
häuser zum  grossen  Theil  verlassen  und  in  Ruinen  verwandelt  sind.  Hier  gab  es 
daher  ein  vortreffliches  Vergleichungsobjekt  mit  Hissarlik. 

Der  Regen,  wenn  er  kommt,  fällt  in  der  Troas  sehr  massenhaft.  An  einem  Hause, 
dessen  Dach  zerstört  ist,  wäscht  er  die  Lehmsteiue  allmählich  herunter  und  es 
bleibt  endlich  nichts  stehen,  als  die  Steinmauer,  die  am  Ende  auch  anfängt  zu- 
sammenzufallen. Die  Ruinen  von  Erkessi  Köi  sahen  daher  genau  so  aus,  wie  die 
Ausgrabungen  des  Hrn.  Schliemann. 

Beim  Haus  des  Priamos  sind  die  Steinmauern  verhältnissmässig  hoch  und 
sorgfältiger  gefügt,  aber  sie  bestehen  gleichfalls  aus  nicht  behauenen,  unregel- 
mässigen Bruchsteinen.  Offenbar  ist  das  Material  nicht  weit  hergeholt.  Der  ganze 
Gebirgsrücken,  auf  dessen  Ende  Hissarlik  Hegt,  besteht  aus  tertiären,  und  zwar 
überwiegend  Süsswasserkalken,  welche  horizontal  geschichtet  sind;  dieselben  lassen 
sich  sehr  leicht  in  grösseren  Bruchstücken  brechen,  und  solche  Bruchstücke,  so 
roh,  wie  sie  unmittelbar  nach  dem  Bruch  waren,  sind  in  den  Mauern  der  älteren 
„Städte"  von  Hissarlik  aufgepackt.  Nur  einzelne,  die  gerade  an  besonders  wich- 
tigen Punkten,  z.  B.  als  Eckstücke,  angewendet  wurden,  sind  an  einzelnen  Seiten 
etwas  mehr  zugeschlagen.  Im  üebrigeu  ist  irgend  eine  Spur  von  regelmässiger 
Bearbeitung,  von  Herstellung  glatter  Flächen  an  keinem  dieser  Steine  zu  bemerken. 
Es  ist  überall  dieselbe  rohe  Form,  wie  sie  noch  jetzt  von  den  Bewohnern  der  Troas 
fortgeführt  wird. 

Viele  von  den  Hausmauern  bilden  noch  deutlich  geschlossene  "\iereeke  ohne 
irgend  eine  EingangsöÖuung;  diess  waren  also  offenbar  Räume,  in  die  man  nur 
von  oben  her,  also  vom  Hause  aus  gelangen  konnte.  In  solchen,  mehr  oder  weniger 
kellerartigen  Räumen  stehen  unter  anderem  grosse  Thonkrüge  (ttii^oi),  von  denen 
wir  in  einiger  Zeit  ein  schönes  Exemplar  sehen  werden;  es  war  das  letzte,  noch 
vollständig  erhaltene,  und  es  wurde  mir  von  Hrn.  Schliemann  und  der  türkischen 
Regierung,  von  denen  jeder  Theil  Anspruch  auf  die  Hälfte  hatte,  in  freundlichster 
"Weise  geschenkt.     Ich  habe  es  wiederum  an  unser  Königliches  Museum  abgetreten. 


(262) 

Diese  Gefässe^  welche  oft  so  gross  sind,  dass  ein  Mann  darin  aufrecht  stehen  kann, 
ohne  gesehen  zu  werden,  sind  zuweilen  in  Reihen  von  4  bis  G  in  einem  Keller 
aufgestellt.  Die  meisten  sind  allerdings  bei  dem  Zusammensturz  der  Gebäude  zer- 
trümmert; viele  haben  beim  Aufgraben  gelitten  und  nur  einzelne  Exemplare  sind 
vollständig  erhalten  worden.  Dazu  gehört  dasjenige,  welches  wir  hier  sehen  wer- 
den, wenn,  wie  ich  hoffe,  der  Transport  glückt.  Wir  haben  leider  die  früher  ge- 
hegte Hoffnung,  dass  es  möglich  sein  werde,  den  Transport  durch  ein  zurückkehren- 
des Kriegsschiff  besorgen  zu  lassen,  aufgeben  müssen,  indess  hat  der  Hr.  Kultus- 
minister Auftrag  gegeben,  die  neu  eröffnete  Dampfschifflinie  Hamburg-Constantinopel 
mit  dem  Transport  zu  beauftragen. 

Obwohl  meines  Wissens  in  diesen  Gefässen  niemals  alte  üeberreste  gefunden 
worden  sind,  so  muss  man  doch  wohl  annehmen,  dass  sie  zur  Aufbewahrung  von 
Nahrungsstoffen  dienten.  Ist  diess  richtig,  so  wird  man  auch  die  Räume,  in  denen 
sie  stehen,  als  Vorrathsräume  betrachten  müssen,  in  welchen  die  Leute  dasjenige, 
was  sie  für  den  Lebensunterhalt  gebrauchten,  anhäuften.  Die  eigentlichen  Woh- 
nungen sind  offenbar  auch  damals  in  der  Beletage  gewesen,  also  in  Räumen,  deren 
Wände  wesentlich  aus  Lehmsteinen  hergestellt  waren.  Aus  demselben  Material 
ist  auch  der  obere  Theil  der  alten  Stadtmauer  der  gebrannten  Stadt  errichtet  wor- 
den, von  der  an  einzelnen  Punkten  noch  zusammenhängende  Reste  erhalten  sind. 
Dieses  Material  ist  daher  in  ungeheuerer  Menge  vorhanden,  aber  meist  nicht 
mehr  im  ursprünglichen  Zustande,  sondern  oft  bis  zur  Unkenntlichkeit  verändert. 
An  den  wenigen  Stellen,  wo  noch  gegenwärtig  ganze  Mauern  aus  diesen  Lehm- 
steinen stehen,  lässt  sich  auch  noch  ihre  Zusammenfügung  deutlich  erkennen. 
Hier  zeigt  sich,  dass  in  derselben  Weise,  wie  an  den  modernen  Lehmstein- Wänden, 
die  einzelnen  Steine  oder  Platten  durch  einen  Kitt  aus  thoniger  Erde,  welcher  viel- 
fach pflanzliche  Theile  beigemengt  sind,  verbunden  waren.  Kalk  ist  nirgends  an- 
gewendet. Man  konnte  hie  und  da  die  dunkleren,  einfassenden  Linien  dieses 
Kittes  um  die  hellereu,  mehr  gelblichen  Platten  in  regelmässigem  Zusammenhange 
verfolgen.  Nur  eine  Einrichtung  blieb  mir  eine  Zeitlang  dunkel.  An  mehreren 
Stellen  trafen  wir  in  den  Wänden  grössere  viereckige  oder  würfelförmige  Hohl- 
räume, welche  schwarze  Brandmasse,  namentlich  verkohlte  Vegetabilien,  in  grosser 
Masse  enthielten.  Das  Räthsel  löste  sich,  als  ich  das  Innere  der  jetzigen  Häuser 
genauer  kennen  lernte.  Noch  jetzt  legt  man  den  Kamin  in  der  Weise  an,  dass 
es  an  einer  der  Aussenwände  des  Wohnzimmers  ausgespart  wird.  Man  kann  daher 
nicht  zweifeln,  dass  auch  schon  im  Alterthum  in  gleicher  Art  Kamine  im  Gebrauch 
waren. 

An  den  meisten  Stellen  aber  sind  die  Lehmstein-Mauern,  zum  Theil  bis  zur 
Unkenntlichkeit,  verändert.  Diess  ist  in  zweifacher  Weise  geschehen.  Der  eine 
'Iheil  ist  dem  Brand  ausgesetzt  gewesen  und  dadurch  in  den  verschiedensten  Graden 
umgpw:mdelt  worden.  Man  sieht  alle  Uebergänge  von  den  gewöhnlichen  ßrand- 
wirkungen  bis  zu  der  völligen  Verbrennung,  ungemein  häufig  sind  die  Lehm- 
massen bis  zum  Glasfluss  zusammengeschmolzen.  Beiläufig  bemerkt  ist  es  dieses 
Material,  welches  Hr.  Schliemann  in  seiner  Mittheilung  vom  December- als  eine 
asphaltartige  Masse  bezeichnete.  Es  bezieht  sich  diese  Bezeichnung  hauptsächlich 
auf  solche  Stellen,  wo  die  geschmolzene  Schicht  eine  zusammenhängende,  horizontal 
ausgebreitete  Bedeckung  bildet,  —  wahrscheinlich  -Stellen,  wo  die  Lehmmasse  flach 
über  den  Boden  ausgebreitet  war,  und  eine  Art  von  Tenne  oder  Pflaster  bildete. 
Je  nach  der  Stärke  der  Gluth  ist  die  Schmelzung  bis  auf  verschiedene  Tiefen 
eingedrungen:  meist  sind  die  Lehmsteine  nur  äusserlich  in  eine  Art  von  Glas- 
kapael    umgewandelt,    zuweilen   jedoch    ist    auch    das  Innere  verglast    oder  gar  zu 


(2^3) 

einem  bimsteinartigen,  blasigen  Schwamm  geworden.  An  vielen  Orten  ist  endlich 
nur  jene  geringere  Veränderung  eingetreten,  wie  sie  beim  Brennen  unserer  Mauer- 
steine künstlich  hervorgebracht  wird.  Diese  Brandmassen  haben  eine  grosse  Aus- 
dehnung. Es  ist  im  höchsten  Maasse  erstaunlich,  an  manchen  Orten  zu  sehen, 
welche  Haufen  davon  auf  einander  liegen.  Es  muss  ein  gewaltiger  IJrand  gewesen 
sein,  der  diese  Stadt  in  ihrem  Haupttheil  zerstört  hat. 

Die  andere  Art  der  Veränderung  der  Lehmsteine  ist  die  Auflösung  gewesen, 
wie  ich  sie  gleichsam  im  Werden  in  Erkessi  Köi  sah.  Nachdem  die  Dächer  zu- 
sammengestiirzt  oder  verbrannt  waren  und  das  Mauerwerk  den  Einflüssen  der 
Atmosphäre  frei  ausgesetzt  war,  sind  die  Lehrasteiue  der  Mauern  allmählich  auf- 
geweicht, verwittert,  zerflossen,  und  es  hat  sich  wesentlich  aus  ihnen  der  grössere 
Theil  der  ungescliichteten  Erdmassen  gebildet,  welche  zum  Erstaunen  Aller,  die  es 
sehen,  an  einzelnen  Stellen  in  grosser  Mächtigkeit  angehäuft  sind  und  sich  zwischen 
die  üeberreste  der  einzelnen  Bauten  einschieben.  Hr.  SchHemann  hat  in  Briefen, 
die  er  im  Laufe  dieses  Jahres  an  das  Athenäum  (Nr.  2691!.  June  28.  p.  830)  und 
die  Times  (June  10.  p.  6)  richtete,  die  Thatsache  hervorgehoben,  dass  in  der  unter- 
sten Stadt  von  Backsteinen  nichts  gefunden  ist.  Das  ist  richtig,  aber  ich  möchte 
daraus  nicht  folgern,  dass  man  in  dieser  Stadt  keine  Lehmmauern  aufführte.  Im 
Gegentheil,  ich  habe  die  Vorstellung,  dass  die  ungeheuren  Lehmmassen,  welche 
dort  auf  einanderliegen  und  welche  stellenweise  vom  Grunde  des  Felsbodens  bis 
zu  dem  Niveau  der  gebrannten  Stadt  23  Fuss  hoch  sind,  nichts  anderes  darstellen, 
als  die  Auflösung  alter  Lehmmauern.  "Wäre  diess  nicht  der  Fall,  so  bliebe  nichts 
anderes  übrig,  als  anzunehmen,  dass  die  Ansiedler,  welche  die  gebrannte  Stadt 
erbauten,  diese  Massen  von  Erde  heraufgeschleppt  und  einfach  zur  Erhöhung  des 
Hügels  aufgeschüttet  hätten.  Einer  solchen  Annahme  widerstreitet  nach  meiner 
Meinung  der  Umstand,  dass  auch  in  diesen  Schichten  sich  eine  nicht  geringe  Menge 
von  Einschlüssen  findet,  welche  entweder  dem  natürlichen  Boden  fremd  sind,  wie 
die  Schalen  von  Meermuscheln  und  die  Knochen  von  Hausthieren,  die  zur  Nahrung 
gedient  haben,  oder  welche  geradezu  menschliche  Artefacte  darstellen,  wie  namtMit- 
lich  Topfscherben.  Freilich  ist  diese  Erdmasse  im  Vergleich  zu  anderen  Stellen 
ungleich  arm  an  Einschlüssen,  aber  sie  sind  doch  überall  vorhanden.  Diess  ist  der 
Grund,  warum  ich  die  Erde  der  unteren  Städte  nicht  für  aufgetragen,  sondern  für 
das  Erzeugniss  der  langsamen  Auflösung  früherer  Lehmbauten  halte.  Was  der 
Regen  an  lose  werdenden  Bestandttheilen  der  Lehmsteine  erweichte,  das  vertheilte  er 
über  die  Fläche,  und  das  „sackte",  um  mich  dieses,  wie  ich  glaube,  norddeutschen 
Provinzialismus  zu  bedienen,  allmählich  zu  einer  immer  mehr  homogenen,  dichten 
Masse  zusammen,  bis  der  Zusammenhang  der  Lehmplatten  schliesslich  ganz  verschwand. 
So  allein  verstehe  ich  diese  immerhin  sehr  merkwürdige  Schicht,  welche  schon  vor 
der  Anlage  der  gebrannten  Stadt  einen  kleinen  Berg  bildete,  der  jedoch  viel 
weniger  den  Habitus  eines  Schuttberges,  eines  Stadtberges,  wenn  ich  so  sagen 
darf,  als  vielmehr  den  einer  wirklichen  geologischen  Formation  angenommen  hat. 

in  der  gebrannten  Stadt  ist  natürlich  durch  die  Feuersbruust  und  durch  das 
Zusammenstürzen  der  Gebäude  die  Mehrzahl  der  Gegenstände  theils  verbrannt, 
theils  zerschlagen  worden.  Hr.  Seh lie mann  hatte  seiner  Zeit  an  dem  „Scliatz- 
haus"  den  ungewöhnlich  glücklichen  Punkt  getroffen,  wo  das  Feuer  verhältniss- 
mässig  am  wenigsten  gearbeitet  hatte,  und  wo  die,  an  sich  wahrscheinlich  höheren 
und  besser  gefügten  Steinmauern  zu  einem  grossen  Theile  stehen  blieben.  So 
erklärt  es  sich,  dass  hier,  ausser  dem  ganz  einzigen  Reichthum  au  den  kostbarsten 
und  seltensten  Schätzen,  auch  das  Thongeräth  verhältnissmässig  viel  besser  erhalten 
war.     In  diesem  Jahre,  wo  die  Ausgrabungen  sich  gerade  in  der  Hauptbrandmasse 


(264) 

bewegten,  ist  daher  ungemein  wenig  von  zusammenhängendem  Geschirr  gefunden 
worden.  Das  grösste  und  beste  Stück  von  Thon  ist  ein  von  mir  mitgebrachtes 
Henkelgefäss,  welches  mir  durch  die  gemeinsame  Güte  der  beiden  Coutrahenten, 
der  türkischen  Regierung  und  des  Hrn.  Schliemann,  geschenkt  ist.  Es  ist  eine 
grosse  Wasserflasche  von  rothem  Thou  und  von  ganz  typischer  Form:  der  sehr 
weite  Bauch  ist  nach  unten  abgerundet  und  beiderseits  abgeplattet,  so  dass  er  das 
Auflegen  auf  die  Schulter  bequem  gestattet,  wie  es  noch  jetzt  beim  Wasserholen 
gehandhabt  wird.  In  Jenischehr,  wo  das  Trinkwasser  aus  einem  am  Abhänge  des 
Sigeion  gegen  das  ägäische  Meer  gelegenen  Brunnen  heraufgebracht  wird,  sahen 
wir  die  Mädchen  und  Frauen  in  alterthümlicher  Weise  die  schweren  Wasserkrüge 
den  Berg  herauftrageu.  Mein  trojanischer  Krug  hat  einen  langen,  an  einer  Seite 
ausgezogenen  und  hier  mit  einem  Ausschnitte  versehenen  Hals,  der  das  Zutreten 
der  Luft  beim  Ausgiessen  des  Wassers  erleichtert.  Es  ist  ein  sehr  bequemes, 
genau  gearbeitetes  und  geglättetes,  auch  gut  gebranntes  Gefäss. 

Ich  bin  leider  nicht  in  der  Lage,  Ihnen  eine  der  merkwürdigen  Gesichts- 
urnen vorzuführen,  welche  bekanntlich  gerade  in  dieser  Schicht  vielfach  vorkamen. 
Ich  bedauere  diess  um  so  mehr,  als  es  gerade  für  unsere  Gesellschaft  ein  beson- 
deres Interesse  gehabt  haben  würde,  Vergleichungen  anzustellen.  Durch  die  Mit- 
theilungen über  die  pomerellischen  Gesichtsurnen,  welche  ich  im  .Jahre  1870  (Sitzung 
vom  12.  März.  Zeitschrift  für  Ethnologie  Bd.  II.  S.  73)  machte  und  durch  welche 
ich  den  jetzt  gebräuchlichen  Namen  in  die  Sprache  einführte,  ist  ja  zuerst  die 
allgemeine  Aufmerksamkeit  auf  diese  wichtige  Gruppe  gelenkt  worden,  und  gerade 
unsere  Verhandlungen  haben  das  Verdienst,  fast  jeden  Fortschritt,  der  auf  diesem 
Gebiete  seitdem  gemacht  wurde,  verzeichnet  zu  haben.  Wie  interessant  würde  es 
daher  sein,  trojanische  Gefässe  in  direkte  Vergleichuug  zu  nehmen-!  Indess  auch  in 
dieser  Beziehung  war  die  diessjährige  Campagne  sehr  unergiebig,  und  ich  kann 
daher  nur  einige  Bruchstücke  zeigen  und  einige  Bemerkungen  über  die  vorkommen- 
den Formen  anschliessen. 

Die  Gesichtsurnen  von  Hissarlik  sind,  wie  die  unsrigen,  doppelter  Art.  Die 
einen  haben  das  Gesicht  am  Deckel.  Ich  kann  eiuen  Theil  eines  solchen  Deckels 
vorlegen,  an  dem  wenigstens  noch  das  eine  Auge  erhalten  ist.  Ergänzt  man  sich 
in  Gedanken  das  Stück,  so  giebt  es  eiuen  oben  platten  Deckel,  weicher  über  den 
Hals  hinübergriff  und  au  welchem  das  ganze  Gesicht  dargestellt  war.  Die  Deckel- 
form ist  demnach  von  der  unsrigen  verschieden,  obwohl  auch  wir  Deckel  mit  Ge- 
sichtern haben.  Das  erste  und  das  beste  Beispiel  dafür  stellt  die  Gesichtsurne  von 
Liebenthal  (Sitzung  vom  15.  Juli  1871.  Zeitschr.  f.  Ethnol.  Bd.  III.  S.  120)  dar. 
Bei  der  zweiten  Art  befindet  sich,  wie  bei  der  Mehrzahl  unserer  pomerellischen 
Urnen,  das  Gesicht  an  der  Urne  selbst;  es  ist  vielfach  auch  weiter  ausgeführt,  und 
nicht  selten  finden  sich  weitere  Körpertheile,  z.  B.  noch  ein  Paar  Brüste,  daran. 
Ein  bei  den  letzton  Ausgrabungen  gewonnenes,  besonders  schönes  Gefäss  mit  frei 
ausgebildeten  Armen  und  sehr  dctaillirter  Ausführung  des  Gesichts  bildete  zur  Zeit 
meiner  Abreise  ein  Streitobjekt  zwischen  Hrn.  Schliemann  und  dem  türkischen 
Commissarius,  Hrn.  Kadri  Bey.  Das,  was  diese  Urnen  im  Uebrigen  charakteri- 
sirt,  ist  ein  verhültnissmässig  enger  und  hoher  Hals,  der  sich  nach  einem  schnellen 
Absatz  über  dem  Bauche  erhebt;  jederseits  schliesst  sich  ausserdem  an  den  Bauch 
gewöhnlich  ein  aufrechtstehender,  über  den  Hals  hervortretender,  platter,  oft  flügel- 
förraiger  Ansatz,  der  nicht  selten  an  'der  Basis  von  oben  nach  unten  durchbohrt  ist. 

Ausgiebige  Henkel,  welche  so  angesetzt  sind,  dass  man  durchgreifen  kann, 
sind  in  dieser  Stadt  ungleich  seltener,  als  in  der  ältesten  Stadt.  Es  ist  ein  ähn- 
licher, wenngleich  keineswegs  ein  so  durchgreifender  Gegensatz,    wie   der  zwischen 


(265) 

slavischen  und  vorslavischen  Gefässen  bei  uus.  In  der  älteren  Stadt  kommen  ganz 
grosse  und  stattliche  Henkel  vor,  genau  solche,  wie  wir  sie  i.  B.  auf  dem  Schloss- 
berg in  Burg  finden.  Ich  kann  gleich  eine  andere  Bemerkung  hinzufügen:  in  der 
älteren  Stadt  war  eine  sonderbare  Form  der  Durchbohrung  üblich,  auf  welche  Hr. 
Schi  ie  mann  besonderen  Werth  legt.  Ich  habe  ein  Paar  Beispiele  davon  mit- 
gebracht. Am  Rande  des  Gefässes  sind  in  Absätzen  längliche  und  sehr  dicke  An- 
schwellungen, durch  welche,  parallel  mit  dem  Rande,  ein  horizontaler  Kanal  läuft. 
Dieser  mochte  dazu  benutzt  werden,  um  eine  Schnur  hindurchzuziehen. 

Unter  den  Funden  der  gebrannten  Stadt  sind  ferner  besonders  zu  erwähnen 
die  zahlreichen  Stücke,  namentlich  von  Thon,  welche  mit  allerlei  Einritzungen 
versehen  sind.  Sie  werden  hier  einen  Thonwirtel  sehen,  der  ringsum  mit  einem 
Kranz  von  Hakenkreuzen  versehen  ist.  Durch  Hrn.  E.  Burnouf  ist  das  Haken- 
kreuz allgemeiner  mit  dem  altiudischen  Namen  der  Suastika  belegt  worden  und 
es  liegt  nahe,  mit  Hrn.  Schliemann  darin  eine  Ueberlieferung  aus  Indien,  gleich- 
sam ein  gemeinsames  Stammgut  der  arischen  Wanderstämme  zu  sehen.  In  den  tiefen 
Schichten  von  Hissarlik  sind  Hakenkreuze  sehr  häufig:  sie  kommen  in  den  mannich- 
faltigsten  Combinationen  vor.  Die  Suastika  findet  sich  auch  an  Töpfen  und  allen 
möglichen  anderen  Dingen  vor,  wie  es  ja  auch  bei  uns  der  Fall  ist.  Ich  möchte 
in  dieser  Beziehung  an  meinen  Vortrag  in  der  Sitzung  vom  10.  December  1870 
(Verh.  S.  27)  erinnern. 

Ich  habe  unter  anderen  ein  ungewöhnlich  reich  mit  Einritzungen  versehenes 
Thongeräth  mitgebracht,  dessen  Bedeutung  mir  vollständig  dunkel  ist.  Ich  habe 
mich  damit  beholfen,    es    im  Scherz  den   „Leuchter  des  Priamos"  zu  nennen,    weil 


Natürliche  Grösse. 


Halbe  Grösse, 
es    am    meisten  Aehnlichkeit    mit    den   rohen  und  niedrigen  Thonleuchtern   hat,  in 
welche    man  boi  uns  bei  grossen   Ilhuninationon  die  Lichter  zu  stecken  pflegt.     Es 


(266) 

ist  ein  würfelförmiger  Thonklotz,  der  auf  einer,  also  wahrscheinlich  der  oberen  Seite 
ein  tiefes,  weites,  glattwaudiges  Loch  hat.  So  roh  dieser  Klotz  ist,  so  ist  er  doch 
beraerkenswerth  durch  die  grosse  Zahl  von  Zeichnungen,  welche  er  auf  allen  Seiten 
zeigt.  Unten  im  Centrum  ist  eine  ungenaue  Suastika,  ringsumher  ein  Ring  und  ein 
Kranz  von  anderen  sehr  bunten  Zeichen.  Jede  Seite  trägt  eine  andere  Zeichnung 
und  zwar  durchweg  Reihen  von  linearen  Einritzungen  und  Punkte  der  sonderbar- 
sten Form. 

Ich  glaube  kaum,  dass  mein  „Leuchter"  eine  wirkliche  Inschrift  trägt.  Da- 
gegen ist  die  Frage  nach  dem  Vorhandensein  wirklicher  Schrift  auf  anderen  troja- 
nischen Fundstücken  wohl  berechtigt.  Ich  will  hier  nur  ein  von  Hrn.  Schi ie mann 
(Troy  and  its  remains.  London  1875.  p.  50,  309.  Fig.  33,  34,  221)  abgebildetes 
Thongefäss  erwähnen,  welches  in  der  Anordnung  der  Verzierungen  und  der  ganzen 
Form  eine  auffällige  Aehnlichkeit  mit  der  von  uns  wiederholt  besprochenen,  auch 
mit  Suastika-Zeichen  versehenen  lausitzer  Urne  von  Reichersdorf  (Sitzung  vom 
15.  Juli  1876.  Verh.  S.  165.  Holzschnitt.  Sitzung  vom  21.  Juli  1877.  Verh.  S.  297) 
darbietet.  Dasselbe  wurde  in  einer  Tiefe  von  5\'.2  "*  gefunden.  Hr.  Emil  Bur- 
nouf  glaubte  in  der  Inschrift  chinesische  Zeichen  zu  erkennen  und  las:  puisse  terre 
faire  germer  dix  labours  dix  dix  dix  dix  (d.  h.  dix  inille)  pieces  d'etoffes.  Wäh- 
rend meiner  Abwesenheit  ist  die  Sache  von  Neuem  in  unserer  Presse  und  auch 
in  unserer  Gesellschaft  (Sitzung  vom  17.  Mai.  Verh.  S.  166)  zur  Sprache  ge- 
kommen. Man  hat  namentlich  behauptet,  der  sehr  gelehrte  chinesische  Gesandte, 
welcher  gegenwärtig  unter  uns  weilt,  habe  darin  nicht  blos  altchinesische  Schrift 
erkannt,  sondern  auch  etwas  Bestimmtes  herausgelesen.  Ich  habe  mich  daher  an 
den  Dolmetscher  der  Gesandtschaft,  Hrn.  v.  Braun -Brown,  gewendet  und  von 
ihm  folgenden  Brief  d.  d.   14.  Juni  er,  erhalten: 

„In  Bezug  auf  Ihr  geneigtes  Schreiben  wird  mir  die  Ehre  zu  Theil,  nach  mit 
dem  Herrn   Gesandten  gehabter  Rücksprache,  dasselbe  wie  folgt  zu  beantworten. 

„Vor  einiger  Zeit  wurde  dem  Herrn  Gesandten  durch  den  Hrn.  Oberst  v.  Korff 
ein  Schriftstück  vorgelegt,  welches  darin  befindliche  Zeichen  —  (nehmlich  eine  Copie 
der  auf  einer  Vase  von  Troja  gefundenen)  —  zu  entziffern  bezweckte,  jedoch  ohne 
einen  klaren  zusammenhängenden  Begriff  darstellen  zu  können.  Der  Gesandte  ver- 
suchte nun,  diese,  der  alten  chinesischen  Sprache  etwas  ähnlichen  Zeichen  zu  ent- 
ziffern, jedoch  vergeblich  blieben  die  Bemühungen,  dem  Zeichen-Chaos  einen  Sinn 
abzugewinnen.  Das  zum  Entziffern  nothwendige  Nachschlagebuch  fehlt  zur  Zeit 
dem  Gesandten,  und  selbst  ohne  dieses  wurde  er  zuletzt  zu  der  Ansicht  gebracht, 
dass  die  Zeichen  mit  der  alten  Schrift  der  Chinesen  wahrscheinlich  nicht  verwandt 
sind,  sondern  vielmehr  irgend  einem  Urvolke  eigen  gewesen  seien.  In  diesem  Sinne 
ist  denn  auch  Hr.  Oberst  v.  Korff  benachrichtigt  worden.  Trotzdem  haben  kurz 
darauf  verschiedene  Zeitungen  die  Nachricht  enthalten,  dass  der  Hr.  Gesandte  die 
auf  der  bei  Troja  ausgegrabenen  Vase  gefundenen  Schriftzeichen  als  chinesische 
gedeutet  habe. 

„Die  besagten  Zeichen  haben  also  Aehnlichkeit  mit  alt-chinesischen  Schrift- 
zeichen, jedoch  bei  eingehender  Forschung  verschwindet  diese  Aehnlichkeit.  Be- 
stimmtes kann  nur  festgestellt  werden,  nachdem  die  Zeichen  gründlich  unter- 
sucht worden  sind,  und  zwar  mit  Hülfe  chinesischer  Werke  über  die  Urschrift 
Chinas." 

Vorläufig  wird  daher  die  Frage  über  den  Zusammenhang  dieser  Schrift  mit 
dem  Altchinesischen  wohl  um  so  mehr  dahingestellt  bleiben  müssen,  als  die  nam- 
haftesten Gelehrten  der  Gegenwart  sich  vielmehr  dahin  ausgesprochen  haben,   eine 


(267) 

Verwandtschaft  der  trojanischen  Schrift  mit  den  erst  in  der  letzten  Zeit  mehr 
untersuchten  und  erkannten  altcypriotischen  Inschriften  anzunehmen. 

Es  wird  Sie  aber  iiiteressiren  zu  hören,  dass  bei  der  Ausgrabung  eines  der 
schönsten  Kegel  auf  dem  Sigeion,  des  Beschik-Tepe,  Hr.  Seh  liemann  einen  Thon- 
scherben  mit  Einritzungen  gefunden  hat,  welche  eine  so  verzweifelte  Aehnlichkeit 
mit  Keilschrift  darbieten,  dass  Professor  Sayce  in  Oxford  in  einem  Schreiben  an 
Hrn.  Schliemann  erklärt,  es  sei  nach  seiner  Auffassung  allerdings  keine  rechte 
Keilschrift,  aber  doch  wohl  eine  nach  dem  Vorbilde  der  Keilschrift  gemachte  In- 
schrift. Unsere  Berliner  Gelehrten,  namentlich  Hr.  Schrader  und  Hr.  Lepsius, 
glauben  jedoch  auch  diess  nicht  zugestehen  zu  können,  da  jede  Regelmässigkeit  der 
Anordnung  in  den  Zeichen  fehlt.  Ich  will  dabei  erwähnen,  dass  der  Beschik-Tepe, 
der  sich  allerdings  nicht  als  ein  wahrer  Grabhügel  erwiesen  hat,  nach  den  übrigen 
Funden  mindestens  in  die  Zeit  der  ältesten  Stadt  von  Hissarlik,  vielleicht  in  eine 
noch  etwas  ältere  zu  gehören  scheint. 

Vorläufig  kann  man  daher  noch  nicht  sagen,  dass  die  Natur  der  trojanischen 
Inschriften  mit  voller  Sicherheit  erkannt  wäre.  Indess  von  den  nur  symbolischen 
Zeichen,  die  mit  einer  besonderen  Gonstanz  sich  durch  grosse  Perioden  wieder- 
holen, bis  zu  den,  in  grösserer  Regelmässigkeit  und  Mannichfaltigkeit  sich  dar- 
stellenden Formen,  welche  den  Eindruck  von  wirklicher  Schrift  machen,  ergiebt  sich 
doch  eine  so  grosse  Zahl  von  Zwischengliedern,  dass  die  Wahrscheinlichkeit  sehr 
nahe  liegt,  es  werde  durch  weitere  Forschungen  ein  vollständiger  Aufschluss  ge- 
wonnen werden  können. 

Bevor  ich  diese,  allerdings  nur  ganz  oberflächliche  Besprechung  der  Eigen- 
thümlichkeiten  des  Thongeräths  verlasse,  will  ich,  in  Beziehung  auf  die  so  oft  bei 
uns  besprochenen  gebohrten  Löcher  an  Töpfen,  noch  ein  trojanisches  Stück 
zeigen,  welches  ein  gebohrtes  Loch  dicht  unter  dem  Rande  hat.  Ob  es  dazu  be- 
stimmt war,  dass  „der  Geist  durch  dasselbe  aus-  und  eingeht",  lasse  ich  dahin- 
gestellt. Es  ist  ohne  Zweifel  ein  altes  Loch,  nicht  ein  erst  nachträglich  gebohrtes. 
Es  zeigt  wenigstens,  dass  schon  im  alten  Troja  dieselbe  Tendenz  bestanden  hat, 
die  bei  uns  so  oft  zur  Erscheinung  kommt. 

Was  das  Material  und  die  Behandlung  des  trojanischen  Thongeschirrs  an- 
geht, so  kann  mau  zweierlei  Sorten  unterscheiden:  das  eine  ist  ziemlich  glatt,  sogar 
etwas  glänzend,  und  ich  werde  Ihnen  gleich  nachher  auch  ein  Geräth  zeigen,  wo- 
mit aller  Wahrscheinlichkeit  nach  diese  Glätte  hervorgebracht  worden  ist.  Das 
andere  ist  mehr  rauh  und  nähert  sich  den  gröberen  Formen,  welche  wir  an  unseren 
Altsachen  kennen.  Zuweilen  ist  es  auch  gemischt  mit  Quarztrümmern  und  zer- 
schlagenem Gestein.  Da  ist  z.  B.  der  Fuss  eines  tiegelartigen  Gefässes,  wie  deren 
zu  Hunderten  gefunden  worden  sind.  Irgend  eine  Art  von  ausgebildeter  Malerei 
ist  in  der  ganzen  Ausgrabung  nicht  eher  zu  finden,  als  in  den  oberen  Schichten 
dicht  unter  der  sogenannten  lysimachischen  Mauer  und  namentlich  in  der  Ober- 
fläche selbst. 

Indem  ich  wegen  weiterer  Details  über  das  Thougeschirr  auf  das  reich  mit 
Illustrationen  versehene  Werk  des  Hrn.  Schliemann  verweise,  und  mir  vorbehalte, 
auf  einige  Einzelheiten  bezüglich  der  späteren  „Städte"  zurückzukommen,  möchte 
ich  jetzt  zunächst  davon  sprechen,  dass  in  allen  Schichten  des  Burgberges  von 
Hissarlik  grosse  Mengen  von  Nahrungsüberresten  sich  vorfinden.  In  dieser 
Beziehung  gleicht  Hissarlik  ausserordentlich  unseren  Burgwällen,  natürlich  mit  den 
Verschiedenheiten,  welche  das  Land  mit  sich  bringt.  Manches  ist  besser  erhalten, 
manches  schlechter.  Am  besten  erhalten  sind  die  Conchylien.  Ich  habe  eine 
möglichst    vollständige  Sammlung    aller  vorkommenden  Arten   veranstaltet  und  Hr. 


(268) 

von  Marteus')  hat  die  Güte  gehabt,  sie  zu  bestimmen.  Ein  Blick  auf  eine 
meiner  Tafeln  genügt,  um  zu  sehen,  dass  man  in  Troja  schon  recht  lecker  war. 
Da  sind  vor  Allem  Austern  und  Miesmuscheln,  namentlich  Austern  in  solchen 
Massen,  dass  ganze  Lagen  fast  nur  aus  ihnen  bestehen.  Es  darf  uns  das  nicht  in 
Erstaunen  versetzen;  man  muss  nur  bedenken,  was  dazu  gehört,  um  von  einem  Austern- 
gericht satt  zu  werden.  Solche  Conchylien  finden  sich  schon  in  den  Resten  der  ältesten 
Stadt;  ich  habe  selbst  Exemplare  aus  der  Nähe  des  ürbodens  aufgelesen.  Die  im 
Alteithum  gebrauchten  Muscheln  sind  übrigens  durchweg  dieselben,  die  noch  jetzt 
am  Hellespont  gegessen  werden  und  die  wir  selbst  häu6g  auf  unserer  Tafel  hatten. 
So  wird  namentlich  Cardium  sehr  viel  roh  gegessen;  am  Kalifatli  Asmak  habe  ich 
an  mehreren  Stellen  ganze  Haufen  von  leeren  Schalen  gesehen.  Sie  sind  auch 
schon  in  der  gebrannten  Stadt  sehr  reichlich  und,  gleich  den  Austerschalen,  zum 
Thell  durch  den  Brand  schwarz  geworden.  Selten  traf  ich  noch  geschlossene 
Schalen.  Jedenfalls  bildeten  Cardium-Schalen  den  bei  Weitem  überwiegenden  An- 
tlieil  dieser  Kücheuabfälle.  Ein  Unterschied  nach  der  Höhe  oder  Lage  ist  überhaupt 
in  Bezug  auf  die  essbaren  Muscheln  nicht  zu  bemerken.  Anders  verhält  es  sich 
mit  den  Luxus-Muscheln.  Abgesehen  von  gewissen  Ziermuschelu,  wie  Columbella, 
Trochus  und  Pectunculus,  dessen  Schalen  am  Schloss  durchbohrt  sind,  gleich  den 
Muscheln  in  gewissen  südeuropäischen  Höhlen,  ist  ganz  besonders  die  Purpur- 
muschel zu  erwähnen.  Sie  erscheint  häufiger  erst  in  den  höheren  Lagen  unter  der 
lysimachischen  Mauer,  in  einer  Zeit,  wo  auch  das  Bemalen  der  Töpfe  Mode  war; 
ich  fand  an  einer  Stelle  eine  ganze,  nur  aus  zerschnittenen  oder  zerschlageneu 
Murex-Schalen  gebildete  Schicht.  Sonst  kamen  sie  nur  selten  und  stets  vermischt 
vor.  Besonders  interessant  darunter  ist  ein  Stück  von  Purpura  haemastoma,  welche 
bis  jetzt  aus  dem  Alterthum  noch  nicht  bekannt  war,  welche  aber  nach  Hrn. 
V.  Martens  noch  jetzt  in  Menorca  zum  Färben  benutzt  wird.  Unverletzte  Exemplare 
von  Murex  sind  so  selten,  dass  ich  trotz  immer  erneuten  Suchens  nur  ein  Paar  habe 
auffinden  können.  Alle  anderen  sind  künstlich  geöffnet  und  zwar  hauptsächlich  so, 
dass  man  die  Schalen  in  der  Mitte  der  Längsaxe  quer  durchbrach  und  dann  an 
dem  unteren  Bruchstück  noch  wieder  ein  grösseres  Loch  auf  der  Hauptwölbung 
anlegte.  Diese  Art  der  Verletzungen  ist  so  eigenthümlich,  dass  kein  Zweifel  dar- 
über bestehen  kann,  dass  eine  bestimmte  Technik  angewendet  wurde,  und  dass 
es  sich  dabei  um  die  Benutzung  der  Thiere  zum  Färben  handelte.  Auch  Hr. 
V.  Martens  erkennt  an,  dass  sich  solche  Bruchstücke  weder  am  Rande  des  Meeres, 
noch  unter  den  Küchenabfällen   der  Menschen  finden. 

Die  von  unserem  gelehrten  Konchyliologen  bestimmten  Arten  sind  folgende: 
Murex  trunculus,  Purpura  hapmastoma,  Columbella  rustica,  Cerithium  vulgare,  Cy- 
praea  lurida,  Trochus  articulatus,  Patella  caerulea,  Ostrea  lamellosa,  Spondylus  gae- 
deropus,  Pecten  glaber,  auch  die  Var.  sulcatus  Born,  Pectunculus  pilosus  und  vio- 
laceus,  Mytilus  edulis  var.  Galloprovincialis  Lam.,  Cardium  edule  var.  rusticum 
Lam.,  Venus  verrucosa,  Tapes  decussatus  und  Solen  margioatus.  Sie  entsprechen 
Arten,  welche  noch  jetzt  im  Meere  vorkommen.  Die  Massenhaftigkeit  ihres  Ver- 
brauchs giebt  sich  schon  von  Weitem  durch  die  weissen  Linien  zu  erkennen,  welche 
durch  ihre  Anhäufungen  an  den  Durchschuittsflächen  des  Burgberges  erzeugt  werden. 
Zuweilen  bilden  sie  ganz  reine  Schichten;  meist,  und  das  ist  gewiss  sehr  charak- 
teristisch, liegen  sie  gemischt  mit  zerschlagenen  Thierknochen  und  einzelnen  Topf- 
acherben. 

Nicht  ganz  selten  fanden  sich  dazwischen  auch  Bruchstücke,  namentlich  Schee- 


1)  Sit7.uiigsl)criclite  der  (ic^cll.-clialt  natnifoischcndfr  Freunde  /ii  Berlin.  1S79.  Nr.  C.  S.  89. 


(269) 

renfinger,  einer  Krabbe,  Eriphia  spinifrons  Herbst,  des  rro.'^^ovpoq  der  Alten.  Hr. 
V.  Martens  bemerkt,  dass  dieses  Thier  auch  in  Italien  gegessen  wird,  dass  die 
Fingerstücke  desselben  jedoch  möglicherweise  auch  als  Spielzeug  oder  Amulette 
dienen  konnten,  da  sie  öfters  am  Meeresstrande  ausgeworfen  gefunden  werden.  Ich 
möchte  dagegen  bemerken,  dass  ich  diese  Stücke  immer  zwischen  den  übrigen, 
offenbar  zur  Nahrung  benutzten  Muscheln    fand. 

Auch  Fisch  Überreste  sind  ungemein  reichlich.  Wie  in  einzelnen  unserer 
Burgwälle,  bildeten  Anhäufungen  von  Fischschuppen  und  kleinen  Grähten,  Wir- 
beln u.  s.  w.,  namentlich  von  Percoiden,  ganze,  handhohe  Lagen.  Mehr  vereinzelt  traf 
ich  auf  Wirbel  sehr  grosser  Thunfische  und  Haie.  Die  Hrn.  Peters  und  Reichert 
haben  sich  gütigst  der  Prüfung  dieser  Stücke  unterzogen. 

Sehr  überrascht  war  ich  durch  das  absolute  Fehlen  von  Resten  der  Schild- 
kröte. Dieses  Thier  (nach  Hrn.  Peters  Testudo  marginata  Schöpf)  ist  so  un- 
gemein häufig  in  der  Troas,  dass  man  kaum  einen  Schritt  in  das  Land  hinaus  thun 
kann,  ohne  auf  sie  zu  stossen.  An  den  Flussufern  und  in  den  Flüssen  selbst,  auf 
Aeckern  und  Heiden  sieht  man  sie,  zumal  wenn  die  Sonne  scheint,  in  grosser  Zahl, 
und  da  es  gerade  die  Zeit  der  Copulation  war,  so  gab  es  oft  die  lächerlichsten 
Scenen,  namentlich  zwischen  Nebenbuhlern,  Aber  so  wenig  der  heutige  Trojaner 
daran  denkt,  Schildkröten  zu  essen  oder  ihre  Schale  zu  verwenden,  so  wenig  scheint 
dieses  im  Alterthum  der  Fall  gewesen  zu  sein. 

um  so  reichlicher  finden  sich  Knochen  höherer  Wirbelthiere.  Von  Vögeln 
freilich  wenig.  Obwohl  ich  jeden  Vogelknocben,  der  mir  aufstiess,  sorgfältig  ge- 
sammelt habe,  so  sind  doch  nur  wenige  Arten  herausgekommen.  Hr.  Giebel 
in  Halle,  der  die  Güte  gehabt  hat,  dieselben  zu  bestimmen,  erkannte  Knochen 
von  Gygnus  olor,  von  Anser  cinereus  und  von  A.  segetum,  sowie  von  einer 
kleinen  Art  von  Falco  oder  Circus.  Das  sind  also  lauter  wilde  Vögel.  Irgend 
einen  Knochen  eines  zahmen  Vogels,  namentlich  eines  Haushuhnes,  habe  ich  ver- 
geblich gesucht;  ich  glaubte  um  so  mehr  darauf  hoffen  zu  dürfen,  als  ich  bei  Hrn. 
Calvert  in  Thymbra  (ßatak)  unter  den  im  Hanai  Tepe  gesammelten  Gegenständen 
auch  ein  Ei  sah,  welches  ich  für  ein  Hühnerei  hielt.  Jedenfalls  habe  ich  auf  His- 
sarlik  nichts  der  Art  wahrgenommen  und  es  scheint  daher,  als  sei  das  Huhn  dort 
nicht  im  Gebrauch  gewesen. 

In  massiger  Menge,  jedoch  in  allen  Schichten,  kamen  Knochen  von  gezähm- 
ten Säugethieren  zu  Tage,  jedenfalls  nicht  in  so  grosser  Menge,  dass  man  die 
Bewohner  der  alten  Städte  für  wesentlich  fleischessende  Menschen  halten  dürfte. 
Immerbin  war  so  viel  Vorrath  zu  sammeln,  dass  alle  Museen  Europas  einen  ge- 
wissen Antheil  hätten  erhalten  können.  Da  jedoch  der  grösste  Theil  dieser  Kno- 
chen zerschlagen  war  und  es  mir  nicht  in  erster  Linie  um  osteologische  Unter- 
suchungen zu  thun  war,  so  habe  ich  nur  eine  kleinere  Zahl  gut  bestimmbarer  Knochen, 
namentlich  Kieferknochen,  mitgebracht.  Darnach  Hess  sich  erkennen,  dass  in 
erster  Linie  das  Schaaf  und  die  Ziege,  nächstdem  das  Rind  vertreten  sind;  von 
Schweinen,  Pferden  und  Hunden  fand  ich  nur  vereinzelte  Spuren.  Daraus  geht 
hervor,  dass,  mit  Ausnahme  der  Katze,  alle  wesentlichen  Hausthiere  vorhanden 
waren,  dass  aber,  wie  noch  jetzt  im  Orient  und  selbst  in  Griechenland,  Kühe  nur 
ausnahmsweise  geschlachtet  wurden,  dass  daher  das  zur  Nahrung  dienende  Fleisch 
vorzugsweise  Schafen  oder  Ziegen  entnommen  wurde.  Dass  Pferde  und  Hunde 
gegessen  worden  sind,  will  ich  natürlich  nicht  behaupten;  man  ersieht  aus  ihrer 
Anwesenheit  innerhalb  der  alten  Ruinenstadt  nur,  dass  mau  sich  nicht  die  Mühe 
nahm,  die  Cadaver  vor  die  Stadt  hinaus  zu  schaffen. 

Von    wilden  Säugethieren    fand   ich  einzelne  Stücke  vom  Hirsch  und  dem 


(270) 

Hasen,  Hr.  Schliemann  hat  auch  Gehörn  von  der  Antilope  gesammelt.  Einer 
der  Schweinekiefer  ist  so  stark,  dass  man  an  ein  Wildschwein  erinnert  wird.  Im 
Grossen  kann  man  daher  sagen,  dass  das  Studium  der  tbierischen  Abfallsstoffe, 
welche  in  den  Schichten  von  Hissarlik  von  mir  gesammelt  wurden,  die  Stabilität 
der  trojanischen  Lebensweise,  beziehentlich  der  wirthschaftlichen  Cultur  beweist.  Noch 
jetzt  sind,  wie  erwähnt,  Schaaf-  und  Ziegeuheerden,  uächstdem  Pferde-  und  Rind- 
viehheerden,  der  grösste  Reichthum  des  Trojaners.  Kameel  und  Büffel  sind  wohl  erst 
spät  importirt,  aber  sie  sind  auch  jetzt  noch  mehr  im  Besitz  der  Reicheren,  wäh- 
rend der  gewöhnliche  Bauer  ohne  sie  auskommt.  Aus  den  Knochen  sind  übrigens 
vielfacli  kleine  Instrumente,  namentlich  Schaber,  Bolirer  und  Nadeln  hergestellt. 
Die  Formen  derselben  sind  übrigens  so  trivial,  dass  sie  mit  gleichem  Recht  jeder 
prähistorischen  Ansiedelung  angehören  könnten.  Nichts  ist  leichter,  als  aus  den 
Trümmern  der  älteren  Städte  eine  Sammlung  von  Knocheninstrumenten  und  ge- 
schlageneu Steinen  herzustellen,  welche,  wenn  sie  allein  gefunden  würden,  genügen 
würden,  diesen  Schichten  einen  Platz  unter  den  Anfängen  der  Cultur  überhaupt 
anzuweisen. 

Indess  schon  die  gleichzeitig  und  zwar  in  überraschender  Menge  vorkommen- 
den Bestünde  von  vegetabilischen  Nahrungsmitteln  lehren,  dass  auch  die 
ältesten  Schichten  einer  sesshaften,  d,  h.  ackerbautreibenden  Bevölkerung  ange- 
hörten. Namentlich  in  der  gebrannten  Stadt  finden  sich  an  einzelnen  Stellen  sehr 
grosse  Massen  von  verbrannten  Cerealien,  ganze  zusammenhängende  Schichten,  theil- 
weise  in  ursprünglicher  Lage,  häufig  jedoch  so,  dass  man  erkennt,  das  Getreide  sei 
bei  dem  Einsturz  der  Gebäude  heruntergeschüttet  aus  höheren  Räumen  in  tiefere. 
So  war  namentlich  der  Boden  einzelner  der  kaminartigen  Räume  mit  grösseren 
Lagen  von  verkohltem  Getreide  bedeckt.  Unter  diesen  Cerealien  dominirt  der 
Weizen,  von  dem  man  beliebige  Mengen  hätte  sammeln  können.  Es  ist  eine  so 
feinkörnige  Art,  dass  sie  dem  Roggen  sehr  nahe  kommt  ^).  Nächstdem  wurde 
meine  Aufmerksamkeit  am  meisten  gefesselt  durch  mehrfach  vorkommende  Haufen 
von  grösseren  rundlich-eckigen  Früchten,  die  ich  Anfangs  für  Erbsen  hielt.  Eine 
genaue  Bestimmung  hat  noch  nicht  stattgefunden.  Es  gab  einzelne  Orte,  wo  man 
diese  Früchte  Metzenweise  sammeln  konnte  und  wo  sie  auch  in  einem  ziemlich 
gut  erhaltenen,  wenngleich  etwas  zusammengedörrteu  Zustande  vorkamen^). 

Wenn  man  sich  darnach  das  sociale  Verhältniss  der  alten  Bevölke- 
rung vergegenwärtigt,  so  ergiebt  sich  mit  voller  Sicherheit:  erstens,  dass  sie  acker- 
bauend war,  was  mit  den  homerischen  Traditionen  übereinstimmt;  zweitens,  dass 
sie  in  grösserer  Ausdehnung  Viehzucht  und  Fisclifang,  und  zwar  letzteren  nicht  nur 
in  den  Flüssen,  sondern  ganz  besonders  im  Meere  betrieb  und  dass  sie  aus  beiden 
Quellen  reiche  Früchte  gewann.  Von  Fischfang  ist  aus  leicht  begreiflichen  Grün- 
den in  der  llias  nicht  die  Rede;  war  die  Küste  von  den  Achäern  eingenommen, 
so  verbot  sich  derselbe  von  selbst.  Um  so  ausgiebigere  Nachrichten  erhalten  wir^ 
dagegen  über  das  Hirtenleben  der  alten  Trojaner:  selbst  der  König  hatte  seinen 
Hauptreichthum  in  Heerden,  welche  seine  Söhne  weideten.  In  der  Hauptsache  ist 
das    noch    heutigen  Tages    nicht  viel  verändert.     Immer  noch  besteht  die  Bevölke- 

1)  Hr.  Ür.  Wittmack  (Monatsschrift  des  Vereins  zur  Beförderung  des  Gartenbaues  in 
flen  königl.  preussischea  Staaten.  1879.  Oct.)  hat  seitdem  diesen  Weizen  untersucht  und 
darin  eine  liosondere   Varietät  erkannt,  die  er  Triticum  durum  var.  trojanum  nennt. 

2)  Auch  diese  Haiuen  sind  von  Hrn.  Dr.  Wittmack  geprüft  worden.  Einen  Theil  der- 
seihen  hat  er  als  Krvum  Krvilia  b.  l)estinimt;  bei  einem  andern  ist  es  zweifelhaft  geblieben, 
ob  CS  vielleicht  bathyrus  Cicora  L.  sei.  Die  grössere  Menge  hat  sich  als  zus^iuimengeschrumpfte, 
Iheilweise  allerdings  etwas  kleine  Früchte  von  Vicia  Faba  L.  herausgestellt. 


(271) 

rung  halb  aus  Ackerbauern,  halb  aus  Hirten,  und  der  Fischfang  wird  sowohl  im 
Hellespout,  als  im  ägilischen  Metr  ertblgreicii  betrieben.  Wir  entbehrten  daher, 
obwohl  wir  gewissermaassea  in  der  Wüste  wohnten,  in  einer  gewissen  Entfernung 
von  allen  raonsclilichen  Wohnungen,  doch  nicht  der  Zufuhren,  und  selbst  für  einen 
verwöhuteri  Gaumen  gab  es  gelegentlich  Genüsse.  Milch  uuil  Fleisch  lieferten  uns 
die  Heerden,  welche  die  nächsten  Berge  beweideton,  und  Fische  bezogen  wir  täglich 
frisch  in  verschiedenen  Richtungen. 

Jn  Bezug  auf  die  Zeit  der  alten  Ansiedelungen  will  ich  Folgendes  be- 
merken: Von  vorn  herein  überraschte  es  in  hohem  Maasse,  schon  durch  die  ersten 
Ausgrabungen  des  Hrn.  Schliemaun  zu  erfahren,  dass  in  den  verschiedensten 
Schichten  von  Hissarlik  überall  Steingeräthe  gefunden  wurden.  Man  war  damals 
noch  sehr  geneigt,  aus  dem  Vorkommen  von  Steingeräth,  namentlich  gewisser 
charakteristischer  Formen,  sofort  einen  bestimmten  Schluss  zu  macheu  auf  die  Zeit, 
aus  welcher  sie  stammten,  und  namentlich  wenn  die  Sachen  in  grösserer  Zahl  ge- 
funden wurden,  den  betreffenden  Fund  der  Steinzeit  zuzuweisen.  Nach  den  her- 
kömmlichen Interpretationsregeln  hätte  man  daher  auch  die  älteren  Schichten  von 
Hissarlik  als  der  Steinzeit  angehörig  proklamiren  müssen.  Indess  ist  diess  aus 
anderen  Gründen  nicht  zulässig. 

Ich  habe  eine  kleine  Sammlung  von  Steinen  mitgebracht ,  darunter  auch 
solche,  welche  nicht  den  tiefsten,  sondern  höheren  Schichten  angehören.  Ein  so 
grosser  Unterschied  ist  nicht  zwischen  ihnen,  dass  man  es  einem  Stücke  sofort  an- 
sehen kann,  wohin  es  gehört.  Es  sind  fast  lauter  zerbrochene  Stücke,  aber  trotz- 
dem von  sehr  charakteristischen  Formen.  Das  schönste  Stück  darunter  ist  die 
vordere  Hälfte  eines  Hammers  (Taf.  XVI.,  Fig.  2)  von  Grünstein,  der  so  gut  ge- 
arbeitet ist,  wie  man  es  nur  irgend  sehen  kann,  so  gut,  dass  es  zweifelhaft  erscheinen 
möchte,  ob  er  bestimmt  war,  als  Waffe  oder  als  Arbeitswerkzeug  zu  dienen.  Er  ist 
ungemein  sauber  polirt  und  hat  ein  grosses,  sehr  schön  gebohrtes  Loch,  an  dessen 
innerem  Umfange  tiefe,  kreisförmige  Bohrfurchen  sichtbar  sind.  An  der  Stelle  des 
Bohrloches  ist  er  gesprungen.  Hier  beträgt  sein  Dickendurchmesser  4,7  cm.,  wo- 
von 2,5  auf  das  Loch  kommen.  Nach  vorn  verjüngt  er  sich  in  einer  sehr  zierlich 
eingebogenen  Fläche  zu  einer  gleichfalls  gekrümmten,  beiderseits  über  die  Seiten- 
flächen vorragenden  Schneide.  Er  erinnert  in  hohem  Grade  an  uordeuropäische 
Formen,  und  ich  selbst  würde  vielleicht  über  seine  Herkunft  zweifelhaft  sein,  wenn 
ich  ihn  nicht  eigenhändig  aufgenommen  hätte.  Die  grosse  Aehnlichkeit  dieser  „Streit- 
hämmer"  mit  Funden  aus  Bronze  hat  dahin  geführt,  sie  der  Uebergangszeit  von 
dem  Stein-  zum  Brouzealter  zuzuschreiben,  und  die  Frage  ist  noch  nicht  geschlichtet, 
ob  sie  nach  dem  Muster  von  ßronzeäxteu  geformt  sind.  Ich  bin  um  so  mehr  ge- 
neigt, diese  Form  als  eine  späte  und  schon  der  Bronzezeit  angehörige  anzusehen,  die 
nach  einem  Bronzemodell  gearbeitet  ist,  als  sie  in  dem  Burgberg  von  Hissarlik  in 
einer  unzweifelhaft  der  Metallzeit  angehörigeu  Schicht  gefunden  ist.  Ich  bemerke 
bei  dieser  Gelegenheit,  dass  ich  bei  Hrn.  Russopulos  in  Athen  gleichfalls  3  schön 
gebohrte  Steinäxte  aus  Griechenland  gesehen  habe,  sowie  eine  ganze  Reihe  zer- 
brochener Stücke,  darunter  auch  solche,  welche  ein  in  der  Mitte  erweitertes  Bohrloch 
hatten.  Auch  hat  Hr.  Russopulos  einige  griechische  Bronzeäxte  nach  Kopenhagen 
geliefert,  welche  der  von  mir  beschriebenen  Steinaxt  gleichen  (E.  Chantre  L'age 
de  la  pierre  et  Tage  du  bronze  en  Troade  et  eu  Grece.  Lyon  1874,  p.  8,  Fig.  3 — 4). 
Dagegen  sind  mir  weder  aus  Troja,  noch  aus  einem  anderen  Tlieile  Kleinasiens 
Bronzeäxte  bekannt,  welche  genau  eine  dieser  Formen  gehabt  hätten.  Die  dort 
vorkommenden  Bronzeäxte  sind   zum  Theil  ganz  abweichend;  die  noch  am  meisten 


(272) 

ähnlichen  haben  zwar  auch  F.öcher,  aber  gewöhnlich  doppelte  Schneiden  und  sehr 
ebene  Flächen  ohne  Ausschweifung  (vgl.  Chantre  1.  c.  p.   15,  Fig.  5). 

Ein  zweites  Stück  (Tafel  XVI.,  Fig.  oa  und  3b)  stammt  von  einem  viel 
plumperen  Hammer  von  Diorit,  der  mit  einem  ungleich  engeren,  aber  glatteren 
Bohrloch  versehen  war.  Jedoch  kann  man  auch  an  diesem  tiefe  Kreisfurchen  sehen. 
Die  Flächen  sind  nicht  iu  einer  fortgehenden  Krümmung,  sondern  in  zwei  Absätzen 
geschliffen.  An  dem  zugeschärften  Ende  findet  sich  eine  kleine  ebene  Fläche,  so  dass, 
wenn  man  diess  nicht  etwa  als  das  hintere  Ende  betrachten  will,  wofür  es  sehr 
dünn  sein  würde,  das  Instrument  vielmehr  als  ein  eigentlicher  Hammer  angesehen 
werden  müsste. 

Ein  drittes  Stück  (Taf.  XVI.,  Fig.  4)  ist  weniger  leicht  zu  deuten.  Es  ist  ein 
schlecht  polirter,  dicker,  runder  Kegel,  an  dem  dünneren  Ende  abgestumpft  und 
mit  einer  sehr  platten  Fläche  versehen,  die  so  stark  abgenutzt  ist,  als  wäre  sie 
zum  Reiben  gebraucht,  am  anderen  Ende,  wo  er  abgebrochen  ist,  mit  einer  napf- 
artigen  Vertiefung.  Wenn  man  die  letztere  genauer  betrachtet,  so  sieht  man,  dass 
sich  von  ihr  nach  aussen  ein  durch  die  Absprengung  offengelegter  Halbkanal  fort- 
setzt, der  gleichfalls  die  Kreisfurchen  eines  Bohrloches  trägt.  Es  handelt  sich  also 
offenbar  um  ein  ähnliches  Bohrloch,  wie  ich  es  eben  aus  der  Sammlung  des  Hrn. 
Russopulos  erwähnte,  bei  dem  die  Mitte  kugelförmig  erweitert  ist,  —  eine  sehr 
künstliche  Einrichtung,  die  eine  hoch  entwickelte  Technik  voraussetzt. 

Ich  zeige  ferner  eine  sehr  regelmässig  gerundete,  gleichfalls  durchbohrte  Stein- 
kugel (Fig.  5),  auf  deren  Umfang  6  runde,  mit  weisser  Erde  eingeriebene  Kreise 
eingebohrt  sind. 

Alles  das  ist,  wie  Sie  sehen,  polirter  Stein,  oder,  wenn  wir  in  der  Weise 
unserer  Gelehrten  sprechen,  neolithische  Zeit.  In  dieselbe  Kategorie  fallen 
einige  Stücke,  welche  nur  zum  Theil  geschliffen  sind.  Eine  grössere  Zahl  davon 
findet  sich  abgebildet  in  der  eben  augelangten  Schrift  unseres  correspondirenden 
Mitgliedes,  Hrn.  Nicolii  cci  (Armi  ed  utensili  in  pietra  della  Troade.  Napoli  1879. 
Sep.-Abdr.  aus  dem  Rendiconto  della  Reale  Accad.  delle  Scienze  fis.  e  matem.  di 
Napoli).  Ausser  Waffen  gehören  dahin  die  schon  vorher  erwähnten  Instrumente, 
welche  zum  Glätten  der  Thongefässe  benutzt  sein  mögen.  Ich  habe  aus  Ilion  nur 
dieses  eine  Stück  (Fig.  7),  welches  aber  leider  zersplittert  ist;  gerade  die  geschlif- 
fene Seite  ist  intakt.  Es  ist  ein  etwas  abgeplatteter,  länglicher  Stein,  der  auf  dem 
Ende  der  einen  Schmalseite  eine  polirte  Fläche  besitzt.  Er  fasst  sich  leicht  und 
ist  sehr  geeignet,  zum  Abstreichen  einer  zu  glättenden  Fläche  benutzt  zu  werden. 
Ich  besitze  ein  vollständiges  Exemplar  davon,  welches  im  Beschik-Tepe  neben  alten 
ürnenscherben  gefunden  wurde;  es  ist  um  so  mehr  bemerkenswerth,  als  einzelne 
der  Scherben  scheinbar  einer  noch  älteren  Periode  angehören. 

Endlich  habe  ich  hier  noch  ein  fast  ganz  unversehrtes  Stück,  ein  nicht  durch- 
bohrtes Steinbeil  (Fig  1),  welches  in  meiner  Gegenwart  auf  dem  Boden  der  ältesten 
Stadt  von  Hissarlik  gefunden  wurde.  Es  ist  ein  platter,  hinten  leicht  zugespitzter 
und  nur  ganz  roh  geschliffener  Keil,  der  jedoch  eine  scharfe  Schneide  und  jeder- 
seits  an  derselben  eine  schön  polirte   Fläche  besitzt. 

Von  diesen  roheren  Fabrikaten  aus  geschliffenem  Stein  kommen  wir  zu  den 
bloss  geschlagenen  Steinen.  Ich  will  nicht  von  den  sehr  zahlreichen  Feuer- 
steinscherben sprechen,  die  in  allen  mfiglichen  Schichten,  auch  an  der  Oberfläche 
von  llium  novum,  zerstreut  liegen.  Moistentheils  ist  es  kein  eigentlicher  Feuer- 
stein, sondern  allerlei  andere  Quarze,  namentlich  Chalcedone,  die  in  der  Nähe  am 
Fulah  Dagh  als  Einschlüsse  vulkanischer  Schichten  anstehen.  Sicherlich  sind  sie 
geschlagen,  aber  man  kann  nicht  sagen,  dass  sie  erkennbare  Formen  hätten,  so  dass 


(273) 

sie  der  Zeit  nach  bestimmt  werden  könnten.  Dagegen  habe  ich  hier  zwei  Stücke, 
die  ich  Ihrer  besonderen  Aufmerksamkeit  empfelile.  Das  eine  ist  das  3,5  an  lange 
Bruchstück  einer  l,/)  cm  breiten,  ganz  kleinen  Säge  aus  einem  leicht  gelblichen 
Kiesel,  welche  genau  betrachtet  sein  will.  Sie  besteht  aus  einem  schwach  ge- 
bogenen, platten,  messerähnlichen  Scherben,  der  eine  breitere,  ebene  und  eine  durch 
3  secundäre  Fläclien  eckige  Seite  besitzt.  Die  beiden  scharfen  Kanten  haben  sehr 
regelmässige  Sägezähne;  dieselben  sind  offenbar  abgenutzt:  die  Zacken  sind  etwas 
gerundet,  und  wenn  Sie  die  Flächen  schräg  gegen  das  Licht  halten,  —  ich  ver- 
sichere, dass  ich  keinerlei  Lack  darauf  gebracht  habe,  —  so  werden  Sie  auf  beiden 
Seiten  die  Politur  sehen,  welche  durch  das  Sägen  erzeugt  worden  ist.  Das  andere 
Stück  ist  viel  grösser  und  sehr  roh  gearbeitet.  Es  ist  ein  7  cm  langes  und  2  cm 
breites,  prismatisches  Stück  aus  trübem  Chalcedon,  das  am  Rücken  noch  die 
natürliche  Rinde  trägt  und  dessen  scharfe  Kaute  gezahnt  ist.  Allerdings  ist  die 
Bezahnung  so  unvollkommen,  dass  man  zweifeln  könnte,  ob  es  wirklich  eine  Säge 
gewesen  ist,  iudess  im  Zusammenhalt  mit  anderen  ähnlichen  Stücken  schwindet 
der  Zweifel.  Jedenfalls  ist  es  so  kunstvoll  geschlagen,  wie  man  es  jetzt  nicht  leicht 
mehr  zu  Stande  bringt. 

unter  den  roh  geschlagenen  Steinen  verdient  seines  Materials  wegen  hervor- 
gehoben zu  werden  ein  von  mir  sßlbst  gehobenes  Stück,  welches  der  ersten  Stadt 
angehört;  es  besteht  aus  einem  grossen  Obsidiansplitter.  Auch  in  einem  grossen 
Grabhügel  der  Nachbarschaft,  dem  Hauai-Tepe,  sind  ähnliche  Splitter  gefunden  wor- 
den, und  obwohl  man  eine  Stelle,  wo  Obsidian  ansteht,  in  der  Gegend  nicht  kennt, 
so  wird  es  sich  doeh  wohl  um  einheimisches  Material  handeln. 

Alle  diese  Dinge  sehen  so  aus,  als  gehörten  sie  der  ältesten  Steinzeit  an. 
Ihnen  schliessen  sich  manche  der  bearbeiteten  Knochen  an.  Ich  besitze  einen 
kleinen  Knochenmeissel,  der  sehr  schön  gearbeitet  ist;  dann  ein  Paar  ßohrinstru- 
mente  aus  Röhrenknochen  grösserer  Thiere,  welche  den  auch  bei  uns  bekannten 
Formen  entsprechen  u.  s.  f.  Alle  scheinen  einen  mehr  rohen  Zustand  der  Gesell- 
schaft und  einen  gewissen  Mangel  feineren  Geräths  anzuzeigen,  so  dass  man  keiner 
grossen  Anstrengung  bedarf,  um  sich  mit  seinen  Gedanken  ziemlich  weit  in  die 
Prähistorie  zu  vertiefen. 

Daneben  erscheinen  jedoch  die  grossen  Goldfunde,  gleichfalls  der  „gebrann- 
ten" Stadt  angehörend,  darunter  die  prachtvollsten  Arbeiten,  die  sich  zum  Theil 
den  besten  Mustern  an  die  Seite  stellen.  Ich  will  sie  nicht  im  Einzelnen  schildern; 
nur  das  möchte  ich  hervorheben,  dass  daran  allerlei  angeschmolzene  Filigran- 
ornamente vorkommen,  die  ganz  so  aussehen,  wie  wenn  es  moderne  Arbeiten  aus 
den  besten  Schulen  wären.  Freilich  sind  das  wahrscheinlich  Beutestücke  oder 
Importartikel,  und  es  Hesse  sich  denken,  dass  ein  Volk,  welches  sich  noch  in  der 
Steincultur  befand,  auf  irgend  eine  Weise  sich  in  den  Besitz  von  Goldschmuck 
eines  fremden  Volkes  gesetzt  hätte.  Indess  selbst  bei  einer  solchen,  immerhin  ge- 
wagten Combination  würde  es  sehr  merkwürdig  sein,  wenn  die  Leute,  welche  das 
Gold  bearbeiteten  und  sicherlich  nicht  blos  mit  Steinen  bearbeiteten,  nicht  auch  von 
ihrem  anderen  Besitz  etwas  hergegeben  hätten.  In  der  That  findet  sich  auch 
Bronze  und  Silber  vor.  Noch  der  letzte  Goldfund,  den  wir  in  Hissarlik  mach- 
ten, brachte  schöne  Silberbeigaben.  Endlich  kann  ich  bezeugen,  dass,  wenn  auch 
vereinzelt,  Eisen  gefunden  ist.  Es  ist  darauf  früher  weniger  geachtet  worden; 
gegenwärtig  kann  darüber  kein  Zweifel  mehr  bestehen,  dass  Eisen  schon  in  der 
ältesten  Stadt  von  Hissarlik  bekannt  war.  Dazu  kommt  endlich  eine  'Fülle  von  Giess- 
formeu.  Daraus  folgt,  dass  auch  schon  die  gebrannte  Stadt  auf  Hissarlik 
der  vollen  Metallzeit  angehörte. 

Verhuudl.  der  Berl.  AnUiropol.  Gesellschaft  187y.  18 


(274) 

Es  ist  diess  in  hohem  Maasse  lehrreich.  Neben  Steiugeräth,  welches  nach 
neolithischem  Muster  polirt  ist,  finden  wir  gelegentlich  geschlagene  Steine  und 
rohes  Ivnochengeräth,  ganz  in  der  Art  der  alten  Steinzeit,  und  diese  Dinge  sind 
alle  noch  im  Gebrauch  gewesen,  während  schon  Bronze,  Gold,  Silber  und  Eisen 
in  kunstvoller  Bearbeitung  in  die  Hände  derselben  Bevölkerung  gelangte. 

Unter  den  Steinsachen  findet  sich  noch  eine  Besonderheit  vor,  die  curios  genug 
ist  und  die  vielleicht  späterhin  bei  weiterer  Feststellung  der  Parallelen  erhebliche 
Consecjuenzen  ergeben  kann.  Das  sind  die  sonderbaren  Geräthe,  welche  Hr. 
Seh lie  mann  als  Idole  betrachtet,  und  zwar  als  Nachbildungen  des  Palladion. 
Ks  war  eine  alte  Sage  in  der  Troas,  dass  ein  steinernes  Bild  der  Pallas  Athene 
vom  Himmel  gefallen  sei,  welches  der  Urvater  des  troischen  Königsgeschlechts  auf- 
gestellt und  verehrt  habe,  und  welches,  als  die  Residenz  von  Dardania  nach  Ilion 
verlegt  wurde,  dahin  mitgebracht  wurde,  um  als  Wahrzeichen  der  Schutzgottheit 
zu  dienen.  Nach  der  Homerischen  Erzählung  wurde  es  von  Odysseus  und  Diomedes 
entwendet.  Nun  finden  sich  in  höchst  auffälliger  Häufigkeit  eigenthümliche  und 
zwar  regelmässig  aus  weissem  Kiesel  oder  Marmor  gearbeitete  Stücke  vor,  welche 
eine  ganze  Musterkarte  von  den  einfachsten  bis  zu  den  complicirtesten  Ausfüh- 
rungen ergeben.  Hr.  Schliemann  hat  auf  einer  Tabelle  seines  Buches  (Troy  and 
its  remains.  Lond.  1875.  Introduction  p,  35)  eine  Uebersicht  dieser  Formen  ge- 
liefert. Ich  besitze  leider  nur  zwei  Exemplare  der  einfachsten  Art  (Taf.  XVL, 
Fig.  6).  Es  sind  in  der  Regel  platte,  seitlich  abgerundete  Steine,  welche  jeder- 
seits  über  der  Mitte  eine  seitliche  Einschnürung  haben,  so  dass  sie  in  eine  kleinere 
obere  und  in  eine  grössere  untere  Abtbeilung  zerfallen.  Bei  den  mehr  ausgebilde- 
ten wird  aus  der  oberen  ein  Kopf,  aus  der  unteren  ein  Leib.  Die  Flächen  werden 
dann  mit  wirklichen  Einritzuugen  bedeckt,  welche  Augen,  Nase  und  andere  Theile 
des  Gesichts  und  Leibes  darstellen.  Durch  die  Art,  wie  hier  die  Fläche  eines  Steins 
verwendet  wird  zur  Darstellung  eines  menschenähnlichen  Gebildes,  kommt  allerdings 
eine  gewisse  Aehnlichkeit  zu  Stande  zwischen  diesen  Steinen  und  den  Gesichtsurnen, 
und  wenn  die  Steine  das  Palladion  darstellten,  so  würde  man  es  in  der  That 
Hrn.  Schliemann  nicht  verargen  können,  wenn  er  die  „eulenäugige"  Göttin,  die 
Glaukopis,  in  den  Darstellungen  an  den  Urnen  zu  erkennen  glaubt.  Ich  überlasse 
diese  Streitfrage  der  weiteren  Erforschung  der  Fachgelehrten;  jedenfalls  hat  es  archäo- 
logisch ein  grosses  Interesse,  zu  sehen,  dass  diese,  durch  ihre  Häufigkeit  höchst 
auffälligen  Gebilde  eine  ganz  ähnliche  Reihe  von  Abstufungen  von  ausgebildeten 
menschenähnlichen  Darstellungen  bis  zu  ganz  rohen,  nur  noch  symbolischen  Formen 
durchlaufen,  wie  ich  sie  früher  in  der  absteigenden  Stufenleiter  unserer  pomerellischen 
und  posenschen  Gesichtsurnen  bis  zu  den  blossen  Ohr-  und  Mützenurnen  nach- 
gewiesen habe.  — 

Ich  werde  nun  noch  einige  Bemerkungen  hinzufügen  in  Bezug  auf  die  anderen 
Schichten  des  Burgberges  von  Hissarlik,  welche  sich  ausser  der  gebrannten  Stadt 
unterscheiden  lassen,  und  zwar  hauptsächlich  über  die  unteren  Schichten.  Sie 
begreifen,  dass  ich  besonders  begierig  war,  diesen  Untergrund  soweit  zu  verfolgen, 
bis  wir  auf  den  eigentlichen  ürboden  kamen.  Diesen  haben  wir,  freilich  nur  an 
einer  Stelle,  erreicht.  Es  war  zu  diesem  Zweck  nöthig,  noch  etwa  4 — 5  m  unter 
das  Niveau  der  gebrannten  Stadt  herunterzugehen.  In  dieser  Tiefe  erreicht  man 
den  Felsen.  Es  war  eine  sehr  mühselige  und  verhältuissmässig,  wenigstens  im  Ver- 
gleich zu  der  gebrannten  Stadt,  wenig  ergiebige  Untersuchung.  Zunächst  in  Be- 
ziehung auf  das  Steingeräth  ergiebt  sich  eine  gewisse  Constanz  des  Typus  bis  un- 
mittelbar auf  den  Felsen.  Wir  sind  auf  keine  Schicht  gekommen,  welche  etwa  aus- 
schliesslich   oder    vorwiegend    geschlagene  Sttiine  geliefert  hätte;    das  Gemisch  von 


(275) 

geschlagenen  und  polirten  Steinen  ging  bis  auf  den  Datergrund.  Vielleicht  kann 
man  sagen,  dass  die  gebohrten  Steine  in  den  h(")horoii  Schichten  erst  zu  voller  Aus- 
bildung gelangen.  Der  vorher  erwähnte,  nicht  durchbohrte  Stein  (Taf.  XVI.,  Kig.  1) 
kann  als  ein  gutes  Beispiel  der  ältesten  Foroi  dienen.  Er  hat  noch  einen  Ueberzug 
von  dem  Lehm,  in  dem  er  gesteckt  hat;  er  siehl  daher  noch  etwas  mehr  nativ  aus. 
Ich  lege  einigen  Werth  auf  diesen  Fund,  den  ich  selbst  bezeugen  kann,  weil  er 
eine  sehr  charakteristische  und  constante  Form  darstellt,  welche  sich  in  grösserer 
Ausdehnung  durch  Kleinasien  fortsetzt. 

Ich  habe  zur  Vergloichung  eine  schöne  Sammlung  von  Steingeiäthen  mit- 
gebracht, welche  ich  der  besonderen  Güte  unseres  correspondirenden  Mitgliedes, 
des  schwedischen  Consuls  Hrn.  Spiegel thal  in  Smyrua,  verdanke.  Eines  davon 
ist  dem  eben  erwähnten  Steinbeil  in  höchstem  Grade  ähnlich,  nur  dass  der  Stein  von 
Anfang  an  eine  mangelhafte  Gestalt  hatte.  Das  Stück  sieht  etwas  verwunden  aus, 
aber  es  hat  genau  dieselbe  Bearbeitung  erfahren.  Die  anderen  Stücke  stellen  meist 
kleine  keilförmige  Steinbeile  dar,  wie  wir  sie  auch  aus  Griechenland  und  über- 
haupt aus  dem  Süden  viel  kennen.  Nur  ein  grösseres  Stück  ist  darunter,  welches 
sich  unseren  Steinbeilen  aus  der  Zeit  des  geschliffenen  Steines  anreihen  lässt. 
Durchbohrte  Stücke  fehlen  gänzlich,  dagegen  sind  alle  gut  geschliffen  und  nicht 
wenige  zeichnen  sich  durch  schöne  grüne  Farbe  aus.  Einige  haben  ein  ganz 
nephritisches  Aussehen.  Die  Mehrzahl  dieser  Steine  stammt  von  Sardes,  einige 
aus  den  Gräbern  des  Sipylos  in  der  Nähe  von  Smyrna.  Manche  von  ihnen  ent- 
sprechen bis  zum  Verwechseln  den  Formen,  welche  in  den  ältesten  Ansiedlungen 
von  Hissarlik  gefunden  werden. 

Während  dieser  Charakter  des  polirten  Steingeräths  durchgeht  bis  auf  den 
Untergrund  und  offenbar  keine  ältere  Periode  mehr  auf  Hissarlik  gesucht  werden 
kann,  —  so  ist  es  andererseits  nicht  zweifelhaft,  dass  man  auch  in  dieser  Zeit 
schon  die  Metallbereitung  kannte.  Ich  vermag  freilich  in  dieser  Beziehung  aus 
eigener  Erfahrung  nichts  zu  berichten,  allein  Hr.  Schliemaun,  der  in  solchen 
Dingen  sehr  zuverlässig  ist,  hat  schon  in  einem  Briefe  an  Hrn.  Chantre  (L"age 
de  la  pierre  etc.  p.  21)  vom  Jahre  1873  bestimmt  angegeben,  Gegenstände  von 
Bronze,  Kupfer  und  Silber  auch  in  den  ältesten  Schichten  gefunden  zu  haben. 
Dagegen  ist  hier  nichts  von  Gold  angetrofien  worden.  Es  zeigt  sich  ferner  an  dem 
Thongeschirr  sehr  deutlich,  dass  es  sich  nicht  etwa  um  eine  einfache  Fortsetzung 
der  Bewohnung  von  unten  nach  oben  handelt;  die  unterste  Schicht  hat  einen 
ganz  abweichenden  Charakter  im  Vergleich  zu  den  Thongeräthen  der  gebrannten 
Stadt  und  noch  mehr  zu  denen  der  historischen  Schichten.  In  vielen  Stücken  sieht 
das  Geschirr  aus  der  ältesten  Stadt  sogar  besser  aus,  wie  das  aus  den  späteren 
Ansiedelungen.  Die  Zahl  der  glänzenden,  meist  schwarz,  jedoch  auch  roth  oder 
bräunlich  gefärbten  Scherben  aus  der  alten  Stadt  ist  sehr  beträchtlich.  Sowohl 
äusserlicli,  als  innerlich  sind  diese  Gefässe  so  vollkommen  geglättet,  dass  nach  der 
Reinigung  ein  fast  spiegelnder  Glanz  hervortritt.  Einzelne  Stücke  sind  so  schön 
roth  gefärbt,  dass  sie  an  Terra  sigillata  erinnern.  P'reilich  fehlen  auch  nicht  sehr  rohe 
Stücke  darunter,  welche  ganz  matt  und  rauh  erscheinen,  aber  das  Material  ist  doch 
nicht  so  grob,  wie  in  unseren  alten  Gefässeu.  Es  ist  der  fette  glimmerreiche  Thon 
der  Ebene,  der  hier  verwendet  ist,  scheinbar  ohne  einen  Zusatz  von  zerstossenem 
Gestein.  Offenbar  ist  alles  dieses  Geschirr  dem  Feuer  ausgesetzt  gewesen,  wenn- 
gleich kein  einziges  Stück  im  strengeren  Sinne  gebraunt  ist.  Die  Mehrzahl  der- 
selben ist  aus  freier  Hand  geformt;  nur  ganz  vereinzelt  finden  sich  Scherben,  deren 
Linien  allenfalls  auf  die  Einwirkung  der  Drehscheibe  bezogen  werden  könnten. 
.\uoh    sind    die   Formen    ziemlich  mauniclifaltig.     Ein    grosser  Theil    der  Scherben 


(276) 

gehört    zu    weiten,    stark    nach    aussen    ausgelegten  Schalen  mit  breit  abgesetztem 
Rand;    andere  haben  wahrscheinlich  grössere  Vasen  mit  nach  innen  eingebogenem, 
mehr  oder  weniger  dickem  Rande   gebildet.     Auch  finden  sich  kleine  dünnwandige 
Töpfchen  mit  weit  ausgelegtem  Bauch,   zuweilen  mit  runden,   vertieften   oder  medail- 
lonartig   vortretenden    Flächen.     Seltener    sind    vorspringende    solide   Knöpfe    oder 
gewundene,  schlaugeuförmige  Vorsprünge.     Was  aber  besonders  interessant  ist   und 
diese  Periode    aufs  Schärfste  charakterisirt,    das  ist  der  Umstand,    dass  eine  nicht 
kleine  Zahl  dieser  Gefässe,    und    zwar    die  Mehrzahl   derselben  auf  der  Innenseite, 
in  eigenthümlicher  Weise    ornamentirt    ist.     Aussen    habe    ich    nur  ganz  vereinzelt 
ein    Ornament    gesehen,    z.  B.  an    einem    kleinen    Töpfchen    eine    Reihe    einfacher 
Horizontalstriche    und    grosser  Kreuze.     Dagegen    zeigen    sich    auf    der    Innenseite, 
namentlich  weiter  Schalen,  deren  innere  Fläche  sich  deni  Auge  des  Betrachters  zu- 
nächst darbieten  musste,  zahlreich,  und  zwar  am  häufigsten  auf  dem  Rande,  selten 
auch  unter  dem  Rande,  ganz  auffällige  Verzierungen,  nehmlich  Einritzungen,  welche 
eine  sehr  kräftige  und  entschlossene  Hand  andeuten,   indem  sie  sich    sowohl    durch 
Breite,  als  durch  Tiefe  auszeichnen.     Sie  sind    mit    einem    weissen,    kreidigen  Ma- 
terial   ausgeschmiert,    so    dass    die  Zeichnungen   sich    von    dem    schwarzen  Grunde 
scharf    abheben.     Die  Zeichnung    selbst    ist    etwas  eintönig.     Manchmal  beschränkt 
sie    sich    auf  Gruppen    von    parallelen,    meist    schräg    gestellten    Linien;   zuweilen 
kreuzen     sich     die     schrägen    Linien;     anderemal     finden    sich    zackige    oder    fast 
wellige  Linien    mit    grossen  Excursionen.     Das    vollkommenste    der    von    mir  mit- 
gebrachten Stücke  hat  auf  dem  sehr  breiten  und  etwas  vorspringendem  Rande   ab- 
wechselnd Gruppen  von  Schrägstrichen    und  horizontalen  Zackenlinien;    dann    folgt 
unter    dem   Rande    eine    grosse    horizontal    gerichtete    Zickzacklinie    und    darunter 
in    gewissen  Abständen    grössere  Kreise  mit  einem  centralen  Punkt,  die  durch  ge- 
rade Striche    an    die  Zickzacklinie    anschliessen,    gleichsam    als    ob  sie  Ringe  dar- 
stellen   sollten,    welche    an  der  Zickzacklinie  aufgehängt  sind.     Die  Tiefe  der  Ein- 
ritzungen und  ihre  Ausfüllung  mit  der  weissen  Erde  erinnert  in  vielen  Stücken  an 
unsere  ältesten  Thonfunde,    die  wir  in  den  Gräbern  der  Steinzeit  machen  und  die 
sich   auch   bei  uns  nachher  mehr  oder  weniger  verlieren.     Indess  ist  mir  nicht  be- 
kannt,   dass  irgendwo    eine    volle  Analogie    gefunden  wäre,  und  am  allerwenigsten 
stimmt    das,    was    in    der  gebrannten  Stadt  vorkommt,  mit  diesen  Dingen  überein. 
Nur  ein  Fabrikat  scheint  nach  Hrn.  Schliemanu  eine  Ausnahme  zu  machen,  das 
sind  die  Thonwirtel,   welche  in  so  grosser  Zahl  im  Burgberge  A'orkommen,    dass 
ihrer  schon  16  000  gesammelt  sind,     unter  den  Stücken  aus  den  höheren  Schichten 
(H.,  lll.  und  IV.),    welche    mir  Hr.  Schliemann   schenkte,    kommen  auch  solche 
mit  tiefen   Finritzungeu  und  weisser  Ausfüllungsmasse  vor. 

Dazu  kommt  in  der  ältesten  Stadt  eine  Reihe  anderer  Eigenthümlichkeiten  des 
Thongeräths.  Sehr  zahlreich  sind  lange,  oben  breite,  unten  spitz  zulaufende  Füsse 
von  grösseren  tiegel-  oder  grapenartigen  Gefässen.  Sehr  häufig  finden  sich  die  vor- 
erwähnten horizontal  durchbohrten  Randwülste  zum  Durchziehen  einer  Schnur  und 
zum  Aufhängen  der  Gefässe.  Auch  kommen  sehr  grosse  und  starke  Henkel  gewöhn- 
licher Art  nicht  selten  vor.  In  diese  Kategorie  dürfte  auch  ein  ungewöhnlich  grosses 
und  glattes  Stück  gehören,  welches  leicht  gebogen  und  an  der  äusseren  Seite  mit 
gauz  tiefen  Horizontalfurchen  verziert  ist.  Das  ist  das  Material  der  ältesten  Stadt. 
In  dieser  Stadt  fehlen  grosse  Brandspuren  beinahe  gänzlich;  keine  einzige 
Stelle,  welche  zu  meiner  Zeit  geöffnet  wurde,  zeigte  dieselben,  und  so  viel  ich 
weiss,  hat  auch  Hr.  Schliemann  nichts  davon  gesehen,  jedenfalls  nichts,  was 
irgend  wie  dem  lirande  der  „(ioldstadt"  vergleichbar  gewoscn  wäre.  Von  den 
Gebäuden  dieser  Stadt  ist  überhaupt  wenig  zu  erkennen.    Hier  und  da  zeigen  sich, 


(277) 

jedoch  nicht  einmal  in  grosser  Ausdehnung,  Steinmauern;  das  Hauptmaterial  ist 
ungeschichteter  Lehn),  der  zum  grossen  Theil  den  Raum  ausfüllt.  Wie  ich  schon 
vorher  auseinandersetzte,  muss  man  daraus  schliessen,  dass  damals  der  grösste 
Theil  der  Häuser  bis  auf  den  Grund  aus  Lehnisteinen  gebaut  worden  ist. 

Schliesslich  mcichte  ich  noch  eine  Sonderbarkeit  berühren,  die  gerade  diesen 
Theil  betrifft.  Schon  durch  eine  frühere  Grabung  war  am  Nordumfange  der  ältesten 
Stadt  eine  grössere,  aus  rohen  Bruchsteinen  des  Tertiärgebirges  aufgebaute  Mauer 
bloss  gelegt.  Sie  lag  unter  dem  Boden  der  gebrannten  Stadt  und  gehörte  scheinbar 
der  Stadtmauer  an.  An  der  Aussenwand  eines  der  Steine,  welche  diese  Mauer 
bildeten,  fiel  mir  schon  von  Weitem  ein  weisser  Fleck  auf.  Als  ich  näher  trat, 
erwies  sich  derselbe  als  die  innere  Fläche  einer  fest  auf  dem  Stein  aufsitzenden 
Austerschale.  Neben  derselben  war  die  Fläche  mit  Hryozoen  und  anderen  Meer- 
thieren  besetzt.  Ich  habe  das  Stück  abgeschlagen  und  mitgebracht.  Mir  war  es 
ein  unerklärliches  Phänomen.  Ich  habe  das  Stück  den  Collegen  im  mineralogischen 
und  paläontologischen  Fach  vorgelegt  und  damit  auch  bei  ihnen  grosses  Erstaunen 
erregt.  Einige  waren  geneigt  anzunehmen,  dass  die  Mauer  einstmals  von  der  See 
bespült  worden  sei.  In  der  That,  wie  sollte  die  Auster  dahin  gekommen  sein?  Indess 
kann  ich  mich  nicht  entschliessen  zuzugestehen,  dass  einmal  die  See  so  hoch  ge- 
standen haben  könnte,  um  den  Seethieren  einen  ruhigen  Platz  für  ihre  Ansiedlung 
an  der  Mauer  zu  "  gestatten,  denn  die  Mauer  liegt  auf  dem  mindestens  70  Fuss 
hohen  Felsen  und  noch  eine  Strecke  darüber,  so  dass  die  See  vielleicht  80  Fuss 
höher  gestanden  haben  müsste,  als  jetzt  die  Ebene  liegt.  Ich  habe  daher  bis  jetzt 
die  Meinung  festgehalten,  dass  der  Stein  aus  dem  Meer  herausgeholt  und  nach 
Hissarlik  transportirt  worden  ist.  Ich  erkenne  jedoch  an,  dass  es  schwierig  ist, 
diese  Meinung  zu  vertheidigen.  Einmal  ist  es  ziemlich  weit  bis  zum  Meere,  ^/^ 
bis  ]'/.>  Stunden,  und  Bruchsteine  sind  ganz  in  der  Nähe  an  dem  Bergabhange,  an 
welchem  Hissarlik  steht,  selbst  zu  erlangen.  Zum  anderen  ist  die  Auster  sehr 
leicht  verletzlich,  und  es  wäre  sehr  sonderbar,  wenn  der  Stein  den  weiten  Trans- 
port von  der  Küste  her  und  den  Berg  herauf  ertragen  hätte,  ohne  dass  die  an- 
sitzenden Schalthiere  zerquetscht  worden  sind.  Ist  es  mir  doch  trotz  der  grössten 
Vorsicht  nicht  gelungen,  bei  dem  Abtrennen  dieser  Partie  eine  Verletzung  der 
Ansatzstelle  zu  vermeiden  Ich  kann  vorläufig  nichts  weiter  thun,  als  die  That- 
sache  constatiren. 

Fasse  ich  nunmehr  meine  Erfahrungen  über  die  älteste  Stadt  zusammen,  so 
kann  ich  sagen,  dass  an  dieser  Stelle  zuerst  eine  Bevölkerung  sich  angesiedelt  hat, 
welche  schon  mit  den  Elementen  einer  höheren  Cultur  ankam,  keineswegs  eine 
Urbevölkerung  im  strengeren  Sinne,  nicht  etwa  ein  wilder,  direkt  aus  dem  Zustande 
der  Wüstigkeit  hervorgegangener  Stamm,  sonderu  ein  schon  der  Civilisation  zugänglich 
gewordenes  Volk.  In  sofern  stimmt  sonderbarer  Weise  das  Ergebniss  der  Aus- 
grabungen mit  der  alten  Tradition,  welche  besagt,  dass  das  troische  Köuigsgeschlecht, 
nachdem  es  zuerst  am  Gebirge  und  dann  in  Dardania  seinen  Wohnsitz  gehabt 
hatte,  nach  Ilion  übersiedelte.  — 

Was  diejenigen  Schichten  anbetrifft,  welche  aufwärts  über  der  gebrannten  Stadt 
lagern  ,  so  möge  es  heute  genügen  ,  Ihnen  aus  jeder  derselben  einige  charakteristi- 
sche Specimina  vorzuführen,  welche  mir  Hr.  Schliemanu  geschenkt  hat.  Für  die 
Schichten  bis  nahe  unter  die  lysimachische  Mauer  verlasse  ich  mich  auf  seine  An- 
gaben, da  ich  nicht  genügend  Gelegenheit  hatte,  sie  genauer  zu  studiren.  Erst 
die  oberen  Schichten  habe  ich  persönlich  wiederholt  durchgearbeitet.  Bei  allen 
diesen  Schichten  handelt  es  sich  vorzugsweise  um  Thongeräth. 

In  der  nächst  höheren  Schicht  (III.)  kommen  manche  Typen  von  Thongefässen 


(278) 

vor,  welche  denen  der  gebraunten  Stadt  verwandt  sind,  darunter  zum  Theil 
recht  sonderbare.  Dahin  gehören  namentlich  grosse  rothe  Gefässe  mit  erhabenen 
Ornamenten,  welche  gerade  in  dieser  Zeit  häufiger  auftreten.  Unter  den  Hautrelief- 
Verzierungen  erwähne  ich  speciell  die  Spiralen  und  die  geschwungenen  Linien. 
An  einem  schön  rothen  Gefäss  mit  höherem  und  engerem  Rande  sitzt  ein 
vorspringender  Griflf,  weicher  die  Form  der  Ansa  lunata,  nur  vertikal  gestellt,  dar- 
bietet. Zugleich  sieht  man  daran  jene  eigenthüraliche  Technik  der  intermitti- 
renden  Glättung,  welche  sich  namentlich  in  Galizien  noch  bis  in  unsere  Tage 
erhalten  hat.  Die  Oberfläche  zeigt  nehmlich,  wie  auch  an  anderen  Gefässen  dieser 
Periode,  zahlreiche  glatte  glänzende  Streifen,  welche  mit  matten  Stellen  abwechseln. 
An  manchen  Gefässen  sind  daraus  förmliche  Muster  gebildet.  Kleinere  Gefässe 
mit  engerem  Hals  und  knopfartigen  Vorsprüngen  erinnern  an  ältere  Typen  von 
Hissarlik.  Namentlich  ist  diess  der  Fall  mit  einem  sehr  dickwandigen  Gefäss,  wo 
die  Knöpfe  als  Füsse  gedient  zu  haben  scheinen;  au  demselben  finden  sich  tiefe 
lineare  Einritzungen,  welche  geometrische  Figuren  bilden.  Diese  Schicht  zeigt 
stellenweise  Brandplätze,  allein  überwiegend  einfache  Ruinen  von  Häusern,  die 
unten  Stein-,  oben  Lehmmauern  hatten. 

In  der  folgenden  Schicht  (IV.)  treffen  wir  wiederum  Formen  von  Thougeräth, 
die  in  der  äusseren  Erscheinung  mit  den  trojanischen  eine  gewisse  Aehnlichkeit 
zeigen.  Darunter  kehrt  namentlich  eine  besondere  Henkelform  häufig  wieder, 
welche  sich  an  schalenförmigen  Gefässen  findet.  Diese  Henkel  sind  sehr  weit  aus- 
gebogen, wie  Griffe,  drehrund,  setzen  sich  dicht  unter  dem  Rande  an  und  über- 
ragen denselben  beträchtlich,  ihre  Ansätze  befinden  sich  natürlich  in  der  Hori- 
zontalen. Ganz  analoge,  zum  Theil  aus  doppelten  Thonsträngen  zusammengesetzte, 
aber  vertikal  gestellte,  ebenfalls  sehr  weite  Henkel  finden  sich  an  grossen  Krügen, 
welche  einen  weiten  Bauch  und  einen  engen  hohen  Hals  haben.  Das  Material  ist 
ein  feiner,  gut  gebrannter  Thon  von  hochrother  Farbe;  auch  hier  kommt  die  inter- 
mittirende  Glättung  vor. 

Die  nächste  Schicht  (V.)  lässt  schon  die  Zeichen  archaischer  griechischer  Cultur 
erkennen.  Alle  Stücke,  welche  ich  vorlege,  sind  von  mir  persönlich  unter  Anwen- 
dung aller  Vorsichtsmaassregeln  aus  dem  anstehenden  Boden  entnommen  worden. 
Hier  treten  zuerst  Scherben  auf,  welche  nicht  bloss  gefärbt,  sondern  wirklich  be- 
malt sind,  wenn  auch  zunächst  nur  mit  einfachen  Linien  oder  Bändern.  Das 
Material  ist  fein  und  gut  gebrannt,  so  dass  es  beim  Anschlagen  einen  scharf  klin- 
genden Ton  giebt.  Ueberall  sieht  man  die  Linien  der  Töpferscheibe.  Eine  Mehr- 
zahl der  Scherben  lässt  auf  Luxusgefässe,  namentlich  auf  kleine  Schälchen  mit  rund- 
lichem Fuss,  schliessen.  Die  Farbe  ist  sehr  verschieden,  glänzend  schwarz,  hoch- 
roth,  fein  gelblich,  aschfarben;  ganz  besonders  charakteristisch  ist  aber  eine  braune 
Färbung,  welche  wesentlich  zur  Verzierung,  niemals  zur  Färbung  ganzer  Gefässe 
verwendet  ist.  Sie  hat  an  sich  einen  schwachen  Glanz;  wenn  man  sie  aber  unter 
Wasser  bringt,  so  zeigt  sie  einen  höchst  auffälligen  Metallschimmer. 

Diese  Schicht  bildet  einen  sehr  merkwürdigen  Abschluss  der  älteren  Ansied- 
lungen.  Als  wir,  Hr.  Burnouf  und  ich,  während  der  Ausgrabungen  die  verschie- 
denen Trancheen,  welche  Hr.  Schi ie manu  im  Laufe  früherer  Gampagnen  hatte 
durchlegen  lassen,  musterten  und  mit  grosser  Sorgfalt  die  Struktur  ihrer  Wände 
studirten,  stiessen  wir  in  der  nordöstlichen,  gegen  den  Hellespont  gerichteten 
Tranchee,  welche  von  der  Höhe  des  alten  Burgberges  bis  auf  die  Ebene  herunter- 
geführt  ist  und  mehr  einer  Gebirgsschlucht,  als  einem  Graben  gleicht,  auf  einen 
Punkt,  an  dem  wir  mit  ganz  besonderer  Schärfe  die  alten  Abraumschichten  ver- 
folgen   konnten,     Nun    sind  Abraumschichten    an    sich  kein  so  sicheres  Objekt  für 


(279) 

das  Studium,  wie  die  über  einander  geschichteten  Trümmer  selbst,  weil  manches 
aus  verschiedenen  Taiminerschichten  in  dieselbe  Abraumschicht  zusammengeworfen 
sein  kann.  Allein  hier  ist  ein  besonderes  Verhältniss,  welches  wenigstens  nach 
oben  hin  eine  ganz  bestimmte  Grenze  bezeichnet:  etwa  3 — 4  Fuss  unter  der  Ober- 
fläche kommt  man  nehmlich  auf  eine  Planirung,  und  auf  dieser  steht  die  erste,  aus 
wirklich  gehauenen  Quadern  aufgebaute  Stadtmauer.  An  keiner  einzigen  Stelle 
unter  dieser  Schicht  kommen  Quadern  vor;  hier  dagegen  haben  wir  eine,  aus  regel- 
mässigen, mit  höchster  Sorgfalt  bearbeiteten  Steinen  zusammengesetzte,  mächtige 
Mauer,  welche  sich  mit  gewissen  Unterbrecliungen  in  einem  höheren  Niveau  um 
den  ganzen  Burgberg  verfolgen  lässt.  Ich  will  es  dahingestellt  sein  lassen,  ob 
dieses  wirklich  die  Mauer  ist,  welche  l^ysimachos,  einer  der  Nachfolger  Alexanders, 
nach  dem  Berichte  Strabon's  um  llion  hat  bauen  lassen.  Verschiedene  alte  Schrift- 
steller stimmen  darin  überein,  dass  der  grosse  Alexander  den  Wunsch  hatte,  die 
Troas  zu  neuer  Blüthe  zu  bringen.  Antigonos  gründete  in  diesem  Sinne  die 
nachmals  Alexandria  Troas  genannte  Stadt;  Lysimachos  baute  auf  llion  einen 
Tempel  und  eine  Mauer  von  40  Stadien  Länge  und  hauchte  der  Stadt  neues  Leben 
ein.  Weiteres  weiss  man  nicht  von  einem  Muuerbau  aus  späterer  Zeit  in  llion, 
und  es  lässt  sich  nicht  verkennen,  dass  die  angegebene  Zeit  ziemlich  gut  stimmt 
mit  den  Funden.  In  den  Abraumschichteu,  deren  schräg  aufsteigende  Köpfe  un- 
mittelbar an  die  Basis  der  Mauer  anstossen,  finden  sich  die  ersten,  in  archaischer 
Weise  bemalten  Scherben,  niemals  Figuren,  sondern  immer  nur  Linien  oder  geo- 
metrische Zeichnungen.  Man  hat  hier  also  einen  bestimmten  Anhalt  für  die  chro- 
nologische Fixirung  des  Niveau.  Mag  die  Mauer  von  Lysimachos  gebaut  sein  oder 
nicht,  so  gehört  sie  doch  unzweifelhaft  der  macedonischeu  Zeit  an.  Die  letzteu 
Schichten  unter  ihr  dürften  also  höchstens  dem  5.,  6.  Jahrhundert  v.  Chr.  zuge- 
schrieben werden  können ;  vielleicht  sind  sie  noch  älter.  Von  da  aus  können  wir 
dann  nach  unten  weiter  rechnen.  Allerdings  muss  man  etwas  vorsichtiger  sein,  als 
diess  Anfangs  erforderlich  zu  sein  schien,  wo  man  aus  der  Tiefe  eines  Fundes 
sofort  das  chronologische  Niveau  erschloss.  Jetzt,  wo  wir  wissen,  dass  dieselbe 
chronologische  Schicht  in  mehreren  Niveaus  vorkommen  kann,  muss  man  sich  mehr 
au  den  Charakter  der  Funde,  als  an  die  absoluten  Zahlen  der  Ausgrabung  halten. 
Das  steht  fest,  dass  die  Gesammtheit  der  Schichten  vom  ürboden  bis  zu  der  Mauer 
aus  Quadern  erst  bis  zu  der  Zeit  Alexanders  des  Grossen   reicht. 

Dann  folgen  die  Schichten,  welche  der  jüngeren  Periode  von  llion  angehören. 
Da  finden  sich  die  üeberreste  jeoes  grossen  Marmortempels  mit  sehr  ausgebildeter 
Skulptur,  von  dem  der  grosse  Relief  des  Sonnengottes  herstammt,  dessen  Abbildung 
Hr.  Schliemann  auf  den  Deckel  seines  Buches  gesetzt  hat.  Jetzt  liegen  nur 
noch  einige  Marmorbalken  desselben  an  ihrer  Stelle.  Es  ist  das  der  Haupt  Vorwurf, 
den  die  Archäologen  Hrn.  Schliemann  gemacht  haben,  dass  er  mitten  durch  den 
Tempel  durchgeschnitten  hat,  um  auf  die  unteren  Gründe  zu  kommen.  Ich  habe 
darüber  schon  in  meinem  ersten  Vortrage  gesprochen. 

In  den  obersten  Schichten  finden  sich  endlich  die  Produkte  der  späteren 
griechischen  und  römischen  Cultur,  über  welche  ich  nicht  weiter  zu  berichten  habe. 

Ich  hoffe,  dass  diese  Darstellung  Ihnen  wenigstens  das  gezeigt  haben  wird, 
dass,  wenngleich  man  nicht  für  jede  Schicht  des  Burgberges  ein  bestimmtes  Jahr- 
hundert angeben  kann,  und  wenngleich  die  Zeitrechnung  immer  unsicherer  wird, 
je  mehr  man  in  die  Tiefe  kommt,  doch  eine  gewisse  Schätzung  sich  machen  lässt, 
welche  ausgeht  von  der  ersten,  altgriechischer  Cultur  entsprechenden  Fundschicht. 
Die  ganze  Reihe  der  tieferen  Schichten,  nicht  bloss  die  der  gebraunten  Stadt  und  der 
unter  ihr  liegenden  ältesten  Ansiedelung,  sondern  auch  die  der  zunächst  überliegeudeu 


(280) 

Städte  gehört  einer  Zeit  an,  für  welche  wir  keine  zuverlässige  historische  Ueber- 
lieferung  besitzen,  für  deren  chronologische  Classifikation  uns  also  auch  kein  be- 
stimmter Anhalt  gegeben  ist.  Hier  müssen  wir  uns  an  die  Vergleichung  der 
archäologischen  Funde  halten.  In  dieser  Beziehung  möchte  ich  nur  das  hervor- 
heben, dass  gerade  unter  den  Goldfunden,  die  in  meiner  Gegenwart  gemacht  wor- 
den sind,  und  bei  deren  einem  ich  das  besondere  Glück  hatte,  einen  Theil  aus 
einem  Erdklumpen,  der  schon  weggeworfen  war,  zu  retten,  einzelne  Kunstsachen 
vorkamen,  welche  absolut  übereinstimmen  mit  Goldfunden  von  Mykenae,  so 
übereinstimmen,  dass  man  glauben  könnte,  sie  seien  aus  derselben  Prägestätte 
hervorgegangen.  Ich  habe  daher  auch  keinen  Zweifel,  dass  die  Gründung  der 
„Goldstadt^  von  Hissarlik,  wenn  auch  vielleicht  nicht  absolut  synchronisch  mit 
Mykenae,  so  doch  im  Grossen  und  Ganzen  als  ein  paralleles  Ereigniss  anzusehen 
ist.  Was  unter  der  gebrannten  Stadt  im  Burgberge  liegt,  das  mögen  Sie,  wenn 
Sie  wollen,  vormykenisch  nennen. 

Es  ist  ein  grosses  Glück  gewesen,  dass  schon  vor  dem  Zusammenbruch  des 
weströmischen  Reiches,  schon  seit  dem  Beginn  der  byzantinischen  Herrschaft,  der 
Burgberg  nicht  mehr  bewohnt  gewesen  ist.  Die  Münzfunde  gehen  bis  auf  Con- 
stantin  II.,  hören  dann  aber  plötzlich  auf.  Von  da  ab  findet  sich  Nichts  mehr  von 
weiteren  üeberresten  vor.  Niemals  ist  seit  jener  Zeit  der  Versuch  gemacht  wor- 
den, sich  auf  dem  Platz  wieder  anzubauen.  So  erklärt  sich  die  grosse  und  lange 
Integrität  der  Ruinen;  die  Erde,  welche  aus  dem  Schlamm  der  Lehmsteine  sich 
wieder  verdichtete,  hat  getreulich  die  Reste  der  Vergangenheit  bewahrt  bis  auf  den 
Augenblick,  wo  Hr.  Schliemann  auf  den  Gedanken  kam,  in  den  grossen  Hügel 
einzubrechen. 

Ich  hoffe  ferner,  meine  Herren,  dass  Sie  mir  bezeugen  werden,  dass  ich  mich 
bemüht  habe,  möglichst  von  Homer  zu  abstrahiren,  und  mich  so  streng  als  möglich 
an  das  zu  halten,  was  vorliegt.  Aber  ich  denke,  der  Gesammteindruck  meiner  Mit- 
theilungen wird  trotzdem  der  sein,  dass  hier  ein  Platz  aufgefunden  ist,  der  un- 
zweifelhaft lange  vor  der  historischen  Zeit  bewohnt  gewesen  ist,  und  der  uns  ein  ganz 
bestimmtes,  grosses,  wenn  auch  vielleicht  nicht  in  dem  Maasse,  wie  man  es  sich 
gedacht  hatte,  entwickeltes  Culturleben  erschliesst,  welches  zum  Theil  der  Prä- 
historie, zum  Theil  der  Sage  angehört.  So  glaube  ich  zum  Schlüsse  sagen  zu 
können:  es  scheint  mir  nichts  dem  entgegenzustehen,  dass  diess  in  der  That  der 
Punkt  war,  an  welchen  die  Sage  anknüpfte  und  an  welchen  sich  die  üeberliefe- 
rungen  von  der  Existenz  eines  frühe  zerstörten  Reiches  angeschlossen  haben. 

In  dieser  Beziehung  will  ich  nur  noch  einen  Punkt  kurz  berühren:  Einige  der 
neuesten  Gegner  Schliemann's  machen  grosses  Aufheben  aus  dem  geringen  um- 
fange der  gebrannten  Stadt.  Ich  will  es  zugestehen:  die  Ruinenstätte  entspricht  keiner 
Stadt,  die  Jemand,  der  aus  London  oder  auch  nur  aus  Coustantinopel  kommt,  für 
eine  Stadt  ansehen  würde.  Auch  wir  würden  uns  gewiss  begnügen,  das  Ganze 
einen  grossen  Burgwall  oder  einen  Schlossberg  zu  nennen.  Trotzdem  ist  es  richtig, 
dass  dieser  Berg  Jahrhunderte,  wahrscheinlich  mehr  als  ein  Jahrtausend  hindurch  ein 
mächtiger  Anziehungspunkt  für  immer  neue  Besiedelungen  gewesen  ist,  und  dass 
schon  in  der  gebrannten  Stadt  Schätze  von  Edelmetall  aufgehäuft  waren,  die  selbst 
heute  Aufsehen  erregen  würden. 

Aus  dem,  was  ich  gesehen,  habe  ich  nicht  gerade  die  Vorstellung  ge- 
wonnen, dass  Homer  anhaltend  in  der  Gegend  gelebt  hat.  Die  llias  hat  zu  viel 
Besonderheiten,  welche  man  immerhin  als  Erfindungen  des  Dichters  erklären  mag, 
aber  von  denen  es  mir  doch  zweifelhaft  ist,  ob  ein  Dichter,  welcher  aus  der  Gegend 
stammte  oder  in  ihr  dichtete,  sie  aufgenommen  haben  würde.    Es  lassen  sich  grosse 


(281) 

Erörterungen  darüber  anstellen,  wie  viel  oder  wie  wenig  die  Autopsie  bei  der 
Herstellung  des  Gedichts  gewirkt  hat;  sind  wir  doch  nicht  einmal  im  Stande, 
ausscheiden  zu  können,  was  eine  ältere  Sage  dem  Dichter  in  die  Hand  gab. 
Denn  darüber  kann  wohl  kein  Zweifel  bestehen,  dass  Homer  schon  geformte, 
traditionell  fortgepflanzte  Sagenstoffe  vorgefunden  haben  muss  und  dass  er  diese 
in  die  eigentlich  poetische  Form  brachte,  nachdem  er  aus  eigener  Anschauung  das 
Land,  in  welches  er  die  Handlung  verlegte,  kennen  gelernt  hatte.  Dass  er  über- 
haupt das  Land  geschaut  hat,  das  beweist  weniger  seine  Beschreibung  von  llion, 
die  natürlich  erfunden  sein  musste,  sondern  seine  Schilderung  des  Landes,  die 
überall  auf  einer  tiefen  Naturanschauung  beruht.  Daher  glaube  ich,  dass  auch 
für  die  Zukunft  dem  Burgberge  seine  Bedeutung  gerettet  werden  wird,  als  eines 
wirklichen,  unmittelbaren  Anknüpfungspunktes  für  die  Sage  sowohl,  wie  für  die 
Dichtung.  Kr  ist  nicht  ein  Ort,  dessen  Geschichte  in  allen  Einzelheiten  aus  der 
Dichtung  rückwärts  heraus  festgestellt  werden  kann.  Niemals  wird  die  sichere 
Unterlage  gewonnen  werden,  um  die  Sage  von  Troja  in  naturwissenschaftlicher 
oder  in  historischer  Weise  sicher  zu  stellen.  Und  doch  wird  diese  Sage  den 
Hintergrund  unserer  Gedanken  über  die  Jugend  der  abendländischen  Völker  bilden, 
und  uns  vor  die  Seele  treten,  so  oft  wir  uns  den  ersten  grossen  Gegenstoss  Europas 
gegen  Asien  vergegenwärtigen  wollen. 

Wir  werden  nicht  vergessen,  dass  die  alten  Städte,  welche  der  Burgberg  in 
seinem  Schoosse  verborgen  hielt,  in  einer  Zeit  bewohnt  waren,  wo  die  Völker  des 
Westens  noch  nicht  zur  Scheidung,  vielleicht  noch  nicht  einmal  zu  voller  Sesshaftig- 
keit  gelangt  waren.  Ueber  den  Bosporus  und  den  Hellespont  nahmen  wahrschein- 
lich alle  die  Völkerschaften,  welche  das  westliche  und  mittlere  Europa  besiedelt 
haben,  ihren  Zug;  alle  müssen  der  Troas  einmal  nahe  gewesen  sein,  —  auch  unsere 
Vorfahren,  Darum  war  ich  wirklich  mit  einer  gewissen  Hoffnung  nach  Kleiuasien 
gegangen,  ob  es  nicht  möglich  sein  würde,  irgend  ein  näheres  Verknüpfungsband 
zwischen  unserer  eigenen  Prähistorie  und  der  dieses  merkwürdigen  Platzes  zu 
finden.  Ich  habe  Ihnen  heute  gerade  dasjenige  Material  vorgelegt,  welches  für 
diese  Vergleichung  am  günstigsten  ist:  das  Steingeräth  von  llion  und  Sardes.  Sie 
werden  daraus  ersehen,  dass  zwingende  Vergleichungspunkte  daraus  nicht  hervorgehen. 
Wenn  auch  gewisse  Aehulichkeiten  der  trojanischen  Funde  mit  den  Altsacheu 
unserer  vorslavischen  Zeit,  namentlich  in  Bezug  auf  das  Thongeräth,  bestehen,  so 
können  wir  doch  nicht  sagen,  dass  irgend  eine  specielle  Form  unmittelbar  zu  uns 
übertragen  ist,  oder  dass  überhaupt  von  llion  aus  bestimmte  Culturrichtungen  in 
das  Abendland  hinübergetragen  sind.  Was  hier  an  deutlichen  Verbindungen  zu 
erkennen  ist,  das  sind,  wie  in  Mykeuae,  weiter  zurückliegende  Beziehungen  mit 
Assyrern,  Phöuiciern  und  Aegyptern.  Dafür  wird  die  weitere  Forschung  sicherlich 
noch  genauere  Anhaltspunkte  erschliessen,  und  diese  zu  gewinnen,  darauf  wird  auch 
unser  Streben  zunächst  gerichtet  sein  müssen. 

(22)  Eingegangene  Schriften: 

1)  Annalen  der  Hydrographie  und  maritimen  Meteorologie.     Bd.  7,  Heft  6. 

2)  Nachrichten  für  Seefahrer.     Nr.  24,  25,  2ß,  27. 

3)  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.      1879.     Nr.  6. 

4)  Jahresbericht  des  naturhistorischen  Vereins  von  Wisconsin  für  das  Jahr  1878  —  70. 

5)  Anti(ivarisk  Tidskrift  för  Sverige.     Bd.   1 — 5. 

6)  Manadsblad.     Jahrgang  1872—1879  (Nr.  1-88). 

7)  Antropologiska  sektionens  Tidskrift  Bd.  I.,  Nr.   1,  2. 

8)  Geografiska  sektionens  Tidskrift.     Bd.  I.,  Nr.  1 — 8. 


(282) 

9)  B.  E.  Hildebrand    och    H.    Hildebrand,    Teckningar   ur    Svenska    Statens 
Historiska  Museum.     Heft  2. 

10)  G.  Oppert,  On  the  Classification  of  Languages. 

11)  Mittheilungen    des  Vereins    für   hessische  Geschichte  und  Landeskunde.     1877. 

Heft  3,  4.     1878.   1—4.     1879.  Heft  1. 

12)  Zeitschrift  des  Vereins  für  hessische  Geschichte  und  Landeskunde    Bd.  8.  Heft  1,  2. 

13)  E.  Finder,  Bericht  über  die  heidnischen  Alterthümer  in  Kurhesseu. 

14)  Bericht  über  die  Thätigkeit  des  Oldenburger  Laudesvereius  für  Alterthumskunde. 

15)  Malmsten,  Minnesord  öfver  Carl  von  Linnee. 

16)  Jahresbericht  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Metz.     Bd.   1. 

17)  Materiaux  pour  l'histoire  primitive  et  naturelle  de  Ihomme.     T.   10,  livr.   1. 

18)  Gora,  Cosmos.     Vol.  V.,  Heft  IV.,  VL 

19)  Atti  della  R.  Accademia  dei  Lincei.     Vol.   III ,  Fase.  4. 

20)  Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und  Naturkunde 

zu  Moskau.     Vol.  XXXV. 

21)  Mittheilungen    der    deutschen   Gesellschaft    für   Natur-    und    Völkerkunde   Ost- 

asiens.    Heft  12. 

22)  Retzius,  Finska  Crauier. 


Sitzung  am   19.  Juli    lh79. 
Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Zuna  conespondirenden   Mitgliede  ist  ernannt  worden: 

Hr.  Dr.  Richard  Scbomburgk  in   Adelaide,  Australien. 

Zum  ordentlichen   Mitgliede  ist  vorgeschlagen: 
Hr.  Dr.  Jaffe  in  Berlin. 

(2)  Der  Vorsitzende  theilt  mit,  dass 

1)  der    Voigtländische    Alterthumsforschende    Verein    seine    Haupt- 
versammlung zu  Hohenleuben  am  6.  August, 

2)  die  Naturforschende   Gesellschaft   zu   Halle  a/S.  iiire  Säcularfeier 
am  20.  Juli, 

3)  der  Congres    international    des  Americanistes  seine  dritte  Session 
vom  23. — 26.  September  in  Brüssel, 

4)  der    Congres    international    de     geographie    commerciale     seine 
zweite  Session  vom  27.  September  bis  1.  October   1879  ebendaselbst 

abhalten   wird. 

Die  Anzeige  einer  in  Paris  neugegründeten  Institution  ethnographique, 
Directeur  Leon  de  Kosny,  Secretaire  genc^ral  A.  Dithan  ist  eingegangen. 

Die  amerikanische  ethnolc^gische  Gesellschaft  übersendet  ihre  Statu- 
ten. Vorsitzender  für  1878  Alexander  J.  Cotheal,  correspondirender  Secretär 
Chiirles  Rau. 

(3)  Hr.  Dr.  Kuropaeus  in  St.  Petersburg  spricht  in  einem  Brief  vom  9.  Juli 

über  finnische  und  ugrische  Fragen. 

„Es  ist  mir  ein  besonderes  Vergnügen,  Ihnen  beigehend  einige  Zeitungsartikel 
zusenden  zu  können,  von  welchen  wenigstens  zwei  Sie  ohne  Zweifel  vorzüglich 
interessiren  werden.  Es  sind  der  in  Nr.  141  des  St.  Petersburger  Herold's  ge- 
druckte „Kin  alle  Erwartungen  übertreffender  Fortschritt  im  Bereich 
der  archäologischen  Craniologie"  und  in  Nr.  169  ibid.  „üeber  die  ehe- 
malige Verbreitung  des  langschäd  ligen  ürvolkes  in  Europa  und  über 
die  Nationalität  desselben".  Die  übrigen  mitfolgenden  sintI  Nr.  345,  Jahr- 
gang 1878,  „Wissenschaftliche  Antwort  auf  die  Frage,  was  war  und  wo 
lag    das    alte  Thule",     und    zuletzt  Nr.   176,  -lahrg.    1879,  „Aus  und   über  ein 


(284) 

Schreiben  an  mich,  betreffend  meine  comparativ-philologischen  Zahl- 
wörtertabelleu".  Von  diesen  Zahlwörtertabellen  habe  ich  auch  das  Vergnügen, 
Ihnen  beigehend  Exemplare  zuzusenden.  Der  letzterwähnte  Artikel  ist  mit  der 
Tabelle  in  der  Hand  zu  lesen,  sonst  ist  derselbe  an  einigen  Stellen  schwer  zu 
verstehen,  eben  weil  es  Stelleu  sind,  welche  das,  was  die  Tabelle  enthält,  vervoll- 
ständigen oder  berichtigen  sollen. 

Ich  gehe  in  diesen  Tagen  abermals  nach  den  Gegenden  zwischen  den  Seen 
Ladoga  und  Ouega,  um  dort  alte  Grabhügel  oder  „Kurgano"  zu  durchforschen.  Ich 
hoffe  jetzt  Schädel  aus  viel  älteren  Zeitperioden,  als  früher,  in  die  Hände  zu  be- 
kommen. 

Die  im  letzten  Sommer  von  mir  am  Ojatj-Flusse,  an  der  Südgrenze  des  Olo- 
netzschen  Gouvernements,  OSO.  vom  Ladoga-See,  gesammelten  alten  dolichocepha- 
len  Kurganschädel  sind  bis  jetzt  noch  nicht  genau  krauiologisch  bestimmt  Dieses 
kann  wohl  erst  nach  einigen  Monaten  geschehen.  Die  Schädel  liegen  jetzt  in 
Helsingfors. 

Ich  habe  in  Ihrer  Zeitschrift  gelesen,  dass  auch  Sie  langschädlige  Schädel  aus 
Polen  erhalten  haben.  Es  wäre  wohl  schon  Zeit,  die  Frage  über  solche  Laug- 
schädel ernsthafter  zu  bearbeiten  und  zwar  sowohl  in  den  Fundgruben,  als  auf  dem 
Papier, 

Zugleich  bitte  ich  Sie,  ein  paar  Schreibfehler,  wohl  des  Hrn.  Dr.  Hjelt,  in 
der  in  Ihren  Berichten  vor  ein  paar  Jahren  gedruckten  craniologischen  Tabelle 
zu  corrigiren.  Diese  Schädel  sind,  mit  Ausnahme  des  letzten,  nicht  eigentlich  „alt- 
finnisch",  sondern  altugrisch,  d.  h.  sprachlich  und  genetisch  ebenso  weit  von  den 
Finnen  entfernt,  wie  die  Hindu  (die  Sanskritvölker)  von  den  Germanen.  Die 
eigentlich  finnischen  Ortsnamen,  sogar  der  alten  Zeit,  gehen  von  dem  Ladoga-See 
nach  Südost  und  Süd  nicht  weiter  als  bis  zum  halben  Lauf  des  in  den  Ladoga  von 
Süden  fallenden  Wolchow  und  nur  etwas  mehr  in  der  Richtung  nach  Südost,  das 
heisst  bis  ungefähr  30  Werst  =  4  deutsche  Meilen  östlich  von  der  Stadt  Tichwin, 
welche  50  Werst  =  7  deutsche  Meilen  nach  Südost  von  dem  Ladoga-See  liegt.  Innerhalb 
des  Wassersystems  der  Wolga  und  des  Ilmen-Sees  sind  ausschliesslich  nur  die 
sehr  leicht  bestimmbaren  zusammengesetzten  altugrischeu  =  ostjakisch- vogulisch- 
ungarischen  Ortsnamen  unter  den  nicht-russischen,  neueren  Namen. 

Ein  anderer  Schreibfehler  ist,  dass  der  Name  der  Stadt  Wessjogonsk  an  dem 
westnordwestlichen  Nebenflüsse  Mologa  der  Wolga  nach  der  Form  der  russischen 
Schreibung  Besjezeusk  „nahe  dem  Dorfe  ^taraja"  geschrieben  worden  ist.  Ich 
habe  den  Bericht  jetzt  nicht  zur  Hand  und  kann  die  Stellen  der  genannten 
Fehler  nicht  genauer  bestimmen. 

Der  letzte  Schädel  aus  der  Nähe  des  Dorfes  Saljustsiki  ist,  obgleich  sehr  laug- 
schädlig,  doch  ganz  aus  der  Mitte  der  Gegend,  wo  schon  ausschliesslich  eigent- 
lich finnische,  nicht-russische  Ortsnamen  vorkommen.  Er  gehört  also  zu  derselben 
Gruppe  von  Langschädeln,  welche  von  mir  im  letzten  und  vorletzten  Sommer 
gesammelt  worden. 

Die  grösste  Menge  altugrischer  Schädel,  ungefähr  200  Stück,  sind  tabellarisch 
bestimmt  in  Materialy  dliä  antropologii  kurgannago  perioda  Moskovskoi  gubernii 
von  Bogdanof.  Sie  sind  aus  einer  alten  Greuzgegend  der  ugrischen  Ortsnamen 
und  zum  dritten  Theil  mit  kurzschädligen  untermischt." 

(4)  IJr.  G.   Fritsch  spricht  über 

die  Ama-Zulu  Süd-Afrika  s 

mit    Uiicknii^ht  auf  die  jüngbten  Ereignisse. 


(285) 

Als  die  Nachricht  des  Kampfes  von  Tsandhlwana  (Isandula)  und  der  blutigen 
Niederlage,  welche  die  englischen  Waffen  dal)ei  eilitten  hatten,  Europa  durchflog, 
bemächtigte  sich  gewiss  der  Meisten,  die  es  hörten,  unbegrenztes  Erstaunen  dar- 
iiber,  wie  es  möglich  war,  dass  nach  den  Kegeln  europäischer  Kriegskunst  ge- 
schulte Truppen  sich  von  einem  Haufeu  nackter  Wilder  schlagen  lassen  konnten? 
Lebhafter  als  seit  langer  Zeit  ertönte  die  Frage:  Wer  sind  denn  diese  Zulu,  die 
sich  solches  herausnehmen  durften?  Der  Name  ist  als  verächtlicher  Ausdruck  auch 
in  Europa  bekannt  genug,  aber  die  damit  verbundene  Vorstellung  passte  schlecht 
zu  so  glorreichen  Thaten. 

Soll  die  Frage  ethnographisch  beantwortet  werd«*n,  so  ist  zu  erwidern:  Die 
Ama-Zuki  sind  eine  Abzweigung  von  den  übrigen  A-bantu's  Süd-Afrika's,  welche 
erst  etwa  1000  n.  Chr.  erfolgte;  sie  nannten  sich  auch  später  noch:  „A-bantu 
ba-kwa  Zulu",  d.  h.  Leute  aus  dem  Gebiet  des  Zulu,  eines  mythischen  Häuptlings, 
der  vor  9  Generationen  gelebt  haben  soll.  Derselbe  begründete  keineswegs  eine 
mächtige  Herrschaft,  sondern  noch  zur  Zeit  der  GriJndung  der  Golonie  Natal  (1686), 
wo  die  Ama-Zulu  beiläufig  erwähnt  werden,  kannte  man  sie  als  einen  wenig  zahl- 
reichen, unkriegerischen  Stamm,  als  Händler  im  Lande  umherziehend  und  die  Nach- 
barn mit  den  kleinen  Bedürfnissen  des  täglichen  Lebens  versorgend.  Wie  die  Golonie 
nach  den  schwachen  Anfängen  erst  über  hundert  Jahre  später  einen  glänzenderen 
Entwickelungsgang  nahm,  so  erlangte  auch  die  Zuluherrschaft  kriegerische  Macht 
erst  etwa  zur  selben  Zeit. 

Was  die  friedliclien  Händler  zu  einem  Kriegsvolke,  und  zwar  dem  gefürchtet- 
sten  von  ganz  Süd -Afrika  machte,  dessen  blutige  Lorbeeren  von  keinem  anderen 
daselbst  überboten  werden,  das  war  ein  grosser,  militairischer  Gedanke,  entsprungen 
in  dem  Haupte  eines  Häuptlings,  Chaka  mit  Namen  (1787  geboren):  er  zwang 
seine  ünterthanen,  mit  der  blanken  Waffe  im  geschlossenen  Angriff 
zu  fechten!  Mit  genialem  Blick  erkannte  er,  welche  üeberlegenheit  eine  derartig 
vorgehende  Kriegermasse  unter  Stämmen  haben  musste,  deren  Neigung  für  den 
Kampf  Mann  gegen  Mann  durchweg  eine  ausserordentlich  geringe  war.  Die  mate- 
rielle Ausführung  des  Gedankens  ergab  sich  einfach  genug. 

Die  am  meisten  verbreitete  Waffe  der  Eingeborenen  durch  ganz  Afrika  ist  ein 
schlanker  Wurfspiess  von  wechselnder  Gestalt,  der  Regel  nach  von  bemerkenswerther 
Leichtigkeit  der  Klinge  an  dünnem  Schaft,  so  dass  ein  Mann  ein  ganzes  Bündel  solcher 
bewältigen  konnte.  Die  üblichste  Form  des  U'mkonto  der  eigentlichen  Kaflfern 
zeigt  eine  bis  20  cm  lange  und  2 — 3  cm  breite,  schilfblattähuliche  Klinge  von 
S-förmigem  Querschnitt,  in  einen  runden  Stil  übergehend,  und  einen,  etwa  1,5  m 
langen,  noch  nicht  fingerdicken  Schaft  vom  elastischen  Holz  der  Curtisia  fagiuea, 
Assegay- hout  der  Colonisten;  häufig  trägt  der  eiserne  Stil  auch  nur  an  seinem 
freien  Kiide  eine,  wenige  Centimeter  lange,  blattförmige  Verbreiterung:  er  ist  eben 
einfach  flach  ausgehämmert. 

Was  auch  immer  in  früherer  Zeit  und  in  unseren  Tagen  bis  zu  den  englischen 
Kriegsberichten  über  die  Furchtbarkeit  dieser  geworfenen  Assegay  ausgesagt  wurde, 
beruht  zum  wesentlichsten  Theil  auf  reiner  Erfindung.  Die  ganze  Kunst  bei  der 
Handhabung  der  Waffe  beruht  darin,  dass  der  Werfende  die  in  die  volle  Faust 
gefasste  Waffe  in  schwingende  Bewegung  setzt  und  sie  so  im  Bogenwurf  dem 
Ziele  entgegensendet.  Die  Vibration  des  Wurfspiesses  erhöht  die  Percussiouskraft, 
aber  unstreitig  auf  Kosten  der  Treftfähigkeit.  So  fand  schon  Lichten'stein ,  der 
sich  bemühte,  die  Leistung  dieser  Waffe  mit  der  Exactheit  des  Naturforschers  fest- 
zustellen, dass  auf  60  Schritt  Entfernung  von  SO  Würfen  durchschnittlich  einer  das 
Ziel,    ein    manusbroites  Brett  von  2,6  cm  Dicke,  traf,  jeder  Treffer    es  aber  durch- 


(286) 

bohrte.  Leicht  ist  es  zudem,  der  im  Bogen  heranschwirrenden  Assegay  auszu- 
weichen oder  sie  im  Schilde  aufzufangen,  wenn  sich  die  Würfe  nicht  zu  sehr  häufen. 

Diese  schwächliche  Wafle  verwandelte  Chaka  in  eine  zum  Stoss  bestimmte, 
indem  die  Klinge  um  das  Doppelte  verlängert  und  verstärkt  wurde,  sich  mit  kurzem 
Stil  dem  über  Mannsdaumen  starken  Schaft  anfügend.  Zu  ungefüge  für  den  Wurf, 
wurde  der  Umkonto  in  dieser  Gestalt,  von  entschlossenen  Kriegern  gehandhabt,  die 
stürmend  vorgingen,  eine  furchtbare  Waffe.  Der  Bajonettangriff  entschied  auch  in 
Süd -Afrika  die  Schlachten;  die  Krieger  Chaka' s,  noch  eben  kaum  gekannt,  viel 
weniger  gefürchtet,  eilten  damit  von  Erfolg  zu  Erfolg,  wie  eine  Lawine  aus  kleinem 
Anfang  erwachsend,  und  in  wenigen  Jahren  in  zerschmetterndem  Lauf  alle  Nach- 
barstämme vernichtend  oder  unterjochend. 

Der  starke  Menschenverbrauch,  welchen  solche  Laufbahn  der  anwachsenden 
Zuluherrschaft  mit  sich  brachte,  nöthigte  dazu,  auf  besondere  Weise  Ersatz  zu 
schaffen,  der  friedliche  „Kraal"  des  Kaffern  konnte  ihn  nicht  schaffen,  er  verfiel 
daher  unter  Chaka's  Herrschaft,  um  der  „Enkanda",  dem  Militairlager,  Platz  zu 
machen.  Die  Fonn  eines  solchen  ist  wiederum  aus  dem  Bedarf niss  in  natürlicher 
Weise  abgeleitet:  Abgesehen  von  dem  Führer  selbst,  der  zum  Theil  wenigstens  von 
Herrschsucht  angestachelt  wird,  drehen  sich  die  südafrikanischen  Eingeborenen- 
kriege wesentlich  um  das  Vieh,  den  Schatz  und  die  Herzensfreude  des  Kaffern; 
dieses  zu  rauben,  ist  das  nächste  Ziel  des  Krieges,  es  zu  sichern,  die  Hauptaufgabe 
der  sich  Vertheidigeuden.  Die  Enkanda's  enthalten  daher  einen  grossen,  etwa 
kreisrunden  Viehplatz,  die  Mitte  des  Ganzen  bildend,  von  erheblicher  Ausdehnung 
(bei  des  Häuptlings  Dingaan's  Residenz  D'nkunginglove  soll  er  1000  Schritt  im 
Durchmesser  gehabt  haben);  um  diesen  Viehplatz,  gleichsam  die  Posten  für  die  zu 
bewachende  Heerde  bildend,  ziehen  sich  die  Hütten  der  Krieger  in  grösserem  Kreise, 
der  wiederum  von  einfacher  oder  doppelter  Dornenhecke  eingefriedigt  ist.  Dem 
Haupteingang  gegenüber,  durch  besondere  Dornenhecken  abgegrenzt,  die  sich 
labyriuthartig  verschlingen,  liegen  in  dem  Hüttenkreis  die  Wohnungen  des  Häupt- 
lings und  seiner  nächsten  Anhänger,  Isigohlo,  das  Labyrinth  (bei  ü'nkungiglove 
lagerten  noch  als  besondere  kleine  Kraale  hinter  dem  Isigohlo  die  Hütten  der 
Häuptlingsfrauen,  die  Schlachthäuser  und  die  Kornkammer). 

Der  ganze  Plan  einer  solchen  Niederlassung  deutet  den  kriegerischen  Zweck  an. 
Das  waren  feste  Lager  für  Soldaten,  keine  Wohnhäuser  für  Familienvater.  Dieselbe 
Staatsraison,  welche  die  Päpste  veranlasste,  ihre  schwarzen  Schaaren  dem  ehelichen 
Leben  fern  zu  halten,  um  sie  fester  in  der  Hand  zu  haben,  veranlasste  den  Zulu- 
Häuptling,  die  seinigen  am  Heirathen  zu  verhindern.  Es  fehlte  wohl  nicht  an 
Frauen  in  den  Enkanda's,  dieselben  hatten  aber  nur  die  Bedeutung  von  Concubinen, 
etwaige  Kinder  brachte  man  auf  die  eine  oder  andere  Weise  aus  dem  Wege.  So 
theilte  sich  die  ganze  waffenfähige  Mannschaft  in  grössere  Waffenbrüderschaften 
oder  Regimenter  in  unserem  Sinne  von  ungefähr  gleichalterigen  Kriegern,  die  unter 
besonderen  Hauptleuten,  Induna,  standen.  Als  solche  fungirten  angesehene  Per- 
sonen aus  der  Umgebung  des  Häuptlings  oder  ihm  ungefährlich  erscheinende  Ver- 
wandte. Die  Regimenter  wurden  besonders  benannt  und  hatten  wenigstens  zeit- 
weise besondere  Abzeichen,  wie  die  Farbe  der  Schilde  und  Aehnliclies.  Diese 
barbarische,  dem  menschlichen  Gefühl  spottende  Lebensweise  war  selbst  bei  einem 
so  wenig  sentimentalen  Volke,  wie  die  Kaffern  sind,  nur  durch  die  eiserne  Faust 
des  Despoten  aufrecht  zu  erhalten;  wo  seine  Macht  nicht  hinreichte,  in  den  ent- 
If'geiieren  Gebieten  oder  unter  dem  Schutz  weisser  Ansiedler  florirte  noch  der 
patriarchalische  Kraal  der  verwandten  Stämme,  unter  denen  die  Frauen  zwar  auch 
eine  sehr  niedrige,  aber  durch  bestimmte  Vorschriften  geregelte  Stellung  haben. 


(287) 

Hatten  sich  Regimenter  gut  geführt  und  kamen  sie  in  höhere  Jahre,  was  wir 
etwa  Landwehr  zweiten  Aufgebots  nennen  würden,  so  erlaubte  dmen  der  Häuptling 
sich  insgesamrat  zu  verheirathen,  die  Enkanda  verlor  alsdann  ihren  militairischen 
Charakter,  und  die  Menschlichkeit  hielt  wieder  ihren  Einzug  in  diese  Wohnstätten 
der  Menschen. 

Auch  trotz  dieser  Einrichtung  war  der  Menschenverbrauch  in  den  beständigen 
Kriogszügen  viel  zu  gross,  um  auf  natürliche  Weise  durch  die  heranwachsende 
Jugend  ersetzt  zu  werden,  und  nie  hätte  die  Zulunation  auf  solche  Weise  eine 
grössere  Ausdehnung  erlangt;  desshalb  war  es  Staatsprincip,  die  kriegstüchtigste 
Mannschaft  der  besiegten  und  zersprengten  Stämme  unter  das  eigene  Volk  auf- 
zunehmen, wie  der  Gründer  der  Herrschaft  selbst,  Chaka,  alsbald  einen  Theil  der 
an  Kriegstüchtigkeit  den  Ama-Zulu  überlegenen  Ü'nntetwa  veranlasste,  sich  ihm  an- 
zuschliessen. 

Als  Erfolg  dieser  eigenthümlichen  Organisation  ergab  sich  mit  Nothwendigkeit 
durch  die  beständige  Vermischung  mit  anderen,  freilich  vorwiegend  verwandten 
Stäi!)  .  en  ein  Verlust  an  typischem,  nationalem  Charakter;  dieser  brachtt;  sie  aber  unter 
den  günstigen  Einfluss  beständiger  Kreuzung  mit  frischem,  ausgewähltem  Blut,  wie 
sich  solche  Kreuzung  auch  anderwärts,  z.  B.  in  den  Kaukasusländern  bei  den  ge- 
mischten Bevölkerungen  von  Mingrelien  und  Georgien  im  Vergleich  mit  den  reineren 
Bergbewohnern,  zeigt.  Uer  Habitus  der  Ama-Zulu  übertrifft  den  der  übrigen  süd- 
afrikanischen IJantu- Völker  durch  die  Höhe  der  schlanken,  ebenmässigen  Figur, 
die  Schultern  sind  kräftig,  von  mittlerer  Breite,  gegen  die  gerade  absteigenden 
Seiten  des  Brustkorbes  etwas  eckig  vorspringend.  Die  Lendenwirbelgegend  sinkt 
gewöhnlich  etwas  ein  (Neigung  zur  Lordosis)  und  lässt  die  Nates  stärker  hervor- 
treten bei  zurücktretenden  Oberschenkeln.  Unterarme  und  Unterschenkel  sind,  wie 
bei  den  meisten  wilden  Völkern,  nicht  stark  entwickelt,  Hände  und  Füsse  sind 
lang  und  schmal.  Das  finstere,  trotzige  Gesicht  ist  von  länglichem  Umriss,  die 
Nase  verhältnissinässig  gut  entwickelt  und  durch  ihre  Zuspitzung  edler  als  bei 
anderen  verwandten  Stämmen.  Der  schwache  Bartwuchs  zeigt  keinen  besonderen 
Charakter,  die  Trachten  des  Haupthaares,  welches  in  besonderer  üeppigkeit  wächst, 
sind  dagegen  höchst  sonderbar:  bei  jüngeren  Männern  in  Kappen,  Kämme  oder 
abstehende  Spitzen  geordnet,  legt  der  erprobte  Krieger  (Qesha)  mit  Erlaubniss 
des  Häuptlings  den  ehrenden  Haarring  an.  Das  Haar  an  den  Seiten  und 
auf  dem  Scheitel  wird  ganz  kahl  abgeschoren  und  nur  ein  über  den  Schläfen  den 
Kopf  umkreisender  King  stehen  gelassen,  welcher  mit  Hülfe  von  Gummi,  Russ  und 
eingeflochtenen  Sehneu  eine  feste  Oberfläche  erhält,  sich  beim  Wachsthum  des 
Haares  allmälig  höher  vom  Schädel  erhebend.  (Keiner  der  vor  einer  Zeit  hier  als 
Zulukrieger  (??)  vorgestellten  Afrikaner  hatte  diesen  Ring.)  Bei  den  verheiratheten 
Frauen  befindet  sich  statt  dessen  auf  dem  Scheitel  ein  knopfförmiges  Haarbüschel. 
Die  dunkle,  chocoladen braune  Haut  ist  kaum  verhüllt,  es  sei  denn,  dass  die  Kälte 
zum  Anlegen  eines  Fellmantels  oder  einer  Wolldecke  veranlasst;  gewöhnlich  dient 
dem  Manne  eine  Art  Schurz  zur  Bekleidung,  bestehend  aus  einem  Gürtel,  an  dem 
vorn  und  hinten  bunte  Felle  kleiner  Säugethiere,  geringelte  Schwänze  wilder 
Katzen  und  Aehnliches  befestigt  sind.  Eine  kleine  Wurfkeule,  eine  umgehängte  oder 
im  durchbohrten  Ohr  getragene  Schnupftabacksdose  aus  kleinen  Kürbisfrüchten  oder 
Rohr  bilden  die  weitere  Ausstattung  im  Frieden.  Im  Kriege  kommen  die  Wurf- 
spiesse, der  starke,  zum  Stoss  bestimmte  Speer  und  der  fast  mannshohe  Schild 
hinzu.  Phantastisther  Aufputz  des  ganzen  Leibes  mit  langhaarigen  Fellen,  den 
weissen  Quasten  der  Ochsenschwänze  und  dem  Haarring  angefügte  Federn,  unter 
denen    die    lange    flatternde  Schulterfeder    des    blauen    Kranichs   (Grus   caffer)    die 


(288) 

specielle  Kriegsfeder  der  Kafferstänmie  ist.  Dem  ausserordentlich  wilden,  ver- 
wirrenden Eindruck  dieser  Vennummung  ist  gewiss  ein  grosser  Antheil  an  den 
namhaften  Kriegserfolgen  der  Ama-Zulu  zuzusprechen. 

Aus  dem  Obigen  geht  schon  hervor,  dass  diese  Eingeborenen  den  Krieg  als 
ihre  eigentlichste  Lebensaufgabe  betrachten;  dem  gemäss  gestalten  sich  auch  ihre 
täglichen  Beschäftigungen.  Im  Frieden  selbst  sind  es  die  Kriegstänze,  welche  mit 
besonderem  Enthusiasmus  getrieben  werden,  aber  keine  vergniigliche  Unterhaltung 
darstellen,  sondern  eine  wirkliche  Vorübung  für  den  Krieg,  äusserst  anstrengende 
Kxercitien,  die  besonders  zu  gewissen  Zeiten  des  Jahres  unter  Betheiliguug  einer 
grösseren  Zahl  der  Regimenter,  wie  unsere  Corpsmanoeuvres  beim  „grossen  Ort" 
ausgeführt.  Dieselben  bestehen  in  der  Ausführu.-ig  mannichfacher  Evolutionen  in 
geordneten  Aufstellungen,  welche  sich  bald  als  lange  Linien,  bald  als  concentrische 
Ringe  u.  s.  w.  gestalten.  Hierbei  pflegt  der  Häuptling  eine  hervorragende  Rolle 
zu  übernehmen  und  sich  persönlich  an  diesen  andauernden  Leibesübungen  zu  be 
theiligen ;  die  in  den  Kampf  Ziehenden  dagegen  begleitet  er  nicht,  sondern  entlässt 
sie  nur  zu  dem  Kriegszug,  von  dem  zurückgekehrt,  sie  sich  wieder  vorzustellen 
haben. 

Wirklich  friedlichen  Zwecken  gewidmete  Beschäftigungen  der  Ama-Zulu  er- 
scheinen neben  den  kriegerischen  gleichsam  nur  als  Zeitvertreib,  als  da  ist:  An- 
fertigung der  wenigen  Geräthschaften  für  den  häuslichen  Bedarf,  das  Schnitzen  von 
Pfeifen,  Flechten  zierlicher  Körbe  und  Aehnliches.  Das  Schmieden  der  wenigen 
Waffen  als  Vorbereitung  für  den  Krieg  hat  natürlich  eine  besondere  Wichtigkeit 
und  wird  von  bestin)mten  Kundigen  mit  ausserordentlich  einfachen  Mitteln  besorgt. 
Eine  friedliche  Beschäftigung  aber  vollzieht  auch  der  Zulu  mit  einer  gewissen  In- 
brunst und  Feierlichkeit,  das  ist  die  Sorgfalt  für  das  liebe  Vieh. 

Das  Vieh  ist  der  Schatz  und  man  möchte  sagen,  die  schwärmerische  Verehrung 
des  südafrikanischen  Eingeborenen,  das  Bewusstsein,  daran  so  reich  zu  sein,  um 
im  üppigen  Fleischgenuss  schwelgen  zu  können,  der  Inbegriff  von  Macht  und  An- 
sehen, wie  es  in  der  Regel  nur  Häuptlinge  sich  vindiciren  können.  Um  sich  in 
den  Besitz  von  Vieh  zu  setzen,  werden  in  Süd -Afrika  die  meisten  Verbrechen 
ausgeführt,  Vieh  zn  rauben,  ist  die  vornehmlichste  Aufgabe  der  Kriegführenden, 
Vieh  bildet  das  Lösegeld  der  Gefangenen,  in  Vieh  w^erden  die  Kriegskosten  er- 
.stattet.  Die  Möglichkeit  durch  erfolgreiche  Raubzüge  seinen  Kriegern  Fleischkost 
zu  gewähren,  führte  den  Zuluhänptlingen  Anhänger  zu,  die  Gewöhnung  daran 
wurde  die  zwingende  Noth w  endigkeit  zur  Erregung  neuer  Unruhen. 

Diese  an  sich  trivial  erscheinende  Ursache  ist  das  leitende  Priucip  bei  der 
Entstehung,  wie  in  Verlauf  und  Beendigung  südafrikanischer  Eingeborenenkriege, 
sie  erklärt  manche  Eigenthümlichkeit  derselben.  Die  nach  der  gewohnten  Kost 
sich  sehnenden,  oft  vielleicht  wirklich  hungernden  Krieger  gehen  mit  Lust  und 
Energie  in  den  Kampf.  Noch  ist  der  Feind  vermuthlich  nicht  genügend  vorsichtig 
gewesen  und  reiche  Heerden  fallen  den  [)lötzlich  Anstürmenden  als  Beute  zu.  Das 
Ziel,  wofür  die  Mehrzahl  der  Krieger  in  den  Kampf  ging,  ist  damit  erreicht,  sie 
schwelgen  im  Fleische  der  geraubten  Heerden,  was  weiter  kann  bei  dem  Krieg  für 
sie  noch  herauskommen  ?  Eine  principiell  friedliche  Regierung  kann  demnach 
unter  den  Ama-Zulu,  wie  sie  Chaka  organisirte,  auf  die  Dauer  nie  populär  sein, 
und  ist  es  nie  gewesen. 

ü'mpande  wurde  Häuptling,  nachdem  Chaka's  Nachfolger,  Dingaan  schwere 
Schläge  durch  die  Boers  unter  Praetor! us  dem  Aelteren  erlitten  und  seinen  Thron 
mit  dem  Leben  eingebüsst  hatte,  mit  Zustimmung  und  Unterstützung  der  Weissen. 
Die    Ama-Zulu,    durch   das   Schicksal   gebeugt,    verhielten    sich   still,    während   die 


(289) 

verkehrte  Politik  der  englischen  Regierung,  welche,  wie  meist,  aus  der  Geschichte 
Nichts  lernen  wollte,  das  unter  der  Asche  glimmende  Feuer  allmälig  anwachsen 
liess.  Ks  veranlasste  mich  dies  bereits  im  Jahre  1865  auf  die  Wahrscheinlichkeit 
eines  solchen  Krieges  hinzuweisen,  wenn  sich  ein  geeigneter  Häuptling  für  die 
immer  schwieriger  werdenden  Ama-Zulu  fände  (Vergl.  Drei  Jahre  in  SiJd -Afrika 
S.  211).  Die  Rolle  eines  solchen  übernahm  ein  Sohn  ü'mpande's,  Ketchwayo, 
der  schon  bei  Lebzeiten  des  Vaters  gegen  ihn  revoltirte,  unterstützt  durch  die 
dem  friedlichen  Leben  abholden  Elemente  des  Stammes,  und  1857  in  der  Schlacht 
am  Tugela  seinen  Bruder  ü'mbulas,  den  Vorkämpfer  für  den  Vater,  trotz  der 
Unterstützung  von  Seiten  der  Colonisten  schlug  und  tödtete. 

Die  auf  solche  Weise  eröffnete  Bahn  konnte  unmöglich  zu  einem  friedlichen 
Ende  führen,  zumal  im  Lauf  der  Jahre  die  Ama-Zulu  sich  unter  den  Augen  der 
englischen  Regierung,  welche  die  kleinen  Diebe  hängte  und  die  grossen  laufen 
liess,  grossentheils  mit  Feuerwaffen  versehen  hatten.  Durch  diese  neue  Bewaffnung, 
welche  den  nationalen  Speer  aber  nicht  vollständig  verdrängte,  hielten  sie  sich  für 
stärker,  obwohl  sie  in  der  That  die  Gewalt  ihres  Angriffs  dadurch  geschwächt 
hatten,  weil  sie  durchschnittlich  ausserordentlich  schlechte  Schützen  sind. 

Immerhin  war  die  Tradition  unter  ihnen  noch  lebhaft  genug,  um  bei  Beginn 
des  Krieges,  als  das  Kriegsfeuer  wie  gewöhnlich  mächtig  empor  loderte,  in  alt- 
gewohnter W^eise  den  Ansturm  auf  das  feindliche  Lager  bei  Isandula  zu  unter- 
nehmen, wie  sie  unter  Dingaan's  Herrschaft  1838  das  Lager  der  Boeren  unter 
Praetorius  am  ü'mhiatosi  überfielen.  Aber  während  der  Boer,  durch  frühere  Er- 
fahrungen gewitzigt,  mit  allen  Vorsichtsmassregeln  marschiert  war  und  das  Lager 
sorgfältig  bewachte,  so  dass  der  üeberfall  mit  einer  blutigen  Niederlage  der  Zulu 
endigte,  hatte  der  Engländer  Nichts  aus  der  Geschichte  gelernt  und  liess  sich  durch 
die  in  hellen  Haufen  anstürmenden  Feinde  in  nicht  vertheidigungsfähiger  Stellung 
überraschen.  Auch  der  spätere  üeberfall  der  englichen  Colonne  am  Drakensberge, 
welcher  mit  Vernichtung  derselben  endigte,  und  der  Untergang  des  unglücklichen 
Prinzen  Napoleon  war  mehr  oder  weniger  durch  Unvorsichtigkeit  gegenüber  der 
eigenthümlichen  Angriffsweise  der  Ama-Zulu  verschuldet  und  hat  in  den  früheren 
Kriegen  analoge  Fälle,  deren  Vergleichung  mehrfach  zu  Ungunsten  der  englischen 
Kriegführung  ausschlägt. 

Versuchen  wir  nun  schliesslich  einen  Blick  auf  die  Zukunft  zn  richten,  um  die 
wahrscheinlichen  Ergebnisse  des  noch  fortdauernden  Krieges  zu  erkennen,  so  darf 
man  die  Vermuthung  aussprechen,  dass  der  ganz  nach  altem  Muster  begonnene 
Krieg  auch  ähnlichen  Verlauf  haben  wird.  Das  Kriegsfeuer  der  Zulu,  hell  empor- 
gelodert in  der  Hoffnung  auf  die  durch  schnelles  Zugreifen  zu  erhaschende  Beute, 
hielt  trotz  der  ersten  glänzenden  Erfolge  nicht  vor;  der  Krieg  befindet  sich  augen- 
blicklich in  dem  zweiten,  schleppend  verlaufenden  Stadium,  wo  zwar  hier  und  da 
noch  ein  kühner  Handstreich  versucht  wird,  aber  mit  der  Hoffnung  auf  einen  leich- 
teren Erfolg  über  den  vorsichtiger  gewordenen  Feind  auch  die  Energie  des  An- 
gritTs  erheblich  geschwunden  ist. 

In  diesem  Stadium  des  Kampfes  sind  die  Kaffern  nie  glücklich  gewesen  und 
dürften  es  auch  diesmal  nicht  sein,  so  dass  sich  der  jetzige  Krieg,  wie  die  früheren, 
vermuthlich  mehr  oder  weniger  im  Sande  verlaufen  wird.  Gewiss  werden  wir  noch 
von  brillanten  Siegen  zu  hören  bekommen,  welche  von  den  brittischen  Truppen 
erfochten  wurden;  wenn  man  sich  aber  in  Krinnerung  bringt,  wie  ungern  die  Ama- 
Zulu,  wie  die  anderen  Kafferu,  im  Vertheidigungskriege  fechten,  wie  sie  von  der 
Organisation  einer  Landesvertheidigung  keine  Vorstellung  haben,  so  wird  man 
diesen    Siegesuachrichten    keine    besondere    Bedeutung    beilegen.      Mit    fiemlicher 

Verbauül.  der  Berl.  Auibropol.  GcsoUscbal't  lä7ä.  Id 


(290) 

Sicherheit  ist  anzunehmen,  dass  Ketchwayo  hierbei  seine  Herrschaft,  vielleicht  sogar 
das  Leben  verliert,  da  mit  dem  hereinbrechenden  Unglück  auch  die  Autorität  des 
Häuptlings,  wie  Schnee  in  der  warmen  Frühlingssonne,  dahinschmilzt.  Von  seinen 
Unterthauen  verlassen,  wird  er  sich  auf  die  Flucht  begeben,  wie  Dingaan  nach 
Niederbrennung  seines  Hauptortes,  D'nkunginglove,  und  vielleicht  wie  dieser  von 
benachbarten  Stämmen  erschlagen  werden  '). 

Ohne  einen  Despoten,  der  die  verschiedenen  Clanschaften  als  eine  geschlossene 
Macht  in  den  Kampf  und  Sieg  schickt,  giebt  es  keine  Zuluherrschaft  und  so  wird 
auch  diese  mit  Ketchwayo's  Untergang  zerfallen.  Ob  sich  in  späterer  Zeit  ein 
neues  Haupt  finden  und  den  Militairstaat  neu  wird  organisiren  können,  dürfte  in 
erster  Stelle  von  dem  Verhalten  der  englischen  Regierung  abhängen. 

(ö)  Hr.   ür.  W.  Reiss  hält  einen  Vortrag  über 

Todtenbestattung  zu  Ancon  (Perü)^). 

Die  Völker  des  alten,  au  der  Westküste  von  Süd -Amerika  gelegenen  Inca- 
Reiches  erfreuten  sich  zur  Zeit  der  spanischen  Eroberung  einer  hohen  Cultur. 
Dies  bezeugen  nicht  allein  die  Berichte  der  alten  Chronisten,  sondern  mehr  noch 
die  Ueberreste  der  Bauwerke  und  die  mannichfachen  Gräberfunde.  Vereinzelte 
Schilderungen  peruanischer  Alterthümer  sind  von  vielen  Reisenden  gegeben  worden, 
eingehendere  Arbeiten  jedoch  haben  zuerst  Rivero  und  Tschudi,  Castelnau 
und  neuerdings  Squier  in  seinem  ausgezeichneten  Werke  über  die  Bauten  der 
Peruaner  geliefert.  Aber  auch  in  Europa  selbst  können  wir  uns  durch  eigene 
Anschauung  einen  Begriff  von  jener  Cultur  bilden,  da  alle  unsere  Sammlungen 
ausgestattet  sind  mit  den,  von  spanischen  Schatzgräbern  zu  Tage  geförderten  Gräber- 
funden, und  vor  allen  zeichnet  sich  das  Berliner  Museum  durch  einen  grossen  Reich- 
thum  aus,  den  es  theils  Geschenken,  theils  Ankäufen,  im  Wesentlichen  aber  dem- 
unermüdlichen  Sammeleifer  des  Professor  Hrn.   Bastian  verdankt. 

Wenn  ich  nun  nochmals  einen  schon  öfter  hier  besprochenen  Gegenstand  er- 
wähne, so  geschieht  es  in  der  Hoffnung,  dass  die  Resultate  einer  systematischen 
Ausbeutung  eines  grossen  Todtenfeldes  besondere  Beachtung  verdienen  dürften. 

Zwar  lebte  die  herrschende  Rasse  der  luca's  auf  dem  Hochlande  der  Cordillere, 
doch    fand    sich    eine    reiche  Bevölkerung    in    den    Städten    der   Küste    zusammen- 


1)  Zur  Zeit,  wo  diese  Zeilen  in  den  Druck  gehen,  ist  der  Krieg  bereits  entschie- 
den und  die  Voraussage  hat  sich  im  Wesentlichen  erfüllt.  Ks  wurde  die  grosse  Völker- 
schlacht von  ü'lundi  geschlagen,  bei  welcher,  wenn  ich  nicht  irre,  nach  den  Berichten 
ganze  10  Engländer  um's  Leben  kamen,  die  Residenz  ging  in  Flammen  auf,  die  Unterthanen 
verliessen  schaarenweise  den  unglücklichen  Häuptling,  und  Wolseley's  schlaue  Politik  trug 
das  ihrige  dazu  bei,  diese  Zersetzung  zu  beschleunigen.  Der  fliehende  Ketchwayo  vermochte 
aber  nicht  einmal  die  Grenzen  seines  Landes  zu  überschreiten  und  fiel,  glücklicher  oder 
klüger  (?)  als  Dingaan,  in  die  Hände  seiner  englischen  Verfolger.  Auch  diese  Gefangennahme 
wurde  der  Gegenstand  eines  Sensationsbildes  in  den  illustrirten  Zeitungen  und  erregte  die 
stolze  Siegerfreude  der  Landsleute,  während  jeder,  welcher  den  südafrikanischen  Wald  oder 
, Busch"  kennt,  lachen  muss  bei  dem  Gedanken,  ihn  mit  Cavalleriepatrouillen  im  Suchen 
mich  einem  Flüchtling  durchreiten  zu   wollen. 

In  der  That  ist  durch  die  neuesten  Nachrichten  festgestellt,  dass  der  Häuptling  für 
Wochen  mit  den  Reitern  höchst  glücklich  Versteckens  gespielt  hat,  bis  er  endlich  des  Wald- 
lebens müde  in  einem  bewohnten  Kraal  nächtlieher  Weile  (durch  Verrath)  überrascht 
wurde. 

2)  Der  Vortrag  hatte  wesentlich  den  Zweck,  die  im  Sitzungssaale  ausgestellten  Abbil- 
dungen des  Todtenfeldes  TOn  Anion  und  der  dort  gefundenen  Mumien  zu  erläutern. 


(291) 

gedrängt,  woselbst  durch  das  eigenthümliche  Klima  Verhältnisse  geschaffen  waren, 
unter  welchen  selbst  leicht  zerstörbare  Gegenstände  Jahrhunderte  lang  erhalten 
werden  konnten.  Ein  solches  Todtenfeld  unter  besonders  günstigen  Umständen 
auszubeuten  war  Hrn.  Dr.  St  übel  und  mir  vor  einer  Reihe  von  Jahren  vergönnt, 
und  ist  es  der  Zweck  des  gegenwärtigen  Vortrags,  die  Art  und  Weise  der  Be- 
stattung, wie  wir  sie  in   Ancon  gefunden,  näher  darzulegen. 

Ancon,  eine  kleine  Bucht  an  der  Meeresküste,  etwa  10  Stunden  im  Norden 
von  Lima,  war  längst  bekannt  als  ein  unbedeutendes  Fischerdorf,  in  dessen  Nähe 
durch  Schatzgräber  alte  Indianergräber  aufgedeckt  waren;  aber  erst  durch  die  An- 
lage einer  Eisenbahn  von  Lima  nach  Chancay  wurde  das  Todtenfeld  eigentlich 
erschlossen. 

Zwischen  kahlen,  nackten  Felsen  dehnt  sich  eine  weite  Sandebene  aus,  ohne 
jegliche  Vegetation,  welche  heut  zu  Tage  eine  völlige  Wüste,  in  früheren  Zeiten 
besiedelt  war.  In  dieser  Sandwüste  finden  sich  tausende  von  Gräbern,  das  Todten- 
feld von  Ancon,  die  Begräbnissstätte  vieler  Generationen. 

Eine  Mauer,  von  der  Küste  nach  dem  Innern  des  Landes  verlaufend,  umschliesst 
das  eigentliche  Todtenfeld.  Der  centrale  Raum  wird  gebildet  durch  etwa  20  ?» 
hohe  Hügel,  theilweise  zu  kleineu  Plateaus  vereinigt,  oder  durch  niedere  Mulden 
in  einzelne  Kuppen  getrennt,  auf  welchen  sich  maunichfache  Anzeichen  der  frühern 
Bewohnung  finden.  Deberreste  von  Trockenraauern,  Mahlsteine,  in  der  Erde  ver- 
grabene grosse  Thongefässe.  welche  allem  Anschein  nach  zur  Aufbewahrung  der 
Chicha,  dem  Lieblingsgetränk  der  Indianer  dienten,  sprechen  ebensowohl  für  einen 
langen  Aufenthalt  der  Bewohner  hier,  wie  auch  eine  mächtige  aus  Küchenabfällen, 
Stoffiiberresten,  zerbrochenen  Werkzeugen  u.  s.  w.  gebildete  Kulturschicht,  welche 
als  sogenannte  schwarze  Erde  unter  dem  Flugsaud  sich  findet.  Zwischen  diesem 
steil  abfallenden  centralen  Theile  und  der  Cmwallungsmauer  zieht  sich  eine  Fläche 
Sandlandes  hin,  in  welcher  die  Gräber  zu  tausenden  zusammengedrängt  vorkommen. 
Keinerlei  äusseres  Zeichen  verräth  die  Gegenwart  der  Gräber.  Mit  der  Sonde, 
welche  in  den  Boden  gestossen  wird  und  nur  da  eindringt,  wo  die  festen  Kies- 
schichten bei  Herstellung  der  Gräber  durchbrochen  wurden,  müssen  dieselben  auf- 
gesucht werden. 

Oeffnet  man  die  so  gefundenen  Gräber,  indem  man  die  lockeren  Sandmassen 
entfernt,  so  beobachtet  man  Schächte  von  rundlicher  oder  quadratischer  Form, 
welche  bei  3—6  m  Durchmesser  eine  ebenso  wechselnde  Tiefe  besitzen.  Die  meisten 
Beisetzungen  haben  in  2—4?«  Tiefe  Statt  gefunden;  einige  dicht  unter  der  Ober- 
fläche; andere,  wenn  auch  seltener,  in  einer  Tiefe  bis  zu  6  m.  Im  Grunde  der 
Gräber  finden  sich  bald  vereinzelte  Todte,  bald  ganze  Gruppen  familienartig  zu- 
sammen begraben.  Häufig  sitzt  ein  Todter  in  einer  Art  Nische,  so  dass  beim 
Verschütten  des  Grabes  der  herabfallende  Sand  die  Leiche  nicht  berühren  konnte, 
zuweilen  umgeben  von  einer  Anzahl  weniger  reich  ausgestatteter  Mumien,  während 
Kinder  den  Erwachsenen  beigepackt,  auch  äusserlich  den  Mumien  aufgelegt  sich 
finden  oder  ein  höheres  Niveau  im  Grabe  selbst  einnehmen.  Neben  Gräbern,  in 
welchen  eine  einzelne  Leiche  begraben  ist,  finden  sich  also  andere,  in  welchen 
mehrere,  sogar  12  und  16  Todte  gemeinschaftlich  vorkommen.  Hie  und  da  wurde 
aus  Rohr  und  Matten  ein  Schutzdach  über  den  Todten  errichtet,  um  die  Ver- 
schüttung durch  den  Sand  beim  Ausfüllen  des  Grabes  zu  vermeiden. 

Es  scheint,  als  seien  ältere  Gräber  in  verschiedenen  Zeiträumen  wieder  geöffnet 
worden,  um  neue  Bestattungen  vorzunehmen,  so  dass  Leichen  nicht  nur  neben  ein- 
ander, sondern  auch  in  verschiedenen  Niveaus  übereinander  gefunden  werden.  Die 
genauere  Untersuchung    der  Mumien    lässt    auch    vermuthen,    dass    zum   wenigsten 

19* 


(292) 

einige  der  Todten  erst  später  in  das  Grab  beigesetzt  wurden,  indem  die  eng  zu- 
sammengepackten Knochen  den  Beweis  liefern  ,  dass  der  bereits  vermodernde 
Leichnam  eine  neue  Bestattung  erfahren  hat. 

Die  Gräber  scheinen  willkürlich  angeordnet,  es  lässt  sich  keine  bestimmte 
Reihenfolge  nachweisen;  wohl  aber  sind  Gruppen  gleichartig  ausgestatteter  Mumien 
erkennbar. 

Neben  diesen  in  grosser  Zahl  angehäuften  Gräbern  im  flachen  Sande  finden 
sich  im  centralen  Theil  Gräber  in  geringer  Zahl.  Die  Art  und  Weise  der  Be- 
stattung ist  hier  insofern  ein  wenig  verschieden,  als  eine  Anzahl  dieser  Gräber  mit 
Luftziegel  ausgemauert  waren.  Auch  ausserhalb  des  eigentlichen  Todtenfeldes 
dehnen  sich  die  Gräberreihen  aus,  und  scheinen  viele  tausende  von  Leichen  hier 
bestattet  zu  sein. 

Im  Allgemeinen  war  die  Bestattuugsart  dieselbe,  welche  schon  aus  vielen 
Theilen  Amerikas  bekannt  ist,  indem  der  Todte  in  hockender  Stellung,  zusammen- 
gekauert, begrabeu  wurde.  Nur  hier  und  da  finden  sich  Abweichungen  von  dieser 
Regel,  indem  einzelne  Leichen  ausgestreckt  sich  finden,  andere  mit  gekreuzten 
Beinen  begraben  wurden  und  wieder  andere  unter  Thongefässeu  ihre  Bestattung 
fanden. 

Das  Eigenthümliche  des  Todtenfeldes    von  Ancon  besteht  nun  in  der  Art  und 
Weise,    wie    die  Leiche  selbst  umhüllt    und  für  die  Bestattung  vorgerichtet  wurde. 
Beim   Oeffnen    des    Grabes    stösst    man    auf    einen    grossen    Ballen,    der    gewisser- 
massen    den  Oberkörper    eines  Menschen  darstellen  soll,    umhüllt  mit  Tüchern  und 
verziert    mit    einem    grossen    mächtigen    Kopf.     Man   glaubt    den  Kopf  des  Todten 
selbst    zu    sehen,    zumal    durch    die    umhüllenden  Tücher   die  Form  der  Nase  und 
Augen    kenntlich    ist.     Der    ganze  Ballen    sitzt    gewöhnlich   in  einem  grossen  Netz 
oder    in    einer  Verschnürung    von  Stricken,    deren  vier  Enden  zum  Herablassen  in 
das  Grab    dienten.     Die    oberen  Theile    der  Mumie  sind  mit  schönen  Tüchern  um- 
hüllt   oder    mit    zum  Theil    farbenprächtigen  Gewändern  bekleidet.     Löst  man  von 
einem    solchen  Mumienballen    die    äussere  Umhüllung  der  Tücher  ab,  so  überzeugt 
man  sich  schnell,    dass  der  scheinbare  Kopf  nur  eine  Verzierung  ist,    gebildet  aus 
einem  Kissen,    welches,    zur  täuschenden  Nachahmung  eines  Gesichts,    roth  bemalt 
ist;  eine  aufgenähte,    aus  Holz    geschnitzte  Nase,    Augen    aus    Muschelschalen  oder 
Baumrinde    mit    einer  aus  einem  Wachstropfen  gebildeten  Pupille,    ein  Mund,  dar- 
gestellt   durch  Baumwollenfäden,  Haare   nachgeahmt   durch   schwarz  gefärbte  Aloe- 
fäden oder  —   wie    dies   nur  bei  reich  ausgestatteten  Mumien  vorkommt  —  ersetzt 
durch    wirkliche  Perrücken,    sollen   die  Täuschung  vervollständigen.     Welch  grosse 
Sorgfalt    der  Ausstattung    dieser  Köpfe  gewidmet  wurde,   beweist  wesentlich  dieser 
letztere  Kopfschmuck.    Einzelne  Perrücken  sind  angefertigt  genau,  wie  heut  zu  Tage 
das    ähnliche  Kleidungsstück    bei    uns    noch    gefertigt    wird,    indem  ein  dem  Kopf 
angepasstes  Stück  Zeug  durchwebt  wird  mit  Menschenhaaren,    welche  in  der  Mitte 
einen  Scheitel    bilden    und    auf   dem  Rücken    zu  Zöpfen    zusammengeflochten  sind. 
So  besitzt  eine  der  Mumien  eine  Perrücke  mit  204  Zöpfen  von  55  cm  Länge.    Nur 
selten    sind  diese  falschen,    den  Mumien  aufgesetzten  Köpfe    mit  grossen  Ohrringen 
geschmückt,  welche,  wie  wir  aus  den   alten  Chronisten  wissen,    als  besondere  Aus- 
zeichnung im  alten  Peru  galten'). 

Die  äusseren,  zuerst  sichtbaren  Mumienballen  sind  von  verschiedener  Grösse. 
Die  grössten  von  uns  aufgefundenen  hatten  eine  Höhe  von  1,40  m  bei  1  m  Breite 
und  0,G0  m  Dicke,  während  andere  nur  0,60  m  Höhe  besassen. 

1)  Die  falschen  Mumieiiköi^fo  (Cabezas  postizas)  finden  sich  neuerdings  in  europäischen 
Museen  hie  und  da  als  Götzenbilder  ausgestellt. 


(293) 

Neben  diesen  mit  einem  falschen  Kopf  ausgerüsteten  Mumien,  welche  stets  am 
reichsten  an  wollenen  Gewändern  und  Zugaben  ausgerüstet  sind,  finden  sich  andere 
Mumienballen  von  einfacherer  Ausstattung.  Die  reichsten  derselben  zeigen  eine 
ähnliche  Ausstattung,  wie  die  eben  beschriebenen,  sind  ebenfalls  in  Netze  zum  Her- 
ablassen in's  Grab  eingesetzt  und  zur  äusseren  Ausschmückung  mit  reichen  Zeugen 
umwunden,  doch  fehlt  ihnen  der  falsche  Kojjf.  Andere  bilden  annähernd  viereckige 
Ballen  in  gestreiftes  Baumwollenzeug  eingenäht  und  mehrfach  mit  Stricken  ver- 
schnürt. Einige  derselben  sind  ausgestattet  mit  den  Werkzeugen,  welcher  sie  sich 
während  ihres  Lebens  bedienten;  namentlich  ist  die  Mumie  eines  Webers  hervor- 
zuheben, welcher  alle  zu  seinem  Berufe  uöthigen  Werkzeuge  in  der  Strickverschnü- 
rung  mitgegeben  sind.  Noch  einfachere  Mumien  sind  wesentlich  in  braune  Baum- 
wolleuötoffe  eingehüllt,  und  oft  finden  sich  dann  zwei  Todte  und  selbst  einige 
Kinder  mit  in  denselben  Ballen  verpackt.  Die  Mumien  des  centralen  Theils  des 
Todtenfeldes  sind  alle  einfach  ausgestattet,  aber  namentlich  ausgezeichnet  durch  das 
grosse  Netzwerk  von  Stricken,  in  welches  der  ganze  Ballen  eingesetzt  ist. 

Oeffnet  man  eine  Mumie,  d.  h.  nimmt  man  die  äussere  Umhüllung  der  Stoffe 
oder  Gewänder  hinweg,  so  kommt  darunter  ein  derber,  fester  Baumwollenstoff  zum 
Vorschein,  in  welchem  der  ganze  Ballen  eingenäht  ist.  Unter  diesem  Baumwollen- 
stoff findet  man  eine  dicke  Lage  von  ßaumblättern  oder  getrocknetem  Gras;  ent- 
fernt man  diese,  so  gelangt  man  auf  einen  kleinern  Mumienballen,  umhüllt  von 
Thierfellen  und  fest  geschnürt  durch  viele  Lagen  von  Stricken.  Dieser  innere 
Ballen  lässt  die  Form  des  Todten  bereits  erkennen.  Oelfnet  man  die  Stricke, 
nimmt  man  die  Felle  hinweg,  so  findet  sich  der  Todte  in  zusammengekauerter 
Stellung  mit  Baumwolle  bedeckt  und  mit  Tüchern  fest  umwickelt,  oft  auf  einer 
grossen,  mit  Asche  erfüllten  Kürbisschale  sitzend.  Diese  Bestattungsart  ist  mit 
wenig  Abänderungen  bei  fast  allen  Mumien  angewendet,  einerlei  ob  die  äussere 
Ausstattung  einfach  oder  reich  gewesen.  Aehnlich  wie  die  Erwachsenen  wurden 
auch  die  Kinder  bestattet,  nur  dass  bei  diesen  selten  werthvoUer  Stoff  zur  äussern 
Umhüllung  benutzt  wurde. 

Die  Leichen  scheinen  keine  besondere  Zubereitung  erfahren  zu  haben,  sondern 
einfach  durch  die  Trockenheit  des  Klimas  erhalten  zu  sein.  Mumienartig  sieht  der 
Todte  aus:  Die  eingeschrumpfte  Haut  und  das  verdörrte  Fleisch  sind  dunkelbraun 
geworden,  die  Kcrperformen  aber  gut  erhalten.  Dichtes  Haar  bedeckt  meist  den 
Kopf,  durch  ein  Netz  oder  durch  farbige  Bänder  zusammengehalten.  Das  Gesicht 
ist  oft  roth  bemalt,  manchmal  auch  mit  dünnen  Silberplatten  belegt;  die  Mundhöhle 
mit  Baumwolle  ausgefüllt  und  nicht  allzuselten  findet  sieh  eine  dünne  Silberplatte 
zwischen  die  Zahnreiheu  eingeschoben.  —  Auffallend  ist  die  grosse  Häufigkeit 
kranker  Zähne,  bei  Kindern,  wie  bei  Erwachsenen. 

Wiederholen  wir  nun  die  Art  und  Weise,  wie  eine  solche  Mumie  hergestellt 
worden  ist,  so  zeigt  sich  uns,  dass  der  nackte  Todte  zunächst  in  sitzende  Stellung 
gebracht  werden  musste;  durch  Bänder  wurden  alsdann  die  Kniee  fest  an  den 
Körper  angezogen,  die  Finger,  die  Zehen  der  Füsse  untereinander  verbunden  und 
die  Arme  dicht  an  den  Körper  augelegt.  Als  Kopfschmuck  wurde  dem  Todten  die 
Schleuder  oder  eine  farbige  Binde  beigegeben.  Dann  wurde  der  Leichnam  mit 
Baumwolle  bedeckt  und  in  Tücher  gehüllt;  eine  weitere  Lage  von  Baumwolle  füllte 
die  Lücken  aus,  so  dass  die  Umhüllung  von  Thierfellen  und  die  Schnürung  mit 
Stricken  stattfinden  konnte.    Damit  war  der  innere  Mumienballen  vollendet '),    Eine 


1)  Diesem  Stadium  entsprechen  meist  die    von  Rivero  und  Tsi  luuli,    Ilutehiusou, 
Squier  ii.  A.  aligebildeteii  Mumien. 


(294) 

grosse  Menge  von  Baumblättern  oder  Gras  wurden  nun  als  Polster  um  diesen 
ionern  Ballen  gelegt,  und  zwar  so,  dass  die  gewünschte  Form  eines  menschlichen 
Oberkörpers  von  grossen  Dimensionen  erreicht  ward.  Das  Blätterpolster  wird  ein- 
genäht und  festgehalten  durch  das  grobe  Baumwolleozeug,  über  welchen  die  Ge- 
wänder zur  Bekleidung  der  Mumie  ausgebreitet  wurden.  Schliesslich  setzte  man 
den  reichsten  Mumien  den  falschen  Kopf  mit  seinen  geschilderten  Zierraten  auf. 

Ist  an  und  für  sich  die  Ausstattung  dieser  Mumien  eine  höchst  merkwürdige, 
eine  bisher  nicht  bekannte  ,  und  spricht  sie  allein  schon  dafür,  dass  eine  Bevölke- 
rung, welche  ihren  Todten  eine  solche  Sorgfalt  angedeihen  liess,  unmöglich  des 
Glaubens  sein  konnte,  dass  mit  dem  Tode  das  menschliche  Dasein  wirklich  ein 
Ende  nimmt,  so  wird  diese,  auch  durch  die  alten  Chronisten  bestättigte  Aulfassung 
noch  wesentlich  bekräftigt  durch  die  manuiohfacheu  Beigaben  und  Ausstattungen, 
welche  den  Todten  ins  Grab  gegeben  wurden.  Bei  jeder  einzelnen  Mumie  finden 
sich  vielerlei  Thongefässe,  zum  Theil  neue,  zum  Theil  gebrauchte  Kochtöpfe  und 
Trinkgeschirre,  welche  allerdings  hier  in  Ancon  meist  in  roher  Arbeit  ausgeführt 
sind.  Zwischen  den  Thongefässen  steht  bei  den  meisten  Mumien  eine  Anzahl 
eigenthümlicher  viereckiger  Fahnen,  entweder  mit  gewebten  Stoffen  überzogen,  oder 
in  rothen  und  schwarzen  Linien  mit  Figuren  bemalt,  welche  man  als  Götzenbilder 
ansehen  könnte.  Bei  reicherer  Ausstattung  finden  sich  zerbrochene  Waffen,  die  Geräth- 
schaften  des  täglichen  Lebens,  als  da  sind  Webergeräthe,  Fischernetze,  Angeln  und 
namentlich  kleine  Arbeitskörbchen  mit  schön  bemalten  Spindeln,  götzenartigen  Thon- 
figuren,  Nähnadeln  aus  Kupfer  und  sonstigen  zum  Spinnen  und  Nähen  nöthigen  Ge- 
räthen.  Bei  den  Kindern  finden  sich  allerlei  Spielsachen,  Puppen  etc.  Fast  allen  Tod- 
ten sind  Gefässe  mit  Lebensmitteln  beigegeben,  gewöhnlich  Maiskolben,  häufig  aber 
auch  vollständig  hergestellte  Gerichte  aus  Bohnen,  Mais,  kleinen  Krebsen  und  Fischen 
bestehend.  Auch  die  Hausthiere,  Hunde,  Papageien,  Meerschweinchen  u.  s.  w.  mussten 
ihre  Herren  in  das  Grab  begleiten.  Das  Wichtigste  aber  für  unsere  Kenntniss  des 
Kulturzustandes  der  ludianerbevölkerung  sind  unbedingt  die  gewebten  Stoffe,  welche 
einen  hohen  Grad  der  Entwickelung  dieser  Industrie  erkennen  lassen.  Es  finden 
sich  gobellinartige  Gewebe  reich  an  Figuren,  in  schönen  Farben  ausgeführt,  von 
einer  Feinheit  des  Fadens,  wie  sie  kaum  von  der  Industrie  eines  andern  alten 
Culturlandes  übertrolfen  werden  dürfte.  Der  Reichthum  der  Ornamente,  die  Schön- 
heit der  Farbenzusammenstellung  sind  staunenswerth.  Besondere  Beachtung  dürfte 
es  jedoch  verdienen,  dass  in  der  ganzen  Ornamentik  keinerlei  dem  Pflanzenreiche 
entlehnte  Motive  sich  erkennen  lassen,  dass  alle  Formen  aus  geometrischen  Figuren 
oder  aus  dem  Thierreich  sich  entwickeln.  Es  finden  sich  ganze  Reihen  von  Dar- 
stellungen, welche  uns  von  der  naturalistischen  Abbildung  des  Thieres  durch  styli- 
sirte  Formen  bis  zum  reinen  Ornament  überführen,  und  zwar  werden  auf  diese 
Weise  Ornamente  erzeugt,  welche  in  ihrem  Endresultat  eine  überraschende  Aehn- 
lichkeit  mit  Ornamenten  aus  den  früheren  CuJturperioden  der  Völker  des  alten 
Continentes  aufweisen.  Es  ist  nicht  meine  Absicht,  auf  diesen  Gegenstand  ein- 
zugehen, vielleicht  ist  es  mir  vergönnt,  bei  späterer  Gelegenheit  in  ausführlicherer 
Weise  diese  Thatsachc  besprechen  zu  dürfen. 

Ks  bleibt  nur  noch  die  Frage  zu  erörtern,  in  welcher  Weise  dieses  grosse 
Todteufeld  von  Ancdii  entstanden.  Ist  es  der  Begräbnissplatz  einer  grossen  Stadt, 
oder  ist  es  der  Simmelplatz  von  Leichen  aus  weiter  Umgebung?  Für  beide  An- 
nahmen scheinen  mancherlei  Umstände  zu  sprechen,  doch  dürfte  eine  endgiltige 
Entscheidung  erst  dann  getroffen  werden,  wenn  anderweitige  Begräbnissstätten 
PonV»  eine  eingehendere  Untersuchung  gefunden  haben  werden.  Eine  grössere 
Stadt  Bcheint  bei  Ancon  nicht  bestanden  zu  haben,    denn  es  finden  sich  hier  nicht 


(295) 

die  aus  Luftziegeln  gebildeten  Ruinen,  wie  sie  in  der  Nähe  von  Lima,  wie  sie  bei 
Chancay  u.  s.  w,  in  grosser  Ausdehnung  bekannt  sind;  aber  bewohnt  war  die  Bucht 
von  Ancon,  denn  die  kahlen  Berge  zeigen  heute  noch  Ceberreste  einer  Terrassi- 
rung,  ähnlich  wie  sie  an  den  Weinbergen  des  Rheingaues  angewendet  wird,  und 
dass  die  Todten  an  dieser  Stelle  gelebt,  dafür  scheint  auch  zu  sprechen,  dass  alle 
in  ihrer  Mitgabe  als  arme  Fischer,  oder  als  Weber  kenntlich  sind,  dass  keine 
reicheren  Silbergefässe,  keine  Goldfunde  hier  gemacht  werden  und  dass  die  in  allen 
Gräbern  gefundenen  Geräthschaften  einen  gemeinsamen  Charakter  tragen.  Hätte 
man  die  Todten  von  auswärts  gebracht,  so  müsste  unbedingt  eine  grössere  Ver- 
schiedenheit in  der  Mitgabe  sich  kenntlich  machen.  Für  das  Herbringon  aus  ent- 
fernteren Orten,  für  das  Herabbringen  aus  den  Bergen,  scheint  aber  zu  sprechen, 
dass  in  manchen  Gräbern  sich  die  Knochen  und  Felle  von  Llamas  finden,  eines 
Thieres,  welches  bekanntlich  nur  in  den  kalten  Regionen  des  Gebirges  lebt.  Aber 
auch  das  Vorkommen  der  Llamas  lässt  sich  wohl  mit  der  Annahme  einer  sesshaften 
Bevölkerung  vereinigen,  da  diese  Thiere  als  Todtenopfer  oder  als  Leichenschmauss 
gedient  haben  könnten. 

(6)  Hr.  Meitzen,  auf  einer  Reise  durch  Mitteldeutschland  begriffen.  Obersendet 
aus  F'riedberg  in  der  Wetterau,  27.  Mai,'  einen  Bericht  über 

alte  Wohnplätze  in  der  Wetterau. 

In  der  Anlage  beehre  ich  mich  Ihnen  die  Resultate  einer  Ausgrabung  zu  über- 
senden, welche  ich  hier  mit  Hrn.  Kaufmann  Gustav  Dieffeubach,  dem  studirten 
Sohne  des  bekannten  Hessischen  Geschichtsschreibers,  gemacht  habe. 

So  unbedeutend  die  wenigen  Scherben  und  Knochen  erscheinen,  so  können 
sie  doch  der  umstände  wegen  eine  gewisse  Bedeutung  beanspruchen. 

Sie  rühren  nicht  aus  einem  Grabe,  sondern  aus  unzweifelhaften  Wohustätten 
her.  Diese  Wohnstätten  sind  in  der  gesammten  Wetterau  sehr  verbreitet  gefunden. 
Hr.  Dieffenbach  selbst  hat  mit  geringer  Bemühung  in  der  Umgegend  von  Fried- 
berg schon  weit  über  hundert  ausgebeutet;  ebenso  sind  sie  einem  Oekonomen,  Hrn. 
Falk,  Gegenstand  öfterer  Ausgrabungen  gewesen,  den  ich  ausführlich  darüber  ge- 
sprochen habe. 

Ich  selbst  habe  auf  kleinem  Raum  deren   14  gesehen. 

Dieselben  bestehen  in  Aushöhlungen  des  hier  allgemein  verbreiteten,  sehr 
milden  und  gleichwohl  feststehenden  Lehmbodens,  in  der  Regel  von  runder  oder 
doch  rundlicher  Form.  Die  Tiefe  der  Aushöhlung  beträgt  1  bis  1\',  m,  der  Durch- 
messer 2  m,  iudess  scheinen  auch  längliche  und  dann  schmälere  vorzukommen, 
welche  die  gedachte  Breite  durch  eine  Art  Stufe  oder  in  der  gewachsenen  Erde 
stehen  gelassenen  Heerd  ergänzen.     Manche  haben  eine  kleine  Seitenausbucht. 

Die  Zahl  dieser  Aushöhlungen  ist  stellenweise  sehr  bedeutend.  Sie  werden  da- 
durch aufgefunden,  dass  bei  der  Bearbeitung  von  Lehmgruben,  Saudgruben  oder 
namentlich  der  hier  häufigen  Basaltbrüche  steile  Wände  entstehen,  die  bei  der 
gelben  Farbe  des  hier  überall  in  2  bis  3  m  Höhe  den  Oberboden  bildenden  Lehmes 
durch  schwärzliche  Färbung  in  ganz  bestimmten  Linien  diese  künstliche  Umände- 
rung des  natürlichen  Bodens  erkennen  lassen. 

Icli  habe  bei  Fauerbach,  südlich  Friedberg,  auf  dem  Rande  eines  solchen  Basalt- 
bruches von  340  Schritt  Länge,  10  solche  Wohnplätze  deutlich  gesehen.  Dies 
würde  auf  eine  fläche  reduzirt  etwa  5  WohnpUitze  auf  den  preuss.  Morgen  geben. 
Es  wird  mir  indess  versichert,  und  ich  konnte  dies  selbst  au  der  gegenseitigen 
Lage  sehen,    dass    sie    an  manchen  Stellen  dicht  nebeneinander  liegen,  au  anderen 


(296) 

dagegen  grösseren  Raum  zwischen  sich  lassen.  Auf  dem  Platze  des  Steinbruches, 
von  dem  ich  spreche,  soll  mindestens  auf  je  100  GSchritt  (u  2  Fuss  4  Zoll  preuss.) 
je  ein  Wohnplatz  zu  finden  gewesen  sein. 

Diese  Art  der  offenbar  .wohl  passageren  Besiedelung  muss  in  ziemlich  hohes 
Altei-thum  zurück  versetzt  werden;  denn  es  haben  sich  noch  niemals  andere  Gegen- 
stände, als  solche  gefunden,  welche  ich  Ihnen  sende.  In  denselben  besteht  ein 
interessanter  Gegensatz  in  den,  zura^  Theil  wohl  kiinstlich,  auch  mit  Nasen  zum 
besseren  Halten  oruameutirteii  Gefässen  und  der  Abwesenheit  jedes  entwickelteren 
Werkzeuges  oder  Schmuckes, 

Die  Gefässe  werden,  man  kann  sagen  ausnahmslos,  nur  in  Bruchstücken  ge- 
funden. Es  ist  noch  nicht  gelungen,  ein  vollständiges  aus  den  Scherben  zusammen- 
zubringen. Auch  nicht  da,  wo  die  Aushöhlung  eine  heerdartige  Stufe  hatte,  auf 
der  sich  Kohlen  und  Scherben  in  grösserer  Anzahl  fanden.  Die  Bewohner  haben 
also  wohl  nur  die  Reste  zerbrochener  Gefässe  liegen  gelassen  und  alles  Brauchbare 
wieder  mit  fortgenommen. 

Aus  demselben  Grunde  fehlen  wohl  die  Werkzeuge,  indess  ist  der  gänzliche 
Mangel  doch  auöallend.  Es  hat  sich  in  einigen  der  Gräber  hier  und  da  ein  an- 
scheinend zugespitzter  Knochen  gefunden.  Auch  hat  Hr.  Dieffenbach  einige 
gewöhnliche  Steinkeile  in  der  Nähe  solcher  Wohnplätze  mehr  an  der  Oberfläche 
aufgehoben,  oline  dass  er  selbst  mit  Sicherheit  sie  auf  diese  Wohnstätten  zu  be- 
ziehen sich  gestattet.  Bronzen  oder  sonstige  Zeichen  irgend  einer  höheren  Kultur 
ausser  den  ornamentirten  Scherben  fehlen  durchaus.  Dagegen  zeigt  sich  deutlich, 
dass  entweder  um  die  Feuerstätte,  oder  vielleicht  um  die  ganze  Aushöhlung  eine 
Lehmwaud  sich  gezogen  hat,  welche  aus,  auf  daumenstarke  Zweige  oder  Stäbe  ge- 
klebtem Lehm  bestanden  hat.  Dieser  Lehm  ist  theilweis  durch  Feuer  gehärtet.  Er 
findet  sich  in  deutlichen  Brocken,  in  die  Höhlung  hineingestürzt,  vor.  Auch  finden 
sich  einige  handgrosse  Steine  auf  den  Heerdstellen,  und  in  einigen  Höhlen  die 
Spuren  von  fast  zu  Braunkohle  gewordenen  Früchten,  anscheinend  Erbsen,  Diese 
Höhlen  sind  die  kleineren  und  scheinen  als  Keller  gedient  zu  haben. 

Die  Aushöhlung  im  Fauerbacher  Bruche,  aus  der  die  beiliegenden  Reste 
stammen,  war  1 '/s  "*  tief,  2^3  m  im  Durchmesser;  ihre  Form  war  genau  nicht 
weiter  zu  bestimmen,  weil  ein  Theil  bereits  in  den  Steinbruch  gesunken  war.  Ehe 
nicht  ein  Stück  durch  die  Minirarbeit  der  Brüche  herabstürzt,  wird  es  überhaupt 
nicht  bemerkt. 

Die  Scherben  lagen  grösstentheils  in  der  Nähe  des  Bodens  sehr  zerstreut.  Dort 
lagen  auch  die  Knochensplitter,  von  denen  sich  der  Röhrenknochen  vielleicht  noch 
bestimmen  lässt.  Meist  sind  die  Knochen  sehr  zerstört,  ohne  dass  sie  verbraunt 
scheinen. 

Den  Angaben  des  Hrn.  Dieffenbach,  der  mit  vorzüglicher  Sorgfalt  beobachtet 
und  sammelt,  darf  mau  vollen  Glauben  beimessen.  Auch  bei  der  von  uns  gemein- 
schaftlich vorgtuiommenen  Ausgrabung  bestätigte  der  Thatbestand  dieselben  durch- 
aus. Ich  behalte  mir  vor,  auf  seine  sehr  reiche  Sammlung  römisch-germanischer 
Alterthümer  zurückzukommen,  — 

Hr,  Virchow  legt  die  von  Hru,  Meitzeu  übersendeten  Gegenstände  vor,  haupt- 
sächlich Scherben  von  Thongeräthen,  sowie  Stücke  von  gebraunten  Ziegeln  und  von 
Thierknochen,  unter  denen  einzelne  Stücke  vom  Hunde  befindlich  zu  sein  scheinen. 

Die  erste  und  reichere  Abtheilung  der  Sendung  (1.)  enthält  im  Ganzen  etwas 
feinere  und  mehr  verzierte  Thüiisuchen,  jedoch  auch  einzelne  recht  grobe  Stücke. 
Namentlich    ist    darunter    eine    Anzahl    ganz    grober    und    grosser    Henkel,    deren 


(297) 

Oeffnung  jedoch  so  eng  ist,  dass  man  nur  einen  Finger  einführen  kann;  auch  die 
mit  diesen  Henkeln  verbundenen  Theile  der  Wandungen  sind  sehr  dick  und  be- 
stehen aus  grobem,  mit  Sandkörnern  untermischten  Thon.  Die  meisten  Stücke 
sind  jedoch  dünnwandig  und  bestehen  aus  geschlemmtem  Thon  ohne  alle  Bei- 
mengung von  Steingries;  sie  sind  äusserlich  glatt,  jedoch  ohne  Anwendung  der 
Töpferscheibe  angefertigt.  Diese  Stücke  sind  fast  alle  schwarz  oder  doch  schwärz- 
lich, jedoch  finden  sich  auch  einzelne  gelbrothe  oder  blass  braunrothe.  Der  Rand 
ist  meist  gerade  aufgerichtet,  wenig  oder  gar  nicht  vom  Bauche  abgesetzt,  schmal 
und  fein.  Die  Form  des  Bauches  ist  nicht  zu  erkennen ;  nur  ein  Stück  erscheint 
stärker  ausgelegt,  wie  an  einem  kleinen  Töpfchen.  Die  Ornamente  sind  durch- 
gehends  eingeritzt  oder  eingepresst;  nur  an  einem  Stücke  befindet  sich  ein  solides, 
vorragendes  Knöpfchen.    Die  mit  Stempeln  eingedrückten  Ornamente  bestehen  theils 


aus  rundlichen,  theils  aus  viereckigen  Vertiefungen,  welche  reihenweise  stehen, 
und  zwar  bald  in  einfachen,  bald  in  doppelten  und  dreifachen  Reihen,  sei  es 
parallel  dem  Rande  und  dicht  unter  demselben,  sei  es  senkrecht  oder  schräg  gegen 
denselben  gestellt.  Im  Uebrigeu  finden  sich  hauptsächlich  lauge,  lineare  Ein- 
ritzungen,  von  denen  einzelne  mit  Weiss  eingelegt  sind,  sowie  schräge  und 
senkrechte  Striche,  zum  Theil  einzeln,  zum  Theil  zu  2  oder  in  kleiueu  Gruppen 
parallel  geordnet.  Im  letzteren  Falle  sind  sie  etwas  seichter,  sonst  immer  tief  und 
verhältnissmässig  breit.  Die  feineren  und  seichteren  Einritzungen  kommen  auch  in 
der  Art  vor,  dass  das  Feld  zwischen  2  tiefen  Parallelstrichen  mit  einer  grösseren 
Zahl  kleiner  Striche  oder  sich  durchkreuzender  Schraffirungen  besetzt  ist.  In  ein- 
zelneu Fällen  ist  die  Oberfläche  mit  einer  grösseren  Zahl  sehr  unregelmässiger 
und  grober  Einritzungen  bedeckt,  welche  haufenweise  gegen  gewisse  Punkte  con- 
vergiren. 

Die  zweite  Abtheilung  (II.)  hat  fast  gar  keine  oruamentirten  Theile.  Nur  an  einem 
Stücke  sieht  man  unter  einem  breiten,  gerade  aufstehenden  Randstücke  eine  seichte 
quere  Furche  und  unterhalb  derselben  einen  fast  gar  nicht  ausgelegten,  flach  ge- 
rippten Bauch,  au  dem  in  regelmässiger  Abwechselung  schräg  gestellte  Vertiefungen 
und  Erhöhungen  mit  einander  abwechseln.  Die  übrigen  Scherben  sind  grob,  etwas 
dick,  äusserlich  uneben,  jedoch  nicht  ganz  ohne  Glanz;    sie  sehen    aus,    als  wären 


(298) 

sie  mit  irgend  einer  Flüssigkeit  abgestrichen.  Das  einzige  vorhandene  Henkelstück 
ist  noch  grösser,  als  die  in  der  ersten  Abtheilung;  die  Oeffnuug  ist  dagegen  so 
klein,  dass  ich  nur  ein  Stück  des  kleinen  Fingers  einbringen  kann. 

Die  FundstOcke  sind  gewiss  recht  bemerkenswerth,  da  sie  manche  Anzeichen 
an  sich  tragen,  welche  ihnen  ein  höheres  Alter  zusprechen.  Dahin  gehören  nament- 
lich die  tiefen  linearen  Einritzungen  und  die  Ausschmierung  derselben  mit  einer 
kreideartigen  Masse.  Auch  ist  nach  einer  späteren  Mittheilung  des  Hrn.  Meitzen 
in  einem  solchen  Raum  neuerdings  ein  Steinbeil  gefunden  worden.  Sollte  es  sich 
bestätigen,  dass  hier  eine  Ansiedelung  der  Steinzeit  aufgedeckt  ist,  so  würde  der 
Fund  gerade  für  eine  so  weit  westlich  gelegene  deutsche  Landschaft  eine  hervor- 
ragende Bedeutung  gewinnen.  — 


Sitzung  vom   18.  October  1879. 
Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Als  neue  Mitglieder  werden   genannt: 

Hr.  Dr.  Lüdden,  prakt.  Arzt,  Wollin,  Pommern. 
Hr.  Oesten,  Subdirector  der  Berliner  Wasserwerke. 

(2)  Zu  correspondirenden  Mitgliedern  sind  ernannt: 

Hr.  Professor  George  Rolleston,  Oxford. 

Hr.  Professor  W.  H.  Flower,   Conservator  des  Hunter'schen  Museums 

am  College  of  Surgeons,  London. 
Hr.  Dr.  Paul  Topinard,  Paris. 
Hr.  Professor  v.  Ujfalvy  v.  Mezö-Kövesd,  Paris. 
Hr.   Missionar  H  übrig,  China. 
Leider  hat  die  Gesellschaft  in  den  letzten  Monaten  zwei   ihrer  correspondiren- 
den Mitglieder  verloren. 

Am  19.  Juli  starb  in  seiner  Villa  zu  Wenden  in  Livland  in  noch  nicht  vollen- 
detem 65.  Lebensjahre  Karl  Georg  Graf  Sievers,  einer  unserer  treuesten  und 
anhänglichsten  Freunde,  und  einer  der  glücklichsten  und  umsichtigsten  Erforscher 
seines  Landes.  Von  einer  neuen  Forschungsreise  zurückgekehrt,  traf  ihn  am 
13.  Juli,  nach  nur  zweistündiger  Anwesenheit  in  seinem  Hause,  ein  Schlaganfall, 
der  die  rechte  Seite  lähmte;  nach  sechstägigem  schwerem  Kampfe  erlosch  das  Leben. 
Seine  Erinnerung  wird  unter  uns  nicht  erlöschen.  Seine  Stelle  wird  wahrscheinlich 
niemals  ersetzt  werden. 

Am  20.  September  wurde  durch  einen  schnellen  Tod  Dr.  Sachs,  der  Leibarzt 
des  Khedive  von  Aegypten,  hinweggerafft,  nachdem  er  noch  in  scheinbar  blühender 
Gesundheit  den  internationalen  medicinischen  Congress  in  Amsterdam  und  die 
Naturforscher- Versammlung  in  Baden-Baden  mitgemacht  hatte.  Seine  einflussreiche 
Stellung  in  Cairo  hatte  viel  dazu  beigetragen,  die  Zwecke  der  deutschen  Forscher 
in  Aegypten  zu  fördern. 

(3)  Hr.  Dr.  Duhmberg  in  Barnaiil,  Medicinal-Inspektor  des  Altai-Bezirkes, 
spricht  für  seine  Ernennung  zum  correspondirenden  Mitgliede  seinen  Dank  aus  und 
erbietet  sich  für  die  Zwecke  der  Gesellschaft,  sowie  für  naturwissenschnftliche 
Zwecke  überhaupt  nach  Möglichkeit  thätig  sein  zu  wollen.  Mit  Rücksicht  darauf, 
dass  in  dem  neuen  Reisewerk  von  Hrn.  Finsch  die  russische  Literatur  nicht  be- 
rücksichtigt ist,  theilt  er  eine  Reihe  von  Notizen,  betreffend  Publikationen  über 
Sibirien,  mit: 


(300) 

„Im  sibirisphen  Boten  (ssibirski  westnik)  vom  Jahre  1818:  „über  alte  sibirische 
Inschriften";  —  „über  sibirische  Kurgane";  1819  „über  Tschudenhügel  in  Sibirien" ; 
—  1821:  „über  Tekuteu";   —   1823:  „Reise  zu  den  Altai-Kalmücken".  — 

Im  Westnik  (Boten)  der  russ.  geogr.  Gesellsch.  1858:  „Bemerkungen  eines 
nomadisirenden  Altaiers  (Ethnographisches  über  Kalmücken)". 

Im  ethnographischen  Sammeljournal  (ssbornik)  derselben  Gesellschaft:  „1864: 
„Potauin's:  sütlvvestlicher  Theil  des  Tomskischeu  Gouvernements  in  ethnograph. 
Beziehung". 

Sapisski  derselben  Gesellschaft:  1857:  von  Spasski  —  „über  die  merkwürdigsten 
Denkmäler  des  sibirischen  Alterthums  und  deren  Aehulichkeit  mit  grossrussischen." 

Journal  des  Ministeriums  des  Innern:  1840  „Kurze  ethnographische  Beschrei- 
bung der  Biiskischen  oder  Altai-Kalmücken";  1846:  „Untersuchungen  der  Kurgane 
an  der  Buchtarma;"  —  1858:  „Die  Kainskischen  und  Kusnezkischen  inorodzi  (Ein- 
geborenen)". 

In  der  Tomskischeu  Gouveruementszeitung  1858:  „Tomskische  —  kainskische 
und  sibirische  Inorodzi;"  —  „die  Tomskische  Redeweise;"  —  „der  volksthümliche 
Kalender" ;  —  über  Hieroglyphen  am  Tomfluss" ;  —  „Volkssagen  der  Kusnezk- 
Tataren"; —  „der  russische  Dialekt  im  Altai-Bezirk"; —  „die  Sprache  der  Tschu- 
lym-Inorodzi";  —  „über  wildwachsende  Pflanzen,  die  genossen  werden";  —  1859: 
„Baraba-Tataren"; —  „Tatarische  liieder  und  Sprüchwörter";  —  „ReligionsbegrifFe 
der  Tekuten";  —  „Hochzeitsgebräuche  der  Altai-Kalmücken";  —  üeberlieferungen 
der  Eingeborenen  am  Mrassflusse";  —  „die  Inorodzi  im  Kainskischen  Kreise".  — 
1860:  „Hochzeitsgebräuche  im  Kusnezkischen  Kreise";  —  „Begrififeder  Altai-inorodzi 
über  die  Seele";  —  „das  Ende  der  Welt,  nach  üeberlieferungen  derselben";  — 
„Lieder  der  Bewohner  des  Tomskischen  Gouvernements".  —  1862:  „Völkerschaften, 
die  im  Alterthum  den  Süden  West-Sibiriens  bewohnt  haben";  —  „Historische 
Nachrichten  über  die  Eingeborenen  des  Tomskischen  Gouvernements";  —  y^dev 
Narynische  Dialekt".  —  1863:  „Käthsel  der  Altai-Tataren";  —  „Vorurtheile  und 
Aberglauben  der  Altai-Kalmücken";  —  „Behandlung  der  Krankheiten  von  den- 
selben"; —  „Entstehung  bunter  Gesteine  nach  den  Vorstellungen  derselben";  — 
„die  Kioderwiege  bei  den  Kalmücken".  —  1864:  „die  Namen  der  Monate  bei  den 
Schwarzwald-Iiiorodzi  des  Kusnezk-Kreises";  —  „Ssagyry,  d.  h.  die  Bearbeitung 
von  Fellen,  bei  den  Altaiern".  —  1865:  „Legenden  der  Kusnezk-Tataren";  —  „üeber- 
lieferungen über  die  Sündfluth".  —  1867:  „die  Eingeborenen  am  Tschulym".  — 
1869:  „üeber  die  Gräber  des  Altai  (nach  Radioff  und  Struve,  aus  dem  Journ. 
der  Archäol.  Gesellsch..  T.  VI.)";  —  „über  Verwandlung  der  Menschen  in  Thiere, 
aus  der  Naturgeschichte  der  Altaier".  —  1870:  „Kirgisen".  —  1877:  von  Kostrow 
„über  Barabinskische  Tataren", 

(4)  Der  Vorsitzende  theilt  mit,  dass  von  dem  zweiten  Vorsitzenden  der  Ge- 
sellschaft, Hrn.  Bastian,  in  letzter  Zeit  wiederum  Briefe  und  Sendungen,  zuletzt 
aus  Sumatra,  eingegangen  sind.  Er  hatte  namentlich  einen  Ausflug  zu  den  Red- 
jang  gemacht  und  hatte  dabei  einige  der  jetzt  sehr  seltenen  Bambusbücber  und  ein 
Steinbeil  (Auak-Pitas,  Kind  des  Blitzes)  erworben.  Der  Gesundheitszustand  des- 
selben sei  nach  den  letzten  Nachrichten  ein  befriedigender. 

(5)  Der  Staatssecretär  für  Indien  übersendet  durch  freundliche  Vermitteluug 
des  Dr.  R.  Rost  ein  Exemplar  des  durch  die  indische  Regierung  publicirten 
Werkes  unseres  correspondirenden  Mitgliedes,  Raj  eudral  alamitra,  über  den 
Buddha  Gaya. 


(301) 

(6)  Das  "Werk  des  verstorbenen  John  Pickering  „Chronogical  history 
ofplants"  ist  von  dessen  Wittwe  für  die  Gesellschaft  eingesandt  w^orden.  Der 
Vorsitzende  spricht  für  das  schöne  Geschenk  den  Dank  der  Gesellschaft  aus. 

(7)  Hr.   Virchow  erstattet  Bericht  über  die 

Congresse  in  Strassburg  und  Brüssel. 

unsere  deutsche  General -Versanomlung  hat  diesmai  in  Strassburg  stattgefunden 
unter  ziemlich  lebhafter  Betheiligiing  von  Freunden  aus  allen  Theilen  Deutschlands, 
selbst  aus  dem  äussersten  Osten.  Nicht  blos  eingewanderte,  sondern  auch  nationale 
Elemente  aus  dem  Elsass  hatten  sich  reichlicher  angeschlossen.  Wir  hatten  die 
Ehre,  von  Hrn.  Domcapitular  Straub  geführt  zu  werden  bei  Gelegenheit  der  Aus- 
grabungen auf  dem  spätrömischen  Grübelfelde  beim  Weissthurmthor  dicht  vor  der 
Stadt,  welches  besonders  für  uns  geschont  worden  war.  unter  der  grössten  Be- 
theiligiing der  ganzen  Gegend  ging  die  Excursion  auf  den  Odilienberg  vor  sich, 
und  ich  glaube,  dass  jeder  Theilnehmer  mit  Vergnügen  an  den  schönen  Tag  zurück- 
denken wird.  Wir  haben  gelernt  und  zugleich  ein  kleines  Stück  nationaler  Arbeit 
mit  gethan.  Der  Bericht  über  die  Verhandlungen  ist  soweit  gefördert,  dass  er 
wahrscheinlich  noch  im  Laufe  dieses  Jahres  erscheinen  wird;  er  wird  nur  etwas 
magerer  ausfallen  als  sonst,  weil  die  eigentlichen  Sitzungszeiten  auf  das  kleinste 
Maass  zurückgebracht  waren.  Eigentlich  sind  nur  zwei  halbe  Sitzungstage  übrig 
geblieben.  Im  üebrigen  darf  ich  im  voraus  Ihre  Aufmerksamkeit  auf  einen  sehr 
bemerkenswerthen  Fund  richten,  welcher  in  letzter  Zeit  in  Süddeutschland  ge- 
macht ist.  Bei  der  Ausgrabung  eines  grossen  Kegelgrabes  in  der  Nähe  von  Ludwigs- 
burg, die  durch  Hrn.  Fraas  bewirkt  worden  i=^t,  ist  eine  Anzahl  der  merkwürdig- 
sten Dinge,  namentlich  etruskisches  Thongeräth,  Bronzen  und  Goldsachen,  gemengt 
mit  nordischen  Formen,  zu  Tage  gekommen.  Bei  der  Grösse  des  Hügels  ist  die 
Ausgrabung  leider  nur  fragmentarisch  aufgeführt,  indem  uach  einem  auch  anderswo 
angewendeten  Schema  grosse  Schachte  und  Stollen  getrieben  werden. 

Unsere  eigene  Thätigkeit  während  der  Sitzungsperiode  war  verhältnissmässig  sehr 
glücklich.  Das  römische  Gräberfeld  vor  dem  Weissthurmthore  ist  allerdings  eines  der 
ärmsten  an  Beigaben  unter  denen,  welche  in  Deutschland  bekannt  sind;  dafür  wurde 
eine  grosse  Zahl  gut  erhaltener  Schädel  und  Skelette,  zum  Theil  in  Steinsärgen, 
gewonnen.  Am  nächsten  Tage  auf  dem  Odilienberge  waren  wir  glücklicher,  als 
wir  verdienten,  indem  unmittelbar  am  westlichen  Umfange  des  grossen  Ringwalls, 
ausserhalb  desselben,  auf  ein  kleines  Steingrab  gestossen  wurde,  welches  offenbar 
eine  Kinderleiche  enthalten  hatte,  die,  nach  den  Beigaben  zu  urtheilen,  der  aleman- 
nischen Periode  angehört  zu  haben  scheint.  Wir  haben  sie  als  die  eines  Fürsten- 
kindes gedeutet,  weil  die  Erde  in  dem  Grabe  überall  mit  gedrehten  Goldfäden 
durchsetzt  war  und  daneben  silberne  Schmucksachen  zu  Tage  kamen.  Wir  haben 
bei  der  Gelegenheit  constatirt,  dass  schon  vor  einigen  Jahren  ein  französischer 
Forscher  glückliche  Funde  an  der  gedachten  Stelle  gemacht  hat,  welche  sich  bis 
dahin  der  allgemeinen  Kenntniss  entzogen   hatten 

Daran  darf  ich  sogleich  die  Mittheilung  knüpfen,  dass  die  deutsche  Gesellschaft 
beschlossen  hat,  für  das  nächste  Jahr  ihre  General -V  ersamm  1  uug  in  Berlin 
abzuhalten.  Zu  localen  Geschäftsführen  sind  die  lIHrn.  Voss  und  Friedel 
ernannt  worden;  ich  selbst  habe  die  Ehre  gehabt,  zum  Vorsitzenden  der  Gesell- 
schaft erwählt  zu  werden.  Die  Zeit,  in  welcher  die  General -Versammlung  abge- 
halten werden  wird,  hat  bis  jetzt  noch  nicht  definitiv  festgestellt  werden  können, 
indess    hoffen    wir,    sie    in    den  Anfang   des  August  legen  zu  köunen.     Durch  den 


(302) 

rerdienten  Generalsecretär  der  Gesellschaft,  Hrn.  J.  Ranke,  ist  der  Gedanke  an- 
geregt und  von  dem  Vorstande  der  Gesellschaft  gebilligt  worden,  bei  dieser  Ge- 
legenheit zugleich  eine  anthropologisch- urgeschich  tliche  A  usstellung  der 
deutschen  Funde  in  Berlin  zu  veranstalten  und  dazu  in  ähnlicher  Weise,  wie 
es  für  Bayern  bei  der  Versammlung  in  München  geschehen  war,  die  wichtigsten 
Originalstiicke  aus  ganz  Deutschland  zu  vereinigen.  Der  Hr.  Cultusminister 
V.  Pütt  kamer  hat  mir  bei  einer  Audienz  die  Zusage  ertheilt,  seinerseits  die 
Ausstellung  naoli  Kräften  fördern  zu  wollen,  und  wir  werden  uns  daher,  sobald  wir 
ein  geeignetes  Local  ermittelt  und  den  Plan  genauer  festgestellt  haben,  in  Kürze 
an  die  deutschen  Regierungen,  au  die  verwandtpn  Vereine  und  die  Privatsammler 
mit  der  Aufforderung  wenden,  uns  bei  der  Herstellung  einer 'würdigen  Repräsenta- 
tion dieser  nationalen  Schätze  hülfreich  zu  sein. 

Im  September  habe  ich  alsdann,  nachdem  ich  mit  Hrn.  Schliemunn  seine, 
in  dem  South  Kensington  Museum  in  London  aufgestellte  trojanische  Sammlung 
studirt  hatte,  dem  intern  ationalen  Congress  der  Amerikanisten  in  Brüssel 
beigewohnt.  Der  Gedanke,  einen  solchen  Congress  zu  gründon,  ist  in  Nancy  ent- 
standen. Hr.  Adam,  Rath  des  dortigen  Gerichtshofes,  war  auf  die  Idee  gekommen, 
dass  es  nothwendig  sei,  die  Studien  über  das  präcolumbische  Amerika  durch  ge- 
meinsame Arbeit  und  Verständigung  vorwärts  zu  bringen.  Mit  einer  Kühnheit, 
wie  sie  selten  gefunden  wird,  wurde  ein  erster  internationaler  Congress  nach  Nancy 
berufen.  Nachher  trat  der  Congress  in  Luxemburg  zusammen;  das  kleine  Land 
nahm  ihn  mit  grosser  Theiluahme  auf.  Ein  dicker  Band  von  Verhandlungen  ist 
publicirt  worden.  Zum  dritten  Mal  tagte  jetzt  der  Congress  in  Brüssel,  Hier  trat 
er  schon  ziemlich  vornehm  auf;  der  König  selbst  hatte  das  Protectorat  übernommen 
und  war  bei  der  Eröffnungssitzung  anwesend,  ebenso  der  Präsident  von  Venezuela 
und  die  Gesandten  fast  aller  südamerikanischen  Staaten.  Nur  Nordamerika  war 
schwach  vertreten.  Weltliche  und  geistliche  Mitglieder  betheilgten  sich  in  grosser 
Zahl.  Ein  Jesuit  hielt  über  die  verlorene  Atlantis  einen  ebenso  interessanten,  als 
objectiven  Vortrag.  Ausser  den  Südamerikanern  zeigte  das  meiste  Interesse  die 
spanische  Regierung,  namentlich  augeregt  durch  einen  ungemein  eifrigen  und  unter- 
richteten Mann,  Hrn.  Ximenes  de  la  Espada,  Man  hatte  entdeckt,  dass  in 
Madrid  grosse  Kisten  voll  alter  üocnmente  liegen,  welche  aus  den  ersten  Zeiten 
der  Entdeckung  Amerikas  angesammelt  waren,  zum  grossen  Theil  gut  erhalten, 
aber  von  Niemand  gelesen.  Die  spanische  Regierung  hat  ihren  guten  Willen  da- 
durch zu  erkennen  gegeben,  dass  sie  einen  ersten  Band  von  Abhandlungen  aus 
diesem  Material  dem  Congress  gewidmet  hat.  Der  Congress  hat  dem  entsprechend 
beschlossen,  seine  nächste  Versammlung,  welche  im  Jahre  1881  stattfinden  soll,  in 
Madrid  zu  halten,  und  der  Vertreter  der  spanischen  Regierung  hat  im  voraus  zu- 
gesichert, dass  Alles  geschehen   werde,   um  ihn   würdig  zu  empfangen. 

(8)  Der  Vorsitzende  theilt  mit,  dass  im  nächsten  Jahre  der  internationale 
Congress  für  prähistorisclu;  Arcliäologie  in  Lissabon  stattfinden  werde. 

(9)  Hr.  Voss  ül>ergiebt  als  Geschenk  des  Fräul.  Sophie  Torma  in  Broos  einen 
Bericht  des  Hrn.  Carl  (loos  über  die  Sammlung  prähistorischer  Alter- 
thümer  Siebenbürgens,  welche  sich  im  Besitz  von  Fräul.  Tor ma  befindet,  und 
knüpft  daran  einige-  Bemerkungen  über  die  Bedeutung  dieses,  ihm  aus  eigener  Au- 
scbauniig  bekannten,   interessanten  Materials. 

(10)  Der  Chefarzt    der    griechischen    Armee,    Hr.  Dr.  Ornstein,    correspon- 


(303) 

direudes    Mitglied    der  Gesellschaft,    hat    einen  Bericht,    d.  d.  Athen,    IT).    August, 
eingesandt  über 

Schwanzbildung  beim  Menschen. 

(Hierzu  Taf.  XVII.,  Kig.  1.) 

Meine  heutige,  von  einer  zwar  unschönen,  doch  naturgetreuen  photographischen 
Aufnahme  begleitete  Mittheilung  dürfte  nicht  geeigner  sein,  die  Gegner  der  Descen- 
denztlioorie  zu  erbauen,  welche  diese  als  ein  Hirngespinst  oder  eine  Blasphemie 
oder  als  beides  zugleich  zu  bezeichnen  pflegen.  Es  ist  nicht  anzunehmen,  dass 
Männer  der  Wissenschaft  nicht  von  der  Wahrheit  der  wichtigsten,  die  Abstammungs- 
lehre begründenden  Thatsachen  überzeugt  sein  sollten,  doch  haben,  wie  ich  glaube, 
die  meisten  von  ihnen  bei  muthmasslich  conservativen  Neigungen  sich  in  das  Alte 
so  hineingewöhnt,  dass  sie  sich  von  demselben  nicht  zu  trennen  vermögen.  Die 
Gewohnheit  wird  ja  zur  zweiten  Natur,  sie  klebt  Manchem  an  wie  Pech.  Einige 
dieser  Herren  machen  den  Eindruck,  als  fänden  sie  sich  durch  die  von  der  Descen- 
denztheorie  dem  Menschen  in  der  Natur  angewiesene  Stellung  schwer  gekränkt; 
andere  thun,  als  könnten  sie  sich  von  dem  idealen  Standpunkte  christlicher  Welt- 
anschauung mit  der  Fortschrittsidee  von  dem  thierischen  Ursprung  des  Menschen- 
geschlechts ein  für  allemal  nicht  befreunden,  und  wieder  andere  dürften  aus  puren 
Passlichkeitsmotiven  zu  den  Gegnern  der  neuen  Lehre  zählen.  Sie  mögen  es 
damit  halten,  wie  es  ihnen  beliebt,  ein  Jeder  hat  seine  eigene  Auffassung  über 
Menschenwürde.  Ich  meinerseits  halte  dafür,  dass  dieser  Theorie  ein  gottes-  und 
menschenwürdigerer  Gedanken  zum  Grunde  liegt,  als  der  Paradieslegende  von 
unseren  Stamniältern  Adam  und  Eva.  Demzufolge  stehe  ich  auch  keinen  Augen- 
blick an,  lieber  mein  Scherflein  zu  dem  Verständniss  des  menschlichen  Organismus 
und  seiner  Beziehungen  zur  Gesammtheit  der  Dinge  beizusteuern,  als  die  Vor- 
urtbeile  derjenigen  zu  schonen,  welche  dem  Glauben  zu  huldigen  scheinen,  dass 
die  Natur  den  Einen  —  wie  ein  derbes  plattdeutsches  Wort  darauf  anspielt  —  an 
einer  gewissen  unnennbaren  Körperstelle  mit  einer  stärkeren  Schattirung  begnadigt 
hat,  als  den  Andern.  Ich  sollte  denken,  dass  die  wissenschaftlichen  Verfechter  des 
Kastenwesens  doch  beispielsweise  der  bedeutungsvollen  Thatsache  Rechnung  tragen 
müssten,  dass  die  menschlichen  Embryonen  in  der  ersten  Zeit  ihrer  Entwickelung 
mit  denen  des  Hundes,  des  Huhns  u.  s.  w.  die  unverkennbarste  morphologische 
Aehnlichkeit  haben.  Bestehen  dieselben  dessen  ungeachtet  darauf,  diesem  ontogeni- 
schen  Fingerzeig,  resp.  Zaunpfahl,  keine  Beachtung  zu  schenken,  so  erübrigt  nur 
noch,  das  Studium  von  C.  F.  Wolff's  Generatioustheorie,  das  der  Descendenztheorie 
von  Jean  Lamark,  der  Entwickelungsgeschichte  von  C.  F.  Bär  und  der  natür- 
lichen Schöpfungsgeschichte  von  Ernst  Haeckel  ihrem  unverdrossenen  Nachdenken 
zu  empfehlen  und  einfach  zur  Tagesordnung  überzugehen.  Das  thue  auch  ich  jetzt, 
überzeugt,  dass  es  der  Rechthaberei  des  religiösen  und  philosophischen  Dogmatismus 
nicht  gelingen  werde,  den  Eifer  lahm  zu  legen,  der  uns  zur  Erforschung  der  Ur- 
zustände unseres  Geschlechts,  d.  h.  zur  gemeinsamen  Geistesarbeit  antreibt,  die 
höchsten  Fragen  der  Menschheit  so  viel  als  möglich  auf  realem  Boden  zu  lösen. 

Das  auf  anliegender  Photographie  dargestellte  Individuum  wurde  der  Militär- 
Ober-Sauitätscommissiou  in  ihrer  Sonuabeudsitzung  vom  26.  Juli  d.  J.  Seitens  der 
hiesigen  Recrutirungscommission  mit  dem  Ersuchen  vorgestellt,  über  die  Kriegs- 
diensttauglichkeit desselben  als  Einstandsmaun  ihr  Gutachten  abzugeben.  Der 
26jährige,  aus  Livadia  : —  dem  alten,  wegen  seines  Trophonius-Orakels  bekannten 
Lebadeia  —  gebürtige  Mann  heisst  Nicolaus  Agos.  Er  misst  1,63  cm,  ist  massig 
kräftig  gebaut,  nicht  besonders  genährt    und  einem  von  ihm  ausgehenden  Schnaps- 


(304) 

dufte  nach  zu  urtheilen,  dem  Genüsse  geistiger  Getränke  nicht  abhold.  Die  Augen, 
Haare  und  Haut  sind  braun,  er  ist  brachycephal.  Das  blasse,  magere,  unrasirte 
Gesicht  macht  bei  einer  leicht  gekrümmten  Körperhaltung,  schlotterndem  Gange 
und  einer  auffallend  defecten  fränkischen  Bekleidung  den  Eindruck  eines  fremden, 
heruntergekommenen  Handwerksburschen,  wie  man  solche  von  griechischer  Nationa- 
lität hierorts  selten  zu  sehen  bekommt.  Als  der  durch  Stimmenmehrheit  für  taug- 
lich befundene  Mensch  uns  beim  Abtreten  den  Rücken  zukehrte,  machte  sich  unter- 
halb der  Kreuzbeingegend  eine  zapfenartige  Verlängerung  derselben  ohne  irgend 
eine  Veränderung  der  normalen  Hautfarbe  in  auffallender  Weise  bemerkbar.  Bei 
näherer,  sogleich  an  Ort  und  Stelle,  später  im  Atelier  des  Photographen  ange- 
stellter Untersuchung  ergab  sich,  dass  es  sich  um  einen,  anscheinend  senkrecht 
vom  Kreuzbein  herabsteigenden,  rundlichen  Fortsatz  des  untern  spitzen  Theils 
dieses  Knochens  handele,  welcher  sich  indess  bei  sorgfältigerer  Besichtigung  als 
ein  wenig  gegen  das  Becken  zu  concav  gekrümmt  herausstellte.  Der  Form  nach 
dem  oberen  .-Abschnitte  eines  gestutzten,  umgekehrten  und  der  I/ängenaxe  nach  in 
der  Mitte  durchschnittenen  Kegels  nicht  unähnlich,  dessen  Umfang  nur  am  Rande 
seines  frei  herabhängenden,  rundlich  stumpfen  Endes  unerheblich  abnimmt,  reicht 
derselbe  nach  oben  in  Gestalt  einer  gleichförmigen,  convexen  Erhabenheit  bis  nahe 
an  die  Symphysis  sacro-coccygea.  Der  Ausgangspunkt  dieser  nach  oben  hypoder- 
matisch  verlaufenden  Anschwellung  scheint  die  Verbindungsstelle  des  ersten  falschen 
Steissbeinwirbels  mit  dem  zweiten  zu  sein,  welcher  letztere  dem  Volumen  einer 
etwas  grossen,  plattgedrückten  Erbse  gleichkommt  oder  dasselbe  doch  nur  um  ein 
Weniges  übertrifft.  Ausser  den  zwei  Stücken  dieses  Knochens  unterscheidet  man 
noch  undeutlich  ein  drittes,  linsengrosses;  ein  viertes  oder  fünftes  ist  nicht  vor- 
handen. Die  ganze  Länge  dieses,  nach  hinten  halbcyliuderförmigen  Fortsatzes, 
welcher  an  der  Oberfläche  aus  einer  glatten,  festen,  2  bis  2^2  "^"*  dicken  Haut 
besteht  und  im  Innern  bei  angewandtem  Druck  sich  knorpelig  anfühlt,  beträgt 
ungefähr  5  cm,  von  denen  etwa  2^3  auf  den  freien  und  2-i\  auf  den  unter  der 
Haut  fortlaufenden  Theil  desselben  kommen.  Er  erscheint  an  seinem  frei  herab- 
hängenden Theile  ungeachtet  seiner  derben,  ungegliederten  Structur  etwas  beweg- 
lich; gleichzeitig,  bei  einer  schwachen,  schnellenden  Bewegung  nach  vorn,  runzelt 
sich  in  der  Breite  eines  Strohhalms  die,  über  dem  linken  Rand  des  verdeckten 
Theils  der  Erhabenheit  befindliche  Haut,  wie  wenn  ein  eingeschrumpfter  Musculus 
coccygeus  hier  in  Thätigkeit  treten  wollte.  Die  Breite  dieser  Steissbeinverlänge- 
rung  giebt  ihrer  Länge  nur  wenig  nach,  die  des  freien  Endes  ist  etwas  geringer 
und  dürfte  der  eines  mittleren  Manuesdaumens  gleichkommen.  Sie  ist  unbehaart, 
dagegen  trägt  die  Kreuzbeingegend  ein  ungewöhnlich  schmales,  bilateral-symmetri- 
sches Haarfeld,  welches  sich,  abgesehen  von  einer,  nach  unten  und  links  haarlosen 
Stelle  von  2'/2  bis  3  cm  Höhe  und  Breite,  bis  zur  Basis  derselben  erstreckt.  Ein 
nach  rechts  von  der  Spitze  des  (.)s  sacrum  aufsteigender  und  diesen  Raum  be- 
grenzender Haarstreifen  dient  als  Maassstab  für  den  Längendurchi.  esser  der  Be- 
haarung. Ich  habe  bis  jetzt  im  Ganzen  31  Fälhi  von  Sacraltrichose  beobachtet, 
allein  in  keinem  derselben  entsprach,  wie  in  diesem,  der  Breitendurchmesser  kaum 
der  Reihe  der  hinteren  Foramina  sacralia.  Die  Haut-  und  Kuochenunterlage  der 
beschriebenen  Theile  zeigt  bis  auf  die  fehlenden  Stücke  des  Schwanzbeins  nichts 
Abnormes. 

Ich  enthalte  mich  im  vorliegenden  Falle  jeder  eingehenden  Deutung  des  Zu- 
sammenfullens  der  ausnahmsweise  schmalen  Sacraltrichose  und  der  zum  ersten 
Male  von  mir  beobachteten  Steissbeinprotuberanz  und  beschränke  mich  darauf, 
meine  üeberzeugung  zum  Ausdruck  zu   bringen,  dass  es  nicht  leicht  sein  dürfte,  für 


(305) 

diese  beiden  vereinten  theromorphischen  Zustände  eine  andere,  einigermassen  plau- 
sible Interpretation  zu  finden,  als  die  dos  physiologischen  Gesetzes  der  Vererbung 
und  curaulativen  Anpassung.  Dass  Rückschlagsmerkmale,  wie  diese,  im  Laufe  von 
Jahrtausenden  in  ihrer  Function  und  Formbildung  Veränderungen  erleiden,  vermag, 
glaube  ich,  nur  diejenigen  zu  befremden,  welche  an  der  wissenschaftlichen  Unzu- 
länglichkeit der  übernatürliclien  Schöpfungshypothose  wie  immer  festhalten  und  vor 
der  Beweiskraft  der  bezüglichen  embryologischen  Thatsachen  grundsätzlich  die  Augen 
schliessen.  l>ie  oben  geschilderte  Missbildung  liefert  meines  Erachtens  ein  augen- 
scheinliches B(!ispiel  von  unvollständig  reactivirten  rudimentären  Organen. 

Ich  habe  einige  Male  Gelegenheit  gehabt,  Fälle  der  Art  mit  ungleich  grösserer 
normaler  Leistungsfähigkeit  zu  beobachten.  Hierher  gehört  beispielsweise  der  eines 
Mannes,  dessen  Milchdrüsen  ganz  wie  beim  Weibe  functiouirten.  Die  Sache  verhält 
sich  folgendermassen.  Ich  wohnte  im  Jahre  1846  in  dem  Seestädtchen  Galaxidi,  an 
einer  Bucht  des  Meerbusens  von  Amphissa,  bei  dem  Schiffsbaumeister  Elias  Kanata, 
einem  Manne  von  so  colossalem  Körperbau,  wie  ich  in  Griechenland  keinen  zweiten 
gesehen  habe.  So  oft  es  seiner  kleinen,  schwächlichen  und  dabei  tuberculösen 
Frau  au  Milch  fehlte  und  ihr  fast  schon  zweijähriger  Sprössling  sein  Missvergnügen 
darüber  durch  anhaltendes  Jammern  und  Wehklagen  zu  erkennen  gab,  reichte  ihm 
der  Vater  mit  wahrer  Mutterzärtlichkeit  eine  der  stark  entwickelten  Brüste  und 
der  kleine  Schreihals,  sog  nach  Herzenslust  bis  er  gesättigt  war.  Ich  habe  oft 
genug  gesehen,  wie  der  Mann  die  von  der  Milch  benetzte  Brust  abzutrocknen  ge- 
nöthigt  war.  In  diesem  Falle  handelte  es  sich  freilich  um  kein  unnützes  rudimen- 
täres Organ,  aber  wer  kennt  denn  die  Grundgesetze  der  Entwickelung  der  einzelnen 
Organismen? 

Ein  weiterer  hierher  gehöriger  Fall  ist  schliesslich  die  ungewöhnliche,  doch 
aber  einige  Male  von  mir  constatirte  willkürliche  Beweglichkeit  der  Ohren.  Ich 
kenne  unter  andern  einen  gegenwärtig  in  Berlin  lebenden  jungen  Mann,  der  noch 
vor  einigen  Jahren  in  wahrhaft  hasen-  oder  kaninchenartiger  Weise  dieselben  in 
verschiedenen  Richtungen  zu  bewegen  vermochte.  — 

Hr.  Virchow  knüpft  hieran  unter  Vorlegung  der  im  Archiv  für  Anthropologie 
erschienenen  Abhandlung  des  Hrn.  Ecker  einige  Bemerkungen  und  erwähnt  dabei 
einen  von  Hrn.  Greve  in  seinem  Archiv  (Bd.  72,  S.  12'.),  Taf.  HI.,  Fig.  6)  publi- 
cirten  Fall  einer  schwanzähnlichen  Bildung  bei  einem  Kinde,  der  vor  30  Jahren  in 
Oldenburg  vorgekommen  ist. 

(11)  Hr.  Ornstein  berichtet  ferner  in  einem  Briefe,  d.  d.  Athen,  21.  August, 

über  Farbe  der  Augen,  Haare  und  Haut  der  heutigen  Bewohner  Griechenlands. 

Heute  übersende  ich  einen  weiteren  Bericht,  in  welchem  ich  unter  anderem,  in 
den  letzten  Jahren  gesammeltem  anthropologischem  Material  das  Resultat  meiner 
Aufzeichnungen  über  die  Farbe  der  .Augen,  Haare  und  Haut  der  von  mir  im  Jahre 
1877  untersuchten  Rekruten  und  Stellvertreter  zu  Ihrer  Kenntniss  zu  bringen  mich 
beehre.  Die  Gesammtzahl  der  vom  1.  Januar  bis  12.  October,  also  während  bei- 
nahe 9'/n  Monate  Gemusterten  beläuft  sich  auf  1172.  Letzteres  Datum  ist  das 
meiner  Abreise  in's  Feldlager  von  Theben  ungemüthlichen  Andenkens.  Aus  der 
damaligen  Einberufung  der  beiden  ersten  Reserveklassen  erklärt  sich  der  umstand, 
dass  die  Anzahl  der  im  Jahre  1877  auf  Diensttauglichkeit  Geprüften  die  des  vor- 
hergehenden Jahres  fast  um  das  Doppelte  übersteigt.  In  der  nachstehenden  tabel- 
larischen Uebersicht    habe    ich    für  passend  erachtet,  bei  den  unter  4  aufgeführten 

Verhandl.  der  Berl.  Authropol.  Geselliibalt  1^7».  20 


(306) 

Individuen  mit  grauen  Augen  und  blonden  Haaren  die  Weissliäatigen  und  Braun- 
häutigen  zu  sonderu,  da  die  Zahl  dieser  sich  zu  jenen  wie  10:3  verhält,  folglich 
mehr  als  das  Dreifache  beträgt. 


1. 

Blaue 

Augen 

— 

blonde  Haare 

— 

weisse 

Haut 

26 

2. 

V 

» 

- 

braune        „ 

— 

» 

55 

20 

3. 

y) 

•n 

— 

«               n 

— 

braune 

n 

19 

4. 

Graue 

Augen 

— 

blonde  Haare 

— 

weisse 
braune 

Haut 

55 

!'52 
40 

5. 

» 

» 

— 

braune      „ 

— 

weisse 

55 

58 

6. 

n 

V 

— 

n              n 

— 

braune 

55 

83 

7. 

T) 

n 

— 

schwarze  „ 

— 

n 

T) 

— 

8 

Braune    Augen 

— 

blonde  Haare 

— 

weisse 

Haut 

17 

9. 

1 

n 

— 

braune       „ 

— 

51 

55 

335 

10. 

n 

n 

— 

V               rt 

— 

braune 

55 

558 

11. 

n 

n 

— 

schwarze  „ 

— 

n 

n  __ 

4 

Total     1172 

Aus  obiger  statistischer  Zusammenstellung  ergiebt  sich,  dass  die  Gruppe  der 
Blauäugigen  65,  die  der  Grauäugigen  193,  und  die  der  Braunäugigen  914  Reprä- 
sentanten zählt.  Die  erste  und  zweite  vereint  verhalten  sich  also  der  Dritten 
gegenüber  ungefähr  wie  1  :3V2;  die  erstere  allein  zu  letzterer  sogar  wie  1  :  14. 
Wie  es  scheint,  sind  sowohl  nach  diesen  Erhebungen,  wie  nach  denen  von  1876, 
die  blauen  Augen  in  Griechenland  ooch  seltener  als  das  blonde  Haar,  und  ich 
liabe  Grund  zu  der  Annahme,  dass  die  ersteren  nur  bei  albanisch-serbisch-bul- 
garisch- oder  mitteleuropäisch -griechischen  Mischlingen  vorkommen.  Ich  erinnere 
mich  nicht,  jemals  einen  Mainoten  mit  blauen  Augen  gesehen  zu  haben,  wohl 
aber  hier  und  da  einmal  einen  mit  asch-blondem  Haar.  Die  unter  der  Zahl 
10  aufgeführte  Abtheilung  der  dritten  Gruppe,  nämlich  die  der  Individuen  mit 
braunen  Augen,  eben  solchem  Haar  und  solcher  Haut,  stellt  sich  als  die  häufigste 
Combination  heraus,  wiewohl  den  Weisshäutigen  dieser  Kategorie  gegenüber  nicht 
in  solchem  Grade,  wie  im  verflossenen  Jahre.  Die  Thatsache,  dass  letztere  sich  im 
Jahre  1877  auf  die  ansehnliche  Zahl  von  335  beliefen,  findet  darin  ihre  Erklärung, 
dass  unter  den  vorgestellten  Reservisten  sich  viele,  in  Städten  domicilirten  und  gut 
situirten  Familien  angehörige,  junge  Leute  befanden,  deren  Hautfarbe  keine  dunklere 
war,  wie  die  der  sonnegebräuuten  Landbevölkerung.  Dass  die  schwarzen  Haare 
bei  einer  so  geringen  Zahl  von  Individuen  notirt  sind,  rührt  vielleicht  daher, 
dass  es  mir  mitunter  nicht  möglich  war  zu  entscheiden,  ob  ich  liefbrauues  Haar, 
oder  eine  durch  Staub  und  Schmutz  bewirkte  Nuance  von  schwarzem  vor  mir 
hatte.  Ich  Hess  mich  in  solchen  Fällen  von  der  Farbe  des  unvermeidlichen  Schnurr- 
barts und  der  Augenbrauen  leiten. 

(12)  Das  correspondirende  Mitglied,  Hr.  General  A.  H  out  um  Schindler, 
übersendet  mit  einem  Brief,  d.  d.  Ispahan,  7.  Juli,  unter  besonderer  Beziehung  auf 
die  Abhandlung  des  Hrn.  Richard  Andree  über  rothe  Haare  (Zeitschr.  für  Ethuol. 
1878,  Bd.  X.,  S.  335),   einen  Bericht  über 

die  Haarfarbe  der  Stämme  in  Persien  und  am  Caspisclien  Meere. 

Hothe  Ilaare,  sowie  auch  blonde,  gelten  auch  in  Persieu  als  Ausnahme.  Unter 
den  Bewohnern  der  Städte  sieht  mau  selten  blonde  Haare,  rothe  nie.  Die  ver- 
schiedenen, jetzt  in  Persien  wohnhaften  Stämme  haben  eine  dunkle  Hautfarbe  und 
schwarze  oder  dunkelbraune  Haare,  nur  selten  sieht  man  eine  helle  Hautfarbe  und 


(307) 

blaue  Augen.  Bei  den  Frauen  sieht  man  nie  die  ursprüngliche  Haarfarbe,  da  das 
Färben  aiit  Blättern  des  Henna-Strauches  (Lawsonia  inermis)  und  Indigo  allgemein 
ist.  Unter  den  Gilek,  den  Einwohnern  der  Provinz  Gilän  am  Caspischen  Meere, 
habe  ich  einige  Männer  mit  blonden  Haaren  und  blonden  Barten  bemerkt.  Viele 
blondhaarige  und  dunkelblauäugige  Männer  sah  ich  unter  den  Ghiaswend-Kurden, 
die  im  Sommer  bei  Gazwin,  im  Winter  bei  Kermänschah  wohnen.  Einer  der 
Häuptlinge  des  Üji'ideki-Luren-Stainmes,  Soleimän  Chan,  bei  Chorremäbäd  wohn- 
haft, hat  hellblaue  Augen  und  einen  röthlichen  blonden  Bart.  Ein  Direkwend- 
(Luren-)lläuptliiig,  Schah  Muhammed  Chan,  den  ich  in  Dizful  sah,  hatte  einen 
ungefärbten  rothcn  Bart  und  dunkelblaue  Augen.  Der  türkische  Affschär-Stamm 
hat  viele  blonde  Männer.  In  Färs,  unter  den  türkischen  Stämmen,  wie  unter  den 
Mama  Senni  (ein  r.ek-Staram),  den  sogenannten  arabischen  Stämmen  und  den 
ßächtiären,  sah  ich  nur  schwarze  Haare  und  sehr  dunkle  Augen.  Einen  blonden 
Bächtiären  sah  ich  zwischen  Schuschter  und  Ispahan.  Unter  den  Tlniüri-  (ein  in 
Chorassän  wohnhafter  türkischer  Stamm)  bemerkte  ich  zwei  blonde  Männer.  Unter 
200  Belütschen  in  Küdbär  (südlich  von  Kermän)  war  ein  ziemlich  blonder  Mann, 
Seif  Ulluh  Chan.  Unter  den  Armenern  in  Djulfä  (Ispahan)  habe  ich  bis  jetzt  nur 
drei  blonde  Männer  gesehen.  Blonde  Männer  sind  häufiger  unter  den  Armenern  von 
F'eridan. 

Höchstwahrscheinlich  giebt  es  viele  blondhaarige  Männer  und  Frauen  in  Per- 
sien; wie  aber  schon  oben  bemerkt,  ist  das  Färben,  namentlich  bei  den  Frauen, 
allgemein,  und  ist  die  ursprüngliche  Farbe  nicht  zu  erkennen.  Ich  kann  noch 
bemerken,  dass  der  Haarwuclis  der  Perser  gewflhnlich  stark  ist.  Durch  \ieles 
Rasieren  werden  die  Haare  hart  und  dick.  Oft  im  dreissigsten  Jahre,  sicher 
im  vierzigsten,  werden  die  Haare  grau,  der  Wuchs  jedoch  bleibt  stark  bis  zum 
hohen  Alter. 

(18)  Hr.  Dr.  Theophilus  Hahn  berichtet  in  einem  Briefe,  d.  d.  Stellenbosch, 
10.  August,  über 

Feiszeichnungen  der  Buschmänner. 

Fs  scheint,  dass  mau  über  die  Entstehung  und  den  Zweck  der  Buschmanns- 
Malereien  noch  nicht  ganz  im  Klaren  ist;  gestatten  Sie  mir  daher,  darüber  eine 
Erklärung  abzugeben. 

Das  ganze  Gebirge,  welches  vom  Unterlauf  des  '.Garib  (Orange  River)  sich 
nach  Norden  zwischen  dem  16"  und  17'^  E.  of  Greenw.  bis  etwa  zum  25'^  südlicher 
Breite  hinzieht,  wird  von  folgenden  Buschmannsstämmen  bewohnt:  1)  ||Aunin. 
2)  JlObanin,  3)  jHuinin,  4)  |  Khomanin,  5)  :|:Hauin.  Alle  diese  Bushmänner  be- 
fleissigen  sich  noch  heute  der  Felsenmalerei;  dieses  Malen  nennen  sie  llhai.  Die 
alten  Leute,  Frauen  und  Männer,  lehren  es  den  Kindern;  sie  üben  diese 
Kunst  rein  aus  der  Lust  am  Darstellen.  Die  Zeichen  0  O  T  H,  die  unsereu 
Buschmannomauen  so  viel  Kopfzerbrechens  macheu,  erklärte  mir  ein  alter  Busch- 
mann selir  einfach:  0  O  sind  die  grösseren,  natürlichen  Aushöhlungen,  Löcher, 
(Cisternen)  in  den  Felsen;  die  Punkte  in  den  Cisternen  sind  die  Erhöhungen,  wie 
man  sie  öfters  im  Centrum  solcher  Löcher  findet.  Diese  Löcher  nennt  mau  llgaruti 
(plur.  von  Ijgarus,  Steinloch). 

i  T  H,  diese  Kreuze  sollen  die  !gau  !hou{?u  (plur.  von  Igau  Ihoub)  hoUänd. 
Stertriem  darstellen;  dieses  Paradestück  macht  der  Buschmann  vom  Stirnfell  des 
Zebra  und  lässt  es  hinten  über  den  Schnitt  seines  Hintern  peuduliren,  daher  auch 
der  Name  „Schnitt-Riemen"  (von  !gao  schneiden  und    !houb  Riemen).     Nicht  weit 

20* 


(308) 

von  der  Münrluog  des  II  Aub  oder  Fischflusses  in  den  !Garib  auf  dem  rechten  Dfer 
ist  ein  Ort  jj  Obas  mit  einer  schönen  Quelle,  der  Hauptort  der  ||  Obanin  im  wilden 
Gebirge,  wo  die  überhängenden  Felsen  reichlich  mit  Malereien  bedeckt  sind.  Eben- 
falls ist  die  Umgegend  von  ||  Huns  (siebe  Gru  nd  eman  u's  Missionsatlas)  reichlich 
mit  diesen  Malereien  bedeckt.  Dann  im  4:Khoichabfluss,  der  in  den  HG^a  Igib",  einen 
Nebenfluss  des  IIAub,  fliesst,  ist  ein  Platz  iHorab,  etwa  30  engl.  Meilen  südlich  von 
der  Miss.  Stat.  Bethanien,  wo  ebenfalls  noch  heute  von  den  Buschmännern  munter  ge- 
malt wird.  In  der  Umgegend  dieses  Ortes  sind  noch  andere  Orte,  wo  sich  diese  Male- 
reien finden,  wie  Tsams,  IjKhaugeb,  !Hunigus  und  II  Nau  Inas.  Auch  an  dem  West- 
abfall  der  grossen  ||Karas  ßerjen  liegt  ein  Ort  !Aun  las,  der  reich  an  diesen 
Malereien  ist.  Zu  den  Farben  gebrauchen  sie  Kohle,  gelben  Mergel,  torob  oder 
fettigen  Rötheistein  und  Kalk,  und  um  die  Farben  haltbar  zu  machen,  mengen  sie 
sie  mit  Fett,  Honig  und  Heira  (Gummi  arab.),  zu  welchem  Procentsatze,  kann  ich 
nicht  sagen. 

Ich  hatte  mich  in  Grossnaniaqualand  viel  nach  Buschmannszeichnungen  um- 
gesehen und  erkundigt,  aber  ohne  Erfolg,  bis  ich  einmal  das  herrliche  Buch  von 
Dr.  Gustav  F ritsch  über  die  Eingeborenen  Südafrikas  zur  Hand  nahm  und  die 
Buschmannszeichnungen  darin  einem  alten  Buschmann  von  den  Huinin  zeigte,  der 
dann,  ganz  ausser  sich  vor  Freude,  mir  über  das  lange  Gesuchte  den  klarsten  Auf- 
schluss  gab;  der  alte  Bursche  übte  selbst  diese  Kunst  und  machte  mir  auch  ein 
Feuer  auf  Buschmannsart  mit  dem  Feuer-Bohrer.  Darüber  ein  ander  Mal.  Nun 
werden  wohl  Hypothesen,  wie  solche,  dass  diese  Felsen  maiereien  zu  religiösen 
Uebungen  der  Buschmänner  gehörten,  und  was  dergleichen  mehr  erdacht  wird,  ein 
Ende  nehmen. 

(14)  Der  correspondirende  Secretär  der  Ottumwa  Natural  Science  Association, 
Hr.  Samuel  B.  Evans,  schreibt  in  einem  Briefe,  d.  d.  Ottumwa,  Jowa,  7.  Juli,  über 

die  Bedeutung  der  nordamerikaniscben  Mounds. 

It  has  occurred  to  me  to  communicate  to  you  as  the  partial  result  of  my  ex- 
plorations  among  the  ancient  mounds  of  this  vicinity: 

I.  Many  of  the  mounds,  which  are  150  feet  in  circumference  and  4  feet  high  con- 
tain  nothing  except  a  few  pieces  of  flint,  or  clips  of  obsidian  and  small  pieces  of 
gray  granite,  showing  the  action  of  fire. 

n.  The  stone  implements  found  in  mounds  are  almost  invariably  broken. 

IH.  The  same  may  be  said  of  specimens  of  pottery. 

I  class  the  mounds  here  as  1)  Mounds  of  Observation  or  simple  sites. 
2)  Mounds  for  cremation.  8)  Mounds  for  inhumation.  The  mounds  of  Observation 
or  simple  sites  are  on  the  tops  of  the  highest  bluffs  or  hüls  in  the  vicinity,  and 
I  have  traced  a  chain  of  such  mounds  reaching  from  Ottumwa  on  the  Des  monies 
river  to  Keosangena,  thirty  five  miles  distant.  The  mounds  for  cremation  are 
about  140  feet  in  circumference,  and  S'/»  feet  high,  and  contain  stratas  of  ashes, 
charcoal  and  bone  material,  one  inch  in  thickness,  one  foot  apart.  Mounds  of  in- 
liumation  generally  contain  but  one  skeleton  enclosed  in  a  rüde  sarcophagus  of 
limestone.  It  was  my  fortuno  in  .July  of  last  year  to  exhume  what  I  believe  to  be 
a  genuine  rnound  builder's  skull,  in  van  Bereu  County  of  this  State.  The  dimensions 
of  the  skull  are  as  follows:  Horizontal  circumference  2()  in.,  longitudinal  are  from 
nasal  depression  along  iniddle  line  of  skull  to  occipital  i)rotub(n-ance  13  iuches, 
transverse   measurement  >)  in.,  vertical  3,75  in.,  longitudinal  measurement  8  inches. 


(309) 

(15)  Hr.  Dr.  Nehring  berichtet  in  einem  Briefe,  d.  d.  Wolfenbüttel,  8.  "^Au- 
gust, über 

neue  Funde  der  kleinen  Diluvialfauna  In  Höhlen. 

lu  dem  Sitzungsberichte  vom  11.  Januar  interessirte  mich  besonders  Ihre  Mit- 
theilung iibi'r  den  Schädel  aus  einer  Knochenhöhle  von  Gorenice  beiOjcow, 
weil  ich  in  diesen  Tagen  eine  grosse  Zahl  kleinerer  Wirbelthier-Reste  aus  «'iner 
der  Knoclienhöhlen  von  Ojcow  durch  die  Güte  des  Hrn.  Prof.  Römer  zur  Unter- 
suchung erhalten  hatte.  Die  betr.  Reste  rühren  von  kleineren  Säugethieren,  Vögeln 
und  Batrachiern  her;  sie  sind  zum  Theil  noch  ziemlich  frisch,  zum  Theil  von 
älterem  Aussehen,  doch  auch  die  letzteren  viel  recenter  aussehend,  als  meine  fossi- 
len Thierreste  von  Thiede  und  Westeregeln.  Wichtig  ist  es,  dass  ich  unter  jenen 
polnischen  Fossilien  auch  Lemmingsreste  gefunden  habe,  nehmlich  'A  wohlerhalteue 
Unterkiefer  vom  Halsbandlemming  (myodes  torquatus)  und  1  Unterkiefer  nebst 
Oberschädelfragment  vom  gemeinen  Lemming  (Myodes  lemmus,  wahrscheinlich  var. 
obeusis).  Durch  diese  Entdeckung  fällt  ein  neues  Licht  auf  den  ehemaligen  Ver- 
breitungsbezirk,  resp.  die  ehemalige  Hauptrückzugslinie  jener  nordischen  Nager. 

Meine  Ferienreise  hatte  den  Hauptzweck,  der  kleineren  Diluvialfauna  nach- 
zuspüren, und  ich  habe  dabei  guten  Erfolg  gehabt,  theils  in  öffentlichen  Samm- 
lungen, theils  in  Knochenhcihlen  an  der  Lahn  und  in  Oberfranken.  Ich  habe 
überall  dieselben  kleineren  Wirbelthierspecies  gefunden,  wie  bei  Thiede  und  Wester- 
egeln, oder  doch  die  Mehrzahl  derselben,  je  nach  den  lokalen  Verhältnissen;  so 
z  B.  die  beiden  Lemmiugsarten  in  Bonn  aus  der  Balver  Höhle,  daneben  den 
kleinen  Pfeifhasen,  das  Moorschneehuhn  u.  a.,  in  Wiesbaden  aus  der  „Wildscheuer" 
bei  Steeten  a.  d.  Lahn,  sowie  aus  den  dortigen  Steinbrüchen  beide  Lemmings- 
arten,  Arvicolu  ratticeps,  Arvicola  gregalis,  Lagomys  pusillus,  Lagopus  albus  und 
alpinus  etc.  Ebenso  im  Sen  kenberg'schen  Museum  zu  Frankfurt  a.  M.,  in  der 
Baireuther  Kreissammlung  etc.  Selbst  gefunden  habe  ich  jene  Arten  bei  Steeten 
a.  d.  Lahn,  und  in  mehreren  Höhlen  bei  Rabenstein  in  Oberfranken,  wo  ich  mich 
der  Hülfe  des  auch  Ihnen  bekannten  Höhlengräbers  Hans  Hoesch  zu  erfreuen  hatte. 

(16)  Hr.  Dr.  Nehring  übersendet  Mittheilungeu  seines  Bruders  Carl  Neh- 
ring, Apotheker  in  Piracicaba,  Brasilien,  Provinz  St.  Paulo,  d.  d.  28.  Mai 
1879,  über 

indianische  Graburnen. 

„Wie  ich  schon  in  meinem  letzten  Briefe  mittheilte,  hatte  ich  in  der  hiesigen 
Umgegend  ')  eine  indianische  Graburne  entdeckt,  welche  jedoch  trotz  des  vorsich- 
tigsten Ausgrabens  zerbrach;  da  ich  aber  durchaus  einige  solcher  Urnen  zu  haben 
wünschte,  und  ich  überzeugt  war,  dass  an  demselben  Orte  noch  mehrere  vorhanden 
seien,  so  kam  ich  auf  folgende  Idee,  dieselben  ohne  Nachgrabung  zu  entdecken. 
Ich  nahm  einen  langen  eisernen  Bratspiess  (einen  solchen,  an  welchem  man  hier 
bei  uns  Ochsenfleisch  bratet),  stiess  ihn  auf  dem  Urnenfelde  überall  in  die  Erde, 
erst  in  gerader,  dann  in  schräger  Richtung,  und  siehe  da!  auf  diese  Weise  habe 
ich  eine  ganze  Portion  entdeckt,  mehrere  auch  in  gutem  Zustande    herausgegraben. 

Bisher  habe  ich  vier  Urnen  im  Hause,  zwei  grössere  für  Erwachsene  und  zwei 
kleinere  für  jüngere  Individuen,  mehrere  andere  zerbrachen  beim  Ausgraben  oder 
beim  Transporte.     In  den   meisten  finden  sich  noch  Knochen  vor,  von  Waffen  jedoch 


])  Die  betr.  Stelle  liegt  1 '/^  Legoa  von  Piracicaba  eutfernt. 


(310) 

keine  Spur;  auch  ausserhalb  iu  der  Umgebung  der  Urne  ist  bis  jetzt  weder  eine 
Pfeilspitze,  noch  ein  Beil  gefunden  worden.  Scherben  von  allerlei  Gefässen  finden 
sich  massenhaft,  auch  kam  der  Kopf  einer  Thonpuppe  zum  Vorschein. 

Das  Terrain  ist  ziemlich  sandig  und  enthält  keine  Steine;  der  einzige  Stein, 
welcher  in  der  Nähe  der  Urne  lag,  scheint  als  Schleifstein  benutzt  zu  sein.  Die 
meisten  Töpfe    sind  durch  hineingewachsene  Baumwurzeln  aus  einander  gesprengt, 

selten  ist  einer  ganz  unversehrt.  Fast  immer  standen 
sie  so,  dass  die  Oeffnung  nach  oben  gekehrt  und  mit 
einem  Deckel  bedeckt  war;  doch  waren  die  Deckel 
meistens  zerbrochen,  entweder  durch  den  Erddruck, 
oder    durch   wühlende  Thiere ,    wie  Tatu  etc.     Einige 


Fig.  1.  

Töpfe  zeigten  sich  in  umgekehrter  Stellung,  also  mit 

der  Oeffnung  nach  unten,  etwa  "2 — 4  Fuss  tief  mit  Erde 

bedeckt. 

Die  grösseren  Gefässe  haben  einen  solchen  Um- 
fang, dass  sie  wohl  3  Himpten  Kartoffeln ')  fassen 
können,  die  kleineren  sind  ungefähr  halb  so  gross. 
Es  scheinen  ganze  Skelette  darin  beigesetzt  zu  sein; 
"•  ~'       \  y  die  Arm-  und  Beinknochen  sind  noch  ziemlich  erhal- 

ten, während  die  Schädel  meist  schon  zerfallen  sind. 
Nur  der  Gesichtstheil  eines  Schädels  mit  Gebiss,  Nase 
und  einer  Augenhöhle,  sowie  der  zugehörige  Unter- 
kiefer sind  gut  erhalten. 

Die  Formen  der  Töpfe  sind  verschieden;  die 
grösseren,  welche  ich  besitze,  zeigen  nachstehende 
Form  (Fig.   1);    sie    sind    mit    regelmässigen   Figuren 

F'R-  '^-      ^ ^ -^        bemalt.    Die  kleineren  sind  birnförmig  (Fig.  2),  ohne 

Malerei.  Auch  fanden  sich  Gefässe  von  der  Form, 
welche  Figur  3  zeigt;  dieselben  zerbrachen  jedoch 
bei  der  Ausgrabung." 

(17)  Hr.  Dr.  H.  Jentsch  schreibt,  d.  d.  Guben,   16.  October,    über  den   Fund 

einer   römischen  Münze  bei  Guben,  den  Namen  Freesdorf  und  eine  Urne  mit  Seitenöffnung. 

Auf    dein  Schulacker    zu  Pohlo,    Kr.  Guben,    ist    1867    eine    zu  '-'/g  erhaltene 
römische    Erzmünze    der    Julia    Domna    ausgepflügt,    deren    Inschrift   Hr.  Directoi- 
Dr.   Friedländer  folgendermassen  ergänzt  hat: 
Av.  IVLIA-  (AVGVSTA).     Kopf. 

Rev.  (MATER)-  DEVM.  Sitzende  Göttin,  neben  dem  Thron  2  Löwen  gelagert. 
Da  keiner  der  Vorbesitzer  dem. Fundort  irgend  welche  Bedeutung  beigemessen 
hat,  ist  die  Annahme  einer  Täuschung  ausgeschlossen.  Aus  der  dritten  Hand  ist 
das  Stück  in  die  Gubener  Gymnasialsammlung  übergegangen.  Die  Zahl  der  im 
Neuen  Lausitzer  Magazin  Bd.  43,  51,  55,  angeführten  niederlausitzischen  Fundorte 
röenischer  Kaisermünzen  steigt  hierdurch  auf  15,  die  Zahl  der  nachweisbaren  Stücke 
auf  42. 

Die    Frage    über    die    Entstehung    des   Namens  Freesdorf    scheint    nunmehr 
entschiodeii    zu    sein    durch    eine    in   J.   P.  Ludewig,    Reliquiae    mauuscriptorum 

\)  3  IIitii|iloii    Kartofl'eln   uiifrpfulir    -  1'/-'   Ceiitner. 


(311) 

omnis  aevi  rliplomatum  ac  monumentorum  Tom.  I.,  p.  175,  abgedruckte  Urkunde 
aus  dem  Jahre  1297  bezüglich  der  Schenkung  des  Dorfes  an  das  Kloster  Dobrilugk. 
Die  Bezeichnung  lautet:  villam,  quae  Fredri  chstorf  vocatur  et  est  sita  prope 
civitatom  Luckow;  in  der  gleichzeitigen  deutschen  Uebersetzung  (ib.  p.  177): 
Fredrichstorf  by  Luckow  —  zum  Unterschiede  von  dem  bereits  1226  und  1234  in 
Urkunden  (ib.  p,  34,  'SG,  49)  unter  den  Besitzungen  des  Klosters  erwähnten  Krie- 
dersdorf  bei  Dobrilugk.  In  einer  Urkunde  vom  Jahre  1431  (ib.  p.  4G3,  468)  er- 
scheint der  Name  in  der  Form  Fridrichstorli".  Da  einerseits  feststeht,  dass  Frees- 
dorf  dem  Kloster  Dobrilugk  angehört  hat,  andererseits  in  dessen  späteren  ßesitz- 
catalogen  sich  keine  Ortschaft  findet,  auf  welche  jene  Bezi'ichnung  bezogen  werden 
könnte,  so  kann  unter  Friedrichsdorf  bei  Luckau  nur  Freesdorf  verstanden  werden. 
Nach  gelegentlicher  Mittheilung  des  Superintendanten  der  Luckauer  Ephorie  Hrn. 
Tzschabrone  zu  Pilschen  findet  sich  später  die  Form  Fredersdorf.  Die  Versuche 
der  anderweitigen  Namensdeutuug  in  den  Verhandlungen  1878,  S.  294,  299,  werden 
hierdurch   li  in  fäll  ig. 

Fndlicii  will  ich  zu  S.  218  der  Verhandlungen  1878  die  Notiz  beizufügen  nicht 
unterlassen,  dass  sich  in  der,  mit  der  gräfl.  Schafgotsch'schen  Bibliothek  zu  Warm- 
brunn verbundenen  Urnensaiumlung  ein  Gefäss  von  etwa  l()r?/iHöhe  und  7cm  Durch- 
messer befindet,  in  dessen  steil  und  gleichmässig  cylindrisch  aufsteigender  Wan- 
dung unmittelbar  über  dem  völlig  ebenen  Boden  sich  eine  ungefähr  ovale,  offenbar 
bei  der  Fabrikation  angebrachte  Oeffnung  von  4  cm  Breite  und  3  cm  Höhe  befindet. 
Den   Fundort  habe  ich  nicht  erfahren  können 

(18)  Hr.  Rittmeistor  Krug  berichtet,  d.  d.  Haus  Jessen,  20.  Mai,  über 
Alterthümer  im  Kreise  Sorau,  Niederlausitz. 

Südlich  vom  Gute  Jessen,  Kreis  Sorau,  liegt  an  der  Grenze  der  Feldmark  eine 
Kiefern-Schonung  von  ungefähr  2  ha  Grösse,  begrenzt  durch  etwas  höheres  Stangen- 
holz. Die  jetzige  Schonungsfläche  liess  vor  30  bis  40  Jahren,  als  sie  mit  schlag- 
barem Holze  besetzt  war,  der  damalige  Besitzer  abräumen,  und  fand  man  beim 
Herausnehmen  der  Baumwurzeln  eine  grosse  Menge  Steine  in  der  Erde,  so  dass 
der  Holzschlag  gleichzeitig  als  Steinbruch  benutzt  wurde,  zumal  Feldsteine  in  der 
Gegend  nicht  häufig  sind,  heim  Herausgraben  der  Steine  sollen  nun  damals  von 
den  Arbeitern  eine  sehr  grosse  Anzahl  von  Urnen  gefunden  sein,  welche  jedoch 
grössten  Theils,  da  Niemand  dafür  Interesse  hatte,  entweder  bereits  zerbrochen  aus 
der  Erde  kamen,  oder  später  zerschlagen  wurden. 

Die  Fläche,  ein  sehr  leichter  Sandboden,  lag  nachdem  sie  abgeholzt  war.  viele 
Jahre  unbebaut,  bis  sie  vor  vielleicht  12  Jahren  wieder  mit  Kiefern  bepflanzt 
wurde;  sie  war  au  einigen  Stellen  vollständig  umgewühlt,  und  mussten  desshalb 
die  Steiulöcher  zugeworfen  und  der  Boden  planirt  werden  Dadurch  sowohl,  als 
durch  den  Einfluss  der  Witterung  in  den  langen  Jahren  ist  die  Erdoberfläche 
wesentlich  verändert  worden,  man  erkennt  wohl  hin  und  wieder  noch  kleine,  runde 
Hügel  (tumuli),  besonders  noch  einen,  mehrere  hundert  F'uss  langen  Hügelzug;  im 
Allgemeinen  jedoch  ist  durch  das  Graben  nach  Steinen,  bei  welchem  die  lose  Erde 
tief  aufgewühlt  wurde,  danach  Regen  und  Sturm,  jetzt  die  Oberfläche  eine  ebene. 

Als  ich  im  vergangenen  Herbste  von  den  früheren  Urnen-Funden  an  dieser 
Stelle  hörte,  liess  ich  dort  nachgraben;  ich  fand  sofort  mehrere,  theils  bereits  durch- 
wühlte, theils  noch  unberührte  Gräber,  und  in  ihnen  ausser  einer  Unmasse  von 
Scherben  viele  gut  erhaltene  Gefässe,  so  dass  ich  in  kurzer  Zeit  über  hundert 
Urnen  und  andere  (ipfüssp.  grösstentheils  gut  conservirt,  sammeln   konnte.     Haupt- 


(312) 

sächlich  war  der  angeführte  kleine  Höhenzug  mit  Gräbern  besetzt.  Dieselben  liegen 
zuweilen  sehr  tief  in  der  Erde,  oft  auch  ganz  flach,  und  glaube  ich  die  Ursache 
hiervon  in  der  ^egen  früher  veränderten  Erdoberfläche  suchen  zu  müssen.  Ich 
kann  wohl  sagen,  die  kleine  Schonung  enthält  nicht  eine  Quadratruthe,  in  deren 
Untergründe  nicht  Urnen  ständen,  allerdings  ist  es  schwer,  diese  ganz  erhalten 
herauszufordern,  da  wie  gesagt,  dort  bereits  sehr  viel  gegraben  wurde,  und  das 
Terrain  an  manchen  Stelleu  vollständig  durchwühlt  ist.  Es  finden  sich  aber  den- 
noch viele  bisher  unberührte  Gräber.  So  fand  ich  ein  solches  mit  grossen  Steinen 
eingefasst  und  bedeckt,  welches  ausser  einer  beträchtlichen  Menge  von  Scherben 
22  Urnen  und  andere  Gefässe,  Schaalen,  Töpfe,  Kannen,  enthielt,  von  denen  nur 
drei  Urnen  mit  Asche  und  Knochenresteu  gefüllt  waren:  zwei  sehr  grosse,  welche 
jedoch  beim  Herausnehmen  zerbrachen,  und  eine  dritte,  kleine,  ganz  schwarze. 
In  letzterer  lag  ein  kleiner  Bronze-Ring.  Bronzene  oder  kupferne  Gegenstände 
fanden  sich  hin  und  wieder,  meistens  Ringe  oder  Nadeln,  jedoch  vollständig  zer- 
stört; in  einigen  Urnen  fand  ich  unter  den  Knochen  mehrere  Zähne,  allerdings  nur 
die  Schneidefläche,  nie  einen  vollständigen  Zahn,  auch  kleine  Zierrathen  von  Stein, 
durchbohrt,  welche  jedenfalls  zu  einer  Kette  vereint,  als  Schmuck  gedient  hatten. 
In  einem  Grabe  fand  ich  eine  Steinaxt,  von  grünem,  glänzend  polirtem 
Stein,  mit  einem  glatt  gebohrten  Stielloche,  9  cm  lang  und  4  cm  hoch,  daneben 
liegend  ein  Trinkhorn  von  gelbgrauem  Thone  (vergl.  S.  151).  Dasselbe  ist  in 
seinen  oberen  Theilen  schön  durch  gegenübergestellte  grade  Striche  verziert,  in 
seinem  unteren  Theile  glatt. 

Auch  einige  Urnen  mit  weit  vorstehenden  Buckeln  wurden  gefunden,  so  be- 
sonders eine  schwarze,  welche  bis  auf  ein  kleines  Stück,  welches  aus  dem  Rande 
fehlt,  vollständig  erhalten  und  selten  schön  ist.  Leider  ist  ihre  zuerst  tief  schwarze 
Farbe  durch  Abwaschen  mit  Wasser  an  einigen  Stellen  etwas  verblichen.  Ich  habe 
hierbei  bemerkt,  dass  die  Farbe  der  Gefässe  oft  durch  Abwaschen  gänzlich  ver- 
ändert wird,  dieselben  sind  daher  wohl  ursprünglich  oft  gefärbt. 

Im  Anschlüsse  an  diese  Fundstätte,  welche  offenbar  ein  grosser  Begräbnissplatz 
war,  liegt,  wie  schon  gesagt,  höheres  Holz;  auch  in  diesem  bemerkt  man  kleine 
Erhöhungen  (vielleicht  tumuli?)  —  hier  ist  noch  nicht  gegraben.  Eine  Stelle  in 
diesem  Holze  wird  die  „Swina"  genannt,  und  soll  nach  alter  Tradition  hier  ein 
„lleidentempel"  gestanden  haben.  Ich  fand  bei  Besichtigung  der  Swina,  mitten  im 
Walde,  ein  flaches,  vertieftes  Becken,  welches  noch  zur  Zeit  jetzt  lebender  alter 
Leute  mit  Wasser  gefüllt  war.  Die  auf  dem  Boden  liegenden  vielen  glatten  Kiesel 
deuten  darauf  hin,  dass  dort  ein  Wasserbecken  war;  jetzt  ist  der  Boden  trocken, 
die  Umrisse  des  Beckens  sind  jedoch  noch  deutlich  erkennbar.  Von  hieraus  führt 
jetzt  ein  Graben,  welchen  sich  der  Besitzer  der  Jessener  Wassermühle  angelegt 
hat,  um  das  Wasser  nach  seiner  Mühle  zu  leiten,  wodurch  der  frühere  Teich  ent- 
wässert wurde.  Am  Rande  des  früheren  Teiches  soll  der  Tempel  gestanden  haben; 
ich  fand  dort  keine  Spur  eines  früheren  Baues  vor,  obgleich  mir  gesagt  wurde,  dass 
vor  einiger  Zeit  dort  noch  Steinfundamente  gewesen  sein  sollen. 

Die  Sage  von  dem  vormaligen  „Heidenterapel"  ist  in  der  ganzen  Gegend  ver- 
breitet. Sollte  die  Bezeichnung:  „Swiua"  vi<'lleicht  mit  dem  polnischen  sweuti 
(heilig)  zusammenhängen? 

Ich  glaube,  dass  ausser  diesem  grossen  Begräbuissplatze  sich  in  der  Feld- 
mark Jessen  noch  viele,  mit  Urnen  besetzte  Stellen  ünden ;  ich  habe  hauptsäch- 
lich im  Walde,  wo  überwiegend  leichterer  Boden  vorherrscht,  öfter  schon  Urneu- 
scherben   gefunden. 


(313) 

(19)  Hr.  Gymnasialdirektor  W.  Schwartz  in  Posen  sendet  einen  Bericht  des 
Regierungsraths  v.  Hirschfeld,  Vorsitzenden  des  historischen  Veieins  für  den 
Regierungsbezirk  Marienwerder  vom  5.  October  über  den,  dem  genannten  Verein 
von  Hrn.  Rittergutsbesitzer  Wilckens  auf  Sypniewo  geschenkten 

Gold-  und  Bronzefund  aus  Dorotheenhof,  Kreis  Flatow. 

Im  Juli  1879  fanden  zwei  Arbeiter  auf  dein  zum  Rittergute  Sypniewo  gehörigen 
Vorwerke  Dorotheenhof  beim  Steinsuchen  und  Sleinsprengen  etwa  2.^U  m  nördlich 
von  den  in  Heft  [IL,  S.  99,  der  Zeitschrift  des  historischen  Vereins  für  den  Regie- 
rungsbezirk Marien  Werder  beschriebenen  Gräbern  eine  Packung  grösserer  Steine, 
deren  oberster  etwas  aus  der  Erde  hervorragte.  Das  Terrain  war  früher  bewaldet, 
doch  Hess  sich,  trotz  der  genauen  Untersuchungen  des  Hrn.  Fritz  Wilckens, 
welcher  mit  grosser  Sorgfalt  die  Fundstelle  aufgenommen,  sowie  den  Bestand  fest- 
gestellt hat,  keine  Spur  eines  über  der  Steinsetzung  vorhanden  gewesenen  Hügels 
ermitteln,  so  dass  aus  den  in  Heft  III.  der  genannten  Zeitschrift  (S.  31  u.  folg.) 
augeführten  Gründen  offenbar  auch  von  Hause  aus  gar  nicht  ein  mit  Grasnarbe  ver- 
sehener Hügel  darüber  errichtet  worden  ist.  Bis  zur  Sohle  der  Steinsetzung  war 
das,  dieselbe  bedeckende  Erdreich  bereits  durchgegraben,  jedoch  ohne  dass  sie  berührt 
oder  verrückt  worden  ist.  Daher  dürfte  die  Annahme  einer  Bodenerhöhung  der 
ganzen  umliegenden  Erdoberfläche  ausgeschlossen  sein.  V^ielraehr  erscheint  die 
Vermuthung  mehr  als  wahrscheinlich,  dass  die  Steinsetzun^  in  eine  Vertiefung  des 
Erdreichs  gesetzt  und  dann  mit  diesem  bis  au  den  Gipfel  zugeschüttet  ist. 

Die  Steinsetzung  selbst  war  so  angelegt,  dass  sie  inwendig  eine  runde  Höhlung 
olfen  Hess,  welche  unten  und  oben  eng  war,  sich  aber  an  den  Seiten  etwas  aus- 
bauchte. Den  Boden  der  Höhlung  bildete  ein  eingekeilter  Feldstein  mit  wage- 
rechter oberster  Fläche.  Auf  dieser  stand  ein  mit  grüner  Patina  überzogener,  aus- 
gebauchter Bronzekessel.  Sein  Henkel  aber,  sowie  die  beiden  Henkelohren,  deren 
mit  dem  Kessel  verbindende  Löthung  zerstört  war,  hatten  sich  losgelöst  und  hingen 
am  Kessel.  Der  mit  einem  flachen  unbearbeiteten  Steine  zugedeckte  Kessel  ist 
Ib  cm  hoch.  Seine  Form  und  Ornamentik  entspricht  bis  auf  einzelne  Abweichungen 
der  in  Heft  I.  der  Zeitschrift  unseres  Vereins  S.  176,  Nr.  72,  beschriebenen  und 
auf  Tafel  VI  11.,  Fig.  9  und  10,  abgebildeten  ßronzeurne  aus  Münsterwalde,  welche 
Hr.  Dr.  Lissauer  entdeckt  und  im  Band  111.,  Heft  3,  der  Schriften  der  natur- 
forschenden Geseilschaft  zu  Danzig  zuerst  veröffentlicht  hatte.  Sein  weitester 
Durchmesser  (an  der  Ausbauchung)  beträgt  35  cm,  der  Durchmesser  seines  Bodens: 
15  cm  und  der  seiner  Oeftuung  26  cm.  Der  weiteste  Umfang  (an  der  Ausbauchung) 
ist  1,1  ;«. 

Der  in  seiner  Form,  aber  nicht  in  seiner  Substanz  vollständig  erhaltene  Körper 
des  Kessels  ist,  soweit  die  bisherige  nicht  chemische  Untersuchung  einen  Anhalt 
bietet,  aus  kupferfarbigem  Bronzeblech  in  einem  Stücke  getrieben.  Nähte  oder 
Löthstreifen  sind  nicht  vorhanden.  Er  besteht  aus  einem,  2  cm  hohen  Fusse  und 
tlem  ausgebauchten  Theile,  welcher  mit  einem  kurzen  Halse  in  einen  nach  aussen 
umgebogenen  starken  Rand  endigt.  Der  Körper  des  Kessels  zeigt  geschweift  und 
einander  parallel  laufende,  getriebene,  nach  Innen  flach  convexe,  nach  Aussen  flach 
concave  Wellen,  welche  Aussen  stumpfwinklig  convex  aneinanderstossen.  Dieselben 
sind  vom  Halse  durch  eine  getriebene,  nach  Aussen  convexe  "Wulst  und  vom  Fusse 
durch  2  Paar  concentrischer  Kreise  geschieden.  Zwischen  beiden  Paaren  dieser 
Kreise,  ist  0,7  cm  Zwischenraum;  die  zwei  Kreise  eines  jeden  Paares  sind  0,3  cm 
von  einander  entfernt.  Der  Fuss  enthält  einen,  nach  Aussen  1  cm  breit  convex  ge- 
triebeneu Rand    und    ragt    über    der   Fläche  des,    zugleich  den    Boden  des  Gefdsses 


(314) 

bildenden  Fusses  um  0,35  cm  hervor.  Auf  dem  Rande  laufen  2  nahe  an  einander 
stehende  conceutrische  Kreise  hin.  Der  flache  runde  Boden  des  Fusses  und  Kessels 
zeigt  in  der  Mitte  eine,  0,2  cm  im  Durchmesser  betragende,  nach  Innen  convex  halb- 
runde Vertiefung.  Um  .diese  laufen  in  1,5  cm  Entfernung  von  ihrem  Mittelpunkte 
(also  mit  einem  1,5  cm  langen  Radius)  zwei,  0,25  cm  von  einander  entfernte,  con- 
centrische  Kreise,  sowie  in  2,8  cm  Entfernung  vom  Mittelpunkte  zwei  weitere,  eben- 
falls 0,25  cm  von  einander  entfernte,  conceutrische  Kreise.  Am  Ende  des  Bodens 
gegen  den  erhabenen  Rand  hin  befinden  sich  wiederum  zwei  dicht  an  einander 
stehende,  concentrische  Kreise.  Eine  weitergehende  nähere  Untersuchung  schliesst 
der  oxydirte  und  mit  Schmutz  bedeckte  Zustand  des  Kessels  zur  Zeit  noch  aus. 
Ursprünglich  angelöthet  an  den  Kessel,  aber  bereits  abgelöst  waren  2  Ohren  für 
den  Henkel.  Dieselben  sind  massiv,  4  cm  stark  und  aus  einer  anscheinend  mehr 
gelblichen  Bronze,  wie  der  Körper  des  Kessels,  verfertigt.  Jedes  Ohr  hat  die  Form 
eines  stumpfwinkligen,  jedoch  abgerundeten  Dreiecks  von  7,5  cm  Grundfläche  und 
2.4  cm  Höhe,  dessen  Katheten  indessen  arabeskenartig  ausgeschweift  sind.  In  0,i>  cm 
Höhe  findet  sich  ein  rundes  Loch  von  0,8  cm  Durchmesser.  Die  gerundete  Aussen- 
fläche  ist  einfach,  aber  geschmackvoll  mit  krummen  Linien  u.  s.  w.  um  das  Loch 
herum  und  am   Rande  verziert. 

Der,  in  zwei  elegant  geschweifte  Haken  auslaufende  Henkel  bildet  einen  Halb- 
kreis von  13  cm  Radius,  besteht  anscheinend  aus  dunkler  Bronze  gleich  dem  Körper 
des  Kessels,  ist  gewunden  und  0,7  cm  an  den  schwächern,  sowie  0,9  cm  an  den 
dickeren  Stellen  stark.  Die  Form,  Ornamentik  und  bezw.  Technik  des  Kessels 
zeigt  weder  den  Hallstädter  Typus,  noch  irgend  eine  Zugehörigkeit  mit  den  in 
Lindenschmit's  Alterthümern  der  heidnischen  Vorzeit  bekannt  gemachten  Formen. 

In  dem  Kessel  befanden  sich  ausser  den  calcinirten  Knochen  (wohl  jedenfalls 
einer  Frau  und  eines  Mannes)  folgende  Gegenstände,  welche  den  Todten  mit- 
gegeben sind: 

1)  Ein  goldener  Reif,  offenbar  Halsring  mit  Haken  und  Oehse,  von  13  cm 
Durchmesser,  von  0,2  bis  0,4  Stärke  und  103,5  M.  Goldwerth.  Gegenüber  dem 
Verschlusse  bildet  er  ein  ovales  offenes  Medaillon  von  1,9  cm  Länge  und  1,35  cm 
Breite.  Zwischen  zwei  spiralförmig  gearbeiteten  Einfassungen  läuft  rings  herum 
ein  goldener  Kranz  von  kleinen  Perlen.  Die  ebenfalls  ovale  Vertiefung  in  der 
Mitte  enthält  ein  Stückchen  blauen  Glasfluss. 

Jeder  der  Längenseiten  des  Medaillons  schliesst  sich  zwischen  zwei  zierlichen, 
aus  je  3  Kränzen  bestehenden  Knäufen  eine  2  cm  lange,  dicht  auf  einen  Stab  auf- 
gewickelte Spirale  an,  dann  kommt  ein  15,5  cm  langes  Schraubengewinde,  welches 
glatt  ausläuft  und  am  Ende  Haken  und  bezw.  Oehse  bildet.  Die  Form  und  Orna- 
mentik des  Ringes  kommt  weder  in  Lindenschmit's  genanntem  Werke,  noch  in 
den  Hallstädter  Gräbern,  noch  unter  den  in  Heft  1.  unserer  Zeitschrift  S.  152  bis 
165  beschriebenen  Ringeu  vor.  Ebensowenig  ist  es  nach  den  uns  vorliegenden 
Schriften  römische  oder  griechische  Arbeit.  Es  ist  anscheinend  altetrurisch  oder 
phönikisch.  Den  Ihilsring  glauben  wir  als  einer  Frau  angehörig  l»ez(Mchnen  zu 
können. 

2)  Zwei  vierkantige  Stäbchen  aus  grünlicher  Porzellan-  (Glasfluss-)  Masse  in 
Form  kleiner  Kante!.  Jede  der  vier  rechteckigen  LängenÜilchen  ist  4,7  cm  lang 
und  0,6  cm  hoch.  Auf  dreien  derselben  sind  Augen  wie  bei  Würfeln  angebracht, 
di»;  vierte  Seite  ist  leer.  Jedes  Auge  besteht  aus  einem  Punkte  inmitten  zweier 
conceiitriHcher  Kreise  mit  je  einem  Radius  von  0,1  und  0,2  cm.  M'w  Seiten  zeigen 
folgend«;   Reihenfolge   diT  Augen: 


(315) 

Seite  1  zeigt  nichts, 

„      2      „      H  Allgen  in  der  Mitte  der  Fläche, 
„3^4       ,.         und  zwar  je  2  an  jedem  Ende, 
4  fi  ^ 

Hinsichtlich  der  liestiramung  dieser  Stücke  scheint  kein  Zweifel  obzuwalten, 
daas  es  Spielstäbchen  oder  Würfel  waren,  doch  sind  uns  aus  den  bekannten  Samm- 
lungen oder  Werken  bisher  keine  von  ähnlicher  Form  hezw.  gleichartige  griechi- 
sche oder  römische  bekannt  geworden.  Nach  Heft  [.  der  Zeitschrift  S  22  wohnten 
auf  dem  Fundorte  zu  Tacitus  Zeiten  die  germanischen  Burgundionen,  und  bereits 
in  den  Jahrhunderten  v.  Chr.  Germanen  (a.  a.  0.  Seite  15 — 21),  deren  Vorliebe 
für  das  Würfelspiel  Tacitus  (Germ.  24)  schildert,  so  dass  wir  hier  eine  sinngemässe 
Deutung  finden.  Nach  der  Menge  der  vorhandenen  Knochen  haben  wir  es  hier 
mit  den  üeberresten  mehr  als  einer  Person  zu  thuu.  Wenn  wir  im  Hinblick  auf 
die  ethischen  Seiten  der  deutschen  Frau,  wie  solche  Tacitus  wiedergiebt,  in  einer 
solchen  keine  Spielsucht  annehmen,  sondern  dergl.  T^eidenschaft  nur  dem  männ- 
lichen Geschlechte  zusprechen,  so  werden  wir  die  Würfelstäbchen  als  Beigabe  eines 
Mannes  und  zwar  einer  vornehmen  Persönlichkeit  zu  betrachten  haben,  weil  der 
Besitz  dieser  seltenen  Einfuhrarlikel  der  vorchristlichen  Kulturstaaten  des  Südens 
auf  Wohlstand  und  Kang  deutet. 

3)  Zwanzig  knopfartige  Kugelsegmente  ohne  Löcher,  von  meist  2,4  cm  Durch- 
messer an  der  Grundfläche  und  0,80  bis  1  cm  Höhe.  Rins  derselben  besteht  aus 
der  nämlichen  grünlichen  Porzellan-  (Glasfluss-)  Masse,  wie  die  Stäbchen  Nr.  2, 
und  war  wohl  jedenfalls  ein  Einfuhrartikel  des  Südens  in  vorchristlicher  Zeit. 
19  Knöpfe  sind  aus  Kreide  gefertigt  und  offenbar  dem  Glasknopfe  von  den  hiesigen 
Landesbewohnern  nachgebildet.  Ueber  die  Bestimnuing  sind  verschiedene  Muth- 
massungen  aufgestellt,  wie  z.  B.  aufgenähte  Zierrathen  (Nähnadeln  kommen  hier  in 
verschiedenen   Grössen  vor),  ein  Spiel  und  dergl  mehr. 

4)  Vier  Bronzeplättchen,  welche  nicht  zum  Kessel  gehören.  Zwei  sind  glatt, 
zwei  gehören  einem  getriebenen  Beschlag  (z.  B.  eines  Gürtels)  an  und  zeigen  ein 
Muster,  wie  aufrecht  neben  einander  stehende  j\l. 

5)  Fragmente  eines  mit  der  betreffenden  Leiche  verbrannten  metallueu  Ge- 
räthes  (anscheinend  einer  Fibel.) 

(20)  Hr.  W.  Seh  war tz  schickt  die  Nr.  523  der  Posener  Zeitung,  enthaltend 
folgenden  Bericht  über 

ein  Gräberfeld  von  Wronke. 

Schon  einmal  vor  Jahren  hatte  der  Bürgermeister  Otterson  in  Wronke  dem 
Gynmasialdiroktor  Ur.  Schwartz  die  Gelegenheit  zu  einer  Ausgrabung  in  Wröblewo 
vermittelt,  jetzt  hat  er  von  Neuem  sein  Interesse  für  die  Sache  dadurch  bekundet, 
dass  er  eine  ebensolche  in  Zamosc,  der  Vorstadt  von  Wronke,  möglich  machte. 
Zu  derselben  hatten  sich  ausser  dem  Direktor  Dr.  Schwartz  der  Abgeordnete 
Kantak  (welcher  früher  schon  die  grossartigsten  Ausgrabungen  in  Dobieszewko 
unternommen  und  die  reichen  Funde  dem  hiesigen  Museum  geschenkt  hat),  sowie 
Dr.  Mankiewicz  und  die  Oberlehrer  Dr.  Wituski  und  Dr.  Kretschmer  Sonn- 
abend den  26.  Juli  nach  Wronke  begeben.  Auf  der  Besitzung  des  Ackerwirths  Grau 
erfolgte  die  Ausgrabung,  wenngleich  sich  herausstellte,  dass  das  alte  Gräberfeld 
weithin  nach  allen  Seiteu  sich  erstreckt  hatte  und  uoch  erstreckte,  denn  auch  in 
den  benachbarten  Grundstücken,  auf  dtMi  vorüberführenden  Landwegen  und  den 
angrenzenden   Saiidtlächen   ist  m:iii  gelegentlich  auf  Urnen  gestossen.     Diese  Gegend 


(316) 

auf  der  Höhe  am  nördlichen  (rechten)  Warthe-Ufer  besass  offenbar  die  älteste 
Ansiedelung  an  dieser  Stelle;  die  jetzige,  tiefer  gelegene  Stadt  auf  der  anderen  ist 
wohl  erst  die  spätere.  Auf  dem  Hofe  des  Hrn.  Grau  wurden  6  bis  8  Gräber 
geöffnet.  Sie  waren  nur  zum  Theil  mit  Steinen  umstellt  und  enthielten  neben 
einzelnen,  sehr  rohen  Töpfen  meist  schwarze  Gefässe  der  mannichfachsten  Art, 
Urnen  bis  zu  den  kleinsten  Formen,  Schalen  (eine  40  cm  im  Durchmesser  mit 
einem  grossen  Henkel)  Tassen  u.  s.  w.,  auch  2  sogenannte  Räucliergefässe.  Ein 
Grab  lieferte  übrigens  gerade  im  schroffeu  Gegensatze  dazu  lauter  helle  Topfsachen 
vom  feinsten,  sorgfältig  geschlemmten  Tlion,  die  merkwürdig  schön  erhalten  waren. 
Eines  der  reichhaltigsten  Gräber  zog  sich  bis  uuter  den  Stall  hin,  auch  in  der 
Scheune  stiess  man  wunderbarer  Weise  auf  ein  solches.  Im  Garten  waren  drei 
Gräber  mit  grossen  Feldsteinen  2—3  Fuss  unter  der  Erde,  doch  lieferten  sie  ver- 
hältnissmässig  weniger.  Dnter  den  anderen  Thonsachen  zeigten  einzelne  sehr  schöne 
Verzierungen,  überhaupt,  wie  schon  oben  angedeutet,  einen  bedeutenden  Fortschritt 
in  der  Fabrikation  gegenüber  den  gewöhnlich  gefundenen.  Weitere  Beigaben 
kamen  nicht  vor;  nur  fand  sich  an  einer  Saudstelle,  in  der  Nähe,  wo  früher  schon 
Urnen  gegraben,  eine  zierliche  Bronze-Nadel  mit  schöner  Patina. 

(21)  Hr.  J.  M.  Hildebrandt  theilt  in  einem  Briefe  aus  Nosibe  auf  Madagas- 
kar mit,  dass  er  nach   Meuabe  abzugehen  im  Begriff  stehe. 

(22)  Hr.  Robert  Felkin,  Medical  Missionary  of  the  Church  Missionary  Society 
of  London,  hat  an  den  Vorsitzenden  aus  Rogief,  Central  Africa,  ein  Schreiben,  d.  d. 
1(J.  November  1878  gerichtet,  in  welchem  er  mittheilt,  dass  er  sich  einige  Jahre  in 
Uganda  oder  einem  anderen  Platze  in  der  Nachbarschaft  aufzuhalten  gedenke.  Er 
übersendet  gleichzeitig  eine  Liste  von 

Messungen  von  Wayanda,  Bari,  Kidj  und  anderen  centralafrikanischen  Stämmen, 

welche  er  gemeinsam  mit  Hrn.  Richard  ßuchta  nach  dem  in  Neumayer's 
Handbuche  für  Reisende,  Abschnitt  „Anthropologie  und  prähistorische  Forschungen", 
S.  585,  von  Hrn.   Virchow  gegebenen  Schema  aufgenommen  hat. 

Ein  fast  gleichzeitig  von  Hrn.  Buchta,  d.  d.  9.  December  .1878,  von  Redjaf 
eingegangenes  Schreiben  bestätigt,  dass  die  Messungen  mit  aller  Vorsieht  vorge- 
nommen sind,  dass  jedoch  die  Maasse  9  und  14  in  Ermangelung  eines  Schiebe- 
instrumentes sehr  schwierig  herzustellen  waren.  Er  übersendet  folgende  genauere 
Angaben  über  die  gemessenen  Personen: 

Nr.  1.  Kanjämbo-Mann  aus  Uganda,  26  Jahre  alt,  Hautfarbe  dunkelbraun, 
der  Grundton  siennabrauu,  Iris  tief  dunkelbraun,  Bindehaut  hell  gelblich,  Haare 
schwarz,  gekraust,  glanzlos,  sehr  spärlicher  Bartwuchs,  Ernährung  sehr  gut. 

Nr.  2.  Mukwänga.  xMann  aus  Uganda,  Alter  4S— 50  Jahre,  Hautfarbe  gleich 
Nr.  1,  etwas  heller.  Iris  dunkelbraun,  fast  schwarz,  Bindehaut  schmutzig  gelblicli, 
Kopfhaar  kurz,  schwarz  gekraust  und  glanzlos,  Bart  sehr  spärlicli,  Ernährung 
schlecht. 

Nr.  3.  Kikonjä.  Mann  aus  Uganda,  25—26  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun, 
Iris  tiefbrauu,  Bindehaut  fast  weiss,  wenig  gelblich,  Kopfhaar  (kurz  geschnittiMi) 
schwarz,  glanzlos,  Bart  nur  an  der  Lippe  und  sehr  spärlich.  Ernährung  zienilieh 
gut,  Zähne  gleich  Nr.  1  und  2  vollständig  und  in  sehr  gutem  Zustand,  schwach 
blatternartig. 

Nr.  4.  Kitasiinbo.  Mann  aus  Uganda,  .\lter  23  —  24  Jahre.  Hautfarbe 
schmutzig    dunkelsiennabraun,    Iris  braun,    Bindehaut    weiss,    mit  einem   bläulichen 


(317) 

Stich,  wenig  gotrübt,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  kurz  und  gekraust,  Bart  sehr 
spärlich  an  der  Oberlippe,  l']rniihrung  gut,  hJfirnbcin  beiderseits  seitlich  eingedrückt, 
Zähne  vollständig  in  gutem  Zustand,  die  vorderen  Schneidezähne  stehen  in  gerader 
Linie  nicht  bogenförmig. 

Nr.  5.  Kibati.  Manu  aus  Uganda,  Alter  44—45  Jahre,  Hautfarbe  fast  rein 
sepiabraun,  Iris  tief  dunkelbraun,  Bindehaut  schmutzig  gelblich,  Kopfhaar  schwarz, 
glanzlos  kurz,  gekraust.  Ernährung  mittolmässig,  Zähne  bis  auf  den  letzten  linken 
Hackenzahn  und  1  Schneidezahn  im  Unterkiefer  gesund  und  vollständig.  Diese 
5  Waganda-Männer  geh<irten  einer  Gesandschaft  M'tesa's  an  Gordon -Pascha  in 
Chartum  an. 

Nr.  G  Gag.  Mann  vom  Stamm  der  Kitsch  in  Ghabat  Schän)be,  Alter  40  Jahre. 
Hautfarbe  fast  schwarz,  Iris  fast  schwarz,  Bindehaut  schmutzig  orangegelb,  Kopf- 
haar schwarz,  glanzlos,  kurz,  gekraust,  Bart  sehr  spärlich,  Haare  am  Körper  rasirt, 
Krnährung  gut,  Armmuskeln  gut  ausgebildet,  ßeinmuskeln  schwach,  Wade  geformt. 
An  Kopf,  Arm  und  Beinen,  nicht  am  Rumpf  treten  die  Venen  stark  hervor.  Zähne 
gut  und  bis  auf  die  ausgezogeneu  4  Schneidezähne  im  Unterkiefer  vollständig. 

Nr.  7.  Nagrär  Manu  vom  Stamme  der  Kitsch.  28  Jahre.  Hautfarbe  fast 
schwarz,  Iris  und  Bindehaut  gleich  Nr.  (5.  Köpfhaar  gekraust,  matt,  roth  gefärbt, 
bartlos.  Ernährung  gut.  Die  vorderen  4  Zähne  des  Unterkiefers  ausgezogen,  kleiner 
Nabelbruch,  Os  frontis  eingedrückt. 

Nr.  8.  Tämber.  Kitschneger,  45  Jahre  alt,  Hautfarbe  fast  schwarz,  Iris  sehr 
dunkel,  Bindehaut  schmutzig  orangefarbig.  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  gekraust, 
bartlos,  Haare  am  Körper  rasirt,  Ernährung  gut;  am  Kopf,  Armen  und  Beinen 
treten  die  Venen  stark  hervor,  die  vorderen  4  Zähne  des  Unterkiefers  ausgezogen, 
das  rechte  Bein  um  25  mm  kürzer  als  das  linke,  durch  eine  Verwundung  am  Ober- 
schenkelgelenk von  einem  Hippopotamus  entstanden,  am  linken  Bein  60  mm  über 
dem  Kniegelenk  eine  gleiche  Wunde. 

Nr.  9.  Murgan.  Demboneger  vom  Bahr  Ghazal,  ca.  22  Jahre.  Hautfarbe 
schön  sepiabraun  mit  röthlichem  Untergrund,  Iris  bisterbraun,  Bindehaut  gelblich, 
Kopfhaar  (rasirt)  schwarz,  glanzlos.  Ernährung  sehr  gut.  Arm-  und  Wadenmuskeln 
gut  ausgebildet.  Zähne  vollständig  und  in  gutem  Zustande,  kleiner  Nabelbruch, 
wenig  erkennbare  Blattern narben. 

Nr.  10.  N'gär,  Demboneger,  '26  Jahre  alt,  Hautfarbe  röthlich  braun,  Iris 
bisterbraun,  Bindehaut  bläulich,  Haare  schwarz,  schwach  glänzend,  gekraust,  Er- 
nährung gut,  die  unteren  4  Schneidezähne  ausgezogen.  Kleiner  Nabelbruch,  wenig 
erkennbare  Blatternarben 

Nr.  11.  Adjong.  Schech  der  Bohr-Neger,  ca.  50  Jahre.  Hautfarbe  sehr 
dunkelbraun,  fast  schwarz.  Iris  grau,  farbenspielend,  Bindehaut  gelblich,  Kopfhaar 
grau,  gekraust,  glanzlos,  Bart  am  Kinu  und  sehr  wenig  au  der  Oberlippe  grau, 
Haare  am  Körper  rasirt.  Ernährung  gut,  Muskeln  gut  ausgebildet,  die  unteren 
4  Schneidezähne  ausgerissen.    Vorhaut  nicht  beschnitten,  gleich  allen  vorhergehenden 

Nr  12.  Ferrik,  Bohr-Neger,  23  Jahre.  Hautfarbe  fast  schwarz,  Kopfhaar 
kraus,  glanzlos,  roth  gefärbt,  Haar  am  Körper  rasirt.  Iris  tief  braun.  Bindehaut 
gelblich,  Eruährung  gut,  Muskeln  gut  ausgebildet,  Zähne  bis  auf  4  Schneidezähne 
im   Unterkiefer  vollständig. 

Nr.  13.  Adjiiät,  Bohr-Neger,  30— o2  Jahre  Hautfarbe  schwarz.  Iris  tief 
braun,  Bindehaut  gelblich,  Kopfhaar  schwarz,  gekraust,  matt.  Am  Körper  haarlos, 
bartlos,   Ernährung  gut,  Zähne  gut.  die  unteren  4  Schneidezähne  ausgerissen. 

Nr.  14.  Agiiük,  Bohr-Neger,  40  Jahre.  Hautfarbe  sehr  dunkelbraun,  fast 
schwarz,    Iris    dunkelbraun,    Bindehaut    gelblich.     Kopfhaar  schwarz,    glanzlos,  ge- 


(318) 

kraust,  Ernährungszustand  gut,  Zähne  gut,  bis  auf  4  Schneidezähne  des  Unterkiefers 
vollständig. 

Nr.  15.  ßiär,  Bohr-Neger,  35  Jahre.  Hautfarbe  fast  schwarz,  Iris  dunkel- 
l>raun,  Bindehaut  gelblicli,  Kopfhaar  schwarz,  ghinzlos,  gekraust,  hartlos,  am  Körper 
Haare  rasirt.     Ernährung  gut,  die  4  Schneidezähne  im  Unterkiefer  fehlen. 

Nr.  16.  Kol,  Bohr-Neger,  26  —  27  Jahre  alt.  Hautfarbe  schwarz  (sehr 
dunkel),  Iris  dunkelbraun,  Bindehaut  gelblich,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  gekraust. 
Der  Körper  haarlos,  auch  bartlos,  Ernährung  gut,  Zähne  gleich  den  vorigen. 

Nr.  17.  N'dreiiä,  "Weib  vom  Stamme  der  Abäkä  (Mäkräkä),  17 — Ih  Jahre 
alt,  Hautfarbe  dunkelbraunrotb,  Iris  sehr  dunkelbraun,  Bindehaut  gelblich,  Kopf- 
haar schwarz,  glanzlos,  wollig,  gekraust.  Am  Körper  Haare  entfernt,  Ernährung 
gut,  Zähne  bis  auf  3  im  Unterkiefer  fehlende  Schneidezähne  vollständig  und  ge- 
sund.    Schwanger  (im  6.  Monat?),  Oberlippe  durchbohrt  für  einen  Ring. 

Nr.  18.  Sinä.  Weib  vom  Stamme  der  Moudü  (Mäkräkä),  16 — 17  Jahre  alt, 
Hautfarbe  dunkelrothbraun,  Iris  dunkelbraun,  Bindehaut  hell  gelblich,  Kopfhaar 
schwarz,  glanzlos,  kraus,  wollig,  Haare  am  Körper  nicht  entfernt,  Ernährung  gut, 
Muskeln  gut  ausgebildet.  Arme  und  Unterleib  mit  Tättowiruug  bedeckt,  symmetrisch 
angebrachte,  kurze,  erhaben  ausgeheilte  Einschnitte. 

Nr.  19.  Dsuän,  Bari -Weib,  ca.  18  Jahre.  Hautfarbe  tief  bisterbraun,  Iris 
ilunkelbraun,  Bindehaut  stark  orangefarben,  schmutzig;  Kopfhaar  schwarz,  ebenso 
wie  das  Haar  am  Körper  rasirt.  Ernährung  gut,  Zähne  bis  auf  4  Schneidezähne 
des  Unterkiefers  vollständig  und  gut. 

Nr.  20.  Waschük,  Bari-Weib,  24 — 25  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris 
schmutzig  braun,  Bindehaut  stark  orangefarben,  Kopfhaar  schwarz,  ganz  rasirt, 
ebenso  auch  Haare  am  Körper.  Ernährung  nicht  sehr  gut.  Schwanger.  Die  unteren 
4  Schneidezähne  fehlen.  1  Lücke  im  Oberkiefer.  Der  Leib  von  den  Brüsten 
herab  über  und  über  tättowirt. 

Nr.  21.  Tjo che,  Bari-Weib,  18 — 2l)  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  braun, 
schimmert  in's  Graue,  Bindehaut  schmutzig  dunkelgelb.  Kopfhaar  schwarz,  kurz 
geschoren,  alle  Haare  entfernt.  Ernährung  gut.  Die  unteren  4  Schneidezähne 
fehlen,  wenig  tättowirt. 

Nr.  22.  Dsuän,  Bari -Weib,  22  Jahre.  Hautfarbe  bisterbrauu,  matt,  Iris 
dunkelbraun,  Bindehaut  schwach  gelblich,  schmutzig;  Kopfhaar  schwarz,  kurz  ge- 
schoren, ebenso  Haare  am  Körpei-,  Ernährung  gut,  die  Bursae  patell.  bis  zu  Apfel- 
grösse  entwickelt.     Schwanger,  keine  Tättowirung. 

Nr.  23.  Doki,  Bari- Weib,  22  —  23  Jahre.  Hautfarbe  tief  bisterbraun,  Iris 
braun  mit  bläulichen  Flecken,  Bindehaut  schwach  gelblich,  Kopfhaar  schwarz,  glanz- 
los, gekraust,  am  Körper  Haare  entfernt,  Ernährung  nicht  gut,  Zähne  bis  auf  vier 
Schneidezähne  im  Unterkiefer  vollständig.     Schwanger.     Nicht  tättowirt. 

Nr.  24.  Lakö,  Bari-Neger,  18 — 19  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  braun, 
Bindehaut  schmutzig  orangegelb,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  kraus  wollig,  bartlos, 
Haare  am  Körper  entfernt,  Ernährung  gut,  Zähne  gesund  und  bis  auf  die  unteren 
4  Schneidezähne  vollständig.  Muskeln  an  Arm  und  Beinen  gut  ausgebildet,  Vor- 
haut vorhanden,  zweite  Zehe  länger  als  die  erste.  — 

Nr.  25.  Tangon,  Bari-Neger,  20  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  braun, 
Bindehaut  schmutzig  orangogelb,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  wollig,  sehr  kurz  ge- 
schoren, bartlos,  Haare  am  Körper  entfernt.  Ernährung  gut,  Zähne  gut,  die  unteren 
4   Schneiilezähne  fehlen. 

Nr.  26.  Lugädi,  Bari-Neger,  22  Jahre,  Hautfarbe  tief  bisterbraun,  Iris  dunkel- 
braun, Bindehaut  schmutzig  orangegelb,  Haare  schwarz,  glanzlos,  gekraust,  bartlos, 


(319) 

Körperhaaro  entfernt,  Rrnährung  gut,  Zähne  gut  und  bis  auf  eine  zufällige  Lücke 
vollstämlig,  zwisdien  der  grossen  und  zweiten  Zehe  grosser  Zwischenraum  (bei  den 
Bari  im  Ganzen  sehr  oft  beobachtet). 

Nr.  27.  Kuti,  Bari-Neger,  26  Jahre  alt,  Hautfarbe  dunkel  sepiabraun  mit 
etwas  röthlichem  Grunde,  Iris  dunkelbraun,  Bindehaut  schmutzig  orangegelb,  Kopf- 
haar schwarz,  glanzlos,  kraus,  wollig,  spärlicher  Bart,  Vorhaut  vollständig,  Zähne 
gesund,  die  unteren  4  Schneidezähne  ausgezogen,  Entfernung  der  ersten  und  zwei- 
ten Zehe. 

Nr.  28.  Lak('),  Bari-Neger,  26  Jahre,  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  braun, 
Bindehaut  schmutzig  orangegelb,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  kraus,  bartlos,  Körper- 
haare entfernt,  Ernährung  gut,  Zähne  gut,  die  unteren  4  Schneidezähne  fehlen. 
Entfernung  der  ersten  und  zweiten  Zehe. 

Nr.  21).  Oani,  Bari-Neger,  24 — 25  Jahre,  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  dunkel- 
braun, Bindehaut  schmutzig  orangegelb,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  gekraust, 
bartlos,  Körperhaare  entfernt,  Ernährung  gut,  Zähne  gut,  die  4  Schneidezähne  im 
Unterkiefer  ausgezogen. 

Nr.  HO.  Märi,  Bari-Neger,  27  —  28  Jahre,  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  braun, 
Bindehaut  schmutzig  orangefarben,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  gekraust,  spärlicher 
Backen-  und  Schnurbart,  Ernährung  sehr  gut,  Zähne  gesund  und  vollständig.  Zwei 
Hydrocelen. 

Nr.  31.  Tämbi,  ßari-Schech  (Baker's  erbitterter  Feind),  55  Jahre.  Hautfarbe 
bisterbrauu,  Iris  dunkelbraun,  Bindehaut  schn)utzig  orangefarben,  Kopfhaar  schwarz, 
glanzlos,  wollig,  kraus,  spärlicher  Bart  an  Oberlippe  und  Kinn.  Ernährung  gut, 
Zähne  gut  und  vollständig  bis  auf  eine  Lücke,   blatternnarbig. 

Nr.  32.  Dugäli,  Bari-Neger,  42  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  dunkel- 
braun, Bindehaut  schmutzig  gelb.  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  gekraust,  kleiner 
Kinnbart,  Ernährung  gut,  Zähne:  4  Schneidezähne  im  Unterkiefer  ausgezogen,  1  im 
Oberkiefer  ausgefallen,  hautkrank. 

Nr.  33.  Löron,  Bari-Schech,  38  Jahre.  Hautfarbe  tief  bisterbraun,  fast 
schwarz,  Iris  braun  mit  trüben  Flecken,  Bindehaut  schmutzig  orangegelb.  Kopfhaar 
schwarz,  glanzlos,  kraus,  sehr  spärlicher  Bart  an  der  Oberlippe  und  am  Kinn,  Er- 
nährung gut,  Zähne  gesund  und  vollständig,  blatternnarbig,  Eczema.  Entfernung 
der  ersten  und  zweiten  Zehe. 

Nr.  34.  Gori,  Bari-Neger,  40  Jahre.  Hautfarbe  fast  schwarz,  Iris  braun, 
Bindehaut  schmutzig  gelblich,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  kraus,  spärlicher  Bart 
an  Oberlippe  und  am  Kinn.     Ernährung  gut,  Zähne  gesund  und  vollständig. 

Nr.  35.  Tambi,  Bari-Neger,  30  Jahre.  Hautfarbe  tief  bisterbraun,  Iris  braun, 
Bindehaut  schmutzig  gelblich,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  kraus;  Ernährung  gut, 
Zähne  gesund,  die  unteren  4  Schneidezähne  ausgezogen.     Eczema. 

Nr.  36.  Lad 6,  Bari-Neger,  2G — 27  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  braun, 
P>indehaut  schmutzig  geJb,  Kopfhaar  schwarz,  matt,  kraus,  kein  Bart,  Körperhaare 
cutferut,  Ernährung  gut,  Zähne  gesund  und  bis  auf  einen  Backenzahn  vollständig. 
Hydrocele. 

Nr.  37.  Fitjer,  Bari-Neger,  24 — 25  Jahre.  Hautfarbe  bister braun.  Iris  braun, 
Bindehaut  schmutzig  gelb,  Kopfhaar  schwarz,  matt,  kurz  geschoren,  bartlos,  Er- 
nährung nicht  ganz  gut,  Muskeln  weich.  Zähne  gut  und  bis  auf  eine  Lücke  voll- 
ständig. 

Nr.  38.  Kaboki,  Bari-Mädchon.  17  Jaliro.  Hautfarbe  dunkel  bisterbraun, 
Iris  dunkelbraun   mit  hellereu    Flocken,   Bindehaut  stark  gelblich,  Kopfhaar  schwarz. 


(320) 

matt,  ganz  kurz  geschoron,  Haare  am  Körper  entfernt.  Ernähriing  gut,  Zähne  bis 
auf  4  untere  Schneidezahne  vollständig,  gut.     Nicht  tättowirt.     Eczema. 

Nr.  39.  Kak('),  Bariweib,  22 — 24  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  dunkel- 
braun, Bindehaut  schmutzig  orangefarben,  Kopfhaar  schwarz,  glanzlos,  ganz  kurz 
geschoren.  Ernährung  gut,  Zähne  gesund,  4  untere  Schneidezähne  ausgezogen, 
bursae  patellares  massig  vergrössert.     Der  Unterleib  tättowirt. 

Nr.  40.  Kabüki,  Bariweih,  22 — 24  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  dunkel- 
liraun,  Bindehaut  schmutzig  orangefarben.  Kopfhaiir  schwarz,  matt,  ganz  kurz  ge- 
schoren. Ernährung  gut,  Zähne  gesund,  4  untere  Schneidezähne  ausgezogen, 
schwanger,  bursae  patellar.  vergrössert.     Nicht  tättowirt.     Eczema. 

Nr.  41.  Föni,  Bariweib,  18 — 20  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  dunkel- 
braun, Bindehaut  schmutzig  orangegelb,  Kopfhaar  schwarz,  matt,  ganz  kurz  ge- 
schoren, Körperhaare  entfernt.  Ernährung  gut,  Zähne  gesund,  4  untere  Schneide- 
zähne fehlen,  schwanger,  bursae  patellar.  vergrössert.    Nicht  tättowirt. 

Nr.  42.  Käriga,  Bariweib,  20  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  dunkel- 
braun, Bindehaut  schmutzig  orangefarben.  Kopfhaar  schwarz,  matt,  ganz  kurz  ge- 
schoren, Körperhaare  entfernt,  Ernährung  gut,  Zähne  gesund,  4  untere  Vorderzähne 
ausgezogen,  schwanger,  bursae  patellar.  massig  vergrössert,  tättowirt. 

Nr.  43.  Fita,  Bari -Weib,  35  (?)  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  dunkel- 
braun, Bindehaut  schmutzig  gelblich,  Kopfhaar  schwarz,  matt,  kurz  geschoren, 
Körperhaare  entfernt.  Ernährung  gut,  Zähne  gesund  und  bis  auf  4  untere  Schneide- 
zähne vollständig,  schwanger,  bursae  patellar.  vergrössert,  tättowirt. 

Nr.  44.  Näni,  Bariweib,  17  Jahre.  Hautfarbe  bisterbraun,  Iris  dunkelbraun, 
Bindehaut  schmutzig  orangefarben.  Kopfhaar  schwarz,  matt,  kurz  geschoren,  Er- 
nährung nicht  sehr  gut,  Zähne  gesund,  4  untere  Vorderzähne  fehlen;  schwanger, 
tättowirt,  bursae  patellar.  massig  vergrössert. 

Bezeichnung  der  Maasse. 

.,    20.     Entfernung  der  Nasenwurzel  von  der 
Nr.    1.     Aufrechte  Höhe  vom  Scheitel  bis  zur  äusseren  Ohröft'nung. 

Sohle.  „    21.     Entfernung  der  Nasenscheideward  von 

2.  Grösste  Länge  des  Schädels.  der  äusseren  Ohröffaung. 

3.  ,        Breite     ,  „  ,22.     Entfernung    der    Oberlippe     von    der 

4.  Höhe  des  Gesichtes.  äusseren  Ohröffaung. 

,      5.     Obere  Breite  des  Gesichtes.  „    23.     Entfernung  des  Kinns    von    der  äus- 

,      6.     Untere      ,         ,  „  seren  Ohröffnung. 

,      7.     Jochbreite.  „    24.     Horizontaler  Kopfumfang. 

,      8.    Nasenhöhe.  «  „    25.    Kopfbogen. 

,      9.     Höhe  des  Kopfes.  ,    26.     Brustumfang. 

,     10.     Länge  des  Halses.  „    27.     Abstand  der  Brustwarzen. 

,     11.     Länge  des  Rumpfes.  „    28.     Schulterbroite. 

,    12.     Höhe  des  Nabels.  ,    29.     Bauchumfang. 

,    13.         ,      der  Schambeinfuge.  ,    30.     Reckenbreite. 

,    14.     Aufrechte    Höhe    des  Schädels  vom     ,    31,     Länge  des  rechten  Armes, 
(iehörgang  bis  zum  Scheitel. 

,    15.     Entfernung     der    äusseren     Ohröff- 
nungen. 

„    IG.     (.'bore  Nasenbreite. 

,    17.     Untere  Nasenbroite. 

,    18.     Läni^e  des  Nasenn'ickeiis. 

-     19.     bange  dos  Mundes. 

Temperatur  der  Achselhöhle  in  Fahrenheit-Scala. 
Die  Tabelle  selbst  lautet  folgendermassen: 


32. 

, 

,    Oberarmes. 

33. 

„ 

„    Vorderarmes. 

34. 

, 

der  Hand. 

35. 

» 

des  rechten  Beines. 

36. 

n 

„    Oberschenkels. 

37. 

f 

,    Unterschenkels. 

38. 

^ 

,    Fusses. 

(321) 
Maasstabelle  nach  Dr.  Virchow. 

Die   iVlaasse  sind  in   Millimetern  ausgedrückt. 


Wagaiula-Münner 


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Kitsch-Neger. 


"^ 


Denibo- 
Neger. 


x; 


Bohr- 
Neger. 


(Kummer  des  vermessenen  Individuums 

Colf 

)nne 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

1 

i 
1 

12 

Altei 

26 

1 
48—50 

25-26 

23-24 

45 

40 

28 

45 

22 

23 

50 

23 

Ciesc 

hl. 

5 

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5 

5 

6 

6 

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5 

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5 

^  1 

5 

Nr. 

1 

1610 

1768 

1682 

1568 

1620 

1773 

1700 

1790 

1696 

1750 

1750 

1863 

51 

2 

188 

189 

195 

194 

194 

184 

179 

182 

185 

193 

198 

196 

>l 

3 

132 

138 

142 

144 

141 

129 

138 

135 

137 

150 

143 

146 

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4 

130 

131 

117 

117 

122 

129 

124 

117 

132 

106 

137 

126 

)) 

5 

113 

103 

104 

109 

111 

112 

133 

127 

12i 

136 

119 

115 

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6 

93 

100 

93 

105 

100 

107 

103 

107 

99 

98 

106 

106 

9| 

7 

114 

118 

140 

129 

134 

128 

137 

138 

134 

142 

135 

134 

9) 

8 

60 

61 

47 

57,5 

53 

63 

63 

57 

61 

52 

61 

66 

1) 

9 

226 

229 

2-25 

233 

216 

211 

227 

204 

253 

240 

225 

198 

10 

70 

71 

67 

81 

70 

100 

112 

107 

76 

79 

72 

93 

)) 

11 

540 

547 

560 

486 

546 

507 

529 

528 

515 

566 

478 

514 

)) 

12 

959 

1044 

1080 

902 

966 

1124 

1051 

1154 

1054 

1134 

1084 

1152 

n 

13 

794 

886 

839 

798 

784 

977 

898 

981 

900 

895 

971 

1046 

>^ 

14 

131 

142 

124 

124 

125 

124 

121 

127 

147 

140 

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117 

15 

131 

127 

133 

125 

121 

130 

136 

130 

134 

139,5 

141 

135 

^) 

16 

32 

28 

35 

32 

33 

29 

35 

32 

33 

33 

35 

35 

J^ 

17 

43 

42 

42 

42 

43 

39 

43 

41,5 

42 

38 

42 

44 

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18 

57 

56 

52,5 

52 

56 

56 

51 

57 

52 

46 

61 

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19 

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54 

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54 

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49 

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51 

50 

42 

42 

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118 

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114 

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123 

116 

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22 

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23 

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136 

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137 

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24 

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531 

560 

534 

542 

570 

575 

^^ 

25 

365 

361 

340 

356 

330 

300 

290 

303 

337 

341 

340 

345 

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26 

780 

830 

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820 

850 

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810 

810 

888 

902 

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27 

199 

189 

182 

170 

175 

235 

220 

213 

198 

200 

210 

205 

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28 

425 

430 

400 

375 

415 

480 

450 

415 

408 

382 

410 

395 

55 

29 

740 

740 

710 

650 

645 

705 

873 

692 

710 

755 

798 

790 

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30 

241 

281 

273 

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278 

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273 

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277 

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32 

290 

335 

320 

1  300 

296 

380 

1  340 

380 

305 

332 

350 

354 

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33 

280 

310 

285 

275 

277 

299 

292 

298 

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305 

315 

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34 

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190 

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1  212 

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205 

208 

221 

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35 

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1  942 

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863 

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930 

1022 

913 

961 

1012 

1025 

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36 

465 

430 

415 

410 

!  393 

495 

465 

i  487,5 

435 

440 

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492 

51 

37 

380 

445 

440 

375 

i  411 

460 

i  432 

495 

411 

438 

472 

471 

38 

228 

263 

244 

245 

■    246 

234 

■  246 

258 

265 

260 

251 

256 

Puisschl. 

76 

64 

64 

68 

84 

100 

j   88 

1   80 

76 

80 

68 

78 

Ath( 

'nu. 

32 

16 

28 

24 

20 

28 

24 

1   25 

20 

18 

28 

24 

Teu) 

per. 

98,2° 

92,35° 

1  97° 

1  97,8° 

97,2  ° 

97,8° 

- 

97,6° 

97° 

96,4^' 

96,2° 

97,4° 

Verhandi.  der  Berl.  Antbropol.  Oesellachnft  18Ty. 


21 


(322) 


Maasstabelle  nach  Dr.  Virchow. 

Die  Maasse  sind  in   Millimetern  ausgedrückt. 


Makräkä- 

Bohr-N 

eger. 

Bari -Weiber 

Weiber. 

0) 

a 

< 

-3 

c 

< 

5 

§ 

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u 

"2 

a 

3 

Q 

o 

Ol 

o 

s 
Q 

o 

Ni 

immer 

des  vermessenen  Individuums 

Colonne 

I. 

13 

14 

15 

16 

17 

18 

19 

20 

21 

22 

23 

Alfer 

30—32 

40 

35 

27 

17—18 

16—17 

18 

24—25  18— 20| 

22 

22—23 

Geschl. 

6 

6 

5 

5 

2 

$ 

$ 

-9 

$ 

9 

5 

Nr.  1 

2042 

1708 

1760 

1820 

1528 

1500 

1724 

1758 

1723 

1752 

1695 

2 

207 

196 

187 

194 

182 

179 

188 

190 

185 

194 

186 

»   3 

143 

137 

145 

134 

149 

142 

135 

129 

134 

139 

130 

,>   4 

140 

131 

132 

128 

115 

107 

120 

117 

115 

113 

118 

n   5 

128 

115 

110 

106 

113 

90 

106 

110 

103 

100 

104 

„   6 

111 

98 

99 

94 

95 

88 

93 

88 

87 

103 

92 

„   7 

142 

130 

131 

119 

120 

118 

125 

131 

123 

114 

115 

,.   8 

70 

65 

56 

59 

59 

50 

52 

45 

49 

48 

53 

,,   9 

252 

186 

207 

203 

203 

213 

218 

232 

221 

211 

214 

,.  10 

85 

79 

87 

90 

60 

58 

87 

80 

79 

78 

68 

„  11 

543 

451 

540 

523 

466 

— 

502 

522 

498 

520 

510 

„  12 

1327 

1062 

1082 

1118 

906 

— 

1098 

1100 

1090 

1080 

1062 

,.  13 

1168 

970 

925 

950 

795 

— 

900 

932 

923 

910 

908 

,.  14 

125 

102 

139 

113 

124 

112 

116 

118 

111 

124 

117 

„  lä 

138 

131 

136 

132 

133,5 

135 

127 

134 

127 

127 

123 

„  16 

37 

31 

32 

29 

36 

32 

28 

34 

34 

29 

31 

,,  17 

43 

38 

40,5 

37 

40 

40 

41 

41 

42 

39 

40 

„  18 

69 

61 

57 

54 

57 

47 

52 

49 

46 

45 

51 

„  19 

56 

55 

48 

43 

51 

51 

49 

53 

57 

43 

43 

„  20 

131 

118 

121 

117 

118 

115 

113 

113 

111 

113 

113 

,,  21 

133 

127 

121 

122 

122 

117 

119 

120 

121 

117 

127 

„  22 

147 

145 

140 

138 

132 

132 

142 

143 

137 

143 

144 

„  23 

151 

135 

134 

130 

121 

137 

141 

148 

139 

136 

138 

„  24 

588 

556 

562 

570 

552 

560 

540 

532 

551 

562 

543 

„  25 

370 

315 

360 

320 

320 

326 

312 

318 

319 

313 

312 

,>  26 

994 

894 

840 

898 

832 

838 

809 

833 

823 

875 

785 

„  27 

240 

225 

200 

211 

205 

2.32 

250 

202 

193 

260 

199 

.,  27 

478 

390 

420 

455 

370 

390 

383 

399 

378 

405 

378 

„  29 

800 

760 

742 

764 

745 

774 

662 

810 

690 

793 

739 

„  30 

287 

266 

275 

260 

265 

258 

281 

291 

278 

274 

282 

„  31 

918 

798 

772 

814 

685 

692 

775 

823 

780 

760 

815 

„  32 

385 

348 

321 

330 

290 

293 

330 

354 

340 

323 

330 

„  33 

364 

310 

315 

335 

255 

254 

300 

323 

290 

302 

302 

„  34 

225 

199 

202 

192 

155 

175 

192 

215 

194 

203 

191 

„  35 

1192 

982 

958 

1018 

847 

789 

958 

943 

920 

928 

898 

„  36 

560 

460 

438 

470 

407 

358 

442 

420 

418 

423 

399 

„  37 

542 

480 

432 

464 

375 

361 

453 

458 

432 

454 

455 

„  38 

283 

248 

261 

261 

220 

217 

242 

260 

264 

246 

239 

Pnlsschl. 

72 

64 

80 

90 

110 

80 

80 

86 

120 

60 

74 

Atheiuz. 

20 

24 

22 

28 

32 

24 

20 

24 

28 

22 

18 

Temp«r. 

96,4° 

97,2° 

97,4° 

96,2" 

100,4° 

98,7° 

97,8° 

97,5° 

97,2° 

98,2° 

98,0° 

(323) 
Maasstabelle  nach  Dr.  Virchow. 

Die  Maasse  sind   in   Milliuieteru  ausgedrückt. 


Bari 

-Neg 

e  r 

1> 

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13 

S 

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■o 

Nummer  des  vermessenen  Individuums 

Colonne 

I. 

24 

1 

25 

26 

27 

28 

29 

30 

31 

32 

33 

34 

Alter 

18—19 

20 

22 

26 

26 

24—25 

27—28 

55 

42 

38 

40 

Geschl. 

6 

<5 

5 

<5 

Ö 

5 

5 

5 

(5 

5 

6 

Nr.   1 

1798 

1598 

1844 

1712 

1807 

1708 

1705 

1667 

1872 

1840 

1920 

2 

191 

184 

193 

188 

200  i 

196 

194 

196 

195 

189 

194 

,".   3 

135 

136 

135 

140 

139 

144 

143 

136 

145 

138 

145 

„   4 

114 

119 

142 

129 

127 

123 

134 

136 

122 

133 

128 

P   5 

109 

100 

97 

102 

123 

106 

112 

104 

111 

116 

114 

»   6 

104 

102 

98 

90 

98 

97 

112 

93 

106 

94 

91 

<,   7 

136 

129 

116 

126 

141 

128 

141 

103 

13S 

125 

134 

V    » 

51 

41 

56 

57 

60 

53 

59 

63 

56 

57 

55 

V   9 

210 

218 

237 

235 

225 

228 

225 

242 

224 

218 

221 

„  10 

70 

84 

92 

83 

96 

82 

93 

91 

90 

88 

108 

»  11 

534 

452 

520 

542 

520 

512 

488 

515 

547 

542 

550 

„  12 

1118 

954 

1154 

1077 

1118 

1028 

1032 

1020 

1190 

1129 

1200 

„  13 

962 

864 

1032 

972 

987 

887 

905 

902 

1048 

990 

1110 

„     14 

191 

116 

112 

121 

112 

112 

115 

108 

125 

113 

128 

„  15 

132 

126 

134 

126 

131 

138 

139 

128 

134 

128 

135 

„  16 

36 

28 

36 

34 

38 

30 

39 

32 

34 

34 

38 

«  17 

40 

45 

36 

35 

41 

41 

39 

47 

41 

39 

46 

„  18 

51 

45 

54 

53 

51 

48 

58 

57 

56 

59 

54 

„  19 

53 

54 

51 

48 

53 

43 

55 

62 

52 

51 

56 

„  20 

117 

104 

123 

114 

128 

HO 

118 

118 

112 

108 

117 

„  21 

126 

111 

129 

129 

134 

111 

127 

128 

117 

136 

129 

„  22 

144 

137 

146 

146 

149 

130 

143 

144 

135 

139 

146 

„  23 

128 

128 

148 

139 

146 

139 

146 

148 

134 

141 

145 

„  24 

550 

539 

550 

538 

562 

550 

548 

552 

553 

550 

576 

„  25 

332 

315 

320 

333 

331 

333 

322 

319 

330 

320 

325 

„  26 

843 

813 

830 

850 

849 

828 

887 

848 

893 

912 

905 

„  27 

231 

195 

199 

248 

210 

193 

229 

213 

238 

248 

230 

„  28 

385 

400 

440 

411 

405 

413 

450 

398 

443 

440 

468 

„  29 

763 

722 

760 

742 

745 

770 

788 

798 

776 

1  838 

771 

„  30 

286 

!   255 

281 

261 

280 

251 

300 

271 

294 

302 

290 

„  31 

854 

725 

833 

775 

860 

750 

742 

700 

868 

770 

822 

„  32 

348 

329 

342 

332 

359 

312 

278 

335 

332 

316 

380 

„  33 

315 

292 

321 

310 

331 

273 

299 

289 

328 

305 

34Ö 

„  34 

212 

190 

205 

185 

220 

181 

210 

198 

227 

198 

209 

M  35 

1012 

912 

1112 

991 

1080 

918 

896 

927 

1090 

1000 

1088 

„  36 

476 

403 

493 

436 

450 

414 

387 

430 

490 

1  464 

521 

„  37 

480 

430 

512 

473 

502 

430 

450 

422 

488 

491 

540 

„  38 

270 

237 

276 

253 

253 

252 

261 

224 

257 

264 

286 

Pulsschi. 

80 

84 

76 

68 

64 

72 

100 

96 

1  104 

1   80 

74 

Athemz. 

22 

24 

18 

16 

20 

22 

24 

26 

!   24 

!   24 

19 

Temper. 

98,2° 

j  98,6° 

— 

— 

1  ~ 

98,2° 

1  - 

i 

97,7° 

97,6 

21* 


(324) 


Maasstabelle  nach  Dr.  Virchow. 

Die  Maasse  sind  iu   Millimetern  ausgedrückt. 


Bari-Neger 

Bari- Weil 

3  e  r 

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13 

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i-J 

E 

M 

ui 

Ui 

P^ 

M 

f^ 

Z 

Nun 

amer  de 

3  vermessenen  Individuums 

Colonne 

I. 

35 

36 

37 

38 

39 

40 

41 

42 

43 

44 

Alter 

30 

26-27 

24—25 

17 

22—24 

22-24 

18-20 

20 

35 

17 

Geschl. 

6 

6 

6 

2 

2 

$ 

2 

2 

2 

$ 

Nr.  1 

1717 

1803 

1700 

1595 

1714 

1748 

1570 

1590 

1620 

1609 

.,   2 

194 

194 

194 

178 

182 

178 

187 

188 

191 

188 

„   3 

137 

146 

134 

130 

135 

131 

134 

135 

139 

133 

»   4 

122 

116 

1-25 

104 

118 

119 

125 

114 

124 

116 

»   5 

110 

99 

104 

99 

106 

102 

99 

91 

90 

102 

.,   6 

97 

91 

90 

90 

101 

105 

90 

91 

85 

93 

„       7 

12ß 

120 

118 

112 

126 

132 

117 

116 

118 

119 

»   8 

56 

50 

46 

50 

46 

53 

54 

44 

43 

46 

0 

193 

182 

201 

201 

206 

199 

210 

209 

210 

206 

„  10 

95 

92 

87 

65 

78 

97 

56 

68 

72 

73 

,.  11 

503 

523 

481 

480 

500 

542 

492 

520 

548 

521 

,,  12 

1050 

1120 

1048 

981 

1100 

1092 

943 

948 

1004 

1018 

,,   13 

917 

982 

928 

816 

949 

897 

800 

812 

823 

882 

M   14 

116 

114 

102 

104 

112 

120 

116 

HO 

113 

114 

„  15 

143 

134 

133 

123 

135 

138 

126 

128 

122 

131 

,,  16 

31 

31 

30 

30 

32 

31 

30 

29 

28 

30 

,,   17 

42 

40 

48 

35 

34 

37 

35 

39 

37 

36 

„  18 

57 

54 

54 

43 

47 

56 

49 

41 

48 

50 

,.  19 

51 

50 

53 

44 

56 

52 

46 

48 

46 

39 

„  20 

119 

116 

119 

107 

115 

110 

113 

111 

113 

113 

»  21 

128 

127 

125 

111 

128 

112 

120 

113 

124 

116 

„  22 

142 

142 

141 

130 

143 

130 

138 

138 

147 

134 

„  23 

141 

146 

139 

116 

151 

138 

133 

139 

138 

130 

„  24 

539 

562 

554 

522 

523 

519 

534 

523 

527 

522 

„  25 

319 

320 

318 

310 

306 

290 

302 

294 

310 

305 

,,  26 

855 

910 

802 

773 

862 

855 

812 

788 

822 

796 

,.  27 

512 

258 

211 

210 

240 

250 

195 

202 

172 

212 

,.  28 

442 

400 

38.i 

395 

382 

418 

340 

392 

405 

322 

„  29 

802 

745 

723 

651 

770 

752 

730 

740 

767 

812 

„  30 

284 

291 

283 

267 

272 

284 

253 

280 

255 

297 

„  31 

770 

812 

795 

711 

733 

800 

680 

680 

752 

782 

„  32 

330 

331 

321 

299 

342 

328 

310 

275 

300 

340 

,,  33 

312 

322 

309 

245 

318 

305 

255 

287 

289 

306 

„  34 

221 

213 

189 

172 

190 

205 

182 

183 

188 

193 

„  35 

918 

1017 

923 

872 

938 

93 '2 

800 

842 

824 

883 

„  36 

407 

421 

4:i7 

391 

441 

418 

370 

366 

372 

370 

„  37 

472 

400 

454 

423 

446 

452 

405 

427 

431 

460 

„  38 

267 

266 

257 

221 

232 

252 

226 

230 

224 

248 

PnIssrhI. 

73 

84 

76 

76 

74 

86 

76 

72 

80 

78 

Atbenr/.. 

22 

18 

16 

22 

18 

20 

22 

19 

24 

17 

Temper. 

98,2° 

98,5 '' 

97,8" 

09° 

98"^ 

98,4° 

98,5° 

98,2° 

98° 

97,8° 

(825) 

Hr.  Dr.  Israel    hat    die  Güte    gehabt,    nach    den  Originalzahlea    die   Haupt- 
Indices  zu   berechnen: 

I.    Indices  der  einzelnen  Personen. 


11 

OJ     ■<) 

<n   M 

M     O 

Name 

a>  p— < 

C2 

.2  g 

Staiuiu. 

a    ö 

S  'S 

S  'S 

1-5 

Ä 

1.  Kanjämbo    .     . 

70,2 

71,7 

115 

139,8 

114 

2.  Mukwaiipa  .     . 

73 

68,8 

127,1 

131 

111 

Waganda- 
Männer. 

3.  Kikonja  .     .     . 

G7,7 

89,4 

112,5 

125,8 

83,6 

4.  Kiti>.siinl)0    .     . 

74,2 

72 

107,3 

111,4 

91,4 

5.  Kibati      .     .     . 

72,6 

81,0 

109,9 

112 

91,4 

6.  Gag    .... 

70,1 

61,9 

115,1 

120,5 

100,8 

l   ^       ,     , 

7.  Nagrar    .     .     . 

71,4 

68,2 

93,2 

120,3 

90,5 

\  Kitsch-Neger. 

8.  Tamber  .     .     . 

74,1 

72,8 

92 

109,3 

84,7 

J 

9.  Murgan  .     .     . 

74 

68,8 

107,3 

133,3 

98,4 

l  Detiibo-Neger 

10.  N'gar.     .     .     . 

77,4 

73 

77,9 

108,1 

74,6 

11.  Adjong    .     .     . 

72,2 

68,8 

115,1 

120,7 

101,4 

12.  Ferrik      .     .     . 

74,5 

66,6 

109,6 

118,8 

94,0 

13.   Adjuät     ,     .     . 

f.9 

61,4 

109,3 

126,1 

98,6 

.    Bohr-Neger. 

H.  Agiuik     .     .     . 

69,8 

58,5 

114 

123,6 

100,7 

15.  Biar    .... 

77,5 

72,3 

120 

133,3 

100,7 

IG.  KGl     .     .     .     . 

72,7 

62,7 

120,7 

135,1 

107,6 

17.  N'dreua  .     .     . 

81,8 

67,7 

101,7 

120,1 

95 

1       Mäkräkä- 
j        Weiber. 

18.  Sinä   .... 

79,3 

80 

118,8 

121,5 

90,6 

19.  Dsuan     .     .     . 

71,8 

78,8 

113,2 

120,9 

96 

■ 

20.  Waschük      .     . 

67,8 

93,3 

106,3 

132,9 

89,3 

21.  Tjoche     .     .     . 

72,5 

83,7 

111,6 

132,1 

93,5 

,  Bari -Weiber. 

22.  Dsudn      .     .     . 

71,6 

81,2 

113 

109,7 

99,1 

23.  Doki   .... 

69,8 

75,4 

113,2 

127,6 

102,6 

■ 

24.  Lakü  .... 

70,6 

78,4 

104,5 

108,9 

83,8 

■ 

25.  Tangoii   .     .     . 

73,9 

93,3 

119,0 

116,6 

92,2 

26.  Lugadi    .     .     . 

69,9 

64,2 

146,3 

144,8 

122,4 

27.  Kuti    .... 

74,4 

61,4 

126,4 

143,3 

102,3 

28.  Lakü  .... 

69,5 

81,8 

103,2 

129,5 

90,8 

29.  Oani  .... 

73,5 

77,3 

116 

126,7 

96 

30.  Märi    .... 

73,8 

66 

11*9,8 

119,8 

95 

Bari-Neger. 

31.  Tanibi     .     .     . 

69,3 

74,6 

130,7 

146,2 

132,6 

32.  Dngäli     .     .     . 

74,4 

73,2 

109,9 

115 

88,3 

33.  Li)ron      .     .     . 

73 

68,4 

114,7 

142,5 

106,4 

34.  Gori    .... 

74,7 

83,6 

112,1 

138,4 

95,5 

35.  Taiiihi     .     .     . 

70,6 

75 

110,7 

125,6 

96,8 

36.  Ladu  .... 

75,2 

80 

117,1 

125,7 

96,6 

37.  Fitjer.     .     .     . 

68,8 

104,3 

120,1 

138,8 

105,8 

■ 

38.  Kaboki    .     .     . 

69,1 

70 

105,4 

115,5 

92,8 

39.  Kako  .... 

74,7 

1     73,7 

111,2 

116,8 

93,1 

40.  Kal)uki    .     .     . 

73,5 

69,4 

116,6 

'     113,3 

90,1 

41.  Foni   .... 

76,6 

64,8 

i    126,2 

,    133,3 

106,8 

Bari -Weiber. 

42.  Käriga    .     .     . 

71,8 

88,0 

125,2 

125,2 

98,2 

43.  Fita    .... 

72,7 

86 

137,7 

1    145,8 

105 

44.   Näni  .... 

70,7 

78,2 

113,7 

j    124,7 

97,3 

(326) 
Gemittelte  Indices  der  Stämme. 


S  t  a  in  in 

Längenbrei- 
ten-Index 

Nasen-Index 

Gesichts- 
Index  A. 

'S     X 

CD  ^ 

Mittel 

der 

Körperhöhe 

Waganda-Männer  (5)  . 

71,5 

76,6 

114,4 

124 

98,3 

1653,5 

Kitsch-Neser  (3)     .     . 

71,9 

67,6 

100,1 

116,7 

92 

1754 

Deiubo-Neger  (2)    .     . 

75,7 

70,9 

92,6 

120,7 

86,5 

1723 

Bohr-Neger  (6)  .     .     . 

72,6 

65,0 

114,7 

126,2 

100,5 

1824 

Mäkräkä -Weiber  (2)    . 

80,5 

73,8 

110,2 

120,3 

92,8 

1514 

Bari-Männer  (14)    .     . 

72,2 

77,3 

117,8 

130,1 

100,3 

1764 

Bari -Weiber  (12)    .     . 

71,8 

78,5 

116,1 

124,8 

96,9 

1682 

Bari-Neger  (26).     .     , 

72,1 

77,8 

117,1 

127,6 

98,7 

1724 

Zu  bemerken  ist,  dass  die  Gesichtsindices  A,  B  und  C  in  der  Art  berechnet 
sind,  dass  die  Gesichtshöhe  (Entfernung  der  Nasenwurzel  vom  Kinn)  mit  100  mul- 
tiplicirt  und  bei  A  mit  der  oberen  Gesichtsbreite  (Sutura  zygom.  maxill.),  bei  B 
mit  der  Unterkieferwinkeldistanz,  bei  C  mit  der  Jugalbreite  dividirt  ist. 

Es  ergiebt  sich  dabei,  dass  die  beiden  Makräkäweiber  ein  brachycephales 
Mittel  (8(1,5)  ergeben,  während  alle  anderen  Stämme  dolichocephal  sind.  Ob  dabei 
das  Geschlecht  von  Eiiifluss  war,  steht  dahin.  Bei  den  Bari  sind  die  Weiber  sogar 
mehr  dolichocephal  als  die  Männer. 

Auffallend  ist  die  Verschiedenheit  der  Kitsch-Neger,  welche  fast  in  allen  Posi- 
tionen von  den  Mitteln  der  übrigen  Stämme  abweichen.  Bei  hoher  Dolichocephalie 
haben  sie  den  zweitkleinsten  Nasenindex  und  sehr  geringe  Gesichtsindices. 

Weitere  Vergleichungen  werden  am  besten  für  eine  spätere  Zeit  vorzubehal- 
ten sein. 

(23)  Hr.  Fi n seh  sendet  in  einem  Briefe  an  den  Vorsitzenden,  d.  d.  Honolulu, 
26.  Juli,  einen 

Bericht  über  die  Insel  Oahu. 

„Schon  nächsten  Dienstag  werde  ich  mit  der  Bark  „Hawaii"  direct  nach  Dscha- 
luit  (Bouham),  der  Hauptinsel  der  Marshallgruppe,  segeln  und  voraussichtlich  gegen 
Ende  August  dort  eintreffen.  Meinen  Aufenthalt  hier  suchte  ich  nach  besten 
Kräften  auszunutzen,  indem  ich  eine  dreiwöchentliche  Tour  nach  Maus  unternahm. 
Dieselbe  zeigte  mir,  wie  erwartet,  die  grosse  Armuth  der  Fauna,  aber  auch,  dass 
jetzt  noch  Zeit  ist,  zu  retten.  Wie  der  Mensch,  schwinden  auch  die  eingebornen 
Thierarten  dahin,  und  manche  werden  längst  aufgehört  haben  zu  sein,  ehe  sie  unter 
das  Auge  des  Beobachters  kamen.  Mit  der  Verwilderung  der  Hausthiere  (nament- 
lich Rind,  Schaf,  Ziege)  verschwinden  die  Wälder  und  mit  ihnen  die  Thiere.  Schon 
jetzt  sieht  man  unzählige  Invaliden  in  den  Wäldern:  sie  tragen  das  Gepräge  des 
dem  Untergänge  Geweihten;  nirgends  Junger  Nachwuchs,  der  Riadern  und  Schafen 
zufällt.  Mit  dem  Ohiobaume  z.  B.  werden  die  schönen  rothen  Vögel  verschwinden, 
aus  denen  man  früher  die  herrlichen  Königsmäntel  und  Federkränze  machte.  Die 
Eingebornen  begniigen  sich  gleichsam  traditionell,  der  alten  Sitte  treu,  mit  künst- 
lichen,   jenen    gelben    und    rotheu    Federschmuck    rcpräseutireuden     Bändern.     Die 


(327) 

meiston  Eingebornen  haben  die  Namen  der  eingebornen  Thiere  vergessen;  nur 
wenige  bewahren  die  alte  Kunst  sie  zu  fangen.  So  ist  der  reisende  Naturforscher 
hier  in  Allem  auf  sich  angewiesen,  und  wie  schwer  es  ist,  zu  sammeln,  weiss  nur 
der,  der  diese  Wälder  und  Natur  gesehen.  Mit  den  eingebornen  Bäumen  ver- 
schwinden auch  andere  Thiere.  Die  interessanten  Achatinellen,  früher  häufig, 
sterben  ebenfalls  aus;  die  eingebornen  wenigen  Süsswasserfische  werdfn  durch 
(ioldfische  verdrängt.  So  glaube  ich,  dass  die  Beobachtungen,  welche  jetzt  noch 
gesammelt  worden,  besonders  interessant  sind,  und  desshalb  lege  ich  meiner  kleinen 
Sammlung  besonderen  Werth  bei,  in  der  Hoffnung,  dass  die  gelehrten  Herren  zu 
Haus  ebenso  denken, 

„Mit  den  Kanakern  habe  ich  mich  noch  nicht  soviel,  besser  gar  nicht,  be- 
schäftigen können.  Honolulu  ist  zu  civilisirt,  und  auf  den  Plantagen,  wo  ich  war, 
sieht  man  mehr  Chinesen  als  Eingeborne.  Sie  müssen  desshalb  verzeihen,  wenn 
ich  bisher  noch  keine  Messungen  etc.  einzusenden  im  Stande  bin.  Ich  muss  mir 
dies  für  später  aufbewahren,  wenn  ich  aus  Mikronesien  zurückkehre.  Dennoch  ver- 
suchte ich  mein  Bestes  und  unternahm  eine  Tour  nach  Wairaanalo,  au  der  anderen 
Seite  von  Oaliu,  wo  man  mir  von  Schädelstätten  erzählte.  Solche  Touren  kosten 
hier  viel  Zeit  und  Geld,  da  Hilfe  fast  gar  nicht  zu  haben  ist;  wer  irgend  arbeiten 
will  (bei  Weitem  nicht  alle  Kanaker),  geht  in  die  Zuckerplantagen.  An  den 
Schädeln  hängt  daher  mancher  Schweisstropfen.  Ich  hatte  sie  alle  selbst  zu 
sammeln  und  —  heimzuschleppen,  was  bei  28°  in  dem  feinen,  weissen,  blendenden 
Corallensand,  ohne  Wasser,  immer  ein  schweres  Stück  Arbeit  ist.  Dabei  möchte 
man  nocii  ein  Gewehr  mitschleppen,  da  das  halbwilde  Rindvieh  oft  auf  Fussgänger 
losgeht.  Ich  würde  sehr  glücklich  sein,  wenn  Sie  mit  der  Sendung  einigermassen 
zufrieden  wären,  denn  ich  glaube  eine  schöne  Auswahl  getroffen  zu  haben.  That- 
sächlich  nahm  ich  alles  Brauchbare;  allein  mit  ordentlichen  Grabwerkzeugen  würde 
mau  mehr  erreicht  haben.  Doch  konnte  ich  nicht  einen  Arbeiter  bekommen  und 
überdies  konnte  ich  nur  4  Tage  daran  wenden,  da  sonst  keine  Schiffsgelegenheit 
zum  Zurückkommen  war.  —  Wenn  ich  von  Mikronesien  zurückkomme,  soll  mehr 
geschehen;  ich  werde  dann  eine  Höhle  in  Kauai  besuchen,  wo  ganze  Mumien 
liegen  sollen." 

Zugleich  überschickt  Hr.  Finsch  einen  Bericht  über  einen  Besuch 
der  alten  hawaiischen  Grabstätten  bei  Walmanalo,  Oahu. 


WaÄmAxncdjy 


CJUahapua, 


L,funtiF( 


(328) 

Waiiuanalo  liegt  au  der  Südostseite  der  Insel  Oahu  und  bezeichnet  gegen- 
wärtig eine  Zuckerplantage,  die  Hrn.  Cummings  gehört.  Sie  besteht,  wie  ge- 
wöhnlich, aus  mehreren  kleineu  Häusern  und  Arbeiterwohuungeu  für  Chinesen  (c.  20). 


AA.  Riff,  3  Faden.    BB.  Brandung.    CC.  Strand  (Sand).    DD.  Dünen.    E.  Plantage.    F.  Höhere 

Berge  (vielleicht  1000).    G.  Alte  Steinmauern  der  Eingebornen.    HH.  Hohe  (1500—1700)  fast 

senkrechte  Felswand.     I.  Ansiedelung  Hawaischcr  Fischer.     K.  Cap  Makapua. 

Im  Süden  wird  der  Küstenstrich  durch  eine  hohe  (1500 — 1700  Fuss),  fast 
senkrechte  Seitenwand  begrenzt.  Sie  besteht  aus  ziemlich  verwitterter  Lava,  die 
mauersteinartig  geschichtet  liegt  und ,  durch  Verwitterung,  mancherlei  Höhlen  und 
I.öcher  zeigt,  die  oft  stalaktitenartig  aussehen.  Die  Vorsprünge  der  Felswand  sind 
mit  Bäumen  besetzt,  ebenso  die  Kasis  derselben,  da  wo  Regenwässer  tiefe  Ein- 
schnitte bildeten.  Doch  ist  der  Baumwuchs  jetzt  äusserst  spärlich,  da  früher  bis 
vor  erst  4  Jahren  eine  Cattle-Ranche  hier  existirte,  mit  3000  Stück  Rindvieh, 
welches  den  jungen  Nachwuchs  der  Bäume  allenthalben  vernichtet.  Die  Entfernung 
vom  Strande  bis  zur  Plantage  beträgt  ca.  2  engl.  Meilen;  die  Ausdehnung  längs 
dem  Strande  vielleicht  <>  engl.  Meilen.  Das  Land  ist  also  von  Bergen  einge- 
schlossen und  Waimaualo  nur  zu  Pferde,  über  hohe  schroffe  Berge  und  tiefe 
schmale  'l'liäler  (Gulches)  in  3—4  Stunden  zu  erreichen.  Per  Dampfer  braucht 
mau  ti  —  7  Stunden. 


(329) 

Der  fruchtbare  Lavaboden  dieses  Küstenstriches  ist  offenbar  durch  die  vielen 
Wasseradern  der  senkrechten  Felswand  abgelagert.  Die  senkrechten,  jetzt  trockenen 
Einschnitte  entsenden  während  der  Regenzeit  ebensoviele  Wasserfälle,  von  denen 
man  bis  63  auf  einen  Blick  zählen  kann.  Die  fruchtbare  Lavaerde  ruht  auf  Lava, 
wie  die  abgerissene  Insel  Makapua  zeigt,  welche  aus  Erde  auf  Lava  besteht  und 
offenbar  früher  mit  der  Küste  zusammenhing.  Dieselbe  erstreckte  sich  früher 
offenbar  soweit  als  jetzt  die  Brandung,  aber  durch  Anspülung  des  feinen  Corallen- 
sandes  entstand  das  Riff.  Zugleich  breitete  sich  durch  die  Nordostpassate  der 
Sand  über  das  fruchtbare  Land  aus  und  bildete  Dünen,  die  ausser  hie  und  da  mit 
einer  Windenart,  fast  kahl  und  stetem  Wechsel  unterworfen  sind.  Der  Wind 
hat  breitere  und  schmälere  Thäler  in  diesen  Dünen  ausgewühlt,  und  in  denselben 
ruhen  die  Skelette,  Der  ganze  Küstenstrich  besitzt  in  jetziger  Jahreszeit  nur 
einen  sogenannten  Fluss,  der  indess  mehr  zusammenhängenden,  mit  Rohr  bestan- 
denen Teichen  ähnelt  und  das  Meer  selbst  nicht  erreicht.  Die  Mündung  ist  ver- 
sandet und  bei  Fluth  schlägt  das  Meer  darüber,  so  dass  dieser  Fluss  in  seinem 
Ausflusse  brakisch  ist.  Der  Küstenstrich  Waimanalo,  jetzt  von  kaum  oU  Menschen 
bewohnt,  hatte  früher  offenbar  so  viele  Hunderte  aufzuweisen.  Dafür  sprechen  die 
unzähligen,  noch  wohlerhaltenen  Mauern  aus  Lavablöcken,  welche  die  Felder  be- 
grenzten, in  denen  die  Eingebornen  sweet  potatos  und  Kürbisse  bauten.  Nament- 
lich sind  diese  früheren  Felder  nach  der  hohen  Felswand  zu  ungemein  häufig,  und 
man  sieht  deutlich,  dass  jedes  von  der  Felswand  herabrieselnde  Wässerchen  sorg- 
fältig benutzt  wurde ,  wie  die  Eingebornen  überhaupt  in  Berieselung  bei  der  Taro- 
oultur  ungemein  kunstreiche  Bauten  aufführten.  Die  seichte  nahe  Bai  und  Taro 
(zu  Poi  verarbeitet)  lieferten  hinlänglich  Nahrung  für  Hunderte  von  Menschen,  wo 
jetzt  nur  wenige  leben.  Durch  das  Verschwinden  der  Bäume  ist  der  Küstenstrich 
zum  Theil  dürr  geworden  und  ähnelt  einer  düsteren  und  spärlich  mit  Gras  be- 
standenen Wüste. 

Reste  von  Hütten  der  Eingebornen  bemerkt  man  nirgends  mehr.  Ueber  die 
Zeit  der  Entvölkerung  und  die  Ursachen  derselben  vermochte  ich  keine  sicheren 
Nachrichten  einzuziehen.  Offenbar  sind  hier,  wie  anderwärts,  auf  diesen  Inseln  die 
schrecklichen  Epidemien  der  Pocken  und  Masern  (in  den  vierziger  und  dreissiger 
Jahren)  die  Ursache  gewesen,  welche  Tausende  hinrafften.  Die  Skelette  bei  Wai- 
manalo entspringen  wahrscheinlich  denselben  Perioden  und  sind  keineswegs  die 
Zeugen  alter  Schlachtfelder,  wie  man  dies  hier  so  gern  annimmt. 

Die  Lage  der  Skelette  anlaugend,  so  ist  dieselbe  ganz  regellos;  bald  liegen 
dieselben  auf  der  Seite,  bald  auf  dem  Rücken,  bald  in  hockender  Stellung  (seitlich), 
die  Kuiee  an's  Kinn  gezogen.  Viele  der  Knochen  scheinen  älteren  Datums  und 
zerfallen  sehr  leicht.  Die  meisten  sind  ganz  weiss  (wie  die  gesandten)  und  durch 
das  Sandwehen  geglättet.  Kinderschädel  zerfielen  alle  in  Stücke.  Einzelne  Skelette 
waren  bräunlich  gefärbt  (wie  die  Proben),  weil  sie  etwas  tiefer  im  Corallensaud 
ruhten,  der  von  der  See  feucht  ist. 

Ich  habe  fast  Alles  genommen,  was  sich  au  brauchbaren  Schädeln  fand,  und 
nur  zerbrochene,  sowie  vielleicht  ein  Dutzend  ohne  Mandibeln  liegen  lassen.  Doch 
würden  sorgfältigere  Nachgrabungen  vielleicht  eine  Menge  mehr  liefern.  Ich  konnte 
mit  meinen  Hilfsmitteln,  allein  auf  mich  angewiesen,  keine  genaueren  Unter- 
suchungen anstellen.  Das  Marschieren  in  dem  losen,  weissen  Sande  war  bei  der 
blendenden  und  brennenden  Sonne  (2.S0K.)   ohnehin  ziemlich  anstrengend. 

Der  Sand  besteht  aus  fein  gemahlenen  Coralleu-  und  Crustaceenresten.  Durch 
das  Wehen  des  Windes  ist  der  Saud  indess  au  manchen  Stellen  zusammengetrieben 
und    bildet  LageH    einer  bröckligen    sandsteiuartigen   Masse,    welche    an  eine   Neu- 


(330) 

bildung  erinnert,  indess  nirgends  nennenswerthe  Ausdehnung  erreicht.  Bemerkens- 
werth  sind  die  blitzröhreuartigen  Incrustationen  (wie  Nr  293  der  Samml.),  welche 
vermuthlich  versandete  Basistheile  von  Strauchwerk  bilden,  da  sie  aufrecht  zu  5 
bis  6  hie  und  da  zusammenstehen.  Blitzröhren  sind  es  jedenfalls  nicht,  da  Ge- 
witter hier  kaum  vorkommen. 

In  dem  feinen  Corallensande  sind  Theile  abgeschliffener  Seemuscheln  (Conus, 
Turbo,  Cypraea  etc.)  nicht  selten,  ebenso  verwitterte  und  glattgeschliffene  Corallen 
(Milleporen  etc.).  Wie  diese  Seethierreste  sich  ziemlich  weit  landeinwärts  in  die 
Düne  erstrecken,  ebenso  finden  sich  todte  Landconchylien  am  Anfange  der  Dünen- 
thäler,  wohin  sie  offenbar  durch  frühere  dort  mündende  Bäche  angespült  wurden. 
Die  zoologische  Sammlung  enthält  unter  258  und  259  solche  todte  Landconchylien. 
Nr.  259  ist  in  unzähliger  Menge  an  manchen  Orten;  Nr.  258  eine  Achatiuelle,  die 
in  den  Gulchen  der  Felswand  noch  spärlich  lebend  vorkommen  soll,  ist  bedeutend 
seltener.  Auch  die  Melania  (Nr.  255)  findet  sich  todt;  ich  fand  sie  in  einem 
kleineu  Süsswasserbache  noch  in   Menge  lebend. 

Neben  den  Menschenskeletten  finden  sich  in  grosser  Anzahl  zerbrochene 
öcheeren  einer  Krabbenart,  sowie  Vogelknochen,  aber  sie  sind  allenthalben  ver- 
streut und  bilden  keine  Küchenabfalllager.  Ich  sende  unter  Nr.  290  (v/ohl  Brust- 
bein vom  Huhn)  und  Nr.  291  solche  Reste  mit.  Letztere  gehören  einer  Gaus  an, 
und  es  würde  interessant  sein  zu  ermitteln,  ob  sie  Anser  sandricensis  angehören, 
die  wenigstens  jetzt  nicht  mehr  auf  Oahu  lebt.  Am  häufigsten  sind  Arm-  und 
Beinknochen  von  Vögeln,  da  die  kleineren  meist  zerfallen  sind.  Ausserdem  sind 
Fischzähne  (wie  Nr.  288)  sehr  häufig,  namentlich  die  schmelzartigen.  Selten  Reste 
wie  Nr.  289  (dessen  Bestimmung  ich  gern  wissen  möchte).  Von  Hausthieren  fand 
ich  nirgends  Spuren;  Pferde-  und  Rindsschädel  waren  neuen  Datums.  Dagegen 
fand  ich  mehrere  Knochenpanzer  von  Schildkröten,  d.  h.  nur  die  verkalkten  ein- 
zelnen Stücke,  aber  zusammenliegend  und  je  zu  einem  Thiere  gehörend.  Nirgends 
zeigten  sich  Anhäufungen  solcher  Reste,  die  schliessen  lassen  könnten,  dass  sie 
von  Mahlzeiten  herrühren,     üeberhaupt  sind  Seeschildkröten  ja  sehr  selten  hier. 

Da  sich  nirgends  Reste  von  Küchenabfällen  fanden,  waren  die  Haufen,  an- 
scheinend von  Menschenhand  gespaltener  Lava-(Basalt)-Stücke  um  so  merkwürdiger. 
Sie  gleichen  durchgehends  den  Proben  Nr.  295  und  bildeten  zwischen  den  Dünen 
einzelne  Haufen  von  5  bis  6  Fuss  Durchmesser  und  vielleicht  2  bis  3  Fuss  Höhe. 
Diese  Hügelchen  werden  von  Sand  gebildet,  der  wie  von  Menschenhand  mit  diesen 
Stückchen  belegt  ist.  Vergl.  die  Skizze,  welche  namentlich  oberseits  einen  fast 
künstlich  zusammengelegten  Steiurand  zeigt. 


Solcher  Häufchen  waren  übrigens  im  Ganzen  nur  wenige.  Sie  scheinen  offen- 
bar von  Menschenhand  geformt,  zur  Zeit  als  Waimanalo  noch  dicht  bevölkert  war. 
Dafür    spricht    auch   Nr.  294,    ein    jedenfalls    zu    einem  (Jlerätli  (Axt)    bearbeitetes 


(331) 

Stück,  übrigens  das  einzige  derartige,  was  ich  fand.  Ausser  diesen  künstlich  ge- 
schlagenen Stücken  finden  sich  mehr  oder  minder  durch  Wasser  abgeschliffene 
Lavastücke,  die  mit  Hochwasser  der  Bäche  angespült  sind. 

Was  die  Schädel  anbelangt,  so  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  dass  sie  echten 
Hawaiiern  angehören,  und  zwar  aus  einer  Zeit,  wo  dieselben  noch  gänzlich  frei  von 
weissen  Einflüssen  waren.  Der  Europäer  hat  erst  seit  wenigen  Jahren  hier  Fuss 
gefasst,  und  dieser  Küstentheil  blieb  unberührt  von  ihnen.  Schon  die  seichte  und 
nicht  ungefährliche  Hai  lässt  keine  Schiffe  hier  landen,  ausser  ganz  kleinen  Fahr- 
zeugen. 

Einige  defecte  Schädel  sende  ich  desshalb  mit,  weil  mir  die  Form  sehr  ab- 
weichend schien  und  sie  jedenfalls  die  Serie  bereichern  dürften. 

(24)  Hr.  Virchow  legt  eine  Reihe  von 

Photographien  von  Negrito-Schädeln  von  den  Philippinen 

vor,  welche  er  durch  die  Güte  des  Hrn.  G.  A.  Baer  erhalten  hat.  Dieselben  waren 
von  folgendem  Briefe  desselben  Herrn,  d.  d.  Manila,  5.  Juli,  begleitet: 

„Sachant  le  grand  interet  que  vous  prenez  a  tout  ce  qui  touche  aux  Negritos 
des  Philippiues,  je  prends  la  liberte  de  vous  adresser  par  la  prt^sente  38  photo- 
graphies  prises  sur  8  cränes  de  Negritos  de  ma  collection  (No.  1  ä  8)  avec  l'aide 
d'un  ami,  Mr.  Otto  Koch,  photographe-amateur.  J'en  possede  les  squelettes  (pro- 
venant  des  environs  de  Balanga,  province  de  Bataan)  dont  plusieurs  sont  accom- 
pagnes  de  dents  detachees  limees  en  pointe,  que  je  regrette  de  n'avoir  pas  recol- 
lees  ä  leur  place  pour  les  faire  figurer  dans  les  reproductions.  Comme  les  cränes 
cot  ete  reproduits  avec  soin  sous  toutes  leurs  faces,  j'ose  esperer  que  ces  photo- 
graphies  auront,  raalgre  leurs  defauts,  quelque  valeur,  et  je  serais  charrae  si  vous 
pouviez  les  utiliser  d'une  fa^ou  ou  d'une  autre.  Voici  les  mesures  des  cränes 
figures: 


Jo. 

1. 

Longr. 

16,9  cm. 

Largr. 

14,1, 

Index 

83,43, 

•n 

2. 

•n 

17,1    „ 

n 

13,5, 

n 

78,95, 

•n 

3. 

n 

16,1    „ 

T> 

13,8, 

T 

85,71, 

n 

4. 

n 

18,5    „ 

Ti 

13,7, 

n 

74,05, 

•n 

5. 

n 

16,4    „ 

n 

12,8, 

n 

78,05, 

1) 

6. 

n 

16,3    , 

n 

13,7, 

V 

84,05, 

■n 

7. 

r> 

17,35  „ 

rt 

13,9, 

» 

80,12, 

T) 

8. 

•n 

16,2    „ 

•n 

13,7, 

» 

84,57. 

Dans  le  cours  des  onze  annees  que  j'ai  deja  passees  aux  Philippines,  je  suis 
parvenu  ä  reunir  uue  trentaine  de  squelettes  de  Negritos,  plus  ou  moins  complets, 
provenant  tous  de  la  partie  de  la  cordillure  de  Bataan  qui  s'etend  de  Balanga  ä 
Dinalupihan,  et  quelques  cränes  detaches,  dont  un  venant  d'OIongapo  pres  Subic 
(Zambales)  et  un  autre  du  Nord,  soit  de  Maluno  pres  Ilagan  (Isabela).  Dans  la 
collection  se  rencontrent  plusieurs  squelettes  d'eufants,  Fun  provenant  d'un  nour- 
risson  et  representant  plutot  une  sorte  de  momie  apla^ie,  et  plusieurs  cränes  portant 
de  fortes  marques  d'une  deformation  artificielle.  Quant  ä  l'authenticite  de  mes 
squelettes  de  Negritos  j'ai  lieu  de  n'eu  pas  douter  par  les  raisous  suivantes: 

1)  II  y  a  un  certain  nombre  d'entre  eux  qui  ont  les  dents  limees  en  pointe 
(eu  dents  de  scie),  Operation  qui  n'a  lieu  que  parmi  les  Negritos  purs. 

2)  Plusieurs  cränes  ont  couscrve  une  partie  de  leurs  cheveux  crepus,  tels  que 
les  No.   10,   17  et  19. 

3)  Taudis    quo    les     Panipangos,    formaiit    une    tribu    differeute    des  Tagais  et 


(332) 

possedant  leur  propre  idiome,  semblent  s'etre  melanges  avec  assez  de  frequence 
avec  les  Negritos  pour  produire  des  metisses  „Balugas",  les  metisses  de  Tagais  de 
Bataan  et  de  noirs  sont  beaucoup  plus  rares,  au  moins  daos  la  partie  s'etendant 
de  Balanga  ä  Dinalupihan,  et  tous  baptises,  de  fa^on  a  etre  enterres  dans  les 
cimetieres  catholiques  oü  aucun  Indien  n'osera  jamais  s'aventurer  ä  chercher  leur 
squelette. 

Feu  Mr.  llodolphe  von  Willemoes  Suhm,  frere  de  mon  associe,  m'ayaut 
encourage  fortement,  lors  du  passage  ä  Manille  du  uavire  „Le  Challenger",  a 
recueillir  le  plus  de  renseignements  possibles  sur  les  moeurs  des  Negritos,  j'ai 
profite  de  mes  excursions  dans  les  montagnes  pour  preudre  un  bon  nombre  d'obser- 
vations  relatives  a  leurs  coutumes,  que  je  me  propose  de  faire  conuaitre  plus  tard, 
lorsque  j'en  aurai  le  temps. 

J'ai  aussi  profite  de  Foccasion  pour  former,  avec  les  plus  grands  soius,  de 
petits  vocabulaires  de  leurs  langues,  et  jusqu'ici  j'ai  reuni  uue  centurie  de  mots, 
correspondante  a  peu  pres  ä  Celle  donnee  par  Wallace  dans  sou  „Archipel  Malais'^, 
dans  10  langues  differentes  de  Negritos,  des  endroits  suivants:  Montalban  ou 
i"ancien  Balete,  pres  Manille  (S.  Mateo),  Balanga,  Hermosa  et  Dinalupihan  (Bataan), 
Olongapo  (Zambales),  Maon  pres  des  Mines  de  fer  d'Angat  (Bulacan),  Caulaman 
pres  Florida  Bianca  (Pampanga),  Malunu  pres  Hagan  (Isabela),  Palanan  et  Casi- 
guran  (Nueva  Ecija),  au  Nord  Est  de  Luzon.  De  plusieures  de  ces  langues  le 
vocabulaire  d'une  centaine  de  mots  n'est  pas  tout-ä-fait  complet,  tandis  que  de 
Caulaman  j'ai  pu  noter  240  mots  et  de  Montalban  400  mots  a  peu  pres,  plus  une 
centaine  de  phrases. 

11  y  aurait  des  conclusions  fort  interessantes  ii  tirer  de  ces  vocabulaires  et  de 
leur  comparaisou  avec  les  langues  des  Indiens  civilises  de  Luzon,  des  Igorrotes  etc., 
mais  si  dans  des  cas  semblables  on  demande  de  la  part  d'un  savant  qu'il  apporte 
d'abord  ses  materiaux  ä  Tappui,  ä  plus  forte  raison  serait-il  temeraire  de  la  part 
d'uu  la'ique  comme  moi  de  m'aventurer  aussi  loin.  Je  ne  puis  pourtant  pas  m'em- 
pecher    de    hazarder    la    supposition    que    si    dans    les    quelques    points  voisins  de 

Manille  que  j'ai  eu    occasion  de  visiter,  j'ai  rencontre  sept  langues  differentes,  l'on 

peut    s'attendre    a    trouver   au    moins  40  ä  50  langues  differentes  de  Negritos  dans 

tout  Luzon. 

üne  autre  circonstance  qui  m'a  frappee  dans  les  langues  de  Luzon  en  general, 

c'est    que    les    couleurs  rouge  et  jaune,  et  Celles  noire,  bleue  et  verte  sont  souvent 

confondues,  comme  cela  arrive  chez  d'autres  peuples. 

Ainsi    les  Tagais    eux-memes    n'ont  pas  jusqu'ici  des  expressions  propres  pour 

bleu  et  vert,  et  emploient  toujours  les  mots  espagnols  azul  et  verde,  tandis  que  le 

remontado,  enfouce  dans  les  montagnes,  emploie  encore  le  mot  „maitiiu"  pour  noir, 

bleu  et  vert. 

Lorsque  Mr.  Fidel  Hernandez,    gouverneur    de    Bontok,  eut  i'obligeance  de 

me    communiquer    un  vocabulaire  des  Igorrotes  de  la  Cordillere  Centrale,  il  me  fit 

la  remarque  suivante:  „inquilat",  Colorado,  le  confunden  cou  el  amarillo,  y  „nitik'', 

negro,  con  el  azul",  etc.  etc. 

Ou  trouve  bien  dans  les  dictionnaires  tagals  les  mots  „halontiyang"  pour  vert, 

et  „boghas"  pour    bleu,    avec    la  mention  „localise",    mais  je    n'ai  encore  rencontre 

nulle  part  un  Tagal  qui  connusse  ces  mots. 

Je  me  permets  de  joindre  encore  la    Photographie   d'un  Orang  Outan    femelle, 

devaut  avoir  de  2  a  3  ans,   qui   a  et*'-  apporte  ici  par  uu  Malais,  et  qui   ne  ressemble 

guere  ä  la  jeuiie  femelle,  fortement  poilue,  qui  est  figuree  dans  „L'Archipel  Malais" 

de   Wallace." 


(333) 

In  einem  zweiten  Briefe,  d.  d.  Manila,  4.  September,  berichtet  Hr.  Baer 
weiter  über  die   Absendung  der  von   ihm  gesammelten   Negrito-Gebeine : 

„Voici  quelques  details  k  l'egard  de  cette  collection,  expediee  en  deux  caisses: 
Elle  se  compose  de  30  sacs  avec  31  cränes  de  Negritos,  accompagnes  pour  la 
plupart  de  squelettes  plus  ou  moins  complets,  et  quelquefois  seulement  dun  petit 
nombre  d'os, 

Les  No.  1  ä  8,  dont  vous  avez  re(;u  les  photographies,  proviennent  de  Balanga, 
de  meme  que  les  No.  9  ii  14,  16  ä  22,  24  a  2G.  J'ai  regu  de  Hermosa  (Bataan) 
les  quatre  No.  15,  28,  29  et  30,  de  Maluno  pres  llagun  (Isabela)  le  No.  23,  et 
d'Olongapo  pres  Subic  (Zambales)  le  No.  27.  — 

Le  No.  11  se  trouve  accompagne  de  2  tetes  et  les  cränes  des  No.  10,  17  et  19 
ont  conserve  une  partie  de  leurs  cheveux.  II  y  a  plusieurs  squelettes  d'enfants, 
tels  que  les  No.  21,  22  et  25  (nourrisson). 

J'ai  encore  ajoute  ä  l'envoi  un  cräne  marque  No.  1  Igorr.,  qui  est  d'un  Igorrote 
des  environs  de  Gay  an  (Lepanto-Ilocos  Sur). 

Ci-inclus  je  me  permets  de  vous  envoyer  les  photographies  suivantes  dont  vous 
pourrez  faire  tel  usage  qu'il  vous  plaira: 

I.  De  2  cränes  d'Igorrotes  de  Cayan: 

No.   1.     L.  17,8,  B.   12,7,   Ind.  71,35   (celui  de  ma  collection  mentionne  plus  haut). 
„     2.      „    17,4,    „     13,85,    „     79,60  (en  possession  d'un  ami  ä  Manille). 

Ces  2  cränes  tres  authentiqucs  proviennent  de  Mr.  iM.  Lillo  ä  Cayan,  gouver- 
neur  du  district  de  Lepanto. 

II.  De  3  cränes  anciens  decouverts  dans  une  caverne  de  Tile  de  Cargaray  pres 
Albay  et  appartenant  ä  un  Espagnol  d'ici. 

No.  1.  L.  17,2,  B.  14,1,  Ind.  81,98. 
„  2.  „  17,2,  „  14,0,  ,  81,40. 
„     3.     ,    16,8,    „    14,7,      „     87,50. 

III.  Tableau  comparatif  de  5  cränes  differents,  savoir: 

Tagal,  Manille L.   19,1,  B.  13,5,     Ind.  70,68. 

Negrito,  Hermosa „    15,1,   „    13,8,        -,     91,39. 

Ancien  cräne,  caverne  Cargaray  (II.  No.  2)    „    17,2,    „14,  „     81,40. 

Igorrote  Cayan  (I.  No.  2) „    17,4,   _    13,85,      „     79,60. 

Chinois  Manille „    18,7,   ,,    14,4,        „     77. 

Les  cränes  de  Cargaray  out  etc  decouverts  dans  une  caverne  se  trouvant  au 
bord  de  la  mer,  dans  des  rochers  coupes  ä  pic  et  ä  une  assez  grande  elevation.  de 
fa(;on  que  l'on  ne  peut  y  parvenir  qu'avec  difficulte,  ä  laide  d'echelles.  On  croit 
ces  cränes  tres  anciens. 

Je  dois  constater  que  les  mesures  dounees  ont  öte  prises  avec  des  instruments 
un  peu  priinitifs,  mais  j'estime  quo  l'erreur  qu'il  pourrait  y  avoir  ue  depasserait 
pas  un  millimetre. 

Pendant  longtemps  j'ai  eu  beaucoup  de  peine  ä  reunir  quelques  squelettes  de 
Negritos  i)arceque  les  tribus  des  montagnes  de  Bataan  s'etaient  apercus  que  Ton 
fouillail  leurs  tombes,  et  avaient  pris  depuis  iors  les  plus  grandes  precautious  pour 
cacher  celles-ci.  J'ai  fini  par  trouver  uu  Indien  tres  ruse  qui  m'a  procure  un  assez 
grand  nombre  de  scjuelettes  dont  quelques  uns  de  la  mauiere  ingenieuse  suivante : 
il  s'est  fait  l'ami  d'un  Negrito  pou  intelligent,  lui  a  dit  que  sa  mere  etait  gravement 
malade  et  que  l'unique  maniere  de  la  guerir  c'etait  de  lui  procurer,  par  un  membre 
de  la  famille,  des  brins  dherbe  cueillis  sur  plusieures  tombes  de  Negritos  le  jour 
de  la  pleine  lune.  Le  Negrito  s'est  laisse  prendre  au  piege  et  a  montre  plusieures 
tombes  ä  l'lndien,  que  celui-ci  est  alle  depouiller  ensuite. 


(334) 

Daus  quelques  districts  d'lsabehi  les  Negritos  permettent  quelquefois,  mais 
rarement,  que  Ton  aille  deterrer  quelque  parent;  dans  ce  cas  ils  partent  pour 
plusieurs  jours  pour  d'autres  parages  (apres  avoir  re9U  un  bon  cadeau  naturelle ment), 
voulant  ignorer  le  jour  et  l'heure  du  deterremeot,  de  craiute  qu'il  ne  leur  arrive 
quelque  malheur." 

Hr.  Virchow  dankt  dem  üebersender  für  seine  überaus  freundliche  und  an- 
genehme Initiative,  und  verspricht  nach  dem  Eingange  der  Schädel  weiter  darüber 
zu  berichten. 

(25)  Hr.  Julius  Stein  (literarisches  Bureau,  Berlin)  hat  an  Hrn.  Virchow  die 

angebliche  Photographie  einer  Apache  Squaw 

übersendet.     Die  beigegebene  Erklärung  lautet  folgendermaassen : 

„Unser  Bild  zeigt  eine  Indian  Squaw,  ein  Mädchen  vom  Stamm  der  Apache, 
deren  Territorium  an  Arizona  (Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika)  grenzt.  Die 
jugendliche  Indianerin  war  einem  jungen  Manne  von  den,  mit  den  Apaches  auf 
dem  Kriegspfade  befindlichen  Couianche-Indiauern  als  Eheweib  nach  dem  Wigwam 
gefolgt.  Bei  einem  Raubzuge  der  Apaches  gefangen  genommen,  ward  sie  zur  Strafe 
tättowirt,  und  zwar  „all  over",  d.  h.  über  den  ganzen  Rücken.  Die  schmerzliche 
Prozedur  nahm  fünf  viertel  Jahre  in  Anspruch.  Die  gemisshandelte  Squaw  floh 
darauf  ostwärts,  bis  sie  bei  den  Weissen  anlangte.  In  St.  Joseph  in  Arizona  fand 
sie  Aufnahme  als  Dienstraagd  bei  einem  amerikanischen  Regierungsfeldmesser, 
einem  früheren  preussischea  Offizier,  dem  wir  die  Uebersendung  einer  Photographie 
verdanken.'^ 

Hr.  Virchow  glaubt  sich  zu  erinnern,  dass  eine  ganz  ähnliche  Photographie 
vor  längerer  Zeit  der  Gesellschaft  vorgelegen  habe,  welche  als  die  eines  Japaners 
bezeichnet  war.  Auch  scheine  die  Gesichtsbildung  in  der  vorliegenden  Photographie 
dafür  zu  sprechen,  dass  es  sich  überhaupt  um  keine  indianische  Squaw  handle. 

Hr.  Hilgendorf  bestätigt,  dass  es  die  Photographie  eines  japanischen  Kulie  sei. 

(26)  Hr.  Virchow  berichtet  über 

einen  Näpfchenstein  und  Grübchen  an  Kirchenmauern  in  der  Schweiz. 

Während  eines  Besuches,  den  ich  im  Laufe  des  August  bei  Hrn.  Desor  in 
Combe-Varin  (Canton  Neuchatel)  machte,  zeigte  mir  derselbe  die  Abbildung  eines 
kürzlich  von  Hrn.  Dr.  Gross  aufgefundenen  Näpfchen-  oder  Schalensteines,  der  in 
der  Nähe  von  Neuveville  am  Abhänge  des  Jura  gegen  den  Bieler  See  liegt.  Auf 
dem  Rückwege  besuchte  ich  Hrn.  Gross;  er  hatte  die  Güte,  mich  an  Ort  und 
Stelle  zu  führen.  Wir  sahen  einen  mächtigen  erratischen  Block,  von  Dorngesträuch 
umwachsen  und  zum  Theil  noch  mit  altem  Moos  bedeckt,  auf  einer  im  üebrigen 
beackerten  Fläche  des  Gebirgsabhanges,  da,  wo  sich  derselbe  gegen  Landeron  und 
Blaise  absenkt.  Die  Oberfläche  des  Steines  ist  mit  einer  grossen  Zahl  offenbar 
alter,  rundlicher  Gruben   von  unzweifelhaft  künstlicher  Entstehung  bedeckt. 

Kurz  vorher  hatte  ich  eine  Reihe  ähnlicher  Gruben,  jedoch  von  geringerem 
Durchmesser,  an  den  Kirchenmauern  in  Thun  und  Bern  aufgefunden.  An  dem 
Berner  Münster  sah  ich  eine  grössere  Zahl  auf  der  südlichen,  gegen  die  Münster- 
terrasse gelichteten  Seite,  und  zwar,  was  besonders  interessant  erschien,  in  Sand- 
steinblöcken, welche  ziemlich  tief  zum  Boden  herabreichten.  In  Thun  konnte  ich 
Anfangs  nichts  davon  entdecken,   da  die  südliche  Seite  der  Kirche  grossentheils  neu 


r335) 

eingesetzte  Sandsteine  in  den  Pfeilern  hat,  die  Zwischenwände  aber  mit  weissem 
Putz  bekleidet  sind.  Krst  auf  der  Nordseite,  wo  noch  alte  Steine  vorhanden  sind, 
stiess  ich  auf  deutliche  Grübchen,  wie  sie  an  unseren  Kirchen  vorkonamen. 

Da  meines  Wissens  bis  dahin  in  der  Schweiz  noch  keine  Grübchen  an  den 
Kirchenmauern  bekannt  sind,  so  machte  ich  Hrn.  Ferd.  Keller  in  Zürich  davon 
Mittheilung.  Derselbe  hat  mir  darauf,  d.  d.  10.  September,  folgendes  Schreiben 
zugehen  lassen,  worin  er  Mittheilung  macht 

über  Schalensteine  und  Kupferäxte  der  Schweiz. 

(Hierzu  Taf.  XVII.,  Fig.  2-3.) 

Für  die  freundliche  Mittheilung  Ihrer  Beobachtungen,  betreffend  die  Schalen 
(ecuelles)  auf  Steinbincken,  danke  ich  Ihnen  bestens  und  werde  mir  erlauben,  über 
dieselben  einige  Bemerkungen  zu  machen. 

Was  vorerst  die  Grübchen  betrifft,  die  Sie  an  den  Kirchenwänden  zu  Thun 
und  Bern  beobachtet  haben,  und  zwar  an  Molassesandstein,  an  künstlich  zugerich- 
teten Flächen,  so  kann  ich  Sie  versichern,  dass  solche  Vertiefungen  an  unsern 
öffentlichen  Gebäuden,  die  aus  Molassesandstein  von  gleichem  Alter  und  gleicher 
Textur  aufgeführt  sind,  nicht  vorkommen.  Sämmtliche  Schalensteine,  von  denen 
ich  alle  oder  fast  alle,  die  in  unserem  Lande  entdeckt  worden  sind,  untersucht 
habe,  sind  erratische  Blöcke  der  härtesten  Steinarten,  nämlich  Granit,  Gneiss 
und  rothes  Sernfconglomerat.  Auf  Blöcken  von  Sandstein  und  Jura-  oder  Alpen - 
kalkstein  ist  noch  nie  eine  Spur  von  Schalen  vorgekommen.  Ohne  alle  Mühe 
unterscheidet  man  auf  den  erratischen  Blöcken  die  Vertiefungen,  die  durch  Menschen- 
hand oder  auf  andere  Weise  entstanden  sind.  Die  ersteren  sind  gar  nicht  häufig. 
Ich  habe  an  den  Abhängen  des  Jura,  wo  ich  mich  Wochen  lang  aufhielt  und 
hunderte  von  Blöcken  besichtigte,  keine  Spur  von  Grübchen  gefunden,  ebenso 
wenig  als  im  Reussthale  oder  bei  den  Blockablagerungeu  zu  Fällanden  im  Kanton 
Zürich.  Es  scheint  mir,  die  Schalensteine  der  Schweiz  sind  alle  bekannt  und  be- 
schrieben in  meiner  Abhandlung:  Schalensteine,  Bd.  XVII.,  Heft  3,  unserer  anti- 
quarischen Mittheilungen,  sowie  in  dem  Werke:  „Monuments  prehistoriques  de  la 
Suisse  occidentale  et  de  la  Savoie.  Lausanne  1872,  ferner  im  Anzeiger  der  Anti- 
quarischen Gesellschaft  der  letzten  fünf  Jahre.  Es  mögen  etwa  35  Stück  sein.  Es 
bestehen  in  mehreren  Kantonen,  namentlich  im  Kanton  Aargau,  Compagnieen  von 
Italienern,  die  sich  mit  Spalten  der  Granitblöcke  beschäftigen,  und  die  ich  öfters 
über  das  Vorkommen  von  Schalen  befragte,  indem  ich  ihnen  Gypsabgüsse  von 
solchen  vorlegte.  Es  gelang  mir  aber  nur  ein  einziges  Mal,  durch  diese  Vermitte- 
lung  Kenntniss  von  einem  solchen  Steine  zu  erhalten.  Ein  Beweis  für  das  künst- 
liche Entstehen  dieser  Schalen  ist  der  umstand,  dass  alle  ungefähr  die  gleiche 
Grösse  haben,  zuweilen  in  einer  Reihe  neben  einander  vorkommen,  kreisrund,  und 
wenn  der  Stein  etwas  geschichtet  ist,  in  gleicher  Form  auf  verschiedenen  Seiten 
desselben  angebracht  sind. 


a,  b,  c,  li  Schalen. 


(336) 

Nach  meiner  festen  Ueberzeugung  sind  diese  Schalen  nicht  als  Verwitterungs- 
erscheinungeu  zu  betrachten,  sondern  als  künstlich  ausgehauene  Vertiefungen.  Regen, 
Eis  und  Pflänzchen  haben  hier  nicht  eingewirkt. 

Auf  den  Granitwändeu,  und  zwar  auf  horizontalen  oder  nahezu  horizontalen 
Flächen,  die  durch  Gletscherrutschung  abgeglättet  sind,  sind  noch  nie  Schalen  ent- 
deckt worden. 

Ich  erlaube  mir,  Ihnen  eine  Abhandlung  über  Schalensteine,  die  ich  in  den 
Mittheilungen  unseres  Vereins  publizirte  und  einen  kleinen  Aufsatz  über  die  Ver- 
witterung des  Alpenkalksteins  (Schratten-  und  Karrenfelder),  welchen  ich  für  die 
hiesigen  Schulen  schrieb  —  eine  ausserordentlich  merkwürdige  Erscheinung — ,  zu 
überschicken. 

Vor  einigen  Tagen  hat  Hr.  Jacob  Messikommer  in  der  Renthierhöhle  zu 
Thäyngen  oder  vielmehr  vor  derselben  eine  Nachgrabung  veranstaltet,  leider  ohne 
Erfolg. 

Seit  Ihrer  Anwesenheit  in  Neuveville  hat  Hr.  Dr.  Gross  einen  interessanten 
Pfahlbaugegenstand  erworben.     Nachfolgend  die  Copie  seines  Briefes: 

....  Je  viens  vous  faire  part  d'une  jolie  decouverte  faite  vendredi  dernier 
(5.  Sept.)  ä  Locras  (Lüscherz).  Un  de  raes  pecheurs  m'a  apporte  il  y  a  quelques 
instants,  une  piece  en  cuivre,  trouvee  par  lui  entre  les  pilotis  sur  une  nouvelle 
Station  de  Locras  —  c'est  une  espece  de  hache  double,  percee  au  milieu  d'un  petit 
trou,  trop  petit  pour  y  passer  une  manche.  Toute  la  piece  pese  3  kilo  et  quel- 
ques grammes.  Les  deux  tranchants  ne  sont  pas  encore  aiguises,  mais  mousses  et 
de  4  millimetres  de  largeur.  Longueur  =  41  centimetres.  Avez-vous  connaissance 
de  pieces  semblables?     De  cette  grandeur?  — 

Hr.  Virchow  bemerkt  in  Bezug  auf  den  ersten  Theil  der  Mittheilungen  des 
Hrn.  Keller,  dass  er  fern  davon  sei,  mit  dem  Nachweise  des  Vorkommens  von 
Grübchen  an  Kirchenwänden  die  Frage  von  der  Chronologie  der  Schalensteine  und 
von  deren  Beziehung  oder  Nichtbeziehung  zu  den  Mauergrübchen  der  Kirchen 
direkt  beeinflussen  zu  wollen.  Für  ihn  handelte  es  sich  nur  um  die  Constatirung 
einer  neuen  Thatsache,  und  diese  könne  er  bestimmt  aufrecht  erhalten. 

Der  zweite  Punkt,  die  Entdeckung  einer  Doppelaxt  aus  Kupfer  in  dem  Pfahl- 
bau von  Lüscherz,  hält  auch  er  für  einen  Gegenstand  von  höchstem  Interesse.  Hr. 
Keller  hat  die  Güte  gehabt,  ausser  einer  Abbildung  dieser  Axt  (Taf.  XVII., 
Fig.  2a  und  2b,  in  '/*  der  natürlichen  Grösse),  noch  eine  Abbildung  von  einer  an 
der  unteren  Donau  gefundenen  und  in  der  Züricher  Sammlung  befindlichen  Doppel- 
axt (Taf.  XVII.,  Fig.  3a  und  3b,  in  '/j  der  natürlichen  Grösse)  beizufügen.  Ob- 
wohl die  letztere  etwas  complicirter  ist,  namentlich  um  das  Stielloch  noch  einen 
erhabenen  Rand  besitzt,  auch  in  der  Form  etwas  abweicht,  so  gehört  sie  doch 
demselben  Typus  au. 

Hr.  Virchow  erwähnt,  dass  er  im  letzten  Frühjahr  in  Athen  mehrfach  Gelegen- 
heit gehabt  hat,  solche  Doppeläxte,  genau  derjenigen  von  Lüscherz  entsprechend, 
zu  sehen.  Aehnliche  sind  auch  in  den  Trümmern  von  Hissarlik  gefunden  worden. 
Es  ist  eine  altassyrische  oder  babylonische  Form,  welche  auch  in  Zeichnungen 
jener  Zeit  vorkommt.     Der  Fund  sei  desshalb  gewiss  von  sehr  grosser  Wichtigkeit. 

(27)  Hr.  Virchow  zeigt  eine  ihm  von  Hrn.  Seh  öl  er  geschenkte  Sammlung 
interessanter  Gräberfunde  und  le^t  zugleich  dessen  Bericht  vor 


(337) 

über  Funde  aus  Hünengräbern  bei  Lohme  auf  Rügen,  unweit  des  Dorfes  Nipmerow, 

Das  Stranddorf  Lolime  auf  Kügeo,  unweit  Stubbenkamer  gelegen,  ist  land- 
einwärts ringsum  von  Feldern  umgeben,  welche  steil  ansteigend  eine  Menge  kleinerer 
und  grösserer  hügliger  Erhabenheiten  zeigen.  Nicht  nur  die  Aussage  des  Land- 
volkes bezeichnet  dieselben  als  „Hünengräber",  sondern  es  ist  auch  bald  der  Tourist 
im  Stande,  dieselben  in  Folge  einer  gewissen  Regelmässigkeit  in  der  Gestaltung  als 
solche  von  Hügeln,  wie  sie  die  Natur  in  dem  welligen  Terrain  häufig  zeigt,  zu 
unterscheiden.  Findet  mau  Gelegenheit  auf  dem  Wege  nach  dem  Gute  Ranzow  bis 
in  den  benachbarten  Wald  vorzudringen,  so  erblickt  man  in  der  Nähe  desselben, 
jedoch  noch  auf  freiem  Felde  gelegen,  einen  höchst  romantisch  bewachsenen  Hügel 
und  auf  der  Spitze  desselben  ein  geöffnetes  Grab.  Mächtige,  behauene  Feldstein- 
blöcke, zwei  an  jeder  Seite  und  je  einer  am  Kopf-  und  Fussende,  begrenzen  eine 
ca,  mannestiefe  Gruft.  Eine  gewaltige  Deckplatte,  welche  gehoben  ist,  lagert  jetzt 
am  Kopfende  in  aufrechter  Haltung.  Die  Bauart  ist  hierdurch  so  genügend  charak- 
terisirt,  dass  es  nur  erübrigt  hinzuzufügen,  dass  die  bedeckende  Schicht  von  kleinen, 
gewöhnlich  mannskopfgrossen  oder  etwas  grösseren  Steinen  nur  ca.  2 — 3  Fuss  Höhe, 
incl.  der  darauf  gelegenen  Erdschicht,  betragen  haben  kann,  wenn  man  sich  die 
abgetragene  Spitze  des  Hügels  ergänzt  denkt. 

Nach  Besichtigung  dieser  Grabstätte  kann  nun  kein  Zweifel  mehr  bestehen, 
dass  die  zahlreichen  Erhebungen  über  die  Feldfläche  desgleichen  Gräber  vorstellen. 

Nach  dem  Vater  des  Gastwirthes,  Hrn.  Hegemeister  zu  Lohme,  welcher 
selbst  79  Jahre  alt,  die  ihm  durch  seinen  Vater  überkommene  Tradition  zu  folgen- 
dem Ausspruch  verwerthet,  sind  die  Höhenzüge  zwischen  Glowe  und  Lohme,  welche 
angesichts  des  Meeres  sich  hinziehend  jetzt  Ackerland  darstellen ,  früher  mit  dich- 
tem Strauch  und  Gebüsch  bewachsen  gewesen,  und  haben  sich  auf  denselben  viele 
Hunderte  von  Gräbern  erhoben. 

Als  charakteristisch  drängte  sich  bei  der  Besichtigung  der  um  Lohme  gelegenen 
Hügel  unwillkürlich  die  Anschauung  hervor,  dass  alle  Gräber  angesichts  des 
Meeres  gelegen  sind,  und  soll  das  Gleiche  auch  für  alle  übrigen  in  der  Umgebung 
gelten,  worüber  mir  indessen  eigene  Erfahrungen  fehlen.  — 

Ein  grosser  Theil  dieser  Gräber  ist  im  Laufe  der  Zeiten  bei  der  Bearbeitung 
der  Felder  abgetragen  worden.  Nachdem  einige  Lagen  mannskopfgrosser  oder 
kleinerer  Steine  abgeräumt  waren,  stiess  man  in  der  Regel  auf  ein,  durch  einen 
grossen  Deckstein  geschlossenes  Grab.  In  demselben  fanden  sich  ein  oder  bisweilen 
zwei  Skelette  vor '),  die  Arme  in  gestreckter  Haltung  und  auf  dem  Rücken  liegend. 
Leider  ist  es  mir  nicht  gelungen,  aus  denselben  einen  wohlerhaltenen  Schädel  zu 
erhalten,  da  dieselben  zertrümmert  und  zuletzt  abhanden  gekommen  waren.  Nur 
ein  Schädeldach,  aus  Stirnbein  und  Seh  eitelbeinen  bestehend,  weichesauf 
Salsitz  ausgegraben  war,  erhielt  ich  durch  die  Freundlichkeit  des  Hrn.  Fock.  Die 
Pfeilspitzen  und  Messer  aus  Feuerstein,  welche  in  den  Gräbern  lagen,  sind  meist 
nach  Sagard  gewandert  und  nur  eine  Pfeilspitze  oder  ein  kurzes  Lanzenblatt  aus 
geschlagenem  Feuerstein,  gefunden  in  einem  Grabe  bei  Wierentz  von  dem  Wirthe 
Ruck,  fiel  in  meine  Hände, 

Zwischen  dem  Dorfe  Nipmerow  und  dem  Gute  Salsitz  liegt  die  Besitzung  des 
Hrn.  Hagemeister,  und  erhebt  sich  in  derselben  aus  der  Feldfläche  ein  circa 
60 — 80  Fuss    langer    und    ca.  10 — 12  Fuss  hoher  Hügel.     Der   Breitendurchmesser 


1)  Aus  einem  solchen  Grabe,  zwischen  Nipmerow  and  Salsitz,  in  welchem  -i  Skelette 
gefunden  wurden,  stammt  das  Feuersteinmesser  (11),  während  das  schönste  Exemplar  (12) 
von  dem  Bauerwirthe  Fock  im  Torfmoor  gefunden  ist, 

Verhandi.  {Jer  Beri.  Authropol.  Geieilschaft  1879.  22 


(338) 

desselben  beträgt  ca.  40  Fuss  und  ist  von  Norden  nach  Süden  gelegen.  Seit  circa 
40  Jahren  sind  aus  dem  Hügel  immer  und  immer  auf's  Neue  Steine  ausgehoben 
und  fortgeschafft,  und  sind  die  Abhänge  desselben  durch  Erdanhäufungen  abgeflacht 
worden.  Seit  der  gleichen  Zeit  hat  man  denselben  auch  beackert.  An  der  Ostseite 
desselben  hatte  Hr.  H.  beim  Pflügen  nach  Forträumung  einiger  Steine  ein  Bronze- 
schwert gefunden,  welches  er  vor  3  Jahren  an  einen  praktischen  Arzt  zu  Sagard 
verkauft  hat. 

Bei  meinem  Aufenthalte  im  August  d.  J.  gestattete  mir  nun  Hr.  H.,  seinen 
Hügel  zu  durchsuchen,  als  ich  ihm  meinen  Plan  mitgetheilt  hatte,  ein  Hünengrab 
aufdecken  zu  wollen. 

In  der  Mitte  des  Hügels  Hess  ich  die  ca.  2  Fuss  Erde  betragende  Deckschicht 
abtragen  und  die  darunter  befindlichen  Steine  entfernen.  10  Fuss  musste  ich  in 
die  Tiefe  vordringen,  nur  Feldsteine  von  1 — 3  Mannskopfgrösse  und  sehr  spärliches 
Erdreich  dazwischen  ausräumend,  bis  ich  auf  eine,  mit  kleineren  Steinen  ausge- 
mauerte Grundschicht  über  dem  Mutterbodeu  gelangte.  Schichtweise  fehlte  jede 
Spur  von  Erde  zwischen  den  locker  aufgethürmten  Steinen. 

In  dem  kreisförmigen  Räume  bildete  ein  Ring  von  grossen,  ca.  l'/'j — 2  Fuss 
hohen  Feldsteinen  die  auf  dem  gepflasterten  Boden  ruhende  Fundamentschicht. 
Auf  dem  Boden  befand  sich  eine  ca.  ^j-.—l  Fuss  hohe  Erdschicht  und  in  derselben 
die  eigentliche  Fundstätte. 

In  dem  nordwestlichen  Quadranten  dieses  Kreises  wurden  eine  starke  Arm- 
spange (1),  eine  Lanzenspitze  (2),  ein  Fingerring  (3)  und  eine  spindelartige 
Bronzenadel  (4)  gefunden,  im  östlichen  Quadranten  die  Reste  einer  Thonurne. 

In  einer  etwas  höher  gelegenen  Schicht  war  ein  unfertig  behauener  Feuerstein- 
keil (5)  gefunden  worden.  Schädel-  oder  Knochenreste,  Holz  oder  Kohlenfragmente 
wurden  nicht  angetroffen. 

Nach  Osten,  in  einer  Entfernung  von  ca.  15  Fuss  von  diesem  Riesengrabe, 
lag  zu  ebener  Erde  auf  dem  Hügel  ein  grosser,  unregelmässig  geformter  Feldstein, 
nicht  weit  von  der  Stelle,  wo  Hr.  H.  das  Schwert  vor  ca.  3  Jahren  ausgepflügt 
hatte.  Diesen  liess  ich  nun  heben  und  erreichte  bald,  ca.  2  Fuss  unter  demselben, 
nachdem  die  darüber  befindlichen  Feldsteine  von  ca.  1  —  3  Mannskopfgrösse  ab- 
gehoben waren,  ein  längliches  Grab.  Der  Längsdurchmesser  desselben  betrug  ca, 
6  —  7  Fuss,  der  Breitendurchmesser  3  —  4  Fuss.  An  den  Seiten  begrenzten  die 
Oeffnung  je  eine  gewaltige  behauene  Feldsteinplatte,  welche  auf  die  Kante  gestellt 
war  und  an  die  sich  grosse  unbehauene,  aber  regelmässig  gefügte  Feldsteine  an- 
schlössen. Das  Kopf-  und  Fussende  waren  nur  von  letzteren  eingefasst  und  von 
Norden  nach  Süden  gerichtet.     In  diesem  Grabe  konnte  Nichts  gefunden  werden. 

Auf  der  westlichen  Seite  des  ersten  grossen  Grabes  ergab  die  auf's  Neue  fort- 
geführte Ausgrabung  einen  gleich  grossen,  mit  Steinen  ausgefüllten  Raum.  Auch 
hier  trafen  wir  in  10  Fuss  Tiefe  die  gleichen  Verhältnisse  hinsichtlich  der  Aus- 
mauerung des  Bodens  an.  Nur  fanden  sich  hier  in  der,  den  Boden  bedeckenden 
Erdschicht  Holz  und  Kohlenreste  vor,  welche  in  der  Tiefe  von  ca.  10  Fuss  über 
der  Oberfläche,  zum  Theil  die  über  der  Grundschicht  gelegene  Steinlage,  zum  Theil 
die  Pflasterung  des  Grundes  geschwärzt  hatten.  Es  hatte  demnach  hier  unzweifel- 
haft ein  Scheiterhaufen  geflammt  und  blieben  unsere  Bemühungen,  eine  Aschenurne 
zu  entdecken,  in  diesem  Falle  vergebliche  im  nordwestlichen  Quadranten  hin- 
gegen fanden  sich  in  der  Aschenerde,  welche  mit  zahlreichen,  weisslichen  Conglo- 
meraten  bröckliger  Beschaffenheit  durchmengt  war,  nahe  beieinander 
ein  Bronzefiugerring  mit  plattenartiger  Verdickung  (G), 
eine  Armspange  (7), 


(339) 

ein   Rfonzedolch  (8)  und 

Reste  eines  Dolch-  oder  Degenknaufes  mit  Bronzenägeln  (0). 
Zwischen  den  einzelnen  Gräbern,  welche  dicht  bei  einander  lagen,  befand   sich 
eine    schmale,    ca.  1 — 2  Fuss  dicke,    trennende    Erdschiclit.    —    Die  Durchgrabung 
des    Hijgels    nach    Norden    zu,    von    der    Mitte    des    mittleren    Grabes    aus,    blieb 
resultatlos. 

Als  Schlussfolgerungen,  welche  sich  mir  nach  dieser  kleinen  Gräberstudie 
unwillkürlich  aufdrängen,  möchte  ich  folgende  aufstellen  : 

1)  Unter  dem  Namen  „Hünengräber"  bezeichnet  man  durchaus  verschiedene, 
der  Zeit  nach  unzweifelhaft  von  einander  sehr  getrennte  Grüfte. 

2)  Die  mit  behauenen  Steinen  ausgelegten  und  oberflächlich  gelegenen  Grab- 
stätten, welche  um  Lohme  herum  die  überwiegende  Mehrzahl  aller  Gräber  zu  bilden 
scheinen,  stammen  aus  einer  sehr  viel  späteren  Zeit,  als  die  Rundgrüfte  von  so 
colossalen  Dimensionen,  bei  welchen   bearbeitete  Steine  fehlen. 

3)  Während  bei  den  erstereu  wohlerhaltene  Skelette  als  fast  regelrechter  Be- 
fund angetroffen  werden,  hat  bei  letzteren  die  Leichenverbrennung  stattgefunden. 

4)  Auffallender  Weise  würden  mit  dem  Obigen  meines  Erachtens  jedoch  die 
reichen  Steinwaffenfunde  contrastiren,  welche  in  den,  aus  behauenen  Steinplatten 
geformten  Flachgräbern  gemacht  worden  sind.  — 

Hr.  Virchow:  Unter  den  mir  zugekommenen  Gegenständen  befinden  sich  ein 
Paar  ausgezeichnete,  grosse,  prismatische  Feuersteinmesser,  indess  ist  nur  das  eine 
aus  einem  Grabe,  von  dem  leider  sonst  nichts  vorliegt,  das  andere  aus  einem  Torf- 
moor. Das  dritte  Stück  ist  ein  unregelmässig  zugeschlagenes,  platt-lanzettförmiges 
Stück  von  7  cm  Länge;  das  vierte  ein  grösseres,  12  cm  langes,  3 — 4  cm  breites 
und  dickes,  ganz  unregelmässig  behauenes  Stück,  au  welchem  eine  zu  einem  be- 
stimmten Zweck  unternommene  I5earbeitung  überhaupt  nicht  sichtbar  ist  (Nr.  5). 
Beide  sind  allerdings  aus  den  noch  zu  besprechenden  Gräbern,  indess  dürften  sie 
zu  einer  Entscheidung  über  das  Alter  derselben  kaum  verwerthbar  sein. 

Von  grossem  Interesse  sind  die  Fundstücke  aus  Metall.  In  dem  ersten 
Grabe  sind  nur  Bronzesachen  gefunden,  allerdings  stark  durch  Rost  angegriifen 
und  mit  dicken,  höckerigen,  grünen  Schalen  überzogen,  indess  doch  bis  auf  die 
kleineren  Gegenstände  noch  im  Zusammenhange  erhalten.  Das  vollkommenste 
Stück  ist  ein  dicker,  schwerer,  nicht  ganz  drehrunder  Armring  von  6  cm  Durch- 
messer; er  war  zum  Oeffnen.  Seine  äussere  Fläche  ist  mit  etwas  schwer  erkenn- 
baren Einritzungen  von  linearer  Form  bedeckt:  Gruppen  von  senkrechten  Strichen 
wechseln  in  sehr  verschiedenen  Abständen  mit  Gruppen  von  schrägen,  unter 
stumpfen  Winkeln  gegen  einander  gerichteten  und  von  stellenweise  in  langen 
horizontalen  Curven  angeordneten  Linien.  Der  dazu  gehörige  Fingerring  besteht 
aus  einem  platten,  scheinbar  ganz  einfachen  Reif.  Eine  etwa  18  cm  lange,  offenbar 
beiderseits  defekte  Nadel  (Haarnadel?)  ist  schwach  gebogen,  am  einen  Ende  kolbig- 
walzenförmig  verdickt  '  und  hier  gleichfalls  ornamentirt:  die  Einritzungen  bestehen 
aus  zahlreichen  queren  Parallelfurchen  und  dazwischen,  wie  an  dem  Armring,  aus 
abwechselnd  schräg  gestellten  Linien.  Endlich  das  sehr  defekte,  lanzenförmige, 
scheinbar  zweischneidige  Blatt  eines  Dolches  ist  10  cm  lang,  an  der  breitesten 
Stelle  25  mm  breit,  am  hinteren  Ende  in  eine  abgebrochene  Spitze  (Dorn)  aus- 
laufend und  hier  von  einer  dicken   Bronzeuiete  durchsetzt. 

Sehr  viel  charakteristischer  sind  die  Beigaben  des  zweiten  Grabes.  Unter 
ihnen  tritt  als  besonders  charakteristisch  hervor  ein  zweischneidiger,  an  der  Spitze 
defekter,  platter  Dolch  von  im  Ganzen  15  cm  Länge  und  3  cm  grösster  Breite.     Er 

22* 


(340) 

ist  in  einer  vom  Rost  stark  angegriffenen  Metallscheide  von  Eisen  enthalten, 
welche  ihm  auf  jeder  von.  beiden  Flächen  fest  anhaftet,  jedoch  an  den  Rändern 
grossentheils  in  ihre  beiden  Platten  auseinandergegangen  ist  und  klafft.  Darin  steckt 
ein  Bronzedolch,  dessen  Form  noch  einigermaasseu  an  der  Scheide  zu  erkennen 
ist.  Hinten  geht  er  in  einen  breiten  und  gleichfalls  platten,  jedoch  abgebrochenen 
Dorn  aus.  Nahe  der  Spitze  steht  aus  der  Spalte  der  Scheide  ein  gedrehter  Faden 
hervor,  von  dem  ich  es  dahingestellt  sein  lasse,  ob  er  zu  der  ursprünglichen  Aus- 
stattung gehört.  Zu  diesem  Dolch  möchten  die  Bruchstücke  eines  hohlen  Bronze- 
griffs gehören,  welche  am  Ende  in  eine  Platte  übergehen.  Der  Bronze -Armring 
ist  gleichfalls  zum  Oeffnen  (Aufbiegen),  hat  S  on  im  Durchmesser,  dagegen  ist  er 
viel  dünner  und  runder;  seine  Einritzungen  sind  fast  ganz  durch  Rost  zerstört, 
indess  erkennt  man  noch  an  einzelnen  Stelleu  dichte  Gruppen  senkrechter  Ein- 
kerbungen.    Die  Stücke  von  einem  Fingerring  gleichen  denen  des  vorigen  Falles. 

Dieses  Grab  gehört. demnach  der  älteren  Eisenzeit  an.  Ich  möchte  für  das 
erstere  dasselbe  annehmen,  obwohl  kein  Eisen  gefunden  ist;  nicht  nur  der  Styl  der 
Arbeiten  ist  ganz  ähnlich,  sondern  auch  die  Construktion  der  Gräber. 

(28)  Hr.  Professor  Kollmann  in  Basel  sendet  einen  Bilderstreifen  ein,  wie 
solche  im  Ganton  Appenzell  in  Bauerwohnungen  als  Balkenverzierung  gebräuch- 
lich sind. 

(29)  Hr.  Dr.  Pfuhl  in  Posen  hat  die  in  der  Sitzung  vom  12.  Juli  (S.  239) 
erwähnten  Lehmfunde  eingesandt.  Es  sind  Gebilde  in  Formen  von  Cylindern 
und  Kugeln,  mit  einer  harten,  aus  zusammengebackenem  Grand  bestehenden  Schale 
versehen.     Er  bemerkt  dazu: 

„Die  Anzahl  der  bis  jetzt  gefundenen  Kugeln  und  Cylinder,  von  der  verschie- 
densten Grösse,  übersteigt  schon  bei  Weitem  200.  In  der  jüngsten  Zeit  ist  auch 
eine  Thonschaale  von  etwa  1  dm  Durchmesser  und  roher  Arbeit  gefunden.  Die- 
selbe hat  im  Boden  aussen  eine  Vertiefung,  der  innen  ein  Buckel  entspricht.  Sie 
stammt  aus  derselben  Schicht,  etwa  6  m  unter  der  Erdoberfläche.  Schon  früher 
sind  an  eben  derselben  Stelle  zwei  Thongefässe,  auch  Schaalen,  gefunden,  welche 
jedoch  leider  verloren  gingen." 

Hr.  Professor  J.  Roth  hat  auf  Veranlassung  des  Vorsitzenden  eine  solche 
Kugel  untersucht.  Sie  erwies  sich  als  ein  Gemenge  von  Mergel  (kalkhaltigem 
Thon)  und  Diluvialsand.     Wahrscheinlich  seien  es  natürliche  Gebilde. 

Hr.  Friedel  erklärt  die  Cylinder  für  Ausfüllungsmassen  von  Löchern,  die 
durch  Pfähle  im  Boden  hervorgebracht  waren. 

(30)  Hr.  J.  von  Stein  in  Bernau  berichtet  in  einem  Briefe  an  den  Vorsitzen- 
den, d.  d.  17.  August,  über 

Runenkalender  auf  der  Insel  Oesel. 
(Uierzu  Tafel  XVlIl.) 

Anfangs  Juni  er.  fand  ich  bei  einem  Bauern  aus  Oesel,  der  in  Geschäften  hier- 
her gekommen  war  und  mir  einige  Münzen,  geprägt  für  Riga  von  Plettenberg 
und  Jasper  Linde,  anbot,  die  ich  aber  schon  unter  meinen  2300  Unicaten  besitze, 
einen  Original-Bauern kalender  auf  sieben  eschenen  Bretterchen,  wie  ihn  Hupel  in 
seinen  Topographischen  Nachrichten  über  Liv-  und  Esthland,  Bd.  III.,  Th.  III., 
S.  366,  anführt.     Der  Bauer  verkaufte  ihn  mir  nicht. 

Vier  Wochen  später  bekam  ich  zufälliger  Weise  die  Literaturgeschichte  von 
R.  König    (Velhagen  und  Klasing,    Leipzig,    Bielefeld  1«79)    in  die  Hand  und 


(341) 

fand  in  diesem  Buche,  S.  4,  die  getreue  Copie  eines  Runenstabes  aus  Lindenholz, 
dessen  Original  sich  im  Germanischen  Museum  in  Nürnberg  befindet;  dieser  zeigt 
184,  regelmässig  wiederkehrende  Zeichen,  die,  ohne  die  unteren  Anhängsel, 
den  Zeichen  des  Oeseler  Bauernkalenders  vollkommen  gleichen.  Wenn  nun  die 
Conservatoren  des  germanischen  Museums  in  Nürnberg  diese  Zeichen  für  Runen 
halten,  so  kann  ich  behaupten,  dass  die  Zeichen  auf  unserem  Bauernkalender  auch 
Runen  sind,  welche  die  Oeseler  aus  Skandinavien,  von  wo  aus  dieselben  nach  dem 
übrigen  Europa  gekommen  sein  sollen,  erhalten  haben,  und  dass  der  Nürnberger 
Runenstab  weiter  Nichts  als  ein  immerwährender  julianischer  Kalender  ist,  und 
zwar  nur  für  "j  Jahr,  da  er  nur  182  Zeichen  zählt.  Bei  den  Oeseler  Runen  fehlen 
die  unteren  Zeichen  der  Runen  des  Lindenstabes, 

Unsere  alten  Oeseler  hatten  also  ein  Jahr  ä  13  Monate;  diese,  zu  28  Tagen, 
machen  zusammen  364  Tage.  Wo  haben  sie  den  365  oder  366  Tag  gelassen?  Waren 
das  ihre  Ruhetage  am  Schlüsse  des  Jahres,  wie  in  den  vorchristlichen,  vorgeschicht- 
lichen Zeiten? 

Auf  Taf.  XVIII.  ist  eine  Darstellung  der  Monatskalender  und  (am  Ende  unten) 
der  Zeichenerklärung  für  die  einzelnen  Tage  im  Oeseler  Bauernkalender  gegeben, 
in  letzterer  bedeutet  das  Zeichen  :  a  =  Sonntag,  b  =  Montag,  c  =  Dienstag,  d  =  Mittwoch, 
e  =  Donnerstag,  f=  Freitag,  g  =  Sonnabend,  h  =  Feiertag. 

Im  L  Monat  bedeutet:  i  =  Neujahr,  k  heilige  Dreikönige,  1  der  Buntspecht 
fing  an  zu  schreien,  m  =  Laosotag?  n  -  Dionysiustag?  Der  Esthe  isst  Schweinekopf. 
0  =  Heinrich,  p  =  halber  Winter. 

Im  IL  Monat  bedeutet:  q  Mariae  Reinigung,  r  Act  (?),  s  Dorothea,  t  Ruhetag, 
u  Frauentag,  v  die  Quellen  beginnen  zu  rauschen,  die  Steine  frieren  in  der  See, 
w  Matsi  päw,  Mathias.  Die  Würmer  kehren  sich  in  der  Erde  um,  es  wird  nicht 
genäht,  damit  die  Schlangen  das  Vieh  nicht  beissen. 

Im  111.  Monat  bedeutet:  x  Tallihasei.  Der  Schnee  geht  ab,  nur  die  Wegstellen 
behalten  ihn;  y  Benedictus;  z  25.  März,  Mariae  Verkündigung.  An  diesem  Tage 
trinkt  der  Esthe  vor  Sonnenaufgang  Brantwein,  um  das  ganze  Jahr  hindurch  frisch 
und  roth  und  gegen  Mückenstiche  sicher  zu  sein. 

Im  IV.  Monat  bedeutet:  aa  Ambrosius;  bb  Hecht  und  Sain  fangen  an  zu  steigen; 
cc  das  Feld  fängt  an  zu  grünen. 

Im  V.  Monat  bedeutet:  dd  der  Esthe  haut  aus  Angst  vor  wilden  Thieren  kein 
Holz  im  Walde;  ee  Vitus:  ff  Philippus  Jacobus;  gg  Kreuzes  Erfindung;  hh  Esich. 
An  diesem  Tage  kommen  beim  Roggen  die  Aehren  hervor. 

Im  VI.  Monat  bedeutet:  ii  ürbanus;  kk  der  15.  Juni,  Vitus. 
Im  VII.  Monat  bedeutet:  11  Frohnleichnam;  mm  Fasttag;  nn  Johannistag,  in 
der  Johannisnacht  brennen  die*  Esthen  grosse  Feuer  an,  um  ihr  Vieh  gegen  Hexen 
zu  schützen;  oo  Fasttag;  pp  Peter  Pauli;  qq  Mariae  Heimsuchung;  rr  die  Esthen 
arbeiten  an  diesem  Tage  nicht,  damit  der  Bär  weder  ihnen  noch  ihren  Feldern 
Schaden  zufüge. 

Im  Monat  VIII.  bedeutet:  ss  Maddelise,  die  Bienen  schwärmen  bis  zu  diesem 
Tage;  tt  Fasttag;  uu  Jacobi;  vv  Oli  päw,  wird  ein  Schaaf  zum  Opfer  geschlachtet; 
ww  an  diesem  Tage  machen  die  Esthen  erst  am  Abende  Feuer,  um  für  das  laufende 
Jahr  Feuerschaden  abzuwenden. 

Im  IX.  Monat  bedeutet:  xx  Mariae  Himmelfahrt;  yy  Bartholomäus;  zz  Johannis 
Enthauptung;  aaa  8.  September,  Mariae  Geburt. 

Im  X.  Monat  bedeutet:  bbb  Kreutzes  Erhöhung;  ccc  Matthäus  Evangelista; 
ddd  Michaelis. 

Im  XI.   Monat  bedeutet:  eee  das  Feld  fängt  au  zu  grünen. 


(342) 

Im  XII.  Monat  bedeutet:  fff  Martiui;  ggg  Elisabeth;  hhh  Mariae  Opfer;  iii  Cle- 
mens; kkk  Catharina;  111  Andreas. 

Im  XIII.  Monat  bedeutet:  mmm  Barbara;  nuu  Nicolaus;  ooo  Mariae  Em pfäug- 
niss;  ppp  Lucia,  an  diesem  Tage  steigen  die  Quappen  in  die  Flüsse;  qqq  Johanna; 
rrr  Fasten;  sss  Thomas;  an  diesem  Tage  reinigen  die  Bauern  ihre  Gehöfte;  ttt  Weih- 
nachten. — 

Sollte  der  Name  der  Insel  Runoe  nicht  auch  skandinavischen  Ursprungs  sein, 
da  sie  doch  auch  durch  Skandinaven  bevölkert  wurde? 

Runa  ■-=  Geheimniss;  öe  =  Insel  (altgermanisch)  geheime  Insel. 

Der  Oeselsche  Bauernkalender  war  auf  7  eschenen,  4  Zoll  langen,  1 V4  Zoll 
breiten  und  ^/g  Zoll  dicken  Brettercheu  eingeritzt  und  zwar  waren  sechs  auf 
beiden  Seiten,  das  siebente  nur  auf  einer  Seite  bezeichnet,  besser  gesagt,  geritzt, 
und  zwar  halten  sich  7  Zeichen  4  Mal  auf  denselben. 

(31)  Hr.  Dr.  Behla  aus  Luckau  legt  ein  Thongefäss,  das  einzige  bis  jetzt 
gefundene  ganz  erhaltene  aus  dem  Borchelt  bei  Gosraar,  in  der  Nähe  von 
Luckau,   und  3  Mammuthszähne  aus  der  Gegend  von   Luckau  vor. 

(32)  Hr.  Dr.  Urban  aus  Schöueberg  bei  Berlin  sprach  über  die  von  ihm  in 
Gemeinschaft  mit  Hrn.  Baumeister  Wilh.  Hintze  diesen  Sommer  und  Herbst  aus- 
geführten Ausgrabungen  auf  dem 

Gräberfelde  bei  Gross-Lichterfelde  (bei  Berlin). 

Obgleich  schon  Jahre  lang  in  Lichterfelde  wohnhaft  und  durch  die  Ausübung 
der  Jagd  und  durch  botanische  Ausflüge  mit  dessen  Umgebung  auf  das  Genaueste 
bekannt,  brachten  wir  doch  erst  diesen  Sommer  in  Erfahrung,  dass  vor  Zeiten  hier 
an  verschiedenen  Stellen  Urnen  und  andere  vorgeschichtliche  Gegenstände  gefunden 
seien.  In  der  Absicht,  das  etwa  noch  üebriggebliebene  für  die  Wissenschaft  und 
die  Museen  zu  retten,  zogen  wir  über  die  Funde  genauere  Erkundigungen  ein, 
welche  Folgendes  ergaben:  Vor  etwa  10  Jahren  hatten  Arbeiter  des  Hrn.  v.  Car- 
stenn  die  Feldmarken  nach  Steinen  abgesucht,  welche  bei  der  Gründung  der 
Villenkolonie  Lichterfelde  zur  Herstellung  einer  Strasse  gebraucht  wurden,  und 
unweit  des  Luches  zu  beiden  Seiten  der  oberen  (nordwestlich  am  Teltower  See 
hinführenden)  Lichterfelde-Teltower  Strasse  in  geringer  Tiefe  solche  in  Menge  auf- 
gespürt. Auf  und  zwischen  diesen,  etwa  15—30  cm  im  Durchmesser  haltenden 
Steinen  fand  man  mit  Knochenresten  gefüllte  Urnen,  denen  man  anfänglich  wenig 
Aufmerksamkeit  schenkte.  Als  aber  der  Compagnon  des  Hrn.  v.  Carstenn,  Hr. 
Mercier,  sich  für  diese  prähistorischen  Denkmäler  zu  interessiren  anfing  und  einen 
Preis  anfänglich  von  0,50,  später  von  0,25  M.  für  jedes  wohlerhaltene  Stück  aussetzte, 
wurde  das  Terrain  eingehender  abgesucht  und  Urnen  bis  zu  70  cm  Höhe  und  40  cm 
Durchmesser  zu  Tage  gefördert.  Bald  war  die  Sammellust  des  Hrn.  Mercier 
befriedigt;  da  er  sich  weigerte,  für  die  weiteren  Funde  Geld  auszugeben,  so  zer- 
trümmerten die  Arbeiter  den  Rest  als  nutzlosen  Kram.  Jene  Urnen  hatten  lange 
Zeit  im  Schloss  des  Hrn.  v.  Carstenn  gestanden;  wohin  sie  später  gekommen 
sind,  darüber  weiss  Niemand  Auskunft  zu  geben.  In  der  Nähe  der  Urnen  wurden 
auch  verschiedene  Feuersteingeräthschaften,  rohe,  geschliffene  und  polirte  Stein- 
hämmer und  Steinbeile  aufgefunden,  welche  von  den  Arbeitern  nach  Hause  mit- 
genommen wurden.  Den  Bemühungen  des  Hrn.  Baumeister  Hintze  gelang  es, 
nur  noch  einen  sehr  schönen  Steinhammor  ausfindig  zu  machen;  die  übrigen 
Sachen  scheinen  allmählich  zertrümmert  oder  verschleppt  zu  sein. 


(348) 

Ausserdem  brachten  wir  noch  in  Erfahrung,  dass  auch  westlich  vom  Teltower 
See,  ferner  zwischen  Giesensdorf  und  dem  Damme  der  Anhalter  Eisenbahn,  und 
endlich  zwischen  Alt-Lichterfelde  und  dem  Potsdamer  Bahnhofe  Urnen  gefun- 
den seien. 

An  der  Hand  dieser  Informationen  begannen  wir  nun  in  Gesellschaft  mit  den 
Hrn.  Du  vi  nage  und  Director  Ed.  Hintze  am  27.  Juli  unsere  Ausgrabungen, 
zunächst  auf  dem  Terrain,  welches  schon  früher  von  den  Garsten  n 'sehen  Arbeitern 
mit  Erfolg  durchsucht  war,  aber  doch  immer  noch  Resultate  erhoffen  liess.  In  den 
folgenden  Monaten  wurden  diese  Nachforschungen  von  uns  allein  fortgesetzt.  Die 
in  Frage  kommende  Fläche  war  bis  vor  4t)  Jahren  bewaldet,  wurde  dann  beackert 
und  liegt  jetzt,  der  Lichterfelder  Land-  und  Baugesellschaft  gehörig,  zum  grössten 
Theile  brach.  Sie  fällt  von  der  Teltower  Strasse  zu  den  Wiesen  des  Luches  hin 
etwas  ab  und  mochte  in  früheren  Zeiten,  als  der  Teltower  See  sich  noch  bis  hier- 
her erstreckte  oder  an  der  Stelle  des  jetzigen  Giesensdorfer  Luches  sich  ein  See 
ausbreitete,  von  dessen  Wassern  am  untern  Rande  bespült  sein.  Indem  wir  mit 
zugespitzten  eisernen  Stäben  die  noch  unberührten  Steinlager  unter  der  Erdober- 
fläche ausfindig  machten  oder  Gräben  aufwerfen  Hessen,  deckten  wir  nach  und  nach 
vier  ürnenstättcn  auf,  von  denen  die  eine  von  den  drei  andern  wesentlich  ver- 
schieden war.  Ungefähr  in  der  Richtung  Giesensdorfer  Kirche — Kadettenanstalt, 
an  einer  Stelle,  wo  vor  Jahren  ganze  Fuhren  von  Steinen  zum  Vorschein  gekommen 
waren,  wurde  eine  noch  unberührte  Urne  frei  gelegt,  welche  mit  gebrannten 
Knochen  gefüllt  war  und  dazwischen  einige  Bronzegegenstände  barg:  ein  nagel- 
ähnliches, .3  cm  langes,  3  mm  dickes,  im  oberen  Drittheile  umgebogenes,  scharf 
vierkantiges  Instrument  und  2,  wohl  nicht  zu  einander  gehörige  Theile  eines  Ringes, 
dessen  Durchmesser  7  oder  mehr  Centimeter  betragen  haben  muss.  Das  eine  Stück 
war  an  der  Oberfläche  ziemlich  zerfressen  und  liess  kaum  irgend  welche  Verzie- 
rungen erkennen;  das  andere  7  mm  dicke  dagegen  war  nach  der  Seite  hin,  welche 
mit  einem  Ansätze  (wohl  zum  Einhaken)  endigte,  mit  kreisförmigen,  nach  der 
andern  mit  schräg  elliptischen,  sich  zum  Theil  kreuzenden,  dichten  und  zierlichen 
Einkerbungen  versehen.  Von  dem  letzten  Fundstücke  wurde  ein  Theil  der  mikro- 
skopischen und  chemischen  Untersuchung  geopfert.  Die  spröde,  nur  schwer  säg- 
bare Masse,  welche  mit  vielen  Rissen  und  Sprüngen  bis  tief  in  das  Innere  durch- 
zogen war,  zerfiel  unter  der  Feile  mehr  zu  Pulver,  als  zu  eigentlichen  Feilspähnen, 
und  liess  unter  dem  Mikroskop  neben  den  Metallblättchen  ein  feines  Pulver  von 
brauner  Farbe  erkennen.  Das  specifische  Gewicht  wurde  zu  7,42  bestimmt;  die 
chemische  Analyse  ergab  7,4  pCt.  Zinn,  86,9  pCt.  Kupfer,  ausserdem  geringe 
Mengen  von  Nickel  und  Eisen  (bis  zu  0,3  pCt.);  die  noch  fehlenden  5  pCt  wur- 
den mit  Hülfe  des  Wassertoffstromes  als  Sauerstoff  nachgewiesen.  Wird  dieser 
Sauerstoff  mit  der  entsprechenden  Menge  Kupfer  als  Kupferoxdul  berechnet,  so 
erhält  man  neben  7,4  pCt.  Zinn,  51,24  pCt.  Kupfer,  40,16  pCt.  Kupferoxydul, 
welches,  wenn  es  schon  durch  die  Bereitungsweise  hineingekommen  ist,  auf  eine 
sehr  unvollkommene  Herstellung  schliessen  lässt.  Ausserdem  fanden  sich  noch  bei 
der  Urne  mehrere  Klumpen  einer  weissen  schmierigen  Masse,  welche  an  der  Luft 
erhärtete  und  das  Ansehen  unreiner  Kreide  erhielt.  Die  Urne  selbst  befand  sich 
50 — 60  cm  unter  der  Erdoberfläche,  war  ringsum  in  Steine  eingepackt,  breiter 
wie  hoch,  ohne  Verzierungen  und  leider  schon  zerdrückt.  In  der  Umgebung  wur- 
den noch  mehrere,  aber  schon  durchwühlte  Urnenlager  nachgewiesen;  die  gesammel- 
ten Reste  waren  ebenfalls  ohne  Verzierungen,  unter  ihnen  die  vollzählig  vorhan- 
denen Bruchstücke  einer  vielleicht  als  Trinkgefäss  verwendeten   Schale. 


(344) 

Unweit  dieser  Stelle  nach  der  Strasse  zu  deckten  wir  zahlreiche,  noch  unbe- 
rührte Urnen  auf,  welche  zwischen  den  Knochenresten  keine  Bronzesachen  ent- 
hielten und  sämmtlich  verziert  waren :  durch  kreuzweise,  aber  unregelmässig  ein- 
gekerbte Striche,  durch  horizontal  verlaufende  Linien,  durch  Puuktirungen  zwischen 
denselben,  oder  durch  gefällige  Combination  von  Punkten  und  Strichen  unter  dem 
oberen  Rande.  Ein  Bruchstück  zeigte  ausserdem  auch  noch  ein  System  von  verti- 
kalen Streifungeu;  bei  einem  Bodenstücke  war  die  innere  Fläche  mit  concentrischen 
Kreisen  geschmückt.  Diese  Urnen  hatten  eine  napfförmige  Gestalt  bei  einem 
Querdurchmesser,  welcher  die  Höhe  wenig  oder  bis  zur  Hälfte  übertraf,  und  waren 
noch  mit  flachen  Schalen  oder  Tellern  überdeckt,  welche  ähnliche  Verzierungen 
darboten.  Mit  grösster  Vorsicht  entfernten  wir  die  Steine,  sowie  die  Erde,  und 
stellten  die  Urnen  nach  allen  Seiten  hin  frei.  Vergebens:  wir  erkannten  wohl  die 
Form,  erhielten  aber  beim  Herausnehmen  nur  Trümmer.  Zu  unserem  Tröste  und 
Aerger  zugleich  überzeugten  wir  uns  bald,  dass  nicht  Ungeschicklichkeit  von  unserer 
Seite  daran  Schuld  war,  sondern  dass  die  Urnen  schon  in  der  Erde  Sprünge  und 
Risse  hatten  und  mit  den  geborstenen  Stellen  selbst  übereinander  griffen.  Nicht 
selten  fanden  wir  auch  rohere,  nicht  verzierte  Urnenbruchstücke  unter  diesen  ver- 
zierten Urnen. 

Wie  schon  erwähnt,  waren  die  Urnen,  deren  oberer  Rand  '/s — ^2  *"  ^'on  der 
Erdoberfläche  entfernt  war,  je  zwischen  zahlreichen  Steinen  eingebettet.  Diese 
waren  grössteutheils  sehr  hart,  granitartiger  Natur,  zum  Theil  aber  auch  weich 
und  bröckelten  in  dem  Maasse  mehr,  als  ihr  Gehalt  an  Glimmer  zunahm;  ein  be- 
sonders glimmerreicher  Stein  befand  sich  gewöhnlich  über  der  Urne.  Vielleicht 
hat  die  etwas  rohe  und  wenig  pietätvolle  Art  und  Weise,  wie  man  die  Steine  um 
die  schon  mit  Sand  umhüllten  Urnen  legte  resp.  warf,  die  Zertrümraung  der  letz- 
teren veranlasst. 

An  einer  dritten  Stelle  links  vom  Fusssteige,  welcher  die  obere  Teltower 
Strasse  durch  das  Luch  hindurch  mit  der  unteren  verbindet,  wurden  wir  durch  den 


Fig.  2.     '/a  der  natürliclien  Grösse. 
Seiten-  und  Voiderausicht. 


Fig.  1.     '/a  der  natürlichen  Grösse. 
Vorder-  und  Seiteuansicht. 


interessanten  Inhalt,  welchen  die  meisten  Urnen  bargen,  freudig    überrascht.     Hier 
stand<;n     a'if.    nur     10—30  nn    tief    unter    iler  Erdoberfläche,   halten   die  Form  eines 


(345) 


niedrigen  abgestumpften,  umgekehrten  Kegels,  dessen  oberer  Rand,  wahrscheinlich 
vom  Pfluge,  meist  weggerissen  war,  waren  nicht  verziert,  ohne  iSteinumhüllung, 
ohne  Deckscliale,  und  enthielten  fast  sämmtlich  zwischen  den  verbrannten  Knochen- 
theilen  nahe  den  obersten  Schichten  eiserne,  unregelmässig  geformte,  grössere  und 
kleinere,  I — 5  cm  lange,  sehr  zackige  Gegenstände,  deren  Natur  uns  wegen  der 
weit  vorgeschrittenen  Oxydation  lange  verschleiert  blieb.  Erst  am  letzten  Dienstag, 
(15.  October),  als  wir  in  einer  Urne  einen  recht  wohl  erhaltenen  Brustschmuck 
auffanden,  an  dem  nur  der  hintere  Theil  stark  augegriffen  war,  gewannen  wir  die 
Ueberzeugung,  dass  auch  die  übrigen  Eisensachen  nichts  anderes  als  Broche- ähn- 
liche Schmuckgegenstände  gewesen  seien  (Fig.  1  und  2).  Diese  Lokalität  dürfte 
übrigens  für  weitere  Nachforschungen  die  geeignetste  sein,  da  sie  von  den  Car- 
sten n'schen  Arbeitern  nicht  berührt  und  von  uns  selbst  erst  zum  kleinsten  Theile 
ausgebeutet  ist. 

An  der  vierten  Stelle  endlich,  noch  weiter  zum  Teltower 
See  hin  gelegen,  wo  vor  einem  Decennium  jene  grossen  un- 
versehrten Urnen  ausgegraben  waren,  trafen  wir  nur  auf  schon 
früher  umgewühlte  Fundstätten,  an  welchen  einzelne  Scherben 
zurückgeblieben  waren.  Jedoch  hatten  wir  das  Glück,  hier 
einen  wohlerhaltenen  bronzenen  Gürtelhaken  aufzufinde'n  (Fig.  3). 
Was  nun  jene  Urnen  und  Urnenscherben  im  Allgemeinen  be- 
trifft, so  waren  sie  sämmtlich  unglasirt  und  aus  demselben 
Material  verfertigt,  aus  Thon  und  Sand,  dem  oft  ein  grob- 
körniges Pulver  jenes  glimmerreichen  Gesteins  zugesetzt  war, 
mehr  oder  weniger  stark  gebrannt,  von  erdgrauer  bis  ziegel- 
rother  Farbe,  bald  mehr,  bald  weniger  consistent;  am  festesten 
erwiesen  sich  im  Allgemeinen  diejenigen,  welche  Verzierungen 
besassen.  Die  meisten  hatten  dicht  unter  dem  oberen  Rande 
Henkel ,  welche  bald  zum  Durchfassen  gross  genug  waren,  bald  so  flach  angelegt, 
mit  so  kleiner  Durchbohrung  und  so  geringem  Umfange,  dass  man  sie  nur  mit 
Hülfe  eines  dünnen  Stabes  oder  Strickes  am  Henkel  aufheben  oder  aufhängen 
konnte.  In  der  Form  zeigten  sie  die  äusserste  Mannichfaltigkeit;  am  häufigsten 
waren  sie  Schalen-,  Napf-,  Topf- ähnlich  und  (die  früher  gefundenen  hohen)  Krug- 
förmig;  einige  wenige,  mit  den  Knochen  von  Kindern  gefüllte,  viel  kleinere  hatten 
eine  ovale  Gestalt. 

Das  sind  im  Wesentlichen  die  Ergebnisse  unserer  Bemühungen.  Au  der  rech- 
ten Seite  der  Teltower  Strasse,  wo  man  ebenfalls  grosse  Urnen  gefunden  hatte, 
grubea  wir  nur  Bruchstücke  aus;  die  Lokalität,  an  welcher  die  Steinbeile  und 
Steinhämmer  entdeckt  wurden,  ebenso  wie  die  übrigen,  freilich  nur  oberflächlich 
untersuchten  Urnenstätten  lieferten  negative  Resultate.  Alles,  was  wir  mit  ge- 
ringen Kräften  in  wenigen  Stunden  an  das  Tageslicht  gefördert  haben,  rechtfertigt 
wohl  den  Schluss  auf  eine  grosse  Ausdehnung  des  Urnenfeldes  und  weiterhin  auf 
eine  zahlreiche  prähistorische  Bevölkerung  an  den  Ufern  des  alten  Teltower  Sees. 
Das  Vorkommen  von  Steinwerkzeugen  aber  an  einigen  Stellen,  das  Auffinden  von 
Bronzesachen  an  andern,  und  endlich  die  eiserneu  Schmuckgegenstände  an  einer 
dritten  Lokalität,  sowie  die  verschiedenartige  Verzierung  der  Urnen  machen  es 
wahrscheinlich,  dass  die  Ansiedelung  Jahrhunderte  hindurch  bestanden  hat. 

Es  dürfte  sich  also  wohl  lohnen,  an  dieser  Stelle,  welche  so  nahe  bei  Berlin 
gelegen  und  so  bequem  mit  der  Bahn  zu  erreichen  ist,  systematisch  betriebene 
Ausgrabungen  in  grösserem  Maassstabe  zu  veranstalten,  um  durch  das  Studium 
weiterer  Funde,   die  mit  Sicheiheit  zu  erwarten  siud,  immer  mehr  Licht  über  jene 


Fig.  3. 
Grösse 


'/■-'  der  natürl. 
Vorder-  und 


Seiteuansicht. 


(346) 

leichenverbrennende  Bevölkerung  zu  verbreiten,  von  welcher  keine  geschriebenen 
Urkunden  existireu.  Hierzu  Anregung  zu  geben,  sollte  der  Zweck  dieser  Mit- 
theilung sein. 

Schliesslich  erfülle  ich  nocli  die  angenehme  Pflicht,  Hrn.  Eduard  Hintze, 
Director  der  Lichterfelder  Land-  und  Baugesellschaft,  welcher  uns  die  eingehendste 
Untersuchung  des  oben  beschriebenen  Terrains  mit  der  grössten  Liberalität  ge- 
stattete, unseren   wärmsten  Dank  auszusprechen  ').  — 

Hr.  Virchow:  im  April  1868  hatte  ich  Gelegenheit,  durch  gütige  Vermitte- 
lung  des  verstorbenen  Rechtsanwalts  Lewald  die  von  Hrn.  Mercier  gesammelten 
Gegenstände  einer  eiügehendeu  Untersuchung  zu  unterwerfen.  Nach  den  von  mir 
damals  niedergeschriebenen  Notizen  handelte  es  sich  um  folgende  Gegenstände: 

A.    Thongeräth. 

1)  Eine  mit  gebrannten  und  grob  zerschlagenen  menschlichen  Knochen  gefüllte 
Urne  enthält  eine  gekrümmte,  1 '/-  Zoll  lange,  am  spitzen  Ende  ringförmig  ein- 
gebogene, am  stumpfen  kolbige  Bronzenadel  (Stachel  einer  Fibula?).  Das  Gefäss 
war  ohne  Henkel  und  Verzierung,  hellgelb,  aussen  glatt,  schwer  und  von  einem 
dichten,  fa'st  körnerfreien  Material;  seine  Form  war  bauchig,  mit  engem  Boden  und 
weiter  Mündung,  von  massiger  Höhe.  Auf  demselben  lag  als  Deckel  ein  flacher, 
umgekehrter  Untersatz. 

2 — 5)  4  kleine  Gefässe  mit  Doppelhenkeln  zum  Aufhängen,  sämmtlich  glatt, 
glänzend,  gelb,  mit  einzelnen  Verzierungen. 

1)  Auf  den  folgenden  Mittwoch,  den  22.  October,  hatte  ich  die  Mitglieder  der  Gesell- 
schaft zur  Fortsetzung  der  Ausgrabungen  aufgefordert;  leider  waren  wegen  des  bis  dahin 
sehr  schlechten  Wetters  mit  Hrn.  Dr.  Voss  nur  wenige  Herren  erechienen,  welche  aber 
durch  die  Menge  prachtvoller  Funde,  die  in  nur  kurzer  Zeit  an  der  Lokalität  Nr.  3  gemacht 
wurden,  sehr  befriedigt  waren;  denn  wir  hatten  das  Glück,  auch  hier  nicht  nur  mehrere, 
an  dieser  Stelle  bisher  nicht  beobachtete  ornamentirte  Urnen  aufzudecken,  sondern  auch  etwa 
ein  Dutzend  dicht  beisammen  stehender,  nicht  verzierter,  welche  sämmtlich  eiserne  Schmuck- 
gegenstände und  Gürtelhaken,  zum  Theil  von  sehr  zierlicher  Arbeit  und  gänzlich  unversehrt, 


czSL. 


Fig.  4. 


Fig.  5.     Halbe  natürliche  Grösse.     Seiten-  -und  Vorderansicht. 

enthielten.  In  einer  grösseren  Urne  wurden  ausserdem  noch  zwei  bronzene  Knopfe  (Fig.  4), 
ein  Bronzering,  ein  doppelter  eiserner  Ring,  ein  kleiner  Eisenhaken  von  ähnlicher  Form,  wie 
die  Gürtelhaken  (Fig.  5),  und  zwischen  der  aufgeworfenen  Erde  '2  Feuersteinmesser  gefunden. 
Am  26.  October  Messen  wir  in  Gegenwart  des  Hrn.  Geh.  Rath  Virchow  an  demselben 
Orte  weiter  nachgraben.  Urnen  mit  eisernen  Geräthschaften  wurden  nicht  mehr  aufgefunden; 
dafür  wurden  wir  aber  entschädigt  durch  die  Entdeckung  von  zwei  kleineren,  kegelförmigen, 
wohl  erhaltenen  Krügfii,  welche  je  in  einer  grösseren  zerbrochenen  Urne  verborgen  waren. 
Säuinitlirhe  Funde  sind  dem  Königlichen  Museum  übergeben. 


(347) 

Das  kleinste  2  Zoll  hoch,  P/g  Zoll  in  der  grössten  Breite,  mit  kleinen  Hen- 
keln (lif;lit  über  dem  Bauche  und  unter  dem  Rande,  zum  Theil  gebrannt,  daher 
theils  schwärzlich,  theils  röthlich. 

Das  grösste,  2'/2  Zoll  hoch,  3  Zoll  im  grössten  Durchmesser,  besass  einen 
aufrecht  stehenden  Rand  und  einen  weiten  Bauch,  welche  durch  3  Horizontallinieu 
von  einander  abgesetzt  waren.  Darüber  am  unteren  Theil  des  Randes  standen 
Gruppen  von  je  3  dicht  gedrängten  Eindrücken  und  zwar  so,  dass  abwechselnd  in 
der  einen  Gruppe  die  3  Kindrücke  neben  einander,  in  der  folgenden  2  neben  ein- 
ander und  der  dritte  in  der  Mitte  über  denselben  standen.  Jederseits  am  Oeber- 
gaug  vom  l^auch  zum  Halse  ein  etwas  weiterer  Henkel  und  unter  demselben  ein 
rundlicher   Eindruck.     Am  Boden  ein  concaver  Eindruck. 

Das  dritte  war  sehr  ahnlicli,  nur  dass  die  (jruppen  aus  je  '2  stehenden  Ein- 
drücken gebildet  waren. 

Das  vierte  war  verschieden:  es  hatte  eine  mehr  flaschenförmige  Gestalt,  einen 
ffachen,  breiten  Boden,  an  der  Stelle  der  abgebrochenen  Henkel  4  Löcher  zum 
Einsetzen  der  Henkelstücke,    dabei  als  Verzierung  mehr  unregelmässige  Querlinien. 

G)  Ein  etwas  oblonges  Trinkgefäss,  2'/^  Zoll  hoch,  3'/^,  Zoll  lang,  27..  Zoll 
breit,  ohne  Verzierung,  hellgelb,  etwas  geschmiert,  mit  plattem   Boden. 

7)  Ein  mehr  flacher,  runder  Topf,  fast  r'/4  Zoll  hoch,  S'/^  Zoll  im  Querdurch- 
messer, mit  weitem  Bauch,  niedrigem,  etwas  nach  aussen  gerichtetem  Halse,  weiter 
Oeffnung  Unter  dem  Rande  lief  eine  KJranz  von  22,  sehr  unregelmässig  gestellten 
und  ungleich  grossen,  kleinen,  runden  Löchern  herum.  Unter  denselben  am  oberen 
Theile  des  Bauches  einige  Querlinien.  Au  einer  Seite  ein  von  der  Ausbauchung 
des  Bauches  zum  Rande  gehender  weiter  Henkel,  auf  der  anderen  Seite  geradeüber 
eine  ausgebrochene  Stelle. 

8)  Ein  kleines,  niedriges  (lefäss  mit  geradem  hohem  Halse,  weitem  Bauch, 
weiter  Mündung  und  grossem  Boden,  2'/,  Zoll  hoch,  3'/-..  Zoll  im  Durchmesser  des 
Bauches,  ohne  Henkel.  An  der  oberen  Wölbung  des  Bauches  abwechselnd  Gruppen 
von  je  3  oder  4  senkrechten  Strichen  (4  mal  je  3,  o  mal  je  4  Striche). 

9)  Ein  grösseres,  dem  eben  genannten  ähnliches  Gefäss,  nur  mit  höherem 
Halse  und  einem  einzigen  grösseren  Henkel  (Gri£f),  der  vom  Oberbauch  zum  Rande 
ging.  In  geringer  Entfernung  vom  Ansätze  des  Henkels  am  Rande  jederseits  ein 
vorspringender  Knopf.  Am  unteren  Theil  des  Halses  eine  Reihe  von  Gruppen 
kleiner,  senkrechter,  zu  je  3  eingeritzter  Striche. 

10)  Ein  grosses,  aber  etwas  niedriges  Gefäss  (Fig.   1)    von   feinerer  Form    und 


Fig.  1. 


(348) 

reicherer  Verzierung,  hellgelb,  glatt,  von  feinerem  Thon.  Sehr  weite  Mündung, 
hoher,  etwas  ausgeschweifter  Hals  mit  gerade  aufgerichtetem  Rande,  weitem  Bauch, 
ohne  Henkel,  mit  concavem  Boden.  An  der  Grenze  von  Bauch  und  Rand  drei 
Horizontallinien.  Darüber  eine  Reihe  rundlicher  Eindrücke,  und  zwar  abwech- 
selnd je  5  in  einer  Reihe  und  je  3  kegelförmig  geordnet,  unter  den  Horizontal- 
linien abwechselnd  senkrechte  Striche  und  rundliche  Eindrücke,  so  gestellt,  dass 
abwechselnd  je  2  und  je  5  senkrechte  Striche  zusammenstanden  und  dazwischen 
jedesmal  ein  Zwischenpunkt  gestellt  war. 

11)  -i  grössere  Wirtel,  grob,  ohne  Verzierung:  der  eine  unten  flach,  oben 
gewölbt. 

B.    Steingeräth. 

Eine  Streitaxt  aus  feinem  Grünstein,  von  hellgraugrüner  Farbe,  sehr  schön 
polirt,  mit  kleinem,  glattem  Stielloch,  an  dem  man  die  Bohrlinien  deutlich  sehen 
konnte,  etwas  hinter  der  Mitte,  am  Ende  scharf,  jedoch  verletzt.  Sie  hatte  eine 
sehr  ungewöhnliche  Form,  indem  sie  in  der  Gegend  des  Lochs  sehr  verbreitert 
war  und  das  vordere  Ende  sich  vor  dieser  Stelle  durch  einen  seitlichen  Absatz 
schied.  Die  obere  Fläche  bildete  hier  eine  flach  convexe  Vorragung,  während 
sowohl  die  Schneide,  als  der  Rücken  sich  etwas  nach  unten  senkten. 

C.  Bronze, 
sehr  reichlich,  zum  Theil   mit  schöner  Patina.     Dazu  gehörig  auch  eine  Gussform 
aus  Thon, 

1)  Ohrringe: 
a.  Ein  feiner  Drahtring,  auf  dem  eine  weisse  (durch  Brand  veränderte)  Glas- 
perle sitzt,    ist  mit  einem  segeiförmigen,   flachen  Blatt  verbunden,  welches 
3  oder  4  Löcher  zum  Einhaken  des  Ringes  hat  (Holzschn.  Fig.  2). 


Fig.  3. 


Fig.  2. 


Fig.  5.      Fig.  6. 


Fig.  4. 


b.  Grössere    mit    sehr    langem,    feinem  Ringe    und    ganz  glattem,    fast  kahn- 
förmigem  Blatt  ohne  Löcher  und  Verzierung  (Holzschn.  3), 

c.  Breite,  segeiförmige  Blätter  mit  Strichen  und   Löchern,    scheinbar  um   den 
Ring  enger  und  weiter  zu  machen  (Holzschn.  Fig.  4  u.  5).  • 

d.  Segel  mit  G  parallelen  Längsstrichen  (Fig.  6). 

2)  Fibeln.     Dieselben  waren    besonders    merkwürdig,   weil    sie    die    italische 


(349) 


Segolform,  wenn  auch   in   boscheidener  Grösse,    am   Bügel  zeigten.     Das  Segel  ging 
lu  den  Draht  über,  welcher  um  die  horizontale  Stange  gewunden  war  (Holzschn.  7). 


■^ss^ 


Fig.  7. 


Fig.  8. 


An  einem  Exemplar  sassen  3  Knöpfchen  auf  dem  Segel  (Holzschn.  8).  An  einem 
anderen,  nur  fragmentarisch  vorhanden  (Holzschn.  9)  zeigte  das  grosse  Segel  Ab- 
theilungen, wie  die  Flügeldecke  eines  Käfers.  Nach  der  einen  Seite  ging  es  in 
eine  Art  schmaler  Schale  zur  Aufnahme  der  Nadel  über. 


Fig.  11. 


Fig.  10. 


Fig.  13. 


;!)  Haarnadeln,  lang,  mit  Knöpfen  am 
Ende  (Holzschn.  10).  Eine  Nadel  war  am  Ende 
hirtenstabförmig  umgebogen  (Holzschn.   11). 

4)  Spangen  und  Ringe:  eine  grosse  Arm- 
spange, mehrere  kleine,  theils  glatte,  theils  ge- 
wundene und  dick  gedrehte  Armringe.  Ein 
halber  Bügel  mit  Anschwellungen,  auf  deren 
jeder  3  erhabene  Streifen  (Fig.   12). 


« 


Fig.  1-2. 

5)   Knöpfe,    S  chnal  len  stäche  1,    kleine 
Bronzenägel  mit  viereckigen  Köpfen. 

D.  Kupfer? 
Beschläge  mit  umgebogener  Spitze,  fast  wie  Hechtangeln  aussehend. 

E.  Eisen,  alles  stark  verrostet. 
Eine  schöne  grosse  Fibula  mit  Windung  um  die  Querstange.    Beschläge.    Nägel. 
Eine    lange  Nadel    (Holzschn.  Fig.   13)    mit    gebogener  Nadel    und   länglichem 
vierkantigem  Kopfe. 

F.  Email. 

Schöne  grosse  schwarze  Perlen  aus  Glasfluss  mit  "2  gelben,  gewundenen,  sich 
durchschlingenden  Linien  und  grünen  Augen  innerhalb  der  durch  die  Linien  um- 
grenzten Felder. 

G.  Schmuck  aus  Thon,  Stein  und   Bein. 

1)  Flache  Scheibe  aus  Sandstein  mit  einem  sehr  regelmässig  gebohrten  Loch 
und  von  gut  gerundeter  Form. 


(350) 

2)  Ein  gebrannter  Knopf  aus  Bein,  fast  wie  ein  moderner  Hemdenknopf,  durch- 
bohrt, mit  BroDzedraht. 

o)  Perlen  und  Halsschmuck. 

a.  ein  Stück,  bestehend  aus  einer  flachen,  durchbohrten,  schwärzlichen  Scheibe, 

b.  ein  rundliches,  durchbohrtes,  gelbliches  Korn,  einer  Erbse  ähnlich, 

c.  3  Stück  löffeiförmige,  schwärzlich  graue  Körper  aus  Thou  mit  quer  durch- 
bohrtem Stiel  und  flacher  Scheibe, 

d.  B  Stück  sechseckige  Stachelkörper  aus  Thou,  morgensternartig,  mit  einem 
Loch,  welches  quer  durch  von  einem  der  Höcker  zu  dem  gegenüber  stehen- 
den ging. 

Aus  den  löffel-  und  morgensternartigen  Körpern  (c.  und  d.)  kann  man  sich 
leicht  einen  Schmuck  zusammensetzen,  wenn  man  sie  in  alternirender  Reihenfolge 
an  einander  reiht  (Holzschn.  Fig.   14). 


Fig.  14. 

Das  sind  die  Funde  von  damals,  für  unsere  Gegenden  verhältnissmässig  reiche 
und  ungewöhnlich  maunichfaltige.  Dass  das  Gräberfeld  mit' dem  jetzt  explorirten 
nicht  identisch,  wenngleich  demselben  ziemlich  nahe  war,  ist  schon  von  Hrn.  ürban 
erwähnt.  Indess  lässt  sich  ihre  Verwandtschaft  wohl  nicht  bezweifeln.  Auch  hier 
handelt  es  sich  um  ein  Gräberfeld  der  älteren  Eisenzeit,  in  welchem  jedoch  Bronze 
sehr  reichlich  vertreten  war.  Die  Thongefässe  erinnern  an  den  Lausitzen  Typus, 
wenn  auch  die  am  meisten  charakteristischen  Formen  fehlen.  In  manchen  Stücken 
nähern  sich  die  Funde  denen  von  Bienenwalde  bei  Ruppin.  Die  Fibeln  und  viel- 
leicht auch  die  Ohrringe  zeigen  italische  oder  wenigstens  südliche  Anklänge.  Höchst 
auffällig  ist  der  gänzliche  Mangel  an  Waffen,  wenn  man  von  der  Steinaxt  absieht. 
Wo  dieselbe  gefunden  ist,  ob  in  einer  Orne,  kann  ich  nicht  bestimmt  angeben, 
doch  glaube  ich  mich  zu  erinnern,  dass  Hr.  Mercier  mir  mittheilte,  sie  sei  auch 
einer  Urne  gefunden. 

üebrigens  ist  zu  erwähnen,  dass  die  Gesellschaft  schon  seit  langer  Zeit  eine 
durch  Hrn.  Herrn.  Grimm  geschenkte  Streitaxt  von  Stein  von  Giesensdorf  besitzt 
(Zeitschr.  für  Ethnol.  1874,  Bd.  VL,  Verh.  S.  257). 

(33)  Hr.  0.  Mantey  übergiebt  der  Gesellschaft  eine  Sammlung 
Nubischer  ethnologischer  Gegenstände. 

Im  Frühjahr  1877  machte  ich  in  Cairo  die  Bekanntschaft  des  jetzigen  Vice-Gouver- 
neurs  vom  Sudan,  Hrn.  Giegler  Pascha,  kurz  vor  dessen  Rückkehr  nach  Chartum. 

Im  December  1878  traf  Hr.  Giegler  wieder  in  Cairo  ein  mit  einer  reichen 
Sammlung  von  Waffen  und  Hausgeräthschaften  der  verschiedensten  Negervölker. 
Unter  diesen  Gegenständen  fielen  mir  zunächst  einige  .Messer  auf,  die  abweichend 
von  den  sonst  im  Innern  Afrikas  gebräuchlichen  Schneideinstrumenten  nur  eine 
geschärfte  Seite  hatten.  Auf  meine  Bitte,  mir  eines  der  Messer  zu  schenken,  war 
mein  Freund  Giegler    so    liebenswürdig,    mir    sofort  die  Auswahl  frei  zu  stellen. 


(351) 

Tags  darauf  schenktfi  mir  Hr.  Giegler,  mit  Ausnahme  einiger  weniger  Gegen- 
stände, die  ganze  reiche  Sammlung.  Ich  acceptirte  mit  Freunden  das  liberale 
Anerbieten  mit  dem  Bemerken,  dass  ich  die  Sachen  nicht  für  mich,  sondern  für 
die  Gesellschaft  für  Anthropologie  in  Berlin  in  Empfang  nähme,  und  dieser 
Alles  bei  meiner  Rückkehr  in  die  Heimath  zur  Verfügung  stellen   würde. 

Ich  erlaube  mir  hiermit  der  Gesellschaft  die  Sammlung  zu  übergeben  und 
möchte  die  Herren  noch  besonders  auf  einige  der  Sachen  aufmerksam  machen.  — 

Vortragender  zeigt  zunächst  die  Messer  vor,  ferner  einige  sehr  sauber  aus  hartem 
Holz  gearbeitete  keulenartige  Stäbe  und  aus  nassem  Bast  zusammengehämmerte 
Matten,  deren  eine  ein  ausserordentlich  regelmässig  ausgeführtes,  vorwiegend  grad- 
liniges Ornament  zeigt.  Die  Stäbe  geben  dem  Träger  gleichsam  die  Würde  eines 
Häuptlinges  oder  Schech's.  Die  genannten  Gegenstände  waren  Gastgeschenke  des 
Negerkönigs  Kaba  Rega  an  Gordon  Pascha,  unter  den  Flechtwerkeu  zeichnen  sich 
vornehmlich  einige  kleine  Pfeifenrohr-artige  Instrumente  aus,  deren  untere  breitere 
Oeffnung  durch  gitterförmiges  Flechtwerk  verschlossen  ist.  Es  dienen  dieselben 
beim  Trinken  von  allerhand  Flüssigkeiten  und  verhindern  das  Durchtreten  von 
Verunreinigungen  mit  dem  Getränk. 

Waffen  sind  in  ziemlicher  Auswahl  vorhanden,  darunter  Speere,  Bogen  und 
Pfeile,  sowie  ein  Schild  der  Djur-Neger.  Ein  Trumbasch  der  Niam-Niam.  Zwei 
Schwerter  und  ein  sichelförmiger  Säbel  der  Monbuttu. 

Von  Bekleidungsgegenständen  verschiedene,  mehr  oder  weniger  reich  ge- 
schmückte Schurzfelle  und  Hüftgürtel,  sowie  zwei  Paar  aus  Schweinsleder  ge- 
hämmerte und  mit  sehr  gleichmässigem  Linienornament  versehene  Sandalen  mit  je 
einer  kleinen  Oehse  zum  Durchstecken  der  grossen  Zehe,  und  einer  grösseren  für 
den  Spann.  Ferner  Armringe  aus  Elfenbein  und  Eisen,  letztere  geziert  durch  die 
mächtigen  Gewehre  des  Hirschebers. 

Durch  die  Güte  des  schon  seit  vielen  Jahren  in  Cairo  ansässigen  Hrn.  Dor  Bey 
gelaugte  Hr.  Mantey  auch  in  den  Besitz  zweier  grösserer  Gefässe,  wie  sie  in 
Abessynien  und  im  Harar  zum  Aufbewahren  von  Flüssigkeiten  oder  Feldfrüchten 
benutzt  werden.  Beide  haben  die  Form  der  in  ganz  Egypten  üblichen  thönernen 
Siren.  Das  eine  Gefäss  ist  ein  höchst  sorgfältiges  Flechtwerk,  das  andere  aus 
einem-  Stück  Sycomorenholz  gehauen.  Beide  mit  Deckeln.  Auch  diese  macht  Hr. 
Mantey  der  Gesellschaft  zum  Geschenk.   — 

Der  Vorsitzende  spricht  Hrn.  Mantey  den  freundlichsten  Dank  der  Gesellschaft  aus. 

(34)  Hr.  Mantey  berichtet  sodann  über 

die  Feuersteinfunde  von  Heiwan 

und  übergiebt  dort  gefundene  Proben,  sowie  von  Fellachen  jetzt  noch  mittelst  eines 
Hammers  und  eines  eisernen  Meisseis  geschlagene  Feuersteine,  welche  zum  Feuer- 
raachen  dienen,  mit  folgenden  Worten: 

Ich  möchte  nun  noch  mit  einigen  Worten  auf  einen  anderen  Gegenstand  über- 
gehen, der  besonders  auch  auf  den  beiden  letzten  allgemeinen  Anthropologen- 
Versammlungen  zu  Diskussionen  Veranlassung  gegeben  hat.  Es  handelt  sich  um 
die  in  ünteregypten  aufgefundenen  und  mit  dem  Namen  „Steinwaffen"  belegten 
Feuersteiusplitter.  Dieselben  wurden  in  massenhafter  Weise  in  dem  etwa  20  km 
südlich  von  Cairo  gelegenen  Schwefelbade  Heluan  gefunden.  Unter  der  grossen 
Menge  der  Splitter  fanden  sich  einzelne,  mit  besonderer  Sorgfalt  bearbeitete  Speci- 
mina,  die  man  entschieden  als  Lanzen  und  Pfeilspitzen  ansprechen  muss. 

Die  grössere  Mehrzahl  dagegen  kann  man  nur  mit  Reserve  für  Waffen  ansehen. 


(352) 

man  kann  nicht  einmal  mit  Bestimmtheit  behaupten  ,  dass  diese  Splitter  in 
der  That  von  Menschenhand  ausgeführt  sind.  Hr.  Dr.  Schweinfurth,  der 
bald  nach  dem  Bekanntwerden  der  Fundobjekte  nach  Heluau  gefahren  war,  theilte 
mir  bei  seiner  Rückkehr  seine  Zweifel  über  die  Steinsachen  mit  und  erwähnte 
dabei  noch  ganz  besonders,  dass  er  auf  einer  seiner  Excursionen  vom  Nilthale 
nach  dem  rothen  Meere  einmal  stundenweit  durch  ein  Thal  geritten  sei,  dessen 
Sohle  besät  war  mit  Feuersteiusplittern,  von  denen  die  Mehrzahl  wohl  als  Lanzen- 
spitzen,  Messer  etc.  brauchbar  gewesen  wäre.  Dieselben  waren  aber  zum  Theil  in 
höchst  auffälliger  Weise  um  ein  compakteres  Feuersteinstück  gelagert,  welches  un- 
gefähr die  Form  eines  Eselhufes  hatte.  Dass  diese  Anordnung  eine  künstliche,  von 
Menschenhand  ausgeführte  sei,  wird  Niemand  behaupten.  Wer  sollte  dieselbe  auch 
vorgenommen  haben?  Der  indolente,  träge  Fellache  oder  Beduine  sicher  nicht, 
denn  beide  arbeiten  nur,  wenn  dabei  baarer  Gewinn  zu  erlangen  ist.  Diese  Steine 
waren  jedenfalls  durch  Witterungseinflüsse  gesprengt. 

Dasselbe  von  den  Heluaner  Funden  zu  behaupten,  wäre  eben  so  gewagt,  wie 
die  strikte  Erklärung:  die  Splitter  sind  auf  einem  prähistorischen  Lagerplatz  ge- 
funden, zusammen  mit  Knochenüberresten  von  Dinoplotherium,  vorweltlichem  Hirsch 
u.  s.  w.  Stellten  sich  doch  die  Knochen  sehr  bald  als  einfache  Esel-,  Pferde- 
und  Kameelsknochen  heraus.  Vielmehr  glaube  ich  weit  eher,  dass  die  Splitter  in 
allerneuester  Zeit  in  Heluan  geschlagen  worden  sind  und  dies  um  so  mehr,  als 
ich  beim  Besuch  der  grossen  Augustmesse  in  Tauta  im  Jahre  1877  höchst  ärmliche 
Fellachen  und  Zigeuner  mit  sehr  primitiven  Instrumenten  F'euersteine  zuhauen  sah. 
Die  Leute  hatten  mittelst  einiger  Zeugfetzen  ein  ganz  kleines  Zelt  aufgeschlagen, 
eher  einem  Sonnenschirme  als  einem  Zelte  vergleichbar,  und  bedienten  sich  eines 
eisernen  meisselartigen  Instrumentes  und  eines  hölzernen  Schlägels,  um  in  ganz 
kurzer  Zeit  faustgrosse  Feuersteine  in  kleinere  Splitter  zu  zerschlagen.  Diese 
Splitter  haben  sämmtlich  die  Form  abgebrochener  Lanzenspitzen,  deren  eine  Seite 
flach  ist,  die  andere  meist  zwei  hervorspringende  Rippen  und  demgemäss  drei 
Flächen  zeigt.  Sie  dienen  zu  keinem  andern  Zweck  als  Feuer  „anzupinken".  Ich 
habe  mir  damals  einige  dieser  Steine,  sowie  den  nöthigen  Stahl  und  Zunder  er- 
worben und  zeige  dieselben  hiermit  vor.  Leider  wollten  die  Leute  weder  mir 
noch  meinem  später  hingesendeten  Diener  Schlägel  und  Meissel  verkaufen.  Ich 
hoffe  aber,  dass  es  mir  bei  meiner  Rückkehr  nach  Cairo  gelingen  wird,  mich  in 
den  Besitz  dieser  interessanten  Gegenstände  zu  setzen,  die  ich  dann  sofort  ein- 
senden würde. 

Diese  Feuersteinschläger  sind  jedenfalls  zum  grössten  Theile  heimath-  und 
obdachlose  Zigeuner,  die  unstät  von  Ort  zu  Ort  ziehend,  bald  hier,  bald  dort  ihre 
armseligen  Schirme  aufschlagen,  um  ihr  Handwerk  zu  betreiben. 

Zu  den  heilkräftigen  Quellen  Heluan's  sind  schon  seit  langen  Zeiten,  lange 
ehe  man  dort  an  die  Anlage  eines  Bades  dachte.  Kranke  gepilgert,  und  es  scheint 
mir  weniger  speculativ  anzunehmen,  dass  auch  „Steinschläger"  sich  daselbst  auf- 
gehalten, und  zwar  in  jüngster  Zeit,  als  aus  einigen  aufgefundenen  Knochen  und 
schön  bearbeiteten  Steinwerkzeugen  gleich  auf  einen  prähistorischen  Lagerplatz  zu 
schliessen. 

Leider  ist  mit  den  Heluaner  Fundobjecten  ein  wahrer  Schacher  getrieben 
worden.  Kleine  Fellachen  sammelten  aller  Orten  Splitter  und  verkauften  dieselben 
gegen  wenige  Para  an  Liebhaber.  Wo  diese  Kinder,  die  ohne  sonderliche  Er- 
müdung stundenweit  durch  die  Wüste  laufen,  selbst  mit  einer  ziemlich  bedeuten- 
den Last,  alle  Splitter  hergeholt  haben,  dürfte  sich  schwerlich  controliren  lassen; 
so  viel  dürfte  aber  als  sicher  feststehen,  dass  kaum  die  Hälfte  der  Stücke  wirklich 


(353) 

aus  Heluan  stammen,  und  dass  es  jetzt  viele  Mühe   kosten  möchte,  dort  noch  Feuer- 
steinsplitter der  beregten  Art  zu  finden.  — 

Der  Vorsitzende  dankt  Hrn.  Mantey  und  theilt  einige,  dieselbe  Angelegen- 
heit betreffende  Stellen  aus  einem  im  Mai  an  ihn  gerichteten  Briefe  des  Hrn. 
Reil  Bey  in  Cairo  mit: 

„Ist  Ihnen  noch  Nichts  vorgekommen  von  einem  gewissen  Dr.  Mook,  der 
in  den  Zeitungen  sich  als  Entdecker  ganzer  Lager  prähistorischer  Thierknochen 
u.  s.  w.  ausposaunt?  Der  Herr  macht  jeden  Winter  Egypten  unsicher  und  ich 
muss  Sie  und  die  ganze  gelehrte  Welt  vor  ihm  warnen.  Eigentlich  katholi- 
scher Theologe,  dann  altkatholischer  Priester,  dann  der  Medicin  Beflissener,  hat 
er  1870  den  Krieg  als  Krankenpfleger  mitgemacht.  Im  Winter  1873— 1 874  studirte 
er  noch  und  besuchte  als  begleitender  Arzt  mit  einem  russischen  Baron  von  Kopp 
Egypten,  war  auch  einige  Monate  in  Heluan.  Später  kam  er  hierher  zurück  und 
erhielt  die  durch  meine  anderweitige  Verwendung  vacant  gewordene  Stelle  als  Arzt 
in  Heluan,  wo  er  aber  nur  .3  Monate  bleiben  konnte,  da  er  die  Manie  hatte,  jeden 
Kranken,  auch  türkische  Haremsfrauen,  als  syphilitisch  zu  betrachten  und  mit  sub- 
cutanen Sublimateinspritzungen  zu  behandeln!  Seine  Hauptbeschäftigung  in  Heluan 
und  in  Egypten  überhaupt  war  und  ist  aber  „industrielle  Ausbeutung  von  angeblich 
prähistorischen  Funden".  Kistenweise  gehen  alljährlich  im  Frühjahre  die  Früchte 
seines  Ausbeutungssystems  nach  Deutschland.  Auch  jetzt  soll  er  wieder  600  Schädel 
bereit  haben.  Er  trägt  kritiklos  Alles  zusammen,  ohne  sich  im  Geringsten  um  die 
Provenienz  zu  bekümmern,  und  stellt  dazu  Leute  an,  die  ihm  besonders  Schädel 
verschaffen,  mögen  sie  herkonaraen,  wo  sie  wollen:  aus  Gräbern  der  ältesten 
Dynastie  oder  aus  Kirchhöfen  moderner  Zeit.  Bei  Thura  behauptete  er  einen  ganzen 
Brunnen  von  Mumien  gefunden  zu  haben;  es  waren  die  vertrockneten  Reste  der 
vor  18  Jahren  summarisch  begrabenen  Soldaten  der  Thura'er  Garnison,  die  vom 
Typhus  icterodes  decimirt  wurde,  und  Reste  der  letzten  Choleraepidemie  von 
1865.  —  Eine  Lagerstätte  (Zelte)  von  Soldaten,  die  am  Bau  der  Eisenbahn  nach 
Heluan  beschäftigt  gewesen  waren,  hielt  er  steif  und  fest  für  Reste  eines  römischen 
Lagers,  ein  nicht  mehr  gebrauchter  hartgetretener  Kameelpfad  war  die  römische 
Heerstrasse!  Mit  der  grössten  Heimlichkeit  behandelte  er  den  Fund  eines  ante- 
diluvianischen  Affenschädels:  leider  stellte  es  sich  heraus,  dass  das  Ding  nur  die 
halbe  Schale  einer  im  Wüstensande  und  durch  Hitze  vertrockneten  Coloquinte 
war!  —  Von  den  seltensten  paläontologischen  Thieren  hat  er  angeblich  immer 
Massen  gefunden.  Schweinfurth  sah  die  Sammlung  und  erklärte  Alles  für  Esel 
Pferd,  Kameel,  aus  moderner  Zeit.  Ich  glaube  nicht,  dass  er  mit  den  Thierknochen 
eine  Sammlung  in  Deutschland  beglückt  hat,  wohl  aber  mit  den  Schädeln,  denn 
leider  ist  die  hie  und  da  herrschende  Craniomanie  oft  recht  kritiklos.  In  keinem 
Lande  ist  es  aber  schwieriger,  ja  vielleicht  unmöglicher,  Rassenunterschiede  rein 
zu  erhalten,  als  in  Egypten,  wo  sich  seit  Jahrtausenden  alle  möglichen  Rassen 
gekreuzt  haben.  —  Eine  tüchtige  Abfertigung  hat  Hr.  Mook  von  Roland 
L.  N.  Michel  1  in  „the  Academy,  weekly  review  of  litterature,  science  and  art." 
1878,  pag.  192,  erfahren.   - 

(35)  Da  Hr.  Professor  Sadebeck  durch  Krankheit  verhindert  ist,  seinen  an- 
gekündigten Vortrag  selbst  zu  halten,  so  verliest  Hr.  Bartels  das  eingesandte 
Manuscript. 

Verhandl.  der  BtrI.  Aiitropol.  Gesellschalt  1»79.  23 


(354) 

lieber  Karrenfelder  und  Strudellöcher,  mit  besonderer  Beziehung  auf  Rüdersdorf. 

Heim  und  Becker  geben  im  Jahrgange  1878  des  Jahrbuchs  des  Schweizer 
Alpenclubs  lebendige  und  naturgetreue  Schilderungen  der  Karren-  und  Schratten- 
Bildungen  auf  der  Silbern-  und  der  Karrenalp  (zwischen  Muotta  und  Lintbthal). 
Dadurch  wurde  in  mir  der  Wunsch  rege,  diese  Bildungeo,  besonders  die  Löcher 
genauer  zu  untersuchen,  auch  genügten  mir  die  schriftlichen  und  bildlichen  Dar- 
stellungen der  Strudellöcher  nicht,  und  einzelne  Fragen  über  Gletscher  wollte  ich 
mir  durch  Studien  an  thätigen  Gletschern  selbst  beantworten.  —  Ich  reiste  zunächst 
nach  dem  Rheinfall,  dann  nach  Luzern,  Axenstein,  Muottathal,  über  die  Karrenalp 
nach  Stachelberg,  ürner  Boden,  überschritt  den  Sustenpass  und  bestieg  dabei  den 
Steingletscher,  welcher  in  krystallinischen  Schiefern  eingebettet  ist;  dann  unter- 
suchte ich  die  beiden  Grindelwaldgletscher  im  Gebiete  der  alpinen  Jurakalke.  Die 
Karren bildungen  sind  auf  den  neuesten  Karten  des  topographischen  Atlasses  der 
Schweiz  (im  Massstab  der  Originalaufnahme  =  1  :  25  000)  durch  eine  besondere 
Zeichnung  niarkirt. 

Die  Karrenalp  ist  ein  7,5  km  langes  und  3  km  breites  Hochplateau  zwischen 
steil  aufsteigenden  Berghöhen  im  N.  und  S.,  im  W.  und  0.  plötzlich  steil  abfallend, 
und  gehört  dem  mittleren  Jura  Studeri  au.  Im  N.  des  westlichen  Theiles  liegt  die 
Silbern,  welche  aus  den  realsten  Schrattenkalken  (Gault-  und  Seewer-Kalk)  besteht. 
Diese  beiden  Localitäten  stellen  die  2  verschiedenen  Verwitterungstypen  Heim 's 
dar,  den  auf  horizontaler  und  den  auf  stark  geneigter  Oberfläche;  ersterer  (auf  der 
Karrenalp)  ist  besonders  durch  Loch-  und  Spalten bildung  charakterisirt,  letzterer 
(auf  der  Silbern)  durch  w^enig  tiefe,  parallele,  lange  Furchen  in  der  Richtung  der 
grössten  Neigung,  durch  Schratten  im  engeren  Sinn.  Diese  sind  von  Studer  und 
Heim  abgebildet,  während  von  den  Karrenlöchern  bildliche  Darstellungen  fehlen. 
Im  Folgenden  will  ich  mich  daher  hauptsächlich  mit  diesen  beschäftigen,  da  ihnen 
auch  die  Rüdersdorfer  Löcher  gleichen. 

Heim  sagt:  „Es  sind  Bildungen,  wo  die  chemische  Auflösung  des  Gesteins  vor 
der  mechanischen  Verwitterung  weit  im  Vorsprung  steht.  Man  findet  sie  überall 
da,  wo  eine  Kalksteinfläche  kohlensäurehaltigem  Wasser  ausgesetzt  ist;  so  dass  sie 
sehr  verbreitet  sind.  Jede,  der  Nässe  ausgesetzte  Kalksteinfläche  erhält  allmälig 
eine  unebene  Oberfläche,  es  entstehen  kleine  Vertiefungen  und  Spalten,  welche  sich 
durch  die  auflösende  Kraft  des  Wassers  mehr  und  mehr  vergrössern.  Da  alle  Ge- 
steine Stellen  mit  verschiedener  Löslichkeit  haben,  so  werden  die  schwerer  löslichen 
Hervorragungen  bilden,  besonders  die  Petrefakten,"  Auf  der  Karrenalp  ist  das 
Wasser  zum  grössten  Theil  Schmelzwasser  des  Schnees,  welcher  nie  ganz  schmilzt; 
dazu  kommt  in  der  wärmeren  Jahreszeit  Regenwasser.  Die  ganze  Alp  ist  von 
Rieselbächen  durchzogen,  welche  von  den  Bergabhängen  herabkommen,  sich  in  den 
Labyrinthen  verlieren,  dann  wieder  zu  Tage  treten  und  öfters  in  einem  grossen 
Loche  spurlos  verfliessen.  Das  Gestein  ist  em  sehr  dichter,  harter,  weisser,  grauer 
bis  schwarzer  Kalkstein,  welcher  häufig  von  krystallinischen  Adern  durchzogen  ist 
und  undeutliche  Versteinerungen  führt.  Schichtung  konnte  ich  nicht  wahrnehmen, 
dagegen  Zerklüftung,  welche  die  Verwitterung  sehr  befördert. 

Die  Kreidegesteine  des  Silbern  sind  geschichtet;  nach  Becker  sind  die  Schich- 
ten öfters  gebogen  und  gebrochen,  und  die  Schrattenbildungeu  dann  besonders  an 
den  Stellen  ausgebildet,  wo  Schichtenstörungen  stattfanden.  Es  bilden  sich  nach 
Heim  zuerst  Vertiefungen,  welche  zu  Wasserrinnen  werden.  An  den  zwischen- 
liegenden Erhöhungen  läuft  das  Wasser  rasch  ab.  Die  Rinnen  werden  durch  das 
Wasser    mehr    und    mehr    vertieft,    am  Grunde  erweitert,  die  Risse  werden  immer 


(355) 

schmaler,  schärfer,  schneidiger.  Die  begonnenen  Unebenheiten  steigern  sich.  So 
entstehen  die  kahlen,  wild  zerklüfteten  Kalkflächen  der  Alpen:  Karren,  Schratten, 
Lapiaz.  Es  sind  scharfe  Grate  und  dazwischen  tiefgehende  Furchen,  Nadeln, 
Löcher,  Spalten.  Die  Wanderung,  resp.  das  Klettern  durch  solche  Bildungen  ist 
an  einzelnen  Stellen  schwieriger,  als  manche  der  schwierigeren  Gletschertouren. 
Die  Löcher  haben  eine  sehr  verschiedene  Grösse,  so  klein,  dass  kaum  die  Spitze 
des  Bergstocks  hineinpasst,  bis  zu  einem  Durchmesser  von  20 — 30  m.  Die  kleineren 
sind  meist  regelmässig  topfförmig,  fast  kreisrund  oder  oval,  die  grösseren  zeigen 
hervorragende  Zacken  und  dem  entsprechend  wulstartige  Hervorragungen,  welche 
sich  kreisförmig,  zuweilen  auch  spiralig  an  der  Innenwand  herumziehen.  Eine  Be- 
schreibung aller  der  mannichfaltigen  Variationen  ist  nicht  möglich,  jedoch  lässt  sich 
ein  gemeinsamer  Typus  herauserkennen:  trichterförmig,  oben  breit,  sich  nach  unten 
verengend.  Die  grössten  Löcher  erreichen  eine  solche  Tiefe,  dass  ein  hinein- 
geworfener Stein  ein  lange  andauerndes,  immer  dumpferes  Rollen  hören  lässt.  Auch 
können  sich  die  Enden  seitlich  fortsetzen  oder  theilen. 

Die  grösseren  Löcher  sind  meist  durch  Vereinigung  verschiedener  Löcher  ent- 
standen :  2,  3,  4  berühren  sich,  die  Scheidewände  werden  durch  das  Wasser  zu 
scharfen  Graten,  welche  immer  niedriger  und  niedriger  werden,  zugleich  dünner. 
Dieser  Process  wird  zuweilen  noch  dadurch  beschleunigt,  dass  unten  ein  Durchbruch 
der  Wand  erfolgt.  Man  kann  dann  in  ein  Loch  hinein  und  aus  einem  anderen 
herauskriechen.  Charakteristisch  ist,  dass  die  Wände  ursprünglich  bis  an  die 
Oberfläche  reichen.  Durch  die  Vereinigung  verschiedener  Löcher  werden  die  Con- 
figurationen  unregelmässig  und  es  entstehen  auch  isolirte  Zacken. 

Die  Innenfläche  ist  abgewaschen,  entweder  so  glatt,  dass  man  sie  früher  mit 
Strudellöchern  verwechselt  hat  (noch  heut  kann  man  am  Axenstein  „Gletscher- 
garten" lesen),  oder  reich  an  Verwitterungserscheinungen.  Die  Klüfte  und  Sprünge 
spielen  eine  grosse  Rolle,  einmal  im  grösseren  Maassstabe,  indem  in  ihnen  die 
Wasserläufe  sich  einen  Weg  bahnen.  Dadurch  entstehen  an  den  Rändern  Halb- 
löcher oder  ähnliche  Configurationen.  Im  kleineren  Maassstabe  beschleunigen  die 
Sprünge  die  Verwitterung  und  bewirken  unregelmässige  Bildungen.  Bei  vielen  Löchern 
kann  man  Stücke  von  der  Innenwand  ablösen  und  auf  diese  Weise  den  Löchern  eine 
andere  Gestalt  geben.  Diese  Hervorragungen  haben  die  mannicbfaltigsten  Gestalten, 
wie  die  Karren  im  Grossen,  Zacken,  Schneiden  u.  s.  w.  und  lassen  durch  dicht  ge- 
drängte Löcher  oder  Rinnen  die  weniger  leicht  angreifbaren  Stellen  hervortreten.  Die 
Ausfüllungsmasse  ist  eine  schwarze  Erde,  stark  humös  mit  Pflanzenresten.  Heim  hat 
beobachtet,  dass  sie  durch  Winde  zugeführt  wird.  Jedoch  muss  ich  nach  einem  Ver- 
such annehmen,  dass  auch  ein  Theil  des  unlöslichen  Rückstandes  des  Kalksteins 
dabei  ist.  Beim  Auflösen  eines  Stückchens  Kalkstein  in  Salpetersäure  erhielt  ich  ein 
schwarzes  Pulver.  Das  Nähere  wird  erst  eine  quantitative  Analyse  ergeben.  Die 
Ausfüllungsmasse  hat  für  den  Wanderer  auch  den  praktischen  Nutzen,  dass  in  ihr 
der  Bergstock  einen  sicheren  Halt  findet.  Die  grösseren  Löcher  sind  häufig  mit 
Wasser  erfüllt,  welches  mit  der  Erde  eine  sumpfige  Masse  bildet,  die  grössten  mit 
Schnee,  die  den  Winden  ausgesetzten  sind  leer.  Die  Vegetation  benutzt  sofort  das 
kleinste  Tüpfelchen  Erde  und  hat  sie  einmal  Fuss  gefasst,  so  hilft  sie  sich  rasch 
durch  die  absterbenden  Pflänzchen  weiter;  die  Erde  wird  mehr  und  mehr  humös, 
es  sammeln  sich  auch  immer  mehr  und  mehr  erdige  Massen,  so  dass  zunächst  die 
Löcher  mit  derselben  erfüllt  werden,  in  denen  dann,  wie  in  Blumentöpfen,  vor 
Winden  geschützt,  die  Alpenpflänzchen  ihre  prachtvoll  farbigen  Blüthen  entfalten. 
Indem  die  Vegetation    immer  weiter  um  sich  greift,  entstehen  schliesslich  aus  dem 

23* 


(356) 

wilden  Steinmeer  grünende,  fruchtbare,  meist  sumpfige  Matten  (z.  B.  Urnerboden, 
S.  von  der  Karrenalp).  Einzelne  Karrensteine  ragen  immer  als  Verräther  hervor. 
Auf  dem  Axenstein  hat  man  die  humöse  Schicht  abgedeckt. 


Rüdersdorf.  Das  Terrain  ist  von  Hrn.  Nötling  (Zeitung  d.  deutschen  geol. 
Gesellsch.  1879,  S.  339  ff.)  genau  beschrieben.  Ich  habe  nur  noch  zu  betonen,  dass 
nach  den  Angaben  des  Hrn.  Director  Foitzick  sich  die  Löcher  an  den  verschiedensten 
Stellen  schon  längst  gefunden  haben,  und  dass  ich  einige  bei  meinem  letzten  Aus- 
fluge an  dem  Einschnitt  der  schiefen  Ebene  sah,  welche  aus  dem  Alvenslebenbruch 
herausführt.  SO.  von  der  Skizze  des  Hrn.  Nötling  ist  ungefähr  1  m  tief  der 
Kalkstein  ausgehoben,  wodurch  eine  tiefer  liegende  Fläche  entstanden  ist,  deren 
Begrenzung  im  W.  der  senkrechte  Absturz  des  Kalksteins,  im  0.  ein  gleicher,  mit 
Diluvium  bedeckter  ist.  Dass  dieses  Diluvium  sich  über  die  ganze  Kalksteinfläche 
erstreckte,  muss  ich  erwähnen,  da  es  für  die  Wasserzufuhr  von  Bedeutung  ist.  Das 
Durchsickern  des  Wassers  durch  die  Diluvialschichten  beweisen  zunächst  die  geo- 
logischen Orgeln,  dann  aber  auch  die  Oberflächenerscheinungen  des  Kalksteius. 
Eine  zweite  Art  der  Wassercirculation  wird  durch  die  Schichtung  bewirkt.  Das 
Gestein  ist  in  kohlensäurehaltigem  Wasser  leicht  löslich  und  gestattet  dem  Zutritt 
des  Wassers  durch  seine  Porosität  zahlreiche  Wege,  so  dass  es  viel  leichter  löslich 
ist,  als  der  alpine  Jurakalk.  Die  Zerklüftung  ist  grösser.  Die  Löslichkeit  wird 
hier  aber  bedeutend  durch  die  Schichtung  erhöht.  Alle  diese  Momente  spiegeln 
sich  in  der  zerrissenen  und  in  stetiger  Verwitterung  begriffenen  Kalksteinfläche  ab. 
Die  Oberflächen  der  Schichten  sind  nie  eben,  sondern  stets  mit  kleinen  Löchern 
oder  Rinnen  bedeckt,  deren  Verlauf  der  Neigung  der  Schichten  entspricht.  Die 
Versteinerungen  wittern  scharf  heraus,  auch  andere,  schwerer  lösliche  Partieen 
erscheinen  als  Höcker,  Wülste  und  dem  entsprechend  die  leichter  löslichen  als 
Rillen.  Durch  Sprünge  ist  der  ganze  Zusammenhang  der  Oberfläche  aufgehoben 
und  schliesslich  wird  die  Verbindung  der  einzelnen  Schichten  durch  Lösung  be- 
seitigt. In  der  ganzen  Ausdehnung  tritt  zwischen  den  Schichten  ein  sandiges  oder 
thoniges  Verwitterungsprodukt  auf,  so  dass  man  ohne  Mühe  Stücke  abheben  kann, 
da  ja  auch  der  seitliche  Zusammenhang  durch  Sprünge  aufgehoben  ist.  Die 
Schichtenköpfe  sind  theils  zickzackförmig  ausgewittert,  theils  zeigen  sie  Halblöcher 
oder  wenig  tiefgehende  Spalten.  Letzteres  kann  man  sehr  schön  an  einer  Stelle 
der  obenerwähnten  Wand  sehen.  Ein  bedeutendes  Areal  nehmen  die  Löcher  ein, 
welche  in  ihrer  Anordnung  eine  gewisse  Regelraässigkeit,  parallel  der  Streichlinie, 
erkennen  lassen.  Hr.  Nötling  hat  ihre  Form  so  genau  beschrieben,  dass  man  ihm 
die  Anerkennung  nicht  versagen  kann.  Ich  habe  daher  nur  nöthig,  ganz  im  All- 
gemeinen die  Form  zu  charakterisiren. 

Die  kleinsten  von  1 — 2  cm  Durchmesser  sind  äusserst  verbreitet,  sie  sind  auf 
den  dichteren  Schichten  weniger  regelmässig,  auf  den  porösen  dagegen  fast  kreis- 
rund. Ihre  Entstehung  durch  Sickerwasser  zeigt  sich  in  Kränzchen  von  Eisenoxyd- 
hydrat (beobachtet  an  einem  Loch  von  3  ctn  Durchmesser  und  16  mm  Tiefe).  Ich 
habe  die  Löcher  von  den  kleinsten  Anfängen  an  bis  zu  den  grössten,  allmälig  an 
Grösse  zunehmend,  beobachtet.  Je  grösser  der  Umfang  wird,  desto  mehr  wächst 
die  Tiefe,  und  zwar  immer  rascher  als  der  Umfang,  daher  die  für  die  Karren- 
bildungeu  charakteristische,  oben  kesseiförmige,  unten  spitz  zulaufende  Gestalt.  Das 
Verhältniss  von  Umfang  zu  Tiefe  stimmt  mit  Karrenlöchern,  mit  denen  sie  (nach 
Nötling's  Beobachtungen)  die  Biegung  in  der  Tiefe  gemein  haben.  Eine  wei- 
tere Uebereinstimmung  bezeichnen  die  Doppel-  und  mehrfachen  Löcher  mit  hohen 
Querscheidewänden.     Die  Innenfläche  ist  dadurch  charakterisirt,   dass    auf   ihr    die 


(357) 

einzelnen  Schichten  abgerundet  hervortreten,  indem  das  aus  den  Schichten  hervor- 
kommende Wasser  die  Ränder  abnagt.  Die  Verwitterungsmasse  des  gesammten 
Schichtensystems  ist  zwischen  den  Schichten  in  ähnliclier  Weise  sichtbar,  als  wenn 
man  von  der  Oberfläche  eine  Platte  abhebt. 

Durch  die  Querspalten,  in  denen  gleichfalls  das  Wasser  circulirt,  lösen  sich  an 
der  Innenfläche  rasch  mehr  oder  weniger  grosse  Stücke  ab,  und  wie  bei  den  Kar- 
ren, sogar  noch  leichter,  als  bei  diesen,  kann  man  durch  Herausziehen  die  Innen- 
wand eines  Loches  beliebig  gestalten.  Die  Innenfläche  ist  weniger  glattflächig,  als 
bei  den  Karren,  was  sich  leicht  aus  der  Schichtung  erklärt,  zeigt  aber,  wie  diese, 
vielfach  unregelmässige  Erhöhungen,  Wülste,  Zacken,  nach  unten  Vertiefungen, 
Ausbuchtungen  u.  s.  w.  Die  grösste  Regelmässigkeit  haben,  wie  bei  den  Karren,  die 
kleinsten  Löcher.  Bei  den  nahezu  kreisrunden  Löchern  kommen  auch  schmale 
Einschnitte  am  Rande  vor  (z.  B.  bei  Loch  47),  deren  Innenfläche,  wie  diejenige  der 
Locher  beschaffen  ist. 

Die  Zahl  der  Löcher  ist  so  gross,  dass  sie  kaum  zu  bestimmen  ist;  ca.  100 
habe  ich  ausserhalb  des  Nötli  ngschen  Gebietes  gefunden,  und  wohl  noch  eben  so 
viele  auf  demselben. 

Sprünge  sind  häufig.  Ihre  Innenfläche  zeigt  dieselbe  Beschaffenheit  wie  bei 
den  Löchern.  Ein  solcher  Spalt  zieht  sich  auf  der  tiefer  gelegenen  Stelle  dicht 
neben  dem  Diluvialabhang  ungefähr  12?«  hin,  hier  also  quer  gegen  die  Schichtung; 
interessant  ist  die  Lage  zweier,  an  den  gegenüberliegenden  Rändern  gegeneinander 
verschobener  Halblöcher,  welche  genau  auf  die  Erscheinungen  an  Spalten  der 
Karrenalp  passt,  nur  dass  der  Ausgangspunkt  auf  der  Nordseite  ein  Loch  ist. 

Die  Ausfüllungsmasse  ist  eine  thonige  oder  sandige.  Hr.  Professor  Dam  es 
theilte  mir  gütigst  mit,  dass  die  Löcher  mit  thoniger  JVlasse  nicht  mehr  in  Betracht 
kommen,  da  für  ihre  Entstehung  schon  eine  andere  Erklärung  in  Vorbereitung  ist, 
so  dass  ich  diese  nicht  berücksichtigen  werde.  Ich  beschränke  mich  daher  auf 
folgende  Beobachtung,  die  sich  zunächst  auf  Loch  47  bezieht.  Dasselbe  ist  mit 
einer  sandig  thonigen  Masse  erfüllt,  die  zahlreiche  Bruchstücke  des  Schaumkalks 
enthält.  Steine  habe  ich  nicht  gefunden.  Die  Stücke  waren  stark  in  Verwitterung 
und  man  kann  darüber  keinen  Zweifel  hegen,  dass  sie  allmälig  zerfallen  und  in 
die  umgebende  Verwitteruugsmasse  umgewandelt  werden.  Diese  Erscheinung  ist 
eine  durchgreifende  und  nicht  auf  die  Löcher  beschränkt,  sondern  auch  in  den 
Spalten  entwickelt.  Durch  die  Ausfüllung  ist  eine  weitere  Aehnlichkeit  mit  den 
Karren  bezeichnet.  Das  vereinzelte  Vorkommen  von  Steinen  erkläre  ich  mir  in 
ähnlicher  Weise,  wie  das  Herabsinken  der  Steine  von  der  Oberfläche  eines  Glet- 
schers auf  die  Grundmoräne.  Die  Diluvialschichteu  entsprechen  dann  dem  Glet- 
schereis; durch  die  chemische  Auflösung  des  Kalksteins  sinkt  der  Stein  immer  tiefer 
und  wird  auch  eine  etwas  regelmässigere  Gestalt  der  Löcher  bewirken  können. 
Schliesslich  immer  tiefer  gesunken,  wird  er  zwischen  die  Wände  eingeklemmt,  was 
bei  einem  Stein  bei  Strudellöchern  nie  der  Fall  ist,  da  zu  seiner  Bewegung  ein 
gewisser  Spielraum  gehört.  Seine  Beförderung  wird  auch  durch  das  Wasser  aus 
den  Schichten  beschleunigt. 

Fassen  wir  nun  kurz  zusammen,  in  wie  weit  sich  die  Karrenlöcher  und  die 
Rüdersdorfer  gleichen,  so  ergiebt  sich  Folgendes:  Entstehung,  Form,  Ausfüllungs- 
masse stimmen  überein;  der  Unterschied  beruht  nur  darin,  dass  die  Karreu  nicht 
von  einer  Stein  führenden  Diluvialschicht  bedeckt  sind.  Der  Unterschied  in  der 
Erscheinungsweise  liegt  in  der  verschiedenen  Beschaffenheit  des  Gesteins  und  der  Art 
der  Wasserzufuhr.  Desshalb  glaube  ich  den  Namen  „Karreu*  nicht  anwenden  zu 
dürfen  und  schlage  „Schlotten"  vor,  welche  in  Kalk-  und  Gyps-Gebirgen  verbreitet 


(358) 

sind.  Aus  rein  sachlichen  Gründen  ist  Hr.  Penck  zu  einem  ähnlichen  Resultat 
gekommen. 

Ich  stelle  nun  für  eine  etwaige  Discussion  folgende  Frage:  Warum  können  die 
Rüdersdorfer  Löcher  nicht  eine  gleiche  Bildung,  wie  die  Karrenlöcher  haben?  Ich 
will  dabei  noch  einmal  hervorheben,  dass  es  sich  nicht  um  die  von  Studer  und 
Heim  gezeichneten  Schratten  an  Abhängen  handelt. 

Heim  giebt  im  Jahrbuch  des  Schweizer  Alpenklubs  eine  klare  und  lehrreiche 
Darstellung  der  Gletschertheorie;  er  sagt  S.  357: 

„Der  Gletscher  fliesst  in  Folge  des  Gewichtes  seiner  Masse.  Dieses,  weil  es 
nicht  an  allen  Stellen  gleich  stark  wirken  kann,  zwingt  zu  Dilfereutialbewegungen, 
zu  Verschiebungen  in  der  Masse  selbst:  1)  Wo  der  Druck  besonders  stark  wird, 
wird  auf  Lamellen  senkrecht  zu  seiner  Richtung  Eis  partienweise  verflüssigt  und 
herausgequetscht,  und  die  thaiaufwärts  gelegenen,  abwärts  drückenden  Eismassen 
rücken  um  den  Betrag  dieser  Volumverminderuug  nach;  gleichzeitig  entsteht  da- 
durch die  blaue  Bandstructur.  2)  Eis  ist  lange  wirkenden  Kräften  gegenüber  in 
einer  Umgebung  von  0*^  oder  wärmer  biegsam,  bricht  aber,  wenn  Erschütterungen 
hinzutreten.  3)  Die  Verschiebungen  in  der  Masse  geschehen  hauptsächlich  dadurch, 
dass  die  Masse  durch  Bruch,  doch  ohne  auseinander  zu  fallen,  ein  Netz  von  theils 
luftleeren, 'theils  lufthaltigen  Spältchen  wirft;  die  dadurch  umgrenzten  Körner,  die 
Gletscherkörner,  verschieben  sich  gewissermassen  als  Atome  der  Bewegung  anein- 
ander, Regelation  schliesst  die  Spältchen  zum  Theil  wieder  und  neue  müssen  ent- 
stehen. Das  beständige  Umformen  der  Gletschermasse  nach  Art  1)  und  3)  macht 
das  Eis  immer  nachgiebiger  und  verhilft  den  Luftblasen  zum  Entweichen. 

„Durch  all  dies  wird  bewirkt,  dass  Gletschereis  als  grosse  Masse  auf  Druck 
nachgiebig,  plastisch,  auf  Zug  spröde,  spaltenwerfend  ist." 

Mir  schien  es  wichtig,  diese  Stelle  zu  allgemeinerer  Kenntniss  zu  bringen,  da 
dieselbe  in  den  neueren  Arbeiten,  in  denen  von  Gletschern  gesprochen  wird,  nicht 
berücksichtigt  worden  ist. 

Das  Studium  der  Eiswirkung  der  Gletschermassen  auf  das  Gletscherbett  ist 
jetzt  dadurch  sehr  erleichtert,  dass  die  meisten  Gletscher  in  der  Schweiz  stark  zu- 
rückgehen.    Folgende  Erscheinungen  beobachtete  ich  durchgehends : 

1)  Roches  moutonnees  mit  schönen,  parallelen  Gletscherschrammen  am  Gehänge 
und  Grunde  (schön  am  Granit  von  Handeck). 

2)  Seiten-,  End-  und  freigeleglte  Grundmoränen,  bestehend  aus  mächtigen 
Blöcken,  Steinen,  Gruss,  nie  aber  thonigen  und  erdigen  Massen.  Colossale  An- 
häufungen von  Steinmassen  bezeichnen  die  verlasseneu  Gletscherbetten.  Nur  gross- 
artige Erdrevolutionen  könnten  diese  Massen  entfernen. 

Die  Bildung  der  Strudellöcher  erfolgt  durch  die  GletS'^hermühlen,  wie  es  Heim 
vortrefflich  beschrieben  hat: 

„In  der  wärmeren  Jahreszeit  entstehen  auf  den  Gletschern  sog.  Schmelzwasser- 
bäche, welche  sich  durch  die,  da  und  dort  entstandenen  Gletscherspalten  brausend 
und  dumpf  dröhnend  zur  Tiefe  stürzen.  Geht  die  Spalte  auch  gewöhnlich  nicht  bis 
auf  den  Grund,  so  kann  das  aus  bedeutender  Höhe  stürzende  Wasser  sich  doch 
noch  ein  Kamin  bis  dahin  ausschmelzen.  Das  sind  die  sog.  „Gletschermühlen".  — 
Da  die  Gletscher  jedes  Jahr  ungefähr  an  gleicher  Stelle  grössere  Schmelzwasser- 
bäche liefern  und  meist  an  gleicher  Stelle  wieder  Spalten  werfen,  so  findet  man  die 
Gletschermühlen  Jahr  für  Jahr  ungefähr  auch  an  gleicher  Stelle  wiederkehren.  Ist 
das  Eiskamin  bis  auf  den  Grund  des  Gletschers  durchgehöhlt,  so  setzt  die  „Glet- 
schermühle"  ihr  Werk  noch   in  den  Felsgrund  hinein  fort  und  formt  die  gewaltigen 


(359) 

Löcher,  wie  sie  sich  im  Gletschergarten  eingehöhlt  finden,  und  wie  wir  sie  auch  oft 
am  Grunde  von  andern  Wasserfällen  finden. 

„Bei  dem  Aushöhlungswerke  haben  solche  rundliche  Steine,  wie  wir  einzelne 
auf  dem  (Jrunde  der  Töpfe  noch  liegen  sehen,  als  Werkzeuge  gedient.  Sie  waren 
die  Mahlsteine  der  Gletschermühlen,  und  die  Spuren  ihrer  wirbelnden  Bewegung 
sind  an  den  spiralförmigen  Windungen  einiger  Töpfe  deutlich  erkennbar.  Woher 
kommen  aber  diese  Mahlsteine?  das  sagen  uns  die  Gletscher  der  Jetztzeit  und  die 
Beschaffenheit  der  Steine  selbst.  Auf  dem  Rücken  der  Gletscher  finden  sich  in 
ihrer  ganzen  Länge  Wälle  von  Felsblöcken,  deren  Gesteinart  ihre  Herkunft  von  den 
benachbarten  Gebirgen  deutlich  verräth." 

Die  Kraft  der  Gletschermühle  ist  ausserordentlich  gross,  denn  man  kann  sie 
an  den  Gletschern  auf  grössere  Entfernungen  dröhnen  hören;  sie  arbeiten  zu  sehen, 
glückt  nur  äusserst  selten.  Hier  liegt  also  im  Gegensatz  zu  den  Karren-  und 
Schlottenlöchern  eine  mechanische  Kraft  vor,  gegen  welche  die  chemische  Auflösung 
ganz  zurücktritt,  da  die  Schmelzwässer  keine  Kohlensäure  enthalten. 

Das  vorliegende  Modell  (Luzerner  Gletschergarten)  giebt  eine  vollständige  Ueber- 
sicht  über  den  Garten  und  ich  habe  nur  auf  die  für  Strudellöcher  überhaupt 
charakteristischen  Eigenschaften  hinzuweisen. 

Die  Wände  sind  glatt  abgerieben  und  zeigen  zum  Theil  spiralig  verlaufende 
Schrammen,  ähnlich  den  Gletscherschrammen,  diesen  entsprechend  Schrammen  auf 
den  Mahlsteinen;  jeder  Höhlung  entspricht  ein  Mahlstein.  Arbeiten  zwei  Mahl- 
steine neben  einander,  so  bildet  sich  eine  spiralige  Wand,  welche  aber  nie  eine 
grössere  Höhe  erreicht,  sondern  der  erste  Angriffspunkt  für  die  Reibung  ist.  Bei 
dem  grössten  Loch  tritt  die  drehende  Bewegung  recht  deutlich  hervor;  man  möchte, 
wie  bei  den  gedrehten  Quarzen,  weiter  drehen.  Die  Wände  gehen  meist  senkrecht 
herunter.  Der  obere  Rand  ist  scharf  und  bei  kleineren  Löchern  gewölbt.  Der 
Boden  ist  deutlich  glatt  abgerundet;  es  findet  bei  einzelnen  eine  kleine  Verjüngung 
Statt.  Charakteristisch  für  die  Luzerner  Löcher  ist,  dass  der  Durchmesser  grösser 
ist,  als  die  Tiefe. 

Die  Zahl  ist  stets  eine  beschränkte,  bei  Luzern  18  Löcher  auf  ein  Areal  von 
756  qm,  mit  einer  Steigung  von  9<'  13'  auf  40  m  Länge  in  der  N.—  S. -Linie,  also 
sanft  ansteigend!  im  Gegensatz  zu  den  häufig  sehr  steil  geneigten  Gletscherbetten. 
Die  Mahlsteine  sind  deutlich  abgerundet  und  zeigen  Schrammen.  Ausfüllungsmasse 
und  Bedeckung  war  typischer  Moränenschutt. 

Die  am  Egeberge  auftretenden,  von  Brögger  und  Reusch  beschriebenen 
Strudellöcher  liegen  auch  in  Roches  moutonnees,  und  zwar  auf  einer  bis  zu  22°  ge- 
neigten Ebene.  Dieselben  unterscheiden  sich  nur  dadurch,  dass  ihre  Längsdimension 
meist  grösser  ist,  als  der  Durchmesser.  Besonders  hervorheben  muss  ich,  dass  die 
Wände  hier  auch  senkrecht  herabgehn,  der  Boden  flach  ausgewachsen  und  keine 
Verjüngung  vorhanden  ist.  Das  Verhältniss  vom  Durchmesser  zur  Tiefe  schwankt 
von  5  :  16  bis  4V2  =  S'/s-  Diese  Darstellung  möge  genügen,  um  die  Verschieden- 
heit von  den  Rüdersdorfer  Löchern  zu  zeigen.  Abgesehen  von  der  spitz  zugehen- 
den Form  der  letzteren  sind  auch  die  Dimensionen  des  Durchmessers  im  Verhältniss 
zur  Tiefe  zu  klein,  z.  B.  bei  Nötling's  Loch  44  =  0,70  :  5—6  /«.  Es  ist  hierbei 
noch  der  grösste  Durchmesser  gerechnet,  nicht  der  bald  nach  unten  eintretende 
kleinere. 

Die  Steine  in  den  Rüdersdorfer  Löchern  kann  ich  der  Form  nach  nicht  für 
Mahlsteine  halten,  da  diese  immer  abgerundet  sind.  Hier  werfe  ich  folgende 
Fragen  auf:  1)  Welche  grossartige  Erosion  mnss  ein  Stein  von  10 — 12  kg  in  dem 
Schaumkalk  ausüben,  wenn  er  durch  die  mächtige  Thätigkeit  einer  Gletschermühle 


(360) 

in  rotirende  Bewegung   versetzt    wird.     2)  Sind  in  einem  so  weichen  Gestein,   wie 
der  Schauiukalk,  schon  unzweifelhafte  Strudellöcher  nachgewiesen? 

Zum  Schluss  noch  ein  Wort  über  die  Schliffe  auf  den  Rüdersdorfer  Kalkstein- 
schichten. Ich  vermisse  Roches  moutonnees,  welche  keinem  Gletscher  fehlen;  bei 
den  Stücken,  die  ich  gesehen  habe,  schneiden  die  Schrammen  nicht  tief  genug  ein, 
lange  nicht  so  tief,  als  bei  dem  viel  härteren  alpinen  Jurakalk  des  Grindelwald- 
gletschers. Bei  diesem  gehen  die  Streifen  parallel,  an  einer  Stelle  findet  eine  ge- 
ringe Divergenz,  aber  keine  Durchkreuzung  statt.  Hr.  Heiland  sagt  „über  die 
glacialen  Bildungen  der  norddeutschen  Ebene":  „da  die  Gletscherbewegung  die 
einzige  bekannte  Naturkraft  ist,  durch  welche  Schliffe  auf  Geschieben  erzeugt  wer- 
den so  beweisen  diese  Schliffe  die  frühere  Existenz  eines  Gletschers  in  jenen 
Gegenden".  Dem  gegenüber  muss  ich  anführen,  dass  das  Reiben  von  Steinen  im 
Wasser  sehr  wohl  im  Stande  ist,  solche  Schliffe  hervorzubringen,  und  dass  Hel- 
mersen  „Riesenkessel  in  Finlaud"  dergleichen  beschrieben  hat.  — 

Hr.  Sadebeck  hat  zugleich  einige  sehr  getreu  nachgebildete  Modelle  von 
Partieen  des  Gletschergartens  bei  Luzern  in  sehr  verkleinertem  Maassstabe  zur  An- 
sicht eingesandt.   — 

Hr.  Hauchecorne  übergiebt  der  Gesellschaft  einige  photographische  Auf- 
nahmen von  Riesenkesselu  bei  Rüdersdorf  und  knüpft  daran  erläuternde  Bemer- 
kungen. 

Hr.  Orth  spricht  den  Wunsch  aus,  vor  der  Aufnahme  der  Discussion  über  den 
Vortrag  des  Hr.  Sadebeck  denselben  gedruckt  zu  sehen. 

Der  Vorsitzende  erklärt,  dass  die  Discussion  über  den  Vortrag  bis  nach  Er- 
scheinen desselben  verschoben  werden  solle.  Er  macht  zugleich  aufmerksam  auf 
eine  Abhandlung:  „Bemerkungen  über  die  Karren  und  Schratten  (romanisch  Lapies) 
in  den  Kalkgebirgen  1840",  welche  das  XLH.  Stück  der  von  der  Naturf.  Gesell- 
schaft „au  die  Zürcherische  Jugend"  gerichteten  Schriften  bildet.  Darin  befindet 
sich  eine  Abbildung  des  Karrenfeldes  auf  der  Höhe  des  Silbern. 

(37)  Neu  eingegangene  Schriften: 

1)  Sitzungsberichte   der  naturwissenschaftlichen  Gesellschaft  Isis.     Jahrgang  1878, 

Januar  bis  Juli. 

2)  Journal  of  the  Anthropological  Institute.     Vol.  8,  Nr.  4. 

3)  Bryce-Wright,  Catalogue  of  mineralogical,  archaeological  etc.  specimens.  Durch 

Hrn.  Virchow. 

4)  Materiaux  pour  l'histoire  primitive  de  l'honime.     Ser.  II.,  t.  10,  livr.  4,  5. 
f))  Atti  della  R.  Accademia  dei  Lincei.     Vol.  III.,  Fase.  7. 

G)  Mittheilungen  der  Gesellschaft  für  Natur-   und  Völkerkunde  Ostasiens.    Bd.   17. 

7)  Tres  relaciones  de  Antiquedades  Peruanas.     Bd.  I.     Gesch.  des  Hr.  Virchow. 

8)  Rujendraläla  Mitra,   Buddha  Gayü  or  the  Hermitage  of  Sakya  Muni.     Ge- 

schenk des  Staatssekretärs  für  Indien. 

9)  Virchow,    Beobachtungen    des  Hrn.  J.  M.  Hildebrandt    über  Körpermaasse 

von  Madagassen.     Geschenk  des  Verfassers. 

10)  Noetling,    Ueber    das    Vorkommen    von  Riesenkesselu    im    Muschelkalk    von 

Rüdersdorf.     Geschenk  des  Verfassers. 

11)  W.  H.  Flower,    Catalogue    of   the    specimeus    illustrating    the    osteology  and 

dentition  etc.     Part.  I.     Geschenk  des  Verfassers. 


(3^1) 

12)  Bases  d'un  plan  d'^tudes  commerciales.     Geschenk  der  Geographischen  Gesell- 

schaft zu  Lissabon. 

13)  Krause,    Ueber  macrocephale  Schädel  von  den   N.  Hebriden.     Gesch    d    Verf 

14)  Haudelmann,  Stein-  und   Bronze-Alter.     Geschenk  des  Verfassers. 

IT))  Handelmann,    Sechsunddreissigster  Bericht   zur  Alterthumskunde  Schleswig- 
Holsteins.     Geschenk  des  Verfassers. 

16)  0.  Schneider,    Naturwissenschaftliche  Beiträge    zur  Kenntniss  der  Kaukasus- 

lander.    Geschenk  des  Verfassers. 

17)  Ch.  Pickering.   Chronological  history  of  plants.     Gesch.  der  Wittwe  des  Verf 

18)  C.  Goos,  Bericht  über  Fräul.  Sophie  von  Torma's  prähistorische  Sammlung 

aus  dem  Maros-  und  Csernathal  in  Siebenbürgen.     Geschenk  des  Fräulein 
von  Torma. 


Sitzung  am   15.  November  1879. 
Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Der  Vorsitzende  begrüsst  den  von  einer  Reise  um  die  Erde  zurückgekehr- 
ten Hrn.  Künne.  Dieser  überbringt  der  Gesellschaft  einen  von  der  Insel  Coati 
stammenden  der  Huanca-Form  angehörenden  deformirten  Schädel. 

(2)  Hr.  Bastian  theilt  in  einem  Briefe  au  den  Vorsitzenden,  d.  d.  Padang, 
September,  mit,  dass  er,  nachdem  er  von  den  Molucken  nach  Batavia  zurück- 
gekehrt war,  sich  jetzt  in  Sumatra  befinde,  um  wenigstens  einen  Theil  der  merk- 
würdigen Insel  kennen  zu  lernen.  Er  ladet  dringend  dazu  ein,  dass  deutsche 
Aerzte,  welche  anthropologische  Vorbildung  haben,  in  holländische  Dienste  treten 
möchten ,  um  das  reiche  Material  des  indischen  Archipelago  auszubeuten.  Er 
rühmt  in  hohem  Maasse  das  herrliche  Klima  dieser  Inselwelt,  wo  die  Hitze  im 
Ganzen  nicht  drückend  sei  und  wo  man  überall  Wasser  in  genügender  Menge  zur 
Disposition  habe,  um  sich  in  mehrmaligen  täglichen  Bädern  abzukühlen.  — 

(3)  Die  HHrn.  Flower  und  Topinard  danken  für  ihre  Ernennung  zu  corre- 
spondirenden  Mitgliedern. 

(4)  Hr.  V,  Mohl,  k.  deutscher  Consul  in  Cincinnati,  übersendet  ein  Werk  von 
M'Lean  über  die  Moundbuilders.  Gleichzeitig  hat  er  eine  Sendung  mineralogischer 
und  palaeontologischer  Produkte  des  Staates  Michigan  überschickt,  welche  der  geo- 
logischen Landesanstalt  übergeben  werden. 

(5)  Der  Verein  für  Orts-  und  Heimathskunde  zu  Altena  a/Lenne 
schickt  seinen  ersten  Bericht  und  seine  Statuten.  Es  hat  sofort  ein  eigenes  Museum 
eingerichtet. 

(6)  Hr.  Pudil  sendet  in  einem   Briefe,  d.  d.  Bilin,  October,  folgenden  Bericht 

über  böhmische  Gräberfelder. 

Ich  habe  auf  dem  Grabfelde  unterhalb  dem  Dorfe  Lyskowic  einige  Tage 
graben  lassen;  fand  leider  nach  vieler  Mühe  nicht  mehr  als  drei  Gräber  und  darin 
blos  Scherben   von  Thongefässen,  welche  ich  in  einem  Kistchen  übersende. 

Dieses  Grabfeld  ist  auf  der  Karte  des  österreichischen  Generalstabs  leicht  zu 
finden;  es  liegt  auf  einer  Anhöhe  unterhalb  dem  Orte  Lyskowic  (westlich  von  die- 
sem Orte)  und  es  führt  ein  Weg  über  diesen  Hügel  von  Lyskowic  nach  dem  Orte 
Kuterzie  bei  Bilin. 


(3f53) 

Von  diesem  Orte  geniesst  man  eine  schöne  Aussicht.  Zu  unseren  Füssen  liegt 
das  üppige  ßielathal  mit  dem  stattlichen  Dorfe  Schwaz  (Svetec  =  Swietetz,  soviel 
als  geheiligter  oder  heiliger  Ort,  wahrscheinlich  wegen  des  daselbst  einstmal  be- 
standenen Nonnenklosters  der  Hüterinnen  des  heiligen  Grabes),  und  man  übersieht 
die  ganze  reizende  Fläche  von  Dux  bis  Osseg  und  Klostergrab,  die  Teplitzer  Berge 
und  das  Erzgebirge  bis  Komotau.  In  der  Zeitschrift  für  Archaeologie  des  könig- 
lich böhmischen  Museums  in  Prag.  Pamätky  archaeologicke  X.,  1876,  Seite  433 
bis  43(5,  wurde  meine  Mittheilung  über  dieses  Gi'abfeld  veröffentlicht. 

Das  Grabfeld  umfasst  eine  Fläche  von  ca.  12  Hektaren,  und  die  Gräber  ent- 
halten die  verbrannten  Reste  der  Todten.  Nur  an  der  östlichen  Grenze  dieses 
Feldes  fand  ich  einen  unverbrannten  Körper,  Skelet  von  normaler  Grösse,  mit  dem 
Kopfe  nach  Westen  liegend,  an  der  Brust  eine  Beiunadel  mit  mehrfach  geglieder- 
tem Kopfe.  Die  Knochen  sind  au  der  Luft  zerfallen.  Das  Grab  war  im  Sand- 
boden ausgehoben  und  ganz  mit  schwarzer  Erde  gefüllt. 

Die  Aschengräber  sind  ebenfalls  im  Sandboden  (Diluvium)  ausgehoben,  bilden 
eiue  runde  Grube  von  1  bis  1,5  m  Durchmesser  und  eben  so  viel  Tiefe.  Aeusser- 
lich  ist  kein  Merkmal  eines  solchen  Grabes  zu  sehen.  An  manchen  Stellen  sind 
diese  Gräber  sehr  dicht  beisammen.  Schon  unter  der  ca.  0,3  m  starken  Acker- 
krume, welche  mit  Asche  vermischt  ist,  findet  man  das  Grab  mit  Asche  und  Scher- 
ben von  Thougefässen  angefüllt.  In  allen  Gräbern  findet  man  die  Scherben  von 
Näpfchen  und  Schalen  mit  sehr  engem  Boden,  aus  geschwärzter  Thonmasse,  gut 
gebrannt,  an  der  Oberfläche  geglättet  und  graphitartig  glänzend,  immer  sich  fast 
wiederholend.  Ebenso  ist  in  jedem  Grabe  ein  grosses,  grobgearbeitetes,  urnen- 
artiges Thongefäss  mit  rauhen  Flächen,  dessen  Gurt  und  Rand  durch  Finger- 
eindrücke verziert  erscheint,  jedoch  immer  zerbrochen;  die  Scherben  liegen  durch- 
einander. 

Alle  diese  Gefässe  sind  aus  freier  Hand  gearbeitet.  Zur  Herstellung  der 
grösseren  Gefässe  dürfte  ein  Modell  von  einem  geeigneten  Flechwerk  gedient  haben; 
denn  ein  zerbrochenes  Thongefäss  aus  diesem  Felde  zeigt  im  Inneren  die  Abdrücke 
eines  korbartigen  Flechtwerkes. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  alle  Gefässe  zerbrochen  sind;  es  liegen  die 
einzelnen  Theile  selten  beisammen,  ja  es  fehlen  ganze  Theile  und  sind  in  dem 
Grabe  nicht  zu  finden.  Diese  Gefässe  kamen  somit  schon  zerbrochen  mit  der 
Asche  in  das  Grab,  und  der  Körper  wurde  ausserhalb  dieses  Grabes  verbrannt. 
Die  wenigsten  dieser  Scherben  zeigen  die  Feuereinwirkung,  weil  der  schwarze 
graphitartig  glänzende  Ueberzug  unverändert  ei'sclieint. 

Vielfach  wird  angenommen,  dass  der  schwarze  glänzende  Ueberzug  dieser  Thon- 
gefässe  durch  einen  Graphitanstrich  hergestellt  wurde.  Ich  habe  schon  im  Jahre 
1875  in  den  Pamatky  archaeologicke  den  Zweifel  ausgesprochen,  ob  dieser  An- 
strich von  natürlichem  Graphit  herrührt,  weil  diese  Farbe  schon  in  massigem  Feuer 
vorbrennt  und  der  Scherben  dann,  je  nach  der  Art  des  Thonmaterials,  roth  oder 
grau  wird.  Ich  habe  auf  die  noch  heute  betriebene  Erzeugung  von  schwarzen 
Thonwaaren  bei  Mü hl  hausen  (Milevsko)  im  Taborer  Kreise  in  Böh- 
men hingewiesen.  Das  Schwärzen  der  Thonwaare  geschieht  daselbst  mittelst 
Rauch  aus  grünem  Laub  oder  Holz  im  geschlossenen  Ofen.  "Wenn  die  Waare  gar 
gebrannt  ist,  wird  der  Schürraum  mit  grünem  Erlenreisig  und  Holz  vollgefüllt, 
der  Ofen  in  allen  Oeffnungen  mit  Lehm  dicht  geschlossen,  und  so  gelassen,  bis 
er  ausgekühlt  ist. 

Hat  man  die  Wand  des  Gefässes  vor  dem  Brennen  mit  einem  geeigneten  Werk- 
zeug geglättet,  so  evscheint  an  dieser  Stelle  nach  dem  Brennen  ein  Glanz,  der  dem 


(364) 

Graphitglanz  ganz  ähnlich  ist  und  sich  nicht  abwischen  lässt.  Der  Rauch  dringt 
durch  die  ganze  Thonmasse  durch  und  die  Masse  erscheint  auch  im  Innereu  schwarz, 
wird  dichter  und  undurchdringlicher  für  Wasser,  und  ist  ganz  ähnlich  den  schwarzen 
prähistorischen  Thougefässen. 

Ich  habe  vorerwähnt,  dass  diese  Schwärze  leicht  verbrennt.  Man  kann  aus 
dieser  veränderten  Farbe  schliessen,  welches  Gefäss  mit  in  das  Feuer  kam,  in 
welchem  der  Leichnam  verbrannt  wurde,  oder  in  die  noch  heisse  Asche  geworfen 
wurde.  Die  schwarze  Farbe  ist  von  der  Oberfläche  des  Gefässes  oder  Scherbens 
mehr  oder  weniger  verschwunden,  und  hat  einem  meist  rothen  üeberzuge  Platz 
gemacht;  nur  bei  heftigerem  Feuer  verschwindet  die  Schwärze  auch  aus  dem  Innern 
der  Masse,  welche  übrigens  leicht  schmelzbar  ist  und  verschlackt.  Da  selbst  der 
gewöhnliche  Thon  dem  stärkeren  Feuer  besser  widersteht,  habe  ich  ebenfalls  die 
Vermuthung  ausgesprochen,  dass  zu  dem  Lehm  der  prähistorischen  Thongefässe 
nebst  gestossenem  Gneis  irgend  ein  organisches  Klebemittel  beigegeben  wurde. 

In  allen,  bis  jetzt  bei  Liskowitz  aufgeschlossenen  Gräbern  wurden  ausser  den 
Thonscherben  keine  anderen  Beigaben  gefunden.  Ebenso  sind  durch  schwach  ein- 
gedrückte Zickzack-  oder  Wellenlinien  gezeichnete  Gefässe  nicht  häufig. 

Vor  zwei  Jahren  habe  ich  auf  der  nordwestlichen  Seite  dieses  Grabfeldes 
graben  lassen,  und  fand  nach  mehrtägigem  Graben  nebst  einigen  unbedeutenden 
Thonscherben  nur  ein  Bruchstück  eines  angeschnittenen  Hirschgeweihs,  und  zufällig 
mehr  an  der  Oberfläche  eine  lange  Bronzenadel  mit  rundem  kuopfartigen  Kopfe, 
welche  jedoch  einer  jüngeren  Zeit  angehören  kann. 

Näher  an  Biliu,  am  östlichen  Fusse  des  Berges  Chlum,  befindet  sich  ebenfalls 
ein  Grabfeld  von  7  Hektaren  Fläche,  welches  jedoch  gegenwärtig  durch  den  früher 
hier  betriebenen  Sandabbau  ganz  zerstört  ist.  Niemand  hat  diesen  Gräbern  früher 
auch  nur  die  geringste  Aufmerksamkeit  geschenkt,  und  nur  wenige  Gräber  konnte 
ich  noch  untersuchen.  Die  meisten  Gräber  enthielten  hier  die  Asche  der  verbrann- 
ten Leichen,  und  es  scheint,  dass  der  Scheiterhaufen  für  die  Verbrennung  der 
Leiche  unmittelbar  über  der  Grube  aufgebaut  wurde,  so  dass  die  Asche  in  die 
Grube  fallen  konnte.  Ich  fand  daselbst  einzelne  unverbrannte  .Skeletreste  (untere 
Partie  des  Gesichtes  mit  dem  rechten  Arm)  überdeckt  und  geschützt  von  einem 
grossen  zerbrochenen  Thongefässe,  sowie  ein  Grab  mit  Lehm  ausgeschmiert.  Diese 
Lehmausfütterung  war  roth  ausgebrannt;  in  den  Lehm  war  sehr  viel  Spreu  bei- 
gemengt.    Im  Grabe  selbst  war  nur  Asche,  Holzkohlenreste  und  Thonscherben, 

An  der  Nordseite  dieses  Grabfeldes,  näher  an  den  Berg  Chlum,  fand  ich  Grä- 
ber mit  Meuschenskeletten,  über  welche  Hr.  L,  Schneider  Mittheilung  machte 
und  welche  im  Sitzungsberichte  vom  16.  November  1878,  S.  371,  abgedruckt  er- 
scheint. Die  Platten  zu  der  Steinkiste  sind  von  dem,  mehr  als  eine  Stunde  ent- 
fernten Phonolithberge  ßofzen.  Die  T'hongefässe  dieses  Grabfeldes  sind  von  Thon, 
gut  gebrannt  und  ebenfalls  schwarz,  die  feineren  mit  einer  glänzenden  graphitartigen 
Oberfläche  und  einige  mit  Zickzacklinien  verziert. 

Auf  dem  Berge  Chlum  sind  ebenfalls  ähnliche  Scherben  im  Boden  zu  finden. 
Die  ziemlich  grosse,  etwas  nach  Norden  geneigte  Fläche  auf  der  Höhe  dieses 
Berges  konnte  im  Alterthume  leicht  als  ein  befestigtes  Lager  dienen,  Aehnliche 
Scherben  sind  auf  dem  Berge  Radistein  zu  finden. 

Westlich  von  der  Stadt  Bilin  befinden  sich  Thongruben  für  Ziegel- 
erzeuguug.  Daselbst  fand  ich  im  heurigen  Frühjahre  ein  einzelnes  Grab,  als  eine 
Grube  von  2  m  Durchmesser  und  1,2  m  Tiefe,  gefüllt  mit  schwarzer  Erde,  Asche 
und  Thonscherben,  Ferner  fand  ich  Knochenreste  vom  Rind,  einen  Steinmeissel  und 
ein  Stück  Feuerstein. 


(365) 

Die  Thonscherben  zeigten  keine  Spur  einer  zweiten  Feuereinwirkung,  indem 
die  schwarze  Farbe  unverändert  war;  die  zusammengehörigen  Theile  lagen  im 
Grabe  nicht  beisammen. 

Die  Ornamentik  der  hier  vorgefundenen  Gefässe  unterscheidet  sich  von  allen, 
bis  jetzt  mir  bekannten  Gefässon  dadurch,  dass  die  Verzierungen  nicht  durch  Ein- 
drücke in  den  noch  weichen  Thon,  sondern  durch  Herausstecken  von  Punkten  aus 
der  Wand  des  lufttrockenen  Gefässes  mit  einem  scharfspitzigen  Werkzeug  (Messer?) 
in  wagerechten  Reihen  gebildet  wurden.  Die  Masse  dieser  Gefässe  ist  durchaus 
schwarz,  an  der  Oberfläche  geglättet  und  graphitartig  glänzend,  und  gut  ge- 
brannt. 

Die  Zeichnung  dieser  Gefässe  habe  ich  an  das  böhmische  Museum  gesendet. 

Ich  habe  in  den  Pamatky  arcbaeologicke  wiederholt  darauf  hingewiesen,  dass 
die  in  vielen  archäologischen  Werken  enthaltene  Bezeichnung  der  Grabgefässe: 
schlecht  gebrannt,  wenig  gebrannt,  nur  bei  offenem  Feuer  gebrannt  u.  s.  w.  für  die 
prähistorischen  Grabgefässe  kaum  passend  sei.  Das  Brennen  dieser  Grabgefässe  ist, 
der  Thonmasse  entsprechend,  vollkommen  gut,  indem  diese  Thongefässe  der 
Einwirkung  der  Feuchtigkeit  durch  Jahrhunderte,  ja  Jahrtausende,  vollkommen  wider- 
standen haben  und  heute  noch  beim  Brechen  scharfe  Kanten  zeigen.  Ebenso  wäre 
die  Annahme  unrichtig,  dass  das  Brennen   beim  offenen  Feuer  stattfand. 

Beim  offenen  Feuer  wäre  es  bei  der  grössten  Vorsicht  nicht  möglich  gewesen, 
auch  nur  ein  kleines  solches  Gefäss  gleichmässig,  wie  diese  Gefässe  es  sind,  aus- 
zubrennen, und  wären  sicherlich  alle  durch  die  ungleichmässige  Abkühlung  zer- 
sprungen. Es  liegt  gar  nichts  im  Wege  anzunehmen,  dass  der  Erzeuger  dieser, 
mit  grosser  Fertigkeit  und  selbst  Kunstsinn  verfertigten  Gefässe  auch  sehr  bald  die 
richtige  Art  des  Brennens  im  geschlossenen  Ofen,  welchen  er  am  leichtesten  in  der 
Erde  sich  aushöhlte,  gefunden  hat;  denn  alle  mir  bekannten  prähistorischen  Thon- 
gefässe sind  im  geschlossenen  Ofen  gebrannt,  worauf  schon  die  schwarze  Rauch- 
farbe hindeutet. 

Ein  grosses  Grabfeld,  grösser  als  die  beiden  vorerwähnten  Grabfelder,  befindet 
sich  beim  Orte  Trupschitz  (Strupcie),  westlich  von  Brüx,  welches  in  den  Pamätky 
arcbaeologicke  X,  1876,  beschrieben  ist.  Von  den  an  das  böhmische  Museum  von 
mir  eingesendeten  Zeichnungen  der  Thongefässe  dieses  Grabfeldes  wurde  nur  eine 
mit  dieser  Beschreibung  veröffentlicht. 

Daselbst  sind  ebenfalls  rundgegrabene  Aschengräber;  ich  fand  nur  zwei  Gräber 
mit  Skeletten.  Die  Schädel  dieser  Skelette  zeigen  die  durchgeführte  Trepanation 
mit  verheilten  Rändern,  und  befinden  sich  im  prager  k.  böhm.  Museum,  wohin  ich 
sie  schenkte. 

Es  giebt  hier  nur  wenige  Dörfer  und  Städte,  wo  nicht  in  der  Nähe  prä- 
historische Grabfelder  sich  vorfinden  möchten.  Die  Thongefässe  gleichen  einander 
in  der  Masse  und  Behandlung  fast  vollkommen.  Die  Form  und  die  Ornamentik 
unterscheidet  sich  jedoch  derart  von  einander,  dass  es  nicht  unschwer  wird,  selbst 
nach  den  Bruchstöcken  die  Fundorte  zu  bezeichnen.  Daraus  schliesse  ich,  dass 
jede  Gemeinde  ihre  Gefässe  sich  selbst  erzeugte  und  nicht  erst  durch  Tauschhandel 
erworben  habe. 

Das  Schwärzen  der  Gefässe  war  fast  allgemein  im  Gebrauch;  es  sind  selbst 
die  in  die  geschichtliche  Zeit  reichenden  Gefässe  der  Biliner  Zupenburg  und  an- 
derer erwiesen  slavischer  Burgen  geschwärzt.  Sehr  selten  ist  es,  ein  schön  rothes, 
mit  eingedrückten  Punkten  verziertes  Thongefäss  zu  finden.  Es  sind  mir  nur  drei 
Fundorte    bekannt:    Patokrey    bei  Bilin,    Polep    bei  Leitmeritz  und  Kral up    an 


(Bfiß) 


der  Molflau;  da  diese  Gefässe  oinander  gleichen,  so  dürfte  die  Erzeugungsstätte  eine 
gemeinschaftliche  sein  und  möglicherweise  ausserhalb  Böhmen  liegen. 

(7)  Hr.   Dr.  Jeutsch  übersendet  folgenden  Bericht  über 

prähistorische  Funde  von  Guben. 

An  der  Neisse  und  ihrem  Nebenflusse,  der  Labst,  entlang  legen  sich  nördlich 
und  nordöstlich  mehrere  Bodenwellen  halbmondförmig  um  die  Stadt  Die  innere 
senkt  sich  an  ihrem  südöstlichen  Ende  ziemlich  schnell  einer  Biegung  der  Lubst 
gegenüber  zum  Flussbett  hinab  (am  nordwestlichen  Ausgange  der  Caniger  Strasse). 

Guben 


Der  zweite,  in  seinem  mittleren  Verlaufe  terrassenförmig  hinter  dem  inneren 
sich  erhebende  Bogen  biegt  im  Südosten  von  der  bisher  halbkreisförmigen  Richtung 
ab  und  setzt  sich  in  einzelnen  leichten  Erhebungen  als  Begrenzung  des  hier  er- 
weiterten Lubstthales  nach  Osten  hin  fort.  Diese  Verlängerung  des  äusseren  Halb- 
mondbogens  flacht  sich,  südwestwärts  geneigt,  allmählich  zu  den  Lubstwiesen  ab. 

Auf  den  Endabdachungen  beider  Höhenzüge  sind  Urnenfelder  blossgelegt 
worden  und  zwar 

I.  im  Südosten: 

1)  an  dem  inneren  Höhenzuge  hinter  dem  Grundstücke  Auf  dem  Sande  4 
gelegentlich  des  Hausbaus.  Erhalten  sind  nur  einige  Scherben,  dick,  graubraun 
und  grauschwarz  gefärbt,  durchsetzt  mit  Quarzgrus;  der  Rand  der  einen  ist  leicht 
nach  aussen  gebogen,  die  äussere  Kaute  ist  rundlich.  Die  Gefässe  waren  mit 
Steinen  umstellt. 

2)  an  dem  üebergange  der  äusseren  Kette  in  die  Wiesen  in  den  ersten 
Tagen  des  October  d.  J.  bei  Planirung  der  dort  noch  ungepflasterten  Bösitzerstrasse 
zwischen  den  Häusern  Nr.  7  im  ÖW.  und  Nr.  32  A.  und  33  im  NO.,  früher  schon 
bei  Anlage  einer  Kalkgrube  auf  dem  Terrain  des  letztgenannten  Hauses.  Die 
Urnen  waren  ca.  1  m  tief  in  den  gelben  Kies  gebettet.  Ueber  Steinsetzungen,  be- 
sondere Lage  oder  etwaige  Metall  beigaben  war  nichts  zu  ermitteln,  doch  fand  sich 
eine  Zahl    von  Feldsteinen,    zum  Tbeil    von    ziemlicher  Grösse,    an    dem  Fundorte 


(867) 

ausgeworfen.  Das  Lager  scheint  sich  von  SO.  nach  NW.  zu  erstrecken.  Einzelne 
Getasse  enthielten  Leichenbrand.  Erhalten  sind  folgende  Stücke:  a.  eine  gelbrothc, 
20  cm  hohe  Urne  mit  scharf  abgesetztem  und  massig  konisch  aufsteigendem  Halse, 
ohne  jedes  Ornament.  (In  den  Händen  des  ß;auneisters  Vogt),  b.  eine  flache 
Buckelurne  von  feinem  Thon,  dünner  Wandung,  ohne  Henkel,  gelblich,  stellenweise 
graublau  gefärbt,  mit  4  von  einen  herausgestrichenen,  aussen  durch  Aufsätze  ver- 
stärkten Buckeln,  um  die  2  halbkreisförmige  Furchen  gezogen  sind,  einem  2  cm 
breiten,  flach  sich  umlegenden  Rande  und  einem  2  cm  hoben,  innen  ausgetieften, 
aussen  flach  aufliegenden  Fusse.  Gesammthöhe  13  cm,  grösste  Weite  25  cm,  Durch- 
messer des  Fusses  8,5  nn.  c  Ein  13  cm  weit  oflener  Krug  von  19  cm  Höhe  mit 
Henkel  und  4  Buckeln,  um  welche  sich  3  halbkreisförmige  vertiefte  Streifen  ziehen, 
zwischen  diesen  Umrandungen  je  6  senkrechte  Streifen,  d.  Ein  blumentopfartiges, 
massig  nach  aussen  gewölbtes,  defectes  Gefäss  ohne  Ornamente,  rothgelb.  e.  Ein 
kleines  Gefäss  mit  abgebrochenem  Rande,  jetzt  9  cm  hoch,  röthlich  gefärbt,  mit 
Henkelspur  und  4  aussen  aufgesetzten,  spitz  vorspringenden,  von  2  halbkreisförmigen, 
vertieften  Linien  umzogenen  Buckeln,  f.  Ein  kleiner  Krug  von  9  cm  Höhe.  Wo 
sich  der  Henkel  an  den  oberen  Rand  anlegt,  tritt  auf  diesem  an  jeder  Seite  eine 
Spitze  hervor  (ansa  lunata).  Eine  derartige  Verzierung  ist  in  der  hiesigen  Gegend 
bisher  nur  an  coschener  und  ratzdorfer  Gefäsien  bemerkt  worden,  g.  Ein  ebener 
Gefässdeckel  von  7  cm  Durchmesser  mit  eingreifendem  F'alzrande.  (b. — g.  in  der 
Gymnasial-Sammlung.) 

3)  Den  südöstlich  bis  zur  Lubstmünduug  sich  hiuziehendeu  Theil  des  inneren 
Bogens  bilden  die  Lubstberge,  Um  1863  dort  gefundene  Gefässe ,  darunter  eine 
kleine  Doppelurne,  sind  in  einer  hiesigen  Schule,  andere  sind  im  Handwerker- 
vereine vorgezeigt  worden  und  dann  verloren  gegangen. 

H.  Unter  dem  Namen  der  Neissberge  erstreckt  sich  der  innere  Höhenzug  von 
der  Mündung  der  Lubst  bei  der  Schützeninsel  bis  zu  der  ebenen  Fläche  des  kleinen 
Exerzierplatzes,  der  südöstlich  vou  der  Neissbrücke  der  Märkisch-Posener  Eisen- 
bahn liegt.  Die  äussere  Kette  zieht  von  Ulrichshöhe  zur  Einsamen  Fichte  und 
endet  in  den  Honig-  und  den  Eimbeckebergen. 

1)  Am  beackerten  Abhänge  des  inneren  dünenartigen  Bogens  sind  prähistori- 
sche Reste  gefunden  worden.  Aus  dem  ehemals  Buckatzsch'scheu,  jetzt  Wagemann- 
schen  Berge  (Grüne  Wiese  15)  besitzt  die  hiesige  Gymnasialsammlung:  a.  Eine 
gelbliche  Urne  mit  Buckeln;  der  cylindrische  Hals  ist  abgebrochen.  Die  obere 
Oeffnung  hat  4  cm  Durchmesser.  Abgebildet  Laus.  Mag.  Bd.  V.,  S.  207.  Vergl. 
Zeitschr.  L  Ethnol.  VHI.,  S.  320.  b.  Eine  durchlöcherte  Rolle;  c.  eine  Vogel- 
gestalt mit  fein  punktirtem  Ornament  —  beide  Steinchen  enthaltend;  Abbildungen 
ebendaselbst. 

Aus  derselben  Gegend  stammt  der  Zeitschr.  f.  Ethnol.  VIH.,  S.  312  erwähnte 
bronzene  zweischneidige  Dolch.  Auf  diese  Bezeichnung  des  Objectes  ist  kaum 
Gewicht  zu  legen. 

In  der  nordwestlich  verlaufenden  F'ortsetzung  des  Höhenzuges  linden  sich  vom 
Cafe  Pfiugstberg  an  bis  zum  Acker  des  Maurers  Burdacii:  a.  Dickwandige,  röth- 
liche  und  graue  Scherben,  b.  Einer  viel  späteren  Zeit  augehörige,  den  lübbinchener 
Pfahlbaufunden  gleichartige;  ausserdem  F'euersteinsplitter  in  grosser  Zahl.  Die 
Grenze  der  älteren  Funde  bildet  eine  flache,  trockene  Rinne,  die  sich  zum  Neisse- 
bett  hinzieht  und  hinter  der  noch  einige  hügelige  Erhebungen  vor  dem  völligen 
Planum  des  Exerzierplatzes  folgen.  Jene  jüngeren  Gefässtrümmer  kommen  auch 
noch  jenseits  des  Platzes  und  des  Eisenbahndammes  vor. 

Unterhalb  des  Cafe  Püngstberg  selbst  ist  in  der  Neisse,  die  hier  ziemlich  dicht 


(368) 

an  die  Abhänge  herantritt  und  ein  schmales,  sumpfiges,  im  Winter  unter  Wasser 
stehendes  Vorland  hat,  der  Zeitschr.  f.  Ethnol.  IX.,  S.  273,  beschriebene  durch- 
bohrte Hammer  aus  serpentinartigem  Steine  gefunden  worden.  (Gewicht 
890  g).     Er  lag  unter  einem  umgestürzten  Eichenstamrae. 

2)  Hinter  diesen  Abhängen  der  Neissberge  zieht  sich  bis  zur  zweiten  Terrasse 
ein  Plateau  hin,  das  seiner  Länge  nach  von  der  Eichholzstrasse  durchschnitten 
wird.  In  der  nördlichen  Abdachung  dieses  Plateaus  sind  auf  dem  Grundstücke  des 
Bahnwärters  Fischer  (Eichholzstrasse  3A.)  im  Anfang  des  Juli  d.  J.  Urnen  ge- 
funden worden.  Dieselben  enthielten  Leichenbrand  und  waren  mit  grob  zugehauenen 
Steinplatten  von  30  und  mehre/«  Durchmesser  und  6 — 10  cw  Stärke  umstellt,  zum 
Theil  auch  damit  bedeckt.  Beigefässe  standen  und  lagen  im  Kreise  umher  in  dem 
grauen  Sandboden.  In  einer  Urne  befand  sich  ein  länglicher  Bronzering  (grösster 
Durchmesser  4  cw,  kleinster  2,7  cm).  Das  eine  Ende  greift  um  16  mm  über  das 
andere  über.  Er  ist  2  mm  stark,  2,5  mm  breit  und  hat  durchweg  auf  der  Aussen - 
Seite  Querriefen. 

Erhalten  sind  folgende  Gefässe: 

a.  Eine  grosse  Urne  mit  wenig  sich  verengendem  Halse,  26  cm  hoch ;  Boden 
14  c/ft,  grösste  Ausbauchung  31  cm,  obere  Oeffnung  24  cm  Durchmesser,  rothbraun, 
b.  Eine  ähnliche  mit  2  Oehsen  von  3  cm  Durchmesser;  24  cm  hoch;  Boden  14  cm, 
gröste  Ausbauchung  28,5  cm,  obere  Oelfnung  18,5  oii  Durchmesser.  Von  gleicher 
Färbung,  c.  Ein  flaches  (12  cm  hohes)  Gefäss,  weit  offen  (19  cm  im  Lichten),  mit 
breitem,  flach  umgelegtem  Rande.  Grauschwarz,  d.  Ein  kleines  krugartiges,  9  cm 
hoch,  mit  Henkel  und  konisch  sich  erweiterndem  Halse  von  4  cm  Höhe  und  8  cm 
Durchmesser,  e)  Eine  22  cm  hohe,  dickwandige,  sehr  brüchige  Urne;  Boden  11  cm, 
weiteste  Ausbauchung  30  on,  obere  Oeä"nung  20  cm  Durchmesser,  der  Hals  setzt 
sich  scharf  ab  vom  Bauche,  2  Oehsen.  Au  der  Ausbauchung  befinden  sich  auf  der 
einen  Seite  zwischen  den  Oehsen  4  Gruppen  von  je  7,  6 — 7  cm  langen  Strichen; 
ferner  dicht  neben  der  Oehse  eine  senkrechte  Reihe  von  5  etwa  linsengrossen,  an- 
scheinend mit  einem  hohlen  Rohre  eingepressten  Kreisen.  Auf  der  anderen  Seite 
schliesst  sich  zunächst  neben  der  bezeichneten  Oehse  eine  gleiche  Reihe  von  Ein- 
drücken an,  so  dass  hier  eine  gewisse  Regelmässigkeit  erkennbar  ist,  dann  6,  7, 
6  Striche;  1  Reihe  von  Kreisen,  4  Striche,  2  Reihen  von  Kreiseindrücken,  f.  Tiüm- 
mer  einer  Buckelurne.  —  Alle  Reste  in  der  Gymnasial-Sammlung. 

Auch  an  diesem  Fundorte  streicht  nördlich  eine  trockene,  flache  Einsenkung 
in  der  Richtung  auf  die  Neisse  vorüber. 

3)  Unter  den  Ausläufern  der  zweiten,  äusseren  Terrasse  sind  dicht  am 
Bahndamme  der  Märkisch-Posener  Eisenbahn  zu  beiden  Seiten  des  buderoser  Weges 
Urnen  ausgegraben  worden  in  der  unmittelbaren  Nähe  eines  kleinen,  flachen  Wasser- 
beckens, dessen  früherer,  beträchtlicherer  Umfang  noch  ersichtlich  ist.  Die  Gefässe 
befanden  sich  etwa  -j^  m  tief  im  gelben  Kiese,  umstellt  mit  kleinen  Findliogssteinen« 
Die  Mehrzahl  enthielt  Leichenbrand.  Die  Beigefässe  standen  und  lagen  im  Kreise 
um  die  Urnen.  Metallbeigaben  sind  nicht  bekannt  geworden.  Die  Färbung  ist 
theils  röthlich,  theils  grauschwarz.  Die  Gymnasialsammlung  besitzt:  a.  Ein  einer 
grossen  Tasse  ähnliches  Gefäss,  7  cm  hoch,  Boden  5  cm  Durchmesser,  weiteste 
Ausbauchung  11  cm;  mit  Henkel,  unter  diesem  2  tiefe  Fingereindrücke  von  1,5  cm 
Durchmesser,  b.  Zwei  Fläschchen  mit  über  den  Rand  ragendem  Henkel,  c.  Eine 
flache,  hellrothe  Schale  mit  centraler  Bodenerhebung,  d)  Trümmer  eines  grossen, 
groben,  dickwandigen  Gefässes  mit  4  cm  breiten  Oehsen.  —  Im  Besitz  des  Real- 
schülers Ad.  Flach  befinden  sich:  e.  Ein  glattes  Gefäss  von  16  cm  Höhe,  ohne 
Ornamente    und  Henkel;    der  Boden    ist    in    der   Mitte    durchbohrt.     Die    weiteste 


(369) 

Ausbauchung  in  mittleror  Höhe  beträgt  15  cm.  f.  Eine  flache  Schale  mit  sehr 
grossem,  weit  über  den  Rand  ragendem  Henkel,  g.  Ein  kleines  krugförmiges 
Gefäss  von  8  cm  Höhe,  6  cm  Durchmesser,  h.  Mehrere  tassenförmige.  i.  Eine 
Urne  mit  Leichenbrand,  21  cm  hoch,  weiteste  Ausbauchung  18  cm,  mit  2  Henkeln, 
k.  Bruchstücke  einer  Huckelurne  und  eines  Räuchergeiasses.  —  Neben  einer  Urne 
hat  derselbe  zwei  Stückchen  Eisen  ohne  bestimmte  Form  gefunden,  auf  dem  Urnen- 
felde und  in  dessen   Umgebung  zahlreiche  Feuersteinprismeu.  — 

HI.  An  dem  linken  Ufer  der  Neisse  zieht  sich  westlich  von  der  Stadt 
eine  flache  Ebene  mit  Sandboden  hin,  eine  „Dubrau",  offenbar  ein  ehemaliges 
Flussbett.  Ihre  westliche  Begrenzung  bilden  in  einer  Entfernung  von  3 — 4  km  von 
der  Neisse  die  kaltenborner  Berge,  ihnen  im  Norden  seitlich  vorgelagert  der  reichen- 
bacher  Berg,  über  welchen  die  guben-cottbuser  Chaussee  führt. 

1)  In  einer  ehemaligen  leichten  Bodenerhebung  unfern  des  Bahnhofes, 
300  TO  von  der  Neisse  entfernt,  sind  auf  dem  Grundstücke  Berliner  Strasse  3A 
beim  Bau  des  Liehrschen  Hotels  um  1872  zahlreiche  Urnen,  angeblich  mit  Bronze- 
beigaben (Nadeln  und  Ringen)  gefunden,  sämmtlich  aber  von  den  Maurern  zer- 
schlagen worden.  Diese  Fundstelle  liegt  etwa  dem  ßuckatzsch'schen  Weinberge 
(11.,  1)  gegenüber,  von  ihm  durch  die  Neisse  und  deren  westliches  Vorland 
getrennt. 

2)  Aus  jener  fast  völlig  ebenen  Dubrau  erhebt  sich,  von  der  Neisse  etwa  2  km 
entfernt,  allmählich,  aber  erkennbar  markirt,  eine  längliche  in  seiartige  Anhöhe, 
deren  Rücken  ungefähr  200  m  breit  ist  und  angeblich  die  "Wasserscheide  in  dem 
bezeichneten  Terrain  bildet.  In  ihrer  grössten  Ausdehnung  erstreckt  sie  sich  von 
der  kaltenborner  Strasse  nach  dem  reichenbacher  Berge  zu.  Westwärts  zieht  sich 
hinter  ihr  das  Bett  eines  ehemaligen  Neissearms  hin,  das  sich  bis  zur  Eindeichung 
der  Neisse  wie  ein  Vorfluthscanal  bei  Hochwasser  füllte.  Auf  dem  höchsten  Punkte 
dieser  Bodenerhebung  steht  jetzt  eine  Windmühle.  In  ihrer  unmittelbaren  Nähe 
sind  im  Sommer  1877  Urnen  gefunden  worden;  auch  sind  über  den  Acker,  welcher 
sich  von  ihr  aus  quer  durch  die  westliche  Abdachung  jener  Bodenwelle  hinzieht, 
zahlreiche  verwitterte  Scherbenreste  zerstreut.  Die  Urnen  standen  ohne  Stein- 
umgebung im  Sandboden.  Sie  haben  auch  insofern  einen  von  den  bisher  beschrie- 
benen Funden  abweichenden  Charakter,  als  keine  derselben  Ornamente  zeigt.  Die 
Töpfe  bauchen  sich  von  unten  auf  allmählich  aus,  biegen  oben  ohne  eigentlichen 
Hals  schnell  zusammen  und  enden  mit  verhältnissraässig  enger  Oeffnung,  deren 
Rand  ein  wenig  nach  aussen  gebogen  und  fast  scharfkantig  abgeschnitten  ist.  Höhe 
18  resp.  25  cm,  weiteste  Ausbauchung  22  resp.  20  cm,  Oeffnung  15  resp.  17  cm, 
Henkel  und  Oehsen  haben  die  erhaltenen  zwei  nicht.  Die  Farbe  ist  grauschwarz, 
stellenweis  in  ein  schmutziges  Rothbraun  fallend,  und  zeigt  einen  stumpfen  Glanz. 
Ein  in  Stücken  erhaltener  hellbrauner  Deckteller  mit  gleichfalls  nach  aussen  ge- 
legtem flachem  Rande  hat  2  Oehsen.  (Diese  Gegenstände  besitzt  die  Gymnasial- 
Sammlung.)  Kleine  Beigefässe  haben  sich  nicht  gefunden;  dagegen  sind  zwei 
eiserne  Fibulae  von  16  cm  Länge  erhalten,  2 — 3  mm  stark  mit  gekrümmtem  Ende 
und  vier  Mal  gedrehtem  Gewinde,  stark  verrostet;  sie  lagen  in  Urnen  bei  Leichen- 
brand (1  in  der  Gymnasial-Sammlung,  1  im  Besitz  des  früheren  Realschülers  Wolff 
aus  Bromberg).  —  Westlich  von  der  Mühle  ist  eine  Brandstätte  von  etwa  1,5  m 
Durchmesser,  0,5  m  tief,  bloss  gelegt  worden.  Auf  ihr  lagen  faustgrosse  Stücke 
leidlich  erhaltenen  Holzes,  das  der  damalige  Besitzer  der  Mühle,  ein  früherer 
Zimmermann,  für  Würbelholz  erklärte,  eine  Art  von  Weide,  die  nicht  mehr  vor- 
komme. Wie  ich  inzwischen  gehört,  bezieht  sich  diese  letztere  Bemerkung  wohl 
mehr  auf  den  Namen  (wrba,  wendisch  Weide),  als  auf  die  Holzart. 

Yerbaudl.  der  Berl.  Aiittiropul.  GeseUscbaft  1S79.  2-4 


(370) 

3)  Aus  derselben  Dubrau  ist  von  einem  weiter  östlich  zwischen  der  kalten- 
borner  Strasse  und  dem  Damm  der  Halle-Gubener  Eisenbahn  gelegenen,  jetzt  be- 
bauten Sandflecke  eine  einzelne  Urne,  rothbraun,  24  cm  hoch,  erhalten.  Um  die 
weiteste  Ausbauchung  (-li  cm)  ziehen  sich  3  reifenartig  eingestrichene,  je  1,5  cm 
breite  Streifen,  darüber  sind  4  Mal  je  2  concentrisch  in  einander  gefügte,  halb- 
kreisförmige Eindrücke  gepresst.  Der  Hals  verengt  sich  bis  zu  15  cm;  Durchmesser 
des  Bodens  10  cm. 

4)  Zwischen  dem  Bahnhofe  und  der  Klosterraühle  ist  auf  dem  Hofe  von 
Wolffermann's  Vorwerk  im  Sande  ein  Denar  Hadrians  gefunden  worden.  Nach 
Angabe  des  Hrn.  Directors  des  Königl.  Münzcabinets  Dr.  Fried  Hin  der  lautet  die 
zum  Tbeil  zerstörte  Inschrift: 

Av.:  IMP  CAESAR  TRAIAN-H.\DRIANVS  AVG 

Rev.:  P  M  TR  P  COS  HI  Figur  der  Pietas  mit  erhobenen  Händen. 

(Der  Fund  ist  bis  jetzt  nicht  publicirt.) 

Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  das  Stück  mit  angefahrenem  Sande  dorthin 
gekommen  wäre.  Jedenfalls  stammte  es  aber  auch  dann  aus  der  Nähe  dieses 
Theiles  der  Stadt. 

Reste  mit  dem  Burgwalltypus  sind  bis  jetzt  aus  dem  Stadtgebiete  selbst  nicht 
bekannt  geworden.  Die  nächsten  finden  sich  in  dem  2,5  km  südöstlich  entfernten 
jetzt  abgetragenen  Rundwalle,  der  sogen,  gubeuer  Borcheltwiese.  In  der  Stadt 
selbst  schliesst  sich  vielmehr  an  die  aufgezählten  Gefässe  sogleich  ein  dünnwandiges, 
ohne  Töpferscheibe  geformtes,  klingend  gebranntes,  mit  vom  oberen  Rande  bis  zum 
Boden  wagerecht  geriefelter  Ausseuwand  (etwa  gleichartig  den  bei  H.,  1  bezeichne- 
ten späteren  Scherben).  Dasselbe  ist  in  einem  längst  bebauten,  ehemaligen  Wasser- 
graben mitten  in  der  Stadt  unfern  der  Kirche  gefunden  worden.  Die  anderweitig 
bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Funde  aus  dem  Baugrunde,  welche  den  Charakter 
der  Bauerutöpferei  an  sich  tragen,  stammen  gleichfalls  aus  der  sumpfigen  Niederuug 
zwischen  der  Neisse  und  der  Lubst,  auf  welcher  der  alte,  innere  Theil  der  Stadt 
sich  erhebt.  Sie  streifen  bereits  die  historische  Zeit.  Dem  Schlüsse,  dass  bei  dem 
Mangel  an  Ueberresten  das  Slaventhura  in  Guben  selbst  weder  lange  noch  je  in 
grosser  Ausdehnung  geherrsciit  habe,  würde  weder  die  sagenhafte,  noch  die  bis 
jetzt  mit  dem  Jahre  1207  beginnende  urkundliche  Geschichte  der  Stadt  wider- 
sprechen. Die  einzigen  Erinnerungen  an  eine  wendische  Bevölkerung  liegen  gegen- 
wärtig in  dem  Namen  des  Wendenkirchhofs,  der  aber  für  die  Bewohner  von  Nachbar- 
dörfern bestimmt  war,  und  in  dem  der  Hunds-,  d.  h.  doch  wohl  Wendengasse,  die 
sich  vom  Lubstbett  schräg  am  Berge  hinaufzog.  Ausserdem  liegt  ein  Dorf  Gubin- 
chen,  dessen  Name  auf  einen  wendischen  Nebenort  deutet,  3  km  südlich  von  der 
Stadt  an  der  Neisse. 

(8)  Der  Vorsitzende  erstattet  Bericht  über  die  für  den  Sommer  1880  bevor- 
stehende Generalversammlung  der  deutschen  anthropologischen  Gesell- 
schaft und  über  die  damit  zu  verbindende  Ausstellung  prähistorischer 
Gegenstände  in   Berlin. 

Er  theilt  mit,  dass  nunmehr  Seitens  des  Präsidiums  des  Abgeordnetenhauses 
die  Genehmigung  eingegangen  sei,  sowohl  die  Versammlung,  als  auch  die  Aus- 
stellung in  den  Räumen  des  Abgeordnetenhauses  abzuhalten,  und  dass  demgeraäss 
Hr.  Baumeister  Felix  Wolff  beauftragt  worden  ssi,  die  Pläne  und  Anschläge  für 
die  Ausstellung  auszuarbeiten. 


(371) 


(9)  Hr.  E.   Friede  1  legt  einige  im  Märkischen  Museum  eingegangene 
neue  Funde  aus  Berlin  und  von  Leest  bei  Potsdam 
vor  und  berichtet  darüber: 

I.    Münzfund  von  Leest  bei  Potsdam,   Kreis  Zauche-Belsig  (Fig.   1  und  2). 
(vgl.  hierzu  S.  257  der  Zeitschrift  für  Ethnologie  von   1873). 

Vor  einigen  Monaten  wurde  bei  Leest  ein  Topf  mit  Silberraünzen  ausgegraben, 
von  denen  ich  einige  Exemplare  (IX.  3143/8)  vorlege.  Es  sind  Denare,  wie  sie 
Danuenberg  iu  „deutsche  Münzen  der  sächsischen  und  fränkischen  Kaiserzeit^ 
unter  Nr.  651  beschrieben  und  abgebildet  hat.  Sie  zeigen  auf  einer  Seite  einen 
bärtigen  linkshingewendeten  gekrönten  Kopf  (Kaiser)')  und  eine  unlesbare,  auch 
nicht  auf  allen  Stücken  gleiche  Umschrift.  Der  Revers  zeigt  eine  Mauer  mit  zwei 
Thürmen,  darüber  ein  Kreuz  mit  Punkten  in  den  "Winkeln  und  eine  Umschrift,  die 
zwar    auch    sehr   undeutlich  ausgeprägt  ist,  doch  für  „Magdeburg**  gelesen  werden 


Fig.  1. 

Fig.  2.     M.  M.  IL  9825.     '^  nat.  Gr. 

kann.  Dannenberg  hält  diese  Münzen,  welche  durch  ihre  Form  einen  gewissen 
Uebergang  zu  den  älteren  sogenannten  Wendenpfennigen  vermitteln  sollen,  für 
Magdeburger  aus  der  ersten  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts  und  ihre  Verbergung  in 
der  Erde  mag  in  die  Zeit  der  Kämpfe  zwischen  Albrecht  dem  Bären  und  den 
Wenden  fallen.  Von  dem,  den  Schatz  bergenden  Topf  ist  leider  nur  ein  Rand- 
stück (IL  9825)  gerettet,  das  in  Form,  Technik  und  Ornament  den  entwickelten 
slavischen  (wendischen)  Typus  verräth.  Die  dunkle  Thonmasse  ist  mit  Steinbischen 
durchsetzt,  auf  der  Innenfläche,  zum  Theil  auch  auf  der  Aussenfläche,  lassen  sich 
die  Spuren  der  Töpferscheibe  verfolgen  und  die  Aussenfläche  ist  mit  einem  System 
von  gleichmässig  und  wellenförmig  nebeneinander  laufenden,  mit  einem  gezähnten 
Spahn  oder  Knochen  eingeritzten  Strichen  verziert. 

IL    Urnenreste  aus  Berlin. 

Beim  Ausschachten  der  Fundamente  auf  dem  Grundstück  Gertraudenftr.  19, 
Ecke  der  Alten  Grünstrasse,  fanden  sich,  wie  stets  bei  solchen  Arbeiten  im  Bereich 
der  älteren  Stadttheile,  Gefässscherben,  Kachelstücke,  Knocheuabfälle  u.  dgl.,  welche 
den  letzten  4  Jahrhunderten  angehören.  Beim  Abfahren  des  Erdreichs  von  einer 
Stelle,  wo  der  Boden  anscheinend  von  Artefacten  und  Manufacten  frei  war,  etwa 
2  7«  unter  dem  Bürgersteig-Niveau,  durchforschte  Hr.  Alfieri  den  Sand  und  fand 
darin  diese  Urnenscherben,  Reste  von  mehreren  kleineren  Gefässen,  von  vorgermani- 
scher Herkunft,  Die  Gefässe  sind  ohne  Drehscheibe,  gelbbraun,  aussen  glänzend, 
von  dem  Typus,  der  im  Gebiet  der  Semnonen  im  Sinne  von  Tacitus  so  weit  ver- 


1)  Man  würde  etwa    an  Lothar    von  Sachsen  1128 — 1137,    oder  Konrad  HL,  den  ersten 
Hohenstaufen,  1138  —  1152,  zunächst  zu  denken  haben. 

24* 


(372)        • 

breitet  erscheint.  Leider  war  die  Erde  an  dieser  Stelle  schon  zum  grössten  Theile 
abgefahren  und  mit  ihr,  wie  die  Arbeiter  mittheilten,  auch  wohl  mehr  dergleichen 
Scherben.  Die  frischen  Bruchstellen  bekunden,  dass  die  Gefässe  erst  beim  Aus- 
schachten zerschlagen  wurden;  über  den  Inhalt  ist  nichts  bekannt  geworden.  Ver- 
muthlich  waren  es  Leichenbrandurnen,  beigesetzt  am  Fuss  des  Hügels  nach  der 
Spree  zu,  auf  dessen  Höhe  die  Petrikirche  steht. 

HI.   Eisen-  und  Bronze-Funde  und  kleine  Thongefässe  von  einem 
ürnenfelde  bei  Rampitz  a/0.  Kreis  West-Sternberg  (Pig.  3 — 10). 

Nordöstlich  vom  Dorfe  Rampitz,  nahe  am  Abhänge  der  des  Oderbruch  be- 
grenzenden Höhe,  etwa  15  m  höher  als  der  Bruch,  liegt  eine  Ackerflache,  auf 
welcher,  in  der  Ausdehnung  von  etwa  200  Morgen,  durch  den  Pflug  schon  seit 
Jahren  Urnenscherben  herausgeholt  worden,  auch  hin  und  wieder  eine  ganze  Urne 
ausgegraben  ist.  In  der  letzten  Zeit  sind  dort  auch  Feldsteine  zum  Chausseebau 
herausgesucht  worden  und  bei  der  Gelegenheit,  1,5 — 2  m  tief,  weitere  Urnen  ge- 
funden, in  und  zwischen  welchen  die  vorliegenden  Eisen-Sachen  lagen.  Nach  einem 
vorliegenden  Bericht  „sind  die  Urnen  keineswegs  künstlich  eingepackt,  sondern 
liegen  nur  in  einer  Steine  enthaltenden  Erdschicht." 

1)  Schildbuckel  von  Eisen  (II.  9833),  Fig.  3,  der  einzige  der  Art,  welcher  bisher 
aus  der  Mark  in  das  Märkische  Museum  gelangt  ist.  In  der  Form  schliesst  er  sich 
mehr  den  im  Königl.  Museum  aufbewahrten,  aus  der  Provinz  Preussen  stammenden, 
als  den  von  Lindeuschmidt  I.  V.  6  abgebildeten  Buckeln  an,  welche  in  Rhein- 
hessen in  den  fränkischen  Reihengräbern  häufig 
gefunden  werden  und  von  denen  keiner  eine  so 
lange  (10  cm)  dornartige,  am  Ende  platte  Spitze 
(Stachel)  hat.  Von  dem  Schildgriff  (clavus  um- 
bonis)  ist  hieran  keine  Spur  mehr  zu  entdecken, 
ebensowenig  von  der  Holzfütterung,  deren  Dicke 
sich  nach  der  Länge  der  zum  Theil  gut  erhaltenen 
Nietnägel  auf  8 — 9  mm  schätzen  lässt.  Die  Nieten 
sitzen  auf  dem  Rande  des  Buckels  zu  je  dreien 
dicht  nebeneinander  in  drei  gleichen  Abständen, 
so    dass    der  Buckelkranz   dadurch  in  drei  gleiche 

Fig.  3.  M.  M.  II.  9844.  '/"  nat.  Gr.  -pj^g^g  getheilt  ist.  Nach  dieser  Nietenstellung 
ist  die  Form  des  Griffes,  welcher  sonst  in  der  Richtung  des  Buckeldurchmessers 
liegt,  schwer  ersichtlich.  Die  Höhe  des  Buckels  mit  der  Spitze  ist  17,5  cm,  der 
Durchmesser  15,5  cm.  Der  Schild  scheint  oval  gewesen  zu  sein,  wie  der  Schild 
aus  Oeland  neben  einem  Gerippe  gefunden,  dessen  Nabel  dem  unsern  sehr  ähnelt 
und  bei  Oskar  Montelius:  Antiquites  Suedoises,  Stockholm  1873,  L,  S.  92,  Fig.  290, 
abgebildet  ist.  Montelius  bringt  ihn  in  das  I.  Eisenalter,  was  er  von  Christi 
Geburt  bis  in's  Jahr  450  ungefähr  setzt.  Worsaae:  Nordiske  Oldsager,  Kopen- 
hagen 1859,  bildet,  als  ebenfalls  dem  1.  Eisenalter  zugehörig,  S.  81,  Fig.  339,  einen 
nicht  minder  ähnlichen  „Skjoldbukkel"  ab.  Der  in  seinem  II.  Eisenalter  ebendort 
S.  118,  Fig.  492,  abgebildete  Schildbuckel  ist  auch  vergleichbar,  hat  aber  einen 
kürzeren  Stachel  oder  Dorn. 

2)  Sporn  von  Eisen,  mit  aussergewöhnlich  dickem  Dorn ;  der  Letztere  ist  5  cm 
lang  und  hat  an  der  Basis  2  cm  Durchmesser  (II.  9834).  Dieser  sehr  alterthüm- 
liche  Sporn  gleicht  dem  bei^Montelius  a.  a.  0.  (I.  Eisenalter)  Fig.  296,  von  Oeland, 
(freilich  aus  Bronze)  sehr  auffällig,  verwandt  ist  auch  Worsaae  a.  a.  0.  (I.  Eisen- 
alter)  Fig.  356  (von  Messing  mit  Eisenspitze). 


(373) 


Fig.  4.     M.  M.  II.  9834.     '/a  nat.  Gr. 

3)  Lanzenspitze  von  Eisen,  ohne  die  abgebrochene  Spitze  19  on  lang,  auf  bei- 
den Flächen  in  der  Mitte  einen  hohen  scharfkantigen  Grad,  das  hohle  Schaftende 
ist  fast  ganz  weggebrochen  (II.  9835). 


Fig.  5.     M.  M.  II.  9835.     V*  «at.  Gr. 
4)    Pfeilspitze    oder    leichte    Wurfspiessspitze    (II.  9836),    Eisen,    Blatt    zwei- 
schneidig, flach,  8  cm  lang,   1,5  cm  breit.     Schaftende  nicht  ganz  geschlossen,  5  cm 
lang,  unten  0,8  cm  Durchmesser  (Fig.  6). 


Fig.  6.     M.  M.  U.  9836.     ^'z  nat    Gr. 
5)  Messer  mit  Griff  und  lose  am  Ende  desselben  hängendem  Ringe  (IL  9841), 
Eisen,    15,5  cm  lang,    gebogen,    so    dass  der  Rücken  die    innere,    die  Schneide  die 
äussere  Seite  des  ßogens  bildet.     Griff  gewunden,     (Fig.  7.) 


Fig.  7. 
6)    Messer    mit    Griffzunge    und    einem    Rest    des  Griff besatzes    von  Knochen. 
Klinge  5,  Griffzunge  4  cm  lang.     (IL  9840.)     (Fig.  8.) 


Fig.  8.     M.  M.  IL  9840.     '/a  nat.  Gr. 
7)  3  Messer  von  Eisen  mit  Griffzeuge  (IL  9837—39).     (Fig.  9.) 


Fig.  9.     M.  M.  II.  9837.     '/i  nat.  Gr. 

8)  Pfriemförmiges,  9  cm  langes,  3 — 6  min  dickes  Eisengeräth  (II.  9842). 

9)  2  Gurtschnallen  von  Eisen  (IL  9843). 

10)  Heftel  (Fibula)  von  Eisen  (IL  9846),  10  cm  lang. 


Fig.  10.     M.  M.  II,  9846.     V2  nat,  Gr. 


(374) 

10)  2  kleine  Thongefässe  (Thränenurnen)  11,  9847/8,  von  ungleichmässigem, 
wie  es  scheint,  Mergelerde  haltigem  Thon.  Grössere  Gefässe,  resp.  Scherben, 
liegen  im  Augenblick  noch  nicht  vor,  werden  aber  noch  eingehen. 

Diese  schönen  und  interessanten  Fuudstücke,  welche  das  iMärkische  Museum 
der  Zuvorkommenheit  und  dem  Eifer  des  Hrn.  Oberamtinann  Augustin  verdankt, 
"ehören  der  letzten  germanischen  Zeit,  etwa  dem  4.  oder  5.  Jahrhundert,  wo  die 
Bronze  immer  mehr  durch  Eisen  ersetzt  wird,  an,  und  mögen  mit  den  Burgundern 
in   Beziehung  zu  setzen  sein.     Die  Ausgrabungen  werden  zur  Zeit  fortgesetzt. 

IV.    Reste    eines    unverbrannten  Menschen-Skelets  nebst  kleiner  Urne 
(II.  9374/5)  aus  einer  Steingrube  bei  Hoheusaath  en,  Kreis  An  germü  nde. 

Der  Schädel  ist  aussergewöhnlich  schmal  und  sehr  stark  dolichocephal,  grösste 
Länge  22  cm,  grösste  Breite  12,5  cm;  da  er  unvollständig  ist,  so  erscheint  es  frei- 
lich zweifelhaft,  ob  er  diese  Form  nicht  theilweise  mit  durch  äusseren  Druck  er- 
halten habe,  wenngleich  solchem  Druck  entsprechende  Bruchstellen  nicht  zu  ent- 
decken sind.  — 

Hr.  Virchow  bemerkt,  dass  der  allerdings  sehr  ungewöhnliche  Schädel  in  das 
pathologische  Gebiet  gehöre.  Es  handle  sich  hier  nehmlich  um  frühzeitigen  Ver- 
schluss der  Pfeilnaht  und  dadurch  herbeigeführte  Verschmälerung  bei  gleichzeitiger, 
compensatorischer  Verlängerung  des  Schädels.  Sonderbarerweise  fände  sich  diese 
Abweichung  unter  älteren  Gräberschädeln  verhältnissmässig  häufiger,  als  gegenwärtig, 
und  man  könne  daher  die  Frage  aufwerfen,  ob  diese  Synostose  in  älteren  Zeiten 
nicht  überhaupt  häufiger  gewesen  sei.  Früher  habe  man  daher  wohl  angenommen, 
dass  hier  eine  Rasseueigenthümlichkeit,  z.  B.  der  Gelten,  vorliege,  was  jedoch  nicht 
der  Fall  sei.  Eine  ähnliche  Schädelform,  wie  die  hier  vorliegende,  finde  sich  ge- 
lec^entlich  auch  bei  Lebenden:  als  ein  besonders  ausgezeichnetes  Beispiel  könne  er 
ein  langjähriges  Mitglied  des  preussischen  Abgeordnetenhauses  erwähnen.  — 

Hr.  Fried el  (fortfahrend):  An  weiteren  Theilen  dieses  Skelets  sind  vorhanden: 
Armbeine,  Ober-  und  Unterschenkel,  2  Wirbelglieder,  einige  Rippen,  Zeh-  und 
Fingerkuochen  und  ein  Schlüsselbein. 

Dazu  gehören  diese  Reste  einer  kleinen  Urne  von  vorwendischera,  recht  archai- 
stischem Typus,  mit  eingeschnittenen,  sich  schräg  kreuzenden  Strichen  verziert  und 
gehenkelt.  Der  durch  Lehrer  Lange  in  Oderberg  übermittelte  Fundbericht  des 
Lehrer  Burdack  in  Hohensaathen  sagt: 

„Ende  März  d.  J,  (1879)  kam  ich  dazu,  als  die  Arbeiter  in  der  Steingrube 
„von  Hohensaathen  einen  ganz  abnorm  geformten  Schädel,  verschiedene  andere 
„Skelet-Theile  und  eine  kleinere  Urne  zu  Tage  gefördert  hatten.  Auf  Befragen 
„sagten  die  Arbeiter,  dass  ihnen  von  dieser  Stelle  die  grosse  Menge  von  Steinen, 
„auf  eine  Länge  von  3  m,  aufgefallen  sei.  Die  Steine  waren  sogenannte  Koppel- 
„steine,  nicht  Steinplatten.  Beim  Wegräumen  derselben  fanden  sie  das  Skelet,  in 
„der  Richtung  von  Nord  nach  Süd  (der  Kopf  nach  Norden)  auf  der  Sohle  des 
„Steinlagers  eingebettet.  Auf  den  Oberschenkelu  stand,  unversehrt  die  kleine  Urne, 
„welche  die  Arbeiter  inzwischen  zerbrochen  hatten.  Da  das  Grab,  in  welchem 
„auch  zwei  Schweinszähne  (Hauer)  gefunden  worden  waren,  bereits  zerstört  war, 
„konnte  eine  Skizze  nicht  mehr  gemacht  werden.  Die  Stelle  liegt  etwa  200  Schritt 
„von  dem  alten  Oderbett  und  lOü  Schritt  von  einem  alten  Durchbruch  derselben. 
„In  jenem  Steinbruch  sollen  übrigens  schon  mehrfach  Skelette  aufgefunden,  aber 
-nicht  beachtet  worden  sein." 


(375) 

Hr.  Burdack  meine  noch,  dass  der  Schädel  nicht  wohl  eine  posthume  Ver- 
drückung erfahren  haben  können,  da  das  Skeiet  und  die  zerbrechliche  Urne  bei 
der  Aufgrabung  unverletzt  gewesen  seien. 

V.  fj  Schädel,  der  letzten  heidnischen  Wendenbevölkerung  angehörig,  von  der 
Oder-Insel  Neuenhagen,  einem  sandigen  Werder,  speciell  von  einer  Stelle  zwi- 
schen Brahiitz  (jetzt  Bahnstation)  und  Neuenhagen,  im  Kreise  Königsberg  i/Neura., 
welche  Fundstücke  aus  der  letzten  (slavischen)  und  dem  frühen  Mittelalter  bereits 
mehrfach  geliefert  hat.  (II.  9780/1,  VIII.  81—83,  828.)  Von  den  Sclfädeln  hat 
Hr.  Virchow  constatirt,  dass  sie  alle  mehr  oder  weniger  dolichocephal  sind. 

Dazu  8  wendische  Thongefässe  (II.  157G,  3641,  9782),  welche  mit  jenen 
Schädeln  und  den  dazu  gehörigen  übrigen  Skelettheilen  an  einer,  von  der  Eisen- 
bahn durchschnittenen  Stelle  des  grossen  Urnenfeldes  ausgegraben  wurden. 

Diese  Gefässe,  obwohl  zu  verschiedenen  Zeiten  an  verschiedenen  Stellen  bei 
Skeletten  ausgegraben,  sind  doch  auffallend  gleichmässig;  die  Höhe  variirt  zwischen 
lO,/^)  und  11  cm,  der  Boden  aller  dreier  hat  5,5  cm  Durchmesser,  der  von  Nr.  1576 
zeigt  einen  aufgedrückten  Kreisstempel  mit  undeutlichem  gitterförmigem  Rande,  der 
ßauch  hat  11  resp.  12  resp.  lü  cm  Durchmesser  und  ist  mit 
spiralig  verlaufenden  Furchen,  die  mit  einer  Drehscheibe  ge- 
macht sein  müssen,  verziert,  der  Hals  ist  kurz  eingeschnürt, 
der  Rand  kurz  ausgebogen,  so  dass  die  Mündung  die  Weite 
des  Bauches  wieder  erlaugt  und  kantig.  Der  Thon  ist  ziem- 
lich scharf  gebrannt  und  mit  Steiubischen  vermengt.  Eine  mit 
dreistrichigem  Kreuz  verzierte  Wirtelscheibe,  3  Steinperlen, 
einen  bronzenen,  mit  Silber  überzogenen  sogenannten  Schläfen- 
ring von  ca.  2,2  cm  äusserem  und  1,4  cm  innerem  Durchmesser  (Fig.  11)  und 
eine  offenbar  symbolisch  verwendete,  schalenförmige  Thoneisensteinbüdung  (II. 
7045  —  50),  welche  schon  früher  an  derselben  Stelle  gefunden  sind,  füge  ich  zur 
Ansicht  bei. 

VI.  Ein  Beil  von  serpentinartigem  Gestein  (II.  8034),  eine  Feuersteiuspeerspitze 
(II.  8035),  ein  prismatisches  Feuersteinmesser  (II.  8036),  ein  prismatischer  Schaber 
(H.  8033)  und  ein  Netzsenker  (IL  8037),  sämmtlich  auf  einem  ürnenfelde  südlich 
von  Sternhagen,  Kreis  Prenzlau,  gesammelt. 

VII.  Ein  schönes  Exemplar  einer  Hacke  von  Hirschhorn  mit  Bohrloch  (II.  9033), 
auf  der  Feldmark  Prenzlau  in  diluvialem  Sand  gefunden.  Vergleichbar  Fig.  47  bei 
Worsaae  a.  a,  ü.,  nur  oben  allseitig  abgerieben.  Unser  Stück  ist  dadurch  merk- 
würdig, dass  es  einen  vollständig  fossilen  Eindruck  macht  und  durchaus  glatt  und 
glänzend  abgerieben,  einem  Geschiebe  ähnelt.  Diese  Charaktere  sind  geeignet,  in 
die^m  Falle  auf  ein  ungewöhnlich  hohes  Alter  zu  deuten.  — 

Hr.  Virchow  hebt  mit  Rücksicht  auf  den  ad  V.  vorgelegten  Schläfenring  her- 
vor, dass  derselbe  durch  Kleinheit  und  Dicke  von  den  gewöhnlichen  Schläfenringen, 
wie  sie  namentlich  durch  die  Arbeit  des  Hrn.  Sophus  Müller  bekannt  geworden 
sind,  abweiche  und  sich  mehr  der  Gruppe  jener,  oft  silbernen  Ringe  der  arabischen 
Zeit  anschliesse.  Bei  Gelegenheit  des  Rackwitzer  Silberfundes  habe  er  darüber 
ausführlicher  gehandelt  (Sitzung  vom  13.  April  1878.  Verh.  S.  210,  Taf.  XV., 
Fig.  2,  Zeitschr,  f.  Ethnol.  Bd.  X.).  Es  werde  Gegenstand  der  weiteren  Forschung 
sein  müssen,  ob  die  grossen  und  meist  bronzeneu,  und  die  kleinen,  meist  silbernen 
oder  doch  versilberten  Ringe  derselben  Zeit  angehören,  oder  ob  sie  vielleicht  verschie- 
dene Perioden  innerhalb  einer  grösseren,  der  altslavischen  Zeit  bezeichnen.  Schöne 
Beispiele  dafür  hat  uns  neulich  (Sitzung  vom  12.  Juli,  S.  230)  Hr.  Ei  sei  aus  dem 
thüringischen  Gräberfelde  von  Ober-Oppurg   mitgetheilt.   — 


(376) 

(10)  Hr.  M.  Kuhn  legt  eine  Anzahl  von  Urnen  und  anderen  Gefassen  vor, 
welche  in  den  Kiesgruben  des  Bauergutsbesitzers  Witkowski  zu  Ober-Wilda 
bei  Posen  gefunden  worden  sind.  In  Begleitung  des  Gymnasialdirectors  Seh wartz 
und  des  Oberlehrers  Wituski  zu  Posen,  sowie  unter  Führung  des  Lehrers  Dal- 
kowski  von  Ober-Wilda  begab  sich  Vortragender  nach  den,  von  Posen  ungefähr 
eine  halbe  Stunde  entfernten  Kiesgruben.  Das  ürnenfeld  umfasst  mehrere  Morgen, 
und  stehen  die  Urnen  dicht  unter  der  Ackerkrume,  so  dass  sie  vielfach  bereits 
durch  den  Pflug  beschädigt  sind.  Eine  grössere  Urne  enthält  den  Leichenbrand, 
bei  dem  bis  jetzt  noch  keine  Reste  von  Metallen  gefunden  wurden;  rund  um  diese 
Urne  befinden  sich  mehr  oder  minder  grosse  Geröllstücke  gepackt.  In  einiger 
Entfernung  davon  stehen  dann  kleinere  Gefässe,  Schaalen  und  Näpfchen,  in  denen 
keine  Beigaben  bis  jetzt  bemerkt  wurden.  Die  ganzen  Gefässe  zeugen  von  einer 
sehr  rohen  Fabrikationsmethode;  jedwede  Verzierung  fehlt,  ausser  dass  an  einer 
grösseren  Urne  zwei  gegenüberstehende  Henkelleisten  sich  fanden,  die  von  je  vier 
Vertiefungen,  wohl  durch  Fingereindruck  hervorgebracht,  umgeben  waren.  Nach  der 
Herstellungsweise  der  Urnen,  sowie  dem  Fehlen  sämmtlicher  Beigaben  zu  schliessen, 
gehört  das  Urnenfeld  wohl  einer  frühen  slavischen  Periode  an. 

(11)  Hr.  W.  Seh  wartz  (Posen)  übersendet  einen  Bericht  über 

eine  Ausgrabung  von  Gerippen  mit  sogen.  Schläfenringen, 

oder  wie  man  sie  vielleicht  besser  nennen  dürfte.  Hakenringen. 

Dieser  Bericht,  der  u.  A.  zur  Feststellung  der  Zeit,  aus  welcher  derartige  Gräber 
herrühren,  ein  bedeutsames  Moment  beibringt,  sofort  an  Ort  und  Stelle  aufgenommen, 
lautet: 

„Auf  der  schon  im  vorigen  Jahre  zweimal  untersuchten  Grabstätte,  nicht  weit 
vom  Herreuhause  in  Slaboszewo  (Zeitschr.  f.  Ethnol.  Bd.  X.,  Verh.  S.  276,  314), 
wurden  vom  8.  bis  zum  11.  October  d.  J.  von  dem  Besitzer  Hrn.  Tiedemann 
erneute  Nachgrabungeri  vorgenommen,  zu  denen  er  des  Unterzeichneten  Söhne,  die 
Primaner  Fritz  und  Willy  Seh  wartz  hinzugezogen  hatte.  Diese  Ausgrabung  führte 
zur  Auffindung  von  noch  neun  Gerippen  mit  leider  meist  schon  sehr  verwitterten 
Schädeln  und  Knochengerüsten.  Die  Lage  derselben  ist  auf  beifolgender  Skizze 
(S.  377)  möglichst  genau  angegeben  und  mit  fortlaufenden  Nummern  versehen.  Im 
Einzelnen  ist  Folgendes  zu  bemerken: 

Das  I.  Gerippe  lag  mit  dem  Kopf  nach  Westen;  von  dem  theilweise  zerstörten 
Schädel  konnten  nur  wenige  Reste  erhalten  werden,  an  der  rechten  Hand  lag  eine 
Münze.  Zu  beiden  Seiten,  sowie  zwischen  den  Schenkeln  des  Gerippes  lag  viel 
vermodertes  Holz,  das  Gerippe  maass  103  cm  vom  Hacken  bis  zur  Hüfte.  Das- 
selbe war  das  einzige,  welches  im  Mergel  lag. 

Das  II.  Gerippe  lag  mit  dem  Kopf  nach  NW.  und  maass  in  der  ganzen  Länge 
153  an.  Der  Kopf  lag  auf  dem  linken  Ohr  und  ist  gut  erhalten.  Der  etwas  nach 
unten  verschobene  Unterkiefer  sperrte  weit  ab,  so  dass  von  den  oberen  zu  den 
unteren  Sehneidezähnen  eine  Entfernung  von  8  cm  war.  Das  Gerippe  lag  60  cm 
tief  im  Sande.  Rechts  hinter  dem  Ohr  fand  sieh  ein  kupferner  sogen.  Sehläfen- 
ring  und  im  Genick  noch  zwei  der  Art,  an  der  linken  Seite  ebenfalls  zwei,  im 
Ganzen  fünf.  Das  erste  Paar  war  in  einander  gehakt,  unter  dem  Rücken  des 
Gerippes,  an  der  linken  Seite,  fand  sich  ein  messerartiges  Stück  Eisen.  Spuren 
von  Holz  waren  hier  nicht  vorhanden. 

Das  III.  Gerippe  lag  mit  dem  Kopfe  nach  WNW.  Die  ganze  Länge  betrug 
107  cm.    Die  im  Sunde  liegenden  Knochen  waren  schon  so  mürbe,  dass  fast  nichts 


(377) 


^ 


CO 

03  00 

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CO 


1^1 


I- 
CO 
CS  00 


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>N. 


(378) 


Sogenannter  Schläfenringf  in  natürlicher  Grösse  unter  grosser  Sperrung,  welche  sonst  bei 
gleichförmiger  Rundung  des  Ringes  nur  0,004  m  beträgt. 

davon    erhalten    werden    konnte.     Der  Kopf   lag    auf   dem  rechten  Ohr.     Beigaben 
wurden  nicht  gefunden. 

IV.  Der  Kopf  des  Gerippes  lag  nach  WNW.,  und  zwar  auf  der  rechten  Seite, 
der  Unterkiefer  sperrte  weit  ab.  Die  Knochen,  sowie  auch  der  Schädel  waren  sehr 
mürbe.    Die  ganze  Länge  betrug  152  cm.    Beigaben  und  Holz  wurden  nicht  gefunden. 

V.  Während  alle  übrigen  Gerippe  mit  dem  Kopf  nach  W.  und  NW.  lagen, 
lag  dieses  mit  dem  Kopfe  nach  ONO.  Derselbe  war  stark  beschädigt  und  die 
Knochen  sehr  mürbe.  Am  Hinterkopfe  fanden  sich  fünf  sogen.  Schläfenringe 
von  weissem  Metall,  stark  oxydirt,  nur  zwei  derselben  unzerbrochen.  Andere 
Beigaben  fehlten.     Die  Länge  betrug  155  cm. 

VI.  Der  Kopf  dieses  Gerippes  lag  nach  WNW.  und  mit  dem  Gesicht  nach 
oben,  jedoch  etwas  nach  rechts  geneigt.  Derselbe  war,  wie  die  übrigen  Knochen, 
sehr  morsch.  Die  Länge  betrug  158  cm.  Links  hinter  dem  Ohr  fand  sich  ein 
kupferner  Schläfenring,  ein  Theil  des  Schädels  und  zwei  Zähne  waren  vom 
Oxyd  grün  gefärbt.  An  der  linken  Hand,  nahe  am  Knie,  lag  ein  eisernes 
Messer,  am  Heft-Ende  mit  einem  Ringe  versehen.  An  der  linken  Seite  unter 
dem  Rücken  wurde  noch  ein   Messer  von  der  gewöhnlichen  Form  gefunden. 

VII.  Von  diesem  Gerippe  konnte  nur  der  Kopf  gefunden  werden,  welcher  dicht 
am  Wege  lag,  die  übrigen  Knochen  sollen,  nach  Angabe  der  Leute,  schon  früher 
bei  Anlage  der   Weidenpflanzung  herausgenommen  w'orden  sein. 

VIII.  Die  Lage  des  Kopfes  war  nach  Westen  gerichtet.  Leider  war  der 
Schädel  zertrijmmert.  Die  übrigen  Knochen  sind  gut  und  vollständig  erhalten. 
Vom  Knie  bis  zum  obersten  Halswirbel  maass  das  Gerippe  109  cm.  An  der  linken 
Seite  fand  sich  ein  offenes  Messer  von  der  gewöhnlichen  Form.  Etwas  ver- 
medertes  Holz  lag  in  der  Nähe  des  Kopfes. 

IX.  Der  Kopf  lag  in  der  Richtung  nach  Westen.  Schädel  und  Knochen  waren 
sehr  mürbe.  Vom  Apfel  des  Oberschenkels  bis  zum  Scheitel  wurden  73  cm  ge- 
messen. Rechts  und  links  vom  Hinterkopf  lag  je  ein  kupferner  Schläfenring. 
An  der  linken  Hand  fand  sich  ein  Fingerring  von  8  mm  breitem,  dünnem  Kupfer- 
blech.    Andere  Beigaben  fehlten." 

Ist  das  Vorkommen  eines  Fingerrings  von  Bronzeblech  neu  und  das  Auf- 
treten je  5  sogen.  Schläfenringe  z.  Th.  am  Hinterkopf  in  Betreff  der  Beurtheilung 
der  Verwendung  derselben  bemerkenswerth,  so  ist  das  Auffinden  einer  Miinze  bei 
Geripge  I.  von  durchschlagender  Bedeutung.     Wenn  schon  das  erneute  Vorkommen 


(379) 

von  weissen  Ringen  neben  bronzenen,  von  denen  die  ersteren  laut  früherer  Unter- 
suchung aus  Zinn  und  Blei  bestanden  und  Hrn.  Prof.  Virchow  s.  Z.  veranlassten, 
die  Kraniologen  zu  warnen,  nicht  in  zu  frühe  Zeit  diese  Art  Gräber  zu  setzen, 
auch  wieder  auf  diese  Erwägung  die  Aufmerksamkeit  lenkt,  so  rückt  die  Münze, 
nach  der  Bestimmung  des  Hrn.  Dr.  Friedländer'),  direct  das  Grab  I.  in  das 
Xn.  Jahrhundert  n.  Chr.  Wir  haben  hier  also  eine  Grabstätte  aus  der  ersten 
christlich-slavischen  Zeit. 

Zur  Geschichte  der  eigenthümiichen  schleifenartigen  Verzierung  an  den 
Seh  Ulfen  ringen  hierselbst  erinnere  ich  au  das  Vorkommen  jener  Verzierung  an 
arabischen  Schmucksachen;  nicht  blos  die  von  Hrn.  Virchow  (Ethnol.  Zeitschrift 
Bd.  X.,  S.  210  ff.)  erwähnten  kleinen  Silberringe  zeigen  dieselbe,  sondern  auch  in 
höchst  charakteristischer  Weise  ein  Schmuck,  welchen  Hr.  Rechtsanwalt  v.  Jazd- 
zewski  hierselbst  besitzt  und  von  dem  derselbe  mir  ein  Stück  übergeben  hat,  so 
dass  ich  in  der  Lage  bin  es  vorzulegen.  Es  sind  zwei  blattartige  Schmuckstücke, 
an  denen  hervortritt,  dass  die  betr.  Schleife  an  dem  einen  als  Haken  gedient  hat, 
um  in  eine  Oehse  des  anderen  eingehakt  zu  werden.  Die  Uebereinstimmung 
dieses  Hakens  mit  der  betr.  Verzierung  an  den  sogen.  Schläfenringen  ist 
schlagend,  so  dass  sie  charakteristischer  auch  Hakenringe  genannt  werden  dürften. 
So  als  Haken  gefasst,  älinelt  es  den  Haken,  wie  sie  sich  öfter  z.  B.  an  bron- 
zenen Messern  behufs  Einhakens  an  einer  Schnur  oder  Oehse  bei  Worsaae, 
Nordiske  üidsager  1Ö59,  S.  36,  finden  oder  an  einem  versilberten  bron- 
zenen Spiralring,  der  mit  arabischen  Münzen  in  Schweden  gefunden  (Montelius, 
Führer  durch  das  Museum  vaterländischer  Alterthümer  in  Stockholm.  Hamburg  1876. 
Nr.  102).  Von  diesem  Standpunkt  aus  verliert  der  Haken  an  sich  etwas  an  seiner 
individuellen  Eigenthümlichkeit  und  es  fragt  sich  nur,  ob  er  an  den  sogen.  Schläfen- 
ringen einen  real  praktischen  Zweck  hatte,  wie  bei  den  Messern,  oder  mehr  als 
Verzierung  zu  fassen  ist,  wie  bei  dem  erwähnten  Spiralringe. 

Was  übrigens  das  sonstige  Vorkommen  dieser  Hakenringe  hier  im  Posen- 
schen  betrifft,  so  führe  ich  noch  an,  dass  ich  einen  solchen  von  Bronze  (nebst  einer 
Spange  desselben  Metalls)  aus  einer  Leichen brand statte  bei  Tuczno  (Kr.  Ino- 
wrazlaw)  besitze,  wo  er  in  einer  Urne  gefunden'),  desgl.  Hr.  v.  Jazdzewski  drei 
silberne  Subaerati,  die  bei  einem  Gerippe  sich  gefunden  haben,  welches  bei 
Zydowo  in  der  Nähe  von  Rokietnica  (Kr.  Posen)  mit  eiserner  Lanzenspitze,  Messer, 
sowie  Urnen  ausgegraben  worden.  Es  zieht  sich  also  der  Gebrauch  dieser  Haken- 
ringe, wie  man  jetzt  übersieht,  hierselbst  aus  der  heidnischen  in  die  christliche 
Zeit,  —  wieder  ein  kleiner,  aber  interessanter  Beitrag  für  die  Coutinuität  derartiger 
Dinge. 

(12)  Hr.    W.  Schwartz  überschickt  eine  Abhandlung  über 
sogen.  Näpfchensteine  an  Kirchen  im  Posenschen. 

Zu  meiner  und  noch  Anderer  Ueberraschung  finden  sich  auch  hier  im  Posen- 
schen an  alten  Kirchen  vielfach  mehr  oaer  minder  grosse  kugelartige  Vertiefungen 
in  den  Ziegeln,  in  der  Regel  beim  Eingang  in  Mannshöhe  in  der  Zahl  von  1—3 
nebeneinander.   Die  erste  Nachricht  kam  mir  aus  Klecko  vom  Hrn.  Dekan  v.  Dydynski 

1)  Derselbe  schreil)t  darüber:  „Erkennen  lässt  sich  nichts  auf  diesem  traurigen  Fragment, 
aber  die  Düunbeit  der  Münze  macht  es  fast  gewiss,  dass  es  eine  polnische  des  12.  Jahr- 
hunderts ist.     hn  Münzkabinet  sind  solche  mehrfach." 

2)  Wenn  in  der  Ethn.  Zeitschr.  Bd.  X.  S.  315  ein  solcher  Ring  aus  Kazmierz  angeführt 
wurde,  so  beruht  dies  auf  einem  Irrthum;  ihm  fehlt  der  eigenthümlicbe  üaken.  (s.  Materia- 
lien IL  unter  Ka/mierz  auf  der  Tafol  Nr.  1.) 


(380) 
nebst  beifolgender  Zeichnung,  dann  aus  Pudewitz,  Wisocko  und  Inowrazlaw,  wo  die 


Ansicht  der  südlichen  Aussenwand.  F.  f  ahrdamm,  P  P.  Pfeiler,  M.  Mannshöhe,  SW.  Südwest. 
Löcher  besonders  zahlreich.  Schliesslich  fand  ich  selb  t  auch  diese  Erscheinung 
bei  der  alten  Marienkirche  hierselbst  auf  der  Dominsel,  wo  ich  13  Löcher  rechts 
von  der  Eingangsthür  zählte.  Ich  lege  3  Stücke  als  Probe  vor,  auf  welche  ich 
nachher  zurückkommen  werde,  desgl.  7  Abdrücke  von  Löchern,  um  die  Verschieden- 
heit derselben  zu  zeigen. 

Hr.  Dekan  v.  Dydynski  schrieb  mir  zuerst  unter  dem  9.  August  c. :  „Nach 
der  Ansicht  des  bereits  verstorbenen  Bauraths  und  Archäologen  Podczaszynski 
aus  Warschau,  bei  dem  der  Prof.  Dr.  Lepkowski  deshalb  angefragt,  sollen  dies 
Zeichen  des  Ziegelstreichers  gewesen  sein,  mit  denen  er  jedes  Tausend  bezeichnete." 
Ein  anderer  der  geistlichen  Herren  in  der  Provinz  meinte,  man  habe  das  reine 
Feuer  für  die  Prozessionslichter  beim  Osterfeste  daselbst  augerieben;  desgl.  wurde 
mir  von  anderer  Seite  die  Notiz,  die  Tradition  des  Volks  habe  dafür  eine  eigen- 
thümliche  Erklärung.  „Die  Löcher  rührten  von  den  Seelen  der  Verdammten  her, 
die  bei  Lebzeiten  die  Kirche  nicht  besucht;  sie  kratzten  verzweiflungsvoll  des  Nachts 
an  der  Mauer,  um  so  in  die  (verschlossene)  Kirche  hineinzukommen." 

Zur  Sache  selbst  constatire  ich  folgende  Momente.  Abgesehen  davon,  dass  es 
wunderbar  wäre,  wenn  gerade  die  gezeichneten  Steine  ihre  Stelle  überall  unten  am 
Gemäuer  gefunden  hätten ,  bemerkte  mir  schon  einfach  ein  Sachverständiger  in 
Betreff  der  oben  erwähnten  Ansicht,  dass  man  die  Ziegel  stets  des  Trocknens  halber 
auf  die  hohe  Kante  stelle;  wenn  also  wirklich  einer  gezeichnet,  so  sei  es  auf  dieser 
Seite  zu  erwarten,  üebrigens  beweise  die  eine  meiner  Proben,  wo  in  der  Höhlung 
noch  kleine  Steinchen  hervorstanden,  dass  der  Eindruck  nicht  in  weichem 
Zustande  gemacht  sei,  sonst  würden  jene  mit  eingedrückt  sein.  Hr.  Dekan 
von  Dydynski,  welcher  in  einem  Briefe  vom  29.  August  c.  gleichfalls  aus  dem 
zuerst  erwähnten  Grunde  die  Ansicht  des  Bauraths  Podzcaszynski  zurückweist, 
bestätigt  nicht  bloss  realiter  die  von  mir  von  dem  erwähnten  Sachverständigen 
positiv  begründete  Ansicht,  das  Loch  müsse  entstanden  sein,  als  der  Stein  schon 
hart  gewesen,  sondern  beweist  direct,  dass  die  Löcher  erst  an  der  Mauer  ent- 
standen, indem  er  von  seiner  Kirche  sagt:  „Zweitens  erscheint  es  an  unseren 
Näpfchen  erwiesen  zu  sein,   dass   sie   erst  dann   entstanden    sind,    nachdem    die 


(381) 

Ziegelsteine  bereits  vermauert  gewesen  —  und  nicht  an  den  frischen  Luft- 
steinen. Es  befinden  sich  näaiHch  einige  Vertiefungen  hart  am  Rande  der 
Mauersteine,  z.  B.  |  *^  Primitiv  ist  die  Fuge  zwischen  den  Steinen  selbst- 
verständlich mit  Kalk  verstrichen  gewesen.  Nun  aber  ist  an  allen  Stellen,  wo  die 
Vertiefung  hart  am  Rande  sich  befindet,  und  solcher  Stellen  giebt  es  ungefähr 
3  bis  4,  der  Kalk  in  der  Fuge  ausgehöhlt,    wodurch    der   richtige    Kreis    des 


Näpfchen  entstanden,  also  so:    ra»w<>i,    folglich    ist    erst    am    ausgebrannten    und 

vermauerten  Zingelsteiue  die   Vertiefung  angebracht." 

Hr.  V.  Dydynski  kommt  hierauf  auf  die  auch  schon  von  Anderen  gemachte, 
aber  s.  Z.  von  Hrn.  Fr i edel  zurückgewiesene  Erklärung  zurück,  indem  er  fragt, 
„ob  nicht  die  Löcher  von  Kartätsclien-  oder  Flintenkugeln  herrührten  aus  den  Jahren, 
wo  die  Schweden  unter  Karl  Gustav  im  ganzen  Laude  gehaust?  In  Klecko  wurde 
damals  hartnäckig  am  8.  Mai  1656  gekämpft.  Sachkundige  bestreiten  dies  freilich 
grundsätzlich  u.  s.  w." 

Auch  ich  komme  auf  diesen  Punkt,  nachdem  ich  mit  einem  höheren  Artillerie- 
Officier  darüber  verhandelt,  zurück.  Derselbe  erklärte  mir,  Bleikugeln  drückten 
sich  leicht,  wenn  sie  an  festem  Stein  anschlügen,  platt,  bei  eisernen  mache  die 
Dicke  des  Steines  einen  grossen  Unterschied,  Während  dünne  Ziegel  splitterten, 
comprimire  sich  gleichsam  bei  einem  dicken  Ziegel  die  Masse,  so  dass  der- 
artige Löcher  entständen;  er  meine,  die  Löcher  rührten  von  den  alten,  sogen, 
Donnerbüchsen  her,  und  er  habe  solche  auch  an  anderen  Gebäuden,  als  Kirchen, 
in  Wetzlar  und  Trier  gesehen. 

Wie  mir  von  anderer  Seite  nachträglich  mitgetheilt  wird,  sollen  in  dem  Städtchen 
Rypin  in  Russisch-Polen  sich  au  der  Kirche  noch  neben  einfachen  derartigen  Löchern 
auch  noch  tiefer  eingedrungene  und  fest  sitzen  gebliebene  Kugeln  befinden.  Hr. 
Rechtsanwalt  v.  Jazdzewski  hat  mir  versprochen,  genauere  Erkundigungen  darüber 
einzuziehen. 

Zu  der  obigen  Deutung  würde,  wie  ich  schliesslich  bemerke,  stimmen,  dass  die 
Löeher  sich  meist  an  den  Eingängen  der  Kirche  und  in  Mannshöhe  finden  — 
es  sind  ja  die  bei  Voraussetzung  eines  Kampfes  dort  besonders  in  Betraclit  kommen- 
den Stellen  —  dann  auch  würden  die  von  Hrn.  v.  Dydynski  charakterisirten 
Löcher  dnzu  passen,  die  doch  den  Eindruck  machen,  mehr  zufällig  aus  der 
Ferne  bewirkt  worden  zu  sein,  da  man  sonst  wohl  mehr  eine  Stelle  im  Ziegel 
gewählt  hätte,  endlich  —  und  darauf  möchte  ich  noch  schliesslich  aufmerksam 
machen,  —  eine  der  vorliegenden  Proben  zeigt  drei  Löcher  und  zwar  das  dritte 
dem  Anschein  nach  nachträglich  eingedrückt,  — 

Hr.  Virchow:  Wie  ich  schon  in  der  vorigen  Sitzung  (S  334)  mittheilte,  habe 
ich  auf  meiner  letzten  Reise  im  Herbst  nach  Näpfchen  (Grübchen)  an  Kirchen  ge- 
sucht und  sie  an  ziemlieh  weit  von  einander  entlegenen  Punkten  des  Rheinthaies 
und  der  Schweiz  gefunden.  Bei  dieser  Gelegenheit  habe  ich  eine  Bemerkung  ge- 
macht, die  ich  speciell  mittheilen  möchte,  weil  sie  vielleicht  für  andere  Mitglieder, 
die  nach  solchen  Dingen  suchen,  einen  Fingerzeig  geben  möchte.  Au  mehreren 
Kirchen,  zuerst  in  Hagenau  (Elsass),  fand  ich,  dass  die  offenbar  alten  Eingrabungea 
und  Einritzuugen  au  den  Kirchenwändeu  bei  späteren  Reparaturen  sorgfältig  zu- 
geschmiert  sind,  so  dass  ein  sehr  aufmerksames  Auge  dazu  gehört,  um  das  zu  er- 
kennen, was  offenbar  vorliegt.  Ich  würde  nicht  so  bestimmt  davon  sprechen,  wenn 
ich  nicht  neben  einander  offene  und  zugeschmierte  Grübchen  und  Rillen  gesehen 
hätte,    und    wenn    nicht    an    einzelnen   Stellen   das   eingeschmierte    Material    theil- 


(382) 

weise  herausgewittert  wäre.  Vielleicht  wird  es  möglich  sein,  wenn  man  darauf 
mehr  Obacht  giebt,  eine  grössere  Zahl  solcher  Fälle  zu  ermittelu. 

Ferner  will  ich  besonders  hervorheben,  dass  an  einzelnen  Orten  vielleicht  auch 
in  anderer  Weise  durch  spätere  Reparaturen  solche  Spuren  beseitigt  sind.  Darauf 
wurde  ich  zuerst  an  der  Kirche,  welche  in  Thun  oben  auf  dem  Schlossberge  liegt, 
aufmerksam.  Trotz  mehrmaliger  Besuche  fand  ich  daran  längere  Zeit  gar  nichts, 
weil,  wie  sich  ergab,  der  Sandstein,  der  zu  den  Pfeilern  verwendet  war,  —  das 
Uebrige  ist  mit  Kalk  übertüncht  —  der  Verwitterung  stark  ausgesetzt  und  daher 
an  der  ganzen  Südseite  erneuert  war.  Erst  als  ich  auch  an  der  Nordseite  suchte, 
die  einzelne  noch  iutacte  Quadern  enthielt,  fanden  sich  auch  die  Näpfchen  vor. 

Ich  habe  nachber  runde  Grübchen  in  ziemlich  grosser  Zahl  an  dem  alten 
Münster  von  Bern  und  zwar  auch  wieder  an  der  Südseite  gesehen.  Ganz  besonders 
ausgiebige,  tiefe  und  scharfe  Rillen,  weniger  Näpfchen,  traf  ich  an  den  Sandstein- 
wänden der  Kirchen  in  Dürkheim  an  der  Haardt  und  zu  Hagenau  im  Elsass; 
namentlich  an  der  Südseite  der  letzteren  sind  sie  in  der  stärksten  Ausbildung  vor- 
handen. Dagegen  habe  ich  sie  im  vorigen  Jahre  an  den  Kirchen  von  Regensburg 
vergeblich  gesucht. 

Gerade  der  Umstand,  dass  man  solche  Grübchen  und  Rillen  in  späterer  Zeit 
zugeschmiert  hat,  scheint  auf  ein  höheres  Alter  der  Entstehung  zu  deuten.  — 

Hr.  Weiss  erinnert  sich,  dass  in  seiner  Jugendzeit  von  den  Schulknaben 
derartige  Rillen  und  Gruben  in  Häuserwände  eingekratzt  worden  seien.  — 

Hr.  Alfieri:  Ich  habe  speciell,  seitdem  mein  Interesse  an  diesen  Dingen  durch 
Hrn.  Friede  1  wach  gerufen  war,  auf  meinen  Reisen  die  Näpfchensteine  an  den 
Kirchen  beobachtet  und  bei  einer  grossen  Anzahl  derselben  die  Thatsache  bestätigen 
können,  dass  sie  sich  hervorragend  auf  der  südlichen  Seite  der  Kirchen  befinden, 
also  auf  der  am  meisten  vor  dem  Winde  geschützten  Seite,  Nun  ist  es  mir  in 
diesem  Frühjahr,  wo  ich  in  Gransee  war,  an  der  dortigen,  sehr  schön  gebauten 
alten  Kirche,  die  früher  ein  roher  Backsteinbau  war  und  ungefähr  zu  Anfang  des 
17.  Jahrhunderts  mit  Putz  beworfen  ist,  klar  geworden,  dass  nach  der  Herstellung 
der  Näpfchen,  die  sich  zu  5  bis  6  auf  einem  Steine  befinden,  Feuer  in  Mitwirkung 
gekommen  ist.  Diese  Steine  zeichnen  sich  vor  den  anderen  durch  ihre  abweichende 
Färbung  aus.  Wenn  der  Thon  in  der  Ziegelei  einen  stärkereu  Brand  bekommt, 
so  wird  er  dunkler,  als  wenn  er  weniger  Brand  hat.  So  haben  auch  diese  Stellen 
alle  eine  durchgends  dunklere  Färbung,  als  der  sonstige  Rohbacksteinbau.  Einzelne 
Stelleu  dieser  Näpfchen  sind  vollkommen  glasirt.  Ich  vermag  nicht  zu  unter- 
scheiden, ob  die  Näpfchen  absichtlich  in  die  noch  rohen  Steine  hineingemacht  und 
dann  gebrannt  sind.  In  vielen  Näpfchen  befindet  sich  auch  eine  fette  Substanz,  ein 
Russ,  der  durch  eine  Flamme  später  an  die  Steine  herangebracht  ist.  Nun  hat  in 
der  Mark  die  Sitte  bestanden ,  bei  Epidemien  Seuchenfeuer  zu  entzünden.  Es  ist 
dem  Märkischen  Museum  gelungen,  zwei  eichene  alte  Pfähle  aus  Barenthin  zu  er- 
werben, an  denen  noch  die  Spuren  vorhanden  sind,  wie  man  mittelst  Drehung  von 
Hölzern,  die  mit  Stroh  und  Schwamm  umwunden  waren,  Feuer  erzeugt  hat.  Wenn 
nun  behauptet  ist,  die  Näpfchen  rührten  aus  neuerer  Zeit  her,  und  wenn  wir  sogar 
gehört  haben,  dass  sie  Kindern  in  die  Schuhe  geschoben  werden,  so  mag  es  erlaubt 
sein,  dagegen  die  Vermuthung  auszusprechen,  dass  ebenso,  wie  man  an  den  Pfählen 
die  Seuchenfeuer  gerieben  hat,  man  auch  in  diesen  Näpfehen  Feuer  erzeugt  hat.  — 

Hr.  Fried el:  Ich  wollte  anführen,  dass  die  interessanteste  Stelle  in  Berlin 
zerstört  ist  gelegentlich  des  Umbaues  der  alten  Nicolaikirche.    An  der  Aussenseite, 


(383) 

an  der  Plinte,  waren  Näpfchen  ziemlich  massenhaft  angebracht.  Die  Flinte, 
welche  aus  sehr  weichem  Material  bestand,  ist  neulich  ersetzt  worden.  Ausserdem 
befanden  sich  auch  einzelne  Näpfchen  in  den  Mauersteinen;  diese  hat  man  auch 
entweder  beseitigt  oder  umgedreht,  so  dass  eine  unbenutzte  Seite  nach  aussen  ge- 
kommen ist. 

Es  ist  schon  von  Hrn.  Virchow  daran  erinnert  worden,  dass  man  diese  Dinge 
nicht  isolirt  als  Näpfchensteine  auffassen  darf;  es  kommen  noch  eine  ganze  Menge 
von  anderen  Zeichen  vor.  Die  erste  Notiz  darüber  rührt  von  Hrn.  Dr.  Veckenstedt 
her,  der  inzwischen  nach  Liebau  in  Russland  verzogen  ist.  Erst  nachher  tauchten 
die  Rillen  auf.  Ich  habe  die  Sache  noch  sehr  viel  verfolgt  und  in  diesem  Jahre 
150  und  mehr  Kirchen  angesehen;  dabei  habe  ich  noch  eine  Anzahl  von  Zeichen 
entdeckt,  die  mit  allerhand  christlichen  Symbolen,  namentlich  dem  Kreuz,  in  Ver- 
bindung gebracht  sind  Auch  sind  Hausmarken  angebracht,  namentlich  an  meklen- 
burgischen   Kirchen,  von  denen  ich  mir  Zeichnungen  gemacht  habe. 

Dass  diese  Dinge  nicht  von  Kindern  gemacht  sind,  dafür  giebt  es  einen 
Beweis,  der  so  unwiderleglich  ist,  dass  er  jedem  in  die  Augen  springt.  Das 
Portal  der  einen  Kirche  in  Brandenburg  —  der  Gotthardskirche  —  besteht  aus 
Hausteinen  von  sehr  hartem  Granit;  in  Handhöhe  sind  auf  jeder  Seite  2  auf- 
fallende helle  Sandsteine  hineingesetzt  worden,  augenscheinlich  damit  irgend  ein 
Hocuspocus  damit  vorgenommen  werden  sollte.  Nachher  habe  ich  das  auch  an 
anderen  Kirchen  gesehen,  wo  augenscheinlich  für  den  Gebrauch  des  Volks  solche 
Vorrichtungen  gemacht  sind.  Ueber  die  katholische  Zeit  gehen  sie  nicht  hinaus, 
sie  gehören  einer  recht  alten  Zeit,  der  romanischen  und  früh-gothischen,  an.  Ob 
sie  bis  in  die  spät-gothische  und  Renaissancezeit  hineinreichen,  ist  fraglich. 

Wunderbar  ist  es,  obwohl  so  viele  Leute  ihre  Aufmerksamkeit  darauf  gerichtet 
haben,  dass  man  bis  jetzt  keinen  einzigen  historischen  Nachweis  über  diese  Sache 
hat  Erst  ganz  kürzlich  ist  mir  in  einer  Chronik,  die  eine  Stadt  in  der  Neumark 
betrifft,  eine  einigermassen  alte  Notiz  aus  dem  17.  Jahrhundert  zugegangen.  Da 
ist  nach  dem  dreissigjährigen  Kriege,  wo  diese  Kirche  zerstört  worden  war,  von 
dem  Pfarrer  eine  Beschreibung  des  zerstörten  Gotteshauses  aufgenommen  worden. 
Darin  wundert  er  sich  sehr,  wie  das  Gotteshaus  in  Handhöhe  so  viele  kleine  Löcher 
au  der  Aussenseite  aufzuweisen  hätte.  Wo  sie  herrühren,  wisse  er  nicht;  er  stellt 
auch  die  Theorie  auf,  es  wäre  möglich,  dass  sie  von  Kugolspuren  herrühren.  Es 
widerlegt  sich  das  durch  die  einfache  Betrachtung,  dass  diese  Zeichen  nicht  höher 
vorkommen,  als  in  bequemer  Handhöbe.  Es  ist  das  auch  ein  Anhalt  dafür,  dass  sie 
mit  der  Hand  gemacht  sind.  — 

Hr.  Hartmann  erinnert  an  die  Rillen  in  der  Steinumrahmung  eines  der 
Portale  des  braunschweiger  Domes.  Der  Sage  nach  sind  sie  von  dem  Löwen  ein- 
gekratzt, welchen  Herzog  Heinrich  angeblich  aus  dem  Kreuzzuge  mitgebracht  haben 
soll.  Das  Thier  hat,  so  wird  gefabelt,  aus  Schmerz  über  den  Tod  seines  Herrn 
die  Rillen  mit  seinen  Vordertatzen  eingeritzt.  Mit  Kugelspuren  lassen  sich  diese 
Rillen  nicht  vergleichen,  denn  die  machen  einen  ganz  anderen  Eindruck;  auch 
liesse  sich  schwerlich  nachweisen,  bei  welcher  Gelegenheit  Kugeln  von  entsprechen- 
der Grösse  auf  das  betreffende  Domportal  abgefeuert  sein  sollten.  Uebrigens 
existiren,  soweit  Redner  sich  erinnert,  auch  noch  ganz  andere  Versionen  über  die 
Entstehung  jener  Rillen.  — 

Hr.  Virchow:  In  Bezug  auf  die  Braunschweiger  Einritzungen  möchte  ich  daran 
erinnern,  dass  schon  Hr.  Veckenstedt  (Sitzung  vom  19.  Juni  1875.    Verh.  S.  135. 


(384) 

Zeitschr.  f.  Ethnol.  Bd.  VII.)  sie  herangezogen  hat  als  Beispiel  der  Rillenbildung. 
Wer  nach  Braunschweig  kommt  und  diese  Rillen  sieht,  kann  sich  allerdings  vor- 
stellen, dass  sie  Jemand  auf  das  Kratzen  der  Krallen  eines  Löwen  beziehen  kann.  — 

Die  Fortsetzung  der  Diskussion  wird  auf  die  nächste  Sitzung  vertagt. 

(13)  Hr.  W.  Schwartz  berichtet  über 

moderne,  mit  Feuersteinen  besetzte  Stöcice  in  Polen. 

Dass  in  den  Karpathen,  überhaupt  im  ganzen  üngarlande  noch  ein  lang- 
schaftiges  Beil,  welches  zugleich  als  Stock  gebraucht  wird,  üblich  ist  (der 
sogenannte  Fokos).  dürfte  bekannt  sein,  weniger,  dass  noch  in  der  Mitte  dieses 
Jahrhunderts  in  den  waldigen  Theilen  Polens,  z.  B.  in  Wald-Cujawien  und 
Volhynien  die  Landleute  sich  vielfach  mit  Feuersteinsplittern  —  fast  noch 
acht  prähistoiisch  —  einen  Stock,  der  zugleich  als  Waffe  diente,  präparir- 
ten.  Im  November,  December  suchte  man  sich  im  Walde  einen  zum  Stock 
passenden  Kreuzdorn  aus,  machte  mit  einem  Messer  an  geeigneter  Stelle  Kerbe 
hinein,  in  die  man  dünne  Feuerstein  splitter  steckte  (nass  gemacht,  splittert  der 
Feuerstein  leicht).  Dann  überwuchsen  diese  Stellen  im  nächsten  Sommer,  bildeten 
aber  harte  Auswüchse,  so  dass  der  Stock  fast  den  Charakter  einer  morgen- 
sternartigen Waffe  bekam.  Mit  der  Abnahme  der  Wälder  und  den  neueren 
Verhältnissen  überhaupt  ist  dieser  Gebrauch  immer  mehr  verschwunden;  ältere  Leute 
erinnern  aber  noch  sehr  wohl  sich  solcher  Stöcke. 

(14)  Hr.   Virchow  zeigt  die  Leichen  von 

drei  anthropoiden  Affen  (Orang-Utan  und  Gibbons). 

Mr.  Rice,  ein  Schwager  des  Herrn  Carl  Hagenbeck,  hat  seit  einiger  Zeit 
eine  grössere  Karawane  von  ausländischen  Menschen  und  Thieren  organisirt,  welche 
schon  an  verschiedenen  Orten  in  Deutschland  vorgeführt  worden  ist.  Er  hatte  den 
Gedanken,  auch  eine  möglich  vollständige  Sammlung  von  Anthropoiden  zusammen- 
zubringen und  dieselben  hier  in  Berlin  gemeinschaftlich  zur  Anschauung  zu  stellen. 
Leider  hat  das  Geschick  ihm  nicht  wohl  gewollt.  Von  2  Gibbons,  die  er  noch 
letzthin  in  Guben  und  Frankfurt  a./O.  gezeigt  hat,  ist  einer  dort  gestorben  und  der 
zweite  wurde  fast  sterbend  hierhergebracht.  Nach  der  Ankunft  hier  hatte  Hr.  Rice 
noch  ein  Paar  junge  Orang-Utans,  allein  auch  von  diesen  ist  der  eine  seiner 
Krankheit  erlegen.  So  ist  denn  bei  der  heute  stattgehabten  Eröffnung  der  Aus- 
stellung nur  noch  ein  Orang-Utan  und  ein  allerdings  vortrefflicher,  neu  erworbener 
Chimpanse  gezeigt  worden. 

In  dem  Cataloge  des  Mr.  Rice  waren  die  beiden  Gibbons  als  Hylobates  Lar 
und  H.  Hulock  bezeichnet.  Ob  diese  Bezeichnungen  richtig  sind,  scheint  mir 
zweifelhaft.  Der  eine  derselben,  ein  Weibchen,  ist  ganz  schwarz,  namentlich  auch 
an  den  Handtellern,  und  hat  nur  über  jedem  Auge  einen  weissen  Haarstreif;  er 
dürfte  am  meisten  dem  Hylobates  variegatus  Kühl.,  dem  Ungko  entsprechen.  Das 
Männchen  hat  mehr  grau  melirtes,  etwas  ins  bräunliche  ziehendes  Haar,  namentlich 
am  Bauche  und  eine  weisse  Haareinfassung  des  ganzen  Gesichtes;  er  gleicht  daher 
den  Beschreibungen  des  Hylobates  leuciscus  Wagn.,  dem  Oa,  und  unterscheidet 
sich,  wie  der  vorige,  von  H.  Lar  durch  seine  stark  pigmentirten  Handflächen.  Der 
Orang-Utan  ist  männlich. 

Mr.  Rice  hat  die  ganz  besondere  Freundlichkeit  gehabt,  mir  die  3  gestorbenen 
Affen   zu   schenken.     Der  eine  Gibbon   war  inzwischen   schon   von  Hrn.  Wickers- 


(385) 

heimer  mit  seiner  Flüssigkeit  eingespritzt  worden;  ich  selbst  habe  die  beiden 
anderen  mit  der  Flüssigkeit  des  Hrn.  Laskowski,  welche  derjenigen  des  Hrn. 
Wickersheimer  in  gewissen  Hauptbestandtheilen  (Glycerin  und  Carbolsäure)  nahe 
steht,  injicirt.  An  den  vorliegenden  Körpern^  von  denen  die  beiden  letzten  in- 
zwischen der  Section  unterworfen  sind,  lässt  sich  die  Vortrefflichkeit  der  angewende- 
ten Methoden  erkennen.  Der  von  Hrn.  Wickersheimer  präparirte  Oa  ist  am 
26.  October  gestorben  und  sein  Leichnam  befindet  sich  noch  heute,  also  nach 
3  Wochen,  in  einem  beweglichen  und  gänzlich  geruchlosen  Zustande.  Nur  die 
Haare  am  Bauche  lassen  etwas  los,  doch  ist  diess  wohl  dem  Umstände  zuzu- 
schreiben, dass  die  Bauchhöhle  erst  vor  wenigen  Tagen  geöffnet  und  die  stark  mit 
Flüssigkeit  gefüllten  Eingeweide  herausgenommen  sind.  Der  Ungko  starb  am 
1.  November,  ist  von  mir  am  nächsten  Tage  injicirt  (sowohl  in  die  Carotiden,  als 
in  den  Magen  und  die  Lungen)  und  am  Ende  der  Woche  secirt  und  exenterirt 
worden;  er  sieht  noch  ganz  wie  frisch  aus.  Der  Oran-Ütan  starb  erst  vor  8  Tagen 
und  seine  gute  Erhaltung  ist  daher  weniger  auffällig.  Es  zeigt  sich  aber  recht 
deutlich  an  diesen  Körpern,  wie  grosse  Vortheile  eine  solche  Methode  darbietet, 
und  es  kann  nicht  bezweifelt  werden,  dass  ihre  Anwendung  nicht  bloss  im  Lande, 
sondern  namentlich  auch  für  den  Trausport  vom  Auslande  her  die  grössten  Vor- 
theile bietet.  Ich  bin  überzeugt,  dass  es  möglich  sein  wird,  auf  diese  Weise  injicirte 
Leichen,  namentlich  wenn  sie  exenterirt  sind  und  in  einen  luftdichten  Verschluss 
gebracht  werden,  aus  der  grössten  Entfernung  wohl  erhalten  zu  iraportiren^). 

Von  nicht  geringem  Interesse  für  die  Frage  von  der  Erhaltung  der  leben- 
den Thiere  in  unserem  Klima  waren  die  pathologischen  Befunde.  Als  man 
mir  zuerst  von  dem  Erkranken  der  Thiere  erzählte,  war  natürlich  die  Meinung 
die,  dass  es  sich  um  Lungenaffektionen,  namentlich  Schwindsucht  handle.  Ich  sah 
nur  den  Ungko  noch  lebend.  Er  war  am  Morgen  durch  seine  Pflegerin,  die 
„schwarze  Helena"  in  einem  jammervollen  Zustande  von  Frankfurt  a.  0.  herüber- 
gebracht worden.  Allerdings  hustete  er  stark,  aber  die  Untersuchung  der  Brust 
Hess  nichts  Bedenkliches  erkennen.  Er  war  jedoch  in  einem  Zustande  äusserster 
Schwäche,  ganz  kalt,  übrigens  ohne  Fieber,  hatte  Durchfall  und  verweigerte  die 
Nahrung.  Von  Zeit  zu  Zeit  setzte  er  sich  auf  den  Arm  oder  Schooss  des  ihm  bekannten 
Beamten,  begab  sich  aber  bald  wieder  in  seine  Kiste  zurück  und  legte  schwermüthig 
den  Kopf  in  die  Hände.  Ich  Hess  ihm  etwas  kräftigen  Wein  geben,  stellte  ihn  unter 
die  Pflege  meines  Institutsdieners,  der  den  Auftrag  erhielt,  ihn  möglich  zu  wärmen, 
und  ordnete  seine  Diät.  Allein  schon  am  nächsten  Morgen  war  er  eine  Leiche. 
Die  Sektion  zeigte  die  Lungen  ganz  frei,  dagegen  schwere  und  sehr  ausgedehnte 
diphtherische  Ruhr  des  Dickdarms.  Ganz  dasselbe  Resultat  stellte  sich  bei  der 
Autopsie  des  Orang-Utan  dar.  Weniger  heftig,  von  einfach  katarrhalischem  Cha- 
rakter, aber  nicht  minder  ausgedehnt  war  die  Darmaffektion  bei  dem  Oa;  die 
Lungen  waren  ganz  frei.  Auch  sonst  bei  keinem  der  Thiere  irgend  eine  Spur  von 
Tuberkulose. 

Es  bestätigte  sich  daher  hier  in  vollem  Maasse  die  Meinung,  welche  ich  schon 
aus  der  Beobachtung  der  früheren  Anthropoiden,  und  namentlich  unseres  Gorilla 
gewonnen    hatte,    dass    die  Anthropoiden    bei    uns    weit    weniger    durch    das 


1)  Gegeiiwärtio-  (Mitto  Februar)  sind  die  Cadaver  noch  immer  ohne  Geruch  und  im 
Ganzen  wohl  erhalten.  Am  wenigsten  ist  der  von  mir  injicirte  Gibbon  verändert.  Bei  dem 
Orang-Utan  sind  die  Augen  eingetrocknet  und  die  Kopihaut  etwas  missfarbig  geworden.  Bei 
dem  von  Hrn.  Wickersheimer  präparirten  Gibbon  zeigen  sich  ^chimmelbildungen.  (Nach- 
trägliche Anmerkung.) 

Verhandl.  der  Berl.  Authropol.  Gesellschaft  1S79.  25 


(386) 

Klima,  als  durch  ungeeignete  Diät  gefährdet  werden.  Indem  man  ihnen  alle 
möglichen  Nahrungsmittel,  namentlich  einen  üeberfluss  von  Früchten  neben  Milch 
und  anderen  leicht  zersetzuugsfähigen  Speisen  gestattet,  erzeugt  man  Störungen  der 
Digestionsorgane,  des  Mundes,  des  Zahnfleisches,  des  Magens,  der  Dick-  und  Dünn- 
därme, welche  bald  schneller,  bald  langsamer  den  Untergang  der  armen  Thiere 
herbeiführen.  Nichts  sollte  daher  strenger  überwacht  und  geordnet  werden,  als 
das  diätetische  Regime,  — 

In  Beziehung    auf    die  wissenschaftliche  Bedeutung  dieser  Affen  will   ich    mich 
für  heute  kurz  fassen.    Sowohl  die  Gibbons,  als  der  Orang-Utan  gehören  bekanntlich 
dem  indischen  Archipel,  die  ersteren  auch  noch  Hinteriudien  selbst  an  und  constituiren 
die    östliche   Gruppe    der  Anthropoiden,    im  Gegensatze    zu  Chimpanse  und 
Gorilla,    welche  die  westliche   oder   afrikanische  Gruppe  darstellen.     Weder 
in  Afrika    noch  in  Europa  finden   sich  lebende  Repräsentanten   oder  auch  nur  Ver- 
wandte der  östlichen  Gruppe.     Dagegen  ist  es  allerdings  besonders    hervorzuheben, 
dass  die    höchstorganisirten  paläontologischen  Affen,    welche  man   in  Südfrankreich 
gefunden  hat,  der  Pliopithecus    und  namentlich  der  Dryopithecus,    den  Gib- 
bons am  nächsten   stehen.     Von    da   an    bis    zum  Menschen  ist  freilich   ein  weiter 
Weg    und  gerade   das,    was    diesen  „Langarmaffen"    den  Namen  gegeben    hat,    die 
extreme    Länge    ihrer    Oberextremitäten,    entfernt    sie    von    unserer    Organisation. 
Wenn    sie    ihre    langen    und    gewöhnlich    etwas     gebogenen    Arme    horizontal   aus- 
strecken,     so    sehen    sie    Fledermäusen     ähnlicher,     als    Anthropoiden;     ihre     Ge- 
schicklichkeit,  sich   mit  weitem  Schwünge  durch  die  Luft  fortzuschleudern,   haben 
wir    schon    früher    zu    bewundern  Gelegenheit    gehabt.      (Man  vergl.  Sitzung    vom 
18.  Mai  1876.    Verh.  S.  89.  Taf,  III).     Allein    schon    damals    habe    ich    darauf  auf- 
merksam gemacht,    dass    der  Gibbon  mehr,    als  irgend  einer    der  anderen  Anthro- 
poiden,   gerade   durch  seine  langen  Arme,    die  er  wie  Balancierstangen    gebraucht, 
zum  aufrechten,  menschenähnlichen  Gehen  befähigt  ist.    Das  ganz  behaarte  Gesicht 
des  Gibbon  schwächt    allerdings    seine  Menscheuähnlichkeit  nicht    weniger,    als  der 
Bau  seiner  Glieder,  und  wenn  man   nicht  etwa  auf  einen  „Haarmenschen"    zurück- 
greift, so  muss  man  darauf  verzichten,  ihn  in  eine  Parallele  zu  bestimmten  Menschen 
zu  stellen. 

Etwas  anders  ist  es  mit  der  Bildung  des  knöchernen  Kopfes.  In  der  früheren 
Sitzung  habe  ich  hervorgehoben,  dass  sowohl  der  Orang-Utan,  als  der  Gibbon 
brachycephal  seien.  Diese  Form  haben  bekanntlich  auch  fast  alle  Menschen- 
stämme, neben  denen  sie  leben.  Hier  ist  ein  grosser  Gegensatz  zu  den  Afrikanern. 
Nun  stützte  sich  freilich  meiue  damalige  Angabe  auf  die  Messung  eines  einzigen 
Gibbon,  dessen  Kopf  einen  Index  von  83,6  ergeben  hatte.  Bei  den  jetzt  vorliegen- 
den ist  der  Index  etwas  kleiner,  indem  der  Hylobates  variegatus  nur  79,7,  der 
Hylobates.  leuciscus  80,2,  der  Orang-Utan  78,2  ergiebt,  —  Maasse,  die  zum  Theil 
in  das  mesocephale  Gebiet  herunterreichen.  Immerhin  stehen  sie  der  Brachy- 
cephalie  sehr  nahe.  Auch  der  Ohrhöhen  -  Index  ist  entsprechend  kleiner:  bei 
H.  variegatus  41,7,  bei  H.  leuciscus  55,5,  bei  dem  Orang-Utan  57,3,  während  ich 
früher  bei  Hylobates  (Lar)  albimanus  64,0  erhielt.  Indess  fehlt  es  hier  überall  noch 
zu  sehr  an  sicheren  Vergleichsobjekten,  um  diesen  Zahlen  einen  absoluten  Werth 
beilegen  zu  können. 

Ich  will  von  den  Ergebnissen  der  übrigen  Untersuchung  nur  noch  ein  Paar 
Punkte  erwähnen.  Was  das  Gehirn  betrifft,  so  zeigt  sich  der  grosse  Unterschied 
in  der  Organisation  dieser  Affen  recht  auffällig  in  der  Verschiedenheit  der  Grösse 
dieses  wichtigsten  Organes.     Ich  fand  bei 


C387) 

Hylobates  variegatus  ein  Gehirn  you     04,0  ^rn«. 
„  leuciscus      „         „  „       89,2    „ 

Satyrus  Simia  „         „  „     350,5    „ 

•  Nun  kann  freilich  auch  dieses  Gewicht  nicht  als  ganz  zuverlässig  betrachtet 
werden,  da  durch  die  Injektion  eine  gewisse  Menge  specifisch  schwererer  Flüssig- 
keit eingetrieben  ist,  indess  wird  diess  bei  der  Vergleichung  wenig  in  das  Gewicht 
fallen. 

In  Bezug  auf  das  Einzelne  der  Gehirnbildung  will  ich  nur  hervorheben,  dass 
weder  bei  dem  Orang-Utan,  noch  bei  den  Gibbons  die  Insel  frei  liegt.  Die  Fossa 
Sylvii  ist  dicht  geschlossen  und  lässt  auch  nicht  einmal  eine  Andeutung  der  tiefer 
gelegenen  Theile  erkennen.  Im  üebrigen  ist  es  bekannt,  wie  einfach  das  Windungs- 
system des  Gibbon  im  Vergleich  mit  dem  des  Orang-Utan  ist,  bei  dem  sich  eine 
der  menschlichen  näher  kommende   Fntwickelung  der  Windungen  zeigt. 

Gerade  umgekehrt  verhält  es  sich  mit  der  Einrichtung  der  Lungen:  sie  sind 
ungemein  einfach  bei  dem  Orang-Utan,  dagegen  stark  gelappt  bei  den  Gibbons. 
Diese  besitzen  beide,  wie  auch  sonst  constatirt  ist  (Lobulus  azygos  Broca),  auf 
der  rechten  Seite  4  vollständige  Lappen,  indem  ausser  den  3  beim  Menschen  vor- 
kommenden noch  ein,  freilich  kleiner,  aber  mit  2  seitlichen  flügeiförmigen  Ansätzen 
ausgestatteter  vierter  vorhanden  ist,  der  dicht  über  dem  Zwerchfell,  etwas  nach 
hinten  und  innen  von  dem  eigentlichen  .ünterlappen  liegt.  Die  linke  Lunge  hat, 
wie  beim  Menschen,  2  Lappen;  bei  dem  Ungko  ist  noch  eine  kurze  unvollständige 
Spalte  am  vordem  Rande  des  Oberlappeus  vorhanden,  welche  wie  ein  Anfang  einer 
weiter  gehenden  Trenuung  erscheint.  —  Bei  dem  Orang-Utan  sind  die  Lungen  so 
einfach,  wie  sie  beim  Menschen  nur  in  ganz  ungewöhnlichen  Ausnahmsfällen  vor- 
kommen. Nur  an  der  rechten  Lunge  sieht  man  einen  Ansatz  zu  einer  Trennung, 
welche  manche  Aehnlichkeit  mit  dem  ersten  Anfange  der  Bildung  von  Sulci  am 
Gehirn  (nach  dem  von  Hrn.  Pansch  gelieferten  Nachweise)  darbietet.  Es  zeigt 
sich  nämlich  in  der  Richtung,  in  welcher  beim  Menschen  und  bei  den  Gibbons  die 
untere  Grenze  des  Oberlappens  verläuft,  eine  4  cm  lange  Spalte  des  äusseren 
Randes,  welche  an  ihrem  medialen  Ende  in  eine  2,3  cm  tiefe,  trichterförmige  Grube 
übergeht;  jedoch  findet  sich  weiterhin,  auch  auf  den  Durchschnitt,  keine  Spur  einer 
Verlängerung  oder  Verwachsung.  Nur  am  medialen  Rande  ist  in  derselben  Richtung 
eine  schwache  und  kurze  Incisur  erkennbar.  An  der  Basis  sieht  man  eine  von  der 
Wurzel  beginnende,  ziemlich  tiefe  Furche,  welche  jedoch  schon  vor  der  Mitte  der 
Basis  ihr  Ende  erreicht.  An  der  linken  Lunge  ist  nur  eine  ganz  schwache  Andeu- 
tung dieser  Furche  am  innern  Rande  der  Basis  und  eine  ganz  flache  Furche  am 
vordem  Rande  aufzufinden,  sonst  keine  Spur  von  Lappung.  In  dieser  Beziehung 
entfernt  sich  also  der  Orang-Utan  weit  mehr  vom  Menschen,  als  es  die  Gibbons  thun. 
Die  Leber  ist  bei  allen  3  Affen  ganz,  wie  bei  Menschen  gebildet,  höchstens 
dass  sie  etwas  mehr  breit  und  weniger  hoch  erscheint.  Die  Milz  zeigt  auch  keine 
wesentliche  Abweichung:  beim  Orang  ist  sie  oben,  bei  den  Gibbons  in  der  Mitte  am 
breitesten,  während  sie  nach  unten  bei  allen  3  mehr  spitz  ausläuft;  im  Ganzen  hat 
sie  eine  dreieckige  Gestalt.  Am  meisten  weichen  die  Nieren  von  der  menschlichen 
Einrichtung  ab,  indem  sie  keine  Trennung  in  Reneuli  und  daher  auch  keine  Co- 
lumuae  Bertini  besitzen.  Beim  Orang-Utan  ist  allerdings  die  Marksubstanz  durch 
die  eingeschobenen  Gefässe  in  mehrere  Lappen  getheilt,  jedoch  finden  sich  keine 
getrennte  Calices  und  nur  eine  einzige,  sehr  breite  und  platte  Papille.  Bei  Hylo- 
bates variegatus  findet  sich  rechts  ein  ähnliches  Verhältniss,  indem  die  im  Ganzen 
einheitliche  Marksubstanz    in  6  verschiedene  Abschnitte   zerlegt  ist,    denen   jedoch 

25* 


(388) . 

nur  ein  Calyx  entspricht;  links  ist  sie  so  einfach,  wie  bei  Hunden  oder  Kaninchen. 
Bei  H.  leuciscus  ist  diess  auf  beiden  Seiten  der  Fall. 

In  Bezug  auf  den  Daraikaual  will  ich  nur  erwähnen,  dass  keiner  der  Affen 
Valvulae  conniventes  im  Jejuuum  besitzt,  dass  dagegen  alle  einen  wohl  ausgebildeten 
Wurmfortsatz  haben.  Derselbe  ist  beim  Orang  13,5  cm  lang,  etwas  gewunden  und 
ziemlich  dick;  bei  H.  variegatus  misst  er  nur  3,5  cw  und  ist  zugleich  dick;  bei 
H.  leuciscus  hat  er  eine  Länge  von  5,8  cm  und  ist  sehr  stark  gewunden.  Bei  dem 
Orang-Utan  und  dem»H.  variegatus  fanden  sich  einige  Trichocephali  im  Coecum. 

Diese  kurze  Debersicht  der  wichtigsten  splanchnologischen  Ergebnisse  lehrt, 
dass  die  Anthropoiden  der  östlichen  Gruppe  unter  sich  sowohl  Aehnlichkeiten,  als 
Verschiedenheiten  darbieten,  und  dass  bald  der  eine,  bald  der  andere  dem  Menschen 
näher  steht.  So  kann  man  namentlich  sagen,  dass  in  Bezug  auf  das  Gehirn 
der  Orang-Utan,  in  Bezug  auf  die  Lungen  die  Gibbons  eine  mehr 
anthropoide  Entwicklung  zeigen. 

Freilich  lässt  sich  das  auch  anders  ausdrücken.  Bischoff  (Beiträge  zur  Ana- 
tomie des  Hylobates  leuciscus.  München,  1870,  S.  73)  sagt  in  Beziehung  auf  den 
vierten  rechteii  Lungenlappen:  „Da  er  beim  Menschen,  Gorilla,  Orang  und  Chim- 
panse  fehlt,  so  nähert  sich  Hylobates  darin,  dass  er  sich  bei  ihm  findet,  mehr  den 
übrigen  Affen,  welche  ihn  ebenfalls  besitzen."  Indess  eben  so  gut  kann  man  sagen, 
dass  der  Gibbon  sich  in  Bezug  auf  die  Gesammteintheilung  der  Lungen,  wonach 
die  linke  Lunge  2,  die  rechte  (ausser  dem  kleinen  Lobulus  azygos)  3  Lappen  be- 
sitzt, dem  Menschen  nähert  und  sich  vom  Orang,  dem  diese  Eintheilung  fehlt,  ent- 
fernt. So  sehr  ist  die  Auffassung  dieser  „Verwandtschaftsverhältnisse"  von  dem 
Standpunkte,  den  mau  einnimmt,  abhängig,  — 

(15)  Hr.  Vircliow  spricht  über  die  im  letzten  Monat  von  Hrn.  Carl  Hagen- 
beck in  Berlin  ausgestellten 

Nubier,  namentlich  den  Dinka. 

Da  die  Zeit  vorgerückt  ist,  so  werde  ich  mich  in  Bezug  auf  die  Nubier  kurz 
fassen  müssen.  Es  kommt  ein  besonderer  Umstand  dazu,  der  es  vielleicht  vortheil- 
hafter  macht,  diese  Angelegenheit  später  vorzunehmen;  es  ist  eben,  wie  schon  er- 
wähnt, ein  sehr  unternehmender  Mann,  Mr.  Rice,  hier  eingetroffen,  mit  einer  ge- 
mischten Karawane  von  Thieren  und  Menschen,  denen  bald  eine  grössere  Zahl  von 
Nubiern,  die  andere  Hälfte  desjenigen  Imports,  von  dem  wir  im  October  die  erste 
Hälfte  gesehen  haben,  nachfolgen  wird.  Hr.  Rice  hat  heute  in  Anwesenheit  von 
zahlreichen  eingeladenen  Mitgliedern  der  Gesellschaft  seine  zoologische  Ausstellung 
eröffnet  und  ausser  vielen  und  sehr  interessanten  Thieren  allerlei  sehr  merk- 
würdige Leistungen  der  Zähmung  vorgeführt. 

Heute  will  ich  nur  von  den  Nubiern  des  Hrn.  Hagenbeck,  welche  schon 
wieder  abgereist  sind,  sprechen.  Unter  denselben  (im  Ganzen  15)  waren  im  Wesent- 
lichen dieselben  Stämme  vertreten,  die  wir  schon  früher  hier  gesehen  haben:  Marea 
(6,  darunter  2  schon  früher  hier  gewesen),  Beni  Amr  (2),  Halenga  (3,  darunter 
2  schon  früher  gezeigt),  Hadendoa  (1)  und  Abadi  (1,  schon  früher  hier  gewesen). 
Die  einzigen  Ausnahmen  bildeten  ein  Dinka-Neger  und  eine  junge  Frau  vom  Stamme 
der  Barea,  welche  Achmed  Abadi  seit  seinem  früheren  Besuche  geheirathet  hat. 

Ich  habe  meine  Messungen  bei  Weitem  nicht  über  alle  diese  Leute  erstrecken 
können,  weil  ich  unglücklicher  Weise  erst  am  Tage  vor  ihrer  Abreise  in  Berlin  ein- 
traf; ich  habe  mich  darauf  beschränken  müssen,  Augehörige  derjenigen  Stämme 
auszuwählen,  von  denen  wir  früher  nur  wenige  Leute  gesehen  hatten,  um  auf  diese 
Weise  künftig  ein  grösseres  Material  für  die  Zusammenfassung  zu  haben. 


(389) 

Die  Messungen  haben  im  Grossen  das  craniologische  Ergebniss  bestätigt,  welches 
ich  früher  (Sitzung  vom  19.  Oct.  1878,  Verh.  S.  343  &.,  Zeitschr.  für  Ethnologie 
Bd.  X)  niitgetheilt  habe.  Namentlich  hat  sich  gezeigt,  dass  diejenigen  Personen, 
welche  den  Beul  Amr  und  Hadendoa  angehörten,  inesocephale  Formen  hatten. 
Der  eine  von  mir  gemessene  Marea,  Amer  Woat  Omar,  schloss  sich  durch  einen 
nahe  an  der  Grenze  der  Brachycephalie  stehenden  Index  von  79,8  dem  früher 
von  mir  gemessenen  Idris  Radi  an,  welcher  einen  Iudex  von  79,7  hatte  (a.  a.  0. 
S.  343).  Üagegen  hatte  der  neue  Halenga,  wie  ein  Paar  seiner  früher  vorgestellten 
Staraniesgenossen,  einen,  schon  in  das  dolichocep  h  ale  Gebiet  hineingreifenden 
Index  von  74,3  und  der  Dinka-Neger  in  sehr  charakteristischer  Weise  einen  solchen 
von  71,7. 

Auch  in  Bezug  auf  die  äussere  Erscheinung  kann  ich  mich  wohl  auf  das  all- 
gemeine Zeugniss  berufen,  welches  dahin  geht,  dass  durch  die  neuen  Personen  der 
Eindruck  bestätigt  wird,  dass  die  früheren  eine  typische  Gesellschaft  waren  und 
dass  nicht  etwa  zufällig  gerade  Personen  von  diesem  Aussehen  sich  zusammen- 
gefunden hatten.  Der  Eindruck  auf  mich  ist  durchaus  der  gewesen,  dass  wir  in 
den  Bedjah-  und  Chasia-Leuten  gute  Repräsentanten  bestimmt  unterschiedener 
Stämme  vor  uns  gehabt  haben. 

Indem  ich  mir  vorbehalte,  bei  einer  anderen  Gelegenheit  auf  die  sonstigen 
Beobachtungen  zurückzukommen,  möchte  ich  heute  nur  einige  Punkte  kurz  besprechen. 
Zunäcbst  einige  neue  Untersuchungen  in  Bezug  auf  die  Frage  des  Farbensinns 
der  Nubier.  Ich  hatte  früher  schon  (a.  a  0.  S.  351)  eine  Reihe  von  Erhebungen  in 
dieser  Richtung  gemacht,  welche  das  Ergebniss  geliefert  hatten,  dass  es  den  Leuten 
nicht  an  Farbensinn,  sondern  nur  an  Farbenbezeichnuugen  fehlte,  und  dass,  wenn 
man  ihnen  die  Gelegenheit  gab,  sich  direct,  praktisch  über  ihre  Fähigkeit  aus- 
zuweisen, Farben  zu  erkennen  und  zu  unterscheiden,  sie  durchaus  befähigt  waren, 
das  zu  thun,  während  sie  nicht  in  der  Lage  v?aren,  auch  nur  für  die  Hauptfarben 
bestimmte  Bezeichnungen  anzugeben.  Ich  lege  hier  wieder  eine  Liste  der  Angaben 
vor,  welche  die  einzelnen  Personen,  sei  es  in  der  Chasia-  (Marea-)  Sprache,  sei  es 
im  To'Bedauie  gemacht  haben.  Es  geht  daraus  hervor,  dass  im  Wesentlichen  die 
früheren  Angaben  durchaus  entsprechende  waren;  höchstens  ist  etwas  in  der  Recht- 
schreibung verändert.  Ich  habe  mich  dabei  der  Unterstützung  des  Hr.  Mantey 
zu  erfreuen  gehabt.      Die  von  ihm  aufgenommene  Liste  ist  folgende: 

(Siehe  umstehende  Tabelle.) 

Das  Resultat  dieser  Prüfung  ist  mit  dem  früheren  ganz  parallel: 

1)  Weder  die  Marea,  noch  die  Bedjah-Leute  haben  ein  Wort  für  blau.  Sie 
gebrauchen  dafür  dieselbe  Bezeichnung,  wie  für  schwarz  oder  dunkel 
(deriff=  Muuzinger's  dölif), 

2)  Die  Bezeichnungen  für  grau,  gelb  und  grün  sind  so  unsicher,  dass  die 
Marea  sogar  das  Wort  ssotai  aus  dem  To'  Bedauie  herübernehmen,  welches 
unsere  früheren  Bedjah-Leute  gelegentlich  auch  für  blau  anwendeten.  Am 
wenigsten  unbestimmt  ist  gelb. 

3)  Roth  und  weiss  haben  feste  und  sichere  Bezeichnungen. 

4)  Schv^arz  ist  an  sich  sicher,  nur  dass,  wie  gesagt,  dieselbe  Bezeichnung 
gelegentlich  auch  für  blau  oder  braun  gebraucht  wird. 

Die  Angaben  des  Dinka-Kegers  sind  viel  bestimmter,  ähnlich,  wie  es  früher 
bei  dem  Takruri  der  Fall  war  (a.  a.  0.  S.  353).  Eine  Controle  i^t  natürlich  unmög- 
lich, da  kein  zweiter  Neger  da  war  und  da  überdiess  die  Angaben  des  Dinka  auch 
nicht  in  einem  Punkte  mit  denen  des  Takruri  stimmen.  — 


(390) 


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Auf  mein  Ersuchen  hatte  Professor  Schüler  die  Güte,  zur  Prüfung  des  Farben- 
sinnes der  Leute  einen  noch  strengeren  Weg  der  Untersuchung  einzuschlagen,  von 
dem  nur  zu  bedauern  ist,  dass  die  kurze  Zeit  es  nicht  gestattet  hat,  Repetitionen 
vorzunehmen,  um  die  erlangten  Resultate  noch  weiter  zu  erhärten.  Hr.  Schöler 
hat  einen  schriftlichen  Bericht  darüber  erstattet,  der  in  der  Zeitschrift  mitgetheilt 
werden  wird.  Ich  will  daraus  zunächst  mittheilen,  dass  die  Untersuchung  mit  dem 
Förster'schen  Perimeter  gemacht  wurde,  um  möglichst  genau  den  Umfang  des 
Gesichtsfeldes  für  die  einzelneu  Farben  festzustellen.    Auf  einer  Reihe  von  Blättern 


(391) 

sind  die  Gesichtsfeldergrenzen  für  die  verschiedenen  Farben  eingetragen.    Das  Ge- 
sammtergebniss  dieser  Untersuchungen  ist  nun  gewesen: 

1)  Ebenso  wie  bei  uns  Europäern  ist  grün  die  Farbe,  welche  im  kleinsten  Um- 
kreise auf  der  Netzhaut  empfunden  wird.  Darauf  folgen,  gleichfalls  wie  bei  uns, 
die  Grenzen  für  roth,  blau  und  weiss. 

2)  Die  Farbenempfiudung  für  jede  einzelne  Farbe  ist  nach  ihrer  räumlichen 
Ausdehnung  auf  der  Netzhaut  nicht  schwächer  entwickelt,  wie  bei  uns;  nach  aussen 
temporalwärts  ist  der  Nubier  eher  noch  mehr  befähigt,  wie  wir,  Farbeneindrücke 
wahrzunehmen. 

3)  Es  geben  diese  Untersuchungen  keine  Stütze  dafür,  dass  die  Farben- 
empfindung sich  erst  im  Laufe  der  Geschichte  entwickelt  habe.  — 

Sie  wissen,  dass  Mr.  Gladstone  und  Hr.  Magnus  angenommen  haben,  dass 
noch  zu  Homer's  Zeit  die  Griechen  gewisse  Farben  sinnlich  nicht  haben  unter- 
scheiden können,  und  dass  erst  das  Fortschreiten  der  Cuitur  dazu  geführt  habe, 
den  Farbensinn,  oder,  wie  Hr.  Magnus  will,  das  Farbenorgan,  die  Retina,  zu  ent- 
wickeln. Diese  Annahme  muss  Angesichts  unserer  Untersuchungen  definitiv  auf- 
gegeben werden.  Denn  die  Nubier  verhalten  sich  sprachlich,  wie  die  alten 
Griechen,  und  doch  fehlt  es  ihrer  Retina  nicht  an  der  Fähigkeit,  die  genaueste 
Unterscheidung  der  Farben  vorzunehmen. 

Es  hat  sich  bei  der  Gelegenheit  herausgestellt,  dass  einer  der  Leute,  Libaal, 
ein  Mann  vom  Stamme  der  ßeni  Amr,  farbenblind  war;  dadurch  ist  wenigstens  das 
Vorkommen  von  Farbenblindheit  auch    bei  solchen  Naturkindern  constatirt  worden. 

Ausserdem  wurde  eine  speciellere  Untersuchung  des  Auges  bei  dem  Dinka 
vorgenommen.  Diese  hat  ergeben,  dass  trotz  der  dunklen  Haut-Färbung  irgend 
welche  stärkeie  Anhäufung  von  Pigment  im  Augenhintergrunde  nicht  vorhanden  war. 

Wenn  die  jetzt  angemeldeten  Nubier  länger  hier  bleiben  sollten,  so  wird  es 
möglich  sein,  diese  Fragen  gründlicher  zu  erledigen  und  damit  vielleicht  die  Methode 
der  optischen  Untersuchung  für  die  Anthropologie  mehr  brauchbar  zu  machen.  In 
dieser  Beziehung  hat  schon  Professor  H.  Cohn  in  Breslau  einen  interessanten 
Anfang  gemacht.  Er  benutzte  die  Anwesenheit  von  Nubiern  in  seiner  Stadt,  um 
ihre  Sehschärfe  und  ihren  Farbensinn  zu  prüfen.  Es  ergab  sich,  dass  die  Nubier 
eine  doppelte  Sehschärfe  im  Vergleich  zu  den  Europäern  haben.  Nur  ein  Gelehr- 
ter, Ali  Billal,  war  darunter,  der  myopisch  war,  —  für  die  bekannten  Untersuchungen 
des  Hrn.  Cohn  über  die  Myopie  der  Schulkindei-  ein  werthvolles  Specimen  der 
Beweisführung,  indem  selbst  bei  diesen  doppelt  scharfsichtigen  Leuten  die  Beschäf- 
tigung mit  der  Lektüre  myopisch  macht. 

Diese  Seite  der  Untersuchung  kann  daher  als  nahezu  erledigt  angesehen  wer- 
den: ein  Schluss  aus  dem  Fehlen  von  Worten  für  die  Farben  auf  die 
Qualität  des  Sinnes  darf  nicht  gezogen  werden.  Die  ganze  Beweis- 
führung aus  Homer  und  den  Alten  schwebt  in  der  Luft.  — 

Ich  "will  nun  noch  etwas  mehr  eingehend  über  den  Dinka-Neger  sprechen. 
Wie  bei  der  ersten  Karawane  es  ein  Takruri  war,  der  sich  aus  der  ganzen  übrigen 
Gruppe  hervorhob,  so  bildete  diessmal  der  Dinka  nicht  nur  ethnologisch,  sondern 
auch  persönlich  eine  Erscheinung,  die  aus  dem  Rahmen  der  übrigen  Männer  gänz- 
lich heraustrat.  Seine  Grösse,  sein  Aussehen,  seine  Haltung,  seine  geistige  Be- 
fähigung lenkten  sofort  die  Aufmerksamkeit  auf  ihn.  Allerdings  möchte  ich  glauben, 
dass,  soweit  meine  Nachrichten  über  die  physischen  Eigenschaften  der  Dinka  gehen, 
die  ganz  excessive  Verlängerung  aller  Theile,  welche  dieser  Mann  darbot,  aller- 
dings mehr  persönlicher  Natur  und  nicht  etwa  als  Stammeseigenthümlichkeit  über- 
haupt anzusehen  ist.    Darüber  werden  vielleicht  andere  Mitglieder  etwas  Genaueres 


(392) 


Fig.  1.     Dinka-Neger,  '/^  der  nat.  Grösse.       Fig.  2, 


Fig.  3.     Libaiil,  Beni  Amr,  V-J  tler  nat.  Grösse.    Fig.  4. 


(393) 

sagen  können^).  Trotzdem  verdient  der  Mann  auch  als  individuelle  Erscheinung 
eine  besondere  Erwähnung.     Was  ich  über  ihn  erfahren  konnte,  ist  Folgendes: 

Murdjan,  der  Angabe  nach  2>S  Jahre  alt,  zeigt  seine  besomlere  Kunstfertigkeit 
als  Seidenweber  dem  Publikum.  Er  ist  in  der  Sklaverei  geboren,  in  Chartum,  wo 
seine  Eltern  Sklaven  waren;  er  versichert,  dass  beide  Dinka  gewesen  seien,  und 
seine  Genossen  bezeugen,  dass  er  von  reinem  Stamm  sei.  In  seinem  Körperbau 
geht  er  weit  über  die  Verhältnisse  dieser  Genossen  hinaus,  und  zwar  ist,  was 
sehr  charakteristisch  ist,  seine  Klafterläuge  bei  weitem  mehr  excedirend,  als  seine 
Körperhöhe.  Er  hat  eine  Höhe  von  1,877  m  bei  einer  Klafterlänge  von  2,077  m, 
d.  h.  wenn  die  Arme  mit  den  Fingern  horizontal  ausgestreckt  werden,  so  beträgt 
das  Maass  der  Entfernung  der  Mittelfingerspitzen  von  einander  2  dm  mehr,  als  die 
Körperhöhe  vom  Scheitel  bis  zur  Fusssohle.  und  doch  hatte  der  sehr  schlanke  Halenga 
Murad  Woat  Ilamed  eine  Körperhöhe  von  1,751  m,  also  nur  um    120  ?«m  weniger. 

Diese  grosse  Klafterlänge  wies  sofort  auf  die  ungewöhnliche  Länge  der  Ober- 
extremitäten, an  denen  am  meisten  die  Länge  der  Hand  auffällig  war.  Freilich 
entsprach  derselben  die  Länge  des  Fusses.  —  Ich  habe  auf  einem  Blatte  die  Hände 
und  Füsse  durch  Nachzeichnung  dargestellt  (Fig.  1 — 2),  und  gebe  zur  Vergleichung 
dieselben  umrisse  von  Libaal,  einem  der  Beul  Amr  (Fig.  3 — 4).  Bei  Murdjan  war 
zugleich  sehr  ungewöhnlich,  dass  an  der  langen  und  hageren  Hand  die  einzelnen 
Theile  immer  länger  wurden,  je  weiter  man  nach  aussen  kam:  die  letzten  Finger- 
glieder waren  verhältnissmässig  am  längsten  und  der  Daumen  endete  beinahe 
spitzig,  wie  ein  chinesischer  Nagel.  Seine  Nägel,  deren  Farbe  nach  der  Pariser 
Farbentafel  ungefähr  der  Nr.  25  entsprach,  waren  ganz  lang  und  schmal.  Die 
Fingergelenke  dick  und  vortretend.  Zwischen  den  verlängerten  Fingern  besass  er 
eine  Art  von  Schwimmhäuten,  ganz  besonders  stark  zwischen  dem  II.  und  III., 
sowie  dem  III.  und  IV".  Finger,  weniger  stark  zwischen  dem  IV.  und  V.  Die 
Schwimmhaut  ging  soweit  herauf,  dass  sie  fast  bis  zur  Mitte  des  ersten  Gliedes  reichte. 

Die  Arme  waren  so  lang,  dass  die  Mittelfinger  bis  nahe  über  das  Knie  heran- 
reichten. Die  Länge  des  Arms  von  der  Schulter  bis  zur  Spitze  des  Mittelfingers 
betrug  910,  also  wenig  unter  der  Hälfte  der  Ivörperhöhe  (938).  Davon  fielen  auf 
den  Oberarm  357,  den  Vorderarm  344,  die  Hand  209  mm.  Die  Breite  der  Hand 
betrug  nur  90  mm.  Noch  mehr  auffällige  Verhältnisse  ergaben  sieh  für  die  üuter- 
extremitäten.  Die  Höhe  des  Trochauter  über  dem  Boden  betrug  1062,  also  mehr 
als  die  Hälfte  der  Klafterlänge.  Davon  entfielen  auf  den  Oberschenkel  455,  auf  den 
Unterschenkel  542  mm,  also  ein  sehr  ungünstiges  Verhältniss.  Der  Fuss  hatte  eine 
Länge  von  298  mm  bei  einer  Breite  von  104.  An  dem  ganz  mageren  Fusse  trat 
die  II.  Zehe  am  weitesten  vor,  obwohl  alle  übrigen  gleichfalls  sehr  lang  waren; 
übrigens  zeigte  sich  auch  an  ihnen  etwas  von  Schwimmhäuten.  Der  vordere  Theil 
des  Fusses  war  schmal;  obwohl  er  sich  in  Europa  Stiefel  gekauft  hatte,  so  war 
doch  offenbar  diese  Schmalheit  natürlich. 

Das  Verhältniss  in  der  Länge  des  Armes  zum   Bein  betrug  85,6  :  100. 

Bei  der  Vergleichung  der  Hände  unseres  Dinka  mit  denen  seiner  Genossen 
fiel  mir  eine  Erscheinung  auf,  die  bei  einer  gewissen  Zahl  der  letzteren  vorkam, 
ohne  dass  es  mir  gelungen  ist,  ein  Motiv  dafür  zu  entdecken.  Mehrere  von  ihnen 
haben  eigenthümlich  gekrümmte  Finger,  welche  in  einer  Curve  nach  aussen  gehen, 
und  zwar  am  häufigsten  der  Mittelfinger,  nächstdem  der  Zeige-  und  zuweilen  der 
Ringfinger.  Die  Krümmung  beginnt  in  der  Gegend  des  Gelenkes  zwischen  I.  und 
II.  Phalanx,  setzt  sich  aber  auch  auf  das  folgende  Gelenk  fort.     Die  Zeichnung  der 

1)  Vgl.  die  Messungen  des  Hrn.  Ascherson  (Sitzung  vom  19.  Febr.  1S76,  Verh.  S.  71, 
Zeitschr.  für  Ethnul.  Bei.  VIII.). 


(394) 

Hand  von  Libaal  (Fig.  3)  wird  die  Krümmung  leicht  erkennen  lassen.  Aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  hängt  sie  mit  der  Beschäftigung  zusammen,  indess  war  ich  nicht 
im  Stande,  den  Grund  zu  ermitteln. 

In  Bezug  auf  die  übrigen  Erscheinungen  an  dem  Körper  des  Dinka  möchte 
ich  hervorheben,  dass  ich,  wie  früher  bei  dem  Takruri,  den  vollen  Eindruck  gehabt 
habe,  hier  ein  ethnisches  Material  vor  mir  auftauchen  zu  sehen,  das  in  irgend  eine 
nähere  Beziehung  zu  der  übrigen  Gruppe  nicht  zu  bringen  war.  Wie  man  den 
Dinka  auch  betrachtete,  er  erschien  unter  den  „Nubiern"  als  ein   Fremdling. 

Was  die  Pigmentbildung  anbetrifft,  so  habe  ich  sie  im  Einzelnen  studirt, 
und  namentlich  nach  der  Pariser  Farbentafel  die  einzelnen  Nummern  festgestellt. 
Die  Pigmentirung  war  bei  dem  Dinka  excessiv  stark,  nicht  blos  an  der  äusseren 
Haut,  sondern  sie  erstreckte  sich  über  alle  zunächst  an  die  Haut  anstossenden 
Schleimhaut-Stellen. 

Wir  fanden  an  dem  tiefliegenden  und  schon  desshalb,  noch  mehr  wegen  der 
engen  Lidspalte  etwas  klein  erscheinenden,  übrigens  glänzenden  Auge  die  Iris  ganz 
dunkel  (in  der  Farbentafel  dunkler,  als  Nr.  1),  die  Sclerotica  braun  gefleckt,  den 
Rand  der  Cornea  hellbraun,  die  Conjunctiva  schmutzig  und  oben  am  Rande  der 
Hornhaut  eine  Wolkenbildung  von  braunem  Pigment,  eine  Art  von  braunen  Cirri. 
Er  hatte  ferner  eine  vollständig  pigraentirte  Lippen-Schleimhaut.  Sie  war  auf  der 
inneren  Seite  der  Unterlippe  bläulich  schwarz,  nicht  blos  durch  venöses  Blut,  son- 
dern durch  Pigment,  welches  sich  auf  die  Zunge  und  den  Gaumen  fortsetzte,  so 
dass  die  Zunge  braun  punktirt  war  und  der  Gaumen  tief  bläulich  roth  aussah.  Die 
Schleimhaut  der  Oberlippe  war  ganz  schwärzlich. 

Die  Haut  selbst  unterschied  sich  in  dem  Farbenton  ganz  auffallend  von  der 
Haut  der  anderen  Leute.  Ich  habe  früher  schon  (a.  a.  0.  S.  349)  darauf  aufmerk- 
sam gemacht  und  mich  jetzt  wieder  davon  überzeugt,  dass  die  Hautfarbe  der  Afri- 
kaner keineswegs  gleichmässig  und  einfach  ist.  Die  Farbe  ist  nicht  so,  als  wenn  sie 
damit  angestrichen  wären,  sondern  immer  fleckig,  und  zwar  setzt  sie  sich  zusammen 
aus  einem  Grundton,  der  gleichsam  unterliegt,  und  einer  darauf  aufgesetzten  fleckigen 
dunkleren  Farbe.  Der  Untergrund  ist  bei  den  Nubiern  lichter,  mehr  gelblich  oder 
röthlich;  darauf  sitzen  kleine  dunklere,  braune  oder  braungraue  Flecke,  die  in 
dem  Maasse,  als  sie  dichter  werden,  die  gesättigten  Farben  geben.  Durch  Ver- 
gleichung  mit  den  Farbentafeln  habe  ich  constatiren  können,  dass  jedesmal  die  be- 
sondere Farbe  des  einzelnen  Individuums  durch  den  Grundton  in  der  Art  nuancirt 
wird,  dass  die  Nuance  bald  mehr  gelblich,  bald  mehr  röthlich  erscheint;  dieser 
Grundton  wird  durch  das  aufgesetzte  fleckige  Braun,  welches  aus  einiger  Entfernung 
gesehen  gleichmässig  erscheint,  nicht  ganz  verdeckt,  sondern  erzeugt  die  etwas 
verschiedene  Tinte,  welche  das  Individuum  oder  den  Stamm  charakterisirt.  Bei 
dem  Dinka  waren  die  Flecke  so  dicht  und  dunkel  und  das  Ganze  so  sehr  be- 
herrscht durch  die  Oberfarbe,  dass  der  bei  ihm  braune  oder  eigentlich  braun- 
schwarze Grundtou  nicht  mehr  zu  Tage  kam.  Auf  der  Farbentafel  fiel  seine  Farbe 
im  Gesicht  zwischen  34  und  41,  an  dem  viel  dunkleren  Halse  und  an  dem  Hand- 
rücken zwischen  41  und  48. 

Sowohl  das  Haupthaar,  als  die  Augenbrauen  waren  nicht  stark  entwickelt;  das 
erstere  (Farbe  =  48  der  Tafel)  war  kurz  und  kraus,  und  bildete  ganz  kleine,  etwas 
steife  Wolilöckchen.  Gegen  die  Stirn  machte  es  eine  stark  vorspringende  Schnebbe. 
Dazu  kam  die  eminent  negerartige  Erscheinung  der  Büste  und  des  Kopfes. 
Ueber  breiten  Schultern  (Schulterbreite  374  m?«)  ein  kurzer  Hals  (38  7n7n).  Der 
Kopf  sehr  lang  und  schmal,  die  Stirn  voll,  jedoch  in  der  Mitte  vertieft  und  nach 
oben    verschmälert.     Die  Nase    breit,    tiefliegend    und    etwas    platt.     Die  Backen- 


(395) 

knochen    stark    vortretend.     Die  Lippen    stark  aufgeworfen,    obwohl   die  Oberlippe 
kurz  war. 

Ich  will  hier  nicht  auf  eine  weitere  Vergleichung  eingehen;  das  Gesagte  wird 
genügen,  um  den  Gegensatz  gegen  die  „Nubier"  zu  zeigen.  Ich  möchte  nur  noch 
ein  Paar  Worte  über  die  junge  Gattin  Achmed's  hinzufügen,  nicht  bloss  weil  sie 
zu  dem  hier  noch  nicht  vorgeführten  Stamme  der  Barea  gehört,  sondern  haupt- 
sächlich desshalb,  weil  sie  in  hohem  Maasse  an  altägyptische  Darstellungen 
erinnert.  Leider  hinderten  mich  äussere  Gründe,  sie  zu  messen.  Amine,  der  An- 
gabe nach  16  Jahre  alt,  war  trotz  ihrer  etwas  dicken  und  aufgeworfenen,  blau- 
schwarzen Lippen  und  der  starken  Tättowirung  auf  Wangen  und  Armen  eine 
durchaus  angenehme  Erscheinung,  deren  Bild  in  den  vorhandenen  Photographien 
leider  in  der  ungünstigsten  Weise  wiedergegeben  ist.  Ihre  grossen,  glänzenden, 
träumerisch  aussehenden  Augen  mit  den  etwas  schweren  Augenlidern,  die  fast 
kindlich  gewölbte  Stirn,  die  niedrige,  aber  üppige  Figur,  passten  wenig  in  die 
Gesellschaft  der  lebhaften,  energischen,  kräftigen  und  eher  mageren  Männer.  Der 
Farbenton  ihres  gerundeten,  vollen  Gesichts  war  mehr  gelblich  (zwischen  30  und 
44  der  Tafel),  dagegen  der  der  Hand  mehr  röthJich  (28  der  Tafel),  Die  Iris 
dunkel  (20).     Das  Haar  schwarz,  kurz,  sehr  fein  und  auf  das  dichteste  gekräuselt. 

Wir  können  daher  nur  von  Neuem  Hrn.  Hageubeck  unseren  Dank  aus- 
sprechen für  die  schöne  Gelegenheit  zu  Studien  an  Lebenden,  welche  er  uns  ge- 
boten hat.  Die  anthropologische  Wissenschaft  kann  nicht  ausschliesslich  von 
Reisenden  betrieben  werden,  und  thatsächlich  hat  sie  von  diesen  sehr  massige  Be- 
reicherungen erfahren.  Eine  wirkliche  Untersuchung,  auch  wenn  sie  nur  an  kleinem 
Material  ausgeführt  wird,  hat  für  die  Dauer  ungleich  mehr  Werth,  als  die  auf 
blosse  Eindrücke  und  oft  genug  auf  höchst  zweifelhafte  Erinnerungen  gestützten 
Beschreibungen,  deren  widerspruchsvollen  Charakter  wir  zur  Genüge  kennen  gelernt 
haben.  — 

Hr.  Hart  mann:  Ich  möchte  eindringlich  davor  warnen,  in  dem  H  agenbeck- 
schen  Denka-Manne  (ich  gebrauche  hier  die  von  mir  bei  den  Leuten  dieser  Nation 
gehörte  Aussprache)  einen  typischen  Vertreter  seines  Volkes  sehen  zu  wollen. 
Merdjän  (—  ein  in  Nordostafrika  sehr  gewöhnlicher  Sklavenname  — )  hat  mir  selbst 
erzählt,  seine  Eltern  seien  Abuyo  gewesen  und  er  sei  von  ihnen  in  der  Sklaverei 
zu  Chartum  gezeugt  worden.  Er  versteht  nichts  mehr  von  der  Sprache  seiner 
Eltern.  Die  Abuyo  gehören  zu  den  echten  Denka  und  bewohnen  das  Ostufer  des 
Bachr-el-Djebel  etwa  zwischen  10  und  9°  nördl.  Br.  Neben  ihnen  wohnen  die  nahe 
verwandten  Stämme  der  Ager  oder  Adjer  und  Abjalan  (an  dem  Ende  des  Wortes 
französisch  auszusprechen).  Abjalan  und  Ager  kommen  häufiger,  Abuyo  seltener 
zum  Djebel-Gule.  Hier  und  sonst  in  Nordostafrika  habe  ich  Tausende  von  Denka 
aus  allen  möglichen  Stämmen  bis  zu  den  Kitch  und  Eliab  oder  Aliab  hinauf,  theils 
im  freien  Zustande,  theils  als  Sklaven  oder  als  Freigelassene  beobachtet,  dieselben 
auch  in  anthropologischer  Hinsicht  untersucht.  Bestand  doch  ein  grosser  Theil  der 
4000  Mann  starken,  zu  Kassr-el-Ali,  Kassr-el-Nil,  in  Bulaq  lagernden  nigriti- 
schen  Truppen  des  damaligen  Vicekönigs  Said-Bascha  aus  Denka!  Diese  wurden 
aber  durch  Vermittelung  meiner  heimgegangenen  Freunde  Bilharz  und  Rein- 
thaler,  sowie  des  damals  noch  mächtigen  Achmed- Bascha-Menekle  und  des 
Dr.  Cugini-Bey  für  meine  Specialstudien  ganz  besonders  zugänglich.  In  ihrer 
Heimath  am  oberen  Nil  zeigten  sich  die  Denka  fast  ohne  Ausnahme  als  sehr  grosse 
hagere  Gestalten  von  übrigens  wohl  proportionirten  Formen,  an  denen  die  von  uns 
mit    Recht    so    gerühmte    trapezoidische    (ich    möchte    nicht    sagen    dreieckige) 


(396) 

Grundgestalt  des  Thorax  mit  den  breiten  Schultern  und  der  schmäleren  Taille 
keineswegs  zu  den  Seltenheiten  gehörte.  Ich  könnte  mich  in  dieser  Hin- 
sicht auf  James 'sehe  Photographien  und  auf  die  so  ungemein  naturgetreuen 
Originalzeichnungen  W.  v.  Harnier's  berufen,  die  Beruatz  freilich  in  einer  von 
mir  längst  gerügten  Weise  durch  unmotivirte  Muskelverdickung  und  durch  un- 
natürliche Missverhäluisse  im  Gesicht  mehrfach  verunglimpft  hat  (Reise  am  oberen 
Nil,  z.  B.  Taf.  V,  XIV.).  Ich  habe  aus  letzterem  Grunde  vorgezogen,  einige  mir 
von  der  Familie  des  verstorbenen  Reisenden  gütigst  geliehene  Originalzeichnungen 
für  die  Vervielfältigung  vorzubereiten.  Hiervon  sind  in  meinen  „Nigritiern"  ßd.  I 
Taf.  XXIV  und  XXX  Schilluk  und  Nuwer  wiedergegeben  worden.  Diese  Litho- 
graphien machen  einen  durchaus  anderen  Eindruck  als  die  von  Bernatz 
gezeichneten,  in  künstlerisch-ästhetischer  Hinsicht  allerdings  weit  hervor- 
ragenderen Abbildungen  zu  Harnier's  Reisewerk.  Ich  denke  jedoch,  dass  ein 
Kenner  der  afrikanischen  Ethnologie  nicht  zu  Ungunsten  der  in  den  „Nigritiern" 
gegebenen  ümzeichnungen,  d.  h.  einfach  einer  der  Natur  mehr  entsprechenden  Be- 
nutzung   der  herrlichen  Ha rnier' scheu  Originalskizzen,  entscheiden  werde. 

An  jenen  vorhin  erwähnten,  Schilluk  und  Nuwer  verwandtschaftlich  sehr 
nahe  stehenden  Denka  fiel  mir  in  deren  Heimath  die  crasse  Magerkeit,  die  Be- 
gleiterin des  kargen,  ruhelosen  Daseins  dieser  vielgehetzten  Naturmenschen,  auf. 
Die  langen,  eckigen,  schwarzen  Figuren  machten  auf  mich  einen  spinnenartige  n 
Eindruck.  Letzterer  wurde  noch  erhöht,  sobald  die  Leute,  Reihervögeln  ähnlich, 
auf  einem  Beine,  das  andere  im  Knie  gebogen  gegen  das  stehende  gestemmt,  ruhig 
verharrten.  (Vergl.  „Bari"  in  Nigritier  Taf.  XILX  nach  Photographien  von  James 
und  Harnier'schen  Originalzeichnungen.)  Ich  fühlte  mich  aber  bereits  früher 
veranlasst,  mich  gegen  eine  Idee  des  Prof.  Ecker,  die  Denka  zeichneten  sich 
durch  abnorme  Länge  der  Beine  aus,  zu  erklären  (Medicinisch-uaturgeschicht- 
liche  Skizze  der  Nilländer,  S.  293.  Anm.).  Meine  in  Afrika  selbst  mit  zwar  ein- 
fachen, aber  trotzdem  sehr  guten  Instrumenten  aus  eigenster  Initiative  voll- 
zogenen Messungen  an  Lebenden  ergaben  nichts,  was  jene  Idee  rechtfertigen  könnte. 
Der  zweite  Band  der  „Nigritier"  wird  darüber  weitere  Auskunft  verschaffen.  Auffallend 
war  mir,  dass  viele  Denka,  namentlich  freilich  der  nördlicheren  Stämme,  eine  keines- 
falls negerhafte  oder,  wie  ich  lieber  sage,  nigritische  Physiognomie  darboten. 
Eine  ziemlich  hohe,  wenig  zurückweichende  Stirn,  eine  schmale,  anmuthig  gebogene 
Nase,  sowie  massig  dicke  Lippen  waren  unter  allen  den  Stämmen  hier  und  da 
wahrnehmbar.  Gegen  das  Vorkommen  solcher  Gesichtszüge  dürfte  nun  kaum  ein 
ehrlich  gesonnener  Reisender  zu  sprechen  wagen.  Man  vergleiche  nur  die  moderne, 
über  die  Denka  handelnde  Reiseliteratur  (z.  B.  in  Harnier's  so  anspruchslos  ge- 
schriebenem, aber  trotzdem  so  vorzüglichem  Reisewerk).  —  Ich  habe  unter  den 
Denka  Leute  mit  Gesichtszügen  gesehen,  welche  mich  sehr  lebhaft  an  alt-  und  neu- 
aegyptische  (mir  den  Retu-Typus  charakterisirende),  ferner  an  die  Züge  von  Funje 
und  Bedja  erinnerten.     Nicht  wenige  Denka  hatten  auch  lange  dünne  Hälse. 

Schweinfurth  hat  diesem  Charakter  in  einigen  seiner  Originalzeichnungen 
Ausdruck  verliehen,  noch  öfter  hat  dies  Harnier  gethan.  Hoher,  dicker  Nacken 
ist  durchaus  nicht  etwa  eine  specifische  Eigenthümlichkeit  des  echten  Nigritiers. 
Sehr  grosse,  sehr  hagere  Figuren  mit  einer  der  nigritischen  sich  nähernden  Physio- 
gnomie, manchmal  noch  nigritischer  als  diejenige  von  Denka,  findet  man  auch  unter  den 
Bedja,  besonders  unter  den  mächtigen  Abu-Rof.  Man  möge  mir  hier  nicht  von  durch- 
schlagender Mischung  mit  Negerblut  reden.  Bedja,  u.  A.  Abu-Rof  von  derartiger 
Erscheinung  zeigten  die  helle  Färbung,  das  schlichtere  Haar  und  sonstige  physische 
Eigenthümlichkeiten,  welche  ich  meinem  Bedjatypus  vindiciren  möchte.  Ich  muss 
hier    auf   meine    specielleren  Arbeiten    über  Nigritier    und   Bedja    verweisen. 


(397) 

Ich  möchte  aber  noch  einige  Worte  über  die  Denka- Weiber  sagen.  Ich  fand  eine  An- 
zahl Mädchen,  welche,  abgesehen  von  ihrer  Magerkeit,  ausserordentlich  edle  Formen 
zeigten.  Dazu  gehörte  u.  A.  Djezirah,  die  ca.  16jährige  Sklavin  des  Hasan-Aga 
zu  Chartuni,  deren  körnerliche  Anmuth  selbst  von  den  Strassenbuben  unter  Be- 
gleitung der  Zummarah  und  r)aral)ukkeh  besungen  wurde.  Ihrem  reichen,  eifer- 
süchtigen Herrn,  einem  smyrniotischen  Israeliten,  war  Djezirah  um  keinen  Preis 
feil.  Sie  war  zur  Zeit,  als  ich  sie  sah,  erst  seit  Kurzem  bei  einer  Ghaswah 
Barthel  e  m  y'->  geraubt  worden  und  noch  sehr  gracil,  soll  sich  aber  später,  bei  an- 
haltender Pflege,  zu  üppigerem  Gedeihen  entwickelt  haben.  Ueberhaupt  ist  der 
E)influss  guter  körperlicher  Pflege  auch  in  diesem  Theile  Afrika's  auf  die  Ein- 
geborenen überall  sehr  wahrnehmbar.  Die  schwarzen  Garden  Said-Bascha's,  unter 
ihnen  auch  die  Denka,  entwickelten  sich  bei  schwerer  Mast  und  der  vom  Exer- 
cierreglemeiit  vermittelten  Bewegung  zu  mächtigen  Leuten  und  ich  habe  unter 
ihnen  Figuren  erstehen  sehen,  welche  an  die  bekannten  Darstellungen  des  Owambo- 
Königs,  des  ü'raselekatsi,  des  ü'dingaan,  ü'mpanda  und  anderer  Bantu-Grössen 
durch  Galton,  Harris,  Gardiner  etc.  erinnerten. 

Der  Hr.  Vorsitzende  hat  Merdjäu's  zugespitzter  Finger  und  der  schwimmhaut- 
ähnlichen Bildungen  an  seinen  Fingerbasen  erwähnt.  Das  ist  in  der  That  bei 
so  manchen  Nigritiern  verschiedenen  Stammes  und  auch  bei  Repräsentanten  anderer 
Völker  wahrnehmbar,  überhaupt  ein  so  interessanter  Gegenstand,  dass  ich  meine 
Erfahrungen  darüber  gelegentlich  an  dieser  Stelle  wohl  mittheilen  möchte. 

Endlich  will  ich  noch  bemerken,  dass  eine  dunkle  Hautfarbe  mit  röthlich- 
braunem  Untergrund,  wie  wir  sie  bei  vielen  Bedja  bemerken,  auch  unter  nicht 
wenigen  Innerafrikanern,  wie  z.  B.  Bongo  und  Niara-Niam,  vorkommt,  deren 
nigritische  Abstammung  mir  denn  doch  unanfechtbar  zu  sein  scheint  Eine 
solche  Färbung  soll  ferner  unter  echten  Betchuana  und  selbst  Westafrikanern 
sehr  verbreitet  sein. 

(16)  Eingegangene  Schriften: 

1)  Verhandelingen     van    het    Bataviaasch    Genootschap    van    Künsten    en    Weten- 

schappen.     Bd.  30,  36,  38,  40. 

2)  Notulen    van    de  Algemeene    en  Bestuurs-Vergaderingen    van    het  Bataviaasch 

Genootschap  van  Künsten  en  Wetenschappen.     Bd.   16,   17. 

3)  Tijdschrift  voor  Indische  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde.     Deel  4 — 23. 

4)  Mac  Lean,   The  Mound   Builders.     Cincinuati   1879.     Geschenk  des  deutschen 

Consuls,  Hrn.  von   Mo  hl. 

5)  E.  Friedel,  Eintheilungsplan  des  Märkischen  Provinzial-Museums.    Berlin  1^79. 

Geschenk  des  Verfassers. 

6)  W.  Schwartz,  Wolken  und  Wind,   Blitz  und  Donner.     Berlin  1879.    Geschenk 

des  Verfassers. 

7)  G.  Cora,  Cosmos.     Vol.  V.,  Fase.  VII. 

8)  Cartailhac,  Materiaux  pour  Thistoire  primitive  et  naturelle  de  Thomme.  Ser.  H., 

tome  X.,   Livr.  4e 

9)  A.  Ecker,    Der    Steisshaarvi^irbel,   die   Steissbeinglaze   und  das   Steissbeingrüb- 

chen  etc.     Geschenk  des  Verfassers. 
10)  William    Sneddon,    Numerical    anomalies    of    the     breasts.      Geschenk    des 
Hrn.  Bartels. 


Sitzung  am  20.  December  1879. 
Vorsitzender  Hr.  Virchow. 

(1)  Der  Vorsitzende  erstattet  den 

Geschäfts-  und  Verwaltungsbericht  für  das  Jahr  1879. 

Die  Mitgliederzahl  unserer  Gesellschaft  hat  im  Laufe  des  vergangenen 
Jahres  einen  erfreulichen  Anwachs  gezeigt.  Wir  waren  im  Laufe  des  Jahres  bis 
auf  405  Mitglieder  gestiegen;  davon  sind  durch  Tod  5,  durch  Austritt,  Versetzung 
aus  Berlin  u.  s.  w.  24  Mitglieder  ausgeschieden,  so  dass  wir  am  Schluss  des  Jahres 
einen  effectiven  Bestand  von  376  Mitgliedern  haben.  Es  sind  das  40  mehr,  wie 
am  Schlüsse  des  vorigen  Jahres. 

Wie  ich  damals  auseinander  setzte,  ist  die  Frage  der  Mitgliederzahl  für  uns 
keine  gleichgültige;  es  handelt  sich  für  uns  nicht  blos  darum,  dass  wir  arbeitende 
Mitglieder  haben,  sondern  auch  darum,  dass  wir  zahlende  Mitglieder  haben.  Sie 
werden  gleich  nachher  sehen,  dass  unsere  Ausgaben  im  Wachsen  begriffen  sind, 
und  dass  wir  Alles  daran  zu  setzen  haben,  durch  eigene  Kräfte  ohne  zu  grosse 
Anstrengung  der  Einzelnen  dasjenige  aufzubringen,  was  für  die  würdige  Fort- 
setzung unseres  Werkes  nothwendig  ist.  Wir  haben  bis  jetzt  unsere  Mittel  wesent- 
lich materiellen  Dingen  zugewendet.  Es  sind  überwiegend  unsere  Publikationen 
und  die  damit  verbundenen  Tafeln,  welche  unsere  Mittel  aufzehren.  Damit  ge- 
winnen wir  aber  auch  das  Material,  welches  uns  gestattet,  mit  unseren  correspon- 
direnden  Mitgliedern  in  regelmässiger  Verbindung  zu  bleiben,  und  welches  uns  in 
den  Stand  gesetzt  hat,  reichere  Publikationen  zu  geben,  als  sie  im  Augenblick 
vielleicht  irgend  eine  andere  ähnliche  Gesellschaft  bietet.  Diese  Publikationen  sind 
auch  der  Grund,  der  uns  in  eine  grosse  Zahl  der  fruchtbarsten  Verbindungen  ge- 
bracht hat  mit  Männern,  welche  unserer  Gesellschaft  selbst  nicht  angehören.  Ich 
nenue  unter  den  Beitragenden  dieses  Jahres  namentlich  die  HHrn.  Nehring 
(Wolfenbüttel),  Anger  (Elbing),  Feld  manow  ski  (Posen),  Römer  (Breslau), 
Sadebeck  (Kiel),  Bracht  (Karlsruhe),  F.  Keller  (Zürich),  L.  Schneider  (Jicin), 
Pudil  (Bilin),  Zeballos  und  Lamas  (Buenos  Aires),  Baer  und  Munoz  (Manila). 
Nach  solchen  Erfahrungen  kann  ich  auch  bei  dieser  Gelegenheit  unsere  Mitglieder 
nur  von  Neuem  auffordern,  sich  auch  künftig  dem  Geschäft  des  Werbens,  sei  es 
auch  nur  zahlender  Mitglieder,  eifrig  zu  unterziehen,  um  die  Geseilschaft  weiter 
anwachsen  zu  lassen. 

Was  die  correspondirenden  Mitglieder  anbetrifft,  so  beträgt  deren  Zahl  im 
Augenblick  85,  5  mehr,  als  wir  im  vorigen  Jahre  gehabt  haben.  Im  Allgemeinen 
haben    wir    das  Glück    gehabt,    dass    unsere  correspondirenden  Mitglieder,    obwohl 


(399) 

unter  ihnen  eine  nicht  geringe  Anzahl  sehr  alter  Männer  befindlich  ist,  uns  fast 
sämmtlich  erhalten  sind.  Wir  haben  im  Laufe  des  Jahres  nur  2  Todesfälle  zu  be- 
klagen, über  die  ich  in  der  vorletzten  Sitzung  gesprochen  habe.  Kurz  hinter  ein- 
ander sind  uns  der  Graf  Siever.s  in  Livland  und  der  Dr.  Sachs  in  Cairo  ent- 
rissen, zwei  Männer,  die  uns  während  ihres  Lebens  vielfach  Dienste  geleistet  haben, 
und  von  denen  naniontlich  der  erstere  eine  so  hervorragende  Position  eingenommen 
hat,  dass  sein  Verlust  in  der  Tiiat  ein  ungemein  herber  ist.  Ich  werde  nachher 
noch  Gelegenheit  haben,  Ihnen  einen  Nekrolog  desselben  vorzulegen. 

Im  Uebrigen  kann  ich  nur  sagen,  dass  wir  den  correspondirenden  Mitgliedern 
im  höchsten  Maasse  dankbar  sein  müssen  für  die  grosse  Theilnahme  und  Regsam- 
keit, die  sie  uns  gegenüber  entwickeln.  Wir  haben  unter  ihnen  eine  nicht  unbe- 
trächtliche, vielleicht  eine  grössere  Zahl,  als  die  meisten  verwandten  Gesellschaften, 
die  sich  als  fortwährend  thätige  Elemente  erweisen,  indem  sie  uns  immer  wieder 
mit  neuen  Nachrichten  und  Zusendungen  erfreuen.  Zu  unserer  besonderen  Freude 
haben  wir  in  Bezug  auf  diese  Mitglieder  im  Lauf  der  letzten  Zeit  endlich  auch 
die  lange  bestehende  Kluft  überschritten,  welche  uns  von  unseren  westlichen  Nach- 
baren schied;  wir  haben  unter  unseren  französischen  Coilegen  Mitglieder  gewonnen 
und  wir  können  mit  Befriedigung  auf  die  guten  Beziehungen  blicken,  welche  mit 
der  so  hoch  verdienten  Pariser  anthropologischen  Gesellschaft  angebahnt  sind. 

Es  fst  bei  dieser  Gelegenheit  eine  Frage  im  Schosse  des  Ausschusses  zur 
Erörterung  gekommen,  über  die  wir  bis  jetzt  noch  nicht  bestimmte  Vorschläge 
machen  können.  Wir  befinden  uns  nehmlich  in  einer  etwas  ungewöhnlichen 
Position  zu  unseren  Coilegen  in  Oesterreich.  Bei  der  Gründung  im  Jahre  1869 
und  namentlich  bei  der  definitiven  Constituiruug  im  Jahre  187Ü  hielt  man  noch 
daran  fest,  die  Deutsche  anthropologische  Gesellschaft  in  so  grossem  Rahmen  zu 
halten,  als  die  deutsche  Sprache  es  zulässt.  Es  war  damals  in  Aussicht  genommen, 
die  Gesellschaft  auch  über  Deutsch-Oesterreich  auszubreiten.  So  sind  die  Statuten 
der  deutschen  Gesellschaft  gefasst.  xMan  hat  lange  gehofft,  es  würde  möglich  sein, 
eine  wirkliche  Union  aufrecht  zu  erhalten  und  die  österreichischen  Vereine  in  ähn- 
licher Weise,  wie  es  mit  uns  selbst  der  Fall  ist,  als  Zweigvereine  des  grossen  deut- 
schen Gesammtvereins  zu  erhalten.  Diese  Hoffnung  hat  sich  allerdings  nicht  erfüllt, 
im  Gegentheil,  es  hat  Jahre  gedauert,  ehe  wir  überhaupt  nur  in  eine  Beziehung  zu 
den  Vereinen  in  Oesterreich  kommen  konnten,  und  erst  in  der  allerletzten  Zeit  ist 
das  Verhältniss  ein  durchaus  erfreuliches  geworden.  Nun  haben  wir  aber  immer 
noch  die  Fiction  festgehalten,  welche  durch  die  Statuten  der  deutschen  Gesellschaft 
gegeben  ist.  Da  wir  nur  einen  Zweigverein  dieser  Gesellschaft  darstellen,  so  sind 
wir  von  vorneherein  der  Meinung  gewesen,  dass  wir  keine  correspondirenden  Mit- 
glieder innerhalb  des  Gebietes,  welches  die  deutsche  Gesellschaft  für  sich  in  An- 
spruch nimmt,  ernennen  können.  Das  hat  natürlich  für  Oesterreich  so  gut,  wie  für 
das  deutsche  Reich  selbst,  gegolten  und  hat  uns  bis  jetzt  davon  abgehalten,  hoch- 
verdiente Männer,  die  wir  sonst  uns  eine  Ehre  machen  würden,  unter  den  unsrigen 
zu  nennen,  Ihnen  als  Correspondenten  vorzuschlagen.  Indess  haben  wir  darüber 
berathen  und  es  wird  ein  Gegenstand  weiterer  Erwägungen  sein,  ob  für  die  Dauer 
diese  Fiction  aufrecht  zu  halten  ist,  oder  ob  wir  nicht,  um  ein  regeres  Verkehrs- 
verhältniss  einzuleiten,  uns  der  politischen  Nothwendigkeit  fügen,  und  die  Grenze 
anerkennen,  welche  das  Schwert  gezogen  hat. 

Unter  unseren  correspondirenden  Mitgliedern  haben  diejenigen,  welche  schon 
in  früherer  Zeit  sich  als  die  besonders  eifrigen  erwiesen  haben,  auch  im  Laufe 
dieses  Jahres  fortgefahren,  uns  durch  Zeichen  ihrer  Theiluuhme  zu  erfreuen.  Ich 
erwähne   namentlich    die  Hllru.  Lepkowski,    von  Lenhossek,    von   Siebold, 


(400) 

Schomburgk,  Calvert  und  von  Miclucho-Maclay,  der  jetzt  tief  in  Melanesien 
steckt,  sowie  die  Herren  in  Südamerika,  welche  uns  in  der  allermannichfaltigsten 
Weise  mit  Zusendungen  erfreut  haben.  Ihnen  schliessen  sich  unter  unseren  ordent- 
lichen auswärtigen  Mitgliedern  vor  Allen  Hr.  v.  Brandt,  der  deutsche  Gesandte 
in  Peking,  sowie  die  HHrn.  W.  Schwartz,  0  eisner,  Reil,   Mantey  an. 

Mit  besonderem  Vergnügen  kann  ich  erwähnen,  dass  eines  unserer  geschätzte- 
sten correspondirenden  Mitglieder,  Hr.  Burmeister  in  Buenos  Ayres,  am  gestrigen 
Tage  sein  50j ähriges  Doctor- Jubiläum  gefeiert  hiit.  Wir  haben  zu  spät  davon 
Kenntniss  erhalten,  um  ihm  noch  unsere  Grüsse  senden  zu  können;  ich  darf  aber 
im  Namen  der  Gesellschaft  sagen,  dass  wir  ihm  und  uns  von  Herzen  Glück 
wünschen  zu  einer  so  seltenen  Feier. 

Was  unsere  4  Ehrenmitglieder  anlangt,  so  haben  wir  leider  zu  beklagen, 
dass  eines  derselben,  Hr.  Caesar  Godeffroy,  in  der  letzten  Zeit  durch  einen  sehr 
harten  Schlag  getroffen  worden  ist.  Unsere  Verhältnisse  zu  ihm  können  nicht  ge- 
ändert werden  durch  diese  materiellen  Umstände.  Das  Verdienst,  welches  Hr. 
Godeffroy  sich  erworben  hat  um  die  Sammlung  des  auswärtigen  Materials  in 
Deutschland,  um  die  Zuführung  von  immer  neuem  ethnologischem  Stoff,  wie  er  in 
dem  berühmten  Museum  Godeffroy  und  in  den  in  ihrer  Art  einzigen  Annalen 
desselben  seinen  sichtbaren  Ausdruck  gefunden  hat,  —  dieses  Verdienst  bleibt 
unberührt  durch  die  Katastrophe,  welche  sein  Haus  erfahren  hat.  Möge  es  ihm 
gelingen,  aus  diesem  Zustande  sich  wieder  emporzuarbeiten!  Wir  sind  nicht  in  der 
Lage,  irgend  etwas  anderes  als  die  Klage  über  ein  solches  Geschick  auszusprechen. 

In  Bezug  auf  unsere  inneren  Verhältnisse  will  ich  kurz  hervorheben,  dass 
wir  in  diesem  Jahre  unsere  gewöhnlichen  Sitzungen  nicht  blos  mit  reichem 
Material  ausgefüllt,  sondern  auch  zwei  ausserordentliche  Sitzungen,  eine  im  Januar 
und  eine  im  Juli  eingeschoben  haben.  Sowohl  das  Gewerbe-Museum,  als  auch  die 
Bergakademie  haben  uns  ihre  Sitzungsräume  in  liberalster  Weise  offen  gehalten, 
und  ich  sage  ihnen  hierdurch  den  freundlichsten   Dank  der  Gesellschaft. 

Wir  haben  in  gewohnter  Art  zwei  Excursionen  veranstaltet,  die  den  Theil- 
nehmern  in  besonders  freundlicher  Erinnerung  sind,  eine  nach  Rüdersdorf,  eine 
andere  nach  Neubrandenburg,  Wir  haben  so  von  den  beiden  Hauptseiten  unserer 
Beschäftigung  auch  diejenige,  welche  bis  dahin  wenig  zur  Erscheinung  gekommen 
war,  die  mit  der  Urgeschichte,  zur  Geltung  gebracht. 

Ganz  besonders  fruchtbar  war  dieses  Jahr  an  den  seit  Kurzem  eingeführten 
und  nicht  genug  zu  pflegenden  anthropologischen  Ausstellungen  lebender 
Menschen.  Hr.  Carl  Hagenbeck,  dem  das  grosse  Verdienst  der  Initiative  in 
diesen  Ausstellungen  gebührt,  hat  uns  Lappen,  Patagonier  und  Nubier  zugeführt; 
er  hatte  auch  schon  die  Einleitung  getroffen,  uns  Samojeden  mit  Renthiereu  kommen 
zu  lassen,  als  der  Ausbruch  der  Pest  in  Russland  jede  Communikation  der  Art 
unmöglich  machte.  Sein  Schwager,  Mr.  Rice  folgte  seinem  Beispiele  und  brachte 
ausser  einer  neuen  Schaar  von  Nubiern  auch  eine  reichhaltige  Menagerie.  Leider 
hatte  er  am  Abende  desselben  Tages,  wo  er  im  Beisein  vieler  unserer  Mitglieder 
seine  Ausstellung  eröffnete,  das  Unglück,  von  einem  seiner  Tiger  gebissen  zu  wer- 
den und  wenige  Tage  darauf  einer  schweren  Phlegmone  des  linken  Armes  zu 
erliegen.  Manche  andere  Unternehmer  haben  dem  Vorgange  des  Hrn.  Hagenbeck 
nachgeeifert,  jedocb  mit  sehr  zweifelhaftem  Erfolge  und  noch  mehr  zweifelhaftem 
Material.  Ich  erinnere  nur  an  die  auch  uns  nicht  ersparte  Vorstellung  sogenannter 
Zulu's,  welche  nach  den  bei  uns  laut  gewordenen  Bedenken  sehr  bald  das  Feld 
geräumt  haben. 

Was  unsere  Publicationen  angeht,   so   sind  sie  den  Mitgliedern  zugegangen 


(401) 

bis  zum  fünften  Heft,  welches  die  Sitzungen  bis  Anfang  Juli  urafasst.  Mit  dem 
letzten  Hefte  bleiben  wir  immer  etwas  im  Rückstande,  weil  es  sehr  schwierig  ist, 
all'  das  verschiedene  Material  zu  rechter  Zeit  zusammen  zu  bringen. 

Inzwischen  hat  sich  in  Beziehung  auf  die  Leitung  der  Publikationen  eine  nicht 
unerhebliche  Veränderung  zugetragen,  indem  unser  Verhältniss  zur  Verlagshandlung 
und  zur  Zeitschrift  für  Ethnologie,  wie  es  durch  die  Statuten  vorgesehen  ist,  auf 
ganz  neue  Grundlagen  gestellt  werden  musste.  Der  Verleger  hat  sich 'uns  gegen- 
über darüber  beschwert,  dass  in  dem  Maasse,  als  die  Gesellschaft  wachse,  die  Zahl 
seiner  Privatabouneuteu  abnehme;  er  beschuldigt  uns,  dass  wir  ihm  die  Abonnenten 
entziehen,  indem  sie  bei  uns  billiger  in  den  Besitz  der  Publikationen  gelangen,  als 
wenn  sie  in  gewöhnlicher  Art  abonniren.  Er  hat  daher  von  seinem  Kündigungs- 
recht in  der  Weise  Gebrauch  gemacht,  dass  er  sich  bereit  erklärt  hat,  den  Verlag 
tortzuführeu,  falls  die  Zeitschrift,  einschliesslich  unserer  Verhandlungen,  auf  ein  dem 
früheren  entsprechendes  Maass  zurückgeführt  werde,  falls  ferner  grössere  Ver- 
pflichtungen von  der  Gesellschaft  übernommen  werden  in  Bezug  auf  die  Herstellung 
derTafeln,  der  Separatabdrücke  u.  s.  w.,  und  vor  allen  Dingen,  falls  die  Gesellschaft 
als  solche  die  Gesammtredaktion  übernehme.  Bis  jetzt  bestand  eine  getrennte  Re- 
daktion in  der  Weise,  dass  die  Herren  Bastian  und  Hartmann,  welche  ursprünglich 
die  Zeitschrift  gegründet  hatten,  die  Redaktion  der  Zeitschrift  als  solche  fortführten, 
dass  dagegen  der  Vertreter  der  Gesellschaft  nur  die  Verhandlungen  redigirte.  In  Zu- 
kunft solle  die  Gesellschaft  auch  die  Zeitschrift  mitredigiren.  Da  der  Herr  Verleger 
gleichzeitig  den  alten  Redakteuren  gekündigt  hatte,  so  ist  unter  Zustimmung  des 
Hrn.  Hart  mann,  als  des  einzigen  anwesenden  Redakteurs,  ein  neues  Verhältniss 
vereinbart  worden.  Wir  werden  darnach  vom  nächsten  Jahre  ab  die  Gesammt- 
publikation  durch  eine  Redaktionscouamission  der  Gesellschaft  herstellen.  Wir 
werden  uns  ferner  verpflichten,  die  beiden  Publikationen  auf  ein  Maass,  welches 
sich  einigermaassen  dem  früheren  nähert,  zurückzuführen.  In  der  That  haben  wir 
anerkennen  müssen,  dass  es  unbillig  war,  die  alten  Bedingungen  aufrecht  zu  er- 
halten, nachdem  faktisch  die  Publikationen  doppelt  so  stark  geworden  waren,  wie 
ursprünglich.  Während  sie  zusammen  ursprünglich  nur  20  Bogen  betrugen,  hat 
nachher  jede  von  beiden  mehr  als  20  Bogen  in  Anspruch  genommen.  Selbst- 
verständlich war  dabei  nicht  wohl  ein  Geschäft  zu  machen.  Wir  haben  uns 
in  Anerkennung  dieser  Folge  verpflichtet,  ein  bestimmtes  Maass  einzuhalten.  Es 
versteht  sich  von  selbst,  dass  die  Gesellschaft  zunächst  für  ihre  Verhandlungen 
sorgen  muss  und  dass  der  Raum  desjenigen  Abschnittes,  der  für  fremde  Publi- 
kationen offen  gehalten  werden  wird,  geschmälert  werden  muss.  Die  von  der 
Verlagshundlung  früher  für  die  Beiträge  zur  „Zeitschrift"  gezahlten  Honorare  sind 
gestrichen  worden,  so  dass  die  Gesanimtleistung  eben  nur  eine  freiwillige  sein 
und  ausser  durch  Abgabe  von  Separatabdrücken  ein  Ersatz  für  die  Leistungen  nicht 
gewährt  werden  kann. 

üeber  unsere  Sammlungen  kann  ich  mich  kurz  fassen,  da  im  Laufe  der 
Sitzungen  alles  Wesentliche  vorgelegt  ist.  Ich  erwähne  daher  nur,  dass  wir  mit 
28  Gesellschaften  im  Schriftenaustausch  stehen  und  dass  unsere  Bibliothek  sich  da- 
durch, sowie  durch  zahlreiche,  zum  Theil  sogar  werthvolle  Geschenke  fortdauernd 
erweitert.  Die  craniologischen  und  photographischen  Sammlungen  wachsen  stetig. 
Auch  in  ethnographischen  Erwerbungen  waren  wir  glücklich,  jedoch  haben 
wir  Manches  davon  tauschweise  gegen  Abgabe  von  Schädeln  an  die  ethnologische 
Abtheilung  des  Königlichen   Museums  überlassen. 

Ich  habe  dann  noch  einige  Worte  zu  sagen  über  das  Verhältniss,  in  welchem 
wir  zu  dem  Deutschen  Gesammtverein  stehen.    Sie  wissen,  unsere  Beziehungen 

Verbaiull.  der  Berl.  Anthropol.  GoseUschaft  1«79.  26 


(402) 

zu  demselben  sind  durchaus  geregelte  und  ordnungsmässige.  Ueber  die  letzte 
Generalversammlung  in  Strassburg  ist  schon  früher  Bericht  erstattet  worden. 
Die  Gesellschaft  befindet  sich  in  gutem  Gedeihen.  Ich  habe  auch  schon  Mittheilung 
davon  gemacht,  dass  im  nächsten  Jahre  hier  bei  uns  die  Generalversammlung  statt- 
finden soll  und  dass  in  Anregung  gebracht  war,  für  diesen  Zweck  eine  grosse 
Ausstellung  der  Prähistorie  Deutschlands  zu  veranstalten.  "Wir  sind  seit- 
dem in  letzterer  Beziehung  etwas  weiter  gekommen.  Der  Ausschuss  hat  eine  Com- 
mission  erwählt,  welche  ausser  den  beiden  lokalen  Geschäftsführern,  den  Herren 
Stadtrath  Friedel  und  Dr.  Voss,  aus  mir,  unserem  Hrn.- Schatzmeister  Ritter, 
den  Herren  Jagor  und  Rosenberg  besteht,  und  welche  das  Recht  der  Coop- 
tation  hat.  Diese  Commission  hat  sich  zunächst  mit  der  Frage  eines  geeigneten 
Lokals  beschäftigt  und  nach  langem  Umhersuchen  ihre  Aufmerksamkeit  auf  das 
Preussische  Abgeordneten-Haus,  als  auf  den  geeignetesten  Platz  sowohl  für  die 
Sitzungen,  als  für  die  Ausstellung  gerichtet.  Nachdem  sie  einen  übersichtlichen  Plan 
entworfen  hatte,  hat  sie  sich  vor  Kurzem  an  das  Präsidium  des  Hauses  gewendet. 
Ich  habe  gerade  heute  die  officielle  Zuschrift  erhalten,  durch  welche  uns  Seitens 
des  Präsidiums  das  Haus  mit  seinen  Räumen  zur  Verfügung  gestellt  wird.  Wir 
sind  also  in  diesem  Hauptpunkte  zu  einer  sehr  angenehmen  Sicherheit  gekommen, 
die  um  so  erfreulicher  ist,  als  durch  die  Untersuchung,  welche  wir  mit  Hülfe  des 
Baumeisters  Hrn.  Felix  Wol ff  veranstaltet  haben,  auch  in  Bezug  auf  die  Frage  der 
Auskömmlichkeit  des  Raumes  kein  Zweifel  besteht. 

Inzwischen  ist  von  Seiten  des  Generalsecretairs  der  Deutschen  Gesellschaft  das 
Ersuchen  an  den  Herrn  Cultusminister  gerichtet,  sich  uns  in  dieser  Angelegenheit 
hülfreich  zu  erweisen.  Der  Herr  Cultusminister  hat  in  einem  sehr  entgegen- 
kommenden Schreiben  seine  Bereitwilligkeit  sowohl  für  die  eigentliche  Versamm- 
lung, als  für  die  Ausstellung  zugesagt  und  nur  genauere  Anträge  erfordert.  Natür- 
lich werden  wir  nunmehr,  nachdem  wir  mit  dem  Platz  im  Reinen  sind,  solche  bald- 
möglich stellen.  Es  ist  zu  diesem  Zweck  ein  Anschreiben  entworfen  worden,  welches 
an  die  Vorstände  und  Besitzer  von  vorgeschichtlichen  Sammlungen  in  Deutschland 
gerichtet  ist,  also  an  Staatssammlungen,  Provinzialsammlungeu,  städtische  und 
eigentliche  Privat-Sammlungen.  In  demselben  werden  sie  ersucht,  sich  mit  uns 
baldigst  in  Beziehung  zu  setzen,  und  es  sind  die  Gesichtspunkte  entwickelt,  nach 
welchen  die  Ausstellung  eingerichtet  werden  soll.  Ich  will  bemerken,  dass  wir  uns 
ganz  strikt  auf  das  Deutsche  Reich  als  solches  beschränken  wollen,  dass  wir  z,  1). 
keine  über  die  Grenzen  des  Landes  und  seiner  Vorgeschichte  hinausgehende  Aus- 
stellung beabsichtigen,  dass  wir  ferner  die  Aufstellung  im  Allgemeinen  so  zu  ordnen 
gedenken,  dass  die  einzelnen  Territorien  und  Landstriche  zur  vollen  Geltung 
kommen,  und  dass  ein  geographisches  Bild  von  der  Verbreitung  der  einzelnen 
Culturrichtungen  mit  Leichtigkeit  gewonnen  werden  kann.  Unsere  Aufgabe  er- 
streckt sich  dann  freilich  von  den  allerältesten  Funden  der  Diluvialzeit 
bis  zu  dem  Beginn  der  Deutschen  Herrschaft  in  den  slavischen  Län- 
dern. Vor  dieser  Zeit  ist  ja  unsere  Keuntniss  von  den  slavischen  Territorien 
vielfach  unsicher,  und  man  kann  nur  an  wenigen  Punkten  von  gesicherten  histori- 
schen Ueberlieferungen  sprechen.  Unsere  Aufgabe  muss  es  natürlich  sein,  überall 
so  weit  zu  gehen,  bis  wir  an  die  beglaubigte  Geschichte  kommen.  Natürlich  wer- 
den wir  dabei  nicht  in  ungemessener  Weise  deu  Wünschen  vielleicht  einzelner 
Richtungen  nachgeben  dürfen;  wir  werden  sparsam  mit  dem  Raum  haushalten 
müssen,  um  gleichmässig  die  verschiedenen  Richtungen  zu  voller  Geltung  gelangen 
zu  lassen.     Wir  behalten  uns  daher  innerhalb  der  Grenzen   des  gegebenen  Raumes 


(403) 

eine  Prüfung  der  Anmeldungen  vor,  um  zu  bestimmen,  was  wir  gebrauchen  können 
und  was  nicht. 

In  vielen  Stücken  werden  wir  Unterstützung  nothwendig  haben  und  es  würde 
uns  sehr  erfreuen,  wenn  auch  andere  Mitglieder,  als  die  speciell  ernannten,  sich 
für  die  Angelegenheit  interessiren  wollten. 

In  Bezug  auf  die  Zeit  ist  vorläufig  durch  den  Vorstand  der  Deutschen  Gesell- 
schaft der  Anfang  August  festgehalten  worden;  wir  sind  noch  nicht  ganz  sicher 
über  den  Anfangstermin.  Im  Augenblick  haben  wir  uns  hier  dafür  entschieden, 
den  5.  August  als  den  günstigsten  Tag  des  Anfangs  zu  betrachten;  wir  würden 
dann  vom  5. — 12.  August  die  Sitzungen  halten,  nur  unterbrochen  am  Sonntag 
durch  eine  Spreewaldfahrt,  und  am  Schlüsse  vielleicht  durch  eine  Potsdamfahrt. 
Daran  würden  sich  dann  vielleicht  noch  S  oder  14  Tage  anschliessen,  während 
welcher  die  Ausstellung  für  das  Publikum  gegen  Eintrittsgeld  geöffnet  wäre. 

Da  die  Deutsche  geologische  Gesellschaft  aller  "Wahrscheinlichkeit 
nach  unmittelbar  an  dem  Tage  zusammentreten  wird,  wo  wir  schliessen,  so  wird 
wahrscheinlich  noch  mancherlei  sich  vereinbaren  lassen,  was  zu  einer  frucht- 
baren gemeinsamen  Thätigkeit  führen  könnte.  Wir  sind  mit  unseren  urgeschicht- 
lichen Untersuchungen  darauf  angewiesen,  die  Hülfe  der  Geologen  in  vielfacher 
Weise  in  Anspruch  nehmen  zu  müssen,  und  wir  werden  auch  bei  Einrichtung 
unserer  Ausstellung  nicht  umhin  können,  auf  mineralogische  und  paläontologische 
Museen  rechnen  zu  müssen.  Vielleicht  wird  im  Anschlüsse  an  unsere  General- 
versammlung auch  noch  eine  Versammlung  der  geographischen  Gesellschaften 
Deutschlands  stattfinden. 

Das  ist  es,  was  im  Augenblick  über  diese,  für  uns  ungemein  wichtige  An- 
gelegenheit zu  sagen  ist.  Sollte  es  uns  gelingen,  eine  würdige  Ausstellung  zu- 
sammenzubringen, eine  solche,  welche  dem  Volk  im  Grossen  eine  Vorstellung  giebt 
von  dem  Gesammtgange  der  vorgeschichtlichen  Cultur,  wie  er  sich  in  Deutschland 
vollzogen  hat,  welche  zugleich  dem  Gelehrten  die  erwünschte  Gelegenheit  bietet, 
durch  unmittelbare  Anschauung  und  Vergleichung  der  wichtigsten,  aus  den 
verschiedenen  Theileu  Deutschlands  zusammengebrachten  Objecte,  die  natürlich 
möglichst  im  Original  gewünscht  werden,  eine  zuverlässige  Grundlage  unserer 
wesentlich  comparativen  Wissenschaft  zu  gewinnen,  so  ist  es  möglich,  dass  von  da 
an  unser  Treiben  ein  noch  mehr  populäres  wird,  als  es  gegenwärtig  schon  geworden 
ist,  und  dass  auch  immer  mehr  das  Verständniss  für  die  Aufgaben  wächst,  welche 
wir  vertreten. 

In  Bezug  auf  die  auswärtigen  Vorgänge  habe  ich  schon  in  früheren  Sitzungen 
Einiges  erwähnt,  namentlich  über  die  archäologischen  und  anthropologischen 
Congresse,  welche  im  Laufe  des  Jahres  stattgefunden  haben.  Ueber  den  Congress 
der  Amerikanisten  in  Brüssel  habe  ich  neulich  berichtet.  Üeber  die  Moskauer 
anthropologische  Ausstellung  und  den  damit  verbundenen  Congress  finden  sich  noch 
keine  ausgiebigen  Zusammenstellungen;  vielleicht  werden  wir  später  darauf  zurück- 
kommen können.  Jedenfalls  ist  es  sehr  bedauerlich,  dass,  wie  es  scheint,  Deutsch- 
land fast  gar  nicht  in  Moskau  vertreten  war. 

Das  nächste  Jahr  wird  in  dieser  Beziehung  hoffentlich  fruchtbarer  sein,  da 
nicht  nur  ein  internationaler  Congress  in  Lissabon,  sondern  auch  ein  südamerika- 
nischer zu  Buenos  Aires  stattfinden  soll. 

Schliesslich  habe  ich  noch  ein  paar  Worte  zu  sagen  in  Bezug  auf  unsere 
eigenen  äusseren  Verhältnisse.  Sie  wissen,  dass  unsere  Bestrebungen  seit  lange  dahin 
gerichtet  gewesen  sind,    den   Neubau   des   ethnologischen   Museums  endlich 

26* 


(404) 

in  Gang  zu  bringen.  Nachdem  derselbe  im  vorigen  Jahre  schon  vollkommen  sicher 
erschien,  entzieht  er  sich  jetzt  wieder  unseren  Aussichten.  Obwohl  im  letzten  Etat 
eine  halbe  Million  Mark  für  diesen  Bau  ausgeworfen  war,  ist  im  Laufe  des  Etatsjahres 
nicht  nur  nichts  geschaäen,  sondern  es  war  sogar  zweifelhaft  geworden,  ob  im  Laufe 
des  nächsten  Jahres  gebaut  werden  wird.  Der  Herr  Cultusminister  hat  jedoch 
neulich  auf  eine  Anfrage  in  der  Budget-Commission  die  Erklärung  abgegeben,  dass 
er  sich  ermächtigt  halte,  mit  dem  Bau  vorzugehen,  obwohl  die  zweite  Rate  noch 
nicht  auf  dem  Etat  stehe,  und  dass  er  den  Bau  als  dringlich  nothwendig  erachte. 
Wir  können  daher  hoffen,  im  Laufe  des  nächsten  Jahres  die  Fundamente  gelegt  zu 
sehen.  Inzwischen  haben  diejenigen  unserer  Mitglieder,  welche  als  Sachverständige 
bei  dem  Museum  fungiren,  die  Dringlichkeit  der  Verhältnisse  in  einer  besonderen 
Eingabe  an  den  Herrn  Minister  von  Neuem  dargelegt. 

Ich  kann  dann  noch  mittheilen,  dass  von  unseren  reisenden  Mitgliedern  im 
Allgemeinen  günstige  Nachrichten  vorliegen.  Von  unserem  Vice-Präsidenten,  Hrn. 
Bastian  ist  erst  im  Laufe  der  letzten  Woche  an  mich  und  Hrn.  Dr.  Voss  eine 
ganze  Reihe  von  Briefen  eingegangen.  Er  ist  in  diesem  Augenblick,  nachdem  er 
kreuz  und  quer  durch  den  ganzen  Indischen  Archipel  gefahren,  und,  wie  es  scheint, 
auf  allen  grösseren  Inseln  gewesen  ist,  gegenwärtig  nach  Batavia  zurückgekommen, 
wo  er  sich  der  Müsse  literarischer  Studien  hingiebt  und  die  reichen  Schätze  der 
dortigen  Bibliotheken  benutzt;  da  hat  er  auch  Zeit  gefunden,  uns  etwas  ausgiebigere 
Berichte  zuzuwenden.  In  seinen  Briefen  an  mich  kommt  er  mit  Hartnäckigkeit  und 
einer  Art  von  Heftigkeit  darauf  zurück,  dass  eine  grössere  Zahl  junger  deutscher 
Aerzte  in  holländische  Dienste  treten  müsste,  um  im  indischen  Archipelago  die 
Zwecke  der  Anthropologie  zu  fördern.  Er  hat  mir  eine  Zusammenstellung  der 
officiellen  Bestimmungen  über  dasEugagement  solcher  Aerzte  mitgeschickt,  welche  den- 
jenigen, die  sich  dafür  interessireu  sollten,  zur  Verfügung  stehen.  Er  lobt  das 
Klima  und  hält  die  äusseren  Bedingungen  des  Engagements,  welches  nur  für  eine 
Dauer'von  5  Jahren  abgeschlossen  zu  werden  braucht,  für  günstig.  Ich  kann  daher 
nur  wünschen,  dass  dieser  Appell  eine  gute  Stelle  finde.  Ich  war  bisher  nicht  in 
der  Lage,  junge  Männer  für  diesen  Zweck  zu  beeinflussen.  Indess  ist  dieser  Tage 
einer  unserer  jüngeren  Aerzte,  Dr.  Stört,  nach  Batavia  abgegangen,  mit  Instruk- 
tionen von  mir  versehen.  Ich  hoffe,  dass  er  mit  unserem  correspondirenden  Mit- 
gliede,  Herrn  Riedel,  in  nähere  Beziehungen  treten  kann,  der  seit  längerer  Zeit 
den  Wunsch  hegt,  dass  bei  ihm  ein  anthropologisch  geschulter,  deutscher  Arzt  an- 
gestellt werden  möchte. 

Auch  von  unseren  anderen  Reisenden  sind,  scheinbar  wenigstens,  günstige 
Berichte  vorhanden.  Hr.  J.  M.  Hildebrandt,  der  von  seiner  ersten  Expedition 
nach  der  Westküste  von  Madagascar  nach  Nossi-Be  zurückgekehrt  ist,  hat  aller- 
dings einen  sehr  schweren  Fieberanfall  zu  überstehen  gehabt,  scheint  jedoch  wieder 
ziemlich  hergestellt.  Seine  Absicht  geht  dahin,  sobald  er  in  den  Besitz  der  neuen, 
ihm  von  der  Akademie  bewilligten  Mittel  gelangt  ist,  in  das  Gebirge  vorzugehen 
und  bis  nach  Antanarivo  vorzudringen,  wo  er  hofft,  unter  günstigen  Verhältnissen 
der  Jahreszeit  anlangen  zu  können.  Er  hat  schon  einzelne  Messungen  und  eine 
reiche  anthropologische  Sammlung  geschickt,  welche  an  das  Museum  gelangt  ist. 

Von  Hrn.  Dr.  Finsch,  dem  Reisenden  der  Humboldt-Stiftung,  habe  ich  eben 
neue  Nachricht  erhalten;  ich  werde  nachher  darauf  zurückkommen. 

Hr.  Künne  ist  von  seiner  südamerikanischen  Reise  gesund  und  mit  reichen 
Erwerbungen  heimgekehrt.  Hr.  Ascherson  hat  sich  nach  Aegypten  begeben,  um 
unter  Beistand  des  Hrn.  Schweinfurth  die  Flora  des  Landes  durchzuarbeiten. 

Meine  eigene  Reise  in  die  Troas  ist.  Dank  den  vorsorglichen   Bemühungen  des 


(405) 

unermüdlich  thätigen  Schi ie manu,  in  der  glücklichsten  Weise  verlaufen,  und  ich 
habe  darüber  schon  Bericht  erstattet,  unser  correspondirendes  Mitglied,  Hr.  Calvert 
hat  mir  bei  dieser  Gelegenheit  die  maunichfachsten  Annehmlichkeiten  zu  Theil 
werden  lassen.  Unsere  Gesellschaft  aber  hat  gezeigt,  dass  auch  die  monatelange 
Abwesenheit  sämmtlicher  Vorsitzenden  ohne  Schwierigkeit  ertragen  werden  kann. 
Ich  habe  die  angenehme  F^flicht,  dem  Ohmanne  des  Ausschusses,  Hm,  Koner,  der 
uns  so  erfolgreich  vertreten  hat,  unseren  herzlichen  Dank  dafür  auszusprechen. 

Damit  glaube  ich  die  Hauptsachen  von  dem,  was  Sie  interessiren  könnte,  vor- 
getragen zu  haben.  Ich  kann  mit  einer  gewissen  Befriedigung  auf  die  '6  Jahre 
zurückblicken,  wo  ich  die  Ehre  hatte,  den  Vorsitz  zu  führen  und  die  Geschäfte 
der  Gesellschaft  zu  leiten.  Jetzt,  wo  die  Statuten'  meine  Entfernung  von  diesem 
Posten  verlangen,  darf  ich  die  Hoffnung  aussprechen,  dass  unter  meinem  Nach- 
folger die  Verhältnisse  sich  nicht  minder  günstig  weiter  entwickeln  werden. 

(2)  Der  Schatzmeister  Hr.  Ritter  erstattet  den  statutenmässig  vorgeschriebenen 
Bericht  über  die  Kassen  Verhältnisse  der  Gesellschaft. 

Der  Vorsitzende    bemerkt    dazu,    dass    der  Bericht    von    zwei  Mitgliedern    des 
Ausschusses  geprüft  und  in  Richtigkeit  befunden  sei. 
Die  Gesellschaft  ertheiit  Decharge. 

(3)  In  der  darauf  erfolgenden  Neuwahl  des  Vorstandes  wurden  für  das  Jahr 
1880  die  Herren 

Bastian  zum  Vorsitzenden, 
Virchow  und 

Beyrich  zu  Stellvertretern  desselben, 
R.  Hartmanu  zum  Schriftführer, 
M.  Kuhn  und 

A.  Voss  zu  Stellvertretern  desselben, 
Ritter  zum  Schatzmeister 
gewählt. 

(4)  Dankschreiben  für  die  Ernennung  zu  correspondirenden  Mitgliedern  sind 
eingegangen  von  den  Herren 

Schomburgk  in  Adelaide, 
Rolleston  in  Oxford, 
üjfalvy  in  Paris. 

(5)  Als  neue  Mitglieder  der  Gesellschaft  sind  angemeldet  die  Herren: 

Architekt  Krause,  Berlin, 

Dr.  med.  Jul.  Sander,  Berlin, 

Professor  Dr.  Bisch  off,  Berlin, 

Bergassessor  Viedenz,  Eberswalde. 

Professor  Ludwig  Burg  er,  Berlin, 

Dr.  phil.  G.  Alf.  Meyer,  Berlin, 

Stabsarzt  Dr.  Joseph  Mayer,  Berlin, 

Dr.  med.  Marcus,  Berlin, 

Major  Dziobeck,  Berlin, 

Dr.  Much,  Wien, 

Direktor  Ludwig  Schneider,  Gitschin,  Böhmen, 

Dr.  med.  Hille,  Strassburg  im  Elsass, 

Dr.  E.  Meitzen,  Berlin, 


(406) 

Verlagsbuchhändler  Spamer,  Berlin, 

Dr.  H.  Wessely,  Berlin, 

Wilh.  Joest  aus  Coeln,  z.  Z.  in  Batavia. 

(6)  Professor  Sadebeck  in  Kiel  ist  kurze  Zeit,  nachdem  in  der  Sitzung  vom 
18.  Oktober  sein  Vortrag  hier  zur  Verlesung  gelangt  war,  an  einer  Gehirnentzün- 
dung erkrankt  und  am  9.  December,  erst  36  Jahre  alt,  gestorben. 

(7)  Baron  Alexander  v.  Fahlen  in  Wenden  (Livland)  übersendet  folgenden 

Nekrolog  des  Grafen  Sievers. 
Am  19./31.  Juli  d.  J.  starb  in  seiner,  bei  der  livländischen  Kreisstadt  Wenden  ge- 
legenen Villa  der  Graf  Carl  Georg  v.  Sievers,  ein  Mann,  dessen  Tod  eine  zur 
Zeit  unausgefüllte  Lücke  im  Gebiete  der  archäologischen  Forschung  seines  engeren 
Vaterlandes  hinterlassen  hat,  der  es  verdient,  dass  sein  Name  in  die  Reihe  der 
Forscher  seiner  Beimat  aufgenommen  werde. 


Graf  Sievers  gehörte  einer,  in  den  russischen  Ostseeprovinzen  verbreiteten 
Adelsfamilie  an.  Er  wurde  auf  dem  Gute  Bauenhof  in  Livland,  einem  Besitz  seiner 
Familie,  am  31.  Aug.  (12.  Sept )  1814  geboren.  Durch  seine  Mutter  war  er  ein  Urenkel 
jenes  Grafen  Jakob  Sievers,  dessen  Denkwürdigkeiten  zur  Geschichte  Russlauds 
in  dem  Buche:  „Ein  russischer  Staatsmann",  Leipzig,  Wintersche  Verlagshandluog 
1857,  von  Karl  Ludwig  Blum,  ausführlich  geschildert  worden.  Schon  im  siebenten 
Lebensjahre  verliess  er  das  Elternhaus,  um  nacheinander  in  mehreren  Privatanstalten, 
zuletzt  im  Gymnasium  von  Dorpat  den  wissenschaftlichen  Bildungsgang  durch- 
zumachen, der  leider  unvollendet  blieb,  da  er,  bevor  er  die  Reife  für  ein  Universitäts- 
studium erreicht  hatte,  der  Cavaliersitte  jener  Zeit  folgend,  bereits  im  17.  Lebens- 
jahre in  activen  Militairdienst  trat.  Seinem  rastlosen  geistigen  Streben  konnte  der 
auf  Beindressur  und  Riemenzeugputzen  reducirte  Frontedienst  in  der  damaligen 
russischen  Armee    nicht   genügen    und    nach  wenigen  Jahren    schon  verliess  er  die 


(407) 

Dienstcarriere,  um  Anfangs  der  Administation  des  Gutes  Bauenhof,  später,  vom 
Jahre  1845  an,  der  des  Gutes  Ostrominsky,  welches  er  von  seiner  Mutter  ererbt, 
seine  Thätigkeit  zu  widmen.  Doch  auch  die  in  jener  Zeit  durch  die  bäuerlichen 
Frohnverhältnisse  wenig  anziehende  Landwirthschaft  in  Livland  genügte  seinem 
zur  speculativen  Reflexion  neigenden  Geiste  nicht,  er  verkaufte  im  Jahre  1865  das 
Rittergut  Ostrominsky  und  bezog  seine  Villa  bei  Wenden,  von  nun  an  sich  ganz 
der  geistigen  Arbeit,  vorzüglich  auf  dem  Gebiete  der  Naturwissenschaften,  zuwen- 
dend. Die  Mittel  zum  Studium  bot  ihm  eine  bedeutende,  im  Laufe  der  Jahre  ge- 
sammelte Bibliothek. 

Am  10./22.  Mai  1872  verheerte  ein  "Wirbelsturm  einen  Landstrich  Livlands  in 
einer  Längsrichtung  von  etwa  10  Meilen  bei  verhältnissmässig  geringer  Breiteu- 
ausdehnung. Graf  Sievers  beschloss,  dem  Gange  dieses  ungewöhnlichen  Natur- 
ereignisses nachzuforschen,  —  Häuser  waren  von  ihrem  Standorte  fortgeschoben, 
massives  Mauerwerk  durch  die  Gewalt  des  Sturmes  eingedrückt  und  niedergelegt 
worden.  Die  bei  dieser  Gelegenheit  unternommene  Reise  führte  ihn  auch  nach 
dem  an  dem  Flusse  Aa  gelegenen  Rittergute  Treyden,  einst  der  Stammburg  der  in 
den  russischen  Ostseeprovinveu  längst  ausgestorbenen  Familie  Trotta  von  Treyden. 
Während  seines  Aufenthaltes  hier  wurde  ihm  gemeldet,  dass  das  Hochwasser  der 
Aa  das  Flussufer  ausgewaschen  und  ein  in  dem  Erdreich  gebettetes  Boot  bloss  ge- 
legt habe,  dessen  sofort  unternommene  Besichtigung  ergab,  dass  es  wahrscheinlich 
jenen  Flussschiffen  zugehörte,  mit  welchen  die  räuberischen  Ehsten  der  Insel 
Oesel  einst  auf  der  Düna  und  Aa  bis  in  das  Herz  Livlands  ihre  Raubzüge  aus- 
gedehnt hatten.  Dieser  Fund  entschied  die  Richtung,  in  welcher  sich  von  nun  an 
die  Forschungen  des  Grafen  Sievers  bewegen  und  welche  von  nun  an  seine  ganze 
energische  Thätigkeit  in   Anspruch  nehmen  sollte. 

Nachdem  der  Gang  und  das  Wesen  jenes  oben  erwähnten  Naturereignisses  von 
ihm  durchforscht  und  bearbeitet,  das  Resultat  der  Arbeit  der  Naturforscher-Gesell- 
schaft in  Dorpat  übergeben  war,  wandte  er  seine  ganze  Thätigkeit,  mit  der  ihm  eigenen 
Zähigkeit  im  Verfolgen  eines  Zieles,  der  archäologischen  Forschung  zu.  Die 
Schwierigkeiten,  welche  überwunden  werden  mussten,  waren  nicht  gering.  Vor  Allem 
eignete  sich  der  nunmehr  achtundfünfzigjährige  Mann  Kenntniss  des  Lateinischen  an, 
um  selbständig  die  alten  Chroniken  bearbeiten  zu  können.  Da  am  Orte  keine  öffent- 
liche Bibliothek  vorhanden  war,  mussten  Reisen  und  Bücherankäufe  gemacht  werden. 
Die  Wintei  wurden  mit  anhaltenden  Studien  verbracht,  die  Sommer  meist  auf 
Reisen  behufs  archäologischer  Ausgrabungen  in  verschiedenen  Theilen  Livlands.  So 
wurden  die  heidnischen  Opferberge  bei  Roop  und  Hochrosen,  die  Normanneugräber 
in  Rouneburg,  Pfahlbauten  im  See  von  Arrasch,  Hügel  mit  Feuersteingeräthen  an 
den  Ufern  des  See's  von  Burtneck  untersucht  und  zum  Theil  der  Wissenschaft  erst 
erschlossen,  wie  namentlich  der  von  ihm  entdeckte  Pfahlbau  bei  Arrasch  die  erste 
derartige  Anlage  aus  der  Vorzeit  Livlands  ist,  die  entdeckt  worden.  Bis  dahin  war 
es  ein  Axiom,  namentlich  der  Archäologen  Dorpats  gewesen,  dass  dieser  Theil  der 
baltischen  Küstenlande  Pfahlbauten  nicht  besitzen  können,  für  welche  Annahme, 
wenn  ich  nicht  irre,  die  geologische  Bildung  unseres  Landes  die  Gründe  liefern 
musste. 

Mit  dem  L/13.  August  1875  trat  Graf  Sievers  mit  seinen  Forschungen  an 
die  Oeftentlichkeit,  indem  er  unter  diesem  Datum  seinen  ersten  wissenschaftlichen 
Bericht  an  die  anthropologische  Gesellschaft  in  Berlin  abstattete.  Von  nun  an  trat 
er  mit  wissenschaftlichen  Koryphäen  des  In-  und  Auslandes  und  mit  verschiedenen 
gelehrten  Gesellschaften  in  persönlichen  und  schriftlichen  Vorkehr,  so  namentlich 
mit  dem  Professor  Rudolf  Virchow,  der  einen  ihm  in  Berlin  abgestatteten  Besuch 


(408) 

im  Spätsommer  1877  auf  der  Villa  des  Grafen  erwiderte.  Für  den  Prof.  Vir chow 
empfand  Sievers  eine  besonders  warme  Verehrung,  wie  aus  dem  regen  Brief- 
wechsel hervorgeht,  der  zwischen  beiden  Männern  unterhalten  wurde;  für  ihn 
wurden  auch  an  mehreren  Stellen  Livlands  an  lebenden  und  todten  Schädeln  Messungen 
durch  den  Grafen  Sievers  veranstaltet,  deren  Resultate  dem  Professor  zur  Begut- 
achtung übersandt  wurden. 

Vom  Jahre  187r)  an  führte  der  Graf  Sievers  seine  archäologischen  Forschungen 
in  umfassendem  Masse  aus.  Jeder  Sommer  sah  ihn  für  Wochen  auf  Reisen.  Oft  in 
Bauerhöfen  seine  Wohnung  aufschlagend,  unter  Mühen  und  Entbehrungen  aller  Art, 
stets  mit  bedeutenden  materiellen  Opfern  wurde  Livland  nach  allen  Richtungen 
erforscht,  selbst  bis  in  die  Provinz  Estland  drang  er  mit  seinen  Untersuchungen 
vor,  als  ein  plötzlicher  Tod  seinen  Unternehmungen  ein  Ende  machte.  Die  von 
ihm  bei  Ausgrabungen  gesammelten  Gegenstände  zählen  nach  Tausenden,  und  be- 
reichern die  Museen  in  Berlin,  Riga,  vornehmlich  dasjenige  Dorpats,  welchem  er, 
weil  es  mit  der  Landesuniversität  in  Verbindung  steht,  vorwiegend  sein  Interesse 
zuwandte.  Eine  bedeutende  Collektion  werthvoller  archäologischer  Funde  und  der 
ganze  schriftliche  Nachlass  befinden  sich  zur  Zeit  im  Besitze  der  Erben  und  harren 
der  ordnenden  Hand,  welche  sie  für  die  Wissenschaft  erhalten  soll. 

Graf  Sievers  gehörte  verschiedenen  gelehrten  Gesellschaften  an,  so  war  er 
wirkliches  Mitglied  der  Naturforscher-Gesellschaft  in  Dorpat,  1876  ernannte  die 
Gesellschaft  für  Literatur  und  Kunst  in  Mitau  ihn  zum  correspondirenden,  1877  die 
Gesellschaft  für  Geschichte  und  Alterthumskunde  der  Ostsee-Gouvernements  zum 
wirklichen,  in  demselben  Jahre  die  Gesellschaft  für  Anthropologie,  Ethnologie  und 
Urgeschichte  in  Berlin  zum  correspondirenden  Mitgliede.  Ferner  gehörte  er  der 
gelehrten  Estnischen  Gesellschaft  bei  der  Universität  Dorpat  seit  1874  als  Ehren-, 
seit  1878  als  wirkliches  Mitglied  an. 

Die  Bedeutung  des  Grafen  Sievers  für  die  Wissenschaft  lag  in  der  ausser- 
ordentlichen Energie,  die  er  beim  Forschen  und  Sammeln  entwickelte.  Es  wird 
nicht  zu  leugnen  sein,  dass  er  der  historischen  Forschung  in  seinem  engeren  Vater- 
lande neue  Gesichtspunkte  eröffnet  hat.  Für  die  selbständige  Bearbeitung  des  ge- 
sammelten Stoffes  aber  war  er  nicht  geeignet,  weil  eine  sehr  entwickelte  Subjec- 
tivität  ihn  verhinderte,  die  Dinge  zu  sehen,  wie  sie  wirklich  waren,  —  er  erfasste 
sie  stets  von  einem  vorher  bestimmten  Gesichtspunkte  aus,  den  Gegenargumente 
nur  schwer  zu  erschüttern  vermochten.  Seine  Bedeutung  als  Forscher  baltischer 
Urgeschichte  bleibt  durch  diese  Eigenheit  unberührt,  und  hat  sein  Tod  eine  bisher 
noch  unausgefüllte  Lücke  hinterlassen.  Möchte  sich  bald  Jemand  finden,  der  in 
sie  mit  der  F^nergie  und  Opferfähigkeit  des  Verstorbenen  hineinzutreten  vermag.  — 

Hr.  Vir  chow:  Wenn  ich  dem  warm  empfundenen  Nachrufe  noch  einige  Worte 
hinzufüge,  so  geschieht  es  in  erster  Linie,  um  den,  wenn  auch  schwachen  Schatten 
noch  mehr  zu  mildern,  welchen  die  letzten  Worte  auf  den  Charakter  meines 
verstorbenen  Freundes  werfen.  Gewiss  war  Graf  Sievers  ein  Mann  von  stark  aus- 
geprägter Persönlichkeit  und  somit  auch  von  grosser  Bestimmtheit  in  seinen  Plänen 
und  Urtheilen,  aber  ich  halte  es  nicht  für  richtig,  zumal  gegenüber  seinen  archäo- 
logischen Forschungen,  dass  eine  sehr  entwickelte  Subjectivität  ihn  zu  selbständiger 
Bearbeitung  des  gesammten  Materials  weniger  befähigt  habe.  Gerade  unsere  Ge- 
sellschaft hat  Proben  genug  davon  aufzuweisen ,  wie  vortrefflich  er  sein  Material 
zu  ordnen  und  zu  deuten  wusste,  und  ich  persönlich  bin,  leider  nur  zu  kurze  Zeit, 
Augenzeuge  davon  gewesen,  wie  er  mit  der  Objektivität  des  ächten  Naturforschers,  ja 
mit  der  Genauigkeit  des  Ingenieurs  seine  Untersuchungen  ausführte.  Die  prähistorische 


(409) 

Forschung  würde  ungleich  weiter  sein,  wenn  jedes  europäische  I^and  nur  ein  halbes 
Dutzend  Männer  von  dem  Eifer  und  der  Unbefangenheit,  ja,  ich  möchte  sagen,  von 
der  Unabhängigkeit  des  Grafen  Sievers  besässe.  Seine  Subjektivität  beruhte  auf 
der  Sicherheit  seines  Wissens,  und  diese  wieder  auf  seiner  Bescheidenheit,  welche 
ihm  auch  die  Grenzen  seines  Nichtwissens,  vielleicht  nur  zu  sehr,  stets  gegen- 
wärtig hielt. 

Kr  hatte  wohl  Grund,  stolz  zu  sein,  und  doch  war  er  es  nicht.  Als  ich  mit 
ihm  vor  nunmehr  drei  Jahren  wiederholt  die  unteren  Ufer  des  Burtneck-Sees  um- 
fuhr und  er  mir  das  Haus  zeigte,  wo  er  geboren  war,  das  Gut,  wo  er  selbst  ge- 
wirthschaftet  hatte,  alle  die  grossen  Ländereien,  welche  alter  Familienbesitz  waren, 
als  er  mir  die  Geschichte  seines  Hauses  an  den  alten  Familienbildern  und  an 
der  Entwicklung  seines  Landes  erläuterte,  da  musste  ich  oft  staunend  aufblicken  zu 
dem  Manne,  der  eben  erst  Tage  lang,  vom  Morgen  bis  zur  sinkenden  Sonne,  auf 
dem  einsamen  Hügel  am  Salis-Flusse  mit  mir  beschäftigt  gewesen  war,  um  in  rast- 
losem Fleisse  die  Zeugnisse  ältester  Vergangenheit  aus  dem  Staube  zu  sammeln 
und  mit  der  ängstlichcMi  (Tcnauigkeit  eines  alten  Sammlungs-Conservators  jedes 
Stück  sofort  mit  Nummer  und  Fundzettel  zu  versehen  und  in  die  Liste  einzutragen. 
Niemals  habe  ich  mit  grösserer  Sorgfalt  untersuchen  und  niemals  mit  mehr  Zurück- 
haltung urtheilen  hören. 

Unsere  Bekanntschaft,  ich  darf  wohl  sagen,  unsere  Freundschaft  hat  kaum 
5  Jahre  gedauert.  Es  war  im  Herbst  1874,  als  er  auf  der  Rückkehr  von  einer 
Schweizer  Reise,  auf  welcher  er  die  Pfahlbauten  studirt  hatte,  mich  in  Berlin  auf- 
suchte. Damals  —  insofern  ist  die  obige  Angabe  zu  corrigiren  — ,  in  der  Sitzung 
vom  17.  October  (Verh.  S.  182)  trug  er  uns  persönlich  seine  wichtigen  Funde  am 
Rinne-Hügel  vor.  Bald  nachher  fand  er  den  Pfahlbau  im  Arrasch-See  und  die 
Schiffsgräber  von  Ronneburg.  Die  Opposition,  welche  ihm  diese,  gewiss  vorurtheils- 
los  unternommenen  Untersuchungen  im  Lande  eintrugen,  waren  die  Veranlassung, 
dass  er  mich  als  Zeugen  berief,  und  ich  kann  sagen,  dass  die  Erinnerung  an 
diese  Reise  zu  den  angenehmsten  meines  Lebens  gehört.  Seitdem  wurde  er  nicht 
müde,  mich  zu  einer  Wiederholung  derselben  aufzufordern.  Für  die  jugendlich 
frische  Art,  wie  er  diese  Forschungsreisen  auffasste,  und  für  die  Sorgfalt,  mit  der 
er  sie  vorbereitete,  möge  eine  Stelle  aus  einem  Briefe  vom  23.  September  (5.  Octo- 
ber) 1877  als  Beispiel  dienen: 

„Im  nächsten  Winter  werde  ich  an  dieser  Livenfrage  wohl  zu  arbeiten  haben, 
indem  ich  in  Salis  ein  Kirchenbuch  von  I70ö  fand,  mit  Aufzeichnungen  von  1714 
über  den  Bestand  des  Kirchspiels  nach  der  Pest  von  1709 — lU,  und  noch  einige 
aufzutreiben  hoffe.  Den  Bauern  schon  durch  meine  Forschungen  und  Aufsätze  dar- 
über in  lettischen  Zeitungen  bekannt,  hoffe  ich  auch  durch  einen  Aufruf  in  der  Zeitung 
(lettisch)  weitere  Auskunft  über  Fundstellen  zu  erhalten,  während  schon  manche 
brauchbare  von  mir  für  nächsten  Sommer  gesammelt  sind.  Wer  weiss?  vielleicht 
entschliessen  auch  Sie  sich  noch  zu  einer  Livenjagd  in  Gemeinschaft  mit  mir? 
Dann  sollen  Sie  mich  erst  in  meiner  wahren  Glorie  kennen  lernen.  Denn  ein 
solcher  Erfolg  würde  mich  anspornen,  mich  selbst  zu  übertreffen.  Was  würden  Sie 
von  einem  Nomadenleben  in  abgelegenen  Gesinden  meinen?  mit  Hängematten  als 
Bett,  gutem  Gaffe,  Thee,  Wein,  jungen  Hühnern,  Wild  oder  dergleichen  zum  Mittag 
oder  einem  delicaten  Pillau,  der  livländisch  vervollkommneten  orientalischen  Speise, 
aus  Reis,  Kohlblättern  und  Lammfleisch,  mit  Pfeffer  bestreut  und  Salz,  in  einer 
Form  gebacken  bereitet,  zum  Dessert  dann  aromatische  Wald-,  Erd-  oder  Him- 
beeren und  dabei  reiche  Funde  an  breitköpfigen  Livenskeletten,  reichen  Schmuck- 
sachen u.  s.  w.     Dazwischen    kehrt    man    dann    auf  eine  Nacht   in  einem  Gütchen 


(410) 

oder  Pastorate  ein,  um  die  Glieder  zu  strecken,  Politica  einzusammeln  und  Briefe 
zu  expediren,  während  auch  für  den  Empfang  von  solchen  ein  Auskunftsmittel  sich 
finden  Hesse.  Und  dann  die  Heimkehr  mit  grossen  Kisten  zuverlässiger  Liven- 
skelette!  Welches  anatomische  Cabiuet  kann  sich  dann  mit  dem  Ihrigen  messen? 
Welche  zärtlichen  Briefe  werde  ich  dann  von  allen  Seiten  erhalten  mit  Anfragen 
um  ähnliche  Schätze,  und  mit  welch  päpstlicher  Unfehlbarkeit  werde  ich  dann 
echte  livische  Skelettheile  (mau  darf  den  Preis  nicht  verderben)  nach  allen  Seiten 
vertheilen! 

„Doch  Scherz  bei  Seite,  es  liegt  dem  ein  gesunder  Gedanke  zu  Grunde,  der 
wohl  verdiente,  von  Ihnen  weiter  erwogen  zu  werden." 

Leider  war  es  mir  unmöglich,  dieser  Einladung,  so  verführerisch  sie  auch  war, 
nachzukommen.  Jedes  Jahr  brachte  neue  Abhaltungen.  Endlich  kam  die  Moskauer 
Ausstellung  dieses  Jahres  und  damit  der  Gedanke,  gleichzeitig  auch  Livland  wieder- 
zusehen. Aber  es  war  anders  beschieden!  Meine  Frühjahrsferien  wurden  durch  die 
trojanische  Reise  in  Anspruch  genommen.  Ich  berichtete  ihm  darüber  von  Hissarlik  aus. 
Er  antwortete  mir  darauf  in  einem  Briefe  vom  24.  April  (6.  Mai),  dem  letzten,  den 
ich  von  ihm  erhalten  habe,  und  den  ich  zur  Charakteristik  des  Mannes  und  seines 
Strebens  hier  bis  auf  einige  kleine  Stellen  ganz  folgen  lasse: 

„Da  es  mir  sehr  schwer  fallen  würde,  Ihnen  eine  annähernd  richtige  Schilde- 
rung der  Freude  zu  geben,  die  mir  Ihr  lieber  Brief  vom  15.  April,  Ilion,  gewährte, 
so  lasse  ich  mich  darauf  nicht  ein,  ihn  nur  erwähnend.  Als  ich  zuerst  Ihre  Ab- 
reise nach  Troja  in  den  Zeitungen  erwähnt  fand,  regte  es  mich  so  sehr  auf,  dass 
ich,  meist  in  der  Nacht  schlaflos  liegend,  (die  Zeitungen  kommen  spät  Abends  an) 
eiaen  vollständigen  Plan  ausarbeitete,  Ihnen  sofort  über  Odessa  und  Konstantioopel 
entgegen  zu  reisen.  Die  Tageshelle  brachte  alsdann  Ernüchterung  und  Aufgeben 
dieses  Gedankens,  während  ich  mir  nicht  versagen  konnte,  mir  Ihr  Leben,  Thun 
und  Treiben  häufig  in  Gedanken  auszumalen.  Während  mehrerer  Jahre  hatte  der 
Haupttheii  meines  Unterrichts  im  Lesen  der  Odyssee  und  Iliade  bestanden,  die  ich 
eudlich  zu  extemporieren  vermochte.  In  welches  köstliche  Dilemma  gerietli  dann 
mein  alter  prächtiger  Lehrer,  der  Pastor,  spätere  General-Superindentent  von  Liv- 
land, R.  v.  Klot,  wenn  ich  ihm,  dem  eifrigen  Philologen,  der  für  Griechenland 
des  klassischen  Griechisch  wegen  schwärmte,  meinen  Helden  Hektor  herauszu- 
streichen begann,  der  fast  allein,  dem  Ansturm  der  vielen  griechischen  Helden, 
dem  verbundenen  Griechenland  und  den  mit  ihnen  verbundenen  Göttern,  in  Ver- 
theidigung  seiner  Vaterstadt,  seiner  Familie  widerstand,  und  endlich  nur  dem  un- 
verletzlichen, mit  göttlichen  Waffen,  unter  dem  Schutze  der  Göttin  kämpfenden  Achill 
unterlag,  und  wenn  ich  dem  das  Bild  der  ewig  zankenden,  lügenden,  betrügenden 
Griechen,  deren  Nationalheld,  Odysseus,  eben  seiner  Gewandtheit  im  Lügen  wegen 
gepriesen  würde,  entgegenhielt,  dessen  Hauptheldenthat  ein  Pferdediebstahl  sei 
u.  s.  w.  Alle  diese  Erinnerungen  tauchten  wieder  auf  in  lebendigen  Bildern,  die 
meiner  Begabung  entstanden,  dass  jede  lebhafte  Schilderung  sich  mir  vor  dem 
inneren  Auge  zu  Bildern  gestaltete,  die  hier  noch  durch  Flaxmann's  Skizzen, 
die  ich  fast  auswendig  kannte,  verstärkt  wurden.  Da  habe  ich  in  der  Nacht  die 
trojanische  Ebene,  Hissarlik,  Schliemann's  Arbeiten,  Sie  vor  mir  sich  bewegend, 
zu  sehen  geglaubt.  Doch  die  Ernüchterung  folgte  nur  zu  rasch.  Der  unglückliche 
Cours,  durch  den  im  Verein  mit  Rentenreductionen  mein  Vermögen  auf  die  Hälfte 
reducirt  ist,  die  Masse  Arbeit,  die  meiner  Angriffnahme  harrt,  das  Bewusstsein, 
dass  meine  körperliche  Schwerfälligkeit  mir  wohl  keinen  weitereu  Sommer  zu 
meinen  Arbeiten  gönnen  werde,  überwogen,  und  ich  beschied  mich,  vielleicht  mit 
Ihrer  Bewilligung,  in  einer  Zeit,  wo  ein  wenig  freiere  Augenblicke  für  Sie  eintreten, 


(411) 

wenn  es  möglich,  auf  einige  Tage  zu  Ihnen  zu  reisen,  um  Sie  mündlich  Ihre  Er- 
lebnisse schildern  zu  hören.  —  Ihr  Brief  war  13  Tage  unterwegs  gewesen.  Meinem 
Wunsche,  Ihnen  nach  Ilion  zu  antworten,  trat  die  Erwägung  entgegen,  dass  Sie 
Ilion  nach  Ihrem  Briefe  schon  verlassen  haben  müssten.  So  schreibe  ich  Ihnen  denn 
jetzt  nach  Berlin  entgegen,  —  eben  aus  Riga  von  der  Beerdigung  Jegor  v.  Sivers 
heimgekehrt,  dem  ich  befreundet  war.  Das  war  auch  eine  lebendige,  rastlose 
Kraft,  die  mit  Verläugnung  materiellen  Interesses  stets  seinem  Lande  zu  dienen 
bemüht  war.  VAire  seinem  Andenken,  trotz  mancher  menschlichen  Schwächen,  denn 
mit  offenem  Visier,  mit  Nennung  seines  Namens,  trat  er  in  verschiedenen  Brochüren 
den  Uebergriffen  der  Regierung  entgegen,  Recht  und  Nationalität  vertheidigend. 

^Für  den  nächsten  Sommer  habe  ich  viel  vor.  Zu  Pfingsten  fahre  ich  nach 
Wilsenhof,  dann  in  nordwestlicher  Richtung  zu  den  Pfahlbau-Anzeichen  in  Nur- 
mis,  Kirchspiel  Reyen,  zur  Fellinschen  Ruine,  an  deren  Freilegung  Oberlehrer 
Schiemann  arbeitet,  und  nach  Cabbel,  wo  bis  in  Estland  hinein  die  Steinsetzungen 
in  Schiffsform  sich  wieder  häufen.  Dann  über  Fellin  in  nordöstlicher  Richtung  an 
den  Ausfluss  des  Würtzjerw  Sees  (Embacb),  um  nach  Gebilden,  ähnlich  dem  Rinne- 
kaln,  zu  forschen.  Darauf  eine  Tour  in  der  Umgegend  Dorpats  zu  den  dortigen 
Steinsetzungen,  resp.  Steinschiffen,  und  endlich  weiter  nördlich  an  den  Meeres- 
strand, um  den  Hügel  bei  Kunda,  in  dem  ich  ein  Ganggrab  vermuthe,  zu  untersuchen. 
Anfang  Juli  denke  ich  heimzukehren,  und  in  der  zweiten  Hälfte  Juli  und  Anfang 
August  die  lange  verschobene  Untersuchung  der  linna  kiwwi  (Stadtsteine)  bei 
Haynasch,  5  Werst  vom  Meere,  vorzunehmen;  vielleicht  auch  die  Untersuchung  des 
Untergrundes  der  Opferhöhle  bei  Neu-Salis.  Ende  August  und  den  September 
denke  ich  an  eine  Tour  an  die  Oger,  Ascheraden  (dessen  Beziehungen  zu  den  lettischen 
Alterthümern  wichtig  erscheint)  bis  nach  Adsen  und  Schwaneburg,  wo  schöne  Sachen 
gefunden  sind,  die  der  Besichtigung  werth  erscheinen.  Nß.  wenn  Gesundheit  der 
Menschen  und  Pferde  vorhalten.  Damit  denke  ich  denn  diese  Untersuchungen 
einstweilen  zu  schliessen  und  au  ihre  Beschreibung  zu  gehen.  Obgleich  ja  noch 
unendlich  vieles  hier  zu  untersuchen  wäre,  halte  ich  es  für  besser,  jetzt  mit  einem 
gewissen  Abschluss  an  die  Beschreibung  des  Gefundeneu  zu  gehen,  als  dass  bei 
meinem  Heinigange  eine  Menge  zerstreuter  Notizen  und  gefundener  Sachen  nach- 
bleibt ohne  eingehende,  die  Beziehungen  derselben  zu  einander,  hergeleitet  aus  der 
örtlichen  Vertheiluug,  beim  Zusammentreffen  gewisser  Aehnlichkeiten  einerseits, 
Unterscheidungen  andererseits,  wie  sie  sich  dem  Arbeiter  unwillkürlich  allmählich 
aufdrängen,  darlegenden  Beschreibung.  Ganz  werde  ich  die  Arbeit  ohnehin  nie 
einstellen  können,  dazu  ist  das  Interesse  daran  ein  zu  reges. 

„Hier  noch  eine  Bemerkung.  Gustav  Frey  tag  „Aus  dem  Mittelalter,  Bilder" 
spricht  auf  Seite  177  von  dem  Ausbruch  der  an  der  Donau  angesiedelten  Vanda- 
len  u.  s.  w.  um  280  durch  das  schwarze  und  ägäische  Meer  und  ihren  Zug  um 
Europa  herum  bis  in  die  Heimath  au  der  Nordsee,  von  den  Lagern  Gothischer 
Heere  auf  der  trojanischen  Ebene,  von  den  Zügen  fränkischer  Reiter  um  400  herum 
in  Mesopotamien  u.  s.  w.  Sollten  da  die  Kegelgräber  der  trojanischen  Ebene  nicht 
vielleicht  zum  Theil  gothischen  Ursprunges  sein?  Denn  das  wissen  wir,  dass  die 
Kegelgräber  in  Skandinavien,  zum  Theil  älter  als  die  Steinschiffsetzungen,  Gothi- 
schen Ursprunges  sind. 

„Dass  ich  in  dem  Hügel  bei  Kunda,  dem  nördlichsten  Theile  Estlands  am 
Finnischen  Meerbusen,  ein  altes  Ganggrab,  und  zwar  ein  grosses  vermuthe,  denn 
der  Hügel  ist  3G0  Fuss  lang  und  182  Fuss  breit,  Oberfläche  220  Fuss  lang,  42  Fuss 
breit,  glaube  ich  Ihnen  geschrieben  zu  haben.  Wird  nicht  am  Ende  die  Nachricht, 
dass  meine  Vermuthung  sich  bestätigt  habe,  worüber  ich  Ihnen  telegraphiren  würde, 


(412) 

Sie  noch  einmal  in  unseren  Norden  laden?  Kunda  liegt  circa  40  Werst  nördlich, 
mit  Postrerbindung  von  Wesenberg  an  der  Baltischen  Bahn  (zwischen  Petersburg 
und  Reval);  von  dort  ist  auch  Eisenbahn -Verbindung  nach  Dorpat.  In  Reval  ist 
ein  sehr  interessantes  Museum  von  Alterthümern.  In  Petersburg  die  Schädel- 
sammlungen  Bogdanows  (angeblich  circa  3000  Meeren-Schädel).  Oder  vpir  könn- 
ten mit  meiner  Equipage  mit  den  bekannten  beiden,  Kahrlit  und  Kahrl,  eine  Tour 
ins  Land  hinein  machen,  etwa  von  Dorpat  über  Walk  zu  den  zwei  Schwaneburg 
u.  s.  w.  in  die  Letten-Gegend,  und  von  dort  nach  Wenden  oder  Ascheraden  u.  s.  w. 
Mit  etwas  Zeit  und  gesunden  Pferden  kann  man  bei  unseren  guten  Wegen  und 
den  offenen  Armen,  die  Ihrer  überall  harren  würden,  schon  weit  herum  kommen; 
nur  nicht  mit  Eisenbahneile,  hübsch  langsam,  Eile  mit  Weile,  wie  man  hier  noch 
sagt.  Wie  Sie  sehen,  scheint  mir  einem  Trojafahrer  Alles  möglich,  vollends  wenn 
nordisches  Blut  in  seinen  Adern  rollt.  —  Während  Sie  dem  Eintritt  der  heissen 
Jahreszeit  bei  Troja,  der  Malaria  u.  s.  w.  entflohen,  fängt  bei  uns  der  Frühling 
erst  an  einzuziehen,  die  Wiesen  sind  grün  geworden,  die  Knospen  an  den  Bäumen 
schwellen  an,  Scilla,  Hyacinthen,  Veilchen  stehen  in  voller  Blüthe,  und  es  zieht, 
trotz  früher  Jahreszeit  und  ziemlich  kühler  Witterung,  ein  Gewitter  nach  dem 
anderen  über  uns  hinweg." 

Es  war  die  hier  skizzirte  Reise,  welche  ihm,  wie  es  scheint,  den  Tod  brachte. 
Kaum  in  seine  angenehme  Häuslichkeit  zurückgekehrt,  verfiel  er  der  schweren 
Krankheit,  der  er  in  wenigen  Tagen  erlag.  Alle  die  Gedanken,  welche  ihn  die 
letzte  Zeit  beschäftigt  hatten,  ruhen  nun  auch.  Möge  wenigstens  die  Erinnerung 
daran  in  seinen  eigenen  Worten  erhalten  bleiben,  auf  dass  einst  der  rechte  Mann 
sie  wiedererwecke! 

Die  einsame  Wittwe  hat  in  dieser  Zeit  mich  würdig  befunden,  mir  auch  äusser- 
lich  die  Erinnerung  an  den  Verblichenen  lebendig  zu  erhalten.  Eines  der  reichsten 
Geschenke  —  die  Hauptausbeute  seiner  vorjährigen  Reise,  über  welche  wir  noch 
die  Berichte  von  seiner  Hand  erhalten  haben  —  ist  mir  von  der  Gräfin  zugegangen. 
Ich  werde  es  in  Ehren  halten  und  dafür  Sorge  tragen,  dass  es  für  den  rastlosen 
Geist,  der  es  zu  Tage  gefördert,  ein  ehrendes  Denkmal  bleibe, 

(8)  Hr.  Bastian  berichtet  in  einem  Bericht  an  den  Vorsitzenden  aus  Batavia, 
November, 

über  geschwänzte  Menschen  im  indischen  Archipel. 

„Die  Sage  von  den  Schwanzmenschen  hier  im  Archipelago  kennen  Sie  (beson- 
ders aus  Borneo,  sogar  neuerdings  auch  aus  Java).  Eine  interessante  Ergänzung 
erhielt  ich  in  Sumatra,  wo  am  letzten  Tage  meines  Aufenthaltes  unter  den  Redjang 
aus  einem  längeren  Gespräch  mit  den  Dorfhäuptern  plötzlich  der  Schwanzmensch 
hervorkam,  in  Verbindung  mit  alter  Vorgeschichte.  Der  Controlleur,  bei  dem  ich 
wohnte,  anerkannterweise  der  beste  Kenner  des  Landes  (in  Folge  seines  langen 
Aufenthalts)  war  nicht  wenig  verwundert,  das  er  bis  dahin  nie  davon  gehört  hatte, 
und  versprach  weitere  Nachforschung  in  den  als  Aufenthaltsort  genannten  Dörfern, 
Auch  hat  er  mir  seitdem  bereits  über  weitere  Auskunft  geschrieben.  Ich  werde 
versuchen,  die  Daten  möglichst  fest  zu  lokalisiren,  um  die  durch  alle  Continente 
spukende  Mythe  endlich  einmal  an  einen  bestimmten  Punkt  zu  greifen,  und  so, 
zwar  nicht  die  Geschwänzten,  aber  doch  den  psychologischen  Grund  ihrer  Entste- 
hung zu  erhalten.  Einen  I)eitrag  zu  dieser  Frage  erhielt  ich  durch  Dr.  Moscovicz, 
Er  erzählte  mir,  dass  er  bei  einer  im  Hospital  zu  Padang  1877  secirten  Leiche 
aus  Timor    einen    knorplig-fleischigen  Ansatz,    der    beweglich    war,    gesehen  habe. 


(413) 

Also  ähnlich  den  Beobachtungen  Gaffron's  (und  auch  vielleicht  Barch ewitz'). 
Ich  habe  ihn  gebeten,  zu  Papier  zu  bringen,  was  er  sich  noch  erinnerte,  und  dies 
dann  der  Gesellschaft  einzuschicken."  — 

Hr.  Virchow  zeigt  den,  schon  in  der  Sitzung  vom  18.  October  (Verh.  S.  305) 
von  ihm  erwähnten 

Schwanz  von  einem  menschlichen  Kinde. 

Wegen  der  genaueren  Beschreibung  verweist  er  auf  seine  ausführliche  Mitthei- 
lung in  seinem  Archiv  für  pathologische  Anatomie  und  Physiologie  und  für  klini- 
sche Medicin  Bd.  LXXIX.,  S.  178. 

(9)  Hr.  Fi n seh  schreibt  in  einem  Briefe  an  den  Vorsitzenden  d.  d.  Jaluit, 
30.  September,  über  seine 

Reise  nach  den  Marshalls-Inseln. 

Wir  verliessen  Honolulu  am  30.  Juli  und  langten  nach  20tägiger  Fahrt  am 
20.  August  hier  an,  wurden  aber  durch  Ungeschick  des  Lootsen  einen  Tag  in  der 
Passage  aufgehalten,  wo  wir  sehr,  sehr  nahe  daran  waren  zu  scheitern.  Durch 
Güte  des  Herrn  F.  Hernsheim  haben  wir  hier  Unterkommen  getroffen  in  einer 
Weise,  wie  ich  es  nicht  erwartet  hätte. 

Jaluit  oder  Dschalut  (Bonham)  ist  die  Hauptinsel  der  Marshallgruppe  und  Typus 
der  niedrigen  Coralleuinseln.  Die  Bevölkerung  der  Gruppe  hat  durch  den  Eiufluss  der 
Mission  schon  viel  von  ihren  Eigenthümlichkeiten  eingebüsst  und  befindet  sich  im  Pro- 
cess  der  Europäisirung,  im  Debrigen,  wie  wohl  fast  alle  Polynesier,  im  Aussterben.  — 
Ueber  die  Insulaner  selbst  bin  ich  diesmal  noch  nicht  im  Stande,  Ihnen  irgend 
etwas  Ausführlicheres  mitzutheilen,  da  ich  noch  immer  Material  sammle  und  recht 
eigentlich  mit  denselben  noch  nicht  fertig  bin.  —  Ueberhaupt  habe  ich  die  grösste 
Zeit  der  Zoologie  gewidmet.  Wenn  man  annimmt,  dass  wir  ca.  40  Tage  hier  sind, 
dass  davon  3 — 4  mit  Auspacken  und  Einrichten,  7  auf  meinen  Fieberanfall  hingehen, 
dass  man  überhaupt  in  diesem  Clima  nicht  so  arbeiten  kann,  als  zu  Haus,  so  wird 
man  in  ca.  30  Tagen  für  jede  einzelne  Branche  der  Wissenschaft  nicht  allzuviel 
Resultate  erwarten  dürfen.  Ich  kann  nur  versichern,  dass  ich  noch  nicht  eine 
müssige  Stunde  gehabt  habe,  obwohl  eine  Mittagsruhe  in  diesen  Breiten  eigentlich 
unbedingt  nöthig  ist.  Aber  die  12stüudigeu  Tage  mit  der  leidigen,  aber  noth- 
wendigen  Essenszeit  sind  ohnehin  zu  kurz.  —  So  arm  die  niedrigen  Koralleninseln 
auch  im  Ganzen  sind,  so  habe  ich  an  Thieren  doch  noch  viel  mehr  gefunden,  als 
ich  erwartete,  und  reiche  Sammlungen  fertig.  Hr.  Prof.  Peters,  dem  ich  ein  ober- 
flächliches Verzeichniss  einsende,  wird  Ihnen  mehr  darüber  sagen  können.  In  Bezug 
auf  „Species"  ist  der  hier  vorkommende  Tagfalter  in  seiner  Variabilität  ein  wahres 
Phänomen  und  wird  die  grosse  Serie,  welche  ich  davon  sammelte,  s.  Z.  ein  werth- 
volles  Material  bilden.  —  In  Betreff  der  Ethnographie  habe  ich  ebenfalls,  soviel  in 
meinen  Kräften  stand,  gearbeitet  und  zunächst  genaue  Maasse  einer  zeitweilig  hier 
lebenden  Bande  von  den  Gilberts  (Kingsmill-Gruppe)  gesammelt.  Ich  maass  12  Frauen 
und  8  Männer,  sowie  Kinder,  zeichnete  von  allen  diesen  umrisse  der  Hände  und 
Füsse,  so  dass  über  die  Kingsmill-Bewohner  wenigstens  eine  Grundlage  vorhanden 
ist.  Es  stellt  sich  bei  diesen  Insulanern  heraus,  wie  bei  allen:  dass  sie  in  Grosse, 
Färbung  etc.  sehr  variiren.  Solche  Eigenthümlichkeiten,  wie  Kürze  der  grossen 
Zehe,  welche  Maclay  hervorhebt,  sind  keineswegs  durchgehends  und  man  muss 
sich  sehr  hüten,  sie  für  besondere  und  eigenthümliche  zu  erklären.    Ebenso  geht  es 


(414) 

in  Bezug  auf  Tättowirung,  die  mit  Ausnahme  eines  gewissen  Dessins,  so  verschieden 
ist,  als  bei  uns  die  Kleider  sind.  Die  Aufzeichnungen  von  vorübergehenden  Reisenden, 
die  sich  möglichst  genau  zu  informiren  bestrebten,  aber  die  Eingebornen  gar  nicht 
oder  missverstanden,  und  solche  ungebildeter  Seeleute,  die  theilweise  als  Quelle 
dienen,  haben  über  Tättowirung  etc.  viel  Unrichtiges  verbreitet.  Was  ich  bis  jetzt 
hier  und  an  den  Kingsmillern  herauskriegte,  ist,  dass  Tättowirung  weder  mit  Alter, 
noch  mit  Rang,  Geschlecht  etc.  irgend  welchen  systematischen  Zusammenhang  hat. 
Farbensinn  habe  ich  auch  geprüft:  blau  und  grün  haben  die  gleiche  Bezeichnung! 
Aber  alle  diese  Ausfragungen  mittelst  Dolmetscher  etc.  sind  sehr  zeitraubend  und 
erfordern  schrecklich  viel  Geduld,  weil  die  Leute  ganz  anders  denken.  Solche  Unter- 
suchungen, wie  die  von  Miklucho-Maclay  über  Tättowirung  des  iMons  veneris, 
Farbe  der  Nymphen,  kann  ich  nicht  machen,  weil  derartige  Forschungen  von 
den  Haldwilden  nicht  verstanden  werden  und  ich  den  Respekt  verlieren  würde. 
Miklucho  ist  mit  einem  Sydney-Trader  nach  den  Admiralitäts  gegangen  und  wohnt 
in  einer  Eiugebornenhütte  mit  Eingebornen  zusammen  und  studirt  —  Haie!  von  denen 
er  täglich  neue  entdeckt.  Hr.  Robertson,  der  ihn  auf  den  Admiralitäts  traf,  fürchtet 
sehr,  dass  ihn  die  Eingebornen  aufessen  werden.  Maclay  hat  aber  Capitain  und 
Steuermann  einen  Schein  unterzeichnen  lassen,  dass  man  in  diesem  Falle  an  den 
Eingebornen  keine  Rache  resp.  Vergeltung  üben  soll,  sondern  sich  nur  bemühe, 
seinen  Kopf  zu  erhalten  und  in  Spiritus  nach  Petersburg  zu  senden. 

Von  Gesichtsmasken  habe  ich  5  angefertigt:  2  von  Jaluit-Männeru,  2  Gilberts 
(5  und  $),  1  Mann  von  Jap.  Allein  es  hält  sehr  schwer,  die  Eingebornen  dazu 
zu  bekommen,  sie  bleiben  nicht  ruhig,  und  ist  die  Maske  fertig,  so  hat  man 
wieder  Mühe,  den  Abguss  zu  conserviren,  weil  der  Gyp.s  gar  nicht  ordentlich  durch- 
trocknet. In  einem  Klima,  wo  das  Klinkerfues'sche  Hygrometer  stets  zwischen  90 
bis  100  steht,  trocknet  eben  fast  nichts  und  Alles  schimmelt.  Neulich  revidire  ich 
die  Abgüsse  und  finde  Schimmel,  Cocoarvaches,  Ratten!  zum  Verzweifeln,  doch 
konnte  ich  sie  eben  noch  retten.  Sobald  die  Masken  einigermassen  trocken,  packe 
ich  sie  ein  und  mache  sie  in  besonderer  Kiste  zum  Transport  für  Sie  bereit,  da 
im  October  ein  Schiff  aus  Europa  erwartet  wird,  welches  dann  gleich  direet  heim- 
kehrt. — 

Es  ist  mir  noch  nicht  gelungen,  Schädel  zu  erhalten.  Selbstausgraben  geht 
der  Eingebornen  wegen  nicht.  Doch  habe  ich  an  letztere  3—4  Doli,  pro  Stück 
versprochen,  aber  trotzdem  noch  keinen  erhalten.  IVlit  Photographien  (Rassen- 
köpfen) ist  bereits  ein  schwacher  Anfang  gemacht,  doch  ist  mein  Assistent  seit 
8  Tagen  krank,  und  so  bin  ich  nicht  im  Stande,  Ihnen  nur  Etwas  zu  schicken. 
Einige  Bilder  (Rassen:  Jaluit,  Gilbert)  sind  sehr  gut! 

(10)  Hr.  Weyenbergh,  Präsident  der  Academia  nacional  de  ciencias  in 
Cördoba  (Argentinische  Republik),  bittet  um  Zusendung,  beziehungsweise  Tausch 
der  Publikationen. 

(11)  Das  correspondirende  Mitglied,  Hr.  Frank  Calvert  in  den  Dardanellen, 
macht  Mittheilung  seiner  Beobachtungen  über  die 

Asiatische  Küstenlinie  des  Heilespont. 
Dieselben  werden  im  I.  Hefte  des  neuen  Jahrganges  der  Zeitschrift  abgedruckt 
werden. 


(415) 

(12)  Hr.  Missionar  Robert  W.  Felkin  übersendet  in  einem  Briefe  an  den 
Vorsitzenden  d.  d.  Rubaga,  Uganda,  4.  Mai,  neue 

Messungen  an  Bari  und  Bachopi. 

Er  verspricht  demnächst  grössere  Mittheiliingen  über  Waganda.  Die  jetzigen 
schliessen  an  die  in  der  Sitzung  vom   18.  October,  S.  316,  mitgetheilten  an: 

Die  gemessenen  Personen  waren  folgende: 

No.  45.  Maring,  Bari.  Skin  bishe  brown.  Iris  dark  brown,  conjunctivae 
dirty  yellow;  not  tattooed.  All  bis  teeth  good  except  the  four  lower  incisors, 
which  were  taken  out.  Weil  nourished,  muscles  well  formed.  No  Ornaments. 
Elephantiasis  of  scrotura.  Penis  obliterated,  tumour  one  metre  and  three  quarters 
in  circumference,  and   l,(j()  metre  from  pubes  to  basse. 

No.  46.  Käshü,  Bari.  Skin,  iris,  conjunctivae,  nourishment,  muscles  and  teeth 
same  as  45.     Not  tattooed.     No  ornameuts. 

No.  47.     Würdä,  Bari,  same  as  46. 

No.  48.  Jubee,  Bari.  Skin,  iris  and  conjunctivae  same  as  45.  Blind  right 
eye,  ulceration  of  Cornea.  Two  incisors  lower  jaw  extracted.  Well  nourished. 
Two  iron  rings  on  right  fore  arm,  eight  on  left.     Small  chaia  on  each  ankle, 

No.  49.  Nigia,  same  as  45.  Four  lower  incisors  taken  out.  Rings  on  arras 
same  as  48.     A  chain  of  dogs  teeth  round  neck. 

No..  50.  Küchack,  Bari.  Skin,  iris,  conjunctivae,  nourishment  and  teeth  same 
as  45.  Two  iron  rings  on  each  arm.  Chain  of  dogs  teeth  round  neck.  Chain  of 
Shells  round  waist. 

No.  51.  Zuajue.  Skin,  iris,  conjunctiva,  nourishment  and  teeth  same  as  45. 
Ring  of  black  beads  round  neck  with  wooden  whistle  and  small  oharms  attached. 

No.  52.  Jukoju,  Bari.  Skin,  iris,  conjunctiva  and  nourishment  same  as  45. 
Has  all  teeth,  but  caries  of  first  right  lower  molar.     No  Ornaments. 

No.  53.     Lado,  Bari.     Exactly  like  45,  teeth  included.     No  Ornaments. 

45  to  53  perfectly  uaked,  none  circumcised.  All  hair  shaved  oflf,  except  a  tuft 
of  dull,  curly,  black  hair  at  the  back  of  the  head.  Palms  and  soles  lighter  shade 
of  same  colour  as  skin. 

No.  54.  Agonyi,  Ciiopi.  Skin  dark  brown.  Iris  brown.  Conjunctivae  dirty 
(iark  orange  yellow.  Palms  and  soles  lighter,  nails  lighter,  teeth  all  good,  four 
lower  incisors  taken  out,  body  well  nourished.  Well  formed  muscles  of  legs  and 
arms. 

54  to  49  inclusive.  Hair  curly,  woolly,  short,  little  hair  on  upper  lip 
and  chin. 

No.  55.     Watema,  ditto,  ditto. 

No.  56.  Wanda.  Hair  crisp  and  platted  dull.  Few  hairs  on  upper  lip 
and  chin. 

No.  57.     Singama.     Ditto,  ditto.     Hair  shaved. 

No.  58.     Bell.     Ditto,  ditto.     Hair  curly  crisp,  dull  and  short. 

No.  59.     Jock.     Ditto,  ditto.     Head  shaved. 

No.  54  to  59  were  all  clothed  in  skins,  none  circumcised.     No  Ornaments. 


(416) 


Bari. 


Measured  at 

Kerrie 

Numero 

( 

45 

46 

47 

48 

49 

50 

51 

52 

53 

Age 

26 

32 

40 

24 

25 

24 

28 

27 

26 

Sex 

5 

5 

5 

5 

5 

5 

5 

5 

5 

Pulse 

76 

78 

80 

69 

72 

80 

82 

78 

81 

Resp. 

18 

19 

18 

17 

16 

19 

20 

18 

19 

Temp.  Ft 

98,1 

98,2 

98,4 

97,8 

98,0 

97,8 

97,6 

98,0 

98,3 

1 

175,8 

176,2 

183,2 

175,0 

172,4 

176,0 

167,5 

167,0 

166,0 

2 

19,5 

19,9 

19,2 

20,0 

19,8 

18,4 

19,5 

19,4 

19,9 

3 

14,2 

15,6 

14,2 

14,5 

14,2 

13,6 

15,2 

14,3 

14,0 

4 

12,3 

12,4 

11,9 

12,6 

11,8 

12,4 

11,8 

11,7 

12,3 

5 

11,7 

10,6 

10,7 

9,2 

9,3 

9,7 

10,5 

10,0 

10,4 

6 

9,-8 

11,0 

10,9 

10,0 

10,4 

9,9 

11,5 

10,4 

10,5 

7 

13,2 

13,0 

12,0 

12,0 

12,4 

12,5 

12,8 

12,0 

12,6 

8 

5,2 

5,3 

4,2 

5,0 

4,6 

4,9 

4,3 

4,8 

4,7 

9 

22,4 

24,6 

23,2 

20,9 

22,4 

21,0 

21,3 

20,9 

20,6 

10 

8,0 

8,2 

9,0 

6,4 

9,3 

8,2 

7,1 

9,3 

7,9 

11 

55,0 

53,0 

53,2 

51,5 

51,8 

52,8 

48,7 

52,6 

49,8 

12 

100,8 

108,2 

112,8 

114,6 

107,2 

109,2 

103,2 

100.2 

102,8 

13 

94,3 

95,8 

98,0 

111,2 

95,0 

95,8 

91,3 

87,6 

90,3 

14 

12,9 

13,6 

13,5 

12,3 

12,2    , 

12,4 

12,3 

11,5 

12,3 

15 

14,2 

14,3 

13,1 

12,8 

13,1 

13,0 

14,1 

14,0 

13,6 

16 

3,2 

2,9 

3,1 

3,6 

3,9 

3,0 

3,0 

3,2 

3,4 

17 

4,1 

4,6 

4,0 

3,8 

3,6 

3,7 

4,5 

4,7 

3,9 

18 

4,8 

4,6 

4,4 

5,0 

4,8 

5,6 

5,0 

4,2 

4,8 

19 

5,1 

4,6 

4,8 

5,8    ' 

5,0 

4,6 

5,4 

5,8 

5,6 

20 

12,4 

12,2 

12,9 

11,6 

11,9 

11,1 

11,7 

11,4 

11,8 

21 

13,4 

13,5 

12,7 

11,7 

12,2 

12,0 

12,3 

12,4 

12,4 

22 

15,0 

15,1 

13,8 

13,1 

14,1 

13,3 

14,4 

13,4 

13,5 

23 

15,1 

15,9 

15,1 

13,8 

13,9 

13,3 

13,8 

14,0 

13,6 

24 

57,0 

56,8 

55,3 

55,2 

56,0 

53,3 

54,8 

54,3 

55,0 

25 

32,0 

32  4 

33,0 

30,5 

32,0 

29,2 

32,3 

32,6 

31,6 

26 

91,4 

93;2 

85,0 

83,0 

80,2 

80,4 

82,0 

79,8 

83,6 

27 

20,0 

23,0 

20,2 

20,2 

20,2 

17,4 

21,2 

18,4 

21,3 

28 

38,9 

47,6 

46,3 

39,5 

40,0 

42,5 

41,6 

39,5 

38,2 

29 

79,9 

83,5 

75,0 

72,0 

73,4 

73,2 

75,3 

74,6 

80,2 

30 

30,5 

31,6 

28,2 

26,2 

27,3 

28,0 

29,3 

26,2 

26,9 

31 

81,5 

79,0 

80,5 

81,2 

79,0 

78,7 

77,8 

73,8 

71,5 

32 

34,8 

32,4 

33,0 

32,8 

32,8 

32,0 

30,0 

29,0 

31,8 

33 

31,9 

30,5 

30,8 

30,0 

29,2 

28,9 

29,0 

27,3 

25,8 

34 

21,8 

20,2 

20,6 

19,2 

19,8 

18.7 

19,5 

18,2 

17,1 

35 

99,2 

100,2 

104,8 

102,3 

102,0 

98,3 

92,6 

91,0  ■ 

92,8 

36 

45,3 

46,0 

52,2 

45,3 

49,0 

45,0 

42,2 

40,5 

43,3 

37 

48,6 

50,2 

48,3 

49,5 

49,5 

47,2 

45,9 

44,2 

43,1 

38 

26,7 

27,3 

27,4 

25,4 

25,8 

25,4 

25,8 

23,4 

23,3 

39 

32,3 

31,8 

32,5 

31,2 

30,8 

28,9 

32,0 

31,8 

32,4 

40 

31,8 

36,5 

31,2 

34,0 

31,2 

30,8 

32,6 

31,0 

31,2 

41 

— 

54,0 

44,0 

— 

43,5 

46,8 

48,0 

46,8 

50,6 

42 

33,9 

34,8 

30,7 

32,0 

29,6 

31,5 

37,0 

31,0 

33,2 

43 

27,5 

30,8 

25,9 

23,0 

23,0 

22,3 

27,5 

25,0 

25,5 

44 

25,4 

28,7 

25,6 

22,8 

22,9 

23,8 

26,2 

25,6 

24,7 

45 

8:5,5 

84,8 

76,3 

74,0 

72,3 

73,8 

75,0 

75,2 

78,0 

46 

88,2 

95,3 

83,2 

81,2 

80,4 

86,7 

84,2 

81,5 

87,2 

47 

197,3 

183,0 

191,4 

185,4 

184,6 

185,2 

175,3 

170,0 

170,8 

48 

22,5 

21,0 

20,2 

16,3 

19,5 

16,8 

18,0 

17,0 

17,6 

49 

4,3 

4,2 

3,3 

3,3 

3,2 

3,6 

3,3 

3,4 

3,1 

50 

25,6 

26,6 

25,3 

23,6 

25,0 

23,1 

25,1 

24,6 

24,8 

Date 


23./11.  78 


25./11.   78 


(417) 


B  a  c  h  0  p  i. 


Measured  at  Joweira 

Numero 

54 

55 

56 

57 

58 

59 

Age 

50 

26 

25 

24 

30 

32 

Sex 

5 

6 

5 

6 

6 

6 

Pulse 

76 

81 

76 

80 

74 

76 

Resp. 

18 

16 

15 

17 

15 

16 

Temp.  Ft 

07,8 

98,0 

97,4 

97,6 

97,5 

98,2 

1 

165,7 

181,9 

181,3 

172,4 

167,2 

172,1 

2 

19,4 

17,9 

20,4 

19,3 

19,6 

20,1 

3 

14,5 

14,3 

15,2 

14,4 

14,7 

14,2 

4 

11,0 

11,1 

13,2 

11,2 

11,7 

12,0 

5 

9,4 

10,6 

9,9 

10,2 

10,0 

8,9 

6 

9,9 

9,7 

10,3 

9,2 

9,0 

.    8,8 

7 

12,8 

12,7 

12,6 

13,6 

11,7 

11,6 

8 

4,7 

4,1 

4,9 

4,9, 

4,6 

5,1 

9 

21,9 

22,8 

23,4 

21,8 

21,6 

21,5 

10 

5,6 

6,4 

7,3 

7,0 

7,9 

6,3 

11 

47,9 

55,8 

55,3 

52,6 

52,9 

53,0 

12 

97,2 

107,2 

108,0 

106,8 

100,6 

100,9 

13 

86,3 

95,1 

95,2 

94,0 

83,3 

84,2 

14 

13,3 

14,2 

14,7 

13,4 

12,6 

12,7 

15 

12,6 

12,4 

11,7 

13,2 

12,4 

12,6 

16 

3,2 

3,3 

3,8 

3,7 

3,3 

3.5 

17 

4,6 

4,6 

3,9 

4,0 

4,0 

4,5 

18 

4,7 

3,6 

5,3 

4,7 

3,9 

4,8 

19 

5,1 

6,1 

4,9 

5,7 

4,9 

5,8 

20 

12,2 

11,8 

13,2 

11,9 

11,6 

11,4 

21 

13,1 

13,0 

13,9 

12,6 

12,1 

12,1 

22 

14,3 

14,0 

14,9 

14,3 

14,3 

14,0 

23 

13,4 

14,3 

15,4 

13,6 

14,2 

14,3 

24 

56,7 

57,3 

59,2 

56,3 

57,0 

56,7 

25 

32,3 

34,0 

33,8 

32,7 

32,0 

31,8 

26 

89,3 

84,2 

94,0 

90,4 

89,0 

83,0 

27 

21,1 

21,2 

22,0 

21,3 

— 

— 

28 

40,2 

41,5 

42,3 

39,7 

38,2 

39,2 

29 
30 
31 

79,0 

81,5 

83,3 

77,0 

— 

— 

76,3 

82,0 

84,3 

76,8 

78,2 

76,2 

32 

34,2 

32,3 

33,1 

32,9 

29,9 

30,3 

33 

28,9 

32,0 

32,0 

31,3 

30,8 

29,0 

34 

18,8 

21,7 

21,3 

19,8 

19,3 

19,8 

35 

63,2 

103,8 

99,4 

97,2 

92,8 

95,4 

36 

42,3 

47,3 

46,8 

43,7 

41,2 

43,2 

37 

39,3 

50,2 

44,3 

46,2 

46,3 

46,7 

38 

24,3 

28,1 

28,3 

26,4 

26,7 

25,8 

39 

33,2 

34,0 

34,3 

32,1 

33,7 

32,6 

40 

36,0 

35,3 

33,4 

33,2 

33,4 

32,0 

41 





— 

— 

— 

— 

42 

32,0 

33,8 

36,4 

33,0 

35,2 

34,0 

43 

28,0 

27,6 

26,3 

26,4 

26,8 

25,3 

44 

27,8 

26,2 

26,9 

27,0 

25,4 

24,8 

45 

— 

— 

— 

— 

— 

46 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

47 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

48 

— 

— 

— 

— 

— 

49 

3,2 

3,4 

4,0 

3,2 

3,0 

3,2 

50 

24,7 

25,6 

26,4 

24,2 

25,1 

25.4 

Date 

lO./l 

l.   79, 

Verhandl.  der  Berl.  Antropol.  Gesollschaft  187a. 


(418) 


No.  1—38  are  your  Nos. 

„     39.  Are  from  rout  of  nose  to  inion  over  the  head. 

„     40.  Circumference  of  neck,  maximum, 
„41.  r>  «  thigh, 

„     42.  „  „  calf, 

„43.  r,  «  arm,  „ 

„44.  „  „  forearm,      „ 

„     45.  „  „  haunches,    „ 

^46.  „  „  Trochanters. 

„     47.  Fathom  or  Span  of  outstretched  arms. 

48.  ^  „      „    thumb  and  med.  finger. 

„     49.  Length  of  thumb  from  2.  Joint  to  tip. 

50.  Greatest  width  head  from  chin  upwards  and  backwards. 

Soweit  Hr.  Felkin.     Mein  Sohn  Ernst  hat  daraus  in  ähnlicher  Weise,  wie  es 
früher  durch  Hrn.  Israel  geschehen  war,  die  Hauptiadices  berechnet: 


Bari 

-Man 

n  e  r 

45 

46 

47 

48 

49 

50 

51 

52 

53 

Schädelindex      .     . 

72,8 

78,4 

74,0 

72,5 

71,7 

73,9 

77,9 

73,7 

70,4 

Oberhöhenindex 

66,2 

68,3 

70,3 

61,5 

61,6 

67,4 

63,1 

59,2 

61,8 

Nasenindex   .     .     . 

78,8 

86,7 

95,2 

76,0 

78,2 

75,5 

104,0 

97,9 

82,9 

Malarindex    .     .     . 

94,3 

85,4 

89,9 

73,0 

77,8 

78,2 

88,9 

85,4 

84,5 

Mandibularindex     . 

79,6 

88,7 

91,6 

79,3 

88,1 

79,8 

97,4 

85,8 

85,3 

Jugalindex    .     .     . 

107,3 

106,4 

100,8 

95,2 

105,0 

100,8 

108,4 

102,5 

102,4 

B  a  c  h  0  p  i 

54 

55 

56 

57 

58 

59 

Schädelindex   .     , 

74,7 

79,9 

74,5 

74,6 

75,0 

70,6 

Oberhöhenindex   . 

68,6 

79,3 

72,0 

69,4 

64,3 

63,1 

Nasenindex.     .     . 

97,8 

112,1 

79,5 

81,6 

86,9 

88,2 

Malarindex  .     .     . 

85,4 

95,5 

75,0 

91,0 

85,4 

74,0 

Mandibularindex  . 

90,0 

89,1 

78,0 

82,1 

76,9 

73,3 

Jugalindex  .     .     . 

116,3 

114,4 

95,4 

121,4 

100,0 

96,6 

Daraus    ergeben    sich    folgende  Mittel,  wobei  für  die  Bari  unter  a  und  b  das 

Gesammtmittel    (unter    Hinzurechnung    der  in    der    früheren    Tabelle    enthaltenen 
Individuen)  gegeben  ist: 

Bari-Männer  (23).  Bari  überhaupt  (35).     Bachopi  (6). 

a.  b. 

Längenbreitenindex      .     72,9  72,8                        74,9 

Ohrhöhenindex   ...       —    (64,3)  —                           69,4 

Nasenindex    ....    80,7  79,9                        91,0 


(419) 

Bari-Männer  (23).    Bari  überhaupt  (35).     Bachopi  (6). 
a.  b. 

Malarer  Gesichtsindex    104,G  l(l8,5  84,5 

Mandibularer     „  112,9  117,0  81,5 

Jugaler  „  101,4  99,9  107,3 

Körperhöhe     ...      1751  1728  1734 

Die  Bachopi  sind  also  eben  noch  dolichocephal,  wenngleich  an  der  oberen 
Grenze  dieses  Maasses.  Dafür  ist  auch  ihr  Ohrhilhenindex  viel  beträchtlicher,  als 
der  der  Bari.  Ganz  auffällig  dagegen  ist  die  Gesichtsbildung.  Der  Nasenindex  ist 
der  höchste  überhaupt  unter  diesen  Negern  beobachtete;  in  einem  Falle  betrug  er 
112.  Auch  der  Jugalindex  ist  gross.  Dafür  sind  aber  der  malare  und  der  mandi- 
bulare Gesichtsindex  ungewöhnlich  niedrig.  Es  scheint  daher,  dass  die  physischen 
Eigenschaften  dieses  Stammes  sehr  abweichende  sind. 

(13)  Der  Herr  Ünterrichts-Minister  übersendet  einen  Bericht  des  Hrn.  Studien- 
rath  Müller  über  die  Untersuchungen  des 

Gräberfeldes  bei  Clauen  (Amts  Peine). 

Das    Leichenfeld    war    grossentheils    schon  zerstört,    Hess   jedoch    noch    einen 

früher    beträchtlichen     umfang    erkennen.      Im  Ganzen    wurden    4   Skelette    nebst 

einigen  Kohlen    und    Urnenscherben    gefunden.  Hr.  Prof.  Krause    aus  Göttiugen 
hat  die  Beschreibung  übernommen. 

(14)  Hr.  Maler  Schulz- Marienburg  hat  eine  grosse  Zahl  von  Oelbildern  aus 
Lappland  ausgestellt  und  berichtet,  unter  Vorlegung  zahlreicher  Skizzen  und  Ge- 
räthe,  über  seine 

Reise  nach  Lappland. 

Am  29.  Juni  vorigen  Jahres  (1878)  traf  ich  in  Tromsö  (unter  dem  69,7"  nördl. 
Breite)  ein  und  begab  mich  sofort  auf  die  Suche  nach  den  Lappen.  Die  Stadt 
selbst  macht  einen  sehr  freundlichen  und  fast  grossstädtischen  Eindruck,  obwohl 
sie  nur  klein  ist,  und  wird  mit  Recht  das  nordische  Paris  genannt.  Auf  einer 
malerisch  mit  Birken  bestandenen  Insel,  umgeben  von  zahlreichen  Villen,  hat  Tromso 
etwas  mehr  als  6000  Einwohner.  Hier  zeigten  sich  die  ersten  Lappen,  welche 
man  dort  in  norwegische,  schwedische  und  sog.  Fischerlappen  scheidet.  Die  ersten 
tragen  die  norwegischen  Nationalfarben:  blau,  roth,  weiss;  die  aus  Schweden  blau, 
roth,  gelb;  die  Fischerlappen  gewöhnlich  nur  zwei  Farben  und  zwar  gemischt. 
Die  Winterkleidung  besteht  aus  Wams,  Hosen  und  Schuhen  aus  Renthierfellen, 
die  Sommerkleidung  aus  groben  blauen  Wollstoffen;  viele  aber,  namentlich  die 
ärmeren,  tragen  auch  in  der  grössten  Hitze  Pelze.  Die  Fischerlappen  tragen  Sommer 
und  Winter  schmutzig-weisswollene  Kleidung  und  nur  farbige  Mützen,  Die  Berg- 
oder Fjeld-Lappen,  nämlich  die  norwegischen  und  schwedischen,  sind  Nomaden, 
die  Fischerlappen  ansässig  am  Strande.  Den  Lappen  um  Tromsö  herum  hat  die 
Regierung  für  den  Sommer  das  Tromsdal  angewiesen,  weil  sie,  verhöhnt  und  über- 
vortheilt,  in  stetem  Streite  mit  den  Norwegern  leben ;  die  Fischerlappen  aber  wer- 
den, wegen  ihrer  Miscliehen  mit  norwegischen  Männern  und  Frauen,  selbst  von  den 
anderen  Lappen  verachtet.  Trost  hierfür  suchen  sie  in  unmässigem  Geiiuss  von 
Branntwein  oder  schlechtem  Rum,  fast  ihrem  einzigen  Getränke.  Bereits  Sonn- 
abends Nachmittags  um  5  Uhr  sind  fast  alle  betrunken,  weil  von  da  ab  bis  Montag 

früh  um  8  Uhr  kein  Branntwein  verkauft  werden  darf.    Auf  Grund  dieses  Gesetzes, 

37« 


(420) 

dessen  Ausführung  die  Polizei  strengstens  überwacht,  glauben  sie  schou  am  Sonn- 
abend   enorme   Mengen    in    ihrem  Innern  bergen    zu  müssen.     Die  hier  skizzirten 
Lappen   sind   aus  Käretsüando  (68«  n.  Br.,  40°  östl.  L.  von  Ferro).     Wie   auf  der 
Skizze  „auf  dem  Fjorde"  dargestellt  ist,  sah  ich  diese  Lappen  in  einem  norwegischen 
Boote  nach  Tromsdal  herüberfahren,  dessen  Eingang  in  der  Mitte  des  Bildes!  Un- 
regelmässig rudernd  fahren  sie  erst  aufwärts,  weil  zwei  Malströme  zu  passiren  sind. 
Von  diesen  hat  der  erste  Rollwellen,    welche  nach  Süden  gehen,    der  zweite,  nahe 
dem  jenseitigen  Ufer,  kurze,  spitze,  nach  oben  gehende,  wie  kochendes  Wasser,  aber 
mit    der  Richtung    nach  Norden.     Mit  dem  Boote   diese  starke  Bewegung,    welche 
selbst  bei  ruhigem  Wetter  ist,  zu  durchschneiden,  würde  niemals  den  Lappen  ge- 
lingen,   der  Strom  würde  sie    mitfortreissen.     Deshalb  brauchen  sie  zur  Ueberfahrt 
zwei  volle  Stunden,  weniger  nur  geübte  Norweger.     Hierbei  sei  bemerkt,  dass  die 
Lappen    in  ihrer    eigentlichen  Heimath,    trotz  der  Fälle,    von  den  Bergen  auf  den 
Flüssen    in    die  Thäler  fahren    und   hierbei   ausserordentliche  Geschicklichkeit  ent- 
wickeln.    Nach  dem  Süden  zu  bis  Bodo  (etwa  67  °  n.  Br.),    allein  mehr  nach  dem 
Innern  zu,    finden  sich  Fjeld-Lappen   mit  festen  Wohnungen    auf  den  Bergen,    und 
zwar   in    der    Nähe    von  Fjorden,    die    mit  dem  Meere  Verbindung  haben.     Darin 
liegt    der  Grund    des  Nomadenthums    der  Lappen.    Ihrem  ganzen  Reichthume,  der 
nach  Renthieren  zählt,    droht    sommerlich    auf   den  Bergen   die  Seuche,    die  Maul« 
faule,    welche    die  Thiere  bei  Aufenthalt  am  Meere  verschont.     Ausserdem  wüthen 
die  Muskitosch wärme  an  heissen  Sommertagen  mehr  im  Innern  als  an  der  See  mit 
den    schnell   wechselnden  Temperaturverhältnissen.     Es   heisst  dort,   der  Westwind 
wehe  diese  gefrässigen  Insektenschwärme,  oft  dicht  gleich  einer  Wolke,  von  Amerika 
herüber,  so  ausgehungert  richteten  sie  gewaltigen  Schaden  an,  besonders  wenn  sie 
in    eine  Heerde    von  300—600  Thiere    einfielen.     Nachdem    ich    die  Skizze    fixirt, 
dampften  wir  mit  der  ersten  Minute    nach  Mitternacht    bei  Tageshelle  weiter    gen 
Norden.     Das  Thermometer  zeigte   TVa^R-   und  fiel  in  31/2  Stunden  auf  5".     Am 
selben  Tage  (30.  Juni)  Abends  (8  Uhr)  kamen  wir  nach  Hammerfest.    Das  Thermo- 
meter stieg    und    zeigte  am  folgenden  Tage  25°  Wärme.     Fischerlappen  mit  ihren 
Wohnungen    erregten  meine  Aufmerksamkeit    und  ich  skizzirte,    soviel  ich  konnte, 
denn    mit    der    ersten  Minute   des   L  Juli   ging    es   weiter.     Kräftige  Ruderschläge 
brachten  mich  7  Uhr  früh  bei  schöner  Morgensonne  an's  Land,  an  die  Insel  Gjes- 
wärsö,  der  nördlichsten  Niederlassung  mit  Post-  und  Telegraphenstation.   Die  Dampfer 
fahren  nun,  nur  bei  schönem  Wetter  eine  Stunde  lang  anhaltend,  östlich  um  Nord- 
cap  bis  Wadsö.     Ich  musste  daher  im  Boote  mit  zwei  Fischern  weiter  fahren.    Die 
Kämme  der  Wellen  des  Eismeeres  waren  bis  200  Fuss  von  einander  entfernt,  aber 
nicht  höher  als  12 — 15  Fuss.    Schwere  Arbeit  hatte  die  Leute  und  die  stete  Bran- 
dung von  Norden   erschwerte  noch  das  Landen.     Leicht  wird  ein  Boot  zerschellt, 
darum    sind    die  Schiffer  dort   ängstlich.     Nur  dem  vollen  Winde  hatten  wir  eine 
nur  vierstündige  Fahrt  zu  verdanken.     Es  war  kalt,  den  Abend  vorher  zeigte  (um 
11  Uhr)  trotz  der  schönen  Sonne  das  Thermometer  nur  3°R.,  fortwährend  fallend. 
Wir  schickten  die  Leute  zurück,   sie  sollten  uns  am  3.  Tage  (Nachmittags  4  Uhr) 
von  derselben  Stelle  abholen,  unweit  von  einem  Wasserfalle,  an  dessen  Seiten  eine 
interessante  Flora  blühte,  vereinzelte  Weidenbäume  von  1  Fuss  Höhe.    Unser  Weg, 
welcher  über  Schnee-,  Eis-  und  Steinfelder  ging,    dann   durch    Moräste,    war  sehr 
beschwerlich,  besonders  über  die  Steinfelder,  da  die  Spitzen  der  Steine  oft  sämmt- 
lich  nach  oben  gekehrt  waren.     Bald  sahen  wir  Hunderte  von  Renthieren,  die  hier 
zum  Theil  verwildert  leben,    dann  aber  desto  schöner  sind;    in  der  Farbe,    welche 
mit  der  Jahreszeit  wechselt,  waren  sie  weissgelb.    Die  Thiere  auf  der  ausgehängten 
Skizze  sind  vom  Nordcap,  die  Stimmung  und  Landschaft  weiter  südlich.    Ein  alter 


(421) 

Bock,  mit  einer  Glocke  um  den  Hals,  ist  Führer  der  Heerde,  ihm  folgen  alle  Thiere 
dicht    gedrängt    im  Trabe,    denn  das  freiere  Thier  ist  scheuer;    später    konnte    ich 
durch  Lockrufe    mich    zweien    auf  5 — G  Schritte  nähern.     Interessant  ist,  wenn  die 
La])pen    mit    ihrer    Heerde   einen    Fjord    passiren.     Der   Bock   wird    ins   Boot    ge- 
schleppt, man  rudert  ab  und  nach  einigem  Rennen  am  Lande  stürzt  sich  die  ganze 
Heerde  in  den   Fjord  und  schwimmt  nach.    Man  sieht  dann  einen  Wald  von  Renn- 
thiergeweiheu,    aber    alle  schwimmen    in  guter  Ordnung  und  Richtung.     Trotz  der 
eifrigsten  Suche  und  einer  mehr  als  zwölfstündigen  Wanderung  entdeckte  ich  weder 
Lappen    noch  Gammen.     Karte    und  Compass,  Uhr  und  Sonne  waren   Führer,  und 
eine    halbe  Stunde    vor  Mitternacht  gelangte    ich    mit    meinem  Gefährten,   an    der 
Säule  König  Oskar  IL,  an   den  äussersten  Rand  des   Nordcap.     Die  Insel   Magerö, 
auf  der  es  liegt,  ist   18  Quad. -Meilen  gross.     Das  Thermometer  zeigte  4,  am  andern 
Tage  6°  Kälte,    der  Nordwind  pfiff,    die  sehr  schöne  Mitteruachtsonne  vom   1.  zum 
3.  Juli  stand  etwa  22—23°    über    dem  Horizont.     Vor  Allem  errichteten  wir  einen 
Kochheerd,  bauten  aus  den  herumliegenden  Steinen  einen  Verschlag  zum  Schlafen, 
während  ausgerissene  Grasbüschel  die  Matratze  bildeten.    Zur  bestimmten  Zeit  kehrte 
ich  im  selben  Boote  nach  Gjeswärsö  zurück.    Abends  am  5.  Juli  fühlten  wir  uns  in 
gehörig    geheiztem  Zimmer    sehr  wohl,    wir    hatten    uns  Frostbeulen,  Muskitobisse 
und  Erkältung  geholt.    Die  Fischerlappen  sind  hier  so  schmutzig,  nach  Thran  stin- 
kend, dass  eine  Annäherung  beim  besten  Willen  nicht  möglich  war,  zumal  sie  nur 
in    einer  Thranbrenuerei    sich    bewegten.     Wir    dampften    daher  mit   dem   zurück- 
kehrenden Dampfer    den  6.  (2  Uhr)    Morgens    wieder    südlich    bei  4°  Wärme.     In 
Hammerfest,  früh  S  Uhr,  ging  es  au  das  Skizzireu,    da  wir   bloss   13  Stunden  Zeit 
hatten.     Haminerfest,  bewohnt  von  F'ischern  und  Händlern,    besteht  ausser  einigen 
Gammen,  welche  halb  von  Stein,  halb  von  Erde  sind,  und  auch  einige  nothdüiftige 
Fenster   haben,    aus    lauter  hölzernen    Häusern,      Nahe   der   Stadt   bezeichnet   eine 
Säule  die  Stelle  der  grossen ,    gemeinschaftlich  von   Russland ,   Schweden  und  Nor- 
wegen   hier    abgeschlossenen  Gradmessung.     Eine   halbe  Meile  von  Hammerfest  ist 
ein  niedriger,    kleiner  Birkenwald.     Mit  üebergehung   meiner  Weiterreise   erwähne 
ich,    dass    ich    am   10.  die  Fahrt  über  die    obenerwähnten  Malströme   ins  Thal    der 
Lappen,  gegenüber  von  Tromsö,  machte.   Nach  einem  nicht  unbeschwerlichen  Marsche 
lag  die  Ebene  mit  ihren  Gammen,   gelblichen,    riesigen  Maulwurfshügelu  nicht  un- 
ähnlich,  vor   unseren  Blicken.     Die    erste  Familie  (Bild  a),   nach   dem  Mittagessen, 
Hess  sich  einigermaassen  fixiren,    da    sie    nichts  von   dem  Vorgange  merkte,    denn 
der  Aberglaube,  dass  der  Gemalte  sterbe,  ist  ihnen  unwiderlegbar.     Aber  bald  zog 
eine  Herrengesellschaft,   15  Köpfe  stark,  auf  die  wir  unterwegs  trafen,  ihre  geschäft- 
liche Aufmerksamkeit    an.     Bald    gab    es    grosses  Hunderennen    und  Bellen,    dann 
kamen    die    Kinder,    die    uns    ihre    aus   Renthierknochen    geschnitzten  Löflfel,    von 
denen  einer  zur  Stelle,   zum  Kaufe  anboten,  bald  zogen  sich  die  Alten  in  ihre  Hütte 
zurück,  nun  erst  das  Skizziren  merkend,  wofür  sie  viel  Geld  verlangten.    Ein  alter 
Oberlappe  gerbte    noch    sein  Renthierfell,    bald    folgte    auch    er  den  anderen.     Ich 
folgte  nach  (Bild  b)  in  die  Hütte,  wo  sich  die  Leute  ihren  Mokka  bereiteten.     Da 
mir  Alles  daran  lag,  das  Innere  zu  skizzireu,  so  vereinigte  ich  mich  mit  den  Kaufleuten 
dahin,  dass  sie  um  einen  feinen  silbernen  Becher  feilschten,  so  lange  bis  ich  fertig 
wäre.     Der  Becher  war    von  gutem  Silber,    geschweift,    mit  viereckigen  Zicrrathen 
behangen    und   gravirt.     Es  wurden   sechszehu  Kronen   verlaugt,   dann  2  herunter- 
gelassen, wieder  aufgeschlagen  und  schliesslich   die  ersten  16  bezahlt.     Alle  waren 
dabei  so  betheiligt,  dass  ich  in  den  zwei  Stunden  recht  gut  arbeiten  konnte.    \  or- 
weislich  und  erfolgreich  hatte  ich  eine  Kreisfläche  Insektenpulver  um  mich  gestreut, 
fast  unerträglich  war  der  Geruch  in  der  Hütte.     Denn  die  Oeffnung   in  der  Decke 


(422) 

lässt  nur  ungenügend  Dünste  und  Dampf  heraus,  während  die  frische  Luft  kaum 
Eingang  findet.  Eine  Wiege,  im  Vordergrunde,  war  sehr  bemerkenswerth,  Kaffe- 
tassen  und  Kessel  sind  modernen  norwegischen  Ursprungs.  Die  Lappen  sind  in- 
telligent und  schlau,  aber  faul,  möchten  sich  gern  auf  leichte  Weise  Geld,  und  zwar 
viel  verschaffen,  was  ihnen  aber  nicht  gelingt,  weil  die  Norweger  schlauer  sind.  Die 
Freundschaft  der  jüngeren  Generation,  die  durch  Anlehnen  an  meine  Schultern 
bekundet  wurde,  drängte  mich  zur  Hütte  hinaus.  Die  Skizze  „nach  dem  Abend- 
essen" ist  in  einer  Zeit  entstanden,  wo  die  Sonne  dem  Horizonte  schon  sehr  nahe 
war,  daher  mehr  Dämmerung  in  der  Landschaft  ist,  und  zwar  vor  meiner  Abreise 
von  Tromsö  (am  22.),  von  wo  ich  nach  den  Lofoden  fuhr.  Ausserdem  war  ich 
noch  in  Lyngseidet  am  Lyngenfjord,  wo  ich  auch  schwedische  Lappen  fand.  Das 
Gold  und  Silber,  das  die  Lappen  einst  besessen,  schwindet  immer  mehr,  die  Rei- 
senden, meist  Engländer,  kaufen  es  ihnen  oft  für  hohe  Summen  ab,  der  Betrag 
wird  vertrunken,  das  Volk  aber  immer  iirmer.  Die  Missionäre  haben  viele  Mühe 
mit  ihnen,  doch  lernen  sie  lesen  und  schreiben.  Wir  konnten  uns  immer  gut  mit 
ihnen  verständigen,  die  Flinte,  welche  ich  mitführte,  that  auch  das  Ihrige  dazu. 
Zwei  Jahre  vor  meiner  Reise  (wenn  ich  nicht  irre)  hatten  die  Lappen  im  Innern 
einen  Reisenden  überfallen  und  vollständig  ausgeplündert.  Sind  auch  nicht  alle 
Spitzbuben,  so  giebt  es  doch  viele  unter  ihnen.  Manche  sind  harmloser  geworden  und 
werden  es  immer  leicht  zu  Ausländern,  weil  diese  freundlich  mit  ihnen  umgehen. 
Der  Thermometerstand  bis  zu  meiner  Abreise  am  22.  Juli  wechselte  zwischen  6  und 
10*'  R.  (einmal  12°  R.).  Der  mit  ewigem  Schnee  bedeckte  Berg  in  der  Ferne  ist 
der  1300  771  hohe  Tromsdalstind.  Die  Renthiere  dieser  Familie  befanden  sich  auf 
der  Höhe  und  wurden  immer  Nachts  in  Verschlage  zusammengetrieben,  welche 
hinter  uns  lagen.     Die  frische  Renthiermilch  ist  sehr  nahrhaft,  und  schmackhaft.  — 

Hr.  Schulz  schenkt  der  Gesellschaft  einen  schön  geschnitzten  Löffel  aus 
Renthierhorn   mit  einer  sehr  feinen  eingeritzten  Zeichnung  eines  Renthiers. 

Der  Vorsitzende  dankt  dem  Vortragenden  für  die  Vorzeigung  der  äusserst 
lebendig  und  anschaulich  ausgeführten  Bilder. 

(Li)  Hr.  Photograph  Otto  Koch  (aus  Altona),  der  5^4  Jahre  auf  den  Philip- 
pinen zugebracht  hat,  sendet  von  Mauila,  18.  September,  an  den  Vorsitzenden  eine 
kleine  Auswahl  von 

Photographien  von  5  Negritos, 

und  verspricht  bei  seiner,  in  einiger  Zeit  erfolgenden  Rückkehr  eine  grössere  Zahl 
herauszubringen.  Die  übersendeten  sind  zum  Theil  etwas  undeutlich,  geben  aber 
doch  vortreffliche  Anschauungen  von  der  Bescliaffenheit  dieses  merkwürdigen  Volkes. 
Die  Aufnahmen  betreffen  Negritos  aus  den  Bergen  von  ßataan  in  der  Nähe  des 
Dorfes  Orion. 

(16)  Hr.  Jagor  übergiebt  im  Namen  des  Don  Jose  Munoz  de  Bustillo  in 
Manila 

vier  Schädel  von  Cagraray  (Philippinen). 
Diese  Schädel')    stammen    aus    einer  Höhle   der  Insel  Uagraray,    in  welcher 


1)  Eine  mitgesendeto  Zeitungsnotiz  hiutct  folgendermaassen: 

,La  coiuision  antropologica  francesa,  en  uniuu  del  Sr.  Alvarez  Guerra  y  otros  aficionados, 


(423) 

sich  Anhäufuiifren  von  Gegenständen  sehr  hohen  Alters  befinden,  die  von  der  Be- 
völkerung gehütet  und  verehrt  worden.  Nach  Ansicht  zweier  französischer  Ge- 
lehrten, welche  gegenwärtig  die  Philippinen  bereisen,  hat  jene  Höhle  den  alten 
Bisayerii  zur  Bestattung  ihrer  Todten  gedient.  Ausser  Schädeln  mit  plattgedrück- 
ter Stirn  und  anderen  menschlichen  Ueborresten,  fand  man  auch  einen  Armring, 
gefertigt  aus  einem  Wirheiknochen  des  Fisches  Pege  Muller.  Der  Verfasser  des 
Zeitungsartikels,  welchem  diese  Notizen  entnommen  sind,  glaubt  irgendwo  gelesen 
zu  [laben,  dass  in  alter  Zeit  Handelsverkehr  zwischen  den  Philippinen  und 
Palaos- Inseln  bestand,  und  dass  die  Philippinischen  Händler  gegen  Wirbel  des 
genannten  Fisches  Erzeugnisse  jener  Inseln  eintauschten,  wo  man  aus  solchen  Wirbeln 
Armringe  machte,   die  zum  Schmuck   oder  als  Orden  dienten. 

Die  Insel  Cagraray,  gewöhnlich  Cargaray,  auf  Coello's  Karte  Cacraray 
genannt,  liegt  nördlich  der  Provinz  Albay,  am  Ostende  von  Luzon,  zwischen 
den  Inseln  S.  Miguel  im  Westen  und  Batan  und  Rapurapu  im  Osten,  welche 
zusammen  den  Busen  von  Albay  gegen  das  Stille  Meer  abgrenzen. 

Der  Fisch  Pege  Muller  (spr.  peche  muyer),  i.  e.  piscis  mulier,  See- 
jungfer, ist  die  in  den  Gewässern  des  indischen  Archipels  heimische  Seekuh, 
Dujong  der  Malayeu  (Halicore  Dugong  L.).  Die  Stelle,  welche  der  Bericht- 
erstatter im  Sinne  hatte,  rührt  wohl  von  Semper  her,  der  über  den  hohen  Werth 
dieses  Knochenschmuckes  auf  den  Palaos-Inseln  interessante  Mittheilungeu  macht'). 

„.  .  .  Nur  den  ausgezeichneten  Männern  des  Landes  kann  er  vom  König  oder 
dem  Fürstencongress  zuertheilt,  aber  auch  entzogen  werden Das  durch  Ab- 
feilen der  Kanten  und  Vorsprünge  etwas  erweiterte  Loch,  durch  welches  das  Rücken- 
mark hindurchtritt,  ist  so  eng,  dass  selbst  die  zarten  und  in  ihren  Gelenken  so 
ausnehmend  biegsamen  Hände  der  Eingebornen  nicht  ohne  grosse  Mühe  hindurch- 
kommou.  Die  Finger  des  Beglückten  werden  fest  zusammengebunden,  so  dass  sich 
die  Breite  des  gebogenen  Handrückens  möglichst  vermindert,  und  danu  wird  die 
Hand  durch  den  Wirbel  hindurchgezwängt,  indem  einige  Männer  an  dem  Taue, 
welches  die  Finger  hält,  aus  Leibes -Kräften  ziehen,  während  andere  von  entgegen- 
gesetzter Seite  her  den  Wirbel  und  den  Decorirten  halten.  Oft  sieht  man  die  Vor- 
nehmen des  Landes  mit  Stolz  die  Hand  zeigen,  von  welcher  sie  bei  solcher  Standes- 
erhöhung einen  Finger,  meistens  den  Daumen,  durch  die  Operation  des  Durch- 
ziehens verloren  haben." 

Dass  Capitain  Wilson,  der  1785  auf  den  Pelew-Inseln,  strandete,  und  sich 
dort  ein  neues  Schiff  baute,  bei  seiner  Abreise  vom  Könige  ebenfalls  diese  höchste 
Auszeichnung  erhielt,  wird  den  Herren,  welche  diese  von  Keate  so  anziehend  ge- 
schilderten Reiseabenteuer  gelesen  haben,  wohl  in  der  Erinnerung  geblieben  sein. 
Das  Vorkommen  eines  solchen  Armringes  in  der  Höhle  von  Cargaray  scheint 
anzudeuten,  dass  ihn  auch  die  früheren  Bewohner  jeuer  Insel  als  Schmuck  oder 
als  Zeichen  des  Ranges  trugen. 


ha  visitado  una  cueva  en  Cagraray,  que  se  supone  enterrauiiento  de  antiguos  Visayos,  y  en 
eila,  entre  craneos  de  frente  aplastada  y  otros  restos  buuianos,  se  ha  encontrado  un  braza- 
lete  ö  ajorca,  que  roconoci  inmediatamente  couio  hecho  da  una  vertehra  de)  pescado  que  se 
conoce  cou  el  nombre  de  Pege  Müller.  No  recuerdo  donde,  pero  creo  haber  leido  algo  en 
la  Revista  de  Filipin<vi,  sobre  comercios  que  antigiiaiuente  se  hacian  coii  Palaos  v  que  ä 
cambio  de  las  vertebras  de!  pescado  dicho,  obtenian  los  traticantes  tilipinos  produclos  de 
Palaos,  en  cuyas  islas  hacian  de  las  vertebras  del  Dugongo  brazaletes  que  scrvian  conio  con- 
decoracion  6  adorno  personal." 

1)  Die  Philippinen  und  ihre  Bewohner  S.  28  und  S.  110.     Die  Palau-Inseln    im  Stillen 
Ocean  S.  114.  Anm. 


(424) 

Ein  Beweis  für  den  Verkehr  derselben  mit  den  Palaos  ist  daraus  nicht  her- 
zuleiten, doch  mag  bei  dieser  Gelegenheit  nochmals  auf  die  in  den  Verhandlungen 
der  Gesellsch.  1870,  S.  148,  angeführten  Fälle  erinnert  werden,  in  welchen  Be- 
wohner der  Carolinen  und  Palaos  an  die  östlichen  Gestade  der  Philippinen 
verschlagen  wurden.  — 

Hr.  Virchow:  Die  Schädel,  welche  uns  Hr.  Muiioz  in  so  freundlicher  Weise 
sendet,  haben  als  Höhlenschädel  ein  besonderes  Interesse.  Wenngleich  die 
Höhlenfunde  auf  den  Philippinen,  soweit  sie  bis  jetzt  bekannt  sind,  bei  Weitem 
nicht  in  ein  so  hohes  Alter  hinaufreichen,  wie  in  vielen  anderen  Gegenden,  so 
haben  sie  doch  insofern  eine  grosse  Bedeutung,  als  die  Gewohnheit,  die  Todten  in 
oft  sehr  schwer  zugänglichen  Höhlen  zu  bestatten,  auch  auf  den  Philippinen  durch 
die  christlichen  Priester  zurückgedrängt  und  endlich  beseitigt  ist,  und  als  wir  daher 
in  den  Leichen  der  Höhlenbestattung  mindestens  immer  Zeugen  einer  Zeit  sehen 
dürfen,  in  welcher  die  Bevölkerungen  weniger  gemischt  waren,  als  es  gegenwärtig 
der  Fall  ist. 

Es  ist  diess  schon  die  vierte  Gruppe  philippinischer  Höhlenschädel,  über  welche 
ich  der  Gesellschaft  berichte.  Meine  früheren  Mittheilungen  sind,  zum  Theil  durch 
Abbildungen  erläutert,  in  einem  Anhange  zu  dem  Buche  des  Hrn.  Jagor  (Reisen 
nach  den  Philippinen.  Berlin  1873,  S.  355)  zusammengefasst  worden.  Ich  be- 
sprach damals  Schädel  aus  einer  Höhle  von  Lanang  auf  der  Insel  Samar,  aus  zwei 
Höhlen  bei  Nipanipa  auf  derselben  Insel  und  aus  einer  Höhle  von  Caramuan  auf 
Luzon.  Au  der  Mehrzahl  dieser  Höhlenschädel  Hessen  sich  künstliche  Deforma- 
tionen nachweisen,  am  stärksten  an  denen  von  Lanang.  Die  jetzt  angelangten 
Schädel  von  Cagraray  stehen  den  letzteren  am  nächsten,  nicht  bloss  in  Beziehung 
auf  ihre  Verdrückung,  sondern  auch  in  Beziehung  auf  ihre  natürliche  Bildung, 
Letztere  ist  wenigstens  an  zwei  derselben  (I.  und  11.),^  welche  zugleich  die  am 
Ijesten  erhalteneu,  vielleicht  auch  die  am  wenigsten  alten  sind,  recht  gut  zu  er- 
kennen. 

Der  Erhaltungszustand  ist  in  der  That  so  verschieden,  dass  man  ein  verschie- 
denes Alter,  jedenfalls  eine  sehr  verschiedene  Lage  annehmen  muss.  Die  einen 
(I.  und  II.)  sind  sehr  compakt  und  schwer,  von  einer  weisslichen,  an  vielen  Stellen 
jedoch  (offenbar  durch  Verschinimelung)  grünlichen  Farbe.  Die  anderen  beiden 
(III.  und  IV.)  dagegen  sind  mehr  gelblich,  ungemein  brüchig  und  verhältnissmässig 
leichter.  Nr.  III.  zeigt  noch  einen,  wenngleich  schwachen  Siuterüberzug,  wie  ihn 
die  Schädel  von  Lanang  in  höchstem  Grade  darboten;  er  ist  überdiess  an  der  Basis 
defekt.  Nr.  IV.  ist  stark  verletzt,  indem  nicht  bloss  die  Basis  ausgebrochen  ist, 
sondern  auch  der  grösste  Theil  des  Schädeldachs  und  der  linken  Seitenwand  fehlt, 
und  zwar  nicht  bloss  durch  mechanische  Einwirkungen,  sondern  noch  mehr  durch 
eine  allmähliche  Auflösung,  welche  durch  Wasser  vermittelt  sein  muss.  Zeugen 
einer  solchen  Zerstörung  sind  ausserdem  noch  in  einer  grösseren  Zahl  von  Bruch- 
stücken vorhanden,  welche  zu  anderen  Schädeln  gehört  haben  und  sich  nicht  weiter 
zusammenfügen  lassen.  Unter  diesen  Stücken  befindet  sich  auch  eine  jugendliche, 
an  den  Enden  stark  defekte  Tibia  von  platyknemischer  Beschaffenheit,  mit 
stark  nach  vorn  ausgebogener  Crista.  Das  Fehlen  aller  Unterkiefer  ist  in  hohem 
Maasse  empfindlich. 

Ich  gebe  in  nachstehender  Liste  zunächst  die  Hauptmaasse  dieser  Schädel'): 


1)  Der  Bequemlichkeit  wegen  füge  ich  hier  sofort  einen,  zu  dem  nächsten  Vortrage  ge- 
lungen, von  Hrn.  Baer  geschickten  Igorrotenschädel  bei. 


(425) 


Maasse, 


Länge 

Breite 

Senkrechte  Höhe 

Ohrhühe    

Mittelgesichtshöhe  (Nasenwurzel  bis  Aveolarrand) 
Gesichtsbreite,  malar 

jugal 

Orbita,  Höhe 

„       Breite 

Nase,  Höhe 

„      Breite 

Horizontal-Umfang 


Cagraray 


I.         II.        III.       IV 


172 
141 
137 
118 

66 
100 
142 

35 

40,5 

48 

32 
497 


172 

142 

136 

121 

64 

94 

132 

34 

39 

49 

27 

490 


170 
150 

119 
68 
98 

135 
34 
40 
50 
26 

495 


67 
105,5 
142 

30 

42 

55 

25 


Igorrote 


179 
133 
131,5 
116 

55,5 

91 
125 

33 

36 

48 

27 
490 


IL 

III. 

IV. 

Mittel 

82,6 

88,2 

— 

84,2 

79,1 

— 

— 

79,4 

70,3 

70,0 

— 

69,6 

68,0 

69,3 

63,5 

66,7 

48,4 

50,3 

47,1 

48.0 

87,1 

85,0 

85,7 

8G,0 

55,1 

52,0 

45,4 

54,5 

Daraus  berechnen  sich  folgende  Indices 

I. 

Längenbreitenindex     .     .     82,0 

Höhenindex 79,7 

Ohrhöhenindex    ....     68,6 

Mittelgesichtsindex,  malar     66,0 
„  jugal      46,4 

Orbitalindex 86,4 

Nasalindex 66,6 

Es  handelt  sich  hier  also,  wie  bei  den  Schädeln  von  Lanang,  um  eine  hypsi- 
brachycephale  Bevölkerung,  welche  die  Besonderheit  ihres  Schädelbaus  durch 
künstliche  Verdrückung  noch  mehr  gesteigert  hat.  In  letzterer  Beziehung  kann 
No.  III.,  welcher  übrigens  einem  früheren  Lanang-Schädel  (Samar  Z.  873)  täuschend 
gleicht,  als  Muster  dienen.  Durch  den  Druck  ist  eine  starke  Abflachung  des  Hinter- 
haupts, aber  auch  eine  Niederdrückung  und  Verbreiterung  des  Vorderhaupts  herbei- 
geführt worden,  und  es  hat  sich  hinter  der  Kranznaht  eine  schwache  Vertiefung 
gebildet.  Man  vergleiche  Tafel  L,  Fig.  3  und  4  in  dem  Werk  des  Hr.  Ja  gor. 
Die  Alae  temporales  sind  durchweg  sehr  breit.  Die  Tubera  parietalia  stark  ent- 
wickelt.    Bei  Nr.  IV.  hakenförmige  Protub.  occipit.  externa. 

Ungleich  grössere  Differenzen,  als  im  Bau  der  Schädelkapsel,  ergeben  sich  im 
Bau  des  Gesichtsskelets.  Am  wenigsten  ist  dies  der  Fall  bei  den  Augenhöhlen, 
welche  sich  durchschnittlich  als  gross  und  sehr  hoch  erweisen.  Der  hypsikonche 
Mittelindex  von  86  weicht  nur  wenig  von  den  Einzel-Indices  ab.  Um  so  stärker 
ist  die  Verschiedenheit  der  Nasenbildung.  Der  mittlere  Index  von  54,5  ist  platyr- 
rhin,  aber  Nr.  III.  ist  mit  52  luesorrhin  und  Nr.  IV.  mit  45,4  sogar  leptorrhin. 
Dafür  ist  Nr.  I.  mit  66,6  sogar  hyperplatyrrhin.  Diese  grosse  Verschiedenheit 
zeigt  sich  schon  in  der  äusseren  Betrachtung.  Die  knöcherne  Nase  ist  bei  Nr.  I. 
niedrig,  stark  eingebogen  und  der  Rücken  abgeplattet,  bei  Nr.  IL  dagegen  nament- 
lich nach  oben  ungewöhnlich  schmal,  lang  und  mit  deutlich  vortretendem  Rücken 
versehen;  bei  Nr.  III.  greift  der  Ansatz  hoch  gegen  die  Stirn  herauf,  die  Nase  ist 


(426) 

schmaler,  hoch,  jedoch  am  Rücken  etwas  platt;  bei  Nr.  IV.  ist  der  Rücken  breit, 
aber  gar  nicht  eingebogen,  die  Nase  zugleich  hoch  und  schmal,  so  dass  sie  der 
Goldi-Nase  ähnlich  wird.  Auch  in  dieser  Beziehung  gleichen  die  Schädel  von 
Cagraray  denen  von  Lanang.  Bei  letzteren  ist  durchweg  der  Nasenansatz  hoch,  die 
Nasenwurzel  wenig  vertieft  und  die  Nase  selbst  hoch. 

Das  Gesicht  erscheint  trotz  der  hohen  Orbitae  breit  und  niedrig.  Die  Backen- 
knochen sind  bei  allen  stark  und  treten  bedeutend  vor.  Nr.  I.  hat  eine  fast  voll- 
ständige Synostose  der  Sutura  zygomatico-maxillaris.  Der  Alveolarfortsatz  des 
Oberkiefers  ist  durchweg  kurz  und  deutlich  prognath,  jedoch  massig,  wie 
auch  bei  den  Lanang-Schädeln.  Dem  entsprechend  ist  auch  der  Gaumen  kurz  und 
nach  hinten  breit,  die  Zahncurve  meist  hufeisenförmig  nach  hinten  verengert. 

Leider  ist  es  sehr  schwer,  wenn  nicht  unmöglich,  das  Geschlecht  mit  einiger 
Wahrscheinlichkeit  zu  bestimmen.  Schon  die  Deformation  hindert  eine  genaue 
Unterscheidung.  Namentlich  Nr.  III.  und  IV.  haben  manches  Weibliche  an  sich; 
trotzdem  möchte  ich  sie  nach  der  Grösse  und  Stärke  der  Knochen  auch  für  männ- 
lich halten. 

Mit  Negrito-Schädeln  haben  die  Cagraray-Schädel  trotz  ihrer  Brachycephalie 
keine  Aehnlicbkeit.  Sie  kommen,  wie  ich  schon  früher  für  die  Lanang-Schädel 
nachwies,  malayischen  oder  malayisch-polynesischen  Formen  am  nächsten. 

(17)  Hr.  Virchow  theilt  mit,  dass  die  in  der  Sitzung  vom  18.  October  (Verh. 
S.  331  und  333)  angekündigte  Sendung  des  Hrn.  Baer  aus  Manila  glücklich  an- 
gekommen ist,  enthaltend 

Schädel  und  Skelette  von  den  Philippinen,  namentlich  von  Negritos. 

Es  ist  diess  wohl  die  reichste  Sammlung  von  Negrito-Schädeln  und  -Skeletten, 
welche  jemals  nach  Europa  gekommen  ist,  und  ich  fühle  mich  in  der  That  dem 
mir  persönlich  ganz  unbekannten  Sender  gegenüber  zu  besonderem  Danke  ver- 
pflichtet, dass  er  mir  dieses  grosse  Material  zugänglich  gemacht  hat.  So  viel  ich 
weiss,  giebt  es  noch  jetzt  in  allen  europäischen  Museen  zusammen  nicht  so  viel 
Skelette,  als  hier  auf  einmal  angekommen  sind.  Ausser  einem  einzigen  Igorroten- 
Schädel  sind  nehmlich  alle  übrigen  Gebeine  von  Negritos. 

Bei  der  Grösse  dieses  Materials  ist  es  nicht  möglich,  darüber  schon  jetzt  ein- 
gehend zu  berichten.  Nicht  einmal  die  Herrichtung  der  Schädel,  das  Befestigen 
der  zahlreich  ausgefallenen  Zähne  und  der  Unterkiefer  und  das  Zusammensuchen 
der  nicht  durchweg  genau  zusammengehaltenen  Theile  hat  sich  abschliessen  lassen. 
Die  wenige  Zeit,  welche  mir  meine  sonstigen  Arbeiten  lassen,  reicht  kaum  aus,  um 
jeden  Tag  nur  ein  Paar  Säcke  mit  Knochen  durchzusehen.  Ich  muss  mir  daher 
vorbehalten,  auf  diese  Schätze  zurückzukommen.  Heute  will  ich  nur  im  All- 
gemeinen bemerken,  dass  die  Mehrzahl  der  Skelette  allerdings  defekt  ist,  bei  vielen 
sogar  grosse  Abschnitte  von  Knochen,  namentlich  von  Wirbeln,  Hand-  und  Fuss- 
knochen  fehlen,  bei  anderen  die  eingeschickten  Knochen  durch  fortgeschrittene  Zer- 
setzung stark  angegriffen  und  in  grösserer  Ausdehnung  zerstört  sind,  dass  aber 
trotzdem  ein  so  grosser  Antheil  gut  erhaltener  Knochen  vorhanden  ist,  wie  er  nur 
irgend  für  die  Beurtheilung  einer  wilden  Rasse  zu  ermöglichen  sein  dürfte.  Ganz 
besonders  die  Schädel  und  die  Becken  sind  bei  vielen  im  besten  Zustande.  Die 
Unterkiefer  sind  fast  ausnahmslos  vorhanden  und  die  Zähne  lassen  sich  soweit  zu- 
sammenfinden, dass  ein  recht  vollständiges  Bild  der  Gcsichtsbildung  gewonnen  wird. 

im  Ganzen  kann  ich  sagen,  dass  die  Sendung  in  höchstem  Grade  übereinstimmt 
mit  dem  früheren  Material,  wie  wir  es  namentlich  durch  Hrn.  A,  B.Meyer  erhalten 


(427) 

haben.  Was  ich  darüber  in  der  Sitzung  vom  15.  Juni  1872  (bei  Jagor,  Reise  in 
den  Philippinen  S.  374)  mitgetheilt  habe,  wird  durch  die  jetzigen  Erfahrungen 
durchaus  bestätigt.  Keiner  der  neuen  Schädel  zeigt  nennenswerthe  Abweichungen 
des  Typus.  Man  könnte  sagen,  dass  alle  durch  eine  eng  begrenzte  Familien-Aehn- 
lichkeit  zusammengehalten  werden:  Ausgemachte  Brachyce  phalie  und  Pro- 
gnathie ohne  Spuren  von  künstlicher  Deformation  bei  verhältniss- 
mässiger  Kleinheit. 

Ich  möchte  heute  nur  ein  Paar  Worte  sagen  über  den  I  gor  r ot e  n -Schädel, 
der  leider  ohne  Unterkiefer  ist  und  der  einem  so  alten  Individuum  angehört  hat,  dass 
nicht  nur  alle  Zähne  fehlen,  sondern  auch  die  Alveolen  obliterirt  sind  und  der 
ganze  Alveolarfortsatz  geschwunden  ist.  Der  Gesichtshöhen-Durchmesser  ist  daher 
mit  denen  der  sonstigen  Schädel  nicht  vergleichbar. 

Sonderbarerweise  war  auch  unter  den  früher  mir  zugegangenen  Sendungen 
jedesmal  ein  Igorroten-Schädel,  und  jedesmal  wich  dieser  von  der  ganzen  übrigen 
Masse  wesentlich  ab.  Ich  habe  darüber  jedesmal  berichtet  (bei  Jagor  S.  'Mji),  371, 
374).  Es  ergab  sich,  dass  diese  Schädel,  im  Gegensatze  zu  allen  anderen 
Rassen  auf  den  Philippinen,  dolichocephal  oder  höchstens  mesocephal 
seien,  dass  ferner  geringe  Prognathie,  verhältnissmässig  hohe  Augenhöhlen,  hohe 
Nase  mit  sehr  schmaler  Wurzel  und  gelegentlich  starke  Stirn-Nasenwülste  zu  con- 
statiren  seien.  Der  jetzt  angelangte  Schädel  schliesst  sich  dieser  Reihe,  die  aus 
lauter  Einzelfuuden  reconstruirt  werden  musste,  unmittelbar  an.  Er  ist  lang  und 
schmal;  die  Sagittalgegend  tritt  über  das  Niveau  des  etwas  eckigen  Schädeldaches 
hervor  und  das  letztere  erlangt  dadurch  eine  mehr  hausdachartige  Beschaffenheit. 
Die  Alae  temporales  gut  entwickelt,  aber  schmal,  üeber  ihnen,  am  Angulus  parie- 
talis,  ein  tiefer  Eindruck  (Stenokro  taphi  e).  In  der  Hinteransicht  erscheint  der 
Schädel  geradezu  ogival.  Die  Nase  ist  schmal,  aber  stark  eingebogen;  die  Nasen- 
beine fast  ganz  syuostotisch. 

Die  Maasse  dieses  Schädels  sind  schon  auf  der  vorher  mitgetheilten  Liste  mit 
enthalten.     Ich  füge  hier  nur  die  Indices  bei: 

Läugenbreitenindex   ....     74,3 

Höhenindex 73,2 

Obrhöhenindex 64,8 

Nasenindex 56,2 

Orbitalindex 91,G 

Mittel gesichtsindex,  malar .     .     60,9 
y,  jugal   .     .     44,4 

Der  Schädel  ist  also  ausgemacht  dolichocephal  (nicht  ganz  so  stark,  als  Hr. 
Baer  S.  333  berechnet  hatte)  und  stimmt  auch  in  allen  übrigeu  Dingen  mit  den 
früher  von  mir  untersuchten  so  weit  überein,  dass  ich  seine  Zusammengehörigkeit 
mit  denselben  anerkennen  kann,  trotzdem  dass  er  von  einem  anderen  Orte,  Cayan, 
herstammt.  Die  Nase  hat  trotz  der  Schmalbeit  der  Wurzel  einen  stark  platyr- 
rhinen  Index.  Es  ist  möglich,  dass  die  senilen  Veränderungen  liier  mitgewirkt 
haben,  indem  die  Höhe  des  Oberkiefers  reducirt  worden  ist.  Sonst  könnte  man 
daran  denken,  ob  die  Rasse  ganz  rein  ist,  —  eine  Frage,  die  ich  schon  früher  (bei 
Jagor  S.  371)  diskutirt  habe.  Die  3  anderen  Igorroten-Schädel  haben  sämmtlich 
ungewöbnlich  schmale  Nasenansätze  und  der  Rücken  der  Nase  ist  stark  eingebogen, 
dagegen  ist  die  Nasenöffuung  weit.  Die  allerdings  bei  ihnen  vorhandene  Prognathie 
ist  massig  und  rein  alveolar. 

Immerhin  stellt  sich  auch  hier  dieselbe  merkwürdige  Thatsache  heraus,  dass 
auf  den  Philippineu  eine  wilde  Rasse  existirt,    welche  von   den  Negritos 


1 


(428) 

sowohl,  als  von  den  Menschen  der  alten  Höhlenschädel  verschieden 
ist,  welche  auch  mit  den  malayischen  Küsten-  und  Binnenrassen,  den  Bisayos, 
Tagalen,  Bicols  u.  s.  w.  nichts  gemein  hat,  eine  Rasse,  welche,  soviel  wir  bis  jetzt 
wissen,  nicht  schwarz  und  nicht  kraushaarig  ist.  Das  Interesse,  sie  genauer  kennen 
zu  lernen,  ist  ungemein  gross,  und  ich  darf  die  Aufmerksamkeit  sowohl  der  inlän- 
dischen Forscher,  als  der  Reisenden  ganz  besonders  darauf  hinlenken,  weitere  Nach- 
richten über  diese  Stämme  zu  sammeln  und  anthropologisches  Material  zu  ihrer 
Beurtheilung  zusammenzubringen. 

(18)    Hr.  General  v.  Erckert  in  Wlozlawsk  an  der  Weichsel  (Gouvernement 
Warschau)  hat  Hrn.  Virchow  folgende  Mittheilungen  gemacht,  betreffend 

Gräberfunde  in  Cujavien. 

1)  In  einem  Briefe  vom  29.  Oct.  (10.  Nov.)  schreibt  er  Folgendes: 
„Bei  meiner  leider  nur  zu  kurzen  Anwesenheit  in  Berlin  vor  wenigen  Wochen, 
wo  Sie  die  grosse  Freundlichkeit  hatten,  mich  mit  Rath  zu  unterstützen,  hatte  ich 
Ihnen  in  Kurzem  einen  Plan  meiner  geringen  Thätigkeit  für  archäologische  For- 
schungen in  der  zum  ehemaligen  Königreich  Polen  gehörigen  grösseren  Hälfte 
Cujaviens  (zwischen  Goplo-See  und  Weichsel)  vorgelegt,  um  je  nach  Zeit  und  Mitteln 
die  häufigen  alten  Verschanzungen,  unter  umständen  Grabhügel,  namentlich  aber 
die  massenhaften,  wenn  leider  auch  bereits  meist  von  oben  zerstörten,  im  Ganzen  sehr 
grossen  Steingräber  zu  untersuchen.  —  Wenn  ich  auch  erst  nach  fortgesetzten  Forschun- 
gen im  Frühjahr  eine  Arbeit  darüber  zurecht  bringen  kann,  so  dürfte  es  vielleicht 
nicht  ohne  Interesse  sein,  einiges  darüber  in  der  Zeitschrift  für  Ethnologie  zu  ver- 
öffentlichen, da  mit  wenigen  mir  bekannten  Ausnahmen  die  Grabstätten  in  dem, 
durch  topographische  Gestaltung,  namentlich  durch  Wasserläufe  und  Seen  früherer 
Zeit  sehr  geschützten  und  für  Einfälle  fremder  Völker  etc.  wenig  zugänglichen 
Cujavien  einen  ganz  speciellen,  sich  überall  fast  wiederholenden  Charakter  haben, 
so  dass  ich,  wenn  nicht  diese  Form  bereits  allgemein  auch  wo  anders  anzutreffen 
ist,  vorschlagen  würde,  sie  „Cujavische  Gräber"  zu  nennen.  Im  Allgemeinen  haben 
sie  folgende  Form,  unterscheiden  sich  aber  meist  durch  grössere,  oft  bis  200  Schritt 
gehende  Länge  von  einander. 


■a 


STEINE 


t>C_G.wJ 


HORIZONT 


-O. 


r.'-*  O       ^i^-CZS^.  WESTEN 


^ 


4  ^ 

1.   Seitenansicht.     2.  Ansicht  von  üben.     3.  Aufgedecktes  Grab.    4.-7.  Graburnen. 


(429) 

„Die  Form  der  aufgedeckten  eigentlichen  Grabstätte  ist  im  Innern  verschieden. 
Die  hier  gezeichnete  wurde  nach  vielen  vergeblichen  Versuchen,  jn  diesen,  hier  sehr 
häufigen  Gräbern  etwas  zu  finden  (da  nur  die  Bauart  zu  ersehen  und  interessant 
war),  von  mir  in  diesen  Tagen  mit  einem  Funde  entdeckt,  den  ich  Ihnen  in  einigen 
Tagen  zusenden  werde,  in  der  Hoffnung,  der  Wissenschaft  dadurch  einen  kleinen 
Dienst  erwiesen  zu  haben,  wenn  Ihre  Untersuchungen  den  Fund  verwerthet  haben 
werden. 

„8  km  von  Lubraniec,  an  oiiiem  kleinem  Flüsschen  (Sglowiontschka),  das  sich 
hier  in  Wlozlawsk  in  die  Weichsel  ergiesst,  30  km  von  hier  entfernt,  ganz  nahe 
bei  dem  Vorwerk  Janischewek  (mit  Lubraniec  einer  Frau  v.  Mniewska  gehörig) 
untersuchte  ich  das  oben  skizzirte,  über  100  Schritt  lange,  mit  oben  etwa  2  Fuss 
Erde  bedeckte  Steingrab,  dessen  Räuder  nur  ab  und  zu  durch  Steine  sichtbar 
waren,  das  sich  aber  an  seiner  nördlichen  Kante  etwa  6  Fuss  über  den  Horizont 
erhob  und  mit  lehrahaltigem  Sande  aufgeschüttet  war  (die  Gräber  liegen  meist  von 
Osten  nach  Westen,  auch  von  Süden  nach  Norden);  dieses  lag  mit  dem  Kopfende 
nach  Osten,  mit  dem  Schwanzende  nach  Westen.  In  dem  innersten,  1 '/■,  m  langen, 
1  m  breiten,  mit  rohen  und  glatten  Steinen  umsetzten,  eigentlichen  Grabe,  das 
mit  relativ  gut  behauenen  grossen,  dünnen,  am  Rande  fast  scharfen,  flachen  Stein- 
platten (roh)  bedeckt  war,  fand  ich  ein  vollständiges  Skelet  mit  Kopf  und  Zähnen  im 
Sande,  die  Füsse  überkreuz,  bereits  die  Knochen  auseinandergefallen,  mit  dem 
Gesicht  nach  S.,  mit  dem  Kopf  nach  W.  Das  Gesicht  lag  dicht  vor  einer  grossen 
Urne  (Fig.  -1),  die  leider  beim  Transport  in  einige  Stücke  zerbrochen  ist;  daneben 
eine  kleinere  Urne,  bereits  an  der  Seite  eingedrückt,  schräg  liegend  (Fig.  5);  an 
dem  Fussende  eine  ebenfalls  kleinere  mit  2  knopfartigen  Ansätzen  (Fig.  6),  und  eine 
mit  ebenfalls  2  knopfartigen  Ansätzen  (Fig.  7).  Kopf  und  sämmtliche  im  Grabe  ge- 
fundenen Knochen  füge  ich  bei.  Das  ist  Alles,  was  im  Grabe  enthalten  war,  ab- 
gesehen von  dem,  was  in  der  grossen  Urne,  am  Kopf  stehend,  enthalten  war  (leider 
sehr  wenig);  sonst  waren  Kopf  und  Urnen  nur  mit  Sand  gefüllt,  und  hat  sich  bis 
jetzt  auch  in  der,  mehrere  Fuss  tief  ausgegrabenen  Erde,  die  zwischen  den  umgebenden 
Steinreiheu  lag,  leider  nichts  gefunden.  Die  Ausgrabung  geht  fort,  und  werde  ich  das 
ganze  Grab  aufdecken.  Unten  eine  sehr  feste  Lehmscbicht;  unten  im  Grabe  kleinere 
Steine  als  Boden,  und  auch  oben  vielfach  wie  gepflastert  in  der  Umgebung  des 
eigentlichen  Grabes.  Aller  Urtheile  enthalte  ich  mich  natürlich  Ihnen  gegenüber 
und  theile  nur  das  nakte  Faktum  mit.     Der  Kopf  ist  dolichocephal  und  gross." 

2)  In  einem  ferneren  Schreiben  vom  8.  (20.)  November  berichtet  der  General 
folgende  weitere  Einzelheiten: 

„Beifolgende  Kiste  enthält  Folgendes: 

1.  Den  in  einem  Theil  (gesondert  durch  eine  Steineinfassung)  der  innersten 
Abtheilung  eines  120  Schritt  langen,  am  Kopfende  über  10  Schritt  breiten  und 
nach  dem  Schwanz-Ende  allmählich  spitz  zulaufenden,  mit  grossen  und  mittleren 
Steinen  eingefassten  Grabes  oder  Grabhügels  (wie  ich  im  vorigen  Briefe  mich  aus- 
drückte, Cujavischen,  vielleicht  uralten  Grabes?)  gefundene,  wohl  erhaltene  Schädel 
mit  den  dazu  gehörigen  Skeletknochen,  und  die  in  einem  besonderen  Papier 
befindlichen  wenigen  Knochen,  die  in  einer  durch  eine  Steinreihe  getrennten 
anderen  Abtheilung  des  inneren  Grabes  gefunden  wurden.  Ausserdem  in  einem 
besonderen  Papier  die  Knochenstückchen,  die  in  der  grossen  Urne  lagen,  welche  dicht 
am  Gesicht  des  Schädels  stand,  während  sich  in  den  anderen  drei  Urnen  nur 
weisser  Sand  und  sonst  überhaupt  im  Grabe  nichts  vorfand.  In  der  einen  kleineren 
Urne  klebte  so  zu  sagen  am  inneren  Rande  derselben  eine  Art  Thonscherbe:  das 
dieselbe    mit    der  Urne    verbindende  Material  (faserig)    liegt  in  einem    besonderen 


(430) 

Papierchen  bei.  Jede  der  4  Urnen  hatte  eine  andere  Gestalt  und  Grösse:  die  grosse, 
leider  beim  Transport  in  einige  Stücke  zerschlagene,  hat  die  Form  der  noch  heute 
überall  in  Russlaud  in  den  Dörfern  zum  Kochen  und  zur  Grütze  gebrauchten  guss- 
eisernen runden  Töpfe  ohne  Henkel;  eine  andere  hatte  dieselbe  Form,  war  aber  viel 
kleiner  (darin  der  Scherben)  mit  punktirter,  festonirter  Verzierung  und  zwei  knopf- 
artigen, 7  cm  auseinanderstehenden  Ansätzen.  Die  dritte  Urne  hatte  einen  Hals 
und  war  sehr  schmal  und  hoch,  aber  schon  eingedrückt,  und  stand  schief  neben 
der  grossen;  die  vierte  hat  einen  flach  gewölbten  Boden  und  rings  herum  oben 
4  gleich  weit  entfernte  knopfartige  Ansätze;  der  Hals  ist  niedrig,  steht  gerade  in 
die  Höhe.  Aussen  scheinen  keine  Verzierungen  zu  sein,  aber  das  Aeussere  ist  sehr 
verkalkt. 

„Der  Grabhügel  war  von  0.  nach  W.  gebaut,  d.  h.  das  Kopfende  nach  Osten, 
und  stieg  von  Osten  her  in  etwa  drei  Reihen  grosser  und  grösserer  Steine  schräg 
in  einer  Höhe  von  6  Fuss  auf,  die  beiden  äusseren  Ecken  hatten  jede  noch  einen 
grossen  Stein,  gleichsam  als  Strebepfeiler;  die  untere  Steinreihe,  sowie  die  ganze  Ein- 
fassung längs  des  Grabes  lag  auf  dem  natürlichen  Horizont  (Lehm),  der  rings  herum 
nur  wenig  durch  Humus  im  Laufe  der  Zeiten  erhöht  war.  Von  den  beiden  äussersten 
Enden  der  östlichen  Querwand  lief  längs  des  ganzen  Grabhügels,  also  an  seiner  nörd- 
lichen und  südlichen  Seite,  eine  fortlaufende,  nicht  ganz  regelmässige  Steinreihe,  120 
Schritt  lang,  sich  immer  mehr  nähernd,  und  in  einem  einzigen  Schlusssteine  endigend. 
Innerhalb  des  Kopfendes,  auf  P'^m  Abstand  im  Lichten,  befand  sich  eine  parallele 
Steinreihe,  viereckig,  aus  acht,  im  Ganzen  ganz  rohen  Steinen  bestehend;  in  diesem 
Viereck  befanden  sich,  wenn  auch  unregelmässig,  4  Abtheilungen,  von  denen  die 
nordwestlichste,  durch  etwas  mehr  flach  behauene  und  2  ziemlich  grosse,  dünne,  be- 
hauene  Steinplatten  (die  eine  stumpfe  Ecke  bildeten)  ausgesetzt  war,  und  ein  nach 
Westen  zu  längliches,  nicht  ganz  regelmässiges,  1  ^2  ''^  langes  und  75  cm  breites  Viereck 
bildete,  welches  mit  ziemlich  grossen,  ganz  dünnen,  unregelmässigen  Steinplatten  (aus 
geschichtetem  Material)  bedeckt  war,  und  in  welchem  sich  das  Skelet,  mit  dem 
Kopf  gegen  W.,  Gesicht  gegen  S.  liegend,  befand,  mit  zusammengezogenen, 
überkreuz  liegenden  Beinknochen,  die  einzeln  mit  dem  Sande,  der  sie  umgab, 
herausgenommen  wurden.  In  den  anderen  drei,  nicht  regelmässigen  Abtheilungen 
lagen  einzelne,  meist  kleinere  Steine,  in  einer  auch  eine  flache,  in  der  Mitte  etwas 
erhöhte  parallele  Steinreihe;  in  der  östlichsten  und  nördlichsten  Abtheilung  zu- 
gleich die  wenigen,  ebenfalls  beigelegten  Knochen  im  Sande,  der  überhaupt  den 
ganzen  Grabhügel  erfüllte.  Letzterer  wurde  in  seiner  ganzen  Länge  aufgedeckt. 
Er  verlief  sich  gegen  das  Schwanzende  mit  dem  Niveau  des  Bodens;  unter  ihm, 
in  geringer  Tiefe  fester  Lehm.  Etwa  3  m  westlich  von  dem  inneren  Steinviereck 
befand  sich  ein,  ebenfalls  mit  Steinen  eingefasster,  etwa  1  m  und  mehr  hoher,  mit 
Sand  und  kleinen  Steinen  gefüllter  Bau,  der  eine  Art  mit  der  Spitze,  die  breiter 
war,  gegen  Westen  gekehrtes  Fünfeck  bildete,  und  von  aussen,  nachdem  er  aus- 
gegraben, ganz  ebenso,  wie  das  innere  Grab,  nur  kleiner  aussah. 

2)  Aus  einem  ganz  ebenso  construirten  Grabhügel,  wie  der  oben  beschriebene, 
etwa  90  Schritt  vom  Kopfende  desselben  entfernt  (dazwischen  lag  noch  ein  anderer) 
und  von  SO.  nach  NW.  streichend,  wurden  die  beifolgenden  Knochen  gefunden. 
Dieser  Grabhügel  war  kürzer,  höher  und  bestand  aus  Lehm  mit  wenig  Sand  ver- 
mischt. Die  Steinreihen  waren  von  aussen  gar  nicht  sichtbar.  Der  schweren 
Arbeit  wegen  wurde  nur  die  Mitte  des  Kopfendes  aufgegraben,  und  hier  ein  2^2  w» 
langes  und  l'/2  m  breites,  mit  inwendig  sehr  gut  behauenen  Steinen  eingefasstes 
Grab  aufgedeckt,  welches  die  mit  festem  Lehm  beklebten  Knochen  enthielt  und  sonst 
nichts.     Die  Arbeit  wurde   bis  G  Fuss  Tiefe    fortgesetzt    und  ganz  fester  Lehm  ge- 


(431) 

funden,  also  etwa  in  der  Höhe  des  äusseren  Niveau,  wo  sich  Spuren  von  Kohle, 
als  schwarze,  zerriebene  Erde  fanden,  wohl  nur  mit  verschüttet,  da  in  zwei,  dem 
inneren  Grabe  anstossenden  Seitenabtheilungen ,  eine  schmal  daran  anstossend,  die 
andere  etwas  grösser  und  runder,  sich  viel  Kohlenerde  und  aschenartiger  Lehm- 
staub faiul,  der  auf  und  theil weise  unter  dort  befindlichen,  etwa  '6  Fuss  tief  ge- 
legenen, flachen  Steinen  lag  und  sichtbar  einen  Feuerheerd  bezeichnete  (?),  vielleicht 
Opferfeuer  neben  dem  Grabe?  Das  Grab  soll  später  weiter  erforscht  werden,  da 
dort  vier  grosse  Gräber  nahe  beisammen  liegen. 

3)  Beiliegende  Gegenstände  aus  einem  der  vielen  ganz  ebenso  construirten 
Gräber,  die  etwa  7  km  östlich  des  südlichen,  schmaleren  Tlieiles  des  Goplo-See's 
liegen.  Das  Grab  war  20U  Schritt  lang.  In  der  inneren  Abtheilung  des  nach  0. 
gekehrten  Kopfendes  lag  ein  unregelmässiges  Steinviereck,  zwischen  dem  und  der 
äussersten  Steinreihe  sich  noch  ein  nach  W.  gekehrtes,  spitz  zulaufendes  Steinvierek 
befand,  welches  das  erstere  so  zu  sagen  umschloss.  Vor  dieser  Zwischenwand  lag 
westlich,  also  nach  dem  Schwanzende  zu,  noch  ein  Steinbau,  der  nichts  enthielt.  Der 
aus  dem  Kopfende  beschriebene  innere  Bau  hatte  einige  Abtheilungen,  mehr  kreisartig, 
und  in  der  dem  Kopfende  näheren,  südlich  gelegeneu  fanden  sich  die  wenigen  Knochen 
und  2  Ohrgehänge,  die  beiliegen.  Nachgrabungen  bis  auf  den  festen  i^ehm  unten 
führten  zu  nichts.  — 

„Stein  kr  eise,  noch  nicht  gehörig  untersucht  und  wohl  immer  schon  zerstört, 
weil  offen  daliegend,  finden  sich,  wohl  mit  aus  diesem  Grunde,  seltener.  In  einem 
Falle  gelang  es,  einen  bedeutenden  einzelnen  Steinbau  durch  die  Sonde  aufzufinden, 
der  später  beschrieben  werden  soll,  der  aber  bis  jetzt  nur  mit  Sand  gefüllte  Urnen, 
die  sofort  zerbröckelten,  ein  Stückchen  Knochen  und  zwei  glatt  polirte  Meissel  (oder 
Schleifsteine)  enthielt. 

„In  einem  Grabe  wurde  kürzlich  ein  aus  Stein  gehauenes,  sehr  rohes  Götzen- 
bild, den  Kopf  eines  Thieres  mit  breitem  Stiel  als  Stumpf  vorstellend,  gefunden".  — 

Hr.  Virchow  bemerkt  in  Bezug  auf  die  ihm  gütigst  übersendeten  Fundstücke, 
für  welche  er  Hrn.  General  v.  Erckert  seinen  besten  Dank  ausspricht,  Folgendes: 

Das  mir  übersendete,  ungemein  gut  erhaltene  Skelet  aus  dem  Grabe  von 
Janischewek  ist  das  eines  sehr  kräftigen  Mannes  mit  sehr  vollständigen  und  ge- 
sunden, jedoch  tief  abgeschliffenen  Zähnen,  also  wahrscheinlich  im  mittleren  Lebens- 
alter. Insbesondere  der  Kopf  ist  vortrefflich  erhalten  und  von  schöner  Form.  Nur 
die  mächtige  Fntwickelung  der  Kieferknochen  giebt  ihm  ein  etwas  fremdartiges 
Aussehen.  Trotz  seiner  beträchtlichen  Länge  (195  mm)  ist  er  mesocephal,  was 
von  seiner  grossen  Breite  (L53  mm)  abhängt.  Sein  Schädelindex  beträgt  78.4.  Auch 
die  Höhe  ist  beträchtlich,  wie  der  Höhenindex  von  75,8  beweist.  Dem  entsprechend 
erreicht  auch  der  Horizontalumfang  549  mm  und  der  Schädelinhalt  beträgt  ca.  1 650  cc/n. 
Die  Längsmaasse  von  dem  Ohrloche  und  dem  F'oramen  magnum  erreichen  durchweg 
hohe  Maasse,  wobei  jedoch  die  sehr  viel  grössere  Nähe  des  vordem  Randes  des 
Foramem  magnum  von  den  verschiedenen  Punkten  des  vorderen  Gesichtsprofils  recht 
auffiillig  hervortritt. 

Die  Farbe  der  Knochen  ist  eine  dunkle,  bräunlich-gelbe.  Die  Knochen  sind 
sehr  fest  nnd  schwer.  Ihre  Oberfläche  ist  von  zahlreichen  kleineren  Rinnen  und 
Netzen  von  Baumwurzeln  durchfurcht.  Die  Stirn  ist  hoch  und  voll,  mit  kräftigen 
Orbitalwülsten  versehen.  In  der  Seitenansicht  zeigt  der  Schädel  eine  sehr  gleich- 
massige,  lange  Curve  mit  kräftig  ausspringendem  Hinterhaupt.  Die  Alae  temporales 
sind  sehr  weit.  In  der  Oberansicht  tritt  die  Breite  auffällig  in  die  Erscheinung, 
lumal  da  die  Tubera  parietalia  nur  schwach  entwickelt  sind.     In  der  Hinteransicht 


(432) 


erscheint  er  gleichfalls  voll  und  schön  gerundet.     In    der  ünteransicht  ist  er  breit 
und  nach  hinten  voll.     Sehr  grosse  Proc.  styloides. 

Das  Gesicht  ist  ungemein  kräftig  und  hoch  (von  der  Nasenwurzel  bis  zum 
Kinn  124  wm),  aber  es  macht  trotz  der  ungewöhnlichen  Höhe  und  Stärke  sowohl 
des  Ober-  als  des  Unterkiefers  und  eines  leichten  dentalen  Prognathismus  keinen 
groben  Eindruck,  da  alle  Breitenmaasse  ungewöhnlich  klein  sind.  Die  Jochbogen 
liegen  eng  am  Schädel  an;  die  grösste  Distanz  ihrer  Wölbungen  beträgt  136  7«m. 
Die  Distanz  der  Unterkieferwinkel  erreicht  sogar  nur  94  mm.  Daher  ergiebt  der 
jugale  Gesichtsindex  109,6,  der  malare  76,6,  der  mandilulare  75,8.  Die  Nase  ist 
hoch  und  schmal,  mit  einem  Index  von  49,  also  mesorrhin;  ihr  Ansatz  liegt  sehr 
tief,  indem  der  Nasenwulst  sich  nicht  nur  stark  überwölbt,  sondern  auch  jederseits 
gegen  die  Augenhöhlen  hin  einen  Fortsatz  entsendet.  Am  wenigsten  angenehm  ist 
die  sehr  niedrige,  gedrückte  Gestalt  der  Orbitae,  deren  Berechnung  einen  Index 
von  71,4,  also  ein  ausgemacht  chamaekonches  Verhältniss  ergab.  Der  Gaumen 
ist  tief  und  lang. 

Die  einzelnen  Maasse  sind  folgende: 
Grösste  Länge  des  Schädels     . 
„        Breite      ^ 


Senkreche  Höhe  „ 

Ohrhöhe 

Horizontalumfang  des  Schädels 

Entfernung  des   Ohrloches  von   der  Nasenwurzel 

»  n  ,^  „     dem  Nasenstachel 

n  fi  r,  -n     dem  Alveolarrand 

„  „  „  fl       »  Zahnrand    . 

»  r>  r,  V        r,  Kinn       •      ■ 

„  „      For.  magn.  von  de  Nasenwurzel 

n  n  n  fl     dem  Nasenstachel 

V  rt  -n  r,     dem  Alveolarrand 


195  mm, 

153  „ 

148  , 
125,5  „ 

549  „ 

112  „ 

112  „ 

121  „ 

124  , 

141  „ 

107  „ 

98  „ 

103  . 


(433) 

EntferouDg  des  For.  magn.  von  dem  Zahnraiid  ....      107  mm, 
y,  n  n  y>         v       Kinn '14      „ 

Höhe  des  Gesichts  (Nasenwurzel  bis  Kinn) 124 

„       „     Untergesichts  (Nasenwurzel  bis  Alveolarrand  .       74     „ 

„       „     oberen   Alveolarfortsatzes 16 

„     der  Mitte  des  Unterkiefers  (Alveolarrand)  .     .       38 

Jugal- Durchmesser 136 

Malar-  „  (Sut.  zygora.  maxill.) 95     „ 

Distanz  der  Unterkieferwinkel 94 

Orbita,  Höhe '^^     n 

„       Breite ' 42     „ 

Nase,  Höhe 54     „ 

„      Breite 26,5  „ 

So  bedenklich  es  ist,  bei  einem  einzigen  Schädel  ein  Urtheil  auszusprechen, 
zu  welchem  Stamme  er  gehört,  so  mag  es  doch  gerechtfertigt  sein,  daran  zu  er- 
innern, dass  der  eben  besprochene  Schädel  mehr  Aehnlichkeit  in  der  Bildung 
mit  den  Schädeln  von  Culturvölkern,  als  mit  denen  wilder  Stämme  hat.  Damit 
soll  nicht  gesagt  sein ,  dass  das  betreffende  Culturvolk  schon  weit  in  der 
Cultur  vorgerückt  gewesen  sein  müsse;  im  Gegentheil  zeigt  sich  eine  gewisse 
Massenhaftigkeit  und  Grösse  der  Knochenbildung,  welche  auf  keinerlei  Verweich- 
lichung schliesseu  lässt.  Unter  den  mir  aus  dem  Osten  bekannten  Schädeln  möchte 
ich  hier  zunächst  auf  die  wahrscheinlich  lettischen  Schädel  hinweisen,  welche  ich 
mit  dem  Grafen  Sievers  im  Rinne-Hügel  in  Livland  ausgegraben  habe  (Sitzung 
vom  20.  Oct.  1877.  Verh.  S.  423.  Zeitschr.  für  Ethnologie  Bd.  IX).  Ich  will  damit 
nicht  ausdrücken,  dass  Letten  das  Grab  von  Janischewek  aufgeworfen  haben.  Schon 
der  umstand,  dass  es  sich  auf  dem  linken  Weichselufer  findet,  muss  zur  Vorsicht  auf- 
fordern. Aber  eine  gewisse  Verwandtschaft  wird  man  wohl  anerkennen  müssen.  Nur 
annäherungsweise  möchte  ich  einige  Schädel  vom  Neustädter  Felde  bei  Elbing  heran- 
ziehen (Sitzung  vom  16.  Juni  1877.  Verh.  S.  267);  dieselben  gehen  schon  in  das 
brachycephale  Gebiet  hinüber. 

Die  gefundenen  Indices  mögen  hier  noch  einmal  kurz  zusammengestellt  werden: 
Längenbreitenindex    ....     78,4 

Höhenindex 75,8 

Ohrhöhenindex 64,3 

Nasenindex 49,0 

Orbitalindex 71.4 

Gesichtsindex 

jugaler .......  109,6 

malarer 76,6 

mandibularer      ....     75,8 
Sehr  bemerkenswerthe  Eigenthütnlichkeiten  zeigen  die  Knochen,  namentlich  die 
der  Extremitäten.     Sie    sind    durchweg    sehr   gross  und  stark.     Ich  gebe  hier  eine 
Uebersicht  der  Länge: 

Os  humeri  336  mm,  Os  femoris  454  mm, 

Ulna  .     .     268     „  Tibia  .     .     380     „ 

Radius     .     250     „  Fibula      .     370     „ 

Am  auffälligsten  sind  die  Tibiae  wegen  ihrer  extremen  Platykncmie:  ob- 
wohl sehr  stark  und  keineswegs  gekrümmt,  gleichen  sie  doch  wegen  ihrer  ganz 
abgeplatteten  Beschaffenheit,  und  wegen  der  Schärfe  und  Biegung  der  Crista  fast 
den  säbelförmigen  Tibiae  rachitischer   Personen.      Zugleich  ist  das  obere  Ende,  un- 

V'.Mliamll    der  Ucrl.   Aiitliropol.  CoselUi-hall  1>79.  28 


(434) 

gefähr  vom  Anfange  der  Epiphyse  an  stark  nach  hinten  umgebogen.  Ihnen  zu- 
nächst stehen  die  Fibulae,  welche  durch  sehr  tiefe  Längs-Sulci  so  abgeplattet  sind, 
dass  eine  fast  schneidende  Leiste  entsteht.  Die  Ossa  femoris  sind  sehr  kräftig, 
aber  in  vielen  Stücken  abweichend.  Das  Collum  sitzt  unter  einem  weniger  steilen 
Winkel  an  und  ist  vorn  abgeplattet,  der  Trochanter  major  vei'hältnissmässig  klein, 
der  T.  minor  dagegen  gross.  Die  Diaphyse  ist  in  ihrem  obersten  Theil  gleichfalls  ab- 
geplattet, in  der  Mitte  dagegen  dick  und  fast  dreieckig  durch  die  gewaltige  Entwicke- 
luug  der  Linea  aspera.  Die  Condylen  sind  stark  nach  hinten  gewendet.  Am  Calcaiieus 
sitzt,  entsprechend  dem  Ausatze  der  Achillessehne,  ein  starker  Knochenfortsatz. 
Am  Becken  findet  sich  ein  sehr  breites  und  plumpes  Kreuzbein;  die  Incisura 
ischiadica  ist  hoch  und  schmal;  am  horizontalen  Ast  des  Os  pubis,  nahe  an  der 
Symphyse,  ein  starker  Knochenvorsprung.  Das  Os  humeri  ist  ungemein  stark  ge- 
dreht, übrigens  sehr  kräftig  und  mit  starken  Muskelansätzen;  die  Grube  über  dem 
Cubitalgelenk  nicht  durchbohrt. 

Die  Gegenstände,  welche  in  der  grossen,  dicht  am  Gesicht  des  Gerippes 
stehenden  Urne  gefunden  wurden,  sind  ausser  einem  verhältnissmässig  kleinen  Stück 
geschlageneu  Granits  zwei  bearbeitete  Kuochenstücke,  nehmlich  ein  gespaltener  Eck- 
zahn eines  Schweines,  dessen  vorderes  Ende  unversehrt  ist,  während  das  hintere 
künstlich  abgerundet  ist,  und  eine  kleine,  wie  es  scheint,  aus  der  Furcula  eines 
Vogels  gearbeitete  Knochenuadel,  welche  jedoch  so  dicht  von  einer  kalkig-sandigen 
(mörtelartigen)  Schale  umgeben  ist,  dass  eine  Ablösung  derselben  nicht  ohne  Substanz- 
verluste möglich  wäre,  —  Das  von  dem  Herrn  General  erwähnte  faserige  Material 
aus  der  anderen  Urne  besteht  aus  einem  dichten  Filz  von  Pflanzenwürzelchen. 

Die  aus  einer  Nebenabtheilung  des  inneren  Grabes  entnommenen  Theile  sind 
grossentheils  arg  zerbröckelte  und  durch  dicht  anhaftende  Mörtelmassen  eingehüllte 
menschliche  Knochen;  der  einzige  grössere  stellt  eine  stark  platyknemische 
Tibia  dar. 

Ausserdem  ist  noch  ein  gleichfalls  stark  mit  Mörtel  umhüllter  Unterkiefer  eines 
Wildschweins  vorhanden  und  eine  kleine  Reihe  höchst  interessanter  Artefakte: 

1)  Drei  Bruchstücke  einer  grossen,  runden,  platten  durchbohrten  Scheibe  von 
rothem  Bernstein,  an  der  Oberfläche  stark  verwittert.  Der  Durchmesser  des  Loches 
beträgt   12  mm,  der  der  ganzen  Scheibe  55,  die  grösste  Dicke  8  »im. 


2)  Ein  dicker,  an  der  Oberfläche  schwärzlicher  und  glatter,  sehr  dicker  Thon- 
scherben  mit  ungemein  tief  eingeritzten,  gradlinigen  Strichen;  auf  der  inneren 
Seite  gleichfalls  glatt  und  mit  einem  Absatz  (Anfang  des  Randes?)  versehen.    Der- 


r435) 

selbe  ist  der  Länge  uacli  durchbohrt  gewesen;    iHe  liiniie    ist  durch  den   Bruch  ge- 
öffnet und  zeigt  eine  etwas  rauhe,  fast  faserige  Wand. 


Aeu-sserc  Aii.siiht,  Briichfläche  mit  dem  J^oche. 

Einige  andere  Thonscherben  sind  schwärzlich-grau,  aussen  geglättet,  nicht 
ornamentirt,   auf  dem  Bruch  blättrig  und  mit  Kiesbrocken  durchnieugt. 

3)  Ein  längliches,  abgeplattetes,  einem  Falzbein  ähnliches  Geräth.  Dasselbe 
war  so  dick  mit  einer  harten  Kruste  von  Mörtel  überzogen,  dass  mau  von  der 
eigentlichen  Beschaffenheit  gar  nichts  erkennen  konnte.  Als  ich  die  Kniste  vor- 
sichtig absprengte,  ergab  sich,  dass  es  ein,  wahrscheinlich  aus  Hirschhorn  bestehen- 
des Knochengeräth,  9  cm  lang,  12  mm  breit  und  in  der  Mitte  3  —  4  mm  dick,  ist. 
Es  bildet  eine  an  beiden  Enden  abgerundete  und  etwas  verjüngte,  längliche  Platte, 


deren  Ränder  scheinbar  überall  gerundet  gewesen  siiiu.  i.\acli  nein  Abblättern 
des  öeberzuges  erschienen  auf  der  Oberfläche  schwärzliche  Dendriten  und  auf  der 
einen  Seite  eine  eingeritzte  Verzierung,  bestehend  aus  einer  Reihe  Vförmiger 
Zeichnungen,  welche  jederseits  mit  der  Spitze  gegen  das  Ende  gerichtet  waren 
und  welche  sich  in  kurzen  Zwischenräumen  mehrfach  wiederholten.  Jedes  V  be- 
stand aus  einer  Doppelliuie,  deren  Zwischenraum  mit  kurzen  Querstrichen  erfüllt 
war.  Auf  dem  besser  erhaltenen  Ende  (in  der  Zeichnung  rechts)  lassen  sich  4 
solcher  Zeichnungen  hinter  einander  erkennen.  Das  andere  Ende  ist  stärker  ver- 
ändert und  ebenso  die  Mitte,  so  dass  sich  nicht  mehr  entscheiden  lässt,  wie  die- 
selbe sich  verhalten  haben  mag.  Ausserdem  ist  noch  jederseits  längs  des  Randes 
eine  grade,  eingeritzte  Begrenzungslinie  zu  erkennen.  Eines  der  abgeblätterten 
Schalenstücke  zeigt  einen  vortrefflichen  Abdruck  der  Zeichnung. 

Irgend  ein  metallener  Gegenstand  ist  nicht  vorhanden.  Da  jedoch  andererseits 
auch  kein  einziger,  bezeichnender  Gegenstand  aus  Stein  gefunden  ist,  so  muss  es 
dahin  gestellt  bleiben,  ob  es  sich  um  ein  Grab  der  Steinzeit  handelt.  Dafür  spricht 
die  ungemein  scharfe,  breite  und  tiefe  Einritzung  an  den  Scherben,  welche  den 
Mustern  der  Steinzeit  wohl  angereiht  werden  kann.  Ganz  besonders  interessant 
und  vielleicht  entscheidend  ist  jedoch  das  Falzbein,  welches  in  der  Form  den  bei- 
den, auf  der  Constanzer  Generalversammlung  der  deutschen  anthropologischen  Ge- 
sellschaft besonders  erörterten  Falzbeinen  aus  der  Thaynger  und  der 
Freudenthaler  Höhle  entspricht.  Letztere  sind  deshalb  so  wichtig,  weil  beide 
genau  dieselbe  Ornamentik  besitzen.  Das  Falzbein  von  Jauischewek  hat  freilich 
eine  andere  Verzierung,  aber  die  Methode  ist  sehr  ähnlich.  (Vergl.  den  Bericht 
über  die  Constanzer  Versammlung  vom  24. — -ü.  Septbr,  1877  im  Correspondenzblatt 
der  Gesellschaft  Taf.  II.  Fig.  15.  Taf.  III.  Fig.  11.  genauer  in  der  Linearzeichnung 
zu  Taf.  in.)  — 

•28* 


Die  aus  dem  zweiten  Grabe  genommenen  Knochen  sind  zum  grössten  Theile 
zerbrochen  und  vielfach  defekt.  Ausser  einigen  wenigen,  einem  älteren  Individuum 
mit  stark  abgeschliffenen  Zähnen  angehörigen  Knochenfragmenten  stammt  die  Mehr- 
zahl von  einem  sehr  jugendlichen  Individuum,  welches  noch  Milchzähne  hatte.  Die 
Tibia  ist  nicht  platykneraisch.  Daneben  sind  auch  hier  Schweine-Kiefer  vorhanden, 
doch  wage  ich  nicht  zu  sagen,  ob  sie  von  Wildschweinen  stammen.  — 

Unter  den  Knochen  aus  dem  ersten  Grabe  waren  übrigens  einzelne  von  ganz 
kleinen  Nagern,  welche  ich  zur  Bestimmung  an  Hrn.  Dr.  Nehring  schickte. 
Nach  seiner  gütigen  Mittheilung  gehören  sie  dem  Maulwurf,  der  Feldmaus  (Arvicola 
arvalis)  und  der  Spitzmaus  (Crocidurus  araneus  oder  leucedon)  an,  sind  also 
recente  Beimengungen.  — 

Endlich  hat  General  v.  Erckert  noch  einige  Funde  aus  einem  Grabe  aus  der 
Nähe  des  Goplo-Sees  eingesendet.  Nach  seiner  Angabe  stammen  sie  aus  der  innern 
Abtheilung  eines  cujavischen  Grabes  bei  Ziemcin,  7  Ä;m  östlich  von  dem  Südende 
des  Sees.  Dasselbe  ist  200  Schritt  lang  und  von  Osten  nach  Westen  orientirt. 
Unzweifelhaft  handelt  es  sich  hier  um  ein  Brandgrab.  Ausser  allerlei  gebrannten 
und  zerstückelten  Röhrenknochen,  dem  Anschein  nach  menschlichen,  finden  sich  nur 
zwei  erkennbare  Theile  eines  menschlichen  Schädels,  welche  ganz  von  einer  schwärz- 
lichen, fast  torfartigen,  kohligen  Masse  umhüllt  waren.  Auch  die  sehr  groben,  nicht 
verzierten  Thonscherben  zeigen  Stellen  von  rothem  Brand.  Noch  mehr  bezeugen 
dies  die  zwei  als  Ohrringe  bezeichneten  Bronzegegenstände,  von  denen  das 
eine  grosseutheils  mit  dunkelgrünlichem  Glassfluss  umhüllt  ist.  Seine  ursprüngliche 
Bestimmung  ist  schwer  zu  erkennen.  Man  sieht  einen  dünnen,  gebogenen  Draht, 
an  dem  zwei  grössere,  rundliche  Glasklumpen,  also  wahrscheinlich  frühere  Perlen 
hängen.  Besser  erhalten  ist  das  zweite  Stück,  eine  Art  Bommel,  bestehend  axis 
einem  starken,  länglichen  Ring  und  einer  daran  hängenden,  plattrundlichen  Schale, 
welche  an  mehreren  Stellen  geöffnet  ist  und  einen  darin  liegenden,  runden  Körper 
oder  Kern  erkennen  lässt.  Das  Sonderbarste  aber  ist  eine,  aus  einem  scheinbar 
menschlichen  Schädelknochen  ausgeschnittene,  gleichfalls  gebrannte,  unregelmässige 
Knochenscheibe,  welche  lebhaft  an  ein  trepanirtes  Stück  erinnert. 
Sie  ist  bis  5  mm  dick,  2,3  auf  2,6  cm  breit,  an  einer  Seite  frisch  abgebrochen,  an 
der  anderen  dagegen  durch  ganz  scharfrandige  hier  und  da  etwas  abgesetzte,  an 
einer  Stelle  sogar  winklig  auf  einander  stossende  Linien  umgrenzt.  Die  Durch- 
schnittsfläche ist  uneben  und  durch  kohlige  Theile  geschwärzt.  Denkbar  wäre  es, 
dass  das  Stück  durch  den  Brand  ausgesprengt  ist,  indess  ist  mir  nie  eine  ähnliche 
Brandwirkung  vorgekommen.  Jedenfalls  hat  dies  Grab  eine  ganz  andere  chrono- 
logische Stellung,  wie  die  früher  beschriebenen. 

(19)  Es  folgt  die  Fortsetzung  der  in  der  vorigen  Sitzung  abgebrochenen  Dis- 
kussion über 

Näpfchensteine  und  Kirchenmarken. 

Hr.  Virchow:  Ich  habe  in  der  Zwischenzeit,  die  seit  dem  Anfange  unserer 
Studien  über  Näpfchensteine  und  Kirchengrübchen  verflossen  ist,  diesen  Dingen  an 
vielen  Orten  nachgeforscht;  auch  bin  ich  in  der  Lage,  Ihnen  einiges  literarische 
Material  vorzulegen,  welches  von  einigem  Interesse  für  die  weitere  Erörterung  sein 
wird.  Es  ist  ausserdem  heute  von  Hrn.  Dr.  Jentsch,  der  gegenwärtig  in  unserer 
Mitte  ist,  ein  Bericht  über  die  an  Kirchenwänden  beobachteten  Zeichen  eingegangen, 
den  ich  zunächst  mittheilen  muss.     Hr.  Jentsch  schreibt  Folgendes: 

„Auf  die  Entstehung  der  Wetzstreifen  an    älteren  Kirchengebäuden  wirft  viel- 


(437) 

leicht  einiges  Licht,  was  Schneider  in  seiner  Chronik  von  Forst  N.  L.  1846 
S.  230  über  die  Abwetzung  geweihten  Gesteines  anderer  Art  mittheiit:  „Vor  dem 
Eulo'schen  Thore  .  .  .  hat  sich  ein  grosses  steinernes  Crucifix  befunden,  welches 
zwar  noch  zu  Magnus  Zeit  (um  1G5Ü)  vorhanden  gewesen,  aber  bald  darauf  ver- 
schwunden ist,  weil  die  Vorübergehenden  ihre  Aexte  und  Messer  so  lange 
daran  scharf  gemacht  hatten,  bis  es  danz  ausgewetzt  war  und  zusammen- 
brach." 

„Zu  der  Hypothese  über  die  Ausschleifung  von  Näpfchen  zur  Gewinnung  von 
Steinpulver  für  Heilzwecke  (Correspondenzbl.  d.  deutscfi.  anthropol.  Gerfellsch. 
1878  S.  150  b.  1879  S.  8.  Bär  Bd.  111  S.  222)  theile  ich  folgende,  der  Kutiner  An- 
gabe sehr  ähulichi'  mit:  Di^  Gubener  Gymnasialsamujlung  besitzt  seit  dem  I.Juni 
1877  eine  grauschwarzo,  schieferartige  Steinaxt,  die  cyliudrisch  durchbohrt  ist  und 
auf  der  Längsseite  die  Nachbildung  der  Gussnath  eines  bronzenen  Hohlceltes  trägt. 
Die  Erwerbung  war  schwierig  und  der  Preis  verhältuissmässig  hoch,  weil  der  von 
der  Schneide  abgeschabte  Staub  für  wirksam  gegen  Krämpfe  galt.  Sie  ist  bei 
Sablath ,  Kr.  Sorau,  unter  einer  Pappel  gefunden  und  daher  als  Donnerkeil  an- 
gesehen worden.  In  Besitz  und  Gebrauch  war  sie  in  der  "Werdervorstadt  zu 
Guben.  Der  Ankauf  ist  nur  unter  dem  Vorbehalt  zu  Stande  gekommen,  dass  die 
Benutzung  vorkommenden  Falles  nicht  verwehrt  sein  sollte.  Gebrauch  ist  bis  jetzt 
von  dem  Rechte  nicht  gemacht  worden.  — 

„Die  Sitte,  Theilchen  für  heilig  gehaltener  Steine  zur  Heilung  zu  benutzen,  be- 
rührt sich  mit  dem  Glauben  an  die  besondere  Wirksamkeit  anderer  mit  der 
Kirche  in  Zusammenhang  stehender  Objekte:  der  feinen  Metallspähnchen ,  die 
bei  Gelegenheit  von  Krankeucommuuionen  heiadich  aus  dem  Abendmahlskelche 
abgeschabt  werden  (in  Wust,  Sydow,  Schmetzdorf  bei  Rathenow,  aber  auch  im 
Regierungsbezirke  Frankfurt  a.  0.),  ferner  des  Wachses  einer  Kirchenkerze  und 
namentlich  des  in  der  Christuacht  gewonnenen  (z.  B.  zur  Herstellung  von  Brand- 
salbe). Dieser  Aberglaube  lebte  in  der  Landbevölkerimg  um  Luckau  noch  1850. 
Aehnlich  ist  auch  der  verschiedenartige  Missbrauch  des  Taufwassers  (in  den  be- 
zeichneten Haveldörfern),  der  Reste  des  Abendmahlsweins,  besonders  seitens  der 
Frauen,  endlich  selbst  die  Anwendung  von  Glockenstrangfasern  gegen  Hals-,  Zahn- 
uud  Kopfschi])erzen  (z.  B.  in  Schorbus  bei  Cottbus  noch  gegenwärtig).  Anderes 
Aehuliche  führt  Wutke,  der  deutsche  Volksaberglaube  §132  ff.  an.  Die  wieder- 
holte Benutzung  desselben  Kirchsteins  Hesse  sich  durch  die  vermeintliche  "Wirk- 
samkeit des  ersten  ausgeriebenen  Pulvers  erklären.  Die  Einzeichnung  eines  oder 
dreier  Kreuze  zwischen  den  Grübchen  —  z.  B.  in  Schmetzdorf  mehrfach  —  könnte 
man  als  analog  der  Hereinziehung  des  Namens  Gotte.s  oder  der  Dreieinigkeit  in 
abergläubische  Heilforraeln  zu  betrachten  versucht  sein. 

„Eine  völlig  andersartige  Deutung  der  Steingrübchen  habe  ich  in  "Wust  bei 
Rathenow  gehört.  Ihr  zufolge  hätte  eine  Art  von  Kirchenbusse  darin  bestanden, 
dass  der  Schuldige  während  des  Gottesdienstes  habe  ausserhalb  der  Kirche  bleiben 
und  mit  dem  Daumen  an  einem  Steine  den  Nachweis  seiner  Anwesenheit  eindrehen 
müssen,  —  eine  Manipulation,  die,  wie  mir  durch  den  Augenschein  gezeigt  ward, 
minder  schwierig  ist,  als  man  meinen  sollte.  Diese  Deutung  konnte  aber  in  jener 
Gegend  dem  Vorstellungskreise  insofern  leichter  entwachsen,  als,  wie  ich  hörte,  die 
letzten  Andenken  der  Kirchenbusse  dort  noch    nicht  allzulange  verschwunden  sind. 

„Die  Form  der  Grübchen  hat  an  der  Kirche  zu  Schmetzdorf  und  dem  be- 
nachbarten Melkow  insofein  etwas  Eigeuthümliches,  als  einzelne  niclit  kuglig,  son- 
dern trichterförmig,  stumpf  sich  verengend  sind,  mehrere  bis  zu  9  cm  Durchmesser 
haben    und    bisweilen  neue  über  ältere    herübergreifen.     Wetzstreifen  sind  dort  im 


(338) 

Fig.  1.  Ganzen  selten,  dagegen  finden  sich  an  beiden  Kirchen  1)  lange, 

senkrechte,  über  3  Steine  und  den  Kalk  hinweglaufende,  verhält- 
nissmässig  schmale  Striche;  2)  acht  strahlenförmig  von  einem  Cen- 
trum ausgehende,  grade  Striche  (Fig.  1)  auf  je  1  Stein;  3)  in 
Melkow  ein  stehendes  Kreuz  zwischen  Schliffrillen,  in  Schmetz- 
dorf  3  liegende  Kreuze  ohne  Näpfchen,  o  stehende  Kreuze 
zwischen  Grübchen,  jedoch  ohne  dass  eine  bestimmte  Anord- 
nung erkennbar  ist,  4 mal  je  1  stehendes  Kreuz  bei  Grübchen; 
4)  in  Schmetzdorf  eine  radartige  (Fig.  2),  oberflächiiche,  etwas 

Fig-  3..  verwitterte  Eingrabung  (ein  Kreuz  mit  nach  aussen  gebogenen 

41 NTIrS^iri     Seitenlinien   der    vier  Arme,    eingeschrieben    in  einen    Kreis), 
"[©["#    ijl       und    5)    drei  Grübchen,    umfasst    von    unregelmässigen,    grad- 
linigen  Strichen  (Fig.  3). 


In  der  Niederlausitz  hat  auf  diese  Marken,  soviel  ich  weiss,  zuerst  1833, 
allerdings  ohne  weitergreifende  Wirkung,  der  Pastor  Patrunky  litterarisch  hin- 
gewiesen in  seiner  Geschichte  der  vor  1346  gegründeten  Kirche  zu  Schöufeld  bei 
Calau.  Er  hält  sie  für  Zeichen  der  aus  England  gekommeneu  Maurer  und  con- 
statirt  sie  an  verschiedenen  alten  Dorfkircheu  jeuer  Gegend.  In  Guben  finden  sie 
sich  an  dem  um  1400  entstandenen  östlichen,  nicht  mehr  an  dem  seit  1519  bis  1560 
erbauten  westlichen  Theile  der  Stadtkirche. 

„Einen  Schalenstein,  der  bei  Stargardt,  Kr.  Guben,  gelegen  habe  und  1784 
zersprengt  worden  sei,  sowie  die  an  ihn  sich  knüpfende  Teufelssage  erwähnt  Heinze 
im  Lausitz.  Magazin  Bd.  XII  (1834)  S.  159."  — 

Hr.  Virchow  (fortfahrend):  Zum  Beginn  unserer  weiteren  Besprechung  möchte 
ich  noch  besonders  hervorheben,  dass  die  Diskussion  über  die  Grübchen  oder  Näpfchen 
zwei  ganz  verschiedene  Phasen  gehabt  hat.  In  der  älteren  Zeit  sind  diese  Bildungen 
hauptsächlich  nur  studirt  worden  an  erratischen  Blöcken.  Solche,  mit  künstlichen 
Gruben  versehene  Blöcke  sind  z,  B.  in  unserer  Mark  schon  von  dem  alten  Beckmann 
in  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  und  zwar  unter  dem  Namen  „Näpfchensteine" 
beschrieben  worden.  Wir  haben  dann  ^, Elfensteine"  kennen  gelernt  in  Schweden  und 
Schleswig.  Dann  hat  die  Aufmerksamkeit  sich  ganz  besonders  der  Sache  zugewendet 
in  der  Schweiz.  Von  da  liegt  eine  sehr  umfassende  Publikation  vor.  Hr.  Ferdinand 
Keller  hat  „die  Zeichen-  oder  .Schalensteine  der  Schweiz"  in  umfassender  Weise 
dargestellt  in  einer  Arbeit,  die  1870  in  den  Mittheilungen  der  antiquarischen  Ge- 
sellschaft in  Zürich  (Bd.  XVII.  Heft  3)  erschienen  ist;  es  finden  sich  darin  Abbil- 
dungen aller  hauptsächlichsten  Steine  dieser  Art,  welche  damals  in  der  Schweiz  be- 
kannt waren,  unter  diesen  muss  ich  besonders  eine  Lokalität  hervorheben,  welche 
in  neuerer  Zeit,  wie  es  scheint,  vergessen  worden  ist,  wo  sich  solche  Grübchen 
oder  Näpfchen  nicht  an  einem  erratischen  Block,  sondern  an  einem  anstehenden 
Gestein,  an  einem  wirklichen  Felsen  fanden.  In  der  Nähe  von  Sitten,  an  der 
Ostseite  der  etwa  400  Fuss  hoch  aus  dem  Thale  aufsteigenden  Höhe,  auf  welcher 
Kirche  und  Schloss  Valeria  sich  erheben,  tritt  eine  aus  Quarzfels  bestehende  xMasse 
hervor,  die,  wie  Hr.  Keller  sagt,  mit  der  Unterlage  verwachsen  und  einerlei 
Natur  ist,  und  an  dieser  Felsmasse,  welche  „Heidenstein"  oder  „Druidensteia" 
heisst,  finden  sich  dieselben  Näpfchen,  wie  sonst  an  erratischen  Blöcken.  Dies  ist 
gewiss  eine  sehr  bedeutungsvolle  Thatsache.  Dann  hat  bekanntlich  unser  Freund 
Desor  diese  Sache  zum  Gegenstand  einer  besonderen  Publikation  (Les  pierres  a 
ecuelles.  Neachatel  1879)  gemacht,  die  in  seinem  neuesten  Buche  (La  foret  vierge 
et  le  Sahara,  suivi  d'une  etude  sur  les  pierres  ä  ecuelles  et  d'un  essai  sur  le  nez. 
Paris,  Neuch.  et  Genove.    1879.  p.  184)    wieder  abgedruckt  ist.     Ich   habe   darüber 


(439) 

in  der  Sitzung  vom  19.  Januar  1878  (Zeitschr.  f.  Ethn.  Bd.  X.  Verh.  S.  11)  berichtet. 
Auch  ist  in  dem  „Anzeiger  für  Schweizerische  Altertbumskunde",  1874,  No.  4.  S.  554. 
Taf.  I.  eine  Reihe  von  Abbildungen  von  Näpfchensteinen  aus  der  Nähe  von  Biel 
durch  Hrn.  Bach  mann  publicirt.  Dann  ist  die  Sache  namentlich  aufgenommen 
worden  in  Frankreich,  wo  zuerst  Hr.  Falsan  (De  la  presence  de  quelques  pierres 
a  ecuelles  dans  la  region  moyenne  du  bassin  du  Rhone.  Toulouse  1878)  und  dann 
Hr.  Niepce  (Appel  pour  la  recherche  de  Tetude  des  pierres  ä  ecuelles  et  ii  bassins 
dans  les  environs  de  Lyon.  1878)  über  pierres  ä  c'-cuelles  im  Rhonegebiet  berichtet 
haben.  Es  handelt  sich  dabei  vorzugsweise  um  einen  sonderbaren  erratischen  Block 
mit  einigen  60  Näpfchen,  der  bei  Thoys  in  der  Nähe  von  Belley  (Dept.  de  l'Ain) 
liegt  und  den  Namen  la  boule  de  Gargantua  führt,  weil  die  Eingebornen  annahmen, 
dass  der  Riese  Gargantua  ihn  ergriffen  und  geworfen  habe  und  die  Löcher  dadurch 
entstanden  seien,  dass  seine  Finger  so  gewaltig  zugepackt  hätten.  In  der  Schrift 
von  Falsan  befindet  sich  hinten  noch  eine  Abbildung,  welche  einen  Schalenstein 
aus  der  Gegend  von  Decines,  nordöstlich  von  Lyon,  darstellt,  der  den  Namen 
pierre  fitte  (fritle,  frette)  trägt,  was  gedeutet  wird:  eingepflanzter  Stein  (pierre 
fiche,  pierre  plantee).  Die  Abbildung  dieses  Steins,  der  nachher  von  Hrn.  Niepce 
weitläufig  erörtert  wird,  hat  mich  lebhaft  erinnert  an  den  einen  Näpfchenstein  des 
alten  Beckmann,  den  ich  vor  einigen  Jahren  mit  Hrn.  Dr.  Voss  in  der  Nähe  von 
Frankfurt  a.  0.  aufgesucht  habe  (Sitzung  vom  16.  Febr.  1878.  Zeitschr.  für  Ethnol. 
Bd.  X.  Verhaudl.  S.  58).  Bei  ihm  sind  wir  zu  der  Annahme  gekommen,  dass  die 
Löcher  bestimmt  gewesen  seien  zum  Spreugen  des  Steines,  nicht  mit  Pulver,  son- 
dern mit  Holz.  Nichts  würde  leichter  sein,  als  durch  eine  solche  Methode  den 
Stein  auseinanderzusprengen.  Die  Pierre  fitte  von  Decines  hat,  namentlich  durch 
den  Umstand,  dass  die  Löcher  in  einer  Reihe  um  den  Stein  herum  längs  einer 
Spaltlinie  angebracht  sind,  eine  in  der  That  komische  Aehnlichkeit  mit  dem 
„Näpfchenstein",  der  östlich  von  Frankfurt  noch  jetzt  auf  dem  Felde  liegt. 

Von  Näpfchensteinen  dieser  oder  ähnlicher  Art  kennen  wir  aus  unserer  Nähe 
wie  Sie  wissen,  verhältnissmässig  wenige.  Die  Aufmerksamkeit  scheint  im  Ganzen 
noch  wenig  geschärft  zu  sein  und  ich  kann  bei  dieser  Gelegenheit  nur  wieder  dar- 
auf hinweisen,  wie  wünschenswerth  es  wäre,  wenn  namentlich  diejenigen,  welche 
Reisen  gegen  das  Gebirge  hin  unternehmen,  in  grösserer  Ausdehnung,  als  es  bis 
etzt  der  Fall  gewesen  ist,  diese  Sache  verfolgen  wollten. 

Was  die  andere  Seite  der  Frage  betrifft,  nehmlich  das  Vorkommen  von  Näpf- 
chen an  Kirchen,  so  mache  ich  auf  eine  Abhandlung  des  Hrn.  v.  Bülow,  des 
Staatsarchivars  in  Stettin,  über  „Läugsrillen  und  Rundmarken  an  mittelalterlichen 
Gebäuden"  aufmerksam,  in  der  er  eine  grosse  Reihe  von  Kirchen  in  Pommern 
und  anderen  Provinzen  aufführt.  Er  ist  auch  zu  keiner  rechten  Meinung  ge- 
kommen. Ich  will  aus  seiner  Mittheilung  jedoch  hervorheben,  dass  in  Stralsund 
an  der  Nicolai-  und  Jacobi-Kirche  durch  Hrn.  v.  Hasel berg  Rundmarken  ge- 
funden worden  sind,  die  noch  die  Breunhaut  über  der  Vertiefung  zeigen  sollen. 
Solche  Vertiefungen  müssten  natürlich  schon  vorhanden  gewesen  sein,  als  die  Steine 
gebrannt  und  glasirt  wurden. 

Wenn  das  wirklich  hier  und  da  vorkommen  sollte,  so  ist  es  sicherlich  nur 
ausnahmsweise  der  Fall.  Hr.  v.  Bülow  selbst,  der  die  Verhältnisse  durch  be- 
sondere Fragebogen,  welche  er  herumschickte,  zu  ergründen  bestrebt  gewesen  ist, 
giebt  an,  dass  er  von  keinem  einzigen  Orte  eine  Bestätigung  jener  Beobachtung 
erhalten  habe,  vielmehr  stimmten  alle  Berichte  darin  übereiu,  dass  eine  genaue 
Betrachtung  der  Oberfläche  der  Rundmarken  den   Eindruck  mache,   als    seien    die- 


(440) 

selbeu  durch  Reiben  hervorgebracht.  Daran  kann  also  wohl  nicht  gezweifelt  wer- 
den, dass  die  Mehrzahl  der  Gruben  späteren  Ursprungs  ist,  als  die  Steine  selbst,  an 
welchen  sie  sich  befinden.  Ich  habe  in  den  beiden  letzten  Sitzungen  (S.  334,  381) 
eine  Reihe  von  Beobachtungen  mitgetheilt,  aus  denen  hervorgeht,  dass  Rillen  und 
Grübchen  an  den  Kirchenwänden  bis  nach  der  Schweiz  und  dem  Elsass  sich  vor- 
finden, gleichviel  ob  die  Wände  aus  Backsteinen  oder  Bruchsteinen  bestehen,  und 
ich  bin  überzeugt,  dass  niemand,  der  die  tiefen  und  scharfen  Rillen  in  den  Bruch- 
steinen sieht,  durch  welche  dieselben  stellenweise  im  höchsten  Maasse  verunstaltet 
werden,  die  Meinung  hegen  wird,  es  seien  Steinmetzzeichen  oder  gar  zufällige  Ver- 
witterungen. 

Um  Missverständnissen  vorzubeugen,  will  ich  erwähnen,  dass  an  solchen 
Kirchen,  welche  aus  Quadern  erbaut  sind,  sich  zuweilen  eine  andere  Art  von  Löchern 
oder  Gruben  befindet,  welche  mit  den  hier  in  Rede  stehenden  gar  nichts  zu  thun 
haben.  Ich  wurde  darauf  zuerst  bei  der  Betrachtung  der  Kirche  in  Wachenheim 
(Rheinpfalz)  aufmerksam.  Es  sind  dies  tiefe,  häufig  viereckige  Löcher,  welche  sich 
bis  hoch  an  den  Thürmen  hinauf  an  der  Aussenseite  eines  jeden  Quadersteines 
finden  und  welche  wahrscheinlich  dazu  gedient  haben,  um  die  Steine  mit  eisernen 
Klammern  zu  fassen  und  in  die  Höhe  zu  winden 

Im  Anschlüsse  an  diese  Bemerkungen  habe  ich  der  Gesellschaft  noch  ein 
Schreiben  des  Hrn.  Brückner  sen.  d.  d.  Neubrandenburg,  17.  December  vorzu- 
legen, in   welchem  er  über  verschiedene  Kirchen  berichtet: 

„Als  ich  im  Jahre  1878  mich  einige  Wochen  lang  in  Nauheim  aufhielt,  habe 
ich  den  Nachbarort  Friedberg  wiederholt  aufgesucht.  Die  alte  Reichsstadt  bietet 
manches  Interessante,  die  nach  dem  Schlosse  hinaufführende  Kaiserstrasse  erinnert 
an  Nürnberg  u.  s.  w. 

„Bei  der  Besichtigung  der  Kirche  entdeckte  ich  an  der  Nordseite  derselben  und 
am  Thurm  eine  grosse  Anzahl  von  Rundmarken.  Die  Südseite  der  Kirche  ist  gänzlich 
verbaut  und  nicht^  zugänglich.  Manche  der  Rundmarken  sitzen  sehr  hoch,  etwa 
20  Fuss  über  dem  Boden. 

„Es  traf  sich  grade,  dass  bei  der  Besichtigung  der  Kirche  ein  Eingeborner  über 
den  Platz  ging.  Auf  meine  Frage  woher  diese  Marken  entstanden  sein,  gab  er  zur 
Antwort:  „Die  haben  wir  als  Kinder  gemacht".  Der  Manu  hatte  es  sehr  eilig  und 
ich  konnte  ihn  über  die  Art  der  Anfertigung  nicht  weiter  befragen. 

„Ich  glaube  nun  aber  schliesslich  doch  nicht,  dass  alle  Rundmarken,  die  weit 
verbreitet  und  in  grosser  Zahl  \orkommen,  nur  kindlicher  Spielerei  ihren  Ursprung 
verdanken.  Der  Friedberger  Einwohner  wird  wahrscheinlich  auch  nach  schon  älteren 
Mustern  gearbeitet  haben. 

„Seit  unserer  Unterredung  habe  ich  mich  über  die  Rundmarken  hier  in  Neu- 
brandenburg genau  informirt.  Wir  haben  hier  viel  alten  Ziegelrohbau:  die  Stadt- 
mauern mit  ihren  Befestigungsthürmeu  (Fangelthürmen  und  Winkhäusern),  die 
alten  Thore,  das  frühere  Franziskanerkloster,  und  die  beiden  Kirchen.  Rund- 
marken befinden  sich  nun  an  der  Südseite  der  Marienkirche  in  bequemer 
Handhöhe  und  oft  mehrere  beisammen  in  einem  Ziegel.  Rundmarken  befinden  sich 
ausserdem  in  bequemer  Handhöhe  in  den  Ziegeln  der  Johanniskirche  an  der 
Süd-  und  Westseite,  die  grössere  Zahl  an  der  Südseite.  Beim  Umhersucheu 
habe  ich  ausser  diesen  Rundmarken  nur  noch  drei  aufgefunden.  Dieselben  befinden 
sich  an  der  Verbindungsraauer  zwischen  dem  äusseren  und  inneren  Treptower  Thore, 
in  welchem  letzteren  wir  unsere  Sammlung  haben.  Sie  sitzen  an  der  Südseite  der 
Mauer  in  einer  Reihe  in  zwei  Steinen,  und  so  niedrig,  dass  es  für  einen  Er- 
wachsenen sehr  unbequem  sein   würde,    hier    Rundmarkeu    einschleifen    zu    wollen. 


(441) 

Hier  in  Neubrandenburg  sitzt  jedenfalls  die  überwiegend  grössere  Zahl  der  Marken 
an  den  Kirchen  und  an  Stellen  der  Mauern,  die  der  Sonne  zugänglich  sind". 

Hr.  Virchow  (fortfahrend):  Es  mag  sein,  dass  auch  spätere  Dinge  der  Art 
existiren  und  dass  gelegentlich  Kinder  dieselben  machen.  Indess  muss  ich  nach 
Ueberblickung  des  gesanunten  Materials  sagen,  dass  es  noir  im  höchsten  Grade  be- 
denklich erscheint,  sie  wesentlich  der  neueren  Zeit  zuzuwenden.  Die  Vermuthung, 
dass  die  Grübchen  durch  abgeschossene  Kugeln  hervorgebracht  seien,  mag  für  ein- 
zelne Fälle  zutreffen;  eine  generelle  Bedeutung  kann  sie  unmöglich  baben.  Man 
wird  doch  nicht  immer  von  derselben  Seite  aus,  gerade  auf  die  südliche  Eingangs- 
thür,  geschossen  haben.  Auch  lassen  sich  die  Rillen,  die  doch  sicherlich  nicht  ein- 
geschossen sein  können,  von  den  Grübchen  nicht  trennen. 

Hr.  V.  Bülow  bat  eine  ihm  zugegangene  Erklärung  mitgetheilt,  welche  recht 
sonderbar  klingt.  Darnach  sei  es  Sitte  auf  dem  Lande,  dass  der  Vater  oder  einer 
der  Verwandten,  nachdem  ein  Kind  geboren  ist,  an  die  Kirchenmauer  gehe  und 
das  Kind  „ansage",  um  den  Zusammenhang  des  Neugebornen  mit  der  Kirche  her- 
zustellen. Sterbe  das  Kind  vor  geschehener  Ansage,  so  könne  es  nicht  selig  werden, 
falls  nicht  eine  Nothtaufe  ausgeführt  sei.  Indess  ist  damit  noch  nicht  erklärt,  woher  die 
^Marken"  kommen.  Hierfür  wird  denn  die  höchst  zweifelhafte  Interpretation  ver- 
sucht, der  Ansagende  habe  zum  Zeichen,  dass  er  die  Ansage  gemacht,  eine  „Marke" 
eingekratzt.  Diese  Interpretation  ist  eine  ganz  willkürliche,  einfach  ausgedachte 
Vermuthung  ohne  jeden  Werth.  Ist  das  „Ansagen"  richtig,  so  kann  es  sich  sehr 
wohl  an  schon  vorhandene  Marken  geknüpft  haben. 

Ich  habe  endlich  noch  neue  Abbildungen  vorzulegen,  die  eine  von  Hrn.  Alfieri 
von  der  Pfarrkirche  zu  Gransee,  die  andere  von  Hrn.  Reichert  von  der  Kirche 
zu  JVlüncheberg.  Auch  hat  Hr.  M.  Kuhn  einen  mit  Grübchen  besetzten  Mauer- 
stein aus  einer  posenschen  Kirche  in  Substanz  vorgelegt.  — 

Hr.  Alfieri:  Ich  hatte  schon  in  der  letzten  Sitzung  sehr  ausgeprägte  Rillen 
und  Rundmarken  an  der  Granseer  Kirche  erwähnt,  welche  die  interessante  That- 
sache  ergeben,  dass  die  Rillen  vor  dem  Brande  der  Steine  gemacht  worden  sind. 
Alle  diese  Steine  haben  einen  besonders  scharfen  und  harten  Brand,  und  von  einem 
Sachkundigen  ist  es  für  unmöglich  erklärt,  dass  mim  in  dieselben  mit  einem  In- 
stiument  solche  Rillen   hiueinbriugen  könne. 

Den  Steinen  muss  bei  der  Herstellung  besondere  Aufmerksamkeit  gewidmet  sein, 
weil  sie,  trotzdem  dass  bei  so  starkem  Brande  jeder  Stein  ungemein  schwindet,  das 
Format  der  übrigen  Steine  baben.  Es  ist  also  ganz  entschieden  zu  bestreiten,  dass 
sie  nachher  hineingesetzt  sein  können.  Aus  den  beiden  Zeichnungen,  welche  ich 
vorlege,  ersehen  Sie,  dass  eine  Menge  von  Rillen,  weniger  Näpfchen  vorhanden  sind. 
Im  Ganzen  sind  3 — 400  Rillen  an  einer  verhältnissmässig  kurzen   Stelle    zu  zählen. 

Ein  solches  Verhältniss  kommt  wesentlich  bei  katholischen  Kirchen  vor.  Ich  habe 
mich  daher  bei  einem  Manne  zu  informireu  gesucht,  der  über  die  katholische  Zeit  sehr 
unterrichtet  ist;  ich  bin  zum  geistlichen  Rath  Müller  gegangen.  Die  Sache  war  ihm 
fremd,  er  stellte  aber  bald  fest,  dass  kein  Kultus  der  Art  in  den  ältesten  katholischen 
Zeiten  geherrscht  hat,  um  etwa  Salben  oder  sonstige  Sachen  in  diese  Rillen  hinein- 
zureiben. Auch  bestritt  er,  dass  ein  heidnischer  Gebrauch  sich  darin  ausdrücke; 
die  Geistlichen  würden  es  sich  verbeten  haben,  dass  nian  die  Kitchenmauer  zu  heid- 
nischem Hokus  Fokus  verwentle.  Hr.  Müller  erzählte  mir  dasselbe,  was  der  vor- 
her erwähnte  Geistliche  in  seiner  Schrift  von  i^'.VS  niedergelegt  hat,  dass  die  Leute, 
welche  die  Kirchen  gel)aut,  abgeschlossene   Baugemeiuschafteu  hielten,    welche  eine 


(442) 

Menge  von  Erkennungszeichen  besassen  und  einen  grossen  Mysticismus  um  sich  ver- 
breiteten. Er  glaubt  daher,  dass  die  Rillen  eine  Art  von  Kultus-Requisit  für  die 
Bauhandwerker  gewesen  seien.  Er  erinnerte  daran,  dass  an  den  Säuleu  des  Salomo- 
nischen Tempels  die  Bauhandwerker  sich  versammelten  und  „hatten  ihre  Zeichen". 

Hr.  v.  Schuleuburg.  An  der  wendischen  Kirche  zu  Burg  im  Spreewalde, 
die  1804  erbaut  ist,  werden  die  Näpfchen  von  den  Kindern  zum  Knöpfchenspielen 
benutzt;  wenn  der  Knopf  ein  solches  Loch  trifft,  so  sind  die  Knöpfe  gewonnen. 
Die  Löcher  befinden  sich  3 — 4,  selten  5  Fuss  hoch  vom  Erdboden  entfernt  und 
zwar  stets  nach  der  Seite,  die  dem  Pfarrhause  abgelegen  ist,  damit  der  Prediger 
die  Kinder  nicht  sehen  kann.    Ich  glaube  also  nicht,  dass  es  mystische  Zeichen  sind. 

Hr.  Virchow.  Sie  sehen,  dass  die  Frage  noch  nicht  erschöpft  ist.  Es  lassen 
sich  immer  noch  neue  Beobachtungeu  machen  und  es  wird  nur  durch  eine  ins 
Einzelne  gehende  Prüfung  derselben  möglich  sein,  ihren  Werth  festzustellen. 
Nichts  wäre  bedenklicher,  als  zu  früh  zu  generalisiren.  Am  wenigsten  klar  ist  die, 
zuerst  von  Hrn.  Rosenberg  in  der  Sitzung  vom  19.  Juni  1875  (Zeitschr.  für 
Ethn.  Bd.  VH.  Verh.  S.  136)  angeregte  Frage,  in  welcher  Beziehung  die  Grüb- 
chen der  Kirchenmauern  zu  den  Näpfchensteinen  im  freien  Felde  stehen. 

Ich  kann  daher  vor  allen  Dingen  den  Wunsch  ausdrücken,  dass,  wer  in  der 
Lage  ist,  die  erratischen  Blöcke  unseres  Vaterlandes  zu  studiren,  besonders  sein 
Augenmerk  darauf  richten  möge,  wo  bei  uns  Schalensteine  vorkommen. 

(20)  Hr.  W.  v.  Schulen  bürg  überreicht  für  die  Bibliothek  der  Gesellschaft  sein 
kürzlich  erschienenes  Buch  (Wendische  Volkssagen  und  Gebräuche.  Leipzig  bei 
Brockhaus  1880)  und  legt  einige  eigenthümlich  geformte,  an  Pfeifenköpfe  erinnernde 
leider  defecte 

Thongeräthe  aus  dem  Urnenfelde  von  Müschen  bei  Burg  im  Spreewaide 

vor.  Letztere  werden  von  dem  Herrn  Vortragenden  dem  Königl.  Museum  als 
Geschenk  überwiesen. 


Hr.  Virchow  macht  auf  die  an  den  „Pfeifen"  befindlichen  Platten  aufmerk- 
sam, welche  aussehen,  als  seien  sie  dazu  bestimmt  gewesen,  auf  einen  Tisch  auf- 
gesetzt zu  werden.    Mciglicherweise  handle  es  sich  um  eine  Art  von  Trinkgefässen.  — 

Hr.  V.  Schulen  bürg  überreicht  ferner  eine  Nummer  des  „Bär,  Zeitschrift  für 
vaterländische  Geschichte  und  Alterthumskunde"  (1.  August  1879),  Nr.  lä),  in 
welcher  er  Bemerkungen  über 

die  Naclilcommen  des  wendisclien  Königs  im  Spreewalde 

niedergelegt  hat.     Nachdem    er    die  Tradition  von  der  alten  Jungfrau  erwähnt  hat, 


(443) 

welche    die    letzte    vom  Geschlechte    des    sserski  kral    sein  solle,    und    welche  sich 
nirgends  findet,  sagt  er: 

„Wie  kommt  es  nun,  dass  trotzdem  noch  einzelne  Deutsche,  welche  einen 
Theil  ihres  Lebens  im  Spreewalde  verbrachten,  von  wendischen  Bauernmädcheu 
fabeln,  die  sich  angeblich  für  Nachkommen  des  wendischen  Königs  halten 
sollen?  Wir  wollen  es  in  Kürze  sagen,  denn  um  alles  gehörig  zu  berichten,  würde 
dieser  Raum  nicht  genügen.  Der  wendische  König,  so  belehrt  die  Sage,  hauste  auf 
dem  Schlossberge  zu  Hurg  und  hatte  grosse  Reichthümer,  aber  das  Geld  war  Teufels- 
geld. Denn  or  hatte  mit  dem  Schwarzen  einen  Vertrag  gemacht  und  der  hatte  ihm 
den  Schlossberg  in  einer  Nacht  erbaut.  Als  nun  der  König  starb,  wurde  der 
gesammte  Schatz  mit  dem  Scliloss  und  der  wendischen  Königin,  seiner  Gemahlin, 
verwünscht.  So  lag  der  Schlossbergschatz  viele  Jahrhunderte.  Da  holten  ihn  einst 
vor  langen  Jahren  zwei  Brüder  Malk,  Wenden  aus  Burg.  Der  „Dorfsche",  so  heisst 
es,  verbrauchte  sein  Geld  in  der  Wirthschaft,  der  andere,  der  „feldsche  Malk"  ver- 
grub sein  Theil  im  Acker.  An  diesen  Vorgang  hat  sich  allmälig  eine  grosse  Fülle 
aller  möglichen  Schatzsagen  festgesetzt  und  noch  heute  ist  der  „malksche  Schatz" 
die  beliebte  und  unerschöpfliche  Fundgrube  der  Unterhaltung  in  Spinnstuben  wie 
Schenken,  und  wo  immer  in  Burg  Wenden  oder  Wendinnen  zusammenkommen. 
Mit  üebergehung  alles  anderen  sei  hier  nur  erwähnt,  dass  aus  verschiedenen  Gründen 
die  bereits  verstorbene  Tochter  eines  Besitzers  Malk  ganz  besonders  und 
dringlich  von  den  Schatzgeistern  aufgefordert  wurde >  den  Schatz  zu  heben.  Denn 
dieser,  in  einem  Kessel,  bewacht  von  einer  Schlange  oder  einem  Hunde,  wandert 
auf  dem  Acker  (jedes  Kind  zeigt  diesen  dem  Fremden)  umher,  geht  in  die  Tiefe 
und  kommt  wieder  in  die  Höhe.  Der  Schatz  kann  gelöst  werden,  aber  wer  ihn  löst, 
verliert  die  Seele,  dann  ist  die  Verwünschte  auf  dem  Schlossberge  frei.  Doch  wer 
wird  das  wagen! 

„Auf  diese  Weise  ist  die  betreffende  Familie,  auf  deren  Acker  das  Geld  noch 
jetzt  liegen  soll,  zur  Trägerin  der  Schatzsage  geworden,  indem  sie,  gleichsam  als 
Erbin  des  Schlossbergschatzes,  in  rein  scbatzmässige  Beziehungen  zur  verwünschten 
wendischen  Königin  trat.  Es  ist  aber  niemals  einem  Burger  Wenden  ein- 
gefallen, in  der  erwähnten  Familie  Nachkommen  oder  „Freundschaft" 
des  wendischen  Königs  zu  sehen.  Es  würden  sich  auch  alle  vor  dieser  Ehre 
bedanken,  weil  der  wendische  König  nur  als  Räuber  in  der  Erinnerung  lebt. 

„Durch  den  Malkschen  Schatz  ist  des  Weiteren  ein  Fräulein  B.  in  der  Stadt 
Vetschau  in  Mitleidenschaft  gezogen  worden.  Denn  es  ist  eine  verbreitete  Meinung, 
dem  Vater  B.  (einem  angeblichen  Plonbesitzer '))  sei  seiner  Zeit  von  einem  Malk  ein 
Theil  des  Schatzes  zur  Aufbewahrung  übergeben  worden.  So  ist  durch  den  Schatz 
das  verstorbene  Fräulein  ß.  mit  der  wendischen  Königin  in  Beziehung  getreten. 
Die  Sagen,  welche  sich  an  Fräulein  B.  knüpfen,  namentlich  Besuche  der  wen- 
dischen Königin  in  einer  Höhle,  behufs  deren  Erlösung,  fanden  eben  in  den  Schatz- 
beziehungen ihren  Halt.  Auf  ihnen  fussend  haben  Witzbolde  allerhand  Mystifi- 
kationen in  Vetschau  ausgeführt,  deren  Erörterung  zu  weit  führen  würde.  Dies 
zur  rechtzeitigen  Abwehr  gegen  alle  diejenigen,  welche  künftighin  Fräulein  B.  mit 
einem  wendischen  Köuige  in  Verbindung  bringen  sollten. 

„Aus  Obigem  geht  klar  hervor,  wie  jene  Sage  entstanden  ist,  wie  dieselbe  aus 
einer  Schatzsage  nach  und  nach  aufgebauscht  wurde  zu  der  Sage  von  „wendischen 
Königen." 

1)  Plön  =  Drache. 


(444) 

(21)  Hr.  Virchow  zeigt 

Muschelgeräthe  aus  Gräbern  von  Barbadoes, 

welche  er  kürzlich  durch  den  von  dort  zurückgekehrten  Hrn.  Dr.  Junker  v.  Lang- 
egg erhalten  hat. 

Es  sind  3  sehr  merkwürdige,  aus  einer  grossen  Meermuschel  mit  grosser 
Geschicklichkeit  und  Ueberlegung  herausgearbeitete  Stücke,  wie  ich  sie  früher 
nie  gesehen  habe.  Obwohl  sie  einigermaassen  an  die  aus  Tridacna-Schalen  her- 
gestellten polynesischen  Geräthe  erinnern,  so  sind  sie  doch  in  der  Form  davon 
ganz  verschieden.  Zwei  davon  stellen  Schaber-artige  Geräthe  mit  einer  breiten 
zugeschürften  Fläche  und  einem  zugespitzten,  etwas  gebogenen  Griff  dar,  der  sehr 
bequem  in  der  Hand  liegt.  Die  Ränder  sind  überall  sehr  sauber  abgeschliffen  und 
das  Ganze  offenbar  aus  einer  grossen  Muschel  sehr  kunstvoll  herausgeschnitten. 

Am  meisten  bemerkenswerth  ist  aber  ein  kleines  Muschelbeil,  welches 
manchen  Steinbeilen  der  neolithischen  Zeit  so  genau  gleicht,  dass  ich  beim  ersten 
Anblick  in  der  That  ein  Steinbeil  vor  mir  zu  sehen  glaubte.  Durch  seine  weisse 
Farbe,  seine  Dichtigkeit  und  Glätte  nähert  es  sich  dem  Aussehen  von  Marmor. 
Indess  ergiebt  eine  genauere  Betrachtung,  dass  es  gleichfalls  aus  einer,  freilich  sehr 
dicken  und  harten  Muschelschale  angefertigt  ist.  Es  ist  95  mm  lang,  an  der 
Schneide  38,  am  hinteren  Ende  22  mm  breit,  am  vorderen  Theil,  wo  es  am  stärk- 
sten ist,  15  mm  dick.  Die  Grundfläche  ist  fast  platt  und  nur  gegen  die  Schneide 
zu  stark  gebogen,  die  obere  Fläche  dagegen  ist  im  Ganzen  flach  gewölbt  und  gegen 
die  Schneide  hiü  durch  eine  parabolische,  schiefe  und  ebene  Fläche  unterbrochen. 
Auch  die  Seitenränder  und  das  hintere  Ende  sind  schwach  gewölbt.  Alle  Theile 
sind  sorgfältig  geschliffen,  was  freilich  nicht  hindert,  dass  durch  eine  Reihe  natür- 
licher Höhlungen  oder  Defekte  gewisse  Stellen  rauh  und  vertieft  erscheinen. 

(22)  Hr.   Voss  legt  einige  Stücke  aus 

dem  Bronzefunde  von  Bennewitz  bei  Halle  a.  d.  Saale 

vor  und  bemerkt  dazu  Folgendes: 

Von  Freundeshand  erhielt  ich  die  No.  160  der  Saale-Zeitung  vom  12.  Juli  d.  J. 
zugesandt,  in  welcher  sich  folgende  kurze  Fundanzeige  befand: 

„Auf  einem  Ackergrundstück  des  Dorfes  Bennewitz  in  der  Nähe  von  Gröbers 
ist  beim  Pflügen  eine  Urne  gefunden  worden,  welche  nicht  weniger  als  297  Stück 
Beile,  aus  der  ßronzeperiode  herrührend,  enthielt.  Die  Beile  schienen  zum  grösseren 
Theil  aus  Kupfer  zu  bestehen,  wenigstens  zeigen  sie,  von  dem  überreich  an  ihnen 
sitzenden  Grünspan  befreit,  eine  schöne,  kupferrothe  Farbe;  sie  wiegen  zusammen 
nahezu  zwei  Centner.  Leider  konnte  die  Urne  nur  in  Stücken  aus  Tageslicht  be- 
fördert werden." 

Auf  mein  Ersuchen  hatte  Hr.  Oberpostsekretär  Warnecke  in  Halle  die  Güte, 
sich  an  Ort  und  Stelle  zu  begeben  und  nähere  Nachforschungen  anzustellen.  Es 
gelang  ihm,  200  Exemplare  für  das  Königl.  Museum  käuflich  zu  erwerben,  welche 
er  mit  folgendem  Bericht  übersandte: 

„Im  Juni  d.  J.  sah  in  der  Feldmark  Bennewitz  bei  Gröbers,  Provinz  Sachsen, 
ein  Bauer  beim  Pflügen  einige  metallene  Gegenstände  in  der  Furche  liegen.  Er 
wurde  aufmerksam,  grub  weiter  und  fand  im  Ganzen  294  solcher  Stücke,  die  sich 
bei  näherer  Besichtigung  als  Aexte  von  Bronze  auswiesen.  Gleichzeitig  förderte 
der  Bauer  noch  Scherben  einer  Urne  zu  Tage.  Letztere  war  von  schwarzbrauner 
Färbung,  sehr  roh  gearbeitet  und  von  einem,  mit  zerkleinerten  weissen  Kiesel- 
stückchcii   durchsetzteu  Thou   gefertigt.     Die  Aexte  sind    mit    schöuer  Patina    über- 


(445) 


zogen  und  haben  im  Allgemeinen  dieselbe  Form  wie  untenstehende  Abbildung; 
nur  geringe  Unterschiede  zeigen  sich  in  der  Länge  und  Breite  des  Schaftes  und 
der  Schneide,  oder  in  der  Breite  und  Tiefe  der  auf  beiden  Seiten  des  Schaftes  be- 
findlichen Rille.  Im  Durchschnitt  beträgt  das  Gewicht  der  einzelnen  Axt  3'/)  g 
und  deren  Länge  17  c/n,  die  Schneide  ist  7  cm  breit.  Die  Aexte  fanden  sich  nicht 
etwa  zerstreut  im  Felde  vor,  sondern  lagen  dicht  neben  einander;  in  Folge  der 
starken  Oxydirung  der  Oberfläche  waren  die  meisten  so  fest  zusammen  geheftet, 
dass  dieselben  nur  mit  Gewalt  von  einander  getrennt  werden  konnten.  Der  Fund- 
ort liegt  ganz  in  der  Nähe  der  wüsten  Mark  Stebrik  und  des  bekannten  Grabhügels 
Bornhök.  Weitere  Gegenstände,  als  Steine,  Knochen  u.  s.  w.  sind  nicht  auf- 
gefunden worden 

„Nach  Lage  der  Sache  kann  angenommen  werden,  dass  die  Aexte  Eigenthum 
eines  reisenden  Händlers  aus  Italien  oder  Gallien  gewesen  sind;  derselbe  hatte 
vielleicht  das  Unglück,  dass  ihm  sein  Maulthier  stürzte;  die  Aexte  zu  tragen,  war 
ihm  nicht  möglich,  da  sie  fast  zwei  Centuer  wogen.  Er  vergrub  daher  seine  für 
ihn  gewiss  sehr  kostbare  Waare,  uia  solche  später  wieder  mitzunehmen,  hat  aber 
pntweder  die  Stelle  nicht  wieder  finden  können  oder  ist  von  den  Eingeborenen 
ermordet  worden. 

„Was  vor  1500— 2000  Jahren  dem  damaligen  Eigenthümer  nicht  möglich  war, 
ist  nun  heute  geschehen.  Die  Aexte  sind  durch  Kauf  in  verschiedene  Hände  über- 
gegangen und  zieien  die  Sammlungen  mehrerer  Museen  und  Liebhaber;  den  grössten 
Theil  derselben  aber,  200  Stück,  besitzt  das  Königl.   Museum  in   Berlin." 

Sämmtliche  an  das  Königl.  Museuui  gelangte  Exemplare  gehören  demselben 
Typus  an.  Es  sind  „Flachcelte"  von  zierlicher  Form  mit  breiter,  gekrümmter 
Schneide  und  sehr  flacher  Schaftrinue,  welche  von  den  niedrigen  überstehenden 
Seitenkanten  gebildet  wird.  Die  einzelneu  Exemplare  zeigen  jedoch  so  viel  Ver- 
schiedenheit in  Form  und  Grösse,  dass  kaum  zwei  gefunden  werden  möchten,  welche 
von  identischer  Form  sind,  so  dass  man  behaupten  könnte,  sie  seien  in  derselben 
Form  gegossen.  Es  lassen  sich  3  Hauptvarietäten  unterscheiden,  1.  solche  Exemplare, 
deren  Schaftende  gradlinig  abgeschnitten  ist,  2.  solche,  deren  Schaftende  stumpf- 
winklig gebildet  ist  und  3.  solche  mit  abgerundetem  Schaftende.  Die  Schneide 
sämmtlicher  Exemplare  ist  mit  wenigen  Ausnahmen  durch  Hämmern  geschärft. 
Das  Material  scheint  eine  stark  oxydirte  Bronze  zu  sein.  Das  Oxyd  der  Oberfläche 
liildet  eine  dicke,  rauhe  Schicht,  welche  vielfach  einen  bläulichen,  allmälig  jedoch 
grünlicher  werdenden  Schein  zeigte  und  ursprünglich  noch  mit  einer  schwärzlichen 


(446) 

Kruste  bedeckt  war.  Letztere  rührt  wahrscheinlich  von  der  Zersetzung  organischer 
Substanz  her  und  mag  den  Ueberrest  des  Verpackungsmaterials  darstellen.  Der 
bläulichen  Farbe  der  Patina  nach  zu  urtheileu  könnte  man  wohl  annehmen, 
dass  dasselbe  ammoniakhaltig  war  und  vielleicht  aus  Wolle  oder  Haaren  bestand, 
um  die  Beschädigung  der  sorgfältig  gearbeiteten  und  geschärften  Werkzeuge  zu 
verhüten. 

Im  Museum  zu  Prag  belinden  sich  ähnliche  Exemplare,  welche  aus  dem  Funde 
von  Sobienice  bei  Leitmeritz  herstammen,  wo  ebenfalls  30  gleiche  Exemplare  bei- 
sanimenlagen. 

In  demselben  Museum  befindet  sich  auch  noch  ein  anderer  Massenfund,  welcher 
aus  30  Bronzesicheln,  bei  Cählawa  (Freistadt)  gefunden,  besteht. 

Es  sei  mir  bei  dieser  Gelegenheit  gestattet,  noch  auf  einen  im  Museum  zu 
Königsberg  i.  Pr.  befindlichen  Fund,  der  aus  etwa  40  durchbohlten  Bronzeäxten 
bestand,  aufmerksam  zu  machen  und  an  den  für  unsere  Gegend  bedeutendsten 
Fund  von  Plestlin  bei  Demmiu,  dessen  grösster  Theil  im  Königl.  Museum  zu  Berlin, 
die  übrigen  Partien  in  den  Museen  zu  Stettin  und  Stralsund  aufbewahrt  werden, 
zu  erinnern,  (v.  Ledebur:  Königl.  Museum,  Vaterland.  Alterth.,  Berlin  1838 
S.  25  ff.)  An  Zahl  der  Stücke  und  Gewicht  des  Materials  überragte  jedoch  der 
eben  besprochene  Fund  von  Bennewitz  alle  so  erheblich,  dass  man  ihn  wohl  in 
dieser  Hinsicht  für  den  bedeutendsten  Massenfund  Norddeutschlands  ansehen  muss. 

Die  Wichtigkeit  dieser  Massenfunde  ist  schon  durch  die  Ansicht  des  Hrn. 
Warnecke  über  den  ursprünglichen  Eigenthümer  des  Fundes  gekennzeichnet  und 
man  wird  ihm  wohl  darin  beistimmen  können,  dass  dieser  Fund  den  Waarenvor- 
rath  eines  Händlers  gebildet  habe. 

(23)  Herr  Voss  legt  einige  Abdrücke  von  sogenannten 

Runengemmen 
vor,  welche  er  der  Güte  des  Hrn.  Oberlehrer  Meyer  verdankt.  Die  Originale 
befinden  sich  im  Museum  zu  Lüneburg,  dessen  Vorstand  Herr  Meyer  ist.  Ueber 
die  Provenienz  desselben  ist  leider  nicht  recht  Sicheres  zu  ermitteln.  Sie  sollen 
aus  der  sogenannten  „goldenen  Tafel,"  dem  alten,  im  17.  Jahrhundert  beraubten, 
jetzt  gröstentheils  in  Hannover  befindlichen  Hochaltar  der  Lüneburger  Michaelskirche 
stammen.  Das  Material  ist.  wie  es  scheint,  ebenso  wie  bei  den  andern  Exemplaren 
der  Art,  eine  schwarz  und  weisse  onyxähnliche  Glaspaste.  Die  Darstellungen  er- 
innern zum  Theil  an  Gemmen  des  classischen  Alterthums. 

(24)  Hr.  Hollmann  zeigt  eine,  aus  dem  Gesichtstheil  eines  Menschenschädels 
hergestellte,  bunt  bemalte  Maske  von  Neu-Britannien  vor. 

(25)  Hr.  Virchow  zeigt 

einen  Topf  und  verkohlten  Mais  aus  dem  Gräberfelde  von  Madisonville  (Ohio). 

Hr.  Dr.  G.Brühl  in  Ciucinnati  hat  mir,  ausser  einer,  mit  grossen  literarischen 
Mitteln  durchgeführten  Arbeit  über  die  Herkunft  der  altmexikanischen  Stämme 
(Aztlan — Chicomoztoc.  Eine  ethnologische  Studie.  New-York  1879),  einige  recht 
interessante  Gegenstände  aus  der  eigentlichen  Moundbuilders-Region  übersendet. 
Dieselben  stammen  aus  einem  neu  entdeckten  und  mit  grosser  Sorgfalt  durch  die 
Mitglieder  der  Madisonville  Literary  and  Scientific  Society,  namentlich  durch  die 
Herren  Dr.  Metz  und  Langdon  explorirten  Gräberfelde,  über  welches  einige 
Nummern  des  Cincinnati  Daily  Enquirer  (1879,  24.  April)  und  des  Cincinnati 
Commercial  (1879,  31.  Aug.),  sowie  eine  kleine  Schrift  des  Hrn    Langdon,  welche 


(447) 

als  Anhang    zu  Prof.  Short's  neuem  Werke    (The  North   Americaus    of  Antiquity) 
erscheinen  sollte,  näheren  Aufschluss  geben. 

Das  fragliche  Terrain  liegt  im  südwestlichen  Ohio,  im  Thal  des  Little  Miami 
River,  welches  schon  lange  durch  die  grosse  Reihe  seiner  prähistorischen  Krdwerke 
(Mouuds)  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  gezogen  hat.  Nur  1  '/j  engl.  Meilen  süd- 
östlich von  Madisonville  kannte  man  gleichfalls  schon  länger  ein  wegen  seiner  vielen 
Topfscherben  (ausserdem  Flintspähne,  Pfeilspitzen,  gebrannte  Kalksteine,  zahlreiche 
Unio-Schalen)  mit  dem  Namen  Pottery  Field  bezeichnetes  Gebiet  von  4 — 0  Acres 
Umfang.  Die  neuen  Untersuchungen  haben  ergeben,  dass  dies  ein  grosses  Gräber- 
feld ist,  welches  vielleicht  oder  sogar  wahrscheinlich  demselben  Volke  angehört, 
das  die  Mnunds  errichtete.  Jedenfalls  hält  man  es  für  präcolumbisch.  Es  nimmt 
(uneu  niedrigen  Rücken  ein,  der  vielfach  mit  Holz  bestanden  ist.  Darunter  standen 
Bäume,  die  über  den  Gräbern  selbst  gewachsen  waren,  welche  über  300  Jahre 
alt  sein  mussteu,  z.  B.  eine  Eiche  von  6  Fuss  2  Zoll  Umfang. 

Bis  jetzt  hatte  man  nur  einen  halben  Acre  genau  untersucht  und  darauf  schon 
185  menschliche  Skelette  ausgegraben,  die  meisten  freilich  verletzt,  aber  doch  gegen 
40  Schädel  erträglich  erhalten.  Die  Leichen  lagen  meist  in  einer  Tiefe  von  2  bis 
3  Fuss  in  horizontaler  Lage,  das  Gesicht  aufwärts,  indess  fand  man  auch  Gerippe 
in  hockender  Stellung  und  Gruppen  von  3 — 6  Individuen.  Nur  in  einem  Falle  war 
der  Körper  mit  flachen  Kalksteinen  aus  dem  Flusse  bedeckt;  sonst  fehlte  jede 
Steineinfassung.  Die  Köpfe  lagen  meist  nach  Osten  oder  Südosten,  namentlich  die- 
jenigen, neben  denen  feinere  Gefässe,  Pfeifen  oder  andere  werthVollere  Beigaben 
niedergelegt  waren.  An  einer  Stelle  traf  man  einen  Kopf  ohne  Gerippe,  und  als 
man  weiter  suchte,  fand  man  eine  kreisförmige  Grube  von  3'/,  Fuss  Durchmesser 
und  4'/.j  Fuss  Tiefe,  in  welcher  die  Ueberreste  von  22  Gerippen  enthalten  waren. 
In  einem  der  Kreuzbeine  steckte,  nahe  am  Promontorium,  ein  kleiner 
dreieckiger  Feuerstein  („Kriegspfeil").  Der  Grund  der  Grube  war  mit  Unio- 
Schalen  belegt  und  die  Knochen  so  geordnet,  dass  die  unteren  Extremitäten  am 
Boden,  die  Köpfe  oben  lagen.  Von  diesen  Gebeinen  wird  ausser  einer  Anchylose 
des  Atlas  mit  dem  Hinterhaupt  und  schweren  traumatischen  Verletzungen  das  Vor- 
kommen rachitischer  und  syphilitischer  Veränderungen  erwähnt. 

Leider  fehlt  vorläufig  jede  Angabe  über  Maasse  und  Formen  der  Schädel  und 
sonstiger  Gebeine.  Es  heisst  nur,  dass  Form  und  Durchmesser  der  Schädel  sowohl, 
als  das  Topfgeräth  auf  eine  Verwandtschaft  mit  dem  „Steiugräber-Volk"  von  Tennessee 
hinweisen.  Auch  eine  weitere  Beweisführung  für  die  syphilitische  Natur  der  er- 
wähnten Veränderungen  ist  in  den  mir  zugegangenen  Papieren  nicht  geliefert,  und 
ich  kann  daher  vorläufig  noch  meinen  Zweifeln  an  der  Interpretation  Ausdruck  geben. 

Der  Tlion  der  Gefässe,  welche  in  diesen  Gräbern  stehen,  ist  mitr  zerstosseuen 
Unio-Schalen  gemengt.  Auch  pflegt  jedes  derselben  eine  ünio-Schale  zu  enthalten, 
die  nach  der  Ansicht  der  dortigen  Archäologen  als  Lötfei  gedient  hat.  Es  giebt 
kleine  und  grosse  Gefässe  bis  zu  1  Gallon  und  mehr  Inhalt,  die  ersteren  hauptsäch- 
lich in  Kindergräbern.  Manche  sind  verziert  und  mit  Henkeln  versehen,  welche 
Pvidechsen ,  Menschenköpfe  und  dgl.  darstellen.  Meist  sind  4  Henkel  vorhanden, 
jedoch  wurden  auch  einmal  8  und  mehrmals  nur  2  beobachtet.  Von  solchen  Ge- 
fässen  waren  bis  dahin  88  gesammelt  worden. 

Ausserdem  sind  12  Pfeifen  gefunden,  darunter  3  aus  Catlinit  von  .Minne- 
sota (dem  rothen  Pfeifenstein);  forner  Steinscheiben,  Aexte  und  Meissel,  Feuerstein- 
messer und  Lanzenspitzen,  sowie  zahlreiche  Geräthe  aus  Bein  (Perlen,  Ahlen, 
Nadeln,  durchbohrte  Zähne).  Dazu  kommen  2  kleine  Cylinder  aus  gewalztem 
(?  rolled)  Kupfor,  2"  lang,  und  2  Plättchen,   1"  im  Quadrat,  aus  demselben  Metali 


(448) 

Ein  Paar  Steine  zeigten  Einritzungen,  der  eine  bloss  gekreuzte  Linien,  welche  vier- 
eckige Abtheilungen  bildeten,  der  andere  eine  undeutliche  Zeichnung  von  Pfeilen. 

Endlich  werden  Aschengruben  (ashpits)  erwähnt,  nehmlich  Aushöhlungen, 
welche  mit  Asche,  Muschelschalen,  Saud  u.  s.  w.  gefüllt  sind  Darin  wurden  Pfeifen, 
Knochen,  Muscheln  und  Steingeräth,  der  Zahn  eines  Mastodon,  Gebeine  von  wilden 
Säugethieren  (Büifel,  Bär,  Flieh,  Hirsch),  Vögeln  und  Fischen,  gefunden,  jedoch  nur 
einmal  ein  menschlicher  Wirbel.  Es  geht  daraus  hervor,  dass  die  Asche  hierher 
nur  ausgeschüttet  ist.  Solcher  Aschengruben  hat  man  mehr  als  50  in  zusammen- 
hängenden Reihen  längs  des  Randes  des  Abhanges  entdeckt.  Sie  sind  4 — 6  Fuss 
tief  und  hatten  3 — 4  Fuss  im  Durchmesser. 

An  einer  Stelle  fand  man  eine  Art  von  Opferaltar,  wo  eine  Reihe  von  Aschen- 
und  Kohlenschichteu  mit  zahlreichen  Thierknochen  [Hirsch,  Elch,  Waschbär, 
Opossum  (?),  Eichhörnchen,  Truthahn  (turkey),  Wiesel,  Murmelthier  (woodchuck) 
und  Bär],  Muschelschalen  und  Massen  von  Mais  über  einander  lagen.  Zu  unterst 
war  ein  Pflaster  von  Rollsteinen;  dasselbe  lag  4'   11"  unter  der  Oberfläche. 

Jedenfalls  hat  Hr.  Langdon  Recht,  wenn  er  sagt,  dass  diese  Entdeckungen 
zu  den  interessantesten  gehören,  welche  bis  dahin  im  ganzen  Mississippi-Thal  ge- 
macht worden  sind,  und  ich  bin  in  der  That  Hrn.  Brühl  zu  grossem  Danke  ver- 
pflichtet, dass  er  mir  einige  Specimina  von  diesem  Gräberfelde  übersendet  hat. 
Sollte  es  möglich  sein,  Schädel  zu  erhalten  und  namentlich  die  fraglichen  Spuren 
von  Syphilis  zur  Prüfung  bekommen  zu  können,  so  würde  dies  von  höchstem  Inter- 
esse sein. 

Die  jetzt  übersendeten  Sachen  sind  folgende: 

1)  Ein  sehr  einfacher,  irdener  Topf,  der  nach  unten  regelmässig  kuglig  ge- 
formt ist,  während  er  nach  oben  in'  eine  weite  Mündung  mit  niedrigem,  wenig 
umgelegtem  Rande  ausgeht.  Er  ist  12  cm  hoch  und  sein  Durchmesser  beträgt  an 
der  Mündung  15,4  cm^  wovon  auf  die  Oeffnung  selbst  12  cm  fallen.  Am  Rande 
sitzen  in  regelmässigen  Abständen  4  enge  Henkel  von  einfacher  Art.  Die  Oberfläche 
des  Topfes  ist  ziemlich  glatt,  durch  Feuereinwirkung  vielfach  geschwärzt;  Orna- 
mente fehlen,  nur  der  Saum  des  Randes  ist  durch  Nageleindrücke  schwach  ein- 
gekerbt. Der  Thon  ist  mit  zahlreichen  glitzernden  Scherbchen  von  Muschelschalen 
durchknetet. 

2)  Eine  grosse  Muschelschale,  welche  nach  dem  oben  angegebenen  offenbar  in 
dem  Topf  gelegen  hat,  nach  der  Bestimmung  des  Hrn.  v.  Martens  ünio  ovatus  Say. 

3)  Zwei  Bruchstücke  gut  erhaltener  verkohlter  Maiskölbchen  mit  einer  gewissen 
Menge  von  verkohlten  Maiskörnern.  Hr.  Dr.  Wittmack  hat  die  Güte  gehabt,  sich 
der  Untersuchung  derselben  zu  unterziehen,  — 

Hr.  Dr.  Wittmack  berichtet,  unter  Vorlegung  zahlreicher  Präparate  aus  dem 
landwirthschaftlichen  Museum,  über  diesen  Mais  und  zugleich  über  altperuanischen 
Mais,  den  er  durch  die  Güte  des  Hrn.  Reiss  erhalten  hat.  Der  Vortrag  wird  dem- 
nächst in  der  Zeitschrift  für  Ethnologie  ausführlich  mitgetheilt  werden. 

(2())    Hr.  Virchow  zeigt  eine  grosse  Zahl 

alter  Topfscherben. 

Dieselben  sind  ihm  ohne  genauere  Nachrichten  zugegangen,  indess  vermuthet 
er,  dass  sie  ihm  durch  Hrn.  v.  Siebold  aus  Japan  übersendet  sind,  der  in  einem 
früheren  Briefe  eine  derartige  Sendung  in  Aussicht  gestellt  hatte.  Inzwischen  ver- 
zichtet er  auf  eine  weitere  Erörterung,  bis  die  Frage  der  Herkunft  sicher  gestellt  ist. 


(449) 

(27)  Hr.  Künne  legt  eine  grössere  Reihe  von  südamerikanischen,  haupt- 
sächlich peruanischen  Alterthümern ,  chinesischen  Schmucksachen 
und  anderen  ethnologisch  interessanten  Gegenständen  vor,  welche  von  ihm  während 
seiner  kürzlich  beendeten  Reise  um  die  Erde  gesammelt  sind.  Dieselben  sind  von 
ihm  dem  Königl.  Museum  zum  Geschenk  gemacht. 

(28)  Es  folgt  eine  Fortsetzung  der  in  der  vorigen  Sitzung  abgebrochenen  Be- 
sprechung über  die 

Nubier. 

Ilr.  Virchow:  Wahrscheinlich  um  dieselbe  Zeit,  wo  ich  das  vorige  Mal  hier 
über  die  Eröffnung  der  zoologisch -anthropologischen  Ausstellung  des  Mr.  Rice 
sprach,  hat  dieser  unternehmende  Mann  durch  einen  seiner  Tiger  eine  so  schwere 
Verletzung  erhalten,  dass  er,  wie  ich  schon  vorher  erwähnte,  wenige  Tage  nachher 
seinen  Tod  gefunden  hat.  Inzwischen  waren  die  angekündigten  Nubier  hier  an- 
gekommen, und  die  Herren  Hagenbeck  und  ümlaufft,  welche  die  Verwaltung 
des  Geschäfts  übernommen  hatten,  haben  mit  gewohnter  Liberalität  die  Gelegenheit 
gewährt,  die  neu  angekommenen  Gäste  kennen  zu  lernen.  Leider  hat  mir  meine 
sehr  beengte  Zeit  nicht  gestattet,  eine  grössere  Zahl  von  Messungen  und  Schädel- 
untersuchungen vorzunehmen;  ich  habe  mich  deshalb  auf  eine  gleich  zu  besprechende 
Einzelgruppe  beschränkt.  Dagegen  hat  Hr.  Seh  öl  er  seine  Untersuchungen  über 
die  Gesichtsfeldgrenzen  für  Farben  von  Neuem  aufgenommen;  seine,  uns  schriftlich 
vorliegenden  Mittheilungen  bestätigen  die  früher  gewonnenen  Resultate.  Sie  wer- 
den mit  den  früheren  zusammen  im  Text  der  Zeitschrift  abgedruckt  werden.  Auch 
hat  Hr.  Nachtigal  mit  gewohnter  Gefälligkeit  ein  neues  Farben-Vocabularium 
festgestellt,   welches  zu  weiteren  Vergleichungen  mit  den  früheren  dienen  kann. 

Die  Gesellschaft  bestand  diesmal  fast  ganz  aus  Beni  Amr,  zu  denen  ein 
Halengi  und  ein  Djali,  der  uns  schon  bekannte  Omar,  hinzukam.  Unter  den 
Beni  Amr  fand  sich  wiederum  eine  grössere  Zahl  von  Heikota  (oder  Hikota), 
darunter  die  schon  von  der  ersten  Karawane  des  Jahres  1878  her  uns  bekannten 
Gebrüder  Idries  und  Hamed.  Aus  verschiedenen  Gründen  wählte  ich  mir  diese 
Gruppe  zu  speciellerer  Untersuchung  aus. 

Wie  ich  in  der  Sitzung  vom  19.  Oct.  1878  (Verh.  S.  339.  Zeitsch.  f.  Ethnol. 
Bd.  X)  ausführlich  dargelegt  habe,  so  erinnerte  ich  mich,  als  ich  damals  die  Namen 
Idris  Heikota  und  Hamed  Heikota  hörte,  der  Notiz  bei  Munzinger,  wonach  die 
zwischen  den  Beni  Amr  im  oberen  Barka  wohnenden  Heikota  Reste  einer  früheren 
Völkerschaft  darstellten,  und  im  Gegensatz  zu  den  eingewanderten  Stämmen  als 
Aboriginer  gälten.  Auf  meine  Nachfrage  erklärten  die  Leute,  dass  sie  einem  beson- 
deren Stamme  angehörten,  dass  sie  aber  keine  besondere  Sprache  redeten.  „Es  ist  also 
möglich",  sagte  ich,  „dass  gerade  diese  Personen  ein  höheres  Interessi^  beanspruchen 
dürfen.  Wenn  sie  wirklich  einer  Urbevölkerung,  einer  „Vor-Beni  Amr-Bevölkerung" 
angehören,  so  würden  wir  ihnen  nothwendig  einen  höheren  Werth  beilegen  müssen." 
Ich  drückte  daher  den  Wunsch  aus,  dass  uns  bei  einer  späteren  Gelegenheit  andere 
Heikota-Männer  zugeführt  werden  möchten.  Dies  ist  nun  geschehen,  und  es  bedarf 
keiner  weiteren  Ausführung,  weshalb  ich  diese  Gelegenheit  gern  benutzte. 

Es  kommt  jedoch  noch  ein  anderer  Umstand  hinzu.  Hr.  A.  Kirchhoff  in 
Halle  hat  die  Anwesenheit  dieser  selben  Leute  benutzt,  um  in  einer  nahezu  ver- 
letzenden Weise  über  meine,  gewiss  sehr  vorsichtigen  Bemerkungen  sich  zu  ergehen 
(Mittheilungen  des  Vereins  für  Erdkunde  in  Halle.  1879.  S.  57).    Er  beginnt  damit. 

Verhaudl.  der  Berl.  Aiitbropol.  Gesellschaft  1S79.  29 


(450) 

meine  Angaben  in  chronologisch  umgekehrter  Reihenfolge  zu  citiren.  Erst  ^will 
Virchow  an  den  zwei  Beni  Amr  ausgekundschaftet  haben,  sie  bildeten  Glieder 
eines  besonderen  Stammes"  und  „da  habe  ihn  denn  die  Stelle  bei  Munzinger 
sofort  daran  erinnert,  dass  gerade  jene  zwei  zu  ihrem  Namen  den  Zusatz  Heikota 
machten."  Das  wäre  freilich  eine  sonderbare  „Auskundschaftung"  gewesen.  In 
Wirklichkeit  verhielt  es  sich  gerade  umgekehrt.  Erst  nannten  beide  Männer  ihre 
Namen,  dann  erinnerte  ich  mich  an  die  Stelle  bei  Munzinger,  und  dann  erst 
kam  die  „Auskundschaftung."  Dagegen  weiss  nun  Hr.  Kirchhoff,  dass  „Heikota 
ihren  Vornamen  nur  behufs  kurzer  Unterscheidung  einfach  als  ihr  Herkunftsname 
seitens  des  Führers  der  Berliner  Karawane  beigelegt  war."  Höchst  „wunderbar  zu 
hören."  Hr.  Kirchhoff  gesteht  also  zu,  dass  der  Name  Heikota  nicht  etwa  er- 
funden, sondern  in  Wirklichkeit  ihr  Herkunftsname  war.  Die  Erwähnung  des 
Führers  und  der  „Beilegung"  des  Namens  war  also  ganz  überflüssig.  Auch  dass  die 
Heikota  als  ein  besonderer  Stamm  aufgeführt  wurden,  sagt  er,  sei  „kaum  gerechtfertigt", 
da  sie  nur  aus  dem  Dorfe  Heikota  am  Gasch  herstammen.  Munzinger's  Mit- 
theilung aber  „stösst  auf  manchen  berechtigten  Zweifel,  ja  ist  zum  Theil  ent- 
schieden unwahr."  Und  warum?  Weil  die  Geschichte,  die  Munzinger  erzählt, 
„jedem  unglaubhaft  erscheinen  muss,  der  sich  von  den  Heikota-Männern  selbst  er- 
zählen lässt  über  ihre  noch  unveränderte  Heimath  am  Gasch." 

Munzinger  gab  an,  dass  die  Heikota  noch  in  neuerer  Zeit  am  Gasch  ober- 
halb Kassala  wohnten,  dass  sie  aber  später  in  das  Land  der  Barea  und  endlich 
nach  Dunguaz  übergesiedelt  wurden,  während  die  Haffara,  die  letzten  Reste  eines 
den  Heikota  verwandten  Stammes,  der  Kelu,  noch  einige  Dörfer  am  Gasch  be- 
wohnten. Was  ist  nun  in  dieser  Erzählung  „unglaubhaft"  oder  „entschieden  un- 
wahr"? Nichts  weiter,  als  dass  unsere  Heikota  aus  einem  noch  jetzt  am  Gasch 
existirenden  Dorfe  gleichen  Namens  entstammen.  Folgt  daraus  irgend  etwas  für 
die  Existenz  anderer  Heikota  an  anderen  Orten?  und  verdient  Munzinger,  dieser 
ehrliche  und  zuverlässige  Autor,  derartige  Epitheta,  weil  ihm  zufällig  das  Dorf 
Heikota  entgangen  ist? 

Hr.  Pieroth,  der  Führer  der  Hagen beck'schen  Karawane,  dessen  Angaben 
uns  keinerlei  Verdacht  der  „Unwahrheit"  gemacht  haben,  wenngleich  er  sich  viel- 
leicht zuweilen  in  diesem  Völkerwirrwar  irren  mochte,  erzählte  mir  bei  seiner  letzten 
Anwesenheit  im  October,  dass  die  jetzt  zu  den  Beni  Anir  gerechneten  Heikota  und 
Mana  vom  Chor  Baraka  aus  an  den  Gasch  gezogen  seien  und  „Dörfer"  bildeten.  Die 
zu  den  Hadendoa  gezählten  Kellulei  seien  erst  vor  8  Jahren  von  ihren  Stammsitzen 
nach  Süden  an  den  Gasch  ausgewandert,  um  sich  den  Abgaben  zu  entziehen,  mit 
welchen  sie  der  Scheh,  unter  dem  sie  standen,  bedrückte.  Sie  wohnten  jetzt  unter 
Heikota  und  Manä,  jedoch  nur  als  einzelne  Familien,  ohne  Dörfer  zu  bilden. ') 

Es  wäre  gewiss  recht  wünscheuswerth,  dass  ein  wissenschaftlicher  Reisender 
an  Ort  und  Stelle  diesen  Verhältnissen  einmal  genauer  nachforschte.  Vorläufig 
scheint  mir  die  Mittheilung  Munzinger's  von  dem  Alter  der  Heikota  in  keiner 
Weise   unglaubhaft;    im  Gegentheil,    ich   betrachte    sie   immer  noch  als  ein  Motiv, 

1)  Auf  Grund  der  Erkundiffuiigen,  welche  er  seit  seiner  ersten  Anwesenheit  eingezogen 
hatte,  theilte  Hr.  Pieroth  ferner  mit,  dass  Ababdi,  Bischari  und  Kerailab  (Gemilab)  nächst 
verwandte  Stämme  seien,  die  urspriintilich  dieselbe  Sprache,  nehmlich  Bedjah,  gesprochen 
hätten.  Dass  Scheikir,  Djalin  und  alle  Berber-Stämme  eine  Sippe  bildeten,  wollte  Omar 
Medinö  Djali,  ein  urtheilsfäliiger  Mann,  nicht  anerkennen.  Die  Djalin  seien  gänzlich  zer- 
sprengt; nirgends  finde  sich  noch  ein  grosser  Stammeshäuptling.  Sie  lebten,  wie  Zigeuner, 
zerstreut  in  kleinen  Hütten.  In  Schendi  gäbe  es  wohl  noch  mehr,  aber  keinen  eigentlichen  Kern, 


(451) 

diesen  Leuten  eine  erhöhte  Aufmerksamkeit  zuzuwenden.  Daher  hübe  ich  auch 
neulich  4  neue  Heikota  in  aller  Ausführlichkeit  gemessen  und  ich  habe  dabei  nicht 
die  geringste  Schwierigkeit  gefunden,  auch  in  dieser  Beziehung  im  Gegensatz  zu 
Hrn.  Kirch  hoff,  dessen  Messungen  bei  den  Leuten  „auf  argwöhnischen  Wider- 
stand stiessen."     Vielleicht  hatten  sie  Grund  dazu. 

Die  Einzelheiten  meiner  Messung  werde  ich  später  im  Zusammenhange  mit 
den  Messungen  an  den  anderen  Nubiern  veröffentlichen.  Für  heute  gebe  ich  nur 
einige  Verhältnisse,  wobei  ich  zugleich  die  beiden  früher  gemessenen  Heikota 
mitzähle: 


Name 


I  n  (1  i  c  e  s 


Längen- 
breiten- 


Breiten- 
höhen- 


Gesichts- 
A 


Gesichts- 
B 


Nasen- 


Ibrahim  .    . 
Adam .     .     . 
Lila,  15  Jahr 
Idries .     .     . 
Idries,  W.  M. 
Hamed,  W.  M. 
Mittel  (6) 


78,2 
76,2 
73,0 
76,4 
74,4 
72,7 
75,1 


63,2 

63,8 
65,5 
61,3 
65,4 
57,8 
62,8 


80,8 
83,6 
89,7 
80,1 
87,8 
79,5 
83,6 


71,8 
72,8 
73,5 
65,6 
74,2 
78,6 
72,7 


72,7 
71,6 
78,7 
70,1 
82,6 
92,7 
78,0 


68,3 

85,2 
68,0 
72,8 
73,5 
67,9 
72,6 


Der  mehr  dolich  ocephale  Typus  der  Heikota  tritt  demnach  auch  hier  in 
der  Mittelzahl  deutlich  hervor.  Freilich  sind  3  der  neuen  Ankömmlinge  meso- 
cephal,  indess  nur  einer  derselben,  der  etwa  '60  Jahre  alte,  übrigens  To'ßedauie 
sprechende  Ibrahim,  erreicht  ein  höheres  Maass.  Gegenüber  der  ausgemachten  Meso- 
cephalie  der  Halenga  ist  dies  gewiss  bemerkenswerth. 

Dem  entsprechend  ist  der  Längenhöhenindex  höher  als  bei  den  Halenga,  bei 
denen  ich  früher  (aus  14  Messungen)  60,9  erhielt.  Auch  der  Breitenhöhenindex 
ist  gegen  die  Halenga  (79,1)  nicht  unerheblich  und  zwar  durchweg  grösser. 

Der  Gesichtsindex  A  (ganze  Höhe  des  Gesichts  zu  der  Jugalbreite ,'  erstere  = 
100  gesetzt)  ist  kleiner,  als  bei  den  Halenga  (75,4),  was  sich  namentlich  aus  der 
durchschnittiich  grösseren  Jugalbreite  der  letzteren  erklärt.  Noch  grösser  ist  die 
Differenz  bei  dem  Gesichtsindex  B  (Höhe  des  üntergesichts  von  der  Nasenwurzel  bis 
zum  Kinn  zu  der  Malarbreite,  au  der  Sutura  zygomatico-maxillaris  gemessen,  erstere 
=  100).  Hier  haben  die  Halenga  83.0,  die  Heikota  nur  78,0  ergeben.  Es  hängt 
dies  mit  der  schmaleren,  im  Ganzen  edleren  Form  des  Gesichts  zusammen. 

Dnsselbe  gilt  von  dem  Nasenindex,  der  nur  bei  dem  jugendlichen  (der  Angabe 
nach  20  Jahre  alten)  Adam  eine  beträchtliche  Höhe  erreicht.  Es  ist  ein  hübscher 
Mann  von  höchst  elastischer,  etwas  voller  Gestalt  und  mehr  rundlichem  Gesicht, 
dessen  Nase  etwas  breit,  sehr  kurz  und  gegen  die  Spitze  abgeplattet  erschien.  In  der 
Regel  ist  die  Nase  der  Heikota  lang  und  schmal,  bei  einigen  sogar  fein,  zuweilen  mit 
überhängender  Spitze.  Vergleicht  man,  wie  ich  früher  that,  die  Länge  des  Nasen- 
rückens mit  der  Höhe  (Nasenwurzel  bis  Ausatz  der  Scheidewand),  so  bildet  Adam 
.eine  wahre  Ausnahme,  indem  bei  ihm  die  Höhe  um  7  mm  (51—44)  gegen  die 
Länge  zurückbleibt.    Gerade  das   umgekehrte  Vorhältniss  findet  sich  bei  Idris  Woat 


(452) 

Mohamed,  bei  welchem  die  Länge  (46)  gegen  die  Höhe  (51)  um  5  mm  zurücksteht. 
Dieselbe  Differenz  besteht  bei  dem  noch  ganz  jugendlichen,  erst  15  Jahre  alten 
Lila.  In  den  gemittelten  Zahlen  gleicht  sich  die  Differenz  fast  ganz  aus,  indem 
die  Länge  49,6,  die  Höhe  50,0  )nm  ergiebt.  Nirgends  tritt  daher  die  ünähnlich- 
keit  mit  den  nigritischen  Stämmen  stärker  hervor.  Die  neulich  mitgetheilten  Nasen- 
maasse  und  Indices  centralafrikanischer  Neger  (S.  326  und  418),  so  grosse  Ver- 
schiedenheiten sie  im  Einzelnen  zeigen,  lassen  doch  in  der  Mehrzahl  ganz  andere 
Verhältnisse  erkennen. 

Darauf  will  ich  meine  heutigen  Mittheilungen  über  die  Messungsergebnisse  be- 
schränken. Auch  über  die  sonstigen  Verhältnisse  behalte  ich  mir  das  Weitere  vor. 
Nur  eine  ganz  wesentliche  und  für  mich  höchst  überraschende  Bemerkung  möchte 
ich  noch  mittheilen.  Bei  den  anthropologischen  Systematikein  spielen  die  Büschel- 
haare eine  hervorragende  Rolle.  Nun  machte  ich  zuerst  bei  den  beiden  Knaben, 
dem  12jährigen  Abdallah  und  dem  15jährigen  Lila,  die  Beobachtuog,  dass  ihr 
Kopfhaar  gleichfalls  büschelförmig  angeordnet  ist.  Die  grosse  Ausdehnung,  in  welcher 
sie  ihren  Kopf  rasirt  tragen,  begünstigte  die  Untersuchung  sehr.  Je  nachdem  die 
Knaben  nehmlich  im  Alter  vorrücken,  um  so  mehr  dürfen  sie  von  ihrem  Kopfhaar 
stehen  lassen.  Jüngere  haben  den  halben  Kopf  oder  selbst  ^4  der  Oberfläche 
rasirt.  Wie  sie  älter  werden,  kommt  immer  wieder  ein  neues  Viertel  zu  freier 
Entwickelung.  Die  Haare  stehen,  namentlich  an  den  Seiten  des  Kopfes,  zu  2, 
3  und  noch  mehr  dicht  zusammen,  und  die  Entfernung  bis  zur  nächsten  Gruppe  be- 
trägt 1  mm  und  darüber.  Ich  signalisire  diese  Erscheinung  einfach,  ohne  über  ihre 
Verbreitung  für  jetzt  ein  ürtheil  aussprechen  zu  können.  Ich  möchte  aber  be- 
sonders darauf  hinweiset  wie  vorzüglich  sich  gerade  rasirte  Flächen  für  ihren 
Nachweis  eignen.  — 

Hr.  Nachtigal  übergiebt  folgende  von  ihm  aufgenommene  Tabelle  über  die 
Farbenbezeichnungen : 

Siehe  nebenstehende  Tabelle. 

Hr.  Nachtigal  fügt  zur  Erläuterung  Folgendes  hinzu: 

Die  auf  ihre  sprachlichen  Farbenbezeichnungen  von  mir  examinirteu  zehn  Indivi- 
duen der  Rice-Hagenbeck'schen  Nubier-Karawaue  befinden  sich  unter  den  14  Leu- 
ten, welche  Professor  Kirch  ho  ff  in  Halle  nach  verschiedenen  Richtungen  zu  unter- 
suchen Gelegenheit  hatte,  obgleich  weder  die  Namen  noch  die  Altersangaben  der 
nebenstehenden  Liste  mit  denjenigen  genau  stimmen,  welche  in  den  „Mittheilungen  des 
Vereins  für  Erdkunde  zu  Halle  a.  S.  1879"  verzeichnet  sind.  Dass  das  Lebensalter  mit 
der  Zeit  in  die  Leute  hineingefragt  wird,  und  dass  es  ihnen  bei  der  Angabe  desselben 
auf  einige  Jahre  mehr  oder  weniger  nicht  ankommt,  darf  nicht  Wunder  nehmen,  denn 
in  ihrer  Heimath  würden  sie  eine  darauf  bezügliche  Frage  überhaupt  nicht  beant- 
worten können.  Aber  selbst  ihren  Namen  geben  Mehrere  bei  wiederholten  Erkun- 
digungen verschieden  an,  hier  und  da  den  Eigennamen  mit  dem  Familiennamen 
verwechselnd,  und  auch  das  dürfte  eine  Folge  des  beständigen  Anfragens  sein,  dem 
die  Leute  während  ihres  Aufenthaltes  in  Europa  ausgesetzt  waren. 

Alle  stammten  aus  der  Gegend  von  Kassala  und  waren,  mit  Ausnahme  eines 
dem  Stamme  der  Halenga  angehörenden  jungen  Mannes,  Beni  Amr,  und  zwar  ent- 
fielen sechs  der  Letzteren  auf  diejenige  Abtheilung,  welche  das  Bedauie  spricht, 
und  drei  auf  diejenige  Abtheilung,  welche  sich  des  Chasia  bedient.  Jene  sechs 
stammten  vom  Chor  Gasch  oberhalb  Kassala    aus   einem  und  demselben  Orte,    den 


(453) 


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(454) 

sie  Hoikota  nannten,  ohne  diesem  Namen  die  tiefe,  stammgeschichtliche  Bedeutung 
beizulegen,  welche  einige  ihrer  Landsleute  im  Jahre  1878  denselben  zu  geben 
schienen,  wie  Virchow  in  der  Sitzung  der  Gesellschaft  vom  19.  October  1878  er- 
läutert hat.  Uebrigens  fallen  Orts-  und  Stamm-Namen  durch  wechselseitige  Ueber- 
tragung  gern  zusammen,  und  es  kann  natürlich  sehr  wohl  sein,  dass  die  Abtheilung 
Hoikota  einer  Vor-Beni-Amr-Zeit  angehört,  wie  Munziuger  glaubt,  ohne  dass  die 
der  Ri  ce- Hage  nb  eck 'sehen  Karawane  angehörigen  Individuen  derselben  Etwas 
davon  wissen. 

Die  Resultate  meiner  Erkundigungen  waren  ausserordentlich  gleichmässige. 
Die  Ausdrücke,  welche  von  den  Einzelnen  für  die  verschiedenen  Farben  gegeben 
wurden,  stimmten  sehr  viel  besser  unter  einander,  als  diejenigen,  welche  ich  in 
Gemeinschaft  mit  Hildebrandt  von  den  im  Herbst  1878  hier  befindlichen  Nubiern 
Hagenbeck' s  erfragte.  (Sitzungs-Bericht  vom  19.  October  1878.)  Der  Halengi 
und  die  sechs,  Bedauie  sprechenden  Beni  Amr  geben  durchaus  gleichlautende  Be- 
zeichnungen für  Schwarz  (hadel)  und  Weiss  (era)  an,  denn  vocalische  Vorscbläge 
und  consonantische  Auslaute  der  Wörter,  wie  ich  sie  in  der  nebenstehenden  Liste 
eingeklammert  habe,  deuten  doch  höchstens  verschiedene  Formen  derselben  an,  wie 
sie  sich  im  Zusammenhange  mit  anderen  bei  der  Satzbildung  herausstellen.  —  Auch 
in  der  Bezeichnung  für  Roth  (adero)  wich  nur  Einer  von  den  Debrigen  durch  das 
Wort  hadamt  ab,  das  wir  im  Jahre  1878  auf  unser  Nachfragen  zweimal  für  braun 
in  Erfahrung  brachten. 

In  der  Bezeichnung  für  Grau  herrschte  einige  Uneinigkeit  unter  den  das  BedauTe 
Sprechenden,  doch  so,  dass  sechs  derselben  sich  des  Wortes  hämisch  (hamischt, 
hamesch,  hamasch)  allein  oder  in  der  Zusammensetzung  (el-hamischt  und  hamesch- 
erhfVi)  bedienten.  Hämisch  bedeutet  wahrscheinlich,  wie  Kirchhoff  in  der  geo- 
graphischen Section  der  52.  Naturforscher- Versammlung  zu  Baden-Baden  angab 
„von  unreiner  Farbe"  und  nicht  eigentlich  „grau",  wie  die  Zusätze  el  und  erhöi, 
welche  wohl   von  era  (weiss)  abzuleiten  sind,  zu  beweisen  scheinen. 

In  den  Ausdrücken  für  Gelb  herrschte  die  grösste  Unsicherheit  unter  den  Be- 
fragten, wie  ich  es  in  allen  Sprachen  des  Sudan  (mit  Ausnahme  vielleicht  des 
Kanüri)  gefunden  habe.  Die  Meisten  bildeten  sich  eine  Bezeichnung,  deren  Grund- 
lage sotai'  (grün)  war,  indem  sie  kurkum  oder  hämisch  hinzufügten.  Wenn  Kirch- 
hoff glaubt,  dass  das  Wort  kurkum  ein  den  Bedauie  eigenthümlicher  Ausdruck  für 
Gelb  sei,  so  befindet  er  sich  im  Irrthum.  Die  Leute  setzten  vielmehr  dem  Grün, 
das  von  den  ihnen  geläufigen  Farbenbezeichnungen  dem  Gelb  zwar  am  nächsten 
kam,  aber  doch  nicht  identisch  mit  ihm  war,  zur  Unterscheidung  das  arabische 
Wort  für  Gelbwurz,  kurkum,  hinzu  (sot'  kurkum).  Der  Ausdruck  sot'  hämisch 
erklärt  sich  aus  dem  oben  Gesagten  als  „unreines  gemischtes  grün".  Die  von  zwei 
Individuen  gegebenen  Ausdrücke  hamschil  und  erhöi  scheinen  wohl,  jener  mit 
hämisch  (vielleicht  ursprünglich  hamisch-el  lautend)  und  dieser  mit  era  zusammen- 
zuhängen. 

Bei  der  Bezeichnung  für  Orange  waren  Alle  bis  auf  Einen  einig  in  dem  Aus- 
drucke adär-hamisch,  das  nach  Obigem  „unreines  Roth"  bedeuten  würde.  Auffallend 
war,  dass  Alle  (und  hieran  betheiligten  sich  sogar  die  das  Chasia  Sprechenden) 
in  dem  Worte  sötaV  für  Grün  einig  waren,  und  dass  auch  nicht  einem  Einzigen 
einfiel,  dasselbe  für  Blau  anzuwenden,  während  doch  in  den  meisten  Sudan-Sprachen 
die  Ausdrücke  für  beide  Farben  beständig  verwechselt  werden.  Von  den  sieben, 
das  Bedauie  Sprechenden  bezeichneten  fünf  Blau  mit  dem  Worte  delif  oder  derif 
(1  und  r  werden  in  den  meisten  Sprachen  jener  Gegenden  beliebig  verwechselt), 
während  der  Haiongi,    der   schon  in  der  Bezeichnung  für  Grau   von    dem    hämisch 


(455) 

der  Uebrigeu  durch  das  wenig  passende  sotai  (grün)  abwich,  auch  hier  das  wenig 
zutreifende  hadel  (schwarz)  wählte,  welches  der  Siebente  zwar  ebenfalls  benutzte, 
doch  nur  als  Zusatz  zu  sota!  in  der  b'orm  von  sot'  hadel  (schwarzgrün,  dunkel- 
grün;. 

Braun  brachten  die  Meisten  in  natürlicher  Weise  mit  Roth  zusammen,  indem 
sie  dem  Ausdrucke  für  die  letztere  Farbe  das  Wort  delif  hinzufügten,  also  adär- 
delif  (blauroth).  Diese  Verwendung  des  delif  dürfte  allerdings  für  die  Vermuthung 
Virchow's  sprechen,  dass  delif  weniger  „blau",  als  vielmehr  „dunkel"  bedeutet. 
Neben  diesem  gebrauchte  der  Halengi  für  Braun  einfach  das  Wort  für  Roth  und 
zwei  der  Uebrigen  bedienten  sich  anstatt  des  Ausdruckes  adär-delif  des  mit  hämisch 
zusammengesetzten  hamasch-karä'i,  in  dem  das  Wort  karäi  zum  einzigen  Male 
auftritt. 

Die  Ausdrücke  für  Violett,  das  begreiflicherweise  von  den  Leuten  am  schwersten 
unterschieden  wurde,  lauteten  entweder  hamum  (horaäm)  allein,  oder  sot'  hamäm; 
der  Halengi  bediente  sich  des  Wortes  dungussi.  Weder  dieses  noch  hamäm  erklärt 
sich  aus  den  übrigen  Farbenbezeichnungen. 

Die  das  Chasia  sprechenden  Beni  Amr  waren  in  den  Bezeichnungen  für  Schwarz 
(älim),  Weiss  (tädi  oder  tada),  Grau  (tabeläi  oder  tjabelai)  und  Roth  (ka'ije  oder 
rhäije)  durchaus  einig.  Für  Gelb  gebrauchten  zwei  das  arabische  asfer,  während 
der  Dritte  den  Ausdruck  seiner,  das  Bedauie  sprechenden  Stammesgenossen  sot' 
kurkum  wählte.  —  Dieser  folgte  auch  in  der  Bezeichnung  für  Orange  den  übrigen 
Beni-Arar  durch  das  Wort  adär-hamisch,  während  seine  beiden  Genossen  den  Aus- 
druck täla  anwendeten.  —  Für  Grün  waren  auch  diese  drei,  wie  erwähnt,  in  dem 
Ausdrucke  sotai  einig.  —  Für  Blau  diente  ebenfalls  diesen  drei  nicht  das  Wort 
für  Grün,  sondern  der  Ausdruck  derid  oder  derui,  der  vielleicht  dem  delif  oder 
derif  nicht  fern  steht.  —  In  der  Bezeichnung  für  Braun  gaben  jene  Beiden  das  eigen- 
thümliche  Wort  mäadäi  an,  während  der  Dritte  sich  wieder  dem  Bedauie  durch 
adär-derif  anschloss.  —  Ebenso  war  das  Verhältniss  in  den  Bezeichnungen  für 
Violett,  welche  zweimal  hämelmil  lauteten,  während  einmal  das  Bedaui-Wort  sot"- 
üamäm  gewählt  wurde. 

Nach  dem  Vorstehenden  sind  also  die  Ausdrücke  für  Schwarz,  Weiss,  Roth 
und  Grün  fest  bestimmt,  wie  es  fast  bei  allen  Sudan-Völkern  der  Fall  ist,  nur  dass 
oft  das  Wort  für  Grün  bei  den  Letzteren  auch  für  Blau  gebraucht  wird.  Wenn 
Kirchhoff  dem  Bedauie  besondere,  feste  Wörter  für  Braun  und  Gelb  zuschreibt, 
so  muss  ich  das  bezweifeln,  denn  sein  hamasch  für  Braun  ist  doch  nichts  Anderes 
als  hämisch  (unrein,  grau),  und  sein  gurkum  gehört  dem  Arabischen  an,  wie  oben 
erläutert  worden  ist. 

Mit  den  ausgefragten  Leuten  war  ein  junger,  intelligenter  Dschali,  Namens 
Omar,  der  sich,  wie  sein  ganzer  Stamm  (Dschaliin),  ausschliesslich  der  arabischen 
Sprache  bediente.  Kirchhoff  hat  in  den  Mittheilungen  des  Vereins  für  Erdkunde 
zu  Halle  a.  S.  1879  (Seite  54  ff.)  ein  Verzeichniss  arabischer.,  diesem  Omar  ab- 
gefragter Wörter  gegeben,  deren  theilweise  sonderbare  Aussprache  ich  in  meinen 
häufigen  arabischen  Unterhaltungen  mit  demselben  nur  in  sehr  beschränktem  Maasse 
bestätigen  konnte.  Wenn  Kirch  hoff  bei  derselben  Gelegenheit  anführt,  dass  das 
von  einem  andern  Dschali  gebrauchte  Wort  für  Ziege  „ganameia"  oder  «chanameia" 
(mit  Betonung  der  vorletzten  Silbe)  nicht  arabischen  Ursprungs  zu  sein  scheine,  so 
beruht  diese  Vermuthung  auf  einem  Irrthum.  Dieses  Wort  lautet  als  Collectiv- 
Begriff  rhanam  und  bedeutet  nach  Freytag  (Lexic.  arab.-latin.)  oviura  genus;  aus 
ihm  bilden  denn  die  Araber  das  Wort  rhanamäja  für  das  einzelne  weibliche  Indi- 
viduum.  — 


(456) 

(29)  Eingegangene  Schriften: 

1)  Bulletins  de  la  societe  d'anthropologie  de  Paris,    t.  II.  fasc.  3. 

2)  Materiaux    pour    l'histoire    primitive    de    l'homme  par  E.  Cartailhac.     t.  X. 

livr.  VII.  VIII. 

3)  Mittheilungen  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Halle  a.  S.     1879. 

4)  Nachrichten  für  Seefahrer  No.  48,  49,  50. 

5)  Archiv  für  Anthropologie  Bd.  12.     Heft  1.  2. 

6)  Anzeiger  für  Kunde  der  Deutschen  Vorzeit.     1879.     No.  11. 

7)  Beiträge  zur  Anthropologie  und  Urgeschichte  Bayerns.     Bd.  3.     Heft  1. 

8)  Rieh.  Schomburgk.     On  the  ürari:   the  deadly  arrow-poison  of  the  Macusis 

in  British   Gujana.     Gesch.  d.  Vrf. 

9)  Rieh.  Schomburgk.     On    the    naturalised  weeds    and    other  plants  in  South 

Australia.     Gesch.  d.  Vrf. 

10)  W.  V.  Schulenburg.     Wendische  Volkssagen  und  Gebräuche  aus  dem  Spree- 

walde.    Gesch.  d.  Vrf. 

11)  Sitzungsberichte  der  naturwiss.  Gesellschaft  Isis  in    Dresden.     Jahrgang   1879. 

Januar  bis  Juni. 

12)  Journal  of  the  Anthropological  Institute  of  Great  Britain  and  Ireland.    Vol.  IX. 

No.   1. 

13)  L.  Vauderkindere.      Nouvelles  recherches    sur   Fethnologie    de  la  ßelgique: 

sur  la  couleur  des  yeux  et  des  cheveux.     Vom  Verf. 

14)  Mineral  map  and  general  statistics  of  New  South  Wales,  Australia. 

15)  Jos.  Henry,  Sketch  of  the  life  and  contributions  to  science. 

16)  Mittheilungen   d.  Gesellschaft  für  Natur-  und  Völkerkunde  Ostasiens.    Heft  19. 

17)  Giustiniano  Nicolucci.     Strumenti  in  pietra  delle  provincie  Calabresi.    Gesch. 

d.  Verf. 

18)  H.  B.  Geinitz.     Die  ürnenfelder  von  Strehlen    und  Grossenhain.     Gesch.  d. 

Hrn.  Liebreich. 

19)  Amtliche  Berichte  aus  den  Königl.  Kunstsammlungen.     Jahrg.  I.  No.  1.  Gesch. 

der  Generalverwaltung  d.  Königl.  Museen. 


Chronologisches  Iiihaltsverzeichniss 

der 

Verliandlniigen  der  Berliner  Gesellschaft  für  Antliru- 
pologie,  Etlmologie  und  Urgeschichte. 


Personal -Verzeichniss  der  Mitglieder  S.  3. 

Ausserordentliche  Sitzung  vom  11.  Januar  1879.  Neue  Mitglieder  S.  9.  —  Lettische 
Schädel  und  archäologische  Photographien  aus  Livland.  Graf  Sievers,  8.  9.  — 
Schädel  aus  der  Knochenliöhle  von  Gorenice  bei  Ojcow.  (Hierzu  Taf.  IV.). 
F.  Römer,  S.  9.  Virchow,  S.  10.  —  Reste  kleiner  Thiere  aus  der  Balver 
Höhle.  Nehring,  S.  12.  —  Südamerikanische  Töpfe  und  Schädel.  Künne, 
S.  13.  —  Fuudstücke  aus  dem  Kreise  Sorau.  Saalborn,  S.  13.  —  Stein- 
beile von  Samoa  und  australische  Photographien.  Woldt,  S.  15.  —  Modell 
eines  pathologischen  Gehirns.  Castan,  S.  15.  —  Lage  von  Truso.  Anger. 
S.  15.  —  Photographien  aus  Cambodja.  v.  Brandt,  S.  IG.  —  Altertlu'uuer 
aus  Japan,  v.  Brandt,  S.  16.  —  Messungen  an  Schulkindern.  Lucae, 
S.  19.  —  Die  Sprache  der  Australier.  Steinthal,  S.  20;  Virchow,  S.  28.  — 
Eingegangene  Schriften.     S.  29. 

Sitzung  vom  18.  Januar  1879.  Wahl  des  Ausschusses.  Neue  Mitglieder,  S.  30,  — 
Gnsichtsurne  von  Gogolin,  Westpreussen.  (Holzschnitt.)  Florkowskl,  Lisch, 
S.  30.  —  Vorlagen  aus  dem  Märkischen  Museum,  Eigenthumsmarken, 
Buckelurnen.  Friedel,  S,  32.  —  Urnenfriedhof  von  Rosenthal  bei  Berlin. 
Schneitier,  Virchow,  S.  33.  —  Goldener  Halsring  von  Glogau.  Gemss,  Voss, 
S.  33.  —  Persische  Waffen.  Hollmann,  Jagor,  Hartmann,  S.  34.  —  Maya- 
Alterthümer  Schultz-Sellack,  S.  34.  —  Fung-Schui  oder  chinesische  Geomantie. 
(Holzschnitt.)  Hubrig,  S.  34.  —  Herstellung  schwarzer  Thongefässe  in  Indien 
und  in  der  Türkei.  (Holzschnitte.)  Jagor,  S.  43;  Sarnow,  S.  45;  Voss. 
S.  47.  —  Schädel  aus  dem  Gräberfeld  von  Giebichenstein  bei  Halle  a.  S. 
(Holzschnitte)  Credner,  S.  47;  Voss,  S.  54;  Virchow,  S.  64.  —  Eingegangene 
Schriften,  S.  67. 

Sitzung  vom  15.  Februar  1879.  Neue  Mitglieder,  S.  68.  —  Association  Lyonnaise 
des  Amis  des  Sciences  Naturelles,  S.  68.  —  Modelle  amerikanischer  Alter- 
thümer.  Hayden,  S.  68.  —  Pompejanische  Bronzen.  Oelsner,  S.  dS.  — 
Bearbeitete  Steine  aus  dem  Torfmoore  von  Freesdorf.  Behia,  S.  68:  Virchow, 
Weiss,  S.  69.  —  Der  Name  Freesdorf  und  lausitzer  Alterthümer.  Jentsch, 
Weiss,  S.  69.  —  Kleine  Thierknocheu  aus  der  Balver  Höhle.  Virchow, 
Nehring,  S.  69.  —  Torus  palutinus  an  ostpreussischen  Schädeln.  Kupffer. 
S,  70;    Hagen,    S.  71.  —  Gebräuche    der   Eiugeboreneu    Amerikas.     Walter 


(458) 

Hotfmann,  S.  72.  —  Wallberge  des  Bartner  Landes,  Ostpreussen.  VIrchow, 
S.  72.  —  Pfahlbauten  im  Bartsch-Bruche,  Posen.  Hegner,  S.  73;  Virchow, 
S.  75.  —  Waffen  aus  Australien,  Neu-Caledonien  und  Neu-Seeland.  Um- 
lauft, Woldt,  S.  75.  —  Urne  von  Wissen  bei  Kalau.  Rabenau,  S.  75.  — 
Geschenk  des  Hrn.  Schomburgk,  S.  75.  —  Kanikars  (Taf.  IX.  und  X.  und 
Holzschnitte).  Jagor,  S.  75;  Fritsch,  S.  82.  —  Verwendung  der  Stereoskopie 
zu  physiognomischen  Studien.  Francis  Gaulton,  Liebreich,  S.  82.  —  Ein- 
gegangene Schriften,  S.  82. 

Sitzung  vom  15.  März  1879.  Neue  Mitglieder,  S.  83.  —  Reisebericht.  Bastian, 
S.  83.  —  Tod  von  Abdallah  Scherif.  Pieroth,  Rensch ,  S.  84.  —  West- 
sibirische und  neuseeländische  Photographien.  Finsch,  S.  85.  —  Neu- 
kaledonische  und  amerikanische  Photographien.  Paul  Magnus,  S.  85.  — 
Ethnologische  Gegenstände  aus  Sudan.  0.  Mantey,  S.  85.  —  Macrocephalen- 
schädel  von  Csongräd,  Ungarn,  v.  Lenhossek,  S.  85.  ^  Mammuthhaai'e. 
Lewin,  S.  85.  —  Archäologische  Erwerbungen  in  Chile.  Phillppi,  S.  85.  — 
Sendungen  aus  Buenos- Ayres.  Lamas,  Zeballos,  S.  85.  —  Rassenanatomi- 
sche Studien  aus  Australien.  Miklucho-Maclay,  S.  86.  —  Steinfunde  vom 
rothen  Berge  bei  Saalfeid,  Thüringen.  Richter,  S.  87.  —  Pariser  Farben- 
tafel, S.  87.  —  Keltische  Ueberreste  in  Ortsnamen.  Göbeler,  S.  88.  — 
Peruanische  Alterthümer.  Paulsen,  Virchow,  S.  97.  —  Bildliche  Darstel- 
lungen von  Ostafrikanern  (Taf.  XI.  und  XII.).  Hartmann,  S.  97;  J.  M.  Hilde- 
brandt, S.  98.  —  Hakka- Chinesen.  Hubrig,  S.  99.  —  Steinmesser  und 
Zauberhölzer  aus  Süd- Australien  (Holzschnitte).  R.  Schomburgk,  Jagor, 
S.  105;  Virchow,  S.  106.  —  Litthauischer  Bronzering  (Holzschnitt).  Lep- 
kowski,  S.  106.  —  Forschungsreise  in  Livland  (Taf.  XIII.).  Graf  Sievers, 
S.  108,  —  Livländische  Schädel  (Holzschnitte).  Virchow,  S.  118.  —  Kupfer- 
funde von  Skarbnice  bei  Zuin,  Posen.  Feldmanowski,  Virchow,  S.  134.  — 
Schädel  von  Ophrynium,  Troas.  Virchow,  S.  136.  —  Lappen  (Holzschnitt). 
Virchow,  S.  143.  —  Eingegangene  Schriften,  S.   148. 

Sitzung  vom  19.  April  1879.  Neue  Mitglieder,  S.  150.  —  Reisebericht  von  Künne, 
S.  150.  —  Ausgrabungen  bei  Jessen,  Kr.  Sorau  (Holzschnitt).  Saalborn, 
S.  151.  —  Böhmische  Alterthümer.  Pudil,  S.  151.  —  Gesichtswinkelmesser. 
Falkenstein,  S.  153.  —  Verschiedene  Vorlagen.  Woldt,  S.  154.  —  Schwarzer 
Tod  in  der  Mark.  Budczies,  S.  154.  —  Gräberfunde  von  Allendorf  zu 
Schönebeck  a.  Elbe,  Dalldorf  bei  Aschersleben  und  Meissdorf.  Schilling, 
Hartmann,  S.  154;  Voss,  S.  156,  —  Topographie  der  trojanischen  Ebene. 
Koner,  S.   156,  —  Eingegangene  Schriften,  S.   156. 

Sitzung  vom  17.  Mai  1879.  Neue  Mitglieder,  S.  157.—  Geschäftliches,  S.  157.— 
Alterthümer  von  Querfurt.  Walter,  S.  157.  —  Münzfund  von  Witakowice 
(Kr.  Schroda).  Schwartz,  Voss,  S.  159.  —  Scratch-book.  Koner,  Jagor, 
Woldt,  Friedel,  S.  159.  —  Feuerbestattung.  Friedel,  S.  159,  —  Geschaftete 
Feuersteinbeile  von  der  unteren  Weser  und  Elbe  (Holzschnitt).  Friedel, 
S,  161.  —  Urnenfunde  von  Satzkorn,  Fürstenwalde,  Seelow,  Wilsnack, 
Schöneberg  (6  Holzschnitte).  Friedel,  S.  163;  Voss,  Koner,  v.  Korff,  S.  166.  — 
Inschriften  trojanischer  Vasen,  v.  Korff,  S.  166.  —  Vedas.  Jagor,  S.  166.  — 
Patagonier.  Hartmann,  S.  176.  —  Neue  Schriften,  S.  179. 
Nachtrag:  Reise  in  die  Troas.     Virchow,  S.  179. 


r459) 

Sitzung  vom  21.  Juni  1879.  Neue  ordentliche  und  correspondirende  Mitglieder, 
S,  181.  —  Anthropologische  Versammlungen  in  Strassburg  und  Moskau, 
S.  181.  —  Excursionen,  S.  181.  —  Ortsverein  zu  ßraunschweig  und 
Wolfeubüttel,  S.  182.  —  Rückkehr  von  Serpa  Pinto,  S.  182.  —  Pariser 
Farbentafel,  S.  182,  —  Scliildelabgüsse  eines  Galtscha  und  eines  Savoyar- 
den.    Topinard,  S.  182;  Virchow,  S.  \H'^.  —  Madagascar.    Hildebrandt,  S.  1»3. 

—  Rassenmessungen  in  Aden.  Hildebrandt,  S.  184.  —  Schonung  der  Ein- 
gebornen  in  Neu-Guineu.  v.  Miklucho-Maclay,  S.  18G.  —  Zoologische  Station 
in  Sydney,  v.  Miklucho-Maclay,  S.  IST.  —  Paläontologisches  Vorkommen  df^s 
Dingo  in  Australien.  Wilkinson,  S.  189.  —  Reise  nach  Melanesien,  v.  Miklucho- 
Maclay,  S.  190.  —  Sorbisch -wendische  Alterthümer  (4  Holzschnitt»-). 
Vörckel,  S.  191.  —  Steinuietzzeichen  vom  Schloss  Grunewald  bei  Berlin. 
(Holzschnitte.)  Ed.  Krause,  8.  194.  —  Reichersdorfer  Uruenf(ild  (Tai".  XIV.). 
Jentsch,  S.  194.  —  Angebliche  Zulukafferu.  Virchow,  Hartmann,  S.  197; 
Fritsch,  S.  198.  —  Drei  Patagonier  (Taf.  XV.).  Virchow,  S.  199.  —  Reise 
nach  Troja.  Virchow,  S.  204.  —  Vorgeschichtliche  Spuren  in  der  Lüne- 
burger Heide.     Bracht,  Virchow,  S.  217.  —  Eingegangene  Schriften,  S.  220. 

Ausserordentliche  Sitzung  vom  12.  Juli  1879.  Neue  Mitglieder,  S.  221.  —  Reise 
im  indischen  Archipel.  Bastian,  S.  221.  —  Reise  nach  Micronesien.  Finsch, 
S.  221.  —  Bibliothekar  der  Grey  Library,  Cape  Town,  S.  221.  —  Druen- 
felder  und  Runenstein  bei  ZüUichau  (2  Holzschnitte).  M.  Erdmann,  S.  222; 
Virchow,  S.  223.  —  Eingeschriebener  Stein  vom  Grave  Greek  Mound.  Reid, 
S.  223.  —  Näpfchensteine  an  der  Moritzkirche  zu  Coburg  und  Weihwasser- 
stein zu  Milz  bei  Rörahild  (Holzschnitt).  Jakob,  S.  223;  Virchow,  S.  225.  — 
Hünengräber  mit  Skeletten,  Steinbeilen  u.  s.  w.  zu  Slaboszewo  (Posen). 
W.  Schwartz,  S.  225.  —  Fensterurne  von  Wildeshausen,  v.  Alten.  S.  228.  — 
Verglaste  Steine  vom  Säugersberg  bei  Salzschlierf.  Barth,  S.  228;  Virchow, 
Hauchecorne,  S.  229.  —  Hakeuringe  in  Gräbern  von  Ober-Oppurg  (Thü- 
ringen). (Mit  Holzschnitten.)  Eisel,  S.  229.  —  Photographien  von  Pata- 
goniern.  Günther,  S.  231.  —  Prähistorische  Karte  des  Kreises  Sorau 
(Niederlausitz).  Saalborn,  S.  231.  -  Japanische  Kjökkenmöddinger.  v.  Sie- 
bold, S.  231.  —  Zauberhölzer  der  Australier.  Schomburgk,  Jagor,  S.  234.  — 
Sitten  und  Gebräuche  der  Südaustralier  am  Peake-Fluss.  S.  235.  —  Chuu 
(Holzschnitt).  Wilson,  Jagen,  S.  237.  —  Lehmkugeln  von  Posen.  Pfuhl, 
S.  239.  —  Hradiste  vou  Stradonice  und  Schädel  von  Strupcic  (Böhmen) 
(Holzschnitte).  L.  Schneider,  S.  239.  —  Ausgrabungen  bei  Elbing  (Holz- 
schnitte). Anger,  S.  241.  —  Funde  in  der  Wallstrasse  vou  Elbing.  Anger, 
S.  246.  -  Excursion  nach  Rüdersdorf.  Orth,  S.  247;  Virchow,  S.  251.  — 
Excursion  nach  Neubrundeuburg  (Holzschnitte).  Virchow,  S.  252.  —  Troja 
(Hierzu  Taf.  XVL  und  Holzschnitte).  Virchow,  S.  254.  —  Eingegangene 
Schriften,  S.  281. 

Sitzung  vom  19.  Juli  1879.  Correspondirendes  und  ordentliches  Mitglied.  S.  283.  — 
Versammlungen  von  fremden  Gesellschaften.  S.  2S3.  —  Finnische  und  ugrische 
Fragen.     Europaeus,  S.  283.  —  Die  Ama-Zulu  Süd-Afrika's.    Fritsch,  S.  284. 

—  Todtenbestattung  zu  Ancon  (Peru).  Reiss,  S.  290.  —  Alte  Wohnplätze 
in  der  Wetterau.     Meitzen,  S.  295;  Virchow  (Holzschnitte),  S.  29G. 

Sitzung  vom  18.  üctober  1879.  Neue  und  correspondirende  Mitglieder.  S.  299.  — 
Sibirische  Literatur,    v.  Duhmberg,  S.  299.  —  Bericht  von  Bastian.  S.  300.  — 


(460) 

Werk  von  Rajendra  Lalamitra  über  Buddha  Gaya,  S.  300.  —  Chronologi- 
sche Geschichte  der  Pflanzen.  Pickering,  S.  301.  —  Congresse  in  Strass- 
burg  und  Brüssel,  Ausstellung  in  Berlin.  Virchow,  S.  301.  —  Gongress  in 
Lissabon.  S.  302.  —  Prähistorische  Alterthümer  Siebenbürgens.  Goos; 
Fräul.  Torma,  S.  302.  —  Schwanzbildung  beim  Menschen.  (Taf.  XVIL, 
Fig.  1),  Ornstein,  S.  303;  Virchow,  S.  305.  —  Farbe  der  Haare,  der  Augen 
und  Haut  in  Griechenland.  Ornstein,  S.  305.  —  Haarfarbe  der  Stämme  in 
Persien  und  am  Caspischen  Meere.  Houtum  Schindler,  S.  306.  —  Fels- 
zeichnungen der  Buschmänner.  Th.  Hahn,  S.  307.  —  Bedeutung  der  nord- 
amerikanischen Mounds.  Evans,  S.  308.  —  Neue  Funde  der  kleinen 
Diluvialfauna  in  Höhlen.  Nehring,  S.  309.  —  Indianische  Graburnen  von 
Piracicaba  (Brasilien)  (Holzschnitte).  Nehring,  S.  309.  —  Römische  Münze 
bei  Guben,  Freesdorf  und  schlesische  Urne  mit  Seitenöffnung.  Jentsch, 
S.  310.  —  Alterthümer  im  Kreise  Sorau  (Niederlausitz).  Krug,  S.  311.  — 
Gold-  und  Bronzefund  von  Dorotheenhof  (Kreis  Flatow).  v.  Hirschfeld, 
S.  313.  —  Gräberfeld  von  Wronke.  Schwartz,  S  315.  —  Reise  von  J.  M. 
Hildebrandt,  S.  316.  —  Messungen  von  Wayanda,  Bari  und  Kidj.  Felkin, 
Buchta,  S.  316;  Israel,  S.  325;  Virchow,  S  326. —  Die  Insel  Oahu.  Finsch, 
S.  326.  —  Hawaiische  Grabstätte  bei  Waimanalo,  Oahu.  (Mit  Holz- 
schnitten.) Finsch,  S.  327.  —  Photographien  von  Negrito-Schädeln  (Philip- 
pinen). Baer,  S.  331.  —  Angebliche  Photographie  einer  Apache  Squaw. 
Stein,  Virchow,  Hilgendorf,  S.  334.  —  Näpfchenstein  und  Kirchenmarken  in 
der  Schweiz.  Virchow,  S.  334.  —  Schalensteine  und  Kupferäxte  in  der 
Schweiz.  (Hierzu  Taf.  XVIL,  Fig.  2  —  3  und  Holzschnitt.)  F.  Keller, 
S.  335;  Gross,  Virchow,  S.  336.  —  Hünengräber  von  Lohme  auf  Rügen. 
Schöler,  S.  337;  Virchow,  S.  339. —  Balkenverzieruug  aus  Appenzell.  Koll- 
mann, S.  340.  —  Lehmfunde  von  Posen.  Pfuhl,  Roth,  Friedel,  S.  340.  — 
Runenkalender  von  Oesel.  (Hierzu  Taf.  XVIIL).  v.  Stein,  S.  340.  — 
Thongefäss  aus  dem  Borchelt  von  Gosraar  und  Mammuthszähne  von  Luckau. 
Behia,  S.  342.  —  Gräberfeld  von  Gr.  Lichterfelde  bei  Berlin  (Holzschnitte). 
Urban,  S.  342;  Virchow,  S.  346.  —  Nubische  ethnologische  Gegenstände. 
Mantey,  S.  350.  —  Feuersteinfunde  von  Hei w  an  und  moderne  Industrie. 
Mantey,  S.  351 ;  Beil,  S.  353.  —  Karrenfelder  und  Strudellöcher,  mit  be- 
sonderer Rücksicht  auf  Rüdersdorf.  Sadebeck,  S.  353.  Hauchecorne,  Orth, 
Virchow,  S.  360.  —  Neue  Schriften,  S.  360. 

Sitzung  vom  15.  November  1879.  Deformirter  Schädel  von  Coati.  Künne,  S.  362.  — 
Bericht  des  Hrn.  Bastian,  S.  363.  —  Geschenke  des  Hrn.  v.  Mohl,  S.  362.  — 
Verein  für  Orts-  und  Heimathskunde  zu  Altena  a./Lenne,  S.  362.  —  Böh- 
mische Gräberfelder.  Pudil,  S.  362.  —  Prähistorische  Funde  von  Guben. 
(Mit  Holzschnitten).  Jentsch,  S.  366.  —  Generalversammlung  und  Ausstellung 
zu  Berlin,  S.  370.  —  Funde  von  Berlin  und  Potsdam.  (Mit  Holzschnitten). 
Friedel,  S.  371;  Virchow,  S.  374,  375.  —  Graburnen  von  Ober-Wilda  bei 
Posen.  M.  Kuhn,  S.  376.  —  Gräberfeld  von  Slaboszewo  (Posen)  und  Haken- 
ringe. (Mit  Holzschnitten.)  Schwartz,  S.  376.  —  Kirchenmarken  im  Posen- 
schen.  (Mit  Holzschuitt.)  Schwartz,  S.  379;  Virchow,  S.  381 ;  Weiss,  Alfieri, 
Friedel,  S.  382;  Hartmann,  S.  383.  —  Moderne  Stöcke  mit  Feuersteinbesatz 
in  Polen.  Schwartz,  S.  384.  —  Orang-Utan  und  Gibbons.  Virchow,  S.  384. — 
Nubier  und  Diniia.  (Mit  Holzschnitten.)  Virchow,  S.  388;  Hartmann, 
S.  395.  —  Neue  Schriften,  S.  397. 


(461) 

Sitzung  vom  20.  December  1870.  Geschäfts-  und  Verwaltungsbericht,  S.  398.  — 
Kassenbericht,  S.  405,  —  Neuwahl  des  Vorstandes,  S.  405.  —  Neue  Mit- 
glieder, S.  405.  —  Tod  des  Hrn.  Sadebeck,  S.  406.  —  Nekrolog  des  Grafen 
Sievers.  (Mit  Holzschnitt);  v.  Pahlen  ö.  40G;  Virchow,  S,  408.  —  Ge- 
schwänzte Menschen  im  indischen  Archipelago.  Bastian,  S.  412.  —  Schwanz 
eines  menschlichen  Kindes.  Virchow,  S.  41  ;i  —  Reise  nach  den  Marshall's 
Inseln.  Finsch,  S.  413.  —  Academia  nacional  de  ciencias,  Cördoba,  Argentinien. 
S.  414.  —  Küstenlinie  des  Hellespout.  Caivert,  S.  414.  —  Messungen  an 
Bari  und  Bacliopi.  Felkin,  S.  415;  Virchow,  S.  418.  —  Gräberfeld  bei  C'lauen 
(Amt  Peine,  Hannover).  Müller,  S.  419.  —  Reise  nach  Lappland.  Schulz- 
Marienburg,  S.  419.  —  Photographien  von  Negritos  (Philippinen).  Koch, 
S.  42'2.  —  Höhlenschädel  von  Cagraray  (Philippinen).  Munoz,  S.  422;  Jagor, 
423;  Virchow,  S.  424.  —  Schädel  und  Skelette,  besonders  von  Negritos  und 
Igorroten  von  den  Philippinen.  Virchow,  S.  426.  —  Gräberfunde  aus  Cujavien. 
(Mit  Holzschn.)  v,  Erckert,  S.  42<S;  Virchow,  S.  431.  —  Näpfchensteine  und 
Kirchenmarkeu.  Virchow,  S.  436;  Jentsch  (Holzschnitte),  S.  436;  Brückner, 
S  440;  Alfierl,  S.  441 ;  v.  Schulenburg,  S.  442.  —  Thongeräthe  aus  dem  Urnen- 
felde von  Müschen  im  Spreewalde.  (Mit  Holzschnitten.)  v.  Schuienburg, 
Virchow,  S.  442.  —  Nachkommen  des  wendischen  Königs  im  Spreewalde. 
V.  Schulenburg,  S.  442.  —  Muschelgeräthe  und  Muschelbeil  aus  Gräbern  von 
Barbadoes.  Virchow,  S.  444.  —  Bronzefunde  von  Bennewitz,  Provinz  Sachsen. 
(Mit  Holzschnitten.)  Voss,  S.  444. —  Ruuengemmen.  Voss,  S.  446.  —  Maske 
von  Neu-Britannien.  Hollmann,  S.  446.  —  Topf  und  Mais  aus  dem  Grälier- 
felde  von  Madisonville  (Ohio).  Brühl,  S.  446;  Virchow,  S.  447;  Wittmack, 
S.  448.  —  Südamerikanische  und  chinesische  Gegenstände.  Künne,  S.  449.  — 
Nubier.  Virchow,  S.  449;  Nachtigal,  S.  452.  —  Eingegangene  Schriften  S.  456. 

Chronologisches  Inhalts- Verzeichniss  S.  457. 
Namen-Verzeichniss  S.  462. 
Alphabetisches  Register  S.  463. 


Namen-Register. 


Alfieri  382,  441. 

V.  Alten  228. 

Anger  15,  221,  241. 

Baer  331,  426. 

Barth  228. 

Bastian  83,  221,  300,  362,  412. 

Behia  68,  342, 

Bracht  217. 

V.  Brandt  16. 

Brückner  440. 

Brühl  446. 

Buchta  316. 

Budczies  154. 

Calvert  136,  414. 

Caro  54. 

Credner  47. 

Duhmberg  299.  , 

Eisel  229. 

V.  Erckert  428. 

Erdmann,  M.  222. 

Europäus  283. 

Evans  S.  B.  308. 

Falkenstein  153. 

Feldmanowski  134. 

Felkin  316,  415. 

Finsch  85,  221,  326,  413. 

Florkowsky  30. 

Friede!  32,  159,  IGl,   164,  371,  374,  384. 

Fritsch  82,  198,  284. 

Gemss  33. 

Goebeler  88. 

Goos  302. 

Hagen,  Fr.  B.  71. 

Hahn,  Th.  307. 

Hartmann,  Rob.  34,  97,  154,  176,  196,  198, 

383,  395. 
Hauchecorne  360. 
Hegner  73. 

Hildebrandt  98,  183,  1«4,  316. 
V.  Hirschfeldt  313. 
Hoffmann,  Walt.  72. 
Hollmann  34,  446. 
Houtum-Schindler  306. 


IHubrig  34,  99. 
Jacob  223. 
Jagor  34,  43,  75,  105,  166,  231,  234,  237, 

422,  436. 
Jentsch  69,  194,  310,  366,  436. 
Johnston  237. 
Keller,  Ferd.  335. 
Koch,  0.  422. 
Kollmann  340. 
Koner  156,  166. 
V.  Korff  166. 
Krause,  Ed.  194. 
Krug  151,  311. 

Künne  13,  85,  150,  362,  449. 
Kuhn,  M.  376. 
Kupffer  70. 
V.  Lenhossek  85. 
Lepkowski  106. 
Liebreich  82. 
Lisch  30. 
Lucae  19. 
Magnus,  P.  85. 
Mantey  85,  350. 
Meitzen  295. 

Miklucho-Maclay  86,  186,  190. 
V.  Mohl,  362. 
Müller  419. 
Munoz  422. 
Nachtigal  452. 
Nehring  12,  69,  309. 
Oelsner  68. 
Ornstein  303,  305. 
Orth  247,  360. 
V.  Pahlen  406. 
Pfuhl  239,  340. 
Philippi  85. 
Pudil  151,  362. 
Rabenau  75. 
Reid  223. 
Reil  353. 
Reiss  290. 
Rensch  84. 
Richter  87. 


(363) 


Römer,  F.  0. 

Saalborn  13,  151,  231. 

Sachs  t  299. 

Sadebeck  353,  f  406. 

Sarnow  45. 

Schneider,  L.  239. 

Schneitier  33. 

Schöler  337,  390,  449. 

Schomburgit  75,  105,  234. 

V.  d.  Schulenburg  442. 

Schulz-IVIarienburq  419. 

Schultz-Sellack  24. 

Schwartz,  W.  159,  225,  315,  376,  379,  384. 

V.  Siebold  231. 

Sievers,  Graf  9,  108,  f  406. 

Stein  334. 

V.  Stein  340. 

Steinthal  20. 


Topinard  182. 

Umlauft  75. 

Urban  342. 

Virohow  10,  28,  33,  64,  69,  70,  97,  106, 
1J8,  134,  136,  143,  183,  198,  204,216, 
252,  254,  296,  305,  334,  336,  339,  346, 
374,  381,  384,  388,  413,  424,  426,  431, 
436,  441,  444,  446,  448,  449. 

Vörckel  191. 

Voss  33,  47,  52,  156,  157,  159,  166,  191, 
302,  444.  446. 

Walter  157. 

Warnecke  52. 

Weiss  69,  382. 

Wilkinson  189. 

Wilson  237. 

Wittmack  448. 

Woldt  15,  75,  154. 


Sach-Register. 


Abplattung  des  Hinterhaupts  bei  den  Pata- 
goniern  200. 

Achilles-Grab,  Troas  205. 

Adelaide,  Südaustralier  105. 

Adelnau,  Steinbeil,  Rom.  Münze  74. 

Aesyetes  Grab  bei  Troja  215. 

Affen,  anthropoide  384. 

Afrika,  Feuersteinsplitter  von  Helwan  351; 
Madagascar  183;  Messungen  ceutr.-afrik. 
Stämme  316,  415;  Kubische  ethnolog. 
Gegenstände  350;  Ostafrikaner  97,  184; 
Serpa  Pinto's  Reise  durch  A.  182;  Zulu's 
196,  284;  s.  Buschmänner,  Nubier. 

Aino's,  älterer  Volksstamm  Japans  233. 

Altena,  Ver-  f.  Heimathskunde  362. 

Ama-Zulu's  284. 

Amerika,  Central-,  68.  Nord-,  Apachen- 
Mädchen  334;  Gebräuche  der  Eiogebor- 
nen  72;  Grave  Creek  Mound  223;  India- 
nische Graburnen  309;  Mounds  308; 
Topf  aus  dem  Gräberfeld  von  Madison- 
ville  (Ohio)  und  verkohlter  Mais,  446. 
Süd-  13,  85,  97,  150,  175,  198,  290,  449. 

Amerikanisten  302. 

Analyse,  chemische,  von  Kupferlocken  aus 
Zedlitz  136. 

Ancon,  Peru,  Todtenbestattung  290. 

Angelhaken  von  Eisen,  Elbing  243. 

Anthropoide  Affen  384. 

Apachen-Mädchen,  Photographie  334. 

Araucaner  199. 

Archipel,  indischer,  Bastians  Reise  220. 

Arequipa,  silberne  Idole   150.  ; 

Arizona,  Ruinenstädte  in,  68. 


Aschengruben     mit     versch.     Geräthen     in 

Ohio  447. 
Assam,  Indien,  ßastian's  Bericht  83. 
Augenfarbe,  Griechenland  305. 
Ausgrabungen,  auf  Rügen  238;  in  Troja  210. 
Australien  20,  75,  86,  105,  235. 
Aveniken  (Haveniken)  176. 


Bachopi  4is. 

Balver  Höhle,  Westfalen  12,  69. 

Barbadoes,  Muschelgeräthe  444. 

Bari  316,  418. 

Bartenstein,  Cernirungsschanzen  73;  Schwe- 
denschanze 72. 

Bartschbruch,  Torfmoor  mit  Pfahlb.  73. 

Behaarung,  abnorme,  bei  Frauen  und  Kna- 
ben aus  Neuseeland  85. 

Beinschnitzereien  in  der  Moritzburg  .^4. 

Benau  13. 

Beni  Amr  388,  449. 

Bennewitz  bei  Halle,  Bronzefund  444. 

Berlin,  Näpfchen  und  Rillen  382;  Steinbeil 
mit  Holzschaft  162;   ürnenscherben  371. 

Bernstein,  aus  dem  Grabfelde  von  Giebi- 
cheustein  56,  60;  aus  Steiukisteugräbern 
bei  Skarbnice  134;  Perlen  aus  Polen  9; 
durchbohrte  Scheibe  aus  Cujavien  434. 

Beschik  Tepe,  Troas  216. 

Bilin  57. 

Billendorf  i:>. 

Bindfaden-Ornament  163. 

Böhmen.  Biliu  57;  Stradonice  57,  239; 
Strupcice  239.  Wockowitz  58. 

BöhmischeAlterthümerl51 :  Gräberfelder 363; 
Thongefässtypon  240. 


(464) 


Bogenspanner  (Schwurringe)  115. 

Bohrloch, angefangenes,  im  Steinhammer  von 

■  Skarbnice  134;  desgl.  au  einem  Stein- 
geräth  von  Giebichensteiu  51. 

Brandenburg,  Prov.,s.  Berlin,  Burg,Cöpenick, 
Crossen,  Freesdorf,  Giesensdorf,  Glie- 
nicke  bei  Beeskow,  Gosmar,  Guben, 
Haaso,  Heinersdorf  bei  Züllichau,  Hohen- 
saatheu,  Jessen,  Krummendorf,  Leest, 
Lichterfelde,  Mehsso,  Müschen,  Nauen, 
Neuenhagen,  NeumühJe,  Nexdorf,  Oder- 
berg, Pohio,  Prenzlau,  Radewitsch,  Ram- 
pitz,  Reichersdorf,  Rosenthal,  Rüders- 
dorf,  Saarow,  Saatzke,  Satzkorn, Schmöck- 
witz,  Schöneberg,  Selchow,  Sorau,  Stern- 
hagen, Wissen. 

Brandenburg,  s.  Heinrichs  I.  Zug  nach  Br., 
Keltische  üeberreste  in  Ortsnamen,  Lau- 
sitzer Alterth.,  der  schwarze  Tod  in  der 
Mark. 

Brandstätten  in  der  Lüneburger  Heide  218. 

Braunschweig,  Kirchenraarken  383. 

Braunsdorf  bei  Querfurt,  Römische  Kaiser- 
münzen  158. 

Bronzen,  v.  Benau  14;  v.  ßennewitz  444; 
Billendorf  14;  Böhmen  152;  Doiotheen- 
hof  313;  Elbing  242;  Giebichenstein  52, 
54;  Glienicke  bei  Beeskow  164;  Gogolin 
31;  Guben  367;  Jessen  151,311;  Leiha 
158;  Lichterfelde  bei  Berlin  342,  348; 
Litthauen  306;  Livland  109,  110;  Mü- 
cheln  158;  Pompeji  68;  Reicbersdorf  196, 
Rügen  338,  340;  Satzkorn  164;  Schmöck- 
witz  32;  Skarbnice  134;  Slaboszewo  376;  ' 
Wronke  316;  Ziemcin  436. 

Bronzen,    Brustspange  32;    Gelte   444; 
Diadem    aus  Skeletgräbern  von  T^eiha 
158;  Dolch  V.  Guben  367;  Dolch  mit 
Eisenscheide  von  Rügen  340;  Fibeln, 
aus     Skeletgräbern     von     Elbing     242 
Hakenringe    aus    Skeletgräbern    229 
Halsring  (Torques)    164;    Knopf   14 
Kopfschmuck      von      Livland      110 
Nadel  14,  316;  Ring  14,  106;  Ringe 
bei  Skeletten  222,   376;    Schwert  aus 
einem  Steinhügel  auf  Rügen  338;  Sichel 
(neben  Eisenmesser)  158;  Spiralringe 
134;  Urne  von  Dorotheenhof  mit  Gold, 
Bronzen  und  Glasfluss  314;  Funde, 
grössere,  von  Glienicke  164;  von  Skarb- 
nice 134. 

Bronzeschalen,  ähnliches  Thongefäss  164. 

Bronze  und  Eisen  31,   158,  196,  348. 

Buddha  Gaya  300. 

Büschelhaare  bei  Nubiern  452. 

Burg  a.Spree  442. 

Burgwall  von  Gosmar  342;  von  Lapitz  253; 
bei   Neubrandenburg  252. 

Buschmänner,  Felszeichnungen  der,  307, 


C. 

Cagraray,  Philippinen-Insel  422. 

Cannibalen,  Japan  231. 

Canis  lagopus  10. 

Castrum,    römisches,    am   Hadrianswall    in 

Württemberg  47. 
Caziken,  Grab  150. 
Chatten  63. 
China,  Geomantie  34;  Hakka-Chinesen99; 

Chinesischer   Character    der    Inschriften 

trojanischer  Gefässe  166,  266. 
Chua,  Photographie  eines  Ch.  und  Bericht 

über  die  Chua's  237. 
Cisternen  von  Stradonitz  58. 
Clauen,  Hannover,  Skeletgräber  419. 
Coburg,  Näpfchensteine  223. 
Cöpenick,  Ostend,  Steinbeil  164. 
Collo-Collo  150. 

Conchylien  in  den  Abfällen  von  Troja  268. 
Congress,  anthropologischer,   in  Strassburg 

301;  der  Amerikanisten  in  Brüssel  302. 
Connewitz,  Sachsen,  Kinderklappern   192. 
Crossen,  Schwedenschanze   58. 
Cujavische  Gräber  428,  434. 

D. 
Dalidorf  bei  Aschersleben,  Urnen  155. 
Daimanzer,  zwischen  Saale  und  Mulde   194. 
Deckel,  Urnen-,  verzierte  Schalen  165. 
Denka,  s.  Dinka. 

Diluvialfauna  in  Höhlen  12,  69,  309. 
Dingo,  Skelet  und  Fell  eines,  190. 
Dinka  388. 

Dobeln,  Kr.  Angerburg,  Ganggräber  83. 
Dönhofstädt,  Kr.  Rastenburg  72. 
Dolichocephalie  12,  123. 
Doppeläxte,  kupferne  336. 
Dorotheenhof,  Kr.  Flatow,  Gold-  und  Bronze- 
Fund  313. 
Druidenstein  (Heidenstein)   von  Sitten  438. 
Dugong  423. 

E. 
Eberzähne,  bearbeitet  9. 
Eiche  von  Alt-Pebalg  in  Livland  108. 
Egisheim,  Schädel  von,  157. 
Eigenthumsmarken  32. 
Eilenburg,  Urnen   191. 
Eisen-Beile  von  Praulen  in  Livland  113. 
Eisen-Messer  und  Bronze-Sichel  vonMücheln 

158. 
Eisenfunde  von  Rampitz372;  von  Gogolin  31. 
Eisen-Nadel  von  Giebichenstein  52. 
Eisen  und  Bronzen,  von  Reichersdorf  196; 

von  Lichterfelde  349. 
Elbing    15,   241;    Urnen-  und  Skeletgräber 

mit    Bronze,    Eisen-    und    Silber    (röm. 

Münze)  243. 
Elephas  primigenius  10. 


i 


(465) 


Elsass,  Schädel  von  Egisheim    157;  Stiass- 

hurg   301. 
Erbsen  vou  tlissarlik  27(1 
Erdkegel  in  Ostpreussen  73. 
Esten-Schädel   114. 
Excursion,  nach  Rürlersdorf  181,  247;   Jiach 

Neu-Brandenburg  252. 

F. 

Falzbeinartiges  Hirschhorngeräth    aus    einem 

Skeletgrabe  Ciijaviens  435. 
Farbe  der  Augen,   Haut  und  Ifaai-e,  (irie- 

chenland   3U5. 
Farbe  der  Haare,  Persien  306. 
Farbenbezeichnungen,  der  Lappen   148;    der 

Nuhier  ;-;s9,  449,  452. 
Farbensinn  dm-  Nubier  389. 
Farbentafei  .S7.   182. 
Farben  an   Uruen   14. 
Felis  spelaea  10. 

Felszeichnungen  der  Buschmänner  306. 
Fensterurne  von  Wildeshau^en  228. 
Fersenbein,    beide  Gelenkflächeu    zu    einer 

vereinigt   154. 
Feuerbestattung,  moderne   159. 
Feuersteinbearbeitungsstellen    in    der    Lüne- 
burger Heide  218. 
Feuerstein-Beil,  geschlagen,  Adelnau  74. 
Feuersteingeräthe    aus    Steinkammern     niit 

Skeb'tten,  Rügen,  338. 
Feuersteinspitze   in  einem  Skelet  vou  Ohio 

447. 
Feuersteinspitzen  an  Stöcken  in  Polen  384. 
Feuerstein-Genithe  von  Helwan ,    Aegypten 

351 ;  von  Troja  272. 
Fibeln.  Platten-,   in  livischen  Gräbern   117; 

Elbing  242. 
Finnische  Fragen  283. 
Fischüberreste  in  Wirthschafts- Abfällen  in 

der  Troas  269. 
Frankenau,  Kr.  Heilsberg  72. 
Freesdorf.  Kr.  Luckau  68,  69. 

[>gi.,  Entstehung  des  Namens  310. 
Friedberg  i.  W.,  Wohnstätten  295. 
Froschreste,  Balver  Höhle  12. 
Fuchs,  in   Höhlen   10. 
Fundstätten  im  Kreise  Sorau   13. 
Fung-Schui  (Geomantie)  34. 
Füsse  vou  Negern  und  Nubiern  392. 

G. 

Galtscha.  Schädelabguss  182. 
Ganggräber  in  Ostpreussen  73. 
Garki.  Prov.  Posen,  Pfahlbauten  73. 
Gaumen,  ostpreuss.  Schädel  70. 
Gebräuche,  der  Eingeborenen  Nordamerikas 

72;  der   Vedas  in  Indien   168. 
Gehirn,  Arbeiten  darüber  188. 
Generalvers.  d.  deutsch.  Authrop.  Ges.  von 

1880,  370;  in  Strassburg  1.S79,   181. 

Vvrhandl.  der  Berl.  Anthropol.  Gesellschaft  1879. 


Geomantie  35. 

Gerdauen,  Skeletfeld  73. 

Gergis  (Gergithes)  208. 

Gesichtsurne  s.  Urnen. 

Gesichtswinkel-Messer  nach  Falkenstein  153. 

Geweihreste  \om  ürnenfeld  bei  Schöne- 
beck  154. 

Giebichenstein  bei  Halle  47. 

Giesendorf,  Steinbeil  350. 

Glacialerscheinungen  bei  Rüdersdorf  247,  354. 

Glättung  der  Tbongefässe    278. 

Glasartige  Masse,  Ring,  von  Billendorf  14. 

Glas  in  der  Urne  von   Wildeshausen   228. 

Glasperlen,  von  Gogolin  31;  von  Giebichen- 
stein 53;  von  livischen  Gräbern  119; 
aus  einem  Brandgrabe  von  Ziemcin  (mit 
Bronze)  436. 

Gletschertrichter,  Gletschermühle  247,  354. 

Glienicke,  Kr.  Beeskow,  Bronzefund   164. 

Glogau.  (ioldring,  35. 

Gogolin,  Kr.  Kulm  30. 

Goldblechfigur  (Lama)  aus  Peru  97. 

Golddraht  v.  Urnenfelde  Knimmendorf  222. 

Goldfunde  von  Troja  180,   273. 

Goldhalsring  aus  einer  Bronze -Urne  von 
Dorotheenhof  315. 

Goldring,  von  Glogau  33;  von  Körbecke  33; 
von   Skarbuice   134;   von  Voigtstedt   34. 

Goldschmuck  von  Velp  34. 

Goldspirale,  von  Billendorf  15;  aus  einem 
Grabhügel  in  der  Lüneburger  Heide  217. 

Gorenice,  Knochenhöhle  9,  309. 

Gosmar  bei  Luckau,  Burgwall  342. 

Grabhügel,  in  der  Troas  214;  mit  Steinlagern 
für  Leichenbestattung,  Lüneburg  218; 
mit  Steiukammern  218;  mit  Urnen  218. 

Grabstätten,  alte  hawaiische  327;  von  Lys- 
kowitz  in  Böhmen  36;  von  Leiha,  mit 
unverbrannten  Leichen  108;  von  Wronke 
315;  in  Ostpreussen  73;  in  Livland  108. 

Gräberfeld  von  Giebichenstein  47. 

Gräberfunde  in  Cujavien  428. 

Grave  Creek  Mound,  Stein  mit  Inschrift  223. 

Grodzisko  73. 

Grona.  alte  zerstörte  Wohnstätte  in  Sachsen 
193. 

Grosslichterfelde  bei  Berlin,  Urnenfeld  342. 

Grunewald  bei  Berlin,  Steinmetzzeichen  194. 

Guben  310,  366. 

Gürtel  von  Rinde  mit  Lederüberzug.  aus 
einem  livländischen  Grabe   109. 

Gulbern  in  Livland.  Schädel.   119. 

Gyrocarpus  asiaticus.  der  Saame  zum  Glätten 
der  Thongefässe  benutzt  45. 


Haar,  der  Patagonier  201. 
Haarfarbe  der  Griechen  305;  in  Persien  306. 
Haarring  der  Zulus  287. 
Haaso  bei  Guben,  Urnenfeld  mit  Bronzen  196. 
Hadrianswall  in  Württemberg  47. 

30 


(466) 


Hände,   dargestellt  an  Urnen    30;   von  Ne- 
gern und  Nubiern  31t'2. 
Halberstadt,  Sammlung  192 

Halle,  Salzquellen  62. 
Halloren  62. 

Hakenkreuz,  s.  Suastika. 

Hakenring  -lid,  376. 

Hakka-Chinesen  99. 

Hambostel.   Hannover,  Grabhügel  217. 

Hanai-Tepe  bei  Tvoja  180,  216. 

Handelsstrasse  über  Adeluau  74. 

Hannover.  Prov.,  s.  Clauen  419;  Lüneburg 
446;  Lüneburger  Heide  217;  Meissdorf 
155;  Smehlweg  (Feuersteinbeil  mit  Stiel 
aus  dem  Penisknoclien  eines  "Walross  161. 

Hautfarbe,  der  Patagonier  201;  der  Grie- 
chen  805. 

Hawaiische  Grabstätten  327. 

Heidentempel  (Swina)  bei  Jessen  312. 

Heikota,  s.  Hoikota. 

Heinersdorf  bei  Züllichau,  angeblicher  Runen- 
stein 222. 

Heinrichs  I.  Zug  nach  Brandenburg  und 
Sachsen   193,   194. 

Helleville,  Madagascar  183. 

Helwan,  Aegypten,  Feuersteinsplitter  351. 

Hermunduren  63. 

Heroengräber  von  Troja  213. 

Hessen,  s.  Salzschlierf  228. 

Hirschgeweih,  bearbeitet,  von  Giebichensteiu 
49;   von  Grabezock  (Schlesien)  15. 

Hirschhornhammer  von  Giebichensteiu  55. 

Hissarlik  179,  208,  254. 

Höhle  (Knochen-),  von  Gorenice  9,  3U9; 
ßalver,   Westfalen    12,  69. 

Höhlenfunde  auf  den  Philippinen  424. 

Hohensaathen,  Skeletgräber  374. 

Hoikota,  nubischer  Stamm  450. 

Holzfigur  aus  Peru  97. 

Holzstielrest  eines  Steinbeils  aus  Berlin  162. 

Hornförmiges  Thongefäss  von  Jessen   151. 

Hottentotten,  verwandt  mit  den  Indiern  82. 

Hradiste  (Burgstätte)  bei  Stradonice  239. 

Hügelgrab    mit    Fensterurne    bei    Wildes- 

bausen  228. 
Hünengräber,  s.  Grabstätten. 
Hütten  der  Schwarzen  auf  Madagascar  183. 
Hyäna  speläa  10. 


Jahresbericht  für  1879,  398. 

Janischewek,  Cujavien,  Skeletgrab  433. 

Japan  16. 

Japanische  Kjökkenmöddinger  231. 

Idole,    von    Troja    273;    silberne  aus  Are- 

quipa  150. 
Jessen,  Kreis Sorau,  Ausgrabungen  151,  311. 
Ikkulgräber  in  Livland   110. 
Ilos  Grab  215. 
Inca  290,  s.  a.  Inka. 


Indianer-Schädel  13. 

Indianische  Graburne  aus  Südamerika  309. 

Indien,  Assam  83;  Chuas  237;  Kanikars  75; 

Vedas  166,  Sklavenkasten  166;  schwarze 

Thongefässe  43. 
Inka-Kopf  150. 
Inschrift,    von    Vasen    von  Troja    166;    an 

einem  Stein  in  Nordamerika  223. 
Jshidzutzui     (steinerner    Trommelstock)    in 

Japan    18. 
Italien,  s.  Pompeji. 

K. 

Kaldus,  Westpreussen,  Schädel  71. 
Kalender,  Runen-,  Insel  Oesel  340. 
Kamm,    Knochen-,    aus  Skeletgräbern    von 

Elbing  243;  von  Giebichensteiu  58. 
Kanikars,  Süd-Indien  75. 
Karrenfelder  354. 
Karte,   prähistor. ,   des  Kreises  Sorau  231; 

Guben  366;   Elbing  245. 
Kauri-Schmuck  an  Skeletten  in  Livland  109. 
Kegelgrab    aus    dem    Thymbrosthal,   Klein- 
asien  180. 
Keilschrift-Zeichen  in  Troja  267. 
Keltische  Ueberreste  in  Ortsnamen  der  Mark 

Brandenburg  88. 
Kieferbildung  an  lettischen  Schädeln   130. 
Kinderklapper  aus  Thon,  von  Giebichensteiu 
53,  von  Conuewitz  in  Form  von  Vögeln 
192. 
Kingsmill-Bewohner  413. 
Kjökkenmöddinger  in  Japan  231. 
Kirchenmarken,   s.  Näpfchen. 
Klafterlänge  bei  den  Patagoniern  201;   bei 

Dinka  393. 
Klapperblech  von  livländischen  Gräbern  109. 
Kleidungsrest  aus  einem  livländischen  Grabe 

111. 
Klein-Aslen,    Hellespontküste    414;    Ophry- 
nium  136;  Sardes  275;  Troja  156,  166, 
180,  204,  273. 
Klein-Mehsso  bei  Calau  69. 
Knochenfunde  von  Troja  273. 
Knochengeräthe  von  Giebichensteiu  52,  53. 
I  Knochenhöhle  von  Gorenice  9,  309. 
Knochenkamm  58. 
Knochennadel  49. 

Knochenplatte  von  Giebichensteiu  55. 
Knochenscheibe    aus    einem    Schädel,    von 

Ziemcin  436. 
Köbeln  a.  d.  Neisse  13. 
Körpermaasse,  centralafrikanischer  Stämme 
316,  415;  der  Vedas  und  Veddahs  176; 
des  Dinka  393. 
Körperverhältnisse  der  Lappen  147. 
Koragars  in   Iiulien   167. 
Kreisornamente  auf  Beingeräthen  57. 
Kreuz,  steinernes,  bei  Menzdorf  193. 
Kreuzkopf  aus  einem  livischen  Grabe  119. 


(467) 


Krummendorf    bei    Züllicliau,     ürnoii    mit 

Hroiize  und  Gold  222. 
Kudatama,  Steinschmuck  iu  Japan  2o3. 
Kupferbeil  von  Schucllrode   151). 
Kupferdoppelaxt  von   Lüscherz  336. 
Kupferdraht  von   Saatzke    13(). 
Kupferfund  von  Skarhnice   134. 
Kupfergeräthe    in    Skeletgräbern   von  Ohio 

•117. 
Kupferlocken  135. 
Kupfertiegel  aus  Skeletgräbern   von  Leicha 

158. 

L. 
Längswälle  in  Ostpreussen  73. 
Lampe  aus  Tlion,  Giebichenstein  53. 
Lanzenspitze,    von    Niscbny  Nowgorod  34; 

aus  Knochen   von  Giebichenstein   53. 
Lappen,   Bericht  über  die  1879  nach  Berlin 

gekommenen,    143;    Photographien     und 

Gypsabgüsse  derselben    154. 
Lappland,    Bilder   aus  L.  und  Reisebericht 

41!). 
Lausitzer  Alterthiimer  69,  s.  Guben,  Sorau. 
Lehmcylinder  aus  Posen  239,  340. 
Leichenverbrennung,  moderne,   159. 
Leiha  bei  Queri'urt,  Skeletgräber  mit  Bronze 

und   Stein    158. 
Lemming-Reste  aus  der  Höhle  von  Gorenice 

;)0I);  desgl.  aus  der  Balver  Höhle  309. 
Letten-Typus,  dolichocephal  123. 
Lettische  Schädel  433. 
Lettisches  Gebiet,  Forschungen  im,   108. 
Lichterfelde  bei  Berlin,  Urnenfeld  342. 
Liebshausen  in  Böhmen,  Skelet  mit  Bronze- 
Armring  152. 
Liekein,  Kreis  Friedlaud.   Skeletgräber  73. 
Litthauen,  Russisch-,  Bronze-Ring  106. 
Livengräber  119,  433. 
Livland   108. 

Locken,  Kupfer-,  von  Skarbnice  134. 
Löcher    in  Deckelschalen    165;    in    Töpfen 

267,  311. 
Lohme,  Rügen,  Grabstätten  337. 
Lüneburg.  Runengemmen  446. 
Lüneburger  Heide,  vorgeschichtliche  Spuren 

in  der.  217. 
Lüscherz,  Schweiz,  kupferne  Doppelaxt  336. 
Lyon.    Association    des   amis   des   sciences 

naturelles  (58. 
Lyskowlc,  Böhmen,  Gräberfeld  363. 

M. 

Macrocephalen-Schädel  von  Csongräd  85. 

Madagascar  IS.H. 

Madisonville  (Ohio),  Gräberfeld  446. 

Mäander  Urnen  165. 

Magatonna,    Steinschmuckgeräth    in   Japan 

233. 
Magdeburger  Denare.  12.  Jahrb.  371. 
Mainhardt,  Terra  sigillata  Gcfässe  von,  47. 


Mais  aus  amerikanischen  Gräbern  449. 
Mammuth  und  Mensch   gleichzeitig   (?)    12. 
Mammuthhaare    aus    dem  Petersburger  .Mu- 
seum  85. 
Marshalls4nseln  413. 
Maske  von   .Neu-Hritannien  446. 
Maulwurfsknochen,   Balver  Höhle  12. 
Maya-Alterthümer  34. 
Mednitz  am   Bober   13. 
Meissdorf,  Grafsch. Falkenstein  a.H.,  Schild- 

buckel    155. 
Meissen,  Gründung  der  Stadt  im  Jahre  922, 

193. 
Meklenburg,     Neubrandenburg    162,     252; 

Caiiiniin   253;   Lapitz  253. 
Melanesien  19(). 

Menzdorf,  Sachsen,  Urnenfeld   192. 
Mesorrhine  Nase  66. 
Messungen,  centralafrikanischerStämme316; 

an  Bari  und  Bachopi4l5;  Heikota  451; 

an  Ostafrikanern  184;  an  Schulkindern  19. 
Milchdrüsen,  hei  Männern  gut  entwickelt  305. 
Milz   bei   Römhild,   alter   Weihwasserstein 

223. 
Moorschneehuhn,  Balver  Höhle  12. 
Mooyumkarr   (Zauberbretter)   in    Australien 

106. 
Mounds,  nordanieiikanische  308,  44(i. 
Mücheln,   Prov.  Sachsen,   Eisenmesser  und 

Bronze-Sichel    158. 
Münzen,    samanidische,     von    Witakowice, 

Prov.  Posen  159;    Magdeburger  Denare 

von  Leest  bei  Potsdam  371. 
Müschen  im  Spreewald,  Urnenfeld  442. 
Mumie,  bei  Lebzeiten  in  eine  Haut  genäht 

150;    in    den    Grabstätten    von    Aucon, 

Peru,  292. 
Muschelberge  (Kjökkenmöddinger)  in  Japan 

23  I . 
Muschelgeräthe  aus  Gräbern  von  Barbadoes 

444. 
Muscheln,  s.  Conchylien,  Madisonville. 
Museum,  Königliches,  zu  Berlin  54,  150,  lilU; 

Märkisches    32,     154,     162,     164,    371; 

Schlesischer     Alterthümer     in     Breslau 

135;  Australian  M    in  Sydney  188;  Na- 

tioual-M.  in  Santiago   150. 
Myautz,   Urbewohner  von  Süd-China  99. 

N. 

Nabyszyce,  Prov.  Posen,  Schwedeuschanze 
74. 

Näpfchen,  an  einem  Steinkreuz  bei  Menz- 
dorf 193;  an  Kirchen  im  Poseuschen 
379;   in    Meklenburg  440. 

Näpfchensteine  und  Kiroheumarken  436;  iu 
der  Schweiz  334;  in  Frankreich  439; 
von   Frankfurt  a.  0.  439. 

Näpfchen  und  Hillen  an  der  Nikolaikirche 
in  Berlin  382;  in  Brandenburg  382;  an 
3C* 


(468) 


einer  Kirche  iu  Neubrandenburg  254; 
an  alten  Bauten  in  Coburg  223;  an 
Kircheumauern  in  der  Schweiz  334;  au 
der  Kirche  zu  Schmetzdorf  etc.  437; 
Gransee   und  Müncheberg  441. 

Nahrungsreste  in  den  Skeletgräbern  des 
Hauai-Tepe  180;  von  Hissarlik  268. 

Nasen-Indices  66,  120,  128,  325,  418,  433. 

Nauen,   Urne  mit  Bindfaden-Ornaraent  164. 

Negrito- Schädel  von  den  Philippinen  331, 
426. 

Neubrandenburg,  Excursiou  181,  252; 
Wallrosspenisknochen  als  Steinbeil- 
stiel  162. 

Neu-Caledonien,  Waffen  75. 

Neu-Caledonier,  Photographie  85. 

Neuenhagen,  Kreis  Königsberg  i.  Mark, 
Schädel,  Schläfenring  etc.  375. 

Neu-Guinea,  Schonung  der  Eiugebornen  187. 

Neumühle,  Kreis  Niederbarnim,  Deckel- 
schale  165. 

Neu-Seeland,  Waffen  75. 

New  South  Wales,  Bericht  von  Wilkinson 
189. 

Nigritler  98,  316,  388,  415. 

Nischny-Nowgorod  34. 

Nossi-Be  auf  Madagascar  184. 

Nublsche  ethnologische  Gegenstände  350 

Nubier  iu  Berlin  84,  388,  449. 


o. 

Oahu,  Insel  327. 

Ober-Oppurg,  Hakeuringe  aus  Gräbern  229. 

Obsidlan-Splitter  von  Troja  273. 

Oderberg,  Kreis  Angermünde,  das  grösste 
Feuersteinbeil  aus  der  Mark  164. 

Oeffnung,  Seiten-,  an   Urnen  267,  311, 

Oesel.   Insel,  Runenkalender  340. 

Oesterreich,  s.  Stillfried. 

Ohrenbeweglichkeit  beim  Menschen  305. 

Ojcow,   Polen  9,   309. 

Oldenburg,  s.  Wildeshausen  228. 

Oldendorf,  Hannover,  Hünenbetten  217. 

Opferaltar  mit  Opferresten  in  Ohio  443. 

Opferleuchter,  Giebichenstein  53. 

Opferreste  52,  448. 

Opferstätten  49;  von  Alt-Pobalg  iu  Livland 
108. 

Opferung  des  Weibes,  Zeichen  derselben  in 
(MnfMii   Grabe  Livlands   110 

Ophrynium.  Kleinasien,  Schädel  136, 

Ornamente,  eingestochene,  an  Urnen    166. 

Ortsnamen,  Keltische  Ueberreste  iu  den- 
selben 88;   Wendische  69. 

Ostpreussen,  Schädel  71 ;  Wallberge,  Schloss- 
berge, Längswälle,  Erdkegel,  Gräber 
u.  s.  w.  72;  Willenberg  246, 


Pampas-Indianer   199. 
Panzerhemden,  Persische  34. 


Pariser  Farbentafel  87,   182, 

Patagonier  in  Berlin  176,  198, 

Pavanasan  in  Indien  75. 

Perlen,  von  Thon  196,  von  Bernstein  s.  B., 
von   Glas  s.  G, 

Persien,  Haarfarbe  307. 

Peruanische  Alterthümer  97,  449. 

Peru,  Todtenbestattung  in   Ancon  290. 

Pfahlbauten,  von  Elbing  15;  im  Bartseb- 
bruch (anscheinende)  73. 

Pfeifen  aus  Gräbern  in  Ohio  447;  von 
Müschen  442. 

Pfeifhase,  Knochen  70. 

Pferd,  Reste  desselben  in  Höhlen  gefun- 
den  10. 

Pferdeschädel  als  Grabbeigaben  56,  60. 

Philippinen  331,  422,  426. 

Pijotse,  Patagonier  178. 

Pithos  von  Hissarlik  180,  210,  261. 

Platyknemie  180,  433. 

Pohio,  Kr.  Guben,  Römische  Münze  (Julia) 
310. 

Polen,  Gorenice  9,  309;  Cujavien  428. 

Pommern,  Rügen  337. 

Pompejanische  Bronzen  68. 

Posegnick,  Ostpreussen,  Schlossberg  72, 

Posen,  Provinz;  s.  Bartschbruch,  Näpfchen- 
steine, Posen,  Raczyce,  Skarbnice,  Slabo- 
szewo,  Uljeno,   Witakowice,  Wronke. 

Posen,  Lehmcylinder  239,  340;  Urnenfeld 
(Ober-Wilda)  376. 

Prenzlau,  Hirschhornhacke  375. 

Preussen,  s.  Ost-P.  und  West-P. 

Priamus,  Flaus  desselben  in  Troja  209. 

Punta  Arenas  177,  198. 

Punti,  Volksstamm  in  China  99. 

R. 

Raczyce,  Kr.  Adelnau,  Schwedenschanze  74. 

Radewitsch  bei  ZüUichau,  Urnen  und  Bronze 
222. 

Räuchergefäss,  von  Benau  14;  von  Billen- 
dorf 13. 

Rampitz,  Urnen  mit  Eisen  und  Bronze  372. 

Ranis,  Thüringen  87. 

Rassen,  anatomische  Studien  in  Australien  86. 

Rassenmessungen,  ostafrikan.    Stämme   184. 

Regenmacher  (Zauberer)inSüdaustralien  105, 

Reibsteine  von  Giebichenstein  50. 

Reichersdorf  bei  Guben,   Urneufeld  194, 

Reihengräber  von  Ober-Oppurg  229. 

Renthier- Funde  in  Polen   10. 

Renthierhöhle,  Thaynger  336,  435. 

Rheinprovinz,  s.   Velp. 

Rhinoceros  tichorhinus  10. 

Riesenkessel  im  Rüdersdorfer  Kalk  247,  360. 

Rinde,  Birken-,  als  Gürtel  in  einem  Grabe 
Livlands  gef.    110. 

Römische  Münzen.  Funde  von  solchen :  Ha- 
driau  bei  Guben  370;  Marc,  Aurel.  in 
einem  Skeletgrabe  bei  Elbing  243;  Julia 


(469) 


b,  Pohlo  bei  Guben  370;  Vespasian  bei 
Adelnau  74;  Philippus,  Maximus  Pius 
und  Alex.  Severus  in  Gräbern  des  alten 
Opliryuiura   137. 

Rosenthal   liei   Berlin   33 

Rüdersdorf,  Excursion  181;  Gletschertrich- 
t(M-  1111(1  Sclirarrimen  im  Kalk  247,  353; 
Urnenfeld  2/")). 

Rudrakschakerne,  Abzoiclien  der  Kiinikar- 
Priestor  77. 

Rügen  3.'-)i'(. 

Ruinenstädte  \on  Arizona  (58. 

Runengemmen  von  Lijneburg  446. 

Runenkalender,  Insel  Oesel  340. 

Runenstein,  angeblicher,  bei  Züllichau  222. 

Russland  s.  Lettisches  Gebiet,  Livland, 
Litthauon,  Finnische  und  Ugrische  Fra- 
gen, Nischny-Nowgorod. 

S. 

Saarow  bei  Beeskow,  Steinbeil   1G4. 

Saatzke  bei  "Wittstock,  Kupferdraht  13(1. 

Sachsen  s.  Connewitz,  Grona,  Meissen. 

Sachsen,  Provinz,  s.  Bennewitz,  Brauns- 
dorf, Dalldorf,  Filenburg,  Giebichenstein, 
Ilalberstadt,  Halle,  Leiha,  Mücheln, 
Schlieben ,  Schnellrode,  Schönebeck, 
Vdigtstedt,  Zorbau. 

Sälbhorn.  Thongefäss  aus  Jessen   151. 

Salzquellen,    ihre    Wichtigkeit    in    prähist. 

Zeit    (i-J. 

Salzsee-Indianer,   Photographie  85. 

Salzschlierf,  verglaste  Steine  vom  Sängers- 
lierg  2-2S. 

Samanidische  Münzen,  Fund  von  Witakowice 
l.V.i. 

Samoa-Inseln   15. 

Sardes,    geschliffene  Steinwaffen  275. 

Satzkorn  bei  Potsdam,  Urne  mit  Bindfaden- 
Ornament  163;  Thonschale  in  Form  von 
Bronzegefässen  164;  Bronze-Halsring 
(Torques)    1  64. 

Savoyarde.  Schädelabguss  182. 

Scratch-book  159. 

Schädel  (Abgüsse)  \on  einem  (laltscha  und 
einom  Savoyarden    182. 

Schädel-Gräber  59. 

Schädel  aus  Höhlen  von  Cagraray  422; 
Jgonoten-,  427;  Verpackung  von  Graf 
Sievers  118;  brachycephale  138,  199, 
12,  144,  326;  chamaecephale  120;  doli- 
chocephale  12,  59,  427,  120,  139,  374, 
451;  hypsibrachycepliale  425;  hypsi- 
cephale  120;  mesocephale  12,  123,  4.-'.l. 
432;  orthocephale  120;  trepanirte  5<i, 
64,  241,  436;  Indices  11,  67,  120,  127, 
142,  204,  325,  331,  433,  451;  Messungen 
11,  65,  121,  132,  137,  141,  147,  203, 
325,  331,  432,  au  Schulkindern  19: 
Macrocephaleu-S.,  von  Csongräd  85. 


Schädel,  Egisheim  157;  Finnland  284;  Gie- 
bichenstein 53,56;  GoreniceB,  10;  Hohen- 
saathen,  374;  Lappen-,  144;  Letten-,  9, 
123;  Liven-  110,  118,  433;  Negrito-  331, 
426;  Neuenhagen  375;  Oahu  330;  Ophry- 
nium  138;  Ostpreussen  70;  Strupcice 
239;  südamerikanischer  Stämme  199; 
Uljeno  227;  Veddah  (am  kleinsten)  176; 
Wnckowitz   158. 

Schäftung,  der  Steinbeile    161;    von  Berlin 

ii;2. 

Schalensteine    in    der   Schweiz  335;    siehe 

Niipfchensteine. 
Scheibe,  Thon-,  von   Billendorf  14, 
Scheitelringe  55. 
Schildbuckel,    von    Giebichenstein  53;    von 

Mei^sdorf  155;  von  Rampitz  372. 
Schlackensteine  vom  Sängersberg  bei  Salz- 

schli.'if  228. 
Schläfenring,    von    Neuenhagen    375;    von 

Ober-Oppurg  229;  von  Slaboszewo  376. 
Schlesien,    s.    Glogau     33;     Steinau     135; 

Warinbrunn   310. 
Schlieben,   Steinhardtsberg  58. 
Schlossberge    aus    der  Ordenszeit    in    Ost- 

priMisson   72. 
Schmucksachen,    Email,   Thon,   Stein    und 

Bein,    vom    Urnenfeld   Lichterfelde    bei 

Berlin   349. 
Schneehuhn,  Knochen  vom.  70. 
Schnellrode  bei  Querfurt,  Kupferbeil   159. 
Schnurornament  an  Urnen   163,   166. 
Schönebeck,  Prov.  Sachsen,  ürnenscherben, 

Skfdet-  und  Geweih-Reste  154. 
Schöneberg  bei  Berlin,  Deckclschale   165. 
Schrift    an    Thongefässen    vom    römischen 

Castrum  am  Hadrianswall  in  Württem- 
berg 47. 
Schriftzeichen,  zweifelhafte,  an  Thon-Gegen- 

stilii'len   von  Troja,    166,  266. 
Schulkinder,  Messungen  19. 
Schwanzbildung  beim  Menschen  303, 
Schwanzmenschen  412,  413. 
Schwärzen  der  Thongefässe  43,  363. 
Schweiz,   l>oppelaxt  aus  Bronze  336;  Näpf- 
chen und  Rillen  334;  Karrenfelder  und 

Strudellöcher  354. 
Schwert  von  Nischni  Nowgorod  34. 
Schwurringe  (.Armringe,  Bogenspanner)  1 15. 
Seekuh,   piscis  mulier,   im  indischen  Meer 

423. 
Sekikento,  Japan  18. 

Sekito.  steinerne  Schwerter  in  Japan   18. 
Selchow   bei    I^erlin   5S. 
Serpa  Pinto's  Reise  durch  Afrika  182. 
Sibirien.  Publikationen  ül>er,  300. 
Siebenbürgen,     prähist.     Alterthümer    302; 

1  ortiosch   47. 
Silberhakenring  von  Ober-Oppurg  230. 
Silberne  Idole  von  .Arequipa   150. 
Sipylos,  (Araber  mit  Steingeräth  275. 


(470) 


Sitten  und  Gebräuche,  der  Vedas  in  Indien  ! 
IGS,  der  tSüdaustralier  235.  , 

Skarbnice,  Prov.  Posen,  kupferne  Spiralringe 

134. 
Skatnik,  Kr.  Rasteuburg,  Skeletgtäber  73. 
Skeletgräber,  Haoai  Tepe,  Kleiuasien  180, 
21G;  von  Clauen,  Hannover  419;  v.  Cuja- 
vien  428;  V.  Livland  109;  v.  Oahu  329; 
von  Oberoppurg  230;  von  Ostpreussen 
73;  von  Rügen  337;  Ophrynium  13G; 
Madisonville,   Ohio,  447. 

Skeletgräber,  mit  Bronze  und  Stein,  von 
Leiba  158;  mit  Bronze,  Eisen  und  röm. 
Silbermünze  von  Elbiug  243;  mit  Stein- 
beilen von  Slaboszewo  225. 

Skelette  von  Elbiug  251;  Giebichenstein 
49;  Hanai-Tepe,  Troas,  180,  2 16;  Lys- 
kowitz,  [Böhmen,  363;  Schönebeck  154; 
Wockowitz  58;  Mann,  Weib  und  Kind 
in  einem  Grabe  Livlaudsl  1 1  ;  mit  Bronze- 
Armring,  von  Liebshausen  in  Bölimeu 
152;  mit  Urnen  aus  Steingräbern  Cuja- 
viens  428,  434;  mit  Feuersteinpfeilspitze 
aus  Ohio  447. 

Sklavenkasten   Südindiens  166. 

Slaboszewo,  Prov.  Posen,  Ausgrabung  von 
Hünengräbern  mit  Skeletten,  Stein- 
beilen etc.  225;  weitere  Ausgrabungen, 
Schläfenringe  376. 

Smehlweg  bei  Otterndorf,  Hannover,  Feuer- 
steinbeil-Stiel aus  einem  Walross-Penis- 
knochen    161. 

Sorbisch-wendische  Alterthümer  191. 

Steinau,  Zedlitz   135. 

Steinbeil,  von  Adelnau  74;  von  Cöpenick 
164;  von  Giebichenstein  51;  von  Jessen 
151;  von  Lichterfelde  345,  348;  von 
Reichersdorf  194;  von  Samoa  15;  von 
Saarow  164;  mit  dem  Rest  des  Holz- 
schafts, aus  Berlin  162;  aus  einer  Urne 
von  Jessen  311;  von  Feuerstein,  aus 
Oderberg,  das  grösste  aus  der  Mark, 
164;  in  Skeletgräbern  von  Slaboszewo 
226. 

Steinbeil  -  Schaft  aus  dem  Walross-Penis- 
knochen  von  Smehlweg   161. 

Steine  in  Skeletgräbern  auf  der  Brust  229; 
bearbeitete,  von   Freesdorf  68. 

Steingeräthe  aus  Gräbern  in  Ohio  447;  von 
Troja  272;  von  Giebichenstein  53;  vom 
rothen  Berge  bei  Ranis  87 ;  vom  Sipylos 
und  Sardes  275. 

Steingräber  in  Cujavien  428. 

Steingräber-Volk  von  Tenessee  447. 

Steinhammer  von  Skarbnice  134. 

Steinkistengräber  auf  Rügen  337;  von  Sla- 
boszewo mit  Bronze  225;  von  Elbing  15; 
von  Gogolin  30;  von  Lyskowitz  mit 
Skclf'tten  363;  von  Skarbnice   134. 

Steinmesser  aus  Südaustralien   105. 

Steinmetzzeichen  im  Grunewald   194. 


Stein-Säge  von  Troja  273. 

Stein-Speerspitze  von  Billcndorf  14. 

Steinwerkzeuge  Japans  16. 

Steinzeit,  Urnen  aus  der,   163. 

Stenokrotaphie  427. 

Stereoskopie,  ihre  Verwendung  36 ;  phy- 
siogiiomische   Studien  82. 

Sternhagen  bei  Prenzlau,  Urnenfeld,  Stein- 
beil .'i75.' 

Stillfried,  Oesterreich,   Wohnstätte  59. 

Stradonice  58,  239. 

Strudellöcher,  s.  Rüdersdorf. 

Strupcice,  Böhmen,  Schädel  239. 

Suastika  265. 

Swieca,  Kreis  Adelnau,  Urnenscherben  74. 

Sydney,  zoologische  Station   187. 

T. 

Tättowirung  334,  395,  414. 

Tauka,  Volksstamm  in  China  99 

Tehuelches,  Patagonien    1 79. 

Tengu  no  meshigai,  Speisolöffel,  Japan  17. 

Terra  sigillata-Gefässe  von  Mainhardt  47. 

Theilgräber  59. 

Thierknochen  aus  der  Balver  Höhle  69;  in 
Skeletgräbern  von  Slaboszewo  226;  von 
Hissarlik  269;  aus  Gräbern  in  Cujavien 
434,  436. 

Thoncylinder  von  Giebichenstein  49. 

Thongefässe,  schwarze  43;  Typen  in  Böh- 
men 240;  Bronzeschalen-Form  aus  Satz- 
korn 164;  vom  Burgwall  Gosmar  342; 
grosser  Vorrathskrug  aus  Troja  210; 
Scherben  ,  slavischer  Typus  371  ;  desgl. 
von  Wohnplätzen  in  der  Wetterau  296; 
desgl.  der  Länge  nach  durchbohrt,  aus 
Cujavien  435. 

Thongeräthe  von  Troja  275. 

Thonkegel  von  Giebichenstein  49. 

Thonlötfel   von  Giebichenstein  53. 

Thüringen,  Ranis  87;  Coburg  223;  Milz 
223;  Ober-Oppurg  229. 

Todtenbestattung  in  Ancon,  Peru  290. 

Todtenkrone    in  livländischen  Gräbern   117. 

Töpferscheibe,  ihre  Anwendung  in  Böhmen 
152. 

Topola,  Gross-,  Provinz  Posen,  Schweden- 
scbanze  74. 

Tordosch,  Siebenbürgen,  schwarze  Thon- 
scherben  47. 

Torfmoor  von   Freesdorf  68. 

Torques  55,  164. 

Trepanirte  Schädel  von  Bilin  57,  60;  von 
Giebichenstein  56,  61;  v.  Strupcic  239; 
v.  Ziemcin  (?)  436. 

Troas,  Inschriften  an   Vasen   166,  266. 

Trojanische  Ebene,  Topographie  156. 

Troja,  Virchow's  Bericht  über  die  Reise 
dorthin  und  über  Ausgrabungen  179, 
204,  254. 

Trovancore,  Vedas  von,  172. 


(471) 


Truso  (Klbing)  15,  245. 

Türkei,  schwarze  Thougefässe  43. 

Tumuli  in  Livlaud   111. 

U. 

Ugrische  Fragen  283. 

Uljeno,  Posen,  Schädel  227.  | 

Ungarn,  Csongräd  H5. 

Unio-Art,    Schalen    einer,    49;    in    Skelet- 
griibeni    und    in   der  Urneu-Thonmasse  i 
von  Ohio  447. 

Urnen,  von  Billendorf  14;  v  Dalldorf  155;  j 
Eilonburg  191;  Giebichenstein  50,  53 ;| 
Gogolin  31;  Klein  Mehso  G'J;  Lichter- 
felde 343,  34(i;  Loma  Rica  13;  Nex- i 
dorf  69;  Rosenthal  33;  Satzkorn  163;  [ 
Schm(ickwitz  .h2;  Schönebeck  154;  Süd- 
amerika 309;  Troja  2G4,  275  ff.;  Wis- 1 
sen   75;  Wronke  316.  1 

Urnenfeld,    bei     Guben     366;    Haso    196; 
Jessen    151,     311;    Kruminendorf    222;  j 
Lichterfelde  342;  Menzdorfl93;  Müschen  ; 
442;    Posen    (Ober-Wilda)    376:   Rade- 
witsch 222;  Reichersdorf  194;    Küders- 
dorf  251;  Willenberg  24('.;  Zorbau  159.  | 

Urnenfelder  in  Ostpreussen,  ihre  Unterschei- 
dung nach  4  Zeitperioden,  73. 

Urne,    bei    einem  Skelet  gef.,  von  Hohen- 
saatheu  374;  aus  Cujavien  434. 

Urne,  Buckel-,  von  Jessen  311;  Doppel-U. 
von  Köbeln  14;  Fenster-U.  von  "Wildes- 
hausen 228;  Gesichts-U.  v.  Gogolin  31  ;1 
von  Plissarlik  (Troas)  264;  in  Trink-  ' 
hornform,  Jessen  311,  442;  mit  Bind- 
fadenverzieruug,  von  Satzkorn  163;  von 
Nauen  164;  mit  Mäander- Verzierung  aus 
Seelow  165;  mit  Seitenöffnung  267,  311; 
mit  Steinbeil  von  Jessen  311. 

Urnenscherben  von  Berlin  372. 

Ursus  spelaeus  10. 

V. 
Vasinika,  silberne,  aus  Peru  97. 
Vaytuvans  in  Indien   174. 
Vedas  166;  Veddas  175. 
Velp  in   (ieldern  34. 
Vogelknochen  als  Beigaben  60;  in  Hissarlik 

269. 
Voigtland,  s.  Ober-Oppurg  229. 


Voigtstedt,  Provinz  Sachsen,  Goldring  34; 
römische  Artefacte  58. 

W. 

Wachsthum  des  Schädels  u.  des  Gesichts  19. 

Waimanalo  auf  Oahu  328. 

Waiross-I'enisknocheu  als  Steiubeilgrifif  von 
Sinehlweg  161;  von  Neubrandenburg  162. 

Warmbrunn,  Urnonsatnmlung  311. 

Weltursprungslehre  in  (Jhina  36. 

Wendenkönig,  dessen  Nachkommen  im  Spree- 
wald 443. 

Wendische  Ortsnamen  69. 

Westfalen,  s.  Körbecke,  Balve. 

Westpreussen,  s.  Dorotheenhof,  p^lbing,  Go- 
gölin,   Kaldus. 

Wetterau,  alte  Wohnplätze  in  der,  295. 

Wickersheimer'sche  Couservirungsflüssigkeit 
385. 

Wiesel,  Balver  Höhle  13. 

Wildeshausen,  Oldenburg,  Fensterurne  228. 

Willenberg,  Ostpreussen,  Urnenfeld  246. 

Wissen  bei  Calau,  Urne  75. 

Witakowice  bei  Posen,  Samanidische  Mün- 
z(Mi   159. 

Wockowitz  58. 

Wogulen  aus  Tobolsk  181. 

Wohnstätten,  prähistorische  49;  in  der  Wet- 
terau 295. 

Wohn-  und  Begräbnissstätten  beisammen  58. 

Wohnungen  auf  Bäumen  bei  den  Kanikars  79. 

Wolf  10. 

Wronke,  Gräberfeld  315. 

Württemberg,  s.  Mainhardt. 

Wulst  am   Gaumen  70. 

Wurfspiess  der  Afrikaner  285. 


Zauberhölzer,  Siidaustralien  105,  234. 
Zedlitz  bei  Steinau,  Kupferlocken  135. 
Zeichnungen,  V  förmige,  an  einem  Knochen- 

geräth  aus  einem  cujavischen  Skeletgrabe 

435. 
Ziemcin,    Provinz    Posen.     Brandgrab    mit 

Bronzen  43(5. 
Zoologische  Station  in  Sydney   187. 
Zorbau.  Provinz  Sachsen,  Urnenfeld   159. 
Zulukaffern  in  Berlin   196. 
Zulus  284. 


Druck  von  Gebr.  Unger  (Th.  Grimm)  in  Berlin,  Schönebergerstrasse  17a. 


Zeitschrift  fEthrwIoiiie  Bd.XI 


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Zeüschrifl  f.EÜmologiP.  BdXI. 


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Zeitschrift  fEthrujlogie  Bd.XL . 


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Verlag  v.  Wiega.xdt   Hempel  &  Parey,  Berlin  . 


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Verlag  v  Wiegandt.  Hempel  &  Parey  Berlin 


Zeitschrift  fEthnolo ff le  Bd.Xf. 


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Verlad  von   WlEGANPT   Hk.MPEI,  .t  PaRET  in  Berlin 


Zeilschrift f  Ethrwlocf ie/'Jnthropoloci  OeseUschaft.   Bd  XI. 


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Zeitschrift  f.  EthrwJogmi  /Inthroiioloa-  6'eseUsch.  iBd  XI 


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Verlag  von   WlEGAADT    Hk.MPEI.  .t   PaREV  in  Rprlin 


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