ZEITSCHRIFT
FÜR
ETHNOLOGIE.
Organ der Berliner Gesellschaft
für
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Unter Mitwirkung des zeitigen Vorsitzenden derselben,
R. Virchow,
herausgegeben von
A. Bastian und R. Hartinanii.
Elfter Band.
1879.
Mit 18 lithograpliirten Tafeln.
BERLIN.
Verlag von Wiegandt, Hempel & Parey.
(Paul Parey.)
■.^'^
Inhalt.
Seite
Jagor, Dr. F., Messungen, an lebenden Indiern ausgeführt, bearbeitet von Dr. G. Körbin 1
Hartmann, Robert, Die Bejah. (Hierzu Taf. I — III) 117 195
Nehring, Dr. Alfred, Fossilreste eines Wildesels aus der Lindenthaler Hyänenhöhle
bei Gera. (Hierzu Taf. V) 137
Bartels, Dr. Max, pract. Arzt in Berlin, Ueber abnorme Behaarung beim Menschen.
(Zweiler Aufsatz.) (Hierzu Taf. VI -VIII) 145
Schultz-Sellack, Dr. Carl, Die Amerikanischen Götter der vier Weltrichtungen und
ihre Tempel in Palenque 209
Ascherson, P., Botanisch -ethnographische Notizen aus Guinea. Aus den Aufzeich-
nungen von Thonning in Schumacher 's Beskrivelse af Guineiske Planter
mitgetheilt 231
Emin Bey, Dr., Gouverneur der Aegyptischen Aequatorial-Provinzen, Wörtersammlung
des Kiganda und Kinyoro 259
Schwartz, Director Dr. W., Zur prähistorischen Mythologie 281
Gatschet, Albert S., Farbenbeneunungen in nordamerikanischen Sprachen. . . . 293
Heunig, Dr. med. Arthur, pract. Arzt in Königsberg i. Pr. , Das Gräberfeld bei
Gerdauen. Vortrag, gehalten in einer Sitzung der Alterthumsgesellschaft
Prussia 303
Kon er, W., Uebersicht der Literatur für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte
im Jahre 1878 bis Mitte 1S79 325
Pietschmann, Richard, Ueber die Kanarischen Zahlworte 377
Kirch hoff, Alfred, Ueber Farbensinn und Farbenbezeichnung der Nubier .... 397
Saalborn, Dr., Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau, N. L 403
Miscellen und Bücherschau 136. 208. 292. 393. 436
Verbandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte
unter besonderer Paginirung.
Ein specielles Inhalts-Verzeichniss der Sitzungen, sowie ein alphabetisches Namen- und Sach-
Register befinden sich am Schluss der Verhandlungen.)
/^M^Oi
u
Erklärung der Tafeln.
Tafel I — III. Bejah und deren Geräthe. (Zeitschr. S. 117.)
» IV. Schädel aus der Knochenhöhle von Gorenice bei Ojcow (Polen). (Verh. S. 10.)
„ V. Wildeselknochen aus der Lindenthaler Hyänenhöhle h. Gera. (Zeitschr. S. 137.)
„ VI — VIII. Abnorme Behaarung beim Menschen. (Zeitschr. S. 145.)
, IX — X. Kanikars und deren Wohnungen. (Verh. S. 75.)
, XL — XII. Ostafrikaner. (Verh. S. 97.)
y, XIII. Livländische Schmucksachen. (Verh. S. 108.)
, XIV. Funde aus dem Gräberfeld von Reichersdorf, Nieder-Lausitz. (Verh S. 194.)
r, XV. Patagonier. (Verh. S. 199.)
, XVI. Steingeräth von Hissarlik. (Verh. S. 254)
, XVIL , Fig. 1. Schwanzbildung beim Menschen. (Verh. S. 303.)
Fig. 2 — 3. Kupferäxte aus Pfahlbauten der Schweiz und von der unteren
Donau. (Verh. S. 335.)
„ XVIII. Runenkalender von Oesel. (Verh. S. 340.)
Yerzeicliniss der Holzsclmitte
in den Yerhandlimgen der Berliner anthropologischen G-esellschaft,
Seite 31. Gesichtsurne von Gogolin, Westpreussen.
„ 42. Fiing Schui in China.
„ 44. Fabrikation der Pfeifenköpfe von Galata.
B 48. Gräberfeld von Giebichenstein bei Halle.
„ 49 — 51, 56. Fundstücke von da.
, 65. Trepanirter Schädel von da.
, 79 — 80. Geräthe der Kanikars. Indien.
„ 106. Australische Zauberhölzer.
„ 107. Litthaui.scher Bronzering.
, 118. Strohhülle zum Transport von Schädeln.
, 124. Porträtskizzen eines Letten (S. 111)
„ 145. Ohr eines Lappen.
, 151. Thongeräthe von Jessen, Niederlausitz.
, 161. Geschaftetes Steinbeil von Berlin.
, 162 — 165. Altes Thongeräth aus der Mark Brandenburg.
, 192 Thongeräth vom Uler der Mulde bei Eilenburg.
„ 194. Steinmetzzeichen vom Schloss Grunewald bei Berlin.
„ 222. Angeblicher Runenstein von Heinersdorf bei Züllichau.
„ 224. Weihwasserstein von Milz bei Römhild.
, 230. Hakenringe und Perle aus dem Gräberfeld von Ober-Oppurg, Thüringen.
„ 238. Porträt eines Chua, Punjab.
, 241. Trepanirte (?) Schädel von Strupcic, Böhmen.
„ 242 — 246. Funde von Elbing.
„ 253 — 254. Thongeräth von Neubrandenburg
„ 265. Verziertes Thongeräth von Hissarlik.
, 297. Altes Thongeräth aus der Wetterau.
„ 310. Töpfe und Indianergräber von Piracicaba, Brasilien.
„ 327 — 330. Karten und Skizzen von Oahu.
„ 335. Durchschnitt eines Schweizer Schalensteines.
, 344 — 350. Funde aus Gräberfeldern von Lichterfelde bei Berlin.
„ 366. Prähistorische Kartenskizze von Guben.
, 371 — 374. Märkische Funde.
„ 375. Versilberter Schläfenring von Neuenhageu an der Oder.
B 377. Gräberfeld von ölaboszewo (Posen).
„ 378. Schläfenring von da.
„ 380. Rundmarken an der Kirche von Klecko, Posen.
, 392. Abzeichnungen von Hand und Fuss eines Dinka und eines Ben Amr.
„ 406. Porträt des Grafen Carl Georg Sievers.
„ 428. Gräber und Graburnen von Janischewek, Cujavien.
„ 432. Schädel von da.
„ 434 — 435. Bernsteinscheibe, Topfscherben und knöchernes Falzbein von da.
,. 438. Kirchenmarken zu Schmetzdorf und Melkow, Niederlausitz.
„ 442. Trinkgefässe (?) von Müschen im Spreewald.
, 445. Bronzecelte von Bennewitz bei Halle.
Messungen an lebenden Indiern,
ausgeführt von Dr. F. Jagor, bearbeitet von Dr. G. Koerbin.
I. Vorbemerkungen von F. Jagor.
Die Veranlassung zu den folgenden Körpermessungen gab R. Virchow's
„Anthropologie und prähistorische Forschungen" in Neumayer' s Anleitung
zu wissensch. Beob. auf Reisen, die ich kurz vor meiner Ankunft in Süd-
Indien erhielt. Von der Mehrzahl der gemessenen Individuen sind auch
Haarproben, Umrisse von Händen und Füssen, mit der Camera lucida ge-
zeichnete Bildnisse und schriftliche Aufzeichnungen über ihre Sitten und
Gebräuche vorhanden. Einige der letzteren sind bereits in den Verhand-
lungen der Anthropologischen Gesellschaft (Jahrg. 1876, S. 100; 1878,
S. 119 und S. 230) veröffentlicht, andere sollen später folgen.
Herr Dr. Koerbin hat sich der mühevollen Arbeit unterzogen, die in
den Originallisten nur mit Rücksicht auf die Bequemlichkeit des Messens
gruppirten Zahlen zu einer übersichtlichen Darstellung der körperhchen Ver-
hältnisse wissenschaftlich zu ordnen und zu bearbeiten.
Abgesehen von wenigen Individuen zweifelhaft arischer Abstammung
sind sämmtliche gemessene Personen Dravidier, wenn nicht einige der-
selben Ueberbleibsel noch älterer Rassen sind. Vorwiegend wurden zu den
Messungen die niedrigsten Kasten benutzt, da anzunehmen ist, dass sie
den Typus der ältesten Bewohner des Landes am reinsten bewahrt haben.
Das Wort „Kaste" ist hier in dem weiten, im modernen Indien sehr ge-
bräuchlichen Sinne zu verstehen, wie es in den Verhandlungen unserer
Gesellschaft Jahrg. 1878, 8. 119 erklärt ist, und bezeichnet Volksgruppen,
die durch ethnographische, religiöse, gesellschaftliche, gewerbliche oder
sonstige Ursachen zusammengehalten, von den übrigen Bewohnern des
Landes aber mehr oder weniger scharf abgeschlossen sind; es umfasst also
auch die sogenannten Kastenlosen (outcastes) und jene interessanten
Gruppen, die abgesondert vom Verkehr, in schwer zugänglichen Oertlich-
keiten hausen, und, zum Theil wenigstens, als letzte Reste sehr alter Völker
und Repräsentanten vorgeschichtlicher Civilisationen betrachtet werden müssen.
In der Tabelle sind 47 „Volksgruppen oder Kasten* aufgeführt. Eine
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1879. 1
2 Dr. Jagor:
systematische Eiatheilung derselben auf ethnographischer Grundlage musste
aus ünkenntniss der näheren Verhältnisse unterbleiben. "Wie gross das
Dunkel über den Ursprung, die Gliederung, die Begrenzung, die relative
Stellung der einzelnen „Kasten*' in Indien selbst ist, zeigt das Bekennt-
niss des Dr. Cornish, welcher die letzte Volkszählung in der Präsident-
schaft Madras 1871 geleitet und einen vortrefflichen Bericht in 3 Folio-
bänden (Report on the Census of the Madras Pres. Madras 1873) veröffent-
licht hat. Nach Dr. Cornish giebt es nicht zwei Abtheilungen oder Unter-
abtheilungen des Volkes, welche über diese Verhältnisse einig sind, während
die Ansichten europäischer Autoritäten hoffnungslos auseinander gehen.
Die Versuche der letzteren, die Kasten zu beschreiben, haben meist die
Verwirrung noch verworrener gemacht. Auf Verlangen der Regierung
musste wenigstens versucht werden, die wichtigeren Kasten (Kastengruppen)
Süd-Indiens aufzuführen. Selbst dies war mit ungeheueren Schwierigkeiten
verbunden. Viele mit den Gewohnheiten und Gebräuchen des Volkes ver-
traute, gelehrte Missionäre und eingeborene Beamte wurden befragt, ihre
Angaben waren aber in der Regel so widersprechend, dass der Werth der-
selben dadurch verdächtig wurde. In keinem Werke ist jemals der Ver-
such gemacht worden, die unzähligen Cnterabtheilungen der Kaste, deren
weitere Spaltung noch immer fortschreitet, zu classificiren. Man entschloss
sich endlich eine von einem früheren Volkszählungs-Kommittee für Süd-Indien
vorgeschlagene Classification anzunehmen ; die wenigstens den Versuch
macht, das Dunkel einigermassen zu lichten: Die Eintheilung der Hindus
in 1) Brahminen, 2) Kschatrias, 3) Vaisias, 4) Sudras und 5)
Kastenlose wird ohne weiteres angenommen; die Gruppen 4 (Sudra) und
5 (Kastenlose), welchen fast die ganze Bevölkerung Süd-Indiens angehört,
sind in folgende Unterabtheilungen zerlegt:
I. Acker- oder Landbauer-Kasten.
II. Schäfer- oder Hirten-Kasten.
III. Handwerker-Kasten.
IV. Schreiber- und Rechnungsführer-Kasten.
V. Weber-Kasten.
VI. Feldarbeiter- und Sklaven-Kasten früherer Einwanderung, wahr-
scheinlich turanischer Abstammung oder Ureinwohner (meist
Arbeiter oder Sklaven von Abth. I.)
VII. Töpfer-Kasten.
VIII. Gemischte Kasten (meist religiöse Sekten, welche dem Kasten-
unterschiede entsagen und mit dem Tempel- und Götterdienste
zu thun haben).
IX. Fischer- und Jäger-Kasten.
X. Palmenzapfer-Kastcu.
XI. Barbier-Kasten.
Xn. Wäscher-Kasten.
Messungen an lebenden Indiern. 3
XIII. Niedere Rassen, gegenwärtig als Kastenlose (outcastes) oder Pa-
riah geltend, in einigen ihrer Abtheilungeu aber Vertreter der
Ureinwohner Indiens.
Das Kommittee fand, dass sich die gesammte Bevölkerung Süd-Indiens
in diesem Systeme unterbringen Hess und fügte für Ausnahmefälle noch
eine Gruppe „Andere Kasten" hinzu.
In nachstehender Tabelle ist diese Classificirung, soweit thunlich, in
Anwendung gebracht; die entsprechenden Zahlen befinden sich in der
„Madras Census" bezeichneten Kolumne, welche ausserdem noch die
Zeichen A, B, i enthält: A = Brahmine, B = Vaisia, M = Mohamedaner,
i = isolirt lebende Volksstämme. Die Gruppe 13 ist in 6 enthalten, da es
mir nicht möglich war VI von XIII in allen Fällen mit Sicherheit zu
trennen. In der Tabelle ist auch der Versuch gemacht die Kasten nach
ihren gegenwärtigen Wohnsitzen zusammenzustellen. Die ersten 8 Ord-
nungsnummern wohnen in Malabar und sprechen Malayalim, No. 9 und
10 bewohnen die Anamally-Berge, 11 bis IG das Nilgiri-Gebirge,
17 die Shevaro y-Berge (im Salem -Distrikt). In den Nilgiris wird
Canaresisch gesprochen. Die Nummern 18 bis 40 Hessen sich nicht strenge
nach ihren Wohnplätzen sondern, und bilden eine grosse, Tamil-sprechende
Gruppe. 41 enthält Tel egus, deren Heimat NW von der der Tamils liegt.
Den Schluss bilden einzelne Individuen zweifelhaft arischer Abstammung.
Die Gruppe 7 (Nayer) enthält aber jedenfalls viel arisches Blut (vgl. Ver-
handlungen 1878, S. 124, 125, 132.)
Trotz der Schüchternheit dieses Gruppirungs -Versuches ist es nicht
unwahrscheinlich, dass die Tabelle manche Unrichtigkeiten enthält. Möchten
besser Unterrichtete dadurch zu Berichtigungen und weiteren Ausführungen
bewogen werden.
II. Specielle Bearbeitung von G. Koerbin.
Herr Jagor hat auf seiner indischen Reise mit der ihm eigenen in-
telligenten Energie, obgleich nicht Naturforscher von Fach, auch das schwie-
rige Capitel der Messung Lebender in Angriff genommen. Herrn Vir chow 's
Wunsche gemäss sind im Folgenden die an ca. dritthalbhuudert Repräsen-
tanten verschiedener indischer Stämme und Kasten gewonnenen Resultate zu-
sammengestellt und, wie ich hoffe, ihren Consequenzen für die Wissenschaft
entsprechend klar gelegt. Die Arbeit hatte in mehr als einer Beziehung
ihr Missliches, namentlich in sofern, als manche Zweifel in Bezug auf die
Richtigkeit der anatomischen Daten hervortraten, und andererseits Herr
Virchow als sorgsamer Hüter anthropologischer Schätze Nichts unterdrückt
zu sehen wünschte. In ganz anderer Weise würde der Werth des hier
Gegebenen sich bemerklich machen, wenn die von Herrn J agor in reicher
Fülle gesammelten und mit vollendeter Genauigkeit (mittelst der camera lu-
X*
4- Dr. Koerbin:
cida) aufgenommenen Zeichnungen ganzer Körper wie einzelner Theile der-
selben hinzugefügt werden könnten. Immerhin liegt hier des Brauchbaren
und WerthvoUen so viel vor, dass wir bei der Seltenheit des zusammen-
gebrachten Materiales die naturgemässen Un Vollkommenheiten gern accep-
tiren werden, um so mehr, als auch ein nicht eigens für diese Dinge in-
struirter Mediziner die zweckgerechten Maasse kaum herausfinden würde.
Als Beobachtungsfeld dienten für die vorliegenden Messungen zum Theil
die Gefängnisse der Präsidentschaft Madras, zum Theil freie Leute. So
sind namentlich die ersten 17 Kasten sämmtlich in der Freiheit gemessen.
Beobachtungen an Kindern wurden nicht angestellt, die Männer des mittleren
Lebensalters sind stark vorwiegend.
Ueber die Herkunft fanden sich durchgehends genaue Notizen in fünf
Rubriken: L Nationalität, IL Dorf, Distrikt, III. Provinz, IV. Kaste, Beruf,
Erwerb, V. Name (resp. Nummer der Gefangenen).
Von der Notirung der Dorf- und Personen -Namen ist in Ueberein-
stimmung mit Herrn Ja gor Abstand genommen, zumal sie, nur nach dem
Gehör verzeichnet, nicht ganz sicher sein können. Sonst ist nichts weg-
gelassen, ausser dass beigefügte Randzeichnungen der Zähne und Tätto-
wirungen, soweit sie ihrer Bedeutung nach klar waren, in Text übersetzt
wurden.
Bei einer so grossen Reihe von Ziffern ist es nun sicherlich ein tief
empfundenes Bedürfniss, durch Zusammenziehung und Herstellung von
Mittelzahlen einen leicht fasslichen Ueberblick zu gewinnen, und wo mög-
lich ethnographische und klimatische Verhältnisse in den Köperdimensionen
wieder gespiegelt zu sehen. Indess möge man sich an die für jede Gruppe
viel zu geringe Zahl von Individuen und jenen Grundsatz Quetelet's
erinnern, dass die Grössencurve einer Volksgruppe an dem einen Ende die
Menge der kürzeren, an dem anderen die der längeren Leiber zeigt und
die Mitte sich um so steiler erhebt, je mehr Individuen sich dem Mittel-
typus nähern. Habe ich also wenige Individuen, so bedarf ich wenigstens
einer annähernden Bestimmung über die Stellung, welche das Einzel-Indivi-
duum gegenüber seinen Kastengenossen bezüglich des Körpertypus einnimmt.
Solche Angaben aber fehlen hier völlig.
Herr Jagor giebt in der Vori)emerkung die erforderliche Aufklärung
über die hier giltige Bedeutung des Wortes „Kaste" und die Gesichtspunkte
der von ihm beigebrachten Kastenordnung. Wieweit sich danach die mit-
getheilten 47 resp. 54 Nummern gruppiren Hessen, ist aus der hier folgen-
den, von Herrn Jagor nach den besten Quellen so systematisch, wie es
überhaupt möglich war, hergestellten Uebersicht zu ersehen.
Messungen an lebenden Indiern.
Verzeichniss der Volksgruppen oder Kasten,
denen die gemessenen Individuen angehören.
Volksgruppe
oder
Kaste.
Madras-
Census.
Bemerkungen.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
VMas
Piilayer ...
Cheruiiias
Pduirs
Mi'ipeu
Känikas
Tiers
NAyors
Möplah
VI;i
VI
VI
VI
VI
VI i
X
I
m
zum Theil Feldarbeiter, Sklaven.
Feldarbeiter, Sklaven.
desgl. (sprich Tscher mar)
desgl.
Holzfäller.
Feldbauer in Waldungen der Athrumally-Berge.
Palmenzapfer.
Kriegerkaste, Gutsbesitzer.
Muhamedaner von Malabar.
No. 1 bis 9 wohnen in Malabar und sprechen Malayalim-Dialekte.
10 I Mülcers
1 1 Kaders
VI
VI
10 und ] 1 bewohnen die Anamally-Berge.
12 Näya-Kurumbas . . 1 VI i halbwild in Wäldern.
13 Kurümbas VI i Feldarbeiter, Beschwörer.
14 Irulas VI i halbwilde Vagabunden.
15 Tödas II? i Bütlelzüchter.
16 Kötas III ? i Handwerker.
17 Biidagas | I i Landbauer.
12 bis 17 bewohnen das Nilgiri-Gebirge und sprechen Canaresische Dialekte.
18 1 Malidlis I I i 1 Landbauer.
18 bewohnen die Shevaroy-Berge im Salem- Districte.
19
20
21
22
23
24
25
2G
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
Päriahs .
Clieklers
PiUlaus .
Köruvas .
Lduibadis .
Fischer
Vetevas
Katumarätis
Kall ans
Märavaus
Pyer . .
Pällis . .
Schänars .
Döbhis . .
Uüddars .
Pandsirems
Tempeldiener
Töpfer .
Träger .
Weber (niodll
KamiUas
PAnikens .
Milchuiauu
Velh'ilas .
Telegiis
Oelhäudler
Chetti .
Brahmiue
Mohamedauer
ar
VI
VI
VI
?
?
IX
IX
IX i (?)
VI
VI
VI?
VI
IX
XII
VI?
VIII
VIII
VII
?
V
III
III
II
I
B
B
A
M
sehr verschiedene niedrige Gewerbe.
Lederarbeiter (sprich Tschekler).
Feldarbeiter.
Vßgabunden.
Vagabunden.
Jäger.
Vogelfänger.
Landbauer, ehemalige Diebeskaste.
Landbauer, ehemalige Rüuberkaste.
Feldarbeiter.
Palmenzapfer.
Wäscher.
Strassenkehrer.
religiöse Bettler.
Handwerker,
desgl.
Landbauer,
verschiedene Gewerbe.
(sprich Tschetti) Krämer, Geldleiher.
6
Dr. Koerbin:
Für die Messungsmethode sind im Wesentlichen zwei Schemata in Ge-
brauch gezogen: nämlich entweder nur Kopfmasse neben der Körperhöhe,
oder ausserdem eine zahlenreiche Skala von Rumpfmassen, welche natürlich
vorzugsweise unser Interesse fesseln. Bezüglich der Technik wurden die
Instructions generales pour les Recherches anthropologiques, Paris 1865, als
maassgebend angenommen. Ohne auf diese weiter einzugehen, muss ich doch
skizziren was Herrn Jagor für die Anwendung des Coordinatensystems
auch auf den Kopf Veranlassung geworden ist. Pag. 39 und 88 der In-
structions zeigen uns unter dem Namen Procede de la double equerre eine
Vorrichtung, der Genauigkeit und Schnelligkeit gleichmässig nachgerühmt
wird was ich allerdings nur cum grano salis acceptiren möchte. Aber ihr
Hauptvorzug, heisst es dann weiter, liege darin, die elements du triangle
facial avec une rigueur geometrique zu liefern. Wer sich hierüber
instruiren will, möge in der Quelle nachlesen. Zur Vorrichtung, soweit sie uns
angeht, gehören drei Instrumente: 1) das in Centimeter getheilte Messbrett,
(la plauche graduee) 2) die Richtschiene (l'equerre directrice) und 3) die
Tastschiene (l'equerre exploratrice). No. 1 ist ein ca. 15 cm breites, 2 cm
dickes Brett von 1 m Länge, das den in cm getheilten Maassstab für die
Höhenrichtuug herstellt. Eine Rinne längs des einen Randes ist genau
rechtwinklig eingeschnitten, ca. 1 cm tief wie breit, so dass ein entsprechend
geformtes Winkelmaass mit dem senkrechten Arm auf und ab gleitet, während
der längere, (ca. 25 cm bei 7 cm. Breite) horizontale gerade nach vorn ab-
steht. Wird letzterer, unter Freilassung des kleinen in die Rinne einge-
schobenen Stückes, also von der Flächenbreite des grossen Messbrettes an
gerechnet, mit einer Millimeterskala versehen, so hat man einen genauen
Tiefenmesser, der sich für jeden beliebigen Kreuzungspunkt rechtwinklig
zu dem Höhenmasse feststellen lässt (theils durch Reibung, theils durch
den Druck einer am senkrechten Arme angebrachten kleinen elastischen
Metallfeder). Wie nun 1) und 2) ein bewegliches Achsenkreuz darstellen,
so dient 3) dazu, mit 2) einen rechten Winkel zu bilden und jeden in der
Querrichtung seithch abstehenden Punkt, z. B. im Medianschnitt des Kopfes
bei aufrechter Körperhaltung und Anlehnung des Rückens an die Mess-
planke, genau senkrecht auf den Maassstab an 2) zu projiciren; es wird
nämlich eine 1— H ^^- starke Eisenschiene von 18 cm Länge dadurch
rechtwinklig auf der Messkante von 2) bis zu dem zu bestimmenden Punkt
herangeschoben, dass eine ebenfalls genau rechtwinklig angefügte glatte,
ca. 12 cm. lange, reichlich 4 cm breite und 1 cm dicke Platte von Holz
ihr als Leitschiene dient und fest gegen die Breite des horizontalen Armes
von 2) gedrückt wird, während die Glätte der parallelen Berührungsflächen
das Hin- und Hergleiten in der Richtung von vorn nach hinten leicht ge-
stattet. Die Idee der Vorrichtung ist also durchsichtig genug, um mit Ver-
zicht auf jede Kritik der sich bei dem Gebrauch ergebenden Mängel Herrn
Jagors Modification erwähnen zu können: No. 1 ist bei ihm 2 Meter hoch
Messungfen an lebenden Indiern, 7
und in der Mitte in einem Charnier zusammen zu klappen, so dass bei zu-
reichender Höhe doch die Transportfähigkeit nicht leidet; ein einfacher
Üeberzug von Sackleinen genügt, während mittelst geeigneter Einschnitte
nicht nur 2) und 3), sondern auch ein starker Tasterzirkel in der Binnen-
fläche völlig geschützt untergebracht werden. No. 2 entbehrt des senkrechten
Führungsarmes; der horizontale Messarm hält sich theils durch Eiufalzung
seines schwalbenschwanzartig verbreiterten Fusses in entsprechende Aus-
schnitte der Rinnenwände, theils durch oben und unten angebrachte gleich
starke elastische Federn von solcher Breite, dass sie über die Rinne
hingleiten.
Mit dieser Vorrichtung sind nun folgende Maasse genommen: (die Nume-
rirung nach Jagor:)
1) aufrechte Höhe, Niveaudifferenz zwischen dem höchsten
Scheitelpunkt und der wagerechten Standebene.
19) Sitzhöhe, d. i. Scheitelhöhe über den mit Weichtheilen be-
deckten Tubera ischii.
Eine völlig exacte Methode erforderte, dass die Lage des Höhenpunktes
durch anatomische und geometrische Beziehungen genau präcisirt würde;
jedenfalls aber muss die Kopfhaltung fixirt werden, da bei jeder Drehung
der Profilrundung ein anderer Punkt eingestellt wird Von CIX an ist nun
auch der Ansatz der Nasenscheidewand und die äussere Höröffnung in eine
Horizontale gebracht, cf. p. 88 der Instructions. Aber unser aufmerksamer
Reisende fand dabei vielfach eine offenbar unnatürliche Drehung nach hinten,
und wer hier zu Lande eine grössere Zahl von Personen darauf ansieht,
findet in der That eine sehr verschiedene Niveaudifferenz zwischen Nasen-
und Ohröffuung, in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle aber, bei
zwangloser Kopfhaltung und Blickrichtung gegen den Horizont hin, den
unteren Rand der Höröffnung höher gelegen, sei es auch nur um wenige
Millimeter. Dazu kommt, dass der untere Endpunkt der äusseren Höröff-
nuug wesentlich tiefer liegt, als der eigentliche Eingang in das Innere des
Ohres, und zwar ist die nach unten gegen den Ohrzipl'el hinabsteigende
flache Tasche in ihrer Form auch wieder sehr verschieden. Der höher ge-
legene Punkt ist seiner typischen Bedeutung nach ohne Bedenken der cor-
rectere, schnellt aber die überdies schon gehobene natürliche Kopfhorizontale
vollends ungebührlich nach hinten oben. In der Musterzeichnung des fran-
zösischen Werkes ist der tiefste Punkt der Nasenscheidewand mit dem unteren
Endpunkt der äusseren Höröffnung, d. i. also der incisura intertragica, in
eine Horizontale gebracht, und Herr Jagor gab ohne Zögern den Bescheid,
natürlich dasselbe gethan zu haben : Bis zum Niveau des oberen Tragus-
randes zu di'ehen sei ja völlig unthunlich gewesen. Der französische Text
sagt p. 87: On fait descendre Tequerre directrice jusqu'ä ce que son bord
sup^rieur „affleure" le „conduit auditif''; puis on fait „redresser" la tete du
sujet jusqu'ii ce que lepoint sous-nasal soit exactement sur le meme niveau
8
Dr. Koerbin ;
que ce conduit. Danach wäre also vom französischen Autor gerade ent-
gegengesetzt der oberste Punkt der äusseren Gehöröffnung gemeint. Wenn
nun p. 83 die Ausdrücke orifice externe de l'oreille und niveau de l'oreille,
synonym mit conduit auditif in demselben Satz gebraucht, eine schwankende
Ortsbestimmung anzunehmen gestatten, so wird p. 85 zweifelsohne point
auditif als Eingangspunkt für die axe biauriculaire präcisirt.
Dieses anscheinend kleinliche Bestehen auf dem Detail der Lokalisation
für die Messpunkte muss nothwendiger Weise zum richtigen Verständniss
voraufgeschickt werden so lange, bis eine anthropologische Anschauungs-
weise uns die geometrischen Beziehungen der Schädelarchitectonik vertraut
gemacht hut. Für Gesammthöhe u. dgl. kommen natürlich diese Tifteleien
wenig zur Geltung, aber sehr wesentlich, wie wir sogleich sehen, für die
wichtigsten physiognomischen Verhältnisse, Nasen-Index und Gesichtswinkel
resp. Prognathismus.
Die Grenzen dieser lediglich referirenden Darstellung verbieten längere
theoretische Erörterungen. Es sei daher kurz bemerkt, dass für die vor-
lie^yende Maassmethode auf den alten Camper'schen Gesichtswinkel zurück-
gegriffen ist: die Ohröffnung wird auf die Medianebene projicirt und ein
Winkel innerhalb dieser hergestellt durch die Horizontale zur Nasenscheide-
wand und durch die- Tangente von dieser zur Stirngrenze. Die Gesichts-
linie nimmt also auf die Gestalt der Alveolarfortsätze und die Richtung der
Zähne keine Rücksicht.
Von den drei in Betracht kommenden Punkten ist der hinterste bereits
präcisirt als der Durchschnittspunkt der Medianebene und der queren Ohr-
axe, gelegt durch die Meatus auditorii externi jederseits. Der vorderste
Scheitelpunkt wird am Skelett bezeichnet durch die Spina nasalis anterior;
am Lebenden ist es der Scheitelpunkt des annähernd rechten Winkels zwi-
schen dem unteren Rande der knorpeligen Nasenscheidewand und der Fläche
der Oberlippe; was wir etwas obenhin und incorrect „Nasenscheidewand"
nennen, und vielleicht besser thäten durch das auch nicht längere Wort
„Nasenlippenwinkel" exacter zu bezeichnen, das heisst französisch point
sous- nasal. Dem entspricht nun ein point sus- nasal, dessen nähere Er-
läuterung für den deutschen Leser nothwendig ist.
Jene abgerundete Erhebung, welche an der Nasenwurzel aus einer mehr
oder minder tiefen Einscnkung schnell aufsteigt und in die Stirnfläche all-
mählich übergeht, und die wir als meist frei von Augenbrauen „glabella"
benennen, wird als bosse nasale de Tos frontal zur Nase in besondere Be-
ziehung gesetzt. Die Grenze zwischen Schädel und Gesicht beim Lebenden
findet der französische Autor in der ligne sourciliere, d. i. die horizontale
Tangente des oberen Randes der Augenbrauen. Die Mitte dieser Linie pas-
sirt über die obere Gegend der bosse nasale, und dieser Schneidepunkt in
der Mcdiauebenc heisst point sus-nasal. Er ist ungefähr 2 cm oberhalb der
Nasenwurzel gelegen, indess ist bekanntlich gerade hier die Variation mit
Messungen an lebenden Indiern. 9
dem Gesichtstypus sehr bedeutend. Den vorspringendsten Theil der Glabella
oder die Nasenwurzel zu nehmen, sei zwar bequemer, aber weit weniger
exact, indem man dem Schädel unter Verkürzung des Gesichtes einen mehr
oder minder grossen Theil der Augenbrauengegend hinzufüge. Bekanntlich
benutzte Camper in seiner Profilzeichnung den erhabensten Punkt der Gla-
bella, fand aber dafür auch seinen Gesichtswinkel durch einen ganz äusser-
lichen Grund, je nachdem, um mehrere Grade grösser oder kleiner: es
leuchtet ein, dass das Zurücktreten des Gesichtes und das Vorspringen der
Glabella denselben Effect, nämlich eine steilere Richtung der Gesichtslinie,
erzielen. Die Werthschätzung des point sus-nasal ist hier nicht meine Sache;
immerhin giebt er dem Einzelforscher einen festen Punkt für die Messung.
Indess hat Herr Jagor diesen Punkt nicht benutzt, sondern nach seinen
Notizen bei den Catalognummern I— XLIX die „Stirnwulst", späterhin aber
die „Fläche unmittelbar darüber" genommen; in der Mehrzahl der Fälle ist
er also über die Grenze der ligne sourciliere noch hinaufgegangen.
Man sieht daraus, es wäre einfach verlorene Mühe , auf Grund so
schwankender Ortsbestimmungen vergleichende Berechnungen des Gesichts-
winkels anstellen zu wollen. Allenfalls ginge es an, die späteren Nummern
nach CVIII dahin zusammen zu fassen, dass eine etwas grobe Herstellung
der Horizontale zwischen unterem Rande der Nasenscheidewand und der
äusseren Höröffnung — ohne genaue Präcision eines bestimmten Punktes
derselben — angenommen würde, und dazu als Höhenpunkt der Beginn der
Stirnebene. Wer aber einmal selbst gemessen, nnd dasselbe Individuum
mehrmals controlirt hat, der weiss, wie schwierig es schon bei ganz genau
fixirten Punkten ist, stets dieselben Entfernungen herauszubringen: wie viel
Prozente der gefundenen Unterschiede soll man hier dem Verfahren zu-
schreiben?
Es sei zur völligen Klarstellung noch einmal recapitulirt: für die Orts-
bestimmung des Stirnpunktes liest man auf dem seitlich dem Schädel an-
liegenden wagerechten Maassarm mittelst Projection durch die rechtwinklig
herangeschobene Eisenplatte den Tiefenabstand von der senkrechten Rück-
wand ab, und gleichzeitig auf der grossen Scala die Höhe über dem Erd-
boden; dann rückt man den wagerechten Arm weiter hinab bis zum Niveau
des Nasenlippenwinkels und des Gehörganges, liest wieder ab die senkrechte
Höhe einerseits, und den rechtwinkligen Abstand von der Rückwand ande-
rerseits. Einfache Subtraction ergiebt wie hoch der Stirupunkt über der Hori-
zontale und wie weit der Nasenpunkt vor dem Olirpunkt liegt. Hierbei ist es
ganz natürlich, dass der Messende geneigt sein wird, erst die Horizontale
herzustellen und dem entsprechend die Kopfhaltung zurecht zu rücken: daher
kommt es in praxi, dass man bei der äusseren Höröffnung von unten her
an einem tiefer gelegenen Punkte Halt macht als von oben her, und es ge-
hört ein Stück der Pedanterie eines Mathematikers dazu, um sich vor unbe-
merkten Variationen zu hüten.
j^Q Dr. Koerbin:
Fällt man von dem Stirnpunkt eine Senkrechte auf die Horizontale zwi-
schen Nasenlippenwinkel und Ohreingang, so findet man die Schädellänge
o-eometrisch betrachtet, d. h. die längste Tiefendimension bei der Projections-
ansicht von oben her. Dieser Abstand, der an den vordersten wie hintersten
Schädelpunkt gelegten Berührungsebenen, welche mit dem Medianschnitt wie
mit der Normalhorizontale rechte Winkel bilden, heisst „ganze Schädelpro-
jection" und wird durch den Ohrpuukt in eine „hintere" und eine „vordere
Schädelprojection" getheilt. Die ganze HorizontalUnie zwischen der hinteren
Berührungslinie und dem Nasenlippenwinkel wird „Kopfhorizontale" oder
wörtlicher „Horizontal axe des Kopfes" genannt. Die Differenz beider be-
schriebenen Linien heisst „Gesichtsprojection", ist also die Abscissendistanz
zwischen den Ordinaten vom point sous - nasal und point sus -nasal, resp.
dessen Ersatzpunkt, und sie gilt nun als Mass des Proguathismus.
Man sieht, so lange die UnvoUkommenheit der Ausführung nicht in
Frage steht, ist das bezeichnete Verfahren ein Muster von Einfachheit und
Correctheit. Nach den mitgetheilten Ziffern lässt sich jederzeit die Profil-
zeichnung reconstruiren : auf den Schenkeln eines rechten Winkels mit Oeff-
nung nach oben und vorn theilt man aufwärts die Niveau differenz zwischen
point sous -nasal und sus - nasal ab, vorwärts die Abstände des Ohr- resp.
Nasenpunktes von der senkrechten Rückwand, die ihren Berührungspunkt
mit der hintersten Schädelstelle eben in der Oeffnung des Winkels hat.
Trägt man nun rückwärts von der Nasenscheidewand her das Mass des
Prognathismus in so und so vielen MilUmetern auf, so liegt gerade senkrecht
darüber in der auf dem entsprechenden Winkelarm angezeigten Höhe der
point sus-nasal. Hat man Lust dazu, so macht die Winkelmessung in dem
Dreieck zwischen den Endpunkten des Prognathisrausmaasses und dem poiot
sus-nasal keinerlei Schwierigkeit.
Die bedenklichen Seiten einer Methode, welche categorisch eine Milli-
meterzahl als prägnanten Ausdruck für Prognathismus fordert, der seinerseits
gar nicht durch natürliche Merkpunkte vorgezeichnet ist — der point sus-
nasal ist eben nichts als ein Kunsttehler von sehr variabler Bedeutung —
werde ich an anderer Stelle zu besprechen Gelegenheit haben. Hier habe
ich die Gesichtspunkte entwickeln müssen, auf denen die Jagor'sche Mes-
sung beruht, und der Fortschritt meines Referates kann nun desto schneller
geschehen.
Herr Jagor giebt unter
2) Ohrhöhe (s. oben.)
3) a. Hintere Schädelprojection. b. Kopfhorizontale.
4) Ganze Schädelprojection
5) Stirnhöhe
Die anscheinend verkehrte Reihenfolge erklärt sich durch den Zwang
zunächst die Horizontalstellung zwischen Nasengiund und Ohröffnung er-
mitteln.zu müssen. Die von Herrn Jagor nach dem französischen iMuster
Messungen an lebenden Indiern. 11
angewandte Buchstabenbezeichnung glaubte ich durch directe Angabe ihrer
Bedeutung ersetzen zu sollen. Ein Blick auf das beigefügte Maassschema
orientirt sofort.
6) Höhe der Nasenwurzel 1 .. , , c> , ^ \
^ . vuberderötandebene.
7) „ „ Nasensc heidewand J
Der horizontale Arm gleitet von der Stirn nun wieder abwärts. Die
Differenz zwischen 5) und 6) giebt einen Anhalt zur Ortsbestimmung des
statt des point sus-nasal gewühlten Stirnpunktes. Nr. 7) fällt in den Fällen
fort, wo die Broca'sclie Kopfhaltung herbeigeführt war, resp. mit Nr. 2)
zusammen.
8) Kinnhöhe (unterer Rand im Medianschnitt.)
9) Brusthöhe (Mitte des oberen Brustbeinrandes.) Die Differenz
zwischen Nr. 8) und 9) giebt einen relativen Anhalt für die
Kopfrichtung, wo diese nicht angegeben ist.
10) Nabelhöhe.
11) Schamhöhe (oberer Rand der Schamfuge.)
1) — 11) gaben Niveaudifferenzen zwischen Punkten des Median-
schnittes; die nächstfolgenden Nummern geben Höhendistanzen
an den Extremitäten.
12) Schulterhöhe (Acromion.)
13) Ellenb euge (Epicondylusspitze an der Radialseite.)
14) Handwurzelhöhe (untere Radius- ev. Ulna-Ende.)
15) Handspitzenhöhe (Kuppe des Mittelfingers.)
Bei den 4 genannten Maassen soll der Arm senkrecht herabhängen, um
echte Höhendifferenzen zu erzielen. Nach französischem Muster lag bis
Catalog-Nummer XXH die Handfläche dem Schenkel in der bekannten Re-
krutenposition an; für die späteren Messungen Hess Herr Jagor den Arm
ganz zwanglos frei hängen, und ich stimme ihm bei, dass dies mehr natur-
gemäss sei.
Für die Messung der oberen Extremität fehlt uns der Zugang zum Ge-
lenkkopfe des Humerus. Den angemessenen Ersatz bietet das Acromion in
seiner Gelenkverbindung mit dem Schlüsselbein , und zwar am äusseren
Rande, da, w^o beim Anspannen des Deltoideus die Winkelbewegung des
Armes gegen die Schulter sich am deutlichsten markirt. Es bedarf einer
gewissen Uebung, um auch an muskulösen resp. fetten Personen stets den
gleichen Punkt festzustellen. Beim Senken des horizontalen Messarmes macht
man leicht an einem höher gelegenen Punkte des Acromion Halt, zumal wenn
nicht gleichzeitige Messung der Schulterbreite die Aufmerksamkeit auf den
richtigen Aussenpunkt hinlenkt. Manche Differenz erklärt sich auf diese
Weise. Für das untere Ende des Ober- und obere Ende des Unter-Armes
empfiehlt es sich begreiflich den gleichen Messpunkt zu wählen, und ganz
naturgemäss bietet sich dafür die Gelenklinie zwischen den beiden Knochen.
Will mau statt Ellenbeuge Epicondylus des Oberarms nehmen, so muss
12 Dr- Koerbin:
man natürlich nach dem untersten Ende fühlen und eventuell bei gebeugtem
Arme sich den Punkt bezeichnen, was aber wohl 'nur bei sehr starken und
fetten Leuten nothwendig sein dürfte.
Dasselbe Verhältniss ist am Handgelenk. Die französische Vorschrift
nennt Tapophyse styloide du radius für die Norm und zum Nothbbehelf das
untere Ende der Ulna. Es ist dringend anzuempfehlen, den tastenden Finger
mit seiner Spitze stark in das Gelenk hinein zu drücken, um wirklich den
tiefsten erreichbaren Punkt zu nehmen^und nicht einen höheren, der nach
aussen vorspringt und sich der Wahrnehmung eher aufdrängt.
Dies kommt aber besonders in Betracht für die Handlänge. Jeder der
Wenigen, die sich überhaupt praktisch mit der Messung Lebender beschäf-
tigt haben, dürfte wohl ebenfalls erstaunt inne geworden sein, dass grade die
Messung der Hand ihre eigenthümlichen Schwierigkeiten darbietet. Will
man sicher gehen, so muss man mehrere Male sowohl in senkrechter als
horizontaler Lage controliren, und dabei ganz besonders beachten, dass die
Axe des Mittelfingers schwer in der gleichen Stellung gegenüber der Arm-
achse zu erhalten ist, man also bald die volle Länge, bald nur eine variable
Projectionsverkürzung misst, und dass die Gelenkfurche auf der Rückenseite
wesentlich höher gelegen erscheint als auf der Volarseite. Für Handlängen,
deren Messungsmethode ich nicht selbst beobachtet, habe ich daher ganz
besonderen Scrupel.
An der unteren Extremität sind die Schwierigkeiten nicht geringer
Auch der Gelenkkopf des Oberschenkels ist weder fühlbar, noch durch irgend
ein sonstiges anatomisches Merkmal ersetzt. Entweder misst man den Ober-
schenkel nicht ganz, oder man misst zu viel, indem mau auf Beckentheile
übergeht. Lediglich durch die Concurrenz mehrerer Maassbestimmungen er-
hält man ein annäherndes Urtheil. Zwei von diesen sind schon erwähnt:
die Rumpf- oder Sitzhöhe, welche von der Lage der Sitzhöcker abhängt, und
der obere Rand der Schamfuge. Dazu kommt nun
16) Darmbeinkamm oben vorn = Spina ilium anterior superior.
17) Trochanter major.
Beide haben gemeinsam, dass sie nach Alter und Geschlecht bedeutend
variiren und dass sie beiderseits oft sehr ungleichmässig entwickelt sind.
Rassenunterschiede an ihnen festzustellen ist daher durch Massenuntersu-
chungeu nur dann möglich, wenn ein anthropologisch gut geschulter Anatom
eine Reihe von Control-Sectionen machen kann. Die pathologischen Defor-
mitäten beeinträchtigen den Vorzug der scharfen Pointirung bei dem Darm-
beinstachel; und wiederum die massige Entwickelung in die Fläche lässt
beim Trochanter die Maasshöhe schwer abgrenzen : am besten geht man auf
seiner Erhabenheit von unten nach oben, bis der Fingerdruck in die Fleisch-
masse einsinkt; freilich fühlt man dabei nicht selten, wie eine niedere Ab-
dachung noch wesentlich liöher hinaufreicht.
18) Kniegelenk.
Messun(i[en an lebenden Indiern 13
Als Grenze zwischen Ober- und Unterschenkel nimmt man nicht das
Capituium fibulae, sondern die Einsenkungsfurche, wo die knorpelige Zwi-
schenscheibe einen weniger harten Widerstand dem betreffenden Finger ent-
gegensetzt als die Knochen darüber und darunter. Bewegungen erleichtern
das Auffinden der Gelenklinie, und eventuell nimmt man zur inneren Seite
Zuflucht, wenn man aussen nicht zum Zweck kommt, da das im Allgemeinen
horizontale Niveau keinen grossen Fehler befürchten läset.
19) Rumpfhöhe s. oben.
Hiermit endet die Action des beweglichen Doppel- Winkels: die nächst
folgenden Maasse sind mit dem gewöhnlichen Zirkel gemessen,
20) Fussknöchel, meist innerer, und zwar ebenfalls in seinem Ab-
stand vom Erdboden ;
wo der äussere geraessen wurde (die ersten Nummern) . ist dies besonders
bemerkt. Letzterer ist weniger constant in seiner Ausbildung als ersterer,
dessen unterste Spitze ohngefähr der Höhe der Fussgelenkbeuge gleichkommt.
Das obere Niveau des Astragalus würde freilich mehr der Basis des Malleo-
lu8 internus entsprechen, kommt indess äusserlich nicht zur Geltung.
Die weiteren 5 Nummern dieser Maasscategorie erstrecken sich auf eine
ganz entgegengesetzte Region, nämlich
21) Nasen- Wurzel bis Nasen-Scheidewand, d. h. also Nasenhöhe im
gewöhnlichen Sinne.
Streng genommen darf man hierfür den Ausdruck Höhe nicht anwenden.
Dieser kommt lediglich der Differenz von 6) und 7) zu, d. h. dem senk-
rechten Abstände beider genannten Punkte, und die landläufige Benennung
Nasenhöhe liefert dazu eine Hypothenuse, wachsend in ihrer Länge mit der
Grösse des Prognathismus. Jedoch ist in den vorliegenden Ziffern besonders
darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Methode, mit feinen Zirkelspitzen die
Distanzpunkte zu fixiren, genauere Resultate liefern wird als die erst ange-
wandte der viel gröberen Messung mit dem verschiebbaren Doppelwinkel.
Daraus ergiebt sich leicht eine zu kleine Hypothenuse im Verhältniss zur
Cathete, und man darf durchaus nicht hiernach ein Bild der Nasenrichtung
construiren. Immerhin ergänzen und corrigiren beide Ziffern ihre Methode
gegenseitig.
22) Innerer Augenwinkelabstand. Es ist sehr zu bedauern, dass
dies das einzige Augenraaass geblieben ist. Seinen Hauptwerth
hat es wohl für Beurtheilung der Breite des Nasenrückens.
23) Nasenrücken, d. h. Länge desselben.
Der Ausdruck Nasenlänge im Gegensatz zu Nasenhöhe ist sicherlich kein
prägnanter. Sollte genauere Kopfmessung dahin führen, den wirklich senkrech-
ten Niveauabstand von Nasenwurzel und Nasenscheidewand neben der Zirkel-
höhe, missbräuchlich sogenannten Nasenhöhe, zu messen, so wäre es vielleicht
correcter die Ausdrücke Nasenrücken für die bisherige Nasenlänge, Nasen-
14 Dr. Koeibin:
länge aber für die fälschlich bezeichnete Nasenhöhe, und Nasen höhe für den
wirklichen senkrechten Abstand in Anwendung zu ziehen. Jedenfalls bedarf
der Begriff Nasenhöhe einer näheren Definition.
Bekanntlich ist es bei vielen Nasen mehr oder minder unsicher, die
Spitze zu bestimmen. Hier würde die Länge der Unterfläche der Nase ein
ergänzendes Maass darbieten. Eine gewisse Willkür wird die Länge des
Nasenrückens selten verbergen können.
25) Mund-Breite und -Höhe.
Nach den mündlichen Erläuterungen Herrn Ja gor's ist von ihm keine
bestimmte Mundstellung — etwa festes Aufeinanderbeissen beider Kiefer —
angeordnet, sondern er hat es Jedem überlassen die ihm genehme Form bei-
zubehalten. Diese wird begreiflicher Weise eine noch mehr verschiedene
gewesen sein als z. B. bei frischen Rekruten. Die Höhe bezeichnet die
Aussendistanz des Lippenrothes in der Mittellinie.
Jetzt tritt der Zimmermann' s Tastzirkel in Funktion zur Bestimmung
der Categorien 26 — 38.
26) Schädellänge, d. h. grösste Länge vom Stirnbuckel oberhalb der
Nasenwurzel bis zum vorstehendsten Punkte des Hinterhauptes.
27) Schädelbreite, nämlich grösste Querdimension, wo sie sich findet.
Meist findet man die gesuchte Stelle etwas mehr nach hinten als nach
oben vom oberen Ohrrande, aber es bedarf fast stets verschiedentlichen Hin-
und Hertastens, ehe man sicher ist. Dabei geschieht es nur zu leicht, dass die
zwischen den Zirkelenden eingeschlossene Linie nicht horizontal und trans-
versal bleibt, wie es correcter Weise sein soll, um so eher, als bei dem
gebräuchlichen Verfahren auf Verschiedenheiten beider Seiten nicht gerück-
sichtigt wird.
28) Wangenbeine-, Breiten- Abstand, ungefähr identisch mit dem
Ausdruck Gesichtsbreite.
Ich muss gestehen, dass das Verlangen nach anatomischer Bestimmtheit
mir hier lebhafter gekommen ist als irgend wo anders. Allem Anschein nach
ist der Messende in Höhe der Nasenscheidewand am unteren Rande der
Wangenbeinerhebung so weit nach hinten auseinandergegangen, bis die
Zirkelenden die grösste Frontbreite erreicht hatten, ohne auf die Seitenflächen
überzutreten.
29) Unterkiefer -Winkel, Breiten-Abstand. Ein erquicklich einfaches
und leicht bestimmbares Mass.
30) Jochbreite. Bildet eine naturgemässe und werthvolle Ergänzung
zu 28.)
Bei genaueren Messungen würde man eine Ortsbestimmung für die
grösste Breite des Tractus zygomaticus etwa durch Beziehung auf den vor-
deren Ohrrand herzustellen haben.
bis Gehörgang, Radiärmaasse.
Messungen an lebenden Indiern. 15
31) Aeussere Gehörgänge — Breiten-Ahstand i. e. diametre biauri-
culaire, Auricularbreite, gemessen am Rand des Tragus.
32) Nasen-Wurzel
33) Nasen-Scheidewand
34) Oberlippen-Rand
35) Kinn-Rand
Bis XLIX incl. (eine Catalognummer, der wir bei Aenderung des Stirn-
punktes schon einmal begegneten) wurde das Ohrende des Tasterzirkels in
die Ohröffnung hineingeführt und von innen her gegen die Traguswand ge-
drückt; von L an dagegen aussen vor dem Tragus in die Vertiefung gedrückt
36) Brustwarzen-Distanz.
37) Beckenbreite.
38) Schulterbreite
sind die drei mit dem Tasterzirkel gemessenen Rumpfmaasse. 36) und 38)
ergänzen sich einigermassen. Für die Bestimmung von 38 nehmen die Fran-
zosen la distance des deux acromions, ou distance biacromiale (s. oben bei
„Schultorhöhe"). In der vorliegenden Arbeit kann nicht mit Sicherheit aus-
geschlossen werden, dass der oberste Theil der Deltoideus-Muskulatur mit
einbezogen sei. 37) ist entweder die weiteste Distanz der Darmbeinkämme
oder — meist — die Entfernung der oberen vorderen Darmbeinstacheln ent-
sprechend Nr. 16.
Mit dem Bandmass (von Stahl) ist 39) — 44) gemessen.
39) Schulterbreite B. längs der Rückseite.
40) Koplumfang, grösster, horizontal gemessen entsprechend der
grössten Schädellänge.
41) Kopfbogen. Die Profilcurve des Schädels von der Nasenwurzel
zum Beginn des Nackens.
42) Brust - Umfang. Wird hier zu Lande möglichst horizontal in
Höhe der Brustwarzen genommen.
Die französische Vorschrift proponirt zwei Parallelmaasse : 1) unmittel-
bar unterhalb der Achselhöhlen; 2) in Gürtelhöhe.
Herr Jagor hat aller VV'ahrscheinlichkeit nach das obere französische
Maass angewendet.
43) Bauch-Umfang. In Nabelhöhe.
44) Waden-Umfang und -Höhe, versteht sich grösster Umfang, und
in welcher Entfernung senkrecht über der Stand -Ebene sich
derselbe befindet.
Um beurtheilen zu können, in welcher Weise sich die Waden bemerk-
bar machen, würde die Vergleichung mit sonstigen Dickenmaassen der Gheder
erforderlich sein, namentlich aber ist sehr zu bedauern, dass der Umfang
dicht über den Knöcheln nicht genommen worden ist.
IQ Dr. Koerbin:
Es erübrigt noch wenige einleitende Worte zu den sonstigen Personal-
beschreibungen vorauszuschicken. Ausser den schon oben erwähnten 5 Cate-
gorien, die so zu sagen die Identität des Individuums fesstellen, finden sich
angegeben :
VI. Geschlecht und Alter.
Diese beiden Beziehungen machen neben den Eigenschaften der Rasse wohl
die gewichtigsten Unterschiede und habe ich in den von mir angelegten Ta-
bellen zur Unterbringung des Stoffes nach ihnen meine Hauptgruppen gesondert,
VII. Gewicht und Körperbeschaifenheit.
Ersteres ist in hohem Grade unzuverlässig und zwang mich im Einver-
ständniss mit Herrn Jagor zu zahlreichen Auslassungen. Grossentheils war
unser Reisende eben auf die Angaben der Gefängnissbeamten augewiesen.
Im Allgemeinen dienen die vorliegenden Ziffern zum Beweise, dass unter der
Gefängnisskost das körperliche Gedeihen sich weit überwiegend wesentlich
verbesserte. Bei den Gewichten der Frauen sind 6 engl. Pfund a 0,453 kg
für Kleider, bei den Männern 7 Pfund für Ketten abgezogen. — Die An-
gabe der Körperbeschaffenheit ist nur eine sehr generelle, und beschränkt
sich meist auf die Angabe des Robusten und Fetten.
VIII. Puls- und Athemfrequenz.
Selbstverständlich bei so veränderter psychischer Spannung und zum-
Theil auch körperlicher Behaglichkeit nur von relativem Werthe.
IX. Farbe der Haut, der Lippen, der Nägel.
X. Farbe der Iris, des Haars, des Bartes.
Zum Verständniss dieser beiden Hauptcategorien ist es unerlässlich die
Bedeutung der Farbenproben vor Augen zu haben, wie sie in kleinen Aus-
schnitten auf einem Carton übersichtlich neben einander geklebt dem Rei-
senden eine so bequeme und schnelle Auswahl zur Bezeichnung seiner
Objecto mit einfachen Ziffern gewähren. Die vorliegenden 54 Nummern be-
durften Seitens des Herrn Jagor' s noch einiger Hinzufügungen, obgleich schon
bei der Aufstellung der Farbenskala Combinations-Nüancen vorgesehen w^aren.
Ohne mich auf die Theorie und den Werth dieser Probetafeln hier des
Näheren einzulassen, will ich nur kurz vor Augen stellen, dass von den für
die Farbe der Iris bestimmten 20 ersten Nummern 4 Farben -Nuancen in
je 5 Abtönungen vom Dunkel zum Hellen repräsentirt werden. Das, was im
gewöhnlichen Leben schwarz genannt wird, ist für die Irisskala nichts als
das Ganzdunkel der einzelnen Nuancen, die als braun, grün, blau, grau be-
zeichnet sind, und denkt man sich die vier Grundnüancen untereinander
geschrieheu, die fünf Abstufungen des Farbentones nebeneinander und nach
Art unserer Schreibelinien von links nach rechts und von oben nach unten
numerirt, so ist man im Augenblick orientirt, dass 11 dunkelbraun, III die
Mitteltönung des Braun, 8 des Grün, 18 des Blau u. s. w. darstellt. Die
füuf Abtönungen der vier Farben könnte man vielleicht am Besten mit ganz
dunkel, dunkel, helldunkel, hell, ganz hell bezeichnen. Für unsere vor-
Messungen an leitenden Indiern. 17
liegenden Betrachtungen kommt ausser I, 11, Ili nichts Wesentliches zur
Bedeutung.
Anders ist es mit der Mannigfaltigkeit der Hautfärbung. Hier haben
wir eine reiche Fülle der Abstufungen zu bemerken, und sie im Einzelnen
ohne Zuhilfenahme der Probetafeln zu charakterisiren, wird um so mehr seine
Schwierigkeiten haben, als eine gleiche Gruppirung in ein festes Skalen-
schema, wie für die Iris, nicht vorliegt, aus dem Grunde, weil die Autoren
die bellen Tönungen ziemlich weit auseinandergehend fanden, die ganz dun-
keln aber fast ununterscheidbar zusammenlaufend.
Haar- und Bart-Färbung sind ebenfalls durch die Hautfarben angedeutet,
da die Modifizirung durch Reflex und Schatten, wie sie die Menge der ein-
zelnen Fasern bewirkt, durch die gleichmässig flachen Papiermuster nicht
leicht nachgeahmt werden kann, und man andererseits nur die Haarprobe
flach auszubreiten braucht, um ein ähnliches Bild wie von der Haut zu erhalten.
Die wenigen Nuancen der Nagelfärbung sind leicht bezeichnet. Für
ro
die Charakterisirung der Lippen kommt öfters die Bezeichnung ^- vor, das
soll heissen: innen röthlich, nach dem Rande zu 27, d. i. ein sehr dunkles
ro
rothbraun, welches für schwarz genommen wird. Das Zeichen r-r bedeutet
eine Art Pflaumenblau, das in der Farbentafel sich nicht vorfand.
,,,^ _ Beschaffenheit,
XII Bart- J
also ob wellig, kraus, glatt, kurz oder lang, geschoren oder rasirt, reichlich
oder spärlich u. dgl. m.
XIII Bindehaut.
Hier findet sich besonders neben der Grundfarbe die Einsprengung von
Flecken angegeben.
XIV Zähne.
Ohne Zweifel eine sehr interessante Rubrik, zu der ich zahlreiche Skizzen
vorfand. Soweit mir diese sicher deutbar schienen, habe ich sie durch Be-
schreibung ersetzt.
Die geographischen resp. sprachlichen Einheiten sind in der voraus-
geschickten Liste einzusehen. Hier folgen die einzelnen Kasten lediglich
nach ihrer Ordnungsnummer, wobei sämmtliche Telegus für Eine Ziffer ge-
rechnet sind.
1. Vedas.
8 Nummern: 6 Männer und 2 Weiber, sämmtlich aus dem Schutzstaat
Trovancore auf einer Mission (Trevandrum) gemessen, Christen, und
von Beschäftigung Land bau er.
Catalog-Nummer 218 — 225.
Zoitscbrift für Ktbnologie. Jahrg. ISTll, 2
18 Dr. Koerbin:
Alter: zwischen 16 und 35 Jahren. i)
Alle von proportionirtem Körperbau, "25 j. W. etwas mager, 35 j.
M. mager.
Gewicht: vacat. ^
Puls: 22j. W. = 70; 18—20 j. M. A) and B) = 72; 16 j. M. = 84;
30 j. M. = 92; 25 j. W. = 114.
Haut: überwiegend wie Probetafel No. 27, d. i. eine sehr dunkle aber
nicht ganz schwarze Tönung von einer rothbraunen Nuance: ihre Nachbar-
farbe No. 28 ist merklich heller und mit stärkerer Beimischung von roth;
No. 35 ist die zweitdunkelste Stufe einer vorwiegend braungrauen, oder
wenn man will chokoladenfarbigen Nuance; No. 41 ist die dunkelste Cate-
gorie der Gelb-Braunen.
Die beiden Weiber. 22 und 25 j., gleichen der Probe 27 im Ueber-
gange zu 28: sie sind also entschieden die lichtesten Gestalten unter den
in Rede stehenden 8 Yedas. Rein findet sich Probe 27 nur bei 18 — 20 j.
xM. (Cat. No. 220). und bei 35 j. M.; 27/41 bei 18— 20 j. M. (Cat. No. 219)
d. i. eine Mischung der dunkelsten Stufen des Rothbraunen und Gelb-
braunen unter Vorwiegen des Ersteren: entsprechend beide Nuancen gleich
stark, No. 27 -f- 41, bei 16 j. M.; und 41/27, d. h. Vorwiegen des Gelb-
braunen bei 20 j. M. Endlich ist bei 30j.M. notirt: Rücken 35, vorn 28/27.
35 aber ist wesentlich dunkler als das ihm correlate 28.
Die feineren Abstufungen richtig zu characterisiren, werden bekanntlich
die wunderlichsten Hilfsmittel herangezogen; ich meinerseits verzichte da-
rauf, generelle Vorschläge zu machen, und möchte nur für die Gelbbraunen
in etwas weitherzigem Sinne den Kaffee vorschlagen, wie er sich in seinen
verschiedenen Brennungs-Graden präsentirt.
Demnach wäre zu definiren, dass die Vedas sehr dunkel kaffee- bis
chokoladenbraun sind, jedoch mit einem Stich ins Röthliche.
Den Haaren, die sich am natürUchsten wohl der Hautbetrachtung an-
reihen, schicke ich kurz die Farbe der Iris voraus. Sie zeigt durchweg
die dunkelste Nuance, Probe I, mit Ausnahme des 30 j. M., der II auf-
weist. Es ist derselbe, für welchen bei Rücken- und Vorderseite eine ver-
schiedene Tönung notirt ist, und es sei gleich bemerkt, dass dieses Indi-
viduum auch fernerhin sich von den übrigen 7 Vedas abhebt.
Haarfarbe: Probe 48, die dunkelste von Allen, ein etwas glänzendes
grauschwarz. Das ganz glänzende blauschwarz, welches man z. B, bei gut
geölten Schmachtlocken polnischer Rabbiner findet, vermisse ich in den
Tafelproben. Der 30 j. M. zeigt ein ? bei der Ziffer 48 und dazu die Be-
merkung sehr braun; wohlgemerkt seine Rücken-Nuance 35 gehört in die
chocoladenbraune Reihe. Alle übrigen Yedas sind unzweifelhaft mit 48
charakterisirt.
1) Um die Charakteristik der Individuen anschaulicher zu machen, sind sie nicht durch
ihre Nummern bezeichnet, sondern durch Angabe ihres Alters und Geschlechtes; wo Beides
gleich ist, ordnet A, B, C, nach der Körpergrösse.
MessTiDgen an lebenden Indiern. ] 9
Haarform: wellig bei beiden Weibern, bei den Männern kraus, Der
eine 18— 20j. M. ist etwas kraus; der andere 18— 20 j. M. und der 20].
M. sind kurz geschoren. Der 30 j. M. allein ist rasirt. Beide W. tragen
grosse geflochtene Büschel Weiberhaare unter den eigenen.
Bart fehlt beim 16 j. M.; beide 18—20]. M. und der 20 j. M. sind mit
spärlich, sehr schwach und sehr spärlich notirt, und zwar nur für Oberlippe
und Kinn. Die beiden älteren Männer zeigen an Backe, Lippen und Kinn
Bart. Die Farbe ist bei dreien mit 48 notirt, also gleich dem Haar dun-
kelste Tönung, bei dem 30 j. M. 48 mit? Dieser weist auch die Notiz „rasirt"
bei Bart auf; er muss auffällig ausgedehnt bebartet gewesen sein, die Aus-
dehnung findet sich für die ganze untere Gesichtspartie notirt. Bei dem
35 j. M. ist der Bart ebenso wie das Haar kraus.
Nägelfarbe ist überall bemerkt, und zwar mit 25, nur bei dem 30 j. M.
mit 26, ersteres ein helleres, letzteres ein dunkleres Gemisch von Rosa mit
bräunlichem Gelb, und zwar der Art, dass bei 25 das Rosa stark vorherrscht.
Bindehaut überwiegend dunkel, nur der 16 j. M. ist mit weiss und
das 12 j. W. sogar mit sehr weiss notirt, das 25 j. W. mit „grünlich", der
35 j. M. mit „grünlich braun", der 20 j. M. mit „sehr braun" überhaupt, die
Uebrigen mit „sehr braun an der Lidspalte".
Lippen: Beide W. roth. dgl. 35 j. M.; die Uebrigen ro + 27, d. h.
innen roth, aussen die dunkele Körperfarbe.
Zähne: „Betelbraun", will sagen gebräunt vom Kauen des Betels,
ist eine sehr häufig wiederkehrende Bezeichnung, direct angegeben beim
35 j. M., 30 j. M., 22 j. W., und 18— 20 j. M. (B). Der andere 18— 20j. M. und
der 16 j. M. sind mit „weiss" notirt, das 25 j. W. mit „unrein''. Als Be-
sonderheit findet sich für den auch sonst unterschiedenen 30 j. M. „untere
Zähne nach vorn geschoben". Der 16 j. M. hat die „4 vorderen oberen
Zähne", also die vier oberen Schneidezähne gefeilt, i)
Schliesslich ist für das 22 j. W. noch die Bemerkung zu registriren:
„Ganzer Körper mit Krätzflecken übersäet" und „Rechter Nasenflügel durch-
bohrt«.
Die tabellarische Uebersicht erfolgt für Männer und Weiber gesondert
und nach den Altersjahren geordnet, innerhalb der gleichen Jahre aber nach
der Körperhöhe. Zum bequemeren Studium der Einzelheiten werden die
Kopfmaasse in eine eigene Tabelle zusammengestellt. Für die Uebersicht der
Höhenskala des Gesammtkörpers sind von den Kopfmaassen ausser der
Scheitelhöhe (Körperhöhe) auch die Ohr- und Kinnhöhe wiederholt, wie ich
glaube, zur wesentlichen Erleichterung, um die Höhenschnitte für den An-
theil von Kopf und Hals bequem vergleichen zu können. Man möge sich
dabei erinnern, dass die äussere Ohröffnung bei verschiedener Kopfueigung
1) Das Individuum hockt am Boden, lehnt den Kopf gegen den Schenkel des (operirenden)
Mannes, der stehend mit eiserner Feile die Zähne teilt. Vier Zähne zu feilen kostet 2 Chakram
(= 14 Pf.).
20
Dr. Koerbin:
von den angegebenen Messpunkten bei Weitem am Wenigsten ihren Stand
ändert, und dass sie ungefälir in gleichem Niveau steht mit dem Ende der
Nackenmuskulatur; sowie andererseits dass bei normaler Haltung die Distanz
zwischen Kinn und Brustbein die Halshöhe anzeigt, und bei mangelnder
Bestimmung für die Kopf'neigung eine Controle gewährt.
Abkürzungen:
Körperhöhe. Ohr H. Ohrhöhe.
Sitzhöhe. U. N. H. Untere Nasenhöhe.
Stirnhühe. (N. pr. Nasenprojection.
Stirnprojection. \0. pr. Ohrprojection.
Obere Nasenhöhe. Ki. H. Kinnhöhe.
Kp. H.
Si. H.
St. H.
St. pr.
Ob. N. H
Seh. L.
Seh. B.
Schädellänge.
Schädelbreite.
h. Seh. ü. horizontaler Schädel-Umfang.
s. Seh. Bo. sagittaler Schädel-Bogen.
N. Z. h. Nasen-Zirkelhöhe.
N. r. L. Nasenrücken-Länge.
N. fl. B. Nasenflügel-Breite.
Aug. E.
M. br./h.
Augen-Enge.
Mund-Breite/Höhe.
Wa. B,
ü. K. ß.
J. B.
Ohr B.
Brb. H.
Nbl. H.
Breiten-Abstand der Wangen-
beine.
, , Unterkiefer.
, , Jochbeine.
, „ Ohröffnungen.
ob. N. 0. R. Oberer Nasen-Ohr-Radius (Na-
senwurzel.)
u. N. 0. R. Unterer Nasen-Ohr-Radius (Na-
senscheidewand.)
Obli. 0. R. Oberlippen-Ohr-Radius.
Ki. 0. R. Kinn-Ohr-Radius.
Brustbein-Höhe
Nabel-Höhe.
Schb. H. Schambein-Höhe.
Schu. H. Schulter-Höhe.
Ell. H. Ellenbeugen-Höhe.
Hw. H. Handwurzel-Höhe.
Hsp, H. Handspitzen-Höhe.
Drb. H.
Tr. H.
Kn. H.
Darmbein-Höhe.
Trochanter-Höhe.
Knie-Höhe.
Wd. H. Waden-Höhe.
(a) (i) Kehl. H. äussere, innere, Knöchel-Höhe.
Schu. B Schulter-Breite; (band) Bandmass
steht in [ ].
Wrz. B. Warzen-Breite.
Be. B.
Becken - Breite gew. Dorn -Breite,
bisweilen Kamm-Breite: in [ ]
Br. U. Brust-Ümfang.
Bch. U. Bauch-Umfang.
Wd. U. Waden-Ümfang.
ca. n. Catalog-Nummer.
Es giebt höhere Nummern als der Zahl der Fälle entspricht , weil in den vorbereiteten
Schematen des Originals vielfach Columnen leer blieben.
NB. In vielen Fällen waren statt Millimetern nur Centimeter gemessen.
Um die Symmetrie nicht zu stören und doch über den beanspruchten Grad
von Genauigkeit aufzuklären, ist in allen Tabellen der fehlende Einer der
Millimeterzahl durch einen Punkt vertreten.
Die markirenden Querlinien dienen zur Gruppirung näher zusammen
gehörender Maasse.
Messungen an lebenden Indiern.
21
Tabelle 1. Vedas.
A. K o p f m aa 8 s e.
M. Männer.
W. Weiber.
ca. no. . . .
221
220
219
222
218
223
225
224
Kp. H. . . .
vacat
1 506
1 559
14.35
1 467
1480
1420
1 449
öt. U. . . .
1 467
1443
1 50.
1 375
142.
1434
1 365
1389
St. pr. . . .
186
182
180
172
182
175
172
175
Ob. N. U. . .
1436
1422
1 473
1 354
1387
1 401
1347
1361
Ohr 11. . . .
1 405
1 385
1 435
1 314
1346
1 366
1 310
1334
N.-O.-pr. . .
195-97
187—94
187—92
187-86
203-98
193—93
192-94
192-90
LI. N. U. . .
1 404
1385
1 435
1315
1 346
1365
1 310
1 333
Ki. U. . . .
1 349
1324
137.
1 269
1286
1.304
1 257
1 273
Seh. L. . . .
180
175
176
179
187
175
168
175
Seh. B. . . .
125
127
132
125
133
132
129
125
h. Seh. ü. . .
512
515
525
515
530
512
505
505?
s. Seh. Bo. .
308
■A-2b
329
305
320
33.
290
315?
N. Z. h. . .
39
41,5
42
36
41
45
38
40
N. r. L. . . .
42
42
43
—
47
44
38
37
N. H. B. . .
39
38
31
32
36
33
36
34
Aug. E. . . .
32
31
28
31
31
31
32
31
M. br./h. , .
45/19
46/15
49/19
-
56/19
-
—
—
Wa. B. . . .
92
9o
89
95
99
10.
95
95
U. K. B. . .
90
93
90
92
87
90
87
85
J. B. ...
12.
125
120
12.
124
120
117
123
0. B. ...
—
113
111
—
116
—
-
—
ob. N. 0. H. .
102
103
102
105
98
10.
102
j 97
u. N. 0. R. .
98
105
96
102
10.
102
103
1 96
Obli. 0. R. .
—
—
112
—
121
—
—
—
Ki. 0. R. . .
110
112
105
110
117
105
HO
105
B. Körpermaasse.
M.
W,
Alter. . . .
16
18/20
18/20
20
30
35
22
25
Si. H. . . .
745 778
794 756 764
760
723 770
Kp. H. . . .
Ohr H. . . .
Ki. U. . ,
vacat 1 506
1 405 1 385
1 349 1 324
1 559
1435
137.
1 435
1 314
1 269
1467
1 346
1 286
1480
1366
1 304
1 420 1 449
1 310 i 1 334
1 257 (1 273
Brb. 11. . .
Nbl. n. . .
Sehb. H. .
1 232 1 1 242
936 905
821 1 775
1 274 1 174
920 823
— 695
1 181
876
749
1 193
874
759
1 167 1 19.
901 877
Schu. U. .
Ell. H. . .
Hw. H. . .
Hsp. H. . .
1 261 1 246 1 275
965 973 987
715 713 753
536 535 587
1 19.
912
710
541
1 212 1 216
921 932
716 ; 703
544 540
116. 1201
885 952
690 723
535 —
Drb. II. . .
Tr. H. . .
Kn. H. . .
Wd. n. . .
i. Kehl. . .
894 865
837 808
423 411
— 61
851
821
420
335
65
793
757
380
60
814
765
401
31.
64
829
802
387
vacat
822 823
770 755
398 420?
59 -
Seh. B. . .
Wrz. B.. .
Be. B. . .
335 323
325
321 32. 32.
— 178 —
— 199 -
310 305
215 —
Br. U. . .
Beh. U. . .
Wd. U. . .
735
65.
275
717
626
285
275
262
1 736
1 680
1 277
-
245
235
22 Dr- Koerbin:
Um den geduldigen Leser nicht zu ermüden, werde ich mich bei dem
Gesammt-Resume auf die wichtigsten Verhältnisse beschränken und nament-
lich solche berücksichtigen, welche durchgehends homologe Werthe reprä-
sentiren. Das auffälligste und vorzugsweise charakteristische Maass, die Ge-
sammtkürperhöhe, erlaubt von den Nüancirungen der Kopfhaltung zu abstra-
hiren, da die bewirkte Differenz verschwindend ist.
Die beiden Weiber ergeben eine mittlere Körperhöhe von 1 435 mm, die
fünf Männer ausser dem 16 j, M. 1 489, d. i. eine Differenz von 54 mm.
Allem Yermuthen nach wird die wechselnde Haartracht auf die Mes-
sung der Höhe Einfluss geübt haben, ohne dass sich die Grenzen desselben
nachträglich bestimmen Hessen. Es scheint mir daher um so mehr wün-
schenswerth, auf die Ohrhöhe zu reflektiren. Der Laie wird daraus ersehen,
wie mit jedem Schritte tiefer hinein die Messung Lebender immer neue Zu-
sammenstellungen wünschenswerth macht. Resignation rettet allein vor
Ueberhäufung.
Demnach haben die Weiber eine Ohrhöhe von 1 322, die (hier 6)
Männer von 1 375, d. i. eine Differenz von 53, sehr entsprechend den obi-
gen 54. Das Geschlecht bedingte also einen Unterschied von reichlich 5 cm,
wohl gemerkt immer mit der reservatio mentalis, dass grössere Ziffern andere
Resultate ergeben könnten. Wie verhält sich dem gegenüber das Alter? Die
beiden Weiber sind nicht in Betracht zu ziehen. Von den Männern hätte
der 16 j. M. ein Anrecht auf kleineres Mass; seine Körperhöhe fehlt,
aber seine Ohrhöhe übersteigt das Mittel um 30 mm und wird darin nur
von dem zweiten 18/20 j M. übertroffen, der um 60 mm darüber hinaus-
geht — dieser aber weist für die Gesammthöhe ein Plus von fast 70 mm
über den Durchschnitt auf. Alle Drei über 20 Jahre alten sind aber zufällig
kleiner als die anderen unter 20 Jahren.
Da die vorliegenden 8 Individuen zu den späteren Catalog- Nummern
gehören, bei denen ein einheitliches Verfahren beobachtet ist, so dürfte es
von Interesse sein die Prozente festzustellen, mit denen die verschiedenen
Höhenschnitte sich an dem Gesammtkörpermaass betheiligen. Es ist bei
allen Ziffernreihen gut, sich von vorn herein klar zu machen, ob und welche
Resultate aus ihrer Zusammenstellung gezogen werden können: a priori lässt
sich manche Illusion hegen, und wiederum lohnt nachträglich doch einmal
ein unverhoffter Fund lange vergebliche Anstrengung. Nur verlange mau
hier keine durchgreifende Behandlung der Art, wie sie allein bei gleich-
massigem Material möglich ist, welches für nachträgliche Revisionen immer
wieder zur Verfügung steht.
Ich werde hier wie künftig die Ohrhöhe als das relativ sicherste Maass
zur Norm nehmen, umsomehr als dadurch die Difierenzen in der Höhe des
Kopfes von den eigentlichen Körperhöhen grösstentheils ausgesondert werden.
Ohr-Höhe: 1) 22 j. W. = 1 310, 2) 20 j. M. = I 314, 3) 25j. W. -
Messungen an lebenden Indiern. 23
1 334, 4) 30 j. M. =1 34G, 5) 35 j. M. = 1 366, 6) 18/20 j. M. A = 1 385,
7) 10 j. M. = 1 405, 8) 18/20 j. M. B = 1 435.
Körper-Höhe: 1) 1 420 = 108. 4 pCt., 2) 1 435 = 109 . 2 pCt., 3) 1 449 =
108 . 6 pCt., 4) 1 467 = 109 . 0 pCt., 5) 1 480 - 108 . 4 pCt., 6) 1 506 =
108. 7 pCt., 7) vacat, 8) 1 559= 108. 7 pCt.
Man sieht, die Reihenfolge bleibt in aufsteigender Linie dieselbe. Der
Prozentsatz aber ist vollends identisch zu nennen , und gerade die Weiber
erreichen das Maxiraum nicht. Wir können also ruhig die Gesammthöhe = 1
setzen und danach unsern gewohnten Anschauungen entsprechend die Pro-
zentziffern der einzelnen Abschnitte berechnen.
Wir wollen ferner, um die relative Grösse jedes der 8 Individuen zu
den Uebrigen anschaulich zu machen, angeben um wie viel das Mittel über-
schritten oder höher gelassen wird; danach ist:
n ., .. u-u 7 447+2 869 , ,^., ^
Gesammtkorperhohe = ^ = 1 473./,
rM- L-L .T T V 6846 + 2644 ,„,^^
Ohrhöhe von 7 Indiv. =^ 1^ = 1 355.7.
Setzen wir Ohrhöhe =^ 100, so ist Körperhöhe ^ 108 . 7 pCt., ganz ent-
sprechend unserer früheren Berechnung; nehmen wir aber Körperhöhe = 100,
so ist Ohrhöhe fast genau 92 pCt. (91 . 99 pCt.)
Dürfen wir nun aus diesem Prozentsatz der Ohrscheitelhöhe zu der
Gesammthöhe, wie er sich ganz übereinstimmend bei Weibern und Männern
herausgestellt hat, die fehlende Körperhöhe des 16 j. M. ergänzen? Ange-
nommenen Falles suchen wir, um wie viel die Ohrhöhe des Letzteren die
mittlere Ohrhöhe übersteigt, erhöhen diese Ziffer um 8.7 pCt. und addiren
sie zu dem erstgefundenen Mittel der Körperhöhe. Hätten wir grössere Zahlen-
reihen, so würden wir natürlich den Prozentsatz der Männer für sich allein
nehmen; bei unserem winzigen Material müssen wir alle vorhandenen Ver-
schiedenheiten sich möglichst compensiren lassen, da die grösseren Männer
sich von den kleineren nicht minder als von den Weibern abheben: nämlich
es überschreiten (+) resp. lassen grösser ( — ) die mittlere Ohrhöhe von
7 Individuen:
1) 22j. W. = - 45.7 = -3.37 pCt., 2) 20 j. M. = - 4 1 .7 = 3 .08 pCt.,
3) 25 j. W. = - 2 1 . 7 = - 1 .6 pCt., 4) 30 j. M. = - 9 . 7 = - 0 . 72 pCt,
5) 35 j. M. - + 1 0 . 3 = + 0 . 76 pCt., 6) 18/20 j. M. A = + 2 9 . 3 = +
2.16pCt., 7)16j. M. = + 49.3=4-3.64pCt., 8) 18/20 j.M. B = + 79.3
= + 5.85 pCt.
Obige 49.3 mm der Ohrhöhe werden nach dem Verhältniss von 108.7:
10 0.0 für die Scheitelhöhe bei dem 16 j. M. zu + 5 3 . 6 angewachsen sein,
und dies addirt zu der Mittelzahl von 147 3.7 ergiebt 15 27. mm als die
vermuthliche Gesammthöhe, welche uns fehlt. Im Wesentlichen werden wir
uns mit dieser Muthmassuug von der Wahrheit nicht entfernen, und es wäre
einfach genug, ohne Weiteres die Ziffer für die Ohrhöhe um 8 . 7 pCt. zu
24 Dr. Koerbin:
erhöhen, wenn es eben erwiesen wäre, dass jedes Individuum 8 pGt, der
Gesammthöhe auf die Ohr-Scheitel-Höhe entfallen Hesse.
Sehen wir nun, welchen Prozentsatz die übrigen Höhenabtheilungen
von der Gesammthöhe ergeben. Kinnhöhe: 1) 22 j. W. = 1 257 : 1 420 =
88.5 pCt., 2) 20 j. M. = 1 269 : 1 435 - 88.4 pCt., 3) 25 j. W. = 1 273 : 1 449
= 87.9 pCt., 4) 30 j. M. = 1 286 : 1 467 = 87.7 pCt., 5) 35 j. M. = 1 304 :
1 480 = 88.1 pCt., 6) 18/20J. M. A. - 1 324: 1 506 = 87.9 pCt., 7) 16j. M.
= 1 349 : ? 1 527 = 88.3 pCt, 8) 18/20 j. M. B. =-- 1 37. : 1 559 = 87.9 pCt.
Die Variationen bewegen sich also zwischen 88.5 und 87.7, im Mittel
88.1. Die Gesammtkopfhöhe — Kinn bis Scheitel — ergiebt 11.9 pCt, mit
sehr geringen Schwankungen, gleichmässig bis zu 0.4 pCt. darüber und
darunter. Die absolute Mittelzahl direkt berechnet ist 1 304 mm, für Kiun-
höhe; mit Einrechnung der vermuthlichen Körperhöhe für den 16 j. M.
wächst die Mittelzahl für die Gasammthöhe der 8 Individuen auf 1 480 mm,
die prozentarische Berechnung bringt ebenfalls 11.9 pCt. für den senkrechten
Abstand zwischen Kinn und Scheitel.
Brustbein -Höhe: 1) 22 j. W. = 1 167 : 1 420 = 82.2 pCt., 2) 20 j. M.
= 1 174 : 1435 = 81.8 pCt., 3) 25 j. W. = 1 190 : 1 449 = 82.1 pCt., 4) 30 j. M.
= 1 181 : 1 467 = 80.5 pCt., 5) 35 j. M. = 1 193 : 1 480 = 80.6 pCt., 6) 18/20J.
M. A. = 1 242 : 1 506 = 82.5 pCt., 7) 16 j. M. - 1 232 : ? 1 527 = 80.7 pCt.,
8) 18/20J. M. B. = 1 274 : 1 559 = 81.7 pCt.
Wir finden hier erheblich grössere Schwankungen als bisher: zwischen
82.5 und 80.5, im Mittel 81.5 pCt. — die Grenzen des Plus und des Minus
sind gleichmässig 1.0 pCt.; die Distanz Brustbein bis Scheitel ist also durch-
schnittlich 18.5 pCt. der Gesammthöhe; die Distanz Brustbein bis Kinn
6.6 pCt., die Distanz Brustbein bis Ohr 10.5 pCt. Die absolute Mittelzahl
für die Brustbeinhöhe ist 1 207 mm =81.5 pCt. von 1 480 Gesammthöhe.
Nabelhöhe: 1) 22 j. W. = 901 : 1 420 = 63.5 pCt., 2) 20 j. M. =■■ 823 :
1 435 = 57.4 pCt., 3) 25 j. W. = 877 : 1 449 = 60.5 pCt., 4) 30 j. M. = 876 :
1 467 = 59.7 pCt., 5) 35 j. M. = 874 : 1 480 = 59.1 pCt., 6) 18/20 j. M. A.
= 905 : 1 506 = 60.9 pCt., 7) 16 j. M. = 936 : ? 1 527 = 61.3 pCt., 8) 18/20 j.
M. B. = 920 : 1 559 = 59.0 pCt.
Die Mittelzahl ist 889 mm = 60.1 pCt. Die Schwankungen sind hier
wieder beträchtlicher als bisher: — 2.7 bis -[~ 3.4, also um 6 pCt. differirend;
1 Mann bleibt am meisten darunter, 1 Weib geht am meisten darüber hin-
aus •, die Uebrigen weichen nicht wesentlich über 1 pCt. ab.
Jetzt kommen wir absteigend zu einer Gegend, in der uns mehrere
nahe bei einander Hegende Maasse geboten sind, die wir am zweckmässigsten
wohl zusammen betrachten. Es ist dies die Darmbeinhöhe, der Trochanter,
die Sitzhöhe und die Schambeinhöhe. Ihre Reihenfolge ist bei den einzelnen
Individuen keine stetige, nämlich:
1) 22 j. W. - Kp. H. 1 420 = 100 pCt., Drb. H. 822 = 57.9 pCt., Tr. II. 770 = 54.2 pCt, Si. II.
72o = 50.9 pCt., Scbb. H. vacat.
Messung;en an lebenden Tndiern. 25
2) 20 j. M. - Kp. H. 1 435 := 100 pCt., Drb. II. 79:5 = 55.3 pCt. , Tr. H. 757 = 52.7 pCt., Si. H.
756 ^ 52.7 pCt., ScJjb. IL Ü95 : 4S.4 pCt.
3) 25 j. W. - Kp. H. 1 44i) = 100 pCt., Drb. H. 823 ^ 5(5.9 pCt., Tr. H. 755 = 52.1 pCt., Si. H.
770 = 53.1 pCt, Schb. H. vacat.
4) 30 j. M. - Kp. II. 1 4(57 - 100 pCt , Drb. II. 814 ^ 55.5 pCt., Tr. U. 765 - 52.15 pCt., Si. H.
7G4:=52.0H pCt., Schb. H. 749 = 51.1 pCt.
5) 35 j. M. -Kp. H. 1480= 100 pCt., Drb. ü. 829 = 56.0 pCl., Tr. H. 802 = 54.2 pGt., Si. H.
760= 51.4 pCt., Schb. H. 759 = 51,4 pCt.
6) 18/20.J. M. A. - Kp. II. 1 n06 = 100 pCt , Drb. H. 805 = 57.45 pCt, Tr. H. 808 = 53.65 pCt,
Si. H. 778 = 51.66 pCt., Schb. D. 775 = 51.46 pCt.
7) 16 j. M. -Kp. II.? 1527^- 100 pCt., Drb. H. 894 = 58.55 pGt., Tr. H. 837 = 54.8 pCt.,
Si. H. 745 = 48.8 pCt., Schb. U. 821 = 53.8 pCt.
8) 18/20 j. M. B. - Kp. H. 1 559 = 100 pCt., Drb. II. 851 = 54.6 pCt., Tr. H. 821 -r 52.7 pCt,
Si. H. 794 = 50.9 pCt., Schb. H. vacat.
Man ersieht hieraus recht deutlich, wie uubedingt nöthig es ist erstens,
alle al)soluten Zahlen in Prozentziffern nach iigend einem Normalmass
umzurechnen, und sodann die relativen Differenzen bei den Einzelnen
genauer zu vergleichen.
Es ist durchaus roh und ungenügend, die Mittelzahlen durch einfaches
Addiren und Dividiren zu ziehen: Exempla illustrant. Die Durchschnitts-
Körperhöhe der 8 Individuen beträgt 1 480 r/im^ wie wir oben sahen. Genau
die gleiche Ziffer hat der 85 j. M. Betrachten wir ihn einmal al> den Normal-
Veda. Seine Olu'höhe ist 1 366, die Durchschnitts -Ohrhöhe aller 8 Indivi-
duen beträgt 1 362. Beide Ziffern kommen sich so nahe wie möglich. Auch
die Prozentsätze der Ohrscheiteldistanz wichen, wie wir fanden, bei Allen
wenig von einander ab. Die Kinnhöhe betrug genau übereinstimmend für
die Mittelzahi der 8 Individuen wie für den 35 j. M. 1 304: uim oder 88.1 pCt.
der Gesammtkörperhöhe. Bei der Brustbeinhöhe ist die Mittelzahl 1 '20(/nm
= 81.5 pCt. der Körperhöhe; für den 35 j. M. sind die entsprechenden
Ziffern 1 193 mm und 80.6 pCt.
In der Nabelhöhe bleibt der 35 j. M. ebenfalls zurück gegen die Mittel-
zahl um das Yerhältniss von 874 mm : 889 min oder 59.1 pCt. gegen 60.1 pCt.
Diese Abweichungen müssen natürlich weiter abwärts ihre Kompensation
finden, und es fragt sich, in welcher Höhe dieselbe eintritt.
Die Darmbeinhöhe ist bei dem 35 j. M. 56.0 pCt. der Gesammthöhe
oder 829 mm; die entsprechenden Mittelzahlen sind 836.4 />///< und 56.5 pCt.;
es macht sich also hier schon eine Verminderung der Differenz um die
Hälfte geltend. An dem Trochanter finden wir 802 mm - 54.2 pCt. bei dem
35J.M., hingegen nur 789.4 mm oder 53.3 pCt. in der Mittelzahl. Zwischen
Darmbeinstachel und Trochanter ist das Minus von 0.5 pCt. in ein Plus
von 0.9 pCt. verwandelt. Der Abstand von Spina ilium anterior superior
und Trochanter major ist in (l(>r Mittelzahl von 8 Individuen 836.4 nun
- 789.4 mm = 47 mm oder 3.2 pCt. der Gesammthöhe von 1 480 mm; bei
dem Normal -Individuum von ebenfalls 1 480 /;</>(! Körperhöhe beträgt derselbe
Abstand 829 mm — 802 ?nni = 27 mm oder 1.8 pCt , ganz genau gerechnet
1.824 pCt, Dergleichen Abweichungen für einen so geringen Raum dürfen
26 Dr- Koerbin:
durchaus nicht todt geschwiegen werden, zuioal bei Bearbeitung fremden
Materiales. Hätte ich die 8 Individuen zur Verfügung, so würde ich natürlich
im Speziellen zu untersuchen haben 1) ob ein Irrthum in der Messung vor-
liegt, 2) ob die correspondirenden Punkte ungleichmässig durch die ana-
tomische Lage angedeutet sind, 3) ob die gemessenen Individuen etwa
pathologischer Entwicklung der Beckengegeud unterliegen. Als Correctiv
würde ausserdem eine besonders sorgfältig angestellte Paralleluntersuchung
an anderen Individuen gleicher Art dienen müssen. Sollen Zahlen Das
wirklich sein, was sie beanspruchen, nämlich beweiskräftiges
Material, so muss in strengster Kritik die Weite ihrer Compe-
tenz festgestellt werden. Ohne diese, ich gestehe es zu, ermüdende
und peinliche Kleinlichkeit ist au gesunden Fortschritt auf der Bahn der
Anthropometrie nicht zu denken. Sollten sich wirklich Leser finden, die
diese mühselige Verarbeitung mit Aufmerksamkeit kontroliren — was ich
bis auf Weiteres bezweifeln möchte, so wäre mir speziell jede Klärung meiner
gewiss auch vorhandenen Irrthümer mit Rücksicht auf meine eigenen
Messungen angenehm und nutzbringend. — Welche procentarische Differenz
der angegebenen Distanz ergiebt sich nun bei den 7 übrigen Individuen?
1) 22j. W. - 57.9 pCt. -54.2 pCt. -3.7pCt., 2) 20j. M. =55.3 pCt.
- 52.7 pCt. = 2.6 pCt., 3) 25 j. W. - 56.9 pCt. - 52.1 pCt. = 4.8 pCt.,
4) 30 j. M. = 55.5 pCt - 52.15 pCt. = 3.35 pCt, 5) wie oben gefunden
1.8 pCt., 6) 18/20]. M. A. = 57.45 pCt. - 53.65 pCt. = 3.8 pCt., 7) 16J.M.
= 58.55 pCt. - 54.8 pCt. = 3.75 pCt., 8) 1 8/20 j. M. B. = 54.6 pCt. - 52.7 pCt.
= 1.9 pCt.
Nach dieser Zusammenstellung findet sich die grösste Abweichung
zwischen zwei Differenzen gerade gleich 3 pCt., also nur um 0.2 pCt. geringer
als die Durchschnittsziffer. Der Werth dieser ist also nur ein äusserst
relativer, um so mehr, als die geringe Ziffer von 1.8 pCt. bei dem 35 j. M.
ihr vollkommenes Spiegelbild findet bei dem 18/20 j. M. B. mit 1.9 pCt.
Die grosse Differenz bei dem 25 j. W. ist schon für die absoluten Zahlen
auffällig: während die Körperhöhe um 29 wm die des anderen Weibes über-
trifft, ist die Darmbeinhöhe nur um 1 in/)i grösser und die Trochanter-Höhe
vollends um \5mm kleiner. Auch hier, sieht mau, geht die Wandelung
der Gonfiguration in dem Beckengürtel vor sich.
Die mittlere Darmbeinhöhe von 56.5 pCt. ergiebt - 1.9 pCt. für 18/20 j.
M. B., - 1.2 pCt. für 20 j. M., - 1.0 pOt. für 30 j. M., - 0.5 pCt. für 35 j. M.,
-l-0.4pCt. für 25 j. W., -f- 0.95 pCt. für 18/20 j. M. A., + 1.4 pCt. für
22 j. W., -f 2.05pGt. für 16 j. M. Die Art der Abweichung ist also nach
beiden Seiten ziemlich gleichmässig, und dies erliöht die Wahrscheinlichkeit
für die Mittelzahl, wirklich der Durchschnittshöhe gleich zu kommen.
Die mittlere Trochanter-Höhe von 53.3 pCt. ergiebt ~ 1.2 pCt. für
25 j. W., -1.15pCt. für 30 j. M., - 0.6 pCt. für 20j. M., - 0.6 pCt. für
Messungen an lebenden ludiern. 27
18/20J. M. B., 4-0.85 für 18/20 j. m. A., -j- 0.9 pCt. für22j. W., -J- 0.9 pCt.
für 35 j. M., i- 1.5i)Ct. für 16j. iM.
Die Ahweicliungeu bewegen sich also nur zwischen — 1.2 und 4-1.5 pCt.,
d. h. im Spiehaum von 2.7 pCt., während derselbe —1.9 und -t-].4pCt.,
d. h. im Ganzen 3.3 pCt. bei dem Darmbeinstachel umfasste. Darnach wäre
die relative Sicherheit bei dem Trochanter eher grösser zu nennen, und für
einen in Beckenmessungen nicht geübten Laien halte ich in der That die
personelle Unsicherheit für die Bestimmung des Darmbeinstachels um so
viel grösser, dass ich die anatomische Differenz in der Trochanterbildung
dadurch für reichlich aufgewogen erachten muss.
Der zugemessene Raum verbietet es, in gleicher Genauigkeit auch die
weiteren Posten durchzugehen. Ich will daher nur darauf aufmerksam
machen, dass die Sitzhöhe eine andere räumliche Vorstellung beansprucht,
wie die sonstigen Höheumaasse, indem sie von den Tubera ischii incl. Ge-
säss aufwärts zum Scheitel gedacht werden muss, während das ihr fast
gleiche Höhenmaass der Schambeinfuge abwärts zum Fussboden gültig ist.
Die Schamhöhe fehlt für den l8/20j. M. B. wie für die Weiber hier und
meist überall; die fünf übrigen Vedas schwanken zwischen 48.4 pCt. und
53.8 pCt. bei Zweien, nämlich resp. 20j.M. und 16 j. M.; die drei Uebrigen
zeigen sehr übereinstimmend, resp. 51.1 pGt., 51.4 pCt., 51.5 pCt. Direkt
berechnet beträgt die mittlere Schamhöhe 759.8 rnni = 51.33 pCt. Fast
genau identisch ist die Mittelzahl für die Sitzhöhe derselben Fünf, nämlich
7(J0.6 /«/« = 51.39 pCt., und zwar haben auch hier dieselben drei Yedas
resp. Werthe von 52 08 pCt., 51.4 pCt., 51.7 pCt., während der 20 j. M. und
der 16 j. M. sich im umgekehrten Sinne ausgleichen wie bei der Schamhöhe,
nämlich mit resp. 52.7 pCt. und 48.8 pCt. Hier scheinen zufällig die entgegen-
gesetzten Pole der Typenvariation sich auf engem Räume zu begegnen. Der
18/20J. M. B. bleibt mit 50.9 pCt. der Mittelzahl nahe, während die beiden
Weiber: 22j. \V. = 50.9 pCt. und 25 j. W. =53.1 pCt. sich zu 52 pCt.
compensiren.
Ein Blick auf die gemessenen Millimeter -Werthe lehrt uns, dass die
beiden Männer mit resp. 756 und 764 mm Sitzhöhe die gleiche Ziffer mit
757 resp. 765 mm für den Trochanter aufweisen, während die zwischen-
liegende Sitzhöhe von 760 in einer Schamhöhe von 759 ihr Gegenbild
findet, ganz entsprechend der Schamhöhe von 775 bei einer Sitzhöhe von
778. Es ist immerhin interessant constatirt zu finden, dass der Werth für
die Sitzh()he im massigen Spielraum schwankt zwischen den Standhöhen
bis zum Trochanter und l)is zum oberen Schamfugenrande.
Um Licht und Schatten völlig gleich zu vei'theilen, ziehe ich noch das
Mittel der Trochanterhöhe für die restirenden fünf Männer nach Ausscheidung
der beiden Weiber und des einen Mannes ohne Schambeinhöhe: der Spiel-
raum ist eng, nämlich 53.5 pCt. gegenüber 53.15 pCt. bei den Weibern.
Steigen wir mit beschleunigtem Tempo zur Kniehöhe hinunter, so stör^
2g Dr. Koerbin -.
uns für das Ziehen der Mittelzahl das Fragezeichen bei dem 25 j. W. In
der That scheint 420 mm zu hoch gegriffen, denn ebensoviel hat erst der
18/20J. M. B. mit viel bedeutenderen Ziffern für Körperhöhe, Darmbein und
Trocbanter; ferner scheint das unverhältnissmässig tiefe Herabsteigen des
Trochanter gegenüber einer ansehnlichen Darmbeinhöhe (Differenz 4.8 pCt,
während die Mittelzahlen nur 3.2 pCt. ergeben) eher für eine verhältniss-
mässig grosse Oberschenkelläuge zu sprechen, ohne dass für die gesammte
Unterextremität viel über das Mittel Raum gelassen Wcäre (56.9 pCt. gegen-
über 56.5 pCt.). Leider fehlt uns die Schambeinhöhe, wie die Knöchelhöhe,
und somit Wesentliches für die Beurtheilung des individuellen Typus.
Wir müssen also wieder ex analogia conjiciren. Da wir vorher fanden,
dass die Trochanterhöhe sehr gleichmässig genommen erscheine, so dürfen
wir dieses der Kniehöhe allein hinreichend nahe Maass uugescheut zum
Ausgangspunkt der folgenden Skala setzen: Kn. H. von Tr. H. bei 35 j. M.
= 48.25 pCt., 20j. M. =50.20 pCt., 16j. M. =50.54 pCt., 18/20J. M. A.
= 50.87 pCt., 18/20J. M. B. = 51.16 pCt., 22 j. W. = 51.69 pCt., 30j. M.
= 52.42 pCt., 25 j. W. =? 55.63 pCt. Lassen wir die niedrigste und höchste
Prozentziffer vorerst ausser Spiel, so ergiebt sich als Mittel für 6 Vedas
51.15 pCt., welches von dem jüngeren Weibe nur um i pCt. übertroffen wird;
andererseits steht aber auch nichts im Wege, für das ältere Weib ebenfalls
gegenüber dem Durchschnitt der Männer ein Plus, und zwar ein noch etwas
höheres, zu Gunsten des Unterschenkels zuzulassen. Welcher Prozentsatz
der Gesammtkörperhöhe bliebe nun für die Distanz Kn. H. bis Tr. H. übrig?
In gleicher Reihenfolge 35 j. M. = 26.15 pCt.. 20 j. M. = 26.48, 16 j. M.
= 27.70, 18/20J. M. A. = 27.29 pCt., 18/20J. M. B. =26.94 pCt., 22j. W.
= 28.03 pCt., 30 j. M. = 27.33 pCt., 25 j. W. = 28 99 pCt. für Kn. H. ergiebt:
35 j. M. = 28.05 pCt., 20j. M. = 26.22 pCt., 1(5 j. M. = 27.10 pCt., 18/20J. M.
A. =26.36 pCt, 18.20J. M. B. =25.76 pCt., 22j. W. =26.17 pCt., 30j. M.
-- 24.82 pCt., 25 j. W. =23.11 pCt. Lassen wir auch für diese beiden
Zifferreihen den 35j. M. und das 25 j. W. ausser Rechnung, so ergiebt sich
für 6 Vedas ein Mittel Kn. H. = 27.30 pCt. und Tr. H. - Kn. H. = 26.07 pCt.
der Gesammthöhe. Wie verhält sich zu diesen Mitteln das 22j. W.? Tr. H.
für 6 Vedas im Mittel - 53.37 ergiebt für das 22 j. W. ein Plus von 0.83 pCt.,
welchem ein Plus von 0.73 für Kn. H. gegenüber dem Mittelwerth sehr gut ent-
spricht, während für Tr. H. - Kn. H. nur 0.10 pCt. an Plus übrig bleibt.
Hieraus erhellt in vorzüglich durchsichtiger Weise, dass an dem Plus für die
Unterextremität des 22 j. W. vom Trochanter abwärts überwiegend der Unter-
schenkel bethftiligt ist, und die Analogie des Geschlechtes würde dafür
sprechen, ein solches Längersein des Unterschenkels auch für das 25 j. W.
anzunehmen. Eine noch weitere Verlängerung des Unterschenkels für das
25 j. W. würde man aus der Analogie der Reihe folgern, deren oberste Stufe
das 25 j. W. einnahm, vorausgesetzt, dass die entsprechende unterste Stufe
für den 35 j. M annähernd correct zu erweisen wäre. Dies ist in der That
Messungen an lebenden Indiern. 29
der Fall. Denn die Trochanterhöhe hat bei dem 35 j. M. genau den gleichen
Prozentsatz von der Gesammthöhe wie bei dem 22j. W. , geht also ebenso
um -f- 0.83 pCt. über das Mittel der G Vedas hinaus, während seine Kniee-
höhe als die niedrigste der Gesamnitreihe um — 1.15 pCt. unter dem Mittel
der Sechs bleibt, hier aber die nächst niedrige Kniehöhe des 20 j. M. sich
ebenfalls auf ein Minus von 0.8'i pCt. berechnet, so dass der 35 j. M. mit
seiner Kniehöhe sich in dem engen Intervall von nur 0,33 pCt. gerade
demjenigen Individuum anreiht, welches eine fast identische absolute Trochanter-
höhe mit dem in Frage stehenden 25 j. W. aufweist. Die Unterbilanz des
35j. M. für die Kniehöhe erscheint vollberechtigt in dem System der Reihe,
und nach dem Gesetz der Analogie können wir ein ähnliches Plus für die
oberste Stufe gegen die nächst niedrige annehmen wie für die unterste ein
Minus bezüglich der nächst höheren. Man sieht, wie unser Vertrauen auf
die Gesetzmässigkeit der menschlichen Wachsthumsverhältnisse selbst bei so
sprödem Stoffe seine Mühe belohnt findet: die Ziffer von 420 mm für die
Kniehöhe des 25 j, W. erscheint auffallend gross, ein Fehler höchst wahr-
scheinlich; aber dieser Fehler trifft hier zusammen mit einem doppelten
Plus aus ganz normalen Ursachen, welche die Folgerichtigkeit der Reihe so
herzustellen gestatten, dass wir den Umfang des Fehlers auf seine wirklichen
Grenzen einengen dürfen. Wenn wir uns nun aus der Erfahrung die
Entstehungsgeschichte eines derartigen Fragezeichens vergegenwärtigen, so
kommen wir sehr einfach auf die Ziffer von 410 mm. Und die Probe auf
das Exempel? Sehr natürlich und ganz einfach. Kn. H. : Tr. H. =410:755
= 54.30 : 100. Bei Beginn unseres Exempels sahen wir, wie für 6 Vedas
das Mittel des prozentarischen Verhältnisses von Kniehöhe zu Trochanterhöhe
sich ergab als 51.15 pCt. aus 6 Stufen zwischen 50.20 pCt. und 52.42 pCt.;
kann sich irgend Etwas besser anreihen als nach unten die 48.25 pCt. des
35 j. M. und die 54.30 pCt. des 25 j. W. nach oben, so dass nunmehr das
Mittel für alle 8 Vedas 51.18 pCt. ausmacht.?! Und nun die Prozentsätze
für die Kniehöhen direkt bezogen auf das Gesammtkörpermaass: Wir fanden
für (5 Vedas das Mittel zu 37.30 pCt.; für das 25 j. W. ergiebt sich nunmehr
410: 1 449 = 28.30 pCt. entsprechend den 26.15 pCt. des 35 j. M., und das
Mittel bleibt mit 27.28 pCt. ganz dasselbe. Addiren wir aber sämmtliche
direkten Ziffern für die Kniehöhe unter Einfügung von 410 statt 420 mm
bei dem 25 j. W., so ergiebt sich als absolute Mittelzahl 403.75 mm, d. i.
27.280 pCt. des Körpermittels von 1 480 mm. ^)
Die Wadenhöhe wie die Knöchelhöhe übergehen wir, jene wegen der
spärlichen Notirung, diese wiegen der geringen Zifferhöhe bei lückenhaftem
1) Ich erachtete es als eine Ehrenpflicht, bei der zußllifr ja auch nur kleinen Gruppe
der erstgenannten Kaste zu erproben, -welche allgemeinen Uesichtspunkte für den kritischen
Bearbeiter derartigen fremden Materiales sich geltend macheu, um so mehr als Herr Virchow
reichliche Vermehrung durch andere Reisende in Aussicht gestellt hat.
30
Dr. Koerbin;
Material, insofern hier schon eine sehr kleine Differenz den Prozentsatz
erheblich beeinflusst.
Höhenstufen der Vedas.
1) Scheitel -Standhöhe
2) Ohr-
3) Kinn-
4) Schulter -
5) Brustbein -
6) Elleubeuge-
7) Nabel -
8) Darmbein -
9) Trochanter-
X) Sitz -Höhe.
für 6 M.
« 2 W.
6M. + 2W.
für 6 M.
, 2 W.
6M.+2W.
6M. + 2W.
11) Schambein -Standhöhe:
12) Handwurzel- ,
13) Haudspitze- „ :
14) Kr
= 1 496 mm
« 1 434 „
»1480 „
, 1 375 „
, 1 322 ,
, 1 362 „
, 1 304 „
1220 „
1207 ,
941 ..
889 „
836 „
789 ,
, 766 ,
746.5 „
761 „
760 «
1483
715
547
545
1485
404
= 100 pCt.
» 100 „
„ 100 «
= 91.9 pCt.
. 92.1 ,
, 92.0 „
, 88.1 «
, 82.4 ,
„ 81.5 „
„ 63.6 „
n 60.1 ,
„ 56.5 „
» 00.6 „
= 51.22 pCt.
, 52.0 ,
, 51.4 ,
= 51.3 „
]
]
48.3
36.6
36.7
27.3
für 6 M.
. 2 W.
6M.-t-2W.
„ 5 M.
[D
6M. + 2W.
für 6 M.
6M. + 1W.
[D
6M.-f-2W.
Wenden wir uns nun zur Oberextremität, so werden wir uns mit Rück-
sicht auf die oben dargelegte Breite der Irrthums- Möglichkeit die Mühe
nicht verdriessen lassen dürfen, anstatt das Verhältniss von Ober- zu Vorder-
Arm direkt auszudrücken, die einzelnen Prozentsätze der vier verschiedenen
Höhenlagen zur Gesammthöhe auszurechnen: der geduldige Leser wird bei
der Vermehrung der Uebersicht wesentlich gewinnen, ohne dass die. An-
schaulichkeit der Vergleichung dadurch verliert. Die Mittelzahlen ergeben für
Schulterhöhe: 1 220 mm - 82.4 pCt.
Ellenbeuge ; 941 „ „ 63.6 „
Handwurzel : 715 „ „ 48.3 „
Handspitze : vacat. (c. 37 pCt.)
Leider fehlt auch hier die betreffende Ziffer für das 25 j. W. Nimmt
mau nur die 6 Männer, so ergiebt sich für diese ein Mittel von 547 mm
= 36.6pCt. Rechnet man für das 22 j. W. sowohl seine Körperhöhe als
seine Handspitzenhöhe mit ein, so erhält man für die mittlere Körperhöhe
für 7 Individuen statt 6 entsprechend 1 485w/n statt 1 496wim, ferner 545.4 mm
statt bM:lmm an Höhe für die Handspitze, und für 36.6 pCt. -36.7pCt.,
es ändert sich also sehr wenig an der Sache; für sich allein ergielit das
Verhältniss von 535 : 1 420 - 37.7 pCt.
Von den direkt gemessenen Rumpfmaassen nimmt die Schulterbreite
wegen ihrer Wichtigkeit und der Vollständigkeit ihrer Ziffern vorwiegend
das Interesse in Anspruch. Ihre Entwickelung ist bei den Vedas sehr
gleichmässig. Der Durchschnitt ist:
Messungen an lebenden Indiern. 31
Schu. Br. für 6 M. ■ =324 mm =21.7 pCt. der Körperlänge.
„ „ „ 2 W. „ 307.5 „ „21.4 „ „
„ „ „ 6M.-f-2W. „ :319.8„ „ 21.6 „ „
Die beiden extremen Zifiern liefern auch nur 21.9 pCt. für den 16 j. M.,
21.0 pCt. für das 25 j. W.
Ueber die Muskelstärke giebt allein der Waden- Umfang eine Andeutung.
Wd. U. für 5 M. = 275 mm = 18.2 pCt. der Körperlänge.
[Kp. H. = 1499»nw]
_ „ . 2W. -240mw =16.8 „ „
Von den ungleich delikateren Kopfmaassen werden wir uns schon in
Rücksicht auf den gebotenen Raum mit der Berechnung der Indices für
Schädel und Nase begnügen müssen. Jedem näheren Interesse steht es ja
frei, aus dem so reichlich gebotenen Materiale selbstthätig die Resultate zu
entnehmen.
Zunächst untersuchen wir jedes einzelne Individuum auf seinen Längen-
Breiten - Index, um danach einen Anhalt zu gewinnen, in wie weit es zulässig
erscheine, sich mit der Gesammtberechnung der einzelnen Gruppen zu be-
gnügen. Wir ordnen wieder, da dies am meisten übersichtlich erscheint,
nach der Körpergrösse, unter Bezeichnung von Alter und Geschlecht. Es
ist Schädel-Breite durch -Länge bei: 1) 22 j. W. =76.79, 2) 20j. M.
= 69.83, 3) 25 j. W. =71.43, 4) 30 j. M. =71.12, 5) 35j. M. =75.43,
6) 18/20J. M. A. =72.57, 7) 16j. M. -69.44, 8) 18/20J. M. B. =75.00.
Runden wir zu 0.5 ab, so haben aufsteigend nach der Indexgrösse 69.5 der
16 j. M., 70.0 der 20j. M., 71.0 der 30 j. M., 71.5 das 25). W., 72.5 der
18/20J. M. A., 75.0 der 18/20 j. M. B., 75.5 der 35 j. M., 77.0 das 22 j. W.
Auf die üblichen Categorien der Brachycephalie resp. Dolichocephalie
werden wir hier bei den ziffergerechten Belägen keine Rücksicht nehmen,
sondern einfach constatiren, dass durch eine grössere Lücke zwei Gruppen
von einander geschieden sind, deren erste zwischen 69.5 und 72.5, in der
Mittelzahl (genau berechnet) 70.88 misst, deren zweite hingegen 75.74.
Diese Gruppirung ergiebt eine Differenz von 5", während zwischen
den äussersten Extremen sogar 7 35" liegen ; hingegen würde die einfache
Quersumme für die Männer 774 : 1 072 = 72.2, für die Weiber 254 : 343
= 74.1, zusammen 1 028 : 1 415 = 72.7 ergeben.
Indem ich mich jeder Kritik sowohl wie Conjectur bezüglich der Ge-
winnung der Messresultate sorgsamst enthalte, und jedem Versehen bezüglich
einer oder der anderen Ziffer bereitwilligst den weitesten Spielraum zugestehe,
will ich nur leise das so ausserordentlich wechselnde Verhältniss berühren,
in welchem auch bei dem einheitlichen Verfahren der hier vorliegenden
Nummern (ähnlich freilich auch bei allen übrigen) die Schädellänge zu der
iSchädelprojection resp. Stirnprojection steht; letzteres Maass liegt ebenso im
32 • l>'- Koerbin:
Medianschnitt wie ersteres, und sollte als das Horizontalmaass gegenüber dem
Schrägraass kleiner sein, ist aber sehr häufig grösser — vielleicht dürfte die
Vermuthung für gerechtfertigt gelten, dass dickere Ilaarlagen oder sonstige
Umstände die Kopfhaut von der Berührung mit der Rückenwand weiter
entfernt hielten, so dass der wagerechte Abstand des Stirnpunktes von der
Senkrechten des Messbrettes unnatürlich gross wurde, während die Enden
des Tasterzirkels mehr oder minder ungenirt durch die Haare hindurch
auf die Schädeloberfläche selbst gedrückt werden konnten.
Schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass neben dem diametre
antero-posterieur maximum auch der diametre antero-posterieur iniaque (zur
sogenannten Protuberantia occipitalis externa) genommen ist. Beider Unter-
schied ist zuweilen verschwindend, oft aber auch recht beträchtlich.
Dass ich von der Berechnung eines Schädel-Hühen-Index Abstand nehme,
bedarf keiner näheren Motivirung. Die Methode für die Distanzmessung zwi-
schen Ohrloch und Scheitel verbietet es von vorn herein, eine Beziehung zu
den Resultaten des Tasterzirkels herbeizuführen. Aus ähnlichen Rücksichten
unterlasse ich es, eine Nebeneinanderstellung der senkrechten Nasenhöhe
mit der Nasen-Zirkelhöhe und der Nasenrücken-Länge vorzunehmen.
Die Nasenfl.iigel - Breite werde ich hingegen in doppelter Bezugnahme
auf Nasenrücken-Länge und Nasen-Zirkelhöhe erörtern. Die Nasenspitze zu
bestimmen ist meist schwer, oft unmöglich, zumal vernachlässigt wird, wie
viel oder wenig man der Nasenscheidewand lässt. Nun ist die Nasenrücken-
Länge für gewöhnlich und überwiegend häufig auch in den vorliegenden
Zahlen grösser als die Nasen-Zirkelhöhe: nicht ganz selten ist es aber auch
umgekehrt, und ich wüU gewiss nicht an der Richtigkeit der Thatsache
mäkeln, dass es zahlreiche Nasen giebt, bei denen die Nasenspitze sehr kurz
ist; dennoch wird mir, auf jedem Blatt fast finden sich Beläge dafür, ein
billiger Beurtheiler zugestehen müssen, es habe der Bearbeiter fremden aus
eigener Anschauung ihm nicht bekannten Materiales nicht das Recht Schlüsse
zu ziehen und Verhältnissziffern zu berechnen, wo selbst zwei geschulte
Anthropologen sich jeden Augenblick auf Differenzen betreffen. Demnach
werde ich hier immer grössere oder kleinere Complexe in der Hoffnung auf
die stets waltende Ausgleichung zusammenfassen. Für die Vedas findet sich
die kürzeste N. Z. h. zu 36 angegeben, die N. r. L, fehlt hier! die längste
N. Z. h. geht mit 45 mm noch über N. r. L. hinaus: andererseits entspricht
die verhältnissmässig geringe Nasenflügel-Breite der Vorstellung einer edleren
Form , und es ist nahe liegend anzunehmen , dass die Nasenscheidewand
einen stumpferen Winkel mit der Oberlippe bildet. Um uns zu helfen,
können wir annehmen, da im Allgemeinen die N. r. L. zu kurz, die N. Z. h.
zu lang gemessen wird — jenes durch metrische Schwierigkeit, dieses in
Folge der anatomischen Anlage — dass beide Mängel sich ungefähr com-
pensiren, um so mehr, als eine enge Beziehung zwischen der Form des
Nasen-Lippen- Winkels und des Nasenrückens besteht. Für den sogenannten
Messungen an lebenden Indiern. 33
Nasen-Index wünschen wir nun lediglich eine übersichtliche Formel, welche
uns das Verhiiltniss der Breite gegenüber Höhe und Länge angiebt: was
steht im Wege, die hier gebotene Doppelreihe von Ziffern dahin zu benutzen,
dass wir aus N. r. L. und N. Z. h. einen Mittelwerth bilden für eine Nasen-
Höhen-Länge (N. H. L.) und diese in Beziehung bringen zur N. fl. B.
Demgemäss bitte icii für das Folgende die gewohnte Anschauung zu
'corrigiren.
M. N. Z. h. für ö M. + 2 W. = 40.93
M. N. r. L =41.86
M. N. H. L = 41.4 mm
M. N. fl. B - 35.3 mm
Index der Schädel- und Nasen-Breite der Vedas.
B. N. fl. B.
öch.-jj = 69''.44 - IG j. M. - ^ ^ 39/40.5 = 96°.30
, = 69°.83 - 20 j. M. -
„ = 71°.12 - 30 j. M. - , 36/44 = 8l".82
„ = 71°.43 - 25 j. W. - , 34/38.5 = 88°.31 ^
, = 72°.57 - 18/20 j.M.A. - „ 38/41.75 = 9 1''.02
„ = 75°.00 - 18/20 j.M.B. - „ 31/42.5 -= 72°.94
, = 75°.43 - 35 j. M. - , 33/44.5 = 74''.16
, = 76°.79 - 22 j. W. - „ 36/38 = 94^74
NB. Bei den Kasten mit weniger als 5 Repräsentanten erfolgt keine Berechnung.
2. Pulayer.
8 Männer und 6 Weiber.
Alle aus Trovancore, Mission Trevandrum. Sie sind Christen, mit Acker-
bau beschäftigt; no. 234 ist als Aufseher angegeben.
Alter der Männer der Weiber
no. 234 — Jahre 24 no. 208 — Jahre 15
227 25 232 25
206 — 229 26
205 28 209 28
231 35 207 30
228 — 233 45
230 36
226 50
Haut: Vorwiegend ebenso wie bei den Vedas ist Probe 27, das dunkle
Rothbraun; es findet sich ausschliesslich bei 15 j. W., 25 j. M., [no. 206]
28 j. W., 28 j. M., BO j. W.; mit der nächsthelleren Probe 28 combinirt bei
24 j. M. (27/28), 25 j. W. (Gesicht 28), -IQ j. W. (Brust 28); rein 28, eine
Probe, die ich, je länger ich sie ansehe, desto mehr geneigt werde als das
eigentliche Braun sensu strictissimo zu erachten, ist notirt bei 35 j. M.
[no. 231] und 36 j. M.; aus der chokoladeufarbenen , graubraunen Nuance
treffen wir die Probe 35 hier combinirt mit 34 bei 45 j. W. (34, vorn 35),
d. h. also die dunkelste Tönung hinten, die nächsthellere vorn; Probe 57 ist
Zeitschril't für Ethnologie. Jabrg. 1S79. 3
34 Dr. Koerbin:
vorn bei 25 j. M. [no. 227], welcher hinten Probe 27 mit der Majorität ge-
mein hat, notirt; endlich ist die kafieebraune Nuance mit ihrem dunkelsten
Ton, Probe 41, vertreten an dem Rücken des .'iO j, M., und mit den beiden
nächsthelleren, 42/43, bei 35 j. M. [no. 228]; die Vorderseite des Erstge-
nannten.
Iris: Die dunkelsten Töne der braunen Nuance auch hier vorherr-
schend, doch mit mehr Neigung von der schwarzen Erscheinungsform fern
zu bleiben als bei den Vedas. Während dort nur 1 mal Probe II neben
7mal Probe I erscheint, finden sich hier 6mal I, 6 mal II, 2mal III, also
bis zur Mittelstufe des Braunen. Eine Concordanz mit den helleren Haut-
tönungen macht sich entschieden geltend, aber nicht durchweg, denn der
28j. M. hat III neben 27.
Haar: Durchweg die dunkelste Probe, 48. Das frühe Altern macht
sich schon bei 50 j. M. ^) geltend: Haar weiss. Die Haarform ist überwie-
gend schlicht: rein wellig ist nur bei 30 j. W. notirt; der Uebergang zwi-
schen der schlichten und welligen Form bei 15 j. W., 28 j. W. und 36j.M.
Geschoren: 25 j. M. [no. 206] und der Weisskopf.
Bart: Spärliche Behaarung fand sich an der Backe von 15 j. W. No-
tirt sind:
24 j. M. Probe 48, kraus, an Backe, Lippe, Kinn.
25 j, M. a. Spuren, an Oberlippe.
25 j. M. b. 48, spärlich, an Oberlippe, Kinn.
28 j. M. 48, etwas kraus, an Lippen, Kinn.
35 j. M. a. 48, „ „ an Lippen, Kinn.
35 j. M. b. 48, starr, an Oberlippe, Kinn.
36 j. M. 48, „ an Lippen, Kinn.
Im Ganzen fehlt also der Backenbart, und auch der übrige Bart er-
scheint vielfach schwach entwickelt.
Nägel: Bei 50 j. M. Probe 23, ein helles Weissgelb fast ohne Rosa;
Probe 24, eine Ijlassere Tönung zu 25, bei 25 j. W. und 26 j. W., die beide
neben dem dunkelsten Rothbraun (27) das hellere (28) an Gesicht resp.
Brust haben; dosh darf man keine regelmässigen Beziehungen zwischen dem
Farbenton der Haut oder der Iris und den Nägeln annehmen, indem das
dunklere Nagelcolorit '26 combinirt ist mit den Hautproben 28 und 37 sogut
als mit 27, und ebenso mit I, 11 und III der Iris. Bei 15 j. W. ist 26/25
notirt, 6 mal rein 25, also das Rosa ist vorherrschend.
Bindehaut: „Weiss" bei 15 j. W., „ziemlich weiss" bei 24 j. M.
35J.M. a.. 35 j. M. b., 36j. M.; „grünlich" bei 25 j. W., 45 j. W.; „grün-
lich braun" bei 50 j. M. ; „unrein braun" bei 28 j. W.; „sehr braun" bei
25 j. M. a.; „braune Flecke" bei 25 j. M. b., 26 j. W., 28 j. M.. 30 j. W.; -
man bemerkt leicht, dass bei lichterer Hauttönung sich auch eine grössere
l) Das Alter ist hier, wie liei den meisten andern Kasten, mir geschätzt.
Messungen an lebenden Indiern. 35
Helligkeit der Rindehaut einzustellen liebt; die Weisse des dunkelhäutigen
Mädchens ist vielleicht als kindliche Erscheinung auszusondern.
Lippen: 7mal ro., 5 mal ro. -(- 27, 1 mal 27, -|- 1 mal ro. -|- bl. notirt.
ro., also rein roth, bei dem jugendlichen Weibe und sonst nur bei hellerem
Hautton; rein 27 bei dem schon greisenhaften 50 j. M. Das ro. -r bl., also
blauroth, ist vermuthlich pathologisch und vorübergehend, denn der 28 j. M.
ist mit „Fieber" und Puls von 190 aufgezeichnet.
Zähne: An sich schön und gesund, durch Betelkauen und Anfeilen
vielfach entstellt. Die Weisse der Zähne findet sich bei dem 50 j. M. noch
eben so frisch wie bei dem 15 j. W. Die Bräunung durch Betelkauen findet
sich sowohl bei dem 30 j. W., als bei zv^'ei Männern, ohne dass anscheinend
die Festigkeit der Zähne gelitten hätte. Die 4 oberen Schneidezähne sind
bei 24 j. M. und beiden 25 j. M. gefeilt. Das 25 j. W. hat die unteren
Vorderzähne ungleich lang, namentlich ragen die Eckzähne merklich hervor.
28 j. M. hat die Eckzähne gefeilt.
Körperbau nichts Besonderes, meist proportionirt, „etwas mager"
25 j. M. a), 26 j. W., dagegen „etwas fett" 30 j. W., „robust" sind 35 j. M. a)
und 36 j. M.
Die Puls Zählungen scheinen wegen ihrer ausserordentlich schwanken-
den Ziffern von wenig Werth; abgesehen von den 190 P. des 28j. M. finden
wir 102 P. bei 25 j. W., 100 P. bei 45 j. W., und sogar 108 P. bei 30j. W.,
ferner 96 P. bei 15 j. W., dagegen 72 P. bei 26 j. W. und 80 P. bei
28 j. W. Die Erregung bei den Ersteren wird wohl den grössten Theil
des Plus erzeugt haben. Die Männer haben 84 bei 24 j. und 25 j. b), 80
bei 35 j. a), GG bei 25 j. M. a), 60 bei 35 j. M. b), 58 bei 50 j. M., vacat bei
36 j. M.
Bemerkungen. Das 15 j. W. hat bei kleinen zierlichen Brüsten sehr
grosse Mammae „wie bei den alten Weibern" und diese sind mit 2 Neben-
warzen versehen.
NB. Der 25 j. M. a) no. 227 hat das Gesicht schief, und zwar die
rechte Seite schmaler. (Hierzu Tabelle S. 36/37.)
3. Chermnas.
1 Mann 2 Weiber; ackerbauende Sklaven von Kotakal,
Mann ca. no. 74, alt 26? Jahre.
Weib „ „ 75, „ 17
dgl. „ „ 76, „ 25
Keines hat ganz dunkle Hautfärbung ; am hellsten ist das 17). W.: kaffee-
braun 42; daneben Iris H., sehr reine weisse Bindehaut bei Nägeln 25
und gesunde reine weisse Zähne unter rothen Lippen.
Das Normalbraun no. 35 findet sich beim 25 j. W.. neben Iris I, nur
(Fortsetzung s. S. 38 unten.)
3*
36
Dr. Koerbin:
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Wrz. B.
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Bch. U.
Wd. U. .
38
Dr. Koerbin:
Durchschnittsprozente der Rumpfmaasse der Pulayei-.
Kp. H : 7 m = 1 556 mm 6 W. = 1 427 7nm 7 ?» + 6 W. = 1 496 mm
Ohr. H. : 7 m - \ 438 mm = 92.4 pCt. 5 W. =: 1 322 mm - 91.7 pCt. von 1 441 Kp, H.
Ki. H. : 7 „ „ 1375 „ „88.4 „
Kp. H.
5 m =
1 563 mw =100.0 pCt.
4 W.
=
1 447 mm =
100.0 pCt,
Brb. H.
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1185 „
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Nbl. H. :
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886.5 7nm „
61.3 „
Schb.H.
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1 W.
=
771 „ =
52.8 , von 1460
Schu.H.
!)
1 298 m»i= 83.0 pCt.
4 W.
=
1 197 mm =
82.7 pCt.
Ell. H.
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990 „ „ 63.3 .,
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n
919.5, „
63.5 „
Hw. H.
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740 , , 47.3 „
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689 „ ,
47.6 „
Hsp. H.
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558 „ „ 35.7 ,
—
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530.5 „ „
36.5 ,
Drb. H.
893 m?n. = 57.1 pCt.
—
^
829.5 7ftm „
57.3 pCt.
Tr. H.
— „
840 „ „ 53.7 „
3 W.
=
793 „ =
54.4 „ von 1 460
Kn.H.
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425 „ „ 27.2 „
4 W.
=
394 , =
27.2 ,
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312.5„ „
21.6 „
KnchlH
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54 „ „
3.7 ,
Schu. B.
„_ -
339mwt = 21.7 pCt.
—
=
304 mm =
21.0 pCt.
Be. B. :
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199 „ „ 12.7 „
—
"
195 „ „
13.5 „
WdU.
—
=
246 7nm =
17.0 pCt.
Beb. U.
—
»
581 , ,
40.0 „
Si. H.
— = 78l7H7«= 50.0 pCt. —
718.5
49.65
Index der Schädel- und Nasen-Breite von Pulayer.
fl. B. 34
Seh. -^: 70. »86 — 28 j. W. — N.
71. "42 — 15j. W. —
71.074 — 35 j. M A.
71.''81 — 24 j. M.
71.''84 — 26 j. W.
73.»33 — 35 j. M. B.
73.H5 — 50 j. M.
74. "12 — 30j. W. —
74.»74 — 28 j. M.
75."76 — 25 j. M. A.
76.»00 — 25 j. M B. —
76."33 — 45 j. W.
77. »14 — 25 j. W.
H. L. 40.5
34
35.5
83.»95
= 95.»77
40
38
33
51
34
40
= 105. "26
= 64,"71
= 85. »00
(Forts. V. S. 35.)
rechts braungefleckter, weisser Bindehaut, Nägeln 25, sehr reinen weissen
Zähnen hinter rother Unterlippe und Pflaum -blauer Oberlippe. Letztere
Angabe ist vielleicht auch pathologisch bedingt, denn die Pulsfrequenz ist
hier ! 130, während das 17 j. W. nur 68 (äusserst schwache) Schläge zeigt
und auch der Mann 70.
Messungen an lebenden Indiern. 39
Letzterer hat Haut 35/41, den Uebergang vom Normalbraun zum
dunkelsten fast schwarzen Ton des Kaffebraun; Nägel 2(), Lippen roth.
Haar und ßart sind beim Mann geschoren, vom dunkelsten Grauschwarz
(48); die gleiche Haarfärbung hat 25 j. W.; bei 17j. W. fehlt die Angabe,
indem eine Probe mitgebracht ist. Beide Weiber haben das Haar wellig,
jedoch das jüngere weniger Der Wuchs ist proportionirt, das jugendliche
Weib etwas mager. Des Letzteren Arme sind „etwas behaarf" gefunden.
Abnormität: Die beiden inneren Schneidezähne am Unterkiefer des
25j. W. sind kürzer, bei dem Manne stehen an gleicher Stelle die beiden
äusseren Schneidezähne und der innere rechts vor dem inneren linken und
den beiden Eckzähnen vor.
4. Panirs.
Vier Männer aus Wynad.
No. 71 ist ein 20j , no. 70 ein 25 j. Kaffee pflanzender Kuli; no. 69 ein
20 j., no. 68 ein ?35j. Landarbeiter.
Farbe: wesentlich übereinstimmend mit den Vorigen. Die dunkelsten
Töne fehlen; no. 68 und 69 haben die vorletzte oder besser zweitdunkelste
Stufe des Gelbbraun, no. 70 die gleiche Stufe des Rothbraun dazu gemischt,
no. 71 eine Mischung der gleichen Stufe des Braun im engeren Sinne,
unseres Normalbrauu, mit dem dunkelsten Rothbrauu. Vielleicht erreichen
wir den besten Ueberblick dadurch, dass wir nicht von den dunkelsten
Stufen 27, 34, 41, ausgehen, sondern eben von den nächst helleren No. 35
ist ein dunkles sattes Normalbraun, no. 28 bildet dazu die rothe, no. 42 die
gelbe Nüancirung. Jene drei vorhergenanuten sind die zugehörigen schwärz-
lichen Töne und no. 48 (man bemerkt leicht, dass jede Nuance der Probe-
tafel in 7 Töne abgestuft ist,) ist die überhaupt vorkommende dunkelste
Färbung: grauschwarz. Man wird hiernach jede hellere Tönung leicht in
der betreffenden Nüancenreihe an ihren Platz setzen, und die vorliegenden
no. 35/27, 28/42, 42 sind ohne Weiteres verständlich.
Die Iris ist überall L
Haarfarbe meist nicht bemerkt, no. 69 mit schwarz bezeichnet. Alle
sind geschoren. Von no. 70 ist d.isselbe beim Bart angegeben.
Nägel säramtlich 25. Bindehaut bei 68 mit braunen Flecken versehen,
bei den Uebrigen mit rothon, resp. rothbraunen Adern, im Uebrigen ziemlich
rein. No. 71 besonders stark geädert, präsentirt sich grünlich. Sehr
eigenthümlicher Weise sind die Lippen bei 69, 70, 71 wieder als bl./ro.
resp. ro./bl. angegeben neben Pulsen zwischen 120 und löO. Bei 68 mit
Lippen ro. steht statt der Pulszahl leider nur ein?
Die Zähne sind theils schmutzig, theils defect angegeben, stehen also
von denen der Cheruraas sehr ab. Bei no 71 steht unten ein Vorderzahn
links um eine Zahnstelle hinter den übrigen zurück und ist fast schwarz;
oben ragt der Entsprechende eben so weit vor. Auch bei no. 70 steht der
grössere Schneidezahn links und in geriugerem Grade der entsprechende
40
Dr. Koerbin:
Eckzahn im Unterkiefer zurück, so dass die Zahncurve links abwärts geneigt
erscheint; bei 68 endhch ragen die beiden mittleren unteren Schneidezähne
merklich über ihre Umgebung nach oben hervor und divergiren dabei von
einander.
Der Körperbau ist bei 70 und 71 als robust, bei 69 als etwas fett, bei
68 als proportionirt notirt,
Bemerkungen: Zu 68: Spuren von Schutzpocken — an den Beinen eiternde Geschwüre.
Körper wenig behaart, am Penis reichliche schwarze Haare.
Zu 70: Körper unbehaart.
Zu 71 : Eiternde Hautgeschwüre an den Beinen.
5. Mupen.
20 j. AI. no. 72; ebenfalls von Wynad; Holzfäller.
Haar 28; Iris II; Haar 48, geschoren bis auf einen Scheitelzopf,
übrigens wellig; Bart auch geschoren.
Nägel 25; Bindehaut sehr unrein, mit vielen kleinen Adern; Lippen
ro./bl., dazu Puls 135; Zähne regelmässig ausser einem kleinen Schaltzahn
zwischen beiden oberen Vorderzähnen (versteht sich den mittleren).
Körperbau robust.
Tabelle 3.
Cherumas A.
Tabelle 4.
Panirs A.
Tabelle 5.
Mupen A.
w.
M.
M.
M.
ca. n. . .
75
76
74
71
67
70
68
72
Kp. H. .
1 541
1442
IGOO
1 550
1 582
1535
1623
1594
St. n. . .
1 488
1390
1546
1504
1539
1494
1583
1542
St. pr.. .
Ob. N. 11.
188
180
188
166
185
186
168
185
1451
1357
1 517
1 482
1 509
1465
1550
1519
Ohr H. .
1 420
1327
1482
1450
1480
1427
1 512
1485
N. 0. pr..
210/85
185/90
205/100
20./107
195/105
215/120
195/105
203/95
U. N. H. .
1403
1316
1483
1443
1475
1425
I 510
1478
Ki. n.. .
1 332
1 254
1 416
l 381
1406
1 355
1438
1 406
Seh. L. .
18Ü
170
187
173
180
197
175
181
Seh. B. .
133
124
137
131
128
135
130
125
h. Seh. U.
?520
?490
533
500
517
553
506
510
s. Seh. Br.
?301
300
330
310
318
330
300
300
N. Z. h. .
46
40
34
47
40
48
48
43
N. r. L. .
44
40
44
47
43
47
48
42
N. fl. B. .
36
38
36
33
40
38
38
39
Aufr. E. .
33
31
33
28
28
35
33
30
M. br./h. .
48/22
42/26
47/20
48/18
52/20
47/20
54/12
53/24
Wa. B. .
96
93
96
94
92
99
96
97
U. K. B. .
92
88
95
86
93
90
97
90
I. B. . .
120
122
123
12.
13.
133
133
117
0. B. . .
117
114
120
106
120
118
118
110
ol).N.O.R.
10.')
10.
105
100
102
110
106
100
u. N. 0. K.
107
96
113
100
110
120
107
105
Obli. 0. R.
122
114
131
118
126
132
120
123
Ki. 0. R.
126
121
133
112
130
135
132
130
Messungen an lebenden Indiern.
41
("lierumas B.
Pauirs B.
Mupen B.
W.
M.
M.
M.
Alter. . . .
17
25
26?
20
20
25
35?
20
Si. H. . . .
755
715
810
780
788
767
785
780
K]). H.. . .
1 541
1442
1600
1 550
1 582
1 535
1 623
1594
Ohr. H. . .
1 420
1 327
1482
1 450
I 480
1427
1512
1485
Ki. H. . . .
1332
1 254
1 416
1381
1406
1355
1438
1406
Rrb. H. . .
1 255
l 175
1 305
1282
1301
1263
1 326
1 312
Nbl. H. . .
95;i
895
968
927
960
930
984
980
Schb. H. . .
—
—
788
?766
?8Ü6
?786
?852
?823
Schu. H. . .
1 25.
1 19.
1 325
1 267
1276
1 252
1 326
1303
Ell. H.. . .
965
915
1 017
975
973
954
1 010
1015
Hw. H. . .
705
680
744
707
725
710
765
770
Hsp. H. . .
527
516
574
533
539
535
586
606
Drb. H. . .
878
854
922
894
898
900
960
919
Tr. H. . . .
853
806
859
840
861
835
?907
876
Kn. H. . .
442
437
445
435
450
413
472
436
Wd. H. . .
32.
30.
32.
32.
335
333
—
33.
Knchl. H. .
64
61
64
60
65
59
68
70
Schu. B. . .
325
318
[395]
325
347
354
357
330
Wrz. B. . .
"
208
divergent
192
168
170
172
197
167
Be. B. . . .
217
212
215
215
222
193
235
203
Br. U. . . .
774
760
744
770
77t;
750
Beb. ü. . .
590
660
590
585
670
735
656
650
Wd. U. . .
255
25.
31.
275
285
293
~
31.
Gewiss ist es misslich, aus einer so geringen Zahl von Repräsentanten
auf den Durchschnittsbau einer Kaste schliessen zu wollen, und in der That
ist die oben genannte Ziffer von 5 Individuen als Miniraalzahl für uns zu-
lässig erscheinende Durchscluiittsbereclmung nur nothgedrungeu so niedrig
gestellt worden. Indess liegt uns eine besondere Control- Rechnung ob.
Mehrfach fehlt die Messung der Gesammt- Kör per -Höhe, während die
übrigen Maasse in grosser Vollständigkeit wiedergegeben sind. Es steht
kaum in Frage, dass die Eigenthümlichkeit des Haarwuchses, resp. die
nöthig erschienene Schonung der Haartoilette davon wenigstens grossentheils
die Ursache ist. Wie dem nun sein möge, die Ergänzung der fehlenden
Ohr -Scheitel -Distanz ist ein wesentliches Bedürfniss, so lange wir Werth
legen auf eine prozentarische Berechnung und dadurch allein ermöglichte
bequeme Vergleichung der verschiedenen Höhenschnitte. Ohne Zweifel wird
die Kopfhöhe für etwaige Taxirung des Höhen- Längen- und Breiten -Index
42 Dr. Koerbin:
sich nicht berechnen lassen, die individuellen Schwankungen des Kopfl)aues
sind hierfür, wie wir überall ersehen können, viel zu gross; wohl aber ist
es erlaubt gegenüber den meist ungleich grösseren Verhältnisszahlen der
Rumpfhöhenschnitte nach einem prozentarischen Durchschnitts werth der
Scheitelhöhe im Vergleich zu der Ohrhöhe zu suchen, welche den etwaigen
Fehler klein genug bleiben lässt, um ruhig die Beziehung auf die gewohnte
Normalhöhe des Gesammt- Körpers eintreten zu lassen. Jede Veränderung
des Ausgangspunktes legt der Vorstellungskraft eines ausharrenden Lesers
unerschwingliche Lasten auf. Da sind nun diejenigen Individuen unschätzbar,
welche geschorene Köpfe oder wenigstens hinreichend schlichte Haare haben,
um den vermuthlichen Durchschnittswerth des Ohr- Scheitel -Abstandes von
c. 8 pCt. der Scheitel -Stand -Höhe auf seine Giltigkeit zu prüfen. Desshalb
die folgende Spezialberechnung. ^)
Wir finden mit geschorenem Haupthaar:
1 M. Cherumar: Kp. H.
4 M. Panirs
Ohr. H. = 1 600
1482 = 100
92.625
, 1 623
1 512 „ „
93.16
, 1 582
1480„ „
93.55
„ 1 550
1 -150 „ „
93.55
„ 1 535
1 427 „ „
92.96
r= 6 290
5 869 = 100
: 93.31
„ 1 572.5
1 467 mm
daran schliesst sich:
1 M. Mupen nur mit Scheitelzopf = 1 594 : 1 485 - 100 : 93.16
Die beiden W. Cherumas mit leicht welligem Haar ergeben bei Kp. H.
= 1541 und 1442 mm resp. 92.15 pCt. und 92.02 pCt. Es ist natürlich,
dass es sehr wesentlich darauf ankommt, wie viel Haare mitgemessen
werden; im Allgemeinen werden die Weiber davon mehr haben. Alles in
Allem genommen, werden wir nach keiner Seite eine grosse Sünde begehen,
wenn wir als Durchschnitt 92.5 pCt. als Verhältniss der Ohrhöhe zur
Gesammthöhe annehmen und das Verhältniss der Ergänzung auf rund
108 : 100 beziffern, jedoch unter Vorbehalt der Modifikation nach dem vor-
liegenden Durchschnitt bei jeder Kaste.
Index der Schädel- und Nasen-Breite von Cherumas und
Panirs nebst Mupen:
Seh. — 72. "94 — 25 j. W. Cherumar — ^' ^- ^ Ji = 95».00
L. U. L. 40
. 73.026 ?26j M. „ , iL = 92».31
" j » 39
„ 73».89 17 j. W. „ „ iL = 800.00
•' 45
■lö
„ 680.53 25 j. M. Pauir „ JiL = SQo.OO
"* 47.5
1) Dabei ist zu beachten, dass vor No. = C IX der Scheitel meist etwas höher steht als
bei der dann eintretenden gezwungenen Kopfhaltung.
38
48
= 79M7
33
47
= 70«.21
39
= 91". 76
42.5
Messungen an lebenden Indiern. 43
Seh. — 70M1 — 20). M. B. Panir — ^- ^- ^- i2-=9G».39
L. ■' II. L. 41.5
„ 74».29 35j. M.
, 75». 72 20j. M. A.
„ 69".0C 20 j. M. Mupen
6. Kanikas.
4 Männer aus dem Neduvanktidu- Bezirk in Trovancore, Athrumally-
Hills., Landbauer. 25 j. no. 202, 32j. 203, 35j. 204, 36 j. 201.
Dunkler als die Vorigen, Alle Hautprobe 27; Iris I; Haar 48,
kraus und starr, bei no. 204 etwas wellig; Bart 48, spärlich, an Lippen
und Kinn, bei no. 201 kurz geschoren.
Nägel ebenfalls dunkler, 26 bei Dreien und bei no. 201 sogar 28 -}- 22,
eine Mischung von Rothbraun und mitteldunklem Grau-Gelb-Braun; Binde-
haut ziemlich weiss, nur bei 201 wieder dunkelbraune und rothe Flecke.
Lippen bei 201 roth, bei 202 und 204 röthlich, bei 203 so dunkel wie die
Haut, Probe 27. Alle kauen Betel, daher die Zähne gebräunt, sonst
gesund; bei no. 203 sind sie sehr lang, und zeigen die unteren Vorderzähne
eine Lücke.
Körperbau proportionirt. Puls bei 203 — 75, bei 202 — 96, bei
201 — 100, bei 204 als äusserst schwach angegeben,
7. Tiers.
(Distrikt Calicut, Sprache Malayalim.)
1 Weib no. 145 von Calicut, 55 j., Haut 28, Iris III, Haar 48, wellig,
bereits bleichend.
Nägel 25, Bindehaut mit einigen braunen Adern; Lippen rothblau —
Pulsangabe fehlt — , Zähne sehr weiss.
Körper etwas mager. Gewicht 41 kg, Zunahme im Gefängniss 2.V kg
binnen \ Jahr. (Hierzu Tabelle 6.)
Schädel- und Nasen-Index von Kanikas und Tier.
32 j. M. Kanikar Ohr H. 92^.2. Seh. j^ 66°.48 N. ■g^ -30-= 79°.49
35 „ „
25 , ,
36 „ „ ,
55 „ - Tier
92^.17
„
69°.44
r
41
49
= 83°,67
„
72°.G0
»
33
41.5
= 79°.52
91^.21
„
73°.68
«
37
42
= 88°.09
91^.65
(FortsetzuL
67'^.91
'g
s.
S. 45.)
44
Dr. Koerbin;
Tabelle 6. Kanikas A.
Tabelle 7. Tier A.
ca. no. ...
202
203
204
201
145
Kp. H. . . .
vaeat
1576
1533
1610 + 5m
1533
St. H
St. pr. ...
Ob. N. H. . .
Ohr H. . . .
N. 0. pr.. . .
ü. N. H. . . .
Ki. H. . . .
1557
196
1528
1493
21.— 103
1492
1416
1 510
182
1487
1453
195-87
1452
1 378
1480
187
1 457
1413
206—10.
1 413
1 346
1 541 in
20
1 507
1 473
205—103 „
1 471
1 407
1472
189
145.
1405
205-85
1404
1335
Seh. L. . . .
Seh. B. . . .
h. Seh. U. . .
s. Seh. Bo. . .
190
138
?550
?340
179
119
515
•295
180
125
?530
310
190
140
?543
?347
187
127
?520
314
N. Z. H. . . .
N. r. L. . . .
N. fl. B. . . .
Aug. E. . . .
M. br:/h. . ,
42
41
33
34
50/17
40
38
31
32
41/22
49
49
41
38
48/18
43
41
37.
33
47/18
34
32
! -
Wa. B. . . .
U. Ki. B. , .
J. H
0. B
?100
ioo
130
118
88
90
124
107
97
98
130
117
91
102
130
124
95
86
124
ob. N. 0. R. .
u. N. 0. R. . .
Obli. 0. R. . .
Ki. 0. R. . .
104
102
122
136
98
93
122
112
105
110
125
128
108
HO
125
128
102
100
123
Tabelle 6. Kanikar B.
Tabelle 7. Tier B.
Alter ....
25
32
35
36
55
Si. H
832
794
804
815 + 5 mm
Kp. H. . . .
Ohr H. . . .
Ki. H
vacat 1 576
1 493 1 453
1416 1378
1 533
1 413
1 346
1 610
1473
1 407
1 533
1 405
1335
Brb. H. . . .
Nbl. H. . . .
Schb. U. . . .
1 315 1 298
972 ] 965
824 1 824
1 257
953
?820
1 323
990
830
—
Schu. H. . . .
Ell. H. . . .
Hw. n. . . .
Hsp. H. . . .
1 347
1 035
804
624
1 316
1023
774
602
1 275
984
729
580
1 349
1043
787
620
—
Drb. U. . . .
Tr. H. ...
Kn. H. . . .
W(l. H. . . .
Kiichl. H. . .
907
845
463
35.
58
897
855
425
36.
59
865
825
430
345
56
925
843 „
435
36.
62
—
Schu. B. . . .
Wrz. B. . . .
He. B. ...
340
178
•220
344 320
181 173
205 188
345
171
235
—
Br. U
Beb. U. . . .
Wtl. U. . . .
800
665
295
735
575
277
760
650
295
777
665
31.
i
—
Messungen an lebenden Indiern. 45
8. Nayers.
8 Sepoy's aus Tiovandrum, Trovancore.
Sie weichen wenig von der dunkelsten Farbe 27 ab ; diese Probe selbst
zeigt nur no. 210, 21 j., mit Iris T; 27/28 haben no. 211, 35 j,. 214, 37 j.,
216, 51 j., Alle mit Iris II; vorn 28 hinten 27 ist notirt no, 217, 36 j.,
nebst Iris II; 28/27 mit Iris II/IIl no. 215, 35 j.; no. 213, 39 j., und no. 212,
45 j., haben Probe 28, jener mit Iris I, dieser mit Iris II.
Die Haare gleichen auch hier Probe 48, ebenso der Bart, und sind beide
schlicht; bei Mehreren sind Schöpfe notirt; ausnahmsweise finden wir hier
meist starke Barte, nur der des 51 j. ist schwach und bleibt den Backen
fern, und bei 21 j. fehlt der Bart noch ganz. Der 39 j. hat einen kahlen
Scheitel. Bemerkenswerth ist wieder das frühe Altern : mit 45 so gut schon
wie mit 51 Jahren sind Haar und Bart gra^i. Die Nägel schwanken, ohne
sonstige ersichtliche Beziehungen, zwischen 24 bis '26, also der blasseren
und dunkleren Tönung der Normalnüance, gleichmässig (25 viermal, 24 und
26 jede zweimal). Die Bindehaut wird fünfmal als weiss, zweimal als ziem-
lich weiss, einmal als unrein angegeben, letzteres bei dem 51 j., der auch
allein die Lippen ro. -j- 27 notirt. Diese sind bei 39 j. ro. -|- bl., ohne pa-
thologische Pulszahl; bei den sechs Uebrigen einfach roth.
Die Zähne sind „Schönheits halber" vielfach vorn oben gefeilt, der Zeich-
nung nach rund, theilweise defekt, in Folge des Putzens mit Kohle, oder
auch von Caries angefressen. Beim 21 j. treten die unteren Eckzähne stark
zurück, bei den 51 j. ragen die Zähne des Unterkiefers stark nach vorn vor.
Der Körperbau ist (5 mal proportionirt, bei einem 35 j. robust, bei dem
39 j. etwas fett genannt. Die Pulszahl schwankt zwischen 64 bei dem 51 j.
und 85 bei dem 21 j. Die Athemzüge sind fünfmal notirt: mit 18 bei einem
35 j. bis 28 bei dem 36 j.
Bemerkung: Fast alle (männlichen) Nayers sind stark behaart, rasiren
1 — 3mal monatlich den ganzen Körper;" namentlich ist der Oberkörper, be-
sonders vorn, ferner auch hinten bis zum Steiss, von Haaren besetzt, sowie
die äussere Fläche der Arme, weniger die Schenkel (so bei dem 39 j.).
(Hierzu Tabelle 8/9.)
Durchschnittsprozente von Kumpfmaassen der Nayers.
Kp. H.: Sm - 1695 7iim = 100.0 pCt.
Ohr H. .
1 Ö67.5
=
92.5
Ki. H.:
1494
-
88.1
Kp. H.: 7 7« -
- 1698
min
-
100.0
Brb. H.:
1 391
=
81.9
Nbl. H.:
1 036
=
61.0
Schb. H.: 6 m -
- 898
=
52.9
Sehn. H. : 1 m -
- 1392
=
82.0
Ell H.:
1078
=
63.5
Hw. IL:
808
=
47.6
Hsp. 11.:
625
=
36.8
(Fortsetzung s.
s.
41
'•)
46
Dr. Koerbin:
Tabelle 8. Na
y ers A
Tabell
e 9. M
opla A.
M.
W.
ca no. .
210
215
211
217
214
213
212
216
139
Kp. H. .
1666
1689
1 702
1709
1670
1700
l 748
1674
1445
St. H. .
1 607
1630
1 1 631
1 651
1614
1 645
1 687
1608
1377
St. pr. .
197
191
184
195
194
192
18.
196
180
Ob. N. H.
1575
1 607
1605
1 623
1694
1 620
1 661
159.
1 356
Ohr H. .
1 533
1 564
1569
158.
1549
1 576
1618
1551
1317
N.-O.-pr.
215/113
205/97
204/10.
212/105
207/97
213/103
209/95
206/104
192-87
ü. N. H.
1530
1 564
1 568
1 58.
1 549
1 576
1618
1551
1 315
Ki. H. .
1449
1 499
1 494
1 502
1475
1 505
1 545
1 48.
1 317
Seh. L. .
185
190
179
192
189
190
185
173
Seh. B. .
142
137
139
137
137
139
139
125
h.Sch.ü.
545
549
525
550
540
545
528
495
s.Sch.Bo.
356
348
318
330
323
325
325
312
N. Z. h..
54
49
44
53
45
50
51
N. r. L..
51
49
43
53
47
49
57
N. fl. B.
37
32
34
32
31
31
30
35
Aug. E..
34
34
32
32
30
31
32
31
M. br./h.
49/21
51/26
49/19
45/20
45/17
52/15
46/21
Wa. B. .
100
105
107
90
99
105
92
78
ü. Ki. B.
95
98
97
108
89
98
95
90
J. B. .
129
133
135
130
130
135
130
114
0. B. .
117
115
115
120
119
125
120
—
ob.N.O.R
111 i
110
105
110
112
110
103
95
u.N.O.R.
105
105
104
110
HO
110
108
106
Obli.O.R.
119
125
120
120
130
134
125
Ki. O.R.
126
124
130
122
125
144
121
118
Tabelle 8. Nayers B.
Tabell-e 9. Mopla B.
M.
w.
Alter . .
21
35
35
36
37
32
45
51
25
Si. H. .
845
825
863
885
802
987
842
-
—
Kp. H. .
Ohr H. .
Ki. H. .
1 666
1 533
l 449
1689
1 564
1 499
1 702
1 569
1 494
1709
1 58.
1502
1 670
1549
1475
1 700
1 576
1505
1748
1618
1 545
1 674
1551
148.
1445
1317
1 263
Brb. H. .
Nbl. U. .
Schb. n.
1355
991
851
1394
1045
914
1387
1 021
885
1 403
101.
874
1 375
1043
910
1 38.
1041
1445
1 101
955
:
—
Schu. II.
Ell. H. .
Hw. H. .
Hsp. H. .
1 35.
104.
785
605
1 392
1055
785
613
1405
1 08.
803
622
1401
1097
815
635
1339
1074
810
627
1405
1078
. 827
635
1455
1 125
830
640
-
—
Drb. H. .
Tr. H. .
Kn. H. .
Wd. H .
Knchl.H.
935
876
448
34.
69
978
920
470
360
71
965
914
465
385
62
945
890
424
355
78
961
914
490
38.
76
944
886
450
355
73
1037
975
510
490
70
—
—
Schu. B.
[band]
Wrz. B.
Be. B. .
[394] 1
196
222
[401]
189
206
[38. ]|
202
219 i
35.
190
210
343
175
205
[375]
208
240
[435]
177
252
-
-
Br. U. .
Beb. U. .
Wd. U..
782
655
305
807
687
29. 1
815
715
31.
80.
675
32.
723
685
295
835
867
323
780
725
305
-
\
25 j. W. Mopla Ohr H.: 91°.14
B.
Seh. Y" 72^.24
Messungen an lebenden Indiern, 47
Drb. H.:
967 mm
=
56.9 pCt.
Tr. H.:
911
=
53.7 „
Kn. H.:
465
=
27.4 ,
Wd. H.:
381
=
22.4 „
Kehl. H.:
71.3
=
4.2 .
Schu. B.: 7m — vacat
Wrz. B.:
191
=
11.2 „
Be. B.:
222
=
13.1 ,
Br. ü.:
792
-
46.6 ,
Boh. U.:
716
=
42.2 „
Wd. U.:
307
=
18.1 ,
Si. H.: 864 := 50.9 ,
Indices der Schädel- und Nasen-Breite von Nayers.
B. fl. B. 32
Seh. 7- 7r.35 - 36 j. M. - N. -s— r rr-
L. •' E. L. 03
72°.ll - 35 j. M. A.
72°.49 - 37 j. M. -
73°.16 - 39 j. M. -
75°. 13 - 46 j. M.
76°.76 - 21 j. M. -
77''.G5 - 35 j. M. B. -
9. Mopla.
1 Weib, no. 139.
25 j. Bäuerin, Mohamedanerin von Malabar, Distrikt Calicut.
Zart, 39 kg schwer, merklich heller als die früher Genannten : Hautprobe
43 (hell kaffeebraun); Iris IV (sehr hellbraun); Haar 48, gekräuselt. Nägel
25, Bindehaut rein, Lippen ro. -f- bl., Zähne sehr weiss, rein.
H. L.
53
~
bU .J»
„
32
49
=
65°.3l
y>
31
46
=
67°.39
y,
31
49.5
=
62°.63
•n
30
54
=
55°.55
n
37
52.5
=
70°.48
»
34
43.5
=
78°.16
n. Anamally- Berge, Coimbatore- Distrikt.
10. Mulcer.
5 Männer: 16. j. no. 101, Kuli; 18 j. no. 83; 22.?j. no. 85, Kuli;
26j. no. 103; 45j. no. 89.
4 Weiber: 17j. no. 87, Kuli; 20j. no. 86, Gärtnerin: 23 j. no. 88;
35 j. no. 90, Kuli.
Der 26 j. M. ist aus dem Distrikt Chittur, alle Uebrigcn aus Coimbatore.
Haut: Probe 27 gleicht 17j. W., 18j. M., 22 ?J. M., 26 j. M., 35 j. W,
48 Dr Koerbin:
Alle fünf mit Iris I.; 27/28 haben drei, davon hinten 27, vorn 28 mit Iris I.
16 j. M. und 45 j. M.: 20 j. W. hat 27/28 mit Iris I/II. und gleicht im
Gesicht fast der Probe 30, einem sehr hellen Orangebraun mehr nach dem
Gelb als nach dem Roth hingeneigt. Das 23 j. W. hat bei der Körperfarbe
27 ein helles Gesicht, gelblich graubraun, Probe 2'2^ dem wir schon oben
bei den Kanikas als Nagelfarbe begegneten, und Iris IV. Das Haar ist
überall 48, nur bei dem 18j. M. 41. Er, sowie die W. 23j. und 35j.
haben es zottig, die Uebrigen wellig, und zwar der Mann von Chittur
kraus -wellig, das 20 j. W. und der 22? j. M. wellig -lockig. Der Bart fehlt
ganz bei dem 16j. und auch noch bei dem 18j., selbst der ?22j. trägt erst
eine Spur an der Oberlippe. Die beiden Männer von 26 und 45 J. haben
krausen Bart, nur an Lippe und Kinn, nicht an der Wange. Die Farbe
ist bei allen Dreien 48. Auch hier ist der 45 jährige Mann bereits mit
grau am Haupthaar und weiss im Bart notirt.
Nägel 25 und resp. 26. Bindehaut meist unrein, mit braunen Flecken,
grünlich, gelblich, schwarzbraun sogar am linken Auge des 22 j., nur bei
den Weibern mit den hellen Gesichtern und der hellen Iris ziemlich rein;
bei dem 45 j. M. ziemlich weiss mit braunen Adern. Letztere hat die Lippen
röthlich, das 20 j. W. roth, der 18 j. und der 26 j. M. wie die Haut 27, der
18 j. aussen sehr dunkel, innen nur etwas roth, alle Uebrigen 27 -f ro.
Zähne durchgängig unrein, das Kauen von Betel und Tabak ist bei dem
20 j. und dem 23 j. W. ausdrücklich bemerkt. Das 17 j. W. hat sehr un-
regelmässig gestellte Zähne im Unterkiefer.
Der Körper ist etwas mager bei dem 18 j. M. und dem 23 j. W., etwas
fett bei dem 20 j W. Die Uebrigen sind proportionirt.
Tättowirt ist das 17j. W. auf der Stirn mit 2 wagrechten Strichen
untereinander, darunter ein Punkt, und noch weiter abwärts ein nach oben
offener Winkel von 45 Grad. Dieselbe Zeichnung hat das viel reicher
tätowirte 20 j. W. auf der Mitte der Stirn, weiterhin zu jeder Seite je drei
senkrechte Parallelstriche und einen unregelmässigen Kreis, ferner an jedem
Augenwinkel einen halben rechten Winkel schräg nach innen convergent,
an dem längeren aufrechten Arm noch zwei kleinere spitzwinklig nach oben
divergirende Zacken; endlich an der linken Backe eine Art Herz. Ausser
grossen Ohrlöchern hat diese Person auch den linken Nasenflügel durchbohrt.
(Hierzu Tabelle 10.)
Die Ergänzung der fehlenden Körperhöhe für 2 M. und 2 W. aus nur
eben so vielen vorhandenen Ziffern hat einigermassen Schwierigkeit. Suchen
wir indess den Grad des Wahrscheinlichen uns klar zu machen.
I8j. M. — Kp. 11.
?22j. M. ,
17j. W. , ,
20j. W. ,
Ohr H. = 1 535 : 1 422 = 100 : 92.64
, 1 593 : 1 483 „ 100 : 93.09
, 1460 : 1351 , 100: 92.53
, 1 415 : 1 301 „ 100 : 91.94
(Fortsetzung s. S. 50.)
Messungen an lebenden Indiern.
49
T
abelle
10.
Mul cers A.
M.
W.
ca. no. . .
101
83
85
103
89
87 86
88 90
Kp. H. . .
vacat
1 535 1 593
1580
vacat
1460 1415
vacat vacat
St. II. . . .
St. pr. . . .
Ob. N. H. .
1459
17.
1427
1398
186—97
1397
1 335
1477
172
1 447
1422
190-103
1413
1352
1 1545
173
1513
1483
197—100
1475
141.
—
1 560
, 172
1 53.
1493
1197-95
1 1 493
i 1 43.
141. 1354
169 173
1 383 1 335
1 351 1 301
186-90 183—11.
1 351 1 305
1 282 i 1 245
1423
16.
1 39.
1 362
187-105
1 364
1 308
145.
164
1 412
Ohr H. . .
N. 0. pr. . .
U. N. H. . .
Ki. U. . . .
1 44
100
1375
195—95
! 1 374
1 1 318
Seh. L. . .
Seh. B. . .
h. Seh. U. .
s. Seh. Bo. .
172 174
130 135
500 ?50?
323 ?307
?155
137
?515
?315
170 181
134 127
— 52.
— 285
166 1 168 165 1 154
125 130 ?124 125
480 493 495 ' -
336 ! 315 ' 300 | —
N. Z. h. . .
N. r. L. . .
N. fl. B. . .
Aug. E. . .
M. br./h. . .
36
36
35
35
41/24
38
34
36
30
43/25
45
44
35
30
41/24
—
41
46
38
33
47/21
40
39
34
29
45/23
35 1
32
36
31
36/19
37
36
33
32
45/19
43
42
39
28
44/27
Wa. B. . .
U. Ki. B. . .
J. B. . . .
0. B. . . .
97
90
117
110
95
95
125
117
96
95
128
118
95
87
122
99
90
125
110
88 ! 94 1 85
83 84 1 82
117 119 118
107 ! 110 105
90
83
120
109
ob. N. 0. R. .
u. N. 0. R. .
Obli. 0. R. .
Ki. CR.. .
100
96
112
112
103
101
115
122
104
109
116
124
-
100
102
120
120
95
93
11.
112
93 j
95
107 !
108 1
94
96
110
115
95
112
12.
122
T
abelle
10.
Mulcers B.
M.
W.
Alter. . . .
16
18
22?
26
45
17
20
23
35
Si. H. . . .
712
734
749
—
785
741
717
724
710
Kp. H. . .
vacat
1 535
1 593
1 580
vacat
1 460
1 415
vacat
1 vacat
Ohr H. . .
1 398
1422
1483
—
1 493
1 351
1301
1 362
1 375
Ki. H. . . .
1335
1352
141.
— i 143.
1 282
1 245
1 308
1 318
Brb. H. . .
1 230
1 269
1 317 ! —
1 307
1 185
1 155
1 202
1215
Nbl. H. . .
920
954
987 —
998
885
864
916
902
Schb. H. . .
809
830
850 —
857
763
775
—
Sehn. n. . .
1245
1263
1 340
1 351
1 207
1 155
1 205
1226
Elb. H. . .
962
980
1043
—
1 026
933
888
927
940
Hw. H. . .
710
723
800
—
790
705
652
685
715
Hsp. H. . .
542
552
604
—
623
545
497
543
530
Drb. 11. . .
867
896
932
926
842
805
877
837
Tr. H. . . .
824
832
876
—
883
786
759
814
—
Kn. H. . .
430
465
472
—
465
388
383
435
403
Wd. fl. . .
315
335
325
—
365
305
33.
31.
—
Knchl. H. .
56
58
63
—
65
61
65
58
49
Schu. B. . .
325
315
310
356
292
?299
290
Wrz. B. . .
182
170
197
—
195
173
—
—
—
Be. B. . . .
208
202
1
203
—
207
213
197
207
—
Br. U. . . .
720
713
745
— 787
1
Bch. U. . .
635
634
665
—
623
590
525 1
585
—
Wd. U. . .
23.
223
263
—
277
235
24. ,
22.
—
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1879.
50
Dr. Koerbin:
Als ferneren Anhalt haben wir die Erfahrung, dass im Allgemeinen
bei den kleineren Leuten die Ohrhöhe verhältnissmässig tiefer steht und
dass die Weiber für ihre Öhr- Scheiteldistanz zu höherer Ziffer prädisponirt
sind. Demnach könnten wir die durchgängig kleineren Weiber zu 92.3,
die entsprechend grösseren Männer zu 92.9 pCt. Ohrhöhe von Körperhöhe
im Durchschnitt veranschlagen, und da das Verhältniss von 108 Körperhöhe
zu 100 ührhöhe fast genau den Prozentsatz 92.6 ergiebt, so lässt sich der
symmetrische Spielraum der hypothetischen Ziffer für Männer wie Weiber
als ein hinreichend enger voraussetzen, um die gewünschte Ergänzung aus-
führen zu dürfen.
Nun ist offenbar die Körperhöhe des 45 j. M. derjenigen des 22 j. M.
sehr nahe stehend, da sich ihre Ohrhöhen nur um 1 cm unterscheiden, und
dasselbe Verhältniss findet statt zwischen dem 23 j. W. und dem 17 j. W.
Wir können also ohne Weiteres die Körperhöhe für
45j. M. = 1600 - 1 605 mm
23 j. W. = 1 470 — 1 475 mm
in Ansatz bringen. Bei 1 600 Kp. H. wäre die Ohrhöhe von 1 493 mm
gleich 93.3 pCt , bei 1 605 aber gleich 93.02 pCt. Letztere Ziffer hat also
eine erdrückende Wahrscheinlichkeit für sich, und die wenigen Millimeter
Irrthum, welche überhaupt in der Möglichkeit bleiben, würden bei directem
Messen auch für die Schwankungen während des Einstellens und Ablesens
in Frage stehen. Eine ganz analoge Berechnung führt auf 1 473 für das
23j. W. Mit dem grössten Rechte conjiciren wir
45 j. M. = 1 605 mw Kp. H.
23 j. W. = 1473?WTO „
und in gleichmässiger Schlussfolgerung des Weiteren
35 j, W. =1486 mm Kp. H.
16 j. M. =1507 „
Die Probe auf das Exempel bietet das nun sich findende Prozentverhältniss
der tieferen Höhenschnitte.
Höhenprozente der Mulcers. Rumpfmaasse.
16.). M.
18J.M. ?22j.M.
45j. M.
26 j. M
Kp. H.:
?1 507
1 535
1593
?1605
1580
Ohr „
92.77 pCt.
92.64
93.09
93.02
—
Ki. „
—
—
—
—
—
Brb. „
81.62
82.67
82.67
81.43
Nbl. „
61.05
62.15
61.96
62.18
Schb. „
: 53.68
54.07
53.36
53.40
Schu. H
.: 82.61
82.28
84.12
84,17
YAh.
„ : 6:i.84
63.84
65.47
C3.93
Hw.
„: 47.11
47.10
50.22
49.22
Bsp.
, : 35.97
35.69
37.92
38.82
17j. W. 20 j. W. 23j. W. 35 j. W.
1 460 1415 ? 1 473 ? 1 486 mm
92.53 91.94 92.46 92.53 pCt.
81.16 81.63 81.60 81.76
60.62 61.06 62.19 60.70
52.26 — 52.61 —
82.67 81.63 81.81 82.50
63.90 62.76 62.93 63.26
48.29 46.08 46.50 48.12
37.33 35.12 36.86 35.67
Messungen an lebeuden indicrn.
51
Drb. n.
Troch. „
Kn. „
Wd. „
Kehl. ,
Schu.
Wrz.
Be.
Br. U.
Beb. „
Wd. „
Si. H.
B,
16j M. 18J.M. ?22j. M. 45J.M. 26 j. M. 17j. W. 20j. W. 23j. W. 35 j. W.
7.53 pCt. 58.37 58.51 57.69 — 57.67 56.89 59.54 56.33 nCi
57.53 pCt. 58.37 58.51 57.69
54.68 54.20 54.99 55.02
28.53 30.23 29.63 28.97
20.90 21.82 20.40 22.74
3.72 3.71 3.95 4.05
21.57 20.52 19.46 22.18
12.08 11.07 12.37 12.16
13.80 13.16 12.74 12.90
47.78 46.45 46.77 49.03
42.14 41.30 41.75 38.82
15.26 14.53 16.51 17.26
47.25 47.82 47.02 48.91
57.67 56.89 59.54 56.33 pCt.
53.84 53.64 55.26 —
26.23 27.07 29.53 27.12
20.89 23.32 21.06 —
4.18 4.59 3.94 3.30
20.00
21.13
19.69
11.85
—
—
14.59
13.92
14.05
40.4»
37.10
39.71
16.10
16.96
14.94
50.75 50.67 49.15 47.78
Durchschnitts
prozent
.e von Rumpfmaassen
der Mulcers
Kp. H.
5 M. -
1 564 mm
3 W. -
1 449.3
4 M. —
1 560 mm
= 100 pCt.
4 W. -
1 458,5
mm
= 100 pCt.
Ohr H.
1449 „
„ 9-->.88 ,
1347
V
„ 92.37 „
Brb. ,
1281 „
„ 82.10 „
1 189
»
, 81.54 ,
Nbl. „ :
965 „
, 61.84,
892
7)
, 61.14 ,
Schb. „
836.5 „
, 53.62 ,
2 W. -
769
n
, 52.44 ,
[Ki. „
1382 „
„ 88.59 „
4 W. -
1288
r>
» 88.33 ,]
Schu. „ •
1300 „
„ 83.32 „
1198
»
, 82.13 ,
Ellbg. „ :
1003 „
, 64.30 „
922
»
„ 63.22 .
Hw. „ :
756 ,
r, 48.46 ,
689
»
r, 47.26 „
Hsp. ,
580 „
„ 37.18 „
529
»
„ 36.25 ,
Drb. „
905 „
„ 58.03 „
840
5?
„ 57.61 „
Tr. „
854 „
„ 54.74 „
3 W. -
786
1J
„ 54.25 „
Kn. „
458 „
„ 29.36 ,,
4 W. —
401
)>
„ 27.49 „
Wd. „
335 „
»21.47,,
3 W. -
315
55
„ 21.73 „
Kehl. „
60.5„
„ 3.88 „
4 W. —
58
)5
„ 3.99 „
Schu. B.
326.5 mm = 20.93 pCt.
3 W. -
- 294 7«»
= 20.26 pCt.
Wrz. „
186 „
„ 11.92 „
1 W. -
-173 „
» :;
Be. „
205 „
„13.14 „
3 W. -
206 „
„ 14.19 „
Br. U.
741 „
„47.52 „
—
—
—
Bch. „
639 „
„40.97 „
3 W. -
567 „
„ 39.09 „
Wd. „
248 „
„ 15.91 „
3 W. -
■232 „
„ 16.01 „
Si. H.:
745 „
„ 47.76 „
4 W. -
723 „
„ 49.57 „
Index der Schädel- und Nasen-Breite von Mulcers.
Seh. A 70«. 17 — 45 j. M. N. -2—J- — = 87».36
Li.
„ 75». 30 — 17j. W.
„ 750.58 — 16 j. M.
„ 77» 38 — 20j. W.
„ 77».59 — 18j. M.
4*
H. L.
43.5
))
34
39.5
= 86«.08
))
35
36
= 97«.22
)>
36
33.5
= 107».46
>>
36
36
= 100«. 00
52
Dr. Koerbin:
Seh. A 78».82 - 26 j. M. N. ^-^ —
L. H. L.
I1M7 — 35 j. W.
9 _ ?22j. M.
? — 23 j. W.
39
42.5
= 91».76
35
445
= 78». 65
33
36.5
= 90».41
11. Kaders.
5 Männer aus den Auamally Bergen, Coimbatore- Distrikt.
20j. no. 155, '22]. no. 132, 30j. no. 131, 33j. no. 133, 40j. no. 134.
Hautfarbe dreimal 27/28 neben Iris I, beim 30 j. 27 und II, beim 40 j.
34 und I. — Haar und Bart: 48; Haupthaar wellig, nur bei 40j. kraus;
Bart fehlt noch ganz bei 20 j., zeigt eine Spur am Kinn bei 22 j,, ist schwach
bei den Uebrigen, an der Wange nur bei 30 j., die andern beiden beschränken
sich auf Oberlippe und Kinn.
Es sei hierzu gleich notirt, dass der 20 j. M. „weibische weiche Formen,"
der 22 j. „weibisches Aussehen" zeigt und etwas fett ist.
Nägel zweimal 25, dreimal 26. Bindehaut bei 33 j. sehr braun, bei
40 j. etwas grünlich, bei den drei Anderen ziemlich weiss.
Die Lippen sind rein roth bei 30). und 33 j., 27 bei 30 j. (Betelkauer),
27 -f ro. bei 22 j. u. 40 j., 27 -j- bl. bei 20 j., (der auch Betel kaut). Selbst-
verständlich sind die Zähne bei beiden Betelkauern entsprechend schmutzig,
rein notirt sind die von 22 j. und 33 j., gefeilt bei Demselben und dem 30 j.
Der Körper des 40 j. ist etwas mager, der von 30j. und 33j. pro-
portionirt. (Hierzu Tabelle S. 53.)
Durchschnittsprozente von Rumpfmaassen der Kaders.
Kp. H. :
3
M. -
— 1 579 mm
Kp. H. :
5
M.
1 588 mm
=
100.00 pCt.
Ohr H. •
1466 „
V
92.32 „
Ki. H. :
1 390 „
51
87.53 „
Brb. H.
1 308 „
))
82.37 „
Nbl. H. •
973 „
>5
61.27 „
Schb. H.
855 „
■>■>
53.84 „
Schu. H.
1310 „
■>1
82.49 „
Ell H.
1025 „
5>
64.55 „
Hw. H.
755 „
)5
47.54 „
Hsp. H.
576 „
55
36.27 „
Drb. H.
928 „
■>1
58.44 „
Tr H.
865 „
11
54.47 „
Kn. H.
446 „
„
28.09 „
Wd. H.
363 „
11
22.86 „
Kehl. n.
66 „
11
4.16 „
(Fortsetzung s. S. 54.)
Messungen an lebenden Indiern.
53
Tabelle 11. Kaders A.
ca. no.
Kp. H.
St. H. .
St. pr. .
Ob. N. H
Ohr H. .
N. 0 pr.
U. N. II.
Ki. U .
Seil I..
Seh. B.
h. Seh. U.
s. Seh. Ho
N. Z. h.
N. r. L.
N. fl. H.
Aug. K.
M. br./h.
Wa. B. .
U. Ki. B
J. B. . .
0. B. . .
ob. N. 0. R,
u N. 0. R.
Obli. 0. R.
Ki. 0. R. .
155
1 645
1 584
132
1 (;-ii
133
134
1 5-28
1 564
I 585
185
1 555
1 517
205—103
1 517
1 439
1 515
lh5
1 479
?1464
19. -87
? I 460
?1 386
I 5:.8
187
1534
1 493
193—90
1 490
1 414
l 48.
18.
1 -15.
1 411
196-95
1 41 .
1 :;3.
20
183
131
515
.30.
45
41
37
34
45/25
96
105
124
114
91»
104
125
121
181
175
124
135
51.
?5I0
297
335
182
123
?517
320
36
34
40
37
50/24
102
106
120
1 17
50
48
39
38
42/22
45
45
36
32
49/23
104
87
121
110
97
100
131
115
95
90
132
115
105
101
122
125
106
104
118
128
1 508
180
1485
1 446
— 10.
1 447
1 38 .
178
125
507
312
45
35
37
35
46/24
89
87
118
105
97
10.
118
120
Tabelle 11. Kaders B.
Alter
20
22
30
33
40
Si. H
806
777
802
747
760
Kp. H . . . .
Ohr H
Ki. H
1 645
1 517
1 439
1 584
?1464
?! 386
1621
1493
1 414
1 5-.'8
1 411
1 33
1 564
1 446
1 38
Brb. H
Nbl. H
Schb. H. . . .
1 374
1025
874
1292
966
838
1 331
985
865
1 245
941
835
1297
950
863
Sehu. IL
EUb. H.
Hw. H. .
Hsp. H.
Drb. 11.. .
Tr. 11. . .
Ku H. . .
Wd. H.. .
Knchl. H. .
Schu. B. .
[band]
Wrz. B. .
Be. H. . .
Br. U. . .
Bch. U. .
Wd. U. . .
1 37.
1 064
814
640
1 296
997
743
563
1 335
101.
754
566
966
910
465
360
70
345
182
200
775
647
297
917
864
416
37.
68
[39 ]
182
2(^7
788
62.
.32.
945
884
463
377
66
390]
199
825
64.
31.
1 263
985
723
545
917
!820
445
365
61_
338
185
208
795
57.
27.
I 286
1 07.
740
566
S94
847
441
345
64
330
177
210
728
605
275
54
Dr
. Koerbin:
Schu. B. :
3
M.
— 338 mm =
21.41 pCt.
Wrz. B. :
185 „ „
11.65 „
Be. B. :
209 „ „
13.22 „
Br. U. :
782 „ „
49.24 „
Bch. U. :
616 „ „
38.79 „
Wd. U. :
294 „ „
18.51 „
Si. H. : 778 „ „ 48.99
Index der Schädel- und Nasen-Breite der Kaders.
Seh. ^ - 33j. M. - 670.58 N. ^A ^ =800.00
L. H. L. 45
„ 22j. M. 68».51 „ — „ 1140.29
40 j. M. 700.22 „ — „ 920.50
J 40
20 i. M. 710.59 „ — „860.05
j '43
30 j. M. 770.14 „ — „ 790.59
ITl. Nilgiri- Berge.
12. Naya-Kurumbas.
15 j. W. no. GO, 19). M no. 63, 25 j. W. no. 61, 45 j. W. no. 62.
Haut: 15). M. 42 -\- Gesicht fast 28; die Uebrigen 27, doch heisst
das Gesicht des 25 j. W. „orange nahe 44" (ein helles aber sattes Gelbbraun).
Iris: 19j. M. I, 25j. W. I/II, 15j. W. II, 45j. W. III.
Haar: 48, krauswellig; bei 45 j. W. bereits ergraut, bei 19 j. M. sehr
kraus und dicht.
Bart: 48, sehr schwach, an Wange, Lippe, Kinn.
Nägel: durchweg 25.
Bindehaut: 15 j. W. ziemlich rein; 19 j. M. grünlich unrein, klein
geädert; 25j. W. rein grünlich weiss; 45j. W. unrein grünlich weiss.
Lippen: Hier scheint sich ein Theil der hohen Pulszahl und des
Lippenblau zu erklären durch die Angst vor dem Messen, denn es steht
von dem doch schon erwachsenen 19 j. Burschen no. 63 unter der Pulszahl
geschrieben: „zittert vor Angst", und der Puls zählt 140 und die Lippen
sind violett. Doch zeigen auch die erwachsenen Weiber Pflaumblau, die
^5j. neben roth, die 45 j. neben 27. Leider fehlen die Pulszahlen für die
Weiber,
Zähne: bei 15 j. W. gesund und regelmässig, aber auch schon durch
die Unsitte des Betelkauens etwas gefärbt; bei 19j. M. sind die oberen
Zähne schön, weiss und gerade, unten dagegen die Vorderzähne schräg nach
vorn gerichtet, klein und gelb; der linke Hundszahn unten ist zugespitzt;
Messungen an ledenden Indiern.
55
bei 25 j. W. sind die Zähne sclimutziggelb und defekt, die vier oberen Vorder-
zähne auffällig breit; 45 j. W. vacat.
Körper: proportionirt. Der Bursche hat rechts eine hohe Schulter
(fiel als Kind vom Baum).
Bemerkungen: Die Augenbrauen der beiden älteren Weiber sind
auffällig schwach. Der junge Mann hat eine breite, flache, plumpe Nase
und dicke Lippen.
Tabelle 12.
Naya- Kurumbas A. Nay a - Kurumbas B.
?l'ariah. PPariah.
M.
W.
W.
M.
W.
W.
ca. DO. .
63
60
61
62
20
Alter . .
19
15
25
45
35
Kp. II. .
1 435
1 402/25
1345
1 305/7
1345
Si. H.. .
700
702
—
637
710
St. H. .
St. pr. .
Ob. N. H.
Ohr H
1 372
174
1341
1313
204/10Ö
1305
1 248
1 335
165
1 320
1 291
153/95
1280
1 231
1 23G
174
1 205
1 167
180/105
1 174
1 ik;
1 268
186
1241
1 224
190/90
1 204
1 145
Kp. H. .
Ohr H.
Ki. U. .
1 435
1 3 1 ;;
1 248
1402/25
1 291
1 23 1
1 345 1305/7
— ' 1 167
- 1 116
1345
1 224
1 145
N. 0. pr
U N. H.
Ki. H. .
Brb. H. .
Nbl. 11.
Schb. II.
1 154
840
721
1 160 —
?853 -
1047
799
693
1085
?898
-
Seh. L. .
Seh. B. .
h. Seh. U.
s.Sch.Bo.
180
125
530
32.
169 ! —
120 —
?435 —
325 —
165
136
480
305
170
135
!510
zu gross
330
Schu. H.
Ell. II. .
Hw. II.
Hsp. H. .
1 176
887
658
495
[276,
225
165»
1 080
838
615
461
1 088
840
635
470
N. Z. h .
N. r. L..
N. fl. B..
Aug. E. .
M. br./h..
45
43
33
27
48/18
39
41
31
27
40/21
43
45
30
30
49/18
45
42
37
30
53/22
Drb. H. .
Tr. 11. .
Kn. H.
Wd. 11. .
Knchl. n.
844
756
425
29.
60
1 35!
385 ^
—
742
700
384
275
58
782
?698
365
55
Wa. B. .
U. K B.
J. B. . .
0. B. .
88
80
120
110
85
80
115
110
—
85
81
114
109
97
90
HG
110
[band] .
Schu. B.
Wrz. B..
Be. B.
[oUÖ]
290
180
190
- — 270
— 187
285
235
ob.N.O.R.
u.N.O.R.
Obli.O.R.
Ki. 0. R.
100
102
119
111
95
90
95
lOG
—
87
95
112
1U9
103
98
117
117
Br. U. .
Bch. U. .
Wd. ü.
710
570
265
—
-
215
27.
Schädel- und Nasen-Index von Naya- Ku r u m b as.
19 j. M. Ohr H.: Seh. A G9."44 N. IL^ '— = Ib^oo
L. U. L. 44
15 j. W.
45 j. W.
71. "Ol
82.042
— --= 77.^50
40
30
44
68."18
[35 j. W.
91.005; 79.041
— = 85.»06]?
43.5
5g Dr. Koerbin:
12. X. Ziemlich sicher Naya- Kururaba, obwohl es sich aas Eitelkeit
Pariah nannte.
35 j. W., Kuli, Nilgiris. no. 20.
Haut 35; Iris II; Haar (Probe) 48, dichte Locken; Nägel 25; Binde-
haut roth und braun geädert; Lippen 27; Zähne klein, weiss, an den
Rändern schwarz, unten vorn fehlend; Körper etwas fett, 43.5% schwer.
13. Kurumbas.
5 M. und 2 W., Kuli.
18 j. M. von Coimbatore no. 107, 22 j. W. (Nilgiris), no. 59, 23 j. M.
(Wynad) no. G7, 27J.M. (VVynad) no. 65, 30 j. M. (Wynad) no. 66, 50J.M.
(Coimbatore) no. 108, 50 j. W. (Nilgiris) no. 58.
Haut durchgängig ohne die dunkelste Färbung, dgl. Iris und Nägel.
Siehe folgende Combinationen :
18 j. M. = 28 + 11 + 24,
22 j. W. = 42/43 + II + 24,
23 j. M. =28 + II + 25,
27 j M. = 28 + III + 25,
30 j. M. = 28 + 11 + 25,
50 j. W. = 42 + II + 24,
50 j. M. = 28 + III + 25.
Die Haare 48, nur bei dem 22j.W. 41, sind kraus wellig, ausser bei
den beiden 50 j. M. und W., wo sie einfach wellig heissen. Der 18 j. M.
ist geschoren, der 50 j. M. grau, das 50 j. W. anscheinend noch schwarz.
Der Bart fehlt bei 18 j.; ist rasirt bei 23 j. und 27 j. M.; kraus, 48,
bei 30 j. M. , nur an Lippe und Kinn; findet sich spärlich an Wangen,
Lippen und Kinn bei 50 j. M.
Die Bindehaut ist ziemlich rein und weiss, braune Flecke sind nur
bei 23 j. M. und 50 j. W. notirt, rothe Adern bei dem 27 j. M. Die Grund-
farbe des 23 j. M. wird grünlich weiss genannt.
Lippen: Das Bedenken eines pathologischen Ursprunges der Blaufär-
bung bestärkt sich wieder, denn während 27 j. M. nur 73 Pulse bei ro. der
Lippen zählt, hat 23 j. M. deren 150 neben der Lippenangabe ro. + bl.
Andererseits steht auch für den 30 j. M. Lippen ro. neben P. 130 und für
das 22 j. W. ro. innen, 27 aussen mit P. 120. Die Pulsaugabe fehlt für
18 j. M., Li. ro.; 50 j. W.. Li. ro. + '^^7, und 50 j. M.: ro. etw. bl.
Zähne meist gesund und weiss. Sie stehen einzeln, durch Lücken
f^etrennt bei 18 j. M. und 50 j. W., wo besonders die Vorderzähne sehr
klein sind. Bei 22 j. W. sind die Hundszähne stark nach innen gerichtet
und ziemlich klein; eben so stehen bei 27 j. M. im Unterkiefer einige Zähne
schief; auch bei 50 j. M. stehen die Zähne nur „ziemlich" regelmässig;
schwarz und defekt sind die Zähne bei 30 j. M. und die oberen Vorder-
zähne fehlen. N. B. Die Kurumbas putzen die Zähne mit Holzkohle.
Körper bau durchweg proportionirt, der 18 j. M. etwas fett, 46.5 kg
schwer.
Messun(3fen an lebenden Indiem.
57
Tabelle 13. Kurumbas A.
M.
w.
ca. no. . . 107
1 67
1 65
66
108 59
58
Kp. H. . . 1492 1 1515 ! 1529 | 1523 ] 1589 1470 1 1410
St. U. . .
St. pr. . .
Ob. N. H. .
Ohr. H. . .
N.- 0.- pr. .
u. N. ri. .
Ki. 11. . .
1 43ü
175
1 .382
■ 197-105 -
40
95
1 473 1 475
167 179
1 445 1 453
1413 1416
192-98 i 195—95
1413 1405
1 344 1 283
1 472 1 533
185 177
1 442 ( —
1 405 J 1 472
200—105 ' ) 203-110
1 395 54
1 337 141
J )
— ( — '
27 45
94 110
Seh. L. . .
Seh. B. . .
h. Seh. U. .
s. Seh. Bo. .
172
125
487
303
175
128
505
301
172
138
505
205
186 i 175
130 ?10U
525 522
322 330
- — *
N. Z. h. . .
N. r. L. . .
N. fl. B. . .
Aug. E. . .
M. br./h. . .
—
43
42
36
33
4!)/ 2 5
47
48
37
33
50/15
46
47
37
37
49/15
—
- , —
Wa. B. . .
ü. K. B.. .
J. B. . . .
0. B. .
94
90
122
95
97
116
117
95
97
126
122
95 93
95 100
118 125
111 —
110 97
92 90
118 —
ob. N. 0. R.
u. N. 0. R.
Obli. 0. R. .
Ki. 0. R. .
95
100
117
100
102
122
126
102
105
120
121
105
110
122
121
105
108
130
—
-
Tabelle 13. Kurumbas B.
M.
W.
Alter . . .
18 23
27 30 50 22 50
Si. H.. . .
— 1 798 1 808
765
— - -
Kp. H. .
Ohr H. . .
Ki. H. . .
1492 • 1515 1529 I 1523
1 382 1 413 1 416 1 405
1 344 ' 1 283 1 337
1 589
1472
1470 1410
Beb. H. . .
Nbl. 11. . .
Schb. U. .
— 1 '2;iO 1 251 1 255 : —
— !»01 III).', :i2.') —
— 7:»-.' 77,')
- —
Sehu. H.. .
Ell. H. . .
IIw. H . .
Bsp. H. . .
— 1 226 1 222 1 241
— 955 955 955
717 716 704
— 554 545 530
- i -
Drb. H. . .
Tr. H. . .
Kn. H. . .
Wd. H. . .
Knchl. 11. .
i 865 850 1 860 —
— 1 790 801 820 j —
— ' 409 430 ' 433 1 —
— 290 313 j 330 —
— 49 61 ! 68 —
— —
Sehn B.. .
Wrz. B. . .
Be. B. . .
— 355 345 324 —
172 1 l(i7 168 —
— 205 1 214 215 —
- —
Br. ü. . .
Beb. U. . .
Wd. U. . .
720
605
270 ,
740 ;
665 1
275 ,
730
638
?275
-
-
58
Dr. Koerbin;
Schädel- und Nasen-Index von Kurumbas.
R AR *^7
30 j. M. Ohr H.: 92.25 pCt. Seh. -j^ 69°.89 N. -^-jj- -^ = 79°57
18 „ , 0 , 92.63 , „ 72°.67 „ — —
36
93.26 „ „ 73°. 14 „ -ttt = 84°.71
23
27
50
92.61 „
92.64 „
80°.23
9 ?
42.5
37
47.5
= 77°.89
19 M.
14. Irulas.
und 3 W.
16 j. M.
no.
92 Kuli
17 „
„
42 ?
22 „
„
257 Schäfer
23a „
,
93 Kuli
23b „
„
273 Kuli
25a ,
,
41 ?
25b „
„
43 ?
28 a „
„
256 Bauer
28b ,
„
272 Ochsentreiber
30 r,
,
40 ?
32 „
yy
100 Kuli
35a „
„
102 Kuli
35b ,
„
254 Kuli
36 ,
V
101 Kuli
38 „
^
105 Kuli
40a „
„
94 Kuli
40b ,
„
255 ?
40c „
,
106 Kuli
50 „
^
84 Gärtner
22 j. W.
,
44 ?
26 , „
„
95 Kuli
30 „ ,
jj
96 Kuli
aus dem Distrikt Coimbatore,
„ „ V Madras,
r „ , Salem,
„ „ Coimbatore,
„ n n Salem,
Tanjore,
„ „ » Chingleput,
V n „ Salem,
n » 7, Salem,
„ „ , Madras,
„ j, „ Coimbatore,
,. „ „ Coimbatore,
„ „ ., Salem,
„ „ „ Coimbatore,
„ „ , Coimbatore,
„ „ „ Coimbatore,
, „ , Salem,
Süd-Arcot,
„ , , Coimbatore.
, „ „ Chittur,
„ , Coimbatore,
„ _ „ Coimbatore.
Die Färbung schliesst sich eng an die früher angeführten Kasten an.
Haut:
Probe 27, zeigte die Haut von 23 6 j. M., 25 6j. M., 28 aj. M., 35 aj. M.,
SöZ-j. M., 40 ^*j. M., 50j. M., — Probe 27 mit Gesicht 28 hat 16 j. M.,
23 aj. M.; Probe 27 Nacken, Brust aber 28 ist notirt bei 17 j. M. — 27/28
haben 22j. M., 28 ^-j. M., 30j. W., 32 j. M., 36 j. M., 40cj. M., —Rücken
27, vorn 27/28 hat 40 aj. M.; — hinten 27/28, vorn 28 hat 38 j. M. —
Rücken 28/27, Gesicht 30 findet sich bei 25 j. W.; — 42 bei 25 aj. M. und
30 j. M., und endlich 42/35 bei 22 j. W. Eine Sonderung nach der
Herkunft ist nicht möglich, da die gemessenen Individuen sich nur zufällig
und stets vereinzelt ausserhalb ihrer Heimath, in anderen Distrikten
befanden.
1) ^eschureu.
Messungen an lelienden Imliern. 59
Iris: I bei Haut 27 findet sich 5 mal, bei 27 + 28 combinirt 3 mal,
n bei „ 27 „ „ 3 mal, bei 27 + 28 „ 3 mal,
III bei „ 27 „ „ 0 mal, bei 27 + 28 „ 4 mal,
ferner bei 28/27 + 30 der Haut III der Iris
42 + 35 „ I
42 (doppelt) III „ (doppelt).
Hiernach macht sich der auch bei uns giltige Satz geltend, dass über-
wiegend häufiger die helleren Töne der Regenbogenhaut sich bei den lichteren
Hautfärbungen finden.
Die Haare haben in zwei Dritteln der Fälle, 15 von 22, die häufigste
Nuance, 48; 41 findet sich nur bei dem Jüngsten und Aeltesten, dem 16j.
und 50 j., letzteres jedoch schon ergrauend; die beiden helleren Farben 42
zweimal und 49 dreimal combiniren sich mit den lichteren Tönen der Haut
und der Iris, nämlich 42 Haar mit 42/35 Haut + I Iris und 42 Haut
+ III Iris, 49 mit 27 + II, 27 + II, 42 + III. Die Form des Haares ist
schlicht genannt 3 mal, schlicht- wellig 3 mal, wellig 8 mal, wellig-lockig 1 mal,
wellig- zottig 2 mal, kraus 2 mal, kraus mit künstlichen Büscheln 1 mal. Die
wellige Haarform ist demnach weit vorwiegend.
Eine Analogie mit der Farbe lässt sich nur in sofern herausbringen,
als keine der helleren Ausnahmen mit den beiden schlichten Formen sich
zusammen findet. Entsprechend den helleren Färbungen von Haut resp.
Iris haben alle drei Weiber gewelltes Haar.
Bart: fehlt bei 16j. M. und 17j. M. Seine Farbe ist überall 48,
ausser dem bereits ergrauenden 50 j. M. , wo sie ebenso wie das Haupthaar
mit 41 bezeichnet ist; ferner wird auch der Bart des 40j. M. bereits grau
genannt. Durchweg ist der Bartwuchs kümmerlich, an der Wange wird er
nur bei dem 38 j. gemeldet. Auch bei dem 23 6 j. findet sich erst eine Spur
an der Oberlippe; lediglich eine Spur an Lippe und Kinn hat auch der
30 j. aufzuweisen. Im Uebrigen bleibt es bei spärlich, dünn und dergl.
Rasur wird von einem 22 j. Schäfer und einem 28 j. Bauer vorgenommen.
Ueber die Form der Barthaare findet sich nur bei 40 aj. die Notiz kraus.
Nägel: 8 mal 25, 8 mal 24, 4 mal 26, 1 mal 23; letztere Färbung ist
ein lichtes bräunlich -Gelb, in dem Rosa kaum noch bemerkt wird; sie findet
sich bei dem 25j. W. mit dem gelblich -orangebraunen Gesicht. Ueberwiegend
findet sich das blassere 24 mit den helleren Tönen von Haut resp. Iris
vereint, aber niclit consequent.
Bindehaut: „Rein weiss" ist keinmal notirt, „ziemlich weiss" bei
30j. W. (Haut 27/28, Iris II), 30 j. M. (Haut 42, Iris IH) und 40 aj. M.
(Haut 27 + 27/28, Iris III); „ziemlich weiss mit brauneu Flecken" bei
dem 25 j. W.; „grünlich weiss" findet sich bei dem 50J. M., „grünlich" bei
32 j. M., „grünlich mit braunen Flecken" bei IGj. M.. 28 Äj. M., 38 j. M..
40cj. M.; „wenig braune Flecke" hat 17 j. M., ..Olivonbraune Flecke" 22 j.W.,
60
Dr. Koerbin;
„einzelne braun-grüne Flecke" 25 6 j, M.; ferner wechseln die Bezeichnungen
„braune Flecke", „braune Adern", „braun", „sehr braun" ohne zwingende
Beziehungen zu den bisher betrachteten Färbungen.
Lippen: Rein roth nur bei dem 32 j. M. genannt, dagegen 27 oder
fast 27 11 mal, und zwar auch bei dem 25 j. W.; ferner 27 innen roth,
resp. 27 -\- ro. je 1 mal, ro. -\- bl. (Pulsangabe fehlt) 4 mal, 27 -|- bl. 1 mal,
innen rosa bei dem 25 a j. M., bei dem 22 j. W. innen rosa, an den Rändern
Pflaum -blau -roth.
Zähne: überwiegend gesund, ziemlich rein und weiss, mehrfach durch
Putzen mit Kohle stark abgenutzt, l)esonders die oberen Schneidezähne.
Die Angabe von Betel- und Tabakkauen findet sich gerade bei dem Jüngsten,
erst 16 j. Der 17 j. M. trägt jederseits neben den unteren Schneidezähnen
einen zugespitzten Eckzahn stark nach vorn gerichtet.
Körper: meist proportionirt, sonst überwiegend etwas mager. Von
den 3 Weibern die 22 j. etwas fett, die 25 j. u. 30 j. etwas mager.
Gewicht: fehlt sonst; nur bei 38 j. M. mit 50,5 (-[- 2,0 in .^ Jahr) und
bei 40 cj. M. mit 49,5 (— 1,2 in L] Jahr) angegeben.
Bemerkungen: Das 22 j. W. hat die Augenbrauen fast zasammeu-
laufend, es ist sehr schamhaft.
Der 17 j. Bursche hat Pocken -Narben, ausserdem aber auf dem Bauche
eine grosse Narbe, 29 cm lang, 13 cm breit, links am Schenkel desgl. von
45 ct)i und 17 cm, kleinere am Arm oben.
(Hierzu Tabelle 14.)
Durchschnitt sprocente von Rumpfmaassen der Irulas.
Kp. I
I.:
19 m
—
1668
■!>
16 „
—
1586
»
14 „
-
1586
5>
10 „
—
1581
))
9 „
—
1 580
»
9 „
-
1 569
>i
8 „
—
1 576
Ohr
H.:
16 „
—
1474
Ki.
„
[14 „
—
1407
Brb.
>?
10 „
—
1 298
Nbl.
•>■>
»> ?)
—
974
Schb.
..
» »
-
832
Seh.
)5
5) n
—
1 319.5
Ell.
,,
?) !>
-
1018
Hw.
5> )?
-
763
Hsp.
"
51 )!
—
584
Drb.
,,
—
926
Tr.
„
■)■> )5
—
853
Kn.
7>
■>■> 5)
-
447
Wd.
„
8 „
—
329
Kehl.
,,
9a
-
02
100
100
100
pCt.
3 W. -
- 1 459 mm - 100
2 W. -
- 1 426 „ -- 100
1 W. -
- 1 524 „ = 100
pCt.
92.91 .,
3
W.
-
1 351
11
=
9-2.60
88.71 „ ]
l
j)
—
1 290
,,
=
88.42
82.10 „
1)
—
1 204
>■>
-
82.52
61.01 „
„
—
897
)j
=
61.48
52 61 „
-
—
83.46 „
,j
—
1237
»
-
84.78
64.39 „
)i
—
940
5?
=
64.43
48 26 „
1)
—
710
,,
=
48.66
36.94 „
"
—
537
)5
=
36.81
58.57 ,.
)
—
?869
1>
=
? 59.56
53.95 „
2
w.
—
783.5
))
-
53.70
28.27 „
3
w.
413
,,
-
28.31
20.80 „
„
—
318
)»
-
21.79
3.92 „
_
63
^,
-
4.32
Messungen an lebenden Indiern. 61
Schu. B.: 10 M. — 329 mm = 20.81 pCt. 3 W. — 300 mm = 20.56 pCt.
Wrz. „ 8 „ - 174 „ = 11.04 „ „ _ - _
Be. „ „ „ — 224 „ = 14.21 „ „ - 215 „ = 14.74 „
Br. U.: „ „ - 735 „ = 4H 64 „ „ _ _ _
Beb. „ ,, „ — 620 „ = 39.34 „ 1 W. — 590 „ = 38.71 „
Wd. „ ,' „ - 269.5 „ = 17.10 „ 3 W. — 230 „ = 15.76 „
Si. H. 9a „ — 777 „ ^ 49.52 „ „ - 710 „ = 48.66 „
Index der Schädel- und Nasen-ßreite der Irulas.
H. „ i\. B. 38
30 .). M. Seh. -j— GG°.8b N ., , —r-r .-= 91°.75
L. U. L. 41.0
22 j. W. „ 66°.86 „ -^ = 73^56
35 j. M. A. ,; 69°.06 „ ' — —
:i8 j. M. „ 69''.53 „ - -
36 j. M. „ 70°.16 „ — —
38
25 j. M. B. „ 70°.59 „ -TT- = 84''.44
45
40 j. M. C. „ 71°.12
28 j. M. B. „ 72°.09
32 j. M. „ 72°.75
23 j. M. A. „ 72°.83
17 j. M. „ 73°.53
25 j. W. „ 74".27
22 j M. „ 74°.44
23 j. M, B. „ 75°.0ü
50 j. M. „ 75°.29
40 j. M. B. ,, 75°.71
40 j. M. A. „ 75^.76
30 j. W. „ 77°25
16 j. M. „ 77°.65
28 j. M. A. „ 78°.88
25 j. M. A. „ 79^.88
35 J. M. B. „ ?85°.63
45
46
= 76"'.09
32
42.5
= 75°.29
30
40.5
= 74°.07
34
41.5
= 81°.83
34
44.Ö
= 76°.40
32
38
= 84°.21
37
44
= 84°.09
33
44.5
=^ 74°. 16
37
44
= 84°.09
15. Todas.
2 Männer und 2 Weiber.
30j. M. no. 51; 45 j. ]\1. no. 50; 25 j. W. no. 53; 28 j. W. no. 52.
Haut: 28 bei 28 j. W. u. 30 j. M.; 42 bei 45 j. M.; '2-2 ^'i bei 25j. W.
Iris: bei 45 j. M. II, bei den Uebrigen III. (Forts, s. S. 66.)
62
Dr. Koerl)in:
M.
Tabelle 14.
ca. no. . . .
92
42
257
93
273
41
43
256
272
40
Kp. H.. . .
1 520
1593
158.
1 526
1660
1 565
1 656 1 564
1596
1 684
St. H. . . .
St. pr. . . .
Ob. N. H.. .
Ohr H.. . .
N.-ü.-pr. . .
ü. N. H. . .
Ki. H. . . .
1475
171
1449
1420
197/110
1 414
1350
1542
180
1515
1485
192/93
1482
1412
1506
171
1476
1456
181/92
1454
1 39.
1491
175
1463
1418
217/107
1425
135.
1603
187
1575
1636
196/95
1536
147.
1 517
175
1 493
1455
200/105
1452
1392
1 602
195
1575
1540
202/105
1 532
146.
1503
174
1475
1445
188/85
1445
1379
1532
177
1504
1472
194/92
147.
1404
1633
179
160.
1565
190/95
1562
1495
Seh. L. . . .
Seh. B. . .
h. Seh. U. .
s. Seh. Bo. .
170
132
49.
305
170
125
zu gross
295!
180
134
495
330
184
134
530?
334
176
132
517
315
169
135
187
132
161
127
502
312
172
124
495
314
178
119
zu gross
!295!
N. Z. h.
N. r. L. . .
N. fl. B. . .
Aug. E. . .
M. br./h. . .
45
43
37
32
47/19
45
40
32
33
48/25
32
31
46
46
35
35
. 46/22
34
32
47
42
33
30
53/18
48
42
36
32
50/20
33
35
28
29
43
40
38
31
48/23
Wa. B. . .
U. K. B. . .
J. B. . . .
0. B. . . .
94
83
127
114
86
90
122
110
95
93
114
95
93
121
107
87
85
128
97
95
133
112
100
85
131
117
103
85
130
92
84
118
89
87
126
114
ob. N. 0. R..
u. N. 0. R. .
Obli. 0. R. .
Ki. 0. B
96
91
112
112
100
105
121
123
93
91
105
105
97
122
122
98
10.
118
99
104
125
127
105
105
120
118
107
104
125
10.
95
118
105
110
120
125
Messungen an lebenden Inriiern
63
Irulas A.
M.
W.
100
102
254
101
105
94
266
106
84
44
95
96
1358
1512
1616
l 536
1 563/6
1490
1587
1609
1573
1524
1422
1430
—
-
1565
-
1 507
1462
1523
1535
1537
1479
1372
1391
—
-
163
190
156
184
185
166
175
170
167
-
[ —
1 527
■ - ■
( -
1433
1 495
-
1507
145.
1346
1361
-
1504
-
1452
1393
1473
1494
1476
1415
1314
1325
—
—
188/85
- (
200/110
190/100
195/96
200/120
187/95
185/85
185/100
185/95
40
[ 44
1503
46
( 40
1395
147.
45
1 475
141.
1312
1327
92 )
95
144.
iio)
97
133.
141.
96
141.
1341
1 25.
1 276
180
181
?159
190
187
165
177
187
174
172
171
167
131
125
136
136
1.30
125
134
133
131
115
127
129
—
-
494
—
530
470?
507
520
505
—
49?
?495
—
—
325
—
315
29?
324
320
31.
285
305
305
—
—
44
—
—
45
—
—
41
41
43
39
—
—
44
—
-
44
-
—
42
46
38
37
—
—
37
—
-
34
35
—
34
32
30
32
—
-
31
—
-
31
34
-
34
28
29
38
—
-
46/2.
—
—
50/18
—
—
44/17
42/20
43/22
45/20
95
100
105
90
103
90
102
95
95
92
86
89
85
95
95
84
100
98
84
95
95
91
90
85
115
125
12.
120
128
125
125
129
13.
117
115
115
—
—
10.
—
—
120
117
-
118
108
108
110
—
—
105
—
107
98
104
102
98
94
100
85
—
-
—
-
103
100
105
105
10.
10.
95
96
-
-
116
—
—
119
—
—
111
113
109
HO
—
—
-
—
135
118
122
122
120
130
113
110
64
Dr. Koerbin:
M.
Tabelle 14.
Aller . . .
16
17
22
23
23
25
25
28
28
30
Si. H. . . .
729
760
—
760
—
772
843
—
-
-
Kp. H.. . .
1520
1593
158.
1 526
1660
1565
1656
l 564
1596
1684
Ohr H.. . .
1420
1485
1 456
1418
1 536
1455
1540
1 445
1 472
1 565
Ki. H. . . .
1 350
1412
1 39
135.
147.
1 392
146.
1 379
1 404
1
1495
Brb. H. . .
1248
131.
—
1246
1283
1367
1 385
Nbl. H. . .
932
1000
-
95.
—
957
1 016
—
—
1 025
Schb. H. . .
810
850
-
819
—
811
830
—
—
875
Schu. H. . .
1262
1325
—
1293
—
1307
1380
—
—
1408
Ell. H.. . .
964
1018
-
1007
-
1037
1068
—
-
1097
Hw. H. . .
730
776
-
755
—
792
820
—
—
832
Hsp. H. . .
556
605
585
-
622
615
-
—
630
Drb. H. . .
892
935
887
910
992
960
818
983
880
—
830
—
816
995
—
—
Tr. H. . . .
89.
905
Kn. H.. . .
415
465
—
425
-
455
475
-
—
493
Wd. H. . .
33.
345
-
335
—
290
347
—
—
325
Kehl. H. . .
66
60
-
56
-
61
70
-
-
67
Schu. B. . .
320
165
310
155
-
314
177
—
312
177
335
-
—
348
Wrz. B. . .
172
196
Be. B. . . .
187
224
185
-
197
-
220
255
225
-
-
275
Br. U. . . .
685
690
—
713
—
745
750
—
_
810
Bch. U. . .
58?
600
-
635
-
605
627
—
—
690
Wd. U. . .
275
270
—
277
-
270
26.
-
—
295
Messungen an lebenden Indiern.
65
Irulas B.
\
M.
W.
32
35
35
36
38
40
40
40
50
22
25
30
—
—
806
—
—
754
800
—
770
717
720
694
1358
1512
1616
1536
1565
1490
1587
1609
1 573
1624
1422
1430
—
—
1504
—
1452
1393
1473
1494
1415
1415
1314
1325
-
—
144.
-
—
133.
141.
—
141.
1341
125.
1278
1345
1 22.
1294
—
1281
1266
116.
1 185
—
—
985
—
-
910
990
—
972
963
873
855
—
—
860
—
—
805
837
-
82§
-
—
—
1360
1254
1316
—
1 29.
1 29.
1 191
1229
—
—
1040
-
-
955
1014
-
981
992
906
922
—
—
759
—
—
685
757
-
725
753
697
697
-
—
585
-
-
506
591
—
545
580
510
520
—
—
927
—
—
876
914
-
923
924
810
?874?
—
-
866
—
-
801
835
-
86.
—
753
814
—
—
454
—
—
420
425
-
447
460
374
405
—
—
—
—
—
330
-
—
33.
33.
295
33.
—
-
54
-
—
55
-
68
70
52
67
_
_
355
329
340
325
305
31.
285
—
-
—
-
—
177
-
—
172
—
—
—
-
—
-
-
220
—
—
215
230
215
200
77.
—
717
—
—
—
—
—
-
—
-
610
-
—
606
590
gravida
—
—
—
—
—
-
255
—
-
254
25.
227
213
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1879.
66
Dr. Koerbin:
Durchschnitts
Prozente
! von Rumpimaassen (
1er ]
rulas.
Kp H.-
19
m —
1 568
mm
r> '•
IG
m —
1 586.5
mm
- 100 pCt.
3 W. —
1 459 mm
=
100 pCt.
14
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1586
n
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447
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3 W. ,
413
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28.31 „
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318
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Kehl. ,
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1)
„ 3.92,
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Schu. B
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329
^
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20.56 „
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„
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Br. U.
»
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^
« 46.64 ,
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—
—
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n
„ 39.34 „
1 w. „
590
»
„
38.71 ,
Wd. ,
»
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269.5 „
, 17.10 „
3 W. ,
230
J}
r
15.76 ,
Si. H.
9b ,
777
, 49.62
710
48.66
Index der Schädel- und Nasen-Breite von Irulas.
30j. M.
22j. W.
35 j. M. A.
38 j. M.
36 j. M.
25 j. M. B.
40j. M. C.
28j M. B.
32 j. M.
23 j. M. A.
17j. M.
25,). W.
22 j. M.
23 j. M. B.
Seh. — 66.°85 N.
, 66.°86
69.°U6
69.°53
70.^16
, 70.°59
71.°12
, 72.°09
72.°78
72.°83
73.°53
74.°27
74.*'44
75.000
fl. B.
H. L.
38
41.6
32
43.5
= 91.°57
= 73.°56
^ „ 84.°44
35
46
„ 76.009
32
42.5
„ 75.°29
30
40.5
„ 74.°07
■
■ H. L.
41.5
75.''71
„
—
—
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»
34
44.5
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77.°25
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n
37
44
n
4 8. "09
78.°88
„
—
—
79.''88
»
33
44.5
•
74." 16
'85.°53
»
37
84.''09
Messungen an lebenden Indiem. 67
50j. M. Seh. — 75.«29 N. ^^^ ^ = 81."93
40 j. M. B.
40 j. M. A.
30 j. W.
16 j. M.
28j. M. A.
25j. M. A, „
35j. M. B. , - 44 -
(Fortsetzung v. S, 61.)
Haar: 30 j. M. 48, schwarz, lockig, reichlich; 45j. M. schwarz, gelockt,
dicht; 25 j. W. schwarz, lang, künstliche Locken. 28 j. W. 48, lang,
künstl. liocken.
Bart: 30j. M. schwarz bis bräunlich, kraus; 45 j. M. schwarz, kraus,
voll. 25 j. W. behaart an den Wangen, 28 j. W. an Wangen und Oberlippe.
Nägel: bei 28 j. W. 25, sonst 24.
Bindehaut: weiss bei 35j. W., weiss, ziemlich rein bei 30j. M.;
weiss mit braunen Flecken bei 45 j. M., unrein weiss bei 28 j. W.
Lippen: roth bei 25j. W., am Rand violett bei 28j. W.; 28 4- ro.
bei 30 j. M.; 27 bei 45 j. M.
Zähne: bei Allen gesund, weiss bei 28j. W. und 30 j. M. , gelblich
weiss bei 45 j. M., gelblich bei 25 j. W.
Körper: proportionirt, bei 45 j. M. etwas mager.
Bemerkung: 30j. M. hat die Schenkel stark behaart; 45 j. M. die
Vorderseite sehr behaart, die Hinterseite auch ziemlich stark.
(Hierzu Tabelle 15.)
16. Kotas.
1 Mann.
No. 64. 32). M., Schmidt von der Mission in Kaity.
Haut 28; Iris IV; Haar 41, wellig; Bart 41, kraus; Nägel 24; Binde-
haut grünlich weiss, Lippen roth, Zähne rein, gesund. Körper proportionirt.
Puls 80. (Hierzu Tabelle 16.)
17. Badagas.
Landbauer.
No. 56, ein 12 j. Mädchen, leider nur mit Angabe der Körperhöhe 138 cm.
no. 54, ?33j. M. und no. 55, ?35j. M.
Die Hautfarbe des 33 j. ist eine Mischung von Probe 28 mit überwiegend
Probe 40, dem lichtesten Graubraun, die der beiden Anderen rein 28. Die
(Fortsetzung s. S. 69.)
5*
68
Dr. Koerbin:
Tabelle 15.
Todas A.
Tabelle 16. Tabelle 17.
Kotas A. Badagas A.
M.
W.
M.
M.
W.
ca. no. ...
51
50
53
52
64
54
55
56
Kp. H. . . .
1 676
1597
1554
1577
1554
1519
1 630
138.
St. H
1 620
1532
1493
1510
1508
—
—
—
St. pr. ...
195
194
185
187
179
—
—
—
Ob. N. H. . .
1 597
1498
1475
?
1475
"""7
—
Ohr H. . . .
1554
1465
1 433
?
1445
37
42
—
N. 0. pr.. . .
220/115
22. /12.
195/11.
205/105
200/105
102
113
—
ü. N. H. . . .
1 554
1465
1 434
—
1436
^ _
--
Ki. H. . . .
1487
1393
1366
1387
1 364
,
—
Seh. L. . . .
200
190
185
189
182
186
189
—
Seh. ß. . . .
140
131
140
135
129
133
128
—
h. Seh. U. . .
51.-1
55.-1
530
530
530
-
—
—
s. Seh. Bo. . .
31.-05
33. -j^
325
335
335
—
—
—
N. Z. H. . . .
49
55
46
44
49
—
—
—
N. r. L. . . .
47
57
46
45
44
—
—
—
N. fl. B. . . .
40
37
35
33
30
—
—
—
Aug. E. . . .
33
31
27
34
30
—
—
—
M. br:/h. . . .
52/22
54/18
48/21
52/20
40/20
—
—
—
Wa. B. . . .
92
90
85
?100
84
90
94
—
U. Ki. B. . .
92
85
84
93
96
85
93
—
J. B
125
121
116
120
125
125
128
—
0. B
118
11.
110
115
114
—
—
—
ob. N. 0. R. .
105
104
108
105
104
—
—
—
u. N. 0. R. . .
HO
11.
104
96
104
—
—
—
Obli. 0. R. . .
128
122
114
110
12.
—
—
—
Ki. 0. R. . .
126
135
120
120
127
—
—
—
Todas B.
Kotas B. Badagas B.
M.
Vi
r
28
M.
M.
W.
Alter ....
30
45
25
32
33?
35?
12
Si. H
834
801
801
795
792
—
—
—
Kp. H. . . .
Ohr H. . . .
Ki. H
1 676
1 554
1 487
1597
1465
l 393
1 554
1433
1366
1577
?
1 387
1 554
1445
1364
1519
1630
138.
Brb. H. . . .
Nbl. H. . . .
Sehb. H. . . .
138.
1037
? 883
1297
936
? 775
1 275
927
1295
9ö9
1 261
935
795
—
—
—
Schu. H. . . .
Ell. H. . . .
Hw. H. . . .
Hsp. H. . . .
1 39.
1085
805
6-20
1305
998
756
572
1 261
956
726
546
l 296
988
744
566
1287
985
753
573
—
—
-
Drb. H. . . .
Tr. H. . . .
Kn. H. . . .
Wd. H. . . .
Knchl. H. . .
974
920
495
350
73
883
830
440
35.
72
874
840
437
295
56
932
864
475
32.
60
890
824
448
32.
70
—
—
Schu. B. . . .
Wrz. B. . . .
Be. B. . . .
340
177
230
344
175
180
180
320
205
335
17.
229
—
—
—
Br. U
Bch. U. . . .
Wd. ü. . . .
790
655
285
760
650
26.
650
22.
640
235
81.
695
295
-
-
Messungen an lebenden Indiern. 69
Schädel- und Nasen-Index der Todas, Kotas, Badagas.
45 i. M. Toda Ohr H.: 91.74 pCt. Seh. JL 68.°95 N. ^:-^ |I = G6.°07
L. H. Li. 56
70.°00 , i2 , 83.°33
48
71.°43 „ H_ „ 74.°16
30 j.
M.
» '■
; 92.72
28 j.
w. ,
» '
?
25 j.
w. „
«
: 92.21
32 j.
M. Kotar
,, ■
: 92.99
?35j.
M. Badagar
n
: —
?33j.
M.
„
: —
75.°68
44.5
^ , 76.°09
46
70.°88 „ — , 64.°52
46.5
67.°72
71.°5l
(Fortsetzung von S. 67.)
Iris bei Allen II, das Haar ebenso 48, wellig bei dem Kinde, schlicht bei
dem ?33j., hier auch schon etwas grau; das des ?35j. ist geschoren.
Der Bart ist bei Beiden mit 48 bemerkt, bei dem Jüngeren nur an der
Lippe, bei dem Aelteren an Lippe und Kinn.
Die Nägel des Mädchens haben die blasse Färbung 24, die der Männer 25.
Die Bindehaut des Ersteren ist rein, auch die des ?35 j. weiss, die des
?33). nur ziemlich rein. Die Lippen sind roth beim 35 j., 27 + ro. bei dem
anderen Manne und dem Kinde.
Die Zähne sind nur bei dem Brahminen mit gesund und weiss notirt.
Dieser ist mager, die beiden Anderen proportionirt angezeigt. Beide Männer
haben auffallend kleine Unterkiefer. (Hierzu Tabelle 17.)
18. Malialis.
5 M. + 1 W.
No. 73 aus dem Distrikt Calicut, alle Uebrigen vou Salem. 28/« j. Kuli
und Grasschneider, no. 73; i) 28/6 j. Bauer no. 277: 28/cj. Bauer no. 275;
30). M. no. 49; 37 j. Gärtner no. 48; 32 j. W., Bäuerin, no. 278.
Haut: in eben genannter Reihenfolge: 28/35, 41, 27, 35, 42 und 27/28.
Iris: hier entsprechend den hellsten Hautfarben: III bei 35 (30 j. M.)
und IV bei 42 (37 j. M.), sonst I.
Haare: schwarz, geschoren bei 28/aj. M., sonst sich eng anschliessend
an Iris und Haut in der Combination, dass sich die Bezeichnung „schwarz,
wellig" zur Geltung bringt bei Haut 35, Iris lll und „schwarz, lockig" bei
Haut 42, Iris IV. Bei 41+1 und 27 + I ist das Haar „48, schlicht"
notirt, ebenso bei dem Weibe 27/28 + I, während „schwarz, geschoren"
sich bei 28/35 -\- I findet.
Bart: entspricht überall dem Haare. „Sehr kraus" wird er bei dem
1) Die Maasse zu no. 73 fehlen.
70
Dr Koerliin:
30 j. M. angegeben. An der Backe wird er nur bei dem 37 j. Gärtner
aufgeführt, und auch hier nur kurz.
Nägel: 26 bei 27 und 41, sonst 24.
Bindehaut: „sehr braun" bei Haut 27 -f- Iris I + Nägel 26 und
entsprechend „bräunlich" bei 4:1 -{- l -{- 2ß; grünlich weiss, schmutzig bei
35 -j- III -\- 24, weissgrünlich bei 27/28 -r l -|- 24, unrein weiss bei 42 -f^ IV
+ 24, sehr unrein beim Grasschneider: 28/35 4- I -f 24 — hier lässt sich
eine einheitliche Consonanz der Tonstimmung wohl heraus merken.
Lippen: ro./bl. mit Puls 125, bei Haut 28/35; ro. 4- 27 bei Haut
27/28 mit Puls 100; 27 bei Haut 41 mit Puls 90 und bei Haut 27 mit
Puls 62. Sonstiges vacat.
Zähne: normal, gesund und weiss; nur einmal als unrein angemerkt.
Körper: proportionirt, mehrfach etwas fett.
Bemerkungen: die Brust ist bei dem Grasschneider behaart.
Der Gärtner trägt sein Vorderhaupt bis zum Ohr geschoren.
Tabelle 18. Malialis A.
M.
W.
ca. n. . . .
277
275
49
48
278
Kp. H.. . .
1629
1635
1 645
1 535/8
1485
St. H. . . .
1575
1586
1 583
1 482
1 43.
St. pr. . . .
184
183
181
180
172
Ob. N. H. .
1 541
1 556
1 556
1458
1 41.
Ohr H. . .
1508
1 52.
1524
1 428
1 374
N. 0. pr. . .
201/102
205/105
187/105
200/105
183/86
ü. N. H. . .
1 508
1556
1 517
1 415
1374
Ki. H. . . .
1 45.
1 459
1445
1349
1314
Seh. L. . .
174
175
182
180
159
Seh. B. . .
113
122
131
126
123
h. Seh. U. .
497
507
497
517
—
s. Seh. Bo. .
299
308
322
320
N. Z. H. . .
42
44
39
N. r. L. . .
—
—
44
50
—
N. fl. B. . .
34
35
39
40
32
Aug. E. . .
33
33
32
33
31
M. br./h. . .
47/19
49/19
48/23
54/23
45/24
Wa. B. . .
94
10.
85
100
85
U. K. B. . .
96
95
88
95
80
J. B. . . .
124
125
113
127
116
0. B. . . .
112
112
108
119
"
Ol). N. 0. R..
10.
102
99
100
95
u. N. 0. R. .
12
10.
96
. 106
94
Obli. 0. R. .
—
—
116
125
~
Ki. 0. R. . .
116
116
121
135
11.
Messungen an lebenden Intliern.
Malialis B.
71
M.
W.
Alter . . .
28
28
30
32
32
Si. H. . . .
805
807
800
772
730
Kp. H.. . .
OhrH.. . .
Ki. H. . . .
1 629
1 508
14Ö.
1635
152.
1459
1645
1524
1445
1 538
1428
1349
1 485
1374
1314
Hrb. n. . .
Nbl. H. . .
Schb. H. . .
1 355
1 004
882
1 36.
1022
897
1 343
999
852
1255
920
754
1 227
952
Schu. H. . .
Ell. H. . .
Hw. H. . .
Hsp. H. . .
1363
1032
79
607
1383
1052
805
621
1364
1 054
791
615
1 272
99.
754
574
1 241
951
718
570
Drb. 11. . .
Tr. H . . .
Wd. H. . .
Kn. H. . . .
i. Kehl. H. .
946
901
473
972
895
484
982
908
489
32.
65
875
812
440
310
65
884
830
399
34.
53
Sehn. B . .
Wrz B. . .
Be. B. . . .
354 35.
193
205 —
1
353
185
242
351
192
223
310
225
Br. ü. . . .
Beb. ü. . .
Wd. u. . .
758
—
780
686
31.
807
668
268
252
Durchschnittsprozeute von Rurapfmaass en der Malialis.
Kp. II.
4w -
- 1 612
mm
=
100 p(
Jt.
.
3 „
1 604
„
„
„
,
"
2 „
1 591.5
n
»
"
1 w.
= 1485
mm
Ohr n.:
4 m -
- 1 495
n
,
92.74
pCt.
r>
92.53
pCt.
Ki. ,
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52.48
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Schu. „
1 345.5
»
„
83.47
n
T
83.57
•K
Ell. „
• »
1032
„
»
64.02
»
rt
63.97
„
Hw. „
»
785
n
„
48.70
»
„
48.35
J»
Hsp. ,
„
604
y>
»
37.47
«
»
38.38
»
Drb. „
1)
944
n
»
58.56
„
«
59.53
,
Tr. „
n
879
„
»
54.53
»
»
55.89
»
Kn. „
471.5
V
»
29.25
»
n
26.87
n
Wd. ,
2 m -
- 315
„
»
19.79
n
■n
22.89
„
Kehl. „ :
»
65
»
D
4.08
»
y>
3.57
»
72
Dr. Koerbin;
Schu. B.:
4 7» —
352
Wrz. „:
3y/i —
190
Be. „:
»
223
Br. U.:
„
782
Bch. „ :
2 m —
677
Wd. „ :
»
289
Si. H.
4 m — 796
352 mm = 21.84 pCt,
, 11.85 „
r, 13.90 ,
48.75
42.54
18.16
49.38
1 W. = 1 485 mm
20.88 pCt.
15.15 ,
16.97
49.16
Index der Schädel- und Nasen-Breite von Malialis.
28j. M. b. Seh. ^ 64.094 N. ll^^ — —
L. H. L.
28 j.
M. c
37 j.
M.
30j.
M.
32 j.
W,
69."? 1
70.°00
71.098
77.°36
40 = 85."11
47
— = 90.070
43
19.
21 M. + 14 W. und 1
18 j. M, Kuli, Madras, no. 9.
20/aj. M., Koch, Chingleput, no. 11.
20/Äj. M., Ackerbauer, Tanjore, no. 156.
21 j. M., ? , Bengalore, no. 16.
22/aj. M., Kuli, Madras, no. 10.
22/6 j. M., Kuli, Salem, no. 253.
22/cj. M., Maurer, Madura, no. 126.
23 j. M., ? , Pondichery, no. 47.
25 j. M., Kuli, Coimbatore, no. 112.
26 j. M., Bauer, Chingleput, no. 124.
28 j. M., Kuli, Coinabatore, no. 113.
30/aj. M., Kutscher, Madras, no. 17.
30/ij. M., Bauer, Tanjore, no. 158.
32/aj. M., ? , Coimbatore, no. 129.
32/<5<j. M., Kutscher, Madras, no. 18.
35 j. M., Weber, Coimbatore, no. 116.
37 j. M., „ , Madras, no. 1.
40/48 j. M., pens. Artillerist, Chingleput, no.
45 j. M., Kuli, Coimbatore, no. 128.
50 j. M., Kuli, Trichinopoli, no. 109.
60j. M., Kuli, Coimbatore, no. 118.
Parias.
W. zweifelhafter Stellung.
18/aj. W., ? , Madras, no. 25.
18/6 j. W., Steinträgerin und Maurerin,
Madras, no. 22.
20 j. W., Christin, Chingleput, no. 23.
23 j. W., Köchin, ehr., Madras, no. 19.
25/oj. W., Bajadere, Madras, no. 21.
25/Äj. W., Köchin, Madras, no. 31.
26 j. W., Kuli, Madras, no. 32.
27 j. W., Grassehneiderin, Madras, no. 33.
30/aj. W., Rom. Kath., Madras, no. 29.
30/6 j. W., ? , Madras, no. 24.
33 j. W., Reisbäuerin, Mysore, no. 26.
40/aj. W., ? , Coimbatore, no. 151.
40/6 j. W., Priesterin, Salem, no. 284.
50j. W., Kuli, Salem, no. 286.
56 j. W., ? , ? , no. 147.
Haut: 6 mal 27, (4 M. + 2 W.), 2 mal 41 (2 M.), 5 mal 28 (2 M. + 3 W.),
4 mal 35 (3 M. + 1 ^.), 6 mal 42 (3 M. + 3 W.), 1 mal 27/34 (1 M.),
2 mal 27/28 (1 M. + 1 W.) und 28/27 (1 W.), h. 27, v. 28 (1 M.) je 1 mal,
Iräal 35/27 (1 W.), 2 mal 27/49 (1 M. + 1 W.?? [no, 147]), 27/50 1 mal
(1 M.), 1 mal 43 (1 W.), 1 mal h. 41 v. 42 (1 M.), endlich 1 mal heller als
Messungen an lebenden Indiern. 73
35 (1 W.) und ganz singulär weist Probe 40, das hellste Rein-Braun, der
katholische Koch aus dem Chingleput-District auf (vielleicht Mischling mit
Weissen?). Im Ganzen genommen sind auch hier die Weiber heller.
Für eine Erforschung lokaler Färbungen der einzelnen Distrikte reicht
das geringe Material nicht aus.
Iris : (11 mal I, 18 mal II, 6 mal III notirt, 1 mal vacat. Auch hier sind
die hellen Töne nur im Allgemeinen mit denen der Haut analog, namentlich
aber kommt die dunkelste Iris auch bei der hellsten Ilautfilrbung vor, z. B.
bei 40, ferner auch bei „heller als 35" u. s. f.; umgekehrt finden wir III
zweimal bei 27 Haut. Von den Weibern haben 9 II. 2 III, 4 I.
Haar: 16 mal 48, 3 mal 41, 1 mal 49, 1 mal 43 notirt; letzteres von der
christlichen Köchin mit der gleichen mittelhellen Haut-Färbung. Die Be-
zeichnung schwarz erscheint nur 1 mal, dagegen „Probe" ohne Farbenan-
andeutung 6 mal, da sich anderseits mitgebrachte Proben schon durch 48 pp.
charakterisirt finden, so ist vielleicht eine schwer definirbare Nuance voraus-
zusetzen. „Etwas grau" erscheint schon das Haar des '61 j. M., das des
40 — 48 j. ganz grau und das der 50 — 60 j. selbstverständlich ebenfalls.
Vielfach ist das Haupthaar geschoren. Im Uebrigen ist es „schlicht" notirt
8 mal, (4 M. + 4 W.) „wellig" 8 mal (3 M. -+ 5 W.), „schwachwellig" 2 mal
(1 M. -f 1 W.), „sclicht-wellig" 2 mal (2 W.), „wellig-lockig" 2 mal (2 W.).
Weitaus mehr also findet sich eine wellige Form des Weiberhaares.
Bart: 5 mal 48, 2 mal 41 notirt; 1 mal weiss (50 j.). — Kraus 3 mal
und zwar schwach an Kinn und Oberlippe, von Farbe 48 bei 22/6' j. Maurer
von Madura; ohne Bemerkung über die Stärke, ebenfalls nur an Oberlippe
und Kinn und auch von Farbe 48, bei 35 j. Weber von Coimbatore.
Im Allgemeinen ist die Bartentwicklung gering, „wenig, sehr wenig;
schwach, spärlich" genannt, stark nicht ein einziges Mal; Backenbart ist
3 mal bemerkt.
Nägel: 23 mal 25, 9 mal 24, 3 mal 26, 1 mal 21.
Die auffallend dunkle (leberbraune) Färbung no. 21 findet sich bei
23 j. M. von Pondichery mit Hautfarbe 42; die drei Proben '2G bei 2 Männern
mit der Hautfarbe 41 und einem Weibe mit 28. Die blassere Nuance kommt
eben so gut bei den dunkelsten Farbentönen, wie Haut 27, als erheblich
helleren (43) vor.
Bindehaut: „Rein weisslich" bei 25/6j. W. von Madras mit Haut 28,
Nägeln 24, Iris III und bei 30/aj. W. von Madras mit Haut 27, Nägeln 25,
Iris II; „ziemlich rein" bei 35j.M. aus Coimbatore mit 42 — I — 25; „ziem-
lich weiss" bei 18/6 j. W. mit 42—11—25, 20^^ j. M. mit 40—1 — 25,
23J.W. mit 43—11—24, 40/aj. W. mit 27/28— III— 24. Bei den Uebrigen
ist die Bindehaut unrein, grünlich, bräunlich bis schwärzlich, hat vielfach
braune Flecken und rothe Adern.
Lippen: 12 mal 27, 1 mal 41, 3 mal 35, 1 mal 22, 1 mal 27 -f 20, 4 mal
roth resp. rosa, im Uebrigen innen roth, aussen farbig, mehrfach aber nicht
74
Dr. Koerbin
notirt. Nur 1 mal findet sich Pflaum -roth- blau, bei der 33 j. Reisbäuerin
von Mysore mit 35/27 -f II -|- 24. Pulsangabe fehlt hier wie fast überall bei den
Pariah,
Zähne: überwiegend schön weiss und gesund, mehrfach bemerkenswerth
klein. Nur in 4 Fällen waren die Zähne auffällig defect, bei dem 56 j. W.??
erwiess sich der Unterkiefer bis auf das Zahnfleisch abgenutzt. Die Unsitte
durch zu scharfes Putzen die Zähne abzunutzen, ist auch hier vertreten.
Bei 22/rtj. M. stehen die Schneidezähne sehr spitz nach vorn, bei23j.M.
stehen die Vorderzähne des Unterkiefers sehr lang vor, bei 27 j. W. sind die
oberen Vorderzähne auffällig gross; bei 30/a j. W. finden sich zwischen den
mittelsten Zähnen oben wie unten ansehnliche Lücken.
Körper; 15 mal proportionirt genannt, 1 mal robust (50 j. W.), 1 mal
klein (23 j. M.), etwas mager 1 M. + 1 W., mager 2 M., etwas fett 1 W.,
fett 1 W.
Gewicht: 31 Kilo bei 30/aj. W.; 33.5 bei 20j. W.; 34.0 bei 18/6 j. W.;
36.0 bei 25/aj. W.; 36.5 bei 18/aj. W.; 38.0 bei 22/aj. M., 25/6 j. W.,
40— 48j. M.; 39.0 bei 23 j. W. und 56j. W.??; 39.5 bei 21 j. M.; 40.0 bei
26J.W.; 41.0 bei37j.M.; 43.0 bei 28 j. M.; 43.5 bei 26J.M. und 27J.W.;
44.0 bei 40/a j.W.; 45.5 bei 22/cj.M.; 47.0 bei 30/« j.M., 32/6J.M., 33J.W.;
47.5 bei 45 j. M.; 48.0 bei 30/6J. W. und 60j. M.; 50.0 bei 35 j. M.; 52.0
bei 32/aj. M. ; 54.5 bei 25 j. M.
Ueber die Verändening des Gewichts im Gefängniss lässt sich eigentlich
nichts Bestimmtes sagen : Es ist 2 mal eine Gewichtsabnahme von 1 — 2 hg
notirt, 7 mal eine Zunahme von resp. 0.5, 0.6, 2.5, 2.8, 3 5, 5.0, 6.0, letzteres,
das aulfälligste in 1 Jahr bei 52 kg, während 5.0 in 1^ Jahren bei 39.0,
3.5 bei 54.5 in 1 Jahr, 2.8 bei 43.0 in 8^- Jahren und 2.5 bei 50.0 in
9 Jahren zu gewachsen sein sollen.
Puls und Athraung: 96 + 16 bei 20/6,j. M.; 66 -f 1« bei 30/6J. M.
Bemerkungen: Der 18). M. zeigt sich auffällig schmerzhaft vom
Anlegen des Tasterzirkels berührt.
Der 32/6 j. Kutscher von Madras hat Brust und Bauch, sowie Ober-
und Unterschenkel nebst den Hinterbacken stark behaart.
(Hierzu Tabelle 19.)
Durch sc hnittsprocente von Rumpf maassen d er männlichen Parias.
Kp.
H.:
21
M.
— 1 569
7nm
=
100.00
pCt.
(Zu Tabelle 19.)
Ohr
ji ;
^
„
1 447
„
„
92.22
r,
Ki.
„ ■■
yj
„
1 378
»
»
87.83
"
Brb.
12
M.
— 1 266
,
^
82.05
„
- 1 543 mm Kp. H.
Nbl.
» •
„
„
938
„
,
60.79
»
» n »
Schb.
V ■■
"
i>
808
"
n
52.37
1
j) 17 n
Schu.
n '■
1 270
n
n
82.31
„
1) V n
Ell.
„ ■
^
y)
974
I)
„
63.12
„
r> it n
Hw.
^ :
»
1)
726
»
»
47.05
„
n n »
Hsp.
„ :
r,
»
554.5
r
n
35.94
»
n n 1)
Messungen an lebenden Indiern.
75
Drb.
IL:
7
M.
— '.)ll
HDIl
=
58.35
pCt.
- 1 56-2
lUH
Kp. U
Tr.
^ :
12
M.
— 840
„
„
54.44
,
1 543
„
,
Kn.
^ :
^
^
444.5
„
„
28.81
„
„
„
„
Wd.
, :
2
M.
— 333.5
y,
J)
22.31
„
1495
1
»
Kehl.
r '■
10
M.
- 61
«
»
3. .96
i>
1 542
»
»
Schu
B.:
9
M.
- 332
^
„
21.69
^
1 529
„
„
Wrz.
^ :
11
M.
— 165
„
„
10.70
„
1542
„
„
Be.
r ••
7
M.
— 228
»
n
14.67
"
1 554
'
n
Rr.
U.:
10
M.
— 725.5
J»
»
46.48
„
1 549
»
„
Reh.
^ :
10
M.
— 651
„
„
42.33
y>
1 537
n
i>
Wd.
3
M.
— 273
„
»
18.06
„
1 513
V
*•
Si. H. :
7 M. — 772
49.42
1 562
Durclischnittsprocentevou Rumpf'maassen der weiblich en Parias.
Kp. H.:
— 15 W.
1 496
Ohr. „:
1-t „
1390
Ki. „ :
15 „
1313
Brb. „:
11 ,,
1220
Nbl. „ :
11 „
930
Schu. „ :
11 „
1231
Ell. „ :
10 „
951
Hw. „:
10 „
722
Hsp. „ :
10 „
551
Drb. „ :
10 „
902
Tr. „ :
7 »
829
Kn. „ :
10 „
426
Wd. „ :
3 „
323
Kehl. „ :
10 „
62
Schu. B.:
9 „
300
Be. „ :
9 „
219
Br. U. :
1 ,,
660
Bch. „ :
8 „
607.5
Wd. „ :
10 „
267
1 496 mm = 100.00 pCt.
Si. H.
10
(49.5
92.46
87.74
81.86
62.38
82.55
63.37
48.13
3671
60.71
54.89
28.40
21.83
4.11
20.18
14.57
46.32
40.25
17.78
49.94
— 1 504 mm Kp. H.
1491
1 501
1510
1 501
1 481
1501
1487
1 504
1425
1 509
1501
1 501
Schädel- und Nasen -Index der Parias.
23 j.
M.
Seh.
B.
L.
65."99
N,
fl.
H.
B.
L.
33
42
=
78.057
40 j.
W. a
67.°04
»
-
—
22 j.
M. b
es.^sa
»>
40
37
=
IO8.O1I
30 j.
W. a
71.005
j>
45
44
=
102.027
26 j.
W.
71."19
11
38
46.5
=
8 1.07 2
37 j.
M.
71.035
"
33
42.5
=
77.065
(Fortsetzung
s.
S. 80.)
76
Dr. Koerbin:
Tabelle 19.
M.
ca. n. , . .
9
11
156
16
10
253
126
47
112
Kp. H. . . .
1505
1500
1605
1550
1 479
1552
1647
1 385
1667
St. H. . . .
1440
1438
1 542
1472
1400
1487
1 587
1357
1593
St. pr. . . .
177
175
18.
183
177
187
176
142
185
Ob. N. H.. .
1423
1419
1 511
1448
1383
146.
1567
133.
1 562
Ohr H. . . .
1 392
1387
148.
1 432
1 352
1426
1527
1298
1532
N. 0. pr. . .
192/96
194/93
19. /85
185/80
185/82
20. /90
190/90
171/76
195/95
U. N. II. . .
1 372
1385
1478
1406
—
1 426
1525
1289
1520
Ki. H. . . .
1 313
1313
1 415
136.
1 279
1 36.
1456
1 224
1448
Seh. L. . .
180
174
175
176
174
180
175
147
180
Seh. B. . .
132
130
126
136
135
124
133
97
140
h. Seh. U. .
505
502
496
505
487
512
502
413
527
s. Seh. Bo. .
320
314
31-2
330
340
314
320
260
310
N. Z. h. . .
47
45
44
41
40
37
—
40
—
N. r. L. . .
42
45
44
38
37
37
—
44
—
N. fl. B. . .
32
37
36
37
37
40
35
33
34
Aug. E. . .
31
31
32
30
36
35
34
39
23
M. br./h. . .
46/24
46/20
42/21
45/15
48/21
49/22
—
45/20
—
Wa. B. . .
98
88
104
95
96
10.
97
80
102
ü. K. B. . .
83
82
100
89
80
95
85
85
87
LB. ...
108
113
122
120
126
124
125
108
130
0. B. . . .
116
112
120
115
120
—
—
98
—
ob. N. 0. R..
105
100
105
105
106
103
100
79
110
u. N. 0. R. .
108
104
103
107
108
107
105
95
108
Obli. 0. R. .
123
117
124
117
120
125
—
105
—
Ki. Ü. R. . .
116
122
127
120
118
118
125
111
123
Tabelle 19.
Alter.
M.
18
20
20
21
22
22
22
23
Si. H. .
754
766
794
697
Kp. U..
Ohr. H.
Ki. H. .
1 506
1 392
1 313
1 500
1 387
1 313
1605
1480
1415
1550
1432
1 360
1479
1352
1 279
1 552 1 647
1426 1527
1 360 1 456
1385
1298
1224
Brb H.
Nbl. H.
Schb. II.
1 239
906
804
1241
913
792
1315
994
830
1 263
941
800
1 212
903
787
1 285
943
800
1 150
847
737
Sehn. H
Ell. H..
Hw. H.
Hsp. H.
1 260
940
702
533
1 260
956
721
556
1 331
1 024
755
564
1 250
980
720
502
1 230
950
721
570
1 297
993
750
595
1 130
845
654
475
Drb. H.
Tr. H. .
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Lederarbeiter.
1 Mann -j- 1 Weib von Coimbatore.
45j. M. no. 130.
35 j. W. no. 283.
40.5
35
46
37
39.5
= 93.067
37
38.5
= 96.010
32
45.5
= 70.033
34
42
= 8O.095
Messungen an lebenden Indiern.
81
Mann: etwas heller als das Weib; resp. Haut 27 und 28/27; Iris
aber III — II; Haar 48 (grau) und 48, Beide schlicht; Bart beim Manne
auch an der Wange; Nägel bei Beiden 24; Bindehaut sehr braun resp.
weiss; Lippen 27— roth; Zähne bei Beiden weiss und gesund, beim
Manne stehen 3 Vorderzähne im Unterkiefer vor; Körper bei Beiden
proportionirt; der Mann wiegt 40^ Kilo und hat in 4 Jahren um 4 kg
zugenommen.
Tabelle 20.
Chekler A. Chekler B.
M.
W.
M.
W.
ca. no. . . .
130
283
Alter ....
45
35
Kp. H. . . .
1590
1574
Si. H. . . .
—
St. H. . . .
St. pr. . . .
Ob. N. H. .
1 530
180
1-197
1466
193/10.
1465
1 399
151.
177
1483
1457
19 /95
1455
1 389
Kp. U. . . .
Ohr H. . . .
Ki. H. . . .
1590
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1 574
1457
1389
Ohr H. . . .
N. 0. pr. . .
ü. N. H. . .
Ki. H. . .
Brb. H. . . .
Nbl. H. . . .
Schb. H. . .
—
—
Seh. L. . . .
Seh. B. . . .
h. Seb. U. .
s. Seh. Bo.
180
130
52.
295
175
139
520
33.
Sehu. H. . .
Elb. H. . . .
Hw. H. . . .
Hsp. H. . . .
—
-
N. Z. h. . .
N. r. L. . .
N. fl. B. . .
Aug. E,. . .
M. br./h. . .
35
32
31
33
Drb. H . . .
Tr. H. . . .
Kn. H. . . .
Wd. H. . . .
Knehl. H. . .
—
—
Wa. B.. . .
U. Ki. B. . .
J. B
0. B
95
92
124
95
95
105
Sehu. B. . .
Wrz. B.. . .
Be. B. . . .
—
—
ob. N. 0. R..
u. N. 0. R. .
Obli. 0. R. .
Ki. 0. R. . .
95
104
121
100
95
115
Br. U. . . .
Bch. U. . . .
Wd. U. . . .
-
—
Schädel-Index von Cheklers.
45 j. M. Ohrhöhe: 92.20 pCt. Seh. ^: 72.''22
35j. W.
92.56 „
79."43
ZeitBchrift für Ethnologie. Jahrg. 1879.
82
Dr. Koerbin:
21. Pallans.
Landbauer. Kuli, bis vor Kurzem Sclaven.
18 Männer + 3 Weiber.
23 j. M. no. 249, Distrikt Tinnevelly,
25/aj. M. no. 260
25//^j. M. no 164
28/aj. M. no. 172
28/6 j. M. no. 117
30/aj. M. no. 172
30//?. j. M. no. 163
30/cj. M. no. 167
30/rfj. M. no. 248
35/flj. M. no. 161
35/6 j. M. no. 251
36 j. M. no. 166
40/aj. M. no. 165
40/6 j. M. no. 168
45 j. M. no. 169
48 j. M. no. 173
öOj. M. no. 170/1
60 j. M. no. 250
Madura
Madura
Tanjore
Coimbatore
Madura
Madura
Madura
Tinnevelly
Madura
Tinnevelly
Tranquebar
Madura
Tinnevelly
Madura
Madura
Tanjore
Tinnevelly.
30 j. W. no. 174
35 j. W. no. 178
45 j. W. no. 135
Tinnevelly
Cuddapah
Nord-Arcot.
Haut: 10 mal 27, 1 mal 41, 1 mal 34,
2 mal 42, 3 mal 28, 2 mal 27/28, 1 mal 27 h.
+ 28 V , 1 mal 35/28.
Nach Distrikten lässt sich keine Ordnung
herstellen.
Probe 42 zeigen die beiden Weiber
von 30 und 45 Jahren, das 36 j. W. hat
27/28.
Iris: 13 mal I, 2 mal II, 6 mal Hi-
ll ist 2 mal bei Haut 27, III ebenfalls 2 mal
bei 27, 2 mal bei 27/28 resp. 27 + 28,
2 mal bei 42 vertreten ; alle drei Weiber
haben III.
Haar: durchweg 48. Etwas grau bei
35/6 j. M., 45 j. M., 45 j. W., und ganz grau
bei 60 j. M. notirt.
Die Haarform ist 15 mal schlicht; schlicht-
wellig bei 30 j. W. und 35/« j. sowie 50 j.
M.; wellig bei 25/aj. M. und 45 j. W.;
kraus -wellig bei 36 j. W.
Bart 48. Als kraus 6 mal bezeichnet,
und zwar nur 1 mal bei 41, sonst immer bei
helleren Färbungen der Haut. An der Wange
nur 3 mal bemerkt, spärlich an Lippe und
Kinn 2 mal, bei 23 j. und 30/cj.
Nägel: 6 mal' 25, 7 mal 24, 7 mal 26, 1 mal vacat. 24 so gut bei 27
-f- 1 und 41 + I wie 26 bei 27/28 + III und 25 bei 35/28 + I, jedoch
überwiegend die helleren Nägel bei hellerer Haut und Iris.
Bindehaut: ganz rein weiss keinmal; ziemlich rein 6 mal, darunter
45 j. W.; ziemlich weiss 8 mal, darunter 36 j. W.; grünlich bei 30 j. W.;
schwarz grünlich braun bei 35/aj. M.; grünlich mit braunen Flecken bei
40/6 j. und 45 j, M. Ausserdem mehrfach braune Flecke eingesprengt. Ein
stetiger Bezug zur Haut- und Nagelfärbung lässt sich hier nicht herstellen.
Lippen: 27 bei Haut 27 und Haut 27/28 je zweimal, 27/28 bei Haut
27 1 mal, ro. + 27 bei Haut 27 dreimal, und je 1 mal bei 41, 42, 28, 35/28;
ro. bei 27/28 und 42; ro. + bl. bei Puls 70, Athmung? und Haut 27,
Iris I, Nägel 26. Sonstiges vacat.
Zähne: weit überwiegend normal, weiss, gesund; gefärbt nur 1 mal und
ebenso von Betel gebräunt. N. B. der 60 j. M. hat im Oberkiefer 2 breite
mittlere Schneidezähne, und ihnen entsprechend drei schmale im Unterkiefer.
28/aj. hat kleine Zähne im Unterkiefer, grosse im Oberkiefer.
Körper: 10 mal robust; 5 mal proporüonirt (darunter 36 j. W.); 2 mal
etwas mager, 1 mal mager (45 j. W.); 1 mal untersetzt (28/aj. M.)
Gewicht; 38% (in 7 Jahren + 1 kg) das 45 j. W.; 45^^^ (- 2.^ %
in 1 Jahr) 25/6 j. M.; 46 krj (+ 2 kg in ^ Jahr) 36 j. W.; 50^ % (-f 5.0 in
Messungen an lebenden hidiern. 83
9 J.) 28/6J. M.; 52^ /y/ (+ 3.0 in 1« J.) 45 j. M.; 53i kg (+ h\ in 1 J.)
28/aj. M.; 56 hj (+ 8.0 in 1| J.) 30/^ j. M. und 50 j. M. (f 3.5 in 2^.);
HO/y/ (f 0.5 in 1 J.) 35/rtj. M. und 36 j. xM. (in 1 J. unverilndert): (M kg
(+ 7.0 in H J.) 30/« j. M.
Puls- und Athemfreq uenz: 60 j, M. 57; '25j/jy M. 72 mit Athmung
18; 70—75 (?A.) bei 23j. M., 30/dj. M., 35/6j. M.; 76/78 ^ A. 19 bei
36 j. M. und 45j. M.; 80 + A. 20 bei 36 j. W.; 84 -f A. 21 bei 50j. M.;
90 -f A. 22 bei 3Ö/aj. M., 30//^.). M., 30/cj. M., 30 j. W.; 96 + A. 24 bei
40/aj. M.; 100 -j- A. 25 bei 48 j. M. Man sieht sehr wohl die beständige
Beziehung des Vierfachen zwischen der Puls- und Athemfrequenz.
(Hierzu Tabelle 21.)
22. Koruvas 7 M. + 2 W.
23. Lambadis 1 M. •
Vagabunden.
Alle aus verschiedenen Distrikten: Cliittur, Coimbatore, Salem, Tinne-
velly, Karnaul, Calicut, Trichinopoli, Madura, Madras.
Der Lambadi, no, 125, ist ein 32j. Bauer.
Die Koruvas: no. 123, 36 j. M. Kuli, 25/6 j. M. no. 77 Korbflechter;
sonst fehlen spezielle Standesbezeichnungen. 25/aj. M. no. 82, 32 j. M.
no. 81, 35 j. M. no. 80, 40j. M. no. 78, 45 j. M. no. 79, 14j. W. no. 177,
?j. W. no. 142.
Haut: 5 mal 27, 1 mal 34, 1 mal 42 bei den männlichen Koruvas, 28
und 27/28 bei den weiblichen. Der Lambadi hat ganz analog 42/27.
Iris: Auffällig hell im Vergleich zu den vorherrschend dunklen Haut-
tönen. Die beiden Weiber haben H, ebenso 2 Männer; der Lambadi und
4 M. Koruvas haben HI; einzig und allein der 45 j. hat I.
Haar: Das ?j. W. hat 41, sonst 48 (incl. des Lambadi) 6 mal, bei
25/aj. Korbflechter Probe, bei 40 j. schwarz, bei 45 j. M. ergrauend. Wellig
ist das Haar des Lambadi und des ?j. W., schlicht -wellig des 14 j. W.;
schlicht angemerkt ist das Haar des 16 j. M,, geschoren ausserdem 3 mal,
der 35 j. M. trägt nur einen Schopf.
Bart: Bei Lambadi und 3 Koruvas 48, bei 40 j. schwarzbraun, bei
45 j. schwarz; bei 16 j. M. fehlt er gänzlich; kurz geschnitten bei 40 j.;
kraus bei 32 j., kraus und stark an Wange, Oberlippe und Kinn bei
Lambadi.
Nägel: die beiden Weiber und 4 M. Koruvas haben 25, der 40 j.
24, der 32). und Lambadi 26, endlich 35 j. M. von Calicut 28 bei Haut
27 und Iris III.
Bindehaut: Weiss bei ?j. W., rein bei Hij. M., rein weiss bei 32j.
M., ziemlich rein bei Lambadi, weiss mit rothen Adern bei 40 j. M., ziemlich
(Forts, s. S. S6.)
6*
84
Dr. Koerbin:
T
abelle
21.
M.
ca. no. . . .
249
260
164
172
117
172
163
167
248
Kp. H. . . .
1665
1614
1674
1575
1616
vacat
168.
1728
175.
St. H. . . .
St. pr. . . .
Ob. N. H. . .
Ohr H. . . .
N. 0. pr. . .
u. N. e. . .
Ki. H. . .
1601
180
1 572
1 539
192/90
1 538
1469
1544
192
1 516
1488
195/93
1486
1424
—
1503
185
1484
1449
198/97
1449
1385
1564
186
1524
1 497
197/93
1494
142.
1619
192
1592
1555
205/11.
1553
148.
1665
177
1630
1597
202/95
1595
1528
1694
176
1666
1 624
193/80
1624
1564
Seh. L. . . .
Seh. B. . . .
h. Seh. U. .
s. Seh. Bo. .
180
140
532
332
180
139
525
327
175
131
500
317
173
125
507
320
183
134
517
323
187
144
550
345
180
140
526
332
176
144
532
33.
N. Z h. . .
N. r. L. . . .
N. fl. B. . .
Aug. E.. . .
M. br./h. . .
36
29
33
34
30
•22
31
29
34
34
39
31
37
32
31
33
Wa. B . . .
U. Ki. B, . .
J. B
0. B
104
98
127
100
100
130
89
95
125
97
105
125
97
91
120
100
90
129
100
105
132
103
100
130
ob. N. 0. R..
u. N. 0. R. .
Obli. 0. R. .
Ki, 0. R. . .
100
101
122
105
100
127
10.
103
117
105
105
119
99
98
120
106
95
125
110
106
124
106
100
124
T
abelle
21.
M.
Alter. . . .
23
25
25
28
28
30
30
30
30
Si. H. . . .
—
- -
—
—
-
—
—
—
Kp. H. . . .
Ohr H. . . .
Ki. H. . . .
1655
1539
1469
1 614
1488
1 424
1674
1575
1449
1385
1616
1497
142.
vacat
168.
1 555
148.
1728
1 597
1528
175.
1624
1564
Brb. H. . . .
Nbl. H. . . .
Schb, H. . .
-
—
—
—
—
-
—
—
Schu. H. . .
Elb. H. . . .
Hw. H. . . .
Hsp. H. . .
—
—
—
—
-
—
—
—
Drb. H.. . .
Tr. H . . .
Kn. H. . . .
Wd. H.. . .
Knchl. H. . .
—
—
—
—
—
—
—
—
Sehu. B. . .
Wrz. B. . .
Be. B. . . .
E
l
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~ 1
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Br. U. . . .
Bch. ü. . . .
Wd. U. . . .
-
=
-
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—
—
—
—
Messungen an lebenden Indiern.
85
Fall
ans A.
M.
W.
161
251
166
165
168
169
173
170/1
250
174
178
135
1647
1712
1656
1'59.
1607
1704
1743
161.
1666
142.
1450
1559
1586
1661
1593
1 517
1547
1 626
1 676
1 542
1 606
136.
1385
1495
187
179
19.
175
18.
182
191
187
182
166
184
183
1555
1633
1561
149.
1518
1603
165.
1516
1 585
1334
1367
1473
1516
1 59.
1 53.
1460
1 482
1566
1612
1476
1 538
1 298
1325
144.
196/104
195/93
205/96
183/92
205/96
203/99
205/9.
207/98
202/95
187/90
187/97
194/95
1509
1 588
1525
1459
1482
1 565
1 610
1474
1 538
1 29G
—
1 439
1444
1 527
151.
1 402
141.
149.
1535
141.
1 464
1 2M
—
1365
182
180
184
175
177
185
190
180
186
155
-
172
138
140
133
137
131
135
130
139
137
129
—
136
535
542
528
517
507
545
535
531
543
—
—
?512?
Bänder ums H
aar
320
353
307
328
317
330
306
323
332
—
—
322
45
47
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
33
35
32
36
34
31
30
31
36
31
35
34
32
29
29
35
32
35
32
32
32
—
30
44/19
—
—
-
—
—
-
—
—
—
—
—
101
105 87
97
95
101
101
99
94
90
—
89
10.
95
100
94
100
107
100
106
98
93
—
90
135
105
125
128
127
135
134
133
120
120
—
124
125
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
113
110
106
98
103
105
110
107
105
100
—
106
107
106
103
96
104
98
101
110
101
99
—
98
13.
110
131
117
122
126
128
128
124
118
-
125
Pallans B.
M.
W.
35
35
36
40
40
45
48
50
60
30
36
45
825
—
-
— —
—
—
—
-
-
-
1647
1516
1444
1 712
159.
1527
1656
1 53.
1 51.
159.
1 46.
1402
l 607
1482
141.
1704
1566
I 49.
1 743
1 612
1 535
161.
1476
141.
1666
1 538
1464
1 42.
1 -298
1 237
145.
1 325
1559
1 44.
1365
1 36.
994
870
—
z
—
—
-
—
-
—
-
—
1 374
1061
799
615
-
—
—
—
—
—
=
=
—
—
—
960
915
474
380
75
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
[400'
198
205
—
—
—
—
-
—
—
-
z
1
860
752
327
—
-
—
—
l
—
^_
'
86
Dr. Koerbin:
Index der Schädelbreiten und Durchschnitt der Scheitel- Ohr
Kinn-Höhen von Pallans.
48 j
. M.
Seh. |l
68.042
28 j
M. a
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72.025
36 j
M.
5?
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M.
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28 j
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60 j
M.
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Kp. H.
17 M. -
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16 „
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16 M.
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16 M.
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2 W.
1301 „
-
37.21 „
35 j. M. a N.
rt. B.
H. L.
33
46
71 074
(Fortsetzung v. S. 83.)
weiss und rein bei 35 j., weiss mit brauner Lidspalte bei 14 j. W., unrein
weiss mit vielen roth- braunen Adern, bei 45 j. M., braune Flecke bei
25/aj. M., sehr unrein mit braunen Flecken bei 25/6 j. M. Die Corabinationen
von Bindehaut mit Haut - Iris - und Nagel - Farbe unterliegen keiner
Stetigkeit.
Lippen: roth 2 mal (Lambadi und ?j. W.); rosa, Ränder 27 bei
35j, M., ro. -1- 27 bei 14j. W. und 3 M., roth und Pflaumfarben, blau mit
27 je 1 mal.
Zähne: Normal, gesund, und überwiegend schmutzig. Sehr schön
weiss bei 14 j. W. , gefeilte Zahnlücken bei 40 j. M., 2 obere Vorderzähne
sehr braun bei 16j. M.
Körper: Lambadi und 5 M. Koruvas proportionirt; etwas fett 32 j.
und 45 j. M., sowie das ?j. W.; graziös ist das 14 j. W.
Gewicht: m.b k</ das 14j. W. (+ F8.0 in | Jahren); 40.0 der 16j.
M. (-h 1.0 in 1 Jahr); 56.5 (-[- 3.0 in 3 Jahren) der 32 j. Lambadi.
Puls und Athmung: 88 -\- 22 bei 14j. W.
Bemerkungen: Bei 2öjb]. M. (Haut 27, Iris II) ist der lUuch 28
und die Iris von grauem Rande eingefasst; bei 40j. M. um die Iris ein
grauer Rand, das Individuum kann Abends nicht sehen,
(Hierzu Tabelle 22 u. 23.)
24. Fischer.
2 M. aus Madras, 20 j. no. 15 und 25 j. no. 5. Der 20 j. hat Hautfarbe
57 (Extrafarbe);
(Fortsetzung s. S. 89.)
Messungen an lebenden Indiem.
87
Tabelle 23.
Lambadis A.
Tabelle 22.
Koruvas A.
M.
M.
W.
ca. no. . .
125
123
77
82
81
80
78
79
177
149
Kp. H. . .
1 682
1551
1647/5.
1470
1583
1605 1594/87
1 664/74
1381
1477
St. H. . . .
1 620
1487
1600
1414
1 534
1567
1537
1 615
1 314
1427
St. pr.. . .
185
167
174
174
190
170
179
183
177
177
Ob. N. H. .
1592
1465
1574
1 386
1503
153.
1513
1 584
1295
1393
Ohr H. . .
1 557
1433
1 536
1357
147.
1 503
1481
1545
1256
1 361
N. 0. pr. .
195/95
185/90
203/1051 193/951 204/110] 195/103
190/105
207/120
190/96
182/87
U. N. H. .
1 556
1 430
1 535
1 355
1464
1488
1476
1 532
1 258
] 365
Ki. H . .
1 49.
1 364
1480
1 284
139.
142.
1417
1 467
? 1 203
1 301
Seh. L. . .
175
165
175
168
182
176
177
190
175
174
Seh. B. . .
130
14U
121
126
134
130
128
142
125
130
h. Seh. U. .
504
490
490
504
523
500
505
537
490
?510
s. Seh. no..
30 t;
325
306
314
314
301
299
333
.326
310
N. Z. h. . .
46
43
46
46
44
48
40
—
N. r. L. . .
49
42
45
47
40
48
35
—
N. fl. B. . .
33
34
35
37
39
32
34
37
31
32
Aug. E. . .
30
27
33
32
33
27
27
38
29
30
M. br./h.. .
-
—
48/18
42/24
47/21
41/20
45/17
45/17
39/16
—
Wa. B. . .
100
91
90
100
lOÜ
87
82
98
85
90
U. Ki. B. .
95
87
93
85
103
92
1 80
89
80
83
J. B. . . .
115
123
118
130
129
123
' 121
, 129
110
115
O.B. . . .
-
—
125
123
122
113
112
1-20
106
—
ob. N. 0. R.
10.
94
105
107
108
I 102
99
: loö
95
10.
u. N. 0. R..
105
97
113
110
104
102
101
105
93
97
Obli. 0. R. .
—
—
128
120
112
1 119
115
120
—
' —
Ki. 0. R. .
120
122
124
130
133
125
125
122
112
1 110
Tabelle 23.
Lambadis B.
Tabelle 22.
Koruvas. B.
M.
M.
W.
Alter . . .
32
16
25
25
32
35
40
45
14
?!
Si. H. . . .
—
743
820
783
764
805
840
694
—
Kp. n. . .
1682
1551
1470
1647/5.
1583
1 605
1587/94
1664/74
1 381
1477
Ohr H. . .
1557
1433
1357
1 536
147.
1503
1481
1 545
1256
1 361
Ki. H. . . .
1 49.
1364
1 284
1480
1 39
142
1417
1467
? 1 203
1 301
Brb. H. . .
1 191
1363
1299
1332
1 305
1 364
1 132
—
Nbl. H. . .
—
—
874
1025
984
1008
968
1011
864
—
Schb. H. .
—
—
763
880
827
875
84-2
843
—
—
—
—
—
—
[ 1314]
[ 1 358]
—
—
—
—
Schu. H. . .
—
—
1 22.
1342
1 297
1347
1 328
1 353/74
1 137
—
Ellb. H. . .
925
104.
1002
1 038
103.J
105
835
—
Hw. H. . .
685
780
764
784
775
804
680
—
Hsp. 11. . .
—
—
507
603
587
604
59. 1
615
?515
—
Drb. 11. . .
—
—
829
950
933
937
905
945
789
—
Tr. H. . . .
—
_
793
880
870
886
855
889
—
1 —
Kn. H. . .
—
—
404
470
464
456
454
443
367
—
Wd. Tl. . .
—
—
315
361
34.
365
34.
34.
—
—
Knchl. H. .
—
—
66
75
60
57
70
67
62
—
Sehn. B. . .
—
—
327
34C
) 325
i 340
: 340
[ 376]
285
—
Wrz. B. . .
—
185
16(
) 190
193
; 175
190
— ?
—
Be. B.. . .
—
-
200
28r
200
215
205
230
197
—
Br. U. . . .
—
—
785
73C
> 810
800
770
815
—
-
Bch. U. . .
—
—
69C
68c
)| 724
656
' 695'
755
—
—
Wd. U. . .
-
—
2812
27
i 29.
275
27..
284
235
—
88 Dr. Koerbin:
Durctscliuittsprozente von Rumpfmaassen der Koruvas.
Kp. H. 7 M. — 1 588 mm. = 100.00 pCt. 2 W, — 1 429 mm. = 100.00 pCt.
— 1381 „ = —
6
n
1595
»
=
—
1 ,
Ohr
H. 7
y,
1 475
„
=
92.86
„
2 ,
Ki.
<i »
„
1403
„
=
88.34
„
n n
Brb.
r, 6
„
1509
„
-
82.09
„
1 „
Nbl.
„ „
»
978
•D
—
61.35
»
1 .
Schb.
H. ,
J)
838
»
—
52.58
„
»
[1 567 Kp. H.]
Schu.
H, 3
M.
1297
mm
=
82.77 pCt.
1 w.
Ell.
. 6
„
1014
„
=
63.60
„
1 ,
Hw.
jj y>
,
765
r>
=
47.99
„
1 »
Hsp.
■n »
n
584
n
=
36.65
0
l »
Drb.
. 6
n
916.5
■n
-
57.47
»
1 ,
Tr.
n »
r>
862
„
-
54.07
»
— „
Kn.
n »
„
448.5
»
—
28.12
„
1 «
Wd.
n t)
fl
343
„
—
21.53
r>
— ,
Kehl.
»
„
66
»
=
4.13
n
1 ,
[l 580 Kp.
H.]
Schu.
B.5
11
334
mm
=
21.17
11
1 „
Wrz.
„ ö
11
182
11
=
11.42
)?
11
Be.
„ 6
11
222
11
=
13.93
11
1 „
Br.
U. 6
11
785
11
=
49.23
J1
11
Bch.
„ 6
„
696.5
11
=
43.68
))
11
Wd.
11
»)
278.5
11
=
17.45
11
1 „
Si.
H. 6
»
792.5
11
=
49.70
11
1 11
1 308.5
„ = 91.55
1 252
r, = 87.61
—
= 81.97
—
= 62.56
mm. - 82.33 pCt.
, = 64.08 „
, = 49.24 „
r, = ? „
« = 57.13 „
„ = 26.57 „
. = 4.49 „
„ = 20.64 „
11 — )i
„ = 14.27 „
= 17.02 „
= 50.25 „
Schädel- und Nasen-Index der Koruvas.
25j. M. bSch. ^ 69.°14 N. %^ ^= 73.°68
14 j.
W.
40 j.
M.
32 j.
. M.
35 j.
M.
? j-
W.
45j.
M.
25 j.
M.a
16j.
M.
■ H.L.
47.5
71.°43
11
31
47.5
65.°26
72.°32
11
34
42
80.°95
73.°63
11
39
45.5
85.°71
73.°86
11
32
46,5
68°.82
74.°7 1
11
—
-
74.°74
11
37
48
77.°08
75.°00
11
37
42.5
87.°06
84.°85
11
—
Messungen an lebenden Indiern.
89
(Fortsetzung v. S. 86.)
Haar schwarz, geschoren; Bart fehlt; Bindehaut ziemlich weiss, Zähne
weiss und gesund. Iris, Nägel, Lippen vacant.
Der 25 j. hat Hautfarbe 27/28-, Iris I; Haar schwarz, geschoren; Bart
an Lippe und Kinn; Nägel 24; Bindehaut unrein, mit kleinen rothen
Adern; Lippen und Zähne vacant: Körper proportionirt; Gewicht 53%.
Unterleib behaart bis zum Nabel. (Hierzu Tabelle 24.)
25. Vetevas.
Jäger.
1 M. 40 j. von Coimbatore.
Haut 42; Iris I; Haar 41, schlicht; Bart an Oberlippe und Kinn, 41;
Nägel 25; Bindehaut weiss; Lippen roth; Zähne sehr stark, gesund und rein.
Körper proportionirt; Gewicht 52.3 kg (+ 2.3 kg in 9 Jahren.)
Tabelle 24. Tabelle 25. Tabelle 24. Tabelle 25.
Fischer A. Vetevan A. Fischer B. Vetevan B.
M.
M.
M.
M.
ca. no. . .
15
5
111
Aller . . .
•
20
25
40
Kp. H. . .
1 5i;o
1701
1 660
Si. H. . . .
—
—
—
St. H. . . .
St. pr. . . .
Ob. N. H. .
Ohr H. . .
1477
179
1458
1 433
1576
1592
189
1 558
1 52.
202/10.
1 518
144.
Kp. H.. . .
Ohr H.. . .
Ki. H. . . .
1560
1433
1356
1701
1576
1 483
1660
1 52.
144.
N. 0. pr. . .
U. N. H. . .
Ki. H. . . .
98
190/85
1412 l -
1 356 1 483
Brb. H. . .
Nbl. H. . .
Schb. H. . .
1 276 1 382
950 ' 1 035
790 861
—
Seh. L. . .
Seh. B. . .
h. Seh. U. .
s. Seh. Bo. .
175
137
513
330
200
143
550
340
187
138
535
330
Schu. H. . .
Ell. H.. . .
Hw. H. . .
Hsp. H. . .
1272
994
751
580
1 375
1050
795
615
-
N. Z. h. . .
N. r. L. . .
N. fl. B. . .
Aug. E. . .
M. br./h. . .
47
42
37
38
48/18
47
46
33
34
46/22
36
35
Drb. H. . .
Tr. H. . . .
Kn. H. . . .
Wd. H. . .
Kehl. H. . .
839;
450
55
901
497
-
Wa. B. . .
U. Ki. B. . .
J. B. . . .
0. B. . . .
97
95
118
100
89
126
112
103
97
132
Schu. B. . .
[band]
Wrz. B. . .
Be. B. . . .
?
340 [420]
[365]
160 170
210 222
235
—
ob. N. 0. R. .
102 116
105 ' 118
120 130
128 137
110
109
126
u. N. 0. R. .
Obli. 0. R. .
Ki. 0. R. . .
Br. U. . . .
Bch. U. . .
Wd. U. . .
730
605
787
692
__
90 Dr. Koerbin:
Schädel- und Nasen-Index von Lambadi, Fischern, Vetevan.
32i. M. Lambadi: Ohr H.: 91.38 pCt. Seh. ^: 74.°29 N. ^1^ — —
25 j. M. Fischer :
5>
92.65 „
)5
71.°50
)i
^^ - 70.°97
46.5
20j. M. „ :
>1
91.86 „
)1
78.°29
>5
^^ - 83.°15
44.5
40 j. M. Vetevan :
5>
91.57 „
55
73.°80
„
— —
30. Katumaratis.
6 M. + 4 W.
Vogelfänger aus den Wäldern des Salem -Distriktes, 28 j. M. no. 195,
30 j. M. no. 191, 35/aj. M. no. 196, 35/6 j. M. no. 193, 40 j. M. no. 192,
45 j. M. no. 194; 12 j. W. no. 199; 35 j. W. no. 200, 50 j. W. no. 197,
55j. W. no. 198.
Haut: 2 mal (35/<^j. M. und 50 j. W.) Probe 27, 27/28 2 mal (12 j. W.
und 55 j. W.), 28/29 1 mal (35 j. W.), 28 der Rest der Männer (5 mal).
Iris: I 3 mal (12 j. W. und 2 M.j, II 4 mal (35 j. W. und 3 M.),
III 3 mal (50 u. 55 j. W. und 30 j. M.)
Haar: Beim 12 j. W. gleich Probe 41, sonst gleich 48; bei 45 j. M.
vorn z, Th. braun, bei 50 j. W. mit einigen weissen Haaren, bei 55 j.
W. grau. Die Form ist überwiegend wellig, resp. kraus -wellig.
Bart: Meist kraus; stark an Lippe und Kinn bei 28 j., spärlich 4 mal
notirt.
Nägel: üeberall 25.
Bindehaut: weiss bei 12j. W., ziemlich weiss bei 28j. M.; ziemlich
rein 5 mal (3 W. -f 2 M.), braune Flecke bei 45 j, M., sehr braun bei
30). M. und 35 j. M.
Lippen: Da hier die Puls Zählung vollständig durch geführt ist,
wollen wir zur Controle gegenüber dem früher Bemerkten zusammenstellen :
12 j. W. roth — 96
28 j. M. roth — 80
30 j. M. ro. + hl. — 84
35 j. W. roth — 84
35/aj. M. ro. + bl. — 84
35/6 j. M. ro. + bl. - 75
40 j. M. roth — 84
45 j. M. roth — 72
50 j. W. ro. + bl. — 96
55 j. W. roth — 84 (sehr schwach.)
Zähne: Ueberwiegend schmutzig, oder gefärbt: so finden sich an dem
30 j. M. noch Spuren der bei der Hochzeit erfolgten künstlichen Färbung.
Körper: zart bei 12). W., etwas fett bei 28 j. M. u. 30 j. M., etwas
mager bei 45 j. M., 50 j. W., 55 j. W., mager bei 40 j. M., proportionirt
bei 35 j. W., 35/aj. M. u. 35/6 j. M.
Bemerkung: Bei 35/« j. M. ist das Gesicht schief.
Messungen an lebenden Indiern,
91
Tab
eile
20. Katumaratis
1
A.
w
ca. no, . . .
195
191 196
193
192
194
200
199
197
197
Kp. H.. . .
1 635
1 465 1 601
1738
1599
1547
vacat
1520
159.
1490
St. 11. . . .
1573
1 409 1 529
1675
1541
1492
._
1463
154.
1445
St. pr. . . .
191
176 196
178
18.
177
—
173
177
172
Oh. N. H. .
1545
1 386 1 497
1 647
1 515
148.
—
1443
1513
1425
Ohr H.. . .
1 510
1 347 ; 1 465 1 1 606
1 474 i 1 442
1 204
1405
1476
1 384
N. 0. pr. . .
205/113
197/10. 195/95 195/93
197/105 185/93
190/95
194/97
19./105
185/100
U. N. H. . .
1 510
? 1 464 { 1 604
1 474 j 1 44 1
—
1403
1475
1383
Ki. H. . . .
1 432
1 283 ; 1 387 1 528
1 410 ! 1 383
—
1 338
1 42.
I 32.
Seh. L.. . .
180
174
185
181
178 174
170
175
167
Seh. B. . .
135
133
139
140
139 135
—
128
130
136
h. Seh. U. .
617
—
535
—
52. , 492
—
505
515
505
s. Seh. Bo. .
315
-
335
-
325 i 303
-
?307
, 30.
299
N. Z. h. . .
43
45 1 49 1 49
50
45
—
46
45
45
N. r. L. . .
44
43 45 ! 52
45
41
—
45
42
48
N. fl. B. . .
35
34
33 32
32
29
—
31
26
31
Aug. E. . .
32
27
32 31
29
27
—
26
27
30
M. br./h. . .
47/28
47/18 46/23 ' 41/20
46/.. '52/18
—
43/15
48 '11
51/19
Wa. B. . .
95
95 100
95
90
87
77
89
90
ü. K. B. . .
85
99 1 103
95
90
90
—
89
90
85
J. B. . . .
130
120
125
122
120
120
—
112
120
118
0. B. . . .
112
112
113
—
111
107
—
108
111
114
ol>. N. 0. R. .
99
94 104 103
100
95
—
, 94
97
100
u. N. 0. R. .
100
97 108 10.
100
10.
—
95
95
96
Obli. 0. R. .
—
— 1 __ 1 _
—
—
—
—
—
, —
Ki. 0. R.. .
119
112
122
1 125
116
111
—
111
110
108
Tabelle 26. Katumaratis B.
M.
w.
Alter. . . .
28 30
35
35
40 45
12
35
50
55
Si. H. . . .
811 753
795
842 802
768
— 758
775
755
Kp. H. . .
Ohr H. . .
Ki. H . . .
1 635 1 465 1 601 1 73» 1 599 1 547
1510 1347 1465 1606 1474 1442
1 432 1 283 1 387 1 528 1 410 1 383
— 1 520 1 59 . 1 490
1 204 1 405 1 476 1 384
— 1 338 1 1 42. 132.
Brb. H. . .
Nbl. n. . .
Schb. H. . .
1338 1200 11305 11418 1301 1263
965 ; 877 964 1 053 , 971 937
815 756 i 808 ' 875 ' 814 i 807
— • 1 235 1 1 297 ! 1 195
- 907 999 i 92.
Schu. H. . .
Ell. n.. . .
Bw. H. . .
Hsp. II. . .
1 33 . 1 206
1 038 943
792 714
600 545
1 305
1008
774
595
1 430 1 325 ! 1 305
1 124 1 041 1 020
842 : 797 ' 777
655 615 ?603
— 1 245 1 292 1 226
— 964 990 950
— 735 745 725
— 560 585 560
Drb. H. . .
Tr. H. . . .
Ku. H.. . .
Wd. H. . .
Knchl n.. .
897 827
853 776
424 404
CT 63
876 : 957 j 903 883
835 925 895 814
421 465 425 405
70 70 60 56
— Ö6ö ?937 860
— — j — 815
— 395 ! 430 381
— 65 60 ! 59
Schu. B. . .
Wrz B. . .
Be. B. . . .
347 317 334 [425] 330 325
174 170 177 - 190 154
205 212 220 - ' 181 205
— 293 327 ] 305
1 1
— 206 205 212
Br. U. . . .
Beb. U. . .
Wd. U. . .
74. -
630 1 -
277 1
760
653
305
843
625
700
570
25.
687
, 585
' 234
—
600
245
92
Dr. Koerbin;
Durchschnittsprocente von Rumpfmaassen der Katumarati's.
Kp. H.
Ohr „
Ki. „
Brb. „
Nbl. „
Schb. „
6 M. - 1 597.5 mm = 100.00 pCt. 3 W. — 1 533 vim = 100.00 pCt.
1474 „ = 92.27 „ „ „ 1422 „ = 92.72 „
1404 „ = 87.89 „ „ „ 1359 „ = 88.67 „
1304 „ = 81.63 „ „ „ 1242 „ = 81.02 „
961 „ = 61.67 „ „ „ 942 „ = 61.45 „
811.5 „ = 50.80 „ — — —
)) V
Schu.
Ell.
Hw.
Hsp.
5> '5
5) 55
1317
1029
783
602
82.44
64.41
49.01
37.68
)) )5
55 55
1 254 „
968 „
735 „
568 „
81.82
63.13
47.93
36.96
Drb.
Tr.
Kn.
Kehl.
5> ))
5) )'
890.5
850
424
64
55.74
53.20
26.54
4.03
5) 55
1 w.
3 W.
887 „
815 „
402 „
61 „
57.87
54.70
26.22
4.00
Schu. B,
[Kp. H.
Wrz. B.
Be. „
5 M. —
55 55
55 55
55 55
330.6 „
1 569 ,,]
173.6 „
204.6 „
= 21.07
11.06 „ „ „
13.04 „ „ „
308
= 20.11
208 „ - 13.54
Br. U.
[Kp. H.
Bch. U.
Wd. „
[Kp. H.
5 M. — 746 „ = 45.32
1624 „]
„ „ 612.6 „ = 37.72
5 M. — 266.5 „ ^ 16.70
- 1 595.5 „1
1 W.
1 W.
600 „
245 „
37.74
15.41
Schädel- und Nasen-Index von Katumarati's.
50 j.
W.
Seh
• -
74.°29
28 j.
M.
)5
75.°00
35 j.
M. a
5)
75.°14
35 j.
W.
55
75.°29
30j.
M.
55
76.°44
35 j.
M. b
55
77.°35
45 j.
M.
5)
77.°Ö9
40j.
M.
)>
78.°09
55j.
W.
»
81.°44
H. L. 43.5
35
43.5
= 80.°46
33
47
= 70.°21
31
45.5
= 68.° 13
34
44
= 77.°27
32
50.5
= 63.°37
29
43
= 67.°44
32
47.5
= 67.°37
31
= 66.°67
46.5
Messungen an lebenden Indiern. 9B
27. Kallans.
Diebeskaste, Landbbauern.
17. Männer.
Distrikt Tanjore 25/aj. no. = 157;
„ Tinnevally 25/6 j. no. = 236, 'dO/Oi. no. = 240, 30/fj. no. = 247,
35/cj. no. = 238, 40/aj. no. = 241;
„ Madura 25/6J. no. 258, 28 j . no. = 237, 30/aj. no. - 243, 35/aj.
no. = 274, 35/6 j. no. = 259, 35/fZj. no. - 239, 40/6 j. no. - 246,
45 j. no. = 244, 50/aj. no -- 245, 50/6 j. no. = 235, 60j. no. = 242.
Haut: 41 nur bei 35/aj. und 41/27 bei 25/aj.;
27 bei 25/6 j., 40/aj.;
28 bei 35/(Zj., 50/aj.;
Alle Uebrigen haben 27 und 28 combinirt (27/28 fünfmal, h. 27, v. 28
einmal, 28/27 fünfmal). Die Distrikte machen dabei keine Rangordnung.
Iris: I. achtmal: bei 27,41, zweimal bei 27/28, dreimal bei 28/27, und
bei 28.
II. dreimal: bei 41/26, h. 27/v. 28, 28.
III. sechsmal: bei 27, dreimal 27/28, zweimal 27/27.
Haar: durchweg 48 und schlicht, vielfach geschoren.
Dass bereits bei dem 45 j. so gut wie bei 50/aj. und 60 j. weisse Haare
auftreten, kann nach den früheren Beschreibungen nicht verwundern, wohl
aber, dass bei dem 40/6 j. noch braune (keine grauen) Haare neben den
dunkelschwarzen verzeichnet sind.
Bart: Uebereinstimmend mit der Haarfarbe; neunmal mit Bartwurchs
an der Wange gemeldet, 4 mal starker Wuchs, 2 mal spärlicher, 1 mal krauser
(35/6 j.). Der spärliche Bart findet sich bei Hautfarbe 41/27 und 27, der
starke bei 41, 28, 27/28 und 28/27.
Nur einmal wird Rasur gemeldet.
Auch 50/6 j., der braune Haare neben den schwarzen aufweisst, hat den
Bart grau.
Nägel: 8 mal 25, 2 mal 24, 5 mal 26, ohne hervorstechende Neigung für
bestimmte Hautfarben; zweimal ist notirt 26 mit wechselnden Längsstreifen
von 27, bei 35/aj. besonders am Daumen.
Bindehaut: Rein weiss nur 1 mal bei 27/28 + I + 25; ziemlich weiss
4 mal bei 28/27 + I + 25, bei 28/27 -+- HI + 25 zweimal und bei 27; 28 +
III + 25 ; 9 mal sind braune Flecke notirt, 1 mal braune Flecke bei weisser
Grundfarbe (27 + IH + 25), 1 mal braune Flecke und rothe Adern, (der 60 j.).
1 mal rothe Flecke (bei 50/6 j.)
Lippen: 3 mal 27, 4 mal ro. -\- 27, 4 mal ro. -|- bl., 2 mal ro. notirt;
bei 30/aj. ist Oberlippe 27, Unterlippe roth gemeldet bei Pulszahl 102.
Sonst tritt die Beziehung der Pulszahl zur Lippenbläuung stark zurück
(72,80, 84,90); freilich fehlt zur Schätzung der etwaigen Spannung und
Erregung die Zahl der Athemzüge; nur 1 mal ist Athmung 18 neben
94 Dr. Koerbin:
Puls 94 bei 25/aj. gemeldet (Lippen 27 bei Haut 41/27), und es finden
sich mehrfach auffällig niedrige Pulsziffern, z. B. 1 mal 63, 2 mal 60,56
(schwach) bei 60 j., und sogar 48 bei 30/Z»j.
Zähne: überwiegend weiss, normal, gesund; künstlich schwarz gefärbt
4 mal, in Tinnevally wie in Madura je 2 mal, 1 mal braun von Betel notirt.
Auffällig unregelmässig stehen die Unterkiefer-Zähne von 40/6 j., namentlich
ragen zwei Schneidezähne vor.
Körper: 8 mal proportionirt, 5 mal robust, 1 mal etwas robust, 1 mal
etwas mager notirt.
Bemerkungen: Starke Behaarung bei 35/cj., 35/c^j., an Brust, Bauch
und Armen, bei 40/aj.; auch an den Beineu..
Der Letztgenannte hat sich vom Goldschmidt je 1 kleines rundes Loch
in die beiden mittleren Schneidezähne des Oberkiefers bohren lasseu.
(Hierzu Tabelle 27).
28. Maravans.
Distrikt Madras.
10 Männer: 25/« j. M. no. = 183, 25/6J. M. no. = 190, 27 j. M. no. = 180,
32 j. M. no. - 186, 35 j. M. no. = 182, 36 j. M. no. = 181, 40 j. M. no. =
188, 45 j. M. no. - 189, 48 j. M. no. 185, 50 j. M. no. - 184.
Die Hautfarbe bewegt sich zwischen 27, 28 und 41 und greift nur
einmal bei dem 35 j. M. leicht nach 29 hinüber. In obengenannter Reihen-
folge haben wir, bei sofortiger Zufügung der Iris, Nägel, Bindehaut:
110.= 183: 28/27 + 1 + 26, weiss.
190 : 27/28 + I + 26, zl. weiss.
180:27/41 + II + 25, br. Flecke.
186:28/27 + II + 26, weiss.
182 : 28/29 + III + 26, zl. rein.
181:27/28 + II + 25, br. Fl.
188:27/28 + III + 25, zl. weiss.
189:27/41 + 1 + 26, zl. weiss.
185: 28 + 1 + 26, br. Fl.
184:28/27 + III + 26, weiss.
Oberkörper vorn 28, auf der Backe unregelmässig rundliche Flecke
mit 27 findet sich bei no. = 190 augegeben.
Die Haare sind durchweg 48, nur bei dem 50 j. M. mit Grau gemischt;
im Uebrigcn geschoren, so dass nur bei dem 25/aj. und dem 27 j. sich die
schlichte Beschaffenheit feststellen Hess und die krause bei 35 j. zweifel-
haft blieb.
Der Bart ist oft spärlich, meist aber auch an der Wange zu bemerken.
Die Lippen sind nur bei 32 j. und 35j. ro. -\- 27, sonst immer 27
notirt.
Die Zähne sind überwiegend schön weiss und gesund, nur bei dem
32 j., dem 48 j. und dem 50 j. schwarz gefärbt und beim 27 j. unregelmässig.
Messungen an ledenden Indiern.
95
Der Körper ist proportionirt bei 25/6 j., 27 j., 32 j.; robust bei 35 j,,
36 j., 50j.; etwas fett bei 25/a j., 40j., 45 j.; etwas mager bei 48 j.
Gewichte in der obigen Altersfolge: 55, 56, 45^, 53, 53, 58,541, 50^,
5(i, 58^ kg.
Puls: 6 mal 78 — 80; 72 bei 36 j., 90 bei 45 j., 96 bei 32 j., 104 bei 48 j.
Athraung: Zwischen IS und 28 ganz parallel den Pulscurven.
Bemerkung: Meist ist eine Gewichtszunahme im Gefängniss von
1 — 3 Xy/ (alle sassen 3 — 4 Monate) notirt, nur bei dem 25/a j. -}~ ^^ % ^^^
bei dem 27 j. sogar — 10^%; beim 27 j. ist der Nabel kaum sichtbar.
(Hierzu Tabelle 28).
V ß., Landbauer.
29. Pyer.
25 j. M., Bauer aus Chingleput - Kaste unsicher.
Haut 27/42; Iris L; Haar 48, wellig; Bart 48, spärlich an Oberlippe
und Kinn; Nägel 24; Bindehaut unrein mit brauneu Flecken: Lippen 27;
Zähne gesund; Körper proportionirt; Gewicht 45 /i//, in 2 Jahren 4~ 1^ ^'5'-
(Hierzu Tabelle 29.
(Zu Tabelle 27)
Index der Schädclbreite nebst Scheitel- Ohr- und Kinn-
Höhen — Durchschnitt von Kallans.
28 j. M.
40 b „
30 a „
25 a „
35 c „
OD 8r ^j
45 „
35 b „
26 c „
35 d „
30 b „
25 b „
30 c „
40 a „
50 b „
60 a „
Seh. h.
JL.
64.010
72.072
73.016
73.051
73."77
74."44
74.059
75."00
75.042
76.067
77.001
77.030
77.065
77.078
79.035
81.061
25j. M. a N.
fl. B.
H.L
34 44.5 = 76.040
Kp. n.
Ohr. n.
Ki. H.
U! M, — 1 646 mm = 100.00 pCt.
„ „ - 1521 „ = 92.41 „
., „ — 1 454 „ = 88.33 ,.
96
Messungen an lebenden Indiern.
I I
I I
-H CO lO Ttl 05 CO
■* 'CO • 05 O «O
i-H oo 00 »n t>>o t^
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Zeitschrift für Etttnologie. Jahrg. 1879.
98
Dr. Koerbin:
Tabelle 28.
Maravans A.
Tabelle 29.
Pyer A.
M.
M.
ca. no. .
183
190
180
186
182
181
188
189
185
184
115 B.
Kp. H.. .
1685
1692
l 701
1725
1597
1661
1561
1605
1694
1671
1622
St. H. . .
159.
1627
1627
1655
1531
1596
1493
1555
1633
1 614
1 563
St. pr. . .
18.
177
186
18.
183
186
187
190
185
180
185
Ob. N. H.
1582
160,
1600
1626
1503
1 569
1469
1525
1 601
1 589
1538
Ohr H. .
1558
1558
1567
1 587
1467
1531
1425
1482
1 563
1547
1 504
N. 0. pr.
192/97
185/95
196/96
194/93
198/93
201/98
199/10.
203/10.
202/96
201/106
196/93
U. N. H..
1 556
156.
l 566
1 587
1 465
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1563
155.
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148.
1492
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1 518
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1425
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175
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180
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180
Seh. B. .
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142
140
150
150
136
138
142
142
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532
520
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533
539
533
533
545
537
—
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s. Seh. Bo.
335
325
344
35.
368
330
335
345
325
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N. Z. h .
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—
45
43
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—
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N. r. L. .
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36
—
—
44
—
—
—
—
—
N. fl. B. .
32
33
40
33
37
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34
35
35
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J. B. . .
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13.
135
91
13.
136
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126
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122
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103
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104
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106
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105
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—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Ki. 0. R..
118
120
130
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126
123
—
—
130
—
122
Maravans B.
Pyer B.
M.
M.
Alter . .
25
25
27
32
35
36
40
45
48
50
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—
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1467
1 39.
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Schu. H .
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107.
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—
—
—
—
—
Drb. H. .
Tr. H. . .
Kn. H.. .
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Knchl. H.
—
—
988
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—
900
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—
-
—
—
—
Schu. B. .
[band]
Wrz. B. .
Bo. B. . .
—
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[398]
204
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—
[390]
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Br. U. . .
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—
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—
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—
—
—
Messungen an lebenden Indiern.
99
Durchschnittsprozente von Rumpfmaassen der Maravans.
Kp. H.
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Index der Schädel- und Nasen-Breite von Maravans.
40 j. M
Seh. ^
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N.
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H.
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L.
—
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—
—
Index der Schädelbreite des Pyer.
70.000
30. Pallis.
Ackerbauer aus dem Distrikt Salem.
11 Männer + 1 Weib.
25j. M. no. 26&, 28j. 264, 30/aj. no. 267, 30/^ j. no. 267, SO/c-j. no. 261,
33 j. no. 271, 35/aj. no. 270, 35/ij. no. 262, 35/cj. no. 268, 40j. no. 269,
45j. no. 263 und 30j. W. no. 280.
7*
-[QQ Dr. Koerbin:
Haut: Das Weib hat 28, der 30/aj. M. hat 28/27, der 35/aj. M. und
der 45 j. M. haben 27/28, alle Uebrigen 27.
Iris: II beim Weibe, bei 30/cj. M. und 35/6 j. M., sonst immer L
Haar: Ueberall 48 und schlicht.
Bart: Ueberall 48; 1 mal kraus notirt bei 30/aj., 1 mal stark bei 33 j.,
2 mal schlicht bei 35/r«j. und 40 j. lieber die Stärke findet sich keine Be-
merkung. Backenbart wird 5 mal gemeldet, nur Bart der Oberlippe 2 mal
(25 j. und 28 j.)
Nägel: 3 mal 25, 4 mal 24 (darunter das Weib), 1 mal 26, 2 mal 25
mit Streifen 27, endlich 26/27 resp. 26 mit Streifen 27. Vielfach stimmen
Nägel, Haut und Iris in dem Farbenton, ebenso oft aber auch nicht.
Bindehaut: Ziemlich rein bei 27 + I -f 26; ziemlich weiss bei 28 -h
II 4- 24, 27 -[- I + 25, 27 + I -f 24, 27 + H + 25; braune Streifen an
der Lidspalte bei 28/27 + 1 + 25 mit Streifen 27 und 27/28 + 1 + 24; sehr
braun bei 27 + 1 + 24; braune Flecken bei 27 + 11 + 25, 27/28 + I +
26/27, 27 + 1 + 25 gestrichelt 27, und 27 + 1 + 26 gestreift 27.
Lippen: 8 mal 27, 2 mal ro. + 27, 1 mal ro. (Weib). Bei Letzterem
Puls 98, sonst nicht über 82. Der 40 j. und der 50 j. haben nur 60 Pulse.
Zähne: Meist gesund und weiss; 1 mal schadhaft (40 j.), 2 mal künstlich
schwarz gefärbt (Weib und 35/aj. M.); Betel- braun und unregelmässig
bei 35/cj.
Körper: 8 mal robust genannt, 2 mal proportionirt (33 j. u. 45 j.)
etwas mager der 35/6 j. und das Weib.
Bemerkung: Das Weib tättowirt durch Striche auf der Stirn und auf
Armen und Händen. Auf den Wangen hat es 2, Zolllange, Flecken von
der Farbe 27. (Hierzu Tabelle 30.)
31. Schanars.
3 Männer + 2 Weiber.
35/aj. M. von Madras no. 13, 35/6 j. M. von Tanjore no. 159; 25/aj. W.
von Salem no. 136, 25/6 j. W. von Coimbatore no. 143.
Haut: 27/42 u. 28 der Männer, 28/43 u. 27 der Weiber.
Iris: I bei no. 159, III bei beiden Weibern.
Haare: 48 resp. schwarz bei no. 131, gekräuselt bei dem Weibe von
Salem, wellig bei dem von Coimbatore.
Bart: Bei no. 159 spärlich, 48.
Nägel: 25 bei no. 136, 24 bei no. 159 und 143.
Bindehaut: Sehr rein, resp. rein bei den Weibern, schwarz grünlich
mit braunen Flecken bei no. 159.
Lippen: Innen rosa, am Rand 27 bei no. 13, sonst roth.
Zähne: Bei Allen gesund, rein und weiss bei den Weibern und dem
Manne von Tanjore, sehr schmutzig bei dem andern Manne (Weinstein).
Bei Diesem sind die oberen Vorderzähne schräg convergent. (Forts, s. S. 102.)
Messungen an lebenden Indiern,
Tabelle 80. Pallis A.
101
M.
W.
ca. no. . . .
266
264
267
265
261
271
270
262
268
269
263
280
Kp. H.. . .
1 650
1680
—
1713
1744
1696
1643
1 650
1683
1685
1549
1497
St. U. . . .
1 586
1627
—
1 650
1676
1633
1594
1595
1638
1632
1485
1 445
St. pr. . . .
19.
182
—
175 +
185
185
187
180
172
185
185
170
Ol). N. H.. .
1 565
1 596
—
1627
—
1 605
1 57.
157.
1609
1599
146.
1423
Ohr n.. . .
1 519
1 561
1 504
1 59.
1614
1 565
1523
1 533
157.
1554
1425
1 387
N.-ü.-pr. . .
207/103
198/98
195/92
14. /93
203/95
196/95
206/107
201/10.
195/98
20. /lO.
205/107
195/104
U. N. H. . .
1 519
1 561
—
1 59.
—
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1 523
1 532
157.
1 554
1425
1 387
Ki. H. . . .
1 452
150.
-
1 523
—
1 505
1 46.
146.
1 50.
149.
136.
1336
Seh. L. . . .
18-2
180
—
170
—
180
177
172
170
185
173
175
Seh. B. . .
138
138
—
135
136
135
130
124
139
135
125
h. Seh. U. .
523
517
—
512
—
515
524
506
497
531
51.
8. Seh. Bo. .
330
327
—
337
—
325
320
30.
301
34.
318
—
N. Z. h. . .
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
N. r. L. . .
—
—
—
—
—
—
N. fl. B. . .
31
35
—
32
—
38
33
29
27
32
40
32
Aug. E. . .
36
34
—
31
—
34
31
30
34
31
39
27
M. br./h. . .
—
—
—
—
—
—
-
Wa. B. . .
100
100
—
100
—
100
100
87
10.
98
97
95
ü. K. B. . .
90
100
-
85
—
100
96
101
10.
100
10.
83
J. B. . . .
122
127
—
125
—
127
129
120
125
130
133
115
0. B. . . .
—
—
—
—
—
—
—
ob. N. 0. R..
108
108
—
106
—
105
109
96
98
108
j 109
95
u. N. 0. R. .
105
104
—
104
—
105
106
104
10.
106
103
98
Obli. 0. R. .
—
—
—
—
Ki. 0. R. .
122
120
—
121
127
12.
128
128
1 125
120
107
Tabelle 30. Pallis B.
M.
W.
Alter . . .
25
28
30
30
30
33
35
35
35
40 45
30
Si. H. . . .
—
~
—
—
—
—
—
-
—
-
-
740
Kp. H.. . .
Ohr H. . .
Ki. H. . . .
1650
i 519
1452
1 680
1561
150.
— 1 713 1 744
1504 159. 1614
— 1 523 ?
1696
1 565
1505
1643
1 523
146.
1650
1533
146.
1 683 1 685 j 1 549
1 57. 1 554 1 425
1 50. 1 49. 1 1 36.
1 497
1 387
1336
Brb. H. . .
Nbl. H. . .
Schb. H. . .
—
-
—
—
- - —
1 233
93.
Schu. H. . .
Ell. H. . . .
Hw. H. . .
Hsp. n. . .
-
—
—
—
—
- 1 - ' -
—
—
—
1253
966
710
540
Drb. H. . .
Tr. H. . . .
Kn. H.. . .
Wd. H. . .
Knchl. H. . .
—
-
— -
—
—
—
—
—
—
—
901
875
415
Schu. B. . .
Wrz. B. . .
Be. B. . . .
-
—
-
— -
—
— I — , — -
32.
Br. U. . . .
Bch. U. . .
Wd. U. . .
j —
! Z
1 z
—
__
—
.^
^_
—
z
—
102
Dr. Koerbin:
Index der Schädelbreiten nebst Scheitel - Ohr -Kinn - Höhen
Durchschnitt von Pallis.
30 j.
W.
Seh. ^
Li.
71.°43
35 j.
M.c
»
72.°94
40j.
M.
„
75.°14
33 j.
M.
„
75.°56
35 j.
M. b
,
75.^58
25 j.
M.
»
75.°82
35j.
M. a
„
76.°27
28j.
M.
»
76.°67
45j.
M.
n
78.°03
30 j.
M. b
r,
79.''41
Kp.
H.:
10 M.
1 669 mm
, = 100.00 pCt.
»
9 M.
1661 „
-- » n
Ohr
H.t
11 M.
1542 „
= — —
10 M.
1540 „
= 92.57 ,
9 M.
1538 „
= 92.59 ,
1 W.
—
= 92.65 „
Ki.
H.:
9 M.
1 W.
1472 „
= 88.62 ,
= 89.25 „
(Forts. V. S. 100.)
Körper: Proportionirt beim Weibe von Salem, etwas mager beim
Manne von Tanjore.
Gewicht: 44.5 und 45.5 bei den Weibern mit Zunahme von je 2 kg
in 2 resp. 1;^ Jahr.
Puls u. Athmung: 70 + 18 beim Manne von Tanjore.
Bemerkung: Bei dem Manne von Madras sind Brust, Unterarm,
Gesäss, Schenkel und Bein stark schwarz behaart.
(Hierzu Tabelle 31.)
(zu Tabelle 31.)
Schädel- und Nasen-Index von Schanars.
R fl B 32
35 j. M. b Ohr H. 92.17 pCt. Seh. ^ 71.°91 N. i^-^ j^ = 70.°33
25j. W. b „ 92.40 „ „ 73.°56 „ — —
36 . „
35j. M. a , 91.54 , , 77.°78 „ -^ = 72.°00
25j. W. a „ 92.03 „ „ 78.°11 , — -
32. DobM
und
32x Dobhi Pariah.
2. W.
40j. W. von Madura und 40 j. W. von Salem: no. = 176 resp. 281.
No = 176: 27/34; H; 48, wellig; 24; weiss mit brauner Lidspalte; 27; ge-
färbt, sonst weiss. Robust; 50 A-^ (+4,0 in | Jahren).
No. = 281 : 28/27; II; 48, schlicht; 24; bräunlich; roth; sehr weiss,
künstlich schwarz gefärbt. Etwas mager. Puls 96.
(Hierzu Tabelle 32 und 32 x.
Messungen Jan' lebenden Indiern.
Tabelle 31.
103
Schanars A.
Schanars B.
H.
13
159
W.
13G
143
Alter
M.
35
35
VV.
25
25
Kp. H.
1 642 1 685
1455
1645
Si. H.
800
St. H. .
St. pr..
Ob. N. n.
Ohr H. ,
N. 0. pr.
U. N. H.
Ki. H. .
1610
185
I 537
1 503
195/85
1495
1410
1616
185
?1 590
1 553
195/95
1 550
1490
1 390
177
1 375
1339
186/87
1338
1275
1 582
177
1557
152.
185/8!
1 518
1449
Kp. H..
Ohr H..
Ki. H. .
1 642 1 685
1 503 1 1 553
1 410 1 49()
1 455 i 1 645
1 339 ; 1 52.
1 275 1 449
Brb. H.
Nbl. H.
Schb. H.
1 342
999
827
1365
1012
886
Seh. L. .
Seh. B. .
h. Seh. U.
s. Seh. Bo.
184
178
169
140
128
132 '
530
~
506
355
^
325
174
128
507
301
Schu. H.
Ell. n.
Hw. H.
Bsp. n.
1 358 1 395
1063 1077
794 i 805
618 : 621
N.
Z.
h.
N.
r.
L.
N.
fl.
B.
Aug.
E.
M.
br
./h.
50
50
36
36
51/24
47
44
32
35
42/22
32
28
32
32
Drb. H.
Tr. H..
Wd. H.
Kn. H. .
i. Kehl. H
- 965
873 905
478 445
50
70
Wa. B.
U. K. B.
J. B. .
0. B. .
98
90
128
125
93
97
130
115
80
85
12.
95
90
125
Schu. B. .
[band]
Wrz. B. .
Be. B. . .
35. —
[375] [406]
160 185
233 239
260
ob. N. 0. R.
u. N. 0. R.
Obli. 0. R.
Ki. 0. R. .
105
108
120
136
100
98
123
120
82
95
109
104
95
123
Br. U. .
Bch. ü.
Wd. U.
765 I —
630 i —
33. TJaddars. • '
1 M. 4- 1 W.
16j. M. no. - 122 von Coimbatore, 40j. W. no. - 282 von Salem.
M.: 27; II; 48, schlicht; fehlt; 24; rein; 27 + ro.; weiss, gesund.
Proportionirt.
W: 28/27; 1; 48, schlicht; — 24; sehr braun; 27; weiss. Robust.
(Hierzu Tab. 33.)
34. Pandarems.
2 w.
25 j. M. no. = 12 von Chingleput, 33 j. M. no. = 160 von Tanjore.
No. 12: 28/35; — ; schwarz, geschoren; — ; 25; unrein weiss; 27. mohr
rosa; sehr weiss, gesund.
No. = IGO: 27/28; II; — , — ; spiu-lich; 25; grünlich; roth; weiss, gesund.
Etwas fett. 66 + 15. (Hierzu Tabelle 34).
104
Dr. Koerbin:
Tabelle 32. Tabelle 32x. Tabelle 33. Tabelle 32.
DobhiA. DobhiPariahA. Uaddars A. Dobhi B.
Tabelle 32 X. Tabelle 33.
Dobhi PariahB. UaddarsB.
W.
W.
M.
w.
W.
W.
W.
W.
ca. 110. .
176
281
122
282
Alter .
40
40
16
40
Kp. H..
1615
1 577
1538
1563
Si, H. .
803
-
—
—
St. H: .
St. pr. .
Ob. N. H.
1 545
178
1 516
1482
19. /92
1482
I 415
1 507
179
1485
1454
195/10
1 454
1401
1 476
173
1449
1 414
182/83
1412
1 ;343
1503
186
1478
1444
198/105
1381
Kp. H. .
Ohr H. .
Ki. H. .
1 615
1482
1415
1577
1454
1401
1538
1414
1343
1563
1444
1381
Ohr H. ,
N O.pr..
U. N. H.
Ki. H. .
Brb. H. .
Nbl. H. .
Sehb. H.
1 322
1027
—
—
—
Seh. L. .
Seh. B.
h.Sch.ü.
s.Sch.Bo.
173
140
514
345
175
125
170
127
485
321
184
131
Schu, H.
Elb. H. .
Hw. H. .
Hsp. H. .
1327
1025
777
597
—
—
N.Z.h. .
N. r. L. .
N.fl. B. .
Aug. E. .
M. br./h.
49
44
39
34
47/21
-
34
31
34
35
Drb. H. .
Tr. H. .
Kn. H. .
Wd. H. .
Knchl.H.
949
904
447
365
69
-
—
—
Wa. B. .
U.Ki.B .
J. B.. .
0. B. .
104
10.
127
124
93
88
117
96
95
118
98
95
129
Schu. B.
Wrz. B..
Be. B. .
310
230
32.
—
ob.N.O.R.
u.N.O.R.
Obli.O.R.
Ki. 0. R.
103
107
123
10,
98
106
100
10.
108
105
99
116
Br. U. .
Bch. U. .
Wd. ü. .
266
-
—
E
35. Tempeldienerin.
1 w.
30 j. W. no. = 137 von Colmbatore. 28; III; 48, schlicht; 24; ziem-
lich rein; roth, Rand blau; gesund, braun gebeizt. Robust. AÄ kg (-f- 3.0
in
I Jahren).
(Hierzu Tabelle 35.)
36. Töpfer.
1 Weib.
27 j. W. no. 140 von Madras.
28/27; II; 48, wellig; 25; sehr rein; roth; sehr rein.
Proportionirt. 43 kg ( |- 1.5 in 4 Jahr). (Hierzu Tabelle 36.)
37. Bearer.
1 Weib.
35 j. W. no. 285 von Salem.
27/28; I; 48, schlicht; — ; grünlich; roth; gesund, künstlich geschwärzt.
Robust. (Hierzu Tabelle 37.)
Messungen an lebenden Indiem.
105
Tabelle 34.
I'andarems A.
Tabelle 35.
Teinpeldienerin A.
Tabelle 34. Tabelle 35.
Pandarems R. Tempeldienerin B.
M.
W.
M. 1
W.
ca. no.
12
160
137
Alter .
25
33
30
Kp. H..
1614
1 581
1515
Si. H. .
- —
—
St. 11. .
St. pr. .
Ob. N. H.
Ohr H.
1546
18('.
1520
1489
198/90
1482
1408
1 530
185
1503
1464
208/107
1467
140.
1 4(54
169
1437
1 402
184/90
1 400
1 326
Kp. n. .
Ohr H..
Ki. U. .
1614 1581
1 489 1 464
1408 140.
1515
1402
1326
N.-O.-pr.
U. N. II.
Ki. H. .
Rrb. H.
iNbl. 11.
Schb. FI.
1 320 —
990 —
833 —
—
Seh. L.
Seh. B.
h. Seh. U
s. Seh. Bo
180
138
520
355
188
139
165
129
495
333
Schu. II.
Ell. H. .
Hw. H.
Hsp. H.
1312 —
ICH
730 —
560 —
—
N. Z. h.
N. r. L.
N. fl. B.
Aug. E.
M. br./h.
48
48
37
42
36
48/21
—
35
28
Drb. H.
Tr. H. .
Kn. H..
Wd. H.
Knehl. H.
872
467
58
-
—
Wa. B.
U. Ki. B.
J. B. .
0. B. .
9G
98
134
127
100
91
136
119
87
77
120
Sehu. B.
Wrz. B.
Be B. .
?
[495J
ie5
276
222
—
—
ob. N. 0. I
u. N. 0. t
Obli. 0. R
Ki. 0. R.
i
l.
110
112
130
137
109
112
118
99
92
11,
Br. U. .
Bch. U.
Wd. U.
795
675
—
—
Tabelle 36. Tabelle 37. Tabelle 36. Tabelle 37.
Töpfer A. Bearer A. Töpfer B, Bearer B.
W.
w.
W.
W.
ca. no. .
140
285
Alter . .
27
.35
Kp. H. .
1468
1542
Si. H. . .
—
—
St. H.. .
St. pr. .
Ob. N. H.
1404
180
1376
1345
188/93
1343
1 283
1488
177
1465
1425
192/93
1425
1364
Kp. H. .
Ohr H. .
Ki. H.. .
1468
1345
1283
1 542
1425
1 364
Ohr H. .
N. 0. pr..
U. N. H. .
Ki. n. . .
Brb. H. .
Nbl. H. .
—
—
Schb. H. . .
—
Seh. L. .
Seh. B. .
174
132
506
332
177
133
513
325
Schu. H. .
Ell. H. .
Hw. H. .
Hsp. H. .
—
—
h. Seh. U.
s. Seh. Bo.
—
N. Z. h. .
35
31
32
32
Drb. H. .
—
N. r. L. .
N. fl. B. .
Aug. E. .
Tr. H. .
Kn. H. .
Wd. H. .
Knehl. H.
—
M. br:/h. .
—
Wa. B. .
88
90
117
97
90
130
Schu. B. .
Wrz. B. .
Be. B. .
—
U. Ki. B.
J. B. . .
0. B. . .
—
ob. N. 0. R
u. N. 0. R.
Obli. 0. R.
Ki. 0. R.
99
97
118
106
99
113
Br. U.. .
Bch. U. .
Wd. ü. .
—
106 Dr. Koerbin:
38. "Weber.
1 Mann + 3 Weiber.
18 j. M. no. 119 von Coimbatore; 27 j. W. no. 34 B und 30 j. W. A
von Tinnevelly [Kaikalar], 35 j. W. no. 138 von Salem [Modliar].
M.: 27; I; 48, schlicht; schwach an Oberlippe und Kinn; 25; ziemlich
rein; 27; weiss, gesund. Proportionirt. 51 kg (— 0.5 in j- Jahr).
27 j. W. : 43, Gesicht heller. Sonstiges vacat.
30 j. W.: 28; I; Probe, schlicht; 24; ziemlich rein mit kleineu Adern ;
innen rosa, am Rand violett braun; regelmässig, gesund. Proportionirt.
371 kg.
35 j, W.: 28; III; 48, wellig; 24; sehr rein; roth; sehr weiss.
Robust. 50 kg (+ 0.5 in 1 Jahr). (Hierzu Tabelle 38.)
39. Kamala.
2 M. von Madras.
No. 4: Zimmermann, 25 j. M.
28; I; — , geschoren; ; 25; ziemlich rein mit kleinen braunen
Flecken; rosa; — . Etwas mager. A3>\ kg.
No. 7. Tischler; 60 j. M.
28; II; weiss, geschoren; — ; 25; ziemlich weiss; violetblau in Rosa
übergehend; durch Putzen mit Holzkohle fast zur Hälfte (senkrecht) abge-
schliflfen, die unteren Vorderzähne sind sehr klein. Proportionirt, 53 kg.
(Hierzu Tabelle 39.)
40. Paniken.
1 Weib.
42 j. W. no. 175 von Madura.
27/28; I; 48, wellig; 26; weiss, Lidspalte braun; ro. -f- 27; unrein,
unregelmässig. 36 kg (-f- 2.0 in 3 Jahren). 90 -)- 28.
(Hierzu Tabelle 40.)
41. Milchmann.
18 j. M. no. 8 von Arcot.
35; II; 48, geschoren; spärlich an der Lippe; 21; sehr dunkel,
bräunlichgrau mit einzelnen weissen Flecken; 27; weiss, gesund — Vorder-
zähne oben etwas schief. 35 kg. (Hierzu Tabelle 4L)
42. Vellälas.
5 Männer + 3 Weiber.
28 j. M. no. 114, Kuli von Coimbatore,
30 j, M. no. 104, Landmann von Süd -Arcot,
33 j. M. no. 110, von Coimbatore,
37 j. M. no. 120, Bauer von Coimbatore,
55 j. M. no. 127, Bauer von Coimbatore,
25 j. W. no. 114, Kuli von Madura,
30 j. W. no. 141, Bäuerin von Coimbatore,
35 j. W. no. 142 von Erode. (Forts, s. S. 109.)
Messungen an lebenden Indiern.
107
Tabelle 38.
Weber A.
Tabelle 39.
Kamalas A.
M.
W.
M.
ca. no. . . .
119
34 B.
34 A.
138
4
7
Kp. H. . . .
1625
1445
1445
1477
1560
1665
St. H. . . .
St. pr. . . .
Ob. N. H.. .
Ohr H.. . .
N. 0. pr. . .
U. N. H. . .
Ki. H. . . .
1 560
178
1 531
1489
199/87
1496
1417
1383
182
1 365
1323
185/90
1325
1 257
1382
180
1355
1320
183/9.
1314
1 258
1412
175
1385
1347
182/95
1347
1281
] 1440
!• 93
1 380
] 1540
^ 112
) 1 452
Seh. L. . .
Seh. B. . .
h. Seh. U. .
s. Seh. Bo. .
179
134
515
320
185
137
340
180
135
342
168
130
51.
325
166
134
188
135
540
340
N. Z. h. . .
N. r. L. . .
N. fl. B. . .
Aug. E. . .
M. br./h. . .
35
32
43
39
33
31
44/22
40
40
38
28
43/22
35
32
41
42
34
43/23
55
48
37
38
47/25
Wa. B. . .
ü. K. B. . .
I. B. ...
0. B. . . .
100
89
123
85
80
115
115
85
80
118
115
92
95
120
98 87
92 1 90
113 118
115 124
ob. N. 0. R..
u. N. 0. R. .
Obli. 0. R. .
Ki. CR.. .
107
HO
130
96
97
113
122
103
105
120
125
100
90
HO
102
104
121
133
122
127
130
145
Weber B.
Kamalas B.
M.
W.
M.
Alter. . . .
18
27 •
30
35
25 60
Si. H. , . .
—
-
750
-
—
-
Kp. H.. . .
Ohr. H. . .
Ki. H. . . .
1625
1489
1417
1 445 1 1 445
1 323 1 1 320
1 257 i 1 258
1477
1347
1281
1 560 , 1 665
1 440 1 540
1 380 1 452
Brb. H. . .
Nbl. H. . .
Schb. H. . .
-
1 165 1 168
872 880
-
1283
940
814
1 368
1021
793
Schu. H. . .
Ell. H.. . .
Hw. H. . .
Hsp. H. . .
—
U60 1 1 196
907 920
683 71.
535 553
-
1 280 1 390
977 1 083
733 822
653 638
Drb. H. . .
Tr. H. . . .
Kn. H. . .
Wd. H. . .
Knehl. H. .
—
810
398
295
58
840
798
397
300
60
—
840 j 898
430 492
[52] -
Schu. B. . .
[band]
Wrz. B. . .
Be. B. . . .
—
31.
217
307 —
213 —
— 340
[357]
176 175
226 205
Br. U. . . .
Beh. U. . .
Wd. U. .
-
265
595
265
-
720
615 j
775
680
108
Dr. Koerbin;
Tabelle 40.
Panikens A.
Tabelle 41.
Milchmann A.
Tabelle 40. Tabelle 41.
Panikens B. Milchmann B.
W.
M.
W.
M.
ea. no. ...
175
8
Alter
42
18
Kp. H. . . .
1474
1498
Si. H, . . . .
718
—
St. H
St. pr
Ob. N. H. . .
Ohr H. . . .
N. 0. pr.. . .
U. N. H.. . .
Ki. H
1405
168
1 374
1 354
176/78
1352
1 289
1420
184
1398
1378
190/90
1368
1 305
Kp. H. . . .
Ohr H. . . .
Ki. H
1474
1 354
1 289
1498
1378
1305
Rrb. H. . . .
Nbl. H. . . .
Schb. H. . . .
1 21.
915
1243
922
785
Seh. L. . . .
Seh. B. . . .
h. Seh. U. . .
s. Seh. Bo. . .
165
130
480
314
177
137
510
330
Schu. H. . . .
Ell. H. . . .
Hw. H. . . .
Hsp. H. . . .
1 195
906
683
525
1240
950
724
547
N. Z. h. . . .
N. r. L. . . .
N. fl. B. . . .
Aug. E. . . .
M. br./h. . . .
39
39
30
29
45/22
37
37
35
33
47/22
Drb. H. . . .
Tr. H
Wd. H. . . .
Kn. H. . . .
Kehl. H. . . .
840
782
373
305
54
822
440
51
Wa. B. . . .
U. K. B. . . .
J. B
0. B
85
87
110
114
92
81
110
115
Sehu. B. . , .
[band]
Wrz. B. . . .
Be. B
?
315
200
[300]
150
210
ob. N. 0. R. .
u. N. 0. R. . .
Obli. 0. R. . .
Ki. 0. R. . .
94
100
113
108
110
119
120
(195)
Br. ü
Beh. U. . . .
Wd. U. . . .
200
665
790
Schädel- und Nasen-Index verschiedener Kastenglieder.
40j.
W.
Dobhi Ol
ir H. 91.77
40 j.
W.
Dobhi
Pariah
92.20
40 j.
W.
Uaddar
92.39
16 j.
M.
n
91.94
33 j.
M.
Pandarem
92.60
25 j. M.
92.25
30 j.
W.
Tempeldiener
y>
92.54
27 j.
W.
Tüpfer
„
91.62
35j.
w.
Träger
»
92.41
27 j.
w.
Weber
»
91.56
18 j.
M.
V
»
91.63
30 j.
w.
„
»
91.35
35 j.
w.
5)
yt
91.20
60 j.
M.
Kamala
„
92.49
71°.43
fl. B. 39
H. L. 46.5
= 83.°87
71.°20
,
—
74.°71
n
—
73.°94
n
—
76.°67
-
(37
M42 =
48
78.°18
,,
—
75.°86
„
—
75.°14
„
—
74.°05
„
33
41
74.°86
»
—
75.°00
n
38
40
77.°38
„
—
71.°81
„
37
51.5
77.°08
87.°50
= 80.°49
— = 95.°00
= 71.°84
Messungen an lebenden Indiern. 109
R AR
25 j. M. Kamala Ohr H. 92.31 pCt. Seh. -r-^ 80.°72 N. -g-r — —
30
42 j. W. Paniken „ 91.86 , „ 78.°78 , rr = 76.''92
35
18 j. M. Milchmann , 91.99 , „ 77.°40 „ ^ - 97.°22
39
35
37
(Fortsetzung v. S. 106.)
Haut: 27 bei M. 120 ii. W. 114; 34 bei M. 110; 27/28 bei W. 141;
27, vom 28 bei M. 127 und VV. 104; 43 bei M. 114.
Iris: I bei M. 104 u. 120 und W. 179 und 141; II bei M. 114, 110,
127 u. W. 142.
Haar: Bei 30 j. M. schwarz geschoren, bei 55 j. M. grau, geschoren,
sonst (6 mal) 48, bei 37 j. M. etwas grau, bei den Weibern wellig, bei den
Männern schlicht. Das Haar des 30 j. W. ist besonders dick.
Rart: 48, bei 55j. M. weiss. An der Wange keinmal notirt, nur an
der Oberlippe bei 55 j. M., sonst au Lippe und Kinn.
Nägel: 5 mal 25, 3 mal 24 (combinirt mit 43 und II, 34 und H
27/28 und II).
Bindehaut: Weiss bei 35 j. W. neben 27/28 + II -f 24; rein, Lid-
spalte braun bei 25 j. W., ziemlich rein bei 28 j. M. u. 37 j. M., grünlich
mit braunen Flecken bei 30j. M., braune Flecke bei 30j. W., viel braune
Flecke bei 55 j. M.
Lippen: 1 mal roth (55 j. M.), 1 mal 27 + ro. (35 j. W.), 2 mal ro. -|-
bl. (28 j. M. u. .30 j. W.), 4 mal 27.
Zähne: Ueberwiegend schön weiss und gesund, besonders beim 25 j.
u. 30). W. Bei 55 j. M. bereits stark abgenutzt.
Körper: Robust bei 30 j. M. und 30 j. W., untersetzt bei 35 j. W.,
im Uebrigen proportionirt.
Gewicht: 40.0 bei 25 j. W., 40.5 bei 28j. M. (+0.5 in 5 Jahren),
43.5 bei 30 j. W. (+ 4.5 in 1^ Jahren), 50.5 bei 33 j. M. (- 1.0 in 7 Jahren),
52.0 bei 35j. W. (?? + 18.0 in 1 Jahr), 56.0 bei 55j. M. (-[-2.0 in 9
Jahren), 58.0 bei 37 j. m. (+ 13.0 in 3^ Jahren), 68.5 bei 30 j. M. (+ 3.0
in l Jahr).
Puls u. Athmung: 80 + 20 bei 25j. W. (Hierzu Tabelle 42.)
43. TelegÜS, verschiedener Kasten.
Diese Abtheilung nimmt eine abgesonderte Stellung ein, denn sie um-
fasst eine besondere Sprache, das Telegu, ein Wort, welches also keine Kaste
repräsentirt, sondern in sich viele Kastenabtheilungen einbegreift. Lediglich
die geringe Zahl der untersuchten Individuen rechtfertigt ihre Vereinigung,
23 j. M. no. 121, ? Chekler (niederste Kaste) von Belary,
25 j. M 110. 252, Golen (Schäfer) von Salem. (Forts, s. S. 111).
HO
Dr. Koerbin:
Tabe
lle 42.
VelUlas A.
M.
W.
ca. no. . . .
114
104
IIQ
120
127
179
141
142
Kp, H.. . .
1625
1686
1630
1637
1693
1486
1565
1457
St. H. . . .
1556
P1624
1543
1586
1624
1 411
1504
1395
St. pr. . . .
166
192
187
172
191
175
180
181
Ob. N. H.. .
1 519
f -
1518
1556
1599
1385
1474
1368
Ohr H.. . .
1498
< ? 1 562
1482
1 517
1555
1357
1442
1333
N.- 0.- pr. .
177/75
1213/120
185/100
191/9.
197/93
185/87
187/10.
190/89
ü. N. H. . .
149.
41 1
1480
1516
1556
1 354
144.
1330
Ki. H. . . .
1 415
109
1406
1443
1495
1 287
1375
1263
Seh. L. . .
167
195
187
170
182
170
172
177
Seh. B. . .
130
137
144
138
135
135
141
138
h. Seh. U. .
49.
540
540
515
525
506
?533
513
s. Seh. Bo. .
317
320
330
300
336
325
351
354
N. Z. h. . .
_
_
_
41
_
_
N. r. L. . .
—
—
—
—
—
39
—
N. fl. B. . .
32
—
38
34
39
31
36
35
Aug. E. . .
32
—
37
31
37
28
35
31
M. br./h. . .
—
—
—
—
—
45/22
—
Wa. B. . .
98
100
107
1? 95
1?104
110
87
95
80
ü. K. B. . .
89
97
84
99
85
92
92
J. B. . . .
129
14.
127
140
137
117
124
124
0. B. . . .
—
—
—
—
—
112
-
—
ob. N. 0. R..
104
105
105
105
110
91
101
102
u. N. 0. R. .
101
111
103
110
114
92
100
102
Obli. 0. R. .
—
_
—
—
—
110
—
—
Ki. 0. R.. .
126
130
122
130
125
123
119
120
Tabelle 42. Vellalas B.
•
M.
W.
Alter. . . .
28
30
33
37
55
25
30
35
Si. H. . . .
—
—
—
—
—
725
—
—
Kp. H.. . .
Ohr H. . .
Ki. H. . . .
1625
1498
1415
1686
P1562
1630
1482
1406
1637
1517
1443
1693
1555
1495
1486
1357
1 287
1565
1442
1375
1457
1333
1263
Brb. H. . .
Nbl. H. . .
Sehb. H. . .
—
—
—
-
1 205
92.
-
—
Schu. H. . .
Elb. H. . .
Hw. H. . .
Hsp. H. . .
—
—
—
—
—
1218
925
690
498
—
Drb. n. . .
Tr. H. . . .
Kn. H. . . .
Wd. H. . .
Knchl. H.. .
-
—
—
—
—
865
838
401
60
-
-
Schu. B. . .
Wrz. B. . .
Be. B. . . .
-
1
—
—
312
190
-
—
Br. U. . . .
Bch. U. . .
Wd. U. . .
—
-
—
—
-
257
—
—
Messungen an lebenden Indiern.
111
Schädel- and Nasen-Index von Vellalas.
30j. M,
55 j. M.
28 j. M.
35 j. W.
33 j. M.
25 j. W.
37 j. M.
30 j. W.
Ohr H.
?
Seh
B.
L.
70.°26
^- H. L.
91.85 pCt.
„
74.°18
„
92.18 .
.,
77.''84
»
91.49 „
„
77.°97
„
90.92 ,
..
79.°14
-
91.32 ,
„
79.''41
-
92.67 ,
^
81.°18
■n
92.14 „
^
81.''98
y,
31
4Ö = '' '"^
(Forts. V. S. 109.)
32 j. W. no. 28, GuUiare (Milchfrau) von Chingleput.
23 j. M. no. 38 j „ Madras.
24 j. M. no. 39 l Obbar „ Madras.
45 j. W. no. 37 J „ Chingleput.
25 j. W. no. 27, Gentu, „ Madras.
22 j, M. no. 14, Hausirer, „ Chingleput.
26 j. W. no. 35, Komali (Kaufmann) „ Chittur.
5 M. +4 W.
No. 121: 27/28; I; 48, schlicht; 48, an Lippe und Kinn; 24; grün-
lich; 27 -[- ro.; sehr schadhaft. Proportionirt ; 4S kg (—1.0 in 1:|- Jahr).
No. 252: 27; II; 48, schlicht, geschoren; 48 an Lippe und Kinn;
25; braune Flecke; 27; sehr weiss, gesund. Proportionirt. 73 Pulse.
No, 28: 28; II; Probe schlicht - wellig. 24; unrein weiss; rosa;
gesund, schwarz gefärbt. Proportionirt. 45 kg.
No. 38: \ Haut vacat. Iris vacat. Haar Farbe vacat; im Uebrigen
No. 39: > schlicht, halb geschoren. Bart Farbe vacat. Schwach,
No. 37: J an der Wange fehlend. Nägel vacat. Bindehaut: Braune
Flecke bei no. 38; viel braune Flecke, sehr unrein bei no. 39; No. 37:
vacat. Lippen vacat. Zähne schmutzig bei Allen, schadhaft bei no. 37,
vollzählig bei no. 38, gesund bei no. 39.
N. B. bei den Telegüs und Mohamedanern wurden die Zähne durch
Dasena-padi häufig blauschwarz gefärbt.
Körper: proportionirt.
No. 27: 30/37; III; Probe, schlicht; 24; ziemlich weiss, rein;
ro8a/27; gesund, Unterkiefer schwarz. Mager, AS kg. Vorderarm, Hand-
und Fussrücken sind blau tätowirt. Vertikaler blauer Strich auf der Stirn.
N. B. dieser blaue Strich ist bei sehr- vielen Weibern wie Männern
vorhanden.
No. 14: 28; II; schwarz, geschoren; ?, schwach, wenig behaarte
Lippe; 25; ziemlich rein; Lippe: Extrafarbe 56; Zähne sehr weiss, ge-
sund; die oberen Vorderzähne sind grösser.
112
Dr. Koerbin:
No. 35: 28; I; Probe, schlicht; 25; ziemlich weiss mit wenigen
braunen Flecken ; Lippen roth; Zähne unregelmässig, schadhaft, schmutzig.
(Hierzu Tabelle 43.)
44 — 47. Vereinzelte Repräsentanten anderer, zum Theil
höherer Kasten.
44. Oelhändler.
1 M. + 1 w.
18 j. M. no. 115 von Coimbatore. 35; II; 48, schlicht; fehlt; 25;
rein weiss; 27; rein, weiss, gesund,
23 j. W. no. 279 von Salem. 28/27; I; 48, schlicht; 26; ziemlich
weiss; rein weiss. Etwas fett. Stirn durch Strich tättowirt.
(Hierzu Tabelle 44).
Tabelle 43. Telegüs A.
ca. no, . .
121
252
28
38
39
37
27
14
35
M. 23
M. 25
W. 32
M. 23
M. 24
W. 45
W. 25
M, 22
W. 26
Chekler
Golen
GuUiare
Obbar
Gentu?
Hausirer
Komali ?
Kp. H. , .
1557
1586
1485
1 703
1 745
1735
1517
1637
1530
St. H. . . .
1487
1 532
1460
1627
167.
1674
1450
1569
1463
St. pr., , .
195
192
170
187
190
197
177
180
183
Ob. N. H. .
1464
1493
1 394
1606
1635
1646
1430
1527
1436
Ohr H. . .
1425
1465
1367
1 575
1 60.
1601
1392
1510
?1406
N. 0. pr. .
198/10.
21./108
183/85
195/90
20./105
205/100
192/93
193/87
195/90
U. N. H. .
1423
1463
1355
1562
1 594
1600
1394
1 497
?
Ki. e. . .
1364
1 39.
1303
1490
1 512
1533
1342
1445
1332
Seh. L. . .
188
1^1
162
175
185
186
168
174
179
Seh. B. , .
130
• 133
131
132
145
145
130
130
130
h. Seh. U. .
505
538
—
506
545
540
—
505
—
s. Seh. Bo,.
325
349
358
330
345
345
340
350
325
N. Z. h. . .
_
51
46
47
50
55
45
50
46
N. r. L. . .
—
49
44
46
41
49
38
43
42
N. fl. B. . .
34
36
36
37
39
38
35
39
38
Aug. E. . .
31
35
32
27
35
33
30
33
33
M. br./h. . .
—
51/22
49/18
50/22
48/21
49/17
48/2.
45/27
49/25
Wa. B. . .
90
96
83
91
99
98
90
97
92
U. Ki. B. .
87
92
89
94
90
103
82
95
87
J. B. ...
120
128
122
124
139
134
118
123
124
0. B. . . .
—
110
112
120
130 128
120
118
119
ob. N. 0. R.
102
105
84
100
106
12.
104
100
104
u. N. 0. R. ,
90
107
9.
102
HO
124
106
105
107
Obli. 0, R. ,
102
120
129
140
117
125
123
Ki. 0. R. .
HO
125
109
126
150
138
117
120
130
Messungen an lebenden Indiern.
113
Tabelle 43. Telegüs B.
Alter . . .
M. 23
M. 25
W. 32
M. 23
M. 24
W. 45
W. 25
M. 22
W. 26
Chekler?
Golen
QuUiare
Obbar
Gentu?
Hausirer
Eomali
Si. H. . . .
—
815
770
830
867
885
768
—
800
Kp. H. . .
1557
1586
1485
1703
1 745
1 735
1 517
1 637
15.30
Ohr H. . .
1425
1465
1367
1 575
1 60.
1601
1 392
1 510
? 1 406
Ki. H. . . .
1 364
1 39.
1303
1490
1512
1 533
1 342
1445
1 332
Brb. H. . .
1 304
1 22.
1392
143.
1414
1243
1342
1 261
Nbl. H. . .
957
966
1052
1046
1035
940
1 002
915
Scbb. H. .
—
832
—
887
930
850
—
840
—
Schu. H. . .
1315
1203
1427
1450
1450
122.
1 360
1267
Ellb. H. . .
100.
963
1097
1 144
1 126
944
1070
990
Hw. H. . .
745
740
815
863
827
735
781
760
Hsp. H. . .
—
564
571
627
660
615
555
598
587
1 010
Drb. n. . .
905
875
960
1 022
1 015
930
—
899
Tr. H. . . .
847
800
895
934
907
828
917
?840
Kn. H. . .
455
410
?490
471
498
392
500
428
Wd. H. . .
—
—
—
360
35.
325
—
—
32.
Kncbl. H. .
—
64
55
59
65
75
66
55
60
[354]
[410]
[395]
[360]
Schu. B. . .
—
340
30.
346
—
328
317
285
Wrz. B. . .
—
182
—
187
190
203
—
160
—
Be. B.. . .
—
215
225
254
244
260
235
245
22ü
205
Br. U. . . .
755
628
833
825
1 840
710
,
Beb. U. . .
—
—
—
718
780
740
650
655
584
Wd. U. . .
—
—
31.
290
303
277
290
—
285
,1
— ^—
ca. no.. . .
12lj
252
«1
38
i""!
, 37|
27
14
35
Schädel- und Nasen-Index Telegu sprechender Kastenglieder.
B. o „ fl- B-
23 j. M. Cbekler Ohr H. 91.52 pCt. Seh. — 69.°15 N. g-^^ — —
25 j.
M. Golen
r>
92.43
»
„
69.°63
»
36
50
72.°00
26 j.
W. Komali
1
?
V
,
72.°63
n
38
44
86.°36
22 j.
M. Hausirer
T
92.25
»
V
74.°71
r>
39
46.5 ~
83.°87
23 j.
M. Obbar
n
92.48
r
"
75.°43
y>
37
46.5 ~
79.°57
25 j.
W. Gentu
y>
91.76
"
n
77.°38
n
35
41.5 "
84.^^34
45 j.
W. Obbar
,
92.28
„
,,
77.°96
,
38
52 "
73.^10
24 j.
M. Obbar
,
91.69
»
n
78.°38
»
39
45.5 "
85.''71
32 j.
W. Milchfrau
,
92.05
„
„
80.°86
-
36
45
80.°00
Zeitscbrift für Ethuologie. Jahrg. 1079.
114
Dr. Koerbin:
45. Chetti.
2 Weiber.
30 j. W. no. 150 von Erode. 27; I. 48, schlichtwellig; 24; grünlich
mit braunen Flecken; 27; sehr weiss, gesund. Etwas mager. S3 kg.
55 j. W. no. 146 von Coimbatore. 27; II; grau, wellig. 24; grünlich
mit braunen Flecken; 27 -[- ro.; sehr gesund. 44% (+ 3.0 in 4 Jahren).
(Hierzu Tabelle 45).
Tabelle 44.
Oelhändler. A.
Tabelle 45.
Chetti A.
Tabelle 44.
Oelhändler B.
Tabelle 45.
Chetti B.
M.
W.
W.
M.
W.
28
ca. no. . . .
115
279
150
146
Alter. . . .
18
23
30
55
Kp. H.. . .
1606
1500
1394
1 60.
Si. H. . . .
—
768
—
—
St. H. . . .
St. pr. . . .
Ob. N. H. .
Ohr H.. . .
N. 0. pr. . .
U. N. H. . .
Ki. H. . . .
1 533
177
1495
147.
180/90
1468
1 40.
1451
173
1432
139.
192/95
1 390
1336
1336
165
131.
1 266
182/83
1 266
1 21.
1525
186
1 503
1467
19. /85
1466
1398
Kp. H. . .
Ohr H. . .
Ki. H. . . .
1606
147.
140.
150.
139.
1336
1394
1266
1 21.
160.
1467
1398
ßrb. H. . .
Nbl. H. . .
Sehb. H. . .
—
1 243
934
—
—
Seh. L.. . .
Seh. B. . .
h. Seh. U. .
s. Seh. Bo. .
175
139
515
325
175
129
?505
298
164
130
492
332
180
125
510
306
Sehu. H. . .
Ell. H. . . .
Hw. H. . .
Hsp. H. . .
—
1242
96.
727
554
—
—
N. Z. h. . .
N. r. L. . .
N. fl. B. . .
Aug. E. . .
M. br./h. . .
31
34
29
30
43/18
35
32
31
30
Drb. H. . .
Tr. H. . . .
Kn. H.. . .
Wd. H. . .
Knehl. H.. .
—
865
815
403
34.
52
—
—
Wa. B. . .
ü. K. B. . .
J. B. . . .
0. B. . . .
100
88
IIB
90
89
115
110
89
85
115
95
95
120
Sehu. B. . .
Wrz. B. . .
Be. B. . . .
—
30.
210
—
ob. N. 0. R. .
u. N. 0. R. .
Obii. 0. R. .
Ki. 0. R. . .
100
94
122
10.
95
112
95
90
110
102
102
122
Br. U. . . .
Beh. U. . .
Wd. U. . .
—
275
—
—
46. Brahmine.
55 j. W. no. 36 von Chingleput. Heller als 28; HI; grau, wellig;
25; Lippen vacat; Zähne klein, etwas schadhaft. Etwas mager. 34^%
("Hierzu Tabelle 46).
Messungen an lebenden Indiern.
115
47. Mohamedaner.
1 Weib.
35 j. W. no. 30 von Chingleput. 28; III; Probe, wellig; 25; rein,
weiss; rosa; gesund, klein, schwarz gefärbt. Proportionirt. 44^ kg.
(Hierzu Tabelle 47.)
Tabelle 46.
Brahniine A.
Tabelle 47.
Mohamedaner A.
Tabelle 46. Tabelle 47.
Brahmine B. Mohamedaner H.
W.
W.
W.
W.
ca. no
36
30
Alter
55
35
Kp. H
1470 •
1532
Si. H
—
828
St. H
St pr
1420
170
1387
1353
190/100
1347
1 282
148.
183
1447
142.
195/10.
1403
1340
Kp. H
Ohr H
Ki. H
1470
1353
1282
1532
142. .
Ob. N. B. . .
Ohr H
1 340
N. 0. pr. . . .
U. N. H. . . .
Ki. H
Brb. H
Nbl. H
Schb. H. . . .
1 192
925
1 257
933
Seh. L
Seh. B
h. Seh. U. . .
s. Seh. Bo. . .
171
141
490
310
175
130
355
Sehu. H. . . .
Elb. H
Hw. H
Bsp. H
1 204
937
705
507
1285
995
775
595
N. Z. h.
N r L
47
43
35
32
98/21
48
48
38
32
55/20
Drb. H.. .
Tr. H. . .
855
425
315
t)6
?885
?840
N. fl. B.
Auff. E..
M. br./h.
Kn. H. .
Wd. H. . .
Knchl. H. .
410
320
60
Wa. B
U. Ki. B. . . .
J. B
0. B
82
85
117
115
91
90
125
120
Schu. B. . . .
Wrz. B
Be. B
311
233
320
245
ob. N. 0.
u. N. 0. f
Obli. 0. R
Ki. 0. R.
R.. .
l. . .
102
104
117
123
100
110
125
135
Br. U. . .
Beb. U. . .
Wd. U. . .
247
633
286
Schädel- und Nasen-Index vereinzelter Repräsentanten zu Th.
höherer Kasten.
23 j. W. Oelhändler Ohr H. 92.67 pCt. Seh. -^ 73.^71
18 j. M. , , 91.53 , , 79."43
55 j. W. Chetti , 91.69 , , 69."44
8*
116
Dr. Koerbin:
30 j.
W.
B.
Chetti Ohr H. 90.82 pCt. Seh. j^ 79 »27
55 j.
W.
Brahmine , 92.04 ,, „ 82.046
35 j.
W.
Mohamedaner ., 92.69 , , 74.029
fl. B. B.
2-^ = 74.047 N. l" = 81-40
= 79.017 „ = 79.017
Zum Schluss gebe ich eine General -Uebersicht der Körperhöhe und
des Schädel -Breiten- Index. Es sind nur ganz vereinzelte Exemplare als
in höherem Grade zweifelhaft ausgelassen. In wiefern jüngere Individuen
— unter 20 Jahren — ihr Wachsthum noch nicht vollendet haben, bleibt
dahingestellt. Für die Wuchsgrösse zeigen die römischen Ziffern das
weibliche Geschlecht an. Die exact individualisirende Musterkarte des
Schädeltypus der einzelnen Kasten rechnet auf besonders beifällige Zu-
stimmung.
Vorbemerkung zur Liste der Körperhöhen.
Die ani Rande aufgestellten Categorien von 157, 162, 167, 170 cm
bedeuten die Minimalmaasse der deutschen Rekrutirungs- Ordnung, und zwar
sind erfordert:
1) 161 cm für Infanterie, Jäger, Train.
2) 162 cm für reitende und Feld -Artillerie,
für Dragoner und Husaren (generell),
für Pioniere und Eisenbahner.
3) 167 cm für Fussartillerie,
für Kürassiere und Uhlanen.
4) 170 cm für die Garde.
Ob die gewählten Ziffern gerade die praktischsten sind, unterliegt nicht
unserer Beurtheilung. Für jeden an militairische Verhältnisse Gewöhnten
ergiebt sich durch diese Bezugnahme eine frappante Anschaulichkeit.
Sollte anthropologisch sich die militairische Betrachtungsweise einbürgern,
so möchte ich in Bezug auf die Körperqualität der bezeichneten Truppen-
theile vorschlagen die Ausdrücke: Klein- Leicht- Schwer- Gross -Maass.
(in om.)
vo Kasten.
Tabelle zu S. 116.
i
■*
m
CO
1=
t^
M
O
CO
■o
CO
CO
CO
CO
IN
CO
CO
156 — 131 cm
1 .
[
.' i
6 + 11
• •
. I
2 + VI
. I
O + II
1 .
1 '• '•
1 .
1 .
1 .
'.
• •
• •
'
2 + 0
0 + 0
1 +0
1 +0
0 + 0
0 + I
\ 1 •
I
4 .
I
1
• ■ 1
I
. ■
U -r XI
::'
1 .
li
2
• •
2 + IV
4 + 0
Nilländer. Herlin 1865. Ders. Die Nigritier. Eine anthropologisch ethnologiscbe Monographie.
Berlin 1876, I. etc. etc.
Uebersichts -Klarte der Körper -Hölie (m om.) von 2öB IrLciiem in B4r Kasten.
Tabelle zu S. 116.
1-0
4
167
162
157 an
s
:;
S
s
s
ä
s
S
s
S
S
s
S
s
£
°
s , a
- =
cm + 1 M. + ™.
S
s
s
2
s s
s
S ?
5
^
S
5
3
5
§
g
s
s
".
g
156— 131 cm
■
0 + 0
4+0
1 + 0
2 + 0
1 +0
3 + n
0 + 0
'. '.
2 .
1 .
I ' .
3 '.
1 ■ ■
; ■
1 •' •
1 : .'
1 .
i '.
1 .
'. '.
1 .
1 .
2 '■
1
1. Vedas.
2. Pulajer.
3. Cberumas.
4. l'dDirs.
5. Müpen.
6. Känikas.
7. Tiers.
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25. Vetevas.
26. Katumarätis.
27. KallaDS
28. Maravaos.
29. Pyer.
30. Pallis.
31. .Schaiiars.
32. Dibhis,
33. Ubbbi-Pariab.
34. Uädd.ars.
35. Panddrems,
36. Teoipeldienerin.
37. Töpfer.
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27. KallaDS.
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29. Pyer.
30. Pilus.
31. Schanars.
32. Dobhis.
33. Dubhi-Pariab.
34. üaddars.
35. Pandärems.
36. Tempeldienerin.
37. Töpfer.
38. Träger.
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Von
Robert Hartmann.
(Hierzu Tafel I - 111).
Obgleich ich meine Ansichten über die sogenannten Bejah -Stimme
schon früher an mehreren Stellen, namentlich aber in meinen „Ni-
gritiern"^) erörtert habe, so veranlasste mich doch die wiederholte An-
wesenheit von sogenannten „Nubiern", welche unser vortrefflicher Carl
Hagenbeck aus dem Täqä nach Deutschland geführt, jene Annahmen hier
im Zusammenhange ausführlicher wiederzugeben und möglichst alles Das-
jenige zusammenzustellen, was ich selbst über erwähnte Afrikaner in Erfahrung
zu bringen vermocht habe.
Die Frage nach der Abstammung der von mir Bejah genannten Tribus ist
neuerdings wieder Gegenstand lebhafter Discussionen geworden — ganz
besonders hier in Berlin. — Ich selbst nehme in dieser Sache ganz ent-
schieden Stellung. Dies hat mich veranlasst, auf eine Darlegung der
letzteren während der knapp zugemessenen Zeit eines Vortrages in der
Berliner Anthropologischen Gesellschaft zu verzichten und damit
lieber den Weg einer ausführlicheren, mehr monographisch gehaltenen
Publication zu betreten. Hierdurch wird eine Ausfüllung der Lücken
vermittelt werden, welche sich nothgedruugener Weise in die Berichte
über eine stattgehabe Discussion (z. B. in der Oktober- nnd November-
Sitzung der hiesigen Gesellschaft für Anthropologie etc.) einge-
schlichen haben.
Die Zukunft möge nun über meine Ansichten in der ß^aÄ-Frage ent-
scheiden, wie es sei. Ohne auch nur im Entferntesten an die Unfehlbar-
keit meiner eigenen Darlegungen und der Ideen Anderer zu glauben, ver-
mag ich hier immerhin dem Ethnologen ein Material darzubieten, welches
nicht vor demjenigen meiner Gegner versteckt zu werden benöthigt.
1) Vergl. R. Hartmann: Reise des Freiherrn Ä. v. Barnim lUirch Nord -Ost -Afrika
i d. Jahren 185f» u. 18G0. Berlin 18C3. Ders. Naturgesehicbtlich -medicinischo Skizze der
Nilläuder. Berlin 18G5. Ders. Die Nigritier. Eine antliropologisch ethnologische Monographie.
Berlin 1876, I. etc. etc.
118 Rob. Hartmann:
Die von C. Hagenbeck während der Jahre 1876 — 1878 nach Europa
gebrachten Nord- Ost -Afrikaner gehörten folgenderlei Stämmen an: 1876 den
Homränj dem Näs-el-Beled von Täqä^ den Ga'alm, den Bauend, den Te-
kärine, 1878 aber den: Halenqä^ Hadefidäwa, Bem-Amir^ den Märhl, den
zlabäina, den Homrfm, dem Näs-el-Beled von Täqä^ den Ga'alm^ den Tekä-
rine^^, den Massüäna.
Es war das eine gar stattliche Vereinigung von Kindern des glühenden
Afrika in einem fremden Lande. Dennoch aber konnten diese sogenannten
j.Nubier", welche sich hier in Berlin eine ausserordentliche Popularität
erworben hatten, für mich nur zu einer angenehmen Auffrischung dienen.
Der herzliche Verkehr, welcher sich zwischen jenen Bejah und mir im
hiesigen zoologischen Garten entwickelte, mit mir, den sie in den beredtesten
Worten ihren Haklm und ihren Äyü nannten, bereitete mir grossen Genuss.
Aber ich hätte mir und meinen Studien über die afrikanische Völkerkunde
ein rechtes Armuthszeugnisä ausstellen müssen, wenn ich die hierzulande
gezeigten Bejah als alleiniges oder etwa selbst nur als hauptsächliches
Material für eine ethnologische Arbeit über das ganze merkwürdige Volk
hätte benutzen sollen. Mir stand es an, zunächst zu meinen eigenen Reise-
erinnerungen zurückzugreifen, und einmal zu zeigen, was ich selbst in den
Heimathländern der Bejah über die letzteren einzuheimsen gewusst hatte.
Zudann war es mir Bedürfniss, nach Kräften die einschlägige Literatur zu
Rathe zu ziehen, so wenig Erquickliches letztere auch bietet.
Es war wie gesagt, eine stattliche Schaar, die Nubier C. Hagenbeck's!
Aber was wollten sie Alle bedeuten gegen die Hunderte, die Tausende,
welche ich in Nubien und in Sennar mit eigenen Augen beobachtet, mitten
in ihrem urthümlichen Leben und Treiben, umgeben von einer Natur, deren
wilde Grossartigkeit denn doch der schönsten Birken und Ulmen unserer
zoologischen Gärten spottet. Was waren für mich die hübschen und
liebenswürdigen, aber doch fröstelnden und unter der Niederträchtigkeit
ihres miserablen, verwachsenen griechischen Dolmetschers leidenden 2) Leute
mit den stinkenden Talgklumpen im Haar, mit den traurigen rothen Nacht-
jacken und dem Shirtingplunder, an ihren schönen Leibern, wenn sie das
Fleisch eines Negretti-Schaafes brieten und sich die erstarrten Glieder mit
ihrem Alqaden warm sprangen. Wo blieben da die Besärin, die Sukuruh.,
die Baqära, die Abü-Röf, die llasanleh^ Kahäbl^i^ alle Vertreter gerade der
mächtigsten Stämme des Där-Sennär.? Wo blieben sie in dem einfachen,
aber stolz -romantischen Wesen ihrer Wildnisse.-^
1) Sing. Tekrürl. So schreibe ich mit G. Wetzstein, einem der allerbesten lebenden
Kenner des Arabischen, weicher selbst viel mit solchen Pilgrimen verkehrt hat. Die zuweilen
beliebte Schreibart Takarlr lasse ich hier ausser Acht.
2) Noch am 28. Oktober vor. Jahres, zwei Tage vor der Abreise dieser Braven aus Berlin,
gab ich ihren flehentlichen Bitten nach und stellte ihnen ein Certificat über ihr Wohlverbalten
hier am Orte aus. Das sollte ihnen wenigstens einigen Schutz gegen die Bübereien jenes
hässlicben Unholdes gewähren.
Die Bejah. 119
Ich habe nun die letzteren für die folgende Darstellung hauptsächlich
deshalb als Modell gewählt, weil ich sie in ihrer Heimath am Genauesten
kennen gelernt und weil sie sich mir daselbst, von keinem fremden Wesen
angekränkelt, in ihrer unverfälschten Natürlichkeit zeigen konnten. Ich
habe übrigens solche Leute hier nach meinen eigenen Aquarellaufnabmen
abbilden lassen i), dazu einige ihrer hauptsächlicheren Geräthe. Diese
ikonographischen Beigaben werden, wie ich denke, trotz aller Mangelhaftigkeit
denn doch einen anderen ethnographischen Begriff gewähren, als jene abge-
griffenen, zerbrochenen und verschossenen Speciraina, die von unseren
zahmen Nubiern mit sich geführt wurden und an denen sich höchstens die
banale Naivetät irgend eines Tagesliteraten begeistern gekonnt.
Unter Bejah verstehe ich im Gegensatze zu den allemal sesshaften
Berähra oder Baräbra (Sing. Berberi) jene Oberägypten, Nubien, Sennär,
Täqä^ Abyssinien, Kordüfän^ Dar- Für, Wädäf ^ Bayirml und Bornü be-
wohnenden, nebenbei etwas Ackerbau treibenden Hirtenvölker, welche,
einem gemeinsamen Typus angehören, in gewisser Eigenartigkeit inmitten
der übrigen Afrikaner zur Erscheinung gelangen und als eine besondere
afrikanische Familie betrachtet zu werden verdienen. Ich wende den Namen
Bejah als eine mir bequem dünkende KoUectivbezeichnung für jene
sich in zahlreiche Stämme gliedernde Familie an. Diese Bezeichnung ent-
behrt übrigens keineswegs einer gewissen historischen Berechtigung, wie sie
sich denn auch — die Folge wird es ja zeigen — ethnologisch recht gut
begründen lässt.
Namen, welche auf diese Völker und auf die Beräbra etc. Bezug haben,
treffen wir zuerst auf den Siegestafeln des Pharao Tütmes III (1600 v. Chr.
Geb.) nämlich:
Ater (Adulis am rothen Meere), Atel-maju (Atalmö), Arkek (Arqiqö),
Bukak oder Bukka (Bejah ^ Beggah)^ Berber -ia (Beled-el- Beräbra), Tqkaru
(Tigrie), Balma (Bqlnemmöm), ^rek oder u^lek (Alqaden), Ttirurek, Tnllek
(Inseln Dah'laq, Taltlaq^ Dah'/ak), Ankennq (Insel Akanthine, n. v. Adulis),
Gulubu(dieKoloboi, KoXoßoL'^y) Bcgsagg^)^ 7rt/'»-<(Derri oder Der in Nubien),
1) Die Verkleinerung und der Mangel an Kolorit haben es zu Wege gebracht, dass diese
lithographirten Kopien nur einen höchst dürftigen Abklatsch meiner z. Th. in halber Lebens-
grösse ausgeführten, selbst bei hervorragenden Künstlern, nicht ganz übel beleumundeten
Originale bilden können. Uebrigens ist durch obige Abbildungen mein Vorrath
an farbigen Originaldarstellungeu aus dem Leben der Bejah noch lange nicht
erschöpft. Ich werde für deren weitere Publikation sorgen, sei es auch nur
um einmal zu zeigen, was ein simpler, aber begeisterter Reisender mit etwas
Touche, bunter Kreide und starkem Willen in solcher lliusicht darzubieten
vermag.
2) Vergl. Hartmann Nigritier, I, S. 63.
3) Vielleicht von Heg Schaf und Zägä die Zerlbah, der Kmal (Oorral) für die Schafe und
Ziegen.
120 Röb. Hartmann:
Qazaq (Geez, Agadzi), Wawa-t (Wäwl), Punt (Sömäl-Land), Mensau
(Mensti?) TJetgu (Hesäu?), Aqesu (Aqäseh oder Aqqäseh) etc. i)
Also wusste man schon damals von den Bejah. Mit diesen inschriftlichen
Angaben sind aber die Hinweisungen auf die Beziehungen der alten Aegypter
zu ihnen nicht abgeschlossen. AkJfa, am Wädi-, am Gebel- OlläqJ, war Haupt-
Goldmine der Pharaonen, namentlich zur Zeit Ramses des Grossen. Ueber
andere Beziehungen der Pharaonen aus den gewaltigen XYHI — XX
Dynastien zu Km oder Ka^, Beziehungen, deren viele geeignet sind, auf
unsere Frage ein Licht zu werfen, möge man die ausführliche Darstellung
in meinen Nigritiern vergleichen.^) Zur Zeit der XXV. Dynastie, also
unter den sogenannten Aethiopen- Königen, treten Beräbra als Herrscher
über Aegypten auf. Dieselben sind aus den Priester -Fürsten von Ngpet
oder Ngpgta am Gebel-Barkal (im heutigen Där-SeqleJi) hervorgegangen.
Hier hatte bereits AmmKotep HI dem thebaischen Ammon einen be-
festigten Tempel — die Tempelwacht von X'g-m-nma, mit einer prachtvollen
Allee von Widdersphinxen davor, erbaut^). Die grossartigen Reste dieses
Heiligthumes erheben sich noch jetzt an der Südseite jener prachtvollen
Qald, Döqah oder Ainbä^)^ jener für ganz Ddr-Scqteh dienenden Landmarke,
des Barkai oder Berkal, welcher Name von Büru-Köl (JBüru-Kälo)
Jungfernberg oder von Berua-Käl (Berua-Kälo') d, h. Berg von Meroe^)
hergeleitet worden ist. Hier fand eine Abzweigung der aegyptischen Kultur
den geeigneten Boden zu ihrer günstigen Ausbreitung. Der Staat von
'Nqpgtg scheint alle Südlande bis über die Nordspitze von Sennär hinaus
und alles Beräbra -Gebiet bis an die aegyptische Grenze umfasst zu haben.
Man baute Städte, Paläste, Tempel, Pyramiden und Necropolen. Meroe,
Marüqü, im heutigen Dar -Send/, d. h. im Lande der Gd'alm (nahe dem
heutigen Orte BegeräwJeK) war eine wichtige Stadt, zugehörig dem Staate
Meroe, dessen Ausdehnung tief nach Sennär hinein reichte. *") Die Malereien
und Bildwerke aus dieser aethiopischen Glanzperiode zeigen uns einen
ausgearteten aegyptischen, landesüblich umgemodelten Kunststyl. Wir er-
kennen übrigens an den dortigen noch heute sichtbaren Bauten, sowie
an dem dortigen Architekturwesen, an den daselbst dargestellten Menschen-
1) Vergl. Brugsch: Geschichte Aegyptens unter den Pharaonen. Leipzig 1877, S. 345.
Obige Namen berühren theils berberinische- theils Beyah- theils aby.ssinische Orts-Bezeichnungen.
In einer anderen Aon^-h'on-nefer oder Südland betreffenden, aus der Zeit Amgnh'otep lil.
herrührenden Oerterliste finde ich keine neueren Benennungen heraus.
2) S. das. I Bd. S. 54 ff.
3) Vergl. Brugsch a. o. a. 0. S. 415, 677.
4) In Nubien und Abyssiuien übliche Benennungen für (mehr isolirte) Felsen, deren
Abhänge steil sind, deren Gipfel dagegen abgeflacht erscheinen.
5) Vergl. Brugsch a. a. 0. S. 732.
6) S. darüber Hartmann Nigritier, I, S. 58 ff. Kiepert: Lehrbuch der alten Geographie.
Berlin 1878, S. 206.
Die Bejah. 121
figuren etc. Vieles, was sich noch heut unter Abyssinieru und Bejah,
selbst Fum'i, wieder findet. Davon später mehr.
In jener Zeit war das Aegypterreich in Verfall gerathen. Im Norden
herrschten assyrische Satrapen, im Süden geboten Theilfürsten, Vasallen
der Herren jenes Napnta. Die Feldhauptleute der letzteren hielten Süd-
aegypten besetzt. Aus jener Periode mögen viele der aus lufttrockenen
Schlamraziegeln ejbauten Burgen herrühren, (jetzt (^a.sr, Qala genannt) wie
sie so viele nubische Bergzinnen mit ihren zwar verfallenen, aber dennoch
malerischen Resten krönen.
In der Folge eroberten die Fürsten von Napqta auch Mittel- und
Unteraegypten, Aus ihren Reihen gingen die zum Theil grossen und sieg-
reichen Pharaonen Pignyj, Tqhqrqa oder Tqlup'qqa, ^qhqiiq und Sqbqtqqa
hervor. Sqbqqq nnd Sqbqtqqa sind altnubis che Namen. Ereterer ist gleich-
bedeutend mit dem berberischen Säb-gä, Sab -gl Kater, letzterer mit Säb-
atö-<jl Katersohn ^). Ich habe schon vor Jahren wiederholt darauf aufmerksam
gemacht, dass Thiernamen wie Tör — Stier, Asod — Löwe, Nimr — Panther,
^jcl<i — Elen- oder Pferdeantilope, Muör — Stier (Zebu) Fil — Elephant,
TimsäJi — Krokodil, Hidäjeli — Gabelweih, (weiblicher Name) u. s. w. Lieblings-
namen für Ost- und Innerafrikaner von verschiedenartiger Nationalität bilden.
Wer war nun das Volk von Nqpqtq und von Meroe? Lepsius schien
geneigt, dasselbe für einen Zweig der ßesärin, d. h. Bejah, zu halten.-)
Brugsch dagegen bemerkt, er habe stets die Ahnung gehabt, dass die
Beräbra identisch mit den meroitischen Aethiopen seien. ^) Es ist allerdings
anzuerkennen, dass Nqpqtq und Meroe im Beräbra- Lande liegen. Indessen
finden sich hier auch Theile echter Bejah, wie z. ß. Bemrln, Abäbdeh,
theils Leute, und zwar ansässige, welche, wie Ga\dln und die ihnen nahe
verwandten Säiqleh oder Seqleh, hart an der Grenze von Bejah und von
Beräbra stehen. Viele Ortsnamen in Täqä, Sennär und Kordüfän, also
Gegenden, welche sehr gut einen Theil der alten Kusiten- Reiche gebildet
haben können, sind berberinische. Andere Ortsnamen gehören freilich der
JB<?;a/i- Sprache und den verschiedenen Dialecten der Fwui, wie Bertä an,
abgesehen von später eingeführten arabischen und von nach arabischer
Weise verdreheten altaegyptischen. Die Herrscher jener Kmiten -Reiche
werden die Vorfahren der heutigen Säiquh oder Seqleh und der Gaalin ge-
wesen sein, zum Theil vielleicht altaegyptische Aristokratie, u. A. auch
eingewanderte Ammon -Priester. Das hellfarbig dargestellte Volk aber
muss, wie aus Vielem hervorgeht, aus Beräbra und aus Bejah zugleich
bestanden haben. Die alten Berichte geben Kunde davon, dass unter
Psamtik's Regierung (um 666 v. Chr.) an 240 000 Augehörige der Krieger-
kaste soweit südlich von Meroe gezogen sein sollen, als dies von Syene
1) Vergl. Brugsch a. a. 0. S. 732. Ferner Hartinann: Nigritier, I, S. 53.
2) Briefe aus Aegypteu, Aetbiopieu und der Halbinsel des Sinai. Berlin 1Sü2, S. 266.
3) Zeitschrilt f. allgemeine Erdkunde. N. F. Bd. XVII, S. b.
122 Rob. Hartmann:
(Assüän) abliegt. Nach unserem Gewährsmann, Herodot, waren diese
Kriegsleute mit dem Pharao deshalb zerfallen, weil man sie zu lange unter
den Waffen gehalten, sie vielleicht auch schlecht oder unregelmässig bezahlt
hatte, welcher letztere Zustand bekanntlich in Aegypten ein fast ständiges
Uebel bildet. ') Die Richtigkeit des Factums angenommen, möchte aber
die Zahl von 24 Myriaden d. h. 240 000 Mann, denn doch zu hoch gegriffen
sein. Immerhin könnten diese Ausgewanderten oder Automolen, Asma,
selbst bei einer geringeren Anzahl, als die Alten angeben, ihren Einfluss
auf die physische Beschaffenheit und auf die Gesittung der von ihnen über-
zogenen Aethiopen ausgeübt haben. In welcher Gegend Nordafrikas die
Ansiedelung der landflüchtigen aegyptischen Krieger stattgehabt, bleibt
durchaus zweifelhaft. H. Kiepert ist geneigt, hierfür das abyssinische
Hochland in Anspruch zu nehmen. '•)
Auch ist der letzte aegyptische König Nayt-neb-ef nach Nubien ge-
flüchtet. Er soll grosse Schätze mit sich genommen haben und werden
ihm viele seiner Landeskinder gefolgt sein, wie später dem Melik El-Nimr von
Sendi. Diese Einwanderung wie die oben erwähnte der Krieger, welche beide
reine Retu, reine Aegypter, nicht aber gemischtes Fe IIa Hin -Yo\k nach
Nubien geworfen, kann nicht ohne Einfluss auf die urthümliche Bevölkerung
geblieben sein. Das was man z. B. an den Seqieh u. s. w. noch heut Arabi-
sches erkennen will, ist vielleicht auf jene Beimischung aegyptischen Blutes
(d. h. von helleren Menschen) zu schieben. Im Grossen und Ganzen natürlich
sind die Einwanderer von den Eingebornen absorbirt worden.
Wichtig für die ältere Kunde von den Bejah sind die griechischen
Inschriften der Stele zu Aksüm und diejenigen von Adulis. Ich habe
beide in meinen „Nigritiern" Theil I, S. 77 — 83, so ausführlich besprochen,
dass ich hier von einer Wiederholung absehen und den Leser auf jene
Darlegung verweisen kann. Ich will hier nur kurz auf das dort über die Bejah
Gesagte zurückkommen. Zu Aksüm werden die Bugaiten, d. h. Bejah erwähnt.
Bese- Haien dürfte mit Halenqä zusammenhängen, wie ich das a. o. a. 0.
S. 81 auseinandergesetzt habe. Zu Adulis ist ebenfalls von den Bega
{BejaK) die Rede.
Die im Alterthume viel erwähnten Blemmyer, deren Besiegung durch
den berberinischen Häuptling Silco (Sellaqö, Sillaqö) eine griechische Inschrift
von Talmis oder Qaläh^eh berichtet^), werden nach Lepsius von Yielen
für Bejah ^ von Vivien de St. Martin dagegen für Tedä [von Bilmah —
Balnemmöui (S. 119)J gehalten. Diese Frage ist leider noch nicht
spruchreif. Der Name Blemmyer könnte wohl eine Kollectivbezeichnung
1) Vergl Uerodot II, 39.
2) Lehrbuch der alten Geographie. Berlin 1878, S. 207 ff. Den von unserem berühmten
Geographen in seinem eben citirten classischen Werke aufgestellten Ansichten über die alt-
afrikanischen Vülkerverhültnisse vermag ich im Allgemeinen nur beizupflichten.
3) Nigritier I, S. 82. Vergl das daselbst über die Be}ah Mitgetheilte.
Die Bejah. 123
für räuberische Tedä und für Bejah gewesen sein, welche beide zu wieder-
holten Malen die Ufer der Beräbra heimgesucht hatten. Eine nähere Auf-
klärung der ethnischen Beziehungen der Tedä zu den Bejali, welche freilich
noch gänzlich fehlt, würde jedenfalls mehr Licht auf diese interessante
Frage werfen. In meinem oben citirten Werke ist ferner manche andere
mehr oder minder klar zu entziffernde Bemerkung der Alten über die
Bejah mitgetheilt worden, deren Wiederholung ich hier sparen will.
Klunzinger erwähnt nach Plinius der Gebadei als uralter Bewohner
des Küstengebirges am Westufer des rothen Meeres, dem heutigen Wohn-
sitze der Abäbdeh entsprechend. ^)
Die ausführlichste mittelalterliche Schilderung der Bejah verdanken wir dem
gelehrten aegyptischen Scy-Täqi-el-Dln Maqrtzl in seinem Kitäb-el- X.^tf^ti- ^^ir
besitzen Uebersetzungen dieser merkwürdigen Schrift von Quatremere"^),
Burckhardt^), und von A. v. Krem er. *) Nach Maqrizi beginnt das Land
der Begga (so schreibt unser aegyptischer Forscher) an dem llarhah genannten
Orte, da wo sich in der Wüste die Smaragdgruben von Quss (zwischen Koptos
und Theben, 3 Tagereisen weit von einander liegend) befinden. Die südliche
Grenze der Bejah stösst an Abyssinien, ihr von Gewässern umströmtes
Gebiet (Insel, Gezfreh) reicht vom Nile östlich bis an das Meer gegen
Biidi und DaHlaq hin. Sie sind Nomaden und wechseln ihre Weidegründe.
Sie hausen in Lederzelten. Ihr Stammbaum wird in weiblicher Linie weiter-
geführt. Jeder Stamm hat seinen Sex. Ein allgemeines Oberhaupt fehlt.
Eine Religion haben sie nicht. Tochter- und Schwestersohn erben, unter
Ausschliessung des eigenen Kindes. Sie nehmen nämlich an, dass die
Geburt eines Schwester- oder Tochterkindes mehr Rechtmässigkeit darbiete.
Früher gab es ein zu El-IIacjar residirendes Oberhaupt der Bejah. Diese
Stadt lag im äussersten Winkel des Landes. Sie züchten edle Rosse, vor-
treffliche Kameele, Rinder, Schafe und Ziegen. Die Ochsen sind besonders
schön gefleckt und grosshörnig; die Schafe sind ebenfalls gefleckt und
geben viele Milch. Ihre Nahrung besteht in Fleisch und Milch. Sie essen
sehr wenig Käse. ^) Sie sind stark von Leibe und haben schmächtige
Bäuche, ihre Gesichtsfarbe ist meist gelbbraun. Sie laufen äusserst schnell,
sowie auch ihre Kameele schnell und ausdauernd sind. Auf letzteren über-
holen sie sogar Pferde. Sie kämpfen auch zu Kameel, auf dem sie unge-
heure Strecken zurücklegen und das abgerichtet ist, nach der im Streite
geworfenen Lanze seines Reiters zu laufen und dort niederzuknieen, damit
der Krieger seine Lanze wieder emporzuheben vermag.
1) Bilder aus Oberaegypten, der Wüste und dem rothen Meere. Stuttgart 1877, S. 245.
2) Memoires geographiques et historiques sur l'Egypte. Tome II, p. J 35 — 156.
3) Travels in Nubia, Appendix III, p. 503 — 511.
4) Mitgetheilt (im Auszuge) durch Heuglin in Petermann's Mittheilungen; Ergänzungs-
heft über Ostafrika zwischen Cbartum und dem rotheu Meere bis Suakin uud Massaua.
Gotha 1861.
5) Arab. Uibn, im Btjäuü: To-dib.
124 ^°^- Hartmann:
Sie sind ausserordentlich gastfrei. Erscheint bei ihnen ein Besuch, so
wird ein Lamm geschlachtet; sind ihrer mehr als drei Gäste, so nimmt der
B^ah das nächste beste Thier — mag es ihm zu eigen gehören oder nicht
— und schlachtet dasselbe. Die Lanzen werden von Weibern an einem
Orte gearbeitet, wo kein Mann wohnen und hinkommen darf, ausser um
Lanzen zu kaufen. Wird eine dieser Frauen von dem Kinde (eines der
Lanzenkäufer) entbunden, so tödtet sie es, wenn es männlichen und sie
lässt es leben, wenn es weiblichen Geschlechtes ist.
Sie führen Schilde von behaarter Ochsenhaut, ferner hohle, umgebogene,
von Büffelhaut ^) die sie Aksümeh nennen, endlich andere aus der Haut
eines Seethieres verfertigte, die sie DaKlaqlek heissen.^) Die Bogen, deren
sie sich bedienen, haben die Form der arabischen, sind gross, massiv und
aus dem Holz des Sidr^) und Sohad -Bsiumes verfertigt. Sie schiessen
mit vergifteten Pfeilen, deren Gift aus den Wurzeln (Arüq) des Galkah-
Baumes eingekocht wird, bis es Leimconsistenz erhält. Wollen sie es
prüfen, so ritzt einer seine Haut, bringt das Gift mit dem hervorquellenden
Blute in Berührung und sobald dies gerinnt (wobei es nicht in die Wunde
zurückgestrichen werden darf) so ist der Stoff tauglich. Ein so vergifteter
Pfeil tödtet den Menschen augenblicklich. Getrunken schadet indessen das
Gift nichts. Ihre Ortschaften sind immer Bergwerke und je höher ein Ort
gelegen, desto goldhaltiger und reicher ist der Platz. Es folgt nunmehr
eine Aufzählung der durch Bergbau von den Bejah gewonnenen Metalle und
Edelsteine, der in ihrem Lande vorkommenden Pflanzen und Thiere. Viele
der genannten Lebensformen sind für die heutige Flora und Fauna der
Steppen (Xä^ät) in Nubien, Täqä und Senntir charakteristisch. Der llegillg
(ßalanites aegyptiaca), der Makar (Boswellia papyrifera), der
Sia (Artemisiae spec. compl.), die Send (Cassia acutifolia,
C. obovata), der lla?idal (Cucumis c olocynthis), die Weinrebe, ferner
der Elephant, Leopard, Gepard, der Ameisenscharrer (Anaq-el-ardah),
Affen, Turteltauben, Papageien, Perlhühner etc. etc.
Unter den Bfijah ist kein Mann, welchem nicht der rechte Hoden
exstirpirt wäre. Den Mädchen beschneidet man die Schamlefzen und lässt
die Wunde zusammenwachsen, um sie erst bei der Verheirathung wieder
zu öfinen. Ein Bejah Stamm reisst sich die Schneidezähne aus. Ein
anderer Stamm wird Bäsa (Bazenü) genannt und alle ihre Weiber führen
ein und denselben Namen, wie auch die Männer. Die Schlangen in ihrem
Lande sind sehr gross und artenreich. Die Bejah haben eine böse Gemüths-
art. Früher haben sie durch Einfälle in Oberaegypten viele Verwüstung
angerichtet. Die aegyptischen Pharaonen überzogen sie oft mit Krieg und
1) Bos caffer, Güs der Abyssinier, in deren Landen (Aksnm etc.) das Thier vorkommt.
2) Heugflin vermuthet hierunter (wohl mit vollem Recht) den (jild, die Tawileh oder
Nüqat-el- bahr {HaUcore Dugony) des rothen Meeres.
3) Sidr ist Zizyphus Spina Christi, dessen Früchte Nübaq oder Nebe«] heissen.
Die Bejah. 125
schlössen dann Waffenstillstand mit ihnen ab, um von den Bergwerken
Nutzen zu ziehen, ebenso die Griechen, nachdem sie Aegypten in Besitz
genommen hatten. Dieselben hinterliessen den Bergstädten merkwürdige
Denkmäler und ihre Arbeiter befanden sich noch daselbst, als die Mohamme-
daner Aegypten eroberten.
Seit der Zeit der arabischen Herrschaft in Aegypten, wurden verschiedene
Male Waff"enruhe und Verträge mit den Bejah abgeschlossen; als sich die
Zahl der Mohammedaner in den Bergwerken vermehrte, vermischten sie sich
mit den Bejah durch Heirath und eine grosse Zahl vom Stamme der Hadäreb
nahm oberflächlich den Isläm an. Dieser Stamm ist der Kern des Volkes
und sein edelster Theil, sein Gebiet geht von den aegyptischen Grenzen
nach Gebel-(Ulürfi und nach Ajdäb und selbst darüber hinaus. (Letzterer
Ort war früher Ueberfahrtsstätte der Uäggi oder Pilgrime für Gidda). Ein
anderer Stamm der Bejah heisst Zenäßf/, er ist zahlreicher als die Hadäreb,
jedoch den letzteren unterworfen und dient ihnen als Geleitsmannen. Jeder
Sf'/ der lladärcb hat eine Anzahl Zenäßg im Gefolge. Sie stehen zu
ihm in einem ähnlichen Dienstverhältnisse wie Leibeigene und werden ver-
erbt, obgleich in alten Zeiten die Zenäjig der herrschende Stamm waren.
Diejenigen Bejah, die im Innern, um das Gebiet der Stadt Alöah, bis zu
den Grenzen von Habes wohnen, sind in ihrem Aeussern und Sitten den
Hadäreb ähnlich, nur sind die letzteren kühner als die südlichen Stämme
und weniger ihrer abergläubischen Verehrung des Teufels und ihrer Priester
ergeben. Jeder Stamm hat ^) einen solchen Priester, dem zum Gottesdienst
ein Zelt von Leder aufgeschlagen wird. Er tritt entkleidet und rücklings
in dieses Zelt und ist bei seinem Wiedererscheinen vor dem Volk wie vom
Wahnsinn befallen, grüsst es vom Teufel und sagt ihm wahr.
Der zeitige Besitzer der Goldbergwerke ist (im Jahre 332 der Hegirah')
(der Rabbl'eh -Araber) Beslr-Ibn-Merwän gewesen. Ein anderer Schrift-
steller sagt (nach MaqrlzT's Erzählung) dass die Bejah im Binnenlande,
welche an die Smaragdgruben grenzten, und am ^Olläql, wo die Goldminen
sich befänden, Götzendiener seien. Zwischen 'OUäqi und Nil lägen 15
Tagereisen; der nächste bewohnte Ort sei Assüän, die Insel Sawäkin sei
ihnen noch näher. Die Bejah hiesscn auf Arabisch El - Häseh (Xäzt',
Xäseh?) seien Mohammedaner und hätten einen König. Nach anderen
Schriftstellern sollten sie von den Abyssiniern abstammen, unter Zelten
von Kameelhaaren wohnen und sollte ihre Hautfarbe dunkler sein als die
der Abyssinier. 2)
1) Heuglin bemerkt hier mit Recht, dass die südlichen Bejah Christen gewesen seien
(S. später).
2) Unter freier Benutzung der oben erwähnten Uebersetzimgen, namentlich aber der
Kremer'schen. Hr. G. Wetzstein schreibt mir: „Die Begga (so schreibe ich den Namen) nennt
Maqrizi [^ — Bejga, Andere dagegen Beg<}ä — L^ — • Der Name muss als ein nicht-
126 Rob. Hartmann:
Im Mittelalter geben ferner Idris, Ibn-el- Wardi, Leo Africanus, Ibn-
Häükal., Ibn-Sellm und noch Andere Nachrichten über die Bojah, Bogah,
Bujjah, Bajeh, Begab (*^?^^), Bugihä. Nach Ibn-Selim stammen sie von
den Berbern her. ^) Nach Ahul- Hasan el-Masüdl hat etwa um das Jahr
332 der llegirah (um 943 n. Chr.) der Sex der schon oben erwähnten arabischen
Rabbl'eh, Beslr Ibn-Merwän Ihn- IsJiäq, mit Beihülfe von 3000 (?) islamitisch
gewordenen Bejah - Dromedarreitern der Uadäreb die Goldbergwerke in
Nubien erobert. 2)
Aus dem Reiche Meroe ging das später christlich werdende Alöah
hervor. Dieser ansehnliche Staat erstreckte sich über den südlichen Theil
der heutigen Mudlrieh Berber und Donqolah und über Sennär. Hauptstadt
war Söbah, rechts am blauen Nile, unfern Xarpm, gelegen. Söbah muss
bereits zur Zeit dei' Blüthe Meroe' s eine wichtige Stadt gewesen sein.
Dies beweisen die vielen al<-en, im Stile der Misäwwarät-el-Man^qä (S. 120)
angefertigten aegyptisch-aethiopischen Ruinen von Gebäuden, Substruktionen,
Reste von Skulpturen etc. ^) Die Bewohner waren ursprünglich Anbeter
der Gesteine, später aber zum jacobitischen (monophysitischen) Christen-
thume bekehrt worden. Söbah muss eine recht stattliche Erscheinung
dargeboten haben. Es besass Bauten in gebrannten Ziegeln, als Kirchen,
Rabat oder Karawanseraien im Islam. - Bef (Mohammedanerviertel) etc. Ihre
heiligen Bücher sollen nach Sellm-el- Assüänl in griechischer (koptischer?)
Schrift abgefasst gewesen sein. Dieselben mussten aber in die aloanische
Volkssprache übersetzt werden. Welche könnte nun wohl die letztere
gewesen sein? Die Meroiten sprachen berberinisch; dies und die Häufigkeit
berberinischer Localbezeichnungen in den ehemals aloanischen Gebieten
lassen darauf schliessen, dass auch die aloanische Volkssprache wahrscheinlich
die berberinische gewesen sei.
Der Bischof von Söbah wurde, ebenso wie der abyssinische, der Abünä,
zu Alexandrien ernannt und geweiht.*)
Die alten Berichte rühmen die Macht des aloanischen Königs, welcher
unumschränkt über seine Unterthanen gebot, deren jeden er zu seinem
Sklaven machen konnte. Unter ihm standen die Bejah in Täqä, Sennär
und Kordüfän, sehr wahrscheinlich in einem ganz ähnlichen Verhältnisse
der Lehnspflicht, wie später unter den Besiegern Alöah's, den Fung.
Das zwischen blauem und weissem Nile, in der sogenannten Gezlret-
arabiscber angesehen werden, wenn auch das Arabische die Wurzel bgg hat. Sie bedeutet „Hervor-
quellen", dann überhaupt protuberare z. B. von dem Fettbuckel des Kameeies gebraucht. Männer-,
resp. Stammnaraen sind, wie ich sicher bin, von der Wurzel bgg nicht gebildet worden etc.*
1) Quatremere, Memoires geographiques. II, p. 135. Burckhardt Travels in Nubia
p. 504.
2) Ausführliches darüber in Hartmann, Nigritier S. 332 — 335.
3) Hartmann: Nigritier S. 11.
4) Vergl. über ',7/öaA Ausführliches in Hartmann Nigritier, S. 362 — 365.
Die Bejah. 127
Sennär wohnende Volk wurde damals nach einer Lesart Kersä, nach einer
anderen Kortinä oder Koromä — adlig — genannt. Letzterer Name hängt
vielleicht mit dem ßcja/i-Vf orte Gurma oder Qroma Kopf, Haupt, zusammen,
welches Wort etwas Auszeichnendes, Adelndes bedeutet haben mag, etwa
wie später die Bezeichnungen Gaali und Fmu/i. Zur geschichtlichen Ent-
wicklung der uns beschäftigenden Frage soll hier noch darauf hingewiesen
werden, dass nördlich von 'Alöah sich durch Nubien jene christlich -jako-
bitischen Staaten wie Moqräd und Donqolah, erstreckten, deren Kulturreste
namentlich in Gestalt von Kirchenruinen, noch heut in der ganzen Haknidärleh
Beled -Sudan zerstreut auftreten. Aus der aloanischen und nubisch-christlichen
Periode stammten denn auch wohl jene christlichen Bejak her, welche
noch heut hier und da existiren sollen. ^)
Die Erben der Macht ÄlöaKs waren die heidnischen nigritischen
Fünf/, welche das bereits verfallene Sobah gänzlich aufgaben und ihre
Hauptstadt zu Sennär am Westufer des Ballr-el-azroq errichteten. Sie
traten zum Islam über. Schon früher waren die Danäqla grossentheils
mohammedanisch geworden, nachdem bereits 1316 — 17 der islamitische
Anführer Säf-el-Dln Abdallah - cl - Na^r Alt -Donqolah unterworfen und
1317 die dortige Moschee eingeweiht hatte. Schon damals begann die
Mohammedanisirung auch der Bejah, die ihren Abschluss erst nach der
Besiegung des Wolled-j!^i6 bei Arbägi um Mitte des sechzehnten Jahr-
hunderts fand.
Dieser ebengenannte WoUed- oder Woad-, ^QA-Ar)lh war, nachdem
'Alöah allmählich mohammedanisirt worden, Häuptling in Unter -Sennär über
die dort befindlichen Beräbra, Bejah, Schwarzen und Mischlinge, namentlich
über die Bejah. Diese Würde stammte jedenfalls aus der Zeit des aloani-
schen Glanzes, in welcher man den nomadischen Bejah einen Gross -S^X,
arabisch Sex-el-Kebir, als Regenten gab, der später WoWed -Ac/lb hiess.
Derselbe residirte zu Geri, unweit dem Moqren der beiden Nilquellströme
zu \artüm. Die Fung aber beherrschten nach Ausbreitung ihrer Macht in
Sennär das letztere, ferner Theile von Kordüfan und von Täqä, sowie
Nubien bis nach \iüdl-Halfah hin. Sie unterhielten im Innern der Gez'ireh,
in Nachbarschaft der Gebäl-el-Fung, eine Kolonie von Berlin oder Burün,
ihrer eigenen Nation angehörig, welche Land bebauen und in Zeiten der
Kriegsnoth den Stamm des jFmw^- Heeres bilden mussten, ungefähr ähnlich
den Österreichischen Czaikisten, Sereczana u. s. w., obwohl jene nicht so
unmittelbar Grenzsoldaten, wie letztere waren. Eine andere Macht befand
sich ständig am Ufer des blauen Flusses unter Waffen. Sie diente aus-
drücklich dazu, die Z?gja/< - Nomaden Sennar's in Schranken zu
halten und diesen den Tribut namentlich dann abzufordern, wenn diese im
Sommer, im Xarif, d. h. zur Regenzeit, vor den Fliegen — Dubbän —
1) Aegypteu. Forschiuigen über Land und Volk während eines zehnjährigen Aufenthaltes.
Von A. V. Kremer. Leipzig 1863, I, S. 125, M. Kirchner das. S. 154, Anm. 53.
128
Rob. Hartmann:
vorzüglich aber der angeblich so schrecklichen Surritah, die trockneren, mehr
sandigen Gebiete der X«^«^ o^^^ Steppen von Nord-Sennär, Südnubien und
West-Täqä mit den heissen, dampfenden Walddistrikten von Mittel- und
Ober-Sennär zu vertauschen gezwungen wurden, Soldaten der letzteren
Kategorion waren keine Ftcm/, sondern Sklaven aus Fazoglo, Der und
Teqeleh oder Takiah. Als der treffliche schottische Reisende J. Bruce
i. J. 1772 an den Hof des damaligen /^?/n//- Königs nach Sennär kam,
umgaben diese heidnisch - nubischen, in Dörfern kampirenden Truppen auf
eine Entfernung von 4 — 5 (engl.) Meilen die Hauptstadt. Sie waren etwa
12 000 Mann stark.
Die Schilderung welche der unvergleichliche Bruce von diesen Truppen
und ihren Militärlagern entwirft, ist so interessant, namentlich für das
Yerhältniss der Bejah zu ihren damaligen Herren, den Fung,
dass ich jene halbvergessene Darstellung meinen Lesern nicht vorenthaUen
möchte. Bruce bemerkt, dass diese Sklaventruppen deshalb, weil sie
Wohnung, Lebensmittel und auch Wafien erhielten, nie wieder davon zu
laufen suchten, sondern ein ordentliches massiges Leben führten, i) Viele
unter ihnen, mit denen Bruce sich unterhielt, schienen ihm eine weit
bessere Rasse von Negern, als die vom BaKr-el-Jis, d. h. vom BaHr-el-abjad,
d. h. als die Fung"-) zu sein, aus denen damals die Regierung von Sennär
bestand. Sie haben kleine Gesichtszüge, aber wolliges Haar, und platte
Nasen, wie andere Neger, und reden eine angenehme, wohlklingende Sprache,
die aber von allen, die der Schotte gehört, ganz und gar verschieden war.
Obgleich der Mek {Sultan von Sennär) und ihre Herren zu Sennär sich für
Mohammedaner ausgeben, so haben sie doch nie versucht, diese Nubier zu
bekehren; sie unterhalten vielmehr in jedem Dorfe einige heidnische Priester,
die Soldatensold bekommen und ihre Religionsgebräuche verrichten. Wenige
vom niedrigsten Stande sprechen arabisch etc. Sie beten den Mond an 3),
und dass sie dieses mit Vergnügen und Zufriedenheit thun, merkt man
deutlich jeden Abend, wenn er scheint. Wenn sie aus ihren finsteren
Hütten herauskommen, und ihn scheinen sehen, sagen sie einige Worte her,
1) Solche nigritischen Truppen sind bei leidlicher Behandlung in der That willig
und anhänglich. Jetzt aber, wo sie unter der miserablen Wirthschaft chedivialer Schein-
herrlichkeit und zum Theil verbummelter osmanischer oder fränkischer Satrapen malträtirt und
nur selten bezahlt werden, da laufen sie bei jeder Gelegenheit haufenweise davon und
erregen zuweilen in Corpore schreckliche, blutig endende Rebellionen.
2) Bruce meint hiermit die Sillük, welche aber nicht, wie er anzunehmen geneigt ist,
die herrschende Rasse bildeten. Vielmehr wurde letztere von echten Funy, Berün und
ßammey., repräsentirt.
3) Wie noch heut die Bertä oder Bartä im Süden und Südosten von Fazoqlo, welche
unzweifelhaft ihr Kontingent zu des Sultan -Bädi Truppen geliefert hatten. Indessen werden
auch Nöbah aus Kordufän dabei geweseA sein. Der treffliche Rueppell berichtet, dass die
letzteren nur an ein höheres Wesen glaubten, dass man unter dem Monde personifizirt zu
haben glaube und zu ihm richte man auch gewisse Gebete. (Reisen in Nubien, Kordofan und
dem peträischen Arabien. Frankfurt a/M. 1829, S. 165),
Die Bejah. 129
und bei der ersten Erscheinung des Neumondes geben sie ihre grosse
Freude durch Bewegung der Hände und Füsse zu erkennen. Ich bemerkte
nie, dass sie der Sonne einige Achtung bezeigten, weder beim Aufgange
noch beim Untergange, sie mochte sich dem Meridian nähern oder sich
wieder davon entfernen. Aber soviel ich in Erfahrung bringen konnte,
beten sie einen Baum oder Stein an, obgleich ich nie erfuhr, von was für
einer Art sie waren, nur soviel, dass sie nicht in Sennaar, sondern in ihrem
Vaterlande anzutreffen wären. ^) Ihre Priester schienen grossen Einfluss
auf sie zu haben, aber blos aus Furcht, nicht aus Liebe. Sie unterscheiden
sich durch dicke kupferne Armbänder um die Hand, auch zuweilen durch
einen oder zwei dergleichen Bänder um die Fussknöciiel. Diese Dörfer
beissen „Dahera" ') etc. Sie sind ausserordentliche Liebhaber von Schweine-
lleisch und unterhalten zu dem Ende grosse Heerden von Schweinen. Diese
sind von einer kleinen Art, gemeinhin schwarz und weiss, ungemein fruchtbar,
und gleichen völlig derjenigen Art, die in Nord -Schottland häufig ist. ^)
Die Nubier sind nicht beschnitten. *) Sie werden selten Mohammedaner,
aber ihre Kinder thun es gemeiniglich. Wenige steigen höher als zu Soldaten
und Offizieren in ihrem eigenen Corps. Sie betragen sich immer ruhig, und
man weiss nicht leicht, dass sie Räubereien oder Meutereien anfangen, weil
sie sich allezeit für den grossen über sie gesetzten Herrn erklären. ^)
Damals lagerte *SV^-Adlän, Wezir des SuJtän von Senn;ir, an der Spitze
der Reiterei und der Nubier zu El-'Erah, um den Tribut von den „Arabern"
(d. h. 5^;rt/t -Nomaden, hier ^Arab genannt) zu erheben, weil letztere jetzt,
um ihr Vieh vor der „Fliege" zu schützen, aus den Grenzen der tropischen
Regen in die Sandgegenden unterhalb Atbarah hinabzogen. (S. 128.)
Die Schilderung, welche Bruce vom Lagerleben zu El-'Erah
entwirft, enthält so vielerlei, auch jetzt noch für die Lebensweise der Bejah
eigenthümliche Einzelheiten, dass ich sie hier sogleich anschliessen wiU.
In Adlan's Wohnung standen,' als der Schotte hier seineu Besuch abstattete,
zw^ei bis drei ansehnliche Häuser von einem Stockwerk mitten auf einem
grossen viereckigen Platze, wovon jede Seite wenigstens eine halbe (engl.)
Meile lang war. ^) Statt einer Mauer zur Einfassung desselben, war ein
1) Kigelia africana, Urostigmn fassoglense, auch wohl Crataeva Adansonii
in Dar- Bertat.
2) Dayeralt, heisst am blaiien Flusse das sich über die Alluvial n iederu ng erhebende,
ebenfalls aus AUuvien bestehende, höhere Land. Dasselbe bietet öfters den Anblick einer
dem Fiussufer parallel ziehenden Dammbildung dar. Auf dem Rücken desselben wuchert
Waldvegetation und auf ihm werden gewöhnlich die Dörfer angelegt.
3) Sns sennariensis Fitz., von welchem später ausführlicher die Rede sein wird.
4) üebrigens ist die Circumcision bei den Nöbah üblich.
ö) Reisen zur Entdeckung der Quellen des Nils in den Jahren 1768 — 1773, von James
Bruce von Kinnaird. Deutsch von Volkmann. Leipzig 1791, 4 Bd. S. 423 — 425.
6) Derartige Gebäude finden sich iu meinen .Migritiem" Tat. IIT. Fig. 4 und Taf. IV.
Fig. 3 abgebildet.
Zeiterhril't für Kihnologie. Jahrg. 1879. 9
130 Rob. Hartmann:
hoher Zaun (Zerlbah) von Faschinen aus starkem Rohr, Schilf oder Durrah-
Halmen (^Qamb) errichtet, und mit Stangen und Stricken fest zusammen
verbunden. Auswendig am Thore standen auf jeder Seite sechs Häuser
von schlechterer Bauart als die anderen; dicht am Zaun sah man Schuppen ^),
darin die Soldaten lagen: vor ihnen standen die Pferde mit den Köpfen
gegen die Schuppen, und das Futter lag an der Erde. Unter der Schlaf-
stelle eines jeden Soldaten, die nur oben bedeckt, aber an den Seiten oJBfen
war, hingen eine Lanze, ein ovaler Schild ^) und ein grosses breites Schwert.
Dies waren, wie man Bruce berichtete, vornehmlich Quartiere für die
Couriere, die weil sie „Araber" (i. e. Bejah) waren, nicht in der Zerlbah
aufgenommen, sondern über Nacht ausgesperrt wurden.
Innerhalb des Thores sah man viele Pferde, und hinter ihnen die
Baracken für die Soldaten. Sie waren reihenweise mit gegen die Soldaten
gekehrten Köpfen gestellt. Es gab das für unseren Berichterstatter „einen
der schönsten Anblicke, die er jemals in dieser Art gesehen." Die Thiere
waren alle auf 16 Hände hoch, von der Zucht der alten -sarazenischen Pferde,
fein gebaut und so stark als unsere Kutschpferde, aber ausserordentlich
schnell in ihren Bewegungen. Vorne stark und kurz; mit den schönsten
Augen, Ohren und Köpfen, die man sich nur denken kann. Sie waren
meistens schwarz, einige schwarz und weiss, etliche milchweiss aber nicht
von Alter, mit weissen Augen und Hufen, welches vielleicht nicht die beste
Empfehlung war. ^)
Bei eines jeden Soldaten Lagerstatt, dem Pferde gegenüber, hing ein
stählernes Panzerhemde*), und dabei ein Antilopenfell, so weich wie ein
Gemsenfell gegerbt, womit jenes gegen den nächtlichen Thau bedeckt wurde.
üeber dem Panzerhemde hing eine kupferne Sturmhaube an einer Schnur
ohne Federbusch, und war dies der malerischeste Theil der Trophäe: dazu
kam ein sehr grosses breites Schwert, in einer rothen ledernen Scheide;
am Kopfe hingen ein paar dicke Handschuhe ohne Finger, und nur mit
einem Loche, wo alle vier Finger beisammen stecken.^) Sie sagten Bruce,
1) Solche schuppenartigen Bauten, gewöhnlich aus Qamb, Steppengras, Qas (Andropogon,
Panicum, Saccharum spontaneum und Qänah) oder d. h. Bambusa abyssinica
errichtet, heissen in Sennär Hfmeh oder Keiiubah. Mit letzterem Namen wird sonst gewöhnlich
der oiTene. meist nur aus Graminenen errichtete Vorraum der Hütten bezeichnet. Derartige
Baulichkeiten sind in meinen „Nigritiern". Taf. IV, Fig. l^^L, Fig. 2D> g , abgebildet
worden.
2) S. in dieser Zeitschrift Jahrgang 1879, I Heft, Taf. III Fig. 8.
3) Diese Thiere gehörten jedenfalls zu der gegenwärtig so gut wie ausgestorbenen, ehemals
vortrefflichen Rasse von Donqolah.
4) Panzerhemde von Drathringen, Arbeit aus Xoräsän oder Slräz, abgebildet hier auf
unserer Tafel II an dem Reiter rechts.
5) Diese Rüststücke sind gut abgebildet bei H. Brugsch: Reise der Kön. Preuss.
Gesandtschaft nach Persien 1860 und 1861. Leipzig 1863, S. 83, femer: G. Radde: Die
Chews'uren und ihr Land (ein monographischer Versuch) untersucht im Sommer 1876. Cassel
X878. Taf. V. Fig. 1 - 3, Taf. XIU. Fig. 2.
Die Bejah. 131
dass in dieser Umzäunung zu Ei-^Era1i 400 Pferde seien, welche nebst den
Reitern und deren vollständigen Rüstungen insgesammt dem Adläu gehörten,
indem jeder Reiter ein von ihm mit Geld erkaufter Sklave wäre. Es be-
standen noch 5 oder (! solcher eingezäunter Plätze (Zerlbät), die keine
halbe Meile auseinander lagen, und des Königs Pferde, Sklaven und Bedienten
enthielten. Ob diese alle in so guten Umständen, wie diejenigen Adlän's
waren, konnte Bruce nicht bestimmen, weil er nicht weiter danach forschte.
Er meint aber, dass kein Corps Kavallerie, selbst unter einer christlichen
Macht, prächtiger hätte equipirt sein können, wie jenes des Adlau.
Dieser sass bei Bruce's Besuch auf einem Palmbaumstumpfe ^) vor der
Fronte einer seiner Pferdereihen, die er mit Vergnügen zu betrachten schien;
um ihn herum standen viele Schwarze, die theils seine Diener, theils seine
Freunde waren. Er trug ein langes Oberkleid von Kamlot, von bräunlicher
Farbe mit gelben Atlasstreifen und eine kamlotene Mütze, wie eine Sturm-
haube, mit zwei kurzen Spitzen, wodurch die Ohren bedeckt wurden. 2)
Dies war, wie Bruce glaubte, seine Morgentracht, wenn er seine Pferde
musterte, was nie verabsäumt wurde. Der Sey, war über sechs Fuss lang,
und etwas stark von Leibe; er hatte einen schweren Gang, dem Anschein
nach mehr, um sich ein gewisses vornehmes Ansehen zu geben, als aus
Mangel an Beweglichkeit. Er mochte 60 Jahre alt sein, und glich in der
Farbe und in der Gesichtsbildung mehr einem Araber, aber keinem Neger,
er hatte einen stärkeren Bart, als er gewöhnlich bei den hiesigen Einwohnern
wächst; grosse, durchdringende Augen, und eine entschlossene, aber zu-
gleich sehr angenehme Mine.
In einem grossen Saale von Spy Adlfln's Behausung sah Bruce rotho
damastne Tapeten und Spiegel. Auf einer der langen Seiten standen zwei
Sofas mit karmesin und gelbem Damast überzogen und mit Kissen von
goldnem reichen Zeuge •*), wie beim Könige. Der Spy warf nun ein Ober-
kleid und seine Mütze von Kamlot ab, und blieb in einem Kleide von
karmesinem Atlas, das bis über die Kniee hinabhing, mit einem Ueberschlage
auf der Brust und mit einer Leibbinde umgürtet, darin ein kurzer Dolch
in elfenbeinerner mit Gold eingefasster Seheide steckte. Am Finger trug
er einen der grössten und schönsten Amethyste, den Bruce je sah, aber
nur simpel ohne Diamanten gefasst, und in dem einen Ohr einen kleinen
goldenen Ohrring.
1) Wohl vom DelC'li (Borassus Acthiopum) deren einige Exemplare noch jetzt um
Sennär gedeihen.
2) Die Kopfbedeckung der meroitischen Könige, die heut Hörn mutze (TäqTet-el-Qarn oder
ei QerTn) genannte, ihren Träger auszeichnende Kappe der Häuptlinge von Täq.i, Sennär und
Kordiifan. S. .Nigritier" Taf. XLIII. Fig. 1 und Cailliaud Voyage ä Meroe, vol. III, pl. 1,
sowie Atlas dazu PI. XXXVIl. Sonst siml die bildlichen Darstellungen dieses letzteren
Heisenden keineswegs als in physiognomischer üinsicht typisch- brauchbare anzuempfehlen.
'S) Dergleichen mit Gold- oiler Silberbrokat bezogene oder nur leicht bedeckte Kissen
findet man noch heut in guten Häusern von Aegypten, Nubien und Ost -Sudan.
9*
132 Rob. Hartmann:
Dieser Reisende, nachdem er noch das (auch heut bei Fung und Bejah
anzutreffende) freie, aufrichtige und männliche Wesen des Sey^ Adlän gerühmt,
bemerkt noch Folgendes über das Verhältniss der Fung zu den Nomaden.
Letztere Leute waren damals alle auf dem Wege nordwärts nach den ver-
schiedenen Distrikten in den Saudgegenden, ostwärts von Mendera (^Gebel-
Manderah) und Barbar (Berber, ¥A- Me/nnf^ begriffen. So wüst und ver-
lassen dieser Sandboden den übrigen Theil des Jahres hindurch ist, so fing
er doch nun an von zahlreichen Viehheerden und Einwohnern belebt zu
werden. Die Fliege in dem fruchtbaren mulderen Boden, woraus die ganze
südliche Gegend von Sennär besteht, hatte dieses zahlreiche Volk gezwungen,
diese Wanderung anzutreten, welches, wie sie gar zu gut wussten, ihnen
sonst wenigstens die Hälfte ihres Unterhaltes kosten würde. Die Truppen
von Sennar waren ja nicht zahlreich, aber mit allem wohl versehen, und
standen in Bereitschaft, diesen „Arabern" den Weg nach den Sandgegenden
zu verlegen, wenn nicht jedes Stammeshaupt vorher ein glaubwürdiges Ver-
zeichniss seines ganzen Viehstandes übergab, und sich bei der Durchreise
mit Sfy Adlän deswegen verglich. Alle Ausflüchte waren hier vergebens.
Die „Fliege" war einmal im Besitz des fruchtbaren Landes und verfolgte
jedes Kameel unbarmherzig bis es sich in die Sandgegenden begab, und
dort musste es bleiben bis die Regen aufhörten. Entdeckte man unterdessen,
dass in Ansehung der Anzahl und der Beschaflenheit des Viehes, etwas
verhehlt worden, so mussten sie doch zu Anfang des Septembers wieder
nach ihrer vorigen Weide zurück, und auf diesem zweiten Durchzug ward
jeder Betrug, er mochte nun wirklich wahr sein, oder nur so angegeben
werden, mit grosser Strenge bestraft. Die „Araber" haben zwar oft ver-
sucht sich zu widersetzen, aber jedes mal gefunden, dass es ihnen zu nichts
geholfen. So zahlreich sie auch waren, so hatten sie doch die Beschwerde,
ihre Familien und ihr Gepäck bei sich zu führen und wurden allemal das
Opfer dieser wohlberittenen und wohlbewaffneten Truppen, die ihnen unter-
wegs im Angesicht ihrer Heimath auflauerten. Waren sie einmal auf dem
Sandboden angekommen, so konnten sie während der Regenzeit sicher sein,
weil sie ihren Durchzug nach Norden bezahlt hatten, und ebenso waren
sie es auch aus gleicher Ursache, wenn sie wieder in ihr eigenes Land
gegen Süden zurückzogen, sobald der Regen aufhörte.
Bruce bemerkt nun, man könne die Frage aufwerfen, was die Regierung
zu Sennär mit der ungeheueren Menge von Kamcelen anfangen dürfe, die
von allen den „arabischen" Stämmen auf ihrem Durchzuge durch Sennär
abgeliefert würden. Darauf diene nun zur Nachricht, dass der ganze Tribut
nicht in Kameelen oder in natura entrichtet werde. Die verschiedenen
Stämme^ welche viele Kameele, oder anderes Vieh besassen, mussten eine
gewisse Anzahl, nachdem solche überhaupt geschätzt wurden, zum Tribut
entrichten. Diesen bezahlten sie entweder in Gold, oder in Sklaven, und
den Rest in natura odor in Kameelen; so und soviel zum Unterhalte des
Die Bejah. 133
Königs und der Regierung; denn man treffe auf dem Markte zu Sennar
fast kein anderes als Kameelf lei seh an. Die übrigen Tliiere kauften die
Kaufleute von Donqolali und schickten sie nach Aegypten, wo sie den
grossen Abgang an diesen Thieren ersetzen, die jährlich von den nach
Mekkah bestimmten Karavancn gebraucht wurden.*)
Das ist die Schilderung des J. Bruce, von dem durch die Fting über
die seunarischen Bcjali verhängten politisch -ökonomischen Bedrückungs-
systera, eine Schilderung, welche jeder Erforscher ostafrikanischer Zustände
als eine höchst naturwahre anerkennen muss. Dieses System dauerte noch
bis in unser Jahrhundert hinein und ging mit dem Sturze des letzten Sultan-
Bndl von Sennär iu die Hände der neuen Herren, d. h. der türkisch-
aegyptischen Behörden über. Letztere waren beflissen, die Bejah unter etwas
geänderter Form, aber noch viel schwerer als die Fung zu bedrücken und
zu knechten. Denn während die nigritischen Häuptlinge von Sennär
nur den Durchgaugszoll von den Wanderstämmen erpressten, diese aber
sonst meist ungeschoren Hessen, erzwangen die Aegypter eine allgemeine
staatliche Kopfsteuer, sowie eine hoch normirte Viehsteuer, auch Hessen ihre
Beamten keine Gelegenheit vorübergehen, den Aermsteu Geschenke abzu-
drücken oder sie sonstwie zu schinden und zu placken. Dieser Zustand
dauert noch bis in unsere Tage fort.
Im Jahre 1821 wurde von der türkisch -aegyptischeu Armee unter
IsDiall-Bäm neben Nubien, d. h. dem längs des nubischen Niles sich
erstreckenden Kulturlande, Beled-el-Beriibra, auch zugleich durch den
Sangäq lläygt-Hamtned das von Bruce erwähnte Land Atblirah dem
Ajälet- Misr^ dem Vicekönigthume Aegypten, einverleibt. AtbSrah begriff
das zwischen 37 — 32" O. L. Greenw., 13 — 16" N. Er. gelegene, östlich
von den abyssinischen Provinzen WalqaJt, Ennet'iöho und Dägösa, westlich
vom blauen Nile begrenzte, von zahlreichen Bejah durchschwärmte Gebiet
in sich. Demnach umfasste das Land einen grossen Theil der heutigen
aegyptischeu Alinlinch Beled-Täqä oder Beled-el-()«A-. Der sogenannte
Se/ von Atbarah hatte seine Residenz zu „Teawa^ (Tiäwah), ()5 engl. Meilen
von !|J/--Qäqäma.^ entfernt.^) Dieser Ort besass 1200 ,.nackende, elende
und verächtliche^) Bejah zur Einwohnerschaft und 25 Reitei-, darunter 10 ge-
panzerte, zur Besatzung. Ortschaft und Land waren von den Fung zu
Sennär abhängig.
Der Schwager hmai/-Bclsä\s, der schreckliche Pacificator Nubiens,
MoHammed-Beij-el-De/terdär^), hatte damals die für die Occupatiou des
1) A. 0. a. 0. S. 440 448.
2) Bruce bestimmte tue Lage dieser jetzt ganz vergessenen, von keinen der durch mich
befragten Leute gekannten, vielleicht längst aufgegebenen und verfallenen Helleh (Dorfes) zu
14° 2' 4" N. Br. (Vergl. übrigens Petermann: Ostafrika, Gotha 18G1, S. 0).
3) Bruce a. a. 0. S. 355.
4) Ich setze bei den Lesern eine allgemeine Keuutni.ss in der lieschichte der aegyptiach-
türkischen Eroberung von Nubien und Sennär voraus. Eine auf a utentische Nachrichten
]34 Rob. Hartmann;
Atbärah Gebietes verwendeten Streifkorps organisirt und später persönlich
geführt. Nach seinen Wahrnehmungen sind die Marschrouten construirt
worden, über welche Rueppell i. J. 1825 von jenem Anführer directe
Nachrichten erhielt. ^)
Durch diese und durch spätere Streifzüge wurde die Unterwerfung des
Landes übrigens nur vorbereitet, nicht vollendet. Vielmehr verbanden
sich eine Anzahl Bejah Stämme jenes Gebietes zu wiederholter gemeiusamer
Aktion gegen die sie unaufhörlich mit schwerer Steuerauflage bedräogenden
Aegypter. Letztere sahen sich genöthigt, mehrere wohlausgerüstete Gazwät
(Kriegszüge) gegen die Bejah von Taqä zu unternehmen, in deren Verlaufe
jede Freiheitsregung der eines besseren Loses würdigen Täqa- Stämme in
deren eigenem Blute erstickt wurde. Die bekanntesten dieser in Raub-
und Plünderungszüge ausartenden Gazwät sind diejenigen des Hahmdär
AKmed-Bäsä el-G'erkesi im Jaln-e 1840^) und AJimed- Basel- Menekll sowie
des ^Oiinän-Bey-el-Arnäüdi i. J. 1843.'^) In diesen Feldzügen leisteten die
Fung unter Molianimed-Defälläh und Ahmed- Wolled-'-Jivad den Aegyptern
Hülfe. Jene beiden türkischen Anführer verfuhren gegen die von ihnen
bekämpften, Mitqinäb, Halenqä^ Söbäb, ^'iqiläb und Hadendäwa^) mit
grausamer Strenge. A/hned- Bäsä- Menekll Hess später eine Anzahl der bei
seiner Expedition gefangenen Bejah- Si/jüx vor der Moschee zu j|ar|!r«?i wie
Hammel abschlachten — allerdings als Repressalie für verschiedene früher
von den Gerichteten am aegyptischen Soldaten begangene Mordthaten.
Seit jener schrecklichen Beispielen aegyptischer Strenge haben sich die
Täqä- Stämme, kleinere Aufstände mehr localen Charakters abgerechnet,
ruhig verhalten. Dagegen hatten sich in den letzten fünfziger und in den
ersten sechziger Jahren die Baqära mehrmals empört. Indessen wurden sie
1858, später 1862 — 63 von dem energischen Hakmdär Müsä-Bäm el-
Nimr^) wiederholt zu Paaren getrieben und blutig bestraft. Die in Aegypten
gegründete Uebersicht über die Hanptereignisse jener Erolierung habe ich in Westermann's
Iliustrirten deutschen Monatsheften vom Jahre 1875, S. 629 — G33 veröffentlicht.
1) Reisen in Nubieii, Kordofan u. s. w. S. 286 — 288.
2) Vergl. Werne: Beitrag zur Kunde des Innern von Afrika. Die Völker Ost-Sudans
und Feldzug der Türken von Sennar nach Taka, Basa und Beni-Amer. Stuttgart 1843.
3) Vergl. Lepsius Briefe aus Aegypten, Aethiopiea und der Halbinsel des Sinai, Berlin
1852, S. 211.
4) Lepsius führt unter den damals rebellirenden Täqa -Stämmen auch die „Kehlli-
Mohammedm" auf. Ich bin nun nach wiederholten Unterredungen mit drei Parteien Hagen-
beck scher ^Nubier" zu der Ueberzeugung gelangt, dass es sich hier um einen kleinen Irrthum
handele. Ein ße/aÄ- Stamm, wie der genannte, soll in Täqä gar nicht existiren. Vielmehr
soll „Kelrdi-Mohammedln" wohl nichts anderes bedeuten, als dass die nach ihren Stämmen
befragten, von Otman-Bey als Gefangene hinweggeführten Bejah- Suja/: Kullo (Kulhii)
Mohammedin d. h. alle Mohammedaner, zu sein, mit einem gewissen Stolz erklärt haben.
5) El-Nimr, der Panther, war ein von den tapferen Baqära ihrem Feinde und ßesieger
verliehener Ehrentitel. Sonst nannten sie ihn, der gegen sie begangenen Metzeleien wegen,
auch El-G'ezär, den Schlächter. Letzterer Beiname wurde von den Halenqä sowohl AKmed-
Bäsä dem Tscherkessen als auch Ahmed -Bäsä-Menekli gegeben.
Die Bejah. 135
und Nordnubien hausenden /?^/aÄ- Stämme der '^häbdeh und Bü'ärin sind
schon seit lange dem Dlwän in Cairo unterthan und verhalten sich sehr
still. Die ehemals so kriegerischen St'q'ieJi aber sind seit 1821 unterworfen,
und gehen meist im aegyptischen Militärdienste auf. Die G'äalln sind
zerstreut und so kann man wohl sagen, dass die Selbstständigkeit der B^ah
zur Zeit total vernichtet sei. (Fortsetzung folgt.)
Erklärungen der Tafeln I — III.
(Sämmtliche Figuren sind nach von mir in Afrika selbst, z. Th. sogar in halber Lebens-
grösse, mit Aquarell- und Pastellfarben nach dem Leben aufgenommenen Abbildungen auf
den Stein übertragen worden).
Tafel I.
Fig. 1. Baqarl von der Ferqeh des S''/ Moliammed .Ihd-el- Wa/,'ed zu Rost' res.
Fig. 2. RüfäT vom Näs-Abü-Röf in Sennär.
Fig. 3. Säbün-Mädchen von Xör-el-Qänah an der Grenze von Fazoqlo.
Fig. 3. Sukürl vom Nas-el-Sukurieh oder Näs -Abu -Sinn, aufgenommen zu Mesalamieh.
Fig. 4. (Zum Vergleich) ein Fun,jl: El-Sey-el-Gehäl-el-Gerehln, aufgenommen am
Birket-Kürah.
Tafel II.
Fig. 1. Zaumzeug eines (Ma^af/a-) Pferdes der Sabün zu Roseres.
Fig. 2. Sukürl - Reiter in voller Panzerung.
Fig. 3. Säbün- Reiter, aufgenommen zu OmmDurman am Balr - el - azrac/ .
Tafel III.
Fig. 1 . Runder Schild der 'Ahäbdeh ; 1 a von aussen, 1 ^ von innen gesehen.
Fig. 2. Dolch der Abfl-Röf u. s. w. mit Scheide und Bandelier.
Eig. 3. Lanze der Abfi-Röf.
Fig. 4. Stöcke derselben.
Fig. 5. Amuletbehälter der Abü-Röf, am rechten Ellenbogengelenk zu tragen.
Fig. 6. Wurf- und Hiebeisen (Qulbedah) der Abö-Röf.
Fig. 7. Ledersandale eines angesehenen RufäT.
Fig. 8. Länglicher Schild der Merdüs.
Fig. 9. Trapkorb derselben.
Fig. 10. Wasserkrug (Burmeh) der Säbün.
Fig. 11. Mit Tragschnüreii umwickeltes und angehörtes Strausseuei der Abu-Röf.
Fig. 12. Schnupftabacksbohälter der Säbün.
Fig. 13. Büchschen für KoKl oder Augenlidschminke {El- Bede el-'.^jrm) der Abü-Röf.
Fig. 14. Mattenzelt der Abü-Röf.
Miscellen und Bücherschau.
Der Darwinismus ein Zeichen der Zeit. Von Alb. Wigand. Heilbronn.
Verlag von Gebr. Henninger. (Zeitfragen des christlichen Volkslebens von
Mühlh ausser und Geffcken, Bd. H, Heft b und 6.) 8. 122 S.
Der Verfasser, bekanntlich ein eifriger Gegner des Darwinismus, verlässt in dieser Schrift
die Wege des arbeitenden Naturforschers und wirft sich polemisirend zum Schirmer der von
Darwin's Theorien bedrohten geistigen Güter der Menschheit auf. Er hält zwar im All-
gemeinen die Zeit des Zusammensturzes dieser noch unlängst soviel bewunderten Theorie für
hereingebrochen. Allein nur die Schale des Darwinismus, d. h. die Doktrin, gilt ihm als eine
früher oder später in ihr Nichts zerplatzende Seifenblase. Der eigentliche Kern dagegen, die
tieferen Grundsätze, aus welchen die Lehre selbst hervorgegangen ist, soll bleiben. ,Wenn
dann die ersten Früchte davon ans Licht treten , so mag es wohl den auf der Höhe der Zeit
stehenden geistigen Leitern des Volks, den Wortführern auf dem Katheder und in der Presse,
denselben, welche grossentheils mitgewirkt haben, jene Lehre in Curs zu setzen, bange werden
um die gefährdeten idealen Güter der Nation, um Religion und Sittlichkeit, und was ihnen
mehr ist, um den Bestand von Staat und Gesellschaft (als deren Bedingungen in ihren Augen
die idealen Güter ihren eigentlichen Werth haben). Aber vergeblich bemühen sie sich, die
beschwornen Geister wieder zu bannen" u. s. w. Wir glauben und hoffen, dass der gesunde
Sinn des deutschen Volkes, welcher bereits die Schandepoche des materiellen Gründerthums
überwunden, auch die geringen Schäden beseitigen wird, die der Unverstand eines Häufleins
von Fanatikern bisher verursacht hat. Ueberdies erscheinen uns die vom Darwinismus an-
geblich angerichteten Uebelstände von mancher Seite in einem weitaus zu grellen Lichte dar-
gestellt. So dürfte die jetzt vielfach discutirte gegenseitige Durchdringung von Darwinismus und
Sociaklemokratie zu den Gespenstern gezählt werden. Der Kern der Lehre kann auch bei
uns ohne Furcht ruhig weitergepflegt werden. Sichert er doch der Naturforschung unter
vielem anderen Guten, namentlich ausser der kräftigen Anregung zu gesteigerter Detailarbeit,
eine Befreiung von dem erdrückenden Wüste kleinlicher Specieskrämerei. Es ist natürlich
wünschenswerth, dass derartige Fragen für die Zukunft nur von wirklichen Forschern,
nicht von Halbgebildeten, behandelt werden. Indessen macht sich dies von selbst. Der mit
Darwinismus spielende Dilettant und Philister lässt schon die Hand davon, wenn die Mode
aufhört, d. h. wenn die Schale platzt, wenn die Bearbeitung des wirklichen Kernes, d h. die
Detailforschung, beginnt. Diese Zeit scheint uns jetzt gekommen zu sein Manches, was
Wigand über den blinden Autoritätenglauben (S. 96), über die Herrschsucht und Heuchelei
der Fanatiker vorbringt, dünkt uns beherzigenswerth. Immerhin glauben wir obige Schrift als
eine der gehaltreichern aus dem Lager der Gegner bezeichnen zu dürfen. H.
o
ZEITSCHRIFT
FÜR
ETHNOLOGIE.
Organ der Berliner Gesellschaft
für
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Unter Mitwirkung des zeitigen Vorsitzenden derselben,
R. Virchow,
herausgegeben von
A, Bastian und R. Hartniann«
Elfter Jahrgang
1879. — Heft 11.
Mit Tafel V. - Uli.
BERLIN.
Verlag von Wiegandt, Hempel Ä Parey.
(Paul Parey.)
1879.
Inhalt.
Seit«
Fossilreste eines Wildesels aus der Lindenthaler Hyänenhöhle bei
Gera. Von Alfred Neliring. (Hierzu Taf. Y) 137
üeber abnorme Behaarung beim Menschen. (Zweiter Aufsatz.) Von
Dr. Max Bartels, pract. Arzt in Berlin 145
Die Be/ah. Von Robert Hartmann. (Fortsetzung) 195
Miscellen und Bücherschau 208
Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Ausserordentliche Sitzung vom II. Januar 1879 (Schluss). Alterthümer aus Japan, v. Brandt,
(Schluss). — Messungen an Schulkindern. Lucas. S. 19. — Die Sprache der
Australier. Steinthal, S. 20; Virchow S. 28. — Eingegangene Schriften. S. 29.
Sitzung vom 18. Januar 1879. Wahl des Ausschusses. Neue Mitglieder, S. 30. — Gesichts-
urne von Gogolin, Westpreussen. (Holzschnitt.) Florkowski, Lisch, S. 30. — Vorlagen
aus dem Märkischen Museum, Eigenthumsmarken , Buckelurnen. Friedel, S. 33. —
ürnenfriedhof von Rosenthal bei Berlin. Schneitier, Virchow, S. 33. — Goldener
Halsring von Glogau. Gemss, Voss, S. 33.— Persische Waffen. Hollmann, Jagor,
Hartmann, S. 34. — Maya- Alterthümer. Schultz-Sellack, S. 34. — Fung Schui
oder chinesische Geomantie. H übrig, S. 34. — Herstellung schwarzer Thongefässe in
Indien und in der Türkei. (Holzschnitt.) Jagor, S. 43; Sarnow, S. 45; Voss,
S. 47. — Gräberfeld von Giebichen stein beiHalle a. S. (Holzschnitte.) Credner, S. 47.
Voss, S. 54.; Virchow, S. 64.
Die Verlagshandlung honorirt Beiträge für die Zeitschrift für Ethnologie
mit 34 Mark pro Druckbogen und zwar geschieht die Auszahlung — wenn
der Verlagshandlung nicht besondere Wünsche mitgetheilt werden — jährlich
bei Erscheinen des Schlussheftes des betreffenden Bandes.
Von jedem Artikel werden 20 Separat- Abdrücke unberechnet geliefert; eine grössere
Anzahl wird aber principiell nicht angefertigt.
Alle für die Redaction der Zeitschrift für Ethnologie bestimmten Manuscript-
sendungen und Zuschriften werden unter der Adresse der Verlagshandlung (Berlin SW.
91 Zimmerstrasse) erbeten.
Fofssilreste eines Wildesels aus der Lindeiitlialer
Hyiineuliöhle bei (lera.
Von
Dr. Alfred Nehring.
(Uierzu Tafel V.)
Herr Geh. Katb A. Ecker hat vor zwei Jahren in seinem ersten
Autsatze über die quaternäre Fauna von Langen brunn ^ einige Fossilreste
einer kleinen Equus-Art beschrieben, welche er auf Grund einer Diagnose
des Herrn Prof. Ivüti nieyer, sowie auch nach eigenen Vergleichungen dem
Equus asinus zurechnet. Es sind dieses, wie es scheint, die ersten Esel-
reste, welche in quaternären Ablagerungen innerhalb Deutschlands zum
Vorschein gekommen oder wenigstens wissenschaftlich constatirt worden
sind. Herr Geh. Rath. Ecker hat mit Recht auf die Wichtigkeit jenes
Fundes aufmerksam gemacht, nicht nur wegen der Seltenheit fossiler Esel-
reste überhaupt, sondern auch weil sich einige interessante Fragen aus dem
Gebiete der Urgeschichte daran knüpfen lassen. Letzterer Umstand ver-
anlasst mich, einen ferneren Fund fossiler Eselreste in dieser Zeitschrift
zu besprechen und dadurch zur Kenntniss der Anthropologen zu bringen.
Als ich kürzlich bei meinem verehrten Freunde, Herrn Prof. Liebe in
Gera zum Besuch war, benutzte ich selbstverständlich die Gelegenheit, die
Fundstücke aus der Lindeuthaler Hyänenhöhle mir anzuseheu, welche
den Lesern dieser Zeitschrift durch die interessanten Publicationen Liebe's
bekannt sein werden. Jene Fundstücke werden theils in der Fürstlichen
Sammlung, theils in der Privatsammlung des um die Ausbeutung der Hyänen-
hohle sehr verdienten Herrn G. Korn in Gera aufbewahrt. Als ich die
zahlreichen Equus -Reste der letztgenannten Sammlung durchmusterte, fielen
mir zwei Zähne und ein Zehenglied wegen ihrer ausserordentlichen Kleinheit
auf, und ich vermuthete sogleich, dass sie einem Wildesel angehören möchten.
Herr Korn war gern bereit, mir die betrefienden Reste zur genaueren
Prüfung mitzugeben; auch mein Freund Liebe bat mich, die Sache weiter
zu verfolgen, und so erlaube ich mir, im Folgenden eine kleine Ergänzung
zu den Liebe 'sehen Publicationen über die Lindenthaler Hyänenhöhle zu
liefern.
1) Siehe Archiv f. Anthropologie, Bii. IX, S. 81 ff.: ,Zur Kenntniss der quaternären
Fauna des Donauthals. " Von Dr. Rehmann und A. Ecker.
Zeitschrift fiir EUmologie. Jahrg. 1879. 10
138
A. Nehring ;
Die mir vorliegenden Fossilreste, welche ich einer quaternären Wildesel-
art zuschreibe, bestehen in zwei unteren Backenzähnen und einer
ersten Phalanx. Alle drei Stücke scheinen von einem Individuum
herzustammen, und zwar von einem recht alten; ich schliesse ersteres aus
dem Umstände, dass sie zusammengefunden sind und ein gleichartiges
Aussehen haben, letzteres ergiebt sich aus der starken Abnutzung der Zähne,
aus der scharf ausgeprägten Form der Phalanx und aus der völligen Ver-
wachsung der Epiphysen an derselben.
Die Grösse und die Form der genannten Skelettheile mögen die Leser
aus den von mir beigegebenen, in natürlicher Grösse gehaltenen Abbildungen
auf Taf. V ersehen. Fig. 1 stellt den einen der Backenzähne von der Innen-
seite dar, Fig. 2 die Kaufläche desselben, von oben gesehen. Er gehört
der rechten Seite des Unterkiefers an; ich halte ihn für den 1. Molar (//i 1).
Fig. 3 stellt die Kaufläche des anderen Zahnes dar. Er gehört der linken
Seite des Unterkiefers an; ich halte ihn für den zweiten Molar {m 2). In
Fig. 4 habe ich zum Vergleich die Kaufläche des ni 2 sin. eines recenten
Equus asinus (Schädel des Herzogl. naturhist. Museums in Braunschweig)
in blosser Umrisszeichnung abgebildet. Fig. 5 a stellt die Phalanx von der
Vorderseite, Fig. 5 h von der Hinterseite und Fig. 5 c von der proximalen
Gelenkfläche aus gesehen dar.
Dass diese Fossilreste einer Eselart angehören und nicht einer
kleinern Ra^e von Equus caballus, dafür scheinen mir mehrere Gründe
zu sprechen. Erstens spricht dafür die Form der Schmelz falten auf der
Kaufläche der Backenzähne Jeder Kenner von Pferdezähneu wird aus
meinen Abbildungen die wesentlichen Abweichungen in der Bildung der
Schmelzfalten leicht ersehen; dieselbe ist viel einfacher als bei Equus caballus
und stimmt fast ganz mit derjenigen bei Equus asinus.
Ferner ist die Form der Phalanx viel schlanker, als es bei Equus
caballus zu sein pflegt; da mir jedoch augenblicklich keine Phalangen
kleiner Ra^en von Equus caballus zur Disposition stehen, so kann ich dieses
nicht durch Zahlen belegen. Ich gebe dafür zum Vergleich die Dimensionen
der kleinsten ausgewachsenen, sowie auch einer jugendlichen ersten Phalanx
von meinen fossilen Pferden aus den Gypsbrüchen von Westeregeln. (Die
Angaben sind in Millimetern ausgedrückt).
Wildesel
von Gera
Wildpferd von Westercgeln
alt
juvenil ')
1. Grössto Länge (an de» Seite gemessen) . .
2. Grössto Breite am oberen Ende
3. „ „ ^ unteren „
4. Schmälste Stelle (in transversaler Richtung)
72
40
30,5
24,3
83
G4
48
41,5
70
51
47
36
1) Die juvenile Phalanx ist ohne obere Epiphyse.
Fussilreale eines WilJesels. 139
Diese vier Dimensionen werden, denk' ich, schon genügen, um die
specitische Abweichung in (Um Grössenverhältnissen der Phalangen des
Wildesels von Gera und der Wild|)ferde von Westeregeln zu heweisen. Im
Uebrigcn hissen sich bei genauerer Vergleichung noch viele andere Form-
Verschiedenheiten auffinden; doch wird es nicht nöthig sein, hier auf jede
Einzelheit einzugehen.
Ob ein zierlicher Metatarsus- Knochen welchen mir Herr Korn noch
nachträglich überbrachte, auch zu der Wildeselart gehört, lasse ich vorläuüg
dahingestellt. Derselbe weicht allerdings von den sonstigen, zu Equus
gehörenden Metatarsi, welche ich in Gera gesehen habe, durch seine zarten
Dimensionen ab; denn während die anderen Metatarsi 0 eine Länge von
267 — 288, am oberen Gelenk eine Breite von 55 — 57, und am unteren
eine Breite von 54 — 58 mm haben, zeigt jener, obgleich er entschieden von
einem ausgewachsenen Thiere herrührt, viel geringere Maasse, nämlich eine
Länge von 240, eine obere Breite von 41,5 und eine untere Breite von
41 mm. Danach scheint auch bei diesem Knochen eine specifische Grössen-
diflerenz vorzuliegen; da er jedoch ein anderes Aussehen zeigt und aus
einem anderen Niveau zu stammen scheint, wie die oben besprochenen
Fossilreste, so möchte ich ihn vorläufig von den letzteren trennen.
Fragen wir nun, welcher Wildesel -Art die oben genannten und
beschriebenen Fossilreste angehören, so kann uns zunächst die sonstige
Fauna, welche die Lindenthaler Hyänenhöhle geliefert hat, einen Fingerzeig
geben. Jene Fauna weist uns auf die asiatischen Steppen hin. (Vergl.
Liebe, die Lindenthaler Hyänenhöhle, I u. II. Sep. Abdr. aus d. Jahresber.
d. Gesellsch. f. Naturw. in Gera und Arch. f. Anthrop. IX, S. 155 ff.)
Besonders wichtig ist in dieser Hinsicht das zahlreiche Vorkommen der
grossen Springmaus (Alactaga jaculus), welche als ein entschiedenes
Oharakterihier der asiatischen Steppen anzusehen ist. Es liegt also sehr
nahe, unsere fossilen W ild es elr es te von Gera auf eine der asiatischen
Wildesel -Arten zurückzuführen. Auf welche? Das wird sich nach
den bis jetzt vorliegenden Resten kaum mit irgend einer Wahrscheinlichkeit
bestimmen lassen. Dazu würde es eines weit reichereu fossilen Materials,
sowie auch eines reichhaltigen recenten Vergleichsmaterials bedürfen, welches
letztere für Augenblick wohl noch in keiner deutschen Sammlung zu
finden ist.
Mit unserem Hausesel (Equus asinus), resp. mit seiner wilden
Stammart dürften die Gera er Wildeselreste schwerlich identificirt werden
1) Mein Frcuud Liebe hat diese Knochen iu seinen Puhlicationen mit zu den Metacarpi
gerechnet; in der That sind es aber Metatarsi, wie wir bei fremeinschaftlicher Untersuchunfr
constatirt haben. Man i<ann ilaher nnter den Resten von Equus caballus aus lier Linden-
thaler Höhle nicht die wesentliche Grössendifferenz, resp. zwei Ra^en nachweisen, welche
nach den von Liebe angegebenen Maasscn (für den Metacarpus: vorhanden zu sein
schienen.
10*
140 A. Nehring:
können. Denn 1. scheint dieser erst in historischer Zeit, etwa zugleich mit
der Obst- und Weincultur, in Deutschland eingeführt zu sein, 2. gehört
derselbe aller Wahrscheinlichkeit nach ursprünglich der nordafrikanischen
Fauna an, nicht der nordasiatischen, 3, ist derselbe ein für starke Kälte
empfindliches Thier, während der Wildesel von Gera, wie das gleichzeitige
Vorkommen von zahlreichen Lemmingsresten beweist, ein nordisches Klima
ertragen konnte.
Herr Geh. Rath Ecker hat in dem citirten Aufsatze p. 91 fi'. sehr
klar und vollständig die einschlägigen Fragen besprochen. Danach sind
fossile Eselreste bis dahin mit Sicherheit nur in den italienischen
Terramarelagern und in der Höhle von Brengues (Lot) in Frankreich
coustatirt worden. Die Terramarelager sind bekanntlich nicht sehr alt;
daher verträgt sich dieses Vorkommen mit einer ziemlich späten Einführung
des Esels in Europa, es können also die betreffenden Fossilreste sehr wohl
auf den Equus asinus bezogen werden. Anders verhält es sich mit jenen
Eselresten aus der Höhle von Brengues; diese sind in quaternären Ab-
lagerungen zusammen mit Resten von Rhinoceros tichorhinus und Cervus
tarandus aufgefunden, sie können daher nicht auf den spät eingeführten
Hausesel bezogen werden, ebenso wenig wie die quaternären Eselreste von
Langenbrunn. Ecker kommt schliesslich zu dem Resultat, dass die
Langenbrunner Eselreste (ebenso wie die von Brengues) von einem wilden
Esel herrühren müssen, welcher „in keinerlei directer verwandtschaftlichen
Beziehung zu dem aus Afrika durch den Menschen eingeführten Esel,
unserm Hausesel, steht, sondern von diesem zeitlich durch lange Zeiträume
und von dessen Heimath räumlich durch viele Grade getrennt ist. Das
Verhältniss zwischen diesem quaternären Thier und unserem jetzigen Haus-
thier ist demzufolge ein ähnliches, wie beim Pferd, das als wildes Pferd in
der vormetallischen Zeit so ausserordentlich häufig ist, darauf in der Zeit
der Pfahlbauten verschwindet, um dann als Hausthier wieder zu erscheinen,
oder wie zwischen fossilen amerikanischen Pferden und den durch die
Spanier wieder neu dort eingeführten."
„Wir stehen daher hier vor noch ganz ungelösten Fragen, Fragen
überdies, die selbst durch die Untersuchung der Knochenreste nur schwer
eine vollständige Lösung finden werden".
8o viel aus den sehr lesen swerthen und mit vielen Belegstellen ver-
sehenen Betrachtungen des Herrn Geh, Rath Ecker.*)
Es spricht Vieles dafür, dass die Wildeselreste von Gera derselben
Art angehören, wie diejenigen von Langenbrunn; dahin gehört
zunächst das gleiche geologische Alter, ferner das an beiden Fundorten
beobachtete Zusammen vorkommen mit Mammuth, Rhinoceros (tichorhinus),
1) Vergl. übrigens noch die schöne Arbeit dessell)en Verfassers über „das europäische
Wildpferd und dessen Beziehungen ziiui doniesticirteu Pferd" im Globus, Bd. XXXIV,
Nr. 1, 2, 3.
Fossilreste eines Wildesels. 141
Renthier, Höhlenbär, Höhlenhyäne, Murmelthier u. a., endlich die Dimensionen
der fossilen Phalanx von Gera. Die Breite der unteren Gelenkfläche an
dieser stimmt genau mit derjenigen der oberen Gelenkfläche der Phalanx von
Langenbrunn; da diese eine zweite Phalanx ist, jene aber eine erste, so
würden sie sehr gut zusammen passen. Damit ist freilich nur die Ueberein-
stimmung in einer einzigen Dimension nachgewiesen, und es muss weiteren
Funden vorbehalten bleiben, festzustellen, ob die Uebereinstimmung auch
in den übrigen Dimensionen und in sonstigen iVrtkriterien vorhanden ist.
Immerhin lässt sich aber schon jetzt die Identität der Art für die Langeu-
brunner und Gera'er Wildeselreste mit einiger Wahrscheinlichkeit ver-
muthen.
Es lässt sich ferner vermuthen, dass derartige Reste bald noch zahl-
reicher zum Vorschein kommen, resp. wissenschaftlich constatirt werden,
wenn man erst einmal die Aufmerksamkeit darauf gerichtet haben wird.
Ebenso wie in der Korn 'sehen Sammlung zu Gera die Wildeselreste bisher
unerkannt lagen, mag es wohl auch noch in manchen anderen Sammlungen
der Fall sein. Man wird dieselben als Reste von kleinen oder jungen Pferden
ansehen. Freilich giebt es kleine Pferde- und grosse Esel-Ra^en,
aber es scheinen doch in der Bildung der Zähne, sowie in den Proportionen
der Skelettheile gewisse specifische, wenn auch feine Unterschiede festzustehen,
auf welche man eine Bestimmung fossiler Reste begründen kann. Ausser-
dem scheint mir in den quaternären Ablagerungen Deutschlands keine so
zierliche Pferdera^e durch Fossilreste vertreten zu sein, dass sie, bei Be-
rücksichtigung des Lebensalters der einzelnen Individuen, mit den Wildesel-
resten verwechselt werden könnten. Was ich bisher durch eigene reiche
Funde bei Thiede, Westeregeln und Quedlinburg an quaternären
Pferderesten in meiner Sammlung vereinigt, was ich ferner in anderen
Sammlungen der Art gesehen habe, das deutet auf eine kräftige, sehr
gleichartig gebaute Ra^e, welche die Grösse eines mittelgrossen Pferdes der
Jetztzeit hatte. ^) Ein starkes Variiren in Grösse und Form ist füi' die
wilden Pferde der Quaternärzeit, sofern sie einem bestimmten geographischen
Gebiete mit wesentlich gleichen Lebensbedingungen angehörten, kaum
anzunehmen. —
Wenn wir zum Schluss noch die Frage berühren wollen, weshalb
der quaternäre Wildesel aus Europa verschwunden und erst viel
später durch seinen domesticirten Vetter aus Afrika ersetzt ist, so erscheint
mir die Losung derselben nicht sehr schwierig, wenn ich meine Untersuchungen
über die quaternäre Steppenfauna von Westeregeln zum Ausgangs-
punkte nehme. Die Hauptresultate meiner Untersuchungen werden den
Lesern dieser Zeitschrift bekannt sein, da Herr Geh. Rath. Virchow die-
selben in verschiedenen Sitzungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie
1) Vergl. meine Angaben im Arcb. f. Antbrop., Bd. X, S. 395.
142 A. Nehring:
etc. freundlichst besprochen und meine darauf bezüglichen Briefe in den
Sitzungsberichten zum Abdrucke gebracht hat. ') Ich hebe desshalb nur
das hierher Gehörige daraus hervor.
Norddeutschland und mit ihm wahrscheinlich ein grosser Theil von
Mitteleuropa Ijcsass in der Postglacialzeit einen steppenartigen
Vegetationscharakter; der Wald war auf Flussthäler und andere dauernd
bewässerte Districte beschränkt. Westeuropa war viel contineutaler gestaltet
als heutzutage, es reichte bis zur Huudertfadenlinie und stand vielleicht mit
Grönland durch eine Landbrücke in fester Verbindung. Das Klima Mittel-
europas war ein extremes, das Gesammtniveau unseres Erdtheils in Folge
säcularer Hebungen ein höheres als jetzt. Während dieser Periode belebte
eine charakteristische Steppenfauna unsere Ebenen und Gebirgsabhänge,
eine Steppenfauna, welche durch das zahlreiche Vorkommen der grossen
Springmaus (Alactaga jaculus), mehrerer Zieselarten (Spermophilus altaicus,
fulvus, guttatus), mehrerer Murmelthierarten (darunter Arctomys bobac),
des kleinen Pfeifhasen (Lagomys pusillus) und vieler Steppenarvicolen ihre
directe Verwandschaft und ihren zoogeographischen Zusammenhang mit der
Fauna der heutigen Steppen in Ostrussland und Westsibirien auf's deutlichste
dokumentirt. '^)
Diese Steppenfauna ist nicht etwa auf den Fundort Westeregeln be-
schränkt, wo sie allerdings von mir zuerst und am vollständigsten nachge-
wiesen ist; sie ist fast in derselben Zusammensetzung durch meinen Freund
Liebe bei Gera beobachtet, sie lässt sich auch bei Quedlinburg, Goslar,
Thiede, Saalfeld, Würzburg, Steeteu, Weilbach, Eppelsheim, in Oesterreich
und Ungarn, in Belgien und Frankreich verfolgen. Bei genauerem Zusehen
wird man sie noch an vielen anderen Orten in Mitteleuropa vorfinden.
Zu dieser Steppenfauna gehörten auch die wilden Pferde und
wilden Esel. Grade die letzteren zeigen sich überall auf der Erde, wo
sie noch im Naturzustande vorkommen, als echte Steppenthiere. Eine
Zähmung von Seiten des Menschen bei den Wildpferden und Wildeseln
der Quatornärzeit anzunehmen, möchte sehr gewagt erscheinen, wenngleich
es nicht absolut unmöglich ist, dass die damaligen Steppeujäger hie und da
ein junges Thier einfingen und zeitweise (vielleicht als Spielgenossen ihrer
Kinder) ernährten. Aus solchen Anftingen ist sicherlich die Zähmung und
später die bewusste Züchtung von Hausthieren hervorgegangen. In der
Hauptsache werden die damaligen Bewohner Mitteleuropa's die Wildpferde
und Wildesel als Jagdthiere angesehen und auf Treibjagden oder mit
1) Vergl. Sitziingsber. vom 16. Oct. 1875, S. 6 — 8, vom 21. Oct. 1876, S. 3 — 5, vom
10. Üec. 1876, S. 27 — 30, vom 12. April 1878, S. 24 — 29, vom 22. Juni 1878, S. 3 — 6.
2) Die grosse Springmaus kann ich jetzt nachweisen ausser bei Westeregeln und Gera
bei Quedlinburg, Saalfeld und Würzburg, die Stopponzicscl bei Wosteregeln, Qiiedlinl)urg,
Thiede, Gera, Würzburg, Steeten, Weilbacli, Kppelsheim, l'l'eillinseureste sind vorgekommen
bei Westeregeln, Goslar, Thiede, Steeten, Brumbach, abgesehen von den ausserdeutschen
Fundorten.
Fossilreste eines Wildesels. 143
Hülfe von absichtlich erzeugten Steppenbränden au gewissen Lokalitäten,
(wie z. B. bei den Gypsfelsen von Westeregeln) zahlreich niedergemacht
oder einzeln durch Heranschleichen erlegt haben.
Als dann im Laufe der Jahrtausende in Folge von Senkungen und
Zerreissuugen gewisser Theile West- und Mitteleuropas und unter Mit-
wirkung mancher anderer Umstände das Klima milder und feuchter, die
Niederschläge in Folge dessen reichlicher und regelmässiger wurden, da
drang die Baumvegetation von den Flussthäleru und sonstigen günstigen
Lokalitäten aus energisch vor, die Steppenvegetation wurde allmählich unter-
drückt, aus einem Steppenlande wurde ein Waldland. Die Steppen-
thiere zogen sich dem entsprechend nach dem Osten zurück, die erapüudlichoren
Arten bis hinter die Wolga, andere nicht ganz soweit, manche von sehr
elastischer Constitution (Iltis, Wolf, Dachs u. a. m.) accommodirten sich
den neuen Verhältnissen.
Die wilden Esel als echte Steppenthiere wichen weit nach Osten zurück,
wo ihre Nachkommen noch jetzt die asiatischen Steppen durchstreifen. Erst
in historischer Zeit hat der Culturmensch von Südeuropa aus den Haus-
esel in Mitteleuropa eingeführt. Derselbe gedeiht jedoch in unserm feuchten
Klima nicht, er ist nicht für ein Waldland von der Natur organisirt; ja, er
ist auch für Kälte sehr empfindlich, was sein quaternärer Vorgänger, dessen
einstiges Weidegebiet häufig von wandernden Lemmingen und Renthieren
betreten wurde, nicht gewesen zu sein scheint.
Ueber ahiiorinc Beliaarung l)ciin Menschen.
(Zweiter Aufsatz.)
Von
Dr. Max Bartels,
piact. Arzt in Berlin.
Sfiitflem im Jahre 187(5 im VII T. Bande dieser Zeitschrift meine Arbeit
ül)er die abnorme Behaarung beim Menschen publiclrt worden ist, haben
sich mehrere Autoren mit demselben Gegenstande beschäftigt. Es wird
vielleicht zur weiteren Aufklärung dieser so schwer zu deutenden Zustände
beitragen, wenn wir jene, in verschiedenen Zeitschriften zerstreuten Auf-
sätze ihrem Inhalte nach einer kurzen Betrachtung unterziehen, um auf
diese Weise das unseren Gegenstand betreffende Material möglichst bei-
sammen zu haben. Eine Reihe neuer Beobachtungen, welche zu machen
sich mir die Gelegenheit darbot, werde ich an den geeigneten Stellen
einschieben.
Den Anfang machte Dr. Wilhelm Stricker in Frankfurt am Main
in einem Vortrage, welchen er im November 1876 in der dortigen Sencken-
l)ergischen naturforschendon Gesellschaft hielt: „Ueber die sogenann-
ten Haarmenschen (Hypertrichosis universalis) und insbeson-
dere die bärtigen Frauen.')" Nach kurzer Einleitung, welche die Erb-
lichkeit und den die Hypertrichosis universalis fast constant begleitenden
Zahndefekt, jedoch ohne nähere Specialisirung, einfach erwähnt, kommt er
zur Aufzählung der einzelnen Fälle, welche mit den in meiner Tabelle zu-
sammengestellten identisch sind. Er fügt jedoch folgende, mir bisher un-
bekannte Beobachtung (No. 7) hinzu, welche wohl auch in die Grui)pe der
Hypertrichosis universalis gerechnet werden muss:
„7. Nach dem „Hamburger Correspondenten" Hess sich 1803 in Paris
eine junge Frau mit sechs Zoll langem, schwarzem, dichtem Bart für Geld
sehen. Arme und Beine waren hie und da mit weichen Haaren besetzt,
die Brust glatt, dagegen die Stirn bis fast zu den Augenbrauen ]).>linnrf.
so dass ihr Kopf dem eines Kapuziners geglichen habe."
1) Reridil über die Senckenl>orj;isf lie natiuforsdientle Uesellsiliafi 187G — 1877,
Frankfurt a. Main. 1877. pag. 94.
14ß M. Bartels:
Es ist in hohem Masse zu bedauern, dass man bei dieser Patientin
versäumt hat, auf das Verhalten der Zähne Rücksicht zu nehmeu, so dass
wir leider nicht wissen, und da uns von ihr kein Bild erhalten ist, auch
nicht einmal vermuthen können, ob auch hier ein mangelhaftes Verhalten
im Zahusystem sich mit der abnormen Behaarung verbunden hatte.
Zwei seiner 16 Fälle gehören nach meiner Systematik zu der Hyper-
trichosis partialis und zwar in die Gruppe der Heterogenie der Behaarung.
Es sind einfach bärtige Frauenzimmer, deren übriger Körper aber keinen
abnormen Haarwuchs aufweist. Das eine derselben ist die auch von mir
(pag. 114) nach Beigel citirte bärtige Schweizerin, über welche Stricker
nach der Originalpublication des Dr. W, D. Chowne^) folgende genauere
Notizen bringt:
Sie hatte „nach Aussage ihrer Eltern schon bei ihrer Geburt einen
Bart, der die Stellen einnahm, wo bei Männern der Bart wächst, mit Aus-
nahme der Oberlippe und der Aushöhlung unterhalb der Unterlippe, und
etwa so stark, wie die Behaarung eines Mänuerarmes. Im 8ten Lebens-
jahre hatte der Bart schon die Länge von 2 Zoll erreicht. Als Dr. Chowue
sie sah, nahm der Bart die Stellen ein, wie früher, er war dunkelbraun,
ausserordentlich stark, und die Cotelettes (whiskers) erreichten die Länge
von vier Zoll. Sie verhüllte ihr Gesicht mit einem Tuch, um ihren Bart
zu verbergen, und rasirte nur die Stelle unter den Augen, welche sie frei
lassen musste, um zu sehen. Ihr Haupthaar erreichte die Länge von 2 bis
2| Fuss. Der Körper ist etwa so sehr behaart, wie bei Männern, nur die
Brustgegond ist ganz frei. Die Brüste sind stark entwickelt, ihre
Körperbildung und ihre Stimme sind weiblich." Sie war bekanntlich schwan-
ger. Erbliche Anlage leugnet sie ab und giebt an, dass ein Bruder von ihr
fast bartlos gewesen sei.
Endlich ist noch Stricker's Fall 16 zu erwähnen: „Eine bärtige Frau,
welche im Beginn des deutsch-französischen Krieges 1870 umherzog und
Fährlichkeiten als angeblich verkleideter Mann, als Spion erduldete, ist in
wissenschaftlichem Sinne nicht weiter bekannt geworden." Vielleicht ist
sie aber identisch mit dem von A. Ecker beschriebenen bärtigen Wunder-
mädchen, auf deren Besprechung wir weiter unten noch zurückkommen
werden.
Dieser Publikation ist eine Tafel beigegeben, auf welcher die Barbara
Urs 1er (bei mir als Schumachers Fall bezeichnet; man vergleiche weiter
unten), ferner die bärtige Schweizerin und endlich die bärtige Rosina
Margarete Müller, Burckhard Eble's bärtige Jungfrau aus Dresden
dargestellt sind.
Im September 1877 erschien ebenfalls von Wilhelm Stricker in
Virchows Archiv für pathol. Anatomie Bd. 71, p. 111 ein Aufsatz unter
]) Lancet 1852, pag. 421.
Ueber abnorme Behaarung beim Menschen. 147
dem Titel: „Zwei ältere Fälle vonHypertricliosis. Als Ergänzung zu
den b e/,ügliclieii Arbeiten von Beigel (dieses Archiv Bd. 44. S. 418)
und Bartels (Zeitschrift für Ethnologie 1876.)". Der Verfasser hat hier
seine Stellung als Bil)liothekar der 8en ckenbergischen naturforschenden
Gesellschaft benutzt, um sich der dankenswerthen Mühe zu unterziehen, die
Notizen älterer Autoren über behaarte Menschen im Original aufzusuchen.
Es ist ihm auf diese Art der Nachweis gelungen, dass eine ganze Reihe
von anscheinend heterogenen Publikationen sich auf dieselbe Person be-
ziehen, und er schützt hierdurch den späteren Bearbeiter vor der sonst
nicht leicht zu vermeidenden Gefahr, denselben Fall mehrmals zu zählen.
Es handelt sich hier hauptsächlich um die bereits vorher erwähnte am
18. Februar 1633 zu Augsburg geborene Barbara Ursler, welche ich
in meiner Tabelle über die Hypertrichosis universulis als Nummer 5 „Schu-
machers Fall" aufgeführt hatte. Sie wurde durch das ganze civilisirte
Europa geschleppt und überall für Geld gezeigt, so dass es uns nicht Wun-
der nehmen kann, dass die verschiedensten naturwissenschaftlichen Forscher
sich ihre Notizen über eine so merkwürdige, auffallende Abnormität gemacht
und diese ihren Schriften einverleibt haben. Man findet über die Ursler
Aufzeichnungen bei Thomas Bartholinus ^), der sie in Kopenhagen
sah, als sie 6 Jahre alt war (1639). Später sah er sie in Belgien wieder.
Georg Hieronymus Welsch, ein Arzt aus Augsburg, traf sie 1647 in
Rom und 1648 in Mailand^). Georg Seger aus Nürnberg konnte
sie bei ihrer zweiten Ausstellung in Kopenhagen (vor dem Jahre 1655)
genau untersuchen. Er sagt von ihr: ^)
„Sie war damals seit mehr als einem Jahre kinderlos verheirathet.
Sie war am ganzen Körper und selbst im Gesicht mit blonden, weichen,
krausen Ilaaren bekleidet und hatte einen dichten, bis zum Gürtel herab-
reichenden Bart. Auch aus den Ohren ragten lange, blonde Locken hervor."
In demselben Jahre liess sie sich auch in England für Geld sehen.
Es findet sich nämlich bei James Caulfield*) ihre Abbildung und fol-
gende Notiz über sie:
„Im Jahre 1655 wurde öffentlich gezeigt ein Weib, genannt Augus-
tine Barbara, Tochter des Balthasar Ursler, damals 22 Jahre alt."
„Sie war seit einem Jahr kinderlos verheirathet. Ihres Gatten Name
war Vaubeck; er soll sie blos geheirathet haben, um sie zur Schau zu
stellen. Zu diesem Zweck reiste er in verschiedenen Ländern und besuchte
unter andern auch England."
1) Historiae anatoraicae rariores. Amstelod. 1CÖ4. Cent. 1. Ilist 42.
2) Observationum medicaruui episagina. No. 9G. lfif>7.
3) Miscellaneonun meilico-physiconnn sivo ephciiieriilum geiuianicanim Annus. 10. Vratisl.
et Hreg. ItiSO. pag. '241).
4) Portrails, uiemoirs and cliaracters of lemarkable persons, tVüui the ix-ion of Edward
III to the revolution. II. 168.
148 M. Bartels:
Seine Angaben über sie sind gewiss die richtigen, denn sie stimmen
mit denjenigen, welche Seger machte überein:
„Ihr ganzer Körper und selbst ihr Gesicht war bedeckt mit krausen
Haaren von gelber Farbe und sehr weich wie Wolle, dabei hatte sie einen
dicken Bart, welcher bis zu ihrem Gürtel reichte und aus ihren Ohren
hingen lange Locken von blonden Haaren hervor."
In Leiden sah sie Peter Schumacher im Mai 1656 und theilte
dem Thomas Bartholinus diese Beobachtung brieflich mit.^) Nur diese
Notiz war mir bekannt gewesen, daher erklärt es sich, dass ich die Patientin
einfach als Schumachers Fall aufgeführt habe. Erwähnt wird sie end-
lich noch von Peter Barel aus Paris ^) und von Lersner^) der sie in
Holland traf. Aus Boreis Aufzeichnungen geht übrigens das interessante
Faktum hervor, das aus den Notizen der übrigen Autoren nicht zu er-
sehen war, dass die Barbara Ursler auch auf der Nase die abnorme Be-
haarung zeigte, und also auch in dieser Beziehung den Haarmenschen
unseres Jahrhunderts glich:
„Ich sah ein deutsches Mädchen, Barba genannt, welche am ganzen
Körper haarig war, so dass sie auf der Stirn, den Wangen, der Nase etc.
weiche, feine Haare zeigte und einen langen, weissen Bart, wie ein ehr-
würdiger Greis von 80 Jahren. Sogar aus den Ohren hingen lange Haare
heraus."
Eine Abbildung der Barbara (Brustbild) ist Strickers Aufsatz
beigegeben.
Er fügt dann die Originalnotiz nach Gottlieb Michaelis*) über die
bärtige Dresdnerin Eble's hinzu, aus welcher zu ersehen ist, dass es
sich hier wirklich nur um eine Bartbildung beim Weibe und um keine uni-
verselle Hypertrichosis gehandelt hat; denn es heisst am Schlüsse:
„Sie zeigte bei der Leichenschau wohlgebildete, weibliche Geschlechts-
theile, welche nicht übermässig behaart waren. Bauch und Brust
waren glatt."
Hier schliesst sich eine Nachricht über dieselbe Patientin an, welche
aus dem Archive des hiesigen Märkischen Provinzial-Museuras (XII. 326)
von dem Direktor desselben Herrn Stadtrath E. Friedcl in einer Abschrift
der berliner anthropologischen Gesellschaft übergeben wurde: „Umb-
ständliche nachricht von der verstorbenen bärtichteu Jungfrau
in Leipzig."-'') Dieses Schriftstück ist unterzeichnet „Lipsiae 1733, die
1) Epistolarmii modicinalium Cent. II epist. 83. p. (;(J8 Ilafniae 1603.
-2) Uistoriarum et observationum lariorum raedico- pliysicanim. Cent. I. ob.serv. 10.
Paris lt;57.
3) A. V. Lersner. Chronik von Frankfurt. Zweiter Tlieil. Erstes Ikicli. S. 5G4.
4) Acta physico-medica academiac Caesarcb-Lcopoldino-Carolinae naturae ciniosorum.
xNorimb. 1733 Vol. III p. 387 und Tafel VI.
5) Vcrhandl. dieser GeseJlscLaft vom 16. Juni 1877. Man sehe diese Zeitschrift Band IX.
1877. p. r23»).
lieber abnorme Behaarnn|T beim Menschen. 149
18 aprilis" und es ist darin angegeben, dass sie „am 12. Decerabris 1731
in das hiesige Lazareth" gekommen, also in Leipzig, nicht wie die übrigen
Versionen lauten, in Dresden verpflegt und gestorben sei. Während es
in ihrer Jugend für sie hinreichend war, den Bart alle 14 Tage zu rasiren,
„so hat es doch bey zunehmenden Jahren nicht wollen genug seyn, sondern
Sie wöchentlich mit, und nachgehends 2 mahl sich raissiren müssen."
Auch heisst es ferner von ihr „soll auch in Ihrer Jugendt ein Kind in
Unehren gezeiget haben." Diese Notiz ist von grosser Wichtigkeit, denn
sie würde, wenn die Angabe der Wirklichkeit entspricht, einen neuen Be-
weis dafür abgeben, dass diese Form der echten Heterogenie der Behaarung,
wo schon beim Weibe in den Jahren der Pul)ertiit der Bart zur Entwicklung
kommt, durch das Auftreten des männlichen Habitus die Fähigkeit der
Fortpflanzung durchaus nicht beeinträchtigt, oder besser gesagt, dass die-
selbe nicht aufgehoben wird. Denn als eine Beeinträchtigung der Fort-
yjflanzungsfähigkeit könnte man es ja vielleicht betrachten, dass bei diesem
Falle sowohl, als auch bei der bärtigen Schweizerin nur von einem Kinde
die Rede ist, während das menschliche Weib doch im Durchschnitt mehrere
Kinder zur Welt zu bringen pflegt. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass
die Schweizerin zum ersten Male schwanger war und im Begriffe stand, sich
zu verheiratheu. Vielleicht ist sie später noch mehrmals entbunden worden ;
es fehlen fernere Nachrichten über sie. Unsere Patientin dagegen wird noch
in ihrem hohen Alter als die „Jungfer Rosina Margaretha Müllerin"
bezeichnet und somit würde für sie ein Kind grade hinreichend sein.
Uebrigens verfüge ich auch über eine Beobachtung, wo in zweijähriger Ehe
zwei Kinder geboren worden sind. Hier lässt also die Fruchtbarkeit wohl
nichts zu wünschen übrig:
Eine SOjährige schlanke Blondine, aus Kopenhagen gebürtig, stellte
sich mir im Januar 1877 vor. Sie hatte massig starke Augenbrauen, au
den Wangen etwas längeres Wollhaar, an der Oberlippe und dem Kinn je-
doch einen regulären Bart von röthlicher Farbe. Die Haare sind stark
und stehen dicht, wie bei einem mittelstarken Männerbart; ihre Anordnung
ist genau bilateral symmetrisch. Während sie sich sonst immer rasirte, hat sie
seit 8 Tagen den Bart stehen lassen, und hat dem entsprechend starke
Stoppeln von einem halben cm. Länge. An der Oberlippe beginnt der
Bart etwas seitlich vom Philtrum und ist am stärksten oberhalb der Mund-
winkel. Dieser Schnurbart ist aber ungefähr über den Eckzähnen jeder-
seits unterbrochen durch eine symmetrische Insel, welche statt der echten
Haare nur Wollhaare trägt. Nach hiteralwärts bildet die plica labio-meu-
talis die Grenze dieses Bartes.
Am Kinn ist die ganze Mittelabtheilung vom Haarwuchs frei ge-
bli<«ben. Jederseits ist al)er ein Dreieck mit nach oben gekehrter Spitze
von dem Barte eingenommen. Diese Stelleu entsprechen der Haut über
dem musculus triangularis menti, während die freigebliebeuo Partie die Haut
150 M. Bartels:
über dem musc. quiidrunguhiris menti ist. Von diesen dreieckigen Feldern
ziehi sich die ßehauruug über den ganzen Boden der Mundhöhle, in der
Medianlinie verschmelzend, und steigt an der Mittclpartie des Halses herab
bis ungefähr zur Höhe des Zungenbeins. Diese abnorme Behaarung ist in
den Pubertätsjahren aufgetreten und hat allem Abschneiden, Rasiren und allen
Enthaarungsmitteln getrotzt, vielleicht ist sie sogar gerade in Folge dieser
Reize stärker geworden. Die Mutter der Patientin hatte nichts besonderes,
der Vater aber soll stark behaart gewesen sein. Sie selbst hat in ungefähr
zweijähriger Ehe zwei Kinder geboren, beides Mädchen, welche auffallend
starkes und langes Kopfhaar haben sollen. Das jüngste, jetzt 4 Monate
alte Kind hatte an den Schultern lange, feine, schwarze Härchen, welche
von selbst geschwunden sind. Am Körper soll unsere Patientin keine ab-
norme Behaarung besitzen.
Im 10. Bande des Archivs für Anthropologie (1878 p. 253) erschien
eine kleine Arbeit von C. Th. von Siebold unter dem Titel, „Die
haarige Familie von Ambras." Ich ersehe aus diesem Aufsatz mit
Freuden, dass auch v. Siebold, sicher ohne meine Publikation zu kennen,
die Nothwendigkeit hervorhebt, bei allen abnormen Behaarungen diejenigen
Fälle mit anscheinend unveränderter Haut von denen zu trennen, wo eine
Veränderung in den behaarten Hautpartien nachzuweisen möglich ist. Nach
dieser Einschränkung kommt er zu folgendem Schlüsse, „Wollen wir nun
solche Fälle von abnormem Haarwuchs in Bezug auf ihre Bedeutung und
auf ihren Ursprung im Sinne der Entwicklungslehre würdigen, welche nach
Dr. ßeigeTs Anschauungen als Hypertrichosis aufgefasst werden können,
so werden wir dieselben in die Reihe jener Erscheinungen einfügen müssen,
die man als Atavismus oder als Rückschlag bezeichnet."
Er giebt zuerst zwei Abbildungen und das genaue Citat eines älteren
von Dr. Schoenwald beschriebenen Naevus pilosus multiplex von sehr
grosser Ausdehnung bei einem Kinde und weist ferner durch citiren des
Originales nach, dass das an Arm und Rücken abnorm behaarte 12jährige
Mädchen von Paget, dessen Beschreibung und Abbildung ich nach Bei gel
gegeben habe, ebenfalls der Gruppe der Muttermäler einzureihen ist, da die
behaarte Haut abnorme Pigmentbildung zeigte. Ich corrigire hiermit den
von mir begangenen Fehler, und ziehe diesen Fall aus der Gruppe der Hy-
pertrichosis partialis zurück.
Wie schon die Ueberschrift von v. Siebold's Arbeit besagt, ist der
Hauptgegenstand seiner Erörterungen die sogenannte haarige Familie von
Ambras. Es hat mit derselben folgende Bewandniss. In dem Schlosse
Ambras bei Innsbruck befinden sich unter den Inventarnummern 421
bis 424 vier lebensgrosse Portraits in ganzer Figur, einen Mann, eine Frau
einen Knaben und ein Mädchen darstellend. Das Bildniss der Frau bietet
nichts besonderes dar; von ihrem Kopfhaar sieht man fast nichts, es wird
von einem steifen Kopftuch verdeckt; die Augenbrauen sind massig stark
Ueber atinorme I^chuaruiip beim Menschen. 151
entwickelt. Desto überraschender sind jedoch die drei anderen Bilder. Der
Vater besitzt dichte, hochstehende Haare, welche ihre vordere Girenze aber
nicht oberhalb der Stirnhöcker haben, sondern bereits an den starken Augen-
brauen beginnen und die ganze Stirn bedecken. Auf der sogenannten
Stirnglatze zwischen den medianen Enden der Augenbrauen und der Nasen-
wurzel steht eine dicke, nach oben gekämmte Locke. Ein starker Vollbart
ziert das Gesicht; der Backenbart beginnt hart an der Verbindungslinie
zwischen dem inneren Augenwinkel und dem Nasenflügel und nimmt die
gesammte Wange ein. Seitlich verschmilzt er unmittelbar mit den Kopf-
haaren und verdeckt dadurch die Ohren so vollständig, dass bei dem von
vorn aufgenommenen Bildniss absolut nichts von ihnen zu sehen ist. Es
ist ausser den genannten Stellen auch noch das obere Augenlied jederseits
und wenn mich die nach dem Original aufgenommene, (jedoch, wie ich ver-
jnuthe, retouchirte) Photographie, welche mir vorliegt, nicht täuscht, auch
der ganze Nasenrücken bis lierab zur Nasenspitze mit Ilaaren bedeckt.
Somit findet sich in dem ganzen Gesichte keine unbehaarte Stelle ausser
dem rothen Lippensaum, den beiden Seitenflächen der Nase, und wie es
den Anschein hat, den unteren Augenliedern. Füge ich noch hinzu, dass die
Haare alle lang und zottig erscheinen, so wird der Leser keinen Augen-
blick mehr zweifeln, dass wir einen Hundemenschen in optima forma vor
uns haben. Die Haare sind übrigens auf das Sorgfältigste nach allen di-
vergirenden Richtungen gekämmt, so dass der Ausdruck des Gesichtes bei
aller sonstigen Aehnlichkeit doch nicht etwas ganz so Thierisches hat, wie
bei dem russischen Haarmenschen. Es sei gleich an dieser Stelle erwähnt,
dass durch von Siebold' s Bemühungen alle vier Bilder photographirt
worden sind. Diese Photographien i) liess er in Holzschnitt nachbilden
uud gab sie seiner Arbeit bei (a. a. 0. Fig. 20 bis 23). Sie sind nicht
im Stande, die Photographien vollständig zu ersetzen.
Doch gehen wir in unseren Untersuchungen weiter. Es schliesst sich
dem Alter nach unzweifelhaft, wie die unbefangene Betrachtung der Photo-
graphien ergiebt, das Bildniss des Mädchens an. Als ich nur die Holz-
schnitte kannte, hielt ich den Knaben für das ältere der Kinder, Wie alt
das Mädchen sein mag, ist für mich nicht sicher zu ersehen; man würde
es wohl auf ungefähr 5 bis 7 Jahre zu taxiren haben. Es hat eine ganz
entschiedene Aehnlichkeit mit der Mutter, ist aber trotzdem ein ausgebilde-
ter Haarmensch. Die Stirn- und Kopfhaare sind in einen eleganten Pufl"-
schoitcl zurückgekämmt, dem sich auch die Locke der Stirnglatze eingefügt
hat. Das ganze Gesicht mit Einschluss der Nase und der Augenliedcr ist
mit Haaren bedeckt ; dieselben sind aber scheinbar nicht sehr lang, so dass
die runden Formen des Kindergesichtchens erhalten sind. Von den (^hren
ist auch bei ihr nichts zu sehen.
1) Die PhotograpLien sind von Herrn Tbotographeu Fr. Hopp iu lunsbruc k angefertigt.
252 ^- I^artels:
Zwischen dem Knaben, dessen Alter 3 bis 5 Jahre betragen mag, und
seinem Vater besteht eine so unverkennbare Aehnlichkeit, dass ich ihn als
ein verkleinertes Abbild des Vaters bezeichnen möchte. Er zeigt dieselben
von den Augenbrauen über die Stirn hin aufwärts strebenden Haare, die-
selbe starke Locke auf der Glabella, denselben Schnurr-, Kinn- und Backen-
bart, welch letzterer mit den Schläfenhaaren gemeinsam die Ohren verdeckt.
Nur die Nasenspitze scheint von der Behaarung frei zu sein, während die
Wauge, die Lippe und die Augenlieder, wie auch der ganze Nasenrücken
ein kurzes, aber dichtes Haarkleid tragen.
Ueber den Zustand der Körper lässt sich, da sie bekleidet bis über ^
den Hals herauf dargestellt sind, kein Urtheil fällen. Des Vaters Hände
sind nach von Siebold' s Angabe unbehaart, „von den Kindern, sagt er,
zeigten nur die Hände des einen (welches?) sehr schwachen Haarwuchs,
welcher auf der Photographie nicht zum Ausdruck gekommen ist." Dass
wir trotz die.Ner Lücke in unserer Kenntniss diese Fälle dennoch zur Hy-
pertrichosis universalis zuzuzählen haben, ist über allen Zweifel erhaben.
Die Gesichter entsprechen in ihrer Erscheinung so vollkommen dem charak-
teristischen Typus der Haarmenschen, dass sie alle zusammen, ich möchte
sagen, wie Thiere einer und derselben Rasse erscheinen. Denn wenn auch
zugegeben werden muss, dass die Ambraser Gesellschaft etwas mensch-
licher aussieht, als der unfrisirte Andrian Jeftichjew oder der nackt in
Affenstellung dahockende ältere Sohn der Maphoon, so ist dennoch das
Thierische in ihrer Erscheinung durchaus nicht verschwunden. Auf eine
Mangelhaftigkeit in der Zahnbildung lässt sich aus den Photographien kein
Rückschhiss machen: die Muudpartien erscheinen nicht eingefallen, sondern
sie bieten die normalen Formen dar.i)
In der sogenannten Ambraser Sammlung im unteren Belvedere
in Wien fand v. Siebold unter einer Reihe kleiner Oelportraits auch die
verkleinerten Copien der Köpfe von den soeben besprochenen vier Bildern
des Schlosses Ambras. In dem im Jahre 1819 von Primisser heraus-
gegebenen Catalog dieser Sammlung erhalten wir über die Bilder einen nur
sehr unvollkommenen Aufschluss. Es heisst dort: „No. 898 Der haarige
Mann aus München. No. 899—901. Seine Frau und zwei Kinder."
Auch die Nachforschungen des Professor Oell acher in den Archiven
des Schlosses Ambras (aus dem Anlang dieses Jahrhunderts) gaben keine
bessere Auskunft. Es heisst dort ebenfalls nur kurz, der haarige Mann,
respektive der haarige Freiherr von Münken.
Ich bin leider nicht so glücklich, die fraglichen Bilder im Original zu
kennen, jedoch fand ich noch folgende von Siebold entgangenen Notizen,
I) Diese Bilder aus Schloss Ambras sind auf Befehl des Kaisers Franz Joseph in
Originalgrosse copirt und in der Klinik des Professor llcbra im allgemeinen Krankenhause
in Wien aufgehängt worden.
üeber abuorinc Ijeliiiiirnuji beim Meiischeu. 153
welche uns für die Aufklärung dieser Dinge wohl als ein sehr willkommenes
Material erscheinen müssen.
In der Privatbibliothek des verstorbenen Kaisers Franz in Wien be-
fanden sich zwei Lederbände mit je 90 in Oel auf Pergament gemalten
zoologischen Darstellungen (15| Wiener Zoll hoch, 12 Zoll breit) des Hof-
malers Kaisers Rudolph IL Georg Hoefnagel (geb. zu Amsterdam
1542 (oder 1545 oder 1546) lebte noch 1617). Der erste dieser Bände,
bezeichnet l,74 enthält nach den Angaben des Herrn Georg Ritter von
Frauen feld^) auf der ersten Tafel folgende Darstellung:
„Links ein Mann stehend, rechts eine Frau sitzend, dazwischen zwei
Kinder, wovon das kleinere rechts eine Eule hält. Der Mann und die
beiden Kinder sind im Gesicht und an Händen stark behaart. Unzweifelhaft
historische Personen, über welche das von mir Ermittelte weiter unten folgt."
Dieses von ihm Ermittelte besteht darin, dass die vier Personen unserer
Tafel mit den vier Bildnissen No. 898 bis 901 der Ambraser Sammlung
und somit also auch mit den Gemälden des Schlosses Ambras überein-
stimmen, „und zwar ist der Mann vollkommen portraitähnlich und auch die
Kinder wie es scheint, nur etwas ältlicher, die Frau nicht so schön und
mit einem flachliegenden schwarzen Steiftuch am Kopfe, welches bei der
sitzenden Frau auf unserer Tafel weiss ist."
Somit wäre denn auch die echte Haarmenschennatur dieser drei Leute
bewiesen, da ja auf diesem Bilde auch die Hände vom Vater und den Kin-
dern stark behaart erscheinen und bei der grossen Sorgfalt und Genauig-
keit in der Darstellung, welche alle mir bekannten Bilder G. Hoefnagels
auszeichnen, ist wohl anzunehmen, dass diese Behaarung genau der Natur
entsprechend zur Darstellung gebracht worden ist.
Gerade diese mir bekannte Genauigkeit und Naturwahrheit der Hoef-
nageT sehen Bilder aber machte nun natürlich in mir den Wunsch rege,
dieses genannte Blatt genauer kennen zu lernen und Herr Hofrath Ritter
von Becker, der Direktor der kaiserlichen Familien-Fideicommissbibliothek,
welcher die Gemälde jetzt einverleibt sind, willfahrtete meiner Bitte, und
veranlasste, dass mir das gewünschte Bild in Originalgrösse von Herrn
Hofphotographen J. Loewy in Wien photographirt wurde. Natürlich ist
dasselbe der grösseren Treue wegen keiner Retouche unterworfen worden. 2)
Als ich diese sehr gut gelungene Photographie nun mit denjenigen der
Ambraser Bildnisse verglich, war ich zuerst erstaunt, wie Herr v. Frauen-
feld dieselben für identisch erklären konnte, da kein einziges der vier Ge-
sichter mit dem entsprechenden der anderen Folge übereinstimmt. Und
1) Neue aufgefundene Abbilduugeu des üronte und eines zweiten kurzHügligen Vogels
wahrscheinlich des Poule rouge au bec de becasse der Mascarenen in der Privatbibliothek
des verstorbenen Kaisers Franz. Herausgegeben von der k. k, zoologisch -botanischen Gesell-
schaft Wien 1868.
2) Man sehe Taf. VI Fig. 2.
Zeit«chrift für Ethnologie. Jahrg. 1379. 11
154 M. Bartels:
doch musste ich bei wiederholtem Vergleiche zugestehen, dass trotz diesem
scheiubtiren Mangel an Uebereinstimmung Herr von Frauenfeld ganz
entschieden Recht hat. Denn es findet sich eine solche Fülle von
Gleichmässigkeiten in dem Anzug dieser Personen und in anderen Aeusser-
lichkeiten, dass sie unmöglich mehr als ein Spiel des Zufalls angesehen
werden dürfen.
Auf dem Hoefnagel' sehen Bilde nun sitzt rechts (vom Beschauer)
die Mutter auf einem Stuhl. Sie ist eine recht hübsche Dame mit etwas
träumerischem Ausdruck. Ihr Gesicht, ihre Hände und Handgelenke und
ebenso auch ihr Hals mit dem oberen Drittheil der Brust, wie der schräge
Ausschnitt des Kleides erkennen lässt, sind unbehaart und von normalem
Bau. An ihre Knie schmiegt sich, naturgemäss, das jüngere der beiden
Kinder, ein Knabe von (> bis 7 Jahren. Sein Bärtchen ist gegen dasjenige
auf dem Ambraser Bilde schon ziemlich stattlich ausgewachsen. Das ganze
Gesicht ist behaart und die Haare in der beschriebenen Weise zurückge-
kämmt. Auch die Nasenspitze scheint kurze Härchen zu tragen. Mit der
rechten, etwas zu gross geratlienen Hand drückt er eine Eule an die Brust,
deren Gesicht mit dem seinigen eine unverkennbare Aehnlichkeit besitzt,
so dass sie Hoefnagel gewiss aus diesem Grunde für ihn als Attribut er-
wält hat. Beide Hände erscheinen in massigem Grade behaart.
Neben ihm steht die ungefähr 2 Jahre ältere Schwester, mit ebenfalls
ganz behaartem Gesicht, mit dem schon erwähnten Puffscheitel und einem
Vollbarte, der denjenigen des Bruders noch etwas an Länge übertrifft. Die
Augen sind gross und rund; die rechte Hand und deren Finger sind mit
langen, ziemlich dicht stehenden Haaren besetzt. Die linke Hand ist durch
den Knaben verdeckt.
Hinter der Tochter steht der Vater mit langer Schaube bekleidet, die
linke Hand vor der Brust, die rechte auf eine mit Säulen verzierte Ballu-
strade gelegt. Beide Hände, Finger und Handgelenke tragen ziemlich lange
Haare. In dem dicht behaarten, von einem grossen Vollbarte umrahmten
Gesichte mit hochaufstrebenden Stirn- und Kopfhaaren ist nur, wie es
scheint, eine kleine Stelle dicht unterhalb des unteren Augenliedes unbe-
haart geblieben. Es fällt bei diesem Bilde recht in die Augen, was sich
auch schon bei den Porträts der Kinder bemerklich machte, nämlich dass
der Maler der Bilder im Schloss Ambras sichtlich bemüht gewesen ist,
den thierischen Ausdruck zu mildern und die Leute zu verschönern. Die
Nase unseres Haarmenschen zum Beispiel hat durchaus nicht die elegante,
langgestreckte, schmale Form, sondern ist ein ziemlich breites, kolbiges,
dicht mit Haaren besetztes Gebilde. Was aber ganz l)esonders für die
Naturwahrheit unserer Hoefnagel'schen Darstellung spricht, das ist der
Umstand, dass die Mundpartien bei allen drei Haarmenschen einen einge-
fallenen Bau erkennen lassen, so dass man mit voller Sicherheit bei allen
Dreien auf einen Defekt im Zahn System zu schliessen berechtigt ist. Das
üeber abnorme Behaarung beim Menschen 155
ist eine Unschönheit in der Zeichnun^r, welche der Maler j^anz sicher ver-
mieden haben würde, wenn sie nicht der Wirklickeit entsprochen hatte. ')
Dieses ist nun aber alles, was wir über diese Haarmenschen wissen und
anführen können und so bleibt für uns immer noch die Frage eine offene,
wer diese Leute waren. Haben wir etwa unsere in der vorigen Arbeit
aufgestellte Liste der Fälle von Hypertrichosis universalis um diese drei
Exemplare zu vermehren? Da möchte ich nun noch einmal darauf auf-
merksam machen, was ich früher bereits gesagt habe: es ist für mich un-
denkbar, dass sich für diese so in die Augen fallende Missbildung in einer
Zeit, welche für alle Curiositilten und sogenannten Naturspiele ein so warmes
Interesse an den Tag legte nicht irgendwo ein Beschreiber unter den me-
dicinischen Schriftstellern gefunden haben sollte. Es ist für mich eine an
Gewissheit grenzende Walirscheinlickeit, dass die von Felix Plater^) be-
schriebene Haarmenschenfamilie mit den Originalen unserer Bilder identisch
ist. Ich lasse hier noch einmal Platers einschlägige Notizen folgen:
„Das jedoch ist wahr, dass man gewisse Leute beiderlei Geschlechts,
1) Es existirt noch eine Sammlung zoologischer Zeichnungen von Georg Hoefnagel,
welche bei A. H. Hagen 1) besprochen sind, mit Zugninilclegimg eines Weigel'schen
AiiktionscataIoges2): „So steht auf Blatt 1 über einem im (xesicht über und über be-
haarten männlichen Brustbild und einem neben ihm stehenden, wohlgebikleten Frauen-
zimmer: Omni miraculo quod fit per Homiuem majus miraculum est Homo visibilium omnium
maximus est Mundus, Invisibilium Dens sed mundum esse conspicimus, Deum esse credimus."
Später wird noch gesagt, dass Blatt 1 und 2 „menschliche Missgeburten Blatt 1 in Brust-
bildern, Blatt 2 in ganzer Figur' darstellen Ob es sich auf Blatt 2 auch um abnorme Be-
haarung handelt, ist nicht gesagt. Ebenso wenig wissen wir, ob dieser behaarte Mann mit
seiner nnbehaarten Frau mit unseren Wiener Leuten identisch sind. Eine Art Titelblatt
dieser Sammlung enthält das Datum Monach. bojar. Ao. 1582. Diese ganze Sammlung
war damals von Herrn Professor Carl August von Brentano gekauft worden. Meine
angestellten Nachforschungen haben aber ergeben, dass sie vor einer Reihe von Jahren an
den Buchhändler F. S. Ellis in London verkauft worden sind. Meine Anfrage bei diesem
Herrn, wo die Sachen jetzt stecken, hat leider seine Adresse nicht erreicht. Vielleicht unter-
zieht sich einmal ein englischer College der Mühe, diese Bilder zu suchen und zu publiciren.
1) Observationum Felicis Plateri ijuondam archiatri et profess. Basil. Libri Tres.
Basiliae 1680. lib. IIL pag. 572.
„Hoc quidem verum est inveniri quosdam, utriusque se.xus, praesertim masculos, alios
aliis hirsutiores, quorum crura. brachia, venter, thorax, totaque facies pilis prolixis horrent,
cujusmodi multos novi et vidi. Ex herum numero Lutetiae erat Vir quidam. ob raram
pilositatem totius corporis, Regi Heurico IL percharus, et in illius aula versatus, prolixis
admodum pilis totum corpus, faciemque omnino, si exiguam regionem sub oculis excipias,
obsitam habens, superciliis et crinibus in fronte adeo longis, ut eas sursum, ne visum im-
pedirent, premere cogeretur. Hie uxore ductä glabra, et aliis mulieribus simili, liberos cum
ea procreavit, hirsutos quoque, qui Ducae Parmensi in Flandriam missi fuerunt, quos in
Italiam una cum matre, luasculum 9 et foemiuam 7 annorum, transportandos, hie Basileae
vidi, Anno 1583, et depingendos curavi. Erant facie hirsuta, magis mascidus, minus paulo
puella, cujus tota regio secundnm spinao dorsi longitudinera, prolixis admodum pilis erat
hispida.*
1) Dr. August Hermann Hagen. Bibiiotheka entomologica. Leipzig 1862. Bd. L p. 369.
2) ß. Weigel. Kuustauktiouscatalog vom 28. Okt. 1861. No. 2220 a— d. 272 Blatt
herrlichster Miniaturzeichnungen auf Pergament.
^56 ^^- Bartela:
vornehmlich Männer, findet, die haariger als andre sind, und deren Schenkel
und Arme, deren Bauch, Brust und das ganze Gesicht von langen Haaren
starren; welcher Art ich viele gekannt und gesehen habe. Aus der Zahl
dieser war ein Mann zu Paris wegen der seltenen Behaarung seines
ganzen Körpers dem Könige Heinrich H. sehr werth und verkehrte an
dessen Hofe, der am ganzen Körper und überall im Gesicht mit Ausnahme
der Stelle unter den Augen, mit sehr starker Behaarung bedeckt war, und
in den Augenbrauen und auf der Stirn so sehr lange Haare hatte, dass er
sie, damit sie das Sehen nicht hinderten, aufwärts zu frisiren gezwungen
war. Dieser nahm ein Weib, das glatt und anderen Frauen gleich war,
und zeugte mit ihr ebenfalls behaarte Kinder, welche der Herzogin von
Parma nach Flandern gesendet worden waren, und die ich, als sie mit
der Mutter nach Italien übergeführt wurden, den Knaben neunjährig, das
Mädchen siebenjährig, hier in Basel im Jahre 1583 sah und malen Hess.
Sie waren am Gesichte behaart, der Knabe mehr, das Mädchen etwas we-
niger, deren ganze Gegend längs des Rückgrats rauh von sehr langen
Haaren waren."
Wir sehen, dass die Personenzahl genau mit derjenigen unserer bild-
lichen Darstellungen übereinstimmt. Ein behaarter Vater, eine Mutter, unbe-
haart und anderen Frauen gleich, ferner ein Knabe und ein Mädchen, beide
behaart, der Knabe neun Jahr, das Mädchen sieben Jahr — alles dies passt
genau bis auf das gegenseitige Altersverhältniss der Kinder, das bei den
Bildern gerade umgekehrt ist und von Plater wohl verwechselt wurde. Doch
gehen wir noch weiter! Der Vater war in Paris dem Könige Heinrich II.
sehr werth und verkehrte an seinem Hofe: unser Ambraser Mann wird als
Freiherr bezeichnet und war als ein Mann von Stande, sei es nun von
Geburt auf, oder dass er erst später geadelt war, sehr wohl geeignet, am
Hofe des Königs von Frankreich zu verkehren. Und dass der Ambraser
Herr als ein Mann aus München bezeichnet wird, das spricht doch keines-
wegs dagegen, dass er in jener wanderlustigen Zeit nicht auch früher in
Paris gelebt haben konnte. Ich sage früher, denn Heinrich IL starb
bekanntlich 15r)9 und die von Plater erwähnte Verheirathung mit der
mulier glabra wird annähernd im Jahre 1573 stattgefunden haben, da Plater
das älteste Kind im Jahre 1583 neun Jahre alt in Basel sah — vorausgesetzt,
dass die von Plater untersuchten auch wirklich die ältesten Kinder der
Leute waren.
Dann muss der Vater als er an Heinrichs IL Hofe war, allerdings
noch ein sehr junger Mensch gewesen sein. Und hier hilft uns Ulysses
Aldovrandi durch ein Citat glücklich aus der Verlegeniieit. Er sagt auf
Seite 580: „Item Henricus Galliarum Kex, Authore Boscio, Lutetiae
Parisioruru, adolescentem non minus villosum cane, litteris humanioribus
instrui curavit". So wird der „vir" des Plater dann hier schon zum Jüngling
und da er auf Befehl des Königs in menschlicherem Wissen unterrichtet
üeber al)norme Behaaruncr beim Menschen. 157
wurde, so spricht auch dieser Umstand wohl für seine Juf^end. Interessant
ist übrigens auch der gewiss älteste und uns jetzt so geläufige Vergleich
dieser Misshildung mit dem Aussehen eines Hundes (Hundemensch).
Während uns nun Plater diesen Zeitpunkt seiner Beobachtung genau
notirt hat, so haben wir durch die Hoefnagelsche Zeichnung glücklicher-
weise auch für die ganze Ambraser Gruppe eine annähernd sichere Datirung
gewonnen. Denn wenn auch nur einzelne Blätter dieser Hoefnag eischen
Sammlung mit einer Jahreszahl verselien sind, so ist hierdurch doch auch
wohl die Entstehungszeit der anderen, in ihrer Ausführung mit diesen
übereinstimmenden Abbildungen gegeben und diese Jahreszahlen liegen
sämmtlich zwischen 1570 und 1610. Wir haben also auch hier wieder eine
nicht zu unterschätzende Uebereinstimmung zu verzeichnen. Sehen wir uns
nun noch einmal das Bild unseres M ünchen er Freundes mit seinen elegant
nach oben gekämmten Stirnhaaren an und lesen wir dazu Platers Worte
superciliis et crinibus in fronte adeo longis, ut eos sursum, ne visum
impedirent, premere cogeretur, so müssen wir wohl zuge.stehen. dass eine
bessere Beschreibung der Frisur, besonders wie sie sich auf dem Ambraser
Bilde darstellt, garnicht gegeben werden konnte. Uebrigens wird auch
Platers Angabe, dass des Mannes ganzes Gesicht behaart gewesen sei
mit Ausnahme einer Stelle dicht unterhalb der Augen durch die Hoefnagelsche
Abbildung vollkommen bestätigt und ich möchte bei dieser Gelegenheit
hervorheben, dass grade diese Stelle bei den übrigen Haarmenschen behaart
zu sein pflegt. Wir können es somit, glaube ich, als erwiesen betrachten,
dass Felix Platers Haarmenschen mit diesen Ambrasern und den von
Georg Hoefnagel dargestellten identisch sind und somit die Zahl unserer
Tabelle nicht verändert zu werden braucht.
Fahren wir nun in der Besprechung der uns interessirenden Literatur
fort, so müssen wir einen Aufsatz von Alexander Ecker folgen lassen,
welcher im Globus (Band XXXIH Nr. 12 und 14. 1878) erschien unter dem
Titel „Ueber abnorme Behaarung des Menschen insbesondere
über die sogenannten Haarmenschen". Eine Ergänzung hierzu
publicirte er im XI Bande des Archivs für Anthropologie (1878 pag. 176):
„Ein neu aufgefundenes Bild eines sogenannten Haarmenschen
(i. e. eines Falles von Hypertricbosis universalis)." Diese beiden
Dinge gab er ausserdem unter dem erstgenannten Titel nochmals heraus
als Gratulationsschrift zu dem 50jährigen Doktorjubiläum Carl Theodor
von Siebold's. (Braunschweig 1878).
Ecker adoptirt die von mir gegebene Eintheilung der abnormen Be-
haarungen und spricht die einzelnen Gruppen kurz durch, nur der Hyper-
tricbosis universalis ist eine grössere Ausführlichkeit gegeben. Zum besseren
Yerständuiss begleiten seine Schrift mehrere recht gute Holzschnitte, unter
denen drei bisher nicht publicirte sich befinden. Der erste derselben zeigt
das Portrait eines l)ärtigen, fünfzigjährigen Weibes, das sich im Januar 187G
158 M- Bartels:
in Freiburg i. Br. als Wundermädclien aunoncirte und sich bald darauf
daselbst im Hotel erhängte. Die Leiche wurde der Anatomie übergeben
und es zeigte sich, dass sie ,,einen freilich etwas dünnen Schnurrbart und
einen ansehnlichen Knebelbart von ziemlicher Länge" hatte. «Wie die
äussere Körpergestalt einen durchaus weiblichen Typus, allerdings bei etwas
männlichem Gesichtsausdruck darbot, so zeigte auch die anatomische
Untersuchung der inneren Organe keine bedeutende Abweichung von
dem weiblichen Bau." Weiter oben sprach ich schon die Vermuthung aus,
dass sie mit der während des deutsch -französischen Krieges 1870 — 1871
gesehenen Hochstaplerin identisch sein möchte.
Die zweite bisher mir unbekannte Abbildung stellte die Maphoon,
die Tochter Shwe-Maongs, des behaarten Birmanen — man vergleiche
meinen ersten Aufsatz — mit ihrem nackten kleinen Kinde auf dem Schoosse
vor. Leider ist der Holzschnitt, — vielleicht ist das die Schuld des Originals
— nicht deutlich genug ausgefallen, um sich über die Behaarung der Ohren
des Kindes ein Urtheil bilden zu können. Das dritte Bild endlich ist die
Reproduktion einer in der öffentlichen Kunstsammlung zu Basel von Professor
Jacob Burckhardt aufgefundenen Federzeichnung (33 cm hoch, 19 cm
breit), auf welcher sich die Notiz befindet „1653 im November ist eine
solche Jungfer von Augspurg allhier gewesen." Mit Recht hält Ecker
es theils durch die Orts- und Zeitangabe, theils aus der unverkennbaren
Aehnlichkeit mit den anderen beglaubigten Portraits für erwiesen, dass wir
hier ein weiteres Bildniss der soviel beschriebenen Barbara Ursler vor
uns haben. Hier ist sie stehend in ganzer Figur mit hochanschliessendem
Weiberrock dargestellt. Die bis zur Hälfte aus den Aermeln heraussehenden
Vorderarme sind mit langen Haaren bedeckt, während die Hände glatt und
kahl erscheinen. Das Gesicht ist ganz behaart; die Stirn- und Kopfhaare
sind ä la chinoise frisiri und hinten in einen Zopf zusammengedreht. Die
Wangen und die Nase erscheinen behaart und die Oberlippe und das Kinn
sind mit einem dichten Barte bewachsen. Das Auffallendste sind aber zwei
Haarbüschel, die aus den Ohren hervorsprossen, aus jedem eins, von einer
Form und Stärke, dass mau sie nur mit den dicken Gardinenquasten ver-
gleichen kann.
Diese Abbildung stimmt nun zwar nicht vollkommen mit derjenigen in
den Ephemeriden der Leopoldinisch - Carolinischen Akademie überein,
entspricht aber ganz genau den von der Ursler gegebenen Beschreibungen;
denn A. von Lersncr sagt von ihr „diese hatte einen grossen Bart und
waren ihr lange Locken aus den Ohren gewachsen", und auch Peter
BoreFs bereits oben citirte Schilderung passt vollkommen zu dem Bilde.
Vergleicht man nun diese beiden Abbildungen genauer mit einander, so
wird sich eine üebereinstimmung der Beobachtung nicht entziehen, das ist
die eigenthümliche Schmalheit und Kürze der Oberlippe und das Vorge-
ßcholjonsein der Unterlippe. Die Mundpartie erinnert ganz auffallend an
1
Ueber abnorme Behaarung beim Menschen. 159
diejenige des älteren russischen Haarmenschen, und wenn diese Abtheilung
des Gesichtes der Wirklichkeit entspricht — wie man wohl aus der Ueber-
eiustimmung beider sonst in manchen Punkten ditferirenden Portraits zu
schliessen berechtigt ist, — so hat wohl auch bei der Barbara Ursler
zweifellos ein Defekt im Zahnsystem vorgelegen und zwar hat es sich mit
aller Wahrscheinlichkeit um ein Fehlen wenigstens der Schneidezähne
gehandelt.
Doch kehren wir nach dieser kleinen Abschweifung zu der Eck ersehen
Arbeit zurück. Er macht auf ein eigenthümliches Zutreffen bei den meisten
der Fälle von Hypertrichosis universalis aufmerksam, welches darin besteht,
dass die abnorme Behaarung eine ganz besonders feine, weiche gewesen
sei. Es trifft dieses zu bei der Barbara Ursler, der russischen und
birmanischen "Familie und er belegt diese Angabe durch entsprechende
Citate. Auch die Ambraser Familie macht ihm nach den Portraits den
Eindruck, als seien ihre Haare ebenfalls von hervorragender Weichheit ge-
wesen. Ich muss gestehen, dass für mich bei Betrachtung der Photographien
dieser Eindruck kein deutlicher ist. Bei der Pastrana und ihrem Sohne
besteht diese auffallende Feinheit der Haare nicht. Ecker äussert sich
darauf folgendermassen: „Es liegt sehr nahe, anzunehmen, dass wir in dieser
(der Hypertrichosis universalis) nichts anderes sehen, als eine Bildungs-
hemmung, das heisst: eine Persistenz und Fortbildung des embryonalen
Haarkleides".
Der von ihm für die vorliegenden Zustände gebrauchte Ausdruck
„Bildungshemmung" ist nicht glücklich gewählt und jedenfalls nur als ein
Lapsus calami anzusehen; denn durch die folgenden Worte: „eine Fort-
bildung des embryonalen Haarkleides" wird er eigentlich schon wider-
rufen. Unter einer Bildungshemmung, auch Hemmungsbildung genannt,
versteht man das Fortbestehen, (aber nicht die Fortbildung) eines Zustandes
nacii der Geburt, welcher zu dieser Zeit abnorm, zu einer gewissen Zeit
der intrauterinen Entwicklung des Embryo jedoch ein normaler gewesen ist.
Man begreift hiernach sofort, dass es sich bei der Bildungshemmung
immer nur um angeborene Abnormitäten handeln kann. Das trifft
aber bei der Hypertrichosis universalis nicht immer zu, die ja, wie wir
sahen, in einigen Fällen nicht angeboren vorkommt, sondern sich erst
im Verlaufe der sechs ersten Lebensjahre bei unbehaart geborenen Kindern
entwickelte. Nun bedeckt sich allerdings innerhalb einer gewissen Periode
unseres foetalen Lebens, zwischen dem fünften und siebenten Monat, der
ganze Körper, inclusive des Gesichtes, mit kurzen, feinen Härchen; es
wird jedoch dieses Haarkleid zum grössten Theile schon vor der Geburt,
spätestens aber innerhalb des ersten Lebensjahres wieder abgeworfen. Also
ist es, wie man einsieht, nicht möglich, anzunehmen, dass die Hypertrichosis
universalis das eine Mal durch das sich Einstellen einer abnormen Behaarung
erst nach der Geburt und in anderen Fällen durch Persistenz des embry-
onalen Wollhaares ihre Erklärung findet. Denn niemals ist dieselbe Miss-
160
M. Bartels:
bilduDO' in dem eineu Falle eine BildungsheramuDg und in dem anderen
Falle etwas besonderes Pathologisches, das durch die Embryologie nicht zu
erklären ist. Aber selbst wenn die Annahme einer Bildungshemmung nicht
schon durch das soeben Gesagte vollständig hinfällig geworden wäre, so
würde man dennoch diese Art von Erklärung aufgeben müssen, wenn mau
die bei den echten Haarmenschen fast niemals fehlende Mangelhaftigkeit
in dem Zahnsystem berücksichtigt. Und namentlich der Umstand, dass es
sich nicht immer um einen Mangel derselben Zähne handelt, sondern dass
bei dem einen Homo hirsutus Zähne vorhanden sind, die wieder anderen
fehlen — gerade diese Unregelmässigkeit in der Missbildung giebt bis jetzt
für jede Erklärung, auch für die so verlockende atavistische, ein unüber-
steio-liches Hinderniss ab. Wir müssen uns fürs Erste noch bescheiden
und unsere Unkenntniss eingestehen. Dass übrigens auch durchaus nicht
bei allen Haarmenschen die abnorme Behaarung die erwähnte Feinheit und
Weichheit besitzt, das beweisen ausser der Familie Pastrana (oder eigentlich
Lent, denn sie war an einen Amerikaner Namens Lent verheirathet)
und ausser dem nicht selten den älteren Fällen gegebenen Epitheton hispidus,
worunter doch wohl ein rauhes Haar zu verstehen ist, das beweisen, sage
ich »•ewisse auf den Abbildungen dargestellte Frisuren, welche ohne einen
ziemlichen Grad von Starrheit überhaupt nicht bestehen könnten. Diese
Feinheit des Haares ist es übrigens nicht allein, welche Ecker veranlasste,
bei unseren Patienten an eine Fortbildung des embryonalen Haarkleides zu
denken. Er hat dafür noch einen zweiten Grund, und dieser ist die regel-
mässio-c und bei den verschiedenen Haarmenschen übereinstimmende An-
ordnung der abnormen Haare, welche der Richtung und Gruppirung der
embryonalen Haare analog sein soll. Ueber diesen letzten Gegenstand sind
von Eschricht') und Voigt') genaue Untersuchungen angestellt worden
und sie halben am Körper eine Reihe von Ausgangspunkten der Behaarung
, Wirbel" unterschieden, von denen aus die Haare sich in sogenannten
„Strömen" ausbreiten. So interessant und wichtig nun auch das Auffinden
dieser zweiten Aehulichkeit mit dem embryonalen Haarkleide ist, ^o dürfen
wir doch nicht vergossen, dass auch die bei den Erwachsenen innerhalb
des normalen bestehende Behaarung die embryonalen Strömen und Wirbel
innehält, dass wir also auch hierin nicht etwas Besonderes, nur der Hyper-
trichosis universalis allein zukommendes zu erblicken vermögen.
Uebrigcns macht Ecker selbst darauf aufmerksam, dass er die Unter-
suchungen über diesen Punkt noch nicht für abgeschlossen hält denn er
sagt: „Kurz, aus allen Angaben erhellt, dass die Behaarung der sogenannten
Haarmenschen vielmehr dem embryonalen Flaum, der ja an manchen Stellen
1) Ueber die Richtung der Haare am menschlichen Körper. Müllers Archiv für Anatomie
und Physiologie 18:;7. Pag. 37. Taf. III. IV. V.
2) Ch A. Voigt. Abhandlung über die Richtung der Uaaro im menschlichen Körper.
Verhuiidl. d. Akademie der \V. in Wien, Band Xlll. I«ü7. Mit zwei Tafeln.
Ueber abnorme Rphaarungf beim Menschen. 161
recht ansehnlich ist, als dem wirklichen Haare entspreche. Ob diese
' Aehnlichkeit auch auf die mikroskopische Beschaffenheit sich erstrecke, ob
das Mark, das den VVollhaareu fehlt, auch dem Haar der Haarmenschen
fehle, diese l^rage finde ich nirgends beantwortet, und es wäre wohl nicht
unwichtig, bei gebotener Gelegenheit auf dieselbe Rücksicht zu nehmen."
Er citirt ausserdem noch folgenden Fall des Dr. Bevern*) vom Jahre
1802 der in mehrfacher Hinsicht interessant ist. Ein Mädchen in Ino-
vraclav fing im dritten Lebensjahre am Leibe, Kopf und Backen so stark
zu werden an, dass es nicht mehr gehen konnte, und „wenn man das Kind
im Bette Hegen sah, so sollte man es für einen 20 jährigen, schon starken,
aber noch weichbärtigen, sehr dickbackigen Jüngling gehalten haben. Der
Kopf war sehr gross mit sehr starken, ins Blonde fallenden Haaren bis tief
in die Stirn hinein l>ewachsen, Augenbrauen und Augenwimpern stark. Die
Oberlippe sowohl als das Kinn sind stark mit blonden, aber weichen Haaren
l)esetzt; die Brüste sehr stark und die ganze Brust mit blonden Haaren
bewachsen. Der Rücken aber ist dermassen mit blonden, krausen Haaren
bewachsen, dass er mit einem Kalbsfell überzogen zu sein scheint. (Die
Schaamhaare dagegen schwarz und stark, wie bei einem zwanzigjährigen
Frauenzimmer").
Wir haben hier eine eigenthümliche, bisher noch nicht beobachtete
Combination zwischen prämaturer Reife (Heterochronie der Behaarung) und
Hypertrichosis universalis vor uns. Es ist ferner der Unterschied in der
Art und Farbe der Schaamhaare und derjenigen des übrigen Körpers und
Gesichtes beachtenswerth. Die Letzteren entsprechen allerdings der vorher
erwähnten Angabe Eckers, sie sind hell, fein und weich, aber das Kind
brachte sie nicht mit zur Welt, sondern acquirirte die Missbildung erst im
dritten Lebensjahre. Endlich war die Patientin noch ein Zwillingskind und
nur sie wurde von der Abnormität befallen, während ihre Zwillingsschwestcr,
wenigstens zur Zeit der Beobachtung normal und glatt geblieben war.
Schon in meinem ersten Aufsatze besprach ich den interessanten, von
Bernhard Orn stein beschriebenen Fall von Hypertrichosis partialis, bei
dem die abnorme Haarbildung sich auf die Kreuzbeingegend beschränkte,
man vergleiche Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthro[)ologie
etc. Sitzung vom 14. Mai 1875. Zeitschrift für Ethnologie Bd. VII 1875,
p. (Hl) und p. (279), Taf. XVH Fig. 1.)
Ürnstein hat seine Stellung als Chefarzt der griechischen Armee
dazu benutzt, bei dem Ersatzgeschäft die zu untersuchenden Mannschaften
auch in Bezug auf ihre Behaarung näher in das Auge zu fassen und hat
ausser diesem einen noch 1 1 analoge Fälle zu beobachten Gelegenheit ge-
habt. Drei derselben Hess er photographiron und übersandte die Bilder der
Berliner anthropologischen Gesellschaft.
1) Hufelainls Journal XIV, 1802 p. 141.
jß2 M. Bartels:
(Man vergleiche a. a. O. Sitzung vom IB. December 1876 und vom
15. December 1877. Zeitschrift für Ethnologie Bd. YIII 1876, p. (287) und*
Bd. IX 1877, p. (485) Taf. XXI f. 3. 4. 5.)
Er erwähnt ausserdem noch einen ähnlichen Patienten, welchen der
griechische Generalarzt Dr. Treiber vor einer Reihe von Jahren sah.
In allen 13 Fällen nahm die abnorme Behaarung nur die Kreuzbein-
gegend ein, hatte einen bilateral- symmetrischen Bau und sass auf anscheinend
unveränderter, weder abnorm gefärbter, noch abnorm verdickter Haut, so
dass diese Beobachtungen unbedingt der Hypertrichosis cicrumscripta einzu-
reihen sind. Der von Orn stein gewählte Name Sacra 1-Trichose ist
ein ganz geeigneter, denn in der That kann man diese uns soeben be-
schäftigende Form als eine besondere Unterabtheilung der Hypertrichosis
circumscripta aufstellen.
Wenn nun auch die Sacral-Trichose in besonders grosser Häufigkeit
in Griechenland gesehen worden ist, so unterliegt es dennoch keinem Zweifel,
dass sie auch bei uns vorkommt. Ich selbst habe seit Veröffentlichung
meiner Arbeiten drei einschlägige Fälle gesehen.
Dieselben mögen hier in Kürze folgen:
1. Ein Candidat der Theologie H. aus Berlin, in der ersten Hälfte
der Zwanziger Jahre, hat einen sehr gering behaarten Körper. Au der
Hinterseite jedoch präsentirt sich ein symmetrisches Dreieck, welches mit
massig dicht stehenden ungefähr 3 cm langen Haaren besetzt ist. Die Basis
dieses Dreiecks verläuft horizontal zwischen den Lendenwirbeln und dem
Kreuzbein, die Seiten entsprechen annähernd dem Verlauf der Synchondroses
sacroiliacae , und die Spitze liegt fast an der Gelenkfläche des Steissbeins.
2. Ein 53 Jahre alter Uhrenfabrikant aus Berlin ist am Rücken
unbehaart bis auf eine symmetrische dreieckige Stelle über dem os sacrura,
auf welcher allerdings dünn stehende, aber 3 — 4 cm lange Haare sich be-
finden. Die Basis auch dieses Dreiecks entspricht der unteren Grenze der
Lendenwirbel, die Seiten den Kreuzbeinsynchondrosen und die Spitze der
Verbindung zwischen dem os sacrum und dem os coccygis.
3. Ein aus Suhl in Thüringen gebürtiger, zur Zeit in Spandau
ansässiger Fabrikarbeiter A. K. von 49 Jahren besitzt fast am ganzen Körper
eine ausserordentlich starke Behaarung. Leider kann diese Hypertrichosis
nicht für unsere Besprechungen verwerthet werden, da der Patient seit Jahren,
und wie er angiebt, mit Erfolg, seinen Rücken mit Enthaarungsmitteln be-
handelt hat. Es ist nun für uns nicht mehr zu ersehen, was bei ihm künstlich
enthaart worden ist und was von vornherein mit Haaren nicht bewachsen
war. Seine Gesässpartie bietet jedoch folgenden Anblick dar: Die Hinter-
backen über dem Sitzknorren sind kahl, die seitlichen Abtheilungen über
den Hüftgelenken besitzen eine ziemlich dichte Behaarung; die obersten
Partien in der Gegend des vorderen Ilüftbeinstachels sind nur spärlich be-
haart. Ausserordentlich deutlich markirt sich aber eine reichlich und
Ueber abnorme Bebanruug beim Menschen. 163
ziemlich dicht mit mehrere cm. laugen Haaren bedeckten Stelle, welche
eine symmetrisch dreieckige Gestalt besitzt mit nach unten gekehrter Spitze
am Uebergange vom Kreuzbein zum Steissliein, mit hoiizontaler Grundlinie
an der Grenze zwischen dem os sacrum und den Lendenwirbeln, während
die Seitenlinien an der Verbindungsstelle zwischen dem Kreuzbein und den
Darmbeinen liegen.
Vergleichen wir diese drei Beobachtungen mit denjenigen Ornsteius,
so müssen wir allerdings zugeben, dass sie an Intensität der Behaarung
von den frappantesten Fällen desselben bedeutend übertroffen werden, in
Bezug auf die Ausdehnung der Behaarung bieten sie jedoch alle unter ein-
ander eine ganz ausserordentliche Uebereinstimmung dar.
Wir finden in allen IG Fällen die Form der Behaarung durch die
Gestalt der hinteren Kreuzbeinfläche auf das Genaueste vorgeschrieben.
Stets handelt es sich um ein bilateral symmetrisch angeordnetes Dreieck
mit nach unten gerichteter Spitze. Die Grundlinie entspriciit genau der
oberen Grenze des os sacrum und reicht, wie es scheint, niemals auf die
Lendenwirbel hinauf. Die Seitenlinien liegen über den Hüftbeinsynchondrosen,
stimmen also wiederum mit den seitlichen Grenzen des Kreuzbeins überein.
Die Spitze endlich coincidirt mit der unteren Grenze des Kreuzbeins; sie
liegt an der Gelenkverbindung zwischen dem os sacrum und dem os coccygis.
Die das Steissbein bedeckende Haut ist nur in einem einzigen der Fälle
von der abnormen Behaarung betroffen worden.
ÄJan ersieht hieraus, wie ausserordentlich passend der Name „sacrale
Trichose" gewählt worden ist.
In sämmtlichen Fällen war die behaarte Hautstelle weder abnorm ge-
färbt, noch aut-h abnorm verdickt, auch Hess sich nicht das Vorhandensein
eines einstmaligen Irritationszustandes in derselben nachweisen.
Diese Form der Hypertrichosis, welche ich, wie bereits oben erwähnt,
nur für eine wohl charakterisirte Unterabtheilung der Hypertrichosis partialis
ansehe, lässt sich in ihrer Entstehung nicht anders begreifen, als dass man
den Atavismus zur Erklärung herbeizieht. Ich habe dieses schon in meinem
vorigen Aufsatze ausgesprochen und freue mich, auch bei Orn stein der-
8ell)en Ansicht zu begegnen. Uebrigeus betrachte ich es nur als das, was
es ja auch wirklich ist, eine Form der Rückenbehaarung und erblicke hierin
durchaus kein Analogen einer Schwanzbildung. Denn selbst wenn man
nicht so weit gehen wollte wie Virchow, der wohl mit Recht für
eine Schwanzbildung auch eine Verlängerung des Steissbeins fordert, so
muss man bei den bescheidensten Ansprüchen doch wenigstens verlangen,
dass wenn es sich um einen, wenn auch nur rudimentären Schwanz handeln
soll, die Behaarung doch auch auf der das Steissbein bedeckenden Haut
ihren Sitz haben muss. Das ist aber, wie wir gesehen haben, nicht der
Fall, sondern da, wo das Steissbein beginnt, hört die abnorme Behaarung
164
M. Bartels:
auf. Zu erwähneu ist, dass nach Ecker (a. a. O.) die Kreuzgegeud des
Embryo mit besonders langem Wollhaare bedeckt ist. i)
Es ist übrigens eigenthümlicb, dass man die Sacraltrichose bis jetzt nur
bei Männern beobachtet hat, denn das von Yirchow beschriebene, scheinbar
hierher gehörige Frauenzimmer (und noch zwei analoge, später zu erwähnende
Fälle) mussten wir hier ausscheiden, weil durch eine unter dem Haarbezirk
beßndliche spina bifida das einstige Vorhandensein eines tleizungszustandes
in dieser Region bewiesen wurde.
Ausser diesen soeben besprochenen Fällen giebt Oru stein noch die
Beschreibung und Abbildung eines anderen abnorm behaarten Mannes,
(a. a. 0. Bd. IX p. (486) Taf. 21, Fig. 1 und 2) welcher auf den ersten
Anblick der von mir für die Hypertrichosis partiahs aufgestellten Regel,
dass, wie gering oder wie gross ihre Ausdehnung auch sein möge, dieselbe
stets von der hinteren JNledianlinie des Körpers ihren Ausgang nimmt,
zu widersprechen scheint. Und ich rauss gesteheu, dass ich auch zuerst
durch diese Abbildung etwas frappirt wurde. Denn man sieht eine sehr
starke Behaarung der Brust, der Schulterhöhe und der Arme, ferner eine
ziemlich reichliche Haarbildung längs der medianen Contouren der Schulter-
blätter, aber die ganze Mittelpartie des Rückens vom Halse bis zur Hosen-
schnalle erscheint auf dem Bilde kahl und wird auch nicht in dem Texte
als behaart beschrieben. Bei näherem Zusehen findet man aber, dass der
ganze Nacken vom Hinterhaupt bis herab zum Anfang der Brustwirbelsäule
eine dichte Behaarung trägt und nur durch eine kleine Lücke von derjenigen
der Schulterblätter getrennt ist. Also auch hier kann man die hintere
Medianlinie des Körpers gleichsam als den Ausgangspunkt der Hypertrichosis
betrachten. Man ersieht aus diesem Falle aber, dass ausnahmsweise die
hintere Medianlinie nicht, wie das meistens bei der Hypertrichosis partialis
Statt hat, bis zu derselben Tiefe herab mit Haaren bewachsen zu sein braucht,
als der übrige von der Missbildung betroffene Körper,
Von Publikationen über das uns interessirende Thema sind noch die
Nachrichten zu erwähnen, welche N. v. Miklucho - Maclay schriftlich
unter dem Titel „Anthropologische Notizen, gesammelt auf einer
Reise in Wes t- Mikrouesien und Nord-Melanesien im Jahre 1876
der hiesigen anthropologischen Gesellschaft übersandte. [Man vergleiche:
Verhandlungen dieser Gesellschaft, Sitzung vom 9. März 1878. Zeit-
schrift für Ethnologie Bd. X. 1878. p. (104)]. Er giebt an, dass viele
der Einwohner von West-Mikronesien stark behaart an Rumpf und
Beinen sind und ausserdem bilden die Haare „nicht selten einen, vom Nacken
anfangenden, am Rücken herunterlaufenden Zug". Ausserdem soll die Be-
haarung der ganzen Stirn ziemlich häufig sein und der Autor giebt dazu
1) Uebrigens fasse ich aucli Ornsteius Bemerkung-, dass es sich hier „uiu eiu Erbtheil
unserer geschwäuzteu Vorfahren handele" durchaus nicht so auf, dass er «labei an einen ver-
erbten Schwanz sondern, ebenso wie ich, an ein vererbtes Haarkleid gedacht hat.
Ueber uhiiorinc Hchaarunt; beim Menschen. 165
3 schöne Abbildungen (auf Tiif. X Fig. 2. 3. 4). Man ersieht aus denselben,
fkiss die Härchen wenigstens in 2 Fällen auch die sogenannte glabella
bedecken und über den Nasenrücken abwärts ziehen, bei dem einen Indi-
viduum fast bis zur Nasenspitze herab. Auch die Oljcrlippe und der obere
Thcil der Masseterengegend ist mit kurzen Haaren besetzt. Diese Behaarung
der Stirn, welche Miklucho - Maclay besonders schön bei zwei geschlechts-
reifen Mädchen und bei einem Alädchen und einem Knaben zwischen 10
und 1 1 Jahren sah — also bei lauter nicht mehr in der ersten Kindheit
beiindlichen Individuen — variirte in Bezug auf ihre Länge zwischen 3 und
23 mm. Leider giebt er über die Stärke der einzelnen heterotopen Haare
im Vergleich zu den Kopfhaaren keine Auskunft, jedoch scheinen mir die
letzteren, wenn ich die Zeichnungen richtig verstehe, die ersteren bedeutend
an Stärke zu übertreffen.
Es wird übrigens noch hervorgehoben, dass „beim Behaartsein der
ganzen Stirn die Anordnung der Haare auf derselben fast in einem jeden
Falle eine andere ist."
Bei Betrachtung dieser Abbildungen wurde ich an Zustände erinnert
wie man sie bei uns nicht übermässig selten als eine Form verstärkter
Lanugobildung, muss man wohl sagen, zu sehen bekommt. Hierhin gehört
in erster Linie das sogenannte ßärtchen bei Frauenzimmern und eine
gewisse Andeutung von Bartbildung bei Kindern, besonders bei Knaben
an der Oberlippe und der Gegend der Masseteren. Doch auch an anderen
Stellen des Gesichtes und ebenso am Körper und den Extremitäten linden
sich bisweilen derartig behaarte Stellen. So machte ich mir zum Beispiel
eine Notiz über ein 11 Jahre altes Mädchen. Sie besitzt blonde Haare und
starke Augenbrauen und hatte langes, dichtstehendes Wollhaar auf den
Dorsalseiten beider Vorderarme. Ausserdem besteht vom Hinterhaupte ab-
wärts bis zum ()ten Brustwirbel längs der Wirbelsäule eine abnorme Be-
haarung, welche jederseits von der Medianlinie die Haut auf ungefähr 3 cm
deckte. Diese Haare sind fein, aber ziemlich dicht stehend und meistens
von 1 cm Länge, einige waren sogar noch länger.
Ein kleines zwei und ein halbjähriges Mädchen hat dichtes dunkles
Kopfhaar, das vorn an den normalen Grenzen endigt. Von dieser Grenze
aus ziehen sich aber über die ganze Stirn, bis auf die Nasenwurzel feine
dichtstehende WoUhärchen. Ebensolche bekleiden die Gegend der Masseteren
und die Mittellinie des Rückens. Sie sind von dunkler Farbe wie die
Augenbrauen und die Kopfhaare.
Es bedarf hierfür keiner weiteren Beispiele. Es wird wohl kaiuu einen
Arzt geben, welcher nicht in seiner Bekanntschaft Aehnliches beobachtete.
Alle diese Fälle und wohl auch diejenigen von Miklucho- Maklay
sind wie schon gesagt als wirkliche Lanugobildungen zu betrachten und
hierfür hätte Ecker mit Recht die Erklärung in einer Hemmungsbildung,
in der Persistenz des embryonalen Wollhaares linden können, während es
IQß M. Bartels:
mir unmöglich war, diese seine Auffassung für die Deutung der Hyper-
trichosis universalis zu theilen.
Im December 1877 hielt H. Hildebrandt in der physikalisch-
oekonomischen Gesellschaft zu Königsberg i. Preussen einen Vortrag
„üeber abnorme Haarbildung beim Menschen", der in den „Schriften"
dieser Gesellschaft Jahrgang 19, 1878 mit zwei Tafeln veröffentlicht wurde.
Es ist darin, wie das bei einem Vortrage nicht anders sein kann, der den
des Gegenstandes unkundigen Zuhörern ein vollständiges Bild von dem
gegenwärtigen Stande der Frage zu geben beabsichtigt, sehr vieles enthalten,
was uns bereits bekannt und in mehreren der früher erwähnten Autsätze
begegnet ist. Jedoch sind diese älteren Daten untermischt mit höchst
interessanten Angaben über die normale weibliche Behaarung, worüber dem
Verfasser als Professor der Gynäkologie und Geburtshilfe ein kompetentes
Urtheil zu steht. Ich kann hier nicht unterlassen, den Herren Collegen
denen sich häufiger die Gelegenheit bietet, den Mitmenschen unverhüllt zu
sehen, die dringliche Mahnung an das Herz zu legen, dass sie für solche
scheinbar gleichgültigen Kleinigkeiten, die sich ja nur nebenbei dem Blicke
darbieten, und derentwegen nicht der ärztliche Rath eingeholt wird, ein
recht achtsames Auge haben mögen. Wir sind noch weit davon entfernt,
die Sache zu durchschauen und jede einschlägige genaue Beobachtung, kann
dazu dienen, ein unerwartetes Licht in diese Verhältnisse zu bringen.
Die neuen Fälle, welche Hildebrandt giebt, gehören beide in die
Gruppe der ausgedehnten behaarten Muttermäler. Der erste, ein IG Jahre
altes bleichsüchtiges Mädchen mit infantilem Uterus hat einen bilateral
symmetrischen Naevus pilosus, welcher vom 6. Brustwirbel bis herab zum
oberen Drittheil der Oberschenkel den Körper bedeckt (an der Bauchseite
ist die Ausdehnung eine entsprechende). Die von dem Haarkleide bedeckte
Haut ist aber „dunkel, beinahe schwarz verfärbt, etwas erhaben, rauh,
trocken, leicht schuppend". Auch bei dieser Patientin war der beschriebene
symmetrische Naevus nicht die einzige afficirte Partie, sondern „ähnlich be-
schaffene, nur kleinere schwarzverfärbte und behaarte Hautstellen waren über
den ganzen Körper, über die Extremitäten und auch über das Gesicht
zerstreut und zwar an nahezu symmetrischen Stellen". Die zweite Beobachtung
betrifft einen neugeborenen Knaben, der „über dem Rücken von der Höhe
der Anguli scapulae anfangend und an den unteren Lendenwirbeln endend,
auch noch etwas auf die rechte Hinterbacke herabreichend, eine dichte,
am meisten dem Fell eines W^achtelhündchens ähnelnde Behaarung l)esas8,
welche sich auch auf die Weichengegenden und vorne bis in die Hypochondrien
erstreckte". Die Haare sitzen auf nicht erhabener, aber dunkelblau ge-
färbter Haut. „Einzelne gleichbeschaffene groschengrosse Hautstellcn, eben-
falls behaart, befanden sich auf der linken Hinterbacke, an der äusseren
Seite des linken Oberschenkels und auf dem linken Scheitelbein, Auf den
lieber abiioriue Hehaaruiiff beim Menschen. 167
unteren Extremitäten waren einzelne zerstreute, kleinere und grössere, eben-
falls pigmeiitirte, aber nicht behaarte Hautstellen vorhanden".
Ich führte diese beiden Fälle etwas genauer an des Schlusses wegen,
den Hilde b ran dt aus seinen Betrachtungen zieht und welcher folgender-
niassen lautet:
„Es haben somit beide Hautabnormitäten doch soviel Gemeinsames,
dass man sie nicht ganz von einander trennen darf, und wenn mau die
durch Auge und Tastsinn wahrnehmbaren Erscheinungen auf der Haut in
erster Reihe berücksichtigt, so verdienen die Naevi mindestens in deniselln-n
Grade die Erklärung durch Atavismus, wie die Fälle von Hypertrichosis
universalis".
Auch ich bin ähnlicher Ansicht und möchte glauben, dass manche der
sogenannten behaarten Muttermäler eine Form des Rückschlags darstellen,
besonders die bilateral symmetrisch von der Medianlinie des Rückens her
den Körper umziehenden, bei denen keine disseminirten Naevi auf der
übrigen Haut sich finden. Es würde überhaupt sehr wohl der Mühe sich
verlohnen, wenn Jemand die reiche Casuistik der Muttermäler sammeln
wollte. Ganz sicher würden auch hier ganz bestimmte Gruppen und Unter-
abtheilungen sich aufstellen lassen, von denen auch einige möglicher Weise
in unser Gebiet hinübergreifen mögen. Aber bis jetzt sind wir noch nicht
soweit. Und ich kann nur auf das Bestimmteste betonen, dass wir bei
unserer noch so ungemein mangelhaften Kenntniss dieser Prozesse um so
eher zu einer Einsicht gelangen werden, je strenger wir solche Zustände,
welche nicht ganz gleichartig sind, auseinander halten und nur wirklich
ganz Uebereinstimmendes gemeinsam betrachten.
Wenn man, wie das bisher geschah, den unilateralen Nävus neben
dem Weiberbart, die prämature Reife neben der Hypertrichosis universalis
nennt, dann können wir zu keiner Klärung dieser so complicirten Verhältnisse
gelangen. Das war es ja, was mich veranlasste, die in meiner vorigen
Arbeit aufgestellte systematische Eintheilung zu geben. Wir müssen fürs
Erste, ich wiederhole es, die zwei Hauptformen abnormer Behaarung aus-
einander halten, diejenige Form bei der einstmals ein Reizungszustand im
Hautsysteme bestanden hat (Naevi pilosi und Hypertrichosis irritativa) und
die andere uns besonders interessirende Form, wo sich eine solche Irritation
nicht nachweisen lässt. Diese letztere Ilauptgruppe zerfällt wieder in die
drei Unterabtheilungen
1 . in die Heterogenie der Behaarung*. ( B e h a a r u n g b e i m f a 1 s c h e n
Geschlecht) (abnormes Auftreten von Haaren bei Weibern au den für das
männliche Geschlecht typischen Stellen)
2. in die Heterochronie der Behaarung (Behaarung zur falschen
Zeit) (die prämature Reife) und endlich
3. in die Heterotopie der Behaarung (Behaarung am falschen
Orte). (Auftreten von Ilaiuen an solchen Stellen des Körpers, welche
2ßg il. Bartels:
normaler Weise zu keiner Zeit uucl bei keinem Geschlechte mit Haaren
bewachsen sind) — umfassend die Hy pertrichosis partialis und die
Hypertrichosis universalis.
Das alles sind diiferente Gruppen, in sich abgeschlossen und von den
anderen unterschieden, (fast niemals in die Nachbargruppe übergreifend).
Und dass ich mit diesem System der Eintheilung demjenigen einen Ausdruck
gegeben habe, was die anderen Bearbeiter dieses Stoffes fühlten, das wird
wohl am besten dadurch bewiesen, dass sie sämmtlich diese Eintheiluug
adoptirt haben.
Bevor ich nun zu dem letzten Theile meiner Arbeit, zur Besprechung
meiner neuesten Beobachtungen über abnorme Behaarung beim Menschen
übergehe, soweit dieselben nicht schon in den vorstehenden Erörterungen
ihre Erledigung gefunden haben, möchte ich erst noch einigen Notizen älterer
Forscher zu ihrem Rechte verhelfen und sie aus dem Dunkel der Vergessenheit
von Neuem an das Tageslicht ziehen. So finden wir zum Beispiel in den
Observationes medicae des Johannes Schenckius a Grafenberg
[Francofurti 1600 observ. 14. p. 18. und Francofurti 1609 p. 6.] einige
Angaben über bärtige Weiber:
„Das Weib ist von Natur glatt und zart, und wenn sie viele Haare
hat, so ist sie ein Monstrum (Epictetus cap. 1. lib. 3). Solch Monstrum
sah ich einst in Paris mit schwarzem Schnurrbart, einem Backenbarte
von gehöriger Grösse und auch mit massig behaartem Kinn."
„Es Süll auch unter den Frauenzimmern Herzog Alberts von Bayern
ein Weib mit entwickeltem schwarzem Barte gewesen sein. (Wolfius in
enarrat. hujus loci.)"
Endlich erzählt er auch von dem Kupferstich des Dominik Gustos,
welchen ich, ohne damals diese Stelle zu kennen nach dem Exemplare des
hiesigen königlichen Kupferstichcabinets am Ende meiner vorigen Arbeit
beschrieben habe. [Ich benutze die Gelegenheit, einen Druckfehler zu
verbessern, der sich dort eingeschlichen hatte. Es steht dort das Todesjahr
des 1560 zu Antwerpen geborenen Stechers als 1512 gedruckt, natürlich
muss es heissen 1612,]
„Helena Antonia in Archiepiscopato Leodinensi, aetatis suae
annorum 18 a sereniss. Archiducissa Austriae Maria Yidua Graecii
educata, faoie et mento, viri instar barbata, muliebri alias habitu. Cujus
Eiconem Dominicus Custodis Augustae affabre in aere excudit. Ex
f|ua Charta nos transtulimus. Schenckius."
Ein Paar Fälle prämaturer Reife, welche sich ebenfalls unter seinen
Aufzeichnungen finden, übergehe ich hier, um dieser Abhandlung nicht eine
ungebührliche Länge zu geben. Es wird sich mir vielleicht bald die
Gelegenheit bieten, über diese Zustände an einer anderen Stelle ausführlich
zu sprechen.
Real d US Columbus aus Gremona, Anatom am Gymnasio Romano
üeber abnorme Bebaarung beim Menschen. 169
sagt in seinem Buche De re anatomica (Venetiis 1699) IIb. XIII cap. 11.
Ego tarnen Hispanum quendam vidi pilis refertissirauni in omni corporis
parte, praeterquam in facic, et manuum parte.
Vidi etiam vestalem adeo pilosam.
Auch in dem grossen Werke über die Missgeburten von dem Bolog-
neser Ulysses Aldrovandi ') finden sich ein Paar Fälle, welche hier
anzuschliessen sein würden: „Und Majolus erwähnt in den Colloquien,
dass von einer glatten Frau in einem Flecken des Gebietes von Pisa,
dessen Namen Petrasancta ist, eine Jungfrau mit langen Haaren bedeckt
entsprossen sei, wie man in Figur l sieht.
Die Autoren geben als Ursache dieses Umstandes eine Abbildung des
der Sitte gemäss mit der Kameelshaut gemalten St. Johannes des Täufers
an ; dieses im Schlafgemache hängende Bild hätte die Mutter aufmerksamer
betrachtet." Es ist hierzu ein sehr roher Holzschnitt beigegeben, der eine
schlanke Jungfrau unbehaart an Händen Füssen und Gesicht darstellt, deren
Körper und Extremitäten mit langen Zotten bedeckt sind. Es ist offenbar
keine Abbildung nach der Natur, sondern ein nach der soeben gegebenen
Beschreibung construirtes Bild.
Dasselbe gilt von der sich sofort anschliessenden Abbildung H die
einen Knaben mit ganz behaartem Körper und Krallen an den Händen und
Füssen zeigt. Der hierzu gehörende Text ist folgender:
„Zottig war auch jener Neugeborene wie mit Krallen behaftet, welcher
nach dem Zeugniss des Licosthenes im Jahre des Heils 1282 von einer
vornehmen Dame das Licht der Welt erblickte, als der Pabst Martin IV
den christlichen Erdkreis regierte, dessen sämmtliche im Hause der Dame
angebrachte Darstellungen des Bären (Martins IV. Wappenthier) entfernt
wurden als untrüglicher Beweis, dass durch Betrachtung jener Abbildungen
des Bären jenes Versehen verursacht worden ist. Auch Peucerus ver-
sichert, nach des Licosthenes Angabe, in einem anderen Falle im Jahre
des Heils 1549 ein mit Bärenzotten bedecktes Neugeborenes gesehen zu
haben."
Es ist nun natürlich für uns nicht mehr nachzuweisen, was eigentlich
in diesen fünf Fällen vorgelegen hat. Am wahrscheinlichsten ist es jedoch
wohl anzunehmen, dass es sich um llypertrichosis partialis handehe.
Ein Fall von Felix Plater (p. 573) ist wohl mit Sicherheit den
Beobachtungen von Miklucho - Maclay anzureihen: Es heisst dort ^Ein
vornehmer polnischer Officier verlangte von mir im Jahre 1591» ein
Enthaarungsmittel, womit er einer ihm sehr werthen Dame, um die er sich
bemühte, die Stirn, welche fast zur Hälfte von den Haaren eingenommen
1) Ulysses Aldrovandi Patricii Bononiensis Monstrorum Historia cum Paralipomenis
Uistoriae Omnium Animalium Bart holomaeus Ambrosiuus etc. etc. Labore et Studio
Volumen conii)OSuit. Hononiae 1642.
12
Zeitschrift för EthnoloRio. .I.ihrp. 1879.
170 M- Bartels:
wurde von den Haaren befreien und ein Wiederwachsen derselben verhindern
könnte."
Einen sehr wichtigen literarischen Fund machte ich in dem grossen
bereits erwähnten Werke des Grafen Ulysses Aldrovandi über die
Missgeburten. Er giebt in Holzschnitt auf den Seiten 16 bis 18 die Ab-
bildungen von vier derselben Familie angehörigen Haarmenschen, welche
bisher in den neueren Publikationen noch keine Berücksichtigung gefunden
haben. Ich reproducire dieselben auf Tafel YH Fig. 1 bis 4 nach Photographien
welche Herr Photograph Carl Günther hierselbst in sehr vollkommener
Weise nach den Holzschnitten herstellte. Die erste Abbildung stellt neben
einander Vater und Sohn in Brustbild dar, mit der Ueberschrift: „Pater
annorum quadraginta, et filius annorum viginti toto corpore pilosi." Das
diese letztere Notiz hinzugefügt wird: am ganzen Körper behaart, das ist
sehr gut, weil ein Wamms und ein bis unter das Kinn heraufreichender
Kragen den Körper bedeckt und die Hände nicht mehr mit auf dem Bilde
sich befinden. Das Gesicht des Vaters ist vollständig mit langen Haaren
bedeckt, die wie bei dem Ambraser Manne nach allen divergirenden
Richtungen gekämmt sind, um Augen, Mund und Nase uu verdeckt zu
lassen. Nur der Nasenrücken, und die unteren Augenlieder nebst einer
kleinen Stelle dicht unter diesen letzteren ist frei von abnormer Behaarung.
Auch das Gesicht des Sohnes ist ganz behaart, jedoch nicht in so dichter,
gleichmässiger Weise, wie bei dem Vater, sondern es stehen hier die Haare
mehr in einzelnen Büscheln und Zotten zusammen. Diese Zotten haben
aber eine ganz beträchtliche Länge und hängen von der Stirn herab über
die Augen, sodass sie wirklich, wie es von Platers Manne hiess, das
Sehen gehindert haben müssen. Die Kopfhaare sind ziemlich kurz abge-
schoren; der Nasenrücken, nebst deren Spitze, die Oberlippe und die
Gegend zwischen dem Kinn und der Unterlippe lassen auf dem Holzschnitt
keine längeren Haare erkennen. Auch das sichtbare linke Ohr erscheint
unbehaart, während das rechte Ohr des Vaters dermassen in den Schatten
gestellt ist, dass man über seinen Zustand nicht zu urtheilen vermag.
Es folgt nun, die ganze nächste Folioseite einnehmend, in ganzer Figur
eine „Puella pilosa annorum duodecim". wie ich gleich hinzufügen kann,
eine Tochter des zuvor beschriebenen vierzigjährigen Mannes. Auch sie
ist von der Kleidung dermassen verhüllt, dass nur die, übrigens unbehaarten,
Hände und das Gesicht zu sehen sind. Das letztere ist nun wieder voll-
ständig behaart und zeigt keine einzige kahle Stelle. Die Gesichtshaare
sind mit dem Bart nach den Seiten und nach unten gestrichen , während die
Stirn- und Kopf- Haare rückwärts gekämmt und in einem Puifscheitel ver-
einigt sind, ein Zwang, gegen welchen einzelne Haare sich energisch sträuben.
Die ganze Erscheinung macht den Eindruck, als ob man ein costümirtes
Kätzchen vor sich hätte.
Die vierte Abbildung giebt eine „Puella pilosa annorum octo alterius
Ueber abnorme Behaaruug beim Menschen. 171
soror." Leider findet sich keine Angabe, ob der behaarte Mann wirklich
nur in so grossen Pausen die Vaterfreuden erlebte, so dass sein ältestes
Kind zwanzig, sein zweites zwölf und sein jüngstes acht Jahre alt sein
konnte, oder ob dazwischen ihm auch noch Kinder geboren worden sind,
und ob dieselben behaart oder glatt gewesen waren. Diese Jüngste nun,
mit ebenfalls unbehaarten Händen, in deren einer sie eine Art Fähnchen
hält, hat scheinbar etwas längere und struppigere Gesichtshaare, als die
ältere Schwester, während die Haare der Stirn und das eigentliche Kopf-
haar zu kurz war, um in den modernen Puff'scheitel gezwängt werden zu
können; sie sind nur in die Höhe frisirt und mit einzelnen, langgestielten
Blumen geschmückt. Auch bei dieser Kleinen findet sich kein einziger
kahler Fleck im Gesicht. Alle vier Abbildungen lassen einen Rückschluss
auf einen Defekt im Zahnsystem nicht zu.
Die kurzen Nachrichten welche Graf A Idro van di über die vier Personen
giebt, müssen aus verschiedenen Theilen seines Werkes zusammengesucht
werden. Sie finden sich auf den Seiten 16—18 und auf pagina 580. Ich
ordne diese Notizen, wie ich es für das Verständniss am zweckmässigsten
halte.
„Diese Art der Waldmenschen" — oder, wie wir übersetzen könnten:
Haarmenschen — „wurde das erste Mal in Bologna gesehen, als die
erlauchte Markgräfin von Soranium auf ihrer Reise nach Bologna von
dem erlauchten Herrn Marius Casalius auf das Ehrenvollste empfangen
wurde: sie führte nämlich ein behaartes Mädchen von acht Jahren mit sich,
die Tochter jenes vierzigjährigen, auf den Canarischen Inseln geborenen
Waldmenschen, der nicht allein diese Tochter, sondern auch eine ältere von
zwölf Jahren und einen Sohn von zwanzig Jahren gezeugt hatte; und dieser
aller Bilder werden hier gegeben." ^)
Ich bin vergeblich bemüht gewesen durch befreundete Historiker das
Jahr zu eruiren, in welchem dieses Ereigniss des feierlichen Empfanges
stattfand. Herr Dr. Oscar Reich macht mich darauf aufmerksam, dass die
Casali eines der vornehmsten Bologneser Patriciergeschlechter gewesen sei.
Marius Casali, der Bruder des Bischofs von Massa und Populonia
Vincentio Casali, muss um das Jahr 1600 gestorben sein. Soranium
ist eine kleine, früher selbstständige Markgrafschaft Soragna in der
Nähe von Parma. Ferner hält er es für sehr wahrscheinlich, dass dieser
feierliche Empfang nur kurze Zeit vor Niederschreiben dieses Passus
vor sich gegangen sein muss, da er als etwas Bekanntes, noch in aller
1) „Hoc sylvestre genus hominum Bononiae primiim visum est, cum Illustrissima
Soranii Marchionissa Bononiam se conferens ab lllnstrissinio viro Mario Casalio hoiiorifi-
centissime fiiit suscepta: secum enim deducebat puellam octo aunorum pilosam, filiam illius
sylvestris hominis, aetatis annornm quadraginta, in insulis Canariis orti, qui non solum
hanc filiam, sed aliam natu majorem annorum duodecim, et filium annornm viginti genuit;
horumiiue omuinm icones exhibeutur."
;2*
172 M. Bartels:
Leser Gedächtniss Haftendes angenommen wird. Und das war in jener Zeit,
wo feierliche Aufzüge an der Tagesordnung waren, nicht gerade leicht.
Nun erwächst die neue Schwierigkeit, zu bestimmen, wann das Buch ge-
schrieben worden ist. Jedenfalls ist es eins der spätesten, das Ulysses
Aldrovandi schrieb, denn er weisst auf Seite 28 auf seine Historia
Quadrupedam hin. Da Graf Aldrovandi durch die Herstellungskosten für
die Zeichnungen zu seinen Werken an den Bettelstab kam und ausserdem
erblindet in dem Armenhause seiner Vaterstadt Bologna im Jahre 1605
gestorben ist, so wird man die Entstehung seines Werkes, über die Miss-
geburten, das erst lange Zeit nach seinem Tode herausgegeben wurde, wohl
in die Zeit zwischen den Jahren 1590 und 1600 zu setzen haben.
Auf der Seite 580 heisst es dann „Neulich wurden auch an dem aller-
höchsten Hofe von Parma von wo anders hingebrachte Haarmenschen
ernährt, deren Bilder dem ersten Capitel dieser Historia beigefügt sind." i)
Es ist nach diesen letzten Worten gar kein Zweifel möglich, dass diese
hier als in Parma lebend bezeichneten Haarmenschen mit denjenigen
identisch sind, welche zuerst als im Gefolge der Markgräfin von Soragna
befindlich aufgeführt worden sind. Uebrigens erwähnen die folgenden Zeilen,
in denen er auf die Erblichkeit der Hypertrichosis universalis aufmerksam
macht, noch einmal Parma als den Aufenthaltsort dieser Leute. Es heisst
da „Den eruirten Ursachen für eine behaarte Nachkommenschaft können wir
behaarte Eltern anreihen, da die Natur stets bemüht ist ihren Ursachen nur
ja nicht unähnliche Erfolge zu erzeugen: und aus diesem Grunde haben
wir noch in Parma den behaarten Sprössling von jenen behaarten Erzeugern
gesehen." 2) Einen dieser Sprösslinge hat Aldrovandi übrigens, sei es
nun in Parma, sei es bei ihrer damaligen Anwesenheit in Bologna ein-
gehender zu untersuchen Gelegenheit gehabt und er macht uns von ihr,
nämlich von der älteren der beiden Töchter, die nachfolgende Beschreibung:
„Es war das Antlitz des Mädchens gleichzeitig mit der Stirn behaart,
mit Ausnahme der Nasenlöcher und der Lippen rings um den Mund. Die
Stirnhaare waren länger und starrer im Vergleiche mit jenen, welche die
Wangen bedeckten, während diese für das Gefühl weicher waren. Der
übrige Theil des Körpers und vornehmlich des Rückens war rauh und
wimmelte von blonden Haaren bis zum Beginne der Lenden. Die vordere
Abtheilung des Halses, die Brust, die Hände und Arme waren von Haaren
entblösst: die übrigen Partien des Körpers waren uneben und gleichen der
Haut noch nicht befiederter Vögel." ^) Man ersieht wohl allein schon aus
1) ,Nuper etiam in Serenissima Par mae Aula villosi homines aliunde advecti alebantur,
quorum icones in primo capite hujus historiae roUocatae sunt."
2) ,Causis villosi partns exaratis addere possuinus parentes villosos, cum Natura semper
stufleat effectus suis caiisis neutiquam dissimiles procreare: ideoque adhuc Parmae hirsutam
prolem ex illis genitoribus villosis intelleximus."
3) „Erat facies puellae unä cum fronte pilosa, praeter nares, et labia circa os. Pili frontis
longiores et hispidiores erant in comparatione ad illos, qui genas tegebant, cum bi tactu essen t
Ueber abnorme ReLuaruug beim Menschen. 173
dieser für jene Zeit ganz vorzüglichen, sachgemässen Beschreibung, was für
ein vortrefflicher, genau beobachtender Naturforscher Aid ro van di gewesen
ist. Besonders möchte ich auch noch auf die Schilderung der noch nicht
behaarten Haut des Körpers aufmerksam machen. Ganz derselbe Zustand
der Haut ist auch von anderen Autoren beobachtet worden, namentlich bei
manchen Fällen von Hypertrichosis irritativa. Die Haut wurde uneben, wie
bei der sogenannten Gänsehaut oder um mit Aldrovandi zu sprechen,
wie die Haut noch nicht befiederter Vögel und aus der Spitze dieser kleinen
Knötchen sprossten dann später Haare hervor. Es ist mir sehr wahrscheinlich,
dass bei dieser zwölfjährigen Kleinen auch aus diesen Hautkuötchen später noch
Haare hervorgewachsen sind. Uebrigens möchte ich noch beiläufig erwähnen,
(lass wir in dem Vater dieser haarigen Familie, der von den Canarischen
Inseln stammt, nun auch einen Repräsentanten Africas besitzen, dass
unter den Haarmenschen noch nicht vertreten war, während ganz abgesehen
von den europäischen Hominibus hirsutis, Asien die Birmanenfamihe
aus Ava und Amerika die Julia Pastrana hervorgebracht hat.
Wir sind nun aber mit dieser Gruppe von Haarmenschen noch keines-
wegs zu Ende. Durch eine Notiz des Ritter von Frauenfeld in
seiner oben erwähnten Abhandlung über den Dronte wurde ich nämlich
auf ein Blatt in der Kupferstichsammlung der kaiserlichen Hofbibliothek
in Wien aufmerksam gemacht, welches der Gustos dieser Sammlung HeiT
Dr. Schestag die grosse Freundlichkeit hatte, auf meine Bitte für mich
photographiren zu lassen.^) Es hat annähernd die Grösse eines ge-
wöhnlichen Briefbogens und stellt das Brustbild eines behaarten jungen
Mädchens dar, deren Namen Antonie (abgekürzt Tognina), wir aus der
Unterschrift erfahren.
Die letztere lautet:
„Tognina, welche diejenige ist, welche man hier sieht, gel)oren von
einem behaarten Vater auf den Canarischen Inseln ganz behaart, hatte
einen Bruder, behaart wie sie selber ist, welcher den Herren Farnesi
geschenkt war.
Die oben genannte T ogu in a befindet sich in Parma. Frauco Forma.''-)
moUiores: reliqua pars corporis, et potissimuni dorsi hispicbi erat, et flavis soatens pilis ad
lumborum iisque principium. Gula, pectus, manus et brachia pilis erant mulata: caeterae
corporis partes asporae, et cutim avium nondum plumesceutium aemulabautur."
1) Herr Uofphotograph J. Loewy in Wien hat diese Photographie in vollliommeuer
Weise a\isgeführt. Mau sehe Taf. VII Fig. 5.
2) „Tognina che e costei, che'qui si vede di padre peloso naqne nelT Isole canarie
tutta pilosa, hebbe fratello piloso com'ella e propriamento, il quäle fu donato a Signori Farnesi.
La sopra detta Tognina si ritrova in Parma Franco Forma."
Herr Professor Hermann Weiss hatte die grosse Freundlichkeit, mir folgende* mitzu-
theilen: .Es bedeutet das dem Namen beigefügte ,Forma", wenn anch mit grossen Anfangs-
buchstaben geschrieben, keinen Namen, sondern soviel wie „excudit." Der Verfertiger des
Stichs heisst also Franco." Wahrscheinlich ist es der „als Stecher und Kunstverleger in
Venedig um 1560 f. f." thätige Giacomo Franco gewesen.
174 M. Bartels:
Die Kleine trägt ein hohes Kleid von anscheinend reichem Stoffe, die
Aermel reichen bis zu dem Handgelenk herab; die Hände sind nicht behaart,
die Linke ist mit der Rückenfläche auf die Hüfte gestützt, die Rechte hat
sie vor die noch flache, kindliche Brust erhoben und hält graziös, gleich
einer Königin im Kartenspiel mit dem Daumen und Zeigefinger drei grosse
blühende Nelken an einem Stiele. Das ernste, etwas missmuthige Gesicht
ist dicht mit Haaren l)ewachsen. Am kürzesten sind diejenigen, welche
den Nasenrücken und die Nasenflügel bedecken, nächst diesen folgen die
Haare der ganzen Kinngegend und der Unterlippe. Die Haare der Ober-
lippe bilden schon ein ganz anständiges Schnauzbärtchen, während die
Haare der Wangen sogar eine recht beträchtliche Länge erreichen. Weit
übertreffen werden sie aber noch von den Stirn- und Schläfenhaaren, welche
den eigentlichen Kopfhaaren fast nichts an Länge nachgeben. Alle diese
zuletzt genannte Haare sind radiär zum Gesicht gekämmt und laufen in einzelne
höchst sonderbar gestaltete Locken aus, welche den gegründeten Verdacht
erregen, dass sie ihre nicht selten dem Paragraphenzeichen ähnliche Form
durch fleissiges und consequentes Aufrollen auf Lockenwickel erlangt haben, i)
Die kleine Tognina gewährt hierdurch einen ganz eigenthüralichen
Anblick; man möchte glauben, ein schlangenumwundenes Medusenhaupt vor
sich zu haben. Diese Locken sind aber überhaupt nur möglich, wenn die
Haare eine gewisse Starrheit besitzen. Wären sie so embryonal weich,
wie das Ecker für die Haarmenschen verlangt, so würde diese Frisur ganz
sicher in sich selbst zusammenfallen müssen. Die oberen und unteren
Auffenlieder und eine kleine Stelle dicht unter den letzteren scheinen von
der abnormen Behaarung verschont geblieben zu sein. Die dicht behaarte
Stirn bietet in der Anordnung ihrer Haare auch einen kleineu Unterschied
von demjenigen dar, was wir sonst bei den Haarmenschen zu sehen gewohnt
waren. Es sind nämlich die unteren zwei Drittel derselben in der Mitte
bis auf die Nasenwurzel herabgescheitelt und es fehlt somit die charakte-
ristische Stirnlocke, welche sonst bei den Haarmenschen von der Stirnglatze
sich zu entwickeln pflegt. Eine desto grössere Stirnlocke strebt jedoch von
der Mitte der obersten Stirnpartie als dicker Haarbüschel in die Höhe.
Von den Ohren ist auch hier absolut nichts zu sehen, sie werden voll-
ständig von den seitlichen Haarlocken verdeckt.
Was man auf den ersten Anblick schon vermuthen musste, wird durch
die Unterschrift bestätigt, nämlich dass dieses Haarfräulein zu der von
Aldrovandi beschriebenen Familie gehört und zwar lehrt ein Vergleich
mit dessen Abbildungen, dass wir die jüngste, bei Aldrovandi als acht-
jährig bezeichnete Tochter vor uns haben. Es übertrifft jedoch dieses von
Franco herausgegebene Bild diejenigen Aldrovandi's ganz ausserordentlich
nicht nur an Grösse, sondern auch an Schönheit und Exaktheit der Aus-
führung. Erwähnt sei übrigens noch, dass die Darstellung der Mund-
1) Man sehe Taf VII Fig. 5.
Ueber abnorme Behaarung beim Menschen. 175
partie auch in der grösseren Abbildung auf einen Defekt im Zahnsystem
nicht schliessen lässt.
Bevor wir in- unsern Betrachtungen fortfahren, sei noch auf einige
auffallende Punkte hingewiesen, welche dem aufmerksamen Leser wohl
kaum entgangen sein werden. Wir haben einen behaarten Vater und V)e-
haarte Kinder, ganz wie in der Ambraser Familie. Die Mutter wird
nirgends erwähnt: Das ist wohl hinreichend, um anzunehmen, dass sie
elabra und andern Frauen ähnlich war, wie Plater sich ausdrückte. Die
Haarmenschen Plater's, deren Identität mit den Ambraser Haarmenschen
ich oben nachgewiesen zu haben glaube, wurden der Herzogin von Parma
nach Flandern geschickt und Plater sah sie in Basel, als sie nach
Italien übergeführt wurden. Die haarige Gesellschaft des Aldrovandi
war „von wo anders her" gebracht worden und lebte an dem Farnesischen
Hofe in Parma. Nehmen wir hierzu noch die Coincidenz der Zeit bei
beiden Gruppen, so zweifle ich nicht mehr, dass der Vater der ersteren, mit
dem der zweiten identisch ist. Denn es passt mit der Zeit ganz genau,
dass der auf den c an arischen Inseln geborene haarige Knabe als Merk-
würdigkeit au den Hof des König Heiurich's II. von Frankreich kam, von
diesem erzogen wurde, später um 1573 heirathete, 1583 Kinder von 7 und
9 Jahren hatte und endlich zwischen 1590 und 1600 ein homo quadraginta
annorum, das heisst, wie wir sagen würden, ein Vierziger, .war. Es be-
stärkt mich in der Annahme der Identität dieser beiden Personen ganz
besonders noch eine unverkennbare Uebereinstimmung in dem Arabraser
und dem Aldrovandischen Bilde. Alle beide zeigen nämlich eine ganz
absonderliche, und meines Wissens in jener Zeit ungebräuchliche Art, den
Bart zu tragen. Dieselbe besteht darin, dass der Schnurrbart mit dem Backen-
bart gemeinsam den eigentlichen Kinnbart um ein ganz beträchtliches Stück
an Länge übertrifft. Ob nun auch der zwanzigjährige Sohn mit unserm
kleinen haarigen Knaben der Ambraser Gruppe identisch ist, das lässt
sich natürlich nur vermuthen, aber nicht nachweisen. Die um zwei Jahre
ältere Schwester ist bereits verschollen; vielleicht war sie gestorben. Von
Aldrovandi 's zwöltjährigem und achtjährigem Mädchen weiss Felix Plater
natürlich noch nichts. Ist der zwanzigjährige Jüngling mit unserm sieben-
jährigen Knaben identisch, so ist die Mutter damals wahrscheinlich gerade
mit Aldrovandi's Zwölfjähriger schwanger gewesen. Beide Mädchen haben
mit grösster Wahrscheinlichkeit in Italien das Licht der Welt erblickt.
Anmerkung 1: In dem Werke Aldrovandis findet sich auf Seite 473 noch eine Notiz,
welche mich zuerst etwas in Verlegenheit setzte Nach einer kurzen Auseinandersetzung, dass
der Sprössling immer den Eltern zu gleichen pflegt, auch wenn die letzteren monströs sein
sollten, heisst es weiter-. „Das ereignete sich neulich in Parma an dem erlauchtesten
Farneseschen Hofe bei jenem Mädchen mit behaartem Antlitz, welche, verheirathet und
umarmt, einige am ganzen Gesichte behaarte Kinder gebar."')
1) Demum refertur hie eiTectus ad naturam. et furmam consilium Genitorum: etenim si-
quis parentum monstrifica effigie refertus fuerit, proculdubio prolem sibi similem procreare
176 M Bartels:
Wie kommt nun mit einem Male diese behaarte Mutter in die Gesellschaft, von der sonst
nirgends die Rede war? Der Schlüssel für dieses Paradoxon ist meiner Meinung- nach in
Folgendem zu finden. Das soeben gegebene Citat ist mit den anderen nicht gleichzeitig,
sondern eine ganze Reihe von Jahren später geschrieben und stammt nicht aus Aldrovandis
Feder, sondern aus derjenigen seines Herausgebers Bartholomaeus Ambrosinus und wir
haben in der behaarten Mutter, eins der beiden kleineu Mädchen, vielleicht unsere Freundin
Tognina vor uns, welche mittlerer Weile herangewachsen ist. Wir erfahren auf diese Weise
das interessante Faktum, dass auch sie, trotzdem sie zweifellos einen normalen Mann heirathete
ihre entstellende Missbildung auf ihre Kinder vererbte.
Meine Behauptung nun, das Bartholomaeus Ambrosinus auch eigene Erfahrungen
dem Werke Aldrovandis einfügte, ist nicht etwa eine von mir geschickt verwerthete Hypo-
these, sondern ich kann diese Angabe beweisen. Es ist nämlich beispielsweise auf Seite 507 von
einem Kranken die Rede (und seine Abbildung nimmt sogar die ganze Seite 506 ein), welcher
im Jahre 1640, in dem Xenodochium des heil. Franciscus in Bologna Aufnahme fand.
Das kann Graf Aldovrandi natürlich nicht geschrieben haben, da er bereits im Jahre 1605
gestorben war. Darauf werden eine Reihe von Gelehrten namentlich aufgeführt, welche diesen
interessanten Patienten untersuchten, und unter diesen nennt der Schreiber auch ^.Hyacin-
thum A mbrosinu m fratrem meum." Durch diese Bemerkung wird wohl jeglicher Zweifel
beseitigt.
Anmerkung 2: Der obige Abschnitt dieser Abhandlung war bereits vollendet, auch hatte
ich Aldrovandis Holzschnitte schon photographisch vervielfältigen lassen, als ich von einer
neuen kleinen Publikation Dr. Wilhelm Strickers Kenntniss erhielt, welche sich im Band
73 von Virchows Archiv 1878 p. 622 bis 624 unter folgendem Titel befindet: „Noch eine
Familie von Haarmenschen, nebst Notizen über andere erbliche Anomalien
des Haarwuchses." Diese Haarmenschenfamilie ist diejenige Aldrovandis, von welcher
Stricker sagt „Es ist ein Waldmensch (homo silvestris) von den canarischen Inseln, 40
Jahre alt, mit seinem Sohne von 20 und zwei Töchtern von 8 und 12 Jahren, welche alle
haarig waren. Aldrovandi sah sie in Bologna. Glatt waren bei den Mädchen nur die
Lippen und die Nase, die Haare auf den Wangen waren weich; Hals, Brust und Hände glatt."
Ich fasse die Stelle nicht ganz so auf. In Bologna war wohl nur die achtjährige, während
Aldrovandi die zwölfjährige wahrscheinlich in Parma zu untersuchen Gelegenheit hatte.
Ob er den Vater und den Sohn ebenfalls persönlich, oder nur nach Abbildungen kannte, ist
nicht genau ersichtlich. Jedoch vermuthe ich das Letztere, weil ein so eifriger Forscher, wie
Aldrovandi, uns sonst ganz sicher auch eine Beschreibung dieser Leute geliefert haben
würde.
Stricker erwähnt ferner noch ein von Thomas Bartholinus als im Museum Aid ro-
vandinum befindlich citirtes Hildniss einer bärtigen Frau. Es ist wohl ohne Zweifel das-
jenige, von dem es bei Aldrovandi, de Monstris, auf Seite 213 heisst: „in Musaeo lUustrissimi
Senatus Bononiensis conspicitur icon mulieris Germanae, quae olim Bononiae transiens
barbam duos palmos longam gestabat." ')
Die erbliche Anomalie des Haarwuchses besteht in einer von Professor Rizzoli in
Bologna durch sechs Generationen verfolgten weissen Locke auf der Stirn im tiefschwarzoi
Haar. (Vergleiche Bulletino delle scienze modiche di Bologna Ser. V. Vol. 23. 1877).
Rizzoli beobachtete ausserdem einen sehr interessanten Fall von Sacraltrichose auf einer
Spina bifida (also fürs Erste noch der Hypertrichosis irritativa zuzuzählen). Es war ein sechs-
jähriges Mädchen, dessen Haarzone am Kreuzbein 15 cm breit war bei einer Haarlänge von
32 cm (a. a. 0 ) Zwei analoge Fälle, ebenfalls einer Spina bifida aufsitzend, werden noch
citirt. (Berardi, Memoria sopra una neonata colla coda per spina bifida. Ancona 1855 und
Morgagni, de sedibus et causis morborum Brief 48). Ob in diesen Fällen das Öteissbein
mit betheiligt ist, wird nicht angegeben.
potorit; cum Natura semper omnes edat conatus, ut effectum sibi similem progignat. Id
iiuper accidit Parmae in Serenissima Aula Farnesiana, in illa Puella hirsutae faciei,
quae nupta, et compressa, aliquos foetus facie hirsutos edidit."
1) Ebenfalls auch erwähnt loco citato pag. 446: „Mulieris quoque Germanae icon
servatur in Musaeo lUustrissimi Senatus Bononiensis, quae annis elapsis propter admirandam
barbam, quam gerebat ad ventrem usqne proraissara, cunctis spectanda circumducebatur."
Ueber abnorme Behaarung beim Menschen. 177
Die haarifre Familie Aldrovandis findet sich übrigens auch mit seinen eigenen Worten
citirt und mit den verkleinerten und verschlechterten Abbildungen in P. Gasparis Schotti
Regis Curiani e Societate Jesu etc. Physica curiosa sive Mirabilia Naturae et Artis, Herbipoii
1667. Lib. III cap. IX Iconismus III Fig. 3 und 4. und Iconismus IV Fig. 1 und 2. Neue
Aufschlüsse giebt er uns nicht.
Ritter von Fraueufeld macht am angeführten Orte noch auf ein
zweites Blatt der kaiserlichen Hofbibliothek in Wien aufmerksam, welches
Herr Dr. Schestag ebenfalls die Güte hatte, für mich durch Herrn Hof-
photographen J. Loewy copiren zu lassen. Ich reproducire es hier als
Fig. G auf Taf. VH.
Es wird uns auf diesem Blatte, dessen Stecher sich leider nicht ge-
nannt hat, das Brustbild eines behaarten Mannes in einer Umrahmung ge-
boten, welche zwei Namen enthält, nämlich denjenigen des im Bilde dar-
gestellten und dessen Namen, dem der Stich gewidmet war. Auch erfahren
wir, dass der Mann in Rom gelebt hat. Auf diese Weise bleibt uns die
Hoffnung, dass gelegentlich in irgend einem der italienischen und be-
sonders der römischen Archive und Geschichtsquellen Notizen über die-
sen Patienten aufgefunden werden, welche uns über die Zeit, in der er
lebte und über seine Verhältnisse weitere Aufschlüsse zu geben im Stande
sind. Nach der etwas barocken Form der Umrahmung möchte ich glauben,
dass unser Kupferstich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts das Licht
der Welt erblickte. Die Umschrift des Bildes lautet: „Ad Mercurium
Ferrarium Horatii Gonzalis effigies", und unter dem Bilde stehen
die Verse:
Gonzales nitet hie Romana notus in aula
Cujus in humano stat pilus ore ferae
Et tibi qui quondam Ferrari junctus amore
Vixit, adhuc spirans vivit, in obsequio.
Man kann diese Verse übersetzen:
Gonzales steht hier, bekannt am Römischen Hofe,
Dem in dem Menschengesicht starret das thierische Haar-
Und Ferrari US, Dir, dem er einst in Liebe verbunden
Dienstbar gelebt, auch jetzt lebet und athmet er noch.
Der Sinn dieser Dedikation ist wohl folgender: Gonzales ist bereits
todt und d^i- Stecher oder dessen Auftraggeber überreicht demMercuvius
F'errarius das Bildniss des todten Freundes und sagt, wie der Volksmund
sich ausdrücken würde: Da hast Du ihn, wie er leibt und lebt. Wer dieser
Mercurius Ferrarius gewesen sei, habe ich nicht eruiren können.
Ich kann es nicht läugnen, dass unser Hör ati u s Gonz ales auf mich
einen etwas semitischen Eindruck macht; Die Augen sind in massigem
Grade geschlitzt und dennoch die Augäpfel dabei ziemlich stark hervor-
gewölbt und die Nase zeigt deutlich die israelitische Krümmung. Sollte
Gonzales ein am römischen Hofe lebender spanischer Jude gewesen
sein? Dass er spanischer Al)kunft war, das wird durch seinen Namen
178 M. Bartels:
Gonzales unzweifelhaft bewiesen. Sein ganzes Gesicht ist mit dichten, aber
nicht sehr langen Haaren besetzt. Der Nasenrücken ist nur massig behaart,
während wir von den Nasenflügeln starke, krause Locken hervorsprossen
sehen. Die Augen sind gänzlich von Haaren umrahmt und nicht einmal die
unterenAugenlieder sind unbehaart geblieben. Die starke Locke auf der Stirn-
glatze ist vorhanden und die dichten Stirnhaare verschmelzen mit dem
starken, krausen, Kopfhaar. Auch die eigenthümliche Kräuselung dieser
letzteren, so wie auch diejenigen der Wangen-, Lippen- und Kinnhaare
widerspricht durchaus nicht der Yermuthung, dass wir hier einen Juden
vor uns haben. Wie bei den meisten älteren Bildern, so werden auch bei
Gonzales die Ohren vollständig von den Haaren versteckt; seine Wangen
erscheinen deutlich eingesunken, so dass man geneigt ist, daran zu glauben,
dass hier ein Mangel der Backzähne vorgelegen hat.
Der nackte, ziemlich abgemagerte Hals und die oberste Abtheiluug der
Brust wird von einem locker um die blossen Schultern geschlageneu Tuche
nicht verhüllt. Der Hals ist unbehaart, aber, wie bereits gesagt, welk und
abgemagert, so dass man wohl den Gonzales für einen älteren Mann,
wahrscheinlich einen hohen Fünfziger zu halten berechtigt ist. Die ßrust
zeigt schon von den Schlüsselbeingegenden ab leichte Spuren der Behaa-
rung, von dem obersten Theil des Brustbeins jedoch, dem Mauubrium sterni,
entspringt eine bilateral symmetrisch gebaute dichte, krause Haarlocke. Der
übrige Körper ist nicht zur Darstellung gekommen. Das ist Alles, was
ich über ihn anzuführen vermag. Vielleicht, wie gesagt, giebt uns einmal
eine glückliche literarische Entdeckung genauere Auskunft über ihn.
Die interessante P'amilie der behaarten Birmanen habe ich schon in
meinem ersten Aufsatze in extenso besprochen und ich würde sie hier mit
Stillschweigen übergehen, wenn ich mich nicht in der Lage befände, ein
bisher noch nicht bekanntes Bild dieser Leute dem Leser vorführen zu
können. Es befindet sich als Fig. 1 auf der Tafel VL Ich recapitulire
hier nur ganz kurz, dass Shwe-Maong, der Stammvater dieser Familie
angeblich von gesunden Vorfahren stammte, und ungefähr im Jahre 1799
geboren war. Er wurde dem Könige von Ava als Kind zum Geschenk
gemacht und wurde von diesem im Alter von 22 Jahren mit einer normal
entwickelten Frau verheirathet. Dieselbe gebar ihm vier Kinder, von denen
nur eins, Namens Maphoon, am Leben blieb. Maphoon hatte die Hy-
pertrichosis universalis ihres Vaters geerbt und vererbte sie ihrerseits wie-
der auf zwei Söhne. Bei der Geburt sollen alle diese vier Haarmenschen
ein normales Aenssere besessen haben, nur ihre Ohren waren behaart.
Nach Verlauf einiger Monate und Jahre stellte sich dann die abnorme Be-
haarung des ganzen Körpers ein, bei Shwe-Maong im Alter von 6 Jahren,
bei Mai)hoon schon im siebenten Monat, bei deren jüngstem Sohne eben-
falls schon innerhalb des ersten Lebensjahres, bei dem Aeltesten dagegen
Ueber abnorme Behaarung beim Menschen. 179
erst nach dem fünften Jahre. ^) Es ist daher bemerken swerth, dass das
neugeborene Kind der Julia Pastrana bereits in vollkommenem Maasse
die abnorme Behaarung besitzt.
Die birmanischen Haarmenschen leben jetzt — oder lebten wenigstens
vor wenigen Jahren — in Mandel ay und die sogleich zu beschreibende
photographische Aufnahme von ihnen sah ich zuerst unter den Schätzen,
welche F. Jagor auf seinen Reisen im südlichen Asien für die ethnologi-
sche Abtheilung des königlichen Museums in Berlin-) gesammelt hat.
Der genannte Herr hatte die Güte, mir die Bezugsquelle derselben anzugeben.
im Vordergründe rechts vom Beschauer sitzt Shwe-Maong mit einer
Art Turban auf dem Kopfe. Stirn, Wange, Nase und Lippen sind dicht
und lang behaart. Ein Scheitel set^t sich von der Stirn bis zur Nasen-
spitze fort. Die Nase ist breit und kolbig, ganz ähnlich derjenigen, welche
Hoefnagel dem Vater seiner Haarmenschen gegeben hat. Es liegt hierin
vielleicht ein erneuter Beweis für die Genauigkeit der Ho efnageT sehen
Zeichnung. Die Mundpartie unseres Birmanen ist eingefallen, namentlich
die Oberlippe. Der Schnurrbart mischt sich mit den Haaren, welche von
der Nasenspitze und den Nasenflügeln entspringen. Rings um das Gesicht
hängt nicht ein continuirlicher Vollbart, sondern eine grössere Anzahl langer
einzelner Haarquasten, wie bei einem Ziegenbock. Das linke Ohr ist mit
einem Pelze kürzerer Haare besetzt. Unbehaart ist im Gesicht kein ein-
ziger Fleck geblieben. Ganz oben auf der Stirn macht sich aber der An-
fang einer Glatze bemerkbar. Da Shwe-Maong bei der Aufnahme un-
serer Photographic gewiss schon ein reichlicher Siebziger war, so kann uns
diese Altersveränderung nicht überraschen. Es ist aber interessant, zu sehn
wie die abnormen Haare des Gesichtes gegen die Einflüsse des Alters
widerstandsfähiger sind, als die normalen Kopfhaare.
Die unter dem Halse zugeknüpfte Jacke steht au der Brust offen und
lässt die Vorderfläche des Körpers bis zu dem Gürtel sehen. Auch hier
markiren sich überall lauge Haarzotten. Die Hände sind unbehaart, auf
die Behaarung der Arme, welche ganz von den Jackenärmeln verhüllt wer-
den, erlaubt eine aus jeden Aermel hervorsehende Haarlocke einen Rück-
schluss. Die Untcischenkel sind ziemlich dicht mit langen Haaren besetzt,
die Füsse aber inclusive der Knöchelgegend sind von der Behaarung frei-
geblieben.
Daneben auf einem Stuhle sitzt die Vertreterin der zweiten Generation,
1) Crawford. Journal of an euibassay t'roui the Governor- General of huiia to the
court of Ava. Second Edition. Loudon 1834. \oi. I. paor. 318.
Henry Youle. A Narrative of the Mission sent by the Governor -General of India to
the court of Ava in 1855, with notices of the country, ^overnnuMit, and people. London
1858. pag. 9;'..
Man vergleiche auch die Aufsätze von H. Bei gel und A. Kcker,
2) Ausgestellt in den Räumen der früheren Kuustkammer. Bezeichnet: .Photographien
90. 91. Haarmenschen Mandelay.*-
180 M. Bartels:
seine Tochter Maphoon. Von ihr sind ausser dem Gesichte nur die
Hände und Füsse und die obere Abtheilung der Brust zu sehen. Alle
diese zuletzt genannten Theile sind unbehaart. Das Gesicht dagegen zeigt
ausser den Augen und dem Lippensaum überhaupt keine unbehaarte Stelle.
Die Stirn- und Kopfhaare entsprechen noch der von Capitain Youle ge-
machten Beschreibung, sie sind „wie bei Frauen vom Lande gebräuchlich
ä la Chinoise frisirt"; dabei sind sie in der Mitte der Stirn gescheitelt und
liegen dem Kopfe glatt an. Die breite, kurze Nase ist mit kurzen krausen
Haaren besetzt, während von ihren seitlichen Partien und von den äusseren
Augenwinkeln lange Locken herabhängen, die sich mit den Quasten des
Backenbartes und den langen dichten Haaren der Ohrmuscheln vereinigen.
Bei diesem Gesichte ist die Aehnlichkeit mit einem Affenpinscher, besonders
wenn man den menschlichen Rumpf mit der Hand verdeckt, allerdings
überraschend.
Hinter seinem Grossvater und seiner Mutter in der Mitte steht der
Sohn der Maphoon, dessen einzig sichtbare rechte Hand nebst ihrem Hand-
gelenke unbehaart ist. Der ganze übrige Körper wird theils durch die Davor-
sitzenden verdeckt, theils ist er von der bis zum Halse hinaufreichenden
Kleidung verhüllt. Seine Kopfhaare bilden einen aufrecht stehenden Schopf,
während die in der Mitte gescheitelten Frontalhaare der Stirn glatt anlie-
gen. Eine Strähne dieser letzteren hat sich losgelösst und hängt über das
rechte Auge zur Wange herab. Die Haare der Wangen, des Kinnes und
der Lippen vereinigen sich zu einem ziemlich continuirlichen Vollbart.
Beide Ohren tragen am Rande und an der vorderen Fläche lange Haare.
Die Nase erscheint noch breiter, als bei seinen beiden Verwandten und ist
wie bei diesen vollständig behaart. Von ihren Seitenflächen entwickeln
sich ein Paar lange Haarzöpfe. Die mangelhafte Ausbildung seines Zahn-
systems ist sofort wie bei Shwe-Maong und Maphoon an dereingefallenen
Mundpartie zu erkennen.
Von dem Sohne der berühmten Julia Pastrana habe ich zwar schon
in meiner ersten Arbeit eine kurze Beschreibung gegeben. Dieselbe ist
jedoch lückenhaft ausgefallen, da die sehr schlechte Beleuchtung, in wel-
cher das Kind ausgestellt war, viele Feinheiten in der Behaarung garnicht
erkennen Hess. Eine genauere Schilderung dieses kleinen anderthalb Tage
alten Herrn scheint mir aber um so wünschenswerther, als er bei Weitem
der jüngste Patient mit Hypertrichosis universalis ist, welcher sich einer
wissenschaftlichen Beobachtung darbot. Das Kind starb bekanntlich 36
Stunden nach der Geburt und seine Mutter folgte ihm am 5. Tage ihres
Wochenbettes in den Tod nach. Beide Leichname wurden wie zoologische
Präparate ausgestopft und bilden jetzt eine Hauptzierde von Präuschers
anatomischem Museum. Hier konnte ich Mutter und Kind in diesen Tagen
(Decembcr 1878) einer wiederholten und eingehenden Besichtigung unterziehen.
Bei dem Knaben sind die Kopfhaare schlicht, nicht gekräuselt, aber
lieber abnorme Beha.irung beim Menschen. 181
sehr dicht, pechschwarz und ungefähr 8 cm lang. Sie hören aber nicht an
der normalen vorderen Grenze auf, sondern sie gehen in ununterbrochenem
Zuge über die ganze Stirn, dieselbe dicht bekleidend, so dass die Augenbrauen
nur eine direkte Fortsetzung der Stirnhaare bilden. Aber auch selbst die
oberen Augenlieder sind behaart. liier sind jedoch die Hactre kürzer als die
Kopfhaare, ungefähr 1,5 bis 2 cm. lang. Ich hebe hier noch besonders her-
vor, dass auch die sogenannte Stirnglatze mit Haaren bedeckt ist, jene Stelle
zwischen den Augenbrauen und der Nasenwurzel, welche bei dem echten
Haarmenschen die so charakteristische AfFenpinscherlocke zu tragen pflegt.
Die Haut der Nase, und der grössere Theil des Gesichtes, der Schultern
und der Nackengegend erscheint vollständig wie gegerbt, so dass man jetzt
über das einstige Vorhandensein oder Fehlen einer Behaarung an diesen
Stellen kein Urtheil mehr abzugeben im Stande ist. Es findet sich aber
auch jetzt noch ziemlich dichtes und ungefähr 0,5 cm langes Wollhaar auf
dem unteren Augenlied, der Augenwinkel-Nasenfurche, also längs der seit-
lichen Nasengrenze, ferner an den Mundwinkeltheilen der Oberlippe und in
der ganzen horizontalen Furche zwischen Kinn und Unterlippe. Als ich
das Kind im Jahre 1876 sah, bemerkte man noch Lanugo auf der ganzen
Medianlinie des Nasenrückens, die jetzt jedoch dem Zahne der Zeit erlegen
ist. Auf beiden Jochbögen findet sich noch jetzt Wollhaar; die Masseteren-
gegend aber, also die Stelle des normalen Backenbartes, trägt ein dichtes,
gewiss 2 cm langes Haarkleid.
Eine besondere Beachtung verdient das rechte Ohr — das linke war
nicht deutlich zu sehen. *Die rechte Ohrmuschel ist mit 1 cm langen feinen
schwarzen Haaren dicht besetzt und zwar nicht nur an dem iiinteren scharfen
Rande, sondern auch auf der Hinterfläche und auf der ganzen Vorderfläche.
Ich erinnere hier daran, dass bei denjenigen Haarmenschen, welche kahl
und glatt geboren wurden und bei denen sich die Hypertrichosis universalis
erst einige Monate oder Jahre nach der Geburt entwickelte, doch angegeben
wird, dass wenigstens ihre Ohren schon bei der Geburt die abnorme Be-
haarung gezeigt hätten.
Ueber den Körper ist wenig hinzuzufügen, denn er ist fast vollständig
von dem bunten Anzüge verhüllt. Die kleinen Hände und die vordere
Abtheilung des Halses ist vollständig gegerbt, ebenso auch der grössere
Theil des Nackens. Eine kleine Partie dieses letzteren lässt aber eine
kurze Behaarung erkennen. Die hier beigegebene Abbildung Fig. 7. auf
Taf. VII. ist nach einer Zeichnung gemacht, welche von der bewährten Hand
des Malers Herrn A. Dworzaczeck in natürlicher Grösse gefertigt
worden ist.
Wir werden im weiteren Verlaufe dieser Arbeit den echten Haarmenschen
nicht mehr begegnen. Bevor wir daher diese unläugbar interessanteste Form
der abnormen Behaarung verlassen, gebe ich noch einmal eine tabellarische
Uebersicht der uns bis jetzt bekannten Fälle. Die Gliederung dieser Tabelle
ist 80 einfach, dass sie einer näheren Erläuterung nicht bedarf:
182
M. Bartels:
Hypertrichosis universalis.
o
a
g
Name des Autors oder des
Patienten
Geschlecht
Zustand des
Zahnsystems
Haare
Bemerkungen
1
Felix Platers Mann ....
Mann
?
?
lütes
Jahrhundert
2
dessen Sohn
Knabe
?
p
do.
3
dessen Tochter
kl. Mädchen
?
?
do.
4
Mann von Ambras
Mann
?
p
do.
wahrscheiul. ideut. m. 1.
5
dessen Tochter
kl. Mädchen
p
?
do.
do. 3. •
6
dessen Sohn
Knabe
?
?
do.
do. 2.
7
Manu der Ambraser Sammlung.
Mann
?
p
do.
do. 1 , ident. m
. 4.
8
dessen Tochter
kl. Mädchen
?
P
do.
do. 3, do.
5
9
dessen Sohn
Knabe
?
P
do.
do. 2, do.
6
10
ü, Hoefnagels Mann. . . .
Mann
defekt
nicht
weich
do.
do. 1. 4. 7.
11
dessen Tochter
kl. Mädchen
defekt
p
do.
do. 3. 5. 8.
12
dessen Sohn
Knabe
defekt
p
do.
do. 2. 6. 9.
13
Aldrovandis Mann der Cana-
Mann
?
p
do.
do. 1. 4. 7. 10.
rischen Inseln ....
U
dessen Sohn
Manu
?
p
do.
vielleicht identisch mit 2. G. 9.
12.
15
dessen Tochter I
kl. Mädchen
?
p
do.
IC
dessen Tochter II
kl. Mädchen
?
nicht
weich
4lo.
17
dessen Tochter Togniiia . .
kl. Mädchen
?
nicht
weich
do.
wahrscheinlich identisch mit IC.
18
Horatius Gonzales ....
Mann
defekt
nicht
weich
17tes
Jahrhundert.
19
Z acutus' Mädchen
kl. Mädchen
?
nicht
weich
do.
20
Barbara Ursler
Frau
defekt
weich
do.
21
Kind aus Inowraclaw . . .
kl. Mädchen
?
weich
19tes Jahrhundert 1802.
22
Frau d. Hamburger (!orrespond.
Frau
?
p
do. 1803. (Paris).
23
Shwe-Maong aus Birraa . .
Mann
defekt
weich
do.
24
dessen Tochter Maphoon . .
Frau
defekt
weich
do.
25
deren Sohn I
Knabe
y
?
do.
2ß
deren Sohn II
Knabe
?
weich
do.
27
Julia Pastrana aus Mexiko .
Frau
defekt
nicht
weich
do.
28
deren Sohn
Knabe
y
nicht
weich
do.
29
Andrian Jeftichjew aus
Mann
defekt
weich
do.
Russland
30
dessen Tochter
kl. Mädchen
?
p
do.
31
dessen Sohn Fedor . . . .
Knabe
defekt
weich
do.
Ueber abnorme Behaarung beim Menschen. 183
Die Gesamratsumme beträgt, wie wir sehen, 31, jedoch ist dieselbe
sicherlich zu. hoch gegriffen. Denn unter den 17 Fällen des 16ten Jahr-
hunderts sind mit au Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestimmte
Fälle unter einander identisch, und zwar reduciren sich 5 Männer, 4 Knaben,
4 Mädchen und noch einmal 2 Mädchen auf je einen Patienten. Dann ist
die Gesammtsumme natürlich eine viel kleinere und beträgt dann nur 20,
von denen 10 männlichen und 10 weiblichen Geschlechts sind. Eine gleich-
massigere Vertheilung über beide Geschlechter kann man wohl kaum ver-
langen. Dass der grösste Theil dieser Leute noch in kindlichem Alter
stand, als die erste Beschreibung von ihnen gemacht wurde, kann uns bei
dem so sehr in die Augen fallenden der Missbildung in keiner Weise über-
raschen. Die bereits mehrfach besprochene Mangelhaftigkeit im Bereiche
des Zahnsystems ist bei der Hälfte von unseren Patienten mit Sicherheit
oder grösster Wahrscheinlichkeit vorhanden. Unter der anderen Hälfte, bei
welcher ein Zahndefekt nicht nachweisbar ist, befanden sich 6 zur Zeit der
Untersuchung in so jugendlichem Alter, dass überhaupt die Zähne noch
nicht in vollständiger Anzahl hervorgebrochen sein konnten, so dass diese
6 Fälle also eher in die Gruppe mit unvollkommener, als mit normaler Zahn-
bildung gerechnet werden müssen. Somit bleiben in Wirklichkeit nur 4 Patienten
übrig, bei denen wir den Beweis für eine bestehende Mangelhaftigkeit
nicht zu erbringen im Stande sind. Natürlich ist damit aber noch keineswegs
erwiesen, dass das Zahnsystem dieser vier Leute ein normales gewesen ist.
Was die von A. Ecker für die Hypertrichosis universalis betonte Fein-
heit und Weichheit des Haarkleides anbetrifft, so giebt uns auch hierüber
unsere Tabelle näheren Aufschluss. Die Weichheit bestand mit Sicherheit
in 7 von unseren 20 Fällen; von ebenfalls 7 wissen wir über den Zustand
der Haare nichts Näheres und bei 6 Patienten besassen dieselben ganz
bestimmt einen gewissen Grad von Starrheit. Man sieht, das Für und das
Wider in dieser Sache ist ziemlich gleichmässig vertheilt.
Von der grossen Neigung unserer Missbildung, sich zu vererben, ist
schon früher die Rede gewesen. Wir haben unter unseren 20 Patienten nur
5, welche isolirt dastehen, während die anderen 15 alle familienweise
zusammengehören und zwar haben wir 4 Familien zu verzeichnen. In zweien
dieser Familien, bei den Birmanen und bei den Haarmenschen Aldrovan-
dis hat man die Vererbung bis in das dritte Glied verfolgt.
AnmerkuiifT 3: Weiter oben ist von mir bereits darauf aufmerksam gemacht worden, dass
bei den Patienten, welche mit der Hypertrichosis universalis behaftet sind, nicht immer die-
selben Zähne fehlen, und dass ich in diese Ummstande fürs Erste noch ein unüberwindliches
Hinderniss erblicke, am die uns beschäftigende Abnormität durch Atavismus zu erklären. Es
ist aber wohl der Mühe werth, die Frage aufzuwerfen, ob denn überhaupt im Thierreich sich
etwas Aehnliches findet, ob bei irgend einer Thiergattung eine Wechselwirkung besteht zwischen
abnormer Verstärkung der Behaarung einzelner Individuen und einer Mangelhaftigkeit im
Bereiche ihres Zahnsystems. Dasjenige Thier nun, au welches man hier in erster Linie denken
muss, weil es dem Menschen in Beziehung auf seine Behaarung unter allen Säugethieren am
ähnlichsten erscheint, das ist unstreitig der Elephant. Gleich dem Menschen schreitet er jetzt
fast nackt und bloss einher, während sein berühmter Vorfahr, das Mammuth, gleich unserm
184 M. Bartels:
von den Anhängern der Descendenzlehre uns vindicirten Ahnherrn, sich eines dichten Haar-
kleides erfreute.
Das Mammuth, welches man im Jahre 1804; an der Mündung der Lena fand, besass ein
dichtes, den ganzen Körper bedeckendes Wollhaar von röthlicher Farbe, dem schwarze Borsten-
haare beigemischt waren. Auf einem Hautstück von diesem Thiere, welches das hiesige
zoologische Museum besit-zt, haben die Borstenhaare eine Länge von ungefähr 3 bis 6 cm,
während die Wollhaare 2 bis 2,5 cm lang sind. Durch die Güte des Herrn Professor Peters
konnte ich diese Reliquie besichtigen. Das Ohr trug ein Haarbüschel und am Halse sass eine
lange Mähne, deren Haare bis zu einer Archine lang waren. Adams^) welcher das Thier
beschreibt, konnte von dem umgebenden Erdreich mehr als ein Pud von Haaren sammeln,
welche von den Eisbären, die sich an dem Fleisch des Mammuth delektirt hatten, rings
umher zerstreut waren. ^) Vergleicht man nun mit diesem dichtbehaarten Urweltriesen den
heutigen Elephanten, wie armselig erscheint er in Bezug auf seine Behaarung! Ganz ver-
einzelte Borstenhaare am Rüssel und hier und da am Rumpfe, eine bescheidene Haarquaste
am Schwänze — das ist Alles, dessen er sich rühmen kann.
Es sind nun also folgende Fragen aufzuwerfen: Kommen unter den Elephanten überhaupt
einzelne Individuen vor, welche stärker behaart sind, als es der Durchschnittsnorm entspricht,
und zweitens wie verhält sich das Zahnsystem derselben? Oder man könnte die Frage auch
umgekehrt formuliren : Giebt es Elephanten mit Abnormitäten im Zahnsystem und lassen
diese in Bezug auf ihre Behaarung irgend etwas Besonderes erkennen. Ich will sogleich voraus-
schicken, dass mir von Elephanten, bei denen einzelne Zähne überhaupt nicht zur Ausbildung
gekommen waren, kein einziges Beispiel bekannt geworden ist. Es kann sich bei dieser Be-
sprechung also nur darum handeln, ob die einzelnen Zähne kümmerlicher in ihrer Entwicklung
geblieben sind, als bei den übrigen Individuen.
Die ausführlichste Publikation, welche wir über den Elephanten besitzen, ist in dem
Werke von Tennent^) über Ceylon enthalten. Er führt darin an, dass die Elephanten von
Ceylon den übrigen in Bezug auf die Grösse und Brauchbarkeit der Stosszähne bedeutend
nachstehen. Ob sie jedoch in Bezug auf ihre Behaarung die übrigen Arten übertreffen, ist
leider aus seinen Angaben nicht zu entnehmen. Die in höher gelegenen und kälteren Gegenden
lebender} indischen Elephanten haben nach Owen*) mehr Haare, als diejenigen in der Ebene.
Aber über ihre Zähne wissen wir nichts. Wegen des afrikanischen Elephanten wendete ich mich
an den Herrn Superintendenten A. Merensky in Botsabelo in der jüngst von England
annectirten Transvaalrepublik (nahe dem 25ten Grade südlicher Breite) und bat ihn, über die
betreffenden Fragen bei den eingeborenen Elephantenjägern Erkundigungen einzuziehen. Er
hatte die grosse Freundlichkeit, mir im Februar 1879 die folgende Auskunft zu geben:
„Ich habe mich bei einigen Leuten nach diesen Zeugen der Vorwelt erkundigt; die
Leute sind ziemlich gute Beobachter und gaben mir folgende Auskunft. Sie unterscheiden
drei Arten unter den hier ehemals einheimischen Elephanten:
1. Thoka, sehr gross mit grossen Zähnen, etwas behaart.
2. Sakoane, klein, kommt in grossen Heerden vor, hat dünnere Zähne, die etwas
stärker gekrümmt sind als die der anderen Arten.
3. Leoko oder Leokoana, mittlere Sorte, Zähne mittlerer Grösse.
Von diesen drei Arten von Elephanten hat Thoka und Leokoana einigen Haarwuchs
aufzuweisen. Besonders Leokoana erfreut sich einiger Haare; diese stehen zu drei und
vier zusammen, sind über den ganzen Körper verbreitet, haben braunschwarze J'ärbung und
sind hart und borstig.
Von einzelnen Exemplaren, die etwa besondere Eigenthümlichkeiten im Haarwuchs oder
Bau der Zähne aufzuweisen gehabt hätten, ist mir nichts bekannt geworden."
Es existirt in Süd -Afrika also wirklich eine Elephantenart, die Leokoana, welche
1) M. F. Adaras. Relation abrege d'un voyage k la mer glaciale et decouverte des restes
d'un Mammouth. St. Petersbourg. 1808.
2) Der grösste Theil dieses Thieres befindet sich bekanntlich in St. Petersburg.
3) Sir I. Emerson Tennent. Ceylon. 1859.
4) Owen. Anatomy of Vertebrates. Vol. III p 019. Charles Darwin. Die Abstammung
des Menschen Bd. I p. 73.
üeber abnorme Rebaarungf beim Menschen. 185
bei Zähnen von nur „mittlerer Grösse" die übrigen Arten durch ihre Behaarunpf überragt.
Ihnen gegenüber stehen aber einerseits die grosszähnigen und immerhin noch etwas behaarten
Thoka und andrerseits die liahlen Sakoane mit dünneren Zähnen. Bei diesen letzteren
haben wir also grade eine mangelhaftere Entwicklung der Stosszähne mit mangelhafterem
Haarkleide Hand in Hand gehend, ähnlich wie Yarrell') dieses von den haarlosen Hunde-
rassen nachgewiesen hat. So interessant daher auch alle diese Fakta sind, so führen sie uns
doch leider dem Verständniss der Hypertrichosis universalis bis jetzt noch nicht näher. Trotz-
dem verdienten wohl diese Zustände als Bausteine künftiger Forschung zu allgemeinerer
Kenntniss gebracht zu werden. Jedenfalls wird hierdurch von Neuem bestätigt, dass, wie
Darwin^) dies ausdrückt, eine Correlation zwischen den Zähnen und Haaren der Säugethiere
existirt, nur befindet sich, wie wir gesehen haben, ihre jeweilige Ausbildung manchmal in
umgekehrter Proportion, in anderen Fällen dagegen in gleichem Verhältniss.
Einen sehr schönen Fall von Hypertrichosis partialis verdanke ich den
Herren Generalarzt Dr. Mehlhausen und Dr. Wernicke. Der betreffende
Patient, ein ungefähr 45 Jahre alter Mann war auf der Irrenabtheilung der
hiesigen königlichen Charite wegen Gehirnerweichung untergebracht. Er
war von mehr als mittlerer Grösse und kräftigem Körperbau. Die Augen-
brauen sind stark; ein dichter, dunkelbrauner Vollbart umrahmt das Gesicht,
der Backenbart überschreitet aber nicht die Masseterengegend. Der Kopf
ist bis zum Hinterhaupt herab ganz kahl, (die Glatze ist eine Fortsetzung
der Stirn), nur von den Schläfengegenden aus geht ein Kranz noch leidlich
dichter Haare zu dem Hinterhaupt. Der Nacken und Hals sind unbehaart.
Soweit bietet das Aeussere dieses Mannes also nichts besonders Bemerkens-
werthes dar. Wahrhaft überraschend war aber der Anblick, wenn der
Kranke entkleidet wurde. Die ganze Vorder- und Rückseite des Rumpfes
nämlich, mit Einschluss der Schultern und Oberarme war mit einem dichten,
krausen, schwarzbraunen Pelze bedeckt, welcher vollständig den Eindruck
des Thierischen machte. Die einzelnen', ziemlich dicken Haare waren nicht
glatt, sondern annähernd halbkreisförmig gebogen; sie hatten nämlich
meistentheils erst eine Richtung nach unten, hoben sich dann aus der Ebene
des Körpers heraus und bogen sich .schliesslich mit ihren Spitzen nach oben,
so dass man an die Zotten gewisser Bären erinnert wurde. Die mit diesen
Haaren besetzte Haut war von normaler Beschaffenheit in Bezug auf ihre
Dicke und ihre Färbung. Die Haare selbst hatten eine Länge von 5 cm
und darüber.
Die abnorme Behaarung nimmt, wie das nach meinen früheren Ausein-
andersetzungen bei der echten Hypertrichosis partialis jedesmal der Fall ist,
von der Medianlinie des Rückens ihren Ausgang und zieht in genau bilateral
symmetrischer Anordnung über den Rücken und die Brust hinweg. Ihre
obere Grenze liegt hinten ungefähr am 6ten Halswirbel, ihre untere Grenze
in der Mitte der Lendenwirbel. Die Kreuzbeingegend, welche, wie wir
sahen, eine Prädilektionsstelle für abnorme Behaarung abgiebt, ist in unserem
1) Proceed. Zool. Soc 1833 p. 113.
2) Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestikation. Gesammelte
Werke IV Band p. 351.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. XS79. X3
186 M. Bartels:
Falle nur spärlich mit Haaren besetzt und keineswegs abnorm behaart.
Auch die Hinterbacken und die Oberschenkel tragen keinen stärkeren Haar-
wuchs, als er überhaupt bei kräftigen Männern zu bestehen pflegt.'
Die abnorme Behaarung geht vom Rücken auf die Schultern über und
bedeckt die Haut in der ganzen Ausdehnung der Deltamuskeln und auf
der ganzen Streckseite des Oberarms. Die Innenfläche des Oberarms und
ebenso auch der ganze Vorderarm zeigen keine abnorme Verstärkung ihres
Haarwuchses. Von den seitlichen Theilen des Rückens zieht die abnorme
Behaarung über die Seitenflächen des Brustkorbs, die Axillarflächen, zur
anderen Körperhälfte und bedeckt hier die ganze Brust von den Schlüssel-
beinen abwärts und ebenso auch den ganzen Bauch, wo sie schliesslich
ohne deutliche Grenze in die Schamhaare übergeht. Zwischen dem Darm-
beinkamm und dem Rippenbogen erstreckt sich aber jederseits eine dreieckige,
unbehaarte Zone mit nach aufwärts gekehrter Spitze, welche die Behaarung
des Bauches von derjenigen der unteren Rückenhälfte scheidet. Diese haar-
lose Stelle entspricht ziemlich genau der musculösen Ausbreitung des
Musculus obliquus abdominis externus. Wir sahen ja bereits früher einmal,
dass theils abnorm behaarte, theils in abnormer Behaarung unbehaart gebliebene
Hautpartien bisweilen genau der Ausbreitung gewisser darunter liegender
Muskeln entsprechen. Die Behaarung auch der vorderen Flächen der Beine
weicht von der Norm nicht ab.
Die beigegebenen Abbildungen dieses Falles Fig. 1 und 2 auf Tafel VHI
sind nach zwei sehr gelungenen Aquarellen angefertigt, welche ebenfalls
Herr Maler A. Dworzaczeck nach der Natur aufgenommen hat. Es war
dieses eine ganz besonders schwierige Aufgabe, weil der, wie erwähnt,
geisteskranke Patient buchstäblich keine Secunde ruhig stand, sondern sich
dauernd in einer Weise bewegte, die man am besten mit dem „auf der Stelle
marschiren" der Soldaten vergleichen kann.
Ganz ähnlich muss wohl der Buchdrucker Martin den Slaper in
Leiden ausgesehen haben, der seinem Leben im Jahre 1662 durch Erhängen
ein Ende machte. Ol aus Borrichius sah ihn auf der Anatomie und
schrieb über ihn an Thomas Bartholinus. ^): „Totum pectus, imo et
abdomen hispidum, imo et dorsum, sed praecipue brachiorum superiora, nee
tarnen pili illi praesertim in dorso ad inferiora vergebant ut solenne alias,
sed nitebantur omnes versus superiora. In huraeris, qua brachia exeunt,
tarn hirsuta omnia, ut pene ursi alicujus armos videre me existimarem. In
cruribus tarnen vix pilorum vestigium."
Ich lasse nun zwei Fälle abnormer Behaarung folgen, bei denen ich
mich in einiger Verlegenheit befinde, wie ich sie systematisch gruppiren
soll. Aber gerade weil sie nicht in das aufgestellte System passen, möchte
ich sie nicht mit Stillschweigen übergehen, da sie so vielleicht die Publikation
1) Thomae Hartholini Epistolarum Medicinalium Cent. 111. Hafniae 1667. epist. 97
pag. 418,
lieber abnorme Behaarung heim Menschen 187
ähnlicher, sie selbst aufklärender Beobachtungen provociren. Der erste
dieser Fälle ist ein Herr, welcher im Jahre 1877 in einer wissenschaftlichen
Gesellschaft einige Bänke vor mir sass, so dass ich sein Gesicht und be-
sonders sein rechtes Profil in guter Tagesbeleuchtung beobachten konnte.
Es war ein angehender Sechziger mit schwarzem, jedoch schon etwas melirtem
Kopfhaar und einer kleinen Tonsurglatze auf dem Scheitel. Die Farbe des
Gesichtes war dunkel, die Augenbrauen buschig und pechschwarz. Ein
grauer starker Vollbart hing ihm, wie man im 17ten Jahrhundert gesagt
haben würde, mit Philosophenwürde auf die Brust herab Am rechten Ohre
nun machte sich eine abnorme Behaarung anscheinend auf unveränderter
Haut bemerkbar. Ein dichter Busch pechschwarzer Haare von ungefähr
5 cm Länge quoll aus dem äusseren Gehörgange hervor mit nach unten
und vorn divergirender Richtung, so dass bei gewisser Kopfstellung, wenn
man das Ohr in Verkürzung von hinten her ansah, das Ohrläppchen von
den Haaren völlig verdeckt wurde. Dieses selbst aber, so wie auch die
ganze übrige Ohrmuschel waren von Behaarung frei, mit einziger Ausnahme
einer Stelle am Helix auriculae von der Grösse einer Kleinfingerkuppe und
in der Höhe des Meatus auditorius externus. Diese Stelle war, ebenfalls
auf unveränderter Haut, mit dichten, schwarzen Haaren besetzt, welche aber
nur eine Länge von 1 bis 2 cm. besassen.
Eine ganz ähnliche abnorme Behaarung trug das linke Ohr, das ich
jedoch nur flüchtig sehen konnte. Auch hier quoll ein grosses, schwarzes
Büschel ebenso langer Haare, wie die längereu des rechten Ohres, in der
Höhe des äusseren Gehörganges hervor, vielleicht aus diesem, und ver-
deckte das ganze Ohrläppchen. Dieses Büschel reichte in querer Richtung
über die ganze Breite des Ohres fort bis zum hinteren, äusseren Rande
des Helix. Die dunkelschwarze Farbe der abnormen ]Iaare stach stark
von dem Grau des Backenbartes ab; die Form dieser Haarbüschel erinnert
aufiallend an die Haarquasten, wie sie der Barbara Ursler aus den Ohren
wuchsen. Das Gesicht des Herrn war aber, trotz des starken Haarwuchses
keineswegs vollständig bewachsen; die Stirn und die Wangen waren glatt
und auch zwischen dem Ohre und dem hinteren Rande des Backenbartes
besteht eine haarlose Zone. Ich gebe in Figur 3 (Tafel VHI) eine nach
der Natur von mir aufgenommene Skizze des rechten Ohres.
Der zweite Fall bot eine ganz besondere Form der Augenbrauen dar,
wie ich sie bisher noch niemals gesehen habe. Es handelte sich um einen
18 Jahre alten Burschen, bei dem der erste Bart zu keimen begann.
Während nun in der Norm die Augenbrauen, wenn sie schwach ausgebildet
sind, die Licisura supraorbitalis nur um Weniges lateralwärts überragen, und
auch selbst bei starker Entwicklung höchstens bis zur Verbindungslinie des
Stirnbeins mit dem Jochbeine reichen, so bogen sie bei diesem jungen
Menschen an der soeben genannten Stelle nach unten um, dem Margo orbi-
talis des Jochbeins folgend bis nahezu an dessen mediane Angrenzuug an
13*
18g M. Bartels:
den Oberkiefer, und breiteten sich hier in bilateral symmetrischer Anordnung
zu einer unregelmässig vierseitigen behaarten Fläche aus, welche nach Sitz,
Form und Grösse der Superficies facialis des Jochbeins entsprach. Ich
gebe in Fig. 4 Taf. VIII eine Skizze der linken Seite. Am ganzen übrigen
Körper war die Behaarung eine Normale. Eine Erklärung habe ich, wie
gesagt, für dieses Verhalten nicht. Vielleicht könnte man ein nicht gar
seltenes Vorkommen bei der Behaarung der Genitalien, wenn auch nicht
zur Erklärung, so doch zum Vergleiche heranziehen. Es ist das die seitliche
Verbreiterung dieser Behaarung, welche nicht, wie gewöhnlich an den Inguinal-
furchcn ihre laterale Grenze findet, sondern bisweilen über diese hinweg
bis auf die obere, vordere Abtheilung der Oberschenkel sich ausbreitet.
Erwähnt sei hier noch, was ja auch anderen Beobachtern bekannt ist, dass
ganz unläugbar zwischen der Ausbildung der Augenbrauen und derjenigen
der Genitalbehaarung eine gewisse Reciprocität festgestellt werden kann.
Ich möchte hier noch einige Bemerkungen über die sogenannte Hete-
rogenie der Behaarung folgen lassen. Da ich darunter das abnorme Auf-
treten von Haaren bei dem einen Geschleckte an solchen Stellen verstehe,
welche für das andere Geschlecht typisch sind, so ist die Heterogenie na-
türlich immer nur eine Aifcktion der Frauen. Denn die bei diesen normaler
Weise behaarten Stellen sind auch bei Männern in der Norm mit Haaren
bewachsen. Die Männer prävaliren aber vor dem weiblichen Geschlechte
durch ihren Bare und die Behaarung von Brust und Bauch, namentlich in
den medianen Abtheilungen. Man könnte nun allenfalls wohl solche Männer
als heterogen behaart ansehen, welche durch einen Mangel von Haarwuchs
an den soeben genannten Stellen sich dem weiblichen Typus nähern. Da
wir aber in den vorliegenden Untersuchungen immer nur das Uebermass und
nicht den Mangel au Behaarung ins Auge fassen, so können wir nicht näher
auf das soeben Angedeutete eingehen. Die Heterogenie, welche uns hier
besonders interessirt, betrifft, wie gesagt, immer nur das weibliche Geschlecht
und diejenige Form dieser Heterogenie, welche ganz besonders in die Augen
fallend ist, haben wir in dem Auftreten des Bartes beim Weibe kennen ge-
lernt, über das in meinem ersten Aufsätze, sowie auch in den vorliegenden
Zeilen wohl schon hinreichend ausführlich gesprochen wurde. Es giebt nun
aber noch zwei Arten von Heterogenie der Behaarung, welche zwar beide,
wie es scheint, ausserordentlich selten sind, hier aber wohl um so mehr
eine Erwähnung verdienen, weil ich mich in der glücklichen Lage befinde,
eine jede derselben durch ein paar Beispiele illustriren zu können. Es
wurde oben schon darauf hingewiesen, dass bei der Behaarung des männ-
lichen Geschlechtes das Vorhandensein derselben nicht nur an den Geni-
talien, den Axelhöhlen und dem Gesichte, sondern auch auf dem Brustbein
und der Mittellinie des Bauches als typisch und normal betrachtet werden
muss, während bei den Weibern diese beiden zuletzt genannten Stellen von
Haaren vollkommen frei sind. Tritt ausnahmsweise also hier bei Frauen
Ueber abnorme Behaarung beim Menschen. 189
eine Behaarung auf, so muss man sie als abnorm und heterogen bezeichnen.
Ich habe nun, wie gesagt, für jeden dieser beiden Fälle Paradigmata. Zwei
der betreffenden Patientinnen gestatteten, dass ich sie photographiren Hess,
so dass ich die folgenden Beschreibungen im Stande bin, durch die beige-
gebenen Abbildungen (Fig. 5 und 6 auf Tafel VIII) anschaulicher zu machen.
Das erste Beispiel Fig. () giebt uns eine Dame von ungefähr 40 Jahren
mit starkem Kopfhaar und dichten, aber nicht sehr grossen Augenbrauen.
Das Gesicht hat weder an dem Kinn, noch an den Wangen oder der Ober-
lippe irgend eine Andeutung einer Bartbildung. Auf der Medianlinie des
Thorax, gerade zwischen den ziemlich stark ausgebildeten Brüsten, findet
sich auf normaler Haut eine abnorm behaarte Stelle. Ihre obere Grenze
liegt 3 Querfinger breit unter dem Angulus Ludovici (der Verbindungs-
stelle zwischen dem Grifi" und dem Körper des Brustbeins), ihre untere Grenze
besteht an der Basis des processus ensiformis sterni. Die ganze Ausdehnung
der behaarten Zone beträgt in der Länge 8 cm und in dej' Breite 5 cm.
Es sind dünngesäte schwarze, gerade (nicht gekräuselte) Haare von durch-
schnittlich 4 cm Länge. Auf den Brüsten befindet sich etwas von dem
Warzenhofe entfernt und concentrisch um denselben ein Kreis 3,5 cm lan-
ger, schwarzer einzeln stehender Haare. Dieselben sind in gleichem Winkel
zu dem Radius des von dem Warzenhofe gebildeten Kreises gestellt, so dass
nicht nur die Verbindungslinie ihrer Wurzeln, sondern auch diejenige ihrer
Spitzen ebenfalls einen Kreis bildet. Es verdient hier wohl eine ganz be-
sondere Beachtung, dass diese auf der Mamma sitzenden Haare nicht auf
der Areola der Brustwarze ihren Platz haben. Starke Haare auf dem
Warzenhofe der weiblichen Brust sind ja besonders bei dunkelpigraeutirtem
Kopfhaare gar nicht selten. Ein solches Auftreten von Haaren auf der
Mamma entfernt von der Areola habe ich ausser in diesem Falle jedoch
niemals zu sehen Gelegenheit gehabt. Die ganze übrige Brust ist von je-
der Behaarung oder stärkeren Lanugobildung frei.
Dieser abnorme Haarwuchs entwickelte sich bei der Dame schon sehr
früh, gleichzeitig mit dem Auftreten der Schamhaare und machte es ihr
unmöglich, in ausgeschnittenem Kleide zu gehen, weil aucii schon bei
massigem Ausschnitt der obere Theil der Behaarung sichtbar wunle. Be-
merkenswerth ist wohl noch der Umstand, dass ihr mit starken Augenbrauen
und dichtem Kopfhaar ausgestatteter Sohn an iler Brust keine Spur von
Behaarung besitzt.
Die stark entwickelten Schanihaare überschreiten nach ol)en hin nicht
die gewöhnliche Grenze. Auch die untersten 2 Zoll der Linea alba sind
normal und unbehaart. Dann ist aber die Linea alba auf eine Strecke hin
mit kleinen, schwarzen Härchen besetzt, deren Länge ungefähr einen cm
beträgt. Es folgt dann wieder eine kleine unbehaarte Strecke und die letzten
drei Querfinger bis zum Nabel hinauf sind mit 2 — 3 cm langen, schwarzen
Haaren massig dicht auf 2 cm weit jeder.=eits von der ^littellinie in syninie-
190 M. Bartels:
trischer Weise bedeckt. Auf den übrigen Abtheilungen des Bauches, in-
clusive der Medianlinie oberhalb des Nabels findet sich weder eine Behaar-
ung noch auch eine Entwicklung von Wollhärchen vor.
Eine sehr kräftige, unverehelichte Dame in der Mitte der Dreissiger
mit blondem, massig reichlichem Kopfhaar und schwachen, weissblonden
Augenbrauen besitzt eine abnorme Behaarung auf der medianen Abtheilung
der Brust. Dieselbe entspricht in ihrer Ausbreitung dem Brustbeinkörper
und nimmt ihren Ausgang dicht unterhalb des Angulus Ludovici. Der
Schwertfortsatz ist nicht mehr von Haaren bedeckt. Die behaarte Zone
hat bei einer Breite von 4 cm eine Länge von ungefähr 14 cm. Die Haare
sind röthlich blond, nicht gekräuselt, sondern gerade; sie stehen ziemlich
dicht und schwanken in ihrer Länge zwischen 1 bis 3 cm. Diese abnorme
Behaarung fällt um so mehr in die Augen, weil die ganze übrige Vorder-
fläche von Brust und Bauch weder mit Haaren noch auch mit Wollhärchen
bedeckt ist. Nur die Areolen der Brustwarzen tragen einige Härchen.
Der Umstand, dass bei diesen beiden Patientinnen mit abnormer Brust-
behaaruug das Manubrium sterni jedesmal frei blieb, beweist wohl, dass
letzteres entwicklungsgeschichtlich mehr dem oberen Extremitätengürtel, als
dem Brustkorbe angehört. Denn dass es überhaupt behaart sein kann, wenn
die abnorme Behaarung nicht als reine Heterogenie, sondern als ausgedehnte
Hypertrichosis auftritt, dafür liefert der oben beschriebene Hör ati us Gon-
zales ein deutliches Beispiel.
Für die zweite Beobachtungsgruppe sei zuvor Folgendes erwähnt: In
der weiter oben besprochenen Arbeit äussert sich Professor Hildebrand
folgendermassen : „Bei Männern findet sich diese Wucherung der Haare
besonders häufig am Mons Veueris zum Nabel aufsteigend und über den-
selben hinaus. Bei Frauen kommt dies bei sonst starker Behaarung auf-
fallender Weise nie voi\ Am oberen Rande des Mons Veneris findet bei
ihnen ausnahmslos die strenge, absolute Begrenzung der Schamhaare statt.
Wenn die Wucherung bei ihnen sich über die normalen Grenzen hinaus
erstreckt, so geschieht es stets nur seitwärts und nach hinten zu."
Auf dem Unterbauche junger Mädchen markiren sich in der Haut zwei
l)Ogenförmige seichte Furchen, oder Falten, deren Convexität nach abwärts
gerichtet ist. Der obere dieser beiden Bögen beginnt etwas oberhalb der
Spina anterior superior ossis ilei und schneidet die Linea alba ungefähr an
der (irenze zwischen ihrem unteren und mittleren Drittheil. Der untere
Bogen ist stärker gekrümmt; er beginnt etwas unterhalb des oberen, vor-
deren Hüftbeinstachels und verläuft annähernd in der Richtung der Liga-
menta Pouparti, sich etwas über dem oberen Rande der Schambeinsym-
physe mit dem entsprechenden Bogenschenkel der anderen Seite vereinigend.
Die mittlere Partie dieses Bogens giebt die obere Grenze der normalen
Behaarung der weiblichen Schamtheilo ab. Der Bogen selbst ist nämlich
weiter nichts, als die äussere Marke für die untere Begrenzung der Bauch-
lieber abnorme Behaarung beim Menschen. 191
wand, für die Stelle, wo die Bauchmuskulatur theils an die Poupartischen
Bänder, theils an die Symphyse der Schambeine sich ansetzt. Alle Haut
oberhalb dieses Bogens ist daher als eigentliche Bauchhaut v.u. betrachten,
während die abwärts von ihm gelegene Haut schon der äussern Bedeckung
des Beckengürtels angehört und mit ihrer mittleren Abtheilung den Schani-
berg bildet. Bei den Männern, wo die Mittellinie von Brust und Bauch
eine Haurbekleidung trägt, geht die Behaarung des Bauches an diesem
unteren Bogen in die Beckenbehaarung, die Schamhaare, über, bei dem
weiblichen Geschlechte, wo Brust und Bauch von Behaarung frei ist und
nur die vordere, mediane Partie der Haut des Beckengürtels, der eigent-
liche Mons Veneris, mit einem Haarwuchs ausgestattet ist, muss dieser
Bogen die obere Grenze des letzteren bilden, weil, wie gesagt, die ober-
halb dieses Bogens gelegene Haut bereits dem Bauche angehört.
Nach diesen, meiner Meinung nach nicht ganz überflüssigen Ausein-
andersetzungen über die normalen anatomischen Verhältnisse lasse ich nun
einen Fall von Heterogenie der Behaarung an diesen Theilen folgen, dessen
Seltenheit wohl in ein recht klares Licht gestellt wird, wenn ein Mann wie
Hildebrand, der über ein so reiches Beobachtungsmaterial in Bezug auf
diese schwer zugänglichen Regionen des Körpers gebietet, die zu be-
sprechende Abnormität als niemals vorkommend bezeichnet. (Der Leser
vergleiche seine oben citirten Worte.)
Meine Beobachtung betrifft ein 18 jähriges junges Mädchen, welches,
wie ich sogleich vorausschicken will, in ihrer Erscheinung durchaus nichts
an den männlichen Habitus Erinnerndes darbietet. Sie besitzt eine sehr
zarte weibliche Stimme und ist von schlankem Wuchs mit gut entwickelten
Brüsten und kräftigen vollkommen nach weiblichem Typus gebauten Hüften
und Beinen. Ihr Kopfhaar ist dicht und lang, von graublonder Farbe; die
starken, dichten, gelbbraunen Augenbrauen lassen die Stirnglatze frei: kur-
zes, gelbblondes Wollhaar sitzt au dem Kiefergelenk, etwas längeres von
gleicher Farbe bedeckt die Oberlippe; die Axelhaare sind blond, lang und
dicht; die Areolen der Brustwarzen tragen kurze, dunkle, vereinzelte Här- '
chen. Die Schamhaare sind dunkelblond, lang und dicht und reichen seit-
lich bis in die Inguinalfurchen, oder eigentlich bis auf das obere Drittheil
der Vorderfläche der Oberschenkel. Denn diese soel)en genannte Partie
unterscheidet sich sehr merklich durch ihre kurzen dunkelblonden Härchen
von dem mit gelbblondem Wollhaare besetzten mittleren Drittheil und der
Innenfläche der Oberschenkel. Nach oben werden die Schamhaare durch
den besprochenen unteren Bogen begrenzt. (Man sehe Taf. VIH Fig. 5).
Der ganze Bauch, namentlich dessen regiones mesogastrica und hypo-
gastrica, sind mit ganz kurzem, gelbblondem Wollhaare bedeckt, nur an der
Linea alba zieht ein 2,5 cm breiter Streifen langer, nicht dicht stehender,
dunkelblonder Haare, die bei Lampenlicht schwarz erschienen, von der
unteren Grenze des Bauches bis zum Nabel in die Höhe, und reicht sogar
]92 ^- Bartels:
über diesen hinweg noch 5 cm weiter aufwärts. Die Strecke von unten bis
zum Nabel beträgt 21 cm. Diese heterogenen Haare kreuzen sich in den
verschiedensten Richtungen und haben eine Länge von 3 bis 3,5 cm, jedoch
nur auf dem unterhalb des Nabels gelegenen Gebiete. Ueber dem Nabel
sind die Haare beträchtlich kürzer, nur einen halben cm lang. Sie unter-
scheiden sich aber nicht nur durch diese Länge, sondern auch durch ihre
dunkle Farbe deutlich von dem benachbarten, gelben Wollhaare.
Die Rückenfläche der jungen Dame zeigt auf den ersten Blick nichts
Abnormes. Bei näherem Zusehen ergiebt sich aber das blonde Wollhaar
zu beiden Seiten der ganzen Medianlinie etwas länger als in der Umgebung.
Die Hinterbacken und das Steissbein sind vollständig kahl, auch nicht einmal
von Lanugo bedeckt. Auf dem Kreuzbein jedoch zeigen sich vereinzelte
dunkle, etwas längere Haare, so dass man sie mit den Fingerspitzen fassen
kann, und es ist wohl immerhin bemerkenswerth, dass diese Kreuzbeinhaare
die einzigen dunkeln am ganzen Rücken sind. Die Patientin giebt noch
an, dass ihr Yater reichlichen Haarwuchs besitze, ihre Mutter aber nicht.
Ferner erwähnt sie noch, dass ihre Schamhaare und Axelhaare sich schon
vor mehreren Jahren entwickelt haben, während sie die heterogene Behaarung
der Linea alba erst seit einem Jahre bemerkt haben will.
Ein schlankes Mädchen von ungefähr 28 Jahren besitzt bei dunkel-
blondem, mittelstarkem Kopfhaar schwarze, kurze, sehr dichte Augenbrauen.
Gesicht und Brust sind ohne Lanugo. Die stark entwickelten, dunkelblonden
Schamhaare enden nach oben hin nicht an der normalen Grenze, sondern
sie überschreiten dieselbe um annähernd 3 Querfinger, eine Fläche von
ungefähr 6 cm Breite (durch die Medianlinie halbirt) bedeckend. Die Haare
stehen auf dieser Fläche ziemlich dicht, wenn auch nicht ganz so dicht, wie
die eigentlichen Schamhaare und sind, je näher diesen letzteren, um so
länger. Die obere Greu/.e dieser Zone sendet nun wieder aus ihrer medianen
Abtheilung einen schmalen Zug kurzer, dünngesäter Härchen längs der
Linea alba aus, welcher am Nabel endet. Im Uebrigen ist der Bauch ebenso
kahl, wie die Brust und das Gesicht.
Es ist eine eigenthümliche und gewiss auch den Leser überraschende
Erscheinung, dass die drei Arten von Heterogenie der Behaarung nicht, wie
man doch a priori erwarten müsste, mit einander combinirt vorkommen. Es
hat zwar die erste dieser vier zuletzt beschriebenen Patientinnen ausser der
Brustbehaarung auch noch diejenige am Bauche. Diese letztere ist aber,
wie wir sahen, nur lückenhaft zur Entwicklung gekommen. Die jungen
Mädchen mit der behaarten Linea alba haben eine unbehaarte Brust und
allen vier Damen fehlt der Bart. Dagegen wird man sich erinnern, dass
die im Anfang dieser Arbeit besprochenen bärtigen Frauenzimmer bei der
anatomischen Untersuchung weder auf der Brust noch auch auf dem Bauche
eine abnorme Behaarung besassen.
Das mir zu Gebote stehende Material ist hiermit erschöpft und ich
Ueber abnorme Behaarung beim Menschen. 193
wäre daher zum Schlüsse der vorliegenden Arbeit gelangt. Wenn wir
noch einmal einen kurzen Blick auf dieselbe zurückwerfen, so lässt sich
darin etwas Ungeordnetes, iMosalkartiges nicht verkennen. Das war jedoch
nicht zu vermeiden in einem Aufsatze der neben einer Reihe eigener Beo-
bachtungen und verschollener Fälle alter Autoren auch die Referate über
die neusten Arbeiten auf diesem Gebiete zu geben unternommen hatte.
Auf diese Weise Hess sich leider kein rechtes System in die Abhandlung
bringen, wenn man nicht daueind in Wiederholungen verfallen wollte, ich
gebe mich aber trotzdem der Hoffnung hin, dass dem aufmerksamen Leser,
besonders wenn ihm mein erster kleiner Artikel über diesen Gegenstand
noch im Gedächtniss haften sollte, den leitenden Faden doch nicht verloren
haben wird; und was dieser Arbeit an System und Ordnung fehlt, wird
sie hoffentlich durch die Reichhaltigkeit des Materials ersetzen und wird
auf diese Weise doch wohl etwas zur Aufklärung über die Art und Weise
des Vorkommens dieser höchst merkwürdigen Zustände beigetragen haben.
Möge sie auch die CoUegen anregen, für diese gewöhnlich als gleichgültig und
nebensächlich betrachteten Dinge ein recht offenes Auge zu haben, denn
nichts ist gleichgültig und nebensächlich in der Natur.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel YI.
Fig. 1. Die Birmanischen Haarmenschen (Hypert richosis universalis) aus
Mandelay, Birma. Nach einer Photographie. 23,5 cm hoch, 17,5 cm breit.
Im Vordergrumle rechts der Stammvater Shwe-Maong sitzend. Hinter ihm steht sein
Enkel und neben und vor diesem sitzt dessen Mutter, Shwe-Maongs Tochter Maphoon.
(Man vergleiche Seite 178.)
Fig. 2. Eine Haarmenschenfamilie (Uypertrichosis universalis) des ItJten
Jahrhunderts. Der Vater stehend, an Gesicht und Händen behaart; neben ihm steht das
ältere Kind, ein Mädchen, neben diesem das jüngere Kind, ein Knabe. Auch sie haben be-
haarte Gesichter und Hände, besonders das Mädchen. Der Knabe schmiegt sich an den Schooss
der sitzenden Mutter, welche keine Abnormität erkennen lässt.
Diese Familie ist höchst wahrscheinlich identisch mit der sogenannten liaarigen Familie
von Ambras (man vergleiche C. Th. v. Siebold. Archiv für Anthropologie Bd. X. 1878).
Das Original, in Gel ausgeführt \b% zu 12 Zoll gross, befindet sich als Tafel I in einer
Sammlung von Oelzeichnungen des Hofmalers Georg Hoefnagel, welche einst zu der
Bibliothek des verstorbenen Kaisers Franz gehörte, jetzt aber sich in der kais. königl.
Familien- Fideicommiss -Bibliothek in Wien befindet.
Unsere Figur ist nach einer in Originalgrüsse gefertigten Photographie ausgeführt. ;Man
vergleiche Seite 153.)
Tafel TU.
Fig. 1. Haarmensch männlichen Geschlechtes von -JO Jahren aus dem lOten Jahr-
hundert (Hypertrichosis universalis). Er ist auf den Canarischen Inseln geboren
und ist der Vater von Fig. 2 — 4. Wahrscheinlich ist er identisch mit dem Vater der
Hoefuagelschen Haarmenschenfamilie (man vergleiche Talel VI Fig. 2) und mit dorn Vater
der Amliraser Grnppe. ^Man vergleiche Seite 170).
194 M. Bartels: Ueber abnorme Behaarung beim Menseben.
Fig. 2. Haarmensch (Hypertrichosis universalis) männlichen Geschlechtes von
20 Jahren. Er ist der Sohn des Vorigen und lebte im IGten Jahrhundert in Parma. Viel-
leicht ist er identisch mit dem Knaben der Hoef nage Ischen und der Ambraser Familie.
(Man vergleiche Seite 170.)
Fig, 3. Haarmensch weiblichen Geschlechtes (Hypertrichosis universalis), zwölf
Jahre alt. Dieses Mädchen lebte im IGten Jahrhundert in Parma und ist die Tochter von
Fig. 1 und die Schwester von Fig. 2 (Man vergleiche Seite 170.)
Fig. 4. Haarmensch weiblichen Geschlechtes. (Hypertrichosis universalis).
Diese Kleine ist acht Jahre alt, lebte ebenfalls im 16ten Jahrhundert in Parma und ist die
Tochter von Fig. 1 und die Schwester von Fig. 2 und 3. (Man vergleiche Seite 170.)
Die Figuren 1 bis 4 dieser Tafel sind nach Holzschnitten copirt, welche sich in dem
von Bartholomaeus Ambrosinus, im Jahre 1642 in Bologna herausgegebenen Foliowerk
des Grafen Ulysses Aldovrandi ,Monstrorum historia" auf Seite 16 bis 18 finden.
Fig. 5. Haarmensch weiblichen Geschlechtes (Hypertrichosis universalis) Namens
Tognina. Sie lebte im 16ten Jahrhundert in Parma und ist die Tochter von Fig. 1 und
somit die Schwester von Fig. 2 und 3. Mit Fig. 4 ist sie wahrscheinlich identisch. Diese
Figur ist nach einem Kupferstiche von Giacomo Franco angefertigt, welcher ungefähr
25 cm hoch und 15 cm breit ist und sich in der Kupferstichsammlung der kais. kön. Hof-
bibliothek in Wien befindet. (Man vergleiche Seite 173.)
Fig. 6. Haarmensch männlichen Geschlechtes (Hypertrichosis universalis). Er
heisst Horatius Gonzales und lebte in Rom am Schluss des ißten oder in der ersten
Hälfte des 17 ten Jahrhunderts. Das Original zu dieser Figur ist ein Kupferstich ohne Stecher-
namen, ungefähr 25 cm hoch und 15 cm breit, aus der Kupferstichsammlung der kais. königl.
Hofbibliothek in Wien. (Mau vergleiche Seite 177.)
Fig. 7, Der jüngste bekannte Haarmensch (Hypertrichosis universalis). Er
ist der 36 Stunden alte Sohn der Julia Pastrana nach dem in Pränschers Museum
befindlichen ausgestopften Originale gezeichnet von Herrn Maler A. Dworzaczek. (Man
vergleiche Seite 180.)
Tafel VIII.
Fig. 1. Vorderansicht eines geisteskranken Mannes mit sehr ausgedehnter Hypertrichosis
partialis. (Man vergleiche Seite 185.)
Fig. 2. Hinteransicht desselben Kranken. Beide Figuren sind nach Aquarellen ausgeführt,
welche Herr Maler A. Dworzaczek nach der Natur angefertigt hat. (Man vergleiche Seite 185.)
Fig. 3. Abnorme Behaarung der Ohrmuschel bei einem alten Herrn. Ansicht
des rechten Ohres nach einer Skizze des Autors nach der Natur. (Man vergleiche Seite 187.)
Fig. 4. Abnorme bilateral - symmetrische Ausdehnung der Augenbrauen bei
einem jungen Manne. Ansicht der linken Seite nach einer Skizze des Autors nach der Natur.
(Man vergleiche Seite 187).
Fig. 5. Heterogenie der Behaarung bei einem 18 Jahre alten Mädchen. Die Pubes
setzen sich längs der Linea alba bis über den Nabel aufwärts fort. Nach einer Photographie
des Herrn Photographen Carl Günther in Berlin. (Man vergleiche Seite 191).
Fig. 6. Heterogenie der Behaarung bei einer Dame in den Vierzigern. Die abnorme
Behaarung sitzt in der Mittellinie der Brust und auf den Brü.sten ausserhalb der Warzenhöfe.
Nach einer Photographie des Herrn Photographen Carl Günther in Berlin. (Mau ver-
gleiche Seite 189).
Die Bejali.
Von
Robert Hartmann.
(Fortsetzung).
Im Folgenden will ich zunächst eine Aufzählung der von mir unmittelbar
zu den Bejah gerechneten Volksstämme und ihrer Wohnsitze zu gehen ver-
suchen.
1. Äbäbde/i, Sing. Ahhüdh Klunzinger ist der Ansicht, dass des
Plinius Gebadei jenes Volk im Alterthume bedeuteten. Die Abäbdeh seihst
behaupten, so sagt unser Reisender, sie stammten von den Ginn d. h.
Geistern oder Berggeistern ab, was wohl soviel heissen soll, als dass sie
Autocbthonen seien. ^) Im Palaste R'amses III. zu Medinet-Abü
werden besiegte Häuptlinge von Km dargestellt, die Chefs von Turses
und Targiva^ beide Schwarze. Für den Namen Turses weiss ich noch
jetzt keine Beziehungen zur Neuzeit anzugeben. Tarcuca erinnert sehr
au Daräül, ein südlich von Qorosqö gelegenes zerstörtes Heim unseres
Bejah - Stammes. ^) Die heutigen Abäbdeh betrachten Dariiü in Ober-
aegypten, in der Muc/lneh von Assüan gelegen, als ihren Stammsitz.
Von dort sind auch ihre Häuptlinge gekommen. Sie leben in der
arabischen Wüste durch die Gouvernements Qeneh ü Esneh (Ober-
aegypten und Nordnubien bis Wädt- IJal/ah'), Berber ü Donqolah (Nubien
von Wädl-llalfah bis nach ILalfäjeh am oberen Nil), Taqä und Sennär hin.
Hauptsächlich bewohnen sie die arabische Wüste zwischen Nil und rotliem
Meere. Hier nomadisu'en dieselben unter Zelten. Ferner besorgen sie haupt-
sächlich den Kameeltransport zwischen Qeneh und Qi/sfr, zwischen Qorosqö
und Abü-Uammed, zwischen Dabbeh und \arff/m. Sehr ansehnliche ^uji'/'/
oder Slüx-d- Genial, d. h. Kameel-Schekhs, lieferte in unseren Tagen die
angesehene und weitverbreitete Familie der Xall/uh, welche ihre Sitze zu
Daräü, Assüän, Qorosqö, Wädi-7/a//r///, Donqolah- el-Ürdü oder el Urdü
1) Bilder aus Oberaegypten. der Wüste uud dem lutbeu Meere. Stuttgart 1877, S. 245.
2) Nigrilier I. S. 62.
196 Ro*^- Hartmann:
(Donqolah-el- GW^'c^e; Urdl-Dunqulah im Berber- Jargon), Dabbeh, Abü-
Hamined^ Berber, Xartfon und Sennär hatte. Im Jahre 1860 leiteten den
Karawanentransport zwischen Wädi - Half ah und Ordü AKmed-Hasan-
Xaltfah und sein Sohn Sollmäu- el-i/rt^^f, zwischen Dabbeh und XartRm
dagegen All- Xalffah von Ordü. Letzterer campirte damals unter Matten-
zelten mitten zwischen Gestrüpp von El-'Ud (L'aöd, Aracia pterijgocarpa)^
Sef/a {Maerua crassifoliaf), Säü oder Suaq (Salvadora persica)^ Crozophora^
Tundub {Capparis sodada), Taqar-qä {Pulicaria imdidata')^ S'iä (Artemida),
'0.sur oder 'Oser, ' User (Calotropis procera) und Gramineen in der Steppe
(Ei-yälaJi) südöstlich von Dabbeh. Die übrigen Sujüx wohnen lieber in
den oben bezeichneten Ortschaften in z. Th. recht stattlichen und für
dortige Verhältnisse wohleingerichteten Lehmhäusern. Die Familie Xallfah
liefert den Grosshäuptling, Ä^-el-Keblr, der gewöhnlich in Abu- Hanmied
wohnt. Er ist, wie sein ganzes Volk, den Aegyptern unterthan, denen er
als Generalaufseher der zum rothen Meere und zum Sudan führenden Strassen
dient. Er zahlt dem Xedhve keinen Tribut, macht aber diesem oder jenem
Mudir Geschenke. Er hat Privatvermögen, besteuert aber auch alljährlich seine
Stammesgenossen an Geld und Naturalien und zwar in einer, von ihm und
seinen Gehülfen berechneten Höhe. ^)
Die Abähdeh sind nicht mehr durchweg Nomaden. Sie sind
z. Th. ansässig geworden, betreiben Ackerbau und selbst Handwerk oder
Handel. Manche strolchen jetzt, ähnlich den Ga'alin, als Kleinkrämer im
Sudan herum. Diejenigen am rothen Meere treiben Fischfang und leben
auch meist von dessen Ertrag. Sie bereiten selbst Salzfische zu und ver-
treiben dieselben als Provision. Klunzinger und Andere betrachten diese
Küsten -Aöäbdeh mit Recht als Repräsentanten der von den alten Schrift-
stellern sogenannten Ichthyophagen. Andere verdienen ihren Unterhalt durch
Holzsammeln, Kohlenbrennen, durch Einsammeln von Wüstendroguen
(Sennes, Koloquinte, Gummi), durch Wasserholen und durch sonstige
Tagelöhnerdienste an den Karawanenstrassen, und Telegraphenlinien etc.
Klunzinger giebt an, dass die im Nilthale ansässigen, Ackerbau treiben-
den Abähdeh dort gern bei einander bleiben, eigene Dörfer bilden und
sich nicht leicht mit Fellälun vermischen (A. o. a. O. S. 256). Ich kann
diese Angaben nach meinen eigenen Wahrnehmungen nur schlichtweg
bestätigen. Unserem Gewährsmannne zufolge beträgt die Anzahl der Abäbdeh
gegenw artig etwa 30 000. Ihre Stämme heissen nach meinen Erkundigungen
Anbäb^ iVlelikäb, Nimrüb, Sawätir. Ich weiss aber nicht, ob diese Liste als
eine vollständige betrachtet werden dürfe.
E. Prisse und Horeau halten auch die Benl-Wänl bei Monfalüt
und Minleh, die unter dem Grade von Beni - Süef am rothen Meere
1) Vergl. Kluiiziii£rer a a 0. S. 250 ff.
Die Bejah. 197
hausenden MeHäse/i und die llairfffit des Istbraus für Verwandte der
Abäbdeh. i)
2. Die Besärhi, ßisärin, Bimriab, Bisörlb. Sie sind die Hflri der
Hieroglyphen. Ihr Staramhind erstrekt sich als Edbal (Etbäl, Edbä, DebbäT,
Debba, Debei) in der arabischen Wüste zwischen 23 und 10" N. Br. In
diesem meist einer Steppe (S. 128) ähnelnden Territorium, in welchem die
Fächerpalme Anjr/n oder Deläz (IJijphaene Argun) manches einzelne Wiidi
schmückt, erhebt sich der Sotorbd oder Sotirbä in Richtung v. N. W. nach
S. 0. Auf ihm erreicht ein Hauptgipfel, der Olbä oder Elba unter 22"
N. Br. eine Meereshöhe von 5 000 Fuss. Die Beklrin sind meist
Nomaden, sie leben zerstreuter, sind wilder und durchweg auch weniger
bekannt, als die Abäbdeh. Dem Diwan zahlen nur einige ihrer Stämme
und selbst diese nur zeitweilig, Tribut. Wenn in Cairo u. s. w. aus
Kegierungskreisen das Gegentheil berichtet wird, so beruht dies aller-
meist auf eitler Renommage. Ihre Anzahl mag 50 000 — 60 000 be-
tragen, indess gründet sich auch dies mehr auf Vermuthung wie auf
reale Abschätzung. Ein Gross -Ä7 existirt bei ihnen nicht. Ich kenne
folgende /imZ/v« - Stämme: Iladäreb im Gebiete von Sawäkin. Sinterdb,
nördlich davon. Besarln (sie) am Soforbä. Heljäb, theilen sich in Beljäb
und Araräb. Man^üräb. Hammedäb oder Hamdclb. Amrär. Dam - liatäb.
Hammed-Äll. Bai rem. Nefa'äb. Hammah. Ilannläb. Samlär. ArtlqHb. Biränäb.
Gemeläb. Saräb. Gurgäb.'-) Diese Liste ist sicher noch nicht vollständig.
Die vielfach darin vorkommende Endung ab mahnt direct an eine in
der ^^/ö/i- Sprache herrschende Fluralbildung.
3. Die Täqa- Stämme:
a) Üalenqä oder Halänqd, Sing. llaUnql oder auch (weniger gebräuchlich)
Halenqäm. Sie bilden den Hauptkern des Volkes, des Nas-el-Beled
oder Näs-el-Tiu, Gim-el-Tln, von Beled-Täqä. Sie halten sich be-
sonders in XadiHln, Hellet- el- Serif, Abrrt, Dabab oder Debäb und in
A'asa^a A (-el-Lüz) der Landeshauptstadt. =^) Sie sollen ursprünglich
Abyssinier (Habm) sein und nach einer Version aus Hamazün,
nach einer anderen aus Seräwi herstammen.*) Die Bewohner von
Hainazini rechnet Rueppell zu seinen sogenannten Aethiopiern. *)
Er will wohl hiermit die Aehnlichkcit eines Theiles der x\byssinier
mit den echten Bejah andeuten. Ihr Sey, residirt zu Dabäb.
1) L'Egypte moderne. Paris 1848, p. 112. Hartmann, Nigritier S. 336.
2) Vergl. Nigritier. S. 338. Die von mir an diesem Orte gebrauchte Rechtschreibung der
Tribusiiameu der Beiurin ist der im citirten WerJje augewendeten vorzuziehen.
3) Vergl. Hunzinger: Ostafrikanische Studien, Schaffhausen 1864, S. 81.
4) Vergl. Munzinger a. 0. a. 0. 8. 81. (Munzinger schreibt Saraö. Vergl. Heuglin
Reise nach Abyssinien. Jena 18f.8, S. 129). Ueuglin's Schreibweise ist die meinige, auf
Manuskripten gefundene. Lejean schreibt Seraoue [Le Tour du Monde 1865, I, p. 107).
5) Reisen in Abyssinien. Frankfurt a. M. 1840, II, S. 324.
198 Rob. Harlmann:
b) Hadendäwa^) (Sing- Hendäicl oder IJendäwa). Sie nehmen die Steppen-
gebiete zwischen dem Westufer des Xör-el-Barakä und dem Ostufer
des Atbärah etwa unter 16 — 17" N, Br. ein. Unter allen Täqä-
Stämraen stehen sie den Bemrm am nächsten. ^) Ihr Gross -Ä^^X
(Müsä) residirt zu Mifqinäb.^) Uebrigens haben sie ausserdem noch
Niederlassungen zu Filiq, Maraan etc., dehnen auch ihre Wanderungen
bis gegen Sawäkin hin aus. Während die Halenqä z. Th. schon
mehr Ackerbauer, Kaufleute und Industrielle geworden sind, sich
namentlich zu Kamlah und Dabäb mit anderen Bejah^ mit Gaalln^
Awlad-el-Rif (d. h. Aeizyptern), Beräbra, Nigritier-Sklaven, Tekärine, *)
selbst mit Türken, Bäsi- Bozüq (also auch Arnauten und Griechen)
vermischt haben, sind die Iladendäwa mehr Nomaden und reiner von
Vermischung geblieben.
c) Die Säbderät: Sie bewohnen die Gegend am \ö)'-Aöhe oder ORRe
östlich von Ka>ialah. Ihr Hauptort ist Hellet- Säbderät. Sie sollen vom
Anseba herstammen und ursprünglich Agäü, also Verwandte der Bogos
und Mensa, gewesen sein. Lejean möchte sie mit den Soboridae
des Ptolemaeus identificiren. ^)
d) Die Siquläb oder Siqiläb, bewohnen den Atbärah, oberhalb Qpz-Regib.
Sie sind den Bemrin verwandt, wenn auch weniger nahe als die vorigen
und sind stark mit Gaalhi gemischt.
e) Söbäb, über deren Wohnsitze ich nichts Näheres zu sagen weiss.
f) Die Hoinrän oder Hamrän, Sing. IloinränJ, Hamränt^ seltener Hainri,
erstrecken sich nördlich vom SeUt^ östlich vom Atbärah und westlich
vom Bazen etwa zwischen 14 — 15*^ N. Br., 36 — 2>1^ 0. L. Grecnw.
Ihr Gross - Äfe'/ Awad residirte 1859 — 63 zu Tömät oder Tümät
gegenüber dem Einflüsse des Seilt in den Atbärah. Ich weiss nicht
ob er noch lebt. Steudner identificirt diesen Sex der llomrän mit
1) IbräKlm-el-Faqlh welcher letzten Herbst mit Haf^enbecks Nubiern in Berlin war,
schrieb mir dies Wort in folgender Weise auf: UuXJiAP — also Hadenduä. Obige Schreib-
weise rührt u. A. vom Gross-Ä;/ der Sukurleh ' /«^arf-el- Kerim, einem sehr unterrichteten
Häuptlinge, her.
2) Dies scheint auch Hunzinger anerkennen zu wollen. A. o. a. 0. S. 81.
3) Unter den Hadendäwa benannte sich früher eine um Mitqinab her wohnende Ferqeh
selbst nach diesem Ort. (Vergl. hiermit die im vorigen Heft S. 134 nach Lepsius gegebene
Aufzählung der rebellirten Täqä- Stämme).
4) In der Darstellung des Prof. Virchow in dieser Zeitschr. Heft VI, 1878, Ver-
handlungen S. 337, lese ich, dass Nachtigal sich vergeblich bemüht habe, irgend wo einen
Stamm ,Takrüri zu entdecken." Ein solcher konnte aber überhaupt nicht gesucht werden,
namentlich nachdem die Bedeutuiig der Namen Tekärine, Sing. TeknirT (S. vor. Heft S. 118)
und Tukiiler (Toucouleurs der P'ranzosen) durch Hurckhardt, Beke, Seh weinfurth^
Faidherbe, Wetzstein, Haker und durch mich bereits aufgeklärt worden war. Das
(halbmythische) Reich Teknir könnte wohl auf ähnliche Weise entstanden sein, wie neuerdings
Qalabät, Qedäbi und Qedäwi in einer entgegengesetzten Gegend,
5) A. 0. a. 0. p. IIb.
Die Bejah. 199
dem oben genannten .{irad-el-Kerini, letzterer Sohn des bekannten Gross-
S^x der Stdunc/i, und späteren MudJr von Xartüm^ Aliined- Hey- Ahfi-
Sinn. ') Mit welcliem Recht dies geschehen ist, lasse ich dahingestellt,
bezweifle indessen diese Identität aus mancherlei Gründen.^)
g) Die Bem-Amr oder hem-Vlnnr. (Heuglin schreibt auch BenT-
Aämer'^) östlich vom \'ör-el-ßarakä, zwischen diesem und dem
Küstengebirge etwa zwischen 16 — 18" N. Br. und ;^6 — 37" 0. L.
Greenw. wohnend. Sie, sowie die zugehörigen Jlälkota*) werde ich
mit den llabäb weiter unten besprechen.
4. Es folgen nun eine Anzahl Stämme, welche zwar geographisch
z. Th. noch zu Taqli gehören, politisch jedoch zur Mudlrieh Sennär hinzuge-
rechnet werden müssen.
Es sind:
a) Die Sukunch. Sing. Sukün^ manchmal nach ihrem weit bekannten und
viel geehrten Gross -*S^7 das Näs -Abu -Sinn genannt. Sie bewohnen
das siüsgedehnte Dar- el-Sukurleh, welches sich nach Norden, bis zum
Atbärah und über das El- Ilawede genannte Steppengebiet, westlich
bis zum Ka'ad und südlich bis zum blauen Flusse erstreckt. Ihr
Volksname stammt nach den Angaben des MoKammed^ Wekil des Sey,-
llammed Wö'ad- (Wolled-) Abu -Sinn, von Hiih\ Sukiir her, einem
mächtigen Sex, der sich die übrigen Suji'r/, unterworfen hatte. Sie
sollen früher am Dull-AV/i gehaust haben. Einer ihrer Sujüx hat
eine Tochter des Sultan von Sennär geehelicht und mit dieser drei
Söhne gezeugt. Von diesen sind angeblich die QabäU Jlasandb^
Derrisäb, Tikent gegründet worden. Die Sukurieh sollen früher den
Nil nicht gekannt, nachdem sie ihn aber vom Xrli -Berge aus entdeckt,
A'deq genannt haben, dies weil er gutes Wasser führte. O'deq, heisst
in der iJ^^'^aÄ - Sprache Wasser, Teich, See. Mir wurde erzählt, dass
L'Adeq (arabisirt von El-A'deq oder El-O'deq) bei den Sukurieh und
Qöähil den „Nil", d. h. den blauen, Balir-el-azroq^ bedeute.*) Viele
Sukurieh betreiben jetzt Ackerbau, Zucht von Standvieh und manche
Industrie in gefälligen Lehmhäusern (S. 196), deren man zu Rufa'.
Ahn- Jlaräz, Sennär und Mesalamleh antrifft. Andere haben nur runde
Strohhütten (Toqüle) zu Hellet- Ali- Q^oriüh, Q^oz -Rir/ib, Hellet Sflq
Abu- Sinn, QanFirah, Qanniirah (in Qedärif) u. s. w. Noch andere
1) Zeitschr. f. allgem. Erdkunde, Neue Folge, Bd. XVII, S. 49.
2) Mit \4icnd-e\-Ktr\xa haben wir persönliche Bekanntschaft fjemarht. Derselbe erwähnte
durchaus nichts von etwaigen Beziehungen zu den Homrän, welche letzteren mir stets als ein
von den Sukurieh unabhängiger Stamm geschildert wonien sind.
3) Reise in Nordost -Afrika. Braunsohweig 1877, I, S. 271.
4) Die vorigen Herbst in Berlin anwesenden Idrls- und Hammed-Häiköta Hessen die
Aspiration im H deutlich vernehmen.
5) llartmann: Nigritier J, S. 342. Werne: Reise nach Mandera etc. S. 90, 98.
200 Rob. Hartmann:
ziehen mit ihren Mattenzelten nomadisirend durch die Steppen. Zu
ihnen müssen folgende Stämme gerechnet werden:
rt) GeKena (Sing. GeKni) im Norden der zwischen Ra'ad und Dindir
gelegenen Landschaft \ör-el- Atsän.
ß) QöäJnl (Qöä/iiä, Koäyjah Anderer), von Einigen ^) für eine Ferqeh
der vorigen gehalten, zwischen Ra'ad und Dindir. Ihr »Srx MoJißin-
med - Wolled -^ Es campirte zu Hellet - Wolled -^ Es am westlichen
Ra'ad -Ufer.
/) Debdällah oder Debdeleh östlich vom mittleren Ra'ad bis nach
Qedärif hin.
d) Rekübln, wohnen nordöstlich vom mittleren Ra'ad. Waren früher um
den Berg Manderah ansässig, wo sie eine grössere Niederlassung
Namens El-Xerleh gehabt und mancherlei nunmehr verfallene Brunnen-
bauten etc. veranlasst haben sollen. Sie wurden von den eigentlichen
SukurJeh aus einem Theile des dortigen El-Bufänah genannten
Steppenlandes nach den Bergen JJaräi, Abü-Sena und Qala'
gedrängt.
«) Pruyssenaere nennt die südlich von Saef am östlichen Ufer des
Dindir hausenden Hamädi oder Rufa-el-^S^r^^) des Abu- Ginn.
Letzterer, dessen Wekil MoHammed-Abü-Zebib im Jahre 1864
Gouverneur von Deberkl war, residirt zu Saef. ^)
C) Säbün an den Gebäl-Ardüs oder Qardüs und ^ Ugelme oder Ogelnii.
Sie werden so nach ihrem Sex i^/oÄ«wm^r7- Wolled-Abü-Säbfln ge-
nannt, dessen Hauptlager 1860 am Gebel- Qardüs aufgeschlagen war.
rf) Awlild-Abü - Simbil um den Gebel -Gert in Dar-Roseres. Die
Stämme 'C und /; nomadisiren theils, sind aber auch in einigen,
zwisctien Kärkiis oder Kärkög, Kürkög belegenen Dörfern angesiedelt.
if) Zabälat oder Abü-Gerid in Dar-Röseres, und Dar-Fazoqlo, von
Hellet- el-Ser/f a,n bis nach Där-el-Guinüz hin. ^)
b) Die Abü-Röf, Rüfäja. (Eine zuweilen beliebte Singularbildung ist
Rüfäi). Sie bewohnen die sogenannte Gezlreh d. h. das Zwischen-
flussland von Sennär von Wolled-Medlneh (Wö'ad-Medenl) bis nach
Fazoqlo. Ursprünglich ein Zweig der GV<'o/m, zu denen auch SecpeK
Mcrefäb und sehr wahrscheinlich die Aläwln gehören, bilden sie jetzt
einen der zahlreichsten und mächtigsten 5e;cfA- Stämme. Sie sind
z. Th. in Städten und Dörfern ansässig, namentlich am linken Ufer
des blauen Nil, theils nomadisiren sie durch die Xälät und Gäbät
(Wälder) von Sennär. Ihre Hauptsitze sind ständig am Gebel -^•ä.&mZxn
und am Gebel- ISaqati. Sr/-el-Kebir ist zur Zeit Melik - Wö'ad
1) U. A. von Steudner a o. a. 0. S. 47.
2) Peter mann Mittheilunjren, Ergänzungsheft 51, S. 24.
'.i) Vergl. Werne Reise nach Mandera S. 71 und Nigritier 1, S. 343.
4) Nigritier S. 344.
Die Bejah. 201
(Wolled) - Abü-Köf Wö'ad-Idris Abu- Röf. Sie dehnen ihre Wanderzüge
während der Regenzeit — El-Xarlf, bis nach Xör-Tumbaq und Hellet-
Abü-Qönes (oder Abu Gönes?), ferner durch das Tümät-Thal bis
gegen Benl-ßonqölo hin aus. Hier schlagen sie sich fortwährend mit
Denqa, Ber-tä und Berün herum, deren Angehörige sie auch häufig in
die Sklaverei entführen. Während der trocknen Zeit — El-JIetä^ el-Sef —
gerathen sie nordwärts, gegen den Moqren des Nil hin, mit Easänleh
und mit Aläwm in Streit. Im Xarif schlagen sie ihre Düär oder
Zeltlager in den Bergen der Fun(/ oder in der Nähe des blauen Nil,
namentlich auf der Strecke von Hc'debät bis Sern oder Sero hin, auf.
Zu ihnen gehören die eigentlichen Abü-Kof des Sex Melik-Idrls, die
Beduinen des Wolled -Merdüs um Hedebät, und die Qimräb, letztere
eine grosse nördlicher hausende Ferqeh.
c) Die El-ÄlCacJn (von Manchen nicht richtig Lahauin geschrieben. Hier
sind Artikel und Eigenname zusammengezogen und ist letzterem ein
he eingeschoben, was nach des Melik Regib- Adlän, der Gehäl-el-Fung
Angabe keine Berechtigung hat). Sie wohnen an verschiedenen Punkten
von Sennär, namentlich im Nordwesten der Gezvreh, am blauen Nil
zwischen 14— 15^ N. Br., um Mesalamieh \xnA Abii - Haräz . Zu ihnen
gehören die sich bis Xartfim, Qöz-SolTmänieh und Omm-Durmän
erstreckenden GemcTfeh, denen man auch wohl an den Darb-el-Bejü-
dah und Darb-el- Güif, d. h. an den zwischen Dabbeh oder Abü-
Döm und Xarmm, zwischen Nüri und Sendi fährenden Karawanen-
strassen, begegnet.
d) Dabenah, Dabälnah, Dabafia, DubbäniO zwischen oberem Atbnrah und
oberem Ra'ad. Ein zahlreicher Stamm, dessen Sr/ J.<://<:7«-Wolled-
Sä'id oder Zed bald zu Döqä bald zu Tömüt haust.
e) El- Hasameh, Sing. Hasänl. Ein zahlreicher Stamm, welcher sich von
Donqolah an durch die Bejüdah- Steppe bis nach Kordüfan"^) und an
dem BaTir-el-abjad bis zur Höhe von Türat-cl-lla:rah erstreckt.
Th. Kotschy's hinterlassenen Tagebüchern entnehme ich, dass die
Hasanieh am weissen Nil bis zum Steigen der Wasser bleiben, dann
aber mit ihren Heerdeu auf höheres mehr im Inneren gelegenes Terrain
ziehen. Hier bebauen sie Waldlichtungen mit Durrah und Baumwolle,
begeben sich aber bei Beginn der trocknen Zeit wieder nach dem
1) Im Arabischen des Ost -Sudan wird das Wort bald mit langem e-Laiit (dies z. 15. im
Sennär), bald breit äl oder äi (so z. B. im Täqä) ausgesprochen. In ähnlicher Weise sind
die Schreibweisen Seqieh und Säiqieh, Debdüllah oder Debdi-leh, Roseres unil Rösäires etc.
zu verstehen.
2) Bejiidah ist der sprachlicü geläiüige Ausdnick für die grosse zwischen der doiuiolanisohen
Nilkrümmuug und dem Moqren (i. e. Conlluens des Niles) sich ausbreitenden, eigentlich
Bahjtulah zu schreilienden Xälah, welche sich westwärts in dem quer durch Afrika gehenden
kordufanisch - furischen Thal der Steppenzoue fortsetzt, deren westlichsten Ausläufern wir wieder
an der Nigerkriimmung bei Timbuktü und am Ostufer des Senegal begegnen.
Zeiuohrifc für Etbuologie. Jahrg. 187^. "
202 Rob. Hartmann:
Nile zurück. Sie beschäftigen sich grossentheils mit Schaafzucht,
etwas Ackerbau, mit Jagd, Holzfällen, Kohleubrennen, und verdingen
sich wohl auf der Mcmgerah^ Werfte, als Gehülfen beim Schiffbau.
f) Die Kabäbf^, Sing. Kabbäsf, von El-Kebs^ das Schaf. Sie bewohnen
die westliche Bejüdah, einige südliche Oasen und Awdiat der libyschen
Wüste, wie El-Qab, Tätt^ Xi"^'''» ^'■''^^ ^^c-j ferner Kordüfän und zwar
bis zur furischeu Grenze hin. Von ihren Qabäil kennt man, ebenso
wie von den Hasanleh, erst noch wenig. Man nennt die Nüräb-Türat-
el-Hazrah^ Giljän, Kebsäb, ^tawteh, Blrär, 'Amir, Aw\ü.d- OqbaJi, Awläd-
el-Mawta'a^ Sirr/äb, Fez-AW^^. Sie sind Nomaden, welche während
des \arlf sich hier und da anbauen, unter Mattenzelten oder eckigen
Strohhütten campiren. Einige haben sich zu Bärah, El-Obed, Abü-
Hai'äz, Melbes, Omm-Qenäneh u, s. w. niedergelassen. Ihr S(';(-el-
Keblr wohnt zu Melbes.
g) Die Baqära (Baqqära) Sing. Baqäri, von El-Baqr die Kuh, einer
der zahlreichsten, kühnsten, mächtigsten Bejah Stämme, wohnen
am weissen Nile etwa zwischen 11° und 14*^ N. Br., in Kordüfän und
in Där-Ferfd, dann am blauen Nile, in zerstreuten Qabäil in der
Gezireh von Sennär, in Fazoqlo und in Täqä. Sie zerfallen in mehrere
grössere Fereq: a) Die Baqära-Sellmi in der Serq-el-Aqabah in Ost-
Kordüfän (Dar- el- Baqära noch 1864 genannt). Zu ihnen gehören die
meisten der im Gebiete des BaUr-el-azroq umherwohnenden Bejah.
dieses Stammes, so z. B. diejenigen des Se% MoKammed ^Abd-el- WüKed
zu Roseres. In Täqä gewinnen diese unternehmenden Leute neueren
Nachrichten zufolge mehr und mehr Terrain, b) B.-Hmcä, c) B.-
Haioäsm in Kordüfän nördlich von den Selimi. d) B.-Hamr im Där-
liami\ West -Kordüfän. c) ]lomi\ ob identisch mit den vorigen, ob
selbstständig, ist noch ungewiss. Sollen nördlich vom Qäläqah, Qä-
lläq oderKl-iläq hausen.-) f) B.-Qenäneh, nördlich von den iiawaÄW,
westlich vom BaJir-el-abjad, zwischen 12 und 13" N. Br., haben ver-
schiedene Niederlassungen im Gebiet von Sennär und von Täqä, so
z. B. zu Döä, am mittleren Ka'ad, am Gebel Möjp und Gebel- Saqatl etc.
g) B.-IIabanieh in Süd-Kordütän, direkt nördlich von Takiah.
Die Baqära sind grossentheils Nomaden, Jäger und Räuber. Ihr Haupt-
besitz sind Zebu's. Zu Krieg und Jagd verwenden sie auch Pferde. Aus ihnen
gehen sehr kühne ^y/gagir oder Aqaqrr d. h. Schwertjäger hervor. Letztere
werden selbst von den Abü-Röf =^) und von anderen Bejah-Siümmen engagirt.
1) Vergl. Nigritier S. 346.
2) Ich erhielt letztere Nachricht, welche ich hier ohne weiteren Kommentar wiedergebe,
von den im Februar 1860 zu Smt, versammelt gewesenen Häuptern der furischen Kara-
wane, deren hervorragendste Persönlichkeiten kiris-lmäm und ylli-l/>ralivm, letzterer typischer
Qanyürl, waren.
3) Vergl. E. Marno: Keiseu im Gebiete des blauen und weissen Nil etc. Wieu 1864,
S. 264 tf.
Die Bejah. 203
Viele dieser Leute leben aber aucli vom Strassen- und Sklavcnraub im
Grossen. Ihre Gazwiit oder Raubzüge dehnen sie zuweilen auf beträchtliche
Entfernungen hin aus. Manche ärmere Familien führen ein elendes Zigeuner-
dasein in den Wäldern, andere und das nur wenige sind in Häusern an
verschiedenen Ortschaften von Ost- Sudan angesessen.
Ausser diesen echten und unbezweifelbaren Bojali zähle ich hier noch
eine Anzahl Stämme auf, welche bisher meist als „reine Araber, Hedjaz-
Araber, Koreischiten" und unter anderen unsicheren, missverstandenen und
willkürlichen Benennungen aufgeführt worden waren. Ich habe aber sehr
triftige, unten noch weiter auszuführende Gründe, auch diese hier näher zu
classificirenden Stämme den Bejah anzureihen. Es sind das
1) die schon viel genannten Gaalin Sing. Gaalt. Sie erstreckten sich
ursprünglich längs des Niles von Ulüq in Där-Donqolah bis in den Süden
von Där-Sennär hinein. Ein zahlreiches und mächtiges Volk, haben diese
Gaalin vielfache verwandtschaftliche Verbindungen mit den Beräbra-Stämmen
der Kenüs, MaKnsi und Danäqla. Wenn ich an mehreren Orten den Aus-
spruch gethan, die Gaalin bildeten den Uebergang zwischen Beräbra und
eigentlichen Bejah (^BeSärln, Sukurieh etc.) so möchte ich jenen Ausspruch
nunmehr dahin präcisiren, dass die Gaalin ein Z?eya/i-Stamm seien, welcher
durch zahlreiche Kreuzungen mit Berabra , namentlich Danäqla, diesen
nubischen Ansässigen, physisch z. Th. ähnlicher geworden sei und welcher
auch innerhalb seiner Wohnsitze in Där-Donqolah, und Dar- Seqleh, die
Rötäna-Berheneh, das Berberwelsch ^) sich angeeignet hätte. Sie zerfallen
in eine Anzahl Unterabtheilungen. Die vornehmste derselben sind die Seqieh
oder Säiqieh, Sing. SeqJ oder Säiqi in Där-Srqleh (S. 121), welches sich
am Westwinkel der grossen nubischen Nilkrümmung bei Dabbeh bis über den
Ge6eZ- Barkai hinaus östlich erstreckt. Ihr Hauptsitz ist Meräwl am östlichen
Nilufer. Nach Osten folgen die von Gaalin bewohnten Landschaften Där-
iMonäsir (Hauptort Selilml.), Där-Rohatät (Hauptort Abü-Hammed am
östlichen Ufer, wo aber die Aöäbdeh den meisten Einfluss haben — S. 195)
Dar- Berber (Hauptort Berber oder El-Meyenf\ El-Muxerif am östlichen
Ufer, Där-Ga'al (Hauptort El-Dämer am östlichen Ufer). Am Letzteren
liegt dann Där-Sendl mit der Hauptstadt gleichen Namens, auf dem westlichen
aber befindet sich Där-Metammeh mit dem ebenso genannten Hauptorte.
Hierauf folgt Där-Ualfäjeh mit dem am östlichen Ufer gelegenen Hauptsitz
desselben Namens. Ein hervorragender Theil der gemischten Bevölkerung
von Xartüm und vom Lande Sennar besteht aus Gaalin. Das Blut der
Letzteren ist hier vielfach vorherrschend. Man kann wohl behaupten, dass
ein grosser Theil der nordsennarischen Dörfer und Städte gegen Serü hin,
hauptsächlich von mehr oder weniger gemischten Ga'altn bewohnt werde.
1) Sonst etwas weniger spöttisch Lisän-Berl>erieh die Berbersprache, Idiom der Beräbra
genannt.
14*
204 Rob. Hartmann.:
Wenn nun neuerdings und zwar hauptsächlich auf die Autorität des Tirolers
Herrn Pieroth, eines der Agenten der letzten Nubierkarawane Hagenbeck's
hin^), behauptet wurde, die Gaalln seien durch die Türken gänzlich zer-
sprengt, sodass sie nirgends mehr einen festen Kern hätten,
80 muss ich dem sehr entschieden widersprechen. Im Jahre 1822 erfuhren
zwar die Gaalln von Där-Sendt, wie alle nubischen Stämme in Folge der
an dem Prinzen Ismä'il-ßäs« verübten Metzelei, eine allerdings schwere
politische Erschütterung. Das hier in Rede stehende Ereigniss, welches
vielfach falsch oder ungenau wiedergegeben ist, will ich nach der An-
gabe zweier Zeitgenossen, des alten Biduq-Bäsl Sollmän-Af/ä zu Urdü und
meines alten berberischen Reis (auf der Fahrt zwischen jljrj'r^i/m und Wädl-
Hal/ah), sowie eines Augenzeugen, des alten Sex-el-Beled Hammed-Wed-
MoKammed von Metammeh^ kurz darstellen: Nach Vollendung seines ruhmvollen
Feldzuges gegen das Fungl-^eich Sennär und gegen die Berfä war Ismä'il,
Sohn MoUammed-Alis^ nach Norden zurückgekehrt und hatte sein Quartier
zu Sendl genommen, woselbst ihm der Landesfürst, Melik Nä'ir, ge-
nannt El-Nimr (der Panther) einen von hohen lufttrockenen Lehmmauern
umzogenen Toqül- Komplex, zur Unterkunft übergab. Ismä'il, ein tapferer,
offenherziger, freigebiger und im Ganzen leutseliger Mann, war stark dem
Trünke ergeben und in alkoholischer Laune sehr zu extravagantem Benehmen
geneigt. Der Nimr hatte sich offen als Vasall der Aegypter bekannt und
nahte sich dem Bäkl mit den Zeichen hündischer Demuth, seinen hohen
Gast mit Merisi, Bilbil und allerhand Esswaaren auf das Beste tractirend.
Nimr schien zu glauben, es sei vorläufig das Klügste, gute Mine zum bösen
Spiel zu machen und seine Zeit abzuwarten, obwohl er eine Verschwörung
gegen die Aegypter bereits während Ismä'il's Zuge nach Sennär vollkommen
vorbereitet und selbst Beziehungen mit dem damaligen abyssinischen Det-
Ästnaz^) Komffl von TMgä und Walqa'it angeknüpft hatte. Ismä'il liebte
es nun, Abends im Kreise seiner Officiere den scheinbar kriechenden Nimr
zu nörgeln. Der Ga'afo^-Fürst, im Grunde ein muthiger, begabter und
trotziger Mann, fiel dabei einige Male aus seiner Rolle und gab dem ihn
neckenden Bäkl lose Antworten. Letzterer fügte desshalb dem Nubier im
Zorne eine thätliche Beleidigung zu und erlegte ihm halb scherzweise eine
vöUig unerschwingliche Kontribution auf. Nimr, zornentbrannt über den
empfangenen Schlag und unsicher darüber ob Ismä'il mit der geforderten
Kontribution Scherz oder Ernst getrieben, unberechenbarem türkischen Ueber-
muthe übrigens alles Böse zutrauend, beschloss die Aegypter kurzweg zu
vernichten. Er machte den Bäkl und seinen Stab durch neue Libationen von
Sorghum -Bier, durch Darreichung von Speisen und durch die Productionen
lasciver Tänze von Sklavinnen und Dirnen sicher, liess jedoch inzwischen
1) Vergl. Sitzungsbericht der Berliner anthropoi. Gesellschaft vom 19. Oktober 1878,
diese Zeitschr. 1878, Heft VI, S. 335.
2) Provinzialgouverneur im AmUärla.
Die Bejah. 205
eiligst grosse Mengen von Stroh um das Quartier der Aegypter anhäufen.
Auf die befremdete Anfrage wozu Letzteres eigentlich dienen solle, gab man
zur Antwort, es werde ja nur ein Theil des geforderten I^ferdefutters abgeliefert.
Dann wurde plötzlich der ganze Strohvorrath entzündet und wurde durch
Bewaffnete ein Ausbrechen der dem Tode geweiheten Aegypter verhindert.
Diese, Ismä'il an der Spitze, kamen in Rauch und Flammen elend um.
Hierauf erhob sich ganz Nubien gegen die Fremdherrn und man ermordete
Alles, was aegyptisch war, soweit man es nur zu erreichen vermochte. Ehe
aber noch der S. 133 erwähnte MoHammed-Beij von Kordüfän aus den Auf-
stand der Nubier in deren eigenem Blute zu ersticken vermocht hatte, war
Nimr bereits mit seinen Anhängern nach Osten entflohen. Er Hess sich
hier zu Mrn-Gogwä (Mal -Kuba nach anderer Schreibweise) am Westabhange
der Ämhä Qabfä, Grenze von Wqlqait, nieder. Allmählich sammelten sich
nicht nur viele flüchtige Gcialln um ihn, sondern er nahm auch andere
Flüchtlinge und Unzufriedene aus allen möglichen Theilen der aegyptischen
Besitzungen, ferner Abyssinier u. s. w. bei sich auf, an deren Spitze er (ver-
gleichbar einem Mirambo und anderen afrikanischen Patrioten) die aegyptischen
Besitzungen fortwährend hart bedrängte. Nach seinem Tode setzte sein
Sohn Ihmm- Wolled-Nimr die Thätigkeit seines Vaters fort. Ihr Haupt-
parteiträger war Sex Abü-Röas. Trotz ihrer Feindseligkeit gegen alles
Türkisch -Aegyptischc, bewahrten sich die kühnen Rebellenführer dennoch
vorurtheilsfreien Sinn genug, um für ihre Politik unschädliche europäische
Reisende zu empfangen. So nahm El -Nimr den Mansfield Parkyns,
sein Sohn Hasan- Wolled-Nimr nahm den S. W. Baker freundlich auf.
Wenn Nimr und später sein Sohn etliche aegyptische Grenzdistricte ge-
plündert und Vieh, auch Menschen hinweggetrieben hatten, so pflegte der
Ilakmdär oder Generalgouverneur von Beled- Sudan eine Gazwah gegen den
Seyi-Asl^ den rebellischen Häuptling, auszurüsten. Bei solcher Gelegenheit
fehlte es nicht an militärischem Gepränge und selbst leichte Geschütze wurden
alsdann mobil gemacht. Man zog gegen den aufständischen District. lieferte
sich gegenseitig mit wechselndem Glück Scharmützel, brannte, wenn der
Erfolg der letzteren ein weiteres Vorgehen der Aegypter gestattete, dem
Nimr einige Dörfer nieder, machte einige Gefangene, erbeutete etwas Vieh
und kehrte dann voll Genugthuung und Selbstzufriedenheit nach Hause
zurück. So ging es eine Zeit lang fast alljährlich. Im Juni 1861 aber
lieferte Hasan- Bey^ Mudlr von Sennär, ein tüchtiger Soldat, dem Hasan-Wolled
Nimr am Xör-Ma-surd? ein ernsteres Treffen, durch welches die Macht des
letzteren wesentlich geschwächt wurde. Hasan- Hey gelang es bei dieser
Gelegenheit eine Anzahl der mit den Rebellen gemeinschaftliche Sache
machenden Sitjüx der Ga'alhi und abyssinischen Parteigänger des Melik in
seine Gewalt zu bekommen. Der Mudir liess nach türkischer Art diese
Anführer ohne Federlesen köpfen. *) Entmuthlgt zog sich damals der
Rebellenhäuptling nach Mäi-Gogwä zurück. Zwei Jahre später wurde
206 Rob. Hartmaan:
Abü-Röas. der sich zu weit in die Gebenden des unteren Settt vorgewaat
hatte, von den Tekarine und Dabenah unter /SV^ il/aÄm(7rZ- VFo'a(:/-/S«'f(Z über-
wältigt und erschlagen. Aegypter wie ^Asin wurden endlich des ewigen
Krieges müde und Hasan-WoUed- Nimr schloss eine Convention mit ersteren
ab, die ihm und seinen Leuten Aman, d. h. Amnestie sowie angeblich ein
Jahrgehalt (?) bewilligten. Wie mir von Bedri und anderen Halenqä der
vorjährigen Nubierkarawane bestätigt wurde, ist Hasan -Wolled- Nimr vor
einiger Zeit gestorben.
Dies die Geschichte des Aufstandes der Ga'alin gegen die Aegypter.
Die genauere Erzählung dieser Begebenheit schien mir hier zur Klärung
der Sachlage durchaus am Platze zu sein.
Ich habe erwähnt, dass dem landflüchtigen Melik Nimr 1821 eine nicht
unbeträchtliche Zahl von (jCLcdhi in die Verbannung nachgefolgt sei. Auch
später hat es ihm nicht an Zuzüglern gefehlt. Die abenteuerlichen Züge
des überall als Helden gepriesenen „Panthers von Sendl'"'' sagten dem
Geschmacke der stolzen, viel Freiheitsgefühl bewahrenden Nation ganz be-
sonders zu. Sie rissen sich daher gern einmal von ihrem nubischen Herde
los und folgten dem Nimr auf seinen Kriegspfaden. Dieser unterhielt auch
stets intime Verbindungen mit der Heimath und wurde durch unter der
Maske friedlicher Kaufleute umherziehende Ga'alin häufig und sehr genau
von Allem unterrichtet, was man in Sennär gegen ihn geplant hatte. Noch
während der Glanzzeit der Nimr, Vater und Sohn, sowie später, selbst
noch gegenwärtig, ziehen sehr viele aben teuer- und reiselustige Ga'alin bei
allen möglichen Be/jah-^ Abyssinier- und Nigritierstämmen als Kaufleute,
Wunderdoctoren, Rathgeber, Missionäre, selbst als Kuppelpriester (Nasär-
el-Nekäli) und Condottieri C^mker) in der Weite umher. Sie haben das
besondere Talent sich allüberall einnisten und Einfluss gewinnen zu
können. Intelligent und unverschämt haben sie sich selbst zu kleinen
Gemeinden mitten unter den Fung'^)^ Bazenä u. s. w. angesammelt. Der
tapfere Sultan Nasr von Takiah oder Teqeli, welcher so lange den Aegyptern
siegreich widerstand, hatte stets eine Anzahl Gaaltn als Kapitäne und
Wokäla um sich. Der Liwä '//dem-Bäm, selbst ein Schwarzer aus Teqeli,
erzählte F. Binder, es sei sein Kamerad, der Llwa ^()fmän-Bei/-el-Asivad,
im Jahre 1856 in der blutigen und für die Aegypter so unglücklichen Schlacht
beim Gebel-Abül- Däl von einem dem General als Führer dienenden mit
iVa.sr im Einverständniss begriffenen Gaali vom Pferde geschossen worden.
Die Geschichte eines der bekannteren wandernden Ga'alln-AerzAc, des Ud-
el-lladarl^ welcher als Hauptmedicament lerfüs oder Süh-el-Arzah (lli/dnora
1) Diese Affaire füllt in die Zeit unserer Anwesenheit in Sennär. Die Details der
(iazwah verdanke ich theils Ilasan-Bey persönlich theils dem BimbäsT \-lhined Efendl-Uadarl
sowie auch dem Consulatsverweser Dr. Natterer.
2) Hellet- IdrTs, der llauptort der Fun<j am Gebel-Qnle^ wird auch Hellet- el- Ga'alin
genannt.
Die Bejah. 207
africanaX Qwüso oder Säü-Maqädi (Brayera anthelminthicd) und Ba8al-el-\ülg
(^Scillae spec?) mit sich hatte, ist von mir an anderer Stelle mitgetheilt worden, i)
Aber trotz aller der oben geschilderten Abzüge, trotz der von dem wilden
Moliammod-Beij-el-Defterdär unter den Gaalin namentlich zu SendJ^ Mefammeh
und Tamanjat begangenen Metzeleien kann von einer gänzlichen Zer-
sprengung (S. 204) selbst nur der nubischen Gaalin keine Rede sein.
Ich möchte u. A. auch wohl wissen, welche Art Leute die Gaalin in den
ziemhch volksreiclien und wohlbebauenten, zwischen Abü-Hammed und
Xartüm gelegenen Uferdistricten sobald hätten ersetzen sollen! Diese Ufer-
bevölkerung bestand aber in den Jahren 1859 — 1864 (auf diese Periode
kann ich — wie man zu sagen pflegt — schwören) aus echten, unver-
fälschten dichtgedrängt wohnenden Gaalin. Von denjenigen Leuten dieses
Stammes, welche Sennär bewohnen 2), sowie von den Seqleh, will ich
hier ganz absehen. 3) Diese sind noch zahlreich genug. Die sennarischen
Ga'aUn haben wir oben (S. 203) hinreichend kennen gelernt. Die Sfq/e/i,
welche sich schon im 17. Jahrhundert durch ihre Zucht der schönen Pferde-
rasse von Donqolah und durch kriegerische Tüchtigkeit auszeichneten,
erlagen bekanntlich im November des Jahres 1820 dem Ismail- Bäm nach
sehr muthiger Gegenwehr bei U^^'P ^^^d Gebet- Döqah. Seit der Zeit haben
sich alljährlich ihrer eine Menge den Aegyptern als Reiter (neuerdings
selbst als Fusssoldateu) verdingt. Obgleich nun in dem Zeiträume von
1824 bis jetzt sehr viele solcher Är^Z^A - Soldaten während der unaufhörlichen
Kriege der Aegypter in den ungesunden Ländern Ost-Südän's ihr frühes
Grab gefunden haben, so ist durch solche Abgänge zwar wohl eine
Schwächung, keineswegs aber eine Auflösung, eine Vernichtung des
Bevölkerungsstandes der Scqich, verursacht worden. Ich hoflPe nun zur
Ehre der in diesen Blättern vertreteneu Wissenschaft, dass selbst die
fanatischesten Verfechter der Semitentheorie, sollten sie einmal
in einer Daltäbteh den Nil entlang fahren oder zu Kameele die Ländereieu
der St'qleh durchstreifen, hier heutzutage wenigstens, nur leibliche
Beräbra erkennen werden. (Fortsetzung folgt.)
1) Hart mann: Naturgeschichtlich - medicinische Skizze der Nilländer. Berlin 1865,
S. 341.
2) Die AqalTu oder '.Iqqalln mancher Reisender sind th. nomadische th. ansässige Ua'alin,
in deren Namen das Anfangs -Glw in Senniir hart, oft wie Qfif, ausgesprochen wird. Die
gezwungenen Etymologien obigen Namens sind entschieden anzufechten, wie mir wieder
neuerdings von Hagenbeck's Oa'alln bestätigt wurde.
3) Pieroth stellt nach Prof. Virchow's Mittheilung (A. o. a. .0. S. 335 Anmerk. 2
die Verwandtschaft der Seqleh mit den Gaalin entschieden in Abrede. Es wäre mir
interessant zu erfahren, womit Pieroth diese Angabe begründen würde.
2(33 Miscellen und Bücherschau.
Miscellen und Bücherscliau.
A. Pansch, Prof.: Die Furchen und Wülste am Grosshirn des
Menschen. Zugleich als Erläuterung zum Hirnmodell. Mit drei lithographirteu
Tafeln. Berlin, Verlag von Robert Oppenheim. 1879. 8. 51 S.
Sorgfältige Darstellung dieser für die Anthropotomie, Zootomie und vergleichenden
Psychologie so äusserst wichtigen Gehirnabtheilungen. Pansch führt uns vor: I. Total-
furchen (Fissurae). 1) Fissura (Fossa) Sylvii. 2) Fiss. occipitalis. 3) F. calcarina.
4) F. Hippocampi. II. Rindenfurchen (Sulci). a) Primäre oder Haupt-, typische
Furchen. 1) Sulcus Rolando. 2) S. parietalis. 3) S. frontalis. 4) S. temporalis. 5) S.
olfactorius. 6) S. occipito-temporalis (inferior). 7) S. medialis fronto-parietalis. — S. calloso-
marginalis. 8) S. frontalis superior. III. Primär- oder Hauptwülste (Lobuli). A.
Laterale Fläche, a) Laterale Fl. b) Orbitale Fl. B. Mediale Fläche, a) Med. Fl. b) Untere
Fl. IV. Die Nebenfurchen und ünterabtheilungen der einzelnen LobuH.
1) Lob. frontalis inflerior. 2) Lob. front, superior. 3) Lob, parietalis super. 4) Lob. pariet.
infer. 5) Lob. tempor. super. 6) Lob. tempor. infer. 7) Lob. orbitalis medialis. 8) Lob.
Orbitalis lateralis. 9) Lob. medial, anter. 10) L. med. poster. 11) Lob. occipito-temporalis
medialis. 12) Lob. occip.-temporalis lateralis. Gyrus dentatus. Insula. Auf S. 22 findet
sich eine Besprechung des Sulcus occipitalis transversus, der sogen. Affenfurche, auf
S. 31 eine solche der sogen. Broca'schen Syrach windung (Gyrus frontalis inferior s.
tertius Ecker und Pansch), Die ikonographischen Beigaben sind recht übersichtlich.
Revue d'Hygiene et de police sanitaire: Redacteur en chef Prof.
M. E. Valiin. Tome I, No. 1. Paris G. Masson, 1879. 8° 88 S.
Dies neue Journal entspricht nach unserem Dafürhalten einem Zeitbedürfnisse. Die
erste Nummer enthält kürzere anregende Artikel von Mitarbeitern, unter denen wir Namen
von gutem Klang finden. Besonderes Interesse nahmen wir an Fauvel's Arbeit über die
ausländischen Pestkraukheiten, an V all in 's Desinfectionsvorschlägen und au Colin 's Neutrali-
sation der Gifte im Organismus. Die Ausstattung ist eine befriedigende.
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ZEITSCHRIFT
FÜR
ETHN.OLOGIE,
Organ der Berliner Gesellschaft
für
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Unter Mitwirkung des zeitigen Vorsitzenden derselben,
R. Virchow,
heraasgegeben . von
A. Bastian und R. Hartitiann.
Elfter Jahrgang
1879. - Heft IlL
Mit Tafel IX -XIII.
BERLIN.
Verlag von W i e g a u d t, H e m p e 1 & P a r e y.
(I'aul Parey.)
l^Ti».
Inhalt.
Seite
Die Amerikanischen Götter der vier Weltrichtiingen und ihre Tempel
in Palenque. Von Dr. Carl Schultz -Sellack 209
Botanisch -ethnographische Notizen aus Guinea. Aus den Aufzeich-
nungen von Thonning in Schumacher s Beskrivelse af Guineiske
Planter mitgetheilt von P. Ascherson 231
Wörtersammlung des Kigända und Kinyoro. Von Dr. Emin Bey,
Gouverneur der Aegyptischen Aequatorial- Provinzen 259
Zur prähistorischen Mythologie. Von Director Dr. "W. Schwartz . 281
Miscellen und Bücherschau 292
Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Sitzung vom 18. Januar 1879 (Schluss). Schädel aus dem Gräberfelde von Giebichenstein
bei Halle (Holzschnitt). Virchow (Schluss). — Eingegangene Schriften, S. 67.
Sitzung vom 15. Februar 1879. Neue Mitglieder, S. 68. — Association Lyonnaise des Amis
des Sciences Naturelles, S. 68. — Modelle amerikanischer Alterthümer. Hayden, S. 68.
— Pompejanische Bronzen. Oelsner, S. 68. — Bearbeitete Steine aus dem Torfmoore
von Freesdorf. Behla, S. 68; Virchow, Weiss, S. 69. — Der Name Freesdorf und
lausitzer Alterthümer. Jentsch, Weiss, S, 69. — Kleiner Thierknochen aus der Balver
Höhle. Virchow, Nehring, S. 69. — Torus palatinus an ostpreussischen Schädeln.
Kupfer, S. 70, Hagen, S. 71. — Gebräuche der Eingeborenen Americas. Walter
Hoffmann, S. 72 — Wallberge des Bartner Landes, Ostpreussen. Virchow, S. 72.
— Pfahlbauten im Bartsch-Bruche, Posen. Hegner, S. 73; Virchow, S. 75. — Waffen
aus Australien, Neu-Caledonien und Neu-Seeland. Umlauft, Woldt, S. 75. — Urne
von Wissen bei Kalau. Raben au, S. 75. — Geschenk des Herrn Schomburgk,
S. 75. — Kanikars (Taf. IX u. X und Holzschnitt). Jagor, S. 75; Fritsch, S. 82. —
Verwendung der Stereoskopie zu physiognomischen Studien. Francis Gaulton,
Liebreich, S. 82. — Eingegangene Schriften, S. 82.
Sitzung vom 15. März 1879. Neue Mitglieder, S. 83. — Reisebericht. Bastian, S 83. —
Tod von Abdallah Scherif. Pieroth, Rensch, S. 84. — Westsibirische und neu-
Fortsetzung auf der dritten Seite des Umschlags.
Die Verlagshandlung honorirt Beiträge für die Zeitschrift für Ethnologie
mit 34 Mark pro Druckbogen und zwar geschieht die Auszahlung — wenn
der Verlagshandlung nicht besondere Wünsche mitgetheilt werden — jährlich
bei Erscheinen des Schlussheftes des betreffenden Bandes.
Von jedem Artikel werden 20 Separat- Abdrücke unberechnet geliefert; eine grössere
Anzahl wird aber principiell nicht angefertigt.
Alle für die Redaction der Zeitschrift für Ethnologie bostimmten Manuscriptsendungen
und Zuschriften werden unter der Adresse der Verlagshandlung (Berlin SW. 91 Zimmerstr.)
erbeten.
Die Ameiikaiiischen Götter der vier Weltriclitungen
und ihre Tempel in Palencjue.
Von
Dr. Carl Schultz -Seilack.
1. Die zwanzig Himmelszeichen.
Die Religionen der alten Völker von Mejico und Mittelaraerika waren
wesentlich astrologisch, auf die Verehrung der Gestirne, der Sonne und des
Mondes gegründet, daran geknüpft war eine complicirte Zeitrechnung, auf-
gebaut auf eine Reihe von zwanzig „Himmelszeichen". Mit diesen Himmels-
zeichen war verbunden die ausgedehnteste astrologische W^ahrsagerei sowie
eine astrologische Heilkunde, denn die zwanzig Himmelszeichen beherrschten,
genau wie die Thierkreiszeichen der Europäischen Astrologen, die einzelnen
Theile des menschlichen Körpers; ja alle Verhältnisse scheinen nach einem
astrologischen Schematismus geregelt gewesen zu sein. Die zwanzig
Himmelszeichen und die damit gebildete Zeitrechnung sind in zwei ver-
schiedenen Formen bekannt; es ist die der Völker von Anahuac und ihrer
Sprachverwandten, und die der Maya und ihrer Sprachverwandten, besonders
der Chiapa und Quiche. Der herrschende Stamm der Nahua waren zur
Zeit der Spanischen Eroberung die Azteca, und fast alle in Mejico uns
erhaltenen, auf Kultus und Kalender bezüglichen Malereien und Denkmale
werden den Azteca zugeschrieben. Die gesammte Kultur der Nahua galt
aber als das Erbtheil des alten Volkes von Tollan (= ßinsenland), der
Tolteca, welche unter Führung ihres grossen Gottes oder Weisen Hueraac
oder Quetzalcoatl , im achten Jahrhundert n. Chr. Tollan in Anahuac
gründeten. In einigen Sagen werden die Azteca unter dem Namen Mejitl
als einer der „vier Stämme der Tolteca" neben Huitznahua. Culhua und
Panca aufgeführt, Namen, welche mit den Stammesgöttern zusammenzuhängen
scheinen. Der Stammesgott der Mejitl, der Kriegsgott Huitzilopuchtli. ist
nämlich der Bruder und Besieger des Huitznahua; aber Huemac oder
Quetzalcoatl der „Luftgott" und sein Gegner Tezcatlipoca der „Wassergott"
sind die beiden Hauptgestalten in der sagenhaften Geschichte des alten
Reiches von Tollan und Culhuacau. Die Vierzahi war ül»erhaupt bei den
Zeitscbriit für Ktlioologie. Jabrg. 1879. \ö
210 C. Schultz -Sellack:
Tolteca bevorzugt, sie nannten vier grosse Weise als Gründer der astro-
logischen Wissenschaft, Quetzalcoatl hatte vier Schüler, errichtete vier
Tempel nach den vier Weltgegenden u. s. w.
Auch die Sagen der Maya und Quiche (Brasseur, Hist. du Mexique III.
p. 3, 7) kennen vier Brüder, welche aus dem Hause des Nonohual im Lande
Tula kamen, in Mittelamerika Bakhalar (angeblich = Binsenstadt, wie ToUan)
gründeten und das ganze Land beherrschten; die Maya benennen dieselben
mit dem Nahua-namen Tutul-jiuh = Vogelbaum, und ihren Führer Ahmakat.
Die Gründung der Mittelamerikanischen „Binseustadt" wird in eine frühere
Zeit gesetzt als die der Mejicanischen.
Auf diese Sagen stützt sich die Annahme, dass die Gesittung der
Völker von Mejico und Mittelamerika, untrennbar verknüpft mit einer
complicirten astrologischen Religion, ihren gemeinsamen Ursprung einem
Volk der Tolteca verdankt; die Vergleichung der Sagen und Denkmale
der Nahua- und der Maya -Völker kann allein die ältere Form der Kultur
der Tolteca uns offenbaren. Diese Vergleichung muss beginnen mit der
Betrachtung der zwanzig Himmelszeichen, der Grundlage der Zeitrechnung.
Die zwanzig Himmelszeichen der Azteca, meistens Thiere, werden durch
die wirklichen Bilder dieser Thiere oder ihrer Köpfe in den gemalten
Büchern dargestellt; die zwanzig Himraelszeichen der Maya dagegen stellen
nicht deutlich erkennbare Gegenstände vor und erscheinen mehr wie schrift-
artige Zeichen, jedes " von einem viereckigen Rahmen umschlossen; ihre
Namen haben — was besonders auffallend ist — in der Mayasprache keine
Bedeutung. Ein Theil dieser Namen findet sich bei den Quiche und
Chiapa identisch wieder, während die übrigen Namen der Quiche lieber-
Setzungen der Thiernamen der Azteca sind, und zwar in übereinstimmender
Reihenfolge; dies nöthigt zu einer Vergleichung der Himmelszeichen der
Azteca beginnend mit cipactli = Fisch und der der Maya beginnend mit
imoj, einer Vergleichung, welche die Identität wenigstens einiger dieser
Zeichen ergiebt. Das sechste Zeichen der Azteca ist „Todtenkopf" — das
sechste Zeichen der Maya ein Kopf mit geschlossenen Augenlidern; das
fünfte Zeichen der Azteca ist „Schlange" — das der Maya ein runder von
Zacken umgebener Fleck innerhalb des Rachens, dieselben Flecken aber
zeigt die heilige Schlange in Codex Tro p. 21; das vierzehnte Zeichen der
Azteca ist der gefleckte „Tiger" — das der Maya zeigt grosse und kleine
Flecken innerhalb des Rachens; das dreizehnte Zeichen der Azteca sind
zwei zusammengebundene „Rohrstäbe" — das der Maya lässt dieselben
erkennen; das sechszehnte Zeichen der Azteca ist der astrologische Regent
des Ohres, der „Perladler'-' mit Menschenohr — das der Maya zeigt nur
die Ohrmuschel innerhalb des Rahmens; das zwanzigste Zeichen der Azteca
„Blume" ist in der Form welche es auf dorn Relief der Kathedrale von Mejico
hat, übereinstimmend mit dem der Maya. Die Formen der Azteca erscheinen
Die Amerikanischen Götter. 211
in diesen Fällen als die ursprünglichen, und die der Maya sind als Ab-
kürzungen oder Variationen zu betrachten.
Diese zwanzig Himiuelszeichen wurden einer Reihe von zwanzig Tagen
also einer „Woche" beigelegt, welche in Einem Jahre (zu 365 Tagen) sich
18^ mal, in vier Jahren also 73 mal wiederholte, so dass der Erste Tag
eines jeden Jahres in der vierjährigen Periode durch das erste, oder aber
sechvSte, elfte, sechszehnte Zeichen der Woche beherrscht wurde ; dieses
Zeichen des Ersten Tages des Jahres galt als astrologischer „Jahrregent".
Obgleich nun aber bei den Nuhiia stets cipactli, bei den Maya stets imoj
als ei'stes Himmelszeichen angegel)en wird, so gilt doch in der Zählung der
Woche bei den Nahua das achte liimmelszeichen tochtli, bei den Maya das
vierte Himmelszeichen kan als Anfang der Woche Die vier „Jahrregenten"
der Nahua waren also das achte, dreizehnte, achtzehnte, dritte Himmels-
zeichen, die Jahrregenten der Maya das vierte, neunte, vierzehnte, neun-
zehnte Himmelszeichen. Neben dieser „Periode von zwanzig Tagen" be-
nannt nach den zwanzig Himmelszeichen, hatten die Nahua wie die Maya
eine „Periode von dreizehn Tagen" benannt nach den Zahlen „Eins bis
Dreizehn", welche sich in einem Jahre '28 ^\ mal wiederholte, so dass also
der Erste Tag des Jahres auch die Zahlen Eins bis Dreizehn als astrologische
Regenten erhielt. Die Periode von vier Jahren und von dreizehn Jahren
verbanden sich dann zu einer Periode von zweiundfüufzig Jahren. Die
Azteca hatten ferner noch eine ,.Periode von neun Tagen" nach den neuji
teucyohua = dunkle Herren, benannt, und endlich eine „Periode von vier
Tagen" durch die Genien der vier Weltrichtungen bezeichnet.
2. Die vier Götter der Maya.
Aus der Ueberlieferung und den Commentaren der Aztekischen Malereien
kennen wir eine grosse Zahl von Göttern, welche sich auf die Himmels-
zeichen und die verschiedenen Perioden des Kalenders beziehen, aber es
scheint unmöglich, in diesem Wust einen übersichtlichen Zusammenhang zu
finden. Anders verhält es sich, nach den spärlichen Nachrichten die wir
Landa verdanken, bei den Maya. Die Maya verehrten vier grosse Götter,
die Kanob, oder ßacab oder „Stützen des Himmels", als Herrscher der
vier Weltrichtuugen und astrologische Regenten der vier Himmelszeichen
der vierjährigen Periode; ihre Heiligthümer lagen nach den vier Himmels-
richtungen einander gegenüber. Diese vier Götter waren besonders durch
ihre Farbe characterisirt, und einem jeden waren eine Anzahl von Begleitern
beigegeben; die grossen Jahresfeste wurden ihnen vierjährig gefeiert, uml
sie wurden l)ei allen Kultushandlungen angerufen. Ihre Namen sind:
Südgott: Hobnil-Kanal: gelbe Farbe; vierte Himmelszeichen kau.
Ostgott: Canzicnal-chac; rothe Farbe; neunte Himmelszeichen muluc.
Nordgott: Zac-zivi-izacal; weisse Farbe; vierzehnte Himmelszeichen ij.
W estgott: Hozan-ek; schwarze Farbe; neunzehnteHinimelszeichencauac.
15*
212 C- Schultz -Sellack:
Bei den Azteca werden Gottheiten der Weltrichtungen nicht genannt,
mit Ausnahme eines „Gottes des Südens", welchem wie bei den Maya das
vierte Himmelszeichen (Eidechse) geweiht war; aber das neunte Hiramels-
zeichen (Wasser) ist bei den Azteca dem Wassergott Tezcatlipoca, das
vierzehnte (Tiger) dem Luftgott Quetzalcoatl, das neunzehnte (Regen) dem
Erdgott Tlaloc geweiht, und von einer Beziehung dieser Götter zu den
Weltrichtungen ist nicht ausdrücklich die Rede. Freilich werden die vier
Himmelszeichen, welche die Jahrregenten der Azteca sind: das achte,
dreizehnte, achtzehnte, dritte auch auf die vier Weltrichtungen bezogen, aber
nicht mit deutlich characterisirten Göttern verbunden. Dagegen feierten die
Azteca wie die Maya ebenfalls die vierjährige Periode durch das grosseste
Fest, und knüpften daran die Fabel von vier Weltperioden und Weltzer-
störungen, die in dem Himmelszeichen nahui ollin tonatiuh — vier Bewegungen
der Sonne dargestellt sind. Das Bild von nahui ollin zeigt die Sonne
umgeben von vier anderen Himraelszeichen: dem zweiten, neunten, vier-
zehnten, neunzehnten, an welche sich die Weltperioden knüpfen; es sind
dies die vier Jahrregenten der Maya — nur statt des vierten ist das zweite
gesetzt. Alle vier Jahre feierten die Azteca im Anfang Februar ein grosses
Fest der „Wiederbelebung", und in den Zwischenjahreu drei Gedächtniss-
feste der verschiedenen Weltzerstörungen. So ist anscheinend die Stelle
bei Kingsborough V p. 134 zu verstehen: „fiesta de Pilquijtia, la naturaleza
humana quo nunca se perdiö en las veces que se perdiö el mundo — —
de cuatro en cuatro anos ayun avan otros ocho dias eu memoria de las tres
veces que se ha perdido el mundo i asi Uaman h este „cuatro veces
Senor" porque siempre que sc perdia el mundo, a este uo se perdia".
Diese Weltperiodon oder Wehzerstürungen, von denen der Codex Vatican
(Kingsborough II) interessante Bilder giebt, benannten sie nach den vier
Farben und den vier Elementen:
1) Periode des Wassers oder Weisse,
2) Periode des Windes oder Gelbe,
3) Periode des Feuers oder Rothe,
4) Periode der Erde oder Schwarze.
Nach Boturini und Veytia werden diese vier Elemente bei den
Azteca wie die Farben bei den Maya den vier Weltrichtungen zugetheilt,
wobei indessen, im Vergleich mit den Maya, die Farl)en für Ost und Nord
vertauscht sind:
Süd — Luft — Gelb,
Ost — Wasser — Weiss [für: Feuer — Roth],
Nord — Feuer — Roth [für: Wasser — Weiss],
West — Erde — Schwarz.
Die vier Himmelszeichen der Weltperiodon, das vierte (statt seiner ist
das zweite „Wind" gesoitzt), neunte, vierzehnte, neunzehnte wurden bei den
Azteca aul dieselben Wellrichtungen, Süd, Ost, Nord, West bezogen
Die Amerikanischen Götter. 213
wie bei den Mtiya; bei den Azteca witrdeii übrigens je fünf der zwanzig
Himmelszeichen einer Weltrichtung zugetheilt: das 4., 8., 12., 16., 20.
dem Süden; das 1., 5., 9., 13., 17. dem Osten; das 2., 0., 10., 14., 18. dem
Norden; das 3., 7.. 11., 15., 19. dem Westen (Kingsborough V p. 173); diese
Angabe ist wie sich nachher zeigen wird, von ausserordentlicher Wichtigkeit.
Die Weltperioden wurden von bestimmton Göttern beherrscht. Der
Periode des Wassers stand die Chalchihuitlicuye - Juwelengöttin oder
Cozcaquauhtli ■- Perladler vor, den die Coramentatoren als Symbol des
Fluthgottes Tezcatlipoca bezeichnen; die Perlen waren dem Wassergott
heilig und Perlschnüre wurden ihm geopfert. Die Himmelszeichen Cozca-
quauhtli (Perladler) und Tochtli (Hase) beherrschen astrologisch das Ohr;
Tezcatlipoca trug in seinem herabhängenden Haar befestigt ein „goldenes
Ohr" und in Durchstechen der Ohren bestand das Opfer an ihn. Das
Wasser in den Malereien der Azteca wird deshalb fast stets mit Menschen-
ohren eingefasst dargestellt, abwechselnd mit kreisrunden Tropfen; nach
Brasseur (Ruines de Palenque p. YHI) wäre auch bei den Maya das
„Ohr" die Hieroglyphe für „Wasser". Ferner ist das „Bein" Attribut des
Tezcatlipoca, des Gottes, „von dem man nur die Beine, die Adlerbeine"
sieht (Codex Letellier p. 26); im Codex Vatican p. 6 ist er dargestellt mit
abgebrochenem linken Bein, aus welchem Wasser hervorströmt. Cozcaquauhtli
wird nach Veytia (I p. 78) auch Temeztlatl genannt, wahrscheinlich von
meztli = Bein. Dem Tezcatlipoca waren die „Ecken der Strassen heilig,
an welchen er besondere Heiligthümer hatte; von seinem Gegner dem Luft-
gott Quetzalcoatl wird dagegen gesagt, dass ihm „runde Tempel ohne alle
Ecken" errichtet wurden.
Die Periode der Luft wurde von einem Gott beherrscht, welcher mit
der Strahlenscheibe der Sonne geschmückt ist; sonst ist Huemac oder
Quetzalcoatl der Luftgott. Dem Quetzalcoatl war geweiht das Himmels-
zeichen „Sonne in vier Bewegungen", welches astrologisch die Zunge be-
herrscht, und im Durchstechen der Zunge bestand das Opfer an ihn (Codex
Letellier p. 2, 3); ferner war das Himmelszeichen „Tiger" und „Haus"
ihm zugetheilt; sein Name Huemac bedeutet „Grosse Hand", und die Hand
war sein Attribut wie das Bein das des Tezcatlipoca, seines Gegners. Die
Periode des Feuers und die der Erde wurden von dem Feuergott und der
Blumengöttin beherrscht.
Es lässt sich nicht bezweifeln, dass die Verehrung der vier Götter bei
den Maya und die "Verehrung des Zeichens „Vier Bewegungen der Sonne'-
bei den Azteca auf identischen, völlig identischen Vorstellungen beruhen.
Auch die Götter der Maya werden als der Weltzerstörung Entronnene be-
zeichnet (Landa, p. 206). Im Codex Vatican werden vor den Bildern der
vier Weltperioden die höchsten Götter aufgeführt, der Oberste ist Ometecutli
welcher „über den neun Himmeln" herrscht; die vier ersten dieser neun
Himmel sind der Rothe, Gelbe, Weisse und Himmel der Blumen, offenbar
214 C- Schultz -Sellack:
in Zusammenhang mit den Farben der vier Weltperioden. Darauf folgen
die „vier Götterpaare der Unterwelt". Das erste Paar istMictlantecutli (= Todes-
gott) und die Mictlacihua (= Todesgöttin), sie sind durch einen Schädel
characterisirt und sitzen auf einer riesigen Kinnlade; das zweite Paar ist
der durch Adlerfüsse ausgezeichnete Ijpuztequi (==Lahme, Name des Wasser-
gottes Tezcatlipoca) und die Wassergöttin Nejojoch. Diese vier Götterpaare
finden sich übereinstimmend wieder im Codex Land p. 9 — 16, uud (in Um-
armung dargestellt) iu Codex Vatican ß p. 23, 22, 21, Codex Borgia p. 42, 41,
59; sie beziehen sich, wie nachher gezeigt wird auf die vier Weltgegenden.
3. Die vier Götter der Azteca.
Wie die vier Weltgegenden war auch Links und Rechts bei den
Maya von religiöser Bedeutung, cehuial (von zic, zicnal - klein links) und
nohnial (von noh = gross, rechts) bedeutete Ost und West; der rothe Ost-
gott hiess Canzicnal = Himmel -links, der Name des schwarzen Wasser-
gottes Hozan ist aus dem Maya nicht verständlich. Auch die Azteca hatten
einen „linken" oder „linkshändigen" Gott, den Kriegsgott Huitzilopuchtli =
Yogel- links, welcher kaum geboren seineu älteren Bruder Huitznahua be-
siegte und tödtete; das Bild des Huitzilopuchtli war, nach Einigen, blau
gestreift, nach Anderen ganz roth. In seinen Tempeln hatte Huitzilopuchtli
stets einen Beisitzer, welcher als Tlaloc, zuweilen aber auch Yacatecutli
Gott der Kaufleute, bezeichnet wird; Sahagun nennt Yacatecutli den älteren
Bruder der Tlaloc- götter. Yacatecutli (wörtlich = Nasenherr) könnte viel-
leicht (von yectli = rechts) im Gegensatz zu Huitzilopuchtli den „Rechten"
bedeuten; wahrscheinlich ist er aber dem Huitznahua identisch, und dieser
wiederum = Hozan, Westgott der Maya.
Es liegt nahe, die schon oben genannten vier Stammesnamen oder
Stammesgottheiten der Tolteca mit diesen Göttern der vier Weltgegenden
in Zusammenhang zu setzen:
(0.) Mejitl, Huitzilopuchtli,
(W.) Huitznahua, Huitznahua (Tlaloc),
(S.) Culhua Itztlacoliuhqui (Quetzalcoatl),
(N.) Panca Pantecatl (Tezcatlipoca).
Als Südgott bezeichnen die Commentatoren den Gott des Himmels-
zeichens „Eidechse" und nennen ihn Itztlacoliuhqui, „Gott der Sünde oder
Wollust (tlacolli)!" er wird dargestellt mit verbundenen Augen und mit
aufrechtem oben hornartig umgekrüuimtem Haarschopf in dem ein zweiter
Kopf und ein Rohrstab steckt (Codex ßorgia p. 46; Letellicr p. 18; Vatican
p. 37). Nach einer anscheinend verderbten Stelle bei Sahagun hiess dieser
umgekrümmte Schopf selbst Itztlacoliuhqui, angeblich == Gott des Frostes,
während wahrscheinlich culhua = Krümmund in dem Namen steckt. Izamna-
kabul, nach Landa einer der Namen des Südgottes der Maga, ist vielleicht
mit Itztlacoliuhqui zu parallelisiren, jedenfalls werden wir sogleich in den
Die Amerikanischen Götter. 215
Malereien der Maya (Codex Dresden p. 3) einen Gott mit einem zweiten
Kopf in seinem Schöpfe und von der Eidechse begleitet als Südgott be-
zeichnet linden. Izamna-Kabul der Südgott der Maya wurde, nach Lizaua,
unter dem Bilde einer Hand (Kab) verehrt; bei den Nahua war die Hand
Symbol des Luftgottes Quetzalcoatl, der deshalb Huemac ^ Grosse Hand
hiess '), die Luft aber ist das dem Süd zugetheilte Element. Itztlacoliuhqui
ist also als eine Form des Quetzalcoatl zu betrachten; dies wird besonders
durch das beiden gemeinsame Symbol des „Rohrstabes" bestätigt, nach
welchem Quetzalcoatl auch Ce-acatl ^ Eins -Rohr hiess. Als Gott des
Himmelszeichens „Rohr" wird sonst genannt Tlacolteotl = Wollustgott,
welcher ähnlich den Itztlacolinhqui mit verbundenen Augen dargestellt wird
(Codex Vatican p. 21, 24; Letellier p. 8, 9). Der „Rohrstab" dient, wie
die Malereien unendlich oft zeigen, als Feuerquirl und wird auch im zweiten
Codex Vatican stets als entflammt dargestellt: nach Sahagun VII, 3 wurde
der Feuerquirl, namalhoaztli (? mamahuitzli =^ Gepriesene) genannt, beson-
ders hoch verehrt und ein Gestirn war ihm geweiht; die Rohrstäbe waren,
nach Sahagun, auch Attribut des „Gottes der Heirathen", und wahrschein-
lich wurde, wie in Asien, das Feuerquirlen als ein der Zeugung entsprechen-
der Vorgang aufgestellt. Jedenfalls ist das „Rohr" mit dem Luftgott Quet-
zalcoatl und dem Südgott Itztlacoliuhqui in enger Verbindung.
Dem Luftgott, der auch Jomunco heisst, war ferner das Himmelszeichen
„Haus" heilig; daher wird auch der Luftgott Quetzalcoatl als Herrscher
des Himmelszeichens checatl = "Wind und ocelotl = Tiger stets neben dem
Hause, dem mit Zinnen bedeckten Hause abgebildet (Codex Vatican p.45,
46). Die Chiapa nannten das dem „Haus" entsprechende Himmelszeichen
„votan", die Tarasca „ettuni", Namen, welche wahrscheinlich wie der ent-
sprechende des Quiche: akbal -= schwarz (bode in der Otomi-Sprache) be-
deuten. Die Fabeln der Chiapa von König Votan und seinem „dunklen
Hause" beziehen sich also auf den Luftgott; in der That wurde in den be-
nachbarten Gebieten Yabalan = der Schwarze, als höchster Gott verehrt
(Bancroft, Native races III p. 458); auch in den Malereien der Azteca ist
Quetzalcoatl öfter schwarz. Wie übrigens das Haus das Attribut des Luftgottes
Quetzalcoatl, so ist die Ecke das Attribut des Wassergottes Tezcathpoca.
Der vierte Toltekische Stammesname Panca müsste nun mit Tezcatli-
poca dem „Bein-gott", dem Gegner des „Handgottes„ Quetzalcoatl-Hueraac
verknüpft werden. Fantecatl, Patecatl oder Papantzin, nach den Commen-
taren identisch mit Cipactonal, hiess der Gott des Himmelzeichens, „Afle"
der Gott der berauschenden Getränke, und Maiavel oder Mayaquil oder
1) In dem Maya -codex Fro. p. 24 wird der durch seine (unten erklärte) Hieroglyphe be-
zeichnete Gott des Südens mit verbundenen Augen und mit einer Menschenhand als Scepter
dargestellt. Ebenso wird im Codex Borgia p. 43 der (von den fünf Südzeichen begleitete) Südgott
miteinem Handabd r uckim Gesichtdargestellt, während die entsprechende Göttin des Nordens,
Mayaquil, die Fussabdrücke als Attribut hat. (Dieselbe Mayaquil mit einem Fussabdruck
neben sich üadei man Codex Land p. 0. und Codex Borgia p. 41. als Nordgüttin.)
216 C. Schultz-Sellack :
Quilaztli , die Göttin der mostgebenden Aloe, seine Gattin. Aber grade
durch Verführung zum Rausch richtete Tezcatlipoca, der Gott des Wassc-rs
und der Grossen Fluth, das alte Reich des Huemac zu Grunde; Pantecatl
oder Cipactonal scheint also ein Name des Wassergottes Tezcatlipoca zu
sein, wie Jomunco oder Ojomoco ein Name des Luftgottes Quetzal coatl.
Ojomoco und Cipactonal (auch Jumio und Cipatenal) sind bei den Nahua
die Erstgeschaffen eu und Erfinder der Astrologie. Ojomoco, Cipactonal,
Tlateonin, Jochicoaca sind, nach Sahagun, die „vier Weisen der Tolteca";
Tlateonin heisst auch Ijtlilton = der Schwarze (Sahagun I, 16) und Jochi-
coaca ist der Rothe. Bei den Nahua von Nicaragua werden genannt (8quier,
Nicaragua II, pag. 355): Famagostad und Zipaltenal (Ojomoco und Cipac-
tonal) und ihre Söhne, Ecalchotl der Grosse, und Ciagat der Kleine. Die
beiden letzteren Namen beziehen sich anscheinend auf den rothen, kleinen
Ostgott, und den schwarzen, grossen Westgott, so dass Ojomoco und Cipac-
tonal den Süd- und Nord-Gott bezeichnen. Diese beiden Namen finden
sich bei der Quiche, nach Brasseur, wieder als Jepiyacoc und Jemucane,
die Schöpfer der Menschen, welche den Mann aus tsite bildeten, das Weib
aus cipac (cipac Maya), icpatl (Azteca = Binse). Auch bei den Chibcka
in Südamerika findet sich, nach Acosta, anscheinend dieselbe Sage: Bochica
der Zaque und Sogamozo der Zipa erschufen den Menschen, den Mann aus
„gelben Thon", das Weib aus Zibak; dann erhoben sie sich in den Himmel,
der Zaque als Sonne, Sogamozo als Mond; die Mondgöttin oder der Unter-
weltgott Chibcha-cum erregte die Grosse Fluth, welche Bochica bewältigte.
In Peru wurde (Tschudi, Antiguedades pag. 149) als ältester Gott verehrt Ca-
mac= Schaffende, und ihm stand gegenüber der Unterweltsgott Supay, welchem
Säuglinge geopfert wurden (wie den Wassergöttern der Azteca und Maya).
Dass Ojomoco und Huemac = Grosse Hand denselben Gott bezeich-
nen, sonst Quetzalcoatl, Sohn des Camajtli genannt, ist nach dem Vorher-
gehenden ersichtlich ; maitl ^ Hand, temaca = geben bildet also vielleicht
auch die Wurzel des Namens Ojomoco. Aehnlich ist im Quechna: maki =
Hand, camac = schaffen.
4. Darstellung von Sonne und Mond.
Dieser Versuch, die vier Weltrichtungen in Verbindung mit den vier Ele-
menten und Farbön wie bei den Maya so|auch bei den Azteca in den höchsten
Gottheiten personificirt zu finden, müsste als sehr zweifelhaft gelten, wenn nicht
die Denkmäler denselben in allen Einzelheiten bestätigten. Bevor indessen die
auf die Gottheiten der Weltrichtungen bezüglichen Bilder betrachtet werden, muss
zunächst die Darstellung von Sonne und Mond in denselben erläutert werden.
Die Sonne findet sich in den Malereien sehr häufig als eine von Farben-
ringen umgebene, mit Strahlen besetzte Scheibe, dagegen ist die Dar-
stellung des Mondes eine rein conventionelle, welche durch die folgende
Fabel der Azteca verständlich wird: Das Erste Paar oder die irdischen
Die Amerikanischen Götter. 217
Götter gingen aus dem „himmlischen Stein" hervor, welchen der höchste
Gott Ometecutli auf die Erde hcrahsandte; dieses Paar mit dem „Steine"
/.wischen sich ist in Codex Vatican p. 17, Codex Borgia p. 54 dargestellt.
Die irdischen Götter versammelten sich in Teotihuacan, der ältesten Cultus-
stätte in Anahuac, erfanden die Feuerzündung, und beriethen dann über die
Erzeugung der Sonne, des Mondes und des göttlichen Kalenders. Zwei
von ihnen, Nanahuatl (= Aussätzige) und Teccistecatl (= Muschelherr)
opferten sich in den Flammen und stiegen zum Himmel auf als Sonne und
Mond; Citli (= Hase), welcher sich der Erhebung des Sonnengottes wider-
setzte, wurde in den Mond verbannt, in welchem er noch als Mondflecken
sichtbar ist (B an er oft, Native races Hl p. G2), oder er ist der Begleiter
des Mondes (Sahagun, VH, 2).i) Der Monngott wird deshalb dargestellt
mit einer grossen Muschel auf dem Kopfe und von dem Hasen begleitet
(Codex Borgia p. 49; Vaticaii A p. 27, 28; Vatican B p. 42; Letellier
p. 12). Die Muschel (tecciomana) soll die matrix (tecizth) bedeuten, dem
Monde wegen seiner Fruchtbarkeit zukommen, und der Tempel des Mondes,
nach Torquemada, ganz mit Muscheln ausgelegt gewesen sein. Auch bei
den Maya ist hub, puy = Muschel oder vulva, und nach Landa (p. 146)
trugen die Mädchen bis zur Mannbarkeit eine Muschel über den Ge-
schlechtstheilen.
Der Mond selbst wird, wie aus seiner Gegenüberstellung mit der Sonne
ersichtlich ist (Codex Borgia p. 29, 44, 60; Vatican B p. 77), dargestellt
als wassererfüllter, muschelförmiger Krug oder Spiralmuschel aus
der ein Hase hervorkommt; zuweilen ist der Hase in diesem Gefäss durch
das Ilimmelszeichen „Stein" ersetzt. Eine solche Vorstellung der Hasen-
muschel findet sich auch auf einer Thonschale des Museums von Mejico
(Joaza, Antiguedades tab. 4), und Squier (Nicaragua I p. 406) fand ein
ähnliches Bild in Nicaragua an einen Felsen gemalt. Wahrscheinlich liat
das in den gemalten Büchern häufige Bild einer Schlange, aus deren flach
aufgeklappten Rachen ein Hase hervorkommt, ebenfalls die Bedeutung eines
Mondsymbols. Die Muschel (cuechtli) ist auch das Attribut des Pantecatl
oder Cuejteco, des Gottes des Himmelszeichens „Affe", des Gottes der
Trunkenheit; der Affe oder der neben ihm dargestelUe Gott wird fast stets
im Wasser stehend und mit einer Muschel am Munde dargestellt; dieser
Pantecatl soll eine Form des Wassergottes Cipactonal oder Tezcatlipoca
1) Die Vorstellung, dass die Mondtlecken (es ist die Fleckencrruppe des Ersten Viertels
gemeint) einen Hasen darstellen, ist in ganz Asien verbreitet, sie ist altindisch und alt-
chinesisch ; die Verbreitung dieser Ansicht in Asien könnte mit der des Mondiodiabis zu-
sammenhängen, der in Indien und China wahrscheinlich aus derselben Quelle stammt und
nach den Untersuchungen von Herrn Professor A. Weber Semitischen Ursprungs ist. Es
sei denn, dass man die Form der Flecken so ähnlich dem Bilde eines hockenden Hasen linden
will, d;iss mehrere Völker unabhängig von einander dieselbe haben können: der Hase wäre
alsdann das einzige reale astronomische Thier, denn von keinem Sternbild kann man Aehn-
liches behaupten.
218 C. Schult^-Sellack:
sein. Auch das Himniclszeicheu „Hase", das Mondthier, ist, nach Sohagun,
besonders dein Gott der Trunkenheit geweiht, welcher also mit dem Mond-
gott zusammenzufallen scheint.
In Teotihuacan wo nnch der Sage der Aztcca die Erzeugung von Sonne
und Mond geschah, finden sich noch die Reste zweier Tempelpyramiden,
deren Spitzen sich genau nördlich und südlich gegenüber stehen, deren
Seiten aber nicht genau nach den Weltrichtungen orientirt sind. Die Ueber-
lieferung — denn von Bildern hat sich keine Spur erhalten — bezeichnet
die südliche Pyramide als Tempel der Sonne, die nördliche als Tempel
des Mondes. Ich will nun versuchen zu zeigen: dass in dem alten Kult
die Sonne der Südgott, der Mond der Nordgott ist; dass, da dem Süden
das Element Luft zugetheilt wird, der Luftgott Quetzalcoatl mit der Sonne
verknüpft ist, und dass sein Gegner, der Wassergott Tezcatlipoca, der
Nordgott, mit dem Monde verknüpft ist; dass eben weil im Grunde Sonne
und Mond in dem alten Kult die erste Stelle hatten, die beiden Götter
Quetzalcoatl-Huemac (Luft) und Tezcatlipoca (Wasser) fast ausschliesslich
die Helden der mythischen Geschichte von Tollan sind.
5. Abbildungen der Vier Götter.
Die schon erwähnte Angabe des Commentators (Kingsborough V p. 173),
dass die Azteca je fünf der zw^anzig Hiramelszeichen einer der vier Weltrichtun.
gen zutheilten, ermöglicht die Auffindung der auf die vier Weltrichtungen bezüg-
lichen Gottheiten in den ohne Commentar gebliebenen Malereien. Denn diese vier
Gruppen von je fünf Zeichen finden sich öfter einer Reihe von vier zusammenge-
hörigen Bildern beigelegt. Besonders manigfach sind die in Codex Borgia
p. 66 bis <)3 und 21 bis 18 dargestellten auf die vier Weltrichtungen be-
züglichen Bilder; sie finden sich wiederholt, aber nur zum Theil, im zweiten
Codex Vatican, Codex Tejervary, Codex Land und Codex Bologna. Die
mittelste Gruppe ist in diesen vier Bildern je ein Tempel, vor dem ein
Opferer steht (wiederholt in Codex Bologna p. 12, 13): zur Rechten ist die
Gruppe eines Gottes der ein Thier tödtet (wiederholt in Codex Tejervary
p. 3, 4; Codex Vatican B. p. 72—75); zur Linken oder hinter dem Tempel
steht je ein Baum, M^elcher das Symbol der Sonne oder des Mondes trägt
und unter welchem je ein sich umarmendes Paar, durch ein gemein-
schaftliches Tuch umschlungen, sitzt (ähnlich wiederholt im Codex Tejervary
p. 44); endlich unterhalb des Tempels steht je ein grosser Baum auf wel-
chem ein Vogel sitzt und vor welchem ein getesseltes Menschenopfer liegt
(wiederholt in Codex Vatican B. p. 65, 66). Der oberste Theil der vier
Seiten des Codex Borgia aber enthält vier Figuren, welche auf ihren Schul-
tern und Armen den mit Augen bedeckten Himmel tragen (wiederholt
im Codex Vatican B. p. 67—70); sie sind durch die vier „grossen Zeichen"
der Azteca, also das 13. (0.), IS. (N.), 3. (W.), 8. (S.) bezeichnet; man
mu88 bei dieser Darstellung sich erinnern, dass die Maya die vier grossen
Die Amerikanischen fiötter. 219
Götter auch „Stützen des Himmels" nannten. Eine eigentliiiiiiliclie Darstel-
lung der vier Götter (durch ihre fünf Zeichen characterisirt) angeordnet um
einen mittleren Skorpionskopf findet sich Codex Borgia p. 43 und Codex
Vatican B. j). 24; daran schliessen sich auf den folgenden Seiten (Borgia
p. 42, 41 und /ji); Vatican B p. 2:5, 'l'l^ 21) vier sich umarmende Götter-
paare, in denen man die vorher genannton vier sich umarmenden Paare
wiedererkennt. Deutlicher sind aber diese vier Paare (durch ihre fünf
Zeichen charakterisirt) dargestellt in Codex Land p. '.) IG; diese Paare aber
identificireu sich mit den schon oben genannten „vier Götterpaaren der
Unterwelt" in Codex Vatican A p. 3, 4. Besonders hervorzuheben ist das
„Südpaar"' und das „Nordpaar". Das Südpaar ist nach Codex Land p. 13,
14, 29 der auf der Eidechse sitzende Tigergott mit Sonnensymbol
und die Todesgöttin; nach Codex Vatican A. p. 3, Codex Vatican B.
p. 21, Codex Borgia p. 51'. u. s. w. ist es der Gott mit liohem konischem
Schopf und die Todesgöttiu, die auf einer riesigen Kinnlad e sitzen; ausser
der Kinnlade sind ein aufrechtes Kreuz -f- und der 11 undab druck
ihre Symbole. Das Nordpaar ist nach Codex Land p. 9, 10 der Vogelgott
(Tezcatlipoco) und die nackte Schlangengöttin in der Aloe sitzend (sonst
Mayaquil genannt); nach Codex Vatican A p 3, Codex Vatican B p. 23,
Codex Borgia p. 41 u. s. w. ist es der vogelbeinige blaue Gott und die
nakte Schlangengöttin mit dem Attribut des Spinnrockens; das liegende
Kreuz X und der Fussabdruck sind ihre Symbole.
Ferner rinden sich die Gruppen von je fünf Himmelszeichen mit l>il-
dern begleitet in 52 Vertikalreihen angeordnet, vermuthiich in Zusammen-
hang mit der Periode von 52 Jahren in Codex Borgia p. 38 — 31; Codex
Vatican B p. 49 — 5(5; Codex Bologna p. 1—4.
Am interessantesten ist die Darstellung der vier Bäume mit "\ ogol und
der zugehörigen Götterpaare in Codex Tejervary p. 44, in Kreuzform um
eine mittlere schreitende Figur angeordnet, Süd oben, Nord unten, Osten
links, Westen rechts; unter dem Baum des Südens steht die strahlende
Sonnenscheibe, unter dem des Nordens ein fratzeidiafter Kopf welcher
den Moudkrug trägt. Auch der Tempel und der Baum neben dem Tem-
pel in Codex Borgia p. 65 zeigt das uns bekannte Mondsymbol, und da-
neben den uns bekannten „Perladler''. Der Tempel des Südgottes in Codex
Borgia p. 03 enthält aber nicht das Sonnensymbol sondern die Eule (an-
geblich Attribut des Bösen) und der daneben stehende Baum traut als Svm-
bol ein abgerundetes schwarzes Viereck, welches durch ein senkreclites
und ein wagerechtes weisses Band in vier Felder getheilt ist, und über
welchem zwei Bündel von ..Rohrstäben" hängen; daneben steht das llimmels-
zeichen „Tod". Dieses durch ein stehendes Kreuz in vier Felder getheilte
schwarze Viereck aber steht in Codex Borgia p. 45 und Codex \ atican B
p. 39 als Attribut zwischen zwei Göttern, welche als „Gott der Sonne und
Gott des Todes" bezeichnet sind.
220 C. Schul tz-Sellack:
Auch in der Malerei der Maya finden sich die entsprechenden vier Grup-
pen von je fünf Zeiclien. das 1., 5., *>., 13., 17., dann das 2., 6 , 10., 14.,
17. u. s. w. bestimmten Bildern beigelegt; in dem von Brasseur veröffent-
lichten Codex Tro p. 30, 31 sieht man vier Götter die einen Vogel auf dem
Kopfe tragen, von den je fünf Zeichen für Süd, Ost, Nord, West begleitet.
In dem Mayacodex Dresden p. o (und ähnlich Codex Tro p. 22*) sieht
man einen Baum mit Vogel unter welchem ein gefesseltes Menschenopfer
liegt, und neben welchen ein Götterpaar sitzt, völlig übereinstimmend mit
dem „Südbaum" des Codex Tejervary p. 44 und Codex Borgia p. 63 (neben
dem Tempel); an diesen Baum sind die fünf Südzeichen, das 8., 16., 4.,
12., 20. angebracht, genau in derselben Reihenfolge wie in den Aztekischen
Bildern. In beiden Fällen steht unter dem Baume ein Paar von den Göt-
tern, deren einer in seinem hohen Haarschopfe einen zweiten Kopf trägt,
die andere Figur ist in dem Mayacodex von einer Eidechse begleitet,
und ich habe schon oben erwähnt, dass Itztlacolinhqui der Südgott der
Azteca, das Himmelszeichen „Eidechse" beherrscht und einen zweiten Kopt
in seinem Schöpfe trägt; das Götterpaar des „Südbauraes" des Maya scheint
also mit dem entsprechenden der Azteca völlig identisch zu sein. Der un-
tere Theil derselben Seite 3 des Codex Dresden ist leider leer geblieben,
ohne diese Lücke würden wir auch die Bäume von Ost, Nord, West kennen,
wenigstens finden sich die vier Gruppen von Zeichen der Darstellungen der
Seite 45 (in Wahrheit die Zweite Seite) beigefügt.^)
Es scheint völlig gerechtfertigt, diese vier „Vogelbäume'' welche in den
Malereien der Azteca und Maya identisch sind, für die vier Toltekischen
Häuptlinge, die Tutul-joih (= Vogelbaum) der Ueberlieferung der Maya
zu halten.
Dass diese vier Vogelgenien auch bei den Azteca eine bedeutende Rolle
spielten, scheint sich aus Folgendem zu ergeben: die Azteca hatten, wie
schon oben bemerkt ist, eine „Periode von zwanzig Tagen", eine „Periode
von dreizehn Tagen" und eine „Periode von neun Tagen". Die Kalender
in Codex Letellier, Codex Borgia und den beiden Codex Vatican verzeich-
1) Ich will hier bemerken, dass der Maya-codex von Dresden (nachgebildet bei Kingsborough
III) aus zwei langen Streifen besteht, deren erstes auf seinen beiden Flächen Seite 1—45
umfasst. Vermuthlich durch ein Versehen ist, schon ehe der Codex nach Dresden kam, das
eine Ende enthaltend Seite 1, 2 und Rückseite 44, 45 falsch angeklebt worden, und es ge-
hört in der That Seite 42, 43, 1, 2 nach einander, während Seite 44, den grossen Zungen-
ausstreckenden Kopf enthaltend, die Erste Seite ist. Herr llofrath Dr. Foerstemann billigt
diese Ansicht, welche durch die sichtbare starke Abnutzung von Seite 44, ursprünglich Aussen-
fläche des zusammen gefalteten Codex, bestätigt wird.
Die beiden Hälften des Codex Borgia (Kingsborough III) sind, wie die durchlaufenden
Reihen der Zeichen ergeben, verkehrt numerirt; es ist bei Seite 38 und 76 anzufangen und
zu lesen Seite 38-1 und 7«- 39.
Im zweiten Codex Vatican (Kingsborough 111) ist ein doppeltes Versehen gemacht wor-
den; Seite 48 (identisch mit Seite 38 des Codex Borgia) ist die Erste Seite, und es ist zu
lesen Seite 48-1 und Seite 49—66.
Die Amerikanischen Götter.
221
nen den Lauf dieser drei Perioden. Dagegen zeigt der Kalender eines dem
Herrn Aubin gehörigen Codex, von dem Herrn Loon de Bosny (Ecriture
hieiiitique de i'Amer. Centr. tab. 18) eine Seite; veiüfFentlicht hat, noch eine
vierte Reihe bestehend aus vier Vögeln; neben den dem Süden geweihten
Himraelszoichen d. i. dem 4., 8., 12., 16., 20. steht die Eule, neben den
Nordzcibhen der Vogel mit dem llimmelszeichen „Stein"; die Eule findet
sich aber in Codex Borgia p. 03 in dem Südtempel, und der Vogel mit
„Stein" ib. ji. ()5 auf dem Baum des Nordens abgebildet. Diese vier Vögel
sind also die Genien derWeltrichtungen und beherrschen eine viertägigePeriode.
Auf Seite 42, 43, 1, 2 des Mayacodex von Dresden sieht man die vier
Gruppen von je fünf Zeichen neben vier Göttern, welche mit den vier
thiertödtenden Göttern der Aztekischen Bilder die grosseste Aehnlichkeit
haben; besonders interessant aber ist, dass neben diesen vier Göttern je
eine Kolumne von Schrift-Hieroglyphen steht, und das die oberste Hiero-
glyphe wahrscheinlich den Namen des Gottes enthält. Die Bilder dieser
vier Götter wicderliolen sich nämlich noch mehrfach in demselben Codex
p. 29jBP., und immer sind sie von denselben vier Hieroglyphen begleitet.
Es ist dabei zu bemerken, dass die Bezeichnung von Ost und West mit
einander vertauscht wird, ebenso die von Süd und Nord; so wird der vom
Fisch begleitete und eine Trommel haltende Gott (Codex Dresden p. 1
und 29; Codex Tro p. 24*) meist als Nordgott bezeichnet, aber einmal als
Südgott; der schwarze Gott mit dem Wasserdrachen und der Gott mit
dem' rothen Hunde sind Codex Dresden p. 29 respective als West- und
Ostgott, aber Codex Dresden p. 2 und 43 umgekehrt
bezeichnet; diese beiden letzteren stimmen übrigens
fast vollkommen mit dem Aztekischen West- und
Ostgott des Codex Vatican B p. 72, 73 überein.
Die vier Hieroglyphen finden sich auch im Maya-
codex Tro p. 26 vier Göttern beigelegt, die um
einen mittleren mit Skorpionschwanz angeordnet
sind, ganz wie in dem Azteca-codex Borgia p. 43
die vier Götter um einen Skorpion köpf, Ost und
Nord links, West und Süd rechts; auch Codex Tro
p. 24*, 25* stehen die vier Hieroglyphen neben
den vier Göttern. S. nebenstehend.
Das untere Zeichen in den Hieroglyphen des
Ost- und Westgottes bedeutet, nach Landa, Kin =
Sonne; die beiden oberen Zeichen derselben Hiero-
glyphen sind ahau, entsprechend jochitl — Blume
der Azteca, und manik, entsprechend mazatl =
Hirsch der Azteca. Nach Landa ist Kinchaham
einer der Namen des Ostgottes, vielleicht ist das
die Aussprache der Hieroglyphen des Ostgottes; die
Südgoft:
Nordgott:
Ostnrott:
Westgott:
222 C. Schultz-Sellack:
Wörterbücher geben lakin (laak = neu) und chikiu (chih = gewachsen)
als Namen für Ost und West. Die Hieroglyphe des Westgottes ist an sich
nicht zu deuten, hängt aber vielleicht mit folgendem zusammen: Bei den
Azteca hiessen die Menschen der Weltperiode des Westens, der Erde, der
schwarzen Farbe „Quiname" und waren ein Geschlecht von Riesen; bei den
Maya hiess, wie oben erwähnt, der Osten die kleine oder linke, der Westen
die grosse oder rechte Seite; im Codex Tro p. 23 sieht man nun aber links
einen kleinen ganz rothen Mann mit einer Fackel einem schwarzen Riesen
gegenüber, und darüber steht, am Ende mehrerer Reihen von Hieroglyphen,
links die Hieroglyphe des Ostgottes, rechts die des Westgottes. Die Hie-
roglyphe des Westgottes der Maya lautet also vielleicht Kiname.
6, Die beiden Tempel von Paleuque.
Wirkliche Tempel dieser Götter der Weltrichtungen sind noch vor-
handen in Palenque; denn zwei der am besten erhaltenen Pyramidentempel
von Palenque stellen in ihren Kultusbildern diese Gottheiten dar. Es sind
die von Stephens als casa II und casa III bezeichneten, nördlich und
südlich sich gegenüberliegenden Tempel,' welche kurz Nordtempel und Süd-
tempel genannt werden sollen , da das Naos mit dem Kultusbild sich
respective am Nord- und Südende derselben befindet.
Das Kultusbild des Nordtempels ist das viel besprochene „Kreuz",
der Baum auf welchem der Vogel mit Perlhalsband sitzt, den die Azteca
Cozcaquauhtli = Perladlei nennen. Man erkennt in diesem Baum sogleich
den „Baum des Nordens" des Codex Tejervary p. 44. und des Codex Borgia
p. 05 (neben den Tempel) wieder; wie dort steht am Fusse des „Kreuzes"
ein fratzenhafter Kopf undder Krug des Mondes, innerhalb dessen — wie
Chamay's Photographie des Kreuzes deutlich zeigt — das Himmelszeichen
„Stein" liegt, welches bei den Maya die Form eines punktirteu querliegeu-
den Kreuzes hat. (so besonders im Mayacodex Dresden p. 74). Auch in
Codex Borgia p. 16, 28 und Codex Land p. 26 steht der Baum und der
Krug des Mondes neben dem Himmelszeichen „Perladler". Bei den Azteca
ist der Perladler Gott des Wassers und der Fluth, und Perlen oder Perl-
schnüre werden dem Wassergott geopfert, welcher auch Tezcatlipoca heisst
(Codex Letellier p. 26; Borgia p. 51); eben diese Perlschnüre trug aber
auch der Mondgott (Codex Letellier p. 11, Borgia p. 41)). Der Perlen vogel
und die Perlenschnüre, welche das Kreuz von Palenque umschlingen, er-
klären sich also als Symbole des Wasser-, Nord- und Mondgottes vollkom-
men aus den Bildwerken der Azteca. Dieser dem Tezciitlipoca heilige Baum
ist nach ('odex Vatican A p. 5 der chichihua-quahuitl - Milchsaftbaum;
der Milchsaft oder Kautschuk wurde dem Tezcatlipoca geopfert.
An die Arme des Kreuzes sind zwei rechtwinklige mit Perlen besetzte
Mäanderljgurcn geheftet; diese bedeuten nichts anderes als die dorn Tezcatli-
poca heilige „Ecke", wie später nach einem Aztekischen Bilde (Codex
Wien p. 17) deutlich gezeigt werden soll.
Die Amerikanischen Götter. 223
Ein im Paliist von Palenqiie befindliches Reliefs (Stephens, Central
America 11 p. 316) zeigt inneihalh einer Einfassung zon Perlschnüren einen
Gott oder Priester; er trügt die perlenbesetzte „Ecke" wie ein Scepter in
der Hand') und auf dem Kopfe einen Gegenstand, welcher einem Ele-
phantenkopf oder -riissel ähnlich ist; derselbe Gegenstand ist bei den
Azteca der Kopfschmuck des Gottes Tonacachihua oder Cipactonal, des
Regenten des Ilimraelszeichens cipactli ■^- Fisch, der auf Binsen (icpatl oder
tollin) sitzend dargestellt wird (C'odex Vatican A ]). 17).
\>',\% Kultusbild des Südtem})els von Palenque stellt einen von zwei
knienden in Tigerfelle gehüllten Männern getragenen Gegenstand dar,
welcher auch in dem „Südbaum" des Codex Borgia p. 63 (neben dem Tem-
pel) sich findet: es ist eine vierecke, durch einen horizontalen und einen
vertikalen Streifen oder ein stehendes Kreuz Ar \n vier dunkle Felder ge-
theilte Tafel, über welcher zwei ,,Rohrstäbe" stehen, der Art die in den
Malereien .als Feuerquirh' dienen. In der Mitte dieser Kohrstäbe ist wie
ein Schild ein Bild aufgehängt, welches völlig dem Aztekischen Himmels-
zeichen „Sonne in vier Bewegungen" gleicht, wie dasselbe in dem grossen
Relief der Kathedrale von Mejica dargestellt ist: ein zungenausstreckendes
Gesicht über dessen Stirn eine dreieckige oder abgerundete Spitze steht,
und welches von vier Bändern oder Knoten eingefasst ist. 2) Das Viereck
mit den vier schwarzen Feldern oder stehende Kreuz -j- ist, wie schon
oben gezeigt wurde, ein Attribut des Sonnen- und Todesgottes, und das
Mayaschriftzeichen kin =^ Sonne scheint damit identisch zu sein. Die Mitte
dieses Vierecks auf unserem Kultusbild zeigt einen fratzenhaften Kojtf,
wahrscheinlich der „Todtenkopf" der Azteca; der Todesgott ist, wie schon
oben bemerkt, eng mit dem Sonnengott verbunden. In einem Relief des
Palastes von Palenque (Stephens, Central America II p. 318) sitzt ein Gott,
welcher das Himmelszeichen „Sonne in viei- Bewegungen" an einer Kette
um den Hals trägt, auf einem Thron, welcher aus zwei Vordertheilen von
Tigern gel)ildet ist; dieser Tigerthron ist offenbar nur eine andere Form der
beiden in Tigerfelle gehüllten knienden Träger des Kultnssymbols, welches
eben beschrieben ist. Ein ganz ähnlicher Gott auf dem Tigerthron ist dar-
gestellt im Kultusbild des dritten Pyramidentempels von Palenque, bei
1) Ks ist besonders interessant, dass vor dem Nordtempel zwei rund aufgeführte Sta-
tuen gefunden worden sind (Stepbens ib. p. 348), welche einen älanu mit einer hohen ge-
liörnten (den Assyrischen ähnlichen) Mütze darstellen, der in der Hand ein Symbol hält
welches wie eine zinneutragende M;iuer aussieht, völlig der Aegyptischen Hieroglyphe .Mauer-
gleich ; (las llinimel>zeichen ^Haus" ist bei ilen Azteca dem QuetzalcoatI geweiht und in tier
Abbildung Code.x Vatican p. 51, 5"2 ist das ,Haus des (QuetzalcoatI" mit Zinnen besetzt.
Ueber die symbolische Bedeutung der «Ecke" in Ostasien ist am Schlüsse die Rede. -
In Aegypten war bekanntlich Hapi - Ecke die Namenshieroglyphe des Mondstiers, Meu =
Mauer die des Sonnenstiers.
2) Dieser Kopf findet sich auch dargestellt in Maya-codex Dresden p. 41. Ein ähnlicher
Kopf mit dreieckiger Spitze über der Stirn ist auf eineui Goldblech in Peru gefunden wor-
ilcn (Hollaert, Antiquilies of Suutli America p. 140).
224 C. Schultz-Sellack:
Stephens casa IV genannt; anscheinend — denn eine deutliche Angabe
findet sich nirgend — nimmt dieses Bikl ebenfalls die Südwand des Tem-
pels ein, und wäre alsdann ein Bild des Südgottes. Auch mit dem Azte-
kischen Südbaum ist der Tiger verknüpft (Codex Vatican ß p. 6l)) und das
Himmelszeicheu „Tiger" dem Quetzalcoatl, dem Gott der „Luft" und des
„Rohres" geweiht (Codex Letellier p. 2; Borgia p. 53).
Hiernach bezieht sich also das Kultusbild des Nordtempels von Palen-
que auf den Gott des Nordens, des Wassers, der Perlschnüre, der Ecke,
des Mondes; das Kultusbild des Südtempels auf den Gott des Südens,
der Luft, der Rohrstäbe, der Sonne mit dem Attribut des Tigers. Die
Bilder lassen sich in allen Einzelheiten aus der Ueberlieferung der Azteca
und Maya erklären, und nach Aztekischer Bezeichnung müsste man die
Tempel von Palenque benennen als: Tempel des Tezcatlipoca, welchem das
Himmelszeichen „Perladler", die Muschel, Perlschnur und die Ecke geweiht
ist, und Tempel des Quetzalcoatl, welchem die Himmelszeicheu „Rohr",
„Sonne in vier Bewegungen" und „Tiger" heilig sind, oder aber als: Tem-
pel des Mondes und der Sonne. Es ist zu bemerken, dass nach der Ueber-
lieferung die beiden Tempelpyraraiden von Teotihuacan, die nördliche und
die südliche, ebenfalls dem Monde und der Sonne geweiht waren.
7. Der „Herr der Höhe" und der ,,Herr der Tiefe".
Der Südgott d. i. Quetzalcoatl-Huemac mit dem Attribut der Hand oder Itztla-
coliuhqui mit dem Attribut des Kopfes, und der Mondgott d. i. Tezcatli-
poca mit dem Attribut des Beines, oder aber: Sonne und Mond sind in
dem Bilde der vier Götter des Codex Tejervary p, 44 als Oberer und Un-
terer dargestellt. Noch deutlicher ist diese Vorstellung im Codex Wien
p. 17 und 48: Ueber den Streifen der vier Farben erheben sich fünf Berge;
auf den beiden ersten stehen zwei Bäume, welche mit dem Ostbaum und
Westbaum des Codex Tejervary übereinstimmen ; auf dem dritten Berg steht
innerhalb eines viereckigen Feldes ein Kopf, (wahrscheinlich gleichbedeu-
tend mit dem Viereck und Kopf im Südtempel von Palenque) am Fusse des
vierten Berges eine mit Perlen besetzte rechtwinklige „Ecke", innerhalb
deren ein Menschenbein. Auf der Spitze des fünften Berges endlich
sieht man die strahlende Sonnensche und ein Menschenauge am Fusse die-
ses Berges den Krug des Mondes; von der Sonne fliegt ein Vogel herab,
von dem Monde ein zweiter aufwärts'). Vor diesen fünf Bergen stehen
zwei hundköpfige Priester; der obere mit aufwärts gerichteten Schopf
quirlt Feuer mittelst des Rohrstabes, der untere mit abwärts hangendem
Schopl ist mit Perlen bedeckt und hält eine grosse Bandschleife an einem
1) Aehnlich ist iu Codex Borgia p. 21 dargestellt die strahlende Sonne und in ihrer
Mitte der Mondkrug. auf dem Streifen der vier Farben ruhend; daneben ein Vogel der eine
Menschenhand (Symbol des Südgottes) im Schnabel hält, und ein zweiter mit dem „himmli-
schen Stein" (Symbol des Mondgottes imd Mondes)
Die Amerikaiiischeu Ciötter, 225
Stabe. — Der aufwärts und abwärts gerichtete Schopf characterisiren auch
den Soonen- und Mondgott in Codex Vatican B. p. 43. — Diese beiden
Priester wiederholen sich fast auf jeder Seite des Codex Wien, der obere
hält öfter einen brennenden Uohrstab oder Fackel, der untere perlen-
bedeckte hält, wie der Gott Pantecatl, eine Muschel am Munde; auch iu Co-
dex Laud p. 8 finden sie sich wieder, sie heissen die beiden Jolotl (= Die-
ner, Hund). Der Commentator von Codex Letellier p. 24, 25 bezeichnet
nämlich als Herrscher des Himmelszeichens „Perladler" den hundkopfigen
Jolotl, den Vater des „Zwillingogottes", dessen obere Hälfte Tonatinh =
Sonnengott, dessen unlere Hälfte Tlalchi = Unterweltgott mit dem Mond-
krug bildet. In Codex Borgia p. 16, 28 und Codex Laud. p. 26 ist neben
dem Himmelszeichen „Perladler" nur der Mondkrug mit dem Hasen und
der ,,Ecke" dargestellt.
Diese beiden Priester oder Jolotl sind offenbar dieselben, welche in
Cholula von den vier Priestern und vier Tempeln des Quetzalcoatl den
höchsten Rang hatten, der Aquiach und Flachiach, nach Brasseur = Herr
der Höhe und Herr der Tiefe; es ist der Rohr- oder Feuerpriester und der
Muschel-, Perlen-, oder Wasserpriester. Eine andere Form des Zwillings-
gottes von Sonne und Mond sieht man auf der Ersten Seite des Codex
Borgia (p. H\ 75): der Schwarze Gott trägt eine grosse Sonne auf der
Mitte seines Körpers und ist von acht kleineren Sonnen umgeben; aus dem
Mondkruge (ähnlich wie Codex Laud. p. 26) gehen zwölf Mondsicheln tra-
gende Männer hervor, und darüber sieht man die zwei Priester oder Ge-
nien, eine rothe Gestalt mit einem flammenden Rohr zwischen den Zähnen
und eine schwarze Gestalt mit einem Wasserkrug. Die letzteren Figuren
erscheinen in derselben Form in Codex Vatican B. p. 3 neben dem Himmels-
zeichen,, Regen"; auch in einem der Tempel von Palenque (Stephens, Cen-
tral America H.) stehen zwei solche Figuren sich gegenüber, die eine mit
einem flammenden Rohr im Munde, die andere mit Wasser und Fischen
auf dem Kopfe.
8. Verbreitung Toltekisch er R eligionsansichteu In Amerika.
Der den Nahua und Maya gemeinschaftliche oder der Toltekische Kultus
hatte als Hauptgötter die Gottheiten der vier Elemente und Weltgegenden,
verknüpft mit vier Bäumen und Vögeln ; der Gott des Südens, der Höhe,
der Luft (oder auch des Feuers) und der Cott des Nordens, der Tiefe, des
Wassers stellen sich auch dar als Sonne und Mond, und ihre Symbole sind:
die rechte Hand — das linke Bein; die Zunge — das Ohr; das Rohr —
die Muschel; das Haus — die Ecke; der Tiger — der Hase.
Auch iu Peru wurden Sonne und Mond und die Herrscher der vier
Weltgegenden verehrt; die Namen der Götterpaare der vier Weltgegendeu
sind nach Garci las o (Coment. real. L 18): für Nord Manco-caj)ac und die
Mama-ocUo, für Süd Colla, für Ost Tocay, für West Pinahua, von denen
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 187i>. IG
226 C- Schultz-Sellack:
der erste Cuzco gründet. Als höchster Gott aber wurde verehrt Viraco-
cha, der sich Bruder des Manco-capac nennt (Garcilaso IV, 22) und mit
dem gleichnamigen (achten) Jeca, dem Eroberer von Chinchasuyu (= Nord-
land), zuweilen confundirt wird Dieser kriegerische Inca, der Sohn des
feigen Yahuar-huacac (= Blut weinende) liess an einen Felsen das Bild
eines Adlerpaares malen, welches ihn und seinen Vater bedeuten sollte
und welches Garcilaso noch gesehen hat; der eine Adler sass mit aufwärts
gerichtetem Kopf, der andere abwärts gewendet. Vielleicht ist der Name
Viracocha, dessen wörtliche Bedeutung: Fett-Meer Garcilaso zurückweist,
= Huayracocha d. i. Luft-Meer oder Luft- Wasser. Ich habe oben gezeigt,
dass neben den Aztekischen Bildern von Sonne und Mond, welche auch
als Götter der Luft und des Wassers aufgefasst wurden, ein aufwärts und
ein abwärts fliegender Vogel dargestellt wird, der Vogel des Nordens oder
des Gottes der Tiefe und der Vogel des Südens oder des Gottes der Höhe
(Codex Wien p. 17; Borgia p. 21); der Aztekische „Zwillingsgott'' von
Sonne und Mond, Quetzalcoatl und Tezcatlipoca, könnte also wohl mit dem
Peruanischen ,, Luft-Meer" gleichbedeutend sein. Die Peruanischen Namen
Manco und Colla für den Nord- und Südgott erinnern an die entsprechen-
den Toltekischen Panca und Culhua, sowie das Paar des Nordens Manco-
capas und die Mama-ocllo am Pantecatl und Mayaquil. Schon oben ist der
Camac und Supay von Peru, der Bochica und Chibchacum der Chibcha
mit dem Luft- und dem Fluthgott der Tolteca verglichen worden. Bei dem
Mangel an Peruanischen Kultusbildern und der Lückenhaftigkeit der Ueber-
lieferung ist ein eingehender Vergleich freilich unmöglich. Die Toltekische
„Woche von zwanzig Tagen'' findet sich nicht in Südamerika; sondern bei
den Chibcha Mondmonate, deren sich, nach Landa übrigens auch die Maya
bedienten, und in Peru Monate von 30 Tagen,
Wahrscheinlicher ist eine Verwandtschaft des Toltekischen Kultus mit
dem Nordamerikanischer Völker. Die Pima des Gilathales erzählten Ban-
croft, Native races III, p. 78): Die grosse Fluth wurde durch den Adler des
Berges erzeugt, und nur Ein Mann Szeukha (? = Cipactonal) rettete sich,
er vertrieb den Adler und sein Geschlecht die Hohocam (? = Ojomoco),
welche nach dem Süden auswanderten. Vorzüglich hervorzuheben ist, dass
der Tiger und Hase, bei den Tolteca die Thiere von Sonne und Mond,
auch bei den Algonkin, einer der ausgebreitetsten Nordamerikanischen
Stammesfamilien, die höchsten Götter sind. Der grosse Hase Michabu hat
auf den Wassern schwimmend Welt und Menschen erschaffen, aber der
Grosse Tiger Michibissi bekriegt ihn (Charlevoix, Nouvelle France HI
344). Die Siüux-Stämme, namentlich die Dahcotah, verehren als höchsten
Gott den Sturmgott Hoakah, dem der Elennhirsch und der Donneradler
geweiht sind (Eastman, Dahcotah p. 208, 262); ihm steht gegenüber Un-
ktahe der Gott der Unterwelt, des Wassers, der Grosse Fisch; ausserdem
Die Amerikanischen Götter. 227
haben sie vier Götter, der Götter der vier Weltrichtungen und Fabeln vom
Kampfe des Südgottes mit dem Nordgott. Besonders ausgebildet ist die
Sage von der Fluth, welche der Grosse Adler erzeugte, dessen Fussspuren
auf dem Heiligen Berge, dem Coteau des prairies, westlich von Missouri,
gezeigt werden (Catlin, Lettero II, p. 160).
Bei den Bewohnern der Westküste, namentlich den Indianern des Nutka-
Fundes, also weit im Norden, hat man den Gebrauch der den Tolteka
eigenthümlichen Zeitperiode von zwanzig Tagen gefunden; die Sage der
noch nördlicheren Tlinkit verdienen besondere Beachtung: Sie handeln von
dem Luftgott Yehel = Schwarze, Rabe, welcher zuerst die Erde aus den
Fluthen erhob, und dem Wassergott Khanakh, statt ihrer wird auch ein
Paar Chethl - Donneradler und Ahgishanakhu = Unterirdische Weib ge-
nannt, Yehel wurde zweimal auf der Erde geboren, das erste Mal aus
einem Stein, um den Gott der Fluth zu besiegen, das zweite Mal aus
einem Grashalm, um den Gott des Lichtes zu bezwingen, welcher Sonne
Mond und Sterne in drei Büchsen verschlossen hielt, die Yehel öffnete;
endlich überlistete er den Khanak, welcher die „Quelle alles süssen Wassers''
besass (B an er oft, Native races III p. 98, 145). Der aus dem Grashalm
geborene „Schwarze", welcher bei den Tlinkit den Fluthgatt besiegt, ist zu
vergleichen mit dem grossen Toltekischem Luftgott, dem Gott des „Rohres",
welcher ebenfalls der ,, Schwarze" heisst; auch die Geburt aus dem himm-
lischen „Stein" spielt bei den Azteca eine grosse Rolle.
9. Verwandtes in Asien. Die Vorstellung der Genien der vier
Weltrichtungen ist im Buddhismus von hervorragender Bedeutung, die vier
Buddha werden mit den vier Weltrichtungen und den vier Elementen in
Verbindung gebracht, und einem jeden ist ein besonderer Baum heilig; die
Verehrung von Bäumen zeigt sich in den Buddhistischen Denkmälern von
Indien und Java. Die vier Dhyanibuddha aber sind gradezu Personifica-
tionen der vier Himmelsrichtungen, Elemente, Farben, Sonne u. s. w.; be-
sonders in Tibet und China gilt ein solches Schema, zu dem auch die
Jahreszeiten, die Ziffern und andere Verhältnisse hinzutreten als Grundlage
aller Geheimlehre und Wahrsagerei. Das Gesammtcompendium dieser
Lehre, welches Eitel auszugsweise übersetzt hat, führt den Namen Fung-
chouy = Luft-Wasser. In Japan trägt der Weise, welcher (804 n. Chr.)
die Chinesische Schrift und Wissenschaft einführte, den Namen Kung-kai
= Luft-Ocean (Klaproth, Hist. des Jap. p. 93). In der mythischen Ge-
schichte der Chinesen spielt Kaiser Yu, welcher aus der Region der „Luft"
stammt, die Hauptrolle als Besieger des Kungkung, des Mannes der „Fluth".
In der Japanischen Sage ist besonders berühmt das Bruderpaar Sosans,
der Sturmgott und Yebisu der Wassergott; sie sind die Söhne von Izanagi
Szanami, welche zuerst die Erde aus den Fluthen erhoben. Izanagi und
Izanami sind das vierte der „vier grossen Götterpaare"; man muss dabei
der „vier Götterpaare" der Amerikanischen Sage sich erinnern. Zwei fabel-
228 C. Schiiltz-Sellack:
hatte Bäume werden mit diesen Göttern in Verbindung gebracht: Die dem
Izanagi geweihte Cypresse oder der Baum der Begattung, und der Enoki
oder der Baum der geschlechtlichen Enthaltung; Izanagi wird auch Ying-
lung = Vogelpaar-Drache genannt und der „köstliche Bambus" ist sein
Attribut. Die Japanischen Bilder dieser beiden Bäume sind, wie sich un-
zweifelhaft zeigt, in den Buddhistischen Skulpturen von Java und Indien
aufzufinden; der Gott des „köstlichen Bambus" ist kein anderer als der
Indische Vana == Rohr, welcher mit dem Maha-kala = Grosse Schwarze
identisch ist.
Diesen Japanischen Sturmgott Ying-lung = Vogelpaar-Drache mit dem
Attribut des „Rohres", den „Schwarzen" kann man gegenüberstellen dem
Toltekischen Luftgott Quetzcoatl = Vogelschlange mit dem Attribut des
,, Rohres", der in Mittelamerika ebenfalls der Schwarze heisst. Eine ganze
Reihe von religiösen Vorstellungen des äussersten Ostasiens, durch Denk-
mäler belegt, lässt sich in dieser Weise mit dem Toltekischen von Amerika
parallelisiren. Insbesondere ist hervorzuheben die Uebereinstimmung des
Bildes von Quetzcoatl mit dem „Rohr" innerhalb des „Hauses" (Codex
Vatican A. p. 51, 52) — und das des Japanischen Ying-lung mit dem
„Rohr" neben dem Baum mit „Umzäunung" (Humbert, Le Japon II,
p.55) — sowie des entsprechenden Bildes in Java (Leemanns, Boro-budor
tab. 102); ferner die Uebereinstimmung des mit Perlschnüren behängten
Baumes oder „Kreuzes" von Palenque, an dessen Fuss der Mond steht —
und des mit Perlschnüren behängten Baumes von Java, unter welchem ein
Gott mit der Mondsichel auf dem Kopfe (Leemans, Boro-budor, tab. 43).
In dem in China für so bedeutsam gehaltenen quadratischen Schema
der neun Ziffern
4 9 2
3
5 7
8 1 1 6
bilden die Graden Zahlen (Symbol des Mondes) die ,, Ecken" (die vier ye),
die Ungraden Zahlen (Symbol der Sonne) die „Mitten"; diese neun Zif-
fern symbolisiren die acht Richtungen und die Mitte. In Amerika ist die
„Ecke" das Attribut des Wasser- und Mondgottes Tezcatlipoca, das „Haus"
Attribut des Luft- und Sonnengottes Quetzalcoatl vielleicht in demselben
Sinne wie in China. Die neun Teucyohua = Schwarze Herren der Azteca
könnten zusammenhangen mit den Chinesischen Genien der neun Ziffern
und Richtungen, sowie mit den Japanischen neun Genien des Sturmgottes
Sosano, welche letztere übrigens den neun Formen des Indischen Sturm-
gottes Rudra entlehnt sind. Auch scheint es unzweifelhaft, dass: die vier
Weltperioden der Amerikaner — die Chinesische Fluth des Kung-kung und
die Missethaten seiner drei Genossen, welche mit ihm an die vier Enden
Die Amerikanischen Gotter. 229
der Welt verbrannt sind — endlich die vier yuga der Inder — Illustra-
tionen eines und desselben Seliemas, und übrigens ohne alle historische
Bedeutung sind.
In Asien ist die Wechselbeziehung der Indischen, besonders Buddhis-
tischen Vorstellungen und Sagen mit den Chinesischen und Japanischen
sicher erwiesen, die Annahme einer Verwandtschaft der letzteren mit den
Toltekischen ist nicht unmöglich, und die von Humboldt in dieser Be-
ziehung ausgesprochenen \ ermuthungen werden sich an der Hand der Denk-
male zur Gewissheit erheben lassen.
Botanisch -ethnographische Notizen aus Guinea.
Aus den Aufzeichnungen von Thonning in Schumacher's
Beskrivelse af Guineiske Planter
mitgetheilt von
P. Ascherson.
Im dritten und vierten Theile der naturwissenschaftlichen und mathe-
matischen Abhandlungen der Kgl. Dänischen Gesellschaft der Wissenschaften
(1828 und 1829) veröfi'eutlichte Professor Christ. Fredr. Schumacher in
Kopenhagen eine Abhandlung^), in der etwa 500 Pflanzenarten aus Ober-
Guinea beschrieben wurden. Diese Arbeit, einer der werthvoUsten Beiträge
zur Keuntuiss der damals noch fast unerforschten Flora des tropischen Afrika,
bietet für die Ethnographie ein besonderes Interesse, da sie die während
eines fast dreijährigen Aufenthaltes in den dänischen Besitzungen an der
Goldküste zu Anfang dieses Jahrhunderts gemachten Aufzeichnungen des
zur Zeit dieser Veröffentlichung noch lebenden Etatsrathes Peder Thonuing
über einheimische Namen und Benutzung bez. Schaden der Pflanzen ent-
hält. Derartige Notizen, wenn sie von den Sammlern überhaupt in er-
wünschter Vollständigkeit gemacht wurden, sind bei den Veröffentlichungen
über die Sammlungen, welche oft erst lange nach dem Tode der Reisenden
oder ohne alle Verbindung mit ihnen erfolgen, häufig sehr stiefmütterlich
behandelt worden; umgekehrt sind die Reisenden in ihren bald nach der
Rückkehr erschienenen Berichten selten in der Lage, die genaue botanische
Bestimmung der besprochenen Pflanzen mitzutheilen. Gleich reichhaltige und
gleich authentische Aufzeichnungen finden sich daher in der botanischen
Litteratur sehr selten; aus der das tropische Afrika betreffenden lassen sieh nur
die Aufzeichnungen W. Schimper's in Abessinieu und die von Grant während
der von ihm mit Speke ausgeführten Nilquellen -Expedition 2) den Thon-
1) Beskrivelse af Guineiske Planter soia ere fiuidne af Danske Rotanikere, isacr afEtats-
raad Thouning. Det Kongl. Danske Videnskaberaes Selskabs Nalurvideiisk. og Mathemat.
Afhandl. Tredie Deel. (1S28) p. 21—248. Fierde Deel (ISJO) p. 1—236.
2) Oliver, The Botany of the Speke and Graut Expedition. Trans, of the Linn. Society
Vol XX iX.
232 P- Ascherson:
ning'schen an die Seite stellen. Die Nachrichten des dänischen Reisenden sind
indess, vielleicht weil sie in seiner Muttersprache veröffentlicht worden sind,
in dem seitdem verflossenen halben Jahrhundert fast unbeachtet geblieben.
Selbst in so reichhaltigen Sammelwerken, wie Endlicher's Enchiridion und
Rosenthal's Synopsis plantarum diaphoricarum sind die auffälligsten An-
gaben Thonning's nicht berücksichtigt. Es schien dem Herausgeber daher
wohl der Mühe werth, auf diese vor etwa 80 Jahren gemachten Aufzeich-
nungen, welche bei der Stabilität der Zustände bei den Naturvölkern der
Westküste Afrika's wohl auch heut noch grösstentheils ihre Geltung haben
dürften, von Neuem die Aufmerksamkeit zu lenken. Dass diese Arbeit in
einer ethnologischen Zeitschrift erscheint, bedarf wohl kaum einer Recht-
fertigung. Die Beziehungen der Naturvölker zu der sie umgebenden Pflanzen-
welt sind so vielseitig und tief eingreifend , dass sie die Beachtung der
Ethnologen in vollem Maasse verdienen. Es sind hier sämmtliche Arten
aufgenommen, für welche im Original einheimische Benennung und Be-
nutzung, oder eins von beiden angeführt ist.
Vor Allem erhalten wir aus diesen Mittheilungen einen Einblick in die
Heilkunde der Gruinea -Neger, wie wir ihn wohl von wenigen afrikanischen
Völkern besitzen. Das complicirte System von Indicationen (auch eine
Contra-Indication wird unter n. 31 mitgetheilt) deutet auf eine tausendjährige
Tradition. Die nahe Beziehung der Medicin zu den religiösen Vorstellungen
dieser Völker tritt uns vielfach entgegen, wie der von den Geistern der
verstorbenen Verwandten befürchtete nachtheilige Einfluss, dem man durch
die starkriechenden Labiaten, welche man als den Gespenstern widerwärtig
ansieht, zu begegnen sucht (n. 122 — 125). Neben manchen sicher recht zweck-
mässigen und wirksamen Curmethoden begegnen uns auch mehrere höchst
verkehrte und schädliche, wie z. B. (abgesehen von den Fetisch-Ceremonien,
für die der dänische Reisende (vom ethnologischen Standpunkte müssen
wir sagen leider!) kein specielles Interesse gehabt zu haben scheint, da er
nur unter n. 42 eine genauere Mittheilung macht) das Einstreuen pulverisirter
Kräuter in alte Geschwüre. Der Krankheitscharakter eines tropischen, von
intensiver Malaria - Infection heimgesuchten Landes spricht sich selbstver-
ständlich in den hier mitgetheilten Indicationen aufs Entschiedenste aus. In
erster Reihe erscheinen langwierige Fussgeschwüre, häufig Dysenterie, Fieber,
und Folgezustände derselben wie Wassersucht; wogegen Symptome, die auf
Lungenkrankheiten deuten, nur zweimal (n. 13 und 127 erwähnt werden.
Als Universalmittel, die nicht leicht, namentlich bei äusserlicher Medication
fehlen dürfen, scheinen Paradieskörner (Malagetta- Pfeffer) und Citronensaft
zu gelten. Sehr originell ist die unter n. 110 mitgetheilte Encheirese des
Klystiers bei den Negern. Auch über die Quantität Bier, welche ein flotter
Trinker täglich zu sich nimmt (n. 145) dürften anderweitige Angaben kaum
vorliegen. Von nicht geringem ethnologischen Interesse erscheint die Ver-
wendung derselben Frucht (n. 12) als Schnupftabaksdose in Guinea und an
Thonning's botanisch-ethnographische Notizen aus Ouinea. 233
den Ufern des Rothen Meeres, da wir die Bekanntschaft mit diesem ameri-
kanischen Genussmittel doch kaum weit über drei Jahrhunderte werden zu-
rück datiren können.
Selbstverständlich sind für die aufgeführten Pflanzen die jetzt gebräuch-
lichen botanischen Namen vorangestellt worden, und für Diejenigen, welche
weitere botanische Nachweise suchen, ausser der S chumacher'schen Ab-
handlung (8. III und S. IV. bezeichnet die im dritten, resp. vierten Theile
enthaltene Abtheilung derselben) Oli ver's Flora of Tropical Africa (0. F. A.),
sowie für die Familien, welche in den bisher erschienenen drei Bänden dieses
Werkes noch nicht behandelt sind, De Candolle's Prodromus (DO. P.)
und Kunth's Enuraeratio (K. E.) citirt worden. Die einheimischen Benen-
nungen sind wie die botanischen cu?'siv gedruckt; für erstere ist die däni-
sche Orthographie Thonn in g's beibehalten, da der Herausgeber kein Mittel
besass, sie richtig zu stellen; nur ist die bei T. oft variirende Schreibung
eines und desselben Wortes conformirt worden. Zur leichteren Uebersicht
dieser Namen ist ein alphabetisches Verzeichniss derselben angehängt.
Immerhin lässt sich aus dieser Zusammenstellung errathen, dass die oft vor-
kommende Silbe Tjo Baum oder Strauch, Panf/ Liane, Fi/e Gemüse
oder Kraut bedeutet. Die Zusätze des Herausgebers sind durch [ J und
die Chiffre A. kenntlich,
Anonaceae.
1. Anona senegalemi-i Pers. (0. F. A. 1. 16. A. arenaria Thonn. S. IV
31.) Najoie.'^) Die Frucht hat einen angenehmen, obwohl schwachen Ge-
ruch und scliraeckt süss, etwas aromatisch, hat aber nur wenig Fleisch.
Vielleicht würde sie, cultiviit, andere Arten dieser Gattung übertreffen. Die
Abkochung der getrockneten Blätter wird gegen alte Fussgeschwüre ge-
braucht.
2. A. glauca Schum. (0. F. A. I. 17. S. IV. 33.) Die Frucht hat im
Geschmack einige Aehnlichkeit mit Guadeloupe -Melonen [wohl Carica Pa-
paya L. A.]
3. Uvaria cordata Schum. (O. F. A. I. 22. S. IV. 29.) Aginyeli. Die
Frucht, welche einen süssen Schleim enthält, wird von den Neffern becieri-J-
ö ort
gegessen. Eine Abkochung der Wurzel, Rinde und des Holzes wird gegen
alte Fussgeschwüre gebraucht. Die Blätter erinnern im Geschmack an Lor-
beerblätter.
4. V. Chamae P. B. (O. F. A. 1. c. U. cijlindrica Schum. S. IV. 30.)
Abada. Die frischen, lorbeerähnlich riechenden Blätter werden gestosseu auf
alte Fussgeschwüre gelegt. Die Wurzel wird innerlich in Abkochung und
äusserlich fein gerieben als Salbe gebraucht, um Anschwellung des Hodens
1) Die zweite Hälfte des Namens Ba/>ij/a - A'ajn'c, welcher den ebenfalls essbare Früchte
tragenilen Snr<iH-<'f,ha/ii.t t'.s( «/t/i/u.v Afz. (n. 79) bezeichnet, ist DDÜglioher Weise identisch; ob
aber /• oder v die richtige Schreibung ist, i)leibt festzustellen. A
234 P- Ascherson:
zu vertreiben. Die Abkochung wird auch gegen Gonorrhoe getrunken. Die
Samen sind von einer vs'ohlschmeckenden, süsslichen Gallert umhüllt, welche
geröstet gegessen wird.
Nymphaeaceae.
5. Nymphaea Lotus L. (0. F. A. I. 52. N. dentata Schum. S. IV. 23) und
6. N. atellata Andrews (Willd.) (0. F. A. 1. c. N. maculata und N.
guineensis Schum. S. IV. 21, 22 ^).) Taetremande.
Capparidaceae.
7. Gynandropsis pentaphylla (L.) DC. (0. F. A. I. 82. Cleome acuta
Schum. S. IV. 67.) Taeta-Fye. Die Blätter dienen den Negern als Gemüse.
[Dieselbe Anwendung findet auch, trotz des Übeln Geruchs der Pflanze, nach
E. de Pruyssenaere (Sitzb. der Ges. naturf. Freunde, Berlin 1877 S. 156),
in den oberen Nilländern statt].
8. Capparis tomentosa Lmk. (0. F. A. I. 96. S. IV. 8.) Petipeti.
9. C. Thonningii Schum. 0. F. A. I. 97. S. IV. 10.) Otjobibomo.
10. CJ reflexa Thonn. (0. F. A. I. 98. S. IV. 11.) Ajilebi.
11. C. erythrocarpa Isert. (0. F. A. I. 98. S. IV. 9.) Petipeti; die
Frucht Abaumba.
Bixaceae.
12. Oncoba s/jmosa Forsk. (O. F. A. I. 115. Lundia monacantha Schum.
S. IV. 5.) Azara-Tjo. Die Neger gebrauchen die innen gereinigte Frucht-
schale, welche sie nur mit einem Pfropfen verschliessen, als Schnupftabaksdose.
[Dieselbe Benutzung findet auch im östlichen tropischen Afrika statt und
sind diese zierlichen runden Owcoia-Dosen nach Schweinfurth (Im Herzen
von Afrika I. 206) weit im Arabischen Handel des Rothen Meeres ver-
breitet. A.]
13. Flacourtia ßavescens Willd. (O. F. A. I. 121. F. eduUs Schum.
S. IV. 224.) Amagomi. Dieser Strauch erreicht in der Nähe der Seeküste
selten über 2 Fuss Höhe; auf den Bergen und an deren Fusse wird er weit
über mannshoch und der Stamm armsdick. Das Holz ist röthlich, hart und
fein, aber sehr krumml'aserig. Die kirschengrossen, schwarzrotlien Beeren
gehören zu den besten wildwachsenden Früchten; sie haben ein süsses, meh-
liges Fleisch und können ohne Schaden in bedeutender Anzahl gegessen
werden. Die in der Nähe des Strandes gewachsenen Früchte sind wohl-
schmeckender als die aus den fruchtbaren Berggegenden, was übrigens auch
bei den meisten anderen Früchten, wie Ananas, Orangen, Guajaven etc. der
1) Herr Prof. II. Caspary, der rühmlichst bekannte Monon;rapli der Familie, theilt dem
Herausg. nachträglich mit, dass A'. guineensis Schum. (- A^. reticiilata Vahl ms. in hb. Hafn.)
zu A^. caerulea Sav. gchoit, welche Herr C. jetzt von N. stellata trennt. Ob N. maculata zu
N. atellala oder A'. coerulra zu ziehn ist, bleibt indess noch zu ermitteln.
Thonning's botanisch -ethnographische Notizen aus Guinea. 235
Fall ist, welche in der Nähe der Küste kleiner, aber viel süsser und aro-
matischer sind. Die jungen Blätter legt man [in Pytto (Negerbier) und lässt
dies in der Sonne stehen und sauer werden; dies Getränk dient bei Gonor-
rhoe als harntreibendes Mittel. Bei auszehrendem Husten wird eine Portion
der Blätter mit etwas Malagetta - Pfeffer gekaut und der Saft mit kaltem
Wasser heruntergespült.
Malvaceae.
14. Hibiscus surattensis L. (0. F. A. I. 201. S. IV. 91) und
15. H. cannabinus L, (0. F. A. I. 204. H. congener Schum. S. IV. 93.)
Sirsa-Imum oder Sissa-Imnne. Der Stengel letzterer Art ist sehr zähe und
lässt sich, wie manche andere Arten dieser Gattung zu einer Art Hanf ver-
arbeiten, aber die Neger benutzen ihn nicht. [In anderen Gegenden des tro-
pischen Afrika, auch in Aegypten, wo die Pflanze TU heisst, wird die Faser
allerdings benutzt. A.]
16. H. esculentus L. (0. F. A. I. 207. S. IV. 90.) Wird hie und da
cultivirt. [In den arabisch redenden Ländern ist die unreife Frucht unter
dem Namen Bämiah ein allgemein bekanntes schleimiges Gemüse. A.]
17. H. Ahelmoiichm L. (O. F. A. I. 207. S. IV. 89.) Asiante- Kitteva.
Hier und da cultivirt, doch in geringer Menge. [Der systematische Name
ist eine unerhebliche Modification des arabischen Habb-el-misk (Moschus-
korn), womit die nach Moschus riechenden Samen dieser in Ostindien ein-
heimischen Pflanze bezeichnet werden. A.]
18. GosHypium Barbadense L. (0. F. A. I. 210. G. punctatum Schum.
S. IV. 83) und
19. G- herbacevm L. (0. F. A. I. 211. G. prostratum Thonn. S. IV. 85)
werden cultivirt,
20. Adansonia digitata L. (0. F. A. I. 212. S. IV. 74.) SJadJo-Tjo.
Die Eingeborenen von Aschanti, Akim, Aquapim begraben ihre vornehmen
Todten stets heimlich und oft in diesem Baume, besonders in Kriegszeiten,
da sie fürchten, dass der Feind die Leiche ausgraben und die Knochen an
seiner Trommel als Zeichen des Sieges und zur Schmach der Besiegten ent-
führen könnte. Die Neger versichern, dass die Leiche in diesem Baume
austrocknet ohne zu verwesen. Man vergräbt die Leiche im Innern vom
Alter ausgehöhlter Stämme. Das Holz ist schwammig und selbst zum Brennen
unbrauchbar. Die mehlige säuerliche (trockene) Substanz, welche die Samen
umgiebt, wird von den Negern gegessen. Die ganze Frucht wird zu Asche
verbrannt, aus deren Lauge man mit Palmöl Seife kocht.
21. Eriodendron anfractuosum DC. (0. F. A. I. 214. Bombajc pentan-
druin L. S. IV. 75 (Onjai-Tjo) und B. guineeme Thonn. S. IV. 76 {Odvm-
TJo.) [Der bekannte Silk-cotton trrc, an der Loangoküste Mafumeird . im
Siulfm Bimi genannt. AJ
236 P- Aschersoü:
Sterculiaceae.
22. Cola acuminata (P. B.) R. Br. ß. nitida (Vent.) Maxw. Mast.
(O. F. A. I. 221. Sferculia verticillata Thonn. S. IV. 14.) Kjaelae. Die
Frucht wird von den Eingeborenen gekaut; sie hat einen bitteren, zu-
sammenziehenden Geschmack und färbt den Speichel carmoisinroth. [Die
Samen stellen das an der Westküste als Äb^cz-Nuss, im westlichen und
mittleren Sudan als Ctm/o-Nuss allgemein bekannte Genussmittel dar. A.]
23. Wa/theria americana L. (0. F. A. I. 235. W. guineensis Schum.
S. IV. 69.) Fufuba. Die getrockneten Blätter werden als Thee gebraucht,
welcher im Geschmack dem von Verbascum-Q\vi\\iQn gleicht und dieselbe
Wirkung hat.
Tiliaceae.
24. Grewia carpinifoUa Vahl (P. B.) (0. F. A. I. 247. S. IV. 15.)
Asi-Gremi. Die etwas säuerliche Frucht-Pulpa wird von Kindern gegessen.
Die jungen Schosse dienen als Gemüse.
25. Triumfeita rhomboidea Jacq. (O. F. A, I. 257. T. mollis Schum.
S. IV. 12.) Toube. Die Wurzel wird bei Geschwüren welche vom Guinea-
Wurm herrühren, gebraucht.
26. Corchoms acutangulus Lmk. (0. F. A. I. 264. C. polygonus Schum.
und C. muricatus Schum. S. IV. 19., 20.) und
27. C. tridens L. (0. F. A. 1. c. C. angustifolius Schum. S. IV. 18).
Koina-Fye. Die Blätter werden von den Negern als Gemüse gegessen. [Der
nahe verwandte C. oUtorius L. ist in den arabisch redenden Ländern ein
als Melnchiali allgemein bekanntes schleimiges Gemüse. Die in Asien ge-
wonnene Faser der Stengel ist die bekannte Jute. A.]
Linaceae.
28. Erythroxylon emarginatum Thonn. (0. F. A. I. 274. S. III. 244.)
Sio-Tahmi.
Zygophyllaceae.
29. Tribulvs terrester L. (0. F. A. I. 283. T. humifusu.« Schum. S. III.
235. Bldfo bei Akkra. Ein gefährliches Unkraut auf Fusssteigen [da dem
barfüssigen Neger die stachligen Früchte sehr lästig werden. A.J
Rutaceae.
30. Xanthoxylon senegalense DC. (0. F. A. I. 305. Zanthoxylum poly-
gamum Schum. S. IV. 207. Hah-Tjo. Das Holz dieses im Binnenlande die
Grösse mittelmässiger Eichen erreichenden, am Strande aber, wie die meisten
Holzgewächse verkümmernden Baumes eignet sich in mancher Hinsicht vor-
trefflich zu Möbeln. Es ist stark, hart, schwer, von einer schönereu gelben
Farbe als Buchsbaum, (die es indessen, wie dieser, mit der Zeit verliert)
Thonnings botanisch-ethnographische Notizen aus Guinea. 237
und 80 fein wie eine mittlere Qualität von Mahagoni. Es enthält viel Harz,
lässt es indess später nicht ausschwitzen, sondern nimmt in Folge dieses
Gehalts eine glänzende, feine Politur an. Es wird nie vom Wurm ange-
griffen. Es ist indess voller Aeste und wegen des gewöhnlich krummen
Wuchses kann man keine Bretter erhalten, die länger als 2 Ellen sind.
Die gewöhnliche Breite derselben beträgt 5 — 8, höchstens 12 — K! Zoll.
Aus dem Holze, besonders, wenn es recht astreich ist macht man Fackeln,
deren sich die armen Leute zur Beleuchtung bedienen. Aus den grossen Stacheln
alter Bäume macht man Kugelformen und Schablonen, um farbige Verzierungen
auf dem Körper abzudrücken. Die Neger gebrauchen die Wurzelrinde gegen
Gichtschmerzen, indem sie sie mit einigen Paradieskörnern fein zerrieben auf
die schmerzende Stelle einreiben. Bei Zahnschmerzen wird die feingeriebene
Wurzelrinde am Kinn eingerieben, und eine Abkochung wird ab und zu in
den Mund genommen.
31. Clausena anüata (Willd.) Hook. f. (0. F. A. 1. 308. Amyrü animta
Willd. S. in. 211.) Abanii-Tjo oder Alami-aidage-Tjo. Anisbaum der
Europäer. Die ganze Pflanze hat einen anisähnlichen Geruch und Geschmack;
die Blätter, Blüthen und Samen am meisten, weniger die Wurzel und am
wenigsten das Holz. Die abgekochten Blätter werden oft zum Bade bei
chronischen Uebeln gebraucht. Bei allen acuten Krankheiten ist dies Bad
schädlich. Ein Aufguss der Wurzel wird bei verschiedenen Magenübeln
getrunken. Bei der Gesichts- Geschwulst (in der Sprache von Akkra Ahoa)
wird die Wurzel mit Citronensaft und Paradies -Körnern fein gerieben und
das Gesicht damit bestrichen.
32. ? Citrus panicidaUi, Schum. (S. IV. 152. Wie Bentham (Hooker's
Niger Flora p. 257.) bemerkt, schwerlich zu dieser Gattung gehörig.)
Koklo-Tjo. Von der Asche der Frucht wird Lauge bereitet, aus der man
mit Palmöl Seife kocht,
Meliaceae.
33. Melia Azedarach L. (0. F. A. I, 332, M. angtitstifoHa Schum. S. HI.
234.) Wird cultivirt. Der Same kam zuerst von Elmina, wie Thonning
glaubt ursprünglich aus Westindien, [Das eigentliche Vaterland dieses,
auch in Südeuropa häufig angepflanzten Baumes ist Ostindien, A] Die
Blüthen riechen angenehm, wie Syi'inga. Unter allen Bäumen leidet dieser
am meisten von dem Schmarotzer Loranthus TItonninyii Schum,
Chailletiaceae.
34. Chüületia toxicoria Don. (0. F, A. I. 341. Rliumnvs paniadatu^
Thonu, S, III. 151.) Otofrömi.
Olacaceae.
35. Ximenia americana L. (0, F. A. I. 34ti. S. III. 213.) Me-Tjo.
[Die kirsohengrosse gelbe Frucht dieses Strauches schmeckt nach Schwein-
238 P. Ascherson:
furth (Im Herzen von Africa I. 208.) citronenähnlich und wird sammt dem
haselnussartigen dünnschaligen Kern gegessen. A.]
Celastraceae.
36. ?Salacia africana (Willd.) DC. (0. F. A. I. 377. Tonsella africana
Willd. S. III. 40.) Ploem-Tjo. Der die Samen umgebende weisse, süssliche
Schleim wird von Kindern gegessen.
Ampelidaceae.
37. Vitis quadrangularis (L.) Wall. (0. F. A. I. 399. Oisaus bifida
Schum. S. III. 100.) Die gestossenen, mit Citronensaft gemischten Blätter
werden auf die vom Guinea- Wurm (Filaria medincnsis) verursachten Ge-
schwülste gelegt. Dasselbe Mittel mit gestossenen Paradieskörnern gemischt,
wird gegen die Hautwassersucht (Anasarca) angewendet; es wird der ganze
Körper damit eingerieben.
38. V. Thonningii Baker. (0. F. A. I. 407. C. cymosa Schum. S. III.
102.) Anmanum-Ba.
Sapindaceae.
39. Cardiospermum grandiUorum Sw. 3. hirstdum (Willd.) Radlk.
(Sitzungsber. bayer. Akademie Phys. math. Cl. 1878. S. 260. C. Halicacabum
0. F. A. I. 418 ex p. C. hirmtum Willd. S. III. 216.) und
40. C. Hcdicaccabuni L. (0. F. A. 418 ex p. C glabrum Schum. S. III.
217.) Sablabe. Beide Arten werden als Zaubermittel gebraucht, die letztere
aber seltener als die erste.
41. Schmidelia africana (P. B.) DC. (0. F. A. I. 421. Omithrophe
tristachyos Schum. S. III. 208.) und
42. S. magica (Schum.) Baker. (0. F. A. I. 423. Omithrophe magica
Schum. S. III. 206.) Tadadua. Die Wurzelrinde der letzteren Art wird
zuweilen auf alte Fussgeschwüre gelegt. Die Zweige derselben werden oft
als Zaubermittel in Krankheitsfällen gebraucht und zwar folgendermaassen:
Man haut einen l.J- Ellen langen Ast ab, schabt die Rinde ab, bestreicht
das Holz mit weissem Thon, und umwickelt das eine Ende mit einem aus
Bast gedrehten Strick, welcher mit rother Erde überstrichen wird. Das
andere Ende wird in die Erde gesteckt und zwar an einer Stelle, welche
der Fetischpriester oder Arzt bestimmt, gewöhnlich an einem Kreuzwege.
Oft wird ein Ei oder sonst ein kleiner Gegenstand daneben gelegt und
nicht selten werden mehrere solche Stäbe nach und nach eingepflanzt, wenn
die Krankheit nicht weichen will. Die Blätter werden in kaltes Wasser
gethan, mit dem der Kranke sich waschen muss. Dies Wasser wird dann
neben dem eingepflanzten Stabe auf die P]rde gegossen.
42. Blighia sapida König. (O. F. A. I. 426. Cupania edulis Schum.
S. III. 210.) Atja-Tjo. Wilder Kaschu der Europäer. Der Baum erreicht
Thonning's botanisch-ethnoprHphische Notizen aus Guinea. 239
die Grösse einer mittelstarken Eiche. Von der Frucht isst man nur den
Samenmantel, rauss aber den Nabelstrang sorgfältig entfernen, da dieser
nach Angabe der Neger ein sehr heftiges Gift enthält. Die mit Citronen-
saft zerriebene Rinde wird als Umschlag oder Einreibung bei geschwollenen
Hoden angewendet.
44. DeinboUia pinnaia Schum. (0. F. A. I. 432. S. IV. 16.) Badima-
nopla. Die geschmacklosen Beeren werden mitunter von Kindern aus Neugier
gegessen, welche davon wunde Lippen bekommen.
Anacardiaceae.
45. Spondins lutea L. (0. F. A. I. 448. -S. aurantiaca Schum. S. III.
245.) Adodomi. Die Frucht dieses [aus dem tropischen Amerika stammenden
A.] Baumes hat einen angenehm weinsauren Geschmack, greift aber bald die
Zähne an. Die Blätter werden zum Dampfbade bei Wassersucht abgekocht.
Connaraceae.
46. Bijrsocnrpufi coccineus (Schum.) Baker (0. F. A. I. 452. B. coccineus
Schum. und ß. puniceus Schum. S. III. 246, 247.) Ploem-Tjo, die Frucht
Sio-Tahmi. Die Rinde wird von der frischen (oder iu deren Ermangelung
von der trocknen) Wurzel abgeschabt, weich geklopft und auf alte Fuss-
geschwüre gelegt, welche ausserdem mit einer Abkochung derselben gebadet
werden. William Parker versicherte Thonning, er habe gesehen, dass
ein Neger die mit einigen Paradieskörnern gekauten Blätter auf eine von
einer Giftschlange zugefügte Bisswunde legte und dass er ihn später frisch
und gesund gesehen habe. Indess wusste er nicht, welcher Art die Schlange
angehörte. Andere Neger versicherten dem dänischen Reisenden, in diesem
Falle sei nicht die Heilkraft der Pflanze wirksam gewesen, sondern dies
Verfahren habe nur diesem Einen und Niemand anders helfen können, da
die Pflanze sein Privat -Fetisch sei. Der Name Ploem-Tjo gehört übrigens
eigentlich der Salacia africana DG. (Nr. 36.), Sio-Tahmi aber den Enjth-
roxylon emarginaium Thonn. (Nr. 28) an.
Leguminosae.
47. Indigofera ptdchra WiUd. (0. F. A. II. 76. S. IV. 143.) Die ge-
trockneten, pulverisirten Blätter werden auf alte Fussgeschwüre gestreut und
diese mit einer Abkochung derselben Pflanze gebadet
48. /. finctoria L. (0. F. A. II. 99. /. ornithopodioides Schum. S. 146.
Diese Indigofera- kvi ist die gemeinste der in Guinea vorkommenden, doch
nirgends in solcher Menge zu finden, dass sie ohne besondere Cultur zur
Indigofabrication gebraucht werden könnte. Thonning konnte keine
medicinische oder chemische Benutzung der Pflanze, nicht einmal ihren Namen
in Erfahrung bringen; der einzige Gebrauch, den man zuweilen von ihr
macht, ist zu Kehrbesen.
240 P- Ascherson:
49. Mülettia Tlwnningii (Schum.) Baker. (0. F. A. II. 128. Robinia
Thoniringii Schum. S. IV. 123. Tah-Tjo. Das Holz dieses fast die Grösse
der Buche erreichenden Baumes ist gelblichweiss , ziemlich hart, aber nicht
sehr fein. Die weichgeklopfte Rinde wird auf alte Fussgeschwüre gelegt,
um die Wunde zu reinigen.
50. M, (oder Lonchocarpus?) sp. (Robinia midtißora (Schum. IV. 124.)
Ahaemete. Die Wurzel wird durch Klopfen in einen weichen Lappen ver-
wandelt, mit dem die Neger sich waschen.
51. Arachis hypogaea L. 0. F. A. IL 158. S. IV. 111.) Engkatje der
Aschanti, Molaqve bei den Akkraleuten, Assianthe-Bönner (Aschanti-Bohnen)
bei den Dänen. Wird ziemlich häufig aber nur in geringer Menge cultivirt;
kommt überall fort und giebt reiche Ernte. Die Samen sind reich an einem
dicken, milden Oel und werden von den Negern gegessen. Man röstet die
Frucht, bis sich die Schale ablöst. [Die bekannte, jetzt als Oelfrucht in
ungeheurer Menge aus dem tropischen Afrika exportirte Erdnuss. A.)
52. Desinodium mauntianitin (Willd.) DC (0. F. A. IL 164. Hedysanim
fruticulosvm Schum. S. IV. 137.) AUponia-Kripei.
53. Erythrinn senegalensis DC. (0. F. A. IL 181. E. latifolia Schum.
S. IV. 107) Naba-Tjoelv. Eine Abkochung der Rinde wird von den Negern
bei Dysenterie und Kolik angewendet, sowie um schwere Geburten zu er-
leichtern.
•54. Miicuna urens (L.) DC. (0. F. A. IL 185. Stizolobium urens Pers.
S. IV. 117.) Taefjoe-Pang. Die Neger färben mit dem ausgepressten Safte
von Stengel und Blättern Leder schwarz, indem sie es damit bestreichen
und an der Luft trocknen lassen.
55. Canavalia obtusifolia (Lmk.) DC. (0. F. A. IL 190. Dolichon
obovatiis Schum. S. IV. 115.) Aniba-Pang.^) Die Neger bedienen sich zu-
weilen der Stengel dieser Strandbohne zum Binden.
56. Phaseolu^ cidgans L. (0. F. A. IL 193. S. IV. 112.) Wird cultivirt.
57. Vigna sinensis (L.) Endl. (0. F. A. IL 204. Dolichos oleraceus
Schum. S. IV. 114.) Jo der Eingeborenen, Quitto-Bönner der Dänen, Cale-
vancus der Engländer. Die Augna-Neger cultiviren diese Pflanze häufig;
ieder Stock bedeckt eine Fläche von 16 Quadrat-Ellen und giebt eine reiche
Ernte. Die Hülsen müssen, nachdem sie reif geworden, abgepflückt werden.
Jedes Halbjahr wird die Pflanze neu gesäet. Die Bohnen haben die Grösse
der gewöhnlichen Bohne (Phaseolus vulgaris) [doch kaum der kleinsten Sorten
der letzteren A.]; sie sind ziemlich wohlschmeckend und werden als Kajüten-
Provision den Seefahrern verkauft. Die Neger essen die Blätter als Gemüse,
und glauben, dass ein massiges Entfernen derselben den Fruchtertrag
steigert.
1) Denselben Namen führt die in den Blüthen sehr unähnliche Ipomoca Pes caprae (L.)
Sweet, n. 99, die mit Nr. öj nur den Standort am Strande und den kriechenden Wuchs
gemein hat. A.
Thonning's botanisch-ethnographische Notizen aus Guinea. 241
58. Voand:eia suhterranea (L.) Du Petit Thouars. (O. F. A. II. 207.
Glycine suhterranea L. S. IV. 118.) ^"iquiny (nach Thonning), Juhbejuhhe (nach
Tsert). [Ebenfalls, wie Arachis, eine unterirdisch reifende, durch das ganze
tropische Afrika angebaute Frucht, in Bornu Ngangala genannt. A.]
59. Rhynclmsia caribaea (Jacq.) DC. (0. ¥. A. IL 220. Glycine sub-
lohata Schum. S. IV. 121.) Nanni-Jo.
60. Drepanocarpus Ivnatm (L. fil.) G. F. W. Mey. (0. F. A. IL 2H7.
Sommerfeldtia obocafa Schum S. IV. 105.) Ohoa-Tjo.
ßl. Pterocarpus e^culeatus Schum. (0. F. A. IL 238. S. IV. 104.)
Gaegaenae. Die unreife Frucht enthält eine die Samen umhüllende weiche
Pulpa; dieselben werden von den Negern geröstet gegessen. [Nach Baker
in 0. F. A. 1. c. haben die Samen, roh gegessen, eine berauschende Wirkung.
Von derselben Art (=- P. ftafit<di?ioiiIes UUer.':') dürfte das bei den Monbuttu
so viel gebrauchte Rothholz abstammen, vgl. Schweinfurth , Zeitschr. für
Ethnologie 1873, 8. 17.) A.]
62. Lonchocurpus sericeus (Poir.) H. B. Kth. (0. F. A. IL 241. Robinia
argentißora Schum. S. IV. 126.) Lablaku.
63. L. cyanescens (Schum.) Benth. (0. F. A. IL 243. Robinia cyanrscens
Schum. S. IV. 1-25.) Akussi. Die Wurzel wird wie die von Nr. 50 ver-
wendet. Die gestossenen Blätter werden auf alte Fussgeschwüre gelegt um
diese zu reinigen.
64. Baphia nitida Afzel. (O. F. A. IL 249. Podalyria? Haemuto.cylo/t
Thonn. S. IIL 222. Das Holz hat eine lichte Farbe, ist aber zuweilen
von röthlichen Adern durchzogen. Es ist ziemlich fein, doch nicht in
grossen Stücken zu bekommen und nicht fein genug zu zierlichen Arbeiten.
Wenn der Baum abstirbt, erhält das Holz eine sehr dunkel rothe Farbe.
Der Stamm verfault von innen her, so dass schliesslich nur die äussere Partie
übrig bleibt, und wird diese gewöhnlich so von Wurmfrass und Fäulniss
beschädigt, dass sie zum Verarbeiten nicht mehr taugt. Als Farbholz ist
das Holz in diesem Zustande dagegen vortrefflich, da es ausserordentlich
reich an Farbstoff ist. Es wird von den Negern viel zu Fetisch-Ceremonien
und Arauleten gebraucht, und zu diesem Zwecke mit Wasser auf einem
Steine fein zerrieben. [Das zum Färben benutzte Holz dieser Pflanze ist
unter dem Namen Camicood im europäischen Handel wohl bekannt. A.]
65. Caesalpinia Bonducella (L.) Koxb. (O. F. A. IL 262. Gvilamiina
Bonducella L. S. IIL 230.) Demi-TJo; die Samen Vmle-Afi. Die Samen
dienen als Spielsteine in einem Vi/ale genannten Spiele, woher der Name.
Sie werden zuweilen auch als Fetisch kleinen Kindern angehängt. [In der
That gleichen diese steinharten, glatten, runden Samen auffallend den Stein-
kugeln, welche in Süddeutschland Schusser, in Berlin Murmeln genannt
werden. A.]
66. Cassin occidrnfa/i-^ L. (0. F. A. IL 274. C. platiisiliqua L. S. HL
•22Ö.) Bäd^sa. Wird von den Negern auf verschiedene Weise medicinisch
Zeitscbrift für ElUiiologie. Jahrg. 1879. *'
242 P- Ascherson:
angewendet; so wird z. B. eine Abkochung der abgeschabten Rinde der
Wurzel in PijHo bei Dysenterie getrunken. Dieselbe Rinde wird auch mit
einigen Paradieskörnern fein gerieben und mit Citronensaft zu einer Salbe
angerührt, mit der man Flechtenausschläge bestreicht. Die Blätter wirken
eröffnend und stillen Leibschmerzen, und zwar werden sie zu diesem Zwecke
mit Pytto abgekocht. Die Wurzelrinde hat einen bitteren, etwas zusammen-
ziehenden Geschmack und möchte sich als ein gutes Surrogat der Chinarinde
empfehlen. Die Blätter haben einen betäubenden, opiumähnlichen Geruch.
[Die Anwendung der Samen dieser im portugiesischen Afrika Fedegozo
genannten Pflanze als Kaffee- Surrogat, welche neuerdings vielfach zur Sprache
gekommen ist, (vgl- Wittmack, Sitzber. bot. Ver. Brandenb. 1878.
S. 126 ff.), scheint zu Thonning's Zeit noch nicht stattgefunden zu
haben. A.]
67. Dialium c/uineense Willd. (O. F. A. II. 283. Codariinn nitidtim Vahl
S. III. 38.) Joj-Tjo. Neger - Tamarinde der Europäer. Der mehlige Frucht-
brei hat eine angenehme Säure und giebt, in Wasser macerirt, ein sehr
erquickendes Getränk für Fieberkranke. Das Holz giebt gute Kohlen zum
Schmieden und anderen Zwecken.
68. Tetrapleura Thonningii Benth. (0. F. A. II. 330. Adenanthera
tetraptera Schum. S. III. 233.) Pepraemese. [Die Früchte dienen in Sierra
Leone nach Oliver a. a. 0. zum Waschen. A.]
69. Dichrodachys nutans (DC.) Benth. (O. F. A. IL 333. Mimosn
hicolor Schum. S. IV. 100.) Kahn~Tjo; die Früchte bei den Akkra-Leuten
Beseri. Erschöpft den Boden in solchem Maasse, dass, wo sie wächst, keine
andere Pflanze fortkommt, wenn sie auch nicht von diesem Strauche über-
schattet und verdrängt wird. Wegen der kriechenden Wurzel ist er schwer
auszurotten. In den Baumwollenpflanzungen bei Fredriksborg wurden die
Stauden, welche übrigens mit magerem Boden vorlieb nehmen, nahezu von
dieser Pflanze verdrängt.
70. Acacia glabernma (Schum.) Benth. (0. F. A. IL 358. Mimom
gluherrima Schum. S. IV. 95.) Laedjo-Tjo. Liefert Brennholz.
Combretaceae.
71. Conocarpus crectus Jacq. (O. F. A. IL 417. C. p^ibescens Schum.
S. IIL 135. Mah-Tjo.
Myrtaceae.
72. Eugenia coronata Vahl (DC) (0. F. A. IL 437. S. IV. 4. Amima,
Die Neger essen die Frucht dieses am Strande kaum eine Elle hohen, im
Binnenlande dem Schlehdorn an Grösse gleichenden Strauches, der mit dem
letzteren in der Blüthe von Weitem einige Aehnlichkeit hat.
Passifloraceae.
73. Modecca lohata Jacq. (0. F. A. IL 516. M. diversifolia Schum.
S. IV. 209.) Koo-Pang.
Thonning's botanisch-ethnographische Notizen aus Guinea. 243
Cucurhitaceae-
74. Momordica Charantia L. (0. F. A. IL 537. M. anthelminthica
Schum. S. IV. 197.) Jan-fna. Die NegerUinder essen die Frucht; die in
3 Klappen zerreissende Fruchthülle ist wüssrig, der den Samen umhüllende
Schleim aber etwas süsslich. Die Blätter haben einen widerwärtigen Geruch.
Gegen Spulwürmer wird die Pflanze von den Negern folgenderraaassen
angewendet: Ein bis zwei gute Handvoll der frischen Pflanze wird mit
etwa .^ Pot') Wasser ausgepresst, und der Saft von 4 Citronen dazugegeben.
In diese Mischung wird ein heiss gemachter, kleiner, 6 — 8 Loth schwerer
Stein geworfen und dieselbe nach dem Erkalten getrunken. Die Wirkung
besteht bald in Erbrechen, bald in Abführen, mitunter in Beidem, womit
der Wurm ausgeworfen wird. Dasselbe Getränk v^ürd auch bei Verstopfung
als Abführmittel angewendet. Ausserdem ist dies eine der wichtigsten
unter den vielen Fetisch-Pflanzen. Die meisten Fetisch-Ceremonien endigen
z. B. mit einer Waschung des Körpers in Wasser, worin die Blätter macerirt
worden sind. Wenn ein Neger auf der Reise die Pflanze findet, umvs-indet
er gern seinen Hals mit einem Stück des Stengels und ist des Glaubens,
dass diese Handlung ihn unfehlbar vor einem Unglücksfall bewahren werde.
75. Cucumis Melo L. var. (O. F. A. II. 546. C. urenarius Schum.
S. IV. 200.) Nanni-Adumatre der Neger, Nannis Vandmeion [Wassermelone]
der Dänen.
76. Rhynchocarpa foetida (Desr.) Schrad. (0. F. A. II. 564. Brijonia
foetidisdina Schum. S. IV. 202.) Sia-Panc/. Die ganze Pflanze hat einen
sehr Übeln Geruch, fast wie verfaulter Kohl. Die Abkochung dient als
Bad gegen Tencsmus. [W. Schi m per vergleicht den Geruch dieser, durch
das tropische und Süd- Afrika weit verbreiteten Pflanze mit dem eines Menschen,
der seine Beinkleider verunreinigt hat. A.]
Cactaceae.
77. Opnntia Tuna (L.) Mill. {Cactus T. S. IV. 3.) Wird cultivirt.
Ficoideae.
78. Sesuvivm Portulacastrum L. (0. F. A. II. 585. S. hrcvifoUum Schum.
S. IV. 7.) Imbebi.
Ruhiaceae.
79. Sarcocephahs esculentus Afz. (O. F. A. III. 38. CephaUna esc.
Schum. S. III. 125.) Babyla-Najne. Die Neger essen die etwas säuerliche
reife Frucht.
80. Mitragijne africana (Willd.) Korth. (O. F. A. III. 40. Nauclea
ufricana Willd. S. III. 124.) Khui-TJo. Das Holz ist hart, fein, gelblich
mit röthlichen Adern und nimmt eine sehr schöne Politur an.
n 1 Pot = )^ Kanne = 0,96612 /.
17*
244 P- Ascherson:
81. Gardenia Thunbergia L. (0. F. A. III. 100. G. tenuifolia Schum.
S. III. 167 und Gardenia medicinalis Vahl S. III. 168.) Paettaeplae-Bi.
Wird nach Isert von den Eingeborenen in verschiedenen Krankheiten
angewendet.
82. Pacetta Bacojiia Hiern. (O. F. A. III. 176. Lrora nitida Schum.
S. III. 97.) Koi-Tjo.
83. Morinda citrifolia L. (O. F. A. III. 192. Psycliotria f chrysorhiza
Thoun. S. III. 131.) Boj-tecji-Tjo.
84. Psijchotria Kollij Schum. (O. F. A. III. 203. S. III. 130.) KoUij-Tjo.
Compositae.
85. Vernonia senegalensis (Pers.) Less. (0. F. A. III. 283. Chrysocoma
amara Schum. S. IV. 157.) Tali-Tjo. Die Neger wenden diese Pflanze
in verschiedener Weise medicinisch an. Bei alten Fussgeschwüren wird
eine Abkochung der Blätter zum Bade gebraucht und auf die Wunde selbst
die weichgeklopfte und angefeuchtete Rinde der Wurzel gelegt. Wenn die
rothe Rshr recht heftig ist, wird eine Abkochung der Blätter mit einigen
Paradieskörueru getrunken; bei rheumatischen Schmerzen braucht man die
mit kaltem Wasser ausgezogeneu Blätter zum Bade, und bestreicht den
Körper mit der feingeriebenen Rinde, wobei noch gewisse Fetisch-Ceremonieu
gemacht werden. Die Wurzel und besonders die Blätter haben eine ziemlich
reine Bitterkeit, und werden von den Europäern zur Bereitung eines recht
guten Bittern verwendet. [Die Abkochung derselben Art, welche in der
Fiottsprache Ndu'li-Nduii heisst, gilt an der Loangoküste, wo sie von Soyaux
(Nr. 58.) gesammelt wurde, für ein vortreffliches Mittel gegen Fieber; vgl.
Correspondenzbl. der Afrik. Ges. Nr. 10. S. 189, 190. A.]
^Q. Blumea aurita (L.) DG. (0. F. A. III. 322. Eriyeron sli]»datinn
Schum. S. TV. 159.) HaUasjajo.
87. Edipia alba (L.) Hassk. (0. F. A. III. 373. K punctata L. S. IV.
163. Odibol.
88. Laetnca tarawacifolut (Willd.) Schum. 0. F. A. III. 451. S. IV.
154. Abloye. Die Europäer essen diese Pflanze unter dem Namen „wilde
Endivie" als Salat; sie hat einen bitterhchen Geschmack und etwas nar-
kotischen Geruch. Die Neger wenden den ausgepressten Saft bei frischen
Wunden als schmerzstillendes Mittel an. Die Abkochung oder die als
Gemüse zubereiteten Blätter werden bei der rothen Ruhr gegeben.
Goodenoughiaceae.
89. ^caevola Lobdia L. (0. F. A. III. 4(i2. S. III. 126.) Gnbä.
Sa-potaceae.
90. Sidero.Tylon dnicifianu (Schum.) Aipli. DG. (O. F. A. III. 503
BumeHa dulcißca Schum. S. III 150.) Tahmi. Die stacbelbeergrossen
ThonninfT's botanisch-ethnographische Notizen aus Guinea. 245
Beeren habeu nur wenig Fleisch und fast keinen Geschmack, aber die
merkwürdige Eigenschaft, die Geschmacksnerven /u täuschen, so dass alles,
was man nach dem Verzehren von zwei oder drei i^eeren geniesst, süss
schmeckt. Eine Citrone schmeckt z. B. wie eine Apfelsine, Weinessig wie
süsser Wein etc. Wenn man des Morgens etwa 20 Beeren geniesst, so
hält diese Wirkung fast den ganzen Tag an. Da der Palmwein so rasch
gährt, ilass er auf dem Transport von Aquapim nach den Straudorten (unge-
fähr 5 Meilen) in der Regel sauer wird, so bringen die Weinverkäuferinnen
gern diese Beeren mit, mit welchen ihre Kunden zuerst ihre Geschmacks-
nerven betäuben und sich dann mit dem säuern Wein berauschen.
Ebenaceae.
<)1. I)io,y>ijrm tricolor (Schum.) Hiern. (0. F. A. III. 521. Noltia tricolor
Schum. S. III. 209.) Aumhae.
Jasminaceae.
92. Jasminvm dichotomum Vahl (DC P. VIII. 307. S. III. 27.)
Jamjkumaetri Die Neger legen die gestossenen Blätter auf alte Fuss-
geschwüre, nachdem die Wunde durch andere Mittel gereinigt ist.
Apocynaceae.
93. Carissa didcis Schum. (DC. P. VIII. 333. S. III. 166.) Akokohessa
(die Wurzel), Aßaumbe (die Frucht.) Die Rinde der Wurzel wird fein
zerrieben als Gewürz einem Gerichte zugesetzt, welches danach Akokohessa
heisst. Die Beeren schmecken sehr angenehm, fast wie Süsskirschen und
geben eine vortreffliche Suppe für Kranke.
Asclepiadaceae.
94. Daemia angolensis Dcne. (DG. P. VIII. 544. Asdepias convolvulacea
und A. muricata Schum. S. III. 172, 173.) Kah-Ba. [Die Blätter werden
nach Heudelot bei Decaisne in DC. P. in Senegambien als Gemüse
gegessen. A.]
95. Leptadenia gracilis Dcne.? (DC. P. VIII. 629. Asclepiw< nuda
Schum. S. III. 175.) Enka/o. [Die Decaisne'sche Art, deren Identität von
dem französischen Monographen übrigens als zweifelhaft betrachtet wird,
heisst nach ihm in Senegambien ßahatte-y-cdla. A.)
Lofjaniaceae.
96. Stri/c/mos scandens Schum. (DC. P. IX. 13. S. III. 147.) Abonta
Die Neger geniessen den, den Samen umhüllenden säuerlichen Schleim,
welchen sie für gesund halten.
Co7ivoluutacea€.
97. natntas pannicuhta (L.) Chois. (DC. P. IX. 339. Convolvuhs
panicidaUis L. S. III. 114.) Loeloa-Pang. Bei Haut- sowohl als Bauchwasser-
246 P- Ascherson:
sucht wird die Wurzel sowohl innerlich (in einer Abkochung mit einigen
Paradieskörnern) als äusserlich (mit einigen Paradieskörnern fein zerrieben
und auf den ganzen Körper eingerieben) angewendet. Bei Gonorrhoea
virulenta thut man die feinzerschnittene Wurzel in Pytto oder Palmwein,
den man dann hinstellt und sauer werden lässt und als urintreibend ver-
wendet. Die Stengel werden von den Negern zum Zusammenbinden von
Brennholz u. dgl. benutzt.
98. Ipomoea Clappertonii R. Br. DC. P. IX. 849. Convolonlvs incurom
Schum. S. III. 119.) Vula-Fye. Die Blätter werden von den Negern als
Gemüse gegessen.
99. /. Pes caprae (L.) Sweet. (DC. P. IX. 349. Conoolvulus rotuncHfoliiis
Thonn. S. III. 122.) Amba-Pany.
100. I. ovalifoUa (Yahl) Chois. (DC. P. IX. 357. Concolnchcs coeruleus
Schum. S. III. 121.) Klovake bei den Akkra-Leuten. Die Neger finden die
Blätter als Gemüse sehr wohlschmeckend. Der Fetisch des Stammes Ussu
soll diese Speise lieben, weshalb sie Niemand aus diesem Stamme gemessen
darf. Die Uebertretung dieses Verbots gilt für ein grosses Verbrechen.
Solanaceae.
101. Solanum nodifloritm Jacq. (DC. P. XIII. I. 46. S. III. 143.
Dendrae. Die mit einigen Paradieskörnern gestossenen Blätter werden als
Salbe gegen rheumatische Schmerzen an den leidenden Theilen eingerieben.
102. S. disticlmm Schum. DC. P. XIII. I. 130. S. III. 142. Simoa.
Die Beeren werden ohne Schaden von Kindern gegessen.
103. S. anomalum Thonn. (DC. P. XIII. I. 259. (S. III. 14f).) Asogagaplae
oder Sissa-Simsoa [d. h. Gespenster-Ä/ssoa]. Der Saft der Beeren wird zum
Bestreichen von Geschwüren am Ohr angewendet.
104. S. da.^ijphjlUcm Schum. (DC. P. XIII. I. 313. S. III. 146.) Ätropo-Ba.
105. S. gemimfoUum Thonn. (DC. P. XIII. I. 352. S. III. 141.)
Sebae. Wird cultivirt. Die Frucht wird in verschiedener Weise zubereitet
besonders zu Suppe verwendet oder als Muss mit Salz , spanischem Pfeffer,
Palmöl und etwas gedörrtem Fisch zubereitet.
106. 6". Thonninyianum, Jacq. (DC. P. XIII. I. 354. S. Atropo Schum.
S. III. 144.) Kva-Fye (die Pflanze), Atropo (die Frucht).
107. S. eduJe Schum. (DC. P. XIII. I. 356. S. III. 145.) Bläfo- Atropo.
Die unreifen Früchte der drei von den Negern cultivirten Arten 104, 106
und 107, werden zu Suppe gekocht oder mit halbverfaultem gedörrtem Fisch,
spanischem Pfeffer, Salz, Palmöl und Zwiebeln zu einem Gericht zubereitet,
das die Neger für eine Delicatesse halten. Die Blätter geben ein sehr
gutes Gemüse, das ebenso wie die Früchte geschmort wird; dies Gericht
heisst Fankvau und ist eine Lieblingsspeise der Neger. [Als Curiosum ver-
dient Erwähnung, dass Walpers (Rep. III. 47.) den Namen *S. Atropa^
der allerdings in eigenthümlicher Weise an die botanische Benennung der
Thonning's botanisch-ethnof^raphische Notizen aus Guinea. 247
in dieselbe Familie gehörigen Tollkirsche, Atropa Belladonna L. erinnert,
in S. Atropae verdreht hat. A.]
lOS. I'/iijmlü- Linkiana Nees. (DC. P. XIII. I. 448. P. angulata
Schuin. S. III. 140.) Amotobi. Mädchen m Adampi, welche, ohne die religiösen
Cercnionieu beobachtet zu haben, scliwanger geworden sind, suchen die
Frucht durch eine Abkochung dieser Pflanze abzutreiben, die sie theils
trinken, theils als Klystier gebrauciien, theils die Geschlechtsthcile damit
waschen. Die zerquetschten Blätter werden gegen einen Flechten-Ausschlag
gebraucht, indem mau d«n Körper damit einreibt,
Cordiaceae.
109. Cordia cjuineemis Thonn. (DC P. IX. 480 S. III. 148.) Jumo-sa.
Asperifoliae.
110. Ehretia cymom Thonn. (DC. P. IX. 508. S. III. 149.) Lamsci
Die langen Aeste dienen als Ankertau. Die Neger kauen das Holz mit
den Samen der Cola acuminata R. Br. (Nr. 22.) wodurch sie eine zu
Fetischen, Amuleten etc. verwendete rothe Farbe erhalten.
Bignoniaceae.
111. Spathodea campamdata P. B. (DC. P. IX. 208. [incl. S. tidipifeva
Don. 1. c. 207. J Bignonia tulipifera Thonn. S. IV. 47.) Osisiu. Die Kinde
dieses Baumes, dessen Blumen so gross wie die schönsten Tulpen sind,
wird von den Negern bei Dysenterie gebraucht.
112. S. adenantha Don. (DC. P. IX. 207. Bignonia glandnlosa Schum.
S. IV. 48.) Nähä-di. Wird zu Fetisch-Ceremonieu gebraucht.
113 Sesamopteris radiata (Schum.) DC. (D. C. P. IX. 251. Sesamuni
radiaUvm Schum. S. IV. 56.) und
114. 'S. alata (Thonn.) D. C. (DC. P. 1. c. Sesamuni radiatum Thonn.
S. IV. 58.) Otru. Die Blätter werden entweder für sich oder mit andern
gemischt als Gemüse verwendet. [Die letztere Art dient auch in Bornu,
wo sie Ko be le bul heisst, zu demselben Zwecke; vgl. Rohlfs, Quer durch
Afrika II. 283. A.]
Scrophulariaceae.
115. Scoparia dulcis L. (DC P. X. 431. S. III. 99.) SJa-Bld
Acanthaceae.
IK). Anystasia quaterna (Thonn.) Nees. (D. C. P. XI. 108. Ruellia
quaterna Thonn. S. IV. 58.) Blabä- Fye. Dient als Gemüse.
Verhenaceae.
117. Stachjtarpheta indica (L.) Vahl. (DC. P. XI. 564. S. III. 34.)
248 P- Ascherson:
Laläha. Die Neger wenden diese Pflanze bei Augeneutzündungen und
Hornhautflecken auf folgende Weise an: Die zwischen heissen Steinen zer-
quetschten Blätter werden in einen leinenen Lappen gethan und der Saft
hieraus in's Auge gepresst.
118. Lantana antidotalis Schum. (I)C. P. XL 598. S. IV. 50.) Nanni-
Kumi. Die Blätter haben einen starken Geruch. Wenn ein Neger von
einer Schlange gebissen wird (fast immer befindet sich die Wunde am Fusse)
sucht er sofort den Blutlauf zu hemmen, indem er ein Band so fest als
möglich um das Bein bindet. Alsdann sucht er- einen Arzt auf, welcher
gewisse abergläubische Handlungen und den Gebrauch von Heilkräutern
verordnet. In solchen Fällen braucht man oft die Blätter dieser Pflanze
zu einem warmen Bade; auch die mit Paradiesköruern und Citronensaft
fein zerriebene Wurzel wird auf dem ganzen Körper eingerieben, damit, wie
man sagt, das Gift sich nicht ausbreite. Zugleich wendet der Arzt eine
schon zubereitete Medicin innerlich an, deren Bestandtheile Thonning
nicht in Erfahrung brachte; doch soll sich die Wurzel der Lantana darunter
belinden. Zuletzt giebt er einige Taschenspielerkunststücke zum Besten,
um die Giftzähne hervorzutreiben, die nach der Meinung der Neger in der
Wunde stecken bleiben.
119. Premna quachifolia Schum. (DO. P. XL 633. S. IV. 49.) Obosso-
Tjo. Die Blätter und noch mehr die Frucht haben einen sehr angenehmen
Geruch. Die Blätter werden mit Wasser gestossen, welches, lauwarm ge-
macht, als Klystier applicirt wird. Man bedient sich hierzu eines Flaschen-
kürbisses, dessen dünnes Ende eingeführt wird, worauf die Arznei durch
ein Loch im Boden der Kalebasse mit dem Munde eingespritzt wird.
120. Vitex cuneata Thonn. (DG. P. XL 694. S. IV. 63.) Fjomj. Die
Frucht wird von den Eingeborenen gegessen, obwohl sie für den Ungewohnten
keineswegs angenehm schmeckt. Das Fleisch ist saftig-mehlig, wenig süss
mit einem ölartigen Beigeschmack. Aus dem Holze werden von den Negern
Trommeln verfertigt.
121. Avicemna africana P. ß. (DC. P, XL 699. S. IV. 64.) Muteku.
Kern und Splint dieses Baumes, der auf Salzboden in der Nähe des Strandes
kaum 6 — 8 Ellen Höhe erreicht, am Rio Volta aber und an benachbarten,
vor dem Seewinde geschützten Stellen die Grösse der stärksten Eichen
erreicht, sind von sehr verschiedener Beschaffenheit. Das Kernholz, das
etwas über die Hälfte des Stammdurchmessers einnimmt, hat eine dunkei-
braungrüne Farbe, etwa wie Guajakholz; es ist hart, schwer, grob, ziemlich
harzreich (obwohl nicht so sehr, dass das Harz ausschwitzte), ohne hervor-
stechenden Geruch oder Geschmack; dasselbe ist sehr dauerhaft für grobe
Arbeiten, namentlich in der Erde. Commandeur Schönning versicherte
den Reisenden, dass er bei Kongesteen einen Pfahl ausgraben Hess, der
fast steinhar*; geworden war, wozu vielleicht die salzige Beschaffenheit des
Bodens am Volta beigetragen haben mag. Das Holz rauss übrigens mit
Thonninpf's botanisch-ethnographische Notizen aus Guinea. 249
Vorsicht mit der Axt bearbeitet werden, <lu es leicht schief spaltet. Das
äussere Stammholz hat die gewöhnliche hellgell)liche Holzf'arbe und ist
viel weniger dauerhaft. Die Neger machen von dem fiaume keinen Gebrauch
für Heilzwecke.
Labiatae.
122. Ocimvm C(tnu»i Sims (DC. P. XII. 82. (K hispidulum Schum. S. IV.
40.) Koae. Die ganze Pflanze hat einen ausserordentlich starken und ziemlich
angenehmen Geruch; sie wird von den Negern bei verschiedenen Krank-
heiten gebraucht, namentlich solche die man der Behexung oder den Ver-
storbenen zuschreibt.
123. 0. Basilicum L. />. anixafum Benth. (DG. P. XII. 33. 0. lanceolatum
Schum. S. IV. 42.) Bldfo-Koae. Die Neger haben den Aberglauben, dass
ihre verstorbenen Verwandten sich bei ihnen einfinden und dadurch ver-
schiedene Krankheiten hervorrufen können. Wenn man eine Krankheit dieser
Ursache zuschreibt, wäscht man den Kranken mit einer Abkochung dieser
oder anderer stark riechender Pflanzen und besprengt den Boden um den-
selben damit, um den Geist durch den starken Geruch zu vertreiben.
124. 0. viride Willd. (DC. P. XII. 34. 0. gimieeme Schum. S. IV.
39.) Sylu der Akkraleute Die Neger wenden bei den meisten Krankheiten
Bäder von verschiedener Art an; meistens sind diese mit Fetisch Ceremonien
verbunden und wirken nur durch die damit verbundeneu abergläubischen
Vorstellungen. Indess einige der dabei verwandten Mittel, unter denen be-
sonders vorliegende Pflanze, können in der That durch ihre heilkräftigen
Bestaudtheile wirken. Man braucht sie hauptsächlich bei einem bösartigen,
mit Gelbsucht verbundenen Gallenfieber, welches am Rio Volta nach den
Ueberschwemmungen des Flusses herrscht. Gewöhnlich trinkt mau die
lauwarme Abkochung und badet sich darin 4 mal am Tage. Auf dieselbe
Art verfährt man bei gewöhnlicher Gelbsucht (Afi-Odoi). Bei plötzlich
eintretender Käserei oder Ohnmacht ohne vorhergehende lüankheit, tröpfelt
man den ausgepressten Saft in Nase, Mund und Augen des Kranken, um
den Sirsa (Geist eines Verstorbenen) zu vertreiben, von dem mau glaubt,
dass er den Kranken heimgesucht hat. Alte Fussgeschwüre und stark
eiternde Ausschläge (den sogen. Salzfluss) hat Thonning glücklich durch
äussere Anwendung einer Abkochung der unreifen Frucht von JIil>i>cios
etsaäenfun li. (Nr. IC)) und obiger Pflanze mit innerlichem Gebrauch blut-
reinigender Mittel geheilt.
125. Orthoüinhon glabratus Benth. (DC P. XII. .50.) Ocimum ^i/[f'ntfcs-
cem Thonn. (S. IV. 330; an dieser Stelle, im Register, ist iler im Text
S. 43 durch ein Versehen als .,(>. T honingii T\\o\\n.^'' gedruckte Name berichtigt,
da schon S. 39. ein (). T/ion/n/igii Schum. beschrieben wird, welches
Bentham (DC. P. XII. 41.) zu O. tercficaule Poir. zieht.) Sma-Koae.
[d. h. Gespenster -Basihcum A.]
250 P- Ascherson:
12fi. Coleus? africa/ius Benth. (DC. P. XII. 74. Solenostenton ocymoides
Schum. S. IV. 45.) Keriro.
127. Leonotis pallida (Schum.) Benth. (DC. F. XII. 535. Phlomis
})allida Schum. S. IV. 36. Riecht ungefähr wie Marrubium mz/f/are L. Die
Abkochung der trocknen Pflanze wird bei langwierigem Husten gebraucht.
Amarantaceae.
128. Amarantiis polystachijus Willd. (DC. P. XIII. IL 265. S. IV.
181.) Maja. Die Blätter gleichen dem Spinat fast vollständig. Die Neger
sammeln die wilde Pflanze.
129. Piqmlia molUs (Thonn.) Moq. Tand. (DC. P. XIII. II. 333.
Acliyranthcs mollü Thonn. S. III. 157.) Mem'lemete. Aus der Asche
der ganzen Pflanze wird eine Lauge bereitet, die bei der Blaufärberei der
Neger Verwendung findet.
130. Alternanthera Ächjrantha (L.) R. Br. DC. P. XIII. IL 358.)
Illecebruni obliquum Schum. S. III. 162.) Samangkama. Ein sehr lästiges
Unkraut auf Feldern und Fusswegen. namentlich für die barfuss gehenden
Neger.
Nyctaginaceae.
131. Boerhaama ascendens Willd, DC. P. XIII. 11. 451. B. diffusa
und B. ascendens Schum. S. III. 36, 37.) Tjalula. Die Abkochung der
Wurzelrinde wird gegen die rothe Ruhr getrunken. Uebrigens ist dies eine
der gewöhnlichsten Fetisch-Pflanzen, welche von den Negern zu ihren
Reiuigungs-Bädern in Krankheits- und anderen Fällen gebraucht wird.
Lo7'a7ithaceae.
132. Loranthus Thonningii Schum. (S. III. 199), nicht L. Thonningii
DC. P. IV. 1830. 303, welcher mit L. incarms Schum. S. III. 200. zu-
sammenfällt.) Eduämdod. Wird zuweilen in verschiedenen Krankheiten ge-
braucht, um ein Wasser, womit sich der Patient waschen muss, zu weihen.
Die Pflanze ist übrigens ein auf Fruchtbäumen sehr schädlicher Schmarotzer.
Euphorbiaceae.
133. Euphorbia drnpifera Thonn. (DC. P. XV. IL 80. S. IV. 24.)
Tenjo-Tjo. Die ganze Pflanze enthält einen ausserordentlich reichlichen,
weissen Mehlsaft der so scharf ist, dass der kleinste Tropfen fast ohne
Rettung das Augenlicht zerstört. Derselbe gerinnt alsbald an der Luft, im
Wasser, und in starkem Rum zu einem weisslichen, undurchsichtigen, porösen,
geruchlosen, auf Wasser schwimmenden, mit röthlicher Flamme brennenden
Harze. Die Neger im Binnenlande waschen mit einer Abkochung Geschwüre
des Zahnfleisches. Hie und da wird die zerquetschte Pflanze ins Wasser
geworfen um die Fische zu betäuben ; kleine Fische sterben an dieser Ver-
giftung. Selten werden aus dem Stamme Negertrommeln angefertigt.
ThouniiiR's botanisch etliiioj^^ruiiiiische Notizen aus Guinea. •2i')\
134. Phillautlnas Niruri \j. i). delnH'i (Willd.) Müll. Arg. (DC. P. XV.
II. 407. 1\ amarits Schum. S. IV. 1<.)5) Ainiuxhxdi. Die Blätter haben,
besonders getrocknet, einen zusanunenzielienden, sehr bittern Geschmack.
Besonders ist dies bei krautartigen Exemplaren der Fall, welche unsere
Menijanthes tnfoUata L. bei Weitem übertreffen und mit Branntwein einen
vortrefflichen Bittern geben. Die Neger gebrauchen die Abkochung des
Krautes in Pijtfo gegen Fieber und Magenschmerzen. Auch gegen Ilaut-
und Bauch- Wassersucht hat Thonning die Pilanze mit Erfolg anwenden
sehen, wobei der ganze Körper mit dem zerriebenen Kraute eingerieben und
innerlich eine Abkochung genommen wird.
135. Securinega ohomta (Willd.) Müll. -Arg. (DC. P. XV. II. 449.
niyllnnthm angulatas Schum. S. IV. 189). Lomo-Tjo.
VMS. Manihot utüüsima Pohl. (DC. P. XV. II. 1004. Janlpha Manihot
Willd. S. IV. 188.) Wird cultivirt.
Moraceae.
137. Ficus unibellata Vahl. (Miquel Ann. Mus. Lugd. Bat. III. 2S8.
Nr. 111. S. III. 45.) Wächst sehr rasch und spendet dichten Schatten, und
wird desshalb allgemein in den Negerstädten an den Hauptstrassen und auf
den Märkten gepflanzt.
138. F. lutea Vahl. (Miq. 1. c. Nr. 114. S. III. 45.) Wird cultivirt.
[Bei dieser Pflanze beging der verstorbene Miquel das spasshat'te Versehn,
das dänische Wort „Dyrkes" (wird cultivirt) für einen Ortsnamen in Guinea
zu halten. A.|
139. F. calyptmta Vahl. (Miq. 1. c. Nr. 121. S. III. 47.) Apata. Die
Frucht wird von den Eingeborenen gegessen.
140. F. ovata Vahl (Miq. 1. c. Nr. 133. S. III. 46.) Ninndu-Tjo.
Fiperaceae.
141. Piper gaineense Thonn. (DG. P. XVI. I. 343. S. lU. 39.) Dojoi^.
Aschanti- Pfeffer der Europäer. Die Frucht ist ein schlechtes Surrogat
des schwarzen Pfeffers, da sie eine unangenehme Bitterkeit besitzt, welche
um so widerlicher ist, je frischer die Frucht ist.
Balanophoraceae.
142. Thonningia sanguinea Vahl. (DC. P. XVII. 142. S. IV. 205.)
Die Abkochung dieser Pflanze braucht man, um venerische Geschwüre, be-
sonders von Haut-Ausschlägen, auszuwaschen. Man benutzt dieselbe auch,
um die Farbe der rothen Schwanzfedern der Papageien zu erhöhen^; zu
diesem Zwecke reisst man die alten Federn aus und reibt die wunde Stelle
mit der feingeriebenen PHanze ein. Diese Federn werden viel als Putz
verwendet und ihr Werth richtet sich nach ihrer Farbe. [Diese bisher in
den botanischen Museen sehr seltene Pilanze wurde von Soyaux an der
Loango- Küste reichlich gesammelt. A.]
252 P- Ascherson:
Palmae.
143. Borassvü flabelliformis L. (S. IV. 217. B. Aethioputn Mart. K. E.
III. 223.) VJi/a-Tjo. Der Stamm giebt die besten und dauerhaftesten Balken,
die indess nicht überall anwendbar sind, da sie ziemlich kurz ausfallen und
keine symmetrische Gestalt annehmen. Ein Stamm wird der Länge nach
in 4 Theile gespalten, und die innere fasrige Substanz entfernt. Schade, dass
die nöthigen Geräthschaften zum Fällen, Spalten und Transportiren derartige
Balken ebenso theuer machen, als solche aus Europti. Der junge Keim
wird, sobald er aus der Erde hervortritt, gekocht und gegessen; ebenso
dient die Frucht roh und gekocht zur Nahrung; besonders waschen die
Neger den grützeartigen Fruchtbrei aus und kochen ihn mit gerösteten fein-
geriebenem Mais zusammen. Die gallertartigen Kerne der unreifen Frucht
werden begierig gegessen und gelten als sehr nahrhaft sowie als Aphrodi-
siacum. Von den Blättern werden Fliegenwedel, Matten, Säcke etc. ge-
macht. [Im Sudan -Arabischen heisst diese Palme Deleb und ist in die
afrikanische Reise -Literatur allgemein unter diesem Namen, im tropischen
Asien als Falmyra-VdXme (Corruptel des portogiesischen Wortes palmeira,
Palme; hat also mit der syrischen Wüstenstadt nichts zu thun) bekannt. Ueber
den einem Europäer wenig lohnend erscheinenden Genuss der Frucht und
die Benutzung der Keimpflanze (die bei dieser Palme stets zu 2 — 3 vor-
handenen Samen werden zu diesem Behufe von den Bewohnern des Sudan
ausgesät) vgl, Barth, Reisen IL 511, 512. Diese Palme wird in Indien
nicht nur zu allen oben erwähnten Zwecken (auch der Genuss der Kdingu
genannten Keimpflanzen ist allgemein gebräuchlich) sondern auch noch auf
mannigfaltige andere Weise benutzt; z. B. zu Palmwein (Toch/ij), die Blätter
als Schreibmaterial etc. Ein tamulisches Gedicht, Tala-Vilasam betitelt,
zählt 801 verschiedene Zwecke auf, zu denen die Palmyra- Palme benutzt
werden kann. Vgl. Seemann, Die Palmen, deutsch bearb, von C Bolle,
S. 74 ff. A.]
144. Hyphaene guineensis Schum. (K. E, III. 227 (sub //. thebaica)
S. IV. 219. Songu-Tjo.
145. Phoetiix sp'mosa Schum. K, E. III. 256. S. IV. 211. Akoteno. Un-
echte oder süsse Weinpalme der Europäer. Der Saft dieser Palme liefert
einen weit süsseren, aber weniger starken Wein als der der wahren Wein-
palme {Elaeis guineensis Jacq.); doch wo man diese nicht haben kann,
nimmt man mit der unechten vorlieb. Man zapft den Saft auf folgende
Art ab: Wenn der Baum mannshoch oder etwas darüber geworden ist,
werden die Blätter dicht am Stamm abgeschnitten; etwa 8 Tage später
schneidet man die Stammspitze ab, und leitet den ausfliessenden Saft durch
eine krumme Röhre in eine an den Stamm festgebundene Flasche oder
Kalabasse. Die Schnittfläche muss täglich erneuert werden, weil die alte
austrocknet und nichts mehr ausfliessen lässt. Wenn der Baum von selbst
Thonning's botanisch-ethnographische Notizen aus Guinea. 253
keinen Saft nielir liefert, wird unten um den Stamm Feuer angezündet,
welches den letzten Saft nach oben treibt und den Baum vollständig er-
schöpft. Die Neger am Rio Volta leiden oft an nicht selten sehr grossen
Wasserbrüchen (Hydrocele); man schreibt diese Krankheit diesem Getränk
zu; sollte aber nicht die niedrige und feuchte Lage des einen Theil des
Jahres überschwemmten Ijandes, sowie das unmässige Pijffo -Trinken (manclie
Neger können täglich Hi — 24 Pot zu sich nehmen) ebensoviel Schuld haben?
Aus den jungen Blättern werden ziemlich starke Schnüre geflochten. Die
Frucht hat sehr wenig süsslich schmeckendes Fleisch; sie wird Amitjolobi
genannt.
14(j. Elueis guineensia Jacq. (K. E. III. 279. S. IV. 213. Taehn-Tjo.
Die Ot'lpalmc wird wegen ihres grossen Nutzens angebaut, kommt aber
auch wild vor. Fast kein Theil der Palme bleibt unverwendet. Die reifen
Früchte werden gesammelt und lässt man sie so lange liegen, bis sie anfangen
zu faulen. Alsdann stampft man sie in einer kleinen, in der Mitte etwas
tiefereu, mit flachen Steinen ausgelegten Grube unter öfterem Zugiessen von
warmem Wasser, so lange mit Holzkeulen, bis die fleischige Fruchthülle
sich völlig von den Steinkernen getrennt hat. Hierbei sammelt sich schon
ein Theil des Oels in der Mitte der Grube; der übrig bleibende Teig wird
noch mit den Händen tüchtig ausgequetscht und zuletzt noch eine weitere
Quantität Oel durch Auskochen gewonnen. Auf Poppo vorfertigt man aus
den Kernen ein Oel, welches nur zu Lampen gebraucht wird; in Aquapim
brennt mau sie zu Asche, aus der Lauge zur Seifenbereitung (mit Palmöl)
verfertigt wird. Aus den Blättern werden Matten zum Dachdeckeu und /ur
Einhogung von Häusern und Gehöften geflochten. Ein solches Dach ist
fester aber nicht so dauerhaft als ein gewöhnliches StroLdach. Die Wolle
am Grunde der Blattstiele wird mit Pulver gemischt als Zunder verwendet,
der Aso><o heisst. Zur Weinbereitung haut man von einer 6 — 10 Jahr alten
Palme die Blattstiele ab und lässt den ausgegrabenen Baum 4 Wochen lang
auf dem Boden liegen. Hierauf schneidet man in der Mitte des Stammes
auf der oben liegenden Seite ein viereckiges Loch, welcher in seiner Mitte
etwas tiefer geht. Um dem an beiden Enden hervorquellenden Safte Ab-
fluss zu verschaß"en , bohrt man ein Loch in den Stamm, und befestigt eine
Röhre darin, unter welche ein Topf gesetzt wird. Die ganze Oefiiiung muss
täglich ausgebrannt und frisch angeschnitten, sowie durch darüber gelegte
Palmblätter gegen Sonne und Staub geschützt werden. Der zuerst aus-
fliessende Wein ist am süssesten, soll aber I)iarrhoe hervorrufen; man be-
reitet auch Essig aus demselben. Der folgende erhält einen höhern Alkohol-
gehalt, der zuletzt auf diese Weise gewonnene Wein (diese Bereitung kann
(i Wochen fortgesetzt werden) ist säuerlich und schlecht. Nach einiger
Zeit ünden sich in dem Loche grosse, dicke, weisse hisektenlarven {Akon-
kroiHi) ein, (li(> lu'gierig von den Negern gegessen werden; desgleichen ein
in augezapften Palmen häutiger Rüsselkäfer {tvrculio sp., iSamuüju). Der
254 P- Ascherson:
Palmmost beginnt sofort beim Ausfliessen zu gähren und wird sehr bald
alkoholhaltig und darauf säuerlich; er moussirt wie Selterwasser oder
Champagner.
Typhaceae.
147. Typha a7if/nstifolia i^ australis (Schum.) Rohrb. (Verhandl. bot.
Ver. in Brandeub. 1SG9. 83. Typlia caistralis Schum. S. IV. 175.) Käsdmae.
Araceae.
148. fJolorasia esmdenta (L.) Schott. (K. E. III. 37. Caladinm esndentuni
Veut. S. IV. 182.) V^ird cultivirt.
Zingiheraceae.
149. Zingibcr nfficinaJe Rose. (^Amomwn Zingiher L. S. IV. 169.) Wird
cultivirt.
150. Ainomum Mebyueta Rose. {A. Granvm purudixi S. IV. 170.) Die
Samen werden von den Eingeborenen vielfach zu Speisen und als Arznei
gebraucht. [Die Samen sind die bekannten Paradieskörner, welchen der
Name Malagetta - Pfeffer vorzugsweise angehört. A.]
151. Cvrcuma longa Willd. (S. IV. 171.) W^ird cultivirt.
Orchidaceae.
152. Eidophia articidota (Schum.) Lindl. (Lindl. Gen. and Sp. of Orch.
Plauts 181) Limodorum articulaktm Schum. S. IV. 173. Jangkosno.
Amaryllidaceae.
153. Crinvm spec. (Zu dieser Gattung zieht Ben tham (Ilook. Niger Fl.
p. 535) AmarijUis trigona Thonn. S. III. 190.) Die Zwiebel wirkt blasen-
ziehend.
154. Haemanthus multißorus Mart. et Nodd. (K. E. V. 587. Hierher
zieht Bentham (in Hooker's Niger Flora p. 535. mit grosser Wahrscheinlich-
keit //. cruentaüis Schum S. III. 188.) Mika oder Maej.
Dioscoreaceae,
155. Dioscorea sativa L. (K. E. V. 340. S. IV. 221.) und
156. D. alata L. (K. E. V. 387, S. IV. 221.) werden cultivirt.
Liliaceae.
157. AlUum guineense Thonn. (S. III. 191. Fehlt auch in der neuesten
Monographie dieser Gattung von Regel in Arbeiten des Bot. Gartens zu
Petersb. 1875.) Sabullä. Wird am meisten von den Gab -Negern cultivirt.
Die Zwiebel ist ebenso gut wie Schalotten, nur etwas kleiner aber feiner.
158. Aloe obiicura Mill. (K. E. IV. 526. A. picta Thunb. S. III. 196.)
Thonning's botanisch-ethnographische Notizen aus Guinea. 255
Ähablobae oder Asahlobae. Die Blätter enthalten einen klaren, gelblichen,
schleimigen Saft, der sich in Wasser ohne Trübung auflöst. Wenn diese
Lösung der Luft ausgesetzt bleibt, färbt diese sich mit der Zeit immer
stärker dunkelrotli. Die Neger legen die zerquetschten Blätter auf alte
Fussgeschwüre, welche sie auch mit einer Abkochung derselben waschen.
In der Wassersucht wird diese Abkochung als Abführmittel gebraucht. [In
den aegyptischen Oasen wird die dort öfter in Gärten und auf Gräbern
angepflanzte A. viilgaris Lmk. (A. harhadensia Mill. K. E. IV. 521.) in der-
selben Weise wie von unserem Volke bei Verbrennungen angewendet. Es
scheint also diese Benutzung mit der Pflanze in Europa eingeführt zu
sein. A.]
159. Sanseviera guineensis Willd. (K. E. V. l(i. S. III. 194.) Bla. Die
Fischer sammeln die Blätter und trennen durch Maceriren in Wasser und
Klopfen die faserige von der fleischigen Substanz derselben; die erstere
stellt einen recht guten Hanf dar, woraus sie die gröberen Leinen ihrer
Netze verfertigen. Adanson erwähnt dieselbe Benutzung der Pflanze am
Senegal. [Auch in den oberen Nilländern dient diese Pflanze nach Schwein-
furth zur Anfertigung von Stricken, die aber wenig haltbar sind. A.] In
derselben Weise erhalten die Neger aus den Blättern der Ananas einen
ziemlich feinen und langen, aber rauhen Flachs, woraus sie ihr Garn zu
Fischernetzen, Fäden zum Nähen etc. verfertigen. Es giebt noch eine dritte
Pflanze, welche eine den gewöhnlichen Hanf an Stärke weit übertreöende
Faser liefert; dieselbe ist eine halbkrautartige gegliederte Schhngpflanze.
Die Faser besteht eigentlich aus dem Splint, welcher mit den Fingern ausge-
schält wird und nicht länger ist als die Glieder der Pflanze.
Gramina.
IGO. Onjza sativa L. (K. E. I. 7. S. III. 201.) Wird cultivirt.
161. Zea Mays L. (K. E. L S. IV. 170.) Wird cultivirt.
162. Sacc/iarirm ojjicinaruin L. (K. E. I. 474. S. HI. 67.) und
163. 6'. punctatuin Schum. (S. HL ^^.) werden zur Zuckergewinnung
cultivirt.
164. Andropogon tectorum Schum. (S. HI. 69.) Das gemeinste Gras,
welches alle Fluren vom Strande bis auf die Höhe der Berge bedeckt. Wird
als Dachstroh benutzt. In der Nähe des Rio Volta verfertigt man davon
eine Art Matten zum Einzäunen der Gehöfte.
165. Sorghum vulgare Pers. {Andropogon Sorghum Brot. K. E. 50L S. III.
77.) und
166. S. saccharatum (L.) Pers. {Andropogon s. Roxb. K. E. I. r)()2.
S. HI. 77.) werdeil cultivirt.
Alphabetisches Verzelchniss
der afrikanischen Pflanzennamen und einiger anderer afrikanischer Worte.
Abada (üvaria Chamae P. B.) S. 233 Nr. 4.
Abami-Tjo 1 (Olausena anisata Hook, f.)
Abami-aulage-Tjo j S. 237. Nr. 31.
Abaumba (Capparis erythrocarpa Isert, Frucht.)
S. 234 Nr. 11.
Abloge (Lactuca taraxacifolia Willd.) S. 244
Nr. 88.
Aboa (Gesichtsgeschvvulst) S. 237 Nr. 31.
Abontä (Strychnos scaudens Scbum '; S. 245
Nr. 96.
Adodomi (Spondias lutea L.) S. 239 Nr. 45.
Aflaximbe (Carissa dulcis Schum.. Frucht)
S. 245 Nr. 93.
Agingeli (üvaria cordata Schum.) S. 233 Nr 3,
Ahablobae (Aloe picta Thunb.) S. 254 Nr. 158.
Ahaemete (Milletia sp.) S. 240 Nr. 50.
Ajilebi (Capparis reflexa Thonn.) S. 234 Nr. 10.
Akassi (Lonchocarpus cyanescens Benth.) S. 241
Nr. 63.
Akokobessa (Carissa dulcis Schum., Wurzel)
S. 245 N. 93.
Akonkroug (Insecteularven) S. 253 Nr. 146.
Akoteuo (Pboeuixspinosa Schum.) S.252 Nr. 145.
Alipoma-Kripel (Desmodium mauritiaiium DC.)
S 240 Nr. 52.
Amagomi (Flacourtia flavescens Willd. S. 234
Nr. 13.
/ (Canavalia obtusifolia DC.) S. 21(1
Amba-Pang j ^'"- ^^•
1(Ipomoea Pes caprae Sweet) S. 246
Nr. 99.
Amitjoldbi (Phoenix spinosa Schum., Frucht)
S. 253 Nr. 145.
Amotobi(Physalis LiiikiauaNees) S.247 Nr. 108.
Amuma (Kugenia coronata Vahl) S. 242 Nr. 72.
Anmaiium-Ba (Vitis 'l'hoimingii Baker) S 238
Nr. 38.
Apatä (Ficus calyptrata Vahl) 8. 251 Nr. 130.
Aquing (Voaiidzeia .subterrauea Du Pet. Tli.)
S. -.'41 Nr 58.
Asabiobae (Aloö picta Thunb.) S. 254 Nr. 158.
Asiautt- - Kitteva (Uibiscus Abelmoschus L.)
S. 235 Nr. 17.
Asi - Gremi (Grewia carpinifolia Vahl) S. 236
Nr. 24.
Asogagaplae (Solauum auomalum Thonn.)
S 246 Nr. 103.
Asoso (Zunder aus der Blattwolle von Elaeis
guineensis Jacq.) S. 253 Nr. 146.
Atja-Tjo (Blighia sapida Kün ) S. 238 Nr. 43.
Ati-Odoi (Gelbsucht) S. 249 Nr. 124.
Atropo (Solanum Thonningianum Jacq. Frucht)
S. 246 Nr. 106.
Atropo-Ba (Solanum dasyphyllum Schum.)
S. 246 Nr. 104.
Aumodoati (Phyllanthus Niruri var. debilis
Müll. Arg.) S. 250 Nr. 134.
Aumbae (Diospyrus tricolor Hiern.) S. 245
Nr. 91.
Azara-Tjo (Oncoba spinosa F.) S. 234 Nr. 12.
Badimanoplä (Deinbollia pinnata Schum.)
S. 239 Nr. 44
Räsissa (Cassia occidentalis L.) S. 241 Nr. 66.
Beseri (Dichrostachys nutans Benth. Frucht)
S. 242 Nr. 69.
Blafo (Tribulus terrester L.) S. 236 Nr. 29.
Bläfo -Atropo (Solanum edule Scbum.) S. 246
Nr. 107.
Blafo-Koae (Ocimum Basilicum L.)- S. 249
Nr. 1-^3.
Bhi (Sauseviera guineensis Willd.) S. 255 Nr. 159.
Bläbä-Fye (Asystasia quaterna Nees) S. 247
Nj. 116.
Boj - tegi - Tjo (Morinda citrifolia L.) S. 244
Nr. 83.
Rubylä-Najrie (Sarcocephalus esculentus Afz.)
S. 243 Nr. 79.
Demi-Tjo (Caesalpinia Bonducella Roxb.) S. 241
Nr. 65.
Dendrae (Solauum noditlorum Jacq.) S. 246
Nr. 101.
Dojvie (Piper guineense Thonn.) S. 251 Nr. 141.
Eduasudcia (Loranthus Tiionningii Schiuu.)
S. 250 Nr. 132.
Eukafo (Leptadenia gracilis Dciie.?) S. 245
JSr. U5.
Thonning's botanisch-ethnographische Notizen aus Guinea.
257
Engkatje (Arachis hypogaea L.) S. 240 Nr. 51.
Fankvau (Gericht aus Atropa-Frucht) S. 246
Nr 107.
Fjong (Vitex cuneata Thonn) S. 248 Nr. 120.
Fufuba(Walthena americana L.) S. 236 Nr. 23.
Gaegaenae (Pterocarpus esculentus Schum.)
S. 241 Nr. 61.
Guba (Scaevola Lobelia L.) S. 244 Nr. 89.
Uah-Tjo (Xanthoxylon senegalense DC.) S. 236
Nr. 30.
llallasjajo (Blumea aurita DC.) S. 244 Nr. 86.
Iinbebi (Sesuvium Portulacastrum L ) S. 243
Nr. 78.
Jangkosno (Eulophia articulata Lincll.) S. 254
Nr. 152.
Jangkumaetri (Jasuiinum dichotomum Vahl)
S. 245 Nr. 92.
Jan-j'na (Momordica Charantia L ) S. 243 Nr. 74.
Jo (Vigna sinensis Endl.) S. 240 Nr. 57.
Joj-Tjo (Dialium guineense Willd.) S. 242 Nr. 67.
Jubbe-Jubbe (Voandzeia subterranea Du Pet.
Th.) S. 241 Nr. 58.
Jumo-sä(Cordiaguineeusis Thonn.) S. 247 Nr. 109.
Kah-Ba (Daemia angolensis Dcne.) S. 245 Nr. 94.
Kahn-Tjo (Dichrostachys nutans Benth.) S. 242
Nr. 69.
Keriro (Coleus africanus Benth.) S. 250 Nr. 126.
Kinä-Tjo (Mitragyne africana Korth ) S. 243
Nr. 80.
Kjaelae (Cola acuminata R. Br.) S. 236 Nr. 22.
KIovake(IjJomoeaovalil'oliaChois.)S.246Nr. 100.
Koae (Oeimum canum Öiuis) S. 249 Nr. 122.
Koiaa-Fye (Corchoms sp.) S. 236 Nr. 26, 27.
Koi-Tjo (Pavetta Baconia Hiern.) S. 244 Nr. 82.
Koklo-Tjo (Citrus paniculata Schum.) S. 237
Nr. 32.
KoUy-Tjo (Psychotria KoUy Schum.) S. 244
Nr. 84.
Koo-Pang (Modecca lobata Jacq.) S. 242 Nr. 73.
Kva - Fye (Solanum Thonningianum Jacq.)
S. 246 Nr. 106.
Kasamae (Typha angustifolia ß. australis
Rohrb.) S. 254 Nr. 147.
Lablaku (Lonchocarpus sericeus H. B. Kth.)
S. 241 Nr. 62.
Laedjo-Tjo (Acacia glabcrrima Benth.) S. 242
Nr. 70.
Lalaba (Stachytarpheta indica Vahl) S. 248
Nr. 117.
Lavasa (Ehretia cymosa Thonn.) S. 247 Nr. 110.
Loeloa-Pang (Batatas panniculata Chois.) S. 245
Nr. 97.
Lomo-Tjo (Securinega obovata Müll. Arg.)
S. 251 N. 135.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrfc. 1879.
Maej (Haemanthus multiflorus Mart. et Nodd.)
S. 254 Nr. 154.
Mah-Tjo (Conocarpus erectus Jacq.) S. 242
Nr. 71.
Mem' lemete (Pupalia mollis Moq. Tand.)
S. 250 Nr. 129.
Me-Tjo (Ximenia americana L.) S. 237 Nr. 35.
Miha (Haemanthus multiflorus Mart. et Nodd.)
S. 254 Nr. 154.
Molaque (Arachis hypogaea L.) S. 240 Nr. 51.
Muteku (Avicennia africana P. ß.) S. 248
Nr. 121.
Maja (Amarantus polystachyus Willd.) S. 250
Nr. 128.
Naba - Tjoelu (Erythrina senegalensis DG.)
S. 240 Nr. 5;^.
Näbä-di (Spathodea adenantha Don.) S. 247
Nr. 112.
Najvie (Anona senegalensis Pers.) S. 233 Nr. 1.
Nanni-Adumatre (Cucumis Melo L. var.) S. 243
Nr. 75.
Nanni-Jo (Rhynchosia caribaea DC.) S. 241
Nr. 59.
Nanni - Kumi (Lantana antidotalis Schum.)
S. 248 Nr. 118.
Nduli - Nduli (Vernonia senegalensis Less.)
S. 244 Nr. 85.
Ninndu-Tjo (Ficus ovata Vahl) S. 251 Nr. 140.
Obosso - Tjo (Premna quadrifolia Schum.)
S. 248 Nr. 119.
Odiboi (Eclipta alba Hassk.) S. 244 Nr. 87.
Odum - Tjo (Eriodendron anfractuosum DC.)
S. 235 Nr. 21.
Ohoa-Tjo (Drepanocarpus lunatus G. F. W. Mey.)
S. 241 Nr. 60.
Onjai - Tjo (Eriodendron anfractuosum DC.)
S. 235 Nr. 21.
Osisiu (Spathodea campanulata P. B.) S. 247
Nr. 111.
Otjobibomo (Capparis Thonningii Schum.)
S. 234 Nr. 9.
Ototrömi (Chailletia toxicaria Don.) S. 237
Nr. 34.
Otru (Sesamopteris sp.) S. 247 Nr. 113, 114.
Paettaeplae - Bi (Gardenia Thunbergia L.)
S. 244 Nr. 81.
Pepraemaese (Tetrapleura Thonningii Benth)
S. 242 Nr. 68.
Peti-Peti (Capparis sp ) 8. 234 Nr. 8, 11.
I(Byrsocarpus coccineus Schum.)
S. 239 Nr. 46.
\ (Salacia africana DC.) S. 238
I Nr. 36.
Pytto (Negerbier) S. 235 Nr. 13, S. 242
18
258
P. Ascherson: Thonning's botanisch-ethnographische Notizen aus Guinea.
Nr. 66, S. 246 Nr. 97, S. 251 Nr. 134,
S. 253 Nr. 145.
Sablabe (Cardiospermum sp.) S. 238 Nr. 39, 40.
Sabulla (Alliura giiineense Thonn.) S. 254
Nr. 157.
Sahatte-y-alla(LeptadeniagracilisDcne.) S. 245
Nr. 95.
Samudju (Curculio sp.) S. 253 Nr. 146.
Samangkama (Alternanthera Achyrantha R. Br.)
S. 250 Nr. 130.
Sebae (Solanum geminifoliam Thonn.) S. 246
Nr. 105.
Sia - Pang (Rhynchocarpa foetida Schrad.)
S. 243 Nr. 76.
(Byrsocarpus coccineus Scham.
Sio-Tahmi ) F™cht) S. 239 Nr. 46.
(Erythroxylon emarginatum Th )
S. 236 Nr. 28.
Sirsa (Wohl auch Sissa, Todtengespenst.)
S. 249 Nr. 124.
Sirsa-Imum 1 (Hibisous surattensis L. und
Sissa-Imune J H.cannabinusL.) S. 235 Nr. 14,15.
Sissa - Koae (Orthosiphon glabratus Benth.)
S. 249 Nr. 125.
Sissa -Sussoa (Solanum anomalum Thonn.)
S. 246 Nr. 103.
Sjadjo-Tjo (Adansonia digitata L.) S. 235 Nr. 20.
Sjä-Blä (Scoparia dulcis L) S. 247 Nr. 115.
Songu - Tjo (Hyphaene guineensis Schum.)
S. 252 Nr. 144.
Sussoa (Solanum distichum Schum.) S. 246
Nr 102.
Sylu (Ocimum viride Willd.) S. 249 Nr. 124.
Tadadua (Schmidelia sp.) S. 238 Nr. 41, 42.
Taehn-Tjo (Elaeis guineensis Jacq.) S. 253
Nr. 146.
Taeta - Fye (Gynandropsis pentaphylla DC )
S. 234 Nr. 7.
Taetjoe - Pang (Mucuna urens DG ) S. 240
Nr. 54.
Taetremande (Nymphaea sp ) S. 234 Nr. 5, 6.
Tahmi (Sideroxylon dulcificum Alph. DC.)
S. 244 Nr. 90.
( (Millet
j Nr.
1 (Vernonia senegalensis Less.) S. 244
l Nr. 85.
Tenjo-Tjo (Euphorbia drupifera Thonn.) S. 250
Nr. 133.
Tjalala (Boerhaavia ascendens Willd.) S. 250
Nr. J31.
Toube (Triiimfetta rhomboidea Jacq.) S. 236
Nr. 25.
Vjye-Tjo (Borassus flabelliformis L) S. 252
Nr. 143.
Vuale-Mi (Caesalpinia BouducellaRoxb., Samen,
beim Spiele Vuale verwendet) S 241
Nr. 65.
Vula-Fye (Ipomoea Clappertonii R. Br.) S. 246
Nr. 98.
(Milletia Thonningii Baker) S 240
Tah-Tjo I ^'r- 49.
Wörtersammlung des Kigaiidä und Kinyoro.
Von
Dr. Emin Bey.
Goiivenieur der Aegyptischen Aequatorial- Provinzen').
1878.
Erläuterungen zum Vocabular.
Die Wörtersammlung sowie die Phrasen wurden zunächst mit gütiger
Hülfe Mifta Dallingtons, Dragomans für's Englische, niedergeschrieben. Da
aber in vielen Fällen sich Mängel herausstellten wurden die Worte Arabern
vorgelesen, die seil Jahren der Uganda -Sprache des Kiganda, mächtig sind
und zum Uebertlusse noch Eingeborene zur Feststellung verwendet. Soviel
für Kiganda. Da übrigens Rev. Wilson noch in Uganda ist und sich
mit Anlage eines ausführlichen Vocabulars beschäftigt, dürfen wir von
diesem ebenso tüchtigen als gründlichen Forscher nächstens Besseres erwarten,
als ich zu geben vermochte.
Kinyoro spreche ich ziemlich fliessend (auch Kiganda ziemlich), konnte
also Dragomane entbehren. Doch sind alle Worte wiederholt geprüft worden.
Ich enthalte mich aller grammatikalischer Bemerkungen, selbe Männern
vom Fach überlassend. Nur soviel will ich bemerken, dass Kinyoro jeden-
falls die ältere und noch heute reiner erhaltene Sprache ist, während Kiganda
durch dauernden Contuct mit Zanzibar vielfach modificirt worden und immer
noch sich ändert. In Karägua spricht man eine dem Kinyoio sehr nahe
verwandte Sprache, verschieden vom Kiganda: überhaupt scheint Uganda ein
Einschiebsel in das ursprüngliche Kinyoro sprechende Gebiet (ünyoro, Uddu,
Karägua, Färu) zu sein.
Die Wahüma, das bekannte Hirtenvolk von Galla- Abstammung,
sprechen unter sich eine eigene Sprache, im öffentlichen Leben jedoch die
iemalige Landessprache.
Lado 13. Juli 1878. Dr. Emin Effeudi.
NB. Für Kiganda gilt als Regel:
1. Adjective stets nachgestellt. 1 hre Vocalisation richtet sich nach derjenigen
der ihnen voraufgehenden Substantiv a. Z. H. bingi viel (bintu bingi viele
Dinge; bäntu bängi viele Leute).
2. Alle Infinitive sind durch die Anfangssilbe .ku" gekennzeichnet.
1) Wir verdanken diesen werthvollen Artikel der gütigen Vermittlung des Herrn Dr. Behm
in Gotha. D. Red.
18*
260
Dr. Emin Bey.
£igän(la
Kinyöro
gürru
iguru
Himmel
kile (plur. bile)
bitjü
Wolke
gürru littu kudi
iguru tukviri
der Himmel ist unbewölkt
mujagaa
mujägga
Wind
kisimu
kisimu
Wirbelwind
ndjübba
issänna
Sonne
ndjubba imude
issänua deulkre
die Sonne ist aufgegangen
ndjübba wüdde buswije
issanna duguire
die Sonne ist untergegangen
mssänna guahssi
l ^^i^^S^^y riangri
i issanna j
der Mittag (Sonne) ist heiss
muehsi, ssuba
kuehsi
Mond, Monat
muehsi mudja
kuehsi kudjä
Neumond (wört. Mond neuer)
munyeiye
njü yehsi
Stern
luffü
kjoho
Nebel
nkübba
indjurä
Regen
nkiibba itünja
indjurä guire
es regnet
nkübba ikedde
indjura kaire
der Regen hat aufgehört
räddu
inkubbä
Donner
mssüiTU
dumenj
Thau
ruuaku, naku
ninaku
Tag (als Zeitraum)
ndjübba
mssänna
Tag (im Gegensatz zur Nacht)
kiro
mükero
Nacht
nkoko
münkoko
Morgen (Zeit)
mssänna
mujängue
Mittag
lüagiila
waigollo
Zeit vor Sonnenuntergang
kaorigesi
gorümmai
Zeit unmittelbar nach Sonnenuntergang
gulolimum
Zeit etwa 2Std. nach Sonnenuntergang
tümbi
muttümbi
Mitternacht
kissikisa
muirimma
es ist dunkel
kissigesige
Dunkelheit und Schatten
muäka (pl. miäka)
muäka (pl. miäka)
Jahr (zu 5 Monaten gerechnet!)
wankübba
wandjürra
Regenzeit
reiro (leilo)
erero
heute
djö
iso
gestern
luli
isaeri
vorgestern
nkjä
nkjä
morgen
liuibirri
luäbirri
übermorgen
nakumssämvo
mssänjo
Woche (naku Tag, mssämvo 7; mssänjo
die sieben Tage)
buwandji'ibba
Ost (wört. Aufgang Sonne)
bugwandjubba
bugguä
West (w. Untergang Sonne)
mpeo
mpea, malombe
Kälte, kalt, es ist kalt
ninampeo
ndenempeo
mir ist kalt
madsi gäujo goka (gakfuka)
maesi gakfukä
das Wasser ist kalt
madsi gakua kja
maesi gäkua kja
das Wasser ist warm
(Wahüma-Öprache)
kubngümma
attagättiri
es ist warm
mbugümma
utomire
es ist mir warm
enssi
btäkka
Erdboden
lussükku
lussükku
Bananenpflanzung, Pflanzung
kjälo
kjälo
Land
nssikkö
Wüste, Steppe
Wörtersaminlung des Kigiinda und Kinyöro.
201
Kigiliida
Kinyöro
ludsi
kissiba
Brunnen, Wasserloch
lüssosi (pl. bssiJsi)
lussosi, rossosi
Berg
lussenje
kjea
Ebene
niandja, nyäiiga
niandja
Wasserbecken, See, Fluss (selten)
muggd
muigga, kijämbo
Fluss
kdgga
kaggera
Bach
kisinga
kisinga, uyamesi
Insel
madsi
tuaesi
Wasser
mädsi miirifii
maesi gängi
hohes Wasser
madsi matütio
maesi kadcili
niederes Wasser
mädsi mabugümrai
maesi gükua kjä
das Wasser ist warm
muliro
muro
Feuer
mükka
muika
Rauch
liända
makkala
Kohle (glühend und kalt), jHolzkohle
wü
nkokke
Asche
fesa (arab fadda)
(unbekannt)
Silber
ssabu (viell. Kisuahili?)
(unbekannt)
Gold
kjikomo
kikömo
Kupfer
namädsi
muheri
Messing
tjüma
tji'ima
Eisen
lissähssi
lissähssi (ebenso)
Blei
(veriinstaltet aus arub. rossas)
mssenja
mssenje
Sand
djindja
kabali
Stein
tohssi
ssabu
Schlamm
münju
münju
Salz
ssabuni (arab. ssapun)
ssabün
Seife
mtih
mssäli (pl. kissiili)
Baum
kutäma mtih
kutäma kissäli
fällen Bäume
lulagalla (pl. malagülla)
dibbiibi
Blatt
kjikütta
kja'i
Rinde, Schaale (Ei)
leggua (pl. maggua)
e'iva (pl mavvä)
Dorn
toki rjengedä
kitöke kiri
die Banane ist reif
toki bissi
kitoke kibissi
die Banane ist unreif
toki li(')une nessa
kitüke ki'ssi kai'ri
die Banane ist faulig
mssi
mssi
Wurzel
lukkii
lukkui (pl. nkui)
Holz
kuassa lukkii
kuattia lukkui
spalten Holz
ssübbi
ssübbi
Heu
kjitoki (pl. bitoke)
kitüke (pl. bitoke)
Bananenbaum
toki (pl. bitiiki)
kitoke (pl. bitoke)
Bananenfrucht
mtih. guä muanni
ujymuünui
Kaffebaum
muäimi
muanni
Kaffe
kamräli
kamräli
rother Pfeffer (Capsicum conicum)
pasuba
Baumwolle
taba
täba
Nicotiana virginiana
teri (Wahüraa Spr.)
irkäbuc (altes Wort)
Nicotiana rustica
muemba
mogiissa
Sorghum vulgare
bulo
binta
Eleusine coracaua
kassoli
bitjoli
Zea Mais
rumoude (lumöuge)
biata
Batalas edulis
ndjäggi (njauja kisuahili)
(unbekannt)
Solanum Lycopersicum
2G2
Dr. Einin Pey;
Kigända
Kiuyöro
ntüngo
makjändi
Sesamum Orientale
binjiievua
mpändi
Ärachis hypogaea
kjiküdjii (klein)]
bikaidju (klein)]
Swcharum officinarum
bidjandaro (gross), [mpindi
unverango (gross), [nkoli
Phaseolus sp. diff.
mtiibba
mtühma
Ficus sp. diff. zur Kleiderstoff bereitung
(unbekannt)
maisia
Sorghum saccharatum
lumänge usmtih
lumonge mkällu
(nur Süd-Unguro und Miitnge.l)
Manihot utilissima (Kisuahili-.mahogo)
balliiggu
birai
Dioscoraea alata (Kisuah: viasikü)
makobbe
makingo
Dioscoraea (Helmia) bulbifera
ssamije (gegen Husten)
nssorro
Canavalia sp.
matembe
kitembe
Musa Ensete
ssiti
burünga
Abrus precatorius
pohtscha
utögo
I'haseolus Mungo
djüni
(nur in Süd-Unyoro): dji'mi
Colocassia Antiquorum
betügu
betügu
Borassus Aethiopum
mssiggo
megitta
Butter, Oel
müggo
miggo
Stock, vStab
nsoro (pl. bisöro)
kissolo (pl. bissölo)
Thier
mbua
mbuene
Hund
mbuä uogolla
mbuene koigolla
der Hund bellt
mbua erumä
mbuene kumenna
der Hund beisst
kibbi
buä
Schakal
kappa
lissusi
Katze
nte
nte
Kuh
nte nummeh
norami
Ochse
ujänna
njäuna
Kalb
imbusi
mbuli
Ziege
imbusi ja seddume
mpanja
Ziegenbock
ndigga
ntamma
Schaaf
ndigga nummeh
ihrmi
Widder
kanakatdmma
kanakatamma
Lamm
ntugga
ntwiga
Giraffe
mbidsi
mberege
Phacochoerus Aeliani
mbarässl (kiouahil.?)
Pferd
ndoggoi
nkaina
Esel
ntregge
ntlegge
Zebra
ngamirna
Kameel
ndjovu
ngedju
Elephant
nküia
piüko
Rhinoceros
mvübbu
mbirsi
Hippopotainus
mporögoma
ntali
Löwe
ngo
ngtii
Leopard
mpissi, utädja
mfittili
Hyäne (H. crocuta)
msse
mbcbba
Maus
massüh
mssu(''h
Aulacodus Swinderianus
Damlemi
ndümmi
Manis sp.
ngenge
ngonee
Lutra sp.
ngäbbi
ngäbbi
Tragelaphus scriptus
bugga = bügga
mbüggu-mbuggu
Fledermaus
ngeje
ng.'ije
Colobus Guereza
n'kobbe
n'kobbe
Pavian (gross, röthlich)
Wörtersammlung des Kio^ända und Kinyi'iro.
263
Kigiiiida
Kinyöro
masikki
kinjabantu(wörtl. menschen-
Troglodytes spec.
njiinni
njiinni
[gleich)
Vogel
njiinni imba
njiinni aksiol
ia
der Vogel singt
nsegga
nsegga
Geier
tschugiiru
nssimlissi
Eule
nküssu
tükku
Psittacus erythacus
maja
lidu
Strauss
nkoko mpänga
mpanga
Hahn
nkoko
nkoko
Henne (auch für Halin gebraucht)
nkoko ul(')
niusst'nje
Küchlein
nk<')ko ik('ikroma
nkoko kärra'i
der IJahn kräht
nkiilTu
nssüllomi
Perlhuhn
kasKuuki
Pytelia minima
katü'i
utü'i
Schwali)e
namgfina
tjikoua
Corvus scapulatus
gi (pl- mäggi)
maüle
Ei
ffönja
ssambi
Krokodil
lügawi
inkudd
Schildkröte
ussuä-ussuä
kigarra-gärra
Eidechse
kikkerä
kikkerä
Bufo pantherinus
mussotä
udjiikä
Schlange
timba
nsrjärarje
Python africanus
mussota gutümhola
udjoka akuuwa
die Schlange kriecht
keniäudja, ussousi
inqui
Fisch
nabiihbi
uabühbi
Spinne
kankä
ukängo, ussüssisi
Ameise
niova
uisvä
Termite weisse
kisvä
kisvä
Termitenhügel
ujenjägidsi
Cicade
udji'iki
udsoki
Biene
mobiosi gua udjüki
djüru
Honig
nssut'hra
nssuoLra
Fliege
ussirri
mebbu, us^iina
Mosquito
njämma
njämma
Fleisch
massäwu
raassädju
Fels
mattä
mattäi
Milch
mfiri
issoki
Haar
mkira
mukkira
Schwanz
vqja
voja
Wolle, Federn
dschembe (pl, niajembe)
docbombe (j)
. madjembe)
Hörn
mukonno
mukonno
Rüssel (eig. Hand)
ssänga {\)\. massänga)
sjänga (pl. massänga)
Stosszähne des Elephauten, Elfenbein
bigämba
bigämba
Schuppen (Fisch)
müntu (pl Itantu)
müntu (pl 1
äntu)
Menschen. Leute
mssedja
mssedja
Mann
mukkäsi (jil. bakk;isi)
luukkasi (pl.
bakkäsi)
Frau
muüima (pl. bvanna)
muänna (pl.
bavänna)
Kind
mtabänu
Sohn
muälla(eig.jedes weibl.Kind)
mriänna
Tochter, Mädchen
Frau (leine hat Kinder
Frau dcini
hat
Kinder
mukkäsi onno aina bvänna
mukkali ävi
äire
bavänua
diese Frau hat b Kinder
fünf
fünf
betäua
betana
264
Dr. Emiü Bey:
' Kigända
Kinyöro
uä säräüa
uä uerai
wo (bist) du geboren?
Vater dein lebend
Vater dein lebend
kitäo mlammii
viteo momi
lebt dein Vater?
affa
atfiri
er ist gestorben
noch lebend
noch lebend
atjäli mlammü
atjäli momi
er lebt noch
mürüngi
mussä'i
er ist wohl
murensi
modjo
Knabe
monbukkä
junger Mann
kaala
kaäla
kleines Mädchen
kuässa
kubäudoba
heirathen *
Mann dieser hatgeheiratetFrau,
müntu önna avässa mukkasi
dieser Mann hat diese Frau geheirathet
onno
moulü
munäku
unverheirathet,Wittwer, arm, verlassen,
ssevo, kita (n. m. pron.), täte
oite, täta
Vater [Waise, verwaist
njavvo, mäuge
mäma
Mutter
kähua
kähua
Säugling
mugända
mugända
Bruder
mugandawänge , mugan-
(ebenso in Kinyäro)
mein Bruder, dein Bruder, sein
daaue, mugandawe
Bruder
muänjina
njakä'ita
Schwester
djädja
djädja
Grossvater
djeidja
djeidja
Grossmutter
Bruder von Vater mein
mugända uä kitänge
mugända uä täta
Bruder meines Vaters, Oheim
Bruder von Mutter
mugända ua mange, kodja
mugända uä mäma
Bruder der Mutter, Oheim
mukkoi
mukk()'i
Schwiegervater und Schwager
mukädde
muka'iri
er ist alt; alter Mann
Ilaar ist geworden grau
Ha.ir geworden grau
muri ssiliko mwi
issoki rimu embui
sein Haar ist ergraut
noch jung
atjäli moubukkä
atjäli
er ist noch jung
lugända
lugända
Familie
msbirsi
mobirri
Körper
gümba (pl. magümba)
gümba (pl. magümba)
Knochen
mssäi
ssäggama
Blut
dibba
udibba
Haut
mtue
mtue
Kopf
kjuänga
kjiäuga
Schädel
tjJini
bussiü
V^orderkopf, Stirn
nkona
nkola
Hinterkopf
m'niähsso
maisso
Gesicht
lihsso (pl. fflähsso)
lisso (pl. massö;
Auge
kuttii (pl. mattü
kutui (pl. mattui)
Ohr
tämma (pl. matämma)
itämma (pl. matämma)
Wange
njendu
jendfj
Nase
mummuä
mummä
Mund
muä (pl. mimuä)
mnnuä (pl. minuä)
Lippe
kusaawüka
Athem
Wörtersammlung des Kigända und Kinyoro.
265
Kigdnda
Kinyöro j
ndsissamiika
kaokera
ich athme
kirevu
kiresu
Kinn
linio (pl. mänio) |
lihno (pl. maino) |
Zahn
lulimmi
lulumi
Zunge
bussoga
mlisu
Bart
kümmua
kugernba
rasiren
usikju
vikjä
Nacken
uhiggo
kadangi'ddo
Keble
nssinga
nssinga
Mähne
mabegga
mabegga
Rücken
kibegga-begg
a (sing, ibegga)
kibegga-begga (sing, ibegga)
Schultern
bängo
bango
Buckel
oabängo
vibango
bucklig
mukonno
mukonno
Arm
lukkogola
lukkogola
Ellenbogen
ngallo (muk
6nno)
biäla
Hand
mukönno uä
dio
mukonno gi
i buliö
rechter Arm, r. Hand
mukonno uä
konnn
mukönno gu mossö
linker Arm, 1. Hand
kjikönde
intomi
:
Faust
lunne (pl. ngällo gebräuchl.)
luala (pl. bi
ala)
Finger
ngjälla
nönno
Nagel
kifübba
kissübba
Brust
maweri
maweri
weibl. Brustdrüse, Busen
lubüttu
ndä
Bauch
kündi
nkündi
Nabel
kivümba
inih
Leber
mbirisi
mbädju
Rippe
täkko
nio
Hintern
kügulu (pl.
mägulu)
kügulu (pl.
mägulu)
Beiu
kiinga
kibäro
Oberschenkel
wiri
kadjivi
Knie
ntümbue
ntümbue
Unterschenkel
kiggerä (pl.
biggerä)
kiggerä (pl.
biggerä)
Fuss
bussä
buäre
nackt
ntiijo
ntüjo
Schweiss
masigga (pl
basigga)
maligga (pl
baligga)
Thräne
kuhaba
kotschürra
weinen
malüssu
malüssu
Speichel
kutukuli
msero (eig.
weiss)
rein, sauber
kudugarra,
taka
kuirägura
schmutzig
kunäbsa
kunawia
waschen
kuenahsa
kuenawia
sich waschen
kukallilira
kuüma
trocknen
sich einreiben
Fett
kuesiga
msiggo
kuesiga me
gitta
sich einfetten
namagüje
ndmagsj
Albino
kunäba
kunaba
baden
kuenaba
kuenaba
sich baden
mukuvvu
aianükkerä
mager
munenne
mukoto
fett, dick, gross
merrä
kulia (eig.
verbum : essen)
[ Speise
266
Dr. Emin Bey;
Eigända
tünnua
Presens:
kulia
Präsens :
linua ich trinke
tünnua wir tr.;
1 p. ndia; 2 p.
1 p tulia; 2 p.
tue tünjue
ninanjerrii
ninanjonta
nssigusse
kümira
buttä
mkati
merrä ja nkja
merrä ja mssäuna
merrä ja luägula
attamiddi
künnua taba
kuoiaerrirä
merrä jomerrirä
kukaua
kukämbaga
lüggoi
ngätto
momi
kuämbula
kitanda
kutoba
nkallilire
nssirriba
kiguiri
mpeta
njümba
fümbiro
mfümbiro
mliango
kissässi
kitikro
kusseräka
mkeka
kulüka mkeka
ntebbe
ninga
ntämmu
kidsiko
kaämbe
nssüa
kitä
rudjiä
mssirri
bia mtili
Kinyöro
künnua
ünnua du trinkst; annua
ünnua ihr tr ; bännua sie
I knlia
ulia; 3 p. alia
ulia; 3 p. balia
I tue tunjue
dinansälla
dinamä'iro
nikutre
kümira
bussiäni
mkäti
tuikuire münkoko
tulire mssänna
okulia igollo
attamire
künnua täba
kussä'i
kulia kussä'i
kissära
nuegera
Kleider des Europäers
dübbugo wusüngu
nkä'ito
kusuäla
ntäbbu
kisoberi
kiomere
ngissa
nsüire mukonno
kätam (arab.)
njümba
fümbiro
mfümbiro
mliango
kissäkki
kitikro
kusseräka
mkeka (v. Uganda)
kulüka mkeka
kitebbe
duindu
tuägga
ngämba
mujoh
nssüa
kissessi
rübuga
mssirri
bia mtih
trinken
er trinkt;
trinken;
essen
Imperat : nüa trink
gieb zu trinken
ich bin hungrig
ich bin durstig
ich bin satt
schlingen
Mehl
Brei aus zerriebenem Korn
Speise des Morgens (Frühstück)
Speise des Mittags
Speise des Abends
er ist betrunken
Tabak rauchen
süss
süsse Speise
bitter, salzig
sauer
Stoife, Kleider (europäische)
Schuhe ^rothe arab.)
Sandalen (aus Büifelhaut mit Pelzwerk)
sich anziehen
Bettstatt, Tragbahre
feucht
trocken
Halsband, Collier
Armband
Ring (Finger)
Haus
Küche
Koch
Entree ins Haus, Thür
vorspring. Dach über der Thür
ausgezogene Dachspitze (Toqul)
Dach, Bedachung
geüocht. Matte
Matte flechten
Stuhl
Nagel (Holz und Eisen)
Topf (Burma)
Lüffol
Messer
Wassergefässo aus Thon
Kürbisgefässe (allgem.)
Hof
Garten
'Krüclite
Wörtcrsammlung des Kig^ända und Kinyoro.
267
Kigända
Kinyoro
kibbo
kibo
Korb
nkümbi
mssikah
Harke zur Feldarbeit
kulli'ma
kallima
beharken
mbadsi
mpango
Axt
kussigga
kussigga
säen
kussara
kussara
reifes Korn schneiden
ntäna
kusika
Grab
msi
kjika, mükka (Wal
üma Sp )
Dorf
katäli
katali
Markt (Kauf und Verkauf)
lübiri
kjikäli
Residenz des Königs, Palast
kujögera
kuväsa iper '^ perfect: avddse
sprechen, sagen
er hat
gesagt
Präsens :
Präsens:
sing. 1 ujijgera 2
ujogera,
sing. 1 uvasa
2 uväsa,
3 ajögera
3 aväsa
plur. 1 tuj('igera 2
njogera,
plur. 1 tuväsa
2 uväsa,
3 bajogera
3 vaväsa
kugämba
kugämba
reden
Präsens :
sing. 1 Dgämba 2
ugamba,
3 agamba
(wie neben)
plur. 1 tugämba 2
ugiimba,
3 bagämba
was
was
ugämba ki
Ugämba ki
was sagst du?
ugämbje ki (wahüma Form)
ugämbje ki
was hast du gesagt?
kigämbo (pl. bigäm
bo)
kigämbo (pl. bigä
nbo)
Wort
kuita müddu
kmta müddu
einen Sklaven rufen
Name sein ist wie
Name sein Ist wie
linja He äni
ibara nue näni
wie ist sein Name?
kubüsa
kubulia
fragen
küdoa
antworten
kussilika
kussilika
schweigen
Din)j;e diese nennst du
ie
bintu bino uvita
ki
wie nennst du diese Dinge?
kullira
kutsch ürra
weinen
kuägala
kuendia
lachen
kunisa
kuffulia
niesen
kukörora
kukuühla
husten
kussebba
kussebba
bitten
Präsens :
sing. 1 nssebba 2
ussebba,
3 assebba
(wie nebeU/
plur. 1 tusst'bba 2
ussebba,
3 bassebba
kuläbba imperat. h
ibbe sieh
kuvänna
sehen
Präsens:
Presens :
sing. 1 ndabba 2
ulabba,
sing, nvänna,
uväuna,
3 aläbba
avänna
plur. 1 tulabba 2
ulabba,
plur. tuvänna,
uvänna,
3 balabba
vavauna
kunöuja
kumonja
suchen
268
Dr. Em in Bey.
Kigända
Kinyöro
kuülira imper. ulire höre
kuüra
hören
Präsens :
sing, mpulira, ui'ilira, aülira
plur. tuülirä, uülira, baülira
kuröta
kurota
träumen
kugurokoka
kuimüka
erwachen
kuinairira
kuimera
erwecken
kuebakka, kuebässia
kuebässia
.
schlafen
kuifä
kuffa
sterben
mlammii
muomi
gesund, lebend, kräftig
namanj
namanj
tüchtig, verständig, wissend
1
mueffu
muanüki
kränklich, weichlich
mduadde, mniödde
mluairi
krank
vukürru
mkiirru
gross, hoch
katono, kadoli (Wahiima)
kadoli
klein
bruoddi
bruä'ire
Schmerz
mtue kurümma
mtue vukünduma
Kopfschmerzen
linyo kurümma (linio)
linio vukünduma
Zahnschmerzen
kauwali
blündu, kulündu
Blattern
daggala
mobbasi
Arznei
dschembe
dschembe
Hörn, Zauber, Amulet
vulemma
mulemma
muguera
lahm
mssillu
kiböbo
stumm
taub von Ohreu
mssivvu ua mattü
kigara
taub
taub von Augen
mssivvu ua massü
pimpite
blind
vugümmu
kigümmu
hart
bugomfu
kikoroba
weich
uogi
bogi
scharf (Messer)
kisito
kikuremerra
schwer
tjöma ino kugümmu
das Eisen ist hart
mpeo
mpeo
kalt, Kälte
kokja
okokja
heiss
vutukuffu, ndjerou
moiiro
weiss
vutugawwu
meragusü
schwarz
vumioffu
mutukuli
roth
tschiemfu
gelb
mabala
mabala
gefleckt, punctirt
burüngi
burüngi
schön, gut
müntu murilngi, mukkasi
(wie
neben)
der schöne Mann; die gute Frau
bübbi [murüngi
mübbi
hässlich, schlecht
mrimmo
Musik
kukola (nkola, uki jla, aküla eh)
(wie
neben)
arbeiten
uebirri, muendi
bereit
magesi
magesi
klug
mssirru
mssirru
dumm
mugedja
mugedja
lange Trommel
ngomma
ng(imma
kurze Trommel
jängua
jängua
sei schnell
uangu
mangu
schnell
mpolla
m pol an
langsam
Wörtersammlung des Kiffända und Kinyoro.
269
Kifräiida
lünydro
muidsi
muiggi
Jäger
kuifrga
kui'gga
jagen
kassali
mfiiidu , iigobbe (Wahüraa- 1
Pfeil
mteggu
kitta, butta
[«P)
Bogen
kitimba
kitimba
Netz zum Wildfange
kussalla rabiisi
kussalla mbiisi
eine Ziege schlachten
kufiimba
kussüinba
kochen
madsi gabbugümja
maesi gattagättere
das Wasser kocht
kukiinama miiliro
kuäkja muro
Feuer machen, anzünden
kukollcsa iniilirn
knkollesa murö
das Feuer auslöschen
mulin') guaka
muro guaka
das Feuer brennt
mulirü gündjo kidsa
muro giindjo kerrije
das Feuer hat mich verbrannt
njoudo
njiJiido
Hammer
nssamraii
nssämmu
Hammer zur Rinde nstoffbereitung
rudjegeri
Kette, Fessel
mpisso
nki'nso
Nadel
üsi
ngoje
Faden
kutünga
kuvassira
nähen
mugguä
muggua
Seil, Strick
kitüli
kjülu
Loch, Höhle
diato
mväto
Boot, Schilf
nkassi
ngai
Ruder
ngombe
kigguära
Hom, Trompete
ndere
njamberi
Flöte, Pfeife
nanga (Uganda), nämgue
bidongo (Ussöga), ntöngoli
Harfe, Guitarre
ugoje [(Wahiima),
ugoje [(U
nyoro)
Saite
kusinna
kubilla
tanzen
kuimba
kubinna
singen
kujanja
kujänja
spielen
kujogera ugeru
tukobadsa
Geschichten erzählen
kiigula
kügula
kaufen
kutünda
kutünda
verkaufen
nitiinsi
mtiuisi
Kaufmann
kubiidsa
kuhulia
verlieren
Thaler (arab.) mein ist verloren
rialijange imbüdse
rialikänge kanguire
mein Thaler ist verloren (gegangen)
ansedde
er hat mich getäuscht
vukäliubo
agumma
theuer
kussassiira
kussassiira
bezahlen, eine Schuld erledigen
küa (verb. defectiv.)
kueria
geben
kugabba
geben
Präsens:
Präsens :
sing. 1 ngabba 2 ugabba,
Perf. sing. 1 nagäbb
a 2 ua-
3 agabba
gäbba 3 jaba
?sa
iuiperat. mpa gieb
plur. 1 tugabba 2 ugabba
plur. 1 tuagabba 2
ugabba
3 bagabba
3 vagäbba
munäku (s. oben;
munaku
arm
mugägga
mutüngi
reich
ndüa bandja die
ich bin ihm schuldig
kuballa
kuballa
zählen
makiiiigu
maköngo
Chef, Anführer, Districts- Gouverneur
kabakka
kabakka
König
270
Dr. Emin Bey:
Kigända
Kinyöro
muläugera
mulängera
Königssohn
uabissa
freier Mann
müddu
muiro
Sklave
kulagidsa
befehlen
kukirisa
kuikiria
gehorchen
mhändua
mbändua
Zauberer, Zauberin
kussala
kulegga
bitten (auch für beten der Araber)
kussoma
lesen
kuäiidika
kukola (arbeiten)
schreiben
muebssi
müehssi
Schmidt
muvübbi
balimba
Fischer
mussesse
Schiffer
munjuäni (pl. baujuäni)
munjuäni (pl. banjuäni)
Freund
uaguanga
ujajäna
Feind
kulliräna (pl. balliräna)
kulliräna (pl. balliräna)
Nachbar
mugenj
mugenj
Fremder
müsüngu (pl. wasüiigu)
miisüngu (pl. wasiingu)
Europäer, Weisser
kübba
kuiba
stehlen
mubbi
muibi
Dieb
kütta
kuita
tödten
Präsens :
Präsens:
sing. 1 nssitta, 2 ütta, 3 ätta
sing, nätta, unätta, anätta
plur. 1 tiitta 2 üttä 3 bätta
plur. tunatta, unätta, vanätta
mutemmu, mütti
mutemmu, muiti
Mörder
rutälo
Krieg
mussibi
Gefangener
Leute meine aUc entflohen
(verloren)
Leute meine alle entflohen
bautuwänge bona vabndse
bautuwäuge bona vabüri
All meine Leute entflohen
kitläla
Schwert
buoggi
vuoggi
Schneide (Messer)
fümmu
issomü, kidikiä (für Eleph.-
Speer, Lanze
ngäbbu
ngäbbu [jagd)
Schild
ntumüssi, mbündu (verunst.
bendüki
Gewehr
bugänga [arab.)
bugänga
Pulver
murüngi-buhbi
murüngi -m 11 bbi
gut — schlecht
müntu murüngi ein (der)
bäntu varüngi gute Leute
gute Mann
mukadsi muningi eine (die)
kintu kurüngi ein gutes Ding
bintu biriingi gute Dinge
gute Frau
masimma
masimma
richtig, wahr
kulimba
agobbia
lügen
mulimba
mugobbia
Lügner
kuagala
kuendia
lieben, wollen, wünschen
nkuebassa, nkussimie
genda kubassia
ich danke
gieb mir Wasser wenig
gieb mir Wasser wenig
onompa madsi katono
ndeta maesi kadoli
gieb mir ein wenig Wasser
rap;i madsi katono
gieb ein wenig Wasser
kutuäla (mutuaie nimm es)
kutuäla
nehmen
kumonja
kumonja
suchen
kuläbba (sehen)
kubbania
finden
''uleta (imperat. mleta)
kudeta (imp. ndeta)
bringen, geben
Wörter.'-ainmhuiß des Kipaii(l:i und Kiiiyoro.
271
Ki^^nda
Kiny6ro
kugenda
Präsens:
sing. 1 ngenda 2 ugenda,
3 agenda
plur. 1 tugönda 2 iigonda,
3 bagenda
kutiila, kutiidda (Wahiiina)
tiila vi'uissi
ui'bakki
garämira
kadükka (präs. 1 per. nssir-
kuffukämira [iikka)
kuggua
kubiika
kiidja
Präsens: nssidja, iidja, ädja,
tüdja, i'idja, badja
Perfect: ndsidse, udse, adse,
tudse, udse, vadse
adse rero (leilo)
lugendo
kutambola
kiibbu
bleib mit mir
tula nänge
kulamissa
willst du mir zeigen Weg
ononjölessa kübbu
kutümma mbakka
Jetzt bist du gewesen wo
luno urinidda uä
kutäma
kumenja
luggo'i liorissi
kussiba
kixkuba (pr. nkiibba, ukiibba
kussunnirura [etc.)
kumära
bugässi •
uaffiinda
butono
buäuifu
biimpi
kiimpi
uolli'i
bingi
bintu bingi viele Dinge
bäntu bängi viele Leute
katono (bintu bitono, bäntu
batono')
mukädde(bintunkädde, iiitih
mukädde)
kugenda gehfi
imperat. genda
3 pers. perfect. gensere
(Wahi'ima) weit gegangen
knkära (imperat. ikkära)
ikkära väiissi
bässia
kukubässia
kuin'ikka
kukubamädjua
kugguä
kugulka
kidja (iinper idjä)
iraper. django
futur. nädja, uiiädja, anadja
etc.
lugendo
kutambola
mubäiula
tüla nänge
kulamikje
ononjoleko kübbu
kutümma mkuenda
uä noläi
kuttäma
kuhenda
Uiggo'i temkire
kubbuä
kükuba
kundübula
kumära
uaffünda
budoli
meläi
mümpi
maämpi
aliäi
bingi
bakkäsi l)angi viele Frauen
kadoli
mnkäise
sitzen, bleiben
sitz nieder
schlafe
leg dich nieder
rennen
knieen
fallen
springen
kommen, zurückkehren
er ist beute gekommen
Reise
gehen, kriechen
Weg, Strasse
bleib bei mir
grüssen
willst du mir den Weg zeigen
einen Boten senden
wo bist du jetzt gewesen
schneiden
brechen
die Kleider sind zerrissen
binden
schlagen
öffnen
enden, beenden
weit, breit
schmal, eng
dünn
hoch, lang
niedrig, kurz
nahe
weil
viel
wenig
alt
272
Dr. Emin Bey:
Kigända
Kiuyöro
viidjä
mojä
kitiindu
kudjiira
kisuire
buereru, domulikantu
udomukäntu
kakänno
ätti
kuruä
mansolleki
er ist mehr als du «ross
ja akiissinga bkürru
Frau diese schön aber
mukkäsi ono murüngi oae
jene mehr als sie schön
bänno bebassinga burüngi
nessimije
traurig warum
orinne näku ssäki
ich habe genug
bina märra
nsse üno ich bin; gue iijo
du bist; je üjo er ist
tii tüno wir sind; gue ujo
ihr seid; ve väbo sie sind
(werden zusammengezogen
z. B. nsseuno ich bin;
auch oft nur nsse)
nsse ich, gue du,"j
je er ( i. Einzeln
twe wir; gue ihr;j getrennt
ve sie J
wange (jänge) mein; je dein;
yUe sein
viäffi unser; biämmue euer;
biäuwe ihr
■ (immer angehängt als Post-
ssiridjä [fixum)
tuäla ntebe
onädja nkjä
ussikrisa
ssikrisa
je — nedda
uallavuänjuma
däu
muendoki
wir werden gehen wann
tuligenda di
uv'u uä
ugenüc uä
uä Wmissi.jjj
reich
edda ngänf^i m"-u\(Tfe,
ich habe nichi ^esc-
alverebirri nga ssakuläbba
binä mari
ugje, ue, je
ischje, ue, ve
ebenso
ebenso
tendira
tuäla ktebe
olirä iso
je — ngaine
neu
Hälfte
voll
leer
jetzt, sofort, bald
später 0
er ist grösser als du
diese Frau ist schön aber jene ist
schöner als sie
ich bin zufrieden
warum bist du traurig?
ich habe genug
ich will nicht kommen (Verneinung ssi)
nimm den Stuhl; nimm den Stuhl fort
wirst du morgen kommen?
ich glaube es
ich glaube nicht
ja — nein (nicht, nimmer)
der (die) letzte
ein ander Mal
wie viel?
wann werden wir gehen?
wo bist du?
wohin gehst du?
wo ist deine Heimath?
früher war ich reich
ich habe dich niemals gesehen
Wörtersammlung des Kigända und Kinyoro.
273
Kigända
tanasfenda (3 p. perfect verneint)
bulidjo
büli müntu, büli mukkäsi, bi'ili kintu
muaka günno
muaka güdja
muaka guli
J müntu ono, mukkäsi oiio, mtih günno
I bäntii bänno, bakkäsi bänno, niittih djino
mbüsi äno-njümba äno plur. mbüsi ssiuno,
muesi günno [majümba sinno
muesi guli, muesi gudja
Haus sein ist wo
njumbane eriiä
mukkäsi ono nanä
ono kiräbba näno
geh in Haus des N:ichbar
genda munjümba ja muliräno
ugenda mbüga
mvä mbüga
ruggi
namläbba däu
atämbola nonnä
kilänge, mukkasiwänge, njumbajänge
bakkasiwänge, majumbajänge
ndenka, nenka, jenka, tuenka, nenka, bonka
anjägala (kuägala lieben)
muägala
nkuägala
ijämpa mädsi
nkuläbba (kuläbba (sehen)
onotuäla
ssamuläbba
namuläbba
ndjägala njogere
mpä merrä-mpä tjä kuiia
änoje njunibojänge, ärije njumbani
diese gross
majümba gänno man nenne
bakkäsi bänno basüngi
mbitra müddu
bäntu bona, mittih djona, mbüsi söna
lubirri luä kabäkka
luggoi lud murensi
mpisso ja mukkäsi
kambe ka müddu
Topf Milch
nssümbi Ja mätta
nssue ja mädsi
roth
nkufTira mii'iffu
muänna murüngi
Djina amuägala
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. lti>79.
er ist nicht gegangen
täglich
jeder Mann, jede Frau, jedes Ding
dies Jahr
kommendes Jahr
verflossenes Jahr
I dieser Mann, diese Frau, dieser Baum
\ diese Männer, diese Frauen, diese Bäume
jene Ziege, jenes Haus und ihre Plurale
dieser Monat
vergangener Moaat, kommender Monat
wo ist sein Haus?
woher kommt deine Frau?
du wirst dies dort finden
geh ins Nachbarhaus
ich gehe zum Palaste
ich komme vom Palaste
Thor
ich sehe ihn ein ander Mal
er geht überall hin
mein Vater, meine Frau, mein Haus
meine Frauen, meine Häuser
ich selbst, du selbst etc.
er liebt mich
ich liebe sie
ich liebe dich
er giebt mir Wasser
ich sehe dich
willst du nehmen?
ich sah ihn nicht
ich habe ihn gesehen, sah ihn
ich möchte dir sagen
gieb Essen; gieb zum Essen
jenes ist mein Haus, das dort das seine
diese Häuser sind gross
diese Frauen sind schön
rufe den Sklaven
alle Männer, alle Bäume
des Königs Palast
des Knaben Kleider
die Nadel der Frau
das Messer des Sklaven
Milchtopf
Wassergeßss
rother Tarbnsch (Fez)
ein gutes Kind
ihre Mutter liebt sie
19
274
Dr. Emin Rey;
mein mehr, (Komparats) gut
janssingira burüngi
Ki^äuda
murensi ajägala kitauwe
jebassi, nebassi, nebakki
tamanje
akola mängu
tälia ujamma
alia njämma
er ist Freund
je munjuam jaiige
luäki tojügera
takola
onodja
toülira
ssiülira
mpiilira
ansebba njö
du thust wiis Tag diesen
nkola kl näku 16 nn
nina, ulina, alina; tiilina, ulma, baliiia
ssirina, tolina, talina; tutulina, tolina, tibalina
nalina, ualina, jalina; tualina, iialina, balina
ssiuse, ssigue, ssije; ssifwe, ssigue, ssivo
madinda (ebenso Unyoro)
kussanikira ntammu
ulirira ki
lussiikku je ndussimije njo
mukkäsi ono akuagala
nalissinedja nenkuandikira lupäpula
unonja ki
nte ännua
ich gebe za trinken Kuh diese
ujuadde tja künnua nte äno
kübbu ligusse
ugüdde kiibbu
tuassigadde kintu ku njämma
tutiidjere keddi kinUi
jejagala njenka ujo
baniäna
bagaläna
kukullembira
mssäli, mukurembesi
kukiibba
akola birüngi, takola bi'ibbi
ugätto ssafwe ssittikude
luggoiwänge tisinäbba kiikalla
kjangenda njanikö ndälla
ssimuadde
ukuädde
ssimübbi-murüngi
talimbie, ajogera masimma
nonädja uakucbassa
mohinno guauge juedde
kussoka lugendo
der Knabe liebl seinen Vater
er schläft; schläfst du?; schlafe
er weiss nicht
er arbeitet schnell
er isst nicht Fleisch
er isst Fleisch
er ist mein bester Freund
warum sprichst du nicht?
er thut nichts
willst du kommen?
hörst du nicht?
ich höre nicht
ich höre
er bat ihn sehr
was thust du diesen Tag?
ich habe, du hast, er hat etc.
ich habe nicht, du hast nicht etc.
ich habe gehabt, du hast gehabt etc.
ich bin nicht; du bist nicht etc.
Holzharinonika
einen Topf zudecken
warum weinst du?
euer Garten gefällt mir sehr
gefällt dir dies Mädchen?
ehe ich kam schrieb ich dir einen Brief
was suchst du?
die Kuh trinkt
ich gebe jener Kuh zu trinken
die Strasse ist offen
ich habe die Strasse eröffnet
es ist nichts übrig vom Fleische
wir hallen nichts davon gelassen
er liebt sich selbst sehr
sie zanken sich
sie lieben sich
anführen, leiten
Anführer, Chef
trommeln
er thut gut; er thut nichts schlechtes
unsere Schuhe sind rein
meine Kleider sind noch nicht trocken
ich gehe jetzt dieselben zu trocknen
ich habe es ihm nicht gegeben
ich gab es dir
er ist nicht schlecht — er ist gut
er log nicht, er sagt die Wahrheit
willst du kommen (so) danke ich dir
mein Werk (Arl)eit) ist zu Ende (geendet)
eine Heise beginnen
Wörtersammlung des Rigända und Kinyoro.
275
Kigäuda
nkiibba iltaniuUh'
ädja mukkäsi mukaddc
udi muvubukkii
udi mugandauwH!
alikä
djäli uwe
äni gue und guani
mtintu ono äni
äni ni'nni niümba iiiio
mbusi äno jange na ndigga ssinno ssiso
iikoffir(a) üno üji»
djf) uä genda n;i
namalla näku ssattu mkiälo
nkjä nkübba inati'inja
uina uämbe (v. kämbe Messer)
ssinä lümmu
du hast Kinder wieviel
uima (uina) bavänna bamäkä
ussinse
gukussinse
ualia
uinsa kugenda
tuinsa kugenda itin inkubba
alidja
tutukola
iisse nakola
ich tjebe nicht Hache keine
ssikue bintu biräila
tagenda nänge
ich gebe was für Slilave euer
ukue kl guo miiddiui
Ute äno jäni
nküssu äno jänge
ich wünsche Stück gross Holz
udjägala kinädjo kinenne kja lukkii
ukjagailirä ki
gleich
mübbi apännana n'kobbe
uina (uina) mbiisi
so
uägula ko kömi
Regen geendet kommt zurück Sonne
nkiibba negäko uakmija iidjubba
agudde ku nitili
lern
eguänga li" lili uälla
bleib mit mir ich fürchte zu bleiben allein
tiila uänge, ntjä kutnla oma
du hast gebracht Wort was
uli'sse bigämbo ki
nakubiilira
lubäli agudde ku njiimba
der liegen hat begonnen
es kommt eine alte Frau
ich bin jung
ich bin sein Bruder
er ist zu Hause
er ist hier und ist er hier?
wer liist duY
wer ist dieser Mann
wer ist Herr jenes Hauses?
jene Ziege ist mein und die Schaafe dort
jener Tarbusch ist dein [sind euer
wohin gingst du gesternV
ich blieb 3 Tage auf dem Lande
morgen wird es regnen
hast du Messer'!"
ich habe keine Lanze
wieviel Kinder hast du?
du hast Recht
du hast Unrecht
ich will (werde) essen
du kannst gehen
du kannst nicht gehen weil es regnet
er wird kommen
wir wollen nicht arbeiten
ich habe es gethan
ich gebe nichts mehr
er will nicht mit mir gehen
was soll ich für euren Sklaven gebenV
wem gehurt jene Kuh?
dieser Papagei gehört mir
ich wünsche ein grosses Stück Holz
zu was willst du es?
böse wie ein Alle
hast du Ziegen;"
ich will 10 davon kaufen
Nach geendetem Regen kommt die Sonne
er fiel vom Baume [zurück
ist euer Land fern?
bleib bei mir, ich fürchte mich allein zu bleiben
was für Neuigkeiten bringst du?
ich will zu dir sprechen
der Blitz fiel auf das Haus
27«
Dr. Flmiii Bey:
Kigäuda
nkübba itünja bulidjö
kuäta kübbu limmo totjamma
anassima uä naiilira
u6
büli müntu anebakka
budde kiro ssebasse gua iissirri
leka tjibe
kambere nauwe
nessimije kuknlabba •
ndeta mädsi an kallidide lukkii kukiimma miiliro
adse iiagamba
adse nagenda
wir haben nicht gesehen Mann und Thier
tutualäbba muntu nanssirro
willst du Wasser Milch
ujägala madsi ujagala malla
mssoke
FIuss dieser hat Fische viel
mügga guno guina ussonssi iiingi
anagenda rero alä anagenda nkja
mtutüli (Unyoro: kjürka)
mugandawängo naiio talio, äli kukübbu
dugüddu
kukera
onno genda nange onno ttila alika (aka)
ich glaube reich doch jetzt ich höre er sei arm
ussikrisa mugagga nae kakoniio upülirantimunäku
frage Mann diesen Name sein wie
büsa müntu ono linja lie ani
jambadsfdse naba mauödde
ue nadse jagenda
kitänge ue Jaffa ngankjali muanna mtö
uenobba murüngi nakiia ndigga
ssi'nga udi muvubukka ssinga geuda näuwe
zeitig angehst
ono kera kutämbola ono tüka mallia ga mssänna
dükka
während ich schlief Dieb drang ein Haus mein
mbadde nabessä mübbi naingira njumbawange
ssoka mpadsa ntüdde uäno
zeig mir eure Hand ich sehe
njolessa mukonnogo ndabbe
kabäkka aiilire bigambo biongambie
gieb Mann er weiss Weg
inpa müntu amänj dübbu '
Land woher du gross oder klein
ussi kuauua nenne äo ntiinnu
umanj ki dässä
ulabba kikerassidja ussüngu
tojogera ngabbo
bautu baraäka nä bigambo bimäka
lege Kleid auf Bett
täko ngoi kukitända
es regnet jeden Tag
nimm den Weg immer gradeaus
er wird zufrieden sein zu hören
wenn
jeder Mensch will schlafen
diese Nacht habe ich nicht geschlafen wegen
lass es sein [Mücken
nimm mich mit dir
ich freue mich dich zu sehen
bring mir Wasser und trocken Holz zu machen
er kam und sagte [Feuer
er kam und ging
wir haben weder Menschen noch Thiere
gesehen
willst du Wasser oder Milch?
Regenbogen
dieser Fluss hat viele Fische
wollen wir heute oder morgen gehen?
Zwerg
mein Bruder ist nicht hier, er ist unterwegs
breiter Weg [(auf dem Wege)
zeitig, früh
entweder geh mit mir oder bleib zu Hause
ich glaube er ist reich, doch höre ich er sei
arm
frage diesen Mann wie sein Name sei
er fragte mich ob ich krank sei
als (wann) ich kam ging er [Kind
als mein Vater starb war ich noch ein kleines
wenn du gut bist werde ich dir ein Schaaf geben
wäre ich jung, so würde ich mit dir gehen
wenn du früh aufbrichst, so wirst du am Mittag
lauf fort [ankommen
[Haus
während ich schlief drang ein Dieb in mein
seit ich geheirathet wohne ich hier
lass mich deine Hand sehen
der König hörte das Wort welches du mir ge-
sagt
gieb mir einen Mann welcher den Weg weiss
ist das Land aus welchem du bist gross oder
du weisst warum ich komme [klein?
du siehst weshalb ich ärgerlich bin
du sprichst wie sie
wieviel Leute, soviel Worte
lege das Kleid auf das Bett
Wörtersammlung des Kiganda und Kinyoro.
277
KigAnda
unter dem Bett
der Vater des Kindes
nahe dem flause
ich habe einen Weissen gesehen
ich habe es vom Slilaven genommen
mkitanda
kitao ua inuänna
kümpi m'i njümba
iialaMiie musMingu
iikidji' 111) niiiddu
kugenda gehen imperat. geuda
I'res. ngenda, ugenda, agenda, tugenda, ugenda, bageuda
Perfect. nagenda, uagenda, jageiida, tuagenda, uagenda, vagenda (hierfür auch die Wahuma Form :
ngensere, iigensere, gensere etc gebräuchlich. Ebenso KinyJro).
Fat. nnagenda. unagenda, anagenda, tunagenda, unagenda, banagenda
ndigönda, uligenda, aligenda, tuligenda, uligeuda, valigenda (in der Bedeutung: ich will
kujögera reden, sagen imper. jogera [gehen etc.
Pres, njogera, ujogera, ajogera, tuj('>gera, ujogera, baji'igera
Perfect. naji'jgera, uajogera etc. (wie oben) hierfür auch: uajijgere, ujogere, jogere etc.
Fut. nnaji')gera, unaji')gera, anajogera etc. (wie oben)
ndijf'tgera, ulijogera, alij^gera etc. (in der Bedeutung: ich will sagen etc.)
kulabba sehen imper. läbba
Pres, ndabba, ulabba, alabba etc.
Perf. nalablja, uaiabba, jalabba etc. keine Nebenform
Fut. nnaiabba, unaläbba, anah'ibha etc.
ndih'ibba, unilabba, anihibba etc. ich will sehen
künnua trinken niia trink
Pres, nnua, i'innua, ännua etc.
Perf. naumia, uannua, jännna, etc.
Fut. unannua, unannua, anannua etc
ndinnua, ulinnua, alinnua etc. ich will trinken
djangü onnue
7, ulie
„ labbe
„ tuU"
Nachtrag zu kugönda gehen
negat. Präsens (zugl. negat. Futur.) ssigende, togende, tagende; tutugende, togende, tibagende
Nachtrag zu kujögera sagen
negat. Präsens (zugl. negat. Futur.) ssij<)gere, tojogere, ta)Ogere: tutujogere, tojogere, tibajogere
kugäbba geben imperat. gabba (gebräuchlicher mp-.i)
affirm. Präsens: ngäbbe, ugäbba, agäbba, tugäbba, ugäbba, bagäbba
negativ. Präsens und Fut.: ssigäbba, togabba, tagabba, tntugäbba etc.
küa geben
affirm, Präsens: nkiia, uküa, akiia etc (wenig gebraucht)
negat. Präs. und Fut.: ssiva, tova, täva etc.
mhiggu (Kinyoro: msseri) 1 einer der Menschenfleisch isst (soll verkom-
komm
trink
yj
iss
,
sieh
„
setz dich
baliabantu (Kinyoro: ebenso)
bämbua do.
mbiigu do.
ssiingo do.
Zahlworte:
muründi gummo
niunindi äbirri
murnndi ässattu
murüudi ämli
murundi ätäno
munindi mkaga
menl?) Der allgemeine .\usdruck: Menschen-
Henker [fresser, anthropophage Nationen
Rindenstoi^" zur Bekleidung
roth gefärbter Rindenstoff
ein Mal
zwei Mal
drei Mal
vier Mal
fünf Mal
sechs Mal
278
Dr. Emin Bey:
Eigäuda
miinindi mssämvo
muründi mrauäna
mutündi mmut-nda
muründi mkomi
sieben Mal
acht Mal
neun M;il
zehn Mal
Nr.
Kigända
Kinyöro
Nr.
Kigäoda
Kioyöro
1
mö
timmoi
112
kikömi mükomi
igänna miikomi
2'birri
bibiri
nä birri
na birri
S^ssattu
bssättu
120
„ muäbiri
„ muäbiri
4jnjä
binäj
130
, muässatu
^ muässatu
ö'täno
btäna
140
„ muähna
, muänaj
6 mkäga
mukäga
150
„ muattäno
. muattäno
7 mssämvu
mssänjo
lÜO
„ mu nkäga
„ mu nkäga
Simuäua
muäna
170
munssämvo
, mussänjo
9jniuenda
muenda
180
„ mükiuäna
„ mukinäna
10 kömi
ikomi
190 mukijenda
„ mukijenda
11 kömi nä mn
ikomi na timmoi
200
biki'imi bibirri
raagänä birri
12 kömi nä bi'rri
ikomi na bibiri
201
„ muämo
^natimmoi
ISjkömi nä ssättu
ikomi na bsattu
300
„ bssättu
_ bssättu
20 ;'ibiri(m;ikonii abiri)
mäkomi äbiri
400
binäh
,. anäj
21
äbiri muämo
mäkomi äbiri na-
500
btäno
„ atähn
timmoi
60O
lukäga
„ mkäga
22
äbiri mubirsi
„nabirri
700
lussämvu
, kssänjo
23
äbiri mussättu
do. na bssättu
800
lunähna
„ kinäna
24
äbiri munjä
do. na binäj
900
luenda
„ kijenda
25
abiri mutäno
do. na btäna
1000
lukiJmi
kassirisa
30
assättu (mäkomi
assättu)
mäkomi assättu
1001
„ muämo
40
ähna(mäkomiähua)
mäkomi änaj
olubedjcbedjä
der erste
50
attäno ( , attäno)
mäkomi attähn
okvirri
der zweite
60
nkäga
nkäga
okosättu
der dritte
70
nssümvu
nssänjo
naküna
der vierte
80
kinäna
kenäna
nakutäno
der fünfte
90
kijenda
kijenda
namkäga
der sechste
100
kikömi
igänna
nampsämvu
d. siebente
101
kikömi muämo
igänna mutimmoi
nammnäna
der achte
102
„ mubirrl
„ mu bibirri
nammuenda
der nennte
110
„ mükomi
„ miikomi
näkomi
der zehnte
111
„ mükomi nämo
„ „ na timmoi
Nachtrag'.
Kigända
nifändi
nkende
Kinyoro
mpäiidi
nkende
I mumbue
Voandzeia subterranea
Cercopithecus grisoo- viridis
Greis
WÖrtersainmluii}^ des Kijranchi uiui Kinyoro.
279
Kigüuda
Eiuyöro
muenge
ssändi
iDukamma
matoiifrali
Ssimbi
matungusu
njamanongo
Name des BetrelVeud.
Herr
— Ant. kabakka
njungu
dussäkä
kuünsi
muenge
ssäudi
ndobbo
kuvende, kjibende
mukamma
mat(')iigali
balongo
nssonko
kssattu
mabi'igo
mbogo
müngu
ssimbi
mkngi
oränga
bariassi'ira
matiinguru
njenge
bunira
madda
kiniängoro
kjoho
dumenj
mebäli
kovissimba
njamanongo
nzige
nssindissi
ngünsono kali
oti(')
nkonkoiia
du Vater
Ue — täta
aus Bananen bereitetes Getränk (gegohren)
„ „ y, r, (ungegohren), Palmwein
aus Sorghum vulgare bereitetes Getränk (in Uganda
beinahe unbekannt und in Unyoro aus Kleusine
gemacht)
Angelhaken
Reusen zum Fischfang
grosser Herr, Titel für HerrSfher
Unterchef
,, .,,. f nssinyoma der Erstgeborene
Zwillinge .{ , , •' , ^, , ,
[ kato der Nachgeborene
Schnecke, Muschel
zur Bekleidung getragene Häute
Jupon aus Ilindenstoff für Frauen
Büffel .
Kürbis
Cypraea moneta
Tamarindenbaum
Prostituirte
Leibgarde des Chefs
Amomum spec. div.
Blatta orientalis
Floh
Laus
Wurm
Nebel
Thau
Hagel
Rhabdogale
Hystrix cristata
Heuschrecke
Eule
Regierungsformel für den obersten Chef
gut. wohl (adverb.;
Specht (Picus badius Heugl.)
Anruf (he da!) und Antwort darauf
taiümba
buera
nji'ingu
dussäkä
merömbe
kuänsi
ssaggamarothe; moe-
ro weisse
bkonge grüne; gäila-
ma himmelblaue
njamakiingo
mbc'u idja
Antwort :
enthaarte Ziegenfelle zur Kleidung
^ „ , sehr fein geschabt
Pfeifenkopf [(Uyäuda)
Pfeifenrohr
Gruss (bei Begegnung)
Glasperlen
Motacilla vidua
komm später
fehlen in Uganda 1 rairote daabante I guten Morgen
280
Dr. Emin Bey;
Eigäuda
Kinyöro
Antwort:
fehlen in
mueraba -
Uganda
mueraba
mssänna
geroba
nkuaba
mssanna
geroberi
rämmi
guten Tag
guten Abend
Gruss zur Verabschiedung nach Besuchen
yebbali
vebbali
danke
biittosi, bkolio
Pilz
kunjära
ukola ki
kunjära
uköla ki
waholü
uriniren
was machst du?
Buceros sp.
kibuga
mtone
miboga
mtone
Residenzstadt
Rindenstoff mit schwarzen Mustern
massoga
kissoga
mojöra
Ricinus communis
Entada sudanica
Folgende Worte sind nur am Markte in Kabreyas Residenz gebräuchlich (Kinyoro)
(Zur Vergleichung mit den südl. Galla- Idiomen!!)
viaköuga (gewöhnlicher Ausdruck; umenge) Getränk aus Bananen
djürru (
rumomoro (
kohenda (
rengua (
kjänjoa (
btüma (
karamanjäso (
kabümba (
ndivua
kisseko
mondö
(
(
mondo
nsi
nkünda
waibottö
waisselokötto
kjivanomue
kibobo
megitta) Butter, Oel
ajäta) Batatas edulis
bitoke) Banane
miinju) Salz
ujämma) Fleisch
mwerängo) Lubia
issomü) Lanze
bussiäni) Mehl
muanni) Kaftee
mbügu) Rindenstoff
Gepard
Blasebalg
Cercopithecus spec.
Cosmetornis Spekii
Chamäleon
Sternschnuppe
stumm
Zur prähistorischen Mytliologie.
Von
Director Dr. W. Schwartz.
Mit dem Abschluss des II. Tlieils der „Poetischen Naturanschauungen
der Griechen, Römer und Deutschen" in ihrer Beziehung zur prähistori-
schen Mythologie der betretenden Völker beschäftigt, stosse ich auf ein
paar Anschauungen, welche für sich so charakteristisch sind, dass sie wohl
eine besondere Aufmerksamkeit und besondere Behandlung verdienen. Sie
verbreiten sowohl Licht über höchst eigenthümliche und bedeutsame Kreise
von Mythen, als auch bewahren sie schlagend die in Betreff der prähistorischen
Mythologie zu befolgende Methodik, Dämlich „durchZusammenstellung analoger
mythischer Elemente gleichsam zu mathematischen Reihen" das verschlungene
mythische Gewebe aufzulösen und klar zu legen die Grundlagen der
mythischen Anschauung und somit die ersten Anfänge menschlichen
Denkens in Betreff dieser Kreise überhaupt sowie die ersten Versuche
der Menschheit, sich in der sie umgebenden Natur zu orientiren; in welcher
Beziehung zunächst Glaube und sprachlicher Ausdruck, soweit sie dieselben
Stoffe betrafen, sich gegenseitig bedingten, i)
1) Der Sturm, der oben auf Wolken ritt,
Keucht ächzend hinterdrein.
Strachwitz: Ged. Leipzig 1877, S. 38.
Mit diesem Bilde eröffnet der Dichter eine höchst interessante, weit
reichende Perspective auf die mythologischen Vorstellungen der Urzeit. Ich habe
in dem ersten Theil der „poetischen Naturanschauungen " des Ausführlicheren
entwickelt, wie die Sagen von dem den.Athem benehmenden Alp- oder
1) Erst kürzlich habe ich in der Schrift „Der Ursprung der Stamm- und Gründungssa-je
Roms unter dem Reflex indo-germanischer Mythen" Gelegenheit gehabt, in Anschluss au
Goethe's Bemerkungen über Tropen kurz die Sache dahin zu präcisiren: , In jenen Urzeiteu
war das Auflassen der Naturanschauuugen in Analogien und Bildern nicht blos eine
poetische Sprache, sondern auch der Glaube mid das Wissen überhaupt von ihnen das
Material, an welchem sich die religiösen Vorstellungen entwickelten, ebenso wie die
unbehülflichen Anfänge einer Naturphilosophie, so dass in letzterer Hinsicht ihre
Geschichte dann gleichzeitig gleichsam ein Antekosmos im Humboldt "sehen Sinne ist.
282 W. Schwanz:
Mahrdrücken , das den Menschen im Traume quäle, ihre Ausführung
und sagenhafte Gestaltung empfangen hätten in Analogie und An-
schluss an den athe m b eklem men den Druck, welchen eine Gewitter-
wolke, die sich über die Sonne (den Himmel und die Erde) lagerte und
die man als einen Alp fasste, dort oben wie auf den Menschen auszuüben
schien. Der Naturmensch suchte sich nämlich alle ihm fremden, unverständlichen
Erscheinungen durch Parallelen, gleichviel, wo er selbige fand, zurecht
zu legen, grade, v\'ie es noch heutzutage der ungebildete wie gebildete
Mensch, Jeder in seiner Weise, zunächst zu thun pflegt.
Ebensolche Wechselbeziehung zwischen einem scheinbar analogen himm-
lischen und irdischen Vorgang scheint man nun auch beim Fieber statuirt zu
haben. „Das Fieber," sagt J. Grimm, M. 1107, „wird wie ein Alp betrachtet,
der den „Menschen reitet, rüttelt und schüttelt," ,,der alp zuometdich,"
„der mär ritet dich" heisst es " Es ist also nur ein modificirter Zustand,
welcher die Vorstellung des Reitens in Folge der körperlichen, anders
auftretenden Einwirkung hineinbringt, sonst aber von demselben Wesen,
dem Alp oder Mahr, ebenso wie der zuerst erwähnte, ausgehen sollte. Nun
hat Mannhardt (Germ. Mythen S. 771) schon in demselben Naturelement
das ^Reiten" der „Wolken" durch die „Sturmesgeister", zu denen auch die
Elbe gehören, in derselben Weise, wie es der Dichter oben reproducirt,
nachgewiesen. „Der Teufel reitet z. B. die Hexen; auch von den Mahren
heisst es, dass sie Menschen „ritten", besonders aber hat dieser Ausdruck
und diese Vorstellung sich noch in Betreff des Viehes und namentlich der
Pferde erhalten, die man davon zitternd und seh w eisstriefend im
Stalle finden wollte.') Das ist aber fast dieselbe Lage, in der auch der
Mensch sich befindet, wenn ihn das Fieber, d. h. der Alp „geritten", und
so ist die Parallele und Uebertragung jenes himmlischen Zustandes, wenn
der Wind auf den Wolken, sie im Unwetter rüttelnd und schüttelnd
reitet, auf den entsprechenden des Fieberkranken ebenso erklärlich wie
beim gewöhnlichen Alpdrücken; war man doch zumal in der Urzeit allge-
mein geneigt, alle plötzlich eintretenden Krankheiten dem Einfluss der
Winde, noch in weit umfassenderer Weise als heut zu Tage dem des „Zuges"
zuzuschreiben. Zu dieser Vergleichung hebt nun aber gerade die Stelle aus
Strachwitz, und dadurch wird sie besonders bedeutsam, das passende
Nebenmoment charakteristisch hervor. Beim himmlischen Ritt „keucht es
und ächzt", nach Strachwitz — ob es der Reiter oder das Ross thut, ist
mehr zufällig und gleichgültig — gerade wie der Fieberkranke, wenn es
ihn packt und schüttelt und reitet.
Dass die aufgestellte Deutung der Urzeit angemessen und richtig, dürfte
noch von anderer Seite in höchst merkwürdiger Weise bestätigt werden.
1) Das gemahnt auch an die „schweisslriefenden Pferde" im Tempel des Swantewit,
welche der Golt dann geritten haben sollte.
Zur prähistorischen Mythologfie. 283
Die ältesten Gebräuche sind, wie ich schon oft bemerkt, meist Nach-
ahmungen gewisser ähnlicher Vorgänge, welche man am Himmel so vor
sich gehend wähnte. Nun finden wir bei den Esthen einen hierher schlagen-
den Gebrauch geradezu als Cur, auf denselben Vorstellungen beruhend. Der
Unbefangenheit des Urtheils halber gebe ich die Stelle nach Kreutzwald
und Neuss (Mythische und magische Lieder der Esthen. Petersburg 1 SM.),
die ihren Bericht ohne jede Ahnung der obigen Parallele und des betr.
Zusammenhangs fassten.
Eine Besprechung des kalten Fiebers heisst dort S. 91 :
„Weg der Graue zu Wolfes Baue!
In die Schneetrift, in die Eistrilt
Weich' er, wo sein wohnlich Erbe.
Marie die heiFge, der Sohn der heil'ge,
Mögen sie den Siechen schützen."
Zu dem ersten heidnischen Theil des Spruches, durch den das Fieber in
kalte öde Gegenden, wo es eigentlich hingehöre, gebannt wird, be-
merken die Herausgeber nun:
„Hai (der, das Graue) dient für sich allein gewöhnlich und sehr häutig
zur Bezeichnung eines grauen Pferdes, und das kalte Fieber haben, heisst
man auf Esthnisch walged oder halli ajama, soitma, d. i. das weisse oder
graue (Thier) zum Lauf antreiben, reiten. Man denkt sich also den vom
Fieberschauer Erbebenden als einen Reiter, den die Bewegung des
Rittes durchschüttelt. Da nun weiter die volksmässige Heilungsweise,
wie sie in den Zaubersprüchen und sympathetischen Curen zu Tage hegt,
*m weiter Verbreitung auf dem Grundsatze Hahnemann's beruht: similia
similibus curantur, so möchte die merkwürdige Behandlung des kalten
Fiebers bei den Tartaren und Kalmücken, obwohl kein geschichtlicher Zu-
sammenhang derselben mit der esthnischen Vorstellung nachgewiesen ist,
dennoch die letztere bestätigen helfen. Nach einer ihm von Desbouts
gewordenen Mittheilung erzählt Masing (s. Rosen plant er XH., A'2 f.)
Folgendes: Tartaren und Kalmücken binden den Erkrankten, sobald
sich der Anfall des Fiebers ihm durch Schläge unter den Schulterblättern
ankündigt, auf ein Pferd, welches sie als starken und unsanlten Renner
kennen. Einer von ihnen setzt sich auf ein anderes und führt das erstere
an langem Zügel. Giebt nun beim Beginn des Fiebers selbst der Kranke
das Zeichen, indem er spricht: nun ist es Zeit, so ruft ein Dritter, der
gleichfalls ein Pferd bestiegen und mit einer Peitsche bewaffnet ist, den
Pferden zu und treibt sie vor sich her zum fürchterlichsten Laufe an,
bis sie im vollesten Schaume sind, der Kranke aber fast gänz-
lich erschöpft und die Fieberkälte vorüber ist. Dann bindet man
ihn ab, bringt ihn zur Ruhe und bedeckt ihn wohl. Nach fünf bis sechs
Stunden Schlaf erwacht er, zwar sehr ermattet, aber genesen, und wird so-
fort, weil er über die Massen geschwitzt, umgekleidet."
284 W. Schwartz:
„Leitet J. Grimm a. a. 0. S. 1107 das ahd. rito (männlicli) Fieber mit
Recht von ritan, reiten, ab, so scheint hier eine der esthnischen
ähnliche Vorstellung stattgefunden zu haben: „das Fieber wird als ein Ritt
des Erkrankten gedacht worden sein." — So Kreutzwald und Neuss
a. a. O.
Wie oben im Himmel Friede und Ruhe zurückgekehrt zu sein schien,
wenn Wind und Wolken sich (keuchend und ächzend) abgejagt, musste
der Kranke, welcher in denselben Paroxysmus verfallen, es ebenfalls auch
äusserlich durchmachen, um zu gesunden. Dass sich der Gebrauch
lange gehalten, hat wohl den realen Nebengrund, dass die körperliche Durch-
arbeitung bei kräftigen Naturen auch ganz gut bekam, wie ähnliches auch
in einer alten märkischen Geschichte charakteristisch geschildert wird, wenn
sie aus dem Tagebuch eines Landarztes Folgendes als von ihm gemachte
und notirte Erfahrung berichtet: „Erbsen und Sauerkohl ist gut gegen das
Fieber bei Schmieden; Schneider sterben daran." Wie dem aber auch
sei, die Vorstellung ist jedenfalls bei den Esthen dieselbe wie die oben
entwickelte, nur dass hier der Kranke den „Grauen" reitet, nicht von dem
betr. Geist geritten wird. Wie dies nur eine Modification ist, so führt auch
Grimm ohne Weiteres die von Kreutzwald und Neuss erwähnte Stelle aus
Rosenplänter's Beitr. an und zieht den Kreis des betr. Glaubens noch weiter,
wobei zur Bestätigung der oben aufgestellten Ansicht das gewöhnliche Alp-
drücken unddasFie ber in einander übergeht. ,, Den Griechen, sagt J. Grimm,
ware/Tm/wX/yc, fy/a/r/jig wörtlich „Aufspringer", ein dämonischer incubus, alb,
der das nächtliche fieberhafte Alpdrücken verursacht.^) Gleichwohl ist
riTciaXrjq, riTr.LÖlrjg alp und iqniaknc, ^niolng Fieber, Fieberfrost, Aus-
drücke, welche die Grammatiker durch verschiedene Betonung zu sondern
trachteten."
Geht so die erwähnte Anschauung in die ältesten Zeiten hinauf, wo
Alles grobsinulich roh gefasst wurde, so ist es höchst lehrreich für die Glau-
bensgeschichte der Menschheit, wahrzunehmen, wie der Anschluss derartigen
Aberglaubens an reale Verhältnisse des Lebens, speciell was das gewöhn-
liche Alpdrücken anbetrifft, bewirkt hat, dass nicht blos die Bezeichnung
mit den alten Sagen noch theilweise heutzutage fortlebt, sondern dass die
Sache noch ganz andere Anknüpfungspunkte gehabt, noch ganz andere
Scelenzustände unter den furchtbarsten Folgen für Tausende in seinen Bereich
hineingezogen hat. Ich reihe in diesem Sinne an das Obige noch einige
Bemerkungen an über:
Den Incubus des Mittelalters und die sogenannten
Teu felsbuhl Schäften.
Der Alp umtasst nämlich nicht blos den Traurazustand, an dem
viele Menschen leiden, wo, wenn das llerz durch die Lage des Körpers
1) Auch bei demselben ist mau leicht, weuu man aufwacht, in Schweiss gebadet.
Zur prähistorischen Mythologie 285
gedrückt wird, Beängstigungen eintreten, so dass der Mensch unter ent-
setzlichem Druck stöhnt, das Gefühl hat, erdrückt oder erwürgt zu
werden, ohne sich dagegen wehren, überhaupt sich bewegen zu können,
sondern nimmt auch einen sexualen Charakter an. Der Aberglaube lässt
Männer von Frauen und Frauen von Männern gedrückt werden.')
Der Glaube, dass es eine in derartigen Träumen gewissermassen real
sich bekundende Geis ter weit gäbe, an der nur ,, zauberkundige" Men::chen
(Hexen u. dergl.) dann sich betheiligen könnten, war das alte Substrat, so
dass, als man im Mittelalter derartige Wesen dann mit dem Teufel und
seinem Anhang in Verbindung brachte, der Waim der Teufelaustreibungen
und die damit verijundenen Hexen Verfolgungen dem Alpdrücken auch eine Art
Methode und Theorie unterlegte, indem man dasselbe als Teufelsbuhlschaft
fasste. Man erörterte U.A. nun ernsthaft, ob solche Buhlschaften productiv
sein könnten, und stieg dabei in die Interna der Sache in einer Weise hin-
ein, die uns die ganz rohe Grundlage des betr. Glaubens nach dieser
Seite hin enthüllt. Man unterschied Incubus und Succubus, von denen
der erste re die Frauen, der letztere die Männer im Schlafe heim-
suche. Der Teufel, meinte man, sei an sich unproductiv, wenn er aber
als Succubus den Samen eines Mannes empfangen, könne er denselben
als Incubus einer Frau mittheilen und so zeugen.-) In dieser Aus-
führung treten also deutlich als Urgrund dieser Seite des sexualen Alp-
drückens wollüstige Träume, in denen Geister den Schlafenden zu
besuchen schienen, hervor. Es bestätigt sich auch hier wieder, worauf ich
schon bei anderer Gelegeuheit hingedeutet habe, dass das Seelenleben im
Traum eine grosse Rolle in den mythischen Vorstellungen der Völker zu
allen Zeiten gespielt. •*) Wie das Erscheinen Verstorbener den Glauben an
1) Dass dies mit eine der primitivsten Seiten des betr. Aberfjlaubens w;ir, zeigt die ge-
glaubte Parallele mit der Gewitterscenerie, wo man entsprechend meinte, dass der betr.
Geist die Sonnenjungfrau beschleiche, wie es übereinstimmend griechische, römische
und deutsche Sage vom Zeus, l'"aunus und Ouhin (in Gestalt di-r Blitzschlange) geschehen
lässt. (cf. Seh war tz: ,Zur Methode der Mythenforschung' in den Jahrbüchern für classische
Philol. 1877. S. 177 iV.)
2) P. Gaspar Schottus, Societ. Jesu, behandelt dies in s. Physica curiosa v. J. 1697, Herbi-
poli. Lib. I. Pars 11. Caput 22: An ex Daemonis concubitu cum lemiiiis possit ac soleat nasci
proles folgendermassen: Posse id coiitingere et vero etiam non semel cofttigisse multorum sermoni-
bus ac scriptis prodiium est. Quod quiilem credibile valde fit, si quomodo commixtio et impraeg-
natio Diiemoiiis ope fieri possit exi)iicetiir. lostatus q. Ü in cap. ^ Genes, rem ita expiicat. Daemones
semcn fundere uequeunt, cum corporei non sunt, nee babeint unde semen decidant. sed ex
viris acceptum, ipsi mulieribus infundunt. Duo autem t^unt eorum genera Aliquando
daemon succubus est, aliquando incubus; piius lamen succubus est, quam incubus.
Nam cum viri noc turno semine poUuuntur, ibi daemon succubus, corpore ex
aöre in speciem muliebrem figurato, semen accipit, servatque ne Spiritus ejus
exhalotur, quo sit aptum generationi: deinde sexu transformato, induens speciem
viri, virile semen, quod acceperat, in muliebrem u ter um iuserit!
:\) „Culturhistorische Studien in Fliusberg" im .Ausland". No. 10 des Jahrg. 1878. Vergl.
auch Vergil X. 640 tV., wo Juno ein Schemen des Aeueas bildet, um den Turnus zu täuschen,
und es heisst:
286 W. Scliwartz:
das Fortleben derselben anderswo realiter zu geben schien, so sehen wir
von dem Alpdrücken der Urzeit bis zu den mit Feuer und Schwert ver-
folgten angeblichen Teufelsbuhlschaf'ten einen analogen Glauben eines vorhan-
denen Yerkehrs mit den Geistern und Gespenstern, an allerhand natürliche
Verhältnisse sich anknüpfend, fortziehen.^)
2) Die Sonne wälzt ihr sprühend Rad
In's abendkühle Wogenbad, (Strachwitz, Ged. S. 154.)
Mit diesen Versen entscheidet der Dichter, wie ich ghiube, endgültig,
eine interessante mythologische Streitfrage, und zwar durch die gewisser-
massen typische Form, in welche er die Anschauung kleidet, so dass man
ein stehendes BihI, einen stehenden Ausdruck erhält; ähnlich wie unter
anderem Reflex das homerische: ///«ot; d' HaXtng /nETevloaeTo ßovlvznvÖE.
Denn darin hat Perthes Recht, nicht jede Anschauung ist mythologisch
productiv gewesen, sondern es gehört dazu, dass sie einen gewissen, allge-
meinen typischen Anstrich ha^.te.
Nun zur Sache selbst. Kuhn hatte in seinem Buche über die Herab-
kunft des Feuers des Jxion feuriges Rad, welches dieser zur Strafe für
seineu Angriff auf die Hera (resp. Nephele, die Wolke) rastlos wälzen
sollte, auf das Sonnenrad bezogen, und Pott ihm darin beigestimmt. Nach
Kuhn sollte dann Ixion etymologisch „der Achsen- resp. der Radträger"
heissen. Gewisse Untersuchungen hatten nun mich im Urspr. d. Myth. und
den ,, Poetischen Naturanschauungen" daljin geführt, dass ich im Anschluss
z.B. an die Darstellung des Blitzes bei Hesiod, wo es heisst: ot xeoavrol
no'c äovTo — i6(;^j' (plöyn lH vtpn ojvi eg (liinwirbelndj ein Herabrollen
feuriger Räder im Gewitter als alten Glauben annahm und, nachdem ich es
in anderen mythischen Kreisen ausgeführt, vom Ixion sagte (P. Ansch. S. 98):
„Kuhn und Pott beziehen Ixion's Rad auf das Sonnenrad, da wäre die rota
altivolans des Lucrez, und Kuhn will demgemäss Ixion mit Achsenträger
oder Radträger übersetzen; die das fliegende Rad umwindenden
Schlangen weisen aber anderseits wieder, wie das ganze Höllenlocal
(welches man am Himmel im Gewitter heraufziehend wähnte und in
das ixion versetzt wird) mehr auf das Gewitter hin, wie ich Urspr, S. 82 f.
dargelegt habe.
Dat sine mente souum, gressusque etfingit euntis;
Morte obita quales f;ima est volitare figuras,
Aiit quae sopitos deludunt somnia sensus.
Verfrl. wie I'atrorlus beim IJumer dem Acliill erscheint, oder Hcctor im blutigen Staube,
wie er gefallen, dem Aeneas bei Vergil.
1) Auch in Uetreff Amerika's finde ich nachträglich noch in Müllers (Jeschichte der
amerikanischen Urreligionen folgende Stelle. Er sagt S. 171 von den Columbia-Indianern, „sie
lebten in einer bestilndigen Furcht vor den Geistern, den Zemes. S. Baum garten II. 624.
Man kann sich auch darob nicht verwundern, denn bei Tag und bei Nacht, im Traum
und im Wachen beängstigen sie die Menschen. Ik-sonder.N erscheinen sie ihnen häufig im
Traum, indem sie, wie der Teufel in den He xenprocessen, die Weiber zum Beischlaf
zu verführen suclieu und dann verschwinden."
Zur priiliistorischeu ilytholo^ie. 287
M an nhar dt wendet sicli in seiner neuesten Schrift: „Die Wald- und Feld-
culte", in der er meist mit einem gewissen Nachdruck gegenüber der auch
von ihm bisher in der vergleichenden Mythologie befolgten Richtung Stellung
zu nehmen trachtet, mit einem langen Excurse gegen die obigen Deutungen und
findet im Ixion „den Wirbelwind", im „Rade" die „Umdre h ung einer •
Trombe." Wenn er sich S. 84 auf eine griechische Auffassung dabei bezieht,
die da sacft: noo'nicooDlai di i'vioi, loq -/.cd iiavtiri o 'littov OJi; y.ui <h6oh/.vöqg
xcd Tr)v errl xnv 'i{t<r/<)v ytö'KuüLv avcoj jcuof^yxey^tioTJuuatv. vtco yao öirr^Q
x(d iyvallqg avxov f.l;a(>rcaoO arc a (piictQrjvai cpaoiv, so glaube ich, dass
ich dies ebensogut, ja noch eher für meine Auffassung anführen könnte. Und
wenn er dann weiter sagt: „Ein Knabe aus Zoppot beschrieb mir 1864,
sein Vater habe auf der Chaussee nach Koliebke ein feuriges Had mit
grossem Geräusch „schisch, schisch" in horizontaler Lage fliegend sich
fortbewegen sehen, so dürfte doch eine solche immerhin sehr vereinzelte
Erscheinung (und Auffassung), abgesehen von allem Anderen, schwerlich
als Grundlage einer allgemeineren mythischen Vorstellung anzusehen
sein.') Das Uebrige aber, was Mannhardt weiter ausführt, trifft den
Kardinalpunkt weniger, so dass es in keiner Weise meine Ansicht erschüt-
tert. Es bekommt überdies durch einige Momente seine Deduction trotz der
Reichhaltigkeit der Untersuchung, welche stets Mannhardt's Arbeiten aus-
zeichnet, hier (wie auch z. Th. anderweitig) eine etwas schiefe Richtung.
Erstens durch seinen sogen, historischen Standpunkt, den er in dem Glauben,
so mit der alten Zunft der klassischen Mythologen sich leichter vermitteln zu
können, überall prononcirt geltend machen möchte, während die betr. Grund-
sätze, so weit sie ausführbar sind, ja von Jedem sofort zugegeben werden;
ihre principielle und einseitig mechanische Geltendmachung aber auf diesem
Gebiete, wie schon Otfried Müller s. Z. ausführte, jede Forschung ebenso
leicht corrumpirt, als geradezu unmöglich macht. Dann verkehrt Mannhardt,
abgesehen davon, dass er gern die Vorstellung von „Seelen" hineinbringt, wo
höchstens von ,, Geistern" die Rede oder das Ding „realiter'' als „lebendig" gefasst
ist, noch besonders den ,, Ursprung" der Mythen, indem er sie individuel localiter
aus Baum-, Wald- und Feldculten erklären möchte, während umgekehrt die
Wesen in den atmosphärischen Erscheinungen des Himmels Leben
und Gestalt bekamen und sich dann in die übrige Welt, in Wald und Feld
(wie auch in das Wasser) einfügten und auch dort thätig zu sein schienen.
Endlich stellt er sich z. B. gerade in den bei der Ixion -Sage behandelten
Partien, wo er meine Deutungen der Cyclopen- Sagen angreift, auch auf den
falschen Standpunkt der bisherigen klassischen Mythologie, als hätte es ein
System der einzelnen Mythen im Volke gegeben, während im Gegentheil
1) Wie viel Menschen dürften lilierhaiipt eine derartige feuri}re Trombe — das Factum
selbst zugegeben — sehen? Vergl. im Uebrigeu ilaunhardt selbst u a. 0. Vorrede XXIV
unten.
288 W Schwartz:
die volksthümliche Anschauung die mannigfachsten Vorstellungen neben
einander localiter und zeitlich entfaltete, und erst allmählich dann
eine einheitliche Verarbeitung stattfand, j« gemeinsamer die Tradition
sich historisch (namentlich etwa unter dichterischem Einfluss) gestaltete.
Ich musste dies ausführen, um eben darauf gestützt erklären zu können, dass
Mannhardt's weitere sich an den Ixion schliessenden Expositionen mich
nicht für seine Ansicht gewonnen haben.
Die obige Stelle aus Strachwitz also, um zu ihr zurückzukehren,
bietet für die täglich wiederkehrende Erscheinung der Sonne ein so
plastisch typisches Bild und stellt sich so ganz zu analogen indischen, dass
sie entschieden den Ausgangspunkt der ganzen Vorstellung bezeichnen dürfte.
Voraussetzung ist, dass jenseits des sichtbaren erst der wahre Himmel
ist, aus dem einzelne Wesen dann in die Erscheinung dort oben am
sichtbaren Himmel in besonderer Weise treten.
In den Poet. Ansch. habe ich in dieser Hinsicht z. B. auf ein höchst
plastisches Bild von Tegner hingewiesen, nach welchem die Sonne eine
goldhaarige Jungfrau sei, die (wegen TrotzJ aus dem (oberen) Himmel
verwiesen, einsam ihre Bahn dort oben wandeln müsse, bis sie würde
erlöst werden, gerade wieHesiod von solchem durch irgend eine Schuld
herbeigeführten Verweisen von göttlichen Wesen berichtet, die nach
vielen Kämpfen erst wieder in den oberen Himmel eingehen sollten.
Das weist für die prähistorische Zeit der griechischen Mythologie auf einen
entsprechenden allgemeinen Volksglauben der Art zurück, wie wir ihn
vorher gekennzeichnet. Nun finden wir im Indischen Stellen, wo bestimmt
von einem solchen Drehen des Sonnenrades die Rede ist, z. B. wenn
es in einem Hymnus heisst: „Der Sonnengott, er tritt hervor, der Beieber
der Menschen, der grosse wogende Lichtglanz der Sonne, indem er das-
selbe Bad umzudrehen wünscht, das sein Boss Etasa, an das Gespann
gefügt, zieht."" (M. Müller, Vorlesungen über die Wissenschaft d. Sprache.
Leipzig 1806. II. S. 457.) Was hier in entwickelter Auffassung vom
Standpunkt göttlicher Wesen als eine Wohlthat derselben für die Welt er-
schien, und was man dann allmälig einem Boss beilegte oder zu einem Wagen
erweiterte, auf dem der Gott einherfuhr, das galt in seiner rastlosen Be>vegung
dem rohen Naturmenschen zunächst als eine Strafe irgend eines Wesens dort
oben, nämlich rastlos Tag für Tag das feurige Rad am Himmel aufund
ab zu wälzen (cövov anavGTov exeiv «A««?'), gerade wie der tropfe In de Regen
die Sage von den Danaiden und ihren Fässern dort oben erzeugte, oder die
aufgehängte Wetterwolke (die Hera bei Homer in der bekannten Stelle)
die Vorstellung von einem Wesen, das dort zur Strafe aufgehängt, her-
vorrief, oder die Fesselung des Sturms auch nicht bloss als Abwehr,
sondern wie z. B. noch beim Prometheus als Busse gefasst wurde. Eine
Zusammenstellung aller dieser Himmels- (und Höllen-) Strafen giebt
Zur prähistorischen Mythologie. 289
eine Stelle bei Norrnus Dion. H5, 279 ff., wo Zeus die Hera daran erinnert,
wie er sie einst gefesselt und in den Wolken aufgehängt, und dann
sagt:
<)^üo> oug nakäf-iag y^Qvotdj rcäliv rOudi deo/LKii.
AQea ö* aQ^ayieo oiv dkvxroneörioi neörjow
eig zQoxov ai roy.v'/.iOT nv^ n(.iöÖQn(xnv, OLog aXrjTrjQ
Tävxalng ^e()6q)niTog rj ^l^iiov /titTavciOTrig.
xat (.iiv aval^r'iToio IV ohiv n^r^y/joiv if-tanaw,
elgöics viifTJoeiev ef.idg ticuq vitag IvötZv.
Wenn ich so die Sonne als den Ausgangspunkt mit Kuhn und Pott
tür das Richtige halte, wie auch Soph. Antig. noch von xQoyovg a^uV.rjTrJQag
rilLnv spricht, so meine ich doch, dass der von mir oben angedeutete Ueber-
gang in die Gewitterscenerie damit nicht ganz ausgeschlossen sei. Wie
sonst das Sonnenrad, der Sonnen wagen in das Gewitter einrückt,
im r31itz :tn jenem gehämmert, der Sonnenwagen zum Donnerwagen
wurde, so entstanden aus dem einen tiadträger viele, die man dann dort
oben herumgewälzt zu erblicken glaubte, wie es denn auch bei den Griechen
überhaupt als eine allgemeine Strafe der Bösewichter im Himmel wie auf
Erden schliesslich galt, aufs Rad geflochten zu werden i)
3) J. Mosen sagt in der Beschreibung des Gemäldes ,,Der Judenkirchhof'
von Jacob i^uisdael:
„Ein Gewitter zieht wolkenquirlend am Himmel vorüber.''
Mosen reproducirt hier unbewusst eine der ältesten Vorstellungen in-
discher Mythologie, welche ich nach Kuhn 's Darstellung in meinem Buche
„Der Ursprung der Mythologie u. s. w.^', Berlin 1860, S. 45 so gedeutet hatte.
Ehe ich die betr. Stelle, wie ich sie vor nunmehr 19 Jahren niederschrieb,
abdrucke, schicke ich zum Verständniss auch für weitere Kreise voraus,
dass nach gemeinsamen uralten Vorstellungen fast aller mythetibildenden Völker
mau im Gewitter neben verschiedenen anderen Auffassungen auch eine
geheimnissvolle Neuschöpfung irgend welcher Art nach der üeber-
windung der eingebrochenen Dunkelheit vor sich gehend wähnte, bei
welcher nun in dem Bilde, von dem ich hier rede, die Gewitterwolke
als Berg, der Blitz als Schlange resp. Strick eine Rolle spielte, der
„umwölkte" Himmel als „ein Wolkenmeer weisslicher Art", als ein wunder-
bares Milchmeer erschien, wie mau in Analogie noch heut zu Tage einen
„weisslichen" lierbstnebel am Schwarzwald „einen Milchnebel'' nennt, die
Winde endlich dabei als die agir enden Wesen galten.
Dies vorausgeschickt, gebe ich nun die betr. Stelle: „Der von Kuhn
entwickelten Feuerbereitung durch dasDrelieu des Mant hala-Holzes
in der Nabe eines Rades, welches man im Himmel (im Gewitter) dazu
1) fv9a Sri (in der üuterweit) j( imv xtcxiöy ov nda/ovai (liie Brisewichter; m oiß/.o i-
fxivol ii xni xntöiLtfyot, x(i\ vnh yvrnüv ta^iöiitvoi xa'i njo/w a t uti fotq: (nöfif-
voi xcu Ui)ov<; ai'axvUoviti; Lucian de liutu. 8.
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. lS7a. 20
290 W. Schwartz:
benutzt wähnte (nämlich des Sonnenrades), stellt sich die Umquirlung
des ]Milchmeers mit dem M andaraberg als Butterquirl zur Seite; beides
glaubte man in analoger, doch verschieden gewandter Auffassung jener Urzeit,
welche erst die ersten Elemente des Lebens kannte und welcher Butter-
und Feuerbereitung ein Haaptelement war, im Gewitter vor sich gehen
zu sehen. Nun berichtet Kuhn weiter, dass um diesen Mandaraberg die
Schlange Cesha als Strick der Sage nach gelegt gewesen sei, an welchen
Deva's und Asureu von beiden Seiten gezogen (d. h. den Stock wie einen
Drillbohrer in Bewegung gesetzt hätten). Da haben wir also, fuhr ich
fort, nach unserer Deutung der Schlange ganz sichtlich den Wolken-
berg im himmlischen Milchmeer, um den nach altindischer Auffassung
die Blitzesschlange geschlungen und der so als Butterquirl von den
himmlischen Wesen (den Sturmeswesen) hin und her gedreht wird.
Die Schilderung, schloss ich, welche der Maha Bharata von dem Vorgange
giebt, bringt auch noch einzelne besonders zu der angeführten Scenerie
passende Züge hinzu. Die Schlange Vasuki nämlich, wie sie hier heisst,
spie, während sie hin- und hergezogen wurde, Feuer, Rauch und
Wind in einem Strome aus ihrem Rachen; diese stiegen wie eine blitz-
schwaugere Wolke in die Höhe und senkten sich wieder auf das müde
Heer der himmlischen Arbeiter herai). — Um den herumgetriebenen
Berg brüllte das Meer (d. h. das Wolkenmeer also) wie der dumpfe
Donner einer Wolke; Feuer bedeckte plötzlich den Berg mit Flammen
und Rauch, gleich einer dunklen Wolke, aus welcher Blitz auf Blitz
herabfährt. — Da schickte der unsterbliche Indra eine Wolke, die durch
starken Regen den Brand löschte."
Als ich die obige Stelle niederschrieb, konnte ich für das im Mittel-
punkt des Bildes stehende Umquirlen der Gewitterwolken keinen
sprachlichen analogen Ausdruck beibringen. Die oben aus Mosen bei-
gebrachte Stelle bietet jetzt die vollste Parallele. Und so habe ich wohl
nicht nöthig, weiter etwas hinzuzusetzen, als dass die göttlichen Wesen dort
oben nicht Butter, sondern den himmlischen Lichttrank, das Amrta,
d. h. das neue Sonnenlicht (als eine Flüssigkeit gedacht') zu quirlen
schienen.
4) Körner sagt in seinem Gedicht Amphiaraos:
Wild schnauben die Hengste, laut rasselt der Wagen,
Das Stampfen der Hufe zermalmet die Bahn.
Und schneller und schneller noch rast es heran,
Als galt es die flüchtige Zeit zu erjagen.
Wie wenn er die Leuchte des Himmels geraubt,
Kommt er in den Wirbeln der Windsbraut geflogen.
Diese Stelle hatte ich schon in einem Aufsatz über die Prometheus-
Sage herangezogen, welchen ich 1871 in Kuhn's Zeitschr. f. vergl. Sprachf.
1) Poet. Naturansch. I. S. 22 ff. u. 28 ff.
Zur prähistorischeil Mytholoj^ie. 291
veröffentlichte. Nachdem Kuhn (die Herahkunft des Feuers u. s. w.) den
praraantha im Indischen als den Drehstab bei der Feuer bereitung und die
sprachliche Beziehung des Wortes pramantha zum griechischen Pro-
metheus nachgewiesen hatte, welcher bekanntlich das Feuer vom Himmel ge-
raubt und den Menschen gebracht haben sollte, hatte ich die betr. Anschauungs-
kreise weiter im Anschluss an die obige Stelle verfolgt und war schliesslich
zu dem Resultat gekommen, dass Prometheus ursprünglich auf den
Wirbelwind zu beziehen sei. Ich schloss in diesem Sinne den betr.
Artikel: Wie die Wurzel manth ursprünglich „wirbeln", ,, kreiseln", plattd.
„küseln" bedeutet, verhielte sich pramantha zu Prometheus, wie etwa die
Ausdrücke ., Kreiselbohrer" zu ,, Kreiselwind" oder schlechtweg ,.Küsel".
Zu dem Bilde bei Körner kann ich jetzt noch eine Parallele stellen.
Im „Ansiedler im Westen" von Street, übersetzt von Freiligrath (C.
Menzel, Gesänge der Völker) heisst es S. 72:
Sieht zu der Windsbraut Ungestüm,
Die Föhren niederreisst im Grimm,
Das Licht des Tages stört.
Wenn sie, ein fegend üngethüm,
Heulend vorüberfährt.
War so zunächst der Wirbelwind der Feuerräuber (wie sonst der
y€{>avv(')Q als TvoipnQog bezeichnet wird), so wurde er, wenn er in dem zur Erde
hernieder schiessendeu Blitz den Menschen dasselbe gebracht zu haben
schien, zum Wohlthäter der Menschen, der, wenn er dafür vom Zeus ge-
fesselt galt, für die Menschen litt. Ist das Fesseln speciell noch in
demselben Naturkreis insofern begründet, als es eine ganz gewöhnliche Vorstellung
war, den Wind für gefesselt und nur gelegentlich losbrechend zu
halten, so beginnt mit der Verbindung der betr. Natur demente und
der Motivirung des geglaubten Leidens des agirenden Wesens die
ethische Phase der Entwickelung des berühmten Mythos, welche dann bei
Aeschylus culminirt.
Posen, November 1878. W. Schwartz.
•20*
292 Miscellen und Bücherschau.
Miscellen und Bücherschaii.
In der Sitzung des anthropologischen Institutes in London am 11. März hielt
E. B. Tylor einen Vortrag über die geographische Verbreitung der Spiele und
führte die Spiele Polynesiens und Amerikas als Beweis dafür an , dass eine von Asien ausge-
gangene civiiisireude Strömung jene Regionen erreicht haben müsse, bevor sie Europäern be
kannt wurden. Das Damenbrettspiel auf den Sandwichsinseln und Neu-Seeland sei nicht unser
modernes Spiel, sondern anscheinend eine dem alten klassischen Brettspiele verwandte Abart
(welche wie Tylor gefunden, sich noch heutigen Tages in Aegypten erhalten hat). Es mag
von Ost-Asien her nach den Südsee-Inseln gekommen sein, so wie das Drachensteigen, das
mit Geschick geübt wurde und vielleicht schon vor der verhältnissmässig neuen Einführung
der Drachen in England bekannt war. F. Jagor (aus Times März 13. 1879).
Description pliysique de la Republique Argentine d'apres des obser-
vatious personnelles et etrangeres par le Dr. H. Burmeister. T. V. Lepidop-
teres. I part. 8. 524 p. Avec Atlas de XXIV planches. in 4to. Buenos
Ayres, Paris, Halle 1878.
Das hiermit angezeigte grossartige Unternehmen des Sub Titulo genannten ausge-
zeichneten Forschers behandelt 1. die Geschichte der Entdeckung und die Geographie, 2. die
Klimatologie und Geoguüsie, 3, 4, die Botanik und Zoologie des weiten und wichtigen Landes.
Bd. III und IV stehen noch aus. Die erste Abtheilung des V Bandes, welche die Tag-, die
Dämmerungs-Falter und die Spinner umfasst, ragt durch klare und gediegene Darstellungs-
methode hervor. Hier gewinnt die bisher noch vielfach dunkel gewesene Metamorphose der
Insecten sehr beträchtlich an Aufklärung. Die das Werk begleitenden, u. A. höchst sonder-
bare Entwicklnngsformen der argentinischen Schmetterlinge darstellenden Farbentafeln zeigen
eine sehr schöne Ausführung. H.
Berichtigung.
Hinsichtlich des S. 118 Jahrganges 1879 von mir erwähnten Dragomanes der C. Hagen-
beck'schen Nubierkarawane V. Calleja aus Alexandria (in Aegypten) schreibt mir Herr
Hagenbeck, dass jener von den Bejah bei mir so hart verklagte Mann sich stets durch
treues und rechtschaffenes Wesen ausgezeichnet habe. Es ist hier nicht der Ort, auf
die Argumente jener jetzt fern in ihrer fleimath weilenden Afrikaner zurückzukommen. Allein
bei dem unbedingten Vertrauen, welches ich Hrn. Hagenbeck's Versicherungen schenke,
freut es mich, obige Rechtfertigung des p. Calleja hier öffentlich zur Kenntniss unserer
Leser bringen zu können und spreche ich mein Bedauern über den oben angedeuteten
Zwischenfall aus. R. Hartmann.
seeländiscbe Photographien. Finsch, S. 85. — Neukaledonische und amerikanische
Photographien. Paul Magnus, S. 85. — Ethnologische Gegenstände aus Sudan.
0. Mantey, S. 85, — Macrocephalenschädel von Csongräd, Ungarn, v. Lenhossek,
S. 85. — Mammuthhaare. Lew in, S. 85. — Archäologische Erwerbungen in Chile.
Philippi, S. 85. — Sendungen aus Buenos-Ayres. Lamas, Zeballos, S. 85. —
Rassenanatomische Studien aus Australien. Miklucho-Maclay, S. 86, — Steinfunde
vom rothen Berge bei Saalfeld, Thüringen. Richter, S. 87. — Pariser Farbentafel,
S. 87. — Keltische Ueberreste in Ortsnamen. Göbeler, S. 88. — Peruauische Alter-
thümer. Paulsen, Virchow, S. 97. — Bildliche Darstellungen von Ostafrikanern
(Taf. XI u. XII). Hartmann, S. 97; J. M. Ili Idebrandt, S. 98. — Hakka-Chinesen,
Hubrig, S. 99. — Steinmesser und Zauberhölzer aus Süd- Australien (Holzschnitte).
R. Schomburgk, Jagor, S. 105; Virchow, S. 106. — Lithauischer Bronzering (Holz-
schnitt). Lepkowski, S. 106. — Forschungsreise in Livland (Taf. XIII). GrafSievers,
S. 108. — Livländische Schädel (Holzschnitt). Virchow, S. 118. — Kupferfunde von
Skarbnice bei Znin, Posen. Feldmano wski, Virchow, S. 134. — Schädel von
Ophrynium, Troas. Virchow, S. 136. — Lappen (Holzschnitt). Virchow, S. 143. —
Eingegangene Schriften, S. 148.
Sitzung vom 19. April 1879. Neue Mitglieder, S. 150. — Reisebericht von Künne, S. 150.
— Ausgrabungen bei Jessen, Kr. Sorau (Holzschnitt). Saalborn, S. 151. — Böhmische
Alterthümer. Pudil, S, 151, — Gesichtswinkelmesser. Falkenstein, S. 153. —
Verschiedene Vorlagen. Woldt, S. 154. — Schwarzer Tod in der Mark. Budczies,
S. 154. — Gräberfunde von Allendorf zu Schönebeck a. Elbe, Dalidorf bei Aschersleben
und Meissdorf. Schilling, Hartmaun, S. 154; Voss, S. 156. — Topographie der
trojanischen Ebene. Koner, S. 156. — Eingegangene Schriften, S. 156.
Sitzung vom 17. Mai 1879. Neue Mitglieder, S. 157. — Geschäftliches, S. 157. — Alterthümer
von Querfurt. Walter, S. 157. — Münzfund von Witakowice (Kr. Schroda). Schwartz,
Voss, S. 159. — Scratch-book. Koner, Jagor, Woldt, Friedel, S. 159. — Feuer-
bestattung. Friedel, S. 159.
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ZEITSCHRIFT
FÜR
ETHNOLOGIE
Organ der Berliner Gesellschaft
für
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Unter Mitwirkung des zeitigen Vorsitzenden derselben,
R. Virchow,
herausgegeben von
A. Bastian und R. Hartmann.
Elfter Jahrgang
1879. — Heft IV u. V.
Mit Tafel XIV -XV,
BERLIN.
Verlag von Wiegaudt, Hernpel & Parey.
(Paul Parey.)
1879.
Inhalt.
Seite
Farbenbenennungen in iiordamerikanischen Sprachen. Von Albert
S. Gatschet . 293
Das Gräberfeld bei Gerdauen. Vorti-ag, gehalten in einer Sitzung der
Alterthumsgesellschaft Prussia von Dr. med. Artur Hennig,
pract. Arzt in Königsberg i. Pr 303
Uebersicht der Literatur für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte
im Jahre 1878 bis Mitte 1879. Zusammengestellt von "W. Koner 325
lieber die Kanarischen Zahlworte. Von Dr. Richard Pietschmann 378
Miscellen und Bücherschau 393
Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Sitzung vom 17. Mai 1879 (Schluss). Geschaftete Feuersteinbeile von der unteren Weser
und Elbe (Holzschnitt). Friedel, S. 161. — Urnenfuude von Satzkorn, Fürstenwalde
Seelow, Wilsnack, Schöneberg (6 Holzschnitte). Friedel, S. 163; Voss, Koner,
V. Korff, S. 16t5. — Inschriften trojanischer Vasen, v. Korff, S. 166. — Vedas.
Jagor, S. 166. — Patagonier. Hartmann, S. 176. — Neue Schriften, S. 179.
Na<!htrag: Reise in die Troas. Virchow, S. 179.
Sitzung vom 21. Juni 1879. Neue ordentliche und correspondirende Mitglieder, S. 181. —
Anthropologische Versammlungen in Strassburg und Moskau, S. 181. — Excursionen
S. 181. — Ortsvereine zu Braunschweig und Wolfenbüttel, S. 182. — Rückkehr von
Serpa Pinto, S. 182. — Pariser Farbentafel, S. 182. — Schädelabgüsse eines Galtscha
und eines Savoyarden. Topinard, S. 18"2; Virchow, S. 183. — Madagascar. Hilde-
brandt, S. 183. — Rassenmessungen in Aden. Hildebrandt, S. 184. — Schonung
der Eingeborenen in Neu -Guinea, v. Miklucho- Maclay , S. 186. — Zoologische
Station in Sydney, v. Miklucbo-M aclay , S. 187. — Paläontologisches Vorkommen
des Dingo in Australien. Wilkinson, S. 189. - Reise nach Melanesien. v.Miklucho-
Maclay, S 190. — Sorbisch-wendische Alterthümer (4 Holzschnitte). Vorckel, S. 191.
— Steinmetzzeichen vom Schloss Grunewald bei Berlin. Ed. Krause, S. 194. —
Reichersdorfer Urnenfeld (Taf. XIV). Jentsch, S 194. — Angebliche Zulukaifem.
Virchow, Hartmann, S. 197; Fritsch, S. 198. — Drei Patagonier (Taf. XV),
Virchow, S. 199 - Reise nach Troja. Virchow, S. 204. — Vorgeschichtliche Spuren
in der Lüneburger Heide. Bracht, Virchow, S. 217. — Eingegangene Schriften, S. 220.
Ausserordentliche Sitzung vom 12. Juli 1879. Neue Mitglieder, S. 2-'l. — Reise im indischen
Archipel. Bastian, S. 221. — Reise nach Micronesien. Finsch, S. 221. — Biblio-
thekar der Grey Library, Cape Town, S. 221. — Urnenfelder und Runenstein bei Zül-
lichau (2 Holzschnitte). M. Erdmann, S. 222 ; Virchow, S. 223. — Eingeschriebener
Stein vom Grave Creek Mound Reid, S. 2"23. — Näpfchensteine an der Moritzkirche
zu Coburg und Weihwasserstein zu Milz bei Romhild (Holzschnitt). Jakob, S. 223
Farhenbeiiennungeii in nordamerikanisclien Sprachen.
Von
Albert S. Gatschet
in Washington.
Wissenschaftliche Untersuchungen über Farbensinn und Farbenblindheit
bei den Völkern Europas und anderer Welttheile sind freilich nur auf dem
Wege des Experiments wirksam zu fördern; nichtsdestoweniger ist es von
Interesse, zu vernehmen, was die Sprachen der einzelnen Völker uns be-
trefis ihrer Farben mittheilen. Denn können wir alle Farbenbenennungen
eines Sprachstammes oder auch nur eines Dialektes vollständig sammeln
und analytisch wie etymologisch untersuchen, so erschliessen wir uns da-
durch nicht nur den P'arbensinn jenes Volkes in der Jetztzeit, sondern auch
den seiner ältesten Vorfahren. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen,
dass solche Forschungen auf die physikalisch -experimentelle Untersuchung
durch den Naturkundigen nur in günstigster Weise einwirken können.
Von der Richtigkeit nachstehender sprachlicher Angaben habe ich mich
im Gespräche mit intelligenten Indianern durchweg persönlich und wieder-
holt überzeugt; nur betreffs des Sioux- Dakota stützte ich mich auf das
ausführliche Wörterbuch von Stephen R. Riggs (Washington, 1852. 4«)
das eine Frucht langjährigen Umgangs mit Indianern dieses Stammes ist,
und auf das man sich verlassen kann. Beim Abfragen der Fai-benbenennungen
bediene ich mich meist einer aus farbigen Papierstreifen bestehenden Scala
von zwanzig allmälig ineinander übergehenden Farben, gruppenweise nach
grau, blau, grün, gelb, roth und braun geordnet, mit weiss am Anfange und
schwarz am Ende. Gleichzeitig weise ich auf Naturgegenstände hin, die
keine oder nur geringe Farbenschwankungen zeigen, wie Silber, Blei,
Kupfer, Gold, Erdbeeren, rothe und schwarze Kirschen, das Gelbe im Ei
und die Farben des Regenbogens.
Das vollständigste Verzeichniss von Farbeunamen erlangte ich in der
Sprache der Klamath - Indianer oderMiiklaks im südwestlichen Oregon.
Dieser erst vor Kurzem dem reinen Nomaden- und Jägerthum entrissene Stamm
besitzt kein eigentliches Wort für unseru abstracten Begrifl Farbe, oder
gar für Nuance, Farbenschattirung. Dagegen hat Klamath einen Aus-
Zeitgcbrili lür Ethuologio. Jahrg. 1S79. ^^
294 Albert S. öatschet:
druck für Färbestoff, shneluash, was auch einen Flecken oder Klecks be-
deutet. Dies Nomen ist abgeleitet vom Verbum shnelua tünchen, färben, be-
flecken, beklecksen, woher das Farticip shneluatko gefärbt, getüncht, und
ein weiteres Nomen shneluotkish Färbestoff, Farbe als Substanz (nicht als
optischer Effect). Alle diese Vocabeln sind sprachverwandt mit 8hnel;fa
durch etwas hindurchbrennen, und das Etymon aller ist nüta brennen (v. intr.)
Andere auf Farbe bezügliche Wörter sind hushkal;janätko verschiedenfarbig,
uyokatko farbig gestreift. Da die drei Farben, womit sich diese Indianer
das Gesicht und den Leib bei festlichen Anlässen bemalen, aus verschiedenen
Stoffen angefertigt werden, so besitzen sie für jede auch einen besondern
Ausdruck.
Zum bessern Verständnisse des Nachstehenden muss bemerkt werden,
dass alle die ächten Adjectiva, welche in diesem Hochlandidiom die Be-
schaffenheit einer Körperoberfläche, also auch Farben, beschreiben, auf -li
endigen und durch Iterativreduplication der Wurzel gebildet sind. Durch
das Suffix -ptchi, „ähnlich", werden von Substantiven Adjectiva abgeleitet,
denen eine concrete Bedeutung eigen ist; das Suffix -tko bildet Participien
und Verbaladjectiva.
Diese Sprache macht keinen Unterschied zwischen natürlichem und
künstlichem Weiss, wie das Latein; beides ist hä'lpali oder palpäli, von
pala auftrocknen, trocken sein. Grau ist päkpä kli, eine thematische Variation
vom vorigen Adjectiv und sprach verwandt mit pä'ktgl grauen (vom Morgen,
Tagesanbruch), sowie mit pä'ka, einer Art von Decke oder Kleidungsstück.
Ausserdem wird unterschieden zwischen lüashptchi nebelgrau, käilaptchi
erdfarbig (liiash Nebel, käila Erde, Koth), skedshatko grau, von Steinen,
Felsen, Thieren; spügatko graufarbig. —
Für dunkles Blau und Violett existirt nur ein Wort, das auch die
Farbe des fast ganz schwarzen, dort gebrochenen Obsidians bezeichnet:
mätchmä'tchli oder metsmetsli. Graublau ist dagegen makmakli, und das
Radical dieses Wortes findet sich wieder in dem Appellativnamen aller
Wasservögel, die meist ein Gefieder von dieser Mischfarbe besitzen: mä'mäkli.
Eine andere Farbenschattirung, zwischen blau und violett stehend, ist einem
farbigen Berghäher oder Kernbeisser, tch/e-utch/e-ush, eigen, und wird von
ihm auf Kleidungsstücke oder Decken, die diese Farbe zeigen, übertragen;
diese Farbe heisst tch/e-utch^e-uptchi. Eine weitere Farbennüance schildert das
Blau gewisser Glasperlen und bläulicher Feüerflammen: yämnashptchi, von
yämnash Halsschmuck. Für grün ist der gewöhnliche Klamath -Ausdruck
käkä'kli, die Farbe des Grases im Frühling andeutend. Ein anderes Grün
ist tolalüptchi; es ist das Grün, das sich an tolalui- Decken findet, welche
von den Weibern aus dem Material des töl^ash- Grases angefertigt werden.
Hellgelb und goldgelb wird mit demselben Ausdrucke bezeichnet wie
grün, käkä'kli. Dieses Adjectiv bezeichnet nämlich alle Färbungen der
Gewächse, besonders des Grases, vom Grün des Frühlings bis zum Gelb
Farbenbenennungen in nordamerikanischen Sprachen. 295
des Sommers, der brennenden Sonnenhitze und der welkenden Färbung
aller Gewächse im Herbste; es ist also im Grunde eher ein Eigenschafts-
wort aller Vegetabilien als ein Farben -Adjectiv, Es existirt indess noch
ein anderes Wort für das Gelb verwelkter Blätter, spalptchi, herzuleiten von
päla trocken sein oder werden, welken. Die Farbe des metallischen Goldes
und des Kupfers werden wiederum durch käkä'kli bezeichnet, dagegen ist die
Farbe der Tannzapfen, des Zimmtgewürzes und das Braun an Pferden ka-
ukä-uli, tief- dunkelbraun tchuitchiiili. Letzteres ist von dem Zeitworte
tchüitchiga „roth- oder weissglühend sein", abzuleiten und ein Derivat da-
von ist auch tchüitchiks Erdbeere, nach ihrer Farbe so benannt. Wird von
Haaren gesprochen, so ist makmdkli blond.
Für alle Abschattungen von roth, wie Scharlach, Incarnat, blutroth
u. s. w. giebt es nur ein Wort, taktakli.
Schwarz wird ausgedrückt durch pushpüshli, was auch von der dunkeln
Hautfarbe eines Menschen gesagt werden kann. Dunkelfarbig, düster ist
tiptipli, schwärzlich limlimli; beide beziehen sich im Grunde auf bewölkten
Himmel, letzteres wird aber auch von der Hautfarbe gebraucht. „Es ist
finster, düster", vom Einbruch der Nacht oder von der Nacht selbst ausge-
sagt, heisst tchmiika.
In mehreren dieser Farbennamen finden wir dieselbe Sprachwurzel
wieder, die zum Zwecke der Bedeutungsänderung auch den Vocal verändert
oder zur thematischen Wurzel sich gestaltet: So z. B. in metsmetsli, mak-
mä'kli, makmäkli; in: pälpä'li, spalptchi, pakpä'kli; in: käkä'kli, ka-ukä-uH.
Die Race der Kalapuya - Indiau er ist als das Autochthonen-Volk
des Willämetthales im Nordwestlichen Oregon anzusehen. Als die Weissen
zuerst mit ihnen bekannt wurden, bewohnten sie die ganze Westseite und
den Südtheil der Ostseite dieses breiten und fruchtbaren Thaies, während
der Nordost ihnen von dem Jagdvolke der Mobile streitig gemacht wurde.
Die sieben Hauptstämme der Kalapuya sind die Atfalati, Yamhill, Luka-
mayuk, eigentliche Kalapuya auf der Westseite jenes Flusses, die Ahant-
schuyuk (oder Pudding River Indianer) und Santiam auf dessen Ostseite,
die Yonkalla oder Ayankeld im obern Thale des Umpkuaflusses. Die Mehr-
zahl der Individuen aller dieser Stämme lebt jetzt auf der Grande Ronde
Reservation, im NW. von Oregon.
Nachstehende Farbennamen, bei denen ich das stets sie begleitende
Präfix ua- wegliess, gehören dem Atfalati -Dialekte an:
Weiss mö-u, grau plötim, blau pe-i änkaf pawe-u, violett tülelu, grün
tönktr/o.
Gelb pe-i äutk pawe-u, rothgelb, die Farbe eines Rothschimmels liblo,
ein dem Chinook -Jargon entnommener Ausdruck; graugelb sandeli, die
Farbe des Apfelschimmels, englisch roan, lat. ravus; braun püdshnank
tülrdu, d. h. „nicht völlig violett"; roth tchäl, tchellim, schwarz möyim.
21*
296 Albert S. Gatschet:
Metallglänzend , goldglänzend weltchiäm ; vielfarbig , farbig - gescheckt
yä'mtche-i.
Hier ist weiss und schwarz offenbar aus derselben Wurzel hervorge-
gangen; blau und gelb scheinen ein und dasselbe Wort zu sein. Die
Phonetik dieses Sprachstammes ist etwas verwickelter Natur und das Auf-
finden der ursprünglichen Bedeutung der Wörter stösst daher auf besondere
Schwierigkeiten. Von den meisten ihrer Personen- und Localnamen wissen
daher diese Indianer die Bedeutung nicht anzugeben.
Die Mitchopdo - In dianer gehören der nordcalifornischen Maidu-
Race an und wohnen in unmittelbarer Nähe der Ortschaft Chico, Butte
County, östlich vom Mittellaufe des Sacramentoflusses. Nach dem Chico-
flüsschen, das dort dem Sacramento zueilt, und in ihrem Dialekte Otakim
she-ui heisst, nennen sie sich Otakimma, oder Otaki-Leute. Die Farben-
adjectiva dieser Maidu-Mundart sind meist dreisylbig; sie beginnen mit
e- und enden in -i, wie folgt:
Weiss und weisslich ekoko; grau ^pupi, graue Glasperlen epupi güya.
Das Wort für blau, himmelblau ist epoti und bedeutet auch violett und
andere Schattirungen, wie denn das Gelbe vom Ei, wohl wegen seiner von
Aussen oft bläulich erscheinenden Farbe, epotim päpaga genannt wird.
Grün ist ebali, epali. Edshishi, edsissi bedeutet zugleich gelb, dunkelgelb,
strohgelb, braun und metallglänzend, ein Golddollar heisst edshishim peso.
Roth in allen seinen Schattirungen ist epapi und kann ausgesagt werden
vom Blut, von Blumen, Ameisen, Glasperlen u. s. w.; schwarz, ekili, wird
auch von dunkler Hautfarbe gesagt, während dunkel, oder stockdunkel (von
der Nacht) kaisiki lautet. Lauter, hell, klar wie das Tageslicht, ist yokäki;
farbig gestreift: etü'düti.
In dieser Sprache wird demnach gelb von braun nicht genau unter-
schieden.
Die vocalreiche Dakota-Mundart der Sioux am obern Missouri und
westlich davon besitzt eine grosse Auswahl von Ausdrücken für alle Farben-
abstufungen. Die Sprache dieses volkreichsten aller Indianerstämme ist uns
durch das umfangreiche Wörterbuch des Missionärs Stephen R. Riggs,
das insbesondere den Santee- oder Isangti- Dialekt giebt, ziemlich zugänglich
geworden. Alle Hauptfarben zeigen hier eine Nebenform, die Intensität
anzeigt und durch Wurzelreduplication gebildet wird. ^) In diesem stark
nasalirenden Dakota-Dialekte ist das nasale n, das völlig dem französischen
n in bon, son, loin entspricht, durch h bezeichnet.
Ein unserm Worte Farbe entsprechendes abstractes Wort findet sich
in dieser Sprache nicht vor, wohl aber ein Ausdruck für malen, bemalen,
oder anstreichen: owa.
1) Causativ-Verba, wie unser röthen von rotb, schwärzen von schwarz, können von den
meisten Dakota-Farbe- Acljectiven gebildet werden.
Farbenbenennungen in nordamerikaniscben Sprachen. 297
Ska bedeutet nicht bloss weiss, sondern auch klar, durchsichtig, und
saii ist weisslich, gelblich, braun. Braun wird ausserdem ausgedrückt durch
Xota, und rostbraun, dunkelf,'rau ist gi; gigi: rostig, rostbraun, gitka
bräunlich, gitkadaii leicht gebräunt, gitkätka röthlich, bräunlich, gelblich. *)
To, reduplicirt toto, bezeichnet blau, grün und alle dazwischen liegenden
Stufen; toya: blau oder grün bemalen, färben oder anstreichen, blaue und
grüne Glasperlen totodaii. Violett und die Farbe der dunkeln Weintraube
ist stan, violett auch stäüka, von gebräunter, dunkler Gesichtsfarbe ha stan
(ha bedeutet Haut), tiefroth, dunkelroth shästau (wörtlich „roth- violett").
Zi (englisches z) bezeichnet gelb, ziya gelb färben, zitchä ist das röthlich-
graue Eichhörnchen. Hellroth ist hier unterschieden von dunkelroth oder
scharlachroth, denn jenes ist sha, dieses duta. Doch kann letzteres auch
umschrieben werden durch sha ;^iijtcha, „stark roth", oder shashä. Roth-
färben ist shäya, shashäya; rothe Schminke, rother Farbstoff washe-sha;
was^ ist „rothe Erde."
Dunkel ist tpaza, Dunkelheit und dunkel sein okpaza, otpaza; schwarz
säpa, pechschwarz sapsäpa, schwärzen samyä, dunkel, schwärzlich samyähan.
Wie in der Namenliste der Atfälati die Farben weiss und schwarz, so
sind hier: weisslich san, roth sha, und schwarz säpa Bildungen, die der-
selben Sprachwurzel entsprossen sind, ein bei der totalen Verschiedenheit
dieser Farben merkwürdiger Umstand.
Die Shawano oder Shawnee-Indianer bilden einen 700 Köpfe
zählenden Stamm der weitverbreiteten Algönkin-Kace und sind jetzt im
Indianerterritorium, nördlich vom Arkansas River, angesiedelt. Der in ihrer
Sprache gehörte Laut th entspricht völlig dem englischen scharfen th in
month, throng. Die Farbennamen, die ich von diesem südlichen Algonkin-
Idiome erlangt hübe, sind folgende:
Jede bestimmte Art von Körper- oder Gesichtsschminke hatte ihre
eigene Benennung; so hiess die rothe Schminke, mit der sich die zum
Kriege Ausziehenden ehemals bedeckten, hülamu. Ein Ausdruck für Farbe
fehlt auch hier; ich bemale mich, meinen Körper etc.: netasathü; Farbstoö:
hat'tika.
Weiss ist wa};kanagiä, durchsichtig oder durchscheinend säpune.
Grau, wipegua, kann wie jede andere Farbe in ihrer Intensität genauer
bezeichnet werden durch pküui wibegua dunkelgrau, tiefgrau, und hälawe
wipegua hellgrau. Für blau und grün existirt nur ein Wort, skipagia, das
auch himmelblau bezeichnet. Gelb ist huthäwa, roth mskuäwi, bronzefarbig
hälawi mskuawi (helhoth), braun pküni mskuäwi (tiefroth), der Ilahnenkamm
mskuä pelue, schwarz lukatcwa. Was die Sonnenstrahlen reflectirt, ist
wasete, vielfarbig tsägi yelategi, farbig gestreift lulatasäte, sofern die Streifen
in verticaler Richtun«; verlaufen.
1) g ist iu allen diesen Wörtern als rauher Ktbllaul zu sprecbeu.
298 Albertus. Gatschet:
Creek ist einer der wichtigsten Dialekte des einst in den Golfstaaten
einheimischen, weitverbreiteten Masköki- Sprachstammes. Die einzelnen
Dialekte desselben sind morphologisch nicht so sehr als phonetisch differen-
zirt, doch so dass die meisten derselben gegenseitig unverständlich sind. Die
Hauptdialekte sind Cha'hta mit Chikasä ; Oberer und Unterer Creek-Dialekt
mit Seminole; Natchez; Hitchiti; Apalache. Ueber das noch im Südosten
von Texas gesprochene Alibamu ist wenig bekannt geworden. Beinahe alle
Angehörige dieser Race sind jetzt im Indianer- Territorium angesiedelt;
nach unsern phonetischen Begriffen sind diese Dialekte sonor und wohl-
klingend, soweit wir von ihnen Kenntniss erlangt haben.
Weiss und durchsichtig, klar, ist hatgi, „er ist weiss": hatgis, „ich bin
weiss": hatgäs. Von diesem Adjectiv ist abgeleitet supak-hatgi grau und
hellbraun; wörtlich: „mit weiss vermischt", und hatui blass, bleich.
Blau holati, o/olati kann von der Farbe des Firmaments, des Wassers
oder ferner Gebirge ausgesagt werden. Lani bedeutet grün, Galle, und von
Vegetabilien gesagt, auch: grünend, treibend; unverwelkt, pahilanoma gras-
grün. Pahit lanis dagegen kann sowohl „das Gras ist grün" als „das Gras
ist welk, vergilbt, gelb" bedeuten.
Roth tchati heisst auch Blut und bildet das Derivat oktsadi violett
und dunkelbraun. Von lasti schwarz ist abgeleitet okulöshti braun.
Finster wie die Nacht ist: yemüdshki.
Für die durch Europäer importirten Metalle haben die Creeks nicht,
wie einige andere Indianer, neue Namen ersonnen, sondern sie nennen
Goldmünzen „gelbe Eisen -Perlen ^): tchätu ^önap läni; Silbermünzen „weisse
Eisen-Perlen": tchätu p^önap hatgi; Schwefel „gelbes Schiesspulver": tehötop
lani; Kupfer, Bronze und Messing „gelbes Eisen, gelbes Metall": tchatu
lani; Alaun „saures Eisen": tchätu kamüksi.
Die Sprache der Nez -Perces wird von dem volkreichen Stamm dieses
Namens gesprochen, der eine Reservation im nördlichen Idaho inne hat und
ist neuerlich auch von dem sonst anderssprachigen Volke der Cayuses am
Columbiaflusse als Umgangssprache adoptirt worden. Der Sprachstamm,
dem dieser Dialekt, sowie die der Palüs, Yäkima und Klikatat im Washington
Territorium, und die Dialekte der Yumatilla, Walawala und Warm Springs
in Oregon angehört, ist bei den Ethnologen unter dem Namen Sahäptin
bekannt. Dieser Name rührt von Selisch- Indianern her, seine Bedeutung ist
jedoch nicht klar.
Wie in der Klamathsprache, so sind die ursprünglichen Farben-
adjectiva in der Nez Perce- Sprache durch Wurzelreduplication gebildet.
Weiss, xaixaijf, wird auch von klarem, durchsichtigem Wasser gesagt
und kommt in Flussnamen jenes Sprachgebietes nicht selten vor. Hell-
grau, gelblich grau ist pii^pu^ oder pä^pa^, während ein etwas dunkleres
1) Perle n hier im Siune vod Glasperleo, ruudlicbe, runde Gegeuätäade.
Farbenbenennungen in nordamerikanischen Sprachen. 299
Grau, hellgelb, strohgelb ka-u;;ku-ux, kä-u^ka-ux lautet, und auch den
metallischen Glanz des Silbers bezeichnet.
Blau ist yüshyush, yüssyuss, hellblau, himmelblau mä'xkuts yüshyush
(raä'xkuts entspricht unserra hell- in Farbenbenennungen), dunkelblau payu
yüshyush. Mit denselben Adverbien werden die Abschattungen von grün,
tsixtsi/ (heisst auch Gras) unterschieden.
Gelbbraun, dunkler als ka-u/ka-u^, ist shr-lüshrlu wäkush (wakush
gleich, vergleichbar mit), ein dunkleres Gelbbraun payu shlüshlu;
das Braun an Pferden, oder an Nussbaumholz, ist pä'tkuiki, ein etwas
leichteres Braun als diess, zwischen pä'tkuiki und ka-u^kä-ux mitten inne
stehend, ist tako-wakush. Graubraun, mausefarbig, aschfarbig ist lakolkoli,
während das eigentliche Wort für gelb nioksmoks lautet. Die Bedeutung
dieses Ausdruckes ist indess eine ziemlich schwankende, denn sie gilt von
hellblondem und ins Röthliche ziehenden Haare, vom Pelz des amerikanischen
zimmtfarbenen Bären, vom Eigelb und von der Farbe eines Rothschimmels.
Lilafarben wird nach der in Traubenform wachsenden Mitip-Beere
genannt: küshka mitip. Rostbraun und dunkelbraun heissen shukuishukui,
roth und röthlichbraun ilpilp, die Benennung der Farbe der Erdbeere, der
rothen Kirsche und der hundertblättrigen Rose. Schwarz an Thieren
oder Pflanzen ist timü^timu/; dunkel von der Nacht, ist hisketsc.
Im Regenbogen unterscheiden diese Indianer nicht über drei Farben:
gelb, roth und blau, oder mo/smo/s, ilpilp, yüshyush.
Aus den hier angeführten Detailangaben allgemeine Schlüsse auf den
Farbensinn und die Farben -Namengebung aller amerikanischen Urvülker
nördlich vom Isthmus von Panama ziehen zu wollen, wäre ein höchst ver-
frühtes und oberflächliches Unternehmen. Denn in ganz Nord- und Central-
amerika giebt es bei achtzig Sprachstämme, von denen einzelne durch fünf
bis sechs, andere durch zehn die zwölf, ja bis zu zwanzig Dialekten ver-
treten sind, während freilich einige nur noch in einer Mundart sich erhalten
haben, oder wenn schon ausgestorben, uns nur durch schriftliche Denkmale
noch zugänglich sind. Es ist also klar, dass die geringe Anzahl Sprachen,
von denen wir hier die Farbennamen geliefert, für die grosse Masse von
200 — 300 amerikanischer Dialekte wenig beweisen können. Sie sollen
bloss Beispiele für Indianische Farbenauschauung liefern.
Allgemein gültige Sätze über ethnologische Verhältnisse Amerikas
aufzustellen ist höchst schwierig, sofern nämlich damit durchgreifende
und wichtige Thatsachen gemeint sind, die sich bei allen Stämmen eines
der beiden Coutinente erwahren sollen. Es ist freilich einiges Gemein-
same da, aber die Isolirung ist wiederum, selbst bei Nachbarvölkern, so
gross, dass dieselben oft so verschieden in Sitten und Gebräuchen, Intelli-
300 • Albert S. Gatschet:
genz und Sinnesart, Sprache und Race, wie die Basken von den Engländern,
die Albanesen von den Türken, oder die Polen von den Krim'schen Tataren.
Nachstellende Schlussfolgerungen sollen nur von den obigen sieben,
mit Ausnahme des Dakota von mir selbst aufgenommenen Farben-Listen
gelten. Nichtsdestoweniger dürfte sich bei weitern Untersuchungen zeigen,
dass Indianer vieler anderer Stämme Nordamerikas, vielleicht auch Süd-
amerikas, bei Benennung der Farben von denselben Grundsätzen ausge-
gangen sind.
1. Schliessen wir unsere nach Kunstproducten benannten Farben aus,
so besitzen die Indianer ebenso viele Farbenbenennungen als wir; hienach
unterscheiden sie also ebensoviele Farbenuüancen, wie wir wenigstens ver-
rauthen dürfen. Auch künstliche Farben-Nuancen sind übrigens bei ihnen
nicht ganz ausgeschlossen. Bei der allgemeinen Tendenz der Indianer-
sprachen zu speciali siren wäre eine geringere Anzahl von Farbennamen
als die in europäischen Sprachen vorfindliche, geradezu auffallend.
2. Dieselben besitzen keinen abstracten Begriff, kein Appellativum,
für Farbe wie die europäischen Sprachen. „Farbe" ist ihnen bloss der
concrete Farbstoff, die Tünche, Malerfarbe; „farbig" in ihren Sprachen
entspricht unserm „gemalt, angestrichen, angepinselt, getüncht."
3. Wir können in diesen Dialekten oft Gruppen von Farbennamen
unterscheiden, welche Derivate einer und derselben Wurzel sind. Beispiele
davon sind unter Klamath, Kalapuya, und Dakota angeführt. Im Deutschen
gehen grau und grün auf eine und dieselbe Wurzel, die wachsen be-
deutet zurück; von einer Wurzel bin stammt blank, blau, bleich und das
niederdeutsche black.
4. Wurzelredupllcation findet sich nicht selten in Farbennamen des
Westens Amerikas, doch ist der Grund dafür nicht immer derselbe. Im
Klamath-, Sahaptin- und aztekischen Sprachstamrae soll dadurch Wieder-
holung und VertheiJung („roth hier, roth dort"), im Dakota Intensität (roth-
roth; d. h. tiefroth) versinnbildlicht werden.
5. Obige Listen zeigen Beispiele von Mischfarben, die sich dem Auge
nicht als einförmig- homogene, sondern als sprenklige, fleckige Mischung
darstellen. So ist das mä'kmäkli der Klamath- oder Mäklaks- Sprache ein
mit Blau gemischtes Grau, wie es an wilden Gänsen und Enten beobachtet
wird; tch^e-utch/e-uptchi ist die am blauen Häher beobachtete gesprenkelte
blaue Farbe. In den meisten Dialekten ist grau ein Schwarzweiss oder
Weissschwar/, wie es am Felle des Racoons, des Graufuchses und anderer
Waldthiere bemerkt wird.
6. Einige F'arbennamen sind nach einem Princip benannt, das von
unserm Gebrauche abweicht. Gewisse Naturgegenstände erhalten nämlich
eine Farbenbenennung, die beibehalten wird, selbst wenn das Object die
Farbe ändert. Dies gilt von mehreren Sorten Gewild, das die Färbung der
Haut mit der Jahreszeit ändert, den Farbennamen, der ihm einmal gegeben
Farbenbenennungen in nordamerikanischen Sprachen. 301
ist, jedoch beibehält. Das Gras wird im Klamath käkä'kli grün benannt;
wird es dürr und gelb, so lieisst es trotzdem käkä'kli und dies gilt auch
von Bäumen und andern Repräsentanten des Pflanzenreiches. Im Selisch-
Dialekte der Niskualli-Indianer, Washington Territory, heissen beide Farben
hokwats, gewiss eher die lichte, helle als die dunkle Nuance beider Farben.
In vielen Sprachen ist blau und grün mit demselben Ausdrucke benannt;
so im Sioux-Dakota, Shawnee und Maya (yäash, yäsh), im Chokuyem nördlich
von der Bucht von San Francisco: sivita; in den Sahaptin -Mundarten der
Yäkiina und der Warm Spring Indianer: lomT-t, lä'mt; im Shasti: itchumpa;/e,
im Guaraui t6l)i, im Chibcha bei Bogota: tchiskuiko, beide letztere Süd-
amerika angehörig. Auch in den Pai-Uta, den Uta, Pomo, Wintiin und
Tinne -Apache Dialekten scheint ein und derselbe Ausdruck für beide
Farben zu gelten. Blau und violett (purpui färben) zeigen dieselbe Be-
nennung im Klamath und im iMitchopdo-Maidu. Roth und gelb, oder gelb
und braun, oder braun und roth werden oft gleich benannt, doch nur in
solchen Idiomen, worin gelb und blau verschieden benannt sind. Einige
Sprachen sollen auch schwarz und tiefblau, oder schwarz und dunkelgrün
mit demselben Worte bezeichnen.
Leider kennen wir den Ursprung erst weniger Farbenbenennungen;
sind wir hierüber erst genauer unterrichtet, so wird uns die Ursache dieser
Art von Namengebung besser einleuchten und es wird klar werden, dass
hier etwas anderes als Farbenblindheit zu Grunde liegt.
7. Eine und dieselbe Farbe wird oft durch mehrere Ausdrücke be-
zeichnet, von denen jeder nur einer gewissen Klasse von Gegenständen
zukommt. So haben die Sioux drei verschiedene Ausdrücke für braun:
gt, San, xota, und im Deutscheu gebrauchen wir blond nur von Ilaaren,
gelblichweiss, oder weissgelb von andern Dingen.
8. Betreffs der Benennungen einzelner Farben ist zu bemerken, dass
weiss ursprünglich klar, hell, durchsichtig, rein bedeutet hat, jedoch nicht
in allen der sieben behandelten Dialekte. In den meisten derselben existirt
ferner nur ein Ausdruck für die verschiedenen Nüancirungen des Roth;
da diese die am meisten in die Augen stechende, den Gesichtssinn am
höchsten afficireude Farbe ist, so fand man eine Differenzirung derselben
wohl unuöthig, und im Spanischen heisst roth einfach: farbig, gefärbt
(colorado). Grün dürfte in den meisten Dialekten, sei es nun von gelb
verschieden oder nicht, auf das Wachsen der Pflanzen oder .><peciell des
Grases, auf die vegetative Farbe zurückgehen; vergl. viridis, verde, vert
vom lat. virere grünen, wozu zu ziehen ist vigere strotzen; käkä kli grün,
im Klamath, ist verwandt mit kcdsha wachsen, ein Verbum das bloss von
Pflanzen gebraucht wird, währeiul von Thieren t'shin gilt. Schwarz ist in
allen Sprachen, wie bei uns, von ,,duukel*" geschieden.
9. Untersuchungen über den Farbensinn eines Volkes müssen getrennt
von denjenigen über Farbenblindheit vorgenommen werden. Eine Ver-
302 Albert S. Gatschet: Farbenbenennungen in nordamerikanischen Sprachen.
schiedenheit des Princips, nach welchem Farben benannt werden, von dem
bei uns gebräuchlichen beweist noch lange nicht die Existenz von Farben-
blindheit, und anzunehmen, dass ganze Stämme farbenblind sein können,
ist ohne' beweisende Experimente etwas sehr Gewagtes. Es ist freilich
möglich, dass diese Erscheinung bei Jägervölkern und Nomaden häufiger
vorkommt als bei Culturvölkern. Hier kann nur das directe Experiment
entscheiden; bei Bestimmung des Farbensinns eines Volkes darf dagegen
auch die Sprachkunde ein Wort mitsprechen. —
Das Gräberfeld bei Gerdauen.
Vortrag, gehalten in einer Sitzung der Alterthumsgesellschaft Prussia
Dr. med. Artur Hennig,
pract. Arzt in Königsberg i,/Pr.
Bei der Erforschung der Wallberge des Bartener Landes hatten die
mit derselben beauftragten Mitglieder Freiherru von Romberg auf Schloss
Gerdauen im Sommer 1877 besucht und, wenn auch über das Vorhanden-
sein von Wallbergen keine genauere Auskunft, so doch werthvolle und zahl-
reiche Geschenke aus der prähistorischen Zeit und der Herrschaft des
deutschen Ordens für die Sammlungen der Gesellschaft Prussia erhalten
(Sitzungsbericht September 1878) und gleichzeitig die Aufforderung auf
einem Felde zwischen dem Schlosse Gerdauen und dem Bauctien-See Nach-
grabungen zu veranstalten. Eine solche wurde von dem Vorstande mit
um so grösserem Danke angenommen, weil das Feld „Pracher Liske"
genannt wurde. Eine alte Ausiedlung von Stammpreussen die von dem
Orden auch noch ihre Rechte erhielt, war hier vorhanden gewesen, denn
„Lischke" bedeutet (nach Toeppen Altpreuss. Monatsschrift IV p. 137)
1. eine aus bastartigem Holz oder aus Rohr geflochtene Schachtel, welche
gewöhnlich an einem Stricke getragen wird 2. eine Ortschaft und tritt dann
in die Reihe mit Stadt, Dorf etc.
Noch während meiner vorjährigen archäologischen Untersuchungen auf
dem Territorium des Kammerherrn v. Tyszka auf Kibben erhielt ich von
unserm Vorsitzenden den ehrenvollen Auftrag auf der bezeichneten „Pracher
Liske'' des Freiherrn von Romberg Ausgrabungen zu veranstalten, einen
Auftrag, dem icii mit desto grösserer Bereitwilligkeit Folge leistete, weil
hier schon früher einzelne interessante AUerthümer von Herrn v. Streng
bei einem flüchtigen Besuche in dieser Gegend und ebenso bei dem Chaussee-
bau der Gerdauen-Nordenburger Strecke gefunden waren. Im Sommer ver-
gangenen und dieses Jahres unterzog ich mich einer im Ganzen 7 wöchentlichen
für mich höchst anregenden und belehrenden, für die Alterthumskunde unserer
Provinz und specieil für unsere sehr lohnenden und erfolgreichen .\rbeit, deren
304 ^- Hennig:
Resultate ich bei dem ausserordentlich umfangreichen Materiale in einem kurzen
sachlichen Berichte vortragen werde. Hoffentlich wird aber eine von mir
vorbereitete genaue Bearbeitung des Gerdauer Gräberfeldes nicht zu lange
auf sich warten lassen.
Zwischen dem neuen Schlosse und dem Bahnhofe von Gerdauen ziehen
sich von Norden nach Süden 3 natürliche Hügel hin, welche sich westwärts
mit sanfter Abdachung in den Bauctien-See senken, während sie auf der
Ostseite allmählich in das angrenzende Terrain übergehen. Diese 3 Hügel
wurden mir bei meiner vorjährigen Ankunft, als ich auf das Schreiben
unseres Vorsitzenden hin nach der Bracher Liske fragte, mit diesem Namen
bezeichnet und sie sollten mit einer Bodenfläche von c. 900 a das Feld
meiner Thätigkeit werden. Ich entschloss mich zunächst den an der
Chaussee angrenzenden Hügel zu untersuchen, weil erstens auf diesem
v. Streng seine Alterthümer gefunden hatte, und weil er ferner auch der
Fundstelle auf der Chaussee am nächsten lag. Dieser nördlichste Hügel,
welcher westwärts vom Bauctien-See, nach Norden zu vom Schlossgarten
und weiter vom Schlösse^ ostwärts von der Chaussee und südlich durch
eine geringe Bucht vom zweiten Hügel getrennt ist, besitzt eine Grund-
fläche von c. 250,0 a. —
Hat man es bei archäologischen Untersuchungen mit so bedeutenden
Flächen zu thun, so halte ich es für unpractisch, wenn auch die Möglichkeit,
ja Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass man nur an einem oder dem andern
Abhänge irgend welche Alterthümer finden wird, auch von diesem oder
jenem Abhänge die Untersuchungen vorzunehmen. Practisch dagegen ist
es zur besseren Orientirung über die Lage und Grösse des Begräbniss-
platzes und zur richtigen Erkenntniss der Form und Anlage desselben von
der Kuppe eines solchen Hügels zwei aufeinander rechtwinklige Untersuchungs-
gräben zu ziehen, welche in einer Breite von mindestens 1 m über den
ganzen Hügel fortgehen, und die so tief angelegt werden müssen bis man
auf den gewachsenen Boden kommt. Es lässt sich nicht wegleugnen, dass
man auch bei dieser Untersuchungsmethode vielleicht zuerst Einiges zer-
stören kann, doch ist das bei jeder Methode möglich, dagegen gewinnt man
hierbei nach Anlage vorgeschriebener Gräben ein deutliches Bild über den
ganzen Begräbnissplatz und lernt sehr schnell den Typus desselben kennen,
wodurch eine Untersuchung von vornherein systematischer und nutzbringen-
der werden kann, als wenn sehr lange nach der Eigenartigkeit des Gräber-
feldes gesucht werden muss. Auf diese Weise erkannte ich auch in Ger-
dauen sehr bald den Charakter der zu untersuchenden Stelle der Bracher
Liske als den eines Begräbnissplatzes und konnte nun der bestimmten Lage
der Skelete entsprechend meine Untersuchungen anstellen. Die Skelete be-
fanden sich in den meisten Fällen mit dem Kopf im W., und den Füssen
im O., und aus diesem Grunde, um so wenig Schädel als möghch zu zer-
stören, wurde die Arbeitslinie von Norden nach Süden angeordnet, weil man
Das Gräberfeld bei Gerdauen. 305
durch diese Einrichtung nun immer zuerst an die weniger zu zerstörenden
und auch nicht so wichtigen Fussknochen kam, und die Lage des ganzen
Skelets aus den bald aufzufindenden Unterschenkelknochen leicht erkennen
konnte.
Nach der Vermessung durch Herrn Kühne habe ich bis jetzt 0, 07,
92 h untersucht und zwar 0, 03, 39 h im Sommer des Jahres 1877 und
0, 04, 53 A das letzte Mal. In betreff der Beurtheilung der Grösse des
ganzen Begräbnissplatzes giebt dieses ausgegrabene Stück gar keinen Auf-
schluss. Meine Vermuthung geht dahin, dass sich das in Rede stehende
Gräberfeld von dem untersuchten Terrain weiter westwärts nach dem
Bauctien-See zu und ferner noch nach Norden also nach dem Schlosse zu
zieht; ja vielleicht steht noch ein Theil des herrlichen Schlossgartens mit
seinen schönen alten Bäumen auf den Ueberresten eines Friedhofes aus
grauer Vorzeit. Um aber für alle Fälle später Untersuchenden — falls mir
die höchst wünschenswerthe Beendigung der hier angefangenen Ausgrabungen
durch irgend welche Umstände unmöglich gemacht vrerden sollte — die
Arbeit zu erleichtern, habe ich einen Situationsplan der ganzen Hii gelkette
und eine Specialkarte des bis jetzt untersuchten Stückes von Herrn Kühne
in Gerdauen anfertigen lassen. —
Skelete von Menschen mit und ohne Beigaben, frei in der Erde liegende
Waffen, Schmucksachen, Geräthe und Münzen bilden den Inhalt des Ger-
dauer Gräberfeldes.
Bis jetzt sind 91 Skelete ausgegraben, die in irgend einer Beziehung
näher untersucht sind und über die Protokoll geführt ist; zu diesen kommen
wohl mindestens noch ebensovlele, welche zum Theil ganz zerfallen waren
oder aus irgend welchen Umständen keiner näheren Beobachtung unterzogen
werden konnten. Die Richtung war ziemlich constant die schon oben ange-
gebene, mit dem Kopfe im W., den Füssen im 0., wenigstens lagen 63 in
dieser Weise, während die andern ein wenig mehr nach S. oder N. geneigt
waren; von dem Grundtypus vollkommen abweichende Lagen kamen gar-
nicht vor.
Diese hier bestatteten Individuen sind mit ihren Gewändern und viele mit
ihren Schmucksachen und Waffen ohne einen Sarg frei in die Erde gelegt
worden, denn nur in 4 Fällen habe ich sicher Holzreste gefunden und auch
nur unterhalb des Skelets am Hinterhaupte und den Wirbelkörpern, wodurch
es wahrscheinlich wird, dass man diese Todten entweder ganz frei in eine
Grube gelegt oder höchstens auf einer hölzernen Unterlage gebettet verscharrt
hat. Särge, wie sie auf der Nehrung auf dem Begräbnissplatze von Stangen-
walde von Prof. Berendt, Lohmeyer, v. Wittich und Dr. Schieffer-
decker beobachtet sind, und welche sich besonders durch die Sargnägel
und die dunklere Färbung des Sandes an den Stellen, an welchen das Holz
verfault ist, leicht kennthch machen, sind in Gerdauen in keinem Falle
aufgedeckt worden. Die Skelete lagen reihenweise ziemlich dicht nebenein-
306 A. Hennig:
ander, bisweilen leider so dicht, dass das eine nur unter einer theil weisen
Erhaltung des andern herausgenommen w^erden konnte; oftmals liesseu sich
mehrere Schichten, bisweilen drei übereinander constatiren. Hin und wieder
wurden nur einzelne Skelettheile wie Schädel, oder untere Extremitäten oder
Schädel mit Rumpf gefunden. Meiner Meinung nach wird hier wohl Nie-
mand auf Menschenopfer verfallen, da es zu nahe liegt, dass bei dem Ver-
graben neuer Leichen Theile früher Bestatteter aus ungenauer Kenntniss der
Lage derselben aufgegraben worden sind; auf eben diese Weise lassen sich
auch die zahlreich in dem ganzen Gräberfelde zerstreut liegenden Schmuck-
sachen und Waffen erklären, welche genau denselben Charakter wie die an
den Skeleten gefundenen haben und auch keine Spur von Verbrennung
zeigen, ein untrügliches Merkmal, dass sie nicht etwa von Brandgräbern
herrühren.
In Betreff der genaueren Lage der Skelete wurde Folgendes beobachtet.
57 Skelete ruhten auf dem Hinterhaupte, 13 auf der rechten und 17 auf
der linken Wange, alle auf dem Kücken ausgestreckt; die Haltung der
Arme war sehr verschieden, bald befanden sie sich in vollständiger Streckung
längs dem Körper, bald mehr, bald weniger aber gleichmässig in beiden
Ellenbogengelenken gebeugt, bald auch ganz verschieden flectirt. Die
Hände lagen in Folge dessen entweder nach aussen von den Oberschenkeln
oder im Becken, auf der Brust oder den Schlüsselbeinen. Das Längen-
maass der Skelete konnte in 59 Fällen bestimmt werden, von diesen war
nur 1 Skelet unter 1 m (0,97) 8 zwischen 1,01 und 1,50 m die grössere
Zahl maass zwischen 1,51 und 1,70 m und zwar kamen 18 auf 1,51 — 1,60 m
und 25 auf 1,61 — 1,70 m; nur 7 Skelette hatten eine Länge über 1,71m
und zwar 2 (1,71), 1 (1,72), 1 (1,74), 2(1,78) und 1 (1,82). Die Durchschnitts-
grösse unter diesen 59 Skeleten beträgt 1,57 m. Hierbei möchte ich gleich-
zeitig bemerken, wie wichtig es ist, die Längenmessungen gleich an Ort und
Stelle vorzunehmen und zwar das Maass 1. vom Scheitel bis zur untern
Fläche des Fersenbeins 2. vom obersten Halswirbel bis zum letzten Lenden-
wirbel und 3. vom Oberschenkelkopfe bis zur untern Fläche des Fersenbeines,
um bei einer späteren eventuellen Zusammensetzung das ursprüngliche
Maass auch wirklich herauszubekommen. Geschieht dieses nicht, so ist es
zu leicht möglich, dass man bei dem künstlichen Ersatz der Intervertebral-
scheiben, der Synovialmembranen u. s. w. entweder hinter der ursprünglichen
Länge um mehrere Centimeter zurückbleibt oder aber die ursprüngliche
Grösse vermehrt; beides muss und kann vermieden werden. Addiren wir
dann 2 — 2.} Cm. für die Weichtheile an Kopf und Fusssohle zu dem am
Skelet gefundenen Maasse hinzu, so werden wir ziemlich genau die wirkliche
Grösse des verstorbenen Individuums erhalten.
Schon vorher machte ich kurz darauf aufmerksam, dass die Skelete
bisweilen schichtweise übereinander lagernd gefunden sind, woraus man
ersehen kann, dass keine bestimmte Tiefe für die Gräbcranlage eingehalten
Das Gräberfeld bei Gerdauen. 307
war, sie befanden sich zwischen 0,50 m und 1,70 m Tiefe, die meisten
zwischen 0,80 m und 1,30 m.
Das Volk, welches diesen Begräbnissplatz anlegte, bestattete seine Todten
bereits mit Gewändern und legte ihnen auch Schmucksachen und Waffen
mit in's Grab, wenigstens gilt diese Behauptung für einen grossen Theil.
Wenngleich aber auch nicht an allen Skeleten Gewandreste aufgefunden
worden sind, sondern nur an einzelnen der mit Beigaben geschmückten, so
dürfte es dennoch wahrscheinlich sein, dass das Tragen von Gewändern
zu jener Zeit allgemeine Sitte war. Es ist ja bekannt, dass Wollen- wie
Leinengewebe im Laufe der Zeit vollständig verrotten, und es geboren nicht
gerade Jahrhunderte dazu, sondern gewisse Bodenarten, besonders lehmiger
Grund, zehren diese Gewebe sehr schnell auf; dagegen erhalten sich diese
Stoffe recht häufig an Metall, und hierin ist auch wohl der Grund zu suchen,
warum immer nur an solchen Skeleten, welche mit Beigaben versehen waren,
Zeugreste gefunden worden sind. Auf dem Begräbnissfelde von Stangen-
walde (s. Schrft. der phys. ökon. Gesellschaft zu Kbg. XII Jahrg. 1871.
p. 42 sq.), welches wie wir später sehen werden, derselben Zeit angehört
wie das Gräberfeld bei Gerdauen, wurden an jedem Skelet, welches in jenem
Aufsatze über Stangenwalde verzeichnet ist, Gewandreste aufgedeckt, und
die Sitte, welche den alten Nehrungsbewohnern eigen war, dürfte auch wohl
schon jenen Bewohnern Bartens eigen gewesen sein. Der Grund nun,
warum sich auf der Nehrung an jedem Skelet Zeugreste und sehr viel
grössere Gewandreste erhalten haben als in Gerdauen, muss in der ver-
schiedenartigen Bodenbeschaffenheit beider Plätze gesucht werden; der
Dünensand der Nehrung conservirte jedenfalls sicherer und besser als der
lehmige Gerdauer Boden.
Wir können an den Wollenstoffen feinere und gröbere Gewebe unter-
scheiden, einfachere und kostbarere ; die besten und sicherlich auch dauer-
haftesten Wollenstoffe bestehen aus groben Wollenfäden, die mit feinen Wollen-
fäden spiralförmig umwunden sind, wodurch einem solchen Gewände eine
besondere Haltbarkeit gegeben worden ist. Eingewirkte kleine Broncespiralen,
wie sie häufiger in Stangenwalde sind , konnte ich nirgends entdecken.
Ausser Wolle kommt in Gerdauen auch schon das für jene Zeit kostbare
Leinenzeug vor, welches sich ebenfalls massig gut an Metall erhalten hat;
grössere Stücke feinen Leinenzeuges habe ich besonders häufig von den
Halsringen abgenommen, eine Erscheinung auf die ich noch weiter unten
zurückkommen werde. —
Von den im Protokoll verzeichneten Skeleten sind 50 mit Beigaben aus
Bronce, Eisen, Silber, Leder und Stein bestehend versehen, und dieses
dürften wohl die Wohlhabenderen gewesen sein; den Aermeren zog man
wahrscheinlich nur ein einfaches Gewand au, welches auf der Schulterhöhe
oder vorn auf der Brust nicht wie bei den Reichen mit einer Broncespange
sondern nur mit einem Faden zugeheftet war. Broucebeigabeu allein fanden
308 -Ä.. Hennig:
sich an 24 Skeleten, Eisengegenstände allein an 13, Bronce und Eisen
gemischt an 12 und in der rechten Augenhöhle eines Skelets lag nur ein Bracteat.
Es dürfte von Interesse sein die reichen Beigaben dieser 50 Skelete mit
genauer Angabe der Körperstellen, an denen sie gelegen haben, kennen
zu lernen, und so lasse ich denn hier eine kurze Beschreibung derselben,
entnommen meinem an Ort und Stelle geführten Protokolle, folgen. Die
übrigen Notizen desselben, also besonders die Beobachtungen über die Lage,
Grösse und Anomalien der Skelete wie auch die craniologischen Unter-
suchungen behalte ich mir für meine Specialarbeit über das Gerdauer Gräber-
feld vor.
Um jedoch die wichtigsten Funde zu fixiren, sind noch sichrere Mittel
als die Führung eines Protokolls angewandt worden.
Sobakl das erste Skelet mit einem broncenen Halsring und einer
hufeisenförmigen broncenen Gewandnadel von mir aufgedeckt war, liess
Freiherr von Romberg einen Photographen zur Aufnahme nach Gerdauen
kommen und lud bald darauf noch Prof. Heydeck zur Besichtigung des
interessanten Leichenfeldes ein, welcher der Einladung bereitwilligst Folge
leistend mit gewohnter Meisterschaft 3 Skelete mit Beigaben an Ort und
Stelle aufnahm; ferner habe ich selber im Ganzen 8 Zeichnungen von
Skeleten mit Beigaben angefertigt. —
Skelet Nr. 1. Ein Bronceriug in 8 Umgängen um die Halswirbel-
säule; eine Broncegewandnadel in Hufeisenform unter der Mitte des rechten
Schlüsselbeins; Gewandreste Photographirt.
Nr. 2. Ein Broncering in 5 Umgängen um die Halswirbelsäule; am
Unterkiefer und in der Nähe der Halswirbel mehrere Klappern aus Bronce;
ein Ring ans Broncedraht mit Glasperlen am linken Zitzenfortsatz; mehrere
hundert Glasringe in der Halsgegend; silberne leider unkenntliche Münzen
in einer Eisenfassung auf der Handhabe der Brustbeins; Gewandreste. Ge-
zeichnet von Prof. He yd eck.
Nr. 8. Unter der Brustwirbelsäule aul der linken Seite vom 6 — 9
Brustwirbel 2 Bronceberloques mit Klapperblechen und eine Bärenklaue in
Broncefassung.
Nr. 9. Nach aussen vom obersten Drittel des linken Oberarms ein
Feuerstahl; ja eine eiserne Schnalle von 5 cm im lichten Durchmesser nach
innen vom Oberschenkelknochen in der Höhe des kleinen Rollhügels; an
der rechten Seite des Skelets in Höhe der Backenknochen vom untern
Rippenrande an ein einschneidiges Messer in Resten einer mit Bronce be-
schlagenen hölzernen Scheide.
Nr. 10. Nach aussen vom untern Drittel des rechten Unterschenkels
eine Bronceschnalle; auf der Innern Seite des rechten Oberschenkels ein
eiserner Ring; am kleinen Rollhügel des linken Oberschenkelknochens ein
eiserner Ring; in der Gegend der Schambeinfuge ein Riemenstück mit
Broncebeschlag und ein Bracteat zwischen den Lederplatten; ferner 17
Das Gräberfeld bei Gerdauen. 309
eiserne Buckel in der Gürtelgegend; unter dem linken Ellenbogengelenk ein
10 cm langes Stück eines sehr starken Bronceringes mit Zeugresten. (Letzteres
Stück gehört sicher nicht zu diesem Skelet, sondern rührt von einer früheren
Bestattung her.)
Nr. 11. Unter dem linken Ellenbogengelenk ein eisernes Messer mit
Spuren einer hölzernen Scheide; in jeder Augenhöhle ein Bracteat; an der
Innenseite des rechten Oberschenkelknochen in der Höhe des Gelenkhalses
ein eiserner Ring.
Nr. 14. Ein diademartiger Broncering und ein 2-spiraliger Bronce-
ring um die Halswirbelsäule; oberhalb und unterhalb der Ringe lagen an
der vordem Halsfläche 10 Bronceklappern von verschiedener Grösse und
Form; in der Drosseladergrubengegend ein rundes mit zahlreichen Ver-
zierungen versehenes Bleistück in Grösse eines Fünfmarkstückes; in der
linken Augenhöhle ein rudimentärer Bracteat; auf der rechten Brusthälfte
in Höhe der 6 — 8ten Rippe eine grosse aus Bronccdraht gefertigte Gewand-
nadel; über dem untern Theile der Brust eine feine, kleine und zierlich
gearbeitete Brustkette, die aus 4 gedrehten Broncegliedern und einem eisernen
Zwischengliede besteht; am Ende dieser Kette, die in der Höhe der 9. Rippe
rechterseits begann und sich über den letzten Brustwirbel auf die linke
Thoraxhälfte zog, befanden sich 10 broncene Klapperbleche; auf dem Zeige-
finger der rechten Hand ein kostbarer silberner Filigranring. Gezeichnet
von Prof. Hey deck.
Nr. 15. Broncering in 3 Umgängen um die Hals Wirbelsäule; eine
grosse Zahl blauer, gelber und grüner Glasringe; Gürtelstück und Leder
mit Broncebeschlag in der Höhe des 11. Brustwirbels, eine in Bronceblech
gefasste Bärenklaue, 4 broncene Klapperbleche, mehrere Bronceklappern unter
dem Gürtel; kleine hufeisenförmige Gewandnadel aus Bronce mit Gewand-
resten auf dem rechten Schultergelenke.
Nr. 19. Rechts vom 6. Brustwirbel eine Bronceschnallek; auf der ersten
rechten Rippe eine Bronceklapper; in der linken Achselhöhle ein Bronce-
berloque; am rechten Zitzenfortsatz ein feiner Broncereifen mit Glasperlen;
auf einem Finger der linken Hand 2 Ringe, ein Siegel- und ein Filigranring.
Gezeichnet von Prof. He yd eck.
Nr. 20. Ein spiraliger Broncering in 2 Umgängen um die Halswirbel-
säule; an dem 3. Finger der rechten Hand ein Ring; 3 Bronceschellen
in der Gürtelgegend. Gewandreste.
Nr. 22. Zwischen den Oberschenkeln 2 eiserne Messer, ein langes und
ein kurzes dicht aufeinander; der oberste Theil des langen Messers über-
ragte die Schambeinfuge um 6 cm, sie lagen dann weiter etwas näher der
Innenfläche des rechten Oberschenkelknochens an: in der Höhe des letzten
Brustwirbels Lederzeug mit 2 Schnallen aus Bronce ; an dem Leder befanden
sich noch Gewandreste. Zwischen den Lederplatten lag ein Halbschoter
Konrad Zöllners von Rothenstein; an der Innenfläche des rechten Ober-
Zeitscbrift für miiQologie. J»lirg. 1879. -'•'
310 A. Hennig:
Schenkelknochens in dessen Mitte etwa 2 eiserne Schnallen dicht aufeinander;
eine ganz gleiche am grossen Rollhügel des linken Oberschenkelknochens.
Nr. 23. In der linken Augenhöhle ein Bracteat; unmittelbar unter dem
linken Ellenbogengelenk ein Broncegürtelhalter mit Lederresten und in den-
selben 5 Bracteaten.
Nr. 27. Etwas über dem rechten Ellenbogengelenk nach aussen vom
Oberarmknochen ein eiserner Ring; ein ebensolcher Ring nach aussen von
der Mitte des rechten Unterarmknochens ; eine eiserne Schnalle, deren Dorn
aus Bronce gefertigt ist, lag nach innen vom linken Oberschenkelkopfe; an
dem linken Fersenbeine ein eiserner Sporn; auf den Brustknochen in Höhe
des 5. Brustwirbels ein Bracteat. Gezeichnet von mir.
Nr. 30. Zur linken Seite des Schädels lagen 2 verschieden grosse
Lanzenspitzen, die grössere noch ein wenig unter dem Schädel, die andere
12 cm von der ersten nach aussen entfernt; nach innen vom linken Ellen-
bogengelenk ein Messer mit Griff; in derselben Höhe mit dem Messer
ganz nahe der Wirbelsäule ein eiserner schnallenartiger Gegenstand; ein
wenig unter letzterem ein bearbeiteter Feuerstein; nach innen vom linken
kleinen Rollhügel zwei eiserne Ringe (s. Nr. 9.) dicht unter einander; auf
dem linken Oberschenkelknochen über der Grenze zwischen dem oberen
und mittleren Drittel ein defectes eisernes Messer. Gezeichnet von mir.
Nr. 33. Ein grosses eisernes Messer zwischen den Oberschenkeln von
der Schambeinfuge an; nach innen vom rechten Oberschenkelkopfe in der
Höhe zwischen dem oberen und mittleren Drittel ein nicht mehr erkennbarer
eiserner Gegenstand, wahrscheinlich das Rudiment eines Ringes, nach innen
vom kleinen Rollhügel jederseits ein eiserner Ring (s. Nr. 9). Gezeichnet
von mir.
Nr. 34. Unmittelbar unter dem Kinn eine grosse Zahl von kleinen
gelben, grünen und blauen Glasringen, die auf feinem Broncedraht aufge-
zogen waren; 2 Bronceklappern und ein Stück eines zinnernen Gegen-
standes auf dem linken Schulterblatte. Rechts von der Wirbelsäule in der
Höhe des 7. Brustwirbels eine Bronceschnalle mit Gewandresten; eine zweite
Schnalle aus Bronce in Hufeisenform nach aussen von der Mitte des linken
Vorderarmknochens.
Nr. 35. Ein eisernes Messer zwischen den Unterschenkelknochen, der
Griff desselben lag in der Höhe des untern Drittels des Oberschenkelknochens;
ein eiserner Ring nach innen vom kleinen Rollhügel jederseits; nach aussen
von der linken Darmbeinschaufel ein eisernes Messer mit Holzgrifi, welcher
mit Broncebeschlag verziert ist; zwischen den beiden Kniegelenken Ueber-
reste einer eisernen Schnalle. Gezeichnet von mir.
Nr. 37. Ein Broncering von 8 Umgängen um die Halswirbelsäule;
nach innen vom linken Oberarmknochen ein eisernes Messer mit Griff,
letzterer ist mit Leder überzogen und mit Bronceplatten belegt; nach innen
vom linken Oberarmkopf eine Bronceschnalle; nach innen vom linken
Das Gräberfeld bei Gerdaaen. 311
ünterarmknochen in der Höhe des obersten Drittels ein Bronceberloque ;
Haare unter dem Hinterhaupte.
Nr. 38. Ein spiraliger Broncering von H Umgängen um die Halswirbel-
säule; auf dem Mittelfinger der rechten Hand 2 Ringe, der eine von den
beiden ist ein silberner Filigranring.
Nr. 39. In der Höhe des 7. Brustwirbels eine Bronceschnalle.
Nr. 40. Um die Halswirbelsäule ein spiraliger Broncering von 8 Um-
gängen; nach aussen von der rechten Darmbeinschaufel eine Bronceschnalle;
unmittelbar rechts vom 4. Lendenwirbel ein kleines Bronceberloque.
Nr. 41. In der Höhe des 2. und 8. Lendenwirbels rechts von denselben
eine in Bronceblech gefasste Bären klaue; auf der linken Seite in derselben
Höhe eine Bronceschnalle; an dem Zeigefinger der linken und dem Mittel-
finger der rechten Hand ein Ring; unter den Rippen der linken Seite
eine grosse Anzahl von Glasringen; am linken Zitzenfortsatz ein Bronce-
berloque. Gezeichnet von mir.
Nr. 42. Ein Bronceberloque ein wenig links von der Halswirbelsäule;
am linken Ellenbogengelenk und zwar nach innen von demselben ein Stück
eines Feuerstahls; nach aussen vom rechten grossen Rollhügel eine Bronce-
schnalle.
Nr. 43. Auf dem rechten wie linken Oberschenkelhalse jederseits eine
Bronceschnalle, an denen sich noch grössere Stücke Gewandreste befanden;
über dem letzten Brust- und ersten Lendenwirbel eine eiserne Schnalle;
nach aussen vom linken Unterschenkelknochen dem untern Drittel ent-
sprechend 6 cm von demselben entfernt eine Lanzenspitze; unter dem rechten
Oberschenkelknochen in seinem obern Drittel ein Messer und mehrere
eiserne Gegenstände; unter dem linken Kniegelenke eine in Bronce ge-
fasste Bärenklaue mit Eisenstücken zusammen. Gewandreste an den Ober-
schenkelknochen.
Nr. 45. Broncespiralring von 8^ Umgängen um die Hals Wirbelsäule;
an der rechten Hand ein defecter Fingerring; unter der rechten Darmbein-
schaufel ein Broncering; Haare befinden sich noch am Hinterhaupte; Spuren
einer Holzunterlage konnten sicher festgestellt werden.
Nr, 40. Eine eiserne Schnalle nach innen vom rechten Oberschenkel-
kopfe; Bracteaten hinter der linken Darmbeinschaufel; eine Bronceschnalle
in der Nähe der Schambeinfuge.
Nr. 47. Ein Broncering in Spiralform um die Ilalswirbelsäule; an der
linken Hand ein Broncefingerring; links vom 2. Lendenwirbel eine Bronce-
schnalle.
Nr. 48. Nach innen vom rechten kleinen Rollhügel ein Schleifstein
mit einem Loche versehen; am linken kleinen Rollhügel ein eiserner Ring;
nach aussen vom linken Kniegelenk ein Feuerstahl.
Nr. 50. Ein breites Bronceband um die Halswirbelsäule; in der Mitte
auf dem rechten Schlüsselbeine eine Bronceschnalle,
22*
312 A. Hennig:
Nr. 51. Eine Bronceschnalle über dem linken Schlüsselbeine nach
dem Oberarmgelenke zu; Bronceberloque am rechten Zitzenfortsatz.
Nr. 52. Ein Broncespiralring in mehreren Umgängen um die Hals-
wirbelsäule; am rechten Schlüsselbeine eine Bronceschnalle.
Nr. 54. Ein Broncespiralring mit 8 Umgängen um die Halswirbelsäule;
nach innen vom obern Drittel des linken Oberarmknochens 3 Bracteaten;
auf der linken Seite von der Wirbelsäule zwischen Armknochen und Wirbel-
körper in der Höhe des 9. Brustwirbels ein Bronceberloque; nach innen
von letzterem Zierrath also näher der Wirbelsäule am 10. Brustwirbel eine
Bronceschnalle; unmittelbar unter dem Bronceberloque eine mit Broncebe-
schlag verzierte Lederscheide; an dem linken Mittelfinger 2 Broncefinger-
ringe; Zeugreste und Haare hatten sich am Halsringe erhalten und sind
unter Glas eingeschlossen. Gezeichnet von mir.
Nr. 57. Zwei eiserne Lanzenspitzen gerade unter dem Schädel.
Nr. 62. Auf dem Ellenbogengelenke des linken Armes eine mit Bronce-
beschlag verzierte Lederscheide; auf dem 8. Brustwirbel eine Bronceschnalle
mit wollenen Gewandresten.
Nr. 64. Unter dem Kinn mehrere Bronceschnallen; auf der linken
Brusthälfte 5 cm von der Wirbelsäule entfernt in Höhe des 6. Brustwirbels
ein Bronceberloque; rings um den Schädel eine Anzahl von kleinen Glas-
perlen und eine Broncerosette auf der Stirnglatze. Gezeichnet von mir.
Nr. 65. Eine Schnalle aus Bronce auf dem linken Rabenschnabel-
Fortsatz; um die Halswirbelsäule ein Broncespiralring von 5^ Umgängen.
Nr. 69, Ein Broncespiralring von 8 Umgängen um die Halswirbel-
säule; am linken Zitzenfortsatz ein kleiner Broncering mit einigen Glas-
perlen.
Nr. 72. Nach innen vom rechten Oberschenkelkopfe ein eiserner Ring,
(s. Nr. 9.)
Nr. 73. An jedem kleinen Rollhügel ein eiserner Ring. (s. Nr. 9.)
Nr. 75. Ein Broncering um die Hals Wirbelsäule; ein Feuerstahl und
defecte eiserne Gegenstände auf der linken Brusthälfte.
Nr. 76. Feuerstahl unter dem Kreuzbeine.
Nr. 77. In der Beckenhöhle ein Bracteat; rechts vom ersten Lenden-
wirbel Lederreste mit Amulet aus Bronce. Gezeichnet von mir.
Nr. 80. Zwischen den Unterschenkelknochen ein eisernes Messer;
links vom ersten Lendenwirbel Broncerudimente; in der rechten Augenhöhle
ein Bracteat.
Nr. 81. Nach innen vom rechten wie linken kleinen Rollhügel ein
eiserner Ring (s. Nr. 9) jederseits; an der linken Seite des 3. Lendenwirbels
eine eiserne Schnalle; 7 Knöpfe in der Gegend des 3. Lendenwirbels; in
der linken Augenhöhle ein Bracteat; kleine Glasringe von blauer, grüner
und gelber Farbe um die Halswirbelsäule und unter dem Hinterhaupte;
zwischen dem rechten Ellenbogengelcnke und dem obern Rande der rechten
Das Gräberfeld bei Gerdauen, 313
Darmbeinschaufel eine Anzahl von kleinen Glasringen; 9 Knöpfe um die
Mitte des rechten Oberarmknochens.
Nr. 82. Auf dem linken grossen Rollhügel ein eiserner Ring.
Nr. 84. An jedem Fersenbeine ein Sporn, (s. Demmin, Kriegswafifen.
Sporen p. 365 Nr. 18).
Nr. 85. Am linken Sprungbeine einige nicht näher zu bestimmende
Eisenstücke, wohl herrührend von einem Sporn; nach innen vom linken
kleinen Rollhügel ein eiserner Ring (s. Nr. 9).
Nr. 87. Nicht bestimmbare Eisenstücke in der Beckenhöhle.
Nr. 88. In der rechten Augenhöhle ein Bracteat,
Nr. 89. Eine Schnalle an jedem kleinen Rollhügel; in der Becken-
höhle Lederreste und in derselben mehrere Bracteaten; nach aussen vom
linken Oberschenkelkopfe ein Messer; an derselben Stelle rechts ein eiserner
Nagel; unter dem untersten Drittel des rechten Oberarmknochens eine
Bronceschnalle; in der Gürtelhöhe eine eiserne Schnalle, Eisenstücke und
mehrere Knöpfe. —
Ausser diesen zahlreichen Beigaben, welche an den 50 Skeleten aufge-
deckt worden sind, wurde eine noch grössere Anzahl von kostbaren Schmuck-
gegenstünden, welche sich jedoch im Wesentlichen an die im Protokoll
aufgeführten Objecto anschliessen, frei in der Erde gefunden; wie sie dahin
gekommen sind, habe ich schon oben auseinander gesetzt.
Wir wollen jetzt versuchen aus den Aufzeichnungen im Protokoll die
herrschende Mode in der Bekleidung und dem äussern Ausputz jener alten
Bewohner des Bartener Landes, welche auf der Pracher Liske ihre Ruhe-
stätte gefunden haben, zu reconstruiren. —
Das hier bestattete Volk war mit Gewändern bekleidet, und es dürften
nach den Funden vielleicht einzelne Vornehme sogar unter dem wollenen
Ueberwurfe, noch ein leinenes Hemde getragen haben. Der nothwendigste
Schmuck zu diesem Anzüge ist nun eine Gewaudnadel, welche den Ueber-
wurf entweder auf der Schulterhöhe oder vorue auf der Brust zusammenhält
und in der That ist die Gewandschnalle ein in vielen Exemplaren und in
besonders zwei Typen vertretener Gegenstand des Gerdauer Gräberfeldes; aus
der Lage derselben geht es sicher hervor, dass man das Gewand bald auf der
rechten, bald auf der linken Schulter oder vorne schloss. Diese Brustnadel,
Scheiben- hufeisen- oder ringförmig mit beweglicher Pinne, in allen Fällen
aus Brouce bestehend, schloss ganz zweifellos einen andern Gegenstand
aus. An allen denjenigen Skeleten nämlich, welchen diese Nadel fehlte,
fand sich entweder nach innen von jedem Oberschenkclkopfe resp. dem kleineu
Rollhügel je ein eiserner Ring von circa 5 cm im lichten Durchmesser oder
eine ruude Bronce- oder Eisenschnalle; gauz vereinzelt war nur eine Schnalle ,
vorhanden, oder lagen beide auf derselben Seite eine unter der anderen. Es
ist merkwürdig, dass eine ähnliche Beobachtung in Preussen noch nicht ge-
macht wordeu ist, besonders auffallend ist es mir gewesen, dass auch auf
314 A. Hennig:
dem sonst in vielen Beziehungen so ähnlichen Begräbnissfelde von Stangen-
walde nicht ein einziges Mal unter 24 Skeleten ein gleicher Fall vorge-
kommen ist. In Loebertshof, K. Labiau dagegen habe ich im letzten Jahre
einzelne analoge Fälle gefunden. —
Bevor wir an die Beantwortung der Frage, wozu dieser Gegenstand
benutzt worden, gehen, muss ich bemerken, dass in allen Fällen, in denen
Ringe gefunden wurden, auch anzunehmen ist, dass ursprünglich Ringe und
nicht etwa Schnallen vorhanden gewesen sind; eine absolute Aufzehrung
der eisernen Dorne muss nach dem Aussehen der Ringe von der Hand ge-
wiesen werden. Wozu haben diese an den Oberschenkelköpfen gefundenen
Ringe oder in einzelnen Fällen auch Schnallen gedient? Zunächst muss es
auffallen, dass diese Ausstattung nur an Skeleten zur Beobachtung gekommen
ist, welche nach Becken- und Schädelform wie auch nach den Beigaben
männlichen Individuen angehören, oder von denen es wenigstens nicht absolut
auszuschliessen, dass sie Männern zuzurechnen sind. Eine Schnalle kann
entweder zum Befestigen eines Riemens oder zum Schliessen eines Schlitzes
dienen; zu beiden Zwecken können in Rede stehende Schnallen benutzt
worden sein, da sich sowohl Leder- wie Zeugreste an denselben gefunden
haben. Man kann nun annehmen, dass sie den wollenen Rock unten ge-
schlossen oder eine Hose etwa oben an den Oberschenkeln durch einen
Riemen befestigt haben; für beide Möglichkeiten fehlen uns allerdings die
Beweise, doch ist es ebenso wahrscheinlich, dass sie zur Bekleidung benutzt,
als dass durch sie ein Gürtel, der über die Hüften herumging und vorne
bis zur Schambeinfuge herabreichte zwischen den Oberschenkeln geschlossen
worden ist, an dem verschiedene Gegenstände zwischen den Beinen aufgehängt
waren. Darf man annehmen, dass die Gegenstände in der Gegend, in der
man sie aufdeckt, auch wirklich im Leben getragen worden sind, so ist
jedenfalls eine solche Hypothese auch berechtigt, denn an Skelet Nr. 22
fanden sich zwischen den Oberschenkelknochen zwei eiserne Messer, an
Skelet Nr. 33 ein grosses eisernes Messer ebendaselbst und an Skelet Nr. 35
ein eisernes Messer zwischen den Unterschenkelknochen. —
Einfacher als eine Schnalle ist ein Ring und dieser kann nicht zum
Verschlusse des Gewandes benutzt sein; dagegen ist es sehr leicht möglich,
dass er an dem Gewände durch einige Fäden befestigt, dazu diente, dass
mau zwischen je zwei Ringen ein Band ausspannte, an dem dann die be-
treffenden Gegenstände aufgehängt werden konnten, oder auch au dem
Ringe selbst.
AVeuugleich die Verwendung dieser Schnallen und Ringe also vorläufig
noch nicht vollkommen aufgeklärt ist, so hielt ich es doch für nothwendig
auf sie besonders aufmerksam zu machen, zumal man schon aus Ringen und
Schnallen, welche also an der bezeichneten Stelle liegen mit Bestimmtheit
auf ein männliches Skelet schliessen kann, eine Beobachtung, die mich in
nicht geringem Grade erfreut bat —
Das Gräberfeld hei Gerdauen. 315
Unter den Schmuckgegenständen kommt sehr häufig die in Bronceblech
gefasste Bärenklaue (Schrft. der y-hys. ökon. Gesellsch. Kbg. XIl Jahrg. 1871.
Taf. V (II) Fig 9) vor, welche an Kiemen befestigt auf der Brust getragen
wurde; bisweilen hängen an der Broncefassung dreiseitige, verschieden
grosse, glatte oder mit durchbrochener oder erhabener Arbeit versehene
glatte Klapperbleche aus ßroncc. Neben diesem Zierrath bilden ein nicht
selten vorkommendes Fundobject in Gerdauen Broncebommeln, (Bahr,
Gräber der Liven Taf. III, Grab I Fig. 7, Taf. VIII, Fig. 4; Taf. IX,
Fig. 4 etc.) welche in ihrem Innern ein Steinchen haben, und die man vor-
nehmlich an Broncedraht befestigt als Halsschmuck neben den eigentlichen
Halsringen trug. Sehr häufig sind dieselben neben feinen auf dünnen Bronce-
drähton gezogenen Glasringen zu finden. Dieser kleinen grünen, gelben
und blauen Glasringe bediente man sich zum Ilalsschmucke oder zur Zierde
des Ohrreifens; letzterer wurde wahrscheinlich in den meisten Fällen nur
einseitig sowohl rechts als links getragen, doch scheint es keine Sitte ge-
wesen zu sein sich mit Ohrringen zu schmücken.
Ein dagegen wieder recht häufig vorkommender Schmuckgegenstand ist
der Fingerring, welcher bald federnd, mit übergelegten Endigungen, bald
vollkommen geschlossen ist, in Form eines einfachen Reifens oder nach Art
eines Siegelringes; ein grosser Theil ist von eleganter Filigranarbeit aus
Bronce oder Silber gefertigt. Die Sitte mehrere Ringe an den Händen zu
tragen, ja sich auf einen Finger mehrere Ringe zu ziehen, herrschte schon
damals. —
Derjenige Gegenstand, welcher am meisten interessiren dürfte und der
auch eine gewisse Aufmerksamkeit und eine nähere Betrachtung verdient,
ist der grosse Spiralring, welcher früher Todtenkrone genannt wurde und
von dem Bahr in der Beschreibung der Livengräber sagt: „der Halsring
wird nicht allein in diesen Ostseeprovinzen sehr häufig, sondern auch in
vielen Gegenden Deutschlands und Skandinaviens gefunden, und muss ein
Lieblingsschmuck vieler Völker gewesen sein. Wahrscheinlich diente er
bei den Männern auch zum Schutz, wie viele von den Schmucksachen. In
der Grösse und Dicke sind die gefundenen Ilalsringe nicht gleich, doch
wiederholt sich oft die strickartig gewundene Form."
Die hier in Gerdauen ausgegrabenen Broncehalsringe in Spiralform von
2 bis zu 10 Windungen, deren Gewicht bis zu 2 kg in einzelnen Fällen
ansteigt, sind aus drei 2 — 3 mm dicken Broncedrähten zusammengedreht
und endigen entweder in einer Oese, oder die Enden der 3 au dem kleineren
Durchmesser der Spirale zusammengewundenen Drähte sind von einer Hülse,
die in ein mit Würfelaugen, Strichen oder Punkten verziertes 1 — l.J cm
breites Band ausläuft, bedeckt und nur die Enden der 3 Drähte an dem
o-rösseren Durchmesser sind mit einer einfachen Hülse in Kapselform
umgeben.
Sie sind nach meinen Untersuchungen besonders uh eiu Schmuck des
316 A. Hennig:
weiblichen Geschlechts anzusehen, doch ist es nicht auszuschliessen, dass
sie auch von Männern allerdings viel seltener getragen worden sind, unter
den 17 mit Halsringen geschmückten Skeleten des Gerdauer Gräberfeldes
könnten Skelet Nr. 37, 54 und 75 Männern angehören, denn bei 37 spricht
ein am linken Oberarm liegendes eisernes Messer, bei 54 eine mit Bronce-
blech verzierte Lederscheide, die noch Reste eines Messers enthält und bei
75 ein Feuerstahl für männliche Skelete. Leider waren diese 3 Gerippe so
sehr verrottet, dass der absolute Beweis für ein männliches oder weibliches
Skelet durch die Eigenthümlichkeit des Beckens resp. Schädels nicht ge-
liefert werden konnte. Auf der kurischen Nehrung fanden sich ganz ver-
einzelt diese Halsringe an Skeleten, welche Lanzen und Messer neben sich
hatten. Auffallend bleibt es dagegen immer, dass die durch ihre Becken-
form ausgesprochen männlichen Skelete diesen Ring durchweg entbehren.
Mit dieser Thatsache ist eigentlich auch die Frage entschieden, wozu dieser
colossale Ring benutzt wurde? War er ein Schmuck oder diente er zum
Schutz oder wie Bahr annimmt gleichzeitig zum Schutz und Schmuck?
Abgesehen davon, dass ich stets gegen die Ansicht, dass dieser Halsring
wenigstens im 13. und 14. Jahrhundert als ein Schutz des Halses gedient
haben soll, weil er eben gar keinen Schutz vor horizontal geführten Messer-
und Schwerthieben sowie vor Lanzenspitzen bietet, was sollten die Weiber
mit einem Halsschutz, sie ziehen ja nicht in den Kampf, um Haus und Heerd
zu schützen? Damit dass dieser Gegenstand vorzüglich von den Weibern
getragen worden ist, wird ihm auch gleichzeitig seine Bestimmung als
Schmuck, als Halszierde zuertheilt. [In Betreff der Bedeutung dieses
Ringes in der heidnischen Zeit behalte ich mir mein Urtheil noch vor.] Hat
er aber beim Weibe als Schmuck gedient, so gilt dieses ebenso beim Manne,
zumal er an männlichen Skeleten so äusserst selten vorkommt.
Wir wagen uns auch an die Frage: Wann trug man diesen Schmuck?
War derselbe etwa wie der fälschlich beigelegte Name Todtenkrone besagt
ein Schmuck, den man nur den Todten und zwar den weiblichen Leichen
anlegte? Diese Hypothese muss von vornherein zurückgewiesen werden,
weil in diesem Falle jeder Ring gut erhalten sein müsste, was verhältniss-
raässig selten vorkommt, und wogegen ganz besonders die Schlififlächen an
den Ringen einmal innen, wo der Nacken scheuert, und zweitens die Schliff-
flächen zwischen den einzelnen Windungen sprechen, welche nur durch
längeren, vieljährigen Gebrauch entstanden sein können. Aus dem mehr
oder minder starkem Abschliff an den eben bezeichneten Stellen kann man
auf die Dauer des Gebrauches schliessen; ein nur kurze Zeit benutzter
Ring wird geringere Schliffflächen zeigen als ein viele Jahre hindurch ge-
tragener. Trug man den Ring nur bei besonderen Festlichkeiten oder war
derselbe ein täglicher Ausputz? Wenngleich dieses gerade nicht positiv
bewiesen werden kann, so müssen wir aus verschiedenen Gründen annehmen,
dass er nicht nur nicht täglich getragen worden, sondern dass dieser Ring
Das Gräberfeld bei Gerdauen. 317
einmal angelegt, ohne besonderen Grund wie etwa schwere Erkrankungen
am Halse nie wieder von dem betreffenden Individuum abgelegt wurde.
Hierfür spricht in erster ijinie die practische Erfahrung, dass, wenn man
eine noch so stark federnde Spirale täglich biegt, wie es ja beim Auf- und
Abziehen gar nicht zu vermeiden wäre, sehr bald ihre Festigkeit verliert,
ihre Federkraft schwindet und leicht bricht; ein so kostbares Stück, wie
es doch ein solcher Ring ganz entschieden gewesen ist, musste auf jede
mögliche Weise geschont werden und schon aus einfach ökonomischen und
für den Ring practischen Gründen hat man denselben, einmal angelegt, ohne
besondere Gründe gewiss nie wieder abgenommen. Hierfür liefern auch
gerade die in ihrer Spiralform am besten erhalteneu Ringe den Bewein, denn
aus ihren Schliffflächen kann man schliessen, dass sie lange Zeit hindurch
getragen worden sind, während ihre Spiralform so gut wie bei einer neuen
Feder erhalten ist; wäre der Ring nun jeden Abend von dem betreffenden
Individuum abgelegt und nächsten Morgen wieder aufgezogen, so hätte sich
nie und nimmer diese gleichmässige Spiralform erhalten können. Waren diese
Ringe Jahre hindurch getragen, so ist es schon leicht denkbar, dass sie hier
und da Brüche bekamen, welche eine Verkleinerung der Spirale zur Folge
hatten, und so ist es zu erklären, dass in einzelnen Fällen Ringe mit 2 —
3 Umgängen an den Skeleten gefunden wurden, welche auf beiden Seiten
die deutlichen Zeichen eines Bruches trugen. —
Nachdem wir unsere Meinung dahin abgegeben, dass diese Ringe einmal
angelegt nie wieder abgenommen worden sind, so scheint sich von selbst
die Frage aufzudrängen, wann d. h. in welchem Alter den Weibern dieser
Schmuck angelegt wurde, ob bei ihrer Heirath, oder nach der ersten Entbin-
dung oder bei sonst einer wichtigen Gelegenheit? Hierüber dürfte uns wohl
Skelet 15 belehren. Wenngleich dasselbe leider nicht erhalten ist, so findet
sich im Protokoll die Bezeichnung Kinderskelet, ungefähres Längenmaass
1,15 m. Dasselbe war mit einem aus 3 Broncedrähten gewundenen Hals-
ringe geschmückt, welcher allerdings nicht in derselben Weise gefertigt ist
wie die grossen in Rede stehenden Spiralringe; doch dürfte dieses Factum,
dass schon Kinder ähnhchen Schmuck getragen haben, so bedeutend in die
Wagschale fallen, dass ich mich nicht zu scheuen brauche die Vermuihuug
auszusprechen, dass verhältuissmässig früh schon deu Kindern von wohl-
habenden, ja wahrscheinlich nur reichen Eltern dieser Schmuck zur Zierde
und zum Ausputz angelegt worden ist. Ein neuer Ring konnte mit geringem
Kraftaufwande so weit gebogen werden, dass er leicht über deu Schädel
herüberging und nur wenig oder gar nichts von seiner Form verlor. Gar
zu bequem mag nun allerdings ein solcher Schmuck gerade nicht gewesen
sein und ganz besonders nicht in der ersten Zeit, und daher hat man auch
den Druck des Ringes auf verschiedene Weise zu mildern gesucht, wie
ich wenigstens aus meinen Fundresultaten mich für berechtigt halte anzu-
nehmen. Zuerst umwickelte man jeden Umgang des Riuges mit feinem
318 A. Hennig:
Leinengewebe; diese Vorkehrung wird man besonders aus dem Grunde gethan
haben, um die zarte Halshaut vor dem Scheuern der harten Metallreifen zu
schützen und vielleicht erst in zweiter Linie zur bessern Erhaltung des
Ringes selbst. Dass man aber die einzelnen Umgänge mit diesem Stoffe
überzog, ja gewissermassen damit polsterte, kann aufs deutlichste an 9
Ringen erkannt werden, au denen noch an verschiedenen Seiten und Win-
dungen kleinere und grössere Stücke Leinengewebes haften, und ganz be-
sonders sprechen die auf den äussern Flächen der Spiralen haftenden Stücke
dafür, dass es wohl nicht Theile eines leinenen Unterhemdes sein können.
Aber auch diese Einwickelung in Leinen scheint nicht zur Genüge vor
Druck geschützt zu haben, und man hat die obersten Windungen dann
ferner noch mit Leder gepolstert oder ein Stück Leder um den Hals auf
blossem Körper getragen, wodurch der Gebrauch eines solchen Ringes nun
wenigstens ermöglicht und nicht gerade mehr eine Tortur war. Es ist ja
selbstverständlich, dass nach längerem Tragen der leinene Ueberzug abge-
nutzt worden ist; ob man dann abermals den Ring mit Leinenzeug umwickelte,
muss dahingestellt bleiben , doch neige ich zur gegentheiligen Behauptung,
da ich mir nicht vorstellen kann, dass man einen so kostbaren Schmuck,
der wie Ducatengold glänzte, stets den Blicken der Mitmenschen entzogen
haben sollte.
Endlich möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass man diese
Ringe auch nach dem Tode des betreffenden Individuums mit Leinenzeug
umwickelt haben kann, und würde ich in diesem Falle die ganze Manipula-
tion als ein Zeichen der Trauer ansehen.
Im Anschlüsse hieran bemerke ich noch, dass man bisweilen zwei Hals-
riuge trug und zwar ausser diesem Spiralringe noch einen breiten diadem-
ähnlichen aus Bronceblech gefertigt. Von letzterer Art sind vier gefunden,
von denen zwei die deutlichsten Zeichen einer allerdings nicht sehr eleganten
Reparatur aufweisen, und zwar der eine eine einmalige, der andere eine
dreimalige, was wohl zur Genüge den Werth eines solchen Stückes kenn-
zeichnet, denn sonst würde mau sich die Mühe einer so häufigen Reparatur
sicherlich nicht gemacht haben. Auch sie sind wahrscheinlich mit Leinen-
zeug umwickelt gewesen, wie es an dem einen Exemplar aus den zahlreichen
angeklebten Leinenstückchen besonders auf der äusseren Seite zu erkennen
ist, während an der Innenfläche des anderen Ringes ein grösseres Stück
Leder aufgedeckt wurde, wodurch obige Behauptung eine neue Stütze und
grössere Wahrscheinlichkeit gewinnt.
Gehen wir von diesen Schmucksachen zu der Ausrüstung des Mannes über.
Die Ordensburg Gerdauen ') war wohl schon angelegt, als dieser Kirchhof
entstand, und so kann es uns keinen Augenblick wundern, wenn die Aus-
1) Die Burej Gerdanen wurde 1325 vom Komthur zu Königsberg, Heinrich vou Isenburg
erbaut an Stelle einer von dem edlen Preussen Girdave bewohnten 1263 zerstörten Burg
(Voigt, Geschichte Preussens III p. 237; IV p. 402.)
Das Gräberfeld bei Gerdauen, 319
rüstungsgegenstände zum Kriege den männlichen Skeleten fehlen, denn der
Orden hatte die Waffenvorräthe in den Burgen und stellte mit ihnen die
Ausrüstung zum Kriege her, abgesehen von den Bürgern in den Städten
und dem Landadel. Die Bewohner der Liske Gerdauen haben, wie es die
Grabfunde darthun, nur Waffen zur Jagd gehabt, ähnlich wie es ein Theil
der Gräberfunde an der obern Donau in der Sigmaringischen Sammlung
nach Lindenschmits Werk zur Zeit der Macht des römischen Reichs in
den Grenzprovinzen erweist, indem daselbst auch nur Jagdwaffen und keine
Schwerter gefunden sind. —
Ein eisernes Messer mit Holzgriff lag meistens zur linken Seite der
Brust oder des Beckens, bisweilen allerdings auch rechts. Grössere, hirsch-
fängerartige Messer, welche zwischen den kleinen Messern und den Schwertern
stehen, sind im Ganzen 6 ausgegraben, und hatten zwei ihre Lage zwischen den
ünterscheukslknocheu, die anderen zwischen den Überschenkelknochen. Der
Feuerstahl (Bahr, Gräber der Liven Taf. XV, Fig. 11) in allen Exemplaren
von gleicher Form wurde auf der Brust, unter dem Gesäss, auf der äusseren
Seite des linken Kniegelenks und auf der äusseren Seite des linken Ober-
armes gefunden und scheint somit an keiner besonderen Körperstelle ge-
tragen zu sein. In wenigen Fällen wurden dann noch Sporen [s. Demmin,
Kriegswaffen; Sporen S- 365, Nr. 18) an den Fersen aufgedeckt, wodurch
der Reiter sicher char;ikterisirt ist. An 2 Skeleten lagen je 2 Lanzenspitzen
unter oder neben dem Schädel; die Lanzen des einen waren an ihren Spitzen
stark verbogen, vielleicht, dass, wie in früheren Zeitaltern durch Verbiegung
der Waffen gezeigt werden sollte, Niemand habe sie mehr zu gebrauchen.
Sehr häufig befanden sich auf der linken Brusthälfte Lederreste mit band-
artigem Broncebeschlag, welche, wie ich aus einigen sehr gut erhaltenen
Exemplaren habe ersehen können, Dolchscheiden sind; in einzelnen Fällen
steckt noch ein Theil des allerdiogs sehr stark vom Roste verzehrten Messers
darin. Endlich kommen noch zwei Beile (Bahr, Gräber der Liven Taf. XIX,
Fig. 7) hinzu, und hiermit schliesst die Serie der Waffenstücke ab. —
Es fehlen also vollständig auf dem Gerdauer Gräberfelde Schwerter;
diese kommen auch in Stangen walde nicht vor; Beile dagegen hat man da-
selbst in vielen Exemplaren gefuuden.
Von einzelnen Objekten wäre noch der häutiger wiederkehrenden Leder-
gürtel Erwähnung zu thun, welche aus Lederplatteu bestehen, die mit
Broiicenieten aneinander befestigt und zum Theil auch noch mit Broncedraht
aneinander genäht sind; an diesen Gürteln hingen bisweilen zierliche Bronce-
bommelchen, wie z. B. an jenem oben erwähnten Kinderskelet. Ein kleiner
durchbohrter Sciileifstein von rhomboider Form fand sich nach innen vom
rechten Oberschenkelkopfe eines mit eisernen Ringen und Feuerstahl ge-
schmückten Skelets. —
Unter den Münzen sind bis auf einige wenige alles Bracteaten der
verschiedensten Hochmeister, der Zeit von 1352 — 1413 angehürig (s. Voss-
320 A- Heunig:
berg Taf. II. Fig. 2, 4 und ein Bracteat sehr ähnlich diesen letzteren, doch
nicht genau ebenso), üeber ihre Lage kann nichts Bestimmtes gesagt
werden, bald lagen einige im Becken, bald auf der Brust, au den Armen und
in den Augenhöhlen; in einem Falle lag in jeder Augenhöhle ein Bracteat,
in andern immer nur ein Bracteat in einer von beiden Augenhöhlen, seine
Münze gehört der Zeit Konrad Zolin er's von Rothenstein an und ist ein
Halbschoter (s. Vossberg, IV 106, IV 120, 121), zwei andere sind
Vierchon von demselben Hochmeister.
Nachdem wir nun die Objekte des Gerdauer Gräberfeldes flüchtig
durchmustert und im Grossen und Ganzen Alles erwähnt haben, was dort
ausgegraben, hebe ich hervor, dass bis jetzt kein Stück Bernstein im Leichen-
felde gefunden ist. —
Ueber die Zeit, in welcher (Jer in Rede stehende Kirchhof bei Gerdauen
angelegt, resp. benutzt worden, ist schon im ganzen Fundberichte Ver-
schiedenes gesagt; sicher ist, dass derselbe in der Ordenszeit und zwar
nach den Münzen zu urtheilen unter Konrad Zöllner von Rothenstein
(1382 — 90) benutzt worden ist. Ob auf der Bracher Liske schon vor An-
kunft der Ordensritter ein Begrübnissplatz bestand, ist fraglich, doch möchte
ich es für wahrscheinlich halten, und vielleicht finden wir auch noch bei
späteren Ausgrabungen Objekte, die wir mit Bestimmtheit einer früheren
Periode zurechnen müssen; wenigstens könnten die Gegenstände, welche
beim Chausseebaue gefunden worden sind, schon immerhin nach der Be-
schreibung zu urtheilen einer sehr viel früheren Zeit angehört haben. Es
ist aber auch nicht unmöglich, dass einer der anderen Hügel die acht heid-
nischen Grabalterthumer birgt, und sollten aus dem Grunde schon jedenfalls
im nächsten Jahre Untersuchungsgräbeu daselbst gezogen werden, um diese
Frage sicher zu beantworten.
Es ist zum ersten Male, dass wir einen so umfangreichen Kirchhof,
welcher in die erste christliche Zeit in unserer Provinz zu setzen ist, ge-
funden haben. Zwar gehört der Begräbnissplatz bei Stangenwalde auf der
kurischen Nehrung auch dieser Periode an, wie es durch die Bracteaten und
den ganzen Habitus der AnUige bestätigt wird, doch ist dieser Kirchhof
zum Theil wenigstens nicht mit der nöthigen Sorgfalt systematisch unter-
sucht und kann allerdings auch sehr schwer systematisch untersucht werden.
Die einzelnen Fundobjekte können wohl mit Ausnahme einer gerieften blauen
Glasperle, wie wir sie aus dem Warenger Schatz her können, und die nur
durch einen unglücklichen Zufall in jenen Fund hineingekommen sein kann,
als Parallelstücke gelten. Wir finden denn auch von Stangenwalde ge-
nau dieselben Gewandnadeln in denselbea Grössen und Mustern wieder,
die in Bronce gefasste Bärenklaue, die dreiseitigen Bronceklapperbleche,
die Broncebommeln, einige wenige Broncespiralhalsringe, einzelne einfache
wie Filigranringe, kleine blaue, grüne und gelbe Glasperlen und endlich
Bracteaten wie sie in Gerdauen an's Tageslicht gekommen sind. Obgleich
Das Gräberfeld bei GenJaaen. 32]
das Gräberfeld auf der kurischen Nehrung sehr viel kleiner ist als unseres,
so hat man doch schon bis jetzt 17 eiserne Lanzenspitzen zwischen 15 und
43 cm Länge gefunden, von denen 3 eine ganz gleiche Umbiegung der
Spitzen zeigen, wie wir sie aus Gerdauen bei einzelnen kennen gelernt
haben. Gradbeile, sehr grosse eiserne Sargnägel, Armringe überhaupt und
besonders die eigenthüraliche Form der Spiralringe; die mit kleinen Bronce-
spiralen durchwebten Wollengewebe, Wagschalen, Trinkhörner und ein aus
Eisen bestehender Gürtelbesatz, welcher sehr schön mit Silber tauschiert
ist, fehlen bei uns vollständig. Desshalb nun ist es ganz interessant zwei
Gräberfelder, welche derselben Zeit angehören aber räumlich sehr weit ge-
trennt sind, mit einander vergleichen zu können.
Das Allgemeine, der Grundtypus der Anlagen ist beiden Kirchhöfen
gemeinsam, doch lassen sich zahlreiche kleine Unterschiede auffinden, welche
durch den Einfluss der Nachbarvölker, durch die Lage des Ortes selbst,
und endlich durch die Handelsverbindungen bedingt sind". Auf diese Weise
ergänzt dann in einem solchem Falle ein Begräbnissplatz den andern, und
man bekommt durch die Betrachtung beider ein sehr viel klareres und
umfangreicheres Bild von jener Zeit.
Ausser auf den Unterschied, welcher sich zwischen den Objekten aus
Gerdauen und Stangenwalde hat auffinden lassen, möchte ich noch besonders
auf einzelne Verschiedenheiten bei der Bestattung selbst aufmerksam machen.
In Stangenwalde sollen die Skelete erstens durchaus keine bestimmte
Richtung eingehalten haben, wogegen wir doch in Gerdauen den grössten
Theil in der Richtung mit dem Kopf im W. und den Füssen im 0. vorfanden;
dann ferner lagen sämmtliche Skelete in Holzsärgen, während wir in Ger-
dauen nur in 4 Fällen hölzerne Unterlagen constatiren konnten, von wirk-
lichen Särgen war nirgends die Rede, und endlich hatte man in Gerdauen
die Leichen nicht mit Holzkohle beschüttet, wie es in der Hälfte der Fälle
in Stangenwalde geschehen war. Dagegen habe ich eine gleiche Beobach-
tung in Betreö der Särge und der Beschüttung der Leichen mit Holzkohle
auf dem grossen Loebertshofer Leichenfelde gemacht. —
Dr. Paul Schiefferdecker, der erste, welcher die kurische Nehrung
in archäologischer Beziehung genauer untersucht hat, sagt an einer Stelle
in dem Aufsatze „der Begräbnissplatz bei Stangenwalde" Schriften der
phys. Ökonom. Gesellsch. Kbg. Jahrg. XH p. 54: „Ich glaube, dass der
Schluss gerechtfertigt sein dürfte, dass dasselbe Volk, w(jlchcs die Grab-
stätten bei Ascheraden und Segewolde anlegte, auch die Gräber bei Stangen-
walde uns hinterlassen hat." Ob es die alten Liven waren, also ein finischer
oder ein lettischer Stamm, hält er allerdings für nicht entschieden. Ich
habe nun vorhin mehrfach auf das Gleiche zwischen Stangenwalde und
Gerdauen hingewiesen und so müsste denn nach jener citirten Stelle eine
sehr nahe Beziehung zwischen Gerdauen und den von Bahr geschilderten
Livengräbern bestehen, ja nach Schiefferdecker müsste dann wolil auch
322 A. Hennig:
jenes Volk, welches die Bef^räbnissstätten bei Ascheraden und Segewolde
anlegte, den Kiichhof in Gerdauen angelegt haben. Wollten wir so schliessen,
so hätten wir einen falschen Schluss gemacht, denn nichts wäre irriger, als
das Volk, welches am Dünastrom und im Aathale bestattet liegt, mit dem-
jenigen zu identificiren, welches vor 500 Jahren auf der Pracher Liske zur
Ruhe gebracht worden ist. Es wird sich nun darum handeln, zu unter-
suchen, in welcher der Prämissen etwas Falsches behauptet worden ist.
Das Factum, dass zwischen Stangenwalde und Gerdauen innige Relationen
bestehen, steht fest, und so kann der Fehler nur in der Schiefferdecker-
schen Behauptung zu suchen sein, und hier liegt er auch in der That.
Schiefferdecker verweist, wie er sagt, an vielen Stellen seines Aufsatzes
auf Abbildungen in dem Bahr sehen Werke, doch wenn wir uns näher da-
nach umsehen, so sind es nur 16 Fälle und zwar von diesen 6 Fingerringe,
darunter der eine 4 Mal und ein zweiter 2 Mal angeführt, 5 Schnallen dar-
unter eine doppelt erwähnt, ein grosser Spiralhalsring, 2 Gürtelbeschläge
und ein Stück eines Wagebalkens. Schiefferdecker giebt selbst überall
an, dass diese Gegenstände auch nur ähnlich und nicht ganz gleich mit den
von Bahr abgebildeten sind. Zu diesen Gegenständen, die allerdings einige
Aehnlichkeit mit den livischen Alterthümern zeigen, füge ich dann noch,
nach genauer Durchsicht des Stangenwalder Fundes Gewandreste mit ein-
gewebten kleinen Broncespiralen, die Broncewagschalen und einige Eisen-
beile hinzu. \ ergleichen wir nun aber aufmerksam den Inhalt der I-iven-
gräber mit dem des Stangenwalder Gräberfeldes, so werden wir gerade
finden, dass der grösste Theil der für die Livengräber und für die Liven-
cultur charakteristischen Gegenstände in Stangenwalde fehlt. Schieffer-
decker sagt selbst im oben citirten Aufsatze S. 53: „Es ist nicht zu
läugnen, dass manche Gattungen von Gegenständen, die Bahr in den Liven-
gräbern fand, vollständig fehlen, es sind nicht die grossen Brustgehänge
vorhanden, nicht die Leibringe, die Fussringe, die Bogenspanner, die Fibeln,
Schulternadeln, Kopfringe, es fehlen die symbolischen Ringe und die Hau-
flegel und ein grosser Theil der Amulette. Aber Schiefferdecker hat
nicht genau zugesehen, denn nicht nur diese Objekte fehlen, sondern auch
die Schwerter, Dolche, die charakteristischen Messer, Trensen, Steigbügel,
Gurtschnallen, Scheeren, Perlen, Ohrringe, Kettenbündel, der grösste Theil
der Schnallen, Ketten und Halsgehänge suchen wir auf der Nehrung ver-
gebens. Wie konnte denn nun Schiefferdeck er behaupten, dass dasselbe
Volk, welches in Ascheraden und Segewolde bestattet ist, auch Mitglieder
ihres Volksstammes auf der Nehrung beerdigt hat.
Es ist Schiefferdecker genau so ergangen, wie es vielen Archäologen
unserer Provinz in Betreff einer andern Frage ergangen ist; denn bis zur
Stunde behaupten Einige, dass der grösste Theil unserer in den verschieden-
sten Gräbern gefundenen Schmucksachen und Geräthe und ein bedeutender
Theil unserer Waffen aus der Zeit des etrurisch-römischen Imports herstammt,
Das Gräberfeld bei Gerdauen. 323
und doch ist diese Behauptung absolut falsch. Ganz gewiss sind einige
Objekte, welche in unserer Provinz gefunden sind, römisch, doch ist dies ein
80 verschwindend kleiner Theil, dass es uns auffallen muss, wie man zu
dieser Behauptung denn überhaupt gekommen ist, zumal doch ein so reich-
liches Material in unsern Sammlungen dem beobachtenden Auge zu Gebote
steht. Vergleiche man doch unsere Grabalterthümer mit jenen von Linden-
schmit veröffentlichen römischen Alterthümern, so wird man ja auf den
ersten Blick die grosse Verschiedenheit in beiden Fällen gewärtig. Warum
verschliesst man sich denn so gewissenhaft gegen eine eigene, eigentümliche
nordische Kultur und macht Alles ohne nähere Prüfung römisch? Spricht
sich in dieser Beziehung nicht eine bedeutende Geringschätzung vor unseren
Altvorderen und eine mangelhafte Beobachtungsgabe aus?
Wenngleich nun auch noch nicht die craniologischen Untersuchungen
herangezogen werden können, um die Schiefferdecker'sche Behauptung
zu widerlegen, so sind aus den Fundresultaten sicher folgende Schlüsse zu
ziehen.
Auf dem Gräberfelde in Gerdauen sind sehr viele Gegenstände ge-
funden, welche in Form und Grösse genau mit Objekten von dem Stangen-
walder Begräbnissfelde übereinstimmen. Abweichungen zwischen Stangen-
walde und Gerdauen kommen vor und sind schon vorher zur Genüge hervor-
gehoben, trotzdem gehören beide Kirchhöfe derselben Zeit an und sind auch
von demselben Volke angelegt worden. Stangenwalde und die von Bahr
beschriebenen Livengräber haben dagegen äusserst wenig Gemeinsames an
sich, und sicherlich legten nicht Vertreter desselben Volksstammes die Be-
gräbnissstätte auf der kurischen Nehrung wie an dem Dünastrome und im
Aathale an. Hieraus folgt auch, dass der Todtenacker am Fusse des Schlosses
von Gerdauen die Ueberreste eines anderen Volksstammes deckt als jene
beiden Gräberfelder in Livland. —
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lieber die Kanarischen Zalilworte.
Von
Dr. Richard Pietsclimann.
Das Studium der auf ozeanischen Inseln ansässigen Menschenrassen
hat für die Ethnologie eine ähnliche Bedeutung wie das ihrer Fauna und
Flora für die Zoologie und Botanik. Neben der durch Isolirung gewonnenen
typischen Entwicklung interessirt uns an diesen Rassen die Untersuchung
ihrer Herkunft, ihrer Beziehungen zu den benachbarten Festlanden. Meist
sind die Nachrichten, welche wir über solche ethnologische Findlinge be-
sitzen, zugleich die über ihren politischen und physischen Untergang. Für
die Frage nach der Abstammung sind sie von besonderm Werthe, wenn sie
Auskunft über die Sprache geben, denn bei dem abgeschlossenen Leben
dieser Inseln hat dieselbe mehr für die physische Verwandtschaft zu zeugen,
als das bei kontinentalen Völkern der Fall ist.
Die Zahlworte der Insulaner von Gran Canaria, welche ich hier zu
besprechen vorhabe, gehören den ältesten Nachrichten an, welche wir über
die Bewohner des Kanarischen Archipels besitzen. Die Fahrt der soge-
nannten Mayvr'm nach dieser Inselgruppe hat mehr Interesse für die Sagen-
forschung als für die Geschichte. Ob die historisch beglaubigte, ') von
Tedisio d'Oria und den Brüdern Vivaldi ausgerüstete, Expedition sie
berührte, ist unbekannt. Die erste, auch ethnologisch ausführlichere, Mit-
theilung datirt vom Jahre 1341, in welchem unter Befehl des Florentiners
Angiolino del Tegghia de Corbizzi zwei Schifl'e nach den ^neulich
entdeckten Eilanden" von Lissabon aus einen Raubzug unternahmen. Man
landete auch auf Gran Canaria, stahl was man bekommen konnte, darunter
4 Eingeborne. Niccoloso da Recco, der als Pilot an der Reise betheiligt
war, wurde über seine Erlebnisse von florentiner Kaufleuten in Sevilla aus-
gefragt. Sie berichteten an ihre heimathlichen Geschäftsfreunde darüber, und
ein unbekannter Gelehrter,-) der ihre Briefe einsehen konnte, hielt diese
Begebenheit glücklicherweise für wichtig genug, sie in einem Sammelbaude,
den jetzt die Mafjliabccchiana in Florenz besitzt, der Nachwelt zu überliefern.
Es lag wohl mehr an dem merkantilischen als an dem linguistischen Interesse
Zeitschritt für Ethoologie. Jahrg. 1879. 27
378 ß- Pietschmann:
seiner Gewährsmänner, dass auf diese Weise uns 16 Zahlworte der Sprache,
welche jene 4 Insulaner „mit solcher Gewandtheit redeten, als ob es italienisch
wäre", ^) erhalten wurden. Obwohl eine solche Ueberlieferung aus dritter
Hand schwerlich geniui sein kann, so hat sie iiuinerhin den Vorzug uns
Proben einer noch intakten Sprache und, was wir von den spätem Autoren
nicht immer erhalten, sicher nur aus dem Dialekte einer der Inseln zu
geben. Wir können darum uns auch nicht wundern, dass sie von einem
zweiten Verzeichnisse von 21 Zahlworten angeblich derselben Insel, welche
Berthelot in seiner gediegenen Untersuchung über die Ethnographie der
Kanaren aus der 1632 geschriebenen Chronik Abreu Galindo's veröffent-
lichte,'*) mehrfach abweichen.
Ich gebe hier zunächst eine Zusammenstellung dieser beiden Listen,
in der ich die Worte der älteren C, die der jüngeren G bezeichne:
1 = nait C, been G. 14 = acodat niarava C.
2 = smetti G, lini G. 15 = simusat marava C.
3 = amelotti C, amiat G. 16 = sesatti. marava C.
4 = acodetti C, arba G. 20 = linago G.
5 — simusetti C, cansa G. 21 = beni linago G.
6 = sesetti C, sumons G. 22 - lini -linago G.
7 = satti C, sat G. 30 = aoiiago G.
8 -= tamatti G, sei G. 31 = beni-amiago G.
9 == aldamorana C, acot G. 32 = lini-amiago G.
10 - marava G, marago G. 40 = arbiago G.
11 = nait -marava C, beni- marago G. 50 = cansago G.
12 = smatta marava G, lini -marago G. 100 - beemaragoin G.
13 = amierat marava 0. 200 = limaragoin G.
Wie schon Berthelot richtig erkannte, fällt zunächst in die Augen,
dass in einer der beiden Listen ein Fehler sich befinden muss. Die Worte
für 4 und 5 in C entsprechen deutlich 9 und 6 bei G. Dafür hat G unter
4 und 5 zwei Worte, die deutlich aus dem arabischen stammen, was sich
von den entsprechenden bei C nicht sagen lässt. Arba ist ^ arbaa und
cansa = y/wisa. Da diese Zahlen für 40 und 50 bei G in der Form
arbiago und cansago wiederkehren, kann diese Einschiebung keine
willkürliche sein; G muss einen mit arabisch gemischten Dialekt geben.
Da aber ferner acot die richtige Form für 4 und sumous'') in der That
das Wort für 5 ist, wie wir später sehen werden, so leuchtet ein, weil
nimmermehr das Wort für 4 das für 9 und das Wort für 5 ebensowenig
das für G in irgend einer Sprache einem Fremdworte zu Gefallen werden
kann, dass diese Worte einem andern, entweder dem in C überliefertem
oder diesem verwandten Dialekte angehören müssen. Neben dem höhern
Alter sprechen also au(;h innere Gründe dafür, dass wir C der Liste G vor-
zuziehen haben.
Dass wir in simusetti und acodetti die ursprünglicheren Worte haben,
ergiebt sich aus der Vergleichung der Zahlworto des grossen nordafrikanischen
Sprachstammes, den man gewöhnlich als den berberischen bezeichnet,
Uebei die Kanarischen Zablworte. 379
mit den kanarischen Formen. Die Analogie unserer beiden Listen mit vielen
Herber -Worten hat schon Berthelot an einzelnen Beispielen erläutert.
Wollen wir dies hier weiter ausführen, so haben wir zunächst zu beachten,
dass weder unsere Kenntnisse der von den Berbervölkern gesprochenen
Mundarten erschöpfend genügt), noch das sprachgeschichtliche Stadium, in
dem sie sich befinden, dazu angethan ist, durch Vergleichung der einzelnen
Dialekte die ursprünglichen Wortformen zu erschliessen. Ob die Kasse,
welche sie redet, ihrer physischen Abstammung nach eine einheitliche ist,
kann noch als eine offene Frage gelten. Zwar macht ihre Sprache einen
homogeneren Eindruck, entspricht aber in ihrer Zersplitterung in dem Masse
der politischen, dass in ihr einzelne Mundarten, wie Duveyrier bemerkt
hat, einander nicht näher stehen als die verschiedenen Zweige der romanischen
Sprachen. Zwei grosse Gruppen lassen sich bis jetzt in diesen Dialekten
sondern. Die eine breitet sich, mannigfach verzweigt und stärker als die
andere mit arabischen Lehnworten gemischt, an den Gestaden des Mittel-
meers und atlantischen Ozeans aus, reicht bis in die südlichen Abhänge
der algerischen und marokanischen Gebirgszüge und zieht sich südlich bis
zum Senegal hin. Ihr gehört an, was man als Kabylisch, Schaüi, Schilha. ')
Berebber und Zenaga zu bezeichnen gewohnt ist. Die andere umfasst die
nomadischen Stämme der grossen Wüste; ihre Vertreter sind das durch
Barth bekannte Idiom der Auelimmiden und das von Hanoteau erforschte
Tamaseq. Innerhalb beider Gruppen und wieder in jedem Dialekte für sich
herrscht der grösste Formenreichthum. Ein und dieselbe Mundart weist
eine Mischung von augenscheinlich alten mit degenerirten Lauten auf, so
dass abgesehen von dem Masse, in dem sie sich des arabischen Sprachguts
erwehrt hat, keine Anspruch darauf machen kann, einer etwa zu suppo-
nirenden gemeinsamen Sprache am nächsten zu stehen. Lexikalisch macht
sich diese Ueberfülle besonders in der Bildung der Pronomina aber auch
in der der Zahhvorte merklich, soweit uns diese bekannt sind, denn bei
den meisten Mundarten des Nordens und Westens wurden diese von den
arabischen verdrängt. Während so einerseits die Unbestimmtheit der ber-
berischen Zahlworte und ihr theilweiser Untergang die Vergleichung er-
schweren, finden wir berberische Zahlworte, bei denen man zweifeln darf,
welchem Sprachstamme, ob dem arabischen oder dem berberischen, sie
angehören. Dem ersteren nähern sie sich nicht weit genug, um sicher als Lehn-
worte gelten zu können, und es ist nicht zu läugnen, dass ebenso wie das
aegyptische auch das berberische trotz seiner grossen lexikalischen und
grammatischen Verschiedenheit von den semitischen Sprachen manche
Analogien mit diesen in einzelnen elementaren Bestraidtheilen, z. ß. in der
Pronominalbildung besitzt. Andererseits entstellt '.las berberische vermöge
seiner regen Gestaltungskraft fremde Worte so, da.'js sie oft schwer kenntlich
bleiben und dialektisch mehrfach äusserlich sich von ächten nicht unter-
scheiden. ^) Nur das Vorhandensein zweifellos berberischer Worte neben
27*
380 ^' Pietschmann:
solchen amalgamirten Bezeichnungen kann in einigen Fällen noch das erborgte
verrathen. Bei einigen der Zahlworte fehlt aber auch diese Kontrole.
Aus unsern Listen sehen wir, dass das Kanarische, wie das berberische,
nach dem Dezimalsystem zählte; ferner stehen in beiden Verzeichnissen die
Einer vor den Zehnern. Im Berberischen herrscht darin kein durchgehender
Gebrauch. Gerade aber die den Kanaren näher liegende der beiden von
mir unterschiedenen Sprachgruppen braucht dasselbe Verfahren, während das
Tamaseq die Einer durch /t/, „und", verbunden den Zehnern nachstellt. Host
giebt als marokauisches „Brebisch": 11 ien-te-merau, 12 sln-te-merau, 13
karäd-te-merau^ 14 kü.:-te-merau^ 15 semüz-te-nierau, 16 sadis-te-mermc und
erst von 21 ab die umgekehrte Folge: aserln-te-ieti etc. Im Zenaga haben
wir: 11 ütn-id-mereg und mn-id-mereg, 12 sinan-id-mereg, 13 karai}-id-mereg
und kara'^-id-mcreg ^ 14 ahuz-id-mercg und akuz-id-mereg , 15 sammus-id-
mereg und mmmus-id-niereg. De Slane führt als Schelha 11 = ian-da-
mrao an. Venture de Paradis giebt in seinem Berber- Wörterbuche:
11 ian-de-mrau, 12 sin-de-mrau und sin-at-mrau^ 13 kerad-de-mrau und
kerrad-di-mrati ^ 14 qüz-de-mrau und küz-di-mrau^ 15 summvs-de-mrau und
summus-di-mrau , 16 sedls-de-mrau etc. Von 21 ab sind bei ihm die Einer
meist nachgestellt. Diese Stellung findet sich auch noch in Dialekten, die
fast alle ihre Zahlen dem arabischen entnommen haben, und auch das
ehemalige Bindeglied ist hier noch sporadisch erhalten, z. B. im Schaüi:
14 arba-i-(U\ 15 yems-t-äs^ 17 sehä-t-äs\ ähnlich in dem „Dictionnaire fran-
gais-berbere" : 14 arha-t-as^ 15 yames-t-äs^ 17 sba-t-ds. Diese Zählungs-
weise kann nicht vom arabischen beeinflusst sein, denn das arabische stellt
zwar die Einer vor die Zehner, verbindet sie aber in den Worten von 11
bis 19 nicht durch va, „und", sondern thut dies erst von 21 ab, wo in den
erwähnten Berberdialekten der Regel nach umgekehrt gezählt wird. Einige
Dialekte, die auch von 21 ab wie das arabische zählen, haben hier neben
den arabischen Zahlen auch das arabische Bindewort entlehnt. So findet
man bei Delaporte: 21 iuen-u-o^rln, 22 s'in-u-o^rm und auch im Schaüi:
21 ist-u-asenn etc.
Findet sich dies vielgestaltige berb. Bindewort te^ t, at, ü\ di, de, da
auch im Kanarischen? Auf den ersten Blick scheint es, als herrsche hier
ein anderes Gesetz. Nur nait bleibt sich in der Zusammensetzung gleich,
sesetti wird sesatti-, amelotti^) amierat- und in den übrigen Worten
die Endung -etti zu -atta oder -at. Man könnte annehmen, dass hier die
Zusammengehörigkeit beider Zahlen, des Einers und der Zehn, durch eine
Veränderung des Auslauts des Einers etwa so ausgedrückt würde, wie das
Hebräische in den Einerzahlen von 11 — 19 den sogenannten Status con-
sfructvs braucht. Dies träfe dann aber bei nait nicht zu, und auch die
Endungen -atta, -atti können nicht für kürzere, gedrungenere Formen als
-etti gelten. Die Liste G müsste dann einer Sprachperiode angehören, in
der sowohl die Endung der isolirten wie der verbundenen Formen der Einer
Ueber die Kanarischen Zahlworte. 381
verloren gegangen wären, denn G hat für siraus-etti simous, für acod-
etti acol. Wenn wir ferner die kanar. Zahlworte lexikalisch mit den berb.
vergleichen, so ergiebt sich, dass die Differenz zwischen beiden gerade in
diesen Endungen liegt. Hätten wir mit einem kritisch gesicherten Material
zu thun, so müssten wir uns jeder weitern Erklärung enthalten. Da aber
auch die Ueberlieferung der bessern Liste C keineswegs über allem Zweifel
erhaben ist, so darf man wohl folgenden Versuch, ihre Formen zu verstehen,
zulässig finden.
Diejenigen Berber-Dialekte, welche dieselbe Zählung von 11 — 19 wie
das kanar. auch da beibehalten, wo sie sich zur Zahlbezeichnung arabischer
Worte bedienen, zeigen, dass ihnen das Bedürfniss nach einem Bindeworte
zwischen den Einern und Zehn jibhanden gekommen, dass dieses Bindewort
nur noch gelegentlich rudimentär als t erhalten ist. Die Liste G enthält
die Einer in verbundener Form nur in den Zahlen 1 und 2; wie die Mundart,
welche ihr zu Grunde liegt weiter zählte, wissen wir nicht; doch scheint
sie ein Bindewort dabei nicht benutzt zu haben. Dagegen ist von den
Einerzahlen in den Worten von 11—16 in C anzunehmen, dass, vielleicht
sehr entstellt, in ihren Endungen das Bindewort enthalten ist. Yielleicht
hat einer der Gewährsmänner dieser Liste die isolirten Zahlen für 1 — 8
willkürlich mit diesen entsprechenden Endungen versehen. Ich schlage
daher vor, die Zahlen der Liste C von 11 — 16 so abzutheilen: na-it oder
n ai-t-marava, sm-atta- oder smat-ta-mara-va, amier-at-marava,
acod - at - marava, simus - at - marava, ses-atti- oder sesat-ti
niarava. Die nachfolgende lexikalische Erörterung wird diese Hypothese
mehrfach unterstützen.
Die Zahlen für 20 — 50 bei G enden ebenso wie die Zahl 10 derselben
Liste mit -ago. Sie sind offenbar aus den Worten für die Einer, linago
aus lini, amiago aus amiat, arbiago aus arba und cansago aus cansa
gebildet, und zwar durch Anfügung einer dem -ago in marago entnommenen
Endung. Ganz anders bildet das berb. diese Zahlen, soweit es dieselben nicht
aus dem Arab., wo diese Zahlen Plurale der Einer sind, entlehnt hat. So
weit mir bekannt ist, hat nur das Zenaga eine besondere Nomiualbildung
tcnnda (aus sin = 2) für 20. Im übrigen folgt es derselben Methode wie
das Tamascheq, die darin besteht, dass man aus dem Zahlwort für 10 ein
weibl. Nomen tcmerln (im Tarn, temendii) in der Pluralform = ..Zehnheiten"
bildet und damit „3 Zehnheiten" = 30, „4 Zehnheiten" = 40 etc. zählt.
Bei G fällt noch besonders auf, dass auch die beiden arabischen Lehnworte
arba und cansa nicht wie im arab., sondern ganz nach Analogie der
übrigen, sicher nicht arab., Worte behandelt werden. Statt in den Zahlen
für 20 — 50 haben wir vielmehr den Plural der Zahl 10 in -maragoin,
dem zweiten Bestandtheil der Zahlen 100 und 200. Für 100 hat das berb.
meist die arab. Lehnworte inia und miet, daneben aber auch eine, wie es
scheint, selbständige Bildung, die bei 100 im Singular und analog der
382 R. Pietschmann.:
Zähluug von 20 — 90 von da ab im Plural gebraucht wird. Im Sing, lautet
sie im Tarn, timidi, im Zen. tma^i; im Plur. im Zen. tomodan ^ •^) und
ttimuöa7i, im Tarn. tema(\ im Berebber temCd. Es kann immerhin aber auch
diese Form eine berb. Nominal-Bildung sein, der eine Verstümmelung des
arab. Zahlworts zu Grunde liegt.
Aus dem bisher gesagten folgt, dass in grammatischer Hinsicht, die
bei der Vergleichung von Sprachen den wichtigsten Gesichtspunkt bildet,
das kanarische Zählsystem in den Worten von 11 — 16 ebenso zählt, wie
die Sprachen der im Norden und Westen Afrikas wohnenden Berber -Völker,
dass es für die Zahlen von 20 an selbständige, vom arab. verschiedene.
Formen hat, und für 100 zwar auch wieder eine selbstständige, aber deutlich
als berb. Pluralbildung gekennzeichnete. Form verwendet.
In lexikalischer Beziehung ist die Verwandtschaft mehrerer Worte
unserer Listen mit den Berber -Zahlworten unläughar. Von denjenigen
Berberworten, bei denen wir es sicher nicht mit arab. Entlehnungen zu
thun haben, ist zunächst zu den Worten für 5 das marokanische semüs
(Host und Chenier), Venture's se7)inm.s\ das ebenso im Tamascheq lautet,
und das Azgör Tuäreq sdinmöz anzuführen. Das Zen. bildet seinen Laut-
gesetzen gemäss seinus und Sdinmu.'t. Aus dem Benl Mzab sind senimes
und senimez, aus dem Schilha sommns zu vergleichen. Das Wort lautet
auch summus (Newman; Venture; Auelimmiden) und sumruos (Tuiir. bei
De Slane). Sirausetti, simusat- sind der von Hodgson angeführten
Serqu-Form semust im Auslaute jedenfalls nur zufällig ähnlich, denn in
H.'s Sprachproben enden mehrere Zahlworte von Dialekten auf ^, welchen
diese Endung in ausführlichem Quellen fehlt. Er wird die Feraininalformen,
die regelrecht auf t enden, verwechselt haben.
10=marava, raarago gehört ebenfalls unbedingt dem berb. Sprach-
stamme an. Wir haben hier nirraim (Newm.), meraced (Vent.), merao (Schil.
bei De Sl. ; ZauOua bei dems.; Azgör T. bei Duveyrier), mar ran (Dict.
franp. berb.; lehnt sich in der Orthographie irrthümlich an das arab. Wort
marra „einmal" an), w^ra?« (Vent,; Schaüi; B. Mzb. bei Du v. undDeSl.;
Schil. bei Chen.; Berebb. bei Host; Tuar. und Serqu bei Hodg.) und mran
(Journ. R. Geogr. Sog. IX S. 216). Das g in nuirago findet seine Analogie
in Zenaga ivrrf'g^ mPreg^ vieveL\ (neben man', merP^ mcri in eben demselben
Dialekte). Die Halbvokale i und k wechseln im berb. mehrfach, besondors
wenn sie den zweiten Bestandtheil eines Diphthongen bilden, mit i/, -y, //,
y und r. Zu der Form mf-ri verhalten sich merPg^ etc. wie Zen. uri, „Gold",
zu Tarn, iirey^ Auel. uray^ B. Mzb. vrak^ Azgör nroq^ ein Beispiel, aus dem
zu ersehen ist, wie im berb. die Formen ein und desselben Wortes in dem-
selben Dialekte flem mannigfachsten sonst dialektisch getrennten Lautwandel
unterliegen können. Maragoin entsprechen die Pluralformen -niruin von
Tarn, vbnrav^ und -nirduin/n^ - mravinm (Vent), -inrmnii, (De Sl.), von
-mniu und niiao. Mau imichte dementsprechend für maragoin etwa maravuin
üeber die Kannrischen Zahlworte 3g3
oder marauin und dann auch für marago: rnaravo oder marau schreiben.
Derselbe Fall, dass in einem kanar. Worte in der spanischen ljm8clireil)ung
das go einem bcrb. o oder u entspricht, kommt auch in goffio vor. So,
in neuerer Orthographie gofio, hiess ein noch jetzt auf den kanar. Inseln
sehr beliebtes Gericht, dessen Hauptbestandtheil geröstete und dann ge-
schrotene Gerste bildet.'') Auch bei den Beil)ervölkern ist diese Speise
unter dem Namen hvshuHSo ^ scLsü etc. (d. h. „Nalinnig" ' '') weit verbreitet.
Es ist wohl kein Zweifel, dass wir in der Zenaga-Benennung dieses National-
essens ofti, iifti dasselbe Wort wie goffio haben.
Ebenso wie bei 5 und 10 ist bei 4 eine selbständige berb. Form vor-
handen. Berth. hat quz^ (p: und aus dem B, Mzb. aqoz verglichen. Der-
selbe vokalischo Anlaut findet sich in Zen. ako: und akiiz, im Aiiel. akös^
Tarn, okkoz und ß. Mzb. oggoz. Wenn dem kan. eine Form aqoi) zu Grunde
liegt, wäre der Wechsel von f), s und z erklärbar. (Vergl. auch zu 6).
Für 7 hat das Berb. meist das arab. >^abli. Set, wie die Zahl kan.
nach G heissen würde, haben auch Vent. und Newm., und dem würde,
wenn wir sat-ti abtheilen auch C entsprechen. Theilen wir dagegen sa-
tti, so klingt es an m (Hodgs.; B. Mzb. bei Duv.; Schil. beiDeSl. und
und Chen.; Berebber bei Host), hü (Auel.) und saa (B. Mzb. bei De Sl.)
an. Das Wort findet sich in mehreren Dialekten auch mit vokalischem
Anlaut {esm^ essau^ os>ä und iUa). Ob hier nicht eine Verschmelzung eines
berb mit dem arab. Zahlwort vorliegt, kann jedoch fraglich erscheinen.
Das Vorhandensein des arab. sitfM, Fem. sit für 6 erschwert die Ver-
gleichung von Berberzahlworten mit ses-etti und sat.* Wenn man seset-
ti abtheilt, so hat Berth. richtig aus dem Dialekt von /'adames se: oder
seds vergleichen. Hodgson bietet hier wieder eine Tuär.-Form se^of^ die
noch näher stände, aber dasselbe Bedenken wie oben semust erregt. Soz
im B. Mzab ist gleichfalls herbeizuziehen. Dieses und ähnliche Worte sind,
wie ticds zeigt, aus demselben Stamme wie scdis (Vent.; Newm.; Tara.).
sedise (Scbil. bei Ghen.), sidis (ßchiX. bei De SL), sadis (Host), xadis (Dm-v.^^
und seddis (Serqu bei Hodg.) entstanden, nodid entspricht diesen Formen
im Zenaga. ^^') Da das kan. Wort in der Form sesatti- wie eine Reduplikation
von sat l)ei G aussieht, so ist die Vergleichung des berb sehr unsicher.
Auch 8, tamatti führt auf einen Stamm der ebensogut arab. wie berb.
sein mag, denn arab. lautet 8 iianulniya^ Fem. !>amün. Sicher entlehnt und
daher nicht vergleichbar sind im Schaiii Uemennia, im Berebber tcmenia
und im alger. Kabylisch tmenid] mctän im Azgör Tuär. ist dasselbe Wort
mit Transposition dor Konsonanten, wie man im Zenaga z. B. Junni als
Bezeichnung für „Ausländer" statt Rüinl (ursprünglich „Römer", „Ange-
höriger des ehemaligen byzantinischen Reiches") findet. Wenn aus der Form
tarn (Serqu und Tuar. bei Hdg.; B. Mzb. bei De Sl.) und tein (Newm.;
Vent.; Schil. bei Chen.: B. Mz. bei Duv.: Tuär. bei Hodg.) auch ta
(B. Mzb. bei Hdg.) werden kann, so kann auch das oben angeführte sa
35^4 ^- Pietschmann:
(vergl. zu 7) aus saba, und tarn aus Hameln und ^amäniya geworden sein,
denn in Nordafrika wird das arab. '> meist wie t gesprochen. Ettani (Tarn. ;
Tuär. bei De Sl.) und ittern (Zen.) beweisen nichts dagegen, und Oam
(Schil. bei De Sl ) sowie Hemt (Host) sprechen dafür. Jedenfalls ist aber
die Verwandtschaft des Staaimes des Wortes tamatti mit einem in den berb.
Sprachen für 8 üblichen, mag dieses auch arab. Ursprungs sein, nicht zu
läugnen.
Einen andern Fall haben wir bei 1. Been, das in der Zusammensetzung
theils beui theils bee geschrieben wird, wurde, wie Berthelot vermuthet,
wdhl veen, oder ven gesprochen. ^ 3) Man muss dies annehmen, wenn
man, wie er gethan hat, das berb. Zahlwort für 1 vergleichen will, obwohl
diesem nach der spanischen Art zu umschreiben eher guen entsprechen
würde. Im berb. ist das Wort sehr variabel. Vent. giebt allein die Formen
wa/i, ieuen, ton und ua. Das n ist kein integrirender Bestandtheil des Wortes,
denn es fällt im Fem. fort (vergl. im Tam. ahden „ein anderer", nhdei „eine
andere") Zu der von Berthel. angenommenen Aussprache lassen sich
allenfalls noch ii/en (Dict. fr. b.; Delap.; Schaüi bei Shaw; Zuäua bei De
Sl.), hm (Zen.) und üitn (Kabyl. bei Sierakowski) vergleichen. Dass wir
auch noch in den übrigen dialektischen Formen: iien (Tam.; Ifuyäs bei
Hanot.; Auel; Zen.), ün (Azgör bei Duv.), ian (De Sl. Schil. und Tuär.;
J. R. G. S. IX, 231), i(/i/en (B. Mzb. De Sl.), *>^« (Auel.), egen (Siuah
nach Minutoli), schliesslich auch im ieg (B Menäser bei De Sl.), ig (B.
Men. bei Duv.) und ist (Schaüi) dasselbe Wort haben, dafür vergleiche man
die verschiedenen "berb Ausdrücke für „Mond", „Monat": iur, aiör, aiur,
aggw\ agir, öggir und eggir, sowie für „Mann": argaz^ erge:, argäz, aryaz,
ariaz und eries. Denselben Anlaut wie nai-t hat nur das Zenaga-Wort
für 1: neiun und niv; wie dies auch für 2 neben ^in und mian: minan,
nesin und nisin hat.
Ebenso problematisch ist die Vergleichung der Worte für 2 smetti
und lini, man müsste denn annehmen, dass smetti und smatta aus metti
und maüa, ferner dass lini, linago etc. aus sini, sinago verschrieben
sind. Dann ist allerdings das Berberzahlwort Qien^ Hin oder CKStn auch sin,
sfnan) vergleichbar.
Dagegen haben alle Formen für 4 im berb. (krad, kard , karaö, kariJe,
kam!), kamt, qeraö, qarat etc.) auch nicht die geringste Aehnlichkeit mit
dem kanar. Ebenso steht es mit der Zahl 9 aldamorana, wo Berthel ot
bereits aldanwrava vermuthet hat, doch ist aldamorana die Lesart der
Handschrift. Es ist möglich, dass, da die entsprechende Berber-Zahl (tezzaa,
tezza, adza, tza etc.) aus dem arab. tisä stammt, es vordem ein acht berb.
Zahlwort für 9 gegeben hat, welches diese Zahl aus marava, dem Worte
für 10, (vermuthlich durch Subtraktion: 10— 1) bildete, durch das bequemere
arab. Wort aber verdrängt wurde.
Der Wortschatz von C enthält also kein direkt arabisches Wort, der
Ueber die Ranarischen Zahlworte. 385
von G dagegen deren 2, für welche G aber auch die entsy)rechenden berb.
Formen bekannt sind. Berberischen Worten verwandt sind in C drei; und
drei weitere Worte entsprechen im berberischen üblichen Worten, die aller-
dings von arabischen Formen sich nicht streng unterscheiden. Es bleiben
4 Worte übrig, von denen 1 vielleicht einem untergegangenen berb. Worte
entspricht. Für die 3 andern besitzt das berb. eigene Worte, von denen
eins dem kanarischen auf keinen Fall, das zweite nur, wenn wir beide
Listen korrigiren, und das dritte dem kanarischen nur sehr ungenau entspricht.
Da das jeder Vei-gleichung spottende Wort (amelotti, amierat-, amiat,
amiago) 2 mal in beiden Listen belegt ist, so können wir auch auf die
Vergleichung der 4 letztgenannten überhaupt (d. h. also der Zahlen C 1, 2,
3 und 9) verzichten. Das Verhältuiss der berberischen Formen entsprechenden
Worte zu den nicht vergleichbaren in ü ist demnach das von 3 : 2. Für
die vier als nicht- berberisch ausgeschiedenen Worte nach Analogien in
andern afrikanischen Sprachen zu suchen, wäre ein müssiges Beginnen,
denn die Vergleichung zweier Sprachstämme darf niemals eine lediglich
lexikalische sein. Von der grammatischen Struktur der Sprache, welcher
diese Worte angehören, haben wir aus diesen Proben ebensowenig ein Urtheil,
wie man etwa allein aus cansa und arba eins über das arab. ohne nähere
Kenntniss desselben gewinnen könnte. Nur ist anzunehmen, dass diese 4
Worte einem Idiom angehörten, welches vor der dem berberischen verwandten
Sprache, von der sie aufgenommen wurden, auf Gran Canaria geredet wurde.
Trotz dieser fremdartigen, wahrscheinlich also autochthon kanarischen, Worte,
von denen eins, das charakteristischste, sich auch bei G findet, ist die
Sprache von C als dem berberischen verwandt zu bezeichnen, da die Zähl-
methode von 11 — 16 mit der des berb. übereinstimmt. Obwohl wir ferner
nicht wissen, wie in dem Dialekte von C die Zahlen für 20 etc. und für
100 gebildet wurden, so würde, selbst wenn das in derselben Weise wie
bei G geschehen wäre, auch dies nicht gegen eine ursprüngliche Verwandt-
schaft mit dem berberischen sprechen können, da die Zahlworte bei G für
20 etc. und 100 berberische Endungen haben. Wir haben hier also mit
einem Dialekt zu thun, der innerhalb der dem berberischon zu Gebote
stehenden formalen Elemente selbständige den Charakter der berberischen
Sprachen bewahrende Ausdrücke erworben hat. Alle uns bekannten Berber-
dialekte haben einen andern Weg eingeschlagen und können auch nie die
Art der Zahlbezeichnung, wie sie G in 20 etc. und 100 hat, besessen haben.
Würden sie sonst diese gewandteren Formen mit ihrem unbeholfenen Ver-
fahren vertauscht haben, bei dem für 21 etc. drei Zahlworte nöthig sind?
Darum muss der dem berberischen verwandte kanarische Dialekt sich von
dem Sprachstamme, dem er ursprünglich angehörte, sehr früh abgesondert
haben. Es wäre sogar bedenklich, anzunehmen, dass er jemals wie dieser
die Worte für 20 u. s. w. gebildet hat, denn dann müsste er den Plural
von 10 auch ebenso wie diese anfangs zur Bezeichnung der Zehnheiten,
3gg .R. Pietschmann:
und erst dann, nachdem für letztere je ein besonderes Wort mit der Singular-
endung des Wortes 10 geschaffen war, für 100 gebraucht haben. So be-
wusste Aenderuugen erlaubt sich keine Sprache mit ihren formalen Prinzipien
zu Gunsten rein praktischer Rücksichten.
Geo-en die Annahme einer so frühen Absonderung lässt sich nur das
Vorhandensein der arabischen Worte arba und cansa^*) einwenden. Sie
sind, da aus ihnen mit berberischer Endung 40 und 50 gebildet werden,
gerade dem besprocheneu berberisclien Idiom vollständig amalgamirt. Will
man daraus schliessen, dass sie mit dieser Mundart schon auf die Inseln
kamen, so muss die Einwanderung der Sprache, welcher sie angehören, erst
nach dem Vordringen des Islam in das Mayreb stattgefunden haben. Dann
wäre unverständlich, dass kein anderer Berber-Dialekt mehr die analoge
Form der Zehner aufweist Will man hingegen annehmen, dass diese beiden
Worte nicht mit der betreffenden ßerber-Mundart importirt, sondern erst
nach ihrer Ausbreitung auf den Inseln von ihr erworben wurden, so kann
dies nur durch Verkehr mit einem arabisch redenden oder diese arabischen
Zahlworte brauchenden Volke geschehen sein. Zu einer solchen sprachlichen
Vermischung ist aber gerade Gran Canaria ganz ungeeignet gelegen. Wir
haben aber schon früher gesehen, dass die Liste G wegen des Missver-
ständnisses der Worte sumous und acot keinen einheitlich sprachlichen
Eindruck macht. Es scheint vielmehr, als habe Abreu Galindo in ihr
handschriftliche Aufzeichnungen über verschiedene Dialekte des Archipels
kompilirt. Wenn man die übrigen sprachlichen Nachrichten vergleicht, so
ergiebt sich, dass die Sprache der Inseln Lanzarote und Fuerte Ventura der
von Gran Canaria verwandt gewesen sein muss. Aus der Mundart dieser
beiden, dem Festlande nächstliegenden Inseln werden die beiden arab.
Lehnworte und deren Derivate 40 und 50 stammen. Auf beiden Inseln
soll zwar ein einheitlicher Stamm gewohnt haben. Doch bildete dieser auf
Fuerteventura zwei feindliche Reiche, Maxorata und Handia, die angeblich
auf dem Isthmus durch eine cyklopische Mauer geschieden wurden und be-
ständig in Fehde lagen. Der König des nördlichen Reiches Maxorata heisst
bei den Geschichtschreibern der Eroberungen Bethencourt's zum Unter-
schiede von dem andern ie roy Sarazin,^^) und „Äaracewe«" ^ «) nennen sie
auch die muharamedanischen Bewohner des afrikanischen Festlandes. Hier
wäre also wohl der geeignetste Ort für die muthmassliche Einbürgerung
jener arabischen Worte.
Unsere Untersuchung über die Listen C und G ergiebt, dass eine
Sprache berberischer Abstammung und Veranlagung eine andere auf den
kanarischen Inseln, speciell auf Gran Canaria, verbreitete Sprache unbe-
kannter Herkunft verdrängte und theilweise in sich aufnahm und dass,
wahrscheinlich auf Fuerteventura, sich dieselbe nachträglich mit arabischen
Bcstandtheilen mischte. Die Heimath dieser Sprache scheint das nord-
westUche Afrika gewesen zu sein. >'')
Ueber die Kanarischen Zahlworte. 387
Anmerkungen.
1) Eine Erinnerunff an diese Fahrt, welche Avezac (in den Nouvelles annales des
voyages n. s. annee 1845 t. IV S. 42 ff. und annee 1859 t. III S. 273 ff.) ausführlich be-
sprochen hat, findet sich auch bei Azurara {Chronica do descobrimento e conquista de Guine
Pari'/, 1841 S. 45), wo er sagt, der heilige Brandan sei über Bojador hinau.sgefahreii : outros
dezium (jue forum la duas gallees, e que nunca mais tornarom.
2) Der erste Herausgeber des Textes, Ciampi {Monitmenti d'un manoscritto autoyrafo
di Messer Gio. Boccacvi da Certaldo trovati ed üliistrati, Firenze 18ti7 S. 53 ff.) hielt dafür
keinen geringern als den Verfasser des Decanierone, und man hat ihm das gern geglaubt,
bis M. Landau {Gio. Boccaccio. Stuttgart 1877 S. 248 ff) dus vollständig grundlose dieser
Annahme nachwies. Abgedruckt wurde dieser Bericht von Kunstmann {Afrika vor den
Entdeckungen der Portugiesen, München 1853 S. 45 ff.) mit tranzösischer Uebersetzung von
S. Berthe lüt {Ilistoire naturelle des lies Canaries 1, partie I S. 23 ff.) und mit spanischer
von Chil y Narunjo {Estudios lii><t., climalol. y patolögicos de las Jslas Canarias parte I
tomo I, Las Palmas 1876, S. 259 ff.) Der Güte des Herrn Prof. Vitelli in Florenz ver-
danke ich die Vergleichung der Handschrift {Magl. n. 122 cl. 13 palc/i. 5 S. 124) mit
Ciarapi's Druck.
3) Gewöhnlich findet man über den Klang des Kanarischen nichts angegeben. L. Marineus
Siculus {opus de rebus Hispaniae memorabilibus, Compluti 1533, S. cvj verso) nennt die
Sprache: lingua barbara, sibique solis intelligibilis. Schon die ältesten Nachrichten {Le
Canarien ed. Gravier, Rouen 1874, S. 2 und S. 52; Aluiso da Ca da Mostn bei Ramusio I,
3 ed. S. 98, C u. A. m.) erwähnen die grosse Verschiedenheit der Sprachen der einzelnen
Inseln. Bereits Bern aide z {Histuria de los reijes catölicos D. Fernando y Da. Izabel^
tiranada 1856, I S. 275) warf die Frage auf, wie es käme, dass die Bewohner der verschiedenen
Inseln der Antillen einander verstünden, die der Kanaren aber nicht, und leitete das aus
dem Mangel an Verkehr und Schifffahrt bei den letztern ab. Am meisten fiel den Begleitern
Bethencourt's die sonderbare Aussprache der Bewohner von Gomera auf, die angeblich
so klang, als ob sie keine Zunge hätten. Sie erzählen {Le Canarien Kap. 67 S. 122), diese
stammten von einem Geschlecht ab, welchem man die Zunge abgeschnitten und das man
dann nach der Insel oxportirt habe. Die Quelle dieser thorichten Erfindung muss dieselbe
sein wie das „alte Buch', in dem Ab reu Galindo (Glas, Historij of the di.^covery and
conquest of the Canary Islands l London 1767 S. 212 — 213) gelesen haben will, dass die
Römer an einem mauritanischen Stamme diese Brutalität verübten. Auch Nunez de la
Peüa {Conquista y antiguedndes de las islas de la Gran Cänaria, Madrid 1676 S. 19 — 20)
und Via na (bei Viera y Clavijo, Noticias de la historia general de las islas de Canaria I
Madrid 1772 S. 115) wissen davon zu erzählen.
4) 1. 1. S. 190; vgl. S. 191 und S 226 — 227 ibid. Abreu Galindo's Werk i>t im
Original-Texte 1848 in Santa Cruz de Tenerife gedruckt worden, war mir aber nicht zu-
gänglich. Glas' Auszüge enthalten diese Zahlworte nicht.
5) Scheint von Berthelot so nach der französischen Aussprache geschrieben zu sein.
6) Mir standen für das folgende nur die nachstehenden Quellen zu Gebote: H. Barth,
Wörterbuch des Dialektes der Aueiimmideu im V. Bd. seiner Reisen und Entdeckungen
S. 588 — 718. Chenier, recherches historiques sur les Maures t. III Paris 1787 S. 189.
I, II. Delaporte fils, vocabulaire herbere im Journal asiatique, 3e serie I 1836 S. 97 — 122.
De Slane im IV. Bande der Historie des Berberes par Ibn -Khaldoun, Alger 1856 S. 508
— 509. Dictionnaire franijais-berbere, Paris 1844. H. Duveyrier, Notizen über vier
herb. Völkerschaften in der Zeitschrift der deutsch, morgenländ. Gesellschaft XII, 185s
S. 179 — 186. Faidherbe, le Zenaga, Paris 1877. A. Hanoteau, essai de grammaire
de la langue Tamachek', Paris 1860. Hodgson, notes on Northern Africa, New York 1844
S. 95—100. Newniau, a grammar of the Berber language, in der Zeitschrift für die
Kunde des Morgenlandes Bd. VI, 1845 S. 245 356. Th. Shaw, travels er researches
relating to several parts of Barbary and the Levant, 2 cdition, London 1757 8.477. .\ Graf
Sierakowski, das Schaüi", Dresden 1871. — Die Orthographie dieser Arbeiten lä.«st viel-
fach eine sichere linguistische Umschreibung nicht zu. Die Halbvokale / und li habe ich
338 ^- Pietschmann :
auch da, wo sie y uud v geschrieben sind, mit i und u nach Hanoteau's Vorgang wieder-
gegeben.
7) Die einzelneu Autoren verstehen darunter oft etwas sehr verschiedenes, da diese drei
Benennungen nicht ethnologische Bedeutung haben. Schaüi bedeutet eigentlich einen
Hirten, Schelüh die Leute, welche in Zelten aus Kameelshaaren wohnen.
8) Z. B. ist akli = türk. qüli „Diener". Das arab. «bd, „Knecht" wird im Zenaga obt)
etc. Für Allah finden wir ialla.
9) amelotti kanu wohl mit Sicherheit als fehlerhaft überliefert gelten, da C in 14
dafür das G näher entsprechende amierat hat. Amiat bei G kann wegen amiago kein
Schreibfehler sein.
10) Dieses Wort ist sogar aus dem Zenaga in die Pul-Sprache übergegangen. Vergl.
Faid herbe in der Revue de linyuistique (Tome VII, 1875, S. 228).
11) Der Bericht vom Jahre 1341 sagt (Ciampi S. 56) von Gran Canaria: Frumentum
autern et segetes aut more avium comedunt, aut farinam confickmt, quam et absque panis
confectione aliqua manducant, aquam 'potantes. Azurara, der sein Werk 1448 abschloss,
weiss ebenfalls von Gran Canaria, dass man dort zwar Weizen und Gerste habe , aber nicht
Brod daraus zu backen verstehe; soomente fazem farinha, äqual comem com carrie, e com
manteiga (Chronica S. 378). Bei Bernaldez {hist. de los reyes catöUcos I S. 136) findet
sich zuerst die Aussage, es habe auf allen Inseln kein Brod, sondern nur gofio, mit Milch
und Fett angerichtetes (geschrotetes) Korn, gegeben. Mit ähnlicher Verallgemeinerung,
nur ausführlicher, haben nach ihm viele Autoren die Zubereitung dieser Speise ganz
ähnlich wie Cherbonneau die des algerischen mermez (Nouvelles annales des voy. 1859 t. IV,
S. 227) beschrieben. Noch jetzt ist unter dem Namen gofio ein Gericht die Hauptnahrung
der ärmlichen Landbevölkerung dieser Inseln, das neben den alten Bestandtheilen auch
Maismehl und besonders auf den westlichen Inseln das der Wurzel der Pteris aquilina
enthält (Berthelot, H. Nat. I, 2e partie S. 79; ders. in den Me'm. de la soc. ethnolog.
tome 1, S. 148; Bolle in der Zeitschrift f. allgem. Erdkunde N. F. Bd. X, S. 22; Noll,
Thal von Orotava S 20), deren Nahrungswerth schon die frühern Bewohner Ferro's, ebenso
wie die Maori den ihrer Pteris esculenta, nicht verschmähten. In Folge dieser allgemeinen
Erwähnung gehört das Wort goffio zu denjenigen, welche gewöhnlich unter den Beispielen
angefühlt werden, die bezeugen sollen, dass man auf allen Inseln des Archipels trotz der
von den Schriftstellern überlieferten dialektischen Verschiedenheit im Grunde ein und die-
selbe Sprache redete. Das Wort goffio ist aber vielmehr erst, nachdem es in das Spanische
aufgenommen war, dem es auch die Endung o zu verdanken scheint, mit den Eroberern
von einer Insel zur andern gewandert, denn es ist sehr fraglich, ob überhaupt die Insulaner
überall den Anbau der Gerste kannten. Mit Sicherheit lässt sich allerdings wenig darüber
ermitteln, da unsern Berichterstattern meist wenig daran lag, ob die Produkte der Inseln,
die es zu ihrer Zeit gab, schon vordem dort vorhanden waren. Ein gut unterrichteter
Autor (Azurara, chronica Kap. 82 S. 384) versichert, dass auf Palma es weder Brot-
noch Hülsenfrüchte gab. Das Fehlen des Gerstenbaues erwähnt Abreu Galindo (bei
Glas I S. 37) auch von Ferro, und wenn auch das Canarien (Kap. 65 S. H6) von diesem
Eiland sagt: Et y croit bles de ioutes fnanieres asses, so bezieht sich das, wie man aus
dem Zusammenhange ersieht, nicht auf die Vergangenheit der Insel, soweit dieselbe vor
der Landesvertheilung unter die von Bethencourt importirten Ansiedler liegt. Auf den
eroberten Inseln bildete zur Zeit der Reise Ca da Mosto's (bei Ramusio I, 3 edit., p. 98
B) Gerste die Hauptnahrung. Von diesen war in alter Zeit vornehmlich Lanzarote an Gerste
reich (Le Canarien, S. 49; 50 und 135). Auch nur für die Sprache von Lanzarote und
Fuerteventura ist das Wort goffio ausdrücklich belegt (ülas I, 18 und 216). Zwar sagt
Glas (I, 88) auch von den Bewohnern Gran Canaria's, „Ihr gewöhnliches Essen war ge-
röstetes Gerstenmehl, das goffio bei ihnen hiess, und das sie mit Milch oder Ziegenfleisch
assen. Wenn sie ein Fest machten, so richteten sie das letztere mit Schweinespeck oder
Butter an, und dies ihr Gericht hiess bei ihnen tamazanona. Ihre Gerste, welche
asamotan bei ihnen hiess, schroteten sie mit einer Handmühle." Mag nun Glas Recht
haben, dass Galindo den Namen der Gerste mit dorn der Speise verwechselte, oder nicht,
jedenfalls enthalten tamazanona und asamotan denselben Stamm wie das Wort tamasen
Ueber die Kanarischen Zahlworte. 389
(ülas; hei Viera I, 13:5 tarn ose n), welches auf Laiiz. und Fuert. „Gerste" bedeutete, und
kann daher das hetreftende Gericht nur als „Gerstenspeise" bezeichnet sein, und keiner der
Namen, wie Glas (1, -220) angiebt „Hesh iried in butter" bedeuten. Man hat also die Wahl,
anzunehmen, dass entweder goff'io auch auf Gran Canaria synonym mit dem aus dem
Wort für Gerste gebildeten Speisenamen, also eigenllich überflüssig war, oder, was mir
wahrscheinlicher ist, dass dies Gericht dort überhaupt nicht goffio genannt wurde. Dass
zu Galindo's Zeit die spanisch redende Bevölkerung Gran Canaria's goffio gebrauchte,
und er deshalb glaubte, auch hier, sei diese Bezeichnung ursprünglich heimisch gewesen,
kann für uns nicht massgebend sein. Ueberall wo die s{)anische Sprache hingelangte, hat
sie, wie vor ihrer Verbreitung ausserhalb der iberischen Halbinsel aus dem arabischen, aus
den einheimischen Sprachen sich beieichert. Die Bezeichnungen goffio, tamarco und
ähnliche, scheinbar über die ganze kanarische Inselgruppe verbreitete, wurden den spanischen
Ansiedlern auf diesen so geläutig, dass sie wo eigene Worte dafür üblich waren, diese ver-
drängten. In ähnlicher Weise nahm das spanische aus dem Dialekte von Espanola (vgl.
Las Casas, hrevissima reladon de la destruycion de las Indias Sevilla 1552 S. 4 verso)
das Wort hamaca in seinen Wortschatz auf, aus dem es unter anderm ja auch in der
lautlichen Nachbildung , Hängematte" ins deutsche überging. — Was die Silbe gue, gua etc.
in den spanischen Umschreibungen kanarischer Worte anlangt, so hat man ziemlich allge-
mein angenommen, dass dieser Umschreibung dieselben Laute wie in den arabischen Lehn-
worlen (z B in Guadalquivir) entsprächen. In Bezug auf das arab. ist man allerdings
sehr konsequent verfahren, und schon Pedro de Alcala (in der Vorrede seines Vocabulista
aravigo eii letra castellana, Granada 1505) hat feste Regeln für die Wiedergabe von va, ua
etc. durch gua etc. aufgestellt. Andererseits aber hat man in dem spanischen von Chiloe
das aus der Sprache der Urbewohner aufgenommene We-, wi- etc. mit hue-, hui- etc. (vergl.
C. Martin in dieser Zeitschrift 1877 S. J63 ff.), und in mehreren südamerikanischen
spanischen Mundarten ein einheimisches hua etc. umgekehrt mit gua z. B. Paraguay für
Parahuay (vergl. Maspero in den Memoires de la societe de linguistique de Paris II S. 52)
wiedergegeben. Es ist also möglich, dass goffio mit einem stark aspirirten h anlautete.
Dieser Zweifel wird dadurch gehoben, dass sich, besonders in den von der Insel Gomera
erhaltenen Eigennamen, vielfach h vorfindet z. ß. in Hautacuperche , Hapalupu etc. Somit
wird auch dem Anlaut Gua- z. B. in Guanches ein iV oder ü und nicht hua- zu Grunde
liegen. — Da im vorstehenden der Anbau der Gerste auf den Kanarischen Inseln besprochen
wurde, mag hier noch zur Ergänzung der Untersuchungen von Hartmann {Die Nigriiier
I Theil S. 120 1.) über die afrikanischen Kulturpflanzen die Bemerkung Platz finden, dass
auch für diesen Theil Afrikas ein frühzeitiger Anbau des Weizens erwiesen ist. Die
Expedition von 1341 fand auf Gran Canaria: frumentum longe pulchrius nostro; habebat
quippe grana longiora et grossiora nostro, alhum valde. Sic et hordeum, et segetes alias
(bei Ciampi S. 56), also wahrscheinlich triticum turgidum; das Canarien sagt (S. 12")
von den damals noch nicht unterworfenen Bewohnern dieser Insel: Ils ont formens, feues,
ble's de toutes sortes; taut y croit und Azurara (S. 378 und 382) nennt Weizen unter
den Erzeugnissen dieser Insel und Tenerife's, doch bestreitet dies von der letztern der in
solchen Dingen freilich schlecht genug unterrichtete Nufiez de la Pena (S. 32). Espinosa
(bei Viera I, S. 124) hat die merkwürdige Notiz, der Weizen sei in der auf Tenerife
kultivirten Spezies kurz vor der Eroberung untergegangen, er meint also wohl deren Ver-
drängung durch die aus Spanien importirte. Von dem Vorhandensein des Weizens weiss
auch Bernaldez (I S. 136).
12) Vergl. im Auel. aieksu, im Tarn, ameksi, „Essen"; auch tisekkit „la houchee" im
Plural tisekkiin und tiXekkiint im Tarn, (bei Hanoteau S. 25 und S. 257). — Für Tenerife
ist als goffio entsprechende Bezeichnung ahoren überliefert.
13) beni ist die einzige Zahl welche Aehnlichkeit mit einer entsprechenden der hier
mit dem kanarischen nicht verglichenen afrikanischen Sprachen nämlich mit der Zahl 1
im Serawulli besitzt. Doch ist darauf nichts zu geben, weil diese im übrigen ab-
weichen.
14) Die Form cansa macht es so gut wie unmöglich, dass diese beiden Worte etwa
aus dem phönizischen entlehnt wären.
390 R- Pietschmann :
15) In der Ueberscbrift des Kap. 78 des Canarien heissen sie allerdings beide les
deulx roys sarazins, im Texte (S. 153) dagegen einmal les deulx roys d'Erhanne payens ;
im 80. Kap., wo von der Taufe die Rede ist, die beide empfingen, ist in der Ueberscbrift
nur von dem einen als le roy Sarazin und zwar mit dem falschen Zusätze de l'ille Lance-
lot, statt du coste de rille Lancelot, die Rede. Ich habe dies mit Berthelot auf den
zuerst genannten bezogen. Die andern Insulaner werden im Caiiavien nie so bezeichnet.
Nur der König von Lanzarote, den wir unter dem Namen Guadartia aus andern Nach-
richten kennen, heisst einmal roy sarazin (S. 10), sein Gegner Asche dagegen paien
(S. 45).
16) Das im Canarien sarazin etwas anderes als ein blosses Synonym von paien ist
ergiebt sich daraus, dass Kap. 55 (S. 87) von der Reise des Bettelmönches(frere niande-
ant), die darin und in den folgenden erwähnt wird, gesagt wird, sie habe alle „christlichen
[das des Priester Johann], heidnischen und sarazenischen Reiche", die an die Küste Afrikas
grenzten, berührt und geschildert. Kap 81 (S 134) wird noch näher diese Küste, die den
Kanaren gegenüberliegende, als deuers la Guynoye, qui est terre fernie de Sarazins, be-
zeichnet. Bekanntlich hat sich der Name Guinea erst im Laufe der Entdeckungen weiter
südlich lokalisirt. Hier ist noch wie auch aus Kap. 55 mit Gewissheit hervorgeht das an
Kap Bogador angrenzende Land, gemeint. Auch im Kap. 70 (S. 133) heisst es von Fuerte-
ventura: C est la plus pres ille qui y sott de terre des Sarazins, aar il riya que dorne
Heues frangoises du cap de Bugeder, qui est terre ferme.
17) Was wir über die staatlichen und sozialen Verhältnisse der grössern Inseln wissen,
sowie das sprachliche uns erhaltene Material unterstützen dies Ergebniss. Von nähern
Erörterungen darüber muss ich hier absehen, da ich die Ethnographie der Kanarischen
Inseln in einer besondern Abhandlung darzustellen vorhabe. Doch will ich hier nur noch
einen Einwand berühren, der sich gegen die muthmassliche, aus der ähnlichen Anordnung
der Einer vor der Zehn geschlossenen, nähern Beziehung der berberischen Elemente des
kanarischen Idioms zu den Sprachen der Küstenländer des Mittelmeeres und des atlantischen
Ozeans auf Grund der neuerdings vorgefundenen Inschriften auf den kanarischen Inseln
erheben Hesse. Die zeitgenössischen Berichte sagen nichts über den Besitz- der Schrift bei
den Eingebornen, erwähnen im Gegentheil manches, welches als ein Nothbehelf bei dem
Mangel einer solchen aufgefasst werden kann, z. B, das Ueberseuden wohlriechender Früchte
als Ausdruck des Verlangens Frieden zu schliessen. Hätte H. Wuttke mit seiner un-
richtigen Verallgemeinerung, nach der Schrift aus der Tätowirung hervorging, Recht, so
könnte man, da diese und die zu gewissen Zwecken wie zu Kriegszügen und Festtänzen
bestimmte. Bemalung üblich waren (Ca da Mosto bei Ramusio I S. 98 F; Le Canarien
S. 128; Lopez de Gomara in den Historiadores primitivos de Jndias I. S. 294 A und
Thevet bei Berthelot Eist. nat. I, partie 1, S. 87), und Nufiez de la Pena sogar aus-
führlich von Portraitmalern und deren Farben berichtet (S. 33), in den kanarischen In-
schriften-Zeichen eine Art Bilderschrift vermuthen, die aus der Tätowirung entwickelt wurde.
In der That enthalten die in den Stein gegrabenen Zeichen der Grotte von Velmaco und
die beschriebene Felsenwand in der Nähe von Valverde, dem frühern Orte Amoco der
Insel Ferro, der Mehrzahl nach unverständliche Umrisse. Faidherbe theilt jedoch von
der letztern (in den Comptes rendus de V Acad. des Inscript. et Beiles Lettres, IVe serie
t. II S. 18 — 19) eine Probe mit, die ganz ähnliche Charaktere wie die numidischen Fels-
iüschriften aufweist. Das Gebiet der letztern geht aber, wie er selbst bemerkt, nicht weit
nach Westen über das des ehemaligen Numidiens hinaus, und das damit verwandte Tefinay-
Alphabet ist nur bei den /mo^ay-Stämmen der grossen Wüste, dagegen nicht bei den
marokanischen und den südlich von diesen an der atlantischen Küste wohnenden Berbern
üblich. Man hat also die Wahl, die nähere sprachliche Verwandtschaft der kanarischen
Zahlworte mit denen der jetzigen Bewohner Numidiens auch für jene Inschriften der kanarischen
Inseln für massgebend zu erachten, oder darin, weil unstreitig das Gebiet des modernen
Te/inay-Alphabets diesen Inseln näher liegt, eine ältere Form des letztern zu finden, und
somit den Ursprung derselben bei den Imosay der grossen Wüste zu suchen. Das letztere
ist wegen der geringern sprachlichen Verwandtschaft nicht rathsam. Die Länder der west-
lichen Berbern sind zudem zu wenig genau bekannt, um das Vorhandensein dieses Inschriften-
Ueber die Kanarischen Zahlworte. 391
Typus überhaupt ihnen absprechen zu können. Schliesslich giebt es auch eine .Nachricht,
aus der hervorgeht, dass die Stämme an der atlantischen Küste vor der Entlehnung des
jetzt bei ihnen gebräuchlichen Alphabets eine eigene Schrift besassen. Im Jahre 1445
nämlich Hess sich bei einer zur Aufsuchung des sogenannten rio do ouro unternommenen
Expedition ein portugiesischer Knappe Joäo Feniandez an der Küste nördlich vom
Senegal aussetzen und lebte längere Zeit bei einem nomadischen, Schaafe züchtenden
Berberstamme. Von den Nachrichten, welche durch ihn bei seiner Rückkehr nach Portugal
gelangten, hat Azurara einiges erhalten und aus diesem de Barros in seine Dekaden aufge-
nommen, unter anderm auch die Notiz, dass diese Berber, die bei Azurara (S 366) als
Alarves, Azeneyues und Barharus, bei de Barros dagegen nur als Azenegues bezeichnet und
ausdrücklich von den Alarves unterschieden werden (Da Asia, Lisboa 1778 I. S. 82), von
den übrigen, d. h. den bis dabin den Portugiesen bekannten, sich nicht allein in ihrer
Sprache sondern auch in ihrer Schrift unterschieden. Wenn nicht die übrigen Berber dieser
Küste so hatten doch sicher also die Zenaga damals noch ihre einheimische Schrift
bewahrt.
18) Die arabischen Grammatiker lassen sitta und sit aus sidt und letzteres aus sids
entstehen. Die arabische Form der Ordinalzahl 6 sädis zeigt, dass dies richtig ist. Sie
entspricht zugleich am genauesten den Berberformen der Kardinalzahl, welche dieselben
Konsonanten haben. Es ist sehr unwahrscheinlich dass die Berber bei der Entlehnung die
Ordinal- mit der Kardinalzahl verwechselt haben sollten. Es scheint vielmehr als hätten
wir hier einen der Fälle ursprünglich gleicher Veranlagung des Berberischen und Semitischen.
Miscellen und Büclierscliau.
Den von mir in der Sitzung der Berl. anthropolog. Geseilschait vom Mai besprochenen
Patagoniern: Mann, Frau und Kind wurde in deren Logis (während ihrer Iturzen Anwesen-
heit in Berlin) ein Besuch abgestattet. Das wenige Spanisch, über welches ich vertilge und
einige in ernstem Tone gehaltene directe Anfragen machten den Mann warm, wiewohl die
bekannte lakonische Kürze des Indianers auch hier bald ihren Ausdruck fand. Zu meinem
Befremden erklärte Capitan Pijötse (wie er sich ganz gern anreden Hess), der Name Tehuelche
sei ihm unbekannt. Er selbst gehöre zur Nacion de los patagones, sein Specialstamm bilde
den Tsoneea-Tribus, der zwischen Chiipat (er sagte Cupat) und Bahia de San Jorge hausen-
den Uaveniken (wobei das II leise aspirirt ward).
Stammesfehden, Noth nnd Krankheit haben nach seiner Angabe den Havenikeu arge
Verluste bereitet und diese in ganz materielle Abhängigkeit von Punta Arenas gebracht.
Auf meine Erkundigung nach einigen von Musters erwähnten Häuptlingen antwortete er
bald „muriö", bald „viva". Capitan Tangalo (Musters' Tankelow) besitze noch vielen Einfluss.
Dem verstorbenen Musters spendete Pijötse als einem Hombre fuerte y geneioso mit kurzen
"Worten ein wohlempfuudenes Lob. Auf meine Frage, ob die Tsoneca lieber zu Chile oder
zur argentinischen Republik gehören möchten, erwiderte er, das sei ihm gleichgültig. Seines
Volkes Wohnsitz seien die inneren Pampas, Pastos und Montanas, auf denen der Puma
(GöU), das Guanaco (Eräu) und der Avestruz (Miküsch) gejagt werde und wo weder der
Chilener noch der Argentiner viel zu suchen hätten, zumal die Patagonier alle überflüssigen
Felle und Federn nach Punta Arenas und Patagones in den Tausch brächten. Jeder Versuch
übrigens, Hrn. Pi/ötse zur weiteren Mittheilung von Haveniken-Wörtern zu bewegen, wurde
von ihm mit dem Bemerken abgewiesen, dass der (anwesende) Dolmetscher Hr. Jakobssen das
ebenso gut wisse.
Die Frau Bazinca bemerkte, sie sei von Geburt Araucana. Als ich fragte, ob ihr sehr
intelligent aussehender Sohn Luis ein Cholo oder Mestize sei, verneinte sie dies lachend.
Der Abschied der Leute war fast herzlich. Mein Händedruck wurde von ihnen kräftigst
erwidert. Die anwesenden Agenten des Hrn. Hagenbeck behaupteten, so viel wie bei dieser
Unterredung hätten die Leute seit lange nicht gesprochen. R. H.
FraiiQois Lenormant, Prof.: Die Geheim Wissenschaften Asiens.
Die Magie und Wahrsagekunst der Chaldäer. Autorisirte, vom Verfasser
bedeutend verbesserte und vermehrte deutsche Ausgabe. Zwei Theile in
einem Bande. Jena, H. Costenoble. 1878. 8. 571 S.
In der Vorrede bezeichnet L. seine deutsche Ausgabe als ein wesentlich verbessertes,
zum grossen Theile noch unedirtes Werk. Der erste Abschnitt behandelt die Magie der
Chaldäer und die Urgeschichte von Akkad. Bekanntlich huldigt auch der gelehrte und geistvolle
Verfasser der „Anfänge der Cultur" der Ansicht, dass in den sumpfigen Ebenen des unteren
Euphrat ursprünglich ein türkischer Volksstamm, die Akkadier, gehaust habe, von welchem
eine den finnischen und tartarischen Idiomen verwandte Sprache geredet worden sei. Lenor-
mant führt uns im ersten Capitel seines so inhaltreichen Werkes Zaubersprüche zur Be-
Zeitschrift für Rthnologie. Jahrg. 1879. 28
394 Miscelleu und Bücherschau.
schwörung böser Geister, von Krankheiten u. s. w. vor, welche zwar in akkadischer
Sprache verfasst, jedoch von einer assyrischen Interlinear- üebersetzung begleitet sind. Alles
gehört zu einem dreitheiligen magischen Werke, welches seit dem frühesten Alterthume in
der Bibliothek der Priesterschule zu Erech in Chaldaea befindlich war und von welchem der
assyrische König Assurbenhabal durch seine Schreiber mehrere Abschriften anfertigen Hess.
Das Akkadische war bereits damals nur noch eine todte Sprache, aber um so begieriger Hess
man die Zaubersprüche und Beschwörungsformeln in jenem Idiom gelten. Bekamen die-
selben doch durch letzteres eine höhere geheimnissvolle Macht, indem sie ja unverständlicher
wurden. Verhielt es sich nicht etwa ähnlich mit unserem mittelalterlichen, cabbaHstischen
Unsinn, der hier und da noch, horribile dictu, selbst in das vulgäre Leben der Neuzeit mit
seiner Drachenzunge hineinleckt. Ohne Lenormant vorzugreifen, fühlen wir uns doch ge-
drungen, u. A. die medicinischen Anschauungen der Alten zu bewundern, wie sie
namentlich in gewissen ein geradezu gynäkologisches Interesse beanspruchenden Beschwörungs-
formeln (z. B. VII auf S. 7) hervortreten. Freilich sind wir sehr interessanten derartigen
Auslassungen auch schon in den aegyptischen Papyrus, im Zend-Avesta und in den jüdischen
Opfervorschriften begegnet. (Referent hat sich z. B. durch Autopsie überzeugt, dass u. A.
das Verhalten des Ligamentum hepato — s. hepatico-duodenale, beim Schaf in den alten Opfer-
vorschriften über Joteroth u. s. w. ganz gut bekannt gewesen ist.) Aehnliche und andere
kulturgeschichtliche Andeutungen finden wir in Lenormant's ganzem Werke, selbst in dessen
dämonischen Theilen. Letztere aber sind in völkerpsychologischer Hinsicht von grösstem
Werth. Namentlich wichtig erscheinen uns Lenormant's vergleichend dämouologische Excurse
über Aegypten und Chaldaea. Unser Verfasser führt uns eine Anzahl mystischer und
magischer Götternamen vor, wie sie sich in einem Papyrus aus der Zeit des grossen Ramses
vorfinden und wie sie z. B. auch in den vier letzten Kapiteln des Todtenbuches zahlreich
vertreten sind. Jene Namen erscheinen th. semitischen, th. nubischen Ursprunges. Lenor-
mant vermuthet, dass die aegyptische Magie von den Zauberpriestern (Fetischpriestern) der
Nubier und Neger einige Gebräuche und Namen entlehnt habe. Wir freilich gehen noch
viel weiter, indem wir glauben, dass, wie die ganze Cultur der Aegypter und so auch ihre
sogenannte Magie, auf urthümlich = africanischem Boden wurzeln. Der Verfasser stützt diese
Ansicht indirect und unabsichtlich, indem er z. B. den Gegensatz zwischen den magischen
Grundlehren der Aegypter und der Assyrer hervorhebt. Erstere, die Verehrer der in gewisser
Hinsicht vom Sonnensystem abhängigen Tages- und Jahreswechsel, der damit verbundenen
tellurischen Freuden und Leiden, letztere die Gestirndeuter und Gestirnanbeter mit dem höchst
complicirten theosophischen Apparat des Sabäismus.
Der Inhalt dieses Buches bleibt durch alle Kapitel anziehend und anregend. Da handelt
es sich z. B. um Bauchredner ei, die bei den alten Völkern als etwas Dämonisches galt.
Sie steht auch in unseren Tagen bei sibirischen Schamanen, indianischen Medicinmännern
und afrikanischen Ganga-Priestern in hoher Gunst. Wir gewinnen nun hieraus und aus
Anderem die Ueberzeugung, dass weniger noch der Aberglaube, eine innige d. h. Ueber-
zeugung von (der Existenz und vom Eingreifen übernatürlicher Kräfte , als vielmehr die), den
Aberglauben als Mittel zum Zweck benutzende Schlauheit und Thatkraft überlegener Menschen
(z. B. eben der Bauchredner u. s. w., u. s. w.) der faulen, urtheilslosen, bornirten Masse
gegenüber das Schicksalsrad des menschlichen Seins gedreht habe.
Inwieweit nun Lenormant berechtigt sei, das ursprüngliche finnisch-ugrische Akkadier-
thum in Mesopotamien aufrecht zu erhalten oder nicht, das hier zur Erörterung zu bringen,
erklären wir uns für nicht competent. Wenn Verfasser aber die finnisch-tartarischen Stämme,
selbst die Osmanen, gegen den einseitigen und lieblosen Vorwurf gegen ihre vermeintliche Uncultur
oder gar Uncivilisirbarkeit in Schutz nimmt, so pflichten wir ihm von Herzen bei. Was u. A. die
Osmanen betrifft, so haben auch sie früher eine kulturhistorische Aufgabe erfüllt. Wie so
viele vorurtheilsfreie Beobachter, sehen wir voll Wehmuth, das im Kern überaus tüchtige,
volksthümliche Türkenthum, von der elenden Serailwirthschaft seiner verfaulten Paschas
ruinirt. Wir halten das vom Scepticismus durchsetzte, nihilistisch angekränkelte Reussen-
thum vom ethischen und moralischen Standpunkte aus, nicht für berechtigt, die Söhne Osman's
niederzutreten. Diese zu heben, bedürfte es vielmehr der gesunden germanischen Rasse oder
auch eines der westlichen romanischen Kulturvölker.
Miscellen und Bücherschau. 395
Mit Lenormant's Ansichten vom Pyramidenbau sind wir nicht ganz einverstanden.
Prächtig erscheinen uns dagegen wieder die Artiiiel über die Träume und deren Deutung,
über die Pythanen und die Nekromantie, über die Vorbedeutungen geometrischer Figuren und
über diis Buch Daniel. Die historische Bedeutung des letzteren wird vom Verfasser anerkannt.
Referent möchte hierbei bemerken, dass die culturgeschichtlichen Vorzüge des alten Testa-
ments noch viel zu wenig anerkannt werden. Nur der gelehrte Orientalist, der im Orient
praktisch erfahrene Geograph, der Naturforscher und der mit der Völkerkunde dieser Gegenden
durch Autopsie vertraute Anthropolog können hier befriedigende Entscheidung bringen.
Zum Schlüsse wünschen wir, dass Lenormant's Talent und Fleiss uns bald wieder
mit neuen Erzeugnissen seiner nie rastenden Feder beschenken mögen. R. H.
American Anthropological Notes.
A new building for the National Museum is being erected at Washington . which is to
be finished in lass than a year. In this, the splendid archaeological and ethnological
collections, which are now accommodated in the Smithsonian Institution, will be placed.
The first volume of the „American Antiquarian" is ended with the fourth number,
which has just been issued. This is the first periodical that has been published on the
continent, devoted entirely to archaeology and ethnology. It ha.s been the means of awaken-
ing much interest amongst the scientific men in the United States and its contributors
include a large number of the most prominent anthropologists. The latest number contains
the following papers : „Emblematic Mounds of Wisconsin", by Dr. G. N. De Hart; ,Com-
parison between the Archaeology of Europe and America", by the editor, Rev. S. D. Peel;
„Early Indian Migration in Ohio", by C. C. Baldwin, Esq.; translation of an address by
Dr. Paul Broca, at the Paris Exposition, by Prof. 0. J. Mason; „Indian Music", by Rev.
M. Eells; Correspondence, Editorial Notes, Anthropological News, etc. —
Prof. Cope, the distinguished palaeontologist, has recently received from Nevada a
large collection of the bones of fossil birds, among which were found quantities of stone
implements, mostly of obsidian. They are taken from deposits of recent geological formation
and include a number of arrow-heads of the most delicate and beautiful workmanship ever
found in the United States. A careful study of them may bring new facts to light bearing
upon the antiquity of man in the Western hemisphere.
The government surveys which have accomplished so much within the post few years,
not only in the Held of geology, but also in archaeology, have been abolished. This will
be regretted by all scientists, not only in America, but in Europe also. The last report of
the United States Geological Survey, in Charge of Prof. F. V. Hayden, for the year 1876
has beed issued, and contains a large amount of ethnological matter. Among the illustrations
are light beautiful lithographic plates representing modern and ancient pottery found in
Colorado, New Mexico and Arizona.
The main building of the Centennial Exposition of 1876, which hat been retained for
a permanent exhibition building, is about to form a museum of archaeology and ethnology
on a large scale. Being central and possessing all the conveniences for such a purpose, it
is believed that in a few years one of the most valuable collections of American antiquities
in the country will be gathered there. Contributions are Coming in very rapidly and many
objects of great interest and value will probably be preserved for science, which otherwise
would be destroyed or lost. It is proposed, in connection with the museum, to establish a
school of authropology to be instructed by courses of lectures by competent gentleman.
The museum will be arranged according to the latest and most approved methods showing
as far as possible the aboriginal processes of manufacture by series of objects arranged in
progressive sequence.
The following diagram relating to the Archaeology of North America will, in a
measure show the plan to be adopted.
396
Miscellen und Bücherschan.
Stone Age.
C 0 p p e r
Age.
Necessity.
Utility.
Ornament
Luxury.
(Jbjects
illustrative of o
religion, £-
Architecture, e
Music, and. .*
Litterature
Art.
Relics of the
Mound
Builders
Chippeld
Implements.
Polisbed
Implements.
Pottery.
Sinkers,
Martars,
etc.
Beads,
Gorgents
Badges,
etc.
Pipes,
Games,
Toys,
etc.
Puebles . .
■
•
Mexicans . .
•
Indian Tribes
•
The Davenport Jowa Academy of Natural Sciences bas recently come into possession of a
very interesting stone pipe, carved in the form of an elephant. There can be no mistake
as to the animal intended to be represented. If the pipe can be proved to be authentic, and
not a fraud, we are forced to the conclusion that the Monnd-Builders were acquainted with
this pachyderm or the mammoth. The Unding of this interesting relic has naturally excited
mach iuterest.
Ä new mode of primitive burial has been discovered in the State of Tennessee. Among
the ledges of a perpendicular bluff, graves have been found situated on little shelves or
platforms, which is the first instance of clifif-burial yet brought to light in the United States
Dr. II. C. Yarrow, of the Army Medical museum, at Washington, is engaged in the pre-
paration of an exhaustive works on the various methods of aboriginal burial.
A large number of Indian graves were examined a few weeks ago in the vicinity of
Philadelphia, which produced many valuable articles of native manufacture as well as a
number of objects of European introduction. Among the latter were four clay pipes, as-
certained to have been made in England about the middle of the seventeenth Century.
These were doubtless traded to the Indians by the earlier English settlers. The graves are
supposed to be little more than a Century and a half old.
Several steatite or soapstone quarries have been discovered recently, which reveal the
manner in which the Indians fashioned and worked their soapstone vessels which oceur so
abundantly in various portions of the country. They were rudely shaped in a hemispherical
form on tho surface of the quarry bottom-side up, and then split of with wedges and hoUowed
out with stone chisels.
Mr. W. H. Holmes, of the United States Geological Survey discovered, last summer,
an obsidian quarry in the National Yellowstone Park. The ground was covered with flakes
and a number of finished implements were found. The volcanic formation was found in
situ, from which the aborigines obtained the material. This is the tirst obsidian „Work-
shop" found north of Mexico. E. A. B arber.
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Bilder aas IJeutschlmids Vorzeit,
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lichen Fragen herausgegeben, erfüllt den langgehegten Wunsch der Culturhistorikcr nach
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graphen, Anthropologen und Kunstfreunde eine reiche .\usbeute.
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ZEITSCHRIFT
FÜR
ETHNOLOGIE.
Organ der Berliner Gesellschaft
für
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Unter Mitwirkung des zeitigen Vorsitzenden derselben,
R. Virchow,
herausgegeben von
A. Bastian und R« Hartmann*
Elfter Jahrgang
Mit Tafel XVI— XVIII.
BERLIN.
Verlag von Wiegaudt, Hempel & Parey.
(Paul Parey.)
1879.
Inhalt.
Seite
Ueber Farbensinn und Farbenbezeichnung der Nubier. Von Alfred
Kirchlioff 397
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L. Von Dr. Saalbom 403
Miscellen und Bücherschau 436
Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte.
Ausserordentliche Sitzung vom 12. Juli 1879. Näpfchensleine an der Moritzkirche zu Coburg
und Weihwassersteiu zu Milz bei Römhild (Schluss). Virchow, S. 225. — Hünen-
gräber mit Skeletten, Steinbeilen u. s. w. zu Slaboszewo (Posen). W. Schwartz, S. 225. —
Fensterurne von "Wildeshausen, v. Alten, S. 228. — Verglaste Steine vom Sängersberg
bei Salzschlierf. Barth, S. 228; Virchow, Hauchecorne, S. 229. — Hakenringe in
Gräbern von Ober-Oppurg (Thüringen\ (Holzschnitte.) Eisel, S. 229. — Photo-
graphien von Patagoniern. Günther, S. 231. — Prähistorische Karte des Kreises Sorau
(Niederlausitz). Saalborn, S. 231. — Japanische Kjökkenmöddinger. v. Siebold, S.
231. — Zauberhölzer der Australier. Schomburgk, Jagor, S. 234. — Sitten und Ge-
bräuche der Südaustralier am Peake-Fluss. S 235. — Chua (Holzschnitt). Wilson, Jagor,
S. 237. — Lehmkugeln von Posen. Pfuhl, S. 239. - Hradiste von Stradonice und
Schädel von Strupeic (Böhmen) (Holzschnitte). L. Schneider, S. 239. — Ausgrabungen
bei Elbing (Holzschnitte). Anger, S. 241. — Funde in der Wallstrasse von Elbing.
Anger, S. '246. — Excursion nach Rüdersdorf, Orth, S. 247; Virchow, S. 251. —
Excursion nach Neubrandenburg (Holzschnitte). Virchow, S. 252. — Troja (Hierzu
Taf. XVI und Holzschnitte). Virchow, S. 254. - Eingegangene Schriften, S. 281.
Sitzung vom 19. Juli 1879. Correspondirendes und ordentliches Mitglied. S. 283. — Ver-
sammlungen von fremden Gesellschaften. S. 283. - Finnische und ugrische Fragen.
Kuropaeus, S. 383. — Die Ama-Zulu Süd-Afrika's. Fritsch, S. 284. — Todten-
bestattung zu Ancon (Peru). Reiss, S. 290. - Alte Wohnplätze in der Wetterau. Meitzen,
S. 295; Virchow, (Holzschnitte) S. 296.
Sitzung vom 18. October 1879. Neue und correspondirende Mitglieder. S. 299. — Sibi-
rische Literatur v. Duhmberg, S. 299. — Bericht v. Bastian, S. 300. — Werk von
Rajendra Lalamitra über Buddha Gaya, S. 300. — Chronologische Geschichte der
Pflanzen. Pickering, S. 301. — Congresse in Strassburg und Brüssel, .\usstellung in
Berlin. Virchow, S.301. — Congress in Lissabon. S. 302. - Prähistorische Alterthümer
Siebenbürgens. Goos; Fräul. Torma, S. 302. — Schwanzbildung beim Menschen
(Taf. XVII., Fig. 1). Ornstein, S.303; Virchow, S. 305. - Farbe der Haare, derAugen
und Haut in Griechenland. Ornstein, S. 305. — Haarfarbe der Stämme in Persien
und am Caspischen Meer. Houtum Schindler, S. 306. — Felszeichnungen der Busch-
männer. Th. Hahn, S. 307. — Bedeutung der nordamerikanischen Mounds. Evans,
3, 308. — Neue Funde der kleinen Diluvialfauna in Höhlen. Nehring, S. 309. — India-
nische Graburnen von Piracicaba (Brasilien) (Holzschnitte). Nehring, S. 309. - Rö-
mische Münze bei Guben, Freesdorf und schlesische Urne mit Seitenöffnung. Jentsch,
S. 310.— Alterthümer im Kreise Sorau (Niederlausitz). Krug, S. 311. — Gold- und Bronze-
fund von Dorotheenhof (Kreis Flatow). v. Hirschfeld, S. 313. - Gräberfeld von Wronke.
Schwartz, S. 315. — Reise von J. M. Hildebrandt, S. 316. — Messungen von Wa-
ganda, Bari; und Kidj. Felkin, Buchta, S. 316; Israel, S. 325; Virchow, S. 326.
Fortsetzung auf der 3. Seite des Umschlages.
Die VerlfigshanfUung theilt hierdurch ergehenst
mit, dass vom Jahrgang ] 880 ab das Honorar fär Beiträge
»ur „Zeitschrift /'irr Ethnologie*^ in Wegfall konifnt.
lieber Farbensinn und Farbenbezeichnung der Nnbier.
Von
Alfred Kirchhoff.
In der neuerdings in Fluss gekommenen Frage über die ünvollkommen-
heit des Farbensinns der Naturvölker, sowie der Kulturvölker auf früheren
Entwicklungsstufen hat man sich mehrfach der Täuschung hingegeben, als
ob es erlaubt sei aus der sprachlichen Unterscheidung der Farben ohne
weiteres auf den Grad der sinnlichen Schärfe der Farbenunterscheidung
irgend eines Volkes zu schliessen. Richard Andree hat sich das Ver-
dienst erworben, diesen Trugschluss in seinem Aufsatz „Ueber den Farben-
sinn der Naturvölker" (Jab-g. 1878 dieser Zeitschrift, S. 323 ff.) gründlich
autgedeckt zu haben; indessen pflichtete er doch schliesslich der Vermuthung
bei, dass zahlreichen Völkern in fast allen Erdtheilen, bei denen gewisse
Mittelfarben wie Blau und Grün mit einem und demselben Wort bezeichnet
würden, „in der That diese Farben nur als eine erscheinen mögen."
Auch die in solcher Muthmassung immer noch enthaltene Hinneigung
zu jenem Trugschluss ist recht erschüttert worden durch das Farben-Examen,
welches Vir chow nebst Nachtigal und Hildebrandt mit den im Herbst
1878 zu Berlin anwesenden Nubiern angestellt hat (vergl. die Sitzungsbe-
richte des angeführten Jahrgangs S. 351—353). Ich benutzte daher die
Gelegenheit zu neuen Ermittelungen dieser Art, als im Juli d. J. eine Rice-
Hagenbeck'sche „Nubier-Karawane" Halle mit ihrem Besuch erfreute, und
bin in Folge dessen in der Lage, die Virchow'schen Bemerkungen über
Farbensinn und Farbenbezeichnung der Nubier theils zu bestätigen theils zu
verschärfen.
Unumwunden darf ich es bestätigen, dass, auch soweit die in Halle
der Prüfung unterzogenen Nubier urtheilen lassen, den heutigen Nubiern
ein ganz ausgezeichnetes Unterscheiduugsverraögen für Farben eigen ist.
Mit grösster Sicherheit verstanden jene nicht weniger als 15 verschiedene
Nuancen sofort zu sondern, die gleichgefärbten Papierbogen und Wollföden
zu vereinigen, selbst wo es sich um ganz geringe Differenzen von Gelb,
Gelbgrün, dunkleren und hellereu Arten von Blau, Grün, Violett handelte.
ZeitüchrU't liir Etbuologie. JiUirg. 16;^. 29
398 A. Kirchhoff:
Anders jedoch verhielt sich das sprachliche Uuterscheidungs vermögen.
Beschäftigen wir uns zunächst allein mit denjenigen 13 Nubiern unserer
Karawane, welche das ßedaute als Muttersprache redeten. Einer von ihnen
war ein Halengi aas Hatmte (dicht bei Kassala am Gasch); alle anderen
waren Ben! Amr, gebürtig aus dem noch ferneren Südosten Nubiens, dem
Vorland von Habesch, grösstentheils Angehörige des grossen Heikota-Dorfes,
welches oberhalb Kassala unfern des Gasch je nach den jahreszeitlichen
Verhältnissen bald hier bald dort aufgerichtet wird, deshalb auch auf speciel-
leren Karten zu fehlen pflegt. Besonders für den Stamm der Beni Amr
(der in Berlin nur durch zwei Personen vertreten war) dürfen also die nach-
folgenden Farbenbezeichnungen auf einige Vollständigkeit Anspruch erheben.
In Bezug auf Schwarz, Weiss, Roth war durchaus kein Schwanken in
der Wahl der Benennung zu spüren, und auch für Braun stellte sich ein
Sondernamen von nahezu ähnlicher Gemeingültigkeit heraus. Es wurde ge-
genannt:
schwarz hadal
weiss eräb^)
roth adarob
braun hamäsch.
Offenbar dreht sich zumeist um diese Farben, wenn überhaupt um
Farben die Unterhaltung der zumeist mit Viehzucht und Jagd beschäftigten
Nubier. Bräunliche, weiss und schwarz gezeichnete Thiere kommen ihnen
alle Tage vor. Das Roth des Blutes, das Weiss der Milch wird wie das
Dunkel der wolkenschwarzen Nucht gewiss Gegenstand ihrer Aufmerksam-
keit und ihres Gesprächs seit Alters gewesen sein. Ein in glücklicher
Farbenbezeichnung wie auch sonst durch Witz und Gewandtheit sich her-
vorthuender junger Heikota-Mann, Saleh uod Adam, nannte eine Art Braun
hamasch karäi, vielleicht nach dem Fell der Hyäne (kerai in Hunzingers
Vocabular). Und wohl vom Schwarzblau des sternenklaren Nachthimmels
stammt es, dass mitunter hadal auch für Dunkelblau gebraucht wurde. In
unbestimmterer Weise heisst delif (bei Munzinger dölif) dunkel, keineswegs
nur braun, wie Munzinger angiebt; es wird ebensogut von dem Aussehen
der eigenen schwarzbraunen Haut als von dunkelviolett gesagt. Auch als
adverbialer (zur Bezeichnung gemischter Farben dienender und dann wie
bei uns der adjecti vi sehen Bezeichnung der Hautfarbe stets vorangestellter)
Ausdruck für dunkel wird delif angewendet und nur als solcher adäl (adar ?)
z. B. für dunkelbraun, adäl hamasch, jedoch auch delif hamäsch, sowie
hamäsch delif; für hellbraun und für eine Art rothbraun gebrauchte der
1) Das auslautende b ist adjectivisches Masculin-Suffix (auch die weisse Gazelle heisst
nach Munzinger im Bedauie erab), selten wurde das Feminin-Suffix a bei diesen Farben-
namen gebraucht, also statt eräb und adarob erat und adarot gesagt, öfter aber ein schwach
austönendes u (ö, e?) noch am Ende hörbar (adarobü, oder adaröbe). Oft klang auch das
r wie 1.
üeber Farbensinn nnd Farben^ezeichnunj^ Her Nubier.
399
schon erwähnte Saleh hamasch jaf (nach der Farbe der eigenen Lippen; bei
Hunzinger jafa Pluralform für Mund), und solche substantivische Beihülfen
scheinen dann in der Kegel — entgegengesetzt unserem Kosenroth, Veilchen-
blau — dem Adjectivum nachzufolgen.
Nur in einer Beziehung ist hamasch nicht so ausnahmslose Bezeichnung
für Braun wie hadal erab, adarob für Schwarz, Weiss und Roth: man hört bis
weilen statt dessen hämisch. Doch in diesem Wort steckt ähnlich wie in delit
keine eigentliche Farbenbezeichnung, es bedeutet vielmehr eine unreine, unbe-
stimmte oder Bastardfarbe und führt uns daher von Braun durch Grau in
Gelb, ja sogar in die bläulichen und grünlichen Farbentöne. Es heisst
nämlich hämisch zunächst bräunlich und vicarirt geradezu für hamasch; in-
dessen lässt sich das durchaus nicht umkehren: hämisch ist die echte Be-
zeichnung für Grau, hamasch dient dazu nur mit dem Beisatz eroi oder
elöi (hamasch eroi) d. h. jedenfalls weisslich, und eroi kommt auch selb-
ständig für Lichtgrau vor, desgleichen era (elä) d. h. weiss und (abgekürzt)
el in Verbindung mit hämisch, nämlich era (elä) hämisch und el hämisch.
Dass nun ein ganz lichtes Gelb gleichfalls el hämisch genannt werden kann,
überrascht noch nicht so sehr, denn nach obiger Deutung ist eben Beides
„lichtfarben oder weisslich verwaschen" ; dass aber dieses nämliche el hämisch
auch für Dottergelb begegnet, synonym mit sot hämisch, was auch Orange,
Grün, ja Dunkelviolett bedeuten kann — das führt uns zuvörderst in gänz-
liche Rathlosigkeit, aus der uns indessen eine nähere Vergleichung folgender
tabellarisch geordneter Synonyma bald erretten soll:
Orange
Gelb Hellgrün
Dunkelgrün
Hellblau
Dunkelblau
Violett
sotäi
sotäi
sotäi
sotäi
sotäi
sotäi
sot homam
sot homäm
sot homam
dunkusib
sot homäm
gurküm
gurküm
sot hämisch
sot hämisch
sot eboi
söt hadäl
delif
(oder girkim)
sot gurküm
farbäi
sotäi darur
homäm
hadäl
dunkusib
adal gurküm
sot eroi
sot hämisch
adarobe
el hämisch
sot adarob
söt hämisch
sot hämisch
Alle hier zusammengestellten Farben sind als Angehörige der söt- oder
sotäi-Gruppe gekennzeichnet, und dieses sot (regelmässig noch mit einer
näheren Bestimmung, hamasch oder homäm [öfters wie hamäm klingend],
versehen, heisst ebenso wie das selbständig gebrauchte sotäi offenbar weiter
nichts wie bunt im Sinne von weder schwarz, noch weiss, noch roth, noch
braun.
Keiner wird verkennen, dass die Farben auch dieser Gruppe, troij!
400 A. Kirchhoff:
mehrfach begegnender Gleichbenennung dennoch meist Specialnamen besitzen.
Namentlich wird gurküm (oder, wie es fast ebenso häufig lautet, girkim)
ausschliesslich für Gelb und Rothgelb gebraucht, wobei sich die Wortver-
einigung adal gurküm für den tieferen Ton der Orange aus Obigem von
selbst erklärt, auch das (seltenere) sot hämisch für beide Gelb nun nicht
mehr Wunder nehmen wird, da wir in sot einen eigenthümlichen adverbialen
wie in sotäi einen ebensolchen adjecti vischen Gattungsnamen erkannt
haben, in hämisch aber den ganz allgemeinen Namen für eine nicht recht
bestimmte Färbung (für Dottergelb übrigens nur einmal gehört, daher an's
Ende der Reihe gesetzt). Auch ist es ganz verständlich, dass in dieser
„Bunt-Gruppe" zweimal doch adarob begegnet, nämlich da, wo sie mit
Rothgelb (Orange) und Rothblau (Violett) in einem Element der Mischung
über ihre Grenze hinausreicht. Dabei mag es Zufall sein, dass ich nur für
Violett, nicht aber für Orange adarob mit dem Vorwort sot vernahm, wie
es wohl auch nur zufällig war, dass mir für Orange niemals sotäi genannt
wurde. Uebrigens waren unsere Nubier allerdings geneigt adarob auch für
unreine und matte Spielarten des Roth in recht verschiedenen Nuancen zu
gebrauchen, namentlich auch für helle Hautfarbe. Sie bezeichneten z. B. den
jugendlichsten ihrer Genossen, den 15jährigen Lila uod Gäid, durchaus
nicht als delif, sondern als adarob, weil er lohfarben-gelblich aussah. Und
der sprachkundige Omar, der uns noch näher beschäftigen soll, sagte mir:
„Du adarob, ich delif; Europa alles adarob, Afrika dehf."
Dass, wie Virchow (a. a. O. S. 353) behauptet, sotai auch für Grau
vorkomme, möchte ich bezweifeln; höchstens für ein bläuliches oder sonst-
wie bunteres Grau, nicht aber für ein reines Silbergrau möchte das der Fall
sein. Und zu ändern ist auch nun wohl der ebenda zu lesende Ausspruch:
„Eine Sicherheit ist jedenfalls nicht gewonnen, ob im Bedauie ein bestimmtes
Wort für blau existirt." Unsere Tabelle liefert den Beweis, dass dunkusib
nur Blau bedeutet, und zwar Dunkelblau, seltener Dunkelviolett, Besonders
aber möchte ich noch auf ein interessantes Ergebniss dieser Tabelle auf-
merksam machen: dass nämlich durch homäm (hamära) aus der Bunt-Gruppe
sich eine Blau-Grün-Gruppe noch absondert; Hellblau wurde mir sogar ein-
mal schlechtweg homäm genannt, und für Dunkelblau fehlt in der Tafel
vermuthlich ^vieder nur zufällig das sot homäm. Lehrreich erscheint auch
sot eroi neben sot hadäl: Hellblau ist dem Bedauie-Redonden also ein
Weisslich mit bunter (blauer) Zuthat, Dunkelblau ein Schwarz von derselben
Beimischung. Die Unterscheidungen von Hellgrün und Dunkelgrün als
farhäi und sotai darür rühren abermals von Saleh her, der sichtlich bewusst-
voUes Interesse verrieth, die ihm ungewohnte Sonderbezeichnung so nahe
verwandter Farbentöne doch zu erringen; falls die Verdolmetschung nicht
irre führte, meinte er mit sätai darür das Grün des Grases (darür).
Am deutlichsten ergiebt sich die in Nubien herrschende Gleichgültigkeit
Blau und Grün für gewöhnlich zu unterscheiden daraus, dass die Djälin,
üeber Farbensinn und Farbenbezeichnung der Nubier. 401
nach Hartmann ein entschiedener Bedscha- Stamm, bei Annahme der
arabischen Sprache das in dieser Grün bedeutende Wort für Grün und Blau
zugleich einführten. Omar Mudeni, der vierzehnte unserer Nubier, war ein
Djäli vom Nilufer, gebürtig aus Galöba bei Macherif, das auf unseren
Karten unzweckmässig mit dem Landesnamen Berber aufgeführt wird. Er
gehörte bereits der Berliner Nubier-Karawane an, wurde aber in Berlin,
so viel ich weiss, nicht mit auf seine Farben-Nomenclatur untersucht. Er
nannte :
schwarz asrek
weiss abjed
roth achmer
braun asrek bünni
grau achabesch
orange achmer homi
gelb asfer
grün
, , , achder
blau
hellblau achder labani
dunkelblau asuad.
Er war so vollkommen ungewohnt Blau und Grün sprachlich zu unter-
scheiden, dass er die Farbe des klaren Himmels ebenso wie die des Laubes
mit achder und nur mit achder bezeichnete, was bekanntlich im Schrift-
arabischen ausschliesslich Grün bedeutet. Welchen Fehlschluss würde man
aber begehen, ihn deshalb der Farbenblindheit zu zeihen! Er unterschied
das wässrige Blau durch Vergleich mit der Milch als milchfarben (labani)
von dem gesättigten, für welches er das schriftarabische Wort für Schwarz
(asuad) hatte. Ausser den (meines Wissens überhaupt nicht schriftarabischen)
Worten achabesch und homi, durch welches letztere er Orange als eine be-
sondere Spielart von Roth hervorhob , während er für Violett gar keinen
Taufuamen fand, fesseln besonders diese gegen die ursprüngliche Bedeutung
etwas verschobenen Namen der düstern Farben. Das arabische Wort für
Blau (asrek, azrak) machte er zum Namen des Schwarz wie umgekehrt.
Wahrscheinlich sollten wir darum Bachi' el asrek auch nicht „Blauer Nil",
sondern Schwarzer oder Dunkler Nil übersetzen. Dabei zog Omar, um
reines Schwarz von Braun zu sondern, für das ihm ein einfacher Name
fehlte, Vergleiche heran: jenes nannte er genauer asrek kiichli (Adjectivum
von küchl oder kochl, Antimonschminke zum Schwärzen der Augenränder),
dieses asrek bünni (von bünn, Kaffeebohne). Die üebernahme des dsfer —
neben abjed und achmer der einzige in unverändertem arabischen Sinne be-
wahrte Farbenausdruck der Djälin — seine nie zu bemerkende Verwechslung
mit achder erinnert uns an die erwähnte Scheidung des Gelb-Bunt vom
Blau-Grün-Bunt im Bedauie.
Unsere Untersuchung führt also zu dem Ergebniss: weder Unvoll-
402 A. Kirchhoff: üeber Farbensinn und Farbenbezeichnung der Nubier.
kommenheit des Farbengesichts noch eine solche des Sprachvermögens,
sondern Gleichgültigkeit hat die Nubier und neben ihnen noch eine grosse
Zahl namentlich afrikanischer Völker (wie R. Andree nachwiess) nicht zur
Uebung im sprachlichen Auseinanderhalten gewisser Farben, insbesondere
des Blau und Grün, gelangen lassen. Man stehe mithin gänzlich ab von
dem ungerechtfertigten Schluss, die Sprache eines Volkes sei in ihrem
Farbenwortschatz ein treuer Spiegel seines Farbensinnes, und lasse sich
durch das Beispiel der Djälin belehren, dass ein Volk im Stande ist, selbst
ihm fertig angebotene Wortbilder für scharfe Farbensonderung wie jene
arabischen für die einander thatsächlich auch im Spectrum benachbarten
Farben Blau und Grün abzulehnen, einfach, weil es auf diese Unterscheidung
nicht Lust hat, im gewöhnlichen Leben einzugehen.
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L.
von
Dr. Saalbom.
A. Summarisches Verzeichniss
der in den Jahren 1875—1879 ermittelten prähistorischen Fundstücke aus
dem Kreise Sorau und von Fundstellen an der Grenze desselben.
Gegenstand
Gegenstand
<c
_^
tu
<£>
a
c
M
o
<D
ei
N
TS
I. Aus erratischer Stein-
masse
(Flint, Granit, Diorit, Syenit,
Sand, Kalk, Gyps — ?— ):
Flintmesser
Flintschabstein, Pfeil-
spitzen, Flintmeissel .
Aexte (1 aus Sandstein)
Hämmer
Eine kleine Walze (Reibst.)
V. Granit
Keile
Wirtel u. Netzsteine . .
Schleifstein (Granit) . .
Gurkensteine
Mahlsteine
Von 1 Dolmen mit 4 Stein-
platten
Summa I.:
In Urnen:
II. Aus Knochen:
Nadel mit Oehr . .
(Menschenzähne etc.)
Summa II.
Latus
6
14
12
1
2
5
1
14
1
3
10
37
61
13
Transport
III. Aus Rom:
Heft (Hirschhorn) . . . .
Zehenspitzen (Strauss?) . .
Summa III.:
IT. Aus Holz:
Perlen
Stücke aus 1 Pfahlbau . .
Summa IV.
V. Aus Kupfer:
Spirale
Lanzenspitze
Halbmondförmige Stücke
Ohrring
Stück Blech
Summa Y.;
VI. Aus Bronze mit
Patina:
framea (?)
Nadeln (Busen-, Haar-)
Latus
2
46
37
34
78
404
Dr. Saalborn:
Gegenstand
Gegenstand
CS ^3
Transport
Stücke V. Nadeln etc. . .
Knopfartige Gegenstände .
Messerklinge
Kelt (Schaft- u. Hohl-) . .
1 Dreifuss, 1 Zeidlermesser
Pfeilspitzen 10, Lanzensp. 6
Fibel mit Nadel
Schab- u. Rasirmesserchen
Schlangenringe (Drath,
Spirale)
Stücke V, solchen ....
Ringe (Finger- 2, Bein- 15,
Arm- 20)
Ohrring mit (Bommeln). .
Halsringe, Haarringe . . .
Halsschmuck in Stücken .
Halsring mit 18 Ketten -
ringen
Halsring mit 46 Glasperlen
Hals- u. Brustschmuck mit
30 Kettengliedern und 9
Plättchen, de. m. Gliedern
1 Gürtel, 2 Agraffen . . .
1 Reibstein , 3 Meissel ,
1 Platte
1 Hackmesser, 1 Eimer. .
9ährenfürmigeSchmuckgest.
Verschiedene Bronzestück.
Summa VI. :
VII. Thongefässe ohne u.
mit Verzierungen.
1. Urnen, glatte (darunter
mit 2 Henkeln, Oehren,
Leisten, 2, 4, 6, 8 Hörnern
=48) .
2. Doppelurnen (-Töpfe)
3. Titthen Urnen (Buckel-)
Titthentöpfe
Titthenkrüge (Methkr.?). .
4. Deckel resp. Schüsseln,
Teller, Stürzen, Näpfe,
Näpfchen, (auch 3 u. 4
fache „Thränennäpfchen")
5. Töpfe
a) ohne Henkel od. Oesen
b) mit l „ „ „
c) „ 2 „
d) , 2 Hörnern, Ansatz.
« 4 « w
29
10
3
2
1
1
48
3
2
1
16
16
1
1
7
7
26
12
48
5
9
35
19
1
39
285
3
5
2
9
86
78
39
285
556
238
16
13
10
9
11
11
12
12
84
126
120
157
147
94
94
3
3
3
3
Latus
1379
671
605
Transport
mit 6 Hörnern, Ansatz.
„ 8 (je 2 nebeneinad.)
e) „ 1 Kranze
6. Kannen u. Kuffen .
7. Obertassen
8. Becken, Schalen,
Schälchen
9. Krüge
lO.Krüglein, Fläschch.
11. Diverse Thongefässe, w.
sub. 1—10
12. Andere Gefässe u.
Geräthe aus Thon:
Löffel
Flaschen
Büchsen
Tiegel
Hörn
Scheiben
Maass in Literform . . .
Ein kreiseiförmiges Stück
mit 1 durchgehenden Loche
Stücke in eckiger Form .
Gegenstände in Obelisken-
form (4-kantig, 6-8 cm hoch)
Perlen in Linsenform . .
1 grosse Perle, punctirt .
Pokale
Humpen . •
Pokalschale
Doppelbecher
Räuchergefässe
Wirtel
Idole
12. Scherben mit charakte-
ristischen Verzierungen .
Summa VII.:
In U rnen:
VIII. Ans Glasmasse an
Bronzestücken:
Glaskugeln, -knöpfe auf
Nadeln
Perlen, graue, blaue, grüne,
braune
Summa VIII.
Latus
1379
2
2
2
35
90
80
50
39
1320
10
4
1
4
3
1
1
9
2
2
2
136
35
87
77
47
38
40
1
1
1
4
3
1
1
9
1
2
75
136
1867
1) An Lehmgefässen etwa 10.
2) An keinem der Thonfundstücke das Weilenornamentl
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L.
405
Gegenstand
Transport
IX. Aus Eisen in Urnen:
Ringe, auch 1 kleiner in
der Form eines Siegelring.
Speer-, Lanzenspitzen . .
Pfeilspitzen (2 seitige 1, 3
u. i kantige 6)
Spitze eines Fischspeeres .
Nadeln (eine mit 1 Oehr).
Mantelschloss
Schabmesser
Platte (rund) mit 1 Loch .
Sporn (verrostet) ....
1 Schwert, gradlinig u. zwei-
schneidig (germanisch). .
Stücke aus verrostet. Eisen
Schlackenmasse
Summa IX.:
X. Ans Gold in Urnen:
Golddraht (Spirale). . . .
1 Spiegelplatte (rund) . .
Goldplättchen
Summa X.:
XI. Römische Münzen in
Urnen :
I Antoninus, anno 138 — Cl
1 Aurelius, „ 161—80
1 Maximinus, , 253—58
1 Gallienus , 259—68
Latus
1867
1 905
38
10
Gegenstand
Transport
XII. Gezeichnet:
d. Teufelstein, b. Kemnitz-
Triebel
1 Hunschloss, 1 üunhaus,
3 Grabhügel (mogila), . .
Durchschnitt eines Kasten-
Grabhügels mit Rollstein.
Summa;
XIII. Fundstellen:
1. im Kreise Sorau . .
2. am , , . .
a) im
b) ,
c) „
d) ,
e) V
0 «
Sagan . .
Rothenburg
Guben . .
Crossen
Spremberg
Cottbus . .
Summa
I =
> OJ
es N
1 905
1912
212
159
371
Von diesen hat Saalborn 249 theils selbst
entdeckt, theils zum 1. Male ermittelt resp.
verzeichnet. Von den 45 im Kreise Guben,
der ehemals zur Terra Sarowe (Sorau) gehörte,
waren ihm 17 Stellen vor 1875 bekannt; die
Kenntniss der anderen 28 verdankt er dem
Blitgliede Dr. Jentsch i. Guben. —
Recapitulation.
L Fundstücke aus Stein
n.
111.
IV.
V.
VL
vn.
YIII.
IX.
X.
davon gezeichnet 1 912
Stein . . .
61
Knochen
13
Hörn . .
. . 3
Holz . .
3
Kupfer .
8
Bronze .
671
Thon . .
. 2 756
Glasmasse
138
Eisen . .
38
Gold . .
10
Sumt
na: 3 701
erhöht auf 65')
.... 15
3
.... 4
.... 9
.... 698
. . . . 3 080
.... 15o
.... 40
• • • • 11
.... 4075
etwa 2 040
1) Während des Druckes dieses Verzeichnisses hat sich die Zahl erhöht.
406 ^■■- Saalbom:
B. Specielles Verzeichniss der Fundstellen.
I. im Kreise Sorau.
1, 2. Bademeusel a. d. Neisse, südl. von Forste. Im Osten und Süden
vom Orte 2 Fundstellen. Um 1840 Urnen auf dem rechten Neisseufer,
Hügel noch vorhanden. (Lehrer Jurk und der Ortsvorsteher Nie sehe.
Einige Gefässe vom Grafen Brühl in Pforten dem Mark. Prov.-Museum in
Berlin übersandt. 1 Doppelurne, erwähnt in der Zeitschr. f. Ethnologie, 1875).
3. Bademeusel, Klein-, daselbst. Schanzen und Wall (diluvischer
Sand), nach Süden vom Orte, auf dem linken Neisseufer.
4. Bahren, nördl. von Triebel. 1 Sandhügel von Wasser umgeben,
aber 1877 abgetragen. Der Hügel ist zu Acker gemacht, der Burgwall zu
einer Wiese. Scherben und Eisenstücke. (Ortsrichter Lehmann).
5—7. Baudach, südöstl. von Sommerfeld. Seit 1844, 1876 und 1879
wiederholt Urnen, Töpfe, Scherben, Steininstrumente, nach Süden und am
Bahnhofe. Hügel noch vorhanden. (Der Ortsvorsteher, 1 Bahnwärter, 4
Arbeiter und der Architect Scheuermann; das Gubener Wochenblatt vom
5. October 1876, das Sommerfelder Wochenblatt, Nr. 70; der Pastor Schulze
in Linderode; der Töpfermeister Schieb lieh in Gassen; 1879 Bahnarbeiter.
8—12. Benau, nördl. von Sorau. Im N. 0. und S. 0. 1824, 1861,
1853, 1873/74 und 77. Urnen etc., Scherben. — (Pastor Petri, Bauer
Aisch in Benau; Scbeltz, Gesammtgesch. 1847, S. 4; Ritterguts-
besitzer Fischer; Riehl und Scheu, Berlin und die Mark Brandenburg
1861, S. 544; der Postexpedient Gros sm an n in Benau; die Petri-Bibliothek
in Sorau; Saalborn).
13 — 14. Berge östl. v. Forste. Nach Süden, Norden vor 1861, an
dem „Wendenkirchhofe" seit 1874: Urnen mit Resten des Leichenbrandes,
1 Krüglein, Scherben, 1 kreisrunde Scheibe, 1 Räuchergefäss, Broncenadeln.
(Riehl und Scheu 1861, der Lehrer Kleist und der Todtengräber Opitz
in Berge; der Lehrer Weigel in Lobs bei Sorau; Dr. ^oss in der Zeit-
schrift f. Ethnol. 1875; Dr. Veckenstedt, Zeitschr. f. E. 1878. — Einige
Thongefässe an das Mark. Museum vom Grafen Brühl in Pforten einge-
sandt.)
15 — 16. Bernsdorf, östl. von Triebel. Nach Südosten schon vor
1692 Urnen. (Nach Wagner's Annalen im Laus. Magazin 1838 S. 139.)
Neuerdings 1 bronzene Framea (?) mit Ansätzen zu Oehren (nach Dr.
Jentsch in der Zeitschr. f. Ethn. 1877).
17. Berthelsdorf, südöstl. von Gassen. Ein WaU (Sand), durch
Ortsvorsteher Bogisch.
18—22. Billendorf, nördl. von Sorau. Vor 1692, dann 1873,77,78,
1879 an 5 Stellen am „Luge" ; nämlich im W. auf der „Hölle", im S.-W.,
im S. an den „Königsgräbern", im O. an dem „Kroatenwege", im W. in den
^Räuden" (Räuden). Noch Vorrath. Gegen 200 Urnen etc.; von Bronce
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L. 407
3 Pfeilspitzen, 1 Nadel, 1 Knopf; 1 Steinhammer, die Hälfte einer colossalen
Steinaxt ({geschliffen); 1 Ring von Eisen, 1 beilartiges Werkzeug von Eisen
(gestählt); mehrere Stücke einer zerschmolzenen und zerbrochenen Glas-
masse; 1 King von Glas; 5 Menschenzähne aus dem Brande. Unter den
Thongefässen eine roth gestrichene glänzende schöne Urne und Stücke von
einer glänzend schwarz gefärbten und mit '2 Leisten versehenen; 1 Topf
mit (), 1 mit 8 Hörnern (an diesem je 2 neben einander, also 4 Paare),
1 Titthenkrug und 1 Titthenurne „(Buckelurne"). Im Sande eines kleinen
Topfes befanden sich an 4 Stellen durchgehend schwarze Stellen, die man
für die Ueberreste von Docht hielt; in 1 andern eine sandige Masse, in
der man die Form von Speiseresten (Fleisch) zu erkennen meinte; 1 „Pumper-
stein" (Opferstein). — (Alte Nachricht in Wagner' s Annalen 1692; Riehl
und Scheu 18G1; der Lehrer Engelmann in ßillenhorf 1877, 78, 79.
Der Bauer Blobel daselbst 1878; G. Saalborn 1878).
23. Bohrau, nordwestl. von Forste. Nach Westen 1 Wall (Sand);
(der Ortsvorsteher Schulze in Sacrow).
24 — 26. Brestau, nordwestl. von Sorau. Nach N. am „Lugk" 1873,
nach S.-W. und 0. Im Sande viele Urnen , Nadeln von Bronze. Vorrath
an Hügeln ; Im S.-W. 3 Urnen, welche umgestürzt und übereinander gesetzt
waren, zwischen Kämmerchen von Steinen ; ringsum Asche mit kleinen
Bronzenadeln und gebrannten Bronzeresten,- auch Perlenkugeln, wie ISIilch-
glas. — Im 0. 1 Schanze. — (Der Steinsetzer Warlich in Sorau, der
Gutsbesitzer Schön und sein Buchhalter Rothe in Brestau, Förster Giese
in Altenau, Kreis Kalau, Saalborn).
27. Buchholz, westlich von Triebel. Nach Norden Urnen, (Saalborn).
28. Buckoke, südwestl. von Triebel. Nach Südwesten: Urnen
(Orts Vorsteher Noack).
29 — 30. Christianstadt am Bober, nördl. von Sorau. Nach Süden:
Urnen, schon vor 1600 und neuerdings 1876. (Der Superintendent Garcaeus
in Sorau um 1600 in seinen Nachrichten (Manuscr.) und der Schlossermeister
A. Müller 1877 in Naumburg am Bober).
31 — 32. Culme, westl. von Sommerfeld. Nach 0. und im Norden
Urnen. Hügel noch vorhanden. — (Der Schanker Lindner daselbst und
G. Saalboru in Sorau 1878). Silberne Bracteaten fand und besitzt nach der
Angabe des Ortsvorst. Lehmann der Herr von Wiedebach.
33 — 35. Dattcn, nördlich von Pforten. Nach W. am „Töppelberge"
und nach N. um 1874: Urnen und Eisenreste. Unter den Thongefässen
1 Topf mit 2 Hörnern und 1 mit einem Kranze. — (Der Pastor Böttcher
in Nieder-Jeser; der Bürgermeister Kunzer in Pforten, der Mauermeister
Grosse daselbst und Dr. Jentsch in der Zeitschr. f. Ethn. 1876 77).
36 — 37. Dolzig, südwestl von Sommerfeld: der „Trebehügel'* im
S. und der „Töppelberg" im S.-O. — Trebehügel, d. i. der Opferhügel.
(Wendisch tjreba, in der Niederlausitz: treb, das Opfer).
408 I^r- Saalborn:
38 — 40, Droskau, nordwestl. von Sorau. Im W. am „Pfaffen graben"
und im N.-W. am „Pfaffenholze" vor 1700: 3 Urnen, 1 Löffel von Thon,
1 Nadel von Bronce, 1 kleines Kreuz von Bronce. (Angabe des Pastor
Deckart daselbst 1716 in der Vorrede zu einer Predigt.) — Beim „Hammer
Vorwerke" um 1840 mehr als 40 Urnen etc. (Apotheker Mylius, der
Schanker u. A.) — 1 „Schlossberg", d. i. 1 Rundwall aus Sand mit Mauern
ohne Mörtel, obgleich sich mächtige Kalklager in der Nähe befanden, zwischen
Droskau und Laubnitz; vor 30 Jahren etwa ein Theil der Steine zu Bau-
zwecken abgefahren. (Der Lehrer Böhmer z. Z. in Sorau).
41-42. Du brau, nördl. von Sorau, 405' hoch. Nach S.-O. und im
0. um 1850 und 1870: Urnen, 2 Pfeilspitzen v. Bronce. (Der Gäriner
Graf, der Richter Wuudke daselbst, der Lehrer Weigel in Lohs.)
43. Düben, klein, westlich von Muskau. Im N.-W. auf Krals
Felde; 1834 daselbst etwa 40 Fuhren Steine aus Grabhügeln abgefahren
und viele Urnen etc. zertrümmert.
44. Erlenholz, westl. von Triebel. Im S. Urnen.
45. Eulo, nordwestl. von Forste. 1874: Urnen; (der. Ortsvorsteher).
46—50. Forste a. d. Neisse. An 5 Stellen im N.-W., 0. und bei
Alt-Forst am „Töppelberge", am Schlosse, am Vorwerke „Mickenheyn"
am „Schöpstliesse." Vor 1683, um 1738, 1826, 1861, 1876: Urnen etc. —
(Magnus der Aeltere, f 1683; Heinsius, Hist. Entwurf 1738; Destinata
1Y38 S. 251; Siugularia 1738 S. 581; Merkel, Erdbeschreibg. VI. Bd.
S. 250; Kästner im Laus. Magaz. 1826, S. 199; Schneider, Chronik
von Forst 1846, S. 76; Scheltz, Gesammtgesch., S. 3; Riehl und Scheu,
1861, S. 577 und 544; Kunzer, Bürgermeister in Pforten und der Bau-
inspector Strasser daselbst; Dr. Voss in der Zeitsch. f. Ethnol. 1875).
51 — 54. Fried er sdorf, nördl. von Sorau. Im N., N.-O. und S. , im
„Han" und an der „Pumpergrenze" ! Vor 1800, um 1825, 1835, 1870, 1877:
Urnen, 1 broncene Fibel mit Nadel, 6 Nadeln und 1 „Rasirmesserchen"
von Bronce; ausserdem „viele Broncenadeln (Vorsteck- und Haarn.), zum
Löthen in der Schmiede verbraucht — angeblich die beste Löthmasse, besser
als Wismuth — bis auf 1 Vorstecknadel, die 18 cm lang, und statt des
Knopfes ein 5 fach zusammengepresstes, 3 cm breites plattes Gewinde in
Schneckenform hat; patinirt. — 1878 waren noch 32 Hügel im „Busch"
vorhanden, aber nicht mehr intact. — 2 „Pumpersteine" (— Opferst.) i), von
denen der grosse 20' im Durchmesser und 36' im Umfange hatte; leider
sind beide 1835 zersprengt und zu einem Baue verwendet. Eine Platte
aus dem grossen P. ist angeblich als Grundstein des Schützenhauses in
Christianstadt a. B. gelegt worden. —
Unter den Thongefässen ein Titthenkrug (Buckelkrug) und 1 Topf mit
einem Einsatzdeckel. — Im S.-O. 1 „Schanze" (Sand). —
(Alte Nachricht von einem Urnenfunde in Merkels Erdbeschr. VI,
1) Der grosse hatte 9 Löcher von Meii&chtiibaiid eingehauen, um 1 grosseres in der Mitte;
ie waren 1" tief, l%" weit. Nach der Volkssage „bat der Teufel hier Kegel geschoben."
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L, 409
S. 265, eine neue vom Pastor Petri in Benau, wohin früher Friedersdorf
als Filial gehörte, von Saalborn).
55 — 58. Gassen an der Lubst, nordwestl. von Sorau. Im N., W.,
S.-O.; in Alt-Gassen im Orte, im „Teuthün engarten"; früher und zu-
letzt 1877 und 78 Urnen, 1 Titthenurne, 1 Titthenkrug, 1 Titthentopf
(„Buckel-"), 1 Kupferdraht (Spirale): das Dominium liegt auf dem „Teuthünen-
garten." —
Der Töpfermeister Schieb lieh in G., der Lehrer Lö ebner in Soran,
der Pastor Schulze in Gassen (seit 1877 in Linderode); der Ortsrichter
in G. und Schuhmacher Müller daselbst; Gubener Wochenblatt von 1876,
Saalborn.
59 — 60. Gersdorf, nordwestl. von Sorau. Im N'.-W. und S. 1846,
1860: Urnen etc., in einer derselben röthliche Haare von einem Thiere. —
1878 Hügel noch vorhanden — (der Inspector Pohlenz daselbst, der
Kutscher Bartsch, 1878 in Waltersdorf; Arbeiter in Bergisdorf und
Saalborn).
61. Goldbach, östl. von Sorau. Im S.-O. 1847: Urnen und 1
Schelle, diese von Bronce. — (Der Archidiaconus Kirchner in Sorau;
Besitzer: der Herzog in Sagan). — 1879 fand der Küster Klenke Scherben.
62. Göhren, nördlich von Sommerfeld, Kreis Krossen. Um 1840:
Töpfe, Näpfe. — 1878 in einem Busche beim Ausroden: Thongefässe mit
schwärzlicher Masse gefüllt, theils als Blumentöpfe benutzt, theils in den
Fluss geworfen (E. Sittig),
63_64. Grabig, westl. von Sorau. Im S.-O. und N.-W.: Urnen-
scherben.
65. Gurkau, westlich von Sorau. Im W. 2 Schanzen, 1 „Schlossberg"
auf einem tiefen Wiesengrunde. (Lehrer Thiele, Ortsrichter Just daselbst
und der Steinsetzmeister War lieh in Sorau).
66 — 67. Guschau am Billendorfer Luge, nördl. von Sorau. Im S.-W.
und S.-O. Urnen und 1 schwarz gefärbter Topf mit 1 Henkel.
68—70. Hasel, westl. von Sorau. Im N.-W., S.-O. und W. 1846,
1850, 1857, 1862, 1877, 1878 viele Urnen etc. und Scherben, Broncestücke,
1 Kugel von bunter Glasmasse (?). — (Alte Nachricht, cf. W'orbs Geschichte
1826, S. 72; neue: vom Pastor Pannewitz in Linderode bei Hasel;
Gutsbesitzer von Lüdecke und die Lehrer Friebe, Bartusch und
Brummer daselbst; Meier in Leisegar; ßruunenmacher Schellschraidt
in Sorau; Schornsteinfeger Ludwig in Sorau; Graf Münster auf Tzschuck*-
dorf bei Triebel, welcher eine kleine Sammlung besitzt; der Wirth Wonne-
berg; Saalborn).
71 — 72. Hermsdorf, nordwestl. von Sorau. Im S. am .^Heidenberge*
viele „Töppel" .V Meter tief im Sande. Noch Vorrath. 1 ..Schlossberg"
und 1 „Wall", aber abgetragen. (Herkner in H. und der Ortsvorsteher
Bogisch in Berthelsdorf).
410 Dr. Saalborn:
73. Jähsen, nördl. von Sorau. Im W. um 1860 Urnen. (Lehrer
Engel mann in Billendorf).
74. Jeser, Hohen-, nordwestl. von Pforten. 1876 auf einem Hügel
eine Lanzenspitze von Kupfer. (Der Bürgermeister Kunzer in Pforten).
75. Jeser, Nieder-, noi-dwestl. von Pforten: 1 Rundwall zwischen J.
und Tauchel, 1 Hohlkelt mit Oehr, gef. um 1835 auf einer Wiese, 1 Pfeil-
spitze: beide von Bronce. Der Pastor Böttcher in N. Jeser vermuthet
im Jeser'schen See einen Pfahlbau.
76. Jeschkendorf. südöstl. von Sorau. Im W. um 1850. Urnen
und Näpfe in Steinkasten ohne Sand: unter dem Rasen.
(Der Bauer Else daselbst, der Arbeiter Seidel, 1878 in Kunzendorf
bei Sorau; Saalborn).
77. Jessen, südwestl. von Gassen. An mehreren Stellen um 1853
mehr als 100 Thongefässe, von denen ein Theil als Schmalz-, Mehl-, Honig-,
Samentöpfe etc. von einem Krämer benutzt worden sind, 1878 und 1879
zwischen Jessen uudJüritz, etwa 100 Urnen etc., von denen 16 Urnen und
39 Töpfe, Schaalen, Tassen etc. noch vorhanden und sich im Besitze des
Rittmeisters Krug^) auf Jessen und des Herrn von Uechtritz auf Jüritz
befinden; die Verzierungen in Triangelform, Hörnern, Leisten, Bandlinien,
Buckeln etc. 1 Streitaxt aus Kieselschiefer in der Form eines Löthhammers
und 1 Hörn aus Thon, beide Stücke zusammen 5 — 6' tief, neben Urnen
gefunden. 14 Broncestücke von Ringen, Fibeln und einem Haisschmucke,
alle vom Feuer sehr angegriffen. Auch 1 Perle von Bronce. — das Hörn
ist bis jetzt wohl ein Unicum in der Niederlausitz. (Lehrer Schulz I
in Sorau, früher in Jessen; der Rittergutsbesitzer und Rittmeister Krug auf
Jessen nebst Gemahlin und Schwester; der Rittergutsbesitzer von Uechtritz
auf Jüritz nebst Gemahlin; Saalborn u. A.) — Vorrath an Begräbnissstätten
noch vorhanden. Im Oct. 1879 hat Hr. Kr ug noch etwa 100 Urnen aufgefunden.
78. Jocksdorf, südl. von Forste. Im N.-O. seit 1871 etwa 30
Urnen etc. Nadeln und Fingerringe von Bronce, bis 6' tief in Steinkasten,
die mit Rollsteinen bedeckt waren; ein solcher Steinhügel war von einer
dicken 5' hohen Mauer umgeben. Es war wohl eine Wohnstätte. (Schneider
Kubin in J.; Lehrer Weigel in Lohs,- von Schelgar, seitdem in
Wädelsdorl bei Spremberg). Noch Hügel im S.-O.
79. Jüritz, südwestl. von Gassen. Im S. 1866: Urnen massenhaft.
(Lehrer Schulz II in Sorau, früher in Jessen.) cf. Jessen ad 1878.
80. Kalke, nordwestl. von Triebel. Im N.-W. Urnen 1827 (der
Schwurmann Vaest — ? — )
8] — 82. Kemnitz, südwestl. von Triebel. Urnen an mehreren Stellen
vor 1847, 1861.
1 „Teufelsstein" (Opferstein,) der leider seit einigen Jahren immer tiefer
1) Durch fortgesetztes Nachgraben hat sich diese Zahl bedeutend erhöht; das Hörn von
Thon ist beschrieben in dieser Zeitschr. 1879 S. (151).
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L. 411
in den Sand hinein sinkt. Als Ursache dieser auffallenden Thatsache nimmt
man an, dass seit der Eröfinung der Kohlengruben in der Umgegend der
Stand des Grundwassers niedriger geworden und deshalb der Sand nach-
giebt. ^) In dem Teufelsstein befinden sich 15 Löcher; sein Umfang beträgt
48'; im mittleren Durchmesser hat er 12', im oberen 24'. Die 15 Löcher
sind 1 — 5" tief und 3—4" weit; auf der Ost- West- und Südseite befinden
sich je 5, jedesmal in einem Halbkreise. — 1 Schanze, 1 Ringwall, früher
von Wasser umgeben, jetzt von einer Wiese umgeben und mit Gesträuch
bewachsen.
(Preusker, Blicke 1844, III 160 und 172; Scheltz, Ges. gesch.
1847, S. 4; Riehl und Scheu, Berlin - 1860, S. 544; mehrere Bürger
in Triebel).
83. Kölzig, Gross-, westlich von Triebel. Vor 1700: Urnen.
(Heinsius, Hist. Entwurf 1738, S. 1).
84. Kölzig, Klein-, daselbst. Im N.-W. Hügel.
85. Kohlo, nördl. von Pforten. Im S. am „Töppelberge" vor 1876:
Thongefässe. Ausserdem cf. ad Datten.
86. Kotsemke, nördl. von Sommerfeld. Im N. 1 Pfeilspitze (Bartels).
87. Koyne, südl. vom Forste. Nor. 1738 und 1800 Urnen mit Asche
und Knochenresten; 1874 im W. Scherben, welche sehr roh, schwärzlich
und glatt waren. — 1 „Schlossberg" (Sand). (Heinsius, Hist. Entw.
1738, S. 1; Destin. 1738, S. 251; Singul. 1738, S. 581; Merkel, Erdbeschr.
VI, 249; Koppens in Koyne und der Lehrer Weigel in Lohs).
Koyne ist im Sachsenspiegel, der in dem Zeiträume zwischen dem 9.
und 12. Jahrhundert entstanden sein soll, erwähnt (IL art. 6).
88 — 90. Kriebau, auf dem linken Boberufer nordwestl. von Naumburg
a. B. Im N., S. am Hasenberge (Schlossberg) und im S.-O. 1845, 1846,
1877, 1878. Eine Kuh trat ein Thongefäss los; in Folge dessen grub zuerst
der Lehrer Weigel, dann der Pastor Pannewitz und der Schlossermeister
A. Müller nach; sie fanden ausser Nadeln mit Patina und einem eisernen
Mantelschloss etwa 50 Thongefässe verschiedener Art; ein Theil gelangte
ins Schloss zu Sagan, ein anderer nach Grünberg. Eine andere Sammlung
gewann der Bürgermeister Kunzer. 1878 kaufte Saalborn aus einem neuen
Funde daselbst die grösste aller bisher in dem Kr. Sorau bekannt ge-
wordenen Urnen 2) nebst einem Stück Deckel, 30 cm. hoch und 128 cm im
Umfange, ferner einen sehr schönen Tittheukrug. 1846 fand man daselbst
auch in einer Urne 1 Pfeilspitze von Bronce, breit und zweischneidig von
derselben Art, wie die in den Pfahlbauten der Schweiz.
91. Krohle, östl. von Triebel. Im 0. 1855 beim Chausseebauen in
einem Topfe 4 römische Münzen: 1 Antonin, a. 138—61, 1 M. Aurel, a.
161—80, 1 Maxirainus, a. 235—80, 1 Gallienus, a 259—68. Im O. bis
1) »Es kann aber auch Sand angeschwemmt sein" (Major Bode, Sorau).
2) In dieses Gefäss gehen 17,05 1.
412 Dr. Saalborn:
1870 auch 1 Schanze, 1 Wall, 1 Opferstein. (Ortsvorsteher Noack daselbst
und der Kaufmann Schönian in Triebel).
92. Kromlau, westl, von Muskau, Im S.-W. ein Krug (Munter);
1 Opferstein, Spitzen von Flint.
93-96. Kunzendorf, südöstl. von Sorau. Im S.-W., S.-O., S., W.,
0. seit 1851, 1865, Urnen 29 Stück eines Kopf-, Hals- und Brustschmuckes
von Bronce, 1 Arm-, 1 Beinring von Bronce, 1 Steinhammer, 1 Steingeräth,
1 vierfaches „Thränennäpfchen", dessen Schälchen nach Innen kleine Höhlun-
gen haben; also kein Thränennäpfchen, sondern ein Hausgeräth, wohl eine
4 fache Lampe. — 1 „Schlossberg" — Rundwall. (Der Pastor Augustin
in K., der Tischler Nickelmann, Director Schwarzer, Saalborn u. A.
97, Kutschmühle, bei Lübsgen, nordwestl. von Sorau. Im 0. 1876.
Urnen, Scherben, 1 Ring, 1 Nadel, 2 Stücke von Bronce. (Saalborn).
98. Laesgen, westl. von Teuplitz. Im S, am Penkenteiche um 1854.
Urnen. (Koall in Pokuschel, Saalborn).
99, Laubnitz, nordwestl. von Sorau. Im N.-W. 1860: Urnen (Ober-
förster Muss, Bauer Füllborn, Pastor Ulrich).
100. Legel, am Bober, nördl. von Sorau, unterhalb Christianstadt's,
Im N. am „Schlossberge", der jetzt zu Acker gemacht ist, 1875 Scherben
und Eisenreste (Flöther); ferner im S.-O, Urnen.
101 — 2. Leuthen, nordöstl. von Sommerfeld. Im S. und N.-W.: Urnen.
Hügel noch vorhanden. (Ortsvorsteher Jachnick in Altwasser. Alte
Nachricht in Worbs Gesch. 1826, S. 72, Saalborn).
103—106. Lübsgen (Liebsgen) westnordwestl. von Sorau, an der
Lobst. Im S., N., N.-W. und S.-O. 1844, 1850, 1870, 1876: gegen 100
Urnen etc., darunter 1 Titthentopf und 1 Titthenkrug („Buckel-") 1 Stein-
axt, 3 Nadeln und 1 Spiral-Ring von Bronce mit der Patina. (Brunnen-
macher Schellschmidt in Sorau, Müller Weiss in der Brestauer Mühle,
Müller Pöthke, 1 Bahnwärter; Mylius, später Apotheker in Friedeberg
am Queiss; der Legationsrath von Saurma, Besitzer des Waldschlosses
bei Sorau (zur Zeit in Alexandrien) , Baron von Saurma auf Lortzendorf,
Saalborn u. A.).
107—110. Linderode, westl. von Sorau. Im N., 0., W., S.-W. und
S.-O.: vor 1854, 1865 Urnen und Broncesachen 2—4' tief im Sande (Pastor
Panne witz, mündlich und in seiner kleinen Chronik von Linderode 1854,
S. 1; der Gutsbesitzer Dahme daselbst und Saalborn).
111. Lohs am „Sorauer Walde." Im 0. Urueuscherben 1850 und
1877 (der Bauer Koppel, Lehrer Weigel und Saalborn).
112—113. Mallwitz, östl. von Leuthen, nördl. von Sommerfeld. Im
W., S. und S.-O.: Urnen etc., 1 kreiseiförmiges Thonstück mit durch-
gehendem Loche, 1 Broncenadel mit einem Kettchen am Knopfe. (Bader
in Frankfurt a./O. Dr. Schubring, Oberlehrer Baier).
114—117. Marsdorf, östlich von Sorau. Im 0., S.-O., im „Wein-
Zur prähistorischen Karte Hes Kreises Sorau N. L. 413
berge« N.-W. und N. 1847, 1854, 18G5, 1867, 1870: Urnen in Kastenhügeln
mit liollsteinen ; daneben auch 1 Topf mit 1 Lehrakranz; 1 Celt beim
Chausseebau 1854; Glasperlen, 1 cm im Durchmesser (Wieland in Wellers-
dorf; Späth und Schölzcke in Marsdorf; Oberstlieutenant von Nein-
dorff in Sorau, seit 1879 in Kosen; Saalborn. 1879 Scherben).
118. Matzdorf, nordwestl. von Sorau. Im S.-O. 1860 Urnen.
(Lehrer Schulz II, zur Zeit in Sorau).
119. Mulknitz, nordwestl. von Forst: 1 Rundwall vor 1843 nach
Haupt Sagenbuch S. 34.
120. Niemaschkleba, nordwestl. von Triebel. Im S. vor 1835 viele
Urnenhügel aus Rollsteinen mit Kisten, Broncesachen, und Eisenreste.
(Schneider, Beschreibung, 1835).
121/2. Niewerle, südwestl. von Gassen. Im S.-W. eine Schanze,
ein Wall, im N. der „Heidenkirchhof." (Ortsvorsteher Bathe — ? — )
123. Nissmenau, nördl. von Sorau. Im W. Urnen und Bronce-
sachen, Flintstücke, Steinwaffen, Eisenstücke vor 1800, 1819, 1828, 1850,
1857, 1873 und 1878. (I^Ierkel, Erdbeschr. VI, 265; von Zychlinsky,
von Rheinbabeu, Kunzer, Saalborn),
124/5. Nossdorf, südl. von Forste. 1. Im W. ein „Heidenkirchhof"
im „Pferdegarten", daselbst Scherben von Urnen. 2. In der Koinzerschen
Haide noch Hügel, in denen nach der Sage die ..Luttchen" (Ludki=Zwerge=
Finnen (?) =Sorben wenden (?) gewohnt haben. (Ortsvorsteher Nerlich in N.)
126-132. Pforten, nordwestl. von Sorau. Vor 1779, 1823, 1825,
1855, 1868, 1872, 1874, 1876 im N. am „Töppelberge«, im 0., S., W.,
S.-O., N.-W. und bei Drahthammer, im Thiergarten an vielen Stellen:
Urnen, darunter 1 „Doppelurne" und 1 Gefäss in Blasenform mit einem
engen, trichterförmigen Halse; 1 Maass in Literform; 1 Steinhammer von
Diorit und mehrere „Gurkensteine" (nach Ansicht des Volks eine Schleuder-
waffe); 6 Schlangenringe, 1 Speerspitze, 1 Schaftcelt, 1 Vorstecknadel mit
gebogenem Halse und am Knopf mit 1 grünen Stein, auch patinirt; 1
Fingerring, 9 ährenförmige Schmuckgegenstände (leider eingeschmolzen) von
Gold; 1 Mantelschloss und 1 Speerspitze von Eisen,
(Thüringer Alterth.-Ver. 1823, S. 17; Gallus, Beiträge 1835 S. 9;
Preusker, Blicke III, 193; Maurermeister Grosse, Graf Brühl, Gräfin
Reventlow, Oberförster Reichert, Bürgerm. Kunzer, Dr. Jentsch,
Zeitschr. f, Ethn. 1875, Saalborn),
133/4. Pitzschkau, wcstl, von Sorau. Im S. und 0. vor 1847, 1861,
1877 viele Urnen; noch Hügel und ein „Schlossberg" (Scheltz, Ges,
Gesch. S. 4; Riehl und Scheu, Berlin S. 544; der Kantor Bogisch
daselbst).
135/6, Pokuschel, nördl. von Teuplitz, Im 0. und S. Urnen 1840
1) Der Nauie scbiwa, schibe, scheibe findet sich noch fast bei jedem Orte im Kreise Sorau;
es führen ihn Stellen, die Anger, Schaftriften, Schafteiche sind oder waren. Er hat wohl
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1879. 30
414 ^'■- Saalborn:
und 1852 (der Ortsrichter Koall und der Lehrer Maisch). Der „Kröden-
berg", nördl. von Pok. , und der Schiwabach i) daselbst würden, wenn man
der Erklärungsweise von Grosser und Preusker bei ähnlichen Namen
folgt, Anlass geben, die Verehrung des Wendengötzen Crodo und der
Wenden -Venus Siwa bei Pokuschel vorauszusetzen. — Grotten, kelt., der
Thiergarten.
137. Preschen (Bresinchen,) westl. von Triebel: 1 Doppelurne,
Zeitschr. f. Ethn. 1875.
138 — 142. Reinswalde, nordwestl. von Sorau. Im 0., S. und S.-O.
vor 1800, 1857, 1872, 1874, 1877. Daselbst mehr als 200 Hügel, von denen
etwa 150 zerstört oder schon untersucht sind. Am Orte 1 Töpferwerkstätte
in Heinz es Garten (jetzt zerstört); 1 „Hanschloss", von Saalborn be-
schrieben und gezeichnet, 1872 zerstört. Unter den vielen Thongefässen
2 sehr schöne Titthenkrüge, wohl als Methkrüge gebraucht. (Alte Nach-
richt in MerkeFs Erdbesch. VI, 265; Architect Sü bring; Lehrer Böhmer,
jetzt in Sorau; Pastor Biehler; Heinze, mehrere Bahiiarbeiter und Bahn-
wärter in und bei Reinswalde, Maurermeister Ulrich, der Steinsetzer
Warlich in Sorau und Saalborn).
143/5. Sablath, nördl. von Sorau. Im N.-W., S.-W. und im Schul-
garten: Urnen, 1 Steinaxt und 1 Steinhammer (colossal).
(Lehrer Engelmann in Billendorf, Rector Wirth in Guben und Dr.
.Jentsch in der Zeitschr. f. Ethn. 1876 S. 312, Saalborn).
146. Sakrow nördl. von Forst. Am „Hange" 1877 viele Urnen
(Graf Brühl).
147. Sakrow, Neu- daselbst. Im „Eichenhaine" östlich am Sakrow-
Euloer Wege viele Sandhügel; westlich davon bei der Anlage einer Forst-
cultur viele Urnen gefunden. Daselbst ist auch ein „Raubschloss" (Orts-
vorsteher Schulze).
148—151. Särchen, Gross-, südwestl. von Triebel. Im W., N.-W.,
S., W. vor 1843, 1850, 1857, 1865, 1877: Urnen etc. In einer derselben, 1877
gefunden, lagen 2 kleine Spangen, 1 grössere, aus 2 Ringen bestehend;
10 grosse Ringe, 2 Schlangenringe, 1 Kette, 1 pfeilartiges Mantelschloss,
alle von Bronce; 1 Spirale von Gold. Der Urnenfund von 1857 ist im
Kataloge der Oberlaus. Gesellsch. d. W. i. Görlitz verzeichnet. Mehrere
„Gurkensteine", 1 Schanze an der Neisse, 1 Schloss auf einer Teichinsel.
(Prediger E. Jenichen in Cottbus, der einige Urnen an Dr. V eck en-
gte dt abgegeben hat; die Oberförster Muss und Krackau, der Fabrik-
besitzer Nabbat, Saalborn). Nach der unter Zilmsdorf mitgetheilten Sage
beglückte Emma von Särchen um 527 n. Chr. den heidnischen Prinzen
Adalbert von der Wunzen bei Teuplitz mit ihrer Liebe, und bewog
keine Beziehung auf die Göttin Siwa, wie Haupt 1846 und 1864 und Preusker 1843
angenommen haben, siwa heisst bei den Wenden das Mutterschaf; noch jetzt ruft der
Schäfer, wenn er die Schafe lockt: „Schibe, Schibe!" Also: Schiwagraben=Schafgraben.
Zur prähistorischen Knrte des Kreises Sorau N. L. 415
den Vater Bodo, dass er sich samrat seinem Sohne Adalb ert taufen liess.
In Forst dagegen erfolgte, wie berichtet wird, die Annahme des christl.
Ghiubeiis erst a. 1173,^) als sich die 2 wendischen Fräulein Lamina und
Lucia von Biberstein in die Ritter Abraham von Metzrad und Wolf
von Seelhausen verliebten und Gegenliebe fanden. Bei Gr. Särchen führte
eine alte Fürth durch die Neisse.
152. Scheuno, südöstl. von Forste: 1 Urne und 2 Beigefasse, von
Bronce 1 Paalstaf (Zeitschr. f. Ethn. 1875; Graf Brühl in Pforten).
15.S. Schöne ich, nordwestl. von Sorau. Im W. um 1850 Urnen mit
„Stürzen", im Busch beim Ausroden der Stämme gefunden. (Brunnenmacher
Schellschmidt in Sorau).
154. Schönwalde, westl. von Sorau. Im S. um 1850 und 1870
Urnen und Beigefasse. (Schellschmidt, der Oberstlieutenant von Nein-
dorff in Sorau, Saalborn).
155/6. Seiffersdorf bei Sorau. Im S. und S.-O. 1857 und 1860
Urnen und Beigefasse. (Der Maurermeister Ulb rieh, der Schornsteinfeger-
meister Ludwig in Sorau, der Bauer Eichner in Seiffersdorf, Saalborn.)
157_167. Sorau. An 11 Stellen im 0., S.-O. S. und N. am „Töppel-
berge", am Steinteiche (1844) und 1847, am Rautenkranze (1851), auf der
Südseite an mehreren Stellen (1857) am nordöstlichsten der 7 Brunnen
(1858), im Südosten (1859), im Sorauer Walde westl. vom Blockhause (1876),
und nördL vom Rückenberge (1876) Urnen, Scherben. 1870 gefunden: 1
kraus gewundener Broncering, 1 Armring von einfachem Broncedraht, 1
horizontal gerippter Armring (beschädigt), 2 Fragmente von Spiralen, Theile
einer grossen Fibula. — Diese Stücke von 1870 befinden sich im Kön.
Museum. Nicht in Urnen: 2 Steinhämmer, 1 Schabstein von Flint, 4 Pfeil-
spitzen 3 und 4 kantig, 1 Theil einer vierkantigen, glattpolirten Pfeilspitze
von Flint (1878). — 1 „Teufelsstein" im „Doctorbusche", um 1830 zersprengt. 2)
(Der „Töppelberg" mit Urnen in grösster Menge von dem Chronisten
Magnus der ältere (f 1683) erwähnt, cf. Worbs, Gesch. 1826, S. 72;
Riehl und Scheu 1860 S. 544 Scheltz, Gesammtgesch. 1847 Seite 4;
der Restaurateur Brose, die Sorauer Bürger Märkisch, Bräunig,
Ulrich, Ludwig; Dr. Voss in Berlin, Saalborn).
168/9. Syrau, nördlich von Sorau. Im 0. das „Schloss'* (versunken
nach der Sage), im S.-W. 1 „Wendentempel." Vor dem Jahre 1600 Urnen,
nach einem Manuscr, des Superintendenten Garcaeus in Sorau um 1600;
ferner nach Abr. Roths in seinem a und m von 1701. Auch 1850 sind
Urnen gefunden (Brunnenmacher Schellschmidt Sorau; 1879 Hügel,
Saalborn.)
1) Nach Grosser (Merkwürd. 1714) bereits a. 920.
2) Derselbn hatte Löcher nach der Sape „von den Krallen des Teufels." 3 Eichen be-
zeichnen die Stelle, an der er gelegen. (Major Bode).
30*
416 Dr. Saalborn:
170. Tauchel, nordwestl. von Gassen. Im S. mehrere Urnen an
einem alten Graben, 1877. (von Herford auf Gr. Tauchel).
171/3. Teichdorf, südl. von Sorau. Im S., S.-W. und W. 1854,
1861, 1862, 1875 bei Urnen 3 Nadeln von Bronce mit der Patina, 1 Pfahl-
bau (1854). — (Der Bauer Junick in T. u. der Lehrer Weigel in Lohs). —
Der Arbeiter Seidel stach in Gemeinschaft mit anderen Arbeitern 1854 im
W. bei Teichdorf Torf aus und fand in einer Tiefe von 8' eine Anzahl
Eichen und Buchenstämme, welche theils horizontal theils schräg lagen und
zum Theil auf senkrecht eingerammten ruhten. Er erkannte eine Wohnstätte.
Ausser mehreren unglasirten „Töpfen", welche ins Wasser geworfen wurden,
weil nichts darin war, fand er auch eine Broncenadel mit starkem Knopfe,
der geschmiedet war. Beim Untersuchen zerbrach sie und zugleich sprang
die „Schale oder Scheide, in der die Nadel steckte", ab. Die Baumstämme
waren schwarz und weich; wenn sie mit dem Spaten angestochen wurden,
so zeigte die Stelle eine hellweisse oder graue Farbe; dieselbe ging aber
bald in die schwarze über, dann zerfielen die Theile, während die Borke,
welche auf der untern Seite der Stämme fast noch fest war und fest blieb.
In dem Räume lag etwas Asche; nicht weit von demselben fanden die
Arbeiter sehr viele Haselnüsse; wohl 1 Schefiel voll; die Kerne der ge-
öfineten waren jedoch sämmtlich „verschienen", verfault. Dieser Fund vieler
Haselnüsse erscheint bemerkenswerth, da jetzt ein Haselbusch in dieser
Gegend eine auffallende Seltenheit ist; ^) früher gab es wohl viele im Kreise S.
174/5. Teuplitz, Gr.-, westl. von Sorau. Im N. und N.-O. vor 1847;
1861, 77, Urnen. Noch Vorrath. 1 Schloss die „Wunzenburg" und 1 Erd-
wall, der „Königsdamra" 1835 noch vorhanden. Die Sage von der Wunzen-
burg ist unter Zilmsdorf mitgetheilt (Zeitschr. f. Ethnol. 1875 und Schneider,
Beschreibung der Heidengräber bei Zilmsdorf, 2 H. v. 1835, Riehl und
Scheu S. 544. Der Ortsvorsteher Franke; Scheltz, Gesammtgesch. S. 4).
176. Thurno, an der Timnitz, östl. von Pforten. Im 0. vor 1861
Urnen (Riehl und Scheu, Berl. S. 544).
177—181. Triebel. Im S.-O. und W. an der „Hölle", dem „Schloss-
berge", am Buchholzer Berge, an Harmuths und Polte's Berge. Vor
1589; 1847, 1853, 1860, 1861: Uroen und Beigefässe, 1 Streitaxt von
Granit. — Scherben am „Galgenberge" noch 1878 (Major Bode).
(Albinus in seiner Bergchronik; Scheltz, Ges. gesch. S. 4, Riehl
und Scheu S. 544; der Oberförster Muss in Sorau um 1853; der
Bürger Harmuth in Triebel, Saalborn).
182. Tzchacksdorf, östl. von Triebel. Im N.-W. um 1870 noch
viele Begräbnisshügel. (Der Schanker Schönborn in Wellersdorf, früher
in Tzchacksd.
1) Die örtlichen Verhältnisse haben sich im Laufe der Zeiten so f^eändert, dass die
Wurzeln von Ilaselnusssträuchern, welche in hiesiger Gegend meist an Torfwiesen standen,
noch in einer Tiefe von 20' angetroffen werden. Die Nüsse liegen an solchen Stellen „scheffel-
weise", wie die Torfstecher erzählen.
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L. 417
183. Tzchecheln, westl. von Sorau: An der „Buschmühle" 1 Hügel,
daselbst ausser andern 1 Urne nebst Deckel, dieser in der Form einer
„Stürze" mit 2 Henkeln.
184. üllersdorf, Ober-, südl. von Sorau. Im N. 1846 Urnen etc.
Im N.-O. ein „Schlossberg" (Sandhügel). — Saalborn.
185. Üllersdorf, Nieder-, südl. von Sorau. Im. S.-W. 1866 vier
Thongefässe, 2 Ringe, 2 Nadeln, 1 Ohrring mit Ohrbommel von patinirter
Bronce; 1 Reibstein, 8 „Gurken steine." (Die Tochter des Försters 1866,
zur Zeit in Forsthaus Helle bei Sorau, Saalborn).
186. Weissagk, nordwestl. von Forste: 1 grosse Urne, 9 vierkantige
Bronceringe, 8 goldene Zierplättchen. (Zeitschr. f. Ethn. 1875).
187—194. Weilersdorf, nordwestl. von Sorau. Im O. 1879 noch
84 Begräbnisshügel resp. Reste von Wohnstätten, 2 ustrinae; doch nur
wenige Hügel noch intact. Viele Urnen und Scherben, Nadeln. Nachrichten
aus dem Jahre 1577, 1600, 1701, 1798, 1830, 1843, 1847, 1861, 1877.
Nach Use's (Hoffmann's) Chronik von Sorau (Manuscr. S. 83) „zog
anno 1577 den 17. Mai der Kaiser Rudolph II zu Sorau ein, nachdem zu-
vor den 14. Mai Ihro Majestät bei dem Dorfe Greiss hinter Wellersdorf auf
dem Töppelberge gewesen und daselbst graben lassen, zu dessen Gedächtniss
nachgehends 3 eichene Säulen aufgerichtet daselbsten." (Diese Säulen standen
noch um 1835). Hierauf bezieht sich wohl Joh. Chr. Wagner in seinen
Annales a. 1692, indem er Urnenfunde beim Dörflein Greuss, jenseits Sorau,
nicht fern vom Flusse Bober erwähnt. Auch Gare aus, der Superintendent
um 1600, und Magnus in seiner Chronik Soraus, gedenken jener Aus-
grabung, die der Kaiser Rudolf hat veranstalten lassen. Ebenso a. 1684
Abr. Rothe, Superint. in Sorau, in seinem a und w. In Worbs Archiv
von 1798 heisst es S. 110: In Wellersdorf bei Sorau, wo mehrere Hünen-
gräber sind, nennt man sie „Heunenhäuser." Dieselbe Mittheilung macht
Worbs. a. 1826 in seiner Gesch. d. Herrsch. Sorau, S. 72, 105 und 183.
Haupt in seinem Sagenbuche von 1843, S. 51, sagt: „Heinchenhäuser"
heissen bei Wellersdorf in der Nähe von Sorau die Todtenhügel, welche
im Norden den Namen Hünengräber haben." Endlich erwähnen Scheltz
in seiner Gesammtgeschichte 1847, S. 4 und Riehl und Scheu, S. 544 die
Urnenfunde bei Wellersdorf. — Seit 1830 haben wiederholt Nachgrabungen
stattgefunden, nämlich durch den Kantor Tzschacher in Well., den Grafen
zu Dohna daselbst 1857 und durch Saalborn 1877. Ein Theil der vom
Grafen zu Dohna gewonnenen Fundstücke gelangte in den Besitz des
Banquiers Lattermann auf der Rochusburg bei Sagan und wurde 1877
durch Saalborn's Vermittelung von Hugo Lattermann, damals Stud.
juris et cam., dem Konigl. Museum in Berlin überwiesen.
195 — 98. Witzen, östl. von Gassen. An 4 Stellen, in N., S.-O., in
dem Weinberge und im Schlossberge (Rundwall, beschrieben von Saalborn
in der Zeitschr. f. Ethn. 1878, S. 4 und 5, Bericht über die Sitzung am
41g Dr. Saalborn:
19. Oct.); 1823, 1827, 1847, 1861, 1875: Urnen etc., auch 1 schwarze und
1 Doppelurne; ferner 1 nach innen und aussen abwechselnd gedrehter
Bronce-Ring mit Furchen, 1 Spiraldraht, 1 Ring mit 46 Glasperlen in
brauner, grauer und bläulicher Masse; etwa 60 broncene Nadeln, Ringe,
Lanzenspitzen, von denen aber die meisten zerstreut und nicht mehr zu
erlangen sind; 1 broncener Spiess (1835 gef.) etwa 1 Fuss lang, mit einer
2 schneidigen Spitze; 1 Goldplatte in der Grösse eines Zweithalerstücks.
(Scheltz 1847, S. 4, Riehl und Scheu, S. 593/4 und 544, die Lehrer
Müller und Reichenbach, der Ortsrichter Bogisch in Hermsdorf, die
Bauern Tillack, Walter, Dittrich in Witzen; Dr. Jentsch und
Saalborn.
199—200. Zauchel, westl. von Pforten. Im S.-W. und N.-W. um
1876 ausser Urnen-Scherben: 2 Arm-, 2 Beinringe, 1 gerippter Ring, 1
Halsschmuck, nämlich 1 Kette aus 18 Ringen bestehend, also dass sie Brust
und Bauch bedeckt (Bronce).
(Ortsrichter Lehmann in Tauchel; Pastor Bötticher in Nieder-Jeser,
welcher einen Pfahlbau im See vermuthet. Der Bürgermeister Kunze r in
Pforten; Dr. Jentsch in der Zeitschr. f. Ethn. 1877, S. 277 — statt
Taucheier - See muss es aber Zaucheler - See heissen — ).
201. Zelz, an der Neisse, südl. von Triebel. Im S.-O. „Urnen vor
vielen Jahren" (Kuh seh, Ortsvorsteher).
202. Zeschau a. Bober, nördl. von Christianstadt. Im N. am „Heiden-
berge." Urnen vor 1800 (Merkel, Erdbeschreibung "VI, 279).
203—211. Zilmsdorf nördl. von Triebel. Im N.-O. und S.-W. 1809,
1827, 29, 1833, 34, 47, 57, 71, 78. — 1827 existirten daselbst noch mehr
als 100 Begräbnisshügel; jetzt noch Vorrath. Ausgegraben wurden von
1827 bis 1833 etwa 40 Urnen, 2 Doppelurnen, 1 Titthentopf, 1 Tiegel und
etwa 100 gelbliche und schwarze Beigefässe von verschiedener Thonmasse
und Gestalt; sie sind gezeichnet; an Kupfer 1 Stück Blech; in Bronce
1 Messer, 1 Nadel mit gebognem Halse, 1 schwache Platte mit 1 Loch im
Mittelpunkte, 1 knopfartiger Gegenstand, mehrere Stücke von Ringen und
Ketten. In Eisen 1 Nadel mit Rost und Brandflecken, 1 grades und
2 schneidiges Schwert (germanisch), aber verrostet, 1 Schlackenmasse. Alles
in und neben den Urnen. Die Hügel waren theils aus Kistengräbern und
Rollsteinen, theils nur aus Sand gebildet. Auch ein Erbbegräbniss wurde
1809 blossgelegt; die Urnen standen in demselben in 3 Theilen (Schichten)
über einander, die unterste lag in einer Tiefe von 5—6 Ellen, Die 2. Schicht
war mit einem ohne Mörtel hergestellten Mauerwerk, in je 2 einander gegen-
über liegenden Rechtecken, umgeben; die Urnen standen und lagen hier
meist in den Winkeln der Mauer. An einer anderen Stelle wurde auch im
Urnengewölbe, wohl ein Brennofen, entdeckt. — 1833 fand man noch
Ueberreste von Wohnstätten, deren Alter aus den Ringen aUer Eichen da-
selbst auf 1400 Jahre geschätzt wurde. Leider fehlte Zeit und Geld um
durch Nachgraben bestimmte Resultate zu gewinnen.
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L. 419
1871 beim Bau der Bahnstrecke fand der Bahnmeister O. Bandke
aus Sorau auf der Südseite von Zilmsdorf eine Anzalil patinirter Bronce-
sachen, welche etwa 50 cm tief im Sande lagen. Es war
1) ein Halsschmuck, 6 — 8 Pfund schwer, bestehend aus einem mit
23 Perlen gezierten Ringe zum Zuhaken, 10 daran hängenden Kettchen
von vQrschiedener Länge und 9 Plättcheu (Bommeln), 6 Kettchen,
bestehend aus je 6, 2 aus je 7, 1 aus 8, 2 aus 9, Summa 30
Gliedern ;
2) ein Halsschmuck mit 52 Glasperlen und 15 herabhängenden Ketten-
gliedern, k 19 Gliedern. 1)
3) 6 Arm- und Beinringe, nicht ganz geschlossen, 16 — 20 cm im Durch-
messer und mit Verzierungen, theils gefurcht, theils gerippt, gekerbt.
4) 4 einfache Reifen aus etwa 1 cm breitem Bronceblech, 8 cm weit;
auf der Aussenseite erhaben.
5) 6 Fibulae, 8 cm etwa im Durchmesser; die Nadeln 8 cm lang, aber
aus stärkerem Drathe.
6) 5 spiralförmige Reifen aus 7 — 8 cm breitem Bleche und 10 cm lang,
mit 8 cm im Durchmesser.
7) 1 Gürtel, 2 Agraffen.
8) 1 Ring, vierkantig, gebogen, abwechselnd nach aussen 5 mal und
nach innen 5 mal. —
Da der Finder dieser Broncesachen sie nicht mehr besitzt und jetzt
erst — nach 7 Jahren — Mittheilung macht, so will er nicht mit Sicherheit
für die Vollständigkeit und Richtigkeit der vorstehenden Angaben einstehen. —
1878 fand der Direktor Schwarzer in Zilmsdorf Steinkeile und Schleuder-
steine. —
(1809 V. Reibnitz auf Z., Dr. Anton, Görlitz; Worbs Gesch. 1826
S. 72; Schneider, Beschreibung 1827 und 1834; Bönisch, die Götter,
1830, S. 88; Haupt, Sagenbuch 1846, S. 35; Preusker, Blicke, HI,
193 und 200; Riehl und Scheu 1861, S. 544; Scheltz, Gesammtgesch.,
S. 4; Dr. Jentsch in der Zeitschr. f. Ethn., 1876, S. 312; der Bahn-
meister Bandke in Sorau, der Baumeister Schmidt in Berlin, Direktor
Schwarzer in Zilmsdorf und Saalborn).
A. 1798 wurde der Thurmknopf in Zilmsdorf reparirt. Man fand alte
Nachrichten in demselben; nachdem die Reparatur vollendet war, legte man
sie wieder hinein. Unter denselben befand sich die Sage über die Gründung
des Ortes und der nahe gelegenen Wunzenburg. Da Haupt in seinem
Sagenbuche diese Sage nur im Auszuge nacherzählt hat, so wird ^ie hier
unverkürzt mitgetheilt.
Die ganze dasige Gegend, sowie die zur Kirchfahrt gehörigen 5 Dörfer,
waren in grauer Vorzeit ein undurchdringlicher Wald, welcher wegen der
1) Dem Köu. Museum i. Berliu übergeben.
420 ^^- Saalborn:
vielen Sümpfe und des grossen, sogenannten Wunzen-Sees, von dem der
noch jetzt vorhandene ] Meile im Umfange habende Wunzenteich, so wie
die übrigen zahlreichen Teiche noch Ueberbleibsel sind, fast gänzlich unzu-
gänglich war.
Um das Jahr 527 und 528, so lautet die Sage, nach Auflösung des
thüringschen Reiches unter Herrmannfried durch den König der Franken,
Theodorich, soll sich Bodo von der Wunzen mit mehreren heidnischen
Priestern und treuen Dienern in jene Wildniss geflüchtet haben, Bodo
erbaute am westlichen Ende gedachten Sees eine Burg, versah sie mit einem
grossen Erdwalle, dessen Ueberreste, noch mit übertausendjährigen Eichen
bewachsen unter dem Namen „ Königsdamm " so wie die Ruinen der
Wunzeuburg selbst an Ort und Stelle nachzuweisen sind. ^)
Der Burgherr Bodo von der Wunzen war ein gar finsterer und
grämlicher Mann, aber dennoch von seinen Dienern mehr geliebt als ge-
fürchtet gewesen.
Sein Sohn Adalbert soll nun in dem gedachten Kriege mit den
Franken gefangen genommen und einem Sachs. Anführer zu Theil geworden
sein. Die Eroberer überliessen, wie bekannt, ihren Verbündeten, den Sachsen,
einen Theil des eroberten Landes, und zwar den nordöstlichen, als Kampf-
pfennig. Diese aber, welche im Kriege viele ihrer Brüder verloren hatten,
fühlten sich zu schwach, den neuen Landesanfall gehörig anzubauen und
mit Erfolg zu behaupten, daher sie auch nur einen Theil behielten und den
andern den gefangenen Thüringern und fremden Colonisten gegen einen
jährlichen Tribut überliessen. Auf diese Weise entging auch Adalbert
von der Wunzen dem harten Loose der Sclaverei, ward aber aus einem
freien Thüringer ein Sächsischer Dienstmann.
In den eroberten Gauen waren aber auch viele fränkische Edele ge-
blieben, und durch diese wurde schon um jene Zeit (also früher als durch
Carl d. Grossen) das Christenthum unter jenen Heiden bekannt und ausge-
breitet. Auch Bodo von der Wunzen lernte dasselbe kennen und hoch-
schätzen. Am meisten aber trug hierzu die allgewaltige Liebe Adalberts bei.
Eine engelschöne Tochter eines edlen Franken, an der Saar geboren,
Emma von Särchen genannt, hatte den jungen Helden mit ihrer Liebe be-
glückt, wovon jedoch ihre Mutter Barbara, die nach damaliger Sitte ihrem
Gatten in den Krieg gefolgt, und nachdem er im Kampfe gefallen, mit einem
Sohne und ihrer Tochter Emma in Thüringen geblieben war, nichts wissen
wollte, daher auch von einer Verbindung ihrer Tochter Emma mit dem ge-
hassten Thüringer lange keine Rede sein durfte.
Auf der Burgveste Bodo's blieb der Burgherr immer finster und miss-
muthig, was namentlich einem alten treuen Diener, Namens Udo, so nahe
ging, dass er mit Bitten und Thränen seinen Herrn unaufliörlich bestürmte,
1) utiuilicb a. 1798.
Zur prähistorischen Karte des Kreises Soraii N. L. 421
bis dieser ihm seinen Kummer, die Ungewissheit über das Schicksal seines
einzigen Sohnes, anvertraute.
Es versicherten zwar die heidnischen Burgpriester und Wahrsager, dass
Adalbert noch lebe, fügten aber bei, dass er sich in Gefahr befinde.
Dieses bewog nun den treuen Udo, keine Gefahr scheuend, sich von
der Burg zu entfernen und nach Thüringen zu reisen, um seinen jungen
Gebieter auszuforschen.
Er fand ilin glücklicher Weise. Doch welcher Schreck iür den alten
eifrigen Anhänger der Hertha, als ihm Adalbert seine grosse Neigung und
Liebe zu der schönen Fränkin Emma und zugleich den Entschluss, ein Christ
werden zu wollen, gestand.
Alle gutgemeinten Vorstellungen des treuen Tjdo wegen des grossen
Kummers, den er dadurch seinem alten Vater machen würde; alle Schilde-
rungen des unausbleiblichen väterlichen Zornes, so wie der beleidigten
väterlichen Götter blieben fruchtlos. Adalbert blieb standhaft bei seinem
gefassten Entschluss. Als jedoch Udo einsehen lernte, dass Adalbert Recht
habe, so ward er nun selbst bei der Mutter der schönen Emma Fürsprecher
für seinen geliebten Herrn. Frau Barbara willigte endlich in die Ver-
bindung ihrer geliebten Tochter Emma mit Adalbert von der Wunzen unter
der Bedingung, dass beide, Adalbert und Udo, Christen würden, unter der
Voraussetzung, dass Udo's Versicherungen von der Macht des alten Bodo
von der Wunzen auf reiner Wahrheit beruhten, und mit der ihr gemachten
Aussicht, dass dieser alte mächtige freie Thüringer aus Liebe zu seinem
einzigen Sohne wohl auch das Christenthum annehmen würde. Voll der
schönen Hoffnung, dadurch die beglückende und beseligende Lehre vom
Kreuze des Erlösers auch in diese östliche noch ganz finstere heidnische
Gegend verbreiten zu können, that sie noch mehr, indem sie in Begleitung
eines frommen Mönchs und ihres jungen Sohnes, dem neuen Eidam und
Mitchristen in das ihr völlig unbekannte, und aus sehr abschreckenden und
schauerlichen Beschreibungen als völlige Wildniss vorschwebende Land
folgte. Nicht ohne Gefahr und viele Mühseligksiten gelangten diese Pilger,
unter der umsichtigen Leitung des treuen Udo, bis au die Ufer des Neisse-
Üusses, suchten und fanden hier unweit des jetzigen Dorfes Gross-Särchen
eine Durchfurth und baueten auf der Stelle an einer nahe gelegenen Anhöhe,
eine Capelle, nachher zur heiligen Barbara genannt. Mittlerweile suchte
der treue Udo die Unstern Haine wieder auf, wo Bodo mit seinen heidnischen
Priestern verweilte. Als ein erfahrner und geschickter Waidmauu fand er
leicht die viel verschlungenen Steige, und freute sich höchlich, da er den
geliebten Herrn gesund und voll gespannter Erwartung über das Schicksal
seines geliebten Adalbert, antraf. Udo benutzte sogleich die wahrgenommene
glückliche Gemüthsstimmung des alten Herrn und berichtete ihm Alles
treulich, was geschehen war. Statt des erwarteten Dankes gebot ihm der
alte Herr mit zorniger Geberde Schweigen und verbot ihm und Adalberten,
422 Dr. Saalborn:
unter fürchterlicher Androhung der Rache seiuer erzürnten Götter, ihm je
unter die Augen zu kommen, oder sich seiner Burg und dem heiligen Haine
zu nähern.
Traurig ging der alte Diener zu seinem geliebten jungen Herrn und
hinterbrachte demselben die unheilvolle Nachricht von dem unversöhnlichen
Zorne des so aufgebrachten und erbitterten Vaters.
Adalbert hoJBfte jedoch, durch die siegende Schönheit und das Engel-
antlitz seiner guten und frommen Emma den erzürnten Vater besänftigen
und versöhnen zu können, und fasste daher den Entschluss, mit seiner jungen
Gattin vereint sich dem Vater zu Füssen zu werfen und so nicht nur seinen
Segen zu erlangen, sondern ihn auch wohl der himmlischen Christuslehre
geneigt machen zu können
Der treue Udo mahnte vergeblich von diesem gewagten und gefährlichen
Entschlüsse ab und weigerte sich lange, den nur ihm bekannten Weg zu
zeigen. Als er sich doch endlich dazu entschliessen musste, wagte er es
nicht sich der Burg weiter zu nähern, als bis an den heiligen Umkreis,
welchen die heidnischen Priester bezeichnet hatten.
Schou hatte das glückhche Paar den verschlungenen Weg über den
langen See unter Udo's Geleite glücklich zurückgelegt; schon sahen sie die
väterliche Burg vor sich liegen, als sich plötzlich der Himmel verfinsterte,
schwarze Gewitterwolken den Horizont verdunkelten. Blitze sich durchkreuzten,
Emma und Adalbert vom Wege abkamen und in der Tiefe des Sees ertranken.
Ein heftiger Donnerschlag erfolgte; — und ein Blitzstrahl traf die Burg,
unter deren rauchenden Trümmern später die wimmernden Diener die Ge-
beine des alten Bodo aufsuchten und hervorzogen. Mit Schaudern und
Entsetzen sah der treue Udo die Schreckens-Scene — floh den schauerlichen
unheimlichen Ort, verkündete der Frau Barbara das tragische Ende ihrer
vielgeliebten Kinder; wandte sich weiter östlich und auf die jenseits des
See's gelegenen Anhöhen, und soll der Sage nach, weil er eigentlich Udo
Zielmann hiess, der Erbauer und Gründer von Zielmannsdorf, woraus man
in der Folge Zilmsdorf gemacht hat, — geworden sein.
Mutter Barbara mit ihrem Sohne und dem frommen Mönche soll die
Burg Särichen erbaut haben, und die bei dem Dorfe Gross-Särichen noch
vorhandenen Ruine, so wie die auf dem ehemaligen herrschaftlichen Wein-
berge befindlichen Ueberrcste der Capelle zur heiligen Barbara, sind historische
Denkmäler dieser Sagen der Vorzeit. —
Man sah noch vor wenig Jahren in der Zeit zwischen Pfingsten und
Johannes, am Wunzengraben entlang, unfern der Ruine der Wunzenburg,
in den Mittagsstunden ein eng sich umschlingendes Paar weisser Gestalten
dahin wandeln, am Ende des Grabens aber im Wunzenteich verschwinden.
An der Stelle des Verschwinden's sollen dann zwei weisse Lilien bis
zur nächsten Mittagsstunde blühen, dann aber schnell verschwinden. —
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L. 423
212. Zwippendorf, südöstl. von Gassen. Im S.-W. um 1872 Urnen,
(Mülloi- Petlikc, unterliiill) der Hammerraühle hei Liebsgon).
II. Prähistorische Fundstellen, welche 1 his 2 Stunden weit TOin Kreise Sorau
aus nach Osten licj^en.
I. Altkirche a. Bober, nördl. von Sagan. 1) Daselbst war nach
einem alten Codex, der wohl aus dem 15. Jahrli. stammt und in einer Mauer
des Augustiner-Klosters in Sagan a. 1615 gefunden wurde, ein heidnischer
Tempel nebst einer Opferstätte; daneben ein Schloss (ein Hügel von
diluvischem Sande, ein Rundwall) zum Schutze des Tempels; in diesem ein
grosser Schatz. „Beim Verbrennen der vornehmsten abgestorbenen Körper,
gebrauchte man herrliche und wohlriechende Kräuter." (Fybing, Chronik
von Sagan; Worl)s, Gesch. von Sagan 1795, S. 5. H; Leipelt, Gesch.
1853, S. 12, 15, 21, 192). Um 1852 gefunden daselbst vom Cand. medic.
Vogt aus Petersdorf bei Sagan eine Axt von Stein und ein kleines Idol
aus hellem Tiion. ^)
2 — 4, Bergisdorf a. Bober, auf dem linken Ufer, uordwestl. von
Sagan: nach Süden um 1850 Urnen auf einem Pflaster von Rollsteinen im
diluvischen Sande — „Hünenbett." — 1864 am „Heidenberge" Urnen; 1872
am Bahndamme: Urnen mit Brandresten (der Ortsrichter, Bahnarbeiter und
Holzhauer).
5. Brennstadt, nördl. von Sagan: Urnen etc. (Leipelt, Gesch.
1853, S. 21, 192).
6. Dittersbach auf dem rechten Boberufer, nördl. von Sagan: Urnen
(der Gutsbesitzer Neu mann).
7 — 9. Dobritzsch am Bober, südl. von Naumburg a./B. Nach Norden
um 1850 und 1870 Urnen und Scherben, 1 Pfeilspitze von Bronce. Gewährs-
leute: der Schlossermeister A. Müller in Naumburg a./B.; der Bürgermeister
Kunzer in Pforten, früher in Naumburg; der Ortsrichter Wunderlich in
Dobritzsch und der Lehrer W ei gel in Lohs bei Sorau, früher in Kriebau
am Bober. — 1828: 1 Urne mit 2 Oehren und Winkel Verzierung, 2 Ober-
tassen mit 2 Henkeln. Finder: Grashoff.
10. Dobritzsch-Wüst, auf dem linken Boberufer, südl. von Naumb.
a./B. Daselbst ein „Heidenberg" (Sand). Urnen um 1840. Gewährsmann:
Der Restaurateur G.Müller in Naumb. a./B. und der Vater desselben als Finder.
II. Eisenborg, südöstl. von Sagan: Urnen.
12. Gladisgorpe am Bober, südl. von Naumimrg am Bober. Nach
Norden: 1 „Schlossberg." (Sandhügel, Rundwall). Viele Urnenscherben
um 1870. (A. ]\[üllor und Kunzer). Um 1853 zwei Mammuthszähne,')
4' tief (Förster Juri seh): im herzogl. Schlosse in Sagan.
1) Wohl ein Pikoll en uiiniature, g^ezeichnet und boschrieben von S.Talborn.
2) 1 Megatherium wurde um 170U in einer Sandgrube bei den , Windmühlen' (580' hoch)
u. V. Sorau, gefunden; 1 Kibbe (6" breit, 7' lang, CO Pfund schwer) hängt im südlichen
Durchgauge des neuen Scblobses in Surau ilTll erbaut).
424 Dr. Saalborn:
13. Gorpe - Ni eder a./B. südlich von Naumburg a./B.: Broncenadeln.
14. Greisitz a. Bober, zwischen Sagan und Naumburg a./B. an der
alten Heerstrasse aus der Nieder-Lausitz nach Polen gen Glogau. Nach
Westen um 1876 Uruenscherben auf dem „Heidenkirchhofe." — Alte Nach-
richt in "Waguer's Annalen 1692. Wagner spricht von einem Dörflein
Grauss jenseits Sorau, nicht fern vom Fluss Bober. Sein Grauss kann nur
unser Gi'eisitz sein; dieser Name findet sich im IG. Jahrh. auch in der
Form Greus, Greitz und Grätz. — Leipelt, Gesch. 1853, S. 12 führt
die „bekannten Begräbnissplätze bei Greisitz" an; auch spricht er von
einem Gückelsberge bei Greisitz.
15. Hirschfeldau, nördl. von Sagan: Urnen (Lehrer Berchner).
16. Kieppen-Neu, östl. von Naumburg a./Bober: nach Nordosten
an 2 Teichen seit 1870 Urnen und Scherben. (A. Müller und Kunzer).
17. Kunzendorf, östl. von Sagan: im 0. Urnen. Noch Vorrath.
(Zimmermann Kicke).
18/19. Küpper, östl. von Sagan:
1) um 1830: Urnen, 1 Eisenschnalle, gef. vom Rentier Laube in
Polnisch-Machen.
2) um 1852 vom Cand. Vogt aus Petersdorf (s. ad 1) 10 Urnen etc.
in 2 — 3' tiefen Kistengräbern, die mit Rollsteinen und Sand bedeckt
waren; 1 Pfeilspitze, Reste 1 Nadel, Reste eines Glasschmuckes,
1 helle Kräuterbüchse in Krusenform. — Leipelt, Gesch. 1853,
S. 12 und 24 weist auf Ausgrabungen bei Küpper hin.
20. Machen- Polnisch, südl. von Sagan auf dem linken Boberufer:
um 1831 : Urnen und Scherben, vom Fluss-Wasser ausgespült. Lehrer
Weigel in Lohs.
21. Malmitz, südöstl. von Sagan: um 1827 waren am Badehause
daselbst 6 Urnen aufbewahrt. Schwiegermutter des Pastor AI brecht in
Weissig.
22 — 24. Mednitz am Bober, nördlich von Sagan. Urnen zwischen
Steinen 1868 vom Arbeiter Räbiger, um 1873 und 1878 am „Auberge".
Noch Vorrath. — Im S.-W. Urnenscherben ausgegraben 1879 v. Saalborn.
(Der Amtsrath Rein ecke, der eine sehr schöne Urne mit Knochen-
inhalt an seinen ReichstagscoUegen, den Senator Römer nach Hildesheim
gesandt, wo sie „die Zierde einer Sammlung bildet." Ferner der Revier-
förster Lohnhardt, Lehrer Pfennig und Bauer Munske).
25 — 33. Naumburg am Bober,
1) Urnen, die denen der Cymmerier gleichen. (Alte Nachricht in der
Naumburger Chronik).
2) 1850: Urnen, darunter 1 schwarze, G. Müller.
3) 1870: Urnen nach Norden am „Wolfsbusche."
4) „ « „ Nordosten an der Chaussee \ A. Müller.
nach Grüneberg
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L. 425
5) 1873: drei Urnen in 1 Hünenhause auf Pflaster, ]
10' im Durchmesser und 10' hoch, 4 — 5 Fuder l G. Müller.
Steine darin J
6) 1877: nach Süden etwa 44 Urnen, 2 Broncestücke, A. Müller.
7) Mehrere Urnen, Lehrer H andre ka, zur Zeit in Tzchecheln.
8) 1828: 1 Urne, 1 Töpfchen mit 1 Henkel, 1 Topf mit 2 Henkeln.
Finder: Grashoff; nördlich von Naumburg am Eichdorfe; Farbe
bei allen : hellgelb und schwärzlich.
9) 1830: 1 Topf mit 2 Henkeln, hell. -
Vom Bürgermeister K unzer gesammelt: 1 Flintmesser, 3 Steinwaffen,
24 Broncesachen, 2 in Eisen.
Yon den Fundstücken hei Naumburg sind von mir und für mich etwa
252 gezeichnet, nämlich:
I. Gefässe aus Thon: etwa 50 grosse Urnen, unter ihnen 13 mit Oehren,
Oesen, Henkeln, 1 mit einem Deckel aus eisenhaltigem Thon; ferner
2 „Doppelurnen," 2 Titthentöpfe, 2 Titthenkrüge („Buckel-"), 32 Töpfe
ohne Henkel, 5() Töpfe (24 mit 2, 32 mit 1 Henkel), 9 Krüge, 1 Kanne,
28 Näpfe, 18 Tassen, 9 Schalen, 2 Pokale, 4 Räuchergefässe, 1 Wirtel,
1 Krüglein, 1 Tiegel, 1 Lampe (?), 8 kleine Geräthe in eckiger, kantiger
und flachrunder Form, 4 Perlen.
H. aus Stein: 1 Flintmesser, 1 Axt aus Sandstein, 2 aus Serpentin
ein halber Hammer.
IH. aus Bronce: 6 Kettenglieder, 1 Schlangenring, 3 Lanzenspitzen mit
patina, 5 Ohrringe mit patina, 3 grosse Ringe, 4 Nadeln und Stücke,
1 Schaftcelt.
Nach alten Nachrichten (cf. Aelteste Chronik von Naumb. und Schelz)
ist die Gegend, wo jetzt Stadt, Schloss und Propstei Naumburg stehen, schon
in der Zeit bewohnt gewesen, wo das Christerithum noch nicht in Schlesien
eingeführt war; dieses beweisen die in der Nähe gefundenen heidnischen
Gräber. Sie sind nach Kruse' s Budorgis S. 63 mit Kreisen von Steinen
umsetzt und haben hierin Aehnlichkeit mit den Grabstätten der alten
Cymbern.
Die handschriftlichen Nachrichten beschreiben drei dergleichen Begräbniss-
plätze und sagen davon: „die eine Grabstätte der alten Cymbern befindet
sich von der Stadt aus im N.-W., auf Theuerner Grund und Boden, auf
einem jetzt dem Naumburger Bürger Wolf gehörigen Besitzthume. Der
andere Begräbnissort befindet sich von der Stadt aus gegen S.-O., über der
Briesnitz, links der Strasse nach Sagan, auf Propsteigebiet, der gewesenen
Altstadt gegen Osten und auf einem sandigen Hügel."
„Die Entfernung beider Grabstätten beträgt beinahe eine halbe Stunde.
Jede begreift in einem steinernen Gemache in der Mitte eine Urne und um
sie her die sogenannten Thränennäpfchen. Die dritte Grabstätte trifft man
von der Stadt nordwärts | Stunde entfernt, nahe der Grünberger Strasse,
426 Dr. Saalboru:
in einem Kiefernwäldchen. Sie ist ebenfalls von Steinen gesetzt, enthält
aber in der Mitte keine Urne, sondern ein Gefäss, mehr ähnlich unsern
Schüsseln, und man nennt diese letzte Grabstätte hier die wendischen
Gräber."
„Im Jahre 448 sollen sich die ersten Einwohner, die Cymbern, im
Boberthale niedergelassen und daselbst angebaut haben. Des Ortes damalige
Grösse soll sich erstreckt haben von der jetzigen Dobritz'schen Grenze
jenseits der Briesnitz bis diesseits an die genannte Mühlenberglähne in
einzeln stehenden Häusern oder Hütten. — Im sechsten Jahrhundert sind
die Cymbern von den Wenden, welche sich hier niederliessen, unterjocht
worden."
„Ein wendischer Graf, Novico oder Nerico, soll auf einem Hügel die
Burg und auf dem Berge östlich davon die Stadt erbaut haben, welche von
Wenden bewohnt, und im Gegensatze des im Boberthale gelegnen und
schon früher bewohnten Theiles, die Neustadt genannt wurde. (Noch wird
ein Stück Acker, jetzt zur Propstei gehörig und jenseits der Briesnitz ge-
legen, die Altstadt genannt.) Auch soll der nämliche Graf eine zweite Burg
auf einem ähnlichen Hügel, nördlich von Poydritz, von welchem man bis
Crossen und Sagan sehen kann, erbaut haben, und dieses soll gleichzeitig
mit der ersten Gründung von Crossen geschehen sein."
„989 sollen die Deutschen mit einer grossen Macht über den Bober
vorgedrungen sein, beide Burgen erobert, die Wenden verdrängt und die
Letzteren sich hierauf weiter gegen Grünberg zu angebaut haben, welcher
neue Anbau die Wendenstadt genannt wurde. Von jenen Wenden sollen
die Gräber herrühren, die man in neuerer Zeit in dem Kieferbusche \ Stunde
von Naumburg, entdeckt hat, und da man im 18. Jahrhundert auf einer gegen
Grünberg hin gelegenen herrschaftlichen Wiese, dem sogenannten Hufegarten,
eine alte Röhrenleitung mit verwittertem Troge gefunden hat, so meint man,
die Stadt habe früher auf der Grünberger Seite bis hierhin gereicht.
Bald darauf (der Chronist sagt: im Jahre 1012) habe ein deutscher
Burggraf hier auch zwei Klöster angelegt, das eine von der Burg im Nord-
ost, das andere ostwärts, nahe beim jetzigen 1805 erbauten Klostervorwerke,
und da sich hier ein Brunnen befindet, der noch jetzt die Benennung „der
Nonnenbrunnen" führt, so glaubt man, das zweite Kloster sei ein Nonnen-
kloster gewesen; dagegen soll die Bartholomäuskirche in der Stadt 1117
durch Peter den Dänen gegründet worden sein. F'erner wird berichtet;
1158 hätten Polen die Städte Crossen und Naumburg verbrannt und Deutsche
hätten letztere Stadt 1159 und 60 grösser als zuvor erbaut, auch habe man
damals jährlich zu Bartholomäi hier einen grossen und sehr besuchten Markt
gehalten, denselben aber später nach Frankfurt a./O. verlegt, und 1163 sei
durch eine grosse Boberfluth die bei Naumburg gelegne Colonie Schöschau
völlig zerstört und hierauf jenseits des Bobers wieder aufgebaut worden, so
wie denn auch schon früher, 999 und 1115, grosse Fluthen stattgefunden
haben äoiien.
Zur prähihlorischen Karte des Kreises riorau N. L. 427
34. Nirabsch am Bober, nördl. von Sagaa, nicht weit von der alten
Heerstrasse aus der Lausitz nach Polen (Glogau), die bei Gteisitz über
den Bober führte,
1 „Schlossberg" (Rundwall von Sand). Urnenscherben auf dem Heiden-
Kirchhofe. Rothe in Nimbsch, und der Todtengräber.
35 — 36. Petersdorf, südöstl. von Sagan, an der Mündung des Queiss.
1) 1828 nach Süden viele Urnen. (L. Weigel).
2) 1853 Urnen und Ringe von Bronco, gegenüber den „Buschhäusern^;
(Vogt, cand. aus Petersdorf. Besitzer: der Herzog in Sagan),
37. Rohr wiese, östl. von Naumburg am Bober: Urnen und Beigefässe,
1 Schlaugenring mit Patina; vor 1876.
38. Poydritz am Bober nördl. von Naurab. a./B, Broncestücke,
(Kunzer), nördl. von „Schlossberg" Sandwall Zwischen Poydritz und
Reichenau 1868: 1 Eimer von Bronce mit 9 Nieten in 1 Reihe von oben
nach unten: darin 7 Ringe von Bronce, darunter einer abwechselnd von
rechts nach links gedreht und gekerbt. Ferner ein kleiner Ring, 2 Lanzen-
spitzen mit Patina, 2 halbmondförmige Stücke aus Kupfer (gesammelt von
Kunzer).
39 — 41. Popowitz am Bober, südl. von Naumb. am Bober.
1) um 1830 und 1877 „Hünenhäuser" zerstört durch Abfahren der
Steine, 1 Altar, Broncenadeln mit Patina (auf der Scheibe gedreht,
corinthisch!) Perlen von Lehm (in Linsenform) Müller. (Vater
und Sohn),
2) vor etwa 18 Jahren: 41 Paalstäbe (Schaftkelt) und 1 Hohlkelt.
Kunzer.
3) 1871 etwa 50 Urnen, Broncenadeln mit der Patina, Fundstelle nach
Südosten vom Orte. Kunzer hat gesammelt: 8 Perlen von Thoii,
auch 1 grosse, welche punctirt ist; 1 Wirtel (1869) von Bronce,
3 Nadeln, 3 Ringe, 8 Stücke von Nadeln und anderen Schmuck-
sachen; 15 helle, graue, grüne Glasperlen (1869); 1 Heft aus
Hirschhorn, 1 Knochennadel mit Oehr.
42 — 50. Sagan am Bober.
1) Alte Nachricht aus der Zeit vor 1555 durch Georg Agricola,
geboren 1490 in Glauchau (Sachsen), Rektor in Zwickau, Arzt in
Joachimsthal, Bürgermeister in Chemnitz, f 1555. In fine libri \ H.
de natura fossiliiim; cf. Manlius apud HofTuiann lil). I. c. XXHI,
S. 131. 132. de urnis in Lusatia inferiori effossis.
„§ I. Ad Lubiuum (Agricohx „Libeuara"^ vocat)
Lusatiae inferioris oppidum — — in terra
reperiuntur vasa fictilia, quorum Collum
plerumque est strictum, venter tumidus.
Quaedam anas habent singulas, alia l)i-
nas, partim ternas, nonnulla operculis
428 ^^ Saalborn:
sunt tecta. Qualia etiam effodiuntur
eruunturque a villicis in Silesia ad
Saganum, idemque ad Trebnicium.
oppidum et Coenobium Divae Hedvigis^), sepulcrum
celcbre.
§ III. Imperitum Lusatiae, Silesiae, Saxoniae
et Poloniae vulgus sibi persuadet opinione,
ea vasa intra terram esse nata et a natura
forraata. — —
§ IV. Accedunt et superstitiones aliae: Trebni-
censia non nisi inter Paschatis et
Peiitecostes festa, Saganensia tautum nocte
Pentecostes extrahi: hae febrientibus mederi,
si poculi loco iis utantur. Re autem
vera fuerunt urnae, in quibus veteres
Germani et Heneti, nondum ad
Christum conversi, cineres mortuorum
combustorum condiderunt. Si quidem in
Omnibus non operculo tantum tectis, sed
et aliis cineres, in quibusdam
etiam carbones, atque adeo ossa semicrema-
ta, in aliquibus annuli, acus, forfices, fibulae
reperiuntur.
No8^) de Trebnicensi inprimis condito-
rio et similibus sententiam .
nostrara explicaviraus peculiari
Elegia ad Eustathinm
Gnobelsdorfium.
2) „In der vor mehreren Jahren (um 1830) bei Sagan in Schlesien
gefundenen ßrennstätte, welche zur Verbrennung der dort beigesetzten
Leichen gedient haben mag, sind die Seitenwände und der Boden,
über 1 Fuss stark, roth durchgebrannt. Dieser Verbrennungsplatz
ist 5' tief und hat die Form eines länglichen Vierecks. An jeder
von dessen schmalen Seiten geht eine Rampe (Eingang zur Feuerung)
herunter auf den Boden, welche sowohl zum Heruntergehen als
auch zum Feuerzuge gedient haben mag.
(Sehn eid er, Fortsetzung der Beschreibung heidnischer Begräbniss-
plätze zu Zilmsdorf 1853, S. 20/21.
1) gest. 1243.
2) Manlius 1569, gest. 1575. — Andere Angaben über Funde in Schlesien in: Schwenk-
feld, fossil. Siles.; Thomas, Schles. Literaturgesch. 1801, auch S. 241. Mylii Silesia
subterranea, Leipzig 1870, S. 303, Tafel IV. (Militsch, Ma.ssel etc.) und S. 315. ff. und altern
Angaben. — Job. Christ. Wagners Annalen (Manuscr.) de 1692, s. Neues Laus. Magazin,
Görlitz 1838, S. 138 ff. — Hecht, Bustum, in Mise. Lips Vll. 1718, S. 158 fl.)
Zur prälii.stoii.'^clien Kailc des Kreises Soiau N. L. .i29
3) Am Koyteiche, nördl. von Sagau, um 1852 von dem Kandidaten
der Medicin Vogt aus Petersdorf: ] Axt von Stein (Besitzer: der
Herzog von Sagan). 1822: 1 Topf mit 2 Henkeln; Finder:
Pfennig. — Leijtelt, Gesch. 1858 S. 12, 15, 21 herichtet über
zahlreiche Freunde.
An merk. Von Büsching (vor 1821>) soll auch ein Fund von dem-
selben Koyteiche ervt'iihnt sein.
4) Am Pusch, Vorwerke (Buschv.) nördl. von Sagan: Urnen vor 1856;
sie sollen nach Stettin gesandt sein.
5) Bei Schönthal, Colonie, westl. von Sagan: 1857 viele Urnen (auch
schvs'arze) und Nadeln, aufbewahrt vom Grafen Lüders, damals
Besitzer der „Rochusburg", vom Nachfolger Rentier Latter mann,
auf derselben 1877 an das Königl. Museum in Berlin abgegeben.
6) Vor 1876: Urnen aus der Umgegend von Sagan im Besitze des
Kaufm. Paulin US das.; als unbequem bald auf den Schutthaufen
geworfen.
7) An der „heiligen Grabkirche" bei Sagan; 1 grossen Broncekelt.
(Besitzer: Oberstlieutenant von Neindorff in Sorau).
8) An der Bahn nach Glogau, südl. von der Stadt.
9) Am Gückelsberge, südöstl. von Sagan, 1 Opferstein; (es konnte
nicht ermittelt werden, ob er 1879 noch vorhanden oder in den
letzten Jahren zersprengt und als Baumaterial verwendet).
51 — 52. Tschiebsdorf, südl. von Sagan:
1) vor 1840 auf dem „Wendenkirchhofe" 5 Thongefässe im blossen
Sande.
2) vor 1853 Thongefässe und unter den Knochenresten 1 kleiner Ring
mit 1 Platte von Eisen, in der Form eines Siegelringes, aber kleiner;
wahrscheinlich an einer Schnur getragen oder vom Schmucke eines
Pferdes. Cand. Vogt aus Petersdorf und der Lehrer Körner.
53. Wachsdorf (Waxdorf) nordöstl. von Sagan: um 1870 Urnen
(alle schwärzlich), 1 Fuss tief im Sande, auch Buckelurnen. Lips in W.
und der Hauptlehrer Berchner in Sorau N./L.
54. VVeissig, Kr. Krossen, nördl. von Naumburg am Bober. Kriebau
gegenüber. Etwa 122 Stücke gefunden 1877 im N.-W., N. und 0.
L in Thon: 19 Urnen (6 mit Oehren), 1 Doppelurne, 5 Titthenurnen,
4 Titthentöpfe („Buckel-"), 5 Töpfe ohne Henkel, 2 mit 2 Hörnern, 2 mit
4, und 2 mit (? Hörnern (Ansätzen), 21 Töpfe mit 1 Henkel, 3 Kannen,
7 Näpfe, 3 Schalen, 2 Pokale, 1 Doppelbecher, 3 Gefässc in der Form
der Fischgläser, 3 Humpen, (> Tassen, 6 Schälchen, 1 Tiegel, 1 Büchse,
1 Wirtel, 1 Büchse (zu Nadeln und Perlen?) in Seeigelform. 2 Tlion-
perlen. ^ )
1) Ausserdem: 1 flaches schwärzliches Gefäss und 3 Stücke eines löffelartigen Geräthes,
dessen Stiel durchbohrt ist (Dr. Jentsch in der Zeitschr. f. Ethn. 1878, S. 273).
Zeitschrift für Ethnologie. Jahrg. 1879. 31
430 l^r. Saalburii:
II. in Stein: 3 Netzsteine, 1 Wirtel (Sand), 1 Schleifstein (Sand).
III. in Bronce: 4 Nadeln, 5 Ringe, 1 Pfeilspitze, 1 Rasirmesscr (Schab-),
1 Meissel, 1 Hackemesser?).
IV. in Eisen: 2 Pfeilspitzen (3- und 4 kantig).
V. in Holz: 1 Perle.
VI. in Hörn: 1 Stück.
Ein Theil auf „Hünen betten", d. i. auf Steinpflaster, in Rechtecken mit
Steinen (etwa 2 Fuss hoch) abgethei*, der andere Theil in Steinkasten.
(Arbeiter: derLehrer Kuhlisch, Pastor Albrecht, Frau vonThiessen-
hausen, in Weissig; Präparand Lucas in Guben; Saalborn).
55. Zedelsdorf, östl. von Naumburg am Bober. Im N, 1870: Nadeln
und Ringe von Bronce.
(A. Müller in Naumburg und der Bürgermeister Kunzer).
b. Im Süden vom Sorauer Kreise:
56. Biehain, südl. von Rothenburg: Urnen.
57. Bielau, Nieder- südöstl. von Rothenburg: Urnen und Bronce
vor 1843.
58. Buchwalde, südl. von Priebus a. d. Neisse: Urnen und Bronce
vor 1843. (cf. Peschek, Beiträge 1790, S. 107).
59. CoUm, südwestl. von Rothenburg: Urnen und Broucestücke
vor 1843.
60. Crebe, westl. von Rotheiib.: Urnen und 1 Broncecelt vor 1843.
61. Daubitz, nordwestl. von Rothenb.: Urnen.
62. Diehsa, südwestl. von Rothenb.: 1 Antonin. Pias und Galba,
vor 1843.
63. Freiwaldau, südl. von Sorau: Bronce.
64. Gebeizig, südwestL von Rothenb.: Urnen, Bronce vor 1843.
65. Hai bau, südl. von Sorau, Bahnstation: Urnen nordöstl.
66. Hänichen, nordwestl. von Rothenburg: Urnen und Bronce vor 1843.
67. Hartmanns dorf, an der Grenze des Sorauer Kreises, südl. von
Sorau: Urnen, nach einer alten Nachricht in Worbs, Gesell, der Herrsch
Sorau, 1826, S. 72. Neuerdings an 3 Stellen westl. von H.
1 Urnen undBroncevorl843
68. Horka, südsüdwestl. von Rothenburg: I j tt l f n* T)
69. Horscha, westsüdwestl. von „ M /-.••. tt r u -ioao
J Gel nitz Urnenfeld. ,184b.
70. Jahmen, westl. von Rothenb.: Urnen und Bronce vor 1843.
71 — 72. Kübeln, nördl. von Muskau, vor und seit etwa 25 Jahren
ca. 1200 Fundstücke in Thon, Bronce, Eisen. (Gewährsm. Clement) 1877
und 78 von den Brüdern Clement mehr als 30 Stücke in Thon, auch
runde Scheiben, auf dem Opferschalen standen, 13 in Bronce mit der Patina,
4 in Eisen ausgegraben.
73 — 74. Kunau, südöstl. von Sorau, an der Grenze,
Zur prähistorischen Karte des Kreises Sorau N. L. 431
1) nach Norden 18G5 vom Förster Scheffter in Liebsen: Urnen, 1
Sporen (vom Rost zerstört), 1 ScLlangenring mit Patina. Beide
Stücke sind ans Aberglauben an einer andern, nicht mehr bekannten
Stelle vergraben.
2) Nach Westen und Osten 1875 Urnen und Broncenadeln mit Patina.
Gewilhrsm. Lehrer W ei gel in Lohs bei Sorau.
75 — 70. liiebsen, südl. von Sorau an dei- Grenze.
1) Nach Nordwesten ISCA vom Förster Scheffter Urnen und Scherben,
1 Schhmgenring von Bronce in Steinhaufen bis 5 P^uss tief.
2) Nach Südosten 1875 vom Förster Scheffter und dem Bahnwärter
Teich mann, Urnen und 3 Broncenadeln mit der Patina.
77. Linda, westl. von Daubitz: Urnen (Köhler S. 14).
78. Lodenau nördl. von Rothenburg: Urnen und Broncestücke vor 1843.
79. Moholz, westsüdwestl. von Rothenburg: Urnen und Bronce von 1843.
80. Muskau. Kreis Rothenburg a./Neisse, die „Königsgräber" im
Park (Kralske rowy) um 1843 noch vorhanden nach Haupt, Sagenbuch,
S. 278; J. Preusker, Blicke in die Vorzeit III, 172.
81. Neundorf, Nieder-, südöstl, von Rothenburg: Urnen und Bronce
vor 1843.
82. Neundorf, Ober-, nördl. von Görlitz: 1 Marc. Aurelius, vor 1843.
83. Neusorge, nördl. von Rothenb. : Urnen und Bronce vor 1843.
84. Nicolsschmi ede, südöstl. von Halbau: 1 steinerne Axt, vor 1843.
85. Petersdorf an der Sorauer Grenze, östl. von Muskau; Bronce-
und Eisenstücke, nördl. vom Orte.
86. Petershayn, westl. von Rothenburg: Urnen und Bronce vor 1843.
87. Pen zig an der Bahn Kohlfurt Görlitz: 1 Schanze (Haupt,
Sagenb. S. 390).
88. Podrosche, westl. von Priebus an der Sorauer Grenze: Urnen
vor 1843 und Opfersteine 1878. — Alte Nachricht aus dem 17. Jahrhundert,
cf. Peschek, Beiträge 1790, S. 109.
89. Prauske, nordwestl. von Rothenburg: Urnen und Bronce vor 1843.
90. Priebus auf dem rechten Ufer der Neisse, südwestl. von Sorau,
nach Westen 1 Burgwall, vor 1795 mit einer unzähligen Menge von zer-
brochenen Urnen, Näpfen („Asch", in Schlesien „Reinel" genannt) und „Kuffeu"^
zum Trinken; mit vielen verbrannten Knochen von Menschen, Schweinen,
Pferden, (an diesen noch Zähne). Nur 2 Urnen blieben ganz; jede stand
in einem mit Ziegeln eingefassten, viereckigen Räume. Der Berg (Sand)
war also ein Todtenhügel (mogila). (Nach Worbs Gesch. von Sagan und
Priebus de 1795, S. 172). — 1 Idol aus Bronce, um 1785, (Peschek,
Beitr. 1790, S. 111).
91. Priebus, Klein-, nuf dem linken Ufer der Neisse, südl. von
Priebus: Die .,Königsgräber" — Kralske rowy, 2 sehr auffallende, hohe
31*
432 Pr- Siialhorn:
Sandhügel im Bette der alten Neisse; auf dem 2. steht die Kirche von
Podrosche. ^)
92. Reich enau, südw. von Sorau, an der Grenze. Nach Norden vor
1853: Urnen, Beigefässe, 2 Broncenadeln, (der Kantor das.)
93. Rengersdorf, Ober-, südl. v. Rothenburg: 1 Antoninus, vor 1843.
94. Rothenburg an der Neisse: Urnen und Bronce, vor 1843.
95. Roth Wasser, südl. von Kohlfurt: 1 broncener Celt vor 1843.
9G. Saatz, nördl. von Haibau an der Sorauer Grenze und Bahn:
Urnen etc.
97. Särichen, südwestl. von Rothenburg: Urnen vor 1843.
98. Schleife, Kr. Rotheuburg, v^^estl. von Muskau: zwei' Rundwälle
(auf 800 Schritte im Umfange), nicht weit von dem grössten im Kreise
Sorau, dem „Schlossberge" im Sablather Luge bei Witzen. '^)
99. S chnell fürte 1, südl. von Haibau: 1 Julia. Dom. vor 1843.
100. See, südwestl. von Rothenburg: Urnen und Bronce vor 1843.
101. Selten, uordöstl. von Priebus a./Neisse: mehr als 30 Urnen,
südwestl. vom Orte um 1850.
102. Steinbach, nördl. von Rothenburg: Urnen und Bronce vor 1843.
103. Spree, südwestl. von Muskau: Bronce vor 1843.
104. Stenker, südl. von Haibau, Kr. Görlitz: dergl.
105. Tränke, südwestl. von Priebus: desgl. östl. vom Orte.
106. Tschirudorf an der Tschirne, südwestl. von Sagan, 1868 etwa
25 Thongefässe im Formsande, auch Nadeln von Kupfer und Bronce, als
„altes Metall" zum Löthen verkauft. Kutscher Schussig und Menzel;
Gebrüder Glöckner. Noch Yorrath in der Erde. Die Herren Glöckner
sind bereit, Nachgrabungen zu gestatten und zu unterstützen.
107. Wie sau, südl. von Sorau, an der Grenze des Saganer Kreises:
vor 1853 südl. vom Orte, nicht weit vom Mordkretscham. Besitzer: der
Herzog in Sagan.
108. Zibelle, Kreis Rothenburg zwischen Sorau und Muskau: Urnen,
Broncestücke.
109. Ziebern, südwestl. von Sorau: Urnen am Moderteiche. Saal-
born 1879).
c. Im Westen vom Kreise Sorau aus.
110. Branitz, Kr. Kottbus: Urnen vor 1843 und neuerdings.
111. Loitz, Klein-, nordwestlich von Muskau, 1 Opferstein, („Teufels-
stein") in der Bohsdorfer Haide, 8' lang, 4' breit, kahnförmig gestaltet, mit
Vertiefungen. Die Bohsdorfer Haide liegt an der Grenze der Kreise Sprem-
berg und Sorau.
1) Der 3. lingt )^ Stunde weiter abwärts bei W^ircleck.
2) Dieser in d. ZeitscLr. f. Ethn. 1878 S. (311) beschrieben.
Zur prähistoriMcLeii Karte des Kreises Soraii N. L. 433
d. Im Norden vom Kreise Sorau aus:
1. Kreis Krossen.
112. Sommerfeld, nordnordwestl. von Sorau: „Urnen und Tliränen-
gefässe, die man nicht selten liierlierum ausgegraben hat." (Peschek,
Beiträge 1790, S. 4iJ).
113. Tre[)pelii, Kr. Krossen, nördl. von Naumburg am Bober:
„Eine Menge Heidenbegiäbnisse", theils Hügel mit Steinkasten unter Roll-
steinen, theils nur im Sande stehend. Die Urnen standen etwa 1 Meter tief,
(Förster Kiediger; von Zychlinsky, vor 18()0).
114. Welmitz bei Jähusdorf, Kr. Krossen: Heidnische Begräbniss-
stätten vor 1861 (Kiehl und Scheu, Berlin etc., S. .343).
2. Kreis Guben.
115. Amtitz. Am „Aratitzer Berge" vor 1800 und dann um 1830:
Urnen, Münzen. (Merkel, Erdbeschreibung; Laus. Magaz. 1832, S. 7!>;
Scheltz, Gesammtgeschichte, S. 3, Dr. Jentsch, in der Zeitschr. f. Ethnol.
187G und 77).
116. Breslagk bei Guben. Um 1770 noch etwa 60 Hügel, in den
einzelnen 30 — 60 Urnen von verschiedener Form uud Grösse, in Steinkisten
mit Rollsteinen bedeckt; sämmtlich von weissem Thon. In dem Stifte
Neuzelle eine Sammlung von solchen Urnen, Opfermessern, Griffeln (Nadeln?),
heidnischen Münzen. (Merkel, Erdbeschr. 1800, VI. S. 240, Scheltz,
S. 3). — 1879 war diese Sammlung daselbst nicht mehr vorhanden; auch
wusste man nicht, was aus ihr geworden.
In Peschek's Beiträgen (1790, S. 146) hat von Wiedebach einen
Fund beschrieben. Er zählte 80—90 Familienbegräbnisse, einige von be-
sonderer Grösse, aus Haufen von weit hergeholten Rollsteinen bestehentl,
Durchmesser 11 — 12 Fuss. Der Abt von Neuzelle Hess einige aufgraben
und fand Asche, Kohlen, Streithämmer, Urnen, Krüglein, Zierathen. Retten.
Ringe, Spitzen von Pfeilen, Grabstichel, Opfermesser, alte Münzen, (zum
Theil Bilateraten,) z. Th. Bracteaten. Die Ketten waren aus Silber, die
Grabstichel aus Silberdraht, die Opfermesser aus einer kupferartigen Masse. —
Peschek meint, dass die Slawen dieser Gegend das Silber aus Böhmen
erhalten hätten.
117. Breesen, Gr.: 1 Broncecelt (Dr. Jentsch in der Zeitschr. f.
Ethn. 1877).
118. Bresinchen: 1 Steiuhammer, ders. 1 . , ,, , /r m i ... .x
TT 1 je 1 Schanze (L. M. l.s.-;2).
119. riuaerose: Urnen, ders. J
120. Goschen: Urnen und Bronceüberreste, ders.
121. Deulowitz: 1 Streitaxt von Bronce, ders.
122. Döbern, Neu-: Urnen, ders.
434 Dr. Saalbom:
123. Fürstenberg: 1845 und 1877: Urnen. (Dr. Weiler, das.,
Zeitschr. f. Ethn. 1877).
124. Germersdorf: Urnen. (Dr. Jentsch).
125. Göttern: Urnen um 1830 (Laus. Mag. 1832, S. 79).
126. Griesen: Urnen (Dr. Jentsch in der Zeitschr. f. Ethn. 1877),
127. Guben, an 4 Stellen Urnen, broncene Ringe, Nadeln, 1 Dolch,
Eisenreste, 1 Steinkeil (Dr. Jentsch; Scheltz, S. 3).
128. Gubinchen: Urnen (Alte Nachricht).
129. Haasow: Urnen und Broucesacben, 1 Kinderklapper (Dr.
Jentsch). 1820 Urnen (L. Mag. 1840, S. 66).
130. Kaikau, nördl. von Sommerfeld: Urnen, broncene Armringe
(Krüger und Dr Jentsch, in der Zeitschr. f. Ethn. 1877, S. 274).
131. Kanig, südöstl. von Guben: 1 Topf mit 2 Henkeln (1828,
Wilgenroth).
132. Krebsjauche: 1763 eine Urne mit Blechmünzen (Merkel,
VI, 240; Scheltz, S. 4).
133. Lahmo: Nadel von Bronce (Dr. Jentsch).
134. Lawitz: Urnen, ders.
135. Liebesitz: Urnen (Saalborn).
136. Lübbinchen: Pfahlbau und Eisenreste (Dr. Jentsch).
137. Möbiskrug (anno 1230: Möanskrug). 1760 und 1799 Urnen.
1799 auf dem Kirchhofe alte heidnische Münzen (Merkel VI, 241).
138. Neuzelle, ^ Stunde vom Orte auf einer Brandstätte: Stücke
von Urnen, gebrannte Steine, auf denen Kohlen lagen. (Merkel, VI, 241).
Neuerdings 1 Streitaxt von Stein, 2 hart gebraunte Urnen (diese 1879 noch
im Besitze des Oberkaplans in Neuz.)
139. Niemaschkleba, Kr. Guben: Urnen, Bronce (Dr. Jentsch),
140. Nimitzsch: Urnen, Eisen-, Steingerilthe. Beckmann, Stief
(Breslau 1704), Grimm Laus. Mag. 1842, 234; Preusker, Blicke 1843,
III, 45, 112, Tab. VI Nr. 92 über f; Scheltz, Gesammtgesch. 1847, S. 4;
Dr. Jentsch). 1820 Urnen (L. Mag. 1840).
141. Oegeln: Urnen, Bronce, Eisen, 1 Steinharamer, 2 „Schreck-
steine." (Dr. Jentsch, Dr. Veckenstedt in der Zeitschr. f. Ethn. 1877).
142. Ossig, im N.-W. noch Hügel (Saalborn).
143. P lesse - Schön eich: Urnen, (Dr. Jentsch).
144. Pohsen: Urnen, ders.
145. Ratzdorf: Urnen und Bronce, ders. — Nach Merkel VI,
240 anno 1777 eine Urne (?) mit Blcchmünzen vom Kaiser Otto und
andere mit dem Johanniterkreuze (Meissuisclie oder Schenkendorfischer')
Scheltz S. 4. — In Peschek's Beiträgen von 1790 S. 247 referirt von
W 1 e d e b a c h diese Nachricht.
146 K<'ichenbach: Urnen (Dr. Jentsch).
Zur prähistorischen Karle de.« Kreises Sorau N. L. 435
147. Reich ersdorf: Urnen, 2 dreitheilige Gefässe, 1 Räuchergefäss,
1 Vogel. Aus Bronce: 1 Celt etc. (Dr. Jentscb). Urnen a. 1793.
148. Sadersdorf: Urnen, (ders.)
149. Schenkendorf: Urnen, Bronce, Stein, Eisen, (ders.)
150. Seh laben: vor 1800 heidnische Begräbnisse (Merkel VI, 240;
Peschek, Beitr. 1790. S. 145 „unglaubliche Menge von Urnen" — von
Wicdebach; Scheltz S. 4).
151. Schlagsdorf: Eisen (Dr. Jentsch).
152. Sprucke: Urnen, ders.
153. S targar d: Urnen fast auf allen Höhen, Bronce, 1 Stein hammor,
2 Pfeilspitzen von Eisen. 1831 wurde in der „Schanze" — Durchmesser
100' — an mehreren Stellen nachgegraben; man fand auf dem Grunde 0'
hoch Knochen von grossen und kleinen Thieren, Hörner, Urnen (?); im
Innern war ein Pflaster. (Laus. iMag. 1832 S. 78).
154. Strega, im N.-W: Hügel (Saalborn), „wie die Düppler Schanzen."
155. Taubendorf: Urnen um 1820 (L. Mag. 1840).
156. Treppein, Kr. Guben, (anno 1300 Tribule): Urnen.
157. Tschernowitz-Bösgen: Bronce (Dr. Jentsch). Urnen uml814.
158. Wellmitz: Heidnische Begräbnisse (Merkel, VI, 240;
Scheltz S. 3).
159. Zschiegeru: Urnen (L. Magazin 1832).
43fi Miscellen nml Kiifhersrhan
Miscellen und Bücherschau.
Frit/ llommel: Die Namen der Säugethiere bei den südsemitischen
Völkern als Beiträge zur arabischen und äthiopischen Lexicographie, zur
semitischen Kulturforschung und Sprachvergleichung und zur Geschichte
der Mittelraeerfauna. Leipzig 1879. J. C. Hinrichs. 8. III, 472.
Eine ungemein fleissige und inhaltreiclie Arbeit, die nicht allein Geschichts- und Sprach-
forscher, sondern auch Ethnologen und Zoologen gleichmässig ansprechen muss. Dass die
genaue analytische Bearbeitung der Thiernamen in den alten Kultuiceutren des Orientes eine be-
sondere Bedeutung für die oben erwähnten Disciplinen gewinne, leuchtet wohl jedem Gebildeten
ein. Verfasser gebietet über einen unvergleichlichen Sprachschatz und über ausgedehnte
exegetische Kenntnisse, welches Alles er zwar nach strenger Methode aber auch in sehr
anmuthiger Form zu gewähren weiss. Wir empfehlen dies selbst äusserlich wohlgefällige,
namentlich die fremden Schrifttypen in sehr klarer, übersichtlicher Weise zeigende Werk
dringend allen sich mit Kulturgeschichte beschäftigenden Fachmännern.
Fei. Liebrecht: Zur Volkskunde. Alte und neue Aufsätze. Heil-
brouu 1879. Gebr. Henninger. 8. 522.
Verf. ist uns schon lange als sehr geschickter und gewissenhafter Forscher auf kultur-
geschichtlichem Gebiete bekannt. Seinem scharfen Blick entgeht selten ein irgend wo ver-
steckt liegender Gegenstand, welcher einen Lichtstrahl auf die Entwicklung des geistigen
und materiellen Lebens der gesammten Menschheit zu werfen, geeignet erscheint. Li eh-
re cht hat in diesem Buche ältere und neuere Aufsätze zusammengestellt und gewisser-
massen umgearbeitet, so dass dieselben ein vielfach anderes, man möchte sagen, solideres
Gewand angenommen haben. Zahlreiche streng wissenschaftlich gehaltene Beläge heben den
Character des gut geschriebenen , übrigens mit volksthümlicher Klarheit verfassten Werkes.
F. V. Lilienfeld: Gedanken über die Socialwissenschaft der Zukunft.
4 Theile. Die sociale Physiologie. Mitau. E. Behre. 1879. 8. 496.
Obgleich wir weder mit der Methode noch mit den Schlussfolgerungen des Verfassers
in allen Punkten übereinstimmen, so müssen wir doch seiner Ausdauer in Beschaffung und
Sichtung von Material die lebhafteste Anerkennung zollen, können auch nicht umhin anzu-
nehmen, dass der Vokswirthschaftslehrer vieles für ihn Nützliche finden werde. Selbst der
Ethnolog wird manche Seite dieses ausgedehnten Werkes mit Genugthuung durchsehen.
G. Eckers: Des Greises Erzählung. Berlin. E. Staude 1880. 8. 38 S.
Eine freundliche Dichtung versöhnlichen Wortes, welche in einer Zeit, in der die Geister
wieder einmal mit Heftigkeit aufeinander zu platzen drohen, von wohlmeinenden Naturen
\sillkommen geheissen werden sollte. Die Ableitung der Chatten von den Akkad oder Cheta
und so manches andere hier entwickelte Element der Völkeretymologie erscheinen uns
freilich recht sehr gewagt. R. H.
Knirk von Debr. Unger (Th. Grirom) in Berlin. Scbönebergerstr. 17a.
— Die Insel Oahu. Finsch, S. 320. - Hawaiische Grabstätte bei Waimanalo, Oahu.
(Holzschnitte). Finsch, S. .327. — Photographien von Negrito-.Schädeln (Philippinen).
Baer, S. 331. — Angebliche Photographie einer Apache Squaw. Stein, Virchow,
Hilgendorf, S. 334. — Näpfchenstein und Kirchenmarken in der Schweiz. Virchow,
S. 334. — Schalensteine und Kupferäxte in der Schweiz. (Taf. XVII., Fig. 2 — 3 und
Holzschnitt) F. Keller, S. 335; Gross, Virchow, S. 336. — Hünengräber von
Lohme auf Rügen. Schöler, S. 337; Virchow, S. 339. — Balkenverzierung aus Ap-
penzell. Kollmann, S. 340. - Lehmfunde von Posen. Pfuhl, Roth, Friedel, S.
340. — Runeukalender von Oesel. (Taf. XVIII). v. Stein, S. 340. - Thongefäss aus
dem Borchelt von Gosmar und Mamrauthszähne von Luckau. Behia, S. 34'>. — Gräber-
feld von Gr. Lichterfekle bei Berlin (Holzschnitte). Urban, S. 342; Virchow, S. 346.
— Nubische ethnologische Gegenstünde. Mantey, S. 350. — Fenersteinfunde von Uelwan
und moderne Industrie. Mantey, 8. 361; Reil, S. 363. — Karrenfelder und Strudel-
löcher mit besonderer Rücksicht auf Küdersdorf. Sadebeck, S. 353; Uauchecorne,
Orth, Virchow, S. 360. — Neue Schriften, S. 360.
Sitzung vom 15. November 1879. Deformirter Schädel von Coati. Künne, S. 362. -
Bericht des Hm. Bastian, S. 363. — Geschenke des Hrn. v. Mohl, S. 362. — Verein
für Orts- und Heimathskuude zu Altena a. d. Lenne, S. 362. — Böhmische Gräberfelder.
Pudil, S. 362. — Prähistorische Funde von Guben. (Mit Holzschnitten). Jentsch,
S. 366. — Generalversammlung und Ausstellung zu Berlin, S. 370. — Funde von Berlin
und Potsdam. (Mit Holzschnitten\ Friedel, S. 371. Virchow, S. 374, 375. — Grab-
urnen von Ober-Wilda bei Posten. M. Kuhn, S. 376. — Gräberfeld von Slaboszewo
(Posen) und Hakenringe. (Mit Holzschnitten.) Schwartz, S. 376. — Kirchenmarken im
Posenschen. (Mit Holzschnitt). Schwartz, S. 379; Virchow, S. 381; Weiss, Alfieri,
Friedel, S. 381; Hart mann, S. 383. — Moderne Stöcke mit Feuersteinbesatz in Polen.
Schwartz, S. 384. — Orang-Utan und Gibbons. Virchow, S. 384. — Nubier und
Dinka. (Mit Holzschnitten.) Virchow, S. 388: Uartmann, S. 395. — Neue Schriften.
S. 397.
Sitzung vom 20. Dezember 1879. Geschäfts- und Verwaltungsbericht, S. 398. - Kassen-
bericht, S. 405. — Neuwahl des Vorstandes, S. 405. - Neue Mitglieder, S. 405. — Tod
des Herrn Sadebeck, S. 406 — Nekrolog des Grafen Sievers (Holzschnitt), v. Pahleu,
S 406; Virchow, S. 408. — Geschwänzte Menschen im indischen Archipelago. Bastian,
S. 412. — Schwanz eines menschlichen Kindes. Virchow, S 413. — Reise nach den
Marshall's Inseln. Finsch, S. 413. — Academia nacional de ciencias, Cördoba, Argen-
tinien, S. 414. — Küstenlinie des Hellespont. Calvert, S. 414. — Messungen an Bari
und Bachopi. Felkin, S. 415; Virchow, S. 418. — Gräberfeld bei Giauen (Amt Peine,
Hannover). Müller, S. 419. — Reise nach Lappland. Schulz-Marienburg, S. 419.
— Photographien von Negritos (Philippinen). Munoz, S. 422; Jagor, S. 423;
Virchow, S. 424. - Schädel und Skelette, besonders von Negritos und Igorroten von den
Philippinen. Virchow , S. 426. — Gräberfunde aus Cujavien (Holzschnitte), v. Erckert,
S. 428; Virchow, S. 431. — Näpfchensteine und Kirchenmarken. Virchow, S. 436;
Jentsch (Holzschnitte), S 436; Brückner, S. 440; Alfieri, S. 441; v. Schulen-
burg, S. 442. -- Thongeräthe aus dem Urnenfelde von Müschen im Spreewalde (.Holz-
schnitte). V. Schulenburg, Virchow, S. 442. — Nachkommen des wendischen Königs
im Spreewalde, v. Schulenburg, S. 442. — Muschelgcräthe und Muschelbeil aus
Gräbern von Barbadoes. Virchow, S 444. — Bronzefunde von Bennewitz, Provinz Sachsen,
(Holzschnitte). Voss, S. 444. — Runengemmeu. Voss, S. 446. — Maske von Neu-
Britannien. Hollmann, S. 446. — Topf und Mais aus dem Gräberfelde von Madison-
ville(Ohio). Brühl, S.446; Virchow, S.447; Wittmack, S 448. - Südamerikanische
und chinesische Gegenstände. Künne, S. 449. — Nubier. Virchow, S. 449; Nachtigal,
S. 452. — Eingegangene Schriften, S. 466.
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Namen -Verzeichniss S. 462.
Alphabetisches Register S. 463.
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Professor der englischen und französischen Sprache an der Universität Bonn.
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schwierigsten Wörter
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Professor der englischen und französischen Sprache an der Universität Bonn.
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DR. AUGUST GARCKE,
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Druck von Gebr. Unger (Tb. Grimm) in Berlin, Schönebergerstr. I7a.
anci
Verlianciliin iren
der
Berliner Gesellschaft
für
Aiithi'opologi(\ Ethnologie und Ür2esclii(;lite.
Redigirt
IS-ULci. TTircliOT^.
Jahrgang 1879.
BERLIN.
Wiegan dt, Hompel & Parey.
(l'aul I'arey.)
1879.
Berliner Gesellschaft
für
Aiithrupolugie, Etlmologie und Urgeschichte.
1879.
Dr. Bastian, Professor, 1
Dr. Beyrich, Professor, J
Dr. Rob. Hartmann, Prof., erster Schriftführer
Vorstand.
Dr. Rud. Virchow, Professor, Vorsitzender.
Dr. Max Kuhn, zweiter Schriftführer.
Dr. Alb. Voss, dritter Schriftführer.
W. Ritter, Banquier, Schatzmeister.
Stellvertreter des
Vorsitzenden.
Dr. Koner, Professor, Obmann,
Dr. F. Jagor.
Dr. A. Kuhn, Gymnasialdirector.
Dr. Wetzstein, Consul.
Friedel, Stadtrath.
Ausschuss.
Deegen, Kammergerichtsrath.
Dr. G. Fritsch, Professor.
Dr. Nachtigal, Vorsitzender der Gesellsch.
für Erdkunde.
Ehrenmitglieder.
Dr. Lisch, Geheimer Archivrath, Schwerin,
Meklenburg.
Dr. Schott, Prof., Mitglied der Akademie,
Berlin.
Don Pedro d'Alcantara, Kaiser von Bra-
silien.
Caesar Godeffroy, Hamburg.
9.
10.
11.
12.
Correspondirende
Joseph Baruai-d Davis, M. D., F. R. S., 13.
Shelton, Staffordshire.
John Beddoe, M. D., F. R. S., Clifton, 14.
Glocestershire. 15.
Desor, Professor, Neuchätel.
Huxley, Professor, F. R. S., London. 16.
Worsaae, Kammerherr, Kopenhagen. 17.
Graf UwarotF, Präsident der archäolo- 18.
gischen Gesellschaft, Moskau.
Capellini, Professor, Bologna. 19.
Dr. Giiistiuiauo Nicolucci, Isola di Sora,
Napoli. 20.
Paolo Mantegazza, l'rofessor, Florenz.
Juan Vilanova y Piera, Madrid. 21.
F^douard Dupont, Directeur du Musee 22.
royal d'liistoire naturelle, Bruxelles.
Japetus Steenstrup, Professor, Kopen-
hagen. 23.
Mitglieder.
Sir John Lubbock, Iligh Elans, Farn-
borough, Kent.
Dr. Philippi, Professor, Santiago, Chile.
Dr. Julius Haast, F. R. S., Christchurch,
New Zealand.
Dr. med. A. Weissbach, Constantinopel.
Luigi Calori, Professor, Bologna.
Edgar Leopold Layard, Britischer Con-
sul, Parä, Brasilien.
Gustav Radde, Director des transkau-
kasischen Museums, Tiflis.
Riedel, Holländischer Resident, Billiton
bei ßangka.
Dr. Burmeister, Professor, Buenos Ayres.
Luigi Pigorini, Capo Sezione nella dtre-
zione generale dei Musei e degli
Scavi del Regno, Roma.
Dr. Pereira da Costa, Lissabon,
i*
(4)
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
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42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
53.
Dr. Grewingk, Professor, Dorpat.
von Blaramberg, Generallieutenant, Se-
wastopol.
Augustus W. Franks, M. A., London.
V. Tschudi, Schweizerischer Gesandter,
Wien.
Dr. Leemans, Director, Leiden, Holland.
Dr. Hans Hildebränd, Stockholm.
Dr. Carl Rau, Washington, D. C.
Conte Giovanni Gozzadini, Senator, Bo-
logna.
Oscar Montelius, Stockholm.
Baron von Düben, Professor, Stockholm.
Baron F. von Müller, Melbourne, Au-
stralien.
von Kaufmann I., General, Taschkend.
Dr. von Heldreioh, Director des botani-
schen Gartens, Athen.
Engelhardt, Professor, Kopenhagen.
Dr. Zwingmann, Medicinalinspector von
Ostsibirien, Nikolajewsk am Amur.
Dr. med. Rell, Leibarzt, Cairo,
Dr. med. Sachs, Leibarzt, Cairo.
Oscar Flex, Missionär, Ranchi, Nagpore,
Ostindien.
Dr. A. Stübel, z. Z. in Dresden.
Bror Emil Hildebrand, Reichsarchivar,
Stockholm.
A. L. Lorange, Director des Alterthums-
Museums, Bergen, Norwegen.
Dr. J. R. Aspelln, Helsingfors, Finnland.
John Evans, F. R. S., President of the
British geological Society, Nash Mills,
Hemel Hempsted.
Spiegelthal, Schwed. Consul, Smyrna.
Frank Galvert, Consul, Dardanellen,
Kleinasien.
Dr. Kopernicki, Krakau.
Dr. N. v,Miklucho-Maclay,z. Z.in Sydney.
Dalton, Culonel, Nagpore, Ostindien.
Alexander Cunningham, Major- General,
Caicutta.
Dr. Lührsen, Ministerresident, Lima.
54. Lepkowski, Professor, Director des Ar-
chäologischen Museums, Krakau.
55. Jos. von Lenhossek, Professor, Budapest.
56. George M. Wheeler, Lieut. Corps of
Engineers, Washington, D. C.
57. Dr. F. V. Hayden, U. S. Geologist in
Charge, Washington, D. C.
58. J. W. Powell, Major, Washington, D. C.
59. Franz v. Pulszki, Director des National-
Museums, Budapest.
60. Dr. Fl. Romer, Professor, Budapest.
61. Boyd W. Dawkins, Prof., Manchester.
62. Dr. Sessels, Washington.
63. Sir Charles Darwin, Down Beckenham,
Kent, S. E.
64. Dr. Wenzel Gruber, Prof., St. Peters-
burg.
65. Dr. Ornstein, Chefarzt der griechischen
Armee, Athen.
66. P. Broca, Professor, Generalsecretär
der anthropol. Gesellschaft, Paris.
67. A. Bertrand, Director des Museums zu
Saint Germain en Laye.
68. Graf Carl Georg Sievers, Wenden,
Livland.
69. Don Francisco Moreno, Director des
National-Museums, Buenos Aires.
70. Dr. Majer, Präsident der Academie,
Krakau.
71. Dr. Bogdanoff, Professor, Moskau.
72. Raja Rajendra Lala Mitra, Bahädur,
Caicutta.
73. Burnell, Ph. D., Tanjore, Ostindien.
74. John Shortt, M. D., Madras, Ostindien.
75. Giuseppe Ponzi, Professor und Senator,
Rom.
76. Dr. Ernst, Director des Nationalmuseums,
Caracas.
77. F. A. de Roepstorff, Port Blair, Nicobaren.
78. Houtum-Schindler, General und Telegra-
phendirector, Teheran.
79. Dr. V. Duhmberg, Staatsrath, Barnaul,
Westsibirien.
Ordentliclie Mitglieder.
1. Abarbanell, Dr., Sanitiltsrath, Berlin. | 6. Adler, Dr med., Berlin
2. Abbot, Dr. med., Berlin.
3. Abeking, Dr. med., Berlin.
4. Achenbach, Dr., Staatsmiuister, Ober
präbidont, Potsdam.
7. Älbrecht, P., Dr., Professor, Königsberg.
8. Alfieri, L., Kaufmann, Berlin.
9. von Andrian, Freiherr, Aussee i/Strmk.
10. Appel, Ch., Kaufmann, Berlin.
5. Acland, Dr., Professor, F. R. S., Oxford. 1 11. Arons, Alb., Banquier, Berlin.
(5)
12. Ascherson, P., Dr., Professor, Berlin.
1?), Ascherson, F., Dr. phil., Berlin.
14. Aschoff, Dr. med., Berlin.
15. Assmann, Dr. med,, Freienwalde a/0.
16. Awater, Dr. med., Berlin.
17. Barchewitz, Hauptmann, Connewitz boi
18. Bardeleben, Dr., (ich. Med. -Ruth, Berlin.
10. Barnewitz, Realschullehrer, Branden-
burg a/H.
20. Bartels, Dr. med., Berlin.
21. Bastian, Dr., Professor, Director der
ethnologischen Abtheilung des Kgl.
Museums, Berlin.
22. Baumann, Kaufmann, Berlin.
23. Beer, Rittergutsbesitzer, Berlin.
24. Behia, Dr. med., Luckau.
2.'). Behmer, Fabrikant, Berlin.
26. Benda, Dr. med., Lübeck.
27. V. Bennigsen, Landesdirector, Bennigsen
bei Hannover,
28. Berendt, Dr., Professor, Berlin.
20. Bergius, Oberstlieutenant, Berlin.
30. Bernhardt, Dr. med., Berlin,
31. Bernhardy, Kaufmann, Berlin.
32. Bertheim, Stadtverordneter, Berlin.
3.). Beuster, Dr. med., Berlin.
34. Beyrich, Dr., Professor, Geh. Bergratb,
Berlin.
35. Rogalla von Bieberstein, Vorsteher des
Statist. Bureau d. Niederschl.-Märk,
Eisenbahn, Berlin,
36. Biefel, Dr., Oberstabsarzt, Berlin.
37. Blasius, Dr., Professor, Braunschweig.
38. Bodinus, Dr , Berlin.
30. V. Boguslawski, Dr., Breslau.
40. du Bois-Reymond, Dr., Professor, Geh.
Medicinal-Rath, Berlin.
41. Bohr, Dr. med., Stabsarzt, Kiel.
42. Börner, P., Dr., Ober-Stabsarzt, Berlin.
43. von Brand, Baron, Major, Berlin.
44. von Brandt, MinisLerresident, Peking,
Cliiiui.
45. Braun, Dr., Justizrath, Berlin.
46. V. Bredow, Kittergutsbesitzer, Berlin.
47. Breslauer, Dr., Professor, Berlin.
48. Bretschneider, Dr.. Berlin.
40. Bruchmann, Dr. phil., Berlin.
50. Brückner seu., Dr. med., Neu-Brandeu-
bure.
51. Buchholz, Gustos des Mark. Mus , Berlin.
52". Budczies, Schulvorsteher, Berlin.
53. Bütow, Geh. Regierungsrath, Berlin
54. Castan, Besitzer d. Panoptikums, Berlin.
55. Cochius, Dr., Oberlehrer, Berlin.
56. Crampe, l)r, Proskau i/Schles.
57. Croner, Dr. med., Berlin.
58. Curth, (i., Dr. med., Berlin.
50. Dames, Dr., Prof., Berlin.
60. Davidsohn, IL, Dr. med., Berlin.
61. Davidsohn, L., Dr. med, Berlin.
62. Deegen, Kammergerichtsrath, Berlin.
63. Degener, Kaufmann, Berlin.
<i4. Degener, Kreisrichter, Neuenburg, West-
preussen.
65. Dönitz, Dr., Professor, Tokio, Japan.
66. Döring, Dr., Stabsarzt, Berlin.
67. Dorn, Geh. Justizrath, Berlin.
6S. Driemel jr., Fabrikbesitzer, Guben.
60. Dümichen, Dr., Professor, Strassburg
im Eisass.
70. Dumont, Dr., Berlin.
7L Dzieduczycki, Graf, Lemberg.
72. Eben, Dr. med., Berlin.
73. Eckardt, Rittergutsbesitzer, Lübbinchen
bei Guben.
74. Eggel, Dr. med , Berlin.
75. Ehrenreich, Stud. med., Berlin.
76. Erdmann, Gymnasiallehrer, Züllichau.
77. Eschwege, Kaufmann, Berlin.
78. Eulenburg, Dr., Geh. Sanitätsrath, Berlin.
79. Ewald, J., Dr., Professor, Berlin.
80. Ewald, Kirnst, Historienmaler, Berlin.
81. Ewald, Dr., Privatdocent, Berlin.
82. Fälligen, Stadtgerichtsrath, Berlin.
83. Falkenstein, Dr., Stabsarzt, Berlin.
84. Fasbender, Dr.. Professor.
85. Finklenburg, Dr., Geh. Reg.-Rath, Berlin.
86. Förster, Dr., Berlin.
87. Fraas, Dr., Professor, Stuttgart.
88. Fränkel, J., Dr. med., Berlin.
80. Fränkel, Beruh., Dr. med., Berlin.
00. Frege, F., Banquier, Berlin
01. Friedel, Stadtrath, Beriin.
02. Friedländer, Dr., Berlin.
03. Frisch, Photograph, Berlin.
94. Fritsch, Dr., Professor, Berlin.
95, Fürstenheim, Dr, med., Berlin.
06, Gaede, Marine-Ingenieur, Berlin.
97 Gärtner, Consul. Berlin,
(ß)
98. von Gagern, Kreisrichter, Hilchenbach.
99. Geim, Banquier, Berlin.
100. Gentz, Professor, Berlin.
101. Gesenius, Stadtältester, Berlin.
102. Götze, Bürgermeister, Wollin.
103. Goldschmidt, F^eoB. H., Banqnier, Paris.
104. Goldschmidt, Heinr , Banquier, Berlin.
105. Goldschmidt, Herrn. B. H., Banq., Berlin.
106. Goltdammer, Dr. med., Berlin.
107. Gosiich, Rentier, Berlin.
108. Gottschau, Dr. med., Würzbirrg.
109. Graupner, Kaufmann, Luckau.
HO. Grawitz, Dr. med., Berlin.
111. Grempier, Dr., Sanitätsrath, Breslau.
112. Griesbach, Dr. med., Thorn.
113. Grimm, Herm., Professor, Berlin.
114. Gubitz, Rud., Notar, Berlin.
115. Gubitz, Erich, Cand. med., Berlin.
116. Güssfeldt, Dr. phil., Berlin.
117. Güterbocit, P., Dr. med., Berlin.
118. Güterbock, L., Maler, Berlin.
1 19. Guttstadt, Dr. med., Berlin.
120. Hagenbeclt, Carl, Hamburg.
121. Hahn, (lust., Dr., Oberstabsarzt, Berlin.
122. Hahn, Dr. med., Berlin.
123. Hansemann, Fabrikant, Berlin.
124. Harms, L. Heinr., Lübeck.
125. Hartmann, Dr., Professor, Berlin.
126. V. Haselberg, Dr. med., Berlin.
127. Hauchecorne, Geh. Ober - Bergrath,
Berlin.
128. Heimann, Redacteur, Berlin.
129. Hermes, 0., Dr., Berlin.
130. Hertz, William D., London.
131. Herzberg, Dr. med, Berlin.
132. Hildebrandt, J. M., z Z. auf Reisen.
133. Hilgendorf, Dr. phil., Berlin.
134. Hitzig, Dr., Prof., Burgliölzli bei Zürich.
135. Hoffmann, Dr., Sanitätsrath, Berlin.
136. V. Holleben, Ministerresident, Monte-
video.
137. Hollmann, Stadtgerichtsrath, Berlin.
138. Holtze, Dr., Sanitätsrath, Kattowitz.
139. Hörn v. d. Hork, Dr., z. Z. in China.
140. Horwitz, Dr., Uechtsanwalt, Berlin
141. Houselle, Dr., Geh. Med.-Rath. Berlin.
142. Huld, Fr., Dr., Stabsarzt, Inowrazlaw.
143. Humbert, Legationsrath, Berlin.
144. Jacob, Dr. med., Coburg.
145. Jagor, F., Dr., Berlin.
146. Jahn, Rentier, Burg Lenzen a/F>lbe.
147. Ideler, Dr. med., Berlin.
148. Jentsch, Oberlehrer, Guben.
149 Jetschin, Geh. Calculator, Berlin.
150. Israel, Dr. med., Berlin.
151. Jürgens, Dr. med., Berlin.
152. Junker, Dr., St. Petersburg.
153. Kaiser, Em., Dr., Privatdocent, Berlin.
154. Kaiser, Ed., Dr., Berlin.
155. Kersten, Dr. phil., Berlin.
156. Kirchhoff, Dr., Professor, Halle a/S.
157. Kny, Dr., Professor, Berlin.
158. Koch, Dr., Kreisphysicus, WolisttMii,
Prov. Posen.
159. König, Kaufmann, ßei'lin.
160. Körbin, Dr. med., Berlin.
IGl. Körte, Dr., Geh. Sanitätsrath, Berlin.
162. Koner, Dr., Professor, Berlin.
163. Krocker, Dr., Stabsarzt, Berlin.
16-^. Krüger. Dr. phil., Berlin.
165. Krug v. Nidda, Wirkl. Geh. Rath, Ober-
Berghauptmann, Berlin.
166. Kuchenbuch, Kreisgerichtsrath, Münche-
berg.
167. Künne, Buchhändler, Charlottenburg.
168. Küster, Dr., Sanitätsrath, Berlin.
169. Kuhn, A., Dr., Director, Berlin.
170. Kuhn, M., Dr. phil., Berlin.
171. Kuntze, Dr. phil., Eutritzsch b. Leipzig.
172. Kunz, Stadtrath, Berlin.
173. Kunze, Kreisbaumeister, Saniter, Prov.
Posen.
174. Kurtz, Dr. phil., Berlin.
175. Kurtzwig, Regierungsrath, Berlin.
176. Lahr, Sanitätsrath, Schweizerhof bei
Zehlendorf.
177. Landau, H., Banquier, Berlin
178 Landau, Dr. med., Berlin.
179. Landau, W., Dr. phil., Tarnau i/Schles.
180. Lange, Henry, Dr. phil., Berlin.
181. Langerhans, Dr. med., Berlin.
182. Lasard, Dr., Berlin.
183 Lassar, Dr. med., Berlin.
184. .Lazarus, Dr., Professor, Berlin.
185. Lehmann, Reg. Baumeister, Guben.
186. Lehnerdt, Dr., Sanitätsrath, 15erliu.
187. Le Coq, v., Darmstadt.
188. Lessler, P., Consul, Dresden.
189. Levlnstein, Dr., Geh. Sanitätsrath, Alt-
Schöneberg.
(7)
190. Lewin, Dr., Professor, Berlin.
101. Liebe, Dr., Oberlehrer, Berlin.
192. Liebe, Professor, Gera
193. Liebermann, Geh. Commerzienrath,
Berlin.
194. Liebermann, Felix, Dr., Prof., Berlin.
V.)f). Liebermann, Dr., Professor. Berlin.
190. Liebreich, Dr., Professor, Berlin.
197. Liepmann, Rentier, Berlin.
198. Liman, Dr.,Prof.,Geh.Med.-Rath, Berlin.
199. Loew, Dr., Oberlehrer, Berlin.
■200. Lossen, Dr. phil., Berlin.
201. Luhe, Dr., Oberstabsarzt, Stralsund.
"202. Mailäth, Bela v., Vicegespann, Andras-
falu, Liptau, Ungarn.
203. Magnus, P., Dr. phil,, Berlin.
204. Manthey, Cairo.
205. IMartens, v., Dr., Professor, Berlin.
20(). Marthe, Dr., Oberlehrer, Berlin.
207. Martin, Dr. med., Berlin.
208. Mayer, L., Dr., Sanitätsrath, Berlin.
209. Meitzen, Dr., Geh. Reg.-Rath, Berlin.
210. Mendel, Dr. med., Pankow bei Berlin.
211. Menger, Dr. med., Berlin.
212. Meyer, Moritz, Dr., Geh. Sanitätsrath,
Berlin.
213. Meyer, Lothar, Dr. med., Berlin.
214. Meyer, Geh. Legatiousrath, Berlin.
215. Michaelis, Ed., Dr., Berlin.
216. Mohl, V., Consul, Chicago.
217. Montefiore, George, Bruxelles.
218. Moritz, Adalb., Kaufmann, Berlin.
219. Mühlenbeck, Gutsbesitzer, Gr. Wachlin
i/Pomm.
220. Müllenhof, Dr. phil., Berlin.
221. Müller, 0.. Buchhändler, Berlin.
222. Munk, Dr., Professor, Berlin.
223. Nachtigal, Dr., Berlin.
224. Neindorff, v., Oberstlieutenant, Sorau.
225. Neumann, G., Kaufmann, Guben.
22G. Neumayer, Dr., Professor, Wirkl. Ad-
miralitätsrath, Hamburg.
227. Niendorff, Stadtrichter, Berlin.
228. Oelsner Fr., Amsterdam.
229. Orth, Dr., Professor, Berlin.
230. Orth, Dr., Professor, Göttingen.
231. Paetel, Stadtverordneter, Berlin.
232. Paetsch, Dr., Berlin,
233. Parey, Buchhändler, Berlin.
234. Pauli, Dr., Depart.-Thierarzt, Berlin.
! 235. Peipers, Dr., Stabsarzt, Kiel.
i236. PetrI, Dr., Berlin.
' 237. Pfuhl, Realschullehrer, Rawitsch.
; 238. La Pierre, Dr., Sanitätsrath, Berlin.
239. Pippow, Dr. med., Berlin.
240. Plessner, Dr., Berlin.
241. Ponfik, Dr., Professor, Breslau.
242. Pringsheim, Dr., Professor, Berlin.
243. Prollius, v., M., Meklenburgischer Ge-
sandter, Berlin.
244. Prümm, Kaufmann, Berlin.
245. Puchstein, Dr. med., Berlin.
246. Rabenau, Oeoonom, Vetschau,
247. RabI - Rückhard , Dr., Oberstabsarzt,
Berlin.
248. von Radowitz, Gesandter, Athen.
249. Raschkow, Dr. med., Berlin.
250. Ravene, L., Geh. Commerzienrath,
Berlin.
251. Reichenheim, Ferd., Berlin.
252. Reichert, Prof., Geh. Med.-Rath, Berlin.
253. Reichert, Apotheker, Berlin
254 Reinhardt, Dr., Oberlehrer, Berlin.
255. Reiss, W., Dr., Berlin.
256. Reiss. Uhrenfabrikant, Berlin.
257. Richter, Banquier, Berlin.
258. Rieck, Dr. med., Küpnick bei Berlin.
259. Riedel, Kaufmann, Alt-Döberu.
260. Ritter, Banquier, Berlin.
261. Robel, Dr. phil., Berlin.
262. Rocholl, Stadtrichter, Berlin.
263. Rolofr, Dr., Geh. Reg -Rath, Berlin.
264. Rosenberg, Stadtgerichtsrath, Berlin.
265. Rosenthal, Dr. med., Berlin.
266. Roth, Dr., Generalarzt, Dresden.
267. Runge, Stadtrath, Berlin.
268. Saalborn, Dr., Schlossprediger, Sorau.
269. Samson, Banquier, Berlin.
270. Sander, Dr. med., Berlin.
271. Sattler, Dr. med., Fluntern bei Zürich.
272. V. Saurma-Jeltsch, Baron, Alexandrien.
273. Schaal, Maler, Berlin.
274. Scheibler, Dr. med., Berlin.
275. Scherk, Dr. med., Berlin.
276. Schillmann, Dr., Stadt-Schulinspector,
Berlin.
277. Schlesinger, Rentier, Berlin.
278. Schmidt. Emil, Dr.. Essen a. d. Ruhr.
279. Schmidt, Jos., Kaufmann, Berlin.
280. Sohmldt, F. W., Fabrikbesitzer, Guben.
(8)
281,
282,
283.
284.
285.
286.
287.
288.
289.
290.
•291.
292.
293.
294.
295.
296.
297.
29S.
299.
300.
301.
302.
303.
304.
305.
300.
307.
308.
309.
310.
311.
312.
31:;.
314.
Schneitier, C, Dr., Berlin.
Schobert, Schulvorsteher, Berlin.
Schöler, Dr., Privatdocent, Berlin.
Schönlank, W., Kaufmann, Berlin.
Schubert, Kaufmann. Berlin.
Schütze, Acad. Künstler, Berlin.
Schultze, Ose, Dr. med., Berlin.
Schütz, Dr., Professor, Berlin.
Schwartz, W , Gymnasial - Director,
Posen.
Schwarzer, Dr., Zilmsdorf, Kr. Sorau.
Schweinfurth, Dr., Cairo.
Schwerin, Ernst, Dr. med., Berlin.
Seemann, Dr. med., Berlin.
V. Siebold, Alexander Freiherr, Tokio,
Japan.
V. Siebold, Heinrich, Attache d. K. K.
Oesterreichischen Gesaudtsch., To-
kio, Japan.
Siegmund, Dr. med., Berlin.
Siehe, Dr. med., Calau.
Siemens, W., Dr., Berlin.
Simon. 0., Kaufmann, Bunzlau.
Sierakowslti , Graf, Dr. jur., Waplitz
bei Altmark, Westpreussen.
Steinthal, Leop., Banquier, Berlin.
Steinthal, Dr., Professor, Berlin
Strauch, Captain-Lieutenant, Kiel.
Strecker, Kreissekretär, Soldin.
Stricker, Verlagsbuchhändler, Berlin.
Struck, Dr., Director des Reichs-Ge-
suudheits-Amtes, Geh. Reg. -Rath,
Berlin.
TepluchofF, A., Gubernial - Secretär,
iljiiibk, Gouv. Perm, Russland.
Teschendorf, Portraitmaler, Berlin.
Tesmar, Rittergutsbesitzer, Eichen-
hagen, Prov. Posen.
Thiele, Kreisrichter, Soldin.
Thorner, Dr. med., Berlin.
Thunig, Domänenpächter, Kaiserhof.
Tiedemann, Rittergutsbesitzer, Siabo-
scliewo bei Mogilno.
Timann, Dr. med., Berlin.
315. V. Transehe - Roseneck, Schwanenburg
bei Riga.
316. Trautmann, Dr. med., Oberstabsarzt,
Berlin.
317. Treichel, Rittergutsbesitzer, Hoch-Pal-
leschken, Westpreussen.
318. Tuckermann, Alf., Dr., New-York.
319. Umlauft, J. F. G., Hamburg.
320. Urbahn, Tabaksfabrikant, Berlin.
321. V. Unruhe-Bomst, Freiherr, Landrath,
Wollsteiu, Prov. Posen.
322. Veckenstedt, Dr., Cottbus.
323. Veit, Dr., Geh. Sanitätsrath, Berlin.
324. Virchow, Dr., Professor, Berlin.
325. Voigtmann, Carl, Baumeister, Guben.
326. Vorländer, Fabrikant, Dresden.
327. Voss, Dr. med., Directorial -Assistent
am ethnol. Museum, Berlin.
328. Wankel, Dr., Blansko bei Brunn.
329. Wattenbach, Dr., Professor, Berlin.
330. Wegscheider, Dr., Geb. Sanitätsrath,
Berlin.
331. Weiss, H., Professor, Berlin.
332. Weiss, Guido, Dr., Berlin.
333. Weisbach, Dr., Stabsarzt, Wriezen a/O.
334. Werner, Dr. med,, Berlin.
335. Werner, Pastor Primarius, Guben.
336. Westphal, Dr., Professor, Berlin.
337. Wetzstein, Dr., Consul, Berlin.
338. Wilsky, Director, Rummelsburg bei
Berlin.
339. Witt, Gutsbesitzer, Charlottenburg.
340. Wittmak, Dr. phil,, Berlin.
341. Woldt, Schriftsteller, Berlin,
342. Wolff, Alex., Stadtrath, Berlin.
343. Wolff, Max, Dr. med, Berlin.
344. Wredow, Professor, Berlin.
345. Wutzer, Dr. med., Berlin.
346. Zierold, Rittergutsbesitzer, Mietzelfelde
bei Soldin.
347. Zimmermann, Dr., Rechtsanwalt, Berlin.
348. Zimmern, Dr., Stabsarzt, Berlin.
349. Zuelzer, Dr., Privatdocent, Berlin.
350. Zwicke, Dr., Stabsarzt, Berlin.
Ausserordentliche Sitzuiif? am 11. Januar 1879
im neuen (iobäude der Bergakademie.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Neue Mitglieder:
Akademischer Künstler A. Schütze, Berlin.
Gymnasiallehrer Erdmann, Züllichau.
Baron von Brand, Berlin.
Ulrich Castan, Besitzer des Panoptikums, Berlin.
Stabsarzt Dr. Zimmern, Berlin.
Tabaksfabrikant ürbahn, Berlin.
Zum correspondirenden Mitgliede ist ernannt:
Hr. Dr. Otto von Duhmberg, Staatsrath und (Jeneralinspector des
Medicinal Wesens zu Barnaul, Altai.
Hr. Dr. Ernst zu Caracas dankt für seine Ernennung zum correspondirenden
Mitgliede.
(2) Hr. Graf Sievers hat Hrn. Virchow eine Sammlung von 17 Schädeln,
vorwiegend dem Lettischen Stamme angehörig, in ausgezeichnet guter Verpackung,
sowie eine Reihe von Photographien über Ausgrabungen, welche neue archäo-
logische Resultate ergeben haben, gesandt. Sobald der genauere Bericht einge-
gangen sein wird, soll darüber weitere Mitlheilung erfolgen.
(3) Hr. Virchow zeigt einen ihm von Hrn Ferd. Römer in Breslau über-
sendeten
Schädel aus der Knochenhöhle von Gorenice bei Ojcow (Polen).
(,Hier/.ii Tat'. IV.)
Die betreffenden Erläuterungen aus dem begleitenden Briefe des Hrn. Römer
lauten folgendermaasseu :
„Ich habe mich in diesem Sommer mit der Ausbeutung gewisser Knochenhöhlen bei
Ojcow in Russisch Polen beschäftigt und ein sehr grosses Material von fossilen Knochen
und von prähistorischen anthropologischen Gegenständen (verarbeiteten Feuersteinen,
geschnitzten unil durchbohrten Eberzähnen, Borusteiu-Perlen u. s. w.) für unser
Museum zusammengebrachte Von Thierea habe ich aus den Höhlen namentlich
(10)
folgende Arten bestimmt: ürsus spelaeus (vollständige Schädel, alle anderen
Theile des Skelets, über 1000 Eckzähne), Hyaena spelaea, Felis spelaea (schön
erhaltene Unterkiefer), Wolf, Fuchs, Canis lagopus, Pferd, Elephas primigenius,
Rhinoceros tichorhinus und Renthier (zahlreiche Geweihe).
„Meuscbliche Knochen wurden in den meisten Höhlen, vollständige Schädel in
zwei Höhlen gefunden. Ich habe sechs fast vollständige Schädel ziif ammengebracht.
Da ich mir selbst in der Beurtheilung des anthropologischen Werthfs dieser Schädel
durchaus kein ürtheil zutrauen kann, so erlaube ich mir Sie um ein gefälliges
ürtheil übei einen dieser Schädel zu bitten und nehme mir die Freiheit denselben
gleichzeitig mit diesem Briefe au Sie abzuschicken. Drei der übrigen Schädel sind
ganz ähnlich wie dieser gestaltet. Die zwei anderen scheinen mir der typischen
deutschen Schädelform näher zu stehen. Die Schädel sind ziemlich tief in dem
Boden der Höhle gefunden, zusammen mit altem Töpfergeschirr. Das Zusammen -
vorkommen genau in derselben Schicht mit Knochen ausgestor-
bener Thierarten kann ich nicht sicher behaupten, da ich bei der Aus-
grabung gerade der Schädel nicht anwesend war. Sie haben, wie ich aus der
Schrift des Grafen Zawisza "ersehe, schon früher einmal einen Schädel aus einer
dieser Höhlen bestimmt."
Hr. Virchow:
In der Sitzung vom 6. December 1873 (Verh. S. 192. Zeitschr. für Ethnol.
Bd. V.) habe ich die mir vom Grafen Zawisza übergebenen menschlichen üeber-
reste aus den Krakauer Knochenhöhlen vorgelegt. Zwei derselben waren aus der
Höhle von Wierszchow. Obwohl Graf Zawisza dieselben in das Zeitalter des
polirten Steins zurück zu datiren geneigt war, so schien es mir doch wahrschein-
licher, dass sie verhältnissmässig jung und vielleicht slavischer Herkunft seien.
Ob eine der von Hrn. Römer ausgebeuteten Höhlen mit den oben erwähnten
identisch ist, erscheint zweifelhaft. Er bezeichnet die eine in einem Vortrage vom
24. April 1878 in der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur als die
von Wierzbanowice, südlich von Olkusz in Polen, giebt jedoch au, dass sie sämmt-
lich zwischen Olkusz und Ojcow gelegen seien. Auf dem mir übersendeten Schädel
steht der Name Gorenice, und es darf daher wohl angenommen werden, dass es
sich um eine andere, wenngleich benachbarte Höhle handelt.
Wie sich aus dem Briefe des Hrn. Römer ergiebt, so ist die Fundstelle selbst
nicht ganz sicher bestimmt. Die tiefe Lage ist an sich nicht entscheidend, da die
Möglichkeit nicht bestritten werden kann, dass lange nach der Ablagerung der
älteren Schichten menschliche Leichen in dieselben eingesenkt und begraben wor-
den sind. Ich erinnere in dieser Beziehung an meine eigenen Erfahrungen von
dem Rinnekaln in Livland (Sitzung vom 20. October 1877. S. 407. Zeitschr. für
Ethnol. Bd. IX.) und an meine Erörterungen über die Skeletfunde aus der Bären-
höhle von Aggtelek in Ober-Ungarn (Sitzung vom 21. Juli 1877. S. 310. Eben-
daselbst). Es bedarf unzweifelhaft der allergenauesten Feststellung nicht bloss des
Fundlagers, sondern auch des Verhaltens der dasselbe bedeckenden Schichten, um
darüber entscheiden zu können, ob die Skelette jünger oder älter sind.
Das ganze Verhalten des mir übersendeten Schädels spricht gegen das hohe
Alter. Er hat eigentlich nichts im engeren Sinne Fossiles an sich. Er ist nicht
nur im Ganzen gut erhalten, sondern er erscheint auch in seinen einzelnen Theilen
mehr recent. Seine sehr glatte, dichte Oberfläche, der gute Zusammenhalt der
einzelnen Knocheuschichten, der Mangel des „Kiebens an der Zunge", die feste,
aber nicht schwere Beschaffenheit sprechen durchaus für eine der jüngeren Zeit
Ol)
angehörige Bestattung. Einige Dendriten an der linken Seite beweisen nichts
gegen eine solche Annahme. Rechts ist die Färbung im Ganzen mehr bräunlich.
Obwohl ich von den früher untersuchten Schädeln leider keine Zeichnung habe
antortigiMi lassen um! obwohl ioli daher auf die damals von mir gegebene Beschrei-
liutig zur Vergleichung boschränkt bin, so glaube ich doch aussagen zu dürfen, dass
der jetzt vorgelegte Schädel etimologisch und chronologisch den früheren beiden
tialiestclit. Die damals genommenen Maasse sind ausführlich genug, um eine
gewisse Sicherheit zu gewähren. Um jedoch für die Zukunft einen besseren Anhalt
zu gewähren, gebe ich in Taf. IV. die geometrischen, auf '/.t der natürlichen Grösse
reducirten Zeichnungen des Schädels von Gorenice.
Derselbe gehört einem Weibe in der Mitte des Lebens an; die stark abge-
scldiffeucii Zähne und die grosse Zahl der Synostosen zeugen dafür. Es findet sich
iioiderseits eine Synostose der Sphenofrontal- und der unteren Theile der Coronar-
Nalit; theil weise ist auch die Spbenoparictal-Naht (iu ihrem vorderen Abschnitt),
vollständig jederseits die Mastooccipital-Naht verstrichen. Dafür ist links eine Spur
der Sutura transversa occip. vorhanden.
Der Schädel ist lang und niedrig, mit flacher, hinter der Kranznaht etwas ver-
tiefter Scheitelcurvc und vorspringendem Hinterhaupt. Die Stirn ist gerade, aber
niedrig. Die Tubera kräftig entwickelt. Viel auffälliger ist jedoch die Bildung
des Gesichts. Dasselbe ist im Ganzen niedrig ; die Augenhöhlen höchst charakte-
ristisch durch ihre breite und niedrige, zugleich aber tiefe Form. Auch die Nase
ist kurz und zugleich breit, mit tief eingebogenem Rücken. Der Alveolarfortsatz
des Oberkiefers gleichfalls niedrig, aber leicht prognath. Der Unterkiefer fehlt.
Die Hauptmaasse ergeben Folgendes:
Grösste Länge 187 mm
„ Breite 132 „
Senkrechte Höhe 12G „
Auriculare Höhe 108 „
Untere Stirnbreitc 96 r
Temporaldurchmesser Hb „
Parietal „ 120 „
Occipital „ 105 „
Mastoideal „ (Basis) ... 114 „
Auricular „ 104 „
Obergesichtshöhe (Nasenwurzel bis Alveolarrand) 57 mm
Gesichtsbreite (Sut. zygom. maxill.) 93 ? „
Höhe der Nase 43 „
Breite der Nasenöffnuug 24 „
Höhe der Orbita 29 „
Breite „ „ 41 „
Zu den daraus berechneten Index-Zahlen füge ich hier sogleich, der Ver-
gleichung wegen, die Index-Zahlen der beiden, früher von mir vorgelegten Schädel
von Wierszchow. Es wird sich so alsbald die Aelmlichkoit und die (im (ianzen
geringe) Verschiedenheit ergeben,
Gorenice. Wierszchow.
Q l Ö 11. 6
Läugenbreiten-Index .... 70,5 73,5 7.), 4
Längenhöheu- „ .... 07,3 80,4 —
ßreiteuhöheu- „ .... 95,4 102,3 —
(12)
Gorenice. Wierszchow.
0 T. 5 II. (5
Ohrhöhen-Index 57,7
Nasen- „ 55,8 4G 47
Orbital- „ 70,7 75 79,5
Obergesichts-Index 61,2
Leider habe ich im Jahre 1873 die „Ohrhöhe" und die Gesichtsbreite (Distanz
der beiden Suturae zygomatico-maxillares) noch nicht bestimmt und diese Indices
sind daher nicht mehr zu ermitteln. Im üebrigen habe ich schon damals hervor-
gehoben , dass die Gesichtsbilduug beider Scliädel von Wierszchow unter einander
mehr Aehnlichkeit darbiete, als die eigentliche Schädelbildung, trotzdem beide
dolichocephal waren.
Jetzt sehen wir, dass der weibliche Schädel von Gorenice noch mehr dolicho-
cephal, dagegen ungleich niedriger ist, als der männliche Schädel von Wierszchow
Nr, I. Die durchgehende Dolichocephalie ist in meinen Augen kein Gegengrund
gegen die slavische Abstammung, wie ich früher wiederholt auseinandergesetzt
habe. Was das Gesicht betrifft, so ist nicht nur bei allen dreien eine sehr geringe
Höhe bemerklich, sondern vornehmlich die niedrige Zahl des Orbitalindex auffällig.
Selbst der Wierszchow-Schädel Nr. IL, obwohl er die höchste Zahl ergiebt, ist
doch weit unter dem Mittel der meisten europäischen Schädel. Die Nase ist bei
beiden Wierszchow -Schädeln leptorrhin, dagegen bei dem Gorenice -Schädel
platyrrhin. Indess kommt ein solcher Gegensatz der Geschlechter öfter vor, und
auch hier erklärt sich derselbe allein aus der extremen Niedrigkeit der Weiber-
uase, während die Breite der Nasenöffnung bei allen 3 Schädeln gleich ist.
Nicht ohne Interesse ist die Vergleichung mit den Schädeln von Aggtelek,
welche einer Höhle am Südraude des galizisch-ungarischen Gebirgsstockes ent-
stammen. Auch hier fanden sich, freilich neben brachy- und mesocephalen Formen,
ausgezeichnete Dolichocephalen, unter welchen letzteren leptorrhine und mesorrhine
vorkamen.
Können wir es daher keineswegs als wahrscheinlich annehmen, dass einer der
Schädel aus den Höhlen des Ojcow- Thaies in die Mammuthzeit gehört, so folgt
daraus nichts für die Frage der Coexistenz des Menschen mit dem Mammuth in
dieser Gegend. Wie Hr. Römer in der Sitzung der Schlesischen Gesellschaft am
20. November 1878 mittheilt, so hat Graf Zawisza in seiner Gegenwart aus einer
Holzkohle führenden Schicht der Mammuthhöhle von Wierszchow „mehrere schmale,
von den Seiten zusammengedrückte, an den Enden zugespitzte Stäbe von lanzett-
licher, fischähnlicher Gestalt", deren grösster 1 Fuss lang und 1 '/s Zoll breit war,
ausgegraben. Dieselben bestehen aus Elfenbein und zwar, wie Hr. Römer an-
nimmt, aus Mamrauth-Elfenbein, In derselben Schicht fanden sich geschlagene
Feuersteine und Knochen vom Reuthier, Polarfuchs, Mammuth u. s. w.
(4) Hr. Dr. Ne bring zu Wolfenbüttel berichtet vorläufig über die Resultate
seiner Untersuchungen einiger von Hrn. Virchow
in der Balver Höhle gefundenen kleinen Thierreste.
„Nachdem ich mir die mitgenommenen kleinen Thierreste soeben mit Ruhe
durchgesehen habe, kann ich Ihnen mittheilen, dass die Vogelreste meistens einer
Hühnerart angehören, welche mit Lagopus albus, dem sog. Moorschneehuhn Nord-
russlands, identisch oder sehr nahe verwandt ist. Auf dem beiliegenden Zettel
steht freilich, es seien keine Hühnerreste; aber dies kann nur soweit richtig sein,
(13)
dass es koino Reste vnm TTaiishuhn seien. Daneben finde ich die Dlna eines Maul-
wurfs, den Humenis und das Feraur eines grossen, alten Frosches und zwei zu-
sammengehörige Femora, welche vielleicht dem kleinen Wiesel, Putorius vulgaris,
zukommen."
(5) Hr. Künne übersendet folgenden Brief aus Cordoba (Argentinische Repu-
blik) d. d. 4. December.
„Heute sandte ich der Anthropologischen Gesellschaft durch Vermittlung
der Kaiserlichen Minister-Residentur in Buenos-Aires eine Kiste, enthaltend:
1) eine Urne aus Loma-Rica (Nr. 5 des Liverani'schen Albums, das jetzt im
Besitz der Gesellschaft).
2) zwei Indianerschädel, den heutigen Typus der niedrigen Klassen Argen-
tiniens illustrirend (Gemisch von Gauchos- und Pampas-Indianern).
Der erstere ist ein Geschenk von Mr. Faget, prof. et secretaire du College
national de Tucuman. Da dieser eine grössere Sendung von Alterthümern aus
Catamarca in Aussicht gestellt, bitte ich ihm den Eingang der Urne officiell zu
bescheinigen.
Nr. 2 ist ein Geschenk des Hrn. Weyenbergh, Professors der Zoologie an
der hiesigen Universität.
Ich habe bis hierher meine Reise programmässig zurückgelegt und gedenke
morgen nach der Cordillere aufzubrechen.
Ich habe im Innern Argentiniens viel von Hitze und Staub zu leiden und bitte
deshalb die Kürze meines Briefes zu entschuldigen."
(G) Hr. Saalboru übersendet einen weiteren Bericht über die
Fundstätten des Kreises Sorau N. L.
Es ist mir angenehm, Ihnen 5 Stellen prähistorischer Fundstücke und Wohn-
stätten, welche bisher in die prähistorische Karte des Kreises Sorau noch uicht ein-
getragen waren, zu nennen.
Dieselben befinden sich:
1) bei Mednitz am Bober, zwischen Naumburg a. B. und Sagan,
2) ., Billendorf, N. v. Sorau, in der Richtung nach Sablath,
3) y, Billendorf, „ „ „ Sommerfeld,
4) „ Benau „ „ „ Reiuswalde,
ö) „ Köbeln a. d. Neisse, zwischen Muskau und Särchen.
Die Fundstücke, welche ich, ausgenommen die Urnen von Mednitz, besichtigt
habe, bestehen:
bei Billendorf, Oktober 1878 gefunden, aus:
7 Urnen mit: Deckel und Re&teu des Leicbenbiandes, u. A. mit
5 Zähneu und Kohlen.
11 Krügen (klein).
9 Tassen (mit einer sandigen Masse, einen Speiserest andeutend.)
1 Räuchergefäss mit 4 Seitenlöchern, eine braune Sandmasse ent-
haltend.
1 1 Schälchen.
8 Fläschchen.
4 Büchsen (topfartig).
5 Näpfchen.
(14)
1 kleinen Scheibe mit 1 Loch im Centrum.
29 Töpfen und Töpfchen, einige mit Graphit-Ücberzug (?).
in Thon:
1 Nadel mit einer grau - weisslichen Deckmasse (verbrannt?),
darunter die Patina.
1 Knopf mit concent. Ringen verziert.
in Bronze:
1 Ring, zerbrochen, (um den Daumen? oder Mittelfinger,) aus
einer glasartigen Masse,
Ferner viele Scherben, darunter solche mit einem karmosinrothen,
matt glänzendem Anstriche.
1 Lanzenspitze (?) von Quarz (?).
1 Speerspitze (?) von Diorit ('?).
86 Stück.
2 Stück.
1 Stück
in Stein: 2 Stück
bei ßillendorf:
2 Töpfe, 1 Tasse,
1 Näpfchen.
in Thon: 4 Stück.
bei Benau:
1 Topf mit ausgeschweiftem Halse und
1 Schälchen als Deckel.
in Thon: 2 Stück
ii
Köbeln :
6
Urnen.
2
Doppel-Ürnen.
5
Krüge.
6 Töpfe.
1
Napf.
2
Näpfchen.
2
Tassen, 1
Wirtel (?)
1
Becher, 1
Rauch ergefäss,
3
keilartige
Thonstücke.
5
(?) Nadeln
mit Patina.
1
Ring (jetzt in London).
in Thon: 30 Stück.
in Bronze: 6 (?) Stck.
Der Finder und Besitzer des grössten Theiles der Fundstücke
von Billendorf, der Hr. Cantor Engelmann daselbst, den ich für
unsere Sache gewonnen habe, wird noch näheren Bericht erstatten.
Ich selbst besitze wieder 11 Urnen, darunter die grösste unter
allen aus dem hiesigen Kreise, ein Riesenexemplar, 7 Töpfe,
2 Näpfchen, 1 Tasse, 1 Schale.
in Thon: 22 Stück.
2 Schlangenringe, 10 Stücke Bronze, 1 Ring (zerbrochen).
2 Nadeln, 1 schöne Spange, 1 Halsring (gedreht).
1 Halsring mit entgegengesetzt laufendem Gewinde.
1 do. mit 4G braunen, blauen und grauen Perlen.
in Bronze: 10 Stück.
(15)
1 Goldspirale (Goldwerth 7,50 Mk.).
8 Gurkensteine (Waffen?).
1 Mahlstein, 1 grosse Kugel l(i Stink.
in Summa 185 Stück.
Ausserdem besitze ich 2 Stück versteinerten Ilirschhornes mit technischen
Versuchen primitivster Form, um Füsse herzustellen. Fundort: Grabezock bei
Oppeln 1809.
Die von mir ermittelten Fundstellen prähistorischer Art belaufen sich bis zum
18. Oktober 1878 auf:
186 im Kreise Sorau,
57 am „
Summa 243
Die Zahl dor Fundstücke im Kreise Sorau hat sich erhöht bis zu derselben
Zeit auf
1049 in ThoD,
48 in Stein,
163 in Bronze,
21 in Eisen.
1 in Holz (?),
4 in Glas (?) (incl. 46 Perlen),
2 in Gold.
Summa summarum 1288
Die Mehrzahl derselben ist gezeichnet und noch erhalten.
Die Sammlung des Bürgermeisters Kunze r in Pforten, welche dem Märkischen
Museum vor Kurzem überwiesen ist, ist der Stückzahl nach in der umstehend an-
gegebenen Summe mit etwa 300 Nummern enthalten.
(7) Hr. Woldt legt 2 Steinbeile von den Samoa-Inseln und Photo-
graphien von Australiern, dem Museum Godeffroy zu Hamburg gehörig, vor.
(8) Der Vorsitzende zeigt eine von Herrn Castan in "Wachs geformte Nach-
bildung eines pathologischen Gehirnes, über das Herr Sauder später berichten
wird.
(9) Hr. Dr. Anger in Elbing hat dem Vorsitzenden 4 Blätter mit vortrefflichen
Photographien Elbinger Gräberfunde zugeschickt. Zugleich berichtet er in einem
Briefe vom 2. Januar über die Resultate seiner fortgesetzten Untersuchungen
über die Lage des alten Truso.
Auf allen Ausgrabungs-Gebieten herrscht jetzt winterliche Ruhe. Die Fund-
stelle auf dem Spittelhöfer Felde (Brandstelle) wird in nächster Zeit kein neues
Material liefern, weil die Kiesgrabungen daselbst eingestellt sind. — Desto besser
geht es dafür in der Stadt Elbiug selbst. Viele Nachrichten älterer Funde bestäti-
gen meine Annahme in Betreff der Lage Trusos durchaus. Ich habe neulich mit
Herrn Kendzius in Schidlitz bei Danzig, selbst gesprochen und kann nur sagen,
dass die Aussagen des einfachen und ehrlichen Mannes durchaus glaublich sind.
Er hat wirklich ein Steinkistengrab in seinem Hause gefunden. Wo aber ein
Grab sich befindet, da müssen auch noch noch mehrere andere sein, loh werde
die Keller des Hauses und auch der benachbarten Häuser untersuchen.
(16)
Pfahlbauten, Knochen und Scherben sind auch noch an anderen Stellen, sud-
lich V(Mi der Altstadt, auf dem sog. Fischervorberge gefunden worden Dort hoffe
ich mit verhältuissmässig leichter Mühe Tiefgrabungen vornehmen zu können.
Bis dahin hat der Drausensee sich ganz sicherlich erstreckt. Freilich muss ich
überall bis auf 10 Fuss hinabsteigen.
Im Laufe der Jahre wird es mir hoffentlich gelingen, den Nachweiss bis zur
Evidenz zu führen, dass Elbing auf der Stelle gebaut worden ist, wo einst
Truso lag.
(10) Der deutsche Gesandte in Peking, Herr v. Brandt, der leider noch
immer durch schwere Erkrankung gehindert ist, die Gesellschaft zu besuchen,
übersendet
Photographien wilder Stämme in Cambodja,
nehmlich 1. ein Blatt mit 4 Chams,
2. ein anderes mit Hiengs
3. zwei Frauen und ein Mann von den Thpongs.
(11) Hr. v. Brandt berichtet ferner, unter Beigabe verschiedener, vou ihm
angefertigter Zeichnungen,
über die Steinwerl<zeuge Japans und über verschiedene, in der Sammlung der Deutschen
Geseilschaft für die Kunde Ostasiens befindliche Alterthümer.
Die Sammlungen der Deutschen Gesellschaft für die Natur- und Völkerkunde
Ostasiens in Yeddo sind in den Besitz des ethnologischen Museums in Leipzig
übergegangen und werden daher voraussichtlich in nicht zu langer Zeit eingehen-
deren Forschungen zugänglich werden, als dies der Natur der Sache nach in Japan
möglich sein konnte, wo es namentlich an allem sich zur Vergleichung eignenden
Material fehlte.
Unter diesen Umständen dürfte es vielleicht an der Zeit sein, die Aufmerk-
samkeit auf die nicht unbedeutende Anzahl japanischer Alterthümer zu lenken,
welche zu den Sammlungen der Gesellschaft gehören. Abgesehen von den Kuda-
tama und Mangatama, den versilberten und vergoldeten, d. h. mit Silber oder Gold-
blech beschlagenen kupfernen Ringen, und den Thongefässen, befindet sich unter
diesen Gegenständen auch eine grössere Anzahl von Steinwaffen, welche ganz be-
sonderes Interesse verdienen dürften.
Bis zu welcher Zeit man sich in Japan der Steinwaffen, namentlich der Pfeil-
spitzen und Beile, bediente, ist schwer zu entscheiden. Obgleich manche Angaben,
namentlich des Siok Nihon Koki, welches die Zeit von 833 — 850, und des Sau dai
djitnu roku, welches die von ,858 — 887 umfasst und 901 herausgegeben wurde,
steinerne Pfeilspitzen schon als etwas Unbekanntes und als „Waffen der Götter"
erwähnen, möchte es doch wohl am richtigsten sein, anzunehmen, dass der Gebrauch
von Steinwaffen in den mittleren und westlichen Provinzen wenigstens theilweise
bis zum 8. oder 9. Jahrhundert gedauert habe, während er sich im Norden noch
viel länger erhalten hat.
In Shendai wurden noch vor wenigen Jahren steinerne Pfeilspitzen angefertigt,
während die Ainos auf Yesso alle Metallgegenstände, wie Säbel und Messerklingen
u. s. w., noch heute von den Japanesen erhalten und Rohr, Holz und Knochen zu
Pfeilspitzen verwenden und Steinäxte und Hämmer gebrauchen.
Ueber die Fundorte der Steinwaffen ist wenig bekannt; die gewöhnlich sehr
(17)
oberflächlichen Angaben, anch das von Si el)old benutzte Dnkonshi ist nicht genauer,
weisen auf alte Tempelgrundstiicke, Jierge, Bergstürze, Klussdäniine u. s. w. hin.
Die Bezeichnung „in einem Grabe gefunden" ist mir bei Waffen nicht vorgekommen,
während sie bei alten Thongefässen sich sehr häutig findet; es mag dies aber Zufall
sein, und wäre es jedenfalls voreilig daraus den Schiuss zu ziehen, dass solche (legen-
stände den Todten überhaupt nicht mitgegeben wurden.
Was die Formen der Stein wafton anbetritt't, so ähneln dieselben in vielen
Beziehungen den auch an anderen Orten gefundenen und sind auf Tafel I. und II.
eine Anzahl Abbildungen aus dem Unkoushi , auf 111. und IV. aus der Samndung
der Ostasiatischen Gesellschaft zusammengestellt.
Pfeilspitzen: Yadjiri ishi oder Yanone ishi genannt. Nach Japanischen
Angaben ziemlich häufig, 3 oder 4 bis 10 Sun lang (1 Sun - 3,03 cai), von schwar-
zer, grüner oder grauer Farbe; sie werden als Amulette gegen Verwundung, Fieber
und den Einfluss böser Geister hochgeschätzt, darum von Kindern in einem Beutel-
chen um den Hals, von Männern als Verzierung, Menuki, am Schwertgriff ge-
tragen. Der Verfasser des ünkonshi erklärt sehr richtig, dass diese Pfeilspitzen
weder ein Werk der Götter noch der Natur seien, sondern auf einer sehr niedrigen
Kulturstufe stehenden Menschen zugeschrieben werden müssten. Dagegen lassen
die im ünkonshi befindlichen sehr verkleinerten Zeichnungen, Taf. IL, Fig. 1»; — 30,
den Verdacht aufkommen, dass die betreffenden Gegenstände säramtlich spätere
Nachahmungen metallener Pfeilspitzen seien, wenigstens ähneln sie denselben in
der Form in auffallender Weise und zeigen keine der gewöhnlichen charakteristischen
Kennzeichen der Steinwaffen. Die der Sammlung der Ostasiatischen Gesellschaft
entnommenen, Tafel III, 5 — 30, welche in natürlicher Grösse wiedergegeben sind,
zeigen dagegen, dass auch die Japanischen Pfeilspitzen sich weder in der Form
noch in der Grösse wesentlich von den in anderen Ländern gefundenen unter-
scheiden. Die dreieckige Form, HL, 5 — 9, ist sehr häutig, ebenso die unter III.,
19 — 25, aufgeführte, welche sich durch unverhältuissmässige Dicke in der Mitte,
plumpe Form und gewöhnlich rohe Arbeit unyortbeilhaft auszeichnet; III., iü, ist
eine sehr sorgfältig gearbeitete Spitze in Blattform mit einem Ansatz zur Befesti-
gung; III., 30, ein schönes, au der Spitze abgebrochenes Exemplar von schwarzem
Obsidian, dessen scharf ausgezackte Ränder fast die Verinuthung aufkommen lassen
könnten, dass man es mit einer Säge zu thuu hat, wenn nicht namentlich die
durch den Ansatz angedeutete Art der Befestigung mehr auf eine Pfeilspitze
deuteten.
Ueber das Material, aus dem die Spitzen bestehen, muss ich mich als Laie
jeder Aeusserung enthalten. Feuerstein scheint vorzuwalten.
Die auf Tafel IV., 1—3, 5, 6 und 8, in natürlicher Grösse abgebildeten Spitzen
scheinen eher zur Befestigung an Lanzen als an die leichteren Pfeile bestimmt ge-
wesen zu sein.
Tengu no meshigai, Speiselöffel des Tengu (Tengu, der himmlische Hund
d. h. die Persouitication der mit Geräusch fallenden Meteorsteine, mit Gavuda der
Hindumythülogie identisch; alt Japanisch werden die Aerolithen himmlische Füchse,
Amatsu kitsune genannt). Die sogenannten Speiselöffel des Tengu, heisst es im
Ünkonshi fAbth. IL Bd. 5), sind eine Art Pfeilspitzen, die Form der einzelnen
ist fast gleich und wenig von einander verschieden, sie sind meistens flach und
dünn, und von grüner, schwarzer, rother und violetter Farbe; sie sind mit Stein-
äxten, Pfeilspitzen, Mangatama und ähnlichen Sachen zugleich ausgegraben worden,
finden sich aber nur selten und sind schwer zu erhalten. In Mino nennt man sie
Verhindl. der Bcrl. Authropol. Gesellschaft ISTH. 2
(18)
Speiselöffel des Tengu, ebenso in Dewa, Echigo und Hida, in Sudo und Noto
Kitzune no meshigai, d. h. Speiselöffel des Fuchses.
Die Formen der Tengu no meshigai, wie sie im Ukonshi (I., 1 — 23, IL, 1 — 4)
abgebildet sind, widersprechen der Angabe des 'N'erfassers, dass sie sich unterein-
ander sehr ähnlich sehen, und dürften ausserdem hinreichen, um zu beweisen, dass
die grössere Mehrzahl weder Pfeil- noch Lanzenspitzen gewesen sein können; viel-
mehr dürfte man sie für Messer oder Schaber halten, die vielleicht mit dem griff-
artigen Ansatz in Holz eingelegt gewesen sind. Sie mögen auch wie das von Dr.
Jagor in den Philippinen vorgefundene Instrument (Reisen in den Philippinen von
F. Jagor, Berlin 1873, S. 121) zum Schneiden von Reis u. s. w. in einzelnen
Halmen gebraucht worden sein. Manche der abgebildeten Stücke würden sich
auch zu dem Zweck verwenden lassen, wenn mau sie senkrecht zwischen Zeige-
und Mittelfinger nimmt und mit dem Daumen den Halm gegen die Schneide
drückt
Das in der Sammlung der Gesellschaft befindliche Stück (HL, 3) in natürlicher
Grösse wiedergegeben, ist unbedingt keine Pfeilspitze; es ist aus gelbbraunem
Feuerstein, auf der einen Seite leicht coucav, auf der anderen verhältnissmässig
etwas weniger gewölbt, und macht den Eindruck, als wenn die Kunst der natürlichen
Form nur wenig, und zwar hauptsächlich bei Herstellung der Schneide, auf der
dem Ansatz gegenüberliegenden Seite nachgeholfen hätte. Ob die Stücke, HL, 4,
7, 8, ebenfalls zu den , Speiselöffeln " zu zählen sind, wage ich nicht zu ent-
scheiden.
Sekito, steinerne Schwerter. Nach dem ünkonshi sind dieselben 2^2 Sun
lang und 7 Bun (1 Bun = 3,03 mm) bis ein Sun breit und an einer Seite ge-
schärft; sie sind alle fast gleichmässig geformt und nicht aus guten (d. h.) harten
Steinarten gefertigt. IL, 13, 14, 15 giebt die Abbildungen aus dem ünkonshi
wieder. III., 1, 2 die in der Sammlung befindlichen Stücke in natürlicher Grösse.
Dieselben sind aus einem weichen Stein (Speckstein) gefertigt und unzweifelhaft
nicht für praktische Zwecke bestimmt.
Sekikento, steinerne Schwertknöpfe, stammen nach dem ünkonshi aus der
Götterzeit und sollen nur in Washiu gefunden werden; sie sollen 3 — 4 Sun lang
und 1 Sun oder etwas mehr breit, mit Buckeln verziert sein und unten ein Loch
zum Befestigen haben. Dieser Beschreibung und den Abbildungen im ünkonshi
IL, 5 — 9 entspricht ein in der Sammlung befindliches Stück, IV., 13, vollständig;
das andere, obgleich durchaus ähnlich in der Form, ist bedeutend grösser, beide
sind aus weichem (Speck-) Stein.
Ishidzutzui, steinerner Trommelstock. Die im ünkonshi abgebildeten Exem-
plare sind das eine 1 Shaku 7'/2 Sun, das andere 8 Sun lang (1 Shaku = 30,3 cm).
Beide sind in der Mitte, wo sie zwei stichblattartige Erhöhungen haben, zwischen
welche man mit einer kleinen Hand greifen kann, etwas dicker und verlaufen nach
beiden abgerundeten Enden zu schmaler und abgeplatteter. Nach dem Volks-
aberglaubeu soll es der Trommelstock des Donners sein, der personificirt als Trom-
meln schlagend dargestellt wird. — Das in der Sammlung befindliche, in natürlicher
Grösse abgebildete Stück, ähnelt ganz dieser Beschreibung; dasselbe ist aus sehr
hartem, schwärzlichen Stein angefertigt.
Von sonstigen in der Sammlung befindlichen Stücken scheint IV., 11, eine
ebenfalls aus sehr hartem Stein gefertigte Keule zu sein, die indessen vielleicht
auch nur ein Stössel oder Schlägel gewesen ist. Das ünkonshi giebt die Abbildung
eines ähnlichen, nur als djindaiseki, Stein aus der Götterzeit bezeichneten Stücks.
(19)
IV., 10, aus einem Serpentinartißcn Stein, scheint ein Naturprodukt zu sein,
obgleich die Japanischen Händler es als Steinwaffe zum Kauf anboten.
Ich füge die Abbildungen von drei alten Thongefässen bei, welche vor einigen
Jahren von der Japanischen Regierung ausgestellt wurden.
(12) Hr. Professor Lucae in Frankfurt a. M. übersendet die Fortsetzung seines
Berichtes über
die Ergebnisse seiner Messungen an Schulkindern.
Anbei folgt eine Zusammenstellung von GOO Schülern, ihr Wachsthum vom
October 1876 bis dahin 1877 betreffend. Während ich mit meinen Fingern die
Stellen bezeichnete, vi^elche zu messen seien, und mit den Fingern die Arme des
Stangenzirkels fixirte, wurden die Messungen von Hrn. Görlach ausgeführt und
von einem zweiten Lehrer in die Liste eingetragen. Ein dritter Lehrer stand dabei
um zu controlliren, dass der Kopf in horizontaler Lage gehalten wurde. So haben
wir die mühsam langweilige Arbeit vollbracht, aber mit aller möglichen Akura-
tesse. Die Punkte, welche festgehalten, finden Sie in dem Bericht über die Con-
stanzer Versammlung. Die von mir freilich erstrebten Resultate können erst dann
sicher hervortreten, wenn diese Messungen in den nächsten 10 Jahren fortgeführt
sind. — Die Zusammenstellung ist von dem Lehrer Görlach. Daher nicht die
leichtsinnigen Fehler, durch welche ich von meinem Neffen so blamirt worden.
Die im Herbste v. J. an den Knaben der Bornheimer Bürgerschule begonnenen
Erhebungen wurden in diesem Jahre wiederholt, und ergaben, verglichen mit den
vorjährigen, folgende Resultate:
I. Durchschnittliche jährliche Zunahme der genommenen Maasse.
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0,100
0,230
0,530
0,180
0,345
0,195
Aus vorstehender Tabelle ergiebt sich, dass zwischen dorn •2.-7. Lebensjahre
das Wachsthum des Schädels grösser ist, als zwischen dem 7. — 14. Lebensjahre.
(20)
dagegen aber in dem letzten Zeitabschnitt das Wachsthum des Gesichtes grösser
ist, als in dem ersten Zeitabschnitt.
II. Durchschnittsmaasse.
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Gesichtes
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3. ,
. . 4.
102,85
17,00
13,71
11,63
9,46
10,76
7,97
7,90
4. ,
, . 5. „
106,70
17,57
14,257
12,34
10,057
11,32
8,057
8,37
5. ,
6. „
7. ,
, - 6.
. . 7.
, , 8.
110,86
17,86
14,48
12,14
10,24
11,52
8,600
8,46
119,20
17,94
14,67
12,686
10,294
11,655
8,70
9,07
8. ,
, , 9.
122,74
17,95
14,61
12,67
10,60
11,78
9,12
9,32
9. ,
, 10.
128,20
18,067
14,71
1-2,723
10,865
11,947
9,194
9,53
10. „
, 11-
131,96
18,11
14,90
12,85
11,100
12,314
9,625
9,60
n. ,
. , 12.
136,90
18,20
15,00
12,80
10,920
12,080
9,36
9,77
12. „
, , 13.
142,00
18,21
15,00
(14,93)
12,81
11,125
12,170
9,63
10,06
13. „
, , 14.
150,00
18,49
15,37
13,05
11,620
12,64
9,98
10,?6
(13) Hr. Stein thal hält einen Vortrag
über die Sprache der Australier.
M. H., Sie erinnern sich wohl, dass vor längerer Zeit, wenn ich nicht irre im
vorigen "Winter, die Rede kam auf die Bevölkerung Australiens. Es wurde be-
zweifelt, dass Australien eine autochthone Bevölkerung haben könne, dass also
nothwendig eine Einwanderung dorthin stattgefunden haben müsse. Nun war aber
eben nicht zu sagen, woher wohl die Einwanderung stattgefunden haben solle, und
die Frage lag nahe, ob die Vergleichung der australischen Sprachen mit den sonst
bekannten Sprachen irgend welchen Aufschluss darüber gäbe. In der That hat
schon vor längerer Zeit Bleek, ein Deutscher, welcher in englischen Diensten ge-
standen und in Südafrika gelebt hat und dort vor zwei Jahren gestorben ist, die
Behauptung aufgestellt, dass die australischen Sprachen mit den südafrikanischen,
d. h. mit den Sprachen der Congo-Neger und Hottentotten, mit den so genannten
Bantu-Sprachen verwandt seien, und ausserdem hat der Engländer Caldwell die
Behauptung aufgestellt, dass die australischen Sprachen mit den Dravida- Sprachen
ira südlichen Vorderindien eine ursprüngliche Verwandtschaft zeigen. Diese letztere
Behauptung war früher schon als eine Möglichkeit angedeutet von dem englischen
Sprachforscher Norris. In letzter Zeit hat Friedrich Müller, der bekannte Ethno-
loge und Sprachforscher in Wien, in seinem „Grundriss der Sprachwissenschaft"
bei seiner Darstellung der australischen Sprachen auch die Frage ganz ausdrücklich
erörtert, welche uns hier beschäftigt, die Frage von der Verwandtschaft des Austra-
(21)
Hschen mit den Dravida-Sprachen und den südafrikanischen. Er ist zu dem Er-
gebniss gekommen, dass eine solclie Verwandtschaft durchaus nicht erwiesen sei
und dass die australischen Sprachen völlig für sich stehen.
Ich habe ganz unabhiingig von Friedrich Müller früher schon die australischen
Sprachen erforscht und habe gleichfalls die Ansicht gewonnen, dass die Gründe,
worauf Bleek, Caldwell und Norris die von ihnen behauptete Verwandtschaft
stützen wollen, durchaus nicht stichhaltig sind. Ich will noch hinzufügen, dass
auch die Sagen der Australier mir das nicht im mindesten zu beweisen scheinen.
Nehmlich ') im Nordwesten Australiens sagt mau, die ersten Bewohner Australiens
seien zur See von Osten gekommen und nach NW. gewandert. Bei einer ent-
standenen Zwistigkeit sei ein Theil vom anderen nach Süden in eine kalte unfrucht-
bare Gegend gewaltsam getrieben worden. Die Bewohner des Nordwestens nennen
alle anderen Australier Bastarde. Dagegen giebt es auch Stämme des Ostens,
welche sagen, sie seien aus Nordwesten gekommen, was sich damit vereinigen
Hesse, wenn man annimmt, dass die Stämme sagen wollen, sie seien gezwungen
gewesen, von Nordwesten auszuwandern, aber es wäre ein Widerspruch, wenn sie
damit meinten, sie seien von Nordwesten eingewandert. Ich glaube, dass diese
unbestimmten Sagen für die Behauptung einer Einwanderung von Osten oder
Westen gar keinen Werth haben , dass sie weiter nichts bedeuten, als die mythi-
schen Anschauungen der Völker, von dem Ursprünge ihres Lebens und von ihrem
zukünftigen Aufenthaltsorte nach dem Leben. Beides wird nach dem Aufgang und
Untergang der Sonne bestimmt. Einerseits meinen die Völker oft, sie kämen von
dort her, woher die Sonne aufgeht, und sie würden später im Tode dorthin ge-
langen, wo die Sonne untergeht; andererseits aber kann der Mythus leicht die
Gestalt annehmen, dass die Menschen von dort gekommen seien, wohin die Väter
nach dem Leben gegangen seien. Ich lialte diese Mythen der Australier für völlig
bedeutungslos für ihre Geschichte.
M. H., dies ist in kurzen Worten der Thatbestand, und wenn es Ihnen nur
darum zu thun wäre, diesen Thatbestand kennen zu lernen, so hätte ich meine
Aufgabe erfüllt. Es ist mir aber augedeutet worden, Sie würden gern einmal einen
Einblick iu die Werkstätte des Sprachforschers thun, um selbst beurtheilen zu
können, wie viel Sicherheit und Unsicherheit den Behauptungen der Sprachforscher
über Verwandtschaft zuerkannt werden müsse. Die Sache scheint im ersten An-
blick für den Sprachforscher recht ungünstig zu liegen, nehmlich es scheint, als
könnte man recht wohl beweisen, dass zwei Sprachfamilien mit einander verwandt
seien, indem man eben bestimmte positive Gründe anführt, welche unerklärlich
blieben, wenn nicht eine Verwandtschaft, eine Gemeinschaft des Ursprungs ange-
nommen würde. Dagegen scheint es, als wäre es ganz unmöglich, negativ zu be-
weisen, zwei Sprachen seien nicht verwandt. Es scheint also, wenn Caldwell
u. A. behaupten, die australischen Sprachen seien mit den Dravida Sprachen ver-
wandt, dass dann Jemand behaupten könne: die Gründe, die ihr anführt, sind
nicht stichbaltig. Aber wer bürgt uns dafür, dass nicht über Nacht ein Sprach-
forscher kommt, welcher stichhaltige Gründe für die Verwandtschaft beibringt?
Man könnte demnach immer nur sagen, uns scheine die Verwandtschaft zweier
Sprachfamilien noch nicht erwiesen, man könnte aber nicht behaupten: es sei
erwiesen, dass zwei Sprachen nicht mit einander verwandt sein können. So sieht
das zunächst aus; es verhält sich aber nicht so. Wir Sprachforscher sind günstiger
gestellt und können mit aller Bestimmtheit behaupten : zwei Sprachen sind nicht
1) Vergl. Ritiley, Kaiiiilaroi aiul other Australiuii languages, secuuU ed 1875, p. li9J'.
(22)
verwaoclt; wir können den negativen Satz auf positive Gründe stützen. Ich will
zuvor nur noch bemerken, dass es sich mit den australischen Sprachen unter ein-
ander so verhält, dass wir, so weit wir sie kennen, allerdings uns für berechtigt
halten, zu sagen, dass sie unter einander verwandt sind. Wir kennen am besten
die Sprache des Südens, auch die Sprache von Südosten und etwas weiter hinauf,
und wir kenneu auch noch einige von den Sprachen des Südwestens; dagegen sind
uns die Sprachen im Norden noch unbekannt. Also wenn von den australischen
Sprachen kurzweg gesprochen wird, so stützt es sich darauf, dass wir den süd-
lichen Theil wohl kennen und die Sache immerhin so gut erforscht haben , dass
wir behaupten können, sie sind unter einander näher und ferner verwandt, denn
man wird wohl auch hier grössere Nähe oder Ferne unterscheiden müssen. Dann
meine ich, ist noch zu beachten: wenn wir vermuthen, dass eine Einwanderung
doch wohl nur vom Westen oder vom Norden her gekommen sein könne — und
nun wird ja von den genannten Sprachforschern ausdrücklich auch nur auf eine
Einwanderung von Ostindien oder Afrika her Rücksicht genommen — so ist es
noch günstig, dass wenn diese Einwanderung auf eine ursprüngliche Bevölkeruiii>"
gestossen ist, sie dann diese ursprüngliche Bevölkerung nach dem Süden und
Osten gedrängt haben muss. Wir können also annehmen, dass wir in jedem Fall
im Süden und Osten auch die ursprünglichsten australischen Sprachen haben.
Hiernach wollte ich mir erlauben, Ihnen einige Bemerkungen vorzutragen über
die verschiedenen Momente der Sprachen, auf welche die Behauptung von Ver-
wandtschaft und Nichtvervvandtschaft gestützt wird. Es kommen dabei allerdings
alle möglichen Momente in Betracht. Erstens das reine Alphabet; indess dieses
beweist im Durchschnitt gar nichts. Sie brauchen nur daran zu denken, wie zwei
so nahe verwandte Sprachen, wie Lateinisch und Griechisch in ihrem Alphabet
sehr weit von einander entfernt sind. Wir wissen eben zu gut, dass im Laufe der
geschichtlichen Entwickelung sehr bedeutende Lautänderungon eintreten. Das blosse
Alphabet an sich würde also nichts beweisen. Ganz anders stellt sich freilich die
Sache dann, wenn wir die Geschichte des Alphabets verfolgen können, wie wir
das in Bezug auf Latein und Griechisch thun können. Da können wir, wie über-
haupt bei den indogermanischen Sprachen von jedem Laut des Alphabets eine Ge-
schichte entwerfen , und es lässt sich also die Verwandtschaft, das heisst die
ursprüngliche Identität verschiedener Laute beweisen und ebenso die Differenz
etwa scheinbar zusammentreffender Theile des Alphabets. Dagegen in Bezug auf
solche Sprachen, die wir nur in ihrem Stadium von heute kennen, kann das
Alphabet gar nichts beweisen. Jedoch auch hier können wir uns Ausnahmen
denken. Wenn wir im Alphabet einen so eigenthümlichen Laut finden oder eine
so eigenthümliche Lautklasse, wie die Südafrikanischen Sprachen haben, diese
Schnalzlaute, dann können wir mit grosser Wahrscheinlichkeit behaupten: in
welchen Sprachen irgendwo uns diese Schnalzlaute wieder begegnen, haben wir
verwandte Sprachen. Wenn nun also in den australischen Sprachen die Schnalz-
laute vorkämen, würden wir sagen: ja wohl, hier müssen Verwandte der Hotten-
totten sein. Davon aber findet sich in den australischen Sprachen keine Spur und
vielleicht kann man schon aus dieser Negation der Schnalzlaute positiv behaupten :
diese Sprachen können nicht mit einander verwandt sein.
Nach dem einfachen Alphabet kommt dann in Betracht die Art und Weise,
wie die Laute zu Silben verbunden werden und die Gestalt des Wortes. Dabei
kommen solche Differenzen vor, dass viele Sprachen nur den einfachsten Silbenbau
kennen : jede Silbe besteht aus einem Consonanteu und Vokal und höchstens nur,
dass der Vokal noch einen Nasal haben kann, oder der Consouant vorne kann eine
(23)
muta mit einer liquida sein. Auch dieser Silbenbau — und namentlich der Bau
der Endsilben der Wörter, wenn nehmlich mehrsilbige Wörter da sind und nur die
Eigenthümlichkeit der Silben in lietracht kommt, mit der die Wörter enden —
beweist sehr wenig, es raüsste denn eben wieder nur eine ganz wunderbare Eigen-
thümlichkeit hervortreten, wie z. B. allerdings die so genannten einsilbigen Sprachen
einen sehr eigenthümlichen Silbenbau haben. Sie haben sehr ausgedehnte Silben:
muta cum liquida, dann vielleicht ein Diphthong, dann ein Nasal. Dies ist so
eigenthümlich, dass man allerdings behaupten kann, dass bei den Sprachen, welche
diese Form der Silben nicht nur vereinzelt, sondern in grösseren Massen haben,
das nicht eine zufällige Uebereinstimnmng sein könne. Sonst wissen wir ja, dass
die Sprachen im Laufe der Zeit den Silbenbau bald vereinfachen, wie z. B. im
Griechischen die Endsilben alle sehr einfach geworden sind, bald im (jegentheil,
wie wir z. ß. im Deutschen, die Silben sehr consonantenreich machen, also den
Bau derselben sehr vervielfältigen. Wenn es wiederum möglich ist, geschichtlich
das nachzuweisen, wie die Silben in einer Sprache eine so eigenthümliche Gestalt
gewonnen haben durch Auswerfung von Vokalen und Zusammenziehung, dann aller-
dings kommt man auch auf einen anderen Standpunkt, während, wenn wir nur den
heutigen Standpunkt einer Sprache kennen, aus der blossen Beschaffenheit der
Silben wenig zu schliessen ist.
Dann kommen wir weiter zu einem anderen Moment, nehmlich zur Technik
der Sprache: wie werden die Wcirter gebildet und durch welche Hilfsmittel? Habeu
sie Präfixe, habeu sie Suffixe und vielleicht auch Infixe? Wenn nun diese Infixt
auch lautlich übereinstimmten, würden wir eine Uebereinstimmung in solchen
Punkten, die etwas so eigeuthümliches sind, wie die Infixe, für sehr wesentlich
halten; aber kurzweg zu sagen: alle Sprachen, welche Präfixe haben, oder alle
Sprachen, welche Suffixe haben, müssen mit einander verwandt sein, das geht
sicherlich nicht. Aber umgekehrt kann man behaupten, wenn ein grosser Sprach-
stamm in allen seinen Familien Präfixe gar nicht kennt und eine andere Sprach-
familie Präfixe liebt, dass diese beiden Sprachfamilien absolut nicht mit einander
verwandt sein können; denn die Abneigung gegen Präfixe möchte man für unver-
tilgbar halten. In dem weit ausgedehnten mongolischen Sprachstamui von der
Mandschurei bis Lappland und bis nach Constantinopel, nirgends giebt es Präfixe.
Dagegen haben die afrikanischen Sprachen allerdings Präfixe, ich meine die süd-
afrikanischen, die Congo- und Hottentottensprache, und so könnte man bestimmt
behaupten, diese beiden Sprach klassen, die mongolische und diese afrikanische,
können nicht mit einander verwandt sein. Wenn das ist, dann ist die Behauptung,
das Australische sei verwandt mit dem Hottentottischen und mit dem Mongolischen,
eine in sich widersprechende. Das ist ein Widerspruch, den sich Caldwell zu
Schulden kommen lässt; er geht nehmlich so weit zu behaupten: die Dravida-
Sprachen seien auch mit dem Mongolischen verwandt, also auch die ausü-alischen
mit dem Mongolischen. Ja, wenn die australischen mit dem Mongolischen verwandt
wären, so könnten sie nicht mit den prätigirenden Sprachen verwandt sein. Hier
kommt noch ein anderer Punkt in Betracht in Bezug auf die Technik. Nehmlich
nicht der, dass überhaupt Suffixe vorhanden sind, wäre zu erwägen, sondern wie
sich diese Suffixe an die Stämme anschliesseu. Hier giebt es nun einen Punkt,
den merkwürdiger Weise Caldwell gar nicht erwähnt hat, weil er allerdings doch
vorzugsweise an die Dravida-Spracheu gedacht hat. Nehmlich in den mongolischen
Sprachen in diesem weiten Umfange, wie ich ihn voriiin bezeichnet habe, in alleu
tatarischen Sprachen, uralischen Sprachen und altaischen Sprachen, in allen diesen
werden die Suffixe so an die Wurzeln oder au den Stamm gefügt, dass die Suffixe
(24)
eigentlich nur einen oder zwei Consonanteu haben ohne bestimmten ihnen ange-
hörigeu Vokal. Der Vokal wird ihnen erst verliehen je nach dem Vokal der
Wurzel. Daher kommt es auch, das?, wenn Sie Jemanden türkisch haben sprechen
hören oder magyarisch, es viele lange Wörter giebt, vier- bis fünfsilbige, und in
jedem herrscht ein einziger Vokal; nehmlich einer Wurzel folgen 2 bis 4 Suffixe
mit demselben Vokal der in der Wurzel lautet. Dieser Punkt kommt nun aber in
der Dravida-Sprache nicht vor und daher hat Caldweli ihn nicht beachtet und
hat übersehen, dass er hier Gelegenheit gehabt hätte, einen Punkt herauszuheben,
•wo das Australische mit dem Mongolischen übereinstimmt; denn in den australischen
Sprachen kommt allerdings etwas ganz ähnliches vor; die Wörter, welche in der
Wurzel den Vokal a, e, oder i haben, haben im Suffix den Vokal i; dagegen die
Wörter, welche den Vokal o oder u in der Wurzel haben, haben im Suffix den
Vokal u. Das ist nun dem Prinzipe nach dasselbe, wie in den mongolischen
Sprachen, aber allerdings sehr einfach. In den mongolischen Sprachen gestaltet
sich die Sache viel günstiger; es herrscht eine viel grössere Genauigkeit in dieser
Correspondenz der Vokale. Da aber dieses Gesetz der Harmonie der Vokale im
Australischen von geringer Bedeutung ist, rein euphonisch, und auch nur in dieser
unausgebildeten Weise vorkommt, ist die Sache für das Australische bedeutungslos.
Dagegen ist diese Harmonie der Vokale für den Wortbau der mongolischen Sprachen
durchaus wesentlich; eine mongolische Sprache müsste geradezu aufhören, zu dieser
ganzen Klasse zu gehören, wenn das irgendwie verkürzt werden sollte, und darum
glaube ich, dass auch dies, selbst wenn man auf eine so vereinzelte Erscheinung
Rücksicht nehmen wollte, für eine Verwandtschaft des Australischen mit dem Mon-
golischen nichts beweisen würde.
Zur Technik wollen wir dann ferner rechnen die Wortstellung. Das ist eine
syntaktische Technik. Die Wortstellung scheint so sehr von naturgemässen Ver-
hältnissen abhängig, entweder von logischen Bestimmungen oder von rhetorischen
Bestimmungen, dass wir sicherlich nur unter besonderen Umständen uns veranlasst
fühlen könnten, wenn zwei Sprachen in der Wortstellung übereinstimmen, dies für
einen Beweis irgend welcher Verwandtschaft anzuerkennen. Indess für die niedriger
stehenden Sprachen, wo die Wortstellung vielfach die grammatischen Formen er-
setzen muss, kann gelegentlich die Sache schon bedeutsamer werden. Wenn wir
nun gerade diesen Punkt anwenden auf die Frage von der Verwandtschaft des
Dravidischen und Australischen, so fällt er gerade sehr ungünstig aus für die Be-
hauptung der Verwandtschaft; denn im Dravidischen und im Mongolischen ist eine
durchaus feste Wortstellung und zwar von der Mandschurei bis nach Ofen und
Pest genau dieselbe. Ich habe eine ganz verwickelte Periode oder eine sehr zu-
sammengesetzte Periode aus dem Jakutischen, das ist ein tatarischer Dialekt, über-
setzen lassen in das Magyarische und das Magyarische hat genau dieselbe Stellung
der untergeordneten Sätze in der Periode und der Wörter in dem Satze. Das
Australische aber hat eine ganz andere Wortstellung, es hat eine freie Wortstellung.
Sieht man nun, wie nothwendig für den ganzen Charakter der mongolischen Spra-
chen die Festigkeit der Wortstellung ist, dass kein einziger von den vielen Dia-
lekten sich erlaubt, diese Wortstellung abzuändern, so muss man behaupten: eine
Sprache, die eine höchst freie Wortstellung hat, wie die Australische, kann positiv
nicht verwandt sein mit diesen mongolischen Sprachen.
Dann kommt weiter die innere Sprachform, worunter wir verstehen alles, was
zur Bedeutung der Sprache gehört, die Begrilisbildung und die Bildung der gram-
matischen Kategorien. Wenn nun eine derartige Uebereiustimmung zwischen zwei
Sprachfamilien besteht, dass derselbe Begriff oder dieselbe grammatische Kategorie
(25)
nacli derselben Technik mit demselben Laute, also derselbe innere Inhalt, dasselbe
gedankliche Element mit derselben äusseren Form bezeichnet wird — ja, wenn
ein solcher Beweis geliefert werden kann für die Verwandtschaft — und ein solcher
Beweis kann für die indogermanischen Sprachen geliefert werden — dann schwindet
jeder Zweifel, dann schwindet jeder Gedanke an Zufälligkeit, In den indogerma-
nischen Sprachen, deren lOrforschuiig für uns immer noch die musterhafte Methode
darbietet, war das Verfahren nun so. Die innere Form der Sprachen, das gedank-
liche Klement hatten wir alle längst gekannt; dass das innere Schema der griechi-
schen, lateinischen und deutschen Grammatik übereinstimmt, wurde stillschweigend
vorausges(>tzt, ileswegen weil die Sache seit Jahrtausenden sicher festgestellt war,
und darum hat man nicht weiter darum gefragt. Der Beweis der Verwandtschaft
ward uur dadurch gegeben, dass man nachwies: dasselbe innere Klement wird in
diesen indogermanischen Sprachen auch durch dasselbe äussere Element ausgedrückt.
Man hat also auf dem Gebiet des Indogermanischen keine Gelegenheit gehabt, die
Aufmerksamkeit besonders auf die innere Sprachform zu richten und dieselbe ab-
geliist au sich zu betrachten. Man hat sogar vielfach die stillschweigende Voraus-
setzung gemacht, als müsste die innere Sprachform, wie wir sie aus unseren indo-
germanischen Sprachen kennen, auch in allen übrigen Sprachen der Erde vorhanden
sein, als könnten hier keine Differenzen hervortreten. Nun aber haben wir durch
die Ausdehnung der Sprachforschung die Erfahrung gemacht, dass die ferner liegen-
den Sprachen der kulturlosen Völker uns eine ganz andere innere Form ihrer
Sprache zeigen, als diejenige, an welche wir gewöhnt sind, und zwar eine andere
innere Form unter den Mongolen, eine andere unter den Malayen , eine andere in
Afrika, und ich meine nun, wenn wir die Behauptung aufstellen wollen, zwei
Sprachen können nicht mit einander verwandt sein, so giebt es gar keinen siche-
reren positiven Grund für das Gegeutheil der Verwandtschaft, als die Erkenutniss,
dass die inneren Formen nicht zusammen stimmen; denn natürlich, wenn die
inneren Formen nicht zusammenstimmen, kann die weitere Frage, ob dasselbe
innere mit demselben Laut bezeichnet wird, gar nicht mehr aufkommen. Ich glaube
also, ich kann Ihnen den Beweis liefern, dass die australischen Sprachen ganz
isolirt sind, indem ich Ihnen zeige: sie haben eine besondere innere Sprachform
und bei dieser Gelegenheit werden Sie sich überzeugen vielleicht zum ersten Mal,
wie merkwürdig die innere Sprachform dieser uns ferner stehenden Menschen wer-
den kann.
Ich werde also einen einfachen Satz nehmen, und den analysiren. Wenn Sie
daran gewöhnt sind, dass ein Satz aus Subject und Prädikat bestehen muss, und
wenn ein transitives Verbum gebraucht wird, dass auch ein Object da sein muss,
müssen Sie diesen Gedanken fallen lassen. Im Australischen giebt es kein Subject
und Object, sondern die Sache gestaltet sich ganz anders.
Korn-il lak-in mäme, der Mann durchbohrt den Fisch').
Korne heisst Mann. Es ist ein Punkt, der zur innersten Technik des Austra-
lischen gehört, dass alle Stoffwörter, d. h. alle Wörter, welche Dinge oder Personen,
Eigenschaften oder Thätigkeiten, bezeichnen, mit einem Consouanten anfangen,
dagegen alles, was zu den formellen Verhältnissen gehört, also alle Sulfi.xe sämmt-
iich vokalisch beginnen. Weder in den Dravida-, noch iu den mongolischen, noch
in den hottentottischen Sprachen ist das der Fall, also wieder ein Punkt, der eine
1) Dieser Satz wie alle folgenden Angaben über •I;i.-j .Anstndiscbe gehüren der Sprache
in der (iegend der Encounter Bay, im Süden Aii.>itralien> und .stützen sich auf die tiraui-
ni.itik von H. A. K. Meyer, 1843.
(26)
Verwandtschaft mit diesen Sprachen abweist. Nun giebt es ein Suffix il, das ist
das Suffix für den Instrumentalis, wir müssen es übersetzen mit durch. Vor dem
Suffix il fällt der Endvocal e des Wortes Korne ab; also Korn-il durch den
Mann.
Lak bedeutet eine Thätigkeit, nehmlich durchbohren. Vollständig lautet das
Wort auch wieder lake. Die meisten Stoff- Wörter haben dieses Suffix; Thätigkeiten
eben so wohl wie Personen und Dinge und Eigenschaften; folglich heisst lake
Durchbohrung. Dazu tritt ein Suffix in, welches die Gegenwart bezeichnet; also:
durch den Mann Durchbohrung jetzt. Mäme den Fisch, d. h.: der Mann durchbohrt
den Fisch. Das ist eine ganz andere innere Form als diejenige unserer Sprachen,
und ein solcher Satzbau kommt auf der Erde nicht noch einmal vor, er ist den
australischen Sprachen eigenthümlich. Analogien giebt es allerdings; selbst das
formeureiche Sanskrit bietet auch eine Analogie. Dort ist eine sehr beliebte Wen-
dung, statt: der König sprach, zu sagen: vom König Gesagtes. Das ist aber ein
Produkt späterer Entwickeluag; ich weiss nicht worauf das beruht, und wie sicli
das bei einem Volke indogermanischen Stammes ausgebildet haben kann.
Dass es einen Accusativ besitzt, unterscheidet das Australische rühmlichst von
den meisten Sprachen der Erde, nehmlich von allen ausser denen der kaukasi-
schen Rasse.
Bei dem Wort mäme, Fisch, will ich noch etwas Eigenthümliches bemerken.
Dasselbe soll ganz allgemein animalische Speise bedeuten. Nun ist es ganz merk-
würdig, (während man meint, und es ist doch auch der Fall, dass die Australier
die elendesten Völker der Erde sind), dass sie hier eine Analogie zeigen zum geist-
vollsten Volke der Erde, nehmlich zu den Athenern. Neugriechisch heisst der
Fisch -^^clpi, unverstümraelt o-^dpiov statt des alten ly)h)q; aber nicht nur der Neu-
grieche sagt so, wir können es bis in 's Alterthum verfolgen und aus den Komikern
ersehen wir, dass man o^poipiov für Fisch im Volke gesagt hat. Ks kommt her von
o-^ov Gekochtes, bei Homer Fleisch. Australier und Athener stimmen darin über-
ein, dass sie das W^ort für Fleisch auf den Fisch übertragen. Bei den Athenern
ernährte sich das ärmere Volk von Fischen. Daher ward der Fisch als gewöhn-
liches Nahrungsmittel schlechtweg gekochte Speise genannt. So günstig wird bei
den Australiern die Sache nicht liegen; ich vermuthe, dass der Australier umge-
kehrt, da er gewöhnlich alles mögliche Ungeziefer frisst, wenn er einen Fisch be-
kommt, darin einen delikaten Braten sieht.
Nun ist es wirklich ganz interessant, wie diese "Weise der Construction durch
die ganze Sprache sich hindurchzieht. Ich sagte schon, dass hier eine sehr freie
Wortstellung herrscht; so will ich Ihnen nur bemerken, dass solch ein Satz, wie:
„ich flechte den Korb" drei verschiedene Stellungen erleiden kann: „durch mich
Flechtung den Korb", „Flechtung durch mich den Korb", „den Korb durch mich
Flechtuiig". Was wir durch die Betonung erreichen, wird hier durch die Stellung
mit verstärkt. Ein Passivum kann nun auch in solcher Weise erreicht werden,
wenn man das Subject weglässt; wenn man also blos sagt: „Durchbohrung ihn",
so heisst das: „er ist durchbohrt". Die blosse Weglassung eines Instrumentalis
drückt, wie man sagt, das Passivum aus. Aber es ist falsch; denn ob ich sage:
„durch den Mann Durchbohrung Fisch" oder „Durchbohrung Fisch" ist gleich, nur
dem Sinne nach näliert sich die Weglassung des Subjects unserem Passivum.
Nun giebt es allerdings noch eine andere Construction neben dieser: korue
iag')-el-in mäm-il. Das Suffix el bedeutet den Locativ „in": der Manu (ist)
1) g aus k erweicht. Die media besteht im Australischen nur euphuuisch.
r27)
jetzt im Durchbohren an einem Fisch. Da ist das Object umgewandelt, ich möchte
sagen in einen I^ncativ. Dass das il in der That Locativ ist, will ich Ihnen kurz
beweisen dadurch, dass man sagt: ich gehe bei Mondschein: niarger-il, d. h. bei
Mond; dieselbe Rolle, die hier „bei Mondschein" spielt, wird dort durch mäni-il
vertret(;n: beim Fis(;h. Sie könnten nur bezweifeln, ob ich darin Recht hatie, dass
ich auch ei für il nehme. Miin könnte meinen, lag-el-in bedeute „durchbohrend-
ist-jetzt". Ich muss Ihnen sagen, dass ich allerdings hier von Friedrich Müller
abweiche, der ein Vorbum 8ul)stantivum el annimmt. Ursprünglich habe el be-
deutet „sich bewegen", dann „gefien, kommen", dann „wünschen, vermissen", end-
lich „sein".
Indessen ich habe gute (iründe, weswegen ich meine, el könne kein Verbum
sein. Es ist weder ein ursprüngliches Verbum substantivum, noch überhaupt ein
Verbum, etwa mit ursprünglich concreterem Sinne. Nur dies will ich bemerken:
hätte el die Bedeutung gehen gehabt, so müsste es mit einem Consonanten an-
fangen, da, wie ich schon gesagt habe, im Australischen alle Nomina und Verba
mit einem Consonanten beginnen, die Formwörter aber sämmtlich mit einem Vocal.
El kann also kein Stoffwort, Verbum oder Substantivum gewesen sein, sondern nur
solch ein Form wort, welches durch unsere Präpositionen zu ersetzen ist. Ich würde
Sie sicherlich ermüden, wollte ich die Gründe weitlilutig auseinandersetzen, wes-
wegen ich el so nehmen muss: also lag-el „im Durchbohren".
So haben Sie den Kern der inneren Sprachform und ich kann Sie versichern,
es ist ein eigeuthümlicher Reiz, zu sehen, wie solch ein einfaches Formen-Princip
sich durch die Sprache hindurchzieht und wie damit alle Bedürfnisse der Sprache
erfüllt werden. Z. B. das Haben ist auch ein sehr schweres Wort für diese fern-
liegenden Sprachen, tarn heisst „nicht": tarn-el-än pirl im Nicht (ist) meine
Angel, d. h. ich habe keine Angel.
Ich möchte noch ein Paar Worte hinzufügen über die Zahlwörter. Die Stufe
der Intelligenz wird vorzugsweise in den Zahlen gesucht, und es ist Ihnen Allen
bekannt, dass von den Darwinisten gar zu gern auf den niedrigen geistigen Stand-
punkt der Australier hingewiesen wird. Der sei .schrecklich und thierisch, sie
könnten nicht bis 3 zählen. Die Sache liegt allerdings so, dass, wenn man sich
bei ihnen nach Zahlwörtern erkundigt, sie dann unzusammengesetzte Zahlwörter
nur bis 3 haben, dass sie bei 4 schon eine Zusammensetzung vornehmen und dass
sie für 5 ein Wort haben, welches „viel" bedeutet, und dann beginnen sie die Zu-
sammensetzung von 6 ab. So wissen sie sich nothdürftig höchstens bis zu 10 zu
helfen; aber gewöhnlich werden die Leute bei 5 aufhören, weil die Rechnung zu
complizirt für sie wird. Indessen ganz so ungünstig wird von einer glaubwürdigen
Seite her die Sache nicht dargestellt; nehmlich Ridley (a. a. 0. p. 32) sagt, die
Leute zählen so: 1 bis 3 besondere Wörter; 4 drücken sie aus durch 2+ 2; 5 be-
deutet „viel", aber sie bilden dann wieder G durch 5 + 1 u. s. w. Wenn sie zu
10 kommen, haben sie ein Wort, welches bedeutet: was zu beiden Händen gehört,
und 11 heisst dann: 1 vom Fuss dazu, 12:2 vom Fuss dazu u. s. w. So können
sie es bis 19 bringen und bei 20 sagen sie: was zu beiden Händen und Füssen
gehört. Das ist doch schon ein weiteres Zählen, und ich weiss nicht, ob nicht
vielleicht gelegentlich noch weiter gezählt wird, denn die Leute könnten es ja nun
so machen, wie es in Afrika geschieht, dass sie für 20 „Mensch" sagen, nehmlich
die Hände und Füsse des Menschen, und für lOO 5 Menschen. Doch weiss ich
nicht, ob sie es so macheu. Es mag wohl sein, dass die Leute in Australien wenig
zähliMi; aber Sie sehen, sie zählen iloch. Was die Zahlwörter 1, 2 und 3 betrifft,
so bedeutet 3 auch schon eine nnl^estiminte N'ielheit und das W'oit für 3 stimmt in
(28)
den Sprachen fast gar nicht übereiu. Merkwürdiger Weise stimmt aber auch das
Wort für 1 nicht überein, dagegen stimmt das Wort für 2 vielfach in diesen Dia-
lekten überein. Was dieses Wort für 2 bedeutet, weiss ich nicht, aber das Wort
für 1 in der Sprache der Encounter Bay kann ich deuten, und die Deutung führt
zu einer merkwürdigen Vorstellung. Es heisst nehmlich yamala-itye; itye ist
ein Suffix. Wenn ein Volk für die Zahl 1 ein fünfsilbiges Wort hat, so ist das
schon eine wunderliche Sache. Nun bedeutet itye so viel wie unser privatives
Suffix „los" oder unser privatives Präfix „un". yam heisst ein anderer undyamala
wird bedeuten einige; yamala-itye bedeutet also: einer, der ohne andere. Das ist
freilich ein schlimmer Anfang; denn das ganze Zahlensystem ruht auf der abstrak-
ten Auffassung der Einheit. Das ist hier nicht erreicht, sondern die Einheit bildet
gar nicht einmal die Grundlage der Zahlen, sondern eher die Zweiheit. Wie con-
cret alles bei den Leuten ist, sehen Sie daran, dass sie mit Händen und Füssen
zählen. Das bedeutet allerdings eine niedrige geistige Eutwickeluug; dass aber
die Australier wenig begabt wären, möchte ich mit Rücksicht auf die Spracliform
nicht behaupten, denn ich stelle diese Sprache viel höher als die Sprache der Poly-
nesier und der Malayen. Ich glaube die Sprache steht auch höher, als die der
Hottentotten und die der Kaffern, die der sogenannten Bantu. Also dürften wir
annehmen, dass die niedrige geistige Stufe der Australier nur durch die traurigen
Nahrungsverhältnisse verschuldet wird.
Hr. Virchow: Ich kann mich nicht rühmen, in gleicher Weise die australi-
sche Sprache durchdrungen zu haben. Indess habe ich bei Gelegenheit einer Unter-
suchung über die Zusammengehörigkeit der australischen Stämme die Vocabularien
einiger 30 Stämme durchgesehen und dabei speciell auf die Zahlwörter geachtet.
Beiläufig möchte ich bemerken, dass mir dabei auffiel, dass yarama am Moreton
River Arm (Hand?) bedeutet und murra, welches mehrfach in Zahlwörtern vor-
kommt, bei den Wailwun Hand heisst. Mir schien darin eine gewisse Beziehung
zu liegen. Jedenfalls habe ich die Ueberzeugung gewonnen, dass in dem Mangel
an Zahlwörtern an sich eine niedrige Form der Denkmöglichkeit nicht ausgedrückt
ist. Je nach den verschiedenen einzelnen Stämmen ist das Vocabularium vollstän-
diger oder unvollständiger. Gelegentlich tauchen alle möglichen Combi nationen von
1 und 2 auf, welche beweisen, dass auch Ausdrücke für höhere Zahlen recht wohl
gebildet werden. Demnach stimme ich Hrn. Steinthal ganz bei: es kann keine
Rede davon sein, dass der Maugel eines Wortes für die Zahl 3 an sich beweist,
dass die Leute den Begriff 3 nicht besitzen. Sie drücken ihn nur in einer mehr
grobnaturalistischen Weise aus.
Uebrigens haben wir ja nicht wenige, sehr zuverlässige Zeugnisse für die Ent-
wickelungsfähigkeit der Australier. Ich erinnere an die in unserer Gesellschaft
gemachten Mittheilungen des Hrn. Neumayer u. A., die alle dahin gehen, dass
an sich die geistigen Fähigkeiten vorhanden sind, nur dass es sehr schwer hält,
irgend eine Fixirung und selbständige Weiterführung der geistigen Arbeit herbei-
zuführen. Durch irgend einen Umstand, der sich bis jetzt der Analyse entzieht,
kommt das Nomadenhafte, welches einmal in der Bevölkerung steckt, in jedem
einzelnen Individuum schliesslich zum Durclibruch. Scheinbar an einer bestimmton
Stelle erfolgt plötzlich das Abspringen von der Cultur. Dass Leute, die Jahre lang
in der Cultur gevvesen sind, mit einem Mal in ihr altes Wesen zurücksinken und
jeden Trieb verlieren, eine selbständige Entwickelung, wie bei uns, weiterzuführen,
das ist mir immer am meisten unverständlich gewesen. Hier zeigt sich ein offen-
bar erbliches Verhältniss, das sich nicht austreiben lässt durch irgend eine der bis
(29)
jetzt angewendeten Erziehungsmethoden. Ich habe nach dieser Richlmig hin alle
möglichen Berichte durchgesehen und auch nicht ein einziges Beispiel conslatiren
können, dass es jemals gelungen wäre, einen Australier, auch wenn er sehr früh
aus seinen Stammes-Verhältnissen herausgenommen wurde, in die Gewohnheit
unseres Denkens und Empfindens hineinzubringen. Er lernt verstehen, was die
gewöhnlichen Verhältnisse des Verkehrs und der Schule bringen, dann wendet er
um, und ist wieder der Wilde, als der er scheinbar prädestinirt geboren wurde.
Ich wijrde sehr gern eine Belehrung in dieser Richtung entgegennehmen , denn
dies ist für mich das eigentliche Problem. Daran hängt auch die ganze weitere
Untersuchung, wie die letzten Reste des Volkes etwa noch gerettet werden können, —
eine Frage, die in letzter Zeit die Regierungen der verschiedenen australischen
Colonien viel beschäftigt hat. Man scheitert immer an dem Umstand, dass nirgends
sich Jemand gefunden hätte, der das Geheimniss entdeckt hat, wodurch die Ein-
geborenen verhindert werden, über einen gewissen Grad hinaus sich selbständig
weiter zu bringen. Es ist erst ganz neuerdings ein Bericht an das Parlament von
Victoria erstattet worden, der verzweiflungsvoll die absolute Renitenz aller Indivi-
duen, aus welchem Alter man sie auch herausgenommen hat, allen Culturversuchen
gegenüber, constatirt.
(14) Eingegangene Werke.
1) Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Nr. 10, 11, 12.
2) Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Heft 12. 1878.
3) Nachrichten für Seefahrer. 1878. Nr. 52. 1879. Nr. 1.
4) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 1878. Nr. 12.
5) Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns, Band 2, Heft 3.
6) Stenographischer Bericht über die neunte allgemeine Versammlung der deutschen
anthropol. Gesellschaft in Kiel.
7) Necrolog auf den Marquis de Sä da Bandeiro.
8) Achille Casanova, Ibridismo in specie fra luomo e parecchi animali.
Sitzung am 18. Januar 1879.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Zu iVIitgliedern des Ausschusses für das Jahr 1879 wurden gewählt:
Hr, Kon er,
^ A. Kuhn,
„ Fritsch,
„ Jagor,
„ Deegen,
„ Friede!,
„ Wetzstein,
„ Nachtigai.
(2) Als neue Mitglieder werden angemeldet:
Hr. J. F. G. umlauft in Hamburg.
„ Kaufmann William Schön lauk, Berlin.
„ E. Rogalla von Bieberstein, Vorsteher des Statistischen Amts
der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn, Berlin.
„ Sanitätsrath Dr. A bar baue 11, Berlin,
„ Dr. E. Schwerin, Berlin.
(3) Hr. Lisch übersendet mittelst Schreibens d. d. Schwerin, 14. Januar, einen
Bericht des Hrn. Florkowski über eine
Gesichtsurne aus einem Steinkistengrab in Gogolin (Kreis Culm, Westpreussen).
Bei der Ackerbestellung im Spptembor 1878 wurden auf der östlichen Seite
einer 10 m hohen Bergkuppe des Vorwerks Gogol in, Kreis Culm, Steine bloss-
gelegt. Durch den Gutspächter F. Sieg davon benachrichtigt, begab ich mich
dort hin und fand, nachdem die 50 cm hohe Ackerkrume abgeräumt war, ein
doppeltes Kistengrab von je 3 m Länge, 1,50 m Breite, und 0,75 m Höhe,
genau von Ost nach West gelegen. Die eine Laugseite bildete die Scheidewand
der beiden Kisten. Es sind zu derselben gespaltene rothe Sandsteine ver-
wendet. Die langen Wände bestehen nur aus einem solchen Steine, die kurzen
sind aus mehreren zusammengesetzt. Zugedeckt war die eine Kiste mit drei, die
andere mit zwei solchen Steinen. Als die Decksteine entfernt waren, zeigten sich
die Kisten mit grobem roth gefärbten Sand gefüllt. Nach erfolgter Abtragung des
Sandes ergab sich, dass die Beisetzung von Osten aus geschehen war.
(31)
In der ersten Kiste befanden sich vierzehn örneu mit sehr weit über-
greifenden, schalenförmigen Deckeln zugedeckt und neun Hänkel töpfchen theils
mit, theils ohne Unterschalen. Dreizehn dieser Urnen waren nur ganz roh ge-
arbeitet von röthlich gelber Farbe, theils mit, theils ohne Oeschen und Strich-
verzierungen und von der bekannten Form. In denselben befanden sich ausser
gebrannten Knochenresten noch Beigaben von Bronze, als Ohrringe, Ringe,
Kettchen und Stückchen von Draht, auch einige Stückchen von Eisendraht, sowie
ganze Klumpen von geschmolzenen blauen Glasperlen und eine erbsengrosse
Thonperle. Von diesen 13 Urnen habe ich nur ö ganz, von den Deckeln keinen
ganz erhalten können, weil dieselben schon sehr mürbe und zum Theil in der
Kiste zerbrochen waren. — Die 9 Henkel töpfchen sind von verschiedener
Grösse, theils hellgelb, theils schwarz, und alle mit Sund gefüllt. Von diesen habe
ich nur 4 und eine Schale ganz erhalten können.
Die vierzehnte Urne, die ich in dieser Kiste hart am westlichen Ende fand,
ist schwarz und sehr schön geformt; sie stand in einer röthlich gelben Schale
und war mit einem pyramidenförmigen Deckel zugedeckt. Nachdem ich dieselbe
ausgehoben hatte, sah ich, dass es eine Gesichtsurne sei, meines Wissens die
erste aus der diesseitigen Weichselgegeud und des Kreises. Das Gesicht, dassich am
obern Halsrande befindet, hat eine gut geformte spitze Nase,; die Augen sind durch
eingeritzte Kreise mit Punkten angegeben. Mund und Ohren fehlen.
Da, wo der Hals der Urne aufhört, sind vier tief eingeritzte Kreislinien
gezogen, mit einer weissen Masse (vielleicht Kalk) ausgefüllt; unter diesen
Fvinien. die wohl einen Gürtel darstellen sollen, befindet sich ein Doppelkreis mit
Punkten und schrägen Linien mit daran hängenden 8 Strichchen, (vielleicht Ciürtel-
schloss nebst Quaste darstellend); unter diesen 4 Linien auf dem Bauch der Urne
sind ganz deutlich zwei Arme mit Handflächen und Fingern gezeichnet, welche
Zeichnung in dem noch weichen Thon mit dem Finger gemacht zu sein scheint,
(32)
da sie mulden artig vertieft ist, also so, als wenn man leise mit einem Finger
über einer noch etwas weichen Thonfläche hinzieht. Jn der Urne befanden
sich sehr weisse, lioll klingende Kiiochenreste und ein kleines Klümpchen
Bronze.
In der zweiten Kiste stand nur an der westlichen Wand eine roh gearbeitete
Urne ohne Deckel mit Knochenresten und Sand gefüllt; also erst angefangen mit
Urnen zu besetzen, dieselbe aber zerbrach bei der leisesten Berührung und fiel
zusammen.
Sämmtliche Sachen sind meiner Sammlung einverleibt.
(4) Hr. E. Friedel legt folgende dem hiesigen Märkischen Museum ge-
hörige Gegenstände vor:
a. Eine grosse bronzene Fibula aus zwei grossen brustförmig aufgerollten
Spiralen bestehend, mit beweglichem Dorn, der o Quersprossen besitzt, in Form
und Grösse der von Plauerhagen in Mecklenburg bekannten, bei Lindenschmit,
Heidn. Alterthümer, Bd. I., Heft IX., Tafel o, Nr. I., sehr ähnlich, nur dass
der vorgelegten die Strichelverzierung fehlt. Länge der ganzen Fibula 34 cm,
Durchmesser der Brustspiralen 12,5 cm, Länge des Doms 32 cm. Im hiesigen
Königl. Museum befindet sich eine ähnliche Fibula (Nr. II., 9732), jedoch nur halb
erhalten, von Lubholz bei Lübben, und eine wohlerhaltene (Nr. II., 3404) von
Kunersdorf bei Frankfurt a/0.
b. Eine Bronze-Nadel mit rundem Kopf, 70 gr. schwer und noch 32,5 cm lang,
wobei von der Spitze etwa 1,5 cm abgebrochen sein mögen. (IL, 9091 und 9092
des Katalogs.)
Beide Objekte sind mit einer weniger gut erhaltenen ähnlichen Fibula wie zu
a und kleineren, verloren gegangenen Fragmenten beim Graben von Sand für die
Dämme der hiesigen Stadtbahn am Ufer der wendischen Spree (Dahme) bei
Schmöckwitz, ca. 21 km südöstlich Berlin auf dem Grundstück des Schulzen Nusche
im Sande ohne sonstige Verpackung gefunden worden. Die defecte zweite Fibula
ist leider hier in Berlin verschwunden.
c. Eine Urne (IL, 1617 des Katalogs), mit schwachkonisch vom rundlichen
Bauche abgesetztem Hals und zwei Oehren an dieser Ansatzstelle. Geriefelt, glän-
zend braun, ohne Drehscheibe gefertigt, sogen, lausitzer Typus, 15 cm hoch, Boden
7,5, Bauch bis 19 cm Durchmesser; Hals 4 cm hoch, am Bauch 11, an der Mün-
dung 10 cm Durchmesser.
Zu dem Vortrage des Hrn. Dr. Schneitier bemerkt Hr. E. Friedel, dass
der eigentliche Entdecker des Urnenfriedhofs am Eyderfenn, Hr. Rentier Rühe,
Kleine Lettecolonie Nr. 20 wohnhaft, gewesen sei. Derselbe habe bereits im Jahre
1874 der Gesellschaft einige Scherben vorlegen lassen.
Hr. E. Friedel macht darauf aufmerksam, dass die von Prof. Ernst im Jahr-
gang 1878, Taf. XIV., abgebildeten, Verhandl. S. 192 besprochenen, in Venezuela
dem Zuchtvieh eingebrannten Eigenthu msmarken , welche der Genannte
geneigt ist, zum Theil mit der indianischen Bilderschrift in Verbindung zu bringen,
vielmehr die grösste Aehnlichkeit mit den von Homeyer in seinen „Haus- und
Hofmarken" (Berlin 1870) dargestellten europäischen Zeichen haben, die hie und
da noch jetzt clem Vieh eingebrannt oder eingeschnitten (bei Rindvieh häufig ein-
rasirt) werden. Eine beträchtliche Anzahl der Ernst'schen Zeichen sind zunächst
lateinische Buchstaben, z. B. Zeile 1, Kig. 5, 8, 9; Zeile 3, Fig. 1, 3, 10, 13;
Zeile 5, Fig. 1, 3, 4, 8, 9 u, ff., oder Zahlenzeicheu, z. B. Zeile 1, Fig. 1; Zeile 3,
Fig. 12; Zeile 4, Fig. 3; Zeile 9, Fig. 2 u. ff. Fast jedes der anderen Zeichen ist
(33)
bei Homeyer nachweisbar, und es drängt sich sonach vielmehr die Frage auf, ob
diese Zeichen nicht von den europäischen Kolonisten, wobei man zunächst an
Spanier denken möchte, eingebürgert worden sind.
Hr. E. Friedel erinnert ferner gegenüber des von Hrn. Dr. Saalborn in den
Verhandlungen von 1878, S. 221, ausgesprochenen Vorschlages, die sogen. Buckel-
urnen lieber Zitzenurnen oder Tittchenkrüge oder Mastotöpfe zu nennen,
wie er die theilweise Aehnlichkeit der Buckel mit der weiblichen Brust und der
Buckelurnen mit den mittelalterlichen und neueren sogen. Pilgerflaschen bereits in
der Zeitschrift „der Bär", Jahrg. I., 1875, S. 7.3 und 74, hervorgehoben und anheim
gegeben habe, diese Gefässe „Brusturnen", die mit sehr hervorragenden Warzen
„Zitzenurnen" zu nennen. Vor dem Namen „Mastotöpfe", der an „Hühnerologie"
und ähnliche barbarisirende Wörter erinnere, sei dringend zu warnen. Wie Hr,
Saalborn die Buckelurnen mit der slavischen Bevölkerung in Beziehung bringen
könne, sei auch ihm unerfindlich. Alle in Deutschland bisher gemachten Funde
eigentlicher Buckel- oder Brusturnen beziehen sich bis jetzt sicherlich auf die vor-
slavische Zeit.
(5) Hr. Schneitier zeigt eine neue Reihe von Topfscherben von dem schon
früher besprochenen
Urnenfriedhof der Feldmark Rosenthal bei Berlin
Er bemerkt, dasa merkwürdigerweise die betreffende Stelle von den Leuten
noch jetzt das „heilige Land" genannt werde.
Hr. Virchow bemerkt, dass der zwischen Rosenthal, Schönholz und Reinicken-
dorf gelegene Friedhof ihm zuerst im Jahre 1875 durch Hrn. Rühle angezeigt und
von ihm in der Sitzung vom 2ü. November 1875 (Verh. S. 238, Zeitschr. f. Ethnol.
B. VH.) besprochen worden sei. Die damals gefundenen Scherben Hessen eine
chronologische Bestimmung nicht zu; die jetzigen schliessen sich durch ihre Ver-
zierungen, die geglättete Oberfläche, die Henkel, dem lausitzer Typus an, und in-
sofern sei durch Hrn. Schneitier ein wirklicher Fortschritt des Wissens über
dieses uns so nahe Gräberfeld gewonnen worden.
(6) Hr. Dr. Gemss zeigt einen schweren
südwestlich von Glogau gefundenen Haisring von Gold.
Hr. Voss bemerkt: Der vorgezeigte Ring, nachträglich vom Königl. Museum
erworben (Kat. Nr. H., 11,230), ist von bedeutender Stärke, massiv gegossen und
hat ein Gewicht von 188,45 g (Metall werth 524,65 M.). Er besteht aus einem
runden unverzierten Stabe, welcher auf dem einen Ende zu einer breiten ebenfalls
sehr starken massiven achterförmigen Oehse ausgearbeitet ist, in welche das andere,
mit einem knopfförmigen Haken versehene Ende eingreift. (Vergl. Montelius, Ant.
Suedois. Fig. 343). Durchmesser des Ringes im Lichten: 16 cm, Stärke des Stabes:
0,5 cm. Ein ähnlicher Ring, bei Körbeke im Paderboruschen (Kreis Warburg) mit
einem Siegelring zusammen gefunden, wurde vom Kgl. Museum im Jahre 18G7 durch
gütige Vermittelung des Hrn. Dr. Giefers in Paderborn erworben. Derselbe ist doppelt
gewunden und hat in Folge dessen nur die Weite eines Armringes. Der auf ihn gescho-
bene Fingerring hat eine runde Platte ohne weitere Verzierung. Beide zusammen von
feinstem Golde, haben einGewicht \on 41 ' '.jDucateu undeinenMotallwerth von3'J4,25M.
(Kat. Nr. iL, 5922 und 5923). Die Fundstelle ist ein .\cker zwischen Warburg und
Verhaudl. der Berl. Antbropol. Gesellschaft 187^. •"
(34)
Körbeke, 1220 Schritte SW. von Körbeke, ^4 Meile vom Desenberge. Ein geringer
Theil stand aus dem Boden hervor, wodurch der Finder aufmerksam wurde. Ausser-
dem wurde im vorigen Jahre in der Nähe von Voigtstedt, Kreis Sangerhausen, beim
Bau der Berlin-Wetzlarer Eisenbahn an einer Stelle, wo eine grosse Anzahl, jetzt
im Königl. Museum befindlicher Römischer Gegenstände (Kat. Nr. II. 11,273 u. ff.)
gefunden wurden, ein ähnlicher goldener Ring gefunden. Derselbe Verschluss findet
sich auch bei einem aus sechs in der Mitte plattenförmig verbreiterten einzelnen
goldenen Ringen bestehenden Halsschmuck, welcher zu einer goldenen Schmuck-
garnitur gehört, bestehend ausser diesem Halsschmuck aus einem runden Ringe von
gleicher Form, wie der von Hrn. Dr. Gemss vorgezeigte, einem Fingerringe, ähnlich
jenem von Körbeke, einer kurzen und engen Spirale aus sehr starkem Golddraht und
zwei Armspiralen aus dünnem Golddraht. Der Fund, Eigeuthum des Königl. Museums
(Kat. Nr. l\., 3688 — 3698), wurde in der Nähe von Velp in Gelderland gemacht,
und ist abgebildet und beschrieben von Dr. li. S. F. Janssen in ßijdragen voor
Vaterlandsche Geschiedenis en Oudheidkunde door J. A. Nyhoff, Th. HL, S. 3.
Arnheim 1852.
(7) Hr. Hollmann legt ein
Schwert und eine Lanzenspitze
von schöner, reich damascirter und ausgelegter Arbeit vor. Beide Gegenstände
stammen von der Messe in Nishnij-Nowgorod.
Hr. Jagor und Hr. Hartmann erklären die Waffen für persisches Fabrikat.
Letzterer erkennt schon an dem spitzkonischeu Aufsatze der Lanzenspitze, welcher
auch den Kamä oder Kindschal, den persischen Dolch, regelmässig ziert, die Her-
kunft aus Khorassan oder Schiras. Auf dem Bazar des Beled-el-Adjem (Perser-
landes) zu Cairo findet man prächtige Waffenstücke der Art, ferner Lunten- oder
Feuerschloss-Gewehre, erstere auch mit der Fourchette (Duschek), ferner Streitäxte,
Streitkolben mit crenelirtem Schlagstück, Köcher etc. Dergleichen sind zur Zeit der
Memluken ungemein beliebt gewesen und finden auch jetzt noch unter Türken wie
Europäern Absatz. Berühmt sind ferner die persischen Panzerhemden, welche
ihren Weg bis in die Weidegrüude der Hadendua und bis in die Berge der Funje
genommen haben.
(8) Hr. Dr. Schulz-Sellack hält einen Vortrag über
Maya-Alterthümer.
Dieser Vortrag wird in der Zeitschrift für Ethnologie gedruckt werden.
(9) Hr. Missionär H übrig hält einen Vortrag über
Fung Scliui oder chinesisciie Geomantie.
Es wird an uns Missionare, die wir mit den chinesischen Verhältnissen eipiger-
massen vertraut sind, oft die Frage gerichtet: Woher kommt es doch, dass die
Chinesen als Volk sich noch immer so hartnäckig gegen Cultur und Religion des
Abendlandes abschliessen? — Warum hat China noch keine Eisenbahnen, Telegra-
phenlinien u. dergl. eingerichtet? — Warum öffnet das Land nicht seine Berge,
die reiche Schätze werth\ ollen Materials enthalten? — Warum immer wieder die
alten bekannten Schwierigkeiten, wenn Europäer sich in diesem Lande irgendwo
(35)
ansiedeln wollen? — Wie war es möglich, dass eine Hungersnoth, mit welcher
China in den letzten Jahren heimgesucht wurde, solche Opfer fordern konnte, dass
die Zahl der Verhungerten nach Millionen gezählt wurde? — Auf alle diese Fragen
giebt es wohl die verschiedensten Antworten, die auch mehr oder weniger berechtigt
sind, doch eine möglichst umfassende Antwort kömnen wir nur dadurch geben, dass
wir auf jenen Aberglauben der Chinesen aufmerksam machen, welcher in dem
System des Fung sc hui seine Nahrung findet und als Geomantie bezeichnet
werden kann.
Hei allen Unternehmungen, die eine Veränderung des Bodens erfordern, sei es
dass Hügel abgetragen. Berge durchstochen, der J^auf der Flüsse verändert, ein Weg
verlegt, ein Haus oder Thurm gebaut, ein Grab oder Brunnen gegraben, ein Baum
gefällt, eine Stange errichtet werden soll, muss man stets befürchten, irgendwie mit
den Gesetzen des Fuug schui in Collision zu gerathen, und die Folge würde sein,
dass man entweder über sich selbst und die eigene Familie oder über die ganze
Gegend unsägliches Unheil herbeiführte, — oder man würde irgendwie das gute
Fung schui des Nächsten vernichten oder stören und somit den Hass und die
Feindschaft desselben auf sich lenken. Der Chinese sieht sich daher genöthigt bei
all dergleichen Unternehmungen, den Rath eines Geomauten einzuholen, der sich
dann seine Dienste gut bezahlen lässt. Es ist dies eine besondere Klasse von Ge-
lehrten, meist entgleiste Literaten, die sich ein Wenig mit der hierauf bezüglichen
Literatur beschäftigt, vor allen aber sich in allerlei Schlichen und Betrügereien
geübt haben. Mit einem sehr gelehrten Gesicht, einer grossen Brille auf der Nase,
einen räthselhaften Compass oder Horoscop in der Hand, untersucht er dann die
Bodenformation der betreffenden Gegend, stellt in einem meist unverständlichen
Jargon seine Berechnungen an und braucht, um recht viel dabei zu verdienen, oft
Monate und Jahre, ehe er für ein Grab oder Haus den Platz gefunden, wo man
allem Unheil entgeht und die Segensströme der Natur auf sich und seine Familie
lenken kann.
Am unbequemsten wird das Fung schui für den Europäer, der genöthigt ist
unter den Chinesen sich anzusiedeln. Erhaben über die Gesetze des Fung schui
baut er nach eigenem Gutdünken und Wohlgefallen; doch bald wird er von allen
Seiten angefochten: Hier stört das hohe Dach seines Hauses den Lauf des Drachen,
dort stört ein Fenster „die Aussicht für das linke Auge einer verstorbenen Gross-
mutter'', hier hat er mit seinem Brunnen eine Ader des Erddrachen verletzt, dort
auf andere Weise die Harmonie der Natur gestört. Um deswillen sucht man sich
diese europäischen Friedensstörer von vornherein fern zu halten, die noch nicht
gezügelt von der höheren Cultur des Mittelreichs, gleich wilden Buben überall
Unheil und Schaden anrichten. Wo nun die Chinesen mit Gewalt genöthigt wur-
den den europäischen und amerikanischen Ansiedlern Bauplätze abzutreten, wählten
sie, wenn irgend möglich, Grundstücke mit schlechtem Fuug schui. um auf diese
Weise die Eindringlinge ins Verderben zu stürzen.
Fung schui ist ein Stein im Wege für Handel, Cultur und Mission, und es
kann daher für Jeden, der irgend ein Interesse hat für dies grösste Volk der Erde,
die Frage nicht gleichgültig sein: Was ist Fung schui? —
Legt man dem gewöhnlichen Chinesen diese Frage vor, so wird jeder gleich
die Realität von Fung schui zu vertheidigen suchen, selten aber wird einer eine
genügende Auskunft geben können. Meist hört man die Antwort: Fung heisst
Wind, und Schui heisst Wasser, und Fung schui ist auch etwas wie Wind und
Wasser, das man weder greifen noch begreifen kann. Auch die klassischen Schrif-
ten geben darüber keine Auskunft, da diese Lehre erst seit Tschu hi, dem grossen
(36)
Commentator der klassischen Schriften (im 12. Jahrh. n. Chr.) allgemein Eingang
gefunden, obgleich die leitenden Ideen ein höheres Alter beanspruchen.
In China ist bekanntlich seit Jahrhunderten alles im Verfall begriffen, und
dieser Verfall ist allem aufgeprägt, auch den Stützen dieses alten Culturstaats. Die
Moralgrundsätze des Confucius sind zur Phrase geworden. Der Buddhaismus mit
seinem Weltschmerz und Weltverachtung, mit seinen Höllen- und Seelenwande-
rungen ist nur noch ein Schreckgespenst für die Unbemittelten und ein Ruhekissen
für die Reichen, die mit Geld alles erkaufen können. Die Klöster sind keine Zu-
fluchtsstätten für die Frommen, sondern fast nur Freistätten für Verbrecher und
Faullenzer. Die jetzigen Thauisten sind Niemand unähnlicher als ihrem Stifter
Lau tz, dessen philosophisches Werk Thau tet kin sie weder verstehen noch be-
greifen und daher nur als Zauberformel bei ihren Betrügereien und Zaubereien
anwenden. Ebenso ist es auch mit dem ältesten philosophischen Werk, dem Yit
kin ergangen, welches Philosopheme über Weltentstehung enthält. Es blieb dem
späteren Geschlechte dunkel, und wurde die Fundgrube für die Phantasien des
Fung schui. Da Fung schui sich mit dem Entstehen und Fortbestehen der Natur
beschäftigt, könnte man es vielleicht auch Naturwissenschaft nennen, besonders in
unseren Tagen, vpo man unbewiesene und unbeweisbare Annahmen oft genug mit
dem Namen Wissenschaft zu bezeichnen pflegt. Die Erkenntniss des wahren
Gottes, welche allein die rechte Grundlage alles wahren Wissens bildet, fehlt den
Chinesen, wohl aber haben sie in der Natur ein unsichtbares göttliches Wirken
erkannt, und daher die Attribute Gottes den Naturkräften beigelegt. Die Natur
erscheint dem Chinesen als ein lebendiger in allen seinen Theilen beseelter Orga-
nismus, der zum Selbstbewusstseiu kommt im Menschen. Mensch zu sein ist die
höchste Stufe der Entwickelung, die erreicht werden kann, daher auch alle Götter
Chinas nur Erdgeborene sind. Es bewahrheitet sich auch hier, dass Abfall von
Gott stets zur Selbstvergötterung oder Vergötterung des eignen Geschlechts führt.
Eritis sicut Dens.
Ehe wir nun auf die Darstellung des Fung schui Systems selbst eingehen,
müssen wir uns zuvor mit den Ansichten über Entstehung der Welt ein Wenig
bekannt machen. Das erwähnte Buch Yit kin d. i. Buch der Wandlungen berichtet
folgendermassen: „Wu khit sang thai khit, thai khit sang yim yong, yim yong sang
wan wut d. h. das Nichtsein oder das Unbegrenzte erzeugte das Sein oder das
grosse Begrenzte, das Sein erzeugte das männliche und weibliche Princip, und die
Dualkräfte erzeugten alle Dinge". Und zwar Dinge, die mehr oder weniger von
diesem oder jenem Princip durchdrungen sind. Die feineren, ätherischen, geistigen
Substanzen gehören dem männlichen Princip zu, die gröberen, stofflichen, körper-
lichen Massen dem weiblichen. Darum wird auch der Himmel an und für sich
das grosse Männliche oder Active genannt, die Erde hingegen das grosse Weibliche
oder Passive.
Beide Grundprincipien werden beseelt vom Hi oder Odem oder Athmen. Hi
wandelt das Nichtsein zum Sein und bewirkt die Spaltung des Sein in die Dual-
kräfto und die Hervorbriogung aller Dinge. Hi durchdringt belebend und ver-
nichtend die ganze Natur, je nachdem es ein Ausathmen oder Einathmen ist.
Dieses Athmen ist indess kein selbstbewusstes, willkürliches, sondern geschieht
nach bestimmten Gesetzen, die man fji-Ordnung oder Naturgesetze nennt. Die
Naturgesetze aber beruhen wieder auf bestimmten mathematischen Voraussetzungen,
welche mit Sz = Zahl bezeichnet werden. Hi, Li und Sz sind die verborgenen
Kräfte, die in einem Vierten, Yim = P^orm oder Naturerscheinung sich unseren
Sinnen offenbaren. Auf diesen vier Principien nun beruht das System von Fung
(37)
Schui. Nur skizzenhaft kann ich in diesem engen Rahmen die verschiedenen
Seiten des Systems berühren und beginne mit Li, den Naturgesetzen:
Die Chinesen betrachten den Himmel als das eigentliche ideale Product der
Nuturkräfte, die Erde ist nur der grobmaterielle Reflex des Himmels. Alle Herr-
lichkeit und Schönheit dieser Erde, die Berge, Thäler, Ströme, Meere, Gefilde mit
ihren mannigfachen Formen und ihrer Farbenpracht sind nur der Reflex dessen,
was am Firmament in viel vollkommenerer Schönheit und Herrlichkeit zu finden
ist. So ist z. B. die männliche, lebende und beseelende Kraft in der Natur nur
ein Reflex der Sonne; das weibliche Princip, d. h. die mit unseren Sinnen erreich-
baren Formen und Erscheinungen, sie sind nur ein Abglanz des Mondes. Die fiJnf
Elemente: Holz, Feuer, Metall, Wasser, Erde correspondiren mit den 5 Planeten:
Jupiter, Mars, Venus, Mercur, Saturn, (daher ihre Namen : Holzstern - muk sin, Feuer-
stern = fo sin, Goldstern - kim sin, Wasserstern = schui sin und Erdstern = thu sin.)
Die Berge der Erde correspondireu mit den Sternen am Himmel und die Flüsse
und Meere mit der Milchstrasse.
Das Firmament ist das grosse Buch, wo mit geheimnissvoller Schrift die Ge-
setze der Natur, die Geschichte der Nationen, das Schicksal jedes Einzelnen zu
lesen ist, und Fung schui beansprucht die Wissenschaft zu sein, welche jene Schrift
enträthseln kann.
Es kommen nach der Lehre von Fung schui vor allem 3 Grundregeln in Be-
tracht, nehmlich dass 1) der Himmel die Erde beeinflusst; 2) Himmel und Erde
vereint beeinflussen alle Wesen; 3) die Hilfe der Abgeschiedenen ist nöthig, und
man muss sich daher in der Ahnenverehrung um deren Gunst bemühen. Der
Mensch, als das allein vernünftige Wesen, hat es nun in seiner Hand die vom
Himmel und Erde ausgehenden Ströme sich zum Segen oder Unsegen zuzuleiten.
Der Himmel übt seinen Einfluss aus durch die Sonne, den Mond und die
12 Zeichen des Thierkreises (Ratte, Ochse, Tiger, Hase, Drachen, Schlange, Pferd,
Widder, Affe, Huhn, Hund, Eber), ferner durch die 28 Constellationen des Mondes,
durch die 5 Planeten, 7 Sterne des grossen Bären und 9 andere hervorragende
Sterne im Schützen etc.
Die 12 Zeichen des Thierkreises bilden auch das Zifferblatt für die 24 Zeit-
abschnitte des Jahres: Frühlingsanfang, Regenzeit, Insektenbelebung, Frühlingsmitte,
klares Wetter, fruchtbarer Regen, Sommersanfang, Aehrenbildung, Aehrenreife,
Vollsommer, kleine Hitze, grosse Hitze, Herbstanfang, Kühle, Thau, Herbstmitte,
kalter Thau, Reif, Wintersanfang, kleiner Schnee, grosser Schnee, Wintersmitte,
kleine Kälte, grosse Kälte. — Die Bahn des Mondes theilt man in 4 grössere
Abschnitte mit je 7 Constellationen: Links im Osten der azurnene Drache; Rechts
im Westen der weisse Tiger, dazwischen der geharnischte Krieger und der Phönix.
Man denkt sich darunter auch geistige Mächte, welche in Verbindung mit Sonne,
Mond und 5 Planeten und deren Repräsentanten auf Erden ihren Eintiuss ausüben
auf Wohl und Wehe der Menschen. Besonders spielen die 5 Planeten eine be-
deutende Rolle im Fung schui.
Jupiter hat seinen Sitz im Osten, beherrscht den Frühling, sein Attribut ist
Wohlwollen. Mars wohnt im Süden, sein Reich ist der Sommer, und er fördert
Reichthum. Venus thront im "Westen, begünstigt den Herbst und verleiht Schön-
heit. Mercur herrscht im Norden, sein Gebiet ist der W^inter und giebt Weisheit.
Saturn bildet die goldene Mitte, er herrscht im Hochsommer, und bei ihm wird
Treue und Gerechtigkeit gefunden.
Die Sonne, der Mond und die 5 Planeten werden daher auch die 7 Herrscher,
Sonne, Mond und die 7 Sterne des grossen Bären die 9 Lichtträger der Welt
(38)
genannt. Das Bild des grossen Bären hat daneben noch den praktischen Nutzen
ein Zeiger an der grossen Himmelsuhr zu sein, welcher die grossen Zeitabschnitte
anzeigt. Ist der Schwanz des grossen Bären bei anbrechender Dunkelheit nach
Osten gerichtet, dann ist Friihling, nach Süden Sommer, nach Westen Herbst,
nach Norden Winter. Ausserdem kommen noch 9 hervorragende Sterne in Betracht,
welche ebenfalls auf das Schicksal der Menschen bestimmend einwirken und mit
Hilfe geomantisch-astrologischer Kenntnisse kann man sich ihre Segeusströme zu-
wenden und verderbliche Einflüsse ablenken.
Alle die genannten Sterne haben aber ihre Abbilder an den Bergen und Ele-
menten der Erde, und es ist Aufgabe der Geomauten die Berge nach diesen Sternen
zu klassificiren. Dem Mars entspricht eine scharf und steil aufsteigende Bergspitze,
und das Element Feuer ist hier vorherrschend. Das Bild des Jupiter findet man
in einer abgeflachten Spitze, und das Element Holz ist hier vertreten. Saturn
spiegelt sich in einem breiten Plateau, und das Element Erde findet sich dort. Venus
findet ihr Abbild in abgerundeten Bergen, und das Metall ist das entsprechende Element.
Mercur erscheint als kugelförmiger Hügel, und Wasser ist als Element hier domi-
nirend.
Himmel und Erde vermitteln ihren Einfluss durch die 5 Elemente Holz, Feuer,
Erde, Metall und Wasser, die man sich aber nicht als materielle Substanzen, son-
dern als geistige Essenzen zu denken hat. Es ist bereits oben erwähnt, dass diese
5 Elemente in innigster Verbindung zu den 5 Planeten stehen, aber sie haben auch
Beziehungen zu einander, indem sie entweder erzeugend oder vernichtend auf ein-
ander einwirken.
Holz erzeugt Feuer, Feuer — Erde, Erde — Metall, Metall — Wasser, Wasser —
Holz. Metall vernichtet Holz, Holz — Erde, Erde — Wasser, Wasser — Feuer,
Feuer — Metall.
Metall ist überwiegend vorhanden im Westen und zur Zeit des Herbstes.
Holz „ „ fl « Osten „ „ „ „ Frühlings.
Erde „ „ „ „ Centrum am Ende jeder Jahreszeit.
Wasser „ „ „ „ Norden und zur Zeit des Winters.
Feuer „ „ „ „ Süden „ „ „ „ Sommers.
Die 5 Elemente und somit auch die 5 Planeten haben ihre bestimmten Be-
ziehungen zu den
5 Substanzen des menschl. Körpers: Muskel, Ader, Fleisch, Knochen, Haut.
5 Eingeweiden „ „ „ Herz, Leber, Magen, Lunge, Niereu.
5 Farben weiss, schwarz, roth, blau, gelb.
f) Glückseligkeiten: Reichthum, Ehre, langes Leben, Nachkommen und ruhiges
Ende.
5 gesellschaftlichen Beziehungen: zwischen Fürst und Beamte, Vater und Sohn,
Mann und Weib, älteren und jüngeren Brüdern, Freunde unter ein-
ander.
Nun wäre noch in Betracht zu ziehen der Einfluss der Abgeschiedeuen auf
die Lebenden, welcher schon um des Ahneudienstes willen eine wichtige Stellung
im Fung schui einnehmen muss. Nach der Lehre des Tschu hi lebt die Seele de
Vorfahren theilweise in den Nachkommen fort, wie das Leben des Baumes fortlebt
in den Abzweigungen. Ferner erstreckt sich der Dualismus der Chinesen auch auf
die Seele des Menschen, sie ist ihm ein animus von oben her und eine anima hier
unten entsprungen. Wenn nun der Leib stirbt, so kehrt der animus zurück zu
seinem Ursprung, den hitnnilichen Elementen, die anima löst sich auf in irdische
Elemente, Es sind daher die Seelen der Abgeschiedenen ebenso allgegenwärtig
(39)
wie die Elemente des Himmels und der Erde, und der Chinese fühlt sich stets
umgeben von einer zwar unsichtbaren, aber realen und wirksamen Geisterwelt.
Abgesehen von dieser mehr philosophischen Ansicht denkt sich aber der gewöhn-
liche Mann die anima zeitweilig gefesselt an das Grab und den animus an die
Wohnung des Verstorbenen. Daher hält man es für höchst wichtig, das Grab der
Ahnen an einem Orte anzubringen, wo die Seele frei aus- und eingehen kann und
in keinerlei Weise von den das Grab umgebenden himmlischen und irdischen
Elementen gestört wird. Die Seele wird sich dann dankbar zeigen und allerlei
Segen auf die Nachkommen herabschütten. Chinesen, die im Dienste europäischer
Kaufleute stehen, beten und opfern daher auch oft auf den europäischen Begräbniss-
stätteu, um so durch den Einfluss der Verstorbeneu sich die Gunst ihrer Herren
zu erwerben.
Was giebt nun Fung schui für Vorschriften, um einen günstig gelegenen Platz
für ein Grab. Haus, Tempel, Dorf u. dgl. ausfindig zu machen? Man nimmt an,
dass auch in der Erdrinde die Dualkräfte, gleichsam als zwei magnetische Ströme,
positiv und negativ, belebend und vernichtend überall vorhanden sind, die man in
der Regel allegorisch bezeichnet als „azurnener Drache" und „weisser Tiger"; jener
muss zur Linken, dieser zur Rechten sich zeigen. Der Geomant hat also vor allen
Dingen in den Bergformationen den azurnenen Drachen und den weissen Tiger zu
entdecken, oder Nordpol und Südpol, Positives und Negatives. Den Drachen erkennt
er an den steilaufsteigenden Höhen, den Tiger hingegen an den lang hingestreckten
Hügeln. Wo die magnetischen Ströme sich kreuzen, oder Drache und Tiger,
Männliches und Weibliches sich berühren, da ist ein glückverheissender Ort für
Grab, Haus etc. Doch muss auch die Harmonie der himmlischen und irdischen
Elemente dazu kommen, welche einzig durch den Gebrauch des Compasses zu
ermitteln ist. Es giebt auch noch andere Regeln, wonach männlicher und weib-
licher Boden zu bestimmen ist, z. B. im Hochgebirge oder gebirgslosen Gegenden,
doch können wir hierauf nicht näher eingehen. Die Hauptsache ist, dass der
männliche Boden überwiegend (zu wenigstens V5) vorhanden ist, trocken und frei
von weissen Ameisen ist etc. Wo das weibliche Element die Oberhand hat, da
ist nur Unglück zu erwarten. Alles dies hat der Geomant mit seinem complicirten
Compass reiflich zu prüfen.
Der Gebrauch des Compasses setzt aber eine genauere Kenntniss der numeri-
schen Proportionen in der Natur voraus, welche mau Sz = Zahl nennt
Der beständige Wechsel der Zeiten, die Harmonie am Himmel und auf Erden,
das Kommen und Gehen, Werden und Verderben brachte die chinesischen Beob-
achter der Natur zu der Annahme, dass alles geordnet sein müsse nach Maass und
Zahl, und somit auf mathematischen Priucipien beruhen müsse. Und zwar auch hier
als Urbild und Abbild, eine himmlische Zahl und als Abglanz die irdische Zahl. Man
erfand hierzu die sogenannten Pat kwa oder Diagramme Ob nun Fuk hi diese
zuerst auf dem Rücken eines Drachenpferdes oder einer Schildkröte gesehen, oder
ob sie sonst Jemand erfunden, kann uns gleichgültig sein, so viel steht fest, man
hatte und gebrauchte sie als Zaubermittel bereits vor 2000 Jahren.
Ursprünglich wurden nur die Dualkräfte durch eine gerade und eine
gebrochene Linie dargestellt. Später combinirte und multiplizirte man
beides und erhielt 4 Diagramme:
: das grosse Männliche, dazu gehörten: Sonne, Hitze, Intelligenz,
Auge etc.,
= :::::= das grosse Wfibliche, dazu gehörten: Planet, Nacht, Leib, ilund,
(40)
das kleine Männliche, dazu gehörten: Mond, Kälte, Leidenschaft,
Ohren,
= =■ das kleine Weibliche, dazu gehörten : Sterne, Dämmerung, Form, Nase.
Durch Combination dieser 4 erhielt man später 8 Diagramme, wodurch die Dual-
kräfte der Elemente, Himmelsgegenden etc. dargestellt wurden:
• NW. Himmel, Männlich, Erzeuger, Aether, Feuchtigkeit.
'^E:::^= W. Wasser, aufsteigende Nebel, Quelle, Pfuhl, Leichtigkeit.
: S. Feuer, Licht, Leben, Schönheit, Wärme, Hitze, wirkende Kraft,
'■ 0. Donner, Ausdiinstung, Feurig, Bewegung, Steifheit.
" SO. Wind, Nebel, Ausdehnung, Biegsamkeit.
— N. Wasser, Flüssigkeit, Kälte, Steifigkeit.
^=. NO. Berge, Festigkeit, Triebkraft, Ruhe, Schwere.
SW. Erde, Weiblich, Empfänglichkeit, Vernichtung, Dürre.
Noch später multiplicirte man 8 mit 8 und erhielt 64 Diagramme, auch wurde
eine durchgehende Veränderung vorgenommen.
Die früheren 6 Elemente: Donner, Wind, Feuer, Ocean, Wasser, Berg Hess
man zwar respectvoU als alte Reliquie bestehen, meint indess zu einer besseren
Ansicht von 5 Elementen : Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser, gekommen zu sein,
die nun auch eine hervorragende Stelle im System des Fung schui fanden. Um
nun den 6 alten Elementen neben den 5 neuen noch Stimme und Recht zu ver-
schaffen, half man sich damit, dass man alle himmlischen Mächte, Einflüsse, Kör-
per etc. nach dem Decimalsystem, alle irdischen hingegen nach dem Duodecimal-
system ordnete. Daher spricht man von den 10 himmlischen Stämmen und den
12 irdischen Zweigen. Die himmlischen Stämme sind die 5 Planeten und 5 Ele-
mente; die irdischen Zweige sind der Thierkreis, die 12 Punkte des Compasses
(0., OSO., SSO., S., SSW., WSW., W., WNW., NNW., N., NNO., ONO.), die
12 Zeitabschnitte des Tages (von je 2 Stunden). 6x10 und 5x12 ergiebt die
60 Zeichen des Cyclus für Tage und Jahre, und 6 x 60 ergiebt die 360 Grade der
Ekliptik. Auf dem chinesischen Compass der Geomanten oder dem Horoscop sind
in 18 Kreisen alle diese verschiedenen Zahlen, gesondert und verbunden dargestellt.
Man findet hier die 2 Grundprincipien Männlich und Weiblich, die 8 Diagramme,
die 64 Diagramme, die Ekliptik der Sonne und des Mondes, die 360 Längengrade,
die Jahrestage, 5 Planeten, 5 Elemente, 28 Constellationen, 12 Zeichen des Thier-
kreises, 24 Zeiten, 12 Punkte des Compasses, 9 Sterne, die ungleichen männlichen
Zahlen, die gleichen weiblichen Zahlen bis 360, verzeichnet. Das Ganze ist ver-
wirrt und geheimnissvoll genug um dem Laien Respect einzuflössen und mit Leich-
tigkeit etwas vorreden zu können. Dem Eingeweihten hingegen ist es ein kurz-
weiliges hocus pocus-Spiel, ein Punctirbuch oder eine Rechenmaschine, um irgend
ein mathematisches Exempel des Fung schui zu lösen.
Neben Gesetz (Li) und Zahl (Sz) kommt nun im System des Fung schui noch
in Betracht das Hi = das Athmen oder der Odem der Natur. Die Natur ist dem
Chinesen ein lebendiger Organismus, der aus und einathmet, und dadurch alle
Naturerscheinungen hervorbringt. Es ist zwischen Himmel und Erde nichts so
wichtig, so allmächtig und allgegenwärtig als Hi, in ihm leben und bewegen sich
alle Dinge. Hi ist der im Nichtsein schlummernde Lebenskeim, der durch sein
Hervorbrechen das Sein bewirkt, durch seine Regungen die Dualkräfte erzeugt,
erst chaotisch, dann mehr und mehr abklärend. So wirkt Hi fort in der Natur
durch Ausathnien Leben erzeugend, durch Einathmen Leben vernichtend. In der
Athmosphäre zeigt sich die Pulsation des lli in sechsfacher Form und verursacht:
Kälte und Hitze, Trockenheit und Feuchtigkeit, Wind und Feuer. Verbunden mit
(41)
dem Einfluss der 5 Planeten und 5 Elemente werden die 24 Jahreszeiten geregelt,
daher spricht man auch von einem 24 fachen Athmen.
Z. B. Hi in Verbindung mit Element Holz und Jupiter schafft Regen.
„ „ „ „ Metall und Venus erzeugt Hitze.
r, n n n Wasset Und Mercur bewirkt Kälte.
„ r> V n Erde und Saturn bringt Wind her\or.
Will man sich nun über die Art des Hi in einer bestimmten Gegend infor-
miren, so niuss man die Geomanten um Rath fragen. Die Erdoberfläche ist auch
hierbei nur ein Reflex der himmlischen Kräfte, es muss sich daher auch das Athmen
der Natur entdecken lassen Der azurnene Drache, der, wie wir oben gesehen,
sich links in den 7 östlichen, und der weisse Tiger, der sich rechts in den 7 west-
lichen Constellatiouen der Mondbahn findet, ist auch durch Hi beseelt, dort aus-
athmend, hier einathmend. So muss auch das Athmen zu finden sein in den ent-
spreohenden Bodenformationen. Der Geomant wird also dem Frager beweisen, wo
in den Bergen Brust, Leib, (jlieder, Adern des Drachen zu suchen seien. Am
kräftigsten muss der Lebenshauch in der Nähe der Brust, am schwächsten in den
äusseren Gliedmassen zu finden sein. Man nimmt an, dass in einer Entfernung
von 2 Meilen der Lebenshauch eines Drachen unwirksam wird. Aber auch in der
Nähe der Brust kann das Hi zerstreut werden, z. B. durch freien Zuzug des
Windes, reissenden Ablauf des Wassers. Wohingegen nach Ost und West ein
Abschluss sich findet, die Bäche nur langsam sich herauswinden, und die engste
Verbindung von Drache und Tiger, Männlich und Weiblich, sich feststellen lässt,
da sind glückliche Wohnplätze für Todte und Lebendige, da blühet Wohlbehagen,
Reichthum, Ehre, reiche Nachkommenschaft, Gesundheit und dergleichen Glück-
seligkeiten.
Damit indess der Laie nicht zu leichtes Spiel habe und sich dergleichen Orte
selbst suchen kann, wo der Lebensodem kräftig weht, so hat der Geomant noch
eine Menge Wenn und Aber, die nur er mit Hilfe seiner Wissenschaft und seines
Instruments beseitigen kann. Z. ß. kann der äusseren Form nach alles in Richtig-
keit sein, und dennoch weht ein verderblicher Odem und bringt unsägliches Unglück
über die betreffenden Bewohner. Es ist dann irgend welche Disharmonie mit den
Elementen, Planeten, Sternen etc. vorhanden, und nur mit Hilfe des Compasses
kann man ins rechte Fahrwasser gelangen.
Unheilschwanger sind dem Chinesen alle graden Linien, z. B. steile, kahle
Felsen, gradlinige Abhänge und Bergrücken, grade Wasserfälle und Bäche, grade
Wege u. dergl. stören ein an und für sich gutes Fung schui. Nun denke man sich
diese gradlinigen Schienenwege durchs Land gezogen, würden sie nicht dem Chi-
nesen seinen ganzen Fung schui-Traum vernichten? Daher diese Widerspenstigkeit
der Chinesen bei dieser Frage; den Europäern redet man natürlich etwas anderes
vor. Auch eine Menge andere Formen schaffen Unglück herbei, wie man aus
Erfahrung zu schöpfen vorgiebt, und in den Werken über Fung schui mit Bei-
spielen beleuchtet. Z. B. ist eine Anhöhe einem Sopha ähnlich, dann sterben die
Söhne und Enkel der Umwohnenden eines plötzlichen Todes. Ist die Anhöhe wie
ein umgestülptes Boot, dann sterben die Töchter au der Schwindsucht und die
Söhne im Gefängniss. Ist der Berg einer Glocke ähnlich, dann werfen die Sterne
des grossen Bären tödtliches Licht auf die Familien. Noch schlechter ist das
Omen, wenn die umliegenden Hügel die Form eines Korbes, einer Flugschaar,
Schildkröle, Pferdeauge, Terrasse etc. haben.
Ist mau trotz aller fronuuon Wünsche dennoch genöthigt in einer Gegend zu
wohnen, die ein schlechtes Fung schui hat, so kann man doch durch Kunst und
(42)
Fleiss dasselbe in ein besseres bekehren. Der Himmel erfordert die Hilfe des
Menschen, um seine Pläue auszuführen, und die Erde erfordert die Hilfe des Men-
schen, um ihre Produkte zur Reife und Vollkommenheit zu bringen. Himmel und
Erde an sich unvollkommen, überlassen dem Menschen den letzten Federstrich bei
ihren Schöpfungen. Der Mensch kann sich daher auch ein gutes Fung schui
schaffen ; or kann Berge erhöhen durch Thürme, Bergspitzen abtragen, einen Mars
in einen Jupiter bekehren, oder einen Jupiter in eine Venus. Er kann Wege
und Flüsse krümmen, Hügelformen durch Gebüsche herstellen In dem kleinen
Bereiche des eigenen Gehöftes oder Dorfes gehört zu einem guten Fung schui ein
Gebüsch im Rücken und ein Teich in Front des Hauses oder Dorfes. Der Ein-
gang ins Haus muss verschlungen und verdeckt sein. Eiu Brett mit den 2 Prin-
n>.^^
cipien und 8 Diagrammen über der Hausthüre, Löwen- und Drachenbilder auf dem
Dache und am Eingange gehören ebenfalls zur Herstellung eines guten Fung schui.
Vor alleu Dingen aber muss man einen Geomauten zu Rathe ziehen, der gegen
gute Bezahlung genaue und gute Vorschriften ertheilen wird. Hat der Geomant
sich dennoch verrechnet, so dass das gehoffte Glück ausbleibt, so versucht man es
mit den Rathschlägen eines zweiten und dritten, und endlich verlässt man Haus
und Hof und sucht einen Platz, wo ein besseres Fung schui herrscht. Man kann
daher in China oft sehr billig Häuser und Grundstücke kaufen, die eines schlechten
Fung schuis halber verlassen wurden.
Das Gebiet der Form, Naturerscheinung, Yim, ist im Obigen oft genug berührt
worden, so dass wir es jetzt übergehen können. Wir fassen zum Schluss die
Frage: Was ist Fung schui? noch einmal kurz dahin zusammen: Es ist ein Phau-
tasiegemälde mit manch glücklichen Einfällen, die wir einem praktischen Sinne
zuschreiben würden. Es ist ein Gemisch von Naturwisseuschaft und einer ent-
arteten Religion, aus welcher die edleren Momente des alten Theismus verschwun-
den sind und dafür Ahnendienst, Menschenvergötterung an die Stelle getreten. „Es
ist die Quintessenz von thauistischem Mysticismus, Buddhischem Fatalismus und
Confucianischem oder besser Tschu hi'schen Materialismus." Fung schui kommt
von einer Höhe des Forschens und verliert sich im Thale des Aberglaubens, wo es
seine Anhänger hoch und niedrig, gelehrt und ungelehrt, in allen Lebensverhält-
nissen von der Geburt bis zum Tode knechtet und für jeden Aufschwung erlahmt.
Fung schui ist eine Macht in China, gegen welche der Götzendienst mit seineu
unzähligen Götzen nichts ist. Fung schui in Verbindung mit dem Ahnendienst
ist für die Einführung des Christenthums, als auch europäischer Cultur das grösste
Hinderniss. Als Christen sehen wir hinter jenen Drachen, der die chinesischen
Gemüther knechtet, sei es dass er als Gesetz, Zahl, Hauch oder Form, als Urbild
oder Abbild auftritt, eine Macht der F'insterniss, die in der Bibel mit demselben
Namen bezeichnet wird. Die europäische Cultur, wie sie hauptsächlich von Be-
amten, Kaufleuten und wohl auch etlichen Gelehrten dort vertreten wird, hat bisher
(43)
noch nicht vermocht, an diesem Aberglauben zu rütteln, wohl aber hat es das
Christenthum gethan. Die Glieder uns'n-er (Temeinden sind frei davon und gehen
mit Wort und That voran diesen und andere Systeme des Aberglaubens zu ver-
nichten, und ihre Lundsleute zur rechten Freiheit zu fuhren, die sie selbst im
christlichen Glauben gefunden haben. Die Christen sind auch in China die Pionire
einer höheren Cultiir, die nur gedeihen kann, wo die gesunden Grundlagen des
christlichen Glaubens vorhanden sind. Wie es geht, wo diese Stützen fehlen, wird
sich an Japan zeigen.
(lU) Hr. Ja gor bespricht die Herstellung
schwarzer Thongefässe in Indien und In der Türkei.
Hr. Jagor erinnert an seine frühere Bemerkung (Verhandl. 1878, S. 228),
dass die Farbe der an vielen Orten gebräuchlichen schwarzen Thongefässe
nicht, wie Einige annehmen, von einem Anstrich von Wasserblei, sondern lediglich
von der Art des Brennens herrühre. Er legt Proben aus verschiedenen Localitäten
vor, darunter ein Töpfchen aus Ben galen, das in ausgezeichneter Weise den Glanz
des Graphites zeigt, ohne eine Spur davon zu enthalten. In Indien sind derartige
schwarze Gefässe sehr allgemein. Auch unter den dort ausgegrabenen sind sie
häufig. Es werden Proben von letzteren vorgelegt, zugleich mit anderen von der-
selben Ausgrabung stammenden Schalen, welche nur innen schwarz, aussen
aber braun sind. Letztere zeigen, wenn gut erhalten, nicht nur die Farl)en,
sondern auch denselben milden Glanz, den man au den antiken Vasen bewundert
und in Europa, wie es scheint, bis jetzt vergeblich versucht hat, wieder zu erzielen.
Wie jene Vasen, lassen sie sich mit dem Messer ritzen, sind aber für Wasser ganz
oder beinahe undurclidriugbar. Einige zum Vergleich vorgezeigte Scherben antiker
Vasen bestätigen die Uebereinstimmung. Da sich nun in Indien manche gewerb-
liche üebungen von den ältesten Zeiten bis in die Gegenwart erhalten haben, so
durfte man vermuthen, dass auch diese vorgeschichtliche Technik sich in irgend
einer Kaste fortgeerbt haben könne. Dass diese Vermuthung sich bestätigte, ist
bereits (loc. cit.) mitgetheilt, wo das ganze Verfahren ausführlich beschrieben ist.
Der Vortragende hat heute eines jener, in seiner Gegenwart angefertigten Gefässe
mitgebracht. Vergleicht man es mit den ausgegrabenen, so zeigt sich ein so be-
deutender Unterschied, dass ein Unvorbereiteter schwerlich auf den Einfall kommen
würde, beide Gefässe für das Ergebniss derselben Technik zu halten. Bei genauer
Betrachtung entdeckt man indessen einzelne Stellen, die einen Vergleich zulassen,
und wenn mau erwägt, dass dieser Topf von einem wahrscheinlich nicht sehr ge-
schickten Manne, unter so ausnahmsweise ungünstigen Umständen gebrannt worden
ist, dass ein gelungenes Stück gar nicht erzielt werden konnte, so war die Mög-
lichkeit nicht ausgeschlossen, dass es geschickteren Händen, mit reichen Hilfs-
mitteln gelingen möchte, durch wesentlich dasselbe Verfahren, etwas dem Lüster
antiker Vasen ähnliches zu erreichen. Diese Hoffnung ist, wie die vorgelegten
Proben zeigen, in Erfüllung gegangen.
Dem Chemiker der Königl. Porzellanfabrik, Hrn. Dr, Saruow, ist es gelungen,
die Technik, ohne sie im Wesen abzuändern, durch wissenschaftliche Methode zu
vereinfachen und zugleich ihr Feld zu erweitern.
Der Vortragende bemerkt, dass Hr, Sarnow, der als Gast anwesend ist, selbst
sein Verfahren beschreiben wird, macht aber, bevor er ihm den Platz räumt, noch
auf einige Getasse aus Sijut in Ober-,\egypten un;l auf türkische Pfeifeuköpfe aus
Galata und Rustzuck aufmerksam, die einen ganz ähnlichen Lüster, ähnliche
(44)
Farben und dieselben physikalischen Eigenschaften wie die in Indien ausgegrabenen
und die von Hrn. Sarnow dargestellten besitzen. — Kein Wunder, denn die Art
ihrer Herstellung ist wesentlich dieselbe. Während aber bei dem indischen Ver-
fahren die Stücke vor dem Brennen polirt werden, ist bei den Pfeifenköpfen
(die Stücke aus Sijut hat Vortragender nicht selbst anfertigen sehn) der Glanz
hauptsächlich durch starken Druck erzeugt.
Der rohe Thon zu den Pfeifenküpfen von Galata ist grau von Farbe, er
kommt aus Pera, wird sorgfältig geschlämmt, bis zu einer bestimmten Grenze
getrocknet und je nach der Grösse der zu formenden Gegenstände in genau abge-
wogene Portionen getheilt. Jede Portion wird dann in Form einer Pflaume gerollt,
roth angestrichen und auf eine, aus zwei Theilen zusammengefügte, bleierne Matrize
gesteckt. (Die rothe Farbe besteht aus feingeschlämmtem, mit Oel angeriebeneu
Thon, dem eine grössere oder geringere Menge englisch Roth beigemischt ist.) Vor
dem Arbeiter befindet sich eine in den Boden eingelassene Hebel Vorrichtung, ähn-
lich derjenigen, die zum Verkorken der Flaschen dient. Während aber der Stempel
zum Eintreiben der Korke cylindrisch ist, ist der Stempel unseres Hebels (der
Mönch) so gestaltet, dass er, durch einen Schlag auf den Hebelarm in Bewegung
gesetzt, nicht nur die Thonpflaume in die Matrize treibt, sondern auch das Becken
des Pfeifenkopfes formt. In demselben Augenblicke, in welchem der Arbeiter mit
einer Hand auf den Hebel schlägt, stüsst er mit der anderen einen konischen
Zapfen gegen den von oben her in das horizontale Ende der Matrize eindringenden
Thon und formt auf diese Weise das andere Ende des Pfeifenkopfes (das zum
Einpassen des Rohres dient). Wo Zapfen und Stempel einander begegnen, entsteht
eine dünne Scheidewand von verdichtetem Thon, die durchbohrt werden muss.
Der aus der Form genommene Kopf wird durch Feileu, Poliren, Einritzen von
(45)
Verzierungen naittels gezähnter Räder u. s. w. fertig gemacht. In Rustzuck wer-
den derartige Thongefässe (Pfeifen, Kiinnen, Becher) auch mit kleinen silbernen
Blättchen verziert. Die schönen Gefässe aus Sijut, so wie auch die Gefässe von
Terra sigillata, zeigen denselben Glanz, dieselbe Härte, dieselben Farben, wie die
Pfeifenköpfe von Galata und sind augenscheinlich auf ganz ähnliche Weise her-
gestellt. Je nach der Art des Brennens sind die fertigen Stücke roth, braun, grau
oder schwarz.
Man darf wohl annehmen, dass das hier skizzirte Verfahren früher sehr ver-
breitet war, nach Erfindung der Glasur aber allmälig in Vergessenheit gekommen
ist und sich nur noch bei einzelnen Kasten oder Ziinften, in solchen alten Cultur-
ländern erhalten hat, welche ausserhalb des grossen Weltverkehrs liegend, uralte
technische Manipulationen, unbeeinflusst von den Erfindungen der Neuzeit, bewahrt
haben. —
Hr. Dr. Sarnow berichtet, im Anschlüsse an diese Mittheilungen, über seine
eigenen Versuche:
Wenn man die Thongefässe, welche Hr. Dr. Jagor aus Indien mitgebracht
hat, aufmerksam betrachtet, wird man leicht geneigt sein, die glänzende Oberfläche,
welche dieselben, besonders auf den schwarzen Flächen, zeigen, für eine wirkliche
Glasurschicht zu halten. Sie ist zwar so ausserordentlich dünn, dass man ihren
Charakter schlecht erkennen kann, zeigt aber durch die vielen kleinen Risschen,
welche sie häufig besitzt, durch das vom Scherben abweichende Verhalten beim
Bruch und durch den lebhaften Glanz, dass sie ein ganz anderes Gefüge hat und
besonders viel spröder ist, wie der übrige Scherben. Ich glaubte daher auch, dass
sie durch irgend ein Flussmittel hergestellt sei und wurde in meiner Vermuthung
noch bestärkt durch Brogniart'), welcher diese schwarzen und rothen indischen
Thonwaaren beschreibt und die glänzende Oberfläche ebenfalls für eine dünne
Glasurschicht hält.
Nach der Beschreibung, welche Herr Jagor von der Herstellung der indi-
schen Thonwaaren gegeben 2), lag es nahe zu vermuthen, dass die rothe Substanz,
mit welcher die indischen Töpfer die Thonwaaren vor dem Brennen einreiben, das
Mittel sei, durch welches die Glasurschicht erzeugt werde. Allein die Analyse,
deren Resultat Hr. Jagor bereits mitgetheilt, zeigte bald, dass dies ein rother
ziemlich fetter Thon sei, welcher in dem Feuer, das der Scherben erhalten hat,
durchaus nicht glänzend werden kann. Das Flussmittel musste also nach meiner
Meinung in den Samen von Gyrocarpus asiaticus zu suchen sein, mit welchen der
rothe Thon auf dem Scherben eingerieben wird. Herr Jagor war so gütig,
von diesen Samen eine grössere Menge aus Indien kommen zu lassen und mir
davon eine Quantität zur Verfügung zu stellen. — Die Untersuchung zeigte sehr
bald, dass die Samenhaut so hart ist, dass von derselben, selbst wenn grössere
Flächen damit polirt werden, fast gar nichts abgerieben wird, und dass das Ge-
wicht des Samen vor und nach dem Reiben nahezu gleich bleibt. Es war also
klar, dass auf dem von Herrn Jagor beschriebenen Wege ein Flussmittel dem Scher-
ben nicht zugeführt worden war.
Um in der Sache klar zu sehen, stellte ich aus einem Thon, welcher dem der
indischen Scherben möglichst ähnlich zusammengesetzt war, und den indischen
Materialien einige kleine Gefässe genau nach dem von Dr. Jagor angegebenen
1) Brogniart, Traite des arts cöramiques. I., 496.
2) Jagor, Verhandlungen dieser Gesellschaft. Jahrg. 1878, S. 228.
(46)
Verfahren dar. Das Resultat war ein gutes, die Gefässe wurden den aus Indien
bezogenen Thonwaaren sehr ähnlich, und es stand somit fest, dass die glänzende
Oberfläche der Scherben nicht chemischen Einflüssen zuzuschreiben war, sondern
physikalische Ursachen hatte. Nachdem dies festgestellt, bedurfte es natürlich auch
nicht der indischen Materialien mehr zur Herstellung ähnlicher Thonwaaren und
eine Erklärung für das Auftreten der glänzenden Oberfläche war bald gefunden.
Reibt man nämlich, wie bekannt, einen Thon mit einem harten, mit glatter Ober-
fläche versehenen Körper, so wird derselbe glänzend, und zwar um so mehr je
fetter er ist. Der Glanz verliert sich in Folge der Einwirkung von Feuchtigkeit
oder ähnlichen Einflüssen nach einiger Zeit, wird aber bleibend, wenn mau den
Thon einem geeigneten Feuer aussetzt. Verschiedene antike Thonwaaren haben
einen solchen durch Foliren entstandenen Lüster aufzuweisen. In gewöhnlicher
Flamme gebrannt verändert sich natürlich die dem Thon nach dem Brennen eigen-
thümliche Farbe nicht, brennt man aber in reducirender, stark russender Flamme,
so nimmt die Oberfläche einen noch tiefer schwarzen Ton an wie der übrige Scher-
ben, der Glanz wird erhöht, und was die Hauptsache ist, die oberste Schicht wird
so dicht, dass sie für Wasser fast undurchlässig ist.
Verschiedene Sorten von Thonen sind in der angegebenen Weise behandelt
worden, unter anderen Veltener Thon, Thon aus Nienstädt am Harz, ein fetter
Thon aus Inowraclaw u. a. Das Resultat war durchweg ein gutes. Das beste
lieferten indess die fetteren Thone, welche oft einen sehr schönen Graphitglanz
annahmen. Ganz besonders that dies der rothe Thon von Salem in Indien, welcher
häufig auch sehr schöne Anlauffarben zeigte. Da derselbe nahezu 16 pC4. Eisen-
oxyd enthält und überhaupt alle der genannten Thone mehr oder weniger Eisen-
oxyd besitzen, eo lag es nahe zu vermuthen, dass dieses in Folge der Reduction
eine bedeutende Rolle bei der Erzeugung der dichten und glänzenden Oberfläche
ausübe. Es wurden, um dies zu bestätigen, einige Thonplatten direct mit fein-
vertheiltem Eisenoxyd eingerieben; sie Hessen sich aber, da das Eisenoxyd magernd
auf den Thon wirkt, schlecht polireu und gaben auch beim Brennen nicht das ge-
wünschte Resultat. Sodann wurde der Versuch in entgegengesetzter Richtung an-
gestellt, indem einige Platten von Zedlitzer Kaolin, welcher bekanntlich nahezu
eisenfrei ist, polirt und gebrannt wurden. Das Poliren war in diesen Falle natür-
lich nicht leicht, da die Platten aus lufttrockenem Kaolin bei geringem Druck be-
kanntlich zu Pulver zerfallen; allein nachdem es gelungen, ihnen bei einiger Sorg-
falt eine glänzende Oberfläche zu geben, war das Resultat beim Brennen ein sehr
gutes; die Oberfläche wurde sehr tief schwarz, hob sich sehr von dem grauschwarzen
porösen Scherben ab und zeigte eine bei weitem grössere Dichtigkeit, wie dieser.
Es war also darnach, weniger das reducirte Fiseuoxyd, als die Einwirkung der
Kohle auf den gut polirten Scherben, welche das gewünschte Resultat hervorrief.
Zum Poliren des Thones eignet sich jeder harte Körper mit glatter Oberfläche,
namentlich Achat und Glas. Gebrannt wurden die polirten Gefässe, indem sie,
in einem grösseren Gefäss in Sägespähne eingehüllt und dann in einen Ofen ge-
schoben wurden, welcher heiss genug war, die Sägespähne zu entzünden. Von
diesen waren so viele in das Gefäss eingedrückt worden, dass die hervorgebrachte
Temperatur genügte, die rohen Scherben hinlänglich hart zu brennen. — Bevor
die von den Spähnen herrührende Kohle völlig verbrannt war, wurde das Gefäss
aus dem Ofen genommen und abgekühlt. Sollte ein Gefäss nur innen geschwärzt
werden, wurde es natürlich nur innen mit Spähnen gefüllt, erhielt aber aussen
Oxydationsflammcii.
Der Vorgang bei der Hervorbringung einer glänzend schwarzen, dichten Ober-
(47)
fläche auf diesem Wege ist leicht zu erklären. Polirt man ein Thongefäss durch
Reiben, so wird der Thon an der Oberfläche natürlich comprimirt; setzt man ihn
alsdann in einer russenden Atmosphäre einer geeigneten Temperatur aus, so wird,
soliald die Temperatur hoch genug wird, das gebundene Wasser ausgetrieben und die
dadurch entstandenen Poren werden alsbald mit Kohle erfüllt; diese Kohle kann,
da die Atmosphärt; reducirend bleihjt, nicht verbrennen und wird, sobald der Thon
schwindet, sobald also die Thonkörperchen einander genähert werden, in den Foren
comprimirt. Der Scherben wird dadurch glänzend und so dicht, dass er selbst dem
Wasser den Durchgang nicht gestattet. -- Gegen diese Rrklärung; glaube ich, wird kaum
etwas einzuwenden sein; um mich indess von der Richtigkeit derselben zu überzeugen,
setzte ich bereits gebrannte Scherben demselben Process aus, wie die rohen und
fand, dass diese Scherben geschwärzt wurden, wenn sie in der russenden Flamme
höher erhitzt wurden, wie sie früher beim Brennen erhitzt worden waren; blieb
die Temperatur indess unter dem früher erlittenen Hitzegrad, so behielt der Scher-
ben seine natürliche Farbe.
Diese Erfahrung gab zu einigen neuen Versuchen Anlass. Es wurde ein bereits
gebrannter Scherben mit rohem Thon überlegt und dann der russenden Flamme
ausgesetzt, aber nicht so hoch erhitzt, wie er früher erhitzt gewesen. Das Resultat
war natürlich, dass der frische Thon geschwärzt wurde, während der gebrannte
seine Farbe behielt. Wählt man hierbei als frischen einen ziemlich fetten Thon
und polirt ihn sorgfältig, so nimmt er oft einen sehr schönen graphitartigen oder
auch tiefschwarzen Glanz an und hat dann das Aussehen von Asphaltlack, welcher
auf den gebrannten Thon aufgetragen ist. Indem man mit demselben Zeichnungen,
z. B. Figuren auf dem gebrannten Thon ausführt oder ihn als Fond auf den ge-
brannten Thonkörper legt und Figuren ausspart, kann man Decorationen gleich
denen auf den griechischen Thonwaaren hervorbringen. Ob und in wie weit gerade
diese Art der Decoration und wie weit diese Methode der Hervorbringung eines
Lüsters, welche ja der allergeringsten und leichtzugänglichsten Mittel bedarf, im
Alterthum angewandt worden ist, müssen weitere Versuche lehren.
(11) Hr. Voss legt im Auschluss hieran einige Gefässfragmente aus der früher
bereits erwähnten Ansiedelung von Tordosch an der Marosch in Siebenbürgen (Verh.
der Berl. Anth. Ges. 1878, S. 279), welche in der von Hrn. Dr. Ja gor und Hrn.
Dr. Sarnow beschriebenen Weise geglättet und schwarz gebrannt sind, sowie
solche, welche mit einem röthlichen üeberzug versehen und in der von den ge-
nannten Herrn ebenfalls erklärten Weise hergestellt sind. Dieselben wurden neben
einer zahlreichen Menge anderer Fundstücke aus derselben Localität von Fräulein
Torma in Broos dem Köuigl. Museum geschenkt. Zum Vergleich legte derselbe
sodann noch einige Fragmeute von Gefässen aus Terra sigillata aus dem Römischen
Castrum am Valium Hadriani in dem jetzigen Flecken Mainhardt bei Schwäbisch
Hall in Württemberg vor, welche aus einer in Gemeinschaft mit Hrn. Kreisrichter
Hauff in Schwäbisch Hall unternommenen Ausgrabung daselbst herstammten. Auf
dem einen Stücke sind die Buchstaben: 8ATURN0V eingeritzt.
(12) Ausserdem theilt derselbe folgenden ßerichtdes Hrn. Dr. C r e d n e r zu Halle a/S.
Ueber das Gräberfeld von Giebichensteln bei Halle a^S. mit.
d. d. Halle a J?., den 21. October 1877.
„Nach einer achtwöchentlichen militärischen Dienstleistung und einer längeren
Reise wieder hier angelangt, tinde ich endlich Zeit Ihnen einen kurzen Bericht
über die Funde, welche ich Anfangs Juli in der Sandgrube bei Giebichensteln zu
(48)
macheu Gelegenheit hatte, zukommen zu lassen. Ich bitte das lange Ausbleiben
dieser Notizen entschuldigen zu wollen, meine lange Abwesenheit von Halle ist der
Grund der Verzögerung. Gleichzeitig aber muss ich Ihre gütige Nachsicht für die
nachstehenden Skizzirungen in Anspruch nehmen, als von einem Laien auf diesem
Gebiet herrührend und vielleicht nicht Ihren Wünschen und Erwartungen ent-
sprechend.
Die Fundstelle befindet sich auf einem breiten terassenförmigen Absatz des
rechten Gehänges unseres t^aallhales, zwischen dem schroffen Abfall des letzteren
westlich von Giebichenstein und dem sanfter geneigten oberen Absturz des sich von
hier nach Osten erstreckenden Plateaus.
Das Erdreich besteht an der betreffenden Stelle zu oberst aus einer 7^ bis
'/4 m mächtigen Humusschicht, stark untermengt mit Bruchstücken von dem in der
Umgegend anstehenden und Kuppen bildenden Porphyr. Unter dieser Humus-
schicht folgt dann in einer Mächtigkeit von Vj.^ — 2 m ein hellgelber, chamoisfarbiger,
feinkörniger, stellenweise lehmiger Sand mit Schmitzeu und Lagen von gröberen,
grandigen Kies. Es gehört allem Anschein nach diese Bildung nicht dem Diluvium
an, repräsentirt vielmehr die Absätze der einst in diesem Niveau fliessenden Saale.
Es werden diese Sande und Kiese unterteuft durch einen hellgrauen durch Qaarz-
körner stark verunreinigten Thon, dem Verwitterungsproduct des darunter anstehen-
den Rothliegenden.
In den hellgelben Sauden finden sich nun, regellos vertheilt, grubenartige Ver-
tiefungen, im Horizontaldurchschnitt von runder oder ovaler Gestalt, ^/4 — 2^j., m im
Durchmesser, und ^jn — ^/^ m tief, und zwar z. Th. muldenförmig, z. Th. steilwandig
im Profil.
Humus.
Humus.
Bei den muldenförmigen Gruben findet sich zuweilen entweder an einem Ende
oder gerade in der Mitte eine zweite kleinere und tiefere kesselartige Mulde:
Humus.
Humus.
''''Sand
Sand
Sämmtliche Gruben schneiden nach oben unter der Humusschicht ab, setzen
sich nicht bis zur heutigen Erdoberfläche fort, so dass die Humusdecke erst später
durch Abschwemmung von den umliegenden Höhen sich an dieser Stelle gebildet
haben kann. Die Gruben sind erfüllt von einer an organischen ßestandtheilen und
Asche reichen Erde, deren grauschwarze bis dunkelschwarze Färbung die Grenzen
der Löcher gegmi den hellgelben Sand scharf hervortreten lässt.
(49)
Nach den Funden, welche ich in diesen Gruben selbst gemacht habe und die
mir von den Arbeitern überliefert sind, scheint es, dass die Löcher eine verschie-
dene Bestimmung gehabt haben: 1) als Gräber, 2) als Opfer-, vielleicht auch einige
als Wohustättcn.
Ein Grab, das kurz vor meinem P)ekanntwerden mit dem betr. Fundpunkte
erschlossen war und mitten zwischen den andern Gruben lag, enthielt ein voll-
ständiges Skelet, lang ausgestreckt, mit dem Kopf gegen SW. gerichtet, und war
mit grossen Steinblücken überdeckt (meist erratische, nordische Geschiebe, und
einheimischer Porphyr). Ein anderes Loch enthielt nur einen Menschenschädel. In
beiden Füllen war quer über den Kopf ein Pferdeschädel gelegt. Ein Schüdel-
fragment, das Hr. Prof. Kirchhoff von den Arbeitern erhalten hat, ist von Hm
Prof. Welker untersucht; derselbe erklärt es nach Dimensionen und Form als hier
vollkommen identisch mit den Schädeln aus den Reihengräbern Mittel- und Süd-
deutschlands etc. Da sich einzelne Fragmente menschlicher Schädel auch mit Thier-
knochen und Thongerätlischaftcn vereint in den- als Opferstätten aufzufassenden
Gruben gefunden haben, so wird man wohl zu der Annahme gedrängt, das Menschen-
opferungen stattgehabt haben müssen.
Die Opferstätten (z. Th. wr.hl auch "Wohnplätze) zeichnen sich aus durch zahl-
reiche Thierknochen, Goräthschaften, Gefässe, "Waffen und verkohlte Holztbeile.
2) Thierknochen. Ich habe bisher constatiren können: Skelettheile von
Rind, Pferd, Hund, Hirsch, Schaf, Huhn. Ein in zahlreichen Theilen erhaltenes
Skelett einer Ziege fand ich als einzigen Inhalt in einer Grube, bedeckt mit grossen
Steinblöcken, wie dies, nach Aussage der Arbeiter, sonst nur bei menschlichen
Skeletten der Fall zu sein pflegt. Der obere 4-4 cm lange Theil eines ausserordent-
lich starken Hirchgeweihes zeigt deutliche Spuren von Bearbeitung. Namentlich
sind die Spitzen sämmtlicher 4 Enden durch zahlreiche Schnitte mit einem scharfen
Instrument rings eingekerbt und dann abgebrochen. Eine derartig isolirte Spitze
eines Geweiheudes ist zu einer Pfeil- oder Speerspitze verarbeitet, glatt polirt,
innen durch Auskratzen der porösen Knochensubstanz ausgehöhlt und am unteren
dicken Theile, um befestigt werden zu können, durchbohrt.
Mehrere Markknochen sind längsgespalten und zeigen deutliche Schlagmarkeu.
Von thierischen Resten erwähne ich noch Schalen einer Dnio-Art, wie sie jetzt
noch in der Saale vorkommt, sowie Fischschuppen, die lagenweise auf dem Boden
einer Grube, vermischt mit Muschelresten, aufgehäuft waren, leider aber von den
Arbeitern nicht aufgehoben worden sind,
^j^ .,^- 2) Geräthschaften. Unter dieser Rubrik führe ich folgende
^^ ^ ^^M Funde an:
f ■ a) massive Thoncylinder, 20—25 cm lang, 4 — 5 cm dick, roh mit
E ^k der Hand geknetet, oben und unten mit den fussartigen Verbreiterungen
B ^m welche 6 — 7 cm im Durchmesser, innen flache Einseukungen zeigen.
p ^ Dieselben kommen sehr häufig vor, meist aber in Bruchstücken, selten
B ■ ganz erhalten (Fig. I.).
p fl Das Material, aus dem diese Cylinder gebrannt sind und aus dem
B 9 wie ich hier gleich vorausschicke, alle übrigen Thongeräthe und Gefässe
%■ I verfertigt sind, ist ein mit Quarzkörnern stark untermischter Thon, das
r ;fl Verwitterungsprodukt des in der Nähe unter dem Schwemmland zu
% M^ Tag treetenden Rothliegenden (s. oben). •
^^^^^^^ b) mehrere in ihrer Gestalt und Form am besten mit einem Cham-
Fig. 1. paguerglas vergleichten Thoukegel, sehr roh mit der Hand geknetet,
Verlmiidl. der Berl. Aiitlirupol. Gesellscbaft 1879. 4
(50)
Fig. 2.
25 cm hoch, mit einer gegen 9 cm tie-
fen spitz-conischeu Vertiefung am obe-
ren Ende (Fig. 2);
c) zwei ellipsoidische, in ihrer Axe
durchbohrte Thonkörper, von beistehen-
der Gestalt und Grösse (Fig. 3) ;
d) eine Nadel, 15 cm lang und 5 mm
dick, an einem Ende stumpf zugespitzt,
am andern mit einer 1 cm starken Ver-
dickung, aus Knochen hergestellt, mit
deutlichen Schnittspuren. Sehr gut er-
halten ;
Fiff. 4. Fig. 3. ö) mehrere Reibsteine, aus einem
sehr harten quarzitischem Gestein. Die-
selben gleichen in ihrer Gestalt einem 7 cm hohen Würfel, dessen eine Seite stark,
dessen 5 andere Flächen schwach sphärisch gewölbt sind. Dieselben zeigen deut-
liche Schleif- und Gebrauchsspuren;
f) ein länglicher Würfel aus einem leicht zerbröckelnden Sandstein, (dem im
Saalthal kurz oberhalb Halle anstehenden Buntsandstein entsprechend) 472 cm laug
und je 3V2 cm hoch und tief.
3. Gefässe.
a) Urnen und gehenkelte Töpfe. Dieselben sind z. Th. mit blosser Hand ge-
formt, z. Th. wohl auch auf der Drehscheibe verfertigt. Die Grösse schwankt sehr:
ich besitze als Extreme ein Exemplar von 6,5 cm Höhe, 7 cm Weite an der Aus-
bauchung und mit einem Durchmesser von 4 cm an der Oeffnung (Fig. 5), und
dem entgegengesetzt ein grosses Bruchstück (ganze Gefässe sind überhaupt äusserst
selten) einer Urne von 18,5 cm Höhe und 21 cm im Durchmesser (Fig. 6). Die
hauptsächlich vertretenen Formen sind durch die nachstehenden Skizzen angedeutet:
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 8.
Fig 9.
Fig. 10.
Eine eigentliche Glasur ist nicht vorhanden, höchstens bei manchen eine ge-
wisse Abglättung. Verzierungen sind auch nicht häufig zu beobachten. Das in
Fig. G skizzirte Gefäss zeigt flach erhaltene, parallel um die Erweiterung unter dem
Halse verlaufende Ringe, ein anderes Fragment (Fig. 8) (I scharf und sehr regel-
mässig parallel eingeschnittene Streifen oder Linien. An anderen Fragmeuten
erkennt man rings um den oberen Theil des Gelasses Tupfen, mit den Finger-
(51)
Fig. 11.
Fig. 12.
spitzen ganz roh in gewissen Abständen von einander eingedrückt. Irgend welchen
Inhalt von Perlen, Schmucksachen oder Knochen habe ich nicht nachweisen können;
njoderige Erde erfüllt die nicht zerdrückten und zerbrochenen örnen und Töpfe;
b) ein roh geformtes Gefäss von der Gestalt des
oberu Theiles eines Trichters, 1) cm hoch und oben 7 cm
weit, oben mit 2'/,{ cm dicken Wandungen, die sich nach
unten bis auf 2 mm verdünnen. (Fig. 11.)
4. Waffen:
a) 4 undurchbohrte Steinbeile, 3 aus einem festen
Hornblendeschiefer verfertigt, welcher genau einem im
sächsischen Mittelgebirge vorkommenden Gestein (Grün-
schiefer von Hainichen im Königreich Sachsen) entspricht;
das vierte aus einem sehr harten quarzitischen Gestein.
Es sind deutlich die Spuren einer künstlichen Zuschärfung der Kanten durch
Schleifen erkennbar;
b) eine Hälfte einer ausserordentlich glatt und regelmässig durchbohrten Axt
von quarzitischem Gestein, die Durchbohrung misst 2,5 cm im Durchmesser;
c) eine 1<) cm lange, 6 cm breite und 2'/2 cm
dicke Platte von Quarzitschiefer, die augenschein-
lich zu einer Axt verarbeitet werden sollte, wie
begonnenes Anschleifen der Kanten beweist. Be-
sonders interessant ist das Stück durch eine in
Augriff genommene, aber nicht vollendete Durch-
bohrung, die 8 mm tief schon ausgeführt ist und
durch kreisende Bewegung mit einem scharfen
Instrument bewirkt zu sein scheint, da in der Mitte der begonnenen Durchbohrung
ein massiver Cylinder stehen geblieben ist, wie es nebenstehende rohe Skizze ver-
anschaulichen soll. (Fig. 12.)
Das sind die Funde, welche ich zu machen Gelegenheit gehabt habe und für
deren vielleicht unzulängliche Beschreibung auf den vorstehenden Zeilen, ich noch-
mals um Ibre gütige Nachsicht bitte. Ich bin durch anderweitige Arbeiten gegen-
wärtig 30 in Anspruch genommen, dass mir die Zeit zu einer detaillirteren Dar-
legung fehlt.
Die genannten Gegenstände liegen der Mehrzahl nach regellos in der die
Gruben ausfüllenden moderigen Erde und schwarzen Branderde. Nur die sub 2 a.
und b. beschriebenen Thoncylinder ordnen sich zuweilen regelmässiger an der
Peripherie der Gruben an, so dass man vielleicht vermuthen dürfte, dass sie bei
den Opfervorrichtungen irgend eine Verwendung gefunden haben möchten. Nur
vereinzelte Fälle habe ich beobachtet, wo die Urnenscherben und Knochenreste
deutlich 'geschichtet, auf der die unterste Partie der Grube erfüllenden aschen-
reichen Branderde ausgebreitet lagen. Die Urnen und Töpfe müssen übrigens zum
grössten Theil schon zerbrochen in die Gruben geworfen sein, da sich zumeist nur
isolirte Fragmente finden.
Während meiner Abwesenheit in Magdeburg ist auf Veranlassung der histori-
schen Commission der Provinz Sachsen, Hr. Prof. Klopfleisch aus Jena hier
gewesen und hat eine Untersuchung einer Anzahl von Gruben vorgenommen, über
deren Resultat ich im Specielleren noch nicht unterrichtet bin. Wie ich höre, ist
es ihm gelungen Fragmente zweier eiserner Nadeln oder Pfriemen aufzufinden. Ich
hatte trotz eifrigen Sucbens bisher metallue Gegenstände auch nicht spurenweise
entdecken können.
(52)
Ich gedenke meine Beobachtungen und Sammlungen, soweit es meine Zeit
gestattet, in der Folge fortzusetzen und Ihnen seiner Zeit über etwaige interessante
Funde Bericht zu erstatten.
Ich möchte mir erlauben zu diesem ausführlichen und höchst dankenswerthen
Berichte einige weitere Mittheilungen hinzuzufügen. Zunächst möchte ich denselben
ergänzen durch eine der Halleschen Zeitung entnommene Notiz, welche ich in der
hiesigen Vossischen Zeitung fand und über die Resultate der erwähnten Unter-
suchungen des Hrn. Professor Klopfleisch in Jena ein kurzes Referat enthält.
Daselbst heisst es: „In der „Halleschen Zeitung" lesen wir Folgendes: Die Leser
dieser Blätter werden sich der interessanten Mittheilungen erinnern, welche in der
letzten Sitzung des Vereins für Erdkunde über Ausgrabungen auf dem jenseit
des Mühlweges (rechts vom Advokatenweg) auf dem Grunde der Buschmann'-
schen Kiesgruben gemacht wurden. Auf Anregung des genannten Vereins ist nun
die kürzlich begründete „historische Commission der Provinz Sachsen" zu dem, wie
wir hoflfen wollen, nicht verspäteten Entschluss gelangt, diese merkwürdige, weit in
die Giebichensteiner Flur reichende Fundstätte genauer zu erforschen. Während
der letzten Tage hat bereits im Auftrage dieser Commission Hr. Prof. Klop-
fleisch aus Jena die nöthigen Voruntersuchungen vorgenommen, und wir sind in
der Lage, aus verlässlicher Quelle die ersten Ergebnisse derselben hier mitzutheilen.
Nicht weniger als 13 Gruben, gefüllt mit Resten einstmaliger Opferungen und
Opferschmäuse, wurden von unserem in dergleichen Arbeiten so trefflich bewander-
ten heimathlichen Forscher binnen weniger Stunden recognoscirt. Es fanden sich
eine Menge von Scherben solcher Tbongefässe, wie sie nach altgermanischer Sitte
beim Opfer nur zum ersten und zugleich letzten Male gebraucht werden durften;
ferner profane Geräthstücke, wie knöcherne Pfeilspitzen, eine grosse Anzahl jeuer
Thoncylindcr, die schon Hr. Dr. Credner im Verein für Erdkunde vorlegte und
die sich nun als Opferstellen herausstellen, wie man sie an Cultstätten in den Boden
steckte; auch wieder zahlreiche Bruchstücke thierischer und menschlicher Gebeine,
bestens erhaltene Hirschkiefer, zusammen mit Schalen der in der Saale vorkommen-
den Malerinuschel. Am eutscheidungsreichsten für das wohl nicht in vorgermani-
sche Zeit, sondern wahrscheinlich in die ersten Jahrhunderte nach Christus hinaus-
reichende Alter dieser Begräbniss- und Opferstätte waren aber einige Eisengeräthe,
namentlich eine eiserne Nadel, die wohl eine hemundurische Hallenserin vor mehr
denn anderthalb Jahrtausenden zu häuslichen Zwecken fleissig benutzt hat. Vor-
kommen isolirter Menschenschädel könnte sogar auf Opferung Kriegsgefangener an
dieser heiligen Stätte oder auf einen zugleich damit verbundenen Richtplatz von
Verbrechern deuten."
Hr. Ober- Post -Secretär War necke in Halle a/S., der sich das grosse Ver-
dienst erworben hat, die in den letzten Jahren gemachten Funde gesammelt zu
haben, hat die Güte gehabt, mir folgende Angaben zuzustellen:
„Ihrem Wunsche entsprechend theile ich nachstehend das Verzeichniss der in
meinem Besitz befindlichen, aus Giebichenstein stammenden Alterthümer mit.
1. Fundort: Buschmanns Sandgrube am Advocatenwege, hinter dem Mühlwege.
Knochengeräthe: 8 Lanzenspitzen, 1 Dolch aus dem Flügelknochen von
vultur fulvus, 1 Nadel mit Oehr, 1 polirter Rippenknochen, benützt zum Glätten
beim Herstellen der Thongefässe,
Brouzegeräthe: ;J einfache Kopfuadeln, 1 Randstück eines Topfes, einige
Bruchstücke von Armringen.
(53)
Steingeräthe: 19 geglättete flache Steine, etwa fingerlang, von verschiedenem
Profil, gebraucht bei der Herstellung der Töpfe, 8 rundliche, faustgrosse Steine,
Kornquetscher, 3 gn'issere Steine mit einer graden Fläche, welche als Unterlagen
beim Kornquetschen gedient, 1 kleiner Schleifstein, 5 Steinäxte.
Thongeräthe: 1 Löffel, 13 Spinnwirtel verschiedener Form, 1 Kinderklapper
in birnförmiger Gestalt, mit Punkten verziert und gefüllt mit weissen Quarzstein-
chen (jedenfalls das älteste Hallesche Kinderspielzeug), I Lampe, ähnlich wie die
sogen. Opferleuchter, mit tiefer Aushölung zur Aufnahme des Oeles, 1 trichter-
förmiges Gefäss, 1 üntertheil einer Urne, den menschlichen Fuss darstellend, 4 sog.
Opferleuchter in derselben vorkommenden viereckigen Gestalt, eine grosse Anzahl
der sogen. Opferleuchter von runder Form. Sodann 25 Stück Gefässe mit und
12 dergl. ohne Henkel, von den verschiedensten Formen und zum Theil roher
Arbeit, einige tragen Kamm- und Fingerverzierung, keins ist auf der Drehscheibe
hergestellt, eine grosse Anzahl Scherben mit Kamm-, Faden- und Fingerverzie-
rungen.
6 Perlen von blauem Glasfluss.
In einer Grube fanden sich 6 Schädel, von denen einige die Spuren gewalt-
samer Tödtung tragen, ohne weitere Knochen; in einer anderen wurde I Schädel
und in einer dritten 1 Schädel nebst den zum Theil vermoderten Skeletknochen
eines 14jährigen Mädchens gefunden. Schädel besitze ich sämmtlich; eine vom
Hrn. Privatdocent Dr. Brauns gegebenen Beschreibung der ersten sechs übersende
ich später.
2. Fundort Röderberg in Giebichenstein.
Bronzegeräthe: 3 schön gewundene Halsringe, 5 Armringe, 10 Ohrringe,
2 Fibeln, 3 verzierte Kopfnadeln und 1 Schneide eines Messers.
Steingeräthe: 1 Axt.
Thongeräthe: 5 Gefässe, darunter ein schön gearbeitetes von schwarzem
Thon, in welchem sich ausser Knochenresten und Asche folgende Eisengegenstände
vorfanden: 1 Messer mit verziertem Knochengriff, 2 Fibeln, 1 Schildbuckel, 4 Kopf-
nadeln, 3 Haken und 3 Ringe.
3. Fundort Fährstrasse in Giebichenstein.
Knochengeräthe: 1 sogen. Spleiss'). 2 Lanzenspitzen, wovon eine mit kleinen
Ringverzierungen, 1 lange und 1 kurze Pfeilspitze.
Bronzegeräthe: 1 grösserer und 1 kleinerer Gelt, 1 sichelförmige Messer-
klinge.
Steingeräthe: 3 Äxte,
Thongeräthe: 3 kleine Gefässe mit Henkel, 1 schalenförmiges desgleichen,
5 Spinnwirtel uud 3 trichterförmige Gefässe mit dicken Rändern.
4. Fundort Friedhof in Giebichenstein.
Thongeräthe: 7 grosse und kleine Urnen, einige schön verzierte Scherben.
5. Fundort: Sachsenburg, Gasthaus zwischen Giebichenstein und Trotha.
Knochengeräthe: 1 Lanzenspitze, 1 Pfeilspitze.
1) Abgeschnittene Hirschgeweihzacke mit geglätteter Spitze, ähnlich den jetzt noch
von Seilern und Seeleuten gebrauchten Werkzeugen zum Durchflechten der Enden bei der
nerstellung eines Oehrs an einem Tauende. Die Seeleute nennen ein solches Instrument,
das jetzt häufig ans Eisen gefertigt wird, wenigstens für die Kaiser!. Deutsche Marine, wie
Hr. Capitän-Lieutenant Strauch mir mitgetheilt ,Maaispleiss". Voss,
(54) .
Bronzegeräthe: 1 Halsring, 2 Armringe.
Thongeräthe: 4 Urnen.
6. Fundort Diaconissenhaus in Giebichenstein.
Bronzegeräthe: 4 schöne, massive Armringe.
Thongeräthe: 1 Urne mit Knocheuresten.
7. Fundort: Bauer's Felsenkeller in G.
Thongeräthe: 2 Urnen, 1 Spinnwirtel.
8. Verschiedene Fundorte.
Bronzegeräthe: 1 schön gearbeiteter Dolch.
Thongeräthe: 10 Urnen.
Leider kann ich z. Z. einen Bericht über meine Wahrnehmungen nicht geben,
da mir die Zeit mangelt; was Dr. Caro besitzt, weiss ich nicht genau, jedoch hat
er aus Giebichenstein einige Steingeräthe."
Auch Hr. Hofapotheker ür. Caro in Dresden war so freundlich, mir ein kurzes
Verzeichniss, von den in seiner Sammlung befindlichen Stücken aus Giebichenstein
zuzusenden. Die Gegenstände sind zum grossen Theil ebenfalls von Hrn. War-
necke gesammelt und Hrn. Dr. Caro überlassen worden. Letzterer besitzt darnach :
Halsringe 27 Stück,
Armspangen 67 „
Fibeln 8 „
Fingerringe 11 „
Nadeln 17 „
Bronzecelte , . . . . 1 „
Aschenkrüge mit Inhalt 34 „
Kleine Gefässe zum Wirthschaftsgebrauch ... 16 „
Glasperlen 5 grosse, 18 kleine.
Steinwaffen: keine, ausser Feuersteinspähne, welche jedoch auch zufällig
dorthin gekommen sein mögen.
Schädel: 3 Stück gut erhalten und zahlreiche Reste. Dieselben wurden mit
Bronzen zusammen gefunden, einzelne Theile zeigen grüne Flecken von Patina her-
rührend."
In der Provinzial- Sammlung in der Moritzburg zu Halle a/S. befinden sich
wahrscheinlich auch B''undstücke von dieser Localität. Wenigstens erinnere ich mich
vor Jahren einige mit concentrischen Kreisen ornamentirte Beinschnitzereien gesehen
zu haben, welche ganz dem Charakter einiger hier gefundenen Gegenstände ent-
sprechen. Auch findet sich in Förstemanns Mittheilungen eine Notiz über einen
Fund an der Stelle des Schmelz er 'sehen Gartens und einen solchen auf dem
sogenannten Bleichberge, wo Urnen, Skelete und gebrannte Knochen ohne weitere
Beigaben aufgedeckt wurden.
Das hiesige Königliche Museum besitzt folgende Gegenstände:
L Mit Halle a/S. bezeichnet, aus der Sammlung des Hrn. Dr. Herbst zu
Calbc a/S., wahrscheinlich aber nach der grossen Uebereinstimmung mit den übrigen
dort gefundenen Gegenständen zu urtheilen, ebenfalls bei Giebichenstein gefunden:
IL 4142. Eine Fibula.
n. 4146. Grosse bronzene Nadeln.
C55)
Kleinere bronzene Nadeln.
Nestnadel von Bronzedraht.
Kraus gewundener Sclieltelring von Bronze.
do. do.
Fragment von dergleichen.
do. do.
Gerippter Scheitelring.
s 4170. Sieben kleinere Ringe,
bis 4174. Vier dergleichen mit Buckeln,
Streitmeissel.
do.
Streitaxt aus Hirschgeweih.
Von Giebichenstein. (Geschenk des Hrn. Dr. Caro.)
Grosser bronzener Halsring nach Art eines Torques gravirt mit vier-
kantiger Hakenschliesse und mit einem kleinen daran hängenden Ringe,
ebenfalls von Bronze. Durchmesser 16 au.
2 kleine auf einander passende Ringe, oval, unten grade (Armringe?),
von 6^4 und 5 cm Durchmesser.
Ein ornamentirter Bronzering ähnlicher Form von 7,5 und 6,75 em Durch-
messer.
n. 10141, a, b, c. 3 ähnlich geformte ganz dünne unverzierte kleinere Bronze-
ringe.
n. 10142, a, b. 2 blaue Glasperlen.
An Ort und Stelle von mir selbst im Jahre 1876 gesammelt und erworben,
II. 10151. a. — d. a) Zerschlagener verkohlter Thierknochen.
b) Fragment eines Thoncylinders.
c) Rand eines Thongefässes mit Fingereindrücken,
d) Henkel eines Thongefässes,
alle unmittelbar neben einander gefunden,
H. 10152. a, b. 2 Knochenpfrieme aus Röhrenknochen, die Epiphysen sind abge-
schnitten (Lanzenspitze?). Zusammen gefunden mit II. 10153 — 54 und
I, 4724. a.— h.
II. 10153. a. und b. 2 rudimentäre Fibeln (Beinknochen) vom Pferde, wahrschein-
lich als Pfrieme benutzt. Mit II. 10152—10154 und I. 4724. a.— h.
zusammen gefunden.
IL 10154. a, b. a) Knochenplatte mit concentrischen Kreisen verziert. (Die beiden
Enden ähneln Thierköpfen. S. Abb.); mit IL 10152—10153
und I, 4724, a. — h. zusammen gefunden in Buschmanns Sand-
grube bei Giebichenstein.
IL
4147.
IL
4149.
IL
4154.
H.
4155.
H.
4156.
IL
4157,
IL
4161,
IL
4164 1
n.
4171 [
H.
4209.
n.
4210.
H,
4232.
II
IL
10138,
IL
10139.
IL
10140.
^d.Tiat.ßr.
b) Hirschhornhammer (?), ebendaselbst allein gefunden.
(56)
II. 10155. a. — d. a) Schädel eines Erwachsenen. (Trepanirt?)
b) und c) zwei Kinderschädel,
alle drei aus dem Gräberfelde von Giebichenstein , a soll an der Stelle
einer russischen Schanze gefunden sein; b und c in Buschmanns Sand-
grube, sämmtlich aber in runden Vertiefungen („Löchern");
d) roher Bernstein, ebendaselbst in einem „Loche" gefunden.
I. 4724. a — d. a) Kleines ungeheukeltes röthliches Thongefäss;
b) röthliches kleinesThongefäss, wahrscheinlich ursprünglich mit Fuss,
c und d) 2 Cylinder von röthlichem Thon. (Leuchter?)
I. 4724, e— h. e und g) 3 konische Gefässe, ;trinkhornartige, der untere Theil
derselben fehlt,
h) Kleine flache Schale mit ebenem Boden aus sehr grober Masse,
a — h) Mit II. 10151 — 54a zusammen gefunden in Giebichenstein bei
Halle a/S. in Buschmanns Sandgrube am Mühlwege,
I. 4725. a — i. a — e) Randstücke von Gelassen,
f) Henkelstück,
g und h) Gefässfragmente,
i) Thoncylinder,
a — i) Vom Gräberfeld von Giebichenstein aus Buschmanns Sandgrube
am Mühlwege.
I. 4725. k— r. k) Fragment eines kleinen schwärzlichen Gefässes,
m — o) Fragmente von Thoncylindern,
p) Vierkantiges Thonprisma (Geschenk des Hrn. Warne cke),
q— r) Fragmente von schwarzen Gefässen. S. a. I. 4724.
Ebendaselbst gefunden.
Aus der Sammlung des verstorbenen Apotheker Schumann zu Golssen.
I. 4679, Thoncylinder (Leuchter) Höhe 18 cm. (Schumann's Katalog Nr, 97.)
1, 4680. 2 Fragmente von solchen. (Schumann's Katalog Nr. 98 und 99.)
Das hervorragendste Interesse gewähren nun bei diesem Gräberfelde folgende
Vorkommnisse. 1) Die zahlreichen Begräbnisse auf der Stelle eines Wohnplatzes.
2) Die Bestattung von Schädeln und die Trepanation eines derselben. 3) Pferde-
schädel als Grabbeigaben. 4) Die Thoncylinder und champagnerglasähnlichen (triiik-
hornartigen) hohlen Thonkegel (Fig. 1 und 3). 5) Die reichen Bernsteinfunde in
so grosser Entfernung von den Küsten der Nord- und Ostsee.
Hinsichtlich der äusseren Erscheinung bieten die Gräber grosse Aehnlichkeit
mit jenen, über welche Hr. Schneider im vorigen Jahre (Verh. S. 368 u. ff.)
berichtet hat. Eine andere Localität in Böhmen, welche mir aus eigener Anschau-
ung bekannt ist und ebenfalls viele Vergleichungspunkte gewährt, ist die Gegend des
Scharkathaies, von dem „Hradischtje" bis zu dem Dorfe Wockowitz, über welche
unser Hr, Vorsitzender im Jahre 1875, Verh, S. 97 u. ff., einen kurzen Bericht
erstattet hat. Von dieser Localität befindet sich eine grosse Sammlung im Böhmi-
schen National-Museum in Prag, von Hrn. Kaufmann Micksche zusammengebracht,
und eine fast ebenso reichhaltige in der letzten Zeit angelegte, in dem Privat-
besitz des Letzteren. Auch haben Hr. Dr. Berger und Hr. Gutsbesitzer von
Strasser auf Russin bei Prag zahlreiche Gegenstände von da erworben. Herr
Micksche, der über diese reiche Fundstätte eine grössere Publication vorbereitet,
hatte die Güte, mir auf meine Anfrage folgende Notizen zu senden.
„1. Die Wockowitzer Gräber enthielten ganze Menschenskelette, auch nur
Schädel, endlich auch nur Thierknocheu.
(57)
n. Thoncylinder kamen wohl am Berge ITradiscFitje in der Scharka vor, in
Wockowitz jedoch nicht.
Hl. Kine Thier6gur aus Thon wurde in einem Wockowitzer Grabe vorge-
funden, wobei leider der Kopf und Schweif fehlt, so dass es schwer ist zu be-
stimmen, ob es ein Pferd oder ein Eber sein soll. Dieselbe ist aus getrockne-
tem Thon.
IV. Kin etwa 4 Zoll langer Gegenstand aus gebranntem Thon in Form eines
Trinkhorns ist in Wockowitz vorgefunden worden,
V. Gefässe und Gefässscherben mit farbigen und mattirten Ornamenten kamen
in Wockowitz nicht vor.
VI. Kreisförmige Ornamente wurden auf den Wockowitzer Fundgegenständen
nicht entdeckt, wohl aber auf einigen Beinsachen, die am Hradischte in der Scharka
ausgegraben wurden
VII. Von einer Ti'epanation der Wockowitzer Schädel fand ich keine Spur."
Die erwähnten Thoncylinder ähneln den Fig. 1 abgebildeten. Dieselben kommen,
zum Theil mit Querdurchbohrung, auch in Polen, Schlesien und Ungarn (Tisza-
Füred) vor. Aehnliche Thierfiguren von Thon wurden ebenfalls in Ungarn, nament-
lich bei Pilin und Toszeg gefunden, worüber unser Hi'. Vorsitzender in der Sitzung
vom 18. November 1876, S. 245 u. ff., berichtet hat. Das Trinkhorn hat mehr
Aehnlichkeit mit den spitzen Gefässeu von Giebichenstein, als mit den bekannteren
aus Posen, Brandenburg und Sachsen, welche besser gearbeitet und meist schön
geglättet, zum Theil sogar reich verziert sind (Klemm, Handbuch der germani-
schen Alterthumskunde, Taf. XIV., Fig. \2)').
Zu erwähnen ist hier ferner der Hradischtje von Stradonitz bei Beraun, über
welchen in dem Correspondenzblatt (Jahrg. 1878, S. 25 u. ff.) berichtet wurde. Auf
meine Anfragen hinsichtlich dieser Localität an Hrn. Dr. Berger in Prag, welchem
das Verdienst gebührt, die Untersuchung derselben zuerst in Angriff genommen
und eine möglichst vollständige Sammlung der verschiedenartigen Fundgegenstände
zusammengebracht zu haben, erhielt ich zugleich mit Angaben über die im Böhmi-
schen National-xMuseum in Prag aufbewahrten ähnlichen Gegenstände folgende freund-
lichst gewährte Auskunft:
„ad I. Trepanirte Schädel besitzt das Museum ca. 'i—4 von Bilin bei Teplitz.
Einen F^und von Bilin finde ich beschrieben in den Pamätky, Band X.,
Jahrgang II., 1875. Der Ort heisst Patokryje (Patogrö deutsch). A. a. 0. finden
Sie Beschreibung und Abbildung dieses Fundes, allein von den trepanirten Schädeln
geschieht im Berichte keine Erwähnung. Ich weiss in diesem Momente nicht, wo
dieselben beschrieben sind, werde Ihnen aber in kürzester Zeit hierüber Mittheilung
machen.
ad IL Aus dem „Hradistc" in der Scharka befinden sich Beinarbeiten mit
Kreisornamenten ganz bestimmt im Museum, ob auch von anderen Fundplätzen,
kann ich Ihnen heute nicht mittheilen, da ich bei bestem Willen seit dem Erhalte
Ihres Briefes nicht ins Museum gelangen konnte. Auch hierüber schreibe ich
llinen detaillirter, sobald ich die Sammlungen durchgesehen haben werde, was
demnächst geschehen ^o\\.
„In hervorragendem Maasse ist das betreffende Kreisornament auf dem „Hradiste"
von Stradonitz vertreten. Man findet es so zu sagen auf allen Artefacten, möge
1) Das Könio;). Miiseinn hesitzt dergleichen ans der Lausitz, und von Sohlieben. Das
eine derselben endet in eine Spitze von der Form eines Thierkopfes.
(58)
das iMaterial welches immer sein, auch auf Gefässscherben (nur auf Steingeräthen
nicht, da selbe nur sporadisch vertreten sind)." ....
Unter späterem Datum: .... „Auf Ihre weitere Anfrage, ob in Stradonitz
Gräber mit ganzen Skeletten oder bloss solche mit Schädeln gefunden wurden,
theile ich Ihnen mit, dass meines Wissens am Hradiste gar kein Grab gefunden
wurde, denn die Gruben, die sich da vorfinden, ebenso wie die Aschenlager, sind
doch wohl für keine Gräber zu halten.
„In einigen Gruben und Aschenlagern fanden sich Schädel vor — immer aber
ohne weitere Körperbestandtheile, so dass die Vermuthung nahe liegt, dass die-
selben vom Rumpfe getrennt in diese Lager gelangten.
„Man fand am Hradiste auch viele Cisternen, manche von ziemlicher Tiefe.
In einer derselben lagen 4 zerquetschte Schädel und 5 Mühlsteine, sonst war die
Cisterne mit schwarzer humusartiger Erde ausgefüllt.
„In Wockowitz fand man in den Gräbern, deren Formen Ihnen ja bekannt sind
(mulden- oder kessel förmig), auch ab und zu einzelne Schädel. So viel mir be-
kannt ist, stiess mau im Ganzen bloss auf zwei ganze Skelette mit reichen
Beigaben; das ist jedoch bei den nach Hunderten zählenden Gräbern der anderen
Art ein verschwindendes Prozent.
„Von dem Ringornamente kommt auf dem Hradiste in der Scharka verhältniss-
mässig wenig vor. — Ich bemerkte es bloss auf zwei Gegenständen.
„Auf einem Kamm läuft über das Mittelstück ein mit Eisennägeln angenieteter
Beinrücken, der nebst Linienornamenten auch zwei Ringornamente enthält, dann
auf einem würfelartigen, etwa P/a Zoll laugen viereckigen ßeinstücke, welches aus-
schliesslich Ringornamente enthält. Sollten mir noch andere mit diesem Ornamente
versehene Gegenstände bekannt werden, werde ich es Ihnen mittheilen.
„Ueber die trepanirten Schädel kann ich nichts weiter erfahren, als dass die-
selben von Bilin stammen. Ich weiss, dass ein Bericht erschien, entweder in einer
medizinischen Zeitschrift oder in einem Tagesjournal; sobald ich diesen Bericht
entdecke, sende ich Ihnen denselben^)."
Auch bei Stradonitz scheinen also inmitten der "Wohnstätten Todte bestattet zu
sein. In ähnlicher Weise dürften auch die Befunde von der in der Nähe von Selchow
bei Mahlow aufgedeckten Localität zu erklären sein (Verh. d. Berl. Anth. Ges.
1877, S. 254). Ebenso fand ich innerhalb der Verwallung der sogenannten „Schwe-
denschanze" bei Crossen Begräbnissstellen. Ferner existirt unmittelbar neben dem
nicht unbedeutenden Begräbuissplatze auf Steinhardtsberg bei Schlieben, welcher dem
bekannten Burgwall-) gegenüber liegt und der von Hrn. Hauptmann a. D. Schlesier
untersucht und beschrieben wurde (Verh. d. Berl. Anth. Ges. 1877, S. 32 u. ff.), eine
Ansiedelung, deren Reste ich in Gemeinschaft mit Hrn. Schlesier einige Zeit
nach den erwähnten Ausgrabungen desselben zu untersuchen Gelegenheit hatte.
Auch eine bei Voigtstedt in der Nähe von Sangerhausen in letzter Zeit ent-
deckte Fundstätte mit zahlreichen römischen Artefacten scheint hierher zu rechnen
zu 8§in. Vielleicht dürfte sich in Zukunft die Zahl ähnlicher Beobachtungen mehren, da
die Sitte, den Todten in seinem Hause zu bestatten, eine in verschiedenen Ländern der
1) Vielleicht i.st hier der von Hrn. Dr. Wanke 1 in den Mittheilungen der Wiener
Anthropologischen (iesellschaft, Jahrg. 1871), erstattete Bericht „Leber die angeblich trepanir-
ten Cranien des Beinhauses zu Sedlec in Böhmen", in welchem die Biliner Schädel kurz
besprochen sind, gemeint. V.
2) Auch in diesem Burgwall wurden Reste von menschlichen Skeletten gefunden. (Verh.
d, Berl, Anth. ües. 1877, 34.)
(59)
Erde gebräuchliche ist. Lubbock (Vorgeschichtliche Zeit, Jena 1874, I. S. 126 u. ff.)
führt dafür Beispiele von den Indianern am Amazonenflusse, den Neuseeländern,
den Insulanern an der Torres-Strasse, von den Bewohnern von Bornu, Dahomey,
Yoruba und von anderen Völkerschaften an der Goldküste, sowie von den Eskimo's
an. Auch theilt v. Christ in einem Vortrage über Mykenae (Correspondenzblatt
der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft 1879, Nr. 2, S. 11) folgendes mit:
„Nun war aus Zeugnissen alter Schriftsteller bekannt, dass Gründern und Heroen
der Stadt öfters die Ehre des Begräbnisses innerhalb der Mauern auf dem Markt-
platze erwiesen worden war, wie dem Battos in Kyrene und dem Danaos in
Argos und dass sogar die Megarenser auf einen Orakelspruch der Priesterin in
Delphi hin das Rathhaus so angelegt hatten, dass es die Gräber der Heroen der
Stadt in sich unischloss."
Ueber die Bestattungen mit partieller Verbrennung, die sogenannten Theil-
gräber und Schädelgräber, hat Giesebrecht bereits ausführlichere Abhand-
lungen in den Baltischen Studien XII., 2, Seite 127 u. ff., S. 146 und XIII.,
2, S. 28 u. ff. und S. 158 u. ff. publicirt. Ebenso berichtet von Sacken über ähn-
liche Befunde aus dem Gräberfelde von Hallstadt Auch in Gräbern in der Gegend
von Ranis und Thüringen wurden Schädelgräber entdeckt. (Adler, Die Grabhügel
üstrinen und Opferplätze der Heiden, Saalfeld 18.37, S. 9.) Sodann berichtet Hr.
Dr. Much (Künstliche Höhlen in Nieder -Oesterreich, Sep.-Abdr. aus Mitth. der
Anthrop. Gesellsch. in Wien Nr. 1—3, Bd. IX., S. 9) folgendes über eine Stätte,
welche derselbe im Jahre 1876 in der grossen, wallumschlossenen urgeschichtlichen
Ansiedelung von Still fried ') fand. „Hier gerieth ich nehmlich bei meinen Aus-
grabungen auf eine Grube, welche bei einer Länge und Breite, die beiläufig den
unterirdischen Kammern entsprechen, mit ihrer Sohle etwa 3 m unter die Ober-
fläche hinabreichte. An den Wänden zeigten sich ca. 30 cm hohe Lehmbänke, der
übrige Raum war mit schwarzer, von Thongefässscherben durchsetzter Erde aus-
gefüllt; auf dem Grunde der Grube lagen die Schädel von fünf Menschen
und einem Kinde, ohne irgend andere Knochen. Zwei der menschlichen Schädel
waren mit grossen Scherben, welche so wie die des übrigen Raumes, von Freihand-
gefässen herrührten, sorgfältig dachförmig zugedeckt. Die Schädel gehörten Men-
schen verschiedenen Alters an und sind, mit Ausnahme eines einzigen, Langschädel.
So merkwürdig diese F'undstätte auch ist, und so ähnlich sie jenen unterirdischen
Höhlen, die den Gegenstand unserer Untersuchung bilden, zu sein scheint, so bin
ich doch ausser Stande, Belege für volle Identität derselben beizubringen." Eine
sehr sorgfältige Zusammenstellung über das Vorkommen von Schädelgräbern und
Theilgräbern giebt J. H. Müller in seinem Bericht über die Reihengräber zu Ros-
dorf, Hannover 1878.
Auf die Ausübung der Trepanation in urgeschichtlicher Zeit haben vor einigen
Jahren französische Forscher die Aufmerksamkeit gelenkt. Dadurch aufmerksam
geworden, glaubte Hr. Dr. Dudik in Brunn auch eine Zahl der in dem Beinhause
zu Sedletz in Böhmen aufbewahrten Schädel hierher zählen zu können. Hr. Dr.
Wankel in Blansko, eifrig forschendes Mitglied unserer Gesellschaft, unterzog sich der
Mühe, diese Angaben an Ort und Stelle zu prüfen, erklärte sich jedoch gegen diese
Annahme. Bei dieser Gelegenheit dehnte er seine Reise nach Prag aus und fand dort
im Museum die oben erwähnten Schädel von Biliu vor. Er hat jedoch nur bei
1) Die Beschreibung der letzteren findet sich bei Much: Germanische Wohnsitze und
Baudenkmäler in Nieder-Oesterreich. Wien J876. Sep.-Abdr. aus den ,B1. d. Ver. f. Landes-
kunde von NiederGsterreich". IX. Jahrg. 1875.
(60)
zweien die Annahme der Trepanation bestätigt; die übrigen noch vorhandenen
waren ihm wahrscheinlich nicht zugänglich '). Das Ihnen vorgelegte Exemplar habe
ich von Hrn. Kupferschmid Julius Götze in Giebichenstein erworben, welcher an-
gab, dass es bei dem Bau seines Hauses auf der „Russenschauze" („Moskowiter-
schanze") genannten, Localität in einer ähnlichen mit Asche und Kohle gefüllten
Grube, wie jene in der Buschmaun'schen Sandgrube, ohne andere Skelettheile und
sonstige Beigaben gefunden sei. Die Fuudlocalität liegt noch innerhalb des Bereiches
des Gräberfeldes und es ist auch aus der Bestattungsweise zu schliessen, dass dieser
Fund zu den übrigen in nächster Beziehung steht.
üeber die Beigabe von Thierresten, namentlich von Pferdeschädeln und Pferde-
zähnen hat Hr. J. H. Müller (a. a. 0.) ebenfalls ein nicht unbeträchtliches Mate-
rial zusammengestellt. Auch habe ich früher über einige im Königl. Museum auf-
bewahrte Funde von Pferdezähnen aus Gräbern berichtet. (Verh. d. Berl, Anth. Ges.
1878, S. 333). Ferner wurden auf dem Eritzberge bei Ranis Pferdezähne und Vogel-
knochen in Urnen zwischen Asche, am Fusse der Altenburg zwischen Pössneck und
Werneck nicht selten Thierreste, z. B. ein kurzes dickes Ochsenhorn, Pferdezähne
und andere gefunden. (Variscia H,, S. 83 u. ff. und S. 92.) Ebenso berichtet A dler
(a. a. 0. S. 4) über einen in einer Urne gefundenen Pferdezahn aus einem Grabe
auf der Saibische bei Ranis. Hosaeus (Die Alterthümer Anhalts. Dessau 1879.
S. 33) erwähnt ebenfalls, dass in Grabhügeln bei Rathmannsdorf Menschen- und
Pferdeknochen neben zahlreichen Urnen gefunden sind.
Ueber Bernsteinfunde in Gräbern des Binnenlandes fehlt es leider noch an einer
übersichtlichen Zusammenstellung. Es würde dies eine dankenswerthe Aufgabe sein.
So gross die Literatur über den Bernsteinhandel auch ist, so ist doch die Statistik
der Funde ganz vernachlässigt. Bei der Aufstellung eines solchen statistischen
Verzeichnisses wird man selbstverständlich darauf Rücksicht nehmen müssen, ob
der gefundene Bernstein unbearbeitet ist oder bearbeitet. In letzterem Falle wird
man die Art der Bearbeitung zu unterscheiden haben, welche je nach der Zeit eine
sehr verschiedene ist. Die Formen der Steinzeit sind wesentlich andere, als jene in
Gräbern mit Bronzen zusammen gefundenen, ebenso diejenigen aus den Funden
mit Römischen Gegenständen und aus den fränkisch-alemannischen Gräbern-). Wäh-
rend die ßernsteinarbeiten der Römischen und älteren Metallzeit sorgfältig gearbeitet,
zum Theil schön gedreht sind, zeigen diejenigen der Steinzeit und der nachrÖmi-
schen Zeit eine sehr rohe Bearbeitung'*). Der bei Giebichenstein gefundene Bern-
stein ist zum weitaus grössten Theile gänzlich unbearbeitet. Wie die Arbeiter aus-
1) Dr. H. Wankel: Ueber die angeblich trepanirten Cranien des Beinhauses zu Sedlec
in Böhmen. Wien 1879. Sep.-Abdr. aus den Mittb. d. Wiener anthrop. Ges.
2) Bernsteinschmuck und Bernsteinperlen der Steinzeit sind abgebildet bei Nilsso n,
Das Steinalter, 1808, Fig. 175, 194, 195, 197, 198; bei Montelius, Anticjuites Suedoises
1873, Fig. 84 — 88, und Worsaae: Nordiske Oldsager 1859, F'ig. 90—93; aus Gräbern
mit Bronzebeigaben vorrömischer Zeit bei von Sacken: Das Gräberfeld von Hallstatt,
1868, Taf. XVIl., 11-13; Fig. 22 u. 26 u. Fig. 29-31. Ausserdem Taf. V., Fig. 2 und 3
zwei Schwertknöpi'e aus Elfenbein mit Bernsteineinlagen. Bernsteinperlen aus Gräbern mit
römischen Beigaben hat Lisch pnblicirt (Römergräber in Meklenburg 1875, Taf. L, Fig. 14.
3) Uel)er die Gowiniiung des Bernsteins und seine Bedeutung als Handelsartikel vergl.
u. A. W. Runge, Der Bernstein in Ost-Preussen (Samml. v. Virchow und Holzendorf:
III. Serie, Heft 59). Schieiden: Das Salz, 1875; v. Sadowski, Die Handelsstrassen der
Griechen und Römer, 1877, Wiberg : Der Einfluss der klassischen Völker auf den Norden
durch den Handelsverkehr 1867; und die Verband!, d. anthrop. Congresse zu Bologna, Stock-
holm und Budapest.
(61)
sagten, fauden sie ihn mehrfach in solchen Quantitäten beisammen, dass sie ihn pfund-
weise an eine Lackfabrik verkaufen konnten. Die Stücke sind nämlich sehr schlecht
erhalten, (stark „verbninnt") von einer dicken Kruste eiugesclilossen und sehr mürbe,
so dass sie zur Bearbeitung nicht mehr tauglich sind und nur noch zur Herstellung
chemischer Präparate benutzt werden können. Ihre Grösse variirt zwischen Wall-
uuss- und Hühnereigrösse.
Ueberblicken wir nun das gesammte über diese Fundlocalität vorliegende
Material, so weit es bei der Zerstreutheit desselben und in Kürze möglich ist, so
finden wir Folgendes: In der Nähe der jetzigen Stadt Halle existirte schon in der
Zeit vor der Römischen Herrschaft in Deutschland eine Ansiedelung, deren Bevölke-
rung wahrscheinlich einen lebhaften Verkehr mit anderen Volksstämmen unterhielt.
Hierauf deuten die Stein Werkzeuge, viele römische Bronzen, der Charakter einer
grösseren Zahl von Thongefässen und die Menge rohen Bernsteins. Die Funde um-
fassen die Zeit der ersten Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung und die ersten Jahr-
hunderte unserer Aera etwa bis zur Zeit der Völkerwanderung. Wahrscheinlich wurde
durch die slavische Invasion eine bedeutende Veränderung in den Verhältnissen der
früheren Bevölkerung veranlasst und diese Localität von den ehemaligen Bewohnern
aufgegeben. Sicherlich waren die benachbarten Salzquellen die Ursache der Entstehung
der Niederlassung und des Verkehrs. Von welcher Bedeutung das Salz auch schon
in den Lebensverhältnissen der alten Germanen war, ersehen wir aus den Käm-
pfen , welche von ihnen um den Besitz von Salzquellen geführt wurden. So be-
richtet Tacitus (Annal. 13, 57) von solchen zwischen Chatten und Hermunderen
(nach Zeuss um die Quellen von Salzungen) und Ammian. Marcellinus 28, 5,
von einem Kriege aus gleicher Veranlassung zu Kaiser Julians Zeit, welcher
einige Jahrhunderte nach den erstgenannten Kämpfen zwischen Burgundern und
Alemannen, nach Zeuss (Die Deutschen und ihre Nachbarstämme, S. 312) um
den Besitz von Schwäbisch-Hall oder Kissingen, geführt wurde. Auch während der
slavischen Zeit dürfte der Handelsverkehr fortbestanden haben, nur wurde durch
den Wechsel der herrschenden Bevölkerung wahrscheinlich eine Aenderung in
dem Betriebe herbeigeführt. Hierfür spricht, was Kaliua von Jäthcnstein (Böh-
mens Heidnische Opferplätze, Gräber und Alterthümer, Prag 1836, S. 6) sagt:
.... „Ich begründe meine Meinung auf die Thatsache, dass die Böhmen in
den ältesten Zeiten Hall in Sachsen — woher sie ihren Salzbedarf bis zur Ver-
einigung unter dem österreichischen Scepter meistens holten, immer „Dobro-Sul,
gutes Salz" nannten. Wäre dies wohl denkbar, wenn sie im Vaterlande ein ebenso
gutes, das ist achtes Kochsalz gehabt hätten?" Dies wird bestätigt von Schieiden
(Das Salz, seine Geschichte, seine Symbolik und seine Bedeutung im Menschen-
leben, Leipzig 1875, S. 35) , Halle heisst zuweilen in Urkunden Sulcia
Dobresoelensis." Und ununterbrochen bis auf unsere Tage scheinen die Salinen
von Halle von grossem Einfluss auf den Handelsverkehr gewesen zu sein. Victor
Hohn (Das Salz, eine culturhistorische Studie, 1873, S. 3 u. flf.) theilt darüber
folgendes mit: „War eine Soole entdeckt worden und die nicht leichte Kunst er-
funden, diese durch Versieden über Ofenfeuer in feste Salzkrystalle zu verwandeln,
dann wurde eine solche Hallstätte ein Sammelpunkt der Bevölkerung, des Waaren-
und Marktverkehrs, friedlicher Beschäftigung und höherer Culturgewohnheiteu. Wir
führen für das letztere nur zwei Beispiele aus dem früheren Mittelalter au : Reichen-
hall an der baierischen und Halle an der sächsischen Saale Das andere
Beispiel, betreffend Halle in Sachsen, entnehmen wir dem Leben des heiligen Otto,
Bischofs \on Bamberg (Herbordi dialogus de \'\tn Ottouis, bei Pertz SS. XX., 1,
3G und 3, I). Als dieser Ueidenbekehrer in Erfahrung gebracht hatte, dass einige
(62)
der von ihm Getauften im Lande der wilden Pommern in Sclaverei gerathen waren,
Hess er durch einen treuen Verwalter auf der Messe zu Halle edle, reine und kost-
bare Tiicher (nobiles, puros et preciosos paunos), sowohl Barchent und Purpur, als
die Zeuge, die prunati und friscalii genannt wurden, zusammen kaufen und diese
begehrte Waare dann im Pommerlande theils an die Häuptlinge verschenken, theils
als Lösegeld für die gefangenen Christen verwenden, und als der Heilige vier
Jahre nach seiner ersten Missionsreise sich zum zweiten Male anschickte, seine
Glaubenspflanzung in Pommern zu besuchen, es war im Jahr 1127, da belud er in
Halle Lastschiffe mit den nöthigen Lebensmitteln, versorgte sich ebendaselbst, um
nicht mit leeren Händen zu kommen, mit Gold und Silber, Purpur und ßyssus,
kostbaren Zeugen und sonstigen werthvoUen und mannichfachen Geschenken, fuhr
die Elbe hinab und die Havel hinauf, schaffte sein Gepäck dann auf Lastwagen
und kam so durch das Land der Lutizer nach Demmin, wo das eigentliche Pommern
begann. Dass beide Male gerade Halle der grosse Markt ist, auf dem die Schätze
des Abend- und Morgenlandes zu haben sind, verdankte diese Stadt nur ihren
Salzquellen und dem mit diesen verbundenen Zusammenfluss von Menschen und
Capital.''
Wir sehen also, dass Halle damals wahrscheinlich schon Bamberg, eine als
Handelsknotenpunkt schon früh genannte und als Bischofssitz jedenfalls sich durch
höhere Cultur auszeichnende Stadt, als Markt für Luxusgegenstände übertraf, wenn
man nicht etwa annehmen muss, dass Halle wegen directen Verkehrs mit den da-
mals noch slavischen Gegenden Norddeutschlands besonders jene Artikel darbot,
welche bei den slavischen Volksstämmen am meisten beliebt waren.
Es erübrigt nun noch über die Nationalität der an dieser Fundlocalität ehe-
mals Angesiedelten und Bestatteten Einiges zu bemerken. Kefer stein (üeber die
Halloreu, als eine wahrscheinlich keltische Colonie, den Ursprung des Halleschen
Salzwerkes, und dessen technische Sprache, ein Versuch, Halle 1843) sagt (a. a, O.
S. 22). „Schon der Name der Stadt, des Salzwerkes und des dabei fliessenden
Flusses deutet klar auf keltischen Ursprung, abgesehen von anderen keltischen
Spuren. Sind diese Namen wirklich keltisch, so werden es also Kelten gewesen
sein, die etwa vor zwei Jahrtausenden das Hallesche Salzwerk aufgenommen und be-
trieben haben." Er sucht dann im Folgenden darzuthun, zum Theil mit Beihülfe des
ehemaligen Professors H. Leo in Halle (a. a. 0. S. 113): „Die Halleschen Salzarbeiter
(die sogenannten „Halloren'^) seien ein Rest uralter keltischer Bevölkerung des
Landes." Diefenbach dagegen (Vorschule der Völkerkunde und der Bildungs-
geschichte, Frankfurt a/M. 1864) bemerkt (a. a. O. S. 342) „Wir erinnern uns
keines Beispieles einer möglicher Weise aus vordeutscher Zeit herstammenden
Salzbereiterzunft, als der der „ Halloreu " in Halle an der Saale, in welchen man
ohne Zweifel irrig alte Kelten suchte; eher sind sie minder antike Slaven,"
Victor Hehn (a. a. O. S. 54) tritt jedoch wieder für die Annahme keltischen Ein-
flusses ein. Er sagt: „Dies und alles obige drängt uns zu der Annahme, dass der
Name dieses einst Hermundurischen Halle keinen anderen Ursprung hat als der von
Reichenhall und Halle am Kocher in Schwaben. „Die Hermunduren werden hier
das Salzwasser auf brennende Hölzer gegossen haben; dann werden Kelten von der
Donau und den Alpen die Kunst, aus den Quellen Salz in Gestalt von weissen
Krystallen abzuscheiden, hier zuerst eingeführt haben, sei es zwangsweise in harter
Sklavenarbeit, sei es freiwillig gegen reichen Lohn. Salzbereiter, die ihre Sache
verstehen, finden wir in entlegenen Gegenden noch im Mittelalter auf der Wande-
rung. So schleicht sich Hiaruo, der den Fridlevus tödten will, als fremder Salz-
sieder („Saltkarl") in das Haus und unter das Gesinde seines Feindes (Saxo Gramm.
(63)
ed. P. E. Müller, G. p. 264). Dasselbe thut Frithiof in der aach ihm benannten
Sage: er schleicht sich als Salzbrenner an den Hof des Königs Hrings, vergisst
aber den kostbaren Ring von seinem Finger zu nehmen u. s. w. Auch in neueren
Zeiten bezogen Fürsten, die eine ergiebige Salzquelle zu besitzen glaubten, von
Süden her Werkmeister zur Einrichtung eines kunstgerechten Betriebes. Wie der
niederdeutsche Bergbau überhaupt erst eine Folge des oberdeutschen war, so auch
die Salzproduction, die dem eigentlichen Bergbau in vielen Beziehungen nahe ver-
wandt ist." .... „Nun waren die Kelten, wie in allen Dingen, so auch im Bergbau den
Germanen lange vonius, und es hat durchaus nichts Unwahrscheinliches, dass Ar-
beiter ihres Stammes, die herübergewandert, oder auch in Kriegszügen geknechtet
waren, an dem Orte qui vocatur Halla eine Siedewerk eingerichtet und demselben
den Namen gegeben hatten. Mau vergesse nicht, dass eine Zeit war, wo die Hel-
vetier bis an den Thüringer Wald reichten, der von Hermunduren besetzt war, dass
das Königreich Böhmen noch heute den Namen seiner keltischen Bewohner, der
Bojer, trägt, dass in der Hauptstadt des Maroboduus, römische, d. h. keltische,
mehr oder minder romanisirte Händler und Handwerker sich aufhielten, woher z. B.
sich erklärt, dass das Römische Caupo = der Krämer ins Germanische, Slavische,
Litauische überging (gothisch Kaupon , slavisch Kupiti, litauisch Kupczus) u. s. w.
Ganz in gleicher Weise schlössen nach Jahrhunderten deutsche Bergleute die
Mineralschätze Polens und Russlands auf und brachten ebenfalls nicht bloss ihre
Bräuche, sondern auch ihre Namen mit. Im Uebrigen hat die Invasion der Slaven
einem grossen Theil der deutschen Salinen, sowohl Reichenhall, als Lüneburg und
Halle ihre Physiognomie gegeben. Dieser Stamm, der allmälig von Westen her
unterjocht wurde, gab nicht nur leibeigene Feldarbeiter, sondern auch Minen- und
Salzknechte ab, und mancher in den genannten Werken gebrauchte Ausdruck stammt
aus seiner Sprache. Auch das sonderbare „Hallor" für Salzarbeiter in Halle wird
wohl ein entstelltes slavisches Wort sein. Dass es nicht deutsch ist, lehrt die Be-
tonung Hallö'r." Dieser Meinung schliesst sich Seh leiden (a. a. 0. S. 34 u. ff.;
3G u. ff.) an und fügt hinzu: „Aber wir haben ja auf dieser Ausbreitung des kelti-
schen Salzbetriebes noch mehrere Stationen, die die Verbindung zwischen Hallstadt
und Hall im Süden und Halle im Norden herstellen. Dazu gehört vor Allem
Nauheim, wo die Ausgrabungen nicht nur die Anwesenheit der Römer, sondern
auch der Kelten und einen uralten Betrieb der Salzwerke sicher gestellt haben
(Archiv f. Hessische Gesch. u. Alterthumsk. Herausg. v. Dr. Ph. A. F. Walt her,
Bd. X., Heft 3, S. 447 u. ff.; Otto Weiss: Das Soolbad Nauheim. Friedberg und
Nauheim 1871, S. 1 u. ff.) Vielleicht geben aber Ausgrabungen bei den uralten
Salinen von Salzungen und Allendorf a. d. Werra, sowie von Suiza an der Ihn noch
einmal Mittel an die Hand, um auch hier die Vermittelung der Kelten bei der
Salzproduction ganz streng historisch festzustellen. Alle diese Salinenorte, sowie
Frankenhauseu sind uralt; für alle wird auch die Ehre in Anspruch genommen,
der Kampfplatz der Chatten und Hermunduren gewesen zu sein." Auch nach
Kiepert (Lehrbuch der alten Geographie, Berlin 1878, S. 534 u. ff.) würde Gie-
bichenstein nicht allzu entfernt von der Nordgrenze des ehemals keltischen Gebietes
liegen, um nicht eine Betheiligung keltischer Arbeiter bei der Ausbeutung der Salz-
quellen anzunehmen. Derselbe sagt hierüber: „eine wirkliche, durch die natürlichen
Bodeuformeu bedingte, wenn auch keineswegs durch eine continuirende Linie zu
bestimmende Grenzscheide hatte in der That Jahrhunderte lang in der Richtung
von W. nach O. bestanden: sie liegt nur halbwegs zwischen dem Fusse der Alpen
und der Küste, beträchtlich nördlich der Donau. Es ist die zusammenhängende
Zone von damals menschenleeren Waldgebirgen, welche nach Caesars Erkundi-
(64)
gungen in einer Breite von 9, und einer Länge von 60 Tagemärschen vom oberen Rhein
bis an die dakische Grenze sich erstreckte, die mittlere v?estöstliche Gebirgsscheide
des heutigen Deutschlands bis zu den Karpathen, damals; bekannt unter dem kelti-
schen Gesammtnamen Herkynia, „der Höhenzug". Diese Waldzone, welche keines-
wegs mit der Hauptwasserscheide zwischen N. und S. zusammenfällt, da sie, durch
Erz- und Rieseugebirge sich fortsetzend, das obere Eibgebiet abschneidet und dem
Süden zuweist, bildete zu Cäsars Zeit noch die wahre, wegen des Mangels an
Anbau für Culturvölker schwer zu überschreitende Südgrenze der Germanen, denn
längs ihrer Südseite wohnten damals nur keltische Völker; . . . erst in Augustus'
Zeit änderte sich diese Lage, indem grosse germanische Völkerzüge durch den
lierkynischen Wald erobernd nach Süden einbrachen und an die Donau vor-
drangen."
Ich schliesse hiermit meine Skizzirung des Materials aus dieser Fundstätte und
der sich daran knüpfenden Fragen, und behalte ein genaueres Eingehen auf die
letzteren unter Berücksichtigung der Fundgegenstände einer weiteren Mittheilung
vor. Nur soviel möchte ich schon heute constatiren, dass bereits im Anfange unserer
Zeiti-echnung an dieser Stelle, abgesehen von der Frage, ob nicht auch andere, sicher-
lich germanische Völker gewohnt haben. Hierauf weisen die hier gefundenen Thon-
gefässe, welche dem Formenkreise des Lausitzer Typus angehören, ähnlich Fig. 6
und 10. Es ist dies für die dortige Gegend auch nicht eine vereinzelte Erscheinung,
da unser Mitglied, Hr. Prof. Liebe in Gera, das Vorkommen ähnlicher Gefässe,
sogar noch südlicher, in den Grabhügeln auf der Kosse bei Gera (Verhandl. der
Berl. Anthrop. Gesellsch., Jahrg. 1877, S. 122 u. if. und Taf X., Fig. 7 und 12)
gefunden hat. —
Hr. Virchow bemerkt zu den vorgelegten Schädeln: Obwohl von den drei
Schädeln zwei jugendliche, fast kindliche und stark verletzt sind, auch wahrscheinlich
weiblichen Individuen angehört haben, so lässt sich doch nicht verkennen, dass sie
demselben Typus angehören, welcher in dem sehr gut erhaltenen und ungemein
kräftigen männlichen Schädel hervortritt. Leider hat nur der eine, der Kinder-
schädel ([[. 10 155) einen Unterkiefer. Es sind ausgemachte Dolichocephale u
mit ungemein verlängertem Hinterhaupt und trotzdem ziemlich hohem Scheitel und
mit etwas niedrigem, breitem Gesicht. Unter ihnen erregt der männliche Schädel
(II. 10155a) besonderes Interesse wegen einer, wahrscheinlich von Trepana-
tion herrührenden, vernarbten Lücke des rechten Parietale.
Im Einzelnen habe ich Folgendes hervorzuheben:
1) Der männliche Schädel (bezeichnet Moskowiterschanze. IL 10 155a) ist sehr
gross und kräftig, von starkem Knochenbau und überall von dichter, glatter, weisser
Oberfläche. Alle Muskel- und Sehnenansätze sind stark entwickelt. In der Seiten-
ansicht bemerkt man eine sehr lange Scheltelcurve mit langem und breitem Hinter-
haupt, der Nasenwulst und die Protuberantia occipitalis stark entwickelt, die
Schläfeulinien sehr kräftig und breit. In der Oberansicht erscheint das Dach vor-
wiegend lang, jedoch zugleich breit. Das Gesicht niedrig und breit, die Orbitae
gleichfalls niedrig, die Nase stark vorspringend und sehr schmal, ausgemacht
leptorrhin, die Wurzel etwas tief, der Rücken, obwohl erhaben, doch etwas
abgeflacht, der Alveolarfortsatz ebenfalls niedrig, jedoch leicht vortretend, der
Gaumen kurz und breit.
Das Trepanationsloch liegt ganz in der unteren Partie des rechten Parietale
am Planum temporale, dicht unter und ein wenig nach vorn von dem Tuber, bis
nahe an die Schuppennalit. Es ist längsoval, 23 7im hoch, 15 breit, von ziemlich
(fi5)
regelmässiger Gestalt, nur am untern Umfange etwas ausgebuchtet und mit einem
kleinen, zackigen Vorsprunge versehen. Der Rand ist überall zugeschärft, so dass
das Loch selbst von der inneren Tafel begrenzt wird, jedoch ist durch reichliche
Knochenneubildung überall die Diploe gefüllt und die Oberfläche nicht nur compakt,
sondern geradezu sklerotisch geworden. Die nächste Umgebung, namentlich unten,
ist hyperostotisch, in der Art, dass ein breiter erhöhter Rand rings um das Loch
herumläuft. Irgend eine anderweitige Verletzung ist nicht zu sehen. Der Ein-
druck entspricht daher ganz dem, was man bei einer geheilten Trepanationswunde
zu sehen gewohnt ist.
2) Der Kinderschädel II. 10155 ist mehrfach verletzt, hat sich aber erträglich
zusammenfügen lassen. Die Weisheitszähne sind noch nicht ausgebrochen, die
Syuchondrosis spheno-occipitalis ist noch offen. Die Form ist weiblich, mit niedriger,
aber gerader Stirn und schnell zurückweichender Scheitelcurve. Der Schädel ist sehr
lang, mit weit ausspriugendem Hinterhaupt, an welchem die Oberschuppe fast
kegelförmig gestaltet ist. Trotzdem erscheint er in der hinteren Tarietalgegend
breit, auch treten die Höcker stark vor. Rechts ein grosses trennendes Os fonti-
culare temporale. Das Gesicht mehr breit. Orbitae verhältuissmässig gross,
aber vorwiegend in der Breite. Nase an der Wurzel etwas flach, wenig vorsprin-
Vorliiiiidl. der Berl. Aiurophul. Gesellschaft K^TD. 5
(66)
geud, mit breiterer Oeffuuug, daher mesorrhin. Die Oberkiefergegeud etwas
breit, der Alveolarfortsatz etwas vortretend, die Curve der (fehlenden) Schneidezähne
gross und dem entsprechend der Gaumen sehr kurz, breit, fast hufeisenförmig.
Das Kinn vortretend.
3) Der zweite Kinderschädel (II. 10155''), ohne Gesicht, mit abgesprengtem
Vorderkopf und zerbrochener Basis, hat sich nur schwer wieder zusammenfügen
lassen und erscheint wegen erheblicher posthumer Verdrückung sehr schief und
verschoben. Die Maasse sind daher unsicher. Auch seine Form ist mehr weiblich
und die Stirn niedrig, die lange und schmale Scheitelcurve schnell zurückweichend,
die Höcker stark. Die Hinterhauptsschuppe hat dieselbe, weit vorspringende Ge-
stalt, wie bei Nr. 2. Auch hier ist die Synch. spheno-occipitalis offen. An beiden
Ohrgegenden ausgedehnte grüne Färbungen, links etwas ausgedehnter, so dass
fast die ganze Schläfenschuppe daran betheiligt ist.
Die Hauptzahlen sind folgende:
II.
10 155 a.
Grösste Länge . . . . . . ,
, lireite
„ Höhe
ührhöhe
Horizontale Iliuterhaiiptsläiige .
Horizoiitaliiintaiig
Vertikaler Qiierumfang . . .
Sagittalinnfaug des Stirubeii;s .
Länge der l^reilnaht ....
Sagittalumfang des Hinterhaupts
Ganzer Sagittalbogen ....
Unterer Frontaidiirchniesser .
Temporaler Durchmesser.
Parietaler „
Occipitaler
Mastoidealer
(Tubera)
(Basis)
(Spitze)
Auricularer „
Jugaler ,
Entfernung des Ohrloches von der Nasenwurzel . .
„ „ , „ dem Nasenstacliel . .
, , „ ,. , Alveolarraud . .
n y, r, « , Kinn
„ , For. magnum von der Nasenwurzel .
„ , , , , dem Nasenstachel
n n r. -n n v Alveoiarraud
7, V „ V r, ., Kinn . . .
Gesichtshöhe
Obergesichtshöhe (Nasenwurzel-Oberkieferraiid^ . . .
Gesiclitsl)reile (Sut. zyg. niaxill.)
Orbita, Höhe . . . "
„ Breite
Nase, Höhe
„ Breite
Mediane Höhe des Alveolarforfsatzes
ini'raorliitaldurchmesser
Maxillurdurchniesser
195
14Ö
142
120
61,5
5:38
327
140
135
125
400
101,5
115
125
112,5
129
117,5
137
107
108
111,5
105
93
92
6ß
96
33
38
49
22»5
20,5
52
63,5
177,5
132
126
110
56
485
296
128
110
116
354
91
105,5
127
106
109
93
87,5
HO
90
86,6
93
103,5
88
81
82,5
86,5
90
52,5
82
30,5
35
39
21,5
14,5
42,5
50
178
123
125
109
57
470
283
114
108
118
340
87
95
110
99,5
101
88
85,5
90
92
(r;7)
I)ar;nis hcrcfhiicii sich fiil<'«Mi(1<'
Ilauptindices.
j 10 155 a.
11.
10 155.
11.
10 155 b.
Lullte 11 breit eiiiiuiex
.... 74,3
74,3
70,9
95,4
62,1
64,0
87,1
55,1
69,1?
70,2
Läiigeiihiihciiiiulcx .
. . 72,8
lireitoiih("}liciiiiidex .
Ohrhiiiieiiiiulex
.... 97,9
..... 62,5
100,8?
61,2
OlteifTesichtsiiuiex .
()rl)italiii(lex .
... 68,7
.... 86,8
Naseiüudcx
.... 45,9
_
1
(12) Eingegangene Schriften:
1) Alterthümer von Prenzlau und Umgegend. Geschenk des Hrn. Friedel.
2) Geographische Nachrichten für Welthandel und Volkswirthschaft. Heft 1.
schenk des Hrn. Woldt.
3) Arbeiten der Moskauer Archäologischen Gesellschaft. Bd. VII., Heft o. 4.
Ge-
Sitzung vom 15. Februar 1879.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Der Ausschuss hat sich constituirt und Hru. Koner zum Obmann ge-
wählt.
Als neue Mitglieder sind augemeldet:
Dr. med. Menger in Berlin,
Dr. Scherk in Berlin,
Prof. Dr. Breslauer in Berlin,
Stabsarzt Dr. Krocker in Berlin,
Stabsarzt Dr. Zwicke in Berlin.
(2) Der Vorsitzende legt eine verspätet eingegangene Einladung zu der am
2. Februar stattgehabten General -Versammlung der Association Lyonnaise des
Amis des Sciences Naturelles und zu der damit verbundenen Rröffnung einer
neuen Gallerie für Anthropologie und Ethnographie im Museum vor. Dieselbe ist
unterzeichnet von den Hrn. Lortet, Teissier und E. Chantre (Secretär).
(3) Hr. Hayden übersendet eine Liste der käuflichen Modelle und Abgüsse
von archäologischen Gegenständen, welche Seitens der ü, S. Geological Survey of
the Territories ausgeführt sind, namentlich aus den Ruinenstädten von Arizona.
(4) Hr. Oelsner (Amsterdam) schickt als Geschenk eine Sammlung
Pompejanischer Bronzen.
Der Vorsitzende spricht den Dank der Gesellschaft aus und macht namentlich
auf die zahlreich vertretenen, wenn gleich meist defekten Fibulae aufmerksam.
(5) Hr. Behia (Luckau) übersendet mit folgendem Briefe:
bearbeitete Steine aus dem Torfmoore von Freesdorf.
Ich übersende einen eigenthümlich bearbeiteten Stein — wohl einen Wirtel — ,
welcher im Torfmoor nahe dem Freesdorfer Borchelt, circa 2 Fuss tief beim Torf-
machen gefunden wurde. Ich mache auf die parallelen Rundstreifen in dem durch-
bohrten Theil der Kugel aufmerksam, welche sich besonders bei Tageslicht gut
erkennen lassen. — Die beiden anderen beigelegten Steine, die wohl auch in Ge-
brauch gewesen sind, rühren ebenfalls aus diesem Torfmoor her. —
Hr. Vir eil ow bezweifelt, ob die durchbohrte Steinkugel ein höheres Alter
besitze. Wenigstens seien ihm niemals ähnliche vorgekommen. Die ganze Technik
scheine auf spätere Bearbeitung hinzudeuten.
Hr. Weiss bemerkt dazu, dass im Mittelalter derartige Kugeln vorkommen,
die in einem Riemen befestigt waren und zum Schlagen dienten.
(6) Hr. Jentscli überscliickt folgenden Brief, d. d, Guben, (J. Februar, betreffend
den Namen Freesdorf und lausitzer Alterthümer.
Den Zusammenhang des Namens Freesdorf mit bräsa Birke anlangend, habe
ich unlängst noch ein simile, allerdings e contrario, gefunden: der offenbar ursprüng-
lich deutsche Name Friedland (wie mir Hr. Director Wagler sagt = Asyl, insofern
in den Orten dieses Namens den anderwärts nicht ansässigen Juden der Erwerb
von Grundbesitz gestattet gewesen sei) heisst nach Hauptmanns wendischer
Grammatik Lübben 1761. S. 70 und 408: Briland und Briwand. Es tritt bei der
Wenilisirung des Namens gleichsam die Rückwirkung der germanisirenden Um-
formung von b in f ein.
Bezüglich der S. 297 der vorjährigen Verliaudlungen unter IV., Nr. 17, er-
wähnten Urnen kann ich die ganz zuverlässige, von dem langjährigen Verwalter
der Luckauer Gymnasialbibliothek, dem verstorbenen Professor Vetter mitgetheilte
Nachricht geben, dass die Mehrzahl aus Klein-Melisso bei Calau, I kleine aus Nex-
dorf bei Dobrilugk stammt.
Der ebenda unter lil. 6 aufgefülirte Eisenschmuck ist inzwischen in den Besitz
des Märkischen Museums übergegangen, dem er von Hrn. v. L arisch durch einen
von Hrn. Stadtrath Fr i edel mir einmal zur Einsicht gesandten Brief geschenkt
war; bei einer Anwesenheit in Luckau war ich durch die Direction des Märkischen
Museums veranlasst worden, bei der Uebermittelung mitzuwirken. (In den lausitzi-
schen und anderen Localblättern, der Saxonia u. s. w. wurden die Gegenstände
als „slavischer Opferpriesterschmuck" bezeichnet).
Die in den Berliner Anthropol. Verhandlungen 1877, S. 297 g. E., erwähnte
Fibula von Schlagsdorf besteht, wie inzwischen durch eine genaue Untersuchung
nachgewiesen ist, aus Eisen.
Schliesslich nehme ich mir die Freiheit, das eine, von einem Gymnasiasten
mir übergebene Glied einer s. Z. olfgliedrigen Kette beizufügen, die beim Ragolen
eines Ackers nördlich von Lieberose (Station der Cottbus-Frankfurter Eisenbahn)
1 '/^, Fuss tief in der Erde gefunden worden ist; ich halje Bedenken getragen, das
Stück einzusenden, da es doch woid modernen Ursprungs ist. Sämmtliche 11 Glie-
der haben genau dasselbe Gepräge. —
Hr. Weiss bestätigt, dass das Kettenglied modern sei.
(7) Hr. Virchow zeigt die in der Sitzung vom 11. Januar (Verh. S. 12) er-
wähnten
kleinen Thierknochen aus der Balver Höhle.
Ein Bericht des Hrn. Nehriug (Wolffenbüttel) darüber lautet folgendermaassen:
„Anbei sende ich Ihnen die kleinen Fossilreste aus der Balver Höhle zurück,
welche Sie mir freundlichst anvertraut haben. Das Resultat ist interessanter, als
es anfangs schien; bei sorgfältiger Reinigung stellte es sich heraus, dass die beiden
kleinen F(Mnora. w<>1c1k' auf ilon ersten Blick und, so lange die Gelenktheile unge-
(70)
reinigt waren, an Foetorius vulgaris, das kleine Wiesel, erinnerten, von Lagomys
pusilius, dem kleinen Pfeifhasen, herrühren, ebenso die untere Hälfte einer Tibia,
welche im ungereinigten Zustande an Ar\icola oder Mus erinnerte, üebrigens
könnte möglicherweise auch Lagomys hyperboraeus in Frage kommen, jedenfalls
handelt es sich um eine kleine Pfeif hasenart. Und das ist schon interessant genug!
Die Bestimmung war mir nur vermittelst meines fossilen Vergleichsmaterials mög-
lich, und es bedarf der subtilsten Vergleichungen, um die Kriterien der Bestimmung
herauszufinden, was nur an macerirten Skeletten möglich ist. Leider sind unsere
meisten Museen mit solchen macerirten Skeletten noch sehr ungenügend versehen.
Und doch kann man ohne dieselben bei der Bestimmung fossiler Knochen so gut
wie nichts ausrichten; an zusammenhängenden Skeletten ist das Wichtigste meistens
nicht zu sehen. Wie viele unrichtige Bestimmungen fossiler Thierreste laufen in
der Wissenschaft um, welche vermieden sein würden, wenn man mit macerirten
Skeletten hätte vergleichen können!
„Die Schneehuhnreste stimmen fast ganz mit den entsprechenden Skelettheilen
eines macerirten Schneehuhns meiner Sammlung üherein. Die Gattung ist sicher;
ob es aber Lagopus alpinus oder albus ist, wage ich noch nicht zu sagen. Ich
halte letzteres für wahrscheinlicher.
„Es wäre wichtig, wenn Sie mir mittheilten, in welcher Schicht der Balver
Höhle die betreffenden Reste gefunden sind".
Hr. Virchow bemerkt, dass er diese Knochen ziemlich oberflächlich, in einer
mit Holzkohlen gemischten Schicht, gefunden habe (Zeitschr. für Ethuol. 1870,
Bd. n., S. 361), dass indess ein Zusammenhang derselben mit der von ihm nach-
gewiesenen Renthierschicht wohl möglich sei.
(8) Hr. Virchow zeigt einige ihm von Professor Kupffer in Königsberg
übersendete
Abgüsse von Gaumen ostpreussischer Schädel.
Der Brief des Hrn. Kupffer vom 31. Januar lautet folgendermaassen:
„Beifolgend übersende ich Ihnen für Ihre Sammlung zwölf Abgüsse von Gaumen
heutiger Bewohner Ost-Preussens, die meiner Meinung nach ein ethnologisches
Interesse bieten. Zur P>rläuterung diene Folgendes:
„Bei der Messung der Schädel hiesiger Samndungen für den von der deutschen
anthropologischen Gesellschaft zu edirenden Schädel-Katalog wurde ich auf einen
sehr häufig vorkommenden convexen Wulst an der Unterseite des harten Gaumens
aufmerksam, der mir früher, in Kiel namentlich, nicht aufgestossen war. Der mitt-
lere Theil des Gaumens war wulst- oder plattenartig verdickt, häufig sehr regel-
mässig symmetrisch, seltener leichte Asymmetrie zeigend. In den Fällen besonderer
Regelmässigkeit der Bildung erscheint dieser Torus palatinus als eine dreieckige,
convex gegen die Mundhöhle vorragende Platte, die vorn, hinter dem Foramen
incisivum, breit und flach beginnt, nach hinten sich verschmälert und verdickt und
im Bereiche der Partes horizontales der Gaumenbeine in ein kielartig sich erheben-
des lünde ausläuft. Nie erreicht dieses Ende die Spina nasalis poster. Entsprechend
dem Verlauf der Sutura palatina longitudinalis zeigt sich bisweilen eine mediane
Rinne an dem Torus.
„Die Schädel der Sammlung des anatomischen Instituts, der Hauptzahl nach von
den unteren Bevillkerungsschichteri Königsb(!rgs und der Provinz stammend, zeigen
den Torus palatinus in 25 — 3U p("t. der Gesammtzuhl gut ausgebildet, andeutungs-
wfisp öfter. Aolinlicli verhalten sich alt-litthauisclie Schädel aus dem Kirchhof
von Noinmersdorf (Gumbinnen). Mein Schüler, F. Haj^en, gegenwärtig als stud.
medic. in Berlin seiner militärischen Dienstpflicht genügend, hat eine specielle
Bearl)eitung dieser Schädel beendet und ich will seiner Publikation nicht durch
Mittheilung weiterer Details vorgreifen.
„Hr. Dr. Lissauer, dem wir den Torus palatinns an hiesigen Schädeln zeig-
ten, hat darauf die Bildung auch an den (jräberschudeln von Kaldus (Crauia prns-
sica, zweite Al.h;iii(lhiii}2;) in starker Entwicklung angetroffen.
„Dasselbe ist der l''all an Schädeln, die neuerdings hier in der Stadt an der
Stelle des alten Kirchhofes einer ehemaligen litthanischen Kirche ausgegraben
werden.
„Jetzt nun habe ich von Zahnärzten weitere Aufschlüsse über den Torus pala-
tiuus erhalten.
„Ein Zahnarzt aus Wihia theilt mir mit, er sehe den Wulst sehr oft, nament-
lich bei Littiiauern aus dem Gouvernement Kowno (Schamaiten), wo der litthaui-
sche Stamm noch am reinsten erhalten ist. — Aus der Sammlung von Gaumen-
abdrücken eines hiesigen Zahnarztes stammen die 12 Abgüsse, die Sie erhalten.
Es finden sich unter 30U0 Abdrücken 15 mit deutlichem Torus palatinus, also ver-
gleichsweise in geringer Zahl, was sich mit der Annahme, dass dieser Gaumen-
wulst einen speciüsch litthau isch-altpreussischen Character abgiebt, ganz wohl ver-
einen lässt, denn die Gaumenabdrücke sind Personen der wohlhabenden Stände
entnommen, während sie der Hauptzahl nach nicht autochthoner Herkunft sind.
„An Ihrem reichen Schädelmaterial werden Sie Gelegenheit haben, die Begrün-
dung der Annahme zu prüfen, es liege in dieser Formation ein Kennzeichen
Preussisch-litthauischer Schädel vor."
Hr. Stud. Fritz Bessel Hagen legt entsprechende Photographien, sowie den
Querschnitt eines Schädels mit Gaumenwulst vor, und bemerkt Folgendes.
„Nur sehr vereinzelt sind Cranien in der Literatur verzeichnet, die eine wahr-
scheinlich unserem „med ian en Gau m en wulst" analoge Bildung aufzuweisen
haben. Boyer erwähnt den Wulst bei einem männlichen Schädel aus dem Departe-
ment Puy-de-D6me, desgleichen Verneau bei zwei Schädeln, die ihn in derselben
F'orm besitzen sollen, wie der bekannte Höhlenschädel von Cro Magnon. Nach
Luschka hat Chassaignac den Wulst unter dem Namen exostose medio-palatine
beschrieben.
„Von uns darauf aufmerksam gemacht, fand ihn schliesslich auch Dr. Lissauer
in Danzig häutig und in ausgeprägter Weise bei den Schädeln von Kaldus (West-
Preussen) und fügt er seinen Angaben noch die wichtige Bemerkung bei, dass er
auch in der Weisbach'schen Sammlung dieselbe Eigenthümlichkeit öfter zu Ge-
sicht bekommen habe. Demnach werden erst genauere Untersuchungen ergeben
können, inwieweit mau berechtigt ist, die exostose medio-palatine zu einem Stammes-
charakter zu machen.
^Da ich erst gestern von dieser heutigen Sitzung Kenntniss erhielt, so ist es mir
leider nicht möglich, genauere Angaben über die Frequenz zu machen, und kaun
ich nur sagen, dass der Torus palatinus bei reichlich der Hälfte aller Preusseu-
schädel zu finden ist, freilich nicht immer in der gleichen Form und Stärke. Bis-
weilen beginnt er erst hinter dem foramen incisivum, erscheint au der Kreuzungs-
stelle der suturae palatiuae am stärksten aufgetrieben und endet dann plötzlich in
die meist schwach verdickte spina uasalis posterior übergehend; bisweilen aber
nimmt er von vorn nach hinten allmählich an Breite und Höhe ab und stellt hin
(T2)
und wieder auch eine mehr dachförmige Erhebung mit scharfem Kamm dar. Ist
nur eine Andeutung des Wulstes vorhanden, so liegt sie meist im hinteren Drittel
des Gaumens und läuft dabei dorsalwärts in eine niedrige Crista aus. Die den
Choanen zut^ekehrte Fläche der knöchernen Gaumenplatte wird übrigens in keiner
Weise durch den Wulst beeinflusst, da derselbe, wie es sehr schön an Querschnitten
zu sehen ist, nichts anderes als eine Auftreibung der unteren Knochentafel bei
starker Vermehrung der Diploe ist.
Interessant und möglicher Weise von Wichtigkeit ist es, dass wir es hier nicht
mit einer extrauterinen, sondern bereits aus der embryonalen Periode herdatirenden
Bildung zu thun haben. Schon im vierten und fünften Mouat tritt sie als eine
cristenartige oder dachförmige Erhebung der ganzen Medianlinie auf, verstärkt sich
dann allraählig und nimmt schliesslich nach der Geburt die vorhin charakterisirten
Formen an. Im Alter aber verliert sich mit dem Schwinden der Diploe auch
wiederum der Gaumenwulst bei der allgemeinen Resorption der Schädelknochen,
doch lassen sich die Spuren des früheren Merkmals auch dann noch in den meisten
Fällen nachweisen.
Zum Schluss möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass ich die be-
sprochene Abnormität unter den Thieren bei Pavianen, besonders schön bei Cyno-
cephalus Babuin, hin und wieder auch bei einigen Inuus-Arten, niemals aber bei
anthropoiden Affen gefunden habe."
(9) Dr. Walter Hoffmann in Washington kündigt eine Reihe von Schriften
an, die er an die Gesellschaft abgesendet habe. Zugleich überschickt er eine Notiz
aus dem American Naturalist, January 1879, über
eigenthümliche Gebräuche der Eingeborenen Americas.
Er behandelt darin namentlich die Sitte, Ehebrecherinnen die Nase abzuschnei-
den, worüber er schon früher (Am. Naturalist XII., 1878, pag. 5G0) geschriebeu
habe. Die Creeks schnitten das Haar und die Ohren, die Comanches und die
Mexicaner in Itztepec die Ohren und die Nase ab. Auch in Mittelamerica bestand
derselbe Gebrauch, wie denn auch die alten Aegypter die Nase abschnitten.
(10) Der Hr. Cultusminister hat dem Vorsitzenden verschiedene Berichte über
antiquarische Untersuchungen in den Provinzen zur Kenutnissnahme vorlegen lassen.
Der letztere macht daraus folgende Mittheilungen:
A. Der Bericht der Alterthumsgesellschaft Prussia,
welche
die Untersuchung der Wallberge des Bartner Landes und seiner Grenzgebiete
betrifft, constatirt, dass sich dort eine Reihe von zeitlich sehr verschiedenen An-
lagen vorfinden :
1) Vermeintliche Wallberge, welche aus historischer Zeit stammen. Dahin
wird eine Befestigung eines ehemaligen Gutshofes in Dönhofstädt (Kr. Rastenburg),
der Schlossberg in Posegnick (Kr. Gerdauen), die Schwedenschanze im sog. Bären-
winkel bei Bartenstein (vielleicht erst 100 Jahre alt), der inzwischen verschwun-
dene Schlossberg bei Frankenau (Kr. Heilsberg).
2) Schlossberge, Längswälle und Hügel der Ordenszeit, und zwar
a. durch Pallisaden geschützte Schanzen: der Nordenberger Schlossberg (Kreis
Gerdauen), die Gr. Sobroster Schanze (Kreis Gerdaueu, ein Brückenkopf an der
Wangappe), der Bartensteiner Schlossberg.
(78)
b. hinter Verhauen liegende Längswälle: ein dreifacher Längswall im Walde
hinter Gr. Sobrost, ein I km langer Längswall, gleichfalls in diesem Walde, ein
desgleichen in der Marschallshaide bei Bajohrenthal (Kr. Gerdauen), zwei im rechten
Winkel sich treffende Längswälle bei Drengfurtshof (Kr. Rastenburg), Spuren einer
ähnlichen Verschanzung bei Kramarka unfern Bischofsberg (Kr. Rössel), ein 2,5 km
langer Längswall bei Bischofsberg.
c. Erdkegel zur Errichtung eines gesicherten Wohnhauses eines deutschen
Colonisten unter eingebornen Preussen, der Wallberg bei Laggarben (laide-garbis -
Lehml)erg), der Flöhl)erg bei Kiwitten (Kr. Heilsberg, 1.3)1 als castellum, propugna-
culum s. firmitas erriclitet), der Kannen berg bei Kobeln (Kr. Heilsberg), der Woll-
berg bei ßischofstein (Kr. Rössel), die Schanze am Sonntag-See bei Sonnberg (Kr.
Sensburg).
3) Heidnische Zu fl u ch tsörter vor oder zur Zeit der Unterwerfung
unter den Orden: der Grodzisko bei Engelstein (Kr. Angerburg); Cernirungs-
schanzen der Preussen zur Umschliessung der Ordensburg Bartenstein (Kr. Fried-
land. P. D US bürg c 119—121) und zwar bei Werwitten, Ardappen (Kr. Pr.
Eylau) und Kopkis; ferner eine Reihe von Orten mit der Endigung hagen.
4) Gräberfunde:
a. Skeletgräber. Ausser zwei Eiuzelgräbern bei Liekein (Kr. friedland) und
Skatnik (Kr. Rasteuburg) ein grosses Leichenfeld bei Gerdauen.
b. ürnenfriedhöfe des älteren und jüngeren Eisenalters.
In einem Vortrage des Dr. Bujack werden Gräber aus vier verschiedenen
Zeiträumen unterschieden: als älteste Form Ganggräber, aus Steinen zusammen-
gesetzt, wie bei Dobeln (Kr. Angerburg); dann kommen Gräber der römischen
Kaiserzeit mit iMünzen und Bronzen, dann Gräber der älteren Eisenzeit und end-
lich Gemeindekirchhöfe aus der Ordenszeit, jedoch noch immer mit Beigaben älterer
Form (spiralförmige Halsringe aus Bronze), z. B. auf der Feldmark des Schlosses
Gerdauen.
B. unter dem 20. Mai v. J. berichtete der Königl. Feldmesser Hr. Hegner
an das Handelsministerium über
anscheinende Pfahlbauten in dem Bartsch- (Baritsch-) Bruche.
Es ist diess ein 'U—\ iMeile breites Torfmoor, welches durch die Kreise Schild-
berg, Adelnau, Krotoschin, Kröben, Militsch-Trachenberg fortzieht und wahrschein-
lich früher einen grossen See bildete, von dem noch zahlreiche Teiche in der Graf-
schaft Przygodzice, dem Fürstenthum Krotoschin. der Herrschaft Miliisch und dem
Fürstenthum Trachenberg zurückgeblieben sind. Nach den Aussagen der Leute wären
dort seit Jahren zahlreiche Pfähle aus dem Moore ausgezogen. Hr. Hegner sah
zwei davon: es waren schwache eichene Pfähle, gespalten und behauen, am Kopf-
ende eingefalzt.
In Folge einer Aufforderung der Posener Regierung stellte derselbe Herr später
eine genauere Untersuchung an, worüber er unter dem 3L December pr. weiter
berichtet. Die Hauptstelle, von welcher die Pfähle stammen, ist bei dem Dorfe
Garki, östlich von Adelnau. Einzelne der Pfähle zeigten ein zugespitztes unteres
Ende und waren vierkantig und so glatt, als wären sie gehobelt. Auch sollte ein,
aus einem ganzen Stamm ausgearbeiteter Trog gefunden sein'). Anderweitige
1) Ein „Rad" aus Kiefernrinde, 25 cm im Durchmesser und in der Mitte mit einem
Loche, durch welches mau mit einem Finder greifen kann, ist heim Torfstechen auf einer
moorigen Wiese, 2 Fuss tief unter der Obertiäche des Torfes, von dem Gutsbesitzer Schu-
bert in Slarienthal bei Schildberg gefunden worden.
(74)
Fiindstücke sind bis dahin nicht gemacht worden, und da auch über die Stellung
und Anordnung der Pfähle in dem .Moor nichts Genaueres ermittelt ist, so muss
allerdings das ürtheil vorläufig suspendirt werden.
Bei dieser Gelegenheit erfuhr Hr. Hegner durch den Hrn. Vicar Berkowski
aus Adelnau, dass vor einigen Jahren bei Nabyszyce (NNW. vou Adelnau, etwa
2 km von Garki) eine, auf einer sehr nassen Wiese gelegene Seh wed e n schanze
abgetragen sei, wobei sich viel Holzkohle, Topfscherben, ein Kochheerd und ein
Estrich aus Lehm, sowie eiserne Gegenstände und endlich ein Prager silberner
Groschen aus der Zeit König Weuceslaus H. fanden. Unter den eisernen Gegen-
ständen werden ein Schwert, Lanzenspitzen, Steigbügel, Sporen, das Mundstück
einer Pferdetrense, eine Kette mit Handfesseln erwähnt. Ein Theil der Fundstücke
soll au die Gesellschaft der Freunde der Wissenschaft zu Posen gelangt sein.
Aehnliche Hügel sollen auf den Bartsch -Wiesen bei Raczyce gegen üciechovo
(W. von Adelnau) und bei Gross Topole (2) sich befinden. Auch sollen auf der
Gemarkung Swieca gegen Krzyzno (SO vou Adelnau) Urnen und Scherben aus-
geackert sein ').
Zahlreiche Pfähle sollen ferner aus einer Wiese auf der Pusskowie Harych,
östlich von Adelnau im Baritsch-Bruch, ausgezogen sein.
Endlich wird des Fundes eines nicht geschliffeneu Meisseis (genauer Beils)
aus braunem Feuerstein auf dem Adelnauer Territorium der Vorstadt Gorka gedacht. —
Hr. Heguer giebt dann noch eine genauere Beschreibung der Stadt Adel nau,
welche auf einer künstlichen Anhöhe mitten im ßaritsch- Bruche gelegen ist, wäh-
rend zwei dazu gehörige Stadttheile davon ganz getrennt und ^4 — ^'2 ^'^ davon
entfernt sind. Es sind diess die ältere Vorstadt Gorka, an der Lehne eines Höhen-
zuges im Baritsch-Thal gegen Ostrowo zu, und die spätere Schlossvorstadt, ausser-
halb des Bruches und hinter dem Bartsch-Flusse und dem Kuroch-Graben, auf der
Höhe nach Sulmierzyce zu. Das jetzige Magistratsbureau soll auf der Stelle stehen,
wo früher das Schloss des Piaubritters Bartosz lag; es ist diess ein etwas erhöhter
Platz an dem Baritsch-Fluss und hart an der Strasse, die über das Baritsch-Bruch
durch die Dörfer Bornikow, Garki und Bugdaj nach Schlesien fülirt. Die Fuhrt
über deii Fluss habe sich einige hundert Schritt von dem Schlosse bei dem letzten
Hause befunden, welches auf der rechten Seite der Chaussee, die nach Sulmierzyce
führt, liegt; hier sei man vor 2 Jahren beim Neubau auf bedeutende, regelmässig
gestellte, eingerammte Pfähle vou Eichenholz, sowie auf einen langen, querüber
liegenden Balken, auf ein menschliches Gerippe, ein Pferdeskelet, eine silberne
Münze des Vespasian (im Besitze des Hrn. Wrzesinski in Adelnau) und
einen scheinbar vergoldeten Knopf gestossen. Früher sei in Adelnau auch ein
römischer Bronzeschmuck gefunden. Hr. Hegner vermuthet daher, dass hier eine
Handelsstrasse, etwa von Dyhrenfurth und Massel aus Schlesien, gen Norden ge-
führt habe. Er beruft sich darauf, dass rings um die Stadt so nasse Wiesen liegen,
dass sie nur im Sommer und bei starkem Frost betreten werden könnten.
Wahrscheinlich habe früher in Adelnau (Odalanow) nur der Schlossherr ge-
wohnt, während die Ansiedelung der Bewohner '/.j km davon in der Vorstadt
Gorka stattfand, wo auch die Pfarrkirche, der Sitz des Pfarrers und der Begräbuiss-
platz liegen.
Hr. Hegner l)ericlitigt endlii^ii einen Irrthum des Hrn. v. Sadowski (Handels-
strassen der Griechen und liömer S. 17 — LS), wonach in joner alten Zeit der ein-
1) Zahlreiche Topfschcrtjcn findet der Gutsbesitzer Leder auf einem Hohonzugo bei dein
Vorwerk VVanda bei Antoiiin (Kv. Scliildl)erg).
(75)
zige Uebergang über den Bartsch-Fluss bei Herrnstadt gewesen sei, und man
Kempen, Adelnau und Ostrowo, sowie die Bartsch-(^)uellen umgangen habe. Er ist
vielmolir der Ansicht, dass gerade von Dyhrenfurth und Massel aus der Uebergang
bei Adelnau gewesen sei, welches in dieser Richtung südlich von dem Bartschflusse
liegt, während der Weg von Kempen nach Ostrowo über Przygodzice gehe, wo das
Bartschbruch am engsten sei. Er denkt sich daher Ostrowo als den Kreuzungs-
punkt der Strassen von Adelnau und von Kempen und der Strassen nach Kaiisch
(Ossa-Fuhrten) und nach Schrimm. —
Der Vorsitzende spricht, den Dank der Gesellschaft für die fortgesetzte Theil-
nahme des Hrn. Ministers aus und l)etout die Nothwendigkeit, die Untersuchungen
bei Adelnau fortzusetzen. Bis jetzt sei in keiner Weise zu übersehen, ob es sich
um einon l)ewolinton PfMhll)au, also um eine wirkliche Pfahlansiedlung handelt,
oder nicht. Wohl aber h;it die Gegend, wie Hr. Hegner ganz richtig erkannt
hat, eine grosse Bedeutung für die Frage der alten Handels- und Verkehrsstrassen.
(11) Im Auftrage des Hrn. Umlauft in Hamburg legt Hr. Woldt eine An-
zahl von Waflen aus Australien, Neu-Caledoiiien und Neu-Seeland vor.
(12) Hr. Kabenau übergiebt eine grosse Urne von Wissen bei Kalau.
(13) Hr. Jagor überreicht ein neu erschienenes Werk über „the Native tribe
of South Australia" ols Geschenk des Dr. Pt Schomburgk in Adelaide.
(14) Hr. Jagor spricht über die
Kanikar's.
(Tlierzu T;ifel IX. unti X.)
In Süd-Indien hatte ich oft von kleinen kraushaarigen Menschen oder schwar-
zen Zwergen reden hören, die in den dichten Wäldern der Athrumal ly-Berge auf
Bäumen leben, mit der Behendigkeit von Katzen die höchsten Bäume erklimmen
und sich vom Ertrage der Jagd und wilden Wurzeln nähren. Aber Niemand hatte
sie gesehen und schon fing ic!i au alles für Fabel zu halten, als ich endlich in
Palamcottah einen jungen Engländer kennen lernte, der in jenen wilden Bergen
eine Kaffepflanzung besass und wenigstens einen Theil der wunderbaren Erzählungen
l>estätigte. Mr. de Gussack, ein jüngerer Sohn aus angesehener Familie, war
hauptsächlich durch seine Leidenschaft für die Jagd veranlasst worden, das üppige
Leben eines reichen englischen Hauses mit den Entbehrungen eines Pflanzers in
tiefer Waldeinsamkeit zu vertauschen. Mit Freude nahm ich seine Einladung an,
ilin auf der Rückreise zu begleiten. In zwei Ochsenkarren gelangten wir bis an
den östlichen Fuss des Gebirges, nach Pavanasan, wo die Strasse aufhört. Wir
befanden uns dort in einer Landschaft von grossartiger Schönheit, Tempel und
Tempelruinen, herrliche Bäume, Wasserfälle über Granitfelsen rauschend, von
Granitquadern eingefasste Wasserbecken, in den Felsen gehauene Treppen von
mehreren hundert Stufen. Die Schwierigkeit, Transportmittel für die Weiterreise
zu beschaffen, verkümmerte uns aber den Genuss und nahm unsere ganze Zeit ia
Anspruch. Da keine Träger zu erlangen waren, brach ich am folgenden Morgen
mit einem Führer nach der nächsten Kaffeepflanzung auf, um Kulis für unser
Gepäck zu besorgen, bei dem mein Gefährte zurückblieb. Der Marsch durch den
stellenweise pfadlosen Wald war selbst für den unbeladenen Reisenden höchst be-
schwerlich und wegen vieler zu umgebender Hindernisse sehr zeitraubend. Hätten
die Pflanzer nicht auf dem Westabhange einen besseren Weg, so müssten sie auf
(7G)
die Ausfuhr ihres Produktes verzichten, da die Trausportkosten durch das Gebirge
den Werth der Waare übersteigen würden.
Erst am fünften Tage traf Hr. Cussack, der unterwegs einen Fieberanfall
hatte, mit dem Gepäck ein.
Dichter Wahl umgab die Pflanzung von allen Seiten. In einzelnen Lichtungen
dieser Wälder aber lagen Dörfer derKanikar, jener kleinen Schwarzen, bei denen
mein Gastfreund in hoher Gunst stand, da er ihnen als kühner Jäger manche
Dienste geleistet hatte. So wurden wir denn auch immer von den Männern gut
aufgenommen; Frauen und Kinder aber verbarg man stets ängstlich vor uns.
Die Häuser der Dörfer stehen in einer Reihe, durch kleine Zwischenräume
getrennt, oder durch vorn und hinten offene Schuppen, wie dorch Thore, zu einer
ununterbrochenen Reihe verbunden. Die Richtung der Häuserreihe hängt von der
Oertlichkeit oder der Laune ab; immer aber ist vor der Vorder- und Hinterfront
ein freier Raum vorhanden, jener dient den Männern, dieser ausschliesslich den
Frauenzimmern zum Verkehr, die dort ihre häuslichen Arbeiten verrichten. Selbst
die Männer des eigenen Dorfes dürfen den Platz der Frauen nicht betreten. In
der Mitte dieses Raumes, etwa 15 Fuss von der Häuserreihe entfernt, erhebt sich
eine wie die Wohnhäuser, aus Rohr erbaute einfache Hütte, 1,80 m tief, 1,45 //t
breit, zur Aufnahme menstruirender Frauenzimmer und Wöchnerinnen. Auf dem-
selben Platze stehen mehrere bienenkorbförmige, aus gespaltenem Rohre geflochtene
Hühnerställe, im Mittel 1 m hoch, 2,80 m Umfang (Tafel IX., Fig. 2). Man
sieht auch eine mit Aesten verdeckte Mistgrube, Mörser aus ausgehöhlten Baum-
stämmen, zum Zerstossen des an der Sonne gedörrten Tapiokas und einige Siebe
und Töpfe. Frauenzimmer und Kinder waren nicht sichtbar: sie wurden während
unseres Besuches unter strengem Verschluss gehalten.
Die Häuser der Kanikar sind 4,50 bis 4,80 m tief, 4,60 bis 5,80 m lang, Wand-
höhe 1,05 in, Giebelhöhe 2,33 m. Die Wände bestehen aus dünnem, dünnwandigem
Bambus mit langen Internodien, dessen breite Blätter zum Dachdecken dienen.
Das grösste der von uns besuchten Dörfer bestand aus 2 Häuserreihen, die
einen rechten Winkel bildeten: 4 OW. streichende Häuser, und in NS.-Richtung
daran stossend, zuerst eine offene Halle, 4,25 ?/i breit, 2,30 ??i tief, 3,10 m hoch,
dann ein Haus wie die früheren, eine zweite offene 4 ?/t breite Halle und noch
3 Häuser. Die erste Halle enthält 1,55 m über dem Boden einen Hängeboden von
Aesten mit gespaltenem Rohr belegt, sie dient den Männern zum Rathhalten; zu
anderen Zeiten darf sie auch von Weibern betreten werden. Oft hält sich der
Wächter, der die Felder gegen Wildschweine zu schützen hat, darin auf.
Die zweite Halle ist ein Rasthaus für Fremde; das Dach ist von Rauch ge-
schwärzt, da in der Regenzeit Feuer darin gemacht werden. Wohnhäuser dürfen
nie von Fremden betreten werden. Den Schluss der Reihe bildeten zwei Häuschen,
halb so gross wie die anderen, für Wittwer und Wittwen. Jede Familie, jeder
Wittwer, jede Wittwe bewohnt ihr eigenes Haus.
Eines der Häuser des Dorfes war an einer Seite offen, und enthielt 30 cm über
der Erde, einen 1,80 m langen, 75 rm breiten Schlafplatz von Aesten mit Kohr
bedeckt. Etwa einen Meter darüber schwebte eine Matte aus fein gespaltenem Rohr,
darunter zwei Feuerplätze, um bei Regenwetter Reis und Feldfrüchte zu trocknen.
Das grosse Dorf entluelt auch in einiger Entfernung von den übrigen Häusern
eine Schmiede: eine von zwei Seiten offene Hütte, am Boden ein Stein als Ambos,
eine Lehmwand, aus welcher eine Düse von gebranntem Thon hervorragte, zum
Einsetzen eines Blasebalges von Ziegeni'ell. Der Schmied kommt gelegentlich
aus t\<-r Kb(!iie herauf und bringt scnn Werkzeug und die Kohlen mit.
(77)
Dieses Dorf, sowie die übrigen, ist von Tapioka-Feldern umgeben. Am ßerg-
abhange unterhalb der Tapioka- Felder liegt ein krautfreier, sorgfältig gejäteter
ovaler Raum, :J m x Hm, ohne Einfriedigung, ohne Abzeichen; dies ist der Platz,
an welchem alljährlich Einmal, n:ich der Ernte, die Fuja (Gottesdienst) stattfindet.
Frauen dürfen sich dem Platz nicht nahen, und Männer nur nachdem sie sich und
ihre Kleidung, d. h. ihren Schainlappen gonvaschen haben. Bei der Feier darf ihn
nur der Priester betreten, die iMänner sitzen ringsum
Jedes Dorf hat einen Priester, der als Abzeichen seiner Würde Rudrakscha-
kerne (Elaeocarpus ganitrus, dem Gotte Siva heilig) zwischen den rothen Glas-
perlen trägt, mit denen jeder Kanikar seinen Hals schmückt.
Der Priester hat jährlich Einmal nach der Ernte ein Dankfest zu feiern, wobei
die Sonne, Sangarem-perumal, Sangarem und die Geister der Vorfahren
der Reihe nach angebetet werden. Ausserdem hat er gelegentlich Teufel zu ver-
treiben, Unheil abzuwenden und Träume zu deuten, AVofür er besonders bezahlt
wird. Die Sonne hat sich selbst zugleich mit der Welt erschaffen, ist der höchste
Gott, aber allen Völkern gemeinsam. Der oberste Spezial-Gott der Kanikar ist
Sangarem-perumal. Er schützt sie gegen wilde Thiere und Teufel, und giebt
ihnen Ernten. San garem ist sein Gehülfe, dessen Beruf hauptsächlich im Ver-
treiben der Teufel besteht. Der Priester, welcher uns diese Mittheilungen macht,
ein lebhafter Alter mit klugem Gesicht, hat Sangarem-perumal im Traume
gesehen, als alten Mann in schönen Kleidern, wie sie reiche Hindus tragen, mit
einem Turban, ein Katti (Kanikar-Waldmesser) in der Hand; seine Hautfarbe war
so weiss wie die eines Europäers. Sein Erscheinen deutet in der Regel bevor-
stehendes Glück oder Unglück an. Die Geister angesehener Männer werden
Schutzgeister oder Teufel, je nachdem sie im Leben gut oder böse waren, beiden
werden gelegentlich Opfer dargebracht, jenen damit sie helfen, diesen damit sie
nicht schaden. Die Geister der Weiber verwandeln sich in Thiere, aber nur in
Fantome, die im Traume erscheinen können. Seelenwanderung, Lohn für Gute,
Strafe für Böse nach dem Tode findet nicht statt. Gespcnsterfurcht ist unbekannt,
da die Dämonen der Kanikar nicht herumschleichen, sondern sich bei Annähe-
rung von Menschen tief in den Wald zurückziehen; der alte Priester hat im Laufe
seines langen Lebens nie ein Gespenst gesehen.
Das jährliche Daukfest findet nach der Ernte, gewöhnlich im October statt;
es beginnt mit Sonnenaufgang.
Die heiligen Geräthschafteu haben sämmtlich in einem Körbchen Platz: Ein
kleiner Bambusbecher zum Darbringen von Blumen; 2 Körbchen von je einem
Kubikzoll Inhalt, um Reis zu opfern, ein Messingschälchen zum Reiben von Sandel-
holz, ein Stück Cocosschale, um darin Weihrauch auf Kohlen zu verbrennen.
Der Priester opfert zuerst der Sonne Reiskörner und Reismehl vom ersten
geernteten Reis, Bananen, Blumen; er verbrennt Weihrauch, sprengt Wasser mit einer
Blüthenrispe um sich her und betet leise: „0 gnädige Sonne, nimm dieses Opfer
an, welches wir Dir darbringen. Schütze uns und unsere Kinder vor allen Ge-
fahren, die uns in diesen Wäldern drohen. Hüte die verschiedenen Feldfrüchte,
die wir bauen, vor den wilden Thieren, wie Elephanten, Tigern. Wildschweinen
u. A. und gieb uns eine gute Ernte, wie Du uns in diesem Jahre gegeben hast."
Nach der Sonne werden 2) Saugarem-peru mal, 3) Saugarem, 4) die
Dämonen, in genau gleicher Weise, nur mit entsprechender Abänderung der An-
rede verehrt. Gegen '/,8 Uhr ist die Pnja vorüber, ein Rei-sehmaus beschliesst
das Fest.
Böse Träume bedeuten, dass ein Dämon Schaden thun will. Der Betroffene
(78)
wendet sich an den Priester, der durch seine Künste den Dämon und San garem,
den Teufelzwiuger, in einem eingebildeten Netze zu fangen sucht. S angarem
wird durch Opfer, Puja und Mantrams (Zaubersprüche) herbeigeloclit.
Die Mantrams sind den Priestern mündlich von ihren Vorgängern überliefert
worden. Das erste Mantram an San garem hiutet: „0 Gott, Allmächtiger, mit
silbernem Sonnenschirm und silbernem Gewände, mit tausend Augen und tausend
Antlitzen und zehntausend Millionen Haaren, sechzigtausend Millionen Teufeln ge-
bietend, tausend Fackeln in jeder Hand, und tausend Fackeln auf dem Rücken, ein
Tigerfell unter dem Arme, ein Schwert in der Hand, Feuer auf dem Haupte und
im Munde."
Folgt San garem der Einladung, so fährt er in den Leib des Priesters, der
alsbald zu tanzen, zu singen und zu sprechen beginnt, oder nach Auffassung der
Kanikars zu sprechen scheint, denn Santarem ist es, der aus ihm spricht. Der
Priester selbst ist bewusstlos während er besessen ist und hört nicht einmal die
allen übrigen Anwesenden vernehmbaren Worte, die aus seinem eigenen Munde
kommen. Der Priester sagt, er habe nur einmal für seine Stamniesgenossen und
dreimal für Su dras Teufel ausgetrieben und sei dafür von Letzteren reichlich
bezahlt worden.
Bei der Geburt sitzt die Mutter, von alten Weibern unterstützt, am Boden,
stemmt die Füsse gegen die Wand der Hütte, und hält sich mit den Händen an
einem Querholz fest '). Die Nabelschnur wird mit einem Rohrmesser durchschnitten,
mit keinem anderen; die Rohrmesser dienen nur zu diesem Zweck. Die Wöchnerin
erhält zur Stärkung zehn Tage laug ein besonderes mit Turmerik, Pfeffer und
Tamarinden gewürztes Kari (eine Art Ragout).
Das Kind wird kalt gewaschen und sofort von der Mutter gesäugt, die
Waschungen werden fast ein Jahr lang fortgesetzt, so lange bis das Kind zu laufen
beginnt. Nach jeder Waschung wird es mit Cocosöl eingerieben, wobei der Scheitel
mit besonderem Nachdruck behandelt wird, damit der Kopf nicht zu hoch werde.
Weder das Kind noch die Wöchnerin erhält besondere Arzeneien. Nach 3 Mona-
ten giebt man dem Kinde den „ersten Reis". Es wird 3 bis 5 Jahre lang gesäugt,
erhält aber allmählich auch andere Speisen und pflegt vom siebenten Jahre an mit
der Familie zusammen zu essen.
Eiu Mann heiratet gewöhnlich nur eine Frau, selten zwei. Eine Wittwe bleibt
in der Regel ledig, darf indessen einen Wittwer, aber keinen Junggesellen heiraten.
Wenn 2 Brüder 2 Schwestern heiraten, und 2 davon sterben, so dass ein Wittwer
und eine Wittwe bleiben, so müssen sie einander heiraten. Ehebruch kommt
fast nie vor, wird durch Auspeitschen der Schuldigen bestraft.
Der Freier verhandelt nur mittelbar mit den Brautelteru, und giebt ihnen,
wenn sein Antrag angenommen wird, eine Rupie = 2 Mark, 4 Maass Reis (etwa
1 Hut voll), Betel und Areca. Seine Freunde erwarten ein Fest, bei dem es nicht
an Branntwein fehlen darf.
Die Mädchen heiraten selten vor dem 14. Jahre, nach eingetretener Reife, es
kommen indessen auch Ehen zwischen siebenjährigen Mädchen und zehnjährigen Kna-
ben vor, die dann zusammenleben. Eine Mutter ist aber wohl selten jünger als vier-
zehn Jahr. Die erste Menstruation wird durch ein Fest gefeiert. Die Musik-
instrumente beschränken sich auf eine Haudtrommel und das Kokkur ai (S. Holz-
schnitt S. 79), eine aus Eisenblech zusammengebogene Röhre mit unregelmässig
1) Wie mir Dr. Sperscli iiei der nachträglich niittheilt, müssen sowohl die Gebärende,
wie die hellenden Weiber völlij; nackt sein.
(79)
gezrihnolteii Rändern, auf welchen mit einem eisernen Griffel hin
und licr gefahren wird. (Verjj;!. Verhaudl. d. Ges. l''S78, S. '2'i'-^
untf-n). Zuweilen hingen und tanzen die Männer dazu. Flöten und
Pfeifen sind unbekannt, obgleich Rohr in Fülle vorhanden ist.
Die Ilauptbescliäftigungen der Kanikar sind Ackerbau,
Jagd und Sammeln von Waldproducten.
Sie bauen vorwiegend Tapiokii (Jatropha manihot), Berg-
reis und khdne lohnen, in Lichtungen, die sie durch Ab-
brenncM) des Waldes erbalten und nach wenigen Ernten, sobald
die oberflächliche Fruchtbarkeit des Bodens nachlässt, wieder
aufgeben, uui das Werk der Zerstörung der Wälder au einer
anderen Stelle fortzusetzen. In neuen Lichtungen haben die
Kanikar, die ausser Bogen und Pfeileu keine Waffen besitzen,
viel von wilden Thieren , Tigern, Wildschweinen, namentlich
aber von Elephanten zu leiden; deshalb wohnen sie zuerst in
Hütten auf abgestutzten Bäumen 8 bis 10 >n über dem Boden,
die sie mit Leitern ersteigen. Die Hütten bestehen aus Rohr,
die Leitern aus Lianen, die in passenden Abständen durch
Stöcke verbunden sind. (Siehe Tafel IX., Fig. 1, 4, 5).
Diese Baumwohnungen waren es namentlicli, die mich zur
Reise in das Ath r umalli- tiebirge veranlasst hatten; ich wollte
die kleinen schwarzen, kraushaarigen, auf Bäumen lebenden
Wilden sehen, von denen ich oft gehört hatte.
In der Nähe eines erst vor wenigen Jahren angelegten Dorfes fand ich noch
mehrere solcher Wohnungen vor, sie standen indessen seit längerer Zeit unbenutzt
und waren etwas in Verfall gerathen. Die Dorfbewohner fürchteten aber, dass sie
gezwungen werden möchten, wieder ihre Zuflucht zu iimen zu nehmen, da die Zahl
der Tiger und Klephauteu in der Nähe ihrer Niederlassung in der letzten Zeit zu-
genommen hatte ').
In einer kleinen Lichtung im Walde wurde Tabak gebaut, dessen winzige
Blätter frisch oder an der Sonne getrocknet, mit gebranntem Kalk und Arecanuss
gemischt, wie Betel gekaut oder in eigenthümlichen Wasserpfeifen geraucht werden.
Ein grünes Baumblatt, zu einer Düte gedreht, durch einen Dorn zusammengehalten,
wird mit mehr oder weniger getrocknetem, in der Hand geknetetem Tabak gefüllt,
in ein fingerdickes Rohr fest eingepasst; das Rohr steht in einem zur Hälfte mit
Wasser gefüllten Bambus. Der Raucher fasst den Bambus mit der Linken, bedeckt
mit dem gebogenen rechten Arm den grössten Theil der Oeffnung und saugt aus
der frei bleibenden Stelle den Rauch ein , was indessen solche Anstrengung
erfordert, dass ihm dabei oft Thräuen in die Augen treten ; dann reicht er die
Pfeife seinem Nachbar (Holzschnitte S. 8U).
1) Ganz ähnliche liäu.ser auf Häiuneii konuiien nach Dumont d'Urville (Voyage au
Pole sud) auf den Fidji-Inseln vor. (S. Taf. IX., Fig. 3, nach D. d'Urville's Atlas).
In einem Do rfe in Arracan (bei den Kuuiiui oder Kweymee, am Kolod au-Flusse,
im Chillagong-Gebirge) fand T. H. Lewin (Wild races of S. E. India •J22) sogar eine
Festung in einem Baume. In den Aesten eines gewaltigen Baumes, hundert Fu.-s über dem
Boden, war ein kleines Hans aus kugelfestem IJolz gezimmert. Es konnte gegt-n zwanzig
Personen aufnehmen, war ringsum unten mit Schiej>sscharten versehen und wurde durch
eine Leiter erstiegen, die eingezogen werden konnte. Ur. Lewin bemerkt, dass wahrschein-
lich ein solcher Bau zu der von Colonel Phayre (J. As. Soc. Beng. 1841) erwähnten Er-
zählung von den in Bäumen lebenden Kookies Veranlassung gegeben haben wird.
(80)
^^^lj,rf*»k,-
Auf demselben Felde wuchsen auch einige Baumwollenstauden. Ein Mann war
beschäftigt mit den Fingern Baumwolleafasern von den Kernen loszuzupfen und zu
einer groben Schnur zum Festbinden des Schamlappens zu spinnen. Als Spindel
diente ein 13 cm langes, in ein kegelförmig geschnittenes Stückchen Tapioka von
20 mm Höhe, 25 mm Durchmesser gestecktes Stäbchen.. Spinnen ist Arbeit der
Männer, Weben können die Kanikar nicht. Ausser zu Schnüren dient die Baum-
wolle angeblich nur noch als Zunder.
Feuer sah ich auf zwei verschiedene Weisen machen: durch Reiben, genau wie
bei den Todas, und durch Schlagen. Letztere Art war kaum weniger mühevoll als
die erste, wegen der ünvollkommenheit der Geräthschaften (ein Stück eisernen
Tonnenbandes, ein Stück Milchquarz und Baumwolle in einer Bambuskapsel) -').
Der Kanikar geniesst ausser Feldfrüchten auch Fleisch von allen Thieren,
deren er habhaft werden kann, Schlangen und Tiger ausgenommen. Sein Haupt-
nahrungsmittel ist gegenwärtig Tapioka.
2) Das Kunststück durch Reiben Feuer zu machen, ist nicht so schwer, als man wohl
glaubt. Von einem 80 cm bis 1 m langen, fingerdicken trocknen Stocke bricht mau ein 10
bis 20 cm langes Stück ab und rundet ein Ende des längeren Stückes zu. In das kurze
Stück schneidet man eine beckenförmige Vertiefung und befestigt es dann mit Pflöcken
am Boden oder hält es mit den Füssen fest. Das lange Stück wird dann mit dem abge-
rundeten Ende in die Vertiefung eingesetzt und mit Druck zwischen den Handflächen hin
und her bewegt, wie beim Quirlen. Nach wenigen Sekunden raucht es, bald beginnt das
durch die Reibung losgetrennte Holzpulver zu schwelen. Es wird durch irgend welchen
Zunder, häufig einen, dem kurzen Stücke als Unterlage dienenden, alten baumwollenen
Lappen aufgefangen, der zwischen trockenen Spähnen oder Grashalmen vorsichtig hin und
her geschwungen und angeblasen wird, bis ein Flämmchen erscheint.
Für den Einzelnen ist es allerdings nicht ganz leicht in dieser Weise Feuer zu machen,
da die Hände bei dem Quirlen allmälig von oben nach unten gleiten, und das Reiben ohne
Unterbrechung fortgesetzt werden muss, wenn die bereits verwendete Mühe nicht ver-
loren sein soll. Sehr leicht aber ist die Operation von Zweien au.szuführen, wenn der Eine
in demselben Augenblicke am oberen Ende zu quirlen beginnt, wo der Andere, weil seine
Hände unten angekommen sind, aufhören muss. Eine auch für einen Einzelnen leichte
Art, durch Reiben zweier Bambusstücke Feuer zu machen, ist in meinen Reiseskizzen S. 178
beschrieben.
(81)
Bei Zahnweh wird ein Stück Elepbantenzahn mit Wasser auf einem Stein ge-
rieben, der Schlamm aussen auf die Backe aufgetragen. Bei Bauchweh reibt man
den Leib mit Schlamm der Schildkrötenschale ein. Verschiedene Früchte, mit
Wasser angerieben, werden auch innerlich genommen. Bei schwerer Krankheit
wird Sangarem-peruraal augerufen. Die Formel lautet: „O Gott, erscheine
diesmal auf uusere Bitte und heile diese Person, welche an dieser schweren
Krankheit leidet." Dem Sterbenden wird Reiswasser eingegeben, in der Hoffnung,
dadurch sein Leben zu verliingern, nicht mit der Absicht, den bei dem Scheiden
der Seele Durst empfindenden Körper zu tränken. Der Leichnam wird in eine
Matte gebunden, vom Sterbehause aus in den Wald getragen und dort verscharrt.
Alle schliessen sich dem Zuge an und verkünden laut die guten Eigenschaften des
Verstorbenen. Andere Feierlichkeiten finden nicht statt. Einige Tage lang treibt
sich der Geist in der Nähe des beerdigten Leichnams herum, dann aber geht er
weiter in den Wald , ohne die Ueberlebendeo zu belästigen. Die Kanikars fürch-
ten sich nicht vor Geistern. Keinem war je ein Gespenst oder ein Teufel begegnet.
Bei wichtigen Botschaften wird dem Boten ein mit 4 oder 7 Knoten eigen-
thümlich geknüpfter Baststreifen mitgegeben, den er zugleich mit der Botschaft
abzuliefern hat. Der Inhalt der Botschaft wird dadurch ebenso wenig beeinflusst,
wie der unserer Dokumente durch Aufdrücken eines Siegels oder Stempels. Aehn-
lich, wie diese zur Bekräftigung von Documenten, dienen die ßastschleifen zur
feierlichen Bekräftigung der mündlichen Botschaft ').
Die Kauikar sind sehr ehrlich und wahrhaftig; sie sind, wie die Hindus be-
haupten, zu ungebildet, um zu lügen, und werden von den Mohamedaner Krämern,
die Tauschhandel mit ihnen treiben, arg übervortheilt. Bleibt ein Kanikar dem
Händler Geld schuldig, so macht er eine seiner Schuld entsprechende Anzahl
Knoten in einen Baststreifen; dieses Schulddokument bleibt aber nicht bei dem
Gläubiger, der wahrscheinlich betrügerisch Knoten hinzufügen würde, sondern bei
dem Schuldner, dessen Ehrlichkeit unbezweifeJt ist. Solche Schulden übersteigen
nie wenige Groschen. Alle, selbst nur einigermaassen grössere Summen können
nur durch den Häuptling im Namen der Dorfgemeinde geborgt werden.
An den Lichtungen, am Bau der Häuser, am Ackerbau betheiligen sich Alle
gemeinschaftlich, daher giebt es kein Privateigenthum. Die Ernte, der Ertrag der
Jagd wird nach der Kopfzahl der Familien vertheilt. Was an Tagelohn erworben
wird, (in neuester Zeit wegen der vielen Anlagen von Kaffeepflanzungen ein be-
deutender Posten), gehört nicht dem p]inzelaen, sondern der Dorfgemeinde.
Die Kanikar halten sich für Ureinwohner, nennen sich (wie die Mulcers)
Könige der Berge. Zuweilen machen sie dem Rajah von Trovancore einen Be-
such; dann hocken sie im Hofe des Palastes nieder, stecken einen Pfeil vor sich
in den Boden, und grüssen, indem sie mit gefalteten Händen Stirn und Brust be-
1) Ein ähnlicher Brauch besteht hei den Luschais oder Kukis (Lewin schreibt
Lhooshais, Kookies, C:ipt. Woodtho rpe: Luj-hai's). Um seine Leute zu sammeln oder einen
Befehl, eine Botschaft zu bep;laubigen, sendet der Häuptling seinen Speer mit dem Boten.
Ist die Bcitschatt feindlich, so trägt der Bote ein Kriegsmesser (Dao), woran ein Stück
rotben Tuches befestigt ist. Ein anderes Zeichen ist das Phuroi, ein Kreuz aus Bambus-
spliessen (+) etwa acht Zoll lang: Sind die Enden des Querstückes eingebrochen, so bedeutet
es, dass Blackmail (Zwangssteuer, Räubersold) erhoben werden soll, und zwar für jeden
Bruch eine Rupie. Eiues der Enden angebrannt, bedeutet: dringlich, und dass die Leute
sogar bei Fackellicht kommen sollen. Ein Capsicum auf dem Phuroi liedeutet schwere
Strafe für Ungehorsam. Ist das Querstück von Rotang statt von Bambus, so bedeutet es
Körperstrafe für Ungehorsam. (Nach T. H. Lewiii, ^Yild races of S. F. India, pag. '2b2).
Verhandl. der Berl. Antbropot. Gesellschaft ISIi». G
(82)
rühren. Der Rajah tritt vor sie und unterhält sich, nach einem uralten Brauche,
auf welchen die Kanikar sehr stolz sind, stehend mit ihnen.
Zu meinem grossen Bedauern konnte ich nur wenige Tage mit diesem inter-
essanten Volksstamme verkehren, da sich sämmtliche Pflanzer zu einer grossen
Versammlung nach Trevandrum begaben. —
Erklärung der Tafeln.
Tafel IX., Fig. 1, 4, 5. Häuser auf Bäumen der Kanikar.
, 3. Ein desgl. auf den Fidji- Inseln, nach Dumont d'Urville's Atlas,
Voyage au Pole Sud.
, 2. Hühnerstall der Kanikar.
Tafel X. Kanikar (Kanika's).
Fig. 9 u. 10. Mann, ganze Figur, Front und Seiten -Ansicht.
„ 5 u. 6. desselben Kopf, „ v n
„ 11 u. 12. Mann, ganze Figur, » » „
„ 7 u. 8. desselben Kopf, » » »
„ 1 u. 2. Mann, , » « »
„ 3 u. 4. „ „ „ ,
Die Zeichnungen sind mit der Camera lucida aufgenommen und mechanisch verkleinert.
Die römischen Zahlen beziehen sich auf die von Hrn. Körbin bearbeiteten Körper-
messungen, Zeitschr. für Ethnologie 1879, S. 43, 44.
Hr. Fritsch knüpft hieran Bemerkungen über die Verwandtschaft der Hotten-
totten mit der Urbevölkerung Indiens.
(15) Hr. Liebreich spricht über die
Verwendung der Stereoskopie zu physiognomisohen Studien,
indem er eine Reihe von Photographien vorlegt, welche Hr. Francis Gaulton
durch Combinatiou mehrerer, einander ähnlicher, aber von einander verschiedener
Bilder zu einem einzigen hergestellt hat.
(16) Eingegangene Schriften:
1) Archiv für Anthropologie, Bd. 11, Heft 3.
2) Archivio per l'antropologia e la etnologia. Vol. 8. Fase. 3, 4.
3) L'enseignement commercial en Portugal.
4) Nachrichten für Seefahrer. Nr. 2, 3, 4, 5.
5) Annalen für Hydrographie, Heft 1, 1879.
6) Th. Pyl, Geschichte der Stadt Greifswald.
7) Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift, 40. Bericht. Januar 1879.
8) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Januar 1879.
9) Archiv des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde, Bd. X.— XIV.
10) Materiaux pour l'hist. primit. et natur. de Thomme. 1878. Livr. 6 — 10.
11) L'industrie miniere du Portugal. Soc. de geogr. de Lisbonae. 1878.
12) Cosmos 1878. HI.
13) Atti della R. Accad. dei Lincei. Roma 1H79. Vol. III. Faso. 1—2.
14) Mittheilungen der deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens.
Yokohama. Dec. 1878. Heft 16.
Sitzung am 15. März 1879.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Neu angemeldete Mitglieder:
Professor Ende, Berlin.
Kaufmann Bruno Müller, Berlin.
Dr. Lesser, Berlin.
Dr. Mühsam, Berlin.
Dr. H. Schlesinger, Berlin.
Kaufmann Müller, Berlin.
Kaufmann Hille in Olbernhau in Sachsen.
(2) Der Vorsitzende verliest einen Brief des Hrn. Bastian d. d. Calcutta,
den 5. Februar, enthaltend einen Reisebericht.
„So eben von einer Reise durch Assam, einer reichsten Fundgrube ethnologi-
scher Studien, zurückgekehrt, freut es mich, Ihnen Mittheilung machen zu können,
dass neben den ethnologischen Sammlungen, welche ich bereits aus der kurzen Zeit
meines Aufenthalts persönlich mitgebracht habe, Aussicht auf weitere Vermehrung
derselben bleibt, sowie auch auf anthropologische.
Unter den mir in dieser Hinsicht gemachten Versprechungen ist auf Erfüllung,
wie ich glaube, besonders bei Dr. O'Brien in Shilleng zu rechnen, der das Ge-
fängniss und die mit demselben verbundenen Hospitäler unter seiner Aufsicht
hat, um so leichter, als ein Anderer Gelegenheit zu Uebersendung von Schädeln
der verschiedenen Hügelstämme finden kann.
Jeder der in Assam zusammengedrängten Hügelstämme würde, bei der Spär-
lichkeit der bis jetzt vorhandenen Beschreibungen, eines besonderen Studiums werth
sein. Aus eigener Anschauimg lernte ich besonders die Naga, Duphla, Mirs, Mikir,
Bhutia, Garo, Kasya kennen, und war das Land der letzteren, wie Sie denken
können, von jeher ein besonderer Anziehungspunkt für mich gewesen. Man musste
sich manchmal in der That die Augen reiben, um aus dem Traum in die Wirk-
lichkeit zurückversetzt zu werden, wenn ringsum die Monumente unserer prähistori-
schen Vergangenheit hier im Lichte des Tages den Gesichtskreis füllten. Die wider-
sprechenden Nachrichten über dieselben Hessen sich nach der Ajrt der auch auf
meine Erkundigungen erhaltenen Antworten unschwer verstehen, doch glaube ich
schliesslich die Hauptpunkte festgestellt zu habeu, und auch die erworbene Samm-
lung ist sehr befriedigend. Reicher noch fiel die unter den Naga aus, in deren
6*
(84)
Dörfern ich mich einige Tage aufhielt, Tage des üppigsten Schwelgen's, wie iöh
sie selten erlebt hatte. Von Morgen bis Abend war unser Haus von Besuchern
gefüllt, und jede Stunde, ja oftmals jede Minute, konnte man sagen, brachte etwas
Neues, nicht nur in Notizen, sondern in Erwerbung von Sammlungen. Schädel
sollten im Lande dieser berüchtigten Kopfabschneider reichlich vorhanden sein, und
werden sich wohl allmählich durch die Vermittelung der englischen Beamten ge-
winnen lassen, deren Sitze jetzt neuerdings mehr und mehr in die Hügel vorge-
schoben werden. Man sucht die steten Fehden, wodurch die Dorfbewohner im
ununterbrochenen Vertheidigungszustand zu leben gezwungen werden, möglichst zu
verhindern, wenigstens an den Grenzgebieten, und pflegt dann auf Ablieferung der
Trophäenköpfe zu bestehen. Ein kürzlicher üeberfall hatte solche in einer Zahl
von über Vierzig ergeben, die in Folge nachdrücklicher Maassnahmen schliesslich
in die englische Station gelangten, aber leider, wie ich hörte, verbrannt worden
sind. Doch wird dieser Zustand wohl noch einige Zeit fortdauern.
Die Schwierigkeit des Reisens in diesen Jungle - Ländern involvirt einen
nicht unbeträchtlichen Zeitaufwand, und wechseln die Beförderungsmittel je nach
Umständen, indem man sich bald im Cauoe fortzubringen hat, bald auf Pony oder
Elephanten, mit Ochsenkarren oder Coolie, zu Fuss oder getragen. Indess betrachte
ich trotzdem die Erfolge, die durch einige günstige Verhältnisse erleichtert wur-
den, als ausnehmend befriedigend und für Alles Debrige compensirend.
Ich entschloss mich zu diesem Besuche Assam's, da mich der Zufall eines
Unwohlseins von Kurrachee nach Calcutta geführt hatte, was bis dahin ausserhalb
meiner Berechnung gelegen hatte. In Kurrachee blieb jedoch keine andere Wahl.
Ich fühlte eine solch' gänzliche Abnahme meiner Kräfte, dass ich mich fast zu
jeder selbständigen Bewegung unfähig fand, und der Schwächezustand nahm täglich
zu, da es mir völlig unmöglich war, irgend eine Art von Nahrung zu mir zu nehmen.
Höchstens, dass ich mich alle 2 — 3 Tage zum Hinunterschlucken von ein paar Eiern
zwang. Da indess keine tiefere organische Zerrüttung vorzuliegen schien, und so
ein psychisches Heilmittel sich vielleicht besser, als Mediciniren, bewähren mochte,
Hess ich mich statt in das Hospital auf die Eisenbahn bringen, und gelangte dann zur
Einschiffung auf einen der ludus-Dampfer, wo ich mich nach einer vieltägigen Kalt-
badekur zuerst fähig fühlte, einmal am Tage langsam über das Deck zu schleichen.
Einige Wochen später, auf einer der Eisenbahnstationen, konnte ich meine Kräfte
schon soweit erproben, um eine halbe englische Meile zu Fuss zu gehen, obwohl
mich diese Anstrengung dann für 24 Stunden zum Ausruhen nöthigte. Der Appetit
begann sich indess zu bessern, und besonders wohl that mir ein mehrtägiger Auf-
enthalt in Simla, im Angesicht der Schneekette des Himalaya. Sobald die Recon-
valescenz einmal eingesetzt hatte, ging sie, wie gewöhnlich in solchen Fällen, auf
das Rapideste vorwärts. Ich habe selten eine solche Esslust verspürt, und dass
gegenwärtig Alles in bester Ordnung ist (so lange es dauern wird), dafür liegt der
beste Beweis in diesen Fusstouren während der Bereisung Assam's, oft 14, 15 bis
16 Meilen pro Tag. Im Uebrigen bin ich soweit von allen Fieberanfällen ver-
schont geblieben, sowohl im Indus-Thal, wo solche damals grassirten, wie auch jetzt
in Assam, einem berüchtigten Nest solcher. Sicher darf man sich freilich trotz alle-
dem nicht fühlen, doch ist vorläutig Alles gut, und wenn eine neue Störung kommen
sollte, nimmt sie hoffentlich eine gleich günstige Wendung, wie diesmal, wo ich
BODst wahrscheinlich an Assam vorübergereist wäre.
(3) Hr. Rensch hat dem Vorsitzenden mitgetheilt, dass zufolge eines Briefes
des Hrn. Pieroth einer der im letzten Herbst hier gezeigten „Nubier", der noch
(85)
in Aller Erinnerung lebende, durch edle Körperfornaen und heiteres, lebendiges
Wesen hervorragende Halenga A bdal Iah -Scher if auf der Rückreise von Suakim
nach Kassala als ein Opfer der Blutrache Seitens der Hadendoa gefallen ist. Er
hatte durch ein unglückliches Versehen mit einem kurz zuvor erworbenen Gewehre
einen der Hadendoa getüdtet, und die Karavane konnte Nichts zu seiner Rettung thun.
(4) Hr. 0. Finsch, im Begriff, im Auftrage der Humboldt-Stiftung über Nord-
Amerika nach Mikronesien abzugehen, hat der Gesellschaft schöne Photographien
von Eingeborenen Sibiriens und von Maori zum Geschenk gemacht. Dabei
befinden sich auch die Abbildungen eines bärtigen Frauenzimmers und eines
bärtigen Knaben. Hr. Finsch konnte über dieselben nichts Näheres angeben,
als dass er auch diese Photographien von Neuseeland erhalten habe.
(5) Hr. Paul Magnus legt die Photographien eines Ne ucaledoniers und
eines Great-Salt-Lake-Indian vor.
(6) Hr. O. Mantey, gegenwärtig in Cairo, hat vom Telegraphen - Director
Ziegler-Bey im Sudan ethnologische Gegenstände (Lanzen, Schwerter,
Pfeile uud Bogen u. s. w.) zum Geschenk erhalten und spricht in einem Schreiben
an den Vorsitzenden, d. d. IG. Februar, seine Absicht aus, dieselben der Gesell-
schaft zum Geschenk zu machen.
(7) Das correspondirende Mitglied der Gesellschaft, Hr. Jos. v. Leuhossek in
Budapest übersendet den Gypsabguss des von ihm beschriebenen Macrocephalen-
schädels von Csongräd.
Der Vorsitzende bezeugt die Vortrefflichkeit des Abgusses, der nach der Mit-
theilung des Gebers selbst das Gewicht des Originals wiedergiebt. Er hat das
letztere bei Gelegenheit des Cougresses in Budapest wiederholt gesehen.
(8) Der Vorsitzende zeigt Haare vom Maraniuth des Petersburger Mu-
seums, welche ihm Hr. Lewin mitgebracht hat.
(9) Das correspondirende Mitglied Hr. R. A Philippi in Santiago de Chile
übersendet eine Nummer des Diario oficial de la Republica de Chile (16. Novem-
ber 1878. Num. 513). Sie enthält ein Schreiben desselben an den ünterrichts-
Minister, in welchem er Bericht erstattet über die palaeoutologischen Ergebnisse
seiner Reise in Coquimbo. Er erwähnt am Schlüsse, dass er 6 Gefässe, mehrere
Pfeilspitzen von Stein und andere Gegenstände der alten Indianer zum Geschenk
für das Museum in Santiago erhalten habe.
(10) Die in den Sitzungen vom 21. Dec. 1878 (Verb. S. 416) und vom 11. Jan.
d. J. (Verb. S. 13) angekündigten Sendungen des Hrn. Künne sind durch Vermit-
telung des Minister-Residenten in Buenos Aires, Hrn. v. Holleben, und des aus-
wärtigen Amtes augelangt. Von grossem Reichthum ist die Sammlung vollendet
ausgeführter Zeichnungen aus der Privatcollection des Don Andres Lamas. In
Bezug auf das Geschenk des Hrn. Estanisiao S. Zeballos liegt folgender Brief
desselben, d. d. Buenos Aires, ."i. Decbr., an den Vorsitzenden vor:
Teugo el honor de saludar a Vd. y de ofrecerle uua coleccion de obgetos del
cementerio prehistorico de Campana (Buenos Aires, Repul'lica Argentina), cuya
coleccion fue visitada en mi propio Museo por el Dr. Carl Künne.
(86)
Los detalles de este deseobrimiento hau sido publicados en la Revista que Vd.
dirije, en carta del Dr. Burmeister.
La „Revue d'Anthropologie" publicara pronto otra descripcion mia, con dibujos
que se leyo eu el Congreso de Paris.
Ruego a Vd. me comunique sus impresiones sobre el regalo que le remito y
que si algo escribe vd. eu la Revista, me la envie.
(11) Hr. N. V. Miklucho- Maclay berichtet in eiuein Schreiben an den Vor-
sitzenden aus Sydney vom 19. Januar über:
Rassenanatomische Studien in Australien.
Ich fand in Sydney die Möglichkeit, dieses Vorhaben auszuführen. Die fünf
Steingutgefässe, welche ein wohlerhaltenes Material, an welchem ich jetzt
fleissig arbeite, enthalten, tragen die Etiquettes:
No. 1. Cerebrum. Polynesier, cf, circa 18 Jahre alt.
No. 2. Cer. — Melauesier cf von Fiji, circa 20 J.
No. '6. Cer. — Melauesier cf von Eromanga, circa 25 J.
No. 4. Cer. — Melanesier cT von N.-Caledonia, circa 10 J.
No. 5. Cer. (blos Hemisphären). Australier (f von N.-S. -Wales, 73 J. alt.
Da mir die Leichen nur wenige Stunden, in einer zum längeren Aufenthalte
wenig geeigneten Leichenkammer, und nur zu einer sehr beschränkten') Dis-
position standen, so mussten meine Pläne und Ansprüche sehr bedeutend beschränkt
werden. Ausser einer aufmerksamen Musterung des Cadavers, zur Fest^elluug der
Rasse, habe ich mich auf eine sorgfältige Herausnahme des Gehirns und
das „Herausschneiden''^), nach sorgfältiger A bpräparation der Haut des
Halses, des Kehlkopfs sammt dem Pharynx, dem weichen Gaumen, der
Zunge etc. etc., beschränkt. Diese Operation war zuweilen, bei sehr knapper
Zeit und dem Bedenken: „mutilation of the body" (welche nur einen medianen
Hautschnitt gestattete und die Schonung der Mm. sternocleido-mastoidei indicirte)
mehr eine Metzgerarbeit, bei welcher ich nur daran dachte, möglichst viel auszu-
schneiden und ja nicht mit einem ungeschickten Einschnitt das künftige Präparat
zu beschädigen. Die obige Rücksicht („mutilation of the body") machte es unmög-
lich, die untere Extremität, deren myologische Untersuchung, wie ich glaube, bei
dunklen Rassen zu interessanten Resultaten führen wird, als Material für spätere
Untersuchungen aufzubewahren.
Ich muss mich unter diesen Verhältnissen glücklich schätzen, dass ich die vier
Geliirne (das fünfte unvollständige ist mir nachgesandt worden) erbeutet habe. Um
möglichst die Form zu erhalten, bewahre ich dieselben in der Schädelkappe
„in situ".
Diese seit 1873 unterbrochene, lange erwünschte Arbeit will ich, wenn sie
mich auch hier noch einige Zeit aufhalten soll, hier zu Stande bringen. Die Er-
fahrung hat mich gelehrt, dass das Aufschieben, das „By-and-by" für einen
Reisenden eine schlimme Sache ist. Wenn es auch nicht immer ein Synonym
der Faulheit und Apathie ist, so bildet das miserable „ßy-and-by" sehr oft den
1) Die Furcht des dirigirenden Krankenhauspersonals vor der Anklage: „Mutilation
of the body" (obwohl auch dieser Begriff ein sehr elastischer ist) stellt hier ein bedeutendes
Iliiiderniss für Rassenanatoniische Studien dar!
2) Wenn auch dieser Ausdruck gar wenig wissenschaftlich klingt, so ist er doch —
wahrheitsgetreu. Die Zeit, die mir gegönnt war, und die ganze Umgebung bestimmten
diese Methode als die passendste.
(87)
Grund, weshalb manche Arbeit nie zu Stande kommt und wichtiges Material nicht
ordentlich (da der günstigste Moment unproductiv vorbeigeht) verarbeitet wird. Dazu
ist in meinem Falle ein Aufschieben ganz unerlaubt, da meine Gesundheit zuweilen
(auch in der letzten Zeit) gar zu eibürmlich ist.') Ich darf nicht meine Zeit ver-
geuden I . . . .
Ich danke im Namen der "Wissenschaft für liiren gewichtigen Beistand
in der Angelegenheit der Gründung anthropologischer Beobachtungsstatio-
nen! — Der Status praesens dieser Frage ist nicht sehr ermuthigend (wie es in
Europa mit derselben aussieht, ist mir unbekannt), doch hängt auch sehr Vieles
von der Initiative und dem Kleisse der Reisenden selber ab. Auf Beistand darf
man in seltenen Fällen rechnen, es ist schon viel, wenn man auf keine directe
stupide Opposition stösst
Ich danke ferner für die zugesandten Sitzungsberichte vom 9. März, die ich
im December erhalten habe. Die einigen Worte von Anerkennung (es sind die
ersten — die ich je gelesen habe) meiner wissenschaftlichen Bestrebungen haben
mich nur deshalb erfreut, da dieselben von einer so competenten Seite
kommen!
P. S. Da die Encephalologie des Gen. Homo mich jetzt besonders beschäftigt
und da ich schon neun Jahre nicht in der Lage bin, die wissenschaftliche Litera-
tur auch nur durch Berichte zu kennen, so sind mir eine jede Mittheilung über
neue (falls dieselben zu empfehlen sind) Couservirungsmittel des Gehirns, ein jeder
Wink in Bezug auf wichtige Desiderata und neu entstandene Fragen der compara-
tiven Encephalologie, im höchsten Maasse willkommen!
(12) Hr. Dr. Richter zu Saalfeld in Thüringen übersendet eine kleine Schrift,
welche den unscheinbaren Titel führt: „Zu einer Weihnachtsgabe für arme Schul-
kinder", Saalfeld 1868, in welcher Steinfunde vom Rothen Berge (Feuersteiu-
splitter, Pfeilspitzen und Hämmer) beschrieben werden. Gleichzeitig sendet er
eine prähistorische Karte der Umgegend, über welche er Folgendes bemerkt:
„Die Notizen über die Umgebung von Ranis sind hauptsächlich aus Adler, die
Grabhügel etc. im Orlagau, Saalf. 1837, aber auch aus mündlichen Mittheilungen
des verst. Diaconus Börne r in Ranis und aus eigenen Anschauungen genommen.
Das Uebrige habe ich meist selbst gesehen und über die diluvialen Knochen des
Rothen Berges beabsichtige ich eine kurze Notiz zu publiciren, die insofern ein
Interesse wird beanspruchen können, als die hiesigen Species (47) mit 23 von
Gera und 24 von Westeregeln, endlich 19 von Thiede übereinstimmen. Menscheu-
reste oder Spuren des Menschen finden sich in dem Kuocheulager mit Hyänen etc.
nicht. Die Steinwaffen des Rothen Berges liegen 2 km davon entfernt. Ebensoweit
entfernt eine zweite Fundstätte von C. Tarandus."
Die Karte wird an Hrn. Fraas abgegeben werden.
(13) Die Pariser anthropologische Gesellschaft hat die viel benutzte Farben -
tafel, welche früher in den Memoires de la societe d'Anthropologie T. II pl. V
und in den bekannten Instructions pour les recherches anthropologiques publicirt
war (vgl. auch Notes and querries on Anthropology for the use of travellers and
1) Auf alle Fälle aber werde ich bei meiner nächsten Reise Anordnnnffen treffen, dass
mein Gehirn wob! erhalten Ihnen nach Berlin zukömmt. Sie werden so freundlich sein,
mit der Dissectiou und dem Abbilden desselben (ich werde meine Desiderata, die mau
dabei berücksichtigen soll, der Sendung beilegen) einen Ihrer Schüler zu beauftragen!? . . . .
(88)
residents in uncivilized lands. Drawn by a committee appointed by the British
association for the advancement of science. London 1874, pl.) in besonderer Aus-
gabe neu herstellen lassen und ist bereit, davon Exemplare abzugeben. — Der
Vorstand hat Schritte gethan, einen kleinen Vorrath von Exemplaren davon zu
erwerben.
(14) Hr. Göbeler übersendet d. d. Potsdam, 20. Februar, folgendes Schreiben
betreffend
Keltische Ueberreste in Ortsnamen.
Während die Urgeschichte des Menschen, insoweit sie sich auf prähistorische
Funde stützt, gegenwärtig mit grossem Eifer und erfolgreich erforscht wird, bleibt
die Untersuchung über Bedeutung und Entstehung der Terrain- und Ortsnamen im
Allgemeinen und Deutschlands insbesondere offenbar vernachlässigt, obgleich sie
zunächst die Brücke aus der Neuzeit in die prähistorische bilden.
Denn bei der Rückeroberung und Christianisirung der vormals slavischen Land-
schaften Norddeutschlands durch die Deutschen erscheint die Besiedelung des Landes
im Ganzen ebenso, wie wir sie heute sehen. Die heutigen Ortschaften sind mit
geringen Ausnahmen schon vorhanden, selbst von den Städten sind z. B. diejenigen
der Mark (ausser Joachimsthal, Neuwedel und Müocheberg) keine neudeutschen
Anlagen, sondern ältere, die nur mit deutschem Stadtrechte bewidmet wurden,
während die Zahl der in die geschriebene Geschichte eintretenden Dörfer, mit Aus-
schluss einiger Colonien in den Brüchen, sich nicht vermehrt, sondern vermindert
hat. So sind allein im Barnim Blumenthal, Kopra, Damerow, Karutz, Kensdorf,
Altena, Doberow spurlos verschwunden. Ebenso sind die Terrainbezeichnungen, die
Namen der Flüsse, Seen, Berge etc. mit geringen Ausnahmen aus vorgeschichtlicher
Zeit uns überliefert.
Wenn sich nun bei unbefangener Prüfung ergiebt, dass ein erheblicher Theil
aller dieser Namen, besonders die meisten der Flüsse, weder deutsch noch slavisch
sind, dann folgt, dass die Besiedelung des Landes in ihren Anfängen in die vor-
slavische und vorgermanische Zeit zurückreicht, und wenn ferner in zahlreichen
Fällen die anscheinend deutschen oder slavischen Namen, die besonders hervor-
tretende Kigenthümlichkeit der Lage, die doch aller Wahrscheinlichkeit nach das
Namengebende meist gewesen sein wird, gänzlich ausser Acht lassend, eine nichts-
sagende oder unpassende Deutung geben, dann scheint die Annahme geboten, dass
Germanen und Slaven ältere vorgefundene Namen lautähnlichen Wörtern der eigenen
Sprache ohne Rücksicht auf deren Inhalt assimilirten.
Da nun der Vortrab der Arier bei ihrer Einwanderung in das westliche Europa
aus den keltischen Stämmen besteht, so habe ich, vornehmlich gestützt auf die in
Zeuss gramm. Celtica ed. Ebel und bei Glück (keltische Namen bei Caesar) vor-
kommenden altkeltischen Wortformen, obgleich die bisherigen Bemühungen der Art
zum Theil verdientem Spotte anheimgefallen sind, untersucht:
ob unsere weder deutsch noch slavisch löslichen Terrain- und Ortsnamen
aus jenen altkeltischen, dann überhaupt keltischen Wortformen, möglichst
in Uebereinstimmung mit bezüglichen Namen von unzweifelhaft vormals
oder noch heut keltischen Gebieten zu erklären, ob ferner unter den der
Form nach deutschen oder slavischen, aber aus mancherlei Gründen doch
verdächtigen nicht altkeltische verborgen sind.
Indem ich hierbei von der bald bestätigten Annahme ausging, dass auch die
Ortsnamen allermeist Terrainbestimmungen enthalten, untersuchte ich zunächst,
(89)
soweit meine geringen Kräfte und Hilfsmittel dies zuliessen, ob ein Name ein
wesentliches Merkmal der Lage, des Terrains, dann der daraus etwa resultirenden
Lebens- oder Erwerbebeweise keltisch enthalte, ob ferner derselbe Name oder ihm
gleichwerthige Formen bei uns oder in vormals oder heut noch keltischen Land-
schaften sich wiederholen.
Obgleich nun hierbei der Muth oft erlahmen, die Arbeit fast vergeblich er-
scheinen wollte, indem das gräuliche Gewirre der im Laufe so langer Zeit verstüm-
melten oder an die verschiedenen, aufeinander folgenden Idiome angelehnten For-
men, die sich so oft nähern, dass für denselben Namen die verschiedensten Deu-
tungen aus allen '6 Sprachen, dem Keltischen, Deutschen und Slavischen möglich
sind, oft unlöslich scheint, indem ferner nach der von mir befolgten Weise weit
mehr auf das Keltische zurückgehen, als nach allen historischen Veränderungen
und Katastrophen zu erwarten, so waren es doch folgende Ergebnisse, die zu neuer
Forschung ermuthigten uud unumstösslich zu beweisen schienen:
dass, wenn auch ein grosser Theil, wenn selbst drei Viertel der von mir
dem Keltischen in Folge unzureichender Sprachkenntnisse oder zufälliger
Lautähnliclikeit zugewiesenen Namen mit besseren Kräften und Hilfsmitteln
dem Deutschen oder Slavischen zu vindiciren, immer noch ein hinreichend
grosser Theil bleibt, um die Anfänge und Grundlagen der Besiedelung
unseres Landes als keltisch zu constatiren.
Diese Resultate sind :
1) Die meisten Namen der norddeutschen Flüsse und Bäche kehren in ähn-
lichen, gleichwerthigen Formen wieder in den vormals oder noch heut
keltischen Ländern, oder lassen, wie auch eine grosse Zahl der Seeunamen,
nur keltisch eine befriedigende Deutung zu.
2) Bei gleichen Verhältnissen des Terrains kehren nicht nur gleiche oder
ähnliche Namen wieder, so zum untrüglichen Beweise besonders auch für
Mündungsstätten und Winkel, sondern es treten auch bei grösserer Aus-
dehnung gleichen Terrains Synonyme der Begriffe Niederung, Sumpf,
Berg, Gestein in ganzen Gruppen auf, so in den geschiebereichen Bezirken
die verschiedenen keltischen Wörter für Stein und Steinmale, in den frucht-
baren von Schlesien durch Sachsen, die Pro\inz Sachsen und weiter bis
in die Rheinprovinz dahin deutende Namen.
3) Aber diese Gruppen erstrecken sich auch auf vorzugsweise betriebene
wirth schaftliche Pflege. So erscheinen, da die Kelten die Rosszucht mit
besonderer Vorliebe betrieben, von der Schweiz durch Frankreich, die
Rheinlande, Westfalen, Hannover, Sachsen bis über die Oder die zahl-
reichen Wörter, welche das Keltische zur Bezeichnung des Pferdes in
seiner verschiedenen Art und Bestimmung hat, in Gruppen, in denen den
mannichfach verstümmelten, zum Theil an deutsche Personennamen ange-
lehnten altkeltischeu Namen der Rosszucht die aus deutschem ois, hors,
harea, stuot, studets gebildeten zugefügt sind. Ebenso zeigen sich ausser
Anderem Namengruppen der für die alten Arier so wichtigen Bienenzucht,
in welchen den keltischen Namen deutsche aus Biene, Imme, Zeidl, Ziedl
und zum Theil slavische aus bare, zola, hui sich auschliessen. Ja, im
Capitel über den Cultus glaube ich Namengruppen aufgefunden zu haben,
die, entsprechend den erwähnten Beispielen, den üebergang solcher Cultus-
stätten, resp. von Tenipelbezirkeu von der keltischen durch die germanische
bis schliesslich in die christliche Zeit erweisen.
So ist nun im Verlauf von Jahren uud nicht ohne grosse, durch die Mangel-
(90)
haftigkeit meiner Kräfte und Hilfsmittel vermehrte Mühen ein Opus entstanden,
welches etwa unter dem Titel:
Materialien zur Geschichte der Besiedelung Norddeutschlands nach seinen
Terrain- und Ortsnamen
den Gegenstand möglichst unter Beifügung der etwa concurrirenden deutschen oder
slavischen "Wörter nach folgenden Rubriken behandelt:
Einleitung (Begründung des Ganzen).
Erste Abtheilung, Terrainnamen: L Buch: Fluss. II, B.: Erweiterung, Ver-
stärkung des Stromes, Mündung. III. B.: See. IV. B.: Sumpfsee, Sumpf. V. B.:
Insel, Niederung, Wiese, Ebene, Thal, Strasse, Enge, Gränze. VI. B.: Krümmung,
Bucht, Winkel, Beziehung der Lage, durch Präpositionen ausgedrückt. VII. B. :
Berg. VIII. ß.: Gestein. IX. B.: Wald.
Zweite Abtheiluug, Culturnamen: X. B. : Wohnstätten. XI. B.: Erwerb, Acker-
bau, Viehzucht, Jagd und Fischerei, Gewerbe. XII. B. : Cultus und politische
Verhältnisse. —
Als Probe fügt Hr. GÖbeler einen von ihm bearbeiteten Abschnitt bei, welcher
Ortsnamen behandelt, welche hergenommen sind von der
Bienenzucht.
Wenn auch Plinius, indem er von den acht Fuss langen Honigwaben des deut-
schen Urwaldes berichtet, nach römischer Weise übertreiben mag, so ist daraus
doch zu entnehmen, dass die Honigbiene, welche nach Heer (Urwelt der Schweiz
S. 386) schon während der Miocenzeit in der Schweiz erscheint, seit ältester Zeit
in Deutschland heimisch ist. Dass aber die Arier schon vor ihrer Scheidung in
verschiedene Stämme auch künstliche Bienenzucht trieben, möchte nach der Gleich-
artigkeit oder doch Annäherung mancher der hierauf bezüglichen Wörter unzweifel-
haft sein.
Zur Bezeichnung der Biene, ihrer Zucht, des Honigs und des aus demselben
bereiteten Getränks fanden sich nämlich aus dem Keltischen, Deutschen und
Slavischen:
Ir. bech (apes Z. 273) = cambr. gwen, ven und mit der Singulativendung
en gwenyn gwenynen (Z. 276). Es verhält sich also bech, bek mit Vertauschuug
von Guttural und Liquida zu gwen, ven, ben, wie etwa ir. deich, dek zu deutsch
tehn, zehn. Dem cambr. gwen, ven, ben entspricht deutsch Bien, altn. und altd.
bi, bie, ags. beo, und diese letzteren gcrm. Formen erscheinen als Abschwächung
des im Irischen erhaltenen urarischen bech, dessen Grundbedeutung vielleicht in
kelt. bech, bichan (parvus), resp. in kelt. whek (dulcis) liegt.
Nach Mone ist ferner kelt. bothan = die Beute, d. i. Stand von Bienen-
stöcken. Möglich wäre nun, dass auch botan, Beute aus ir. bech-tau := Bienen-
garten (wie fin-tan Wein-, ros-tan Rosengarten Z. 855) oder aus abgeschwächtem
bech-da Bienenort (wie fin-da, hur-dai Z. 791) hervorging.
Den Kelten allein eigen ist ir. earc, arc = Biene (Mone) und kymr. risg,
ir. gäl. rusg, corn. rusc, bret. rusken, wie es scheint auch brusc, frz. ruche =
Bienenstock, Beute (Brandes). Wenn aber Z. 92 rusc mit cortex übersetzt, so
ist dies offenbar ein Beweis für die künstliche Bienenzucht bei den Kelten, indem
sie, wie es heut noch in Frankreicli und Italien geschiebt, die Bienenstöcke aus
der Rinde starker Bäume herstellten, die sie in einem Stücke um den ganzen
Stamm ablösten.
(91)
Ir. sgeap, sgeip - Bienenstock, Beute (Mone) scheint gleichfalls allein zu
stehen, wenn nicht doch zwischen ihm und dem altd. zeidl (Honig) nihd ziedel
(Biene), das mit Elision des d auch zu zeil wird (so Zeilhard - Honig- oder Bie-
uenwiild), sowie mit wend. zola, poln. pszczola (Bleue), zolka (Bienenhaus) ein
Zusammenhang aus urarischer Zeit anzunehmen. Denn wenn 1 hier nur Ableitung,
dann unterscheidet sich kelt. sgeip von deutsch zeid nur durch Vertauschuug der
Mutae p und d, die auch sonst vorkommt, wenn z. B. (fdllof, folium = kelt. dula,
delen Z. 37.
Ohne Zusammenhang mit anderen arischen Sprachen ist im Deutschen Honig
und Imme, im Slavisclien poln. ul, wend. ten hui Bienenstock, ulownica Ort, wo
Bienen gehalten werden, nebst poln. bare, ein im Walde aufgehängter Bienen-
stock.
Dass die Arier nun die Benutzung des Honigs zur Bereitung des Meths schon
vor ihrer Scheidung kannten, geht aus der Gemeinsamkeit des Wortes zur Bezeich-
nung dieses Getränkes oder seiner Folge, der Trunkenheit, hervor. Unser Honig,
Zeidl ist gr. fxiki^ wovon /jishrTa, die Honigbereiterin, lat. mel, corn. mel, auch im
Namen des Bären mel-foch, d. i. Honigschwein, bei den Slaven aber ist es med,
auch im Namen des Bären med-ved, d. i. Honigfresser. Dieses med, bei den Slaven
Honig, ist bei den übrigen europäischen Ariern der Name des aus demselben erst
erfolgenden Getränkes und der Trunkenheit: gr. /i^teiiv jedes berauschende Getränk,
/j.ei}v\ Trunkenheit, cambr. med, arem. mez, corn. medu, meddu = germ. medo,
Meth, litau. medus; camb. medw, meddow = ebrius Z. S16. Die Griechen haben
also über den Wein einen Theil des ursprünglichen med, die Lateiner, welche dafür
die Ableitung von mel mulsus (schon bei Plautus) haben, das ganze med ver-
gessen.
Bei der grossen Bedeutung des Honigs für den Haushalt der Kelten. Germanen
und Slaven, indem er den ganzen Bedarf an Zucker und neben dem Bier das für
Klima und Lebensweise nothwendige spirituöse Getränk lieferte, scheint von vorn-
herein unzweifelhaft, dass bienenreiche Oertlichkeiten auch als solche genannt
wurden, und werden auch hier ganze Namengruppen der Bienenzucht grössere Ge-
währ für die Erklärung der oft mehr- oder vieldeutigen Namen geben, trotz aller
Concurrenten wie Bach, beke, Becker, Bicke oder Picke, Pech, Rüster, Ross,
Schaaf etc. etc. Solche Gruppen finden sich aber nicht nur aus keltischen Namen,
sondern auch aus keltischen mit deutschen, aus Biene, Beute, Imme, Zeidl, ja auch
mit slavischen Namen der Bienenzucht zusammengestellt, zum Beweise, dass dieselbe
in solchen Gegenden von den Kelten auf die Germanen, ja auf die Slaven über-
ging, wie dies auch von der Rosszucht und ausser Anderem von den Cultusstätten
dargethau werden kann
Ir. bech (apes).
Alte Beispiele sind Begerri und Begesse.
Begerri, gall. Volksuame, d. i. die Imker, Zeidler, ist die Ableitung bech-ur,
gebildet wie halenn-ur, Art-ur etc. und identisch mit Bechereau im Dep Seine et
Uise, mit Beggerow nebst Mesiger und Meesow (s. unten med, mez) im Kr.
Demmin. Germanisirt ist es zu Bechra mit Beichlingen (bech-lann) im Kr. Eckards-
berga, zu B ecke rode im Kr. iMelle (s unten mel). Osnabrück, auch mit Anleh-
nung an die Gonuption von Wikhard zu Vecker-hagen a. d. Weser mit Immen-
hausen im Kr. Hofgeismar, Kurhessen. Beckern im Kr. Liegnitz mit slavisirtem
ursprünglich d. Bieuowitz und Küstern (aus kelt. ruso-tor Beutenbühl, angelehnt an
Rüster, ulnius?), ßickeru im Kr. Bochum (aus bech angelehnt an d. book Ruche?),
(92)
Pe ehern im Kr, Sagan, sind entweder gleichfalls aus bechur entstanden oder als
Corruptionen von ir. bech-gart = Immenhag anzusehen, was als Beggars in Irland
erhalten, auch zu Bech-acker mit Scheven (s. unten sgeip) im Kr. Hagen, Westf.,
germanisirt scheint.
Begesse in Britannien = Immenstedt, ist die Composition bech-ese, erkennbar
in Bichis-hausen im würltemb. Donaukreise, in Peges-dorf a. d. Weser, Kr. Ha-
meln, verkürzt zu Besse im Kr. Fritzlar, Kurhessen, zu Besch im Kr. Saarburg,
zu Besch -dorf nebst Weigs-dorf, Schiebe (sgeap) und Rusdorf (rusc?) in der
Amtshauptm. Loebau des Königr. Sachsen, ferner zu Weicbs a. d. Glon und Weichs
a. d, Donau in Bayern; auch Bexbach a. d. Blies bei Homburg in der Pfalz mag
dahin gehören.
Bechy in Lothringen, Landkr. Metz, wie Becha nordöstl. von Doebeln in
Sachsen und Bechau im Kr. Neisse sind schon aus bech allein oder aus bech-ua
(für ma), d. i. Immenfelde, zu deuten. Ebenso Beicha nebst Beutitz (dieses slavi-
sirt aus botan, Beute) bei Brandis in Sachsen, Beucha und Zeilsdorf (s. unten
zeidl) im Gerichtsamt Borne daselbst, Beckum im Reg.-U. Minden und Arnsberg,
ferner B eggen -dorf, Beck und Immendorf im Kr. Geilenkirchen, Baggen-dorf
nebst Mezeken-hagen (s. unten mez), Milzow (s. unten mel) und ßarkow (poln.
bare) im Kr. Grimmen, Bicken-dorf mit Bachern und Roesberg (rusc-brig) an
der Ville (fyllon Buschwald) im Reg.-B. Cöln, Bechen bei Kürten (caor-tas Schä-
ferei) im Kr. Wipperfurt, Becken- dorf im Kr. Oschersleben, Beek mit Erkelenz
(earc-lann Bienenheide) und Immerath (deutsch rad = opes?) im Kr, Erkelenz des
Reg. -Bez. Aachen (cf. aber lin Lein und imbde Reichtbum), Bigge mit Mede-
Ion (med-laun wie medgel, kil Z. 159) im Kr. Brilon, Westf. Wenn der Bachuame
Bigge der ursprüngliche, dann kelt. Bechava der Immenbach, wie gleicher Bedeu-
tung Begenza, jetzt Pegnitz als Ableitung von bech auf ent. Im Kr. Krossen findet
sich die Gruppe: Trebichow = kelt. Treb-Bechua, d. i. Gemeinde oder Gau
Immenfeld, dabei die Vorwerke Metsch-dorf (metsch etwa aus medgel = cella medi
corrumpirt) und Riesenitz (aus risg?), östlich dabei Beutnitz (slavisirt aus botan.
Beute), südöstlich Zettitz (aus zeidl), endlich an der Oder der Ort: Sieben-beuten.
Es fragt sich, ob solche Gruppirung die Concurrenz von slav, trebiez Rodung, mocz
Nässe, raschesschiua Dorn oder dergleichen, woran die Namen in slavischer Zeit
angelehnt scheinen, ausschliesst und eine von den Kelten her durch die germanische
Zeit fortgesetzte Pflege der Bienenzucht indicirt. Keltisch Bechua etwa an d, Pech
angelehnt in Pechau, Kr. Jerichow, in Püchau mit Schepa (sgeip) und Zeititz (ver-
stümmelt aus zeidl) im Ger,-Amt Würzen und mit der Aspirata statt der Media
im Anlaut etwa Fechen-heim im Kr, Hanau, Grossh. Hessen und Fechingen im
Kreise Saarbrücken. (Vergleiche aber fochunn,) — Bech, Bechua vielleicht auf-
gelöst zu bey in der Gruppe Immendorf, Beyenthal und Bickeudorf im Land-
kreise Cöln.
Bech mit lan (plenus, reich an) oder lann (aula, Hof, auch Heide) zusammen-
gesetzt in Bech-lin, Kr. Ruppin, Bech-lingeu ii. d. Jagst in Württemb., Bech-
ling-hofeu im Kr. Bonn, Beuch -lin gen mit Bechra (bechur) im Kr. Eckards-
berga, und mit Elision des 1 etwa in Beckingen a. d. Saar mit Mett-lach
(s. unten med) im Kr. Merzig.
Bechda, Ableitung auf d, t (Z. 791-2) oder bech-du Bienenort in Beuchte
mit Immenrode bei Goslar, Becht-heim und Metten -heim (med) im Kr. Worms
und mit Vertauscbung der Muta gegen Aspii-ata Feucht, ehemals Gerichts- u. Ver-
sammlungsort der angestellten Bienenwächter im kaiserl. Reichswalde bei Nürn-
berg, jetzt noch durch Bienenzucht ausgezeichnet, 362 m hoch und nicht feucht
(93)
gelegen. Die Nordgrenze dieses Gebiets ist die Begenza, j. Pegnitz, d. i. Immen-
bach, Ableitung von bech auf nt. Kbenso Füchtorf mit Milte (mel-dai Honigort)
luui Vinneuberg (gwenyn-brig Rienenberg) im Kr. Warendorf, Westf., Wechte bei
Ibbenbüren in Westf., von welchem nördlich Mettiugen (med) liegt, und Vicht
nebst Scheven-hütte (sgeap) im Kr. Aachen.
Bech-reidh, d. i. Immenau in Bicken-riede mit Büttstedt (botan, Beute)
im Kr. Mühlhausen, Reg.-B. Krfurt; französirt ist es vielleicht zu Becherelles im
Dep. Seine-Marne und Becherel im Dep. Marne,
Bech componirt mit ceal, kil = Bienenhaus, wie unten med-gel - cella medi
etwa in Peckels-heim, Kr. Warburg, Reg.-B. Minden, slavisirt zu Beuchlitz
a. d. Saale, Kr. Merseburg; bech-lis wäre Immenhof. Wenn
Carabr. gwenyn, gwenyneu = apis Z. 296
und en nur die Singulativendung, so dass gwen, ven = apes, dann etwa daher
Vinnen-berg = gwenyn-brig Bienenberg, zusammenliegend mit Milte (meldai)
und Füchtorf (bechdai) im Kr, Warendorf, Reg.-B. Münster. Diesem Vinnenberg
gleich scheint Vienen-burg mit Beuchte und Immenrode bei Goslar. In diesen
Gruppen wären also Fücht- und Beucht die ältesten Ansiedelungen aus der Zeit
der ersten kelt. Einwanderung, die Vinnen — Vieneu datireu aus späterer cambri-
scher Zeit, dann aus deutscher die Ansiedelung Immenrode.
Unter mannichfacher Concurrenz von deutsch. Fenn, Venu, Fenz (Gehäge), altd.
wunna (Wiese, Weide), von kelt. gwyen (Bächlein), find (weiss), gwaen (campus) etc.
wäre ferner anzuführen: Vennebeck im Reg.-B. Minden, hoch gelegen, daher etwa
gweu-buac der Immenbühl, Venningen nebst Bechingen im Bezirksamt Landau
der Pfalz, als Ableitungen von bech und gwen auf in. Finnentrop, etwa aus
gwen und tor Immenbühl, wenn nicht gwenyn-treb Imraenstadt, an der Bigge (Be-
chava Immenbach) mit Wenden (gwen-dai?) im Reg.-B. Münster, Venniglohe
Ableitung gwennic - Bienenort, dem d. loh Wald beigefügt, im Kr. Arnsberg mit
Beckum (bechua). Ven -rat h mit Imraerath im Kr. Erkelenz. Hier ist Venrath
aus ir. feu (heros Z. praef VIII) -rath = Wallburg der Helden, cambr. gwaen-rath
wäre Wallhügel im Sumpfe oder der Ebene, gwenyn-reidh = Immenau.
Kell, bothan (?) = d. Beute,
d. i. Bienenstand, Bienenweide, häufig in norddeutschen Urkunden, auch als melli-
ficia erwähnt, da für die Benutzung der fiscalischen Forsten als Bienenweide Ab-
gaben meist in Honig und Wachs zu entrichten waren, so z. B. von der merica
Cöpnick 3 Tonnen, Bysdal (Biesenthal) 1 Tonne, Potsdam l'/j Schock.
Aus bothan, Beute wären zu deuten: Beuthen im Reg.-B. Liegnitz, Beuthen
im Reg.-B. Oppeln, Beuthen im Kr. Teltow, alt Buten, als wäre es niederd.
buten == draussen, Beutha im Ger.-Amt Hartenstein, Kön. Sachsen, Butten und
Ratz-weiler (rase?) im Kr. Zabern, Dnter-Elsass, Beutuitz und Sieben-beuten in
der erwähnten grossen Gruppe des Kr. Krossen, Botten-dorf und Eulau (slav. ul?)
im Kr. Querfurt, Bottrop im Kr. Recklinghausen, Reg.-B. Münster, Boten-heim
im württemb. Neckarkr., Bütt-stedt mit Bickenriede (bech-reidh) und Immenau
im Kr. Mühlhausen, Reg.-B. Erfurt. Nota: kelt, bawd Sumpf, byth (Grab-, Opfer-
stätte) buith, bod (Stätte), bodu (Sieg) etc,
Ir. earc, arc
soll nach Mone Biene bedeuten, an anderen Stellen auch Fluss, Bach, dann wieder
Herr, in welchem Sinne es wohl mit airech (princeps) identisch wäre. Lautähnlich
(94)
ist noch ir. arc, arg - lat. arctus Z. 68; ahd. ercun = genuinus, ingenuus in Per-
sonennamen kommt schwerlich hier in Betracht.
Wenn nun Mone's Angabe richtig, dann arc, earc etwa in Erks- leben mit
Buddenstedt (botaa) und Süpplingen (s. unten sgeip) im Kr. Neuhaldensleben; Erk-
mans-dorf östlich von Dresden als earc-magn = Immenfelde, Erkeln mit Hemb-
sen (aus Immenhausen) im Kr, Höxter, Reg.-B. Minden, als earc-kil oder lann
Bienenhof oder Heide, Arkel im Kr. Lingen, Hann., ebenso. Erk-rath im Ldkr.
Düsseldorf als earc - reidh = Immenau oder (erk aus) airech rath Wallhügel, Burg
des Herrn? Ergste unweit der Ruhr (kelt. rhyar) im Kr. Iserlohn, aus earc-sig
= Bienenhaus. Nerk-witz in Weimar als u'-earc-fid der Bienenwald und in der
Amtshauptm. Grimmen des Königr. Sachs. Nerchau aus n-earc-ua (für ma) der
Bieuenort zu der Gruppe Gr. Bothen (botan), Beicha und Peucha (bech-ua),
Tschepa aus sgeip.
Kelt. rhisg, rusc, rusg, Bienenstock
sprachlich mit Concurrenz von kelt. rhiasg Moor, russ Vorberg, deutsch Ross, Rausche
(Zitterpappel etc.) möglich im Risch am Zuger See, Rischow im Kr, Pyritz (kelt.
gweryd), Rischenau in Lippe-Detmold, Rysum in der Landdr. Aurich, Rees
im Regierungs-Bezirk Düsseldorf, Röschen im Kreis Kalau (kelt. Calau), slavisch
angelehnt an raschesschina Dorn, ferner in der Gruppe um Preetz in Holstein
Rais-dorf, Ras-dorf, Honigsee und Barkau, wo also die Fortsetzung der Bie-
nenzucht von der keltischen Zeit durch die germanische bis auf die slavische durch
kelt. rhisg, rusc, deutsch Honig und slav. bare (im Walde aufgehängter Bienenstock)
indicirt wäre. In Lüneburg erscheint als Gruppe der Bienenzucht: Rösche (rusc),
Rätzlingen (rusc-lann), Medingen (aus med), Bienen-büttel, worin das dem
kelt. budhail (Wohnort) entlehnte büttel ursprünglich kelt. botan gewesen sein mag,
dem d. Biene vorgestellt ist; endlich hierzu vielleicht Melbeck aus camb. mel-
buac, boc = Honigbühl, angelehnt an deutsch Mühlbach. — Rauschen- berg in
Kurhess., d. Berg mit Espen, ist kelt. rusken-brig Berg mit Bienenstöcken. Roes-
rath mit Immekeppel im Kr. Mülheim, dasselbe aus rath = coUis Z. oder aus reidh
(Feld, Au); ebenso Ro es -berg = rusc-brig mit Reis- dorf und Bechlinghofen (bech-
lann) im Kr. Bonn.
Wenn brusc wirklich eine Nebenform von rusc, dann daraus etwa Brusen-
dorf im Kr. Teltow, hoch und trocken gelegen, Brusen-felde im Kr. Greifenhagen,
in gleicher Lage, so dass weder kelt. brisidh (Sumpf), noch poln. brud (Schmutz)
oder sloven. brusa (Durchbruch des Wassers) betheiligt sein können. Auch in
Namen wie Broussy, Brissac in Frankr., Brüssow im Kr. Prenzlow, Bruttig im
Kr. Kochern u. dergl. könnte es enthalten sein.
Ir. sgeap, sgeip = Bienenstock, Beute (Mone)
in Chepy und Cheppe im Dep. Marne = Schaepe (sgeap - ua Beutenstand) mit
Ras- dorf (rusc) und Wend. Borkow (poln. bare?) in der Zauche (kelt. seygh-ua
Dürrenfelde) am Rande des wüsten, mit Heide erfüllten Hader-landes (aus kelt. edr
die Wüste). Dasselbe Zschepa a. d. Losse (aus kelt. luaith = rapidus) bei Würzen
(kelt. vurdai Grasanger), ferner Scheibe mit Rus-dorf (rusz) und Weigs-dorf
(weigs aus bech-ese Immenstedt) in der Amtshauptm. Loebau des Kön. Sachsen,
Tschepa mit Beicha, Peucha, Bothen und Nerchau (n-earc-ua das Beuten-
feld) in der Amtshauptm. Grimmen daselbst, ferner in Zschepa mit Zscheplin
(sgeap-lann) und Reisseu (risg) im Kr. Deutsch. Aus sgeap-laun mit Elision des
Gutturalen entstand Sipp-liugen mit Irnmenstädt am überliuger See in Baden, Süpp-
(95)
lingen mit Büdden-stedt (botaii?) im Kr. Helmstedt, Braunschweig, Süpp-lingen
mit Erks-leben (earc-lub Bienenhusch?) und ümmendorf (für Immend.?) im Kr. Neu-
haldeusleben. Schiften - berg mit Reis-kircheu (risg?) im Kr. Giessen aus sgeap-
brig = ßeuteuberg. Schiffel-bach mit Erks-dorf (earc-tig) und Rauschenberg
(rusken-brig) im Kr. Kirchheim, Kurhessen, aus sgeap-kil, etwa Beutenhausen, wie
med-gel, kil = cella medi; sgeap-cul wäre Beutenberg. Zeppen-feld im Kr. Siegen
als sgeap-foil -- Beutenhausen. Zscheip-litz bei Freiberg an der ünstrut, früher
als Nonnenkloster zu supplicium umgemodelt, ist als ir. sgeip-lis = Beutenhofen.
Als Gruppen der Bienenzucht wären auch zu deuten: Tscheplau (sgeap mit le,
loch Ort componirt) mit Seppau (sgeap-na). Weich nitz (bech-enza wie Pegnitz
aus Begenza?) Rausch witz (rusc-vid) im Kr. Glogau, Zapken-dorf (sgeap - kae
Beutenhag) mit Bützin (botan?) und M atgen-dorf (für med-gel?) im Amte Güstrow,
Meklenb., wie Zschepkau im Kr. Bitterfeld, Scheven und Beckacker (Sgeap-na
und Bech-gart) im Ki. Hagen, Westf., Scheven-hütte und Vicht (bech - dai) im
Kr. Aachen. Mit dem
Cambr. med, arem. mez, com. medu,
erhalten im kelt. Ortsnamen Med - gel = cella medi (Z), tritt in Concurrenz das
identische d. iMeth, altd. medo und slav. med - Honig, ausserdem mit cambr. meddu
(possessio), cambr. mes, mesen Eichel, ir. midhe Grenze (Mone), kelt. medd,
mez = d. mitten, sloven. med, wend. masy; med ist aber auch die Wurzel von
ir. mess =^ Judicium Z. 49.
Auf kelt. med, mez wären ausser den oben erwähnten Metsch-dorf (aus med-
gel) mit Trebichow etc. im Kr. Kxossen, Medelon (med- lann reich an Meth) mit
Bigge im Kr. Brilon, Mett-lach (med - loch Methstätte) mit Beckingen im Kr.
Merzig, Metschow (med-ua Methort) mit Mesiger (mezic Methort) und Beggerow
im Kr. Demmin, Meseken -hagen (mezec), Milzow (mel-da) und Beggen-dorf im
Kr. Grimmen noch zu merken:
Metelen (med-lann) und Mezum (mez-ua) im Kr. Steinfurt, Reg.- B, Münster,
Metsch-lau (med-gel = cella medi Z) und Wichels-dorf (bech - gel - kil Bienen-
haus) im Kr. Sprottau, Reg.-B. Liegnitz, Metten-dorf (med-na) und Beilingen (für
bech-lann) im Kr. Bittburg, Reg.-B. Trier, Metten-heim mit Becht-heim (bech-dai)
im Kr. Worms, Rheinhessen, Methler (alt Mediolarius?) = med - lar Methstetten
wie med-gel, medua, medic, med-lann, und das letzte mag auch in dem einen oder
anderen der häufigen Mediolanum enthalten sein.
Kelt. mel (Honig)
unter mannichfacher Concurrenz aus allen drei Sprachen zu suchen besonders in deu
Gruppen; so Milzow (mel-du Honigort) mit Baggendorf etc. im Kr. Grimmen —
ihm sprachlich gleichwerthig ist Melzow im Kr. Angermünde — ferner Melz(mel-
dai oder tig Honighaus) mit Bütow (botan. Beute) im Amt Wredenhagen, Mecklen-
burg, diesem gleich ist Melz-heim im Landkr. Strassburg, Elsass; Mels-wig im
Kreis Wittenberg etwa mel-gwic Honigmarkt? — Mel-beck in der erwähnten
Gruppe von Lüneburg wäre aus mel - buac Honigbühl, selbst Melibocus kann so
gedeutet werden. Melauue mit Rauschendorf (rusc) im Kreis Görlitz als cambr.
mel - laun reich an Honig. Melle mit Beckerode (Mel-ua und bechur oder bech-
leidh Immenau) in der Landdr. Osnabrück. Mehlis und Wechmar im Kr. Ohr-
druf, Gotha, = mel - ese Honigstätte und bech - mar = bieneureich? Als Gruppe
der Bienenzucht kann vielleicht auch gelten Milow, Schapow, Brussow, Rossow
im Kr. Prenzlow aus mel-le Honigort, sgeap-na, rusc- und brusc.
C96)
Deutsch Biene, beo, Imme, ziedl.
Zu dem ersten, welches seltener als die beiden anderen erscheint, sei noch er-
wähnt: Bienen d. i. to den Bienen, mit Emmerich d. i. Immenreich (?) im Kr.
Rees und Bien-dorf in Anhalt, Kr. Köthen; zu Immen: Immenthal mit ßüding
(botan, Beute?) uod Bissen-hofen (bech-ese) im Bezirksamt Oberhofen in Bayern.
Erwähnt sei noch, dass ir. imb, imme Butter bedeutet. Z. 283,
Mhd ziedl Biene, zeidl Honig, wovon Zeidler = Imker, mit Elision des d zu
zeiL Äiel etc., des 1 zu zeit, zed, sied etc. corrumpirt und an deutsch siedel, slaY.
zyto etc. angelehnt. So Zeilhard, d. i. ziedl-, zeidl-hart Bienenwald in Starken-
burg, Gr. Hessen; die Zehlen-dorf im Teltow, Barnim und im Kreise Güstrow,
Mekl, mit Zapkend (sgeap), Matgend (med?) und Rosswitz (rusc-vid) heissen alt
und urkundlich Cedelendorf, also unzweifelhaft Zeidlerdorf. Zeil in ünterfranken
aus zeidl? Zeils-dorf bei Kieritsch (kelt. keyryd = castra) mit Zedlitz, Beucha
(bech-ua) und Medewitz (med-vid, d. vidu) im Gerichtsamt Borna, Sachs., Zeit-
litz und Meesow (mez) im Kr. Regenwalde, Pomm., Zeititz, Püchau (bech-ua),
Schepa (sgeap-ua) im Gerichtsamt Würzen. Zedtwitz (ziedl - vidu) im Bezirksamt
Hof in Bayern. Zeit-low (ziedl-loh Bienenwald) gegenüber Rüstow (risg - du?) im
Kr. Denimin, mit Beggerow, Meesow, Riesiger und Barkow eine Gruppe bildend,
die aus kelt. bech und risg, d. ziedl, slav. bare und dem allen 3 Sprachen gemein-
samen med, medo, Meth gebildet und slavisirt ist. Ferner sei erwähnt Seidel mit
Rosnow (rusc) und Schübben (sgeap) im Kr. Köslin, Seidlitz mit P]ulam, alt
Dlem (ans poln. ul Bienenstock) im Kr. Landsberg südlich der Warthe, auch Zed-
litz mit Rosterd. (rusctor?) im Kr. Steinau und Zedlitz mit Schebitz (sgeap)
und Rusc (russ) im Kr. Trebnitz (treb-newyd Neuendorf?), Reg.-B. Breslau. Aus
Poln. pszczola (Biene), pszczolnik (Bienenhaus), wend. zola, zolka
werden die Zolchow in der Mark, Zolke in Schlesien, Zolken-dorf in Mekl.,
Zollwitz und Zülz in Schlesien, letzteres mit Zeiselwitz (also wohl beide aus zeidl?)
im Kr. Neustadt, auch Züllichau in der Mark erklärt. Kelt. ist cylch = circuitus,
cambr. kylch = confinia Z. 832.
Poln. bare (Waldbieuenstock) in Barkow, Kr, Demmin, mit anderen kelt,
und deutsch. Namen der Bienenzucht, Barkow im Kr, Greifenberg, Barkow mit
Beggen-dorf im Kr, Grimmen, Bar kau mit Honigsee und Rois-dorf (rusc) in
Holstein, wobei zu erinnern, dass bark sich auch aus kelt. (e) bar (Sumpf), (e)
brach (lutosus), (i) burec (Eibenstand) etc. ergiebt.
Poln. ul, wend. ten hui in ülera, j. Eulam im Kr. Landsberg mit Seidlitz,
slavisirt aus zeidl, und ßorkow (bare?). Das sehr niedrige Terraio deutet freilich
mehr auf kelt. aul Dreck, sit und (e) barac. Ferner in Eulow, wend. aber
"Wilow; ülnitz, Kreis Kalbe, aus kelt. haelned = illuvies, aus slavisch ulownica =
Bienenstätte.
Wenn von diesen Gruppen auch ein Theil auf zufälliger Lautähnlichkeit be-
ruhen kann, so beweisen doch auch sie im Ganzen, dass die Besiedelung des Landes
von den Kelten beginnt, speciell, dass die Pflege der Bienenzucht von ihnen auf
die Germanen, ja auf die Slaven überging. Auf die Appellative Stadt, Dorf, Leben,
Heim etc. ist auch hier in der Deutung keine Rücksicht genommen, weil die
mit ihnen verbundenen Namen von Lehnsmilizeu, die der Deutsche noch heut Adel
nennt, allermeist nur Anlehnungen an ältere unverstandene Namen sind.
(97)
(15) Hr. Vircliow zeigt
peruanische Aiierthümer,
welche er der Güte des Hrn. Julius Paulsen verdaukt:
1) ein männliches Lama aus Goldblech, rohe Arbeit, aber doch sehr
kenntliche Darstellung, 4,8 cm hoch.
2) eine silberne Vasinica, 'i cm hoch, mit hoch abstehendem Henkel und
einem stielförmigen, 1,5 cm hohen Fuss und einer Mündung von 2 cm Weite.
3) eine Holzfigur von der Insel Titicaca im gleichnamigen See, 8,8 cm
hoch, von schwärzlicher b^arbe. Es ist scheinbar eine weibliche Figur, ohne Kopf-
bedeckung, mit gescheiteltem, lockigem Haar, sehr ausgeführtem Gesicht, die Arme
gebogen und die Hände an die Seiten der Brust angelegt. Der untere Theil des
Körpers ist mit einem, nach unten sich erweiternden Gewände bekleidet, das ganz
mit horizontalen i\eihen geometrischer Figuren bedeckt ist. Füsse fehlen. Der
untere Theil trichterförmig ausgehöhlt,
(iTi) f^r. Hartmann spricht über
bildliche Darstellungen von Ostafrikanern.
(Hierzu Taf. XI. und XII.)
Die besten älteren Abbildungen finden sich in Henry Salt Voyage to Abys-
sinia, London 1814. Der daselbst abconterfeiete Hadzareb von Suakim, Typus des
Bischari, ist schon häufig copirt worden, u. A. in den illustrirten englischen und
französischen Ausgaben von Prichard Natural history of mau. Die recht hübschen
Abbildungen einer Bischari-Frau und eines jungen Abyssiniers gab Ch. Pickering
in seinen „Races of man and their geographical distributiou. London MDCCCL.
Rechet d'Hericourt bildete den bekannten Regenerator Sachla-Selasie von Schoa
in höchst charakteristischer Weise ab (Voyage sur la cöte Orientale de la mer
Rouge etc. Paris 1841, pl. L), gab auch die ganz vorzügliche Darstellung eines
Tschauri der Danakil in der Adajel -Wüste (Second voyage sur les deux rives de
la mer Rouge etc. Paris 1841), pl. L). Ausserordentlich schöne und befriedigende
Abbildungen von Ostafrikanern zieren das Prachtwerk Lefebvre's, Voyage en Abys-
sinie. Hier sind die Leute in ihrem natürlichen Colorit dargestellt worden. Copien
einiger der besten dieser Bilder finden sich in Waitz: Anthropologie der Natur-
völker, IL Theil.
Cornwallis Harris' Highlands of Aethiopia (namentlich die colorirte x\us-
gabe der leider gänzlich vergriffenen Illustrations of the Highlands of Aethiopia),
in welchen Weiken sich auch seltener beschriebene Stämme, wie Woema, Mu-
daito etc. abgebildet finden, sind weniger bekannt, als sie es verdienen, ßernatz
gab in seinem Prachtwerke über die Adajel -Landschaften und über Schoa —
die Aufnahmen dazu entstanden bekanntlich während Harris' Gesandtschafts-
reise nach Schoa — vortreffliche Bilder von Afer, Somal etc. Ich bemerke
übrigens beiläufig, dass ich an Harris' und au Bern atz' Figuren die Fülle der
unteren Extremitäten tadeln muss, welche in strictem Gegensatze zu der drastischen
Schilderung der physischen Eigenthümlichkeiten der Afer Seitens jenes britischen
Gesandten (übrigens eines guten Zeichners) steht.
Moritz Rügen das bildete in seiner vielfach als ikonographische Vorlage be-
nutzten Voyage pittoresque dans le Bresil „Negres de Mozambique" etc. ab. Ferner
sind eine Reihe sehr interessanter ostafrikanischer Typen während der Küstenreise
der französischen Brigg üucouedic auf daguerreotypischem Wege aufgenommen und
Yerhandl. der Borl. Authropol. Gesellschaft It^Ty. 7
(98)
durch die Lithographie vervielfältigt worden (Documents sur l'histoire, la geogra-
phie et le commerce de l'Afrique Orientale recueillis et rediges par M. Gu ilain.
Atlas. Paris. Fol.). Hier zeigen sich Somal von Geledi, Warsangelli, Medjerten,
Wasuaheli, echte Araber, ferner Wadjagga, Wakamba, Wakuafi, Wanyamezi,
Wayao, Warima, Wabongo, Wanyassa, Makomanga, Makua, Amhara und Guragie.
Die auf Veranlassung des früheren Directors der Seewarte von Freeden und
auf meine specielle Instruction hin von dem Photographen C, Dam mann ausge-
führte Aufnahme der Matrosen an Bord der zanzibarschen Fregatte El-Megidi i. J.
1871 (Sitzungsbericht vom 14. Januar 1871) steht noch in Ihrer Erinnerung. Ein
Theil dieser Typen ist nach damals getroffenem Abkommen mit dem Photographeu
in meinen „Nigritiern" wiedergegeben worden, wie denn auch neue, von mir in
Afrika gezeichnete Typen hinzugekommen sind. Ferner fanden in meinen „Ni gri-
tiern" einige Photographien von Ostafrikanern Verbreitung, welche durch die
HHrn. Vogel, Fritsch, Zenker u. s. w. im Jahre 1868 zu Aden aufgenommen
worden waren. Hr. Fritsch hatte damals selbständig eine Anzahl Somal photo-
graphirt, die hoffentlich noch einmal in dieser Zeitschrift zur Vervielfältigung ge-
langen werden.
Unserem Mitgliede Hrn. J. M. Hild ebrandt haben wir eine nicht geringe An-
zahl von Negativ-Photographien zu danken, welche Musterexemplare der Mischaraber,
Godjam-Abyssinier, Komoraner, Wasuaheli, Wayao, Wanyassa, Wajiji und Wanya-
mezi in ganzer Figur darstellen. Der Vorstand hielt es der Mühe werth, diese von
Hrn. Hildebrandt auf seiner ersten Reise mit mangelhaften photographischen
Utensilien sehr geschickt aufgenommenen Platten vor deren gänzlicher Verderbniss
hier zum Theil durch Steindruck wiedergeben zu lassen. Einen Kommentar vermag
ich allerdings zu diesen Typen nicht weiter zu liefern, und zwar um so weniger, als
Hr. Hildebrandt vor seiner Abreise nach Madagascar aus Zeitmangel nicht mehr in
der Lage gewesen ist, etwas über jene von ihm photographirten Ostafrikaner
niederzuschreiben. Indessen denke ich, dass jeder Fachmann aus den dargestellten
Typen Belehrung über die körperliche Beschaffenheit dieser Menschen wird schöpfen
können. Ihr Gesichtsschnitt erinnert mich vielfach an die von Guilain publicirten
Typen, ferner an „Speke's Faithfuls" (Journal of the discovery of the sources of
the Nile, p. 611) und an manche der von Stanley abgebildeten östlichen Afrikaner.
Endlich möchte ich hier noch auf die, von dem unermüdlichen, talentvollen, leider
so früh verstorbenen Capitän Elton aufgenommenen Photographien aufmerksam
machen, deren einige für meine „Nigritier" zur Verfügung gestanden haben.
Da übrigens ein Theil derjenigen Fragen, welche ich heute hätte erledigen mögen,
bereits in der Julisitzung vom vorigen Jahre unserer Gesellschaft und auch in der
diesjährigen Januarsitzung der „Gesellschaft für Erdkunde" von mir zur Sprache
gebracht worden ist, so kann ich auf die bezüglichen Sitzungsberichte verweisen.
Erklärung der Tafeln XI. und XII.
Taf. XL, Fig. 1 — 4. Wasuaheli, und zwar 1 — 2 männlich, 3—4 weiblich.
Fig. 5 — 8. Wayao, und zwar 5 — 6 männlich, 7-8 weiblich.
Fig. 9. Kopf eines Abessiniers aus Godjam.
Fig. 10. Kopf eines Komoraners.
Fig. 11. Kopf eines Mischlings von chocoladenbrauner Hautfarbe, Vater Araber,
Mutter Suaheli.
Taf. XII., Fig. 1-4. Wanyassa.
Fig. 5—6. Wajiji.
Fig. 7 — 8. Wanyamezi.
(99)
(17) Hr. Hubrig hält, unter VorleguDg zahlreicher ethnologischer Gegenstände,
einen Vertrag
über die Hakka-Chinesen.
Die Hakka sind ein Zweig der mongolischen Rasse in China, unter welchem
besonders die Missionare deutscher Gesellschaften ihr Arbeitsgebiet gefunden haben,
und da auch ich zwölf Jahre unter diesen Leuten gelebt, mögen mir einige Mit-
theilungen gestattet sein über diesen Zweig des grossen chinesischen Volksstammes,
wie er in der Provinz Kong tung (Kwang tung) ') neben den Punti- und Hoklo-
Chinesen auftritt.
Die Hakka sind in Hong kong, Canton und anderen europäischen Häfen be-
kannt als Kuli, Lastträger, Steinhauer, Barbiere, Schmiede etc., wohingegen die
Hoklo mehr als ßcotleute, Matrosen, Sänftenträger, und die Punti als Diener, Köche,
Geschäftsführer der Europäer auftreten, obgleich dies keine Regel ohne Ausnahme
ist und daraus kein Schluss auf die Beschäftigungen dieser Stämme überhaupt
gemacht werden kann.
Eine gewisse Beriihmtheit haben die Hakka erlangt durch jene, leider fehl-
geschlagene Thaiping-Revolution (1848—64). Bekanntlich wurde diese Bewegung
mit Hülfe englischer Truppen niedergeschlagen, um den von den Thaipings ver-
botenen Opiumhandel aufrecht zu erhalten. Hier sei nur bemerkt, dass die Häupter
dieser Bewegung meist Hakka, aus den Kreisen Fayen und Tshyangyen, 10 Meilen
nördlich von Ganton, gebürtig, waren. An den Ruinen des Dorfes bin ich oft vor-
übergegangen, in welchem der Thaipingkaiser Fung siu tshen (Hung siu tsuen)
als einfacher Schulmeister seine grossen Pläne geträumt, da ich in jener Gegend
eine kleine Christengemeinde von circa 200 Gliedern zu bedienen hatte. — Zur
Zeit des letzten englisch-chinesischen Krieges leisteten die Hakka den Europäern
gute Dienste, indem sie als Lastträger dem englisch-französischen Heere folgten.
Den schlechten Ruf, als seien die Hakka Diebe, Räuber vor anderen Chinesen, und
überhaupt eine niederere Rasse, haben sie ihren Erbfeinden, den Punti, zu ver-
danken, welche die Hakka auf jegliche Weise zu verläumden suchen, aus Gründen,
die weiter unten erwähnt werden sollen. Wenn hie und da Colonisten, Reisende ete.
in dasselbe Horu stossen, so haben sie diese Weisheit von ihren Punti-Dieuern
und Comparadoren. Näheres wird sich aus meinen Mittheilungen von selbst er-
geben.
Als die eigentlichen Ureinwohner Südchinas werden allgemein die Myautz
betrachtet, die mit den Bergvölkern in Burman, Assam, Hoinam, Formosa gleichen
Stammes zu sein scheinen, mögen sie als Yutz Tschongts oder unter irgend einem
anderen Namen auftreten. In der Provinz Kwangtung sind die Myautz bereits
seit vielen Jahrhunderten in die hohen Gebirge im NW. zurückgedrängt, wo sie
bis jetzt eigene Sprache, Sitten, Kleidung, Unabhängigkeit und Freiheit sich ge-
wahrt haben, und wohl aus ihren Bergen heraus auf die chinesischen Märkte
kommen, um mit den Chinesen Handel zu treiben, den Chinesen aber keinen Zu-
tritt in ihre Berge gestatten. Ein Zweig dieses Sfammes, die Tauka, hat sich
zwar der chinesischen Regierung unterworfen, Sprache und Kleidung der Punti
angenommen, aber sie werden doch von diesen streng unterschieden und sind als
Hoitshit = Otterngezücht verachtet. Die Tauka werden nicht zu den öffentlichen
') Die Namen sind im Hakkaiiialekt gegeben, die eingeklammerten Namen bezeichnen die
Aussprache des Mandarindialekts.
(100)
Examinationen zugelassen, waren ursprünglich auch verurtheilt, nur auf den Flüssen
ihr Leben zuzubringen, doch wird darüber jetzt nicht mehr so streng gewacht.
Die ersten einwandernden Chinesen, welche diese Ureinwohner verdrängten,
waren die Punti, die, wie ihr Name besagt, sich jetzt als die eigentlichen „Ein-
geborneo'* oder „Insassen" betrachten. Die Zeit ihrer Einwanderung lässt sich
indess nicht genau bestimmen. Man unterscheidet mehrere grosse Einwanderungen
in China, die erste unter der Ha (Hia) Dynastie um 2000 v. Gh., dann unter der
Schong (Schaug) Dynastie um 1600 v. Ch., ferner unter der Tschu- (Tschu) Dynastie
um 1048 V. Ch. und unter der Tshin-Dyuastie um 220. Dass alle diese Einwan-
derer vom Westen kamen (und zwar NW.), geht nicht nur aus der Tradition des
Volkes hervor, sondern kann man auch aus Zeichencombinationen ersehen (z. B..
„West" und „Mund" = lachen, „West" verbunden mit „wieder" heisst zurückkehren,
antworten, berichten, nachfragen; „West" und „Frau" verbunden heisst erlangen,
sehnen u. s. w.). Eine Trennung der Nordchiuesen und Südchiuesen oder Punti
fand wohl schon zur Zeit jener Einwanderungen statt, indem jene dem Laufe des
Wong ho (Hvangho), diese dem Laufe des Yong tz Kong (Yang tse.Kyang) folgten
und dann weiter nach Süden zum Westfluss Si Kong sich wandten und die süd-
lichen Provinzen bevölkerten.
Die Einwanderungen der Hakka in die Canton-Provinz datiren aus der Zeit
der Sung (960— 1127) und Nyen- (Yuen-) Dynastie (128ü— 1368) und zwar vom
Norden her. Fast gleichzeitig dringen auch die Hoklo aus der benachbarten Fuk
ken- (Fo kien-) Provinz ein und besetzen die Meeresküsten und Flüsse im Osten
der Provinz, während die Hakka sich in den unbewohnten Gebirgsgegenden fest-
setzen und von da aus weiter sich ausdehnen. Auch später folgen sie nur den
Gebirgszügen und dringen immer weiter in das Gebiet der Punti vor. Zunächst
verdangen sich die fleissigen, anspruchslosen Hakka-Einwauderer bei den trägen,
bequemen , genusssüchtigen und verweichlichten Puntibesitzern , wurden später
Pächter und Besitzer, und wenn sie sich stark genug fühlten, griffen sie wohl auch
zu ungerechten Mitteln, um sich das Puntijoch abzuschütteln. Und so ist es dahin
gekommen, dass die Hakka nicht nur den NO. der Provinz allein besitzen, sondern
auch die Mitte immer mehr den Punti streitig zu machen suchen und auch im
Süden in den Gebirgsgegenden bereits ihre Vorposten haben. Kein Wunder, wenn
sie sich dadurch den Hass und die Feindschaft der Punti zugezogen haben und es
stets zu endlosen, oft recht blutigen Fehden Veranlassung gab. Natürlich wurden
auch den Punti diese Hakka-Gäste oft lästig genug und versuchten sie dieselben hinaus
oder zurück zu drängen. So fand um 1863 ein blutiger Krieg statt im Kreise Sin
len, südlich von Hong kong, wo die Hakka ihre Todten nach Myriaden zählten; sie
wurden von den Punti förmlich ins Meer gedrängt. 'Europäische Reisschiffe nahmen
3000 auf und brachten sie nach Hongkong, wo sie von den Europäern unterhalten
wurden, bis sie Arbeit gefunden.
Charakteristisch sind die gegenseitigen Schimpfuamen. Die Punti nennen die
Hakka „Schildkröten", und die Punti werden von den Hakka „Schlangen" genannt.
So redet man unter den Hakka allgemein, auch in Gegenden, wo es keine Punti
giebt, von einer „Schlangensprache" = Puntidialect, „Schlangenweib", „Schlangen-
kind" u. s. w.
Den sichersten Aufschluss über den Ursprung und die sucessive Ausdehnung
der Hakka geben uns die Familienurkunden, welche mit grosser Genauigkeit ge-
führt werden, so dass mancher arme Hakkabauer die Reihe seiner Ahnen 2 bis
3000 Jahre zurück nachweisen kann. Z. B. wohnte der Clan Ho, Lai, Lo, Yen
(101)
zur Zeit der Tschu-Dynastie (1048 — 220 v. Ch.) in der Provinz San tung (Schan
tung) am unteren Laufe des Wong lio (Hoang ho) und der Clan Kong (Kyang) am
Youg tz kong (Yang tse kyang), wovon er seinen Namen entlehnte. Die einen wan-
derten schon zur Zeit der früheren Sung (420 — 478), andere zur Zeit der Thong
(Thang) 620 — 907 nach der Fuk ken- (Fo kien) oder Kong si- (Kyang si) Provinz
aus und gelangten unter den späteren Sung (960 — 1127) und unter der mongolischen
Herrschaft Yen (Yueu) (1280 — 1368) nach der Kong tung (Kwang tung) Provinz.
Der Clan Ilyu lebte zur Zeit der Hon (Hau) 206 v. Ch. bis 2ö n. Ch. in Honam,
wanderte unter den Sung nach Fuk ken und unter den Yen nach Kong si, zur
Zeit der Min (Ming) 13ß.S— 1G44 nach Kong tung. Der Clan Lyong wohnte zur
Zeit der Tsin (260 — 322) in Honam und wanderte unter der Min-Dynastie in
Kong tung ein. Der Clan Fung lebte zuerst in Scham si (Sehen se), wandte sich
dann nach Si tschong (Sze tschuen), dann wieder östlich nach Kong sz (Kyang su),
von da siidlich nach Fuk-ken und zuletzt nach Kong tung. Der Stamm Li besteht aus
Nachkommen der Thong (Thang 620 — 907), die nach ihrer Entfernung zum Theil
in Tschet kong (Tsche kyang) Ackerbau trieben, dann nach Fuk ken verzogen und
zuletzt in Kong tung sich niederliessen.
Diese Beispiele mögen genügen, um zu beweisen, dass die Hakka ein Zweig
der nördlichen Chinesen sind, und zwar dem classischen Boden am Wong ho ent-
stammen, somit als Chinesen mehr Anspruch auf Aechtheit haben, als die später
unterworfenen südlichen Stämme der Punti.
Ein Hauptsammelplatz für die in Kong tung (Kneang tung) einwandernden Hakka
war der Bezirk Ka yin tschu (Kia ying) im NO. Von hier dehnten sie sich
aus über die Bezirke Fui tschu (Hoei tschu), Kong tschu (Kwang), Schau tschu
(Tscbau), Nam hyung, und einzelne Vorposten findet man, wie schon bemerkt,
über die ganze Provinz verbreitet. Mau nimmt au, dass etwa ein Drittel der Be-
völkerung in diesen Provinzen aus Hakka besteht. Ausserdem findet man Hakka
in Fuk ken, Kong si (Kyang si), Kong si (Kwang si), Tschet kong (Tsche kyang)
und Formosa Die Hakka der Kong tung-Provinz betrachten jetzt Kayin tschu als
ihre Heimath und man spricht daher von einer Kayin tschu wä = Hakkadialect.
Der Name Hakka, welches „Fremdlinge", „Gäste" bedeutet, wurde diesem Stamme
höchst wahrscheinlich deshalb beigelegt, weil sie ihre Wohnplätze oft wechselten
und dann immer wieder als Gäste uud Fremdlinge auftraten. Diese Wanderlust
ist dem Hakka auch jetzt noch eigen, denn neben den Hoklo, die als Seefahrer
allerdings mehr versucht werden, sich in anderen Ländern anzusiedeln, sind es
besonders die Hakka, welche nach allen Gegenden der Welt auszuwandern pflegen. —
Andere legen dem Namen Hakka folgende Anecdote zu Grunde: Wahrscheinlich
zur Zeit der Thoug-Dyuastie hauste iu der Fuk ken-Provinz ein Rebell Wong tsan,
der mit Feuer und Schwert die Provinz verwüstete, und überall raubend und plün-
dernd umherzog. Das Volk fürchtete ihn, so dass alles floh, sobald man sein
Kommen hörte. Auch aus dem Dorfe Schak pyak entfloh alles, was fliehen konnte.
Unter den Flüchtlingen war auch ein Weib, welches einen kleinen Knaben an der
Hand führte und einen grösseren auf dem Rücken trug. Diese fiel gerade in die
Hände des Wong tsan. Erstaunt über die sonderbare Art, wie die Frau die zwei
Kinder behandelte, erkundigte er sich nach dem Grunde, und erfuhr von der Frau,
der kleine Knabe sei ihr Sohn, der grössere ihr Schwager. Sie sprach: Kommt
mein Sohn um, so kann ich einen anderen gebären, aber den Onkel meiner Kinder
kann ich nicht ersetzen. Dem Räuber gefiel die Logik der Frau und er gestattete
ihr nicht nur frei zu passiren, sondern schickte sie heim mit der Weisung, einen
Zweig des Dolichos tuberosus über ihrei Hausthür anzubringen, das solle seineu
(102)
Soldaten ein Zeichen sein, damit sie ihr Haus nicht belästigten. Die Frau erzählte
dies überall und bald war das ganze Dorf mit diesen Zweigen geschmückt und
blieb verschont. Nach und nach zogen alle Flüchtlinge nach Schak pyak, um dort
eine Freistatt zu finden und der Räuber Wong tsan hielt Wort. Die zahlreichen
nyin hak = Gäste zerstreuten sich, nachdem wieder Friede in das Land eingekehrt war,
in den NO.-Theil der Kong tung-Provinz als Hakka, d. h. Familie der Gäste.
Ein anderer Beweis, dass die Hakka näher verwandt sind mit den Chinesen
im Norden, ist die Aehnlichkeit des Hakka-Dialekt mit dem Mandariudialekt oder
dem Hochchinesischen. Die Dialekte Punti und Hakka haben nur mit einander gemein,
dass sie aus dem Altchinesischen die Endconsonanten m. p. 1. k. bewahrt haben,
welche der Mandarindialekt verloren hat, z. B. 711 heisst in Puuti: Tshat pak schap
yat. Hakka: Tshit pak schip yit, Mandarin: Tshi pa schi yi. Hakka hat reine
Vocale, während Punti viele unreine Vocale gebraucht, das nordchinesische a ver-
wandelt sich in i und umgekehrt, au in o, o in öo öu, i in e u. s. w. Ebenso
haben die Töne einen ganz verschiedenen, oft entgegengesetzten Charakter. Im
Mandarin wendet man 4 — 5 verschiedene Töne an, die im Hakka durch den Ge-
brauch der abrupten Endconsonanten m, 1, p, k um zwei vermehrt werden. Im Punti
hingegen gebraucht man 8 Töne. Total verschieden ist Hoklo, nur ein Beispiel:
Tabak rauchen heisst Punti: schek yin, Hakka: schit yen, Mandarin: schi yen,
Hoklo tshya hun. An Lauten besitzt Punti 707, Hakka 619, Mandarin 532,
Hoklo 674.
Nahm man früher an, dass der Punti-Dialekt dem Altchinesischen am nächsten
liegen müsse, so sind neuere Sprachforscher zu der Ueberzeuguug gekommen, dass
Hakka am meisten mit der Sprache der alten Chinesen verwandt sein müsse. Es
lässt sich dies aus der Zeichenerklärung in alten Wörterbüchern und aus der alten
Poesie nachweisen.
Nicht allein in» der Sprache, sondern auch in Character, Sitten, Gebräuchen,
Kleidung und selbst in den Religionsanschauungen finden sich wesentliche Unter-
schiede zwischen diesen Stämmen. Während die Hoklo sich als Schifffahrer und
Kaufleute, die Punti durch Kunst und Industrie auszeichnen, muss man die
Hakka im Allgemeinen ein Ackerbau treibendes Volk nennen , besonders in
Gegenden, wo sie mit den Punti vermischt wohnen. Doch soll damit nicht gesagt
sein, dass sie sich nur mit Ackerbau beschäftigen. So zeichnen sich die Bewohner
von Ka yin tschu durch Gelehrsamkeit aus, so dass dort ein solcher üeberfluss von
Literaten zu finden ist, dass längst nicht alle Beschäftigung finden, obgleich eine
grosse Anzahl in den Gerichtshallen der Mandarinen Verwendung findet als Schrei-
ber und ünterbeamte. In Hongkong und Canton sind alle Steinmetzen, Barbiere
und Schmiede, zum Theil auch Matten- und Zeugweber, Gold- und Silberschmiede
Hakkachinesen. Im Fa-Kreise werden seidene Besatzlitzen, in Yun an Grasleinen
in Ka yin tschu baumwollene Stoffe von Hakka fabricirt Das höchste Ideal ist
auch für die Hakka, ein Gelehrter oder Beamter zu werden, und wenn dies nicht
erreicht werden kann, dann wird man Doctor (Arzt, Qnaksalber) oder Kaufmann.
Da im Allgemeinen die Hakka ärmer sind als die Hoklo und Punti, so sind
auch ihre Häuser und Dörfer schlechter gebaut und eingerichtet, so dass man ein
Hakkadorf schon aus der Ferne von einem Puntidorfe unterscheiden kann. Die
llakkahäuser werden in der Regel von Lehmsteinen erbaut, die aus dem ausge-
nutzten Boden der Reisfelder geformt werden. Ausser der Thür lässt man nur
eiuzelne kleine Löcher in den Wänden, die etwas Luft und Licht in die dunklen
Räume lassen. Ein einfaches Ziegeldach reicht weit über die Lehmmauer hinaus,
um diese vor Regen zu schützen. Grössere Häuser haben innen einige Abtheilungen,
(103)
durch Lehmmauern oder Bretterwände von einander getrennt, vielleicht auch einen
erhöhten Bretterverschlag. Der Fussboden ist gestampft wie eine Tenne, entweder
mit Lehm oder mit Kalk und Sand. Ein besonderer Luxus ist es, wenn das Haus
beim Neubau innen weiss getüncht wird, hernach geschieht das nie wieder. Als
Möbel findet man einen oder etliche primitive Tische, die jährlich einmal gewaschen
werden, einen hölzernen Lehnstuhl für besonders hohe Gäste und eine Anzahl hand-
breiter Bänke. Ferner 1 ni breite Bettbretter, die auf schmalen Bänken oder vier
Schichteu Lelimsteincn ruhen. Ueber das Bettbrett wird eine Matte ausgebreitet,
ein Kopfkissen von Bambus oder Rohrgeflecht mit Leder überzogen und etliche
wollene Decken oder Mattdecken findet man auch in einer Ecke liegen, und das
Ganze wird von einem grauen oder blauen Moskitovorhang, der an Bambusstangen
befestigt ist, umschlossen. Das Bett ist Sofa, Parlour und Ehrenplatz für Gäste.
Die Thüren und auch wohl die inneren Räume schmückt man mit Sprüchen auf
bunten Papierstreifeu, die zu Neujahr erneuert werden. Die Häuser der reichen
Hakka haben natürlich ein besseres Aussehen, die Mauern werden mit einer cement-
artigen Masse von Kalk und Sand gestampft uncf weiss getüncht. Diese Masse
erreicht mit der Zeit die Festigkeit von Sandstein. Doch findet man in der inneren
Einrichtung auch hier keinen besonderen Comfort. Die sogenannten tshoi tschu
lau oder Rittergutsbesitzer haben grosse, oft dreistöckige Häuser, mit 30 — 40 Fuss,
hohen Ringmauern umgeben, und "Wachtthürmen an den vier Ecken, um sich, ihre
zahlreiche Verwandtschaft (die das Dienstpersonal bildet) und ihre Güter zu
schützen und selbst gegen die Angriffe der Regierung zu vertheidigen.
Die Häuser der Punti und Hakka sind hingegen meist aus gebrannten Back-
steinen erbaut, die Dächer haben die eigenthümliche Grundform des Drachen und
sind mit Figuren verziert, die Wände werden inwendig und auswendig bemalt und
der Fussboden mit Backsteinen gepflastert. Ihre Dörfer sind enggeschlossen, mit
Mauer und Gräben umgeben, wohingegen die Dörfer der Hakka meist frei liegen;
nur ein Gebüsch im Norden, ein Teich im Süden gehört zu einem guten Fung
schui (siehe meinen früheren Vortrag) und zur Vertheidigung des Orts.
Auch die Ahnenhallen, Tempel und öffentlichen Gebäude sind viel einfacher
gebaut, als die der Punti und Haklo, doch ist Reinlichkeit und Schönheit weder
hier noch dort zu finden.
In der Kleidung unterscheiden sich die Männer nicht wesentlich von einander,
nur dass Gelehrte und Reiche lange Kittel, Schuhe und Strümpfe tragen; die ge-
ringeren Leute tragen nur kurze Kittel und weite Beinkleider, Bootleute vielfach
nur ein Stück Zeug um die Lenden gewunden. Die Kittel der Frauen sind etwas
länger, haben enge Aermel und engen Halsausschnitt. Das Haar kämmen sie
schlicht nach hinten, winden es in einen Knäuel zusammen und befestigen es mit
silbernen Nadeln, Pfeilen oder Ringen. Dicke silberne Armringe und Ohrringe
trägt jede Hakkafrau, doch schmücken sie sich nie mit Blumen, wie die Punti-
frauen. Die verschiedenen Formen der Ohrringe bilden auch ein Abzeichen der
verschiedenen Stämme, sowie auch die übrige Kleidung und Haartracht.
Während die Frauen fast aller Stämme die Unsitte haben, ihre Füsse zu ver-
krüppeln, um dadurch an Schönheit zu gewinnen, bewahren die Hakkafrauen, auch
die reichsten und vornehmsten, ihre natürlichen Füsse, können daher und müssen
auch sich freier bewegen, als die Punti- und Hoklofrauen, die in den Häusern
zurückgezogen, sich nur mit häuslichen Arbeiten beschäftigen. Die reicheren brin-
gen ihre Zeit mit Spielen, Rauclien und Faullouzen hin. Hakkafrauen sieht man nie
rauchen und spielen, sie arbeiten mit ihren Männern zusammen auf dem Felde,
bringen die Erzeugnisse des Feldes auf die Märkte und bewegen sich ganz frei,
(104)
auch in der Gesellschaft von Männern. Im Herbst und Winter ziehen sie schaaren-
weise auf die Berge, um das trockene Gras zu schneiden, für eigenen Bedarf und
zum Verkauf. Gras wird als Brennmaterial verwendet. Da, wo die Wasserstrassen
aufhören, sieht man grosse Schaaren von Hakkaweibern die schwersten Lasten
meilenweit über die Berge schleppen. Mit den sogenannten weiblichen Arbeiten
beschäftigen sie sich wenig, manche können kaum ihre Kleider ausbessern.
Trotz des härteren Looses scheinen die Hakkafrauen glücklichere Ehefrauen
zu sein, als die Puntifrauen, die ihre Rechte oft mit Nebenfrauen, Concubinen und
Sklavinnen theilen mii!?sen. Polygamie ist bei den Hakka viel seltener, als bei den
Punti. Die reichen Hakka nehmen nur ein zweites Weib, wenn sie von der
ersten keinen Sohn bekommen, und die zweite Heirath geschieht mit Einwilligung
der ersten Frau; auch bleibt diese Herrin, und die zweite wird nur ihre Magd.
Ein schwarzer Fleck im Familienleben der Hakka ist jedoch der häufige
Kindermord. Selten wird eine Hakkafrau mehr als 1 — 2 Töchter auferziehen, die
übrigen werden gleich nach der Geburt umgebracht, so dass die meisten Hakka-
frauen als Kindesmörderinnen betrachtet werden können. Es giebt viele, die 4 bis
5 und manche, die 10 und mehr Mädchen umgebracht haben. Oft ist dies grade
das Geschäft der Grossmutter. Man ermordet die Mädchen meist aus Armuth,
scheut die Kosten der Erziehung; oft geschieht es auch aus Aberglauben, um
Knaben zu erzielen. Je öfter ein Mädchen zur Welt kommt, um so grausamer
wird es umgebracht, um die Seele abzuschrecken, als Mädchen zu erscheinen; denn
man nimmt an, dass die Seele der Gemordeten in dem nächsten Kinde wieder als
lebendes Wesen auftritt. Daher ist in manchen Hakkadistrikten ein grosser Mangel
an Frauen, und die Männer wissen oft nicht, wo sie eine Frau suchen sollen, sie
sind daher vielfach genöthigt, sich mit armen Puntimädchen zu verheiratheu.
Schulen findet mau ebenso gut in jedem Hakkadorf, als in den Puntidörfern,
nur dass den ärmeren Hakka oft die Mittel fehlen, ihre Söhne länger als 2 bis
4 Jahre in die Schule zu schicken, um die nöthigsten Zeichen zu lernen. Mädchen-
schulen findet man imr selten unter den Hakka, wohingegen die Puntimädchen
wenigstens eine Zeit lang die Schule besuchen, um die Lieder auswendig zu lernen,
die sie heulend hersingen, wenn sie ihre Jungfrauschaft, oder vielmehr den Ab-
schied vom Elteruhause beweinen müssen.
Noch einen Umstand möchte ich nicht unerwähnt lassen, wodurch sich die
Hakka von den Punti unterscheiden. Die Punti lassen sich gern etwas vorsingen
und vorspielen von herumziehenden Sängern und Musikanten, die die Helden- und
Liebesgeschichten der Alten besingen und erzählen, halten es aber unter ihrer
Würde, selbst zu singen. Die Hakka hingegen sind ein singendes Volk, sie habep
eine reiche Auswahl von Liedern, die nicht im classischen Buchstyl geschrieben,
sondern in der deutlichsten Umgangssprache sicli von Mund zu Mund vererben.
Allerdings sind sie oft in einer so niedrigen Sprache und von so gemeinem und
schmutzigem Inhalt, dass man unter unseren Volksliedern wohl vergeblich nach
ähnlichen Liedern suchen niüsste. Es giebt Berglieder, Salzwasserlieder, Fluss-
lieder, Theepflückerlieder, Bettlergesänge, Wiegenlieder und Responsorien , in wel-
chen die beiden Geschlechter einander necken und mit einander scherzen. Man
hört daher die Schiffer auf ihren Booten, den Bauer hinter dem Pfluge singen, die
Lastträger summen ihre besonderen Lieder, einzeln und im Chor. Die Viehhirten
singen, auf dem Rücken des Biiffels liegend, und zehnjährige Knaben und Mädchen^
die nicht lesen und schreiben können, haben oft schon einen reichen Schatz der
schmutzigsten Lieder im Kopf.
Die religiösen Anschauungen der Chinesen bestehen aus einem Mischmasch
(105)
confucianischer, buddhaistischer und thauistischer Ideen, wozu noch Reste eines alten
Monotheismus kommen. Während nun die Punti sich mehr vom Buddhaismus
haben beeinflussen lassen, zahlreiche Tempel mit den verschiedensten Göttern haben
und selbst eifrige Götzendiener sind, trotz ihrer höheren Gultur — beschränken die
Hakka sich auf wenige hervorragende Götter, haben mehr vom alten Monotheismus
bewahrt und lieben besonders die Ahnen- und Geisterverehrung.
Als hervorragende Götter und Göttinnen werden von den Hakka verehrt die kon
yun nyong, die eine ähnliche Stellung einnimmt, wie die Marie im katholischen Gultus,
— die theu heu oder Himmelskönigin, eine Beschützerin der Schiffer, — ferner die
Götter der Literatur und Kriegskunst, die Schutzgötter der Städte, des Landes, des
Feldes, des Heerdes, Thores etc. Doch alle diese Götter haben nur eine unter-
geordnete Stellung; sie müssen am Ende jedes Jahres vor dem höchsten Herrscher
Nyuk fong Schongti ■= Edelsteinkaiser, höchster Herrscher, erscheinen und Rechen-
schaft ablegen von ihrer Regierung und gemachten Erfuhrung. An den höchsten
Gott darf sich der Sterbliche nicht wenden, so wenig sich der geringe Uuterthan
direct an den Kaiser wenden darf, aber man nimmt an, dass er am Ruder steht.
Regen und Sonnenschein, Donner und Blitz, Glück und Unglück herbeiführt. Doch
steht auch dieser höchste Gott nicht über den Weltgesetzen.
Eine Hauptrolle spielen bei den Hakka die Zauberer, Exorcisten, Frauen, die
Nachrichten aus der Geisterwelt holen, entwichene Seelen zurückrufen, (z. B. wenn
ein Kind krank ist) u. s. w., Gebräuche, die zum Thauismus gehören und mit denen
die Nordchineseu übereinstimmen. Aber ganz besonders sind die Hakka in den
Fesseln des Fung schui (wobei ich auf frühere Mittheilungen verweise).
Das Christenthum hat in Südchina besonders unter den Hakka Eingang ge-
funden, während die Punti sich hartnäckig dagegen verschliessen. Da die Punti
mit eben solcher Verachtung auf die Hakka kwai hai = Hakkaschildkröten, als auf
die Fan kwai tsai = fremden Teufel, herabsehen, fühlen die Hakka sich mehr zu
den Europäern hingezogen und schliessen sich diesen vertrauensvoll an. Es ist
dies neben vielen anderen wichtigen Gründen gewiss auch als Grund geltend zu
machen. Dass die Hakka nicht nur äusserlich Christen werden, sondern auch treu
sein können bis zum Tode, haben sie in manchen Verfolgungen bewiesen. —
(18) Hr. Jagor überreicht
ein Steinmesser und sieben Zauberhölzer aus Süd-Australien
und bemerkt dazu:
DerDirector des botanischen Gartens in Ad elaide, Süd-A ustralien , Dr.Richard
Schomburgk, dem wir bereits manche werthvolle Zuwendung verdanken, hat mir
diese Gegenstände zum Geschenk übersandt mit der Auflage, ein oder zwei Exem-
plare davon an die Gesellschaft für Erdkunde abzugeben. Da jene Gesellschaft
aber ethnographische Gegenstände nicht sammelt, so habe ich den Geber um die
Ermächtigung ersucht, sämmtliche Gegenstände unserer Gesellschaft als Geschenk
überreichen zu dürfen. Ich übergebe sie hiermit, vorbehaltlich seiner Geneh-
migung.
Hr. Schomburgk theilt über den Gebrauch dieser Zauberhölzer Folgen-
des mit:
,Es war bekannt, dass einige Stämme im Innern, die Tortin gui und die
Larra pintus, Regenmacher haben, die nach dem Volksglauben durch ihre
Zauberkünste Regen erzeugen können. Diese beiden Stämme leben zum Theil von
einer Drosera „muraon" genannt, welche nur nach starkem Regen reift. Bleibt
(106)
der ersehnte Regen aus, so versammeln sich die Regenmacher Nachts an einem
abgelegenen Orte und nehmen ihre Beschwörungen vor, wobei sie sich dieser Hölzer
bedienen. Die Länge der meisten beträgt 43 bis 78, ihre Breite zwischen 42 und
60 mm.
w
C© CÄJ %l # C Ö J i) ^
„Sie haben die Form von Bacillarien und sind mit rothem Ocker augestrichen.
Bekanntlich haben die Süd-Australier keinen Sinn für Ornameutik; ihre Waffen
und Geräthe sind sehr selten und immer nur mit geraden Strichen verziert, auf
die Verzierung der Zauberhölzer ist aber etwas mehr Sorgfalt verwendet. Die
runden Figuren auf denselben stellen angeblich Droseren vor, die anderen be-
deuten verwandte Pflanzen. Das kleinste Holz ist an einem Ende mit einem Loche
versehen zum Durchziehen einer Schnur, mittelst welcher es um den Kopf ge-
schwungen wird, so dass es laut summt. Die anderen Hölzer werden unmittelbar
mit der Hand gefasst und bringen, von geübter Hand geschwungen, einen ähnlichen
Ton hervor. Das Geräusch ist weithin hörbar, kein Eingeborener würde wagen,
sich dem Orte zu nahen, aus welchem es tönt. Nach dem Gebrauch werden die
Zauberhölzer sorgfältig verborgen; sie würden ihre Zauberkraft verlieren, wenn ein
profanes Auge sie schaute.
„Die vorliegenden Regenhölzer wurden mit noch 23 anderen in einer Höhle,
unter getrocknetem Grase verborgen, gefunden. Der Finder zeigte sie Männern
eines Nachbarstammes, die darüber in grosse Bestürzung geriethen ; schnell bedeck-
ten sie dieselben mit trocknem Grase, als einige Weiber naheten, und befahlen
diesen, sich schleunigst zu entfernen. Am folgenden Tage zeigte er die Instru-
mente Weibern. Sie waren wie vom Blitz getroffen und baten flehentlich, den
Männern nicht zu verrathen, dass sie die Hölzer gesehen hätten, da man sie sonst
unfehlbar umbringen würde. Rs sind dies die ersten derartigen Zaubergeräthe,
welche nach Adelaide gekommen sind. Kein Museum in Australien besitzt ein
Exemplar."
Von dem Steinmesser bemerkt Hr. Schomburgk nur, dass es zum Ver-
schneiden der armen Knaben diene. —
Hr. Virchow erinnert an eine frühere Sendung des Hrn. Baron Müller.
Schon damals habe er diese Art von Brettern mit den von Eyre beschriebenen und
als Mooyuinkarr bezeichneten heiligen Geräthschaften identificirt (Sitzung vom
1(J. December 187G. Verhandl. 8. 286).
(19) Das correspondirende Mitglied, Hr. Prof. Lepkowski in Krakau über-
sendet eine schöne Aquarellabbiidung eines
lithauischen Bronceringes.
Die hier in natürlicher Grösse dargestellte und 1,0!» /,y/ wiegende Bronce
befindet sich im archäologischen Cabinet der Jagellonischeu Universität unter der J
(107)
Zahl 6755. Ich erhielt dieselbe für diese unter meiner Leitung stehende Samm-
lung von Herrn H. ßukowski aus Stockholm. Dieser Gegenstand stammt aus
Lithauen, Gouvernement Kowno, Kreis Poniewicz, woselbst man zwei ganz gleiche
in der Erde gefunden. Er Ist ganz mit dunkelgrüner Patina bedeckt. Auf der
Einfassung ist eine Verzierung aus regelmässigen Einschnitten. — Vom Orte A
geht die Krümmung ah ihren beiden Enden aus ihrer runden Form in ein durch
drei immer grössere, kreisförmige Plättchen mit klein gekerbtem Rande unterbrochenes
Octaeder über. Aus dem letzten grössten Plättchen ragen zwei gestreifte Enden
hervor (diese zu je zwei gestreiften Linien sind keine Schraubenlinien). Die Theile
von A bis B sind auf die Fortsetzung der am Orte C zugehämmerten Krümmung
aufgesteckt. Sie bewegen sich auf ihr.
Dieser Gegenstand, in der Form einzig in seiner Art und unbekannten Ge-
brauches, steht nur mit demjenigen (von den bekannten) in einiger Analogie, der,
1871 in den Hochalpeu zu Pallon in Val Freissinieres aufgefunden, beschrieben und
(108)
im Holzschnitt vorgeführt ist in den Materiaux (Heft 4, Band IX., Serie 2), wo-
selbst Hr. 15. Tournier, jene Bijoux (von massivem Silber) prüfend, sie torques
nennt und sicVi so gewissermaassen der Meinung zuneigt, dass dies ein Collier sei,
indem er Montelius (L'Age du bronze en Suede) und L. Quicherat (Hi-
stoire du costume en France) citirt, dass ihnen solche bekannt seien, welche
mit dem in den Materiaux angeführten in Analogie stehen.
Unser Gegenstand kann keinenfalls als Collier angesehen werden. Es ist
dies kein zum Putz dienender Zierrath. Vielmehr Hesse sich etwa in seiner origi-
nellen Form ein Werkzeug zu religiös rituellem Gebrauche erkennen.
(20) Graf Carl Georg Sievers, correspondirendes Mitglied der Gesellschaft,
übersendet einen Bericht über eine
Forschungstour während der Monate Juli und August 1878 im lettischen Gebiete an der
Oger und Ewst.
(Hierzu Tafel XIII.)
Da mein Hauptzweck bei dieser P'orschungstour die Untersuchung von alten
Grabstätten in den Theilen des lettischen Livland war, w^ohin einestheils nach
Heinrich's von Lettland Chronik die Raubzüge der Esten nicht gereicht hatten,
anderntheils nach den Localitätsnamen livische Blutmischung wenigstens nicht
vorauszusetzen war, so sah ich mich auf die südöstliche Ecke Livlands, zwischen
Oger und Ewst, beschränkt Denn in dem noch östlicher liegenden polnischen Liv-
land das erst im Olivaer Frieden von Livland definitiv abgetrennt worden und
von dem nur spärliche Nachrichten vorliegen, scheinen litthauische und weissrussi-
sche Blutmischungen zu herrschen; entlang der ganzen Aa aber finden sich zwischen
den urlettischen Gesindenamen, wie z. B. Subers (Auerochse) einzelne Gesinde,
die den Namen Liwe, Liewen, Liebets führen, und zwar die letzten derartigen noch
beim Ursprung der Aa, zwischen dem Alokstne und Lodenhofschen See. Nahe
dabei weist der Name des Kirchspiels Pebalg Orisaar (livisch Ori = wasserbedeckte
Sandbank, Saar = Insel) auf den, nahe der Kirche und dem Pastorate Alt-Pebalg
liegenden Innis-See, dessen Bildung im Namen beschrieben ist, weshalb auch die
auf einer Halbinsel in demselben liegenden zahlreichen Gräber von meinem For-
schungsgebiete ausgeschlossen bleiben mussten.
Etwa 8 Werst von Alt-Pebalg liegt ohnweit des nach Kayenhof (Kaie eine
grosse Mövengattung, die vielfach auf Landseen vorkömmt im lettischen Livland)
führenden Weges beim Kischan (Kuschan) Gesinde auf dem höchsten Punkte eines
langgestreckten Hügels eine mächtige Eiche, in deren Höhlung, die thürartig aus-
gehauen ist, auf angebrachten Bänken 3 Personen sitzen können.') Im Umkreise von
circa 219 qm ist der Boden mit 1 bis Vi, Fuss Durchmesser habenden Steinen
gepflastert, die zwischenliegende Erde gelblich - grauer Lehm. Darunter befindet
sich eine zweite Schichte grösserer Steine, die jedoch schon so sehr von den Wur-
zeln der Eiche über- und umwaclisen ist, dass man sie, ohne den Baum ernstlich
zu gefährden, nicht mehr rühren konnte. Indem ich einzelne Zv?ischenräume
zwischen den Steinen dieser zweiten Schicht durch Loskratzen der Erde und Her-
auslangen mit der Hand reinigen Hess, stiess ich darunter auf eine dritte Schicht
Steine und in den Zwischenräumen mehrfach auf calcinirte Knochenpartikelu. Daher
glaube ich diese Stätte wohl für einen alten Opferplatz halten zu dürfen.
An der alten Heerstrasse von Riga nach Pleskau liegt im Löseru'schen Kirch-
1) Umfang der Eiche 2 Fu.ss, über der Erdo 5,55 Meter.
(100)
spiele unter Eckhof der Salnekrug; bei ihm fliessen die Adstirwe und das Sudsett-
Flüssclien zusaumien und bilden die Oger (Woga). welche ein Paar Werste weiter
die aus dem Gulbern'schen See entspringende neue Oger (jetzt durch einen Canal
gerade gelegt) aufnimmt. An dieser neuen Oger liegt ohnweit des Zusammen-
flusses in Gulbern'scher Grenze auf dem rechten Ufer die Ogersille (Ogerwald),
während auf dem linken Ufer ein Stück unterhalb an der geeinten Oger in Lubey-
scher Grenze sich ein Hügelriicken friit Gräbern hinzieht. In der Ogersille, die
aus sandigen Hügeln mit zwischeuliegenden kleinen Morästen und in einem der-
selben dem Sirgsde-See besteht, von denen das feste Terrain mit hohem Kiefer-
walde bestanden ist, liegen nahe dem Sirgsde-See 2 flache Sandhügel, die mit alten
Grabhügeln bedeckt sind, denen schon sehr viel an Schmucksachen zu verschiede-
neu Zeiten entnommen ist. Ich untersuchte folgende:
Grab I. Am 20. -Juli Abends, als ich die Localität in der Ogersille besich-
tigte, öffnete ich einen Grabhügel und fand in 4 Fuss Tiefe nur calciuirte Knochen.
Indem diese Tumuli sich meist um 3—4 Fuss über das umliegende Terrain er-
heben, und sie zunächst eine grabenartige flache Vertiefung umgiebt, erhält man
den Kindruck, dass die Leichen entweder auf den Boden gelegt, oder wahrschein-
licher etwa in 1 Fuss Tiefe eingesenkt, und dann mit der umliegenden Erde der
Tumulus aufgeworfen worden sei.
Grab II. und JH., den 21. Juli und in den folgenden Tagen geöffnet, waren
schon früher durchgraben worden, die wenigen durcheinander geworfenen Knochen
zeigten Spuren von Metall.
Grab IV. (Schädelnummer 1), Skelet auf dem Rücken liegend, Kopf nach
Norden gekehrt, mit bis in den Nacken reichendem Haare unter dem reichen Kopf-
schmucke. Letzterer besteht ans, auf Wollenzeug aufgenähtem Schmuck aus
feinsten Bronzespiralen, in Form eines Flechtwerkes, an das sich Arabesken, zum
Theil in Wellenform, zum Theil in Form eines geschlungenen Bandes aus gelben
Perlen verschiedener Grösse anschlössen; die kleinsten Perlen waren auf Pterde-
haaren aufgereiht. Um den Hals befand sich ein reicher Kaurischmuck, bei dem
jedesmal zwischen "2 Kauri's sich entweder eine oder zwei Perlen oder eine kurze
Bronzespirale befand. Unter dem Rücken lag ein Rindenstück. In der Gegend
des Unterleibes fanden sich Reste eines aus Drahtspiralen gefertigten Gürtels, an
dem auf der rechten Seite ein Messer in einer Scheide aus Leder mit Bronzever-
zierung und Bronze-Scheidenende sich vorfand.') Die unteren Extremitäten und
die Hände fehlten.
Grab V. (Schädelnummer 2), Schädel nach Norden, zur linken Seite gekehrt,
während das Skelet auf dem Rücken lag. Um den Hals ein Schmuck von Kauri's,
kleinen Schellen, kleinen gelben Perleu und kleiner Schnalle. Ein Klapperblech
an Drahtring mit angehäugten fünf kleinsten Klapperblechen lag dazwischen. Bei
Lindenschmit Bd. II Heft X Taf. 6 findet sich ein ähnliches Blech als Gehänge
eines Ohrringes abgebildet, wozu es hier möglicherweise ebenfalls verwandt wor-
den, indem nur dieses einzelne Klapperblech an dieser Stelle zwischen dem grossen
Klumpen Kauri's etc. zwischen dem schwarzen Malm von zersetzten organischen
Stoffen sich vorfand, und der dünne Ohrring oder Theile desselben zwischen der
grossen Menge von kleinen Spiralen und Theilen derselben übersehen werden
konnte. — Unterhalb des Beckens fand sich der untere Rand eines mit Bronze-
Einsätzen verzierten Gewandes, in der Gegend der fehlenden rechten Hand 2 Ringe
(spiralige).
1) Bahr, Livengräber Taf. 2, Nr. 7; Taf. 3, Grab 3, Nr. 1.
(110)
G-rab VI. war schon durchwühlt, an den Knochen Spuren voa Metall.
Grab VII. (Schädelnummer 3), Kopf in Südwest, 0,83 m tief, Rückenlage, Kopf
noch in Südwest.
Grab VIII (Schädel No. 4), Kopf nach Nordost. Lage 1,43 m tief, Rücken-
lage. Gesicht nach Ost gekehrt. Neben dem rechten Fusse Beil und Lanze. An
den Fingern der rechten Hand 3 Ringe. Parallel dem Armknochen 2 grosse mas-
sive Armbänder (Taf. XIII Fig. 1 u. 4), am Unterarme ein Armring (Fig. 3), auf
dem Oberarm aufliegend. Auf dem Bauche, bis auf den halben Oberschenkel rei-
chend, lag, auf einem Stücke Kinde (Linden) ein oval zusammengebogener GürteP),
bestehend aus einem Streifen Birkenrinde, mit Leder überzogen, mit Beschlag auf
beiden Seiten aus Bronzeblech, angenietet mit daran hängenden Ringen, ähnlich
Taf. XIII. Fig. 5, jedoch bedeutend breiter und ohne angehängte Klapperbleche, statt
dessen an jedem zweiten Beschlagbleche eine Oehse mit Ring von 0,026 m Durch-
messer. Die Enden des Gürtels liefen in einen versilberten Beschlag schmäler
aus. In dem inneren Räume des vom Gürtel gebildeten Ovals befanden sich eine
Menge Spiralen verschiedener Dimension, Kauri's, Klapperbleche und ein Paar
Riemenenden mit einem Beschläge von weissem Metall, Silberähnlich. In dem-
selben Tumulus mit
Grab VIII. lag in 0,40 m Entfernung, jedoch in entgegengesetzter Lage, öst-
lich vom Skelet VIII. ein zweites Skelet, Der Kopf also südwestlich.
Grab IX. Der Schädel in Stücke zerbrochen, die, wie flachgedrückt, bei ein-
ander lagen. Auf demselben und ihn vollständig bedeckend lagen 3 Bronzereifen,
nehmlich ein gedrehter Bauchreifen, ein Halsreifen, wie ihn Kruse's Necrolivonica
Taf. 4 q. q. zeigt, mit einem Einschiebeschloss, dieses war jedoch nicht geschlossen,
sondern die übereinander geschobenen Enden mit einem Stück Bronzedraht zu-
sammengebunden — und ein Kopfreifen mit Klapperblechen (Todtenkrone vgl.
Necrolivonica Taf. 4 N.) — Dazwischen noch die Reste eines Kopfschmuckes, be-
stehend aus 8 Reihen auf Bast (Linden) gereihter Bronzespiralen, die in gewissen
Entfernungen durch querliegende zusammengequetschte Blechstreifen in einer be-
stimmten Lage erhalten wurden (Necrolivonica Taf. 18 Fig. 4). Anstossend an diese
Reifen in der Halsgegend lag ein glattes gebogenes Nackenblech mit Doppelhaken
an den fanden, in welchen ein Kettenangehänge von 4 Ketten mit Klapperblechen
und Schellen hing. Darauf lag ein Kettenschmuck mit anhängenden Klapperblechen
und Schellen, an einem durchbrochenen dreieckigen Bronzebleche hängend, wie ihn
Tafel XIII Fig. 9 zeigt und wie ich sie an dem Kopfschmucke zweier weiblicher
Leichen, hinten links bis auf die Schulter herabhängend, schon früher gefunden
hatte; daran stiessen 2 Armspiralen im rechten Winkel zur Körperlage. In der
Beckengegend fanden sich, gleichwie in der Fussgegend, eine Menge kleiner Bronze-
spiralen, die offenbar in der Kleidung sich befunden hatten.
Mitten zwischen diesen beiden, in einem Tumulus liegenden, offenbar zu einander
gehörenden und wohl auf eine Opferung des W^eibes zu deutenden Skeletten lag
ein Kinderschädel, flach gedrückt, so dass die Schädeldecke das Bild einer flachen,
wenig gewölbten Knochenplatte bot, ohne Skelet. — Es ist dieses der dritte Fall,
dass ich bei unverbrannten Leichen solche evidente Spur der Opferung gefunden
habe. Die anderen waren folgende:
1) Unter den Ikkul-Gräbern in Gross Roop, wahrscheinlich gemischte lettisch-
livische Bevölkerung, ein männliches, auf dem Rücken liegendes Skelet, mit nahe-
bei dem Manne zugekehrtem, reichgeschmücktem weiblichem Skelet; an deren Füsse
1) 0,94 m lang, incl. Schnalle von 0,045 m Länge, und 0,057 Breite ohne die Ringe.
(111)
fast anstossend eine Brandstätte mit vielen calcinirteu Knochen, und hart bei den
Füssen des männlichen Skelets ein Kinderkopf, aufrecht gestellt, mit Kaurischmuck
in der Halsgegend, jedoch ohne jede Spur eines Skelets, obwohl bis 2 Fuss tief
und rundum die Erde aufs Genaueste durchsucht wurde. Später fand sich in
etwa 15 — 20 Schritten Entfernung ein Kinderskelet ohne Schädel in einem geson-
derten Turaulus.
2) Ebendaselbst ein männliches Skelet, mit einem Messer zwischen den Rippen,
in knieender Stellung rückwärts zusammengesunken, ohne Schmuck oder Waffen,
neben dem Skelet eines sehr alten Mannes in Rückenlage mit Schmuck.
;-$) Dieses ebenbeschriebene Gulbern'sche Grab, um von anderen, wo die
Opferung nicht ebenso evident, zu schweigen.
Grab X (No. 5), Schädel und Unterkiefer erhalten, in der Hüftgegend ein
Messer, zwischen den unteren Enden der Unterschenkel ein lieil. Die Knochen
des Rumpfs durcheinander geworfen, das Grab also schon nach Schmuck durch-
sucht. —
Grab XI (No. 6), Kopf in nordwestlicher Richtung, bloss eine Breetze (grosse
ßrustspange) beim Schädel.
Grab XII (No. 7), Schädel und Unterkiefer erhalten. Die grüngefärbten
Knochen des Skelets durcheinander geworfen.
Grab XIII. (Nr. 8), brauner Schädel ohne Beigaben, scheint einer späteren
Zeit anzugehören.
Grab XIV. (Nr. 9), Kopf nach Norden liegend, zurückgebogen. Unter dem
Kopfe eine Unterlage aus Lindenborke, darauf eine Schichte Farrnkraut, schön
erhalten. Ueber dem Farrnkraut, zunächst den Haaren, Flechtwerk von Bast oder
Farrenkrautstengeln, zum Theil sehr fein und künstlich in Maschenform ausgeführt
mit hineingewundenen Wollenfäden, so dass es fast den Anschein erhält, dass ein
derartiges Netz die Haare bedeckt habe. Auf dem Hinterhaupt eine schön im Zu-
sammenhang erhaltene Krone aus Bronze-Spiralen; auf dem Ende des schein-
bar zusammengewundenen Haarzopfes eine Partie Kauris, mit Drahtspiralen und
Perlen durchflochten. — In der Gegend der Herzgrube eine Bronze-Schnalle, Ringe
an den Fingern, und zum Theil nur in der Fingergegend 2 Schellen an einem
ankerförmig gebogenen Drahte. — Auf der oberen Hälfte der Oberschenkel der
untere Rand eines Kleidungsstückes, aus sehr dicken Wollfäden gewebt, mit ein-
gewebten Bronzespiralen, anhängenden Wollfranzen und Stücken des Kleidzeuges.
Ausser diesen 14 Gräbern habe ich noch circa 10 Tumuli geöffnet, in denen ich
nur wenige, durcheinander geworfene Knochen fand, die mithin schon früher durch-
sucht waren und vielleicht der Untersuchung der Professoren Hueck und Kruse
unterlegen haben, oder beim Schätzesuchen durchwühlt worden sind. Somit habe ich
von dieser interessanten Stelle nur 9 gehörig numerirte Schädel entnehmen können.
Jacob Turk, Gemeindeältester in Gulbern, gemessen und gezeichnet, ein rüsti-
ger Mann von über 60 Jahren, aus einer Familie, die der Tradition nach seit vielen
Generationen in ihrem Gesinde gelebt hat, jetzt Gesindeseigenthümer, erzählte, dass
betreffs der Gräber in der Ogersille sich die Sage erhalten habe , dass in der Zeit,
als die Gegend unter verschiedenen eigenen Königen bewohnt worden, die unter
einander gekämpft, hier die vornehmsten Gefallenen bestattet seien.
In Eckhof, ohnweit Gulbern, Kirchspiel Lösern, ist in früheren Jahren auf
einem Feldstücke, einen Hügel hinter der Schmiede einnehmend, nach Erzählung
des früheren Arrendators v. Hübbenet eine Menge Skelette mit reichem Bronze-
schmuck, Kettengehängen, Armspiralen etc. gefunden worden. Die Nachgrabungen
müssen ziemlich vollständig durchgeführt worden sein, da ich nur 2 Schädel an
(112)
durcheinander geworfenen Skeletten mit ein Paar unbedeutenden Bronzesohnallen
gefunden habe, von denen nur einer (Nr. 10) das Mitnehmen lohnte. Aeussere
Zeichen der Gräber waren nicht mehr sichtbar, Alles durch Ackern eben geworden,
so dass ich nur durch Auswerfen schmaler Parallelgräben die Skelette auffand.
Unweit der Oger liegt unter Lubey an der Pleskauschen Strasse der Nagel-
Krug, und neben demselben der hohe und steile Nagel-Berg, aus Grandgewölbe
bis auf den Grund bestehend. Zunächst dem Wege ist ein Knde des Berges zur
Graudgrube für die Wegereparatur geöffnet, in welche beim Nachstürzen der oberen
Erdschichten gelegentlich Kuochen mit herabkommen. Ich fand dort beim Nach-
graben einen Schädel (Nr. 11), etliche kleine Perleu, darunter eine von Bernstein
und eine von Knochen, ein Paar kleine Bronze-Sachen, und erhielt ein Stück einer
dort gefundenen Armspirale Ich sah jedoch auch etliche dort gefundene kleine
Münzen aus der Ordenszeit. Nach der Tradition soll dort oben früher die Lösern-
sche Kirche gestanden haben. —
unter Lubey sollten, wie erzählt wurde, gegenüber der Gulbernschen Oger-
sille, auf einem Sandberge viele heidnische Gräber sich befinden, nur durch die
Oger und den, von derselben durchflossenen Heuschlag von jenen getrennt. Bei
Untersuchung dieses Lubeyschen Hügels, der aus einem langgestreckten, mit seiner
Nordspitze der Oger zugekehrten, stellenweise mit dichtem Strauche, sonst mit star-
kem Haidekraut bewachsenen, sandigen Landrücken gebildet ist, der durch eine
Reihe von Jahren durch Küttisbrennen und Ackern ausgenutzt worden, fand sich
auf dem Nordende eine Menge ausgegrabener Gniber. Aus einem scheinbar unbe-
rührten Grabhügel erhielt ich in 1,24 m Tiefe ein ziemlich erhaltenes Skelet. Der
Schädel (12), den ich mitnahm, lag in Nordwest, neben ihm ein Stück Feuerstein.
Auf dem Rückgraht in der Höhe der Herzgrube eine Bronze-Schnalle mit auf-
gebogenen Enden; zwischen den Oberschenkeln ein Messer (Stelle, wohin die Tasche
eines langen Mantels käme) und auf dem unteren Ende des rechten Unterschenkels
ein Beil. Auf dem Becken eine eiserne Schnalle. Da die Lage des Messers auf
den Gebrauch einer Tasche in einem langen Rock oder Mantel, wie ihn die Letten
bis in die Neuzeit getragen, hindeutet, so bin ich geneigt, mit Berücksichtigung
der Schnallenform, das Alter des Skelets auf etwa 300 Jahre nach Einwanderung
der Deutschen zu setzen, indem das Stück Feuerstein am Kopfe, die Form des
Beiles und der Mangel eines Sarges gegen ein sehr viel späteres Alter sprechen.
Aus einem zweiten ziemlich gleichen Grabe hart nebenbei hob ich einen zweiten
desgleichen Schädel (Nr. 13), nur fehlte bei diesem der Feuerstein am Kopfe und
die eiserne Schnalle, dagegen fanden sich Bronze-Schnalle und Messer und neben
dem Beile eine eiserne Lauzeuspitze, er ist also wohl bedeutend älter. Ein drittes
nahebei liegendes Grab hatte einen zerbrochenen Schädel. —
Von Eckhof fuhr ich nach Sesswegen (lettisch Zeesuwain, in den Chroniken
Chessowe, Zessowe), besichtigte dort unter Neu-Geistershof mehrere kreisförmige
Steinsetzungen, zum Theil mit einem grossen Stein in der Mitte, und untersuchte
eine grössere Steinsetzung, 16 Werst vom Hofe, im Alsuppe -Walde, Krakul ge-
nannt, wo nur ein Beil und ein meisselförmiges Eisen (Celt) gefunden wurden. In
der Mitte des Steinhaufens befand sich ein fast ovaler Raum, mit grossen Steinen,
die glatte Seite nach innen gekehrt, umstellt und mit kleinen Steinen gepflastert,
der jedoch nur ziemlich viel .\sche und Sand enthielt. Etwa 4 Werst von dort
nach Sesswegen zu, beim Wirdeen Gesinde (werdeet, wirdeet, das Singen beim
Kochen des Wassers), heisst ein Gräberfeld kreewulei-kalu (Russenfeldberg) ; dasselbe
fand ich so vollständig durchgraben, dass es mir erst nach langem Suchen gelang,
dort einen unzerbrochenen Schädel (Nr. 14) zu finden, dagegen waren da sehr viele
(113)
grüngefärbte Knochen. Einiges Wenige an Bronzesachen erhielt ich dort noch ge-
kauft, während die Leute in den letzten Jahren sehr viel an Juden veräussert
hatten.
Darauf begab ich mich nach Lasdohn-Pastorat (hier Pastor Gähtgens) und be-
suchte von dort aus das Pohle- Gesinde (unter Prauien), wo mein Bruder vor
Jahren auf dem Felde Feuersteinknollen gefunden haben wollte. Das betreffende
Feld stand noch unter unreifer, sehr Qppiger Gerste. Auf einem benachbarten Felde
hob ich selbst einen Feuerstein mit weisslicher Patina auf, während auf diesem,
wie auf den benachbarten Feldern, sich in grosser Menge grauvioletter Schiefer als
Geschiebe fand, der nach der Probe vor dem Löthrohre kein Brandschiefer zu sein
scheint. — Der Wirth des Pohle-Gesindes bestätigte die Angabe meines Bruders
betreffs des Vorkommens von Feuersteinen auf einem bestimmten Feldstücke und
brachte mir endlich ein aufbewahrtes Stück, in welchem deutlich ein Stück eines
geschliffenen Beiles zu erkennen ist. — Ende September sandte ich meinen Kut-
scher hin, um nach beendeter Erndte die Nachsuchung fortzusetzen. Da derselbe
behauptet nichts gefunden zu haben, so werde ich wohl selbst noch einmal hin müssen,
um zu untersuchen, ob dort nicht eine Begräbnissstätte, wie Kohn dieselben:
Vorgeschichte des Menschen, Bd. 1., für Litthauen, Galizien etc. beschreibt, vor-
handen sei. —
2) Auf dem Felde des Sihle-Wirths in Prauien, wo ich vor circa 23 Jahren
selbst einmal ein Skelet mit einem Hiebe im Schädel aufgegraben hatte, fand ich
nur durchwühlte Gräber mit ein Paar Lanzenspitzen und eigenthümlich geformten
Beilen; endlich am Abend des zweiten Tages unter den Wurzeln einer vor 30
bis 40 Jahren vom Sturm umgebrochenen, sehr grossen, hohlen Rüster einen
Schädel, der ziemlich wohl erhalten gehoben werden konnte (Nr. 15). Die Sage
spricht von einer Schlacht, die dort zwischen Letten und Litthauern geschlagen
worden, und sie scheint in dem Umstände eine Bestätigung zu finden, dass auf diesem
Felde häufig kleine Beile aus Eisen von eigenthümlicher Form und Kleinigkeiten
von Bronze aufgehoben sind. Mir wurde während der Untersuchung von der
Wirthin ein auf jenem Felde gefundener, kleiner, kreisrunder Schleifstein von grau-
lichem Sandstein mit umlaufender Rille zum Umbinden einer Schnur oder Riemen
zum Anhängen gebracht. Derselbe hat 0,017 m Dicke und gleicht einigermaassen
dem von Nilsson, Steinalter auf Taf. L, Nr. 10, abgebildeten.
3) Es liegt dieses Feld an einem uralten, erst neuerdings wieder in Aufnahme
gekommenen Wege nach Polnisch-Livlaud, der über die Flüsse Kuje und Ewst auf
Borchow, Warkland, Welonen und Rositten hinausführt und in alten Zeiten wohl
über Ludsen ins Pleskausche ging. In der Gabelung, wo die Wege, von Prauien
und Lasdohn herkommend, etwa 3 Werst von Prauien zusammenlaufen und nun
diesen Weg zu bilden anfangen, befindet sich auf der Spitze eines Grandhügels
eine Menge, zum Theil schon beim Grandführen für den Wegebau zerstörter, ebener,
runder, mit faust- bis kopfgrossen Steinen gepflasterter Flecken. Mir war mitgetheilt,
dass bei der Grandfuhr unter jenen Flecken gelegentlich Menschenknochen und
Bronzeschmucksachen zu Tage kämen. Bei der Untersuchung von vier solchen
kleinen Steinsetzungen fand ich die, nach unten grösser werdenden Steine bis
4 Fuss, d. h. 1,25 m in die Erde hineinreichend, und dann unter denselben ein
Skelet liegend, an dem der Schädel, wohl durch das Gewicht der Steine, jedesmal
zerdrückt war. Da ein daneben wohnender deutscher Töpfer aussagte, dass er dort
wohl Knochen und Bronzesachen, aber keinen unversehrten Schädel gesehen, gab
ich die Arbeit auf,
4) Endlich untersuchte ich circa 6 Werst nördlich vom Pastorate Lasdohn beim
Verbandl. der Berl. Anthropol. UeitelUvIiuft 187H. g
(114)
Pehter'en-Gesiüde, unter dem Gute Modohn, ohnweit des von Erlaa nach Sess-
wegen etc. nach Pleskau jetzt führenden "Weges eine Stelle, wo beim Graben eines
Fundaments in 3 Fuss Tiefe eine Reihe von circa 6 hart neben einander liegender
Skelette, mit reichem Bronzeschmuck, namentlich Armspiralen, Kettengehänge,
reichem Kopfschmuck und Kopf- und Haisringen, gefunden worden. Der Wirth
selbst, vou dem der Pastor die Nachricht erhalten, war nicht zu Hause, sein "Weib
und sein Schwiegervater schienen misstrauisch mit ihrem etwaigen Wissen hinterm
Berge zu halten, und konnte ich daher nur in der Umgegend des betreffenden
Gebäudes, einer massiven Heitzriege (Getreidedarre nebst Dreschtenne), meine Nach-
grabungen und Sondirungen anstellen und fand endlich ein ziemlich schmuckloses
Skelet mit Beil und Lanze und defectem Schädel. Die erwähnten Bronze-Schmuck-
sachen sollen theils verschleppt, theils an Juden verkauft sein, so dass ich nur ein
alterthümliches kleines Beil erhalten konnte. Ein an die Riege grenzendes Feld-
stück, mit üppig stehenden Erbsen bestellt, deutet durch die sehr schwarze Farbe
des Bodens, die wohl durch reiche organische Beimischung entstanden scheint, dar-
auf, dass dort vielleicht künftig Interessantes zu finden wäre.
In dem an Lasdohn grenzenden Kirchspiele Laudon liegt jenseits der Ewst,
d. h. östlich derselben, das Gut Odsen (Ohde, Mücke); hart am Wege dorthin,
an der Grenze zwischen den Gütern Sawensee und Odsen, und zwar noch in der des
ersteren, liegen im Tannenwalde etwa 10 grosse, 2 Fuss hohe, mit Steinen umstellte
Turauli, an denen allen jedoch die Spuren mehrfachen Grabens zu sehen waren;
zwei davon untersuchte ich. Der grössere davon maass von Nord nach Süd 12,40 vi,
vou Ost nach West 17,45 m. In der Mitte dieses Tumulus fanden sich die Knochen
mehrerer Skelette durch einander geworfen, die Schädel zerbrochen, theilweise
grün gefärbt. Am Südrande innerhalb der Steinsetzung fand ich in 1 m Tiefe ein
Skelet, ohne Beigaben an Schmuck, der Kopf in "West, Füsse Ost. Der Schädel
erhalten, folgt unter Nr. 17. Das Alter des Skelets glaube ich in die ersten
christlichen Jahrhunderte hieselbst, also zwischen 1200 und 1400 setzen zu müssen,
näher letzterem, als das Beerdigen in heidnischen Begräbnissplätzen noch allge-
mein war.
Eine, etwa eme Werst davon entfernte interessante Bauerburg mit dreifacher
etagenförmiger ümwallung, die specifisch lettisch scheint, werde ich später mit
weiteren Burgbergen besprechen. — In den Beiträgen zur Kenntniss der Alter-
thümer in den Ostseeprovinzen Russlands Bd. 1., Heft 3, S. 368 u. ff. bespricht
Hr. von Brackel die Gräber einer Localität unter Odsen, circa 2 Werst oberhalb
der. Brücke über die Ewst am linken Ufer, 2 Loofstellen {- 20 000 G Ellen schwe-
disch) gross, mit zahlreichen Grabhügeln bedeckt, derzeit Krewu kappi genannt
(Russengräber), woselbst, wie es scheint, durch den Conservator des Mineralien-Cabi-
nets von Dorpat, ülprecht, im Jahre 1814 Aufgrabungen gemacht sind. Wenigstens
ist 1836 in dem Dorpater Localblatte „Inland", S. 345 in Nr. 21, von einem Esten-
grab an der Ewst unter Odsen und Sawensee die Rede, und von einem Esten-
schädel (von dort her, in dem Nachlasse ülprecht's) mit Kupferblechen an Draht.
Drahtketten, kupfernen Reifen, Armband, Lanzenspitze (Eisen) 10 Zoll lang. Dieser
Nachlass ist schliesslich an die Rigaer Gesellschaft für Alterthumskunde durch die
Schwester ülprecht's gelangt. Als ich nun zu diesen Krewu kappi fuhr, fand
ich fast den ganzen Platz durch jährliche Ausspülungen der Ewst zerstört, von
Grabhügeln, welche die alten Leute gesehen haben wollten, keine Spur. In dem
ziemlich steil, etwa 15 Euss mit frischen Spuren des Einsturzes zur Ewst abfallen-
den Ufer wurden 2 massive Armspangen von Bronze (Taf. Xlll., Fig. 2 und 3), den
Formen von Gulbern sich anschliessend, 2 Lanzenspitzen, sowie ein Beil von Eisen,
(115)
kleine Bronze-Spiralen und 2 defecte Schädel gefunden. Nach langem Suchen
fand ich endlich nahe dem Ufer ein Skelet, ohne Beigaben oder Waffen, der Kopf
nach Norden, die Füsse nach Siidfm gekehrt. Der Schädel folgt unter Nr. IG.
Von Odsen aus fuhr ich nach Stockmannshof an die Düna, machte von dort
bis Kokenhusen die Fahrt mit einem Boote und kehrte über F'istelen etc. nach
Hause zurück. Da ich schon 5 Wochen unterwegs war und ich mich auf den Gütern an
der Düna nicht angemeldet hatte, hielt ich mich nur in Fistelen an der Ogcr, wo
ich wusste, dass schon früher Sachen gefunden seien, ein Paar Tage auf. Oben-
ein wurde das Wetter durch Kälte und sehr häufigen heftigen Regen von Tag zu Tag
zu solchen Arbeiten ungünstiger. — 8 bis 9 Fuss über der Oger traf ich ein ebenes,
mit Klee bestandenes Feld, von dem ein Stück beim F-^isgang von der Oger abge-
rissen war, wo man auf dem Grunde die vom Wasser losgespülten Bronze-Schmuck-
sachen gefunden hatte. Der Boden war schwärzlich grauer Sand, 4 F'uss tief, gegen
die Tiefe stets dunkler und härter werdend, fast steinhart. Darunter lag 3 bis
4 Fuss rother Sandstein, auf Lehm auflagernd; der Erdbohrer nutzte dort nichts
weil die, die Nähe von Leichen sonst andeutende dunkelere ßodeufärbung sich
hier von der Bodenfarbe nicht abhob. Eine eingehende Untersuchung, durch Aus-
werfen schmaler paralleler Gräben, womit ich einen Versuch bei störendem Regen
machte, musste ich wegen Mangel an Menschen aufgeben, weil in den umliegenden
Gesinden der Scharlach bösartig herrschte, und der Gutsbesitzer, mein Vetter mich
gebeten hatte, jede Berührung mit den Leuten zu vermeiden, um die Krankheit
nicht auf seine Pflegekinder zu übertragen. Höchst interessant ist es nun, dass hier
in den von der Oger blosgelegten Bronzesachen, derselbe Typus, wie bei Gulbern
hervortritt.
Prof. ßaehr zeichnet in seinem Buche über die Gräber der Liven (Taf. XIIL
Fig. 14, 15, 16) 3 Bogenspanner, wie er sie bezeichnet, ab, von denen einer, Nr. 14
aus Ascheraden stammend, sich im Rigischen Museum befindet, zwei von unbekannten
Fundorten im Mitauer Museum. Professor Dr. Kruse (Necrolivonica) bildet, wie es
scheint, einen derselben in schlechter Zeichnung auf Taf. 19, Fig. 7, ab und be-
merkt dazu S. 24, dass dergleichen mehrere von ihm gefunden seien, ohne jedoch
Fundort und Verbleib anzugeben, spricht auch von solchen Funden in Schlesien
Thüringen und Sachsen. Da er von dem abgebildeten sagt, dass er in Ascheraden
gefunden, dürfte es derselbe, in Ascheraden gefundene und von Baehr ge-
zeichnete sein. Mitiiin befanden zu jener Zeit nur 3 dergleichen Bogenspanner
Armringe oder Schwurringe, wie man sie nun nennen mag, sich hier im Lande.
Bei einer genauen Besichtigung des Rigischen Museums am 5. December 1878
und des Mitauer Museums am 9. December fand ich in ersterem o Schwurringe
(Bogenspanner), von denen 2 aus Ascheraden stammen, der dritte aus Kewer Ge-
sinde, Kirchspiel Serben, Gut Auleiiberg. Das Mitauer Museum besitzt auch jetzt
nur zwei dergleichen, sehr schöne, die beide von Baehr, Gräber der Liven, abt^e-
bildet sind. Der Fundort von beiden ist unbekannt. — In den Verhandlun^^en der
gelehrten estnischen Gesellschaft, Band VI., Heft 3 und 4, „das Vaterländische
Museum'', Taf. X., Fig. 43, ist ein Schwurring abgebildet; in der Erläuterung
heisst es ^aus Ronneburg, Körber's Sammlung". Da nun das Gebiet von Rönne-
bürg einen Theil des Smiltenschen Kirchspiels bildet und auf der anderen Seite
bis auf ein Paar Werst au das Kewer Gesinde hinanreicht, so glaube ich annehmen
zu können, dass dieser Schwurring eben daher stammen werde. Sollte das jedoch
auch nicht richtig sein, so ist immer im Auge zu behalten, dass Ronneburg noch
in das unabhängig lettische Tolowa Heinrichs von Lettland gehört, und von mir
nur wegen der zu präsumireuden estnischen Sklaven bei meiner Uutersuchungsfahrt
8*
(116)
vermieden wurde. — In Gotthard Hausen „Estländisches Provinzial-Museum"
findet sich Taf. IV., Fig. 1 , ein desgleichen Schwurring abgebildet. Der Fundort
unbekannt. Mithin sind in sämmtlichen Museen der drei Ostseeprovinzen derzeit
vorhanden 7 Schwurringe oder Bogenspanner, von denen einer, der estländische,
wegen unbekannten Fundortes aus der Betrachtung wegfällt, während die übrigen
nur bei Ascheraden an der Düna und in der Oger-Gegend gefunden sind, insofern,
wie sich später zeigen wird, das Kewer Gesinde in nächster Beziehung zu der-
selben steht; zu diesen hat die diesjährige Tour weitere 6 Schwurringe ergeben,
von denen ich einen an dem männlichen Skelet, Grab VIII., selbst gefunden habe,
die übrigen 5 an der Oger bei Fistelen aufgelesen sind '), während der Bauer, der
dort die Sachen im Oger-Bette aufgesammelt hatte, aussagt, dass er eine Menge
ähnlicher bei dieser und früheren Gelegenheiten gefunden und an Juden als altes
Messing verkauft habe. — Im Jahre 1877, im Spätherbst war ich beim Aufsuchen
von grossen Steinsetzungen (Schiffsgräbern) bis ins Serbensche Kirchspiel, an Ronne-
burg grenzend, gelangt, und fand dort im Gebiete Aulenberg im Kewer Gesinde
einen alten, leider jedoch meist schon durchgrabenen Begräbnissplatz, dessen
Schmucksachen einen auffallenden Unterschied von denen der livischen oder ge-
mischt livisch-lettischen beim Ikkul-See, Gross Roop, Kremon, Treyden etc-. zeig-
ten. Von den dort gefundenen Sachen war etliches nach Riga gebracht worden,
durch Hrn. Probst Keussler, dort aber nicht die verschiedenen Fundorte, wie
Kewer, Gotthardsberg, Drostenhof gesondert bemerkt; das meiste war an Juden ver-
kauft, so dass ich nur eine spärliche Nachlese halten konnte. Dieselbe gestaltete
sich trotzdem zu einem reichen und wichtigen Funde, weil in Gulbern und dem
übrigen rein lettischen Gebiete nahe verwandte oder gleiche Funde in diesem Jahre
hinzukamen. So fand ich unter den 5 Leichen, die ich dort ausgrnb und die in
2 Gruppen vertheilt lagen — nehmlich eine männliche und nebenan liegend eine
1) Die Bezeichnung dieser Ringe als Schwurringe scheint mir keine ganz glückliche zu
sein, da höchstens die scheinbare Uamöglichkeit, sie leicht vom Arme zu eutfernen, dafür
sprechen dürfte; unter den 5 aus Fistelen von dem Oger-Ufer erhaltenen derartigen Ringen
ist einer beim seitlichen Losbiegen zerbrochen, während 3 die Spuren zeigen, dass sie eben-
falls seitlich losgebogen gewesen, offenbar um so den Arm hineinstecken zu können. Es
könnte jedoch ein solches gelegentliches Ablegen des massiven und schweren Armringes an-
gezweifelt werden, wenn nicht der eine der Mitauer, von Baehr „Gräber der Liveu", Taf. XIII.,
Nr 15, abgebildete, in seinem hinteren schmalen Theile, wie das auch in der Zeichnung
angedeutet ist, einen Einsatz hätte, der sich dem übrigen Ringe genau anschliesst, aber
nach Entfernung eines kleinen Domes losgebogen, und selbst ganz herausgenommen werden
konnte, so dass eine bequeme Oeffnung den Arm hineinzufügen entstand. Danach kann es
keinem Zweifel unterliegen, dass diese Ringe trotz ihrer Grösse und unbequemen Form am
Arme getragen worden sind. Wer mit Bogen und Pfeil geschossen hat, weiss aber, dass
der Pfeil mit seiner Rille auf der Bogensehne direct aufliegen muss, wenn er die volle Kraft
der Bogenspannung empfangen soll, und dass desshalb mit dem Daumen und dem gebogenen
Zeigefinger um die zwischeuliegende Bogensehne herum der Pfeil gefasst und durch ihn die
Sehne gespannt wird, die dann den Pfeil im Momente des Loslassens in der gegebenen
Richtung fortschnellt. In welcher Weise soll bei solcher Manipuhition der sogenannte Bogen-
spanner verwandt werden? Wohl aber ist es mir sehr verständlich, dass dieses Armband,
wenn es auf den, den Bogen führenden Arm mit dem breiton Theile nach innen angelegt
worden, die Partie der Pulsader und der fast freiliegenden Sehnen unmittelbar bei der
Handwurzel gegen den sehr schmerzhaften Anschlag der zurückschnellenden Bogensehne bei
starker Bogenspannung schützen würde, und zwar besser als jedes andere platt anliegende
Arml)and, und dass es wohl für diesen Zweck die auffallende Form mit den breit vorsprin
gendon Rändern, sowohl um das Armloch, wie aussen herum, erhalten hat. —
(117)
weibliche; in der zweiten Gruppe eine männliche Leiche und an jeder Seite
eine weibliche — bei 2 weiblichen Skeletten an den Vorderarmen Bronzespiralen;
die mit ihnen geschmückten Arme waren mit zusammengelegten Händen zum Kinn
erhoben, welche Stellung in der Lage der Armspiralen in Grab IX. Gulbern
nachgeahmt zu sein scheint, (Baehr, Liven - Gräber Taf. L, 8). Auf dem
Kopfe hatten sie die sogenannte Todtenkrone mit den herabhängenden Klapper-
blechen, die aus r)raht8piralen gefertigte Krone, und eine von ihnen auf der linken
Seite des Nackens den vom durchbrochenen Bronzedreieck herabhängenden Ketten-
schmuck mit Schellen und Klapperblechen, ähnlich dem hier auf Taf. XIIL, Fig. 9,
abgebildeten. — Baehr, Livengräber, bildet Taf. \'IIL, Nr. 1, aus Libau eine
colossale Fibel von Bronze ab, wahrscheinlich dieselbe bildet Kruse Necrolivonica
aus Libau, Taf. 35, Nr. d, mit der Bemerkung ab, „grosse Bronze-Fibel späterer
römischer Zeit", sie befindet sich im Mitauer Museum. Ebendaselbst findet sich
ebenfalls eine grosse Fibel aus Mesothen herstammend, deren Fuss und Mitte nebst
Spiralenden wie Fig. 8 beschaffen ist, nur dass der obere Theil der Platte fehlt. —
In Kewer erhielt ich zwei ähnliche, die an Leichen gefunden waren, Taf. XIIL,
Fig. 8, 10, 11. Fig. 8 wohlerhalten, von Bronze, versilbert, mit Gravüre. Fig. 10
und 11: Theile von Fig. 11 waren mit einer dünnen Silberplatte belegt und eben-
falls gravirt gewesen. Ein Schmid hatte diese Silberplatte abgerissen und Theile
davon zum Löthen von Stahl verbraucht. Den Rest nebst der Bronze-Unterlage
konnte ich retten, und habe ich sie von der unteren Seite her photographiren
lassen, weil dort in Fig. 10 der über den Bindfaden hervorstehende Haken zu
sehen ist, unter den des zweiten Stück geschoben worden und dann durch Hin-
durchziehen eines Dornes durch die beiden Endöhsen und die in der Mitte des
oberen Theiles von Fig. 10 befindliche Oehse die Theile mit einander verbunden
und die Unterlage für die Drahtspirale gewonnen wurde. Auf dem unteren Theile
befand sich gleich unter den 2 kleinen Löchern der Rest des Hakens, in den die
Nadel hineingriff. Die Maasse dieser Fibeln sind: Fig. 8: von einem Ende der
Drahtspirale zum anderen 0,105 in, Höhe vom höchsten Punkte der oberen halb-
runden Platte bis zur Mitte der Einbucht am Fusse 0,095 m, grösste Breite der
oberen Platte 0,065 m, grösste Breite des Fusses 0,076 m. Mit diesen 2 Fibeln
(die etwa Platten fibeln genannt werden könuten) wurde die in Fig. 7, Taf. XHL,
abgebildete gefunden. Sie ist von dunkelbrauner Bronze mit Spuren von Ver-
goldung und misst: die Kopfenden der Drahtspiralenstange 0,119 m, die Länge des
Mittelstückes 0,123 m Auch diese Form ist selten; in Riga kenne ich nur drei
von diverser Grösse, aus Ascheraden stammend: Taf. 19, Fig. 8 bei Kruse, in
Mitau eine grosse von dunkelbrauner Bronze mit Vergoldung, und dann die zwei
Prachtstücke, welche Kruse Necroliv. Taf. 36 D. und Taf. 35 e.. Bahr, Taf. VIII.,
Fig. 2, 3, abbilden, und von denen erstere aus mit grünlicher Patina angelaufener,
stark vergoldeter Bronze, letztere aus massivem Silber besteht, beide in Grobin
gefunden Ein Bruchstück einer ähnlichen colossal grossen Fibel von dunkelbrauner
Bronze mit Spuren von Vergoldung fand ich 1876 in Oesel in einem Brandgrabe
auf dem Felde eines Dorfes, das Kurefer heisst (etwa Kurenrain). Ich glaube mich
aber zu erinnern, eine ähnliche vollständige Fibel im Arensburger Museum gesehen
zu haben. Doch kann das in keiner Weise maassgebend sein, weil die -Chronick
Heinrichs von Lettland viel von der Seeräuberei der Oeselaner an den Küsten der
Ostsee und ihren Raubzügen in's Land hinein zu erzählen weiss.
Auch Form und Gewicht der übrigen Armbänder, Armringe, weicht wesentlich
von den der Gräber an der Aa bei Cremon, Treyden, Roop etc. ab, sie sind durch-
weg massiv gegossen, die Enden meist in Schlaugen- oder Thierköpfe auslaufend.
(118)
So glaube ich deun wohl auch in dem Schmuck der Gräber eine Bestätigung
für den Satz zu finden, dass ein vielfach von den Esten und Liven sich unter-
scheidender Volksstauim hier seine Spuren in Gräbern hinterlassen hat, die
mit den Alterthiimern der Gegenden jenseits der Düna am meisten Aehnlichkeit
haben und sich dadurch als lettisch erweisen. — Während Ascheraden der Punkt
an der Düna zu sein scheint, von dem aus die, durch den Handel in's Land ge-
brachten Schmucksachen nach der Sitte der Volksstämme getheilt, sich in's Land
verbreiteten, so liefert der auf Birkenrinde genähte Gürtel den Nachweis, dass
manche eingeführte Schmucktheile hier erst in landesüblicher Weise verarbeitet
wurden. —
Hr. Virchow bespricht die in der Mittheilung des Grafen Sievers er-
wähnten
livländischen Schädel.
Die, schon in der Sitzung vom 11. Januar (Verh. S. 8) erwähnte Sendung des
Grafen Sievers war so ausgezeichnet verpackt, dass trotz der grossen Gebrech-
lichkeit der Mehrzahl der Schädel kein einziger auf der langen Reise beschädigt
worden war. Es verdient daher die Art der Verpackung um so mehr eine be-
sondere Erwähnung, als es gerade für den Transport von Schädeln noch sehr an
erprobten Methoden fehlt.
Graf Sievers hatte die Holzkiste, welche zum Transport bestimmt war, zu-
nächst durch Quer- und Längswände in eine, der Grösse und Zahl der zu trans-
portirenden Schädel entsprechende Zahl von Kammern eintheileu lassen. Jede
Kammer enthielt 2 Schädel. Von diesen war wiederum jeder einzeln in eine aus
Stroh geflochtene Hohlkugel eingesetzt, von der die vorgelegte Zeichnung ein Bild giebt.
Die Kugel ist in der Art hergestellt, dass zuerst sorgfältig ein Strohseil ge-
flochten, dieses dann in Spiraltouren aufgerollt und durch Bindfaden vernäht worden
ist. Ich kann diese, leicht herzustellende Schutzhülle dringend empfehlen.
(119)
"Was die Sch'ädel selbst anbetrifft, so bilden dieselben eine sehr erwünschte
Ergänzung des Materials, welches ich in den Sitzungen vom 2Ü. October 1H77
(Verh. S. 3G9, 415) und vom (t. März 1878 (Verh. S. 141. Taf. Xlll.) besprochen
habe. Der Haupttheil derselben, nehmlich 9, stammen überdiess von einer Localität,
aus der (hegend von Gulbern, dem Hochlande von Livlaud, von wo ich früher
(Sitzung vom 20. October 1877, Verh. S. .371) schon einen Schädel im Museum zu
Riga gemessen hatte. Nicht weit davon nördlich liegt Pebalg, von wo ich gleichfalls
2 Schädel in Riga gefunden hatte; südlich und östlich in massiger Entfernung
finden sich die vom Grafen Sievers ausgebeuteten Gräber von Eckhof, Lubey
dem Nagelberg und Sesswegen, sämmtiich im Oger- Gebiet. Nur Praulen und
Odsen liegen viel weiter südlich im Gebiet der Ewst, letzteres ganz nahe der
Grenze des Gouvernements Witebsk. Wie ich schon früher hervorgehoben hatte
und wie Graf Sievers es jetzt bestätigt, ist diess vorwiegend lettisches Gebiet.
Unter diesen Funden verdient der aus der Ogersille bei Gulbern, den ich
unter letzterem Namen aufführen werde, die grösste Aufmerksamkeit, weil hier
9 Schädel gewonnen worden sind, also die Möglichkeit einer Vergleichung und
Mittelung viel grössere Wahrscheinlichkeiten der Richtigkeit gewährt. Auch sind diese
Gräber archäologisch gut bestimmt. Sie gehören in die Gruppe der sogenannten
Livengräber, deren wahrscheinlich häufig lettische Natur ich schon früher ausein-
andergesetzt habe.
Die Schädel von Gulbern befinden sich in einem sehr verschiedenen Erhaltungs-
zustände. Die meisten sind sehr gebrechlich, einzelne sogar stark verwittert, meh-
rere am Gesicht bei dem Ausgraben stark verletzt; aber sie haben meist Unter-
kiefer, mehrere Hessen sich gut restauriren und sie lassen fast sämmtiich die Haupt-
maasse erkennen. Am besten erhalten ist Nr. 4 von Gulbern: es ist ein braun-
gelber, sehr fester und schwerer Schädel, den ich für einen viel mehr recenteu
halten würde, wenn nicht die archäologischen Beigaben (Grab VIII.) ganz charakte-
ristisch wären.
Meiner Schätzung nach sind 5 Schädel (Nr. 2, 3, 4. 6, 8) männlich und zwar
von Männern im mittleren oder höheren Lebensalter; 4 (Nr. 1, 5, 7, 9) halte ich
für weiblich, darunter ist einer (Nr. 9) von einem sehr jungen Individuum. Mit
dieser Bestimmung treffen auch die archäologischen Beigaben zum Theil zusammen,
obwohl der Geschlechtsuuterschied sich darin nicht stark zeichnet. Unter den
weiblichen Skeletten mache ich namentlich auf die aus Grab IV. (Nr. 1) und aus
Grab XIV. (Nr. 9) in der Beschreibung des Grafen Sievers aufmerksam; unter
den männlichen treten die aus Grab V. (Nr. 2) und Grab VIII. (Nr. 4) besonders
hervor. Der mit einer Bronzekette versehene Kauri- und Glasperlen-Schmuck von
Nr. 1 ist mitgesendet worden; obwohl die Kauris in der Verwitterung sind, ist er
doch noch gut erhalten und liegt auf den Halswirbeln auf. Auch von den kleinen
gelben Perlen, die bei Nr. 2 erwähnt wurden, fanden sich in dem Moder am Kopfe
noch ziemlich viele vor. Ob der weibliche Kopf Nr. 8 aus Grab XIII., der übrigens
ein ausgezeichneter Kreuzkopf mit erhaltener Sutura frontalis ist, einer
späteren Zeit angehört, wage ich nicht zu entscheiden; jedenfalls scheint es mir
nicht gut zulässig, ihn ganz und gar auszuscheiden.
Ich gebe die absoluten Messzahlen und die daraus berechneten Indices am
Schlüsse für jeden einzelnen Schädel. Hier möge es gefallen, zunächst die ge-
niitteiten Indexzahlen übersichtlich zu betrachten. Es ergaben sich folgende Zahlen
für die Gulbern-Gruppe:
(120)
Schädel aus der'l
Indi
c e s :
Ogersille. : Längen-
(Gulbern). ^^^j^^^.
Längen-
hohen-
Breiten-
höhen-
Ohr-
höhen-
Gesichts-
Ober-
gesichts-
Nasen-
Orbital-
Männliche (5) 72,5
Weibliche : (4) 74,0
Summa (9) 73,3
(5) 73,6
(4) 71,1
(9) 72,5
(5)101,6
(4) 96,1
(9) 99,2
(5) 59,9
(4) 59,5
(9) 59,6
(3)118,3
(2)119,6
(5)118,8
(4) 72,8
(2) 70,6
(6) 71,9
(3) 50,5
(2) 49,5
(5) 50,1
(4) 76,8
(3) 87,1
(6) 81,2
Dem Län geübreiten- (Schädel-) Index nach fallen darnach diese Schädel, so-
wohl in ihrer Gesammtheit, als in den einzelnen Geschlechtsgruppen in die aus-
gemachte Dolichocephalie, so zwar, dass dieselbe bei den Männern mehr, bei
den Frauen etwas weniger entwickelt ist. Dem entsprechend ergiebt die Special-
tabelle, dass unter den 4 Weiberschädeln 2 mesocephale sind, nehmlich Nr. 5
mit einem Index von 76,7 und Nr. 9, der jugendliche, mit 76,1, während umge-
kehrt unter den 5 männlichen Schädeln kein mesocephaler, wohl aber ein
subdol ich ocep haier ist, indem Nr. 2 nur die Zahl von 68,5 ergiebt. Diess
Resultat ist so scharf, wie nur irgend möglich. Es stimmt auch mit meinen frühe-
ren Messungen, indem die Schädel von Pebalg 74,1 und 73,2, der weibliche von
Gulbern 76,0 ergaben.
Der Längenhöhenindex fällt nach der, früher von mir angenommenen Bezeich-
nung (Verhandl. von 1877, S. 424) in die Orthocephalie, wobei umgekehrt, wie
bei dem Längenbreitenindex, die Männer das höhere Maass ergeben. Im Einzelnen
zeigt sich, dass nur ein Schädel, der männliche Nr. 4, hypsicephal ist, indem
sein Maass 77,1 beträgt, dass dagegen ein weiblicher, nehmlich der jugendliche
Nr. 9, mit 66,1 in die Chamaecephalie fällt. Hierin weichen die früheren
Schädel etwas ab, da der eine von Pebalg 76,4, der von Gulbern 81,7, beide also
hypsicephale Maasse ergaben, Indess habe ich auch schon damals die etwas
anomale Bildung des Pebalg-Schädels erwähnt.
Der Ohrhöhenindex diflferirt viel weniger bei den beiden Geschlechtern, da-
gegen zeigt er grössere individuelle Abweichungen. Er überschreitet das Mittel bei
den männlichen Schädeln Nr. 4 und 6 und bei den weiblichen Nr. 5 und 7, wo
er zwischen 60,2 und 62,7 variirt. Letzterer Gruppe schliessen sich auch die
früheren Schädel von Pebalg und Gulbern mit 63,2, 61,4 und 63,7 an. Das nie-
drigste Maass zeigt der weibliche Schädel Nr. 1 mit 56,6.
Der Nasenindex ist mesorrhin bei beiden Geschlechtern. Unter den Indi-
viduen findet sich ein leptorrhines, der Mann Nr. 4 mit 45,4, und ein hyper-
platyrrhines, das Weib Nr. 8 mit 56,2, ganz entsprechend den Pebalg-Schädeln,
von denen der weibliche 6ü,8, der andere 50,0 ergab. Ich habe dieses besondere
Verhältniss einer Combination von Dolichocephalie mit Mesorrhinie schon bei Ge-
legenheit der Schädel vom Rinnekaln (Verb. 1877, S. 432) besprochen, wo ich sie
als eine lettische Eigenschaft ansprach. Die Nase ist übrigens in allen Schädeln
von Gulbern, an denen sie gut erhalten ist, stark vorspringend, mehr oder weniger
scharf am Rücken, nach oben schwach eingebogen.
Nach dem Orbitalindex sind die Schädel geschlechtlich stark unterschieden.
Das männliche Mittel, 76,8, gehört der Chamaekonchie, das weibliche, 87,1,
der Hypsikonchie an. Das Gesammtmittel, 81,2, ist demgemäss mesokonch.
Indess ira Einzelnen treffen die Verschiedenheiten weniger zu. Ein männlicher
(121;
Schädel, Nr. 6, ist gleichfalls hypsikonch, da sein Index 88 erreicht. Dagegen war
ein früherer Pebalg-Schädel mit 75,6 gleichfalls chamaekonch.
Mit dem Orbitalindex stimmt am meisten der Obergesichtsindex, der bei den
Frauen kleiner, 7ü,6, bei den Männern grösser, 72,8, ist. Das Mittel, 71,9, stimmt
mit dem Index des einen (überhaupt messbaren) Pebalg-Schädel, wo er 71 betrug.
Indess sind auch hier die individuellen Variationen recht gross. So zeigt der
raännlicbe Schädel Nr. 8 die ganz geringe Zahl G5; es ist diess derselbe Schädel,
der auch den sehr niedrigen Orbitalindex von 66,2 ergab. Der Zusammenhang
beider Bildungen zeigt sich auch darin, dass der weibliche Schädel Nr. 5, welcher
das hypsikonche Maass von 91 erreicht, unter allen weiblichen Schädeln den
grössten Obergesichtsindex, nehnilich 74,4, zeigt.
Bei dem eigentlichen Gesichtsindex stehen sich die Geschlechter in den Mitteln
sehr nahe. In Bezug auf die Geschlechter findet sich, dass der männliche Schädel
Nr. 8 das geringste Maass, 108, besitzt und hinter dem weiblichen Nr. 1 mit 114,2
nicht unbeträchtlich zurückbleibt, während hiewiederum der weibliche Schädel Nr. 5
mit 125 fast das höchste Maass der männlichen Schädel, welches Nr. 4 mit 126,3
darbietet, erreicht. Es ist also, wie leicht ersichtlich, nicht etwa der Unterkiefer,
welcher die Entscheidung giebt. —
Was die übrigen Schädel (nach Abrechnung der von Gulbern) betrifft, so fasse
ich sie in eine gemeinsame Betrachtung zunächst unter einander, sodann mit denen
von Gulbern zusammen. Den Schädel Nr. 17 aus dem Grabe von Odsen (nach
der genaueren Bestimmung an der Grenze unweit der Bauerburg im Sawen-See
gefunden) lasse ich dabei ausser Rechnung, da er zu sehr verletzt ist, um sichere
Zahlen zu liefern: er ist auf das Schädeldach reducirt. Es bleiben also im
Ganzen noch 7 Schädel, darunter 3 männliche (Lubey-Haide Nr. 12 und 13, Prau-
len vom Sintel Sihle Feld Nr. 15) und 4 weibliche (Eckhof Nr. 10, Nagelberg bei
Lubey Nr. 11, Sesswegen am Krewuleikaln im Wirdeen-Gesinde Nr. 14 und Odsen
vom Krewukappi am Ewst-Üfer Nr. 16). Von letzteren sind überdiess zwei (Nr. 14
und 16) jugendliche.
Sie liefern folgende Indexzahlen:
Schädel.
I n d i c e s
Längen-
breiten-
Längen- j Breiten-
böhen- höhen-
Ohr-
höben-
Gesichts-
Ober-
gesicbts-
Naseo i Orbital-
A. Von Eckhof, Liibey, Sesswegen, Praulen und Odsen.
Männliche .
Weibliche
Zusammen
Männliche .
Weibliche .
(3) 74,4
(3) 71,7
(3) 96,3
(3) 60,7
(2) 114,5
(2) 68,1
(1) 63,0
(4) 77,2
(4) 72,1
(4) 91,5
(4) 60,8
(1)119,7
(2) 66,8
(2) 48,3
(7) 76,0
(7) 71,9
(7) 94,6
{!) 60,8
(3) 116,2
(4) 67,5
(3) 49,9
(3) 80,4
(3) 86,7
(6) 83,2
B. Sämnitliche Schädel der jetzigen Sendung,
(8) 73,2
(8) 75,6
(8) 72,9 I (8) 99,6 , (8) 60,1 (5) 116,8 (6) 71,2
(8)71,6 ! (8)94,8 ' (8)60,1 (.3)119,6 \ (4)68,7
Gesamnitsumme (16)74,4 (16)72,3 (16)97,2 (16)60,1 (8)117,8 ;(10) 70,3
(4) 51,1
(4) 48,9
(8) 50,0 !( 13) 82,1
(7) 78,4
(6) 86,6
Wie leicht ersichtlich, ist die Differenz der Gesammtmittel von den .Mitteln
der Gulbern-Gruppe sehr gering. Dagegen zeigt das Gesammtmittel der anderen
Schädel (A) allerdings etwas grössere Abweichungen, indess sind doch auch diese
(122)
massig. Am auffälligsten ist die Verschiedenheit bei dem eigentlichen Schädel-
(Längeubreiten-)lndex. Denn hier ist sowohl das Gesammtmittel der Nicht-Gulbern-
Schädel, als namentlich das Mittel der Weiberschädel mesocephal; nur die
Männerschädel liefern auch hier ein dolichocepales Mittel. Die Mesocephalie ist
massig, indess erreicht und überschreitet der Index doch bei 2 weiblichen Schädeln
(Lubey Nagelberg Nr. 11 und Odsen Nr. IG) mit je 78,0 und 7h,7 die Zahl 78.
Im Ganzen sind unter der Gruppe A 4 mesocephale und 3, wenn man Odsen
Nr. 17 mitrechnet, sogar 4 dolichocephale Schädel. Die letzteren stammen
von Lubey (Nr. 12 und 13) und von Sess wegen (Nr. 14), Orten, welche ganz nahe
dem Gulbern - Gebiet liegen. Sämmtliche 16 (17) Schädel, zusammen-
gerechnet, ergeben ein rein dolichocephales Mittel.
Die zahlreichen Verletzungen des Gesichts an Schädeln der Gruppe A haben
leider die Feststellung der Verhältnisszahlen für die facialen Theile sehr beschränkt.
Die gefundenen ludices entsprechen jedoch im Ganzen den Verhältnissen der
Gulbern -Gruppe recht gut. Auch hier findet sich ein leptorrhiner Schädel
(Odsen Nr. 16), jedoch steht sein Nasenindex der Mesorrhinie sehr nahe. Die
2 Lubey-Schädel sind mesorrhin. Ebenso sind 3 Schädel der Gruppe A, der von
Sesswegen (Nr. 14) und einer von Lubey (Nr. 13) hypsikonch, indem sie einen
Orbitalindex von je 97,2 und 92,1 zeigen; der Schädel vom Nagelberg bei Lubey
(Nr. 11) hat einen Index von 82,1, ist also mesokonch, dagegen die 3 übrigen
(Lubey Nr. 12, Praulen Nr. 15 und Odsen Nr. 16) sind chamaekonch. Dadurch
wird das Gesammtmittel der Gruppe A allerdings, wie bei dem Gulbern-Schädel,
mesokonch, allein auch das männliche Mittel fällt in diese Kategorie. Nur stimmt
das Ergebniss insofern mit dem bei der Gulbern-Gruppe, als auch hier das männ-
liche Mittel ungleich kleiner ist, als das weibliche. Dem grösseren Orbitalindex
entspricht ein kleinerer Obergesichtsindex.
Eine etwas deutlichere üebersicht der Gesammtverhältnisse werden wir erhal-
ten, wenn man die sämmtlichen Schädel nach den Indices in Gruppen bringt.
Darnach gestaltet sich folgendes Bild, dem ich in einer zweiten Reihe (II.) die
früher von mir gemessenen Schädel von Pebalg und Gulbern, sowie die Semgallen-
schädel von Terwethen anschliesse:
I. Nach dem Schädel-(Längenbreiten-) Index erhalten wir
I. II.
1. Dolichocephalen. ?; o fi 0
Gulbern Nr. 2 68,5 _ _ _
„ 7 - 70,4 - -
Odsen „ 17 71,5 — — —
Gulbern „ 4 72,0 __ _ _
Lubey „ 13 72,5 _ _ _
Gulbern »1 — ^^A — —
Alt-Pebalg „ 5 — — 73,2 —
Gulbern „ 6 73,6 — — —
n 8 74,1 _ _ _
Lubey „ 12 74,1 _ _ _
Alt-Pebalg „ 4 — — — 74,1
Terwethen „ L — — 74,2 —
Sesswegen „ ^4 — 74,5 — —
Gulbern „ 3 74,6 — — —
Terwethen „ III. — — — 74,7
8 Schädel, 3 Schädel, 2 Schädel, 2 Schädel.
Zusammen 10 männliche, 5 weibliche = 15 Schädel,
(123)
I. II.
2. Mesocephalen, ^ q * ^
Gulbern — — — 76,0
Nr. 9 - 76,1 — -
Terwethen „II. — — — "^6,6
Gulbero „ ^ — ^'^"^ "~ ""
Praulen ^ 15 76,7 — —
Eckhof , lU — 77,7 — —
Lubey Nagelberg 1 1 — 78,0 —
Odsen Nr. 16 — 78,7 — — _
r Schädel, 5 Schädel, — 2 Schädel.
Zusammen \ männlicher, 7 weibliche - 8 Schädel.
Demnach sind unter 2:^ Schädeln überhaupt 11 männliche und 12 weibliche,
also nahezu gleiche Zahlen, dagegen ist unter den sämmtlichen männlichen nur ein
mesocephaler = 9 pCt., während unter den 12 weiblichen nur 5 dolichocephale ^
42 pCt. sich finden. Diess ist jedenfalls ein sehr bemerkenswerthes Resultat. Immer-
hin bleibt das Gesammtergebniss, dass das Mittel aller Schädel der letzten Sendung
74,4 beträgt, und wenn wir mit dem Grafen Sievers diese Schädel als wesentlich
lettische nehmen, so folgt, dass der Lettentypus dolichocephal ist.
Dieses Ergebniss stellt sich, wenn wir die früher beschriebenen Schädel von
Pebalg, Gulbern und Terwethen') {einzunehmen, rechnungsmässig so dar:
11 männliche Schädel haben einen mittleren Index von 73,1
12 weibliche „ ^ „ » v r, '^^>Q
23 lettische^Schädel haben einen mittleren Index von 74,4.
So erklärt sich vielleicht die Differenz, welche Hr. Stieda^) fand. Er maass
2 männliche und 4 weibliche Lettenschädel und fand einen Index von 77,3. Da-
gegen erhielt Hr. Wäber''), der seine Messungen an Lebenden anstellte, bei
60 Männern im Mittel 80,5, bei 40 Frauen 79,6. Er zieht davon 2,5 ab und be-
rechnet danach den Schädelindex der Letten im Mittel auf 77,5, bei Männern 78,0,
bei Weibern 77,1. Darnach wäre der lettische Index mesocephal.
Nicht ohne Grund betont Hr. Wäber, dass alle meine Messungen an Schädeln
aus alten Gräbern ausgeführt sind. Er bezweifelt daher, ob man die Resultate
dieser Messungen auf die jetzt lebende Generation übertragen dürfe. Ich erkenne
an, dass dieser Zweifel begründet sein kann, nur würde daraus noch nicht folgen,
dass die Zeugnisse der alten Gräber einen geringereu Werth haben, als die jetzigen
Messungen, die an einer wahrscheinlich viel mehr gemischten Bevölkerung an-
gestellt werden. Immerhin mag die weitere Aufklärung eine Aufgabe neuer
Forschungen sein; ich werde mich freuen, wenn meine Anregung auch fernerhin
den Eifer für diese Forschungen in den Ostseeprovinzen wach erhalten sollte. Heute
beschränke ich mich darauf, noch ein Paar Skizzen und einige Messungen des Grafen
Sievers von dem in seinem Reiseberichte erwähnten Jacob Turk von Gulbern,
Gesinde Purwailaineen, mitzutheilen :
1) Hr. Wäber (Beiträge zur Anthropologie der Letten. Inaug.-Dissert. Dorpat 1879,
S. 39) hat mit Recht bemerkt, dass das Mittel der !} von mir gemessenen Schädel von Ter-
wethen nicht 74,8, wie ich berechnet hatte, sondern 75,1 beträgt. Indess ändert die Cor-
rektur in der Hauptsache nichts.
2) Wäber a. a. 0. S. 37.
3) Wäber a. a. 0. S. 32.
(124)
Länge des Schädels . .197 Mm.
Breite „ „ . . 149 „
Ohrhöhe 120 „
Stirnbreite 108 „
Mastoideal-Durchmesser .138 ^
Gesichtshöhe 207,5 „
Gesichtsbreite .... 126,5 „
Haarrand bis Mund . . 170 „
Augendistanz .... 40 „
Höhe der Nase .... 54 „
Breite „ „ . . . . 32,2 „
Kieferwinkeldistanz . .117 „
Daraus berechnet sich ein
Längenbreitenindex von . 75,6 „
Ohrhöhenindex „ . 60,9 „
Nasenindex „ . 59,6 „
Man sieht, dass dieser Schädelindex auch ohne Reduction dem von mir an
alten Schädeln derselben Gegend gefundenen näher steht, als der von Hrn. Stieda
an Schädeln und der von Hrn. Wäber au Lebenden berechnete.
(125)
II. Der Längenhöhenindex:
I) Hypsicephale (über 75):
I.
II.
Gulbern
Terwethea Nr. 1.
Gulbern „ 4
Alt-Pebalg „ 5
Lubey Nagelberg 1 1
77,1
75,2
6
77,7
76,4
81,7
1 mann]., 1 weibl., 2 männl., 1 weibl. Schädel.
Zusammen 3 männliche, 2 weibliche = 5 Schädel
2) Orthocephale (70—75):
I.
II.
Terwethen Nr, III.
Gulbern _ 8
Odsen
Lubey
Gulbern
n
Praulen
Gulbern
Terwethen
Eckhof
16
12
5
6
15
7
2
1
3
IL
10
6
74,6
74,1
73,6
72,7
72,2
70,9
9
74,7
74,3
74,0
72,3
72,0
70,2
(0.8
6 mann]., 5 weibl. , — 2 weibl. Schädel.
Zusammen 6 männl, 7 weibl. = 13 Schädel.
3) Chamaecephale (unter 70):
I. IL
5 $ 5
— 68,9 —
68,5 — _
— 66^1 —
1 männl., 2 weibliche - 3 Schädel.
Sesswegen Nr. 14
Lubey „ 13
Gulbern , 9
Wir finden hier unter 21 Schädeln, von denen 10 männliche, 11 weibliche
sind, nur 3 chamaecephale, dagegen 5 hypsicephale und 13 orthocephale. Die Yer-
theiluug auf die Geschlechter ist eine ziemlich gleichmässige, höchstens dass bei
den Männern die höheren Zahlen ein wenig prävaliren. Im Gesaramtmittel aller
21 Schädel erhält man für
die Männer . . 73,7
_j, Weiber . . 72,7
im Ganzen . . 72,7.
Das Mittel ist also orthocephal.
(126)
III. Der Ohrhöhenindex:
1) Ueber 62.
Odsen Nr. IG
Terwetheu y, III.
Gulbern „ —
Alt-Pebalg „ 4
Lubey Nagelberg 1 1
Gulberu ^ 7
Terwethen _ I.
II.
9
64,8
63,1
62,7
64,7
63,7
63,2
62,1
3 weibl., 1 männl., 3 weibl. Schädel
Zusanamen 1 männl., 6 weibliche = 7 Schädel.
I.
II.
,) AiWiiscueu
Oi —
-ov :
6
Gulbern
Nr.
6
61,8
Lubey
11
12
61,5
Terwethen
n
II.
—
Alt-Pebalg
•n
5
—
Gulbern
n
4
60,9
Praulen
n
15
60,8
Gulbern
•n
5
—
Lubey
•n
13
59,8
Gulbern
r>
3
59,5
Sesswegen
n
14
—
Gulbern
n
8
59,1
61,5
61,4
60,2
59,3
7 männl., 2 weibl., 1 männl., 1 weibl. Schädel.
Zusammen 8 männliche, 3 weibliche = 11 Schädel.
3)
unter 59:
5
$
Gulbern
Nr. 9
—
58,6
Odsen
« 17
58,3
—
Gulbern
« 2
57,5
—
n
„ 1
—
56,6
Eckhof
. 10
—
56,2
II.
2 männl , 3 weibliche = 5 Schädel.
Hier tritt, wie gewöhnlich, der Geschlechtsunterschied sehr auffällig hervor.
Von 12 weiblichen Schädeln hat die Hälfte einen Index über 62, dagegen von
11 männlichen nur einer. Dagegen fallen 8 männliche - 72,7 pCt. in die mittlere
Gruppe, in welcher sich nur 3 weibliche = 25 pCt. befinden. Dem entsprechend
beträgt das Gesammtmittel
der Männer . . 60,2
„ Weiber . . 61,2
" aller SchäderT~60,'77
Der Ohrhöhenindex von Jacob Turk ist damit im Einklang.
Bei der Vergleichung mit dem Längenhfihenindex stellt sich sofort heraus, wie
wenig derselbe mit dem Ohrhöhenindex zusammentrifft. Allerdings sind die meisten
Schädel mit einem Auricularindex von über 62 auch hypsicephal und die chamae-
(127)
cephalen Schädel stehen in der auricularen Reihe gleichfalls niedrig, aber ein
strenger Parallelismus fehlt.
IV. Der Bre itenhöhen index:
'l) Ueber lOÜ;
O
Gulbern —
IL
9
107,5
Nr.
Alt-Pebalg
Gulbern
1Ü7,U
105,3
103,0
100,7
100,7
104,3
5 männliche,
1 männl., 1 weiblicher Schädel
Zusammen 6 männliche, 1 weiblicher = 7 Schädel.
2) Zwischen 95—100:
II.
GuU)ern
Terwethen
Gulbern
Nr. (i
„ III.
" l
Lubey Nagelberg 1 1
Terwethen „ I.
Gulbern _ 3
5
100,0
98,5
96,4
96,4
2
1UU,Ü
95,1
95,2
2 mänol , 3 weibl., 1 männl., 1 weibl. Schädel.
Zusammen 3 raännl., 4 weibl. = 7 Schädel
3) Unter 95:
Praulen Nr.
Lubey „
Odsen
Terwethen
Sesswegen
Eckhof
Gulbern
11.
13
16
IL
14
10
9
5
94,7
94,4
94,3
92,4
90,5
86,8
92,4
1 weibl. Schädel.
2 männl., 4 weibl., —
Zusammen 2 männl., 5 weibl. = 2 Schädel.
Auch hier ist der Geschlechtsunterschied höchst auffällig. Die hohen Zahlen
sind ganz überwiegend männliche, die niedrigen weibliche. Procoutisch betrachtet
ergiebt sich folgendes Bild:
Männlich. Weiblich,
über 100 . . 28,5 pCt. 4,7 pCt.
95-100. . 14,2 , 19,0 „
unter 95. . 9,5 „ 23,8 „
Aehiilich gestaltet sich die Sache bei der Mittelung.
Männer . . . 99,7
Weiber . . . 96,2
Gesammtmittel 97,8
(128)
Der in den Summen hervortretende Parallelismus mit dem Ohrhöhenindex ist
nur scheinbar. Im Einzelnen fällt die Beziehung fast ganz aus, da die Vertheilung
der Schädel in den einzelnen Gruppen eine höchst mannichfaltige ist.
V. Der Nasenindex:
1) Platyrrhine (über 52).
Hier sind nur der eine weibliche Schädel von Gulbern Nr. 8 mit dem unge-
wöhnlich hohen Maass von 56,2 und der weibliche Schädel von Pebalg Nr. 4 mit
dem noch höheren von 60,8 zu erwähnen.
2) Mesorrhine (48—52).
I.
II.
Lubey Nr. 12
Gulbern „ 5
Pebalg „ 5
Gulbern „ 7
Lubey Nagelberg 1 1
5
52,0
50,0
50,0
49,0
48,9
50,0
2 männl., 3 weibl., 1 männl. Schädel.
Zusammen 3 männl., 3 weibl. = 6 Schädel.
3) Leptorrhine (unter 48):
I.
II.
Odsen
Nr. 16
Gulbern
. 4
Terwethen
. "•
. I.
47,8
45,4
45,0
41,3
1 männl., 1 weibl., 1 männl., 1 weibl. Schädel.
Zusammen 2 männl, 2 weibl. = 4 Schädel.
Leider hat der so häufig verletzte Zustand des Gesichts nur etwa bei der
Hälfte der Schädel, nehmlich bei 12 und zwar bei 5 männlichen und 7 weiblichen,
gestattet, die Nasenmaasse mit einiger Sicherheit festzustellen. Die Hälfte dieser
Schädel ist mesorrhin und ebenso das Gesammtmittel, und zwar gestaltet sich
das Verhältniss folgendermaassen:
Männerschädel
Weiber „
Gesammtmittel
Der Unterschied ist nicht unerheblich,
das Ergebniss mit meinen früheren Ermittelungen. Dabei will ich besonders
erwähnen, dass die Platyrrhinie zugleich mit Prognathie zusammenfällt.
VI. Der Orbitalindex:
47,9
51,1
49,7
Wie schon vorher erwähnt, stimmt
1) Hypsikonche (über 85):
I.
6 9 6
Sesswegen Nr. 14 — 97,2 —
Lubey „ 13 92,1 — —
Gulbern ,5 — 91,0 —
U.
(129)
Gulbern Nr. 6 88,0 —
. 7 - 85,3
2 mänDl., 3 weibl. - 5 Schädel.
II.
2) Mesokonche (80—85):
I.
6 2 5
Gulbern Nr. 1 — 85,0 -
Lubey, Nagelberg „ 11 - 82^^ -
Odsen
Nr.
16
—
Gulbern
■n
2
78,3
Terwethen
n
II.
I.
15
—
Praulen
76,6
Pebalg
r>
5
—
Gulbern
n
4
75,0
Lubey
r>
12
72,6
Gulbern
n
8
66,2
— 2 weibl. Schädel. —
3) Chamaekonche (unter 80):
I. II.
78,9 —
77,6
76,6
75,6
5 männl., 1 weibl., 2 männl., 1 weibl. Schädel.
Zusammen 7 männliche, 2 weibliche = 9 Schädel.
Leider hat auch hier der defecte Zustand des Gesichts das Material bis auf
16 Schädel herabgebracht, wobei noch der ungiinstige Umstand hinzutritt, dass nur
7 weibliche auf 9 männliche Schädel kommen, also kein vollständiger Parallelismus
besteht. Trotzdem scheint es mir kein Zufall zu sein, dass die Mehrzahl der
naännlichen Schädel (7) chamaekonch, dagegen die Mehrzahl der weiblichen (5)
meso- oder hypsikonch ist. Die grössere Niedrigkeit der männlichen
Orbita erhellt noch besser aus der Gesammtübersicht. Es ergeben nehmlich die
Männerschädel 77,8
Weiber „ 85,3
Gesammtmittel 81,1.
Während demnach das Gesammtmittel mesokonch ist, stellt sich ein chamae-
koDches männliches und ein hypsikonches weibliches Mittel heraus.
VII. Der Gesichtsindex:
I.
5
$
Gulbern
Nr.
4
126,3
—
»
T>
5
—
125,0
in
»
6
120,7
—
Odsen
T)
16
—
119,7
Lubey
fl
13
118,2
—
Gulbern
r>
1
—
114,2
Lubey
T)
12
110,9
—
Gulbern
n
8
108,0
—
5 männl., 3 weibl. = 8 Schädel.
Verliandl. der Berl. Aiithropol. Gesell.srhalt US7'.'.
(130)
Hiernach ergiebt sich für die
Mänuerschädel ein Mittel von 1 16,8
Weiber „ „ „ „ 119,6
Gesammtmittel 117,8
Da der Gesichtsindex das Verhältniss der Höhe des Gesichts (Sutura naso
frontalis bis Kinn) zur Breite (von einer Sutura zygomatico-maxillaris zur andern),
die Breite = 100 gesetzt, bedeutet, so heisst das, dass im Allgemeinen das weib-
liche Gesicht schmaler ist, — ein Verhältniss, welches mit der grösseren
Höhe der weiblichen Orbita harmonirt.
Vni. Der Obergesichtsindex:
IL
6
9.
6
$
Gulbern
Nr.
4
76,3
—
—
~
n
»
6
75,5
—
—
—
1)
Tl
2
74,5
—
—
—
rt
•n
5
—
74,4
—
—
Terwethen
n
I.
—
—
72,2
—
Pebalg
■n
5
—
—
71,0
—
Lubey
•n
13
70,8
—
—
—
Odsen
»
16
—
69,2
—
—
Terwethen
•n
n.
—
—
—
67,7?
Gulbern
n
1
—
65,9
—
—
Lubey
n
12
65,4
—
—
—
Gulbera
»
8
65,0
—
—
—
Lubey, Nagelberg „
11
—
64,5
—
—
6
mäonl.,
4 weibl., 5
l männl.,
1
weibl.
Zusammen
8
männl.,
5 weibliche
- 13 Schädel.
nach erhalten
wir für
8 Männerschädel
im Mittel
71,3
5 Weib
er „
» n
68,5
Gesammtmittel
70,2.
Den Obergesichtsindex berechne ich aus der geraden Höhe des Obergesichts
(Sutura nasofrontalis bis Alveolarrand des Oberkiefers) und der vorher angegebenen
Breite, letztere = 100 gesetzt. Es stellt sich hier also ein umgekehrtes Verhältniss
von dem Gesichtsindex heraus, indem das männliche Obergesicht verhältnissmässig
höher ist, was durch die stärkere Entwickelung des Oberkiefers bedingt ist.
lu Betreff der Kieferbildung bemerke ich speciell, dass dieselbe bei den ein-
zelnen Schädeln eine grosse Reihe von individuellen Abweichungen zeigt. So tritt
bei einigen ein leichter alveolarer Prognathismus hervor, z. B. bei Gulbern
Nr. 1, 5, 6, 7, 8; Eckhof Nr. 10; Lubey Nr. 13; Odsen Nr. 16. Eine grössere
Zahl dieser Schädel sind weibliche, und ich trage kein Bedenken, auch hier, wie
so häufig, dem Geschlechtseiufluss einen grösseren Werth beizulegen. Die Zahncurven
sind meist weit und daher die Gaumen mehr breit, als lang, auch überwiegend
etwas flach. Nur der Schädel von Gulbern Nr. 4, der, wie schon erwähnt, auch
sonst manches Besondere zeigt, besitzt einen mehr schmalen und langen und zugleich
sehr tiefen Gaumen. Die in der Sitzung vom 15. Februar (Verh. S. 70) durch die
Mittheilungen der Hrn. Kupffer und Ilagen augeregte Untersiichung nach dem
Vorkommen eines Torus palatinus findet hier nur geringe Ausbeule. Genau
genommen, ist unter sämmtlichen Schädeln nur ein einziger, der von Eckhof
(Nr. 10), bei welchem sich in der Mittellioie zu beiden Seiten der Längsnaht ein
dicker Wulst über die Gaumenfläche hinzieht. Auch die früheren livländischen
Schädel, welche ich gesammelt habe, zeigen in der Regel nichts von dem Gaumen-
wulst. Nur das kann ich erwähnen, dass allerdings nicht selten am hinteren Theil
der Gaumenplatte, kurz vor der Quernaht, der Knochen durch unregelmässige Er-
hebungen eine mehr diffuse Anschwellung erleidet, die sich jedoch auf das Os
palatiiium nicht fortsetzt, hier sogar (ifter durch eine Art von Vertiefung begrenzt
wird. Dadurch entsteht bei einigen Schädeln, z. ß. bei Gulbern Nr. 3, namentlich
bei 6, eine gewisse Annäherung an einen Torus palatinue.
Der Unterkiefer zeigt noch grössere individuelle Abweichungen, als der Ober-
kiefer. Das Kinn tritt meist stärker vor, bald mit einer Art von Zuspitzung, bald
als breite, nach den Seiten kantig abgesetzte Fläche. Bei einigen nimmt die Zu-
spitzung eine fast progenaeische Form an, so namentlich bei Gulbern Nr, 2 und
8, iudess ist diess doch nicht so ausgeprägt, dass eine rückwärts gehende Stellung
der Schneidezähne dadurch bedingt würde. Die Distanz der Kieferwinkel ist, wie
die Tabelle ergiebt, verhältnissmässig klein, auch bei sonst kräftiger Entwickelung
der Knochen.
Im üebrigen sind die Schädel recht regelmässig gebildet. Synostosen kommen
mehrfach vor, z. B. eine Synostosis sagittalis bei Gulbern Nr. 4. Indess sind alle
diese Verknöcherungen nicht eigentlich prämatur und daher für die Schädelform
von geringerem Werthe. Ein einziger Schädel, der von Gulbern Nr. 1, hat ein
Os apicis an der Squania occipitalis, welches 12 mm im Sagittalumfang misst.
Verhältnissmässig gut ist durchweg namentlich die Bildung der Schläfengegend. —
Das Gesamratergebniss dieser Untersuchung ist daher ein solches, welches
meine früheren Ermittelungen in der Hauptsache bestätigt. Ob man in den Ost-
seeprovinzen geneigt sein wird, ihm einen gewissen Werth beizulegen, muss ich
nach den neuesten Aussprüchen ') fast bezweifeln. Zum Mindesten darf ich den
Anspruch erheben, dass die Untersuchung und auch die Darstellung eine objektive
ist und dass sie sich über die Grenzen einer nüchternen Interpretation nirgends
hinauswagt. Die Zukunft wird darüber entscheiden, ob die alten Gräber uns
werthvolle Gaben geliefert haben, und ob es recht ist, ihrem Zeugniss auch neben
den Zeugnissen der Lebenden einen bestimmenden Werth beizulegen.
Die genaueren Angaben über die einzelnen Schädel finden sich in folgenden
2 Tabellen:
1) So sagt Ilr. Wahlhauer (Zur Anthropologie der Liven. Inaug.-Dissert. Dorpat 1879.
S. 27): „Zum Schhiss flieser literarischen Uebersicht füge ich noch hinzu, dass im Laufe
der letzten Jahre Professor Virchowbei einem gel egent liehen Besuche in Livland
einige Schädel aus alten Gräbern Livlands als liviscbe beschrieben hat. Da meiner Ansicht
nach der livische Charakter dieser (welcher? V.) Schädel äusserst problematisch ist, und der
sichere Beweis, dass es sich um Livenschädel handelt, fehlt, scheint es mir nicht angezeigt,
über dieselben zu referiren." Wie die Alten sungen, so zwitscherten die Jungen.
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(132)
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(184)
(21) Hr. Virchow legt eiu Schreiben des Hrn. H. Feld mano wski in Posen
vor, mit welchem derselbe zur Ansicht der Gesellschaft eine Kiste übersendet, ent-
haltend
Alterthümer von Skarbnice bei Znin.
Die betreffende Stelle des Briefes lautet:
„Die Spiralringe und Bruchstücke sind im vorigen Jahre auf dem Territorium
von Skarbienice oder Skarbnice bei Znin und zwar auf einer kleinen sum-
pfigen Wiese, etwa 2 Fuss unter der Oberfläche, in einem grossen Topfe gefunden
worden. Es waren nur 2 grössere und 2 kleinere ganze (wie die zur Ansicht ge-
sandten) und eine Hand voll kleine, meist zerbrochene in jenem Topf aufbewahrt
gewesen, sonst keine Spur von Knochen, Asche oder anderem Urneninhalt. Der
Topf zerfiel in kleine Scherben, soll dicke Wände gehabt haben und von ganz
roher Arbeit gewesen sein, von dem Wiesenraoor schwärzlich gefärbt.
Das Territorium Skarbnice besteht aus kleinen Bauern wirthschafteu und ist au
archäologischen Fundeu ergiebig, obgleich wenig absichtlich untersucht. Der
Zufall hat dort schon einige Steinkistengräber entdeckt. Aus dein einen habe ich
sehr schöne Bronzen und Bernstein (schon früher in den Berichten beschrieben);
die Goldringe aber aus demselben Grabe sind an einen Goldarbeiter verkauft
worden und eingeschmolzen, ehe ich es erfahren.
Der angefangene Steinhammer ist im Sandhügel, nicht bei Urnen oder deren
Scherben, nur vereinzelt gefunden worden.
Jene Spiralringe sind mir deshalb höchst interessant, weil ihre Bestimmung
mir wenigstens räthselhaft zu sein scheint."
Hr. Virchow bemerkt dazu Folgendes:
Der wegen des angefangeneu und nicht vollendeten Bohrloches interessante
Steinhammer ist auch wegen seiner Kleinheit auffällig. Er ist nur 10 mm lang,
25 dick und an der breitesten Stelle, neben dem fast central gelegenen Schaftloche,
37 breit. Er besteht aus einem sehr dunklen Glimmerschiefer, der an den Rändern
so stark verwittert ist, dass dieselben fast überall abgerundet sind. Seine Form
ist unregelmässig rautenförmig, indem die Seiten gegen die Stelle des Schaftlochs
winklig vortreten; beide Enden sind stumpf und leicht gerundet. Das Loch, wel-
ches L'i mm im Durchmesser hat, ist etwa bis zur Hälfte durchgebohrt; der Zapfen,
obwohl etwas verletzt, steht noch in der Tiefe, von der Uinfangswand durch eine
breite Rinne getrennt. An seinem Umfange sieht man starke Furchen von der Bohrung.
Was die Metallsuchen aulangt, so sind sie meiner Meinung besonders des-
wegen von grossem Werthe, weil sie aus Kupfer bestehen. Schon äusserlich
unterscheiden sie sich von Bronzen dadurch, dass sie zum Theil gar keine grüne
Patina besitzen, sondern eine une!3ene, aber harte, dunkelbraune, stellenweis fast
schwärzliche Oberfläche zeigen, zum Theil allerdings eine grüne Patina haben, aber
eine ungewöhnlich blasse, hie und da fast weisslichgrüne. Beim Anfeilen erschienen
alle diese Theile rothglunzend. Hr. Professor Salkowski hat die Güte gehabt,
eine chemische Prüfung vorzunehmen, es hat sich dabei herausgestellt, dass ausser
Kupfer nur geringe Spuren anderer Metalle vorhanden sind.
Diese Sachen sind folgende;
1) Enge Kupfer locken und zwar
a. eine 7 cm lange, oben 1,5 cm, unten 7 mm im Durchmesser haltende Röhre
aus einem platten, 4,5 mm breiten, in dichten Spiralwinduiigen aufgerollten Bande,
dessen Oberfläche rauh und rothbraun, nur am dünnen Ende grün aussieht. Nach
(135)
unten, gegen die enge Oeffnung, läuft das Band ganz regelmässig in eine lang
ausgezogene Spitze aus; nach oben ist es verletzt und zugleich verbogen und aus-
einandergezogen.
b) eine ganz enge, aber scheinbar gleichmässige Köhre von 12 cm Länge,
gleichfalls aus einem platten, spiralförmig aufgerollten Bande bestehend. Letzteres
ist übrigens 2,/) mm dick, 12 mm breit, und auf beiden Seiten mit einer vorsprin-
genden medianen Kante (Rippe) versehen. Die Oberfläche ist sehr rauh und
stellenweise ganz ausgefressen, theils grün, theils rothbraun. An einem Ende liegen
die Windungen noch sehr dicht und regelmässig, am andern ist die ganze Spirale
ausgezogen und verbogen.
c) ein einfaches, aus einer sehr langen, aber wenig ausgebogenen Spirale ge-
bildetes, also nicht röhrenförmiges, sondern schlaiigenförraiges, schmales Band (Locke)
von 13,5 cm Länge, jedoch auch mit Andeutung einer medianen Rippe. Möglicher-
weise ist es erst nachträglich ausgezogen. Seine Oberfläche ist sehr rauh und
überwiegend rothbraun.
2) Ein kurzes Bruchstück einer Spiralröhre, 2 cm lang, 1 cm im Quer-
durchmesser, aus einem ganz dicht aufgewundenen, etwas kantigen, dicken Spiral-
balken. Die Patina ist weisslichgrau. Das Innere ist ganz erfüllt mit einer
trockenen, ziemlich festen, beim Schaben pulverigen oder sandigen Substanz von
graubläulicher Farbe. Nach der Analyse des Prof. Salkowski besteht dieselbe
aus Kupfersalzen und Sand.
3) Zwei Spiral-Armschienen:
a) eine kleinere von 270,5 g (jewicht. 11 cm Länge und einem Querdurch-
messer oben von 57, unten von 45 mm. Sie besteht aus einem in 14 Windungen
dicht aufgerollten, aber noch sehr elastischem Spiralbande, welches in der Mitte
7 — 9, unten 5, oben 3 mm breit ist. Dasselbe endigt zungenförmig und ist im
Ganzen platt, jedoch nach aussen und innen etwas convex, nach aussen stärker,
nach innen schwächer. Ornamente sind nicht daran. Die Farbe ist eanz «^rün
II . OD?
stellenweis sogar dunkelgrün und glänzend, meist jedoch weisslichgrün und matt
durch Abblätterung. Gefeilte Stellen sind kupferroth.
b) eine grössere, 807 g schwer, von 19,5 vm Länge und einem Querdurch-
messer oben von 85, unten von 60 mm, mit 18 Windungen. Das gleichfalls noch
sehr bewegliche Band bat in den mittleren Theilen 1 cm Breite, endigt in ein
ganz feines Ende, bildet eine sehr regelmässig konische Röhre (natürlich ohne Spitze)
und ist in der Mittellinie mit einer schwachen Rippe versehen. Irgend ein Orna-
ment ist nicht vorhanden. Die Farbe ist durchweg grün, zum Theil etwas ver-
wittert. Gefeilte Stellen sehen kupferroth aus. Die Analyse ergab 9G,6 pCt. Kupfer,
etwas Eisen und Verunreinigungen (Salkowski), jedoch weder Zinn, noch Zink.
Was die Bestimmung dieser Geräthe betrifft, so wird über die zuletzt er-
wähnten wohl kein Zweifel bestehen können. Dagegen lässt sich wenig über die
ersteren sagen. Ich möchte in dieser Beziehung an ein Paar schlesische Stücke
erinnern, welche im 27, Bericht des Vereins für das Museum schlesischer Alter-
thümer (Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. Breslau 1875. October) Fig. 75
und 76 abgebildet sind. Dieselben stammen aus einem Funde des Freiherrn
V. Wechmar (Verhandl. der uaturwiss. Section Breslaues 1854. S. 53): in einem
Thongefässe bei Zedlitz unweit Steinau a. 0. wurden dieselben neben Bronze ge-
funden, und für angefangene Stücke gehalten, insofern die Spirallocke in eine
solide Röhre überging, aus welcher sie ausgeschnitten zu sein schien. Man hielt
sie desshalb für Arbeiten eines schlesischen Bronzeschmiedes. Bei der chemischen
Analyse derselben ergab sich (29. Bericht S. 72, 74), dass sie aus
(136)
98,30 pCt. Kupfer,
1,56 „ Zinn,
0,116 „ Eisen,
Spuren von Blei
bestanden. Hr. Dieck erklärte sie daher für Kupferlocken, welche die natür-
liche Mischung des Kupfers besässen, und Hr. Biefel war der Meinung, dass sie
als Vorarbeit für eine Fibula und als Reste aus der Arbeitsstätte eines etruskischen
Metallschmiedes anzusehen seien.
Gegen die Annahme, dass sie zu einer Fibula hätten verarbeitet werden sollen,
spricht in dem Falle von Znin der Umstand, dass die Locken ein plattes, mit einer
medianen Rippe versehenes, also schon ausgearbeitetes Band zeigen, und dass sie
ganz vollendet sind. Die unter 1 a beschriebene ist so regelmässig konisch ge-
wunden, dass man daran nicht zweifeln kann, dass es eine fertige Arbeit war. Bei
Nr. Ib könnte man daran denken, dass daraus, wie Hr. Dieck vermuthet, ein
Armring (etwa wie die von Znin) hätte gemacht werden sollen. ludess spricht
auch dagegen nicht nur die Schmalheit, sondern noch mehr die Kürze des Bandes,
man müsste denn weiterhin annehmen, dass mehrere solche Locken zu einer Arm-
schiene zusammengeschmiedet oder gelöthet werden sollten. Es scheint mir aber
nichts entgegenzustehen, anzunehmen, dass diese Spirallocke auf einen Riemen
oder eine Schnur aufgezogen und als Schmuck benutzt wurde.
Ob der „kraus gewundene Kupferdraht", dessen Freiherr von Ledebur (Das
Königl. Museum vaterländischer Alterthümer. Berlin 1S38. S. 100) gedenkt und
der in einer Urne bei Saatzke, unweit von Wittstock in der Mark Brandenburg,
gefunden wurde, hierher gehört, vermag ich nicht zu entscheiden.
Jedenfalls ist der Fund von Skarbnice schon desshalb von höchstem Werthe,
weil er einen neuen Zuwachs zu den bisher so spärlichen Kupferfundeu im Norden
Deutschlands darstellt. Ich erinnere bei dieser Gelegenheit an den Kupferfund von
ßythin im Grossherzogthum Posen, wo üusser 6 uudurchbohrten Aexten das merk-
würdige Doppelgespann von Stieren zu Tage kam. Ich habe darüber in den
Sitzungen vom 6. December 1873 (Verh. S. 200. Taf. XVIII. Fig. 1) und vom
29. Juli 187G (Verh. S. 180), sowie auf dem internationalen Congress in Budapest
(Compte rendu. 1876. T. I. p. 250) berichtet. Bei letzterer Gelegenheit erwähnte
übrigens Hr. v. Pulszky (p. 224) auch einen Spiralring von Kupfer, der sich in
dem Besitze des dortigen Museums befindet.
(22) Hr. Virchow spricht, unter Vorlage der Gegenstände,
über Schädel von Ophrynium.
Durch Vermittelung des Hrn. G. Hirsch fehl bekam die Gesellschaft vor
4 Jahren 16, theils vollständig, theils unvollständig erhaltene Schädel, welche Hr.
Frank Calvert in der Gegend des alten Ophrynium ausgegraben hatte (Sitzung
vom 16. Januar 1875. Verh. S. 7). Nach der Angabe des Gebers stammen die-
selben von einer römischen Ansiedlung, etwa 1 (engl.) Meile von Ophrynium ').
1) Nachträgliche Bemerkung. Ich hatte seitdem Gelegenheit, bei meinem Besuche in
der Troas auch die Ueberreste derjenigen Stadt zu besuchen, welche als Ophrynium gedeutet
wird. Es ist vielleicht die schönste Stelle am ganzen Hellespont. Etwa 1 Stunde westlich
von Renköi (Erinköi) erhebt sich ziemlich steil am Ufer der asiatischen Seite ein aus Tertiär-
gestein gebildeter, fast kegelförmiger Berg, der nur nach Nordost durch einen niedrigeren
Einschnitt mit dem Uauptstock des Küstengebirges zusammenhängt. Die Höhe selbst besteht
aus mehreren Terrassen über einander, von denen die oberste noch jetzt mit den zusammen-
(137)
In den Gräbern wurden ausser mehreren Glasgefässen Münzen gefunden von Phi-
lippus (244 — 49 n. Chr.), Maximus (Maxirainus) Pius (235 — 38) und Alexander
Severus (222 — 235). Ein Schädelfragment stammt aus den Ruinen von Öphrynium
selbst und zwar aus einem Grabe mit Topfsachen aus dem 5. oder 6. Jahrhundert
V. Chr.
Ich mache mir Vorwürfe, das reiche Geschenk so lange ohne Beschreibung
gelassen zu haben. Gerade jetzt, wo ich im Begriff stehe, eine Reise in diese
Gegend zu unternehmen, ist es mir eine Gewissenssache, noch vorher einen üeber-
blick über diese Schädel zu geben. Möglicherweise wird auch die Vergleichung mit
anderen Funden einigen Werth haben.
Der aus Öphrynium selbst stammende Schädel (IG) unterscheidet sich sehr
auffällig dadurch, dass er ganz dicht von einer weisslichen, stark kalkhaltigen, fest
anklebenden Schicht überzogen ist, unter der nur au wenigen Stellen eine glatte,
gelbbräunliche Oberfläche zu Tage tritt. Obwohl ziemlich dick, ist er doch leicht
und sehr brüchig. Die Oberfläche klebt an der Zunge. Er ist in hohem Grade
defekt, indem nicht nur die ganze Basis cranii fehlt, sondern auch die Seitentheile
bis auf ein abgebrochenes, die rechte Kiefergelenkgrube umfassendes Stück, und das
Gesicht bis auf das rechte Oberkiefer- und Wangenbein vermisst werden. Der Rest
des eigentlichen Schädeldaches hat sich aus 3 Stücken wieder soweit zusammen-
setzen lassen, dass man wenigstens die Gesammtform des Schädels erkennen kann.
Er misst in der Länge 184,5, in der Breite annähernd (die grösste Breite ist wegen
des Defektes an der mittleren Partie des Parietale sinistrum nicht genau festzu-
stellen) 139 mm, der Index würde also ungefähr 75 betragen. Diesem, noch doli-
chocephalen Maass entspricht auch der Augenschein. In der Seitenansicht zeigt
die Calvaria eine etwas schräge, schnell zurückweichende Stirn mit kräftigen
Augenbrauenwülsten und einer deutlichen Glabella. Die Scheitelcurve ist ziemlich
lang und gleichförmig, mit schwach keilförmigem Wulst an der Sagittalis. Von der
Gegend der Tubera parietalia aus fällt die Hinterhauptscurve mit einer fast kug-
ligen Wölbung schnell ab. In der Oberansicht erscheint der Schädel ausgemacht
lang, aber zugleich auch ziemlich breit. Die Tubera durchweg wenig vortretend.
Am Hinterhaupt liegt die Protuberantia externa weit unter der Wölbung. — Vom
Gesicht ist wenig zu erkennen. Die Orbita scheint mehr hoch und ein wenig
nach unten und aussen ausgezogen gewesen zu sein. Die Nase setzt mit einer
massigen Vertiefung an der Sutura nasofrontalis schmal an; der Rücken hebt sich
dann sofort stark hervor, ist aber alsbald abgebrochen. Der Oberkiefer zeigt einen
niedrigen Alveolarfortsatz und sehr tief abgeschliffene Zähne. Es handelt sich also
um einen älteren, offenbar kräftig gebauten Mann von mehr länglichem Schädelbau.
Die übrigen 15 Schädel sind unter sich nicht ganz übereinstimmend, weder in
Farbe, Aussehen und Festigkeit, noch in der Form, und es ist daher wohl möglich,
dass auch hier ein gewisses Mischungsverhältniss bestanden hat. Allein in der
Mehrzahl gehören sie offenbar einem gemeinsamen Stamme an, und manche Be-
sonderheiten einzelner sind offenbar nur individueller Natur. Diess zeigt sich nament-
lich sehr deutlich bei dem am meisten abweichenden, Nr. 8, der von ausgedehnter
sagittaler Synostose und starker Stenokrotaphie betroffen ist, und der in Folge
hängenden Resten einer Mauer aus Quadern umg^ehen ist; gegen Norden sind auch innerhalb
der Acropolis noch Mauerreste Es musste jedenfalls eine sehr feste Stadt sein. Ich war
oben am Ostermontage, 14. April, Mittags und hatte eine entzückende Aussicht über die
ganze Länge des llellesponts von den Dardanellen bis zum Aegäischen Meer. Da auch das
gegenüberliegende Ufer des thrakischen Chersoneses hoch ist, so gleicht der Hellespont hier
in hohem Grade dem Bosporus.
am
dessen eine ausgemacht dolichocephale, fast clinocephale Gestalt angenommen hat.
Bei einigen der stark verletzten Schädel, bei denen Gesicht und Basis cranii fehlen,
maty wohl noch ausserdem etwas posthume Veränderung hinzugekommen sein;
namentlich vermuthe ich diess von dem sehr dünnwandigen Schädel Nr. 14, der
gleichfalls ein dolichocei)liales Maass ergiebt. Scheiden wir diese wenigen Exem-
plare in der Betrachtung aus, so bleibt ein \ erhältnissaiässig homogenes Material,
das natürlich von zahlreichen sexuellen und individuellen Besonderheiten nicht
frei ist.
Die beiden Tabellen, welche die durch Messung und durch Berechnung ge-
fundenen Zahlen enthalten, werden diess sofort ergeben.
Von den 15 Schädeln halte ich 3, nehmlich Nr. 2, 5 und 15, für bestimmt
weiblich; '2, nehmlich Nr. 4 und 9 sind mir etwas zweifelhaft, indess möchte ich
sie doch für männlich halten. Sieht man aber auch von ihnen ab, so ist doch die
Mehrzahl unzweifelhaft männlich.
Die Capacität konnte nur bei 9 Schädeln und auch hier zum Theil nicht
ohne besondere Maassnahmen bestimmt werden. Es sind diess folgende:
Capacität. Männlich. Weiblich. Zweifelhaft.
1560 ccm Nr. G — —
1500 „ _ 12 — —
1475 ,. „ 7 — —
14-25 „ , 10 - -
1410 „ „ 8 - -
1400 „ „ 1 - -
1350 „ — Nr. 2 —
1300 „ — — Nr. 9
1125 ,. — Nr. 5 —
Daraus würde sich ein mittleres Maass von 1394 berechnen. Indess sind die
Variationen so gross, namentlich die Raum-Verhältnisse der weiblichen Schädel so
klein, dass es wohl ein besseres Bild gewährt, das Mittel der 6 männlichen Schädel
= 1461 ccin als das mehr bezeichnende zu betrachten. Nicht ohne besonderes
Interesse ist es, dass die beiden Schädel, welche eine Sutura frontalis per-
sistens haben, nehmlich der männliche Schädel Nr. 6 und der weibliche Nr. 2,
jeder in seiner Abtheilung das höchste Maass der Capacität ergaben, der männliche
mit 1560 das absolut höchste in der ganzen Gruppe. Bei dem weiblichen Schädel
Nr. 2 tritt überdiess der Einfluss der Naht-Persistenz nicht nur in der ungewöhn-
lich vollen Wölbung der Stirn, sondern namentlich in der Breite der unteren Stirn-
gegend hervor; trotz seiner geringen Grösse hat dieser Schädel doch die absolut
grösste Stirn breite, nehmlich 106 mm.
Im Ganzen werden wir also die Qphrynium-Leute zu einer Rasse mit guter
Schädel-Capacität rechnen dürfen.
Was die Schädelform anbetrifft, so dorainirt die Brachycephalie. Aller-
dings ergiebt die Berechnung aller Schädelindices für das Verhältniss von Länge
und Breite nur 79,4, also ein dem brachycephalen Minimum (80) im Sinne der
deutschen Terminologie nur sehr nahe stehendes Maass. Allein es genügt, die
schon vorher erwähnten Schädel Nr. 8 und 14, sowie das gleichfalls sehr zweifel-
hafte Schädeldach Nr. 11 auszuscheiden, um für den Rest der 12 Schädel die
Mittelzahl 81 zu erhalten. Sonderbarerweise geben die weiblichen Schädel für sich
das höchste Mittel, nehmlich 83,1.
Immerhin wird man besonders beachten müssen, dass, abgesehen von dem
pathologischen Schädel Nr. 8, alle gut erhaltenen Schädel ausgemacht brachycophal
(139)
sind, und dass unter der Gesammtzahl von 15 die grössere Hälfte, nehmlich 8,
Zahlen von 80 und darüber ergeben. Kinige der etwas längeren Schädel sind
überdiess durch unregelmiissige Ossifikation au der Sjjitze der Lambdanaht, nament-
lich durch Schaltknochen an der Stelle der hinteren Fontanelle, etwas hinaus-
geschoben.
Trotz der Kürze der meisten Schädel ist doch der Längenhöhenindex von
massiger Grösse. Nur bei 2 Schädeln, nehmlich dem pathologischen Nr. 8 und
dem weiblichen Microcephalus Nr. 5, finde ich ein chamaecephales Maass. Alle
übrigen, soweit sie bestimmt werden konnten (7), sind orthocephal. Sie ergeben
die Mittelzahl 74.
Die Lage des Ohrloches ist mehr schwankend. Bei einer giossen Zahl liegt
es verhältuissmässig tief, so dass der Oh rhöhenindex weit höhere Zahlen ergiebt,
als der gewöhnliche Längenhöhenindex (vom Foramen magnum aus bestimmt).
Der Breitenhöhen index ist durchschnittlich gering, was die Prävalenz der
Breiteudurchmesser am besten anzeigt. Letztere tritt übrigens bei den absoluten
Zahlen nicht bloss in Berug auf die grösste Breite, sondern auch in Bezug auf die
frontalen, occipitalen und mastoidealen Durchmesser sehr deutlich hervor.
Unter den einzelnen Knochen des Schädeldaches überwiegt im Ganzen die
Ausbildung des Stirnbeins. Nicht nur der untere Querdurchmesser, sondern
auch der sagittale Längsumfang hat eine sehr bedeutende Grösse, wie die Maass-
tabelle leicht erkennen lässt. Dem entsprechend ist die Stirn gross und stark
gewölbt, die Scheitelcur\ e hoch und stark gebogen, das Hinterhaupt kurz, jedoch
voll. Bei den Männern sind die Stirnnasenwülste massig ausgebildet.
Die Verhältn isse des Gesichts, obwohl im Einzelnen vielfach abweichend,
fügen sich doch zu einem erträglich einheitlichen Gesammtbilde. Nur die Nasen-
form zeigt grössere und zum Theil unvermittelte Gegensätze. Leider hat sich bei
der häufigen Zerstörung der Gesichtstheile der Nasenindex nur bei 6 Schädeln
bestimmen lassen. Davon ist die grössere Zahl, nehmlich 4, leptorrhin, und zwar
zeigt der weibliche Schädel Nr. 2 eine ganz extreme Schmalheit der Nase. Sein
Index beträgt nur 39,4, was hauptsächlich der ungewöhnlichen Höhe der Nase
(57 mm) zuzuschreiben ist. Die 2 anderen Schädel dagegen sind platyrrhin, und
zwar der pathologische Schädel Nr. 8 und der männliche Schädel Nr. 1. Bei beiden
ist es die Breite der Nasenöffnung, welche dieses Resultat bedingt. Immerhin wird
man als regelmässige Form dieser Nasen die Leptorrhinie betrachten dürfen. Ihr
entspricht ein massig vertiefter Ansatz der Nasenwurzel, ein kräftig hervortreten-
der, aber schmaler Rücken und ein stark ausgebildeter Nasenstachel.
Ungleich constanter ist der Orbitalindex. Hier macht nur der pathologische
Schädel Nr. 8 eine Ausnahme, indem er mit der Zahl 90 über alle anderen hin-
ausragt. Indess sind auch alle übrigen Schädel hypsikonch; nur Nr. 7 bleibt
mit einem Index von 84,6 hart an der Grenze der Mesokonchie stehen. Durchweg
ist die Augenhöhle weit geöffnet und verhältuissmässig hoch, der obere Rand stark
gewölbt, der Malarrand etwas ausgetieft.
Die Kieferbilduug ist durchweg orthognath. Am Oberkiefer ist die Zahn-
curve, entsprechend der Breite der Kopfbildung, gleichfalls überwiegend kurz und
breit und nach rückwärts auseinanderweichend. Der Gaumen liegt tief. Seine
Länge war leider nur bei 3 Schädeln zu bestimmen. Am Unterkiefer ist die
Distanz der Kieferwinkel dagegen meist klein, die Kiefer selbst von massiger
Stärke, das Kinn vortretend, aber im Ganzen mehr gerundet.
Das Gesicht im Ganzen ist weder hoch, noch besonders breit. Die Joch-
bogen, obwohl ihre grösste Distanz recht erheblich ist, treten doch nicht stai'k
(140)
hervor. Auch die Wangenbeine haben eine massige Distanz und treten nicht zu
stark vor. —
Nach diesen Auseinandersetzungen besteht allerdings ein grosser Unterschied
zwischen der grossen Mehrzahl der in dem römischen Friedhofe bei Ophrynium
gefundenen Schädel uod dem weit älteren , in Ophrynium selbst ausgegrabenem
Fragment. Dem letzteren nähern sich nur einige der aus dem Friedhofe stammen-
den Calvarien, namentlich Nr. 14 und Nr. 4. Ks ist natürlich unzulässig, aus
eiuem einzigen Fragment einen bestimmten Schluss zu ziehen, zumal da hier in
der Sammlung der Friedhof-Schädel der Beweis unmittelbar vorliegt, dass inmitten
einer sonst ziemlich homogenen Reihe einzelne ganz abweichende vorkommen
können. Dagegen kann man allerdings, ohne den Thatsacben Gewalt anzuthun,
sagen, dass der ältere Schädel in seiner Bildung bekannten althellenischen Formen
sehr nahe steht, während der Typus der Mehrzahl der Schädel aus dem Friedhofe
der römischen Zeit davon ganz abweicht. Wenn ich z. B. an meine Mittheilungen
in der Sitzung vom 14. Juni 1873 (Verh. S. 113) erinnern darf, so gleicht der
Schädel aus Ophrynium selbst den Schädeln aus der Gräberstrasse von Athen,
deren Index, wie ich zeigte, auf der Grenze von Dolicho- und Mesocephalie liegt,
während ich mit den Schädeln aus dem römischen Friedhof höchstens die beiden
brachycephalen Schädel von Laurion vergleichen kann, die wir der Güte des
Hrn. V. Heldreich verdanken. Letztere sind nur in noch höherem Grade brachy-
cephal, und ich habe schon damals hervorgehoben, dass es schwer sei, sie irgend
einem althelleniscben Stamme zuzuschreiben.
Leider weiss mau, so viel ich sehe, über die Herkunft der in Ophrynium ange-
siedelten Leute nichts. Aus einer Notiz bei Lechevalier (Voyage dans la Troade
pag. 240) ersehe ich nur, dass im Alterthum mehrfach die Erinnerung an Hector auf
Ophrynium zurückführt. Lycophrou lässt von da die Gebeine des troischen Helden,
welche nach Pausanias von den Thebanern in ihr Vaterland herübergeführt und dort
an der Quelle des Oedipus begraben sein sollen, nach Boeotien bringen und Strabo
spricht von einem Hain (ol'ka-og) des Hector bei Ophrynium. Höchstens Hessen sich
aus diesen Anführungen gewisse Beziehungen zwischen Boeotien und Ophrynium
ableiten, welche ja auch in den alten Sagen des Hellespont manche Anknüpfungen
finden würden. Indess will ich mich in diese Möglichkeiten nicht zu weit ver-
tiefen. Näher läge jedenfalls der Gedanke, der in direkten Erzählungen der Alten
eine Stütze hat, dass auch auf der asiatischen Seite des Hellespont thracische
Ansiedelungen stattgehabt haben, und dass der brachycephale Typus durch sie
eingeführt sei. Römisch ist dieser Typus nicht. Aber freilich kann eine römische
Colonie, zumal in der Kaiserzeit, so verschiedenartige Elemente enthalten haben,
dass es heute sehr schwer sein dürfte, diese Elemente aus rein craniologischen Gründen
auseinanderzulösen.
Vielleicht wird in einer späteren Zeit Gelegenheit gegeben sein, auf die
Schädel von Ophrynium zurückzukommen. Ihre verhältnissmässig grosse Zahl und
ihr ausgeprägter Charakter geben dem Funde einen hervorragenden Werth, und
ich kann Hrn. Frank Calvert nur noch einmal herzlich danken, dass er uns
diesen reichen Fund übergeben hat.
Die zugehörigen Tabellen sind folgende:
(141)
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(143)
(23) Nach Mittheilung des Vorsitzendeu wird ara Montag, den 17. März, um
l2'/j Uhr Mittags im zoologischen Garten die Vorstellung der hier anwesenden
Lappen stattfinden.
Hr. Virchow bemerkt vorläufig Folgendes über die
Lappen.
Nachdem wir schon friilior in den Sitzungen vom 16. Januar und 20. Februar
187:) (Verh. S. 12 und 28) 8, von Hrn. Bohle und Frl. Willardt vorgestellte, und
in der Sitzung vom Iß. October 1875 (Verh. S. 225) 6 durch Hrn. Hagen beck
uns zugeführte Lappen gesehen und besprochen hatten, wird uns jetzt wiederum
durch die unternehmende Thätigkeit des letzteren eine Gesellschaft von Lappen
zugänglich, — die grösste der Zahl nach, — es sind 10 Individuen, — und zu-
gleich die interessanteste, weil neben 4 Männern 3 Frauen, 1 Knabe und 2 Kinder
vorhanden sind, somit die glücklichste Mischung der Alters- und Geschlechts-
verhältnisse sich darbietet.
Der sehr fähige Agent des Hrn. Hagenbeck, Hr. Jacobson hat die Leute
im norwegischen FiappUmd, in jener Gegend, wo die russische (finnische) Grenze
so nahe an die Westküste heranreicht, geworben. Die Mehrzahl stammt von Kau-
tokeina am Altenfjord, nehmlich Jon Gaupa, 38 Jahre alt, dessen Frau Kirsten
(Kistan), 2() Jahre alt, deren beide Kinder, Niclas, gegen 3 Jahre alt und ein erst
kürzlich geborenes, noch an der Brust genährtes Kind, ferner Inger Gaupa, die
Nichte, 15 Jahre alt, endlich Mikel Andersen Sara, 20 Jahre, dessen Schwester Kri-
sten, 18 (? oder 23) Jahre, und Bruder Aslak, 13 Jahre alt Nur 2 Männer, Jon
Porsanger, 46 Jahre, und Per Anti, 20 Jahre alt, sind von Karrosjok (Karroschok),
noch näher an der finnischen Grenze. Alle gehören den sogenannten Fjeldlappen
ao und wurden im Besitz grosser Renthierheerden angetroffen.
Nach der Meinung des Führers wäre Jon Josephson Porsanger von allen der
reinste Lappe. Ich muss diess dahin gestellt sein lassen. Porsanger selbst erklärt
sich für einen Landsmann von Gaupa, und ich kann nur sagen, dass ich den letz-
teren nach Allem, was mir bekannt ist, für mehr typisch halten möchte, als
Porsanger. Trotzdem wären nach der Ansicht des Führers alle Anderen ausser
Porsanger mehr oder minder mit Finnen gekreuzt.
Bei der Kürze der Zeit will ich bier nur auf wenige Einzelheiten eingehen
Ich habe die hauptsächlichen physischen Verhältnisse der Leute festgestellt und sie
gemessen; die Einzelergebnisse sind in einer besonderen Tabelle (Tabelle I. am
Schlüsse) zusammengestellt.
Es ergiebt sich daraus, dass auch bei diesen Leuten die früher erörterten
Merkmale zutreffen, allerdings mit gewissen Abweichungen, aber doch im Grossen
nicht erheblich verschieden.
Die Körperhöhe der Männer beträgt im Mittel (den Knaben natürlich aus
geschlossen) 1,511, die der Frauen 1,416 /«. Der grösste ist Porsanger mit 1,560 m
und schon dieses Maass macht es etwas unwahrscheinlich, dass er der reinste Lappe
sei. Sein nächster Landsmann Anti, der freilich nur 20 Jahre zählt, hat nur
1,452 m, übertrifft also nur um Weniges die 18 (oder 23?) jährige Kristen Sara
(oder Sarag?), welche 1,449/« misst. Die 15jährige Inger Gaupa, welche übrigens
auch sonst schon sehr entwickelt erscheint, hat ilieselbe Höhe, 1.4 ?«, wie ihre
Taute Kirsten Gaupa.
Die Klafterlänge (von der Spitze des einen Mittelfingers zur Spitze des
anderen quer über die Brust) ist durchweg grösser, zum Theil erheblich grösser,
(144)
als die Körperhöhe. Nur bei der 15jährigen Inger Gaupa ist das Verhältniss um-
gekehrt: die Klafterlänge bleibt um 25 mm hinter der Körperhöhe zurück. Sonst
beträgt der Ueberschuss der Klafterlänge über die Körperhöhe 62 — 25 — 35 bei den
Männern, 21 und 25 bei den Frauen, nur 4 bei dem Knaben. Es hängt diess ganz
wesentlich mit der grossen Schulter breite der Leute zusammen.
Die Kopfform ist in hohem Grade brachycephal. Der Schädelindex be-
trägt bei
Jon Gaupa, . . 86,3 Kirsten Gaupa . 89,6
Mikel Sara .
Aslak Sara. .
Per Anti . .
Jon Porsanger
87.8 Inger Gaupa . . 87,6
90.9 Kirsten Sara . . 87,5
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' 5 Männer: Mittel 87,0 3 Weiber: Mittel 88,2
8 Lappen: Gesammtmittel 87,4.
Lässt man den Knaben Aslak Sara weg, so erhält man für 4 Männer ein Mittel
von 86,0 und für Alle ein Gesammtmittel von 86,1.
Diese Zahlen stimmen mit den früher von mir gefundenen recht gut überein.
Hr. Ecker, der neulich eine von Hrn. Bohle in Frankfurt a. M. vorgestellte
Gruppe^) untersucht hat, erhielt im Mittel von 4 Individuen 86,4 (Lappland und
die Lappländer. Freiburg in Baden. 1878, S. 11).
Der Ohrhöheuindex beträgt bei
Kirsten Gaupa , 6ß,6
Inger Gaupa . . 67,0
Kirsten Sara . , 63,0
Jon Gaupa . .
. 60,3
Mikel Sara . .
. 65,3
Aslak Sara . .
. 67,6
Per Anti , .
. 60,1
Jon Porsanger
. 64,8
5 Männer: Mittel 63,6 3 Weiber: Mittel 65,5
8 Lappen Gesammtmittel 64,3,
Ohne Aslak Sara beträgt das männliche Mittel nur 62,6, das Gesammtmittel
63,8. Die grössere Höhe des weiblichen und des kindlichen Index dürfte nicht
ohne Zusammenhang sein.
Im Ganzen ergab sich als herrschende Kopfform auch bei der blossen Be-
tastung die kurze und runde. Je ausgeprägter dieselbe, namentlich bei gleich-
zeitiger Höhe, wurde, um so mehr wurde sie geradezu kugel- oder bombenförmig.
Dazu tragen besonders zwei Umstände bei: einmal die grosse Auswölbung der
Schläfengegend, welche mir schoo von anderen Studien über Lappenschädel her
bekannt war, sodann die eigeuthümlich breite und runde Stirn, Die grosse
Breite derselben geht aus den in der Tabelle mitgetheilten Maassen der (unteren)
Stirnbreite, gemessen über den Ansätzen der Apophysis zygomatica, hervor; die-
selbe kam beinahe der Ohrhöhe gleich, bei Jon Gaupa übertraf sie die letztere
sogar.
Am Gesicht entscheidet, wie ich auch schon früher bemerkte, nicht bloss die
Niedrigkeit und Breite desselben, wobei Jochbogen und Wangenbeine stark
hervortreten, sondern ganz besonders die Kleinheit der Kieferknochen. In
dieser Beziehung habe ich zu den früheren Maassen noch die Distanz der Kiefer-
winkel hinzugefügt; es ergiebt sich daraus, dass 4 mal (bei Mikel und Aslak Sara,
bei Inger und Kirsten Gaupa) die Stirnbreite grösser war, als die Kieferwinkel-
distanz, 1 mal (bei Jon Gaupa) beide einander gleich waren und nur 3 mal die
1) Es scheint, dass die von Hrn. Ecker untersuchten Personen andere waren, als die
bei uns gezeigten. Obwohl 2 Namen der Frauen übereinstimmen, so sind doch ganz andere
Altersbezeichnungen angegeben.
(145)
Kieferwinkeldistanz die untere Stiru breite übertraf (bei Auti und Porsaoger und
bei Kirsten Sara). Das Gesiclit erlangt dadurch mehr und mehr die Form eines
umgekehrten Kegels.
Sehr eigenthümlich wirkt dabei das geringe Hervortreten des Ohrs. Es ist
mir dabei nicht zweifelhaft, dass ein nicht geringer Theil der Eigenthümlichkeiten
des äusseren Ohrs artificiell hervorgebracht wird, indem durch das Herüber-
greifen der bei beiden Geschlechtern angewendeten Kopfbedeckungen, die schon in
ganz zartem Alter angelegt werden, das Ohr einem anhaltenden starken Druck
ausgesetzt wird. Sowohl der helmartige Aufsatz der Frauen, als die grosse vier-
eckige Mütze der Männer werden bis über die Ohren herunter getragen, so dass bei
den ersteren nicht einmal das Haar sichtbar wird. Das Ohr erscheint daher ganz
dicht an den Kopf augelegt und abgeflacht. Die
Muschel ist meist gross, wie wenigstens dass Maass
ihrer Höhe in der Tabelle ergiebt, ihr Rand platt
gedrückt und die Randfurche mehrmals erweitert.
Tragus und Antitragus sind meist kurz und wenig
entwickelt, das Läppchen kurz und schwächlich. Bei
5 Personen, also bei mehr als der Hälfte, war das
letztere nicht deutlich von der Wange abgesetzt oder,
wie mau sagt, angewachsen. Am meisten charak-
teristisch fand ich das Ohr von Mike! Anderson Sara,
bei dem übrigens das Läppchen leicht abgesetzt, nur
sehr klein, dagegen der obere Theil der Muschel um
so grösser war (vgl. den Holzschnitt).
Die Nase ist fast durchweg kurz. Wenn man
als Länge die Entfernung der Nasenwurzel von der
Nasenspitze, also eigentlich die Ausdehnung des
Rückens, und als Höhe die gerade Entfernung der
Wurzel von dem Ansatz der Scheidewand bezeichnet, so übertrifft in der Regel,
wie die Tabelle lehrt, die Höhe die Länge. Nur die beiden Männer von Karrosjok,
Anti und Porsanger, haben Nasen mit grösserer Länge als Höhe, und auch dess-
halb scheinen sie mir weniger typisch zu sein. Die Nase von Anti ist oben schmal,
unten breit und etw^as gebogen, die von Porsanger gleichfalls an der Wurzel schmal,
an den Flügeln breit, mit langem, etwas eingebogenem Rücken und ausgeprägter
Spitze. Bei allen übrigen ist die Nase sehr gleichförmig gebildet: kurz, etwas tiefe,
aber schmale Wurzel, breite Flügel, etwas stumpfe Spitze, stark vortretender, aber
eingebogener Rücken. Nur bei Jon Gaupa ist der Rücken mehr gerade.
Die Bildung der Augen entspricht dem, was ich schon früher bemerkt habe.
Das Auge liegt in der Regel tief und sieht daher klein aus, ist aber nicht schief
oder im engeren Sinne geschlitzt. Nur bei Kirsten Sara, bei welcher das obere
Augenlid ungewöhnlich voll und convex erscheint, ist die Lidspalte etwas geschlitzt
und der äussere Winkel etwas erhoben, und bei Jon Gaupa, bei dem die Lider
schmal sind, ist auch die Spalte eng und etwas schief nach oben und aussen er-
hoben. Der eigentlich mongolische Charakter ist also wenig entwickelt.
Die Farbe der Iris ist sehr wechselnd. Jon Gaupa hat ganz hellblaue
Augen mit einem lichten, fast weisslichen Ring um die Pupille, in welchem nur
einzelne braune Insolchen liegen. Seine Frau hat gleichfalls ganz hellblaue Augen
mit einem gelblich bräunlichen Schimmer um den Pupillarrand. Bei Inger Gaupa
sind die Augen ganz hellblau mit einem weisslichen Ring in der Iris. Mikel Sara
hat eine dunkelrohfarbene Iris, seine Schwester Kirsten eine hellbraune, etwas
Verhandl. der Berl. Authropol. üescllsoliaft l«7y. |^Q
(146)
fleckige, sein Bruder Aslak eine sehr helle, nach aussen fast blaugraue, um den
Pupillarrand mit einem bräunlichen Schimmer, dazwischen fast grünlich. Die Iris
von Anti ist hellblau, mit einem weisslichen Netz darin; die von Porsanger erscheint
von Weitem hellbraun, in der Nähe blaugrau mit braunen Punkten. Ein eigentlich
dunkles oder gar schwarzes Auge hat also keiner von allen; fast überall herrschen
lichtere Nüancirungen vor.
Wesentlich anders ist es mit dem Haar. Das Kopfhaar ist bei Allen schlicht,
kaum wellig, nicht sehr dicht, etwas trocken und von massiger Länge: auch bei
den Frauen erreicht es nur eine Länge von 50 cm. Seine Farbe ist nur bei Kir-
sten Sara, der eigentlichen Schönheit der Gesellschaft, schwarz und die einzelnen
Haare erreichen bei ihr eine grössere Stärke. Nächstdem zeigen Porsanger und Mikel
Anderson Sara dunkles Haar; namentlich bei dem letzteren ist es dunkelbraun,
leicht ins Schwärzliche ziehend (nach der Pariser Farbentafel Nr. 42 oder zwischen
41 und 43). Alle anderen haben braune, bald etwas dunklere, bald und über-
wiegend hellere Haare mit dem eigenthüuilichen Lichtschimmer, dessen ich schon
in meiner früheren Beschreibung gedachte. Wirklich blondes Haar hat keiner.
Die Haare am Gesicht sind nicht reichlich, nur die Augenbrauen und Lidhaare
pflegen dichter und dunkler zu sein. Am reichlichsten mit Bart ist Porsanger
ausgestattet.
Endlich die Hautfarbe ist durchgehends licht, wenngleich bei manchen
etwas ins Gelbliche spielend. Sie variirt zwischen 24 — 26 der Pariser Farbentafel.
Bei Aslak und Kirsten Sara ist sie sehr zart und fast weiss. Das Roth der Lippen
und der Wangen tritt daher sehr deutlich hervor. Nichts erinnert an eine pigmen-
tirte Rasse.
Damit will ich für heute meine Bemerkungen über die physischen Eigenschaf-
ten der Lappen schliessen. Ich übergebe jedoch noch eine üebersicht (Tabelle II.)
der Worte, welche die einzelnen zur Bezeichnung der ihnen vorgelegten Farben-
proben gebrauchen. Es ergiebt sich daraus, wie aus der ähnlichen üebersicht,
welche ich in der Sitzung vom 16. November 1878 (Verh. S. 332) in Bezug auf
die Nubier vorgelegt habe, dass der Wortschatz der Leute für den Ausdruck der
unterschiede, welche sie wahrnehmen, nicht ausreicht, während doch ihr Farben-
sinn gut entwickelt ist. Dabei zeigt sich ein immerhin sehr merkwürdiger Gegen-
satz: während die Lappen sämmtlich für blau dasselbe Wort gebrauchen und auch
in der Wahl desselben nicht zögern, so bestand gerade für diese Farbe die grösste
Schwierigkeit bei den Nubiern. Selbst grün wird von den Lappen recht scharf
unterschieden, wenngleich weniger sicher bezeichnet.
Die Besucher des Zoologischen Gartens darf ich überdiess auf die schöne
Sammlung ethnologischer Gegenstände aus Lappland aufmerksam machen, welche
Hr. Hagenbeck zugleich ausgestellt hat. Von ganz besonderem Interesse aber
ist die Weberei der lappischen Schönen, welche ohne alles grössere Geräth mit
grösster Geschicklichkeit vor sich geht und welche daher fast an jedem Ort ohne
besondere Vorbereitungen aufgenommen werden kann. Meist beschränkt sich die-
selbe allerdings auf die Herstellung farbiger Bänder. Man kann aber auch an die-
sen ersehen, wie ausgebildet der Farbensinn der Leute ist.
(147)
Tabelle I.
Körperverhältnisse.
o
!^
>-5 tn
Geburtsort
Alter , .
Haut
Haar
Auge
Körperhöbe . . .
Klalterläuge . , .
Schulterbreite . . .
Höhe des Kinns . .
„ der Schulter .
„ des Ellenbogen
„ , Handgelenks
„ , Mittelfingers
Handbreite ....
Höhe des Nabels
„ , Trochanters
^ , Knies . .
, „ Mall. int,.
Fusslänge . .
Fussbreite . .
Kopflänge . .
Kopfbreite . .
Auricularhöhe .
Stirnbreite . .
Höhe der Ohrmusehel
Gesichtshöhe, Haarrand
» Nasenw.
Obergesichtshöhe. .
Gesichtsbreite, Jugal
Bizyg.
Kieferw
Nasenlänge , . .
Nasenbreite . . .
Nasenhöhe ....
Augendistanz, innen
, aussen
Länge des Mundes .
Meat. aud. - Nasenwurzel
r. „ Spina nas.
, Kinn , .
Eauta-
kaino
38
gelblich,
Hals dunkel,
Bauch
bräunlich.
hellbraun
bellblau
1515
1577
341
1325
1280
1015
765
618
90
870
760
405
63
245
100
179
154,5
108
110
57
160
95
127,5
143
100
110
42
35
45
27
86
48,5
116
116
135
Kauta-
kaino
23
hell
dunkel-
braun
braun
1520
1545
362
1320
1240
945
700
533
93
865
785
420
62
235
98
180,5
158,5
118
112
55
160
100
126
140,5
100,5
109,5
42
34
45,6
33,5
92
48
120
116
131
Karro-
schock
20
bell
dunkel-
braun
graublau
1452
1252
1186
903
692
541
83
740
406
73
235
88
173
142
104
95,5
60
168
104
128,5
127,5
95,5
105
49
34
44
31
89
54
111
113
126
Kauta-
kaino
18
hell
dunkel
öOcHilang
hellbraun
1449
1470
322
1240
1191
911
715
514
82
720
400
66
227
85
176
154
111
108
57
158
100
126
136
89
117
41,5
35
45
33
94
48
112
116
121
Kauta-
kaino
15
hell, mit
rothen
Wangen
hellbraun
blau
1400
1375
300
1206
1126
893
686
498
80
711
374
67
208
82
170
149
114
107
62
155
94
122
131
90
106,5
43
34,5
45
32,6
98
46
113
117
126
Karro- Kauta-
scbock kaino
46 13
etwas I
bräunlich
hell
schwarz i hellbraun
blaugrau
1560
1595
370
1345
1286
980
761
600
97
906
793
415
71
237
90
179
158
116
112,5
57
176
111
143
150
95
115
50
36
52
33,5
95,5
46
117
121
142
blau-
grau
1196
1200
257
1088
982
750
586
445
698
602
307
61
195
75
171,5
156
116
101
50
148,5
93,5
126
129
73
98
37,5
30
40
31,5
80
45
109,5
106
112,5
Kauta-
kaino
36
bell
bellbraun
blau
1400
1425
342
1205
1141
865
663
488
734
371
70
229
85
174
156
116
110
50
169
102
128
134
94
103,5
43
36,5
46
33
92,5
50
105
109
119
10*
(148)
Tabelle II.
Verzeichniss der Farbenbezeichnungen in lappischer Sprache.
c
Farbe
i
Gaupa
Frau von
Gaupa
geb.
Nico-
Nikel
Anderson
Sara
Kirsten
Sara
2
Peter
Larsen
Anti
Karra-
schok
Inger
Gaupa
Porsanger
Aslak
Sara
denius
1
schwarz
tscharpat
tscharpat
tscharpat
tscharpa
tscharpa
tscharpa
tscharpa
tscharpa
2
grau
ruana
ranis
wekis
tscha
welkis
ranat
wekis
stilko
ranis
rana
3
weiss
welgat
wielegat
wielgat
welkies
wielgat
wielkies
welkis
welki
4
roth
roksat
i
roksat
roksat
roksis
roksat
roksat
rokses
roksat
5
orange
fiskat
(gelb)
fiskat
(gelb)
ruana
ruana
roks-
fiskat
ruschkis
ruschkat
fiske
6
gelb
fiskat
fiskat
welgis
ruana
fiske
fiskat
fiskat
fiskis
fiske
7
grün
ruana
ruana
fiskat
ruana
ruana
ruana
ruana
alich
ruana
8
blau
alicht
alicht
alicht
alicht
alich
alicht
alich
alich
9
violett
alicht
alicht
tscharpis
ruana
alicht
ruks
alich
tscharpes
alicht
alich
alich
10
braun
tscbarpat
(schwarz)
roksat
roks
ruanat
roksat
roksat
tscharpes
ruksat
weissdiese
Farbe
nicht
weissdiese
Farbe
nicht
(24) Eingegangene Schriften:
1) Verhandlungen der Berliner medicinischen Gesellschaft. 8. IX.
2) Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. Bericht. 41.
3) Nachrichten für Seefahrer. 7, 8, 9, 10. Jahrg. 1879.
4) Annalen der Hydrof^raphie. Heft II. 1879.
5) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Nr. 2. 1879.
(149)
6) Journal of the Anthropological Institute. Vol. VII. 4, VIII. 1.
7) Andres Lamas, Juan Diaz de Solos descubridor del Rio de la Plata. Ge-
schenk des Verfassers.
8) Andres Lamas Instrucciones para la adquisicion en los archivos europeos de
documentos ineditos qua puedan ilustrar la historia colouial del Rio de la
Plata. Desgl.
9) Andres Lamas Colecion de obvas documentos y noticias para servir a la
historia del Rio de la Plata. Vol. L— IV. Desgl.
10) A ndres Lamas Escritos politicos y literarios, coleccionados por Angel J. Car-
ranza. Las agresiones del dictutor argentino Juan Manuel Rosas contra
la independencio de la Republica Oriental del Uruguay. Gesch. d. Verf.
11) Dr. R. Richter (üeber die Steinfunde am Rothen Berg bei Saalfeld in Thü-
ringen). Zu einer Weihnachtsgabe für arme Schulkinder unserer Stadt.
Saalfeld 1868.
Sitzung am 19. April 1879.
In Abwesenheit des Vorsitzenden, Hrn. Virchow und der beiden Stellvertre-
ter übernimmt Hr. Koner als Obmann des Ausschusses den Vorsitz.
(1) Als neue Mitglieder werden angemeldet:
Don Jose ViUar Sanchez in Sevilla.
Director Dr. Goldbeck, Berlin.
Dr. Marc US e, Berlin.
Dr. Th. Schuchardt, Görlitz.
A. Nicolson, Attache der englischen Gesandtschaft, Berlin.
Baron Camillus von Brand, Berlin.
Rittmeister Krug auf Jessen, Kreis Sorau.
(2) Hr. Hartmann verliest folgenden, an ihn gerichteten Bericht des Hrn.
Künne d. d. Lima, den 20. Februar 1879.
„Ich habe auf der Reise nach Mendoza den Commaudanteu der Indianer Grenze
Coronel Racedo in Villa Mercedes kenneu gelernt und versprach derselbe ein
Cazikeiigrab der Ranqueles mit allen Beigaben an Hrn. von Holleben zu
schicken.
„Die Passage über die Cordillere war schwierig und nicht sehr lohnend. In
Santiago besuchte ich Dr. Philippi und war ich über den Reichthum der ethnolo-
gischen Abtheilung des Museo Nacional erstaunt. Ich ging dann nach Mollendo
und über Arequipa und den Titicaca See nach La Paz. Hier kam ich zu einer
sehr ungünstigen Zeit an, denn ein Fest jagte das andere, dazu ist Hungersnoth
im Lande und konnte ich nur mit der grössten Mühe Thiere zu einem Ausfluge
nach Tialmanaco auftreiben. Hr. v. Grumbkow begleitete mich auf diesem Aus-
fluge. Später machte ich den Inseln Titicaca und Coati einen Besuch und wohnte
dem Fest der Virgeu in Copacapana bei. Ich habe Photographien und verschie-
dene Kleinigkeiten gesammelt.
„Hr. Belisario Saenz schenkte dem Berliner Museum einen drei Fuss hohen
steinernen Inka-Kopf und wird derselbe mit einem der nächsten Kosmos Steamer
dort ankommen. Ein Kaufmann M. Hartniann La Paz will dem Museum den
Kopf von CoUo-CoUo, den d'Orbigny ganz falsch gezeichnet, schenken, wenn es
möglich ist, denselben nach dem See zu schaffen. Endlich stellte der deutsche
Konsul Wagner in Arequipa der Anthropologischen Gesellschaft eine hübsche
Mumie, wahrscheinlich die eines Verbrechers, der bei Lebzeiten in eine nasse Haut
eingenäht wurde, zur Verfügung. Hr. Stamm aus Arequipa, dem ich ein Paar
Zeilen für Sie mitgab, wird dem Museum einige silberne Idole u. s. w. überreichen.
Derselbe macht jährlich Reisen nach Cuzco.
^Ich fühle mich hier in Lima, abgesehen von der Hitze, recht wohl und
geniesse die Civilisatiou in vollen Zügen. Am 27. gehe ich direkt nach San
(151)
Francisco. Von dort werde ich einen Abstecher nach Oregon machen und dann
nach Yokohama segeln."
(3) Hr. M. Kuhn macht Mittheiiungen aus einem Briefe des Schlosspredigers
Saalborn zu Sorau, Nieder-Lausitz. Derselbe berichtet im Einverständnisse mit
Hrn. Rittmeister a. D. Krug auf Jessen über
Ausgrabungen bei Jessen, Kreis Sorau,
welche derselbe im October 1878 •veranstaltet hat. Dieselben ergaben eine Streit-
axt, (Kieselschiefer?), welche die Form eines Löthhammers hat und roh gearbeitet
ist; an Bronzesachen fanden sich ausser 1 Perle und 1 Plättchen nur Stücke
von Nadeln, Fibeln und Ringen aus einem Halsschmucke vor; die Einwirkung des
Feuers ist an diesen 14 Reststücken sehr sichtbar. Bei dem Ausgraben und Aus-
heben der Thongefässe wurden sehr viele verletzt und zerbrochen; doch konnten
etwa 6 grosse Urnen und 22 Töpfe, Schaalen, Tassen etc. zu einer kleinen Samm-
lung vereinigt und im Schlosse zu Jessen von dem Finder aufgestellt werden.
Die Linear- Verzierungen an den Thongefässen sind die der Triangulär- und
der Bindfadenform. An einer Urne befinden sich 2 kurze Leisten als Stützpunkte
für den Daumen; an einer andern 6 kleine Ansätze (Hörner); an einer dritten
3 Rippen, welche als Leisten in der Länge von zwei Zollen am Bauche senkrecht
herabgehen; au einer vierten 6 Rippen oder Leisten in schräger Richtung, ebenfalls
am Bauche. Die Masse ist feiner Thon, die Farbe meist gelblich und durch Flug-
Feuer beim Brennen stellweise geschwärzt. Eine Topfscherbe enthält auf der
Innenseite einen carminrothen, matten Anstrich; sie scheint einem Farbentopfe
angehört zu haben.
Das werthvollste dieser Fundstücke ist ein Hörn aus hellem, feinem, fettem
Thon; dasselbe hat einen runden Henkel an der Oeffnung und ist etwa 6 Zoll
lang. Die Zeichnung veranschaulicht die Gestalt und die Verzierungen in Ellipsen-
und Triangelform.
Es scheint als Salbhorn gedient zu haben.
Die Bestattungsstätten sind Hügel mit Steinkisten und Rollsteineu; doch wurde
auch ein bruunenartiges Gemäuer biosgelegt, an dessen Innen- und Aussenseite
Thongefässe standen. In einigen der grösseren Gefässe standen kleinere.
(4) Hr. Ingenieur Fudil in Bilin übersendet d. d. 25. März Bemerkungen
über böhmische Alterthümer.
„Ich kann nicht umhiu, auf einige Unrichtigkeiten in dem in dem Sitzungs-
bericht vom IG. November 1878 abgedruckten Berichte des Hrn. Ludwig Schnei-
der aufmerksam zu macheu. Ich thue dies lediglich im Interesse der Wissen-
schaft und wünsche, dass diese meine Berichtigung auch so aufgenommen werde.
, (152)
Dort heisst es: „Auch die in den Pamatky veröffentlichten Zeichnungen der
Pudil'schen Gefässe sind nicht correct; namentlich das Gefäss 6e., Tafel VI.,
von dem ich einen grossen Theil erwarb, ist nicht mit hängenden Guirlanden, son-
dern mit wagerechten Parallelstreifen, deren Enden etc und weiter: Nebstbei
muss ich bemerken, dass Taf. VI., 10 f. nicht Nadel etc "
Hr. Ludwig Schneider konnte unmöglich von den in Pamatky archaeologicke
von mir veröffentlichten Zeichnungen der Grabgefässe von Polep, Bilin, Strupcic
(= Trupschitz bei Brüx), Patogrö, Hochpetsch (^ Becov), Lyskosic und Stadic ge-
sprochen haben; denn alle von mir veröffentlichten Zeichnungen der Grabgefässe
von den obengenannten Orten sind auf das Gewissenhafteste mit aller Genauigkeit
gezeichnet und die meisten ebenso genau durch die Pamatky archäologicke wieder-
gegeben worden. Ich zeichnete nur Gefässe, deren ganze Form ich unzweifelhaft
bestimmen konnte, und enthielt und enthalte mich aller, blos durch Phantasie er-
reichbaren Formenbestimmungen Die Originale dieser Gefässe sind in meinem
Besitze (mit Ausnahme der Stadicer, welche in Brüx bei Hrn. Corp von mir auf-
genommen wurden), und bis heute habe ich an Niemanden weder diese verschenkt
noch verkauft. Ich schenkte Hrn. Schneider nur Bruchstücke von Gefässen,
deren ganze Form nicht zu bestimmen war und die in keiner Weise von mir bis
jetzt veröffentlicht wurden. Auch fand Hr. Schneider bei seinem Besuche bei
mir keine Gelegenheit, einen Vergleich mit meinen Zeichnungen anzustellen.
Ebenso ist sowohl nach meiner Zeichnung als nach der Beschreibung nicht
möo-lich, dass Jemand den Messerrücken des Stadicer Fundes für eine Nadel halten
könnte.
Bezüglich der in Pamatky Band X. 1876 enthaltenen irrigen Bezeichnung der,
Asche, Scherben und Knochenreste enthaltenden Biliner ßurgstelle wurde in Pa-
matky, Band X., 1877, die Correctur durch die Redaction vorgenommen; meine
Verwechslung kam daher, dass ich den tiefsten Burghof als Vorburg, die Redaction
aber den höchsten vom Land zugänglichen Vorhof als Vorburg bezeichnete. So-
wohl in der von mir bezeichneten Vorburg als auch im Mittelfelde der Burg sind
Scherben, Asche und zahlreiche Knochenreste zu finden.
„Auch die Bemerkung bezüglich des Schädels aus den Liebshausner (Liebs-
hausen = Libceves) Gräbern, dass dieser Schädel in der Asche allein gefunden
wurde, ohne weitere Skeletreste, ist nicht zutreffend. Ich fand das ganze 8kelet,
und am Oberarme desselben einen Bronze-Ring. Die Bestattung geschah daselbst
durch Verbrennung und auch durch das Begraben des unverbrannten Körpers in
die Erde, allerdings seltener. Die Beschreibung und die Zeichnungen dieser Grä-
ber und Funde habe ich für die Pamatky vorbereitet.
„Böhmen bietet in der That viel Material und ist überaus reich an Fundorten
von Gräbern, Wohnstätteu und befestigten Plätzen der vorhistorischen Zeit. Die
ältesten Gefässe sind ohne Anwendung der Töpferscheibe mit der Hand geformt,
und solche Gefässe sind die zahlreichsten.
Ich bezweifle, dass bei Schalan (Zalang) in der Kulturschicht auch Scherben
vorzufinden sind, welche die Anwendung der Töpferscheibe zeigen. Es ist mir
nicht ein einziger Fall vorgekommen; die ich in der Hand des Hrn. Schnei-
der sah, waren alle aus freier Hand geformt und den Gefässen von Luschitz
(Luzice) am meisten ähnlich. Die Anwendung der Töpferscheibe ist in dieser
Gegend sehr spät vorgekommen; Gefässe, die nur modellirt wurden, bekamen
unzweifelhaft in der Hand des Verfertigers theilweise auch solche Bewegungen, die
ähnlich der Töpferscheibe waren. Einzelne parallele Streifen entscheiden niemals,
ob die Anwendung der Töpferscheibe vorkam. Es gehören dazu schärfere Unter-
(153)
suchungen in Bezug auf gleiche Dicke längs den Streifen, correspondirende Streifen
auch im Inneren etc, etc.
„Ueberhaupt ist die Forschung über die Grabgefässe, die einzigen sicheren
überbliebenen Zeugen der Cultur des den Ort einst bewohnenden "Volkes, noch
unvollkommen und wird nur leicht behandelt. Es wird von nur wenig gebrannten
Scherben, auch sogar von ungebrannten oder nur am offenen Feuer gedorrten Ge-
fässen gesprochen. Allerdings war der Hitzegrad zum Brennen der Gefässe nicht
so gross, wie er unsere Porzellangefässe benöthigen; dann wären solche Gefässe zur
Schlacke geschmolzen. Aber der grösste Hitzegrad, als es das Material erforderte,
wui'de überall und mit grossem Geschick angewendet. Schwerlich hat sich ein
schwach gebranntes Gefäss bis auf unsere Tage erhalten, ja nicht einmal eine Spur
von selchem dürften wir finden.
„Ich habe nur noch zu bemerken, dass die ebenfalls vom Hrn. Schneider
mitgetheilte Analyse des Hrn. Zeman über Grabscherben auf meine Veranlassung
erfolgte, mich aber dieses Resultat durchaus nicht befriedigte."
(5) Hr. Falkenstein stellt seinen verbesserten
Gesichtswinkel-Messer
vor und bemerkt dazu:
Als ich bei Gelegenheit der Bearbeitung der Loango-Neger-Schädel in die Lage
kam, die verschiedenen bisher angegebenen Gesichtswinkel unter einander zu ver-
gleichen und da mir Apparate hierfür theils nicht zugänglich waren theils unpraktisch
schienen, construirte ich mir selbst ein Modell das ich Ihnen damals (s. Zeitschr.
f. Ethnologie 1877. IV S. 169) vorzustellen die Ehre hatte. Nachdem dasselbe
vom hiesigen anatomischen Cabinet erworben war, hatte ich nicht weiter Veranlassung
mich damit zu beschäftigen , bis von verschiedenen Seiten zugleich auf die in der
Zeitschrift beigegebene Abbildung Anfragen und Aufträge namentlich von Leipzig
und Dorpat an mich gelangten und ich in Folge dessen mit Herrn Dörffel (Berlin
Linden Nr. 46) in Verbindung trat, um dieselben mit den nöthig scheinenden Ver-
änderungen auszuführen. Die bezüglichen Institute haben die Apparate nunmehr
erhalten und Herr Prof. Stieda hatte die Freundlichkeit, ein Exemplar auf der
anthropologischen Ausstellung zu Moskau anderen Instrumenten anzureihen. Ich
führe Ihnen nunmehr hier ein eben fertig gestelltes Exemplar vor, das Herr Dörffel
für die Industrie -Ausstellung (angekauft von der Schwedischen Regierung) bestimmt
hat und für dessen correkte und ausgezeichnete Arbeit ich nicht umhin kann, ihm
hier meinen besten Dank zu sagen.
Zur Aufnahme des Schädels dient eine mit Tuch überzogene Platte, welche
an vier gezahnten Pfeilern gleichmässig auf und nieder bewegt werden kann und
in der gegebenen Richtung durch Einschnappen einer federnden Vorrichtung ge-
halten wird.
Durch diese Bewegung kann leicht jede beliebige der bekannten Basal-Linien
zur Einvisirung gelangen. Der Beobachter sucht dieselbe in gleiche Richtung mit
dem horizontal eingespannten Haar und der an der Hinterwand markirten Linie
zu bringen, welche mit jenem gleiche Höhe hat. Er kann zu diesem Zweck gleich-
zeitig den Schädel auf dem an der Platte befindlichen Hufeisen nach Bedarf ver-
schieben und den links befindlichen Reiter, damit jegliches Hin- und Herrutschen
ausgeschlossen bleibt, bis an die Stirn oder den Alveolarfortsatz heranschieben.
Nunmehr wird zur Bestimmung der Profillinie der Rahmen mit dem senkrecht
eingespannten Haar herangeholt und ist wenn die gewünschte Richtung gefunden,
(154)
mit einer an ihm befindlichen Schraube an den horizontalen Rahmen angedrückt.
Durch einen, in einer Rinne des letzteren verschiebbaren Transporteur vermag
man sich dann in kürzester Zeit von der Grösse des eingeschraubten Winkels zu
überzeugen.
Es erhellt aus der Anschauung, dass man auch in der Wahl der Profillinie
beliebig schnell ohne Zeitaufwand wechseln kann und so leicht die mannichfachen
variirenden Angaben der einzelnen Autoren bei einer grossen Zahl von Schädeln
auf ihren Werth zu prüfen im Stande ist; da selbstverständlich nur derjenige
Winkel ein Aurecht auf spätere allgemeine Verwendung erwerben kann, welcher
bei Schädeln eines und desselben Volksstammes die gleichmässigsten Werthe ergiebt.
Es ist vielleicht aber der grösste Vorzug dieses Apparats eine endgültige.
Lcisuug der Frage über die Wahl der bezüglichen o Punkte für den Gesichtswinkel
erleichtern zu helfen.
Bei der Arbeit, welche den Apparat allmälig, gleichwie von selbst entstehen Hess,
und wurden an einer Anzahl von Schädeln der Loango- Neger 6 bekannte Winkel
und zwar der von Virchow, v. Ihering, Camper, Cloquet, Geoffroy St.
Hilaire und Jacquart geprüft und verglichen.
Alle ergaben grosse Schwankungen bis zu 180,5, Eine eigene Combinatiou,
bei welcher die Basallinie von der Mitte des Alveolarfortsatzes zur Mitte des For.
aud. extr., die Profillinie dagegen von der Mitte des Alveolarfortsatzes zur Nasenwurzel
verlief, schien sich für die Erzielung gleichmässiger Werthe sehr vortheilhnft zu
erweisen, und wird es denen, welche mit dem Apparat zu arbeiten versuchen,
gewiss interessant sein, neben allen anderen auch diesen Winkel auf seine
Brauchbarkeit zu prüfen.
(6) Hr. A. Woldt bespricht und legt vor Heft 2 und 3 des I. Jahrganges
der Geographischen Nachrichten für Welthandel und Volkswirth-
schaft, Berlin 1879.
Ferner legt derselbe vor Photographien der im Frühjahr hiergewesenen
Lappen, angefertigt durch den Photographen Herrn Günther, sowie Gyps-
abgüsse von Körpertheilen jener Lappen, letztere angefertigt von Hrn. Castan.
(7) Hr Budczies spricht über den schwarzen Tod in der Mark.
(ß) Hr. Hartmann legt einige alte Gräber -Funde vor, welche ihm von
dem Naturaiienhändler Hrn. H. Schilling zu Hamburg übergeben und vom Vor-
tragenden für das märkische Provinzialmuseum bestimmt worden sind.
Die erste Reihe dieser P'unde besteht aus Urnen-, Knochen- und Geweihresten,
welche in einem Urnenfelde auf dem Grundstücke des Paiticulier Allendorff
zu Schönebeck a. Elbe aufgedeckt worden sind. Wir sehen hier aus grobem
Material verfertigte Urnenscherben, Reste von menschlichen Skeletten und .Stücke
von Hirschgeweihen. Unter den Menschenknochen befinden sich zwei Schädeldächer,
ein Rückenwirbel, das Fragment eines solchen, ein Kreuzbein, ein rechtes Beckeu-
bein, ein oberes und zwei untere Stücke vom Oberarmbein, ein Speichenbein,
zwei obere Stücke von Oberschenkelbeinen, zwei Reste von Schienbeinen, zwei
Wadenbeine, zwei Fragmente von Wadenbeinen, zwei Fersenbeine, ein mittleres
linkes Mittelfussbein, ein Mittelstück einer Rippe. Alle diese Theile stammen von
Erwachsenen her. Ausserdem finden sich ein oberes und ein unteres Stück vom
Oberschenkelbein, zwei Schienbeine und eine Kniescheibe von Kindern.
Alle diese Knochen sind morsch, z. Th. noch mit einer ziemlich festbackenden
(155)
kalkartig- raergeligen Erde bedeckt. Spuren von Brand konnte ich an ihnen nicht
wahrnehoien. Ein Oberschenkelbeinstück zeigte einen tieferen gerundeten, ver-
muthlich von einer Spit/Jiacke herrührenden Einbruch recenter Natur. Die Knochen
bieten stark ausgeprägte Fortsätze, Leisten, Protuberanzen u. s. w. dar. Das
Darmbein jenes oben erwähnten Beckenbeines zeigt eine beträchtliche Vertiefung
im hinteren Abschnitt der äusseren Fläche und einen stark s- förmig gekrümmten
Darmbeinkamra. Dies und das Kreuzbein scheinen einem weiblichen Individuum
angehört zu haben. An den Oberschenkelbeinen tritt die Linea aspera stark hervor.
Die Schienbeine zeichnen sich durch sehr hervorragende vordere Kanten (Cristae
oss. tibiae) aus. Ferner ist die mediale Kante des Speichenbeines und der Waden-
beine beträchtlich entwickelt, klingenartig scharf hervortretend. An den Fersen-
beinen zeigen sich die beiden, sonst meist getrennten, zur Articulation mit dem Talus
dienenden Gelenkflächen (eine mediale, dem Sustentaculum tali angehörende und
eine vordere, vom Processus anterior calcanei gebildete) zu einer einzigen, concaven,
35 mm langen und lo mm breiten Fläche vereinigt. Diese, bei den anthropoiden
Affen gewöhnlich stattfindende Bildung, welche E. D'Alton (Anatomie der Be-
wegungswerkzeuge S. 152 Fig. 129 C, p.) beim Menschen so schön abbildet und
wie die meisten Anatomen als „zuweilen vorkommend" erwähnt, fand ich selbst
bis jetzt trotz eines mir durch die Hände gegangenen reichen Materiales au recenten
Knochen noch kein einziges Mal. Die in den letzten zehn Jahren auf der berliner
Anatomie präparirten Fersenbeine zeigten immer die beiden Articulationsflächen
am Calcaueus durch eine Furche — Henle's Sulcus interarticularis — getrennt.
Es waren dann entweder von beiden Flächen die hintere, Henle's Facies articularis
medialis posterior = 16 — 17 mm, die vordere aber (Henle's Fac. articul. medial.)
9 — 12 7nm lang, — in solchen Fällen zeigte sich der Sulc. interarticularis ziemlich
breit, — der beide Facies waren gleich lang (je 16 — 17 mm) und durch einen
nur schmalen Sulcus von einander getrennt. Von den Schädelfragmenten besteht
das eine, eine Schädeldecke, aus beiden Scheitelbeinen und dem Stirnbein. Von
ersteren ist das rechte noch bis zum mittleren Theil des Schuppenrandes, das linke
nur bis gegen den Schuppenrand hin erhalten. Das Fragment ist in der Rich-
tung von vorn und links nach hinten und rechts dergestalt verschoben, dass in der
Norma verticalis das rechte Scheitelbein (abgesehen von der besseren Erhaltung
desselben) in grösserer Ausdehnung übersehen werden kann als das linke, mehr
laterahvärts herabgeneigte. Das andere, ebenfalls schiefe Fragment enthält die
Reste beider Scheitelbeine und ein Stückchen der Hinterhauptschuppe.
Die Geweihreste stammen von Thieren her, welche dem Wapiti- oder Elk-
hirsche Nordamerikas au Grösse nur wenig nachgegeben haben können. Ein unter
ihnen befindlicher Augenspross misst 370 mm in der grossesten Biegung. Ein
Rosenstock von 111 mm Höhe ist an seinem distalen Ende mit einem queren, von
Menschenhand herrührenden Anschnitte versehen.
Unter den Funden zeigen sich in zweiter Reihe eine grössere ürnenscherbe
von Dalldorf bei Aschersleben (gefunden 1868), ferner eiserne Reste von
kugel-|oder schalenförmiger Form mit horizontalwärts umgebogenem Rand. Letztere,
am 1. December 1872 in der Mergelgrube zu Meissdorf in der Grafschaft
Falken stein i.,H. aufgedeckten Funde sind Gegenstand ziemlich lebhafter Dis-
cussion unter denen geworden, welchen ich dieselben gezeigt habe. Der Eine er-
klärte sie für Reste einer Sturmhaube, der Andere für diejenigen von Töpfen oder
Schalen, wieder Einer sprach von frühmittelalterlichem Kircbengeräth. Ich selbst
fülilt^ mich aussser Stande, diesen alten Eisenkram genügend zu tlt^tiniren. —
(156)
Hr. Voss bemerkt, dass letztere Gegenstände die Fragmente eines Schildbuckels
aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung und wahrscheinlich
Römischen Ursprungs wären.
Von derselben Fundstelle besitzt das Königl. Museum Reste eines Gefässes aus
getriebenem Bronzeblech uud eiserne Waffen und Fibeln, dem sogenannten La Tene-
Typus angehörig.
(9) Hr. Kon er schliesst mit einigen Bemerkungen über die Topographie
der trojanischen Ebene.
(10) Eingegangene Schriften.
1) Nachrichten für Seefahrer. 1879. Nr. 12, 13, 14, 15, IG.
2) Annalen der Hydrographie. 1879. Heft 3.
3) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 1879. Nr. 3.
4) Bulletins de la Societe d'Anthropologie de Paris. Ser. HL Tome I. Fase. 3, 4.
5) Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Band IX. Nr. 1 — 3.
6) Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns. Band H. Heft 4.
7) M. Much, Ueber die Kosmogenie und Anthropogenie des germanischen Mythus.
Geschenk des Verfassers.
8) M. Much, Künstliche Höhlen in Niederösterreich. Gesch. d. Verf.
9) M. Much, Noch ein Wort über Höhlenwohnungen im Löss. Gesch. d. Verf.
10) M. Much, Das vorgeschichtliche Kupferbergwerk auf dem Mitterberg bei Bi-
schofshofen (Salzburg). Gesch. d. Verf.
11) Geographische Nachrichten für Welthandel und Volkswirthschaft. Jahrgang 1.
Heft 2, 3. Geschenk des Hrn. Woldt.
Sitzung vom 17. Mai 1879.
Stellvertretender Vorsitzender Hr. Koner.
(1) Als neue Mitglieder werden angemeldet:
Lieuteuant a. D. W. von Schulenburg, Charlottenburg.
Kaufmann Ernst Driese, Guben.
Kaufmann Georg Siikey, Berlin.
Baron von Korff, Oberst a. D., Berlin.
(2) Die Societe d'histoire naturelle de Colmar übersendet durch ihren
Secretär, Dr. Faudel, ihre Bulletins und erbietet sich zum Austausch der Schrif-
ten. Die Gesellschaft nimmt das freundliche Anerbieten mit Dank an.
Hr. Faudel hat seinerseits eine Note über den berühmten Schädel aus
dem Löss von Egisheim bei Colmar hinzugefügt.
(3) Hr. Voss macht Mittheilung von einem Briefe des Hrn. Pfarrer 0. Walter
zu Crumpa über
Alterthümer aus der Gegend von Querfurt.
In "Verfolg des übersendeten Aufrufes erlaube ich mir, anliegend Notizen über
Funde beizulegen, die in hiesiger nächster Umgebung gemacht worden sind, soweit
mir dieselben von einiger Bedeutung zu sein schienen. Die unter I. aufgezeichne-
ten Notizen habe ich mir damals gleichzeitig gemacht. Ich war damals Pfarrer in
Leiha. Die Reste von Kupfersachen behielt der Eigenthümer des Steinbruches. Sie
sind seitdem, wie ich erfahren habe, in dessen Familie verschwunden. Den kleinen
Steinmeissel resp. Beil besitze ich noch, sowie die Steinkugel. — Die Funde von
römischen Münzen bei Braunsdorf sind auffallend durch ihre Häufigkeit. Erst vor
zwei Jahren fand ein Einwohner des Dorfes wieder drei Stück bei dem Ausroden
eines Baumes. Ich bemühte mich, sie zu sehen, um sie zu bestimmen. Aber nicht
einmal in das Haus seines eigenen Pfarrers wollte der iManu sie schicken, bis er sie
nachher einem Handlungsreisenden anvertraut hat, mit dem sie natürlich verschwunden
sind. Die unter 11. erwähnte hatte ich mir in Staniol abgedruckt, der Abdruck ist
mir aber auch abhanden gekommen. Die Schrift war sehr scharf und deutlich. Sie
war von einem Kaiser, der nur drei Tage, in der Mitte des dritten Jahrhunderts
den Cäsarenthron mit zwei anderen getheilt hatte und mir ist nur der Beiname
Pupitnius im Godächtniss geblieben. Ich ghuibo. ich fand ihn schliesslich im
Eutrop erwähnt.
(158)
Im Jahre lößS trafeu Arbeiter in den auf dem Hutberge südlich von Leiha
eröffneten Steinbrüchen, beim Abräumen der Erdschicht, auf mehrere Gräber aus
vorgeschichtlicher Zeit.
Es fanden sich zunächst 7 Gräber. Später wurden bei weiterem Fortschritt
der Arbeiten noch einige einzelne gefunden.
Einige, die darum besser erhalten waren, waren mit den Platten des an Ort
und Stelle brechenden Kalksteines ausgesetzt und gedeckt.
Sie enthielten sämmtlich unverbrannte Leichen; die Skelette wiesen Individuen
verschiedenen Alters nach. Leider habe ich Schädel nicht aufbewahrt, die Auf-
merksamkeit war damals noch nicht so auf Schädelformen gerichtet. Namentlich
in dem einen Grabe war das Skelet vollständig erhalten.
Die Richtung der Gräber war von Ost nach West, aber die Lage der Skelette
nicht die christliche. Der Kopf lag nach Ost.
Andere Fundstücke boten sie wenig. Es waren:
1) In dem einen, auch sehr sorgfältig angelegten Grabe
a. sehr angegriffene Reste eines Ringes von dünnem Kupferblech, mit Zacken,
diademartig;
b. ein kupfernes, tiegelartiges Gefäss mit Handgriff. Am Boden schwache
Ringe bemerklich, als wäre es nach dem Gusse abgedreht; ein Loch im
Boden zugenietet mit einem Stück Kupfer. Im Gefässe eine unbestimm-
bare Masse ;
c. eine bronzene Spange ohne Dorn.
2) In einem anderen Grabe
a. ein kleiner Steinmeissel mit breiter und schmaler Seite, von einem grün-
lich schwarzen Stein; die Schneide fein polirt; oben noch Reste eines
Harzes ;
b. eine steinerne Kugel, ca. 3 Zoll rhein. Durchmesser, ziemlich regelmässig,
mit der Hand abgearbeitet oder als Flussgeröll abgeschliffen, aus sehr
feinkörnigem Granit , aber mit einer dünnen Schicht Kalkniederschlag
überzogen, jedenfalls durch die Bodenfeuchtigkeit.
In der die Gräber bedeckenden Erdschicht fanden sich ürnenscherben sehr
sparsam, dagegen viele einzelne Knochen.
Es ist nicht uninteressant, mit diesem Funde eine Tradition zusammenzuhalten,
die im Dorfe Leiha erhalten ist. Nach derselben soll der Kirchhof des Ortes
fräher mehr Umfang gehabt, und sich über die Merseburg- Freiburger Strasse
erstreckt haben; die Gehöfte, welche jetzt die Kirche umgeben, zahlen Kirchenzins,
und in deren Gärten sind vielfach Gräber gefunden worden. Diese waren aber
entschieden aus christlicher Zeit. Sollten etwa die oben bezeichneten Gräber aus
der üebergangszeit sein'? — Vor dem Eingänge des Dorfes Leiha befindet sich
ein Teich, der der heilige Teich heisst.
(Vorstehendes nach unmittelbaren Aufzeichnungen im Jahre 1868). —
II. An dem linken Ufer des Leiha -Baches zwischen Braunsdorf und Bedra
befanden sich Wiesen. Als diese in den Jahren 1820—30 zu Acker gemacht wur-
den, sind römische Münzen in ziemlicher Zahl zu Tage gekommen. Noch jetzt
werden dergleichen dann und wann gefunden, auch in anderen Umgebungen des
Dorfes Braunsdorf. Eine sehr schön erhaltene des Kaisers Pupienus (ich musste
erst eine Zeit lang suchen, ehe ich ihn in den Autoren fand), besass der frühere
Lehrer in Braunsdorf. Seine Kinder haben sie mitgenommen.
III. Der Apotheker Hr. Hoffmann in Mücheln besitzt ein eisernes Messer
(159)
und eine bronzene Sichel, die in der Gegend des Schiesshauses von Mücheln
beisammen gefunden worden sind.
IV. Die Stelle zwischen Zorbau und Stöbnitz, wo die Braunkohlengrube sich
befindet (auf der Gen. -St. Charte neben den Buchstaben D. M.), kann als ein
wahres ürnenfeld bezeichnet werden. Hr. Oberst Werner findet dort bei dem
Abräumen des Erdreichs über der Braunkohle sehr häufig Urnen: erst kürzlich
wieder eine sehr grosse, umstellt mit sechs kleineren, die aber nicht unverletzt
gehoben werden konnte. —
V. Nachträglich theilt mir noch ein Freund eben mit, dass im Dorfe Schnellrode
(westlich von Mücheln) ihm ein, seinem Urtheile nach, kupfernes Beil gebracht
worden sei, sonderbarer Weise ohne Stielloch. Dasselbe ist bei Schnellrode ge-
funden worden. Ich habe noch nicht Gelegenheit gehabt, es selbst in Augenschein
zu nehmen. —
(4) Hr. Voss legt den als Geschenk für das Königliche Museum von Hrn.
Director Schwaitz in Posen übersandten Rest eines
Münzfundes von Witakowice (bei Pudewitz, Kreis Schroda) vor.
Derselbe besteht, nach der Bestimmung des Hrn. Dr. A. Erman, Assistenten
am Königl. Münzcabinet, aus Fragmenten samanidiscber Münzen des Nasr ibn
Ahmed und des Nuh ibn Nasr. Der Letztere regierte bis 954 n, Chr. Ausser-
dem ist ein Bruchstück einer Münze des Chalifen El Muqtadir, der 932 n. Chr.
starb, dabei.
(5) Hr. Koner erinnert an das von Hrn. Jagor angelegte Scratch-book,
dessen Verbreitung und Vervollständigung bis jetzt wenig gefördert worden ist.
Er möchte zu lebhafterer Betheiligung an dem Unternehmen anregen und schlägt
vor, alljährlich ein Register über die Einlaufe anzufertigen.
Hr. Jagor unterstützt diesen Vorschlag lebhaft und spricht den Wunsch aus,
dass eines der jüngeren Mitglieder das Amt eines Archivars für das Scratch-book
übernehmen möchte.
Hr. Koner erörtert die Anlegung von anthropologischen Sammlungen
auch ausserhalb Berlins und befürwortet dieselbe.
Hr. Wo Kit schlägt vor, ein Sendschreiben an die Redactionen der grösseren
deutschen Blätter abzufassen und diese um Beiträge für das Scratch-book zu er-
suchen.
Hr. Friedel bemerkt, dass er die Einrichtung einer solchen Sammlung für
die Mark Brandenburg bereits eingeführt habe und zwar in der modificirten
Form von Sammelkästen. Er räth zur Anlegung von verschiedenen Fascikeln für
die einzelnen Uuterfächer.
(6) Hr. E. Friedel übergab:
Die Feuerbestattung. System Friedr. Siemens.
Mit 6 Blatt Zeichnungen, Blatt 1—3: Neue Friedhofs-Gebäude-Anlage in Gotha;
4 und 5: Projekt eines Urnenfriedhauses von Hrn. Architekt Niess in Dresden.
G: Siemens' Feuerbestattuugsofen. Dresden, Druck von B. G. Teubner. 1878.
(160)
gr. «. als Geschenk für die Bibliothek und wies auf die neuesten Fortschritte in
der Leichenverbrennung, die kürzlich erfolgte Einführung derselben in Paris,
sowie darauf hin, dass vermuthlich in nicht zu langer Zeit auch hier in Berlin
praktische Versuche würden behördlicherseits veranlasst werden. Während Gott-
fried Kinkel vor einigen Jahren die Feuerbestattang in beredter, ja poetisch
schwungvoller Weise als die Todtenbestattung der Zukunft gefeiert, hat Wald emar
Sonntag: „Die Todtenbestattung. Todtencultur alter und neuer Zeit
und die Begräbnissfrage. Halle, 1879" in einer, von grosser Belesenheit zeu-
genden, culturgeschichtlichen Studie nach objektiver Erwägung des Pro und Contra
sein Urtheil vor Kurzem gegen die Leichenverbrennung ausgesprochen. Beachtens-
werther Weise gipfelt sein, für ihn den Ausschluss gebendes Bedenken in einem
völkerpsychologischen und philosophischen Axiom: „Das Gesetz der historischen
Continuität wird von den Freunden der Leichenverbrennung völlig vernachlässigt
und rücksichtslos übertreten." (S. 274). Er schliesst sein für jeden Anthropologen
und Ethnologen beachtenswerthes Buch mit folgender Betrachtung (S. 285):
„Schauen wir noch einmal auf die Ergebnisse unserer geschichtlichen Betrachtung
zurück, so lässt sich die Summe derselben in einem einzigen Satz zusammenfassen.
Die Behandlung der Todten bei den verschiedenen Völkern steht in einem unleug-
baren, hier näheren, dort weiteren, theils nachweisbaren, theils verborgenen Zu-
sammenhange wie mit der gesammten geistigen und sittlichen Bildung, so ins-
besondere mit den religiösen Vorstellungen derselben, so dass eine willkürliche,
unvermittelte, plötzliche Aenderung jener Sitten nothwendig ein Irrewerden an
diesen Vorstellungen zur Folge haben würde, welches diejenigen zu verantworten
hätten, die das Alte beseitigen, ohne etwas Neues und Besseres an seine Steile
setzen zu können." —
Der Vortragende, der als städtischer Decernent für das Berliner Beerdigungs-
wesen mit den dabei in Frage kommenden Verhältnissen vielfach in Berührung
gelangt, will die ethischen Gesichtspunkte hier nicht weiter berühren, obwohl auch
diese ethnologisch und anthropologisch selbst innerhalb einer bestimmten Religion
oder Confession in verschiedenen Zeiten zu schwanken pflegen; er will nur au die
grosse Macht erinnern, welche neue Erfindungen denn doch schliesslich, wenn sie
als praktisch befunden werden, ausüben. Er erinnert daran, wie man sich z. B.
so lange Zeit gegen Benutzung des „unreinen" Leuchtgases in den Kirchen ge-
sträubt habe, das jetzt die „reinen" Wachskerzen mehr und mehr verdränge. So
würden praktische Gesichtspunkte und die Bedürfnisse der künftigen Generationen
schliesslich wohl auch über die Ethik wie über die Zweckmässigkeit des Leichen-
brandes endgültig entscheiden. Bis jetzt seien jedenfalls die Siemens'schen
Versuche die technisch besten ihrer Art, auch nach der Richtung der Wahrung der
Pietät hin. Vortragender macht noch auf den fundamentalen unterschied der
Feuerbestattung aufmerksam, wie letztere von den prähistorischen und den noch
jetzt lebenden Völkern, welche dem Leichenbrand huldigen, einerseits und mittelst
der S ieraens'schen Apparate andererseits vollzogen wurde, beziehentlich vollzogen
wird. Während bei jenen Nationen der Leichnam mit den Brenn-
materialien direct in Berührung kommt, ist dies nach dem Siemens'-
schen Verfahren gerade nicht der Fall. Nach letzterem werden die
Feuerungsstoffe abgesondert vom Leichnam verbrannt, erzeugen
überhitzte atmosphärische Luft und diese bewirkt die Verbrennung,
die hiernach viel schneller, viel gründlicher, viel sauberer, also auch viel ästheti-
scher verläuft. Scheiubur auffallend ist es, dass Uolzsärge die Verbrennung ver-
zögern, während Metallsärge, namentlich Zinksärge Hott weg brennen, ja die Ver-
zehrung des Leichnams beschleunigen. —
"(161)
(7) Hr. Fried el Ifgt die
Beschreibung einiger geschafteter Feuersteinbeile aus dem Gebiete der unteren Weser
und Elbe
von S. A. Poppe (mit 2 Tafeln, Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins
zu Bremen. VI. S. 307 — 317) vor. Funde von Steinbeilen mit Schäftung aus
Mittel- und Norddeutschland sind zwar nicht mehr unerhört, immerhin aber noch
so selten, dass jeder einzelne Fund bekannt gemacht zu werden verdient. Ver-
fasser, welcher sich mit prähistorischen und naturwissenschaftlichen Studien be-
schäftigt, auch seit vorigem Herbst mit der Aufstellung des ethnographischen, prä-
historischen und anthropologischen Theils der städtischen Sammlung in Bremen
beschäftigt ist, hat nun eine ganze Reihe von geschäfteten Feuersteinbeilen zu-
sammengebracht, welche sämmtlich das Besondere haben, dass der Stein direkt in
den Stiel eingelassen ist, gleichviel ob dieser aus Holz, Knochen oder Geweih be-
steht. Dagegen pflegen die süddeutschen und schweizer Steinbeile (vergl. z. B. den
Fund von Robenhausen, Pfahlbau vormetallischer Zeit aus der Schweiz) erst in
Hirschhornhülsen eingelassen zu sein, die ihrerseits dann in den eigentlichen Stiel
eingetrieben sind.
Die grösste Merkwürdigkeit ist jedenfalls ein Feuersteinbeil mit Stiel
aus dem Penis-Knochen eines Walross (Fig. 5, Tafel H.) Fundort: Smehl-
weg bei Otterndorf, Land Hadeln, etwa 10 km südöstlich Cuxhafen. In den Mar-
schen der Elbe pflegt man 8—20 P\iss tiefe Löcher (Kuhlen) zu graben, um die
an Schalen von Cardium edule und Mytilus edulis reichen, daher kalkhaltigen
Schichten zum Mergeln zu verwenden; hierbei wurde vor ca. 12 Jahren, der 50,5 c»*
lange Penisknochen gefunden. In einen fast rechteckigen, 5 cm langen, 1,6 cm
breiten Ausschnitt ist der helle Feuersteiukeil eingepasst. Der Penis-Knochen, den
Professor Ad. Pansch in Kiel festgestellt, ist wohl erhalten, fest, die Gefässe des-
selben deutlich zu sehen. Hr. Poppe beoderkt: „Es ist wahrscheinlich, dass die
Beile von den Ureinwohnern des Landes angefertigt wurden. Von dem Beile,
dessen Stiel aus einem Penisknochen besteht, lässt sich das jedoch wohl nicht be-
haupten, da man schwerlich wird nachweisen können, dass die Walrosse in prä-
historischer Zeit weiter nach Süden verbreitet gewesen sind als jetzt. Nach v. Baer
(üeber das Walross in Memoires de l'Academie imperiale des sciences de St. Peters-
bourg, VI. Serie, Tom. II.) ist den Alten das Walross nicht bekannt gewesen. Die
erste Kunde von demselben rührt von dem Normannen Othere her, der von seiner
Reise um das Nordcap nach Biarmien i. J. 890 dem König Alfred von England
Walrosszähne mitbrachte, die in Biarmien schon sehr frühe ein bedeutender Handels-
artikel gewesen zu sein scheinen. Im XII. und XIII. Jahrhundert wurde das Wal-
ross in Scandinavien besonders von Grönland aus bekannt und von Albertus
Magnus im 13. Jahrhundert zuerst beschrieben. Nach v. Baer (a. a. 0.) ist es
jetzt im nördlichen Polarmeer von der Mündung des Jenissei über Nowaja- Semlja,
Spitzbergen und Grönland bis zur Hudsons-Bay hin verbreitet. Einzelne Indivi-
duen sind bisweilen weiter südlich nach Lappland und Norwegen versprengt wor-
den. Eins wurde i. J. 1817 auf der Insel Harris, einer der Hebriden, erlegt. (S.
Edinburg Phil. Journal. Vol. II.), ein anderes auf den Orkney -Inseln i. J. 1825
(Naturalist's Library, vol. VIII., pag. 118). Ich möchte daher annehmen, dass das
Beil aus dem Norden stammt und auf einem Raubzuge nordischer Seeräuber, die,
wie in historischer Zeit, so gewiss auch schon früher unsere Küsten heimsuchten,
verloren gegangen und vom Schlamm bedeckt worden ist."
Der Vortragende bemerkte hierzu, dass das Walross in früheren Zeiten in
Verhandl. der Berl. Amhropol. GeaeUschatt 1679. H
(162)
äusserlicher Beziehung im Volk mehr bekannt war als jetzt. Während z. B. ein
Walross in unseren zoologischen Gärten unerhört ist, waren i. J. 1612 ihrer zwei
in Amsterdam und anderer Orten "zu sehen, eins alt, das schon todt war, das
andere jung, welches längere Zeit lebend erhalten ward. Vergl, Rudolf
Capel's: Norden, Hamburg 1678, S. 48. — Albertus Magnus (XXIV. 244)
erzählt, die Riemen aus Walrossleder seien sehr stark, denn man könne grosse
Lasten damit über Rollen in die Höhe heben; auf dem Markte zu Cöln wären sie
beständig zu kaufen ; darnach musste also dies Thier damals schon häufig gefangen
werden. Nach Oken (Allgem. Naturgesch.) kann man den Elephantus mariuus des
Plinius Eist. Nat. XXXII. 10 nur auf das Walross deuten. Plinius schreibt
ferner H-ist. Nat. IX. 4: „Tiberio principe, contra Lugdunenses provinciae litus in
insula simul trecentas amplius belluas reciprocans destituit oceanus, mirae varietatis
et magnitudinis, nee pauciores in Santonum litore interque reliquas elephantos et
arietes, candore tantum cornibus assimilatis." Die Santoner wohnten in der Pro-
vinz Saintonges zwischen Charente und Gironde am biskayschen Meerbusen. Unter
den Seeelephanteu versteht man auch hier Walrosse. Brehm: Thierleben IL Aufl.
Bd. 3. S. 646 bemerkt: „Gewichtige Gründe sprechen dafür, dass zu Zeiten der
Römer das Thier die Küsten von Schottland bevölkerte, und dass von ihnen die
aus „Elfenbein" gefertigten Schmuck- und Gebrauchsgegenstände herrührten, weiche
die ersten Besucher Grossbritanniens bei den alten Briten vorfanden. Hector
Boece, bekannter unter dem Namen ßoethius'), führt das Walross noch zu
Ende des 15. Jahrhunderts als einen regelmässigen Bewohner oder doch Besucher
der schottischen Küsten auf, und spätere Berichte gedenken wiederholt verirrter
Walrosse, welche an den Küsten Norwegens oder Grossbritanniens beobachtet wor-
den; Brown hält es sogar für möglich, dass die etwas fabelhaften „Seerosse" oder
„Seekühe", welche dann und wann die Fischer der von wilder Brandung umtosten
Küsten des nordwestlichen Schottlands beobachtet haben wollen, auf hier noch
heutigen Tages zuweilen sich zeigende Walrosse zurückzuführen sind, da solche
erwiesenermassen in den Jahren 1817 und 1825, ja sogar noch i. J. 1857 an der
Küste von Harris und auf den Orkneyinseln erlegt wurden."
Besonders interessant ist es, dass der Smehlweger Fund nicht vereinzelt da-
steht. In der Sitzung vom 14. December 1872 wurde eine in einer Torfwiese bei
Neu-Brandenburg gefundene Knochenkeule vorgelegt, welche ebenfalls sehr wohl
erhalten und scheinbar mit einem Stein bearbeitet war (vgl. Verhandlungen der
Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Berlin 1872,
S. 276 und 277 und 1873, S. 191). Auf Grund einer nur in kurzer Zeitfrist und
ohne Vergleichungsmaterial vorgenommenen Betrachtung erschien diese Keule als
eine Renthierstauge. Eine nachträgliche genaue Vergleichung, durch Prof. Rüti-
meyer in Basel vorgenommen, hat aber inzwischen erwiesen, dass diese vermeint-
liche Renthierkeule in der That der bearbeitete Penis-Knochen vom Wal-
ross ist, so dass nunmehr ein zweiter derartiger hochseltener Fund vorliegt, —
Im Anschluss hieran legte Hr. Friedel
ein aus einem Geschiebe (nicht Flint) ge-
fertigtes Steinbeil mit dem Reste der
Holzschäftung vor (Kat. II. 6278 des Mär-
kischen Museums) Fig. a. Das Beil ist fast
plättbolzeuartig, an beiden Enden spitz, an
Pi„ a einer Spitze deutlich stark abgenutzt, an der
1) Nicht zu verwechseln mit dem Philosophen Boethius (um 500 p. Chr.), dessen
CoDSolatio philosophiae Alfred der Grosse in's Angelsächsische übertrug.
(Iß3)
andern, wo es der Schaft umfasste, nicht abgenutzt. Das Beil ist 18 cm lang und
hat in der Mitte (> cm Durchmesser. Es ist zunächst in ein Maserstück einer Erle,
die nicht Alnus glutinosa zu sein scheint, eingelasseu. Die Maser ist alsdann
senkrecht durchbohrt und mit Resten eines Holzstiels versehen. Die Holzmaser
und der Holzstiel, welche zur Zeit sehr verschrumpft erscheinen, so dass der Stiel
in dem Loch der Maser hin- und her spielt, sind leider sehr verändert, insbeson-
dere war der Stiel bei der Ausgrabung des Stücks in einer torfigen Wiese ge-
legentlich des Baus des Hamburger Bahnhofsgebäudes unweit der luvalidenstrasse
zu Berlin, viel länger und fast vollständig (50 — 60 cm lang), wie die Figur in der
Reconstruction zeigt.
(8) Hr. Friedel zeigt eine Auswahl von Fundstücken, welche dem Märkischen
Provinzial-M useu m neuerdings zugegangen sind:
1) Zwei Crnen, der Steinzeit angehörig und aus der Mark stammend, aus
welcher dergleichen Urnen, von der Altmark, die jetzt zur Provinz Sachsen ge-
hört, abgesehen, bisher, wie es scheint, noch nicht bekannt sind.
a. Das grössere Gefäss (II. '.UlS), Fig. b, aus mehreren Fragmenten wohl
ergänzt, ist überhaupt eine der grösseren Urnen der Steinzeit und auf
einer natürlichen Insel in einem Luch oder Fenn, bei Satzkorn nahe
Potsdam, auf einem Pflaster von geschwärzten Fauststeinen zerbrochen
stehend, ausgegraben. Dieselbe Fundstelle hat mehrere polirte Hämmer
aus Geschiebesteinen (nicht Flint) geliefert. Die dickwandige Urne von
dunklem, mit groben Steinchen vermengtem Thon ist 28 cm hoch und hat
Fig. b. 7^ natürlicher Grösse.
an der weitesten Stelle (Mündung und Bauch) 38 cm Durchmesser. Die
Verzierungen sind theils eingekerbt, theils erinnern sie ganz deutlich an
die Form, welche durch Eindrücken einer Schnur entsteht, (Schnur- oder
Bindfaden-Ornament). Zwischen dem Hals und dem wenig ausladenden
Bauch sind, einander gegenüberstehend, je 1 Paar, also im Ganzen vier
verhältnissmässig kleine Henkel (Oehre) angebracht und die Zwischen-
felder mit Ornamenten, in geraden und in Bogen-Linien, ausgefüllt').
1) Von den bei Worsaae, Nordiske Oldsager, abgebildeten Gefässen des Steinalters
kommt die Nr. 98 dieser Urne am Nächsten.
11*
(164)
b. Das kleinere Gefäss, (IL 4550), Fig. c, stammt wie das vorige, aus dem
osthavelländischen Kreise, von der Gegend bei Nauen und ist dem Märki-
schen Museum vom Prinzen Carl von Preussen ge-
schenkt; die näheren Umstände des -vor Jahren gemach-
ten Fundes sind nicht bekannt. Es ist 10 cm hoch und
bis 6 cm weit und von gelblichem Thon. Der cylindri-
sche Hals zeigt ebenfalls an das Schnur-Ornament er-
innernde Verzierungen und zwar ist das zwischen zwei
concentrischen Doppellinien befindliche Feld in Dreiecke
getheilt, von denen die mit der Basis nach unten gerich-
Fig. c. teten von dichten wie mit einer Schnur eingedrückten
V4 natürl. Grösse. Schräglinien ausgefüllt sind. Im Allgemeinen dürfte
diese Urne einen jüngeren Typus der Steinzeit repräsentiren, als die
Vorige.
2) Eine Schale von geschwärztem, aussen glänzendem Thon mit einem Henkel,
auf der bei 1) a genannten Insel bei Satzkorn ausge-
graben (II. 9113), Fig. d. Sie zeigt deutlich die Formen
eines Bronze-Gefässes, sogar bis auf die 2 Nietköpfe des
Henkels, da, wo man sich den Letzteren an den Gefäss-
rand angenietet denken würde, durch zwei kegelförmige
Fig. d. '/s natürl. Grösse. Ansätze. Vorzügliche Technik ohne Drehscheibe; 6 cm
hoch, an der Mündung 18 cm Durchmesser.
3) Bronze-Halsring (Torques), auf dem Werder bei Satzkorn, im Moor ge-
funden. Er ist vollständig, noch gut federnd und schliessend, fast goldglänzend,
ohne erhebliche Patina-Bildung (wie die meisten Moorfunde). Hohldurchmesser
10 cm, Gesammtdurchmesser 13 cm; scharf vierkantig hin und her gewunden.
(IL 9127).
4) Bronzefund von Glienike bei Fürstenwalde, durch Vermittelung des
Königl. Landraths-Amts dem Märkischen Museum überwiesen. (IL 9280 — 95). Er
besteht aus:
a. 6 Sichelmessern, von denen 1 Exemplar am Griff-Ende mit einer zuge-
spitzten Aushöhlung und einem Nietloch zur besseren Befestigung des
Stiels versehen ist (vergl. Lindenschmit, Alterth. der heidn. Vorzeit,
Bd. L, Heft XII., Taf. 2, Nr. 3013).
b. Eine schön patinirte Speerspitze.
c. 3 Gelte mit Schaftlappen, davon 2 im zerbrochenen Zustande.
d. 3 Armringe, massiv, offen, mit in verschiedenen Richtungen laufenden
Strichen reich verziert.
Diese Gegenstände wurden in einer beim Ausgraben zerfallenen Urne gefunden,
von welcher Scherben vorhanden sind.
5) 3 Steinbeile aus Ostend bei Cöpenick und Paarow bei Fürsten-
walde, Repräsentanten jener aus Geschiebesteinen hergestellten fast cylindrischen
schön gearbeiteten und geglätteten Form, welche für die Mark typisch ist. Die
Schäftung ist ähnlich zu denken, wie bei Fig. a. (IL II, 12).
G) Geschliffenes Feuersteinbeil aus Oderberg i./M., (IL 7530), soweit be-
kannt, das grösste Exemplar aus der Mark. Es ist von regelmässiger Form, 27 cm
lang, an der Schneide 8, am Rücken 5,5 breit und 4 cm dick und erinnert an die
schönsten dergl. Stücke von Seeland.
7) Kleinere mehr flaschenförmige Urne von geschlemmtem dunkelgrauen Thon
(II. 7517), Fig. d. Sie ist mit anderen Urnen und Eisensachen (Heftel und Messer)
(165)
bei Seelow ausgegraben. Die Höhe beträgt 15,5 cm, die
Form ist unter den germanischen ürnentypen ganz fremd-
artig und erinnert sehr an italische Gefässe. Das Gefäss
ist auf der Drehscheibe gewesen und dljrfte ausländischer
Import sein, wie die zubehörigen Eisensachen etc.
8) 2 Mäander-Urnen. Das Mäander -Ornament, (ä la
Grecque-Borte) kommt, wie die bez. Exemplare des Mark.
Museums zeigen, in verschiedenen Theilen der Mark, in der
Priegnitz, Havelland, Uckermark, Kreis Soldin, Kreis Lebus
uud auch in der iNähe Berlins, zwischen Wilmersdorf und
Charlottenburg, wenn auch immerhin selten, vor.
a. Schöne glänzend schwarze Urne, 16 cm hoch,
25 cm weitester Durchmesser, 8 cm Bodendurch-
mefiser, bei Wilsnack ausgegraben (H. 8883).
b. Drne von matter dunkelgrauer Farbe, sonst der Vorigen ähnlich (H. 7422),
aus Seelow.
9) 6 kleinere Schalen von unglasir-
tem, braunem Thon, davon die letzten 3
(b) mit der Verzierung auf der Hohlfläche,
die ersten 3 (a) mit Verzierung auf der
convexen Fläche, alle mit 2 Bohrlöchern,
Fig. d. 7^ natürl. Grosse.
Fig. e. 73 natürlicher Grösse.
wie zum Anhängen an einem Bindfaden,
versehen.
a. 3 ziemlich ähnliche Deckel, dun-
kelfarbig, 15 — \lcm Durchmeser,
bis 4 cm hoch, die convexe Seite
mit concentrischen und gewunde-
nen Rippen verziert, im Ganzen
einer geflochtenen Mütze oder
einem Strohhut ähnlich; ausge-
graben mit Urnen bei Schöne-
berg nahe Berlin resp. Neu-
mühle, Kreis Nieder-Barnim. (II.
663, 7390;i) Fig. e.
b. 3 Schaalen mit Verzierung in der
Hohlfläche. Facs., die Originale
(im Königl. Museum) in Cöpe-
nick ausgegraben. Vorgelegt zum
Vergleich mit der ad a. (Fig. f).
Die Fundstücke zu Ob sind vielfach besprochen und für Butterformen gehal-
ten, auch für mittelalterlich erklärt worden. Ihre nahe Verwandtschaft zu !> a liegt
auf der Hand, der Unterschied liegt nur in der unwesentlichen Aeusserlichkeit, dass
der Mützenkopf bei 9 b vertiefter liegt, als wenn die Krempe etwas in die Höhe
getrieben wäre, während bei 9 a die Aehnlichkeit mit einem flachen Hut unver-
kennbar ist. Das Vorkommen der je 2 Löcher macht es wahrscheinlich, dass hier
eine Schnur durchging, die den Deckel am Halse eines Gefässes festband, wie man
dergl. noch heut an Kaffee- und Theekannen findet. Leider ist keins der 6 Stücke
mit der eigentlich zubehörigen Urne gefunden worden. Alle sind aber von ürnen-
feldern, welche man als vorslavisch aufzufassen in unserer Gegend gewohnt ist.
Die nächste Analogie bieten die westpreussischen iiml posouscbeu M ü t z enii rn on. —
Fig. f. '/s natürlicher Grösse,
(166)
Hr. Voss: Hinsichtlich der Bestimmung der Verzierungsart möchte ich mir
eine kurze Bemerkung erlauben. Die Urue von Satzkorn zeigt nach meiner Auf-
fassung nicht den Charakter des Schnurornaments, vielmehr gehört sie zu dem
Typus von Gefässen mit eingestochenen Ornamenten, welcher in dem Verbreitungs-
bezirk der Dolmen und megalithischen Gräber, hauptsächlich also in Nordwest-
deutschland vorkommt. Besonders interessant ist dieselbe dadurch, dass sie mehrere
Henkel hat, während bei diesem Typus einhenklige besonders häufig sind. Das
zweite Gefäss, aus der Gegend von Nauen, ist allerdings im Charakter der Schnur-
ornamente verziert, die Ornamente selbst sind aber nicht mit einer Schnur einge-
drückt, sondern eingestochen. Bei einer früheren Gelegenheit (Bericht über die
Untersuchung von Hünenbetten bei Klemmen, Kreis Cammin in Hinter-Pommern
in den Verh. der Berl. Anth. Ges., Jahrg. 1877, S. 307) habe ich über die Ver-
breitung dieses Ornaments mich bereits ausführlicher geäussert und will nur noch
hinzufügen, dass dasselbe auch in Preussen (Berendt und Tischler in den Mitth,
d. Physial.-Oecon. Gesellsch. zu Königsberg, eTahrg. 1875 u. 1877), namentlich aber
auf der Kurischen Nehrung häufiger vorkommt und vielleicht doch an die Existenz
einer in früherer Zeit bestandenen Verbindung mit dem fernen Osten denken lassen.
Ich erinnere an das Gouvernement Perm, wo dasselbe von unserem Mitgliede, Hrn.
Gubernial-Sekretair Tepluchoff aufgefunden ist, wofür die im Königl. Museum
befindlichen Stücke, sowie namentlich ein in der Sammlung zu Freiburg i/B. be-
findliches Fragment als deutliche Beläge dienen. Wahrscheinlich ist das Schnur-
ornament, wenngleich auch noch zum grössten Theil der Steinzeit zubehörig, den-
noch jünger, als das Ornament mit dem zuerst besprochenen westlichen Typus.
Hr. Kon er hält den Bronzefund von Glienike für römisch.
Nach Hrn. Friedel's Meinung müssten die ausgestellten Bronzemesser älter sein.
Hr. V. Korff möchte die Bronzemesser ebenfalls für nicht römischen Ursprunges
erklären. Mit Bezug auf die Mittheilung des Hrn. Friedel über die sogenannten
Butterformen erwähnt derselbe die von ihm beobachteten classischen Formen russi-
scher Buttergefässe.
(9) Hr. V. Korff bespricht
die Inschriften verschiedener, in der Troas gefundener Vasen.
Er erwähnt das, auch in die politischen Zeitungen übergegangene Gerücht,
dass der hiesige chinesische Gesandte eine dieser Inschriften als altchinesisch an-
erkannt habe.
(10) Hr. Ja gor spricht über
die Veda's.
im Anschluss au oiuon früheren Vortrag über die südindische Sklaveukaste
der Pulayer (Verhandl der Ges. 1878, 18. Mai, S. 230) möchte ich heute einige
Mittheilungen über die Vedas, eine in ähnlichen Verhältnissen lebende Kaste
machen, welche in Begleitung der Pulayer in die Mission von Trevandrum
gekommen waren.
Die allgemeinen Bemerkungen über die Sklavonkasten Südindiens und über
den Abscheu, mit welchem hrihcrc Kasten sie und andere verstossene Volksgruppen
behandeln, werde ich nicht wiederholen, da sie bereits in den Verhandlungen der
(167)
Gesellschaft gedruckt vorliegen ; wobl aber möchte ich dem früher darüber Mit-
getheilten noch ein recht schlagendes Beispiel hinzufügen.
Nach einem zu Mangalore von ülhih Raghavendra Rao gehaltenen Vor-
trage (Indian Antiquary 111. 195) zerfallen die Koragars, in 3 Abtheilungen, deren
niedrigste, die jetzt nur selten gesehenen A ude-Koragars, einen Topf am Halse
tragen mussten, weil sie für so unrein galten, dass sie nicht auf die Strasse speien
durften. Eine andere Abtheilung, die Vastra-Koragar mussten ihre Blosse mit
Tüchern decken, die zum Einwickeln der Leichen gedient hatten, neue Kleider
(es werden wohl Schamlappen geraeint sein) waren ihnen nicht gestattet. Die
dritte Abtheilung bilden die als Sklaven in der Umgegend von Mangalore zahl-
reichen Sappu-Koragar, bei denen die Weiber Blätter statt Kleider tragen. Nach
dem Gesetzbuch Manu's dürfen die Koragar nur zerbrochene irdene Geschirre
benutzen und in Hütten von Blättern wohnen ').
In den Wäldern von Trovancore und Cochin, in kleinen Gruppen zerstreut,
lebt ein Volksstaram, dieVedar (ind. Vedan (spr. Vödan ) oder europäisirt Veda,
plur. Vedas), der von einigen für einen Zweig der Veddahs von Ceylon gehalten
wird. Zur Begründung dieser Annahme gebricht indessen bis jetzt noch das
Material; ihnen selbst ist über ihre Herkunft und Abstammung durchaus nichts
bekannt, von ihren Namensvettern auf Ceylon haben sie nie gehört und ihre Sitten
und Gebräuche, soweit ich sie kennen gelernt, stimmen nicht mit den von ver-
schiedenen Autoren beschriebenen der Veddas jener Insel-). Aehnlich wie die
Kanikar hausen sie in schwer zugänglichen Waldlichtungen; Kanikar halten
sich aber für verunreinigt, wenn Vedas sie berühren, und pflegten sie in solchen
Fällen durciizubläuen „bevor die Bibel kam", d. h. bevor die Missionäre sich dieses
bedrängten Volksstammes annahmen.
Dass das Loos der Vedas sich in neuester Zeit erheblich gebessert hat, ist
vor allem das Verdienst dieser wackeren Männer.
Die Vedas wohnen meist in Konans, Gruppen von 4 bis 5 elenden Hütten,
in Waldlichtungen als Jäger, oder auf Ländereien von Sud ras, deren Sklaven sie
bis vor Kurzem waren. Von ihren Herren wurden sie, eben so wie die Pulayer
mit grausamer Härte behaudelt, für kleine Vergehen mit den Ohren an Bäume
genagelt und fast zu Tode gepeitscht, wie Vieh verkauft, auch wohl getödtet.
An Lohn erhielten sie für einen vollen Arbeitstag im nassen Reisfelde 1 Idon-
gali Paddi (Reis in der Hülse) und 1 Nali Kanji (Reiswasser), für Arbeit auf
trockenem Felde aber nur 3 Nali Paddi und Kanji wie oben, weder Geld noch
Geschenke^).
1) Wie J. Waihouse (Journ. Anthrop. Inst., Apr. 1875) bemerkt, mussten sich früher
Männer sowohl als Weiber der Koragar-Kaste in Blätter kleiden. Heut tragen nur noch
die Weiber Blattschürzen, und zwar über dem Gewände, also wohl nur aus Liebhaberei oder
als Abzeichen.
Dalton, Ethnology of Bengal, giebt Photographien von zwei hübschen Juantr.
Weibern, deren einzige Kleidung aus belaubten, durch einen Gurt festgehalteneu Baum-
zweigen besteht; die Juangs gehören zur Khol-Gruppe.
Wie der Revd. Ilislop mittheilt, tragen auch in den abgelegenen Theilen des Chaudu-
Distriktes die Weiber einiger Gond-Gruppen und die neben ihnen wohnenden Cha n chwa-
Franeu durchaus keine Kleider, sondern vorn und hinten einen dicht belaubten BaumzweiT.
Wie es die Andamanesen mit der Kleidung halten, ist in der Verh. der Ges. 11. Februar
1877 erzählt.
2) Vergl. Sir K. Tennant, Ceylon II. 437; J. Bailey, Wild Tribes of the Veddahs
of Ceylon, in Trausactions Ethnol. Soc. of London 11. 18G3; B. F. Hartshorne, The Wed-
das in Fortniphtly Review, 1 March 1876.
3) 1 Idongali - 4 Nali = 1 Quait, reitlilitb.
(168)
Geld war früher in Trovancore so knapp, dass noch vor 16 Jahren der
Tagelohn der Shanars (Palmenweinzapfer, die täglich zweimal die hohen Palmyra-
palmen zu erklimmen haben) 1^2 Chakram (10 Pfennige) betrug. Gegenwärtig ist
er auf 5, (35 Pfennige), in Tre van drum, der Hauptstadt, sogar auf G'/j Cha-
kram gestiegen.
An Tagen wo die Vedas nicht für ihre Herren zu arbeiten hatten, war ihnen
wohl gestattet, Wald zu liebten und Tapioka, Kürbis und andere Feldfrüchte für
sich zu bauen. Ein grosser Theil der Ernte wurde ihnen aber abgenommen. Die
von ibnen gepflanzten Fruchtbäume waren Eigenthum ihres Herrn, man überliess
ihnen indessen ein Zehntel des Ertrages, um sie zur Pflege der Bäume zu ver-
anlassen.
Privat-Grund besitz scheint bei ihnen auch jetzt noch nicht zu bestehen. Bei
dem Lichten des Waldes und dem Pflanzen wird jedem Arbeiter eine seinen Kräf-
ten entsprechende Parzelle überwiesen, und die Früchte der Arbeit werden so lange
sie reichen von allen gemeinschaftlich verschmaust.
Auch jetzt noch wird ihnen das urbar gemachte Land häufig durch List oder
Gewalt abgenommen.
unverheiratete Erwachsene wurden einzeln, Familien aber nur im Ganzen
verkauft. Nach Aussage eines Missions-Assistenten, der Zeuge solcher Käufe ge-
wesen, lautete der Kontrakt: . . Urru (ürru heisst Stück, besonders aber Stück
Vieh) sind verkauft worden von A an B für . . . Fenam, der Preis ist bezahlt
worden und haben die . . ürru in B's Besitz zu bleiben bis an den Tod. Pu-
layer galten zwei bis dreimal so viel als Vedas.
Die Kinder aus einer Ehe gehören dem Eigenthümer der Mutter; wenn ein
Veda eine Frau heiraten will, die einem andern Herrn gehört, so darf sein Herr
es nicht verweigern, obgleich er dadurch das Anrecht auf die Nachkommenschaft
verliert,
Sitten und Gebräuche,
Die Wöchnerin bringt die ersten 5 Tage nach der Geburt in einer auf Ruf-
weite (Uillipad) vom Konan entfernten Hütte zu, die ausser ihr, nur noch
Mutter und Schwester oder in deren Ermangelung eine für diesen Dienst bestimmte
Frau betreten dürfen '). Bei der Geburt wird die Nabelschnur von der Mutter
selbst mit einem Rohrmesser durchschnitten und geknotet. Die Wöchnerin erhält
zur Stärkung 10 Tage laug einen Absud von Reis, Tamarinden und Pfeffer, am
sechsten Tage bezieht sie ein anderes, dem Konan näher gelegenes Obdach, in
dem sie wiederum 5 Tage abgesondert verweilt. Vom elften Tage au wäscht sie
sich täglich mit warmem Wasser und Turmerik und reibt dann ihren Körper mit
Gel ein. Am dreissigsten Tage verrichtet sie wieder harte Arbeit; das Waschen
aber wird einen Monat laug fortgesetzt.
Der ganze Kopf des Neugeborenen ist mit kräuselndem Haar bedeckt, die
Augen sind braun und so dunkel wie bei Erwachsenen. Das Kind wird sofort
nach der Geburt in kaltem Wasser gewaschen und von der Mutter gesäugt. Reicht
die Muttermilch nicht aus, so stirbt es in der Regel, da keine andere Frau es
1) Grössere E ti t fern n ii gen werden iii Trovancore nach Zeit, kleinere nach Schall-
weite geschätzt. Ein Naliga (etwas weniger als '/^ Stunde) entspricht in der Ebene etwa
l'/ü engl. Miies, im Gebirge '/^ weniger. Ein Uillipad (Ruf) ist etwa = '/" engl. M. Das
Anrufen geschieht in einem eigenthiimiichen Ton mit aller Kraft, deren die Lunge fähig
ist, die Antwort erfolgt auf dieselbe Weise. Wahrscheinlich hat dieser Brauch seine Ursache
in der starken Bewaldung des Landes. (Fbarno's Gazetteer S. India pag. 61'2.)
(169)
säugen darf. In seltenen Fällen gelingt es, das Kind mit Kuhmilch aufzufüttern.
Nach d<.'r kalten Waschung wird der Körper des Kindes mit Turmerik und Oel
eingerieben und nach gewissen Regeln geknetet und gestrichen; dies geschieht
30 Tage laug. Folgendes ist das Verfahren: Man streicht den Kopf des Kindes
mit den flachea Händen, vom Scheitel beginnend, nach allen Richtungen gleich-
massig abwärts, fährt mit der Kante der Hand, den Zeigefinger fest aufdrückend,
längs l)oider Seiten der Nase hin, dann unter der Nase, von links nach rechts und
umgekehrt; dann werden die Handflächen auf die Wangenbeine gesetzt und mit
Druck hin und her gedreht. Der Scheitel wird in derselben Weise mit einer Hand
bebandelt. Zum Schluss streichelt mau den ganzen Körper, von oben beginnend.
Nach 8 bis !» Monaten erhält das Kind den „ersten Reis", zugleich giebt ihm sein
Vater einen Namen, jedoch nicht seinen eigenen. Männer pflegen bei der Heirat
15 bis 16 Jahre alt zu sein, die Mädchen 7 bis 9 Jahre, sie cohabitiren aber mit
ihren Männern schon vor Eintritt der Geschlechtsreife. Wenn diese sich einstellt,
wird das junge Weib iu einer fiir den Zweck erbauten besonderen Hütte unter-
gebracht, in welcher sie 5 Tage verweilt, nach Verlauf dieser Frist bezieht sie eine
andere, halbwegs zwischen jener und der Wohnstätte ihres Mannes belegene Hütte,
iu der sie abermals 5 Tage zubringt. Täglich geht sie aus um sich zu waschen,
am zehnten Tage aber wird sie von ihrer und ihres Mannes Schwester an das
Wasser geführt, sie badet, wäscht ihre Kleidung, reibt sich mit Turmerik ein,
badet abermals, ölt ihren Körper und kehrt dann (am zehnten Tage) mit ihren
Begleiterinnen in ihre Wohnung zurück. Dort angekommen, kochen die 3 Frauen
ein Idongali Reis und verzehren ihn gemeinschaftlich.
Während jener Tage der Absonderung darf der Mann in seiner Hütte nur
Wurzeln essen, keinen Reis, aus Furcht vom Teufel umgebracht zu werden; am
neunten Tage aber findet Abends ein Fest statt. Der Boden der Hütte wird mit
Palmbranntwein besprengt, man ladet Freunde ein und bewirthet sie mit Reis und
Branntwein.
Die Frau hält sich noch abgesondert in der zweiten Hütte. Am zehnten Tage
aber muss sich der Gutt(> aus seiner Wohnung entfernen und darf sie erst wieder
betreten, nachdem die Weiber den Reis aufgezehrt haben.
Während der uäclisten 4 Tage darf der Mann weder Reis im eigenen Hause
essen noch Umgang mit seiner Frau pflegen.
Jedes Versehen im vorgeschriebenen Ceremoniell wird von den Tschawus
(den zu Teufeln gewordenen Geistern gestorbener Vorfahren) streng geahndet. Im
sechsten Monat der Schwangerschaft bringt der Pujari (Priester) den Tschawus
ein Opfer (Bananen, platten Reis'), Arecablüthe, und vielleicht auch einige Cha-
kram) dar. Ausser einem Antheil am Opfer nud ßewirthung, erhält er für seine
Thätigkeit 2 bis 3 Idongali Paddi und eine Cocos-Nuss. Sind zur Zeit die
Mittel nicht vorbanden, so verpflichtet sich der Gatte schriftlich, es später zu leisten
indem er eine den aufzuwendenden Chakrams entsprechende Anzahl Striche in
ein Stück Palmblatt einritzt. Die etwa baar geopferten Chakrams werden Eigeu-
thum der ältesten Verwandten der Frau.
Borgt ein Veda Geld, so wird die Schuld auf ein Stück Bambus eingetragen,
indem die Keuams als über die ganze Breite reichende, die Chakrams als halb
so lauge, an beiden Kndon durch Längsstreifen begrenzte Querstriche eingeritzt
werden. Das Dokument wird dann gespalten, Gläubiger und Schuldner erhalten
1) Auf besondere Weise zubereiteter Reis; das Verfahren soll au anderer Stelle bescbrie-
beu werden.
(170)
J^
je eine Hälfte, deren üeberein Stimmung mit der andern Hälfte
jederzeit geprüft werden kann.
(1 Fenam = 4 Chakram, 1 Chakram = IOV2 Pfennig.) Zum
Rechnen dienen den Vedas kleine Steine, die sie zusammenzählen.
Die Vedas tattuiren sich nicht, sie färben ihre Zähne nicht;
solclie aber, die Gelegenheit dazu haben, z. B. die als Kulis in
Kaffeepflauzungen arbeiten, lassen gern ihre Vorderzähne im Ober-
kiefer rund feilen, wie es die höheren Kasten, selbst Brahminen, an
der Westküste zu thun pflegen.
Die Männer bohren nur ein kleines Loch in jedes Ohrläppchen,
die Weiber ein kleines in den oberen Ohrrand, für ein scheiben-
förmiges Ornament, Kopu, tragen aber in den Ohrläppchen Cy linder
von Holz oderHoru, oder zu Spiralen aufgerollte Palmen blattstreifen
von IV2 bis 2 Zoll Durchmesser. Der rechte Nasenflügel wird gleich-
falls durchbohrt zur Aufnahme eines Ornamentes, Nokuli.
Der Freier wendet sich durch 2 Brautwerber au den Vater,
dann an den Mutterbruder der Auserwählten; wird sein Antrag an-
genommen, so bringt er dem Oheim ein Stück Zeug im Wcrthe von 4 Chakram
(28 Pfennige), das dieser dem Vater übergiebt. An dem für die Heirat festgesetz-
ten Tage händigt der Freier durch Vermittelung eines Freundes dem Oheim oder
dem Vater der Braut 10 Feuams ein, die Braut wird herausgerufen und geht mit
dem Bräutigam heim; eine Festlichkeit findet nicht statt.
Trotz der grossen Jugend der Mütter, sollen die Ehen fruchtbar sein; die
Sterblichkeit der Kinder ist aber sehr gross. Dem Assistenten waren Frauen be-
kannt, die 7 Kinder geboren hatten, mehr als die Hälfte der Kinder stirbt früh.
Pulayer-Frauen sollen sogar bis 15 Kinder gebären, von denen aber die grosse
Mehrzahl im Alter von 1 bis 2 Monaten stirbt. Grossväter kommen vor; einen
Urgrossvater kannte man nicht.
Einige Männer hatten 2, 3, selbst 4 Frauen. (Die Missionäre gestatten aller-
dings nur eine.) Ehebruch, vorsätzliche Aborte, Kindermord kommen nicht vor.
Die frühen Ehen müssen einen sehr nachtheiligen Einfluss haben und mögen mit
Schuld sein au der Verkommenheit dieses Volksstammes').
Das Familienband ist sehr lose, ältere Geschwister geniessen kein besonderes
Ansehen.
Die Eidesformel lautet: bei Shasta (ein Sohn Sivas) oder bei den Tscha-
wus oder bei meinem Herrn . . ., schwöre ich falsch, so möge er mich in drei
Tagen tödten. — Gottesurtheile kennt man nicht.
Das Hauptnahrungsmittel der Vedahs sind wilde Yams (Dioscorea sp.), ihre
Lieblingsspeise Reis. Die Yams werden in Salzwasser gekocht mit Capsicum, zu-
weilen auch mit Turmerik gewürzt (Pfefferbrühe wird nur von der Wöchnerin zur
Stärkung genossen); getrockneter oder gesalzener Fisch ist eine beliebte Zuspeise.
Als Getränk dient Wasser und Kanji (dünner Reisschleim), Branntwein ist sehr
beliebt. Bananen und Cocos sind seltene Leckerbissen.
Krankheiten gelten für das Werk der Tschawus, die durch den Pujari ver-
söhnt werden müssen. Er opfert ihnen phxtteu Reis, Bananen, Cocos-Nüsse, aber
keine Areca-Blüthe, tanzt, singt und ruft sie bei Namen. Arzneien sind unbekannt.
1) Bei den Dieyerie in Süd -Australien werden gegen 30 pCt. der Neugeborenen von
ihren Müttern umgebracht, namenthch Erstgeborene, die für unreif gelten, weil ihre
Mütter zu jung waren. Sofort nach der Geburt erstickt die Mutter das Kind iui Sande oder
schlägt ihm den Schädel ein. (The Dieyerie tiibe of Austraiian Aborigines by S. Gason,
Adelaide 1874, pag. 12.)
(171)
Zweimal jährlich, nach den Reisernten (inTrovancore finden zwei Ernten statt),
werden die Geister der Eltern und Vorfahren verehrt.
Tempel besitzen die Vedas nicht, sie errichten aber, wie die Pulayer, Ge-
rüste, indem sie die Stämme '6 oder 4 nahestehender Häume als Pfeiler benutzen
und bringen darauf bei den Erntefesten ihre Gaben, Blumen, besonders Ixora'),
Reis, Reisblüthen, platten Reis, Bananen, Areca-Blüthe, in Stücke geschnittene
Hühner dar. Um diese Gerüste tanzen sie, während die Trommel geschlagen und
die Chankmuschel (Turbinella pyruin) geblasen wird. Diese Feste finden Abends
statt; das Tanzen, Schmausen, Trinken dauert bis spät in die Nacht.
Der Priester redet zur Menge: ^Ich werde die Tschawus versöhnen, die
bösen Sterne und bösen Geschicke ablenken, schweiget und höret. Ich werde ver-
künden vsras geschehen ist und was geschehen wird." Er bindet Schellen au seine
Beine, nimmt Areca-Blüthe in die Hand, dreht sich dreimal herum und wirft sie
in die Höhe; dann nimmt er Ixoren und geplatzten Reis in die Hand, bewegt sie
dreimal nm sein Haupt und wirft sie in die Höhe. Er tanzt bis er heftig zittert,
reisst einigen Hühnern die Köpfe ab, trinkt einen Theil des Blutes uud sprengt den
Rest über den Boden aus. Dann nimmt er Rinde von Elanien (Mimusops elengi),
windet sie in den Händen, bricht sie in Stücke, die er auf die Anwesenden wirft,
schwingt ein Huhn um seinen Kopf und schleudert es weit von sich. Während des
Tanzes singt der Priester: „Väter, Söhne, Oheime, Neffen, Verwandte, was immer
Euch an Krankheit und Unglück zugestossen sein mag, der Grund davon ist, dass
Ihr unterlassen habt, gewisse Tschawus (er nennt sie) zu besänftigen. Nächstes
Jahr werden N. N. (hier werden Personen genannt) von .... (Krankheiten oder
Unglücksfällen) heimgesucht werden."
Die namhaft gemachten Personen pflegen zu antworten: „Oh Pujari wende
dies Unheil ab, ich will ein Huhn geben, ich will Opfer bringen, um den Tschawu
zu versöhnen." Der Priester nimmt die dargebotenen Gaben für den Tschawu in
Empfang, und erhält ausserdem für die Funktion 4 bis 5 Fenam (1 Fenam etwa
= 28 Vj Pfennig) und ein Para Reis 2).
Dem sterbenden Veda wird Kanji eingegeben, dem Todten steckt jeder der
Anwesenden eine kleine Priese, halb Reis, halb Paddy, in den Mund, die Weiber
wehklagen. Die Leiche wird weder gewaschen, noch an- oder ausgekleidet. Ohne
Feierlichkeiten wird sie im Walde verscharrt; der Gutsherr gestattet nicht, dass sie
in dem Boden ruhe, den der Veda als Sklave bebaut hat. Einige abgeschnittene
Zweige werden auf das frische Grab geworfen. Aeltere Gräber sind ohne jedes
Abzeichen. Nach drei Tagen wird der Geist des Verstorbenen zum Tschawu.
An demselben Tage meldet der Pujari, ob ihm der neue Tschawu bereits er-
schienen sei oder nicht? Im ersten Falle freuen sich die Verwandten, im zweiten
Falle droht Unheil, das nur der Pujari abwenden kann. Am neunten Tage wird
für 2 Chakram (15 Pf.) Toddi (Branntwein) und ein Idongali platter Reis in
das Haus des Verstorbenen gebracht, eine geringe Menge davon auf die Stelle ge-
schüttet, wo der Verstorbene den letzten Athemzug getban und auf die Personen,
die bei dem Verscheiden gegenwärtig waren; den Rest verzehren die Anwesenden.
In neuer Zeit haben die Vedas zuweilen Gelegenheit bei Anlage von Kaffee-
pflanzungen gute Löhne zu verdienen. Was sie etwa hinterlassen, erben die Söhne
und Schwestersöhne zu gleichen Theileu.
1) Isora, der Allwissende, ist iii Süd-Indien mit Siva identisch: ihm ist die L\ora
geweiht, der Linue aus diesem Grunde ihren Namen gegebeo hat.
2) 1 Para - ca. 10 Liter.
(172)
Die Vedas haben eine Sage, ■wonach sie vor Zeiten von höherer Kaste waren.
Da betrat einer der ihren das Haus eines Sudra, dieser fragte ihn: „Verlangst
Du gute Speise oder nur altes Kauji und Hülsen?" Der Veda antwortete: „Für
den Kadan (Waldmann) sind saures Kanji und Reishülsen gut genug." Der Sudra
reichte dem Veda Kanji in einer Messing- Lota (Wassergefäss); „trinke aus
dieser Lota" sprach der Sudra. „Nein," antwortete der Veda, „für mich ist ein
Blatt gut genug." Der Sudra goss das Reiswasser in die Blüthenscheide einer
Palme und reichte es dem Veda. Von diesem Tage an verloren die Vedas ihren
Rang und werden von Sud ras und anderen Kasten Elende, Kopflose, genannt.
Die Vedas wurden oder werden von den Kanikars gezwungen, ihnen auf
etwa 35 Schritte auszuweichen, halten sich indessen für höher stehend, als Pariahs
und Pulayer. Nach ihrer Behauptung sagen die Sudras: „W^enn der Vedah bei
der Begegnung auch nur wenig ausweicht, so ist die Verunreinigung nur eine ge-
ringe, der Pari ah aber muss 64 Schritte ausweichen und ein Pulayer verunreinigt
die ganze Strasse, auf der er wandelt.
Hiermit schliesseu meine Aufzeichnungen. Die Vedas waren nach mehr-
tägigem Aufenthalt in Trevandrum durch Fragen, Zeichnen, Messen, so abge-
spannt und unruhig geworden, dass es nicht lohnte, das Verhör fortzusetzen. Zur
Beantwortung der Frage, ob sie und ihre Namensvettern in Ceylon desselben
Stammes sind, werden diese Notizen nicht beitragen.
Die Vedas von Ceylon habe ich nicht kennen gelernt, und die über sie vor-
handenen Berichte ') bieten keine Anhaltspunkte zu Vergleichen, da die Lebens-
weise beider Volksgruppen, der einen als freie Wilde, der andern als Feldsklaven,
durchaus verschieden ist.
Eingehende Beschreibungen der Vedas von Trovancore sind mir nicht be-
kannt, nur vorübergehend habe ich sie erwähnt gefunden und das Wenige, was von
ihnen berichtet wird, ist so ungenügend und zum Theil widersprechend, dass da-
durch eher Verwirrung als Klarheit in die Sache gebracht wird. Aehnliche Schwierig-
keiten stellen sich oft demjenigen in den Weg, der zu ermitteln versucht, ob indische
Kasten oder Volksgruppen, die fast gleichlautende Namen führen, aber in verschie-
denen Lokalitäten wohnen, oder von verschiedenen Schriftstellern erwähnt werden,
desselben Stammes sind?
Die durch ünkenntniss der Verhältnisse bedingte Unsicherheit in der Um-
grenzung einzelner Gruppen wird oft beträchtlich dadurch vermehrt, dass die durch
europäische Alphabete nicht genau auszudrückenden, von dem englischen Ohre un-
genau aufgenommenen Namen durch die unvollkommene englische Schreibart in
mannichfaltigen Verstümmelungen wiedergegeben werden, so dass ein und derselbe
Name bei verschiedenen Berichterstattern in verschiedenen, bis zur Unkenntlichkeit
reichenden Vermuramungen auftreten kann, während verschiedene Kasten mit ähn-
lich klingenden Namen zu Einer vermischt werden können. Die Vedas mögen als
Beispiel dienten:
Ich habe hier das Wesentlichste dessen, was ich bei verschiedenen Autoren über
die Vedas von Trovancore gefunden, sowie auch die verschiedenen, von ihnen
gebrauchten oder als gebräuchlich angeführten Schreibarten des Namens Veda zu-
sammengestellt.
Dr. S perschnei der, seit mehr als 30 Jahren in Trovancore ansässig,
1) Sir E. Teunant, Ceylon L 372, 569; II. 437. - Joim Bailey in Transactions
Ethnol. Soc. London 1863, p. 280. - B. Hartshorne in Fortnightly Review March 1876.
(173)
nennt den in den dortigen Wäldern oder als Sklaven auf Pflanzungen lebenden
Volksstamm (tamil) Vedan, plural Vedar, oder europäisirt Veda, plural Vedas.
Nach Wilson') heisst Vedar Jäger, auch ein wilder Stamm in den Bergen
und Wäldern Süd-Indiens, fast im Naturzustande lebend, . . . vielleicht ein Urvolk
der Halbinsel. ... In Malabar zu den Praedial-Sklaven gerechnet, zum Holz-
fällen, Einzäunen und Feldhüten benutzt, denen aber nicht gestattet ist, sich am
Ackerbau zu betheiligeu. Wilson führt folgende Schreibarten an: Vedan, plural
Vedar, corrumpirt Vaidun, Veddah, Bedan, Weden, Vedu, Veduvan, richtiger Vettuvan
(S. 545, 1), Vetan, Wedan, Vetuvan (S. 546).
Nelson sagt-): die Vedans in Süd-Indien sind von sehr niederer Kaste; leben
in Wäldern, scheinen vor Kurzem nackte Wilde gewesen zu sein, sind wahrschein-
lich mit den Veddahs auf Ceylon zu identificiren und wurden nach Taylor (wohl
Revd. W. Taylor?) von den Kurumbars unterjocht.
Nach (Col. M.) Taylor 3) waren die Bedur oder Veddar, Bedurs oder Beydurs
(in Tara, Tauchnitz edit. II. 59, schreibt Col. M. Taylor Beyder) eine über einen
grossen Theil Süd -Indiens ausgebreitete mächtige Kriegerkaste, die älteste im
Lande, von welcher ein Theil in die Wälder von Trovancore und Mysore ge-
drängt worden ist. Für identisch mit den Kurumbars der Nilgiris gehalten,
gegenwärtig meist friedliche, fleissige Landbauer, ein schöner kräftiger Menschen-
schlag, die Frauen zuweilen von ausserordentlicher Schönheit, vorzügliche Haus-
frauen, sehr reinlich und sauber, ihre Häuser wohl gebaut und in Stand gehalten^).
Dr. CaldwelP) hält die Weddahs von Ceylon für einen Rest der Urbevölke-
rung, verwandt, wenn nicht identisch, mit den ursprünglichen Dravidiern und
schreibt Veddahs, Weddahs; tamil Vedar.
Sir E. Tennant (loc. cit.) nennt die Veddahs von Ceylon einen Rest der Ur-
bevölkerung jener Insel und führt an (Bd. II. 438 Anmerk., nach Journ. Asiat.
Soc. Beng. XXVI. "206), dass die Bedas von Mysore ebenfalls der Rest eines
Drvolkes sind.
Nach J. Bailey (loc. cit.) bezeichnet der Ausdruck Veddah oder Weddah an
und für sich keine besondere Rasse, sondern einfach Jäger und wird in Indien
auf Aboriginer und barbarische Stämme im Allgemeinen angewendet. Bailey führt
folgende Schreibarten an: Veddah, Veddahs, Weddah, Weddä (singhal), Vedän (tamil)
und angeblich nach Wilson's Glossary: Vedan, Vaidan, Beddah.
Nach B. Ilartshorne (loc. cit.) heisst Weddah (ungenau Veddah) ein Bogen-
schütz und entspricht dem Sanskrit- Wort Vyadha — es giebt deren nur 2 Klassen:
Kele Weddo und Gan Weddo.
G. M. Tagore*^) citirt die Vaidehas als eine von Ptolemaeus erwähnte nie-
drige Wander-Kaste im nördlichen Indien, später in Mysore als Bedas wieder
aufgefunden und gegenwärtig in wildem Zustande als Veddahs in Ceylon lebend.
Nach Buchanan') giebt es Karnata- und Telinga-Baydaru oder Baydas
1) H. H. Wilson, Glossary of Indian terms, pag. 545, 1.
2) J. H. Nelson, The Madiira Country. A Manual, Madras 1868. II. 63, 78.
3) Col. Meadows Taylor Descr Letterpress to TLe People of India . . bv F. Watsou&
Sir J. W. Kaye Vlll. No. 454.
4) Col. M.Taylor als politischer Agent des Beyd ur- Staates Shorapoor hat die beste
Gelegenheit gehabt, sich mit der Geschichte dieses Volksstammes bekannt zu machen. Vergl.
seinen Student's Manual of Indiaii History, p. 356. Anm.
5) Revd. Dr. Caldwell, A comparative Grammar of the Dravidian . . languages, 2d ed. 535.
6) G. M. Tagore, The Aryan Polity, in Trans Ethnol. Soc. London 1863, p. 381.
7) F. Buchanau, A Journey . . tbroagh . . Mysore, Canara und Malabar . . I. 358.
(174)
sie scheinen die ächten Sudra, Landbauer und Krieger von Telingana zu
sein. . . .
Bd. II. 482 erwähnt derselbe Autor Vaytuvans aus Malayala stammend, nicht
für Sud ras geltend; sie brechen Steine, verrichten Erdarbeiten, machen Salz durch
Abdampfen des Meerwassers.
In einer Notiz, die ich wahrscheinlich Kittel, Ueber den Ursprung des Linga-
Kultus, entnommen, heisst es: Die Maravas entsprechen den Kannada - Bedas
(d. i. Erschläger) und waren, wie sie, ursprünglich Jäger und Krieger. Die Bedas
sind jetzt Landbauer, zum Theil brahmanisirt.
Es ist leicht, aus obigen Citaten einzelne Angaben herauszugreifen und so zu
gruppiren, dass eine Liste von Widersprüchen entsteht. Zum Beispiel die Vedas sind:
Landbauende Sklaven,
Sklaven, die aber kein Land bauen dürfen.
Eine mächtige, weit ausgedehnte Kriegerkaste,
Eine niedrige Wanderkaste.
Sie stammen aus dem Norden von Indien,
Sie sind das ürvolk von Ceylon, das Urvolk von Süd-Indien, Aboriginer über-
haupt, keine besondere Rasse oder Kaste, sondern Jäger im Allgemeinen,
identisch mit den Kurumbars, unterjocht von den Kurumbars, sie
entsprechen (z. Th.) den Maravas, sie sind die ächten Sudras des Lan-
des, sie gelten nicht für Sudras.
Die Vedas sind ein schöner, kräftiger Menschenschlag, ihre Weiber zum Theil
von ausserordentlicher Schönheit, vorzügliche Hausfrauen. (Die Vedas, die
ich kennen gelernt, sind von dem allen genau das Gegentheil.) u. s. w.
Ordnet man die vorstehend angeführten Schreibarten des Namens Veda alpha-
betisch, so erhält man folgende Liste:
Baydaru,
Veddahs,
Baydas,
Veddar,
Bedan,
Vedu,
Bedas,
Veduvan,
Beddah,
Vetan,
Bedur,
Vettuvan,
Bedurs,
Vetuvan,
Beyder,
Vedan,
Beydurs.
Vedar,
Vaidan,
Vedans,
Vaidun,
Vedar.
Vaidehas,
Wedan,
Vaytuvans,
Wedda,
Veda,
Weddä,
Vedan,
Weddah,
Vedas,
Weddahs,
Vedän,
Weddo,
Vedans,
Weden,
Veddah,
Ordnet man aber die dabei
benutzten
Buchstaben so, dass diejenigen, welche
einander vertreten, in einer Reihe stehen, so erhält man:
b ai
d
(r)
V ay
dd
ä (s)
[dh] ah
(175)
e an
et an
ey tt aru
[ya] ehä
ea
er
o
un
ur
uvan
woraus sich, selbst nach Ausscheidung der Accente, der beiden Pluralformen (r)
(s) und der dem Sanskrit- Worte entnommenen Zeichen [ya] [dh], 528 Combinatiouen
zu, wie es scheint, ziemlich beliebigem Gebrauche ergeben.
Selbstverständlich habe ich diese Zusammenstellungen nicht gemacht in der
Absicht den Knoten zu entwirren, sondern im Gegentheil, um in auffälliger Weise
zu zeigen, wie vorsichtig derjenige zu Werke gehn muss, der aus der vorhandenen
Literatur Beschreibungen indischer Volkstärame aufbauen will; — wie leicht durch
oberflächliche, kritiklose Benutzung selbst des allerbesten Materials, die grösste Ver-
wirrung angerichtet werden kann. Den Namen des allerbesten Materials verdienen
aber die oben citirten Schriften, wie zum Theil schon die Namen ihrer Verfasser
schliessen lassen.
Dr. A. Buruell schreibt mir aus Tanjore (März 1876): Es ist kein Zweifel,
dass der Name Veddah (wie Professor Ghilders gezeigt hat) eine Corruption des
Sanskrit- Wortes Vyfidha = ein Jäger ist. Ich glaube, dass die Veddahs von Tro-
vancore und die von Ceylon von derselben Rasse sind; aber die Veddahs von
Ceylon sprechen, wie ich glaube, singalesisch, und dies ist ein fremder, aus Nord-
Indien eingeführter Dialekt. Schon lange habe ich vermuthet, dass alle niederen
Kasten, in Indien sowohl als in Ceylon, Dravidier sind.
Dr. Burneil verwies mich an Professor Childers, Üniversity-College, Lon-
don, als den am besten über diese Verhältnisse Unterrichteten. Bevor ich den
Brief erhielt, war aber Prof. Childers schon gestorben.
Als interessantes Beispiel, wohin die Willkür im Buchstabiren führen kann, wird
im Journal Asiatic Soc. Bengal III. 285 mitgetheilt, dass in der Karte vom Doab,
welche die Unterschrift des General-Directors der topographischen Aufnahmen trägt
und angeblich nach den besten, in den Archiven der Anstalt vorhandenen Quellen
construirt ist, die wohl bekannte Strasse von Cawnpore (Kanhpoor) nach ük-
barpoor doppelt tracirt ist; offenbar nach zwei Aufnahmen, bei denen die Com-
passe oder Theodolite von einander abwichen, so dass zwei verschiedene Rich-
tungen die Folge waren. Die Compilatoren im topographischen Bureau kamen aber
nicht zu der Einsicht, dass beide Strassen eine und dieselbe seien, weil alle Orts-
namen verschieden buchstabirt sind, zum Beispiel:
Kuttra — Gittera,
Chichehree — Chichindy,
Bhysour — Bhysawn, Bheisawn (ßhenour),
Futtipr — Futtehpr,
Reneea — Runneah,
Oomrun — Oomerun
und verschiedene andere. Die relativen Entfernungen aller Orte sind dieselben.
Es mag von Interesse sein, die Körpermaasse der Vedas von Trovancore
(Zeitsch. f. Ethnol, 1879, S. 21) mit folgenden Maassen der Veddahs von Ceylon zu
(176)
vergleichen: Der grösste Veddah, den J. Bailey (loc. cit. pag. 283) je gesehen,
maass
5 Fuss 3 Zoll engl. = 1,600 m
der kleinste 4 „ 1 „ „ = 1,245 „
rnittlereGrössederMänner4Fuss6Zollbis5 „ 1 „ -n = 1,372— 1,549 w
„ , Frauen 4 „ 4 „ „ 4 „ 8 „ , = 1,322-1,423 „
Von 14 von einem Anderen gemessenen Männern war
der grösste 5 Fuss 3 Zoll 4 Strich = 1,610 m
„ kleinste 4 „ 6 „ 25 „ - 1,379 „
Mittel . . 5 „ 0 „ 5 „ = 1,536 „
Von 12 Weibern
die grösste 5 Fuss 25 Zoll 0 Strich =1,597 m
„ kleinste 4 „ 4 „ 9 „ = 1,333 „
Mittel . . 4 „ 9 „ 0 „ = 1,451 „
B. Hartshorne (loc. cit. 406) fand einen Wedda
5 Fuss 4 Zoll 75 Strich = 1,645 m
2 von mittlerem Wuchs 4 „ 4 „ 25 „ = 1,327 „
4 , 11 „ 75 „ =4,518 „
Einen nach England gesandten Veddah Q Schädel fand Busk kleiner, als die
kleinsten Neger-, Australier- oder Eskimo-Schädel; es war der kleinste, den er
je gemessen hatte. (J. Bailey.)
(11) Hr. Hartmann spricht über die vor Kurzem nach Europa übergeführten
und zur Zeit noch in Hamburg weilenden
Patagonier.
Diese Ueberführung ist wieder ein Meisterstück unseres ebenso umsichtigen,
wie unermüdlichen und ausdauernden K. Hagen beck. Die Sache ist erst nach
vielen vergeblichen Bemühungen gelungen. Man hat uns zwar nicht, wie es erst
beabsichtigt worden war, Pescheräs oder Feuerländer, sondern nur Tehuelches ge-
bracht. Es ist das jedoch ein sehr guter Tausch für Diejenigen, welche sich,
wie ich selbst, in erster Linie für die heroischen Typen der Menschheit und dann
erst für die verkommenen derselben, interessiren. Dass aber die Patagonier zu den
heroischen Typen gehören, geht nicht allein aus den Mittheilungen und bildlichen
Darstellungen früherer Berichterstatter, sondern auch aus den photographischen
Aufnahmen der in Hamburg befindlichen Individuen hervor, welche Aufnahmen ich
Ihnen hiermit im Namen Hrn. Hagenbeck' s überreiche. Auch hat mir Hr. Maler
H. Leutemann auf Wunsch Hagenbeck's eine Anzahl recht interessanter Aqua-
rellen vorgelegt, welche er von dem Aeussern und von den Geräthen der Patago-
nier angefertigt. Diesem Künstler, und seit einigen Tagen auch Hrn. Hagenbeck
selbst, verdanke ich die vorläufigen Notizen über jene Bewohner Südamerikas,
welche ich Ihnen hier mittheilen und die ich aus unserem Literaturschatze noch
mit einigen Flrläuterungen versehen will. Ich hoffe durch das wenige, hier Mitzu-
theilende Ihnen einen kleinen Wegweiser für die Betrachtung der Patagonier zu
geben, die wir, wie bestimmt zu erwarten, binnen kürzester Zeit unter uns sehen
werden.
Die Leute sind ein Mann Namens Pijötse, eine Frau Bazinka, genannt Maria
und ein Knabe, Namens Luiz. Sie zählen zu den Haveniken oder Avaniken, einem
an Individuenzahl etwas heruntergekommenen Tzoueka-Stamrae, der zu der grossen
die eigentlichen Patagonier, Los Patagones, repräsentirenden Nation der Tehuelches
(177)
gehört. Unsere Leute sind mit Erlaubniss der Regierung der Republik Chile und
unter Assistenz des Commandauten von Punta Arenas Don Carlos Wood, daselbst
nach Europa eingeschifft worden.
Pnnta Arenas, Sandy Point der britischen Seefahrer, liegt in der Magallanes-
Strasse unter .03" 'J' 42" S. Br. und Ü" 12' 31" 0. L. Greenw., am Westufer
einer Halbinsel, als Hauptort der in chilenischem Besitz befindlichen „Colonia de
Magellanes". Punta Arenas ist Presidio, Verbannungsort, hier für Deserteure der
chilenischen Armee , enthält unregelmäsig nebeneinander stehende Blockhäuser,
ein Gouvernementgebäude, eine Kirche, ein Schulhaus und ein Cuartel. Letz-
teres ringsum verpalissadirt, enthält wiederum eine Kaserne, ein Wachtlokal, das
(iefängniss und eine kleine Art Leuchtthurm. Die Bewohner sind ausser den
Soldaten der Besatzung, den Beamten und Deportirten meist Chiloten, d. h. Be-
wohner des Chiloe-Archipels, grösstentheils Cholos oder Mestizen. Es befinden sich
auch einige Tiendas oder Kramläden am Ort, in welchen die hier zu Markt kom-
menden Tehuelches sich ihre geringen Hodürfnisse eintauschen. Nicht selten finden
Entweichungen der Deportirten statt, welche dann von Truppenkoramandos in die
patagonische Wildniss hinein verfolgt zu werden pflegen. Diese Commandos kom-
men dann wohl mit herumschweifenden Tehuelches in nähere Berührung.
l*uiita Arenas ist wegen seiner Lage an einer Meeresstrasse, wegen Nähe von
Kohleuflötzen u. s. w. ein Ort der Zukunft. Leider geht es mit dessen Entwick-
lung nur höchst langsam vorwärts. Letzterer hat ein vor ziemlich zwei Jahren
stattgefundener Aufstand der Deportirten sehr geschadet. Diese Empörung musste
mit Waffengewalt unterdrückt werdeti und fiel der zu grosser Schwäche überführte
damalige Coramandant nach kriegsgerichtlichem Spruch unter den Kugeln eines
Executionstrupps. Ich erwähne diese mir von Vertretern unserer Kriegsmarine aus-
führlich geschilderte trübe Episode gerade deshalb, weil sie damals in vielfacher
Beziehung hemmend auf Hrn. Hagen beck's Bestrebungen eingewirkt hat.
Patagonien ist in neuerer Zeit von unterrichteten Reisenden besucht worden.
Aleide d'Orbigny berührte mehr die nordöstlichen Gestade bei der argentinischen
Besitzung Puerto Carmen oder Patagones am Ausfluss des Rio Negro. D'Orbigny's
Abbildungen scheinen sich mehr auf Indios Pampas oder auf nördliche Tehuelches, auf
Huilli-Pehuenches, zu beziehen, wie auf Leute von Pijötse's Stamm. Die französi-
schen Corvetten Astrolabe und Zelee, welche u. A. Port Famine an der Magellanes-
Strasse besuchten, sind unstreitig mit südlichen Tehuelches in Berührung gekommen.
Der berühmte Commandant jener Schiffe, Admiral Dumont d'ürville liefert Be-
schreibungen und Abbildungen von echten Patagoniern, auch von einem ihrer
Lager mit seinem characteristischen Treiben. Die britischen Kriegsschiffe Adven-
ture und Beagle unter Capt. Fitzroy sind verschiedene Punkte von Patagonien
angelaufen, la der von Fitzroy selbst gelieferten Beschreibung jener Reise finden
wir zahlreiche höchst interessante Angaben über Land und Leute, begleitet von
guten Abbildungen. Ch. Darwin, welcher dieser für die wissenschaftliche Er-
schliessung des äussersten Südamerika so höchst erspriesslichen Expedition als
Naturforscher beiwohnte, hat uns seinerseits ebenfalls viele wichtige Mittheilungen
über Patagonien gemacht. Dagegen scheinen sich die Angaben eines französischen
Abenteurers, Namens Guinnard, welcher angeblich Patagoniern in die Hände ge-
fallen ist, nur auf Indios Pampas, nördlich vom Rio Negro zu beziehen. Es sollen
auch Berichte englischer Missionäre über die südlichen Tehuelches vorhanden sein.
Leider ist mir bis jetzt keine dieser, jedenfalls recht erbaulichen Arbeiten unter
die Augen gekommen.
In den Jahren 1866 — 69 besuchte das britische Kriegsschiff Nassau den Ort
Verbttiull. der Berl. Anlhropol. Gesellscbalt 187S>. 12
(178)
Punta Areuas und andere Punkte von Patagonien. Rob. 0. Cuuningham, Natur-
forscher an Bord der Nassau, hat in seinen Notes on the natural history of the
Straits of Magellan (London 1871) eiu namentlich in botanischer, zoologischer und
geologischer Hinsicht sehr werthvoUes Buch geliefert, in welchem auch der bei
Punta Arenas gelagerten Tehuelches Erwfihuung geschieht.
Ein britischer Marineoffizier, George Chaworth Musters hat nun ein Jahr
lang unter diesen Leuten zugebracht und die sehr beschwerliche Landreise von der
Magollanes-Strasse bis nach Puerto Carmen unternommen. Musters gab über
seine Reisen, Jagden u. s. w. ein vortrefflich geschriebenes, gut iJlustrirtes Buch
heraus: At home with the Patagonians, London L871, deutsch von Dr. Martin,
Jena 1873. Dies Buch fesselte mich schon damals sogleich nach seinem Erscheinen
ganz ungemein. Musters Werk ist es, welches ich Ihnen, namentlich*
in der bei Costenoble erschienenen bequemen deutschen Ausgabe,
lebhaft zur Leetüre empfehlen möchte.
Was nun Pijötse und seine Genossen anbetrifft, so soll ersterer von guter Mittel-
grösse und sehr kräftiger Muskulatur, von „kurzer Kopfbildung", langem schwarzen
schlichten Haarwuchs und von schweigsamem würdevollen Benehmen sein. Die
Frau schildert man mir als eine von Gesicht nichts weniger als schöne, übrigens
üppig gebauete, sittsame und bescheidene Person. Der Junge, zwischen 5 bis
6 Jahre alt, soll sehr geweckten Temperamentes sein. Wenn ich nun Pijötse's
Photographie betrachte, so fällt mir die grosse Aehnlichkeit seiner Physiognomie
mit derjenigen eines Tehuelche auf, welcher, südlich vom Rio Negro herstammend,
ebenfalls photographisch aufgenommen worilen war und dessen Bild mir ein ent-
fernter Verwandter über Buenos Ayres eingesendet hat. Ich liess das Bild dieses
Patagoniers, dessen Gesichtsschuitt übrigens gröber als derjenige Pijötse's ist, in
meiner Bearbeitung von Harless Lehrbuch der plastischen Anatomie (Stuttgart 187(i)
S. idS, Fig. l'J durch einen recht gelungenen Holzschnitt wiedergeben. Ich finde
sogar Aehnlichkeit zwischen Pijötse und dem ledergepanzerten Häuptlinge bei
Dumont d'ürville, dagegen nicht zwischen jenem und den Patagoniern des
Capt. Fitzroy. Die Frau Bazinka erinnert mich an die Frau meines Pata-
goniers und ungefähr an die von Dumont d'ürville abgebildeten Tehuelche-
Weiber. Aber noch mehr. Ich habe meinen ganzen Vorrath von Photographien,
Steindrücken und Stichen nord- und südamerikanischer Indianer hervorgeholt,
üeberall finde ich unter Krähen und Dakota, Pa-Üta und Comanches, unter Huaz-
tecos, Peruanern, Boliviern, Chiloten, Araucanos und Pampas-Indianern, eine Aehn-
lichkeit mit Pijötse wieder. Sehen Sie sich den berühmten Mandan-Häuptliug
Matotope oder „die vier Bären" bei Catlin und Bodmer (Prinz Maximilian von
Neuwied) oder die Tschinuk Hidögiats oder H'koakoakhotesmin, den Ottu Wabo-
nisa oder den Kousa Meachoschingau bei Prichard an, überall finden Sie hier
Aehnlichkeiten mit Hagenbeck's Tehuelche. Ja selbst unter den Porträts von
Guarani-Stämmen, von den Tapuyas Brasiliens (Botocudos, Coroados, Puris) bemerke
ich hier und da Anklänge an Pijötse. Ein von Hamilton Smith in dessen
Natural history of the human species pl. 22 abgebildeter (ich weiss nicht welchem
Original entlehnter) Patagonierkopf zeigt zwar die breite mächtige ünterkinnladen-
partie unseres Mannes, sonst aber ganz abweichende Gesichtsformen. Indessen
sind in diesem Werkchen die Copien bekannter guter Originale meist so entsetz-
lich corrigirt worden, dass sie absolut kein Vertrauen Verdienen.
Der Pijötse begleitende Knabe zeigt allerdings einen (4esichtsschnitt, welcher
uns eher an einen Cholo (Mestizen) oder Mulato mahnen könnte.
Man rühmt mir die ritterliche Haltung und noble Attitüde unseres Tehuelche,
(179)
wenn er zu Hamburg;, von seinem rinanacomantel halb umhüllt, barbeinig auf einem
für ihn gekauften Pferde sitzt und nach einem ihm als Ziel dienenden Baumstämme
seine Bolas oder Wurfkugeln schleudert. Frau und Knabe sollen gleich gute Reiter
sein. Sobald diese Leutchen mit der Fellbedeckung und dem Gestänge ihres Toldo,
Zeltes, davon reiten, so soll man lebhaft an Musters Abbildung das. S. 85 er-
innert werden.
Hr. Hart mann schloss hieran noch eine gedrängte üebersicht der Sitten und
Gebräuche der Tehuelches, hauptsächlich nach den Angaben von Dumont d'Dr-
ville, Fitzroy und Musters.
(12) Neu eingegangene Schriften:
1) Nachrichten für Seefahrer. 187'J. Nr. 17, 18, 19.
2) Annalen für Hydrographie. 1879. Heft IV.
3) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 1879. Nr. 4.
4) Moriz Benedikt, Anatomische Studien an Verbrecher-Gehirnen. Geschenk
des Verfassers.
5) Kecension von Gubernatis: la mythologie des plantes.
6) Faudel, Note sür la decouverte d'ossements fossiles humains ä Kguisheim.
7) Bulletin de la societc d'histoire naturelle ä Colmar. Annees 18, 19.
8) Archivio per l'antropologia e la etnologia. Vol. 9. Heft 1.
9) Verwaltungsbericht über das Märkische Provinzialmuseum. Gesch. d. Magistrats
zu Berlin.
10) Archiv für Anthropologie. Bd. II, Heft 4.
11) F. Hilgendorff, Zur Streitfrage des Planorbis multiformis. Gesch. d. Verf.
12) Die F'euerbestattung, System Fried. Siemens. Gesch. d. Hrn. Fr i edel.
Nachtrag zur Sitzung vom 17. Mai 1879.
Hr. Voss hat, leider um einen Tag zu spät, folgenden für die Sitzung be-
stimmten Brief des Hrn. Virchow erhalten, betreffend
die ersten Ergebnisse seiner Reise in die Troas.
Ilion, am Gründonnerstag, 10. April 1879.
„Ich sehe, dass der dritte Sonnabend des April herannaht, und ich möchte Ihnen
und der Gesellschaft doch ein Lebenszeichen senden. Aeusserlich habe ich freilich
manche negative licistung zu verzeichnen. Meine Reise hierher hat sich wegen
allerlei Verhinderungen um 5 Tage verlängert. Ich kam erst am Abend des
4. April hier an. Indess habe ich nicht viel verloren. Die auf den 5. angesetzte
Reise in den Ida musste verschoben werden, weil noch jetzt der Gargarus fast
ganz verschneit ist. Auch die Gräber sind noch unversehrt, da die türkische Re-
gierung immer neue Anstände fand. Erst auf wiederholte Depeschen von hier und
auf energisches Andrängen der deutschen und englischen Botschaft ist gestern die
Nachricht eingetroffen, dass die Pforte darauf verzichtet, für jeden einzelnen Fall
ihre Zustimmung zu ertheilen. Sie schickt sogar einen besonderen Commissar,
Dr. Dethier, den Director des Museums in Constantinopel, um die Specialverhand-
lungen mit den einzelnen Besitzern zu fördern. Aber diese Leute sind höchst
unverschämt. So verlangt der Grundeigenthümer, dem das Land um den Achilles-
hügel gehört, nicht einmal der Hügel selbst, 200 Lire oder türkische Pfund, d. h.
fast 3500 M. für seine Einwilligung, und das für einen Hügel, der schon von Choi-
seul und Lechevalier theil weise geöffnet ist.
12*
(180)
„Wir haben daher darauf verzichtet, diesen Hügel überhaupt vorzunehmen. Einige
andere sind vorläufig in Beschlag genommen, darunter der mächtige üdschek Tepe,
der weithin die Aussicht beherrscht und dessen Deutung so viele mal versucht
worden ist. Inzwischen sind wir einigermaassen entschädigt worden, indem unser
correspondirendes Mitglied, Hr. Frank Cal vert ein prächtiges Kegelgrab auf seinem
Gute (Chiflik) im Thymbros-Thal mit grösstem Erfolge bearbeitet. Wir waren gestern
hinübergeritten. Er hat in der Tiefe eine ganze Zahl von Skeletten gefunden, mit
Beigaben, welche ganz der „ältesten Stadt" in Hissarlik gleichen. Nur Spuren von
Metall (Bronze), dagegen schöne Steinsachen, zahlreiche Nahrungsreste, Massen von
Topfgeschirr. Der einzige, einigermaassen erhaltene Schädel ist dolichocephal
(Index 70); unter den Skeletknochen sind namentlich die Tibiae bemerkenswerth,
von denen einige die höchsten Grade der Platyknemie darbieten. Wie es scheint, sind
hier Reste der ältesten Bevölkerung aufgefunden. Darüber folgen ungeheure
Brandschichten, und in der Höhe wieder Skelette mit griechischen Beigaben.
„Inzwischen ist hier in Troja in grösstem Styl fortgearbeitet worden. Es sind
bis jetzt täglich 100 — 120 Arbeiter in Tbätigkeit gewesen. Schliemann lässt
einen grossen Theil der Oberfläche ganz abräumen, um die „trojanische Stadt**
vollständig blosszulegen. Ungeheure Brandmassen kommen dabei zu Tage. Grosse
Quadern von ungebranntem Lehm, in plattviereckiger Gestalt, welche zum Aufbau
der Wände benutzt waren, sind bis zum Schmelzen angebrannt; sie tragen voll-
ständige Glasur-Ueberzüge. Heute wurde auch in meiner Gegenwart ein neuer
„Schatz" von Gold, ganz ähnlich dem in unserem 6. Hefte (1878) abgebildeten, mit
langen Kettengehängen, gefunden; mit ihm eine Reihe goldener Scheiben, wie sie iu
Mykenae so häufig waren.
„Ich kann also schon jetzt aus eigener Wahrnehmung bezeugen, dass die Schilde-
rungen Schliemann's wahrheitsgetreu sind. Er ist von unermüdlicher Thätigkeit
und wahrhaft bewundernswerth iu seiner Ausdauer. Da auch Hr. E. Burnouf von
Paris hier ist, so wird jedenfalls die Authenticität dieser letzten Ausgrabungen ge-
sichert sein. Dieser kenntnissreiche Mann macht zugleich zahlreiche Höhenbestim-
mungen und wird die Karte der Troade definitiv sicher stellen.
„So viel für heute. Schliemann hat mir eine Reihe von Dingen geschenkt,
so dass ich wenigstens Einiges werde zur Anschauung bringen können. Von Gold
ist natürlich keine Rede; der von der türkischen Regierung bestellte Aufseher,
Kadri Bey, bewacht jeden solchen Fund mit Argusaugen. Dafür habe ich einige
ganz grosse Sachen in Aussicht, die ich natürlich dem Museum übergeben werde,
wenn es dieselben haben will. Darunter ist namentlich einer jener „ürbehälter"
aus gebranntem Thon, die so gross sind, dass ein Mensch darin stehen kann."
Sitzung am 21. Juni 1879.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Als neue Mitglieder werden gemeldet:
Hr. Kaufmann Hermann Strebel in Eilbeck bei Hamburg.
Hr. Banquier Th. Simon, Berlin.
Hr. Dr. "Werner, Berlin.
Hr. Dr. Moses, Berlin.
Hr. Dr. Baer, Berlin.
Hr. Dr. Simonsohn, Friedrichsfelde.
Hr. Bauinspector Becker, Berlin.
Zum correspondirenden Mitgliede ist erwählt:
Hr. Rygh, Director des Alterthums-Museums zu Christiania.
(2) Der Hr. Kultusminister hat unter dem 18. d. M. für das laufende Geschäfts-
jahr der Gesellschaft wiederum eine Staatsunterstützung bewilligt.
(3) Der Vorsitzende verliest die Einladung zu der vom 11. bis 15. August in
Strassburg tagenden Generalversammlung der deutscheu anthropologischen Gesell-
schaft und fordert zu zahlreicher Betheiligung auf.
(4) Nach einer Benachrichtigung des Hrn. Bogdanoff soll die Zusammenkunft
der Anthropologen in Moskau bei Gelegenheit der dortigen Ausstellung vom 27. Juli
bis 5. August stattfinden.
Hr. Virchow, der zu seinem Bedauern verhindert ist, der sehr freundlichen
Einladung zu folgen, obwohl nach einer neuesten Mittheiluug die Ausstellung bis
zum 15. 27. August dauern wird, legt eine sehr schöne photographisohe Ab-
bildung einer Gruppe von Wogulen aus Tobolsk vor, welche zu der Ausstellung
iu Moskau angelangt sind.
(5) Der Vorsitzende theilt mit, dass für Sonntag, den 29. Juni eine Excursion
nach Rüdersdorf stattfinden werde, um die dort aufgedeckten Gletschertöpfe
zu sehen. Hr. Bergrath Foitzick wird die Führung übernehmen.
Für einen folgenden Sonntag ist auf Einladuug des Hrn. Dr. Brückner sen.
eine anthropologische Excursion nach Neubran den bürg in .aussieht genommeu.
(182)
(6) Der Ortsverein für Geschichte und Alterthumskunde zu Braun-
schweig und Wolfenbüttel übersendet einen Aufruf zur Sammlung der vater-
ländischen Alterthümer.
(7) Die geographische Gesellschaft in Lissabon theilt ein Telegramm
vom 16. März aus Aden (Pretoria) mit, worin Hr. Serpa Pinto, der im Mai 1878
von Bitel abgereist war, die glückliche Beendigung seiner Reise quer durch Africa
anzeigt.
(8) Von der pariser anthropologischen Gesellschaft ist eine Anzahl
von Exemplaren der neu aufgelegten Farbentafel eingegangen. Exemplare davon
stehen den Mitgliedern der Gesellschaft käuflich zu Gebote.
(9) Hr. Topinard übersendet mit einem, an den Vorsitzenden gerichteten
Schreiben vom 15. Mai,
Schädelabgüssse von einem Galtscha und einem Savoyarden.
J'ai mis u la poste, il y a 3 ou 4 jours, 2 moulages de cränes que je vous serais
oblige d'offrir en mon nom k la Societe d'Anthropologie de Berlin. Sur Tun est ecrit
Galtcha au crayon. L'original ä ete rapporte d'aupres de Samarcande par
M. de Ujfalvy. J'en ai donne la description et les mesurations dans la seance de
notre Societe d'Anthropologie du 6. Juin 1878. Sur l'autre est ecrit au crayon le mot
Savoyard. L'original vient de la coUection envoyee ä notre Musee par M. Hove-
lacque. H exprime le type moyen de la serie.
Le rapprochement de ces deux pieces a pour objet de prouver que Tun des
types brachycephales „Aryeus" qui existent encore dans le Turkestan oriental et qui
sont tres distincts, ä premiöre vue, des types brachycephales de la meme region, et
precisement celui des Tadjicks de Montagne, ou Galtchas, que Ton considere comme
les plus purs descendants des anciens Perses du temps de Zoroastre -^ est serablable
il notre type Savoyard, lequel ne serait autre que notre type Auverguat modifie
. . . ou au contraire plus pur.
En rapprochant notre type Auvergnat, ou Gelte de Cesar, le type savoyard, le
type slave represente par une serie de Croates que nous possedons au Musee et le
type ci-joint de Galtcha, j'arrive ä cette doctrine que d'autres considerations appuient,
que les brachycephales etendus du centre de la France au Pamir, avec tres peu de
Solutions de continuite, ne forment qu'une seule et meme famille anthropologique
(lont les ancetres ont commencö ä se repandre en Europe au temps neolithique, sinon
il la fin du temps paleolithique. Les descriptions des cranes brachycephales alle-
munds soit d'aujourd'hui, soit du temps des Hügelgräber me porteut les rattacher
il la meme grande famille.
Parmi les brachycephales de l'Europe je n'en separe que les Finnois et leurs
derivus, sur lesquels je m'abstiens encore d'exprimer une opinion, et les brachy-
cephales Mongols du Sud de la Russie.
Je ne saurais terminer sans dire que je ine rallie entierement ä l'opinion que
vous avoz soutenue dans Fun des derniers congres d'AUemagne, que les Nationalites
ne reposeut pas sur les caracteres anthropologiques, mais sont produites par les
eveuements de l'histoire. Les idees de peuple et de race naturelle sont ab-
solument distinotes. Les Alemans ont donne leur nom ii l'Allemagne, les Francs a,
la France et cependant ils etaient assuremcnl de meme race. La France se compose
de 3 eleinentM Pthiiiques priiicipaux: les dolicocephales bruns et petits du Midi, les
(183)
brach} cc'phales chatains, de moyenne taille du Centre et les dolicocepbales grands
et bloiids du Nord. L'Aliemagne se compose de 2 eleraents: les bracliycephales
predominent au midi et les sous-dolicocephales ;i Torigine (votre type Frison) au
Nord. Les deux pays n'ont donc pas d'unitt' anthropologique reelle. La Russie est
encore plus couii)li(|uee daus ses ('lements etlini(]ues. Le Dänemark est ('galeraent
constitue par un melange de bracliycephales et de dolicocephales, aussi loiu daus
son passe que nous pouvous remonter.
Votre proposition est donc tres juste. Ce (jui fait la Nationalite c'est l'asso-
ciation de peuplades diverses, quekjue soit le mobile de cetto association. Les deux
moulages que j'ai Ihouiieur de vous adresser, en soot la confirmations, —
Hr. Virchow dankt Hrn. Topinard für die ungemein interessante Mitthei-
lung und stellt neben die beiden Schädelabgüs.se einen mitteldeutschen Schädel,
den er einer kleinen Sammlung aus der fränkischen Schweiz entnommen
hat. Derselbe ist, wie die übrigen Schädel dieser Sammlung, ausgezeichnet brachy-
cephal und gleicht den beiden Abgüssen in höchstem Maasse. Er erinnert dabei
an einen von Hrn. Fiusch aus der Dschuugarei mitgebrachten, brachyceplialen
Schädel, den er in der Sitzung vom 21. Juli 1877 (Verb. S. 342) besprochen hat,
und er bedauert es in hohem Maasse, dass aus Mittelasien noch ein so geringes
Schädehnaterial nach Europa gelangt i.st. Die von Hrn Topinard aufgestellte
Vergleichung macht diesen Maugel noch raehr fühlbar.
(10) Von Hrn. J. M. Hildebraudt ist ein Brief vom 21. April aus Nosi - Be
eingegangen, betreffend seine
Ankunft in Madagascar.
„So habe ich mir denn nach der langweiligen Seefahrt wieder einmal ein
nettes warmes Nest in Form eines Bretterliäuschens im Städtchen Hellevillo auf
Nosi-Be eingerichtet.
Während ich dies schreibe, sitze ich auf der Veranda desselben. Ein halbes
Dutzend schwarzer Diener sind eben mit dem Umlegen des Herbars beschäftigt,
sie singen und schwatzen in ihrer gemüthlichen Weise. Andere reinigen Muscheln.
Ab und zu kommen Kinder und bringen Eidechsen, Frösche und anderes Hochwild
zum Kauf. Trotz der wenigen (10) Tage meines Hierseins nimmt mein Haus
bereits jenen eigenthümlichen Museum-Geruch an, der die Leidenschaft des Reisen-
den ebenso anfeuert, wie der Geruch des Pulverdampfes den Soldaten.
Hellevillo liegt äusserst malerisch an einer weiten Meeresbucht, welche von
den nahen Gebirgen Madagascars, der kuppelgipfeligen Insel Nosi-Comba, dem dicht
bewaldeten Lucube-Berge und anderen Borgzügeu Nosi-Be's eingerahmt ist. Die
wenigen Steinhäuser der Stadt, im gemüthlichen Stile unserer Bauernhäuser er-
richtet, liegen in weiten Abständen verstockt in übermächtigen Baumkronen. Mango's,
Cocospalmen und viele tropische Zierbäume wetteifern au massigem Wuchs. Die
Strassen stellen schattige Alleen dar. Eine grössere Auzahl Häuser ist aus Brettern
gebaut. Sie «'nthalten 2 bis 3 Zimmer. Einige sind mit Schindeln, die meisten
aber mit Palmstroh gedeckt. Die Hütten der Schwarzen endlich, welche von üppi-
gen Bananenstauden überragt werden, haben ihren Fussbodeu aus plattgedrückten
Uavenala-Stämmen in madagassischer Weise etwa meterhoch auf Pfählen erhoben.
Ihre Wände bestehen aus den Wedelstielen der Rafia-Palme. Sie sind mit den
mächtigen, zusammengefalteten Blättern der Ravenala gedeckt, durch die der Rauch
des selten verlöschenden Feuers seinen Ausgang sucht.
(184)
Die Bevölkerung von Nosi-Be besteht neben den madagassischen Eingeborenen
aus afrikanischen Negern, Creolen jeder Hautfarbe und einigen Franzosen, die das
Gouvernement bilden oder sich als Pflanzer oder Kaufleute niedergelassen haben.
Man spricht madagassisch (Sakalava) oder Creolen -Französisch, wo j und ch in
weiches s verwandelt wird.
Den eigentlichen Reichthum der Colonie, die Zucker- und Kaffeepflanzungen
habe ich noch nicht in Augenschein nehmen können. Es soll sehr an Arbeits-
kräften fehlen, da die Einfuhr von Schwarzen aus Afrika sehr verboten ist. Daher
ist es auch für mich sehr schwierig, Leute zu finden, und sind die Löhne sehr hoch.
Etwa seit Jahresfrist hat Nosi-Be sein eigenes Gouvernement, nachdem es
früher unter der Coramandantur von Mayotte, der französischen Comoro-Insel stand.
In Mayotte hielt unser Dampfer einen Tag und machte ich in einem, mir vom
dortigen Gouverneur, Mr. de "Vasalle, freundlichst zur Verfügung gestellten Boote
eine kleine Ruudtour. Mayotte ist, wie auch Nosi-Be, eine äusserst fruchtbare
Insel. Man glaubt aus der Ferne eines der glücklichen Mittelmeer-Eilande vor sich
zu sehen. Nur ist die Vegetation natürlicherweise weit verschieden: Cocoshaine
und grellgrüne Zuckerrohrfelder bedecken die sumpfigen und daher höchst unge-
sunden Uferflächen. Auf den Hügeln gedeihen unter dem Schattenschutze von
Acacia Labbek ausgedehnte Kaffeepflanzungen. Die hohen vulkanischen Bergkuppeln
sind mit dem dichtesten ürwalde bestanden, aus dem vieladerige Bäche nieder-
rieseln.
Ich sammelte einige Kleinigkeiten auf Mayotte, unter andern die lebenden
Knollen von einem Amorphophallus, welcher nach Angabe der Eingeborenen eine
kolossalle Blüthenscheide entwickeln soll.
Meine Sammlungen und Beobachtungen hier auf Nosi-Be mehren sich erfreu-
licher V^eise, jedoch muss ich einen grossen Theil meiner Zeit auf Formiruug einer
Carawane und die Einrichtung des Reisegeräths verwenden.
In etwa 3 Wochen hoffe ich von hier nach Madagascar aufbrechen zu können
und zwar begebe ich mich zuerst in die Provinz Menabe (Westküste), wo Ruteu-
berg ermordet wurde. Weitere Pläne kann ich erst an Ort und Stelle entwerfen.
Vor meiner Abreise werde ich noch Gelegenheit haben, meine Sammlungen
nach Europa zu senden. —
Hr. Virchow hat ausserdem von Hrn. Hildebrandt aus Aden, 20. März,
folgende
Tabelle von Rassenmessungen
erhalten:
(185)
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(186)
(1 1) Der Vorsitzende übergiebt eine ganze Reihe von Zusendungen des Hrn.
V. Miklucho-Maclay: 1) Einen „offenen Brief" an den Gouverneur von Fiji und
Ober-Comraissär im westlichen Pacific, Sir Arthur Gordon über
die Schonung der Eingebornen in Neu-Guinea.
Sydney, 23 Janv., 1879.
Excellence,
L'importauce du sujet de cette lettre et Pespriance qu'elle ne restera pas sans
resultat pour la sainte cause de Vhumanile, qui Ta uniquement dictee, me decide de
prier Votre Excellence de la lire avec attention et de faire ce que Votre Excellence
jugera possible.
Je ne m'arreterai sur quelques details concernant "ina personne, qu'autant qu'il
me paraitra necessaire pour faire comprendre a Votre Excellence en suite de quoi,
et ä quel titre, je prends la resolution, clevant la voix au nom „du droit de
rhorame," d'attirer l'attention de Votre Excellence sur les dangers qui menacent
de detruire pour toujours le bien-etre de milliers d'hommes, qui n'ont commis
d'autre crime que d'appartenir ä une autre race que la notre et d'etre les plus
faibles.
Ayant debarque en Nouvelle-Guinee en l'annee 1871, pour des etudes scienti-
fiques, les circonstances d'abord, l'interet d'etudier une race primitive ensuite, m'ont
mis en rapports tres rapproches avec les iudigenes de la cote N. E. de la Nouvelle
Guinea oü j'ai debarque. A force de patience, d'une conduite tres amicale et juste,
j'ai fini par gagner la confiance parfaite des indigenes, qui d'abord et pendant des
mois m'ont traite d'une maniere bien peu aimable. — La couuaissance de la laugue
papoua acquise, m'a donne la possibilite d'etudier leurs moeurs et leurs usages.
Ayant passe pres de troi'^ ans parmi ces gens, ayant eu le temps de juger leur
caractere et leurs facultes, je prends un interet serieux et desinteresse ä leur
destinee, surtout en prevoyant que l'invasion de la race blanche en Nouvelle Guiuee
peut facilement, ou presque certainement mener ä une suite de catastrophes bien
deplorables.
Je pense pourtant, que beaucoup de ces injustices revoltantes des forts envers
les faibles, pourraient etre prevenues, si les Gouvernements des peuples civilises,
ne meprisant pas la cause de la justice, confirmaient et faisaient respecter les Cle-
ments les plus simples du droit des gens et du droit international. Quelques lignes
signees ä temps, par une main autorisee et puissante, peuveut prevenir une Serie
de meurtres injustes, epargner dans l'avenir a la „civilisation" la honte, sous le
litre de y,punition merüee,"' de massacrer des femmes et des enfants.
Avant tont, je prie Votre Excellence de remarquer (je parle en connaissance
parfaite des faits), que les habitants de la Cöte Maclay (partie de la Cote N. E.
de la Nouvelle Guinee, entre le Gap Croisilles et le Gap King William), etant une
population agricoie et nombreuse (pres de 15,000 ä 20,000 hommes, au moins), sont
strictement lies au sol qu'ils cultivent: chaque pouce de terre, chaque arbre utile
dans la foret, les poissons dans chaque ruisseau, etc. etc., ont un proprii'taire! Cette
propriete est reconnue et respectee par les voisins. L'invasion d'etrangers qui
voudraient occuper une terre dejä occupee et culiivee depuis des siecks mettraient les
habitants de la cote entre les armes des blaues et ceux des habitants des niou-
tagnes, qui ne voudraient pas ceder leur terre Des meurtres et des guerres satis
flu auraient lieu, etc., etc.
Pour eviter iles catastrophes semblables ä Celles qui out desole les Mariannes,
la Nouvelle Zelande, la Tasmanie et autres, il ne serait que juste, de di'clarer ä temps:
(187)
que le Gouvernement Imperial, reconnaissant le droit des indigenes sur leur sol, ne
protegera pas les envahisseurs blancs, dans le cas oü les indigenes, defendant leur
terrain, leurs femmes, leurs enfants et leurs autres proprietes, essaieraient de faire
respecter leurs droits a main armee, en s'opposant aux envahisseurs.
[Je prie Votre Excellence de remarquer, que ce que je demande (droit sur le
sol) a cte sanctionne par le Gouvernement de Sa Majesti-, en Nouvelle Zelande, en
1840, par le Traite de Vaitangi.]
L'histoire du contact de la race blanche avec les peuples de l'Oceanie nous
montre le resultat funeste de i'introduction des alcook par les blancs, dont les
tristes suites rivalisent avec les etfets des maladies introduites et la poudre (derniere-
meut la dynamite eu Nouvelle CaU-donie) pour exterminer les races non blanches.
La menae histoire nous prouve, que les tentatives genereuses des Gouverne-
ments Europeens pour proteger les indigenes contre les violences et les injustices
des envahisseurs blancs, sont ordinal rement venues trop tard, quand le mal etait
dejä fait, quand les torts des deux cotüs avaient abouti ä exciter une haine insatiable
et constaniment attisce.
C'est une raison de plus pour que votre Excellence prenne ces remarques en
consideration. Les mesures j)our prevenir le mal, plus tard irreparable, peuvent
arriver encore ä teiiips.
Pour ne pas fatiguer Votre Excellence, je me resume: J'ose deinander pour la
protection des habitants de la Gute Maclay que le Gouvernement Imperial:
1. reconnaisse le droit complet des indigenes de la Nouvelle Guinee (Cote-
Maclay) sur leur sol,
2, interdise, ou rende improbable (par des taxes bien elevees) l' i7npo7-tation et
la vente aux indigenes: des alcools, des armes et de la poudre.
(Si le § 1 a e.te sanctionne par le Traite de Vaitangi, 1840, le § 2 a ete ordonne
aussi en Nouvelle Zelande en 1852 par le Gouverneur Sir George Grey.)
Si Votre Excellence pense, que puisque la Nouvelle Guinee n'est pas encore
annexee par le Gouvernement Imperial, le Gouvernement de la Grande Bretagne
n'a pas le droit de proclamer ces lois, je supplie Votre Excellence au nom de
Vhumanite et de la justice de ne pas oublier cette lettre, quand Votre Excellence
jugera possible de faire quelque chose pour mes pauvres proteges de la Cote Maclay
et d'etendre, si possible, ces reglementations aussi aux autres parties independantes
de la Nouvelle Guinee et aux lies de la Melanesie.
En ctniant ii mes representations instantes et desinieressees , le Gouvernement
Imperial meritera des siecles ä veuir le titre de juste et de sage. . . .
2) Ein Schreiben aus Sydney vom 8. Februar, enthaltend
Einige Worte über die noch nicht vorhandene Zoologische Station in Sydney.
Hochgeehrter Herr Professor!
Aus Ihrem Brief vom 28. November v. J. (am 29. Januar hier erhalten),
ersehe ich, dass, möglicher Weise durch meine Schuld, Sie in einem gros-
sen Irrthume sich befinden. — Ich meine die zoologische (resp. anthro-
pologische) Station in Sydney. Richtig ist es, dass mein Vorschlag \om
2y. August, eine zoologische Station zu gründen, von der hiesigen Linnean Society
of New South Wales mit Beifall, einstimmig angenommen wurde (darüber habe
ich Ihnen am 1. October geschrieben). Aber vom Schwatzen — zur That
ist bei ilen meisten ordentlichen Mitgliedern des bipodischeu Geschlechts ein
langer, langer Weg! Hier fand sich wieder ein Beweis der Richtigkeit dieser
(188)
alten Erfahrung. In den sechs folgenden Monaten ist für die Ausführung dieses
„angenommenen" (!) Planes nichts, gar nichts geschehen! ... Es wäre zu lang
und nutzlos über die Gründe und Ursachen dieses Zögerns zu schreiben; solche
Betrachtungen könnten mich viel zu weit führen. Um aber nicht durch meinen
Bericht (dass die Linnean Society of New South Wales meinen Vorschlag als „excel-
lent and most desirable" gefunden hat) unschuldige Naturforscher zu verlocken,
sogleich nach Sydney zu eilen, um in der zoologischen Station zu arbeiten, will ich,
oder richtiger in diesem Falle gesagt, muss ich über den „Status praesens" dieser
Angelegenheit oder über die Möglichkeit, „de facto" hier zu arbeiten, einige Worte
sagen.
Da es meine feste üeberzeugung ist, dass der Schwerpunkt der Thätigkeit
eines wissenschaftlichen Reisenden nicht das Sammeln, sondern das Arbeiten
an Ort und Stelle sein soll, so ergriff ich ohne Aufschub die Gelegenheit, meine
anatomischen Untersuchungen fortsetzen zu können. Material erhielt ich mit etwas
Mühe genug, sogar mehr, als ich zu verarbeiten im Stande bin; aber was die
Arbeitsplätze, welche ich in Sydney vorgefunden, betrifft, so sind dieselben
erbärmlich! (Meine Australischen Freunde werden, die Wahrheit der Bezeichnung
einsehend, mir diesen Ausdruck verzeihen.)
Aus dem provisorischen Museum meines Freundes, des Hrn. Nrn. Macleay,
bin ich, der Hitze dieses eisernen Kastens (das Gebäude ist von Eisenblech), haupt-
sächlich aber der häufigen Unterbrechungen und Störungen bei der Arbeit (durch
den vom dienenden Personal im Museum hervorgebrachten Lärm) wegen, in's
„Australian Museum" (Sydney Stadt-Museum) übergezogen. Dieser Umzug schien
mir manche Vorzüge (von denen einige sich leider nicht bewährt haben) zu be-
sitzen, wie z. B. ein apartes Local, wo ich allein arbeiten konnte, eine photo-
graphische Anstalt, welche ich gelegentlich (in Folge einer speciellen Erlaubniss
der Trustees of the Australian Museum) benutzen konnte, und den grossen Vor-
theil, im selben Gebäude auch wohnen zu können!
Die Arbeiten, die ich hier zu Staude zu bringen gedenke und an welchen ich
nach Vermögen fleissig arbeite, sind über das
1) Gehirn des Genus Homo.
2) Gehirn von Echidna hystrix.
3) Gehirn der Selachier.
Das Material ist, wie gesagt, ausreichend und interessant, aber das Arbeits-
local ist nichts anderes, als ein dumpfer, kalter, schlecht ventilirter, sehr un-
behaglich aussehender Kellerraum. Never mind — ein Keller; wenn nur die
Umgebung ruhig wäre! Aber nein — Cacadu's, Kühe, Hunde und Menschen finden
sich in der nächsten Nachbarschaft, und der Lärm dieser Menagerie bringt mich
oft in eine sehr miserable Stimmung, stört meine Gedanken, verzögert und
unterbricht die Arbeit. Die guten Menschen hier wundern sich, dass ich so
schwache Nerven habe
Dazu ist noch die kalte und schlechte Luft des Kellers wenig günstig für mein
kränkliches Cadaver, so dass die Fieberanfälle sehr oft wiederkommen. — Zuweilen,
nach einem anhaltenden Fieberanfall, fühle ich mich so erbärmlich schwach, dass
ich mehrere Tage und Nächte ohne Unterbrechung schlafen möchte! Zum Glück
überfällt mich diese Empfindung nicht gar zu oft Wie schon gesagt, wenn
auch nicht bequem, arbeiten kann man doch, und ich bin sehr Hrn. E. P.
Ramsay, Curator des Austr. Museum, dankbar, dass er mir die Möglichkeit,
meine Untersuchungen weiter zuführen, gegeben hat!
Es wäre aber ein schlechter Witz, diesen Kellerraum im Australian Museum
(180)
als „temporäre" zoologische Station zu taufen. Ob jemals aus diesem elenden
Embryo einer zoologischen Station etwas ordentliches wird, oder ob derselbe nach
meiner Abreise verkümmert, oder in ein Monstrum sich entwickelt, wage ich noch
nicht mit Entschiedenheit zu sagen; ich bin aber von der grossen Bedeutung einer sol-
chen Anstalt in Australien und der Ausführbarkeit dieses Planes in Sydney mit nicht
gar zu grossen Schwierigkeiten ganz überzeugt. "Was hier fehlt, ist der Mann, der
die ganze Sache auf einige Zeit (die für die Gründung nöthig ist) ernst in die
Hand nimmt. — Es wird aber ein solcher mit der Zeit sich finden Aber
einstweilen muss man noch mit dem „Kellerraura" zufrieden sein. . . .
3) Einen Bericht des Hrn. Wilkinson, Chef des geologischen Dienstes in
New-Sou(h- Wales, vom 31. Januar:
Notes on the occurrence of Canis dingo or „Wild dog" of Australia
in Pleistocene Tertiary and Quaternary deposits.
Ou the NW Quarter Sheat of Map Nr. 7 published by the Ueological Survey
of Victoria, are description, plan and section of a cave in Pliocene basalt near
Gisborne, explored by C. D. H. Aplin, Field geologist, in 1857.
The following are Professor xMc. Coy's notes on the animal remains found in
this cave.
Placental Mammalia.
„Canis Dingo or Wild dog identical with living one.
„New Genus of Carnivorous animal.
Implacental or Marsupial Mammalia.
„Diabohis (sarcophilus) Drsinus, Tasmanian Devil: no species of this
genus at present known living on the ct)ntiuent of Australia.
„Dasyurus viverrinus, identical with living species.
„Dasyurus affinis (M'Coy) new species nearly as large as D. maculatus,
but dififering in proportions.
„Phalangista vulpina, identical with living species.
^Phalangista new species,
„Perameles obesula, apparently identical with living species.
„Hypsiprymnus trisulcatus (M'Coy), a new species a little smaller than
the living H. minor, and having only 3 sulci on large premolar in the lower jaw.
„Macropus, a species nearly allied to the living M. nalabat us, but distinct."
Near Wellington in New South Wales are some large limestone caves formed
during the Pleistocene tertiary period, and containing the remains of raany extinct
and living animals. These caves were explored in 1870 by Professor Thomson of
the Sydney üniversity and Gerard Krefft, late Curator of the Australian Museum,
and the fossil remains were also examined by Professor Owen of London. The
remains of the Canis dingo occur here with bones of the extinct gigantic marsu-
pials — Diprotodon, Nototherium, Zygomaturus etc.; Thylacoleo, Sar-
cophilus Ursinus (Tasmanian Devil), Thylacinus, Macropus &c. all of
species now extinct in Australia. Mr. Krefft remarks: „Remains of the dog (canis)
are scarce in everj- part of Australia where fossil bones occur; there can be no
doubt however, of the presence in this country of a dog during the post-pliocene
period: a few teeth were obtained at Wellington; they resemble the teeth of the
common dingo of the present day."
In 1866 — 67 Professor M' Coy, Palaeontologist of the Geological Survey in
Victoria, in bis Essay on the Palaeontology of Victoria, speaking of the Pleistocene
(190)
tertiarv dejwsits of Lake Siint^oon, Victoria, says — -Here we find with the living
Dingo, or Native Wild L>og. inbabiting the neighbouring localities at present, skuUs
and leeth of the Sarcophilus Ursinus or „Tasmanian Devil*, which is
DOW only knowD to exist in Tasmania. and has never been known on the Main-
land; with these are the bones and teeth of the gigantic extiuct Kangaroos (the
Macropas Titan, and the M. Atlas), as well as bones and teeth of the gigantic
extinct genera Notolherium and Diprotodon .... The ordinary gold drifts
<rf Victoria from the association (more or less direct) with these fossil», may thus
be taken to be of the newer pleiocene, or mammaliferous crag period, like those
of Russia determined by Sir Roderick Murchison."
The late Rev. W. B. Clark e M. A. f. R. S. in bis 4tli Edition of Re-
marks on the Sedimentary formations of New South Wales" 1878, states
— ^Professor M' Coy has named bones of a Dingo in a caTem near Mount
Macedon (Victoria). If it be really a d^g of this period in Austraüa, it is another
link between the Quatemary and Recent tinies. Vicomte d'Archiac, howeyer, doubts
its antiqaity: .Rien," he says. -ne prouve que ce chien n" ait pas cte in-
troduit par les premiers hommes qui ont peuple le continent Austra-
lien" (LeQons sur la Faune Quaternaire. Parie 1666, p. 271.)
Many other works on this subject are referred to in R. Etheridge's „Cata-
logae of Australian Fossils- p. 196 published at Cambridge — London:
Cambridge Warehouse 17 Paternoster Row. Leipzig: F. A. Brockhaus, 1878.
I have myself examined the deposits in the Wellington and other bone caves
in New South Wales, and feel convinced that Canis Dingo is indigenous to
Australia aud existed on this continent in the Post Pliocene period.
The „Dingoes* were very numerous and a great trouble to the early settlers,
and still are so in the newlv-settled parts of the Colonies. Sheepyards with high
fences have to be constructed to protect the sheep during the night; by means of
poisoned bait the sqaatters are endeavouring to exterminate the wild dog. I have
Seen the .dingoes- in their wild State: their fox-like appearance and light tawny
colour readily distinguish them from the introduced domestic dog: they intermix
with the latter and produce cross-breeds of various colours. —
Br. V. Miklucho-Maclay verspricht zugleich, Hrn. Virchow das Skelet und
das Fell eines Diugo einzusenden, und betont die gänzliche Verschiedenheit
des Hundes von Neu Guinea.
4) Einen Brief des Hrn. v. Miklucho-Maclay d. d. Sydney, 24. März, be-
treffend eine
Reise nach den Inseln Melanesiens.
Was man erwählt, sei man panz.
Schoppenbauer's Parerga.
.... Eine Arbeit zu beginnen, ist meistens leichter als dieselbe zum be-
friedigenden .Abschluss zu führen. Die mangelnden Lücken mit Wortkram aus-
zufüllen, ist auch nicht schwer und geschieht öfters, ist aber der wahren For-
schung ganz und gar zuwider
Da mir nach neunjährigen Reisen auf den Inseln des stillen Oceans mehr die
unentschiedenen Fragen auf dem Gebiete der Anthropologie und Ethnographie,
als die ausreichenden .\ntworten auffallen und da wiederum der Gesundheitszustand
mir eine Frist gönnt, so habe ich beschlossen, den von mir erwählten Weg fortzu-
setzen und einen .\bstecher von einigen 4 oder 5 Monaten nach den Inseln Mela-
(191)
nesien's CN.-Culedonien, N. Hebrideii, Sa. Cruz, Salomon Inseln u. s. w.) zu
imtfirnohmen. — Es scheint mir ausserord eutlicli wichtig, möglichst viele Zweige
des Melanesischen Stammes seihst zu sehen. Einige Tage, ja sogar Stunden
persönlicher Retrachtunj,' und Heobachtung dor Eingebornen au Ort und Stelle
sind in diesem Falle weit wichtiger, als das Auswendiglernen der ganzen, darüber
bestehenden Literatur! . . .
Diese Reise unternehme ich unter besonderen Verhältnissen. Nur wegen der
grossen Bedeutung derselben für meine anthropologischen Studien habe ich dieselbe
Hotz aller Hindernisse beschlossen, meiner Ueberzeugung getreu, dass da, wo es
sich um Wissenschaft und ihren wahren Fortschritt handelt, alle persönlichen Rück-
sichten wegfallen müssen.
Da ich überzeugt bin, hochgeehrter Herr Professor, dass Sie meine Ansichten
über die Bedeutung einer unparteiischen Aufklärung vieler anthropologischer Fragen
bezüglich des Melanesischen Stammes, sowie die Nothweudigkeit eines eingehen-
deren Studiums der Beziehungen der Zweige desselben zu einander theilen, so hoffe
ich, dass mein Plan Ihrer vollen Zustimmung würdig sein wird.
Der Umstand, dass ich diese Reise, wenn ich sie nicht jetzt unternehme,
wahrscheinlich nie zu machen im Stande sein werde, bestimmt mich ferner die-
selbe nicht aufzuschieben. —
Hr. N'irchow spricht seine Freude über den Entschluss des unternehmenden
Reisenden aus und wünscht ihm volles Gelingen.
(IS) llr. Voss überreicht einen Bericht des Archidiacon Hrn. Vörckel in
Leipzig
über sorbisch-wendische Alterthümer,
Wohl war ich vor etwa 7 Jahren noch im Besitze einer kleinen Sammlung
Sorben -Wendischer, in der Umgegend von Eilenburg aufgefundener Aschenkrüge
und 'lliräneniiäpfchen — es waren ungefähr \'2 bis 15 Stück von gleicher Masse,
aber von verschiedener Grösse und Gestalt — ; allein dieselben sind jetzt nicht
mehr in meinen Händen. Zum grösseren Theile überliess ich sie kurz vor meiner
Uebersiedelung nach Leipzig Hrn. Kreisgerichts-Rath Rasch, welcher sich um die
Verschönerung Eilenburgs, wie früher um die der Umgebungen Dübens, wesentliche
Verdienste erworben hat, indem ich ihm anheimgab, sie mit etwaigen anderen
heimischen Alterthümern in der uralten, aber zum Theil drohenden Einsturzes
wegen abgetragenen Burgwarte des Eilenburger, vormals einem Zweige des Wettin-
schen Geschlechtes gehörigen Bergschlosses einen Platz finden zu lassen, welche
alte Warte durch seine Bemühungen bis zu ihrer mit einer eisernen Vergitterung
gekrönten IhUie für das Publikum wieder zugänglich gemacht worden ist. Die
übrigen Exemplare der von mir gesammelten irdenen Urnen verschenkte ich einzeln
an Alterthumsfreunde.
Beim Auffinden derselben am Muldcnufer enthielten sie meist noch Asche und
Spuren der Verbrennung tragende Knochentheile, doch ohne metallene Ringe und
Nadeln, wie sie in vielen anderen sich vorzufinilen pflegen. Während einige wie
gewöhnliche Töpfe geformt waren, hatten andere eine recht gefällige Gestalt mit
einfachen Verzierungen uiui waren auch zum Fheil mit je zwei öhrartigen Henkeln,
jedenfalls um bei der Bestattungsfeier an Schnüren getragen zu werden, versehen.
.Allem Anscheine nach sind sie auf der Drehscheibe aus gewöhnlichem röthlicheu
oder graulichem Lehm gefertigt und dann gebrannt worden. Einige waren mehr
von dunkler und schwärzlicher Farbe.
(192)
Seien hier von den in meinem Besitze gewesenen Urnen wenigstens die Formen
von einigen, wenn auch noch so unvollkommen, aus der Erinnerung wiedergegeben').
Wie in anderen Gegenden zwischen der
Saale und Elbe, so haben sich auch in der
Umgegend von Eilenburg von Zeit zu Zeit der-
gleichen gefunden, namentlich an dem soge-
nannten hohen Ufer nach den beiden, an der
Mulde ganz nahe beieinander liegenden Dör-
fern Mörtitz und Manzdorf unterhalb Eilen-
burg zu, wo sie der oft reissende Strom, wel-
cher nach und nach zahlreiche Äecker ver-
schlungen hat, etwa 2 Fuss unter der Ober-
fläche des Bodens öfter sichtbar werden lässt.
Ich fand die meinigen, so wie andere, die ich in meiner Heimath gesehen, den-
jenigen ganz ähnlich, welche hier in Leipzig in der auch an anderen deutschen
Alterthümern sehr reicheu Sammlung der Deutschen Gesellschaft aufbewahrt wer-
den, und welche einem grossen Theile nach aus dem nahen Connewitz stammen.
Neu waren mir in dieser Sammlung Kinderklappern aus gebranntem Thon in Form
von Vögeln. Als besonders seltsam hat sich in einer Urne von feinerer dunkler
Masse, welche an einem anderen Orte entdeckt worden, ein nach unten sich zu-
spitzendes Trinkglas ohne Fuss gefunden.
Dass unter anderen Halberstadt im Capitelsaale der Domkirche eine ungewöhn-
lich reiche Sammlung wendischer Ascheuurnen besitzt, darf ich wohl als Ihnen
bekannt voraussetzen. Noch bemerke ich, dass, so viel mir erinnerlich ist, in
den zwanziger Jahren von dem damaligen Rector Geissler eine Partie wendischer
Aschenkrüge aus Eilenburg nach Berlin gesendet worden ist, so dass damit in
irgend einer der dortigen Sammlungen meine Heimath wahrscheinlich bereits ver-
treten sein wird.
In Beziehung auf die von dem Anthropologischen Vereine projectirte Karte
dürfte es nicht überflüssig sein, darauf aufmerksam zu machen, dass nahe bei dem
oben erwähnten, an der Mulde gelegeneu Dorfe Menzdorf gegen das Ende des
17. Jahrhunderts eine ungewöhnlich reichhaltige Lagerstätte wendischer Urnen
entdeckt worden ist, welche wohl als Beweis gelten kann, dass sich in der Nähe
eine Ortschaft oder Stadt mit starker wendischer Bevölkerung befunden hat. Die
alte Eilenburgische Chronik vom Jahre 1696 spricht sich darüber S. 11 wie folgt
aus, nachdem der Verfasser, Pfarrer Simon zu Liraehna, vorher von S. 7 an zu
1) Vergl. Mylii Memorabilia Saxoniae subterraneae p. I. u. IL, Leipz. b. Weidm., 1720,
und G. A. Volkmann 's Silesia subterranea, Leipz. b. Weidm., 1720. Beide Werke mit
vielen Kupfern.
(193)
beweisen gesucht hat, dass das '/.j Stunde Weges stromabwärts an der Mulde ge-
legene Dorf Gruna die alte von Heinrich dem Vogler nach 2()tägiger Belagerung
eingenommene Hauptfestung der Sorben Grona gewesen sei. Er sagt unter anderem:
„Ueberdies ist hierbei sehr wohl zu beobachten, dass vor etlichen
Jahren, nämlich 1678 und in folgenden unweit von solcher alten zerstörten
Stadt Gruna, nämlich bei Meynsdorf (jetzt Meusdorf oder Menzdorf) an
der Mulde eine sehr grosse und fast unzählige Menge grosser und kleiner,
runder und länglichter Todtentöpfe (zu Latein urnae ferales) .... sind
gefunden, und nicht allein nach Leipzig (woselbst auf beiden sowohl der
Universität als des Raths Bibliotheken nicht wenige von diesen urnis
sepulcralibus annoch zu sehen), ingleichen nach Dresden und andern vor-
nehmen Städten fast im ganzen Lande herum, sondern auch sehr viele
davon nach Hamburg, Amsterdam und andern Orten ausserhalb Deutsch-
lands verschickt, ja deren auch sehr viele am Ufer von dem Strome und
grossen Wasserfluthen sind weggespült und weggeschwemmt worden."
Weiter bemerkt der Verfasser, dass eine so grosse Menge von Urnen nothwendig
auf das frühere Vorhandensein einer nahen volkreichen Stadt schliessen lasse, und
dass diese wahrscheinlich keine andere gewesen sei, als das von Heinrich 1. ein-
genommene und zerstörte Grona. Die '/., stündige Entfernung des Begräbnissplatzes
von Gruna könne nicht befremden, wenn man annehme, dass die alte Sorbenstadt
sich ziemlieh weit nach Mörtitz und Menzdorf zu ausgedehnt habe, und wenn man
bedenke, dass schon zur Vermeidung von Feuersgefahr beim Verbrennen der Leichen
eine gewisse P^ntfernung der Begräbnissplätze von den Wohnorten nötbig gewesen sei.
Dass in jener Gegend viel Sorben zusammen gewohnt haben, darauf deutet
wohl auch der Umstand hin, dass auf einem freien Platze zwischen Mörtitz und
Menzdorf ein sehr altes, etwa drei Ellen hohes steinernes Kreuz von feinkörniger
Masse aufgestellt ist, an welchem sich zwischen härteren steinigen Adern, entweder
allmählich durch den Zahn der Zeit und Verwitterung hervorgebracht, oder durch
öfteres Schärfen von eisernen Instrumenten an den weicheren Stellen bewirkt, mehr-
fache Vertiefungen und Aushöhlungen zeigen. Dieses Kreuz mag nach einer massen-
haften Bekehrung von Sorben -Wenden zum Christenthume, oder auch als Denkmal
eines in der Gegend über die heidnischen Bewohner errungenen Sieges an der be-
zeichneten Stelle seinen Platz gefunden haben. Der Name des Dorfes Mörtitz weist
mit seiner Endung, wie viele andere Ortschaften der Umgegend von selbst auf
seinen slavischen Ursprung hin.
Das alte, von Heinrich L belagerte und zerstörte Grona oder Gruna wird be-
kanntlich von verschiedenen Geschichtschreibern in verschiedenen Gegenden und
Orten gesucht. In Pölitz Geschichte und Statistik des Königreichs Sachsen lese
ich Th. 1., S. 30:
„Als der deutsche König Heinrich L die Ungarn zu einem 9jährigen
Waffenstillstände genöthigt hatte, bereitete er seine Deutschen zum er-
neuerten Kriege gegen die Ungarn durch die Bekämpfung der slavischen
Stämme, der Heveller in dem nachmaligen Brandenburgischen, und der
Daleminzier (Thalmenschen) in dem nachmaligen Meissnischen vor. Er
zerstörte die wendische Festung Gana (in der Nähe des heutigen Lom-
matzsch ( — Gau Glomaci oder Glumaci — ), und gründete wahrscheinlich
922, (nach andern erst 928) auf dem eroberten wendischen Gebiete die
Stadt und Festung Meissen."
Pfarrer Simon führt in seiner Eilenburger Chronik für seine Ansicht von dem
VerbADdl. der Borl. Auihropol. GeseUscliaft lt>7i). lo
(194)
heutigen Dorfe Gruna an der Mulde als der Stätte der alten wendischen Festung
unter andern an:
1. Eine Stelle aus Witichindus Corbejensis:
„Cumque Henricus illa urbe (Brennabor) potitus, signa vertit con-
tra Dalmantiam, et obsidens urbem quae dicitur Grona, vigesima tan-
dem die cepit eam, praeda urbis niilitibus tradita, puberes omnes inter-
fecti, pueri et puellae captivitati servatae; posthac Pragam adiit cum
omni exercitu, ßohemorum urbem, regemque ejus in deditionem accepit."
2. Aus Dresser de urbibus Germaniae:
„Dass Kaiser Heinrich I., nachdem er die Wenden, so Dalmantici
genannt, zwischen der Saale und Mulde überwunden, auch die Stadt
Brandenburg und Gruna unter Eilenburg an der Mulde in seine Gewalt
gebracht, hab er darauf das Schloss Meissen an der Elbe erbaut und
eine Markgrafschaft daselbst angerichtet zum steten Schutz wider die
Feinde."
3. Aus Mich. Sachs es Kaiserchronik:
„Den 5. Krieg hat K. Heinrich I. geführt wider die Sorben -Wenden
zwischen der Saale und Elbe so, man Dalmanzer genannt, deren Hauptstadt
Gruna belagert und am 21. Tage mit Sturm genommen, die alten
widerspenstigen Dalmanzer erwürgt, das junge Volk aber gefangen ge-
nommen und die Stadt ausplündern lassen."
^enn Pf. Simon im Dorfe Gruna einen auf einer massigen Anhöhe befiod-
iichen alten hohen Thurm erwähnt, welcher angeblich schon vor Christi Geburt
erbaut worden sei, so trägt doch derselbe keineswegs die Spuren eines so hohen
Alterthums, als die oben erwähnte Warte des Eilenburger Schlosses, an welcher die
altersgrauen Backsteine mit dem .Mörtel fast völlig verkalkt erscheinen.
(13) Hr. Ed. Krause übergiebt eine von ihm und Hrn. Friedel veranstaltete
Sammlung der
Steinmetzzeichen vom Schloss Grunewald bei Berlin.
.. 1 1
/ H^ y^
/tri>t
(14) Hr. Dr. Jentsch (Guben) zeigt eine Reihe märkischer Gräberfunde,
namentlich aus dem
Reichersdorfer Urnenfelde.
(Hierzu Taf. XIV.)
Das Reichersdorfer ürnenfeld liegt in dem Winkel zwischen der Neisse und
der Lubst, östlich von der ersteren, etwa 2 Meilen in direktem Abstände von ihr
entfernt, vom Dorfe Reichersdorf südöstlich, dutch die neuen Ausbauten desselben
bereits erreicht, auf der tiachcn westlichen Abdachung der leichten, muldenartigen
(195)
Einsenkung, welche vielfach gewunden die Wedder durchfliesst, nur durch das
Dorf von deren wiesenreichem Ufer getrennt, im Süden und Westen durch junges
Kieferugebüsch abgeschlossen. In massiger Entfernung liegen nach Nordwesten hin
zahlreiche unregelmässige hüglige Erhebungen, theils angebaut, theils mit Haide
bedeckt. Die Länge der Fundstätte, die sich von SO. nach NW. erstreckt, beträgt
130 ?«, die Breite 40 vi. Bodenerhebungen sind, da das Land zum grössten Theile
Ijereits seit Jahren beackert wird, kaum mehr wahrzunehmen.
Die älteste Nachricht über Urnenfunde geht in das Jahr 1790 zurück. Nach
1840 sind mehrfach systematische Ausgrabungen durch den Besitzer des Rittergutes
Reichersdorf, den verstorbeneu Director des Gymnasiums zu Guben Reimnitz, und
dessen Sohn, den gegenwärtigen Besitzer, angestellt worden. Der Ertrag ist der
gubener Gymnasialsammlung übergeben worden; Fundberichte sind nicht mehr vor-
handen. Zahlreich egelegentliche Nachgrabungen haben der jetzige Inhaber des Ter-
rains und viele Gymnasiasten aus Guben vorgenommen.
Die Gefässe stehen in sehr verschiedener Tiefe, zum Theil ziemlich dicht
unter der Oberfläche, vielleicht in Folge der allmählichen Ausgleichung ehemaliger
Bodenunebonheiten. Sie sind mit Steinen von massiger Grösse, meist unbearbeite-
ten Findlingen, umstellt, zum grösseren Theile mit Tellern, bisweilen mit Deck-
steineu belegt, dann allerdings meist zerdrückt. Nicht selten ist auch die Oeffnung
nach unten gerichtet. Ungewöhnlich hohe Gefässe lagen auf der Seite. Die Bei-
gefässe (Töpfchen, Tassen , Schalen mit Henkel und ohne einen solchen, Fläschchen)
liegen oder stehen unregelmässig im Kreise umher, einige sehr kleine fanden sich
auch in den Urnen.
Die Grösse variirt bis zu einer Höhe von 30 cm und einem Durchmesser von
41^ cm. Intact erhalten ist keines dieser grössten Gefässe, vielmehr waren die
meisten von diesen Dimensionen schon in der Erde zerdrückt. Bei einigen Urnen
war der obere Rand offenbar schon bereits zur Zeit der Beisetzung gleichmässig
abgehauen, bei einzelnen war der Boden durchbohrt.
Die Thonmasse ist ziemlich fest gebrannt, nur selten brüchig; bei dickwandigen
Gefässen sind Quarzbröckchen eingemischt. Die Oberfläche hat meist einen stumpfen
Glanz. Die Farbe ist theils roth- und graubraun, theils schwarz.
Die Form der Gefässe und die Art der Verzierung ist von ausserordentlicher
Verschiedenheit. Ausser Urnen von dem in dieser Gegend verbreiteten Typus
und den erwähnten Beigaben haben sich ziemlich zahlreiche, zum Theil grössere
Doppelgefässe , einige kreisrund, mehrere dreitheilig, ferner eine Urne mit ein Mal
eingeschnürter Wandung (Zeitschr. f. Ethnologie IX. 1877. Taf. XVIL, Fig. 6), grössere
und kleinere Räuchergefässe (ebend. Fig. 7), vereinzelte Buckelurnen, Deckteller-
chen mit einem dem äusseren Boden eingestrichenen Kreuze, einer mit glatter
Innenwand, dreimaliger leichter Verzierung auf dem oberen Rande und durch vier
fingertiefe conceutrische Einstriche sich in 5 Stufen absetzender Aussenwand (Tafel
XIV., Fig. 6), ein Töpfchen von 4'/._. cm Höhe mit 5 Spitzen auf dem oberen Rande
und einer Spitze auf der inneren Bodeufläche (F^ig. 2 und la.), endlich eine Vogel-
gestalt mit oben offener Tülle (Fig. 3 obere, Fig. 4 seitliche Ansicht) gefunden.
Die Ornamente sind zum grösseren Theile unter dem oberen Rande und an der
weitesten Stelle der Gefässe angebracht; einzelne kleinere Gefässe sind fast völlig mit
denselben bedeckt. Unter diesen Verzierungen, die meist in reifenartig aufge-
strichenen Eindrücken, in triangulär oder halbkreisförmig gruppirten Strichen, in
Nageleindrücken, linsenartig eingeprägten Tupfen verschiedener Anordnung, auf-
gesetzten flachen Knöpfen in regelmässiger Gruppierung bestehen, ist die einer
kleinen schwarzen Urne (verschieden durchstrichene Vierecke und ein Hakenkreuz)
13*
(196)
hervorzuheben. S. d. Abbildung Verhandl. 1876, S. 165, vgl. 1877, S. 297. Wie
eine primitive Nachbildung einer Doppelurne erscheint ein einhenkliges, 7^2 cm
hohes Gefäss mit gleich grossem Durchmesser, auf dessen ^weiteste Ausbauchung
sechs, 1 cm hohe Spitzen, gleich den äussersten Vorsprüngen der Buckelurnen, in
regelmässigen Abständen aufgesetzt sind.
Fast alle grösseren Gefässe enthielten Leichenbrand. An Beigaben haben
sich gefunden:
1) Aus Thon: 1 Spinnwirtel von 3 cm Durchmesser; 4 Körper in abgestumpf-
ter Kegelform aus sehr brüchiger Masse von 6, 5, 4, SVs cm Höhe und 3 — 2^2 cm
Grundflächendurchmesser, sämmtlich unter dem obersten Drittel durchbohrt (viel-
leicht Gewichte?); eine längliche, schwärzlich glasirte Thonperle von 1, resp. Vs cw*
Durchmesser; ein einzelner starker, lackartig glänzender, hellroth gefärbter Scherben.
2) Aus Stein: ein verwitterter, durchbohrter Hammer aus grau und schwarz
gemischtem Gestein, vor Jahren an der Oberfläche des Gräberfeldes gefunden; der
grössere Theil eines kleinen durchbohrten Hammers aus grau röthlichem Gestein,
in dem Boden zwischen den Urnen gefunden.
3) Aus Bronze: 1 Celt mit anhaftendem Kitt, zahlreiche Ringe von ^2 bis
4 cm Durchmesser, ein fünf Mal spiralförmig gewundener dünner Fingerring, Nadeln
theils mit geringer Verdickung am oberen Ende, theils mit flachem Knopf, auf
v^elchem concentrische Kreise und aus dem eine spitze Verlängerung der Nadel
hervorragt, eine mit blumenförmig erweitertem, ausgehöhltem Knopfe, eine, deren
oberes Ende abgeplattet und dann nur kreisförmig umgelegt ist; ein halbkreis-
förmiger, dünner, nadelartiger Bogen von 9 cm Durchmesser, eine platte Pfeilspitze
— meist mit blaugrüner Patina, die zum Theil lackartigen Glanz hat.
4) Drei Eisenfragmente — ein 4^2 cm langer Nadeltheil, eine hohle, 7 cm
lange Speerspitze, der Rest einer etwas unförmlichen, rundlichen Schnalle mit 5 cm
Durchmesser und 2^« cm langen Dorn — sind nicht sicher genug beglaubigt.
Mehrfach haben sich nämlich in dem, stellenweise schon früher ziemlich tief durch-
wühlten Boden fremdartige Objecte (z. B. ein Bronzeschildchen mit Glasschmuck,
s. Verhandl. 1878, S. 272) gefunden.
Gegenwärtig ist das Gräberfeld zum grössteu Theile durchgraben. 150 Ge-
fässe, worunter etwa 30 grössere, besitzt die gubener Gymnasialsammlung; ungefähr
350 'befinden sich iu zerstreutem Privatbesitz in Guben; vielleicht 100 sind an
anderen Orten in Sammlungen aufbewahrt. Erhalten sind also im Ganzen gegen
600 Stücke. Mindestens ebenso viele sind am Fundorte selbst zerstört worden.
In der Nähe des reichersdorfer Urnenfeldes befindet sich jenseits des Wedder-
baches ein zweites, minder umfängliches, mit gleichartigen Gefässen und Bronze-
beigaben unweit des Heidenhügels bei Haaso. Dort ist u. A. die auf Taf. XIV.,
Fig. 5, abgebildete Kinderklapper gefunden; s. Verhandl. 1878, S. 273').
(15) Es erscheinen die augenblicklich in Berlin anwesenden angeblichen Zulu-
Kaffern, in ein flott aussehendes Seemanns-Costüm gekleidet.
Hr. Virchow, der dieselben zum ersten Male sieht, enthält sich ausdrücklich
eines Urtheiles.
Hr. Hartmann: Auf Veranlassung der Direction der Unionsbrauerei besichtigte
ich heut Mittag die hier anwesenden Schwarzen. Es sind ihrer sechs, mit Namen
Lamina, Dschamisa, Abdallah, Ambika, Gambusamba und Beneduga. Die Leute
producirten sich uns fast nackt mit imitirten Zulu-Schilden, imitirten Assagaien be-
1) Beigelegt ist die Abbildung des gleichfalls in den Verhandl. 1878, S. 273, erwähnten
Kinderlöffels mit durchbohrtem Stiel aus We issig. Kr. Crossen (Taf. XIV., Fig. 1).
(197)
wehrt und mit einem aus Federn, Glasperlen, Fadengewebe u. s. w. hergestellten
Putz angethan, welcher letztere mir etwas stark nach einer Niederlage von Theater-
requisiten oder einem Maskenverleihinstitute aussah. Der die Schwarzen begleitende
Dolmetscher oder Commissionär gab freilich zu, dass seine Kaffern bereits alle mit-
gebrachten Originalgeräthe u. s. w. zerbrochen oder beschädigt hätten und dass
man diese daher so gut und schlecht es anging, durch nachgeahmte Dinge zu
ersetzen gesucht habe. "Wir erinnern uns ja noch, wie auch die Hagenbeck'schen
Nu hier des Vorjahres ihre heiniathlichen Tobs und Ferdahs bereits verbraucht,
durch Schirting und Unterjacken ersetzt, wie sie einen Theil ihrer "Waffen zer-
brochen hatten u. s. w. Deshalb habe ich mich auch an jener für die Kaffern in
Anwendung gebrachten Imitirung nicht weiter gestossen.
Die lebenden Bilder, Gesänge, Tänze u, s. w., welche die Leute aufführten,
hatten für mich manches Erbauliche, indem ich darunter Einiges wahrnahm, was
ich auch unter Bedja, Funje und Herta gesehen hatte. So namentlich das Nieder-
legen der Speere und Schilde, das Kniebeugen und die Haltung der Hände bei der
Begrüssung eines Mächtigen, was die Gebelauin und Bertat fast ganz ebenso
machen. Pierre Triimaux hat in seinem sehr hübschen Atlas zu den Voya-
ges au Soudan oriental die Begrüssung des Funje - Königs Idris-Adlan durch
Berta in einer Weise abgebildet, welche ich nach eigener Anschauung nur zu loben
vermag. Das erinnert aber gerade an die erwähnte heut von unseren Schwarzen
zum Besten gegebene Scene. Ich besitze ferner eine Photographie von Kisch in
Durban, welche vorstellt, wie ein Zulu-Regiment seine Indunas oder Befehlshaber
in ähnlicher Weise begrüssst. Ferner möchte ich an ein Bild von Th. Baine's:
„The royal (Zulu-) brothers receiving the advanced guard of a regiment on its
return from an expedition", copirt in dessen Gold regions of South Eastern Africa
London, Cape Colony 1877, erinnern.
üeberdies erweckten noch andere Gesten unserer Schwarzen, so z. ß. das Hand-
klatschen zum Gesang und Recitativ in mir die erneueten "Vorstellungen von in
Ost-Sudan öfters gesehenen Dingen.
Die Leute persönlich zeichnen sich bis auf ein Individuum durch sehr kräftigen,
muskelreichen Wuchs aus. Abgesehen von den auch hier nicht eben wohlgebilde-
ten Unterschenkeln und den etwas breitgetretenen Füssen bildet es einen ästheti-
schen Genuss diese Menschen in ihrem Naturzustande zu betrachten. Sie behaup-
ten bis auf jenen sehr hellgefärbten Gambusamba, der Fingo sein will, sämmtlich
Amazulu zu sein. Oeber die Namen der Leute lassen Sie mich ein Paar "Worte
sagen: Der Name des Führers der Gruppe, Lamiua, könnte wie der sonst in Sudan
übliche Lamino aus dem Arabischen El-Amin, häufig L'amin gesprochen, abgeleitet
werden. Dschamlsa könnte vom Arabischen Djamus-Büffel abstammen , zumal ja
Thiernamen bei den Afrikanern sehr beliebt sind, der Büffel (Bos caffer) aber
wegen seiner Stärke und seines offensiven Muthes in hohen Ehren steht. Der
Name Abdallah jenes grossen, sehr dunklen, sehr nigritierhaften Mannes, den ich
für einen Eingeborenen der Zanzibar-Küste, etwa für einen Suaheli, halten möchte,
ist ja prononcirt arabisch.
Ich fragte nun die Schwarzen auf Englisch laut und deutlich nach ihrem Lande,
wobei ich eine Anzahl mir durch die HHrn. Mereusky Cecil, und Aurel Schultz
geläutig gewordene Zulu-Namen einfliessen liess. Diese wurden von dem sich
durch Intelligenz und Redseligkeit hervorthuenden Lamina in einer Art und Weise
ausgesprochen, welche mir wenigstens eine gewisse Vertrautheit mit dem KaÖer-
lande zu verrathcn schien. So z. B. der Name des Ihnen allen bekannten Königs
Chetchwayo (ü'etswäyo, von den Zeitungen in Cetewayo verballhornt), derjenige
(198)
seines Bruders ü'rabaläzi, des Banditen Langalibalele, der Flüsse ü'mfalosch und
Umgeni, derjenige der D'nkunjlöwe oder der Zeriba des Königs, die Namen ge-
wisser Thiere, Pflanzen und Geräthe.
Nach Allem, was ich heut gesehen und gehört, möchte ich nun die Möglich-
keit, dass wir hier wirkliche A-Bantu von den Völkern der Amazulu und Ama-
fingo vor uns haben (mit Ausschluss des Abdallah) nicht fallen lassen. Indessen
muss ich trotzdem die persönliche Verantwortung hinsichtlich der Provenienz dieser
Schwarzen von mir weisen und es zunächst Hrn. Fritsch überlassen, dieselbe ent-
weder sicher zu stellen oder auch im Zweifel zu halten. —
Hr. Fritsch enthält sich für heute eines bestimmten Urtheils, bestreitet jedoch
di« Zugehörigkeit der Leute zu den eigentlichen Zulu's, lässt aber die Möglichkeit
zu, dass es sogenannte Natal-Zulu's seien. —
Hr. Hart mann: Im Anschluss und gewisserraassen zur Bestätigung der An-
gabe des Hrn. Fritsch, es könne sich hier höchstens um Natal-Zulu handeln,
will ich noch Folgendes anführen: Als ich nämlich nach jenen vorhin erwähnten
Namen frug, erwiderten die Leute, diese Namen in charakteristischer Weise nach-
sprechend, das beträfe Dinge „in the far Zulu Country". Mich frappirte das sehr
und brachte auch mich auf den Gedanken, die Schwarzen möchten wohl nur Zulu
aus der britischen Colonie sein. Verdächtig war es mir, dass sie nichts Rechtes
von König Tchaka wussten, auf den sonst jeder Zulu schwört, wogegen wieder ihr
Gruss „Salegassi" an der ganzen Natalküste üblich sein soll.
(16) Hr. Virchow stellt
drei Patagonier
(Hierzu Tafel XV.)
vor. Ich darf wohl jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf unsere, fast mehr als ausländi-
schen Gäste lenken, die als moderne Centauren das allgemeine Interesse in An-
spruch nehmen könnten. Leider besteht keine Möglichkeit, sie zu Pferde zu sehen.
Hr. Hagenbeck hat die grosse Liebenswürdigkeit gehabt, diese Personen, welche
bestimmt gewesen waren^ hier ölfeutlich vorgestellt zu werden, was sich durch die
Ungunst der Verhältnisse niclit hat ausführen lassen, mehrere. Tage hier zu be-
lassen, nur um sie heute Ihnen vorzuführen. Ich sage ihm dafür im Namen der
Gesellschaft den besten Dank.
Sie werden erstaunen, wie ich selber es war, so ungewöhnliche Erscheinungen
vor sich zu sehen, Die Leute sind von Punta Arenas, einem Ort an der Westküste
Südamerika, der jetzt der chilenischen Regierung untersteht, aber ein Gegenstand
der Eifersucht der argentinischen Republik ist. In der Nähe dieser Stadt ist der
ganze Stamm, zu welchem die Leute gehören, der gegenwärtig nach den Mitthei-
lungen des Mannes allerdings nur aus 80 Individuen besteht, angesiedelt; er bildet
sonach vielleicht die der Civilisation am meisten genäherte Gruppe der patagonischen
Stämme. Wie Sie wissen, ist diese Region in der neueren Zeit einige Mal von
berufenen Reisenden heimgesucht worden und wir besitzen einige gute Schilde-
rungen davon; sie betreffen aber nur einzelne Districte, so dass eine Uebersicht im
Ganzen niclit hat gewonnen werden können. Wenn das richtig ist, was der Mann,
der sehr wenig gesprächig ist und nur von Zeit zu Zeit einen Rede-Anfall be-
kommt, uns mittheilt, so würde es 9 Stämme von Patagoniern geben: er nennt sie
(199)
Tölken,
Cholpen,
Lalamitsch,
Ankatsch,
Eire,
T;iker,
Haveniken.
Die Lalamitscheu hält er jedoch eigentlich für Araucaner. Er selbst rechnet sich
zu den Haveniken. Er giebt an, dass seine Leute gelegentlich in dem ganzen Gebiet
zwischen dem Rio Negro und der Mugelhaens-Strasse streifen und dass sie vom
Flusse Kutat (S. Cruz) aus auf ihren nomadenhaften Zügen grosse Landstrecken
durchwandern.
Sie sind mit ihren Pferden verwachsen. Auch unsere Leute haben in Dresden
und Hamburg ihre Kunst gezeigt; hier ist es im Augenblick unmöglich. Vielleicht
wird uns jedoch später ein Genuss der Art zu Theil, denn der Mann ist der Meinung
wenn er zurückkomme und seine Erlebnisse seinen Stammesgenossen mittheile,
werde ein grosser Theil derselben geneigt sein, auch eine solche Expedition aus-
zuführen.
Was die anthropologische Seite der Frage anbetrifft, so muss ich leider be-*
kennen, dass meine Kenntnisse nicht ausreichen, um eine ganz genaue Erklärung
geben zu können. Wir sind gewohnt, das Gebiet, um das es sich handelt, in drei
grössere Abschnitte einzutheilen, aber es ist wohl möglich, dass dieselben mehr
territoriale Bedeutung haben, als dass sie eine strenge Abgrenzung der Stämme
bezeichnen. Südlich vom Rio Negro setzen wir die eigentlichen Patagonier; nörd-
lich kommen die Pampas-Indianer, die der argentinischen Republik unterstehen, und
im Westen schliessen sich die unabhängigen Araucaner an. Wir besitzen in un-
seren Sammlungen eine nicht zu unterschätzende Reihe von Schädeln, welche aus
diesem Gebiet herstammen. Durch die Vermittelung des Hrn. Burmeister,
unseres sehr geschätzten correspondireuden Mitgliedes, haben wir von Don Francisco
Moreno eine Sammlung altpatagonischer Schädel bekommen, die in Gräbern am
Nordufer des Rio Negro in der Gegend von El Carmen gesammelt sind (Sitzung
vom 14. März 1874. Verh. S. 51). Durch ein anderes correspondireudes Mitglied,
Hrn. Prof. Phil ippi, haben wir Araucaner-Schädel, auch] aus Grä.bern, bekommen
(Sitzung vom 12. December 1874. Verh. S. 258). Dazu kommt ein mir durch Hrn.
Dr. V. Dessauer zugegangener Araucaner Schädel (Sitzung vom 15. Januar 1875.
Verh. S. 11), sowie ein der Gesellschaft von Hrn. Fonck geschenkter Schädel vom
See Llanquibue (Zeitschrift für Ethnologie II. S. 292). Endlich habe ich durch
den Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten in Buenos Aires, Hrn.
Oldendorff, einige Schädel von Pampeos erhalten (Sitzung vom 14. März 1874.
Verh. S. 58). Wir haben also einiges Material für die drei Gruppen und dieses
hatte zu dem Ergebniss geführt, dass wenigstens in zweien dieser Gruppen, bei
den Alt-Patagoniern sowohl, wie bei den Pümpeos, künstliche Deformationen der
Schädel stattfinden, dass namentlich das Hinterhaupt abgeplattet wird und dadurch
Formen entstehen, welche es unmöglich machten , eine genügende Analyse des
Typus dieser Schädel vorzunehmen. Im Ganzen ergab sich jedoch, wie es schien,
aus meinen früheren Untersuchungen, zu denen auch noch anderweitiges Material aus
fremden Sammlungen herangezogen war, ein gewisser Gegensatz, indem die nörd-
licheren und westlichen, also die Araucaner und Pampeos mehr brachycephale, da-
gegen die Alt -Patagonier mehr dolichocephale Schädelformen zeigten. Auf der
(200)
anderen Seite waren die Nachrichten über die Physiognomie der modernen Pata-
gonier ungemein widersprechend, so dass es unmöglich war, hieraus einen General-
typus zusammenzustellen ^).
Ich will übrigens bemerken, dass nach einem Berichte des Hrn. Burmeister
(Sitzung vom 17. April 1875. Verh. S. 58) die Alt-Patagonier als Tehuelches anzu-
sehen sind, während die Pampeos der neueren Zeit ein Gemisch von Querandis und
einem östlichen Zweig der Araucaner, den Aucas, darstellten. So würde sich die
Schädelähnlichkeit von Pampeos und Araucanern freilich leicht erklären.
Wenn ich die Personen, die wir jetzt vor uns haben, der Schädelform nach
klassificiren soll, so sind sie ausgemacht brachycephal : sie gehören zu den meist
ausgeprägten Kurzköpfen, indem der Mann 87, die Frau 86,8 und der kleine Junge
86,5 als Schädelindex haben. Das sind Zahlen, die den höchsten Formen der
Brachycephalie entsprechen, vergleichbar den Lappenköpfen (S. 144). Allein es hat
sich herausgestellt, dass bei allen drei Personen eine ungewöhnliche Abplattung des
Hinterhaupts vorhanden ist, und die Wahrscheinlichkeit lag also von vornherein
vor dass es sich auch hier um eine künstliche Deformation handele.
Sonderbarerweise stimmt die Schädelform dieser Patagonier jedoch nicht überein
mit der Form der uns zur Disposition stehenden altpatagonischen Schädel, auch
nicht in der Deformation. Die Deformation bei den alten Patagoniern ist nehmlich
insofern abweichend, als sie offenbar durch das Zusammenwirken zweier Bretter
hervorgebracht ist, von denen eins schräg an die Stirn, das andere an den Hinterkopf
gelegt wurde. Dadurch entstand, wie bei den alten Peruanern, eine Zurückschiebung
der Stirn und eine Abflachung des Hinterkopfes. Bei den Pampeos und bei unseren
Patagoniern dagegen bildet der Hinterkopf eine senkrechte Fläche , und auch
die Stirn ist fast gerade. Es hat sehr viel Mühe gemacht, dahinter zu kommen,
was man jetzt für eine Methode anwendet; bei der Schwierigkeit, mit den Leuten
überhaupt zu sprechen, schien es einige Tage hindurch fast unmöglich, von ihnen etwas
Genaueres zu erfahren. Erst heute ist es mir gelungen, durch die Vermittelung
eines jungen chilenischen Mediciners, Hrn. Dr. Cienfuegos , eine Unterhaltung einzu-
leiten, bei der auch die Mutter warm wurde. Sie legte endlich ihren Sohn auf
einen Tisch und setzte uns, unter Anwendung ihres gestickten Gürtels, auseinander,
dass in der That das Kind, nachdem es geboren ist, auf ein Brett gebunden wird
und zwar so, dass zunächst an beide Seiten des Kopfes je ein Brett gestellt wird,
damit der Kopf beim Reiten nicht hin und her wackeln könne; dann wird eine
breite Binde, wie sie dieselbe um den Leib tragen, um den Kopf des Kindes ge-
legt und derselbe auf das horizontale Brett festgebunden. So wird das Neugeborne
mit auf das Pferd genommen und macht mit der Mutter die weitesten Touren mit.
Es ist interessant, dass hier ein menschliches Motiv für die Befestigung des
Kindskopfes hervortritt, während wir sonst nichts anderes entdecken können, als
einen phantastischen oder übernatürlichen Grund. Hier erscheint die Fixirung des
Kopfes als eine Nothwendigkeit für die Abwehr der heftigen Bewegungen des
Pferdes, an denen die Kinder theilnehmen müssen. Es ist jedoch erstaunlich, dass
diese immerhin kurze, wie sie behaupten, nur ein Jahr lang dauernde Befestigung
eine bleibende Wirkung ausübt, so dass sie sich nachher in keiner Weise beseitigen
lässt. Bei unseren Kindern treffen wir auch nicht selten Abplattungen, die durch
das lange Liegen auf dem Hinterkopf entstehen, indess pflegen sich dieselben früh-
zeitig wieder auszugleichen.
1) Man vergleiche meinen Vortrug über die Anthropologie America's (Sitzung vom 7. April
1877. Verh. S. 149).
(201)
Nachdem wir somit wissen, dass die Brachycephalie unserer Patagonier eine
erworbene ist, so fragt es sich, wie der Kopf ursprünglich beschaffen ist Dass
er irgend wie lang sein sollte, das darf man wohl zurückweisen, und wenn-
gleich über das Maass der künstlichen Einwirkung kein eigentliches Urtheil
gefüllt werden kann, so würde ich doch fast annehmen, dass die Rasse, zu der sie
gehören, im Wesentlichen eine brachycephale ist. Damit würde jener "Widerspruch,
welcher durch das Studium der altpatagonischen Schädel entstanden ist, wegfallen;
denn die Mehrztihl der anstossenden, sowohl der südbrasilianischeu, wie der Pam-
pas-Stämme stimmt damit überein. Es würde sich alsdann ergeben, dass, so weit
es sich um die Schädelform handelt, eine verhältnissmässig einheitliche
Bevölkerung diesen Theil von Amerika überdeckt.
Was für unsere Betrachtung weiterhin stark in den Vordergrund tritt und
worauf ich Ihre Aufmerksamkeit besonders lenken möchte, das ist einerseits das
Haar, andererseits die Bildung des Gesichts.
Was das Haar angeht, so werden Sie selbst sehen, dass die Vergleichung mit
den Mähnenhaaren eines Pferdes in der That eine so zutreffende ist, dass man
wohl kaum Bedenken tragen kann, sie anzuwenden. Das rein schwarze und glän-
zende Haar ist absolut schlicht, es geht in ganz dicken Fäden glatt herunter und
fühlt sich ausserordentlich hart au. Es hängt bei beiden Erwachsenen etwa 40 cm
lang in gleicher Weise, durch eine Kopfbinde zurückgehalten, lang herunter und
bietet in dieser Beziehung eine gewisse Aehnlichkeit dar mit den Haaren der Grön-
länder; indess unterscheidet es sich doch so sehr davon, wie die Mähnen mancher
wilden Pferde von den Mähnen unserer gezähmten Rassen. Die Grönländer er-
scheinen relativ civilisirt gegenüber diesen Wilden. Nach der Pariser f arbentafel
würde die Haarfarbe zwischen Nr. 48 und 41 zu classificiren sein.
Ich will gleich hinzufügen, dass die Hautfarbe sehr dunkel, jedoch weniger
in Roth, als vielmehr in Gelb nüancirt ist. Man kann auch hier, wie bei den Nu-
biern, eine Grund- und eine Deckfarbe unterscheiden: erstere ist dunkelgelb, letz-
tere graubraun und auf der Brust rothbraun. Die Stirn ist am dunkelsten. Auf
den Wangen erkennt man eine deutliche, wenngleich schwache Röthung (durch
Blut). Nach der Farbentafel stellte sich die Hautfarbe bei dem Mann auf Nr. 28
(oder 29), bei der Frau (Arm) auf Nr. 29 (oder 30); der kleine Luiz zeigte am
Arm gleichfalls 29 (oder 30), am Gesicht 33 (oder 32). Die Nägel sind hell.
Das Andere ist die Configuration des Gesichts, die, nach meiner Auf-
fassung wenigstens, in hohem Maasse den amerikanischen Typus wiedergiebt, der
vom hohen Norden bis zum Süden durch alle alten Stämme geht. Wir haben fast
nichts in der alten Welt dieser Homogeneität an die Seite zu stellen. Das Gesicht
ist gross und sehr breit, namentlich an den Jochbogen und der Wangengegend.
Auch die Stirn ist ungemein breit und macht den Eindruck der Intelligenz. Die
Augenbrauenwülste sind sehr kräftig entwickelt. Die eigentlichen Kieferknochen
sind weniger breit, dagegen sehr hoch und stark; auch die Oberlippe ist hoch.
Die Masseuhaftigkeit der Knochenentwickelung, namentlich die Mächtigkeit in der
Ausbildung der Kieferknochen, die bei den Grönländern anfängt und sich durch
fast alle älteren Völker-Schichten Americas bis zur Magelhäens-Strasse verfolgen
lässt, tritt hier so auffallend hervor, dass der Kopf, namentlich des Mannes, im
Verhältuiss zu dem Gesammtkörper, nahezu so gewaltig erscheint, wie der Kopf
eines Löwen auf dem verhältnissmässig nicht eben so grossem Leibe.
Die Erzählungen von der Grösse (Höhe) der Patagonier stimmen nicht ganz
überein mit dem, was wir hier erblicken. Der Mann misst in der Gesammthöhe
nur 1,755 m, die Frau 1,586 m, ein Maass, welches über unsere Verhältnisse nicht
(202)
hinausgeht und mit den riesenhaften Leibern, die uns sonst geschildert werden,
nicht harnionirt. Indess kann uns das nicht bewegen, das Interesse der Fälle zu
unterschätzen. Ich will dabei hervorheben, dass die Klafterlänge ungewöhnlich
die Körperlänge übersteigt. Der Mann hat eine Klafterlänge von 1,825 ?«, also
70 mm mehr, als die Höhe seines Körpers beträgt. Die Frau hat sogar 1,688 /«,
also 102 mm mehr, als die Höhe ergiebt. Dabei sehen beide ungemein kräftig aus
und haben namentlich eine ungewöhnliche Schulterbreite. Dagegen ist der Hals,
obwohl stark, doch sehr kurz und steckt etwas zwischen den Schultern.
Sehr auffallend ist bei der mächtigen Entwickelung der Kieferknochen die
ungemein orthognathe, ja man kann fast sagen, opisthognathe Stellung der
übrigens sehr schönen Zähne. Das Gebiss hat etwas höchst Auffallendes. Die
ganz tief abgeschliffenen und daher nur kurz hervortretenden Schneidezähne sind
oben und namentlich unten breit und bilden eine fast gleichmässige Reihe. Sie
präsentiren sich daher vorn relativ sehr kräftig. Im Ganzen bilden die Zähne eine
sehr weite Curve; aber alle stehen ganz gerade gegen einander, so dass trotz der
Grösse des Gebisses nicbt eine Spur von Prognathie existirt. Nach dieser Rich-
tung fällt daher die Form, welche mau gewöhnlich den niederen Rassen zuschreibt,
gänzlich aus. Der Eindruck einer edleren Rasse wird dadurch verstärkt, dass die
Lippen fein und zierlich sind (trotz der Höhe der Oberlippe) und dass der Mund
eine sehr massige Länge hat.
Damit harmonirt die sehr charakteristische Form der Nase, die ungewöhnlich
gerade und kurz ist. Die Nase ist allerdings verhältnissmässig breit, aber
nur durch die starke Auslegung der Flügel; im Ganzen erscheint sie keineswegs
breit. Die Wurzel ist nicht tief, der Rücken schmal und vortretend, die Spitze
fein und etwas überhängend, die ganze Form derjenigen der benachbarten brasi-
lianischen (Zeitschr. f. Ethuol. 1875. Taf. XII. Fig. 1) und südandischen Wilden
analog. Der Nasenindex des Mannes beträgt 63,5, der Frau 78,4, des Knaben,
dessen Nase allerdings sehr flach ist, 83,3.
Die glänzenden Augen sind dunkelbraun; bei dem Manne hat die Conjunctiva
einen bräunlichen Schimmer, bei der Frau erscheint sie rein weiss. Nach der
Pariser Farbentafel trifft die Irisfarbe bei dem Manne auf Nr. 3 (oder 2), bei dem
Knaben auf 2 (oder 1). Die Lidspalte ist, wie bei uns, mehr gerade. In der
Regel ist das etwas tief liegende Auge ziemlich weit von den Lidern bedeckt.
Die Details der Messungen lege ich ohne weitere Erläuterung vor ^). Ich hoffe,
das Mitgetheilte wird ausreichen, um die Aufmerksamkeit auf diejenigen Punkte
zu richten, die mir besonders bezeichnend erschienen sind. —
üeber die Personen bemerke ich Folgendes:
Der Mann, Piktschotsche oder Pikjiojie, 43 Jahre alt, vom Stamme der Have-
niken, jedoch von Mutterseite her von den Eire stammend, bewahrt in der Regel
ein sehr ernstes, stolzes und dabei melancholisches Aussehen. Sehr schwer
entschliesst er sich, zu sprechen; wenn es geschieht, so belebt sich plötzlich das
ganze Gesicht, aber er beschränkt sich darauf, eine kurze, schnell hervorgestossene
Phrase hören zu lassen. In der Ruhe hat sein Gesicht einen strengen, fast harten
Ausdruck: die feinen Lippen sind fest geschlossen, die Falten um Mund und Nase
treten stark hervor, das Auge schaut gerade vor sich hinaus. Die vollkommene
Haarlosigkeit des Gesichts lässt alle Züge scharf hervortreten. Es erklärt sich die-
ser Zustand aus der Gewohnheit, die Haare am Bart in sehr beständiger und sorgsamer
1) Ich will nur noch bemerken, dass die zweite Zehe sehr gross ist.
(203)
Weise auszurupfen, Nichtsdestowenigsr scheinen die Haare immer wieder nach-
zuwachsen; man sieht überall die offenen Haarbälge, die verschwunden sein wür-
den, wenn in Folge dieser emsigen Thätigkeit der Haarwuchs gänzlich aufgehört
hätte. Die Kahlheit des Gesichts ist also eine artificielle; auch die Augenbrauen
scheinen auf diese Weise grossentheils vertilgt zu sein. Die Augen selbst sind sehr
schmal und sie erscheinen klein. Der Mann bewegt sie mit ungeheurer Schnelligkeit,
wie das Leben auf dem Pferde es mit sich bringt. Er ist gewohnt, den Strauss mit
der Bola zu jagen, und es lässt sich denken, dass dazu ein schnelles Auge und ein
sicherer Arm gehören.
Die Frau, Bützinka, 27 Jahre alt, hat der Angabe nach mit dem Manne nichts
zu thnn. Sie ist die Mutter des kleinen, 5'/^, Jahre alten Luiz. Sie versteht
Araukanisch und der Führer hält es für möglich, dass araukanisches Blut in ihr
fliesse. Indess hat ihre ganze Erscheinung so viel Aehnlichkeit mit der ihres Reise-
genossen Piktschotsche, dass ich auf diese Yermuthung keinen Werth legen möchte.
Auch ist ihr Bruder ein Häuptling. Das Kind hat sie von einem Spanier. Ihren
Wohnort nennt sie Potari. Sie ist ungemein corpulent, namentlich, soweit es er-
kennbar war, am Rumpf und den Armen, sowie an den Wangen. Nichtsdesto-
weniger hat sie ein gefälliges Aussehen, was zum Theil allerdings durch ihre
liebenswürdigen Manieren erklärlich wird.
Der kleine Luiz ist für sein Alter verhältnissmässig gross, kräftig und lebhaft.
Sein Aussehen hat etwas Japanisches an sich, was namentlich durch die flache
Form der Nase bedingt wird. Dagegen unterscheiden ihn seine grossen, runden
Augen sehr scharf von den mongolischen Stämmen.
Tabelle I.
Eopfmaasse.
Pikjiojie,
Bätziüka,
Luiz,
Länge
Breite
Ohrhöhe
Stirnbreite
Gesichtshöhe
Untergesichtshöhe
Gesichtsbreite, Wangen ....
„ Sutura zygom. niaxill
Nase, Höbe
„ Breite
n Länge
Augenwinkel, innere, h^ntfernung .
, äussere, „
Mundhöhe
Mundbreite
Jngalbreite
Unterkieferbreite
193
168
141
118
198
136
149
104
63
40
62
38,5
103
91
60,5
163
122,5
183
159
123
118
189
130
139
109
51
40
50,5
40
98
79
54
152
114
171
148
107
101
159
110
105,5
82,5
42
35
38
32
86
65
48
124
98
(204)
Tabelle II.
Indices.
Pikjiojie. Bätzioka.
Luiz.
Längenbreitenindex
Ohrhöhenindex
Nasenindex . . .
Gesichtsindex .
87,0
73,0
63,5
91,2
86,8
67,2
78,4
93,6
Tabelle III.
83,5
62,5
83,3
104,2
Körpermaasse.
Pikjiojie.
Bätzinka.
Luiz.
Klafterlänge
1825
1688
1190
Höhe des Körpers
1755
1586
1150
„ , Kinns
1518
1335
970
der Schulter
1462
1319
955
, des Ellenbogens
1116
1020
711
, , Handgelenks
845
745
535
, Mittelfingers
685
569
400
Handbreite
100
991
95
68
Höhe des Nabels
645
der Crista ilium
1011
—
645
des Trochanters
855
—
575
„ , Knies
477
438
330
„ Mall, ext
CO
65
40
Länge des Fusses
272
240
190
Breite , r,
110
103
78
Schulterbreite
410
375
257
(17) Hr. Virchow berichtet, unter Vorlegung von Karten,
über seine Reise nach Troja.
Es würde zu weit führen, wenn ich die ganze Reihe der Streitfragen Ihnen
vorführen wollte, welche sich an Troja, seine Existenz, seine Lage, seine Ge-
schichte u. s. f. knüpfen. Indess muss ich doch wohl F^iniges sagen in Bezug auf
die historische Entwickelung derjenigen Coutroversen , welche die Topographie von
Troja betreffen, da ohne dieses Manches in meinem Vortrage Ihnen etwas ver-
worren vorkommen könnte.
Die ersten territorialen Untersuchungen, welche seit dem Untergänge des
byzantinischen Reichs in Bezug auf die Ilias und ihren Schauplatz stattfanden,
datiren aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Sie haben aber eine ganz falsche
Kichtung angciionimnn, indem sie die Stätte von Alexandria Troas, gegenüber
von 'J'euedos, als das eigentliche Feld der Ilias nahmen. Diese Meinung hat
(205)
sich sonderbarer Weise lange Zeit fortgeschleppt und ist noch am Finde des
vorigen Jahrhunderts in grosser Stärke hervorgetreten. Alexandria Troas (später
unter den Römern auch bloss Troas genannt) erwuchs bald nach der Zeit, in der
Alexander der Grosse seinen berühmten Besuch auf Ilion gemacht hatte. Antigonus
hatte an der Westküste des troischen Landes eine seiner Auffassung nach ungemein
günstig gelegene Stelle ermittelt; hier gründete er eine Stadt, die nach seinem
Namen Antigonia genannt ward. Erst Lysimachus, nachdem er das Land erobert
hatte, gab der Stadt den Namen Alexandria. Es war eine sehr reich ausgestattete
Metropole, die noch lauge nachher in voller Blüthe stand; so erscheint sie in der Ge-
schichte des heiligen Paulus, der zweimal hierher kam, und noch unter Hadrian, wo
Herodes Atticus eine grosse und ungemein kostbare Wasserleitung errichtete.
Zerstört wurde es, wie es scheint, durch die Gothen zur Zeit des Galien (Jornandes).
Noch jetzt trifft man hier eine so grosse Trümmerstätte, dass nichts au dieser
Küste ihr gleichgestellt werden kann. Es ist ein herrlicher Platz, den die Türken
in voller Anerkennung seiner Bedeutung Eski Stambul (Alt-Constantinopel) nennen.
Man kann Stunde um Stunde in den zum grösstenTheil bewaldeten Flächen umhersuchen
und man findet immer wieder neue Strassen und grosse, zum Theil noch in erkenn-
barer Form erhaltene Gebäudereste. Ja, Spuren der grossartigen Bauthätigkeit, die
dort geherrscht hat, sind noch jetzt Stunden weit im Umfange verbreitet. So
trafen wir auf dem Wege von Kestambul nach dem Tschigri Dagh zwei Steinbrüche,
wo noch jetzt fertige grosse Säulen von Syenit, 12 m lang und P/ü bis 2 m an der
Basis dick, liegen, ohne dass sie je ein Mensch aus dem Bruch fortbewegt hat. In dem
Steinbruche Kotsch Ali Owassi liegen hintereinander 5 solcher Säulen, in gewissen
Abständen heruntergerollt, fertig zum Transport da. Es sieht aus, als habe eine
grosse Katastrophe diese Arbeiten plötzlich unterbrochen.
Gegenwärtig hat es nur noch ein historisches Interesse, auf diese Verhältnisse
zurückzukommen. Es dürfte wohl kaum noch Jemanden geben, der behauptete,
dass Alexandria Troas durch irgend welche Andeutungen mit Stellen der Ilias in
Beziehung gebracht werden könnte. Das Verdienst, die Aufmerksamkeit auf einen
weiter nördlich gelegenen Punkt gelenkt zu haben, ist englischen Reisenden zuzu-
schreiben, welche iui Laufe des vorigen Jahrhunderts die troische Ebene in den
Kreis ihrer Forschungen zogen (Pococke 1739, Wood 1750). Aliein ihre Ergeb-
nisse waren wenig entscheidend, und, so wenig ich sonst, wie Sie sehen werden,
geneigt bin, gerade in dieser Richtung die französischen Verdienste anzuerkennen,
muss ich doch sagen, dass eigentlich erst seit Lechevalier, der zuerst 1785 bis
178(3 das Land besuchte, eine wirklich lebhafte Forschung begonnen hat. Dieser
Gelehrte wusste den damaligen französischen Botschafter in Constantinopel, den Grafen
de Choiseul-Gouffier, für die Sache zu interessiren. Derselbe betheiligte sich
personlich an den Untersuchungen, wandte seineu ganzen Einfluss bei der türki-
schen Regierung auf und konnte so einige Punkte direct in Angriff nehmen, welche
hervorragendes Interesse hatten; namentlich wurde das Grab des Achill (gegenständ
einer Ausgrabung, die man leider einem Juden von sehr zweifelhafter Redlichkeit
überliess, so dass es zweifelhaft geblieben ist, ob die von ihm zurückgebrachten
Gegenstände wirklich aus dem Grabhügel herstammten
Lechevalier glaubte den Platz von Troja auf einer felsigen Höhe am Süd-
ende der troischen Ebene gefunden zu haben. Um sich diese Situation zu ver-
gegenwärtigen, muss man sich das Generalbild dieser Ebene klar machen. Von
der Gegend von Alexandria Troas her zieht sich in der Richtung von Südwest
nach Nordost eine lange Bergkette fort, die auf der einen Seite nahe an das Aegäi-
sche Meer, auf der anderen bis gegen den Hellespont reicht. Sie schliesst die
(206)
Troas im engeren Sinne oder, wie ich lieber sagen möchte, die vordere Troas ab.
In dieser aber kann man die eigentliche Ebene, vom Hellespont bis zum Bali
Dagli, mit ihren Nebenebeuen und Ausbuchtungen, und eine grössere Reihe, die
Ebene umgebender und gegen sio einspringender, niedrigerer Bergrücken unter-
scheiden. Der vorher erwähnte Gebirgszug enthält eine fortlaufende Reihe vulka-
nischer Kegel und Stöcke, von denen einige hoch emporragen, andere nur niedrige
Vorberge darstellen, so jedoch, dass hier eine höchst eigenthümliche und durch die
Schönheit der lundwirthschaftlichen Erscheinung auffallende Erdbildung hervor-
tritt. Der Skamauder, heute Mendereh genannt, kommt weit aus dem Südosten vom
Ida her und durchfliesst, ehe er den eben erwähnten Gebirgszug erreicht, eine
hinter demselben quer vorgelagerte Hochebene der Länge nach. Südlich vom Bah
Dagh bricht er durch das Gebirge hindurch in einer tiefen Schlucht mit zahlreichen
Windungen. Namentlich in der letzten Strecke sind diese Windungen weit aus-
gelegt. Wenn man auf der äussersteu Ecke des Bali Dagh steht, so gewinnt
man einen überraschend schönen Ueberblick. Rückwärts nach dem Süden schaut
man weithin in das waldige Gebirgsthal hinein; vorwärts, nach Norden hat man die
ganze Ebene bis zum Hellespont und darüber den thracischen Chersonnes und noch
weiterhin das ägäische Meer bis Samothrake vor sich. Aber auch der Bali Dagh
für sich hat hohe landschaftliche Schönheiten. Wer sich speciell für diese Fragen
interessirt, dem kann ich nur empfehlen, das Werk des Grafen Choiseul (Voyage
pittoresque de la Grece. Paris 1809. Vol. H.), welches ungemein anziehend ge-
schrieben ist, zu lesen; er kann da sehen, wie der Autor sich Schritt für Schritt
an der neuen Entdeckung begeistert, wie er allmählich jeden einzelnen Fleck, der in
der Ilias genannt ist, auffindet, sogar die Stelleu, wo der Feigenhain und die soge-
nannte Buche standen, entdeckt und schliesslich die Höhe des Berges als den Platz
erkennt, wo die Akropolis (Bergamos) der heiligen Ilios stand.
Am Nord -Abhänge dieses vielfach von Basaltmassen durchbrochenen Kalkberges,
unmittelbar da, wo der Basalt aufhört, liegt ein elendes, schmutziges, türkisches
Dörfchen, welches dadurch ungewöhnlich auffällt, dass eben so viel Störche wie Leute
dort zu finden sind. Ich sah ein Haus, auf dessen nahezu flachem Dach 12 Storchnester
neben einander standen. Dieses elendeDorf, welches durch die daran geknüpfte Präten-
sion unter den Philologen eine Welt-Berühmtheit erlangt hat, heisst Bunärbaschi, d. i.
Quellhaupt, und zwar daher, weil dicht unter ihm, da wo der Kalkfels aufhört und
die Ebene beginnt, aus den tiefsten Kalkschichten eine ganze Menge von Quellen
hervorströmt. Sie sind unter dem Namen der 40 Augen (Kirk Ghioz) bekannt.
Aus ihnen setzt sich schnell ein kleiner, wie man gesagt hat „Fluss", ich kann nur
sagen, ein etwas kräftiger Bach zusammen, der Bunärbaschi Su. Dieser Bach hat
in der Beweisführung Lechevalier's eine besondere Bedeutung erlangt, weil dieser
Gelehrte die Behauptung aufstellte, dass sich hier eine warme und eine kalte Quelle
neben einander befänden, und weil er daraus schloss, er habe hier den Ort getroffen,
der im 22. Gesänge der Ilias (147—155) so plastisch geschildert wird bei Gelegen-
heit des Kampfes zwischen Achill und Hector:
Und sie erreichten die zwei schön sprudelnden Quellen, woher sich
Beide Bach' ergiessen des wirbelvollen Skamandros.
Eine rinnt beständig mit warmer Flath, und umher ihr
Wallt aufsteigender Dampf, wie der Rauch des brennenden Feuers.
Aber die andere lliesst im Summer auch kalt wie der Hagel,
Oder des Winters Schnee, und gefrorene Schollen des Eises.
Es hat sich leider nachher herausgestellt und ich muss es bestätigen, dass
diese ganze Geschichte von der Existenz einer warmen und einer kalten Quelle
(207)
bei Bunärbaschi nur durch die Lebhaftigkeit der Phantasie des Lechevalier zu
Stande gekommen ist. Die Quellen differireii unter einander nur um wenige Zehntel
Grade; sie unterscheiden sich nur dadurch, dass ein Theil derselben unmittelbar in
den schon foruiirten Bach füllt, so dass sie sofort verschwinden, während die am
meisten östliche (^)u(!lle einige Schritte vom Bergrande entfernt in einem Sumpf zu
Tage tritt und ihr Wasser über eine grössere Fläche ausbreitet. So mag es viel-
leicht geschehen, dass an kühleren Tagen durch die stärkere Verdampfung über
dieser ^^läche sich Nebel bilden, während diess bei den anderen Quellen, die sich
unmittelbar in den Bach entleeren, nicht stattfindet. Das ist die mildeste Kr-
klärung, die man geben kann; eine eigentlich physikalische Differenz lässt sich
nicht nachweisen.
Allein die Doctrin, dass die alte Ilios bei Bunärbaschi lag, ist schnell die
herrschende geworden, so dass nicht blos die nachfolgenden französischen Unter-
sucher, auch solche, welche die Troas selbst besuchten, sondern auch eine ganze
Reihe von deutschen und englischen Autoren sich ihr angeschlossen haben.
Der Erste, welchei- einen positiven Schritt weiter machte, war ein französischer
Architekt, Mauduit, der 1812 auf der Höhe des Bali Dagh Reste alter Mauern
auffand und damit den ersten naturwissenschaftlichen Grund für eine solche An-
nahme feststellte. Es erregte das um so mehr Aufmerksamkeit, als man bis dahin
sichtbare Spuren einer alten Ansiedlung nicht gefunden hatte; mit ihrem Nach-
weise schienen alle Zweifel, die etwa noch bestehen konnten, gehoben.
In der neueren Zeit (1864) ist diese Untersuchung von Neuem aufgenommen
worden durch den verstorbenen Herrn von Hahn, den bekannten früheren öster-
reichischen Consul in Dalmatieu, damals Consul in Syra, der längere Zeit darauf
verwandte, diese Stelle nach allen Richtungen zu durchgraben. Er gelangte in der
That dahin, ein regelmässiges, auch fortificatorisch den Voraussetzungen einiger-
massen entsprechendes Werk bioszulegen, welches er als die eigentliche Pergamos
(Akropolis von Ilion) ansprach. Er hat dasselbe im Einzelnen höchst genau
beschrieben, wie ich gern anerkenne. Auch will ich darüber nicht rechten, dass er
jedem einzelnen Theile des Werkes einen besondern Namen und zwar nicht einen
alten, sondern im Gegensatz zu dem, was man Hrn. Schliemann so sehr vor-
geworfen hat, einen ganz neuen Namen gegeben hat. Er nahm eine Reihe be-
kannter Männer der neuesten Zeit und nannte nach ihnen die Bastionen, die Thore,
die Aufgänge.
Ich war mit Herrn Schliemann auch auf dieser Höhe, und wir haben die
durch die Ausgrabungen von Hahn freigelegten Werke studirt. Es kann kein
Zweifel darüber sein, dass hier die Fundamente alter Befestigungen vorliegen und
dass da eine „Akropolis" gewesen ist. Die Frage ist nur, ob zu dieser Akropolis
auch eine Stadt gehört hat. Denn die Akropolis selbst ist so klein, dass Jeder-
mann, der sie sieht, sich überzeugen muss, dass es ausser der Möglichkeit liegt
den Sitz so grosser Ereignisse, wie sie die llias schildert, hierher zu verlegen. Alle,
welche sich mit der Sache beschäftigten, haben daher angenommen, dass die Stadt
selbst sich in grösserer Ausdehnung auf dem Abhänge unterhalb der Akropolis, sei
es auf der Stelle von Bunärbaschi selbst, sei es weiter oberhalb, ausgedehnt habe.
Herr v. Hahn selbst war so offen, anzuerkennen, dass trotz eifrigsten Suchens er
auf dieser ganzen Fläche keine Spur einer solchen Stadt gefunden habe, auch nicht
einmal die leisesten Andeutungen, weder Fundationeu, noch auch nur Scherben, die
doch fast überall übrig bleiben. Ich kann dies nur bestätigen : trotz der grössten
Mühe, die wir uns gegeben haben, fanden wir nichts; die ganze Fläche ist ein fast
nackt zu Tage tretenher Felsbodeu, auf dem nur zwischen den quer vorlaufenden
(208)
Felsrippen eine düune Humusschicht liegt, und in dieser ist auch nicht eine Spur
von älteren Resten vorhanden. Dabei muss ich besonders betonen, dass der Abhang
gegen Bunarbaschi keineswegs so steil oder so eben ist, dass man verrauthen
könnte, es sei durch Regengüsse etwa das vorhandene Material fortgespült worden.
Ich bin daher der Meinung, dass irgend eine Möglichkeit, eine grössere Stadt,
welche auch nur von einer massigen Bevölkerung bewohnt war, an diesen Platz zu
setzen, gar nicht aufrecht erhalten werden kann. Ich muss überdiess hinzufügen,
dass die ganze Art der Fundationen selbst, welche sich auf der Höhe finden, auch
nicht entfernt dem entspricht, was man von einer so alten Stadt erwarten müsste.
Die Mauern bestehen aus wohl behauenen Quadersteinen, die ungemein sauber ge-
arbeitet sind und die sich so gut erhalten haben, dass man noch jetzt die dichten
Hiebe der Steinpicke sehen kann, mit welcher die Oberfläche bearbeitet worden ist.
Es kann kein Zweifel darüber sein, dass gute eiserne Instrumente benutzt wurden, um
diese Quadern herzustellen. Wenn man sie vergleicht mit dem, was uns sonst aus
dem Alterthum bekannt ist, so kann meiner Meinung nach kaum ein Bedenken
bestehen, dass sie einer verhältnissmässig späten Zeit angehören und dass sie
sich der Zeit Alexanders nähern. Hr. Frank Calvert hat schon früher eine
Vermuthung aufgestellt über die Bedeutung dieser Ruinen, welcher sich Hr. S chl le-
rn an n angeschlossen hat; sie halten dieselben für die Reste des alten Gergis
(Gergithes). Ich will hierauf nicht eingehen, da ich eine bestimmte Meinung aus
den sehr widersprechenden Angaben der alten Schriftsteller nicht habe gewinnen
können. Nachdem ich das Land in verschiedenen Richtungen durchstreift habe,
bin ich in Bezug auf die Deutung der einzelnen, im Alterthum genannten Orte
im höchsten Grade zweifelhaft geworden, und ich will mich daher enthalten, eine
positive Meinung darüber auszusprechen, welchen alten Namen man der Veste auf
dem Bali-Dagh beilegen soll. Das glaube ich aber mit Bestimmtheit aussagen zu
können, dass das kleine Werk, welches man hier findet, weder mit einer Stadt
etwas zu thun hat, noch ein in ein solches Alter zurückreichender Bau ist, wie man
es von Ilion zu fordern hat.
Beiläufig will ich bemerken, dass auf der andern (rechten) Seite des Mendereh,
gleichfalls in einer beträchtlichen Höhe, an dem gegenüberliegenden mächtigen
Bergstock noch eine Stelle liegt, wo sich Spuren einer älteren Ansiedelung finden;
sonderbarer Weise führt dieser Platz denselben Namen, wie der von Hrn. Schlie-
inann in Angriff genommene: er heisst gleichfalls Hissarlik, d. h. Platz, wo ein
bchloss gewesen ist.
Die Reaction gegen die Bunarbaschi-Theorie ist von verschiedenen Seiten her
eingeleitet worden; ich muss aber sagen, dass, soweit ich die Literatur übersehe,
englische Autoren entschieden das Verdienst haben, die Sache in der gründ-
lichsten und ernsthaftesten Weise angefasst zu haben. Unter ihnen steht obenan
Maclaren, der 1822 eine kleine Dissertation über die Lage von Troja geschrieben
hat, welche schon damals denselben Punkt in Aussicht nahm, den Hr. Schlie-
mann später zum Gegenstand seiner Untersuchungen gemacht hat, einen Punkt,
der viel weiter vorwärts in der Ebene gelegen ist. Maclaren hat 1847 selbst
eine Reise in die Troas gemacht und 1863 in einem grösseren Werke seine Auf-
fassung dargelegt. Er hat an Ort und Stelle die von ihm aufgeworfenen Fragen
geprüft, und obwohl er in keiner Weise positives Material auffand, welches direct
für seine Thesen verwendet werden konnte, so hat er doch die Gesammtheit aller
der Fragen, welche sich aus dem Studium der Alten ergeben, in einer so gründ-
lichen Weise erörtert, dass seine Untersuchung als eine mustergültige betrachtet
werden kann.
(209)
An ihn schliesst sich (1819) ein anderer englischer Forscher, Barker Webb,
der mehr vom Standpunkt des Naturforschers die Untersuchung der Troas in An-
griff nahm und ganz besonders die geologische 8<Mte ins Auge fasste. Er theiite
die Opposition gegen Hunarbaschi, meinte aber, dass die alte Stadt wohl in der
Nähe von Hissarlik, jedoch auf einem mehr gegen das Dorf Kalifatli vorgeschobenen
Vorsprunge des Bergrückens gelegen haben müsse.
Ich darf endlich die Anerkennung unserem deutschen Landsmann, Hrn. v. Ecken-
brecher nicht versagen, dass er bei wiederholten Durchreisungen der troischen
Ebene zu einer richtigen Auffassung kam und dass er schon vor Hrn. Schliemann's
Untersuchungen (seit 1H(]9) eine Stellung eingenommen hat, die sich nachher als
eine haltbare erwies.
Das ist ungefähr die Reihe der topographischen Streitpunkte gewesen. Sie
sehen, es handelt sich, wenn mau Alexandria Troas ausschliesst, eigentlich nur um
das Gebiet von Bunarbaschi und um Hissarlik; einige benachbarte Stellen, welche
noch genannt worden sind, kann ich hier übergehen, da sie nur vorübergehend die
Aufmerksamkeit gefesselt haben. Dabei will ich nicht verschweigen, dass einer der
verdienstvollsten deutschen Forscher, mein sehr geschätzter Freund Forchhammer,
zu den lebhaften Vertheidigern der Bunarbaschi-Theorie gehört hat und, wie ich
glaube, sich noch nicht hat entschliessen können, davon zu lassen.
Wenn ich nun zunächst den Generaleindruck meiner eigenen Beobachtungen
zusammenfassen soll, so muss ich sagen, dass ich in der That keinen Grnnd sehe,
irgendwie die Meinung zu bestreiten, als sei der Platz, welchen Hr. Schliemann
in Angriff genommen hat, derjenige, welcher in der alten Sage fortgelebt hat. Ob
dieser Platz ursprünglich Ilion oder Troja hiess, ist ganz gleichgültig; die Namen
thun nichts zur Sache, und ich kann nur sagen, dass Hr. Schliemann selbst,
unter dem Druck der Angriffe, die man von dieser Seite her auf ihn gerichtet hat,
zu der Entschliessung gekommen ist, das neue grosse Werk, welches er vorbereitet,
ohne irgend welche Speciainamen zu publiziren, und nur ganz objectiv darzustellen
was er gefunden hat. Ich würde, offen gesagt, so weit gar nicht gehen. Ich sehe
nicht ein, welcher Grund uns bestimmen kann, uns blos auf den Standpunkt der
objectiven Untersuchung zu stellen und einfach zu schildern, was gefunden ist. Es
bleibt doch nichts weiter übrig, als die Funde chronologisch zu ordnen und, so viel
wie möglich, mit dem, was wir sonst wissen, in Verbindung zu bringen. Dann
aber kommen wir nothwendiger Weise auf Homer. Wir können ihn nicht um-
gehen; er ist für eine gewisse Zeit das einzige Quellenmaterial, und dies wird um
so werthvoller, wenn sich ergiebt, dass die Quellen in vielen Richtungen zutreffend
sind. Das Haus des Priamus nennt Hr. Schliemann jetzt das Haus des Stadt-
hauptes. Das wäre ganz bezeichnend, wenn die llias nicht existirte. Aber können
wir sie ignoriren?
Durch die Ausgrabungen dieses Jahres ist auf Hissarlik diejenige Bodenschicht,
in welcher die Hauptfunde gemacht worden sind, vollkommen freigelegt worden.
Der ganze Umfang dieser „Stadt" ist ersichtlich. Auf dem gesammten Territorium von
Hissarlik findet sich kein zweiter Platz, der in Bezug auf Vollständigkeit der Bau-
lichkeiten und auf Reichthum der Funde auch nur entfernt an die Stelle heran-
reicht, welche Hr. Schliemann das Haus des Priamus nannte. Wir haben während
der Zeit, in welcher ich dort war, noch zwei Goldfunde gemacht, einen in aller-
nächster Nähe dieses Hauses an einer Stelle, die unzweifelhaft durch das Zusammen-
stürzen von Steinmauern und durch das Heruntergleiten der Goldsachen zwischen
den Steinen sich etwas weiter über die Stadtmauer ausgebreitet hat, die sich
jedoch so nahe an das fragliche Haus anschliesst, dass man sie als dazu gehörig
Verbandl. der Berl. Anthropol. Oevellschaü l&7y. n
(210)
betrachten kann. Nur ein Fund wurde an einer wesentlich verschiedenen, sowohl
höher gelegenen, als mehr entfernten Stelle gemacht, aber er war auch von ver-
hältnissmässig geringer Grösse. Freilich waren es sehr interessante Sachen, die für
die archäologische Stellung der Funde erheblichen Werth haben, aber es war kein
Fund, der vergleichbar gewesen wäre den grossen Goldfuudeu im „Hause des Stadt-
hauptes". Dass dieses also ein principales Gebäude war, ein ganz besonderes, in
dem ungewöhnliche Schätze zusammengehäuft und ausgezeichnete Geräthe allerlei
Art vereinigt waren, und dass dasselbe dann in dem grossen Brande, welcher
augenscheinlich diese „Stadt" zerstört hat, theilweise zusammengestürzt ist, das ist
unzweifelhaft. Wenn man sich aber die Organisation einer, wenn auch nur kleinen
Stadt oder Burg vorstellt, so würde es sonderbar zugehen müssen, wenn man nicht
dahin kommen sollte, an diese Stelle den Sitz der vornehmsten Person zu setzen.
Ob ich diese Person „Stadthaupt" nennen soll oder „Priamus", darüber lässt sich dis-
cutiren; ich würde ungern darauf verzichten, die Anknüpfung an die grosse Dich-
tung aufzugeben, weil es, menschlich betrachtet, ein ganz anderes Interesse ge-
währt, sich die einmal gegebene poetische Vorstellung einigermassen zu bewahren,
selbst wenn man nicht überzeugt ist, dass der Mann gerade Priamus hiess, der da
wohnte. Mit dem Namen gewinnen wir eine gewisse, plastische Persönlichkeit, und
gerade so, wie es für unsere deutsche Sage Bedeutung hat, gewisse Orte unseres
Vaterlandes mit mythischen Personen, z. B. mit Siegfried, in Zusammenhang zu
bringen, von denen wir nicht wissen, ob sie jemals existirt haben, so, meine ich,
braucht Niemanden der Name Priamus zu hindern, Priamus selbst für einen sagen-
haften König zu halten. Wer diesen sagenhaften Charakter allein betont, mag sich an
die objectiveu Funde halten; für jeden andern Menschen aber, der in dem Gedicht
selbst eine Quelle immer neuer ästhetischer Genüsse findet, hat es eine grosse Be-
deutung, das Gedicht an die Localität anzuknüpfen. Darum trage ich meinerseits
gar kein Bedenken, zu sagen: nehmen wir das Haus des Stadthauptes für das
Haus des Königs und fahren wir fort, diesen König Priamus zu nennen.
Die Einzelheiten der Ausgrabung sind so mannichfaltig, dass ich ausser Stande
bin, dieselben auch nur annähernd in dem heutigen Vortrage zu erledigen. Ich
werde mir daher die Erlaubniss erbitten, die Specialverhältnisse von Troja das
nächste Mal unter Vorlegung von Fundstücken etwas genauer zu erläutern. Ich
möchte an sich gern noch länger damit zögern, da Hr. Schliemann mir allerlei
andere Sachen geschenkt hat, welche noch nicht angekommen sind. Ich meiner-
seits habe dieselben dem Königlichen Museum überlassen. Darunter befindet sich ein
grosser Vorrathskrug (nibog) aus dem Keller des „Priamus", der gegen 25 Centner
schwer ist und wohl eines der grössten Thongeräthe darstellt, die je gemacht
worden sind. So gern ich also noch warten möchte mit meinen Besprechungen, so
begreife ich doch, dass Sie ungeduldig sind, sie zu hören, und ich werde mich
fügen.
Der Theil des Burgberges von Hissarlik, in welchem die Trümmerstätte
der „gebrannten Stadt" gefunden wurde, war zur Zeit meiner Abreise aus der
Troas an einer beträchtlichen Zahl von Stellen bis auf den ürboden geleert;
wir waren an einer Stelle bis auf den Felsen selbst gekommen, auf dem die älteste
„Städte" aufgebaut sind. — Mitten in der grossen Grube hat Hr. Schliemann
einen mächtigen Block stehen lassen, der so lange er eben halten wird, das ursprüng-
liche Niveau der Fläche den Reisenden zeigen wird. Er bildet eine grosse, vier-
seitige Säule, welche sich über der Fläche, auf welcher der Boden des Hauses von
Priamus steht, 8 bis i) m hoch erhebt. Unter diesem Niveau kann mau aber noch
6, 8, ja 10 m tiefer gehen, ehe man sämmtliche Trümmerschichten durchsunken hat,
(211)
80 das8 al3o die gesammte Höhe der Schuttschichten von der Oberfläche bis zu dem
eigentlichen Felsbett nahezu 20 m beträgt. Diese ganze Höhe besteht aus den
üeberresten ehemaliger Wohnungen; nichts ist dabei, was irgend den Eindruck
macht, zu etwas anderem gehört zu haben.
Die Situation ist die, dass auf dem letzten Vorsprunge eines tertiären Berg-
rückens, der von den eruptiven Gebirgen im Osten sich gegen den Skamander
vorschiebt und der seinerseits vielleicht 60 Fuss über der Ebene hoch ist, eine
Reihe von Schuttmassen aufgethürmt ist, in denen man mit Leichtigkeit die Strati-
fication der auf einander folgenden Ansiedelungen erkennt. Freilich ist dieser
Schutt bis zu einer unglaublichen Massenhaftigkeit angewachsen. Allein gerade der
umstand, dass bis jetzt vielleicht noch nirgends in der Welt eine derartige Auf-
häufung coiistatirt ist, eine Aufhäufung, welche aus einer solchen Masse von Schutt
aufeinaudersttihender Aulagen besteht, beweist, dass eine ungemein lange Zeit ver-
gangen sein muss von der Gründung der ersten Ansiedelung bis zu der Zerstörung
der letzten. Man mag sich die Constructionen, um die es sich handelt, zusammen-
gesetzt denken, wie man will; um eine solche Höhe der Schuttmassen herbeizu-
führen, dazu gehört unzweifelhaft mehr Zeit, als wir an irgend einer anderen Stelle
der Welt für die Herstellung der Ruinenberge annehmen dürfen. Will man eine
Vergleichung anstellen, so würden allenfalls die assyrischen Ruinenhügel eine ge-
wisse Parallele darbieten, bei denen wegen der grossen Quantitäten von Back-
steinen, welche zum Bau verwendet wurden, die sich auflösenden Thonmassen eine
ganz ungewöhnliche Mächtigkeit erreicht haben. Einen gewissen Vergleich bieten
auch die Aufgrabungen auf dem palatinischen Berg in Rom. Allein die Aufhäufungen
in Hissarlik unterscheiden sich von allen anderen dadurch, dass eine grössere
Reihe auf einander folgender und in sich verschiedenartiger Strati-
ficationen vorhanden ist, die ihrer ganzen Beschaffenheit nach einen wiederholten
Wechsel der Bevölkerung bekunden. Allerdings lässt sich ihre Dauer nicht berechnen
nach bestimmten Jahreszahlen, aber wir gewinnen doch einen chronologischen An-
halt durch das eingeschlossene Material, welches in reicher Fülle vorhanden ist.
Wie lange der erwähnte Block den Einflüssen der Witterung wird Wider-
stand leisten können, wage ich nicht zu sagen; jedenfalls wird er lange Zeit
nicht blos Zeugniss geben von der ungeheuren Höhe dieser Trümmermassen, son-
dern, wie ich meine, auch von der unglaublichen Energie des Mannes, der mit
Privatmitteln es zu Stande gebracht hat, so gewaltige Massen von Erde zu be-
wegen. Wenn Sie sähen , welche Berge (im wahren Sinne des Wortes) von Erde
haben weggeschafft werden müssen, um eine üebersicht der tiefen Lagen zu be-
kommen, so würden Sie in der That kaum glauben, dass ein einziger Mann im
Laufe von wenigen Jahren oder eigentlich nur im Laufe der wenigen Monate, in
denen in dieser fieberreichen Gegend gearbeitet werden kann, dieses grosse Werk
hat vollenden können. Dabei möchte ich an dieser Stelle Hrn. Schliemann in
Schutz nehmen gegen einen Vorwurf, der an sich berechtigt ist, der aber bei ge-
nauerer Betrachtung in Nichts zerfällt, — den Vorwurf, dass er nicht Schicht für
Schicht von oben her abgetragen hat, um für jede einzelne Periode die Totalität
des Plans zu gewinnen.
Es ist kein Zweifel, dass die Art, wie er gegraben hat, indem er sofort einen
grossen Durchschnitt durch den ganzen Hügel machte, im höchsten Maasse zer-
störend gewirkt hat auf die oberen Schichten. In diesen oberflächlichen Schichten
fanden sich Tempelreste aus griechischer Zeit, Säuleu, Triglyphen und allerlei
andere Stücke von Marmor, freilich schon in zusammengeworfenem Zustande, indess
wäre es doch vielleicht möglich gewesen, bei so grosser Sorgfalt, wie in Olympia,
14*
(212)
den Tempel wenigstens theilweise zu rekonstruiren, Indess Hr. Schliemann
hatte kein Interesse für einen Tempel, der einer für ihn viel zu jungen Zeit an-
gehörte, und ich kann sagen, nachdem ich einen grossen Theil der Stücke noch
gesehen habe: ich bezweifle, wenn sie zusammengebracht worden wären, ob für die
Kunstgeschichte oder die "Wissenschaft ein wesentlicher Gewinn dadurch erreicht
wäre. Ich gestehe zu, es ist das eine Art von Sacrilegium gewesen; Hr. Schlie-
mann hat den Tempel mitten durchschnitten, die Baustücke sind auf die Seite
geworfen und zum Theil wieder verschüttet worden, nnd es wird nicht leicht
Jemand in die Lage kommen, auch mit den grössten Aufwendungen, sie wieder
zusammenzubringen. Aber unzweifelhaft, wenn Hr. Schjiemann in der Weise
vorgegangen wäre, dass er von oben her Schicht um Schicht abgeräumt hätte,
würde er bei der Grösse der Aufgabe heute noch nicht auf den Schichten sein, in
denen die Hauptsachen gefunden sind. Er hat sie nur erreicht, indem er aus dem
grossen Hügel gewissermassen den Kern ausgeschält hat.
Der Hügel von Hissarlik ist uehmlich im Laufe der Zeit nicht blos in die
Höhe gewachsen, sondern er ist auch in die Breite und Dicke gewachsen
durch diejenigen Schuttmassen, welche die nachfolgenden Geschlechter, um ihrer-
seits bauen zu können, wegräumten und bei Seite warfen, um sich eine Bau-
fläche herzustellen. Jetzt, nachdem die Grabungen in dieser Richtung in einer
gewissen planmässigen Ordnung vorgenommen sind, kann man aus dem Aufbau
dieses Abraums, der auf senkrechten Durschschuitten eine Reihe von übereinander
liegenden, schief abfallenden Stratificationen bildet, mit grösster Bestimmtheit
chronologische Schlüsse machen. Schwerlich würde man solche Schlüsse machen
können, wenn man einfach die auf einander liegenden Schichten, die doch nicht
immer in demselben Niveau fortlaufen, abgetragen hätte.
In der Oberfläche sehen wir an einer Stelle die Tempelfundamente; an anderen
die aus regelmässigen Quadern zusammengesetzte Mauer der alexandrinischen Zeit,
die sogenannte lysimachische Mauer. Ihr Verhältniss ist höchst charakteristisch.
An senkrechten Durchschnitten, welche durch die peripherischen Theile des Hügels
gemacht sind, erblickt man Aufschüttungen von Abraummasse, eine über der anderen,
aber alle schräg gestellt, so dass man deutlich erkennt, dass der Abraum über den
Abhang des Hügels heruntergeschüttet worden ist. Auf diese Aufschüttungen ist
die Mauer aufgesetzt; sie steht nicht über dem alten Fels, sondern auf dem seitlich
hinausgeworfenen Material und zwar an Stellen, wo unten überhaupt kein Fels
mehr ist. Man erkennt so, dass die Fläche des Hügels offenbar von Anbau zu
Anbau sich verbreitert hat. Der Hügel wurde im Laufe der Zeit immer umfang-
reicher. So ist er gewachsen zu Dimensionen, die weit über das hinausgehen,
sowohl der Höhe als der Fläche nach, was die alte Stadt hatte. Die alte Stadt
bildet inmitten des Ganzen einen verhältnissmässig kleinen centralen Theil. Die
folgenden Städte wurden immer grösser und erweiterten ihre Rayons.
Wir wurden zuerst aufmerksam auf diese Verhältnisse durch unsere eigene
Arbeit; die Erde musste, um die alte Stadt freizulegen, aus der Mitte heraus zur
Seite weggebracht werden, und da hier der Abhang war, so wurde sie durch eine
Tranchee, welche radial durch den Mantel des Hügels durchgelegt wurde, bis zum
Rand des Abhanges gefahren und hier ausgeschüttet. Die Erdmasse glitt somit den
Abhang zum Theil herunter, zum Theil blieb sie auf demselben liegen; nur die
grösseren Steine kollerten bis in die Ebene herab. Dadurch erweiterte sich die
Fläche zusehends immer mehr, und von unten sah es aus, als würde der Berg
immer grösser. Er erscheint jetzt stattlicher, wie ich glaube, als vorher; durch die
Abwechslung von Durchschnitten und Aufschüttungen ist etwas entstanden, was in
(213)
der That einer grossen Festung höchst ähnlich sieht. Das so entstandene Kunst-
produkt von Hügel hat folgende Beschaff(;nheit: Abgesehen von den einzelnen
Durchschnitten, ist der äussere Mantel des alten Hügels immer noch in seiner ur-
sprünglichen Höhe vorhanden, dagegen die inneren Theile sind ausgegraben. Steht
man auf den Urafassuiigswänden, so sieht man in einen grossen Kessel herab, in
dessen Grunde die alte Stadt mit ihren Mauern und Fundamenten wie auf einem
Plane ausgebreitet ist. So ist man in die Lage gekommen, die besondere Art des
Aufbaues kennen zu lernen.
Es hat das insofern ein nicht geringes Interesse, als für diejenigen, welche
philologische Untersuchungen darüber anstellen wollen, inwieweit die Beschreibungen
Homers mit den vorhandenen Verhältnissen stimmen, z B. in Bezug auf den drei-
maligen ündanf um die Stadt, welchen Hektor und Achill ausführten, nicht mehr,
wie früher, das ganze Hissarlik in Frage kommen kann, sondern begreiflicher "Weise
nur der centrale Theil, welcher wirklich der alten Anlage entspricht. Dieser ist
allerdings noch viel kleiner, als das, was Hissarlik an sich darstellt. Indess will
ich besonders hervorheben, dass, verglichen mit der Akropolis des Bali Dagh, auch
dieser kleinere Theil immer noch eine sehr stattliche Anlage ist, die weit über
das Werk hinausgeht, welches wir über Bunarbaschi sehen.
Nun möchte ich noch ein paar Worte über die sogenannten Heroen grabe r
hinzufügen. Die Frage hat mich persönlich am meisten beschäftigt. Sie wissen,
ich ging nach Troja, weil Hr. Seh lie mann die Absicht hatte, jetzt zur weiteren
Erforschung der alteu Verhältnisse die Gräber in Angriff zu nehmen. Er hatte
mir grosse Vorwürfe gemacht, weil ich seiner Einladung, nach Mykenae zu kommen,
nicht entsprochen hatte, da er meinte, durch meine Anwesenheit daselbst würde es
verhütet worden sein, dass die sämmtlichen Schädel der „Atriden" zertrümmert
worden sind. In dieser Beziehung kann ich glücklicherweise sagen, dass ich diese
Schädel nachträglich in Athen genauer angesehen und mich überzeugt habe, dass
keiner der Schädel intact gewesen sein kann zur Zeit, als die Aufgrabung erfolgte.
Die allerdings auch mit zahlreichen frischen Brüchen versehenen Fragmente sind
schon vorher Fragmente gewesen. Meine Anwesenheit würde also nicht dazu ge-
führt haben, ganze Schädel zu heben j höchstens hätte ich sie vor weiterer Zer-
störung retten können. Als ich nach Troja ging, wusste ich das nicht; es war mir
vielmehr immer als ein besonderer Vorwurf erschienen, dass ich seiner Zeit der
Aufforderung nicht entsprochen hatte.
Obwohl ich von den Gräbern der Troas keine Schädel erwartete, da die alten
Traditionen auf Leichenbrand gehen und überdies zahlreiche frühere Aufgrabungen
geschehen waren, so war es für mich doch entscheidend, mich jetzt auf den erneuten
Ruf dahin zu begeben. Diese Gräberfrage hatte nach meiner Meinung ein beson-
deres Interesse, weil nicht blos nach den in der Ilias enthalteneu Angaben, sondern
auch nach zahlreichen andern Deberlieferuugen die Troas ein uraltes Feld mensch-
licher Tliätigkeit, menschlicher Kämpfe und des Aufeinauderstosses der uiannich-
faltigsten Völker gewesen sein muss, und weil hier gerade die Frage nach dem
Vorhandensein prähistorischer Reste scheinbar am besten gelöst werden konnte.
Wenn man sich daran erinnert, dass in der Ilias eine Reihe von Grabmälern
früher gestorbener Personen wiederholt aufgeführt wird und dass diese Monumente
anknüpfen an bestimmte Stammessagen, so durfte man eigentlich erwarten, dass
wenigstens ein Theil der Grabhügel sich als prähistorisch erweisen, dass man
möglicherweise hier auf Verhältnisse stossen würde, welche für unsere sonstigen
vorgeschichtlichen Untersuchungen werthvoUe chronologische Anhaltspunkte gewähren
könnten.
(214)
In Bezug auf diese Untersuchungen war mein erster Eintritt sehr abschreckend.
Hr. Schliemann empfing mich, als er in den Dardanellen mich von dem Dampf-
schiff abholte, sofort mit der Nachricht, dass die Pforte es verweigere, die Ge-
nehmigung zu der Untersuchung der Grabhügel zu ertheilen, falls nicht jeder ein-
zelne Eigenthümer nicht blos des Landes, sondern auch der Nachbargrundstücke
seine Genehmigung dazu gegeben habe und dieselbe amtlich festgestellt sei. Es
lief das darauf hinaus, dass man für jeden einzelnen Grabhügel einen besondern
Ferman extrahiren sollte. Dazu aber gehört nicht nur die vorgängige Genehmigung
einer Menge von unteren Instanzen, sondern auch alle möglichen Gegenleistungen,
die mit Geldeutschädigungen aufgewogen werden müssen. Es erwies sich als un-
möglich, auf diesem Wege etwas zu Stande zu bringen. So stellte sich heraus,
dass auf demjenigen Grabhügel, der schon durch den Unterhändler des Grafen
Choiseul am tiefsten durchgraben ist, auf dem des Achill, wo wir eigentlich
nur die Aufgabe hatten, nachzusehen, ob nicht etwas übrig geblieben sei, von dem
Nachbarn 100 türkische Pfund gefordert wurden für die Genehmigung, die Erde
auf sein übrigens ziemlich werthloses Terrain legen zu dürfen. Eine solche Forderung
zu erfüllen, wäre lächerlich gewesen, und wir verzichteten daher sofort auf diese
Untersuchung. Die Schwierigkeiten, welche die Localbehörden machten, mögen Sie
sich vorstellen, wenn ich Ihnen mittheile, dass wir nicht einmal im Stande waren,
irgend ein Loch für die Untersuchung des Bodens der Ebene zu machen, ohne dass
nicht eine Specialgenehmigung des Ministers des öffentlichen Unterrichts dazu ge-
geben wurde. Die hohe Pforte hatte einen besondern Beamten nach Hissarlik
gesetzt, der die ganzen Operationen zu überwachen hatte; derselbe erklärte, dass
wir kein Loch machen dürften, um auch nur zu untersuchen, ob Sand oder Lehm
oder sonst irgend ein Material an einer bestimmten Stelle vorhanden ist. Ueber
immer neuen und immer vergeblichen Anfragen in Constantiuopel vergingen drei
Wochen meines Aufenthalts, und es ist nur der grossen und stets bereitwilligen
Energie unseres Botschafters zu verdanken, dass endlich ein besonderer Commissar
der türkischen Regierung abgesandt wurde, der allerdings seine Diäten von Hrn.
Schliemann zu beziehen hatte. Nachdem als Garantiesumme lOüO Pfund hatten
niedergelegt werden müssen, gelang es uns, nicht nur die geologischen Löcher zu
machen, sondern auch — freilich ohne Ergebniss — ein paar von den Grabhügeln
zu durchgraben, deren Nachbarn sich gegen massige Entschädigung bereit erklärt
hatten, das zu gestatten. Allein kaum war der Specialcommissarius wieder abgereist,
so kam bei dem uns besonders interessirenden, bis dahin noch ganz unversehrten
Udschek Tepe nach drei Tagen schon wieder eine Unterbrechung, indem die nächst-
gelegene Militärbehörde reclamirte, das sei ihr Terrain, und ehe nicht der Chef des
Artilleriewesens seine besondere Genehmigung ertheilt hätte, sei es unmöglich, die
Sache fortzuführen. Auch das wurde endlich zu Stande gebracht, und so sind in
der That einige interessante Ausgrabungen gemacht worden.
Die vordere Troas ist in der wunderbarsten Weise garnirt mit alten Hügeln.
Die Zahl der als Grabhügel angenommenen ist meistentheils grösser veranschlagt,
als sie in Wirklichkeit ist; die Natur hat hier gewissermassen dem Menschen die
Form vorgezeichnet. Eine Reihe von Tumulis, um mich so auszudrücken, existirt,
die sich bei der Untersuchung als ganz natürliche Formationen ergaben. Die Türken
nennen jeden solchen Hügel Tepe, was im Stillen in dieser Gegend immer einen
(Jrabhügel bezeichnet, wie Tumulus im neueren Sinne des Wortes, obwohl dasselbe
ursprünglich auch nichts mit Gräbern zu thuu hat. Es ergab sich also, dass einige
Tepes natürliche Bildungen sind.
Dahin gehört der schönste und grösste, der Dimitri Tepe, ein weither vom
(215)
Aegäischen Meer sichtbarer Kegel auf der Mitte desSigeion, der in Beziehung auf
seine Lage und Gestalt so sehr der berühmten Beschreibung der Ilias vom Grab-
hügel des Achill entspricht, dass nicht wenige der Vorüberschiffeuden ihn für den
Achilleus-Hügel halten. Bei der Untersuchung ergab sich aber, dass der Hügel bis
oben hinauf Fels ist und dass nur die oberste Decke, offenbar in Folge von dar-
gebrachten Opfern, mit einzelnen Thonscherben und Knochenstücken bedeckt war,
die aber gar nichts, was der Rede werth wäre, ergaben.
In gleicher Weise hat sich herausgestellt, dasS eine Reihe von anderen Hügeln,
die wir untersuchten, natürliche Bildungen waren, darunter namentlich diejenige
Erhöhung, welche mitten in der Ebene gelegen ist und welche der Stelle zu ent-
sprechen scheint, die in der Ilias als Grab des Ilos bezeichnet wird; der Dichtung
nach lag es in der Richtung, in welcher die Trojaner sich regelmässig zurückzogen
und in welcher die Griechen anstürmten. Man kann freilich in Frage stellen, ob
das Wort it^/a«, welches hier stets gebraucht wird, einen Grabhügel oder nur einen
Gedenkhügel bezeichnen soll. Jedenfalls ergab die von Hrn. Scliliemann veran-
staltete Ausgrabung nichts, was auf ein Grab hinwies.
Freilich hat sich bei einer ganzen Reihe von anderen Hügeln, die unzweifelhaft
künstlich errichtet sind, auch nichts ergeben. So bei einem sehr schönen, kleineren
Stein-Turaulus, der in der Nähe des Aias-Hügels (Intepe) auf einer Landzunge am
Ilellespont liegt, und bei einem andern namenlosen Erdhügel, der dicht bei Hissarlik,
südwestlich, in der Richtung auf den schon früher von Frau Schliemann fruchtlos
untersuchten Pascha Tepe, gelegen ist.
Dagegen hatte sich Hr Schliemann zuletzt hauptsächlich mit zwei gewaltigen
Tumulis beschäftigt, von denen der eine an der Ecke des Sigeion gegen die Beschika-
Bucht liegt und Beschik Tepe heisst, der andere, in der Mitte des Gebirgsstocks
von üdschekKöi, den Namen Üdschek-Tepe führt. Letzterer ist derjenige Hügel,
der von den älteren Forschern als Grab des Aesyetes bezeichnet wurde, weil mau
von ihm den weitesten Ausblick hat und weil mau glaubte, dass Polites, der Sohn
des Priamus, der die Operationen der Griechen beobachten und darüber berichten
sollte, sich hier aufgestellt habe. Hr. Forchhammer hat von da aus seine Studien
über die Troas begonnen. Er ist in der That am meisten geeignet, eine weite
üebersicht über das ganze Land zu geben. Es ist ein gewaltiger Hügel, ^einige 80
Fuss hoch und von einem enormen Durchmesser an der Basis. Hier' war die
besondere Bedingung, dass der Hügol im Wesentlichen erhalten werden sollte, weil
er als Schiffahrthsignal dient. Es stellte sich heraus, dass schon nach kurzer Zeit,
als die Arbeiter erst wenige Fuss in die Tiefe eingedrungen waren, man auf eine
iMauer aus grossen Steinen stiess, die quer durch den Hügel ging, etwas excentrisch,
und bei der Senkung eines centralen Schachtes sich als Vorspruug einer viereckigen
Fundation erwies. Diese .Mauer hat sich merkwürdigerweise, wie ich aus Briefeu
des Hrn. Schliemann ersehe, der nach meiner Abreise die Tiefuntersuchuug weiter-
führte, bis auf den Grund des Hügels und bis nahe auf den Felsen verfolgen lassen.
Der Hügel ist also um eine centrale, thurmartige Mauer aufgeschüttet worden, und
man kann kaum umhin anzunehmen, dass die Mauer als fester Mittelpunkt für die
Construction hat dienen sollen. Im Grunde, da wo man auf den Felsen kam,
haben sich mehrere kreisförmige Einschliessungen gezeigt. Es ist aber keine Spur
von menschlichen Gebeinen, auch keine irgendwie nennenswerthe Beigabe gefunden
worden; nur Scherben kamen zu Tage. Das Interesse des Fundes liegt also ganz
überwiegend in der Art und der Höhe dieser Construction. Es kann daher auch
hier die Frage aufgeworfen werden, ob es ein eigentliches Grabmal war oder nur
ein (TYfxa., welches dem Todten geschüttet worden ist. Hr. Schliemann ist
(216)
»
geneigt, eine andere Interpretation anzustellen und darin das von Caracalla auf-
geworfene Grab des Festus zu sehen. Ich habe nur zu constatiren, dass ein eigent-
licher Grabfund als solcher nicht gemacht wurde.
Noch weniger ist im Beschik Tepe gefunden worden. Allerdings kamen
daselbst einige Steinsachen und Thonscherben heraus, aber ganz zerstreut in der
aufgeschütteten Erde, also unter Verhältnissen, die es zweifelhaft machen, ob sie
deponirt waren als ßestandtheile eines Grabes, oder ob sie nicht eben einer älteren
Stätte angehören, die bei der Aufschüttung zerstört ist.
So ist es gekommen, dass der einzige ganz vollständige Fund, der gehoben
worden ist, wie ich schon in meinem Briefe (Nachtrag zur Sitzung vom 17. Mai,
Verh. S. 180) mittheilte, in dem Hanai-Tepe gemacht ist, einem mächtigen
Erdhügel, der in der Nähe des Kimar Su (Thymbrios) liegt und zu dem Gute
unseres ausw;irtigen Mitgliedes Hrn. Calvert gehört. Da allein wurde in der That
ein Fund gemacht, der entscheidende Ergebnisse geliefert hat. Der Hügel erwies
sich als ein Massengrab. Obwohl bei der Grösse desselben nur erst ein Sector
desselben und die Spitze untersucht ist, so ist doch eine ganze Reihe von Skeletten
gefunden worden, zugleich mit einer ausserordentlichen Menge von Beigaben aller
Art. Auf diese Weise ist es möglich, eine bestimmte Chronologie zu gewinnen.
Ich möchte jedoch heute nicht definitiv über diese Sachen aburtheilen, weil
auch nach meiner Anwesenheit noch viel gefunden ist. Auch habe ich um so mehr
Grund, mich in dieser Beziehung reservirt zu halten, als durch die ausserordent-
liche Liebenswürdigkeit der betreffenden Herren, des Hrn. Calvert und des
Hrn. Schliemann, dieser ganze Fund unserem Museum geschenkt worden ist.
Ich habe vor wenigen Tagen die Nachricht davon durch Hrn. Schliemann er-
halten, der das Geld für die Ausgrabungen hergegeben hat, welche Hr. Calvert
auf seinem Grund und Boden hat ausführen lassen. Beide haben sich dahin
geeinigt, die Fundstücke dem Königlichen Museum zu geben. Wir werden also
später in der Lage sein, die Sachen selbst zu sehen und zu besprechen. Es ist
das unzweifelhaft der wichtigste Gräberfund, der in der ganzen Troas gemacht ist.
Er gehört in jene alte Periode, welche nach der gewöhnlichen Bezeichnung als
älteste Bronzezeit bezeichnet wird. Bronze ist freilich nur in ganz spärlichen
Rudimenten vorhanden. Die Mehrzahl der werthvolleren Fundstücke sind Stein-
geräthe, so dass ein begeisterter Steinalterthümler den Fund selbst in die Stein-
periode versetzen könnte. Indess man muss der Wahrheit die Ehre anthun und
zugestehen, dass schon etwas Metall dabei ist. Aber sicherlich ist es ein ganz
alter Fund, und er berechtigt allerdings zu der Schlussfolgerung, dass dieser Hügel
wesentlich einer ganz prähistorischen Zeit angehört. Er ist natürlich auch unter-
gebracht worden unter den Heroengräbern; Graf Choiseul schrieb ihn dem Troilus
zu. Ich will Sie mit diesen willkürlichen Vermuthungen nicht behelligen. That-
sache ist, dass dieser gewaltige Grabhügel, der wahrscheinlich auch künftighin noch
eine grössere Reihe von wesentlichen Dingen liefern wird, uns entschädigt für die
vielen Mühen, welche auf die übrigen Hügel vergeblich verwendet worden sind.
Ich werde mir erlauben, nächstens die anderen Punkte nachzuholen, für deren
Erörterung heute keine Zeit ist, um Sie in volle üebersicht zu setzen über die
Verhältnisse der alten „Städte" von Hissarlik. Für diejenigen, welche die thatsäch-
lichen Funde vergleichen wollen mit den Unterlagen, auf welchen die trojanische
Sage basiren dürfte, wird vielleicht gerade eine solche üebersicht von entscheidendem
Interesse sein,
(18) Hr. Virchow legt eine herrliche Sammlung von Zeichnungen und Skizzen,
(217)
sowie von Photographien nach Gemälden vor, welche ihm Hr. Maler Eugen Bracht
in Carlsruhe iu freundlichster Weise gesandt hat, nebst einem eingehenden Manu-
skript desselben, betreffend
vorgeschichtliche Spuren in der Lüneburger Heide.
Ilr. Bracht, dessen prächtige Bilder von Heidelandschaften uud megalitischen
Monumenten unseres Nordens längst die allgemeine Bewunderung erregt haben,
durchstreifte während der Jahre 1875, 187G und 1878 zu künstlerischen Zwecken
die liüneburger Heide und sammelte bei dieser Gelegenheit eine grosse Zahl von
Kinzelbeobachtungen über alte Feuerstein -Werkstätten und Gräber, welche er in
dem übersendeten Manuskript eingehend schildert und mit einem erläuternden
Atlas begleitet. Der Umfang des Manuskripts und des dazu gehörigen Atlas ge-
stattet an dieser Stelle nicht die Wiedergabe. Es muss leider vor der Hand ge-
nügen, die Hauptfundorte anzugeben uud die Schlussfolgerungen des Autors mitzu-
theilen.
Die Untersuchungen erstreckten sich auf folgende Punkte:
1) Den Wilseder Berg (den höchsten Punkt der Heide) und die Sanddünen
von Einem mit einem alten Gräberfelde;
2) Die prähistorische Niederlassung iu den Dünen bei Wehlen, ungemein reich
an geschlagenen Feuersteinen, von denen offenbar dort eine Werkstätte gewesen Ist,
darunter besonders charakteristisch eine grössere Reihe sogenannter Schaber;
3) Spuren von Niederlassungen südlich vom Wilseder Höhenzuge, namentlich
eigenthümliche Pflasterungen oder Heerdstellen;
4) Das obere Luhe-Gebiet mit einer Reihe einzelner Stationen, in denen Feuer-
stein-Werkstätten und Pflasterungen nachgewiesen wurden;
5) Der Hohlhorst und der Krüseberg im oberen Luhethal bei Steinbeck, mit
ähnlichen Werkstätten;
G) die Hünenbetten und Grabhügel von Oldendorf mit zahlreichen Resten von
geschlagenem Feuerstein;
7) die Grabhügel von Hambostel, V2 Meile südwestlich von der Luhe -Quelle,
grosse Steinhäufungen, in denen Bronzen gefunden wurden;
8) die analogen Grabhügel von Harmelingen mit Resten bestatteter Leichen,
Bronze und Thongeräth;
9) die Grabhügel bei Stübeckshorn, in denen neben analogen Fundstücken auch
gewundene Drahtstangen von reinem Golde, sowie kleine Pfeilspitzen aus
geschlagenem Feuerstein vorkommen.
Diese Orte liegen nördlich von der Eisenbahn, die von Uelzen nach Bremen,
und der Chaussee, die von Lüneburg nach Soltau führt.
Die Schlussfolgerungen, welche Hr. Bracht aus seinen Beobachtungen zieht,
sind folgende:
„Fragt man nach den Beziehungen zwischen den Resten aus den Gräbern und
denjenigen der Pflasterungen uud Feuersteinwerkstätten, so wird mau sich sagen
müssen, dass keine solchen nachweissbar vorliegen — die Bronzen könnten beiden
Perioden gemeinsam sein, dagegen haben die Feuersteinpfeilspitzen der Gräber
keine Gemeinschaft mit dem einfachen, gespaltenen Steingeräth von Wehlen und
dem Luhe-Gebiet.
„Die ersteren setzen eine weit kunstvollere Arbeitsweise und das Bedürfniss
nach schöner Form voraus — die letzteren sind eben das Nothdürftigste in prak-
tischer, aufs leichteste herzustellender Gestalt.
„Die zahlreichen Grabhügel des besprochenen Gebiets der Lüneburger Heide
(218)
sind allerdings erst zum kleinsten Theile gewissenhaft untersucht; viele derselben
sind der Steine wegen von den Bauern oder aus Neu- oder Habgier ') angegraben
und erst eine vollständige Kenntniss ihres Baues und Inhaltes wird einigermassen
sichere Schlüsse auf ihre Erbauer gestatten.
^Interessant ist es indessen, das Vorhandene unter sich und mit Aehnlichem an.
anderen Orten zu vergleichen.
^Das allerdings vorläufig nur dürftige Material ergiebt an Spuren von vor-
geschichtlichen Bewohnern:
1) blosse Brandstätten, wie sie, ähnlich der vom Wilseder Berg, zu Tausenden
in der Heide zu finden sind und beim Bepflügen zu Tage treten, in
Verbindung mit primitiven Gefässscherben.
2) Längliche Pflasterungen in Gemeinschaft mit ebensolchen Scherben, ohne
Feuersteinsplitter.
3) Runde, kleine Pflasterungen mit den Resten von Feuersteinbearbeitung,
ohne Gefässscherben.
4) Bearbeitungsstellen des Feuersteins an der Stelle selbst, wo das Rohmaterial
zu finden war, zu geeigneten Knollen für die Spaltung.
5) Bearbeitung der Geräthe an einer Niederlassung oder an anderen Orten,
ohne Gefässreste.
G) Feuersteingeräthe ursprünglicher Art, in Gemeinschaft mit verzierten ürnen-
scherben im Schutte der grossen Hünenbetten mit Steinsetzungen zu Olden-
dorf; weiterer Inhalt dieser gewaltigen Gräber?
7) Grabhügel mit Steinlagern für Leichenbestattung, mit oder ohne Bronze-
beigaben, ohne Urnen,
8) Grabhügel mit Urnen für Knochen und Asche von verbrannten Leichen,
mit Bronzebeigaben und Bernstein.
9) Grabhügel mit Steinkammern und eben solchen Resten von Leichenbrand,
ohne Beigaben.
10) Grabhügel mit Steinkammern und eben solchen Resten von Leichenbrand,
mit Beigaben.
1 1) Grabhügel mit begrabenem Schädel und einigen anderen Knochen, ohne
Beigaben.
„Was hiervon zusammengehörig ist und was zeitlich geschieden, sowie in wel-
cher Ordnung auf einander folgend, das wäre lehrreich zu ergründen!
„Auffallend ist in allen Grabhügeln das Fehlen der einfachen, gespaltenen Feuer-
steingeräthe, deren Anfertigung wir in der Nachbarschaft verfolgen können, oder
selbst von blossen Splittern und Abfällen, mit welchen der Boden der grossen
Grabkammern des Nordens bestreut ist. Bei einigen wenigen Grabhügeln unter
den Hunderten, die ich in der Heide besucht habe, fand sich wohl auf dem
Hügel oder dicht daneben eine Stelle, an welcher offenbar Messerchen oder dergl.
gespalten worden waren ; ob und welcher Zusammenhang da vorlag, war ohne gründ-
liche Untersuchung nicht zu errathen. Dies war unter andern der Fall bei einem
von zwei, zwischen Dehnsen und Thausen (nicht weit von Ameliughausen) liegenden
Grabhügeln; desgl. bei mehreren eines grossen Grabhügelfeldes, welches zwischen
Dehnsen und Kehrhof in öder Heide eine Anhöhe krönt; ein zwischen den Grab-
1) Ein Engländer, Mv. J. Kemble, war in den Jahren 1850—1851 in dieser Gegend
um .Alterthümer zu graben", und soll auch mehrere Kisten voll nach England geschickt haben;
wir sehen öfters seine Bohrlöcher in den Urabhügein, nachdem uns die Bauern darauf auf-
merksam gemacht hatten.
(219)
hügeln im Boden steckender Granitblock hatte allerdings auch als Dnterlegstein
gedient, wie aus den um ihn her gesplitterten Stücken hervorging. Von dem In-
halte der Hügel weiss ich leider nichts zu sagen, als dass ein angegrabener davon
eine gewöhnliche rundbauchige Urne enthalten hatte, nebst Knochen mit Querrissen
vom Feuer.
„Ferner verdanke ich der freundlichen Mittheilung des Hrn. Hilseuberg, dass
sich bei einer (jruppe von 8 — 10 Grabhügeln, welche auf der Höbe zwischen
Wilsede und Ober-Haverbeck gelegen sind, eine Sandmulde befindet, mit den Resten
von Feuersteinbearbeitung, Unterlegsteinen, Splittern, Kernen und kleinen Geräthen,
sowie einem roh geschliffenen Beil aus Sundstein, welches ich indessen nicht von
Augenschein kenne; ferner im Räume zerstreut ca. 25 handgrosse, ca. 1 cm
dicke, regelmässig geformte Platten von Gneiss, welche geglüht erscheinen, und
nicht gerade das Aussehen zufälliger Geschiebe haben. Die Sandmulde liegt
so mitten in der Gräbergruppe, dass eine Zusammengehörigkeit natürlich erscheint.
Hr. Hilsenberg Hess den nächstgelegenen Grabhügel abtragen und ergab der-
selbe: 1) ganz oben dicht unter dem Heidekraut eine Urne, deren Inhalt von den
Wurzeln durchwachsen und aufgezehrt war; 2) tiefer und seitlich davon eine kleine
Kammer aus schmalen Steinen, mit Saud gefüllt, mit einer Urne nebst Knochen
und Aschenresteu ; 3) fast unter der zuerstgefuudenen Urne, aber einige Fuss tiefer,
eine dritte Urne mit gleichem Inhalt — sämmtlich zerdrückt,
„Aus den verschiedenen Funden auf verschiedene Culturstufen und weiter auf
grosse Zeitunterschiede zu schliessen, wobei das Einfache in fernes Alterthum ge-
schoben, das Kunstfertigere uns näher gedacht würde, will ich lieber unterlassen;
abgesehen davon, dass man damit auf das Gebiet der Vermutbungen geräth, spricht
ein Umstand eher gegen solch anscheinend natürliche chronologische Anord-
nung. Die Töpferarbeit der Grabhügel nehmlich mit ihrer Bronze, ihren Gold-
spiralen und kunstvoll geschlagenen Steinpfeilen hat meistens neben diesem Luxus
das jämmerlichste Thongeschirr, zum Theile ganz schlecht geknetet, kaum gehärtet
und von unschönen Profilen. Die grossen Hünenbetten von Oldendorf scheinen in
Verbindung mit der primitiven Feuersteinbenutzuug, aus den Bruchstücken zu
schliessen, bessere Arbeit, Verzierung und Brand an ihren Urnen zu enthalten;
auch das Bruchstück einer Urne aus einer mächtigen ^teinkammer unweit Ame-
lingshausen zeigt vortreffliche Arbeit und dekorative Verzierungsweise. Dieselbe
erinnert au diejenige der schönen Verzierungen der Urnen, welche den riesigen
Ganggräberu des Hümmlings im Herzogthum Aremberg-Meppen entstammen, denen
gemeinsam mit den ganz gleichartigen Dolmen oder allees couvertes der Bretagne
doch ein hohes Alter zugemessen wird.
„Das absolute Fehlen von Thongeschirren dagegen, in ihren sonst unvergäng-
lichen Bruchstücken, in der Wehlener Dünenumwallung bei sichtlich langer Be-
wohnung, langem Gebrauch von Feuer auf Steinpflaster- Unterlage, das eben solche
Fehlen derselben bei den Pflasterungen von Bispingen — führt uns direkt zu der
Vorstellung einer Bevölkerung, die sich ohne Kochgeschirr zu behelfen wusste;
ein Bronzekessel könnte allerdings zum Abknochen gedient haben, doch würde
ein solcher den Gebrauch von anderweitigem Geschirr nicht etwa überflüssig
machen, sondern geradezu bedingen. Heute fragt man übrigens, um Schlüsse zu
ziehen, nicht nach dem, was früher einmal gewesen sein muss oder kann, sondern
lediglich nach dem, was von dem Früheren noch greifbar übrig ist; es handelt sich
um Ansammlung und Vergleichung von Material. Ein kleiner Beitrag hierzu
sollen diese Zeilen sein." —
Hr. Virchow dankt Hrn. Bracht für die ungewöhnlich reiche Gabe, wie sie
(220)
eben nur ein wahrer Künstler spenden kann, und hofft, dass die Aufmerksamkeit
des offenbar für derartige Untersuchungen besonders befähigten Mannes auch ferner
den prähistorischen Dingen zugewendet bleiben möge. Schon lange konnte es als
ein bedauerlicher Mangel betrachtet werden, dass unsere Landschaftsmaler sich den
oft so malerischen Denkmälern unserer Vorzeit nicht zuwendeten. "War ihnen doch
vor Allen die dankbare Aufgabe gestellt, durch die Wiedergabe dieser Denkmäler
deren Kenntniss und das Interesse an ihnen zu beleben, und da, wo die Zerstörung
derselben droht, wenigstens die Erinnerung an sie der Nachwelt zu erhalten. Wir
können von grossem Glück sagen, dass ein so begabter Maler noch rechtzeitig diese
Aufgabe erfasst und in so gelungenen Werken durchgeführt hat. Es ist das ein
Trost für so manche Enttäuschung, die dem Alterthumsforscher auf seinen oft so
mühseligen Wegen wird, und zugleich ein reicher Lohn und eine rechte Aufmunte-
rung. Man sieht, wie das Interesse an unseren Bestrebungen in immer grössere
Kreise dringt, und wie selbst Männer, deren Lebensaufgabe scheinbar in ganz an-
derer Richtung liegt, sich für die Zwecke der vorgeschichtlichen Forschung er-
wärmen. Möge dieses erfreuliche Ereigniss eine gute Vorbedeutung für die Zu-
kunft sein!
In Bezug auf die P^rwähnung von Kemble ist zu bemerken, dass das sehr
verdienstliche Werk desselben (Horae ferales) eine der besten Unterlagen für das
Studium der Alterthümer von Hannover bildet.
(19) Eingegangene Schriften:
1) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Nr. 5.
2) Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. IX., Nr. 4 — 6.
3) Guido Cora, Cosmos. Vol. V., Nr. IIL, V.
4) Bulletins de la societe d'anthropologie de Paris, tom. 12, (ser. III.), fasc. i,
5) Nachrichten für Seefahrer. 1879: Nr. 20, 21, 22, 23.
6) Annalen der Hydrographie. 1879. Heft 5.
7) Materiaux pour l'histoire de l'homme. Ser. 2, tom 10, livr. 2, 3.
8) Boletina da sociedade de Geographia de Lisboa Nr. 4, Dec. 1878.
9) Verhandlungen des Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung zu Ham-
burg, Band IIl.
10) A Meitzen, Die Ausbreitung der Deutschen in Deutschland. Gesch. d. Verf.
11) 0. Waeber, Beiträge zur Anthropologie der Letten. Gesch. d. Hrn. Virchow.
12) Bruhns und Hirsch, Verhandlungen der Europäischen Gradmessung. Berlin
1879. Geschenk des Hrn. Virchow.
13) Atti della r. Accademia dei Lincei. Vol. III., Fasc. 6.
14) Schriften der Moskauer Gesellschaft für Ethnol., Anthrop. u. Naturgesch. T. 31.
15) Nicolucci, Armi ed utensili in pietra della Troade. Gesch. d, Verf.
Druckfehler: S. 59, Z. 29 v. oben Rinde statt Kinde.
Ausserordentliche Sitzung am 12. Juli 1879.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Als neue Mitglieder werden angemeldet:
Hr. C. B. Ruttledge, M. D. Ingatestone, Essex, England.
Hr. Büchtemann, Director der Potsdam-Magdeburger Eisenbahn, Berlin.
Hr. Dr. G. Goetz, Ober-Medicinal-Rath, Neustrelitz, Mecklenburg.
Hr. Dr. Boer jun., Berlin.
Hr. Dr. Palm, Berlin.
Hr. A. Naphtali, Vereidigter Makler, Berlin.
Hr. Dr. M. Erdraann, Gymnasiallehrer, Züllichau.
Hr. Dr. Vater, Ober-Stabsarzt, Spandau.
Hr. Dr. jur. R. von Kaufmann, Berlin.
(2) Hr. Bastian berichtet in einem an den Vorsitzenden gerichteten Briefe,
d. d. Macassar, 16. Mai, über seine
Reise im indischen Archipel.
Nach diesem Briefe hat Hr. Bastian Amboina und Timor besucht, und dort so-
wohl, als in Macassar Verbindungen für die liesellschaft augeknüpft. In Koepang
(Timor) traf er mit unserem correspondirenden Mitgliede, Hrn. Riedel, zusammen, der
dahin versetzt ist und nach, wie vor, für die Zwecke der Gesellschaft thätig sein
wird. Das Befinden des Reisenden ist ein günstiges.
(H) Hr. Fi n seh meldet in einem an den Vorsitzenden gesandten Brief, d. d.
Washington, den 21. Mai d. .J. seine bevorstehende Abreise nach dem Westen.
(4) Kine Reihe von englischen Gelehrten, darunter Professor Max Müller,
hat eine Petition an den Gouverneur des Caps, Sir Bartle Frere, ge-
richtet, in welcher derselbe aufgefordert wird, die Stelle des verstorbenen Biblio-
thekars der Grey Library in Cape Town, Dr. Bleek, mit einem anderen tüchtigen
Philologen zu besetzen.
Der Vorsitzende erklärt, dass auch unsere Gesellschaft sich diesem Wunsche
auf das Lebhafteste anschliesse. Die Verdienste des Dr. Bleek, unseres früheren
correspondirenden Mitgliedes, sind noch in Aller Erinnerung.
(222)
(5) Hr. Gymnasiallehrer Max Erdmann berichtet über
Urnenfelder und einen Runenstein bei Züllichau.
Beim Bau der Posener Chaussee wurde gleich hinter dem Dorfe Krummeu-
dorf im Jahre 1860 ein ürnenfeld aufgedeckt, aus dem die beiliegenden Sachen
stammen. Es sind dies die einzigen erhaltenen Reste; alles andere ist von den
Arbeitern damals zerschlagen und vernichtet worden. Später hat man zwar auf
dem Felde zu beiden Seiten der Chaussee Scherben, nicht aber wieder Urnen ge-
funden. Die Urnen befanden sich ganz etwa 40 cm unter der Erde, und zwar stand
die in Scherben, Nr. 1, erhaltene auf einem Boden von Steinen. Neben ihr be-
fanden sich die Gefässe, von denen nur der Hals und Scherbe 2 übrig geblieben
sind. Beim Herausnehmen sind alle 3 Gefässe zertümmert worden. In der Urne
von 1 lagen ausser den Sachen, die ich übersende: „ein Wirtel, Knochenreste, eine
bronzene Schnalle, eine eiserne Nadel, ein Gewinde einer Fibula?", die erst nach-
träglich zerbrochen resp. blank geputzt worden sind, zwei Stückchen Gold-
drath, gerade, und wie ein Bindfaden zusammengedreht. Der Besitzer des Gutes
hat daraus unter Beibehaltung der alten Form zwei Kreuzchen für seine Nichten
herstellen lassen. Das Gold ist ganz blank und rein gewesen. Knochenstücke
waren sehr viele in der Urne,
In der Nähe desselben Dorfes hat man auch einen runden Stein gefunden von
etwa 45 cm Durchmesser, dessen obere Seite gewölbt ist, die untere aber ganz
platt. In der Mitte ist der Stein durchbohrt. Leider ist er in drei Stücke ge-
spalten, von denen nur zwei vorhanden sind. Ich glaube, dass es der obere Theil
einer Steinmühle zum Zerquetschen des Getreides ist. Auch dieser Stein befindet
sich schon seit langer Zeit im Besitz jenes Gutsbesitzers.
Ferner hat man im vergangenen Winter beim Bau der Chaussee nach dem
Dorfe Radewitsch Urnen und darin eine Nadel gefunden, die mit dem prächtig-
sten Edelrost überzogen war. Trotz der grössten Mühe habe ich weder Scherben
noch eine Crne bekommen, denn die Arbeiter, nach Schätzen begierig, — denn von
dem Goldfund sprach seiner Zeit die ganze Gegend, — haben Alles zerschlagen; auch
jene Nadel, excl. Spitze 10 crn lang, war von ihnen beschädigt und zerbrochen.
Der Schneefall verhinderte weitere Nachforschungen, und seit dem Frühjahr ist das
Wasser der Obra von dem Terrain noch nicht heruntergekommen.
Endlich füge ich noch die Inschrift eines Felsblockes bei, der nicht weit vom
Dorfe Heinersdorf im Walde liegt. (Bei Züllichau giebt es mehrere erratische
Blöcke.) Der Block ist von ziemlich regelmässiger Gestalt und hat 9 m Umfang
und 2,30 m Höhe. Nach oben spitzt er sich etwas zu und hat mehrere Kanten.
Die Inschriftseite ist ziemlich eben und regelmässig; die Inschrift steht 95 cm über
9 cm.
ijumiir
dem Erdboden, 5.'i cm vom linken und 50 cm vom rechten Rande entfernt und hat
eine Länge von 80 cm. Der Kreis ist etwas unregelmässig. Nach meinen Erkun-
digungen weiss man von diesem Stein seit 1815 und hat auch danach ein in der
(223)
Nähe gelegenes Vorwerk „Runenthal" genannt. Einzelne Zeichen habe ich auf den
Runensteinen des Kopenhagener Museums gesehen; aber das Ganze zu deuten, ist
mir nicht möglich, und ich wende mich desshall) an Sie. Bemerken will ich noch,
dass die Zeichen mehr eingeritzt als eingemeissr-lt sind, so dass z. B. die im Kreise
stehenden, die noch dazu, wie überhaupt der ganze Stein, mit Flechten überwachsen
sind, nur schwer zu entziffern sind. —
Hr. Virchow bemerkt, dass die ürnenscherben von Krummendorf ein etwas
verschiedenes Aussehen zeigen. Die Stücke Nr. 1 und 2 sind einander so ähnlich,
dass die Vermuthung nahe liegt, sie möchten zu demselben Getäss gehört haben.
Beide sind Randstücke eines weiten Gefässes mit niedrigem, glattem, wenig abge-
setztem Rande und weitem Bauche. Von Henkeln ist nichts daran zu sehen. 4 cm
unterhalb des Randes läuft eine tiefe eingeritzte Linie um das Gefäss; an dieselbe
setzen schräge, gleichfalls sehr tiefe Doppellinien an, welche grosse Dreiecke um-
grenzen. Die Stücke sind dick, das Material grob, mit Kiesbrocken untermischt,
aussen glatt und schwarz, auf dem Bruch rauh und gleichfalls schwarz. Das dritte
Stück ist ganz anders beschaffen: es ist der allerdings stark verletzte, 7 cm weite
und 4 cm hohe, mit einem sehr engen, am Uebergange des Halses zu dem weit
ausgelegten Bauche angesetzten Henkel versehene Hals eines feineren, äusserlich
geglätteten, mehr gelben Gefässes. Der kleine Rest vom Bauch zeigt flache, parallele,
senkrechte Einritzungen. Der ganze Habitus dieses Gefässes entspricht dem lau-
sitzer Typus.
Dazu kommen gebraunte Menschenknochen und gebrannte Steine (Glimmer-
schiefer), ein stark verbrannter Thouwirtel, ein recht gut erhaltener, 9,5 cm langer
eiserner Stab mit einem zugespitzten Hinterende (Dorn), einer dickeren, vierkantigen
Mitte und einem nach Art eines kleinen Stemmeisens zugeschärften Vorderende,
ein Stück einer ganz frisch aussehenden, zerbrochenen Fibula, aus einem Bronze-
draht gewunden, und endlich mehrere stark oxydirte Stücke eines mit 2 ßronze-
nägeln durchsetzten, platten Bronzebeschlages, der wohl kaum als Schnalle wird
aufgefasst werden können, sondern eher zu einem Gefäss gehört haben dürfte.
Durch das Vorkommen von Gold erlangt dieser Fund ein besonderes Interesse.
Ob die Fibula und das kleine Stemmeisen in der That dazu gehören, erscheint
nach der guten Erhaltung der Stücke nicht ganz zweifelsfrei.
Was den sogenannten Runenstein anbetrifft, so ist Hrn. Müllenhoff Kennt-
niss von dem Schreiben gegeben worden und hat dieser Gelehrte die Sache für
wichtig genug gehalten, um eine besondere Untersuchung des Steines zu ver-
anlassen. —
Im Anschlüsse daran zeigt Hr. Virchow eine Notiz aus dem American Anti-
quarian. Vol. I. Nr. o, in welcher Hr. Reid von Hudson, Ohio, über
einen eingeschriebenen Stein vom Grave Creek Mound
berichtet. Seine Mittheilungeu lassen die Zuverlässigkeit dieser Inschrift sehr
zweifelhaft erscheinen. —
(6) Hr. Dr. Jakob in Coburg berichtet über
Näpfchensteine an der Moritzkirche zu Coburg und einen muthmasslichen, alten
Weihwasserstein zu Milz bei Römhild.
Au der Moritzkirche, der Hauptkirche Coburgs, sieht mau, wie an gewissen
anderen Kirchen Deutschlands, ausser vielen 2—4 cm tiefen und 15 — 20 cm langen
(224)
Rinnen an der Aussenseite der Steinwände, die oft reihenweise in den Sandstein
eingerieben sind, kleine, etwa 1 — 2 cm tiefe und 2 — 4 cm im Durchmesser haltende,
in die Sandsteinquadern eingeriebene, Schüssel- oder napfförmige Vertiefungen.
Dieselben befinden sich an der Westwand der Kirche und an den Seiten der
zum Hauptportal führenden Steintreppe, in dessen Seitennischen die Steinbilder
Adams und Evas stehen. Sie erstrecken sich durchschnittlich nicht über das
Höhenniveau eines Meters vom Boden aus und stehen einzeln oder in Gruppen
bis zu 25 Stück an der Aussenseite eines Steins.
Zuweilen stehen drei Näpfchen in der Form eines Dreiecks beisammen, zwei
nach oben die Basis und eins nach unten die Spitze desselben bildend.
Die Näpfchen sind theilweise gut erhalten und innen glatt , meistentheils aber
ist die Innenfläche derselben vom Wetter angegriffen und rauh anzufühlen. Kreis-
furchen um dieselben sind nicht vorhanden, auch keine Kreise mit Kreuzspeichen
oder sonstige Verzierungen.
Obschon 1225 ein Kirchenvoigt Coburgs urkundlich aufgeführt wird, so ist
doch das Westportal und die Westseite der Moritzkirche, die von zwei Thürmen
flankirt ist, erst 1420 erbaut (Joh. Gerh. Grüner, Histor. statistische Beschr. des
Fürstenth. Coburg S. 132, Coburg 1783). Der rechte Thurm, welcher ausgebaut ist,
trägt die in Stein gehauene Jahreszahl 1450. Auf Grund dieser historischen Nach-
richten gehören also die erwähnten Näpfchen oder Schalensteine dem Mittelalter
an, da die Annahme, dass prähistorische Näpfchensteine in das Fundament der
Moritzkirche eingemauert seien, durch nichts zu begründen ist.
Auch die schon erwähnten Rillen an vielen Kirchen Deutschlands dürften dem
Mittelalter und sogar der Neuzeit angehören, ohne dass die Entstehung derselben
in der Gegenwart ausgeschlossen ist. So sieht man in den Sandsteiuquadern des
Süd- und Nordportals der Heiligkreuzkirche Coburgs, deren Thürdecksteine die
Jahreszahl 1737 tragen, gerade, mehr oder minder tiefe Rillen, die noch von Kindern
mit gebrannten Ziegelstücken ausgerieben und zuweilen von Ziegelstaub geröthet
sind. Dergleichen Rillen findet man auch an den Einfassuugssteinen des nördlichen
Eingangs zum Zeughaus in Coburg, an den Stadtthürmen und an verschiedenen
alten Mauern Coburgs, deren geschichtlich festgestelltes Alter jedoch nicht immer
bis in das Mittelalter zurückreicht. Ich theile deshalb bezüglich der Rillen die in
den Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie Bd. X., S. 58 auf-
gestellte Meinung des Dr. Voss, dass die Entstehung jener Sandsteinrillen auf die
weit verbreitete CJuart von Kindern zurückzuführen ist, mit Ziegelstücken Sand-
steinfurchen auszureiben, und erinnere ich mich aus meiner Kindheit, solches öfters
gesehen zu haben, wie auch, dass Kinder au den Seitenwänden jener Steinfurcheu
ihre Schiefergriffel schärften.
Ein muthmasslicher alter Weihwassersteiu befindet sich in dem Dorf Milz
bei Römhild. Dort ist in die Ostseite des Mauerunterschlags des dem Oekonom
Christian Peter zu Milz gehörigen Hauses ein durch künstlich, hergestellte
Vertiefungen auffallender Stein eingemauert. Derselbe , Buntsandstein , ist ur-
(225)
sprünglich 32 cm breit und 36 cm laug gewesen, ist aber jetzt nicht mehr voll-
ständig erhalten. In der Mitte desselben sind drei runde Vertiefungen, an der
Oeffnung 6 cm weit und 8 cm tief. Die Höhlung gleicht dem Innern einer Ober-
tasse. An jeder Ecke des Steins ist eine vorspringende kleinere runde Vertiefung
von 6 cm Weite an der Oeffnung und 6 cm Tiefe. Zwischen je zwei Eckvertiefungen
springt in der Mitte eine gleich grosse Vertiefung vor, so dass die 8 Seitennäpfe
je eine Seitenreihe von drei Näpfen bilden. Niemand im Dorf kennt den Ursprung
dieses Steins, und da er in der Mauer steckt, so sieht man nur die Aussenfläche
und ist über Grösse und Form des Steins im Unklaren.
Ueber alte Weihwassersteine zu wenig unterrichtet, bin ich im vorliegenden
Fall durch Vergleichung mit den Abbildungen alter Weihwassersteine (S. Nilsson,
die Ureinwohner des Scandinavischen Nordens, Nachtrag S. 48 und 49) und aus
historischen Gründen zu der Annahme hingeleitet worden, dass der erwähnte Stein
ein alter Weihwasserstein sein könnte, indem geschichtlich feststeht, dass in Milz
783 p. Chr. von einer reichen Edeldame Emhild ein Nonnenkloster gegründet wor-
den war, welches jedoch schon 805 von den Sorbenwenden zerstört wurde. Auch
ist die ursprüngliche Klosterstätte, die etwa 100 Schritte von dem gedachten Hause
entfernt war, noch bekannt.
Immerhin bleibt der in Frage stehende Stein eine interessante und auffallende
Erscheinung, dessen ursprüngliche Verwendung noch einer competenten Erklärung
bedarf. —
Der Vorsitzende behält sich vor, die Näpfchensteine bei einer späteren Ge-
legenheit zum Gegenstande einer Diskussion zu machen, glaubt aber schon jetzt
vor einer zu weit getriebenen Unterschätzung der Grübchen und Rillen an Kirchen-
mauern warnen zu sollen.
(7) Hr. Direktor W. Schwartz in Posen berichtet, im Anschlüsse an frühere
Mittheilungen (Sitz, vom 22. Juni und 19. Oct. 1878, Verh. S. 276, 314) über eine
neue Ausgrabung in Slaboszewo, und zwar zweier sogen. Hünengräber mit Siteletten,
Steinbeilen u. s. w.
Am 3. und 4. Juni d. J. fand eine Ausgrabung in Slaboszewo im Mogilnoer
Kreise, zu welcher die Freundlichkeit des Besitzers von Slaboszewo, Hrn. Tiede-
mann, die Gelegenheit geboten, statt. Anwesend waren ausser dem genannten
Herrn, sowie dem Berichterstatter, Hr. Dekan Dydynski aus Klecko, Hr. Vikar
J(;draszkiewicz aus Szczepankowo und Hr. Albin Kohn aus Posen, Die Aus-
grabung erstreckte sich auf zwei grosse sogen. Hünengräber, die etwa 1 km
vom Dorfe ab, am Wege nach Szczepankowo zu liegen, und zwar östlich von dem
sogenannten Blonie-Bruch. Südlich von beiden Gräbern ist ein, von nassen Wiesen
umgebenes Wasserloch. Das höher gelegene Grab wurde zuerst untersucht. Es
zieht sich von Ost nach West, hat eine Ausdehnung von etwa 15 m. Nach der
Nordseite zu zeigten sich zunächst eine ganze Reihe gewaltiger Granitblöcke,
an welche sich auf der Westseite eine Art Grabkammer in Länge von 6 m und
1 m Breite reihte, an die sich dann nach Süd -Westen vorspringend eine andere
mehr quadratische anschloss, so dass die Anlage des Ganzen nach dieser Seite hin,
von Süden aus gesehen, einen bastionartigen Charakter hatte. Innerhalb dieser
Grabkammern wurde nichts gefunden, selbst nicht einmal die Spur einer Scherbe.
Als sich die Untersuchung nach der offenen Südseite wandte, und zwar von der
Süd-Ostecke an, wo ein grosser Granitblock die Grenze der Steinsetzung anzeigte,
Verhandl. der Berl. Antropol. Gesellichaft 1S73. 15
(226)
stiess man in dem lehmigen Boden in der Tiefe von 40 cm auf eine ziemliche An-
zahl Schädel, Menschen- und Thierknochen , von letzteren besonders Kinn-
backen, Zähne, Wirbelknochen und Schulterblätter. Hier fand sich auch unmittel-
bar bei einem Gerippe in der Nähe von Knochen, die wie Finger aussahen, ein
Meissel aus Rehhorn, schön erhalten, mit charakteristischer Schärfe oben und an
der einen Seite mit einer Rinne wie zum Einschäften versehen. Dann stiess man
auf zwei kleinere Urnen, welche mit der Oeffnung nach unten gestellt waren,
von denen aus dem fetten Boden aber nur Scherben gerettet werden konnten.
Ebendaselbst wurde zu grosser üeberraschung ein schöner Feuerstein-Meissel,
von schiefergrauer Farbe, 11 cm lang und ca. 6 cm breit und schön geschliffen, ent-
deckt. Fast gleichzeitig ging von dem anderen Grabe, wo inzwischen auch die
Ausgrabung begonnen hatte, die Meldung ein, dass zwischen zwei grossen Steinen
in der Tiefe eines Meters ein Feuerstein-Meissel derselben Art, auf allen Sei-
ten noch wie neu im Schliff, 8 an lang, vorn eben so breit gefunden sei. Schon
erachtete man nach Allem die Ausgrabung des ersten Grabes für erschöpft, als bei
weiterer Untersuchung an der Südseite man dicht unterhalb des Südrandes des
Grabes, in einer Tiefe von 1,10 m gewaltige Steinplatten fand, die mit gewöhn-
lichen Steinen bedeckt waren. Nach Abräumung der letzteren, sowie der grossen
Deckplatten zeigte sich hier der Anbau eines rechteckigen, kolossalen Stein-
kistengrabes, welches mit gewaltigen Platten bedeckt und umstellt war. Die
Hauptdeckplatte hatte eine Länge von 93 cm, eine Breite von 68 cm und eine
gleichmässige Dicke von 27 cm. Mit grosser Mühe gelang es endlich, dies Grab
zu öffnen und zu den Urnen zu gelangen. Es waren deren 9, sehr verschieden,
zum Theil gewöhnliche, zum Theil schöne, mit napfartigen Deckeln zugedeckt,
von welchen zwei besonders charakteristisch waren , indem sie im Bauche 37,5 cm,
in dem, den Verschluss bildenden Falz 35 cm, in der Peripherie 6 cm umfassten
und oben mit einer Art Knopf versehen waren, der hutartig diese Deckelgefässe
schloss. Oben befanden sich in denselben als Verzierung zwei, 7 mm breite con-
centrische Kreise. Besonders schön war eine Urne mit knopfartigen Buckeln und
zwar drei Paaren, sowie eine andere vom intensivesten Schwarz innen und aus-
wendig, mit vorhangartigen Verzierungen ringsherum.
Die Urnen waren sämmtlich mit Knochen gefüllt und in einer derselben waren
Ueberreste einer bronzenen Spange, an der stellenweise noch zinnartige Masse
zu Tage zu treten schien. In zwei anderen Urnen befanden sich Ueberreste von
ziemlich grossen Nadeln eisenartigen Gehalts.
Diese Steinkiste, welche dem Hünenbette, wie erwähnt, angebaut war, hatte
die Richtung von Nord nach Süd und eine Länge von 1,50 m, eine Breite von
67 und 72 cm, und eine Tiefe von 74 cm. Eine an der Südseite derselben
etwas schräg stehende, bedeutend dünnere Platte als die, die anderen drei
Seiten des Grabes bildenden Steine, schien zum Verschluss des Grabes gedient
zu haben. — Als Curiosum sei noch bemerkt, dass eine der Urnen, welche einige
kalcinirte Knochen enthalten hat, zu '/4 i^it Wasser gefüllt war, während die
anderen in gleicher Höhe stehenden Urnen mit feuchtem Sand und kalcinirten
Knochen, oder mit Lehm und eben solchen Knochen angefüllt waren, und nur die
zuletzt herausgebrachte, mit einem schwarzen napfartigen Deckel zugedeckte wenig
kalcinirte Knochen ohne jede sonstige Beimischung enthielt. Asche und Kohlen
wurden in keiner der gefundenen Urnen, noch sonst in dem hier in Rede stehen-
den Steingrabe gefunden. — Unter den aus der Steinsetzung herausgeschafften
Knochen befand sich auch ein kleines zugespitztes Instrument aus Hörn (möglicher-
weise eine Lanzenspitze.)
(227)
Die AufgrabuDg des anderen Hügels hatte gleichzeitig fortgedauert. Auch hier
war man auf ungefähr 3 Skelette gestosseu, bei denen sich, wie in dem vorher-
beschriebenen Hünengrabe, auch Thierknochen in Menge vorfanden. Auffallend
ist es, dass diese Thierknochen lediglich in Schenkeln, Rückenwirbeln, Schulter-
blättern und Unterkiefern — jedoch nur den die Backenzähne enthaltenden Theilen
— von Wiederkäuern bestanden.
In der Mitte fanden sich weiter hier zuerst an einer Stelle Scherben überein-
ander, dann zwei grössere Urnen, eine von ihnen mit einer aus senkrechten Strichen
in Intervallen geraachten Verzierung. Diese beiden Gefässe zerfielen jedoch sofort.
Am folgenden Tage (4. Juni), wo dieser Stätte besondere Aufmerksamkeit gewidmet
wurde, fand sich hier ein zweiter, noch kleinerer, als der vorher hier gefundene,
nur 7 C771 langer, und an der Schneide 3,7 cm breiter Feuersteinmeissel aus
demselben schiefergrauen Feuerstein, wie die beiden Tags zuvor gefundenen. Fast
in der Mitte <ler Grabstätte traf man zuletzt auf ein Skelet, neben welchem sich
rechts vom Schädel ein krugartiges, leeres, ganz rohes, den Eindruck der Fin-
ger, die es geknetet, an sich tragendes Zeremon iengefäss befand, während links
von dem Skelet ein kleines Dior it bei! resp. Meissel von 8,50 cm Länge und
4,50 cm Breite an der Schneide ausgegraben wurde. Auch dies Skelet war, wie alle
übrigen, dermassen vermorscht, dass es in kleine Knochenbrocken zerfiel.
Nördlich vom ersten Grabe wurde eine Steiusetzung in Kreisform mit
einem Durchmesser von 1,35 m entdeckt. Diese Steinsetzung, drei Steine über-
einander, verjüngte sich nach unten. Die Steine waren meist rund und hatten
durchschnittlich eine Höhe von 31 cm. Im Innern dieses nach Westen zu offenen
Steinkreises befand sich eine ungefähr 3 cm dicke, rothgebrannte Lehmschicht, Spuren
von Asche und Kohlen waren nicht vorhanden; dagegen hatte man östlich von diesem
Steinkreise Tags zuvor (in der Entfernung von ungefähr 5 — 6 Schritt) beim Sondiren
des Bodens Kohlen und durch Feuer zerbröckelte Steine in einer Tiefe von etwas
über 30 cm gefunden. Die Kohlen stammen augenscheinlich nicht von Nadelholz. —
Zu diesem gleich an Ort und Stelle in den Hauptsachen aufgenommenen Pro-
tokoll wird noch bemerkt, dass namentlich die erste Grabstätte Analogien zu dem
früher in Zdziechowo aufgegrabenen bietet, sowohl in der Anlage der genannten
Grabkammern, als in der eigenthümlichen Verbindung mit einem grossen Stein-
kistengrabe, nur war ein solches in dem Slaboszewoer angebaut, dort schien
eine der Grabkammern dazu benutzt worden zu sein. Die Gerippe, Stein-
beile, der Meissel aus Rehhorn, die Thierknochen waren den beiden Slaboszewoer
Gräbern eigenthümlich ^),
Postscr. Die Schädel von Uljeno sende ich zu den früheren von Hrn. Sar-
razin eingeschickten ein. Die drei mit einem Kreuz oben bezeichneten rühren aus
den Steinkanälen her; der, bei welchem das Kreuz vorn ist, ist in sofern der charak-
teristischste, als das erwähnte Messer bei ihm lag. Die Knochen von den Hünen-
betten bei Slaboszewo gehen gleichzeitig an Dr. M. Kuhn mit der Bitte, zur Er-
gänzung beistehenden Berichts die Thierknochen näher feststellen zu lassen. Dabei
sind auch einige Schädelfragmente und zwei Zähne, die ein hiesiger Arzt für Frauen-
zäh ne erklärt hat. —
1) Wie die Erde überall Spuren der verschiedensten Vergangenheit birgt, davon legten
zwei Funde Zeugniss ab, die zufällig gleichzeitig auf dem Slaboszewoer Felde gemacht wur-
den. An einer Stelle fand man einen mittelalterlichen Sporen und von den Deutschrittern
geschlagene Münzen, an einer anderen ein kleines russisches Heiligenbild, den heiligen Nico-
laus darstellend, von der Art, wie man sie öfter findet (auch in der Mark) und wie sie wohl
aus dem Durchzug der Russen aus dem Jahre 1813 herstammen.
16*
(228)
Hr. Virchow behält sich eine Besprechung der Schädel vor, welche zu einem
grossen Theil so verletzt angekommen sind, dass erst eine umfassende Restauration
derselben vorgenommen werden muss.
(8) Der Direktor des Museums in Oldenburg, Hr. Kammerherr v. Alten, be-
richtet über eine
Fensterurne von Wildeshausen.
Vor einigen Wochen ist in der Nähe von Wildeshausen eine sogenannte Fenster-
ürne gefunden, sie befindet sich bereits im Besitz des Grossherzoglichen Museums.
Dieselbe ist in einem Hügelgrabe, in der Nähe eines Baches, gefunden, und
zwar ziemlich genau in der Mitte desselben. Eine kleinere Vase von demselben
Material stand in ihr, der Inhalt zeigte nichts, als Spuren von Knochen und Kohle.
Die Urne ist vorzüglich geglättet, aber nicht glasirt, wie die in den Annaler
for Oldkyndighed, 1856, pag. 182 — 183, Anmerkung 2 erwähnte; sie ist von hell-
grauem, sehr fein geschlemmten Thon angefertigt. Die Höhe beträgt etwa 10 cm,
der Durchmesser oben 13,7, Durchmesser des etwas ausgeschweiften Fusses 5,4, die
Ausbauchung 14. Ihre Form ist elegant zu nennen; der Rand, leicht übergebogen,
bildet nach der kantigen Ausbauchung eine Hohlkehle, auf dem Rande dieser Aus-
bauchung liegen eiförmige Vertiefungen in schräger Richtung 0000, unter dieser
Verzierung läuft ein vertiefter Strich um die Urne, auf welchem ein Stabmuster
DQd^CH aus vertieften viereckigen Stäbchen folgt, die zweite Reihe dieses Musters,
nahe der ersten, wird durch drei gleichmässig vertheilte runde Löcher durchbrochen,
in welche grünes Glas, in tropfenartiger Form, in den Thon eingesetzt ist. Die
Glasansätze an jenen Tropfen sind weit dünner, und offenbar in den feuchten Thon
eingesetzt. Der Durchmesser dieser Löcher beträgt etwa 1,7 cm. Ebenso ist in
dem Fuss ein grösseres Stück Glas gleicher Farbe eingesetzt. Keines dieser Stücke
dürfte von zerbrochenen Gefässen herstammen.
In demselben Hügel fand ich Kohle und zahlreiche Scherben von Urnen, ver-
schiedenster Arbeit. Arbeiter hatten schon vielfach in demselben gegraben, und
so war Alles zertrümmert, doch wollten sie anderweit keine erhaltenen Urnen be-
merkt haben.
Ich schliesse diese kurze Notiz mit der Hoffnung, dass die Leser der Zeit-
schrift über ihnen etwa bekannte ähnliche Funde Mittheilung machen.
Wie ich aus dem Archiv für Anthropologie 1874 (Correspondenzblatt) ersehe,
sind in Schweden, Dänemark und England dergleichen Urnen gefunden. Die bei
Stade gefundene Urne ist in der Zeitschrift für Niedersachsen abgebildet, die Urne
selbst befindet sich sehr wahrscheinlich im hannoverschen Provinzial-Museum.
(9) Hr. Hofgerichtsadvokat Barth in Giessen übersendet
verglaste Steine vom Sängersberg bei Salzschlierf.
Nach seiner Mittheilung liegt der 516 m hohe Sängersberg, dessen Kuppe aus
Basalt besteht, etwa ^|^ Stunden von Salzschlierf in der Richtung nach Schlitz,
und zwar im Gebiete des bunten Sandsteins. In der Nähe der Kuppe desselben
befinden sich erhebliche Mengen von Basaltschlacken, die sich nach der Meinung
des Hrn. Barth ganz wesentlich von allen den Basaltgebilden, die ihm sonst im
Vogelsberg zu Gesicht kamen, unterscheiden. Sie sind so reichlich, dass, obwohl
sogar ganze Wagenladungen davon fortgefahren sind, noch immer grosse Mengen
vorhanden sind. Hr. Barth wirft die Frage auf, ob es sich um einen verglasten
Wall handeln könne.
(229)
Hr. Virchow findet, dass die Wahrscheinlichkeit dafür spreche, da sich in
den zusammengeschmolzenen Stücken Lücken finden, welche genau die Merkmale
darbieten, die er früher (Sitz, vom 14. Mai und 9. Juli 1870. Verh. S. 257, 461)
für die Glaswälle der Oberlausitz als Stellen veraschter, aber geschlagener Holzstücke
nachgewiesen hat. Jedenfalls werde es nöthig sein, eine Localuntersuchung vorzunehmen.
Hr. Hauchecorne übernimmt es, eine genauere Analyse der übersendeten
Proben ausführen zu lassen.
(10) Hr. Rob. Eisel in Gera, macht Mittheilungen über
Hakenringe in Gräbern von Ober-Oppurg.
Einige Hakenringe in der Sammlung des voigtl. alterth. Vereins verweisen auf
Ober-Oppurg, die Acten dieses Vereins aber berichten darüber Folgendes:
1. (Grab 1 — 28) 1846 wurden auf dem Schulfelde bei Ober-Oppurg
('/4 Stunden von Station üppurg der Gera-Eichichter Bahn) bei einer Wegerweiterung
28 Gerippe in einer Reihe begraben aufgefunden, deren Schädel bei Ankunft des da-
maligen Berichterstatters noch unberührt lagen. Nur einen nahm er mit sich, er sagt
aber nicht, wohin er gekommen. Einer der Ringe war von Silber (?), da aber nur
sehr wenig Beigaben vorgefunden worden waren, wurde von näherer Nachsuchung
abgesehen. Mir sind die fraglichen Ringe momentan nicht zur Hand, doch wären
sie von Hohenleuben leicht zu erhalten.
2. (Grab 29—68). An Ort und Stelle erfuhr ich hiervon nichts mehr. Wohl
aber war inzwischen einige 100 Schritt entfernt, etwa 1865, neuerlich der Weg er-
weitert worden, und will man dabei die Köpfe von mehr als 100 Gerippen (??) ab-
geschnitten haben. Die Arbeiter berichteten, die übrigen Gerippe lägen z. Th-
noch in den an den Weg grenzenden Bauernfeldern des Pfarrberges. Mindestens
ein sicherer Kinderschädel wurde gefunden, auch Ringe u. A. brachte man mir,
die ich käuflich erwarb; doch wusste man nichts über ihre ursprüngliche Lage,
Diese Gerippe sollen immer (?) auf der Brust mit 4 bis 5 fast kopfgrossen Steinen
belegt gewesen sein; stets habe die Erde schwärzer ausgesehen, als der um-
gebende schwarze Boden, und alle 3 — 4 Schritt sei man auf ein neues solches
Grab gestossen. Auch ein Pferdegerippe habe sich gefunden, mindestens ein
Pferdekopf; doch waren hierüber die Berichte unsicher und sich widersprechend.
Endlich will man einen Scherben gefunden haben, sowie ein einziges, kleines,
irdenes Gefäss, welches bis heute im Besitz des Kirchenvorstehers Hartmann
in Ober-Oppurg ist, welcher es mir zwar zu überlassen versprach, es aber bis
heute nicht wieder aufgefunden hat. (Nach Ausschreiten des Terrains glaube ich,
dass höchstens 40 Gräber in 1 Reihe lagen, nicht 100).
Weitere Ausgrabungen mussten rasch geschehen, um nicht durch Feldbestellungen
gehindert und durch Concurrenten ausgestochen zu werden. Ich musste dem häss-
lichsten Wetter trotzen, so stiessen wir denn:
3. (Grab 69 — 74) auf 6 Gräber, welche eine neue Reihe auf den Bauern-
feldern des Pfarrberges bildeten, indem die Gerippe mit den Köpfen fast an
die Füsse der unter Nr. 2 bereits beseitigten Reihe anstiessec. Auch von der Reihe
Nr. 2 (Grab 29 — 68) deckten wir dabei mehrere kopflose Gerippe auf, ohne auf
Beigaben zu stossen, diese fehlten auch in den Gräbern 69 — 74 gänzlich. Be-
merkenswerth erschien in den, kaum durch Zwischenräume von ^^ — IVi Elle ge-
trennten 6 Gräbern Folgendes: die viel dunklere Farbe der Erde, die mit einer Aus-
nahme sämnitlich nach Osten blickenden, etwas weniger erhöht liegenden Köpfe,
die geringe Tiefe der Gräber — kaum \j — 1 Elle. Wahrscheinlich wehte der W^ind
auf dem Pfarrberg viel Erde weg; auch der Regen mag abgespült haben. Speciell:
(230)
Grab Nr. 69 lieferte 1 Schädel, wenig defect, doch nach Vi Stunde schon an
der Luft zerfallend. Ich bin mit der Reparatur beschäftigt, halte ihn für
den eines jungen Mädchens und vermisste bei diesem Grabe die sonst
angeblich überall auf der Brust liegenden Steine.
Grab Nr. 70 lieferte 1 Schädel , dessen Gesicht durch die Rodehacke eines Ar-
beiters stark verletzt wurde. Hier lagen 4—5 fast kopfgrosse Steine auf
der Brust. Die Zähne waren seitlich angefressen.
Grab Nr. 71. Der Schädel, wahrscheinlich vom Ackervieh zertreten, war nicht
zu retten. Auch hier fehlte jede Steiubedeckung.
Grab Nr. 72 ganz wie Nr. 71, dabei aber mit fast P/s Centnern kleineren und
grösseren Steinen belastet, besonders auf Leib und Füssen.
Grab Nr. 73. Hier zeigten sich 2 übereinander liegende, das Gesicht nach
Osten gewendete Gerippe und ein quer über ihnen liegendes. Letzteres
sehr defect, auch alle 3 Schädel, zwar in der Erde noch nothdürftig zu-
sammenhaltend, beim Herausschneiden mit dem Messer aber sofort in viele
kleine Stücke zerfallend. Ich besitze nur einige Kinnbackenreste mit Zähnen.
Steine lagen hier über das ganze, der Querlage des einen obersten Gerippes
willen etwas breitere Grab, doch nur ganz einzeln umherliegend. Mir schien
das oberste Gerippe das Gesicht abwärts zu neigen, dessen Armlage war
leider ebenfalls nicht mehr zu erkennen, die beiden unteren Gerippe hatten
die Arme flach am Körper anliegend. Alle o waren offenbar zusammen
begraben, nicht in verschiedenen Epochen.
Grab Nr. 74. "Wiederum mehrere grosse Steine auf der Brust, vom Schädel
rettete ich ein volles Dach und das Gebiss,
Natürliche Grösse.
Silber.
Der punktirte Haken ist abge- 2inn mit Blei.
Bronze (braun). gebrochen. Der Ring ist rund, Ränder Querschnitt, das
Z. Th. wohl verbogen, runder das Hakenende aber ist flach Hakenende flach geschlageu.
Querschnitt. geschlagen.
Bronze (braun).
Offener ? Fingerring. Reifähnlich,
nicht runder Querschnitt.
Perle, blauer Glasfluss mit 3 weissen
Streifen.
Bronzeartipe Legirung (gelb) mit Grünspan.
(231)
(11) Hr. Carl Günther hat in voi trefflicher Weise dia Photographien der in
der letzten Sitzung vorgestellten Patagonier ausgeführt. (Darnach ist Taf. XV.
gearbeitet worden).
(12) Hr. Schlossprediger Dr. Saal born in Sorau N/L. übersendet die von ihm
bearbeitete
prähistorische Karte des Kreises Sorau,
welche 212 Fundstellen im Kreise und 1G9 an der Grenze desselben verzeichnet.
(13) Ilr. Jagor theilt mit, dass von unserem Mitgliede, Hrn. Heinrich v. Siebold
in Yeddo ein längerer Aufsatz ^Ueber japanische Kjökkenmoeddinger" und
als Belag dazu, zum Geschenk für die Gesellschaft, 5 Blatt Photographien und 4
Kästchen Topfscherben und behauener Steine aus eben diesen, in der Nähe von Yeddo
befindlichen „Kjökkenniöddinger" oder Muschelbergen eingegangen sind. Auch
meldet der Einsender, dass er mit der Zusammenstellung einer grösseren Samm-
lung vorgeschichtlicher Funde für das Königliche Museum beschäftigt sei.
Japanische Kjökkenmöddinger.
Anknüpfend an seine früheren Mittheilungen (Verh. 1878, S. 428), berichtet
Hr. V. Siebold:
Die Muschelhaufen in nächster Nähe von Tokio (Yeddo), südlich bei den
Dörfern Omori und Tsurumi, nördlich bei Oji'), scheinen ursprünglich dem Meere
bedeutend näher gelegen zu haben als heute. Nach Dr. Naumann' s Berechnung
befindet sich die Meeresküste der Bai von Yeddo in fortwährender Hebung, wie
dies auch schon nach alten japanischen Karten zu vermuthen ist.
Die Muschelhaufen bestehen aus Schalen von Turbo, Eburna, Ostrea, Cerithium,
Area, Pecten, Cardium, — Gattungen, die heute noch in der Bai von Y'^eddo vorkommen
und der Bevölkerung zur Nahrung dienen; sie sind alle geöffnet.
Mit den Muscheln kommen zahlreiche Knochen von Vierfüsslern, Vögeln und
Fischen vor; unter ersteren sind Hirsch, Wildschwein, Fuchs, Hund (?), Bär (?) am
reichlichsten vertreten -). Alle Röhrenknochen sind der Länge nach aufgeschlagen,
wahrscheinlich um das Mark herauszunehmen.
Noch reichlicher und sehr mannichfaltig in Form und Zeichnung sind Scherben
von Thongefässen. Einigermassen gut erhaltene Stücke finden sich nur ganz aus-
nahmsweise, doch ist aus vielen Scherben die einstige Form des Gefässes noch
zu erkennen.
Eine so grosse Mannichfaltigkeit der Form und der flachen sowohl als plastischen
Ornamentirung dürfte selten bei Gefässen dieser Periode vorkommen.
Der verwendete Thon ist von rother, brauner oder gelblicher Farbe und lässt
Spuren des Feuers und Rauches erkennen, die merkwürdiger Weise an der inneren
Seite mancher Gefässe deutlicher als an der äusseren sind. Die Böden vieler
Töpfe, welche in noch weichem Zustande, zum Trocknen, auf geflochtenen Unterlagen
(aus Bambus, Reisig oder Malten) gestanden haben, zeigen die Muster der alten
1) Von diesen sieben Muschelhaufen hat Dr. Naumann zwei entdeckt und mir bereit-
willigst zur Untersuchung überlassen.
2) Prof. Morse will in einem Muschelhaufen folgende Menschenknochen entdeckt haben:
rechter humerus, linker humerus, rechte ulua, rechter radius, rechtes femur, rechte
tibia, rechte tibula, fünfter rechter metatarsal, linke untere maxilla und linkes parietale
und schliesst daraus, dass die Urheber dieser Muscbelberge „Cannibalen" waren; ich werde
am Schlüsse dieses Berichtes auf diese wichtige Frage näher eingehen.
(232)
Flechtarbeiten in scharfen Abdrücken (wie aus den eingesandten Proben zu ersehen).
Die Gefässe sind vorherrschend muldenförmig, mit Randverzierungen oder mit ein
gedrückten Strichen über die ganze Aussenseite verziert. Seltener kommen schmale
Verzierungen auf der Innenseite vor.
An den Schüsseln und Kannen sind die Henkel oder Oehsen zum Aufhängen
reich ornamentirt und mit besonderem Geschraacke angebracht.
An einigen Gefässen sind die vertieften Verzierungen mit einer rothen Substanz,
welche sich als Zinnober erwies, ausgefüllt.
Nach und nach fand ich in verschiedenen anderen Muschelhaufen hunderte
celt- und beilartiger Steine ^). Bei allen, von Natur flachen waren an beiden
Seiten kleine Stücke ausgeschlagen, vermuthlich zur Befestigung einer Schnur. Für
meine Annahme, dass es Netzbeschwerer gewesen, spricht der Umstand, dass ich
später eben solche Steine, für diesen Zweck, bei den Aino's auf Y es so im Gebrauch
fand ^). Die Muschelhaufen enthielten auch grosse Mengen runder Steine, die
deutliche Spuren des Feuers an sich trugen, und andere, welche durch die Hitze
gesprengt waren. Wahrscheinlich sind diese Steine zum Kochen benutzt worden
in der Art, wie es bei den Aino's noch vor nicht langer Zeit Brauch war ^).
Auch der ümstaud, dass die Scherben äusserlich so geringe Spuren des Feuers
zeigen, weniger sogar als auf den Innenseiten, spricht für diese Annahme.
Es deutet auf den geringen Culturzustand der Errichter dieser Muschelhaufen,
dass unter mehreren Hunderten von Steingeräthen und Bruchstücken nur etwa sechs
polirte vorkommen (z. B. Taf. V. Fig. 18, 22)*).
Schleifsteine wurden in verschiedenen Grössen und Formen angetroffen. Mit
Ausnahme jener aus Kieselschiefer angefertigten sechs Exemplare bestand alles
Hausgeräth aus Thonschiefergeschieben, die aus dem nur wenige englische Meilen
entfernten Tamagawa-Flusse entnommen zu sein scheinen.
Die unvollendeten sowie die fertigen Stücke Hessen die Art der Anfertigung er-
kennen. Runde Rollsteine und flache Geschiebe waren gespalten, durch Behauen
der Enden zugeschärft oder abgerundet worden, so dass ein Geschiebe meist zwei
Stücke gegeben hatte, deren eine, durch das Wasser abgeschliffene Seite bei ober-
flächlicher Betrachtung leicht für künstlich hergestellt gehalten werden könnte.
Die Töpferarbeiten aus diesen Muschelhaufen stimmen hinsichtlich ihrer Form
und Verzierung genau überein mit solchen, die auf Jesso unter ähnlichen Verhält-
nissen vorkommen; namentlich stiess ich an der Westküste jener Insel auf mehrere
aus der Steinzeit datirende Niederlassungen, in denen ich nicht nur dieselben Thon-
ächerben, sondern auch dieselben Steingeräthe, wie in den Muschelbergen bei Yeddo
und wie sie noch heute bei den Aino's in Gebrauch sind, vorfand. Manche dieser
Scherben waren jenen in Form und Zeichnung so ähnlich, dass ich glaubte, Bruch-
stücke der Thongefässe von Yeddo vor Augen zu haben.
Auch die noch jetzt von den Aino's hin und wieder angefertigten Thongefässe
haben denselben Charakter, ebenso die Stickereien, während sie durchaus ver-
schieden sind von den Gefässen aus alten japanischen Gräbern und den zuweilen
im Lande gefundeneu Gefässen coreanischen Ursprunges.
Es muss hier noch besonders hervorgehoben werden, dass die Aino's heute noch
mit grosser Gewissenhaftigkeit in der Nähe ihrer Hütten, am Meere oder am Flusse,
Muschelliaufen, und in den Bergen einen Abfallhaufen errichten. Dieselben enthielten,
1) Taf. IV. 1-14; Taf. V. 1-17, 19-24, 33.
2) Taf. V., Fig. 20, 21 iiiul 23, und zwei Original-Ohjecte.
3y (Indem man sie nchmlich hei.>-s in die zu kochende Flüssigkeit waif. F. J.)
4) Die Tafchi konnten wegen ihrer Zahl nicht mit publicirt werden. Red.
(283)
als ich sie untersuchte, genau wie die Muschelhaufeu bei Yeddo, ausser Thonscherben,
der Länge nach aufgeschlagene Knochen von Hirsch, Fuchs u. s. w., deren Mark
für die Aino'js ein besonderer Leckerbissen ist.
Ihr Cultus schreibt ihnen vor, allen Speiseresten und unbrauchbar gewordenen
Hausgeräthen, welche ihnen durch die Gnade des grossen Geistes „Kamoi** (vom
japanischen Kami) verliehen worden sind, eine besondere Stelle anzuweisen, um dem
Gefühle der Dankbarkeit auch noch in dieser Weise Ausdruck zu geben. Eine so
ausgeprägte, streng gehaltene Sitte besteht bei den Japanern und Coreanern nicht.
Was das Alter der Muschelhaufen bei Yeddo anbelangt, so sind gelehrte
Japaner der Ansicht, dass dieselben etwa 2000 Jahre alt sein dürften. Sie gründen
ihre Berechnung auf die geschichtliche Aufzeichnung, dass im Jahre 110 n. Chr.
der Sohn des Kaisers Kaiko Tenno (was auch für die Abstammung der Muschel-
haufen von den Aino's spricht) in der Umgegend der heutigen sogenannten Bai von
Yeddo die Aino-llorden besiegte. Es darf hier nicht ausser Acht gelassen werden,
dass die Errichtung dieser Muschelhaufen in manchen Fällen sehr lange Zeit in
Anspruch genommen haben kann. — Vollständig wurden die Aino's aus Japan erst
um das Jahr 1000 n. Chr. vertrieben; bis zum Jahre 1670 n. Chr. fanden auf
Yesso Empörungen gegen das japanische Joch statt.
Die Aino's haben nach ihren Gesängen und Traditionen eine grosse Vergangen-
heit, sind aus dem unfreundlichen Norden nach dem fruchtbaren Süden gezogen,
durch die Japaner aber wieder zurückgedrängt worden. Ihre Körperbeschaffenheit
und ihre Sprache deuten auf nördliche Abstammung, vielleicht auf Kamtschatka.
Aus obigen Gründen bin ich der Ansicht, dass die Muschelhaufeu bei Yeddo
den Aino's ihren Ursprung verdanken. Diese Ansicht ist nicht nur in Japan, sondern
auch in Europa bezweifelt worden •), doch sind die angeführten Gründe nicht stich-
haltig, und beweisen eine grosse Unkenntniss der alten japanischen Geschichte.
In erster Linie ist das Nichtvorkommen zweier Steinschmuckgegenstände, der
sogenannten Magatama undKudatama in den Muschelhaufen als sicherer Beweis,
dass letztere nicht von den Aino's herrühren, sondern prä-japanisch seien, hervor
gehoben worden.
Abgesehen von der grossen Unwahrscheinlichkeit, unter Steingeräthen einer so
fernliegenden Periode, Steinornamente zu finden , deren Anfertigung grosses künst-
lerisches Geschick voraussetzt (zum Durchbohren des Kudatama würde sogar
Metall nöthig sein, Metall ist aber noch nie in einem Muschelhaufeu gefunden
worden), ist auf die Thatsache zu verweisen, dass das Magatama sowohl als das
Kudatama, welche aller Wahrscheinlichkeit nach von China oder Corea nach
Japan kamen, den Aino's erst seit kurzer Zeit bekannt und keineswegs früher all-
gemeine Schmuckgegenstände dieses Volkes gewesen sind. Die Aino's haben, wie
ich mich in Yesso überzeugte, jenes Magatama, welches sie „Sitogi" heissen,
von den Japanern erhalten, kannten dasselbe aber noch nicht, als sie mit ihnen
im Kriege lebten (bis 1670).
In China wird das Magatama noch heute als Schmuck getragen, in Japan
gilt es als Sinnbild der Regierung des Mikado „nachgiebig, aber im Innern stark",
üebrigens würde wohl ein so kostbarer Schmuck schwerlich in Abfallhaufen zu suchen
sein. Wichtig ist endlich der Umstand, dass das Magatama aus Nephrit besteht,
welcher Stein auf Japan od(^r Yesso nicht vorkommt, in China und Corea hin-
gegen häufig ist.
Alle bisher ausgegrabenen Magatama' s wurden im Süden gefunden, niemals im
Norden von Japan, wo allein A in o- Niederlassungen vorhanden waren.
1) Tokio Times, Dec. 21, TB. N ou llellwald in Üest. Ost-Asiat. Zeitung, Qctober ]878.
(234)
Man hat ferner bezweifelt, dass die Muschelhaufen von Aino's herrühren, weil
ein Volk, welches so reich verzierte Thongefässe anzufertigen verstand, solche Kunst
niemals verlernt haben würde •). Die Aino's brauchen sich aber heute solcher Mühe
nicht mehr zu unterziehen, da sie von Japanern, für wenige Hirschfelle, nicht nur
mit glasirten Töpfen, sondern auch mit Metallgefässen reichlich versehen werden.
Prof. Morse hat in dem einzigen Muschelhaufen, den er untersuchte, Menschen-
knochen gefunden, die alle gespalten sein sollen, und schliesst daraus, dass diese
Muschelhaufen von Cannibaleu, aber nicht von Aino's stammen, die, nach den
japanischen Annaien zu schliessen, nicht so grausam gewesen sein können 2).
Ich will nicht in Frage stellen, dass diese Knochen Menschenknochen
sind, obwohl ich in 7 grossen Muschelhaufen, in verschiedenen Gegenden, unter
einer grossen Menge von Knochen, nicht einen einzigen Menschenknochen gefunden
habe ^). Es ist aber doch jedenfalls sehr gewagt, nicht nur die Errichter dieser
Haufen für Cannibalen, sondern auch für Nicht-Aino's zu erklären. Der Cha-
rakter der Aino's, welchen Dr. Morse sehr milde nennt, war, wie die Annaien
melden, in früheren Zeiten, als sie noch nicht unterjocht und gedemüthigt waren,
ein sehr roher; viele ihrer früheren Gebräuche und einige, die sich bis heute
erhalten haben, sind sehr grausam und lassen wohl die Vermuthung zu, dass aus-
nahmsweise Menschenfleisch — besonders das eines Feindes — verzehrt worden
sein mag. Japaner haben im Kriege wiederholt das Fleisch ihrer Feinde verzehrt,
oder deren Blut getrunken, wie schon Marco Polo*) anführt.
Ich glaube hiermit bewiesen zu haben, dass die Muschelhaufen von den Aino's
herrühren, welche heute nur noch in geringer Zahl auf Yesso, in Kamtschatka
und auf den Kurilen leben, nicht aber von einer prä-j apanischen Rasse, von
der sonst keine Spur zu finden ist.
Zum Schlüsse möchte ich noch auf die geringe Glaubwürdigkeit der j apanischen
Annaien aufmerksam machen, in denen alles für das Volk Unrühmliche übergangen,
Niederlagen sogar als Siege verzeichnet sind.
(14) Hr. Jagor theilt mit, dass Dr. Richard Schomburgk in Adelaide
auf seine Anfrage sich damit einverstanden erklärt, dass die Zauberhölzer der
südaustralischen Regenmacher der Anthropologischen Gesellschaft als Ge-
schenk verbleiben. Dr. Schomburgk fügt hinzu, dass die von ihm zurückbehaltenen
Exemplare dieselbe Form haben, wie die hierher gelangten.
Zugleich schickt er einen handschriftlichen Originalbericht ein
1) Tokio Times, Dec. 21, 1878.
2) Repeated inquiries among eminent Japanese scholars and archaeologists, like Mr.
Rauda, Mr. Ninagawa and others, as to this question, are always answered in the same
way. Not only were they (the Aino's) not cannibals, bat they are reported as being so mild and
gentle, that murder has never been known to have occurred. So nionstrous a habit would
certainly have been known and recorded, particularly in the painstaking annals of early
historians in Japan. (Tokio Times, Dec. 21, 1878.)
'.i) Dr. H. Gierke hatte die Güte, alle von mir ausgegrabenen Knochen zu untersuchen.
4) „Der Leser möge jedoch wissen, dass die abgöttischen Einwohner dieser Insel (Zipangu
= chin. Ji-peu = Japon = Japan), sobald sie einen Feind ergreifen, der nicht die Mittel hat,
ein Lösegeld aufzubringen, alle ihre Verwandte und Freunde in ihr Haus laden und den
Gefangenen schlachten, seinen Leib zurichten und im Gastmahl verzehren. Sie sagen auch,
das Menschenfleisch sei das wohlschmeckendste, das in der Welt zu linden sei." (Marco
Polo — August Bürk 1845. Seite 512). Marco Polo's Aussage, dass die Dächer
des Kaiserlichen Palastes in Japan mit Gold platirt gewesen, ist als Unsinn bezeichnet
worden, erweist sich aber heute als "Wahrheit, in sofern, als die Ziegel vergoldet
waren. Ich selbst besitze deren.
(235)
über einige Sitten und Gebräuche der tief im Innern Südaustraliens, am Peake-Flusse und
dessen Umgebung, hausenden Stämme,
welchen er einem seiner Freunde verdankt, den er als einen durchaus zuverlässigen
Mann schildert, der gewiss nicht übertreibe, so stark gewürzt seine Schilderungen
auch scheinen mögen.
Notes on some habits of native tribes.
Peake River. — Ci rcumcision.
As soon as the boy's hair commences to grow, he is to be circumcised. This
ceremony is performed once ayear, at a place called Wenta nurina (foreskin). A
party of the men ot" the tribe, especially old men, collect all the boys, who have
arrived at the required age and take them to this place; the remainder of the tribe
camp on the Peake River, a few miles off, where they indulge in singing
and sexual iutercourse ad libitum. None of the boy's relatives are included
in the cutting party; they and the boys are supposed not to be aware, that the
Operation is to take place. At about half a mile from the place of circumcisiou
the party camps and tive or six of the old men, taking a boy with them, proceed
to the place of circumcision. They play with him, to give him confidence, then
one of them throws the boy down or takes him on his back, stooping at the same
time. Another mau then lays hold of the boy's legs, while the chief old man, with
a very sharp flint kuife, severs the foreskin in about two cuts. He then throws a
little earth on the bleeding wound, and with a firestick gradually scars it. All this
is done very gently, so as not to give unnecessary pain. During the whole of the
ceremony the men keep singing at the top of their voices. When the boys are all
circumcised, they receive each a flat piece of wood with notches, which when swung
over the head by a string, produces a whizzing sound, that may be heard several
hundred yards off. They are directed to souud it, when approaching the camp,
which they are only permitted to do at night. Their fathers and brothers then
bring them some food, as they must not be seen by the women, until they are
quite well. When thoroughly recovered from the Operation, they receive a small
white tassel, made of the für of the cote (?), and fix it in the hair, so as to cover the
gland of the penis. They are then allowed to miugle freely with the reöt of the
tribe and indulge in sexual intercourse whenever they get a chance.
About a twelvemonth after circumcision the ceremony of Splitting the Urethra is
performed. This is done with a sharp flint and a piece of bark, placed in the
wound, to prevent its uniting again. They are now full-blown young men and can
marry, provided they can get a „Subra".
Charlotte-Water and Dalhousie-Springs.
The natives of these districts have the same ceremonies as at the Peake
River. Of the Alice Springs and further North, nothing is known except that
the inhabitants are all circumcised and have the Urethra split.
Making Young Women.
Peake River.
This is uo periodical ceremony, no particular time or place being set apart
for it. When the girl's breasts begin to grow and the down appears, a number of
old men kidnap her and carry her off to some lonely spot ; she is thrown on her
back, one man holds her arms and two others her legs. The chief man then first
introduces one fiuger iuto the vagina, then two; tied together with a string, and finally
(236)
four. When the orifice is sufficiently enlarged, he pulls out the hymen. The girl
is thea considered broken — in, and allowed to return to the camp. In consequence
of this rough treatment the girl is generally unable, for three or four days, to leave
ihe camp. As soon as she can go about, she is waylaid in every uook and corner
by the men. In fact the unfortunate girl cannot stir out of the camp, without being
followed, and has to submit to the carual desires of five or six men one after the
other. This State of things continues until she (as she is certain to do) contracts
some venereal desease; when she is dispised by the whole camp and left to get
well, as best she may. The native, to whom she was promised, when she was a
child, takes her and lives with her.
The natives of the Charlotte Waters and Alice Springs have much the
same customs, but they cut the hymen with a stone and use a stick instead of the
tiugers as described.
Classes or families.
The tribes of the Peake River and Charlotte Waters are divided into four
classes or families, uamely Parulä, Poouingä, Pultarä and Coomarä. A Purulä
may only marry a Pooningä, and their children are either Pultarä or Coomarä.
If the Parulä is the male, the children are Coomarä; but if female, the children
are Pultarä. A Pultarä may only raarry a Coomarä; if male, the children are
Pooningä, but if female, Parulä.
Prostitution is one of the great trades among the natives. A number of
them, upon the arrival of any native and bis ^gin" (of the tribe) into the camp, make
a collection of weapons, each giving something, and take them to the „wurley" where
this native is camped; they also take one of their own „gins" with them. They lay these
weapons at bis feet, and leaving the „gin", they brought, go away a short distance;
when the native, perfectly oiiderstanding, what is required, sends his gin out to them.
They take her a little way oflf and have sexual intercourse with her, one after the
other. Women have been known, to take as many as 30 men in one night. When
they have done, she returns to her husband, and the other gin immediately
leaves him.
Weapons.
Peake River.
The weapons here are very poor, consisting of light spears without barbs,
boomerangs (the commou one for throwing) and a iarge two handed one, about five
feet long, used as a sword. They throw the spears with a woomera, a flat piece
of wood about two feet long, with a hook in the end, which fits into the end of the
spear. The weapons at Charlotte Waters and Alice Springs are very similar
to those of the Peake River tribes.
Tenants Creek.
Their weapons are of a much superior class. They have war-spears from 16
to 18 feet long, with four to ten barbs on them, some of the barbs being from 6 to
I) inches long. They have also lighter spears for throwing, and reed- spears for
killing game, which they throw from a woomera. They have three or four different
kinds of boomerangs and sword, sticks, and a stone tomahawk, marie by fixing a
piece of fliut to the end of „a yam" stick, by means of a resin, obtained by burning
the porcupine- or spinifex-grass.
Their shields are round, from 18 inches to two feet in diameter, and made
from a bean- or cork-tree.
They are a fine race, but very hostile to white men and great thieves. I think
(287)
that when they know alittle more, it will be very urisafe for Europeans to reside in that
part of the couatry, as they are very numerous, especially on the Alttack Creek.
Superstition s.
When a member of the Peake River tribe is about to die, he is asked, who
gave him the bone? as they do not believe, that a person cau die naturally; but
think, it must be the work of sonae enemy. The patient names a person, against
whom he has a grmlge, and if he dies, a party is formed, who go and kill him.
When the doctor calls on a person, who coni[)lains, for instauce, of a pain in
the Shoulder, he sucks that part, and pretending to extract quantities of matter,
turns round and spits out now and then; or he rubs ihe part, and by some sleight
of band, simnlates to druw a bone out of it. Such is their folly, that I believe, it
actually does them good.
When a woman persists in allowing one of her near relatives, say a brother
or Cousin, to have connection with her, she is cut with stone knives in a frightful
manner. 1 saw one's bowels hang out through her back. If she still persists in this
crime, a burning firestick is run right up the vagina and she is burnt in such a
manner, that the wound never heals. The above Statements about circumcision,
superstition etc. refer to the Peake River and Charlotte Water tribes.
When a child dies, they eat it, saying that they will always grieve for it, unless
they do so. They give the head to the mother, the children in the camp also get
some, „to make them grow". They also eat different parts of the men and
women, who die, viz those parts, where their best abilities are supposed to be placed.
These are only rough notes, they will be supplemented at a future time.
(15) Herr Jagor übergiebt der Gesellschaft
a) Photographie eines „Chua",
b) Abschrift eines Berichtes über die „Chua's" von Dr. Johnston aus der
Indiau Medical Gazette 18(56, 1 May,
die er von Dr. J. Wilson, Surgeon-Major R. H. A., aus Peshawer erbalten hat,
Dr. Johnston theilt über den Ursprung jeuer merkwürdigen Sekte von Fakir' s,
welche den Dienst im Tempel Shadowla bei Gujrat (Punjab) verrichten. Fol-
gendes mit:
unter der Regierung Akbar's (also im XVI. Jahrh.) gründete ein 18 jähriger
Sonni-Fakir, Shadowla, einen Tempel in Gujrat. Unfruchtbare Weiber kon-
sultirten ihn um Mitternacht und brachten ihm ihre Erstgeborenen als Tribut dar.
Der Kopf des ersten dieser Kinder glich angeblich einem Rattenkopf, daher der
Name Chua (Ratte). Shadowla's 3 Söhne heirateten, und uuter Aurungzeb's
Regierung (in der letzten Hälfte des XVII. Jahrh.) war ihre Nachkommenschaft auf
hundert Köpfe angewachsen. Jetzt (1866) leben noch 9 Chua's, 5 5 4$, im Tempel
von Shadowla. Der Tempel wird heimlich von Weibern besucht, welche die
Nacht darin zubringen, und am Morgen nur einen Chua an ihrer Seite finden,
was die Conception begünstigen und Chua's erzeugen soll.
Von den Chua's, welche er zu untersuchen Gelegenheit hatte, meldet Dr.
Johnston:
Ihr UrtheilsvermögtMi war beinahe gleich Null; sie waren fast unfähig, Laute
zu artikuliren und Nahrungsmittel zu unterscheiden. Alles verschlangen sie mit
gleicher Gier.
Sie waren durchaus impotent und ihre Geschlechtsorgane so unentwickelt, wie
die eines Kindes, Rumpf und Gliedmaassen zwerghaft klein und eingeschrumpft.
Dr. Wilson ist der Ansicht, dass die Chua- Schädel das Ergebniss künstlicher
(238)
Verunstaltung seien, und erwähnt, dass die meisten jetzt noch vorhandenen Chua's
über 25 Jahre alt sind, weil die Regierung in neuerer Zeit diese Körperentstellung
mit Erfolg verboteo hat. Dr. Johnston aber kennt eine Mutter, deren Erstgeborener
ein Chua, während ihre beiden andern Söhne kräftige Männer sind, die sich in
nichts von den übrigen Sonui-Mohamedanern unterscheiden.
Auch sind ihm 2 vornehme Hindu-Knaben bekannt, welche eine den Chua's
ganz analoge Entwickelung zeigen, deren Schädel aber sicherlich nicht künstlich
verunstaltet worden sind.
Den craniologischeu Theil des Berichtes lassen wir im Original folgen:
The typical skull of the „Chua" is trigonocephalous; its immediate morpho-
logical form is dependent upon a premature amalgamation of the frontal bone,
producing a marked keeled ridge with its expanded base resting on the nasal bones,
and running longitudinally upwards, until it meets the coronal or fronto- parietal
synchondrosis; there is an entire absence of the domelike rotundity, so characteristic
of the frontal bone, no frontal eminences are visible, but a gradual backward slope
of the bilateral surfaces, with a defined central carina. The cerebral aspect of the
frontal protrudes in a sphenoidal form and dovetails with the parietals. Neither fon-
tanelle nor "Wormian bones are present.
The longitudinal, vertical transverse, and bilateral longitudinal sutures are
patent; the sphenoido-basilar, generally united in one compact mass, from the age
of 18 to 25, is likewise patent, and merits notice, as the crania of cretins are
characterized by sphenoido-basilar uuity at the earliest age; the posterior clinoid
processes are remarkabily developed, and ridge upwards and forwards, overhanging
the sella turcica.
In the only brain I had the opportunity of examining, there was a decided
diminution in bulk of the anterior lobes, the special sense ganglia, although shrunk,
did not exhibit any structural peculiarity, but the parietal or central portion of the
cerebrum was expanded in extreme proportion to the absolute size of the brain mass.
The cerebellum was abnormally small; no miscroscopic ksion could be traced,
or other speciality observed.
They have a special Aztek look; the trunk and limbs are dwarfed and withered;
however, diminutive development in no way regulates brain mass, or is incom-
patible with great mental tension. Witness Phi letas, „the most considerable man in
Geece for fifty years, who was so short and small, that he was obliged to put lead
in bis ßhoes to keep the wind from blowing him away".
I had once the opportunity of lithotomizing a male Chua, exhibiting many
(239)
characteristics of formation and intellectual aberration; the Operation was success-
ful, but on the evening of the 3^ day, when the wound was fleshing inost favorably,
he signalled for a drink; while swallowing it, he was suddenly seized with centrio
convulsions, and died.
(16) Hr. Dr. Pfuhl in Posen sendet einen Bericht über
eigenthümliche Lehmfunde aus der Nähe von Posen.
Vor kurzer Zeit wurden 2 km nördlich von Posen in diluvialer Kiesschicht
etwa 6 7« unter der jetzigen Erdoberflüche 9 Kugeln und 3 Cylinder ausgegraben,
welche aus Jishm bestehend, von einer groben Kiesschicht umgeben waren, die
unter Anwendung von Gewalt eingedrückt zu sein schien. Aller Wahrscheinlich-
keit nach hat mau es hier mit Artefakten zu thuu. Der Boden, in dem sie ruhten,
war, soweit zu beobachten, intakt. Der Durchmesser der ziemlich regelmässigen
Kugeln schwankte von 4,5—8 cm, die Cylinder ebenfalls variirend in Grösse und
Form, hatten eine Länge von 8 — 10 cot, eine Dicke von 6—8 cm; bei zweien bil-
dete der Rand der Kreisfläche einen erhabenen, unregelmässigen Ring. Die lehmige
Grundmasse, bei dem einen Cylinder mehr thon- oder lettenartig, zerfiel mit Wasser
Übergossen, sofort. Die Kiesschicht, in welcher diese Gegenstände gefunden waren,
hatte eine Mächtigkeit von ungefähr 3 m, ober- und unterhalb lag Sand. Lehm
oder Thon war nicht in der Nähe. In derselben Schicht, nicht weit von der
Fundstelle jener entfernt, doch etwas tiefer, wurden auch mehrere Knochenrudiments,
vielleicht von einem Hirsche stammend, ausgegraben.
Diese Gegenstände befinden sich jetzt in der Sammlung des Naturwissenschaft-
lichen Vereins der Provinz Posen. —
Der Vorsitzende behält eine weitere Erörterung bis zum Eingang von Fund-
stücken vor.
(17) Hr. L. Schneider berichtet in einem Briefe d. d. Jicin, 20. Juni 1879
über die Hradiste von Stradonice und die Schädel von Strupcic (Böhmen)
Die „Hradiste ( Burgstätte) " genannte Flur in der Gemeinde Stradonice,
hoch über dem rechten Ufer der Mies, war wohl seit Jahren als Fundort von
Münzen sog. gallischen und pannonischen Gepräges bekannt (der erste Band von
Vocels „Pravek" enthält Abbildungen einer ganzen Reihe derselben), doch wurde
dieselbe nicht weiter beachtet und erst die Auffindung von mehreren Hundert Gold-
münzen (Regenbogenschüsselchen) vor etwa 2 Jahren lenkte die Aufmerksamkeit
auf diesen Platz, die Stätte einer längst verschollenen und gewiss recht bedeuten-
den Ansiedelung, auf welcher die Anwohner seit lunger Zeit nach Küchenabfällen
für Beinschwarzfabriken gruben, wobei die häufig gefundenen Alterthümer unbe-
achtet zu Grunde gingen.
Durch den Redakteur des „Pamätky", Pf. Kalousek auf das abweichende
Verhalten der Stradonicer Gefässe (oder richtiger Scherben) aufmerksam gemacht,
besuchte ich die Ansiedelung heuer zur Zeit des Ackerns und sammelte auf der
weitläufigen Stätte eine ziemlich bedeutende Menge von Gefässscherben. Ich war
dabei recht freudig überrascht durch die vollständige Analogie, welche zwischen
diesen Gefässen und denen aus der Bydzower Ziegelei des H. Spatuy (Ziegelei B
in den Verhandlungen von 1878, S. 372 und 381) herrscht. Beiderlei Gefässe stimmen
mit dem jedenfalls älteren Typus Premysleni darin überein, dass sie gewöhnlich
geglättet und nur selten mit Streifen von senkrechter Richtung verziert sind —
dagegen weichen sie in Folgendem ab:
1. die Gefässe von Stradonice und Bydzov (B) sind fast immer auf der
Scheibe geformt;
(240)
2. fehlen in Folge dessen Henkel und Buckel (ich fand weder auf dem Platze
selbst, noch in der reichen Sammlung des Kunsthändlers Lehmann in Prag
ein Henkelstück);
3. kein Stück zeigt Graphitanstrich, dagegen kommt Graphit als Bei-
mischung zur Masse der Gefässe sehr häufig vor;
4. findet man oft mit einer Art dunklen Lack angestrichene, sowie auch be-
malte Gefässscherben, und zwar in der Regel weisse oder helle Malerei
auf dunklem Grund.
Da die Ansiedelung von Stradonice allem Anschein nach gewaltsam vernichtet
wurde, so findet man hier sehr häufig Gegenstände des Hausgebrauchs. Ich selbst
habe einige ganz unverdächtige Stücke erworben (es kommen auch Falsificate vor,
namentlich solche aus Geweihen und Bein geschnitzte) und zwar zwei mit Wider-
haken versehene Pfeilspitzen von Eisen, eine grosse Nadel mit Oehr, zwei ganze
Fibeln. Bruchstücke von zwei anderen, zwei kleine Ringe, eine Perle nebst an-
deren Gegenständen und Bruchstücken von Bronze, endlich eine kleine Silbermünze
desselben Gepräges, wie die pannonischen (mit einem Adlerflügel ('?;■, doch ohne
die gewöhnliche Inschrift BIATEC). Einige der kleinern Bruchstücke habe ich
chemisch untersucht und darin nur Kupfer und Zinn ohne jede Spur von Blei und
Zink gefunden.
Der Umstand, dass die römischen Kaisermünzen von Kostomlat und Fünfhunden
(August, Nerva, Trajan) zugleich mit Gefässen, welche von freier Hand geformt
sind, gefunden wurden und der römische Charakter mancher von den Stradouicer
Gegenständen deuten darauf hin, dass wir es hier mit einer um die Mitte des ersten
Jahrtausends n. Gh., also wahrscheinlich durch die Hunnen zerstörten Ansiedelung
zu thun haben.
Die Gefässe von Stradonice und Bydzov sind insofern wichtig, als sie einen
neuen Abschnitt in der vorhistorischen Töpferei Böhmens bezeichnen. Wir kennen
hier nunmehr:
I. Typus Zalan. Gefässe von freier Hand geformt, mit Buckeln versehen und
mit punktirten Zeichnungen verziert. Begleitet von Waffen und Geräth,
welches aus Quarzgestein durch Schlagen erzeugt wurde. Dieser Typus
geht über in
II. Typus Pfemysleni. Von freier Hand geformte Gefässe, geglättet, später
mit Graphitanstrich versehen. Buckel und Henkel. Verzierung durch
Striche, meist senkrecht .angeordnet, doch im Ganzen nicht häufig. Bei-
gaben: Waffen und Geräthe von polirtem Stein und Geweihen, später
Bronze und Eisen. Dauer unbestimmbar, jedenfalls sehr lang und bis in
das II. Jahrhundert n. Gh. reichend.
III. Typus Stradonice. Geglättete Gefässe auf der Scheibe geformt, Verzie-
rungen senkrecht, Henkel und Buckel fehlen, ebenso Graphitanstrich, dafür
häufig Zusatz von Graphit zur Masse. Bemalte Gefässe. Beigaben: Waffen
von Eisen, Schmuck von Zinnbronze. Dauer III. bis V. Jahrhundert n. Ch.
IV. Typus Budec. üngeglättete Gefässe auf der Scheibe geformt, reich ver-
ziert. Verzierungen horizontal, slavisch-typisch. Henkel fehlen, ebenso
Graphitanstrich. Graphit im Material häufig genug. Waffen aus Eisen (Streit-
häniraer — mlat — von Stein). Schmuck aus Zinkbronze. Dauer VI. bis
XI. Jahrhundert.
V. Typus Drajice. üngeglättete Gefässe, Verzierungen seltener, manchmal
gemalt, angeklebte Henkel. Fundorte Burgen aus dem XII. bis XIV. Jahr-
hundert.
VI. Moderne Gefässe mit GlaRur.
(241)
Bei meinem letzten Bericht gab es ein kleines Missverständniss bezüglich des
Ortes Polepy. Es giebt nämlich ein Dorf Polepy bei Leitmeriz und von hier
stammt das sehr alte punktirte Gefäss — ferner ein Dorf Polepy bei Kolin, wo ich
die Heerdstelle mit den theilweise auf der Scheibe geformten Gefässscherben und
die Thierknochen gesammelt habe.
Ueber die Schädel von Strupcic kann ich bloss nach Autopsie berichten, da
ich bisher nicht erfahren konnte, wer sie als trepanirt bezeichnete.
Der eine Schädel weist im Stirnbeine oberhalb des linken Auges ein ziemlich
grosses, jedoch vernarbtes Loch mit zackigen Rändern auf, welches wohl von einem
mächtigen Schlage mit einem Hammer herrührt. Die regelmässige, elliptische,
glattrandige und ziemlich grosse Oeffnung des zweiten Schädels sieht ganz anders
aus; sie befindet sich im rechten Scheitelbein ziemlich in dem Winkel zwischen
Pfeilnaht und Kranznaht, ist vernarbt und durchaus nicht zackig. Doch musß ich
bemerken, dass ich beide Schädel bloss im Kasten sah und nicht näher unter-
suchen konnte.
(18) Hr. Dr. Anger berichtet in einem Schreiben d. d. Elbing, "21. Juni
1879 über
weitere Ausgrabungen bei Elbing.
Am IG., 17. und 18. April grub ich auf dem Quiuternschen Lande und
auch auf dem Hrn. Kaufmann gehörigen benachbarten, etwa 50 Schritte von der
Quinternschen Kiesgrube entfernten Felde nach und fand an beiden Stellen Leichen
und Urnen, auf dem Kaufmännischen Lande insbesondere zahlreiche Knochen
und Knochentrümmer von Kinderleichen. Diese Kinderleichen waren, weil 0,30
bis 0,50 m tief bestattet, vom Pfluge vielfach zerschnitten und durcheinander ge-
worfen. P^inen Theil von Schädelfragmeuteu, Fiugerknochen, Rippen n. dgl. habe
Verliandl. der Berl. Authropol. Uesellschalt IsTa. 16
(242)
ich gesammelt und Hrn. Dr. Lissauer übersendet. Unter den Kinderleichen lagen
in der bekannten Weise Skelette von Erwachsenen. Dass diese Kinderskelette
nicht etwa erst aus späterer Zeit herstammen, beweist eine kleine zierliche Fibula,
die ich in der mit Kohle und Knochen durchmischten Erde fand. Es ist eine
sog. Armbrustfibula, jedoch geht der Draht nicht im Halbkreise unter dem Bügel
hindurch, sondern zieht sich von dem einen Ende der Nadelrolle von obenher über
den Bügel fort, schlingt sich dann unter dem Bügel herum und schliesst sich, über
dem Bügel den Draht kreuzend, an das entgegengesetzte Ende der Nadelrolle an.
Es ist dieses das einzige Exemplar der Art. — Auf dem Kauf man n'schen Lande
fand ich an Beigaben bei den Skeletten Erwachsener nur zwei sog. Neronische
Fibeln, eine sehr schöne Nähnadel, einen Spinnwirtel und ein Stück eines mit
einer eisernen Niete versehenen Kammes.
Erheblich reicher und interessanter waren dagegen die Funde auf dem Quin-
ternschen Lande. In einer 25 cm hohen und 26 cm im Durchmesser haltenden
Urne fand ich zwei sehr schöne Nerouische Fibeln, eine eiserne Schnalle, einen
Spinnwirtel und einen aus einem Stücke geschnittenen, knöchernen Kamm, ohne
Verzierung. An Ceremonial-Urnen fand ich drei. Neben einer derselben lag der
Unterkiefer eines Schweines, den ich zur näheren Bestimmung Hrn. Dr. Lissauer
übersendet habe. Auffallend war mir eine Thatsache. Genau und unmittelbar
unter einem, etwas auf der Seite liegenden Schädel fand ich eine mit dem Boden
nach oben gekehrte, gut erhaltene Ceremonialurne. Was könnte sie in dieser Lage
zu bedeuten haben ? An dem Skelet war nicht gerührt. Es war vollständig und
mit Beigaben geschmückt. Und nun meine schönen
Funde bei den Skeletten: 4 Armbänder von Bronze,
an dem einen Paare deutliche Abdrücke von Zeug,
au dem zweiten Paare in der Patina eingeschlossene
Wollfasern; 2 Fibeln (Bronze), welche Sadowski
"Vespasianische nennt (Holzschn, A); sie sind 6 cm
lang; die Nadelrolle in einer länglichen Kapsel
ganz eingeschlossen, der Bügel stark und Sförmig
geschwungen mit drei Querwülsten und am un-
teren Ende mit einem kleinen Knöpfchen geschmückt.
Am oberen und mittleren Querwulste ist ein feiner,
silberner Draht angebracht. Die Fibeln haben zur
Befestigung eines ledernen Gewandes gedient, wie
die auf der einen Fibula befindlichen Reste deut-
lich beweisen. Es ist dies das erste hier gefun-
dene Paar der Art. Ausserdem eine Fibula, vorne
mit Silber plattirt, Kettenkästchen, ganz wie sie
Hostmann beschreibt, doppelte Bronzebleche
A.
(Silber
B.
Seitenansicht.
Ansicht tou oben.
(Bolzschnitt B), Bronzestifte und Bronzenägel, ein Stück rohen Bernsteins,
verschiedene Perlen, 3 Bronzeschnallen, 3 eiserne Schnallen, drei sehr schöne
(243)
C.
n.
Trojanische Fibeln , 3 Neronische
Fibeln, 3 Gewand halter oder Riemen-
beschläge, 2 eiserne Schnallen, einen
pincettenartigen Gewaudhalter mit
Ring und Ohrlöffelchen (Holzschn.C),
2 Bohrnadelu aus Bronze, so möchte
ich sie nennen (Holzschnitt D).
Dieselben sind am oberen Ende
hakenförmig gekrünunt und spiral-
förmig um die Längsaxe der Nadel
gedreht; ferner einen Angelhaken
von Eisen, einen massig gut, und
einen vollkommen erhaltenen, reich
verzierten Knochenkamm. Alle Zähne
des Kammes sind vorhanden. Die
Griffplatte ist auf der einen Seite
mit 8 Doppelkreisen, auf der andern
mit drei Doppelkreisen und Drei-
ecken geschmückt, deren Seiten das
bekannte Wolfszähnchen- Ornament
zeigen.
Bei weitem der wichtigste Fund
ist jedoch ein Marc, Aurel. Der Silberdenar zeigt auf dem Avers das Haupt des
Kaisers (caput nudum) mit der Umschrift IMP. M. AVREL. ANTONINVS. AVG.
Auf der anderen Seite ist eine stehende Providentia abgebildet, welche im linken
Arme ein Füllhorn, in der Hand des rechten ausgestreckten Armes den orbis hält;
die Umschrift lautet: PROV. DEOR. TR. P. XVI. COS HI. Nach Eckhel: Doo-
trina uummorum Bd. VH., pag. 49 und 89 ist diese Münze im Jahre 162 n. Chr.
geschlagen. — Die Münze lag neben dem rechten Ohre eines Skelets, zu dessen
Häupten ein mächtiger Stein, den drei Leute kaum bewältigen konnten, und über
dessen Knieen ein eben so grosser Stein gelagert war. unter diesem letzteren Steine
befand sich neben dem Kniegelenke ein zerbrochener Kamm. Derselbe muss so,
wie ich ihn fand, hineingelegt sein; dem ungeachtet der grössten Sorgfalt gelang
es mir nicht, die vielen abgebrochenen Zähne des Kammes aufzufinden. Da die
an dem Kamme noch befindlichen Zähne gut erhalten sind, so müssten, wenn man
annimmt, dass die Zähne des Kammes durch den Druck des Steines abgebrochen
sein könnten, auch die abgebrochenen Stücke sich erhalten haben. Es wurde aber
keine Spur davon gefunden.
Dieser Münzfund nun bestätigt nude meine Ansicht, dass das Gräberfeld in die
ersten drei Jahrbumlerte unserer Zeitrechnung zu versetzen ist. Hostmann's
Urnenfriedhof von Darzau zeigt so viele und so auffallende Parallelen zu dem
Neustädter Felde, dass ich an der Gleichzeitigkeit beider Kirchhöfe nicht zweifeln
konnte. Es sind unter den von Hostmann gefundenen Gegenständen nur noch
sehr wenige, die ich nicht habe; wogegen andererseits die Zahl und Beschaflfen-
heit der Kämme (17), der Bronzeeimerchen (9), der mannichfachen Armbänder
(ich erinnere besonders an das doppelt gewundene, 13,8 cm [aufgerollt 47 cm] lange
und 25 mm breite silberne Armband) und der Korallen und Perlen dem Neustädter
Felde ein gewisses Uebergewicht verschaffen. An der Gleichzeitigkeit beider Fried-
höfe ist also nicht zu zweifeln. Dass die Münze aber etwa erst mehrere Jahr-
hunderte später " au die bezeichnete Stelle gekommen sein könnte, ist nicht anzu-
10*
(244)
nehmen. Sie ist gut erhalten; die Buchstaben treten, wo der Rost sie nicht' zer-
stört hat, klar hervor. Auch das Kopfbild des Kaisers ist so gut erhalten, dass an
einen längeren Umlauf der Münze nicht zu denken ist. — üebrigens ist diese
Münze nicht die einzige vom Neustädter Felde. Fuchs berichtet in seiner Be-
schreibung der Stadt Elbing (Frag, der letzten Abtheilung des dritten Bandes, El-
bing 1852, S. 82): „Gewiss eine der ältesten der bei Elbing aufgefundeneu Münzen
ist eine wohlerhaltene Kupfermünze in der Grösse eines Guldenstückes, von Tra-
jan, welche im Jahre 18o4 im Neustädter Felde ausgegraben wurde." In der dem
Städtischen Museum gehörenden Münzsammlung befindet sich nun eine Münze, auf
welche die angegebenen Merkmale genau passen. Leider ist in dem Kataloge der
Fundort nicht vermerkt. Es könnte aber sehr wohl sein, dass es diese Münze ist,
von der die Fragmente reden; ich wenigsteiis zweifle deshalb nicht daran, weil zu
der Zeit, als die Münze gefunden wurde, Ferdinand Neu mann, der nach Fuchs'
Tode die Fragmente herausgab, ein eifriger Münzensammler, grade diese Münze
sich am wenigsten wird haben entgehen lassen.
Dies sind in Kürze die Resultate meiner im Frühjahre dieses Jahres veran-
stalteten Ausgrabungen, Das wichtigste Ergebniss ist die annähernd festgestellte
Zeit des Gräberfeldes und auch die Feststellung der Thatsache, dass ich das Ende
des Gräberfeldes nach der Südostseite noch lauge nicht erreicht habe. Vielleicht
gelingt mir das in den Michaelisferien, Evident ist es ferner, dass die Urnen und
Leichen einer und derselben Culturepoche angehören : der einzige Unterschied be-
steht nur darin, dass die Funde aus Urnen nicht so zahlreich und nicht so kostbar
sind, wie die bei Leichen vorkommenden Artefacte.
Dies ist das Neustädter Feld. Aber auch an zwei anderen in unmittelbarer
Nähe bei Elbing befindlichen Funkten habe ich die Beweise von dem Vorhanden-
sein alter Begräbnissplätze. Oestlich von Elbing, hart an dem Wege, welcher von
Elbing über die Hommel nach Vogelsang führt, sind beim Kiesgraben Urnen ge-
funden, — und nördlich von der Stadt, in unmittelbarer Nähe des Armenkirchhofes
und westlich vom Wasserreservoir, auf dem letzten sandigen Berge des hier ab-
fallenden Höhenzuges fand ich bei einer am 28. Mai d. J, veranstalteten Ausgra-
bung in einer Tiefe von 0,50 m eine mit Kohlen , verbrannten Menschenknochen
und zahlreichen, zum Theil höchst eigenthümlich verzierten Urnenscherben erfüllte
0,50 711 dicke Erdschicht. Von Artefacten fand ich nur eine eiserne Bohrnadel, Die
Gefässscherben zeigen Wellenornamente, Strichornamente, Streifenornamente, keil-
förmige Eindrücke und quadratförmige in regelmässigen Abständen von einander
(245)
entfernte Eindrücke, grossere und kleinere punktförmige
Eindrücke. Wuiirscheinlich sind die quadratförmigen
Eindrücke naittelst eines Töpferrädchens hergestellt. Die
Scherben zeigen Farben von allen Nuancen von Schwarz,
Grau und Roth. Einige in der Bruchfläche grauschwarze
Scherben sind auf der Oberfläche intensiv roth. Durch
den Brand kann die Farbe nicht entstanden sein, denn
die Scherben färben ab. Einige Scherben, die ich zu stark mit der Bürste be-
arbeitet habe, zeigen jetzt nur noch eine orangenfarbene Oberfläche. Ich bin über-
zeugt, die Gefässe sind gefärbt. Die Technik anlangend, so hebe ich noch herror,
dass das Material aus Lehm, resp. Thon besteht und mit sehr groben Quarzkörnern
gemischt ist. —
Eine dritte Begräbnissstelle ist rechts vom Bahnhofe gefunden, und zwar schon
vor 12 Jahren. Hr. Gerichtsrath Kamirski hat die von dorther stammenden
Urnen selbst gesehen. Der Besitzer Müller hat dort viele Urnen gefunden, nie-
mals aber Leichen. Die Urnen standen in Steinsetzungen, waren ohne Verzierung
und angeblich auch ohne Beigaben. Ein
Steinbeil, welches in der Nähe von Poppshof
am Bahnhofe gefunden worden ist, besitze
ich. Diese Begräbnissstelle werde ich in den
Michaelisferien untersuchen.
Wenn man nun die angeführten Fund-
orte in eine Karte, z. B in die des Königl.
Preuss. Generalstabes einträgt, so sieht man
leicht, dass das heutige Elbing von denselben
in einem Halbkreise von Nord über Ost bis
Südost umschlossen wird. Meine, auf zahl-
reiche Funde in der Stadt selbst gestützte
Ansicht, dass Elbing auf der Stelle erbaut
wurde, wo einst Truso lag, erhält durch diese
Thatsachen eine neue, feste Stütze. Die
Mannichfaltigkeit der Begräbnissarten , der
Reichthum an kunstvollen und werthvollen
Beigaben lässt auf ein langes Bewohntsein des
Ortes und auf eine verhältnissmässig reiche
Bev()lkerung schliessen, und hiermit stimmt
Wulfstan's Bericht gut überein. Aber
Wulf st an hat den Ort nicht in seiner
Blüthezeit kennen gelernt. Sechs bis sieben
Jahrhunderte vor ihm brachte der Bernstein-
handel einen reichen Strom etruskischer Arte-
facte hierher. Diese aufzufinden, zu sichten
und zu beschreiben, ist nun meine Aufgabe.
Aber auch Elbing selbst darf nicht vernach-
lässigt werden. Ich habe in diesem Sommer
daher überall nachgesehen , wo zu irgend
welchem Zwecke Tiefgrabungen vorgenonmien
worden sind und bin jedesmal belohnt wor-
den. Beim Krweiterungsbaue des hiesigeu * bedeuten Urnenfelder. C Leichenfeld
Kreisgerichtes wurde der Boden bis auf ^g Drausenniederuug.
(246;
15 Fuss ausgehoben. Es zeigte sich da, dass in der vielfach durchwühlten Erde
sich neue und alte Gegenstände in friedlichem Neben- und Durcheinander befinden:
Austernschalen mit Violinsaiten neben grobgearbeiteten, unglasirten, schwärzlichen,
braunen und grauen Scherben, Gefasse mit aufgedrücktem Gefässboden, mit Daumen-
eindrücken verziert, genau in derselben Weise, wie die in Dambitzen und 10 Zoll
tief in der Fleischerstrasse gefundenen; auch Mittelalterliches fehlt nicht, Sporen
und starke eiserne Trensen. Kaum hatte ich die Funde geordnet, da wurde ich
durch eine Mittheilung eines Baggerarbeiters auf den Elbingfluss aufmerksam ge-
macht. Ich begreife noch nicht, warum ich nicht schon früher an den Namensvetter
unserer Stadt gedacht hatte. Ein schöner eiserner Dolch und ein eisernes Schwert
aus dem 16. Jahrhundert wurden mir sofort übergeben. Auf meine Frage, ob viel-
leicht auch Scherben gefunden seien, erhielt ich ein Nein zur Antwort. Als ich
aber den Arbeitern Scherben, wie ich sie in der Fleischerstrasse gefunden, zeigte,
und ihnen Aufmerksamkeit einschärfte, da dauerte es kaum fünf Tage, und ich
hatte, was ich wollte. Den Elbingfluss werde ich von nun ab in meinen ganz be-
sonderen Schutz nehmen. Er ist sicherlich ein treuer Hüter der ältesten Alter-
thümer.
Ein Zufall hat es gefügt, dass ich auf einem am 17. Juni nach Frauenburg
unternommenen Ausfluge mit dem als Historiker bekannten Pfarrer, Hrn. Woiky,
bekannt wurde, der mir die in Frauenburg vorhandenen Alterthümer aus heidnischer
Zeit zeigte. Derselbe hatte die Güte, mich zu dem nahe bei Frauenburg an der
nach Braunsberg führenden Chaussee liegenden weiten Ürnenfriedhof von Willen -
berg zu führen. Zahlreiche Urnenscherben lagen auf dem, mit spärlichem Gras-
wuchse bedeckten, sandigen Terrain, viele mit Fingereindrücken verziert. Eine
flüchtige Suche nach anderen Artefacten hatte überraschend guten Erfolg. Ich fand
das untere Ende einer eisernen Dolchscheide, eine längliche, cannelirte, aus grünem
Glase bestehende Koralle (genau so wie vom Neustädter Felde), zwei sehr schöne,
gnt erhaltene Armbrustfibeln und ein Fragment eines sieb-
artigen Gefässes. Diese Fibeln und die in Frauenburg
vorhandenen Neronischen Fibeln gleichen genau denen, die
ich hier auf dem Neustädter Felde gefunden habe. Auf-
fallend und nicht ganz klar ist mir ein thönerner Gegen-
stand, genau aus derselben Masse wie die Urnen gearbeitet.
Er ist röthlich braun, M mm lang, 15 7nm, dick, 10 — 17 »im
breit. Auf dem, wie ich annehme, oberen Theile sind deut-
lich zwei Ohren zu erkennen. Das Ganze macht den Ein-
druck eines Kopfes und Halses einer Thierfigur. Die
Schnauze ist abgebrochen. Bis jetzt hat Jedermann, dem
ich das Object zeigte, ohne weiteres darin ein Fragment
Schräg gestellt. einer Thierfigur erkannt. —
Ausserdem liegt eine Nummer der Elbiuger Zeitung vom 5. Juli (Nr. 135) vor,
enthaltend einen Bericht des Hrn. Anger über
den Fund in der Wallstrasse von Elbing.
Am 2. Juli habe ich in der Wallstrasse, nahe der Ecke der Herrenstrasse und
Wallstrasse, nachgraben lassen, um über die interessante Fundstelle Genaueres zu
ermitteln und womöglich noch einige Gefässe zu retten.
Zunächst sei bemerkt, dass au der bezeichneten Stelle kein Gewölbe sich
befindet. Allerdings liegen in einer Tiefe von 0,75 m grosse Feldsteine im Durch-
(Ul)
messer von 0,30 — 0,50 m Durchmesser, aber dieselben liegen in einer Linie neben
einander und zwar auf Ziegeln, während bei einem Gewölbe sonst umgekehrt zu-
erst die F'eldsteiue gelegt und dann erst Ziegel darauf gemauert werden. Die Feld-
steine fanden sich nicht auf dem ganzen Räume der aufgegrabenen 15 qm, sondern
zogen sich nur an der südlichen Seite der Grube bandartig hin. üebrigens waren
die Steine unverbunden, und ebenso auch die Ziegelsteine. Letztere zeigten nur
an einigen Stellen eine massige Mörtelschicht, und zwar nur da, wo die Feldsteine
ilinen aufgelagert waren. Die Ziegelsteine haben ein grosses Format; jedoch ge-
laug es nicht, auch nur einen einzigen ganzen Ziegelstein auszugraben. Es schien,
als wenn zu dieser Unterlage nur Ziegels-tücke verwendet worden sind. Unter den
Ziegeln befand sich an einigen Stellen eine Schicht verwitterten Holzes. Aber
unter dieser Schicht, bis zu einer Tiefe von 2 m, fanden sich zahlreiche Gefäss-
scherben und auch ganze Gefässe. Von letzteren habe ich bis jetzt 14; ich hoffe
jedoch, aus den zahlreichen Scherben noch einige Gefässe wieder zusammenstellen
zu hönnen. Die Erde war fest, stark mit Kohlen, Fischabfällen und Knochen ge-
mischt; doch habe ich mit Sicherheit nur Thierknochen gesehen. Die Gefässe sind
schwarz, gelb, blau, roth und zwar unglasirt; aber auch glasirte Gefässe finden sich.
Viele Gefässe sehen genau so aus, wie die Ceremouialurnen vom Neustädter Felde,
andere sind entschieden Kochgefässe (grapenartige); sie stehen auf drei starken
Füssen; andere gleichen unsern Tiegeln und Leimpfannen. Auch ganz kleine, nur
6 cm hohe Gefässe wurden gefunden. Merkwürdig sind eine schwarze Kanne und
ein büttenartiges blauschwarzes Gefäss mit doppeltem Rande. Verzierungen zeigen
nur zwei Gefässe. Die Technik zeigt im Verhältniss zu den Neustädter Urnen
einen Fortschritt. Der Thon ist geschlemmt, die Gefässe sind hart gebrannt. Ein
grosser Theil von einzelnen Objecten harrt noch der Erklärung. — Ohne Zweifel
ist die Fundstelle noch lauge nicht erschöpft. — Eine Erklärung über die Bedeu-
tung des Fundes kann ich nicht eher abgeben, als bis der Inhalt mehrerer ganzer
und gefüllter Gefässe genau untersucht ist. Es wäre doch seltsam, wenn an dieser
Stelle Leichen verbraunt und auf diese Weise beigesetzt sein sollten. — Die Neu-
stadt ist gegen Anfang der fünfziger Jahre des vierzehnten Jahrhunderts gegründet
v?orden (man nimmt au, im Jahre i;341 unter Dietrich von Altenburg), also hundert
Jahre nach Gründung der Altstadt Elbing. Aber auch schon vorher ist das Land
hier bebaut gewesen; denn hier ging der Weg nach Marienburg durch und hier
übernachteten Reisende, welche nach Thoresschluss nach Elbing kamen, in Her-
bergen. Da die Stelle gerade sehr nahrhaft war, so bauten sich hier bald Bäcker
und Fleischer an; diese sind die ersten Gewerke, die sich in der Neustadt nieder-
gelassen. — Die Wallstrasse liegt nun am östlichen Ende der Neustadt, und zwar,
wie schon der Name sagt, hart am Wall. Sie ist schon früh gebaut ge-
wesen; denn zu einigen Häusern der Wallstrasse radicirte Land. Folglich sind sie
mit den übrigen Häusern der Neustadt zugleich erbaut. (Fuchs 2, 428 und 469).
(19) Hr. Orth erstattet Bericht über die
Excursion nsch Rüdersdorf.
Am 29. Juni d. J. hat eine Excursion der Gesellschaft nach Rüdersdorf zum
Studium der au dem dortigen Muschelkalk auftretenden Glacialerscheinungen statt-
gefunden.
Ich habe bereits vor zwei Jahren bei Gelegenheit der Versammlung der deut-
schen anthropologischen Gesellschaft zu Constauz darauf hingewiesen, dass die
Glacialstreifen am Rüdersdorfer Mupohelkalk, wie sie bereits 1S36 erkannt, aber
(248)
erst seit 1875 »enauer verfolgt und nachgewiesen sind, nur durch Gletschereis an
Ort und Stelle hervorgerufen sein können. (Vergl. auch Orth, ßüdersdorf und
Umgegend [Abhandlungen zur geologischen Specialkarte von Preusseu und den
thüringischen Staaten, Band IL, Heft 2] Berlin, Neumann 1877, Seite 20, 21, 22).
Im Laufe der letzten Jahre, namentlich in diesem Jahre, sind in der Nähe
dieser Glacialstreifen noch verschiedene trichterförmige und rundliche Vertiefungen
im Muschelkalk aufgefunden, welche in ihrer Form an die durch Gletschermühlen
unterhalb anstehender Gletschereismassen hervorgerufenen sogenanuten Riesentöpfe
erinnern und deshalb ein besonderes Interesse in Anspruch nehmen, während
andererseits verschiedene Erscheinungen derselben nur durch die Annahme einer
erheblichen Gesteinsverwitterung erklärt w^erden können.
Da die bezüglichen Stellen von der ßergwerksverwaltuug bald weggenommen
werden sollten, so war es von besonderer Wichtigkeit, vorher von diesen für die
Geschichte der norddeutschen Ebene bedeutsamen Thatsachen Kenntniss zu er-
halten.
Die Besichtigung hat unter zahlreicher Betheiliguug und von gutem Wetter
begünstigt stattgefunden.
Der Sachverhalt ist nachstehender:
Das vier Meilen östlich Berlin auftretende Kalklager, wovon wesentlich nur
die Schaumkalk führende Abtheilung des unteren Muschelkalks aufgeschlossen ist,
hat nach der Ostseite hin nahezu ein west-östliches Streichen der Schichten und
dieselben fallen unter einem Winkel von 12 — 20 Grad nach Norden ein, so dass
die höchste Erhebung sich auf der Südseite befindet. Letztere ist 100—200 Fuss
höher als die Nordseite und hat man deshalb von da den schönsten üeberblick
über die Verhältnisse. Mag man nun, wie verschiedene Geologen es thun, für die
Erklärung der Glacialstreifen Drifterscheinungen und die Verbreitung der nordischen
Geschiebe durch schwimmende Eisberge heranziehen, oder wie es in der neueren
Zeit mehr und mehr geschieht, von einer sehr allgemeinen Vergletscherung von
Nordeuropa und über den Boden Norddeutschlands hinweg ausgehen: für beide
Fälle ist es von Wichtigkeit, dass die vom Norden nach dem Süden hin wirken-
den mechanischen Agentien an dieser Stelle südlich auf ein Terrain von höherem
Niveau trafen und dadurch naturgemäss in ihrer Richtung eine Ablenkung erfahren
raussten. Man wird es dadurch erklären müssen, dass die Streifen und Kritzen,
welche unter der Diluvialdecke auf dem, zum Theil sehr glatt geschliffenen Kalk-
stein gefunden werden und welche an der niedrigeren Nordseite des Alvensleben-
bruchs noch nahezu die nord-südliche Richtung einhalten (nach meiner Messung
hora 1—2), beim Ansteigen nach Süden weit mehr in west-östlicher Richtung
(zwischen hora 3 und 6) angetroffen werden. Charakteristisch ist auch, dass man
die Muschelkalkbruchstücke, welche in der Diluvialzeit von diesem Flötzvorkommen
aus verbreitet sind, wesentlich nur in südlicher und südwestlicher Richtung, zum
'i'heil in der regellosesten Weise, wie sie an moränenartige Anhäufungen erinnert,
antrifft. Ilr. Eck hat bereits fräher auf dies Fehlen der Triasgesteine im Diluvium
nach den anderen Seiten hin aufmerksam gemacht.
Mit besonderem Interesse wurden die im Muschelkalk meist nur bis 1 Meter,
einzeln bis mehrere Meter Tiefe vorhandenen Trichter und Töpfe untersucht, wie
sie von Hrn. stud. Nötling und in den letzten Tagen von der Bergwerksverwal-
tung als Vorbereitung für die Excursion mit anzuerkennender Sorgfalt entleert
worden waren. Es handelte sich hierbei namentlich um die Frage, wie weit diese
eigenthümlichcn Vertiefungen auf die mechanische Wirkung von Wasserstrudeln
unterhalb von Gletschereis, wie weit auf die Auflösung und Verwitterung des Kalk-
(249)
Steins zurückziifiiliren sind. Denn dass in manchen dieser Trichter nachträglich
ein derartiger chemisclier Lüsungsprozess wesentlich zur Veränderung der Verhält-
nisse beigetragen hat, ergiebt sich aus dem mehrfachen Auftreten von Lehm und
Thon, welcher deutlich auf Muschelkalk -Verwitterung zurückzuführen ist. In man-
chen der kleineren Aushöhlungen ist dieser aus Muschelkalk herrührende Lehm
so stark vertreten, dass die chemische Verwitterung des Gesteins in erster Linie
für die Erklärung derselben herangezogen werden muss. Ganz abgesehen von der
ursprünglichen Entstehung der Trichter, weist die Wandung vieler derselben darauf
hin, dass die Verwitterung des Kalks zur Ausweitung derselben beigetragen haben
muss. Ebenso mussten auch alle Kalkbruchstücke, welche bei der mechanischen
Entstehung der Triciiter mit hineingekommen waren, durch Verwitterung zur Ent-
stehung von lehmigen Theilen Veranlassung geben, welche man bei der mechani-
schen Erklärung dieser Trichter darin nicht als ursprünglich abgelagert annehmen
kann, da sie durch das bewegte Wasser sofort hätten mit fortgeführt sein müssen.
So sehr also diese sekundären Verwitterungs-Erscheinungen bei diesen Trich-
tern eine wichtige Rolle gespielt haben und als solche anerkannt werden müssen,
so weisen die in voller Schönheit und Schärfe auf dem Kalkstein erhalten geblie-
benen und durch die Verwitterung nicht oder wenig veränderten Kritzen und
Streifen auf der anderen Seite deutlich darauf hin, dass man mit der Heranziehung
der Verwitterung zur Erklärung der Trichter nicht zu weit gehen darf und dass in
dieser Frage die meist nicht geringe Bedeckung des Muschelkalks mit Diluvial-
bildungen, welche reich sind an kohlensaurem Kalk, wesentlich berücksichtigt wer-
den muss, ohne welche diese Diluvialstreifen schon seit langer Zeit der Zerstörung
und Verwitterung anheim gefallen sein würden. Nur im Süden tritt der Muschel-
kalk nahezu zu Tage und ist nur mit einer dünnen Diluvialdecke überlagert,
während auf dem grössten Theile und namentlich weiter nach Norden hin das
Diluvium meist in einer Mächtigkeit von 1 bis über 2 Meter vorhanden ist. Das-
selbe besteht hier grösstentheils aus Geschiebemergel, welcher nach Norden bin
unmittelbar über dem Muschelkalk von Diluvial-Kies und -Sand unterlagert wird.
An einigen Stellen liegen scharfeckige Muschelkalkbruchstücke mit einzelnen nordi-
schen Gesteinen unregelmässig durch einander gemengt auf dem Muschelkalk, in
einer Beschaffenheit, wie sie dem „Krosssteinsgrus" nordisch-baltischer Glacial-
bildungen entspricht.
Indem die atmosphärische Kohlensäure durch das kalkhaltige Diluvium ober-
halb in Anspruch genon)men und dasselbe dadurch oberhalb sein Kalk-Carbonat
verloren hat, so diente das Diluvium gro.ssentheils zum Schutze der Unterlage, auf
welcher die genannten Diluvialstreifen deshalb in so grosser Schärfe erhalten blei-
ben konnten. Der kohlensaure Kalk des Geschiebemergels schützt die darin ein-
geschlossenen nordischen gekritzten Kalksteingeschiebe in ähnlicher Weise fast
vollständig vor Verwitterung. Nur wo Risse und Spalten im Geschiebemergel auf-
treten und noch aus einigen anderen Ursachen dringt die Auflösung des kohlen-
sauren Kalks und die sich anschliessende weitere Verwitterung partiell und unregel-
mässig tiefer nach unten hin vor und die durch die Verwitterung entkalkte obere
Decke wird dadurch in ihrer Begrenzung nach dem Geschiebemergel hin eine sehr
uuregelmässige, eine zum Theil partiell in Zapfen und dergl. stark vorspringende
und dicht daneben wieder weit zurücktretende, wie es auch am Geschiebemergel
in Rüdorsdorf beobachtet werden kann.
Enfsoheidcnd für die Frage der sogenannten Kiesentöpfe ist einmal, dass diese
trichterartigen Vertiefungen nach unten hin vollständig geschlossen sind, wie auf
der Excursiou vielfach konstatirt werden konnte, nnd zweitens, dass Sand, Kies
(250)
und Geröll, als das mechaniscli reibende Moment der Wasserstrudel in Gletscher-
mühlen, zum Theil noch auf dem untersten Grunde der Trichter, wo sie ihre
mechanische Arbeit im Gestein vollzogen haben, gefunden werden.
Für den Fall, dass trichterartige Vertiefungen durch Verwitterung im Kalkstein
entstanden sind, wie man sie zum Theil als geologische Orgeln bezeichnet hat,
bleibt der dadurch aus dem Kalkstein hervorgegangene Lehm auf dem Grunde und
an den Seiten des unten geschlossenen Trichters liegen, und da der Lehm nur
einen kleinen Theil des Raumes einnimmt (vielleicht etwa \',o bis Vis), welchen
vorher der Kalkstein inne hatte, so muss, je nach der Auflagerung von Geröll,
Sand und Kies, Kalksteingrus oder Geschieberaergel, das betreffende Material an
der durch Verwitterung freigelegten Stelle von oben her nachrücken, und was von
dem hineingefallenen Material, namentlich also dem Kalkstein, verwitterungsfähig
ist, nimmt dann eventuell an dieser Verwitterung Theil und es können dadurch
aus derselben, wie erwähnt, in derselben Weise lehmige Theile hervorgehn, wie
die in den mechanisch ausgeriebeneu Löchern liegen gebliebenen Kalksteinbruch-
stücke dazu Veranlassung geben können.
Wo aber in diesen geschlossenen, rundlichen Vertiefungen unterhalb der aus
Muschelkalk hervorgegangene Lehm fehlt und statt dessen Quarzsand und die ab-
gerundeten Bruchstücke der härteren nordischen Silikatgesteine auftreten, wie es
thatsächlich beobachtet ist, da liegt der Beweis vor, dass das harte Material am
Grunde dieser Aushöhlungen auch als das mechanische Agens aufzufassen ist, was
sich allmählich in den relativ weichen Kalkstein aushöhlend hineingearbeitet hat.
Es ist klar, dass da, wo Wasser mit atmosphärischer oder im Boden oberhalb ge-
bildeter Kohlensäure in solche mechanisch entstandene Hohlräume hineingelangen
konnte, nachfolgend auch die chemische Auflösung und Verwitterung zur weiteren
Veränderung beitragen musste, sowie andererseits an den Stellen, wo die Ver-
witteruugsagentien partiell auf den Kalkstein zu wirken im Stande sind, auch
partielle, zum Theil sehr kleine Aushöhlungen, wie es im Rüdersdorfer Muschelkalk
ebenfalls der Fall ist, sich gebildet haben.
Die Excursion bot Gelegenheit, in bestimmter Weise zu unterscheiden, welcher
Lehm als aus der Verwitterung des Muschelkalks hervorgegangen anzusehen ist
und dass die chemischen Auflösungsprocesse sekundär im Kalkstein von Bedeutung
gewesen sind. Es wurde jedoch auf der andern Seite ebenso wenig bezweifelt, dass
daselbst mechanische Wirkungen bei der Aushöhlung des Gesteins in Betracht
kommen, welche durch Risse und Klüfte im Gletschereis mit seinen temporär hin-
unterfalienden Wassermassen und den dadurch auf dem Grunde entstandenen
Strudeln am besten zu erklären sind.
Dasselbe stimmt deshalb überein mit der Erklärung, welche, aus den Streifen
und Kritzen am Muschelkalk unter der Diluvialdecke und aus andern Erscheinungen
gezogen werden muss, und welche dahin geht, dass Norddeutschland in der Diluvialzeit
wiederholt unter starken, von Norden ausgehenden Eismassen gelegen hat, und dass
die weite Verbreitung der Geschiebe über den Boden Norddeutschlands, sowie die
Entstehung des Geschiebemergels (als Grundmoräne) in erster Linie auf so weit
vorgedrungene Gletscher zurückzuführen sind. Die verschiedenen Ablagerungen von
Geschiebemergel weisen darauf hin, dass hier verschiedene Vergletscherungsperioden,
also ein wiederholtes Vorschreiten und Zurückschreiteu der Gletschermassen, worauf
ich bereits vor 2 Jahren in Conslanz aufmerksam gemacht habe, anzunehmen sind,
zwischen welchen Perioden die unter Wasser geschichteten Diluvialsandmassen zur
Ablagerung gelaugten. Diese Theorie einer weit ausgedehnten früheren Gletscher-
(251)
Verbreitung auf dem Boden von Nordeuropa und Norddeutschland hat ihren der-
zeitigen Hauptvertreter in dem Director der geologischen Landesanstalt zu Stock-
holm, Herrn Torell; dieselbe hat, gegenüber der Lyell' sehen Drifttheorie, wo-
nach von Gletschern stammende Eisberge an der Bildung der Geschiebeforination
ausgedehnter betheiligt sind, unter allen den Geologen, welche sich eingehend mit
diesen Fragen beschäftigt haben, so namentlich in Skandinavien, in Süddeutsch-
land und der Schweiz in der neueren Zeit mehr und mehr Freunde gewonnen.
Sowie der Geschiebelehm, resp. -mergel, welcher von den alten Alpengletscheru
gebildet ist, und derjenige in Skandinavien daselbst fast allgemein als die ehe-
malige Grund moräne der bezüglichen Gletscher aufgefasst wird, so wird man durch
die sehr grosse Aciluilichkeit des norddeutschen Geschiebemergels mit den genann-
ten Bildungen in Schweden und in der Nähe der Alpen auf eine ähnliche Ent-
stehung dieser Ablagerung hingewiesen. Wie nahe sich diese Gebilde ihrer Be-
scliaffeiilieit nach stehen, wie sie namentlich bei uns sowohl, wie in den genannten
anderen Gegenden, durch jeglichen Mangel an Schichtung — diesem Hauptmerk-
mal der unter Wasser abgelagerten Bildungen — ausgezeichnet sind, ergiebt die
Vergleichung auf den ersten Blick, und eine Probe des Geschiebelehms aus der
Gegend von Como am Südfusse der Alpen, welche ich zu der Excursion n)it-
genommen hatte, Hess diese Uebereinstimmung leicht erkennen.
Der Muschelkalk von Rüdersdorf ist einer der wenigen Punkte innerhalb der
norddeutschen Geschiebeformation, wo sich Diluvialerscheinungen am festen an-
.steheudeu Gestein unterhalb der auflagernden Diluvialdecke, ähnlich wie in Schwe-
den und Norwegen, in den russischen Ostseeproviuzen und zu beiden Seiten der
Alpen, beobachten lassen. Die erwähnten interessanten Verhältnisse daselbst wer-
den deshalb von der Gesellschaft fortlaufend im Auge behalten werden müssen
und es wird die Aufgabe sein, durch eine weitere eingehende Verfolgung derselben
die in der Erklärung noch vorhandenen Schwierigkeiten mehr und mehr zu be-
seitigen und so das bezügliche Material für die Geschichte des norddeutschen
Flachlandes, namentlich des Diluviums, immer mehr klar zu legen. Da die Schwierig-
keiten bei uns grösser sind, als in der Nähe der anstehenden Gebirge, wo sich
Alles genetisch genauer verfolgen lässt, und da es sich hier um für die Anthro-
pologie und Urgeschichte sehr wichtige Fragen handelt, so werden diese Diluvial-
bildungeu seitens der Wissenschaft besonders eingehend berücksichtigt werden
müssen, und ist zu hoffen, dass die E.xcursion nach Rüdersdorf eine weitere An-
regung nach dieser Richtung gegeben hat und auch für die Zukunft geben wird. —
Der Vorsitzende spricht im Anschluss daran den Wunsch aus, dass auch die
Fachgeologen, welche die fraglichen Verhältnisse in Rüdersdorf näher untersucht
haben, sich über dieselben ausführlicher üussern mc'ichten.
Er dankt Namens der Gesellschaft Hrn. Bergrath Foitzick in Rüdersdorf, der
in freundlichster Weise die Leitung der Excursion übernommen hatte, sowie den
beiden Aerzteu von Rüdersdorf, Dr. Häbler und Dr. Pfeffer, für den grossen
Genuss, welchen sie allen Theiluehmera bereitet haben. Die zahlreich erschienenen
Mitglieder, unter welchen die HHrn. Nachtigal , Wattenbach, Frhr. v. Dnruh-
Bomst, Voss, Witt, Kny, Berendt, v. Martens genannt werden mögen, nahmen
mit hohem Interesse die neue Erscheinung in Augenschein. Hr. Nöthling, der
dieselbe zuerst in grösserer Ausdehnung studirt hat, war persönlich anwesend.
Auf der Rückkehr wurde ein Urnenfeld am Ufer des Krien-Sees, das aller-
dings nur spärliche Ergebnisse lieferte, untersucht
(252)
(20) Hr. Virchow berichtet über die, am 5. Juli unter reger Betheiligung
stattgefundene
Excursion nach Neu-Brandenburg.
Or Dr. Bri'ickner sen., unser sehr thätiges Mitglied, hatte die Güte gehabt,
in umsichtigster Weise Alles vorzubereiten, so dass trotz der grösseren Entfernung
das reiche Programm vollständig erledigt werden konnte. Dr. Voss und ich hatten
uns schon am Abende vorher nach Neu-Brandenburg begeben, um am Morgen des
Tages das Gräberfeld am Stargarder Berg (V4 Stunde westlich vor der Stadt)
zu prüfen und geeignetenfalls für die Gesellschaft vorzubereiten. Es ergab sich
bei der vorgenommenen Ausgrabung, dass am Rande einer grossen Kiesgrube auf
der Höhe des Berges Skelette in geringer Tiefe vorhanden waren, und es wurden
ein Paar davon, allerdings nicht ohne mancherlei Beschädigung, gehoben. Aber es
zeigte sich auch, dass dieselben wohl höchstens ein Paar Jahrhunderte alt sein
konnten, und wir verzichteten daher darauf, unsere Mitglieder hierher zu führen.
Nach der Ankunft des Zuges fuhr man daher sofort nach der Ravensburg
im Burgholze, einem mächtigen und sehr gut erhaltenen Burgwalle, in mehr öst-
licher Lage, \'2 Meile vor der Stadt. Hr. Lisch (Meklenb. Jahrb. Bd. VL) hat
früher eine Skizze davon geliefert. Es ist eine dreifache Umwallung und ein
äusserer, noch zum Theil mit Wasser gefüllter Graben vorhanden. Der innere
Wall ist fast kreisförmig und ziemlich hoch. An ihn schliesst sich ein zweiter,
mehr eiförmig angelegter Vorwall, der jederseits an den inneren Wall anschliesst
und einen Theil des letzteren, da, wo der Schutz durch das äussere Wasser am
vollkommensten ist, freilässt. Der dritte Wall oder genauer Vorwall ist der nie-
drigste; sein einer Schenkel setzt an die Aussenwand des zweiten, der andere an
die von dem zweiten frei gebliebene Wand des ersten Walles an, so dass das gar
nicht weiter geschützte Stück des letzteren ziemlich kurz ist. Es scheint daher,
dass man, dem Bedürfniss einer grösseren Sicherheit entsprechend, nach und nach
die beiden Vorwälle angesetzt hat, beide auf der Seite, wo der Waldboden am
trockensten ist und daher der Zugang am leichtesten war. Von hier aus führt
auch jetzt noch ein Waldweg in das Innere des Innenwalles durch thorartige Aus-
schnitte der drei Wälle.
Rings umher ist der schöne, mit hochstämmigen Buchen besetzte Kämmerei-
wald, das Burgholz. Auch die Wälle selbst und das Innere sind mit alten Bäumen
besetzt. Der von dem Burgwall eingenommene Raum beträgt 86 802 Q.-R. Die
Ausgrabungen ergaben das gewöhnliche Resultat. Im Innern wurde sehr wenig
gefunden. Die meisten üeberreste lagen an der inneren Seite des Walles, doch
fanden sich auch manche Stücke in der aufgeschütteten Erde des Walles selbst,
jedoch auch hier weniger in der Höhe, als in der Tiefe. Man darf daher wohl
annehmen, dass die Stelle schon bewohnt war, ehe die jetzigen Wälle aufgeschüttet
wurden, und dass so Manches in den Wall gelangte, was ursprünglich auf der
Fläche gelegen hatte.
Wir Hessen einen grösseren Durchschnitt durch den inneren Wall auf seiner
Südseite machen. In einer Tiefe von 2,14 m erreichten wir den Sandboden; in Ivi
Tiefe zeigten sich noch Topfscherben und bei 1,34 m erreichten wir eine Brand-
schicht. Hier war nicht bloss die Erde schwarz, sondern es steckten auch zahl-
reiche Kohlenstücke, namentlich von Eichenholz, im Boden; daneben zahlreiche
Thiorknochen, besonders von Schwein, Rind und Ziege.
In der städtischen Sammlung, welche in sehr ansprechender Weise in einem
der alten hitadtthorthürme untergebracht ist, befand sich schon eine kleine Anzahl
(253)
Ravensburger Alterthütner, iiameütlicli eiuo eiserne Axt und ebensolche Sporen,
jedoch auch polirte S teingeräthe, namentlich 2 durchbohrte Stücke, von denen
das eine, leider zerbrochene ein breites ausgeschweiftes Ende zeigt und seiner ge-
bogenen Form nach an ein Bronze-Vorbild erinnert. Auch ein polirtes Feuerstein-
beil ist vorhanden. Das Thongeräth, sowohl das in der Sammlung befindliche, als
auch das von uns gesammelte, hat durchweg den Burgwulltypus, sowohl die ge-
schwungenen und wellenförmigen Linien, als auch die mit einem zackigen Stempel
eingedrückten Reihen kleiner, eckiger Grübchen. —
In der Sammlung sahen wir noch die Fundstücke von einem s lavischen
Burgwall bei Lapitz, den Hr. Neu mann ausgebeutet hat. Auch hier waren
viele Thierknochen und Thonscherben zusammengebracht, doch fanden sich gleich-
falls 2 nicht durchbohrte, aber gut polirte Feuersteinbeile und einige grosse, ge-
schliffene Steinhämmer, von denen freilich einer auf dem benachbarten Acker auf-
gelesen war. Unter den übrigen Fundstücken erwähne ich einen grossen Klumpen
von gebranntem Thon, der noch den Abdruck eines Geflechts (Korbes? Gewebes?)
trägt. —
Auch sonst ist die Sammlung reich an geschlageneu und geglätteten Stein-
sachen, von denen letztere mehrfach an die Formen von Bronzehämmern erinnern.
Auch ein kleines Feuersteinmesser mit einer Fassung ist vorhanden. Unter den
Bronzesachen sind namentlich mehrere Exemplare grosser Armspangen mit doppel-
ter Spiralplatte zu erwähnen, wie sich deren ganz ähnliche in der Sammlung von
Neu-Strelitz finden.
Ganz besonders interessant ist eine Reihe feiner und sehr gut erhaltener Thon-
gefässe. Ich hebe daraus namentlich ein Paar Gefässe aus der ersten Eisenzeit
hervor, von denen das eine (a) 1862 auf dem Bahnhofe vor der Stadt, das andere (b),
allerdings nur in Bruchstücken, 1873 zu Cammin bei Stargard in Mekl. ausgegraben
wurde. Die Ornamente sind sehr ausgiebig angelegt und in langen, geometrischen
Figuren um den Bauch der Gefässe geführt. An dem einen (a), welches sich durch
einen Henkel und sonderbare Form auszeichnet, zeigt sich eine Art von Mäander.
Das andere (b) hat Linien, welche ganz dicht auf beiden Seiten mit kleinen,
dornenartigen Flinritzungen besetzt sind.
Eine dritte, der Angabe nach der Steinzeit angehörige Henkelurne (Nr. 611)
von schwarzer Farbe wurde im Torf bei Lapitz in einer Tiefe von 5 Fuss gefunden.
Ob sie wirklich so alt ist, erscheint wegen der sauberen Ausführung des Gefässes
zweifelhaft. Dasselbe hat einen senkrechten, glatten, sehr hohen Rand mit weiter
(254)
Mündung, einen niedrigen, weit ausgelegten Bauch, an der Grenze zwischen Hals
und Bauch eine breite Zone mit Gruppen von halbkreisförmigen und geraden Linien.
Der grosse und sehr weite Henkel ist abgeplattet, oben au den Hals, unten mit
schöner Biegung an den Bauch angesetzt. Hier schliesst sich an ihn wiederum
eine radiäre Einritzung. —
Hr. Brückner führte sodann die Gesellschaft in den üppig angewachsenen
Stadtpark am See, wo, nahe der Badestelle, das früher (Verhandl. vom 21. Juli 1877,
Verh. S. 277, Taf. XVH., Fig. 2) von ihm beschriebene Stein kistengrab in ähn-
licher Weise, wie es gefunden ist, aufgestellt worden ist. Von da begab man sich über
das alte Kloster Broda nach dem Belvedere, welches in schönster Lage über dem weit
ausgedehnten See einen der prächtigsten Aussichtspunkte unseres Nordens darstellt.
Auf dorn Rückwege passirte man noch die Kirche, deren Wände „Näpfchen"
besitzen, und zum Schluss vereinigte ein fröhliches Mal die Fremden von Berlin,
Stettin, Stralsund und Strelitz nebst den Einheimischen. Dabei wurde der Lands-
leute, welche in der Alterthumsforschung einen grossen Namen erworben haben,
namentlich des verstorbenen Boll und des stets thätigen Schliemann, rülimeud
gedacht.
(21) Hr. Virchow beendet, unter Vorlegung zahlreicher Fundstücke, den in
der vorigen Sitzung begonnenen Vortrag über
Troja.
(Hierzu Tafel XVI.)
Ich hatte Ihnen das vorige Mal eine kurze Uebersicht über die Streitfragen
in Betreff der Lage von Troja gegeben und einige der Gründe angeführt, welche
dafür sprechen, unter den Orten, welche in Frage gekommen sind, den Vorsprung
von Hissarlik zu wählen, wie es zuerst von Maclaren theoretisch geschehen und
endlich von Hrn. Schliemann praktisch ausgeführt worden ist.
Ich werde Ihnen daher heute zunächst ein objectives Bild von der Situation
von Hissarlik zu entwerfen suchen. Sollte ich mich dabei zuweilen etwas ver-
sprechen, indem ich vielleicht mehr, als Ihnen begründet scheint, die Präsumption
mache, dass hier das homerische Ilion zu suchen sei, so bitte ich im Voraus um
Entschuldigung. Jedenfalls werde ich mich bemühen, unter Zuhülfenahme des
allerdings etwas kümmerlichen Materials, das ich augenblicklich zur Verfügung
habe, die Sachlage unbefangen darzustellen.
Ich habe schon in meinem ersten Vortrage hervorgehoben, dass im Augenblick
wohl kaum ein zweiter Ort, weder in Italien, noch in Griechenland, noch in Klein-
(255)
Asien existiren möchte, welcher in Bezug auf die Massenhaftigkeit der auf ein-
ander geschichteten Funde und in Bezug auf die Zahl verschieden gearteter Fund-
schichten auch nur entfernt in Parallele mit Hissarlik gestellt werden kann. Vor
den Ausgrabungen des Hrn. Schliemann hatte man davon keine Ahnung. Der
Hügel von Hissarlik oder, wie ich ihn der Kürze wegen bezeichne, der Burgberg
erschien allen Reisenden als eine natürliche Anhöhe. Dieselbe bildet den letzten
Vorsprung eines niedrigen, durchschnittlich nicht viel über 100, erst weiterhin 200 bis
300 Fuss hohen Rückens aus miocäneni Tertiärkalk, der sich gegen Osten an einen
ziemlich hohen Eruptivstock, den ülu Dagh, anschliesst. Das Tertiärgebirge sendet
von hier zwei Hauptarme gegen die Ebene aus: einen nördlichen, etwas höheren,
der sich über Renköi an den Hellespont schiebt und der Küste bis zum Vor-
gebirge Rhoiteion folgt, und den schon erwähnten südlichen. Beide Arme sind
von einander durch das Thal des Dumbrek Tschai getrennt, gegen welches ihre
Gehäuge ziemlich steil abfallen. Gegen die eigentliche Skamander-Ebene springen
sie ziemlich scharf vor, so dass das Vorgebirge Rhoiteion und Hissarlik von einer,
senkrecht gegen den Hellespont gezogenen Linie ziemlich gleichmässig getroffen
werden. Etwa eine starke Viertelstunde von Hissarlik nach Osten liegt auf dem-
selben Längsrücken das türkische Dorf Tschiblak, nach welchem ich diesen Berg-
zug den Rücken von Tschiblak nennen werde. Hissarlik selbst ist ganz unbe-
wohnt.
Wenn man von Tschiblak nach dem Burgberge geht, so stösst man schon weit
Tor Hissarlik, wie übrigens seit langer Zeit bekannt ist, auf ein sehr umfangreiches
Feld, welches ganz mit Thonscherben, Bruchstücken von bearbeitetem Marmor und
anderen Resten einer alten Ansiedelung bedeckt ist. Dasselbe umfasst den ganzen
vorderen Theil des Rückens von Tschiblak, namentlich auch den nach Süden ge-
richteten Abbang mit seinen einzelnen Terrassen und Vorsprüngen. Nach Osten
und Süden lässt sich noch jetzt sehr deutlich die alte Umgrenzung erkennen.
Man kann noch ganz genau die scharfen Linien und Ecken der alten Mauern
definiren. Durch eine Menge von einzelneu „Brunneugrabuugen" hat Hr. Schlie-
mann festgestellt, dass es sich durchweg um eine Ansiedelung handelt, welche bis
in die spätrömische Zeit hinein reicht, welche aber nirgends frühgriechische oder
gar prähistorische Einschlüsse enthält. Es wird daher darüber w^ohl kaum noch
ein Zweifel bestehen können, dass dieses grosse Trümmerfeld, wie übrigens schon
im Alterthum ziemlich allgemein angenommen worden ist, die Stätte des soge-
nannten llion novura ist. Es war diess eine Stadt, deren Gründung nicht genau
feststeht, die aber seit der Zeit, als Vorderasien unter römische Herrschaft fiel,
namentlich in den letzten Zeiten der Republik und unter den Kaisern, mit
grosser Vorliebe behandelt wurde. Julius Cäsar , der nach der Schlacht von
Pharsalus selbst nach llion kam, und die Kaiser aus der julischen Familie, welche
ihr Geschlecht von Aeneas herleiteten und denen Troja als ihr eigentliches Mutter-
land erschien, wandten der Stadt ihre besondere Sorgfalt zu und statteten sie mit
zahlreichen Privilegien aus. Gräbt man in diesem Gebiet, so stösst man noch an
vielen Stellen auf ausgedehnte Fundamente von Gebäuden. Aber im Allgemeinen
liegt das Material ganz oberflächlich, so dass es weiter keiner Grabungen bedarf;
man hat blos auf das Feld hinauszugehen und aufzulesen. Allerdings findet man
dabei manches, was wir auf den ersten Blick weiter zurückdatiieu würden. Da
liegen Mühlsteine aus Trachyt, die wir auch nach unseren nordischen Gewohnheiten
in römische Zeit versetzen würden, so ähnlich sind sie unseren vorgeschicht-
lichen Mühlsteinen. Da liegt ferner eine Menge von Gegenständen, die einer ganz
alten Zeit entsprechen könnten, Thonwirtel, Feuersteinsplitter, Knochenreste u. s. f.
(256)
Aber bei genauerer Betrachtung erweisen sie sich doch als Bestandtheile einer
jüngeren Ansiedelung. Weit und breit ist über das ganze Terrain eine Menge
von Marmortrümmern zerstreut, die auf einen grossen Luxus schliessen lassen,
und wenn man die Nachbarorte durchmustert, namentlich die alten türkischen
Kirchhöfe, so trifft man Haufen von verschleppten Marmorsäulen und Architektur-
stücken der mannichfaltigsten Art als Bestandtheile von Haus- und Garten-
mauern, als Grabstelen u. dgl. Ich lege ein Paar Stücke von bearbeitetem Marmor
aus dieser oberflächlichen Schicht vor und ausserdem einen Thonscherben, der Ihre
besonderen Sympathien auf sich ziehen dürfte, weil er das Wellenornament unserer
slavischen Burgwälle auf das Vortrefflichste ausgeführt zeigt. Aber alles Thon-
geräth ist ein durchaus junges; es hat den klingenden Ton von gut gebranntem
Geschirr und ist auf der Scheibe gearbeitet.
Offenbar war die Bewohnung eine sehr ausgedehnte. Stellenweise, namentlich
westlich von Hissarlik, hat sie sich bis in die Ebene herunter erstreckt bis auf
Stellen, wo man jetzt Bedenken tragen würde, wegen der Malaria überhaupt zu
wohnen. Noch unterhalb von Hissarlik liegen auf den Aeckern ganz dieselben
Trümmer von Bausteinen und Hausgeräth, wie auf dem Berge. Indess kann dieses
Suburbium nicht sehr gross gewesen sein; die Hauptansiedlung war auf der Höhe
und zwar in mehreren Terrassen den südlichen Abhang hinaufgebaut. Auch sieht
man noch die Andeutung einer kleinen Akropolis weit gegen das östliche Ende
hin, sowie mehrere andere Erhöhungen, die vielleicht alte Tempelstellen waren, denn
gerade in ihrer Nähe ist viel Marmor verbreitet. Genug, es war eine hoch organi-
sirte Stadt. Zahlreiche Münzfunde haben übrigens sehr bestimmte chronologische
Anhaltspunkte gewährt.
Dieses ganze Terrain ist natürlich auszuschliessen aus unserer Betrachung. Es hat
nichts Wesentliches zu thun mit Hissarlik und zwar um so weniger, als, so weit meine
Beobachtungen reichen, die eigentliche Höhe von Hissarlik wahrscheinlich von aller
eigentlichen Bewohnung Seitens der Leute von Ilion novum ausgeschlossen gewesen ist.
Jetzt natürlich ist der grössere Theil der Oberfläche zerstört; ich kann aus eigener
Anschauung nur noch über gewisse Reste aussagen, aber an ihnen sieht man
keineswegs eine so reiche Bedeckung der Oberfläche mit Trümmern von Hausgeräth,
wie ausserhalb des Burgberges. Wahrscheinlich war dieser Theil mit Tempeln be-
setzt und im Uebrigen frei gelassen. Das wird leicht begreiflich, wenn man aus
den alten Schriftstellern erfährt, mit welcher Beharrlichkeit die Bewohner von Ilion
novum die Tradition festhielten, dass da das alte Ilion existirt habe. Lag das
Ilion, welches Alexander vor und nach der Schlacht am Granicus besuchte, an dieser
Stelle, so müssten wir annehmen, dass damals schon ein Tempel der Athene und
einer des Zeus auf Hissarlik standen und dass darin allerlei Waffen bewahrt wur-
den, welche man als die des Hektor und anderer trojanischer Streiter bezeichnete.
Jedenfalls würde es den religiösen Gefühlen der Alten durchaus entsprechen, dass
sie den alten Burgberg ausschlössen von dem gewöhnlichen Gebrauch und ihn als
einen sacrosancten Ort bewahrten. So ist vielleicht der glückliche umstand zu
erklären, dass keine nennenswerthe Vermischung später Funde mit den älteren
stattgefunden hat.
Was nun den eigentlichen Burgberg oder Hissarlik anbetrifft, so kann
ich natürlich nicht mehr berichten, wie er etwa vor 20 Jahren ausgesehen hat, da
ich ihn angetroffen habe in einem Zustand von starker Zerstörung. Indess, wie ich
schon das vorige Mal darlegte, Hr. Schliemann hat sich, nachdem er sich zuerst
durch einige Durchschnitte von ungeheuerer Ausdehnung eine üebersicht der Lage-
rungaverhältnisse verschafft hatte, nachher nur die Aufgabe gestellt, den Kern des
(207)
Berges gleichsam auszuschulen. Daher ist im Wesentlichen der äussere Mantel
stehen geblieben, und man gewinnt immer noch ein gutes Bild der ursprüng-
lichen äusseren Configuration. Es steht im umfange noch so viel, dass man sich
das Fehlende leicht ergänzen kann. Darnach bildete das Ganze einen breit abge-
stumpften Kegel, der sich über den Bergrücken, auf dem Ilion novum lag, erhob, und
der namentlich gegen Norden ganz steil gegen die Ebene abfiel. Vor dem Burgberge hat
der Bergrücken eine seichte Einbiegung. Der eigentliche Burgberg musste sich also den
früheren Reisenden als ein vorgeschobener, über 100 Fuss hoher Posten darstellen.
In diesen Hügel hat Hr. Schliemann nach und nach in 4, genau genommen
sogar 5 verschiedenen Richtungen tiefe radiale Durchschnitte gelegt, um die-
jenigen Stellen zu suchen, auf welche es hauptsächlich ankomme. Es hat sich
dabei herausgestellt, wie ich schon neulich hervorhob, dass je tiefer man kommt,
der bewohnte Bezirk sich immer mehr verengt, dass daher die äusseren Theile
des Hügels nicht etwa dem ursprünglichen Boden angehören, sondern vielmehr
durch den Abraum der im Laufe der Zeit vernichteten Städte und durch die
Planirung der Oberfläche künstlich entstanden sind. Wenn eine neue Generation
über den Ruinen der nächst älteren baute, so räumte sie zunächst den Schutt
weg und warf ihn zur Seite den Abhang hinab. So ist ein System concentri-
scher Ablagerungen entstanden, welche wie umgekehrte Trichter mit abgeschnit-
tener Spitze über einander stehen. Daraus geht hervor, dass der Hügel in der
Grösse, in welcher er von den früheren Reisenden beschrieben ist, keineswegs den
uralten Burgberg darstellt. Erst die Tiefuntersuchungen des Hrn. Schliemann
haben mit Sicherheit herausgestellt, dass, während späterhin offenbar die Bewoh-
nung die ganze Fläche des Hügels umfasst hat, früher ein ungleich kleinerer Kreis
davon eingenommen wurde.
Hr. Schliemann hatte das grosse Glück, sehr bald, schon in seiner zweiten
Campagne, indem er die westliche Tranchee erweiterte, auf denjenigen Punkt zu
stosseu, wo inmitten grosser Brandflächen enorme Massen von wohlerhaltenem Ge-
räth, namentlich jene grossen Goldfunde erreicht wurden. An dieser ziemlich
kleinen Stelle wurde so viel gefunden, wie überhaupt an keinem zweiten Punkt
des Burgberges; ja, man kann sagen, was den Werth der Gegenstände anbetrifft,
so lässt sich die Gesammtheit aller anderen Funde nicht entfernt mit dem ver-
gleichen, was an dieser kleinen Stelle angetroffen wurde. Hier liegen, in nächster Nähe
der alten Stadtmauer, die Grundmauern jenes Gebäudes, welches Hr. Schliemann das
„Haus des Priamos" nannte. Ganz in der Nähe, in der Verlängerung der nach
Westen gerichteten Tranchee, stiess er auf das Thor, welches er als das skäische
ansprach. Es hat sich bei den Untersuchungen dieses Jahres herausgestellt, dass
dies die einzige Stelle ist, die als ein altes Thor angesprochen werden kann, und
da es für einen nach Westen, d. h. gegen Sonnenuntergang gerichteten Beobachter
zur Linken (o-kccivj) liegt, so wird der Festhaltung des alten Namens wohl wenig
entgegenstehen. Die Strasse, welche von aussen zu demselben emporführt, ent-
spricht genau dem, was man in anderen Ruinenstädten der Troas sieht. Am besten
erhalten ist eine solche Strasse an der schöngelegenen Ruinenstadt von Asses,
dem heutigen Behram (Bechram) Köi am Golf von Edremit, wo die obere Stadt
noch bis in dieses Jahrhundert hinein ziemlich gut erhalten war und erst durch
Hrn. Texier zerstört ist. Assos liegt ganz steil über dem Meere auf einem
gewaltigen Eruptivkegel, der durch das tiefe Thal des Tuzla Tschai von den west-
lichen Ausläufern des Ida geschieden ist. Wenn man von Norden herkommt,
so überschreitet man den Fluss auf einer hochgeschwungenen Stoinbrücke, gelangt
dann durch eine ausgedehnte Gräberstadt au das Thor und erreicht auf einer
VcrliaiuU. der BcrI. Authropol. Gesellauhaft ISTJ. 17
(258)
mit grossen Steinplatten gepflasterten, schräg ansteigenden Strasse die Höhe. Ganz
ähnlich ist die Situation am skäischen Thor. Freilich übersieht man nicht unmittel-
bar das ganze Verbältuiss nach aussen. Denn durch den mächtigen, noch stehen
gebliebenen Mantel von Auswurfmassen ist der Weg nach aussen verlegt und, so
freigebig Hr. Schliemann auch seine Geldmittel verwendete, so konnten wir ihm
doch nicht rathen, auch noch die ungeheure Schale abzuräumen, was nebenbei ein
ziemlich gefährliches Werk gewesen wäre, da die innere Wand des „Mantels"
ganz steil abgestochen war und in einer Höhe von beiläufig 12 m und darüber
abfiel. .\uch war im Grunde kein tiefer gehendes Motiv vorhanden, diese Strasse
zu verfolgen. Darüber ist kein Zweifel, dass dieselbe, wenn man sie sich nach
aussen verlängert denkt, zunächst auf den sanft geneigten Abhang des Berges nach
Nordwesten und von da gegen die Ebene führen musste, dass sie also genau dem
Wege entspricht, wie er in der Ilias für die aus dem Thor gegen die Ebene vor-
brechenden Krieger und für den Ansturm der Belagerer gedacht ist.
Innerhalb der blossgelegten Fläche hat man also einen schräg ansteigenden
Zugang, der mit grossen Steinplatten gedeckt ist, wie es an keiner anderen Stelle
gefunden ist. Auf dieser schiefen Ebene erreicht man das Thor in der Stadtmauer
und darüber einen kleinen Platz, der sich unmittelbar vor dem „Hause des Pria-
mos" ausbreitet. An die Thoröffnung, von der allerdings nur die Fundamente er-
halten sind, schliesst sich jederseits die Stadtmauer an. Diese ist so eingerichtet,
dass vom Grunde her eine ziemlich steile, jedoch etwas schräg liegende Fläche mit
rohen Bruchsteinen belegt ist; erst da, wo diese Decke das Niveau der „gebrannten
Stadt" erreicht, setzt eine senkrecht aufgebaute Schicht an.
Die gebrannte Stadt bildet aber keineswegs die tiefste Lage, sondern darunter
findet sich noch eine sehr mächtige Culturschicht, welche die Trümmerhaufen noch
älterer Ansiedelungen einschliesst. ludess gewährt gerade das geschilderte Ver-
hältniss einen recht guten Anhaltspunkt für die Unterscheidung der einzelnen Ab-
schnitte. Nichts liegt näher, als die Continuität dieser Schichten zu verfolgen.
Indess hat sich hier eine nicht geringe Schwierigkeit ergeben. Gerade durch die
Grabungen dieses Jahres hat sich eine Voraussetzung als irrig erwiesen, welche
früher festgehalten worden war, nehmlich der Gedanke, dass alle Schichten hori-
zontal fortliefen und dass, wenn man einen gewissen Horizont erreiche, man damit
sofort die Schicht bestimmen könne, wohin das einzelne Fundstück gehöre. Die
.\uf3eher hatten den Auftrag, auf jedes Stück mit Bleistift die Zahl der Fusse
unter der Oberfläche des ursprünglichen Hügels zu schreiben, um so die Tiefe an-
zugeben, in welcher das Stück gefunden war. Von dieser Zahl nahm man an,
dass sie sofort die Schicht anzeige, welcher das Stück angehöre. Denn nachdem
die Tiefe der einzelnen Schichten einmal bekannt war, so schien es, dass man aus
der verschiedenen Tiefe auch sofort die chronologische Reihenfolge der Schichten
werde ableiten können. Diese Meinung wurde jedoch schon in den ersten Tagen,
nachdem ich angekommen war, durch einen neuen Goldfund erschüttert, der viel
weiter östlich und in einem sehr viel höheren Niveau lag, als das „Haus des Priamos".
Da aber die einzelnen Goldsachen hier in demselben Styl und Muster gehalten
waren, wie die früheren, namentlich wie die aus einem Bericht des Hrn. Schlie-
mann in unserer Sitzung vom 21. December v. J. (Verh. 1878, S. 425, Taf. XXIH.)
uns bekannt gewordenen, so konnte man keinen Augenblick zweifeln, dass sie
derselben Gruppe von Funden angehörten, wie die früheren. Es war dadurch
mit Sicherheit fastgestellt, dass die blosse Horizontirung nicht ausreichte, um die
Zugehörigkeit der einzelnen ^-chichten zu bestimmten chronologischen Gruppen zu
bezeichnen. Es wurde vielmehr nothwendig, ausgedehntere Grabungen zu ver-
(259)
anstalten, und umfangreiche Erörterungen über die Höhenverhältnisse der einzelnen
Schichten eintreten zu lassen. Das Schlussergebniss dieser Untersuchungen konnte
ich nicht abwarten, da mein Urlaub zu Ende ging. Ich hatte nur noch Gelegen-
heit, im Augenblick, wo ich zu Pferde steigen wollte, um meinen Rückweg nach
den Dardanellen anzutreten, einem neuen Goldfund beizuwohnen, — dem letzten,
der gemacht worden ist und wahrscheinlich auch gemacht werden wird. Derselbe
lag nördlich von dem Thor auf der Stadtmauer selbst, zum Theil zwischen die
Steine derselben hinuntergesunken, also in einem ungleich tieferen Niveau, als die
ersten grossen Funde. Trotzdem befand er sich dem „Hause des Priamos" so nahe
und machte so sehr den Eindruck, dass er mit dem Zusammensturz eines Hauses
herabgefallen sei, dass wir keinen Anstand nehmen konnten, ihn der gebrannten
Stadt zuzurechnen.
Hr. Schliemann hat nach meiner Abreise die Stadtmauer mit grosser
Sorgfalt verfolgt. Es hat sich ergeben, dass er ein sehr viel grösseres Terrain
blosgelegt hat, als er zu seinem Specialzwecke, das alte Ilion aufzudecken, gebraucht
hätte. Er behauptet, 4Ü 000 Q.-Meter Erde unnütz bewegt zu haben. Es ist das
in gewisser Beziehung ein Unglück. Dafür ist er andererseits ungemein glück-
lich gewesen, indem es ihm gelungen ist, schon bei der zweiten Campagne an den
Punkt zu kommen, welcher die Hauptsachen enthielt und welcher sicherlich immer,
so lange gebildete Menschen existiren, das allgemeine Interesse auf sich ziehen wird.
Die Disposition der Häuser in derjenigen Stadt, welche dieses Thor, diese Mauer,
dieses Schatzhaus besass, ist sonderbarer Weise in ihren Hauptzügen, architektonisch
betrachtet, vollständig das Vorbild derjenigen Bauart, welche noch jetzt
in den Dorfschafteu der Troas üblich ist. Wenn man ein solches Dorf
durchreitet und sich in eines oder mehrere der Häuser begiebt, so bekommt man
eine Reihe von Anschauungen, welche ganz übereinstimmen mit dem, was wir in
der alten Stadt sahen. Ich lernte einige sehr eigenthümliche Verhältnisse, welche
mir auf den Durchschnitten unserer Ausschachtungen nicht recht begreiflich waren,
erst verstehen, nachdem meine ärztliche Praxis mir gestattet hatte, widerholt das
Innere der Häuser zu betreten. Da zeigte sich, dass bis in Kleinigkeiten hinein
die alten Verhältnisse noch gegenwärtig massgebend sind.
Bei genauerer Erwägung ist das auch keineswegs erstaunlich. Mau uiuss dabei
zwei Umstände in Betracht ziehen. Der eine ist der, dass die troische Ebene ver-
möge ihrer sehr ungesunden Beschaffenheit niemals ein Feld grosser Besiedelung
sein konnte. Es finden sich weder erhebliche Ueberreste älterer Ansiedelungen darin,
noch sind die wenigen Orte, welche jetzt darin liegen, irgend wie ansehnlich; im
Gegentheil, es sind arme, kleine Orte mit grossen Feldmarken. Diese wenigen
Leute haben offenbar auch wenig dazu beigetragen, neue Culturen einzuführeu. Sie
haben fast gar keine Verbindung nach aussen; Strassen im modernen Sinne giebt
es nicht und hat es v?ahrscheinlich niemals in der Ebene gegeben. Das hängt zu-
sammen mit den Eigenthümlichkeiten des Bodens, der fast überall Malaria erzeugt.
In dem Maasse aber, wie der Boden eine reichere Besiedelung und eine grössere
Ausbildung des Ackerbaus, überhaupt die Entwickelung der höheren Künste des
Friedens erschwert, haben die Leute, obwohl sie nicht mehr Nomaden sind, doch
immer die Beschäftigung der Hirten vorgezogen. Das ist der zweite Umstand, der
die Fortdauer der uralten Gewohnheiten erklärt. Hirten haben geringere Bedürf-
nisse der häuslichen Einrichtung, als Ackerbauer und Handwerker. Sie leben viel
im Freien und das Haus steht in zweiter Linie des Interesses. Die Heerden der
Trojaner bestehen noch heut, wie sie Homer beschrieben, aus grossen Mengen von
Pferden, Schaafen und Ziegen. Rindvieh und namentlich Schweine sind ungleich
]7*
(260)
seiteuer. Pferde dagegen werden noch immer in so grossen Massen gezogen, dass
die alte Beschreibung von dem Reichthum des Königs Erichthouios , welcher
3000 Stuten hielt, beinahe noch anwendbar sein dürfte auf gewisse Regionen. Wahr-
scheinlich cxistiren in der Tfoas mehr Pferde wie Menschen; es hat daher nie-
mals Schwierigkeiten, ein Pferd zu bekommen.
unter solchen Umständen, und gleichsam als ein Ausdruck der conservativen
Anlage der Bevölkerung, hat sich auch die alte Bauart erhalten. In der Regel
errichtet man zunächst auf dem geebneten Boden die aus unbehauenen Bruchsteinen
gebildeten Mauern von etwas über Manneshöhe. Damit umschliesst man gewisse
Wirthschaftsräume, welche die Keller ersetzen, sowie die Räume zur Aufnahme
derjenigen Hausthiere, welche überhaupt in Ställen untergebracht werden. Schaafe
und Ziegen werden überhaupt nicht in regelrechte Ställe gebracht: für den Winter
und sehr schlechtes Wetter hat man halb offene Schuppen oder Hallen, unter welche
man sie treibt. Auch die Kameele bleiben im Freien und man sieht sie Nachts
auf den Höfen oder auch auf den Strassen und Plätzen haufenweise lagern, stets
mit dem Rückengestell bekleidet, auf welches Sattel und Gepäck aufgelegt werden.
Es sind also eigentlich nur Pferde, Kühe, zuweilen Büffel und Schweine, für welche
Ställe gehalten werden.
üeber diesem steinernen Erdgeschoss liegt das Geschoss, welches die Wohn-
räume enthält, die eigentliche Beletage. Die Wände desselben bestehen und be-
standen aus Lehuisteiuen von einer für unsere Vorstellungen ganz ungewöhnlichen
Grösse Es sind mächtige, viereckige Platten, zuweilen 1 Fuss im Geviert und 3
bis 4 Zoll dick, gewöhnlich nur schwach gebrannt, oder nur an der Luft getrocknet.
Der dazu verwandte Lehm wird vorher, und zwar oft sehr reichlich, mit dem bei
dem sogenannten Dreschen gewonnenen Häcksel durchknetet. Den Lehm nimmt
man, wie ihn der fette Acker darbietet, und den, bei feuchtem Wetter sich sofort
reichlich bildenden Strassenkoth benutzt man als Cement. Die Substanz der Steine
und des Cements ist daher nicht sehr verschieden, indess ist sie doch unterscheid-
bar namentlich wegen der Beimischung der Vegetabilien zu den Lehmsteinen.
Diese erhalten dadurch ein etwas helleres Aussehen, während der cementirende
Schmutz, wenn ich so sagen darf, eine dunklere, mehr graue oder bläuliche Farbe
und eine gleichmässigere Beschaffenheit zeigt.
In ähnlicher Weise sind übrigens auch die ürafassungswände der Höfe und
Gärten hergestellt. Manchmal bestehen sie aus Steinen und dann findet man nicht
selten Bruchstücke alter Haus- und Tempelbauten, Marmorblöcke, zuweilen noch
mit Inschriften, darin. Am häufigsten jedoch werden sie auch aus Lehmsteinen
aufgerichtet, welche man oben durch irgend eine Deckmasse, meist vegetabilischer
Art, zu schützen sucht. Am Strande nimmt man Seegras, in der Nähe des Waldes
Baumrinde, anderswo zerschnittenes Rohr und Strauchwerk. In der Regel schliessen
sich diese Hof- und Gartenmauern direkt an die Hausmauern an, und da sie fast
immer weit übermannshoch sind , so gewinnt das Ganze den Charakter einer
kleinen Festung.
Lehmwände sind natürlich der Zerstörung sehr ausgesetzt. Glücklicher Weise
regnet es im Ganzen in der Troas nicht viel. Man hat verhältnissmässig lange
trockenes Wetter, dessen Wirkungen jedoch einigermaassen compensirt werden
durch die sehr constanten Seewinde. Genau genommen giebt es in der Troas kaum
einen einzigen Wind, der nicht Seewind wäre; fast alle sind feuchte Winde, was
eine grosse Annelnnlichkeit des Klimas auch in den heissen Tagen erzeugt. Das
im GioasoD trockene Wetter conservirt die Lehmwände der Häuser. Man schützt
(2r.i)
sie ausserdem dadurch, dass man das Dach weit vorschiebt und um das erste Ge-
schoss Galerien, namentlich auf der Westseite, errichtet.
Diese Bauart erklärt zweierlei. Erstens ist kein Bedürfniss vorhanden für
directe Eingänge in die unteren Wirthscliaftsräurae; man steigt von oben Jier in
dieselben hinab, wie in einen unterirdischen Keller. Daher kommt es, dass sehr
gewöhnlich die steinerneu Mauern coutinuirlich fortgehen, ohne irgend einen Ein-
gang zu zeigen, als das Hoi'thor. Der Zugang zu dem Wohngeschoss erfolgt durch
eine Treppe, welche sowohl in das ifaus, als auf die regelmässig vorhandene
Veranda oder Terrasse führt. Letztere erhebt sich im Niveau des ersten Geschosses
auf der Steinmauer : es ist der Ort, wo ein Theil der Wirthschaftsgeschäfte ver-
richtet wird und wo die Leute in den kühleren Tageszeiten sich aufhalten.
Bei dem verwahrlosten Zustand der Gegend hat man nicht ganz selten Ge-
legenheit, derartige Häuser im Verfall zu sehen, — moderne Ruinen. Das auffälligste
Beispiel davon traf ich in Erkessi Köi, einem geradeüber von Hissarlik auf der
westlichen Seite der Ebene gelegenen Orte, der uns stets als ein dominirender Punkt
des Landschaftsbildes vor Augen lag. Es steht dort ein grosses altes Schloss, von dem
man mir erzählte, ein Armenier habe es erbaut, aber, obwohl es ganz festungsartig
eingerichtet war, habe er es doch für gerathen gehalten, sich aus der unsicheren
Gegend zurückzuziehen. So sei das ßesitzthum für eine Billiges in die Hand der
Regierung gekommen. Gegenwärtig wird dasselbe als eine Farm von Seiten des
Kriegsministers, oder genauer des Chefs des Artilleriewesens, und zwar zum Theil
durch Soldaten bewirthschaftet. Die Folge davon ist gewesen, dass die Arbeits-
häuser zum grossen Theil verlassen und in Ruinen verwandelt sind. Hier gab es
daher ein vortreffliches Vergleichungsobjekt mit Hissarlik.
Der Regen, wenn er kommt, fällt in der Troas sehr massenhaft. An einem Hause,
dessen Dach zerstört ist, wäscht er die Lehmsteiue allmählich herunter und es
bleibt endlich nichts stehen, als die Steinmauer, die am Ende auch anfängt zu-
sammenzufallen. Die Ruinen von Erkessi Köi sahen daher genau so aus, wie die
Ausgrabungen des Hrn. Schliemann.
Beim Haus des Priamos sind die Steinmauern verhältnissmässig hoch und
sorgfältiger gefügt, aber sie bestehen gleichfalls aus nicht behauenen, unregel-
mässigen Bruchsteinen. Offenbar ist das Material nicht weit hergeholt. Der ganze
Gebirgsrücken, auf dessen Ende Hissarlik Hegt, besteht aus tertiären, und zwar
überwiegend Süsswasserkalken, welche horizontal geschichtet sind; dieselben lassen
sich sehr leicht in grösseren Bruchstücken brechen, und solche Bruchstücke, so
roh, wie sie unmittelbar nach dem Bruch waren, sind in den Mauern der älteren
„Städte" von Hissarlik aufgepackt. Nur einzelne, die gerade an besonders wich-
tigen Punkten, z. B. als Eckstücke, angewendet wurden, sind an einzelnen Seiten
etwas mehr zugeschlagen. Im üebrigeu ist irgend eine Spur von regelmässiger
Bearbeitung, von Herstellung glatter Flächen an keinem dieser Steine zu bemerken.
Es ist überall dieselbe rohe Form, wie sie noch jetzt von den Bewohnern der Troas
fortgeführt wird.
Viele von den Hausmauern bilden noch deutlich geschlossene "\iereeke ohne
irgend eine EingangsöÖuung; diess waren also offenbar Räume, in die man nur
von oben her, also vom Hause aus gelangen konnte. In solchen, mehr oder weniger
kellerartigen Räumen stehen unter anderem grosse Thonkrüge (ttii^oi), von denen
wir in einiger Zeit ein schönes Exemplar sehen werden; es war das letzte, noch
vollständig erhaltene, und es wurde mir von Hrn. Schliemann und der türkischen
Regierung, von denen jeder Theil Anspruch auf die Hälfte hatte, in freundlichster
"Weise geschenkt. Ich habe es wiederum an unser Königliches Museum abgetreten.
(262)
Diese Gefässe^ welche oft so gross sind, dass ein Mann darin aufrecht stehen kann,
ohne gesehen zu werden, sind zuweilen in Reihen von 4 bis G in einem Keller
aufgestellt. Die meisten sind allerdings bei dem Zusammensturz der Gebäude zer-
trümmert; viele haben beim Aufgraben gelitten und nur einzelne Exemplare sind
vollständig erhalten worden. Dazu gehört dasjenige, welches wir hier sehen wer-
den, wenn, wie ich hoffe, der Transport glückt. Wir haben leider die früher ge-
hegte Hoffnung, dass es möglich sein werde, den Transport durch ein zurückkehren-
des Kriegsschiff besorgen zu lassen, aufgeben müssen, indess hat der Hr. Kultus-
minister Auftrag gegeben, die neu eröffnete Dampfschifflinie Hamburg-Constantinopel
mit dem Transport zu beauftragen.
Obwohl meines Wissens in diesen Gefässen niemals alte üeberreste gefunden
worden sind, so muss man doch wohl annehmen, dass sie zur Aufbewahrung von
Nahrungsstoffen dienten. Ist diess richtig, so wird man auch die Räume, in denen
sie stehen, als Vorrathsräume betrachten müssen, in welchen die Leute dasjenige,
was sie für den Lebensunterhalt gebrauchten, anhäuften. Die eigentlichen Woh-
nungen sind offenbar auch damals in der Beletage gewesen, also in Räumen, deren
Wände wesentlich aus Lehmsteinen hergestellt waren. Aus demselben Material
ist auch der obere Theil der alten Stadtmauer der gebrannten Stadt errichtet wor-
den, von der an einzelnen Punkten noch zusammenhängende Reste erhalten sind.
Dieses Material ist daher in ungeheuerer Menge vorhanden, aber meist nicht
mehr im ursprünglichen Zustande, sondern oft bis zur Unkenntlichkeit verändert.
An den wenigen Stellen, wo noch gegenwärtig ganze Mauern aus diesen Lehm-
steinen stehen, lässt sich auch noch ihre Zusammenfügung deutlich erkennen.
Hier zeigt sich, dass in derselben Weise, wie an den modernen Lehmstein- Wänden,
die einzelnen Steine oder Platten durch einen Kitt aus thoniger Erde, welcher viel-
fach pflanzliche Theile beigemengt sind, verbunden waren. Kalk ist nirgends an-
gewendet. Man konnte hie und da die dunkleren, einfassenden Linien dieses
Kittes um die hellereu, mehr gelblichen Platten in regelmässigem Zusammenhange
verfolgen. Nur eine Einrichtung blieb mir eine Zeitlang dunkel. An mehreren
Stellen trafen wir in den Wänden grössere viereckige oder würfelförmige Hohl-
räume, welche schwarze Brandmasse, namentlich verkohlte Vegetabilien, in grosser
Masse enthielten. Das Räthsel löste sich, als ich das Innere der jetzigen Häuser
genauer kennen lernte. Noch jetzt legt man den Kamin in der Weise an, dass
es an einer der Aussenwände des Wohnzimmers ausgespart wird. Man kann daher
nicht zweifeln, dass auch schon im Alterthum in gleicher Art Kamine im Gebrauch
waren.
An den meisten Stellen aber sind die Lehmstein-Mauern, zum Theil bis zur
Unkenntlichkeit, verändert. Diess ist in zweifacher Weise geschehen. Der eine
'Iheil ist dem Brand ausgesetzt gewesen und dadurch in den verschiedensten Graden
umgpw:mdelt worden. Man sieht alle Uebergänge von den gewöhnlichen ßrand-
wirkungen bis zu der völligen Verbrennung, ungemein häufig sind die Lehm-
massen bis zum Glasfluss zusammengeschmolzen. Beiläufig bemerkt ist es dieses
Material, welches Hr. Schliemann in seiner Mittheilung vom December- als eine
asphaltartige Masse bezeichnete. Es bezieht sich diese Bezeichnung hauptsächlich
auf solche Stellen, wo die geschmolzene Schicht eine zusammenhängende, horizontal
ausgebreitete Bedeckung bildet, — wahrscheinlich -Stellen, wo die Lehmmasse flach
über den Boden ausgebreitet war, und eine Art von Tenne oder Pflaster bildete.
Je nach der Stärke der Gluth ist die Schmelzung bis auf verschiedene Tiefen
eingedrungen: meist sind die Lehmsteine nur äusserlich in eine Art von Glas-
kapael umgewandelt, zuweilen jedoch ist auch das Innere verglast oder gar zu
(2^3)
einem bimsteinartigen, blasigen Schwamm geworden. An vielen Orten ist endlich
nur jene geringere Veränderung eingetreten, wie sie beim Brennen unserer Mauer-
steine künstlich hervorgebracht wird. Diese Brandmassen haben eine grosse Aus-
dehnung. Es ist im höchsten Maasse erstaunlich, an manchen Orten zu sehen,
welche Haufen davon auf einander liegen. Es muss ein gewaltiger IJrand gewesen
sein, der diese Stadt in ihrem Haupttheil zerstört hat.
Die andere Art der Veränderung der Lehmsteine ist die Auflösung gewesen,
wie ich sie gleichsam im Werden in Erkessi Köi sah. Nachdem die Dächer zu-
sammengestiirzt oder verbrannt waren und das Mauerwerk den Einflüssen der
Atmosphäre frei ausgesetzt war, sind die Lehrasteiue der Mauern allmählich auf-
geweicht, verwittert, zerflossen, und es hat sich wesentlich aus ihnen der grössere
Theil der ungescliichteten Erdmassen gebildet, welche zum Erstaunen Aller, die es
sehen, an einzelnen Stellen in grosser Mächtigkeit angehäuft sind und sich zwischen
die üeberreste der einzelnen Bauten einschieben. Hr. SchHemann hat in Briefen,
die er im Laufe dieses Jahres an das Athenäum (Nr. 2691!. June 28. p. 830) und
die Times (June 10. p. 6) richtete, die Thatsache hervorgehoben, dass in der unter-
sten Stadt von Backsteinen nichts gefunden ist. Das ist richtig, aber ich möchte
daraus nicht folgern, dass man in dieser Stadt keine Lehmmauern aufführte. Im
Gegentheil, ich habe die Vorstellung, dass die ungeheuren Lehmmassen, welche
dort auf einanderliegen und welche stellenweise vom Grunde des Felsbodens bis
zu dem Niveau der gebrannten Stadt 23 Fuss hoch sind, nichts anderes darstellen,
als die Auflösung alter Lehmmauern. "Wäre diess nicht der Fall, so bliebe nichts
anderes übrig, als anzunehmen, dass die Ansiedler, welche die gebrannte Stadt
erbauten, diese Massen von Erde heraufgeschleppt und einfach zur Erhöhung des
Hügels aufgeschüttet hätten. Einer solchen Annahme widerstreitet nach meiner
Meinung der Umstand, dass auch in diesen Schichten sich eine nicht geringe Menge
von Einschlüssen findet, welche entweder dem natürlichen Boden fremd sind, wie
die Schalen von Meermuscheln und die Knochen von Hausthieren, die zur Nahrung
gedient haben, oder welche geradezu menschliche Artefacte darstellen, wie namtMit-
lich Topfscherben. Freilich ist diese Erdmasse im Vergleich zu anderen Stellen
ungleich arm an Einschlüssen, aber sie sind doch überall vorhanden. Diess ist der
Grund, warum ich die Erde der unteren Städte nicht für aufgetragen, sondern für
das Erzeugniss der langsamen Auflösung früherer Lehmbauten halte. Was der
Regen an lose werdenden Bestandttheilen der Lehmsteine erweichte, das vertheilte er
über die Fläche, und das „sackte", um mich dieses, wie ich glaube, norddeutschen
Provinzialismus zu bedienen, allmählich zu einer immer mehr homogenen, dichten
Masse zusammen, bis der Zusammenhang der Lehmplatten schliesslich ganz verschwand.
So allein verstehe ich diese immerhin sehr merkwürdige Schicht, welche schon vor
der Anlage der gebrannten Stadt einen kleinen Berg bildete, der jedoch viel
weniger den Habitus eines Schuttberges, eines Stadtberges, wenn ich so sagen
darf, als vielmehr den einer wirklichen geologischen Formation angenommen hat.
in der gebrannten Stadt ist natürlich durch die Feuersbruust und durch das
Zusammenstürzen der Gebäude die Mehrzahl der Gegenstände theils verbrannt,
theils zerschlagen worden. Hr. Seh lie mann hatte seiner Zeit an dem „Scliatz-
haus" den ungewöhnlich glücklichen Punkt getroffen, wo das Feuer verhältniss-
mässig am wenigsten gearbeitet hatte, und wo die, an sich wahrscheinlich höheren
und besser gefügten Steinmauern zu einem grossen Theile stehen blieben. So
erklärt es sich, dass hier, ausser dem ganz einzigen Reichthum au den kostbarsten
und seltensten Schätzen, auch das Thongeräth verhältnissmässig viel besser erhalten
war. In diesem Jahre, wo die Ausgrabungen sich gerade in der Hauptbrandmasse
(264)
bewegten, ist daher ungemein wenig von zusammenhängendem Geschirr gefunden
worden. Das grösste und beste Stück von Thon ist ein von mir mitgebrachtes
Henkelgefäss, welches mir durch die gemeinsame Güte der beiden Coutrahenten,
der türkischen Regierung und des Hrn. Schliemann, geschenkt ist. Es ist eine
grosse Wasserflasche von rothem Thou und von ganz typischer Form: der sehr
weite Bauch ist nach unten abgerundet und beiderseits abgeplattet, so dass er das
Auflegen auf die Schulter bequem gestattet, wie es noch jetzt beim Wasserholen
gehandhabt wird. In Jenischehr, wo das Trinkwasser aus einem am Abhänge des
Sigeion gegen das ägäische Meer gelegenen Brunnen heraufgebracht wird, sahen
wir die Mädchen und Frauen in alterthümlicher Weise die schweren Wasserkrüge
den Berg herauftrageu. Mein trojanischer Krug hat einen langen, an einer Seite
ausgezogenen und hier mit einem Ausschnitte versehenen Hals, der das Zutreten
der Luft beim Ausgiessen des Wassers erleichtert. Es ist ein sehr bequemes,
genau gearbeitetes und geglättetes, auch gut gebranntes Gefäss.
Ich bin leider nicht in der Lage, Ihnen eine der merkwürdigen Gesichts-
urnen vorzuführen, welche bekanntlich gerade in dieser Schicht vielfach vorkamen.
Ich bedauere diess um so mehr, als es gerade für unsere Gesellschaft ein beson-
deres Interesse gehabt haben würde, Vergleichungen anzustellen. Durch die Mit-
theilungen über die pomerellischen Gesichtsurnen, welche ich im .Jahre 1870 (Sitzung
vom 12. März. Zeitschrift für Ethnologie Bd. II. S. 73) machte und durch welche
ich den jetzt gebräuchlichen Namen in die Sprache einführte, ist ja zuerst die
allgemeine Aufmerksamkeit auf diese wichtige Gruppe gelenkt worden, und gerade
unsere Verhandlungen haben das Verdienst, fast jeden Fortschritt, der auf diesem
Gebiete seitdem gemacht wurde, verzeichnet zu haben. Wie interessant würde es
daher sein, trojanische Gefässe in direkte Vergleichuug zu nehmen-! Indess auch in
dieser Beziehung war die diessjährige Campagne sehr unergiebig, und ich kann
daher nur einige Bruchstücke zeigen und einige Bemerkungen über die vorkommen-
den Formen anschliessen.
Die Gesichtsurnen von Hissarlik sind, wie die unsrigen, doppelter Art. Die
einen haben das Gesicht am Deckel. Ich kann eiuen Theil eines solchen Deckels
vorlegen, an dem wenigstens noch das eine Auge erhalten ist. Ergänzt man sich
in Gedanken das Stück, so giebt es eiuen oben platten Deckel, weicher über den
Hals hinübergriff und au welchem das ganze Gesicht dargestellt war. Die Deckel-
form ist demnach von der unsrigen verschieden, obwohl auch wir Deckel mit Ge-
sichtern haben. Das erste und das beste Beispiel dafür stellt die Gesichtsurne von
Liebenthal (Sitzung vom 15. Juli 1871. Zeitschr. f. Ethnol. Bd. III. S. 120) dar.
Bei der zweiten Art befindet sich, wie bei der Mehrzahl unserer pomerellischen
Urnen, das Gesicht an der Urne selbst; es ist vielfach auch weiter ausgeführt, und
nicht selten finden sich weitere Körpertheile, z. B. noch ein Paar Brüste, daran.
Ein bei den letzton Ausgrabungen gewonnenes, besonders schönes Gefäss mit frei
ausgebildeten Armen und sehr dctaillirter Ausführung des Gesichts bildete zur Zeit
meiner Abreise ein Streitobjekt zwischen Hrn. Schliemann und dem türkischen
Commissarius, Hrn. Kadri Bey. Das, was diese Urnen im Uebrigen charakteri-
sirt, ist ein verhültnissmässig enger und hoher Hals, der sich nach einem schnellen
Absatz über dem Bauche erhebt; jederseits schliesst sich ausserdem an den Bauch
gewöhnlich ein aufrechtstehender, über den Hals hervortretender, platter, oft flügel-
förraiger Ansatz, der nicht selten an 'der Basis von oben nach unten durchbohrt ist.
Ausgiebige Henkel, welche so angesetzt sind, dass man durchgreifen kann,
sind in dieser Stadt ungleich seltener, als in der ältesten Stadt. Es ist ein ähn-
licher, wenngleich keineswegs ein so durchgreifender Gegensatz, wie der zwischen
(265)
slavischen und vorslavischen Gefässen bei uus. In der älteren Stadt kommen ganz
grosse und stattliche Henkel vor, genau solche, wie wir sie i. B. auf dem Schloss-
berg in Burg finden. Ich kann gleich eine andere Bemerkung hinzufügen: in der
älteren Stadt war eine sonderbare Form der Durchbohrung üblich, auf welche Hr.
Schi ie mann besonderen Werth legt. Ich habe ein Paar Beispiele davon mit-
gebracht. Am Rande des Gefässes sind in Absätzen längliche und sehr dicke An-
schwellungen, durch welche, parallel mit dem Rande, ein horizontaler Kanal läuft.
Dieser mochte dazu benutzt werden, um eine Schnur hindurchzuziehen.
Unter den Funden der gebrannten Stadt sind ferner besonders zu erwähnen
die zahlreichen Stücke, namentlich von Thon, welche mit allerlei Einritzungen
versehen sind. Sie werden hier einen Thonwirtel sehen, der ringsum mit einem
Kranz von Hakenkreuzen versehen ist. Durch Hrn. E. Burnouf ist das Haken-
kreuz allgemeiner mit dem altiudischen Namen der Suastika belegt worden und
es liegt nahe, mit Hrn. Schliemann darin eine Ueberlieferung aus Indien, gleich-
sam ein gemeinsames Stammgut der arischen Wanderstämme zu sehen. In den tiefen
Schichten von Hissarlik sind Hakenkreuze sehr häufig: sie kommen in den mannich-
faltigsten Combinationen vor. Die Suastika findet sich auch an Töpfen und allen
möglichen anderen Dingen vor, wie es ja auch bei uns der Fall ist. Ich möchte
in dieser Beziehung an meinen Vortrag in der Sitzung vom 10. December 1870
(Verh. S. 27) erinnern.
Ich habe unter anderen ein ungewöhnlich reich mit Einritzungen versehenes
Thongeräth mitgebracht, dessen Bedeutung mir vollständig dunkel ist. Ich habe
mich damit beholfen, es im Scherz den „Leuchter des Priamos" zu nennen, weil
Natürliche Grösse.
Halbe Grösse,
es am meisten Aehnlichkeit mit den rohen und niedrigen Thonleuchtern hat, in
welche man boi uns bei grossen Ilhuninationon die Lichter zu stecken pflegt. Es
(266)
ist ein würfelförmiger Thonklotz, der auf einer, also wahrscheinlich der oberen Seite
ein tiefes, weites, glattwaudiges Loch hat. So roh dieser Klotz ist, so ist er doch
beraerkenswerth durch die grosse Zahl von Zeichnungen, welche er auf allen Seiten
zeigt. Unten im Centrum ist eine ungenaue Suastika, ringsumher ein Ring und ein
Kranz von anderen sehr bunten Zeichen. Jede Seite trägt eine andere Zeichnung
und zwar durchweg Reihen von linearen Einritzungen und Punkte der sonderbar-
sten Form.
Ich glaube kaum, dass mein „Leuchter" eine wirkliche Inschrift trägt. Da-
gegen ist die Frage nach dem Vorhandensein wirklicher Schrift auf anderen troja-
nischen Fundstücken wohl berechtigt. Ich will hier nur ein von Hrn. Schi ie mann
(Troy and its remains. London 1875. p. 50, 309. Fig. 33, 34, 221) abgebildetes
Thongefäss erwähnen, welches in der Anordnung der Verzierungen und der ganzen
Form eine auffällige Aehnlichkeit mit der von uns wiederholt besprochenen, auch
mit Suastika-Zeichen versehenen lausitzer Urne von Reichersdorf (Sitzung vom
15. Juli 1876. Verh. S. 165. Holzschnitt. Sitzung vom 21. Juli 1877. Verh. S. 297)
darbietet. Dasselbe wurde in einer Tiefe von 5\'.2 "* gefunden. Hr. Emil Bur-
nouf glaubte in der Inschrift chinesische Zeichen zu erkennen und las: puisse terre
faire germer dix labours dix dix dix dix (d. h. dix inille) pieces d'etoffes. Wäh-
rend meiner Abwesenheit ist die Sache von Neuem in unserer Presse und auch
in unserer Gesellschaft (Sitzung vom 17. Mai. Verh. S. 166) zur Sprache ge-
kommen. Man hat namentlich behauptet, der sehr gelehrte chinesische Gesandte,
welcher gegenwärtig unter uns weilt, habe darin nicht blos altchinesische Schrift
erkannt, sondern auch etwas Bestimmtes herausgelesen. Ich habe mich daher an
den Dolmetscher der Gesandtschaft, Hrn. v. Braun -Brown, gewendet und von
ihm folgenden Brief d. d. 14. Juni er, erhalten:
„In Bezug auf Ihr geneigtes Schreiben wird mir die Ehre zu Theil, nach mit
dem Herrn Gesandten gehabter Rücksprache, dasselbe wie folgt zu beantworten.
„Vor einiger Zeit wurde dem Herrn Gesandten durch den Hrn. Oberst v. Korff
ein Schriftstück vorgelegt, welches darin befindliche Zeichen — (nehmlich eine Copie
der auf einer Vase von Troja gefundenen) — zu entziffern bezweckte, jedoch ohne
einen klaren zusammenhängenden Begriff darstellen zu können. Der Gesandte ver-
suchte nun, diese, der alten chinesischen Sprache etwas ähnlichen Zeichen zu ent-
ziffern, jedoch vergeblich blieben die Bemühungen, dem Zeichen-Chaos einen Sinn
abzugewinnen. Das zum Entziffern nothwendige Nachschlagebuch fehlt zur Zeit
dem Gesandten, und selbst ohne dieses wurde er zuletzt zu der Ansicht gebracht,
dass die Zeichen mit der alten Schrift der Chinesen wahrscheinlich nicht verwandt
sind, sondern vielmehr irgend einem Urvolke eigen gewesen seien. In diesem Sinne
ist denn auch Hr. Oberst v. Korff benachrichtigt worden. Trotzdem haben kurz
darauf verschiedene Zeitungen die Nachricht enthalten, dass der Hr. Gesandte die
auf der bei Troja ausgegrabenen Vase gefundenen Schriftzeichen als chinesische
gedeutet habe.
„Die besagten Zeichen haben also Aehnlichkeit mit alt-chinesischen Schrift-
zeichen, jedoch bei eingehender Forschung verschwindet diese Aehnlichkeit. Be-
stimmtes kann nur festgestellt werden, nachdem die Zeichen gründlich unter-
sucht worden sind, und zwar mit Hülfe chinesischer Werke über die Urschrift
Chinas."
Vorläufig wird daher die Frage über den Zusammenhang dieser Schrift mit
dem Altchinesischen wohl um so mehr dahingestellt bleiben müssen, als die nam-
haftesten Gelehrten der Gegenwart sich vielmehr dahin ausgesprochen haben, eine
(267)
Verwandtschaft der trojanischen Schrift mit den erst in der letzten Zeit mehr
untersuchten und erkannten altcypriotischen Inschriften anzunehmen.
Es wird Sie aber iiiteressiren zu hören, dass bei der Ausgrabung eines der
schönsten Kegel auf dem Sigeion, des Beschik-Tepe, Hr. Seh liemann einen Thon-
scherben mit Einritzungen gefunden hat, welche eine so verzweifelte Aehnlichkeit
mit Keilschrift darbieten, dass Professor Sayce in Oxford in einem Schreiben an
Hrn. Schliemann erklärt, es sei nach seiner Auffassung allerdings keine rechte
Keilschrift, aber doch wohl eine nach dem Vorbilde der Keilschrift gemachte In-
schrift. Unsere Berliner Gelehrten, namentlich Hr. Schrader und Hr. Lepsius,
glauben jedoch auch diess nicht zugestehen zu können, da jede Regelmässigkeit der
Anordnung in den Zeichen fehlt. Ich will dabei erwähnen, dass der Beschik-Tepe,
der sich allerdings nicht als ein wahrer Grabhügel erwiesen hat, nach den übrigen
Funden mindestens in die Zeit der ältesten Stadt von Hissarlik, vielleicht in eine
noch etwas ältere zu gehören scheint.
Vorläufig kann man daher noch nicht sagen, dass die Natur der trojanischen
Inschriften mit voller Sicherheit erkannt wäre. Indess von den nur symbolischen
Zeichen, die mit einer besonderen Gonstanz sich durch grosse Perioden wieder-
holen, bis zu den, in grösserer Regelmässigkeit und Mannichfaltigkeit sich dar-
stellenden Formen, welche den Eindruck von wirklicher Schrift machen, ergiebt sich
doch eine so grosse Zahl von Zwischengliedern, dass die Wahrscheinlichkeit sehr
nahe liegt, es werde durch weitere Forschungen ein vollständiger Aufschluss ge-
wonnen werden können.
Bevor ich diese, allerdings nur ganz oberflächliche Besprechung der Eigen-
thümlichkeiten des Thongeräths verlasse, will ich, in Beziehung auf die so oft bei
uns besprochenen gebohrten Löcher an Töpfen, noch ein trojanisches Stück
zeigen, welches ein gebohrtes Loch dicht unter dem Rande hat. Ob es dazu be-
stimmt war, dass „der Geist durch dasselbe aus- und eingeht", lasse ich dahin-
gestellt. Es ist ohne Zweifel ein altes Loch, nicht ein erst nachträglich gebohrtes.
Es zeigt wenigstens, dass schon im alten Troja dieselbe Tendenz bestanden hat,
die bei uns so oft zur Erscheinung kommt.
Was das Material und die Behandlung des trojanischen Thongeschirrs an-
geht, so kann mau zweierlei Sorten unterscheiden: das eine ist ziemlich glatt, sogar
etwas glänzend, und ich werde Ihnen gleich nachher auch ein Geräth zeigen, wo-
mit aller Wahrscheinlichkeit nach diese Glätte hervorgebracht worden ist. Das
andere ist mehr rauh und nähert sich den gröberen Formen, welche wir an unseren
Altsachen kennen. Zuweilen ist es auch gemischt mit Quarztrümmern und zer-
schlagenem Gestein. Da ist z. B. der Fuss eines tiegelartigen Gefässes, wie deren
zu Hunderten gefunden worden sind. Irgend eine Art von ausgebildeter Malerei
ist in der ganzen Ausgrabung nicht eher zu finden, als in den oberen Schichten
dicht unter der sogenannten lysimachischen Mauer und namentlich in der Ober-
fläche selbst.
Indem ich wegen weiterer Details über das Thougeschirr auf das reich mit
Illustrationen versehene Werk des Hrn. Schliemann verweise, und mir vorbehalte,
auf einige Einzelheiten bezüglich der späteren „Städte" zurückzukommen, möchte
ich jetzt zunächst davon sprechen, dass in allen Schichten des Burgberges von
Hissarlik grosse Mengen von Nahrungsüberresten sich vorfinden. In dieser
Beziehung gleicht Hissarlik ausserordentlich unseren Burgwällen, natürlich mit den
Verschiedenheiten, welche das Land mit sich bringt. Manches ist besser erhalten,
manches schlechter. Am besten erhalten sind die Conchylien. Ich habe eine
möglichst vollständige Sammlung aller vorkommenden Arten veranstaltet und Hr.
(268)
von Marteus') hat die Güte gehabt, sie zu bestimmen. Ein Blick auf eine
meiner Tafeln genügt, um zu sehen, dass man in Troja schon recht lecker war.
Da sind vor Allem Austern und Miesmuscheln, namentlich Austern in solchen
Massen, dass ganze Lagen fast nur aus ihnen bestehen. Es darf uns das nicht in
Erstaunen versetzen; man muss nur bedenken, was dazu gehört, um von einem Austern-
gericht satt zu werden. Solche Conchylien finden sich schon in den Resten der ältesten
Stadt; ich habe selbst Exemplare aus der Nähe des ürbodens aufgelesen. Die im
Alteithum gebrauchten Muscheln sind übrigens durchweg dieselben, die noch jetzt
am Hellespont gegessen werden und die wir selbst häu6g auf unserer Tafel hatten.
So wird namentlich Cardium sehr viel roh gegessen; am Kalifatli Asmak habe ich
an mehreren Stellen ganze Haufen von leeren Schalen gesehen. Sie sind auch
schon in der gebrannten Stadt sehr reichlich und, gleich den Austerschalen, zum
Thell durch den Brand schwarz geworden. Selten traf ich noch geschlossene
Schalen. Jedenfalls bildeten Cardium-Schalen den bei Weitem überwiegenden An-
tlieil dieser Kücheuabfälle. Ein Unterschied nach der Höhe oder Lage ist überhaupt
in Bezug auf die essbaren Muscheln nicht zu bemerken. Anders verhält es sich
mit den Luxus-Muscheln. Abgesehen von gewissen Ziermuschelu, wie Columbella,
Trochus und Pectunculus, dessen Schalen am Schloss durchbohrt sind, gleich den
Muscheln in gewissen südeuropäischen Höhlen, ist ganz besonders die Purpur-
muschel zu erwähnen. Sie erscheint häufiger erst in den höheren Lagen unter der
lysimachischen Mauer, in einer Zeit, wo auch das Bemalen der Töpfe Mode war;
ich fand an einer Stelle eine ganze, nur aus zerschnittenen oder zerschlageneu
Murex-Schalen gebildete Schicht. Sonst kamen sie nur selten und stets vermischt
vor. Besonders interessant darunter ist ein Stück von Purpura haemastoma, welche
bis jetzt aus dem Alterthum noch nicht bekannt war, welche aber nach Hrn.
V. Martens noch jetzt in Menorca zum Färben benutzt wird. Unverletzte Exemplare
von Murex sind so selten, dass ich trotz immer erneuten Suchens nur ein Paar habe
auffinden können. Alle anderen sind künstlich geöffnet und zwar hauptsächlich so,
dass man die Schalen in der Mitte der Längsaxe quer durchbrach und dann an
dem unteren Bruchstück noch wieder ein grösseres Loch auf der Hauptwölbung
anlegte. Diese Art der Verletzungen ist so eigenthümlich, dass kein Zweifel dar-
über bestehen kann, dass eine bestimmte Technik angewendet wurde, und dass
es sich dabei um die Benutzung der Thiere zum Färben handelte. Auch Hr.
V. Martens erkennt an, dass sich solche Bruchstücke weder am Rande des Meeres,
noch unter den Küchenabfällen der Menschen finden.
Die von unserem gelehrten Konchyliologen bestimmten Arten sind folgende:
Murex trunculus, Purpura hapmastoma, Columbella rustica, Cerithium vulgare, Cy-
praea lurida, Trochus articulatus, Patella caerulea, Ostrea lamellosa, Spondylus gae-
deropus, Pecten glaber, auch die Var. sulcatus Born, Pectunculus pilosus und vio-
laceus, Mytilus edulis var. Galloprovincialis Lam., Cardium edule var. rusticum
Lam., Venus verrucosa, Tapes decussatus und Solen margioatus. Sie entsprechen
Arten, welche noch jetzt im Meere vorkommen. Die Massenhaftigkeit ihres Ver-
brauchs giebt sich schon von Weitem durch die weissen Linien zu erkennen, welche
durch ihre Anhäufungen an den Durchschuittsflächen des Burgberges erzeugt werden.
Zuweilen bilden sie ganz reine Schichten; meist, und das ist gewiss sehr charak-
teristisch, liegen sie gemischt mit zerschlagenen Thierknochen und einzelnen Topf-
acherben.
Nicht ganz selten fanden sich dazwischen auch Bruchstücke, namentlich Schee-
1) Sit7.uiigsl)criclite der (ic^cll.-clialt natnifoischcndfr Freunde /ii Berlin. 1S79. Nr. C. S. 89.
(269)
renfinger, einer Krabbe, Eriphia spinifrons Herbst, des rro.'^^ovpoq der Alten. Hr.
V. Martens bemerkt, dass dieses Thier auch in Italien gegessen wird, dass die
Fingerstücke desselben jedoch möglicherweise auch als Spielzeug oder Amulette
dienen konnten, da sie öfters am Meeresstrande ausgeworfen gefunden werden. Ich
möchte dagegen bemerken, dass ich diese Stücke immer zwischen den übrigen,
offenbar zur Nahrung benutzten Muscheln fand.
Auch Fisch Überreste sind ungemein reichlich. Wie in einzelnen unserer
Burgwälle, bildeten Anhäufungen von Fischschuppen und kleinen Grähten, Wir-
beln u. s. w., namentlich von Percoiden, ganze, handhohe Lagen. Mehr vereinzelt traf
ich auf Wirbel sehr grosser Thunfische und Haie. Die Hrn. Peters und Reichert
haben sich gütigst der Prüfung dieser Stücke unterzogen.
Sehr überrascht war ich durch das absolute Fehlen von Resten der Schild-
kröte. Dieses Thier (nach Hrn. Peters Testudo marginata Schöpf) ist so un-
gemein häufig in der Troas, dass man kaum einen Schritt in das Land hinaus thun
kann, ohne auf sie zu stossen. An den Flussufern und in den Flüssen selbst, auf
Aeckern und Heiden sieht man sie, zumal wenn die Sonne scheint, in grosser Zahl,
und da es gerade die Zeit der Copulation war, so gab es oft die lächerlichsten
Scenen, namentlich zwischen Nebenbuhlern, Aber so wenig der heutige Trojaner
daran denkt, Schildkröten zu essen oder ihre Schale zu verwenden, so wenig scheint
dieses im Alterthum der Fall gewesen zu sein.
um so reichlicher finden sich Knochen höherer Wirbelthiere. Von Vögeln
freilich wenig. Obwohl ich jeden Vogelknocben, der mir aufstiess, sorgfältig ge-
sammelt habe, so sind doch nur wenige Arten herausgekommen. Hr. Giebel
in Halle, der die Güte gehabt hat, dieselben zu bestimmen, erkannte Knochen
von Gygnus olor, von Anser cinereus und von A. segetum, sowie von einer
kleinen Art von Falco oder Circus. Das sind also lauter wilde Vögel. Irgend
einen Knochen eines zahmen Vogels, namentlich eines Haushuhnes, habe ich ver-
geblich gesucht; ich glaubte um so mehr darauf hoffen zu dürfen, als ich bei Hrn.
Calvert in Thymbra (ßatak) unter den im Hanai Tepe gesammelten Gegenständen
auch ein Ei sah, welches ich für ein Hühnerei hielt. Jedenfalls habe ich auf His-
sarlik nichts der Art wahrgenommen und es scheint daher, als sei das Huhn dort
nicht im Gebrauch gewesen.
In massiger Menge, jedoch in allen Schichten, kamen Knochen von gezähm-
ten Säugethieren zu Tage, jedenfalls nicht in so grosser Menge, dass man die
Bewohner der alten Städte für wesentlich fleischessende Menschen halten dürfte.
Immerbin war so viel Vorrath zu sammeln, dass alle Museen Europas einen ge-
wissen Antheil hätten erhalten können. Da jedoch der grösste Theil dieser Kno-
chen zerschlagen war und es mir nicht in erster Linie um osteologische Unter-
suchungen zu thun war, so habe ich nur eine kleinere Zahl gut bestimmbarer Knochen,
namentlich Kieferknochen, mitgebracht. Darnach Hess sich erkennen, dass in
erster Linie das Schaaf und die Ziege, nächstdem das Rind vertreten sind; von
Schweinen, Pferden und Hunden fand ich nur vereinzelte Spuren. Daraus geht
hervor, dass, mit Ausnahme der Katze, alle wesentlichen Hausthiere vorhanden
waren, dass aber, wie noch jetzt im Orient und selbst in Griechenland, Kühe nur
ausnahmsweise geschlachtet wurden, dass daher das zur Nahrung dienende Fleisch
vorzugsweise Schafen oder Ziegen entnommen wurde. Dass Pferde und Hunde
gegessen worden sind, will ich natürlich nicht behaupten; man ersieht aus ihrer
Anwesenheit innerhalb der alten Ruinenstadt nur, dass mau sich nicht die Mühe
nahm, die Cadaver vor die Stadt hinaus zu schaffen.
Von wilden Säugethieren fand ich einzelne Stücke vom Hirsch und dem
(270)
Hasen, Hr. Schliemann hat auch Gehörn von der Antilope gesammelt. Einer
der Schweinekiefer ist so stark, dass man an ein Wildschwein erinnert wird. Im
Grossen kann man daher sagen, dass das Studium der tbierischen Abfallsstoffe,
welche in den Schichten von Hissarlik von mir gesammelt wurden, die Stabilität
der trojanischen Lebensweise, beziehentlich der wirthschaftlichen Cultur beweist. Noch
jetzt sind, wie erwähnt, Schaaf- und Ziegeuheerden, uächstdem Pferde- und Rind-
viehheerden, der grösste Reichthum des Trojaners. Kameel und Büffel sind wohl erst
spät importirt, aber sie sind auch jetzt noch mehr im Besitz der Reicheren, wäh-
rend der gewöhnliche Bauer ohne sie auskommt. Aus den Knochen sind übrigens
vielfacli kleine Instrumente, namentlich Schaber, Bolirer und Nadeln hergestellt.
Die Formen derselben sind übrigens so trivial, dass sie mit gleichem Recht jeder
prähistorischen Ansiedelung angehören könnten. Nichts ist leichter, als aus den
Trümmern der älteren Städte eine Sammlung von Knocheninstrumenten und ge-
schlageneu Steinen herzustellen, welche, wenn sie allein gefunden würden, genügen
würden, diesen Schichten einen Platz unter den Anfängen der Cultur überhaupt
anzuweisen.
Indess schon die gleichzeitig und zwar in überraschender Menge vorkommen-
den Bestünde von vegetabilischen Nahrungsmitteln lehren, dass auch die
ältesten Schichten einer sesshaften, d, h. ackerbautreibenden Bevölkerung ange-
hörten. Namentlich in der gebrannten Stadt finden sich an einzelnen Stellen sehr
grosse Massen von verbrannten Cerealien, ganze zusammenhängende Schichten, theil-
weise in ursprünglicher Lage, häufig jedoch so, dass man erkennt, das Getreide sei
bei dem Einsturz der Gebäude heruntergeschüttet aus höheren Räumen in tiefere.
So war namentlich der Boden einzelner der kaminartigen Räume mit grösseren
Lagen von verkohltem Getreide bedeckt. Unter diesen Cerealien dominirt der
Weizen, von dem man beliebige Mengen hätte sammeln können. Es ist eine so
feinkörnige Art, dass sie dem Roggen sehr nahe kommt ^). Nächstdem wurde
meine Aufmerksamkeit am meisten gefesselt durch mehrfach vorkommende Haufen
von grösseren rundlich-eckigen Früchten, die ich Anfangs für Erbsen hielt. Eine
genaue Bestimmung hat noch nicht stattgefunden. Es gab einzelne Orte, wo man
diese Früchte Metzenweise sammeln konnte und wo sie auch in einem ziemlich
gut erhaltenen, wenngleich etwas zusammengedörrteu Zustande vorkamen^).
Wenn man sich darnach das sociale Verhältniss der alten Bevölke-
rung vergegenwärtigt, so ergiebt sich mit voller Sicherheit: erstens, dass sie acker-
bauend war, was mit den homerischen Traditionen übereinstimmt; zweitens, dass
sie in grösserer Ausdehnung Viehzucht und Fisclifang, und zwar letzteren nicht nur
in den Flüssen, sondern ganz besonders im Meere betrieb und dass sie aus beiden
Quellen reiche Früchte gewann. Von Fischfang ist aus leicht begreiflichen Grün-
den in der llias nicht die Rede; war die Küste von den Achäern eingenommen,
so verbot sich derselbe von selbst. Um so ausgiebigere Nachrichten erhalten wir^
dagegen über das Hirtenleben der alten Trojaner: selbst der König hatte seinen
Hauptreichthum in Heerden, welche seine Söhne weideten. In der Hauptsache ist
das noch heutigen Tages nicht viel verändert. Immer noch besteht die Bevölke-
1) Hr. Ür. Wittmack (Monatsschrift des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in
flen königl. preussischea Staaten. 1879. Oct.) hat seitdem diesen Weizen untersucht und
darin eine liosondere Varietät erkannt, die er Triticum durum var. trojanum nennt.
2) Auch diese Haiuen sind von Hrn. Dr. Wittmack geprüft worden. Einen Theil der-
seihen hat er als Krvum Krvilia b. l)estinimt; bei einem andern ist es zweifelhaft geblieben,
ob CS vielleicht bathyrus Cicora L. sei. Die grössere Menge hat sich als zus^iuimengeschrumpfte,
Iheilweise allerdings etwas kleine Früchte von Vicia Faba L. herausgestellt.
(271)
rung halb aus Ackerbauern, halb aus Hirten, und der Fischfang wird sowohl im
Hellespout, als im ägilischen Metr ertblgreicii betrieben. Wir entbehrten daher,
obwohl wir gewissermaassea in der Wüste wohnten, in einer gewissen Entfernung
von allen raonsclilichen Wohnungen, doch nicht der Zufuhren, und selbst für einen
verwöhuteri Gaumen gab es gelegentlich Genüsse. Milch uuil Fleisch lieferten uns
die Heerden, welche die nächsten Berge beweideton, und Fische bezogen wir täglich
frisch in verschiedenen Richtungen.
Jn Bezug auf die Zeit der alten Ansiedelungen will ich Folgendes be-
merken: Von vorn herein überraschte es in hohem Maasse, schon durch die ersten
Ausgrabungen des Hrn. Schliemaun zu erfahren, dass in den verschiedensten
Schichten von Hissarlik überall Steingeräthe gefunden wurden. Man war damals
noch sehr geneigt, aus dem Vorkommen von Steingeräth, namentlich gewisser
charakteristischer Formen, sofort einen bestimmten Schluss zu macheu auf die Zeit,
aus welcher sie stammten, und namentlich wenn die Sachen in grösserer Zahl ge-
funden wurden, den betreffenden Fund der Steinzeit zuzuweisen. Nach den her-
kömmlichen Interpretationsregeln hätte man daher auch die älteren Schichten von
Hissarlik als der Steinzeit angehörig proklamiren müssen. Indess ist diess aus
anderen Gründen nicht zulässig.
Ich habe eine kleine Sammlung von Steinen mitgebracht , darunter auch
solche, welche nicht den tiefsten, sondern höheren Schichten angehören. Ein so
grosser Unterschied ist nicht zwischen ihnen, dass man es einem Stücke sofort an-
sehen kann, wohin es gehört. Es sind fast lauter zerbrochene Stücke, aber trotz-
dem von sehr charakteristischen Formen. Das schönste Stück darunter ist die
vordere Hälfte eines Hammers (Taf. XVI., Fig. 2) von Grünstein, der so gut ge-
arbeitet ist, wie man es nur irgend sehen kann, so gut, dass es zweifelhaft erscheinen
möchte, ob er bestimmt war, als Waffe oder als Arbeitswerkzeug zu dienen. Er ist
ungemein sauber polirt und hat ein grosses, sehr schön gebohrtes Loch, an dessen
innerem Umfange tiefe, kreisförmige Bohrfurchen sichtbar sind. An der Stelle des
Bohrloches ist er gesprungen. Hier beträgt sein Dickendurchmesser 4,7 cm., wo-
von 2,5 auf das Loch kommen. Nach vorn verjüngt er sich in einer sehr zierlich
eingebogenen Fläche zu einer gleichfalls gekrümmten, beiderseits über die Seiten-
flächen vorragenden Schneide. Er erinnert in hohem Grade an uordeuropäische
Formen, und ich selbst würde vielleicht über seine Herkunft zweifelhaft sein, wenn
ich ihn nicht eigenhändig aufgenommen hätte. Die grosse Aehnlichkeit dieser „Streit-
hämmer" mit Funden aus Bronze hat dahin geführt, sie der Uebergangszeit von
dem Stein- zum Brouzealter zuzuschreiben, und die Frage ist noch nicht geschlichtet,
ob sie nach dem Muster von ßronzeäxteu geformt sind. Ich bin um so mehr ge-
neigt, diese Form als eine späte und schon der Bronzezeit angehörige anzusehen, die
nach einem Bronzemodell gearbeitet ist, als sie in dem Burgberg von Hissarlik in
einer unzweifelhaft der Metallzeit angehörigeu Schicht gefunden ist. Ich bemerke
bei dieser Gelegenheit, dass ich bei Hrn. Russopulos in Athen gleichfalls 3 schön
gebohrte Steinäxte aus Griechenland gesehen habe, sowie eine ganze Reihe zer-
brochener Stücke, darunter auch solche, welche ein in der Mitte erweitertes Bohrloch
hatten. Auch hat Hr. Russopulos einige griechische Bronzeäxte nach Kopenhagen
geliefert, welche der von mir beschriebenen Steinaxt gleichen (E. Chantre L'age
de la pierre et Tage du bronze en Troade et eu Grece. Lyon 1874, p. 8, Fig. 3 — 4).
Dagegen sind mir weder aus Troja, noch aus einem anderen Tlieile Kleinasiens
Bronzeäxte bekannt, welche genau eine dieser Formen gehabt hätten. Die dort
vorkommenden Bronzeäxte sind zum Theil ganz abweichend; die noch am meisten
(272)
ähnlichen haben zwar auch F.öcher, aber gewöhnlich doppelte Schneiden und sehr
ebene Flächen ohne Ausschweifung (vgl. Chantre 1. c. p. 15, Fig. 5).
Ein zweites Stück (Tafel XVI., Fig. oa und 3b) stammt von einem viel
plumperen Hammer von Diorit, der mit einem ungleich engeren, aber glatteren
Bohrloch versehen war. Jedoch kann man auch an diesem tiefe Kreisfurchen sehen.
Die Flächen sind nicht iu einer fortgehenden Krümmung, sondern in zwei Absätzen
geschliffen. An dem zugeschärften Ende findet sich eine kleine ebene Fläche, so dass,
wenn man diess nicht etwa als das hintere Ende betrachten will, wofür es sehr
dünn sein würde, das Instrument vielmehr als ein eigentlicher Hammer angesehen
werden müsste.
Ein drittes Stück (Taf. XVI., Fig. 4) ist weniger leicht zu deuten. Es ist ein
schlecht polirter, dicker, runder Kegel, an dem dünneren Ende abgestumpft und
mit einer sehr platten Fläche versehen, die so stark abgenutzt ist, als wäre sie
zum Reiben gebraucht, am anderen Ende, wo er abgebrochen ist, mit einer napf-
artigen Vertiefung. Wenn man die letztere genauer betrachtet, so sieht man, dass
sich von ihr nach aussen ein durch die Absprengung offengelegter Halbkanal fort-
setzt, der gleichfalls die Kreisfurchen eines Bohrloches trägt. Es handelt sich also
offenbar um ein ähnliches Bohrloch, wie ich es eben aus der Sammlung des Hrn.
Russopulos erwähnte, bei dem die Mitte kugelförmig erweitert ist, — eine sehr
künstliche Einrichtung, die eine hoch entwickelte Technik voraussetzt.
Ich zeige ferner eine sehr regelmässig gerundete, gleichfalls durchbohrte Stein-
kugel (Fig. 5), auf deren Umfang 6 runde, mit weisser Erde eingeriebene Kreise
eingebohrt sind.
Alles das ist, wie Sie sehen, polirter Stein, oder, wenn wir in der Weise
unserer Gelehrten sprechen, neolithische Zeit. In dieselbe Kategorie fallen
einige Stücke, welche nur zum Theil geschliffen sind. Eine grössere Zahl davon
findet sich abgebildet in der eben augelangten Schrift unseres correspondirenden
Mitgliedes, Hrn. Nicolii cci (Armi ed utensili in pietra della Troade. Napoli 1879.
Sep.-Abdr. aus dem Rendiconto della Reale Accad. delle Scienze fis. e matem. di
Napoli). Ausser Waffen gehören dahin die schon vorher erwähnten Instrumente,
welche zum Glätten der Thongefässe benutzt sein mögen. Ich habe aus Ilion nur
dieses eine Stück (Fig. 7), welches aber leider zersplittert ist; gerade die geschlif-
fene Seite ist intakt. Es ist ein etwas abgeplatteter, länglicher Stein, der auf dem
Ende der einen Schmalseite eine polirte Fläche besitzt. Er fasst sich leicht und
ist sehr geeignet, zum Abstreichen einer zu glättenden Fläche benutzt zu werden.
Ich besitze ein vollständiges Exemplar davon, welches im Beschik-Tepe neben alten
ürnenscherben gefunden wurde; es ist um so mehr bemerkenswerth, als einzelne
der Scherben scheinbar einer noch älteren Periode angehören.
Endlich habe ich hier noch ein fast ganz unversehrtes Stück, ein nicht durch-
bohrtes Steinbeil (Fig 1), welches in meiner Gegenwart auf dem Boden der ältesten
Stadt von Hissarlik gefunden wurde. Es ist ein platter, hinten leicht zugespitzter
und nur ganz roh geschliffener Keil, der jedoch eine scharfe Schneide und jeder-
seits an derselben eine schön polirte Fläche besitzt.
Von diesen roheren Fabrikaten aus geschliffenem Stein kommen wir zu den
bloss geschlagenen Steinen. Ich will nicht von den sehr zahlreichen Feuer-
steinscherben sprechen, die in allen mfiglichen Schichten, auch an der Oberfläche
von llium novum, zerstreut liegen. Moistentheils ist es kein eigentlicher Feuer-
stein, sondern allerlei andere Quarze, namentlich Chalcedone, die in der Nähe am
Fulah Dagh als Einschlüsse vulkanischer Schichten anstehen. Sicherlich sind sie
geschlagen, aber man kann nicht sagen, dass sie erkennbare Formen hätten, so dass
(273)
sie der Zeit nach bestimmt werden könnten. Dagegen habe ich hier zwei Stücke,
die ich Ihrer besonderen Aufmerksamkeit empfelile. Das eine ist das 3,5 an lange
Bruchstück einer l,/) cm breiten, ganz kleinen Säge aus einem leicht gelblichen
Kiesel, welche genau betrachtet sein will. Sie besteht aus einem schwach ge-
bogenen, platten, messerähnlichen Scherben, der eine breitere, ebene und eine durch
3 secundäre Fläclien eckige Seite besitzt. Die beiden scharfen Kanten haben sehr
regelmässige Sägezähne; dieselben sind offenbar abgenutzt: die Zacken sind etwas
gerundet, und wenn Sie die Flächen schräg gegen das Licht halten, — ich ver-
sichere, dass ich keinerlei Lack darauf gebracht habe, — so werden Sie auf beiden
Seiten die Politur sehen, welche durch das Sägen erzeugt worden ist. Das andere
Stück ist viel grösser und sehr roh gearbeitet. Es ist ein 7 cm langes und 2 cm
breites, prismatisches Stück aus trübem Chalcedon, das am Rücken noch die
natürliche Rinde trägt und dessen scharfe Kaute gezahnt ist. Allerdings ist die
Bezahnung so unvollkommen, dass man zweifeln könnte, ob es wirklich eine Säge
gewesen ist, iudess im Zusammenhalt mit anderen ähnlichen Stücken schwindet
der Zweifel. Jedenfalls ist es so kunstvoll geschlagen, wie man es jetzt nicht leicht
mehr zu Stande bringt.
unter den roh geschlagenen Steinen verdient seines Materials wegen hervor-
gehoben zu werden ein von mir sßlbst gehobenes Stück, welches der ersten Stadt
angehört; es besteht aus einem grossen Obsidiansplitter. Auch in einem grossen
Grabhügel der Nachbarschaft, dem Hauai-Tepe, sind ähnliche Splitter gefunden wor-
den, und obwohl man eine Stelle, wo Obsidian ansteht, in der Gegend nicht kennt,
so wird es sich doeh wohl um einheimisches Material handeln.
Alle diese Dinge sehen so aus, als gehörten sie der ältesten Steinzeit an.
Ihnen schliessen sich manche der bearbeiteten Knochen an. Ich besitze einen
kleinen Knochenmeissel, der sehr schön gearbeitet ist; dann ein Paar ßohrinstru-
mente aus Röhrenknochen grösserer Thiere, welche den auch bei uns bekannten
Formen entsprechen u. s. f. Alle scheinen einen mehr rohen Zustand der Gesell-
schaft und einen gewissen Mangel feineren Geräths anzuzeigen, so dass man keiner
grossen Anstrengung bedarf, um sich mit seinen Gedanken ziemlich weit in die
Prähistorie zu vertiefen.
Daneben erscheinen jedoch die grossen Goldfunde, gleichfalls der „gebrann-
ten" Stadt angehörend, darunter die prachtvollsten Arbeiten, die sich zum Theil
den besten Mustern an die Seite stellen. Ich will sie nicht im Einzelnen schildern;
nur das möchte ich hervorheben, dass daran allerlei angeschmolzene Filigran-
ornamente vorkommen, die ganz so aussehen, wie wenn es moderne Arbeiten aus
den besten Schulen wären. Freilich sind das wahrscheinlich Beutestücke oder
Importartikel, und es Hesse sich denken, dass ein Volk, welches sich noch in der
Steincultur befand, auf irgend eine Weise sich in den Besitz von Goldschmuck
eines fremden Volkes gesetzt hätte. Indess selbst bei einer solchen, immerhin ge-
wagten Combination würde es sehr merkwürdig sein, wenn die Leute, welche das
Gold bearbeiteten und sicherlich nicht blos mit Steinen bearbeiteten, nicht auch von
ihrem anderen Besitz etwas hergegeben hätten. In der That findet sich auch
Bronze und Silber vor. Noch der letzte Goldfund, den wir in Hissarlik mach-
ten, brachte schöne Silberbeigaben. Endlich kann ich bezeugen, dass, wenn auch
vereinzelt, Eisen gefunden ist. Es ist darauf früher weniger geachtet worden;
gegenwärtig kann darüber kein Zweifel mehr bestehen, dass Eisen schon in der
ältesten Stadt von Hissarlik bekannt war. Dazu kommt endlich eine 'Fülle von Giess-
formeu. Daraus folgt, dass auch schon die gebrannte Stadt auf Hissarlik
der vollen Metallzeit angehörte.
Verhuudl. der Berl. AnUiropol. Gesellschaft 187y. 18
(274)
Es ist diess in hohem Maasse lehrreich. Neben Steiugeräth, welches nach
neolithischem Muster polirt ist, finden wir gelegentlich geschlagene Steine und
rohes Ivnochengeräth, ganz in der Art der alten Steinzeit, und diese Dinge sind
alle noch im Gebrauch gewesen, während schon Bronze, Gold, Silber und Eisen
in kunstvoller Bearbeitung in die Hände derselben Bevölkerung gelangte.
Unter den Steinsachen findet sich noch eine Besonderheit vor, die curios genug
ist und die vielleicht späterhin bei weiterer Feststellung der Parallelen erhebliche
Consecjuenzen ergeben kann. Das sind die sonderbaren Geräthe, welche Hr.
Seh lie mann als Idole betrachtet, und zwar als Nachbildungen des Palladion.
Ks war eine alte Sage in der Troas, dass ein steinernes Bild der Pallas Athene
vom Himmel gefallen sei, welches der Urvater des troischen Königsgeschlechts auf-
gestellt und verehrt habe, und welches, als die Residenz von Dardania nach Ilion
verlegt wurde, dahin mitgebracht wurde, um als Wahrzeichen der Schutzgottheit
zu dienen. Nach der Homerischen Erzählung wurde es von Odysseus und Diomedes
entwendet. Nun finden sich in höchst auffälliger Häufigkeit eigenthümliche und
zwar regelmässig aus weissem Kiesel oder Marmor gearbeitete Stücke vor, welche
eine ganze Musterkarte von den einfachsten bis zu den complicirtesten Ausfüh-
rungen ergeben. Hr. Schliemann hat auf einer Tabelle seines Buches (Troy and
its remains. Lond. 1875. Introduction p, 35) eine Uebersicht dieser Formen ge-
liefert. Ich besitze leider nur zwei Exemplare der einfachsten Art (Taf. XVL,
Fig. 6). Es sind in der Regel platte, seitlich abgerundete Steine, welche jeder-
seits über der Mitte eine seitliche Einschnürung haben, so dass sie in eine kleinere
obere und in eine grössere untere Abtbeilung zerfallen. Bei den mehr ausgebilde-
ten wird aus der oberen ein Kopf, aus der unteren ein Leib. Die Flächen werden
dann mit wirklichen Einritzuugen bedeckt, welche Augen, Nase und andere Theile
des Gesichts und Leibes darstellen. Durch die Art, wie hier die Fläche eines Steins
verwendet wird zur Darstellung eines menschenähnlichen Gebildes, kommt allerdings
eine gewisse Aehnlichkeit zu Stande zwischen diesen Steinen und den Gesichtsurnen,
und wenn die Steine das Palladion darstellten, so würde man es in der That
Hrn. Schliemann nicht verargen können, wenn er die „eulenäugige" Göttin, die
Glaukopis, in den Darstellungen an den Urnen zu erkennen glaubt. Ich überlasse
diese Streitfrage der weiteren Erforschung der Fachgelehrten; jedenfalls hat es archäo-
logisch ein grosses Interesse, zu sehen, dass diese, durch ihre Häufigkeit höchst
auffälligen Gebilde eine ganz ähnliche Reihe von Abstufungen von ausgebildeten
menschenähnlichen Darstellungen bis zu ganz rohen, nur noch symbolischen Formen
durchlaufen, wie ich sie früher in der absteigenden Stufenleiter unserer pomerellischen
und posenschen Gesichtsurnen bis zu den blossen Ohr- und Mützenurnen nach-
gewiesen habe. —
Ich werde nun noch einige Bemerkungen hinzufügen in Bezug auf die anderen
Schichten des Burgberges von Hissarlik, welche sich ausser der gebrannten Stadt
unterscheiden lassen, und zwar hauptsächlich über die unteren Schichten. Sie
begreifen, dass ich besonders begierig war, diesen Untergrund soweit zu verfolgen,
bis wir auf den eigentlichen ürboden kamen. Diesen haben wir, freilich nur an
einer Stelle, erreicht. Es war zu diesem Zweck nöthig, noch etwa 4 — 5 m unter
das Niveau der gebrannten Stadt herunterzugehen. In dieser Tiefe erreicht man
den Felsen. Es war eine sehr mühselige und verhältuissmässig, wenigstens im Ver-
gleich zu der gebrannten Stadt, wenig ergiebige Untersuchung. Zunächst in Be-
ziehung auf das Steingeräth ergiebt sich eine gewisse Constanz des Typus bis un-
mittelbar auf den Felsen. Wir sind auf keine Schicht gekommen, welche etwa aus-
schliesslich oder vorwiegend geschlagene Sttiine geliefert hätte; das Gemisch von
(275)
geschlagenen und polirten Steinen ging bis auf den Datergrund. Vielleicht kann
man sagen, dass die gebohrten Steine in den h(")horoii Schichten erst zu voller Aus-
bildung gelangen. Der vorher erwähnte, nicht durchbohrte Stein (Taf. XVI., Kig. 1)
kann als ein gutes Beispiel der ältesten Foroi dienen. Er hat noch einen Ueberzug
von dem Lehm, in dem er gesteckt hat; er siehl daher noch etwas mehr nativ aus.
Ich lege einigen Werth auf diesen Fund, den ich selbst bezeugen kann, weil er
eine sehr charakteristische und constante Form darstellt, welche sich in grösserer
Ausdehnung durch Kleinasien fortsetzt.
Ich habe zur Vergloichung eine schöne Sammlung von Steingeiäthen mit-
gebracht, welche ich der besonderen Güte unseres correspondirenden Mitgliedes,
des schwedischen Consuls Hrn. Spiegel thal in Smyrua, verdanke. Eines davon
ist dem eben erwähnten Steinbeil in höchstem Grade ähnlich, nur dass der Stein von
Anfang an eine mangelhafte Gestalt hatte. Das Stück sieht etwas verwunden aus,
aber es hat genau dieselbe Bearbeitung erfahren. Die anderen Stücke stellen meist
kleine keilförmige Steinbeile dar, wie wir sie auch aus Griechenland und über-
haupt aus dem Süden viel kennen. Nur ein grösseres Stück ist darunter, welches
sich unseren Steinbeilen aus der Zeit des geschliffenen Steines anreihen lässt.
Durchbohrte Stücke fehlen gänzlich, dagegen sind alle gut geschliffen und nicht
wenige zeichnen sich durch schöne grüne Farbe aus. Einige haben ein ganz
nephritisches Aussehen. Die Mehrzahl dieser Steine stammt von Sardes, einige
aus den Gräbern des Sipylos in der Nähe von Smyrna. Manche von ihnen ent-
sprechen bis zum Verwechseln den Formen, welche in den ältesten Ansiedlungen
von Hissarlik gefunden werden.
Während dieser Charakter des polirten Steingeräths durchgeht bis auf den
Untergrund und offenbar keine ältere Periode mehr auf Hissarlik gesucht werden
kann, — so ist es andererseits nicht zweifelhaft, dass man auch in dieser Zeit
schon die Metallbereitung kannte. Ich vermag freilich in dieser Beziehung aus
eigener Erfahrung nichts zu berichten, allein Hr. Schliemaun, der in solchen
Dingen sehr zuverlässig ist, hat schon in einem Briefe an Hrn. Chantre (L"age
de la pierre etc. p. 21) vom Jahre 1873 bestimmt angegeben, Gegenstände von
Bronze, Kupfer und Silber auch in den ältesten Schichten gefunden zu haben.
Dagegen ist hier nichts von Gold angetrofien worden. Es zeigt sich ferner an dem
Thongeschirr sehr deutlich, dass es sich nicht etwa um eine einfache Fortsetzung
der Bewohnung von unten nach oben handelt; die unterste Schicht hat einen
ganz abweichenden Charakter im Vergleich zu den Thongeräthen der gebrannten
Stadt und noch mehr zu denen der historischen Schichten. In vielen Stücken sieht
das Geschirr aus der ältesten Stadt sogar besser aus, wie das aus den späteren
Ansiedelungen. Die Zahl der glänzenden, meist schwarz, jedoch auch roth oder
bräunlich gefärbten Scherben aus der alten Stadt ist sehr beträchtlich. Sowohl
äusserlicli, als innerlich sind diese Gefässe so vollkommen geglättet, dass nach der
Reinigung ein fast spiegelnder Glanz hervortritt. Einzelne Stücke sind so schön
roth gefärbt, dass sie an Terra sigillata erinnern. P'reilich fehlen auch nicht sehr rohe
Stücke darunter, welche ganz matt und rauh erscheinen, aber das Material ist doch
nicht so grob, wie in unseren alten Gefässeu. Es ist der fette glimmerreiche Thon
der Ebene, der hier verwendet ist, scheinbar ohne einen Zusatz von zerstossenem
Gestein. Offenbar ist alles dieses Geschirr dem Feuer ausgesetzt gewesen, wenn-
gleich kein einziges Stück im strengeren Sinne gebraunt ist. Die Mehrzahl der-
selben ist aus freier Hand geformt; nur ganz vereinzelt finden sich Scherben, deren
Linien allenfalls auf die Einwirkung der Drehscheibe bezogen werden könnten.
.\uoh sind die Formen ziemlich mauniclifaltig. Ein grosser Theil der Scherben
(276)
gehört zu weiten, stark nach aussen ausgelegten Schalen mit breit abgesetztem
Rand; andere haben wahrscheinlich grössere Vasen mit nach innen eingebogenem,
mehr oder weniger dickem Rande gebildet. Auch finden sich kleine dünnwandige
Töpfchen mit weit ausgelegtem Bauch, zuweilen mit runden, vertieften oder medail-
lonartig vortretenden Flächen. Seltener sind vorspringende solide Knöpfe oder
gewundene, schlaugeuförmige Vorsprünge. Was aber besonders interessant ist und
diese Periode aufs Schärfste charakterisirt, das ist der Umstand, dass eine nicht
kleine Zahl dieser Gefässe, und zwar die Mehrzahl derselben auf der Innenseite,
in eigenthümlicher Weise ornamentirt ist. Aussen habe ich nur ganz vereinzelt
ein Ornament gesehen, z. B. an einem kleinen Töpfchen eine Reihe einfacher
Horizontalstriche und grosser Kreuze. Dagegen zeigen sich auf der Innenseite,
namentlich weiter Schalen, deren innere Fläche sich deni Auge des Betrachters zu-
nächst darbieten musste, zahlreich, und zwar am häufigsten auf dem Rande, selten
auch unter dem Rande, ganz auffällige Verzierungen, nehmlich Einritzungen, welche
eine sehr kräftige und entschlossene Hand andeuten, indem sie sich sowohl durch
Breite, als durch Tiefe auszeichnen. Sie sind mit einem weissen, kreidigen Ma-
terial ausgeschmiert, so dass die Zeichnungen sich von dem schwarzen Grunde
scharf abheben. Die Zeichnung selbst ist etwas eintönig. Manchmal beschränkt
sie sich auf Gruppen von parallelen, meist schräg gestellten Linien; zuweilen
kreuzen sich die schrägen Linien; anderemal finden sich zackige oder fast
wellige Linien mit grossen Excursionen. Das vollkommenste der von mir mit-
gebrachten Stücke hat auf dem sehr breiten und etwas vorspringendem Rande ab-
wechselnd Gruppen von Schrägstrichen und horizontalen Zackenlinien; dann folgt
unter dem Rande eine grosse horizontal gerichtete Zickzacklinie und darunter
in gewissen Abständen grössere Kreise mit einem centralen Punkt, die durch ge-
rade Striche an die Zickzacklinie anschliessen, gleichsam als ob sie Ringe dar-
stellen sollten, welche an der Zickzacklinie aufgehängt sind. Die Tiefe der Ein-
ritzungen und ihre Ausfüllung mit der weissen Erde erinnert in vielen Stücken an
unsere ältesten Thonfunde, die wir in den Gräbern der Steinzeit machen und die
sich auch bei uns nachher mehr oder weniger verlieren. Indess ist mir nicht be-
kannt, dass irgendwo eine volle Analogie gefunden wäre, und am allerwenigsten
stimmt das, was in der gebrannten Stadt vorkommt, mit diesen Dingen überein.
Nur ein Fabrikat scheint nach Hrn. Schliemanu eine Ausnahme zu machen, das
sind die Thonwirtel, welche in so grosser Zahl im Burgberge A'orkommen, dass
ihrer schon 16 000 gesammelt sind, unter den Stücken aus den höheren Schichten
(H., lll. und IV.), welche mir Hr. Schliemann schenkte, kommen auch solche
mit tiefen Finritzungeu und weisser Ausfüllungsmasse vor.
Dazu kommt in der ältesten Stadt eine Reihe anderer Eigenthümlichkeiten des
Thongeräths. Sehr zahlreich sind lange, oben breite, unten spitz zulaufende Füsse
von grösseren tiegel- oder grapenartigen Gefässen. Sehr häufig finden sich die vor-
erwähnten horizontal durchbohrten Randwülste zum Durchziehen einer Schnur und
zum Aufhängen der Gefässe. Auch kommen sehr grosse und starke Henkel gewöhn-
licher Art nicht selten vor. In diese Kategorie dürfte auch ein ungewöhnlich grosses
und glattes Stück gehören, welches leicht gebogen und an der äusseren Seite mit
gauz tiefen Horizontalfurchen verziert ist. Das ist das Material der ältesten Stadt.
In dieser Stadt fehlen grosse Brandspuren beinahe gänzlich; keine einzige
Stelle, welche zu meiner Zeit geöffnet wurde, zeigte dieselben, und so viel ich
weiss, hat auch Hr. Schliemann nichts davon gesehen, jedenfalls nichts, was
irgend wie dem lirande der „(ioldstadt" vergleichbar gewoscn wäre. Von den
Gebäuden dieser Stadt ist überhaupt wenig zu erkennen. Hier und da zeigen sich,
(277)
jedoch nicht einmal in grosser Ausdehnung, Steinmauern; das Hauptmaterial ist
ungeschichteter Lehn), der zum grossen Theil den Raum ausfüllt. Wie ich schon
vorher auseinandersetzte, muss man daraus schliessen, dass damals der grösste
Theil der Häuser bis auf den Grund aus Lehnisteinen gebaut worden ist.
Schliesslich mcichte ich noch eine Sonderbarkeit berühren, die gerade diesen
Theil betrifft. Schon durch eine frühere Grabung war am Nordumfange der ältesten
Stadt eine grössere, aus rohen Bruchsteinen des Tertiärgebirges aufgebaute Mauer
bloss gelegt. Sie lag unter dem Boden der gebrannten Stadt und gehörte scheinbar
der Stadtmauer an. An der Aussenwand eines der Steine, welche diese Mauer
bildeten, fiel mir schon von Weitem ein weisser Fleck auf. Als ich näher trat,
erwies sich derselbe als die innere Fläche einer fest auf dem Stein aufsitzenden
Austerschale. Neben derselben war die Fläche mit Hryozoen und anderen Meer-
thieren besetzt. Ich habe das Stück abgeschlagen und mitgebracht. Mir war es
ein unerklärliches Phänomen. Ich habe das Stück den Collegen im mineralogischen
und paläontologischen Fach vorgelegt und damit auch bei ihnen grosses Erstaunen
erregt. Einige waren geneigt anzunehmen, dass die Mauer einstmals von der See
bespült worden sei. In der That, wie sollte die Auster dahin gekommen sein? Indess
kann ich mich nicht entschliessen zuzugestehen, dass einmal die See so hoch ge-
standen haben könnte, um den Seethieren einen ruhigen Platz für ihre Ansiedlung
an der Mauer zu " gestatten, denn die Mauer liegt auf dem mindestens 70 Fuss
hohen Felsen und noch eine Strecke darüber, so dass die See vielleicht 80 Fuss
höher gestanden haben müsste, als jetzt die Ebene liegt. Ich habe daher bis jetzt
die Meinung festgehalten, dass der Stein aus dem Meer herausgeholt und nach
Hissarlik transportirt worden ist. Ich erkenne jedoch an, dass es schwierig ist,
diese Meinung zu vertheidigen. Einmal ist es ziemlich weit bis zum Meere, ^/^
bis ]'/.> Stunden, und Bruchsteine sind ganz in der Nähe an dem Bergabhange, an
welchem Hissarlik steht, selbst zu erlangen. Zum anderen ist die Auster sehr
leicht verletzlich, und es wäre sehr sonderbar, wenn der Stein den weiten Trans-
port von der Küste her und den Berg herauf ertragen hätte, ohne dass die an-
sitzenden Schalthiere zerquetscht worden sind. Ist es mir doch trotz der grössten
Vorsicht nicht gelungen, bei dem Abtrennen dieser Partie eine Verletzung der
Ansatzstelle zu vermeiden Ich kann vorläufig nichts weiter thun, als die That-
sache constatiren.
Fasse ich nunmehr meine Erfahrungen über die älteste Stadt zusammen, so
kann ich sagen, dass an dieser Stelle zuerst eine Bevölkerung sich angesiedelt hat,
welche schon mit den Elementen einer höheren Cultur ankam, keineswegs eine
Urbevölkerung im strengeren Sinne, nicht etwa ein wilder, direkt aus dem Zustande
der Wüstigkeit hervorgegangener Stamm, sonderu ein schon der Civilisation zugänglich
gewordenes Volk. In sofern stimmt sonderbarer Weise das Ergebniss der Aus-
grabungen mit der alten Tradition, welche besagt, dass das troische Köuigsgeschlecht,
nachdem es zuerst am Gebirge und dann in Dardania seinen Wohnsitz gehabt
hatte, nach Ilion übersiedelte. —
Was diejenigen Schichten anbetrifft, welche aufwärts über der gebrannten Stadt
lagern , so möge es heute genügen , Ihnen aus jeder derselben einige charakteristi-
sche Specimina vorzuführen, welche mir Hr. Schliemanu geschenkt hat. Für die
Schichten bis nahe unter die lysimachische Mauer verlasse ich mich auf seine An-
gaben, da ich nicht genügend Gelegenheit hatte, sie genauer zu studiren. Erst
die oberen Schichten habe ich persönlich wiederholt durchgearbeitet. Bei allen
diesen Schichten handelt es sich vorzugsweise um Thongeräth.
In der nächst höheren Schicht (III.) kommen manche Typen von Thongefässen
(278)
vor, welche denen der gebraunten Stadt verwandt sind, darunter zum Theil
recht sonderbare. Dahin gehören namentlich grosse rothe Gefässe mit erhabenen
Ornamenten, welche gerade in dieser Zeit häufiger auftreten. Unter den Hautrelief-
Verzierungen erwähne ich speciell die Spiralen und die geschwungenen Linien.
An einem schön rothen Gefäss mit höherem und engerem Rande sitzt ein
vorspringender Griflf, weicher die Form der Ansa lunata, nur vertikal gestellt, dar-
bietet. Zugleich sieht man daran jene eigenthüraliche Technik der intermitti-
renden Glättung, welche sich namentlich in Galizien noch bis in unsere Tage
erhalten hat. Die Oberfläche zeigt nehmlich, wie auch an anderen Gefässen dieser
Periode, zahlreiche glatte glänzende Streifen, welche mit matten Stellen abwechseln.
An manchen Gefässen sind daraus förmliche Muster gebildet. Kleinere Gefässe
mit engerem Hals und knopfartigen Vorsprüngen erinnern an ältere Typen von
Hissarlik. Namentlich ist diess der Fall mit einem sehr dickwandigen Gefäss, wo
die Knöpfe als Füsse gedient zu haben scheinen; au demselben finden sich tiefe
lineare Einritzungen, welche geometrische Figuren bilden. Diese Schicht zeigt
stellenweise Brandplätze, allein überwiegend einfache Ruinen von Häusern, die
unten Stein-, oben Lehmmauern hatten.
In der folgenden Schicht (IV.) treffen wir wiederum Formen von Thougeräth,
die in der äusseren Erscheinung mit den trojanischen eine gewisse Aehnlichkeit
zeigen. Darunter kehrt namentlich eine besondere Henkelform häufig wieder,
welche sich an schalenförmigen Gefässen findet. Diese Henkel sind sehr weit aus-
gebogen, wie Griffe, drehrund, setzen sich dicht unter dem Rande an und über-
ragen denselben beträchtlich, ihre Ansätze befinden sich natürlich in der Hori-
zontalen. Ganz analoge, zum Theil aus doppelten Thonsträngen zusammengesetzte,
aber vertikal gestellte, ebenfalls sehr weite Henkel finden sich an grossen Krügen,
welche einen weiten Bauch und einen engen hohen Hals haben. Das Material ist
ein feiner, gut gebrannter Thon von hochrother Farbe; auch hier kommt die inter-
mittirende Glättung vor.
Die nächste Schicht (V.) lässt schon die Zeichen archaischer griechischer Cultur
erkennen. Alle Stücke, welche ich vorlege, sind von mir persönlich unter Anwen-
dung aller Vorsichtsmaassregeln aus dem anstehenden Boden entnommen worden.
Hier treten zuerst Scherben auf, welche nicht bloss gefärbt, sondern wirklich be-
malt sind, wenn auch zunächst nur mit einfachen Linien oder Bändern. Das
Material ist fein und gut gebrannt, so dass es beim Anschlagen einen scharf klin-
genden Ton giebt. Ueberall sieht man die Linien der Töpferscheibe. Eine Mehr-
zahl der Scherben lässt auf Luxusgefässe, namentlich auf kleine Schälchen mit rund-
lichem Fuss, schliessen. Die Farbe ist sehr verschieden, glänzend schwarz, hoch-
roth, fein gelblich, aschfarben; ganz besonders charakteristisch ist aber eine braune
Färbung, welche wesentlich zur Verzierung, niemals zur Färbung ganzer Gefässe
verwendet ist. Sie hat an sich einen schwachen Glanz; wenn man sie aber unter
Wasser bringt, so zeigt sie einen höchst auffälligen Metallschimmer.
Diese Schicht bildet einen sehr merkwürdigen Abschluss der älteren Ansied-
lungen. Als wir, Hr. Burnouf und ich, während der Ausgrabungen die verschie-
denen Trancheen, welche Hr. Schi ie manu im Laufe früherer Gampagnen hatte
durchlegen lassen, musterten und mit grosser Sorgfalt die Struktur ihrer Wände
studirten, stiessen wir in der nordöstlichen, gegen den Hellespont gerichteten
Tranchee, welche von der Höhe des alten Burgberges bis auf die Ebene herunter-
geführt ist und mehr einer Gebirgsschlucht, als einem Graben gleicht, auf einen
Punkt, an dem wir mit ganz besonderer Schärfe die alten Abraumschichten ver-
folgen konnten, Nun sind Abraumschichten an sich kein so sicheres Objekt für
(279)
das Studium, wie die über einander geschichteten Trümmer selbst, weil manches
aus verschiedenen Taiminerschichten in dieselbe Abraumschicht zusammengeworfen
sein kann. Allein hier ist ein besonderes Verhältniss, welches wenigstens nach
oben hin eine ganz bestimmte Grenze bezeichnet: etwa 3 — 4 Fuss unter der Ober-
fläche kommt man nehmlich auf eine Planirung, und auf dieser steht die erste, aus
wirklich gehauenen Quadern aufgebaute Stadtmauer. An keiner einzigen Stelle
unter dieser Schicht kommen Quadern vor; hier dagegen haben wir eine, aus regel-
mässigen, mit höchster Sorgfalt bearbeiteten Steinen zusammengesetzte, mächtige
Mauer, welche sich mit gewissen Unterbrecliungen in einem höheren Niveau um
den ganzen Burgberg verfolgen lässt. Ich will es dahingestellt sein lassen, ob
dieses wirklich die Mauer ist, welche l^ysimachos, einer der Nachfolger Alexanders,
nach dem Berichte Strabon's um llion hat bauen lassen. Verschiedene alte Schrift-
steller stimmen darin überein, dass der grosse Alexander den Wunsch hatte, die
Troas zu neuer Blüthe zu bringen. Antigonos gründete in diesem Sinne die
nachmals Alexandria Troas genannte Stadt; Lysimachos baute auf llion einen
Tempel und eine Mauer von 40 Stadien Länge und hauchte der Stadt neues Leben
ein. Weiteres weiss man nicht von einem Muuerbau aus späterer Zeit in llion,
und es lässt sich nicht verkennen, dass die angegebene Zeit ziemlich gut stimmt
mit den Funden. In den Abraumschichteu, deren schräg aufsteigende Köpfe un-
mittelbar an die Basis der Mauer anstossen, finden sich die ersten, in archaischer
Weise bemalten Scherben, niemals Figuren, sondern immer nur Linien oder geo-
metrische Zeichnungen. Man hat hier also einen bestimmten Anhalt für die chro-
nologische Fixirung des Niveau. Mag die Mauer von Lysimachos gebaut sein oder
nicht, so gehört sie doch unzweifelhaft der macedonischeu Zeit an. Die letzteu
Schichten unter ihr dürften also höchstens dem 5., 6. Jahrhundert v. Chr. zuge-
schrieben werden können ; vielleicht sind sie noch älter. Von da aus können wir
dann nach unten weiter rechnen. Allerdings muss man etwas vorsichtiger sein, als
diess Anfangs erforderlich zu sein schien, wo man aus der Tiefe eines Fundes
sofort das chronologische Niveau erschloss. Jetzt, wo wir wissen, dass dieselbe
chronologische Schicht in mehreren Niveaus vorkommen kann, muss man sich mehr
au den Charakter der Funde, als an die absoluten Zahlen der Ausgrabung halten.
Das steht fest, dass die Gesammtheit der Schichten vom ürboden bis zu der Mauer
aus Quadern erst bis zu der Zeit Alexanders des Grossen reicht.
Dann folgen die Schichten, welche der jüngeren Periode von llion angehören.
Da finden sich die üeberreste jeoes grossen Marmortempels mit sehr ausgebildeter
Skulptur, von dem der grosse Relief des Sonnengottes herstammt, dessen Abbildung
Hr. Schliemann auf den Deckel seines Buches gesetzt hat. Jetzt liegen nur
noch einige Marmorbalken desselben an ihrer Stelle. Es ist das der Haupt Vorwurf,
den die Archäologen Hrn. Schliemann gemacht haben, dass er mitten durch den
Tempel durchgeschnitten hat, um auf die unteren Gründe zu kommen. Ich habe
darüber schon in meinem ersten Vortrage gesprochen.
In den obersten Schichten finden sich endlich die Produkte der späteren
griechischen und römischen Cultur, über welche ich nicht weiter zu berichten habe.
Ich hoffe, dass diese Darstellung Ihnen wenigstens das gezeigt haben wird,
dass, wenngleich man nicht für jede Schicht des Burgberges ein bestimmtes Jahr-
hundert angeben kann, und wenngleich die Zeitrechnung immer unsicherer wird,
je mehr man in die Tiefe kommt, doch eine gewisse Schätzung sich machen lässt,
welche ausgeht von der ersten, altgriechischer Cultur entsprechenden Fundschicht.
Die ganze Reihe der tieferen Schichten, nicht bloss die der gebraunten Stadt und der
unter ihr liegenden ältesten Ansiedelung, sondern auch die der zunächst überliegeudeu
(280)
Städte gehört einer Zeit an, für welche wir keine zuverlässige historische Ueber-
lieferung besitzen, für deren chronologische Classifikation uns also auch kein be-
stimmter Anhalt gegeben ist. Hier müssen wir uns an die Vergleichung der
archäologischen Funde halten. In dieser Beziehung möchte ich nur das hervor-
heben, dass gerade unter den Goldfunden, die in meiner Gegenwart gemacht wor-
den sind, und bei deren einem ich das besondere Glück hatte, einen Theil aus
einem Erdklumpen, der schon weggeworfen war, zu retten, einzelne Kunstsachen
vorkamen, welche absolut übereinstimmen mit Goldfunden von Mykenae, so
übereinstimmen, dass man glauben könnte, sie seien aus derselben Prägestätte
hervorgegangen. Ich habe daher auch keinen Zweifel, dass die Gründung der
„Goldstadt^ von Hissarlik, wenn auch vielleicht nicht absolut synchronisch mit
Mykenae, so doch im Grossen und Ganzen als ein paralleles Ereigniss anzusehen
ist. Was unter der gebrannten Stadt im Burgberge liegt, das mögen Sie, wenn
Sie wollen, vormykenisch nennen.
Es ist ein grosses Glück gewesen, dass schon vor dem Zusammenbruch des
weströmischen Reiches, schon seit dem Beginn der byzantinischen Herrschaft, der
Burgberg nicht mehr bewohnt gewesen ist. Die Münzfunde gehen bis auf Con-
stantin II., hören dann aber plötzlich auf. Von da ab findet sich Nichts mehr von
weiteren üeberresten vor. Niemals ist seit jener Zeit der Versuch gemacht wor-
den, sich auf dem Platz wieder anzubauen. So erklärt sich die grosse und lange
Integrität der Ruinen; die Erde, welche aus dem Schlamm der Lehmsteine sich
wieder verdichtete, hat getreulich die Reste der Vergangenheit bewahrt bis auf den
Augenblick, wo Hr. Schliemann auf den Gedanken kam, in den grossen Hügel
einzubrechen.
Ich hoffe ferner, meine Herren, dass Sie mir bezeugen werden, dass ich mich
bemüht habe, möglichst von Homer zu abstrahiren, und mich so streng als möglich
an das zu halten, was vorliegt. Aber ich denke, der Gesammteindruck meiner Mit-
theilungen wird trotzdem der sein, dass hier ein Platz aufgefunden ist, der un-
zweifelhaft lange vor der historischen Zeit bewohnt gewesen ist, und der uns ein ganz
bestimmtes, grosses, wenn auch vielleicht nicht in dem Maasse, wie man es sich
gedacht hatte, entwickeltes Culturleben erschliesst, welches zum Theil der Prä-
historie, zum Theil der Sage angehört. So glaube ich zum Schlüsse sagen zu
können: es scheint mir nichts dem entgegenzustehen, dass diess in der That der
Punkt war, an welchen die Sage anknüpfte und an welchen sich die üeberliefe-
rungen von der Existenz eines frühe zerstörten Reiches angeschlossen haben.
In dieser Beziehung will ich nur noch einen Punkt kurz berühren: Einige der
neuesten Gegner Schliemann's machen grosses Aufheben aus dem geringen um-
fange der gebrannten Stadt. Ich will es zugestehen: die Ruinenstätte entspricht keiner
Stadt, die Jemand, der aus London oder auch nur aus Coustantinopel kommt, für
eine Stadt ansehen würde. Auch wir würden uns gewiss begnügen, das Ganze
einen grossen Burgwall oder einen Schlossberg zu nennen. Trotzdem ist es richtig,
dass dieser Berg Jahrhunderte, wahrscheinlich mehr als ein Jahrtausend hindurch ein
mächtiger Anziehungspunkt für immer neue Besiedelungen gewesen ist, und dass
schon in der gebrannten Stadt Schätze von Edelmetall aufgehäuft waren, die selbst
heute Aufsehen erregen würden.
Aus dem, was ich gesehen, habe ich nicht gerade die Vorstellung ge-
wonnen, dass Homer anhaltend in der Gegend gelebt hat. Die llias hat zu viel
Besonderheiten, welche man immerhin als Erfindungen des Dichters erklären mag,
aber von denen es mir doch zweifelhaft ist, ob ein Dichter, welcher aus der Gegend
stammte oder in ihr dichtete, sie aufgenommen haben würde. Es lassen sich grosse
(281)
Erörterungen darüber anstellen, wie viel oder wie wenig die Autopsie bei der
Herstellung des Gedichts gewirkt hat; sind wir doch nicht einmal im Stande,
ausscheiden zu können, was eine ältere Sage dem Dichter in die Hand gab.
Denn darüber kann wohl kein Zweifel bestehen, dass Homer schon geformte,
traditionell fortgepflanzte Sagenstoffe vorgefunden haben muss und dass er diese
in die eigentlich poetische Form brachte, nachdem er aus eigener Anschauung das
Land, in welches er die Handlung verlegte, kennen gelernt hatte. Dass er über-
haupt das Land geschaut hat, das beweist weniger seine Beschreibung von llion,
die natürlich erfunden sein musste, sondern seine Schilderung des Landes, die
überall auf einer tiefen Naturanschauung beruht. Daher glaube ich, dass auch
für die Zukunft dem Burgberge seine Bedeutung gerettet werden wird, als eines
wirklichen, unmittelbaren Anknüpfungspunktes für die Sage sowohl, wie für die
Dichtung. Kr ist nicht ein Ort, dessen Geschichte in allen Einzelheiten aus der
Dichtung rückwärts heraus festgestellt werden kann. Niemals wird die sichere
Unterlage gewonnen werden, um die Sage von Troja in naturwissenschaftlicher
oder in historischer Weise sicher zu stellen. Und doch wird diese Sage den
Hintergrund unserer Gedanken über die Jugend der abendländischen Völker bilden,
und uns vor die Seele treten, so oft wir uns den ersten grossen Gegenstoss Europas
gegen Asien vergegenwärtigen wollen.
Wir werden nicht vergessen, dass die alten Städte, welche der Burgberg in
seinem Schoosse verborgen hielt, in einer Zeit bewohnt waren, wo die Völker des
Westens noch nicht zur Scheidung, vielleicht noch nicht einmal zu voller Sesshaftig-
keit gelangt waren. Ueber den Bosporus und den Hellespont nahmen wahrschein-
lich alle die Völkerschaften, welche das westliche und mittlere Europa besiedelt
haben, ihren Zug; alle müssen der Troas einmal nahe gewesen sein, — auch unsere
Vorfahren, Darum war ich wirklich mit einer gewissen Hoffnung nach Kleiuasien
gegangen, ob es nicht möglich sein würde, irgend ein näheres Verknüpfungsband
zwischen unserer eigenen Prähistorie und der dieses merkwürdigen Platzes zu
finden. Ich habe Ihnen heute gerade dasjenige Material vorgelegt, welches für
diese Vergleichung am günstigsten ist: das Steingeräth von llion und Sardes. Sie
werden daraus ersehen, dass zwingende Vergleichungspunkte daraus nicht hervorgehen.
Wenn auch gewisse Aehulichkeiten der trojanischen Funde mit den Altsacheu
unserer vorslavischen Zeit, namentlich in Bezug auf das Thongeräth, bestehen, so
können wir doch nicht sagen, dass irgend eine specielle Form unmittelbar zu uns
übertragen ist, oder dass überhaupt von llion aus bestimmte Culturrichtungen in
das Abendland hinübergetragen sind. Was hier an deutlichen Verbindungen zu
erkennen ist, das sind, wie in Mykeuae, weiter zurückliegende Beziehungen mit
Assyrern, Phöuiciern und Aegyptern. Dafür wird die weitere Forschung sicherlich
noch genauere Anhaltspunkte erschliessen, und diese zu gewinnen, darauf wird auch
unser Streben zunächst gerichtet sein müssen.
(22) Eingegangene Schriften:
1) Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Bd. 7, Heft 6.
2) Nachrichten für Seefahrer. Nr. 24, 25, 2ß, 27.
3) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. 1879. Nr. 6.
4) Jahresbericht des naturhistorischen Vereins von Wisconsin für das Jahr 1878 — 70.
5) Anti(ivarisk Tidskrift för Sverige. Bd. 1 — 5.
6) Manadsblad. Jahrgang 1872—1879 (Nr. 1-88).
7) Antropologiska sektionens Tidskrift Bd. I., Nr. 1, 2.
8) Geografiska sektionens Tidskrift. Bd. I., Nr. 1 — 8.
(282)
9) B. E. Hildebrand och H. Hildebrand, Teckningar ur Svenska Statens
Historiska Museum. Heft 2.
10) G. Oppert, On the Classification of Languages.
11) Mittheilungen des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. 1877.
Heft 3, 4. 1878. 1—4. 1879. Heft 1.
12) Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde Bd. 8. Heft 1, 2.
13) E. Finder, Bericht über die heidnischen Alterthümer in Kurhesseu.
14) Bericht über die Thätigkeit des Oldenburger Laudesvereius für Alterthumskunde.
15) Malmsten, Minnesord öfver Carl von Linnee.
16) Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz. Bd. 1.
17) Materiaux pour l'histoire primitive et naturelle de Ihomme. T. 10, livr. 1.
18) Gora, Cosmos. Vol. V., Heft IV., VL
19) Atti della R. Accademia dei Lincei. Vol. III , Fase. 4.
20) Verhandlungen der Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Naturkunde
zu Moskau. Vol. XXXV.
21) Mittheilungen der deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ost-
asiens. Heft 12.
22) Retzius, Finska Crauier.
Sitzung am 19. Juli lh79.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Zuna conespondirenden Mitgliede ist ernannt worden:
Hr. Dr. Richard Scbomburgk in Adelaide, Australien.
Zum ordentlichen Mitgliede ist vorgeschlagen:
Hr. Dr. Jaffe in Berlin.
(2) Der Vorsitzende theilt mit, dass
1) der Voigtländische Alterthumsforschende Verein seine Haupt-
versammlung zu Hohenleuben am 6. August,
2) die Naturforschende Gesellschaft zu Halle a/S. iiire Säcularfeier
am 20. Juli,
3) der Congres international des Americanistes seine dritte Session
vom 23. — 26. September in Brüssel,
4) der Congres international de geographie commerciale seine
zweite Session vom 27. September bis 1. October 1879 ebendaselbst
abhalten wird.
Die Anzeige einer in Paris neugegründeten Institution ethnographique,
Directeur Leon de Kosny, Secretaire genc^ral A. Dithan ist eingegangen.
Die amerikanische ethnolc^gische Gesellschaft übersendet ihre Statu-
ten. Vorsitzender für 1878 Alexander J. Cotheal, correspondirender Secretär
Chiirles Rau.
(3) Hr. Dr. Kuropaeus in St. Petersburg spricht in einem Brief vom 9. Juli
über finnische und ugrische Fragen.
„Es ist mir ein besonderes Vergnügen, Ihnen beigehend einige Zeitungsartikel
zusenden zu können, von welchen wenigstens zwei Sie ohne Zweifel vorzüglich
interessiren werden. Es sind der in Nr. 141 des St. Petersburger Herold's ge-
druckte „Kin alle Erwartungen übertreffender Fortschritt im Bereich
der archäologischen Craniologie" und in Nr. 169 ibid. „üeber die ehe-
malige Verbreitung des langschäd ligen ürvolkes in Europa und über
die Nationalität desselben". Die übrigen mitfolgenden sintI Nr. 345, Jahr-
gang 1878, „Wissenschaftliche Antwort auf die Frage, was war und wo
lag das alte Thule", und zuletzt Nr. 176, -lahrg. 1879, „Aus und über ein
(284)
Schreiben an mich, betreffend meine comparativ-philologischen Zahl-
wörtertabelleu". Von diesen Zahlwörtertabellen habe ich auch das Vergnügen,
Ihnen beigehend Exemplare zuzusenden. Der letzterwähnte Artikel ist mit der
Tabelle in der Hand zu lesen, sonst ist derselbe an einigen Stellen schwer zu
verstehen, eben weil es Stelleu sind, welche das, was die Tabelle enthält, vervoll-
ständigen oder berichtigen sollen.
Ich gehe in diesen Tagen abermals nach den Gegenden zwischen den Seen
Ladoga und Ouega, um dort alte Grabhügel oder „Kurgano" zu durchforschen. Ich
hoffe jetzt Schädel aus viel älteren Zeitperioden, als früher, in die Hände zu be-
kommen.
Die im letzten Sommer von mir am Ojatj-Flusse, an der Südgrenze des Olo-
netzschen Gouvernements, OSO. vom Ladoga-See, gesammelten alten dolichocepha-
len Kurganschädel sind bis jetzt noch nicht genau krauiologisch bestimmt Dieses
kann wohl erst nach einigen Monaten geschehen. Die Schädel liegen jetzt in
Helsingfors.
Ich habe in Ihrer Zeitschrift gelesen, dass auch Sie langschädlige Schädel aus
Polen erhalten haben. Es wäre wohl schon Zeit, die Frage über solche Laug-
schädel ernsthafter zu bearbeiten und zwar sowohl in den Fundgruben, als auf dem
Papier,
Zugleich bitte ich Sie, ein paar Schreibfehler, wohl des Hrn. Dr. Hjelt, in
der in Ihren Berichten vor ein paar Jahren gedruckten craniologischen Tabelle
zu corrigiren. Diese Schädel sind, mit Ausnahme des letzten, nicht eigentlich „alt-
finnisch", sondern altugrisch, d. h. sprachlich und genetisch ebenso weit von den
Finnen entfernt, wie die Hindu (die Sanskritvölker) von den Germanen. Die
eigentlich finnischen Ortsnamen, sogar der alten Zeit, gehen von dem Ladoga-See
nach Südost und Süd nicht weiter als bis zum halben Lauf des in den Ladoga von
Süden fallenden Wolchow und nur etwas mehr in der Richtung nach Südost, das
heisst bis ungefähr 30 Werst = 4 deutsche Meilen östlich von der Stadt Tichwin,
welche 50 Werst = 7 deutsche Meilen nach Südost von dem Ladoga-See liegt. Innerhalb
des Wassersystems der Wolga und des Ilmen-Sees sind ausschliesslich nur die
sehr leicht bestimmbaren zusammengesetzten altugrischeu = ostjakisch- vogulisch-
ungarischen Ortsnamen unter den nicht-russischen, neueren Namen.
Ein anderer Schreibfehler ist, dass der Name der Stadt Wessjogonsk an dem
westnordwestlichen Nebenflüsse Mologa der Wolga nach der Form der russischen
Schreibung Besjezeusk „nahe dem Dorfe ^taraja" geschrieben worden ist. Ich
habe den Bericht jetzt nicht zur Hand und kann die Stellen der genannten
Fehler nicht genauer bestimmen.
Der letzte Schädel aus der Nähe des Dorfes Saljustsiki ist, obgleich sehr laug-
schädlig, doch ganz aus der Mitte der Gegend, wo schon ausschliesslich eigent-
lich finnische, nicht-russische Ortsnamen vorkommen. Er gehört also zu derselben
Gruppe von Langschädeln, welche von mir im letzten und vorletzten Sommer
gesammelt worden.
Die grösste Menge altugrischer Schädel, ungefähr 200 Stück, sind tabellarisch
bestimmt in Materialy dliä antropologii kurgannago perioda Moskovskoi gubernii
von Bogdanof. Sie sind aus einer alten Greuzgegend der ugrischen Ortsnamen
und zum dritten Theil mit kurzschädligen untermischt."
(4) IJr. G. Fritsch spricht über
die Ama-Zulu Süd-Afrika s
mit Uiicknii^ht auf die jüngbten Ereignisse.
(285)
Als die Nachricht des Kampfes von Tsandhlwana (Isandula) und der blutigen
Niederlage, welche die englischen Waffen dal)ei eilitten hatten, Europa durchflog,
bemächtigte sich gewiss der Meisten, die es hörten, unbegrenztes Erstaunen dar-
iiber, wie es möglich war, dass nach den Kegeln europäischer Kriegskunst ge-
schulte Truppen sich von einem Haufeu nackter Wilder schlagen lassen konnten?
Lebhafter als seit langer Zeit ertönte die Frage: Wer sind denn diese Zulu, die
sich solches herausnehmen durften? Der Name ist als verächtlicher Ausdruck auch
in Europa bekannt genug, aber die damit verbundene Vorstellung passte schlecht
zu so glorreichen Thaten.
Soll die Frage ethnographisch beantwortet werd«*n, so ist zu erwidern: Die
Ama-Zuki sind eine Abzweigung von den übrigen A-bantu's Süd-Afrika's, welche
erst etwa 1000 n. Chr. erfolgte; sie nannten sich auch später noch: „A-bantu
ba-kwa Zulu", d. h. Leute aus dem Gebiet des Zulu, eines mythischen Häuptlings,
der vor 9 Generationen gelebt haben soll. Derselbe begründete keineswegs eine
mächtige Herrschaft, sondern noch zur Zeit der GriJndung der Golonie Natal (1686),
wo die Ama-Zulu beiläufig erwähnt werden, kannte man sie als einen wenig zahl-
reichen, unkriegerischen Stamm, als Händler im Lande umherziehend und die Nach-
barn mit den kleinen Bedürfnissen des täglichen Lebens versorgend. Wie die Golonie
nach den schwachen Anfängen erst über hundert Jahre später einen glänzenderen
Entwickelungsgang nahm, so erlangte auch die Zuluherrschaft kriegerische Macht
erst etwa zur selben Zeit.
Was die friedliclien Händler zu einem Kriegsvolke, und zwar dem gefürchtet-
sten von ganz Süd -Afrika machte, dessen blutige Lorbeeren von keinem anderen
daselbst überboten werden, das war ein grosser, militairischer Gedanke, entsprungen
in dem Haupte eines Häuptlings, Chaka mit Namen (1787 geboren): er zwang
seine ünterthanen, mit der blanken Waffe im geschlossenen Angriff
zu fechten! Mit genialem Blick erkannte er, welche üeberlegenheit eine derartig
vorgehende Kriegermasse unter Stämmen haben musste, deren Neigung für den
Kampf Mann gegen Mann durchweg eine ausserordentlich geringe war. Die mate-
rielle Ausführung des Gedankens ergab sich einfach genug.
Die am meisten verbreitete Waffe der Eingeborenen durch ganz Afrika ist ein
schlanker Wurfspiess von wechselnder Gestalt, der Regel nach von bemerkenswerther
Leichtigkeit der Klinge an dünnem Schaft, so dass ein Mann ein ganzes Bündel solcher
bewältigen konnte. Die üblichste Form des U'mkonto der eigentlichen Kaflfern
zeigt eine bis 20 cm lange und 2 — 3 cm breite, schilfblattähuliche Klinge von
S-förmigem Querschnitt, in einen runden Stil übergehend, und einen, etwa 1,5 m
langen, noch nicht fingerdicken Schaft vom elastischen Holz der Curtisia fagiuea,
Assegay- hout der Colonisten; häufig trägt der eiserne Stil auch nur an seinem
freien Kiide eine, wenige Centimeter lange, blattförmige Verbreiterung: er ist eben
einfach flach ausgehämmert.
Was auch immer in früherer Zeit und in unseren Tagen bis zu den englischen
Kriegsberichten über die Furchtbarkeit dieser geworfenen Assegay ausgesagt wurde,
beruht zum wesentlichsten Theil auf reiner Erfindung. Die ganze Kunst bei der
Handhabung der Waffe beruht darin, dass der Werfende die in die volle Faust
gefasste Waffe in schwingende Bewegung setzt und sie so im Bogenwurf dem
Ziele entgegensendet. Die Vibration des Wurfspiesses erhöht die Percussiouskraft,
aber unstreitig auf Kosten der Treftfähigkeit. So fand schon Lichten'stein , der
sich bemühte, die Leistung dieser Waffe mit der Exactheit des Naturforschers fest-
zustellen, dass auf 60 Schritt Entfernung von SO Würfen durchschnittlich einer das
Ziel, ein manusbroites Brett von 2,6 cm Dicke, traf, jeder Treffer es aber durch-
(286)
bohrte. Leicht ist es zudem, der im Bogen heranschwirrenden Assegay auszu-
weichen oder sie im Schilde aufzufangen, wenn sich die Würfe nicht zu sehr häufen.
Diese schwächliche Wafle verwandelte Chaka in eine zum Stoss bestimmte,
indem die Klinge um das Doppelte verlängert und verstärkt wurde, sich mit kurzem
Stil dem über Mannsdaumen starken Schaft anfügend. Zu ungefüge für den Wurf,
wurde der Umkonto in dieser Gestalt, von entschlossenen Kriegern gehandhabt, die
stürmend vorgingen, eine furchtbare Waffe. Der Bajonettangriff entschied auch in
Süd -Afrika die Schlachten; die Krieger Chaka' s, noch eben kaum gekannt, viel
weniger gefürchtet, eilten damit von Erfolg zu Erfolg, wie eine Lawine aus kleinem
Anfang erwachsend, und in wenigen Jahren in zerschmetterndem Lauf alle Nach-
barstämme vernichtend oder unterjochend.
Der starke Menschenverbrauch, welchen solche Laufbahn der anwachsenden
Zuluherrschaft mit sich brachte, nöthigte dazu, auf besondere Weise Ersatz zu
schaffen, der friedliche „Kraal" des Kaffern konnte ihn nicht schaffen, er verfiel
daher unter Chaka's Herrschaft, um der „Enkanda", dem Militairlager, Platz zu
machen. Die Fonn eines solchen ist wiederum aus dem Bedarf niss in natürlicher
Weise abgeleitet: Abgesehen von dem Führer selbst, der zum Theil wenigstens von
Herrschsucht angestachelt wird, drehen sich die südafrikanischen Eingeborenen-
kriege wesentlich um das Vieh, den Schatz und die Herzensfreude des Kaffern;
dieses zu rauben, ist das nächste Ziel des Krieges, es zu sichern, die Hauptaufgabe
der sich Vertheidigeuden. Die Enkanda's enthalten daher einen grossen, etwa
kreisrunden Viehplatz, die Mitte des Ganzen bildend, von erheblicher Ausdehnung
(bei des Häuptlings Dingaan's Residenz D'nkunginglove soll er 1000 Schritt im
Durchmesser gehabt haben); um diesen Viehplatz, gleichsam die Posten für die zu
bewachende Heerde bildend, ziehen sich die Hütten der Krieger in grösserem Kreise,
der wiederum von einfacher oder doppelter Dornenhecke eingefriedigt ist. Dem
Haupteingang gegenüber, durch besondere Dornenhecken abgegrenzt, die sich
labyriuthartig verschlingen, liegen in dem Hüttenkreis die Wohnungen des Häupt-
lings und seiner nächsten Anhänger, Isigohlo, das Labyrinth (bei ü'nkungiglove
lagerten noch als besondere kleine Kraale hinter dem Isigohlo die Hütten der
Häuptlingsfrauen, die Schlachthäuser und die Kornkammer).
Der ganze Plan einer solchen Niederlassung deutet den kriegerischen Zweck an.
Das waren feste Lager für Soldaten, keine Wohnhäuser für Familienvater. Dieselbe
Staatsraison, welche die Päpste veranlasste, ihre schwarzen Schaaren dem ehelichen
Leben fern zu halten, um sie fester in der Hand zu haben, veranlasste den Zulu-
Häuptling, die seinigen am Heirathen zu verhindern. Es fehlte wohl nicht an
Frauen in den Enkanda's, dieselben hatten aber nur die Bedeutung von Concubinen,
etwaige Kinder brachte man auf die eine oder andere Weise aus dem Wege. So
theilte sich die ganze waffenfähige Mannschaft in grössere Waffenbrüderschaften
oder Regimenter in unserem Sinne von ungefähr gleichalterigen Kriegern, die unter
besonderen Hauptleuten, Induna, standen. Als solche fungirten angesehene Per-
sonen aus der Umgebung des Häuptlings oder ihm ungefährlich erscheinende Ver-
wandte. Die Regimenter wurden besonders benannt und hatten wenigstens zeit-
weise besondere Abzeichen, wie die Farbe der Schilde und Aehnliclies. Diese
barbarische, dem menschlichen Gefühl spottende Lebensweise war selbst bei einem
so wenig sentimentalen Volke, wie die Kaffern sind, nur durch die eiserne Faust
des Despoten aufrecht zu erhalten; wo seine Macht nicht hinreichte, in den ent-
If'geiieren Gebieten oder unter dem Schutz weisser Ansiedler florirte noch der
patriarchalische Kraal der verwandten Stämme, unter denen die Frauen zwar auch
eine sehr niedrige, aber durch bestimmte Vorschriften geregelte Stellung haben.
(287)
Hatten sich Regimenter gut geführt und kamen sie in höhere Jahre, was wir
etwa Landwehr zweiten Aufgebots nennen würden, so erlaubte dmen der Häuptling
sich insgesamrat zu verheirathen, die Enkanda verlor alsdann ihren militairischen
Charakter, und die Menschlichkeit hielt wieder ihren Einzug in diese Wohnstätten
der Menschen.
Auch trotz dieser Einrichtung war der Menschenverbrauch in den beständigen
Kriogszügen viel zu gross, um auf natürliche Weise durch die heranwachsende
Jugend ersetzt zu werden, und nie hätte die Zulunation auf solche Weise eine
grössere Ausdehnung erlangt; desshalb war es Staatsprincip, die kriegstüchtigste
Mannschaft der besiegten und zersprengten Stämme unter das eigene Volk auf-
zunehmen, wie der Gründer der Herrschaft selbst, Chaka, alsbald einen Theil der
an Kriegstüchtigkeit den Ama-Zulu überlegenen Ü'nntetwa veranlasste, sich ihm an-
zuschliessen.
Als Erfolg dieser eigenthümlichen Organisation ergab sich mit Nothwendigkeit
durch die beständige Vermischung mit anderen, freilich vorwiegend verwandten
Stäi!) . en ein Verlust an typischem, nationalem Charakter; dieser brachtt; sie aber unter
den günstigen Einfluss beständiger Kreuzung mit frischem, ausgewähltem Blut, wie
sich solche Kreuzung auch anderwärts, z. B. in den Kaukasusländern bei den ge-
mischten Bevölkerungen von Mingrelien und Georgien im Vergleich mit den reineren
Bergbewohnern, zeigt. Uer Habitus der Ama-Zulu übertrifft den der übrigen süd-
afrikanischen IJantu- Völker durch die Höhe der schlanken, ebenmässigen Figur,
die Schultern sind kräftig, von mittlerer Breite, gegen die gerade absteigenden
Seiten des Brustkorbes etwas eckig vorspringend. Die Lendenwirbelgegend sinkt
gewöhnlich etwas ein (Neigung zur Lordosis) und lässt die Nates stärker hervor-
treten bei zurücktretenden Oberschenkeln. Unterarme und Unterschenkel sind, wie
bei den meisten wilden Völkern, nicht stark entwickelt, Hände und Füsse sind
lang und schmal. Das finstere, trotzige Gesicht ist von länglichem Umriss, die
Nase verhältnissinässig gut entwickelt und durch ihre Zuspitzung edler als bei
anderen verwandten Stämmen. Der schwache Bartwuchs zeigt keinen besonderen
Charakter, die Trachten des Haupthaares, welches in besonderer üeppigkeit wächst,
sind dagegen höchst sonderbar: bei jüngeren Männern in Kappen, Kämme oder
abstehende Spitzen geordnet, legt der erprobte Krieger (Qesha) mit Erlaubniss
des Häuptlings den ehrenden Haarring an. Das Haar an den Seiten und
auf dem Scheitel wird ganz kahl abgeschoren und nur ein über den Schläfen den
Kopf umkreisender King stehen gelassen, welcher mit Hülfe von Gummi, Russ und
eingeflochtenen Sehneu eine feste Oberfläche erhält, sich beim Wachsthum des
Haares allmälig höher vom Schädel erhebend. (Keiner der vor einer Zeit hier als
Zulukrieger (??) vorgestellten Afrikaner hatte diesen Ring.) Bei den verheiratheten
Frauen befindet sich statt dessen auf dem Scheitel ein knopfförmiges Haarbüschel.
Die dunkle, chocoladen braune Haut ist kaum verhüllt, es sei denn, dass die Kälte
zum Anlegen eines Fellmantels oder einer Wolldecke veranlasst; gewöhnlich dient
dem Manne eine Art Schurz zur Bekleidung, bestehend aus einem Gürtel, an dem
vorn und hinten bunte Felle kleiner Säugethiere, geringelte Schwänze wilder
Katzen und Aehnliches befestigt sind. Eine kleine Wurfkeule, eine umgehängte oder
im durchbohrten Ohr getragene Schnupftabacksdose aus kleinen Kürbisfrüchten oder
Rohr bilden die weitere Ausstattung im Frieden. Im Kriege kommen die Wurf-
spiesse, der starke, zum Stoss bestimmte Speer und der fast mannshohe Schild
hinzu. Phantastisther Aufputz des ganzen Leibes mit langhaarigen Fellen, den
weissen Quasten der Ochsenschwänze und dem Haarring angefügte Federn, unter
denen die lange flatternde Schulterfeder des blauen Kranichs (Grus caffer) die
(288)
specielle Kriegsfeder der Kafferstänmie ist. Dem ausserordentlich wilden, ver-
wirrenden Eindruck dieser Vennummung ist gewiss ein grosser Antheil an den
namhaften Kriegserfolgen der Ama-Zulu zuzusprechen.
Aus dem Obigen geht schon hervor, dass diese Eingeborenen den Krieg als
ihre eigentlichste Lebensaufgabe betrachten; dem gemäss gestalten sich auch ihre
täglichen Beschäftigungen. Im Frieden selbst sind es die Kriegstänze, welche mit
besonderem Enthusiasmus getrieben werden, aber keine vergniigliche Unterhaltung
darstellen, sondern eine wirkliche Vorübung für den Krieg, äusserst anstrengende
Kxercitien, die besonders zu gewissen Zeiten des Jahres unter Betheiliguug einer
grösseren Zahl der Regimenter, wie unsere Corpsmanoeuvres beim „grossen Ort"
ausgeführt. Dieselben bestehen in der Ausführu.-ig mannichfacher Evolutionen in
geordneten Aufstellungen, welche sich bald als lange Linien, bald als concentrische
Ringe u. s. w. gestalten. Hierbei pflegt der Häuptling eine hervorragende Rolle
zu übernehmen und sich persönlich an diesen andauernden Leibesübungen zu be
theiligen ; die in den Kampf Ziehenden dagegen begleitet er nicht, sondern entlässt
sie nur zu dem Kriegszug, von dem zurückgekehrt, sie sich wieder vorzustellen
haben.
Wirklich friedlichen Zwecken gewidmete Beschäftigungen der Ama-Zulu er-
scheinen neben den kriegerischen gleichsam nur als Zeitvertreib, als da ist: An-
fertigung der wenigen Geräthschaften für den häuslichen Bedarf, das Schnitzen von
Pfeifen, Flechten zierlicher Körbe und Aehnliches. Das Schmieden der wenigen
Waffen als Vorbereitung für den Krieg hat natürlich eine besondere Wichtigkeit
und wird von bestin)mten Kundigen mit ausserordentlich einfachen Mitteln besorgt.
Eine friedliche Beschäftigung aber vollzieht auch der Zulu mit einer gewissen In-
brunst und Feierlichkeit, das ist die Sorgfalt für das liebe Vieh.
Das Vieh ist der Schatz und man möchte sagen, die schwärmerische Verehrung
des südafrikanischen Eingeborenen, das Bewusstsein, daran so reich zu sein, um
im üppigen Fleischgenuss schwelgen zu können, der Inbegriff von Macht und An-
sehen, wie es in der Regel nur Häuptlinge sich vindiciren können. Um sich in
den Besitz von Vieh zu setzen, werden in Süd -Afrika die meisten Verbrechen
ausgeführt, Vieh zn rauben, ist die vornehmlichste Aufgabe der Kriegführenden,
Vieh bildet das Lösegeld der Gefangenen, in Vieh w^erden die Kriegskosten er-
.stattet. Die Möglichkeit durch erfolgreiche Raubzüge seinen Kriegern Fleischkost
zu gewähren, führte den Zuluhänptlingen Anhänger zu, die Gewöhnung daran
wurde die zwingende Noth w endigkeit zur Erregung neuer Unruhen.
Diese an sich trivial erscheinende Ursache ist das leitende Priucip bei der
Entstehung, wie in Verlauf und Beendigung südafrikanischer Eingeborenenkriege,
sie erklärt manche Eigenthümlichkeit derselben. Die nach der gewohnten Kost
sich sehnenden, oft vielleicht wirklich hungernden Krieger gehen mit Lust und
Energie in den Kampf. Noch ist der Feind vermuthlich nicht genügend vorsichtig
gewesen und reiche Heerden fallen den [)lötzlich Anstürmenden als Beute zu. Das
Ziel, wofür die Mehrzahl der Krieger in den Kampf ging, ist damit erreicht, sie
schwelgen im Fleische der geraubten Heerden, was weiter kann bei dem Krieg für
sie noch herauskommen ? Eine principiell friedliche Regierung kann demnach
unter den Ama-Zulu, wie sie Chaka organisirte, auf die Dauer nie populär sein,
und ist es nie gewesen.
ü'mpande wurde Häuptling, nachdem Chaka's Nachfolger, Dingaan schwere
Schläge durch die Boers unter Praetor! us dem Aelteren erlitten und seinen Thron
mit dem Leben eingebüsst hatte, mit Zustimmung und Unterstützung der Weissen.
Die Ama-Zulu, durch das Schicksal gebeugt, verhielten sich still, während die
(289)
verkehrte Politik der englischen Regierung, welche, wie meist, aus der Geschichte
Nichts lernen wollte, das unter der Asche glimmende Feuer allmälig anwachsen
liess. Ks veranlasste mich dies bereits im Jahre 1865 auf die Wahrscheinlichkeit
eines solchen Krieges hinzuweisen, wenn sich ein geeigneter Häuptling für die
immer schwieriger werdenden Ama-Zulu fände (Vergl. Drei Jahre in SiJd -Afrika
S. 211). Die Rolle eines solchen übernahm ein Sohn ü'mpande's, Ketchwayo,
der schon bei Lebzeiten des Vaters gegen ihn revoltirte, unterstützt durch die
dem friedlichen Leben abholden Elemente des Stammes, und 1857 in der Schlacht
am Tugela seinen Bruder ü'mbulas, den Vorkämpfer für den Vater, trotz der
Unterstützung von Seiten der Colonisten schlug und tödtete.
Die auf solche Weise eröffnete Bahn konnte unmöglich zu einem friedlichen
Ende führen, zumal im Lauf der Jahre die Ama-Zulu sich unter den Augen der
englischen Regierung, welche die kleinen Diebe hängte und die grossen laufen
liess, grossentheils mit Feuerwaffen versehen hatten. Durch diese neue Bewaffnung,
welche den nationalen Speer aber nicht vollständig verdrängte, hielten sie sich für
stärker, obwohl sie in der That die Gewalt ihres Angriffs dadurch geschwächt
hatten, weil sie durchschnittlich ausserordentlich schlechte Schützen sind.
Immerhin war die Tradition unter ihnen noch lebhaft genug, um bei Beginn
des Krieges, als das Kriegsfeuer wie gewöhnlich mächtig empor loderte, in alt-
gewohnter W^eise den Ansturm auf das feindliche Lager bei Isandula zu unter-
nehmen, wie sie unter Dingaan's Herrschaft 1838 das Lager der Boeren unter
Praetorius am ü'mhiatosi überfielen. Aber während der Boer, durch frühere Er-
fahrungen gewitzigt, mit allen Vorsichtsmassregeln marschiert war und das Lager
sorgfältig bewachte, so dass der üeberfall mit einer blutigen Niederlage der Zulu
endigte, hatte der Engländer Nichts aus der Geschichte gelernt und liess sich durch
die in hellen Haufen anstürmenden Feinde in nicht vertheidigungsfähiger Stellung
überraschen. Auch der spätere üeberfall der englichen Colonne am Drakensberge,
welcher mit Vernichtung derselben endigte, und der Untergang des unglücklichen
Prinzen Napoleon war mehr oder weniger durch Unvorsichtigkeit gegenüber der
eigenthümlichen Angriffsweise der Ama-Zulu verschuldet und hat in den früheren
Kriegen analoge Fälle, deren Vergleichung mehrfach zu Ungunsten der englischen
Kriegführung ausschlägt.
Versuchen wir nun schliesslich einen Blick auf die Zukunft zn richten, um die
wahrscheinlichen Ergebnisse des noch fortdauernden Krieges zu erkennen, so darf
man die Vermuthung aussprechen, dass der ganz nach altem Muster begonnene
Krieg auch ähnlichen Verlauf haben wird. Das Kriegsfeuer der Zulu, hell empor-
gelodert in der Hoffnung auf die durch schnelles Zugreifen zu erhaschende Beute,
hielt trotz der ersten glänzenden Erfolge nicht vor; der Krieg befindet sich augen-
blicklich in dem zweiten, schleppend verlaufenden Stadium, wo zwar hier und da
noch ein kühner Handstreich versucht wird, aber mit der Hoffnung auf einen leich-
teren Erfolg über den vorsichtiger gewordenen Feind auch die Energie des An-
gritTs erheblich geschwunden ist.
In diesem Stadium des Kampfes sind die Kaffern nie glücklich gewesen und
dürften es auch diesmal nicht sein, so dass sich der jetzige Krieg, wie die früheren,
vermuthlich mehr oder weniger im Sande verlaufen wird. Gewiss werden wir noch
von brillanten Siegen zu hören bekommen, welche von den brittischen Truppen
erfochten wurden; wenn man sich aber in Krinnerung bringt, wie ungern die Ama-
Zulu, wie die anderen Kafferu, im Vertheidigungskriege fechten, wie sie von der
Organisation einer Landesvertheidigung keine Vorstellung haben, so wird man
diesen Siegesuachrichten keine besondere Bedeutung beilegen. Mit fiemlicher
Verbauül. der Berl. Auibropol. GcsoUscbal't lä7ä. Id
(290)
Sicherheit ist anzunehmen, dass Ketchwayo hierbei seine Herrschaft, vielleicht sogar
das Leben verliert, da mit dem hereinbrechenden Unglück auch die Autorität des
Häuptlings, wie Schnee in der warmen Frühlingssonne, dahinschmilzt. Von seinen
Unterthauen verlassen, wird er sich auf die Flucht begeben, wie Dingaan nach
Niederbrennung seines Hauptortes, D'nkunginglove, und vielleicht wie dieser von
benachbarten Stämmen erschlagen werden ').
Ohne einen Despoten, der die verschiedenen Clanschaften als eine geschlossene
Macht in den Kampf und Sieg schickt, giebt es keine Zuluherrschaft und so wird
auch diese mit Ketchwayo's Untergang zerfallen. Ob sich in späterer Zeit ein
neues Haupt finden und den Militairstaat neu wird organisiren können, dürfte in
erster Stelle von dem Verhalten der englischen Regierung abhängen.
(ö) Hr. ür. W. Reiss hält einen Vortrag über
Todtenbestattung zu Ancon (Perü)^).
Die Völker des alten, au der Westküste von Süd -Amerika gelegenen Inca-
Reiches erfreuten sich zur Zeit der spanischen Eroberung einer hohen Cultur.
Dies bezeugen nicht allein die Berichte der alten Chronisten, sondern mehr noch
die Ueberreste der Bauwerke und die mannichfachen Gräberfunde. Vereinzelte
Schilderungen peruanischer Alterthümer sind von vielen Reisenden gegeben worden,
eingehendere Arbeiten jedoch haben zuerst Rivero und Tschudi, Castelnau
und neuerdings Squier in seinem ausgezeichneten Werke über die Bauten der
Peruaner geliefert. Aber auch in Europa selbst können wir uns durch eigene
Anschauung einen Begriff von jener Cultur bilden, da alle unsere Sammlungen
ausgestattet sind mit den, von spanischen Schatzgräbern zu Tage geförderten Gräber-
funden, und vor allen zeichnet sich das Berliner Museum durch einen grossen Reich-
thum aus, den es theils Geschenken, theils Ankäufen, im Wesentlichen aber dem-
unermüdlichen Sammeleifer des Professor Hrn. Bastian verdankt.
Wenn ich nun nochmals einen schon öfter hier besprochenen Gegenstand er-
wähne, so geschieht es in der Hoffnung, dass die Resultate einer systematischen
Ausbeutung eines grossen Todtenfeldes besondere Beachtung verdienen dürften.
Zwar lebte die herrschende Rasse der luca's auf dem Hochlande der Cordillere,
doch fand sich eine reiche Bevölkerung in den Städten der Küste zusammen-
1) Zur Zeit, wo diese Zeilen in den Druck gehen, ist der Krieg bereits entschie-
den und die Voraussage hat sich im Wesentlichen erfüllt. Ks wurde die grosse Völker-
schlacht von ü'lundi geschlagen, bei welcher, wenn ich nicht irre, nach den Berichten
ganze 10 Engländer um's Leben kamen, die Residenz ging in Flammen auf, die Unterthanen
verliessen schaarenweise den unglücklichen Häuptling, und Wolseley's schlaue Politik trug
das ihrige dazu bei, diese Zersetzung zu beschleunigen. Der fliehende Ketchwayo vermochte
aber nicht einmal die Grenzen seines Landes zu überschreiten und fiel, glücklicher oder
klüger (?) als Dingaan, in die Hände seiner englischen Verfolger. Auch diese Gefangennahme
wurde der Gegenstand eines Sensationsbildes in den illustrirten Zeitungen und erregte die
stolze Siegerfreude der Landsleute, während jeder, welcher den südafrikanischen Wald oder
, Busch" kennt, lachen muss bei dem Gedanken, ihn mit Cavalleriepatrouillen im Suchen
mich einem Flüchtling durchreiten zu wollen.
In der That ist durch die neuesten Nachrichten festgestellt, dass der Häuptling für
Wochen mit den Reitern höchst glücklich Versteckens gespielt hat, bis er endlich des Wald-
lebens müde in einem bewohnten Kraal nächtlieher Weile (durch Verrath) überrascht
wurde.
2) Der Vortrag hatte wesentlich den Zweck, die im Sitzungssaale ausgestellten Abbil-
dungen des Todtenfeldes TOn Anion und der dort gefundenen Mumien zu erläutern.
(291)
gedrängt, woselbst durch das eigenthümliche Klima Verhältnisse geschaffen waren,
unter welchen selbst leicht zerstörbare Gegenstände Jahrhunderte lang erhalten
werden konnten. Ein solches Todtenfeld unter besonders günstigen Umständen
auszubeuten war Hrn. Dr. St übel und mir vor einer Reihe von Jahren vergönnt,
und ist es der Zweck des gegenwärtigen Vortrags, die Art und Weise der Be-
stattung, wie wir sie in Ancon gefunden, näher darzulegen.
Ancon, eine kleine Bucht an der Meeresküste, etwa 10 Stunden im Norden
von Lima, war längst bekannt als ein unbedeutendes Fischerdorf, in dessen Nähe
durch Schatzgräber alte Indianergräber aufgedeckt waren; aber erst durch die An-
lage einer Eisenbahn von Lima nach Chancay wurde das Todtenfeld eigentlich
erschlossen.
Zwischen kahlen, nackten Felsen dehnt sich eine weite Sandebene aus, ohne
jegliche Vegetation, welche heut zu Tage eine völlige Wüste, in früheren Zeiten
besiedelt war. In dieser Sandwüste finden sich tausende von Gräbern, das Todten-
feld von Ancon, die Begräbnissstätte vieler Generationen.
Eine Mauer, von der Küste nach dem Innern des Landes verlaufend, umschliesst
das eigentliche Todtenfeld. Der centrale Raum wird gebildet durch etwa 20 ?»
hohe Hügel, theilweise zu kleineu Plateaus vereinigt, oder durch niedere Mulden
in einzelne Kuppen getrennt, auf welchen sich maunichfache Anzeichen der frühern
Bewohnung finden. Deberreste von Trockenraauern, Mahlsteine, in der Erde ver-
grabene grosse Thongefässe. welche allem Anschein nach zur Aufbewahrung der
Chicha, dem Lieblingsgetränk der Indianer dienten, sprechen ebensowohl für einen
langen Aufenthalt der Bewohner hier, wie auch eine mächtige aus Küchenabfällen,
Stoffiiberresten, zerbrochenen Werkzeugen u. s. w. gebildete Kulturschicht, welche
als sogenannte schwarze Erde unter dem Flugsaud sich findet. Zwischen diesem
steil abfallenden centralen Theile und der Cmwallungsmauer zieht sich eine Fläche
Sandlandes hin, in welcher die Gräber zu tausenden zusammengedrängt vorkommen.
Keinerlei äusseres Zeichen verräth die Gegenwart der Gräber. Mit der Sonde,
welche in den Boden gestossen wird und nur da eindringt, wo die festen Kies-
schichten bei Herstellung der Gräber durchbrochen wurden, müssen dieselben auf-
gesucht werden.
Oeffnet man die so gefundenen Gräber, indem man die lockeren Sandmassen
entfernt, so beobachtet man Schächte von rundlicher oder quadratischer Form,
welche bei 3—6 m Durchmesser eine ebenso wechselnde Tiefe besitzen. Die meisten
Beisetzungen haben in 2—4?« Tiefe Statt gefunden; einige dicht unter der Ober-
fläche; andere, wenn auch seltener, in einer Tiefe bis zu 6 m. Im Grunde der
Gräber finden sich bald vereinzelte Todte, bald ganze Gruppen familienartig zu-
sammen begraben. Häufig sitzt ein Todter in einer Art Nische, so dass beim
Verschütten des Grabes der herabfallende Sand die Leiche nicht berühren konnte,
zuweilen umgeben von einer Anzahl weniger reich ausgestatteter Mumien, während
Kinder den Erwachsenen beigepackt, auch äusserlich den Mumien aufgelegt sich
finden oder ein höheres Niveau im Grabe selbst einnehmen. Neben Gräbern, in
welchen eine einzelne Leiche begraben ist, finden sich also andere, in welchen
mehrere, sogar 12 und 16 Todte gemeinschaftlich vorkommen. Hie und da wurde
aus Rohr und Matten ein Schutzdach über den Todten errichtet, um die Ver-
schüttung durch den Sand beim Ausfüllen des Grabes zu vermeiden.
Es scheint, als seien ältere Gräber in verschiedenen Zeiträumen wieder geöffnet
worden, um neue Bestattungen vorzunehmen, so dass Leichen nicht nur neben ein-
ander, sondern auch in verschiedenen Niveaus übereinander gefunden werden. Die
genauere Untersuchung der Mumien lässt auch vermuthen, dass zum wenigsten
19*
(292)
einige der Todten erst später in das Grab beigesetzt wurden, indem die eng zu-
sammengepackten Knochen den Beweis liefern , dass der bereits vermodernde
Leichnam eine neue Bestattung erfahren hat.
Die Gräber scheinen willkürlich angeordnet, es lässt sich keine bestimmte
Reihenfolge nachweisen; wohl aber sind Gruppen gleichartig ausgestatteter Mumien
erkennbar.
Neben diesen in grosser Zahl angehäuften Gräbern im flachen Sande finden
sich im centralen Theil Gräber in geringer Zahl. Die Art und Weise der Be-
stattung ist hier insofern ein wenig verschieden, als eine Anzahl dieser Gräber mit
Luftziegel ausgemauert waren. Auch ausserhalb des eigentlichen Todtenfeldes
dehnen sich die Gräberreihen aus, und scheinen viele tausende von Leichen hier
bestattet zu sein.
Im Allgemeinen war die Bestattuugsart dieselbe, welche schon aus vielen
Theilen Amerikas bekannt ist, indem der Todte in hockender Stellung, zusammen-
gekauert, begrabeu wurde. Nur hier und da finden sich Abweichungen von dieser
Regel, indem einzelne Leichen ausgestreckt sich finden, andere mit gekreuzten
Beinen begraben wurden und wieder andere unter Thongefässeu ihre Bestattung
fanden.
Das Eigenthümliche des Todtenfeldes von Ancon besteht nun in der Art und
Weise, wie die Leiche selbst umhüllt und für die Bestattung vorgerichtet wurde.
Beim Oeffnen des Grabes stösst man auf einen grossen Ballen, der gewisser-
massen den Oberkörper eines Menschen darstellen soll, umhüllt mit Tüchern und
verziert mit einem grossen mächtigen Kopf. Man glaubt den Kopf des Todten
selbst zu sehen, zumal durch die umhüllenden Tücher die Form der Nase und
Augen kenntlich ist. Der ganze Ballen sitzt gewöhnlich in einem grossen Netz
oder in einer Verschnürung von Stricken, deren vier Enden zum Herablassen in
das Grab dienten. Die oberen Theile der Mumie sind mit schönen Tüchern um-
hüllt oder mit zum Theil farbenprächtigen Gewändern bekleidet. Löst man von
einem solchen Mumienballen die äussere Umhüllung der Tücher ab, so überzeugt
man sich schnell, dass der scheinbare Kopf nur eine Verzierung ist, gebildet aus
einem Kissen, welches, zur täuschenden Nachahmung eines Gesichts, roth bemalt
ist; eine aufgenähte, aus Holz geschnitzte Nase, Augen aus Muschelschalen oder
Baumrinde mit einer aus einem Wachstropfen gebildeten Pupille, ein Mund, dar-
gestellt durch Baumwollenfäden, Haare nachgeahmt durch schwarz gefärbte Aloe-
fäden oder — wie dies nur bei reich ausgestatteten Mumien vorkommt — ersetzt
durch wirkliche Perrücken, sollen die Täuschung vervollständigen. Welch grosse
Sorgfalt der Ausstattung dieser Köpfe gewidmet wurde, beweist wesentlich dieser
letztere Kopfschmuck. Einzelne Perrücken sind angefertigt genau, wie heut zu Tage
das ähnliche Kleidungsstück bei uns noch gefertigt wird, indem ein dem Kopf
angepasstes Stück Zeug durchwebt wird mit Menschenhaaren, welche in der Mitte
einen Scheitel bilden und auf dem Rücken zu Zöpfen zusammengeflochten sind.
So besitzt eine der Mumien eine Perrücke mit 204 Zöpfen von 55 cm Länge. Nur
selten sind diese falschen, den Mumien aufgesetzten Köpfe mit grossen Ohrringen
geschmückt, welche, wie wir aus den alten Chronisten wissen, als besondere Aus-
zeichnung im alten Peru galten').
Die äusseren, zuerst sichtbaren Mumienballen sind von verschiedener Grösse.
Die grössten von uns aufgefundenen hatten eine Höhe von 1,40 m bei 1 m Breite
und 0,G0 m Dicke, während andere nur 0,60 m Höhe besassen.
1) Die falschen Mumieiiköi^fo (Cabezas postizas) finden sich neuerdings in europäischen
Museen hie und da als Götzenbilder ausgestellt.
(293)
Neben diesen mit einem falschen Kopf ausgerüsteten Mumien, welche stets am
reichsten an wollenen Gewändern und Zugaben ausgerüstet sind, finden sich andere
Mumienballen von einfacherer Ausstattung. Die reichsten derselben zeigen eine
ähnliche Ausstattung, wie die eben beschriebenen, sind ebenfalls in Netze zum Her-
ablassen in's Grab eingesetzt und zur äusseren Ausschmückung mit reichen Zeugen
umwunden, doch fehlt ihnen der falsche Kojjf. Andere bilden annähernd viereckige
Ballen in gestreiftes Baumwollenzeug eingenäht und mehrfach mit Stricken ver-
schnürt. Einige derselben sind ausgestattet mit den Werkzeugen, welcher sie sich
während ihres Lebens bedienten; namentlich ist die Mumie eines Webers hervor-
zuheben, welcher alle zu seinem Berufe uöthigen Werkzeuge in der Strickverschnü-
rung mitgegeben sind. Noch einfachere Mumien sind wesentlich in braune Baum-
wolleuötoffe eingehüllt, und oft finden sich dann zwei Todte und selbst einige
Kinder mit in denselben Ballen verpackt. Die Mumien des centralen Theils des
Todtenfeldes sind alle einfach ausgestattet, aber namentlich ausgezeichnet durch das
grosse Netzwerk von Stricken, in welches der ganze Ballen eingesetzt ist.
Oeffnet man eine Mumie, d. h. nimmt man die äussere Umhüllung der Stoffe
oder Gewänder hinweg, so kommt darunter ein derber, fester Baumwollenstoff zum
Vorschein, in welchem der ganze Ballen eingenäht ist. Unter diesem Baumwollen-
stoff findet man eine dicke Lage von ßaumblättern oder getrocknetem Gras; ent-
fernt man diese, so gelangt man auf einen kleinern Mumienballen, umhüllt von
Thierfellen und fest geschnürt durch viele Lagen von Stricken. Dieser innere
Ballen lässt die Form des Todten bereits erkennen. Oelfnet man die Stricke,
nimmt man die Felle hinweg, so findet sich der Todte in zusammengekauerter
Stellung mit Baumwolle bedeckt und mit Tüchern fest umwickelt, oft auf einer
grossen, mit Asche erfüllten Kürbisschale sitzend. Diese Bestattungsart ist mit
wenig Abänderungen bei fast allen Mumien angewendet, einerlei ob die äussere
Ausstattung einfach oder reich gewesen. Aehnlich wie die Erwachsenen wurden
auch die Kinder bestattet, nur dass bei diesen selten werthvoUer Stoff zur äussern
Umhüllung benutzt wurde.
Die Leichen scheinen keine besondere Zubereitung erfahren zu haben, sondern
einfach durch die Trockenheit des Klimas erhalten zu sein. Mumienartig sieht der
Todte aus: Die eingeschrumpfte Haut und das verdörrte Fleisch sind dunkelbraun
geworden, die Kcrperformen aber gut erhalten. Dichtes Haar bedeckt meist den
Kopf, durch ein Netz oder durch farbige Bänder zusammengehalten. Das Gesicht
ist oft roth bemalt, manchmal auch mit dünnen Silberplatten belegt; die Mundhöhle
mit Baumwolle ausgefüllt und nicht allzuselten findet sieh eine dünne Silberplatte
zwischen die Zahnreiheu eingeschoben. — Auffallend ist die grosse Häufigkeit
kranker Zähne, bei Kindern, wie bei Erwachsenen.
Wiederholen wir nun die Art und Weise, wie eine solche Mumie hergestellt
worden ist, so zeigt sich uns, dass der nackte Todte zunächst in sitzende Stellung
gebracht werden musste; durch Bänder wurden alsdann die Kniee fest an den
Körper angezogen, die Finger, die Zehen der Füsse untereinander verbunden und
die Arme dicht an den Körper augelegt. Als Kopfschmuck wurde dem Todten die
Schleuder oder eine farbige Binde beigegeben. Dann wurde der Leichnam mit
Baumwolle bedeckt und in Tücher gehüllt; eine weitere Lage von Baumwolle füllte
die Lücken aus, so dass die Umhüllung von Thierfellen und die Schnürung mit
Stricken stattfinden konnte. Damit war der innere Mumienballen vollendet '), Eine
1) Diesem Stadium entsprechen meist die von Rivero und Tsi luuli, Ilutehiusou,
Squier ii. A. aligebildeteii Mumien.
(294)
grosse Menge von Baumblättern oder Gras wurden nun als Polster um diesen
ionern Ballen gelegt, und zwar so, dass die gewünschte Form eines menschlichen
Oberkörpers von grossen Dimensionen erreicht ward. Das Blätterpolster wird ein-
genäht und festgehalten durch das grobe Baumwolleozeug, über welchen die Ge-
wänder zur Bekleidung der Mumie ausgebreitet wurden. Schliesslich setzte man
den reichsten Mumien den falschen Kopf mit seinen geschilderten Zierraten auf.
Ist an und für sich die Ausstattung dieser Mumien eine höchst merkwürdige,
eine bisher nicht bekannte , und spricht sie allein schon dafür, dass eine Bevölke-
rung, welche ihren Todten eine solche Sorgfalt angedeihen liess, unmöglich des
Glaubens sein konnte, dass mit dem Tode das menschliche Dasein wirklich ein
Ende nimmt, so wird diese, auch durch die alten Chronisten bestättigte Aulfassung
noch wesentlich bekräftigt durch die manuiohfacheu Beigaben und Ausstattungen,
welche den Todten ins Grab gegeben wurden. Bei jeder einzelnen Mumie finden
sich vielerlei Thongefässe, zum Theil neue, zum Theil gebrauchte Kochtöpfe und
Trinkgeschirre, welche allerdings hier in Ancon meist in roher Arbeit ausgeführt
sind. Zwischen den Thongefässen steht bei den meisten Mumien eine Anzahl
eigenthümlicher viereckiger Fahnen, entweder mit gewebten Stoffen überzogen, oder
in rothen und schwarzen Linien mit Figuren bemalt, welche man als Götzenbilder
ansehen könnte. Bei reicherer Ausstattung finden sich zerbrochene Waffen, die Geräth-
schaften des täglichen Lebens, als da sind Webergeräthe, Fischernetze, Angeln und
namentlich kleine Arbeitskörbchen mit schön bemalten Spindeln, götzenartigen Thon-
figuren, Nähnadeln aus Kupfer und sonstigen zum Spinnen und Nähen nöthigen Ge-
räthen. Bei den Kindern finden sich allerlei Spielsachen, Puppen etc. Fast allen Tod-
ten sind Gefässe mit Lebensmitteln beigegeben, gewöhnlich Maiskolben, häufig aber
auch vollständig hergestellte Gerichte aus Bohnen, Mais, kleinen Krebsen und Fischen
bestehend. Auch die Hausthiere, Hunde, Papageien, Meerschweinchen u. s. w. mussten
ihre Herren in das Grab begleiten. Das Wichtigste aber für unsere Kenntniss des
Kulturzustandes der ludianerbevölkerung sind unbedingt die gewebten Stoffe, welche
einen hohen Grad der Entwickelung dieser Industrie erkennen lassen. Es finden
sich gobellinartige Gewebe reich an Figuren, in schönen Farben ausgeführt, von
einer Feinheit des Fadens, wie sie kaum von der Industrie eines andern alten
Culturlandes übertrolfen werden dürfte. Der Reichthum der Ornamente, die Schön-
heit der Farbenzusammenstellung sind staunenswerth. Besondere Beachtung dürfte
es jedoch verdienen, dass in der ganzen Ornamentik keinerlei dem Pflanzenreiche
entlehnte Motive sich erkennen lassen, dass alle Formen aus geometrischen Figuren
oder aus dem Thierreich sich entwickeln. Es finden sich ganze Reihen von Dar-
stellungen, welche uns von der naturalistischen Abbildung des Thieres durch styli-
sirte Formen bis zum reinen Ornament überführen, und zwar werden auf diese
Weise Ornamente erzeugt, welche in ihrem Endresultat eine überraschende Aehn-
lichkeit mit Ornamenten aus den früheren CuJturperioden der Völker des alten
Continentes aufweisen. Es ist nicht meine Absicht, auf diesen Gegenstand ein-
zugehen, vielleicht ist es mir vergönnt, bei späterer Gelegenheit in ausführlicherer
Weise diese Thatsachc besprechen zu dürfen.
Ks bleibt nur noch die Frage zu erörtern, in welcher Weise dieses grosse
Todteufeld von Ancdii entstanden. Ist es der Begräbnissplatz einer grossen Stadt,
oder ist es der Simmelplatz von Leichen aus weiter Umgebung? Für beide An-
nahmen scheinen mancherlei Umstände zu sprechen, doch dürfte eine endgiltige
Entscheidung erst dann getroffen werden, wenn anderweitige Begräbnissstätten
PonV» eine eingehendere Untersuchung gefunden haben werden. Eine grössere
Stadt Bcheint bei Ancon nicht bestanden zu haben, denn es finden sich hier nicht
(295)
die aus Luftziegeln gebildeten Ruinen, wie sie in der Nähe von Lima, wie sie bei
Chancay u. s. w, in grosser Ausdehnung bekannt sind; aber bewohnt war die Bucht
von Ancon, denn die kahlen Berge zeigen heute noch Ceberreste einer Terrassi-
rung, ähnlich wie sie an den Weinbergen des Rheingaues angewendet wird, und
dass die Todten an dieser Stelle gelebt, dafür scheint auch zu sprechen, dass alle
in ihrer Mitgabe als arme Fischer, oder als Weber kenntlich sind, dass keine
reicheren Silbergefässe, keine Goldfunde hier gemacht werden und dass die in allen
Gräbern gefundenen Geräthschaften einen gemeinsamen Charakter tragen. Hätte
man die Todten von auswärts gebracht, so müsste unbedingt eine grössere Ver-
schiedenheit in der Mitgabe sich kenntlich machen. Für das Herbringon aus ent-
fernteren Orten, für das Herabbringen aus den Bergen, scheint aber zu sprechen,
dass in manchen Gräbern sich die Knochen und Felle von Llamas finden, eines
Thieres, welches bekanntlich nur in den kalten Regionen des Gebirges lebt. Aber
auch das Vorkommen der Llamas lässt sich wohl mit der Annahme einer sesshaften
Bevölkerung vereinigen, da diese Thiere als Todtenopfer oder als Leichenschmauss
gedient haben könnten.
(6) Hr. Meitzen, auf einer Reise durch Mitteldeutschland begriffen. Obersendet
aus F'riedberg in der Wetterau, 27. Mai,' einen Bericht über
alte Wohnplätze in der Wetterau.
In der Anlage beehre ich mich Ihnen die Resultate einer Ausgrabung zu über-
senden, welche ich hier mit Hrn. Kaufmann Gustav Dieffeubach, dem studirten
Sohne des bekannten Hessischen Geschichtsschreibers, gemacht habe.
So unbedeutend die wenigen Scherben und Knochen erscheinen, so können
sie doch der umstände wegen eine gewisse Bedeutung beanspruchen.
Sie rühren nicht aus einem Grabe, sondern aus unzweifelhaften Wohustätten
her. Diese Wohnstätten sind in der gesammten Wetterau sehr verbreitet gefunden.
Hr. Dieffenbach selbst hat mit geringer Bemühung in der Umgegend von Fried-
berg schon weit über hundert ausgebeutet; ebenso sind sie einem Oekonomen, Hrn.
Falk, Gegenstand öfterer Ausgrabungen gewesen, den ich ausführlich darüber ge-
sprochen habe.
Ich selbst habe auf kleinem Raum deren 14 gesehen.
Dieselben bestehen in Aushöhlungen des hier allgemein verbreiteten, sehr
milden und gleichwohl feststehenden Lehmbodens, in der Regel von runder oder
doch rundlicher Form. Die Tiefe der Aushöhlung beträgt 1 bis 1\', m, der Durch-
messer 2 m, iudess scheinen auch längliche und dann schmälere vorzukommen,
welche die gedachte Breite durch eine Art Stufe oder in der gewachsenen Erde
stehen gelassenen Heerd ergänzen. Manche haben eine kleine Seitenausbucht.
Die Zahl dieser Aushöhlungen ist stellenweise sehr bedeutend. Sie werden da-
durch aufgefunden, dass bei der Bearbeitung von Lehmgruben, Saudgruben oder
namentlich der hier häufigen Basaltbrüche steile Wände entstehen, die bei der
gelben Farbe des hier überall in 2 bis 3 m Höhe den Oberboden bildenden Lehmes
durch schwärzliche Färbung in ganz bestimmten Linien diese künstliche Umände-
rung des natürlichen Bodens erkennen lassen.
Icli habe bei Fauerbach, südlich Friedberg, auf dem Rande eines solchen Basalt-
bruches von 340 Schritt Länge, 10 solche Wohnplätze deutlich gesehen. Dies
würde auf eine fläche reduzirt etwa 5 WohnpUitze auf den preuss. Morgen geben.
Es wird mir indess versichert, und ich konnte dies selbst au der gegenseitigen
Lage sehen, dass sie an manchen Stellen dicht nebeneinander liegen, au anderen
(296)
dagegen grösseren Raum zwischen sich lassen. Auf dem Platze des Steinbruches,
von dem ich spreche, soll mindestens auf je 100 GSchritt (u 2 Fuss 4 Zoll preuss.)
je ein Wohnplatz zu finden gewesen sein.
Diese Art der offenbar .wohl passageren Besiedelung muss in ziemlich hohes
Altei-thum zurück versetzt werden; denn es haben sich noch niemals andere Gegen-
stände, als solche gefunden, welche ich Ihnen sende. In denselben besteht ein
interessanter Gegensatz in den, zura^ Theil wohl kiinstlich, auch mit Nasen zum
besseren Halten oruameutirteii Gefässen und der Abwesenheit jedes entwickelteren
Werkzeuges oder Schmuckes,
Die Gefässe werden, man kann sagen ausnahmslos, nur in Bruchstücken ge-
funden. Es ist noch nicht gelungen, ein vollständiges aus den Scherben zusammen-
zubringen. Auch nicht da, wo die Aushöhlung eine heerdartige Stufe hatte, auf
der sich Kohlen und Scherben in grösserer Anzahl fanden. Die Bewohner haben
also wohl nur die Reste zerbrochener Gefässe liegen gelassen und alles Brauchbare
wieder mit fortgenommen.
Aus demselben Grunde fehlen wohl die Werkzeuge, indess ist der gänzliche
Mangel doch auöallend. Es hat sich in einigen der Gräber hier und da ein an-
scheinend zugespitzter Knochen gefunden. Auch hat Hr. Dieffenbach einige
gewöhnliche Steinkeile in der Nähe solcher Wohnplätze mehr an der Oberfläche
aufgehoben, oline dass er selbst mit Sicherheit sie auf diese Wohnstätten zu be-
ziehen sich gestattet. Bronzen oder sonstige Zeichen irgend einer höheren Kultur
ausser den ornamentirten Scherben fehlen durchaus. Dagegen zeigt sich deutlich,
dass entweder um die Feuerstätte, oder vielleicht um die ganze Aushöhlung eine
Lehmwaud sich gezogen hat, welche aus, auf daumenstarke Zweige oder Stäbe ge-
klebtem Lehm bestanden hat. Dieser Lehm ist theilweis durch Feuer gehärtet. Er
findet sich in deutlichen Brocken, in die Höhlung hineingestürzt, vor. Auch finden
sich einige handgrosse Steine auf den Heerdstellen, und in einigen Höhlen die
Spuren von fast zu Braunkohle gewordenen Früchten, anscheinend Erbsen, Diese
Höhlen sind die kleineren und scheinen als Keller gedient zu haben.
Die Aushöhlung im Fauerbacher Bruche, aus der die beiliegenden Reste
stammen, war 1 '/s "* tief, 2^3 m im Durchmesser; ihre Form war genau nicht
weiter zu bestimmen, weil ein Theil bereits in den Steinbruch gesunken war. Ehe
nicht ein Stück durch die Minirarbeit der Brüche herabstürzt, wird es überhaupt
nicht bemerkt.
Die Scherben lagen grösstentheils in der Nähe des Bodens sehr zerstreut. Dort
lagen auch die Knochensplitter, von denen sich der Röhrenknochen vielleicht noch
bestimmen lässt. Meist sind die Knochen sehr zerstört, ohne dass sie verbraunt
scheinen.
Den Angaben des Hrn. Dieffenbach, der mit vorzüglicher Sorgfalt beobachtet
und sammelt, darf mau vollen Glauben beimessen. Auch bei der von uns gemein-
schaftlich vorgtuiommenen Ausgrabung bestätigte der Thatbestand dieselben durch-
aus. Ich behalte mir vor, auf seine sehr reiche Sammlung römisch-germanischer
Alterthümer zurückzukommen, —
Hr, Virchow legt die von Hru, Meitzeu übersendeten Gegenstände vor, haupt-
sächlich Scherben von Thongeräthen, sowie Stücke von gebraunten Ziegeln und von
Thierknochen, unter denen einzelne Stücke vom Hunde befindlich zu sein scheinen.
Die erste und reichere Abtheilung der Sendung (1.) enthält im Ganzen etwas
feinere und mehr verzierte Thüiisuchen, jedoch auch einzelne recht grobe Stücke.
Namentlich ist darunter eine Anzahl ganz grober und grosser Henkel, deren
(297)
Oeffnung jedoch so eng ist, dass man nur einen Finger einführen kann; auch die
mit diesen Henkeln verbundenen Theile der Wandungen sind sehr dick und be-
stehen aus grobem, mit Sandkörnern untermischten Thon. Die meisten Stücke
sind jedoch dünnwandig und bestehen aus geschlemmtem Thon ohne alle Bei-
mengung von Steingries; sie sind äusserlich glatt, jedoch ohne Anwendung der
Töpferscheibe angefertigt. Diese Stücke sind fast alle schwarz oder doch schwärz-
lich, jedoch finden sich auch einzelne gelbrothe oder blass braunrothe. Der Rand
ist meist gerade aufgerichtet, wenig oder gar nicht vom Bauche abgesetzt, schmal
und fein. Die Form des Bauches ist nicht zu erkennen ; nur ein Stück erscheint
stärker ausgelegt, wie an einem kleinen Töpfchen. Die Ornamente sind durch-
gehends eingeritzt oder eingepresst; nur an einem Stücke befindet sich ein solides,
vorragendes Knöpfchen. Die mit Stempeln eingedrückten Ornamente bestehen theils
aus rundlichen, theils aus viereckigen Vertiefungen, welche reihenweise stehen,
und zwar bald in einfachen, bald in doppelten und dreifachen Reihen, sei es
parallel dem Rande und dicht unter demselben, sei es senkrecht oder schräg gegen
denselben gestellt. Im Uebrigeu finden sich hauptsächlich lauge, lineare Ein-
ritzungen, von denen einzelne mit Weiss eingelegt sind, sowie schräge und
senkrechte Striche, zum Theil einzeln, zum Theil zu 2 oder in kleiueu Gruppen
parallel geordnet. Im letzteren Falle sind sie etwas seichter, sonst immer tief und
verhältnissmässig breit. Die feineren und seichteren Einritzungen kommen auch in
der Art vor, dass das Feld zwischen 2 tiefen Parallelstrichen mit einer grösseren
Zahl kleiner Striche oder sich durchkreuzender Schraffirungen besetzt ist. In ein-
zelneu Fällen ist die Oberfläche mit einer grösseren Zahl sehr unregelmässiger
und grober Einritzungen bedeckt, welche haufenweise gegen gewisse Punkte con-
vergiren.
Die zweite Abtheilung (II.) hat fast gar keine oruamentirten Theile. Nur an einem
Stücke sieht man unter einem breiten, gerade aufstehenden Randstücke eine seichte
quere Furche und unterhalb derselben einen fast gar nicht ausgelegten, flach ge-
rippten Bauch, au dem in regelmässiger Abwechselung schräg gestellte Vertiefungen
und Erhöhungen mit einander abwechseln. Die übrigen Scherben sind grob, etwas
dick, äusserlich uneben, jedoch nicht ganz ohne Glanz; sie sehen aus, als wären
(298)
sie mit irgend einer Flüssigkeit abgestrichen. Das einzige vorhandene Henkelstück
ist noch grösser, als die in der ersten Abtheilung; die Oeffnuug ist dagegen so
klein, dass ich nur ein Stück des kleinen Fingers einbringen kann.
Die FundstOcke sind gewiss recht bemerkenswerth, da sie manche Anzeichen
an sich tragen, welche ihnen ein höheres Alter zusprechen. Dahin gehören nament-
lich die tiefen linearen Einritzungen und die Ausschmierung derselben mit einer
kreideartigen Masse. Auch ist nach einer späteren Mittheilung des Hrn. Meitzen
in einem solchen Raum neuerdings ein Steinbeil gefunden worden. Sollte es sich
bestätigen, dass hier eine Ansiedelung der Steinzeit aufgedeckt ist, so würde der
Fund gerade für eine so weit westlich gelegene deutsche Landschaft eine hervor-
ragende Bedeutung gewinnen. —
Sitzung vom 18. October 1879.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Als neue Mitglieder werden genannt:
Hr. Dr. Lüdden, prakt. Arzt, Wollin, Pommern.
Hr. Oesten, Subdirector der Berliner Wasserwerke.
(2) Zu correspondirenden Mitgliedern sind ernannt:
Hr. Professor George Rolleston, Oxford.
Hr. Professor W. H. Flower, Conservator des Hunter'schen Museums
am College of Surgeons, London.
Hr. Dr. Paul Topinard, Paris.
Hr. Professor v. Ujfalvy v. Mezö-Kövesd, Paris.
Hr. Missionar H übrig, China.
Leider hat die Gesellschaft in den letzten Monaten zwei ihrer correspondiren-
den Mitglieder verloren.
Am 19. Juli starb in seiner Villa zu Wenden in Livland in noch nicht vollen-
detem 65. Lebensjahre Karl Georg Graf Sievers, einer unserer treuesten und
anhänglichsten Freunde, und einer der glücklichsten und umsichtigsten Erforscher
seines Landes. Von einer neuen Forschungsreise zurückgekehrt, traf ihn am
13. Juli, nach nur zweistündiger Anwesenheit in seinem Hause, ein Schlaganfall,
der die rechte Seite lähmte; nach sechstägigem schwerem Kampfe erlosch das Leben.
Seine Erinnerung wird unter uns nicht erlöschen. Seine Stelle wird wahrscheinlich
niemals ersetzt werden.
Am 20. September wurde durch einen schnellen Tod Dr. Sachs, der Leibarzt
des Khedive von Aegypten, hinweggerafft, nachdem er noch in scheinbar blühender
Gesundheit den internationalen medicinischen Congress in Amsterdam und die
Naturforscher- Versammlung in Baden-Baden mitgemacht hatte. Seine einflussreiche
Stellung in Cairo hatte viel dazu beigetragen, die Zwecke der deutschen Forscher
in Aegypten zu fördern.
(3) Hr. Dr. Duhmberg in Barnaiil, Medicinal-Inspektor des Altai-Bezirkes,
spricht für seine Ernennung zum correspondirenden Mitgliede seinen Dank aus und
erbietet sich für die Zwecke der Gesellschaft, sowie für naturwissenschnftliche
Zwecke überhaupt nach Möglichkeit thätig sein zu wollen. Mit Rücksicht darauf,
dass in dem neuen Reisewerk von Hrn. Finsch die russische Literatur nicht be-
rücksichtigt ist, theilt er eine Reihe von Notizen, betreffend Publikationen über
Sibirien, mit:
(300)
„Im sibirisphen Boten (ssibirski westnik) vom Jahre 1818: „über alte sibirische
Inschriften"; — „über sibirische Kurgane"; 1819 „über Tschudenhügel in Sibirien" ;
— 1821: „über Tekuteu"; — 1823: „Reise zu den Altai-Kalmücken". —
Im Westnik (Boten) der russ. geogr. Gesellsch. 1858: „Bemerkungen eines
nomadisirenden Altaiers (Ethnographisches über Kalmücken)".
Im ethnographischen Sammeljournal (ssbornik) derselben Gesellschaft: „1864:
„Potauin's: sütlvvestlicher Theil des Tomskischeu Gouvernements in ethnograph.
Beziehung".
Sapisski derselben Gesellschaft: 1857: von Spasski — „über die merkwürdigsten
Denkmäler des sibirischen Alterthums und deren Aehulichkeit mit grossrussischen."
Journal des Ministeriums des Innern: 1840 „Kurze ethnographische Beschrei-
bung der Biiskischen oder Altai-Kalmücken"; 1846: „Untersuchungen der Kurgane
an der Buchtarma;" — 1858: „Die Kainskischen und Kusnezkischen inorodzi (Ein-
geborenen)".
In der Tomskischeu Gouveruementszeitung 1858: „Tomskische — kainskische
und sibirische Inorodzi;" — „die Tomskische Redeweise;" — „der volksthümliche
Kalender" ; — über Hieroglyphen am Tomfluss" ; — „Volkssagen der Kusnezk-
Tataren"; — „der russische Dialekt im Altai-Bezirk"; — „die Sprache der Tschu-
lym-Inorodzi"; — „über wildwachsende Pflanzen, die genossen werden"; — 1859:
„Baraba-Tataren"; — „Tatarische liieder und Sprüchwörter"; — „ReligionsbegrifFe
der Tekuten"; — „Hochzeitsgebräuche der Altai-Kalmücken"; — üeberlieferungen
der Eingeborenen am Mrassflusse"; — „die Inorodzi im Kainskischen Kreise". —
1860: „Hochzeitsgebräuche im Kusnezkischen Kreise"; — „Begrififeder Altai-inorodzi
über die Seele"; — „das Ende der Welt, nach üeberlieferungen derselben"; —
„Lieder der Bewohner des Tomskischen Gouvernements". — 1862: „Völkerschaften,
die im Alterthum den Süden West-Sibiriens bewohnt haben"; — „Historische
Nachrichten über die Eingeborenen des Tomskischen Gouvernements"; — y^dev
Narynische Dialekt". — 1863: „Käthsel der Altai-Tataren"; — „Vorurtheile und
Aberglauben der Altai-Kalmücken"; — „Behandlung der Krankheiten von den-
selben"; — „Entstehung bunter Gesteine nach den Vorstellungen derselben"; —
„die Kioderwiege bei den Kalmücken". — 1864: „die Namen der Monate bei den
Schwarzwald-Iiiorodzi des Kusnezk-Kreises"; — „Ssagyry, d. h. die Bearbeitung
von Fellen, bei den Altaiern". — 1865: „Legenden der Kusnezk-Tataren"; — „üeber-
lieferungen über die Sündfluth". — 1867: „die Eingeborenen am Tschulym". —
1869: „üeber die Gräber des Altai (nach Radioff und Struve, aus dem Journ.
der Archäol. Gesellsch.. T. VI.)"; — „über Verwandlung der Menschen in Thiere,
aus der Naturgeschichte der Altaier". — 1870: „Kirgisen". — 1877: von Kostrow
„über Barabinskische Tataren",
(4) Der Vorsitzende theilt mit, dass von dem zweiten Vorsitzenden der Ge-
sellschaft, Hrn. Bastian, in letzter Zeit wiederum Briefe und Sendungen, zuletzt
aus Sumatra, eingegangen sind. Er hatte namentlich einen Ausflug zu den Red-
jang gemacht und hatte dabei einige der jetzt sehr seltenen Bambusbücber und ein
Steinbeil (Auak-Pitas, Kind des Blitzes) erworben. Der Gesundheitszustand des-
selben sei nach den letzten Nachrichten ein befriedigender.
(5) Der Staatssecretär für Indien übersendet durch freundliche Vermitteluug
des Dr. R. Rost ein Exemplar des durch die indische Regierung publicirten
Werkes unseres correspondirenden Mitgliedes, Raj eudral alamitra, über den
Buddha Gaya.
(301)
(6) Das "Werk des verstorbenen John Pickering „Chronogical history
ofplants" ist von dessen Wittwe für die Gesellschaft eingesandt w^orden. Der
Vorsitzende spricht für das schöne Geschenk den Dank der Gesellschaft aus.
(7) Hr. Virchow erstattet Bericht über die
Congresse in Strassburg und Brüssel.
unsere deutsche General -Versanomlung hat diesmai in Strassburg stattgefunden
unter ziemlich lebhafter Betheiligiing von Freunden aus allen Theilen Deutschlands,
selbst aus dem äussersten Osten. Nicht blos eingewanderte, sondern auch nationale
Elemente aus dem Elsass hatten sich reichlicher angeschlossen. Wir hatten die
Ehre, von Hrn. Domcapitular Straub geführt zu werden bei Gelegenheit der Aus-
grabungen auf dem spätrömischen Grübelfelde beim Weissthurmthor dicht vor der
Stadt, welches besonders für uns geschont worden war. unter der grössten Be-
theiligiing der ganzen Gegend ging die Excursion auf den Odilienberg vor sich,
und ich glaube, dass jeder Theilnehmer mit Vergnügen an den schönen Tag zurück-
denken wird. Wir haben gelernt und zugleich ein kleines Stück nationaler Arbeit
mit gethan. Der Bericht über die Verhandlungen ist soweit gefördert, dass er
wahrscheinlich noch im Laufe dieses Jahres erscheinen wird; er wird nur etwas
magerer ausfallen als sonst, weil die eigentlichen Sitzungszeiten auf das kleinste
Maass zurückgebracht waren. Eigentlich sind nur zwei halbe Sitzungstage übrig
geblieben. Im üebrigen darf ich im voraus Ihre Aufmerksamkeit auf einen sehr
bemerkenswerthen Fund richten, welcher in letzter Zeit in Süddeutschland ge-
macht ist. Bei der Ausgrabung eines grossen Kegelgrabes in der Nähe von Ludwigs-
burg, die durch Hrn. Fraas bewirkt worden i=^t, ist eine Anzahl der merkwürdig-
sten Dinge, namentlich etruskisches Thongeräth, Bronzen und Goldsachen, gemengt
mit nordischen Formen, zu Tage gekommen. Bei der Grösse des Hügels ist die
Ausgrabung leider nur fragmentarisch aufgeführt, indem uach einem auch anderswo
angewendeten Schema grosse Schachte und Stollen getrieben werden.
Unsere eigene Thätigkeit während der Sitzungsperiode war verhältnissmässig sehr
glücklich. Das römische Gräberfeld vor dem Weissthurmthore ist allerdings eines der
ärmsten an Beigaben unter denen, welche in Deutschland bekannt sind; dafür wurde
eine grosse Zahl gut erhaltener Schädel und Skelette, zum Theil in Steinsärgen,
gewonnen. Am nächsten Tage auf dem Odilienberge waren wir glücklicher, als
wir verdienten, indem unmittelbar am westlichen Umfange des grossen Ringwalls,
ausserhalb desselben, auf ein kleines Steingrab gestossen wurde, welches offenbar
eine Kinderleiche enthalten hatte, die, nach den Beigaben zu urtheilen, der aleman-
nischen Periode angehört zu haben scheint. Wir haben sie als die eines Fürsten-
kindes gedeutet, weil die Erde in dem Grabe überall mit gedrehten Goldfäden
durchsetzt war und daneben silberne Schmucksachen zu Tage kamen. Wir haben
bei der Gelegenheit constatirt, dass schon vor einigen Jahren ein französischer
Forscher glückliche Funde an der gedachten Stelle gemacht hat, welche sich bis
dahin der allgemeinen Kenntniss entzogen hatten
Daran darf ich sogleich die Mittheilung knüpfen, dass die deutsche Gesellschaft
beschlossen hat, für das nächste Jahr ihre General -V ersamm 1 uug in Berlin
abzuhalten. Zu localen Geschäftsführen sind die lIHrn. Voss und Friedel
ernannt worden; ich selbst habe die Ehre gehabt, zum Vorsitzenden der Gesell-
schaft erwählt zu werden. Die Zeit, in welcher die General -Versammlung abge-
halten werden wird, hat bis jetzt noch nicht definitiv festgestellt werden können,
indess hoffen wir, sie in den Anfang des August legen zu köunen. Durch den
(302)
rerdienten Generalsecretär der Gesellschaft, Hrn. J. Ranke, ist der Gedanke an-
geregt und von dem Vorstande der Gesellschaft gebilligt worden, bei dieser Ge-
legenheit zugleich eine anthropologisch- urgeschich tliche A usstellung der
deutschen Funde in Berlin zu veranstalten und dazu in ähnlicher Weise, wie
es für Bayern bei der Versammlung in München geschehen war, die wichtigsten
Originalstiicke aus ganz Deutschland zu vereinigen. Der Hr. Cultusminister
V. Pütt kamer hat mir bei einer Audienz die Zusage ertheilt, seinerseits die
Ausstellung naoli Kräften fördern zu wollen, und wir werden uns daher, sobald wir
ein geeignetes Local ermittelt und den Plan genauer festgestellt haben, in Kürze
an die deutschen Regierungen, au die verwandtpn Vereine und die Privatsammler
mit der Aufforderung wenden, uns bei der Herstellung einer 'würdigen Repräsenta-
tion dieser nationalen Schätze hülfreich zu sein.
Im September habe ich alsdann, nachdem ich mit Hrn. Schliemunn seine,
in dem South Kensington Museum in London aufgestellte trojanische Sammlung
studirt hatte, dem intern ationalen Congress der Amerikanisten in Brüssel
beigewohnt. Der Gedanke, einen solchen Congress zu gründon, ist in Nancy ent-
standen. Hr. Adam, Rath des dortigen Gerichtshofes, war auf die Idee gekommen,
dass es nothwendig sei, die Studien über das präcolumbische Amerika durch ge-
meinsame Arbeit und Verständigung vorwärts zu bringen. Mit einer Kühnheit,
wie sie selten gefunden wird, wurde ein erster internationaler Congress nach Nancy
berufen. Nachher trat der Congress in Luxemburg zusammen; das kleine Land
nahm ihn mit grosser Theiluahme auf. Ein dicker Band von Verhandlungen ist
publicirt worden. Zum dritten Mal tagte jetzt der Congress in Brüssel, Hier trat
er schon ziemlich vornehm auf; der König selbst hatte das Protectorat übernommen
und war bei der Eröffnungssitzung anwesend, ebenso der Präsident von Venezuela
und die Gesandten fast aller südamerikanischen Staaten. Nur Nordamerika war
schwach vertreten. Weltliche und geistliche Mitglieder betheilgten sich in grosser
Zahl. Ein Jesuit hielt über die verlorene Atlantis einen ebenso interessanten, als
objectiven Vortrag. Ausser den Südamerikanern zeigte das meiste Interesse die
spanische Regierung, namentlich augeregt durch einen ungemein eifrigen und unter-
richteten Mann, Hrn. Ximenes de la Espada, Man hatte entdeckt, dass in
Madrid grosse Kisten voll alter üocnmente liegen, welche aus den ersten Zeiten
der Entdeckung Amerikas angesammelt waren, zum grossen Theil gut erhalten,
aber von Niemand gelesen. Die spanische Regierung hat ihren guten Willen da-
durch zu erkennen gegeben, dass sie einen ersten Band von Abhandlungen aus
diesem Material dem Congress gewidmet hat. Der Congress hat dem entsprechend
beschlossen, seine nächste Versammlung, welche im Jahre 1881 stattfinden soll, in
Madrid zu halten, und der Vertreter der spanischen Regierung hat im voraus zu-
gesichert, dass Alles geschehen werde, um ihn würdig zu empfangen.
(8) Der Vorsitzende theilt mit, dass im nächsten Jahre der internationale
Congress für prähistorisclu; Arcliäologie in Lissabon stattfinden werde.
(9) Hr. Voss ül>ergiebt als Geschenk des Fräul. Sophie Torma in Broos einen
Bericht des Hrn. Carl (loos über die Sammlung prähistorischer Alter-
thümer Siebenbürgens, welche sich im Besitz von Fräul. Tor ma befindet, und
knüpft daran einige- Bemerkungen über die Bedeutung dieses, ihm aus eigener Au-
scbauniig bekannten, interessanten Materials.
(10) Der Chefarzt der griechischen Armee, Hr. Dr. Ornstein, correspon-
(303)
direudes Mitglied der Gesellschaft, hat einen Bericht, d. d. Athen, IT). August,
eingesandt über
Schwanzbildung beim Menschen.
(Hierzu Taf. XVII., Kig. 1.)
Meine heutige, von einer zwar unschönen, doch naturgetreuen photographischen
Aufnahme begleitete Mittheilung dürfte nicht geeigner sein, die Gegner der Descen-
denztlioorie zu erbauen, welche diese als ein Hirngespinst oder eine Blasphemie
oder als beides zugleich zu bezeichnen pflegen. Es ist nicht anzunehmen, dass
Männer der Wissenschaft nicht von der Wahrheit der wichtigsten, die Abstammungs-
lehre begründenden Thatsachen überzeugt sein sollten, doch haben, wie ich glaube,
die meisten von ihnen bei muthmasslich conservativen Neigungen sich in das Alte
so hineingewöhnt, dass sie sich von demselben nicht zu trennen vermögen. Die
Gewohnheit wird ja zur zweiten Natur, sie klebt Manchem an wie Pech. Einige
dieser Herren machen den Eindruck, als fänden sie sich durch die von der Descen-
denztheorie dem Menschen in der Natur angewiesene Stellung schwer gekränkt;
andere thun, als könnten sie sich von dem idealen Standpunkte christlicher Welt-
anschauung mit der Fortschrittsidee von dem thierischen Ursprung des Menschen-
geschlechts ein für allemal nicht befreunden, und wieder andere dürften aus puren
Passlichkeitsmotiven zu den Gegnern der neuen Lehre zählen. Sie mögen es
damit halten, wie es ihnen beliebt, ein Jeder hat seine eigene Auffassung über
Menschenwürde. Ich meinerseits halte dafür, dass dieser Theorie ein gottes- und
menschenwürdigerer Gedanken zum Grunde liegt, als der Paradieslegende von
unseren Stamniältern Adam und Eva. Demzufolge stehe ich auch keinen Augen-
blick an, lieber mein Scherflein zu dem Verständniss des menschlichen Organismus
und seiner Beziehungen zur Gesammtheit der Dinge beizusteuern, als die Vor-
urtbeile derjenigen zu schonen, welche dem Glauben zu huldigen scheinen, dass
die Natur den Einen — wie ein derbes plattdeutsches Wort darauf anspielt — an
einer gewissen unnennbaren Körperstelle mit einer stärkeren Schattirung begnadigt
hat, als den Andern. Ich sollte denken, dass die wissenschaftlichen Verfechter des
Kastenwesens doch beispielsweise der bedeutungsvollen Thatsache Rechnung tragen
müssten, dass die menschlichen Embryonen in der ersten Zeit ihrer Entwickelung
mit denen des Hundes, des Huhns u. s. w. die unverkennbarste morphologische
Aehnlichkeit haben. Bestehen dieselben dessen ungeachtet darauf, diesem ontogeni-
schen Fingerzeig, resp. Zaunpfahl, keine Beachtung zu schenken, so erübrigt nur
noch, das Studium von C. F. Wolff's Generatioustheorie, das der Descendenztheorie
von Jean Lamark, der Entwickelungsgeschichte von C. F. Bär und der natür-
lichen Schöpfungsgeschichte von Ernst Haeckel ihrem unverdrossenen Nachdenken
zu empfehlen und einfach zur Tagesordnung überzugehen. Das thue auch ich jetzt,
überzeugt, dass es der Rechthaberei des religiösen und philosophischen Dogmatismus
nicht gelingen werde, den Eifer lahm zu legen, der uns zur Erforschung der Ur-
zustände unseres Geschlechts, d. h. zur gemeinsamen Geistesarbeit antreibt, die
höchsten Fragen der Menschheit so viel als möglich auf realem Boden zu lösen.
Das auf anliegender Photographie dargestellte Individuum wurde der Militär-
Ober-Sauitätscommissiou in ihrer Sonuabeudsitzung vom 26. Juli d. J. Seitens der
hiesigen Recrutirungscommission mit dem Ersuchen vorgestellt, über die Kriegs-
diensttauglichkeit desselben als Einstandsmaun ihr Gutachten abzugeben. Der
26jährige, aus Livadia : — dem alten, wegen seines Trophonius-Orakels bekannten
Lebadeia — gebürtige Mann heisst Nicolaus Agos. Er misst 1,63 cm, ist massig
kräftig gebaut, nicht besonders genährt und einem von ihm ausgehenden Schnaps-
(304)
dufte nach zu urtheilen, dem Genüsse geistiger Getränke nicht abhold. Die Augen,
Haare und Haut sind braun, er ist brachycephal. Das blasse, magere, unrasirte
Gesicht macht bei einer leicht gekrümmten Körperhaltung, schlotterndem Gange
und einer auffallend defecten fränkischen Bekleidung den Eindruck eines fremden,
heruntergekommenen Handwerksburschen, wie man solche von griechischer Nationa-
lität hierorts selten zu sehen bekommt. Als der durch Stimmenmehrheit für taug-
lich befundene Mensch uns beim Abtreten den Rücken zukehrte, machte sich unter-
halb der Kreuzbeingegend eine zapfenartige Verlängerung derselben ohne irgend
eine Veränderung der normalen Hautfarbe in auffallender Weise bemerkbar. Bei
näherer, sogleich an Ort und Stelle, später im Atelier des Photographen ange-
stellter Untersuchung ergab sich, dass es sich um einen, anscheinend senkrecht
vom Kreuzbein herabsteigenden, rundlichen Fortsatz des untern spitzen Theils
dieses Knochens handele, welcher sich indess bei sorgfältigerer Besichtigung als
ein wenig gegen das Becken zu concav gekrümmt herausstellte. Der Form nach
dem oberen .-Abschnitte eines gestutzten, umgekehrten und der I/ängenaxe nach in
der Mitte durchschnittenen Kegels nicht unähnlich, dessen Umfang nur am Rande
seines frei herabhängenden, rundlich stumpfen Endes unerheblich abnimmt, reicht
derselbe nach oben in Gestalt einer gleichförmigen, convexen Erhabenheit bis nahe
an die Symphysis sacro-coccygea. Der Ausgangspunkt dieser nach oben hypoder-
matisch verlaufenden Anschwellung scheint die Verbindungsstelle des ersten falschen
Steissbeinwirbels mit dem zweiten zu sein, welcher letztere dem Volumen einer
etwas grossen, plattgedrückten Erbse gleichkommt oder dasselbe doch nur um ein
Weniges übertrifft. Ausser den zwei Stücken dieses Knochens unterscheidet man
noch undeutlich ein drittes, linsengrosses; ein viertes oder fünftes ist nicht vor-
handen. Die ganze Länge dieses, nach hinten halbcyliuderförmigen Fortsatzes,
welcher an der Oberfläche aus einer glatten, festen, 2 bis 2^2 "^"* dicken Haut
besteht und im Innern bei angewandtem Druck sich knorpelig anfühlt, beträgt
ungefähr 5 cm, von denen etwa 2^3 auf den freien und 2-i\ auf den unter der
Haut fortlaufenden Theil desselben kommen. Er erscheint an seinem frei herab-
hängenden Theile ungeachtet seiner derben, ungegliederten Structur etwas beweg-
lich; gleichzeitig, bei einer schwachen, schnellenden Bewegung nach vorn, runzelt
sich in der Breite eines Strohhalms die, über dem linken Rand des verdeckten
Theils der Erhabenheit befindliche Haut, wie wenn ein eingeschrumpfter Musculus
coccygeus hier in Thätigkeit treten wollte. Die Breite dieser Steissbeinverlänge-
rung giebt ihrer Länge nur wenig nach, die des freien Endes ist etwas geringer
und dürfte der eines mittleren Manuesdaumens gleichkommen. Sie ist unbehaart,
dagegen trägt die Kreuzbeingegend ein ungewöhnlich schmales, bilateral-symmetri-
sches Haarfeld, welches sich, abgesehen von einer, nach unten und links haarlosen
Stelle von 2'/2 bis 3 cm Höhe und Breite, bis zur Basis derselben erstreckt. Ein
nach rechts von der Spitze des (.)s sacrum aufsteigender und diesen Raum be-
grenzender Haarstreifen dient als Maassstab für den Längendurchi. esser der Be-
haarung. Ich habe bis jetzt im Ganzen 31 Fälhi von Sacraltrichose beobachtet,
allein in keinem derselben entsprach, wie in diesem, der Breitendurchmesser kaum
der Reihe der hinteren Foramina sacralia. Die Haut- und Kuochenunterlage der
beschriebenen Theile zeigt bis auf die fehlenden Stücke des Schwanzbeins nichts
Abnormes.
Ich enthalte mich im vorliegenden Falle jeder eingehenden Deutung des Zu-
sammenfullens der ausnahmsweise schmalen Sacraltrichose und der zum ersten
Male von mir beobachteten Steissbeinprotuberanz und beschränke mich darauf,
meine üeberzeugung zum Ausdruck zu bringen, dass es nicht leicht sein dürfte, für
(305)
diese beiden vereinten theromorphischen Zustände eine andere, einigermassen plau-
sible Interpretation zu finden, als die dos physiologischen Gesetzes der Vererbung
und curaulativen Anpassung. Dass Rückschlagsmerkmale, wie diese, im Laufe von
Jahrtausenden in ihrer Function und Formbildung Veränderungen erleiden, vermag,
glaube ich, nur diejenigen zu befremden, welche an der wissenschaftlichen Unzu-
länglichkeit der übernatürliclien Schöpfungshypothose wie immer festhalten und vor
der Beweiskraft der bezüglichen embryologischen Thatsachen grundsätzlich die Augen
schliessen. l>ie oben geschilderte Missbildung liefert meines Erachtens ein augen-
scheinliches B(!ispiel von unvollständig reactivirten rudimentären Organen.
Ich habe einige Male Gelegenheit gehabt, Fälle der Art mit ungleich grösserer
normaler Leistungsfähigkeit zu beobachten. Hierher gehört beispielsweise der eines
Mannes, dessen Milchdrüsen ganz wie beim Weibe functiouirten. Die Sache verhält
sich folgendermassen. Ich wohnte im Jahre 1846 in dem Seestädtchen Galaxidi, an
einer Bucht des Meerbusens von Amphissa, bei dem Schiffsbaumeister Elias Kanata,
einem Manne von so colossalem Körperbau, wie ich in Griechenland keinen zweiten
gesehen habe. So oft es seiner kleinen, schwächlichen und dabei tuberculösen
Frau au Milch fehlte und ihr fast schon zweijähriger Sprössling sein Missvergnügen
darüber durch anhaltendes Jammern und Wehklagen zu erkennen gab, reichte ihm
der Vater mit wahrer Mutterzärtlichkeit eine der stark entwickelten Brüste und
der kleine Schreihals, sog nach Herzenslust bis er gesättigt war. Ich habe oft
genug gesehen, wie der Mann die von der Milch benetzte Brust abzutrocknen ge-
nöthigt war. In diesem Falle handelte es sich freilich um kein unnützes rudimen-
täres Organ, aber wer kennt denn die Grundgesetze der Entwickelung der einzelnen
Organismen?
Ein weiterer hierher gehöriger Fall ist schliesslich die ungewöhnliche, doch
aber einige Male von mir constatirte willkürliche Beweglichkeit der Ohren. Ich
kenne unter andern einen gegenwärtig in Berlin lebenden jungen Mann, der noch
vor einigen Jahren in wahrhaft hasen- oder kaninchenartiger Weise dieselben in
verschiedenen Richtungen zu bewegen vermochte. —
Hr. Virchow knüpft hieran unter Vorlegung der im Archiv für Anthropologie
erschienenen Abhandlung des Hrn. Ecker einige Bemerkungen und erwähnt dabei
einen von Hrn. Greve in seinem Archiv (Bd. 72, S. 12'.), Taf. HI., Fig. 6) publi-
cirten Fall einer schwanzähnlichen Bildung bei einem Kinde, der vor 30 Jahren in
Oldenburg vorgekommen ist.
(11) Hr. Ornstein berichtet ferner in einem Briefe, d. d. Athen, 21. August,
über Farbe der Augen, Haare und Haut der heutigen Bewohner Griechenlands.
Heute übersende ich einen weiteren Bericht, in welchem ich unter anderem, in
den letzten Jahren gesammeltem anthropologischem Material das Resultat meiner
Aufzeichnungen über die Farbe der .Augen, Haare und Haut der von mir im Jahre
1877 untersuchten Rekruten und Stellvertreter zu Ihrer Kenntniss zu bringen mich
beehre. Die Gesammtzahl der vom 1. Januar bis 12. October, also während bei-
nahe 9'/n Monate Gemusterten beläuft sich auf 1172. Letzteres Datum ist das
meiner Abreise in's Feldlager von Theben ungemüthlichen Andenkens. Aus der
damaligen Einberufung der beiden ersten Reserveklassen erklärt sich der umstand,
dass die Anzahl der im Jahre 1877 auf Diensttauglichkeit Geprüften die des vor-
hergehenden Jahres fast um das Doppelte übersteigt. In der nachstehenden tabel-
larischen Uebersicht habe ich für passend erachtet, bei den unter 4 aufgeführten
Verhandl. der Berl. Authropol. Geselliibalt 1^7». 20
(306)
Individuen mit grauen Augen und blonden Haaren die Weissliäatigen und Braun-
häutigen zu sonderu, da die Zahl dieser sich zu jenen wie 10:3 verhält, folglich
mehr als das Dreifache beträgt.
1.
Blaue
Augen
—
blonde Haare
—
weisse
Haut
26
2.
V
»
-
braune „
—
»
55
20
3.
y)
•n
—
« n
—
braune
n
19
4.
Graue
Augen
—
blonde Haare
—
weisse
braune
Haut
55
!'52
40
5.
»
»
—
braune „
—
weisse
55
58
6.
n
V
—
n n
—
braune
55
83
7.
T)
n
—
schwarze „
—
n
T)
—
8
Braune Augen
—
blonde Haare
—
weisse
Haut
17
9.
1
n
—
braune „
—
51
55
335
10.
n
n
—
V rt
—
braune
55
558
11.
n
n
—
schwarze „
—
n
n __
4
Total 1172
Aus obiger statistischer Zusammenstellung ergiebt sich, dass die Gruppe der
Blauäugigen 65, die der Grauäugigen 193, und die der Braunäugigen 914 Reprä-
sentanten zählt. Die erste und zweite vereint verhalten sich also der Dritten
gegenüber ungefähr wie 1 :3V2; die erstere allein zu letzterer sogar wie 1 : 14.
Wie es scheint, sind sowohl nach diesen Erhebungen, wie nach denen von 1876,
die blauen Augen in Griechenland ooch seltener als das blonde Haar, und ich
liabe Grund zu der Annahme, dass die ersteren nur bei albanisch-serbisch-bul-
garisch- oder mitteleuropäisch -griechischen Mischlingen vorkommen. Ich erinnere
mich nicht, jemals einen Mainoten mit blauen Augen gesehen zu haben, wohl
aber hier und da einmal einen mit asch-blondem Haar. Die unter der Zahl
10 aufgeführte Abtheilung der dritten Gruppe, nämlich die der Individuen mit
braunen Augen, eben solchem Haar und solcher Haut, stellt sich als die häufigste
Combination heraus, wiewohl den Weisshäutigen dieser Kategorie gegenüber nicht
in solchem Grade, wie im verflossenen Jahre. Die Thatsache, dass letztere sich im
Jahre 1877 auf die ansehnliche Zahl von 335 beliefen, findet darin ihre Erklärung,
dass unter den vorgestellten Reservisten sich viele, in Städten domicilirten und gut
situirten Familien angehörige, junge Leute befanden, deren Hautfarbe keine dunklere
war, wie die der sonnegebräuuten Landbevölkerung. Dass die schwarzen Haare
bei einer so geringen Zahl von Individuen notirt sind, rührt vielleicht daher,
dass es mir mitunter nicht möglich war zu entscheiden, ob ich liefbrauues Haar,
oder eine durch Staub und Schmutz bewirkte Nuance von schwarzem vor mir
hatte. Ich Hess mich in solchen Fällen von der Farbe des unvermeidlichen Schnurr-
barts und der Augenbrauen leiten.
(12) Das correspondirende Mitglied, Hr. General A. H out um Schindler,
übersendet mit einem Brief, d. d. Ispahan, 7. Juli, unter besonderer Beziehung auf
die Abhandlung des Hrn. Richard Andree über rothe Haare (Zeitschr. für Ethuol.
1878, Bd. X., S. 335), einen Bericht über
die Haarfarbe der Stämme in Persien und am Caspisclien Meere.
Hothe Ilaare, sowie auch blonde, gelten auch in Persieu als Ausnahme. Unter
den Bewohnern der Städte sieht mau selten blonde Haare, rothe nie. Die ver-
schiedenen, jetzt in Persien wohnhaften Stämme haben eine dunkle Hautfarbe und
schwarze oder dunkelbraune Haare, nur selten sieht man eine helle Hautfarbe und
(307)
blaue Augen. Bei den Frauen sieht man nie die ursprüngliche Haarfarbe, da das
Färben aiit Blättern des Henna-Strauches (Lawsonia inermis) und Indigo allgemein
ist. Unter den Gilek, den Einwohnern der Provinz Gilän am Caspischen Meere,
habe ich einige Männer mit blonden Haaren und blonden Barten bemerkt. Viele
blondhaarige und dunkelblauäugige Männer sah ich unter den Ghiaswend-Kurden,
die im Sommer bei Gazwin, im Winter bei Kermänschah wohnen. Einer der
Häuptlinge des Üji'ideki-Luren-Stainmes, Soleimän Chan, bei Chorremäbäd wohn-
haft, hat hellblaue Augen und einen röthlichen blonden Bart. Ein Direkwend-
(Luren-)lläuptliiig, Schah Muhammed Chan, den ich in Dizful sah, hatte einen
ungefärbten rothcn Bart und dunkelblaue Augen. Der türkische Affschär-Stamm
hat viele blonde Männer. In Färs, unter den türkischen Stämmen, wie unter den
Mama Senni (ein r.ek-Staram), den sogenannten arabischen Stämmen und den
ßächtiären, sah ich nur schwarze Haare und sehr dunkle Augen. Einen blonden
Bächtiären sah ich zwischen Schuschter und Ispahan. Unter den Tlniüri- (ein in
Chorassän wohnhafter türkischer Stamm) bemerkte ich zwei blonde Männer. Unter
200 Belütschen in Küdbär (südlich von Kermän) war ein ziemlich blonder Mann,
Seif Ulluh Chan. Unter den Armenern in Djulfä (Ispahan) habe ich bis jetzt nur
drei blonde Männer gesehen. Blonde Männer sind häufiger unter den Armenern von
F'eridan.
Höchstwahrscheinlich giebt es viele blondhaarige Männer und Frauen in Per-
sien; wie aber schon oben bemerkt, ist das Färben, namentlich bei den Frauen,
allgemein, und ist die ursprüngliche Farbe nicht zu erkennen. Ich kann noch
bemerken, dass der Haarwuclis der Perser gewflhnlich stark ist. Durch \ieles
Rasieren werden die Haare hart und dick. Oft im dreissigsten Jahre, sicher
im vierzigsten, werden die Haare grau, der Wuchs jedoch bleibt stark bis zum
hohen Alter.
(18) Hr. Dr. Theophilus Hahn berichtet in einem Briefe, d. d. Stellenbosch,
10. August, über
Feiszeichnungen der Buschmänner.
Fs scheint, dass mau über die Entstehung und den Zweck der Buschmanns-
Malereien noch nicht ganz im Klaren ist; gestatten Sie mir daher, darüber eine
Erklärung abzugeben.
Das ganze Gebirge, welches vom Unterlauf des '.Garib (Orange River) sich
nach Norden zwischen dem 16" und 17'^ E. of Greenw. bis etwa zum 25'^ südlicher
Breite hinzieht, wird von folgenden Buschmannsstämmen bewohnt: 1) ||Aunin.
2) JlObanin, 3) jHuinin, 4) | Khomanin, 5) :|:Hauin. Alle diese Bushmänner be-
fleissigen sich noch heute der Felsenmalerei; dieses Malen nennen sie llhai. Die
alten Leute, Frauen und Männer, lehren es den Kindern; sie üben diese
Kunst rein aus der Lust am Darstellen. Die Zeichen 0 O T H, die unsereu
Buschmannomauen so viel Kopfzerbrechens macheu, erklärte mir ein alter Busch-
mann selir einfach: 0 O sind die grösseren, natürlichen Aushöhlungen, Löcher,
(Cisternen) in den Felsen; die Punkte in den Cisternen sind die Erhöhungen, wie
man sie öfters im Centrum solcher Löcher findet. Diese Löcher nennt mau llgaruti
(plur. von Ijgarus, Steinloch).
i T H, diese Kreuze sollen die !gau !hou{?u (plur. von Igau Ihoub) hoUänd.
Stertriem darstellen; dieses Paradestück macht der Buschmann vom Stirnfell des
Zebra und lässt es hinten über den Schnitt seines Hintern peuduliren, daher auch
der Name „Schnitt-Riemen" (von !gao schneiden und !houb Riemen). Nicht weit
20*
(308)
von der Münrluog des II Aub oder Fischflusses in den !Garib auf dem rechten Dfer
ist ein Ort jj Obas mit einer schönen Quelle, der Hauptort der || Obanin im wilden
Gebirge, wo die überhängenden Felsen reichlich mit Malereien bedeckt sind. Eben-
falls ist die Umgegend von || Huns (siebe Gru nd eman u's Missionsatlas) reichlich
mit diesen Malereien bedeckt. Dann im 4:Khoichabfluss, der in den HG^a Igib", einen
Nebenfluss des IIAub, fliesst, ist ein Platz iHorab, etwa 30 engl. Meilen südlich von
der Miss. Stat. Bethanien, wo ebenfalls noch heute von den Buschmännern munter ge-
malt wird. In der Umgegend dieses Ortes sind noch andere Orte, wo sich diese Male-
reien finden, wie Tsams, IjKhaugeb, !Hunigus und II Nau Inas. Auch an dem West-
abfall der grossen ||Karas ßerjen liegt ein Ort !Aun las, der reich an diesen
Malereien ist. Zu den Farben gebrauchen sie Kohle, gelben Mergel, torob oder
fettigen Rötheistein und Kalk, und um die Farben haltbar zu machen, mengen sie
sie mit Fett, Honig und Heira (Gummi arab.), zu welchem Procentsatze, kann ich
nicht sagen.
Ich hatte mich in Grossnaniaqualand viel nach Buschmannszeichnungen um-
gesehen und erkundigt, aber ohne Erfolg, bis ich einmal das herrliche Buch von
Dr. Gustav F ritsch über die Eingeborenen Südafrikas zur Hand nahm und die
Buschmannszeichnungen darin einem alten Buschmann von den Huinin zeigte, der
dann, ganz ausser sich vor Freude, mir über das lange Gesuchte den klarsten Auf-
schluss gab; der alte Bursche übte selbst diese Kunst und machte mir auch ein
Feuer auf Buschmannsart mit dem Feuer-Bohrer. Darüber ein ander Mal. Nun
werden wohl Hypothesen, wie solche, dass diese Felsen maiereien zu religiösen
Uebungen der Buschmänner gehörten, und was dergleichen mehr erdacht wird, ein
Ende nehmen.
(14) Der correspondirende Secretär der Ottumwa Natural Science Association,
Hr. Samuel B. Evans, schreibt in einem Briefe, d. d. Ottumwa, Jowa, 7. Juli, über
die Bedeutung der nordamerikaniscben Mounds.
It has occurred to me to communicate to you as the partial result of my ex-
plorations among the ancient mounds of this vicinity:
I. Many of the mounds, which are 150 feet in circumference and 4 feet high con-
tain nothing except a few pieces of flint, or clips of obsidian and small pieces of
gray granite, showing the action of fire.
n. The stone implements found in mounds are almost invariably broken.
IH. The same may be said of specimens of pottery.
I class the mounds here as 1) Mounds of Observation or simple sites.
2) Mounds for cremation. 8) Mounds for inhumation. The mounds of Observation
or simple sites are on the tops of the highest bluffs or hüls in the vicinity, and
I have traced a chain of such mounds reaching from Ottumwa on the Des monies
river to Keosangena, thirty five miles distant. The mounds for cremation are
about 140 feet in circumference, and S'/» feet high, and contain stratas of ashes,
charcoal and bone material, one inch in thickness, one foot apart. Mounds of in-
liumation generally contain but one skeleton enclosed in a rüde sarcophagus of
limestone. It was my fortuno in .July of last year to exhume what I believe to be
a genuine rnound builder's skull, in van Bereu County of this State. The dimensions
of the skull are as follows: Horizontal circumference 2() in., longitudinal are from
nasal depression along iniddle line of skull to occipital i)rotub(n-ance 13 iuches,
transverse measurement >) in., vertical 3,75 in., longitudinal measurement 8 inches.
(309)
(15) Hr. Dr. Nehring berichtet in einem Briefe, d. d. Wolfenbüttel, 8. "^Au-
gust, über
neue Funde der kleinen Diluvialfauna In Höhlen.
lu dem Sitzungsberichte vom 11. Januar interessirte mich besonders Ihre Mit-
theilung iibi'r den Schädel aus einer Knochenhöhle von Gorenice beiOjcow,
weil ich in diesen Tagen eine grosse Zahl kleinerer Wirbelthier-Reste aus «'iner
der Knoclienhöhlen von Ojcow durch die Güte des Hrn. Prof. Römer zur Unter-
suchung erhalten hatte. Die betr. Reste rühren von kleineren Säugethieren, Vögeln
und Batrachiern her; sie sind zum Theil noch ziemlich frisch, zum Theil von
älterem Aussehen, doch auch die letzteren viel recenter aussehend, als meine fossi-
len Thierreste von Thiede und Westeregeln. Wichtig ist es, dass ich unter jenen
polnischen Fossilien auch Lemmingsreste gefunden habe, nehmlich 'A wohlerhalteue
Unterkiefer vom Halsbandlemming (myodes torquatus) und 1 Unterkiefer nebst
Oberschädelfragment vom gemeinen Lemming (Myodes lemmus, wahrscheinlich var.
obeusis). Durch diese Entdeckung fällt ein neues Licht auf den ehemaligen Ver-
breitungsbezirk, resp. die ehemalige Hauptrückzugslinie jener nordischen Nager.
Meine Ferienreise hatte den Hauptzweck, der kleineren Diluvialfauna nach-
zuspüren, und ich habe dabei guten Erfolg gehabt, theils in öffentlichen Samm-
lungen, theils in Knochenhcihlen an der Lahn und in Oberfranken. Ich habe
überall dieselben kleineren Wirbelthierspecies gefunden, wie bei Thiede und Wester-
egeln, oder doch die Mehrzahl derselben, je nach den lokalen Verhältnissen; so
z B. die beiden Lemmiugsarten in Bonn aus der Balver Höhle, daneben den
kleinen Pfeifhasen, das Moorschneehuhn u. a., in Wiesbaden aus der „Wildscheuer"
bei Steeten a. d. Lahn, sowie aus den dortigen Steinbrüchen beide Lemmings-
arten, Arvicolu ratticeps, Arvicola gregalis, Lagomys pusillus, Lagopus albus und
alpinus etc. Ebenso im Sen kenberg'schen Museum zu Frankfurt a. M., in der
Baireuther Kreissammlung etc. Selbst gefunden habe ich jene Arten bei Steeten
a. d. Lahn, und in mehreren Höhlen bei Rabenstein in Oberfranken, wo ich mich
der Hülfe des auch Ihnen bekannten Höhlengräbers Hans Hoesch zu erfreuen hatte.
(16) Hr. Dr. Nehring übersendet Mittheilungeu seines Bruders Carl Neh-
ring, Apotheker in Piracicaba, Brasilien, Provinz St. Paulo, d. d. 28. Mai
1879, über
indianische Graburnen.
„Wie ich schon in meinem letzten Briefe mittheilte, hatte ich in der hiesigen
Umgegend ') eine indianische Graburne entdeckt, welche jedoch trotz des vorsich-
tigsten Ausgrabens zerbrach; da ich aber durchaus einige solcher Urnen zu haben
wünschte, und ich überzeugt war, dass an demselben Orte noch mehrere vorhanden
seien, so kam ich auf folgende Idee, dieselben ohne Nachgrabung zu entdecken.
Ich nahm einen langen eisernen Bratspiess (einen solchen, an welchem man hier
bei uns Ochsenfleisch bratet), stiess ihn auf dem Urnenfelde überall in die Erde,
erst in gerader, dann in schräger Richtung, und siehe da! auf diese Weise habe
ich eine ganze Portion entdeckt, mehrere auch in gutem Zustande herausgegraben.
Bisher habe ich vier Urnen im Hause, zwei grössere für Erwachsene und zwei
kleinere für jüngere Individuen, mehrere andere zerbrachen beim Ausgraben oder
beim Transporte. In den meisten finden sich noch Knochen vor, von Waffen jedoch
]) Die betr. Stelle liegt 1 '/^ Legoa von Piracicaba eutfernt.
(310)
keine Spur; auch ausserhalb iu der Umgebung der Urne ist bis jetzt weder eine
Pfeilspitze, noch ein Beil gefunden worden. Scherben von allerlei Gefässen finden
sich massenhaft, auch kam der Kopf einer Thonpuppe zum Vorschein.
Das Terrain ist ziemlich sandig und enthält keine Steine; der einzige Stein,
welcher in der Nähe der Urne lag, scheint als Schleifstein benutzt zu sein. Die
meisten Töpfe sind durch hineingewachsene Baumwurzeln aus einander gesprengt,
selten ist einer ganz unversehrt. Fast immer standen
sie so, dass die Oeffnung nach oben gekehrt und mit
einem Deckel bedeckt war; doch waren die Deckel
meistens zerbrochen, entweder durch den Erddruck,
oder durch wühlende Thiere , wie Tatu etc. Einige
Fig. 1.
Töpfe zeigten sich in umgekehrter Stellung, also mit
der Oeffnung nach unten, etwa "2 — 4 Fuss tief mit Erde
bedeckt.
Die grösseren Gefässe haben einen solchen Um-
fang, dass sie wohl 3 Himpten Kartoffeln ') fassen
können, die kleineren sind ungefähr halb so gross.
Es scheinen ganze Skelette darin beigesetzt zu sein;
"• ~' \ y die Arm- und Beinknochen sind noch ziemlich erhal-
ten, während die Schädel meist schon zerfallen sind.
Nur der Gesichtstheil eines Schädels mit Gebiss, Nase
und einer Augenhöhle, sowie der zugehörige Unter-
kiefer sind gut erhalten.
Die Formen der Töpfe sind verschieden; die
grösseren, welche ich besitze, zeigen nachstehende
Form (Fig. 1); sie sind mit regelmässigen Figuren
F'R- '^- ^ ^ -^ bemalt. Die kleineren sind birnförmig (Fig. 2), ohne
Malerei. Auch fanden sich Gefässe von der Form,
welche Figur 3 zeigt; dieselben zerbrachen jedoch
bei der Ausgrabung."
(17) Hr. Dr. H. Jentsch schreibt, d. d. Guben, 16. October, über den Fund
einer römischen Münze bei Guben, den Namen Freesdorf und eine Urne mit Seitenöffnung.
Auf dein Schulacker zu Pohlo, Kr. Guben, ist 1867 eine zu '-'/g erhaltene
römische Erzmünze der Julia Domna ausgepflügt, deren Inschrift Hr. Directoi-
Dr. Friedländer folgendermassen ergänzt hat:
Av. IVLIA- (AVGVSTA). Kopf.
Rev. (MATER)- DEVM. Sitzende Göttin, neben dem Thron 2 Löwen gelagert.
Da keiner der Vorbesitzer dem. Fundort irgend welche Bedeutung beigemessen
hat, ist die Annahme einer Täuschung ausgeschlossen. Aus der dritten Hand ist
das Stück in die Gubener Gymnasialsammlung übergegangen. Die Zahl der im
Neuen Lausitzer Magazin Bd. 43, 51, 55, angeführten niederlausitzischen Fundorte
röenischer Kaisermünzen steigt hierdurch auf 15, die Zahl der nachweisbaren Stücke
auf 42.
Die Frage über die Entstehung des Namens Freesdorf scheint nunmehr
entschiodeii zu sein durch eine in J. P. Ludewig, Reliquiae mauuscriptorum
\) 3 IIitii|iloii Kartofl'eln uiifrpfulir - 1'/-' Ceiitner.
(311)
omnis aevi rliplomatum ac monumentorum Tom. I., p. 175, abgedruckte Urkunde
aus dem Jahre 1297 bezüglich der Schenkung des Dorfes an das Kloster Dobrilugk.
Die Bezeichnung lautet: villam, quae Fredri chstorf vocatur et est sita prope
civitatom Luckow; in der gleichzeitigen deutschen Uebersetzung (ib. p. 177):
Fredrichstorf by Luckow — zum Unterschiede von dem bereits 1226 und 1234 in
Urkunden (ib. p, 34, 'SG, 49) unter den Besitzungen des Klosters erwähnten Krie-
dersdorf bei Dobrilugk. In einer Urkunde vom Jahre 1431 (ib. p. 4G3, 468) er-
scheint der Name in der Form Fridrichstorli". Da einerseits feststeht, dass Frees-
dorf dem Kloster Dobrilugk angehört hat, andererseits in dessen späteren ßesitz-
catalogen sich keine Ortschaft findet, auf welche jene Bezi'ichnung bezogen werden
könnte, so kann unter Friedrichsdorf bei Luckau nur Freesdorf verstanden werden.
Nach gelegentlicher Mittheilung des Superintendanten der Luckauer Ephorie Hrn.
Tzschabrone zu Pilschen findet sich später die Form Fredersdorf. Die Versuche
der anderweitigen Namensdeutuug in den Verhandlungen 1878, S. 294, 299, werden
hierdurch li in fäll ig.
Fndlicii will ich zu S. 218 der Verhandlungen 1878 die Notiz beizufügen nicht
unterlassen, dass sich in der, mit der gräfl. Schafgotsch'schen Bibliothek zu Warm-
brunn verbundenen Urnensaiumlung ein Gefäss von etwa l()r?/iHöhe und 7cm Durch-
messer befindet, in dessen steil und gleichmässig cylindrisch aufsteigender Wan-
dung unmittelbar über dem völlig ebenen Boden sich eine ungefähr ovale, offenbar
bei der Fabrikation angebrachte Oeffnung von 4 cm Breite und 3 cm Höhe befindet.
Den Fundort habe ich nicht erfahren können
(18) Hr. Rittmeistor Krug berichtet, d. d. Haus Jessen, 20. Mai, über
Alterthümer im Kreise Sorau, Niederlausitz.
Südlich vom Gute Jessen, Kreis Sorau, liegt an der Grenze der Feldmark eine
Kiefern-Schonung von ungefähr 2 ha Grösse, begrenzt durch etwas höheres Stangen-
holz. Die jetzige Schonungsfläche liess vor 30 bis 40 Jahren, als sie mit schlag-
barem Holze besetzt war, der damalige Besitzer abräumen, und fand man beim
Herausnehmen der Baumwurzeln eine grosse Menge Steine in der Erde, so dass
der Holzschlag gleichzeitig als Steinbruch benutzt wurde, zumal Feldsteine in der
Gegend nicht häufig sind, heim Herausgraben der Steine sollen nun damals von
den Arbeitern eine sehr grosse Anzahl von Urnen gefunden sein, welche jedoch
grössten Theils, da Niemand dafür Interesse hatte, entweder bereits zerbrochen aus
der Erde kamen, oder später zerschlagen wurden.
Die Fläche, ein sehr leichter Sandboden, lag nachdem sie abgeholzt war. viele
Jahre unbebaut, bis sie vor vielleicht 12 Jahren wieder mit Kiefern bepflanzt
wurde; sie war au einigen Stellen vollständig umgewühlt, und mussten desshalb
die Steiulöcher zugeworfen und der Boden planirt werden Dadurch sowohl, als
durch den Einfluss der Witterung in den langen Jahren ist die Erdoberfläche
wesentlich verändert worden, man erkennt wohl hin und wieder noch kleine, runde
Hügel (tumuli), besonders noch einen, mehrere hundert F'uss langen Hügelzug; im
Allgemeinen jedoch ist durch das Graben nach Steinen, bei welchem die lose Erde
tief aufgewühlt wurde, danach Regen und Sturm, jetzt die Oberfläche eine ebene.
Als ich im vergangenen Herbste von den früheren Urnen-Funden an dieser
Stelle hörte, liess ich dort nachgraben; ich fand sofort mehrere, theils bereits durch-
wühlte, theils noch unberührte Gräber, und in ihnen ausser einer Unmasse von
Scherben viele gut erhaltene Gefässe, so dass ich in kurzer Zeit über hundert
Urnen und andere (ipfüssp. grösstentheils gut conservirt, sammeln konnte. Haupt-
(312)
sächlich war der angeführte kleine Höhenzug mit Gräbern besetzt. Dieselben liegen
zuweilen sehr tief in der Erde, oft auch ganz flach, und glaube ich die Ursache
hiervon in der ^egen früher veränderten Erdoberfläche suchen zu müssen. Ich
kann wohl sagen, die kleine Schonung enthält nicht eine Quadratruthe, in deren
Untergründe nicht Urnen ständen, allerdings ist es schwer, diese ganz erhalten
herauszufordern, da wie gesagt, dort bereits sehr viel gegraben wurde, und das
Terrain an manchen Stelleu vollständig durchwühlt ist. Es finden sich aber den-
noch viele bisher unberührte Gräber. So fand ich ein solches mit grossen Steinen
eingefasst und bedeckt, welches ausser einer beträchtlichen Menge von Scherben
22 Urnen und andere Gefässe, Schaalen, Töpfe, Kannen, enthielt, von denen nur
drei Urnen mit Asche und Knochenresteu gefüllt waren: zwei sehr grosse, welche
jedoch beim Herausnehmen zerbrachen, und eine dritte, kleine, ganz schwarze.
In letzterer lag ein kleiner Bronze-Ring. Bronzene oder kupferne Gegenstände
fanden sich hin und wieder, meistens Ringe oder Nadeln, jedoch vollständig zer-
stört; in einigen Urnen fand ich unter den Knochen mehrere Zähne, allerdings nur
die Schneidefläche, nie einen vollständigen Zahn, auch kleine Zierrathen von Stein,
durchbohrt, welche jedenfalls zu einer Kette vereint, als Schmuck gedient hatten.
In einem Grabe fand ich eine Steinaxt, von grünem, glänzend polirtem
Stein, mit einem glatt gebohrten Stielloche, 9 cm lang und 4 cm hoch, daneben
liegend ein Trinkhorn von gelbgrauem Thone (vergl. S. 151). Dasselbe ist in
seinen oberen Theilen schön durch gegenübergestellte grade Striche verziert, in
seinem unteren Theile glatt.
Auch einige Urnen mit weit vorstehenden Buckeln wurden gefunden, so be-
sonders eine schwarze, welche bis auf ein kleines Stück, welches aus dem Rande
fehlt, vollständig erhalten und selten schön ist. Leider ist ihre zuerst tief schwarze
Farbe durch Abwaschen mit Wasser an einigen Stellen etwas verblichen. Ich habe
hierbei bemerkt, dass die Farbe der Gefässe oft durch Abwaschen gänzlich ver-
ändert wird, dieselben sind daher wohl ursprünglich oft gefärbt.
Im Anschlüsse an diese Fundstätte, welche offenbar ein grosser Begräbnissplatz
war, liegt, wie schon gesagt, höheres Holz; auch in diesem bemerkt man kleine
Erhöhungen (vielleicht tumuli?) — hier ist noch nicht gegraben. Eine Stelle in
diesem Holze wird die „Swina" genannt, und soll nach alter Tradition hier ein
„lleidentempel" gestanden haben. Ich fand bei Besichtigung der Swina, mitten im
Walde, ein flaches, vertieftes Becken, welches noch zur Zeit jetzt lebender alter
Leute mit Wasser gefüllt war. Die auf dem Boden liegenden vielen glatten Kiesel
deuten darauf hin, dass dort ein Wasserbecken war; jetzt ist der Boden trocken,
die Umrisse des Beckens sind jedoch noch deutlich erkennbar. Von hieraus führt
jetzt ein Graben, welchen sich der Besitzer der Jessener Wassermühle angelegt
hat, um das Wasser nach seiner Mühle zu leiten, wodurch der frühere Teich ent-
wässert wurde. Am Rande des früheren Teiches soll der Tempel gestanden haben;
ich fand dort keine Spur eines früheren Baues vor, obgleich mir gesagt wurde, dass
vor einiger Zeit dort noch Steinfundamente gewesen sein sollen.
Die Sage von dem vormaligen „Heidenterapel" ist in der ganzen Gegend ver-
breitet. Sollte die Bezeichnung: „Swiua" vi<'lleicht mit dem polnischen sweuti
(heilig) zusammenhängen?
Ich glaube, dass ausser diesem grossen Begräbuissplatze sich in der Feld-
mark Jessen noch viele, mit Urnen besetzte Stellen ünden ; ich habe hauptsäch-
lich im Walde, wo überwiegend leichterer Boden vorherrscht, öfter schon Urneu-
scherben gefunden.
(313)
(19) Hr. Gymnasialdirektor W. Schwartz in Posen sendet einen Bericht des
Regierungsraths v. Hirschfeld, Vorsitzenden des historischen Veieins für den
Regierungsbezirk Marienwerder vom 5. October über den, dem genannten Verein
von Hrn. Rittergutsbesitzer Wilckens auf Sypniewo geschenkten
Gold- und Bronzefund aus Dorotheenhof, Kreis Flatow.
Im Juli 1879 fanden zwei Arbeiter auf dein zum Rittergute Sypniewo gehörigen
Vorwerke Dorotheenhof beim Steinsuchen und Sleinsprengen etwa 2.^U m nördlich
von den in Heft [IL, S. 99, der Zeitschrift des historischen Vereins für den Regie-
rungsbezirk Marien Werder beschriebenen Gräbern eine Packung grösserer Steine,
deren oberster etwas aus der Erde hervorragte. Das Terrain war früher bewaldet,
doch Hess sich, trotz der genauen Untersuchungen des Hrn. Fritz Wilckens,
welcher mit grosser Sorgfalt die Fundstelle aufgenommen, sowie den Bestand fest-
gestellt hat, keine Spur eines über der Steinsetzung vorhanden gewesenen Hügels
ermitteln, so dass aus den in Heft III. der genannten Zeitschrift (S. 31 u. folg.)
augeführten Gründen offenbar auch von Hause aus gar nicht ein mit Grasnarbe ver-
sehener Hügel darüber errichtet worden ist. Bis zur Sohle der Steinsetzung war
das, dieselbe bedeckende Erdreich bereits durchgegraben, jedoch ohne dass sie berührt
oder verrückt worden ist. Daher dürfte die Annahme einer Bodenerhöhung der
ganzen umliegenden Erdoberfläche ausgeschlossen sein. V^ielraehr erscheint die
Vermuthung mehr als wahrscheinlich, dass die Steinsetzun^ in eine Vertiefung des
Erdreichs gesetzt und dann mit diesem bis au den Gipfel zugeschüttet ist.
Die Steinsetzung selbst war so angelegt, dass sie inwendig eine runde Höhlung
olfen Hess, welche unten und oben eng war, sich aber an den Seiten etwas aus-
bauchte. Den Boden der Höhlung bildete ein eingekeilter Feldstein mit wage-
rechter oberster Fläche. Auf dieser stand ein mit grüner Patina überzogener, aus-
gebauchter Bronzekessel. Sein Henkel aber, sowie die beiden Henkelohren, deren
mit dem Kessel verbindende Löthung zerstört war, hatten sich losgelöst und hingen
am Kessel. Der mit einem flachen unbearbeiteten Steine zugedeckte Kessel ist
Ib cm hoch. Seine Form und Ornamentik entspricht bis auf einzelne Abweichungen
der in Heft I. der Zeitschrift unseres Vereins S. 176, Nr. 72, beschriebenen und
auf Tafel VI 11., Fig. 9 und 10, abgebildeten ßronzeurne aus Münsterwalde, welche
Hr. Dr. Lissauer entdeckt und im Band 111., Heft 3, der Schriften der natur-
forschenden Geseilschaft zu Danzig zuerst veröffentlicht hatte. Sein weitester
Durchmesser (an der Ausbauchung) beträgt 35 cm, der Durchmesser seines Bodens:
15 cm und der seiner Oeftuung 26 cm. Der weiteste Umfang (an der Ausbauchung)
ist 1,1 ;«.
Der in seiner Form, aber nicht in seiner Substanz vollständig erhaltene Körper
des Kessels ist, soweit die bisherige nicht chemische Untersuchung einen Anhalt
bietet, aus kupferfarbigem Bronzeblech in einem Stücke getrieben. Nähte oder
Löthstreifen sind nicht vorhanden. Er besteht aus einem, 2 cm hohen Fusse und
tlem ausgebauchten Theile, welcher mit einem kurzen Halse in einen nach aussen
umgebogenen starken Rand endigt. Der Körper des Kessels zeigt geschweift und
einander parallel laufende, getriebene, nach Innen flach convexe, nach Aussen flach
concave Wellen, welche Aussen stumpfwinklig convex aneinanderstossen. Dieselben
sind vom Halse durch eine getriebene, nach Aussen convexe "Wulst und vom Fusse
durch 2 Paar concentrischer Kreise geschieden. Zwischen beiden Paaren dieser
Kreise, ist 0,7 cm Zwischenraum; die zwei Kreise eines jeden Paares sind 0,3 cm
von einander entfernt. Der Fuss enthält einen, nach Aussen 1 cm breit convex ge-
triebeneu Rand und ragt über der Fläche des, zugleich den Boden des Gefdsses
(314)
bildenden Fusses um 0,35 cm hervor. Auf dem Rande laufen 2 nahe an einander
stehende conceutrische Kreise hin. Der flache runde Boden des Fusses und Kessels
zeigt in der Mitte eine, 0,2 cm im Durchmesser betragende, nach Innen convex halb-
runde Vertiefung. Um .diese laufen in 1,5 cm Entfernung von ihrem Mittelpunkte
(also mit einem 1,5 cm langen Radius) zwei, 0,25 cm von einander entfernte, con-
centrische Kreise, sowie in 2,8 cm Entfernung vom Mittelpunkte zwei weitere, eben-
falls 0,25 cm von einander entfernte, conceutrische Kreise. Am Ende des Bodens
gegen den erhabenen Rand hin befinden sich wiederum zwei dicht an einander
stehende, concentrische Kreise. Eine weitergehende nähere Untersuchung schliesst
der oxydirte und mit Schmutz bedeckte Zustand des Kessels zur Zeit noch aus.
Ursprünglich angelöthet an den Kessel, aber bereits abgelöst waren 2 Ohren für
den Henkel. Dieselben sind massiv, 4 cm stark und aus einer anscheinend mehr
gelblichen Bronze, wie der Körper des Kessels, verfertigt. Jedes Ohr hat die Form
eines stumpfwinkligen, jedoch abgerundeten Dreiecks von 7,5 cm Grundfläche und
2.4 cm Höhe, dessen Katheten indessen arabeskenartig ausgeschweift sind. In 0,i> cm
Höhe findet sich ein rundes Loch von 0,8 cm Durchmesser. Die gerundete Aussen-
fläche ist einfach, aber geschmackvoll mit krummen Linien u. s. w. um das Loch
herum und am Rande verziert.
Der, in zwei elegant geschweifte Haken auslaufende Henkel bildet einen Halb-
kreis von 13 cm Radius, besteht anscheinend aus dunkler Bronze gleich dem Körper
des Kessels, ist gewunden und 0,7 cm an den schwächern, sowie 0,9 cm an den
dickeren Stellen stark. Die Form, Ornamentik und bezw. Technik des Kessels
zeigt weder den Hallstädter Typus, noch irgend eine Zugehörigkeit mit den in
Lindenschmit's Alterthümern der heidnischen Vorzeit bekannt gemachten Formen.
In dem Kessel befanden sich ausser den calcinirten Knochen (wohl jedenfalls
einer Frau und eines Mannes) folgende Gegenstände, welche den Todten mit-
gegeben sind:
1) Ein goldener Reif, offenbar Halsring mit Haken und Oehse, von 13 cm
Durchmesser, von 0,2 bis 0,4 Stärke und 103,5 M. Goldwerth. Gegenüber dem
Verschlusse bildet er ein ovales offenes Medaillon von 1,9 cm Länge und 1,35 cm
Breite. Zwischen zwei spiralförmig gearbeiteten Einfassungen läuft rings herum
ein goldener Kranz von kleinen Perlen. Die ebenfalls ovale Vertiefung in der
Mitte enthält ein Stückchen blauen Glasfluss.
Jeder der Längenseiten des Medaillons schliesst sich zwischen zwei zierlichen,
aus je 3 Kränzen bestehenden Knäufen eine 2 cm lange, dicht auf einen Stab auf-
gewickelte Spirale an, dann kommt ein 15,5 cm langes Schraubengewinde, welches
glatt ausläuft und am Ende Haken und bezw. Oehse bildet. Die Form und Orna-
mentik des Ringes kommt weder in Lindenschmit's genanntem Werke, noch in
den Hallstädter Gräbern, noch unter den in Heft 1. unserer Zeitschrift S. 152 bis
165 beschriebenen Ringeu vor. Ebensowenig ist es nach den uns vorliegenden
Schriften römische oder griechische Arbeit. Es ist anscheinend altetrurisch oder
phönikisch. Den Ihilsring glauben wir als einer Frau angehörig l»ez(Mchnen zu
können.
2) Zwei vierkantige Stäbchen aus grünlicher Porzellan- (Glasfluss-) Masse in
Form kleiner Kante!. Jede der vier rechteckigen LängenÜilchen ist 4,7 cm lang
und 0,6 cm hoch. Auf dreien derselben sind Augen wie bei Würfeln angebracht,
di»; vierte Seite ist leer. Jedes Auge besteht aus einem Punkte inmitten zweier
conceiitriHcher Kreise mit je einem Radius von 0,1 und 0,2 cm. M'w Seiten zeigen
folgend«; Reihenfolge diT Augen:
(315)
Seite 1 zeigt nichts,
„ 2 „ H Allgen in der Mitte der Fläche,
„3^4 ,. und zwar je 2 an jedem Ende,
4 fi ^
Hinsichtlich der liestiramung dieser Stücke scheint kein Zweifel obzuwalten,
daas es Spielstäbchen oder Würfel waren, doch sind uns aus den bekannten Samm-
lungen oder Werken bisher keine von ähnlicher Form hezw. gleichartige griechi-
sche oder römische bekannt geworden. Nach Heft [. der Zeitschrift S 22 wohnten
auf dem Fundorte zu Tacitus Zeiten die germanischen Burgundionen, und bereits
in den Jahrhunderten v. Chr. Germanen (a. a. 0. Seite 15 — 21), deren Vorliebe
für das Würfelspiel Tacitus (Germ. 24) schildert, so dass wir hier eine sinngemässe
Deutung finden. Nach der Menge der vorhandenen Knochen haben wir es hier
mit den üeberresten mehr als einer Person zu thuu. Wenn wir im Hinblick auf
die ethischen Seiten der deutschen Frau, wie solche Tacitus wiedergiebt, in einer
solchen keine Spielsucht annehmen, sondern dergl. T^eidenschaft nur dem männ-
lichen Geschlechte zusprechen, so werden wir die Würfelstäbchen als Beigabe eines
Mannes und zwar einer vornehmen Persönlichkeit zu betrachten haben, weil der
Besitz dieser seltenen Einfuhrarlikel der vorchristlichen Kulturstaaten des Südens
auf Wohlstand und Kang deutet.
3) Zwanzig knopfartige Kugelsegmente ohne Löcher, von meist 2,4 cm Durch-
messer an der Grundfläche und 0,80 bis 1 cm Höhe. Rins derselben besteht aus
der nämlichen grünlichen Porzellan- (Glasfluss-) Masse, wie die Stäbchen Nr. 2,
und war wohl jedenfalls ein Einfuhrartikel des Südens in vorchristlicher Zeit.
19 Knöpfe sind aus Kreide gefertigt und offenbar dem Glasknopfe von den hiesigen
Landesbewohnern nachgebildet. Ueber die Bestimnuing sind verschiedene Muth-
massungen aufgestellt, wie z. B. aufgenähte Zierrathen (Nähnadeln kommen hier in
verschiedenen Grössen vor), ein Spiel und dergl mehr.
4) Vier Bronzeplättchen, welche nicht zum Kessel gehören. Zwei sind glatt,
zwei gehören einem getriebenen Beschlag (z. B. eines Gürtels) an und zeigen ein
Muster, wie aufrecht neben einander stehende j\l.
5) Fragmente eines mit der betreffenden Leiche verbrannten metallueu Ge-
räthes (anscheinend einer Fibel.)
(20) Hr. W. Seh war tz schickt die Nr. 523 der Posener Zeitung, enthaltend
folgenden Bericht über
ein Gräberfeld von Wronke.
Schon einmal vor Jahren hatte der Bürgermeister Otterson in Wronke dem
Gynmasialdiroktor Ur. Schwartz die Gelegenheit zu einer Ausgrabung in Wröblewo
vermittelt, jetzt hat er von Neuem sein Interesse für die Sache dadurch bekundet,
dass er eine ebensolche in Zamosc, der Vorstadt von Wronke, möglich machte.
Zu derselben hatten sich ausser dem Direktor Dr. Schwartz der Abgeordnete
Kantak (welcher früher schon die grossartigsten Ausgrabungen in Dobieszewko
unternommen und die reichen Funde dem hiesigen Museum geschenkt hat), sowie
Dr. Mankiewicz und die Oberlehrer Dr. Wituski und Dr. Kretschmer Sonn-
abend den 26. Juli nach Wronke begeben. Auf der Besitzung des Ackerwirths Grau
erfolgte die Ausgrabung, wenngleich sich herausstellte, dass das alte Gräberfeld
weithin nach allen Seiteu sich erstreckt hatte und uoch erstreckte, denn auch in
den benachbarten Grundstücken, auf dtMi vorüberführenden Landwegen und den
angrenzenden Saiidtlächen ist m:iii gelegentlich auf Urnen gestossen. Diese Gegend
(316)
auf der Höhe am nördlichen (rechten) Warthe-Ufer besass offenbar die älteste
Ansiedelung an dieser Stelle; die jetzige, tiefer gelegene Stadt auf der anderen ist
wohl erst die spätere. Auf dem Hofe des Hrn. Grau wurden 6 bis 8 Gräber
geöffnet. Sie waren nur zum Theil mit Steinen umstellt und enthielten neben
einzelnen, sehr rohen Töpfen meist schwarze Gefässe der mannichfachsten Art,
Urnen bis zu den kleinsten Formen, Schalen (eine 40 cm im Durchmesser mit
einem grossen Henkel) Tassen u. s. w., auch 2 sogenannte Räucliergefässe. Ein
Grab lieferte übrigens gerade im schroffeu Gegensatze dazu lauter helle Topfsachen
vom feinsten, sorgfältig geschlemmten Tlion, die merkwürdig schön erhalten waren.
Eines der reichhaltigsten Gräber zog sich bis uuter den Stall hin, auch in der
Scheune stiess man wunderbarer Weise auf ein solches. Im Garten waren drei
Gräber mit grossen Feldsteinen 2—3 Fuss unter der Erde, doch lieferten sie ver-
hältnissmässig weniger. Dnter den anderen Thonsachen zeigten einzelne sehr schöne
Verzierungen, überhaupt, wie schon oben angedeutet, einen bedeutenden Fortschritt
in der Fabrikation gegenüber den gewöhnlich gefundenen. Weitere Beigaben
kamen nicht vor; nur fand sich an einer Saudstelle, in der Nähe, wo früher schon
Urnen gegraben, eine zierliche Bronze-Nadel mit schöner Patina.
(21) Hr. J. M. Hildebrandt theilt in einem Briefe aus Nosibe auf Madagas-
kar mit, dass er nach Meuabe abzugehen im Begriff stehe.
(22) Hr. Robert Felkin, Medical Missionary of the Church Missionary Society
of London, hat an den Vorsitzenden aus Rogief, Central Africa, ein Schreiben, d. d.
1(J. November 1878 gerichtet, in welchem er mittheilt, dass er sich einige Jahre in
Uganda oder einem anderen Platze in der Nachbarschaft aufzuhalten gedenke. Er
übersendet gleichzeitig eine Liste von
Messungen von Wayanda, Bari, Kidj und anderen centralafrikanischen Stämmen,
welche er gemeinsam mit Hrn. Richard ßuchta nach dem in Neumayer's
Handbuche für Reisende, Abschnitt „Anthropologie und prähistorische Forschungen",
S. 585, von Hrn. Virchow gegebenen Schema aufgenommen hat.
Ein fast gleichzeitig von Hrn. Buchta, d. d. 9. December .1878, von Redjaf
eingegangenes Schreiben bestätigt, dass die Messungen mit aller Vorsieht vorge-
nommen sind, dass jedoch die Maasse 9 und 14 in Ermangelung eines Schiebe-
instrumentes sehr schwierig herzustellen waren. Er übersendet folgende genauere
Angaben über die gemessenen Personen:
Nr. 1. Kanjämbo-Mann aus Uganda, 26 Jahre alt, Hautfarbe dunkelbraun,
der Grundton siennabrauu, Iris tief dunkelbraun, Bindehaut hell gelblich, Haare
schwarz, gekraust, glanzlos, sehr spärlicher Bartwuchs, Ernährung sehr gut.
Nr. 2. Mukwänga. xMann aus Uganda, Alter 4S— 50 Jahre, Hautfarbe gleich
Nr. 1, etwas heller. Iris dunkelbraun, fast schwarz, Bindehaut schmutzig gelblicli,
Kopfhaar kurz, schwarz gekraust und glanzlos, Bart sehr spärlicli, Ernährung
schlecht.
Nr. 3. Kikonjä. Mann aus Uganda, 25—26 Jahre. Hautfarbe bisterbraun,
Iris tiefbrauu, Bindehaut fast weiss, wenig gelblich, Kopfhaar (kurz geschnittiMi)
schwarz, glanzlos, Bart nur an der Lippe und sehr spärlich. Ernährung zienilieh
gut, Zähne gleich Nr. 1 und 2 vollständig und in sehr gutem Zustand, schwach
blatternartig.
Nr. 4. Kitasiinbo. Mann aus Uganda, .\lter 23 — 24 Jahre. Hautfarbe
schmutzig dunkelsiennabraun, Iris braun, Bindehaut weiss, mit einem bläulichen
(317)
Stich, wenig gotrübt, Kopfhaar schwarz, glanzlos, kurz und gekraust, Bart sehr
spärlich an der Oberlippe, l']rniihrung gut, hJfirnbcin beiderseits seitlich eingedrückt,
Zähne vollständig in gutem Zustand, die vorderen Schneidezähne stehen in gerader
Linie nicht bogenförmig.
Nr. 5. Kibati. Manu aus Uganda, Alter 44—45 Jahre, Hautfarbe fast rein
sepiabraun, Iris tief dunkelbraun, Bindehaut schmutzig gelblich, Kopfhaar schwarz,
glanzlos kurz, gekraust. Ernährung mittolmässig, Zähne bis auf den letzten linken
Hackenzahn und 1 Schneidezahn im Unterkiefer gesund und vollständig. Diese
5 Waganda-Männer geh<irten einer Gesandschaft M'tesa's an Gordon -Pascha in
Chartum an.
Nr. G Gag. Mann vom Stamm der Kitsch in Ghabat Schän)be, Alter 40 Jahre.
Hautfarbe fast schwarz, Iris fast schwarz, Bindehaut schmutzig orangegelb, Kopf-
haar schwarz, glanzlos, kurz, gekraust, Bart sehr spärlich, Haare am Körper rasirt,
Krnährung gut, Armmuskeln gut ausgebildet, ßeinmuskeln schwach, Wade geformt.
An Kopf, Arm und Beinen, nicht am Rumpf treten die Venen stark hervor. Zähne
gut und bis auf die ausgezogeneu 4 Schneidezähne im Unterkiefer vollständig.
Nr. 7. Nagrär Manu vom Stamme der Kitsch. 28 Jahre. Hautfarbe fast
schwarz, Iris und Bindehaut gleich Nr. (5. Köpfhaar gekraust, matt, roth gefärbt,
bartlos. Ernährung gut. Die vorderen 4 Zähne des Unterkiefers ausgezogen, kleiner
Nabelbruch, Os frontis eingedrückt.
Nr. 8. Tämber. Kitschneger, 45 Jahre alt, Hautfarbe fast schwarz, Iris sehr
dunkel, Bindehaut schmutzig orangefarbig. Kopfhaar schwarz, glanzlos, gekraust,
bartlos, Haare am Körper rasirt, Ernährung gut; am Kopf, Armen und Beinen
treten die Venen stark hervor, die vorderen 4 Zähne des Unterkiefers ausgezogen,
das rechte Bein um 25 mm kürzer als das linke, durch eine Verwundung am Ober-
schenkelgelenk von einem Hippopotamus entstanden, am linken Bein 60 mm über
dem Kniegelenk eine gleiche Wunde.
Nr. 9. Murgan. Demboneger vom Bahr Ghazal, ca. 22 Jahre. Hautfarbe
schön sepiabraun mit röthlichem Untergrund, Iris bisterbraun, Bindehaut gelblich,
Kopfhaar (rasirt) schwarz, glanzlos. Ernährung sehr gut. Arm- und Wadenmuskeln
gut ausgebildet. Zähne vollständig und in gutem Zustande, kleiner Nabelbruch,
wenig erkennbare Blattern narben.
Nr. 10. N'gär, Demboneger, '26 Jahre alt, Hautfarbe röthlich braun, Iris
bisterbraun, Bindehaut bläulich, Haare schwarz, schwach glänzend, gekraust, Er-
nährung gut, die unteren 4 Schneidezähne ausgezogen. Kleiner Nabelbruch, wenig
erkennbare Blatternarben
Nr. 11. Adjong. Schech der Bohr-Neger, ca. 50 Jahre. Hautfarbe sehr
dunkelbraun, fast schwarz. Iris grau, farbenspielend, Bindehaut gelblich, Kopfhaar
grau, gekraust, glanzlos, Bart am Kinu und sehr wenig au der Oberlippe grau,
Haare am Körper rasirt. Ernährung gut, Muskeln gut ausgebildet, die unteren
4 Schneidezähne ausgerissen. Vorhaut nicht beschnitten, gleich allen vorhergehenden
Nr 12. Ferrik, Bohr-Neger, 23 Jahre. Hautfarbe fast schwarz, Kopfhaar
kraus, glanzlos, roth gefärbt, Haar am Körper rasirt. Iris tief braun. Bindehaut
gelblich, Eruährung gut, Muskeln gut ausgebildet, Zähne bis auf 4 Schneidezähne
im Unterkiefer vollständig.
Nr. 13. Adjiiät, Bohr-Neger, 30— o2 Jahre Hautfarbe schwarz. Iris tief
braun, Bindehaut gelblich, Kopfhaar schwarz, gekraust, matt. Am Körper haarlos,
bartlos, Ernährung gut, Zähne gut. die unteren 4 Schneidezähne ausgerissen.
Nr. 14. Agiiük, Bohr-Neger, 40 Jahre. Hautfarbe sehr dunkelbraun, fast
schwarz, Iris dunkelbraun, Bindehaut gelblich. Kopfhaar schwarz, glanzlos, ge-
(318)
kraust, Ernährungszustand gut, Zähne gut, bis auf 4 Schneidezähne des Unterkiefers
vollständig.
Nr. 15. ßiär, Bohr-Neger, 35 Jahre. Hautfarbe fast schwarz, Iris dunkel-
l>raun, Bindehaut gelblicli, Kopfhaar schwarz, ghinzlos, gekraust, hartlos, am Körper
Haare rasirt. Ernährung gut, die 4 Schneidezähne im Unterkiefer fehlen.
Nr. 16. Kol, Bohr-Neger, 26 — 27 Jahre alt. Hautfarbe schwarz (sehr
dunkel), Iris dunkelbraun, Bindehaut gelblich, Kopfhaar schwarz, glanzlos, gekraust.
Der Körper haarlos, auch bartlos, Ernährung gut, Zähne gleich den vorigen.
Nr. 17. N'dreiiä, "Weib vom Stamme der Abäkä (Mäkräkä), 17 — Ih Jahre
alt, Hautfarbe dunkelbraunrotb, Iris sehr dunkelbraun, Bindehaut gelblich, Kopf-
haar schwarz, glanzlos, wollig, gekraust. Am Körper Haare entfernt, Ernährung
gut, Zähne bis auf 3 im Unterkiefer fehlende Schneidezähne vollständig und ge-
sund. Schwanger (im 6. Monat?), Oberlippe durchbohrt für einen Ring.
Nr. 18. Sinä. Weib vom Stamme der Moudü (Mäkräkä), 16 — 17 Jahre alt,
Hautfarbe dunkelrothbraun, Iris dunkelbraun, Bindehaut hell gelblich, Kopfhaar
schwarz, glanzlos, kraus, wollig, Haare am Körper nicht entfernt, Ernährung gut,
Muskeln gut ausgebildet. Arme und Unterleib mit Tättowiruug bedeckt, symmetrisch
angebrachte, kurze, erhaben ausgeheilte Einschnitte.
Nr. 19. Dsuän, Bari -Weib, ca. 18 Jahre. Hautfarbe tief bisterbraun, Iris
ilunkelbraun, Bindehaut stark orangefarben, schmutzig; Kopfhaar schwarz, ebenso
wie das Haar am Körper rasirt. Ernährung gut, Zähne bis auf 4 Schneidezähne
des Unterkiefers vollständig und gut.
Nr. 20. Waschük, Bari-Weib, 24 — 25 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris
schmutzig braun, Bindehaut stark orangefarben, Kopfhaar schwarz, ganz rasirt,
ebenso auch Haare am Körper. Ernährung nicht sehr gut. Schwanger. Die unteren
4 Schneidezähne fehlen. 1 Lücke im Oberkiefer. Der Leib von den Brüsten
herab über und über tättowirt.
Nr. 21. Tjo che, Bari-Weib, 18 — 2l) Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris braun,
schimmert in's Graue, Bindehaut schmutzig dunkelgelb. Kopfhaar schwarz, kurz
geschoren, alle Haare entfernt. Ernährung gut. Die unteren 4 Schneidezähne
fehlen, wenig tättowirt.
Nr. 22. Dsuän, Bari -Weib, 22 Jahre. Hautfarbe bisterbrauu, matt, Iris
dunkelbraun, Bindehaut schwach gelblich, schmutzig; Kopfhaar schwarz, kurz ge-
schoren, ebenso Haare am Körpei-, Ernährung gut, die Bursae patell. bis zu Apfel-
grösse entwickelt. Schwanger, keine Tättowirung.
Nr. 23. Doki, Bari- Weib, 22 — 23 Jahre. Hautfarbe tief bisterbraun, Iris
braun mit bläulichen Flecken, Bindehaut schwach gelblich, Kopfhaar schwarz, glanz-
los, gekraust, am Körper Haare entfernt, Ernährung nicht gut, Zähne bis auf vier
Schneidezähne im Unterkiefer vollständig. Schwanger. Nicht tättowirt.
Nr. 24. Lakö, Bari-Neger, 18 — 19 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris braun,
Bindehaut schmutzig orangegelb, Kopfhaar schwarz, glanzlos, kraus wollig, bartlos,
Haare am Körper entfernt, Ernährung gut, Zähne gesund und bis auf die unteren
4 Schneidezähne vollständig. Muskeln an Arm und Beinen gut ausgebildet, Vor-
haut vorhanden, zweite Zehe länger als die erste. —
Nr. 25. Tangon, Bari-Neger, 20 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris braun,
Bindehaut schmutzig orangogelb, Kopfhaar schwarz, glanzlos, wollig, sehr kurz ge-
schoren, bartlos, Haare am Körper entfernt. Ernährung gut, Zähne gut, die unteren
4 Schneiilezähne fehlen.
Nr. 26. Lugädi, Bari-Neger, 22 Jahre, Hautfarbe tief bisterbraun, Iris dunkel-
braun, Bindehaut schmutzig orangegelb, Haare schwarz, glanzlos, gekraust, bartlos,
(319)
Körperhaaro entfernt, Rrnährung gut, Zähne gut und bis auf eine zufällige Lücke
vollstämlig, zwisdien der grossen und zweiten Zehe grosser Zwischenraum (bei den
Bari im Ganzen sehr oft beobachtet).
Nr. 27. Kuti, Bari-Neger, 26 Jahre alt, Hautfarbe dunkel sepiabraun mit
etwas röthlichem Grunde, Iris dunkelbraun, Bindehaut schmutzig orangegelb, Kopf-
haar schwarz, glanzlos, kraus, wollig, spärlicher Bart, Vorhaut vollständig, Zähne
gesund, die unteren 4 Schneidezähne ausgezogen, Entfernung der ersten und zwei-
ten Zehe.
Nr. 28. Lak('), Bari-Neger, 26 Jahre, Hautfarbe bisterbraun, Iris braun,
Bindehaut schmutzig orangegelb, Kopfhaar schwarz, glanzlos, kraus, bartlos, Körper-
haare entfernt, Ernährung gut, Zähne gut, die unteren 4 Schneidezähne fehlen.
Entfernung der ersten und zweiten Zehe.
Nr. 21). Oani, Bari-Neger, 24 — 25 Jahre, Hautfarbe bisterbraun, Iris dunkel-
braun, Bindehaut schmutzig orangegelb, Kopfhaar schwarz, glanzlos, gekraust,
bartlos, Körperhaare entfernt, Ernährung gut, Zähne gut, die 4 Schneidezähne im
Unterkiefer ausgezogen.
Nr. HO. Märi, Bari-Neger, 27 — 28 Jahre, Hautfarbe bisterbraun, Iris braun,
Bindehaut schmutzig orangefarben, Kopfhaar schwarz, glanzlos, gekraust, spärlicher
Backen- und Schnurbart, Ernährung sehr gut, Zähne gesund und vollständig. Zwei
Hydrocelen.
Nr. 31. Tämbi, ßari-Schech (Baker's erbitterter Feind), 55 Jahre. Hautfarbe
bisterbrauu, Iris dunkelbraun, Bindehaut schn)utzig orangefarben, Kopfhaar schwarz,
glanzlos, wollig, kraus, spärlicher Bart an Oberlippe und Kinn. Ernährung gut,
Zähne gut und vollständig bis auf eine Lücke, blatternnarbig.
Nr. 32. Dugäli, Bari-Neger, 42 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris dunkel-
braun, Bindehaut schmutzig gelb. Kopfhaar schwarz, glanzlos, gekraust, kleiner
Kinnbart, Ernährung gut, Zähne: 4 Schneidezähne im Unterkiefer ausgezogen, 1 im
Oberkiefer ausgefallen, hautkrank.
Nr. 33. Löron, Bari-Schech, 38 Jahre. Hautfarbe tief bisterbraun, fast
schwarz, Iris braun mit trüben Flecken, Bindehaut schmutzig orangegelb. Kopfhaar
schwarz, glanzlos, kraus, sehr spärlicher Bart an der Oberlippe und am Kinn, Er-
nährung gut, Zähne gesund und vollständig, blatternnarbig, Eczema. Entfernung
der ersten und zweiten Zehe.
Nr. 34. Gori, Bari-Neger, 40 Jahre. Hautfarbe fast schwarz, Iris braun,
Bindehaut schmutzig gelblich, Kopfhaar schwarz, glanzlos, kraus, spärlicher Bart
an Oberlippe und am Kinn. Ernährung gut, Zähne gesund und vollständig.
Nr. 35. Tambi, Bari-Neger, 30 Jahre. Hautfarbe tief bisterbraun, Iris braun,
Bindehaut schmutzig gelblich, Kopfhaar schwarz, glanzlos, kraus; Ernährung gut,
Zähne gesund, die unteren 4 Schneidezähne ausgezogen. Eczema.
Nr. 36. Lad 6, Bari-Neger, 2G — 27 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris braun,
P>indehaut schmutzig geJb, Kopfhaar schwarz, matt, kraus, kein Bart, Körperhaare
cutferut, Ernährung gut, Zähne gesund und bis auf einen Backenzahn vollständig.
Hydrocele.
Nr. 37. Fitjer, Bari-Neger, 24 — 25 Jahre. Hautfarbe bister braun. Iris braun,
Bindehaut schmutzig gelb, Kopfhaar schwarz, matt, kurz geschoren, bartlos, Er-
nährung nicht ganz gut, Muskeln weich. Zähne gut und bis auf eine Lücke voll-
ständig.
Nr. 38. Kaboki, Bari-Mädchon. 17 Jaliro. Hautfarbe dunkel bisterbraun,
Iris dunkelbraun mit hellereu Flocken, Bindehaut stark gelblich, Kopfhaar schwarz.
(320)
matt, ganz kurz geschoron, Haare am Körper entfernt. Ernähriing gut, Zähne bis
auf 4 untere Schneidezahne vollständig, gut. Nicht tättowirt. Eczema.
Nr. 39. Kak('), Bariweib, 22 — 24 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris dunkel-
braun, Bindehaut schmutzig orangefarben, Kopfhaar schwarz, glanzlos, ganz kurz
geschoren. Ernährung gut, Zähne gesund, 4 untere Schneidezähne ausgezogen,
bursae patellares massig vergrössert. Der Unterleib tättowirt.
Nr. 40. Kabüki, Bariweih, 22 — 24 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris dunkel-
liraun, Bindehaut schmutzig orangefarben. Kopfhaiir schwarz, matt, ganz kurz ge-
schoren. Ernährung gut, Zähne gesund, 4 untere Schneidezähne ausgezogen,
schwanger, bursae patellar. vergrössert. Nicht tättowirt. Eczema.
Nr. 41. Föni, Bariweib, 18 — 20 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris dunkel-
braun, Bindehaut schmutzig orangegelb, Kopfhaar schwarz, matt, ganz kurz ge-
schoren, Körperhaare entfernt. Ernährung gut, Zähne gesund, 4 untere Schneide-
zähne fehlen, schwanger, bursae patellar. vergrössert. Nicht tättowirt.
Nr. 42. Käriga, Bariweib, 20 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris dunkel-
braun, Bindehaut schmutzig orangefarben. Kopfhaar schwarz, matt, ganz kurz ge-
schoren, Körperhaare entfernt, Ernährung gut, Zähne gesund, 4 untere Vorderzähne
ausgezogen, schwanger, bursae patellar. massig vergrössert, tättowirt.
Nr. 43. Fita, Bari -Weib, 35 (?) Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris dunkel-
braun, Bindehaut schmutzig gelblich, Kopfhaar schwarz, matt, kurz geschoren,
Körperhaare entfernt. Ernährung gut, Zähne gesund und bis auf 4 untere Schneide-
zähne vollständig, schwanger, bursae patellar. vergrössert, tättowirt.
Nr. 44. Näni, Bariweib, 17 Jahre. Hautfarbe bisterbraun, Iris dunkelbraun,
Bindehaut schmutzig orangefarben. Kopfhaar schwarz, matt, kurz geschoren, Er-
nährung nicht sehr gut, Zähne gesund, 4 untere Vorderzähne fehlen; schwanger,
tättowirt, bursae patellar. massig vergrössert.
Bezeichnung der Maasse.
., 20. Entfernung der Nasenwurzel von der
Nr. 1. Aufrechte Höhe vom Scheitel bis zur äusseren Ohröft'nung.
Sohle. „ 21. Entfernung der Nasenscheideward von
2. Grösste Länge des Schädels. der äusseren Ohröffaung.
3. , Breite , „ ,22. Entfernung der Oberlippe von der
4. Höhe des Gesichtes. äusseren Ohröffaung.
, 5. Obere Breite des Gesichtes. „ 23. Entfernung des Kinns von der äus-
, 6. Untere , , „ seren Ohröffnung.
, 7. Jochbreite. „ 24. Horizontaler Kopfumfang.
, 8. Nasenhöhe. « „ 25. Kopfbogen.
, 9. Höhe des Kopfes. , 26. Brustumfang.
, 10. Länge des Halses. „ 27. Abstand der Brustwarzen.
, 11. Länge des Rumpfes. „ 28. Schulterbroite.
, 12. Höhe des Nabels. , 29. Bauchumfang.
, 13. , der Schambeinfuge. , 30. Reckenbreite.
, 14. Aufrechte Höhe des Schädels vom , 31, Länge des rechten Armes,
(iehörgang bis zum Scheitel.
, 15. Entfernung der äusseren Ohröff-
nungen.
„ IG. (.'bore Nasenbreite.
, 17. Untere Nasenbroite.
, 18. Läni^e des Nasenn'ickeiis.
- 19. bange dos Mundes.
Temperatur der Achselhöhle in Fahrenheit-Scala.
Die Tabelle selbst lautet folgendermassen:
32.
,
, Oberarmes.
33.
„
„ Vorderarmes.
34.
,
der Hand.
35.
»
des rechten Beines.
36.
n
„ Oberschenkels.
37.
f
, Unterschenkels.
38.
^
, Fusses.
(321)
Maasstabelle nach Dr. Virchow.
Die iVlaasse sind in Millimetern ausgedrückt.
Wagaiula-Münner
t4
o
.0
■et
•CS
3
a
o
a
a
Ui
m
Kitsch-Neger.
"^
Denibo-
Neger.
x;
Bohr-
Neger.
(Kummer des vermessenen Individuums
Colf
)nne
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
1
i
1
12
Altei
26
1
48—50
25-26
23-24
45
40
28
45
22
23
50
23
Ciesc
hl.
5
ö !
5
5
6
6
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5
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5
^ 1
5
Nr.
1
1610
1768
1682
1568
1620
1773
1700
1790
1696
1750
1750
1863
51
2
188
189
195
194
194
184
179
182
185
193
198
196
>l
3
132
138
142
144
141
129
138
135
137
150
143
146
9J
4
130
131
117
117
122
129
124
117
132
106
137
126
))
5
113
103
104
109
111
112
133
127
12i
136
119
115
?5
6
93
100
93
105
100
107
103
107
99
98
106
106
9|
7
114
118
140
129
134
128
137
138
134
142
135
134
9)
8
60
61
47
57,5
53
63
63
57
61
52
61
66
1)
9
226
229
2-25
233
216
211
227
204
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240
225
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71
67
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76
79
72
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11
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560
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546
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528
515
566
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514
))
12
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1044
1080
902
966
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321
310
331
273
299
289
328
305
34Ö
„ 34
212
190
205
185
220
181
210
198
227
198
209
M 35
1012
912
1112
991
1080
918
896
927
1090
1000
1088
„ 36
476
403
493
436
450
414
387
430
490
1 464
521
„ 37
480
430
512
473
502
430
450
422
488
491
540
„ 38
270
237
276
253
253
252
261
224
257
264
286
Pulsschi.
80
84
76
68
64
72
100
96
1 104
1 80
74
Athemz.
22
24
18
16
20
22
24
26
! 24
! 24
19
Temper.
98,2°
j 98,6°
—
—
1 ~
98,2°
1 -
i
97,7°
97,6
21*
(324)
Maasstabelle nach Dr. Virchow.
Die Maasse sind iu Millimetern ausgedrückt.
Bari-Neger
Bari- Weil
3 e r
0)
a
13
a
-o
"TS
0)
-o
1^
'a
rt
'a
CS
-3S
:3
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cj
CS
n
-o
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-cö
?^
H
i-J
E
M
ui
Ui
P^
M
f^
Z
Nun
amer de
3 vermessenen Individuums
Colonne
I.
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
Alter
30
26-27
24—25
17
22—24
22-24
18-20
20
35
17
Geschl.
6
6
6
2
2
$
2
2
2
$
Nr. 1
1717
1803
1700
1595
1714
1748
1570
1590
1620
1609
., 2
194
194
194
178
182
178
187
188
191
188
„ 3
137
146
134
130
135
131
134
135
139
133
» 4
122
116
1-25
104
118
119
125
114
124
116
» 5
110
99
104
99
106
102
99
91
90
102
., 6
97
91
90
90
101
105
90
91
85
93
„ 7
12ß
120
118
112
126
132
117
116
118
119
» 8
56
50
46
50
46
53
54
44
43
46
0
193
182
201
201
206
199
210
209
210
206
„ 10
95
92
87
65
78
97
56
68
72
73
,. 11
503
523
481
480
500
542
492
520
548
521
,, 12
1050
1120
1048
981
1100
1092
943
948
1004
1018
,, 13
917
982
928
816
949
897
800
812
823
882
M 14
116
114
102
104
112
120
116
HO
113
114
„ 15
143
134
133
123
135
138
126
128
122
131
,, 16
31
31
30
30
32
31
30
29
28
30
,, 17
42
40
48
35
34
37
35
39
37
36
„ 18
57
54
54
43
47
56
49
41
48
50
,. 19
51
50
53
44
56
52
46
48
46
39
„ 20
119
116
119
107
115
110
113
111
113
113
» 21
128
127
125
111
128
112
120
113
124
116
„ 22
142
142
141
130
143
130
138
138
147
134
„ 23
141
146
139
116
151
138
133
139
138
130
„ 24
539
562
554
522
523
519
534
523
527
522
„ 25
319
320
318
310
306
290
302
294
310
305
,, 26
855
910
802
773
862
855
812
788
822
796
,. 27
512
258
211
210
240
250
195
202
172
212
,. 28
442
400
38.i
395
382
418
340
392
405
322
„ 29
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745
723
651
770
752
730
740
767
812
„ 30
284
291
283
267
272
284
253
280
255
297
„ 31
770
812
795
711
733
800
680
680
752
782
„ 32
330
331
321
299
342
328
310
275
300
340
,, 33
312
322
309
245
318
305
255
287
289
306
„ 34
221
213
189
172
190
205
182
183
188
193
„ 35
918
1017
923
872
938
93 '2
800
842
824
883
„ 36
407
421
4:i7
391
441
418
370
366
372
370
„ 37
472
400
454
423
446
452
405
427
431
460
„ 38
267
266
257
221
232
252
226
230
224
248
PnIssrhI.
73
84
76
76
74
86
76
72
80
78
Atbenr/..
22
18
16
22
18
20
22
19
24
17
Temper.
98,2°
98,5 ''
97,8"
09°
98"^
98,4°
98,5°
98,2°
98°
97,8°
(825)
Hr. Dr. Israel hat die Güte gehabt, nach den Originalzahlea die Haupt-
Indices zu berechnen:
I. Indices der einzelnen Personen.
11
OJ ■<)
<n M
M O
Name
a> p— <
C2
.2 g
Staiuiu.
a ö
S 'S
S 'S
1-5
Ä
1. Kanjämbo . .
70,2
71,7
115
139,8
114
2. Mukwaiipa . .
73
68,8
127,1
131
111
Waganda-
Männer.
3. Kikonja . . .
G7,7
89,4
112,5
125,8
83,6
4. Kiti>.siinl)0 . .
74,2
72
107,3
111,4
91,4
5. Kibati . . .
72,6
81,0
109,9
112
91,4
6. Gag ....
70,1
61,9
115,1
120,5
100,8
l ^ , ,
7. Nagrar . . .
71,4
68,2
93,2
120,3
90,5
\ Kitsch-Neger.
8. Tamber . . .
74,1
72,8
92
109,3
84,7
J
9. Murgan . . .
74
68,8
107,3
133,3
98,4
l Detiibo-Neger
10. N'gar. . . .
77,4
73
77,9
108,1
74,6
11. Adjong . . .
72,2
68,8
115,1
120,7
101,4
12. Ferrik . . .
74,5
66,6
109,6
118,8
94,0
13. Adjuät , . .
f.9
61,4
109,3
126,1
98,6
. Bohr-Neger.
H. Agiuik . . .
69,8
58,5
114
123,6
100,7
15. Biar ....
77,5
72,3
120
133,3
100,7
IG. KGl . . . .
72,7
62,7
120,7
135,1
107,6
17. N'dreua . . .
81,8
67,7
101,7
120,1
95
1 Mäkräkä-
j Weiber.
18. Sinä ....
79,3
80
118,8
121,5
90,6
19. Dsuan . . .
71,8
78,8
113,2
120,9
96
■
20. Waschük . .
67,8
93,3
106,3
132,9
89,3
21. Tjoche . . .
72,5
83,7
111,6
132,1
93,5
, Bari -Weiber.
22. Dsudn . . .
71,6
81,2
113
109,7
99,1
23. Doki ....
69,8
75,4
113,2
127,6
102,6
■
24. Lakü ....
70,6
78,4
104,5
108,9
83,8
■
25. Tangoii . . .
73,9
93,3
119,0
116,6
92,2
26. Lugadi . . .
69,9
64,2
146,3
144,8
122,4
27. Kuti ....
74,4
61,4
126,4
143,3
102,3
28. Lakü ....
69,5
81,8
103,2
129,5
90,8
29. Oani ....
73,5
77,3
116
126,7
96
30. Märi ....
73,8
66
11*9,8
119,8
95
Bari-Neger.
31. Tanibi . . .
69,3
74,6
130,7
146,2
132,6
32. Dngäli . . .
74,4
73,2
109,9
115
88,3
33. Li)ron . . .
73
68,4
114,7
142,5
106,4
34. Gori ....
74,7
83,6
112,1
138,4
95,5
35. Taiiihi . . .
70,6
75
110,7
125,6
96,8
36. Ladu ....
75,2
80
117,1
125,7
96,6
37. Fitjer. . . .
68,8
104,3
120,1
138,8
105,8
■
38. Kaboki . . .
69,1
70
105,4
115,5
92,8
39. Kako ....
74,7
1 73,7
111,2
116,8
93,1
40. Kal)uki . . .
73,5
69,4
116,6
' 113,3
90,1
41. Foni ....
76,6
64,8
i 126,2
, 133,3
106,8
Bari -Weiber.
42. Käriga . . .
71,8
88,0
125,2
125,2
98,2
43. Fita ....
72,7
86
137,7
1 145,8
105
44. Näni ....
70,7
78,2
113,7
j 124,7
97,3
(326)
Gemittelte Indices der Stämme.
S t a in in
Längenbrei-
ten-Index
Nasen-Index
Gesichts-
Index A.
'S X
CD ^
Mittel
der
Körperhöhe
Waganda-Männer (5) .
71,5
76,6
114,4
124
98,3
1653,5
Kitsch-Neser (3) . .
71,9
67,6
100,1
116,7
92
1754
Deiubo-Neger (2) . .
75,7
70,9
92,6
120,7
86,5
1723
Bohr-Neger (6) . . .
72,6
65,0
114,7
126,2
100,5
1824
Mäkräkä -Weiber (2) .
80,5
73,8
110,2
120,3
92,8
1514
Bari-Männer (14) . .
72,2
77,3
117,8
130,1
100,3
1764
Bari -Weiber (12) . .
71,8
78,5
116,1
124,8
96,9
1682
Bari-Neger (26). . ,
72,1
77,8
117,1
127,6
98,7
1724
Zu bemerken ist, dass die Gesichtsindices A, B und C in der Art berechnet
sind, dass die Gesichtshöhe (Entfernung der Nasenwurzel vom Kinn) mit 100 mul-
tiplicirt und bei A mit der oberen Gesichtsbreite (Sutura zygom. maxill.), bei B
mit der Unterkieferwinkeldistanz, bei C mit der Jugalbreite dividirt ist.
Es ergiebt sich dabei, dass die beiden Makräkäweiber ein brachycephales
Mittel (8(1,5) ergeben, während alle anderen Stämme dolichocephal sind. Ob dabei
das Geschlecht von Eiiifluss war, steht dahin. Bei den Bari sind die Weiber sogar
mehr dolichocephal als die Männer.
Auffallend ist die Verschiedenheit der Kitsch-Neger, welche fast in allen Posi-
tionen von den Mitteln der übrigen Stämme abweichen. Bei hoher Dolichocephalie
haben sie den zweitkleinsten Nasenindex und sehr geringe Gesichtsindices.
Weitere Vergleichungen werden am besten für eine spätere Zeit vorzubehal-
ten sein.
(23) Hr. Fi n seh sendet in einem Briefe an den Vorsitzenden, d. d. Honolulu,
26. Juli, einen
Bericht über die Insel Oahu.
„Schon nächsten Dienstag werde ich mit der Bark „Hawaii" direct nach Dscha-
luit (Bouham), der Hauptinsel der Marshallgruppe, segeln und voraussichtlich gegen
Ende August dort eintreffen. Meinen Aufenthalt hier suchte ich nach besten
Kräften auszunutzen, indem ich eine dreiwöchentliche Tour nach Maus unternahm.
Dieselbe zeigte mir, wie erwartet, die grosse Armuth der Fauna, aber auch, dass
jetzt noch Zeit ist, zu retten. Wie der Mensch, schwinden auch die eingebornen
Thierarten dahin, und manche werden längst aufgehört haben zu sein, ehe sie unter
das Auge des Beobachters kamen. Mit der Verwilderung der Hausthiere (nament-
lich Rind, Schaf, Ziege) verschwinden die Wälder und mit ihnen die Thiere. Schon
jetzt sieht man unzählige Invaliden in den Wäldern: sie tragen das Gepräge des
dem Untergänge Geweihten; nirgends Junger Nachwuchs, der Riadern und Schafen
zufällt. Mit dem Ohiobaume z. B. werden die schönen rothen Vögel verschwinden,
aus denen man früher die herrlichen Königsmäntel und Federkränze machte. Die
Eingebornen begniigen sich gleichsam traditionell, der alten Sitte treu, mit künst-
lichen, jenen gelben und rotheu Federschmuck rcpräseutireuden Bändern. Die
(327)
meiston Eingebornen haben die Namen der eingebornen Thiere vergessen; nur
wenige bewahren die alte Kunst sie zu fangen. So ist der reisende Naturforscher
hier in Allem auf sich angewiesen, und wie schwer es ist, zu sammeln, weiss nur
der, der diese Wälder und Natur gesehen. Mit den eingebornen Bäumen ver-
schwinden auch andere Thiere. Die interessanten Achatinellen, früher häufig,
sterben ebenfalls aus; die eingebornen wenigen Süsswasserfische werdfn durch
(ioldfische verdrängt. So glaube ich, dass die Beobachtungen, welche jetzt noch
gesammelt worden, besonders interessant sind, und desshalb lege ich meiner kleinen
Sammlung besonderen Werth bei, in der Hoffnung, dass die gelehrten Herren zu
Haus ebenso denken,
„Mit den Kanakern habe ich mich noch nicht soviel, besser gar nicht, be-
schäftigen können. Honolulu ist zu civilisirt, und auf den Plantagen, wo ich war,
sieht man mehr Chinesen als Eingeborne. Sie müssen desshalb verzeihen, wenn
ich bisher noch keine Messungen etc. einzusenden im Stande bin. Ich muss mir
dies für später aufbewahren, wenn ich aus Mikronesien zurückkehre. Dennoch ver-
suchte ich mein Bestes und unternahm eine Tour nach Wairaanalo, au der anderen
Seite von Oaliu, wo man mir von Schädelstätten erzählte. Solche Touren kosten
hier viel Zeit und Geld, da Hilfe fast gar nicht zu haben ist; wer irgend arbeiten
will (bei Weitem nicht alle Kanaker), geht in die Zuckerplantagen. An den
Schädeln hängt daher mancher Schweisstropfen. Ich hatte sie alle selbst zu
sammeln und — heimzuschleppen, was bei 28° in dem feinen, weissen, blendenden
Corallensand, ohne Wasser, immer ein schweres Stück Arbeit ist. Dabei möchte
man nocii ein Gewehr mitschleppen, da das halbwilde Rindvieh oft auf Fussgänger
losgeht. Ich würde sehr glücklich sein, wenn Sie mit der Sendung einigermassen
zufrieden wären, denn ich glaube eine schöne Auswahl getroffen zu haben. That-
sächlich nahm ich alles Brauchbare; allein mit ordentlichen Grabwerkzeugen würde
mau mehr erreicht haben. Doch konnte ich nicht einen Arbeiter bekommen und
überdies konnte ich nur 4 Tage daran wenden, da sonst keine Schiffsgelegenheit
zum Zurückkommen war. — Wenn ich von Mikronesien zurückkomme, soll mehr
geschehen; ich werde dann eine Höhle in Kauai besuchen, wo ganze Mumien
liegen sollen."
Zugleich überschickt Hr. Finsch einen Bericht über einen Besuch
der alten hawaiischen Grabstätten bei Walmanalo, Oahu.
WaÄmAxncdjy
CJUahapua,
L,funtiF(
(328)
Waiiuanalo liegt au der Südostseite der Insel Oahu und bezeichnet gegen-
wärtig eine Zuckerplantage, die Hrn. Cummings gehört. Sie besteht, wie ge-
wöhnlich, aus mehreren kleineu Häusern und Arbeiterwohuungeu für Chinesen (c. 20).
AA. Riff, 3 Faden. BB. Brandung. CC. Strand (Sand). DD. Dünen. E. Plantage. F. Höhere
Berge (vielleicht 1000). G. Alte Steinmauern der Eingebornen. HH. Hohe (1500—1700) fast
senkrechte Felswand. I. Ansiedelung Hawaischcr Fischer. K. Cap Makapua.
Im Süden wird der Küstenstrich durch eine hohe (1500 — 1700 Fuss), fast
senkrechte Seitenwand begrenzt. Sie besteht aus ziemlich verwitterter Lava, die
mauersteinartig geschichtet liegt und , durch Verwitterung, mancherlei Höhlen und
I.öcher zeigt, die oft stalaktitenartig aussehen. Die Vorsprünge der Felswand sind
mit Bäumen besetzt, ebenso die Kasis derselben, da wo Regenwässer tiefe Ein-
schnitte bildeten. Doch ist der Baumwuchs jetzt äusserst spärlich, da früher bis
vor erst 4 Jahren eine Cattle-Ranche hier existirte, mit 3000 Stück Rindvieh,
welches den jungen Nachwuchs der Bäume allenthalben vernichtet. Die Entfernung
vom Strande bis zur Plantage beträgt ca. 2 engl. Meilen; die Ausdehnung längs
dem Strande vielleicht <> engl. Meilen. Das Land ist also von Bergen einge-
schlossen und Waimaualo nur zu Pferde, über hohe schroffe Berge und tiefe
schmale 'l'liäler (Gulches) in 3—4 Stunden zu erreichen. Per Dampfer braucht
mau ti — 7 Stunden.
(329)
Der fruchtbare Lavaboden dieses Küstenstriches ist offenbar durch die vielen
Wasseradern der senkrechten Felswand abgelagert. Die senkrechten, jetzt trockenen
Einschnitte entsenden während der Regenzeit ebensoviele Wasserfälle, von denen
man bis 63 auf einen Blick zählen kann. Die fruchtbare Lavaerde ruht auf Lava,
wie die abgerissene Insel Makapua zeigt, welche aus Erde auf Lava besteht und
offenbar früher mit der Küste zusammenhing. Dieselbe erstreckte sich früher
offenbar soweit als jetzt die Brandung, aber durch Anspülung des feinen Corallen-
sandes entstand das Riff. Zugleich breitete sich durch die Nordostpassate der
Sand über das fruchtbare Land aus und bildete Dünen, die ausser hie und da mit
einer Windenart, fast kahl und stetem Wechsel unterworfen sind. Der Wind
hat breitere und schmälere Thäler in diesen Dünen ausgewühlt, und in denselben
ruhen die Skelette, Der ganze Küstenstrich besitzt in jetziger Jahreszeit nur
einen sogenannten Fluss, der indess mehr zusammenhängenden, mit Rohr bestan-
denen Teichen ähnelt und das Meer selbst nicht erreicht. Die Mündung ist ver-
sandet und bei Fluth schlägt das Meer darüber, so dass dieser Fluss in seinem
Ausflusse brakisch ist. Der Küstenstrich Waimanalo, jetzt von kaum oU Menschen
bewohnt, hatte früher offenbar so viele Hunderte aufzuweisen. Dafür sprechen die
unzähligen, noch wohlerhaltenen Mauern aus Lavablöcken, welche die Felder be-
grenzten, in denen die Eingebornen sweet potatos und Kürbisse bauten. Nament-
lich sind diese früheren Felder nach der hohen Felswand zu ungemein häufig, und
man sieht deutlich, dass jedes von der Felswand herabrieselnde Wässerchen sorg-
fältig benutzt wurde , wie die Eingebornen überhaupt in Berieselung bei der Taro-
oultur ungemein kunstreiche Bauten aufführten. Die seichte nahe Bai und Taro
(zu Poi verarbeitet) lieferten hinlänglich Nahrung für Hunderte von Menschen, wo
jetzt nur wenige leben. Durch das Verschwinden der Bäume ist der Küstenstrich
zum Theil dürr geworden und ähnelt einer düsteren und spärlich mit Gras be-
standenen Wüste.
Reste von Hütten der Eingebornen bemerkt man nirgends mehr. Ueber die
Zeit der Entvölkerung und die Ursachen derselben vermochte ich keine sicheren
Nachrichten einzuziehen. Offenbar sind hier, wie anderwärts, auf diesen Inseln die
schrecklichen Epidemien der Pocken und Masern (in den vierziger und dreissiger
Jahren) die Ursache gewesen, welche Tausende hinrafften. Die Skelette bei Wai-
manalo entspringen wahrscheinlich denselben Perioden und sind keineswegs die
Zeugen alter Schlachtfelder, wie man dies hier so gern annimmt.
Die Lage der Skelette anlaugend, so ist dieselbe ganz regellos; bald liegen
dieselben auf der Seite, bald auf dem Rücken, bald in hockender Stellung (seitlich),
die Kuiee an's Kinn gezogen. Viele der Knochen scheinen älteren Datums und
zerfallen sehr leicht. Die meisten sind ganz weiss (wie die gesandten) und durch
das Sandwehen geglättet. Kinderschädel zerfielen alle in Stücke. Einzelne Skelette
waren bräunlich gefärbt (wie die Proben), weil sie etwas tiefer im Corallensaud
ruhten, der von der See feucht ist.
Ich habe fast Alles genommen, was sich au brauchbaren Schädeln fand, und
nur zerbrochene, sowie vielleicht ein Dutzend ohne Mandibeln liegen lassen. Doch
würden sorgfältigere Nachgrabungen vielleicht eine Menge mehr liefern. Ich konnte
mit meinen Hilfsmitteln, allein auf mich angewiesen, keine genaueren Unter-
suchungen anstellen. Das Marschieren in dem losen, weissen Sande war bei der
blendenden und brennenden Sonne (2.S0K.) ohnehin ziemlich anstrengend.
Der Sand besteht aus fein gemahlenen Coralleu- und Crustaceenresten. Durch
das Wehen des Windes ist der Saud indess au manchen Stellen zusammengetrieben
und bildet LageH einer bröckligen sandsteiuartigen Masse, welche an eine Neu-
(330)
bildung erinnert, indess nirgends nennenswerthe Ausdehnung erreicht. Bemerkens-
werth sind die blitzröhreuartigen Incrustationen (wie Nr 293 der Samml.), welche
vermuthlich versandete Basistheile von Strauchwerk bilden, da sie aufrecht zu 5
bis 6 hie und da zusammenstehen. Blitzröhren sind es jedenfalls nicht, da Ge-
witter hier kaum vorkommen.
In dem feinen Corallensande sind Theile abgeschliffener Seemuscheln (Conus,
Turbo, Cypraea etc.) nicht selten, ebenso verwitterte und glattgeschliffene Corallen
(Milleporen etc.). Wie diese Seethierreste sich ziemlich weit landeinwärts in die
Düne erstrecken, ebenso finden sich todte Landconchylien am Anfange der Dünen-
thäler, wohin sie offenbar durch frühere dort mündende Bäche angespült wurden.
Die zoologische Sammlung enthält unter 258 und 259 solche todte Landconchylien.
Nr. 259 ist in unzähliger Menge an manchen Orten; Nr. 258 eine Achatiuelle, die
in den Gulchen der Felswand noch spärlich lebend vorkommen soll, ist bedeutend
seltener. Auch die Melania (Nr. 255) findet sich todt; ich fand sie in einem
kleineu Süsswasserbache noch in Menge lebend.
Neben den Menschenskeletten finden sich in grosser Anzahl zerbrochene
öcheeren einer Krabbenart, sowie Vogelknochen, aber sie sind allenthalben ver-
streut und bilden keine Küchenabfalllager. Ich sende unter Nr. 290 (v/ohl Brust-
bein vom Huhn) und Nr. 291 solche Reste mit. Letztere gehören einer Gaus an,
und es würde interessant sein zu ermitteln, ob sie Anser sandricensis angehören,
die wenigstens jetzt nicht mehr auf Oahu lebt. Am häufigsten sind Arm- und
Beinknochen von Vögeln, da die kleineren meist zerfallen sind. Ausserdem sind
Fischzähne (wie Nr. 288) sehr häufig, namentlich die schmelzartigen. Selten Reste
wie Nr. 289 (dessen Bestimmung ich gern wissen möchte). Von Hausthieren fand
ich nirgends Spuren; Pferde- und Rindsschädel waren neuen Datums. Dagegen
fand ich mehrere Knochenpanzer von Schildkröten, d. h. nur die verkalkten ein-
zelnen Stücke, aber zusammenliegend und je zu einem Thiere gehörend. Nirgends
zeigten sich Anhäufungen solcher Reste, die schliessen lassen könnten, dass sie
von Mahlzeiten herrühren, üeberhaupt sind Seeschildkröten ja sehr selten hier.
Da sich nirgends Reste von Küchenabfällen fanden, waren die Haufen, an-
scheinend von Menschenhand gespaltener Lava-(Basalt)-Stücke um so merkwürdiger.
Sie gleichen durchgehends den Proben Nr. 295 und bildeten zwischen den Dünen
einzelne Haufen von 5 bis 6 Fuss Durchmesser und vielleicht 2 bis 3 Fuss Höhe.
Diese Hügelchen werden von Sand gebildet, der wie von Menschenhand mit diesen
Stückchen belegt ist. Vergl. die Skizze, welche namentlich oberseits einen fast
künstlich zusammengelegten Steiurand zeigt.
Solcher Häufchen waren übrigens im Ganzen nur wenige. Sie scheinen offen-
bar von Menschenhand geformt, zur Zeit als Waimanalo noch dicht bevölkert war.
Dafür spricht auch Nr. 294, ein jedenfalls zu einem (Jlerätli (Axt) bearbeitetes
(331)
Stück, übrigens das einzige derartige, was ich fand. Ausser diesen künstlich ge-
schlagenen Stücken finden sich mehr oder minder durch Wasser abgeschliffene
Lavastücke, die mit Hochwasser der Bäche angespült sind.
Was die Schädel anbelangt, so unterliegt es keinem Zweifel, dass sie echten
Hawaiiern angehören, und zwar aus einer Zeit, wo dieselben noch gänzlich frei von
weissen Einflüssen waren. Der Europäer hat erst seit wenigen Jahren hier Fuss
gefasst, und dieser Küstentheil blieb unberührt von ihnen. Schon die seichte und
nicht ungefährliche Hai lässt keine Schiffe hier landen, ausser ganz kleinen Fahr-
zeugen.
Einige defecte Schädel sende ich desshalb mit, weil mir die Form sehr ab-
weichend schien und sie jedenfalls die Serie bereichern dürften.
(24) Hr. Virchow legt eine Reihe von
Photographien von Negrito-Schädeln von den Philippinen
vor, welche er durch die Güte des Hrn. G. A. Baer erhalten hat. Dieselben waren
von folgendem Briefe desselben Herrn, d. d. Manila, 5. Juli, begleitet:
„Sachant le grand interet que vous prenez a tout ce qui touche aux Negritos
des Philippiues, je prends la liberte de vous adresser par la prt^sente 38 photo-
graphies prises sur 8 cränes de Negritos de ma collection (No. 1 ä 8) avec l'aide
d'un ami, Mr. Otto Koch, photographe-amateur. J'en possede les squelettes (pro-
venant des environs de Balanga, province de Bataan) dont plusieurs sont accom-
pagnes de dents detachees limees en pointe, que je regrette de n'avoir pas recol-
lees ä leur place pour les faire figurer dans les reproductions. Comme les cränes
cot ete reproduits avec soin sous toutes leurs faces, j'ose esperer que ces photo-
graphies auront, raalgre leurs defauts, quelque valeur, et je serais charrae si vous
pouviez les utiliser d'une fa^ou ou d'une autre. Voici les mesures des cränes
figures:
Jo.
1.
Longr.
16,9 cm.
Largr.
14,1,
Index
83,43,
•n
2.
•n
17,1 „
n
13,5,
n
78,95,
•n
3.
n
16,1 „
T>
13,8,
T
85,71,
n
4.
n
18,5 „
Ti
13,7,
n
74,05,
•n
5.
n
16,4 „
n
12,8,
n
78,05,
1)
6.
n
16,3 ,
n
13,7,
V
84,05,
■n
7.
r>
17,35 „
rt
13,9,
»
80,12,
T)
8.
•n
16,2 „
•n
13,7,
»
84,57.
Dans le cours des onze annees que j'ai deja passees aux Philippines, je suis
parvenu ä reunir uue trentaine de squelettes de Negritos, plus ou moins complets,
provenant tous de la partie de la cordillure de Bataan qui s'etend de Balanga ä
Dinalupihan, et quelques cränes detaches, dont un venant d'OIongapo pres Subic
(Zambales) et un autre du Nord, soit de Maluno pres Ilagan (Isabela). Dans la
collection se rencontrent plusieurs squelettes d'eufants, Fun provenant d'un nour-
risson et representant plutot une sorte de momie apla^ie, et plusieurs cränes portant
de fortes marques d'une deformation artificielle. Quant ä l'authenticite de mes
squelettes de Negritos j'ai lieu de n'eu pas douter par les raisous suivantes:
1) II y a un certain nombre d'entre eux qui ont les dents limees en pointe
(eu dents de scie), Operation qui n'a lieu que parmi les Negritos purs.
2) Plusieurs cränes ont couscrve une partie de leurs cheveux crepus, tels que
les No. 10, 17 et 19.
3) Taudis quo les Panipangos, formaiit une tribu differeute des Tagais et
(332)
possedant leur propre idiome, semblent s'etre melanges avec assez de frequence
avec les Negritos pour produire des metisses „Balugas", les metisses de Tagais de
Bataan et de noirs sont beaucoup plus rares, au moins daos la partie s'etendant
de Balanga ä Dinalupihan, et tous baptises, de fa^on a etre enterres dans les
cimetieres catholiques oü aucun Indien n'osera jamais s'aventurer ä chercher leur
squelette.
Feu Mr. llodolphe von Willemoes Suhm, frere de mon associe, m'ayaut
encourage fortement, lors du passage ä Manille du uavire „Le Challenger", a
recueillir le plus de renseignements possibles sur les moeurs des Negritos, j'ai
profite de mes excursions dans les montagnes pour preudre un bon nombre d'obser-
vations relatives a leurs coutumes, que je me propose de faire conuaitre plus tard,
lorsque j'en aurai le temps.
J'ai aussi profite de Foccasion pour former, avec les plus grands soius, de
petits vocabulaires de leurs langues, et jusqu'ici j'ai reuni uue centurie de mots,
correspondante a peu pres ä Celle donnee par Wallace dans sou „Archipel Malais'^,
dans 10 langues differentes de Negritos, des endroits suivants: Montalban ou
i"ancien Balete, pres Manille (S. Mateo), Balanga, Hermosa et Dinalupihan (Bataan),
Olongapo (Zambales), Maon pres des Mines de fer d'Angat (Bulacan), Caulaman
pres Florida Bianca (Pampanga), Malunu pres Hagan (Isabela), Palanan et Casi-
guran (Nueva Ecija), au Nord Est de Luzon. De plusieures de ces langues le
vocabulaire d'une centaine de mots n'est pas tout-ä-fait complet, tandis que de
Caulaman j'ai pu noter 240 mots et de Montalban 400 mots a peu pres, plus une
centaine de phrases.
11 y aurait des conclusions fort interessantes ii tirer de ces vocabulaires et de
leur comparaisou avec les langues des Indiens civilises de Luzon, des Igorrotes etc.,
mais si dans des cas semblables on demande de la part d'un savant qu'il apporte
d'abord ses materiaux ä Tappui, ä plus forte raison serait-il temeraire de la part
d'uu la'ique comme moi de m'aventurer aussi loin. Je ne puis pourtant pas m'em-
pecher de hazarder la supposition que si dans les quelques points voisins de
Manille que j'ai eu occasion de visiter, j'ai rencontre sept langues differentes, l'on
peut s'attendre a trouver au moins 40 ä 50 langues differentes de Negritos dans
tout Luzon.
üne autre circonstance qui m'a frappee dans les langues de Luzon en general,
c'est que les couleurs rouge et jaune, et Celles noire, bleue et verte sont souvent
confondues, comme cela arrive chez d'autres peuples.
Ainsi les Tagais eux-memes n'ont pas jusqu'ici des expressions propres pour
bleu et vert, et emploient toujours les mots espagnols azul et verde, tandis que le
remontado, enfouce dans les montagnes, emploie encore le mot „maitiiu" pour noir,
bleu et vert.
Lorsque Mr. Fidel Hernandez, gouverneur de Bontok, eut i'obligeance de
me communiquer un vocabulaire des Igorrotes de la Cordillere Centrale, il me fit
la remarque suivante: „inquilat", Colorado, le confunden cou el amarillo, y „nitik'',
negro, con el azul", etc. etc.
Ou trouve bien dans les dictionnaires tagals les mots „halontiyang" pour vert,
et „boghas" pour bleu, avec la mention „localise", mais je n'ai encore rencontre
nulle part un Tagal qui connusse ces mots.
Je me permets de joindre encore la Photographie d'un Orang Outan femelle,
devaut avoir de 2 a 3 ans, qui a et*'- apporte ici par uu Malais, et qui ne ressemble
guere ä la jeuiie femelle, fortement poilue, qui est figuree dans „L'Archipel Malais"
de Wallace."
(333)
In einem zweiten Briefe, d. d. Manila, 4. September, berichtet Hr. Baer
weiter über die Absendung der von ihm gesammelten Negrito-Gebeine :
„Voici quelques details k l'egard de cette collection, expediee en deux caisses:
Elle se compose de 30 sacs avec 31 cränes de Negritos, accompagnes pour la
plupart de squelettes plus ou moins complets, et quelquefois seulement dun petit
nombre d'os,
Les No. 1 ä 8, dont vous avez re(;u les photographies, proviennent de Balanga,
de meme que les No. 9 ii 14, 16 ä 22, 24 a 2G. J'ai regu de Hermosa (Bataan)
les quatre No. 15, 28, 29 et 30, de Maluno pres llagun (Isabela) le No. 23, et
d'Olongapo pres Subic (Zambales) le No. 27. —
Le No. 11 se trouve accompagne de 2 tetes et les cränes des No. 10, 17 et 19
ont conserve une partie de leurs cheveux. II y a plusieurs squelettes d'enfants,
tels que les No. 21, 22 et 25 (nourrisson).
J'ai encore ajoute ä l'envoi un cräne marque No. 1 Igorr., qui est d'un Igorrote
des environs de Gay an (Lepanto-Ilocos Sur).
Ci-inclus je me permets de vous envoyer les photographies suivantes dont vous
pourrez faire tel usage qu'il vous plaira:
I. De 2 cränes d'Igorrotes de Cayan:
No. 1. L. 17,8, B. 12,7, Ind. 71,35 (celui de ma collection mentionne plus haut).
„ 2. „ 17,4, „ 13,85, „ 79,60 (en possession d'un ami ä Manille).
Ces 2 cränes tres authentiqucs proviennent de Mr. iM. Lillo ä Cayan, gouver-
neur du district de Lepanto.
II. De 3 cränes anciens decouverts dans une caverne de Tile de Cargaray pres
Albay et appartenant ä un Espagnol d'ici.
No. 1. L. 17,2, B. 14,1, Ind. 81,98.
„ 2. „ 17,2, „ 14,0, , 81,40.
„ 3. , 16,8, „ 14,7, „ 87,50.
III. Tableau comparatif de 5 cränes differents, savoir:
Tagal, Manille L. 19,1, B. 13,5, Ind. 70,68.
Negrito, Hermosa „ 15,1, „ 13,8, -, 91,39.
Ancien cräne, caverne Cargaray (II. No. 2) „ 17,2, „14, „ 81,40.
Igorrote Cayan (I. No. 2) „ 17,4, _ 13,85, „ 79,60.
Chinois Manille „ 18,7, ,, 14,4, „ 77.
Les cränes de Cargaray out etc decouverts dans une caverne se trouvant au
bord de la mer, dans des rochers coupes ä pic et ä une assez grande elevation. de
fa(;on que l'on ne peut y parvenir qu'avec difficulte, ä laide d'echelles. On croit
ces cränes tres anciens.
Je dois constater que les mesures dounees ont öte prises avec des instruments
un peu priinitifs, mais j'estime quo l'erreur qu'il pourrait y avoir ue depasserait
pas un millimetre.
Pendant longtemps j'ai eu beaucoup de peine ä reunir quelques squelettes de
Negritos i)arceque les tribus des montagnes de Bataan s'etaient apercus que Ton
fouillail leurs tombes, et avaient pris depuis iors les plus grandes precautious pour
cacher celles-ci. J'ai fini par trouver uu Indien tres ruse qui m'a procure un assez
grand nombre de scjuelettes dont quelques uns de la mauiere ingenieuse suivante :
il s'est fait l'ami d'un Negrito pou intelligent, lui a dit que sa mere etait gravement
malade et que l'unique maniere de la guerir c'etait de lui procurer, par un membre
de la famille, des brins dherbe cueillis sur plusieures tombes de Negritos le jour
de la pleine lune. Le Negrito s'est laisse prendre au piege et a montre plusieures
tombes ä l'lndien, que celui-ci est alle depouiller ensuite.
(334)
Daus quelques districts d'lsabehi les Negritos permettent quelquefois, mais
rarement, que Ton aille deterrer quelque parent; dans ce cas ils partent pour
plusieurs jours pour d'autres parages (apres avoir re9U un bon cadeau naturelle ment),
voulant ignorer le jour et l'heure du deterremeot, de craiute qu'il ne leur arrive
quelque malheur."
Hr. Virchow dankt dem üebersender für seine überaus freundliche und an-
genehme Initiative, und verspricht nach dem Eingange der Schädel weiter darüber
zu berichten.
(25) Hr. Julius Stein (literarisches Bureau, Berlin) hat an Hrn. Virchow die
angebliche Photographie einer Apache Squaw
übersendet. Die beigegebene Erklärung lautet folgendermaassen :
„Unser Bild zeigt eine Indian Squaw, ein Mädchen vom Stamm der Apache,
deren Territorium an Arizona (Vereinigte Staaten von Nordamerika) grenzt. Die
jugendliche Indianerin war einem jungen Manne von den, mit den Apaches auf
dem Kriegspfade befindlichen Couianche-Indiauern als Eheweib nach dem Wigwam
gefolgt. Bei einem Raubzuge der Apaches gefangen genommen, ward sie zur Strafe
tättowirt, und zwar „all over", d. h. über den ganzen Rücken. Die schmerzliche
Prozedur nahm fünf viertel Jahre in Anspruch. Die gemisshandelte Squaw floh
darauf ostwärts, bis sie bei den Weissen anlangte. In St. Joseph in Arizona fand
sie Aufnahme als Dienstraagd bei einem amerikanischen Regierungsfeldmesser,
einem früheren preussischea Offizier, dem wir die Uebersendung einer Photographie
verdanken.'^
Hr. Virchow glaubt sich zu erinnern, dass eine ganz ähnliche Photographie
vor längerer Zeit der Gesellschaft vorgelegen habe, welche als die eines Japaners
bezeichnet war. Auch scheine die Gesichtsbildung in der vorliegenden Photographie
dafür zu sprechen, dass es sich überhaupt um keine indianische Squaw handle.
Hr. Hilgendorf bestätigt, dass es die Photographie eines japanischen Kulie sei.
(26) Hr. Virchow berichtet über
einen Näpfchenstein und Grübchen an Kirchenmauern in der Schweiz.
Während eines Besuches, den ich im Laufe des August bei Hrn. Desor in
Combe-Varin (Canton Neuchatel) machte, zeigte mir derselbe die Abbildung eines
kürzlich von Hrn. Dr. Gross aufgefundenen Näpfchen- oder Schalensteines, der in
der Nähe von Neuveville am Abhänge des Jura gegen den Bieler See liegt. Auf
dem Rückwege besuchte ich Hrn. Gross; er hatte die Güte, mich an Ort und
Stelle zu führen. Wir sahen einen mächtigen erratischen Block, von Dorngesträuch
umwachsen und zum Theil noch mit altem Moos bedeckt, auf einer im üebrigen
beackerten Fläche des Gebirgsabhanges, da, wo sich derselbe gegen Landeron und
Blaise absenkt. Die Oberfläche des Steines ist mit einer grossen Zahl offenbar
alter, rundlicher Gruben von unzweifelhaft künstlicher Entstehung bedeckt.
Kurz vorher hatte ich eine Reihe ähnlicher Gruben, jedoch von geringerem
Durchmesser, an den Kirchenmauern in Thun und Bern aufgefunden. An dem
Berner Münster sah ich eine grössere Zahl auf der südlichen, gegen die Münster-
terrasse gelichteten Seite, und zwar, was besonders interessant erschien, in Sand-
steinblöcken, welche ziemlich tief zum Boden herabreichten. In Thun konnte ich
Anfangs nichts davon entdecken, da die südliche Seite der Kirche grossentheils neu
r335)
eingesetzte Sandsteine in den Pfeilern hat, die Zwischenwände aber mit weissem
Putz bekleidet sind. Krst auf der Nordseite, wo noch alte Steine vorhanden sind,
stiess ich auf deutliche Grübchen, wie sie an unseren Kirchen vorkonamen.
Da meines Wissens bis dahin in der Schweiz noch keine Grübchen an den
Kirchenmauern bekannt sind, so machte ich Hrn. Ferd. Keller in Zürich davon
Mittheilung. Derselbe hat mir darauf, d. d. 10. September, folgendes Schreiben
zugehen lassen, worin er Mittheilung macht
über Schalensteine und Kupferäxte der Schweiz.
(Hierzu Taf. XVII., Fig. 2-3.)
Für die freundliche Mittheilung Ihrer Beobachtungen, betreffend die Schalen
(ecuelles) auf Steinbincken, danke ich Ihnen bestens und werde mir erlauben, über
dieselben einige Bemerkungen zu machen.
Was vorerst die Grübchen betrifft, die Sie an den Kirchenwänden zu Thun
und Bern beobachtet haben, und zwar an Molassesandstein, an künstlich zugerich-
teten Flächen, so kann ich Sie versichern, dass solche Vertiefungen an unsern
öffentlichen Gebäuden, die aus Molassesandstein von gleichem Alter und gleicher
Textur aufgeführt sind, nicht vorkommen. Sämmtliche Schalensteine, von denen
ich alle oder fast alle, die in unserem Lande entdeckt worden sind, untersucht
habe, sind erratische Blöcke der härtesten Steinarten, nämlich Granit, Gneiss
und rothes Sernfconglomerat. Auf Blöcken von Sandstein und Jura- oder Alpen -
kalkstein ist noch nie eine Spur von Schalen vorgekommen. Ohne alle Mühe
unterscheidet man auf den erratischen Blöcken die Vertiefungen, die durch Menschen-
hand oder auf andere Weise entstanden sind. Die ersteren sind gar nicht häufig.
Ich habe an den Abhängen des Jura, wo ich mich Wochen lang aufhielt und
hunderte von Blöcken besichtigte, keine Spur von Grübchen gefunden, ebenso
wenig als im Reussthale oder bei den Blockablagerungeu zu Fällanden im Kanton
Zürich. Es scheint mir, die Schalensteine der Schweiz sind alle bekannt und be-
schrieben in meiner Abhandlung: Schalensteine, Bd. XVII., Heft 3, unserer anti-
quarischen Mittheilungen, sowie in dem Werke: „Monuments prehistoriques de la
Suisse occidentale et de la Savoie. Lausanne 1872, ferner im Anzeiger der Anti-
quarischen Gesellschaft der letzten fünf Jahre. Es mögen etwa 35 Stück sein. Es
bestehen in mehreren Kantonen, namentlich im Kanton Aargau, Compagnieen von
Italienern, die sich mit Spalten der Granitblöcke beschäftigen, und die ich öfters
über das Vorkommen von Schalen befragte, indem ich ihnen Gypsabgüsse von
solchen vorlegte. Es gelang mir aber nur ein einziges Mal, durch diese Vermitte-
lung Kenntniss von einem solchen Steine zu erhalten. Ein Beweis für das künst-
liche Entstehen dieser Schalen ist der umstand, dass alle ungefähr die gleiche
Grösse haben, zuweilen in einer Reihe neben einander vorkommen, kreisrund, und
wenn der Stein etwas geschichtet ist, in gleicher Form auf verschiedenen Seiten
desselben angebracht sind.
a, b, c, li Schalen.
(336)
Nach meiner festen Ueberzeugung sind diese Schalen nicht als Verwitterungs-
erscheinungeu zu betrachten, sondern als künstlich ausgehauene Vertiefungen. Regen,
Eis und Pflänzchen haben hier nicht eingewirkt.
Auf den Granitwändeu, und zwar auf horizontalen oder nahezu horizontalen
Flächen, die durch Gletscherrutschung abgeglättet sind, sind noch nie Schalen ent-
deckt worden.
Ich erlaube mir, Ihnen eine Abhandlung über Schalensteine, die ich in den
Mittheilungen unseres Vereins publizirte und einen kleinen Aufsatz über die Ver-
witterung des Alpenkalksteins (Schratten- und Karrenfelder), welchen ich für die
hiesigen Schulen schrieb — eine ausserordentlich merkwürdige Erscheinung — , zu
überschicken.
Vor einigen Tagen hat Hr. Jacob Messikommer in der Renthierhöhle zu
Thäyngen oder vielmehr vor derselben eine Nachgrabung veranstaltet, leider ohne
Erfolg.
Seit Ihrer Anwesenheit in Neuveville hat Hr. Dr. Gross einen interessanten
Pfahlbaugegenstand erworben. Nachfolgend die Copie seines Briefes:
.... Je viens vous faire part d'une jolie decouverte faite vendredi dernier
(5. Sept.) ä Locras (Lüscherz). Un de raes pecheurs m'a apporte il y a quelques
instants, une piece en cuivre, trouvee par lui entre les pilotis sur une nouvelle
Station de Locras — c'est une espece de hache double, percee au milieu d'un petit
trou, trop petit pour y passer une manche. Toute la piece pese 3 kilo et quel-
ques grammes. Les deux tranchants ne sont pas encore aiguises, mais mousses et
de 4 millimetres de largeur. Longueur = 41 centimetres. Avez-vous connaissance
de pieces semblables? De cette grandeur? —
Hr. Virchow bemerkt in Bezug auf den ersten Theil der Mittheilungen des
Hrn. Keller, dass er fern davon sei, mit dem Nachweise des Vorkommens von
Grübchen an Kirchenwänden die Frage von der Chronologie der Schalensteine und
von deren Beziehung oder Nichtbeziehung zu den Mauergrübchen der Kirchen
direkt beeinflussen zu wollen. Für ihn handelte es sich nur um die Constatirung
einer neuen Thatsache, und diese könne er bestimmt aufrecht erhalten.
Der zweite Punkt, die Entdeckung einer Doppelaxt aus Kupfer in dem Pfahl-
bau von Lüscherz, hält auch er für einen Gegenstand von höchstem Interesse. Hr.
Keller hat die Güte gehabt, ausser einer Abbildung dieser Axt (Taf. XVII.,
Fig. 2a und 2b, in '/* der natürlichen Grösse), noch eine Abbildung von einer an
der unteren Donau gefundenen und in der Züricher Sammlung befindlichen Doppel-
axt (Taf. XVII., Fig. 3a und 3b, in '/j der natürlichen Grösse) beizufügen. Ob-
wohl die letztere etwas complicirter ist, namentlich um das Stielloch noch einen
erhabenen Rand besitzt, auch in der Form etwas abweicht, so gehört sie doch
demselben Typus au.
Hr. Virchow erwähnt, dass er im letzten Frühjahr in Athen mehrfach Gelegen-
heit gehabt hat, solche Doppeläxte, genau derjenigen von Lüscherz entsprechend,
zu sehen. Aehnliche sind auch in den Trümmern von Hissarlik gefunden worden.
Es ist eine altassyrische oder babylonische Form, welche auch in Zeichnungen
jener Zeit vorkommt. Der Fund sei desshalb gewiss von sehr grosser Wichtigkeit.
(27) Hr. Virchow zeigt eine ihm von Hrn. Seh öl er geschenkte Sammlung
interessanter Gräberfunde und le^t zugleich dessen Bericht vor
(337)
über Funde aus Hünengräbern bei Lohme auf Rügen, unweit des Dorfes Nipmerow,
Das Stranddorf Lolime auf Kügeo, unweit Stubbenkamer gelegen, ist land-
einwärts ringsum von Feldern umgeben, welche steil ansteigend eine Menge kleinerer
und grösserer hügliger Erhabenheiten zeigen. Nicht nur die Aussage des Land-
volkes bezeichnet dieselben als „Hünengräber", sondern es ist auch bald der Tourist
im Stande, dieselben in Folge einer gewissen Regelmässigkeit in der Gestaltung als
solche von Hügeln, wie sie die Natur in dem welligen Terrain häufig zeigt, zu
unterscheiden. Findet mau Gelegenheit auf dem Wege nach dem Gute Ranzow bis
in den benachbarten Wald vorzudringen, so erblickt man in der Nähe desselben,
jedoch noch auf freiem Felde gelegen, einen höchst romantisch bewachsenen Hügel
und auf der Spitze desselben ein geöffnetes Grab. Mächtige, behauene Feldstein-
blöcke, zwei an jeder Seite und je einer am Kopf- und Fussende, begrenzen eine
ca, mannestiefe Gruft. Eine gewaltige Deckplatte, welche gehoben ist, lagert jetzt
am Kopfende in aufrechter Haltung. Die Bauart ist hierdurch so genügend charak-
terisirt, dass es nur erübrigt hinzuzufügen, dass die bedeckende Schicht von kleinen,
gewöhnlich mannskopfgrossen oder etwas grösseren Steinen nur ca. 2 — 3 Fuss Höhe,
incl. der darauf gelegenen Erdschicht, betragen haben kann, wenn man sich die
abgetragene Spitze des Hügels ergänzt denkt.
Nach Besichtigung dieser Grabstätte kann nun kein Zweifel mehr bestehen,
dass die zahlreichen Erhebungen über die Feldfläche desgleichen Gräber vorstellen.
Nach dem Vater des Gastwirthes, Hrn. Hegemeister zu Lohme, welcher
selbst 79 Jahre alt, die ihm durch seinen Vater überkommene Tradition zu folgen-
dem Ausspruch verwerthet, sind die Höhenzüge zwischen Glowe und Lohme, welche
angesichts des Meeres sich hinziehend jetzt Ackerland darstellen , früher mit dich-
tem Strauch und Gebüsch bewachsen gewesen, und haben sich auf denselben viele
Hunderte von Gräbern erhoben.
Als charakteristisch drängte sich bei der Besichtigung der um Lohme gelegenen
Hügel unwillkürlich die Anschauung hervor, dass alle Gräber angesichts des
Meeres gelegen sind, und soll das Gleiche auch für alle übrigen in der Umgebung
gelten, worüber mir indessen eigene Erfahrungen fehlen. —
Ein grosser Theil dieser Gräber ist im Laufe der Zeiten bei der Bearbeitung
der Felder abgetragen worden. Nachdem einige Lagen mannskopfgrosser oder
kleinerer Steine abgeräumt waren, stiess man in der Regel auf ein, durch einen
grossen Deckstein geschlossenes Grab. In demselben fanden sich ein oder bisweilen
zwei Skelette vor '), die Arme in gestreckter Haltung und auf dem Rücken liegend.
Leider ist es mir nicht gelungen, aus denselben einen wohlerhaltenen Schädel zu
erhalten, da dieselben zertrümmert und zuletzt abhanden gekommen waren. Nur
ein Schädeldach, aus Stirnbein und Seh eitelbeinen bestehend, weichesauf
Salsitz ausgegraben war, erhielt ich durch die Freundlichkeit des Hrn. Fock. Die
Pfeilspitzen und Messer aus Feuerstein, welche in den Gräbern lagen, sind meist
nach Sagard gewandert und nur eine Pfeilspitze oder ein kurzes Lanzenblatt aus
geschlagenem Feuerstein, gefunden in einem Grabe bei Wierentz von dem Wirthe
Ruck, fiel in meine Hände,
Zwischen dem Dorfe Nipmerow und dem Gute Salsitz liegt die Besitzung des
Hrn. Hagemeister, und erhebt sich in derselben aus der Feldfläche ein circa
60 — 80 Fuss langer und ca. 10 — 12 Fuss hoher Hügel. Der Breitendurchmesser
1) Aus einem solchen Grabe, zwischen Nipmerow and Salsitz, in welchem -i Skelette
gefunden wurden, stammt das Feuersteinmesser (11), während das schönste Exemplar (12)
von dem Bauerwirthe Fock im Torfmoor gefunden ist,
Verhandi. {Jer Beri. Authropol. Geieilschaft 1879. 22
(338)
desselben beträgt ca. 40 Fuss und ist von Norden nach Süden gelegen. Seit circa
40 Jahren sind aus dem Hügel immer und immer auf's Neue Steine ausgehoben
und fortgeschafft, und sind die Abhänge desselben durch Erdanhäufungen abgeflacht
worden. Seit der gleichen Zeit hat man denselben auch beackert. An der Ostseite
desselben hatte Hr. H. beim Pflügen nach Forträumung einiger Steine ein Bronze-
schwert gefunden, welches er vor 3 Jahren an einen praktischen Arzt zu Sagard
verkauft hat.
Bei meinem Aufenthalte im August d. J. gestattete mir nun Hr. H., seinen
Hügel zu durchsuchen, als ich ihm meinen Plan mitgetheilt hatte, ein Hünengrab
aufdecken zu wollen.
In der Mitte des Hügels Hess ich die ca. 2 Fuss Erde betragende Deckschicht
abtragen und die darunter befindlichen Steine entfernen. 10 Fuss musste ich in
die Tiefe vordringen, nur Feldsteine von 1 — 3 Mannskopfgrösse und sehr spärliches
Erdreich dazwischen ausräumend, bis ich auf eine, mit kleineren Steinen ausge-
mauerte Grundschicht über dem Mutterbodeu gelangte. Schichtweise fehlte jede
Spur von Erde zwischen den locker aufgethürmten Steinen.
In dem kreisförmigen Räume bildete ein Ring von grossen, ca. l'/'j — 2 Fuss
hohen Feldsteinen die auf dem gepflasterten Boden ruhende Fundamentschicht.
Auf dem Boden befand sich eine ca. ^j-.—l Fuss hohe Erdschicht und in derselben
die eigentliche Fundstätte.
In dem nordwestlichen Quadranten dieses Kreises wurden eine starke Arm-
spange (1), eine Lanzenspitze (2), ein Fingerring (3) und eine spindelartige
Bronzenadel (4) gefunden, im östlichen Quadranten die Reste einer Thonurne.
In einer etwas höher gelegenen Schicht war ein unfertig behauener Feuerstein-
keil (5) gefunden worden. Schädel- oder Knochenreste, Holz oder Kohlenfragmente
wurden nicht angetroffen.
Nach Osten, in einer Entfernung von ca. 15 Fuss von diesem Riesengrabe,
lag zu ebener Erde auf dem Hügel ein grosser, unregelmässig geformter Feldstein,
nicht weit von der Stelle, wo Hr. H. das Schwert vor ca. 3 Jahren ausgepflügt
hatte. Diesen liess ich nun heben und erreichte bald, ca. 2 Fuss unter demselben,
nachdem die darüber befindlichen Feldsteine von ca. 1 — 3 Mannskopfgrösse ab-
gehoben waren, ein längliches Grab. Der Längsdurchmesser desselben betrug ca,
6 — 7 Fuss, der Breitendurchmesser 3 — 4 Fuss. An den Seiten begrenzten die
Oeffnung je eine gewaltige behauene Feldsteinplatte, welche auf die Kante gestellt
war und an die sich grosse unbehauene, aber regelmässig gefügte Feldsteine an-
schlössen. Das Kopf- und Fussende waren nur von letzteren eingefasst und von
Norden nach Süden gerichtet. In diesem Grabe konnte Nichts gefunden werden.
Auf der westlichen Seite des ersten grossen Grabes ergab die auf's Neue fort-
geführte Ausgrabung einen gleich grossen, mit Steinen ausgefüllten Raum. Auch
hier trafen wir in 10 Fuss Tiefe die gleichen Verhältnisse hinsichtlich der Aus-
mauerung des Bodens an. Nur fanden sich hier in der, den Boden bedeckenden
Erdschicht Holz und Kohlenreste vor, welche in der Tiefe von ca. 10 Fuss über
der Oberfläche, zum Theil die über der Grundschicht gelegene Steinlage, zum Theil
die Pflasterung des Grundes geschwärzt hatten. Es hatte demnach hier unzweifel-
haft ein Scheiterhaufen geflammt und blieben unsere Bemühungen, eine Aschenurne
zu entdecken, in diesem Falle vergebliche im nordwestlichen Quadranten hin-
gegen fanden sich in der Aschenerde, welche mit zahlreichen, weisslichen Conglo-
meraten bröckliger Beschaffenheit durchmengt war, nahe beieinander
ein Bronzefiugerring mit plattenartiger Verdickung (G),
eine Armspange (7),
(339)
ein Rfonzedolch (8) und
Reste eines Dolch- oder Degenknaufes mit Bronzenägeln (0).
Zwischen den einzelnen Gräbern, welche dicht bei einander lagen, befand sich
eine schmale, ca. 1 — 2 Fuss dicke, trennende Erdschiclit. — Die Durchgrabung
des Hijgels nach Norden zu, von der Mitte des mittleren Grabes aus, blieb
resultatlos.
Als Schlussfolgerungen, welche sich mir nach dieser kleinen Gräberstudie
unwillkürlich aufdrängen, möchte ich folgende aufstellen :
1) Unter dem Namen „Hünengräber" bezeichnet man durchaus verschiedene,
der Zeit nach unzweifelhaft von einander sehr getrennte Grüfte.
2) Die mit behauenen Steinen ausgelegten und oberflächlich gelegenen Grab-
stätten, welche um Lohme herum die überwiegende Mehrzahl aller Gräber zu bilden
scheinen, stammen aus einer sehr viel späteren Zeit, als die Rundgrüfte von so
colossalen Dimensionen, bei welchen bearbeitete Steine fehlen.
3) Während bei den erstereu wohlerhaltene Skelette als fast regelrechter Be-
fund angetroffen werden, hat bei letzteren die Leichenverbrennung stattgefunden.
4) Auffallender Weise würden mit dem Obigen meines Erachtens jedoch die
reichen Steinwaffenfunde contrastiren, welche in den, aus behauenen Steinplatten
geformten Flachgräbern gemacht worden sind. —
Hr. Virchow: Unter den mir zugekommenen Gegenständen befinden sich ein
Paar ausgezeichnete, grosse, prismatische Feuersteinmesser, indess ist nur das eine
aus einem Grabe, von dem leider sonst nichts vorliegt, das andere aus einem Torf-
moor. Das dritte Stück ist ein unregelmässig zugeschlagenes, platt-lanzettförmiges
Stück von 7 cm Länge; das vierte ein grösseres, 12 cm langes, 3 — 4 cm breites
und dickes, ganz unregelmässig behauenes Stück, au welchem eine zu einem be-
stimmten Zweck unternommene I5earbeitung überhaupt nicht sichtbar ist (Nr. 5).
Beide sind allerdings aus den noch zu besprechenden Gräbern, indess dürften sie
zu einer Entscheidung über das Alter derselben kaum verwerthbar sein.
Von grossem Interesse sind die Fundstücke aus Metall. In dem ersten
Grabe sind nur Bronzesachen gefunden, allerdings stark durch Rost angegriifen
und mit dicken, höckerigen, grünen Schalen überzogen, indess doch bis auf die
kleineren Gegenstände noch im Zusammenhange erhalten. Das vollkommenste
Stück ist ein dicker, schwerer, nicht ganz drehrunder Armring von 6 cm Durch-
messer; er war zum Oeffnen. Seine äussere Fläche ist mit etwas schwer erkenn-
baren Einritzungen von linearer Form bedeckt: Gruppen von senkrechten Strichen
wechseln in sehr verschiedenen Abständen mit Gruppen von schrägen, unter
stumpfen Winkeln gegen einander gerichteten und von stellenweise in langen
horizontalen Curven angeordneten Linien. Der dazu gehörige Fingerring besteht
aus einem platten, scheinbar ganz einfachen Reif. Eine etwa 18 cm lange, offenbar
beiderseits defekte Nadel (Haarnadel?) ist schwach gebogen, am einen Ende kolbig-
walzenförmig verdickt ' und hier gleichfalls ornamentirt: die Einritzungen bestehen
aus zahlreichen queren Parallelfurchen und dazwischen, wie an dem Armring, aus
abwechselnd schräg gestellten Linien. Endlich das sehr defekte, lanzenförmige,
scheinbar zweischneidige Blatt eines Dolches ist 10 cm lang, an der breitesten
Stelle 25 mm breit, am hinteren Ende in eine abgebrochene Spitze (Dorn) aus-
laufend und hier von einer dicken Bronzeuiete durchsetzt.
Sehr viel charakteristischer sind die Beigaben des zweiten Grabes. Unter
ihnen tritt als besonders charakteristisch hervor ein zweischneidiger, an der Spitze
defekter, platter Dolch von im Ganzen 15 cm Länge und 3 cm grösster Breite. Er
22*
(340)
ist in einer vom Rost stark angegriffenen Metallscheide von Eisen enthalten,
welche ihm auf jeder von. beiden Flächen fest anhaftet, jedoch an den Rändern
grossentheils in ihre beiden Platten auseinandergegangen ist und klafft. Darin steckt
ein Bronzedolch, dessen Form noch einigermaasseu an der Scheide zu erkennen
ist. Hinten geht er in einen breiten und gleichfalls platten, jedoch abgebrochenen
Dorn aus. Nahe der Spitze steht aus der Spalte der Scheide ein gedrehter Faden
hervor, von dem ich es dahingestellt sein lasse, ob er zu der ursprünglichen Aus-
stattung gehört. Zu diesem Dolch möchten die Bruchstücke eines hohlen Bronze-
griffs gehören, welche am Ende in eine Platte übergehen. Der Bronze -Armring
ist gleichfalls zum Oeffnen (Aufbiegen), hat S on im Durchmesser, dagegen ist er
viel dünner und runder; seine Einritzungen sind fast ganz durch Rost zerstört,
indess erkennt man noch an einzelnen Stelleu dichte Gruppen senkrechter Ein-
kerbungen. Die Stücke von einem Fingerring gleichen denen des vorigen Falles.
Dieses Grab gehört. demnach der älteren Eisenzeit an. Ich möchte für das
erstere dasselbe annehmen, obwohl kein Eisen gefunden ist; nicht nur der Styl der
Arbeiten ist ganz ähnlich, sondern auch die Construktion der Gräber.
(28) Hr. Professor Kollmann in Basel sendet einen Bilderstreifen ein, wie
solche im Ganton Appenzell in Bauerwohnungen als Balkenverzierung gebräuch-
lich sind.
(29) Hr. Dr. Pfuhl in Posen hat die in der Sitzung vom 12. Juli (S. 239)
erwähnten Lehmfunde eingesandt. Es sind Gebilde in Formen von Cylindern
und Kugeln, mit einer harten, aus zusammengebackenem Grand bestehenden Schale
versehen. Er bemerkt dazu:
„Die Anzahl der bis jetzt gefundenen Kugeln und Cylinder, von der verschie-
densten Grösse, übersteigt schon bei Weitem 200. In der jüngsten Zeit ist auch
eine Thonschaale von etwa 1 dm Durchmesser und roher Arbeit gefunden. Die-
selbe hat im Boden aussen eine Vertiefung, der innen ein Buckel entspricht. Sie
stammt aus derselben Schicht, etwa 6 m unter der Erdoberfläche. Schon früher
sind an eben derselben Stelle zwei Thongefässe, auch Schaalen, gefunden, welche
jedoch leider verloren gingen."
Hr. Professor J. Roth hat auf Veranlassung des Vorsitzenden eine solche
Kugel untersucht. Sie erwies sich als ein Gemenge von Mergel (kalkhaltigem
Thon) und Diluvialsand. Wahrscheinlich seien es natürliche Gebilde.
Hr. Friedel erklärt die Cylinder für Ausfüllungsmassen von Löchern, die
durch Pfähle im Boden hervorgebracht waren.
(30) Hr. J. von Stein in Bernau berichtet in einem Briefe an den Vorsitzen-
den, d. d. 17. August, über
Runenkalender auf der Insel Oesel.
(Uierzu Tafel XVlIl.)
Anfangs Juni er. fand ich bei einem Bauern aus Oesel, der in Geschäften hier-
her gekommen war und mir einige Münzen, geprägt für Riga von Plettenberg
und Jasper Linde, anbot, die ich aber schon unter meinen 2300 Unicaten besitze,
einen Original-Bauern kalender auf sieben eschenen Bretterchen, wie ihn Hupel in
seinen Topographischen Nachrichten über Liv- und Esthland, Bd. III., Th. III.,
S. 366, anführt. Der Bauer verkaufte ihn mir nicht.
Vier Wochen später bekam ich zufälliger Weise die Literaturgeschichte von
R. König (Velhagen und Klasing, Leipzig, Bielefeld 1«79) in die Hand und
(341)
fand in diesem Buche, S. 4, die getreue Copie eines Runenstabes aus Lindenholz,
dessen Original sich im Germanischen Museum in Nürnberg befindet; dieser zeigt
184, regelmässig wiederkehrende Zeichen, die, ohne die unteren Anhängsel,
den Zeichen des Oeseler Bauernkalenders vollkommen gleichen. Wenn nun die
Conservatoren des germanischen Museums in Nürnberg diese Zeichen für Runen
halten, so kann ich behaupten, dass die Zeichen auf unserem Bauernkalender auch
Runen sind, welche die Oeseler aus Skandinavien, von wo aus dieselben nach dem
übrigen Europa gekommen sein sollen, erhalten haben, und dass der Nürnberger
Runenstab weiter Nichts als ein immerwährender julianischer Kalender ist, und
zwar nur für "j Jahr, da er nur 182 Zeichen zählt. Bei den Oeseler Runen fehlen
die unteren Zeichen der Runen des Lindenstabes,
Unsere alten Oeseler hatten also ein Jahr ä 13 Monate; diese, zu 28 Tagen,
machen zusammen 364 Tage. Wo haben sie den 365 oder 366 Tag gelassen? Waren
das ihre Ruhetage am Schlüsse des Jahres, wie in den vorchristlichen, vorgeschicht-
lichen Zeiten?
Auf Taf. XVIII. ist eine Darstellung der Monatskalender und (am Ende unten)
der Zeichenerklärung für die einzelnen Tage im Oeseler Bauernkalender gegeben,
in letzterer bedeutet das Zeichen : a = Sonntag, b = Montag, c = Dienstag, d = Mittwoch,
e = Donnerstag, f= Freitag, g = Sonnabend, h = Feiertag.
Im L Monat bedeutet: i = Neujahr, k heilige Dreikönige, 1 der Buntspecht
fing an zu schreien, m = Laosotag? n - Dionysiustag? Der Esthe isst Schweinekopf.
0 = Heinrich, p = halber Winter.
Im IL Monat bedeutet: q Mariae Reinigung, r Act (?), s Dorothea, t Ruhetag,
u Frauentag, v die Quellen beginnen zu rauschen, die Steine frieren in der See,
w Matsi päw, Mathias. Die Würmer kehren sich in der Erde um, es wird nicht
genäht, damit die Schlangen das Vieh nicht beissen.
Im 111. Monat bedeutet: x Tallihasei. Der Schnee geht ab, nur die Wegstellen
behalten ihn; y Benedictus; z 25. März, Mariae Verkündigung. An diesem Tage
trinkt der Esthe vor Sonnenaufgang Brantwein, um das ganze Jahr hindurch frisch
und roth und gegen Mückenstiche sicher zu sein.
Im IV. Monat bedeutet: aa Ambrosius; bb Hecht und Sain fangen an zu steigen;
cc das Feld fängt an zu grünen.
Im V. Monat bedeutet: dd der Esthe haut aus Angst vor wilden Thieren kein
Holz im Walde; ee Vitus: ff Philippus Jacobus; gg Kreuzes Erfindung; hh Esich.
An diesem Tage kommen beim Roggen die Aehren hervor.
Im VI. Monat bedeutet: ii ürbanus; kk der 15. Juni, Vitus.
Im VII. Monat bedeutet: 11 Frohnleichnam; mm Fasttag; nn Johannistag, in
der Johannisnacht brennen die* Esthen grosse Feuer an, um ihr Vieh gegen Hexen
zu schützen; oo Fasttag; pp Peter Pauli; qq Mariae Heimsuchung; rr die Esthen
arbeiten an diesem Tage nicht, damit der Bär weder ihnen noch ihren Feldern
Schaden zufüge.
Im Monat VIII. bedeutet: ss Maddelise, die Bienen schwärmen bis zu diesem
Tage; tt Fasttag; uu Jacobi; vv Oli päw, wird ein Schaaf zum Opfer geschlachtet;
ww an diesem Tage machen die Esthen erst am Abende Feuer, um für das laufende
Jahr Feuerschaden abzuwenden.
Im IX. Monat bedeutet: xx Mariae Himmelfahrt; yy Bartholomäus; zz Johannis
Enthauptung; aaa 8. September, Mariae Geburt.
Im X. Monat bedeutet: bbb Kreutzes Erhöhung; ccc Matthäus Evangelista;
ddd Michaelis.
Im XI. Monat bedeutet: eee das Feld fängt au zu grünen.
(342)
Im XII. Monat bedeutet: fff Martiui; ggg Elisabeth; hhh Mariae Opfer; iii Cle-
mens; kkk Catharina; 111 Andreas.
Im XIII. Monat bedeutet: mmm Barbara; nuu Nicolaus; ooo Mariae Em pfäug-
niss; ppp Lucia, an diesem Tage steigen die Quappen in die Flüsse; qqq Johanna;
rrr Fasten; sss Thomas; an diesem Tage reinigen die Bauern ihre Gehöfte; ttt Weih-
nachten. —
Sollte der Name der Insel Runoe nicht auch skandinavischen Ursprungs sein,
da sie doch auch durch Skandinaven bevölkert wurde?
Runa ■-= Geheimniss; öe = Insel (altgermanisch) geheime Insel.
Der Oeselsche Bauernkalender war auf 7 eschenen, 4 Zoll langen, 1 V4 Zoll
breiten und ^/g Zoll dicken Brettercheu eingeritzt und zwar waren sechs auf
beiden Seiten, das siebente nur auf einer Seite bezeichnet, besser gesagt, geritzt,
und zwar halten sich 7 Zeichen 4 Mal auf denselben.
(31) Hr. Dr. Behla aus Luckau legt ein Thongefäss, das einzige bis jetzt
gefundene ganz erhaltene aus dem Borchelt bei Gosraar, in der Nähe von
Luckau, und 3 Mammuthszähne aus der Gegend von Luckau vor.
(32) Hr. Dr. Urban aus Schöueberg bei Berlin sprach über die von ihm in
Gemeinschaft mit Hrn. Baumeister Wilh. Hintze diesen Sommer und Herbst aus-
geführten Ausgrabungen auf dem
Gräberfelde bei Gross-Lichterfelde (bei Berlin).
Obgleich schon Jahre lang in Lichterfelde wohnhaft und durch die Ausübung
der Jagd und durch botanische Ausflüge mit dessen Umgebung auf das Genaueste
bekannt, brachten wir doch erst diesen Sommer in Erfahrung, dass vor Zeiten hier
an verschiedenen Stellen Urnen und andere vorgeschichtliche Gegenstände gefunden
seien. In der Absicht, das etwa noch üebriggebliebene für die Wissenschaft und
die Museen zu retten, zogen wir über die Funde genauere Erkundigungen ein,
welche Folgendes ergaben: Vor etwa 10 Jahren hatten Arbeiter des Hrn. v. Car-
stenn die Feldmarken nach Steinen abgesucht, welche bei der Gründung der
Villenkolonie Lichterfelde zur Herstellung einer Strasse gebraucht wurden, und
unweit des Luches zu beiden Seiten der oberen (nordwestlich am Teltower See
hinführenden) Lichterfelde-Teltower Strasse in geringer Tiefe solche in Menge auf-
gespürt. Auf und zwischen diesen, etwa 15—30 cm im Durchmesser haltenden
Steinen fand man mit Knochenresten gefüllte Urnen, denen man anfänglich wenig
Aufmerksamkeit schenkte. Als aber der Compagnon des Hrn. v. Carstenn, Hr.
Mercier, sich für diese prähistorischen Denkmäler zu interessiren anfing und einen
Preis anfänglich von 0,50, später von 0,25 M. für jedes wohlerhaltene Stück aussetzte,
wurde das Terrain eingehender abgesucht und Urnen bis zu 70 cm Höhe und 40 cm
Durchmesser zu Tage gefördert. Bald war die Sammellust des Hrn. Mercier
befriedigt; da er sich weigerte, für die weiteren Funde Geld auszugeben, so zer-
trümmerten die Arbeiter den Rest als nutzlosen Kram. Jene Urnen hatten lange
Zeit im Schloss des Hrn. v. Carstenn gestanden; wohin sie später gekommen
sind, darüber weiss Niemand Auskunft zu geben. In der Nähe der Urnen wurden
auch verschiedene Feuersteingeräthschaften, rohe, geschliffene und polirte Stein-
hämmer und Steinbeile aufgefunden, welche von den Arbeitern nach Hause mit-
genommen wurden. Den Bemühungen des Hrn. Baumeister Hintze gelang es,
nur noch einen sehr schönen Steinhammor ausfindig zu machen; die übrigen
Sachen scheinen allmählich zertrümmert oder verschleppt zu sein.
(348)
Ausserdem brachten wir noch in Erfahrung, dass auch westlich vom Teltower
See, ferner zwischen Giesensdorf und dem Damme der Anhalter Eisenbahn, und
endlich zwischen Alt-Lichterfelde und dem Potsdamer Bahnhofe Urnen gefun-
den seien.
An der Hand dieser Informationen begannen wir nun in Gesellschaft mit den
Hrn. Du vi nage und Director Ed. Hintze am 27. Juli unsere Ausgrabungen,
zunächst auf dem Terrain, welches schon früher von den Garsten n 'sehen Arbeitern
mit Erfolg durchsucht war, aber doch immer noch Resultate erhoffen liess. In den
folgenden Monaten wurden diese Nachforschungen von uns allein fortgesetzt. Die
in Frage kommende Fläche war bis vor 4t) Jahren bewaldet, wurde dann beackert
und liegt jetzt, der Lichterfelder Land- und Baugesellschaft gehörig, zum grössten
Theile brach. Sie fällt von der Teltower Strasse zu den Wiesen des Luches hin
etwas ab und mochte in früheren Zeiten, als der Teltower See sich noch bis hier-
her erstreckte oder an der Stelle des jetzigen Giesensdorfer Luches sich ein See
ausbreitete, von dessen Wassern am untern Rande bespült sein. Indem wir mit
zugespitzten eisernen Stäben die noch unberührten Steinlager unter der Erdober-
fläche ausfindig machten oder Gräben aufwerfen Hessen, deckten wir nach und nach
vier ürnenstättcn auf, von denen die eine von den drei andern wesentlich ver-
schieden war. Ungefähr in der Richtung Giesensdorfer Kirche — Kadettenanstalt,
an einer Stelle, wo vor Jahren ganze Fuhren von Steinen zum Vorschein gekommen
waren, wurde eine noch unberührte Urne frei gelegt, welche mit gebrannten
Knochen gefüllt war und dazwischen einige Bronzegegenstände barg: ein nagel-
ähnliches, .3 cm langes, 3 mm dickes, im oberen Drittheile umgebogenes, scharf
vierkantiges Instrument und 2, wohl nicht zu einander gehörige Theile eines Ringes,
dessen Durchmesser 7 oder mehr Centimeter betragen haben muss. Das eine Stück
war an der Oberfläche ziemlich zerfressen und liess kaum irgend welche Verzie-
rungen erkennen; das andere 7 mm dicke dagegen war nach der Seite hin, welche
mit einem Ansätze (wohl zum Einhaken) endigte, mit kreisförmigen, nach der
andern mit schräg elliptischen, sich zum Theil kreuzenden, dichten und zierlichen
Einkerbungen versehen. Von dem letzten Fundstücke wurde ein Theil der mikro-
skopischen und chemischen Untersuchung geopfert. Die spröde, nur schwer säg-
bare Masse, welche mit vielen Rissen und Sprüngen bis tief in das Innere durch-
zogen war, zerfiel unter der Feile mehr zu Pulver, als zu eigentlichen Feilspähnen,
und liess unter dem Mikroskop neben den Metallblättchen ein feines Pulver von
brauner Farbe erkennen. Das specifische Gewicht wurde zu 7,42 bestimmt; die
chemische Analyse ergab 7,4 pCt. Zinn, 86,9 pCt. Kupfer, ausserdem geringe
Mengen von Nickel und Eisen (bis zu 0,3 pCt.); die noch fehlenden 5 pCt wur-
den mit Hülfe des Wassertoffstromes als Sauerstoff nachgewiesen. Wird dieser
Sauerstoff mit der entsprechenden Menge Kupfer als Kupferoxdul berechnet, so
erhält man neben 7,4 pCt. Zinn, 51,24 pCt. Kupfer, 40,16 pCt. Kupferoxydul,
welches, wenn es schon durch die Bereitungsweise hineingekommen ist, auf eine
sehr unvollkommene Herstellung schliessen lässt. Ausserdem fanden sich noch bei
der Urne mehrere Klumpen einer weissen schmierigen Masse, welche an der Luft
erhärtete und das Ansehen unreiner Kreide erhielt. Die Urne selbst befand sich
50 — 60 cm unter der Erdoberfläche, war ringsum in Steine eingepackt, breiter
wie hoch, ohne Verzierungen und leider schon zerdrückt. In der Umgebung wur-
den noch mehrere, aber schon durchwühlte Urnenlager nachgewiesen; die gesammel-
ten Reste waren ebenfalls ohne Verzierungen, unter ihnen die vollzählig vorhan-
denen Bruchstücke einer vielleicht als Trinkgefäss verwendeten Schale.
(344)
Unweit dieser Stelle nach der Strasse zu deckten wir zahlreiche, noch unbe-
rührte Urnen auf, welche zwischen den Knochenresten keine Bronzesachen ent-
hielten und sämmtlich verziert waren : durch kreuzweise, aber unregelmässig ein-
gekerbte Striche, durch horizontal verlaufende Linien, durch Puuktirungen zwischen
denselben, oder durch gefällige Combination von Punkten und Strichen unter dem
oberen Rande. Ein Bruchstück zeigte ausserdem auch noch ein System von verti-
kalen Streifungeu; bei einem Bodenstücke war die innere Fläche mit concentrischen
Kreisen geschmückt. Diese Urnen hatten eine napfförmige Gestalt bei einem
Querdurchmesser, welcher die Höhe wenig oder bis zur Hälfte übertraf, und waren
noch mit flachen Schalen oder Tellern überdeckt, welche ähnliche Verzierungen
darboten. Mit grösster Vorsicht entfernten wir die Steine, sowie die Erde, und
stellten die Urnen nach allen Seiten hin frei. Vergebens: wir erkannten wohl die
Form, erhielten aber beim Herausnehmen nur Trümmer. Zu unserem Tröste und
Aerger zugleich überzeugten wir uns bald, dass nicht Ungeschicklichkeit von unserer
Seite daran Schuld war, sondern dass die Urnen schon in der Erde Sprünge und
Risse hatten und mit den geborstenen Stellen selbst übereinander griffen. Nicht
selten fanden wir auch rohere, nicht verzierte Urnenbruchstücke unter diesen ver-
zierten Urnen.
Wie schon erwähnt, waren die Urnen, deren oberer Rand '/s — ^2 *" ^'on der
Erdoberfläche entfernt war, je zwischen zahlreichen Steinen eingebettet. Diese
waren grössteutheils sehr hart, granitartiger Natur, zum Theil aber auch weich
und bröckelten in dem Maasse mehr, als ihr Gehalt an Glimmer zunahm; ein be-
sonders glimmerreicher Stein befand sich gewöhnlich über der Urne. Vielleicht
hat die etwas rohe und wenig pietätvolle Art und Weise, wie man die Steine um
die schon mit Sand umhüllten Urnen legte resp. warf, die Zertrümraung der letz-
teren veranlasst.
An einer dritten Stelle links vom Fusssteige, welcher die obere Teltower
Strasse durch das Luch hindurch mit der unteren verbindet, wurden wir durch den
Fig. 2. '/a der natürliclien Grösse.
Seiten- und Voiderausicht.
Fig. 1. '/a der natürlichen Grösse.
Vorder- und Seiteuansicht.
interessanten Inhalt, welchen die meisten Urnen bargen, freudig überrascht. Hier
stand<;n a'if. nur 10—30 nn tief unter iler Erdoberfläche, halten die Form eines
(345)
niedrigen abgestumpften, umgekehrten Kegels, dessen oberer Rand, wahrscheinlich
vom Pfluge, meist weggerissen war, waren nicht verziert, ohne iSteinumhüllung,
ohne Deckscliale, und enthielten fast sämmtlich zwischen den verbrannten Knochen-
theilen nahe den obersten Schichten eiserne, unregelmässig geformte, grössere und
kleinere, I — 5 cm lange, sehr zackige Gegenstände, deren Natur uns wegen der
weit vorgeschrittenen Oxydation lange verschleiert blieb. Erst am letzten Dienstag,
(15. October), als wir in einer Urne einen recht wohl erhaltenen Brustschmuck
auffanden, an dem nur der hintere Theil stark augegriffen war, gewannen wir die
Ueberzeugung, dass auch die übrigen Eisensachen nichts anderes als Broche- ähn-
liche Schmuckgegenstände gewesen seien (Fig. 1 und 2). Diese Lokalität dürfte
übrigens für weitere Nachforschungen die geeignetste sein, da sie von den Car-
sten n'schen Arbeitern nicht berührt und von uns selbst erst zum kleinsten Theile
ausgebeutet ist.
An der vierten Stelle endlich, noch weiter zum Teltower
See hin gelegen, wo vor einem Decennium jene grossen un-
versehrten Urnen ausgegraben waren, trafen wir nur auf schon
früher umgewühlte Fundstätten, an welchen einzelne Scherben
zurückgeblieben waren. Jedoch hatten wir das Glück, hier
einen wohlerhaltenen bronzenen Gürtelhaken aufzufinde'n (Fig. 3).
Was nun jene Urnen und Urnenscherben im Allgemeinen be-
trifft, so waren sie sämmtlich unglasirt und aus demselben
Material verfertigt, aus Thon und Sand, dem oft ein grob-
körniges Pulver jenes glimmerreichen Gesteins zugesetzt war,
mehr oder weniger stark gebrannt, von erdgrauer bis ziegel-
rother Farbe, bald mehr, bald weniger consistent; am festesten
erwiesen sich im Allgemeinen diejenigen, welche Verzierungen
besassen. Die meisten hatten dicht unter dem oberen Rande
Henkel , welche bald zum Durchfassen gross genug waren, bald so flach angelegt,
mit so kleiner Durchbohrung und so geringem Umfange, dass man sie nur mit
Hülfe eines dünnen Stabes oder Strickes am Henkel aufheben oder aufhängen
konnte. In der Form zeigten sie die äusserste Mannichfaltigkeit; am häufigsten
waren sie Schalen-, Napf-, Topf- ähnlich und (die früher gefundenen hohen) Krug-
förmig; einige wenige, mit den Knochen von Kindern gefüllte, viel kleinere hatten
eine ovale Gestalt.
Das sind im Wesentlichen die Ergebnisse unserer Bemühungen. Au der rech-
ten Seite der Teltower Strasse, wo man ebenfalls grosse Urnen gefunden hatte,
grubea wir nur Bruchstücke aus; die Lokalität, an welcher die Steinbeile und
Steinhämmer entdeckt wurden, ebenso wie die übrigen, freilich nur oberflächlich
untersuchten Urnenstätten lieferten negative Resultate. Alles, was wir mit ge-
ringen Kräften in wenigen Stunden an das Tageslicht gefördert haben, rechtfertigt
wohl den Schluss auf eine grosse Ausdehnung des Urnenfeldes und weiterhin auf
eine zahlreiche prähistorische Bevölkerung an den Ufern des alten Teltower Sees.
Das Vorkommen von Steinwerkzeugen aber an einigen Stellen, das Auffinden von
Bronzesachen an andern, und endlich die eiserneu Schmuckgegenstände an einer
dritten Lokalität, sowie die verschiedenartige Verzierung der Urnen machen es
wahrscheinlich, dass die Ansiedelung Jahrhunderte hindurch bestanden hat.
Es dürfte sich also wohl lohnen, an dieser Stelle, welche so nahe bei Berlin
gelegen und so bequem mit der Bahn zu erreichen ist, systematisch betriebene
Ausgrabungen in grösserem Maassstabe zu veranstalten, um durch das Studium
weiterer Funde, die mit Sicheiheit zu erwarten siud, immer mehr Licht über jene
Fig. 3.
Grösse
'/■-' der natürl.
Vorder- und
Seiteuansicht.
(346)
leichenverbrennende Bevölkerung zu verbreiten, von welcher keine geschriebenen
Urkunden existireu. Hierzu Anregung zu geben, sollte der Zweck dieser Mit-
theilung sein.
Schliesslich erfülle ich nocli die angenehme Pflicht, Hrn. Eduard Hintze,
Director der Lichterfelder Land- und Baugesellschaft, welcher uns die eingehendste
Untersuchung des oben beschriebenen Terrains mit der grössten Liberalität ge-
stattete, unseren wärmsten Dank auszusprechen '). —
Hr. Virchow: im April 1868 hatte ich Gelegenheit, durch gütige Vermitte-
lung des verstorbenen Rechtsanwalts Lewald die von Hrn. Mercier gesammelten
Gegenstände einer eiügehendeu Untersuchung zu unterwerfen. Nach den von mir
damals niedergeschriebenen Notizen handelte es sich um folgende Gegenstände:
A. Thongeräth.
1) Eine mit gebrannten und grob zerschlagenen menschlichen Knochen gefüllte
Urne enthält eine gekrümmte, 1 '/- Zoll lange, am spitzen Ende ringförmig ein-
gebogene, am stumpfen kolbige Bronzenadel (Stachel einer Fibula?). Das Gefäss
war ohne Henkel und Verzierung, hellgelb, aussen glatt, schwer und von einem
dichten, fa'st körnerfreien Material; seine Form war bauchig, mit engem Boden und
weiter Mündung, von massiger Höhe. Auf demselben lag als Deckel ein flacher,
umgekehrter Untersatz.
2 — 5) 4 kleine Gefässe mit Doppelhenkeln zum Aufhängen, sämmtlich glatt,
glänzend, gelb, mit einzelnen Verzierungen.
1) Auf den folgenden Mittwoch, den 22. October, hatte ich die Mitglieder der Gesell-
schaft zur Fortsetzung der Ausgrabungen aufgefordert; leider waren wegen des bis dahin
sehr schlechten Wetters mit Hrn. Dr. Voss nur wenige Herren erechienen, welche aber
durch die Menge prachtvoller Funde, die in nur kurzer Zeit an der Lokalität Nr. 3 gemacht
wurden, sehr befriedigt waren; denn wir hatten das Glück, auch hier nicht nur mehrere,
an dieser Stelle bisher nicht beobachtete ornamentirte Urnen aufzudecken, sondern auch etwa
ein Dutzend dicht beisammen stehender, nicht verzierter, welche sämmtlich eiserne Schmuck-
gegenstände und Gürtelhaken, zum Theil von sehr zierlicher Arbeit und gänzlich unversehrt,
czSL.
Fig. 4.
Fig. 5. Halbe natürliche Grösse. Seiten- -und Vorderansicht.
enthielten. In einer grösseren Urne wurden ausserdem noch zwei bronzene Knopfe (Fig. 4),
ein Bronzering, ein doppelter eiserner Ring, ein kleiner Eisenhaken von ähnlicher Form, wie
die Gürtelhaken (Fig. 5), und zwischen der aufgeworfenen Erde '2 Feuersteinmesser gefunden.
Am 26. October Messen wir in Gegenwart des Hrn. Geh. Rath Virchow an demselben
Orte weiter nachgraben. Urnen mit eisernen Geräthschaften wurden nicht mehr aufgefunden;
dafür wurden wir aber entschädigt durch die Entdeckung von zwei kleineren, kegelförmigen,
wohl erhaltenen Krügfii, welche je in einer grösseren zerbrochenen Urne verborgen waren.
Säuinitlirhe Funde sind dem Königlichen Museum übergeben.
(347)
Das kleinste 2 Zoll hoch, P/g Zoll in der grössten Breite, mit kleinen Hen-
keln (lif;lit über dem Bauche und unter dem Rande, zum Theil gebrannt, daher
theils schwärzlich, theils röthlich.
Das grösste, 2'/2 Zoll hoch, 3 Zoll im grössten Durchmesser, besass einen
aufrecht stehenden Rand und einen weiten Bauch, welche durch 3 Horizontallinieu
von einander abgesetzt waren. Darüber am unteren Theil des Randes standen
Gruppen von je 3 dicht gedrängten Eindrücken und zwar so, dass abwechselnd in
der einen Gruppe die 3 Kindrücke neben einander, in der folgenden 2 neben ein-
ander und der dritte in der Mitte über denselben standen. Jederseits am Oeber-
gaug vom l^auch zum Halse ein etwas weiterer Henkel und unter demselben ein
rundlicher Eindruck. Am Boden ein concaver Eindruck.
Das dritte war sehr ahnlicli, nur dass die (jruppen aus je '2 stehenden Ein-
drücken gebildet waren.
Das vierte war verschieden: es hatte eine mehr flaschenförmige Gestalt, einen
ffachen, breiten Boden, an der Stelle der abgebrochenen Henkel 4 Löcher zum
Einsetzen der Henkelstücke, dabei als Verzierung mehr unregelmässige Querlinien.
G) Ein etwas oblonges Trinkgefäss, 2'/^ Zoll hoch, 3'/^, Zoll lang, 27.. Zoll
breit, ohne Verzierung, hellgelb, etwas geschmiert, mit plattem Boden.
7) Ein mehr flacher, runder Topf, fast r'/4 Zoll hoch, S'/^ Zoll im Querdurch-
messer, mit weitem Bauch, niedrigem, etwas nach aussen gerichtetem Halse, weiter
Oeffnung Unter dem Rande lief eine KJranz von 22, sehr unregelmässig gestellten
und ungleich grossen, kleinen, runden Löchern herum. Unter denselben am oberen
Theile des Bauches einige Querlinien. Au einer Seite ein von der Ausbauchung
des Bauches zum Rande gehender weiter Henkel, auf der anderen Seite geradeüber
eine ausgebrochene Stelle.
8) Ein kleines, niedriges (lefäss mit geradem hohem Halse, weitem Bauch,
weiter Mündung und grossem Boden, 2'/, Zoll hoch, 3'/-.. Zoll im Durchmesser des
Bauches, ohne Henkel. An der oberen Wölbung des Bauches abwechselnd Gruppen
von je 3 oder 4 senkrechten Strichen (4 mal je 3, o mal je 4 Striche).
9) Ein grösseres, dem eben genannten ähnliches Gefäss, nur mit höherem
Halse und einem einzigen grösseren Henkel (Gri£f), der vom Oberbauch zum Rande
ging. In geringer Entfernung vom Ansätze des Henkels am Rande jederseits ein
vorspringender Knopf. Am unteren Theil des Halses eine Reihe von Gruppen
kleiner, senkrechter, zu je 3 eingeritzter Striche.
10) Ein grosses, aber etwas niedriges Gefäss (Fig. 1) von feinerer Form und
Fig. 1.
(348)
reicherer Verzierung, hellgelb, glatt, von feinerem Thon. Sehr weite Mündung,
hoher, etwas ausgeschweifter Hals mit gerade aufgerichtetem Rande, weitem Bauch,
ohne Henkel, mit concavem Boden. An der Grenze von Bauch und Rand drei
Horizontallinien. Darüber eine Reihe rundlicher Eindrücke, und zwar abwech-
selnd je 5 in einer Reihe und je 3 kegelförmig geordnet, unter den Horizontal-
linien abwechselnd senkrechte Striche und rundliche Eindrücke, so gestellt, dass
abwechselnd je 2 und je 5 senkrechte Striche zusammenstanden und dazwischen
jedesmal ein Zwischenpunkt gestellt war.
11) -i grössere Wirtel, grob, ohne Verzierung: der eine unten flach, oben
gewölbt.
B. Steingeräth.
Eine Streitaxt aus feinem Grünstein, von hellgraugrüner Farbe, sehr schön
polirt, mit kleinem, glattem Stielloch, an dem man die Bohrlinien deutlich sehen
konnte, etwas hinter der Mitte, am Ende scharf, jedoch verletzt. Sie hatte eine
sehr ungewöhnliche Form, indem sie in der Gegend des Lochs sehr verbreitert
war und das vordere Ende sich vor dieser Stelle durch einen seitlichen Absatz
schied. Die obere Fläche bildete hier eine flach convexe Vorragung, während
sowohl die Schneide, als der Rücken sich etwas nach unten senkten.
C. Bronze,
sehr reichlich, zum Theil mit schöner Patina. Dazu gehörig auch eine Gussform
aus Thon,
1) Ohrringe:
a. Ein feiner Drahtring, auf dem eine weisse (durch Brand veränderte) Glas-
perle sitzt, ist mit einem segeiförmigen, flachen Blatt verbunden, welches
3 oder 4 Löcher zum Einhaken des Ringes hat (Holzschn. Fig. 2).
Fig. 3.
Fig. 2.
Fig. 5. Fig. 6.
Fig. 4.
b. Grössere mit sehr langem, feinem Ringe und ganz glattem, fast kahn-
förmigem Blatt ohne Löcher und Verzierung (Holzschn. 3),
c. Breite, segeiförmige Blätter mit Strichen und Löchern, scheinbar um den
Ring enger und weiter zu machen (Holzschn. Fig. 4 u. 5). •
d. Segel mit G parallelen Längsstrichen (Fig. 6).
2) Fibeln. Dieselben waren besonders merkwürdig, weil sie die italische
(349)
Segolform, wenn auch in boscheidener Grösse, am Bügel zeigten. Das Segel ging
lu den Draht über, welcher um die horizontale Stange gewunden war (Holzschn. 7).
■^ss^
Fig. 7.
Fig. 8.
An einem Exemplar sassen 3 Knöpfchen auf dem Segel (Holzschn. 8). An einem
anderen, nur fragmentarisch vorhanden (Holzschn. 9) zeigte das grosse Segel Ab-
theilungen, wie die Flügeldecke eines Käfers. Nach der einen Seite ging es in
eine Art schmaler Schale zur Aufnahme der Nadel über.
Fig. 11.
Fig. 10.
Fig. 13.
;!) Haarnadeln, lang, mit Knöpfen am
Ende (Holzschn. 10). Eine Nadel war am Ende
hirtenstabförmig umgebogen (Holzschn. 11).
4) Spangen und Ringe: eine grosse Arm-
spange, mehrere kleine, theils glatte, theils ge-
wundene und dick gedrehte Armringe. Ein
halber Bügel mit Anschwellungen, auf deren
jeder 3 erhabene Streifen (Fig. 12).
«
Fig. 1-2.
5) Knöpfe, S chnal len stäche 1, kleine
Bronzenägel mit viereckigen Köpfen.
D. Kupfer?
Beschläge mit umgebogener Spitze, fast wie Hechtangeln aussehend.
E. Eisen, alles stark verrostet.
Eine schöne grosse Fibula mit Windung um die Querstange. Beschläge. Nägel.
Eine lange Nadel (Holzschn. Fig. 13) mit gebogener Nadel und länglichem
vierkantigem Kopfe.
F. Email.
Schöne grosse schwarze Perlen aus Glasfluss mit "2 gelben, gewundenen, sich
durchschlingenden Linien und grünen Augen innerhalb der durch die Linien um-
grenzten Felder.
G. Schmuck aus Thon, Stein und Bein.
1) Flache Scheibe aus Sandstein mit einem sehr regelmässig gebohrten Loch
und von gut gerundeter Form.
(350)
2) Ein gebrannter Knopf aus Bein, fast wie ein moderner Hemdenknopf, durch-
bohrt, mit BroDzedraht.
o) Perlen und Halsschmuck.
a. ein Stück, bestehend aus einer flachen, durchbohrten, schwärzlichen Scheibe,
b. ein rundliches, durchbohrtes, gelbliches Korn, einer Erbse ähnlich,
c. 3 Stück löffeiförmige, schwärzlich graue Körper aus Thou mit quer durch-
bohrtem Stiel und flacher Scheibe,
d. B Stück sechseckige Stachelkörper aus Thou, morgensternartig, mit einem
Loch, welches quer durch von einem der Höcker zu dem gegenüber stehen-
den ging.
Aus den löffel- und morgensternartigen Körpern (c. und d.) kann man sich
leicht einen Schmuck zusammensetzen, wenn man sie in alternirender Reihenfolge
an einander reiht (Holzschn. Fig. 14).
Fig. 14.
Das sind die Funde von damals, für unsere Gegenden verhältnissmässig reiche
und ungewöhnlich maunichfaltige. Dass das Gräberfeld mit' dem jetzt explorirten
nicht identisch, wenngleich demselben ziemlich nahe war, ist schon von Hrn. ürban
erwähnt. Indess lässt sich ihre Verwandtschaft wohl nicht bezweifeln. Auch hier
handelt es sich um ein Gräberfeld der älteren Eisenzeit, in welchem jedoch Bronze
sehr reichlich vertreten war. Die Thongefässe erinnern an den Lausitzen Typus,
wenn auch die am meisten charakteristischen Formen fehlen. In manchen Stücken
nähern sich die Funde denen von Bienenwalde bei Ruppin. Die Fibeln und viel-
leicht auch die Ohrringe zeigen italische oder wenigstens südliche Anklänge. Höchst
auffällig ist der gänzliche Mangel an Waffen, wenn man von der Steinaxt absieht.
Wo dieselbe gefunden ist, ob in einer Orne, kann ich nicht bestimmt angeben,
doch glaube ich mich zu erinnern, dass Hr. Mercier mir mittheilte, sie sei auch
einer Urne gefunden.
üebrigens ist zu erwähnen, dass die Gesellschaft schon seit langer Zeit eine
durch Hrn. Herrn. Grimm geschenkte Streitaxt von Stein von Giesensdorf besitzt
(Zeitschr. für Ethnol. 1874, Bd. VL, Verh. S. 257).
(33) Hr. 0. Mantey übergiebt der Gesellschaft eine Sammlung
Nubischer ethnologischer Gegenstände.
Im Frühjahr 1877 machte ich in Cairo die Bekanntschaft des jetzigen Vice-Gouver-
neurs vom Sudan, Hrn. Giegler Pascha, kurz vor dessen Rückkehr nach Chartum.
Im December 1878 traf Hr. Giegler wieder in Cairo ein mit einer reichen
Sammlung von Waffen und Hausgeräthschaften der verschiedensten Negervölker.
Unter diesen Gegenständen fielen mir zunächst einige .Messer auf, die abweichend
von den sonst im Innern Afrikas gebräuchlichen Schneideinstrumenten nur eine
geschärfte Seite hatten. Auf meine Bitte, mir eines der Messer zu schenken, war
mein Freund Giegler so liebenswürdig, mir sofort die Auswahl frei zu stellen.
(351)
Tags darauf schenktfi mir Hr. Giegler, mit Ausnahme einiger weniger Gegen-
stände, die ganze reiche Sammlung. Ich acceptirte mit Freunden das liberale
Anerbieten mit dem Bemerken, dass ich die Sachen nicht für mich, sondern für
die Gesellschaft für Anthropologie in Berlin in Empfang nähme, und dieser
Alles bei meiner Rückkehr in die Heimath zur Verfügung stellen würde.
Ich erlaube mir hiermit der Gesellschaft die Sammlung zu übergeben und
möchte die Herren noch besonders auf einige der Sachen aufmerksam machen. —
Vortragender zeigt zunächst die Messer vor, ferner einige sehr sauber aus hartem
Holz gearbeitete keulenartige Stäbe und aus nassem Bast zusammengehämmerte
Matten, deren eine ein ausserordentlich regelmässig ausgeführtes, vorwiegend grad-
liniges Ornament zeigt. Die Stäbe geben dem Träger gleichsam die Würde eines
Häuptlinges oder Schech's. Die genannten Gegenstände waren Gastgeschenke des
Negerkönigs Kaba Rega an Gordon Pascha, unter den Flechtwerkeu zeichnen sich
vornehmlich einige kleine Pfeifenrohr-artige Instrumente aus, deren untere breitere
Oeffnung durch gitterförmiges Flechtwerk verschlossen ist. Es dienen dieselben
beim Trinken von allerhand Flüssigkeiten und verhindern das Durchtreten von
Verunreinigungen mit dem Getränk.
Waffen sind in ziemlicher Auswahl vorhanden, darunter Speere, Bogen und
Pfeile, sowie ein Schild der Djur-Neger. Ein Trumbasch der Niam-Niam. Zwei
Schwerter und ein sichelförmiger Säbel der Monbuttu.
Von Bekleidungsgegenständen verschiedene, mehr oder weniger reich ge-
schmückte Schurzfelle und Hüftgürtel, sowie zwei Paar aus Schweinsleder ge-
hämmerte und mit sehr gleichmässigem Linienornament versehene Sandalen mit je
einer kleinen Oehse zum Durchstecken der grossen Zehe, und einer grösseren für
den Spann. Ferner Armringe aus Elfenbein und Eisen, letztere geziert durch die
mächtigen Gewehre des Hirschebers.
Durch die Güte des schon seit vielen Jahren in Cairo ansässigen Hrn. Dor Bey
gelaugte Hr. Mantey auch in den Besitz zweier grösserer Gefässe, wie sie in
Abessynien und im Harar zum Aufbewahren von Flüssigkeiten oder Feldfrüchten
benutzt werden. Beide haben die Form der in ganz Egypten üblichen thönernen
Siren. Das eine Gefäss ist ein höchst sorgfältiges Flechtwerk, das andere aus
einem- Stück Sycomorenholz gehauen. Beide mit Deckeln. Auch diese macht Hr.
Mantey der Gesellschaft zum Geschenk. —
Der Vorsitzende spricht Hrn. Mantey den freundlichsten Dank der Gesellschaft aus.
(34) Hr. Mantey berichtet sodann über
die Feuersteinfunde von Heiwan
und übergiebt dort gefundene Proben, sowie von Fellachen jetzt noch mittelst eines
Hammers und eines eisernen Meisseis geschlagene Feuersteine, welche zum Feuer-
raachen dienen, mit folgenden Worten:
Ich möchte nun noch mit einigen Worten auf einen anderen Gegenstand über-
gehen, der besonders auch auf den beiden letzten allgemeinen Anthropologen-
Versammlungen zu Diskussionen Veranlassung gegeben hat. Es handelt sich um
die in ünteregypten aufgefundenen und mit dem Namen „Steinwaffen" belegten
Feuersteiusplitter. Dieselben wurden in massenhafter Weise in dem etwa 20 km
südlich von Cairo gelegenen Schwefelbade Heluan gefunden. Unter der grossen
Menge der Splitter fanden sich einzelne, mit besonderer Sorgfalt bearbeitete Speci-
mina, die man entschieden als Lanzen und Pfeilspitzen ansprechen muss.
Die grössere Mehrzahl dagegen kann man nur mit Reserve für Waffen ansehen.
(352)
man kann nicht einmal mit Bestimmtheit behaupten , dass diese Splitter in
der That von Menschenhand ausgeführt sind. Hr. Dr. Schweinfurth, der
bald nach dem Bekanntwerden der Fundobjekte nach Heluau gefahren war, theilte
mir bei seiner Rückkehr seine Zweifel über die Steinsachen mit und erwähnte
dabei noch ganz besonders, dass er auf einer seiner Excursionen vom Nilthale
nach dem rothen Meere einmal stundenweit durch ein Thal geritten sei, dessen
Sohle besät war mit Feuersteiusplittern, von denen die Mehrzahl wohl als Lanzen-
spitzen, Messer etc. brauchbar gewesen wäre. Dieselben waren aber zum Theil in
höchst auffälliger Weise um ein compakteres Feuersteinstück gelagert, welches un-
gefähr die Form eines Eselhufes hatte. Dass diese Anordnung eine künstliche, von
Menschenhand ausgeführte sei, wird Niemand behaupten. Wer sollte dieselbe auch
vorgenommen haben? Der indolente, träge Fellache oder Beduine sicher nicht,
denn beide arbeiten nur, wenn dabei baarer Gewinn zu erlangen ist. Diese Steine
waren jedenfalls durch Witterungseinflüsse gesprengt.
Dasselbe von den Heluaner Funden zu behaupten, wäre eben so gewagt, wie
die strikte Erklärung: die Splitter sind auf einem prähistorischen Lagerplatz ge-
funden, zusammen mit Knochenüberresten von Dinoplotherium, vorweltlichem Hirsch
u. s. w. Stellten sich doch die Knochen sehr bald als einfache Esel-, Pferde-
und Kameelsknochen heraus. Vielmehr glaube ich weit eher, dass die Splitter in
allerneuester Zeit in Heluan geschlagen worden sind und dies um so mehr, als
ich beim Besuch der grossen Augustmesse in Tauta im Jahre 1877 höchst ärmliche
Fellachen und Zigeuner mit sehr primitiven Instrumenten F'euersteine zuhauen sah.
Die Leute hatten mittelst einiger Zeugfetzen ein ganz kleines Zelt aufgeschlagen,
eher einem Sonnenschirme als einem Zelte vergleichbar, und bedienten sich eines
eisernen meisselartigen Instrumentes und eines hölzernen Schlägels, um in ganz
kurzer Zeit faustgrosse Feuersteine in kleinere Splitter zu zerschlagen. Diese
Splitter haben sämmtlich die Form abgebrochener Lanzenspitzen, deren eine Seite
flach ist, die andere meist zwei hervorspringende Rippen und demgemäss drei
Flächen zeigt. Sie dienen zu keinem andern Zweck als Feuer „anzupinken". Ich
habe mir damals einige dieser Steine, sowie den nöthigen Stahl und Zunder er-
worben und zeige dieselben hiermit vor. Leider wollten die Leute weder mir
noch meinem später hingesendeten Diener Schlägel und Meissel verkaufen. Ich
hoffe aber, dass es mir bei meiner Rückkehr nach Cairo gelingen wird, mich in
den Besitz dieser interessanten Gegenstände zu setzen, die ich dann sofort ein-
senden würde.
Diese Feuersteinschläger sind jedenfalls zum grössten Theile heimath- und
obdachlose Zigeuner, die unstät von Ort zu Ort ziehend, bald hier, bald dort ihre
armseligen Schirme aufschlagen, um ihr Handwerk zu betreiben.
Zu den heilkräftigen Quellen Heluan's sind schon seit langen Zeiten, lange
ehe man dort an die Anlage eines Bades dachte. Kranke gepilgert, und es scheint
mir weniger speculativ anzunehmen, dass auch „Steinschläger" sich daselbst auf-
gehalten, und zwar in jüngster Zeit, als aus einigen aufgefundenen Knochen und
schön bearbeiteten Steinwerkzeugen gleich auf einen prähistorischen Lagerplatz zu
schliessen.
Leider ist mit den Heluaner Fundobjecten ein wahrer Schacher getrieben
worden. Kleine Fellachen sammelten aller Orten Splitter und verkauften dieselben
gegen wenige Para an Liebhaber. Wo diese Kinder, die ohne sonderliche Er-
müdung stundenweit durch die Wüste laufen, selbst mit einer ziemlich bedeuten-
den Last, alle Splitter hergeholt haben, dürfte sich schwerlich controliren lassen;
so viel dürfte aber als sicher feststehen, dass kaum die Hälfte der Stücke wirklich
(353)
aus Heluan stammen, und dass es jetzt viele Mühe kosten möchte, dort noch Feuer-
steinsplitter der beregten Art zu finden. —
Der Vorsitzende dankt Hrn. Mantey und theilt einige, dieselbe Angelegen-
heit betreffende Stellen aus einem im Mai an ihn gerichteten Briefe des Hrn.
Reil Bey in Cairo mit:
„Ist Ihnen noch Nichts vorgekommen von einem gewissen Dr. Mook, der
in den Zeitungen sich als Entdecker ganzer Lager prähistorischer Thierknochen
u. s. w. ausposaunt? Der Herr macht jeden Winter Egypten unsicher und ich
muss Sie und die ganze gelehrte Welt vor ihm warnen. Eigentlich katholi-
scher Theologe, dann altkatholischer Priester, dann der Medicin Beflissener, hat
er 1870 den Krieg als Krankenpfleger mitgemacht. Im Winter 1873— 1 874 studirte
er noch und besuchte als begleitender Arzt mit einem russischen Baron von Kopp
Egypten, war auch einige Monate in Heluan. Später kam er hierher zurück und
erhielt die durch meine anderweitige Verwendung vacant gewordene Stelle als Arzt
in Heluan, wo er aber nur .3 Monate bleiben konnte, da er die Manie hatte, jeden
Kranken, auch türkische Haremsfrauen, als syphilitisch zu betrachten und mit sub-
cutanen Sublimateinspritzungen zu behandeln! Seine Hauptbeschäftigung in Heluan
und in Egypten überhaupt war und ist aber „industrielle Ausbeutung von angeblich
prähistorischen Funden". Kistenweise gehen alljährlich im Frühjahre die Früchte
seines Ausbeutungssystems nach Deutschland. Auch jetzt soll er wieder 600 Schädel
bereit haben. Er trägt kritiklos Alles zusammen, ohne sich im Geringsten um die
Provenienz zu bekümmern, und stellt dazu Leute an, die ihm besonders Schädel
verschaffen, mögen sie herkonaraen, wo sie wollen: aus Gräbern der ältesten
Dynastie oder aus Kirchhöfen moderner Zeit. Bei Thura behauptete er einen ganzen
Brunnen von Mumien gefunden zu haben; es waren die vertrockneten Reste der
vor 18 Jahren summarisch begrabenen Soldaten der Thura'er Garnison, die vom
Typhus icterodes decimirt wurde, und Reste der letzten Choleraepidemie von
1865. — Eine Lagerstätte (Zelte) von Soldaten, die am Bau der Eisenbahn nach
Heluan beschäftigt gewesen waren, hielt er steif und fest für Reste eines römischen
Lagers, ein nicht mehr gebrauchter hartgetretener Kameelpfad war die römische
Heerstrasse! Mit der grössten Heimlichkeit behandelte er den Fund eines ante-
diluvianischen Affenschädels: leider stellte es sich heraus, dass das Ding nur die
halbe Schale einer im Wüstensande und durch Hitze vertrockneten Coloquinte
war! — Von den seltensten paläontologischen Thieren hat er angeblich immer
Massen gefunden. Schweinfurth sah die Sammlung und erklärte Alles für Esel
Pferd, Kameel, aus moderner Zeit. Ich glaube nicht, dass er mit den Thierknochen
eine Sammlung in Deutschland beglückt hat, wohl aber mit den Schädeln, denn
leider ist die hie und da herrschende Craniomanie oft recht kritiklos. In keinem
Lande ist es aber schwieriger, ja vielleicht unmöglicher, Rassenunterschiede rein
zu erhalten, als in Egypten, wo sich seit Jahrtausenden alle möglichen Rassen
gekreuzt haben. — Eine tüchtige Abfertigung hat Hr. Mook von Roland
L. N. Michel 1 in „the Academy, weekly review of litterature, science and art."
1878, pag. 192, erfahren. -
(35) Da Hr. Professor Sadebeck durch Krankheit verhindert ist, seinen an-
gekündigten Vortrag selbst zu halten, so verliest Hr. Bartels das eingesandte
Manuscript.
Verhandl. der BtrI. Aiitropol. Gesellschalt 1»79. 23
(354)
lieber Karrenfelder und Strudellöcher, mit besonderer Beziehung auf Rüdersdorf.
Heim und Becker geben im Jahrgange 1878 des Jahrbuchs des Schweizer
Alpenclubs lebendige und naturgetreue Schilderungen der Karren- und Schratten-
Bildungen auf der Silbern- und der Karrenalp (zwischen Muotta und Lintbthal).
Dadurch wurde in mir der Wunsch rege, diese Bildungeo, besonders die Löcher
genauer zu untersuchen, auch genügten mir die schriftlichen und bildlichen Dar-
stellungen der Strudellöcher nicht, und einzelne Fragen über Gletscher wollte ich
mir durch Studien an thätigen Gletschern selbst beantworten. — Ich reiste zunächst
nach dem Rheinfall, dann nach Luzern, Axenstein, Muottathal, über die Karrenalp
nach Stachelberg, ürner Boden, überschritt den Sustenpass und bestieg dabei den
Steingletscher, welcher in krystallinischen Schiefern eingebettet ist; dann unter-
suchte ich die beiden Grindelwaldgletscher im Gebiete der alpinen Jurakalke. Die
Karren bildungen sind auf den neuesten Karten des topographischen Atlasses der
Schweiz (im Massstab der Originalaufnahme = 1 : 25 000) durch eine besondere
Zeichnung niarkirt.
Die Karrenalp ist ein 7,5 km langes und 3 km breites Hochplateau zwischen
steil aufsteigenden Berghöhen im N. und S., im W. und 0. plötzlich steil abfallend,
und gehört dem mittleren Jura Studeri au. Im N. des westlichen Theiles liegt die
Silbern, welche aus den realsten Schrattenkalken (Gault- und Seewer-Kalk) besteht.
Diese beiden Localitäten stellen die 2 verschiedenen Verwitterungstypen Heim 's
dar, den auf horizontaler und den auf stark geneigter Oberfläche; ersterer (auf der
Karrenalp) ist besonders durch Loch- und Spalten bildung charakterisirt, letzterer
(auf der Silbern) durch w^enig tiefe, parallele, lange Furchen in der Richtung der
grössten Neigung, durch Schratten im engeren Sinn. Diese sind von Studer und
Heim abgebildet, während von den Karrenlöchern bildliche Darstellungen fehlen.
Im Folgenden will ich mich daher hauptsächlich mit diesen beschäftigen, da ihnen
auch die Rüdersdorfer Löcher gleichen.
Heim sagt: „Es sind Bildungen, wo die chemische Auflösung des Gesteins vor
der mechanischen Verwitterung weit im Vorsprung steht. Man findet sie überall
da, wo eine Kalksteinfläche kohlensäurehaltigem Wasser ausgesetzt ist; so dass sie
sehr verbreitet sind. Jede, der Nässe ausgesetzte Kalksteinfläche erhält allmälig
eine unebene Oberfläche, es entstehen kleine Vertiefungen und Spalten, welche sich
durch die auflösende Kraft des Wassers mehr und mehr vergrössern. Da alle Ge-
steine Stellen mit verschiedener Löslichkeit haben, so werden die schwerer löslichen
Hervorragungen bilden, besonders die Petrefakten," Auf der Karrenalp ist das
Wasser zum grössten Theil Schmelzwasser des Schnees, welcher nie ganz schmilzt;
dazu kommt in der wärmeren Jahreszeit Regenwasser. Die ganze Alp ist von
Rieselbächen durchzogen, welche von den Bergabhängen herabkommen, sich in den
Labyrinthen verlieren, dann wieder zu Tage treten und öfters in einem grossen
Loche spurlos verfliessen. Das Gestein ist em sehr dichter, harter, weisser, grauer
bis schwarzer Kalkstein, welcher häufig von krystallinischen Adern durchzogen ist
und undeutliche Versteinerungen führt. Schichtung konnte ich nicht wahrnehmen,
dagegen Zerklüftung, welche die Verwitterung sehr befördert.
Die Kreidegesteine des Silbern sind geschichtet; nach Becker sind die Schich-
ten öfters gebogen und gebrochen, und die Schrattenbildungeu dann besonders an
den Stellen ausgebildet, wo Schichtenstörungen stattfanden. Es bilden sich nach
Heim zuerst Vertiefungen, welche zu Wasserrinnen werden. An den zwischen-
liegenden Erhöhungen läuft das Wasser rasch ab. Die Rinnen werden durch das
Wasser mehr und mehr vertieft, am Grunde erweitert, die Risse werden immer
(355)
schmaler, schärfer, schneidiger. Die begonnenen Unebenheiten steigern sich. So
entstehen die kahlen, wild zerklüfteten Kalkflächen der Alpen: Karren, Schratten,
Lapiaz. Es sind scharfe Grate und dazwischen tiefgehende Furchen, Nadeln,
Löcher, Spalten. Die Wanderung, resp. das Klettern durch solche Bildungen ist
an einzelnen Stellen schwieriger, als manche der schwierigeren Gletschertouren.
Die Löcher haben eine sehr verschiedene Grösse, so klein, dass kaum die Spitze
des Bergstocks hineinpasst, bis zu einem Durchmesser von 20 — 30 m. Die kleineren
sind meist regelmässig topfförmig, fast kreisrund oder oval, die grösseren zeigen
hervorragende Zacken und dem entsprechend wulstartige Hervorragungen, welche
sich kreisförmig, zuweilen auch spiralig an der Innenwand herumziehen. Eine Be-
schreibung aller der mannichfaltigen Variationen ist nicht möglich, jedoch lässt sich
ein gemeinsamer Typus herauserkennen: trichterförmig, oben breit, sich nach unten
verengend. Die grössten Löcher erreichen eine solche Tiefe, dass ein hinein-
geworfener Stein ein lange andauerndes, immer dumpferes Rollen hören lässt. Auch
können sich die Enden seitlich fortsetzen oder theilen.
Die grösseren Löcher sind meist durch Vereinigung verschiedener Löcher ent-
standen : 2, 3, 4 berühren sich, die Scheidewände werden durch das Wasser zu
scharfen Graten, welche immer niedriger und niedriger werden, zugleich dünner.
Dieser Process wird zuweilen noch dadurch beschleunigt, dass unten ein Durchbruch
der Wand erfolgt. Man kann dann in ein Loch hinein und aus einem anderen
herauskriechen. Charakteristisch ist, dass die Wände ursprünglich bis an die
Oberfläche reichen. Durch die Vereinigung verschiedener Löcher werden die Con-
figurationen unregelmässig und es entstehen auch isolirte Zacken.
Die Innenfläche ist abgewaschen, entweder so glatt, dass man sie früher mit
Strudellöchern verwechselt hat (noch heut kann man am Axenstein „Gletscher-
garten" lesen), oder reich an Verwitterungserscheinungen. Die Klüfte und Sprünge
spielen eine grosse Rolle, einmal im grösseren Maassstabe, indem in ihnen die
Wasserläufe sich einen Weg bahnen. Dadurch entstehen an den Rändern Halb-
löcher oder ähnliche Configurationen. Im kleineren Maassstabe beschleunigen die
Sprünge die Verwitterung und bewirken unregelmässige Bildungen. Bei vielen Löchern
kann man Stücke von der Innenwand ablösen und auf diese Weise den Löchern eine
andere Gestalt geben. Diese Hervorragungen haben die mannicbfaltigsten Gestalten,
wie die Karren im Grossen, Zacken, Schneiden u. s. w. und lassen durch dicht ge-
drängte Löcher oder Rinnen die weniger leicht angreifbaren Stellen hervortreten. Die
Ausfüllungsmasse ist eine schwarze Erde, stark humös mit Pflanzenresten. Heim hat
beobachtet, dass sie durch Winde zugeführt wird. Jedoch muss ich nach einem Ver-
such annehmen, dass auch ein Theil des unlöslichen Rückstandes des Kalksteins
dabei ist. Beim Auflösen eines Stückchens Kalkstein in Salpetersäure erhielt ich ein
schwarzes Pulver. Das Nähere wird erst eine quantitative Analyse ergeben. Die
Ausfüllungsmasse hat für den Wanderer auch den praktischen Nutzen, dass in ihr
der Bergstock einen sicheren Halt findet. Die grösseren Löcher sind häufig mit
Wasser erfüllt, welches mit der Erde eine sumpfige Masse bildet, die grössten mit
Schnee, die den Winden ausgesetzten sind leer. Die Vegetation benutzt sofort das
kleinste Tüpfelchen Erde und hat sie einmal Fuss gefasst, so hilft sie sich rasch
durch die absterbenden Pflänzchen weiter; die Erde wird mehr und mehr humös,
es sammeln sich auch immer mehr und mehr erdige Massen, so dass zunächst die
Löcher mit derselben erfüllt werden, in denen dann, wie in Blumentöpfen, vor
Winden geschützt, die Alpenpflänzchen ihre prachtvoll farbigen Blüthen entfalten.
Indem die Vegetation immer weiter um sich greift, entstehen schliesslich aus dem
23*
(356)
wilden Steinmeer grünende, fruchtbare, meist sumpfige Matten (z. B. Urnerboden,
S. von der Karrenalp). Einzelne Karrensteine ragen immer als Verräther hervor.
Auf dem Axenstein hat man die humöse Schicht abgedeckt.
Rüdersdorf. Das Terrain ist von Hrn. Nötling (Zeitung d. deutschen geol.
Gesellsch. 1879, S. 339 ff.) genau beschrieben. Ich habe nur noch zu betonen, dass
nach den Angaben des Hrn. Director Foitzick sich die Löcher an den verschiedensten
Stellen schon längst gefunden haben, und dass ich einige bei meinem letzten Aus-
fluge an dem Einschnitt der schiefen Ebene sah, welche aus dem Alvenslebenbruch
herausführt. SO. von der Skizze des Hrn. Nötling ist ungefähr 1 m tief der
Kalkstein ausgehoben, wodurch eine tiefer liegende Fläche entstanden ist, deren
Begrenzung im W. der senkrechte Absturz des Kalksteins, im 0. ein gleicher, mit
Diluvium bedeckter ist. Dass dieses Diluvium sich über die ganze Kalksteinfläche
erstreckte, muss ich erwähnen, da es für die Wasserzufuhr von Bedeutung ist. Das
Durchsickern des Wassers durch die Diluvialschichten beweisen zunächst die geo-
logischen Orgeln, dann aber auch die Oberflächenerscheinungen des Kalksteius.
Eine zweite Art der Wassercirculation wird durch die Schichtung bewirkt. Das
Gestein ist in kohlensäurehaltigem Wasser leicht löslich und gestattet dem Zutritt
des Wassers durch seine Porosität zahlreiche Wege, so dass es viel leichter löslich
ist, als der alpine Jurakalk. Die Zerklüftung ist grösser. Die Löslichkeit wird
hier aber bedeutend durch die Schichtung erhöht. Alle diese Momente spiegeln
sich in der zerrissenen und in stetiger Verwitterung begriffenen Kalksteinfläche ab.
Die Oberflächen der Schichten sind nie eben, sondern stets mit kleinen Löchern
oder Rinnen bedeckt, deren Verlauf der Neigung der Schichten entspricht. Die
Versteinerungen wittern scharf heraus, auch andere, schwerer lösliche Partieen
erscheinen als Höcker, Wülste und dem entsprechend die leichter löslichen als
Rillen. Durch Sprünge ist der ganze Zusammenhang der Oberfläche aufgehoben
und schliesslich wird die Verbindung der einzelnen Schichten durch Lösung be-
seitigt. In der ganzen Ausdehnung tritt zwischen den Schichten ein sandiges oder
thoniges Verwitterungsprodukt auf, so dass man ohne Mühe Stücke abheben kann,
da ja auch der seitliche Zusammenhang durch Sprünge aufgehoben ist. Die
Schichtenköpfe sind theils zickzackförmig ausgewittert, theils zeigen sie Halblöcher
oder wenig tiefgehende Spalten. Letzteres kann man sehr schön an einer Stelle
der obenerwähnten Wand sehen. Ein bedeutendes Areal nehmen die Löcher ein,
welche in ihrer Anordnung eine gewisse Regelraässigkeit, parallel der Streichlinie,
erkennen lassen. Hr. Nötling hat ihre Form so genau beschrieben, dass man ihm
die Anerkennung nicht versagen kann. Ich habe daher nur nöthig, ganz im All-
gemeinen die Form zu charakterisiren.
Die kleinsten von 1 — 2 cm Durchmesser sind äusserst verbreitet, sie sind auf
den dichteren Schichten weniger regelmässig, auf den porösen dagegen fast kreis-
rund. Ihre Entstehung durch Sickerwasser zeigt sich in Kränzchen von Eisenoxyd-
hydrat (beobachtet an einem Loch von 3 ctn Durchmesser und 16 mm Tiefe). Ich
habe die Löcher von den kleinsten Anfängen an bis zu den grössten, allmälig an
Grösse zunehmend, beobachtet. Je grösser der Umfang wird, desto mehr wächst
die Tiefe, und zwar immer rascher als der Umfang, daher die für die Karren-
bildungeu charakteristische, oben kesseiförmige, unten spitz zulaufende Gestalt. Das
Verhältniss von Umfang zu Tiefe stimmt mit Karrenlöchern, mit denen sie (nach
Nötling's Beobachtungen) die Biegung in der Tiefe gemein haben. Eine wei-
tere Uebereinstimmung bezeichnen die Doppel- und mehrfachen Löcher mit hohen
Querscheidewänden. Die Innenfläche ist dadurch charakterisirt, dass auf ihr die
(357)
einzelnen Schichten abgerundet hervortreten, indem das aus den Schichten hervor-
kommende Wasser die Ränder abnagt. Die Verwitterungsmasse des gesammten
Schichtensystems ist zwischen den Schichten in ähnliclier Weise sichtbar, als wenn
man von der Oberfläche eine Platte abhebt.
Durch die Querspalten, in denen gleichfalls das Wasser circulirt, lösen sich an
der Innenfläche rasch mehr oder weniger grosse Stücke ab, und wie bei den Kar-
ren, sogar noch leichter, als bei diesen, kann man durch Herausziehen die Innen-
wand eines Loches beliebig gestalten. Die Innenfläche ist weniger glattflächig, als
bei den Karren, was sich leicht aus der Schichtung erklärt, zeigt aber, wie diese,
vielfach unregelmässige Erhöhungen, Wülste, Zacken, nach unten Vertiefungen,
Ausbuchtungen u. s. w. Die grösste Regelmässigkeit haben, wie bei den Karren, die
kleinsten Löcher. Bei den nahezu kreisrunden Löchern kommen auch schmale
Einschnitte am Rande vor (z. B. bei Loch 47), deren Innenfläche, wie diejenige der
Locher beschaffen ist.
Die Zahl der Löcher ist so gross, dass sie kaum zu bestimmen ist; ca. 100
habe ich ausserhalb des Nötli ngschen Gebietes gefunden, und wohl noch eben so
viele auf demselben.
Sprünge sind häufig. Ihre Innenfläche zeigt dieselbe Beschaffenheit wie bei
den Löchern. Ein solcher Spalt zieht sich auf der tiefer gelegenen Stelle dicht
neben dem Diluvialabhang ungefähr 12?« hin, hier also quer gegen die Schichtung;
interessant ist die Lage zweier, an den gegenüberliegenden Rändern gegeneinander
verschobener Halblöcher, welche genau auf die Erscheinungen an Spalten der
Karrenalp passt, nur dass der Ausgangspunkt auf der Nordseite ein Loch ist.
Die Ausfüllungsmasse ist eine thonige oder sandige. Hr. Professor Dam es
theilte mir gütigst mit, dass die Löcher mit thoniger JVlasse nicht mehr in Betracht
kommen, da für ihre Entstehung schon eine andere Erklärung in Vorbereitung ist,
so dass ich diese nicht berücksichtigen werde. Ich beschränke mich daher auf
folgende Beobachtung, die sich zunächst auf Loch 47 bezieht. Dasselbe ist mit
einer sandig thonigen Masse erfüllt, die zahlreiche Bruchstücke des Schaumkalks
enthält. Steine habe ich nicht gefunden. Die Stücke waren stark in Verwitterung
und man kann darüber keinen Zweifel hegen, dass sie allmälig zerfallen und in
die umgebende Verwitteruugsmasse umgewandelt werden. Diese Erscheinung ist
eine durchgreifende und nicht auf die Löcher beschränkt, sondern auch in den
Spalten entwickelt. Durch die Ausfüllung ist eine weitere Aehnlichkeit mit den
Karren bezeichnet. Das vereinzelte Vorkommen von Steinen erkläre ich mir in
ähnlicher Weise, wie das Herabsinken der Steine von der Oberfläche eines Glet-
schers auf die Grundmoräne. Die Diluvialschichteu entsprechen dann dem Glet-
schereis; durch die chemische Auflösung des Kalksteins sinkt der Stein immer tiefer
und wird auch eine etwas regelmässigere Gestalt der Löcher bewirken können.
Schliesslich immer tiefer gesunken, wird er zwischen die Wände eingeklemmt, was
bei einem Stein bei Strudellöchern nie der Fall ist, da zu seiner Bewegung ein
gewisser Spielraum gehört. Seine Beförderung wird auch durch das Wasser aus
den Schichten beschleunigt.
Fassen wir nun kurz zusammen, in wie weit sich die Karrenlöcher und die
Rüdersdorfer gleichen, so ergiebt sich Folgendes: Entstehung, Form, Ausfüllungs-
masse stimmen überein; der Unterschied beruht nur darin, dass die Karreu nicht
von einer Stein führenden Diluvialschicht bedeckt sind. Der Unterschied in der
Erscheinungsweise liegt in der verschiedenen Beschaffenheit des Gesteins und der Art
der Wasserzufuhr. Desshalb glaube ich den Namen „Karreu* nicht anwenden zu
dürfen und schlage „Schlotten" vor, welche in Kalk- und Gyps-Gebirgen verbreitet
(358)
sind. Aus rein sachlichen Gründen ist Hr. Penck zu einem ähnlichen Resultat
gekommen.
Ich stelle nun für eine etwaige Discussion folgende Frage: Warum können die
Rüdersdorfer Löcher nicht eine gleiche Bildung, wie die Karrenlöcher haben? Ich
will dabei noch einmal hervorheben, dass es sich nicht um die von Studer und
Heim gezeichneten Schratten an Abhängen handelt.
Heim giebt im Jahrbuch des Schweizer Alpenklubs eine klare und lehrreiche
Darstellung der Gletschertheorie; er sagt S. 357:
„Der Gletscher fliesst in Folge des Gewichtes seiner Masse. Dieses, weil es
nicht an allen Stellen gleich stark wirken kann, zwingt zu Dilfereutialbewegungen,
zu Verschiebungen in der Masse selbst: 1) Wo der Druck besonders stark wird,
wird auf Lamellen senkrecht zu seiner Richtung Eis partienweise verflüssigt und
herausgequetscht, und die thaiaufwärts gelegenen, abwärts drückenden Eismassen
rücken um den Betrag dieser Volumverminderuug nach; gleichzeitig entsteht da-
durch die blaue Bandstructur. 2) Eis ist lange wirkenden Kräften gegenüber in
einer Umgebung von 0*^ oder wärmer biegsam, bricht aber, wenn Erschütterungen
hinzutreten. 3) Die Verschiebungen in der Masse geschehen hauptsächlich dadurch,
dass die Masse durch Bruch, doch ohne auseinander zu fallen, ein Netz von theils
luftleeren, 'theils lufthaltigen Spältchen wirft; die dadurch umgrenzten Körner, die
Gletscherkörner, verschieben sich gewissermassen als Atome der Bewegung anein-
ander, Regelation schliesst die Spältchen zum Theil wieder und neue müssen ent-
stehen. Das beständige Umformen der Gletschermasse nach Art 1) und 3) macht
das Eis immer nachgiebiger und verhilft den Luftblasen zum Entweichen.
„Durch all dies wird bewirkt, dass Gletschereis als grosse Masse auf Druck
nachgiebig, plastisch, auf Zug spröde, spaltenwerfend ist."
Mir schien es wichtig, diese Stelle zu allgemeinerer Kenntniss zu bringen, da
dieselbe in den neueren Arbeiten, in denen von Gletschern gesprochen wird, nicht
berücksichtigt worden ist.
Das Studium der Eiswirkung der Gletschermassen auf das Gletscherbett ist
jetzt dadurch sehr erleichtert, dass die meisten Gletscher in der Schweiz stark zu-
rückgehen. Folgende Erscheinungen beobachtete ich durchgehends :
1) Roches moutonnees mit schönen, parallelen Gletscherschrammen am Gehänge
und Grunde (schön am Granit von Handeck).
2) Seiten-, End- und freigeleglte Grundmoränen, bestehend aus mächtigen
Blöcken, Steinen, Gruss, nie aber thonigen und erdigen Massen. Colossale An-
häufungen von Steinmassen bezeichnen die verlasseneu Gletscherbetten. Nur gross-
artige Erdrevolutionen könnten diese Massen entfernen.
Die Bildung der Strudellöcher erfolgt durch die GletS'^hermühlen, wie es Heim
vortrefflich beschrieben hat:
„In der wärmeren Jahreszeit entstehen auf den Gletschern sog. Schmelzwasser-
bäche, welche sich durch die, da und dort entstandenen Gletscherspalten brausend
und dumpf dröhnend zur Tiefe stürzen. Geht die Spalte auch gewöhnlich nicht bis
auf den Grund, so kann das aus bedeutender Höhe stürzende Wasser sich doch
noch ein Kamin bis dahin ausschmelzen. Das sind die sog. „Gletschermühlen". —
Da die Gletscher jedes Jahr ungefähr an gleicher Stelle grössere Schmelzwasser-
bäche liefern und meist an gleicher Stelle wieder Spalten werfen, so findet man die
Gletschermühlen Jahr für Jahr ungefähr auch an gleicher Stelle wiederkehren. Ist
das Eiskamin bis auf den Grund des Gletschers durchgehöhlt, so setzt die „Glet-
schermühle" ihr Werk noch in den Felsgrund hinein fort und formt die gewaltigen
(359)
Löcher, wie sie sich im Gletschergarten eingehöhlt finden, und wie wir sie auch oft
am Grunde von andern Wasserfällen finden.
„Bei dem Aushöhlungswerke haben solche rundliche Steine, wie wir einzelne
auf dem (Jrunde der Töpfe noch liegen sehen, als Werkzeuge gedient. Sie waren
die Mahlsteine der Gletschermühlen, und die Spuren ihrer wirbelnden Bewegung
sind an den spiralförmigen Windungen einiger Töpfe deutlich erkennbar. Woher
kommen aber diese Mahlsteine? das sagen uns die Gletscher der Jetztzeit und die
Beschaffenheit der Steine selbst. Auf dem Rücken der Gletscher finden sich in
ihrer ganzen Länge Wälle von Felsblöcken, deren Gesteinart ihre Herkunft von den
benachbarten Gebirgen deutlich verräth."
Die Kraft der Gletschermühle ist ausserordentlich gross, denn man kann sie
an den Gletschern auf grössere Entfernungen dröhnen hören; sie arbeiten zu sehen,
glückt nur äusserst selten. Hier liegt also im Gegensatz zu den Karren- und
Schlottenlöchern eine mechanische Kraft vor, gegen welche die chemische Auflösung
ganz zurücktritt, da die Schmelzwässer keine Kohlensäure enthalten.
Das vorliegende Modell (Luzerner Gletschergarten) giebt eine vollständige Ueber-
sicht über den Garten und ich habe nur auf die für Strudellöcher überhaupt
charakteristischen Eigenschaften hinzuweisen.
Die Wände sind glatt abgerieben und zeigen zum Theil spiralig verlaufende
Schrammen, ähnlich den Gletscherschrammen, diesen entsprechend Schrammen auf
den Mahlsteinen; jeder Höhlung entspricht ein Mahlstein. Arbeiten zwei Mahl-
steine neben einander, so bildet sich eine spiralige Wand, welche aber nie eine
grössere Höhe erreicht, sondern der erste Angriffspunkt für die Reibung ist. Bei
dem grössten Loch tritt die drehende Bewegung recht deutlich hervor; man möchte,
wie bei den gedrehten Quarzen, weiter drehen. Die Wände gehen meist senkrecht
herunter. Der obere Rand ist scharf und bei kleineren Löchern gewölbt. Der
Boden ist deutlich glatt abgerundet; es findet bei einzelnen eine kleine Verjüngung
Statt. Charakteristisch für die Luzerner Löcher ist, dass der Durchmesser grösser
ist, als die Tiefe.
Die Zahl ist stets eine beschränkte, bei Luzern 18 Löcher auf ein Areal von
756 qm, mit einer Steigung von 9<' 13' auf 40 m Länge in der N.— S. -Linie, also
sanft ansteigend! im Gegensatz zu den häufig sehr steil geneigten Gletscherbetten.
Die Mahlsteine sind deutlich abgerundet und zeigen Schrammen. Ausfüllungsmasse
und Bedeckung war typischer Moränenschutt.
Die am Egeberge auftretenden, von Brögger und Reusch beschriebenen
Strudellöcher liegen auch in Roches moutonnees, und zwar auf einer bis zu 22° ge-
neigten Ebene. Dieselben unterscheiden sich nur dadurch, dass ihre Längsdimension
meist grösser ist, als der Durchmesser. Besonders hervorheben muss ich, dass die
Wände hier auch senkrecht herabgehn, der Boden flach ausgewachsen und keine
Verjüngung vorhanden ist. Das Verhältniss vom Durchmesser zur Tiefe schwankt
von 5 : 16 bis 4V2 = S'/s- Diese Darstellung möge genügen, um die Verschieden-
heit von den Rüdersdorfer Löchern zu zeigen. Abgesehen von der spitz zugehen-
den Form der letzteren sind auch die Dimensionen des Durchmessers im Verhältniss
zur Tiefe zu klein, z. B. bei Nötling's Loch 44 = 0,70 : 5—6 /«. Es ist hierbei
noch der grösste Durchmesser gerechnet, nicht der bald nach unten eintretende
kleinere.
Die Steine in den Rüdersdorfer Löchern kann ich der Form nach nicht für
Mahlsteine halten, da diese immer abgerundet sind. Hier werfe ich folgende
Fragen auf: 1) Welche grossartige Erosion mnss ein Stein von 10 — 12 kg in dem
Schaumkalk ausüben, wenn er durch die mächtige Thätigkeit einer Gletschermühle
(360)
in rotirende Bewegung versetzt wird. 2) Sind in einem so weichen Gestein, wie
der Schauiukalk, schon unzweifelhafte Strudellöcher nachgewiesen?
Zum Schluss noch ein Wort über die Schliffe auf den Rüdersdorfer Kalkstein-
schichten. Ich vermisse Roches moutonnees, welche keinem Gletscher fehlen; bei
den Stücken, die ich gesehen habe, schneiden die Schrammen nicht tief genug ein,
lange nicht so tief, als bei dem viel härteren alpinen Jurakalk des Grindelwald-
gletschers. Bei diesem gehen die Streifen parallel, an einer Stelle findet eine ge-
ringe Divergenz, aber keine Durchkreuzung statt. Hr. Heiland sagt „über die
glacialen Bildungen der norddeutschen Ebene": „da die Gletscherbewegung die
einzige bekannte Naturkraft ist, durch welche Schliffe auf Geschieben erzeugt wer-
den so beweisen diese Schliffe die frühere Existenz eines Gletschers in jenen
Gegenden". Dem gegenüber muss ich anführen, dass das Reiben von Steinen im
Wasser sehr wohl im Stande ist, solche Schliffe hervorzubringen, und dass Hel-
mersen „Riesenkessel in Finlaud" dergleichen beschrieben hat. —
Hr. Sadebeck hat zugleich einige sehr getreu nachgebildete Modelle von
Partieen des Gletschergartens bei Luzern in sehr verkleinertem Maassstabe zur An-
sicht eingesandt. —
Hr. Hauchecorne übergiebt der Gesellschaft einige photographische Auf-
nahmen von Riesenkesselu bei Rüdersdorf und knüpft daran erläuternde Bemer-
kungen.
Hr. Orth spricht den Wunsch aus, vor der Aufnahme der Discussion über den
Vortrag des Hr. Sadebeck denselben gedruckt zu sehen.
Der Vorsitzende erklärt, dass die Discussion über den Vortrag bis nach Er-
scheinen desselben verschoben werden solle. Er macht zugleich aufmerksam auf
eine Abhandlung: „Bemerkungen über die Karren und Schratten (romanisch Lapies)
in den Kalkgebirgen 1840", welche das XLH. Stück der von der Naturf. Gesell-
schaft „au die Zürcherische Jugend" gerichteten Schriften bildet. Darin befindet
sich eine Abbildung des Karrenfeldes auf der Höhe des Silbern.
(37) Neu eingegangene Schriften:
1) Sitzungsberichte der naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis. Jahrgang 1878,
Januar bis Juli.
2) Journal of the Anthropological Institute. Vol. 8, Nr. 4.
3) Bryce-Wright, Catalogue of mineralogical, archaeological etc. specimens. Durch
Hrn. Virchow.
4) Materiaux pour l'histoire primitive de l'honime. Ser. II., t. 10, livr. 4, 5.
f)) Atti della R. Accademia dei Lincei. Vol. III., Fase. 7.
G) Mittheilungen der Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. Bd. 17.
7) Tres relaciones de Antiquedades Peruanas. Bd. I. Gesch. des Hr. Virchow.
8) Rujendraläla Mitra, Buddha Gayü or the Hermitage of Sakya Muni. Ge-
schenk des Staatssekretärs für Indien.
9) Virchow, Beobachtungen des Hrn. J. M. Hildebrandt über Körpermaasse
von Madagassen. Geschenk des Verfassers.
10) Noetling, Ueber das Vorkommen von Riesenkesselu im Muschelkalk von
Rüdersdorf. Geschenk des Verfassers.
11) W. H. Flower, Catalogue of the specimeus illustrating the osteology and
dentition etc. Part. I. Geschenk des Verfassers.
(3^1)
12) Bases d'un plan d'^tudes commerciales. Geschenk der Geographischen Gesell-
schaft zu Lissabon.
13) Krause, Ueber macrocephale Schädel von den N. Hebriden. Gesch d Verf
14) Haudelmann, Stein- und Bronze-Alter. Geschenk des Verfassers.
IT)) Handelmann, Sechsunddreissigster Bericht zur Alterthumskunde Schleswig-
Holsteins. Geschenk des Verfassers.
16) 0. Schneider, Naturwissenschaftliche Beiträge zur Kenntniss der Kaukasus-
lander. Geschenk des Verfassers.
17) Ch. Pickering. Chronological history of plants. Gesch. der Wittwe des Verf
18) C. Goos, Bericht über Fräul. Sophie von Torma's prähistorische Sammlung
aus dem Maros- und Csernathal in Siebenbürgen. Geschenk des Fräulein
von Torma.
Sitzung am 15. November 1879.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Der Vorsitzende begrüsst den von einer Reise um die Erde zurückgekehr-
ten Hrn. Künne. Dieser überbringt der Gesellschaft einen von der Insel Coati
stammenden der Huanca-Form angehörenden deformirten Schädel.
(2) Hr. Bastian theilt in einem Briefe au den Vorsitzenden, d. d. Padang,
September, mit, dass er, nachdem er von den Molucken nach Batavia zurück-
gekehrt war, sich jetzt in Sumatra befinde, um wenigstens einen Theil der merk-
würdigen Insel kennen zu lernen. Er ladet dringend dazu ein, dass deutsche
Aerzte, welche anthropologische Vorbildung haben, in holländische Dienste treten
möchten , um das reiche Material des indischen Archipelago auszubeuten. Er
rühmt in hohem Maasse das herrliche Klima dieser Inselwelt, wo die Hitze im
Ganzen nicht drückend sei und wo man überall Wasser in genügender Menge zur
Disposition habe, um sich in mehrmaligen täglichen Bädern abzukühlen. —
(3) Die HHrn. Flower und Topinard danken für ihre Ernennung zu corre-
spondirenden Mitgliedern.
(4) Hr. V, Mohl, k. deutscher Consul in Cincinnati, übersendet ein Werk von
M'Lean über die Moundbuilders. Gleichzeitig hat er eine Sendung mineralogischer
und palaeontologischer Produkte des Staates Michigan überschickt, welche der geo-
logischen Landesanstalt übergeben werden.
(5) Der Verein für Orts- und Heimathskunde zu Altena a/Lenne
schickt seinen ersten Bericht und seine Statuten. Es hat sofort ein eigenes Museum
eingerichtet.
(6) Hr. Pudil sendet in einem Briefe, d. d. Bilin, October, folgenden Bericht
über böhmische Gräberfelder.
Ich habe auf dem Grabfelde unterhalb dem Dorfe Lyskowic einige Tage
graben lassen; fand leider nach vieler Mühe nicht mehr als drei Gräber und darin
blos Scherben von Thongefässen, welche ich in einem Kistchen übersende.
Dieses Grabfeld ist auf der Karte des österreichischen Generalstabs leicht zu
finden; es liegt auf einer Anhöhe unterhalb dem Orte Lyskowic (westlich von die-
sem Orte) und es führt ein Weg über diesen Hügel von Lyskowic nach dem Orte
Kuterzie bei Bilin.
(3f53)
Von diesem Orte geniesst man eine schöne Aussicht. Zu unseren Füssen liegt
das üppige ßielathal mit dem stattlichen Dorfe Schwaz (Svetec = Swietetz, soviel
als geheiligter oder heiliger Ort, wahrscheinlich wegen des daselbst einstmal be-
standenen Nonnenklosters der Hüterinnen des heiligen Grabes), und man übersieht
die ganze reizende Fläche von Dux bis Osseg und Klostergrab, die Teplitzer Berge
und das Erzgebirge bis Komotau. In der Zeitschrift für Archaeologie des könig-
lich böhmischen Museums in Prag. Pamätky archaeologicke X., 1876, Seite 433
bis 43(5, wurde meine Mittheilung über dieses Gi'abfeld veröffentlicht.
Das Grabfeld umfasst eine Fläche von ca. 12 Hektaren, und die Gräber ent-
halten die verbrannten Reste der Todten. Nur an der östlichen Grenze dieses
Feldes fand ich einen unverbrannten Körper, Skelet von normaler Grösse, mit dem
Kopfe nach Westen liegend, an der Brust eine Beiunadel mit mehrfach geglieder-
tem Kopfe. Die Knochen sind au der Luft zerfallen. Das Grab war im Sand-
boden ausgehoben und ganz mit schwarzer Erde gefüllt.
Die Aschengräber sind ebenfalls im Sandboden (Diluvium) ausgehoben, bilden
eiue runde Grube von 1 bis 1,5 m Durchmesser und eben so viel Tiefe. Aeusser-
lich ist kein Merkmal eines solchen Grabes zu sehen. An manchen Stellen sind
diese Gräber sehr dicht beisammen. Schon unter der ca. 0,3 m starken Acker-
krume, welche mit Asche vermischt ist, findet man das Grab mit Asche und Scher-
ben von Thougefässen angefüllt. In allen Gräbern findet man die Scherben von
Näpfchen und Schalen mit sehr engem Boden, aus geschwärzter Thonmasse, gut
gebrannt, an der Oberfläche geglättet und graphitartig glänzend, immer sich fast
wiederholend. Ebenso ist in jedem Grabe ein grosses, grobgearbeitetes, urnen-
artiges Thongefäss mit rauhen Flächen, dessen Gurt und Rand durch Finger-
eindrücke verziert erscheint, jedoch immer zerbrochen; die Scherben liegen durch-
einander.
Alle diese Gefässe sind aus freier Hand gearbeitet. Zur Herstellung der
grösseren Gefässe dürfte ein Modell von einem geeigneten Flechwerk gedient haben;
denn ein zerbrochenes Thongefäss aus diesem Felde zeigt im Inneren die Abdrücke
eines korbartigen Flechtwerkes.
Bemerkenswerth ist, dass alle Gefässe zerbrochen sind; es liegen die
einzelnen Theile selten beisammen, ja es fehlen ganze Theile und sind in dem
Grabe nicht zu finden. Diese Gefässe kamen somit schon zerbrochen mit der
Asche in das Grab, und der Körper wurde ausserhalb dieses Grabes verbrannt.
Die wenigsten dieser Scherben zeigen die Feuereinwirkung, weil der schwarze
graphitartig glänzende Ueberzug unverändert ei'sclieint.
Vielfach wird angenommen, dass der schwarze glänzende Ueberzug dieser Thon-
gefässe durch einen Graphitanstrich hergestellt wurde. Ich habe schon im Jahre
1875 in den Pamatky archaeologicke den Zweifel ausgesprochen, ob dieser An-
strich von natürlichem Graphit herrührt, weil diese Farbe schon in massigem Feuer
vorbrennt und der Scherben dann, je nach der Art des Thonmaterials, roth oder
grau wird. Ich habe auf die noch heute betriebene Erzeugung von schwarzen
Thonwaaren bei Mü hl hausen (Milevsko) im Taborer Kreise in Böh-
men hingewiesen. Das Schwärzen der Thonwaare geschieht daselbst mittelst
Rauch aus grünem Laub oder Holz im geschlossenen Ofen. "Wenn die Waare gar
gebrannt ist, wird der Schürraum mit grünem Erlenreisig und Holz vollgefüllt,
der Ofen in allen Oeffnungen mit Lehm dicht geschlossen, und so gelassen, bis
er ausgekühlt ist.
Hat man die Wand des Gefässes vor dem Brennen mit einem geeigneten Werk-
zeug geglättet, so evscheint an dieser Stelle nach dem Brennen ein Glanz, der dem
(364)
Graphitglanz ganz ähnlich ist und sich nicht abwischen lässt. Der Rauch dringt
durch die ganze Thonmasse durch und die Masse erscheint auch im Innereu schwarz,
wird dichter und undurchdringlicher für Wasser, und ist ganz ähnlich den schwarzen
prähistorischen Thougefässen.
Ich habe vorerwähnt, dass diese Schwärze leicht verbrennt. Man kann aus
dieser veränderten Farbe schliessen, welches Gefäss mit in das Feuer kam, in
welchem der Leichnam verbrannt wurde, oder in die noch heisse Asche geworfen
wurde. Die schwarze Farbe ist von der Oberfläche des Gefässes oder Scherbens
mehr oder weniger verschwunden, und hat einem meist rothen üeberzuge Platz
gemacht; nur bei heftigerem Feuer verschwindet die Schwärze auch aus dem Innern
der Masse, welche übrigens leicht schmelzbar ist und verschlackt. Da selbst der
gewöhnliche Thon dem stärkeren Feuer besser widersteht, habe ich ebenfalls die
Vermuthung ausgesprochen, dass zu dem Lehm der prähistorischen Thongefässe
nebst gestossenem Gneis irgend ein organisches Klebemittel beigegeben wurde.
In allen, bis jetzt bei Liskowitz aufgeschlossenen Gräbern wurden ausser den
Thonscherben keine anderen Beigaben gefunden. Ebenso sind durch schwach ein-
gedrückte Zickzack- oder Wellenlinien gezeichnete Gefässe nicht häufig.
Vor zwei Jahren habe ich auf der nordwestlichen Seite dieses Grabfeldes
graben lassen, und fand nach mehrtägigem Graben nebst einigen unbedeutenden
Thonscherben nur ein Bruchstück eines angeschnittenen Hirschgeweihs, und zufällig
mehr an der Oberfläche eine lange Bronzenadel mit rundem kuopfartigen Kopfe,
welche jedoch einer jüngeren Zeit angehören kann.
Näher an Biliu, am östlichen Fusse des Berges Chlum, befindet sich ebenfalls
ein Grabfeld von 7 Hektaren Fläche, welches jedoch gegenwärtig durch den früher
hier betriebenen Sandabbau ganz zerstört ist. Niemand hat diesen Gräbern früher
auch nur die geringste Aufmerksamkeit geschenkt, und nur wenige Gräber konnte
ich noch untersuchen. Die meisten Gräber enthielten hier die Asche der verbrann-
ten Leichen, und es scheint, dass der Scheiterhaufen für die Verbrennung der
Leiche unmittelbar über der Grube aufgebaut wurde, so dass die Asche in die
Grube fallen konnte. Ich fand daselbst einzelne unverbrannte .Skeletreste (untere
Partie des Gesichtes mit dem rechten Arm) überdeckt und geschützt von einem
grossen zerbrochenen Thongefässe, sowie ein Grab mit Lehm ausgeschmiert. Diese
Lehmausfütterung war roth ausgebrannt; in den Lehm war sehr viel Spreu bei-
gemengt. Im Grabe selbst war nur Asche, Holzkohlenreste und Thonscherben,
An der Nordseite dieses Grabfeldes, näher an den Berg Chlum, fand ich Grä-
ber mit Meuschenskeletten, über welche Hr. L, Schneider Mittheilung machte
und welche im Sitzungsberichte vom 16. November 1878, S. 371, abgedruckt er-
scheint. Die Platten zu der Steinkiste sind von dem, mehr als eine Stunde ent-
fernten Phonolithberge ßofzen. Die T'hongefässe dieses Grabfeldes sind von Thon,
gut gebrannt und ebenfalls schwarz, die feineren mit einer glänzenden graphitartigen
Oberfläche und einige mit Zickzacklinien verziert.
Auf dem Berge Chlum sind ebenfalls ähnliche Scherben im Boden zu finden.
Die ziemlich grosse, etwas nach Norden geneigte Fläche auf der Höhe dieses
Berges konnte im Alterthume leicht als ein befestigtes Lager dienen, Aehnliche
Scherben sind auf dem Berge Radistein zu finden.
Westlich von der Stadt Bilin befinden sich Thongruben für Ziegel-
erzeuguug. Daselbst fand ich im heurigen Frühjahre ein einzelnes Grab, als eine
Grube von 2 m Durchmesser und 1,2 m Tiefe, gefüllt mit schwarzer Erde, Asche
und Thonscherben, Ferner fand ich Knochenreste vom Rind, einen Steinmeissel und
ein Stück Feuerstein.
(365)
Die Thonscherben zeigten keine Spur einer zweiten Feuereinwirkung, indem
die schwarze Farbe unverändert war; die zusammengehörigen Theile lagen im
Grabe nicht beisammen.
Die Ornamentik der hier vorgefundenen Gefässe unterscheidet sich von allen,
bis jetzt mir bekannten Gefässon dadurch, dass die Verzierungen nicht durch Ein-
drücke in den noch weichen Thon, sondern durch Herausstecken von Punkten aus
der Wand des lufttrockenen Gefässes mit einem scharfspitzigen Werkzeug (Messer?)
in wagerechten Reihen gebildet wurden. Die Masse dieser Gefässe ist durchaus
schwarz, an der Oberfläche geglättet und graphitartig glänzend, und gut ge-
brannt.
Die Zeichnung dieser Gefässe habe ich an das böhmische Museum gesendet.
Ich habe in den Pamatky arcbaeologicke wiederholt darauf hingewiesen, dass
die in vielen archäologischen Werken enthaltene Bezeichnung der Grabgefässe:
schlecht gebrannt, wenig gebrannt, nur bei offenem Feuer gebrannt u. s. w. für die
prähistorischen Grabgefässe kaum passend sei. Das Brennen dieser Grabgefässe ist,
der Thonmasse entsprechend, vollkommen gut, indem diese Thongefässe der
Einwirkung der Feuchtigkeit durch Jahrhunderte, ja Jahrtausende, vollkommen wider-
standen haben und heute noch beim Brechen scharfe Kanten zeigen. Ebenso wäre
die Annahme unrichtig, dass das Brennen beim offenen Feuer stattfand.
Beim offenen Feuer wäre es bei der grössten Vorsicht nicht möglich gewesen,
auch nur ein kleines solches Gefäss gleichmässig, wie diese Gefässe es sind, aus-
zubrennen, und wären sicherlich alle durch die ungleichmässige Abkühlung zer-
sprungen. Es liegt gar nichts im Wege anzunehmen, dass der Erzeuger dieser,
mit grosser Fertigkeit und selbst Kunstsinn verfertigten Gefässe auch sehr bald die
richtige Art des Brennens im geschlossenen Ofen, welchen er am leichtesten in der
Erde sich aushöhlte, gefunden hat; denn alle mir bekannten prähistorischen Thon-
gefässe sind im geschlossenen Ofen gebrannt, worauf schon die schwarze Rauch-
farbe hindeutet.
Ein grosses Grabfeld, grösser als die beiden vorerwähnten Grabfelder, befindet
sich beim Orte Trupschitz (Strupcie), westlich von Brüx, welches in den Pamätky
arcbaeologicke X, 1876, beschrieben ist. Von den an das böhmische Museum von
mir eingesendeten Zeichnungen der Thongefässe dieses Grabfeldes wurde nur eine
mit dieser Beschreibung veröffentlicht.
Daselbst sind ebenfalls rundgegrabene Aschengräber; ich fand nur zwei Gräber
mit Skeletten. Die Schädel dieser Skelette zeigen die durchgeführte Trepanation
mit verheilten Rändern, und befinden sich im prager k. böhm. Museum, wohin ich
sie schenkte.
Es giebt hier nur wenige Dörfer und Städte, wo nicht in der Nähe prä-
historische Grabfelder sich vorfinden möchten. Die Thongefässe gleichen einander
in der Masse und Behandlung fast vollkommen. Die Form und die Ornamentik
unterscheidet sich jedoch derart von einander, dass es nicht unschwer wird, selbst
nach den Bruchstöcken die Fundorte zu bezeichnen. Daraus schliesse ich, dass
jede Gemeinde ihre Gefässe sich selbst erzeugte und nicht erst durch Tauschhandel
erworben habe.
Das Schwärzen der Gefässe war fast allgemein im Gebrauch; es sind selbst
die in die geschichtliche Zeit reichenden Gefässe der Biliner Zupenburg und an-
derer erwiesen slavischer Burgen geschwärzt. Sehr selten ist es, ein schön rothes,
mit eingedrückten Punkten verziertes Thongefäss zu finden. Es sind mir nur drei
Fundorte bekannt: Patokrey bei Bilin, Polep bei Leitmeritz und Kral up an
(Bfiß)
der Molflau; da diese Gefässe oinander gleichen, so dürfte die Erzeugungsstätte eine
gemeinschaftliche sein und möglicherweise ausserhalb Böhmen liegen.
(7) Hr. Dr. Jeutsch übersendet folgenden Bericht über
prähistorische Funde von Guben.
An der Neisse und ihrem Nebenflusse, der Labst, entlang legen sich nördlich
und nordöstlich mehrere Bodenwellen halbmondförmig um die Stadt Die innere
senkt sich an ihrem südöstlichen Ende ziemlich schnell einer Biegung der Lubst
gegenüber zum Flussbett hinab (am nordwestlichen Ausgange der Caniger Strasse).
Guben
Der zweite, in seinem mittleren Verlaufe terrassenförmig hinter dem inneren
sich erhebende Bogen biegt im Südosten von der bisher halbkreisförmigen Richtung
ab und setzt sich in einzelnen leichten Erhebungen als Begrenzung des hier er-
weiterten Lubstthales nach Osten hin fort. Diese Verlängerung des äusseren Halb-
mondbogens flacht sich, südwestwärts geneigt, allmählich zu den Lubstwiesen ab.
Auf den Endabdachungen beider Höhenzüge sind Urnenfelder blossgelegt
worden und zwar
I. im Südosten:
1) an dem inneren Höhenzuge hinter dem Grundstücke Auf dem Sande 4
gelegentlich des Hausbaus. Erhalten sind nur einige Scherben, dick, graubraun
und grauschwarz gefärbt, durchsetzt mit Quarzgrus; der Rand der einen ist leicht
nach aussen gebogen, die äussere Kaute ist rundlich. Die Gefässe waren mit
Steinen umstellt.
2) an dem üebergange der äusseren Kette in die Wiesen in den ersten
Tagen des October d. J. bei Planirung der dort noch ungepflasterten Bösitzerstrasse
zwischen den Häusern Nr. 7 im ÖW. und Nr. 32 A. und 33 im NO., früher schon
bei Anlage einer Kalkgrube auf dem Terrain des letztgenannten Hauses. Die
Urnen waren ca. 1 m tief in den gelben Kies gebettet. Ueber Steinsetzungen, be-
sondere Lage oder etwaige Metall beigaben war nichts zu ermitteln, doch fand sich
eine Zahl von Feldsteinen, zum Tbeil von ziemlicher Grösse, an dem Fundorte
(867)
ausgeworfen. Das Lager scheint sich von SO. nach NW. zu erstrecken. Einzelne
Getasse enthielten Leichenbrand. Erhalten sind folgende Stücke: a. eine gelbrothc,
20 cm hohe Urne mit scharf abgesetztem und massig konisch aufsteigendem Halse,
ohne jedes Ornament. (In den Händen des ß;auneisters Vogt), b. eine flache
Buckelurne von feinem Thon, dünner Wandung, ohne Henkel, gelblich, stellenweise
graublau gefärbt, mit 4 von einen herausgestrichenen, aussen durch Aufsätze ver-
stärkten Buckeln, um die 2 halbkreisförmige Furchen gezogen sind, einem 2 cm
breiten, flach sich umlegenden Rande und einem 2 cm hoben, innen ausgetieften,
aussen flach aufliegenden Fusse. Gesammthöhe 13 cm, grösste Weite 25 cm, Durch-
messer des Fusses 8,5 nn. c Ein 13 cm weit oflener Krug von 19 cm Höhe mit
Henkel und 4 Buckeln, um welche sich 3 halbkreisförmige vertiefte Streifen ziehen,
zwischen diesen Umrandungen je 6 senkrechte Streifen, d. Ein blumentopfartiges,
massig nach aussen gewölbtes, defectes Gefäss ohne Ornamente, rothgelb. e. Ein
kleines Gefäss mit abgebrochenem Rande, jetzt 9 cm hoch, röthlich gefärbt, mit
Henkelspur und 4 aussen aufgesetzten, spitz vorspringenden, von 2 halbkreisförmigen,
vertieften Linien umzogenen Buckeln, f. Ein kleiner Krug von 9 cm Höhe. Wo
sich der Henkel an den oberen Rand anlegt, tritt auf diesem an jeder Seite eine
Spitze hervor (ansa lunata). Eine derartige Verzierung ist in der hiesigen Gegend
bisher nur an coschener und ratzdorfer Gefäsien bemerkt worden, g. Ein ebener
Gefässdeckel von 7 cm Durchmesser mit eingreifendem F'alzrande. (b. — g. in der
Gymnasial-Sammlung.)
3) Den südöstlich bis zur Lubstmünduug sich hiuziehendeu Theil des inneren
Bogens bilden die Lubstberge, Um 1863 dort gefundene Gefässe , darunter eine
kleine Doppelurne, sind in einer hiesigen Schule, andere sind im Handwerker-
vereine vorgezeigt worden und dann verloren gegangen.
H. Unter dem Namen der Neissberge erstreckt sich der innere Höhenzug von
der Mündung der Lubst bei der Schützeninsel bis zu der ebenen Fläche des kleinen
Exerzierplatzes, der südöstlich vou der Neissbrücke der Märkisch-Posener Eisen-
bahn liegt. Die äussere Kette zieht von Ulrichshöhe zur Einsamen Fichte und
endet in den Honig- und den Eimbeckebergen.
1) Am beackerten Abhänge des inneren dünenartigen Bogens sind prähistori-
sche Reste gefunden worden. Aus dem ehemals Buckatzsch'scheu, jetzt Wagemann-
schen Berge (Grüne Wiese 15) besitzt die hiesige Gymnasialsammlung: a. Eine
gelbliche Urne mit Buckeln; der cylindrische Hals ist abgebrochen. Die obere
Oeffnung hat 4 cm Durchmesser. Abgebildet Laus. Mag. Bd. V., S. 207. Vergl.
Zeitschr. L Ethnol. VHI., S. 320. b. Eine durchlöcherte Rolle; c. eine Vogel-
gestalt mit fein punktirtem Ornament — beide Steinchen enthaltend; Abbildungen
ebendaselbst.
Aus derselben Gegend stammt der Zeitschr. f. Ethnol. VIH., S. 312 erwähnte
bronzene zweischneidige Dolch. Auf diese Bezeichnung des Objectes ist kaum
Gewicht zu legen.
In der nordwestlich verlaufenden F'ortsetzung des Höhenzuges linden sich vom
Cafe Pfiugstberg an bis zum Acker des Maurers Burdacii: a. Dickwandige, röth-
liche und graue Scherben, b. Einer viel späteren Zeit augehörige, den lübbinchener
Pfahlbaufunden gleichartige; ausserdem F'euersteinsplitter in grosser Zahl. Die
Grenze der älteren Funde bildet eine flache, trockene Rinne, die sich zum Neisse-
bett hinzieht und hinter der noch einige hügelige Erhebungen vor dem völligen
Planum des Exerzierplatzes folgen. Jene jüngeren Gefässtrümmer kommen auch
noch jenseits des Platzes und des Eisenbahndammes vor.
Unterhalb des Cafe Püngstberg selbst ist in der Neisse, die hier ziemlich dicht
(368)
an die Abhänge herantritt und ein schmales, sumpfiges, im Winter unter Wasser
stehendes Vorland hat, der Zeitschr. f. Ethnol. IX., S. 273, beschriebene durch-
bohrte Hammer aus serpentinartigem Steine gefunden worden. (Gewicht
890 g). Er lag unter einem umgestürzten Eichenstamrae.
2) Hinter diesen Abhängen der Neissberge zieht sich bis zur zweiten Terrasse
ein Plateau hin, das seiner Länge nach von der Eichholzstrasse durchschnitten
wird. In der nördlichen Abdachung dieses Plateaus sind auf dem Grundstücke des
Bahnwärters Fischer (Eichholzstrasse 3A.) im Anfang des Juli d. J. Urnen ge-
funden worden. Dieselben enthielten Leichenbrand und waren mit grob zugehauenen
Steinplatten von 30 und mehre/« Durchmesser und 6 — 10 cw Stärke umstellt, zum
Theil auch damit bedeckt. Beigefässe standen und lagen im Kreise umher in dem
grauen Sandboden. In einer Urne befand sich ein länglicher Bronzering (grösster
Durchmesser 4 cw, kleinster 2,7 cm). Das eine Ende greift um 16 mm über das
andere über. Er ist 2 mm stark, 2,5 mm breit und hat durchweg auf der Aussen -
Seite Querriefen.
Erhalten sind folgende Gefässe:
a. Eine grosse Urne mit wenig sich verengendem Halse, 26 cm hoch ; Boden
14 c/ft, grösste Ausbauchung 31 cm, obere Oeffnung 24 cm Durchmesser, rothbraun,
b. Eine ähnliche mit 2 Oehsen von 3 cm Durchmesser; 24 cm hoch; Boden 14 cm,
gröste Ausbauchung 28,5 cm, obere Oelfnung 18,5 oii Durchmesser. Von gleicher
Färbung, c. Ein flaches (12 cm hohes) Gefäss, weit offen (19 cm im Lichten), mit
breitem, flach umgelegtem Rande. Grauschwarz, d. Ein kleines krugartiges, 9 cm
hoch, mit Henkel und konisch sich erweiterndem Halse von 4 cm Höhe und 8 cm
Durchmesser, e) Eine 22 cm hohe, dickwandige, sehr brüchige Urne; Boden 11 cm,
weiteste Ausbauchung 30 on, obere Oeä"nung 20 cm Durchmesser, der Hals setzt
sich scharf ab vom Bauche, 2 Oehsen. Au der Ausbauchung befinden sich auf der
einen Seite zwischen den Oehsen 4 Gruppen von je 7, 6 — 7 cm langen Strichen;
ferner dicht neben der Oehse eine senkrechte Reihe von 5 etwa linsengrossen, an-
scheinend mit einem hohlen Rohre eingepressten Kreisen. Auf der anderen Seite
schliesst sich zunächst neben der bezeichneten Oehse eine gleiche Reihe von Ein-
drücken an, so dass hier eine gewisse Regelmässigkeit erkennbar ist, dann 6, 7,
6 Striche; 1 Reihe von Kreisen, 4 Striche, 2 Reihen von Kreiseindrücken, f. Tiüm-
mer einer Buckelurne. — Alle Reste in der Gymnasial-Sammlung.
Auch an diesem Fundorte streicht nördlich eine trockene, flache Einsenkung
in der Richtung auf die Neisse vorüber.
3) Unter den Ausläufern der zweiten, äusseren Terrasse sind dicht am
Bahndamme der Märkisch-Posener Eisenbahn zu beiden Seiten des buderoser Weges
Urnen ausgegraben worden in der unmittelbaren Nähe eines kleinen, flachen Wasser-
beckens, dessen früherer, beträchtlicherer Umfang noch ersichtlich ist. Die Gefässe
befanden sich etwa -j^ m tief im gelben Kiese, umstellt mit kleinen Findliogssteinen«
Die Mehrzahl enthielt Leichenbrand. Die Beigefässe standen und lagen im Kreise
um die Urnen. Metallbeigaben sind nicht bekannt geworden. Die Färbung ist
theils röthlich, theils grauschwarz. Die Gymnasialsammlung besitzt: a. Ein einer
grossen Tasse ähnliches Gefäss, 7 cm hoch, Boden 5 cm Durchmesser, weiteste
Ausbauchung 11 cm; mit Henkel, unter diesem 2 tiefe Fingereindrücke von 1,5 cm
Durchmesser, b. Zwei Fläschchen mit über den Rand ragendem Henkel, c. Eine
flache, hellrothe Schale mit centraler Bodenerhebung, d) Trümmer eines grossen,
groben, dickwandigen Gefässes mit 4 cm breiten Oehsen. — Im Besitz des Real-
schülers Ad. Flach befinden sich: e. Ein glattes Gefäss von 16 cm Höhe, ohne
Ornamente und Henkel; der Boden ist in der Mitte durchbohrt. Die weiteste
(369)
Ausbauchung in mittleror Höhe beträgt 15 cm. f. Eine flache Schale mit sehr
grossem, weit über den Rand ragendem Henkel, g. Ein kleines krugförmiges
Gefäss von 8 cm Höhe, 6 cm Durchmesser, h. Mehrere tassenförmige. i. Eine
Urne mit Leichenbrand, 21 cm hoch, weiteste Ausbauchung 18 cm, mit 2 Henkeln,
k. Bruchstücke einer Huckelurne und eines Räuchergeiasses. — Neben einer Urne
hat derselbe zwei Stückchen Eisen ohne bestimmte Form gefunden, auf dem Urnen-
felde und in dessen Umgebung zahlreiche Feuersteinprismeu. —
HI. An dem linken Ufer der Neisse zieht sich westlich von der Stadt
eine flache Ebene mit Sandboden hin, eine „Dubrau", offenbar ein ehemaliges
Flussbett. Ihre westliche Begrenzung bilden in einer Entfernung von 3 — 4 km von
der Neisse die kaltenborner Berge, ihnen im Norden seitlich vorgelagert der reichen-
bacher Berg, über welchen die guben-cottbuser Chaussee führt.
1) In einer ehemaligen leichten Bodenerhebung unfern des Bahnhofes,
300 TO von der Neisse entfernt, sind auf dem Grundstücke Berliner Strasse 3A
beim Bau des Liehrschen Hotels um 1872 zahlreiche Urnen, angeblich mit Bronze-
beigaben (Nadeln und Ringen) gefunden, sämmtlich aber von den Maurern zer-
schlagen worden. Diese Fundstelle liegt etwa dem ßuckatzsch'schen Weinberge
(11., 1) gegenüber, von ihm durch die Neisse und deren westliches Vorland
getrennt.
2) Aus jener fast völlig ebenen Dubrau erhebt sich, von der Neisse etwa 2 km
entfernt, allmählich, aber erkennbar markirt, eine längliche in seiartige Anhöhe,
deren Rücken ungefähr 200 m breit ist und angeblich die "Wasserscheide in dem
bezeichneten Terrain bildet. In ihrer grössten Ausdehnung erstreckt sie sich von
der kaltenborner Strasse nach dem reichenbacher Berge zu. Westwärts zieht sich
hinter ihr das Bett eines ehemaligen Neissearms hin, das sich bis zur Eindeichung
der Neisse wie ein Vorfluthscanal bei Hochwasser füllte. Auf dem höchsten Punkte
dieser Bodenerhebung steht jetzt eine Windmühle. In ihrer unmittelbaren Nähe
sind im Sommer 1877 Urnen gefunden worden; auch sind über den Acker, welcher
sich von ihr aus quer durch die westliche Abdachung jener Bodenwelle hinzieht,
zahlreiche verwitterte Scherbenreste zerstreut. Die Urnen standen ohne Stein-
umgebung im Sandboden. Sie haben auch insofern einen von den bisher beschrie-
benen Funden abweichenden Charakter, als keine derselben Ornamente zeigt. Die
Töpfe bauchen sich von unten auf allmählich aus, biegen oben ohne eigentlichen
Hals schnell zusammen und enden mit verhältnissraässig enger Oeffnung, deren
Rand ein wenig nach aussen gebogen und fast scharfkantig abgeschnitten ist. Höhe
18 resp. 25 cm, weiteste Ausbauchung 22 resp. 20 cm, Oeffnung 15 resp. 17 cm,
Henkel und Oehsen haben die erhaltenen zwei nicht. Die Farbe ist grauschwarz,
stellenweis in ein schmutziges Rothbraun fallend, und zeigt einen stumpfen Glanz.
Ein in Stücken erhaltener hellbrauner Deckteller mit gleichfalls nach aussen ge-
legtem flachem Rande hat 2 Oehsen. (Diese Gegenstände besitzt die Gymnasial-
Sammlung.) Kleine Beigefässe haben sich nicht gefunden; dagegen sind zwei
eiserne Fibulae von 16 cm Länge erhalten, 2 — 3 mm stark mit gekrümmtem Ende
und vier Mal gedrehtem Gewinde, stark verrostet; sie lagen in Urnen bei Leichen-
brand (1 in der Gymnasial-Sammlung, 1 im Besitz des früheren Realschülers Wolff
aus Bromberg). — Westlich von der Mühle ist eine Brandstätte von etwa 1,5 m
Durchmesser, 0,5 m tief, bloss gelegt worden. Auf ihr lagen faustgrosse Stücke
leidlich erhaltenen Holzes, das der damalige Besitzer der Mühle, ein früherer
Zimmermann, für Würbelholz erklärte, eine Art von Weide, die nicht mehr vor-
komme. Wie ich inzwischen gehört, bezieht sich diese letztere Bemerkung wohl
mehr auf den Namen (wrba, wendisch Weide), als auf die Holzart.
Yerbaudl. der Berl. Aiittiropul. GeseUscbaft 1S79. 2-4
(370)
3) Aus derselben Dubrau ist von einem weiter östlich zwischen der kalten-
borner Strasse und dem Damm der Halle-Gubener Eisenbahn gelegenen, jetzt be-
bauten Sandflecke eine einzelne Urne, rothbraun, 24 cm hoch, erhalten. Um die
weiteste Ausbauchung (-li cm) ziehen sich 3 reifenartig eingestrichene, je 1,5 cm
breite Streifen, darüber sind 4 Mal je 2 concentrisch in einander gefügte, halb-
kreisförmige Eindrücke gepresst. Der Hals verengt sich bis zu 15 cm; Durchmesser
des Bodens 10 cm.
4) Zwischen dem Bahnhofe und der Klosterraühle ist auf dem Hofe von
Wolffermann's Vorwerk im Sande ein Denar Hadrians gefunden worden. Nach
Angabe des Hrn. Directors des Königl. Münzcabinets Dr. Fried Hin der lautet die
zum Tbeil zerstörte Inschrift:
Av.: IMP CAESAR TRAIAN-H.\DRIANVS AVG
Rev.: P M TR P COS HI Figur der Pietas mit erhobenen Händen.
(Der Fund ist bis jetzt nicht publicirt.)
Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Stück mit angefahrenem Sande dorthin
gekommen wäre. Jedenfalls stammte es aber auch dann aus der Nähe dieses
Theiles der Stadt.
Reste mit dem Burgwalltypus sind bis jetzt aus dem Stadtgebiete selbst nicht
bekannt geworden. Die nächsten finden sich in dem 2,5 km südöstlich entfernten
jetzt abgetragenen Rundwalle, der sogen, gubeuer Borcheltwiese. In der Stadt
selbst schliesst sich vielmehr an die aufgezählten Gefässe sogleich ein dünnwandiges,
ohne Töpferscheibe geformtes, klingend gebranntes, mit vom oberen Rande bis zum
Boden wagerecht geriefelter Ausseuwand (etwa gleichartig den bei H., 1 bezeichne-
ten späteren Scherben). Dasselbe ist in einem längst bebauten, ehemaligen Wasser-
graben mitten in der Stadt unfern der Kirche gefunden worden. Die anderweitig
bis jetzt bekannt gewordenen Funde aus dem Baugrunde, welche den Charakter
der Bauerutöpferei an sich tragen, stammen gleichfalls aus der sumpfigen Niederuug
zwischen der Neisse und der Lubst, auf welcher der alte, innere Theil der Stadt
sich erhebt. Sie streifen bereits die historische Zeit. Dem Schlüsse, dass bei dem
Mangel an Ueberresten das Slaventhura in Guben selbst weder lange noch je in
grosser Ausdehnung geherrsciit habe, würde weder die sagenhafte, noch die bis
jetzt mit dem Jahre 1207 beginnende urkundliche Geschichte der Stadt wider-
sprechen. Die einzigen Erinnerungen an eine wendische Bevölkerung liegen gegen-
wärtig in dem Namen des Wendenkirchhofs, der aber für die Bewohner von Nachbar-
dörfern bestimmt war, und in dem der Hunds-, d. h. doch wohl Wendengasse, die
sich vom Lubstbett schräg am Berge hinaufzog. Ausserdem liegt ein Dorf Gubin-
chen, dessen Name auf einen wendischen Nebenort deutet, 3 km südlich von der
Stadt an der Neisse.
(8) Der Vorsitzende erstattet Bericht über die für den Sommer 1880 bevor-
stehende Generalversammlung der deutschen anthropologischen Gesell-
schaft und über die damit zu verbindende Ausstellung prähistorischer
Gegenstände in Berlin.
Er theilt mit, dass nunmehr Seitens des Präsidiums des Abgeordnetenhauses
die Genehmigung eingegangen sei, sowohl die Versammlung, als auch die Aus-
stellung in den Räumen des Abgeordnetenhauses abzuhalten, und dass demgeraäss
Hr. Baumeister Felix Wolff beauftragt worden ssi, die Pläne und Anschläge für
die Ausstellung auszuarbeiten.
(371)
(9) Hr. E. Friede 1 legt einige im Märkischen Museum eingegangene
neue Funde aus Berlin und von Leest bei Potsdam
vor und berichtet darüber:
I. Münzfund von Leest bei Potsdam, Kreis Zauche-Belsig (Fig. 1 und 2).
(vgl. hierzu S. 257 der Zeitschrift für Ethnologie von 1873).
Vor einigen Monaten wurde bei Leest ein Topf mit Silberraünzen ausgegraben,
von denen ich einige Exemplare (IX. 3143/8) vorlege. Es sind Denare, wie sie
Danuenberg iu „deutsche Münzen der sächsischen und fränkischen Kaiserzeit^
unter Nr. 651 beschrieben und abgebildet hat. Sie zeigen auf einer Seite einen
bärtigen linkshingewendeten gekrönten Kopf (Kaiser)') und eine unlesbare, auch
nicht auf allen Stücken gleiche Umschrift. Der Revers zeigt eine Mauer mit zwei
Thürmen, darüber ein Kreuz mit Punkten in den "Winkeln und eine Umschrift, die
zwar auch sehr undeutlich ausgeprägt ist, doch für „Magdeburg** gelesen werden
Fig. 1.
Fig. 2. M. M. IL 9825. '^ nat. Gr.
kann. Dannenberg hält diese Münzen, welche durch ihre Form einen gewissen
Uebergang zu den älteren sogenannten Wendenpfennigen vermitteln sollen, für
Magdeburger aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts und ihre Verbergung in
der Erde mag in die Zeit der Kämpfe zwischen Albrecht dem Bären und den
Wenden fallen. Von dem, den Schatz bergenden Topf ist leider nur ein Rand-
stück (IL 9825) gerettet, das in Form, Technik und Ornament den entwickelten
slavischen (wendischen) Typus verräth. Die dunkle Thonmasse ist mit Steinbischen
durchsetzt, auf der Innenfläche, zum Theil auch auf der Aussenfläche, lassen sich
die Spuren der Töpferscheibe verfolgen und die Aussenfläche ist mit einem System
von gleichmässig und wellenförmig nebeneinander laufenden, mit einem gezähnten
Spahn oder Knochen eingeritzten Strichen verziert.
IL Urnenreste aus Berlin.
Beim Ausschachten der Fundamente auf dem Grundstück Gertraudenftr. 19,
Ecke der Alten Grünstrasse, fanden sich, wie stets bei solchen Arbeiten im Bereich
der älteren Stadttheile, Gefässscherben, Kachelstücke, Knocheuabfälle u. dgl., welche
den letzten 4 Jahrhunderten angehören. Beim Abfahren des Erdreichs von einer
Stelle, wo der Boden anscheinend von Artefacten und Manufacten frei war, etwa
2 7« unter dem Bürgersteig-Niveau, durchforschte Hr. Alfieri den Sand und fand
darin diese Urnenscherben, Reste von mehreren kleineren Gefässen, von vorgermani-
scher Herkunft, Die Gefässe sind ohne Drehscheibe, gelbbraun, aussen glänzend,
von dem Typus, der im Gebiet der Semnonen im Sinne von Tacitus so weit ver-
1) Man würde etwa an Lothar von Sachsen 1128 — 1137, oder Konrad HL, den ersten
Hohenstaufen, 1138 — 1152, zunächst zu denken haben.
24*
(372) •
breitet erscheint. Leider war die Erde an dieser Stelle schon zum grössten Theile
abgefahren und mit ihr, wie die Arbeiter mittheilten, auch wohl mehr dergleichen
Scherben. Die frischen Bruchstellen bekunden, dass die Gefässe erst beim Aus-
schachten zerschlagen wurden; über den Inhalt ist nichts bekannt geworden. Ver-
muthlich waren es Leichenbrandurnen, beigesetzt am Fuss des Hügels nach der
Spree zu, auf dessen Höhe die Petrikirche steht.
HI. Eisen- und Bronze-Funde und kleine Thongefässe von einem
ürnenfelde bei Rampitz a/0. Kreis West-Sternberg (Pig. 3 — 10).
Nordöstlich vom Dorfe Rampitz, nahe am Abhänge der des Oderbruch be-
grenzenden Höhe, etwa 15 m höher als der Bruch, liegt eine Ackerflache, auf
welcher, in der Ausdehnung von etwa 200 Morgen, durch den Pflug schon seit
Jahren Urnenscherben herausgeholt worden, auch hin und wieder eine ganze Urne
ausgegraben ist. In der letzten Zeit sind dort auch Feldsteine zum Chausseebau
herausgesucht worden und bei der Gelegenheit, 1,5 — 2 m tief, weitere Urnen ge-
funden, in und zwischen welchen die vorliegenden Eisen-Sachen lagen. Nach einem
vorliegenden Bericht „sind die Urnen keineswegs künstlich eingepackt, sondern
liegen nur in einer Steine enthaltenden Erdschicht."
1) Schildbuckel von Eisen (II. 9833), Fig. 3, der einzige der Art, welcher bisher
aus der Mark in das Märkische Museum gelangt ist. In der Form schliesst er sich
mehr den im Königl. Museum aufbewahrten, aus der Provinz Preussen stammenden,
als den von Lindeuschmidt I. V. 6 abgebildeten Buckeln an, welche in Rhein-
hessen in den fränkischen Reihengräbern häufig
gefunden werden und von denen keiner eine so
lange (10 cm) dornartige, am Ende platte Spitze
(Stachel) hat. Von dem Schildgriff (clavus um-
bonis) ist hieran keine Spur mehr zu entdecken,
ebensowenig von der Holzfütterung, deren Dicke
sich nach der Länge der zum Theil gut erhaltenen
Nietnägel auf 8 — 9 mm schätzen lässt. Die Nieten
sitzen auf dem Rande des Buckels zu je dreien
dicht nebeneinander in drei gleichen Abständen,
so dass der Buckelkranz dadurch in drei gleiche
Fig. 3. M. M. II. 9844. '/" nat. Gr. -pj^g^g getheilt ist. Nach dieser Nietenstellung
ist die Form des Griffes, welcher sonst in der Richtung des Buckeldurchmessers
liegt, schwer ersichtlich. Die Höhe des Buckels mit der Spitze ist 17,5 cm, der
Durchmesser 15,5 cm. Der Schild scheint oval gewesen zu sein, wie der Schild
aus Oeland neben einem Gerippe gefunden, dessen Nabel dem unsern sehr ähnelt
und bei Oskar Montelius: Antiquites Suedoises, Stockholm 1873, L, S. 92, Fig. 290,
abgebildet ist. Montelius bringt ihn in das I. Eisenalter, was er von Christi
Geburt bis in's Jahr 450 ungefähr setzt. Worsaae: Nordiske Oldsager, Kopen-
hagen 1859, bildet, als ebenfalls dem 1. Eisenalter zugehörig, S. 81, Fig. 339, einen
nicht minder ähnlichen „Skjoldbukkel" ab. Der in seinem II. Eisenalter ebendort
S. 118, Fig. 492, abgebildete Schildbuckel ist auch vergleichbar, hat aber einen
kürzeren Stachel oder Dorn.
2) Sporn von Eisen, mit aussergewöhnlich dickem Dorn ; der Letztere ist 5 cm
lang und hat an der Basis 2 cm Durchmesser (II. 9834). Dieser sehr alterthüm-
liche Sporn gleicht dem bei^Montelius a. a. 0. (I. Eisenalter) Fig. 296, von Oeland,
(freilich aus Bronze) sehr auffällig, verwandt ist auch Worsaae a. a. 0. (I. Eisen-
alter) Fig. 356 (von Messing mit Eisenspitze).
(373)
Fig. 4. M. M. II. 9834. '/a nat. Gr.
3) Lanzenspitze von Eisen, ohne die abgebrochene Spitze 19 on lang, auf bei-
den Flächen in der Mitte einen hohen scharfkantigen Grad, das hohle Schaftende
ist fast ganz weggebrochen (II. 9835).
Fig. 5. M. M. II. 9835. V* «at. Gr.
4) Pfeilspitze oder leichte Wurfspiessspitze (II. 9836), Eisen, Blatt zwei-
schneidig, flach, 8 cm lang, 1,5 cm breit. Schaftende nicht ganz geschlossen, 5 cm
lang, unten 0,8 cm Durchmesser (Fig. 6).
Fig. 6. M. M. U. 9836. ^'z nat Gr.
5) Messer mit Griff und lose am Ende desselben hängendem Ringe (IL 9841),
Eisen, 15,5 cm lang, gebogen, so dass der Rücken die innere, die Schneide die
äussere Seite des ßogens bildet. Griff gewunden, (Fig. 7.)
Fig. 7.
6) Messer mit Griffzunge und einem Rest des Griff besatzes von Knochen.
Klinge 5, Griffzunge 4 cm lang. (IL 9840.) (Fig. 8.)
Fig. 8. M. M. IL 9840. '/a nat. Gr.
7) 3 Messer von Eisen mit Griffzeuge (IL 9837—39). (Fig. 9.)
Fig. 9. M. M. II. 9837. '/i nat. Gr.
8) Pfriemförmiges, 9 cm langes, 3 — 6 min dickes Eisengeräth (II. 9842).
9) 2 Gurtschnallen von Eisen (IL 9843).
10) Heftel (Fibula) von Eisen (IL 9846), 10 cm lang.
Fig. 10. M. M. II, 9846. V2 nat, Gr.
(374)
10) 2 kleine Thongefässe (Thränenurnen) 11, 9847/8, von ungleichmässigem,
wie es scheint, Mergelerde haltigem Thon. Grössere Gefässe, resp. Scherben,
liegen im Augenblick noch nicht vor, werden aber noch eingehen.
Diese schönen und interessanten Fuudstücke, welche das iMärkische Museum
der Zuvorkommenheit und dem Eifer des Hrn. Oberamtinann Augustin verdankt,
"ehören der letzten germanischen Zeit, etwa dem 4. oder 5. Jahrhundert, wo die
Bronze immer mehr durch Eisen ersetzt wird, an, und mögen mit den Burgundern
in Beziehung zu setzen sein. Die Ausgrabungen werden zur Zeit fortgesetzt.
IV. Reste eines unverbrannten Menschen-Skelets nebst kleiner Urne
(II. 9374/5) aus einer Steingrube bei Hoheusaath en, Kreis An germü nde.
Der Schädel ist aussergewöhnlich schmal und sehr stark dolichocephal, grösste
Länge 22 cm, grösste Breite 12,5 cm; da er unvollständig ist, so erscheint es frei-
lich zweifelhaft, ob er diese Form nicht theilweise mit durch äusseren Druck er-
halten habe, wenngleich solchem Druck entsprechende Bruchstellen nicht zu ent-
decken sind. —
Hr. Virchow bemerkt, dass der allerdings sehr ungewöhnliche Schädel in das
pathologische Gebiet gehöre. Es handle sich hier nehmlich um frühzeitigen Ver-
schluss der Pfeilnaht und dadurch herbeigeführte Verschmälerung bei gleichzeitiger,
compensatorischer Verlängerung des Schädels. Sonderbarerweise fände sich diese
Abweichung unter älteren Gräberschädeln verhältnissmässig häufiger, als gegenwärtig,
und man könne daher die Frage aufwerfen, ob diese Synostose in älteren Zeiten
nicht überhaupt häufiger gewesen sei. Früher habe man daher wohl angenommen,
dass hier eine Rasseueigenthümlichkeit, z. B. der Gelten, vorliege, was jedoch nicht
der Fall sei. Eine ähnliche Schädelform, wie die hier vorliegende, finde sich ge-
lec^entlich auch bei Lebenden: als ein besonders ausgezeichnetes Beispiel könne er
ein langjähriges Mitglied des preussischen Abgeordnetenhauses erwähnen. —
Hr. Fried el (fortfahrend): An weiteren Theilen dieses Skelets sind vorhanden:
Armbeine, Ober- und Unterschenkel, 2 Wirbelglieder, einige Rippen, Zeh- und
Fingerkuochen und ein Schlüsselbein.
Dazu gehören diese Reste einer kleinen Urne von vorwendischera, recht archai-
stischem Typus, mit eingeschnittenen, sich schräg kreuzenden Strichen verziert und
gehenkelt. Der durch Lehrer Lange in Oderberg übermittelte Fundbericht des
Lehrer Burdack in Hohensaathen sagt:
„Ende März d. J, (1879) kam ich dazu, als die Arbeiter in der Steingrube
„von Hohensaathen einen ganz abnorm geformten Schädel, verschiedene andere
„Skelet-Theile und eine kleinere Urne zu Tage gefördert hatten. Auf Befragen
„sagten die Arbeiter, dass ihnen von dieser Stelle die grosse Menge von Steinen,
„auf eine Länge von 3 m, aufgefallen sei. Die Steine waren sogenannte Koppel-
„steine, nicht Steinplatten. Beim Wegräumen derselben fanden sie das Skelet, in
„der Richtung von Nord nach Süd (der Kopf nach Norden) auf der Sohle des
„Steinlagers eingebettet. Auf den Oberschenkelu stand, unversehrt die kleine Urne,
„welche die Arbeiter inzwischen zerbrochen hatten. Da das Grab, in welchem
„auch zwei Schweinszähne (Hauer) gefunden worden waren, bereits zerstört war,
„konnte eine Skizze nicht mehr gemacht werden. Die Stelle liegt etwa 200 Schritt
„von dem alten Oderbett und lOü Schritt von einem alten Durchbruch derselben.
„In jenem Steinbruch sollen übrigens schon mehrfach Skelette aufgefunden, aber
-nicht beachtet worden sein."
(375)
Hr. Burdack meine noch, dass der Schädel nicht wohl eine posthume Ver-
drückung erfahren haben können, da das Skeiet und die zerbrechliche Urne bei
der Aufgrabung unverletzt gewesen seien.
V. fj Schädel, der letzten heidnischen Wendenbevölkerung angehörig, von der
Oder-Insel Neuenhagen, einem sandigen Werder, speciell von einer Stelle zwi-
schen Brahiitz (jetzt Bahnstation) und Neuenhagen, im Kreise Königsberg i/Neura.,
welche Fundstücke aus der letzten (slavischen) und dem frühen Mittelalter bereits
mehrfach geliefert hat. (II. 9780/1, VIII. 81—83, 828.) Von den Sclfädeln hat
Hr. Virchow constatirt, dass sie alle mehr oder weniger dolichocephal sind.
Dazu 8 wendische Thongefässe (II. 157G, 3641, 9782), welche mit jenen
Schädeln und den dazu gehörigen übrigen Skelettheilen an einer, von der Eisen-
bahn durchschnittenen Stelle des grossen Urnenfeldes ausgegraben wurden.
Diese Gefässe, obwohl zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Stellen bei
Skeletten ausgegraben, sind doch auffallend gleichmässig; die Höhe variirt zwischen
lO,/^) und 11 cm, der Boden aller dreier hat 5,5 cm Durchmesser, der von Nr. 1576
zeigt einen aufgedrückten Kreisstempel mit undeutlichem gitterförmigem Rande, der
ßauch hat 11 resp. 12 resp. lü cm Durchmesser und ist mit
spiralig verlaufenden Furchen, die mit einer Drehscheibe ge-
macht sein müssen, verziert, der Hals ist kurz eingeschnürt,
der Rand kurz ausgebogen, so dass die Mündung die Weite
des Bauches wieder erlaugt und kantig. Der Thon ist ziem-
lich scharf gebrannt und mit Steiubischen vermengt. Eine mit
dreistrichigem Kreuz verzierte Wirtelscheibe, 3 Steinperlen,
einen bronzenen, mit Silber überzogenen sogenannten Schläfen-
ring von ca. 2,2 cm äusserem und 1,4 cm innerem Durchmesser (Fig. 11) und
eine offenbar symbolisch verwendete, schalenförmige Thoneisensteinbüdung (II.
7045 — 50), welche schon früher an derselben Stelle gefunden sind, füge ich zur
Ansicht bei.
VI. Ein Beil von serpentinartigem Gestein (II. 8034), eine Feuersteiuspeerspitze
(II. 8035), ein prismatisches Feuersteinmesser (II. 8036), ein prismatischer Schaber
(H. 8033) und ein Netzsenker (IL 8037), sämmtlich auf einem ürnenfelde südlich
von Sternhagen, Kreis Prenzlau, gesammelt.
VII. Ein schönes Exemplar einer Hacke von Hirschhorn mit Bohrloch (II. 9033),
auf der Feldmark Prenzlau in diluvialem Sand gefunden. Vergleichbar Fig. 47 bei
Worsaae a. a, ü., nur oben allseitig abgerieben. Unser Stück ist dadurch merk-
würdig, dass es einen vollständig fossilen Eindruck macht und durchaus glatt und
glänzend abgerieben, einem Geschiebe ähnelt. Diese Charaktere sind geeignet, in
die^m Falle auf ein ungewöhnlich hohes Alter zu deuten. —
Hr. Virchow hebt mit Rücksicht auf den ad V. vorgelegten Schläfenring her-
vor, dass derselbe durch Kleinheit und Dicke von den gewöhnlichen Schläfenringen,
wie sie namentlich durch die Arbeit des Hrn. Sophus Müller bekannt geworden
sind, abweiche und sich mehr der Gruppe jener, oft silbernen Ringe der arabischen
Zeit anschliesse. Bei Gelegenheit des Rackwitzer Silberfundes habe er darüber
ausführlicher gehandelt (Sitzung vom 13. April 1878. Verh. S. 210, Taf. XV.,
Fig. 2, Zeitschr, f. Ethnol. Bd. X.). Es werde Gegenstand der weiteren Forschung
sein müssen, ob die grossen und meist bronzeneu, und die kleinen, meist silbernen
oder doch versilberten Ringe derselben Zeit angehören, oder ob sie vielleicht verschie-
dene Perioden innerhalb einer grösseren, der altslavischen Zeit bezeichnen. Schöne
Beispiele dafür hat uns neulich (Sitzung vom 12. Juli, S. 230) Hr. Ei sei aus dem
thüringischen Gräberfelde von Ober-Oppurg mitgetheilt. —
(376)
(10) Hr. M. Kuhn legt eine Anzahl von Urnen und anderen Gefassen vor,
welche in den Kiesgruben des Bauergutsbesitzers Witkowski zu Ober-Wilda
bei Posen gefunden worden sind. In Begleitung des Gymnasialdirectors Seh wartz
und des Oberlehrers Wituski zu Posen, sowie unter Führung des Lehrers Dal-
kowski von Ober-Wilda begab sich Vortragender nach den, von Posen ungefähr
eine halbe Stunde entfernten Kiesgruben. Das ürnenfeld umfasst mehrere Morgen,
und stehen die Urnen dicht unter der Ackerkrume, so dass sie vielfach bereits
durch den Pflug beschädigt sind. Eine grössere Urne enthält den Leichenbrand,
bei dem bis jetzt noch keine Reste von Metallen gefunden wurden; rund um diese
Urne befinden sich mehr oder minder grosse Geröllstücke gepackt. In einiger
Entfernung davon stehen dann kleinere Gefässe, Schaalen und Näpfchen, in denen
keine Beigaben bis jetzt bemerkt wurden. Die ganzen Gefässe zeugen von einer
sehr rohen Fabrikationsmethode; jedwede Verzierung fehlt, ausser dass an einer
grösseren Urne zwei gegenüberstehende Henkelleisten sich fanden, die von je vier
Vertiefungen, wohl durch Fingereindruck hervorgebracht, umgeben waren. Nach der
Herstellungsweise der Urnen, sowie dem Fehlen sämmtlicher Beigaben zu schliessen,
gehört das Urnenfeld wohl einer frühen slavischen Periode an.
(11) Hr. W. Seh wartz (Posen) übersendet einen Bericht über
eine Ausgrabung von Gerippen mit sogen. Schläfenringen,
oder wie man sie vielleicht besser nennen dürfte. Hakenringen.
Dieser Bericht, der u. A. zur Feststellung der Zeit, aus welcher derartige Gräber
herrühren, ein bedeutsames Moment beibringt, sofort an Ort und Stelle aufgenommen,
lautet:
„Auf der schon im vorigen Jahre zweimal untersuchten Grabstätte, nicht weit
vom Herreuhause in Slaboszewo (Zeitschr. f. Ethnol. Bd. X., Verh. S. 276, 314),
wurden vom 8. bis zum 11. October d. J. von dem Besitzer Hrn. Tiedemann
erneute Nachgrabungeri vorgenommen, zu denen er des Unterzeichneten Söhne, die
Primaner Fritz und Willy Seh wartz hinzugezogen hatte. Diese Ausgrabung führte
zur Auffindung von noch neun Gerippen mit leider meist schon sehr verwitterten
Schädeln und Knochengerüsten. Die Lage derselben ist auf beifolgender Skizze
(S. 377) möglichst genau angegeben und mit fortlaufenden Nummern versehen. Im
Einzelnen ist Folgendes zu bemerken:
Das I. Gerippe lag mit dem Kopf nach Westen; von dem theilweise zerstörten
Schädel konnten nur wenige Reste erhalten werden, an der rechten Hand lag eine
Münze. Zu beiden Seiten, sowie zwischen den Schenkeln des Gerippes lag viel
vermodertes Holz, das Gerippe maass 103 cm vom Hacken bis zur Hüfte. Das-
selbe war das einzige, welches im Mergel lag.
Das II. Gerippe lag mit dem Kopf nach NW. und maass in der ganzen Länge
153 an. Der Kopf lag auf dem linken Ohr und ist gut erhalten. Der etwas nach
unten verschobene Unterkiefer sperrte weit ab, so dass von den oberen zu den
unteren Sehneidezähnen eine Entfernung von 8 cm war. Das Gerippe lag 60 cm
tief im Sande. Rechts hinter dem Ohr fand sieh ein kupferner sogen. Sehläfen-
ring und im Genick noch zwei der Art, an der linken Seite ebenfalls zwei, im
Ganzen fünf. Das erste Paar war in einander gehakt, unter dem Rücken des
Gerippes, an der linken Seite, fand sich ein messerartiges Stück Eisen. Spuren
von Holz waren hier nicht vorhanden.
Das III. Gerippe lag mit dem Kopfe nach WNW. Die ganze Länge betrug
107 cm. Die im Sunde liegenden Knochen waren schon so mürbe, dass fast nichts
(377)
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(378)
Sogenannter Schläfenringf in natürlicher Grösse unter grosser Sperrung, welche sonst bei
gleichförmiger Rundung des Ringes nur 0,004 m beträgt.
davon erhalten werden konnte. Der Kopf lag auf dem rechten Ohr. Beigaben
wurden nicht gefunden.
IV. Der Kopf des Gerippes lag nach WNW., und zwar auf der rechten Seite,
der Unterkiefer sperrte weit ab. Die Knochen, sowie auch der Schädel waren sehr
mürbe. Die ganze Länge betrug 152 cm. Beigaben und Holz wurden nicht gefunden.
V. Während alle übrigen Gerippe mit dem Kopf nach W. und NW. lagen,
lag dieses mit dem Kopfe nach ONO. Derselbe war stark beschädigt und die
Knochen sehr mürbe. Am Hinterkopfe fanden sich fünf sogen. Schläfenringe
von weissem Metall, stark oxydirt, nur zwei derselben unzerbrochen. Andere
Beigaben fehlten. Die Länge betrug 155 cm.
VI. Der Kopf dieses Gerippes lag nach WNW. und mit dem Gesicht nach
oben, jedoch etwas nach rechts geneigt. Derselbe war, wie die übrigen Knochen,
sehr morsch. Die Länge betrug 158 cm. Links hinter dem Ohr fand sich ein
kupferner Schläfenring, ein Theil des Schädels und zwei Zähne waren vom
Oxyd grün gefärbt. An der linken Hand, nahe am Knie, lag ein eisernes
Messer, am Heft-Ende mit einem Ringe versehen. An der linken Seite unter
dem Rücken wurde noch ein Messer von der gewöhnlichen Form gefunden.
VII. Von diesem Gerippe konnte nur der Kopf gefunden werden, welcher dicht
am Wege lag, die übrigen Knochen sollen, nach Angabe der Leute, schon früher
bei Anlage der Weidenpflanzung herausgenommen w'orden sein.
VIII. Die Lage des Kopfes war nach Westen gerichtet. Leider war der
Schädel zertrijmmert. Die übrigen Knochen sind gut und vollständig erhalten.
Vom Knie bis zum obersten Halswirbel maass das Gerippe 109 cm. An der linken
Seite fand sich ein offenes Messer von der gewöhnlichen Form. Etwas ver-
medertes Holz lag in der Nähe des Kopfes.
IX. Der Kopf lag in der Richtung nach Westen. Schädel und Knochen waren
sehr mürbe. Vom Apfel des Oberschenkels bis zum Scheitel wurden 73 cm ge-
messen. Rechts und links vom Hinterkopf lag je ein kupferner Schläfenring.
An der linken Hand fand sich ein Fingerring von 8 mm breitem, dünnem Kupfer-
blech. Andere Beigaben fehlten."
Ist das Vorkommen eines Fingerrings von Bronzeblech neu und das Auf-
treten je 5 sogen. Schläfenringe z. Th. am Hinterkopf in Betreff der Beurtheilung
der Verwendung derselben bemerkenswerth, so ist das Auffinden einer Miinze bei
Geripge I. von durchschlagender Bedeutung. Wenn schon das erneute Vorkommen
(379)
von weissen Ringen neben bronzenen, von denen die ersteren laut früherer Unter-
suchung aus Zinn und Blei bestanden und Hrn. Prof. Virchow s. Z. veranlassten,
die Kraniologen zu warnen, nicht in zu frühe Zeit diese Art Gräber zu setzen,
auch wieder auf diese Erwägung die Aufmerksamkeit lenkt, so rückt die Münze,
nach der Bestimmung des Hrn. Dr. Friedländer'), direct das Grab I. in das
Xn. Jahrhundert n. Chr. Wir haben hier also eine Grabstätte aus der ersten
christlich-slavischen Zeit.
Zur Geschichte der eigenthümiichen schleifenartigen Verzierung an den
Seh Ulfen ringen hierselbst erinnere ich au das Vorkommen jener Verzierung an
arabischen Schmucksachen; nicht blos die von Hrn. Virchow (Ethnol. Zeitschrift
Bd. X., S. 210 ff.) erwähnten kleinen Silberringe zeigen dieselbe, sondern auch in
höchst charakteristischer Weise ein Schmuck, welchen Hr. Rechtsanwalt v. Jazd-
zewski hierselbst besitzt und von dem derselbe mir ein Stück übergeben hat, so
dass ich in der Lage bin es vorzulegen. Es sind zwei blattartige Schmuckstücke,
an denen hervortritt, dass die betr. Schleife an dem einen als Haken gedient hat,
um in eine Oehse des anderen eingehakt zu werden. Die Uebereinstimmung
dieses Hakens mit der betr. Verzierung an den sogen. Schläfenringen ist
schlagend, so dass sie charakteristischer auch Hakenringe genannt werden dürften.
So als Haken gefasst, älinelt es den Haken, wie sie sich öfter z. B. an bron-
zenen Messern behufs Einhakens an einer Schnur oder Oehse bei Worsaae,
Nordiske üidsager 1Ö59, S. 36, finden oder an einem versilberten bron-
zenen Spiralring, der mit arabischen Münzen in Schweden gefunden (Montelius,
Führer durch das Museum vaterländischer Alterthümer in Stockholm. Hamburg 1876.
Nr. 102). Von diesem Standpunkt aus verliert der Haken an sich etwas an seiner
individuellen Eigenthümlichkeit und es fragt sich nur, ob er an den sogen. Schläfen-
ringen einen real praktischen Zweck hatte, wie bei den Messern, oder mehr als
Verzierung zu fassen ist, wie bei dem erwähnten Spiralringe.
Was übrigens das sonstige Vorkommen dieser Hakenringe hier im Posen-
schen betrifft, so führe ich noch an, dass ich einen solchen von Bronze (nebst einer
Spange desselben Metalls) aus einer Leichen brand statte bei Tuczno (Kr. Ino-
wrazlaw) besitze, wo er in einer Urne gefunden'), desgl. Hr. v. Jazdzewski drei
silberne Subaerati, die bei einem Gerippe sich gefunden haben, welches bei
Zydowo in der Nähe von Rokietnica (Kr. Posen) mit eiserner Lanzenspitze, Messer,
sowie Urnen ausgegraben worden. Es zieht sich also der Gebrauch dieser Haken-
ringe, wie man jetzt übersieht, hierselbst aus der heidnischen in die christliche
Zeit, — wieder ein kleiner, aber interessanter Beitrag für die Coutinuität derartiger
Dinge.
(12) Hr. W. Schwartz überschickt eine Abhandlung über
sogen. Näpfchensteine an Kirchen im Posenschen.
Zu meiner und noch Anderer Ueberraschung finden sich auch hier im Posen-
schen an alten Kirchen vielfach mehr oaer minder grosse kugelartige Vertiefungen
in den Ziegeln, in der Regel beim Eingang in Mannshöhe in der Zahl von 1—3
nebeneinander. Die erste Nachricht kam mir aus Klecko vom Hrn. Dekan v. Dydynski
1) Derselbe schreil)t darüber: „Erkennen lässt sich nichts auf diesem traurigen Fragment,
aber die Düunbeit der Münze macht es fast gewiss, dass es eine polnische des 12. Jahr-
hunderts ist. hn Münzkabinet sind solche mehrfach."
2) Wenn in der Ethn. Zeitschr. Bd. X. S. 315 ein solcher Ring aus Kazmierz angeführt
wurde, so beruht dies auf einem Irrthum; ihm fehlt der eigenthümlicbe üaken. (s. Materia-
lien IL unter Ka/mierz auf der Tafol Nr. 1.)
(380)
nebst beifolgender Zeichnung, dann aus Pudewitz, Wisocko und Inowrazlaw, wo die
Ansicht der südlichen Aussenwand. F. f ahrdamm, P P. Pfeiler, M. Mannshöhe, SW. Südwest.
Löcher besonders zahlreich. Schliesslich fand ich selb t auch diese Erscheinung
bei der alten Marienkirche hierselbst auf der Dominsel, wo ich 13 Löcher rechts
von der Eingangsthür zählte. Ich lege 3 Stücke als Probe vor, auf welche ich
nachher zurückkommen werde, desgl. 7 Abdrücke von Löchern, um die Verschieden-
heit derselben zu zeigen.
Hr. Dekan v. Dydynski schrieb mir zuerst unter dem 9. August c. : „Nach
der Ansicht des bereits verstorbenen Bauraths und Archäologen Podczaszynski
aus Warschau, bei dem der Prof. Dr. Lepkowski deshalb angefragt, sollen dies
Zeichen des Ziegelstreichers gewesen sein, mit denen er jedes Tausend bezeichnete."
Ein anderer der geistlichen Herren in der Provinz meinte, man habe das reine
Feuer für die Prozessionslichter beim Osterfeste daselbst augerieben; desgl. wurde
mir von anderer Seite die Notiz, die Tradition des Volks habe dafür eine eigen-
thümliche Erklärung. „Die Löcher rührten von den Seelen der Verdammten her,
die bei Lebzeiten die Kirche nicht besucht; sie kratzten verzweiflungsvoll des Nachts
an der Mauer, um so in die (verschlossene) Kirche hineinzukommen."
Zur Sache selbst constatire ich folgende Momente. Abgesehen davon, dass es
wunderbar wäre, wenn gerade die gezeichneten Steine ihre Stelle überall unten am
Gemäuer gefunden hätten , bemerkte mir schon einfach ein Sachverständiger in
Betreff der oben erwähnten Ansicht, dass man die Ziegel stets des Trocknens halber
auf die hohe Kante stelle; wenn also wirklich einer gezeichnet, so sei es auf dieser
Seite zu erwarten, üebrigens beweise die eine meiner Proben, wo in der Höhlung
noch kleine Steinchen hervorstanden, dass der Eindruck nicht in weichem
Zustande gemacht sei, sonst würden jene mit eingedrückt sein. Hr. Dekan
von Dydynski, welcher in einem Briefe vom 29. August c. gleichfalls aus dem
zuerst erwähnten Grunde die Ansicht des Bauraths Podzcaszynski zurückweist,
bestätigt nicht bloss realiter die von mir von dem erwähnten Sachverständigen
positiv begründete Ansicht, das Loch müsse entstanden sein, als der Stein schon
hart gewesen, sondern beweist direct, dass die Löcher erst an der Mauer ent-
standen, indem er von seiner Kirche sagt: „Zweitens erscheint es an unseren
Näpfchen erwiesen zu sein, dass sie erst dann entstanden sind, nachdem die
(381)
Ziegelsteine bereits vermauert gewesen — und nicht an den frischen Luft-
steinen. Es befinden sich näaiHch einige Vertiefungen hart am Rande der
Mauersteine, z. B. | *^ Primitiv ist die Fuge zwischen den Steinen selbst-
verständlich mit Kalk verstrichen gewesen. Nun aber ist an allen Stellen, wo die
Vertiefung hart am Rande sich befindet, und solcher Stellen giebt es ungefähr
3 bis 4, der Kalk in der Fuge ausgehöhlt, wodurch der richtige Kreis des
Näpfchen entstanden, also so: ra»w<>i, folglich ist erst am ausgebrannten und
vermauerten Zingelsteiue die Vertiefung angebracht."
Hr. V. Dydynski kommt hierauf auf die auch schon von Anderen gemachte,
aber s. Z. von Hrn. Fr i edel zurückgewiesene Erklärung zurück, indem er fragt,
„ob nicht die Löcher von Kartätsclien- oder Flintenkugeln herrührten aus den Jahren,
wo die Schweden unter Karl Gustav im ganzen Laude gehaust? In Klecko wurde
damals hartnäckig am 8. Mai 1656 gekämpft. Sachkundige bestreiten dies freilich
grundsätzlich u. s. w."
Auch ich komme auf diesen Punkt, nachdem ich mit einem höheren Artillerie-
Officier darüber verhandelt, zurück. Derselbe erklärte mir, Bleikugeln drückten
sich leicht, wenn sie an festem Stein anschlügen, platt, bei eisernen mache die
Dicke des Steines einen grossen Unterschied, Während dünne Ziegel splitterten,
comprimire sich gleichsam bei einem dicken Ziegel die Masse, so dass der-
artige Löcher entständen; er meine, die Löcher rührten von den alten, sogen,
Donnerbüchsen her, und er habe solche auch an anderen Gebäuden, als Kirchen,
in Wetzlar und Trier gesehen.
Wie mir von anderer Seite nachträglich mitgetheilt wird, sollen in dem Städtchen
Rypin in Russisch-Polen sich au der Kirche noch neben einfachen derartigen Löchern
auch noch tiefer eingedrungene und fest sitzen gebliebene Kugeln befinden. Hr.
Rechtsanwalt v. Jazdzewski hat mir versprochen, genauere Erkundigungen darüber
einzuziehen.
Zu der obigen Deutung würde, wie ich schliesslich bemerke, stimmen, dass die
Löeher sich meist an den Eingängen der Kirche und in Mannshöhe finden —
es sind ja die bei Voraussetzung eines Kampfes dort besonders in Betraclit kommen-
den Stellen — dann auch würden die von Hrn. v. Dydynski charakterisirten
Löcher dnzu passen, die doch den Eindruck machen, mehr zufällig aus der
Ferne bewirkt worden zu sein, da man sonst wohl mehr eine Stelle im Ziegel
gewählt hätte, endlich — und darauf möchte ich noch schliesslich aufmerksam
machen, — eine der vorliegenden Proben zeigt drei Löcher und zwar das dritte
dem Anschein nach nachträglich eingedrückt, —
Hr. Virchow: Wie ich schon in der vorigen Sitzung (S 334) mittheilte, habe
ich auf meiner letzten Reise im Herbst nach Näpfchen (Grübchen) an Kirchen ge-
sucht und sie an ziemlieh weit von einander entlegenen Punkten des Rheinthaies
und der Schweiz gefunden. Bei dieser Gelegenheit habe ich eine Bemerkung ge-
macht, die ich speciell mittheilen möchte, weil sie vielleicht für andere Mitglieder,
die nach solchen Dingen suchen, einen Fingerzeig geben möchte. Au mehreren
Kirchen, zuerst in Hagenau (Elsass), fand ich, dass die offenbar alten Eingrabungea
und Einritzuugen au den Kirchenwändeu bei späteren Reparaturen sorgfältig zu-
geschmiert sind, so dass ein sehr aufmerksames Auge dazu gehört, um das zu er-
kennen, was offenbar vorliegt. Ich würde nicht so bestimmt davon sprechen, wenn
ich nicht neben einander offene und zugeschmierte Grübchen und Rillen gesehen
hätte, und wenn nicht an einzelnen Stellen das eingeschmierte Material theil-
(382)
weise herausgewittert wäre. Vielleicht wird es möglich sein, wenn man darauf
mehr Obacht giebt, eine grössere Zahl solcher Fälle zu ermittelu.
Ferner will ich besonders hervorheben, dass an einzelnen Orten vielleicht auch
in anderer Weise durch spätere Reparaturen solche Spuren beseitigt sind. Darauf
wurde ich zuerst an der Kirche, welche in Thun oben auf dem Schlossberge liegt,
aufmerksam. Trotz mehrmaliger Besuche fand ich daran längere Zeit gar nichts,
weil, wie sich ergab, der Sandstein, der zu den Pfeilern verwendet war, — das
Uebrige ist mit Kalk übertüncht — der Verwitterung stark ausgesetzt und daher
an der ganzen Südseite erneuert war. Erst als ich auch an der Nordseite suchte,
die einzelne noch iutacte Quadern enthielt, fanden sich auch die Näpfchen vor.
Ich habe nachber runde Grübchen in ziemlich grosser Zahl an dem alten
Münster von Bern und zwar auch wieder an der Südseite gesehen. Ganz besonders
ausgiebige, tiefe und scharfe Rillen, weniger Näpfchen, traf ich an den Sandstein-
wänden der Kirchen in Dürkheim an der Haardt und zu Hagenau im Elsass;
namentlich an der Südseite der letzteren sind sie in der stärksten Ausbildung vor-
handen. Dagegen habe ich sie im vorigen Jahre an den Kirchen von Regensburg
vergeblich gesucht.
Gerade der Umstand, dass man solche Grübchen und Rillen in späterer Zeit
zugeschmiert hat, scheint auf ein höheres Alter der Entstehung zu deuten. —
Hr. Weiss erinnert sich, dass in seiner Jugendzeit von den Schulknaben
derartige Rillen und Gruben in Häuserwände eingekratzt worden seien. —
Hr. Alfieri: Ich habe speciell, seitdem mein Interesse an diesen Dingen durch
Hrn. Friede 1 wach gerufen war, auf meinen Reisen die Näpfchensteine an den
Kirchen beobachtet und bei einer grossen Anzahl derselben die Thatsache bestätigen
können, dass sie sich hervorragend auf der südlichen Seite der Kirchen befinden,
also auf der am meisten vor dem Winde geschützten Seite, Nun ist es mir in
diesem Frühjahr, wo ich in Gransee war, an der dortigen, sehr schön gebauten
alten Kirche, die früher ein roher Backsteinbau war und ungefähr zu Anfang des
17. Jahrhunderts mit Putz beworfen ist, klar geworden, dass nach der Herstellung
der Näpfchen, die sich zu 5 bis 6 auf einem Steine befinden, Feuer in Mitwirkung
gekommen ist. Diese Steine zeichnen sich vor den anderen durch ihre abweichende
Färbung aus. Wenn der Thon in der Ziegelei einen stärkereu Brand bekommt,
so wird er dunkler, als wenn er weniger Brand hat. So haben auch diese Stellen
alle eine durchgends dunklere Färbung, als der sonstige Rohbacksteinbau. Einzelne
Stelleu dieser Näpfchen sind vollkommen glasirt. Ich vermag nicht zu unter-
scheiden, ob die Näpfchen absichtlich in die noch rohen Steine hineingemacht und
dann gebrannt sind. In vielen Näpfchen befindet sich auch eine fette Substanz, ein
Russ, der durch eine Flamme später an die Steine herangebracht ist. Nun hat in
der Mark die Sitte bestanden , bei Epidemien Seuchenfeuer zu entzünden. Es ist
dem Märkischen Museum gelungen, zwei eichene alte Pfähle aus Barenthin zu er-
werben, an denen noch die Spuren vorhanden sind, wie man mittelst Drehung von
Hölzern, die mit Stroh und Schwamm umwunden waren, Feuer erzeugt hat. Wenn
nun behauptet ist, die Näpfchen rührten aus neuerer Zeit her, und wenn wir sogar
gehört haben, dass sie Kindern in die Schuhe geschoben werden, so mag es erlaubt
sein, dagegen die Vermuthung auszusprechen, dass ebenso, wie man an den Pfählen
die Seuchenfeuer gerieben hat, man auch in diesen Näpfehen Feuer erzeugt hat. —
Hr. Fried el: Ich wollte anführen, dass die interessanteste Stelle in Berlin
zerstört ist gelegentlich des Umbaues der alten Nicolaikirche. An der Aussenseite,
(383)
an der Plinte, waren Näpfchen ziemlich massenhaft angebracht. Die Flinte,
welche aus sehr weichem Material bestand, ist neulich ersetzt worden. Ausserdem
befanden sich auch einzelne Näpfchen in den Mauersteinen; diese hat man auch
entweder beseitigt oder umgedreht, so dass eine unbenutzte Seite nach aussen ge-
kommen ist.
Es ist schon von Hrn. Virchow daran erinnert worden, dass man diese Dinge
nicht isolirt als Näpfchensteine auffassen darf; es kommen noch eine ganze Menge
von anderen Zeichen vor. Die erste Notiz darüber rührt von Hrn. Dr. Veckenstedt
her, der inzwischen nach Liebau in Russland verzogen ist. Erst nachher tauchten
die Rillen auf. Ich habe die Sache noch sehr viel verfolgt und in diesem Jahre
150 und mehr Kirchen angesehen; dabei habe ich noch eine Anzahl von Zeichen
entdeckt, die mit allerhand christlichen Symbolen, namentlich dem Kreuz, in Ver-
bindung gebracht sind Auch sind Hausmarken angebracht, namentlich an meklen-
burgischen Kirchen, von denen ich mir Zeichnungen gemacht habe.
Dass diese Dinge nicht von Kindern gemacht sind, dafür giebt es einen
Beweis, der so unwiderleglich ist, dass er jedem in die Augen springt. Das
Portal der einen Kirche in Brandenburg — der Gotthardskirche — besteht aus
Hausteinen von sehr hartem Granit; in Handhöhe sind auf jeder Seite 2 auf-
fallende helle Sandsteine hineingesetzt worden, augenscheinlich damit irgend ein
Hocuspocus damit vorgenommen werden sollte. Nachher habe ich das auch an
anderen Kirchen gesehen, wo augenscheinlich für den Gebrauch des Volks solche
Vorrichtungen gemacht sind. Ueber die katholische Zeit gehen sie nicht hinaus,
sie gehören einer recht alten Zeit, der romanischen und früh-gothischen, an. Ob
sie bis in die spät-gothische und Renaissancezeit hineinreichen, ist fraglich.
Wunderbar ist es, obwohl so viele Leute ihre Aufmerksamkeit darauf gerichtet
haben, dass man bis jetzt keinen einzigen historischen Nachweis über diese Sache
hat Erst ganz kürzlich ist mir in einer Chronik, die eine Stadt in der Neumark
betrifft, eine einigermassen alte Notiz aus dem 17. Jahrhundert zugegangen. Da
ist nach dem dreissigjährigen Kriege, wo diese Kirche zerstört worden war, von
dem Pfarrer eine Beschreibung des zerstörten Gotteshauses aufgenommen worden.
Darin wundert er sich sehr, wie das Gotteshaus in Handhöhe so viele kleine Löcher
au der Aussenseite aufzuweisen hätte. Wo sie herrühren, wisse er nicht; er stellt
auch die Theorie auf, es wäre möglich, dass sie von Kugolspuren herrühren. Es
widerlegt sich das durch die einfache Betrachtung, dass diese Zeichen nicht höher
vorkommen, als in bequemer Handhöbe. Es ist das auch ein Anhalt dafür, dass sie
mit der Hand gemacht sind. —
Hr. Hartmann erinnert an die Rillen in der Steinumrahmung eines der
Portale des braunschweiger Domes. Der Sage nach sind sie von dem Löwen ein-
gekratzt, welchen Herzog Heinrich angeblich aus dem Kreuzzuge mitgebracht haben
soll. Das Thier hat, so wird gefabelt, aus Schmerz über den Tod seines Herrn
die Rillen mit seinen Vordertatzen eingeritzt. Mit Kugelspuren lassen sich diese
Rillen nicht vergleichen, denn die machen einen ganz anderen Eindruck; auch
liesse sich schwerlich nachweisen, bei welcher Gelegenheit Kugeln von entsprechen-
der Grösse auf das betreffende Domportal abgefeuert sein sollten. Uebrigens
existiren, soweit Redner sich erinnert, auch noch ganz andere Versionen über die
Entstehung jener Rillen. —
Hr. Virchow: In Bezug auf die Braunschweiger Einritzungen möchte ich daran
erinnern, dass schon Hr. Veckenstedt (Sitzung vom 19. Juni 1875. Verh. S. 135.
(384)
Zeitschr. f. Ethnol. Bd. VII.) sie herangezogen hat als Beispiel der Rillenbildung.
Wer nach Braunschweig kommt und diese Rillen sieht, kann sich allerdings vor-
stellen, dass sie Jemand auf das Kratzen der Krallen eines Löwen beziehen kann. —
Die Fortsetzung der Diskussion wird auf die nächste Sitzung vertagt.
(13) Hr. W. Schwartz berichtet über
moderne, mit Feuersteinen besetzte Stöcice in Polen.
Dass in den Karpathen, überhaupt im ganzen üngarlande noch ein lang-
schaftiges Beil, welches zugleich als Stock gebraucht wird, üblich ist (der
sogenannte Fokos). dürfte bekannt sein, weniger, dass noch in der Mitte dieses
Jahrhunderts in den waldigen Theilen Polens, z. B. in Wald-Cujawien und
Volhynien die Landleute sich vielfach mit Feuersteinsplittern — fast noch
acht prähistoiisch — einen Stock, der zugleich als Waffe diente, präparir-
ten. Im November, December suchte man sich im Walde einen zum Stock
passenden Kreuzdorn aus, machte mit einem Messer an geeigneter Stelle Kerbe
hinein, in die man dünne Feuerstein splitter steckte (nass gemacht, splittert der
Feuerstein leicht). Dann überwuchsen diese Stellen im nächsten Sommer, bildeten
aber harte Auswüchse, so dass der Stock fast den Charakter einer morgen-
sternartigen Waffe bekam. Mit der Abnahme der Wälder und den neueren
Verhältnissen überhaupt ist dieser Gebrauch immer mehr verschwunden; ältere Leute
erinnern aber noch sehr wohl sich solcher Stöcke.
(14) Hr. Virchow zeigt die Leichen von
drei anthropoiden Affen (Orang-Utan und Gibbons).
Mr. Rice, ein Schwager des Herrn Carl Hagenbeck, hat seit einiger Zeit
eine grössere Karawane von ausländischen Menschen und Thieren organisirt, welche
schon an verschiedenen Orten in Deutschland vorgeführt worden ist. Er hatte den
Gedanken, auch eine möglich vollständige Sammlung von Anthropoiden zusammen-
zubringen und dieselben hier in Berlin gemeinschaftlich zur Anschauung zu stellen.
Leider hat das Geschick ihm nicht wohl gewollt. Von 2 Gibbons, die er noch
letzthin in Guben und Frankfurt a./O. gezeigt hat, ist einer dort gestorben und der
zweite wurde fast sterbend hierhergebracht. Nach der Ankunft hier hatte Hr. Rice
noch ein Paar junge Orang-Utans, allein auch von diesen ist der eine seiner
Krankheit erlegen. So ist denn bei der heute stattgehabten Eröffnung der Aus-
stellung nur noch ein Orang-Utan und ein allerdings vortrefflicher, neu erworbener
Chimpanse gezeigt worden.
In dem Cataloge des Mr. Rice waren die beiden Gibbons als Hylobates Lar
und H. Hulock bezeichnet. Ob diese Bezeichnungen richtig sind, scheint mir
zweifelhaft. Der eine derselben, ein Weibchen, ist ganz schwarz, namentlich auch
an den Handtellern, und hat nur über jedem Auge einen weissen Haarstreif; er
dürfte am meisten dem Hylobates variegatus Kühl., dem Ungko entsprechen. Das
Männchen hat mehr grau melirtes, etwas ins bräunliche ziehendes Haar, namentlich
am Bauche und eine weisse Haareinfassung des ganzen Gesichtes; er gleicht daher
den Beschreibungen des Hylobates leuciscus Wagn., dem Oa, und unterscheidet
sich, wie der vorige, von H. Lar durch seine stark pigmentirten Handflächen. Der
Orang-Utan ist männlich.
Mr. Rice hat die ganz besondere Freundlichkeit gehabt, mir die 3 gestorbenen
Affen zu schenken. Der eine Gibbon war inzwischen schon von Hrn. Wickers-
(385)
heimer mit seiner Flüssigkeit eingespritzt worden; ich selbst habe die beiden
anderen mit der Flüssigkeit des Hrn. Laskowski, welche derjenigen des Hrn.
Wickersheimer in gewissen Hauptbestandtheilen (Glycerin und Carbolsäure) nahe
steht, injicirt. An den vorliegenden Körpern^ von denen die beiden letzten in-
zwischen der Section unterworfen sind, lässt sich die Vortrefflichkeit der angewende-
ten Methoden erkennen. Der von Hrn. Wickersheimer präparirte Oa ist am
26. October gestorben und sein Leichnam befindet sich noch heute, also nach
3 Wochen, in einem beweglichen und gänzlich geruchlosen Zustande. Nur die
Haare am Bauche lassen etwas los, doch ist diess wohl dem Umstände zuzu-
schreiben, dass die Bauchhöhle erst vor wenigen Tagen geöffnet und die stark mit
Flüssigkeit gefüllten Eingeweide herausgenommen sind. Der Ungko starb am
1. November, ist von mir am nächsten Tage injicirt (sowohl in die Carotiden, als
in den Magen und die Lungen) und am Ende der Woche secirt und exenterirt
worden; er sieht noch ganz wie frisch aus. Der Oran-Ütan starb erst vor 8 Tagen
und seine gute Erhaltung ist daher weniger auffällig. Es zeigt sich aber recht
deutlich an diesen Körpern, wie grosse Vortheile eine solche Methode darbietet,
und es kann nicht bezweifelt werden, dass ihre Anwendung nicht bloss im Lande,
sondern namentlich auch für den Trausport vom Auslande her die grössten Vor-
theile bietet. Ich bin überzeugt, dass es möglich sein wird, auf diese Weise injicirte
Leichen, namentlich wenn sie exenterirt sind und in einen luftdichten Verschluss
gebracht werden, aus der grössten Entfernung wohl erhalten zu iraportiren^).
Von nicht geringem Interesse für die Frage von der Erhaltung der leben-
den Thiere in unserem Klima waren die pathologischen Befunde. Als man
mir zuerst von dem Erkranken der Thiere erzählte, war natürlich die Meinung
die, dass es sich um Lungenaffektionen, namentlich Schwindsucht handle. Ich sah
nur den Ungko noch lebend. Er war am Morgen durch seine Pflegerin, die
„schwarze Helena" in einem jammervollen Zustande von Frankfurt a. 0. herüber-
gebracht worden. Allerdings hustete er stark, aber die Untersuchung der Brust
Hess nichts Bedenkliches erkennen. Er war jedoch in einem Zustande äusserster
Schwäche, ganz kalt, übrigens ohne Fieber, hatte Durchfall und verweigerte die
Nahrung. Von Zeit zu Zeit setzte er sich auf den Arm oder Schooss des ihm bekannten
Beamten, begab sich aber bald wieder in seine Kiste zurück und legte schwermüthig
den Kopf in die Hände. Ich Hess ihm etwas kräftigen Wein geben, stellte ihn unter
die Pflege meines Institutsdieners, der den Auftrag erhielt, ihn möglich zu wärmen,
und ordnete seine Diät. Allein schon am nächsten Morgen war er eine Leiche.
Die Sektion zeigte die Lungen ganz frei, dagegen schwere und sehr ausgedehnte
diphtherische Ruhr des Dickdarms. Ganz dasselbe Resultat stellte sich bei der
Autopsie des Orang-Utan dar. Weniger heftig, von einfach katarrhalischem Cha-
rakter, aber nicht minder ausgedehnt war die Darmaffektion bei dem Oa; die
Lungen waren ganz frei. Auch sonst bei keinem der Thiere irgend eine Spur von
Tuberkulose.
Es bestätigte sich daher hier in vollem Maasse die Meinung, welche ich schon
aus der Beobachtung der früheren Anthropoiden, und namentlich unseres Gorilla
gewonnen hatte, dass die Anthropoiden bei uns weit weniger durch das
1) Gegeiiwärtio- (Mitto Februar) sind die Cadaver noch immer ohne Geruch und im
Ganzen wohl erhalten. Am wenigsten ist der von mir injicirte Gibbon verändert. Bei dem
Orang-Utan sind die Augen eingetrocknet und die Kopihaut etwas missfarbig geworden. Bei
dem von Hrn. Wickersheimer präparirten Gibbon zeigen sich ^chimmelbildungen. (Nach-
trägliche Anmerkung.)
Verhandl. der Berl. Authropol. Gesellschaft 1S79. 25
(386)
Klima, als durch ungeeignete Diät gefährdet werden. Indem man ihnen alle
möglichen Nahrungsmittel, namentlich einen üeberfluss von Früchten neben Milch
und anderen leicht zersetzuugsfähigen Speisen gestattet, erzeugt man Störungen der
Digestionsorgane, des Mundes, des Zahnfleisches, des Magens, der Dick- und Dünn-
därme, welche bald schneller, bald langsamer den Untergang der armen Thiere
herbeiführen. Nichts sollte daher strenger überwacht und geordnet werden, als
das diätetische Regime, —
In Beziehung auf die wissenschaftliche Bedeutung dieser Affen will ich mich
für heute kurz fassen. Sowohl die Gibbons, als der Orang-Utan gehören bekanntlich
dem indischen Archipel, die ersteren auch noch Hinteriudien selbst an und constituiren
die östliche Gruppe der Anthropoiden, im Gegensatze zu Chimpanse und
Gorilla, welche die westliche oder afrikanische Gruppe darstellen. Weder
in Afrika noch in Europa finden sich lebende Repräsentanten oder auch nur Ver-
wandte der östlichen Gruppe. Dagegen ist es allerdings besonders hervorzuheben,
dass die höchstorganisirten paläontologischen Affen, welche man in Südfrankreich
gefunden hat, der Pliopithecus und namentlich der Dryopithecus, den Gib-
bons am nächsten stehen. Von da an bis zum Menschen ist freilich ein weiter
Weg und gerade das, was diesen „Langarmaffen" den Namen gegeben hat, die
extreme Länge ihrer Oberextremitäten, entfernt sie von unserer Organisation.
Wenn sie ihre langen und gewöhnlich etwas gebogenen Arme horizontal aus-
strecken, so sehen sie Fledermäusen ähnlicher, als Anthropoiden; ihre Ge-
schicklichkeit, sich mit weitem Schwünge durch die Luft fortzuschleudern, haben
wir schon früher zu bewundern Gelegenheit gehabt. (Man vergl. Sitzung vom
18. Mai 1876. Verh. S. 89. Taf, III). Allein schon damals habe ich darauf auf-
merksam gemacht, dass der Gibbon mehr, als irgend einer der anderen Anthro-
poiden, gerade durch seine langen Arme, die er wie Balancierstangen gebraucht,
zum aufrechten, menschenähnlichen Gehen befähigt ist. Das ganz behaarte Gesicht
des Gibbon schwächt allerdings seine Menscheuähnlichkeit nicht weniger, als der
Bau seiner Glieder, und wenn man nicht etwa auf einen „Haarmenschen" zurück-
greift, so muss man darauf verzichten, ihn in eine Parallele zu bestimmten Menschen
zu stellen.
Etwas anders ist es mit der Bildung des knöchernen Kopfes. In der früheren
Sitzung habe ich hervorgehoben, dass sowohl der Orang-Utan, als der Gibbon
brachycephal seien. Diese Form haben bekanntlich auch fast alle Menschen-
stämme, neben denen sie leben. Hier ist ein grosser Gegensatz zu den Afrikanern.
Nun stützte sich freilich meiue damalige Angabe auf die Messung eines einzigen
Gibbon, dessen Kopf einen Index von 83,6 ergeben hatte. Bei den jetzt vorliegen-
den ist der Index etwas kleiner, indem der Hylobates variegatus nur 79,7, der
Hylobates. leuciscus 80,2, der Orang-Utan 78,2 ergiebt, — Maasse, die zum Theil
in das mesocephale Gebiet herunterreichen. Immerhin stehen sie der Brachy-
cephalie sehr nahe. Auch der Ohrhöhen - Index ist entsprechend kleiner: bei
H. variegatus 41,7, bei H. leuciscus 55,5, bei dem Orang-Utan 57,3, während ich
früher bei Hylobates (Lar) albimanus 64,0 erhielt. Indess fehlt es hier überall noch
zu sehr an sicheren Vergleichsobjekten, um diesen Zahlen einen absoluten Werth
beilegen zu können.
Ich will von den Ergebnissen der übrigen Untersuchung nur noch ein Paar
Punkte erwähnen. Was das Gehirn betrifft, so zeigt sich der grosse Unterschied
in der Organisation dieser Affen recht auffällig in der Verschiedenheit der Grösse
dieses wichtigsten Organes. Ich fand bei
C387)
Hylobates variegatus ein Gehirn you 04,0 ^rn«.
„ leuciscus „ „ „ 89,2 „
Satyrus Simia „ „ „ 350,5 „
• Nun kann freilich auch dieses Gewicht nicht als ganz zuverlässig betrachtet
werden, da durch die Injektion eine gewisse Menge specifisch schwererer Flüssig-
keit eingetrieben ist, indess wird diess bei der Vergleichung wenig in das Gewicht
fallen.
In Bezug auf das Einzelne der Gehirnbildung will ich nur hervorheben, dass
weder bei dem Orang-Utan, noch bei den Gibbons die Insel frei liegt. Die Fossa
Sylvii ist dicht geschlossen und lässt auch nicht einmal eine Andeutung der tiefer
gelegenen Theile erkennen. Im üebrigen ist es bekannt, wie einfach das Windungs-
system des Gibbon im Vergleich mit dem des Orang-Utan ist, bei dem sich eine
der menschlichen näher kommende Fntwickelung der Windungen zeigt.
Gerade umgekehrt verhält es sich mit der Einrichtung der Lungen: sie sind
ungemein einfach bei dem Orang-Utan, dagegen stark gelappt bei den Gibbons.
Diese besitzen beide, wie auch sonst constatirt ist (Lobulus azygos Broca), auf
der rechten Seite 4 vollständige Lappen, indem ausser den 3 beim Menschen vor-
kommenden noch ein, freilich kleiner, aber mit 2 seitlichen flügeiförmigen Ansätzen
ausgestatteter vierter vorhanden ist, der dicht über dem Zwerchfell, etwas nach
hinten und innen von dem eigentlichen .ünterlappen liegt. Die linke Lunge hat,
wie beim Menschen, 2 Lappen; bei dem Ungko ist noch eine kurze unvollständige
Spalte am vordem Rande des Oberlappeus vorhanden, welche wie ein Anfang einer
weiter gehenden Trenuung erscheint. — Bei dem Orang-Utan sind die Lungen so
einfach, wie sie beim Menschen nur in ganz ungewöhnlichen Ausnahmsfällen vor-
kommen. Nur an der rechten Lunge sieht man einen Ansatz zu einer Trennung,
welche manche Aehnlichkeit mit dem ersten Anfange der Bildung von Sulci am
Gehirn (nach dem von Hrn. Pansch gelieferten Nachweise) darbietet. Es zeigt
sich nämlich in der Richtung, in welcher beim Menschen und bei den Gibbons die
untere Grenze des Oberlappens verläuft, eine 4 cm lange Spalte des äusseren
Randes, welche an ihrem medialen Ende in eine 2,3 cm tiefe, trichterförmige Grube
übergeht; jedoch findet sich weiterhin, auch auf den Durchschnitt, keine Spur einer
Verlängerung oder Verwachsung. Nur am medialen Rande ist in derselben Richtung
eine schwache und kurze Incisur erkennbar. An der Basis sieht man eine von der
Wurzel beginnende, ziemlich tiefe Furche, welche jedoch schon vor der Mitte der
Basis ihr Ende erreicht. An der linken Lunge ist nur eine ganz schwache Andeu-
tung dieser Furche am innern Rande der Basis und eine ganz flache Furche am
vordem Rande aufzufinden, sonst keine Spur von Lappung. In dieser Beziehung
entfernt sich also der Orang-Utan weit mehr vom Menschen, als es die Gibbons thun.
Die Leber ist bei allen 3 Affen ganz, wie bei Menschen gebildet, höchstens
dass sie etwas mehr breit und weniger hoch erscheint. Die Milz zeigt auch keine
wesentliche Abweichung: beim Orang ist sie oben, bei den Gibbons in der Mitte am
breitesten, während sie nach unten bei allen 3 mehr spitz ausläuft; im Ganzen hat
sie eine dreieckige Gestalt. Am meisten weichen die Nieren von der menschlichen
Einrichtung ab, indem sie keine Trennung in Reneuli und daher auch keine Co-
lumuae Bertini besitzen. Beim Orang-Utan ist allerdings die Marksubstanz durch
die eingeschobenen Gefässe in mehrere Lappen getheilt, jedoch finden sich keine
getrennte Calices und nur eine einzige, sehr breite und platte Papille. Bei Hylo-
bates variegatus findet sich rechts ein ähnliches Verhältniss, indem die im Ganzen
einheitliche Marksubstanz in 6 verschiedene Abschnitte zerlegt ist, denen jedoch
25*
(388) .
nur ein Calyx entspricht; links ist sie so einfach, wie bei Hunden oder Kaninchen.
Bei H. leuciscus ist diess auf beiden Seiten der Fall.
In Bezug auf den Daraikaual will ich nur erwähnen, dass keiner der Affen
Valvulae conniventes im Jejuuum besitzt, dass dagegen alle einen wohl ausgebildeten
Wurmfortsatz haben. Derselbe ist beim Orang 13,5 cm lang, etwas gewunden und
ziemlich dick; bei H. variegatus misst er nur 3,5 cw und ist zugleich dick; bei
H. leuciscus hat er eine Länge von 5,8 cm und ist sehr stark gewunden. Bei dem
Orang-Utan und dem»H. variegatus fanden sich einige Trichocephali im Coecum.
Diese kurze Debersicht der wichtigsten splanchnologischen Ergebnisse lehrt,
dass die Anthropoiden der östlichen Gruppe unter sich sowohl Aehnlichkeiten, als
Verschiedenheiten darbieten, und dass bald der eine, bald der andere dem Menschen
näher steht. So kann man namentlich sagen, dass in Bezug auf das Gehirn
der Orang-Utan, in Bezug auf die Lungen die Gibbons eine mehr
anthropoide Entwicklung zeigen.
Freilich lässt sich das auch anders ausdrücken. Bischoff (Beiträge zur Ana-
tomie des Hylobates leuciscus. München, 1870, S. 73) sagt in Beziehung auf den
vierten rechteii Lungenlappen: „Da er beim Menschen, Gorilla, Orang und Chim-
panse fehlt, so nähert sich Hylobates darin, dass er sich bei ihm findet, mehr den
übrigen Affen, welche ihn ebenfalls besitzen." Indess eben so gut kann man sagen,
dass der Gibbon sich in Bezug auf die Gesammteintheilung der Lungen, wonach
die linke Lunge 2, die rechte (ausser dem kleinen Lobulus azygos) 3 Lappen be-
sitzt, dem Menschen nähert und sich vom Orang, dem diese Eintheilung fehlt, ent-
fernt. So sehr ist die Auffassung dieser „Verwandtschaftsverhältnisse" von dem
Standpunkte, den mau einnimmt, abhängig, —
(15) Hr. Vircliow spricht über die im letzten Monat von Hrn. Carl Hagen-
beck in Berlin ausgestellten
Nubier, namentlich den Dinka.
Da die Zeit vorgerückt ist, so werde ich mich in Bezug auf die Nubier kurz
fassen müssen. Es kommt ein besonderer Umstand dazu, der es vielleicht vortheil-
hafter macht, diese Angelegenheit später vorzunehmen; es ist eben, wie schon er-
wähnt, ein sehr unternehmender Mann, Mr. Rice, hier eingetroffen, mit einer ge-
mischten Karawane von Thieren und Menschen, denen bald eine grössere Zahl von
Nubiern, die andere Hälfte desjenigen Imports, von dem wir im October die erste
Hälfte gesehen haben, nachfolgen wird. Hr. Rice hat heute in Anwesenheit von
zahlreichen eingeladenen Mitgliedern der Gesellschaft seine zoologische Ausstellung
eröffnet und ausser vielen und sehr interessanten Thieren allerlei sehr merk-
würdige Leistungen der Zähmung vorgeführt.
Heute will ich nur von den Nubiern des Hrn. Hagenbeck, welche schon
wieder abgereist sind, sprechen. Unter denselben (im Ganzen 15) waren im Wesent-
lichen dieselben Stämme vertreten, die wir schon früher hier gesehen haben: Marea
(6, darunter 2 schon früher hier gewesen), Beni Amr (2), Halenga (3, darunter
2 schon früher gezeigt), Hadendoa (1) und Abadi (1, schon früher hier gewesen).
Die einzigen Ausnahmen bildeten ein Dinka-Neger und eine junge Frau vom Stamme
der Barea, welche Achmed Abadi seit seinem früheren Besuche geheirathet hat.
Ich habe meine Messungen bei Weitem nicht über alle diese Leute erstrecken
können, weil ich unglücklicher Weise erst am Tage vor ihrer Abreise in Berlin ein-
traf; ich habe mich darauf beschränken müssen, Augehörige derjenigen Stämme
auszuwählen, von denen wir früher nur wenige Leute gesehen hatten, um auf diese
Weise künftig ein grösseres Material für die Zusammenfassung zu haben.
(389)
Die Messungen haben im Grossen das craniologische Ergebniss bestätigt, welches
ich früher (Sitzung vom 19. Oct. 1878, Verh. S. 343 &., Zeitschr. für Ethnologie
Bd. X) niitgetheilt habe. Namentlich hat sich gezeigt, dass diejenigen Personen,
welche den Beul Amr und Hadendoa angehörten, inesocephale Formen hatten.
Der eine von mir gemessene Marea, Amer Woat Omar, schloss sich durch einen
nahe an der Grenze der Brachycephalie stehenden Index von 79,8 dem früher
von mir gemessenen Idris Radi an, welcher einen Iudex von 79,7 hatte (a. a. 0.
S. 343). Üagegen hatte der neue Halenga, wie ein Paar seiner früher vorgestellten
Staraniesgenossen, einen, schon in das dolichocep h ale Gebiet hineingreifenden
Index von 74,3 und der Dinka-Neger in sehr charakteristischer Weise einen solchen
von 71,7.
Auch in Bezug auf die äussere Erscheinung kann ich mich wohl auf das all-
gemeine Zeugniss berufen, welches dahin geht, dass durch die neuen Personen der
Eindruck bestätigt wird, dass die früheren eine typische Gesellschaft waren und
dass nicht etwa zufällig gerade Personen von diesem Aussehen sich zusammen-
gefunden hatten. Der Eindruck auf mich ist durchaus der gewesen, dass wir in
den Bedjah- und Chasia-Leuten gute Repräsentanten bestimmt unterschiedener
Stämme vor uns gehabt haben.
Indem ich mir vorbehalte, bei einer anderen Gelegenheit auf die sonstigen
Beobachtungen zurückzukommen, möchte ich heute nur einige Punkte kurz besprechen.
Zunäcbst einige neue Untersuchungen in Bezug auf die Frage des Farbensinns
der Nubier. Ich hatte früher schon (a. a 0. S. 351) eine Reihe von Erhebungen in
dieser Richtung gemacht, welche das Ergebniss geliefert hatten, dass es den Leuten
nicht an Farbensinn, sondern nur an Farbenbezeichnuugen fehlte, und dass, wenn
man ihnen die Gelegenheit gab, sich direct, praktisch über ihre Fähigkeit aus-
zuweisen, Farben zu erkennen und zu unterscheiden, sie durchaus befähigt waren,
das zu thun, während sie nicht in der Lage v?aren, auch nur für die Hauptfarben
bestimmte Bezeichnungen anzugeben. Ich lege hier wieder eine Liste der Angaben
vor, welche die einzelnen Personen, sei es in der Chasia- (Marea-) Sprache, sei es
im To'Bedauie gemacht haben. Es geht daraus hervor, dass im Wesentlichen die
früheren Angaben durchaus entsprechende waren; höchstens ist etwas in der Recht-
schreibung verändert. Ich habe mich dabei der Unterstützung des Hr. Mantey
zu erfreuen gehabt. Die von ihm aufgenommene Liste ist folgende:
(Siehe umstehende Tabelle.)
Das Resultat dieser Prüfung ist mit dem früheren ganz parallel:
1) Weder die Marea, noch die Bedjah-Leute haben ein Wort für blau. Sie
gebrauchen dafür dieselbe Bezeichnung, wie für schwarz oder dunkel
(deriff= Muuzinger's dölif),
2) Die Bezeichnungen für grau, gelb und grün sind so unsicher, dass die
Marea sogar das Wort ssotai aus dem To' Bedauie herübernehmen, welches
unsere früheren Bedjah-Leute gelegentlich auch für blau anwendeten. Am
wenigsten unbestimmt ist gelb.
3) Roth und weiss haben feste und sichere Bezeichnungen.
4) Schv^arz ist an sich sicher, nur dass, wie gesagt, dieselbe Bezeichnung
gelegentlich auch für blau oder braun gebraucht wird.
Die Angaben des Dinka-Kegers sind viel bestimmter, ähnlich, wie es früher
bei dem Takruri der Fall war (a. a. 0. S. 353). Eine Controle i^t natürlich unmög-
lich, da kein zweiter Neger da war und da überdiess die Angaben des Dinka auch
nicht in einem Punkte mit denen des Takruri stimmen. —
(390)
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Auf mein Ersuchen hatte Professor Schüler die Güte, zur Prüfung des Farben-
sinnes der Leute einen noch strengeren Weg der Untersuchung einzuschlagen, von
dem nur zu bedauern ist, dass die kurze Zeit es nicht gestattet hat, Repetitionen
vorzunehmen, um die erlangten Resultate noch weiter zu erhärten. Hr. Schöler
hat einen schriftlichen Bericht darüber erstattet, der in der Zeitschrift mitgetheilt
werden wird. Ich will daraus zunächst mittheilen, dass die Untersuchung mit dem
Förster'schen Perimeter gemacht wurde, um möglichst genau den Umfang des
Gesichtsfeldes für die einzelneu Farben festzustellen. Auf einer Reihe von Blättern
(391)
sind die Gesichtsfeldergrenzen für die verschiedenen Farben eingetragen. Das Ge-
sammtergebniss dieser Untersuchungen ist nun gewesen:
1) Ebenso wie bei uns Europäern ist grün die Farbe, welche im kleinsten Um-
kreise auf der Netzhaut empfunden wird. Darauf folgen, gleichfalls wie bei uns,
die Grenzen für roth, blau und weiss.
2) Die Farbenempfiudung für jede einzelne Farbe ist nach ihrer räumlichen
Ausdehnung auf der Netzhaut nicht schwächer entwickelt, wie bei uns; nach aussen
temporalwärts ist der Nubier eher noch mehr befähigt, wie wir, Farbeneindrücke
wahrzunehmen.
3) Es geben diese Untersuchungen keine Stütze dafür, dass die Farben-
empfindung sich erst im Laufe der Geschichte entwickelt habe. —
Sie wissen, dass Mr. Gladstone und Hr. Magnus angenommen haben, dass
noch zu Homer's Zeit die Griechen gewisse Farben sinnlich nicht haben unter-
scheiden können, und dass erst das Fortschreiten der Cuitur dazu geführt habe,
den Farbensinn, oder, wie Hr. Magnus will, das Farbenorgan, die Retina, zu ent-
wickeln. Diese Annahme muss Angesichts unserer Untersuchungen definitiv auf-
gegeben werden. Denn die Nubier verhalten sich sprachlich, wie die alten
Griechen, und doch fehlt es ihrer Retina nicht an der Fähigkeit, die genaueste
Unterscheidung der Farben vorzunehmen.
Es hat sich bei der Gelegenheit herausgestellt, dass einer der Leute, Libaal,
ein Mann vom Stamme der ßeni Amr, farbenblind war; dadurch ist wenigstens das
Vorkommen von Farbenblindheit auch bei solchen Naturkindern constatirt worden.
Ausserdem wurde eine speciellere Untersuchung des Auges bei dem Dinka
vorgenommen. Diese hat ergeben, dass trotz der dunklen Haut-Färbung irgend
welche stärkeie Anhäufung von Pigment im Augenhintergrunde nicht vorhanden war.
Wenn die jetzt angemeldeten Nubier länger hier bleiben sollten, so wird es
möglich sein, diese Fragen gründlicher zu erledigen und damit vielleicht die Methode
der optischen Untersuchung für die Anthropologie mehr brauchbar zu machen. In
dieser Beziehung hat schon Professor H. Cohn in Breslau einen interessanten
Anfang gemacht. Er benutzte die Anwesenheit von Nubiern in seiner Stadt, um
ihre Sehschärfe und ihren Farbensinn zu prüfen. Es ergab sich, dass die Nubier
eine doppelte Sehschärfe im Vergleich zu den Europäern haben. Nur ein Gelehr-
ter, Ali Billal, war darunter, der myopisch war, — für die bekannten Untersuchungen
des Hrn. Cohn über die Myopie der Schulkindei- ein werthvolles Specimen der
Beweisführung, indem selbst bei diesen doppelt scharfsichtigen Leuten die Beschäf-
tigung mit der Lektüre myopisch macht.
Diese Seite der Untersuchung kann daher als nahezu erledigt angesehen wer-
den: ein Schluss aus dem Fehlen von Worten für die Farben auf die
Qualität des Sinnes darf nicht gezogen werden. Die ganze Beweis-
führung aus Homer und den Alten schwebt in der Luft. —
Ich "will nun noch etwas mehr eingehend über den Dinka-Neger sprechen.
Wie bei der ersten Karawane es ein Takruri war, der sich aus der ganzen übrigen
Gruppe hervorhob, so bildete diessmal der Dinka nicht nur ethnologisch, sondern
auch persönlich eine Erscheinung, die aus dem Rahmen der übrigen Männer gänz-
lich heraustrat. Seine Grösse, sein Aussehen, seine Haltung, seine geistige Be-
fähigung lenkten sofort die Aufmerksamkeit auf ihn. Allerdings möchte ich glauben,
dass, soweit meine Nachrichten über die physischen Eigenschaften der Dinka gehen,
die ganz excessive Verlängerung aller Theile, welche dieser Mann darbot, aller-
dings mehr persönlicher Natur und nicht etwa als Stammeseigenthümlichkeit über-
haupt anzusehen ist. Darüber werden vielleicht andere Mitglieder etwas Genaueres
(392)
Fig. 1. Dinka-Neger, '/^ der nat. Grösse. Fig. 2,
Fig. 3. Libaiil, Beni Amr, V-J tler nat. Grösse. Fig. 4.
(393)
sagen können^). Trotzdem verdient der Mann auch als individuelle Erscheinung
eine besondere Erwähnung. Was ich über ihn erfahren konnte, ist Folgendes:
Murdjan, der Angabe nach 2>S Jahre alt, zeigt seine besomlere Kunstfertigkeit
als Seidenweber dem Publikum. Er ist in der Sklaverei geboren, in Chartum, wo
seine Eltern Sklaven waren; er versichert, dass beide Dinka gewesen seien, und
seine Genossen bezeugen, dass er von reinem Stamm sei. In seinem Körperbau
geht er weit über die Verhältnisse dieser Genossen hinaus, und zwar ist, was
sehr charakteristisch ist, seine Klafterläuge bei weitem mehr excedirend, als seine
Körperhöhe. Er hat eine Höhe von 1,877 m bei einer Klafterlänge von 2,077 m,
d. h. wenn die Arme mit den Fingern horizontal ausgestreckt werden, so beträgt
das Maass der Entfernung der Mittelfingerspitzen von einander 2 dm mehr, als die
Körperhöhe vom Scheitel bis zur Fusssohle. und doch hatte der sehr schlanke Halenga
Murad Woat Ilamed eine Körperhöhe von 1,751 m, also nur um 120 ?«m weniger.
Diese grosse Klafterlänge wies sofort auf die ungewöhnliche Länge der Ober-
extremitäten, an denen am meisten die Länge der Hand auffällig war. Freilich
entsprach derselben die Länge des Fusses. — Ich habe auf einem Blatte die Hände
und Füsse durch Nachzeichnung dargestellt (Fig. 1 — 2), und gebe zur Vergleichung
dieselben umrisse von Libaal, einem der Beul Amr (Fig. 3 — 4). Bei Murdjan war
zugleich sehr ungewöhnlich, dass an der langen und hageren Hand die einzelnen
Theile immer länger wurden, je weiter man nach aussen kam: die letzten Finger-
glieder waren verhältnissmässig am längsten und der Daumen endete beinahe
spitzig, wie ein chinesischer Nagel. Seine Nägel, deren Farbe nach der Pariser
Farbentafel ungefähr der Nr. 25 entsprach, waren ganz lang und schmal. Die
Fingergelenke dick und vortretend. Zwischen den verlängerten Fingern besass er
eine Art von Schwimmhäuten, ganz besonders stark zwischen dem II. und III.,
sowie dem III. und IV". Finger, weniger stark zwischen dem IV. und V. Die
Schwimmhaut ging soweit herauf, dass sie fast bis zur Mitte des ersten Gliedes reichte.
Die Arme waren so lang, dass die Mittelfinger bis nahe über das Knie heran-
reichten. Die Länge des Arms von der Schulter bis zur Spitze des Mittelfingers
betrug 910, also wenig unter der Hälfte der Ivörperhöhe (938). Davon fielen auf
den Oberarm 357, den Vorderarm 344, die Hand 209 mm. Die Breite der Hand
betrug nur 90 mm. Noch mehr auffällige Verhältnisse ergaben sieh für die üuter-
extremitäten. Die Höhe des Trochauter über dem Boden betrug 1062, also mehr
als die Hälfte der Klafterlänge. Davon entfielen auf den Oberschenkel 455, auf den
Unterschenkel 542 mm, also ein sehr ungünstiges Verhältniss. Der Fuss hatte eine
Länge von 298 mm bei einer Breite von 104. An dem ganz mageren Fusse trat
die II. Zehe am weitesten vor, obwohl alle übrigen gleichfalls sehr lang waren;
übrigens zeigte sich auch an ihnen etwas von Schwimmhäuten. Der vordere Theil
des Fusses war schmal; obwohl er sich in Europa Stiefel gekauft hatte, so war
doch offenbar diese Schmalheit natürlich.
Das Verhältniss in der Länge des Armes zum Bein betrug 85,6 : 100.
Bei der Vergleichung der Hände unseres Dinka mit denen seiner Genossen
fiel mir eine Erscheinung auf, die bei einer gewissen Zahl der letzteren vorkam,
ohne dass es mir gelungen ist, ein Motiv dafür zu entdecken. Mehrere von ihnen
haben eigenthümlich gekrümmte Finger, welche in einer Curve nach aussen gehen,
und zwar am häufigsten der Mittelfinger, nächstdem der Zeige- und zuweilen der
Ringfinger. Die Krümmung beginnt in der Gegend des Gelenkes zwischen I. und
II. Phalanx, setzt sich aber auch auf das folgende Gelenk fort. Die Zeichnung der
1) Vgl. die Messungen des Hrn. Ascherson (Sitzung vom 19. Febr. 1S76, Verh. S. 71,
Zeitschr. für Ethnul. Bei. VIII.).
(394)
Hand von Libaal (Fig. 3) wird die Krümmung leicht erkennen lassen. Aller Wahr-
scheinlichkeit nach hängt sie mit der Beschäftigung zusammen, indess war ich nicht
im Stande, den Grund zu ermitteln.
In Bezug auf die übrigen Erscheinungen an dem Körper des Dinka möchte
ich hervorheben, dass ich, wie früher bei dem Takruri, den vollen Eindruck gehabt
habe, hier ein ethnisches Material vor mir auftauchen zu sehen, das in irgend eine
nähere Beziehung zu der übrigen Gruppe nicht zu bringen war. Wie man den
Dinka auch betrachtete, er erschien unter den „Nubiern" als ein Fremdling.
Was die Pigmentbildung anbetrifft, so habe ich sie im Einzelnen studirt,
und namentlich nach der Pariser Farbentafel die einzelnen Nummern festgestellt.
Die Pigmentirung war bei dem Dinka excessiv stark, nicht blos an der äusseren
Haut, sondern sie erstreckte sich über alle zunächst an die Haut anstossenden
Schleimhaut-Stellen.
Wir fanden an dem tiefliegenden und schon desshalb, noch mehr wegen der
engen Lidspalte etwas klein erscheinenden, übrigens glänzenden Auge die Iris ganz
dunkel (in der Farbentafel dunkler, als Nr. 1), die Sclerotica braun gefleckt, den
Rand der Cornea hellbraun, die Conjunctiva schmutzig und oben am Rande der
Hornhaut eine Wolkenbildung von braunem Pigment, eine Art von braunen Cirri.
Er hatte ferner eine vollständig pigraentirte Lippen-Schleimhaut. Sie war auf der
inneren Seite der Unterlippe bläulich schwarz, nicht blos durch venöses Blut, son-
dern durch Pigment, welches sich auf die Zunge und den Gaumen fortsetzte, so
dass die Zunge braun punktirt war und der Gaumen tief bläulich roth aussah. Die
Schleimhaut der Oberlippe war ganz schwärzlich.
Die Haut selbst unterschied sich in dem Farbenton ganz auffallend von der
Haut der anderen Leute. Ich habe früher schon (a. a. 0. S. 349) darauf aufmerk-
sam gemacht und mich jetzt wieder davon überzeugt, dass die Hautfarbe der Afri-
kaner keineswegs gleichmässig und einfach ist. Die Farbe ist nicht so, als wenn sie
damit angestrichen wären, sondern immer fleckig, und zwar setzt sie sich zusammen
aus einem Grundton, der gleichsam unterliegt, und einer darauf aufgesetzten fleckigen
dunkleren Farbe. Der Untergrund ist bei den Nubiern lichter, mehr gelblich oder
röthlich; darauf sitzen kleine dunklere, braune oder braungraue Flecke, die in
dem Maasse, als sie dichter werden, die gesättigten Farben geben. Durch Ver-
gleichung mit den Farbentafeln habe ich constatiren können, dass jedesmal die be-
sondere Farbe des einzelnen Individuums durch den Grundton in der Art nuancirt
wird, dass die Nuance bald mehr gelblich, bald mehr röthlich erscheint; dieser
Grundton wird durch das aufgesetzte fleckige Braun, welches aus einiger Entfernung
gesehen gleichmässig erscheint, nicht ganz verdeckt, sondern erzeugt die etwas
verschiedene Tinte, welche das Individuum oder den Stamm charakterisirt. Bei
dem Dinka waren die Flecke so dicht und dunkel und das Ganze so sehr be-
herrscht durch die Oberfarbe, dass der bei ihm braune oder eigentlich braun-
schwarze Grundtou nicht mehr zu Tage kam. Auf der Farbentafel fiel seine Farbe
im Gesicht zwischen 34 und 41, an dem viel dunkleren Halse und an dem Hand-
rücken zwischen 41 und 48.
Sowohl das Haupthaar, als die Augenbrauen waren nicht stark entwickelt; das
erstere (Farbe = 48 der Tafel) war kurz und kraus, und bildete ganz kleine, etwas
steife Wolilöckchen. Gegen die Stirn machte es eine stark vorspringende Schnebbe.
Dazu kam die eminent negerartige Erscheinung der Büste und des Kopfes.
Ueber breiten Schultern (Schulterbreite 374 m?«) ein kurzer Hals (38 7n7n). Der
Kopf sehr lang und schmal, die Stirn voll, jedoch in der Mitte vertieft und nach
oben verschmälert. Die Nase breit, tiefliegend und etwas platt. Die Backen-
(395)
knochen stark vortretend. Die Lippen stark aufgeworfen, obwohl die Oberlippe
kurz war.
Ich will hier nicht auf eine weitere Vergleichung eingehen; das Gesagte wird
genügen, um den Gegensatz gegen die „Nubier" zu zeigen. Ich möchte nur noch
ein Paar Worte über die junge Gattin Achmed's hinzufügen, nicht bloss weil sie
zu dem hier noch nicht vorgeführten Stamme der Barea gehört, sondern haupt-
sächlich desshalb, weil sie in hohem Maasse an altägyptische Darstellungen
erinnert. Leider hinderten mich äussere Gründe, sie zu messen. Amine, der An-
gabe nach 16 Jahre alt, war trotz ihrer etwas dicken und aufgeworfenen, blau-
schwarzen Lippen und der starken Tättowirung auf Wangen und Armen eine
durchaus angenehme Erscheinung, deren Bild in den vorhandenen Photographien
leider in der ungünstigsten Weise wiedergegeben ist. Ihre grossen, glänzenden,
träumerisch aussehenden Augen mit den etwas schweren Augenlidern, die fast
kindlich gewölbte Stirn, die niedrige, aber üppige Figur, passten wenig in die
Gesellschaft der lebhaften, energischen, kräftigen und eher mageren Männer. Der
Farbenton ihres gerundeten, vollen Gesichts war mehr gelblich (zwischen 30 und
44 der Tafel), dagegen der der Hand mehr röthJich (28 der Tafel), Die Iris
dunkel (20). Das Haar schwarz, kurz, sehr fein und auf das dichteste gekräuselt.
Wir können daher nur von Neuem Hrn. Hageubeck unseren Dank aus-
sprechen für die schöne Gelegenheit zu Studien an Lebenden, welche er uns ge-
boten hat. Die anthropologische Wissenschaft kann nicht ausschliesslich von
Reisenden betrieben werden, und thatsächlich hat sie von diesen sehr massige Be-
reicherungen erfahren. Eine wirkliche Untersuchung, auch wenn sie nur an kleinem
Material ausgeführt wird, hat für die Dauer ungleich mehr Werth, als die auf
blosse Eindrücke und oft genug auf höchst zweifelhafte Erinnerungen gestützten
Beschreibungen, deren widerspruchsvollen Charakter wir zur Genüge kennen gelernt
haben. —
Hr. Hart mann: Ich möchte eindringlich davor warnen, in dem H agenbeck-
schen Denka-Manne (ich gebrauche hier die von mir bei den Leuten dieser Nation
gehörte Aussprache) einen typischen Vertreter seines Volkes sehen zu wollen.
Merdjän (— ein in Nordostafrika sehr gewöhnlicher Sklavenname — ) hat mir selbst
erzählt, seine Eltern seien Abuyo gewesen und er sei von ihnen in der Sklaverei
zu Chartum gezeugt worden. Er versteht nichts mehr von der Sprache seiner
Eltern. Die Abuyo gehören zu den echten Denka und bewohnen das Ostufer des
Bachr-el-Djebel etwa zwischen 10 und 9° nördl. Br. Neben ihnen wohnen die nahe
verwandten Stämme der Ager oder Adjer und Abjalan (an dem Ende des Wortes
französisch auszusprechen). Abjalan und Ager kommen häufiger, Abuyo seltener
zum Djebel-Gule. Hier und sonst in Nordostafrika habe ich Tausende von Denka
aus allen möglichen Stämmen bis zu den Kitch und Eliab oder Aliab hinauf, theils
im freien Zustande, theils als Sklaven oder als Freigelassene beobachtet, dieselben
auch in anthropologischer Hinsicht untersucht. Bestand doch ein grosser Theil der
4000 Mann starken, zu Kassr-el-Ali, Kassr-el-Nil, in Bulaq lagernden nigriti-
schen Truppen des damaligen Vicekönigs Said-Bascha aus Denka! Diese wurden
aber durch Vermittelung meiner heimgegangenen Freunde Bilharz und Rein-
thaler, sowie des damals noch mächtigen Achmed- Bascha-Menekle und des
Dr. Cugini-Bey für meine Specialstudien ganz besonders zugänglich. In ihrer
Heimath am oberen Nil zeigten sich die Denka fast ohne Ausnahme als sehr grosse
hagere Gestalten von übrigens wohl proportionirten Formen, an denen die von uns
mit Recht so gerühmte trapezoidische (ich möchte nicht sagen dreieckige)
(396)
Grundgestalt des Thorax mit den breiten Schultern und der schmäleren Taille
keineswegs zu den Seltenheiten gehörte. Ich könnte mich in dieser Hin-
sicht auf James 'sehe Photographien und auf die so ungemein naturgetreuen
Originalzeichnungen W. v. Harnier's berufen, die Beruatz freilich in einer von
mir längst gerügten Weise durch unmotivirte Muskelverdickung und durch un-
natürliche Missverhäluisse im Gesicht mehrfach verunglimpft hat (Reise am oberen
Nil, z. B. Taf. V, XIV.). Ich habe aus letzterem Grunde vorgezogen, einige mir
von der Familie des verstorbenen Reisenden gütigst geliehene Originalzeichnungen
für die Vervielfältigung vorzubereiten. Hiervon sind in meinen „Nigritiern" ßd. I
Taf. XXIV und XXX Schilluk und Nuwer wiedergegeben worden. Diese Litho-
graphien machen einen durchaus anderen Eindruck als die von Bernatz
gezeichneten, in künstlerisch-ästhetischer Hinsicht allerdings weit hervor-
ragenderen Abbildungen zu Harnier's Reisewerk. Ich denke jedoch, dass ein
Kenner der afrikanischen Ethnologie nicht zu Ungunsten der in den „Nigritiern"
gegebenen ümzeichnungen, d. h. einfach einer der Natur mehr entsprechenden Be-
nutzung der herrlichen Ha rnier' scheu Originalskizzen, entscheiden werde.
An jenen vorhin erwähnten, Schilluk und Nuwer verwandtschaftlich sehr
nahe stehenden Denka fiel mir in deren Heimath die crasse Magerkeit, die Be-
gleiterin des kargen, ruhelosen Daseins dieser vielgehetzten Naturmenschen, auf.
Die langen, eckigen, schwarzen Figuren machten auf mich einen spinnenartige n
Eindruck. Letzterer wurde noch erhöht, sobald die Leute, Reihervögeln ähnlich,
auf einem Beine, das andere im Knie gebogen gegen das stehende gestemmt, ruhig
verharrten. (Vergl. „Bari" in Nigritier Taf. XILX nach Photographien von James
und Harnier'schen Originalzeichnungen.) Ich fühlte mich aber bereits früher
veranlasst, mich gegen eine Idee des Prof. Ecker, die Denka zeichneten sich
durch abnorme Länge der Beine aus, zu erklären (Medicinisch-uaturgeschicht-
liche Skizze der Nilländer, S. 293. Anm.). Meine in Afrika selbst mit zwar ein-
fachen, aber trotzdem sehr guten Instrumenten aus eigenster Initiative voll-
zogenen Messungen an Lebenden ergaben nichts, was jene Idee rechtfertigen könnte.
Der zweite Band der „Nigritier" wird darüber weitere Auskunft verschaffen. Auffallend
war mir, dass viele Denka, namentlich freilich der nördlicheren Stämme, eine keines-
falls negerhafte oder, wie ich lieber sage, nigritische Physiognomie darboten.
Eine ziemlich hohe, wenig zurückweichende Stirn, eine schmale, anmuthig gebogene
Nase, sowie massig dicke Lippen waren unter allen den Stämmen hier und da
wahrnehmbar. Gegen das Vorkommen solcher Gesichtszüge dürfte nun kaum ein
ehrlich gesonnener Reisender zu sprechen wagen. Man vergleiche nur die moderne,
über die Denka handelnde Reiseliteratur (z. B. in Harnier's so anspruchslos ge-
schriebenem, aber trotzdem so vorzüglichem Reisewerk). — Ich habe unter den
Denka Leute mit Gesichtszügen gesehen, welche mich sehr lebhaft an alt- und neu-
aegyptische (mir den Retu-Typus charakterisirende), ferner an die Züge von Funje
und Bedja erinnerten. Nicht wenige Denka hatten auch lange dünne Hälse.
Schweinfurth hat diesem Charakter in einigen seiner Originalzeichnungen
Ausdruck verliehen, noch öfter hat dies Harnier gethan. Hoher, dicker Nacken
ist durchaus nicht etwa eine specifische Eigenthümlichkeit des echten Nigritiers.
Sehr grosse, sehr hagere Figuren mit einer der nigritischen sich nähernden Physio-
gnomie, manchmal noch nigritischer als diejenige von Denka, findet man auch unter den
Bedja, besonders unter den mächtigen Abu-Rof. Man möge mir hier nicht von durch-
schlagender Mischung mit Negerblut reden. Bedja, u. A. Abu-Rof von derartiger
Erscheinung zeigten die helle Färbung, das schlichtere Haar und sonstige physische
Eigenthümlichkeiten, welche ich meinem Bedjatypus vindiciren möchte. Ich muss
hier auf meine specielleren Arbeiten über Nigritier und Bedja verweisen.
(397)
Ich möchte aber noch einige Worte über die Denka- Weiber sagen. Ich fand eine An-
zahl Mädchen, welche, abgesehen von ihrer Magerkeit, ausserordentlich edle Formen
zeigten. Dazu gehörte u. A. Djezirah, die ca. 16jährige Sklavin des Hasan-Aga
zu Chartuni, deren körnerliche Anmuth selbst von den Strassenbuben unter Be-
gleitung der Zummarah und r)aral)ukkeh besungen wurde. Ihrem reichen, eifer-
süchtigen Herrn, einem smyrniotischen Israeliten, war Djezirah um keinen Preis
feil. Sie war zur Zeit, als ich sie sah, erst seit Kurzem bei einer Ghaswah
Barthel e m y'-> geraubt worden und noch sehr gracil, soll sich aber später, bei an-
haltender Pflege, zu üppigerem Gedeihen entwickelt haben. Ueberhaupt ist der
E)influss guter körperlicher Pflege auch in diesem Theile Afrika's auf die Ein-
geborenen überall sehr wahrnehmbar. Die schwarzen Garden Said-Bascha's, unter
ihnen auch die Denka, entwickelten sich bei schwerer Mast und der vom Exer-
cierreglemeiit vermittelten Bewegung zu mächtigen Leuten und ich habe unter
ihnen Figuren erstehen sehen, welche an die bekannten Darstellungen des Owambo-
Königs, des ü'raselekatsi, des ü'dingaan, ü'mpanda und anderer Bantu-Grössen
durch Galton, Harris, Gardiner etc. erinnerten.
Der Hr. Vorsitzende hat Merdjäu's zugespitzter Finger und der schwimmhaut-
ähnlichen Bildungen an seinen Fingerbasen erwähnt. Das ist in der That bei
so manchen Nigritiern verschiedenen Stammes und auch bei Repräsentanten anderer
Völker wahrnehmbar, überhaupt ein so interessanter Gegenstand, dass ich meine
Erfahrungen darüber gelegentlich an dieser Stelle wohl mittheilen möchte.
Endlich will ich noch bemerken, dass eine dunkle Hautfarbe mit röthlich-
braunem Untergrund, wie wir sie bei vielen Bedja bemerken, auch unter nicht
wenigen Innerafrikanern, wie z. B. Bongo und Niara-Niam, vorkommt, deren
nigritische Abstammung mir denn doch unanfechtbar zu sein scheint Eine
solche Färbung soll ferner unter echten Betchuana und selbst Westafrikanern
sehr verbreitet sein.
(16) Eingegangene Schriften:
1) Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van Künsten en Weten-
schappen. Bd. 30, 36, 38, 40.
2) Notulen van de Algemeene en Bestuurs-Vergaderingen van het Bataviaasch
Genootschap van Künsten en Wetenschappen. Bd. 16, 17.
3) Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Deel 4 — 23.
4) Mac Lean, The Mound Builders. Cincinuati 1879. Geschenk des deutschen
Consuls, Hrn. von Mo hl.
5) E. Friedel, Eintheilungsplan des Märkischen Provinzial-Museums. Berlin 1^79.
Geschenk des Verfassers.
6) W. Schwartz, Wolken und Wind, Blitz und Donner. Berlin 1879. Geschenk
des Verfassers.
7) G. Cora, Cosmos. Vol. V., Fase. VII.
8) Cartailhac, Materiaux pour Thistoire primitive et naturelle de Thomme. Ser. H.,
tome X., Livr. 4e
9) A. Ecker, Der Steisshaarvi^irbel, die Steissbeinglaze und das Steissbeingrüb-
chen etc. Geschenk des Verfassers.
10) William Sneddon, Numerical anomalies of the breasts. Geschenk des
Hrn. Bartels.
Sitzung am 20. December 1879.
Vorsitzender Hr. Virchow.
(1) Der Vorsitzende erstattet den
Geschäfts- und Verwaltungsbericht für das Jahr 1879.
Die Mitgliederzahl unserer Gesellschaft hat im Laufe des vergangenen
Jahres einen erfreulichen Anwachs gezeigt. Wir waren im Laufe des Jahres bis
auf 405 Mitglieder gestiegen; davon sind durch Tod 5, durch Austritt, Versetzung
aus Berlin u. s. w. 24 Mitglieder ausgeschieden, so dass wir am Schluss des Jahres
einen effectiven Bestand von 376 Mitgliedern haben. Es sind das 40 mehr, wie
am Schlüsse des vorigen Jahres.
Wie ich damals auseinander setzte, ist die Frage der Mitgliederzahl für uns
keine gleichgültige; es handelt sich für uns nicht blos darum, dass wir arbeitende
Mitglieder haben, sondern auch darum, dass wir zahlende Mitglieder haben. Sie
werden gleich nachher sehen, dass unsere Ausgaben im Wachsen begriffen sind,
und dass wir Alles daran zu setzen haben, durch eigene Kräfte ohne zu grosse
Anstrengung der Einzelnen dasjenige aufzubringen, was für die würdige Fort-
setzung unseres Werkes nothwendig ist. Wir haben bis jetzt unsere Mittel wesent-
lich materiellen Dingen zugewendet. Es sind überwiegend unsere Publikationen
und die damit verbundenen Tafeln, welche unsere Mittel aufzehren. Damit ge-
winnen wir aber auch das Material, welches uns gestattet, mit unseren correspon-
direnden Mitgliedern in regelmässiger Verbindung zu bleiben, und welches uns in
den Stand gesetzt hat, reichere Publikationen zu geben, als sie im Augenblick
vielleicht irgend eine andere ähnliche Gesellschaft bietet. Diese Publikationen sind
auch der Grund, der uns in eine grosse Zahl der fruchtbarsten Verbindungen ge-
bracht hat mit Männern, welche unserer Gesellschaft selbst nicht angehören. Ich
nenue unter den Beitragenden dieses Jahres namentlich die HHrn. Nehring
(Wolfenbüttel), Anger (Elbing), Feld manow ski (Posen), Römer (Breslau),
Sadebeck (Kiel), Bracht (Karlsruhe), F. Keller (Zürich), L. Schneider (Jicin),
Pudil (Bilin), Zeballos und Lamas (Buenos Aires), Baer und Munoz (Manila).
Nach solchen Erfahrungen kann ich auch bei dieser Gelegenheit unsere Mitglieder
nur von Neuem auffordern, sich auch künftig dem Geschäft des Werbens, sei es
auch nur zahlender Mitglieder, eifrig zu unterziehen, um die Geseilschaft weiter
anwachsen zu lassen.
Was die correspondirenden Mitglieder anbetrifft, so beträgt deren Zahl im
Augenblick 85, 5 mehr, als wir im vorigen Jahre gehabt haben. Im Allgemeinen
haben wir das Glück gehabt, dass unsere correspondirenden Mitglieder, obwohl
(399)
unter ihnen eine nicht geringe Anzahl sehr alter Männer befindlich ist, uns fast
sämmtlich erhalten sind. Wir haben im Laufe des Jahres nur 2 Todesfälle zu be-
klagen, über die ich in der vorletzten Sitzung gesprochen habe. Kurz hinter ein-
ander sind uns der Graf Siever.s in Livland und der Dr. Sachs in Cairo ent-
rissen, zwei Männer, die uns während ihres Lebens vielfach Dienste geleistet haben,
und von denen naniontlich der erstere eine so hervorragende Position eingenommen
hat, dass sein Verlust in der Tiiat ein ungemein herber ist. Ich werde nachher
noch Gelegenheit haben, Ihnen einen Nekrolog desselben vorzulegen.
Im Uebrigen kann ich nur sagen, dass wir den correspondirenden Mitgliedern
im höchsten Maasse dankbar sein müssen für die grosse Theilnahme und Regsam-
keit, die sie uns gegenüber entwickeln. Wir haben unter ihnen eine nicht unbe-
trächtliche, vielleicht eine grössere Zahl, als die meisten verwandten Gesellschaften,
die sich als fortwährend thätige Elemente erweisen, indem sie uns immer wieder
mit neuen Nachrichten und Zusendungen erfreuen. Zu unserer besonderen Freude
haben wir in Bezug auf diese Mitglieder im Lauf der letzten Zeit endlich auch
die lange bestehende Kluft überschritten, welche uns von unseren westlichen Nach-
baren schied; wir haben unter unseren französischen Coilegen Mitglieder gewonnen
und wir können mit Befriedigung auf die guten Beziehungen blicken, welche mit
der so hoch verdienten Pariser anthropologischen Gesellschaft angebahnt sind.
Es fst bei dieser Gelegenheit eine Frage im Schosse des Ausschusses zur
Erörterung gekommen, über die wir bis jetzt noch nicht bestimmte Vorschläge
machen können. Wir befinden uns nehmlich in einer etwas ungewöhnlichen
Position zu unseren Coilegen in Oesterreich. Bei der Gründung im Jahre 1869
und namentlich bei der definitiven Constituiruug im Jahre 187Ü hielt man noch
daran fest, die Deutsche anthropologische Gesellschaft in so grossem Rahmen zu
halten, als die deutsche Sprache es zulässt. Es war damals in Aussicht genommen,
die Gesellschaft auch über Deutsch-Oesterreich auszubreiten. So sind die Statuten
der deutschen Gesellschaft gefasst. xMan hat lange gehofft, es würde möglich sein,
eine wirkliche Union aufrecht zu erhalten und die österreichischen Vereine in ähn-
licher Weise, wie es mit uns selbst der Fall ist, als Zweigvereine des grossen deut-
schen Gesammtvereins zu erhalten. Diese Hoffnung hat sich allerdings nicht erfüllt,
im Gegentheil, es hat Jahre gedauert, ehe wir überhaupt nur in eine Beziehung zu
den Vereinen in Oesterreich kommen konnten, und erst in der allerletzten Zeit ist
das Verhältniss ein durchaus erfreuliches geworden. Nun haben wir aber immer
noch die Fiction festgehalten, welche durch die Statuten der deutschen Gesellschaft
gegeben ist. Da wir nur einen Zweigverein dieser Gesellschaft darstellen, so sind
wir von vorneherein der Meinung gewesen, dass wir keine correspondirenden Mit-
glieder innerhalb des Gebietes, welches die deutsche Gesellschaft für sich in An-
spruch nimmt, ernennen können. Das hat natürlich für Oesterreich so gut, wie für
das deutsche Reich selbst, gegolten und hat uns bis jetzt davon abgehalten, hoch-
verdiente Männer, die wir sonst uns eine Ehre machen würden, unter den unsrigen
zu nennen, Ihnen als Correspondenten vorzuschlagen. Indess haben wir darüber
berathen und es wird ein Gegenstand weiterer Erwägungen sein, ob für die Dauer
diese Fiction aufrecht zu halten ist, oder ob wir nicht, um ein regeres Verkehrs-
verhältniss einzuleiten, uns der politischen Nothwendigkeit fügen, und die Grenze
anerkennen, welche das Schwert gezogen hat.
Unter unseren correspondirenden Mitgliedern haben diejenigen, welche schon
in früherer Zeit sich als die besonders eifrigen erwiesen haben, auch im Laufe
dieses Jahres fortgefahren, uns durch Zeichen ihrer Theiluuhme zu erfreuen. Ich
erwähne namentlich die Hllru. Lepkowski, von Lenhossek, von Siebold,
(400)
Schomburgk, Calvert und von Miclucho-Maclay, der jetzt tief in Melanesien
steckt, sowie die Herren in Südamerika, welche uns in der allermannichfaltigsten
Weise mit Zusendungen erfreut haben. Ihnen schliessen sich unter unseren ordent-
lichen auswärtigen Mitgliedern vor Allen Hr. v. Brandt, der deutsche Gesandte
in Peking, sowie die HHrn. W. Schwartz, 0 eisner, Reil, Mantey an.
Mit besonderem Vergnügen kann ich erwähnen, dass eines unserer geschätzte-
sten correspondirenden Mitglieder, Hr. Burmeister in Buenos Ayres, am gestrigen
Tage sein 50j ähriges Doctor- Jubiläum gefeiert hiit. Wir haben zu spät davon
Kenntniss erhalten, um ihm noch unsere Grüsse senden zu können; ich darf aber
im Namen der Gesellschaft sagen, dass wir ihm und uns von Herzen Glück
wünschen zu einer so seltenen Feier.
Was unsere 4 Ehrenmitglieder anlangt, so haben wir leider zu beklagen,
dass eines derselben, Hr. Caesar Godeffroy, in der letzten Zeit durch einen sehr
harten Schlag getroffen worden ist. Unsere Verhältnisse zu ihm können nicht ge-
ändert werden durch diese materiellen Umstände. Das Verdienst, welches Hr.
Godeffroy sich erworben hat um die Sammlung des auswärtigen Materials in
Deutschland, um die Zuführung von immer neuem ethnologischem Stoff, wie er in
dem berühmten Museum Godeffroy und in den in ihrer Art einzigen Annalen
desselben seinen sichtbaren Ausdruck gefunden hat, — dieses Verdienst bleibt
unberührt durch die Katastrophe, welche sein Haus erfahren hat. Möge es ihm
gelingen, aus diesem Zustande sich wieder emporzuarbeiten! Wir sind nicht in der
Lage, irgend etwas anderes als die Klage über ein solches Geschick auszusprechen.
In Bezug auf unsere inneren Verhältnisse will ich kurz hervorheben, dass
wir in diesem Jahre unsere gewöhnlichen Sitzungen nicht blos mit reichem
Material ausgefüllt, sondern auch zwei ausserordentliche Sitzungen, eine im Januar
und eine im Juli eingeschoben haben. Sowohl das Gewerbe-Museum, als auch die
Bergakademie haben uns ihre Sitzungsräume in liberalster Weise offen gehalten,
und ich sage ihnen hierdurch den freundlichsten Dank der Gesellschaft.
Wir haben in gewohnter Art zwei Excursionen veranstaltet, die den Theil-
nehmern in besonders freundlicher Erinnerung sind, eine nach Rüdersdorf, eine
andere nach Neubrandenburg, Wir haben so von den beiden Hauptseiten unserer
Beschäftigung auch diejenige, welche bis dahin wenig zur Erscheinung gekommen
war, die mit der Urgeschichte, zur Geltung gebracht.
Ganz besonders fruchtbar war dieses Jahr an den seit Kurzem eingeführten
und nicht genug zu pflegenden anthropologischen Ausstellungen lebender
Menschen. Hr. Carl Hagenbeck, dem das grosse Verdienst der Initiative in
diesen Ausstellungen gebührt, hat uns Lappen, Patagonier und Nubier zugeführt;
er hatte auch schon die Einleitung getroffen, uns Samojeden mit Renthiereu kommen
zu lassen, als der Ausbruch der Pest in Russland jede Communikation der Art
unmöglich machte. Sein Schwager, Mr. Rice folgte seinem Beispiele und brachte
ausser einer neuen Schaar von Nubiern auch eine reichhaltige Menagerie. Leider
hatte er am Abende desselben Tages, wo er im Beisein vieler unserer Mitglieder
seine Ausstellung eröffnete, das Unglück, von einem seiner Tiger gebissen zu wer-
den und wenige Tage darauf einer schweren Phlegmone des linken Armes zu
erliegen. Manche andere Unternehmer haben dem Vorgange des Hrn. Hagenbeck
nachgeeifert, jedocb mit sehr zweifelhaftem Erfolge und noch mehr zweifelhaftem
Material. Ich erinnere nur an die auch uns nicht ersparte Vorstellung sogenannter
Zulu's, welche nach den bei uns laut gewordenen Bedenken sehr bald das Feld
geräumt haben.
Was unsere Publicationen angeht, so sind sie den Mitgliedern zugegangen
(401)
bis zum fünften Heft, welches die Sitzungen bis Anfang Juli urafasst. Mit dem
letzten Hefte bleiben wir immer etwas im Rückstande, weil es sehr schwierig ist,
all' das verschiedene Material zu rechter Zeit zusammen zu bringen.
Inzwischen hat sich in Beziehung auf die Leitung der Publikationen eine nicht
unerhebliche Veränderung zugetragen, indem unser Verhältniss zur Verlagshandlung
und zur Zeitschrift für Ethnologie, wie es durch die Statuten vorgesehen ist, auf
ganz neue Grundlagen gestellt werden musste. Der Verleger hat sich 'uns gegen-
über darüber beschwert, dass in dem Maasse, als die Gesellschaft wachse, die Zahl
seiner Privatabouneuteu abnehme; er beschuldigt uns, dass wir ihm die Abonnenten
entziehen, indem sie bei uns billiger in den Besitz der Publikationen gelangen, als
wenn sie in gewöhnlicher Art abonniren. Er hat daher von seinem Kündigungs-
recht in der Weise Gebrauch gemacht, dass er sich bereit erklärt hat, den Verlag
tortzuführeu, falls die Zeitschrift, einschliesslich unserer Verhandlungen, auf ein dem
früheren entsprechendes Maass zurückgeführt werde, falls ferner grössere Ver-
pflichtungen von der Gesellschaft übernommen werden in Bezug auf die Herstellung
derTafeln, der Separatabdrücke u. s. w., und vor allen Dingen, falls die Gesellschaft
als solche die Gesammtredaktion übernehme. Bis jetzt bestand eine getrennte Re-
daktion in der Weise, dass die Herren Bastian und Hartmann, welche ursprünglich
die Zeitschrift gegründet hatten, die Redaktion der Zeitschrift als solche fortführten,
dass dagegen der Vertreter der Gesellschaft nur die Verhandlungen redigirte. In Zu-
kunft solle die Gesellschaft auch die Zeitschrift mitredigiren. Da der Herr Verleger
gleichzeitig den alten Redakteuren gekündigt hatte, so ist unter Zustimmung des
Hrn. Hart mann, als des einzigen anwesenden Redakteurs, ein neues Verhältniss
vereinbart worden. Wir werden darnach vom nächsten Jahre ab die Gesammt-
publikation durch eine Redaktionscouamission der Gesellschaft herstellen. Wir
werden uns ferner verpflichten, die beiden Publikationen auf ein Maass, welches
sich einigermaassen dem früheren nähert, zurückzuführen. In der That haben wir
anerkennen müssen, dass es unbillig war, die alten Bedingungen aufrecht zu er-
halten, nachdem faktisch die Publikationen doppelt so stark geworden waren, wie
ursprünglich. Während sie zusammen ursprünglich nur 20 Bogen betrugen, hat
nachher jede von beiden mehr als 20 Bogen in Anspruch genommen. Selbst-
verständlich war dabei nicht wohl ein Geschäft zu machen. Wir haben uns
in Anerkennung dieser Folge verpflichtet, ein bestimmtes Maass einzuhalten. Es
versteht sich von selbst, dass die Gesellschaft zunächst für ihre Verhandlungen
sorgen muss und dass der Raum desjenigen Abschnittes, der für fremde Publi-
kationen offen gehalten werden wird, geschmälert werden muss. Die von der
Verlagshundlung früher für die Beiträge zur „Zeitschrift" gezahlten Honorare sind
gestrichen worden, so dass die Gesanimtleistung eben nur eine freiwillige sein
und ausser durch Abgabe von Separatabdrücken ein Ersatz für die Leistungen nicht
gewährt werden kann.
üeber unsere Sammlungen kann ich mich kurz fassen, da im Laufe der
Sitzungen alles Wesentliche vorgelegt ist. Ich erwähne daher nur, dass wir mit
28 Gesellschaften im Schriftenaustausch stehen und dass unsere Bibliothek sich da-
durch, sowie durch zahlreiche, zum Theil sogar werthvolle Geschenke fortdauernd
erweitert. Die craniologischen und photographischen Sammlungen wachsen stetig.
Auch in ethnographischen Erwerbungen waren wir glücklich, jedoch haben
wir Manches davon tauschweise gegen Abgabe von Schädeln an die ethnologische
Abtheilung des Königlichen Museums überlassen.
Ich habe dann noch einige Worte zu sagen über das Verhältniss, in welchem
wir zu dem Deutschen Gesammtverein stehen. Sie wissen, unsere Beziehungen
Verbaiull. der Berl. Anthropol. GoseUschaft 1«79. 26
(402)
zu demselben sind durchaus geregelte und ordnungsmässige. Ueber die letzte
Generalversammlung in Strassburg ist schon früher Bericht erstattet worden.
Die Gesellschaft befindet sich in gutem Gedeihen. Ich habe auch schon Mittheilung
davon gemacht, dass im nächsten Jahre hier bei uns die Generalversammlung statt-
finden soll und dass in Anregung gebracht war, für diesen Zweck eine grosse
Ausstellung der Prähistorie Deutschlands zu veranstalten. "Wir sind seit-
dem in letzterer Beziehung etwas weiter gekommen. Der Ausschuss hat eine Com-
mission erwählt, welche ausser den beiden lokalen Geschäftsführern, den Herren
Stadtrath Friedel und Dr. Voss, aus mir, unserem Hrn.- Schatzmeister Ritter,
den Herren Jagor und Rosenberg besteht, und welche das Recht der Coop-
tation hat. Diese Commission hat sich zunächst mit der Frage eines geeigneten
Lokals beschäftigt und nach langem Umhersuchen ihre Aufmerksamkeit auf das
Preussische Abgeordneten-Haus, als auf den geeignetesten Platz sowohl für die
Sitzungen, als für die Ausstellung gerichtet. Nachdem sie einen übersichtlichen Plan
entworfen hatte, hat sie sich vor Kurzem an das Präsidium des Hauses gewendet.
Ich habe gerade heute die officielle Zuschrift erhalten, durch welche uns Seitens
des Präsidiums das Haus mit seinen Räumen zur Verfügung gestellt wird. Wir
sind also in diesem Hauptpunkte zu einer sehr angenehmen Sicherheit gekommen,
die um so erfreulicher ist, als durch die Untersuchung, welche wir mit Hülfe des
Baumeisters Hrn. Felix Wol ff veranstaltet haben, auch in Bezug auf die Frage der
Auskömmlichkeit des Raumes kein Zweifel besteht.
Inzwischen ist von Seiten des Generalsecretairs der Deutschen Gesellschaft das
Ersuchen an den Herrn Cultusminister gerichtet, sich uns in dieser Angelegenheit
hülfreich zu erweisen. Der Herr Cultusminister hat in einem sehr entgegen-
kommenden Schreiben seine Bereitwilligkeit sowohl für die eigentliche Versamm-
lung, als für die Ausstellung zugesagt und nur genauere Anträge erfordert. Natür-
lich werden wir nunmehr, nachdem wir mit dem Platz im Reinen sind, solche bald-
möglich stellen. Es ist zu diesem Zweck ein Anschreiben entworfen worden, welches
an die Vorstände und Besitzer von vorgeschichtlichen Sammlungen in Deutschland
gerichtet ist, also an Staatssammlungen, Provinzialsammlungeu, städtische und
eigentliche Privat-Sammlungen. In demselben werden sie ersucht, sich mit uns
baldigst in Beziehung zu setzen, und es sind die Gesichtspunkte entwickelt, nach
welchen die Ausstellung eingerichtet werden soll. Ich will bemerken, dass wir uns
ganz strikt auf das Deutsche Reich als solches beschränken wollen, dass wir z, 1).
keine über die Grenzen des Landes und seiner Vorgeschichte hinausgehende Aus-
stellung beabsichtigen, dass wir ferner die Aufstellung im Allgemeinen so zu ordnen
gedenken, dass die einzelnen Territorien und Landstriche zur vollen Geltung
kommen, und dass ein geographisches Bild von der Verbreitung der einzelnen
Culturrichtungen mit Leichtigkeit gewonnen werden kann. Unsere Aufgabe er-
streckt sich dann freilich von den allerältesten Funden der Diluvialzeit
bis zu dem Beginn der Deutschen Herrschaft in den slavischen Län-
dern. Vor dieser Zeit ist ja unsere Keuntniss von den slavischen Territorien
vielfach unsicher, und man kann nur an wenigen Punkten von gesicherten histori-
schen Ueberlieferungen sprechen. Unsere Aufgabe muss es natürlich sein, überall
so weit zu gehen, bis wir an die beglaubigte Geschichte kommen. Natürlich wer-
den wir dabei nicht in ungemessener Weise deu Wünschen vielleicht einzelner
Richtungen nachgeben dürfen; wir werden sparsam mit dem Raum haushalten
müssen, um gleichmässig die verschiedenen Richtungen zu voller Geltung gelangen
zu lassen. Wir behalten uns daher innerhalb der Grenzen des gegebenen Raumes
(403)
eine Prüfung der Anmeldungen vor, um zu bestimmen, was wir gebrauchen können
und was nicht.
In vielen Stücken werden wir Unterstützung nothwendig haben und es würde
uns sehr erfreuen, wenn auch andere Mitglieder, als die speciell ernannten, sich
für die Angelegenheit interessiren wollten.
In Bezug auf die Zeit ist vorläufig durch den Vorstand der Deutschen Gesell-
schaft der Anfang August festgehalten worden; wir sind noch nicht ganz sicher
über den Anfangstermin. Im Augenblick haben wir uns hier dafür entschieden,
den 5. August als den günstigsten Tag des Anfangs zu betrachten; wir würden
dann vom 5. — 12. August die Sitzungen halten, nur unterbrochen am Sonntag
durch eine Spreewaldfahrt, und am Schlüsse vielleicht durch eine Potsdamfahrt.
Daran würden sich dann vielleicht noch S oder 14 Tage anschliessen, während
welcher die Ausstellung für das Publikum gegen Eintrittsgeld geöffnet wäre.
Da die Deutsche geologische Gesellschaft aller "Wahrscheinlichkeit
nach unmittelbar an dem Tage zusammentreten wird, wo wir schliessen, so wird
wahrscheinlich noch mancherlei sich vereinbaren lassen, was zu einer frucht-
baren gemeinsamen Thätigkeit führen könnte. Wir sind mit unseren urgeschicht-
lichen Untersuchungen darauf angewiesen, die Hülfe der Geologen in vielfacher
Weise in Anspruch nehmen zu müssen, und wir werden auch bei Einrichtung
unserer Ausstellung nicht umhin können, auf mineralogische und paläontologische
Museen rechnen zu müssen. Vielleicht wird im Anschlüsse an unsere General-
versammlung auch noch eine Versammlung der geographischen Gesellschaften
Deutschlands stattfinden.
Das ist es, was im Augenblick über diese, für uns ungemein wichtige An-
gelegenheit zu sagen ist. Sollte es uns gelingen, eine würdige Ausstellung zu-
sammenzubringen, eine solche, welche dem Volk im Grossen eine Vorstellung giebt
von dem Gesammtgange der vorgeschichtlichen Cultur, wie er sich in Deutschland
vollzogen hat, welche zugleich dem Gelehrten die erwünschte Gelegenheit bietet,
durch unmittelbare Anschauung und Vergleichung der wichtigsten, aus den
verschiedenen Theileu Deutschlands zusammengebrachten Objecte, die natürlich
möglichst im Original gewünscht werden, eine zuverlässige Grundlage unserer
wesentlich comparativen Wissenschaft zu gewinnen, so ist es möglich, dass von da
an unser Treiben ein noch mehr populäres wird, als es gegenwärtig schon geworden
ist, und dass auch immer mehr das Verständniss für die Aufgaben wächst, welche
wir vertreten.
In Bezug auf die auswärtigen Vorgänge habe ich schon in früheren Sitzungen
Einiges erwähnt, namentlich über die archäologischen und anthropologischen
Congresse, welche im Laufe des Jahres stattgefunden haben. Ueber den Congress
der Amerikanisten in Brüssel habe ich neulich berichtet. Üeber die Moskauer
anthropologische Ausstellung und den damit verbundenen Congress finden sich noch
keine ausgiebigen Zusammenstellungen; vielleicht werden wir später darauf zurück-
kommen können. Jedenfalls ist es sehr bedauerlich, dass, wie es scheint, Deutsch-
land fast gar nicht in Moskau vertreten war.
Das nächste Jahr wird in dieser Beziehung hoffentlich fruchtbarer sein, da
nicht nur ein internationaler Congress in Lissabon, sondern auch ein südamerika-
nischer zu Buenos Aires stattfinden soll.
Schliesslich habe ich noch ein paar Worte zu sagen in Bezug auf unsere
eigenen äusseren Verhältnisse. Sie wissen, dass unsere Bestrebungen seit lange dahin
gerichtet gewesen sind, den Neubau des ethnologischen Museums endlich
26*
(404)
in Gang zu bringen. Nachdem derselbe im vorigen Jahre schon vollkommen sicher
erschien, entzieht er sich jetzt wieder unseren Aussichten. Obwohl im letzten Etat
eine halbe Million Mark für diesen Bau ausgeworfen war, ist im Laufe des Etatsjahres
nicht nur nichts geschaäen, sondern es war sogar zweifelhaft geworden, ob im Laufe
des nächsten Jahres gebaut werden wird. Der Herr Cultusminister hat jedoch
neulich auf eine Anfrage in der Budget-Commission die Erklärung abgegeben, dass
er sich ermächtigt halte, mit dem Bau vorzugehen, obwohl die zweite Rate noch
nicht auf dem Etat stehe, und dass er den Bau als dringlich nothwendig erachte.
Wir können daher hoffen, im Laufe des nächsten Jahres die Fundamente gelegt zu
sehen. Inzwischen haben diejenigen unserer Mitglieder, welche als Sachverständige
bei dem Museum fungiren, die Dringlichkeit der Verhältnisse in einer besonderen
Eingabe an den Herrn Minister von Neuem dargelegt.
Ich kann dann noch mittheilen, dass von unseren reisenden Mitgliedern im
Allgemeinen günstige Nachrichten vorliegen. Von unserem Vice-Präsidenten, Hrn.
Bastian ist erst im Laufe der letzten Woche an mich und Hrn. Dr. Voss eine
ganze Reihe von Briefen eingegangen. Er ist in diesem Augenblick, nachdem er
kreuz und quer durch den ganzen Indischen Archipel gefahren, und, wie es scheint,
auf allen grösseren Inseln gewesen ist, gegenwärtig nach Batavia zurückgekommen,
wo er sich der Müsse literarischer Studien hingiebt und die reichen Schätze der
dortigen Bibliotheken benutzt; da hat er auch Zeit gefunden, uns etwas ausgiebigere
Berichte zuzuwenden. In seinen Briefen an mich kommt er mit Hartnäckigkeit und
einer Art von Heftigkeit darauf zurück, dass eine grössere Zahl junger deutscher
Aerzte in holländische Dienste treten müsste, um im indischen Archipelago die
Zwecke der Anthropologie zu fördern. Er hat mir eine Zusammenstellung der
officiellen Bestimmungen über dasEugagement solcher Aerzte mitgeschickt, welche den-
jenigen, die sich dafür interessireu sollten, zur Verfügung stehen. Er lobt das
Klima und hält die äusseren Bedingungen des Engagements, welches nur für eine
Dauer'von 5 Jahren abgeschlossen zu werden braucht, für günstig. Ich kann daher
nur wünschen, dass dieser Appell eine gute Stelle finde. Ich war bisher nicht in
der Lage, junge Männer für diesen Zweck zu beeinflussen. Indess ist dieser Tage
einer unserer jüngeren Aerzte, Dr. Stört, nach Batavia abgegangen, mit Instruk-
tionen von mir versehen. Ich hoffe, dass er mit unserem correspondirenden Mit-
gliede, Herrn Riedel, in nähere Beziehungen treten kann, der seit längerer Zeit
den Wunsch hegt, dass bei ihm ein anthropologisch geschulter, deutscher Arzt an-
gestellt werden möchte.
Auch von unseren anderen Reisenden sind, scheinbar wenigstens, günstige
Berichte vorhanden. Hr. J. M. Hildebrandt, der von seiner ersten Expedition
nach der Westküste von Madagascar nach Nossi-Be zurückgekehrt ist, hat aller-
dings einen sehr schweren Fieberanfall zu überstehen gehabt, scheint jedoch wieder
ziemlich hergestellt. Seine Absicht geht dahin, sobald er in den Besitz der neuen,
ihm von der Akademie bewilligten Mittel gelangt ist, in das Gebirge vorzugehen
und bis nach Antanarivo vorzudringen, wo er hofft, unter günstigen Verhältnissen
der Jahreszeit anlangen zu können. Er hat schon einzelne Messungen und eine
reiche anthropologische Sammlung geschickt, welche an das Museum gelangt ist.
Von Hrn. Dr. Finsch, dem Reisenden der Humboldt-Stiftung, habe ich eben
neue Nachricht erhalten; ich werde nachher darauf zurückkommen.
Hr. Künne ist von seiner südamerikanischen Reise gesund und mit reichen
Erwerbungen heimgekehrt. Hr. Ascherson hat sich nach Aegypten begeben, um
unter Beistand des Hrn. Schweinfurth die Flora des Landes durchzuarbeiten.
Meine eigene Reise in die Troas ist. Dank den vorsorglichen Bemühungen des
(405)
unermüdlich thätigen Schi ie manu, in der glücklichsten Weise verlaufen, und ich
habe darüber schon Bericht erstattet, unser correspondirendes Mitglied, Hr. Calvert
hat mir bei dieser Gelegenheit die maunichfachsten Annehmlichkeiten zu Theil
werden lassen. Unsere Gesellschaft aber hat gezeigt, dass auch die monatelange
Abwesenheit sämmtlicher Vorsitzenden ohne Schwierigkeit ertragen werden kann.
Ich habe die angenehme F^flicht, dem Ohmanne des Ausschusses, Hm, Koner, der
uns so erfolgreich vertreten hat, unseren herzlichen Dank dafür auszusprechen.
Damit glaube ich die Hauptsachen von dem, was Sie interessiren könnte, vor-
getragen zu haben. Ich kann mit einer gewissen Befriedigung auf die '6 Jahre
zurückblicken, wo ich die Ehre hatte, den Vorsitz zu führen und die Geschäfte
der Gesellschaft zu leiten. Jetzt, wo die Statuten' meine Entfernung von diesem
Posten verlangen, darf ich die Hoffnung aussprechen, dass unter meinem Nach-
folger die Verhältnisse sich nicht minder günstig weiter entwickeln werden.
(2) Der Schatzmeister Hr. Ritter erstattet den statutenmässig vorgeschriebenen
Bericht über die Kassen Verhältnisse der Gesellschaft.
Der Vorsitzende bemerkt dazu, dass der Bericht von zwei Mitgliedern des
Ausschusses geprüft und in Richtigkeit befunden sei.
Die Gesellschaft ertheiit Decharge.
(3) In der darauf erfolgenden Neuwahl des Vorstandes wurden für das Jahr
1880 die Herren
Bastian zum Vorsitzenden,
Virchow und
Beyrich zu Stellvertretern desselben,
R. Hartmanu zum Schriftführer,
M. Kuhn und
A. Voss zu Stellvertretern desselben,
Ritter zum Schatzmeister
gewählt.
(4) Dankschreiben für die Ernennung zu correspondirenden Mitgliedern sind
eingegangen von den Herren
Schomburgk in Adelaide,
Rolleston in Oxford,
üjfalvy in Paris.
(5) Als neue Mitglieder der Gesellschaft sind angemeldet die Herren:
Architekt Krause, Berlin,
Dr. med. Jul. Sander, Berlin,
Professor Dr. Bisch off, Berlin,
Bergassessor Viedenz, Eberswalde.
Professor Ludwig Burg er, Berlin,
Dr. phil. G. Alf. Meyer, Berlin,
Stabsarzt Dr. Joseph Mayer, Berlin,
Dr. med. Marcus, Berlin,
Major Dziobeck, Berlin,
Dr. Much, Wien,
Direktor Ludwig Schneider, Gitschin, Böhmen,
Dr. med. Hille, Strassburg im Elsass,
Dr. E. Meitzen, Berlin,
(406)
Verlagsbuchhändler Spamer, Berlin,
Dr. H. Wessely, Berlin,
Wilh. Joest aus Coeln, z. Z. in Batavia.
(6) Professor Sadebeck in Kiel ist kurze Zeit, nachdem in der Sitzung vom
18. Oktober sein Vortrag hier zur Verlesung gelangt war, an einer Gehirnentzün-
dung erkrankt und am 9. December, erst 36 Jahre alt, gestorben.
(7) Baron Alexander v. Fahlen in Wenden (Livland) übersendet folgenden
Nekrolog des Grafen Sievers.
Am 19./31. Juli d. J. starb in seiner, bei der livländischen Kreisstadt Wenden ge-
legenen Villa der Graf Carl Georg v. Sievers, ein Mann, dessen Tod eine zur
Zeit unausgefüllte Lücke im Gebiete der archäologischen Forschung seines engeren
Vaterlandes hinterlassen hat, der es verdient, dass sein Name in die Reihe der
Forscher seiner Beimat aufgenommen werde.
Graf Sievers gehörte einer, in den russischen Ostseeprovinzen verbreiteten
Adelsfamilie an. Er wurde auf dem Gute Bauenhof in Livland, einem Besitz seiner
Familie, am 31. Aug. (12. Sept ) 1814 geboren. Durch seine Mutter war er ein Urenkel
jenes Grafen Jakob Sievers, dessen Denkwürdigkeiten zur Geschichte Russlauds
in dem Buche: „Ein russischer Staatsmann", Leipzig, Wintersche Verlagshandluog
1857, von Karl Ludwig Blum, ausführlich geschildert worden. Schon im siebenten
Lebensjahre verliess er das Elternhaus, um nacheinander in mehreren Privatanstalten,
zuletzt im Gymnasium von Dorpat den wissenschaftlichen Bildungsgang durch-
zumachen, der leider unvollendet blieb, da er, bevor er die Reife für ein Universitäts-
studium erreicht hatte, der Cavaliersitte jener Zeit folgend, bereits im 17. Lebens-
jahre in activen Militairdienst trat. Seinem rastlosen geistigen Streben konnte der
auf Beindressur und Riemenzeugputzen reducirte Frontedienst in der damaligen
russischen Armee nicht genügen und nach wenigen Jahren schon verliess er die
(407)
Dienstcarriere, um Anfangs der Administation des Gutes Bauenhof, später, vom
Jahre 1845 an, der des Gutes Ostrominsky, welches er von seiner Mutter ererbt,
seine Thätigkeit zu widmen. Doch auch die in jener Zeit durch die bäuerlichen
Frohnverhältnisse wenig anziehende Landwirthschaft in Livland genügte seinem
zur speculativen Reflexion neigenden Geiste nicht, er verkaufte im Jahre 1865 das
Rittergut Ostrominsky und bezog seine Villa bei Wenden, von nun an sich ganz
der geistigen Arbeit, vorzüglich auf dem Gebiete der Naturwissenschaften, zuwen-
dend. Die Mittel zum Studium bot ihm eine bedeutende, im Laufe der Jahre ge-
sammelte Bibliothek.
Am 10./22. Mai 1872 verheerte ein "Wirbelsturm einen Landstrich Livlands in
einer Längsrichtung von etwa 10 Meilen bei verhältnissmässig geringer Breiteu-
ausdehnung. Graf Sievers beschloss, dem Gange dieses ungewöhnlichen Natur-
ereignisses nachzuforschen, — Häuser waren von ihrem Standorte fortgeschoben,
massives Mauerwerk durch die Gewalt des Sturmes eingedrückt und niedergelegt
worden. Die bei dieser Gelegenheit unternommene Reise führte ihn auch nach
dem an dem Flusse Aa gelegenen Rittergute Treyden, einst der Stammburg der in
den russischen Ostseeprovinveu längst ausgestorbenen Familie Trotta von Treyden.
Während seines Aufenthaltes hier wurde ihm gemeldet, dass das Hochwasser der
Aa das Flussufer ausgewaschen und ein in dem Erdreich gebettetes Boot bloss ge-
legt habe, dessen sofort unternommene Besichtigung ergab, dass es wahrscheinlich
jenen Flussschiffen zugehörte, mit welchen die räuberischen Ehsten der Insel
Oesel einst auf der Düna und Aa bis in das Herz Livlands ihre Raubzüge aus-
gedehnt hatten. Dieser Fund entschied die Richtung, in welcher sich von nun an
die Forschungen des Grafen Sievers bewegen und welche von nun an seine ganze
energische Thätigkeit in Anspruch nehmen sollte.
Nachdem der Gang und das Wesen jenes oben erwähnten Naturereignisses von
ihm durchforscht und bearbeitet, das Resultat der Arbeit der Naturforscher-Gesell-
schaft in Dorpat übergeben war, wandte er seine ganze Thätigkeit, mit der ihm eigenen
Zähigkeit im Verfolgen eines Zieles, der archäologischen Forschung zu. Die
Schwierigkeiten, welche überwunden werden mussten, waren nicht gering. Vor Allem
eignete sich der nunmehr achtundfünfzigjährige Mann Kenntniss des Lateinischen an,
um selbständig die alten Chroniken bearbeiten zu können. Da am Orte keine öffent-
liche Bibliothek vorhanden war, mussten Reisen und Bücherankäufe gemacht werden.
Die Wintei wurden mit anhaltenden Studien verbracht, die Sommer meist auf
Reisen behufs archäologischer Ausgrabungen in verschiedenen Theilen Livlands. So
wurden die heidnischen Opferberge bei Roop und Hochrosen, die Normanneugräber
in Rouneburg, Pfahlbauten im See von Arrasch, Hügel mit Feuersteingeräthen an
den Ufern des See's von Burtneck untersucht und zum Theil der Wissenschaft erst
erschlossen, wie namentlich der von ihm entdeckte Pfahlbau bei Arrasch die erste
derartige Anlage aus der Vorzeit Livlands ist, die entdeckt worden. Bis dahin war
es ein Axiom, namentlich der Archäologen Dorpats gewesen, dass dieser Theil der
baltischen Küstenlande Pfahlbauten nicht besitzen können, für welche Annahme,
wenn ich nicht irre, die geologische Bildung unseres Landes die Gründe liefern
musste.
Mit dem L/13. August 1875 trat Graf Sievers mit seinen Forschungen an
die Oeftentlichkeit, indem er unter diesem Datum seinen ersten wissenschaftlichen
Bericht an die anthropologische Gesellschaft in Berlin abstattete. Von nun an trat
er mit wissenschaftlichen Koryphäen des In- und Auslandes und mit verschiedenen
gelehrten Gesellschaften in persönlichen und schriftlichen Vorkehr, so namentlich
mit dem Professor Rudolf Virchow, der einen ihm in Berlin abgestatteten Besuch
(408)
im Spätsommer 1877 auf der Villa des Grafen erwiderte. Für den Prof. Vir chow
empfand Sievers eine besonders warme Verehrung, wie aus dem regen Brief-
wechsel hervorgeht, der zwischen beiden Männern unterhalten wurde; für ihn
wurden auch an mehreren Stellen Livlands an lebenden und todten Schädeln Messungen
durch den Grafen Sievers veranstaltet, deren Resultate dem Professor zur Begut-
achtung übersandt wurden.
Vom Jahre 187r) an führte der Graf Sievers seine archäologischen Forschungen
in umfassendem Masse aus. Jeder Sommer sah ihn für Wochen auf Reisen. Oft in
Bauerhöfen seine Wohnung aufschlagend, unter Mühen und Entbehrungen aller Art,
stets mit bedeutenden materiellen Opfern wurde Livland nach allen Richtungen
erforscht, selbst bis in die Provinz Estland drang er mit seinen Untersuchungen
vor, als ein plötzlicher Tod seinen Unternehmungen ein Ende machte. Die von
ihm bei Ausgrabungen gesammelten Gegenstände zählen nach Tausenden, und be-
reichern die Museen in Berlin, Riga, vornehmlich dasjenige Dorpats, welchem er,
weil es mit der Landesuniversität in Verbindung steht, vorwiegend sein Interesse
zuwandte. Eine bedeutende Collektion werthvoller archäologischer Funde und der
ganze schriftliche Nachlass befinden sich zur Zeit im Besitze der Erben und harren
der ordnenden Hand, welche sie für die Wissenschaft erhalten soll.
Graf Sievers gehörte verschiedenen gelehrten Gesellschaften an, so war er
wirkliches Mitglied der Naturforscher-Gesellschaft in Dorpat, 1876 ernannte die
Gesellschaft für Literatur und Kunst in Mitau ihn zum correspondirenden, 1877 die
Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde der Ostsee-Gouvernements zum
wirklichen, in demselben Jahre die Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und
Urgeschichte in Berlin zum correspondirenden Mitgliede. Ferner gehörte er der
gelehrten Estnischen Gesellschaft bei der Universität Dorpat seit 1874 als Ehren-,
seit 1878 als wirkliches Mitglied an.
Die Bedeutung des Grafen Sievers für die Wissenschaft lag in der ausser-
ordentlichen Energie, die er beim Forschen und Sammeln entwickelte. Es wird
nicht zu leugnen sein, dass er der historischen Forschung in seinem engeren Vater-
lande neue Gesichtspunkte eröffnet hat. Für die selbständige Bearbeitung des ge-
sammelten Stoffes aber war er nicht geeignet, weil eine sehr entwickelte Subjec-
tivität ihn verhinderte, die Dinge zu sehen, wie sie wirklich waren, — er erfasste
sie stets von einem vorher bestimmten Gesichtspunkte aus, den Gegenargumente
nur schwer zu erschüttern vermochten. Seine Bedeutung als Forscher baltischer
Urgeschichte bleibt durch diese Eigenheit unberührt, und hat sein Tod eine bisher
noch unausgefüllte Lücke hinterlassen. Möchte sich bald Jemand finden, der in
sie mit der F^nergie und Opferfähigkeit des Verstorbenen hineinzutreten vermag. —
Hr. Vir chow: Wenn ich dem warm empfundenen Nachrufe noch einige Worte
hinzufüge, so geschieht es in erster Linie, um den, wenn auch schwachen Schatten
noch mehr zu mildern, welchen die letzten Worte auf den Charakter meines
verstorbenen Freundes werfen. Gewiss war Graf Sievers ein Mann von stark aus-
geprägter Persönlichkeit und somit auch von grosser Bestimmtheit in seinen Plänen
und Urtheilen, aber ich halte es nicht für richtig, zumal gegenüber seinen archäo-
logischen Forschungen, dass eine sehr entwickelte Subjectivität ihn zu selbständiger
Bearbeitung des gesammten Materials weniger befähigt habe. Gerade unsere Ge-
sellschaft hat Proben genug davon aufzuweisen , wie vortrefflich er sein Material
zu ordnen und zu deuten wusste, und ich persönlich bin, leider nur zu kurze Zeit,
Augenzeuge davon gewesen, wie er mit der Objektivität des ächten Naturforschers, ja
mit der Genauigkeit des Ingenieurs seine Untersuchungen ausführte. Die prähistorische
(409)
Forschung würde ungleich weiter sein, wenn jedes europäische I^and nur ein halbes
Dutzend Männer von dem Eifer und der Unbefangenheit, ja, ich möchte sagen, von
der Unabhängigkeit des Grafen Sievers besässe. Seine Subjektivität beruhte auf
der Sicherheit seines Wissens, und diese wieder auf seiner Bescheidenheit, welche
ihm auch die Grenzen seines Nichtwissens, vielleicht nur zu sehr, stets gegen-
wärtig hielt.
Kr hatte wohl Grund, stolz zu sein, und doch war er es nicht. Als ich mit
ihm vor nunmehr drei Jahren wiederholt die unteren Ufer des Burtneck-Sees um-
fuhr und er mir das Haus zeigte, wo er geboren war, das Gut, wo er selbst ge-
wirthschaftet hatte, alle die grossen Ländereien, welche alter Familienbesitz waren,
als er mir die Geschichte seines Hauses an den alten Familienbildern und an
der Entwicklung seines Landes erläuterte, da musste ich oft staunend aufblicken zu
dem Manne, der eben erst Tage lang, vom Morgen bis zur sinkenden Sonne, auf
dem einsamen Hügel am Salis-Flusse mit mir beschäftigt gewesen war, um in rast-
losem Fleisse die Zeugnisse ältester Vergangenheit aus dem Staube zu sammeln
und mit der ängstlichcMi (Tcnauigkeit eines alten Sammlungs-Conservators jedes
Stück sofort mit Nummer und Fundzettel zu versehen und in die Liste einzutragen.
Niemals habe ich mit grösserer Sorgfalt untersuchen und niemals mit mehr Zurück-
haltung urtheilen hören.
Unsere Bekanntschaft, ich darf wohl sagen, unsere Freundschaft hat kaum
5 Jahre gedauert. Es war im Herbst 1874, als er auf der Rückkehr von einer
Schweizer Reise, auf welcher er die Pfahlbauten studirt hatte, mich in Berlin auf-
suchte. Damals — insofern ist die obige Angabe zu corrigiren — , in der Sitzung
vom 17. October (Verh. S. 182) trug er uns persönlich seine wichtigen Funde am
Rinne-Hügel vor. Bald nachher fand er den Pfahlbau im Arrasch-See und die
Schiffsgräber von Ronneburg. Die Opposition, welche ihm diese, gewiss vorurtheils-
los unternommenen Untersuchungen im Lande eintrugen, waren die Veranlassung,
dass er mich als Zeugen berief, und ich kann sagen, dass die Erinnerung an
diese Reise zu den angenehmsten meines Lebens gehört. Seitdem wurde er nicht
müde, mich zu einer Wiederholung derselben aufzufordern. Für die jugendlich
frische Art, wie er diese Forschungsreisen auffasste, und für die Sorgfalt, mit der
er sie vorbereitete, möge eine Stelle aus einem Briefe vom 23. September (5. Octo-
ber) 1877 als Beispiel dienen:
„Im nächsten Winter werde ich an dieser Livenfrage wohl zu arbeiten haben,
indem ich in Salis ein Kirchenbuch von I70ö fand, mit Aufzeichnungen von 1714
über den Bestand des Kirchspiels nach der Pest von 1709 — lU, und noch einige
aufzutreiben hoffe. Den Bauern schon durch meine Forschungen und Aufsätze dar-
über in lettischen Zeitungen bekannt, hoffe ich auch durch einen Aufruf in der Zeitung
(lettisch) weitere Auskunft über Fundstellen zu erhalten, während schon manche
brauchbare von mir für nächsten Sommer gesammelt sind. Wer weiss? vielleicht
entschliessen auch Sie sich noch zu einer Livenjagd in Gemeinschaft mit mir?
Dann sollen Sie mich erst in meiner wahren Glorie kennen lernen. Denn ein
solcher Erfolg würde mich anspornen, mich selbst zu übertreffen. Was würden Sie
von einem Nomadenleben in abgelegenen Gesinden meinen? mit Hängematten als
Bett, gutem Gaffe, Thee, Wein, jungen Hühnern, Wild oder dergleichen zum Mittag
oder einem delicaten Pillau, der livländisch vervollkommneten orientalischen Speise,
aus Reis, Kohlblättern und Lammfleisch, mit Pfeffer bestreut und Salz, in einer
Form gebacken bereitet, zum Dessert dann aromatische Wald-, Erd- oder Him-
beeren und dabei reiche Funde an breitköpfigen Livenskeletten, reichen Schmuck-
sachen u. s. w. Dazwischen kehrt man dann auf eine Nacht in einem Gütchen
(410)
oder Pastorate ein, um die Glieder zu strecken, Politica einzusammeln und Briefe
zu expediren, während auch für den Empfang von solchen ein Auskunftsmittel sich
finden Hesse. Und dann die Heimkehr mit grossen Kisten zuverlässiger Liven-
skelette! Welches anatomische Cabiuet kann sich dann mit dem Ihrigen messen?
Welche zärtlichen Briefe werde ich dann von allen Seiten erhalten mit Anfragen
um ähnliche Schätze, und mit welch päpstlicher Unfehlbarkeit werde ich dann
echte livische Skelettheile (mau darf den Preis nicht verderben) nach allen Seiten
vertheilen!
„Doch Scherz bei Seite, es liegt dem ein gesunder Gedanke zu Grunde, der
wohl verdiente, von Ihnen weiter erwogen zu werden."
Leider war es mir unmöglich, dieser Einladung, so verführerisch sie auch war,
nachzukommen. Jedes Jahr brachte neue Abhaltungen. Endlich kam die Moskauer
Ausstellung dieses Jahres und damit der Gedanke, gleichzeitig auch Livland wieder-
zusehen. Aber es war anders beschieden! Meine Frühjahrsferien wurden durch die
trojanische Reise in Anspruch genommen. Ich berichtete ihm darüber von Hissarlik aus.
Er antwortete mir darauf in einem Briefe vom 24. April (6. Mai), dem letzten, den
ich von ihm erhalten habe, und den ich zur Charakteristik des Mannes und seines
Strebens hier bis auf einige kleine Stellen ganz folgen lasse:
„Da es mir sehr schwer fallen würde, Ihnen eine annähernd richtige Schilde-
rung der Freude zu geben, die mir Ihr lieber Brief vom 15. April, Ilion, gewährte,
so lasse ich mich darauf nicht ein, ihn nur erwähnend. Als ich zuerst Ihre Ab-
reise nach Troja in den Zeitungen erwähnt fand, regte es mich so sehr auf, dass
ich, meist in der Nacht schlaflos liegend, (die Zeitungen kommen spät Abends an)
eiaen vollständigen Plan ausarbeitete, Ihnen sofort über Odessa und Konstantioopel
entgegen zu reisen. Die Tageshelle brachte alsdann Ernüchterung und Aufgeben
dieses Gedankens, während ich mir nicht versagen konnte, mir Ihr Leben, Thun
und Treiben häufig in Gedanken auszumalen. Während mehrerer Jahre hatte der
Haupttheii meines Unterrichts im Lesen der Odyssee und Iliade bestanden, die ich
eudlich zu extemporieren vermochte. In welches köstliche Dilemma gerietli dann
mein alter prächtiger Lehrer, der Pastor, spätere General-Superindentent von Liv-
land, R. v. Klot, wenn ich ihm, dem eifrigen Philologen, der für Griechenland
des klassischen Griechisch wegen schwärmte, meinen Helden Hektor herauszu-
streichen begann, der fast allein, dem Ansturm der vielen griechischen Helden,
dem verbundenen Griechenland und den mit ihnen verbundenen Göttern, in Ver-
theidigung seiner Vaterstadt, seiner Familie widerstand, und endlich nur dem un-
verletzlichen, mit göttlichen Waffen, unter dem Schutze der Göttin kämpfenden Achill
unterlag, und wenn ich dem das Bild der ewig zankenden, lügenden, betrügenden
Griechen, deren Nationalheld, Odysseus, eben seiner Gewandtheit im Lügen wegen
gepriesen würde, entgegenhielt, dessen Hauptheldenthat ein Pferdediebstahl sei
u. s. w. Alle diese Erinnerungen tauchten wieder auf in lebendigen Bildern, die
meiner Begabung entstanden, dass jede lebhafte Schilderung sich mir vor dem
inneren Auge zu Bildern gestaltete, die hier noch durch Flaxmann's Skizzen,
die ich fast auswendig kannte, verstärkt wurden. Da habe ich in der Nacht die
trojanische Ebene, Hissarlik, Schliemann's Arbeiten, Sie vor mir sich bewegend,
zu sehen geglaubt. Doch die Ernüchterung folgte nur zu rasch. Der unglückliche
Cours, durch den im Verein mit Rentenreductionen mein Vermögen auf die Hälfte
reducirt ist, die Masse Arbeit, die meiner Angriffnahme harrt, das Bewusstsein,
dass meine körperliche Schwerfälligkeit mir wohl keinen weitereu Sommer zu
meinen Arbeiten gönnen werde, überwogen, und ich beschied mich, vielleicht mit
Ihrer Bewilligung, in einer Zeit, wo ein wenig freiere Augenblicke für Sie eintreten,
(411)
wenn es möglich, auf einige Tage zu Ihnen zu reisen, um Sie mündlich Ihre Er-
lebnisse schildern zu hören. — Ihr Brief war 13 Tage unterwegs gewesen. Meinem
Wunsche, Ihnen nach Ilion zu antworten, trat die Erwägung entgegen, dass Sie
Ilion nach Ihrem Briefe schon verlassen haben müssten. So schreibe ich Ihnen denn
jetzt nach Berlin entgegen, — eben aus Riga von der Beerdigung Jegor v. Sivers
heimgekehrt, dem ich befreundet war. Das war auch eine lebendige, rastlose
Kraft, die mit Verläugnung materiellen Interesses stets seinem Lande zu dienen
bemüht war. VAire seinem Andenken, trotz mancher menschlichen Schwächen, denn
mit offenem Visier, mit Nennung seines Namens, trat er in verschiedenen Brochüren
den Uebergriffen der Regierung entgegen, Recht und Nationalität vertheidigend.
^Für den nächsten Sommer habe ich viel vor. Zu Pfingsten fahre ich nach
Wilsenhof, dann in nordwestlicher Richtung zu den Pfahlbau-Anzeichen in Nur-
mis, Kirchspiel Reyen, zur Fellinschen Ruine, an deren Freilegung Oberlehrer
Schiemann arbeitet, und nach Cabbel, wo bis in Estland hinein die Steinsetzungen
in Schiffsform sich wieder häufen. Dann über Fellin in nordöstlicher Richtung an
den Ausfluss des Würtzjerw Sees (Embacb), um nach Gebilden, ähnlich dem Rinne-
kaln, zu forschen. Darauf eine Tour in der Umgegend Dorpats zu den dortigen
Steinsetzungen, resp. Steinschiffen, und endlich weiter nördlich an den Meeres-
strand, um den Hügel bei Kunda, in dem ich ein Ganggrab vermuthe, zu untersuchen.
Anfang Juli denke ich heimzukehren, und in der zweiten Hälfte Juli und Anfang
August die lange verschobene Untersuchung der linna kiwwi (Stadtsteine) bei
Haynasch, 5 Werst vom Meere, vorzunehmen; vielleicht auch die Untersuchung des
Untergrundes der Opferhöhle bei Neu-Salis. Ende August und den September
denke ich an eine Tour an die Oger, Ascheraden (dessen Beziehungen zu den lettischen
Alterthümern wichtig erscheint) bis nach Adsen und Schwaneburg, wo schöne Sachen
gefunden sind, die der Besichtigung werth erscheinen. Nß. wenn Gesundheit der
Menschen und Pferde vorhalten. Damit denke ich denn diese Untersuchungen
einstweilen zu schliessen und au ihre Beschreibung zu gehen. Obgleich ja noch
unendlich vieles hier zu untersuchen wäre, halte ich es für besser, jetzt mit einem
gewissen Abschluss an die Beschreibung des Gefundeneu zu gehen, als dass bei
meinem Heinigange eine Menge zerstreuter Notizen und gefundener Sachen nach-
bleibt ohne eingehende, die Beziehungen derselben zu einander, hergeleitet aus der
örtlichen Vertheiluug, beim Zusammentreffen gewisser Aehnlichkeiten einerseits,
Unterscheidungen andererseits, wie sie sich dem Arbeiter unwillkürlich allmählich
aufdrängen, darlegenden Beschreibung. Ganz werde ich die Arbeit ohnehin nie
einstellen können, dazu ist das Interesse daran ein zu reges.
„Hier noch eine Bemerkung. Gustav Frey tag „Aus dem Mittelalter, Bilder"
spricht auf Seite 177 von dem Ausbruch der an der Donau angesiedelten Vanda-
len u. s. w. um 280 durch das schwarze und ägäische Meer und ihren Zug um
Europa herum bis in die Heimath au der Nordsee, von den Lagern Gothischer
Heere auf der trojanischen Ebene, von den Zügen fränkischer Reiter um 400 herum
in Mesopotamien u. s. w. Sollten da die Kegelgräber der trojanischen Ebene nicht
vielleicht zum Theil gothischen Ursprunges sein? Denn das wissen wir, dass die
Kegelgräber in Skandinavien, zum Theil älter als die Steinschiffsetzungen, Gothi-
schen Ursprunges sind.
„Dass ich in dem Hügel bei Kunda, dem nördlichsten Theile Estlands am
Finnischen Meerbusen, ein altes Ganggrab, und zwar ein grosses vermuthe, denn
der Hügel ist 3G0 Fuss lang und 182 Fuss breit, Oberfläche 220 Fuss lang, 42 Fuss
breit, glaube ich Ihnen geschrieben zu haben. Wird nicht am Ende die Nachricht,
dass meine Vermuthung sich bestätigt habe, worüber ich Ihnen telegraphiren würde,
(412)
Sie noch einmal in unseren Norden laden? Kunda liegt circa 40 Werst nördlich,
mit Postrerbindung von Wesenberg an der Baltischen Bahn (zwischen Petersburg
und Reval); von dort ist auch Eisenbahn -Verbindung nach Dorpat. In Reval ist
ein sehr interessantes Museum von Alterthümern. In Petersburg die Schädel-
sammlungen Bogdanows (angeblich circa 3000 Meeren-Schädel). Oder vpir könn-
ten mit meiner Equipage mit den bekannten beiden, Kahrlit und Kahrl, eine Tour
ins Land hinein machen, etwa von Dorpat über Walk zu den zwei Schwaneburg
u. s. w. in die Letten-Gegend, und von dort nach Wenden oder Ascheraden u. s. w.
Mit etwas Zeit und gesunden Pferden kann man bei unseren guten Wegen und
den offenen Armen, die Ihrer überall harren würden, schon weit herum kommen;
nur nicht mit Eisenbahneile, hübsch langsam, Eile mit Weile, wie man hier noch
sagt. Wie Sie sehen, scheint mir einem Trojafahrer Alles möglich, vollends wenn
nordisches Blut in seinen Adern rollt. — Während Sie dem Eintritt der heissen
Jahreszeit bei Troja, der Malaria u. s. w. entflohen, fängt bei uns der Frühling
erst an einzuziehen, die Wiesen sind grün geworden, die Knospen an den Bäumen
schwellen an, Scilla, Hyacinthen, Veilchen stehen in voller Blüthe, und es zieht,
trotz früher Jahreszeit und ziemlich kühler Witterung, ein Gewitter nach dem
anderen über uns hinweg."
Es war die hier skizzirte Reise, welche ihm, wie es scheint, den Tod brachte.
Kaum in seine angenehme Häuslichkeit zurückgekehrt, verfiel er der schweren
Krankheit, der er in wenigen Tagen erlag. Alle die Gedanken, welche ihn die
letzte Zeit beschäftigt hatten, ruhen nun auch. Möge wenigstens die Erinnerung
daran in seinen eigenen Worten erhalten bleiben, auf dass einst der rechte Mann
sie wiedererwecke!
Die einsame Wittwe hat in dieser Zeit mich würdig befunden, mir auch äusser-
lich die Erinnerung an den Verblichenen lebendig zu erhalten. Eines der reichsten
Geschenke — die Hauptausbeute seiner vorjährigen Reise, über welche wir noch
die Berichte von seiner Hand erhalten haben — ist mir von der Gräfin zugegangen.
Ich werde es in Ehren halten und dafür Sorge tragen, dass es für den rastlosen
Geist, der es zu Tage gefördert, ein ehrendes Denkmal bleibe,
(8) Hr. Bastian berichtet in einem Bericht an den Vorsitzenden aus Batavia,
November,
über geschwänzte Menschen im indischen Archipel.
„Die Sage von den Schwanzmenschen hier im Archipelago kennen Sie (beson-
ders aus Borneo, sogar neuerdings auch aus Java). Eine interessante Ergänzung
erhielt ich in Sumatra, wo am letzten Tage meines Aufenthaltes unter den Redjang
aus einem längeren Gespräch mit den Dorfhäuptern plötzlich der Schwanzmensch
hervorkam, in Verbindung mit alter Vorgeschichte. Der Controlleur, bei dem ich
wohnte, anerkannterweise der beste Kenner des Landes (in Folge seines langen
Aufenthalts) war nicht wenig verwundert, das er bis dahin nie davon gehört hatte,
und versprach weitere Nachforschung in den als Aufenthaltsort genannten Dörfern,
Auch hat er mir seitdem bereits über weitere Auskunft geschrieben. Ich werde
versuchen, die Daten möglichst fest zu lokalisiren, um die durch alle Continente
spukende Mythe endlich einmal an einen bestimmten Punkt zu greifen, und so,
zwar nicht die Geschwänzten, aber doch den psychologischen Grund ihrer Entste-
hung zu erhalten. Einen I)eitrag zu dieser Frage erhielt ich durch Dr. Moscovicz,
Er erzählte mir, dass er bei einer im Hospital zu Padang 1877 secirten Leiche
aus Timor einen knorplig-fleischigen Ansatz, der beweglich war, gesehen habe.
(413)
Also ähnlich den Beobachtungen Gaffron's (und auch vielleicht Barch ewitz').
Ich habe ihn gebeten, zu Papier zu bringen, was er sich noch erinnerte, und dies
dann der Gesellschaft einzuschicken." —
Hr. Virchow zeigt den, schon in der Sitzung vom 18. October (Verh. S. 305)
von ihm erwähnten
Schwanz von einem menschlichen Kinde.
Wegen der genaueren Beschreibung verweist er auf seine ausführliche Mitthei-
lung in seinem Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klini-
sche Medicin Bd. LXXIX., S. 178.
(9) Hr. Fi n seh schreibt in einem Briefe an den Vorsitzenden d. d. Jaluit,
30. September, über seine
Reise nach den Marshalls-Inseln.
Wir verliessen Honolulu am 30. Juli und langten nach 20tägiger Fahrt am
20. August hier an, wurden aber durch Ungeschick des Lootsen einen Tag in der
Passage aufgehalten, wo wir sehr, sehr nahe daran waren zu scheitern. Durch
Güte des Herrn F. Hernsheim haben wir hier Unterkommen getroffen in einer
Weise, wie ich es nicht erwartet hätte.
Jaluit oder Dschalut (Bonham) ist die Hauptinsel der Marshallgruppe und Typus
der niedrigen Coralleuinseln. Die Bevölkerung der Gruppe hat durch den Eiufluss der
Mission schon viel von ihren Eigenthümlichkeiten eingebüsst und befindet sich im Pro-
cess der Europäisirung, im Debrigen, wie wohl fast alle Polynesier, im Aussterben. —
Ueber die Insulaner selbst bin ich diesmal noch nicht im Stande, Ihnen irgend
etwas Ausführlicheres mitzutheilen, da ich noch immer Material sammle und recht
eigentlich mit denselben noch nicht fertig bin. — Ueberhaupt habe ich die grösste
Zeit der Zoologie gewidmet. Wenn man annimmt, dass wir ca. 40 Tage hier sind,
dass davon 3 — 4 mit Auspacken und Einrichten, 7 auf meinen Fieberanfall hingehen,
dass man überhaupt in diesem Clima nicht so arbeiten kann, als zu Haus, so wird
man in ca. 30 Tagen für jede einzelne Branche der Wissenschaft nicht allzuviel
Resultate erwarten dürfen. Ich kann nur versichern, dass ich noch nicht eine
müssige Stunde gehabt habe, obwohl eine Mittagsruhe in diesen Breiten eigentlich
unbedingt nöthig ist. Aber die 12stüudigeu Tage mit der leidigen, aber noth-
wendigen Essenszeit sind ohnehin zu kurz. — So arm die niedrigen Koralleninseln
auch im Ganzen sind, so habe ich an Thieren doch noch viel mehr gefunden, als
ich erwartete, und reiche Sammlungen fertig. Hr. Prof. Peters, dem ich ein ober-
flächliches Verzeichniss einsende, wird Ihnen mehr darüber sagen können. In Bezug
auf „Species" ist der hier vorkommende Tagfalter in seiner Variabilität ein wahres
Phänomen und wird die grosse Serie, welche ich davon sammelte, s. Z. ein werth-
volles Material bilden. — In Betreff der Ethnographie habe ich ebenfalls, soviel in
meinen Kräften stand, gearbeitet und zunächst genaue Maasse einer zeitweilig hier
lebenden Bande von den Gilberts (Kingsmill-Gruppe) gesammelt. Ich maass 12 Frauen
und 8 Männer, sowie Kinder, zeichnete von allen diesen umrisse der Hände und
Füsse, so dass über die Kingsmill-Bewohner wenigstens eine Grundlage vorhanden
ist. Es stellt sich bei diesen Insulanern heraus, wie bei allen: dass sie in Grosse,
Färbung etc. sehr variiren. Solche Eigenthümlichkeiten, wie Kürze der grossen
Zehe, welche Maclay hervorhebt, sind keineswegs durchgehends und man muss
sich sehr hüten, sie für besondere und eigenthümliche zu erklären. Ebenso geht es
(414)
in Bezug auf Tättowirung, die mit Ausnahme eines gewissen Dessins, so verschieden
ist, als bei uns die Kleider sind. Die Aufzeichnungen von vorübergehenden Reisenden,
die sich möglichst genau zu informiren bestrebten, aber die Eingebornen gar nicht
oder missverstanden, und solche ungebildeter Seeleute, die theilweise als Quelle
dienen, haben über Tättowirung etc. viel Unrichtiges verbreitet. Was ich bis jetzt
hier und an den Kingsmillern herauskriegte, ist, dass Tättowirung weder mit Alter,
noch mit Rang, Geschlecht etc. irgend welchen systematischen Zusammenhang hat.
Farbensinn habe ich auch geprüft: blau und grün haben die gleiche Bezeichnung!
Aber alle diese Ausfragungen mittelst Dolmetscher etc. sind sehr zeitraubend und
erfordern schrecklich viel Geduld, weil die Leute ganz anders denken. Solche Unter-
suchungen, wie die von Miklucho-Maclay über Tättowirung des iMons veneris,
Farbe der Nymphen, kann ich nicht machen, weil derartige Forschungen von
den Haldwilden nicht verstanden werden und ich den Respekt verlieren würde.
Miklucho ist mit einem Sydney-Trader nach den Admiralitäts gegangen und wohnt
in einer Eiugebornenhütte mit Eingebornen zusammen und studirt — Haie! von denen
er täglich neue entdeckt. Hr. Robertson, der ihn auf den Admiralitäts traf, fürchtet
sehr, dass ihn die Eingebornen aufessen werden. Maclay hat aber Capitain und
Steuermann einen Schein unterzeichnen lassen, dass man in diesem Falle an den
Eingebornen keine Rache resp. Vergeltung üben soll, sondern sich nur bemühe,
seinen Kopf zu erhalten und in Spiritus nach Petersburg zu senden.
Von Gesichtsmasken habe ich 5 angefertigt: 2 von Jaluit-Männeru, 2 Gilberts
(5 und $), 1 Mann von Jap. Allein es hält sehr schwer, die Eingebornen dazu
zu bekommen, sie bleiben nicht ruhig, und ist die Maske fertig, so hat man
wieder Mühe, den Abguss zu conserviren, weil der Gyp.s gar nicht ordentlich durch-
trocknet. In einem Klima, wo das Klinkerfues'sche Hygrometer stets zwischen 90
bis 100 steht, trocknet eben fast nichts und Alles schimmelt. Neulich revidire ich
die Abgüsse und finde Schimmel, Cocoarvaches, Ratten! zum Verzweifeln, doch
konnte ich sie eben noch retten. Sobald die Masken einigermassen trocken, packe
ich sie ein und mache sie in besonderer Kiste zum Transport für Sie bereit, da
im October ein Schiff aus Europa erwartet wird, welches dann gleich direet heim-
kehrt. —
Es ist mir noch nicht gelungen, Schädel zu erhalten. Selbstausgraben geht
der Eingebornen wegen nicht. Doch habe ich an letztere 3—4 Doli, pro Stück
versprochen, aber trotzdem noch keinen erhalten. IVlit Photographien (Rassen-
köpfen) ist bereits ein schwacher Anfang gemacht, doch ist mein Assistent seit
8 Tagen krank, und so bin ich nicht im Stande, Ihnen nur Etwas zu schicken.
Einige Bilder (Rassen: Jaluit, Gilbert) sind sehr gut!
(10) Hr. Weyenbergh, Präsident der Academia nacional de ciencias in
Cördoba (Argentinische Republik), bittet um Zusendung, beziehungsweise Tausch
der Publikationen.
(11) Das correspondirende Mitglied, Hr. Frank Calvert in den Dardanellen,
macht Mittheilung seiner Beobachtungen über die
Asiatische Küstenlinie des Heilespont.
Dieselben werden im I. Hefte des neuen Jahrganges der Zeitschrift abgedruckt
werden.
(415)
(12) Hr. Missionar Robert W. Felkin übersendet in einem Briefe an den
Vorsitzenden d. d. Rubaga, Uganda, 4. Mai, neue
Messungen an Bari und Bachopi.
Er verspricht demnächst grössere Mittheiliingen über Waganda. Die jetzigen
schliessen an die in der Sitzung vom 18. October, S. 316, mitgetheilten an:
Die gemessenen Personen waren folgende:
No. 45. Maring, Bari. Skin bishe brown. Iris dark brown, conjunctivae
dirty yellow; not tattooed. All bis teeth good except the four lower incisors,
which were taken out. Weil nourished, muscles well formed. No Ornaments.
Elephantiasis of scrotura. Penis obliterated, tumour one metre and three quarters
in circumference, and l,(j() metre from pubes to basse.
No. 46. Käshü, Bari. Skin, iris, conjunctivae, nourishment, muscles and teeth
same as 45. Not tattooed. No ornameuts.
No. 47. Würdä, Bari, same as 46.
No. 48. Jubee, Bari. Skin, iris and conjunctivae same as 45. Blind right
eye, ulceration of Cornea. Two incisors lower jaw extracted. Well nourished.
Two iron rings on right fore arm, eight on left. Small chaia on each ankle,
No. 49. Nigia, same as 45. Four lower incisors taken out. Rings on arras
same as 48. A chain of dogs teeth round neck.
No.. 50. Küchack, Bari. Skin, iris, conjunctivae, nourishment and teeth same
as 45. Two iron rings on each arm. Chain of dogs teeth round neck. Chain of
Shells round waist.
No. 51. Zuajue. Skin, iris, conjunctiva, nourishment and teeth same as 45.
Ring of black beads round neck with wooden whistle and small oharms attached.
No. 52. Jukoju, Bari. Skin, iris, conjunctiva and nourishment same as 45.
Has all teeth, but caries of first right lower molar. No Ornaments.
No. 53. Lado, Bari. Exactly like 45, teeth included. No Ornaments.
45 to 53 perfectly uaked, none circumcised. All hair shaved oflf, except a tuft
of dull, curly, black hair at the back of the head. Palms and soles lighter shade
of same colour as skin.
No. 54. Agonyi, Ciiopi. Skin dark brown. Iris brown. Conjunctivae dirty
(iark orange yellow. Palms and soles lighter, nails lighter, teeth all good, four
lower incisors taken out, body well nourished. Well formed muscles of legs and
arms.
54 to 49 inclusive. Hair curly, woolly, short, little hair on upper lip
and chin.
No. 55. Watema, ditto, ditto.
No. 56. Wanda. Hair crisp and platted dull. Few hairs on upper lip
and chin.
No. 57. Singama. Ditto, ditto. Hair shaved.
No. 58. Bell. Ditto, ditto. Hair curly crisp, dull and short.
No. 59. Jock. Ditto, ditto. Head shaved.
No. 54 to 59 were all clothed in skins, none circumcised. No Ornaments.
(416)
Bari.
Measured at
Kerrie
Numero
(
45
46
47
48
49
50
51
52
53
Age
26
32
40
24
25
24
28
27
26
Sex
5
5
5
5
5
5
5
5
5
Pulse
76
78
80
69
72
80
82
78
81
Resp.
18
19
18
17
16
19
20
18
19
Temp. Ft
98,1
98,2
98,4
97,8
98,0
97,8
97,6
98,0
98,3
1
175,8
176,2
183,2
175,0
172,4
176,0
167,5
167,0
166,0
2
19,5
19,9
19,2
20,0
19,8
18,4
19,5
19,4
19,9
3
14,2
15,6
14,2
14,5
14,2
13,6
15,2
14,3
14,0
4
12,3
12,4
11,9
12,6
11,8
12,4
11,8
11,7
12,3
5
11,7
10,6
10,7
9,2
9,3
9,7
10,5
10,0
10,4
6
9,-8
11,0
10,9
10,0
10,4
9,9
11,5
10,4
10,5
7
13,2
13,0
12,0
12,0
12,4
12,5
12,8
12,0
12,6
8
5,2
5,3
4,2
5,0
4,6
4,9
4,3
4,8
4,7
9
22,4
24,6
23,2
20,9
22,4
21,0
21,3
20,9
20,6
10
8,0
8,2
9,0
6,4
9,3
8,2
7,1
9,3
7,9
11
55,0
53,0
53,2
51,5
51,8
52,8
48,7
52,6
49,8
12
100,8
108,2
112,8
114,6
107,2
109,2
103,2
100.2
102,8
13
94,3
95,8
98,0
111,2
95,0
95,8
91,3
87,6
90,3
14
12,9
13,6
13,5
12,3
12,2 ,
12,4
12,3
11,5
12,3
15
14,2
14,3
13,1
12,8
13,1
13,0
14,1
14,0
13,6
16
3,2
2,9
3,1
3,6
3,9
3,0
3,0
3,2
3,4
17
4,1
4,6
4,0
3,8
3,6
3,7
4,5
4,7
3,9
18
4,8
4,6
4,4
5,0
4,8
5,6
5,0
4,2
4,8
19
5,1
4,6
4,8
5,8 '
5,0
4,6
5,4
5,8
5,6
20
12,4
12,2
12,9
11,6
11,9
11,1
11,7
11,4
11,8
21
13,4
13,5
12,7
11,7
12,2
12,0
12,3
12,4
12,4
22
15,0
15,1
13,8
13,1
14,1
13,3
14,4
13,4
13,5
23
15,1
15,9
15,1
13,8
13,9
13,3
13,8
14,0
13,6
24
57,0
56,8
55,3
55,2
56,0
53,3
54,8
54,3
55,0
25
32,0
32 4
33,0
30,5
32,0
29,2
32,3
32,6
31,6
26
91,4
93;2
85,0
83,0
80,2
80,4
82,0
79,8
83,6
27
20,0
23,0
20,2
20,2
20,2
17,4
21,2
18,4
21,3
28
38,9
47,6
46,3
39,5
40,0
42,5
41,6
39,5
38,2
29
79,9
83,5
75,0
72,0
73,4
73,2
75,3
74,6
80,2
30
30,5
31,6
28,2
26,2
27,3
28,0
29,3
26,2
26,9
31
81,5
79,0
80,5
81,2
79,0
78,7
77,8
73,8
71,5
32
34,8
32,4
33,0
32,8
32,8
32,0
30,0
29,0
31,8
33
31,9
30,5
30,8
30,0
29,2
28,9
29,0
27,3
25,8
34
21,8
20,2
20,6
19,2
19,8
18.7
19,5
18,2
17,1
35
99,2
100,2
104,8
102,3
102,0
98,3
92,6
91,0 ■
92,8
36
45,3
46,0
52,2
45,3
49,0
45,0
42,2
40,5
43,3
37
48,6
50,2
48,3
49,5
49,5
47,2
45,9
44,2
43,1
38
26,7
27,3
27,4
25,4
25,8
25,4
25,8
23,4
23,3
39
32,3
31,8
32,5
31,2
30,8
28,9
32,0
31,8
32,4
40
31,8
36,5
31,2
34,0
31,2
30,8
32,6
31,0
31,2
41
—
54,0
44,0
—
43,5
46,8
48,0
46,8
50,6
42
33,9
34,8
30,7
32,0
29,6
31,5
37,0
31,0
33,2
43
27,5
30,8
25,9
23,0
23,0
22,3
27,5
25,0
25,5
44
25,4
28,7
25,6
22,8
22,9
23,8
26,2
25,6
24,7
45
8:5,5
84,8
76,3
74,0
72,3
73,8
75,0
75,2
78,0
46
88,2
95,3
83,2
81,2
80,4
86,7
84,2
81,5
87,2
47
197,3
183,0
191,4
185,4
184,6
185,2
175,3
170,0
170,8
48
22,5
21,0
20,2
16,3
19,5
16,8
18,0
17,0
17,6
49
4,3
4,2
3,3
3,3
3,2
3,6
3,3
3,4
3,1
50
25,6
26,6
25,3
23,6
25,0
23,1
25,1
24,6
24,8
Date
23./11. 78
25./11. 78
(417)
B a c h 0 p i.
Measured at Joweira
Numero
54
55
56
57
58
59
Age
50
26
25
24
30
32
Sex
5
6
5
6
6
6
Pulse
76
81
76
80
74
76
Resp.
18
16
15
17
15
16
Temp. Ft
07,8
98,0
97,4
97,6
97,5
98,2
1
165,7
181,9
181,3
172,4
167,2
172,1
2
19,4
17,9
20,4
19,3
19,6
20,1
3
14,5
14,3
15,2
14,4
14,7
14,2
4
11,0
11,1
13,2
11,2
11,7
12,0
5
9,4
10,6
9,9
10,2
10,0
8,9
6
9,9
9,7
10,3
9,2
9,0
. 8,8
7
12,8
12,7
12,6
13,6
11,7
11,6
8
4,7
4,1
4,9
4,9,
4,6
5,1
9
21,9
22,8
23,4
21,8
21,6
21,5
10
5,6
6,4
7,3
7,0
7,9
6,3
11
47,9
55,8
55,3
52,6
52,9
53,0
12
97,2
107,2
108,0
106,8
100,6
100,9
13
86,3
95,1
95,2
94,0
83,3
84,2
14
13,3
14,2
14,7
13,4
12,6
12,7
15
12,6
12,4
11,7
13,2
12,4
12,6
16
3,2
3,3
3,8
3,7
3,3
3.5
17
4,6
4,6
3,9
4,0
4,0
4,5
18
4,7
3,6
5,3
4,7
3,9
4,8
19
5,1
6,1
4,9
5,7
4,9
5,8
20
12,2
11,8
13,2
11,9
11,6
11,4
21
13,1
13,0
13,9
12,6
12,1
12,1
22
14,3
14,0
14,9
14,3
14,3
14,0
23
13,4
14,3
15,4
13,6
14,2
14,3
24
56,7
57,3
59,2
56,3
57,0
56,7
25
32,3
34,0
33,8
32,7
32,0
31,8
26
89,3
84,2
94,0
90,4
89,0
83,0
27
21,1
21,2
22,0
21,3
—
—
28
40,2
41,5
42,3
39,7
38,2
39,2
29
30
31
79,0
81,5
83,3
77,0
—
—
76,3
82,0
84,3
76,8
78,2
76,2
32
34,2
32,3
33,1
32,9
29,9
30,3
33
28,9
32,0
32,0
31,3
30,8
29,0
34
18,8
21,7
21,3
19,8
19,3
19,8
35
63,2
103,8
99,4
97,2
92,8
95,4
36
42,3
47,3
46,8
43,7
41,2
43,2
37
39,3
50,2
44,3
46,2
46,3
46,7
38
24,3
28,1
28,3
26,4
26,7
25,8
39
33,2
34,0
34,3
32,1
33,7
32,6
40
36,0
35,3
33,4
33,2
33,4
32,0
41
—
—
—
—
42
32,0
33,8
36,4
33,0
35,2
34,0
43
28,0
27,6
26,3
26,4
26,8
25,3
44
27,8
26,2
26,9
27,0
25,4
24,8
45
—
—
—
—
—
46
—
—
—
—
—
—
47
—
—
—
—
—
—
48
—
—
—
—
—
49
3,2
3,4
4,0
3,2
3,0
3,2
50
24,7
25,6
26,4
24,2
25,1
25.4
Date
lO./l
l. 79,
Verhandl. der Berl. Antropol. Gesollschaft 187a.
(418)
No. 1—38 are your Nos.
„ 39. Are from rout of nose to inion over the head.
„ 40. Circumference of neck, maximum,
„41. r> « thigh,
„ 42. „ „ calf,
„43. r, « arm, „
„44. „ „ forearm, „
„ 45. „ „ haunches, „
^46. „ „ Trochanters.
„ 47. Fathom or Span of outstretched arms.
48. ^ „ „ thumb and med. finger.
„ 49. Length of thumb from 2. Joint to tip.
50. Greatest width head from chin upwards and backwards.
Soweit Hr. Felkin. Mein Sohn Ernst hat daraus in ähnlicher Weise, wie es
früher durch Hrn. Israel geschehen war, die Hauptiadices berechnet:
Bari
-Man
n e r
45
46
47
48
49
50
51
52
53
Schädelindex . .
72,8
78,4
74,0
72,5
71,7
73,9
77,9
73,7
70,4
Oberhöhenindex
66,2
68,3
70,3
61,5
61,6
67,4
63,1
59,2
61,8
Nasenindex . . .
78,8
86,7
95,2
76,0
78,2
75,5
104,0
97,9
82,9
Malarindex . . .
94,3
85,4
89,9
73,0
77,8
78,2
88,9
85,4
84,5
Mandibularindex .
79,6
88,7
91,6
79,3
88,1
79,8
97,4
85,8
85,3
Jugalindex . . .
107,3
106,4
100,8
95,2
105,0
100,8
108,4
102,5
102,4
B a c h 0 p i
54
55
56
57
58
59
Schädelindex . ,
74,7
79,9
74,5
74,6
75,0
70,6
Oberhöhenindex .
68,6
79,3
72,0
69,4
64,3
63,1
Nasenindex. . .
97,8
112,1
79,5
81,6
86,9
88,2
Malarindex . . .
85,4
95,5
75,0
91,0
85,4
74,0
Mandibularindex .
90,0
89,1
78,0
82,1
76,9
73,3
Jugalindex . . .
116,3
114,4
95,4
121,4
100,0
96,6
Daraus ergeben sich folgende Mittel, wobei für die Bari unter a und b das
Gesammtmittel (unter Hinzurechnung der in der früheren Tabelle enthaltenen
Individuen) gegeben ist:
Bari-Männer (23). Bari überhaupt (35). Bachopi (6).
a. b.
Längenbreitenindex . 72,9 72,8 74,9
Ohrhöhenindex ... — (64,3) — 69,4
Nasenindex .... 80,7 79,9 91,0
(419)
Bari-Männer (23). Bari überhaupt (35). Bachopi (6).
a. b.
Malarer Gesichtsindex 104,G l(l8,5 84,5
Mandibularer „ 112,9 117,0 81,5
Jugaler „ 101,4 99,9 107,3
Körperhöhe ... 1751 1728 1734
Die Bachopi sind also eben noch dolichocephal, wenngleich an der oberen
Grenze dieses Maasses. Dafür ist auch ihr Ohrhilhenindex viel beträchtlicher, als
der der Bari. Ganz auffällig dagegen ist die Gesichtsbildung. Der Nasenindex ist
der höchste überhaupt unter diesen Negern beobachtete; in einem Falle betrug er
112. Auch der Jugalindex ist gross. Dafür sind aber der malare und der mandi-
bulare Gesichtsindex ungewöhnlich niedrig. Es scheint daher, dass die physischen
Eigenschaften dieses Stammes sehr abweichende sind.
(13) Der Herr Ünterrichts-Minister übersendet einen Bericht des Hrn. Studien-
rath Müller über die Untersuchungen des
Gräberfeldes bei Clauen (Amts Peine).
Das Leichenfeld war grossentheils schon zerstört, Hess jedoch noch einen
früher beträchtlichen umfang erkennen. Im Ganzen wurden 4 Skelette nebst
einigen Kohlen und Urnenscherben gefunden. Hr. Prof. Krause aus Göttiugen
hat die Beschreibung übernommen.
(14) Hr. Maler Schulz- Marienburg hat eine grosse Zahl von Oelbildern aus
Lappland ausgestellt und berichtet, unter Vorlegung zahlreicher Skizzen und Ge-
räthe, über seine
Reise nach Lappland.
Am 29. Juni vorigen Jahres (1878) traf ich in Tromsö (unter dem 69,7" nördl.
Breite) ein und begab mich sofort auf die Suche nach den Lappen. Die Stadt
selbst macht einen sehr freundlichen und fast grossstädtischen Eindruck, obwohl
sie nur klein ist, und wird mit Recht das nordische Paris genannt. Auf einer
malerisch mit Birken bestandenen Insel, umgeben von zahlreichen Villen, hat Tromso
etwas mehr als 6000 Einwohner. Hier zeigten sich die ersten Lappen, welche
man dort in norwegische, schwedische und sog. Fischerlappen scheidet. Die ersten
tragen die norwegischen Nationalfarben: blau, roth, weiss; die aus Schweden blau,
roth, gelb; die Fischerlappen gewöhnlich nur zwei Farben und zwar gemischt.
Die Winterkleidung besteht aus Wams, Hosen und Schuhen aus Renthierfellen,
die Sommerkleidung aus groben blauen Wollstoffen; viele aber, namentlich die
ärmeren, tragen auch in der grössten Hitze Pelze. Die Fischerlappen tragen Sommer
und Winter schmutzig-weisswollene Kleidung und nur farbige Mützen, Die Berg-
oder Fjeld-Lappen, nämlich die norwegischen und schwedischen, sind Nomaden,
die Fischerlappen ansässig am Strande. Den Lappen um Tromsö herum hat die
Regierung für den Sommer das Tromsdal angewiesen, weil sie, verhöhnt und über-
vortheilt, in stetem Streite mit den Norwegern leben ; die Fischerlappen aber wer-
den, wegen ihrer Miscliehen mit norwegischen Männern und Frauen, selbst von den
anderen Lappen verachtet. Trost hierfür suchen sie in unmässigem Geiiuss von
Branntwein oder schlechtem Rum, fast ihrem einzigen Getränke. Bereits Sonn-
abends Nachmittags um 5 Uhr sind fast alle betrunken, weil von da ab bis Montag
früh um 8 Uhr kein Branntwein verkauft werden darf. Auf Grund dieses Gesetzes,
37«
(420)
dessen Ausführung die Polizei strengstens überwacht, glauben sie schou am Sonn-
abend enorme Mengen in ihrem Innern bergen zu müssen. Die hier skizzirten
Lappen sind aus Käretsüando (68« n. Br., 40° östl. L. von Ferro). Wie auf der
Skizze „auf dem Fjorde" dargestellt ist, sah ich diese Lappen in einem norwegischen
Boote nach Tromsdal herüberfahren, dessen Eingang in der Mitte des Bildes! Un-
regelmässig rudernd fahren sie erst aufwärts, weil zwei Malströme zu passiren sind.
Von diesen hat der erste Rollwellen, welche nach Süden gehen, der zweite, nahe
dem jenseitigen Ufer, kurze, spitze, nach oben gehende, wie kochendes Wasser, aber
mit der Richtung nach Norden. Mit dem Boote diese starke Bewegung, welche
selbst bei ruhigem Wetter ist, zu durchschneiden, würde niemals den Lappen ge-
lingen, der Strom würde sie mitfortreissen. Deshalb brauchen sie zur Ueberfahrt
zwei volle Stunden, weniger nur geübte Norweger. Hierbei sei bemerkt, dass die
Lappen in ihrer eigentlichen Heimath, trotz der Fälle, von den Bergen auf den
Flüssen in die Thäler fahren und hierbei ausserordentliche Geschicklichkeit ent-
wickeln. Nach dem Süden zu bis Bodo (etwa 67 ° n. Br.), allein mehr nach dem
Innern zu, finden sich Fjeld-Lappen mit festen Wohnungen auf den Bergen, und
zwar in der Nähe von Fjorden, die mit dem Meere Verbindung haben. Darin
liegt der Grund des Nomadenthums der Lappen. Ihrem ganzen Reichthume, der
nach Renthieren zählt, droht sommerlich auf den Bergen die Seuche, die Maul«
faule, welche die Thiere bei Aufenthalt am Meere verschont. Ausserdem wüthen
die Muskitosch wärme an heissen Sommertagen mehr im Innern als an der See mit
den schnell wechselnden Temperaturverhältnissen. Es heisst dort, der Westwind
wehe diese gefrässigen Insektenschwärme, oft dicht gleich einer Wolke, von Amerika
herüber, so ausgehungert richteten sie gewaltigen Schaden an, besonders wenn sie
in eine Heerde von 300—600 Thiere einfielen. Nachdem ich die Skizze fixirt,
dampften wir mit der ersten Minute nach Mitternacht bei Tageshelle weiter gen
Norden. Das Thermometer zeigte TVa^R- und fiel in 31/2 Stunden auf 5". Am
selben Tage (30. Juni) Abends (8 Uhr) kamen wir nach Hammerfest. Das Thermo-
meter stieg und zeigte am folgenden Tage 25° Wärme. Fischerlappen mit ihren
Wohnungen erregten meine Aufmerksamkeit und ich skizzirte, soviel ich konnte,
denn mit der ersten Minute des L Juli ging es weiter. Kräftige Ruderschläge
brachten mich 7 Uhr früh bei schöner Morgensonne an's Land, an die Insel Gjes-
wärsö, der nördlichsten Niederlassung mit Post- und Telegraphenstation. Die Dampfer
fahren nun, nur bei schönem Wetter eine Stunde lang anhaltend, östlich um Nord-
cap bis Wadsö. Ich musste daher im Boote mit zwei Fischern weiter fahren. Die
Kämme der Wellen des Eismeeres waren bis 200 Fuss von einander entfernt, aber
nicht höher als 12 — 15 Fuss. Schwere Arbeit hatte die Leute und die stete Bran-
dung von Norden erschwerte noch das Landen. Leicht wird ein Boot zerschellt,
darum sind die Schiffer dort ängstlich. Nur dem vollen Winde hatten wir eine
nur vierstündige Fahrt zu verdanken. Es war kalt, den Abend vorher zeigte (um
11 Uhr) trotz der schönen Sonne das Thermometer nur 3°R., fortwährend fallend.
Wir schickten die Leute zurück, sie sollten uns am 3. Tage (Nachmittags 4 Uhr)
von derselben Stelle abholen, unweit von einem Wasserfalle, an dessen Seiten eine
interessante Flora blühte, vereinzelte Weidenbäume von 1 Fuss Höhe. Unser Weg,
welcher über Schnee-, Eis- und Steinfelder ging, dann durch Moräste, war sehr
beschwerlich, besonders über die Steinfelder, da die Spitzen der Steine oft sämmt-
lich nach oben gekehrt waren. Bald sahen wir Hunderte von Renthieren, die hier
zum Theil verwildert leben, dann aber desto schöner sind; in der Farbe, welche
mit der Jahreszeit wechselt, waren sie weissgelb. Die Thiere auf der ausgehängten
Skizze sind vom Nordcap, die Stimmung und Landschaft weiter südlich. Ein alter
(421)
Bock, mit einer Glocke um den Hals, ist Führer der Heerde, ihm folgen alle Thiere
dicht gedrängt im Trabe, denn das freiere Thier ist scheuer; später konnte ich
durch Lockrufe mich zweien auf 5 — G Schritte nähern. Interessant ist, wenn die
La])pen mit ihrer Heerde einen Fjord passiren. Der Bock wird ins Boot ge-
schleppt, man rudert ab und nach einigem Rennen am Lande stürzt sich die ganze
Heerde in den Fjord und schwimmt nach. Man sieht dann einen Wald von Renn-
thiergeweiheu, aber alle schwimmen in guter Ordnung und Richtung. Trotz der
eifrigsten Suche und einer mehr als zwölfstündigen Wanderung entdeckte ich weder
Lappen noch Gammen. Karte und Compass, Uhr und Sonne waren Führer, und
eine halbe Stunde vor Mitternacht gelangte ich mit meinem Gefährten, an der
Säule König Oskar IL, an den äussersten Rand des Nordcap. Die Insel Magerö,
auf der es liegt, ist 18 Quad. -Meilen gross. Das Thermometer zeigte 4, am andern
Tage 6° Kälte, der Nordwind pfiff, die sehr schöne Mitteruachtsonne vom 1. zum
3. Juli stand etwa 22—23° über dem Horizont. Vor Allem errichteten wir einen
Kochheerd, bauten aus den herumliegenden Steinen einen Verschlag zum Schlafen,
während ausgerissene Grasbüschel die Matratze bildeten. Zur bestimmten Zeit kehrte
ich im selben Boote nach Gjeswärsö zurück. Abends am 5. Juli fühlten wir uns in
gehörig geheiztem Zimmer sehr wohl, wir hatten uns Frostbeulen, Muskitobisse
und Erkältung geholt. Die Fischerlappen sind hier so schmutzig, nach Thran stin-
kend, dass eine Annäherung beim besten Willen nicht möglich war, zumal sie nur
in einer Thranbrenuerei sich bewegten. Wir dampften daher mit dem zurück-
kehrenden Dampfer den 6. (2 Uhr) Morgens wieder südlich bei 4° Wärme. In
Hammerfest, früh S Uhr, ging es au das Skizzireu, da wir bloss 13 Stunden Zeit
hatten. Haminerfest, bewohnt von F'ischern und Händlern, besteht ausser einigen
Gammen, welche halb von Stein, halb von Erde sind, und auch einige nothdüiftige
Fenster haben, aus lauter hölzernen Häusern, Nahe der Stadt bezeichnet eine
Säule die Stelle der grossen , gemeinschaftlich von Russland , Schweden und Nor-
wegen hier abgeschlossenen Gradmessung. Eine halbe Meile von Hammerfest ist
ein niedriger, kleiner Birkenwald. Mit üebergehung meiner Weiterreise erwähne
ich, dass ich am 10. die Fahrt über die obenerwähnten Malströme ins Thal der
Lappen, gegenüber von Tromsö, machte. Nach einem nicht unbeschwerlichen Marsche
lag die Ebene mit ihren Gammen, gelblichen, riesigen Maulwurfshügelu nicht un-
ähnlich, vor unseren Blicken. Die erste Familie (Bild a), nach dem Mittagessen,
Hess sich einigermaassen fixiren, da sie nichts von dem Vorgange merkte, denn
der Aberglaube, dass der Gemalte sterbe, ist ihnen unwiderlegbar. Aber bald zog
eine Herrengesellschaft, 15 Köpfe stark, auf die wir unterwegs trafen, ihre geschäft-
liche Aufmerksamkeit an. Bald gab es grosses Hunderennen und Bellen, dann
kamen die Kinder, die uns ihre aus Renthierknochen geschnitzten Löflfel, von
denen einer zur Stelle, zum Kaufe anboten, bald zogen sich die Alten in ihre Hütte
zurück, nun erst das Skizziren merkend, wofür sie viel Geld verlangten. Ein alter
Oberlappe gerbte noch sein Renthierfell, bald folgte auch er den anderen. Ich
folgte nach (Bild b) in die Hütte, wo sich die Leute ihren Mokka bereiteten. Da
mir Alles daran lag, das Innere zu skizzireu, so vereinigte ich mich mit den Kaufleuten
dahin, dass sie um einen feinen silbernen Becher feilschten, so lange bis ich fertig
wäre. Der Becher war von gutem Silber, geschweift, mit viereckigen Zicrrathen
behangen und gravirt. Es wurden sechszehu Kronen verlaugt, dann 2 herunter-
gelassen, wieder aufgeschlagen und schliesslich die ersten 16 bezahlt. Alle waren
dabei so betheiligt, dass ich in den zwei Stunden recht gut arbeiten konnte. \ or-
weislich und erfolgreich hatte ich eine Kreisfläche Insektenpulver um mich gestreut,
fast unerträglich war der Geruch in der Hütte. Denn die Oeffnung in der Decke
(422)
lässt nur ungenügend Dünste und Dampf heraus, während die frische Luft kaum
Eingang findet. Eine Wiege, im Vordergrunde, war sehr bemerkenswerth, Kaffe-
tassen und Kessel sind modernen norwegischen Ursprungs. Die Lappen sind in-
telligent und schlau, aber faul, möchten sich gern auf leichte Weise Geld, und zwar
viel verschaffen, was ihnen aber nicht gelingt, weil die Norweger schlauer sind. Die
Freundschaft der jüngeren Generation, die durch Anlehnen an meine Schultern
bekundet wurde, drängte mich zur Hütte hinaus. Die Skizze „nach dem Abend-
essen" ist in einer Zeit entstanden, wo die Sonne dem Horizonte schon sehr nahe
war, daher mehr Dämmerung in der Landschaft ist, und zwar vor meiner Abreise
von Tromsö (am 22.), von wo ich nach den Lofoden fuhr. Ausserdem war ich
noch in Lyngseidet am Lyngenfjord, wo ich auch schwedische Lappen fand. Das
Gold und Silber, das die Lappen einst besessen, schwindet immer mehr, die Rei-
senden, meist Engländer, kaufen es ihnen oft für hohe Summen ab, der Betrag
wird vertrunken, das Volk aber immer iirmer. Die Missionäre haben viele Mühe
mit ihnen, doch lernen sie lesen und schreiben. Wir konnten uns immer gut mit
ihnen verständigen, die Flinte, welche ich mitführte, that auch das Ihrige dazu.
Zwei Jahre vor meiner Reise (wenn ich nicht irre) hatten die Lappen im Innern
einen Reisenden überfallen und vollständig ausgeplündert. Sind auch nicht alle
Spitzbuben, so giebt es doch viele unter ihnen. Manche sind harmloser geworden und
werden es immer leicht zu Ausländern, weil diese freundlich mit ihnen umgehen.
Der Thermometerstand bis zu meiner Abreise am 22. Juli wechselte zwischen 6 und
10*' R. (einmal 12° R.). Der mit ewigem Schnee bedeckte Berg in der Ferne ist
der 1300 771 hohe Tromsdalstind. Die Renthiere dieser Familie befanden sich auf
der Höhe und wurden immer Nachts in Verschlage zusammengetrieben, welche
hinter uns lagen. Die frische Renthiermilch ist sehr nahrhaft, und schmackhaft. —
Hr. Schulz schenkt der Gesellschaft einen schön geschnitzten Löffel aus
Renthierhorn mit einer sehr feinen eingeritzten Zeichnung eines Renthiers.
Der Vorsitzende dankt dem Vortragenden für die Vorzeigung der äusserst
lebendig und anschaulich ausgeführten Bilder.
(Li) Hr. Photograph Otto Koch (aus Altona), der 5^4 Jahre auf den Philip-
pinen zugebracht hat, sendet von Mauila, 18. September, an den Vorsitzenden eine
kleine Auswahl von
Photographien von 5 Negritos,
und verspricht bei seiner, in einiger Zeit erfolgenden Rückkehr eine grössere Zahl
herauszubringen. Die übersendeten sind zum Theil etwas undeutlich, geben aber
doch vortreffliche Anschauungen von der Bescliaffenheit dieses merkwürdigen Volkes.
Die Aufnahmen betreffen Negritos aus den Bergen von ßataan in der Nähe des
Dorfes Orion.
(16) Hr. Jagor übergiebt im Namen des Don Jose Munoz de Bustillo in
Manila
vier Schädel von Cagraray (Philippinen).
Diese Schädel') stammen aus einer Höhle der Insel Uagraray, in welcher
1) Eine mitgesendeto Zeitungsnotiz hiutct folgendermaassen:
,La coiuision antropologica francesa, en uniuu del Sr. Alvarez Guerra y otros aficionados,
(423)
sich Anhäufuiifren von Gegenständen sehr hohen Alters befinden, die von der Be-
völkerung gehütet und verehrt worden. Nach Ansicht zweier französischer Ge-
lehrten, welche gegenwärtig die Philippinen bereisen, hat jene Höhle den alten
Bisayerii zur Bestattung ihrer Todten gedient. Ausser Schädeln mit plattgedrück-
ter Stirn und anderen menschlichen Ueborresten, fand man auch einen Armring,
gefertigt aus einem Wirheiknochen des Fisches Pege Muller. Der Verfasser des
Zeitungsartikels, welchem diese Notizen entnommen sind, glaubt irgendwo gelesen
zu [laben, dass in alter Zeit Handelsverkehr zwischen den Philippinen und
Palaos- Inseln bestand, und dass die Philippinischen Händler gegen Wirbel des
genannten Fisches Erzeugnisse jener Inseln eintauschten, wo man aus solchen Wirbeln
Armringe machte, die zum Schmuck oder als Orden dienten.
Die Insel Cagraray, gewöhnlich Cargaray, auf Coello's Karte Cacraray
genannt, liegt nördlich der Provinz Albay, am Ostende von Luzon, zwischen
den Inseln S. Miguel im Westen und Batan und Rapurapu im Osten, welche
zusammen den Busen von Albay gegen das Stille Meer abgrenzen.
Der Fisch Pege Muller (spr. peche muyer), i. e. piscis mulier, See-
jungfer, ist die in den Gewässern des indischen Archipels heimische Seekuh,
Dujong der Malayeu (Halicore Dugong L.). Die Stelle, welche der Bericht-
erstatter im Sinne hatte, rührt wohl von Semper her, der über den hohen Werth
dieses Knochenschmuckes auf den Palaos-Inseln interessante Mittheilungeu macht').
„. . . Nur den ausgezeichneten Männern des Landes kann er vom König oder
dem Fürstencongress zuertheilt, aber auch entzogen werden Das durch Ab-
feilen der Kanten und Vorsprünge etwas erweiterte Loch, durch welches das Rücken-
mark hindurchtritt, ist so eng, dass selbst die zarten und in ihren Gelenken so
ausnehmend biegsamen Hände der Eingebornen nicht ohne grosse Mühe hindurch-
kommou. Die Finger des Beglückten werden fest zusammengebunden, so dass sich
die Breite des gebogenen Handrückens möglichst vermindert, und danu wird die
Hand durch den Wirbel hindurchgezwängt, indem einige Männer an dem Taue,
welches die Finger hält, aus Leibes -Kräften ziehen, während andere von entgegen-
gesetzter Seite her den Wirbel und den Decorirten halten. Oft sieht man die Vor-
nehmen des Landes mit Stolz die Hand zeigen, von welcher sie bei solcher Standes-
erhöhung einen Finger, meistens den Daumen, durch die Operation des Durch-
ziehens verloren haben."
Dass Capitain Wilson, der 1785 auf den Pelew-Inseln, strandete, und sich
dort ein neues Schiff baute, bei seiner Abreise vom Könige ebenfalls diese höchste
Auszeichnung erhielt, wird den Herren, welche diese von Keate so anziehend ge-
schilderten Reiseabenteuer gelesen haben, wohl in der Erinnerung geblieben sein.
Das Vorkommen eines solchen Armringes in der Höhle von Cargaray scheint
anzudeuten, dass ihn auch die früheren Bewohner jeuer Insel als Schmuck oder
als Zeichen des Ranges trugen.
ha visitado una cueva en Cagraray, que se supone enterrauiiento de antiguos Visayos, y en
eila, entre craneos de frente aplastada y otros restos buuianos, se ha encontrado un braza-
lete ö ajorca, que roconoci inmediatamente couio hecho da una vertehra de) pescado que se
conoce cou el nombre de Pege Müller. No recuerdo donde, pero creo haber leido algo en
la Revista de Filipin<vi, sobre comercios que antigiiaiuente se hacian coii Palaos v que ä
cambio de las vertebras de! pescado dicho, obtenian los traticantes tilipinos produclos de
Palaos, en cuyas islas hacian de las vertebras del Dugongo brazaletes que scrvian conio con-
decoracion 6 adorno personal."
1) Die Philippinen und ihre Bewohner S. 28 und S. 110. Die Palau-Inseln im Stillen
Ocean S. 114. Anm.
(424)
Ein Beweis für den Verkehr derselben mit den Palaos ist daraus nicht her-
zuleiten, doch mag bei dieser Gelegenheit nochmals auf die in den Verhandlungen
der Gesellsch. 1870, S. 148, angeführten Fälle erinnert werden, in welchen Be-
wohner der Carolinen und Palaos an die östlichen Gestade der Philippinen
verschlagen wurden. —
Hr. Virchow: Die Schädel, welche uns Hr. Muiioz in so freundlicher Weise
sendet, haben als Höhlenschädel ein besonderes Interesse. Wenngleich die
Höhlenfunde auf den Philippinen, soweit sie bis jetzt bekannt sind, bei Weitem
nicht in ein so hohes Alter hinaufreichen, wie in vielen anderen Gegenden, so
haben sie doch insofern eine grosse Bedeutung, als die Gewohnheit, die Todten in
oft sehr schwer zugänglichen Höhlen zu bestatten, auch auf den Philippinen durch
die christlichen Priester zurückgedrängt und endlich beseitigt ist, und als wir daher
in den Leichen der Höhlenbestattung mindestens immer Zeugen einer Zeit sehen
dürfen, in welcher die Bevölkerungen weniger gemischt waren, als es gegenwärtig
der Fall ist.
Es ist diess schon die vierte Gruppe philippinischer Höhlenschädel, über welche
ich der Gesellschaft berichte. Meine früheren Mittheilungen sind, zum Theil durch
Abbildungen erläutert, in einem Anhange zu dem Buche des Hrn. Jagor (Reisen
nach den Philippinen. Berlin 1873, S. 355) zusammengefasst worden. Ich be-
sprach damals Schädel aus einer Höhle von Lanang auf der Insel Samar, aus zwei
Höhlen bei Nipanipa auf derselben Insel und aus einer Höhle von Caramuan auf
Luzon. Au der Mehrzahl dieser Höhlenschädel Hessen sich künstliche Deforma-
tionen nachweisen, am stärksten an denen von Lanang. Die jetzt angelangten
Schädel von Cagraray stehen den letzteren am nächsten, nicht bloss in Beziehung
auf ihre Verdrückung, sondern auch in Beziehung auf ihre natürliche Bildung,
Letztere ist wenigstens an zwei derselben (I. und 11.),^ welche zugleich die am
Ijesten erhalteneu, vielleicht auch die am wenigsten alten sind, recht gut zu er-
kennen.
Der Erhaltungszustand ist in der That so verschieden, dass man ein verschie-
denes Alter, jedenfalls eine sehr verschiedene Lage annehmen muss. Die einen
(I. und II.) sind sehr compakt und schwer, von einer weisslichen, an vielen Stellen
jedoch (offenbar durch Verschinimelung) grünlichen Farbe. Die anderen beiden
(III. und IV.) dagegen sind mehr gelblich, ungemein brüchig und verhältnissmässig
leichter. Nr. III. zeigt noch einen, wenngleich schwachen Siuterüberzug, wie ihn
die Schädel von Lanang in höchstem Grade darboten; er ist überdiess an der Basis
defekt. Nr. IV. ist stark verletzt, indem nicht bloss die Basis ausgebrochen ist,
sondern auch der grösste Theil des Schädeldachs und der linken Seitenwand fehlt,
und zwar nicht bloss durch mechanische Einwirkungen, sondern noch mehr durch
eine allmähliche Auflösung, welche durch Wasser vermittelt sein muss. Zeugen
einer solchen Zerstörung sind ausserdem noch in einer grösseren Zahl von Bruch-
stücken vorhanden, welche zu anderen Schädeln gehört haben und sich nicht weiter
zusammenfügen lassen. Unter diesen Stücken befindet sich auch eine jugendliche,
an den Enden stark defekte Tibia von platyknemischer Beschaffenheit, mit
stark nach vorn ausgebogener Crista. Das Fehlen aller Unterkiefer ist in hohem
Maasse empfindlich.
Ich gebe in nachstehender Liste zunächst die Hauptmaasse dieser Schädel'):
1) Der Bequemlichkeit wegen füge ich hier sofort einen, zu dem nächsten Vortrage ge-
lungen, von Hrn. Baer geschickten Igorrotenschädel bei.
(425)
Maasse,
Länge
Breite
Senkrechte Höhe
Ohrhühe
Mittelgesichtshöhe (Nasenwurzel bis Aveolarrand)
Gesichtsbreite, malar
jugal
Orbita, Höhe
„ Breite
Nase, Höhe
„ Breite
Horizontal-Umfang
Cagraray
I. II. III. IV
172
141
137
118
66
100
142
35
40,5
48
32
497
172
142
136
121
64
94
132
34
39
49
27
490
170
150
119
68
98
135
34
40
50
26
495
67
105,5
142
30
42
55
25
Igorrote
179
133
131,5
116
55,5
91
125
33
36
48
27
490
IL
III.
IV.
Mittel
82,6
88,2
—
84,2
79,1
—
—
79,4
70,3
70,0
—
69,6
68,0
69,3
63,5
66,7
48,4
50,3
47,1
48.0
87,1
85,0
85,7
8G,0
55,1
52,0
45,4
54,5
Daraus berechnen sich folgende Indices
I.
Längenbreitenindex . . 82,0
Höhenindex 79,7
Ohrhöhenindex .... 68,6
Mittelgesichtsindex, malar 66,0
„ jugal 46,4
Orbitalindex 86,4
Nasalindex 66,6
Es handelt sich hier also, wie bei den Schädeln von Lanang, um eine hypsi-
brachycephale Bevölkerung, welche die Besonderheit ihres Schädelbaus durch
künstliche Verdrückung noch mehr gesteigert hat. In letzterer Beziehung kann
No. III., welcher übrigens einem früheren Lanang-Schädel (Samar Z. 873) täuschend
gleicht, als Muster dienen. Durch den Druck ist eine starke Abflachung des Hinter-
haupts, aber auch eine Niederdrückung und Verbreiterung des Vorderhaupts herbei-
geführt worden, und es hat sich hinter der Kranznaht eine schwache Vertiefung
gebildet. Man vergleiche Tafel L, Fig. 3 und 4 in dem Werk des Hr. Ja gor.
Die Alae temporales sind durchweg sehr breit. Die Tubera parietalia stark ent-
wickelt. Bei Nr. IV. hakenförmige Protub. occipit. externa.
Ungleich grössere Differenzen, als im Bau der Schädelkapsel, ergeben sich im
Bau des Gesichtsskelets. Am wenigsten ist dies der Fall bei den Augenhöhlen,
welche sich durchschnittlich als gross und sehr hoch erweisen. Der hypsikonche
Mittelindex von 86 weicht nur wenig von den Einzel-Indices ab. Um so stärker
ist die Verschiedenheit der Nasenbildung. Der mittlere Index von 54,5 ist platyr-
rhin, aber Nr. III. ist mit 52 luesorrhin und Nr. IV. mit 45,4 sogar leptorrhin.
Dafür ist Nr. I. mit 66,6 sogar hyperplatyrrhin. Diese grosse Verschiedenheit
zeigt sich schon in der äusseren Betrachtung. Die knöcherne Nase ist bei Nr. I.
niedrig, stark eingebogen und der Rücken abgeplattet, bei Nr. IL dagegen nament-
lich nach oben ungewöhnlich schmal, lang und mit deutlich vortretendem Rücken
versehen; bei Nr. III. greift der Ansatz hoch gegen die Stirn herauf, die Nase ist
(426)
schmaler, hoch, jedoch am Rücken etwas platt; bei Nr. IV. ist der Rücken breit,
aber gar nicht eingebogen, die Nase zugleich hoch und schmal, so dass sie der
Goldi-Nase ähnlich wird. Auch in dieser Beziehung gleichen die Schädel von
Cagraray denen von Lanang. Bei letzteren ist durchweg der Nasenansatz hoch, die
Nasenwurzel wenig vertieft und die Nase selbst hoch.
Das Gesicht erscheint trotz der hohen Orbitae breit und niedrig. Die Backen-
knochen sind bei allen stark und treten bedeutend vor. Nr. I. hat eine fast voll-
ständige Synostose der Sutura zygomatico-maxillaris. Der Alveolarfortsatz des
Oberkiefers ist durchweg kurz und deutlich prognath, jedoch massig, wie
auch bei den Lanang-Schädeln. Dem entsprechend ist auch der Gaumen kurz und
nach hinten breit, die Zahncurve meist hufeisenförmig nach hinten verengert.
Leider ist es sehr schwer, wenn nicht unmöglich, das Geschlecht mit einiger
Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Schon die Deformation hindert eine genaue
Unterscheidung. Namentlich Nr. III. und IV. haben manches Weibliche an sich;
trotzdem möchte ich sie nach der Grösse und Stärke der Knochen auch für männ-
lich halten.
Mit Negrito-Schädeln haben die Cagraray-Schädel trotz ihrer Brachycephalie
keine Aehnlicbkeit. Sie kommen, wie ich schon früher für die Lanang-Schädel
nachwies, malayischen oder malayisch-polynesischen Formen am nächsten.
(17) Hr. Virchow theilt mit, dass die in der Sitzung vom 18. October (Verh.
S. 331 und 333) angekündigte Sendung des Hrn. Baer aus Manila glücklich an-
gekommen ist, enthaltend
Schädel und Skelette von den Philippinen, namentlich von Negritos.
Es ist diess wohl die reichste Sammlung von Negrito-Schädeln und -Skeletten,
welche jemals nach Europa gekommen ist, und ich fühle mich in der That dem
mir persönlich ganz unbekannten Sender gegenüber zu besonderem Danke ver-
pflichtet, dass er mir dieses grosse Material zugänglich gemacht hat. So viel ich
weiss, giebt es noch jetzt in allen europäischen Museen zusammen nicht so viel
Skelette, als hier auf einmal angekommen sind. Ausser einem einzigen Igorroten-
Schädel sind nehmlich alle übrigen Gebeine von Negritos.
Bei der Grösse dieses Materials ist es nicht möglich, darüber schon jetzt ein-
gehend zu berichten. Nicht einmal die Herrichtung der Schädel, das Befestigen
der zahlreich ausgefallenen Zähne und der Unterkiefer und das Zusammensuchen
der nicht durchweg genau zusammengehaltenen Theile hat sich abschliessen lassen.
Die wenige Zeit, welche mir meine sonstigen Arbeiten lassen, reicht kaum aus, um
jeden Tag nur ein Paar Säcke mit Knochen durchzusehen. Ich muss mir daher
vorbehalten, auf diese Schätze zurückzukommen. Heute will ich nur im All-
gemeinen bemerken, dass die Mehrzahl der Skelette allerdings defekt ist, bei vielen
sogar grosse Abschnitte von Knochen, namentlich von Wirbeln, Hand- und Fuss-
knochen fehlen, bei anderen die eingeschickten Knochen durch fortgeschrittene Zer-
setzung stark angegriffen und in grösserer Ausdehnung zerstört sind, dass aber
trotzdem ein so grosser Antheil gut erhaltener Knochen vorhanden ist, wie er nur
irgend für die Beurtheilung einer wilden Rasse zu ermöglichen sein dürfte. Ganz
besonders die Schädel und die Becken sind bei vielen im besten Zustande. Die
Unterkiefer sind fast ausnahmslos vorhanden und die Zähne lassen sich soweit zu-
sammenfinden, dass ein recht vollständiges Bild der Gcsichtsbildung gewonnen wird.
im Ganzen kann ich sagen, dass die Sendung in höchstem Grade übereinstimmt
mit dem früheren Material, wie wir es namentlich durch Hrn. A, B.Meyer erhalten
(427)
haben. Was ich darüber in der Sitzung vom 15. Juni 1872 (bei Jagor, Reise in
den Philippinen S. 374) mitgetheilt habe, wird durch die jetzigen Erfahrungen
durchaus bestätigt. Keiner der neuen Schädel zeigt nennenswerthe Abweichungen
des Typus. Man könnte sagen, dass alle durch eine eng begrenzte Familien-Aehn-
lichkeit zusammengehalten werden: Ausgemachte Brachyce phalie und Pro-
gnathie ohne Spuren von künstlicher Deformation bei verhältniss-
mässiger Kleinheit.
Ich möchte heute nur ein Paar Worte sagen über den I gor r ot e n -Schädel,
der leider ohne Unterkiefer ist und der einem so alten Individuum angehört hat, dass
nicht nur alle Zähne fehlen, sondern auch die Alveolen obliterirt sind und der
ganze Alveolarfortsatz geschwunden ist. Der Gesichtshöhen-Durchmesser ist daher
mit denen der sonstigen Schädel nicht vergleichbar.
Sonderbarerweise war auch unter den früher mir zugegangenen Sendungen
jedesmal ein Igorroten-Schädel, und jedesmal wich dieser von der ganzen übrigen
Masse wesentlich ab. Ich habe darüber jedesmal berichtet (bei Jagor S. 'Mji), 371,
374). Es ergab sich, dass diese Schädel, im Gegensatze zu allen anderen
Rassen auf den Philippinen, dolichocephal oder höchstens mesocephal
seien, dass ferner geringe Prognathie, verhältnissmässig hohe Augenhöhlen, hohe
Nase mit sehr schmaler Wurzel und gelegentlich starke Stirn-Nasenwülste zu con-
statiren seien. Der jetzt angelangte Schädel schliesst sich dieser Reihe, die aus
lauter Einzelfuuden reconstruirt werden musste, unmittelbar an. Er ist lang und
schmal; die Sagittalgegend tritt über das Niveau des etwas eckigen Schädeldaches
hervor und das letztere erlangt dadurch eine mehr hausdachartige Beschaffenheit.
Die Alae temporales gut entwickelt, aber schmal, üeber ihnen, am Angulus parie-
talis, ein tiefer Eindruck (Stenokro taphi e). In der Hinteransicht erscheint der
Schädel geradezu ogival. Die Nase ist schmal, aber stark eingebogen; die Nasen-
beine fast ganz syuostotisch.
Die Maasse dieses Schädels sind schon auf der vorher mitgetheilten Liste mit
enthalten. Ich füge hier nur die Indices bei:
Läugenbreitenindex .... 74,3
Höhenindex 73,2
Obrhöhenindex 64,8
Nasenindex 56,2
Orbitalindex 91,G
Mittel gesichtsindex, malar . . 60,9
y, jugal . . 44,4
Der Schädel ist also ausgemacht dolichocephal (nicht ganz so stark, als Hr.
Baer S. 333 berechnet hatte) und stimmt auch in allen übrigeu Dingen mit den
früher von mir untersuchten so weit überein, dass ich seine Zusammengehörigkeit
mit denselben anerkennen kann, trotzdem dass er von einem anderen Orte, Cayan,
herstammt. Die Nase hat trotz der Schmalbeit der Wurzel einen stark platyr-
rhinen Index. Es ist möglich, dass die senilen Veränderungen liier mitgewirkt
haben, indem die Höhe des Oberkiefers reducirt worden ist. Sonst könnte man
daran denken, ob die Rasse ganz rein ist, — eine Frage, die ich schon früher (bei
Jagor S. 371) diskutirt habe. Die 3 anderen Igorroten-Schädel haben sämmtlich
ungewöbnlich schmale Nasenansätze und der Rücken der Nase ist stark eingebogen,
dagegen ist die Nasenöffuung weit. Die allerdings bei ihnen vorhandene Prognathie
ist massig und rein alveolar.
Immerhin stellt sich auch hier dieselbe merkwürdige Thatsache heraus, dass
auf den Philippineu eine wilde Rasse existirt, welche von den Negritos
1
(428)
sowohl, als von den Menschen der alten Höhlenschädel verschieden
ist, welche auch mit den malayischen Küsten- und Binnenrassen, den Bisayos,
Tagalen, Bicols u. s. w. nichts gemein hat, eine Rasse, welche, soviel wir bis jetzt
wissen, nicht schwarz und nicht kraushaarig ist. Das Interesse, sie genauer kennen
zu lernen, ist ungemein gross, und ich darf die Aufmerksamkeit sowohl der inlän-
dischen Forscher, als der Reisenden ganz besonders darauf hinlenken, weitere Nach-
richten über diese Stämme zu sammeln und anthropologisches Material zu ihrer
Beurtheilung zusammenzubringen.
(18) Hr. General v. Erckert in Wlozlawsk an der Weichsel (Gouvernement
Warschau) hat Hrn. Virchow folgende Mittheilungen gemacht, betreffend
Gräberfunde in Cujavien.
1) In einem Briefe vom 29. Oct. (10. Nov.) schreibt er Folgendes:
„Bei meiner leider nur zu kurzen Anwesenheit in Berlin vor wenigen Wochen,
wo Sie die grosse Freundlichkeit hatten, mich mit Rath zu unterstützen, hatte ich
Ihnen in Kurzem einen Plan meiner geringen Thätigkeit für archäologische For-
schungen in der zum ehemaligen Königreich Polen gehörigen grösseren Hälfte
Cujaviens (zwischen Goplo-See und Weichsel) vorgelegt, um je nach Zeit und Mitteln
die häufigen alten Verschanzungen, unter umständen Grabhügel, namentlich aber
die massenhaften, wenn leider auch bereits meist von oben zerstörten, im Ganzen sehr
grossen Steingräber zu untersuchen. — Wenn ich auch erst nach fortgesetzten Forschun-
gen im Frühjahr eine Arbeit darüber zurecht bringen kann, so dürfte es vielleicht
nicht ohne Interesse sein, einiges darüber in der Zeitschrift für Ethnologie zu ver-
öffentlichen, da mit wenigen mir bekannten Ausnahmen die Grabstätten in dem,
durch topographische Gestaltung, namentlich durch Wasserläufe und Seen früherer
Zeit sehr geschützten und für Einfälle fremder Völker etc. wenig zugänglichen
Cujavien einen ganz speciellen, sich überall fast wiederholenden Charakter haben,
so dass ich, wenn nicht diese Form bereits allgemein auch wo anders anzutreffen
ist, vorschlagen würde, sie „Cujavische Gräber" zu nennen. Im Allgemeinen haben
sie folgende Form, unterscheiden sich aber meist durch grössere, oft bis 200 Schritt
gehende Länge von einander.
■a
STEINE
t>C_G.wJ
HORIZONT
-O.
r.'-* O ^i^-CZS^. WESTEN
^
4 ^
1. Seitenansicht. 2. Ansicht von üben. 3. Aufgedecktes Grab. 4.-7. Graburnen.
(429)
„Die Form der aufgedeckten eigentlichen Grabstätte ist im Innern verschieden.
Die hier gezeichnete wurde nach vielen vergeblichen Versuchen, jn diesen, hier sehr
häufigen Gräbern etwas zu finden (da nur die Bauart zu ersehen und interessant
war), von mir in diesen Tagen mit einem Funde entdeckt, den ich Ihnen in einigen
Tagen zusenden werde, in der Hoffnung, der Wissenschaft dadurch einen kleinen
Dienst erwiesen zu haben, wenn Ihre Untersuchungen den Fund verwerthet haben
werden.
„8 km von Lubraniec, an oiiiem kleinem Flüsschen (Sglowiontschka), das sich
hier in Wlozlawsk in die Weichsel ergiesst, 30 km von hier entfernt, ganz nahe
bei dem Vorwerk Janischewek (mit Lubraniec einer Frau v. Mniewska gehörig)
untersuchte ich das oben skizzirte, über 100 Schritt lange, mit oben etwa 2 Fuss
Erde bedeckte Steingrab, dessen Räuder nur ab und zu durch Steine sichtbar
waren, das sich aber an seiner nördlichen Kante etwa 6 Fuss über den Horizont
erhob und mit lehrahaltigem Sande aufgeschüttet war (die Gräber liegen meist von
Osten nach Westen, auch von Süden nach Norden); dieses lag mit dem Kopfende
nach Osten, mit dem Schwanzende nach Westen. In dem innersten, 1 '/■, m langen,
1 m breiten, mit rohen und glatten Steinen umsetzten, eigentlichen Grabe, das
mit relativ gut behauenen grossen, dünnen, am Rande fast scharfen, flachen Stein-
platten (roh) bedeckt war, fand ich ein vollständiges Skelet mit Kopf und Zähnen im
Sande, die Füsse überkreuz, bereits die Knochen auseinandergefallen, mit dem
Gesicht nach S., mit dem Kopf nach W. Das Gesicht lag dicht vor einer grossen
Urne (Fig. -1), die leider beim Transport in einige Stücke zerbrochen ist; daneben
eine kleinere Urne, bereits an der Seite eingedrückt, schräg liegend (Fig. 5); an
dem Fussende eine ebenfalls kleinere mit 2 knopfartigen Ansätzen (Fig. 6), und eine
mit ebenfalls 2 knopfartigen Ansätzen (Fig. 7). Kopf und sämmtliche im Grabe ge-
fundenen Knochen füge ich bei. Das ist Alles, was im Grabe enthalten war, ab-
gesehen von dem, was in der grossen Urne, am Kopf stehend, enthalten war (leider
sehr wenig); sonst waren Kopf und Urnen nur mit Sand gefüllt, und hat sich bis
jetzt auch in der, mehrere Fuss tief ausgegrabenen Erde, die zwischen den umgebenden
Steinreiheu lag, leider nichts gefunden. Die Ausgrabung geht fort, und werde ich das
ganze Grab aufdecken. Unten eine sehr feste Lehmscbicht; unten im Grabe kleinere
Steine als Boden, und auch oben vielfach wie gepflastert in der Umgebung des
eigentlichen Grabes. Aller Urtheile enthalte ich mich natürlich Ihnen gegenüber
und theile nur das nakte Faktum mit. Der Kopf ist dolichocephal und gross."
2) In einem ferneren Schreiben vom 8. (20.) November berichtet der General
folgende weitere Einzelheiten:
„Beifolgende Kiste enthält Folgendes:
1. Den in einem Theil (gesondert durch eine Steineinfassung) der innersten
Abtheilung eines 120 Schritt langen, am Kopfende über 10 Schritt breiten und
nach dem Schwanz-Ende allmählich spitz zulaufenden, mit grossen und mittleren
Steinen eingefassten Grabes oder Grabhügels (wie ich im vorigen Briefe mich aus-
drückte, Cujavischen, vielleicht uralten Grabes?) gefundene, wohl erhaltene Schädel
mit den dazu gehörigen Skeletknochen, und die in einem besonderen Papier
befindlichen wenigen Knochen, die in einer durch eine Steinreihe getrennten
anderen Abtheilung des inneren Grabes gefunden wurden. Ausserdem in einem
besonderen Papier die Knochenstückchen, die in der grossen Urne lagen, welche dicht
am Gesicht des Schädels stand, während sich in den anderen drei Urnen nur
weisser Sand und sonst überhaupt im Grabe nichts vorfand. In der einen kleineren
Urne klebte so zu sagen am inneren Rande derselben eine Art Thonscherbe: das
dieselbe mit der Urne verbindende Material (faserig) liegt in einem besonderen
(430)
Papierchen bei. Jede der 4 Urnen hatte eine andere Gestalt und Grösse: die grosse,
leider beim Transport in einige Stücke zerschlagene, hat die Form der noch heute
überall in Russlaud in den Dörfern zum Kochen und zur Grütze gebrauchten guss-
eisernen runden Töpfe ohne Henkel; eine andere hatte dieselbe Form, war aber viel
kleiner (darin der Scherben) mit punktirter, festonirter Verzierung und zwei knopf-
artigen, 7 cm auseinanderstehenden Ansätzen. Die dritte Urne hatte einen Hals
und war sehr schmal und hoch, aber schon eingedrückt, und stand schief neben
der grossen; die vierte hat einen flach gewölbten Boden und rings herum oben
4 gleich weit entfernte knopfartige Ansätze; der Hals ist niedrig, steht gerade in
die Höhe. Aussen scheinen keine Verzierungen zu sein, aber das Aeussere ist sehr
verkalkt.
„Der Grabhügel war von 0. nach W. gebaut, d. h. das Kopfende nach Osten,
und stieg von Osten her in etwa drei Reihen grosser und grösserer Steine schräg
in einer Höhe von 6 Fuss auf, die beiden äusseren Ecken hatten jede noch einen
grossen Stein, gleichsam als Strebepfeiler; die untere Steinreihe, sowie die ganze Ein-
fassung längs des Grabes lag auf dem natürlichen Horizont (Lehm), der rings herum
nur wenig durch Humus im Laufe der Zeiten erhöht war. Von den beiden äussersten
Enden der östlichen Querwand lief längs des ganzen Grabhügels, also an seiner nörd-
lichen und südlichen Seite, eine fortlaufende, nicht ganz regelmässige Steinreihe, 120
Schritt lang, sich immer mehr nähernd, und in einem einzigen Schlusssteine endigend.
Innerhalb des Kopfendes, auf P'^m Abstand im Lichten, befand sich eine parallele
Steinreihe, viereckig, aus acht, im Ganzen ganz rohen Steinen bestehend; in diesem
Viereck befanden sich, wenn auch unregelmässig, 4 Abtheilungen, von denen die
nordwestlichste, durch etwas mehr flach behauene und 2 ziemlich grosse, dünne, be-
hauene Steinplatten (die eine stumpfe Ecke bildeten) ausgesetzt war, und ein nach
Westen zu längliches, nicht ganz regelmässiges, 1 ^2 ''^ langes und 75 cm breites Viereck
bildete, welches mit ziemlich grossen, ganz dünnen, unregelmässigen Steinplatten (aus
geschichtetem Material) bedeckt war, und in welchem sich das Skelet, mit dem
Kopf gegen W., Gesicht gegen S. liegend, befand, mit zusammengezogenen,
überkreuz liegenden Beinknochen, die einzeln mit dem Sande, der sie umgab,
herausgenommen wurden. In den anderen drei, nicht regelmässigen Abtheilungen
lagen einzelne, meist kleinere Steine, in einer auch eine flache, in der Mitte etwas
erhöhte parallele Steinreihe; in der östlichsten und nördlichsten Abtheilung zu-
gleich die wenigen, ebenfalls beigelegten Knochen im Sande, der überhaupt den
ganzen Grabhügel erfüllte. Letzterer wurde in seiner ganzen Länge aufgedeckt.
Er verlief sich gegen das Schwanzende mit dem Niveau des Bodens; unter ihm,
in geringer Tiefe fester Lehm. Etwa 3 m westlich von dem inneren Steinviereck
befand sich ein, ebenfalls mit Steinen eingefasster, etwa 1 m und mehr hoher, mit
Sand und kleinen Steinen gefüllter Bau, der eine Art mit der Spitze, die breiter
war, gegen Westen gekehrtes Fünfeck bildete, und von aussen, nachdem er aus-
gegraben, ganz ebenso, wie das innere Grab, nur kleiner aussah.
2) Aus einem ganz ebenso construirten Grabhügel, wie der oben beschriebene,
etwa 90 Schritt vom Kopfende desselben entfernt (dazwischen lag noch ein anderer)
und von SO. nach NW. streichend, wurden die beifolgenden Knochen gefunden.
Dieser Grabhügel war kürzer, höher und bestand aus Lehm mit wenig Sand ver-
mischt. Die Steinreihen waren von aussen gar nicht sichtbar. Der schweren
Arbeit wegen wurde nur die Mitte des Kopfendes aufgegraben, und hier ein 2^2 w»
langes und l'/2 m breites, mit inwendig sehr gut behauenen Steinen eingefasstes
Grab aufgedeckt, welches die mit festem Lehm beklebten Knochen enthielt und sonst
nichts. Die Arbeit wurde bis G Fuss Tiefe fortgesetzt und ganz fester Lehm ge-
(431)
funden, also etwa in der Höhe des äusseren Niveau, wo sich Spuren von Kohle,
als schwarze, zerriebene Erde fanden, wohl nur mit verschüttet, da in zwei, dem
inneren Grabe anstossenden Seitenabtheilungen , eine schmal daran anstossend, die
andere etwas grösser und runder, sich viel Kohlenerde und aschenartiger Lehm-
staub faiul, der auf und theil weise unter dort befindlichen, etwa '6 Fuss tief ge-
legenen, flachen Steinen lag und sichtbar einen Feuerheerd bezeichnete (?), vielleicht
Opferfeuer neben dem Grabe? Das Grab soll später weiter erforscht werden, da
dort vier grosse Gräber nahe beisammen liegen.
3) Beiliegende Gegenstände aus einem der vielen ganz ebenso construirten
Gräber, die etwa 7 km östlich des südlichen, schmaleren Tlieiles des Goplo-See's
liegen. Das Grab war 20U Schritt lang. In der inneren Abtheilung des nach 0.
gekehrten Kopfendes lag ein unregelmässiges Steinviereck, zwischen dem und der
äussersten Steinreihe sich noch ein nach W. gekehrtes, spitz zulaufendes Steinvierek
befand, welches das erstere so zu sagen umschloss. Vor dieser Zwischenwand lag
westlich, also nach dem Schwanzende zu, noch ein Steinbau, der nichts enthielt. Der
aus dem Kopfende beschriebene innere Bau hatte einige Abtheilungen, mehr kreisartig,
und in der dem Kopfende näheren, südlich gelegeneu fanden sich die wenigen Knochen
und 2 Ohrgehänge, die beiliegen. Nachgrabungen bis auf den festen i^ehm unten
führten zu nichts. —
„Stein kr eise, noch nicht gehörig untersucht und wohl immer schon zerstört,
weil offen daliegend, finden sich, wohl mit aus diesem Grunde, seltener. In einem
Falle gelang es, einen bedeutenden einzelnen Steinbau durch die Sonde aufzufinden,
der später beschrieben werden soll, der aber bis jetzt nur mit Sand gefüllte Urnen,
die sofort zerbröckelten, ein Stückchen Knochen und zwei glatt polirte Meissel (oder
Schleifsteine) enthielt.
„In einem Grabe wurde kürzlich ein aus Stein gehauenes, sehr rohes Götzen-
bild, den Kopf eines Thieres mit breitem Stiel als Stumpf vorstellend, gefunden". —
Hr. Virchow bemerkt in Bezug auf die ihm gütigst übersendeten Fundstücke,
für welche er Hrn. General v. Erckert seinen besten Dank ausspricht, Folgendes:
Das mir übersendete, ungemein gut erhaltene Skelet aus dem Grabe von
Janischewek ist das eines sehr kräftigen Mannes mit sehr vollständigen und ge-
sunden, jedoch tief abgeschliffenen Zähnen, also wahrscheinlich im mittleren Lebens-
alter. Insbesondere der Kopf ist vortrefflich erhalten und von schöner Form. Nur
die mächtige Fntwickelung der Kieferknochen giebt ihm ein etwas fremdartiges
Aussehen. Trotz seiner beträchtlichen Länge (195 mm) ist er mesocephal, was
von seiner grossen Breite (L53 mm) abhängt. Sein Schädelindex beträgt 78.4. Auch
die Höhe ist beträchtlich, wie der Höhenindex von 75,8 beweist. Dem entsprechend
erreicht auch der Horizontalumfang 549 mm und der Schädelinhalt beträgt ca. 1 650 cc/n.
Die Längsmaasse von dem Ohrloche und dem F'oramen magnum erreichen durchweg
hohe Maasse, wobei jedoch die sehr viel grössere Nähe des vordem Randes des
Foramem magnum von den verschiedenen Punkten des vorderen Gesichtsprofils recht
auffiillig hervortritt.
Die Farbe der Knochen ist eine dunkle, bräunlich-gelbe. Die Knochen sind
sehr fest nnd schwer. Ihre Oberfläche ist von zahlreichen kleineren Rinnen und
Netzen von Baumwurzeln durchfurcht. Die Stirn ist hoch und voll, mit kräftigen
Orbitalwülsten versehen. In der Seitenansicht zeigt der Schädel eine sehr gleich-
massige, lange Curve mit kräftig ausspringendem Hinterhaupt. Die Alae temporales
sind sehr weit. In der Oberansicht tritt die Breite auffällig in die Erscheinung,
lumal da die Tubera parietalia nur schwach entwickelt sind. In der Hinteransicht
(432)
erscheint er gleichfalls voll und schön gerundet. In der ünteransicht ist er breit
und nach hinten voll. Sehr grosse Proc. styloides.
Das Gesicht ist ungemein kräftig und hoch (von der Nasenwurzel bis zum
Kinn 124 wm), aber es macht trotz der ungewöhnlichen Höhe und Stärke sowohl
des Ober- als des Unterkiefers und eines leichten dentalen Prognathismus keinen
groben Eindruck, da alle Breitenmaasse ungewöhnlich klein sind. Die Jochbogen
liegen eng am Schädel an; die grösste Distanz ihrer Wölbungen beträgt 136 7«m.
Die Distanz der Unterkieferwinkel erreicht sogar nur 94 mm. Daher ergiebt der
jugale Gesichtsindex 109,6, der malare 76,6, der mandilulare 75,8. Die Nase ist
hoch und schmal, mit einem Index von 49, also mesorrhin; ihr Ansatz liegt sehr
tief, indem der Nasenwulst sich nicht nur stark überwölbt, sondern auch jederseits
gegen die Augenhöhlen hin einen Fortsatz entsendet. Am wenigsten angenehm ist
die sehr niedrige, gedrückte Gestalt der Orbitae, deren Berechnung einen Index
von 71,4, also ein ausgemacht chamaekonches Verhältniss ergab. Der Gaumen
ist tief und lang.
Die einzelnen Maasse sind folgende:
Grösste Länge des Schädels .
„ Breite ^
Senkreche Höhe „
Ohrhöhe
Horizontalumfang des Schädels
Entfernung des Ohrloches von der Nasenwurzel
» n ,^ „ dem Nasenstachel
n fi r, -n dem Alveolarrand
„ „ „ fl » Zahnrand .
» r> r, V r, Kinn • ■
„ „ For. magn. von de Nasenwurzel
n n n fl dem Nasenstachel
V rt -n r, dem Alveolarrand
195 mm,
153 „
148 ,
125,5 „
549 „
112 „
112 „
121 „
124 ,
141 „
107 „
98 „
103 .
(433)
EntferouDg des For. magn. von dem Zahnraiid .... 107 mm,
y, n n y> v Kinn '14 „
Höhe des Gesichts (Nasenwurzel bis Kinn) 124
„ „ Untergesichts (Nasenwurzel bis Alveolarrand . 74 „
„ „ oberen Alveolarfortsatzes 16
„ der Mitte des Unterkiefers (Alveolarrand) . . 38
Jugal- Durchmesser 136
Malar- „ (Sut. zygora. maxill.) 95 „
Distanz der Unterkieferwinkel 94
Orbita, Höhe '^^ n
„ Breite ' 42 „
Nase, Höhe 54 „
„ Breite 26,5 „
So bedenklich es ist, bei einem einzigen Schädel ein Urtheil auszusprechen,
zu welchem Stamme er gehört, so mag es doch gerechtfertigt sein, daran zu er-
innern, dass der eben besprochene Schädel mehr Aehnlichkeit in der Bildung
mit den Schädeln von Culturvölkern, als mit denen wilder Stämme hat. Damit
soll nicht gesagt sein , dass das betreffende Culturvolk schon weit in der
Cultur vorgerückt gewesen sein müsse; im Gegentheil zeigt sich eine gewisse
Massenhaftigkeit und Grösse der Knochenbildung, welche auf keinerlei Verweich-
lichung schliesseu lässt. Unter den mir aus dem Osten bekannten Schädeln möchte
ich hier zunächst auf die wahrscheinlich lettischen Schädel hinweisen, welche ich
mit dem Grafen Sievers im Rinne-Hügel in Livland ausgegraben habe (Sitzung
vom 20. Oct. 1877. Verh. S. 423. Zeitschr. für Ethnologie Bd. IX). Ich will damit
nicht ausdrücken, dass Letten das Grab von Janischewek aufgeworfen haben. Schon
der umstand, dass es sich auf dem linken Weichselufer findet, muss zur Vorsicht auf-
fordern. Aber eine gewisse Verwandtschaft wird man wohl anerkennen müssen. Nur
annäherungsweise möchte ich einige Schädel vom Neustädter Felde bei Elbing heran-
ziehen (Sitzung vom 16. Juni 1877. Verh. S. 267); dieselben gehen schon in das
brachycephale Gebiet hinüber.
Die gefundenen Indices mögen hier noch einmal kurz zusammengestellt werden:
Längenbreitenindex .... 78,4
Höhenindex 75,8
Ohrhöhenindex 64,3
Nasenindex 49,0
Orbitalindex 71.4
Gesichtsindex
jugaler ....... 109,6
malarer 76,6
mandibularer .... 75,8
Sehr bemerkenswerthe Eigenthütnlichkeiten zeigen die Knochen, namentlich die
der Extremitäten. Sie sind durchweg sehr gross und stark. Ich gebe hier eine
Uebersicht der Länge:
Os humeri 336 mm, Os femoris 454 mm,
Ulna . . 268 „ Tibia . . 380 „
Radius . 250 „ Fibula . 370 „
Am auffälligsten sind die Tibiae wegen ihrer extremen Platykncmie: ob-
wohl sehr stark und keineswegs gekrümmt, gleichen sie doch wegen ihrer ganz
abgeplatteten Beschaffenheit, und wegen der Schärfe und Biegung der Crista fast
den säbelförmigen Tibiae rachitischer Personen. Zugleich ist das obere Ende, un-
V'.Mliamll der Ucrl. Aiitliropol. CoselUi-hall 1>79. 28
(434)
gefähr vom Anfange der Epiphyse an stark nach hinten umgebogen. Ihnen zu-
nächst stehen die Fibulae, welche durch sehr tiefe Längs-Sulci so abgeplattet sind,
dass eine fast schneidende Leiste entsteht. Die Ossa femoris sind sehr kräftig,
aber in vielen Stücken abweichend. Das Collum sitzt unter einem weniger steilen
Winkel an und ist vorn abgeplattet, der Trochanter major vei'hältnissmässig klein,
der T. minor dagegen gross. Die Diaphyse ist in ihrem obersten Theil gleichfalls ab-
geplattet, in der Mitte dagegen dick und fast dreieckig durch die gewaltige Entwicke-
luug der Linea aspera. Die Condylen sind stark nach hinten gewendet. Am Calcaiieus
sitzt, entsprechend dem Ausatze der Achillessehne, ein starker Knochenfortsatz.
Am Becken findet sich ein sehr breites und plumpes Kreuzbein; die Incisura
ischiadica ist hoch und schmal; am horizontalen Ast des Os pubis, nahe an der
Symphyse, ein starker Knochenvorsprung. Das Os humeri ist ungemein stark ge-
dreht, übrigens sehr kräftig und mit starken Muskelansätzen; die Grube über dem
Cubitalgelenk nicht durchbohrt.
Die Gegenstände, welche in der grossen, dicht am Gesicht des Gerippes
stehenden Urne gefunden wurden, sind ausser einem verhältnissmässig kleinen Stück
geschlageneu Granits zwei bearbeitete Kuochenstücke, nehmlich ein gespaltener Eck-
zahn eines Schweines, dessen vorderes Ende unversehrt ist, während das hintere
künstlich abgerundet ist, und eine kleine, wie es scheint, aus der Furcula eines
Vogels gearbeitete Knochenuadel, welche jedoch so dicht von einer kalkig-sandigen
(mörtelartigen) Schale umgeben ist, dass eine Ablösung derselben nicht ohne Substanz-
verluste möglich wäre, — Das von dem Herrn General erwähnte faserige Material
aus der anderen Urne besteht aus einem dichten Filz von Pflanzenwürzelchen.
Die aus einer Nebenabtheilung des inneren Grabes entnommenen Theile sind
grossentheils arg zerbröckelte und durch dicht anhaftende Mörtelmassen eingehüllte
menschliche Knochen; der einzige grössere stellt eine stark platyknemische
Tibia dar.
Ausserdem ist noch ein gleichfalls stark mit Mörtel umhüllter Unterkiefer eines
Wildschweins vorhanden und eine kleine Reihe höchst interessanter Artefakte:
1) Drei Bruchstücke einer grossen, runden, platten durchbohrten Scheibe von
rothem Bernstein, an der Oberfläche stark verwittert. Der Durchmesser des Loches
beträgt 12 mm, der der ganzen Scheibe 55, die grösste Dicke 8 »im.
2) Ein dicker, an der Oberfläche schwärzlicher und glatter, sehr dicker Thon-
scherben mit ungemein tief eingeritzten, gradlinigen Strichen; auf der inneren
Seite gleichfalls glatt und mit einem Absatz (Anfang des Randes?) versehen. Der-
r435)
selbe ist der Länge uacli durchbohrt gewesen; iHe liiniie ist durch den Bruch ge-
öffnet und zeigt eine etwas rauhe, fast faserige Wand.
Aeu-sserc Aii.siiht, Briichfläche mit dem J^oche.
Einige andere Thonscherben sind schwärzlich-grau, aussen geglättet, nicht
ornamentirt, auf dem Bruch blättrig und mit Kiesbrocken durchnieugt.
3) Ein längliches, abgeplattetes, einem Falzbein ähnliches Geräth. Dasselbe
war so dick mit einer harten Kruste von Mörtel überzogen, dass mau von der
eigentlichen Beschaffenheit gar nichts erkennen konnte. Als ich die Kniste vor-
sichtig absprengte, ergab sich, dass es ein, wahrscheinlich aus Hirschhorn bestehen-
des Knochengeräth, 9 cm lang, 12 mm breit und in der Mitte 3 — 4 mm dick, ist.
Es bildet eine an beiden Enden abgerundete und etwas verjüngte, längliche Platte,
deren Ränder scheinbar überall gerundet gewesen siiiu. i.\acli nein Abblättern
des öeberzuges erschienen auf der Oberfläche schwärzliche Dendriten und auf der
einen Seite eine eingeritzte Verzierung, bestehend aus einer Reihe Vförmiger
Zeichnungen, welche jederseits mit der Spitze gegen das Ende gerichtet waren
und welche sich in kurzen Zwischenräumen mehrfach wiederholten. Jedes V be-
stand aus einer Doppelliuie, deren Zwischenraum mit kurzen Querstrichen erfüllt
war. Auf dem besser erhaltenen Ende (in der Zeichnung rechts) lassen sich 4
solcher Zeichnungen hinter einander erkennen. Das andere Ende ist stärker ver-
ändert und ebenso die Mitte, so dass sich nicht mehr entscheiden lässt, wie die-
selbe sich verhalten haben mag. Ausserdem ist noch jederseits längs des Randes
eine grade, eingeritzte Begrenzungslinie zu erkennen. Eines der abgeblätterten
Schalenstücke zeigt einen vortrefflichen Abdruck der Zeichnung.
Irgend ein metallener Gegenstand ist nicht vorhanden. Da jedoch andererseits
auch kein einziger, bezeichnender Gegenstand aus Stein gefunden ist, so muss es
dahin gestellt bleiben, ob es sich um ein Grab der Steinzeit handelt. Dafür spricht
die ungemein scharfe, breite und tiefe Einritzung an den Scherben, welche den
Mustern der Steinzeit wohl angereiht werden kann. Ganz besonders interessant
und vielleicht entscheidend ist jedoch das Falzbein, welches in der Form den bei-
den, auf der Constanzer Generalversammlung der deutschen anthropologischen Ge-
sellschaft besonders erörterten Falzbeinen aus der Thaynger und der
Freudenthaler Höhle entspricht. Letztere sind deshalb so wichtig, weil beide
genau dieselbe Ornamentik besitzen. Das Falzbein von Jauischewek hat freilich
eine andere Verzierung, aber die Methode ist sehr ähnlich. (Vergl. den Bericht
über die Constanzer Versammlung vom 24. — -ü. Septbr, 1877 im Correspondenzblatt
der Gesellschaft Taf. II. Fig. 15. Taf. III. Fig. 11. genauer in der Linearzeichnung
zu Taf. in.) —
•28*
Die aus dem zweiten Grabe genommenen Knochen sind zum grössten Theile
zerbrochen und vielfach defekt. Ausser einigen wenigen, einem älteren Individuum
mit stark abgeschliffenen Zähnen angehörigen Knochenfragmenten stammt die Mehr-
zahl von einem sehr jugendlichen Individuum, welches noch Milchzähne hatte. Die
Tibia ist nicht platykneraisch. Daneben sind auch hier Schweine-Kiefer vorhanden,
doch wage ich nicht zu sagen, ob sie von Wildschweinen stammen. —
Unter den Knochen aus dem ersten Grabe waren übrigens einzelne von ganz
kleinen Nagern, welche ich zur Bestimmung an Hrn. Dr. Nehring schickte.
Nach seiner gütigen Mittheilung gehören sie dem Maulwurf, der Feldmaus (Arvicola
arvalis) und der Spitzmaus (Crocidurus araneus oder leucedon) an, sind also
recente Beimengungen. —
Endlich hat General v. Erckert noch einige Funde aus einem Grabe aus der
Nähe des Goplo-Sees eingesendet. Nach seiner Angabe stammen sie aus der innern
Abtheilung eines cujavischen Grabes bei Ziemcin, 7 Ä;m östlich von dem Südende
des Sees. Dasselbe ist 200 Schritt lang und von Osten nach Westen orientirt.
Unzweifelhaft handelt es sich hier um ein Brandgrab. Ausser allerlei gebrannten
und zerstückelten Röhrenknochen, dem Anschein nach menschlichen, finden sich nur
zwei erkennbare Theile eines menschlichen Schädels, welche ganz von einer schwärz-
lichen, fast torfartigen, kohligen Masse umhüllt waren. Auch die sehr groben, nicht
verzierten Thonscherben zeigen Stellen von rothem Brand. Noch mehr bezeugen
dies die zwei als Ohrringe bezeichneten Bronzegegenstände, von denen das
eine grosseutheils mit dunkelgrünlichem Glassfluss umhüllt ist. Seine ursprüngliche
Bestimmung ist schwer zu erkennen. Man sieht einen dünnen, gebogenen Draht,
an dem zwei grössere, rundliche Glasklumpen, also wahrscheinlich frühere Perlen
hängen. Besser erhalten ist das zweite Stück, eine Art Bommel, bestehend axis
einem starken, länglichen Ring und einer daran hängenden, plattrundlichen Schale,
welche an mehreren Stellen geöffnet ist und einen darin liegenden, runden Körper
oder Kern erkennen lässt. Das Sonderbarste aber ist eine, aus einem scheinbar
menschlichen Schädelknochen ausgeschnittene, gleichfalls gebrannte, unregelmässige
Knochenscheibe, welche lebhaft an ein trepanirtes Stück erinnert.
Sie ist bis 5 mm dick, 2,3 auf 2,6 cm breit, an einer Seite frisch abgebrochen, an
der anderen dagegen durch ganz scharfrandige hier und da etwas abgesetzte, an
einer Stelle sogar winklig auf einander stossende Linien umgrenzt. Die Durch-
schnittsfläche ist uneben und durch kohlige Theile geschwärzt. Denkbar wäre es,
dass das Stück durch den Brand ausgesprengt ist, indess ist mir nie eine ähnliche
Brandwirkung vorgekommen. Jedenfalls hat dies Grab eine ganz andere chrono-
logische Stellung, wie die früher beschriebenen.
(19) Es folgt die Fortsetzung der in der vorigen Sitzung abgebrochenen Dis-
kussion über
Näpfchensteine und Kirchenmarken.
Hr. Virchow: Ich habe in der Zwischenzeit, die seit dem Anfange unserer
Studien über Näpfchensteine und Kirchengrübchen verflossen ist, diesen Dingen an
vielen Orten nachgeforscht; auch bin ich in der Lage, Ihnen einiges literarische
Material vorzulegen, welches von einigem Interesse für die weitere Erörterung sein
wird. Es ist ausserdem heute von Hrn. Dr. Jentsch, der gegenwärtig in unserer
Mitte ist, ein Bericht über die an Kirchenwänden beobachteten Zeichen eingegangen,
den ich zunächst mittheilen muss. Hr. Jentsch schreibt Folgendes:
„Auf die Entstehung der Wetzstreifen an älteren Kirchengebäuden wirft viel-
(437)
leicht einiges Licht, was Schneider in seiner Chronik von Forst N. L. 1846
S. 230 über die Abwetzung geweihten Gesteines anderer Art mittheiit: „Vor dem
Eulo'schen Thore . . . hat sich ein grosses steinernes Crucifix befunden, welches
zwar noch zu Magnus Zeit (um 1G5Ü) vorhanden gewesen, aber bald darauf ver-
schwunden ist, weil die Vorübergehenden ihre Aexte und Messer so lange
daran scharf gemacht hatten, bis es danz ausgewetzt war und zusammen-
brach."
„Zu der Hypothese über die Ausschleifung von Näpfchen zur Gewinnung von
Steinpulver für Heilzwecke (Correspondenzbl. d. deutscfi. anthropol. Gerfellsch.
1878 S. 150 b. 1879 S. 8. Bär Bd. 111 S. 222) theile ich folgende, der Kutiner An-
gabe sehr ähulichi' mit: Di^ Gubener Gymnasialsamujlung besitzt seit dem I.Juni
1877 eine grauschwarzo, schieferartige Steinaxt, die cyliudrisch durchbohrt ist und
auf der Längsseite die Nachbildung der Gussnath eines bronzenen Hohlceltes trägt.
Die Erwerbung war schwierig und der Preis verhältuissmässig hoch, weil der von
der Schneide abgeschabte Staub für wirksam gegen Krämpfe galt. Sie ist bei
Sablath , Kr. Sorau, unter einer Pappel gefunden und daher als Donnerkeil an-
gesehen worden. In Besitz und Gebrauch war sie in der "Werdervorstadt zu
Guben. Der Ankauf ist nur unter dem Vorbehalt zu Stande gekommen, dass die
Benutzung vorkommenden Falles nicht verwehrt sein sollte. Gebrauch ist bis jetzt
von dem Rechte nicht gemacht worden. —
„Die Sitte, Theilchen für heilig gehaltener Steine zur Heilung zu benutzen, be-
rührt sich mit dem Glauben an die besondere Wirksamkeit anderer mit der
Kirche in Zusammenhang stehender Objekte: der feinen Metallspähnchen , die
bei Gelegenheit von Krankeucommuuionen heiadich aus dem Abendmahlskelche
abgeschabt werden (in Wust, Sydow, Schmetzdorf bei Rathenow, aber auch im
Regierungsbezirke Frankfurt a. 0.), ferner des Wachses einer Kirchenkerze und
namentlich des in der Christuacht gewonnenen (z. B. zur Herstellung von Brand-
salbe). Dieser Aberglaube lebte in der Landbevölkerimg um Luckau noch 1850.
Aehnlich ist auch der verschiedenartige Missbrauch des Taufwassers (in den be-
zeichneten Haveldörfern), der Reste des Abendmahlsweins, besonders seitens der
Frauen, endlich selbst die Anwendung von Glockenstrangfasern gegen Hals-, Zahn-
uud Kopfschi])erzen (z. B. in Schorbus bei Cottbus noch gegenwärtig). Anderes
Aehuliche führt Wutke, der deutsche Volksaberglaube §132 ff. an. Die wieder-
holte Benutzung desselben Kirchsteins Hesse sich durch die vermeintliche "Wirk-
samkeit des ersten ausgeriebenen Pulvers erklären. Die Einzeichnung eines oder
dreier Kreuze zwischen den Grübchen — z. B. in Schmetzdorf mehrfach — könnte
man als analog der Hereinziehung des Namens Gotte.s oder der Dreieinigkeit in
abergläubische Heilforraeln zu betrachten versucht sein.
„Eine völlig andersartige Deutung der Steingrübchen habe ich in "Wust bei
Rathenow gehört. Ihr zufolge hätte eine Art von Kirchenbusse darin bestanden,
dass der Schuldige während des Gottesdienstes habe ausserhalb der Kirche bleiben
und mit dem Daumen an einem Steine den Nachweis seiner Anwesenheit eindrehen
müssen, — eine Manipulation, die, wie mir durch den Augenschein gezeigt ward,
minder schwierig ist, als man meinen sollte. Diese Deutung konnte aber in jener
Gegend dem Vorstellungskreise insofern leichter entwachsen, als, wie ich hörte, die
letzten Andenken der Kirchenbusse dort noch nicht allzulange verschwunden sind.
„Die Form der Grübchen hat an der Kirche zu Schmetzdorf und dem be-
nachbarten Melkow insofein etwas Eigeuthümliches, als einzelne niclit kuglig, son-
dern trichterförmig, stumpf sich verengend sind, mehrere bis zu 9 cm Durchmesser
haben und bisweilen neue über ältere herübergreifen. Wetzstreifen sind dort im
(338)
Fig. 1. Ganzen selten, dagegen finden sich an beiden Kirchen 1) lange,
senkrechte, über 3 Steine und den Kalk hinweglaufende, verhält-
nissmässig schmale Striche; 2) acht strahlenförmig von einem Cen-
trum ausgehende, grade Striche (Fig. 1) auf je 1 Stein; 3) in
Melkow ein stehendes Kreuz zwischen Schliffrillen, in Schmetz-
dorf 3 liegende Kreuze ohne Näpfchen, o stehende Kreuze
zwischen Grübchen, jedoch ohne dass eine bestimmte Anord-
nung erkennbar ist, 4 mal je 1 stehendes Kreuz bei Grübchen;
4) in Schmetzdorf eine radartige (Fig. 2), oberflächiiche, etwas
Fig- 3.. verwitterte Eingrabung (ein Kreuz mit nach aussen gebogenen
41 NTIrS^iri Seitenlinien der vier Arme, eingeschrieben in einen Kreis),
"[©["# ijl und 5) drei Grübchen, umfasst von unregelmässigen, grad-
linigen Strichen (Fig. 3).
In der Niederlausitz hat auf diese Marken, soviel ich weiss, zuerst 1833,
allerdings ohne weitergreifende Wirkung, der Pastor Patrunky litterarisch hin-
gewiesen in seiner Geschichte der vor 1346 gegründeten Kirche zu Schöufeld bei
Calau. Er hält sie für Zeichen der aus England gekommeneu Maurer und con-
statirt sie an verschiedenen alten Dorfkircheu jeuer Gegend. In Guben finden sie
sich an dem um 1400 entstandenen östlichen, nicht mehr an dem seit 1519 bis 1560
erbauten westlichen Theile der Stadtkirche.
„Einen Schalenstein, der bei Stargardt, Kr. Guben, gelegen habe und 1784
zersprengt worden sei, sowie die an ihn sich knüpfende Teufelssage erwähnt Heinze
im Lausitz. Magazin Bd. XII (1834) S. 159." —
Hr. Virchow (fortfahrend): Zum Beginn unserer weiteren Besprechung möchte
ich noch besonders hervorheben, dass die Diskussion über die Grübchen oder Näpfchen
zwei ganz verschiedene Phasen gehabt hat. In der älteren Zeit sind diese Bildungen
hauptsächlich nur studirt worden an erratischen Blöcken. Solche, mit künstlichen
Gruben versehene Blöcke sind z, B. in unserer Mark schon von dem alten Beckmann
in der Mitte des vorigen Jahrhunderts und zwar unter dem Namen „Näpfchensteine"
beschrieben worden. Wir haben dann ^, Elfensteine" kennen gelernt in Schweden und
Schleswig. Dann hat die Aufmerksamkeit sich ganz besonders der Sache zugewendet
in der Schweiz. Von da liegt eine sehr umfassende Publikation vor. Hr. Ferdinand
Keller hat „die Zeichen- oder .Schalensteine der Schweiz" in umfassender Weise
dargestellt in einer Arbeit, die 1870 in den Mittheilungen der antiquarischen Ge-
sellschaft in Zürich (Bd. XVII. Heft 3) erschienen ist; es finden sich darin Abbil-
dungen aller hauptsächlichsten Steine dieser Art, welche damals in der Schweiz be-
kannt waren, unter diesen muss ich besonders eine Lokalität hervorheben, welche
in neuerer Zeit, wie es scheint, vergessen worden ist, wo sich solche Grübchen
oder Näpfchen nicht an einem erratischen Block, sondern an einem anstehenden
Gestein, an einem wirklichen Felsen fanden. In der Nähe von Sitten, an der
Ostseite der etwa 400 Fuss hoch aus dem Thale aufsteigenden Höhe, auf welcher
Kirche und Schloss Valeria sich erheben, tritt eine aus Quarzfels bestehende xMasse
hervor, die, wie Hr. Keller sagt, mit der Unterlage verwachsen und einerlei
Natur ist, und an dieser Felsmasse, welche „Heidenstein" oder „Druidensteia"
heisst, finden sich dieselben Näpfchen, wie sonst an erratischen Blöcken. Dies ist
gewiss eine sehr bedeutungsvolle Thatsache. Dann hat bekanntlich unser Freund
Desor diese Sache zum Gegenstand einer besonderen Publikation (Les pierres a
ecuelles. Neachatel 1879) gemacht, die in seinem neuesten Buche (La foret vierge
et le Sahara, suivi d'une etude sur les pierres ä ecuelles et d'un essai sur le nez.
Paris, Neuch. et Genove. 1879. p. 184) wieder abgedruckt ist. Ich habe darüber
(439)
in der Sitzung vom 19. Januar 1878 (Zeitschr. f. Ethn. Bd. X. Verh. S. 11) berichtet.
Auch ist in dem „Anzeiger für Schweizerische Altertbumskunde", 1874, No. 4. S. 554.
Taf. I. eine Reihe von Abbildungen von Näpfchensteinen aus der Nähe von Biel
durch Hrn. Bach mann publicirt. Dann ist die Sache namentlich aufgenommen
worden in Frankreich, wo zuerst Hr. Falsan (De la presence de quelques pierres
a ecuelles dans la region moyenne du bassin du Rhone. Toulouse 1878) und dann
Hr. Niepce (Appel pour la recherche de Tetude des pierres ä ecuelles et ii bassins
dans les environs de Lyon. 1878) über pierres ä c'-cuelles im Rhonegebiet berichtet
haben. Es handelt sich dabei vorzugsweise um einen sonderbaren erratischen Block
mit einigen 60 Näpfchen, der bei Thoys in der Nähe von Belley (Dept. de l'Ain)
liegt und den Namen la boule de Gargantua führt, weil die Eingebornen annahmen,
dass der Riese Gargantua ihn ergriffen und geworfen habe und die Löcher dadurch
entstanden seien, dass seine Finger so gewaltig zugepackt hätten. In der Schrift
von Falsan befindet sich hinten noch eine Abbildung, welche einen Schalenstein
aus der Gegend von Decines, nordöstlich von Lyon, darstellt, der den Namen
pierre fitte (fritle, frette) trägt, was gedeutet wird: eingepflanzter Stein (pierre
fiche, pierre plantee). Die Abbildung dieses Steins, der nachher von Hrn. Niepce
weitläufig erörtert wird, hat mich lebhaft erinnert an den einen Näpfchenstein des
alten Beckmann, den ich vor einigen Jahren mit Hrn. Dr. Voss in der Nähe von
Frankfurt a. 0. aufgesucht habe (Sitzung vom 16. Febr. 1878. Zeitschr. für Ethnol.
Bd. X. Verhaudl. S. 58). Bei ihm sind wir zu der Annahme gekommen, dass die
Löcher bestimmt gewesen seien zum Spreugen des Steines, nicht mit Pulver, son-
dern mit Holz. Nichts würde leichter sein, als durch eine solche Methode den
Stein auseinanderzusprengen. Die Pierre fitte von Decines hat, namentlich durch
den Umstand, dass die Löcher in einer Reihe um den Stein herum längs einer
Spaltlinie angebracht sind, eine in der That komische Aehnlichkeit mit dem
„Näpfchenstein", der östlich von Frankfurt noch jetzt auf dem Felde liegt.
Von Näpfchensteinen dieser oder ähnlicher Art kennen wir aus unserer Nähe
wie Sie wissen, verhältnissmässig wenige. Die Aufmerksamkeit scheint im Ganzen
noch wenig geschärft zu sein und ich kann bei dieser Gelegenheit nur wieder dar-
auf hinweisen, wie wünschenswerth es wäre, wenn namentlich diejenigen, welche
Reisen gegen das Gebirge hin unternehmen, in grösserer Ausdehnung, als es bis
etzt der Fall gewesen ist, diese Sache verfolgen wollten.
Was die andere Seite der Frage betrifft, nehmlich das Vorkommen von Näpf-
chen an Kirchen, so mache ich auf eine Abhandlung des Hrn. v. Bülow, des
Staatsarchivars in Stettin, über „Läugsrillen und Rundmarken an mittelalterlichen
Gebäuden" aufmerksam, in der er eine grosse Reihe von Kirchen in Pommern
und anderen Provinzen aufführt. Er ist auch zu keiner rechten Meinung ge-
kommen. Ich will aus seiner Mittheilung jedoch hervorheben, dass in Stralsund
an der Nicolai- und Jacobi-Kirche durch Hrn. v. Hasel berg Rundmarken ge-
funden worden sind, die noch die Breunhaut über der Vertiefung zeigen sollen.
Solche Vertiefungen müssten natürlich schon vorhanden gewesen sein, als die Steine
gebrannt und glasirt wurden.
Wenn das wirklich hier und da vorkommen sollte, so ist es sicherlich nur
ausnahmsweise der Fall. Hr. v. Bülow selbst, der die Verhältnisse durch be-
sondere Fragebogen, welche er herumschickte, zu ergründen bestrebt gewesen ist,
giebt an, dass er von keinem einzigen Orte eine Bestätigung jener Beobachtung
erhalten habe, vielmehr stimmten alle Berichte darin übereiu, dass eine genaue
Betrachtung der Oberfläche der Rundmarken den Eindruck mache, als seien die-
(440)
selbeu durch Reiben hervorgebracht. Daran kann also wohl nicht gezweifelt wer-
den, dass die Mehrzahl der Gruben späteren Ursprungs ist, als die Steine selbst, an
welchen sie sich befinden. Ich habe in den beiden letzten Sitzungen (S. 334, 381)
eine Reihe von Beobachtungen mitgetheilt, aus denen hervorgeht, dass Rillen und
Grübchen an den Kirchenwänden bis nach der Schweiz und dem Elsass sich vor-
finden, gleichviel ob die Wände aus Backsteinen oder Bruchsteinen bestehen, und
ich bin überzeugt, dass niemand, der die tiefen und scharfen Rillen in den Bruch-
steinen sieht, durch welche dieselben stellenweise im höchsten Maasse verunstaltet
werden, die Meinung hegen wird, es seien Steinmetzzeichen oder gar zufällige Ver-
witterungen.
Um Missverständnissen vorzubeugen, will ich erwähnen, dass an solchen
Kirchen, welche aus Quadern erbaut sind, sich zuweilen eine andere Art von Löchern
oder Gruben befindet, welche mit den hier in Rede stehenden gar nichts zu thun
haben. Ich wurde darauf zuerst bei der Betrachtung der Kirche in Wachenheim
(Rheinpfalz) aufmerksam. Es sind dies tiefe, häufig viereckige Löcher, welche sich
bis hoch an den Thürmen hinauf an der Aussenseite eines jeden Quadersteines
finden und welche wahrscheinlich dazu gedient haben, um die Steine mit eisernen
Klammern zu fassen und in die Höhe zu winden
Im Anschlüsse an diese Bemerkungen habe ich der Gesellschaft noch ein
Schreiben des Hrn. Brückner sen. d. d. Neubrandenburg, 17. December vorzu-
legen, in welchem er über verschiedene Kirchen berichtet:
„Als ich im Jahre 1878 mich einige Wochen lang in Nauheim aufhielt, habe
ich den Nachbarort Friedberg wiederholt aufgesucht. Die alte Reichsstadt bietet
manches Interessante, die nach dem Schlosse hinaufführende Kaiserstrasse erinnert
an Nürnberg u. s. w.
„Bei der Besichtigung der Kirche entdeckte ich an der Nordseite derselben und
am Thurm eine grosse Anzahl von Rundmarken. Die Südseite der Kirche ist gänzlich
verbaut und nicht^ zugänglich. Manche der Rundmarken sitzen sehr hoch, etwa
20 Fuss über dem Boden.
„Es traf sich grade, dass bei der Besichtigung der Kirche ein Eingeborner über
den Platz ging. Auf meine Frage woher diese Marken entstanden sein, gab er zur
Antwort: „Die haben wir als Kinder gemacht". Der Manu hatte es sehr eilig und
ich konnte ihn über die Art der Anfertigung nicht weiter befragen.
„Ich glaube nun aber schliesslich doch nicht, dass alle Rundmarken, die weit
verbreitet und in grosser Zahl \orkommen, nur kindlicher Spielerei ihren Ursprung
verdanken. Der Friedberger Einwohner wird wahrscheinlich auch nach schon älteren
Mustern gearbeitet haben.
„Seit unserer Unterredung habe ich mich über die Rundmarken hier in Neu-
brandenburg genau informirt. Wir haben hier viel alten Ziegelrohbau: die Stadt-
mauern mit ihren Befestigungsthürmeu (Fangelthürmen und Winkhäusern), die
alten Thore, das frühere Franziskanerkloster, und die beiden Kirchen. Rund-
marken befinden sich nun an der Südseite der Marienkirche in bequemer
Handhöhe und oft mehrere beisammen in einem Ziegel. Rundmarken befinden sich
ausserdem in bequemer Handhöhe in den Ziegeln der Johanniskirche an der
Süd- und Westseite, die grössere Zahl an der Südseite. Beim Umhersucheu
habe ich ausser diesen Rundmarken nur noch drei aufgefunden. Dieselben befinden
sich an der Verbindungsraauer zwischen dem äusseren und inneren Treptower Thore,
in welchem letzteren wir unsere Sammlung haben. Sie sitzen an der Südseite der
Mauer in einer Reihe in zwei Steinen, und so niedrig, dass es für einen Er-
wachsenen sehr unbequem sein würde, hier Rundmarkeu einschleifen zu wollen.
(441)
Hier in Neubrandenburg sitzt jedenfalls die überwiegend grössere Zahl der Marken
an den Kirchen und an Stellen der Mauern, die der Sonne zugänglich sind".
Hr. Virchow (fortfahrend): Es mag sein, dass auch spätere Dinge der Art
existiren und dass gelegentlich Kinder dieselben machen. Indess muss ich nach
Ueberblickung des gesanunten Materials sagen, dass es noir im höchsten Grade be-
denklich erscheint, sie wesentlich der neueren Zeit zuzuwenden. Die Vermuthung,
dass die Grübchen durch abgeschossene Kugeln hervorgebracht seien, mag für ein-
zelne Fälle zutreffen; eine generelle Bedeutung kann sie unmöglich baben. Man
wird doch nicht immer von derselben Seite aus, gerade auf die südliche Eingangs-
thür, geschossen haben. Auch lassen sich die Rillen, die doch sicherlich nicht ein-
geschossen sein können, von den Grübchen nicht trennen.
Hr. V. Bülow bat eine ihm zugegangene Erklärung mitgetheilt, welche recht
sonderbar klingt. Darnach sei es Sitte auf dem Lande, dass der Vater oder einer
der Verwandten, nachdem ein Kind geboren ist, an die Kirchenmauer gehe und
das Kind „ansage", um den Zusammenhang des Neugebornen mit der Kirche her-
zustellen. Sterbe das Kind vor geschehener Ansage, so könne es nicht selig werden,
falls nicht eine Nothtaufe ausgeführt sei. Indess ist damit noch nicht erklärt, woher die
^Marken" kommen. Hierfür wird denn die höchst zweifelhafte Interpretation ver-
sucht, der Ansagende habe zum Zeichen, dass er die Ansage gemacht, eine „Marke"
eingekratzt. Diese Interpretation ist eine ganz willkürliche, einfach ausgedachte
Vermuthung ohne jeden Werth. Ist das „Ansagen" richtig, so kann es sich sehr
wohl an schon vorhandene Marken geknüpft haben.
Ich habe endlich noch neue Abbildungen vorzulegen, die eine von Hrn. Alfieri
von der Pfarrkirche zu Gransee, die andere von Hrn. Reichert von der Kirche
zu JVlüncheberg. Auch hat Hr. M. Kuhn einen mit Grübchen besetzten Mauer-
stein aus einer posenschen Kirche in Substanz vorgelegt. —
Hr. Alfieri: Ich hatte schon in der letzten Sitzung sehr ausgeprägte Rillen
und Rundmarken an der Granseer Kirche erwähnt, welche die interessante That-
sache ergeben, dass die Rillen vor dem Brande der Steine gemacht worden sind.
Alle diese Steine haben einen besonders scharfen und harten Brand, und von einem
Sachkundigen ist es für unmöglich erklärt, dass mim in dieselben mit einem In-
stiument solche Rillen hiueinbriugen könne.
Den Steinen muss bei der Herstellung besondere Aufmerksamkeit gewidmet sein,
weil sie, trotzdem dass bei so starkem Brande jeder Stein ungemein schwindet, das
Format der übrigen Steine baben. Es ist also ganz entschieden zu bestreiten, dass
sie nachher hineingesetzt sein können. Aus den beiden Zeichnungen, welche ich
vorlege, ersehen Sie, dass eine Menge von Rillen, weniger Näpfchen vorhanden sind.
Im Ganzen sind 3 — 400 Rillen an einer verhältnissmässig kurzen Stelle zu zählen.
Ein solches Verhältniss kommt wesentlich bei katholischen Kirchen vor. Ich habe
mich daher bei einem Manne zu informireu gesucht, der über die katholische Zeit sehr
unterrichtet ist; ich bin zum geistlichen Rath Müller gegangen. Die Sache war ihm
fremd, er stellte aber bald fest, dass kein Kultus der Art in den ältesten katholischen
Zeiten geherrscht hat, um etwa Salben oder sonstige Sachen in diese Rillen hinein-
zureiben. Auch bestritt er, dass ein heidnischer Gebrauch sich darin ausdrücke;
die Geistlichen würden es sich verbeten haben, dass nian die Kitchenmauer zu heid-
nischem Hokus Fokus verwentle. Hr. Müller erzählte mir dasselbe, was der vor-
her erwähnte Geistliche in seiner Schrift von i^'.VS niedergelegt hat, dass die Leute,
welche die Kirchen gel)aut, abgeschlossene Baugemeiuschafteu hielten, welche eine
(442)
Menge von Erkennungszeichen besassen und einen grossen Mysticismus um sich ver-
breiteten. Er glaubt daher, dass die Rillen eine Art von Kultus-Requisit für die
Bauhandwerker gewesen seien. Er erinnerte daran, dass an den Säuleu des Salomo-
nischen Tempels die Bauhandwerker sich versammelten und „hatten ihre Zeichen".
Hr. v. Schuleuburg. An der wendischen Kirche zu Burg im Spreewalde,
die 1804 erbaut ist, werden die Näpfchen von den Kindern zum Knöpfchenspielen
benutzt; wenn der Knopf ein solches Loch trifft, so sind die Knöpfe gewonnen.
Die Löcher befinden sich 3 — 4, selten 5 Fuss hoch vom Erdboden entfernt und
zwar stets nach der Seite, die dem Pfarrhause abgelegen ist, damit der Prediger
die Kinder nicht sehen kann. Ich glaube also nicht, dass es mystische Zeichen sind.
Hr. Virchow. Sie sehen, dass die Frage noch nicht erschöpft ist. Es lassen
sich immer noch neue Beobachtungeu machen und es wird nur durch eine ins
Einzelne gehende Prüfung derselben möglich sein, ihren Werth festzustellen.
Nichts wäre bedenklicher, als zu früh zu generalisiren. Am wenigsten klar ist die,
zuerst von Hrn. Rosenberg in der Sitzung vom 19. Juni 1875 (Zeitschr. für
Ethn. Bd. VH. Verh. S. 136) angeregte Frage, in welcher Beziehung die Grüb-
chen der Kirchenmauern zu den Näpfchensteinen im freien Felde stehen.
Ich kann daher vor allen Dingen den Wunsch ausdrücken, dass, wer in der
Lage ist, die erratischen Blöcke unseres Vaterlandes zu studiren, besonders sein
Augenmerk darauf richten möge, wo bei uns Schalensteine vorkommen.
(20) Hr. W. v. Schulen bürg überreicht für die Bibliothek der Gesellschaft sein
kürzlich erschienenes Buch (Wendische Volkssagen und Gebräuche. Leipzig bei
Brockhaus 1880) und legt einige eigenthümlich geformte, an Pfeifenköpfe erinnernde
leider defecte
Thongeräthe aus dem Urnenfelde von Müschen bei Burg im Spreewaide
vor. Letztere werden von dem Herrn Vortragenden dem Königl. Museum als
Geschenk überwiesen.
Hr. Virchow macht auf die an den „Pfeifen" befindlichen Platten aufmerk-
sam, welche aussehen, als seien sie dazu bestimmt gewesen, auf einen Tisch auf-
gesetzt zu werden. Mciglicherweise handle es sich um eine Art von Trinkgefässen. —
Hr. V. Schulen bürg überreicht ferner eine Nummer des „Bär, Zeitschrift für
vaterländische Geschichte und Alterthumskunde" (1. August 1879), Nr. lä), in
welcher er Bemerkungen über
die Naclilcommen des wendisclien Königs im Spreewalde
niedergelegt hat. Nachdem er die Tradition von der alten Jungfrau erwähnt hat,
(443)
welche die letzte vom Geschlechte des sserski kral sein solle, und welche sich
nirgends findet, sagt er:
„Wie kommt es nun, dass trotzdem noch einzelne Deutsche, welche einen
Theil ihres Lebens im Spreewalde verbrachten, von wendischen Bauernmädcheu
fabeln, die sich angeblich für Nachkommen des wendischen Königs halten
sollen? Wir wollen es in Kürze sagen, denn um alles gehörig zu berichten, würde
dieser Raum nicht genügen. Der wendische König, so belehrt die Sage, hauste auf
dem Schlossberge zu Hurg und hatte grosse Reichthümer, aber das Geld war Teufels-
geld. Denn or hatte mit dem Schwarzen einen Vertrag gemacht und der hatte ihm
den Schlossberg in einer Nacht erbaut. Als nun der König starb, wurde der
gesammte Schatz mit dem Scliloss und der wendischen Königin, seiner Gemahlin,
verwünscht. So lag der Schlossbergschatz viele Jahrhunderte. Da holten ihn einst
vor langen Jahren zwei Brüder Malk, Wenden aus Burg. Der „Dorfsche", so heisst
es, verbrauchte sein Geld in der Wirthschaft, der andere, der „feldsche Malk" ver-
grub sein Theil im Acker. An diesen Vorgang hat sich allmälig eine grosse Fülle
aller möglichen Schatzsagen festgesetzt und noch heute ist der „malksche Schatz"
die beliebte und unerschöpfliche Fundgrube der Unterhaltung in Spinnstuben wie
Schenken, und wo immer in Burg Wenden oder Wendinnen zusammenkommen.
Mit üebergehung alles anderen sei hier nur erwähnt, dass aus verschiedenen Gründen
die bereits verstorbene Tochter eines Besitzers Malk ganz besonders und
dringlich von den Schatzgeistern aufgefordert wurde > den Schatz zu heben. Denn
dieser, in einem Kessel, bewacht von einer Schlange oder einem Hunde, wandert
auf dem Acker (jedes Kind zeigt diesen dem Fremden) umher, geht in die Tiefe
und kommt wieder in die Höhe. Der Schatz kann gelöst werden, aber wer ihn löst,
verliert die Seele, dann ist die Verwünschte auf dem Schlossberge frei. Doch wer
wird das wagen!
„Auf diese Weise ist die betreffende Familie, auf deren Acker das Geld noch
jetzt liegen soll, zur Trägerin der Schatzsage geworden, indem sie, gleichsam als
Erbin des Schlossbergschatzes, in rein scbatzmässige Beziehungen zur verwünschten
wendischen Königin trat. Es ist aber niemals einem Burger Wenden ein-
gefallen, in der erwähnten Familie Nachkommen oder „Freundschaft"
des wendischen Königs zu sehen. Es würden sich auch alle vor dieser Ehre
bedanken, weil der wendische König nur als Räuber in der Erinnerung lebt.
„Durch den Malkschen Schatz ist des Weiteren ein Fräulein B. in der Stadt
Vetschau in Mitleidenschaft gezogen worden. Denn es ist eine verbreitete Meinung,
dem Vater B. (einem angeblichen Plonbesitzer ')) sei seiner Zeit von einem Malk ein
Theil des Schatzes zur Aufbewahrung übergeben worden. So ist durch den Schatz
das verstorbene Fräulein ß. mit der wendischen Königin in Beziehung getreten.
Die Sagen, welche sich an Fräulein B. knüpfen, namentlich Besuche der wen-
dischen Königin in einer Höhle, behufs deren Erlösung, fanden eben in den Schatz-
beziehungen ihren Halt. Auf ihnen fussend haben Witzbolde allerhand Mystifi-
kationen in Vetschau ausgeführt, deren Erörterung zu weit führen würde. Dies
zur rechtzeitigen Abwehr gegen alle diejenigen, welche künftighin Fräulein B. mit
einem wendischen Köuige in Verbindung bringen sollten.
„Aus Obigem geht klar hervor, wie jene Sage entstanden ist, wie dieselbe aus
einer Schatzsage nach und nach aufgebauscht wurde zu der Sage von „wendischen
Königen."
1) Plön = Drache.
(444)
(21) Hr. Virchow zeigt
Muschelgeräthe aus Gräbern von Barbadoes,
welche er kürzlich durch den von dort zurückgekehrten Hrn. Dr. Junker v. Lang-
egg erhalten hat.
Es sind 3 sehr merkwürdige, aus einer grossen Meermuschel mit grosser
Geschicklichkeit und Ueberlegung herausgearbeitete Stücke, wie ich sie früher
nie gesehen habe. Obwohl sie einigermaassen an die aus Tridacna-Schalen her-
gestellten polynesischen Geräthe erinnern, so sind sie doch in der Form davon
ganz verschieden. Zwei davon stellen Schaber-artige Geräthe mit einer breiten
zugeschürften Fläche und einem zugespitzten, etwas gebogenen Griff dar, der sehr
bequem in der Hand liegt. Die Ränder sind überall sehr sauber abgeschliffen und
das Ganze offenbar aus einer grossen Muschel sehr kunstvoll herausgeschnitten.
Am meisten bemerkenswerth ist aber ein kleines Muschelbeil, welches
manchen Steinbeilen der neolithischen Zeit so genau gleicht, dass ich beim ersten
Anblick in der That ein Steinbeil vor mir zu sehen glaubte. Durch seine weisse
Farbe, seine Dichtigkeit und Glätte nähert es sich dem Aussehen von Marmor.
Indess ergiebt eine genauere Betrachtung, dass es gleichfalls aus einer, freilich sehr
dicken und harten Muschelschale angefertigt ist. Es ist 95 mm lang, an der
Schneide 38, am hinteren Ende 22 mm breit, am vorderen Theil, wo es am stärk-
sten ist, 15 mm dick. Die Grundfläche ist fast platt und nur gegen die Schneide
zu stark gebogen, die obere Fläche dagegen ist im Ganzen flach gewölbt und gegen
die Schneide hiü durch eine parabolische, schiefe und ebene Fläche unterbrochen.
Auch die Seitenränder und das hintere Ende sind schwach gewölbt. Alle Theile
sind sorgfältig geschliffen, was freilich nicht hindert, dass durch eine Reihe natür-
licher Höhlungen oder Defekte gewisse Stellen rauh und vertieft erscheinen.
(22) Hr. Voss legt einige Stücke aus
dem Bronzefunde von Bennewitz bei Halle a. d. Saale
vor und bemerkt dazu Folgendes:
Von Freundeshand erhielt ich die No. 160 der Saale-Zeitung vom 12. Juli d. J.
zugesandt, in welcher sich folgende kurze Fundanzeige befand:
„Auf einem Ackergrundstück des Dorfes Bennewitz in der Nähe von Gröbers
ist beim Pflügen eine Urne gefunden worden, welche nicht weniger als 297 Stück
Beile, aus der ßronzeperiode herrührend, enthielt. Die Beile schienen zum grösseren
Theil aus Kupfer zu bestehen, wenigstens zeigen sie, von dem überreich an ihnen
sitzenden Grünspan befreit, eine schöne, kupferrothe Farbe; sie wiegen zusammen
nahezu zwei Centner. Leider konnte die Urne nur in Stücken aus Tageslicht be-
fördert werden."
Auf mein Ersuchen hatte Hr. Oberpostsekretär Warnecke in Halle die Güte,
sich an Ort und Stelle zu begeben und nähere Nachforschungen anzustellen. Es
gelang ihm, 200 Exemplare für das Königl. Museum käuflich zu erwerben, welche
er mit folgendem Bericht übersandte:
„Im Juni d. J. sah in der Feldmark Bennewitz bei Gröbers, Provinz Sachsen,
ein Bauer beim Pflügen einige metallene Gegenstände in der Furche liegen. Er
wurde aufmerksam, grub weiter und fand im Ganzen 294 solcher Stücke, die sich
bei näherer Besichtigung als Aexte von Bronze auswiesen. Gleichzeitig förderte
der Bauer noch Scherben einer Urne zu Tage. Letztere war von schwarzbrauner
Färbung, sehr roh gearbeitet und von einem, mit zerkleinerten weissen Kiesel-
stückchcii durchsetzteu Thou gefertigt. Die Aexte sind mit schöuer Patina über-
(445)
zogen und haben im Allgemeinen dieselbe Form wie untenstehende Abbildung;
nur geringe Unterschiede zeigen sich in der Länge und Breite des Schaftes und
der Schneide, oder in der Breite und Tiefe der auf beiden Seiten des Schaftes be-
findlichen Rille. Im Durchschnitt beträgt das Gewicht der einzelnen Axt 3'/) g
und deren Länge 17 c/n, die Schneide ist 7 cm breit. Die Aexte fanden sich nicht
etwa zerstreut im Felde vor, sondern lagen dicht neben einander; in Folge der
starken Oxydirung der Oberfläche waren die meisten so fest zusammen geheftet,
dass dieselben nur mit Gewalt von einander getrennt werden konnten. Der Fund-
ort liegt ganz in der Nähe der wüsten Mark Stebrik und des bekannten Grabhügels
Bornhök. Weitere Gegenstände, als Steine, Knochen u. s. w. sind nicht auf-
gefunden worden
„Nach Lage der Sache kann angenommen werden, dass die Aexte Eigenthum
eines reisenden Händlers aus Italien oder Gallien gewesen sind; derselbe hatte
vielleicht das Unglück, dass ihm sein Maulthier stürzte; die Aexte zu tragen, war
ihm nicht möglich, da sie fast zwei Centuer wogen. Er vergrub daher seine für
ihn gewiss sehr kostbare Waare, uia solche später wieder mitzunehmen, hat aber
pntweder die Stelle nicht wieder finden können oder ist von den Eingeborenen
ermordet worden.
„Was vor 1500— 2000 Jahren dem damaligen Eigenthümer nicht möglich war,
ist nun heute geschehen. Die Aexte sind durch Kauf in verschiedene Hände über-
gegangen und zieien die Sammlungen mehrerer Museen und Liebhaber; den grössten
Theil derselben aber, 200 Stück, besitzt das Königl. Museum in Berlin."
Sämmtliche an das Königl. Museuui gelangte Exemplare gehören demselben
Typus an. Es sind „Flachcelte" von zierlicher Form mit breiter, gekrümmter
Schneide und sehr flacher Schaftrinue, welche von den niedrigen überstehenden
Seitenkanten gebildet wird. Die einzelneu Exemplare zeigen jedoch so viel Ver-
schiedenheit in Form und Grösse, dass kaum zwei gefunden werden möchten, welche
von identischer Form sind, so dass man behaupten könnte, sie seien in derselben
Form gegossen. Es lassen sich 3 Hauptvarietäten unterscheiden, 1. solche Exemplare,
deren Schaftende gradlinig abgeschnitten ist, 2. solche, deren Schaftende stumpf-
winklig gebildet ist und 3. solche mit abgerundetem Schaftende. Die Schneide
sämmtlicher Exemplare ist mit wenigen Ausnahmen durch Hämmern geschärft.
Das Material scheint eine stark oxydirte Bronze zu sein. Das Oxyd der Oberfläche
liildet eine dicke, rauhe Schicht, welche vielfach einen bläulichen, allmälig jedoch
grünlicher werdenden Schein zeigte und ursprünglich noch mit einer schwärzlichen
(446)
Kruste bedeckt war. Letztere rührt wahrscheinlich von der Zersetzung organischer
Substanz her und mag den Ueberrest des Verpackungsmaterials darstellen. Der
bläulichen Farbe der Patina nach zu urtheileu könnte man wohl annehmen,
dass dasselbe ammoniakhaltig war und vielleicht aus Wolle oder Haaren bestand,
um die Beschädigung der sorgfältig gearbeiteten und geschärften Werkzeuge zu
verhüten.
Im Museum zu Prag belinden sich ähnliche Exemplare, welche aus dem Funde
von Sobienice bei Leitmeritz herstammen, wo ebenfalls 30 gleiche Exemplare bei-
sanimenlagen.
In demselben Museum befindet sich auch noch ein anderer Massenfund, welcher
aus 30 Bronzesicheln, bei Cählawa (Freistadt) gefunden, besteht.
Es sei mir bei dieser Gelegenheit gestattet, noch auf einen im Museum zu
Königsberg i. Pr. befindlichen Fund, der aus etwa 40 durchbohlten Bronzeäxten
bestand, aufmerksam zu machen und an den für unsere Gegend bedeutendsten
Fund von Plestlin bei Demmiu, dessen grösster Theil im Königl. Museum zu Berlin,
die übrigen Partien in den Museen zu Stettin und Stralsund aufbewahrt werden,
zu erinnern, (v. Ledebur: Königl. Museum, Vaterland. Alterth., Berlin 1838
S. 25 ff.) An Zahl der Stücke und Gewicht des Materials überragte jedoch der
eben besprochene Fund von Bennewitz alle so erheblich, dass man ihn wohl in
dieser Hinsicht für den bedeutendsten Massenfund Norddeutschlands ansehen muss.
Die Wichtigkeit dieser Massenfunde ist schon durch die Ansicht des Hrn.
Warnecke über den ursprünglichen Eigenthümer des Fundes gekennzeichnet und
man wird ihm wohl darin beistimmen können, dass dieser Fund den Waarenvor-
rath eines Händlers gebildet habe.
(23) Herr Voss legt einige Abdrücke von sogenannten
Runengemmen
vor, welche er der Güte des Hrn. Oberlehrer Meyer verdankt. Die Originale
befinden sich im Museum zu Lüneburg, dessen Vorstand Herr Meyer ist. Ueber
die Provenienz desselben ist leider nicht recht Sicheres zu ermitteln. Sie sollen
aus der sogenannten „goldenen Tafel," dem alten, im 17. Jahrhundert beraubten,
jetzt gröstentheils in Hannover befindlichen Hochaltar der Lüneburger Michaelskirche
stammen. Das Material ist. wie es scheint, ebenso wie bei den andern Exemplaren
der Art, eine schwarz und weisse onyxähnliche Glaspaste. Die Darstellungen er-
innern zum Theil an Gemmen des classischen Alterthums.
(24) Hr. Hollmann zeigt eine, aus dem Gesichtstheil eines Menschenschädels
hergestellte, bunt bemalte Maske von Neu-Britannien vor.
(25) Hr. Virchow zeigt
einen Topf und verkohlten Mais aus dem Gräberfelde von Madisonville (Ohio).
Hr. Dr. G.Brühl in Ciucinnati hat mir, ausser einer, mit grossen literarischen
Mitteln durchgeführten Arbeit über die Herkunft der altmexikanischen Stämme
(Aztlan — Chicomoztoc. Eine ethnologische Studie. New-York 1879), einige recht
interessante Gegenstände aus der eigentlichen Moundbuilders-Region übersendet.
Dieselben stammen aus einem neu entdeckten und mit grosser Sorgfalt durch die
Mitglieder der Madisonville Literary and Scientific Society, namentlich durch die
Herren Dr. Metz und Langdon explorirten Gräberfelde, über welches einige
Nummern des Cincinnati Daily Enquirer (1879, 24. April) und des Cincinnati
Commercial (1879, 31. Aug.), sowie eine kleine Schrift des Hrn Langdon, welche
(447)
als Anhang zu Prof. Short's neuem Werke (The North Americaus of Antiquity)
erscheinen sollte, näheren Aufschluss geben.
Das fragliche Terrain liegt im südwestlichen Ohio, im Thal des Little Miami
River, welches schon lange durch die grosse Reihe seiner prähistorischen Krdwerke
(Mouuds) die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Nur 1 '/j engl. Meilen süd-
östlich von Madisonville kannte man gleichfalls schon länger ein wegen seiner vielen
Topfscherben (ausserdem Flintspähne, Pfeilspitzen, gebrannte Kalksteine, zahlreiche
Unio-Schalen) mit dem Namen Pottery Field bezeichnetes Gebiet von 4 — 0 Acres
Umfang. Die neuen Untersuchungen haben ergeben, dass dies ein grosses Gräber-
feld ist, welches vielleicht oder sogar wahrscheinlich demselben Volke angehört,
das die Mnunds errichtete. Jedenfalls hält man es für präcolumbisch. Es nimmt
(uneu niedrigen Rücken ein, der vielfach mit Holz bestanden ist. Darunter standen
Bäume, die über den Gräbern selbst gewachsen waren, welche über 300 Jahre
alt sein mussteu, z. B. eine Eiche von 6 Fuss 2 Zoll Umfang.
Bis jetzt hatte man nur einen halben Acre genau untersucht und darauf schon
185 menschliche Skelette ausgegraben, die meisten freilich verletzt, aber doch gegen
40 Schädel erträglich erhalten. Die Leichen lagen meist in einer Tiefe von 2 bis
3 Fuss in horizontaler Lage, das Gesicht aufwärts, indess fand man auch Gerippe
in hockender Stellung und Gruppen von 3 — 6 Individuen. Nur in einem Falle war
der Körper mit flachen Kalksteinen aus dem Flusse bedeckt; sonst fehlte jede
Steineinfassung. Die Köpfe lagen meist nach Osten oder Südosten, namentlich die-
jenigen, neben denen feinere Gefässe, Pfeifen oder andere werthVollere Beigaben
niedergelegt waren. An einer Stelle traf man einen Kopf ohne Gerippe, und als
man weiter suchte, fand man eine kreisförmige Grube von 3'/, Fuss Durchmesser
und 4'/.j Fuss Tiefe, in welcher die Ueberreste von 22 Gerippen enthalten waren.
In einem der Kreuzbeine steckte, nahe am Promontorium, ein kleiner
dreieckiger Feuerstein („Kriegspfeil"). Der Grund der Grube war mit Unio-
Schalen belegt und die Knochen so geordnet, dass die unteren Extremitäten am
Boden, die Köpfe oben lagen. Von diesen Gebeinen wird ausser einer Anchylose
des Atlas mit dem Hinterhaupt und schweren traumatischen Verletzungen das Vor-
kommen rachitischer und syphilitischer Veränderungen erwähnt.
Leider fehlt vorläufig jede Angabe über Maasse und Formen der Schädel und
sonstiger Gebeine. Es heisst nur, dass Form und Durchmesser der Schädel sowohl,
als das Topfgeräth auf eine Verwandtschaft mit dem „Steiugräber-Volk" von Tennessee
hinweisen. Auch eine weitere Beweisführung für die syphilitische Natur der er-
wähnten Veränderungen ist in den mir zugegangenen Papieren nicht geliefert, und
ich kann daher vorläufig noch meinen Zweifeln an der Interpretation Ausdruck geben.
Der Tlion der Gefässe, welche in diesen Gräbern stehen, ist mitr zerstosseuen
Unio-Schalen gemengt. Auch pflegt jedes derselben eine ünio-Schale zu enthalten,
die nach der Ansicht der dortigen Archäologen als Lötfei gedient hat. Es giebt
kleine und grosse Gefässe bis zu 1 Gallon und mehr Inhalt, die ersteren hauptsäch-
lich in Kindergräbern. Manche sind verziert und mit Henkeln versehen, welche
Pvidechsen , Menschenköpfe und dgl. darstellen. Meist sind 4 Henkel vorhanden,
jedoch wurden auch einmal 8 und mehrmals nur 2 beobachtet. Von solchen Ge-
fässen waren bis dahin 88 gesammelt worden.
Ausserdem sind 12 Pfeifen gefunden, darunter 3 aus Catlinit von .Minne-
sota (dem rothen Pfeifenstein); forner Steinscheiben, Aexte und Meissel, Feuerstein-
messer und Lanzenspitzen, sowie zahlreiche Geräthe aus Bein (Perlen, Ahlen,
Nadeln, durchbohrte Zähne). Dazu kommen 2 kleine Cylinder aus gewalztem
(? rolled) Kupfor, 2" lang, und 2 Plättchen, 1" im Quadrat, aus demselben Metali
(448)
Ein Paar Steine zeigten Einritzungen, der eine bloss gekreuzte Linien, welche vier-
eckige Abtheilungen bildeten, der andere eine undeutliche Zeichnung von Pfeilen.
Endlich werden Aschengruben (ashpits) erwähnt, nehmlich Aushöhlungen,
welche mit Asche, Muschelschalen, Saud u. s. w. gefüllt sind Darin wurden Pfeifen,
Knochen, Muscheln und Steingeräth, der Zahn eines Mastodon, Gebeine von wilden
Säugethieren (Büifel, Bär, Flieh, Hirsch), Vögeln und Fischen, gefunden, jedoch nur
einmal ein menschlicher Wirbel. Es geht daraus hervor, dass die Asche hierher
nur ausgeschüttet ist. Solcher Aschengruben hat man mehr als 50 in zusammen-
hängenden Reihen längs des Randes des Abhanges entdeckt. Sie sind 4 — 6 Fuss
tief und hatten 3 — 4 Fuss im Durchmesser.
An einer Stelle fand man eine Art von Opferaltar, wo eine Reihe von Aschen-
und Kohlenschichteu mit zahlreichen Thierknochen [Hirsch, Elch, Waschbär,
Opossum (?), Eichhörnchen, Truthahn (turkey), Wiesel, Murmelthier (woodchuck)
und Bär], Muschelschalen und Massen von Mais über einander lagen. Zu unterst
war ein Pflaster von Rollsteinen; dasselbe lag 4' 11" unter der Oberfläche.
Jedenfalls hat Hr. Langdon Recht, wenn er sagt, dass diese Entdeckungen
zu den interessantesten gehören, welche bis dahin im ganzen Mississippi-Thal ge-
macht worden sind, und ich bin in der That Hrn. Brühl zu grossem Danke ver-
pflichtet, dass er mir einige Specimina von diesem Gräberfelde übersendet hat.
Sollte es möglich sein, Schädel zu erhalten und namentlich die fraglichen Spuren
von Syphilis zur Prüfung bekommen zu können, so würde dies von höchstem Inter-
esse sein.
Die jetzt übersendeten Sachen sind folgende:
1) Ein sehr einfacher, irdener Topf, der nach unten regelmässig kuglig ge-
formt ist, während er nach oben in' eine weite Mündung mit niedrigem, wenig
umgelegtem Rande ausgeht. Er ist 12 cm hoch und sein Durchmesser beträgt an
der Mündung 15,4 cm^ wovon auf die Oeffnung selbst 12 cm fallen. Am Rande
sitzen in regelmässigen Abständen 4 enge Henkel von einfacher Art. Die Oberfläche
des Topfes ist ziemlich glatt, durch Feuereinwirkung vielfach geschwärzt; Orna-
mente fehlen, nur der Saum des Randes ist durch Nageleindrücke schwach ein-
gekerbt. Der Thon ist mit zahlreichen glitzernden Scherbchen von Muschelschalen
durchknetet.
2) Eine grosse Muschelschale, welche nach dem oben angegebenen offenbar in
dem Topf gelegen hat, nach der Bestimmung des Hrn. v. Martens ünio ovatus Say.
3) Zwei Bruchstücke gut erhaltener verkohlter Maiskölbchen mit einer gewissen
Menge von verkohlten Maiskörnern. Hr. Dr. Wittmack hat die Güte gehabt, sich
der Untersuchung derselben zu unterziehen, —
Hr. Dr. Wittmack berichtet, unter Vorlegung zahlreicher Präparate aus dem
landwirthschaftlichen Museum, über diesen Mais und zugleich über altperuanischen
Mais, den er durch die Güte des Hrn. Reiss erhalten hat. Der Vortrag wird dem-
nächst in der Zeitschrift für Ethnologie ausführlich mitgetheilt werden.
(2()) Hr. Virchow zeigt eine grosse Zahl
alter Topfscherben.
Dieselben sind ihm ohne genauere Nachrichten zugegangen, indess vermuthet
er, dass sie ihm durch Hrn. v. Siebold aus Japan übersendet sind, der in einem
früheren Briefe eine derartige Sendung in Aussicht gestellt hatte. Inzwischen ver-
zichtet er auf eine weitere Erörterung, bis die Frage der Herkunft sicher gestellt ist.
(449)
(27) Hr. Künne legt eine grössere Reihe von südamerikanischen, haupt-
sächlich peruanischen Alterthümern , chinesischen Schmucksachen
und anderen ethnologisch interessanten Gegenständen vor, welche von ihm während
seiner kürzlich beendeten Reise um die Erde gesammelt sind. Dieselben sind von
ihm dem Königl. Museum zum Geschenk gemacht.
(28) Es folgt eine Fortsetzung der in der vorigen Sitzung abgebrochenen Be-
sprechung über die
Nubier.
Ilr. Virchow: Wahrscheinlich um dieselbe Zeit, wo ich das vorige Mal hier
über die Eröffnung der zoologisch -anthropologischen Ausstellung des Mr. Rice
sprach, hat dieser unternehmende Mann durch einen seiner Tiger eine so schwere
Verletzung erhalten, dass er, wie ich schon vorher erwähnte, wenige Tage nachher
seinen Tod gefunden hat. Inzwischen waren die angekündigten Nubier hier an-
gekommen, und die Herren Hagenbeck und ümlaufft, welche die Verwaltung
des Geschäfts übernommen hatten, haben mit gewohnter Liberalität die Gelegenheit
gewährt, die neu angekommenen Gäste kennen zu lernen. Leider hat mir meine
sehr beengte Zeit nicht gestattet, eine grössere Zahl von Messungen und Schädel-
untersuchungen vorzunehmen; ich habe mich deshalb auf eine gleich zu besprechende
Einzelgruppe beschränkt. Dagegen hat Hr. Seh öl er seine Untersuchungen über
die Gesichtsfeldgrenzen für Farben von Neuem aufgenommen; seine, uns schriftlich
vorliegenden Mittheilungen bestätigen die früher gewonnenen Resultate. Sie wer-
den mit den früheren zusammen im Text der Zeitschrift abgedruckt werden. Auch
hat Hr. Nachtigal mit gewohnter Gefälligkeit ein neues Farben-Vocabularium
festgestellt, welches zu weiteren Vergleichungen mit den früheren dienen kann.
Die Gesellschaft bestand diesmal fast ganz aus Beni Amr, zu denen ein
Halengi und ein Djali, der uns schon bekannte Omar, hinzukam. Unter den
Beni Amr fand sich wiederum eine grössere Zahl von Heikota (oder Hikota),
darunter die schon von der ersten Karawane des Jahres 1878 her uns bekannten
Gebrüder Idries und Hamed. Aus verschiedenen Gründen wählte ich mir diese
Gruppe zu speciellerer Untersuchung aus.
Wie ich in der Sitzung vom 19. Oct. 1878 (Verh. S. 339. Zeitsch. f. Ethnol.
Bd. X) ausführlich dargelegt habe, so erinnerte ich mich, als ich damals die Namen
Idris Heikota und Hamed Heikota hörte, der Notiz bei Munzinger, wonach die
zwischen den Beni Amr im oberen Barka wohnenden Heikota Reste einer früheren
Völkerschaft darstellten, und im Gegensatz zu den eingewanderten Stämmen als
Aboriginer gälten. Auf meine Nachfrage erklärten die Leute, dass sie einem beson-
deren Stamme angehörten, dass sie aber keine besondere Sprache redeten. „Es ist also
möglich", sagte ich, „dass gerade diese Personen ein höheres Interessi^ beanspruchen
dürfen. Wenn sie wirklich einer Urbevölkerung, einer „Vor-Beni Amr-Bevölkerung"
angehören, so würden wir ihnen nothwendig einen höheren Werth beilegen müssen."
Ich drückte daher den Wunsch aus, dass uns bei einer späteren Gelegenheit andere
Heikota-Männer zugeführt werden möchten. Dies ist nun geschehen, und es bedarf
keiner weiteren Ausführung, weshalb ich diese Gelegenheit gern benutzte.
Es kommt jedoch noch ein anderer Umstand hinzu. Hr. A. Kirchhoff in
Halle hat die Anwesenheit dieser selben Leute benutzt, um in einer nahezu ver-
letzenden Weise über meine, gewiss sehr vorsichtigen Bemerkungen sich zu ergehen
(Mittheilungen des Vereins für Erdkunde in Halle. 1879. S. 57). Er beginnt damit.
Verhaudl. der Berl. Aiitbropol. Gesellschaft 1S79. 29
(450)
meine Angaben in chronologisch umgekehrter Reihenfolge zu citiren. Erst ^will
Virchow an den zwei Beni Amr ausgekundschaftet haben, sie bildeten Glieder
eines besonderen Stammes" und „da habe ihn denn die Stelle bei Munzinger
sofort daran erinnert, dass gerade jene zwei zu ihrem Namen den Zusatz Heikota
machten." Das wäre freilich eine sonderbare „Auskundschaftung" gewesen. In
Wirklichkeit verhielt es sich gerade umgekehrt. Erst nannten beide Männer ihre
Namen, dann erinnerte ich mich an die Stelle bei Munzinger, und dann erst
kam die „Auskundschaftung." Dagegen weiss nun Hr. Kirchhoff, dass „Heikota
ihren Vornamen nur behufs kurzer Unterscheidung einfach als ihr Herkunftsname
seitens des Führers der Berliner Karawane beigelegt war." Höchst „wunderbar zu
hören." Hr. Kirchhoff gesteht also zu, dass der Name Heikota nicht etwa er-
funden, sondern in Wirklichkeit ihr Herkunftsname war. Die Erwähnung des
Führers und der „Beilegung" des Namens war also ganz überflüssig. Auch dass die
Heikota als ein besonderer Stamm aufgeführt wurden, sagt er, sei „kaum gerechtfertigt",
da sie nur aus dem Dorfe Heikota am Gasch herstammen. Munzinger's Mit-
theilung aber „stösst auf manchen berechtigten Zweifel, ja ist zum Theil ent-
schieden unwahr." Und warum? Weil die Geschichte, die Munzinger erzählt,
„jedem unglaubhaft erscheinen muss, der sich von den Heikota-Männern selbst er-
zählen lässt über ihre noch unveränderte Heimath am Gasch."
Munzinger gab an, dass die Heikota noch in neuerer Zeit am Gasch ober-
halb Kassala wohnten, dass sie aber später in das Land der Barea und endlich
nach Dunguaz übergesiedelt wurden, während die Haffara, die letzten Reste eines
den Heikota verwandten Stammes, der Kelu, noch einige Dörfer am Gasch be-
wohnten. Was ist nun in dieser Erzählung „unglaubhaft" oder „entschieden un-
wahr"? Nichts weiter, als dass unsere Heikota aus einem noch jetzt am Gasch
existirenden Dorfe gleichen Namens entstammen. Folgt daraus irgend etwas für
die Existenz anderer Heikota an anderen Orten? und verdient Munzinger, dieser
ehrliche und zuverlässige Autor, derartige Epitheta, weil ihm zufällig das Dorf
Heikota entgangen ist?
Hr. Pieroth, der Führer der Hagen beck'schen Karawane, dessen Angaben
uns keinerlei Verdacht der „Unwahrheit" gemacht haben, wenngleich er sich viel-
leicht zuweilen in diesem Völkerwirrwar irren mochte, erzählte mir bei seiner letzten
Anwesenheit im October, dass die jetzt zu den Beni Anir gerechneten Heikota und
Mana vom Chor Baraka aus an den Gasch gezogen seien und „Dörfer" bildeten. Die
zu den Hadendoa gezählten Kellulei seien erst vor 8 Jahren von ihren Stammsitzen
nach Süden an den Gasch ausgewandert, um sich den Abgaben zu entziehen, mit
welchen sie der Scheh, unter dem sie standen, bedrückte. Sie wohnten jetzt unter
Heikota und Manä, jedoch nur als einzelne Familien, ohne Dörfer zu bilden. ')
Es wäre gewiss recht wünscheuswerth, dass ein wissenschaftlicher Reisender
an Ort und Stelle diesen Verhältnissen einmal genauer nachforschte. Vorläufig
scheint mir die Mittheilung Munzinger's von dem Alter der Heikota in keiner
Weise unglaubhaft; im Gegentheil, ich betrachte sie immer noch als ein Motiv,
1) Auf Grund der Erkundiffuiigen, welche er seit seiner ersten Anwesenheit eingezogen
hatte, theilte Hr. Pieroth ferner mit, dass Ababdi, Bischari und Kerailab (Gemilab) nächst
verwandte Stämme seien, die urspriintilich dieselbe Sprache, nehmlich Bedjah, gesprochen
hätten. Dass Scheikir, Djalin und alle Berber-Stämme eine Sippe bildeten, wollte Omar
Medinö Djali, ein urtheilsfäliiger Mann, nicht anerkennen. Die Djalin seien gänzlich zer-
sprengt; nirgends finde sich noch ein grosser Stammeshäuptling. Sie lebten, wie Zigeuner,
zerstreut in kleinen Hütten. In Schendi gäbe es wohl noch mehr, aber keinen eigentlichen Kern,
(451)
diesen Leuten eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Daher hübe ich auch
neulich 4 neue Heikota in aller Ausführlichkeit gemessen und ich habe dabei nicht
die geringste Schwierigkeit gefunden, auch in dieser Beziehung im Gegensatz zu
Hrn. Kirch hoff, dessen Messungen bei den Leuten „auf argwöhnischen Wider-
stand stiessen." Vielleicht hatten sie Grund dazu.
Die Einzelheiten meiner Messung werde ich später im Zusammenhange mit
den Messungen an den anderen Nubiern veröffentlichen. Für heute gebe ich nur
einige Verhältnisse, wobei ich zugleich die beiden früher gemessenen Heikota
mitzähle:
Name
I n (1 i c e s
Längen-
breiten-
Breiten-
höhen-
Gesichts-
A
Gesichts-
B
Nasen-
Ibrahim . .
Adam . . .
Lila, 15 Jahr
Idries . . .
Idries, W. M.
Hamed, W. M.
Mittel (6)
78,2
76,2
73,0
76,4
74,4
72,7
75,1
63,2
63,8
65,5
61,3
65,4
57,8
62,8
80,8
83,6
89,7
80,1
87,8
79,5
83,6
71,8
72,8
73,5
65,6
74,2
78,6
72,7
72,7
71,6
78,7
70,1
82,6
92,7
78,0
68,3
85,2
68,0
72,8
73,5
67,9
72,6
Der mehr dolich ocephale Typus der Heikota tritt demnach auch hier in
der Mittelzahl deutlich hervor. Freilich sind 3 der neuen Ankömmlinge meso-
cephal, indess nur einer derselben, der etwa '60 Jahre alte, übrigens To'ßedauie
sprechende Ibrahim, erreicht ein höheres Maass. Gegenüber der ausgemachten Meso-
cephalie der Halenga ist dies gewiss bemerkenswerth.
Dem entsprechend ist der Längenhöhenindex höher als bei den Halenga, bei
denen ich früher (aus 14 Messungen) 60,9 erhielt. Auch der Breitenhöhenindex
ist gegen die Halenga (79,1) nicht unerheblich und zwar durchweg grösser.
Der Gesichtsindex A (ganze Höhe des Gesichts zu der Jugalbreite ,' erstere =
100 gesetzt) ist kleiner, als bei den Halenga (75,4), was sich namentlich aus der
durchschnittiich grösseren Jugalbreite der letzteren erklärt. Noch grösser ist die
Differenz bei dem Gesichtsindex B (Höhe des üntergesichts von der Nasenwurzel bis
zum Kinn zu der Malarbreite, au der Sutura zygomatico-maxillaris gemessen, erstere
= 100). Hier haben die Halenga 83.0, die Heikota nur 78,0 ergeben. Es hängt
dies mit der schmaleren, im Ganzen edleren Form des Gesichts zusammen.
Dnsselbe gilt von dem Nasenindex, der nur bei dem jugendlichen (der Angabe
nach 20 Jahre alten) Adam eine beträchtliche Höhe erreicht. Es ist ein hübscher
Mann von höchst elastischer, etwas voller Gestalt und mehr rundlichem Gesicht,
dessen Nase etwas breit, sehr kurz und gegen die Spitze abgeplattet erschien. In der
Regel ist die Nase der Heikota lang und schmal, bei einigen sogar fein, zuweilen mit
überhängender Spitze. Vergleicht man, wie ich früher that, die Länge des Nasen-
rückens mit der Höhe (Nasenwurzel bis Ausatz der Scheidewand), so bildet Adam
.eine wahre Ausnahme, indem bei ihm die Höhe um 7 mm (51—44) gegen die
Länge zurückbleibt. Gerade das umgekehrte Vorhältniss findet sich bei Idris Woat
(452)
Mohamed, bei welchem die Länge (46) gegen die Höhe (51) um 5 mm zurücksteht.
Dieselbe Differenz besteht bei dem noch ganz jugendlichen, erst 15 Jahre alten
Lila. In den gemittelten Zahlen gleicht sich die Differenz fast ganz aus, indem
die Länge 49,6, die Höhe 50,0 )nm ergiebt. Nirgends tritt daher die ünähnlich-
keit mit den nigritischen Stämmen stärker hervor. Die neulich mitgetheilten Nasen-
maasse und Indices centralafrikanischer Neger (S. 326 und 418), so grosse Ver-
schiedenheiten sie im Einzelnen zeigen, lassen doch in der Mehrzahl ganz andere
Verhältnisse erkennen.
Darauf will ich meine heutigen Mittheilungen über die Messungsergebnisse be-
schränken. Auch über die sonstigen Verhältnisse behalte ich mir das Weitere vor.
Nur eine ganz wesentliche und für mich höchst überraschende Bemerkung möchte
ich noch mittheilen. Bei den anthropologischen Systematikein spielen die Büschel-
haare eine hervorragende Rolle. Nun machte ich zuerst bei den beiden Knaben,
dem 12jährigen Abdallah und dem 15jährigen Lila, die Beobachtuog, dass ihr
Kopfhaar gleichfalls büschelförmig angeordnet ist. Die grosse Ausdehnung, in welcher
sie ihren Kopf rasirt tragen, begünstigte die Untersuchung sehr. Je nachdem die
Knaben nehmlich im Alter vorrücken, um so mehr dürfen sie von ihrem Kopfhaar
stehen lassen. Jüngere haben den halben Kopf oder selbst ^4 der Oberfläche
rasirt. Wie sie älter werden, kommt immer wieder ein neues Viertel zu freier
Entwickelung. Die Haare stehen, namentlich an den Seiten des Kopfes, zu 2,
3 und noch mehr dicht zusammen, und die Entfernung bis zur nächsten Gruppe be-
trägt 1 mm und darüber. Ich signalisire diese Erscheinung einfach, ohne über ihre
Verbreitung für jetzt ein ürtheil aussprechen zu können. Ich möchte aber be-
sonders darauf hinweiset wie vorzüglich sich gerade rasirte Flächen für ihren
Nachweis eignen. —
Hr. Nachtigal übergiebt folgende von ihm aufgenommene Tabelle über die
Farbenbezeichnungen :
Siehe nebenstehende Tabelle.
Hr. Nachtigal fügt zur Erläuterung Folgendes hinzu:
Die auf ihre sprachlichen Farbenbezeichnungen von mir examinirteu zehn Indivi-
duen der Rice-Hagenbeck'schen Nubier-Karawaue befinden sich unter den 14 Leu-
ten, welche Professor Kirch ho ff in Halle nach verschiedenen Richtungen zu unter-
suchen Gelegenheit hatte, obgleich weder die Namen noch die Altersangaben der
nebenstehenden Liste mit denjenigen genau stimmen, welche in den „Mittheilungen des
Vereins für Erdkunde zu Halle a. S. 1879" verzeichnet sind. Dass das Lebensalter mit
der Zeit in die Leute hineingefragt wird, und dass es ihnen bei der Angabe desselben
auf einige Jahre mehr oder weniger nicht ankommt, darf nicht Wunder nehmen, denn
in ihrer Heimath würden sie eine darauf bezügliche Frage überhaupt nicht beant-
worten können. Aber selbst ihren Namen geben Mehrere bei wiederholten Erkun-
digungen verschieden an, hier und da den Eigennamen mit dem Familiennamen
verwechselnd, und auch das dürfte eine Folge des beständigen Anfragens sein, dem
die Leute während ihres Aufenthaltes in Europa ausgesetzt waren.
Alle stammten aus der Gegend von Kassala und waren, mit Ausnahme eines
dem Stamme der Halenga angehörenden jungen Mannes, Beni Amr, und zwar ent-
fielen sechs der Letzteren auf diejenige Abtheilung, welche das Bedauie spricht,
und drei auf diejenige Abtheilung, welche sich des Chasia bedient. Jene sechs
stammten vom Chor Gasch oberhalb Kassala aus einem und demselben Orte, den
(453)
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(454)
sie Hoikota nannten, ohne diesem Namen die tiefe, stammgeschichtliche Bedeutung
beizulegen, welche einige ihrer Landsleute im Jahre 1878 denselben zu geben
schienen, wie Virchow in der Sitzung der Gesellschaft vom 19. October 1878 er-
läutert hat. Uebrigens fallen Orts- und Stamm-Namen durch wechselseitige Ueber-
tragung gern zusammen, und es kann natürlich sehr wohl sein, dass die Abtheilung
Hoikota einer Vor-Beni-Amr-Zeit angehört, wie Munziuger glaubt, ohne dass die
der Ri ce- Hage nb eck 'sehen Karawane angehörigen Individuen derselben Etwas
davon wissen.
Die Resultate meiner Erkundigungen waren ausserordentlich gleichmässige.
Die Ausdrücke, welche von den Einzelnen für die verschiedenen Farben gegeben
wurden, stimmten sehr viel besser unter einander, als diejenigen, welche ich in
Gemeinschaft mit Hildebrandt von den im Herbst 1878 hier befindlichen Nubiern
Hagenbeck' s erfragte. (Sitzungs-Bericht vom 19. October 1878.) Der Halengi
und die sechs, Bedauie sprechenden Beni Amr geben durchaus gleichlautende Be-
zeichnungen für Schwarz (hadel) und Weiss (era) an, denn vocalische Vorscbläge
und consonantische Auslaute der Wörter, wie ich sie in der nebenstehenden Liste
eingeklammert habe, deuten doch höchstens verschiedene Formen derselben an, wie
sie sich im Zusammenhange mit anderen bei der Satzbildung herausstellen. — Auch
in der Bezeichnung für Roth (adero) wich nur Einer von den Debrigen durch das
Wort hadamt ab, das wir im Jahre 1878 auf unser Nachfragen zweimal für braun
in Erfahrung brachten.
In der Bezeichnung für Grau herrschte einige Uneinigkeit unter den das BedauTe
Sprechenden, doch so, dass sechs derselben sich des Wortes hämisch (hamischt,
hamesch, hamasch) allein oder in der Zusammensetzung (el-hamischt und hamesch-
erhfVi) bedienten. Hämisch bedeutet wahrscheinlich, wie Kirchhoff in der geo-
graphischen Section der 52. Naturforscher- Versammlung zu Baden-Baden angab
„von unreiner Farbe" und nicht eigentlich „grau", wie die Zusätze el und erhöi,
welche wohl von era (weiss) abzuleiten sind, zu beweisen scheinen.
In den Ausdrücken für Gelb herrschte die grösste Unsicherheit unter den Be-
fragten, wie ich es in allen Sprachen des Sudan (mit Ausnahme vielleicht des
Kanüri) gefunden habe. Die Meisten bildeten sich eine Bezeichnung, deren Grund-
lage sotai' (grün) war, indem sie kurkum oder hämisch hinzufügten. Wenn Kirch-
hoff glaubt, dass das Wort kurkum ein den Bedauie eigenthümlicher Ausdruck für
Gelb sei, so befindet er sich im Irrthum. Die Leute setzten vielmehr dem Grün,
das von den ihnen geläufigen Farbenbezeichnungen dem Gelb zwar am nächsten
kam, aber doch nicht identisch mit ihm war, zur Unterscheidung das arabische
Wort für Gelbwurz, kurkum, hinzu (sot' kurkum). Der Ausdruck sot' hämisch
erklärt sich aus dem oben Gesagten als „unreines gemischtes grün". Die von zwei
Individuen gegebenen Ausdrücke hamschil und erhöi scheinen wohl, jener mit
hämisch (vielleicht ursprünglich hamisch-el lautend) und dieser mit era zusammen-
zuhängen.
Bei der Bezeichnung für Orange waren Alle bis auf Einen einig in dem Aus-
drucke adär-hamisch, das nach Obigem „unreines Roth" bedeuten würde. Auffallend
war, dass Alle (und hieran betheiligten sich sogar die das Chasia Sprechenden)
in dem Worte sötaV für Grün einig waren, und dass auch nicht einem Einzigen
einfiel, dasselbe für Blau anzuwenden, während doch in den meisten Sudan-Sprachen
die Ausdrücke für beide Farben beständig verwechselt werden. Von den sieben,
das Bedauie Sprechenden bezeichneten fünf Blau mit dem Worte delif oder derif
(1 und r werden in den meisten Sprachen jener Gegenden beliebig verwechselt),
während der Haiongi, der schon in der Bezeichnung für Grau von dem hämisch
(455)
der Uebrigeu durch das wenig passende sotai (grün) abwich, auch hier das wenig
zutreifende hadel (schwarz) wählte, welches der Siebente zwar ebenfalls benutzte,
doch nur als Zusatz zu sota! in der b'orm von sot' hadel (schwarzgrün, dunkel-
grün;.
Braun brachten die Meisten in natürlicher Weise mit Roth zusammen, indem
sie dem Ausdrucke für die letztere Farbe das Wort delif hinzufügten, also adär-
delif (blauroth). Diese Verwendung des delif dürfte allerdings für die Vermuthung
Virchow's sprechen, dass delif weniger „blau", als vielmehr „dunkel" bedeutet.
Neben diesem gebrauchte der Halengi für Braun einfach das Wort für Roth und
zwei der Uebrigen bedienten sich anstatt des Ausdruckes adär-delif des mit hämisch
zusammengesetzten hamasch-karä'i, in dem das Wort karäi zum einzigen Male
auftritt.
Die Ausdrücke für Violett, das begreiflicherweise von den Leuten am schwersten
unterschieden wurde, lauteten entweder hamum (horaäm) allein, oder sot' hamäm;
der Halengi bediente sich des Wortes dungussi. Weder dieses noch hamäm erklärt
sich aus den übrigen Farbenbezeichnungen.
Die das Chasia sprechenden Beni Amr waren in den Bezeichnungen für Schwarz
(älim), Weiss (tädi oder tada), Grau (tabeläi oder tjabelai) und Roth (ka'ije oder
rhäije) durchaus einig. Für Gelb gebrauchten zwei das arabische asfer, während
der Dritte den Ausdruck seiner, das Bedauie sprechenden Stammesgenossen sot'
kurkum wählte. — Dieser folgte auch in der Bezeichnung für Orange den übrigen
Beni-Arar durch das Wort adär-hamisch, während seine beiden Genossen den Aus-
druck täla anwendeten. — Für Grün waren auch diese drei, wie erwähnt, in dem
Ausdrucke sotai einig. — Für Blau diente ebenfalls diesen drei nicht das Wort
für Grün, sondern der Ausdruck derid oder derui, der vielleicht dem delif oder
derif nicht fern steht. — In der Bezeichnung für Braun gaben jene Beiden das eigen-
thümliche Wort mäadäi an, während der Dritte sich wieder dem Bedauie durch
adär-derif anschloss. — Ebenso war das Verhältniss in den Bezeichnungen für
Violett, welche zweimal hämelmil lauteten, während einmal das Bedaui-Wort sot"-
üamäm gewählt wurde.
Nach dem Vorstehenden sind also die Ausdrücke für Schwarz, Weiss, Roth
und Grün fest bestimmt, wie es fast bei allen Sudan-Völkern der Fall ist, nur dass
oft das Wort für Grün bei den Letzteren auch für Blau gebraucht wird. Wenn
Kirchhoff dem Bedauie besondere, feste Wörter für Braun und Gelb zuschreibt,
so muss ich das bezweifeln, denn sein hamasch für Braun ist doch nichts Anderes
als hämisch (unrein, grau), und sein gurkum gehört dem Arabischen an, wie oben
erläutert worden ist.
Mit den ausgefragten Leuten war ein junger, intelligenter Dschali, Namens
Omar, der sich, wie sein ganzer Stamm (Dschaliin), ausschliesslich der arabischen
Sprache bediente. Kirchhoff hat in den Mittheilungen des Vereins für Erdkunde
zu Halle a. S. 1879 (Seite 54 ff.) ein Verzeichniss arabischer., diesem Omar ab-
gefragter Wörter gegeben, deren theilweise sonderbare Aussprache ich in meinen
häufigen arabischen Unterhaltungen mit demselben nur in sehr beschränktem Maasse
bestätigen konnte. Wenn Kirch hoff bei derselben Gelegenheit anführt, dass das
von einem andern Dschali gebrauchte Wort für Ziege „ganameia" oder «chanameia"
(mit Betonung der vorletzten Silbe) nicht arabischen Ursprungs zu sein scheine, so
beruht diese Vermuthung auf einem Irrthum. Dieses Wort lautet als Collectiv-
Begriff rhanam und bedeutet nach Freytag (Lexic. arab.-latin.) oviura genus; aus
ihm bilden denn die Araber das Wort rhanamäja für das einzelne weibliche Indi-
viduum. —
(456)
(29) Eingegangene Schriften:
1) Bulletins de la societe d'anthropologie de Paris, t. II. fasc. 3.
2) Materiaux pour l'histoire primitive de l'homme par E. Cartailhac. t. X.
livr. VII. VIII.
3) Mittheilungen des Vereins für Erdkunde zu Halle a. S. 1879.
4) Nachrichten für Seefahrer No. 48, 49, 50.
5) Archiv für Anthropologie Bd. 12. Heft 1. 2.
6) Anzeiger für Kunde der Deutschen Vorzeit. 1879. No. 11.
7) Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns. Bd. 3. Heft 1.
8) Rieh. Schomburgk. On the ürari: the deadly arrow-poison of the Macusis
in British Gujana. Gesch. d. Vrf.
9) Rieh. Schomburgk. On the naturalised weeds and other plants in South
Australia. Gesch. d. Vrf.
10) W. V. Schulenburg. Wendische Volkssagen und Gebräuche aus dem Spree-
walde. Gesch. d. Vrf.
11) Sitzungsberichte der naturwiss. Gesellschaft Isis in Dresden. Jahrgang 1879.
Januar bis Juni.
12) Journal of the Anthropological Institute of Great Britain and Ireland. Vol. IX.
No. 1.
13) L. Vauderkindere. Nouvelles recherches sur Fethnologie de la ßelgique:
sur la couleur des yeux et des cheveux. Vom Verf.
14) Mineral map and general statistics of New South Wales, Australia.
15) Jos. Henry, Sketch of the life and contributions to science.
16) Mittheilungen d. Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. Heft 19.
17) Giustiniano Nicolucci. Strumenti in pietra delle provincie Calabresi. Gesch.
d. Verf.
18) H. B. Geinitz. Die ürnenfelder von Strehlen und Grossenhain. Gesch. d.
Hrn. Liebreich.
19) Amtliche Berichte aus den Königl. Kunstsammlungen. Jahrg. I. No. 1. Gesch.
der Generalverwaltung d. Königl. Museen.
Chronologisches Iiihaltsverzeichniss
der
Verliandlniigen der Berliner Gesellschaft für Antliru-
pologie, Etlmologie und Urgeschichte.
Personal -Verzeichniss der Mitglieder S. 3.
Ausserordentliche Sitzung vom 11. Januar 1879. Neue Mitglieder S. 9. — Lettische
Schädel und archäologische Photographien aus Livland. Graf Sievers, 8. 9. —
Schädel aus der Knochenliöhle von Gorenice bei Ojcow. (Hierzu Taf. IV.).
F. Römer, S. 9. Virchow, S. 10. — Reste kleiner Thiere aus der Balver
Höhle. Nehring, S. 12. — Südamerikanische Töpfe und Schädel. Künne,
S. 13. — Fuudstücke aus dem Kreise Sorau. Saalborn, S. 13. — Stein-
beile von Samoa und australische Photographien. Woldt, S. 15. — Modell
eines pathologischen Gehirns. Castan, S. 15. — Lage von Truso. Anger.
S. 15. — Photographien aus Cambodja. v. Brandt, S. IG. — Altertlu'uuer
aus Japan, v. Brandt, S. 16. — Messungen an Schulkindern. Lucae,
S. 19. — Die Sprache der Australier. Steinthal, S. 20; Virchow, S. 28. —
Eingegangene Schriften. S. 29.
Sitzung vom 18. Januar 1879. Wahl des Ausschusses. Neue Mitglieder, S. 30, —
Gnsichtsurne von Gogolin, Westpreussen. (Holzschnitt.) Florkowskl, Lisch,
S. 30. — Vorlagen aus dem Märkischen Museum, Eigenthumsmarken,
Buckelurnen. Friedel, S, 32. — Urnenfriedhof von Rosenthal bei Berlin.
Schneitier, Virchow, S. 33. — Goldener Halsring von Glogau. Gemss, Voss,
S. 33. — Persische Waffen. Hollmann, Jagor, Hartmann, S. 34. — Maya-
Alterthümer Schultz-Sellack, S. 34. — Fung-Schui oder chinesische Geomantie.
(Holzschnitt.) Hubrig, S. 34. — Herstellung schwarzer Thongefässe in Indien
und in der Türkei. (Holzschnitte.) Jagor, S. 43; Sarnow, S. 45; Voss.
S. 47. — Schädel aus dem Gräberfeld von Giebichenstein bei Halle a. S.
(Holzschnitte) Credner, S. 47; Voss, S. 54; Virchow, S. 64. — Eingegangene
Schriften, S. 67.
Sitzung vom 15. Februar 1879. Neue Mitglieder, S. 68. — Association Lyonnaise
des Amis des Sciences Naturelles, S. 68. — Modelle amerikanischer Alter-
thümer. Hayden, S. 68. — Pompejanische Bronzen. Oelsner, S. dS. —
Bearbeitete Steine aus dem Torfmoore von Freesdorf. Behia, S. 68: Virchow,
Weiss, S. 69. — Der Name Freesdorf und lausitzer Alterthümer. Jentsch,
Weiss, S. 69. — Kleine Thierknocheu aus der Balver Höhle. Virchow,
Nehring, S. 69. — Torus palutinus an ostpreussischen Schädeln. Kupffer.
S, 70; Hagen, S. 71. — Gebräuche der Eiugeboreneu Amerikas. Walter
(458)
Hotfmann, S. 72. — Wallberge des Bartner Landes, Ostpreussen. VIrchow,
S. 72. — Pfahlbauten im Bartsch-Bruche, Posen. Hegner, S. 73; Virchow,
S. 75. — Waffen aus Australien, Neu-Caledonien und Neu-Seeland. Um-
lauft, Woldt, S. 75. — Urne von Wissen bei Kalau. Rabenau, S. 75. —
Geschenk des Hrn. Schomburgk, S. 75. — Kanikars (Taf. IX. und X. und
Holzschnitte). Jagor, S. 75; Fritsch, S. 82. — Verwendung der Stereoskopie
zu physiognomischen Studien. Francis Gaulton, Liebreich, S. 82. — Ein-
gegangene Schriften, S. 82.
Sitzung vom 15. März 1879. Neue Mitglieder, S. 83. — Reisebericht. Bastian,
S. 83. — Tod von Abdallah Scherif. Pieroth, Rensch , S. 84. — West-
sibirische und neuseeländische Photographien. Finsch, S. 85. — Neu-
kaledonische und amerikanische Photographien. Paul Magnus, S. 85. —
Ethnologische Gegenstände aus Sudan. 0. Mantey, S. 85. — Macrocephalen-
schädel von Csongräd, Ungarn, v. Lenhossek, S. 85. ^ Mammuthhaai'e.
Lewin, S. 85. — Archäologische Erwerbungen in Chile. Phillppi, S. 85. —
Sendungen aus Buenos- Ayres. Lamas, Zeballos, S. 85. — Rassenanatomi-
sche Studien aus Australien. Miklucho-Maclay, S. 86. — Steinfunde vom
rothen Berge bei Saalfeid, Thüringen. Richter, S. 87. — Pariser Farben-
tafel, S. 87. — Keltische Ueberreste in Ortsnamen. Göbeler, S. 88. —
Peruanische Alterthümer. Paulsen, Virchow, S. 97. — Bildliche Darstel-
lungen von Ostafrikanern (Taf. XI. und XII.). Hartmann, S. 97; J. M. Hilde-
brandt, S. 98. — Hakka- Chinesen. Hubrig, S. 99. — Steinmesser und
Zauberhölzer aus Süd- Australien (Holzschnitte). R. Schomburgk, Jagor,
S. 105; Virchow, S. 106. — Litthauischer Bronzering (Holzschnitt). Lep-
kowski, S. 106. — Forschungsreise in Livland (Taf. XIII.). Graf Sievers,
S. 108, — Livländische Schädel (Holzschnitte). Virchow, S. 118. — Kupfer-
funde von Skarbnice bei Zuin, Posen. Feldmanowski, Virchow, S. 134. —
Schädel von Ophrynium, Troas. Virchow, S. 136. — Lappen (Holzschnitt).
Virchow, S. 143. — Eingegangene Schriften, S. 148.
Sitzung vom 19. April 1879. Neue Mitglieder, S. 150. — Reisebericht von Künne,
S. 150. — Ausgrabungen bei Jessen, Kr. Sorau (Holzschnitt). Saalborn,
S. 151. — Böhmische Alterthümer. Pudil, S. 151. — Gesichtswinkelmesser.
Falkenstein, S. 153. — Verschiedene Vorlagen. Woldt, S. 154. — Schwarzer
Tod in der Mark. Budczies, S. 154. — Gräberfunde von Allendorf zu
Schönebeck a. Elbe, Dalldorf bei Aschersleben und Meissdorf. Schilling,
Hartmann, S. 154; Voss, S. 156, — Topographie der trojanischen Ebene.
Koner, S. 156, — Eingegangene Schriften, S. 156.
Sitzung vom 17. Mai 1879. Neue Mitglieder, S. 157.— Geschäftliches, S. 157.—
Alterthümer von Querfurt. Walter, S. 157. — Münzfund von Witakowice
(Kr. Schroda). Schwartz, Voss, S. 159. — Scratch-book. Koner, Jagor,
Woldt, Friedel, S. 159. — Feuerbestattung. Friedel, S. 159, — Geschaftete
Feuersteinbeile von der unteren Weser und Elbe (Holzschnitt). Friedel,
S, 161. — Urnenfunde von Satzkorn, Fürstenwalde, Seelow, Wilsnack,
Schöneberg (6 Holzschnitte). Friedel, S. 163; Voss, Koner, v. Korff, S. 166. —
Inschriften trojanischer Vasen, v. Korff, S. 166. — Vedas. Jagor, S. 166. —
Patagonier. Hartmann, S. 176. — Neue Schriften, S. 179.
Nachtrag: Reise in die Troas. Virchow, S. 179.
r459)
Sitzung vom 21. Juni 1879. Neue ordentliche und correspondirende Mitglieder,
S, 181. — Anthropologische Versammlungen in Strassburg und Moskau,
S. 181. — Excursionen, S. 181. — Ortsverein zu ßraunschweig und
Wolfeubüttel, S. 182. — Rückkehr von Serpa Pinto, S. 182. — Pariser
Farbentafel, S. 182, — Scliildelabgüsse eines Galtscha und eines Savoyar-
den. Topinard, S. 182; Virchow, S. \H'^. — Madagascar. Hildebrandt, S. 1»3.
— Rassenmessungen in Aden. Hildebrandt, S. 184. — Schonung der Ein-
gebornen in Neu-Guineu. v. Miklucho-Maclay, S. 18G. — Zoologische Station
in Sydney, v. Miklucho-Maclay, S. IST. — Paläontologisches Vorkommen df^s
Dingo in Australien. Wilkinson, S. 189. — Reise nach Melanesien, v. Miklucho-
Maclay, S. 190. — Sorbisch -wendische Alterthümer (4 Holzschnitt»-).
Vörckel, S. 191. — Steinuietzzeichen vom Schloss Grunewald bei Berlin.
(Holzschnitte.) Ed. Krause, 8. 194. — Reichersdorfer Uruenf(ild (Tai". XIV.).
Jentsch, S. 194. — Angebliche Zulukafferu. Virchow, Hartmann, S. 197;
Fritsch, S. 198. — Drei Patagonier (Taf. XV.). Virchow, S. 199. — Reise
nach Troja. Virchow, S. 204. — Vorgeschichtliche Spuren in der Lüne-
burger Heide. Bracht, Virchow, S. 217. — Eingegangene Schriften, S. 220.
Ausserordentliche Sitzung vom 12. Juli 1879. Neue Mitglieder, S. 221. — Reise
im indischen Archipel. Bastian, S. 221. — Reise nach Micronesien. Finsch,
S. 221. — Bibliothekar der Grey Library, Cape Town, S. 221. — Druen-
felder und Runenstein bei ZüUichau (2 Holzschnitte). M. Erdmann, S. 222;
Virchow, S. 223. — Eingeschriebener Stein vom Grave Greek Mound. Reid,
S. 223. — Näpfchensteine an der Moritzkirche zu Coburg und Weihwasser-
stein zu Milz bei Rörahild (Holzschnitt). Jakob, S. 223; Virchow, S. 225. —
Hünengräber mit Skeletten, Steinbeilen u. s. w. zu Slaboszewo (Posen).
W. Schwartz, S. 225. — Fensterurne von Wildeshausen, v. Alten. S. 228. —
Verglaste Steine vom Säugersberg bei Salzschlierf. Barth, S. 228; Virchow,
Hauchecorne, S. 229. — Hakeuringe in Gräbern von Ober-Oppurg (Thü-
ringen). (Mit Holzschnitten.) Eisel, S. 229. — Photographien von Pata-
goniern. Günther, S. 231. — Prähistorische Karte des Kreises Sorau
(Niederlausitz). Saalborn, S. 231. - Japanische Kjökkenmöddinger. v. Sie-
bold, S. 231. — Zauberhölzer der Australier. Schomburgk, Jagor, S. 234. —
Sitten und Gebräuche der Südaustralier am Peake-Fluss. S. 235. — Chuu
(Holzschnitt). Wilson, Jagen, S. 237. — Lehmkugeln von Posen. Pfuhl,
S. 239. — Hradiste vou Stradonice und Schädel von Strupcic (Böhmen)
(Holzschnitte). L. Schneider, S. 239. — Ausgrabungen bei Elbing (Holz-
schnitte). Anger, S. 241. — Funde in der Wallstrasse vou Elbing. Anger,
S. 246. - Excursion nach Rüdersdorf. Orth, S. 247; Virchow, S. 251. —
Excursion nach Neubrundeuburg (Holzschnitte). Virchow, S. 252. — Troja
(Hierzu Taf. XVL und Holzschnitte). Virchow, S. 254. — Eingegangene
Schriften, S. 281.
Sitzung vom 19. Juli 1879. Correspondirendes und ordentliches Mitglied. S. 283. —
Versammlungen von fremden Gesellschaften. S. 2S3. — Finnische und ugrische
Fragen. Europaeus, S. 283. — Die Ama-Zulu Süd-Afrika's. Fritsch, S. 284.
— Todtenbestattung zu Ancon (Peru). Reiss, S. 290. — Alte Wohnplätze
in der Wetterau. Meitzen, S. 295; Virchow (Holzschnitte), S. 29G.
Sitzung vom 18. üctober 1879. Neue und correspondirende Mitglieder. S. 299. —
Sibirische Literatur, v. Duhmberg, S. 299. — Bericht von Bastian. S. 300. —
(460)
Werk von Rajendra Lalamitra über Buddha Gaya, S. 300. — Chronologi-
sche Geschichte der Pflanzen. Pickering, S. 301. — Congresse in Strass-
burg und Brüssel, Ausstellung in Berlin. Virchow, S. 301. — Gongress in
Lissabon. S. 302. — Prähistorische Alterthümer Siebenbürgens. Goos;
Fräul. Torma, S. 302. — Schwanzbildung beim Menschen. (Taf. XVIL,
Fig. 1), Ornstein, S. 303; Virchow, S. 305. — Farbe der Haare, der Augen
und Haut in Griechenland. Ornstein, S. 305. — Haarfarbe der Stämme in
Persien und am Caspischen Meere. Houtum Schindler, S. 306. — Fels-
zeichnungen der Buschmänner. Th. Hahn, S. 307. — Bedeutung der nord-
amerikanischen Mounds. Evans, S. 308. — Neue Funde der kleinen
Diluvialfauna in Höhlen. Nehring, S. 309. — Indianische Graburnen von
Piracicaba (Brasilien) (Holzschnitte). Nehring, S. 309. — Römische Münze
bei Guben, Freesdorf und schlesische Urne mit Seitenöffnung. Jentsch,
S. 310. — Alterthümer im Kreise Sorau (Niederlausitz). Krug, S. 311. —
Gold- und Bronzefund von Dorotheenhof (Kreis Flatow). v. Hirschfeld,
S. 313. — Gräberfeld von Wronke. Schwartz, S 315. — Reise von J. M.
Hildebrandt, S. 316. — Messungen von Wayanda, Bari und Kidj. Felkin,
Buchta, S. 316; Israel, S. 325; Virchow, S 326. — Die Insel Oahu. Finsch,
S. 326. — Hawaiische Grabstätte bei Waimanalo, Oahu. (Mit Holz-
schnitten.) Finsch, S. 327. — Photographien von Negrito-Schädeln (Philip-
pinen). Baer, S. 331. — Angebliche Photographie einer Apache Squaw.
Stein, Virchow, Hilgendorf, S. 334. — Näpfchenstein und Kirchenmarken in
der Schweiz. Virchow, S. 334. — Schalensteine und Kupferäxte in der
Schweiz. (Hierzu Taf. XVIL, Fig. 2 — 3 und Holzschnitt.) F. Keller,
S. 335; Gross, Virchow, S. 336. — Hünengräber von Lohme auf Rügen.
Schöler, S. 337; Virchow, S. 339. — Balkenverzieruug aus Appenzell. Koll-
mann, S. 340. — Lehmfunde von Posen. Pfuhl, Roth, Friedel, S. 340. —
Runenkalender von Oesel. (Hierzu Taf. XVIIL). v. Stein, S. 340. —
Thongefäss aus dem Borchelt von Gosraar und Mammuthszähne von Luckau.
Behia, S. 342. — Gräberfeld von Gr. Lichterfelde bei Berlin (Holzschnitte).
Urban, S. 342; Virchow, S. 346. — Nubische ethnologische Gegenstände.
Mantey, S. 350. — Feuersteinfunde von Hei w an und moderne Industrie.
Mantey, S. 351 ; Beil, S. 353. — Karrenfelder und Strudellöcher, mit be-
sonderer Rücksicht auf Rüdersdorf. Sadebeck, S. 353. Hauchecorne, Orth,
Virchow, S. 360. — Neue Schriften, S. 360.
Sitzung vom 15. November 1879. Deformirter Schädel von Coati. Künne, S. 362. —
Bericht des Hrn. Bastian, S. 363. — Geschenke des Hrn. v. Mohl, S. 362. —
Verein für Orts- und Heimathskunde zu Altena a./Lenne, S. 362. — Böh-
mische Gräberfelder. Pudil, S. 362. — Prähistorische Funde von Guben.
(Mit Holzschnitten). Jentsch, S. 366. — Generalversammlung und Ausstellung
zu Berlin, S. 370. — Funde von Berlin und Potsdam. (Mit Holzschnitten).
Friedel, S. 371; Virchow, S. 374, 375. — Graburnen von Ober-Wilda bei
Posen. M. Kuhn, S. 376. — Gräberfeld von Slaboszewo (Posen) und Haken-
ringe. (Mit Holzschnitten.) Schwartz, S. 376. — Kirchenmarken im Posen-
schen. (Mit Holzschuitt.) Schwartz, S. 379; Virchow, S. 381 ; Weiss, Alfieri,
Friedel, S. 382; Hartmann, S. 383. — Moderne Stöcke mit Feuersteinbesatz
in Polen. Schwartz, S. 384. — Orang-Utan und Gibbons. Virchow, S. 384. —
Nubier und Diniia. (Mit Holzschnitten.) Virchow, S. 388; Hartmann,
S. 395. — Neue Schriften, S. 397.
(461)
Sitzung vom 20. December 1870. Geschäfts- und Verwaltungsbericht, S. 398. —
Kassenbericht, S. 405, — Neuwahl des Vorstandes, S. 405. — Neue Mit-
glieder, S. 405. — Tod des Hrn. Sadebeck, S. 406. — Nekrolog des Grafen
Sievers. (Mit Holzschnitt); v. Pahlen ö. 40G; Virchow, S, 408. — Ge-
schwänzte Menschen im indischen Archipelago. Bastian, S. 412. — Schwanz
eines menschlichen Kindes. Virchow, S. 41 ;i — Reise nach den Marshall's
Inseln. Finsch, S. 413. — Academia nacional de ciencias, Cördoba, Argentinien.
S. 414. — Küstenlinie des Hellespout. Caivert, S. 414. — Messungen an
Bari und Bacliopi. Felkin, S. 415; Virchow, S. 418. — Gräberfeld bei C'lauen
(Amt Peine, Hannover). Müller, S. 419. — Reise nach Lappland. Schulz-
Marienburg, S. 419. — Photographien von Negritos (Philippinen). Koch,
S. 42'2. — Höhlenschädel von Cagraray (Philippinen). Munoz, S. 422; Jagor,
423; Virchow, S. 424. — Schädel und Skelette, besonders von Negritos und
Igorroten von den Philippinen. Virchow, S. 426. — Gräberfunde aus Cujavien.
(Mit Holzschn.) v, Erckert, S. 42<S; Virchow, S. 431. — Näpfchensteine und
Kirchenmarkeu. Virchow, S. 436; Jentsch (Holzschnitte), S. 436; Brückner,
S 440; Alfierl, S. 441 ; v. Schulenburg, S. 442. — Thongeräthe aus dem Urnen-
felde von Müschen im Spreewalde. (Mit Holzschnitten.) v. Schuienburg,
Virchow, S. 442. — Nachkommen des wendischen Königs im Spreewalde.
V. Schulenburg, S. 442. — Muschelgeräthe und Muschelbeil aus Gräbern von
Barbadoes. Virchow, S. 444. — Bronzefunde von Bennewitz, Provinz Sachsen.
(Mit Holzschnitten.) Voss, S. 444. — Ruuengemmen. Voss, S. 446. — Maske
von Neu-Britannien. Hollmann, S. 446. — Topf und Mais aus dem Grälier-
felde von Madisonville (Ohio). Brühl, S. 446; Virchow, S. 447; Wittmack,
S. 448. — Südamerikanische und chinesische Gegenstände. Künne, S. 449. —
Nubier. Virchow, S. 449; Nachtigal, S. 452. — Eingegangene Schriften S. 456.
Chronologisches Inhalts- Verzeichniss S. 457.
Namen-Verzeichniss S. 462.
Alphabetisches Register S. 463.
Namen-Register.
Alfieri 382, 441.
V. Alten 228.
Anger 15, 221, 241.
Baer 331, 426.
Barth 228.
Bastian 83, 221, 300, 362, 412.
Behia 68, 342,
Bracht 217.
V. Brandt 16.
Brückner 440.
Brühl 446.
Buchta 316.
Budczies 154.
Calvert 136, 414.
Caro 54.
Credner 47.
Duhmberg 299. ,
Eisel 229.
V. Erckert 428.
Erdmann, M. 222.
Europäus 283.
Evans S. B. 308.
Falkenstein 153.
Feldmanowski 134.
Felkin 316, 415.
Finsch 85, 221, 326, 413.
Florkowsky 30.
Friede! 32, 159, IGl, 164, 371, 374, 384.
Fritsch 82, 198, 284.
Gemss 33.
Goebeler 88.
Goos 302.
Hagen, Fr. B. 71.
Hahn, Th. 307.
Hartmann, Rob. 34, 97, 154, 176, 196, 198,
383, 395.
Hauchecorne 360.
Hegner 73.
Hildebrandt 98, 183, 1«4, 316.
V. Hirschfeldt 313.
Hoffmann, Walt. 72.
Hollmann 34, 446.
Houtum-Schindler 306.
IHubrig 34, 99.
Jacob 223.
Jagor 34, 43, 75, 105, 166, 231, 234, 237,
422, 436.
Jentsch 69, 194, 310, 366, 436.
Johnston 237.
Keller, Ferd. 335.
Koch, 0. 422.
Kollmann 340.
Koner 156, 166.
V. Korff 166.
Krause, Ed. 194.
Krug 151, 311.
Künne 13, 85, 150, 362, 449.
Kuhn, M. 376.
Kupffer 70.
V. Lenhossek 85.
Lepkowski 106.
Liebreich 82.
Lisch 30.
Lucae 19.
Magnus, P. 85.
Mantey 85, 350.
Meitzen 295.
Miklucho-Maclay 86, 186, 190.
V. Mohl, 362.
Müller 419.
Munoz 422.
Nachtigal 452.
Nehring 12, 69, 309.
Oelsner 68.
Ornstein 303, 305.
Orth 247, 360.
V. Pahlen 406.
Pfuhl 239, 340.
Philippi 85.
Pudil 151, 362.
Rabenau 75.
Reid 223.
Reil 353.
Reiss 290.
Rensch 84.
Richter 87.
(363)
Römer, F. 0.
Saalborn 13, 151, 231.
Sachs t 299.
Sadebeck 353, f 406.
Sarnow 45.
Schneider, L. 239.
Schneitier 33.
Schöler 337, 390, 449.
Schomburgit 75, 105, 234.
V. d. Schulenburg 442.
Schulz-IVIarienburq 419.
Schultz-Sellack 24.
Schwartz, W. 159, 225, 315, 376, 379, 384.
V. Siebold 231.
Sievers, Graf 9, 108, f 406.
Stein 334.
V. Stein 340.
Steinthal 20.
Topinard 182.
Umlauft 75.
Urban 342.
Virohow 10, 28, 33, 64, 69, 70, 97, 106,
1J8, 134, 136, 143, 183, 198, 204,216,
252, 254, 296, 305, 334, 336, 339, 346,
374, 381, 384, 388, 413, 424, 426, 431,
436, 441, 444, 446, 448, 449.
Vörckel 191.
Voss 33, 47, 52, 156, 157, 159, 166, 191,
302, 444. 446.
Walter 157.
Warnecke 52.
Weiss 69, 382.
Wilkinson 189.
Wilson 237.
Wittmack 448.
Woldt 15, 75, 154.
Sach-Register.
Abplattung des Hinterhaupts bei den Pata-
goniern 200.
Achilles-Grab, Troas 205.
Adelaide, Südaustralier 105.
Adelnau, Steinbeil, Rom. Münze 74.
Aesyetes Grab bei Troja 215.
Affen, anthropoide 384.
Afrika, Feuersteinsplitter von Helwan 351;
Madagascar 183; Messungen ceutr.-afrik.
Stämme 316, 415; Kubische ethnolog.
Gegenstände 350; Ostafrikaner 97, 184;
Serpa Pinto's Reise durch A. 182; Zulu's
196, 284; s. Buschmänner, Nubier.
Aino's, älterer Volksstamm Japans 233.
Altena, Ver- f. Heimathskunde 362.
Ama-Zulu's 284.
Amerika, Central-, 68. Nord-, Apachen-
Mädchen 334; Gebräuche der Eiogebor-
nen 72; Grave Creek Mound 223; India-
nische Graburnen 309; Mounds 308;
Topf aus dem Gräberfeld von Madison-
ville (Ohio) und verkohlter Mais, 446.
Süd- 13, 85, 97, 150, 175, 198, 290, 449.
Amerikanisten 302.
Analyse, chemische, von Kupferlocken aus
Zedlitz 136.
Ancon, Peru, Todtenbestattung 290.
Angelhaken von Eisen, Elbing 243.
Anthropoide Affen 384.
Apachen-Mädchen, Photographie 334.
Araucaner 199.
Archipel, indischer, Bastians Reise 220.
Arequipa, silberne Idole 150. ;
Arizona, Ruinenstädte in, 68.
Aschengruben mit versch. Geräthen in
Ohio 447.
Assam, Indien, ßastian's Bericht 83.
Augenfarbe, Griechenland 305.
Ausgrabungen, auf Rügen 238; in Troja 210.
Australien 20, 75, 86, 105, 235.
Aveniken (Haveniken) 176.
Bachopi 4is.
Balver Höhle, Westfalen 12, 69.
Barbadoes, Muschelgeräthe 444.
Bari 316, 418.
Bartenstein, Cernirungsschanzen 73; Schwe-
denschanze 72.
Bartschbruch, Torfmoor mit Pfahlb. 73.
Behaarung, abnorme, bei Frauen und Kna-
ben aus Neuseeland 85.
Beinschnitzereien in der Moritzburg .^4.
Benau 13.
Beni Amr 388, 449.
Bennewitz bei Halle, Bronzefund 444.
Berlin, Näpfchen und Rillen 382; Steinbeil
mit Holzschaft 162; ürnenscherben 371.
Bernstein, aus dem Grabfelde von Giebi-
cheustein 56, 60; aus Steiukisteugräbern
bei Skarbnice 134; Perlen aus Polen 9;
durchbohrte Scheibe aus Cujavien 434.
Beschik Tepe, Troas 216.
Bilin 57.
Billendorf i:>.
Bindfaden-Ornament 163.
Böhmen. Biliu 57; Stradonice 57, 239;
Strupcice 239. Wockowitz 58.
BöhmischeAlterthümerl51 : Gräberfelder 363;
Thongefässtypon 240.
(464)
Bogenspanner (Schwurringe) 115.
Bohrloch, angefangenes, im Steinhammer von
■ Skarbnice 134; desgl. au einem Stein-
geräth von Giebichensteiu 51.
Brandenburg, Prov.,s. Berlin, Burg,Cöpenick,
Crossen, Freesdorf, Giesensdorf, Glie-
nicke bei Beeskow, Gosmar, Guben,
Haaso, Heinersdorf bei Züllichau, Hohen-
saatheu, Jessen, Krummendorf, Leest,
Lichterfelde, Mehsso, Müschen, Nauen,
Neuenhagen, NeumühJe, Nexdorf, Oder-
berg, Pohio, Prenzlau, Radewitsch, Ram-
pitz, Reichersdorf, Rosenthal, Rüders-
dorf, Saarow, Saatzke, Satzkorn, Schmöck-
witz, Schöneberg, Selchow, Sorau, Stern-
hagen, Wissen.
Brandenburg, s. Heinrichs I. Zug nach Br.,
Keltische üeberreste in Ortsnamen, Lau-
sitzer Alterth., der schwarze Tod in der
Mark.
Brandstätten in der Lüneburger Heide 218.
Braunschweig, Kirchenraarken 383.
Braunsdorf bei Querfurt, Römische Kaiser-
münzen 158.
Bronzen, v. Benau 14; v. ßennewitz 444;
Billendorf 14; Böhmen 152; Doiotheen-
hof 313; Elbing 242; Giebichenstein 52,
54; Glienicke bei Beeskow 164; Gogolin
31; Guben 367; Jessen 151,311; Leiha
158; Lichterfelde bei Berlin 342, 348;
Litthauen 306; Livland 109, 110; Mü-
cheln 158; Pompeji 68; Reicbersdorf 196,
Rügen 338, 340; Satzkorn 164; Schmöck-
witz 32; Skarbnice 134; Slaboszewo 376; '
Wronke 316; Ziemcin 436.
Bronzen, Brustspange 32; Gelte 444;
Diadem aus Skeletgräbern von T^eiha
158; Dolch V. Guben 367; Dolch mit
Eisenscheide von Rügen 340; Fibeln,
aus Skeletgräbern von Elbing 242
Hakenringe aus Skeletgräbern 229
Halsring (Torques) 164; Knopf 14
Kopfschmuck von Livland 110
Nadel 14, 316; Ring 14, 106; Ringe
bei Skeletten 222, 376; Schwert aus
einem Steinhügel auf Rügen 338; Sichel
(neben Eisenmesser) 158; Spiralringe
134; Urne von Dorotheenhof mit Gold,
Bronzen und Glasfluss 314; Funde,
grössere, von Glienicke 164; von Skarb-
nice 134.
Bronzeschalen, ähnliches Thongefäss 164.
Bronze und Eisen 31, 158, 196, 348.
Buddha Gaya 300.
Büschelhaare bei Nubiern 452.
Burg a.Spree 442.
Burgwall von Gosmar 342; von Lapitz 253;
bei Neubrandenburg 252.
Buschmänner, Felszeichnungen der, 307,
C.
Cagraray, Philippinen-Insel 422.
Cannibalen, Japan 231.
Canis lagopus 10.
Castrum, römisches, am Hadrianswall in
Württemberg 47.
Caziken, Grab 150.
Chatten 63.
China, Geomantie 34; Hakka-Chinesen99;
Chinesischer Character der Inschriften
trojanischer Gefässe 166, 266.
Chua, Photographie eines Ch. und Bericht
über die Chua's 237.
Cisternen von Stradonitz 58.
Clauen, Hannover, Skeletgräber 419.
Coburg, Näpfchensteine 223.
Cöpenick, Ostend, Steinbeil 164.
Collo-Collo 150.
Conchylien in den Abfällen von Troja 268.
Congress, anthropologischer, in Strassburg
301; der Amerikanisten in Brüssel 302.
Connewitz, Sachsen, Kinderklappern 192.
Crossen, Schwedenschanze 58.
Cujavische Gräber 428, 434.
D.
Dalidorf bei Aschersleben, Urnen 155.
Daimanzer, zwischen Saale und Mulde 194.
Deckel, Urnen-, verzierte Schalen 165.
Denka, s. Dinka.
Diluvialfauna in Höhlen 12, 69, 309.
Dingo, Skelet und Fell eines, 190.
Dinka 388.
Dobeln, Kr. Angerburg, Ganggräber 83.
Dönhofstädt, Kr. Rastenburg 72.
Dolichocephalie 12, 123.
Doppeläxte, kupferne 336.
Dorotheenhof, Kr. Flatow, Gold- und Bronze-
Fund 313.
Druidenstein (Heidenstein) von Sitten 438.
Dugong 423.
E.
Eberzähne, bearbeitet 9.
Eiche von Alt-Pebalg in Livland 108.
Egisheim, Schädel von, 157.
Eigenthumsmarken 32.
Eilenburg, Urnen 191.
Eisen-Beile von Praulen in Livland 113.
Eisen-Messer und Bronze-Sichel vonMücheln
158.
Eisenfunde von Rampitz372; von Gogolin 31.
Eisen-Nadel von Giebichenstein 52.
Eisen und Bronzen, von Reichersdorf 196;
von Lichterfelde 349.
Elbing 15, 241; Urnen- und Skeletgräber
mit Bronze, Eisen- und Silber (röm.
Münze) 243.
Elephas primigenius 10.
i
(465)
Elsass, Schädel von Egisheim 157; Stiass-
hurg 301.
Erbsen vou tlissarlik 27(1
Erdkegel in Ostpreussen 73.
Esten-Schädel 114.
Excursion, nach Rürlersdorf 181, 247; Jiach
Neu-Brandenburg 252.
F.
Falzbeinartiges Hirschhorngeräth aus einem
Skeletgrabe Ciijaviens 435.
Farbe der Augen, Haut und Ifaai-e, (irie-
chenland 3U5.
Farbe der Haare, Persien 306.
Farbenbezeichnungen, der Lappen 148; der
Nuhier ;-;s9, 449, 452.
Farbensinn dm- Nubier 389.
Farbentafei .S7. 182.
Farben an Uruen 14.
Felis spelaea 10.
Felszeichnungen der Buschmänner 306.
Fensterurne von Wildeshau^en 228.
Fersenbein, beide Gelenkflächeu zu einer
vereinigt 154.
Feuerbestattung, moderne 159.
Feuersteinbearbeitungsstellen in der Lüne-
burger Heide 218.
Feuerstein-Beil, geschlagen, Adelnau 74.
Feuersteingeräthe aus Steinkammern niit
Skeb'tten, Rügen, 338.
Feuersteinspitze in einem Skelet vou Ohio
447.
Feuersteinspitzen an Stöcken in Polen 384.
Feuerstein-Genithe von Helwan , Aegypten
351 ; von Troja 272.
Fibeln. Platten-, in livischen Gräbern 117;
Elbing 242.
Finnische Fragen 283.
Fischüberreste in Wirthschafts- Abfällen in
der Troas 269.
Frankenau, Kr. Heilsberg 72.
Freesdorf. Kr. Luckau 68, 69.
[>gi., Entstehung des Namens 310.
Friedberg i. W., Wohnstätten 295.
Froschreste, Balver Höhle 12.
Fuchs, in Höhlen 10.
Fundstätten im Kreise Sorau 13.
Fung-Schui (Geomantie) 34.
Füsse vou Negern und Nubiern 392.
G.
Galtscha. Schädelabguss 182.
Ganggräber in Ostpreussen 73.
Garki. Prov. Posen, Pfahlbauten 73.
Gaumen, ostpreuss. Schädel 70.
Gebräuche, der Eingeborenen Nordamerikas
72; der Vedas in Indien 168.
Gehirn, Arbeiten darüber 188.
Generalvers. d. deutsch. Authrop. Ges. von
1880, 370; in Strassburg 1.S79, 181.
Vvrhandl. der Berl. Anthropol. Gesellschaft 1879.
Geomantie 35.
Gerdauen, Skeletfeld 73.
Gergis (Gergithes) 208.
Gesichtsurne s. Urnen.
Gesichtswinkel-Messer nach Falkenstein 153.
Geweihreste \om ürnenfeld bei Schöne-
beck 154.
Giebichenstein bei Halle 47.
Giesendorf, Steinbeil 350.
Glacialerscheinungen bei Rüdersdorf 247, 354.
Glättung der Tbongefässe 278.
Glasartige Masse, Ring, von Billendorf 14.
Glas in der Urne von Wildeshausen 228.
Glasperlen, von Gogolin 31; von Giebichen-
stein 53; von livischen Gräbern 119;
aus einem Brandgrabe von Ziemcin (mit
Bronze) 436.
Gletschertrichter, Gletschermühle 247, 354.
Glienicke, Kr. Beeskow, Bronzefund 164.
Glogau. (ioldring, 35.
Gogolin, Kr. Kulm 30.
Goldblechfigur (Lama) aus Peru 97.
Golddraht v. Urnenfelde Knimmendorf 222.
Goldfunde von Troja 180, 273.
Goldhalsring aus einer Bronze -Urne von
Dorotheenhof 315.
Goldring, von Glogau 33; von Körbecke 33;
von Skarbuice 134; von Voigtstedt 34.
Goldschmuck von Velp 34.
Goldspirale, von Billendorf 15; aus einem
Grabhügel in der Lüneburger Heide 217.
Gorenice, Knochenhöhle 9, 309.
Gosmar bei Luckau, Burgwall 342.
Grabhügel, in der Troas 214; mit Steinlagern
für Leichenbestattung, Lüneburg 218;
mit Steiukammern 218; mit Urnen 218.
Grabstätten, alte hawaiische 327; von Lys-
kowitz in Böhmen 36; von Leiha, mit
unverbrannten Leichen 108; von Wronke
315; in Ostpreussen 73; in Livland 108.
Gräberfeld von Giebichenstein 47.
Gräberfunde in Cujavien 428.
Grave Creek Mound, Stein mit Inschrift 223.
Grodzisko 73.
Grona. alte zerstörte Wohnstätte in Sachsen
193.
Grosslichterfelde bei Berlin, Urnenfeld 342.
Grunewald bei Berlin, Steinmetzzeichen 194.
Guben 310, 366.
Gürtel von Rinde mit Lederüberzug. aus
einem livländischen Grabe 109.
Gulbern in Livland. Schädel. 119.
Gyrocarpus asiaticus. der Saame zum Glätten
der Thongefässe benutzt 45.
Haar, der Patagonier 201.
Haarfarbe der Griechen 305; in Persien 306.
Haarring der Zulus 287.
Haaso bei Guben, Urnenfeld mit Bronzen 196.
Hadrianswall in Württemberg 47.
30
(466)
Hände, dargestellt an Urnen 30; von Ne-
gern und Nubiern 31t'2.
Halberstadt, Sammlung 192
Halle, Salzquellen 62.
Halloren 62.
Hakenkreuz, s. Suastika.
Hakenring -lid, 376.
Hakka-Chinesen 99.
Hambostel. Hannover, Grabhügel 217.
Hanai-Tepe bei Tvoja 180, 216.
Handelsstrasse über Adeluau 74.
Hannover. Prov., s. Clauen 419; Lüneburg
446; Lüneburger Heide 217; Meissdorf
155; Smehlweg (Feuersteinbeil mit Stiel
aus dem Penisknoclien eines "Walross 161.
Hautfarbe, der Patagonier 201; der Grie-
chen 805.
Hawaiische Grabstätten 327.
Heidentempel (Swina) bei Jessen 312.
Heikota, s. Hoikota.
Heinersdorf bei Züllichau, angeblicher Runen-
stein 222.
Heinrichs I. Zug nach Brandenburg und
Sachsen 193, 194.
Helleville, Madagascar 183.
Helwan, Aegypten, Feuersteinsplitter 351.
Hermunduren 63.
Heroengräber von Troja 213.
Hessen, s. Salzschlierf 228.
Hirschgeweih, bearbeitet, von Giebichensteiu
49; von Grabezock (Schlesien) 15.
Hirschhornhammer von Giebichensteiu 55.
Hissarlik 179, 208, 254.
Höhle (Knochen-), von Gorenice 9, 3U9;
ßalver, Westfalen 12, 69.
Höhlenfunde auf den Philippinen 424.
Hohensaathen, Skeletgräber 374.
Hoikota, nubischer Stamm 450.
Holzfigur aus Peru 97.
Holzstielrest eines Steinbeils aus Berlin 162.
Hornförmiges Thongefäss von Jessen 151.
Hottentotten, verwandt mit den Indiern 82.
Hradiste (Burgstätte) bei Stradonice 239.
Hügelgrab mit Fensterurne bei Wildes-
bausen 228.
Hünengräber, s. Grabstätten.
Hütten der Schwarzen auf Madagascar 183.
Hyäna speläa 10.
Jahresbericht für 1879, 398.
Janischewek, Cujavien, Skeletgrab 433.
Japan 16.
Japanische Kjökkenmöddinger 231.
Idole, von Troja 273; silberne aus Are-
quipa 150.
Jessen, Kreis Sorau, Ausgrabungen 151, 311.
Ikkulgräber in Livland 110.
Ilos Grab 215.
Inca 290, s. a. Inka.
Indianer-Schädel 13.
Indianische Graburne aus Südamerika 309.
Indien, Assam 83; Chuas 237; Kanikars 75;
Vedas 166, Sklavenkasten 166; schwarze
Thongefässe 43.
Inka-Kopf 150.
Inschrift, von Vasen von Troja 166; an
einem Stein in Nordamerika 223.
Jshidzutzui (steinerner Trommelstock) in
Japan 18.
Italien, s. Pompeji.
K.
Kaldus, Westpreussen, Schädel 71.
Kalender, Runen-, Insel Oesel 340.
Kamm, Knochen-, aus Skeletgräbern von
Elbing 243; von Giebichensteiu 58.
Kanikars, Süd-Indien 75.
Karrenfelder 354.
Karte, prähistor. , des Kreises Sorau 231;
Guben 366; Elbing 245.
Kauri-Schmuck an Skeletten in Livland 109.
Kegelgrab aus dem Thymbrosthal, Klein-
asien 180.
Keilschrift-Zeichen in Troja 267.
Keltische Ueberreste in Ortsnamen der Mark
Brandenburg 88.
Kieferbildung an lettischen Schädeln 130.
Kinderklapper aus Thon, von Giebichensteiu
53, von Conuewitz in Form von Vögeln
192.
Kingsmill-Bewohner 413.
Kjökkenmöddinger in Japan 231.
Kirchenmarken, s. Näpfchen.
Klafterlänge bei den Patagoniern 201; bei
Dinka 393.
Klapperblech von livländischen Gräbern 109.
Kleidungsrest aus einem livländischen Grabe
111.
Klein-Aslen, Hellespontküste 414; Ophry-
nium 136; Sardes 275; Troja 156, 166,
180, 204, 273.
Klein-Mehsso bei Calau 69.
Knochenfunde von Troja 273.
Knochengeräthe von Giebichensteiu 52, 53.
I Knochenhöhle von Gorenice 9, 309.
Knochenkamm 58.
Knochennadel 49.
Knochenplatte von Giebichensteiu 55.
Knochenscheibe aus einem Schädel, von
Ziemcin 436.
Köbeln a. d. Neisse 13.
Körpermaasse, centralafrikanischer Stämme
316, 415; der Vedas und Veddahs 176;
des Dinka 393.
Körperverhältnisse der Lappen 147.
Koragars in Iiulien 167.
Kreisornamente auf Beingeräthen 57.
Kreuz, steinernes, bei Menzdorf 193.
Kreuzkopf aus einem livischen Grabe 119.
(467)
Krummendorf bei Züllicliau, ürnoii mit
Hroiize und Gold 222.
Kudatama, Steinschmuck iu Japan 2o3.
Kupferbeil von Schucllrode 151).
Kupferdoppelaxt von Lüscherz 336.
Kupferdraht von Saatzke 13().
Kupferfund von Skarhnice 134.
Kupfergeräthe in Skeletgräbern von Ohio
•117.
Kupferlocken 135.
Kupfertiegel aus Skeletgräbern von Leicha
158.
L.
Längswälle in Ostpreussen 73.
Lampe aus Tlion, Giebichenstein 53.
Lanzenspitze, von Niscbny Nowgorod 34;
aus Knochen von Giebichenstein 53.
Lappen, Bericht über die 1879 nach Berlin
gekommenen, 143; Photographien und
Gypsabgüsse derselben 154.
Lappland, Bilder aus L. und Reisebericht
41!).
Lausitzer Alterthiimer 69, s. Guben, Sorau.
Lehmcylinder aus Posen 239, 340.
Leichenverbrennung, moderne, 159.
Leiha bei Queri'urt, Skeletgräber mit Bronze
und Stein 158.
Lemming-Reste aus der Höhle von Gorenice
;)0I); desgl. aus der Balver Höhle 309.
Letten-Typus, dolichocephal 123.
Lettische Schädel 433.
Lettisches Gebiet, Forschungen im, 108.
Lichterfelde bei Berlin, Urnenfeld 342.
Liebshausen in Böhmen, Skelet mit Bronze-
Armring 152.
Liekein, Kreis Friedlaud. Skeletgräber 73.
Litthauen, Russisch-, Bronze-Ring 106.
Livengräber 119, 433.
Livland 108.
Locken, Kupfer-, von Skarbnice 134.
Löcher in Deckelschalen 165; in Töpfen
267, 311.
Lohme, Rügen, Grabstätten 337.
Lüneburg. Runengemmen 446.
Lüneburger Heide, vorgeschichtliche Spuren
in der. 217.
Lüscherz, Schweiz, kupferne Doppelaxt 336.
Lyon. Association des amis des sciences
naturelles (58.
Lyskowlc, Böhmen, Gräberfeld 363.
M.
Macrocephalen-Schädel von Csongräd 85.
Madagascar IS.H.
Madisonville (Ohio), Gräberfeld 446.
Mäander Urnen 165.
Magatonna, Steinschmuckgeräth in Japan
233.
Magdeburger Denare. 12. Jahrb. 371.
Mainhardt, Terra sigillata Gcfässe von, 47.
Mais aus amerikanischen Gräbern 449.
Mammuth und Mensch gleichzeitig (?) 12.
Mammuthhaare aus dem Petersburger .Mu-
seum 85.
Marshalls4nseln 413.
Maske von .Neu-Hritannien 446.
Maulwurfsknochen, Balver Höhle 12.
Maya-Alterthümer 34.
Mednitz am Bober 13.
Meissdorf, Grafsch. Falkenstein a.H., Schild-
buckel 155.
Meissen, Gründung der Stadt im Jahre 922,
193.
Meklenburg, Neubrandenburg 162, 252;
Caiiiniin 253; Lapitz 253.
Melanesien 19().
Menzdorf, Sachsen, Urnenfeld 192.
Mesorrhine Nase 66.
Messungen, centralafrikanischerStämme316;
an Bari und Bachopi4l5; Heikota 451;
an Ostafrikanern 184; an Schulkindern 19.
Milchdrüsen, hei Männern gut entwickelt 305.
Milz bei Römhild, alter Weihwasserstein
223.
Moorschneehuhn, Balver Höhle 12.
Mooyumkarr (Zauberbretter) in Australien
106.
Mounds, nordanieiikanische 308, 44(i.
Mücheln, Prov. Sachsen, Eisenmesser und
Bronze-Sichel 158.
Münzen, samanidische, von Witakowice,
Prov. Posen 159; Magdeburger Denare
von Leest bei Potsdam 371.
Müschen im Spreewald, Urnenfeld 442.
Mumie, bei Lebzeiten in eine Haut genäht
150; in den Grabstätten von Aucon,
Peru, 292.
Muschelberge (Kjökkenmöddinger) in Japan
23 I .
Muschelgeräthe aus Gräbern von Barbadoes
444.
Muscheln, s. Conchylien, Madisonville.
Museum, Königliches, zu Berlin 54, 150, lilU;
Märkisches 32, 154, 162, 164, 371;
Schlesischer Alterthümer in Breslau
135; Australian M in Sydney 188; Na-
tioual-M. in Santiago 150.
Myautz, Urbewohner von Süd-China 99.
N.
Nabyszyce, Prov. Posen, Schwedeuschanze
74.
Näpfchen, an einem Steinkreuz bei Menz-
dorf 193; an Kirchen im Poseuschen
379; in Meklenburg 440.
Näpfchensteine und Kiroheumarken 436; iu
der Schweiz 334; in Frankreich 439;
von Frankfurt a. 0. 439.
Näpfchen und Hillen an der Nikolaikirche
in Berlin 382; in Brandenburg 382; an
3C*
(468)
einer Kirche iu Neubrandenburg 254;
an alten Bauten in Coburg 223; an
Kircheumauern in der Schweiz 334; au
der Kirche zu Schmetzdorf etc. 437;
Gransee und Müncheberg 441.
Nahrungsreste in den Skeletgräbern des
Hauai-Tepe 180; von Hissarlik 268.
Nasen-Indices 66, 120, 128, 325, 418, 433.
Nauen, Urne mit Bindfaden-Ornaraent 164.
Negrito- Schädel von den Philippinen 331,
426.
Neubrandenburg, Excursiou 181, 252;
Wallrosspenisknochen als Steinbeil-
stiel 162.
Neu-Caledonien, Waffen 75.
Neu-Caledonier, Photographie 85.
Neuenhagen, Kreis Königsberg i. Mark,
Schädel, Schläfenring etc. 375.
Neu-Guinea, Schonung der Eiugebornen 187.
Neumühle, Kreis Niederbarnim, Deckel-
schale 165.
Neu-Seeland, Waffen 75.
New South Wales, Bericht von Wilkinson
189.
Nigritler 98, 316, 388, 415.
Nischny-Nowgorod 34.
Nossi-Be auf Madagascar 184.
Nublsche ethnologische Gegenstände 350
Nubier iu Berlin 84, 388, 449.
o.
Oahu, Insel 327.
Ober-Oppurg, Hakeuringe aus Gräbern 229.
Obsidlan-Splitter von Troja 273.
Oderberg, Kreis Angermünde, das grösste
Feuersteinbeil aus der Mark 164.
Oeffnung, Seiten-, an Urnen 267, 311,
Oesel. Insel, Runenkalender 340.
Oesterreich, s. Stillfried.
Ohrenbeweglichkeit beim Menschen 305.
Ojcow, Polen 9, 309.
Oldenburg, s. Wildeshausen 228.
Oldendorf, Hannover, Hünenbetten 217.
Opferaltar mit Opferresten in Ohio 443.
Opferleuchter, Giebichenstein 53.
Opferreste 52, 448.
Opferstätten 49; von Alt-Pobalg iu Livland
108.
Opferung des Weibes, Zeichen derselben in
(MnfMii Grabe Livlands 110
Ophrynium. Kleinasien, Schädel 136,
Ornamente, eingestochene, an Urnen 166.
Ortsnamen, Keltische Ueberreste iu den-
selben 88; Wendische 69.
Ostpreussen, Schädel 71 ; Wallberge, Schloss-
berge, Längswälle, Erdkegel, Gräber
u. s. w. 72; Willenberg 246,
Pampas-Indianer 199.
Panzerhemden, Persische 34.
Pariser Farbentafel 87, 182,
Patagonier in Berlin 176, 198,
Pavanasan in Indien 75.
Perlen, von Thon 196, von Bernstein s. B.,
von Glas s. G,
Persien, Haarfarbe 307.
Peruanische Alterthümer 97, 449.
Peru, Todtenbestattung in Ancon 290.
Pfahlbauten, von Elbing 15; im Bartseb-
bruch (anscheinende) 73.
Pfeifen aus Gräbern in Ohio 447; von
Müschen 442.
Pfeifhase, Knochen 70.
Pferd, Reste desselben in Höhlen gefun-
den 10.
Pferdeschädel als Grabbeigaben 56, 60.
Philippinen 331, 422, 426.
Pijotse, Patagonier 178.
Pithos von Hissarlik 180, 210, 261.
Platyknemie 180, 433.
Pohio, Kr. Guben, Römische Münze (Julia)
310.
Polen, Gorenice 9, 309; Cujavien 428.
Pommern, Rügen 337.
Pompejanische Bronzen 68.
Posegnick, Ostpreussen, Schlossberg 72,
Posen, Provinz; s. Bartschbruch, Näpfchen-
steine, Posen, Raczyce, Skarbnice, Slabo-
szewo, Uljeno, Witakowice, Wronke.
Posen, Lehmcylinder 239, 340; Urnenfeld
(Ober-Wilda) 376.
Prenzlau, Hirschhornhacke 375.
Preussen, s. Ost-P. und West-P.
Priamus, Flaus desselben in Troja 209.
Punta Arenas 177, 198.
Punti, Volksstamm in China 99.
R.
Raczyce, Kr. Adelnau, Schwedenschanze 74.
Radewitsch bei ZüUichau, Urnen und Bronze
222.
Räuchergefäss, von Benau 14; von Billen-
dorf 13.
Rampitz, Urnen mit Eisen und Bronze 372.
Ranis, Thüringen 87.
Rassen, anatomische Studien in Australien 86.
Rassenmessungen, ostafrikan. Stämme 184.
Regenmacher (Zauberer)inSüdaustralien 105,
Reibsteine von Giebichenstein 50.
Reichersdorf bei Guben, Urneufeld 194,
Reihengräber von Ober-Oppurg 229.
Renthier- Funde in Polen 10.
Renthierhöhle, Thaynger 336, 435.
Rheinprovinz, s. Velp.
Rhinoceros tichorhinus 10.
Riesenkessel im Rüdersdorfer Kalk 247, 360.
Rinde, Birken-, als Gürtel in einem Grabe
Livlands gef. 110.
Römische Münzen. Funde von solchen : Ha-
driau bei Guben 370; Marc, Aurel. in
einem Skeletgrabe bei Elbing 243; Julia
(469)
b, Pohlo bei Guben 370; Vespasian bei
Adelnau 74; Philippus, Maximus Pius
und Alex. Severus in Gräbern des alten
Opliryuiura 137.
Rosenthal liei Berlin 33
Rüdersdorf, Excursion 181; Gletschertrich-
t(M- 1111(1 Sclirarrimen im Kalk 247, 353;
Urnenfeld 2/")).
Rudrakschakerne, Abzoiclien der Kiinikar-
Priestor 77.
Rügen 3.'-)i'(.
Ruinenstädte \on Arizona (58.
Runengemmen von Lijneburg 446.
Runenkalender, Insel Oesel 340.
Runenstein, angeblicher, bei Züllichau 222.
Russland s. Lettisches Gebiet, Livland,
Litthauon, Finnische und Ugrische Fra-
gen, Nischny-Nowgorod.
S.
Saarow bei Beeskow, Steinbeil 1G4.
Saatzke bei "Wittstock, Kupferdraht 13(1.
Sachsen s. Connewitz, Grona, Meissen.
Sachsen, Provinz, s. Bennewitz, Brauns-
dorf, Dalldorf, Filenburg, Giebichenstein,
Ilalberstadt, Halle, Leiha, Mücheln,
Schlieben , Schnellrode, Schönebeck,
Vdigtstedt, Zorbau.
Sälbhorn. Thongefäss aus Jessen 151.
Salzquellen, ihre Wichtigkeit in prähist.
Zeit (i-J.
Salzsee-Indianer, Photographie 85.
Salzschlierf, verglaste Steine vom Sängers-
lierg 2-2S.
Samanidische Münzen, Fund von Witakowice
l.V.i.
Samoa-Inseln 15.
Sardes, geschliffene Steinwaffen 275.
Satzkorn bei Potsdam, Urne mit Bindfaden-
Ornament 163; Thonschale in Form von
Bronzegefässen 164; Bronze-Halsring
(Torques) 1 64.
Savoyarde. Schädelabguss 182.
Scratch-book 159.
Schädel (Abgüsse) \on einem (laltscha und
einom Savoyarden 182.
Schädel-Gräber 59.
Schädel aus Höhlen von Cagraray 422;
Jgonoten-, 427; Verpackung von Graf
Sievers 118; brachycephale 138, 199,
12, 144, 326; chamaecephale 120; doli-
chocephale 12, 59, 427, 120, 139, 374,
451; hypsibrachycepliale 425; hypsi-
cephale 120; mesocephale 12, 123, 4.-'.l.
432; orthocephale 120; trepanirte 5<i,
64, 241, 436; Indices 11, 67, 120, 127,
142, 204, 325, 331, 433, 451; Messungen
11, 65, 121, 132, 137, 141, 147, 203,
325, 331, 432, au Schulkindern 19:
Macrocephaleu-S., von Csongräd 85.
Schädel, Egisheim 157; Finnland 284; Gie-
bichenstein 53,56; GoreniceB, 10; Hohen-
saathen, 374; Lappen-, 144; Letten-, 9,
123; Liven- 110, 118, 433; Negrito- 331,
426; Neuenhagen 375; Oahu 330; Ophry-
nium 138; Ostpreussen 70; Strupcice
239; südamerikanischer Stämme 199;
Uljeno 227; Veddah (am kleinsten) 176;
Wnckowitz 158.
Schäftung, der Steinbeile 161; von Berlin
ii;2.
Schalensteine in der Schweiz 335; siehe
Niipfchensteine.
Scheibe, Thon-, von Billendorf 14,
Scheitelringe 55.
Schildbuckel, von Giebichenstein 53; von
Mei^sdorf 155; von Rampitz 372.
Schlackensteine vom Sängersberg bei Salz-
schli.'if 228.
Schläfenring, von Neuenhagen 375; von
Ober-Oppurg 229; von Slaboszewo 376.
Schlesien, s. Glogau 33; Steinau 135;
Warinbrunn 310.
Schlieben, Steinhardtsberg 58.
Schlossberge aus der Ordenszeit in Ost-
priMisson 72.
Schmucksachen, Email, Thon, Stein und
Bein, vom Urnenfeld Lichterfelde bei
Berlin 349.
Schneehuhn, Knochen vom. 70.
Schnellrode bei Querfurt, Kupferbeil 159.
Schnurornament an Urnen 163, 166.
Schönebeck, Prov. Sachsen, ürnenscherben,
Skfdet- und Geweih-Reste 154.
Schöneberg bei Berlin, Deckclschale 165.
Schrift an Thongefässen vom römischen
Castrum am Hadrianswall in Württem-
berg 47.
Schriftzeichen, zweifelhafte, an Thon-Gegen-
stilii'len von Troja, 166, 266.
Schulkinder, Messungen 19.
Schwanzbildung beim Menschen 303,
Schwanzmenschen 412, 413.
Schwärzen der Thongefässe 43, 363.
Schweiz, l>oppelaxt aus Bronze 336; Näpf-
chen und Rillen 334; Karrenfelder und
Strudellöcher 354.
Schwert von Nischni Nowgorod 34.
Schwurringe (.Armringe, Bogenspanner) 1 15.
Seekuh, piscis mulier, im indischen Meer
423.
Sekikento, Japan 18.
Sekito. steinerne Schwerter in Japan 18.
Selchow bei I^erlin 5S.
Serpa Pinto's Reise durch Afrika 182.
Sibirien. Publikationen ül>er, 300.
Siebenbürgen, prähist. Alterthümer 302;
1 ortiosch 47.
Silberhakenring von Ober-Oppurg 230.
Silberne Idole von .Arequipa 150.
Sipylos, (Araber mit Steingeräth 275.
(470)
Sitten und Gebräuche, der Vedas in Indien !
IGS, der tSüdaustralier 235. ,
Skarbnice, Prov. Posen, kupferne Spiralringe
134.
Skatnik, Kr. Rasteuburg, Skeletgtäber 73.
Skeletgräber, Haoai Tepe, Kleiuasien 180,
21G; von Clauen, Hannover 419; v. Cuja-
vien 428; V. Livland 109; v. Oahu 329;
von Oberoppurg 230; von Ostpreussen
73; von Rügen 337; Ophrynium 13G;
Madisonville, Ohio, 447.
Skeletgräber, mit Bronze und Stein, von
Leiba 158; mit Bronze, Eisen und röm.
Silbermünze von Elbiug 243; mit Stein-
beilen von Slaboszewo 225.
Skelette von Elbiug 251; Giebichenstein
49; Hanai-Tepe, Troas, 180, 2 16; Lys-
kowitz, [Böhmen, 363; Schönebeck 154;
Wockowitz 58; Mann, Weib und Kind
in einem Grabe Livlaudsl 1 1 ; mit Bronze-
Armring, von Liebshausen in Bölimeu
152; mit Urnen aus Steingräbern Cuja-
viens 428, 434; mit Feuersteinpfeilspitze
aus Ohio 447.
Sklavenkasten Südindiens 166.
Slaboszewo, Prov. Posen, Ausgrabung von
Hünengräbern mit Skeletten, Stein-
beilen etc. 225; weitere Ausgrabungen,
Schläfenringe 376.
Smehlweg bei Otterndorf, Hannover, Feuer-
steinbeil-Stiel aus einem Walross-Penis-
knochen 161.
Sorbisch-wendische Alterthümer 191.
Steinau, Zedlitz 135.
Steinbeil, von Adelnau 74; von Cöpenick
164; von Giebichenstein 51; von Jessen
151; von Lichterfelde 345, 348; von
Reichersdorf 194; von Samoa 15; von
Saarow 164; mit dem Rest des Holz-
schafts, aus Berlin 162; aus einer Urne
von Jessen 311; von Feuerstein, aus
Oderberg, das grösste aus der Mark,
164; in Skeletgräbern von Slaboszewo
226.
Steinbeil - Schaft aus dem Walross-Penis-
knochen von Smehlweg 161.
Steine in Skeletgräbern auf der Brust 229;
bearbeitete, von Freesdorf 68.
Steingeräthe aus Gräbern in Ohio 447; von
Troja 272; von Giebichenstein 53; vom
rothen Berge bei Ranis 87 ; vom Sipylos
und Sardes 275.
Steingräber in Cujavien 428.
Steingräber-Volk von Tenessee 447.
Steinhammer von Skarbnice 134.
Steinkistengräber auf Rügen 337; von Sla-
boszewo mit Bronze 225; von Elbing 15;
von Gogolin 30; von Lyskowitz mit
Skclf'tten 363; von Skarbnice 134.
Steinmesser aus Südaustralien 105.
Steinmetzzeichen im Grunewald 194.
Stein-Säge von Troja 273.
Stein-Speerspitze von Billcndorf 14.
Steinwerkzeuge Japans 16.
Steinzeit, Urnen aus der, 163.
Stenokrotaphie 427.
Stereoskopie, ihre Verwendung 36 ; phy-
siogiiomische Studien 82.
Sternhagen bei Prenzlau, Urnenfeld, Stein-
beil .'i75.'
Stillfried, Oesterreich, Wohnstätte 59.
Stradonice 58, 239.
Strudellöcher, s. Rüdersdorf.
Strupcice, Böhmen, Schädel 239.
Suastika 265.
Swieca, Kreis Adelnau, Urnenscherben 74.
Sydney, zoologische Station 187.
T.
Tättowirung 334, 395, 414.
Tauka, Volksstamm in China 99
Tehuelches, Patagonien 1 79.
Tengu no meshigai, Speisolöffel, Japan 17.
Terra sigillata-Gefässe von Mainhardt 47.
Theilgräber 59.
Thierknochen aus der Balver Höhle 69; in
Skeletgräbern von Slaboszewo 226; von
Hissarlik 269; aus Gräbern in Cujavien
434, 436.
Thoncylinder von Giebichenstein 49.
Thongefässe, schwarze 43; Typen in Böh-
men 240; Bronzeschalen-Form aus Satz-
korn 164; vom Burgwall Gosmar 342;
grosser Vorrathskrug aus Troja 210;
Scherben , slavischer Typus 371 ; desgl.
von Wohnplätzen in der Wetterau 296;
desgl. der Länge nach durchbohrt, aus
Cujavien 435.
Thongeräthe von Troja 275.
Thonkegel von Giebichenstein 49.
Thonlötfel von Giebichenstein 53.
Thüringen, Ranis 87; Coburg 223; Milz
223; Ober-Oppurg 229.
Todtenbestattung in Ancon, Peru 290.
Todtenkrone in livländischen Gräbern 117.
Töpferscheibe, ihre Anwendung in Böhmen
152.
Topola, Gross-, Provinz Posen, Schweden-
scbanze 74.
Tordosch, Siebenbürgen, schwarze Thon-
scherben 47.
Torfmoor von Freesdorf 68.
Torques 55, 164.
Trepanirte Schädel von Bilin 57, 60; von
Giebichenstein 56, 61; v. Strupcic 239;
v. Ziemcin (?) 436.
Troas, Inschriften an Vasen 166, 266.
Trojanische Ebene, Topographie 156.
Troja, Virchow's Bericht über die Reise
dorthin und über Ausgrabungen 179,
204, 254.
Trovancore, Vedas von, 172.
(471)
Truso (Klbing) 15, 245.
Türkei, schwarze Thougefässe 43.
Tumuli in Livlaud 111.
U.
Ugrische Fragen 283.
Uljeno, Posen, Schädel 227. |
Ungarn, Csongräd H5.
Unio-Art, Schalen einer, 49; in Skelet-
griibeni und in der Urneu-Thonmasse i
von Ohio 447.
Urnen, von Billendorf 14; v Dalldorf 155; j
Eilonburg 191; Giebichenstein 50, 53 ;|
Gogolin 31; Klein Mehso G'J; Lichter-
felde 343, 34(i; Loma Rica 13; Nex- i
dorf 69; Rosenthal 33; Satzkorn 163; [
Schm(ickwitz .h2; Schönebeck 154; Süd-
amerika 309; Troja 2G4, 275 ff.; Wis- 1
sen 75; Wronke 316. 1
Urnenfeld, bei Guben 366; Haso 196;
Jessen 151, 311; Kruminendorf 222; j
Lichterfelde 342; Menzdorfl93; Müschen ;
442; Posen (Ober-Wilda) 376: Rade-
witsch 222; Reichersdorf 194; Küders-
dorf 251; Willenberg 24('.; Zorbau 159. |
Urnenfelder in Ostpreussen, ihre Unterschei-
dung nach 4 Zeitperioden, 73.
Urne, bei einem Skelet gef., von Hohen-
saatheu 374; aus Cujavien 434.
Urne, Buckel-, von Jessen 311; Doppel-U.
von Köbeln 14; Fenster-U. von "Wildes-
hausen 228; Gesichts-U. v. Gogolin 31 ;1
von Plissarlik (Troas) 264; in Trink- '
hornform, Jessen 311, 442; mit Bind-
fadenverzieruug, von Satzkorn 163; von
Nauen 164; mit Mäander- Verzierung aus
Seelow 165; mit Seitenöffnung 267, 311;
mit Steinbeil von Jessen 311.
Urnenscherben von Berlin 372.
Ursus spelaeus 10.
V.
Vasinika, silberne, aus Peru 97.
Vaytuvans in Indien 174.
Vedas 166; Veddas 175.
Velp in (ieldern 34.
Vogelknochen als Beigaben 60; in Hissarlik
269.
Voigtland, s. Ober-Oppurg 229.
Voigtstedt, Provinz Sachsen, Goldring 34;
römische Artefacte 58.
W.
Wachsthum des Schädels u. des Gesichts 19.
Waimanalo auf Oahu 328.
Waiross-I'enisknocheu als Steiubeilgrifif von
Sinehlweg 161; von Neubrandenburg 162.
Warmbrunn, Urnonsatnmlung 311.
Weltursprungslehre in (Jhina 36.
Wendenkönig, dessen Nachkommen im Spree-
wald 443.
Wendische Ortsnamen 69.
Westfalen, s. Körbecke, Balve.
Westpreussen, s. Dorotheenhof, p^lbing, Go-
gölin, Kaldus.
Wetterau, alte Wohnplätze in der, 295.
Wickersheimer'sche Couservirungsflüssigkeit
385.
Wiesel, Balver Höhle 13.
Wildeshausen, Oldenburg, Fensterurne 228.
Willenberg, Ostpreussen, Urnenfeld 246.
Wissen bei Calau, Urne 75.
Witakowice bei Posen, Samanidische Mün-
z(Mi 159.
Wockowitz 58.
Wogulen aus Tobolsk 181.
Wohnstätten, prähistorische 49; in der Wet-
terau 295.
Wohn- und Begräbnissstätten beisammen 58.
Wohnungen auf Bäumen bei den Kanikars 79.
Wolf 10.
Wronke, Gräberfeld 315.
Württemberg, s. Mainhardt.
Wulst am Gaumen 70.
Wurfspiess der Afrikaner 285.
Zauberhölzer, Siidaustralien 105, 234.
Zedlitz bei Steinau, Kupferlocken 135.
Zeichnungen, V förmige, an einem Knochen-
geräth aus einem cujavischen Skeletgrabe
435.
Ziemcin, Provinz Posen. Brandgrab mit
Bronzen 43(5.
Zoologische Station in Sydney 187.
Zorbau. Provinz Sachsen, Urnenfeld 159.
Zulukaffern in Berlin 196.
Zulus 284.
Druck von Gebr. Unger (Th. Grimm) in Berlin, Schönebergerstrasse 17a.
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