X7-'^3
Zeitschrift
für
Pflanzenzüchtung.
Zugleich Organ
der Gesellschaff zur Förderung deutscher Pflanzenzucht,
der
Österreichischen Gesellschaft für Pflanzenzüchtung
und des
Bayerischen Saatzuchtvereins.
Unter Mitwirkung
von
L Kiessiing, H. Nilsson-Ehle, K. v. Riimker, E. v. Tschermak,
Weihenstephan Lund Berlin Wien
herausgegeben
von
C. Fruwirth,
Wien.
r-r ■-.
Sechster Band.
Mit 1 Bildnis und 17 Textabbildungen.
BERLIN
Verlagsbuchhandlung Paul Parey
Verlag fUr LandwlrtacUaft, Oart«Dbaa nnd (^rstweaen
SW. 11, Hedemannstraße 10 u. 11
1918.
Inhaltsverzeichnis.
Band VI.
I. Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze. Seite
Baumann: Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses.
(Mit 2 Textabbildungen) 139
Fleischmann, R: Die Auswahl in der Maiszüchtung. (Mit 4 Textabbildungen) 69
Pruwirth, C. : Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide • ■ ■ • 1
Hansen, W.: Pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflanzen.
(Mit 2 Textabbildungen) 119
III. Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
1. Referate.
Anonym, 198.
Baco, F. 48.
Bartos, W. 98.
Beijerinck, M. 186.
Biffen, R. 48.
Caron v., 48.
Ciaassen, H. 49.
Correns, C. 98, 186.
Czuber, 187.
Drude, 187.
Dureau, G. 49.
Everest, 188.
Fruwirth, C. 189.
Günthart, A. 49.
Hansen, W. 99, 189.
Harris, L. 189.
Havas, G. 50, 99.
Hromädko, J. 189.
Kajanus, B. 99.
Kenjiro, J. 51.
Kiessling, L. 190.
Kranichfeld, H. 52.
Kraus, C. 100.
Lotsy, 103.
Love, N 191.
Lundberg, Fr. 191.
Mayer, Gmelin H.
Miles, F. 192.
Molz, 192.
Newman, L. 192.
Peklo, J. 104.
Puchner, H. 193.
Punnett, R. 193.
103.
Reuss, 194.
Rümker, K. v. 194.
Ryx, G. V. 105.
Schellenberg, H. 195.
Stempel, B. 52.
Stomps, Th. 53.
Sundelin, G. 195.
Terasvuori, K. 105.
Trabut, 106.
Ubisch, G. V. 195.
Urban, J. 107, 195.
Wheldale, M. 196.,
Wohanka, 196.
Wölk, P. van der 196.
Zade, A. 197.
Zinn, J. 197.
2. Bücherbesprechungen.
Fruwirth, C. : Die Saatenanerkennung
— — Handbuch der Züchtung landw. Kulturpflanzen
Johannsen, W: Arvelighed i historisk og experimentel belysning
Migula: Die Brand- und Rostpilze
Mo lisch: Pflanzenphysiologie als Theorie der Gärtnerei
Rümker, K. v. : Die staatliche Organisation der Sortenprüfung
— — 42 Sortenanbauversuche im Verwaltungsgebiete des Oberbefehlshabers Ost
Zade, A: Der Hafer
198
198
199
54
199
200
201
107
jy Inhaltsverzeichnis.
IV. Vereinsnachrichten. Seite
österreichische Gesellschaft für Pflanzenzüchtung (Z.) 205
V. Kleine Mitteilungen.
a) Wissenschaftliche.
Becker, J.: Vererbung gewisser Blütenmerkmale bei Papaver Rhoeas. (Mit
3 Textabbildungen) 215
Broili, J.: Die Anwendung des Fruchtgürtels bei der Kartoffel 57
Jelinek, J.: Beitrag zur Technik der Weizenbastardierung 55
Ryx, G. V.: Zahlenmässige Bestimmung der Kornschönheit der Braugerste. (Mit
2 Textabbildungen) 109
Schubart: Blutautfrischung in der Zucke rrübensamenzüchtung 209
Tschermak, E. v: Beobachtungen bei Bastardierung zwischen Kulturhafer und
Wildhafer 207
b) Andere Sachliche.
Genossenschaft zur Züchtung des Prof. Heinrich-Roggen 63
„Gramim" 221
Kirsche: Der Tonplattentrockner 60
Polnische Getreide- und Kartoffelzuchtgesellschaft 116
Ungarische Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft 62
9
c) Persönliche.
Baratta, R. v. 66. Kraus, C. 222. Preissecker, 225.
Bauernfeind, W. 67. ' Krauss, B. 67. , Sirks, M. 66.
Fleischmann, R. 6.7. j Merkel, F. 226. Tretter, S. 67.
Hansen, W. 66. Nilsson-Ehle, 225. Tschermak, E. v. 117.
Hedlund, Th. 117. Nowoczek", 226. Vilmorin, M. de 226.
Hillmann, P. 226. j Obermayer, 66. Vilmorin, Ph. L. de 63.
Kiessling, L. 67. ; Pearl, 226. Witzany, 67.
Kolb, H. 66. I Pellet, H. 225. .
Band VI, Heft 1. :i-iiA März 1918.
Zeitschrift
für
Pflanzenzüchtung
Zugleich Organ
der Gesellschaft zur Förderung deutscher Pflanzenzucht,
der
Österreichischen Gesellschaff für Pflanzenzüchtung
und des
Bayerischen Saatzuchtvereins.
Unter Mitwirkung
von
L Kiessling, H. Nilsson-Ehie, K. v. Rümker, E. v. Tschermak,
WelhenstepUnn Land Berlin Wien
herausgegeben
von
C. Fruwirth,
Wien.
Mit 3 Textabbildungen.
BERLIN
Verlagsbuchhandlung Paul Parey
Torltg ror LuidwlrUcU&ft, Qutenbka lud ForitweMD
SW. 11. Hedemannstraße 10 u. 11
1918.
Einfnelpreis 6 M. Abonnenientspreis 5 31.
Inhalt.
I. Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze. Seite
Fruwirth, Prof. C: Die Umzüclitung von Wintergetreide in Sommergetreide • 1
III. Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
1. Referate 47
2. Bücherbesprechnngen 54
, , ,. V. Kleine Mitteilungen.
Wissenschaftliche:
Beitrag zur Technik der Weizenbastardierung 55
Die Anwendung des Fruchtgürtels bei der Kartoffel 57
Andere Sachliche:
Der Tonplatten-Trockner 60
Ungarische Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft 62
Genossenschaft zur Züchtung des Prof. Heinrich-Roggen 63
Persönliche. (Mit 3 Textabbildungen) 63
Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für Pflanzenzüchtung erscheint
in zwanglosen Heften, die zu Bänden mit einem Gesamtumfang von etwa
20 — 25 Druckbogen zu 16 Seiten vereinigt werden. Die Hefte sind auch einzeln
käuflich, ihre Preise sind entsprechend ihrem schwankenden Umfang verschieden
und sind im Abonnement niedriger als bei Einzelbezug. Der Gesamtpreis eines
Bandes beträgt, je nach seinem Umfange, im Abonnement etwa 20 — 24 M.
Das Abonnement verpflichtet für einen Band. Einbanddecken werden bei Er-
scheinen der Schlusshefte eines Bandes billigst zur Verfügung gestellt.
Abonnements nimmt jede Sortimentsbuchhandlung entgegen sowie die
Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin SW. 11, Hedemannstrasse 10 u. 11.
An letztere sind auch alle Zuschriften in Anzeigenangelegenheiten zu
richten. Preise der Anzeigen: ganze Seite M. 50, halbe Seite M. 30, viertel
Seite M. 16. Für alle das grosse Gebiet der Pflanzenzüchtung angehende
Anzeigen dürfte die „Zeitschrift" das geeignetste Organ sein.
Honorar für den Bogen Text: 48 M., Tabellen 24 M. Von jedem Original-
beitrag können 25 Sonderabdrücke geliefert werden, wenn dies bei Einsendung
des Manuskriptes verlangt wird.
Redaktionelle Zuschriften: Prof. Dr. C. Fruwirth, Waldhof b. Amstetten
(N.-Österr.).
Sonstige Zuschriften (Bezug u. Anzeigen): Paul Parey, Berlin SW. 11,
Hedemannstrasse 10 u. 11.
Band VI, Heft 1. März 1918.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung.
1.
Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze.
Die Umzüchfung von Wintergetreide in Sommergetreide.
Von
Prof. C. Fruwirth,
K. K. technische Hochschule Wien.
Einleitung.
Die Versuche zu dem in der Übersicht genannten Gegenstand
lassen sich in zwei Gruppen reihen, in die Schossversuche und die Ver-
erbungsversuche. Beide Gruppen werden im Teil I und II der Arbeit
besprochen, während Teil III Ausführungen über die Durchführung der
Umzüchtung von Winter- in Sommergetreide bringt, die sich auf die
Ergebnisse der Versuche stützen.
Wenn weitere Gebiete ins Auge gefasst werden, ist die Unter-
scheidung von Winter- und Sommergetreide noch weniger einfach, als
wenn man nur Mitteleuropa in Betracht zieht.
Die ausgesprochene Winterform des Getreides ist schärfer
als die Sommerform gekennzeichnet. Sie besitzt die Fähigkeit, die
Lebenstätigkeit beim Eintritt tieferer Temperaturen stark herab-
zusetzen — den Zustand der Anabiose (Bakhmetiew) anzunehmen
— und dadurch die Fähigkeit, auch tieferen Temperaturen Widerstand
zu leisten, und es verstreicht von erfolgter Bestockung bis zur Streckung
der Halme, auch bei höherer Temperatur, längere Zeit. Erfolgt die
Aussaat in Mitteleuropa weiter vom Winterende ab, so unterbleibt bei
der ausgesprochenen Winterform das Schossen der Halme überhaupt
oder wird doch aussergewöhnlich lange verzögert, dagegen steigt die
Bestockung, die zur Bildung vieler, im laufenden Jahr unfruchtbarer
Seitentriebe führt, die, wenn die Pflanze weiter erhalten bleibt, im
folgenden Frühjahr die Blütenstände ausschossen lassen.
In warmen Gegenden Europas bleibt die längere Pause zwischen
Bestockung und Schossen; die Widerstandsfähigkeit gegen Frost kommt
nicht zur Geltung, aber normale Entwicklung wird dort auch möglich
bei einer frühen Frühjahrssaat, die dem Winterende nahe liegt.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VI. 1
2 Fruwirth:
Die ausgesprochene Sommerform der Getreide ist genan
genommen nur durch grössere EmpfindUchkeit gegen Kälte gekenn-
zeichnet. Die spezifische Beschaffenheit des Protoplasmas ihrer Zellen
lässt den Tod durch Erfrieren früher eintreten als bei ausgesprochenen
Winterformen, und die Fähigkeit, anabiotische Zustände anzunehmen,
ist eine geringere. Saat im Herbst lässt auch ausgesprochene Sommer-
formen, auch in Mitteleuropa, sofern die Kälte sie nicht tötet, zur
normalen Entwicklung kommen. Die grössere Länge des Zeitraumes
zwischen Bestückung und Schossen der Halme, welche in diesem Fall
durch die niederen Wärmegrade auch milder Winter bedingt wird,
stört solche ausgesprochenen Sommerformen nicht, und wenn nicht
tiefere Kältegrade vorher den Tod herbeigeführt haben, gelangen diese
Formen im folgenden Sommer zu ganz normaler Entwicklung. Man
kann ein solches Verhalten in Mitteleuropa bei Ausfallgetreide öfter
nach milden Wintern beobachten, besonders bei zweizeiliger Gerste,
bei welcher bei uns nur ausgesprochene Sommerformen gebaut werden,
seltener bei Hafer, dessen Widerstandsfähigkeit gegen niedere Tempe-
raturen eine geringere ist.
In warmen Gegenden Europas ist der Unterschied zwischen
solchen ausgeprägten Sommerformen und ausgeprägten Winterform.en
fast ganz verwischt, da Todestemperaturen sich daselbst nicht ein-
stellen, und es wird ihm daselbst lediglich durch für Sommerformen
etwas weiter vom Winterende abgerückte Saatzeit — März gegen
Februar; Frankreich. Italien — Rechnung getragen.
Die Schwierigkeiten bei der Trennung von Winter- und Sommer-
getreide werden noch durch die Wechselgetreide erhöht. Es gibt
Formenkreise von Getreide, die man in einer bestimmten Gegend nur
als Winterformen oder nur als Sommerformen kennt und nur als solche
baut, die aber bei Saat zur je abweichenden Zeit, also Saat im Früh-
jahr, beziehungsweise Herbst, auch normale Entwicklung zeigen. Die
Tatsache ist bekannt, wenn auch nicht die Häufigkeit des Auftretens
solcher Formen, die grösser ist. als gewöhnhch angenommen wird. Der-
artige Formenkreise müssen grössere Frosthärte besitzen und die
Fähigkeit, die Halme nach kürzerer oder längerer Zeit nach der Be-
stückung ausschossen zu lassen.
Sowohl die Fähigkeit, sich als ausgesprochene Winter-, wie als
ausgesprochene Sommerform, wie als Wechselgetreide zu verhalten,
muss auf Veranlagung beruhen, muss erblich festgelegt sein. Das
Vorhandensein einer solchen Veran]agung ist denn auch durch die von
V. Tschermak vorgenommene Bastardierung von Winter- mit
Sommerformen festgestellt worden. Schon bei diesen Bastardierungs-
versuchen Hess sich aber auch ermitteln, dass die entsprechenden An-
lagen stark modifikabel sein müssen, denn je nach Anbau im Herbst
Die Umzüchtimg von Wintergetreide in Sommergetreide. 3
oder Frühjahr ergab sich bei gleicher Abstammung ein verschiedenes
Verhältnis von Pflanzen, welche der Sommerform, und solchen, welche
der Winterform, zuzuzählen sind.^) Es tritt bei dem Verhalten als
Winter- bzw. Sommer- oder Wechselform ausgeprägt das in Er-
scheinung, was K 1 e b s nach seinen Versuchen über Variabilität und
Modifikabilität als allgemein gültiges Verhalten hinstellt: „Erblich
fixiert ist die spezifische Struktur mit allen ihren zahllosen Potenzen;
alles was sich tatsächlich entwickelt, d. h. verwirkücht wird, geschieht
unter der notwendigen unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkung der
Aussenwelt." ^) Wenn nun auch die Einwirkung der Aussenwelt auf
das Verhalten als Winter-. Sommer- oder Wechselform bei Getreide
gewiss eine starke ist, so bleibt noch die Frage, ob es sich bei dieser
Einwirkung um eine modifikative allein handelt oder darüber hinaus
auch um eine variative. Im letzteren Fall bleibt dann die Möglichkeit,
dass längere Zeit gleichsinnig wirkende Einwirkungen der Umwelt
direkt eine Umwandlung der Veranlagung aller denselben ausgesetzten
Individuen bewirken oder nur eine Umwandlung einzelner, oder aber
indirekt eine solche Umwandlung durch Auslese bedingen.
Die Versuche der ersten Gruppe (I) sollen zu dem tatsächlichen
Verhalten einer Anzahl bekannterer Formenkreise von Wintergetreide
bei Frühjahrssaat und zur künstlichen Beeinflussung dieses Verhaltens
einen Beitrag liefern, jene der zweiten Gruppe (II) zu der zuletzt auf-
geworfenen Frage der direkten oder indirekten Einflussnahme der
Aussenbedingungen. in diesem Fall der verschiedenen Anbauart:
Herbst- und Frühjahrssaat. Die Versuche der zweiten Gruppe geben
dann die Grundlage für die züchterisch wichtige Frage der Durch-
führung der Umzüchtung von Winter- in Sommergetreide, die im
Teil III behandelt wird.
Die Versuche und Ausführungen betreffen Weizen, Roggen,
zum Teil auch Gerste, da in Mitteleuropa nur bei diesen Gattungen die
Frage der Umzüchtung überhaupt Bedeutung erlangt hat. Bei Hafer
spielt die Winterform in Mitteleuropa eine ganz untergeordnete Rolle
und an eine Umzüchtung derselben dachte bisher niemand. Dass es
auch bei Hafer ausgesprochene Winterformen gibt, die bei später Früh-
jahrssaat keine Rispen ausschossen, zeigt sowohl der Uruguay-Hafer,
über dessen Verhalten in seinem Heimatsgebiete G a s s n e r be-
richtet,^) als auch der süditalienische Abruzzenhafer, den ich in Hohen-
heim beobachtet hatte.*)
') Zeitschr. f. d. landw. Versuchswesen in Österreich 1906.
2) Biologisches Zentralblatt 1917, S. 413.
^) Jahresber. d. Vereinigung für angewandte Botanik. »Sep. ohne Jahreszahl, S. 95.
*) Festschrift der landw. Hochschule Hohenheim, 1902, S. 18.
1*
^ F r u w i r t h :
fe^mtliche Versuche wurden auf dem Waldhof bei Amstetten auf
bincUgein Lehmboden, mit Steine führendem Lehm im Untergrund, bei
290 m Seehühe ausgeführt. Die Frosttemperaturen wurden jeden
Morgen je mittels Minimumthermometers festgestellt, und es liegt in
der Natur der Sache, dass es sich dabei in einzelnen Nächten auch nur
um ganz kurze Frostperioden gehandelt haben kann. Die Angaben
über das Schossen beziehen sich, soweit nicht eine besondere Bemerkung
gemacht wurde, auf das Ausschieben der Ähren: Ährenschossen.
In einzelnen Fällen ist auch noch die deutlich gewordene Streckung
der bei der Bestockung gebildeten Halme als „H a 1 m s c h o s s e n" unter-
schieden, das normal ein Vorläufer des Ährenschossens ist. Ein Halm-
schossen kommt bei Frühjahrssaat von Winterformen oft aber auch
allein — ohne dass diese Halme im selben Jahr Ähren ausschieben
— vor.
I. Schossversuche.
Ursprüngliche Veranlassung zu den Schossversuchen war eine
Erörterung im Jahre 1908. Die Trockenheit im Herbst und Winter-
anfang dieses Jahres hatte sehr späte Saat verursacht oder — bei recht-
zeitig möghch gewesener Saat — das Keimen bis an das Winterende
verschoben. Es wurde nun von Holdefleiss in Aussicht gestellt,
dass das im Frühjahr auflaufende Wintergetreide nicht schössen werde
und besser durch Sommergetreide zu ersetzen wäre. Ich hatte auf
Grund meiner bisherigen, nur gelegentlichen Beobachtungen und Ver-
suche mich gegen diese Ansicht gewendet und dann auch die in frag-
licher Zeit — 1909 — von verschiedenen Landkarten gemachten Er-
fahrungen gesammelt und mitgeteilt, welche meine Ausführungen be-
stätigten.^)
Die, angeregt durch diese Erörterung, durchgeführten eigenen
Versuche lassen sich in zwei Gruppen bringen. Die eine umfasst die
Versuche, bei welchen verschiedene Sorten, die als Wintergetreide
gelten, unter normalen Verhältnissen im Frühjahr zu verschiedenen
Zeiten gesät wurden, um ihr Verhalten gegenüber dem Schossen be-
obachten zu können (a). Die zweite jene Versuche, bei welchen — und
zwar auch bei ungewöhnhchen Saatzeiten — das Schossen durch ver-
schiedene künstliche Einwirkungen beeinflusst Averden sollte (b).
a) Versuche mit F ruh jähr ssaat von Herbstformen.
A. Zu den ersten hierher gehörigen Versuchen, die im Jahre 1910
ausgeführt worden sind, waren Ähren von Winter-Weizensorten ver-
wendet worden, die ich durch freundliche Vermittlung der Saatzucht-
stelle der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (Dr. Hillmann)
>) Deutsche Landwirtschaftliche Presse 1909, S. 981.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 5
erhalten hatte. Es wurden von jeder Sorte zwei Ähren verwendet, die
obersten und untersten Körner jeder Ähre entfernt und die eine Hälfte
der restlichen Körner jeder Ähre (Hälfte a und c) zur frühen Saat am
7. März, die andere Hälfte jeder der Ähren (Hälfte b und d) zur späten
Saat am 7. April verwendet. In jeder der Abteilungen standen zur
Beobachtungszeit von 13 bis 15 Pflanzen.
Die Tabelle I bringt die Zahlen für zehn von den 14 verwendeten
Sorten; jene für 4 weitere Sorten sind nicht aufgenommen worden, da
diese Sorten durch benachbarte Wintergerste zu stark beschattet waren,
um einen sicheren Vergleich bezüglich der Zeit des Schossens zuzu-
lassen. Im weiter unten angeführten Gesamtmittel für fertile und
sterile Triebe sind diese vier Sorten aber auch enthalten. Unter sterilen
Trieben sind dabei solche verstanden, welche im Versuchsjahr noch
Blütenstände, wenigstens teilweise, ausschoben oder aber keine oder
nur unbedeutende Streckung zeigten.
(Siehe Tabelle I, S. 6.)
Die Sorten, die am 7. März angebaut worden waren, hatten nach
der Saat noch Fröste erhalten, am 28. März ( — 2^), 1., 3., 4. und
12. April ( — 4, — 5, — 4, — 5° C.) und schossten sämtlich. Immerhin
zeigte sich eine gewisse Störung des Schossens durch das Vorhanden-
sein unfruchtbarer Triebe, die nicht ausschossen, an, ja selbst durch
das Sitzenbleiben ganzer Pflanzen bei einzelnen Sorten. Im Gesamt-
mittel aus den für die einzelnen Sorten berechneten Mitteln war die
Zahl der fruchtbaren zu den unfruchtbaren Trieben wie 2,05 : 1,26.
Die Zahl der fruchtbaren Triebe überwog im allgemeinen, einige Sorten
zeigten aber doch mehr unfruchtbare Triebe als andere, waren weniger
geneigt zu schössen, und zwar Buhlendorfer hellkörniger in beiden
Abteilungen, Dividenden in einer Abteilung. Soweit Halme schossten
— und es war dieses, wie schon erwähnt, bei allen Sorten und je bei
allen oder fast allen Pflanzen der Fall — erfolgte das Sichtbarwerden
der Ähren zwischen dem 17. Juli und 3. August, und die Ausbildung
der Körner war eine normale. Da aber viele Triebe nicht schossten,
wäre die Ernte trotzdem nicht normal geworden. Pflanzen, welche nur
solche unfruchtbare Triebe hatten, waren insgesamt allerdings nur
15 vorhanden, bei Buhlendorfer hell unter allen Sorten die grösste Zahl:
4 unter 26 Pflanzen.
Von den am 7. April gesäten Sorten kamen zwar auch fast alle
zum Schossen der Halme, aber nur wenige so weit, dass auch die
Ähren sichtbar wurden. Die Pflanzen dieser Saat hatten nur einen
Frost — und zwar gleich nach der Saat, vor Aufgang, am 12. April
( — 5") — erhalten. Nur die Sorten Mette's Square head (1 Pflanze),
Beseler's Square head II (1 Pflanze), Beseler's Square head HI
6
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CT. 2
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 7
(2 Pflanzen), Buhlendorfer brannkörniger (1 Pflanze) brachten die
Ähre ausser die Blattscheiden, und zwar zwischen dem 5. und 10. Sep-
tember. Die Zahl der Triebe überhaupt war gegenüber der ersten Saat
eine etwas grössere, im Mittel aller Sorten 5,08 gegen 3,31 bei der
ersten Saat. Mit diesem Anzeichen der Störung des Schossens geht ein
weiteres, die Zahl der unfruchtbaren Triebe, Hand in Hand. Im Ge-
samtmittel aus den Mitteln aller Sorten standen 2,77 fruchtbaren Trieben
2,31 unfruchtbare gegenüber. Die Zahl der Pflanzen mit nur un-
fruchtbaren Trieben war dagegen gegenüber der ersten Saat keine
höhere. Mette's Sqare head wies eine solche auf, Leutewitzer Square
head vier, Beseler's Square head III drei unfruchtbare. Auch die best
ausgeschosste Sorte hätte nach der zweiten Saat keine praktisch
brauchbare Ernte mehr gegeben.
Insgesamt erwies sich bei diesen Versuchen des Jahres 1910
Buhlendorfer braunkörniger deutlich dem Schossen geneigter. Die
Zahl der fruchtbaren Triebe überragte jene der unfruchtbaren erheb-
lich. Pflanzen mit nur sterilen Trieben fehlten oder waren in geringerer
Zahl vorhanden und das Schossen trat frühzeitig ein. Nächst geneigt
erwiesen sich Beseler III und Beseler II, dann Mette's und Dividenden,
bei welchen vier Sorten nach der ersten Saat auch das Verhältnis der
fruchtbaren zu den unfruchtbaren Trieben ein für die ersteren
günstigeres war und bei welchen Pflanzen mit nur unfruchtbaren
Trieben nicht oder nur in ganz geringer Zahl vorhanden waren. Nach
der zweiten Saat standen diese Sorten gegenüber Buhlendorfer braun-
körnigem allerdings stark zurück.
Deutliche Unterschiede zwischen den Nachkommenschaften der
beiden Ausgangsähren jeder Sorte (a mit c, b mit d je verglichen) fanden
sich bei Teverson. Die Ähre 1, a- und b-Hälfte, erwies sich als weniger
geneigt zu schössen, die Zahl der unfruchtbaren Halme war im Ver-
hältnis zu den fruchtbaren bei ihr nach erster und zweiter Saat grösser
als bei Ähre 2 und das Ausschossen der ersten Ähre trat viel später ein.
B. Bei einem weiteren, auch 1910 ausgeführten Versuch waren
Ähren von den Zweigen einer reinen Linie ^) von Dividendenweizen (D)
und Ähren von zehn Linien derselben Sorten herangezogen worden.
Die Pflanzen verdanke ich der Freundlichkeit des Vorstandes der
Pflanzen Züchtungsanstalt Weihenstephan, Prof. Dr. K i e s s 1 i n g. Es
wurde bei diesem Versuch eine grössere Anzahl aufeinanderfolgender
Saatzeiten gewählt und es wurden von jeder Pflanze je zwei Früchte
zu jeder der gewählten Saatzeiten gesät. Diese für die einzelne Saat-
zeit geringe Zahl Körner ergab sich aus der geringen Kornzahl der
verwendeten Ähren, hatte aber den Nachteil, dass durch Fehlstellen
die Zahl verfügbarer Pflanzen selbst so weit sank, dass einzelne Saat-
zeiten ausschieden.
^) Linie hier immer als genealog-ische Linie im Sinne Johannsen's.
8
F r u w i r t h :
Die Tabelle II bringt eine Übersicht über den Verlauf des Ver-
suches. Bis einschüesslich der Saat vom 11. März gelangten alle
Pflanzen zum Ausschossen der Ähren. Die Entwicklung der Körner
war aber auch bei dieser Saatzeit schon eine sehr kümmerliche, viele
Blüten blieben taub. Die beiden noch späteren Saaten, jene vom 21.
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labt
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Saat an
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10. 1.
20. 1.
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3
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30. 6.
2
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6. 7.
6. 7.
4
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30. 6.
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30. 6.
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2
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1
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26. 6.
27. 6.
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1. 7.
1
2
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2. 7.
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1
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13. 7.
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1
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26. 6.
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1
27. 6.
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1
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10. 7.
1
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6. 7.
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1
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—
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1
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—
—
—
26. 6.
2
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30. 6.
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9. 7.
1
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12. 7.
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2
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25. 6.
1
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18. 6.
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6. 7.
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1
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—
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2
—
3. 7.
1. 7.
2
3
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7. 7.
6. 7.
3
1
13. 7.
i:{. 7.
2
1
—
—
I
1
Summe
nach
Saatzeiten
1
29 6
35
50
e
13
)3
44 10
54
1
54
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2
)6
48
5
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Pro Pflanze /
1,61
1,
0,33
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2,00
2,
0,52
52
2,00
2.
0.45
45
2,350,09
2,44
2,52
2
0,27
79
Fehlende
Pflanzen
}
8
1
4
3
7
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide.
9
und jene vom 31. März, zeigten eine ausserordentliche Störung des
Ährenschossens. Sie wiesen einzelne Pflanzen mit nur unfruchtbaren
Trieben auf. jene Ähren, die ausgeschosst hatten, waren durchaus
kümmerlich und bildeten nur wenig Körner aus.
Tal
belle
II.
1. 3.
1
1. 3.
21. 3.
31. 3.
Summe
nach
Abstammung
fertil. : steril.
Triebe
Erst-
geschosste
Ähre
Za
fer-
tiler
Tri
ihl
ste-
riler
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Erst-
geschosste
Ähre
Za
fer-
tiler
Tri
hl
ste-
riler
ebe
Erst>
geschosste
Ähre
Zahl
fer- ste-
tiler riler
Triebe
Erst-
geschosste
Ähre
Zahl
fer- ste-
tiler riler
Triebe
d
D
3
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3
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2
1
16. 7.
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1
16. 8.
3
30 :
3
14. 7.
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—
16. 7.
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—
—
—
16. 8.
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2
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3
l
16. 7.
3
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20. 7.
2
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—
—
2. 8.
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3
1
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—
—
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3. 8.
1
1
12 :
2
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20. 7.
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20. 7.
2
—
11. 8.
2
1
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4
—
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16. 7.
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11. 7.
3
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—
—
—
—
20
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18. 7.
3
—
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—
14. 8.
2
—
—
—
1
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1
—
—
—
14. 7.
2
—
14. 8.
1
—
—
—
3
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1
20. 7.
2
—
14. 7.
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—
24. 7.
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4
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28. 7.
1
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1. 7.
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—
28. 7.
1
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—
1
—
4. 8.
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1
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2
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16. 7.
1
1
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1
—
—
—
—
—
—
—
10
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2
1
16. 7.
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15. 7.
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2,04
0,09
1,68
0,38
1,38
2,38
2,74
2,13
2,06
3,76
4
3
10
5
JO Fruwirth:
Ein Ansteigen in der Gesamtzahl der Triebe per Pflanze von
Saatzeit zu Saatzeit von früher zu später Saat — wie ein solches sich
bei dem Sortenversuch gezeigt hatte — war auch bei diesem Versuch
zu bemerken, wenn die Zahlenreihe auch nicht ganz ungestört ansteigt
(geringe Pflanzenzahl!). Die mittlere Zahl der Triebe betrug von der
ersten Saatzeit ab bis zur letzten: 1,94, 2,52. 2.45, 2.44. 2,79, 2.74,
2,13, 2,06, 3,76. Dagegen zeigt sich die Zunahme des Überwiegens der
Zahl der unfruchtbaren Triebe gegenüber der Zahl der fruchtbaren nur
bei der spätesten Saat, die mittleren Saaten weisen selbst weniger un-
fruchtbare auf als die frühesten.
Das Erscheinen der Ähren war bei den Saaten bis einschliesslich
19. Februar noch nicht aussergewöhnlich verschoben, sondern erfolgte
etwa um einen Monat später als bei normaler Herbstsaat. Bei der Saat
am 21. März zeigten sich die Ähren zumeist erst im August, bei jener
am 31. März, soweit es bei dieser Saat überhaupt zum Ausschossen
von Ähren kam, nur im August. Die Verzögerung des Schossens war
— innerhalb der Versuchssaaten beobachtet — weniger erheblich als
die Unterschiede in den Saatzeiten. Innerhalb der Pflanzen ein und
derselben Saatzeit erfolgte das Ausschossen der Ähren nicht gleich-
massig, es kam so auch vor, dass Pflanzen, die einer viel früheren Saat
angehörten, später die Ähren ausschossten als solche einer späteren.
Frösten waren alle Saaten ausgesetzt gewesen, da auch noch am
1., 3., 4. und 12. April Frosttage mit — 4, — 5. — 4. — 5 "^ C. einwirkten.
Die auffallende Unregelmässigkeit im Schossen, die sich auch
innerhalb der Nachkommen eine Ähre zeigte, zusammen mit der er-
wähnten geringen Zahl Pflanzen, die bei je einer Saatzeit einer Nach-
kommenschaft angehören, und weiter zusammen mit dem Auftreten von
Fehlstellen stört natürlich sehr, wenn Unterschiede im Verhalten der
einzelnen Linien untereinander festgestellt werden sollen. Das? solche
vorhanden sind, lässt sich aber immerhin erkennen. Linie Dj ist in
allen ihren drei Zweigen geneigter, auszuschossen, ihre Pflanzen
schoben durchweg, auch noch nach Saat am 31. März, die Ähren aus
und wiesen auch weniger unfruchtbare Triebe auf. Die Linien DF,.
DFi4 und DF22 trieben nach der letzten Saat Ähren überhaupt nicht
mehr aus, zwei von ihnen, DF^ und DF.^s. zeigten aber allgemein wenig
Neigung zur Bildung unfruchtbarer Triebe. Gross war die Zahl solcher
bei den Linien DFo, DF,,. DF^p, und DF20.
C. Ein Schossversuch mit 3 Winterweizen und 16 Winterroggen
ist 1911 im freien Land des Zuchtgartens ausgeführt worden. Die bei
demselben verwendeten Ähren verdanke ich der Liebenswürdigkeit
Dr. Hillmann's. Die erste Saat war am 21. Januar ausgeführt
worden, der Aufgang erfolgte am 12. März. Fröste konnten einwirken:
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 11
22.
— 1
23.
— 3
24.
— 1
25.
-2
28.
— 2
30.
— 1
Januar
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1.
— 4
4.
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13.
— 5
14.
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16. Februar
-2 0 C.
1.
-0
6.
— 2
9. März
— 0« C.
•
3.
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4.
— 2
5.
— 5
6.
— 6
7.
— 3
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— 2
9. April
-1« C.
11.
— 1
13.
— 2
14.
— 1
17.
-3
18. April
— 1« C.
Das Ausschossen der Ähren erfolgte bei sämthchen Sorten normal,
zwischen 28. Mai und 2. Juni bei Roggen und 25. Juni bis 30. Juni bei
Weizen.
Die zweite Saat erfolgte am 16. März und war, wie aus den eben
gegebenen Zahlen zu ersehen ist, auch noch mehreren Frösten aus-
gesetzt gewesen. Auch nach der zweiten Saat schoben alle Sorten die
Ähren aus, aber sehr spät: bei Roggen zwischen 24. Juni und 2. Juli,
bei Weizen zwischen 10. .Juli und 7. August und bei beiden Gattungen
sehr ungleich. Herbstsaaten von Winterroggen hatten im selben Jahr
die Ähren bei Roggen zwischen 20. und 30. Mai, bei Weizen zwischen
2. und 12. Juni ausgeschosst.
Die bei diesem Versuch verwendeten Sorten waren: Roggen: Ost-
preussischer Johannisroggen, v. Lochow's Petkuser, Breustedt's Harzer
Viktoria, Himmel's Champagner, Hadmerslebener Kloster, Göttinger,
Heidenreich's Riesen, Rimpau's Schlanstedter, Norddeutscher Cham-
pagner, Kirsche's, v. Kalben's Vienauer, Jubiläums, Pirnaer, Zeeländer,
Professor Heinrich, Sperhngs Buhlendorfer, Waldecker Stauden;
Weizen: Hohenloher Stachel, Krafft's Siegerländer, Heine's Teverson.
D. Im -Jahre 1916 wurde nochmals ein Schossversuch ausgeführt,
und zwar diesmal, um bei Roggen die Frage der Individualität und
um bei Wintergersten allgemein das Verhalten je bei Saat im Frühjahr
prüfen zu können.
Bei den seinerzeitigen eigenen Versuchen in Hohenheim hatten
sich bei Winterweizen verschiedene Pflanzen bei Ansaat im Frühjahr
innerhalb derselben Sorte, die eine Population war, verschieden ver-
halten. Ihre Individualität — richtiger gesagt, ihr nach Linien-
zugehörigkeit verschiedenes Verhalten — war deuthch. Beim Roggen
als Fremdbefruchter konnte es sich nicht wie beim Weizen um einfache
Linienzugehörigkeit gehandelt haben, aber verschiedenartige Mischung
von Anlagen konnte das verschiedene Verhalten gegenüber dem
Schossen erklären.
Bei den Versuchen des Jahres 1916 waren bei Roggen zwei
Winterlandroggen verwendet worden, bei welchen man sicher sein
12
P r u w i r t h :
konnte, dass Züchtung ihre Anlagen noch nicht beeint'lusst hatte.
Beide Sorten stammten aus dem Bezirk Amstetten in Niederösterreich,
der eine von Schaffenfeld, der andere von Firrha. Von dem ersten
waren Körner von drei, von dem zweiten Körner von vier Ähren, deren
jede einer anderen Pflanze entsprach, gesät worden, von Jeder Ähre
(Pflanze) ni beiden Saatzeiten. Die Tabelle III a lässt erkennen, dass
nach der zweiten Saat, 16. März. Unterschiede in der Schosswilligkeit
vorhanden sind, wenn auch nach der ersten Saat, 21. Februar, alle
Pflanzen schossten, nach der zweiten sechs von den sieben Nach-
kommenschaften. Bei Landwinterroggen von Schaffenfeld erwies sich
nach der zweiten Saat die Nachkommenschaft von Pflanze 1 als schoss-
geneigter als jene der beiden anderen Nachkommenschaften, bei Land-
winterroggen von Firrha wich nach der zweiten Saat die Nachkommen-
schaft von Pflanze 1 stark von der Nachkommenschaft der drei übrigen
ab, sie war ausgesprochen abgeneigt, unter diesen Verhältnissen zu
schössen. Allgemein, auch nach der 1. Saat, war das Schossen bei
Roggen unregelmässig, am unregelmässigsten bei der Nachkommen-
schaft der Ähren 2 und 3 von Schaffenfelderroggen und der Nach-
kommenschaft der Ähren 2 und 4 von Firrharoggen, Auch die Be-
stockung war innerhalb je einer Nachkommenschaft sehr verschieden;
die Pflanzen, die Ähren ausgeschosst hatten, zeigten schwache Be-
stockung, die nicht geschossten hatten mächtige Büschel unfruchtbarer
Triebe entwickelt.
Tabelle III a.
Saat am 21. Februar.
Saat
am 16.
März.
S 00
OD
Halmschossen
1-5
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m
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ja
■■<
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OD
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7. 5.
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8. 5.
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6.
15. 5.
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Winter-Land-
1. Ähre (Pflanze)
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roggen von
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4. 7.
28. 7.
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6.
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6.
18. 5.
11. 7.
30. 7.
1 „ 5
Bei Wintergerste hatte ich bei früheren gelegentlichen Be-
obachtungen immer gefunden, dass die in Deutschland und Österreich
als Wintergersten gebauten Formen sich, im Frühjahr gesät, normal
entwickeln, und ich habe dieses auch wiederholt ausgesprochen. Da
die Frage neuerlich aufgeworfen worden war und ich mittlerweile einige
^) Bei Roggen, soweit diese überhaupt ausgeschoben wurden und nicht nur eine
treckung von Halmen stattfand.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide.
13
Gerstensorten erhalten hatte, deren Verhalten bei Frühjahr ssaat noch'
nicht geprüft worden war, wurde der Versuch auch mit Wintergersten
durchgeführt:^)
Tabelle Illb.
Saat am 21. Februar.
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Saat am 16. März.
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2 zeilige Winter-Gerste
Arlington vierzeilige Winter-Gerste .
Friedrichswerther , 1. Ähre (Pflanze)
Mammuth- Winter- 2. ,, ( „ )
Gerste '3. „ ( „ )
Mansholts Groninger vierzeil, Winter-Gerste
Eckendorfer Winter-Gerste
Friedrichswerther Mammuth- Winter-Gerste
Land-Winter-Gerste
6. 5.
25. 6.
4. 5.
20. 5.
10. 5.
7. 6.
10. 5.
3. 6.
10. 5.
7. 6.
12. 5.
12. 6.
12. 6.
16. 6.
6. 5.
31. 5.
30. 6.
29. 5.
13. 6.
7. 6.
17. 6.
18. 6.
23. 6.
4. 6.
11. 5.
9.
7.
9. 5.
7.
6.
23. 5.
2.
7.
23. 5
4.
7.
23. 5.
2.
7.
23. 5.
4.
7.
23. 5.
20.
7.
23. 5.
20.
6.
23. 7.
6. 6.
6. 7.
8. 7.
11. 7.
12. 7.
25. 6.
25. 6.
Fröste hatten nach beiden Saatzeiten, 21. Februar und 16. März,
eingewirkt, und zwar:
22.
23.
24.
25.
26. Februar
— 4
- 2
— 4
— 3
— 4» C.
12.
18.
27.
28.
29. März
— 2
— 1
— 2
— 3
— 30 c.
12.
13.
16.
18.
28. 29. April
— 1
— 1
— 2
— 3
— 1 —IOC.
9.
10.
11.
12. Mai
— 1
— 1
— 2
— 1«
C.
Alle Wintergersten schoben die Ähren aus, auch jene der Saat
vom 16. März, auffallend früh die Arlington Wintergerste, die auch bei
Saat im Herbst besonders früh Ähren schiebt, auffallend spät die zwei-
zeilige Wintergerste, die sich bei mir bisher bei Herbstsaat seit
6 Jahren als Wintergerste erwiesen hatte. Im allgemeinen zeigten die
im Frühjahr gesäten Wintergersten die Ähren ungefähr zu derselben
Zeit wie Sommerweizen.
Die Wintergersten schossten demnach bei Frühjahrssaat wesent-
lich leichter als Winterweizen und Winterroggen.
Hayunger teilt eben für eine Wintergerste, die in meinen Ver-
suchen nicht enthalten war, für ostfriesische, mit, dass sie bei Saat am
17. und 27. März, sowie bei solcher am 14. April Ähren schob.^) Auch
alle im Kaukasus als Wintergersten gebauten Gersten schossten nach
*) Die Gersten waren mit Ausnahme der 3 Ähren als Körner aus dem Erdrusch
gesät worden.
2) Mitt. d. D. L.-G. 1917.
14 Fruwirth:
Mitteilung Regel's bei Frühjahrssaat normal. Dass es aber auch
ausgesprochene Wintergersten gibt, ist von derselben Seite festgestellt
worden. Versuche, die Regel mit 28 Proben schwarzer vierzeiliger
Wintergerste aus dem östlichen Transkaukasien ausführte, und zwar
sowohl im Kaukasus als im Gouvernement Kursk, konnten bei Früh-
jahrssaat dieser Gerste, H. tetrast. pallidum hibernum, kein Schossen
erzielen. ')
b) Beeinflussung des Schossens durch verschieden-
artige künstliche Einwirkungen.
Zuerst im Jahre 1910 versuchte ich auch das Schossen durch ver-
schiedene künstliche Einwirkungen zu begünstigen. Die verschiedenen
Behandlungsarten ergaben sich durch naheliegende Erwägungen. Sie
bestanden in Anwendung niederer Wärmegrade, solcher von Chloro-
formdämpfen, Wasserdämpfen und weitgehender Austrocknung der
Erde in warmem Raum.
Die Kälteeinwirkung wurde versucht, weil Wintergetreide bei der
gewöhnlichen Herbstsaat in Mitteleuropa regelmässig niederen Wärme-
gi-aden während der Keimung, solchen und regelmässig selbst Frost-
temperaturen während der weiteren Entwicklung ausgesetzt ist. Immer
wieder findet sich denn auch die Anfülirung der unter ausübenden
Landwirten verbreiteten Ansicht, dass gegen das Frühjahr zu gesätes
Wintergetreide nur dann in Ähren schosst, wenn nach der Saat noch
Fröste einwirken.
Wahrscheinlich erschien mir dieses später, nachdem ich diese
Ansicht zuerst auch geteilt hatte, nicht, da nicht nur Sommergetreide,
sondern auch Wechselgetreide bei Frühjahrssaat ohne Frosteinwirkung
schgsst.
Es liegen auch verschiedene Äusserungen von Forschern über den
Einfluss von Kälte auf das Schossen vor:
A p p e 1 und G a s s n e r hatten die Beobachtung gemacht, dass
die Temperatur zur Zeit der Keimung das folgende Ausschossen von
im Hochsommer gesäten Getreidearten stark beeinflusst, niedere Tempe-
ratur zur Zeit der Keimung das Ausschossen begünstigt.^)
G u t z e i t hatte bald darauf bei Runkelrüben eine Beeinflussung
der Neigung zum Schossen durch die Temperatur während der Keimung
festgestellt. Bei Minimalkeimungstemperatur + 4 ° erfolgte Schossen,
in diesem Fall Austreiben der Blütenstände tragenden Achsen, bei
Optimalkeimungstemperatur + 22 '^ nicht. Im Anschluss daran fand
er. dass bei im .Juni gesätem Winterroggen Schossen eintritt, wenn die
^) Glattgrannige Gersten. Bulletin f. angewandte Botanik. (Keine Jahreszahl
anf Separ.)
2) Mitteilungen d. K. biologischen Reichsanstalt 1907, Heft 4.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 15
Temperatur während der Keimung + 2 " C. beträgt, dagegen nicht mehr,
wenn dieselbe zur Zeit der Keimung über 5*^ C. hegt.')
G a s s n e r hält nach seinen in Uruguay mit Weizen- und Roggen-
sorten Deutschlands gemachten Beobachtungen Einwirkungen niederer
Temperaturen während der Keimung, mehr aber noch solche in späteren
Stadien der Entwicklung, für den normalen Eintritt des Schossens für
nötig. Er fand bei Roggen bei niederer wie bei hoher Keimungs-
temperatur, wenn folgende Zeiten mit niederer Temperatur fehlten,
kein Schossen, bei hoher Keimungstemperatur und nachfolgender
niederer Temperatur verzögertes ungleichmässiges Schossen, bei
niederer Keimungstemperatur und Nachfolge von niederer Temperatur
bestes Schossen. Beim Weizen konnte von ihm ein Einfluss niederer
Keimungstemperatur nicht festgestellt werden. Die Pflanzen schossten
bei diesem, zu ungeeigneter Zeit gesät, nicht, auch nicht, wenn sie bei
niederer Temperatur gekeimt hatten. Dabei sind unter den dortigen
Verhältnissen als niedere Temperaturen bei Keimung solche von 6 bis
10*^ C. zu verstehen, als hohe solche von 25°; die niederen Tempe-
raturen bei weiterer Entwicklung gehen daselbst auch unter 0 °. Das
Bedürfnis nach niederen Temperaturen erwies sich dort für das Schossen
bei deutschem Winterweizen als am grössten, bei deutschen Winter-
roggensorten schon als geringer, bei Uruguay-Hafer, der den Charakter
einer Winterform besitzt, und deutscher Sommergerste als noch ge-
ringer.''^)
V. T s c h e r m a k sagt: „Es sei auch auf die unter den Praktikern
wohlbekannte Erfahrung erwähnt, dass an einem im Frühjahr an-
gebauten Winterroggen, welcher zunächst nicht schosst, ein zu Anfang
des Auswachsens einfallender Frost einen Teil der Pflanzen zum Aus-
schossen veranlasst." ^)
Die Äusserungen machen, wie ersichtlich, einen Unterschied
zwischen der Wirkung der niederen Temperaturen auf das Schossen, je
nachdem letztere während der Keimung oder später zur Geltung kommen.
Bei der Einwirkung von Kälte war ich lediglich auf das Ver-
bringen in einen Eiskeller angewiesen. Es bedarf kaum des Hinweises,
dass Einrichtungen zur Erzeugung von Kälte in bestimmtem Ausmaß
und für beliebig lange Zeiten derartige Versuche viel schärfer aus-
führen lassen, dass sie aber nur bei sehr reich ausgestatteten Instituten,
keineswegs bei privater Versuchstätigkeit in Frage kommen. Eine
Ergänzung finden die Versuche im Eiskeller durch die Versuche im
freien Land, bei welchen nach Frühjahrssaat Kälte einwirkte oder
1) Mitteilungen der K. biologischen Reichsanstalt 1907, Heft 7; 1908, Heft 6.
^) Jahresber. d. Vereinigung für angewandte Botanik 1910 (1911). S. 126.
^) Zeitschr. f. d. landw. Versuchswesen in Österr. 1906.
1(5 Fruwirth:
nicht. liu Teil a wurde denn auch ständig der Frosteinwirkung
gedacht.
Die Einwirkungen von Chloroformdärapfen, warmen Wasserdämpfen
und weitgehender Austrocknung der Erde wurden durch die Erfolge
angeregt, die von mehreren Forschern bei Abkürzung der Winterruhe
verschiedener Ziersträucher erzielt worden sind. Es sei hier nur an
das von Johannsen zuerst angewendete Äther-Verfahren ^) und das
von M 0 1 i s c h zuerst verwendete Warmbad erinnert.-)
Die Einwirkungen wurden bei den eigenen Versuchen zunächst
nach vollendeter Bestockung versucht, da Wintergetreide bei der
üblichen Ausführung der Saat Frostwirkungen auch erst nach erfolgter
Bestockung oder aber doch erst geraume Zeit nach der Keimung er-
fährt und bei dem erfolgreichen Antreiben von Ziersträuchern die
Reize auch kurz vor der Zeit einwirken, zu welcher das Austreiben
erfolgen soll.
E. Als Material für die erste Versuchsreihe, die im Jahre 1910
lief, dienten zwei Pflanzen einer sechs Jahre hindurch beobachteten
konstanten Linie (D^) von Dividendenweizen, die durch die Freund-
lichkeit Kiessling's aus seinem Züchtungsmaterial überlassen
worden war, und je eine Pflanze aus zwei Linien Dividendenweizen, die
aus derselben Quelle stammen, in Weihenstephan von je einer Ähre des
Jahres 1908 gezogen und daselbst 1909 beobachtet worden waren (DF^
und DF2). Die Saat erfolgte in Töpfen zu drei verschiedenen Zeiten.
Für jede Saatzeit waren fünf Töpfe vorgesehen worden, deren jeder
einer anderen der erwähnten Behandlungen ausgesetzt wurde, und zwar
auch wieder nach ausreichender Bestockung der Pflanzen. Jeder Topf
war mit je zwei Körnern jeder der vier Pflanzen besät worden, und der
Bestand wurde dann so verdünnt, dass jede der Versuchspflanzen
Dj a und b, DFj, DFg durch je einen Nachkommen vertreten war. Der
Erfolg der Behandlung geht aus Tabelle IV hervor.
(Siehe Tabelle IV, S. 17.)
Es zeigt sich, dass alle Pflanzen, auch die unbehandelt
gebliebenen, die Ähren ausschossten, wenn auch zum Teil sehr
spät und ganz mangelhaft. Die Verzögerung des Ausschossens der
Ähren war bei der ersten Saat, 15. Januar, gegenüber normaler Winter-
saat nicht erheblich, sie betrug etwa 2 — 3 Wochen, bei der zweiten
Saat, 15. Februar, etwa vier Wochen; bei der dritten Saat, 15. März,
war sie sehr beträchtlich und betrug bis mehr als zwei Monate. Ein
Ausreifen erfolgte zwar bei allen drei Saaten, bei der dritten wurden
aber nur sehr kümmerliche Körner erzielt. Die Gesamtzahl der Triebe
*) Das Äther-Verfahren beim Fnichttreiben. 1. Aufl. 1900; 2. Aufl. 1906.
*) Das Warmbad als Mittel zum Treiben der Pflanzen, 1909.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide.
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23 Fruwirth:
steigt auch hier mit Verspätung der Saatzeit, dagegen ist ein Ansteigen
der Zahl unfruchtbarer Triebe nur beim Vergleich der ersten mit der
letzten Saat zu erkennen. Fröste wirkten auch nach der dritten Saat
noch ein, und zwar am 28. März, 1., 3., 4., 12. April mit — 2, — 4, — 5,
— 4 und — 5° C. Für die dritte Saatzeit können diese Fröste nui- als
solche während oder bald nach der Keimung gelten.
Weder nach den Linien — D^, DF^, DFo — noch nach den Saat-
zeiten — 15. Januar, 15. Februar, 15. März — noch nach der Be-
handlungsart ergab sich ein greifbarer Unterschied, wenn man von der
geringeren Zahl unfruchtbarer Triebe nach Behandlung mit warmem
Wasserdampf absieht.
Künstliche Reize, die nach erfolgter Bestückung einwirkten, er-
wiesen sich in dieser Versuchsreihe als ohne Einfluss auf das Schossen
von Pflanzen, die ein Schossen überhaupt — auch ohne jede Ein-
wirkung — gezeigt hätten. Letztere Annahme ist durch das Schossen
der unbehandelten Pflanzen begründet, die — von der Behandlung der
anderen abgesehen — den gleichen Verhältnissen ausgesetzt waren, wie
die behandelten.
F. Im Jahre 1911 wurden dann weitere Versuche mit Einwirkung
künstlicher Reize ausgeführt. Es wurden dabei zwei Saaten zu sehr
spätliegenden Zeitpunkten ausgeführt, um nach Möglichkeit ein Unter-
bleiben des Schossens ohne Einwirkung zu erzielen und so die Wirkung
der Reizmittel besser beobachten zu können. Für beide Saaten wurden
zwei Pflanzen Buhlendorfer braunkörniger (Pflanze 1 und Pflanze 2)
herangezogen, und zwar derart, dass Samen einer jeden dieser Pflanzen
bei jeder der beiden Saatzeiten und bei allen Behandlungsarten ver-
treten waren. Jeder der Töpfe, in welchen der Versuch ausgeführt worden
war. hatte vier Körner von Pflanze 1 und vier Körner von Pflanze 2
erhalten; keimten mehr als zwei Körner pro Pflanze in einem der
Töpfe, so wurden die überschüssigen Keimpflanzen entfernt. Buhlen-
dorfer braunkörniger war gewählt worden, weil er sich in den Schoss-
versuchen ohne Beeinflussung als eine dem Schossen geneigtere Sorte
erwiesen hatte.
(Siebe Tabelle S. 19.)
Sowohl unbehandelte als behandelte Pflanzen waren nach der
ersten Saat der Einwirkung einer grösseren Zahl von Tagen mit Frost-
temperaturen ausgesetzt, die während der Keimung lagen. Nach der
zweiten Saat wirkte kein Frost mehr. Keines der angewendeten Reiz-
mittel war imstande gewesen, Ährenschossen hervorzurufen, auch nicht
der 72 stündige Aufenthalt im Eiskeller.
G. Im gleichen Jahre. 1911, ist dann noch ein Versuch mit Samen
von je einer Pflanze der im Vorjahr verwendeten Weizenlinien DFo.
Die Unizüchtung von Wintergelreide in Sommergetreide.
19
DF-, DFg und DF14 ausgeführt worden. Bei diesem Versuch sollte
festgestellt werden, ob es einen Einfluss auf das Schossen hat, wenn
die Körner im Winter vor der Aussaat Frösten ausgesetzt waren.
Man kann annehmen, dass in Mitteleuropa Getreidesaat alljährlich
solchen Frösten ausgesetzt ist, wenn die Winteraufbewahrung normal
in Scheunen und Speichern erfolgt und die Saat im Frühjahr, jedenfalls
aber bei verspäteter Herbstsaat, die ein Keimen erst im Frühjahr zu-
lässt, auf dem Felde. Von je einer der erwähnten Pflanzen wurde für
den Versuch ein Teil der Samen in einem offenen Vorraum über Winter
aufbewahrt, so dass Fröste wiederholt einwirken, konnten, ein anderer
Teil im Arbeitsraum, in welchem während des ganzen Winters keine
Prosttemperatur sich einstellte. Nach Saat am 15. März erfolgte bei
beiden Partien das Ausschossen gleich mangelhaft, verspätet, ungleich
und bei Bildung von unfruchtbaren Trieben. Eine Einwirkung der
Fröste konnte in keiner Weise festgestellt werden.
Saattag:
3. April
28. April
Tage mit
3.4.
— 2
4.4.
-2
5.4.
-5
6.4.
— 6
7.4.
— 3
8.4.
— 2
Kein Frosttag,
19. 5. kühlster Tag
mit -f- 2 0 C. Minimal-
— Temperaturen nach <
der Saat (»C):
9.4.
10.4.
11.4.
14.4.
17.4.
18.4.
— 1
— 1
— 1
— 1
— 3
— 1
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Erfolg:
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H. Zu den Versuchen mit Beeinflussung des Schossens durch ver-
schiedene künstliche Einwirkungen sind auch noch jene zu zählen,
welche — im Gegensatz zu den Versuchen mit Kälteeinwirkung —
jeden Frost während der ganzen Entwicklung der Pflanzen ausschüessen
sollten. Diese 1914 — 1915 ausgeführten Versuche waren dazu bestimmt,
festzustellen, ob Frosteinwirkung bei Wintergetreide überhaupt, auch
bei normaler Herbstsaat, eine notwendige Bedingung des Schossens ist.
Es wurden Samen von v. Lochow's Petkuser Winterroggen so-
wohl, wie von Buhlendorfer braunkörnigem Winterweizen
1. im Glashaus in Töpfe im Herbst 1914 gesät und die Pflanzen da-
selbst ständig belassen, so dass keinerlei Frost einwirken konnte;
2. in Töpfe im Herbst gesät, die im Freien standen und niederen
Temperaturen im Herbst während der Keimung ausgesetzt waren,
2*
20 Fruwirth:
nach erfolgter Keimung aber ins Glashaus gestellt wurden, so dass
weiterhin niedere Temperaturen nicht mehr einwirken konnten;
3. im Glashaus in Töpfe im Januar 1915 gesät und daselbst bis nach
erfolgter Bestockung belassen, so dass Keimung und Bestockung
ohne Frosteinwirkung verliefen, dann aber im Freien Fröste ein-
wirken konnten.
Der Erfolg der verschiedenartigen Behandlung geht aus folgen-
den Ausführungen hervor:
1. Die am 25. September ausgeführten Saaten kamen, obwohl kein
Frost während Keimung und weiterer Entwicklung eingewirkt
hatte — nur die geringfügige im Winterhalbjahr um 6 " C. sich be-
wegende Temperaturschwankung eines Kalthauses — zu normaler
Entwicklung. Roggen schob die erste Ähre am 27. April aus und
diese blühte voll am 6. Mai, Weizen schob die erste Ähre am
I. Januar aus und das Blühen derselben erfolgte am 6. Juni.
2. Roggen und Weizen, die am 25. September in Töpfe gesät worden
waren, die man im Freien beliess, hatten während der Keimung
bis 21. November Fröste von —2, —2, —7, —1. —2, —2, —1.
— 3, —3, —2, —1, —6, —5, —4, —5, —4, —3° erhalten, da-
gegen während der weiteren Entwicklung, die dann im Glashaus
erfolgte, keine mehr. Die Pflanzen schossten gleichfalls normal.
Roggen hatte die erste Ähre am 1. Mai ausgeschoben, die am
II. Mai voll blühte, bei Weizen erschien die erste Ähre am 3. Juni,
am 7. Juni blühte dieselbe.
3. Die Saaten von Roggen und Weizen, die am 14. Januar in Töpfe
im Glashaus ausgeführt worden waren, wurden am 8. März ins
Freie gebracht und waren daselbst während ihrer weiteren Ent-
wicklung Frösten von — 2, — 1, — 2, — 3, — 1, — 1, — 1, — 1,
— 1, — 2, — 3, — 1, — 1, — 2, — 1 ausgesetzt. Auch diese
Pflanzen schossten, und zwar zeigte Roggen die ersten Ähren am
28. Mai und das Blühen derselben trat am 2. Juni ein, und Weizen
zeigte die erste voll ausgeschosste Ähre am 18. Juni, worauf das
Blühen derselben am 24. Juni eintrat.
Nach diesen Versuchen kann Winterroggen und Winterweizen,
wenn die Saat im Herbst oder Winter erfolgte, auch dann normal
Schossen, wenn die Pflanzen weder während der Keimung noch nachher
einem Frost ausgesetzt waren, und es bedarf dazu auch nicht erheb-
licherer, über O*' bleibender Temperaturstürze. Ein allmählicher
Übergang von kühlerer Zeit während der ersten Entwicklung zu
wärmerer während der späteren fand natürlich auch im Versuch statt,
da von Januar ab die Besonnung das Glashaus stärker erwärmte.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 21
II. Vererbungsversuche.
a) Fremde Versuche mit Umzüchtung.
Die Umwandlung von Winterformen von unseren Getreidearten
in Sommerformen gilt im allgemeinen als eine leicht mögliche.
Hildebrand äusserte sich dahin, dass man mit Recht ver-
muten könne, dass bei allen Sommerkulturpflanzen „leicht eine Um-
wandlung von der einen Lebensdauer in die andere sich vornehmen
lassen werde". ^) Darwin ist gleicher Ansicht, stützt dieselbe auf
von ihm angeführte Versuche Monnier's, nach welchen es innerhalb
dreier Jahre gelungen sein soll, Sommer- in Winterweizen und um-
gekehrt umzuwandeln.^)
Seither sind einige weitere Mitteilungen über Versuche zur Um-
züchtung von Winterroggen und Winterweizen gemacht worden und
einige derselben bringen auch Angaben über den dabei gewählten Vor-
gang und seinen Erfolg. ,
Auch bei den neuen Versuchen gilt noch überwiegend, dass sie
mit Populationen ausgeführt wurden und sich daher ein allfälliger Er-
folg der behaupteten direkten Bewirkung nicht trennen lässt von jenem
der Aussonderung von Linien oder solcher von Bastardierungsfolgen.
Hummel säte hessischen Winterroggen Ende Januar, es folgten
Fröste; im nächsten Jahr im März gesät, schosste der grösste Teil der
Pflanzen, ein kleiner Teil bestockte sich reichlich, ohne zu schössen;
im dritten Jahr schossten alle Pflanzen, die aus Samen jener Pflanzen
erwuchsen, die im zweiten Jahr ausschossten.^) Es hatte sich demnach
das gewöhnliche Bild gezeigt, das man bei einer Population be-
obachten kann. Wenn das Schossen im dritten Jahr nicht zufällig ein
allgemeines war, so kann es nur dadurch erklärt werden, dasi= die Popu-
lation Wechselroggen enthielt, welche durch die zwei Auslesen aus-
gesondert wurden. Eine allgemeine allmähliche direkte Bewirkung
durch die Wahl der Saatzeit ist bei der nur zweijährig wiederholten
solchen ausgeschlossen.
Kör nicke hatte den Fern-Sommerweizen sechs Jahre hindurch
als Winterweizen gebaut. Als er ihn dann wieder als Sommerweizen
baute, verhielt er sich ganz normal als solcher.*)
Einkorn, das er 11 Jahre hindurch als Winterfrucht gebaut hatte,
verhielt sich — im Frühjahr gesät — wie normale Sommerfrucht. *)
Es hatte demnach der 6- bzw. 11jährige Anbau bestimmter Art
keinen Erfolg gezeigt.
^) Englers botan. Jahrbücher Bd. II, S. 118.
2) Das Variieren I. Bd., S. 393.
3) Zeitschrift d. landw. Zentralvereins der Provinz Sachsen 1881, S. 107.
*) Körnicke und Werner, Handbuch des Getreidebaues, 1885, S. 11.
22 Fruwirth:
S t r e b e 1 erzielte bei Square head in 3 Jahren Ansaat im Früh-
jahr keine Verkürzung der Lebensdauer: 179, 190, 170 Tage.^)
Über die von E, i m p a u vorgenommene Umzüchtung von
Bordeaux-Winterweizen in roten Schlanstedter Sommerweizen hegen
keine näheren Angaben vor. Es wird nur mitgeteilt, dass ein Versuch
mit 30 Winterweizensorten ergab, dass bei Frühiahrssaat Bordeaux-
Weizen am besten schosste.-) Wie weiter unten ausgeführt, kann es
sich nach den eigenen Versuchen in diesem oft angeführten Fall nicht
um eine Umzüchtung handeln, sondern Bordeaux-Weizen verhält sich
allgemein als Wechselweizen.
F r ö 1 i c h konnte in drei Jahren Frühjahrssaat, auch durch Aus-
lese, bei Winterweizen keinen Erfolg erzielen.'^)
Kirsche hat über eine Umzüchtung von Winter-Dickkopf-
weizen in eine Sommerform mitgeteilt, dass die Sonnnerform von einer
spontanen Variation ihren Ausgang nahm, die in den von ihm zur
Sommerform umgezüchteten Winter-Dickkopfweizen sich fand.'*) Die
ursprünglich erwähnte Umzüchtung hatte sich — von mir vier Jahre
hindurch als Sommerweizen weitergebaut — als sehr träge im Schossen
gezeigt, so dass man bei dieser noch nicht von einer Umzüchtung reden
konnte.
Kittnauer Sommerweizen wurde aus einem Landwechselweizen
aus der Umgebung von Neuhaldensleben seit Mitte der 90 er Jahre
des letzten Jahrhunderts durch Massenauslese, seit 1906 durch Individual-
auslese, immer als Sommerweizen, gezüchtet. Wie der Züchter —
Rittergutsbesitzer Müller in Kittnau bei Boguschau — so freundlich
war, mir mündHch mitzuteilen, schössen die Pflanzen bei Herbst-
saat auch jetzt noch so wie gewöhnlicher Winterweizen.
S er Vit führt in seiner Arbeit über die züchterische Be-
arbeitung des Wechselweizens an: ,.Als Bedingung für das Erhalten der
charakteristischen Eigenschaft des Wechselweizens, sich nämlich ab-
wechselnd als Sommerfrucht und Winterfrucht anbauen zu lassen, gilt
das möglichst regelmässige Wechseln beider Anbauarten, indem ein-
seitige Anwendung das Schwinden der beiderseitigen Anpassung ver-
ursacht." Er macht aber offenbar diese Ansicht nicht zur eigenen,
denn sie steht in gewissem Widerspruch zu den Feststellungen seiner
Arbeit: „Unserer Auffassung nach besteht die Wechselweizenpopulation
aus Linien, deren Mehrzahl ausgeprägt mehr zu einer der beiden An-
bauarten geeignet ist; es sind somit in der Wechselweizenpopulation
Linien enthalten, die viel mehr Winterweizen sind, mit der Ein-
^) Mitteilungen aus Hohenheim, 1887, S. 159.
*) V. Rümker, Über Sortenauswahl bei Getreide, 1914, 3. Aufl., S. 33.
') Landwirtschaftliche Umschau 1909, Nr. 6.
■•) H i 1 1 m a n n , Die deutsche landw. Pflanzenzucht, 1910, S. 406.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 23
Schränkimg des Vorhandenseins vom bestimmten Grade der Fähigkeit,
in verschieden gutem Zustand die andere Anbauart zu ertragen und
hierbei wenigstens so weit zu prosperieren, damit ihre Samen in dem
geernteten Saatgut hinreichend vertreten wären. Daneben stehen
Linien in der Population, die sich wieder mehr dem Sommerweizen
nähern, mit analoger Einschränkung." ^) Es wird zwar ausgeführt,
dass bei Züchtung Linien von Wechselweizen immer bei jener Anbau-
art beurteilt werden sollen, welche bei ihrer Nutzung beibehalten
werden soll, aber nirgend angedeutet, dass sie durch einseitigen Anbau
die Fähigkeit, sich bei anderer Anbauart zu entwickeln, verlieren.
V. R ü m k e r versuchte seine grün- und seine gelbkörnige
Züchtung von Winterroggen in je eine Sommerform umzuzüchten. Es
wurde in den beiden ersten Jahren, über die er berichtet, Massenauslese
betrieben und erst von Herbst 1909 ab sollte ständige Auslese von
Nachkomenschaften und Pflanzen je innerhalb der einzelnen Indivi-
dualauslesen ausgeführt werden. In den beiden ersten Jahren schosste
die gelbkörnige Umzüchtung besser als die grünkörnige.^) Die gelb-
körnige Umzüchtung schosste schon, nach dem weiteren Bericht
Leidner's, nach vier Auslesegenerationen bei Frühjahrssaat normal,
die grünkörnige nur zum kleinsten Teil. Zu Beginn der Züchtung
waren je mehrere Saaten von Dezember bis März ausgeführt worden
und zur Weiterführung der Zucht wurden Pflanzen aus der Saat vom
März verwendet.^) Der Erfolg wird nicht als solcher einer direkten Be-
wirkung in Anspruch genommen und ist wohl auf Aussonderung
solcher Bastardierungsergebnisse zurückzuführen, die Neigung,
Wechselroggen zu sein, besitzen.
Gleichfalls bei Winterroggen haben F. v. Lo cho w-Petkus und
Jäger-Könkendorf Umzüchtungen vorgenommen, ersterer bei seinem
Original Petkuser Winterroggen, letzterer bei seinem Original Cham-
pagner Winterroggen. Über die ersterwähnte Umzüchtung macht
Hillmann die Mitteilung, dass frühe Frühjahrssaat ausgeführt wurde
und man die besten Pflanzen unter den bei dieser geschossten zur Fort-
führung der Züchtung heranzog. Die verwendete Auslesemethode war
Nebeneinanderführung von Individualauslesen ohne geschlechtliche
Trennung derselben und mit Fortsetzung der Auslese. Ein Fortschritt
trat nach und nach ein, von 1895 ab, so dass 1905 der Roggen als
Sommerform in den Handel gebracht werden konnte.^) Der Erfolg kann
wohl in gleicher Weise wie bei den Versuchen v. Rümker's erklärt
werden. Dass die neue Form nicht die Fähigkeit, als Winterroggen
*) Monatshefte für Landwirtschaft 1913.
2) Mitteil. d. landw. Institute Breslau 1909, V, Heft I/II.
') Leidner, Der praktische Getreidezuchtbetrieb, 1915, S. 54.
*) Die deutsche Pflanzenzucht, 1910, S. 531.
24 Fruwirth:
sich normal zu entwickeln, verloren hat, zeigt der weiter unten an-
geführte Ver&uch.
Mit Champagner Roggen wurden die Versuche von Jäger 1907
begonnen, 1913 war — nach neuerlicher Mitteilung — gutes Schossen
bei Frühjahrssaat erreicht.
Versuche, die von Derr auf der Arlington- Versuchs-Station in
Virginien mit Umzüchtung von Sommergerste in Wintergerste vor-
genommen wurden, sind nach freundlicher brieflicher Mitteilung von
H. Harlan (26. Februar 1915) nicht zmn Abschluss gekommen.
Kiessling berichtet darüber, dass ein Versuch der Um-
züchtung von Winterweizen bei Gd braun kein Ergebnis lieferte, ein
solcher bei Strubes Bastard 56 zunächst auch nicht, da auch bei dieser
Zucht nach der Jugendentwicklung immer noch ein langer Wachstums-
stillstand eintritt.') Diese Versuche waren mit reinen Linien durch-
geführt worden.
G r a b n e r endlich teilt mit, dass von 255 reinen Linien von
sieben Herkünften von ungarischem Landweizen 169 bei Frühjahrs-
anbau schossten und Kornertrag, teilweise allerdings nur solchen ver-
kümmerter Körner lieferten, 69 zwar schossten, aber sehr spät und ohne
Körner zu liefern, 22 sich nur bestockten. In Diöszegher Weizen
waren von 33 reinen Linien fünf solche, die sich wie Sommerweizen
verhielten, 16 schossten, ohne Kornertrag zu liefern, und 12 brachten
nur unfruchtbare Triebe.^) Die verwendeten Weizen waren danach
Populationen und diese enthielten bereits Formen, die verschiedenes Ver-
halten gegenüber dem Schossen zeigen konnten, bei welchen demnach
entweder eine Umzüchtung nicht erst notwendig war oder die sich wie
Winterweizen weiter verhielten.
Auch die Geschichte des in Nordamerika sehr geschätzten
.,Fife"-Weizens ist ein Beispiel für eine zufällige „Umwandlung" von
Winter- in Sommerweizen, die auch nur in Auslese von Wechsel- oder
Sommerweizen aus einer Population bestand und daher hier zu er-
wähnen ist. Der „Canadian Agriculturist" von 1861 berichtet darüber
nach Carleton: ^) 1842 verschaffte sich David Fife zu Otonabee
in Kanada, durch einen Freund aus Glasgow, Weizen aus einer Ladung,
die unmittelbar aus Danzig gekommen war. Da der Weizen zur Früh-
jahrssaatzeit ankam und man nicht wusste, ob es Sommer- oder
Winterweizen sei. entschloss sich Herr Fife, einen Teil im Frühjahr
zu säen und das Ergebnis abzuwarten. Es zeigte sich, dass es Winter-
weizen war, da ausser drei Ähren nichts zur Reife kam. Diese drei
Ähren stammten augenscheinlich — so wird mitgeteilt — von einem
^) 10, Bericht der Saatzuchtanstalt Weihenstephan 1914, S. 29.
2) Köztelek 1914, Nr. 16.
*) Yearbook of the Department of Agriculture, Washington (1914), 1915.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 25
Korn. Die Aussaat der Körner derselben ergab im nächsten Jahr einen
kleinen Bestand, der nicht unter Rost ütt, der die übrigen Weizen
der Gegend stark geschädigt hatte. Von der Ernte dieses kleinen Be-
standes stammt die in Nordamerika heute sehr verbreitete Sommer-
weizenform Fife Scotch ab, die daselbst auch unter der Bezeichnung
Glasgow bekannt ist.
bi) Eigene ältere Versuche mit Umzüchtung.
Über die älteren eigenen Versuche ist nur wenig zu berichten, da
sie nur orientierende waren und — soweit Auslese dabei in Frage kam
— mit Massenauslese, nicht mit Individualauslese, ausgeführt wurden.
Banater Winterweizen, der in Hohenheim acht Jahre hindurch
als Sommerweizen gebaut worden war, entwickelte sich bei Herbstsaat
ganz normal, die Jahre des Anbaues als Sommerweizen hatten keinen
Einfluss ausgeübt.
Bei Johannisroggen, Wetterauer Fuchsweizen und langjährigem
Hohenheimer Nachbau von Dickkopfweizen wurde 1899 in Hohenheim
eine Aussaat im Frühjahr gemacht und von den Pflanzen, die zuerst
Ähren ausschossten, Same zum Weiterbau gewählt, in den nächsten
Jahren dann in gleicher Weise vorgegangen. Fünfjährige derartige
Einwirkung der veränderten Saatzeit und Massenauslese der frühest
geschossten Pflanzen hatten, bei Vergleichssaat, einen nur geringen
Erfolg gebracht. Auch dieser war bereits bei der ersten Ansaat vor-
handen. Schon die erste Saat 1899 zeigte in diesem Jahr bedeutende
Unterschiede in der Zeit des Eintrittes von Schossen und Blühen.^)
Neuerliche Aussaaten mit Saatgut aus der auf dem Feld weitergebauten
Ausgangspopulation — nicht der Fortsetzung der Auslese — hatten
1901 und 1902 die gleiche Erscheinung gezeigt.
bs) Neue eigene Versuche mit Umzüchtung.
«) Wechselweizen.
Ein Versuch mit böhmischem Wechselweizen läuft nunmehr be-
reits seit 1909 bzw. 1910. Bei diesem Versuch sollte die Frage der
direkten Bewirkung lediglich durch bestimmt gerichtete Anbauart:
Herbstsaat oder Frühjahrssaat — bei einheithchem Material und unter
Ausschluss von Auslesewirkung — scharf gestellt werden. Die Ein-
heitlichkeit des Materials wurde dadurch geschaffen, dass zu Beginn
des Versuches eine Ähre als Ausgang gewählt worden war, von
welcher die Hälfte der Samen für die Versuchsreihe mit ständigem
Frühjahrsanbau gewählt wurde, während die andere bei der Begründung
der Versuchsreihe mit ständigem Herbstanbau Verwendung fand. Um
die Einheitlichkeit des Materials weiter zu wahren und Auslese be-
stimmter Richtung auszuschliessen, wurden jährlich für die Weiter-
führung des Versuchs fünf beliebige Pflanzen gegen Fremd-
1) Fruwirth, Die Züchtung landw. Kiüturpfl., I. Bd., 2. Aufl.. S. 164.
26
Fruwirth:
bestäubimgsmöglichkeit durch Pergaminbeutel geschützt und von
jener Pflanze, welche dem Mittel der untersuchten Eigenschaften am
nächsten kam, die Körner für die Weitersaat verwendet. In den Jahren
1913 und 1916 wurde je ein Vergleichsanbau der beiden Zucht-
riclitungen vorgenommen. Zu demselben wurden' Samen von Pflanzen
verwendet, welche aus der letztvorangegangenen Ernte der Weiterführung
des Versuches stammten und gegen Fremdbestäubung Schutz erhalten
hatten. Um Nachwirkungen auszuschalten, wurde bei dem zweiten
Vergleichsanbau, im Jahre 1917, ein zweiter Vergleich ausgeführt mit
Pflanzen des ersten Vergleichs jähr es, die eingeschlossen worden waren.
Die Gesamtübersicht des Versuches ist daher die folgende:
Eine Ähre von böhmischen Wechselweizen, Ernte 1909.
Samen einer Längs- 1909 Herbst gesät
hälfte derselben
Von 5 im Vorjahr 1910 Herbst eine gesät
eingeschlossen
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derselben
1911
1912
1913
1914
1915
1916
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Samen der anderen 1910 Frühjahr gesät
Längshälfte
derselben
Von 5 im Vorjahr 1911 Frühjahr eine gesät
eingeschlossen
gewesenen Pflanzen
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Vergleichsanbau.
Von den Körnern von 5 1915 eingeschlossen
gewesenen Pflanzen:
Vergleichsanbau.
Von den Körnern von 5 1915 eingeschlossen
gewesenen Pflanzen:
Die Hälfte Herbst
Die andere Hälfte
Die Hälfte Herbst
Die andere Hälfte
1915
Frühjahr 1916
1915
Frühjahr 1916
gesät (A)
gesät (B)
gesät (D)
gesät (C)
Die Körner von 5
Die Körner von 5
Die Körner von 5
Die Kömer von 5
im Vorjahr
im Vorjahr
im Vorjahr
im Vorjahr
eingeschlossen ge-
eingeschlossen ge-
eingeschlossen ge-
eingeschlossen ge-
wesenen Pflanzen
wesenen Pflanzen
wesenen Pflanzen
wesenen Pflanzen
Herbst
Frühj ah r
Herbst
Frühj ahr
1916
1917
1916
1917
gesät (I)
gesät (la)
gesät (IIa)
gesät (II)
*) Diese Saaten kommen nur für die
hier nicht.
Weiterführung des Versuches in Betracht,
Die TJmzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 27
Hier soll nur das Ergebnis des zweiten Vergleichsanbaues ein-
geschaltet werden. Über den Verlauf bis 1913 und über den ersten
Vergleichsanbau ist bereits berichtet worden,^) über den weiteren Ver-
lauf soll erst nach Vollendung des dritten Vergleichsanbaues ein ab-
schliessender Bericht gegeben werden.
Tabelle S. 28 bringt die Ergebnisse des ersten Jahres des
zweiten Vergleichsanbaues.
(Siehe Tabelle S. 28.)
Als Eigenschaften, die eine Veränderung zeigen sollen, wenn der
Charakter des Linienzweiges durch den ständigen einseitigen Bau im
Herbst bzw. Frühjahr geändert worden ist, kann bei vergleichender
Herbstsaat die Zalil über Winter abgestorbener Pflanzen, bei ver-
gleichender Herbst- wie vergleichender Frühjahrssaat Bestockung und
Zeitraum von Saat bis Blüte und von Saat bis Ernte gelten.
Stellt man die Mittel für das erste Jahr des zweiten Vergleichs-
anbaues aus Tabelle S. 28 zusammen, so ergibt sich folgende Übersicht:
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Frühjahrssaat
Bei Herbstsaat
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"/o Pflanzen abgestorben:
Bestockung :
mehr;
geringer ;
24,55
1,90
gegen 12,27
„ 1,97
A mit D
Tage bis Blühen:
„ Reife:
gleich ;
weniger;
2,56
2,06
„ 2,08
Bei Frühjahrssaat
Bestockung:
mehr ;
2,02
„ 1,52
verglichen :
Tage bis Blühen:
gleich
B mit C
Reife:
11
Da man erwarten sollte, dass ein Erfolg der ständigen Herbst-
saat gegen ständige Frühjahrssaat sich durch geringere Zahl über
Winter abgestorbener Pflanzen, stärkere Bestockung und längere
Lebensdauer zeigt, ergibt die Zusammenstellung bei vergleichendem
Herbstanbau, dass kein solcher Erfolg vorliegt, da bei allen diesen
Eigenschaften das dem Erwarteten Entgegengesetzte eintritt. Dagegen
kann ein solcher Erfolg bei vergleichendem Frühjahrsanbau darin er-
blickt werden, dass bei diesem die Vergleichssaat, die von ständiger
Herbstsaat abstammt, tatsächlich etwas grössere Bestockung aufweist.
Die Ergebnisse des zweiten Jahres des zweiten Vergleichsanbaues
bringt Tabelle S. 29.
(Siehe Tabelle S. 29.)
Aus jeder Nachkommenschaft der Pflanzen der zweitvoran-
gegangenen Generation — 1. 3, 4, 5 für ständige Herbstsaat, 1, 2, 3,
5 für ständige Frühjahrssaat — wurden wieder Körner eingeschlossen
gewesener Pflanzen entnommen und diese gemischt für die Pflanzen der
Nachkommenschaft gesät, so dass den neuen Saaten dieselben Be-
zeichnungen wie im Vorjahr gelassen werden konnten.
1) Zeitschrift f. Pflanzenzucht. II, 1914, S. 51.
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Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide.
29
2. Jahr des 2. Vergleichsanbaues zweier Linienzweige von böhmischem Wechselweizen.
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Ständige Herbstsaat Ständige Herbstsaat
von 1909 Herbst von 1909 Herbst
bis 1916 Herbst bis 1915 Herbst
1916 Frühjahr
1917 Frühjahr
Nachkommenschafts- Nachkommenschafts-
mittel von Pflanzen mittel von Pflanzen
1
3 4
5
1
3 4 5
Sätag
29. 9.
19. 3.
Abgestorben
0' 14.
1 6
13
9
11 13 2
Bestockung 4,6
3,7 3,8
3,4
2,3
2,7 2,4 2,4
Bis zur Blüte
Tage
248
101
Blühtag
5. 6.
28. 6.
Bis zur Reife
Tage
287
140
Reifetag
14. 7.
6. 8.
Ges.- Gewicht
einer Pflanze 6,37
5,7 4,13 4,54
^4,36 4,00 3,66 3,38
Korn-
Ges. -Gewicht
einer Pflanze 3,30 2,14 1,84
2,08
1,44
1,62 1,47 1,35
Einzelkorn-
Gewicht einer
Pflanze 34,6
33,0 31,7
32,8
32,9 34,8 31,8 32,0
Ständige Frühjahrs- Ständige Frühjahrs-
saat von 1910 Früh- saat von 1910 Früh-
jahr bis 1917 jähr bis 1916 Früh-
Fi-ühjahr jähr 1916 Herbst
1917 Herbst
Nachkommenschafts- Nachkommenschafts-
mittel von Pflanzen mittel von Pflanzen
1235 1235
19. 3.
29. 9.
17 9 15 15 13 11 7 16
2,4 2,7 2,3 2,4 2,4 3,4 3,8 4,2
101
28. 6.
140
6. 8.,
248
5. 6.
287
14. 7.
4,65 3,90 3,40 3,43 4,65 4,68 5,40 7,18
1,65 1,62 1,48 1,42 1,65 2,13 2,20 2,68
33,1 33,0 32,7 32,4 33,1 32,0 33,1 32,8
Der Vergleich umfasst in diesem Jahr wieder Pflanzen von
ständiger Herbstsaat und ständiger Frühjahrssaat, aber mit dem Ver-
such der Ausschaltung des Einflusses, den die unmittelbar voran-
gegangene Anbauart auf die Entwicklung der Pflanzen im Vergleichs
jähr haben könnte. Man kann nämlich annehmen, dass bei Herbstsaat
scfiwerere Körner erzeugt werden als bei Frühjahrssaat und der Ein-
fluss der Kornschwere des Saatgutes die Entwicklimg der erwachsenden
Generation beeinflusst. Es kommt demnach zum Vergleich:
Nach 2 weiteren Jahren
Herbstsaat nach ständi-
ger Herbstsaat und 2
Jahren Herbstsaat nach
ständiger Frühjahrssaat :
I mit IIa
Erfolg ständiger Herbstsaat
"/q Pflanzen abgestorben: weniger; 3,4
Bestockung: stärker; 15,5
Tage bis Blühen : gleich ; 24,8
„ „ Reife: „ ; 28,7
Erfolg ständig.
Frühjahrssaat
gegen 4,7
„ 13,8
30 Fruwirth:
Erfolff ständig-er Herbstsaat _ ..,". , ^
*= " Fruhiahrssaat
Nach 2 weiteren Jahren Bestückung: gleich: 2,45
Frühjahrssaat nach stän- Tage bis Blühen: „ ; 10,1
diger Friihjahrssaat und „ „ Reife: „ ; 14,0
2 Jahren Frühjahrssaat
nach ständiger Herbst-
saat: la mit II
Bei derartigem Anbau kann natürlich nur der Einfluss der
6 Jahre, die vor den 2 Jahren des 2. Vergleichsanbaues liegen, zur ver-
gleichenden Wirkung kommen, da am Schlüsse der zwei Vergleichsjahre
in jedem der zwei Zweige bei einer der beiden Vergleichsgruppen
(I und II) zwei Jahre gleichsinniger Auslese mehr vorhanden sind als
bei der anderen (I a und II a).
Bei vergleichender Herbstsaat ist ein Erfolg der einseitigen An-
bauart Herbstsaat bei Zahl Tage bis Blühen und bis zur Reife auch in
diesem Jahr nicht zu erkennen. Der im Vorjahr beobachtete kleine
Unterschied in den Tagen bis zur Reife ist verschwunden, dagegen ist
die Bestockung, die im Vorjahr nach ständiger Herbstsaat geringer
war, diesmal nach dieser stärker und die Zahl abgestorbener Pflanzen
geringer, was als Erfolg dieser Anbauart gedeutet werden kann.
Bei vergleichender Frühjahrssaat ist dagegen die im Vorjahr bei
dieser beobachtete stärkere Bestockung nach ständiger Herbstsaat ver-
schwunden, die Zahl Tage bis Blühen und bis zur Reife ist wieder wie
im Vorjahr gleich.
Ein einheitlicher, einigermassen deutlicher Erfolg der sechs-
jährigen einseitigen Anbauart ist demnach nicht zu erkennen, ins-
besondere nicht bei Lebensdauer.
ß u. y. Umzüchtungsversiiche mit Winterroggen nnd Weizen.
Die weiteren, erst kurze Zeit laufenden Vererbungsversuche
gingen nach zwei Richtungen. Einmal sollte versucht werden, ledig-
lich durch zeitige Aussaat im Frühjahr bei Winterformen von Roggen
und Weizen eine Umwandlung in Sommerformen zu erzielen; dann
sollte festgestellt werden, wie sich Sommerweizen und Sommerroggen,
bei welchen eine Umwandlung von Winterform in Sommerform vor-
genommen wurde oder eine solche Umwandlung angenommen wird, bei
Anbau im Frühjahr und Herbst verhalten.
Der Versuch einer Umwandlung von Winter- in Sommerformen
wurde mit v. Lochow's Original Petkuser Winterroggen und Original
Sperling's Buhlendorfer braunkörnigem Winterweizen ausgeführt. Die
Übersicht über den ganzen Versuch folgt:
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide.
31
Versuche zur Umzüchtung von v. Lochows Petkuser Winterroggen.
Eine Ähre.
^/o derselben '/a derselben
1915 Frühjahr gesät.
11. 2. 17. 3.
mittelfrühe Pflanze
dieser Saat.
I
keine Frucht.
1915 Herbst gesät.
1916 Frühjahr gesät 1916 Frühjahr gesät
21. 2. 16. 3.
zwei mittelfrühe Pflanzen eine mittelfrühe Pflanze
dieser Saat dieser Saat von 2 zusammen
a b eingeschlossen gewesenen.
1917 Frühjahr gesät
20. 2. 20. 3.
a b b a
I tot I tot tot
1917 Frühjahr gesät
20. 2. 20. 3.
tot
1916 Herbst.
1917 Herbst.
^/j derselben
1914 Herbst gesät.
Versuche zur Umzüchtung von Sperlings Buhlendorf er braunkörnigem
Winterweizen.
Eine Ähre.
^/a derselben
1914 Frühjahr gesät.
24. 2. 17. 3.
nichts geschosst
mittelfrühe zur Saat. •
1915 Frühjahr gesät.
11. 2.
zwei mittelfrühe davon zur Saat.
1916 Frühjahr gesät.
12 12
21. 2. 21. 2. ■ 16. 3. 16. 3.
TOB Nachkommensehaft von PI I a. 2 nichts geschosst
je eine mittelfrähe Pfl. znr Saat. — • ^—
1917 Frühjahr gesät.
20. 2. 20. 3. 20. 2. 20. 3.
je mittelfrühe aufgehoben zur Saat Frühjahr 1918.
1915 Herbst gesät.
1916 Herbst gesät.
1917 Herbst gesät.
'U 'I
'In,
'U
'In,
Der Versuch sollte möglichst ohne Auslese vorgenommen werden.
Ganz war eine solche nicht zu vermeiden. Es wurde, wenn das
Schossen ungleich eintrat, je immer eine mittelfrühe, in Ähren ge-
schosste Pflanze (bei Roggen auch zwei solcher zusammen) einge-
g2 Fruwirth:
schlössen und zur Fortführung des Versuches verwendet, nicht die
frühest geschosste. Bei annähernd gleichzeitigem Schossen aller
Pflanzen wurde eine beüebige — bei Roggen wurden zwei solche —
dazu herangezogen. Im ersten Fall war eine gewisse Auslese natürhch
nicht zu vermeiden, da die Pflanzen, mit welchen der Versuch fort-
geführt wui'de, immerhin früher schossten als die spätest geschossten
und auch abwichen von den etwa überhaupt nicht geschossten. Letztere
konnten für die Fortsetzung des Versuches nicht in Frage kommen, da
sie erst im folgenden Jahr nach Überwinterung Samen gehefert hätten,
erstere konnten aber auch nicht verwendet werden, da solche sehr
spät schossende Pflanzen, wie die früheren eigenen Versuche schon ge-
zeigt hatten, meist keine oder nur ganz verkümmerte Samen liefern.
Bei jenen Pflanzen, von welchen Samen zur Weiterführung des^
Versuches zur Verwendung kommen sollten, wurden vor dem Blühen die
Ähren eingeschlossen, so dass keine Störung durch andere Roggen-
eventuell Weizenpflanzen erfolgen konnte. Bei Weizen stört derartiger
Einschluss, der mittels Pergaminbeutel gegeben wurde, die Frucht-
bildung der Pflanzen nicht und auch nicht empfindlicher jene der Nach-
kommenschaften. Bei Roggen war der direkte Erfolg, der sich bei der
Fruchtbildung der eingeschlossenen Pflanze zeigt, sehr gering bis 0
und der indirekte Erfolg, jener auf die Nachkommenschaft, ein sehr
imgünstiger. Es wurden daher, wie erwähnt, bei Roggen möglichst
mehrere Pflanzen, die gleichzeitig die Ähren ausgeschosst hatten und
mittlere Schossraschheit aufwiesen, je zusammen eingeschlossen. Ein
recht ungünstiger indirekter Erfolg stellte sich Frühjahr 1917 ein. Im
Vorjahr waren zwar zwei Pflanzen zusammen eingeschlossen worden,
aber solcher Einschluss lässt immerhin auch Bestäubung und Be-
fruchtung innerhalb der Pflanze, Nachbarbefruchtung, zu. Die Er-
scheinung spricht für die Folge einer solchen. Es trat, neben sehr
mangelhafter Keimung, sowohl bei erster als bei zweiter Saat in der
Naclikommenschaft von Pflanze a je eine rosa Keimpflanze auf, in der
Nachkommenschaft von Pflanze b bei der 2. Saat eine solche. Diese
Pflanzen bildeten kein Chlorophyll aus und starben mit Erscheinen
des zweiten Blättchens ab. Die Individualauslese, in welcher der Ver-
such hef, hatte bei Weiterbau bei Herbstsaat bisher nie solche Keim-
pflanzen gebracht.
Dass auch die Samen, welche von der Ernte der zweiten Saat 1916
stammten, bei zweiter Saat 1917 keine Pflanzen heferten, dürfte wohl
— neben solchem Einfluss von Nachbarbestäubung — auch der mangel-
haften Ausbildung bei der nach der zweiten Saat sehr verspäteten Ernte
zuzuschreiben sein.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 33
ß) V. Lochows Petkuser Winterroggen.
Bei Petkuser Roggen waren durch die Liebenswürdigkeit des
Herrn Dr. h. c. v. L o c h o w zwei Pflanzen der Elite seiner Winter-
roggenzüchtung erhalten worden. Die Samen der einen derselben
A\^irden zu Beginn des Versuches verwendet, jene der zweiten Herbst
1915 und Frühjahr 1915.
Im Frühjahr 1914 war der Roggen am 17. März ausgesät worden.
Es kam nur eine Pflanze dazu, überhaupt Ähren auszuschossen, und
auch diese tat dieses erst sehr spät und nur bei einem der Halme.
Dieser Halm liess die Spitze der Ähre am 25./VII. sehen, schob sie
aber nicht mehr ganz heraus und brachte auch keine Frucht. Während
und nach der Keimung hatten Fröste eingewirkt, und zwar: 26. 3.
— 4, 15.4. —5, 16.4. —4, 26.4. —3, 27.4. —3, 3.5. —4, 4.5. —3°.
1915 musste, nach diesem Verlauf, der Versuch daher neu be-
gonnen werden und sein weiterer Verlauf ist in der folgenden Übersicht
gekennzeichnet.
(Siehe Tabelle S. 34.)
Zunächst ist aus dem Verlauf bei der je zweiten Saat — zum
Gegenstand, der im Teil I behandelt worden ist — zu entnehmen, dass
Fröste während und nach der Keimung nicht imstande sind, normales
Schossen von im Frühjahr spät gesätem Wintergetreide zu veranlassen,
meist das Schossen nach solcher später Saat ganz unterbleibt, gleich-
gültig, ob Fröste einwirkten (1914, 1915) oder nicht.
Die Pflanzen der je ersten Saat, die in allen Jahren die Ähren aus-
schossten und Körner zur Reife brachten, taten dieses sehr ungleich,
auch im dritten Jahr des Versuches. Ein Erfolg kann bei ihnen nicht
erblickt werden, denn Schossen überhaupt trat auch im ersten Jahr
schon ein. Mit Pflanzen der je zweiten Saat (März) liess sich der Ver-
such bisher überhaupt nicht fortführen, da solche 1914 und 1915 keine
Ähren ausschoben, 1916 dieses zwar taten, aus den erhaltenen Samen
aber, wie erwähnt, keine Pflanzen erwuchsen.
Als im Jahre 1917 mit einem Teil der Samen der ersten Saat von
1916 im späteren Zeitpunkt (März) eine Saat ausgeführt worden war,
erfolgte Ährenschossen und Reife nahezu zur selben Zeit wie bei den
Pflanzen der ersten Saat 1917. und die Mehrzahl der Früchte war auch
eine genügend gut ausgebildete. Hier erscheint daher ein Anzeichen
eines Erfolges gegeben.
y) Sperlings Buhlendorfer Winterweizen, brannkörniger.
Bei Weizen war der Verlauf des Umzüchtungsversuches der in
der folgenden Übersicht dargestellte.
(Siehe Tabelle S. 35.)
Zeitschrift für PflanzenzücMung. Bd. VI. 3
34
F r u \v i r t h :
Ständige Frühjahrssaat von v. Lochows Petkuser Winterroggen.
Saat Fröste
Ähren-
schossen
Reife
Saat
1915 11. 2. viele
4. 6.
4. 8.
17. 3.
1 Pflanze eingeschlossen
O
1916 21. 2. viele
15. 6. 20. 8.
16. 3.
2 Pflanzen zusammen eingeschlossen
O
1917 20. 2. viele
von Pflanze a
14. 6. 4. 8.
von Pflanze b
tot
Fröste
Ähren- „ ..
Reife
schössen
18. 3.
— 10
19. 3.
— 12
20. 3.
— 8
21. 3.
— 6
und weiter
20. 6. —
bis 1.4.
Frost-
tage -
- aus-
genommen
26.
3.
18. 3.
— 1
28. 3.
— 2
29. 3.
— 3
8. 4.
- 1
12. 4.
— 1
13. 4.
— 1
15. 4.
— 1
20. 7. 5. 9.
16. 4.
— 2
17. 4.
— 3
28. 4.
— 1
29. 4.
— 1
2 Pflanzen
9. 5.
— 1
zusammen
11. 5.
— 2
eingeschlossen
1917
20. 3.
von Pflanze a
im März
tot
viele,
nach 27. 3.
von Pflanze b
keine mehr
15. 6. 7. 8. b
So wie bei Roggen hatte auch bei Weizen die je zweite Saat
(März) erst im Jahre 1917 ausgebildete Samen gehefert. In den Jahren
1914 und 1916 wurde bei der zweiten Saat überhaupt kein Ähren
schössen erzielt, 1915 war zu wenig Samen vorhanden, um eine zweite
Saat ausführen zu können. Die 1917 vorhandenen Früchte waren
sehr spärlich, verschrumpft und kümmerlich.
Ein Erfolg der dreimaligen Ansaat im Frühjahr kann nicht fest-
gestellt werden. .Jene Samen, die 1916 von den im Vorjahr bei erster
Frühjahrssaat erwachsenen Pflanzen gesät worden sind, lieferten
bei später Saat (März) in diesem .Tahr gegen frühe (Februar) un-
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide.
35
Ständige Frühjahrssaat von Sperlings Buhlendorf er braunkörnigem
Winterweizen.
Saat Fröste
Reife
Ähren- der ver-
schossen ^vendet.
Pflanzen
Saat
Fröste
Reife
Ähren- der ver-
schossen wendet.
Pflanzen
r 26. 3.
15.4.
1914 24. 2. viele 20. 7.
6. 9.
17. 3.
l
?
— 4
— 5
16.4. —4
1915 11. 2. viele 14. 6.
7. 8.
im
C
j
Febr.
und
März,
2 Pflan-
1. 4.
zen ge-
— 3
nommen.
' von Pflanze 1
•
9. 7. 24.
8. ^
1916 21. 2. viele
von Pflanze 2
18. 7. 26. 8.
O
16. S.<
1917 20. 2. >
viele von Pflanze '■1
2. 7. 26. 8. P/1U.V2)
im
Febr.
und von Pflanze '^/j
März 2. 7. 25. 8. (^Un.^U)
20.3.
26.4.
3.5.
— 3
— 4
keines —
4.5. —3
. 18. 3.
28.3.
29.3.
8.4.
12.4.
13.4.
15.4.
16.4.
17.4.
28.4.
29.4.
9.5.
11.5.
21.3.
27.3.
28.3.
29.3.
2.4.
3.4.
4.4.
7.4.
8.4.
13.4.
14.4.
15.4.
16.4.
23.5.
24.5.
26.5.
27.5.
— 1
— 2
— 3
— 1
— 1
1 von
— 1 Pflanze 1 —
2 keines
— 3
— 1
— 1
— 1
— 2
— 2
— 4
— 5
— 1
— 1
2
— 2 von Pflanze ^/^
— 1 4. 8. 6. lO.O'n^j
4 von Pflanze ^j^
— 4 6. 8. 6. 10.(%/j
— 1
— 1
— 5
-6
— 3
— 2
3g Fruwirth:
natürlich spät Ähren und die Pflanzen hatten selir viel sterile Triebe
ausgebildet. Bei der Nachkommenschaft von Pflanze 1 kam durch-
schnitthch 1 fertiler auf 2,8 sterile Triebe, bei jener von Pflanze 2
kamen auf 1 fertilen 3 sterile.
Auch bei diesem Versuch zeigte sich, im Gegensatz von Teil I,
dass bei zweiter (März-) Saat Fröste während und nach der Keimung
nicht unbedingt Schossen hervorrufen (1914, 1916).
Das Schossen bei den Pflanzen der ersten Saat erfolgte durch-
weg, aber keineswegs so gleichmässig wie bei Pflanzen derselben Linie,
die aus Herbstsaat erwuchsen. Immerhin konnte Samen in allen Jahren
erzielt werden, wenn diese auch 1914 weniger gut ausgebildet waren.
ö) Roter Schlanstedter Sommerweizen.
Bei rotem Schlanstedter Sommerweizen findet man allgemein die
Angabe, dass er durch Umzüchtung aus Bordeaux- Winterweizen
entstanden ist. R i m p a u hatte, nach den Angaben von v R ü m k e r ,^)
im Jahre 1889 25 verschiedene Winterweizensorten als Sommerweizen
angesät und es hatte dabei der — bis dahin als Winterweizen be-
kannte — Bordeaux am besten geschosst. Dieser wurde dann züchte-
risch verbessert und als roter Schlanstedter in Handel gebracht. Von
R i m p a u selbst finde ich keine Erwähnung einer Umzüchtung. Er
hatte 1888 die Schrift Risler's über Weizenbau übersetzt, und es
musste ihm daher bekannt sein, dass Bordeaux oder rouge inversable,
so wie der Noe, aus welchem diese Sorte hervorgegangen zu sein
scheint, „ebenso gut am Ende des Winters oder im Frühjahr, wie im
Herbst gesät werden" könne. Bordeauxweizen gehört den sogenannten
„Februar-Weizen" Vilmorin's an, die bei so später (bzw. zeitiger
Frühjahrs-) Saat oft Erträge geben, die jenen des Winterweizens nahe
stehen.
Der Versuch, das Verhalten des Bordeauxweizens und des roten
Schlanstedters vergleichend festzustellen, war 1915 vorgenommen
worden. Es war mir nach wiederholten vergebhchen Versuchen erst
Herbst 1914 gelungen, Saatgut von Original Bordeauxweizen zu er-
halten, und zwar durch die freundliche Vermittlung von P h. de V i 1 -
m 0 r i n. Als Vergleichssaat diente Saatgut von Strube's Original rotem
Schlanstedter, von welcher Züchtung mir Herr S trübe freundlichst
Elitepflanzen abgegeben hatte. Sowohl von den Samen der Population
Bordeauxweizen als von jenen der zwei Ehtepflanzen von Strube's
Original rotem Schlanstedter wurde 1915 am 11.11. und am 17. III. ge-
sät. Das Verhalten war das folgende:
^) Über Sortenwahl bei Getreide, 3. Aufl., 1914.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide 37
Saat am 11. 2. Saat am 17. 3.
Blühen Reifen Blühen Reifen
Struhes Original Schlanstedter Sommerweizen 14. 6. 27. 7. 12. 6. 29. 7.
Original Bordeaux- Weizen 17. 6. 16. 8. 18. 6. 18. 8.
Das Halm- und Ährenschossen erfolgte gleichmässig bei allen
Pflanzen, alle Pflanzen hatten auch nur fruchtbare Triebe gebildet.
Gewöhnliche Sommerweizensorten blühten im gleichen Jahr zwischen
11. und 22. Juni. Es hatte sich demnach der Bordeauxweizen ebenso
wie der Schlanstedter verhalten, und es war schon durch das erste Jahr
des Versuches erwiesen worden, dass es sich bei Schlanstedter Weizen
nicht um eine Umzüchtung handelt, sondern Bordeauxweizen sich als
Wechselweizen verhält. Dieses wurde auch durch den zweiten Teil
dieses Versuches erwiesen, bei welchem ein Teil der Population von
Original Bordeauxweizen und ein Teil der Körner der zwei Pflanzen
von Strube's rotem Schlanstedter Herbst 1915 als Winterweizen gebaut
worden waren. Die Reife trat, bei Saat am 25. IX., am l.VIII. ein;
bei Saat am 2. X.: am 2. VIII., und zwar ganz gleichmässig bei beiden
Abstammungen. Damit war aber auch weiter erwiesen, dass der über
fünfzehnjährige Anbau im Frühjahr, wie er bei Strube's Züchtung
dieses Weizens erfolgte, keinen Einfluss auf das Verhalten gegenüber
Herbst- oder Frühjahrssaat gezeigt hat. Es erübrigte sich dadurch
auch eine Weiterführung des Versuches mit Strube's Schlanstedter
Weizen, an welche zuerst gedacht worden war und die in gleicher
Weise wie bei dem böhmischen Wechselweizen mit zwei Zweigen einer
Linie hätte durchgeführt werden sollen.
Galizischer Sonunerkolbenweizen von Lohmann- Weende ver-
hielt sich bei einmaligem Anbau als Winterweizen normal wie solcher,
obgleich er viele Jahre hindurch als Sommerweizen weiter gezüchtet
worden war.
f) V. Lochow's Petkuser Sommerroggen und Sächsischer Erzgebirgsroggen.
Ein weiterer Versuch mit Herbstsaat von zwei Sommerroggen zog
eine Umzüchtung aus Winterroggen, und zwar v. Lochow's Original
Petkuser Sommerroggen und eine als Sommerroggen gebaute Landsorte,
den Sächsischen Erzgebirgsroggen heran. Von ersterem wurden die
Körner einer Elitepflanze gesät, die ich von Herrn Dr. v. Lochow er-
halten hatte, von letzterem die Körner von zehn Pflanzen, die von
Gutsbesitzer Zimm ermann- Zethau bei Mulda stammten und die
ich durch Dr. Hillmann von der D. L.-G. erhalten hatte. Das Er-
gebnis war das folgende:
Saat
V. Lochows Sommerroggen .... 2. 10. 15
Sächsischer Erzgebirgs-Sommerroggen 18. 9. 16
V. Lochows Winterroggen .... 25. 9. 16
Halm-
schossen
1. Ähre
heraussen
Blühen
17. 4. 16
20. 5. 16
2. 6. 16
1. 3. 17
17. 5. 17
25. 5. 17
17. 4. 17
18. 5. 17
29. 5. 17
qg F r u w i r t h :
Danach war es sowohl bei der Umzüchtung als bei der Landsorte
ohne weiteres möglich, Herbstsaat vorzunehmen, die Pflanzen ent-
wickelten sich wie solche von normalem Winterroggen. Der Bau als
Sommerroggen, der bei Petkuser seit 1895 ausgeführt worden war. bei
Erzgebirgsroggen jedenfalls seit vielen Jahren, hat die Eignung des
l^oggens für Herbstsaat nicht aufgehoben.
III. Die Umzüchtung von Winter- in Sommergetreide.
Die im Teil IIb besprochenen Versuche mit zwei Zweigen einer
reinen Linie von böhmischem Wechselweizen haben gezeigt, dass es
keine Aussichten bietet, wenn man versucht — lediglich durch wieder-
holte Ansaat im Frühjahr — einen ausgesprochenen Sommerweizen zu
gewinnen. Ebensowenig hat der ständige Herbstanbau in dem anderen
Linienzweig einen ausgesprochenen Winterweizen entstehen lassen.
Die bisherigen, auch in Teil IIb erörterten Versuche mit einer reinen
Linie von Buhlendorfer braunkörnigem Winterweizen haben auch keine
solche direkte Bewirkung der veränderten Anbauart erkennen lassen.
Andererseits ergaben die. gleichfalls im Teil IIb behandelten Versuche
mit rotem Schlanstedter Sommerweizen und eine einmalige Ansaat von
Weender galizischem Sommerkolbenweizen, dass der vieljährige Anbau
dieser Formen als Sommerfrucht die Fähigkeit derselben, sich als
Winterfrucht normal zu entwickeln, nicht beeinflusst hat.
Bei Roggen liegt der positive Erfolg einer Umzüchtung bei
V. Lochow's Petkuser Sommerroggen vor und — soweit Mitteilungen
über den Verlauf vorliegen — ist ein solcher auch bei den Versuchen
v. Rümker's mit seinen beiden Roggenformen zu erwarten.
Der eigene Versuch mit v. Lochow's Petkuser Winterroggen
lässt ein abschliessendes Urteil noch nicht zu. Immerhin zeigt er. dass
mehr Aussicht auf einen Erfolg als bei Weizen vorhanden ist. Anderer-
seits ergaben die Versuche mit v. Lochow's Petkuser Sommerroggen
und Sächsischem Erzgebirgs-Roggen — in Analogie zu Weizen — dass
der vieljährige Anbau dieser Formen als Sommerfrucht die Fähigkeit
derselben, sich als Winterfrucht normal zu entwickeln, nicht be-
einflusst hat.
Die Umwandlung von Winterformen in Sommerformen, die ..Um-
züchtung", erscheint, ganz allgemein gesprochen, sowohl bei Winter-
weizen als bei Winterroggen möglich, aber ein Erfolg ist verschieden
zu erklären. Die Erklärung durch direkte Bewirkung durch die ver-
änderte Anbauart ist nach den unter IIb erwähnten Versuchen mit
reinen Linien von Weizen auszuschliessen.
In ihrer ursprünglichen Heimat sind wohl alle Getreidearten des
kälteren Klimas Wintergetreide. Im Sommer reifen ihre Früchte und
nach Selbstaussaat derselben keimen sie noch im Herbst, nach kürzerer
Die Unizüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 39
oder etwas längerer Samenruhe. Soweit Stammformen von ähren-
tragendem Getreide sicher bekannt sind, ist auch durch Anbauversuche
nachgewiesen, dass sie sich — im Herbst gesät — normal entwickeln.
So ist dieses für Formen des Einkornes Triticum monococcum var.
Boeoticum Boiss. von SolmsLaubach^) und W a w i 1 o w ,-) für var.
Laionowi Flaksberger von W a w i 1 o w ,-) für das von Aaronson ge-
fundene Zweikorn Triticum dicoccum Schrank., dicoccoides Körn, von
Wawilow,-) für Gerste Hordeum distichum L., spontaneum Koch von
R e g e P) nachgewiesen worden. Seeale montanum Guss. ist wild als
ausdauernde Form gefunden worden, aber aus dem Versuch Au-
müller's geht hervor, dass es sich, in Mitteleuropa (Weihenstephan)
im Herbst gesät, im 1. Lebensjahr wie eine Winterform verhält, wenn
es auch später die Ähren ausschosst und blüht wie unsere Kultur-
roggen (9. Juni gegen 9. — 17. Mai).^)
In südlichen Gegenden Europas und in Westasien werden die
Kulturformen des Getreides im Herbst gesät, damit die Winterfeuchtig-
keit von denselben besser ausgenutzt werden kann, und es kommt da-
selbst daher eine allfällige verschiedene Neigung, sich als Winter-,
Sommer- oder Wechselgetreide zu verhalten, nicht zum Ausdruck. In
Mitteleuropa baut man nun allerdings einen Teil der Formenkreise als
Wintergetreide, einen anderen als Sommergetreide und hier und da auch
einen Teil als Wechselgetreide. Dabei spielt vielfach die Gewohnheit
eine Rolle und es ist bei vielen Formen nicht untersucht worden, ob sie
sich auch für die andere Anbauart eignen. So beispielsweise bei dem
in den Versuchen verwendeten, als Sommerform gebauten v. Lochow's
Petkuser Sommerroggen und dem gleichartig verwendeten Sächsischen
Erzgebirgs-Sommerroggen.
So ist es denn möglich, dass manche Sorten überhaupt keinerlei
TJmzüchtung bedürfen, sondern ohnehin befähigt sind, sich auch bei
anderer Anbauart normal zu entwickeln, wie dieses in Teil IIb für
verschiedene als Winterformen bekannte Gerstensorten nachgewiesen
Avorden ist. Weiterhin ist es aber möglich, und bei Weizen ist dieses be-
sonders durch die erwähnten Versuche Grabners nachgewiesen worden,
dass Sorten, die Populationen sind, auch bezüglich der Entwickhmgsart
verschieden zusammengesetzt sind. Ebenso wie in Weizenpopulationen
sich begrannte und unbegrannte, behaartspelzige und nacktspelzige,
früher- und späterreifende Formen sich finden, ebenso können sich da-
selbst auch Winter- und Wechselformen und Sommer- und Wechsel-
formen gemischt finden. Bei Weizen, als vorherrschend der Selbst-
M Weizen und Tulpe und deren Geschichte, 1899.
-) Bulletin für angewandte Botanik, 1914, S. 669.
») Bulletin für angewandte Botanik, 1910, S. 236; 1912, S. 555.
') Illustr. landw. Zeit. 1914, S. 377.
^Q F r u w i r t h :
befruchtung unterworfenen Gattung, werden sich solche Formen oft als
reine Linien nebeneinander finden und es bedarf dann nur einfach der
Trennung derselben. Bei Roggen als Fremdbefruchter müssen Er-
gebnisse verschiedenartiger geschlechtlicher Mischung solcher Formen
vorhegen. Erfolge bei Versuchen mit Umzüchtung lassen sich demnach
bei Weizen durch Aussonderung von Linien, bei Roggen durch all-
mähhche Aussonderung von Ergebnissen solcher geschlechtiicher
Mischungen erklären. Bei Weizen tritt der Erfolg gleich ein, bei
Roggen nach kürzerer oder längerer Zeit.
Darüber, wie die Sommer- und Wechselformen sich aus den
Winterformen der Stammformen entwickelt haben, kann man nur Ver-
mutungen haben, v. Tscher mak nimmt an, dass die aus den wilden
Stammformen entstandenen ursprünglichen Kulturformen Sommer-
formen waren und erst im Laufe der Kultivierung wieder Winterformen
entstanden. Ich bin mehr geneigt, anzunehmen, dass verschiedene Ver-
anlagung schon in der ursprünghchen wilden Stammform vorhanden
war. so wie bei der Stammform der Runkelrübe auch Ein- und Zwei-
jähr'gkeit gefunden wird. In ihrem Heimat^ebiet kann der Unter-
schied in der Veranlagung bei den Stammformen der hier behandelten
Getreide nicht zum Ausdruck kommen, da die Selbstaussaat im Herbst
keimt und Fröste nicht einwirken. Deshalb kann aber eine ver-
schiedene Veranlagung ganz wohl vorhanden sein, wie denn auch die
Anlage für grössere oder geringere Winterfestigkeit und diese selbst
auch bei Populationen, die in Gegenden mit milden Wintern gebaut
werden, vorhanden ist, sich aber erst äussern kann, wenn Saat von
solchen Populationen in Gegenden miit rauhem Winter gebaut werden.
So wie bei den Stammformen in ihrer Heimat kann auch bei
Populationen von Kultnrformen, wenn solche in mildem Klima im
Herbst gebaut werden, wie dieses daselbst meist der Fall ist, die ver-
schiedene Veranlagung eben nicht zum Ausdruck kommen. Im Frühjahr
später gesäte Populationen würden daselbst den Unterschied von aus-
gesprochenem Wintergetreide gegenüber Sommer- und Wechselgetreide
schon erkennen lassen; erstere würden durch natürliche Auslese ver-
schwinden, da sie bei Frühjahrssaat nicht oder ganz mangelhaft
schössen würden. Wechselgetreide könnte sich dabei aber neben
Sommergetreide in der Population erhalten.
In Gegenden mit rauhem Winter würden Populationen, die auch
nach AVachstumsweise gemischt sind, bei Herbstsaat Sommerformen
durch natürliche Auslese ausscheiden, da solche über Winter erfrieren
würden. Wechselgetreide könnte sich neben Winter getr ei de aber auch
unter solchen Verhältnissen in der Population erhalten. Bei später Früh-
jahrssaat in rauhem Klima würden Winterformen ausgeschaltet werden,
da sie nicht oder mangelhaft schössen würden. Wechselgetreide würde
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 41
eich neben Sommergetreide daselbst auch bei Frühjahrssaat erhalten
können.
Bastardierungen, die bei Roggen ständig, bei Gerste öfters, bei
Weizen selten eintreten, können in einer Population, die ausgesprochene
Winter-, Sommer- und Wechselgetreide enthält, auch Abstufungen her-
vorbringen. Dass die Eignung, Winter- oder Sommergetreide zu sein,
die in geringerer oder grösserer Schossgeneigtheit {= Raschheit)
besteht, bei Bastardierung sich mendelnd verhält, hat v. Tschermak
gezeigt.^) Es ist sehr wohl möglich, dass es sich, so wie dieses bei
Winterfestigkeit nach den Versuchen von Nilsson-Ehle der Fall
ist,-) auch bei Eignung als Winter- und Sommerfrucht um je mehrere
Anlagen handelt, die dann Zwischenstufen ausspalten lassen. Bei der
hier behandelten Umwandlung von Winter- in Sommerformen kommt
nur die Veranlagung zur Schossraschheit in Frage, bei jener von
Sommer- in Winter getrei de würde es sich um jene gegenüber Kälte-
empfindlichkeit handeln.
Für die Praxis der Züchtung ergibt sich bei der Umzüchtung
von Winter- in Sommerform ein je nach Weizen (und Gerste) einerseits
und Roggen andererseits verschiedener Vorgang.
Soll bei einer Winterweizensorte die Umwandlung in eine
Sommerform vorgenommen werden, so sind möglichst viele Nach-
kommenschaften von einzelnen Pflanzen für sich im Frühjahr zu säen.
Schossen diese beim Anbau zu mehreren Zeiten der normalen Früh-
jahrssaat alle, so liegt ein Wechselweizen vor, der keiner weiteren
Auslese bedarf, nicht erst um gezüchtet zu werden braucht und gleich
als Sommerweizen weitergezüchtet werden kann. Schosst nur ein Teil
der Nachkommenschaften normal, der andere nicht, so war die Sorte
eine Population, die Winter- und Wechselweizen enthielt. Mit den
Schossenden Nachkommenschaften kann dann wie im ersten Fall vor-
gangen werden.
Erfolgt in allen Nachkommenschaften das Schossen sehr spät und
unregelmässig, mit Bildung von vielen unfruchtbaren Trieben, so ist die
Aussicht auf Erfolg sehr gering, die Form bestand dann voraussicht-
lich nur aus Linien von Winterweizen. Bei Auslese kann dabei nur
auf das Auftreten einer spontanen Variation gerechnet werden. Die
bei AVeizen immerhin mögliche, wenn auch seltene Fremdbefruchtung
lässt gelegentlich auch Nachkommenschaften erwarten, bei welchen bei
Frühjahrsanbau innerhalb der einzelnen Nachkommenschaft das Ver-
halten gegenüber dem Schossen ein sehr verschiedenes ist. Es liegen
dann Bastardierungsergebnisse vor und es ist dann Aussicht auf Erfolg
*) Fruwirth, v. Proskowetz, v. Tschermak, Briera, Die Züchtung
der vier Hauptgetreidearten und der Zuckerrübe. 1910, S. 176, 238, 314.
2) Botaniska Nötiger 1908.
^2 F r u w i r t h :
füi-tgcsctzter Auslese vorhanden, da. wie die Forschungen v. Tscher-
mak's ergeben haben, Spaltungen nach der ersten Generation nach
Bastardierung eintreten. Nach diesen Forschungen ist bei Weizen die
AVinterform in Fj prävalent und die Spaltung in F2 zeigt 3 Winter- auf
1 Soniniorform, während bei Roggen und Gerste in F^ die Sommerform
prävahert und in Fg 3 Sommer- auf 1 Winterfoimi ausspalten. ^
Bei Winterroggen ist die Möglichkeit eines Erfolges langsamer
zu erkennen. Als Fremdbefruchter bietet er immer geschlechtliche
Mischungen von Unterformen, die sich verschieden verhalten. Solche
können, auch wenn eine Roggensorte seit langer Zeit gezüchtet worden
ist. immer noch für Eigenschaften, welche nicht unter den Auslese-
momenten waren, vorhanden sein. Sind aber solche Mischungen auch
bezügüch des Verhaltens gegenüber dem Schossen vorhanden, so kann
ein Erfolg erreicht werden. Es ist dann Auslese von Nachkommen-
schaften und Pflanzen bei Frühjahrssaaten so lange fortzusetzen, bis
ein solcher in Erscheinung tritt. Da Einschluss einzelner und selbst
weniger Pflanzen bei Roggen zu Störungen führt, wird besser ohne
solchen gearbeitet und nur eine Beseitigung spät schossender Nach-
kommenschaften und Pflanzen vorgenommen.
Zusammenfassung.
Als Ergebnisse der Versuche können die folgenden angeführt
werden:
Teil la. Schossversuche mit im Frühjahr gesätem
Winterroggen, Winterweizen und ebenso gesäter
Wintergerste.
Es gelingt, ausgesprochene W'interformen von Roggen und Weizen
bis weit hinaus nach der übhchen Herbstsaatzeit noch zu einem
praktisch normalen Ausschossen der Ähren zu bringen.
Noch später im Frühjahr vorgenommene Saaten schössen nicht
oder nur unvollkommen und sehr spät.
Eine sichere zeitliche Grenze von der ab ein praktisch normales
Schossen nicht mehr erfolgt, ist ohne scharfe Fragestellung, wie sie
nur kostspielige Vegetationshäuser mit Einrichtungen zur Erzielung
bestimmter Temperaturen zu bestimmten Zeiten ermöglichen, nicht
erkennbar. Neben der Temperatur müssten bei scharfer Fragestellung
auch die Wasserverhältnisse sich genau regeln lassen, da diese das
Schossen auch stark beeinflussen, wie besonders Sommerformen von
Gersten, auch Hafer, in trockenen Sommern zeigen.
') V. Tschermak, Zeitschrift f. d. landw. Versuchswesen in Österreich 1906;
Derselbe in: Fruwirth, v. Proskowetz, v. T.scherinak und Brieiu, Die
Züchtung der vier Hauptiretreidearten und der Zuckerrübe, 2. Aufl., 1910, S. 176. 238, 314.
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 43
Bei Saaten, die bis Ende Februar ausgeführt werden, kann man
in Mitteleuropa mit grosser Sicherheit praktisch normales Ausschossen
der Ähren erwarten.
Schossen überhaupt, wenigstens solches einzelner Halme und ein-
zelner Pflanzen, tritt auch noch bei Saaten im März und oft selbst nach
Aprilsaat ein.
Fröste während der Keimung müssen ebensowenig späteres
Schossen sicher bewirken (Versuch A, Weizen; Versuch B, Weizen,
letzte und teilweise vorletzte Saat; Versuch E, Weizen, Saat vom
15. März; i) Versuch F, Weizen, Saat vom 3. April), wie Fröste, die
nach derselben einwirken (Versuch A, Weizen, 1. Saat; Versuch E,
Weizen, Saat vom 15. März).
Bei Saat von Wintergetreide von Roggen und Weizen im Früh-
jahr tritt mit Zunahme des Hinausschiebens der Saat stärkere Be-
stockung und im Verhältnis der fruchtbaren zu den unfruchtbaren
Trieben stärkeres Überwiegen der letzteren ein.
Einschneidende Unterschiede dahingehend, dass eine gezüchtete
Sorte oder eine Linie innerhalb einer gezüchteten Sorte auch bei
später Frühjahrssaat ganz normal schosst. eine andere nicht, Hessen
sich nicht feststellen. Wohl aber konnten leichtere Unterschiede im
Verhalten einzelner Sorten (Versuch A, Weizen) und im Verhalten ein-
zelner Linien (Versuch A und B, Weizen) beobachtet werden. Bei Ver-
suchen mit ungezüchteten Populationen sind Unterschiede innerhalb
einer Sorte deuthcher (alle Versuche mit Weizen; 1916 Versuch C mit
Roggen).
Alle im Versuch verwendeten Wintergersten Hessen sich als
Sommerfrucht bauen, schossten normal und erzeugten keine sterilen
Triebe (Versuch D); die bei uns als Wintergersten gebauten Sorten sind
demnach als Wechselgersten anzusprechen, die bei Herbst- wie Früh-
jahrssaat praktisch brauchbare Erfolge liefern, obwohl es auch, anderswo
gebaute, ausgesprochene Wintergerste gibt.
Teil Ib. Verschiedenartige künstliche Einwirkungen
bei im Frühjahr gesätem Wintergetreide.
Wiederholte Einwirkung von Frost auf Samen ausser der Erde
und während des Winters beeinflusst die Neigung, nach Frühjahrssaat
zu schössen nicht (Versuch G, Weizen).
Kurze Einwirkung von niederen Temperaturen nach erfolgter Be-
Stockung konnte das Schossen ebensowenig auslösen wie Reize, die zu
dieser Zeit durch Chloroformdämpfe, weitgehende Austrocknung der
Erde oder Warmbad ausgeübt wurden (Versuch F, Weizen).
*) Versuche E und F aus Teil Ib.
AA F r u w i r t h :
Derartige Reize beeinflussten Wintergetreide, das, nach dem Ver-
gleich mit imbehandelten Pflanzen, ohnehin die Ähren ausgeschosst
hätte, auch nicht (Versuch E, Weizen).
Auch im Herbst gesäte Wintergetreide können normales Schossen
auch dann zeigen, wenn keinerlei Frost oder erhebhche Temperatur-
drückung auf sie einwirkte, weder während der Keimung noch später
(Versuch H mit Roggen und Weizen).
Bei Saat von Winterformen von Weizen und Roggen im Winter
(Januar) erfolgt Schossen, auch wenn die Keimung bei höherer Tempe-
ratur verlief und später Fröste einwirkten (Versuch H, Punkt 3,
Roggen und Weizen), aber ein solches wäre bei so zeitiger Saat auch
erzielt worden, wenn später keine Fröste mehr gewirkt hätten, wie Ver-
suche im Teil a zeigen und auch der Versuch H, Punkt 2, Weizen und
Roggen.
Aus den Ergebnissen in Teil la und Ib, sowie aus den bezüg-
hchen in Teil IIb lässt sich scMiessen, dass zur Erzielung des Ähren-
schossens bei im Frühjahr gesätem Wintergetreide Frost weder während
der Keimung noch später nötig ist. Schossen erscheint bei im Frühjahr
gesätem ausgesprochenen Wintergetreide davon bedingt zu werden,
dass von der Saat ab längere Zeit mit einer Temperatur zur Verfügung
steht, die wesentUch niederer ist als später wirkende. Darauf lässt
auch das Verhalten von ausgesprochenem Wintergetreide, das im
Herbst in Gegenden ohne Fröste gesät wird, schliessen, sowie das Ver-
halten von Ausfallpflanzen von ausgesprochenem Wintergetreide, die
bis zum Eintritt des Winters genügend Zeit zum Schossen hätten, aber
offenbar deshalb im Herbst nicht schössen, weil sie eine Jugend-
entwicklung bei höherer Temperatur durchmachen und dann in kühlere
kommen.
Teil IIb. Vererbungsversuche.
Zu der im Teil I a und I b schon behandelten Frage der Ein-
wirkung von Frösten vor und nach der Keimung auf das Schossen
bieten auch die Versuche dieses Teiles noch Anhaltspunkte. Fröste
bei der Keimung und nach derselben bedingten bei Frühjahrssaat von
Weizen nicht folgendes Schossen (Versuch y Weizen, je 2. Saat 1914
und 1916. dagegen trat 1917 nach solchen Schossen ein — Versuch ß
Roggen, je zweite Saat 1914 und 1915; im letzteren Jahr nur Fröste
während der Keimung; dagegen trat 1917 annähernd normales
Schossen nach Frösten während der Keimung ein).
In einer von einer Ähre ausgegangenen Linie von böhmischem
Wechselweizen liess sich — durch seit 1909 ständige Saat des einen
Linienzweiges im Herbst und durch seit 1910 im anderen Linienzweig
ständige Saat im Frühjahr — bei einem Vergleichsanbau 1916 und
1917 kein Erfolg der einseitig gewählten Anbauart feststellen. Eine
Die Umzüchtung von Wintergetreide in Sommergetreide. 45
direkte Bewirkung in dem Sinne, dass die Nachkommen von fort-
gesetzter Herbstsaat sich bei vergleichender einheitUcher Saatzeit
deuthch anders verhielten als jene von fortgesetzter Frühjahrssaat,
war demnach nicht zu beobachten (Versuch II ho a)-
Ebenso hess sich in einer Linie von Sperling's braunkörnigem
Buhlendorfer Weizen, die ständig bei Frühjahrssaat weitergeführt wird,
nach bisher drei Jahren kein Erfolg der einseitigen Anbauart be-
obachten (Versuch II b._, y).
Dagegen war eine Andeutung eines Erfolges in einer Individual-
auslese von v. Lochow's Petkuser Winterroggen im dritten Jahr zu be-
merken (Versuch II b., /^)-
Roter Schlanstedter Sommerweizen verhält sich, trotzdem er seit
Jahren in Deutschland als Sommerform gebaut wird, bei Herbstsaat
als normale Winterform ohne Verkürzung des sommerhchen Wachs-
tums. Er unterscheidet sich bei dieser — so wie bei Frühjahrssaat —
nicht von aus Frankreich direkt bezogenem Bordeauxweizen.
Bordeauxweizen und der vermeinthch durch „Umzüchtung" aus dem-
selben entstandene rote Schlanstedter Sommerweizen sind demnach
Wechselweizen (Versuch 11 b._, J).
V. Lochow's Petkuser Sommerroggen, der seit 1895 von Dr.
V. Lochow als Sommerform gebaut wird und bei feldmässigem Bau
normal als Sommerform schosst, kann sich — ebenso wie der sächsische
Erzgebirgsroggen, der seit Jahren als Somimerform gebaut wird —
ohne weiteres bei Herbstsaat als Winterform entwickeln. Beide
Formenkreise sind demnach Wechselroggen (Versuch II b.^ t).
Dass roter Schlanstedter Sommerweizen, v. Lochow's Petkuser-
und sächsischer Erzgebirgsroggen sich, trotz langjährigem Bau als
Sommergetreide, bei Bau im Herbst als normale Wintergetreide ver-
halten, beweist nur, dass sie, wie Wechselgetreide allgemein, die Eigen-
schaft der Frosthärte nicht verloren haben, obwohl sie jene der Schoss-
raschheit besitzen.
Die Versuche dieses Teiles lassen nach ihrem bisherigen Verlauf
kein Anzeichen einer direkten Bewirkung erkennen. Ein solches ist
demnach gewiss nicht — wie dieses bisher für die Umwandlung von
Winter- in Sommergetreide angegeben wurde — in wenigen
Jahren zu erwarten. Der Nachweis dieses Verhaltens war der Zweck
der Vererbungsversuche. Da sie nur von kürzerer Dauer waren,
konnten sie die Frage nicht beantworten, ob direkte Bewirkung nach
sehr langer Dauer zur Geltung kommen kann, entweder als all-
gemein variierend oder indem sie einzelne — trotzdem spontan genannte
— Variationen auslösen.
Dass in dem Versuch mit Winterroggen ein Erfolg im letzten Jahr
angedeutet erscheint, kann durch Aussonderung von Formen, die sich
40
Fruwirtli: Die Umzüchtung von Wintorgctreide in Sommergetreide.
als A^'echsell■oggen verhalten, aus dem geschlechtlichen Gemisch von
Formen, das bei Roggen als Fremdbet'ruchter vorhanden ist, erklärt
werden. Eine solche Aussonderung ist mögUch, obwohl keine Auslese
frühest schossender Pflanzen vorgenommen wurde, sondern lediglich
Saat zu ungewohnter Zeit.
Teil 111. Die Umzüchtung von Winter- in
Sommergetreide.
Die eigenen Versuche mit reinen Linien von Weizen (Teil IIb)
haben keinen Erfolg einer Umzüchtung erkennen lassen, der einfach
nur durch veränderte Anbauart — ständige Herbst- oder ständige
Frühjahrssaat bei böhmischem Wechselweizen; ständige Früjahrssaat
bei Sperling's Buhlendorfer braunkörnigem Winterweizen — be-
wirkt wird.
Die behauptete Umzüchtung von Bordeaux-Winterweizen in roten
Schlanstedter Sommerweizen erwies sich als keine solche und ein
anderes sicheres Beispiel einer derartigen Umzüchtung hegt bei Weizen
nicht vor.
Bei Roggen hat der eigene Versuch eine Andeutung eines Er-
folges der fortgesetzten Frühjahrssaat gegeben (Teil IIb). Als Beweis
der Möghchkeit eines solchen können die Umzüchtungsergebnisse von
v. Lochow und v. Rümker (Teil III) dienen, bei welchen ständige
Frühjahrssaat mit Auslese verbunden war.
Bei sämtlichen in Europa verbreiteteren Wintergerstenformen
brachte auch nach vieljährig vorangegangener Herbstsaat einmaUge
Frühjahrssaat schon normale Entwicklung als Sommergetreide
(Teil IIb). Diese Gersten bedürfen daher keinerlei Umzüchtung, sind
Wechselgetreide.
Nach allem wird eine Umzüchtung einer Winterform in eine
Sommerform bei Getreide nur Aussicht haben, wenn die betreffende
Sorte, im Hinblick auf dieses Verhalten, ein Formengemisch ist. Bei
Selbstbefruchtern wie Weizen ist sie eine solche in manchen Fällen, es
ist daher nur nötig, bei einmaligem, bei Frühjahrssaat vergleichendem
Bau vieler Nachkommenschaften, Linien, die sich als Wechselweizen
verhalten, herauszugreifen. Bei Roggen ist, da Fremdbefruchtung
stattfindet, ein solches Gemisch, als geschlechtliches, Regel und Aus-
scheidung geeigneter Spaltungen durch fortgesetzte Auslese möglich.
Hier nicht zur Erörterung stand die natürlich vorhandene Mög-
lichkeit, aus der Nachkommenschaft einer künstlichen Bastardierung
einer Winter- mit einer Sommerform, Sommerformen auszulesen, welche
sich wie solche oder wie Wechselformen verhalten und Eigenschaften
der verwendeten Winterform zeigen.
m.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der
Pflanzenzüchtung.
1. Referate über Arbeiten
in Zeitschriften, sowie über Dissertationen, dann Jahresberichte und Bulletins
von Versuchsstationen.
Einsendung von Abdrücken aller einschlägigen Arbeiten
erbeten.
Einige Herren haben sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt,
für einzelne Länder oder bestimmte sachliche Gebiete die Sorge für
Erstattung von Referaten ganz zu übernehmen. Für 1917 sind derartige
Vereinbarungen getroffen worden mit:
Professor Dr. H. Nilsson - Ehle - Lund: Pflanzenzüchtung,
Schweden. — Prof. Dr. Gran, Universität Kristiania : Pflanzenzüchtung,
Norwegen. — Konsulent E. Lindhard-Tystofte pr. Tjaereby: Pflanzen-
züchtung, Dänemark. —Dr. H.Plahn-Appiani-Aschersleben,Mehringer-
strasse 6: Zuckerrübenzüchtung in Deutschland und Österreich. —
(Königl. landw. Botaniker A. Howard-Pusa (Bihar), Indien: Pflanzen-
züchtung, Indien.^) — Direktor A, v. Stebutt der Versuchsstation
Saratow, Russland: Pflanzenzüchtung, Russland.) — Direktor van
der Stok-Buitenzorg (Java): Pflanzenzüchtung, Java. — Dr. Th.
Römer-Bromberg, Kaiser Wilhelms-Institut : Pflanzenzüchtung, Gross-
britannien. — Direktor E. Grabner-Magyarövär: Pflanzenzüchtung,
Ungarn.
Für die hier nicht genannten Gebiete sind zunächst Autoreferate
sehr erwünscht, wenn solche innerhalb acht Tagen nach dem Er-
scheinen der Arbeit abgesendet werden.
Die Referate sind entweder als Autoreferate gekennzeichnet oder
von dem betreffenden Referenten gezeichnet; von dem Redakteur er-
stattete bleiben ungezeichnet.
1) Nach freuiidl. Mitteilung- werden Referate weiter erstattet, können aber wegen
eines Verbotes der Regierung jetzt nicht gesandt werden.
48 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Baco, F. Variationen eines geschlechtlichen
Rebenbastardes infolge Pfropfung auf eine der
Elternformen. (Compt. rend. acadera. Paris 163. Bd., 1916, S. 712
bis 714.) Weinreben: Sauvignon X 4401 Couderc, Mutter, war
1907 mit Folie blanche X Riparia, Vater, bastardiert worden.
Der Bastard, 11—16 genannt, wurde 1912 und 4401 Couderc gepfropft
(:^ Chassela's rose X Rupestris).. Die Pfropfreiser wurden verändert,
eines besonders stark. Es zeigte als Einfluss der Unterlage ver-
längerte Blattstiele wie Chasselas, breite Blattspreiten mit Einschnitten
wie bei Vitis vinifera und Glattheit wie amerikanische Rebenformen,
Trauben mit Beeren, die wie bei Sauvignon grösser, zarter, saftiger
und ohne Fuchsgeschmack waren. Es waren somit Eigenschaften, die
im Pfropfreis und in Unterlagen durch die Bastardierung vererbt
wurden, deutlich ausgeprägt worden.
Biifen, R. Weizenbastardierungen in England, bei
denen gewisse Merkmale ausgeschaltet und neue
Merkmale hervorgebracht wurden. (Journ. of Genetics V,
1916, S. 225 — 228.) Die Bastardierung von enghschem Rauhweizen,
Rivetts bearded, Triticum turgidum, Mutter, mit polnischem Weizen,
Triticum polonicum, Vater, gab in F^ blassgraue Spelzen, demnach
Mittelbildung zwischen Grau der Mutter und Gelb des Vaters.
In Fo waren vorhanden: Pflanzen mit Spelzen so lange, wie sie der
Vater aufwies, und glatt, solche mit mittellangen und mit kurzen
Spelzen, beiderlei Spelzen behaart. Auffallend war, dass alle Pflanzen
in Fo nur weisse Spelzen hatten und weisse Spelzenfarbe vererbten.
Bis F„ hatten 100 000 Pflanzen nur weisse Spelzen, die graue Spelzen-
farbe der Mutter blieb vollständig unterdrückt, spaltete nicht
aus. Zur Erklärung verweist Verfasser auf die Erklärung N i 1 s s o n -
Ehles über das Auftauchen von einer weisskörnigen Weizenpflanze
neben 15 rotkörnigen Weizenpflanzen bei Bastardierung von zwei rot-
körnigen mit 2 Anlagen für Rot (Rr^ X R^ r, wobei in Fo eine
Gametenkombination rr = weissspelzig erscheint). So wie bei 2 gleich-
wirkenden Anlagen für ein Merkmal 15 mit dem Merkmal, eines ohne,
bei 3 Anlagen 63 mit. eines ohne erscheint — und in einem Fall der
Bastardierung zweier unbegrannter Weizen 1 begrannter auf 3 un-
begrannte kommt — könnte auch als Endglied der Reihe voll-
ständige Unterdrückung einer Eigenschaft in Erscheinung treten.
Caron, von, -Eidingen. Zur Entstehung der Muta-
tionen. (Deutsche Landw. Presse 1917, S. 657, 2 Abb.) Verfasser
hat 1917 die Erscheinung auch beobachtet, dass aus einem Weizenkorne
Halme erwachsen, die verschiedene Ährentypen tragen. Die betreffende
Individualauslese entstammt einer Bastardierung von Nordstrand X
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 49
Saumur-Weizen. Die Untersuchung der gesamten Früchte der 1917 er
Ernte dieser Individualauslese brachte eine Frucht zum Vorschein, die
ein Doppelkorn mit 2 Keimlingen ist. Verfasser glaubt, dass sich ein
Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Mutationen und solchen
Doppelkörnern herstellen lässt, indem man annimmt, dass mutierte
(spontan variierte) Pflanzen aus solchen zweikeimigen Körnern ent-
stehen. Er beabsichtigt, die Nachkommenschaft der Pflanzen mit ver-
schiedenen Ähren und jene der Doppelkörner zu verfolgen.
Ciaassen, H. Der Markgehalt der Kohlrüben. (Zeit-
schrift des Vereins der deutschen Zucker-Industrie 1917, S. 309 — 311.)
Da nach Herzfeld die vorhandenen Analysen keinen Aufschluss
über den Markgehalt der Kohlrübe geben, wurden Untersuchungen vom
Verfasser ausgeführt. Das Material war kein sortenreines, sondern
solches von Populationen, das, innerhalb gelb- und weissfleischig, nur
nach dem Äusseren in grosse und kleine Rüben und in Rüben aus ver-
schieden gefärbten Köpfen getrennt wurde. Die geschnitzelten Rüben
wurden 10 Stunden lang unter Luftleere bei 105 — 108° getrocknet;
Invertzucker hindert Trocknung bis zu Gewichtskonstanz. Der Mark-
gehalt wechselt zwischen 3,2 und 5,1, die Gesamttrockensubstanz
zwischen 9 und 13,9, die Trocksubstanz des Saftes zwischen 5,7 und
8,8 °/o. Weissfleischige Kohlrüben scheinen etwas höheren Markgehalt
zu haben. Im Durchschnitt kommen bei Kohlrüben auf 100 Teile Ge-
samttrockensubstanz 33,7 Teile Mark, gegen 19 Teile bei Zuckerrübe.
Die Verdaulichkeit der Kohlrübe muss daher eine geringere sein.
Dureau, G. Seedling canes.^) (.Journal des fabricants de
Sucre 1916. Nr. 19.) Es wird die Geschichte der Gewinnung von
Zuckerrohrpflanzen aus Samen nach einem unter obigem Titel im
„Westindia Comittee Circular" erschienenen Artikel gegeben; danach
haben Harri son und Bowell, die, wie bekannt, 1888 zuerst die
Möglichkeit der Samenbildung bei Zuckerrohr nachgewiesen haben, in
Dr. Soltwedel zu Rendokerep auf Java einen Vorläufer, da es diesem
1887 schon gelang, Samen des Rohres zur Keimung zu bringen. Samen-
pflanzen werden auf .Java weniger geschätzt als in Gegenden, die für
Rohr weniger günstig sind, wie Louisiania, Argentinien.
Günthart, A. Über die Entwicklung der Cruciferen-
blüte. (Beihefte zum Botan. Zentralblatt XXXV, 1917, 1 Abb., S. 60
bis 170.) Bei Beobachtungen bei Blüten verschiedener, meist wild
wachsender Kreuzblütler — aber auch bei Raphanus sativus. Brassica
napus, Brassica oleracea, Sinapis alba — wurde als Verhalten der Blüte
der Kreuzblütler festgestellt, dass äussere Faktoren dieses wenig be-
*) Samenpflanzen beim Zuckerrohr.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VT.
50 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflauzenzücbtung.
einflusseu. Die Veränderungen betreffen Blühzeit und Funktionsdauer
der Fortpflanzungsorgane. Mangelhafte Ernährung (geringe Nahrungs-
zufuhr. Ersthngs- und Letztlingsblüte) hatte auf die Ausbildung der
Staubblüte Einfluss (teilweise Verkümmerung). Bodenbeschaffenheit
wirkte nicht ein. Lichtentzug bewirkte Verkleinerung der Blumen-
kronenblätter. blassere Farbe derselben und geringeres Spreizen der
Blumenkronenblätter und Kelchblätter. Im allgemeinen wirkt relativ
hohe Temperatur mit geringem Feuchtigkeitsgehalt auf späteres und
rascheres Wachsen der Xarbenschenkel. Auf Blühzeit und Dauer des
Blühens einer Blüte wirken Temperatur und Luftfeuchtigkeit nur bei
sehr hohen Graden ein, wie sie' unter natürlichen Verhältnissen sehr
selten vorkommen. Zunächst nach Versuchen mit Arabis, Cardamine
pratensis. Draba aizoon, Lepidium campestre wird als Einfluss der
Bestäubung auf Kreuzblütlerblüten festgestellt : Ohne Bestäubung zeigt
der Stempel keine Xachstreckung. die Narbe lebt länger. Bei Be-
stäubung mit eigenem Blütenstaub (Selbst- und Nachbarbestäubung)
streckt sich Narbe und Stempel weiter, die Früchte fallen ab. Bei Be-
stäubung fremder Abkunft lebt die Narbe kurz, der Stempel zeigt keine
Nachstreckung, nur solche Blüten bilden normale Früchte. Diese letzt-
erwähnten Feststellungen sind von Interesse, weil bei Raps und Rübsen,
im Gegensatz zu denselben. Bildung normaler Früchte auch bei
Selbstbestäubung von mehreren Forschern festgestellt worden ist.
Havas, G. A herefeleken es mäs növenyeken elö-
fordulö azonos rendellenessegekröl. ^) (Botanikai Közle-
menyek S. 20 — 33. Jahrg. 1917.) Bei den Kleearten, sowie bei anderen
Pflanzengattungen sich zeigende Missbildungen, namentlich das
Spalten der Blätter, fiederig zusammengesetzte Blätter, trichterförmige
Blätterbildungen, die unregelmässige Ver^^elfältigung der Blättchen
und Blüten, kann man als fasciative Erscheinungen betrachten, deren
unmittelbare Veranlassung sich auf das Spalten der Gefässbündel be-
gründet. Der Querschnitt der Blätterstiele bei den Medicago- und
Mehlotusarten usw. zeigt, wenn der stärkere Trieb zur Poh-phylhe bei
den Pflanzen nicht vorhanden ist. gewöhnhch 3 Gefässbündel, bei den
TrifoUumarten im allgemeinen 5. bei den Onobrychisarten finden wir
7 Gefässbündel. Wenn die Pflanze zur Fasciation Neigung hat. so
bilden sich bei den 3 blättrigen Kleearten, ausser der normalen Zahl
von grösseren Gefässbündeln. auch kleinere, was wir hauptsächlich bei
Tr. pratense und Tr. repens gut beobachten können, bei welchen die
Zahl der kleineren, unregelmässigen Gefässbündel von 1 bis 6 steigen
kann. Bei diesen Pflanzen können sich infolge der lateralen Spaltung
sämtliche Blättchen, sogar — wenn das mittlere Blättchen sich beider-
») Über gleichartige teratologische Fälle bei den Kleearten und anderen Pflanzen.
Neue Ei-scheiiiuagen auf dem Gebiete der Pflauzeuzüchtuug. 51
seitig nochmals spaltet — als höchstgradige Polyphyllie 11 zählige
Kleeblätter bilden. Die genannten Missbildungen sind Degenerations-
erscheinungen. Pflanzen, die solche Bildungsabweichungen aufweisen
oder dazu Neigung haben und bei welchen bestimmte innere Verwand-
lungen eintreten, können den Grund neuer Gattungen bilden. Die Ab-
weichungen können sich in äusseren Erscheinungen zeigen. Während
der natürlichen Entwicklung der Formenkreise sind schon 5- und
7 blättrige Kleearten beständig geworden, so : Tr. lupinaster , Tr.
tridentatum L., Tr. Andresonii Gray., Tr. polyphyllum, Tr. megace-
phalum Nutt. usw., bei welchen anfänglich sich die charakteristischen
3 zähligen, später polyphylle Blätter bildeten.
Autoreferat.
Kenjiro Jujii and Yoshinari. On the composition of the
endosperm of Zea Mays hybrids.^) (The Botanical Gazette
1916. XXX, S. 83 — 88.) Die Verfasser nehmen an, dass das For-
schungsergebnis der sog. doppelten Befruchtung bei der Erklärung der
Maisbastarde bisher nicht berücksichtigt worden ist. (Tatsächlich
haben H a y s und East 1915 die Erklärung für die Ausbildung des
Endosperms bei Bastardierung von je glasig-körnigem mit mehlig-
körnigem Mais auch schon auf dieser Grundlage gegeben. Referent.)
Sie erklären die Farbabstufungen, die sich nach Bastardierung eines
Maises mit schwarzem oder blauem Korn mit einem solchen mit weissem
zeigen, auf Grund der Tatsachen, die durch die Forschung über die
„doppelte Befruchtung" festgestellt worden sind. Ist die Mutter
schwarzkörnig, der Vater weisskörnig, so ist F^ im Korn dunkler
als bei der umgekehrten Bastardierung. Die Mutter bringt im ersten
Fall, wenn sie die Anlage für Schwarz S besitzt, diese zweimal in das
Endosperm, da bei der doppelten Befruchtung beide sekundären Embryo-
sackkerne mit dem 2. generativen Folienkern zusammentreten, dagegen
wird sie im zweiten Falle ss keine Anlage für Schwarz in das Endo-
sperm bringen und dieses nur vom Vater eine solche erhalten. S S s gibt
dunklere Farbe wie ssS. In der 2. Generation müssen dreierlei
Schattierungen von Schwarz zur Erscheinung kommen:
Geschlechtszellen ^-^ g §
^ SS SS
SS SS
SS ««
S 8
Für Anlage für Schwarz wurde hier gleich S (Schwarz) gewählt,
statt wie im Text der Arbeit A, für Fehlen der Anlage s statt a.
*) Über die Zusammensetzung des Endosperms von Maisbastarden.
4*
52 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Kraniehfeld, H. Die Einwände Heribert Nilsso n's
gegen die Mutationslehre von H. de Vries. (Biol. Zentral-
blatt 37. Bd., 1917, S. 61—98.) Die von H. Nilsso n gegebene Er-
klärung der Mutanten de Vries' als Bastardierungsfolgen, die dem
Mendel'schen Gesetze unterworfen sind, wird vom Verfasser ab-
gelehnt. Er hält es insbesondere als nicht erwiesen, dass Oenothera
Lamarckiana eine Kollektivart ist, da Nilsson bei ihr und bei Oeno-
thera Gigas nicht erbliche, mendelnde Kleinformen nachgewiesen hat.
Stempel, B. Korrelacni variabilita bouituich zuaka
obilky jecmene. ') (Zemedelsky Archiv 1914.) Der Autor, der
schon in seinen früheren Arbeiten den Einfluss der Vegetationsfaktoren
auf die Variabilität der Getreidearten studiert hatte,^) versucht hier
auf Grund dieser Arbeiten sowie der statistischen Ermittelungen aus
dem Materiale der Sortenversuche der böhmischen Sektion des Landes-
kulturrates sowie der landw. Zentralgesellschaft in Böhmen zu er-
mitteln, welches Bonitierungssystem für Braugerste das „gerechtigste"
ist, d. i. welches von den gebrauchten künstlichen Systemen am zweck-
mässigsten den natürlichen Beziehungen zwischen den Qualitätseigen-
schaften angepasst ist und durch welches System folghch die Gerste
am gerechtesten bonitiert wird. In Betrachtung wurden gezogen die
Systeme von Erben-Vilikovsky, Haase, die Berliner, Wiener
und Münchener Systeme. Es wurden für jede Sorte und bei diesen
wieder für einzelne Vegetationsgebiete für die wichtigen Eigenschafts-
paare Korrelationsschemata konstruiert und Korrelationskoeffizienten
und Regressionswerte berechnet. Aus diesen Werten wurde dann das
wahrscheinliche mittlere gegenseitige Verhältnis aller Eigenschaften
festgestellt und weiter auf Grund der Regressionswerte ermittelt, mit
welcher Wahrscheinlichkeit in den einzelnen Systemen die subjektiv zu
bestimmenden Merkmale geschätzt werden können. Auf alle Einzel-
heiten der Arbeit kann hier nicht eingegangen werden; es seien hier
nur die Schlussfolgerungen angeführt: 1. Die Standardabweichung aller
Merkmale, d. i. ihre Variabihtät, steigt, wenn sich die Vegetations-
faktoren verschlechtern. In Gebieten mit schlechteren Vegetations-
faktoren sind nicht nur die mittleren Werte einzelner Eigenschaften
niedriger, sondern die Ware ist auch weniger ausgeglichen, sogar auch
dann, wenn sie von zwei naheliegenden Anbausteilen stammt, als in
Gebieten mit günstigeren Vegetationsfaktoren. 2. Der Korrelations-
koeffizient der Bonitätsmerkmale ist eine in beträchtlichem Maße kon-
Archiv 1915.
*) Korrelationsvariabilität der Bonitätsmerkmale des Gerstenkornes.
^) Stempel, Landw. Jahrbücher 1914, 368; Stempel und Hirsa. Zemedelsky
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 53
stante Grösse, die von Sorte, Klima und Jahrgang, sowie vom Boden
wenigstens praktisch unabhängig ist. 3. In positiver Korrelation
stehen: Hektohtergewicht, 1000 Korngewicht, Mürbigkeit, Ausgeghchen-
heit, Stärkegehalt und Keimfähigkeit; zu diesen Eigenschaften stehen
in negativer Korrelation: Glasigkeit, Spelzen- und Eiweissgehalt. Bei "?
den Eigenschaftspaaren: Spelzengehalt-Mürbigkeit, Spelzeng.-Glasig-
keit, Spelzeng.-Stärke-, Spelzeng.-Eiweissgehalt ist der Korrelations-
koeffizient gleich 0. 4. Die Regression hängt zwar wie vom Klima
und Boden so von der Sorte ab, prinzipielle Unterschiede sind aber auch
hier nicht, so dass 5. durch zweckmässiges Bonitierungssystem gleich
gerecht die Landgersten so wie die Imperialgerstensorten bonitiert
werden können. 6. An der Spitze der wichtigeren Bonitierungssysteme
steht, was die Genauigkeit und ergründhche Anpassung an die natür-
hchen gegenseitigen Beziehungen der Bonitätsmerkmale des Gersten-
kornes betrifft, das böhmische Bonitierungssystem von Erben-
Vilikovsky; nach ihm folgen, der Genauigkeit nach absteigend ge-
ordnet: das Wiener, Haase'sche, Berliner und Münchener System.
(Da der Korrelationskoeffizient bei bestimmten Eigenschaftspaaren
eine auch von der Sorte im beträchthchen Maße unabhängige Grösse
darstellt, so muss für die betreffenden Eigenschaftspaare, wenn nicht
eine allgemeine, so doch wenigstens bei untersuchten Sorten eine ge-
meinsame Korrelation bestehen. D. Ref.) Jelinek.
Stomps, Th. J. Über die verschiedenen Zustände der
P a n g e n e. (Biolog. Zentralblatt 1917, S. 161 — 177.) In einer reinen
Linie von Oenothera biennis war durch spontane Variabilität (Muta-
bihtät) ein albomarginata (weissrandblätteriges) Individuum ent-
standen, das eine grüne Seitenachse bildete. Die Samen der weiss-
randblätterigen Achsen gaben nur weisse, jene der grünen Achsen nur
grüne Pflanzen. Bastardierung von Weissrandblätterig mit Grün
brachte ein F-^', die vegetativ spaltete. Die weissrandblätterige
Variante entstand dadurch, dass in der allerersten Jugend der Pflanze
in der äussersten Periblemscheitelzelle eine für die Bildung des Chloro-
phyllfarbstoffes unentbehrliche Eigenschaft plötzlich latent wurde, die
grünen Seitenachsen durch Zurückvariieren dieser Eigenschaft in der
äusseren Periblemscheitelzelle der Anlage dieses Sprosses. Die
vegetative Aufspaltung führt Verfasser auf perlabilen Zustand der be-
treffenden Chlorophylleigenschaft zurück. Bei Pangenen tritt der per-
labile, ebenso wie der labile Zustand eines Pangenes leicht in den
inaktiven Zustand über. Bei einem Zusammentreffen mit inaktivem
Zustand führt er zu vegetativer Aufspaltung.
54 Neue Erscheinungen auf dem (rebiete der Pflanzenzüchtung.
2. Bücherbesprechungen.
Migula, Pro?. Dr. W. Die Brand- und Rostpilze. Ein
Hilfsbuch zu ihrem Erkennen, Bestimmen, Sammeln, Untersuchen und
Präparieren. (Handbücher für die praktische naturwissenschaftliche
Arbeit Bd. 13. Mit 10 Taf., 1917. Franckh'sche Verlagsbuchhandlung,
Stuttgart. Geheftet M. 3, — , gebunden M. 3,80.) Für die sehr formen-
reiche Gruppe der Brand- und Rostpilze ist in der Veröffenthchung ein
Bestimmungsbuch geboten worden. Als Einleitung zu dem syste-
matischen Teil, der 411 Arten umfasst, ist ein Abschnitt über Sammeln,
Untersuchen und Präparieren und ein zweiter über die Lebens-
geschichte der Brand- und Rostpilze gegeben. In letzterem sind in
einem besonderen Abschnitt die Getreiderostpilze behandelt. Die Be-
stimmungstabellen der Gras- und Getreiderostpilze umfassen neun
Seiten, Jene des Brandes auf Gras und Getreide fünf. Die Tafeln
bringen die Sporenbilder. Über die Rost- und Brandpilze der Getreide
ist der Züchter wohl meist gut unterrichtet, bei Graszüchtung wird da^
Buch aber gewiss vielen sehr erwünscht sein.
V.
Kleine Mitteilungen.
Wissenschaftliche.
Beitrag zur Technik der Weizenbastardierung.
Von Dr. J. Jelinek,
Technische Hochschule Prag.
Bei der Bastardierung des Weizens wird der Pollen in die
kastrierten Blüten in der Weise übertragen, dass entweder reife Staub-
beutel in die Blüten gelegt werden oder, nach v. Tschermak, mit
im Laboratorium gesammeltem Pollen die Narbe bestäubt wird. Ver-
fasser hat bei seinen Bastardierungsversuchen die Bestäubung in beiderlei
Art ausgeführt, aber in manchen Jahren durch den Witterungseinfluss
sehr schlechten Kornansatz erzielt. Es leiden nämlich die zur
Bastardierung verwendeten Pflanzen infolge der gegen Norden ge-
schützten Lage des Versuchsgartens sehr durch die in manchen Jahren
herrschende hohe Temperatur; auch das an den kastrierten Ähren in
grosser Menge verdampfende und sich aus den Schutzgläsern konden-
sierende Wasser schädigt beträchthch die Blüten. Aus diesem Grunde
wurde beabsichtigt, statt der Glasröhren eine Hülle aus dünnem Papier
zum Schutze gegen Fremdbestäubung zu verwenden. Da aber das Ab-
nehmen der angebundenen Papierhüllen bei jedesmaliger Bestäubung
etwas umständlich erschien, so wurde die Bestäubung der kastrierten
Ähren in der Weise versucht, dass die zwei zu bastardierenden Pflanzen
nebeneinander gepflanzt wurden und an die kastrierte Ähre der einen
Pflanze eine etwa gleichalte, nicht kastrierte Ähre der zweiten Pflanze
angebunden wurde. Der Pollen dieser Ähre soll zur Bestäubung der
kastrierten Ähre dienen. Beide Ähren wurden dann zur Vermeidung
einer Fremdbestäubung mit Papier umhüllt; diese Hülle wurde erst
nach etwa 14 Tagen entfernt. Durch diese Anordnung wurde ein
viel besserer Kornansatz erzielt, wie folgende Zahlen zeigen:
(Siehe Tabelle S. 56.)
Aus der Übersicht ist es ersichtlich, dass bei Bestäubung durch
angebundene Ähre ein bedeutend höherer Prozentsatz kastrierter
Ähren Körner angesetzt hat als bei künstlicher Pollenübertragung. Im
Jahre 1916 war auch der durchschnittliche Kornansatz einer Ähre bei
56
Kleine Mitteilungen.
Bestäubung durch angebundene Ähre mehr als doppelt so gross wie
bei künstUcher Pollenübertragung. Im Jahre 1917 wurde, wahrschein-
lich durch den Einfluss der aussergewöhnlich hohen Temperatur, kein
Kornansatz bei künstlicher Pollenübertragung erzielt; es wurde des-
wegen in diesem Jahre diese Bastardierungsweise nicht weiter verfolgt.
Die Bestäubung durch angebundene Ähre hat auch in diesem Jahre
günstig gewirkt; die Hälfte der bestäubten Ähren hat Körner angesetzt.
Der Kornansatz war zwar geringer als im Vorjahre, aber mit Rück-
sicht auf die anhaltende hohe Temperatur dieses Jahres doch noch
sehr gut.
B e s t ä n b u n g- d u r c b P o 1 1 e n ü b e r t r a g u n g.
Bestäubte
Äbren
Ähren mit
Ährenanzahl mit
mitt-
uzahl
hre
Jahr
Kornansatz
1
2
3
4
5
6
7
9
10
11
12 13
■3 ^:<
5 W ^
An-
zahl
/o
'S *^ «
Körnern
Dur(
liehe
ein
1912
1913
1914
1915
1916
74
167
152
92
135
23
47
10
14
9
32,4
28,1
6,6
15,2
6,6
5
24
7
5
6
3
11
2
5
6
4
1
1
3
3
2
1
2
2
1
1
1
1
1
1
1
1
1
—
3,9
2,2
1,4
2.0
2,1
Bestäubung d
urc
h ang
äbundene
Ah
re.
1916
39
18
46,1
3
1
3!-
4 5 1
—
—
—
—
1
1917
47
24
51.0
10
2
5 2
2 2 —
—
—
—
1
—
4,6
2,9
Aus diesen zweijährigen Beobachtungen glaube ich folgern zu
können, dass die Bestäubung durch angebundene Ähre bei der
Weizenbastardierung für die praktische Züchtung vorteilhafter
sein kann als die künstliche Pollenübertragung. Es ist nur nötig, im
Frühjahr die zu bastardierenden Pflanzen nebeneinander zu verpflanzen.
Wenn es sich um Bastardierung einer frühreifenden mit einer späten
Sorte handelt, darf nur die frühreifende Pflanze zu der spätreifenden, die
nicht verpflanzt werden darf, versetzt werden. Durch die Ver-
pflanzung, die je nach Bedarf verschieden tief geschehen kann, wird die
Entwicklung der frühreifenden Pflanze verzögert, so dass dann auf
beiden Pflanzen gleiehalte Ähren zur Bastardierung gefunden werden
können und der Pollen der frühreifenden Pflanzen für die Kreuzimg
nicht längere Zeit aufbewahrt zu sein braucht. Die weitere Arbeit
besteht nur in der Kastration der einen, Anbinden der zweiten Ähre und
Umwicklung des Ganzen mit Papier, das auf beiden Enden der Ähren
mit Zwirn zusammengebunden wird. Die Zeit, die zum PoUensammeln
und Übertragen auf die Narben nötig ist, wird hier erspart. Und da
endlich die kastrierten Ähren nach dem Einhüllen in Papier nicht vor
Kleine Mitteilungen. 57
der Kornentwicklimg wieder blossgelegt werden, so ist auch eine
eventuelle Fremdbestäubung durch den in der Luft schwebenden Pollen,
die bei der künsthchen Pollenübertragung, wo die Hülle von den
Ähren abgenommen ist, stattfinden kann, ausgeschlossen.
Für genaue wissenschaftliche Arbeiten wird natürlich die von
V. Tschermak angegebene Pollenansammlung im Laboratorium aus
abgeschnittenen abgewaschenen Ähren den Ausschluss fremden Pollens
am sichersten gewährleisten.
Die Anwendung des Fruchtgürtels bei der Kartoffel.
Zur Technik der Samenerzeugung.
Von Dr. J. Broili,
Biologi.sche Reiclisanstalt in Dahlem-Berlin.
Für praktisches Züchten, wie für vererbungswissenschaftliches
Arbeiten mit der Kartoffel ist es erstes Erfordernis, von den in Frage
kommenden Pflanzen sicher Früchte — Beeren — zu erhalten Ver-
suche in dieser Richtung führt Bach-Wien^) in einer Abhandlung,
die hauptsächlich die künsthche Befruchtung als Mittel, um eine Sorte
zum Fruchten zu bringen, behandelt, an. Es gelang aber in den Fällen,
die genaueres über diese Frage mitteilen, nicht, durch Störung der
vegetativen Entwicklung der Kartoffelpflanze, und zwar an ihren
unterirdischen Teilen, Einf luss auf die Fruchtbildung zu ge-
winnen.
Mehr Aussicht auf Erfolg dürften, wie im Reichsanzeiger ^) mit-
geteilt. Versuche an oberirdischen Teilen der Kartoffel durch
Pfropfung auf andere Nachtschattenarten haben, wie sie im Institut
für Vererbungsforschung in Potsdam angestellt werden.
Bei der Betrachtung dieser Frage liegt es sehr nahe, einen Blick
auf die gärtnerische Praxis zu werfen. Hier wird bei Obstbäumen zur
Erzielung des Früchtetragens und zum Zwecke der besseren Ernährung
und Ausbildung der Früchte, wenn es nötig wird, der Ringelschnitt an-
gewendet. Der Gärtner hebt hierzu mit einem scharfen Messer oder
einem besonders hierfür geschaffenen Instrumente an den Zweigen
unterhalb ihrer fruchttragenden Ästchen, kurz vor der Blüte, ein ring-
förmiges Stück Rinde aus. Geschieht das nicht zu breit, so wird die
Saftleitimg vorübergehend gehemmt und die sonst nach unten
strömenden Nährstoffe zum Aufbau der Früchte verwendet. An
Stelle des Ringeins werden auch besondere Fruchtgürtel benutzt.
Dieses Verfahren kam in angepasster Weise zunächst rein praktisch in
der Kaiserlichen Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft
in Dahlem, und zwar sofort in grösserem Maßstabe in diesem Jahre in
1) Zeitschrift für Pflanzenzüchtung Bd. V, Heft 1, 1917, S. 71.
2) Nr. 71 V. 23. III. 1917.
cg Kleiue Mitteilungen.
Anwendung, ohne vorher genaue Versuche über die Wirkung und den
Zeitpunkt des Ringeins bei Verschiedenheit der Methode, des Sorten-
materials und der Ringelungsstelle angestellt zu haben. Nur ein
kleiner Vorversuch an einer sehr frühen Sorte, deren Knollen an-
getrieben waren, gab so zeitig ein positives Resultat, dass das Ver-
fahren noch bei allen blühenden Pflanzen, auf die züchterischer Wert
gelegt wurde, Anwendung finden konnte.
Eine Ringelung, wie sie der Gärtner ausführt, wurde nicht ver-
sucht. Mit dem Messer kann bei der krautigen Beschaffenheit der
Stengel nur bei geschientem Material gearbeitet werden. Zeitverhält-
nisse bringen es mit sich, die Arbeiten, welche für den gewollten Zweck
nicht unbedingt erforderlich sind, jetzt wegzulassen. Die Hemmung
des Saftes wurde deshalb in einfachster Weise durch eine feste
Schnürung mit starkem Faden oder verschieden starkem Drahte be-
wirkt. Man schneidet sich hierzu zweckmässig von dem Bindematerial
längere Stücke ab, so dass man sich selbst um einen Finger der linken
Hand eine kleine Schleife legen kann, um hierdurch den nötigen Wider-
stand beim ersten Anziehen, das mit der rechten Hand geschieht, zu
haben. Ist der Stengel einmal umwickelt, so bietet er selbst durch die
Reibung genügend Halt, um die zweite Ringelung fester, ein-
schneidend, anlegen zu können. Nach und nach bekommt man ein Ge-
fühl für die Spannung, welche die betreffende Achse aushält, ohne zu
knicken. Was man der betreffenden Sorte zumuten kann, lehrt erst ihr
Verhalten bei Wind und Wetter. Dann bricht bei stark verholzten
Pflanzen die Einschnürungsstelle leicht durch. Verschiedene wert-
volle, gelungene Bastardierungen sind dadurch in Verlust gegangen.
Es ist deshalb geraten, überall da, wo Beerenansatz stattfindet, eine
Schienung oder anderweitige Sicherung gegen das Abbrechen anzu-
wenden, was bei dem oft gekrümmten Wüchse der Stengel nicht immer
leicht ist. Wie bei jeder Pflege lebender Individuen, so darf man auch
hier nicht schematisch verfahren, wenn Schäden verwieden werden
sollen.
Jugend,. Zartheit bei Sämlingspflanzen, Vegetationszeit, Wüchsig-
keit und Verholzung bei älteren Sorten sind zu berücksichtigen, wenn
man wertvolles Material ringelt. An allen geringelten Pflanzen wurden
Knollen geerntet. Ob und inwieweit der Ertrag durch das Ringeln
gedrückt wird, werden weitere Versuche, bei denen auch die Wirkung
einer öfteren, am gleichen Stengel wiederholten Ringelung und die
Benützung des Fingernagels zur Unterbrechung der Saftleitung ge-
prüft werden soll, ergeben. Gegen eine stärkere Schädigung des Er-
trags spricht der bicollatrale Bau der Leitbündel.
Neben den in Verfolgung des praktischen Zieles der Beeren-
gewinnung bei Bastardierungen angestellten Ringelungsversuchen, die
Kleine Mitteilungen.
59
für eindeutige Beurteilung der Frage nicht in Betracht kommen,
wurde bei 10 Pflanzen verschiedener Sorten ein Teil der Stengel ge-
ringelt. Es hatten angesetzt bei:
Juwel geringelt bei 28 Blüten 0 Beeren,
ungeringelt r 46
Switez geringelt . . .
,, ungeringelt . .
Abdul Hamid geringelt .
„ „ ungeringelt
Fürstenkrone geringelt .
,, ungeringelt
„ geringelt .
,, ungeringelt
Switez geringelt . . .
ungeringelt
8
117
16
19
9
30
4
31
36
118
7
78
3
51
1)
Fürstenkrone geringelt ....
„ ungeringelt . . .
Danusia geringelt
„ ungeringelt ,? ^8
Switez geringelt ?5 H
„ ungeringelt „62
„ geringelt ., 7
„ ungeringelt ,,59
0
0
0
0
0
0
0
1
0
4
1
1
0
1
0
2
0
2
0
Genaueres mag folgende Tabelle zeigen:
Fruchtgürtel-Verzeichnis bei der Kartoffel.
Sorten Nummer
56
?. ^
1
1
03
00
■f^ d
-^-*
-^ 0
-^ d
0
(« o
OD O
aj o
d
s-i ti
fc- >;
^ fc.
•^ ^
■P M
IP M
c3
fe
fe
f^
P
53
57
53
53
75
CS9
CO
57
57
57
— ■^
-§ 'S
< K
47
Nummer und Reihe der Staude
Achsen geringelt
Zahl der Wickel
Zahl der Blüten
Beeren angesetzt
Beeren nicht angesetzt . . .
Achsen nicht geringelt . . .
Zahl der Wickel
Zahl der Blüten
Beeren angesetzt
Beeren nicht angesetzt . . .
1. 3.
2
4
28
28
6
7
46
46
5. 7.
7. 7.
3. 7.
11. 1.
11. 1.
1
3
4
2
1
1
3
4
3
1
4
36
7
9
3
1
4
1
—
1
3
32
6
9
2
10
13
7
5
8
5
10
11
5
11
31
118
1
117
78
30
58
31
78
30
58
13. 4.
1
1
11
2
9
6
5
62
62
11. 7.
14. 4.
1
1
1
1
7
8
2
—
5
8
7
U
9
12
59
117
59
117
Die Wirkung der Ringehmg ist unverkennbar. Bei 6 Pflanzen
wurden an geringelten Stengeln 11 Beeren geerntet, an ungeringelten
der gleichen Pflanzen nur eine, bei einer weitaus grösseren Blüten-
zahl, die für die Möglichkeit des Ansatzes in Betracht kam.
3. 1.
2
3
16
16
4
4
19
19
gQ Kleine Mitteilungen.
Bemerkt muss werden, dass bei der Sorte Switez, ohne die
4 Stöcke des Versuchs, 97 Stöcke angebaut wurden, die ohne Ringelung
14 Beeren brachten gegenüber den 8 Beeren an 6 geringelten Stengebi
der 4 Versuchspflanzen. Es stehen also 4 geringelte Stengel mit ihrem
Ergebnis von 6 Beeren etwa 3—500 Stengeln mit 14 Beeren gegenüber
oder, in Blüten berechnet, 6 Beeren bei 54 gezählten Blüten gegen-
über 14 Beeren der etwa 10 — 12 000 Blüten der 97 Stöcke ohne
Ringelung. Ein sicherer Erfolg für dieses Jahr und diese Sorte. Schon
der Augenschein zeigte die Wirkung der Ringelung. Die Blüten, die
unter Ringelung standen, blieben meist viel länger hängen. Manche,
die angesetzt hatte, fiel ab und kam dann nicht mit in Rechnung. Die
künstliche Selbstbestäubung der geringelten wird deshalb zur Erhöhung
der Leistung auch in Frage kommen.
Inwieweit die noch in den Anfängen stehende Technik den Erfolg
nicht überall brachte oder geringer Pollen oder das V^etter daran
schuld war, lässt sich heute nicht beurteilen. Sicher ist, dass die Ver-
wendung des Ringeins oder des Fruchtgürtels bei weiterem Ausbau der
Technik unter Berücksichtigung der individuellen Eigenart der Pflanzen
sowohl der praktischen Züchtung wie der Forschung nützen wird.
Andere Sachliche.
Der Tonplatten-Trockner.
Von Dr. Kirsche-Pfiffelbach,
Rittergut Trautzschen b. Pegau.
Seit langen Jahren beschäftige ich mich mit der Trocknungsfrage
von Saatgut, nachdem bereits 1901 der erste Trockenapparat für Samen
und Getreide in unserem Zuchtbetriebe aufgestellt worden war. Die
ungenügenden und zu geringen Leistungen dieses Apparates waren die
Veranlassung, dass 1910 ein Förster-Apparat mit direkter Beheizung
durch Feuergase aufgestellt wurde, dessen Leistungen nach jeder
Richtung hin bisher befriedigten. Immerhin ist bei der Verwendung
von Feuergasen eine gewisse Gefahr für die Keimfähigkeit nicht aus-
geschlossen, so dass mein Bestreben darauf gerichtet war, für meine
Wirtschaft Trautzschen eine für Saatgut unbedingt einwandfreie und
unter allen Umständen gefahrlose Trocken-Einrichtung zu schaffen.
Herr F. Neuhaus. Eberswalde, welcher die Reinigungs- An-
lagen in unseren verschiedenen Wirtschaftsbetrieben zur voUen Zu-
friedenheit einrichtete, konnte meinen Wunsch durch das Angebot
eines Tonplatten-Trockners unterstützen. Trotzdem überhaupt kein
Apparat dieses Systems in der Praxis arbeitete, entschloss ich mich
auf Grund der Zeichnungen und Vorlagen und meiner Erfahrungen im
Kleine Mitteilungen. 61
Trockenwesen zu diesem System, das seit nunmehr 3 Trockenperioden
zur vollen Zufriedenheit hier arbeitet.
Der Tonplatten-Trockner besteht aus einem ungefähr 7 m hohen
Gerüst aus Eisenschienen, die in quadratischer Anordnung in einer
Entfernung von 1,20 m die Eckpfeiler bilden. Von einer Schiene zur
anderen werden rechtwinl<;elig zueinander stehend die Seitenwände ge-
bildet, und zwar durch jalousieartig übereinander stehende Tonplatten.
Ihre Anordnung ist so gewählt, dass 2 Reihen in einem Winkel von
45 ° parallel in einer Entfernung von ungefähr 15 cm voneinander die
4 zickzackartigen Seitenwände bilden. Dadurch ist der Apparat nach
aussen geschlossen und innen hohl.
Die Tonplatten selbst bestehen aus einer besonderen Mischung
und sind nach einem erprobten Verfahren porös gebrannt, so dass die
der Tonplatte innewohnende Eigenschaft, die Feuchtigkeit leicht auf-
zunehmen und leicht abzugeben, in günstigster Weise gewahrt wird.
Die Trocknung geschieht mit Hilfe indirekter Wärme, welche in einem
Calorifer erzeugt wird. •
Die in einem Koksofen erzeugten Feuergase heizen ein System
von Rippenrohren, welche die Wärme in eine Heizkammer ausströmen.
Ein Ventilator saugt die warme Luft an und befördert sie in das Innere
des Trockenapparates, wo der warme Luftstrom durch mehrere in Ab-
ständen angebrachte Blechhauben unterbrochen und aufgehalten wird.
Durch ein Schieber-System kann der Heizkammer mehr oder weniger
Frischluft zugeführt werden, wodurch die Höhe der Temperatur nach
Wunsch zu regeln ist.
Die Arbeitsweise des Tonplatten-Trockners gestaltet sich
folgendermassen:
Durch ein Becherwerk wird das nasse Gut auf einen Verteiler
geführt, von dem ein gleichmässiger Ablauf nach den 4 Seitenwänden
stattfindet. Sind diese vollständig angefüllt, beginnt die Arbeit durch
Zuführung des Luftstromes. Nach Verlauf von einer halben bis einer
Stunde ist der erforderliche Trockengrad je nach dem Feuchtigkeits-
gehalt erreicht, so dass die Abnahme des trockenen Gutes durch die am
unteren Ende jeder Seitenwand befindliche Speisewalze beginnen kann.
Die Speisung dieser Walzen wird durch Schieber schwächer oder
stärker eingestellt, je nachdem der höhere oder niedrigere Feuchtig-
keitsgehalt des Samens längere oder kürzere Trocknungszeit erfordert.
Eine weitere Regelung der Trocknungsdauer ist durch ein Stufen-
scheibenpaar vorgesehen, vermittelst dessen die Speisewalzen in 3 ver-
schiedenen Geschwindigkeiten angetrieben werden können.
Ursprünglich wurde mit Saugluft gearbeitet in der Art, dass die
warme Luft durch einen Ventilator eingezogen und die feuchte Luft
mit dem Brüden an 3 verschiedenen Stellen in verschiedener Höhe des
Q2 Kleine Mitteilungen.
Apparates abgesogeii wurde. Diese Troeknungsart machte einen voll-
kommen luftdichten Verschluss des ganzen Apparates erforderUch. Im
Verlaufe der Arbeit musste diese Art der Trocknung in zweierlei Hin-
sicht als nachteihg festgestellt werden, einmal, weil sie jede Be-
obachtung des Trocknungsvorganges im Innern des Apparates aus-
schloss, und dann, weil besonders leichtere Samenarten, wie Rüben-
samen, durch den starken Luftstrom in der selbsttätigen, gleichmässigen
Vorwärtsbewegung unterbrochen und aufgehalten wurden. Die ein-
wandfreie Arbeitsweise eines Saatgut-Trockenapparates forderte die
Beseitigung dieses Übelstandes, was auf meinen Vorschlag dadurch
erfolgreich geschehen konnte, dass die äusseren Schutzwände ab-
genommen wurden und wir an Stelle des Saugluft-Verfahrens das
Druckluft-Verfahren anwendeten. Seit jener Zeit arbeitet der Apparat
vollständig offen und ohne jeden Verschluss, weil die durch gleich-
mässigen Druck eingeführte Luft nicht auf anderem Wege aus dem
Apparat entweichen kann, als durch die in den 4 Seitenwänden stehende
Samensäule. Störungen sind bisher nicht vorgekommen, ebensowenig
nachteilige Einwirkungen auf die Keimfähigkeit des vorher geheizten
und stark angefeuchteten Saatgutes. Auch hohe Temperaturen, die
probeweise das Saatgut auf eine Getreide-Temperatur von 52 — 55 ° er-
hitzten, haben in keiner Weise eine Schädigung der Keimfähigkeit und
Keimenergie zur Folge gehabt. — Der Probeapparat sollte nach den
Vereinbarungen mit Herrn Neuhaus 5 dz Trockengut bei einem
Wasserentzug von 3 % (von 19 auf 16 ^) leisten. Die Leistung hat sich
jedoch bei dem jetzigen Verfahren auf die doppelte Menge steigern
lassen.
Ich darf sagen, dass der Tonplatten-Trockner nach meinen Er-
fahrungen ein besonders zuverlässiger Apparat für die gefahrlose Her-
richtung hochwertigen Saatgutes ist.
Ungarische Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft.
Im Interesse der Hebung der ungarischen Pflanzenzüchtung ist
eine Aktiengesellschaft mit 1 Million Kronen Grundkapital gegründet
worden. Vorsitzender: Graf Leopold Berchtold, w. Geheimer Rat.
Minister des Äusseren a. D.; zweiter Vorsitzender: Johann v. S erb an,
kgl. ung. Ministerialrat a. D. Mitglieder des Direktionsausschusses:
Heinrich Elek, Gutsbesitzer; Emil Grabner, Direktor der kgl. ung.
Pflanzenzuchtanstalt; Baron Paul Inkey, Gutsbesitzer; Paul
V. Jeszenszky, Generaldirektor der Genossenschaft ungarischer
Landwirte; Karl Leder er. Gutsbesitzer; Alfred Mauthner, Guts-
besitzer; Baron Geza Pap, Gutsbesitzer; Dr. Andor v. Reusz, Guts-
besitzer, Ministerial-Sektionsrat ; Zoltan v. Szilassy, Direktor des
ungarischen Landesagrikulturvereines; Edmund Schweiger, Direktor
Kleine Mitteilungen. (33
der Pester ungarischen Handelsbank. Generaldirektor der Aktien-
gesellschaft ist: Domänendirektor Elemer v. Szekäcs, dessen Weizen-
zuchtsorten allgemein bekannt und in weiten Kreisen der ungarischen
Landwirte anerkannt sind. Die Gesellschaft stellte sich die Aufgabe
der intensiven Züchtung der wichtigsten Kulturpflanzen und der Ver-
breitung der Zuchtsorten behufs Steigerung der Ernteerträge der ein-
heimischen Landwirtschaft.
Genossenschaft zur Züchtung des Prof. Heinrich-Roggen.
Genannte Genossenschaft, deren Sitz Rostock war, ist in Liqui-
dation getreten. Der ursprüngliche Prof. Heinrich-Roggen wurde be-
reits seit einer Reihe von Jahren durch den Zuchtleiter der Genossen-
schaft, Herrn W. Brandt, Saatgutzüchter in Mönchshagen (Mecklen-
burg), einer Umzüchtung unterzogen. Nunmehr ist die Zucht von dem
Genannten käuflich erworben worden und wird von ihm für eigene
Rechnung weitergeführt.
Persönliche.
Durch eine Mitteilung in einer der letzten Novembernummern
von ,, Botanisches Zentralblatt" erfuhr man, dass Philippe Leveque
de Vilmorin bereits am 30. Juni 1917 starb. Es wurde nun weitere
Nachricht bei befreundeter Seite eingeholt. Danach war Ph. de Vilmorin
in London an einer Lungenentzündung erkrankt und dachte in Südfrank-
reich Genesung zu erlangen. Er erholte sich auch ganz wesentlich und
konnte noch nach Verriere zurückkehren. Leider war der letzte Auf-
enthalt an der Stätte seines Wirkens nur ein sehr kurzer. Als Chef
des Samenhauses Vilmorin Andreux et Comp, und — mit seinem Onkel
Maurice de Vilmorin, männlichem Vertreter der Familie de Vil-
morin — war er überall, wo man sich für Pflanzen und Samen inter-
essierte, wohlbekannt. Der Ruf der Firma und der Familie ist durch
einige Generationen von de Vilmorins gegründet und so gefestigt
worden, dass der Verstorbene es nicht nötig hatte, denselben durch
eigene Tätigkeit zu erhöhen. Auch die Beziehungen der Vilmorins zur
botanischen Wissenschaft waren schon durch seine Vorfahren viele
Jahre vor seiner Geburt hergestellt worden; Botaniker aller Länder
kannten den Namen de Vilmorin und die reichen Schätze, welche die
Gärten zu Reuilly, später, seit 1815, zu Verrieres für ihre Studien boten.
Den Pflanzenzüchtern war der Name nicht nur durch verschiedene
eingeführte Pflanzenformen wohlbekannt, sondern ganz besonders
durch einen der Vorfahren, L. Leveque de Vilmorin, der zuerst
die heute allgemein anerkannte Notwendigkeit einer gesonderten Be-
urteilung der Nachkommenschaften einzelner Auslesepflanzen erkannt
64
Kleine Mitteihmgen.
und betont hat. Aber auch jene Betätigung, welche die jetzige Gene-
ration bei dem Hause Vihnorin auch hoch einschätzt, die Förderung
der Forschung dadurch, dass das Haus seine Gärten, seine Sammlungen,
seine Beamten dem Forscher durchweg, auch jenem aus anderem Land,
zur Verfügung stellt, wurde bereits von den Vorfahren geübt.
Ph. de Vilmorin hat sich aber nicht mit dem ererbten Ruhm
begnügt, er hat reichlich das Seine dazu getan, den Ruhm des Hauses
zu mehren; obwohl ihm wenig Zeit dazu gelassen worden war, musste
Fig. 1.
er doch mit 45 Jahren schon von uns scheiden. Mehr als je wurde unter
ihm das Haus nicht nur eine berühmte Samenfirma, sondern auch ein
wissenschaftliches Institut. Er war es, der 1906 eine Übersicht der
botanischen, gärtnerischen und landwirtschaftlichen Schätze der
Gärten zu Verrieres le buisson veröffentlichte, einen statthchen, reich
illustrierten Band von über 300 Seiten, der wichtige Daten über die Ein-
führung einzelner Pflanzenformen durch das Haus brachte und von
Flahault einbegleitet ist. Er war es, der zu Verrieres ein gärtne-
risch-landwirtschaftliches Museum ausgestaltete und daselbst ein
pflanzen-physiologisches Laboratorium gründete. Eine Reihe von
Kleine Mitteilungen.
65
Bastardierungen landwirtschaftlicher Pflanzen wurden unter ihm aus-
geführt, und die Ergebnisse mehrerer derselben, so besonders der
Fig. 2.
Weizen- und Erbsenbastardierungen, sind auch ausserhalb Frankreich
bekannt geworden. Über die eigenen wissenschaftlichen Arbeiten
Flg. 3.
geben die Berichte über die Kongresse für Vererbungswissenschaft und
die Referate in unserer Zeitschrift weiteren Aufschluss. Der Be-
tätigung bei sachhchen Gesellschaften wurde viel Zeit und Arbeitskraft
gewidmet. So war Ph. de Vilmorin Vizepräses der Societe nationale
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VI. 5
QQ Kleine Mitteilungen.
d'horticulture des France, Schatzmeister der Societe internationale des
Botanistes, Mitglied der Societe nationale d'agriculture und im Jahre
1913 Schriftführer — mn nicht zu sagen Träger — der 4. internationalen
Conference de genetique, der letzten Veranstaltung, welche die Forscher
auf dem Gebiete der Vererbungslehre, der Pflanzen- und Tierzüchtung
zusammenbrachte. Er war dazu berechtigt, auf diesem Kongress als
Wahlspruch seiner Familie in Anspruch zu nehmen: „Faire toujours
comme on peut et pour le mieux."
Die Ideen, welche die Massen beherrschen, wechseln leicht, es
wird aber hoffentlich auch heute noch als Lob gelten, wenn von dem
Verstorbenen gesagt wird, dass er ein Aristokrat in des Wortes bester
Bedeutung war. Diesen Eindruck wird wohl jeder, der in Verrieres
weilte — und das Gedenkbuch daselbst birgt viele Namen besten
Klanges — Jeder, der auf den verschiedenen Kongressen mit Ph. de
Vilmorin zusammenkam, jeder endlich, der im Hause Vilmorins zu
Paris Aufnahme fand, empfangen haben. Es wird kaum ein Land der
Welt geben, in dem nicht viele das Bedauern über sein Hinscheiden
teilen. C. Fr.
Dr. Richard Freiherr von Baratta, der Besitzer der mährisehen
Saatbauwirtschaft Budischau wurde die Würde eines geheimen Rates
verliehen.
Dr. M. J. S i r k s hat die Zuchtleitung bei der Samenfirma Zwaan
en de Wiljes in Bunnik aufgegeben und ist gegenwärtig an der
Pflanzenzuchtanstalt „Instituut voor veredeling van landbouwgewassen"
an der landwirtschaftlichen Hochschule Wageningen als Botaniker
tätig.
W. Hansen ist für Eckendorf bei Bielefeld als Saatzuchtleiter
engagiert. Er hat von 1906 ab in Bonn Landwirtschaft studiert, war
ab 1911 an der Zuckerfabrik Klein-Wanzleben, 1913 bei Fr. Strube-
Schlanstedt Assistent von Dr. Oetken und ab 1916 in Mahndorf tätig.
Sein Dienstverhältnis zu Mahndorf bleibt ferner bestehen. Ständiger
Wohnsitz ist Eckendorf.
E. Obermayer, der bisher an der Kgl. ungarischen Pflanzen-
zuchtanstalt in Magyarovär (Direktor E. Grabner) tätig war, ist
nach Budapest an die Kgl. ungarische chemische Anstalt und chemische
Zentralversuchsstation übersetzt worden und wurde gleichzeitig mit der
Organisierung der Paprika-Versuchsanstalt in Kalocsa betraut. An
dieser soll die Züchtung der Paprikapflanze in Angriff genommen
werden und die Anstalt soll sich weiter auch mit der Verbesserung der
Kultur des Paprikas, technischen Fragen der Paprikaaufarbeitung und
mit Untersuchung des fertigen Produktes befassen. Der Genannte, der
vorwiegend auf chemischem Gebiete gearbeitet hat, ist während seiner
Kleine Mitteilungen. 67
Tätigkeit in Magyarovär der Pflanzenzüc.htung nahe getreten und hat
sich besonders eingehend mit dem Studium der Befruchtungsverhältnisse
landwirtschaftlicher Pflanzen befasst.
Der Zuchtleiter der Graf Pejacsevich'schen Herrschaft Ruma,
Rudolf Fleisch mann, verlässt diese Stellung Ende Juni dieses
Jahres und übernimmt am 1. Juli das Amt eines Zuchtinspektors bei
der kürzlich gegründeten Saatgutzucht- und Saatgutverwertungs-
Aktien-Gesellschaft. Sein Amtssitz wird Dabrö sein, seine Adresse:
Debrö, Post Kai, Komitat Heves. Fleischmann hat sich bisher be-
sonders eingehend mit Mais- und Weizenzüchtung beschäftigt und auch
einschlägige wissenschaftliche Arbeiten geliefert.
Der ordentliche Lehrer für landwirtschaftlichen Pflanzenbau an
der steyrischen Landes-Ackerbauschule in Grottenhof Franz W i t z a n y
hat die Leitung der daselbst vom Landes-Ausschuss geschaffenen
Pflanzenzuchtanstalt übernommen. Er hat sich durch nahezu ein-
jährige Tätigkeit an der Versuchsanstalt für Pflanzenzüchtung
Tetschen-Liebwerd, unter der Leitung von Prof. E. F r e u d 1 , mit den
einsclilägigen Arbeiten weiter vertraut gemacht.
S. M. der König Ludwig IIL hat anlässlich seines Geburtstages
am 7. Januar 1918 folgende bayerische Pflanzenzüchter ausgezeichnet-
Mit dem Titel eines „Kgl. Ökonomierates" den Vorstand der
Stif tlandsverkaufsgenossenschaft Silvan Tretter in Schwarzenbach
(Züchter von Stiftlandshafer für die Genossenschaft); den Vorstand
des Darlehenskassenvereins Neudrossenfeld und Züchter von dessen
Gerste Heinrich K o 1 b ; den Kgl. Landwirtschaftslehrer Bernhard
K r a u s s in Triesdorf (Zuchtleiter der dortigen und früher der Schön-
brunner Zuchtstelle). Ferner mit dem „Verdienstkreuz des Ordens vom
hl. Michael mit der Krone" den Roggenzüchter ökonomierat und Land-
tagsabgeordneten Wolfgang Bauernfeind in Naabdemenreuth ; mit
der ,, Ludwigsverdienstmedaille in Silber, Abteilung Industrie, Ge-
werbe, Landwirtschaft und Handel" den- Vorstand der Kgl. Saatzucht-
anstalt Weihenstephan Prof. Dr. L. K i e s s 1 i n g.
L. K.
Das nächste Heft erscheint im Juni 1918.
Dnick von Fr. StoUberg, Merseburg.
Trieure
Unkrautsamen-
' Ausleser,
Mischfrucht - Scheider,
Getreide-Sortierer,
Lagerhaus-Einrichtungen
Reinigungs-Anlagen
für Saatzuchtanstalten.
Kalker Trieurfabrik und Fabrik gelochter Bleche
IUayer $ €k. in Köln»Ralfc
Zweigfabriken in
Dresden-Neustadt und Augsburg-Pfersee.
Inhalt.
I. Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze. Seite
Fleisch mann, Rudolf: Die Auswahl bei der Maiszüchtune:. (Mit 4 Text-
abbildung-en) 69
III. Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
1. Referate 97
2. Bücherbesprechunjj;:eu 107
V. Kleine Mitteilungen.
Wissenschaftliche :
Zahlenraässifife Bestimmung der Kornschünheit bei Braugerste. (Mit 2 Text-
abl)ildungen) 109
Andere Sachliche:
Polnische Getreide- und Kartoffelzuchtgesellschaft 116
Persönliche 117
Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für Pflanzenzüchtung erscheint
in zwanglosen Heften, die zu Bänden mit einem Gesamtumfang von etwa
20 — 25 Druckbogen zu 16 Seiten vereinigt werden. Die Hefte sind auch einzeln
käuflich, ihre Preise sind entsprechend ihrem schwankenden Umfang verschieden
und sind im Abonnement niedriger als bei Einzelbezug. Der Gesamtpreis eines
Bandes beträgt, je nach seinem Umfange, im Abonnement etwa 20 — 24 M.
Das Abonnement verpflichtet für einen Band. Einbanddecken werden bei Er-
scheinen der Schlusshefte eines Bandes billigst zur Verfügung gestellt.
Abonnements nimmt jede Sortimentsbuchhandlung entgegen sowie die
Verlagsbuchhandlung Paul Parej»^, Berlin SW. 11, Hedemannstrasse 10 u. 11.
An letztere sind auch alle Zuschriften in Anzeigenangelegenheiten zu
richten. Preise der Anzeigen: ganze Seite M. 50, halbe Seite M. 30, viertel
Seite M. 16. Für alle das grosse Gebiet der Pflanzenzüchtung angehende
Anzeigen dürfte die „Zeitschrift" das geeignetste Organ sein.
Honorar für den Bogen Text: 48 M., Tabellen 24 M. Von jedem Original-
beitrag können 25 Sonderabdrücke geliefert werden, wenn dies bei Einsendung
des Manuskriptes verlangt wird.
Redaktionelle Zuschriften: Prof. Dr. C. Fruwirth, Waldhof b. Amstetten
(N.-Österr.).
Sonstige Zuschriften (Bezug u. Anzeigen): Paul Parey, Berlin SW. 11,
Hedemannstrasse 10 u. 11.
Band VI, Heft 2. Juni 1918.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung.
1.
Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze.
Die Auslese bei der Maiszüchtung.
Von
Rudolf Fleischmann,
Zuchtinspektor der SaatgutzücMungs- und -VerwertuDgs-A.-G. Zuchtstation Kompolt,
Post Käl (Ungarn).
(Mit 4 Textabbildungen,)
In den vorliegenden Ausführungen sollen einige der für den
praktischen Züchter wichtigeren Fragen, welche mit der Auswahl
in der Maiszüchtung zusammenhängen, behandelt werden. Hierbei
möchte ich betonen, dass sich die hier angeführten Feststellungen auf
das Zuchtmaterial von gelbem Pferdezahnmais stützen, welches ich
auf meinem früheren Tätigkeitsorte, in der Zuchtwirtschaft der Domäne
Ruma, von 1909 bis 1918 zu bearbeiten Gelegenheit hatte. Der
Pferdezahnmais wird in den hierfür wirklich geeigneten Gebieten
Ungarns und Slavoniens in hervorragendem Maße gebaut, weil er die
ganz frühen, sowie die feinkörnigen Hartmaisvarietäten dort im Ertrag
übertrifft.
Als Hauptzuchtziel der Rumaer Maiszüchtung ist anzugeben:
Steigerung des Kornertrages auf der Fläche, neben
Erhaltung guter Qualität. ■ — Eine SpezialZüchtung, etwa auf
Stärke oder Fettgehalt ist in Ungarn meines Wissens noch nicht ver-
sucht worden. Es wäre aber jedenfalls zu überlegen, ob ein solches
Erzeugnis, wenn es dem Markt zur Kenntnis gebracht würde, nicht den
gebührenden Anwert von selten der betreffenden Verbraucher fände.
Erst durch eine solche SpezialZüchtung Hessen sich letzte Möglich-
keiten aus der Maispflanze herausholen und zugleich würde dies eine
Befruchtung der darauf angewiesenen Industrie bedeuten. Allerdings
ergäbe dies dann für den praktischen Züchter eine gewisse Ver-
schiebung und ein Neuhinzutreten der Auslesegesichtspunkte.
Hier ist nur der obenerwähnte Punkt: Steigerung des Korn-
ertrages in Betracht gezogen. Dabei spielen natürlich alle damit mehr
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VI. 6
7Q Fleischmann:
oder weniger im Zusammenliang stellenden Begleitraomente ihre ent-
ßprechende Rolle.
hn Verlaufe der Züchtung, sei es nun zu Beginn bei der Ge-
winnung von Zuchtpflanzen aus den ungezüchteten Feldbeständen oder
im weiteren Verlaufe der Arbeit, bei der Auswahl von Individuen und
Nachkommenschaften zur Fortsetzung und weiteren Verzweigung des
Stammbaumes, gilt es, gewisse Auslese-Eigenschaften festzustellen,
in ihren Zusammenhängen kritisch zu bewerten und, im weiteren Ver-
folgen des Verhaltens der Nachkommenschaften, deren Vererblichkeit
zu beobachten.
Die Ausleseeigenschaften bei Mais können, wie bei jeder
andern Pflanze auch, in eine gewisse Gruppenordnung gebracht werden.
Zu den wichtigeren Ausleseeigenschaften gehören in erster Reihe jene,
welche sich mit der vorgesteckten Zuchtrichtung ganz oder nahezu
decken, also in diesem Fall Kornleistung nach einer be-
stimmten Einheit (Fläche, Pflanze). Zunächst interessieren
dann eine Gruppe von Eigenschaften, welche an der Frucht zu be-
obachten sind : Kolbenlänge, -Gewicht, -Form, Zeilen-
zahl, Spindelgewicht und sein Verhältnis zum Kolben -
gewicht, Spindelfarbe, Korngewicht (absolutes Gewicht).
Zur Gruppe von Eigenschaften, welche bei Beobachtung der Wüchsig-
keit auffallen, gehören: Entwicklungsgeschwindigkeit (be-
sonders in der .Jugend). Pflanzenhöhe, grössere oder ge-
ringere Üppigkeit der Blätter, Anzahl der Seiten-
triebe (Geizen). In mehr oder minder inniger Beziehung zur R eif e-
z e i t stehen Zeitpunkt der Blüte, Höhe des Kolben-
ansatzes. Zur Gruppe Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten ge-
hört in unserm Falle: Grad der Anfälligkeit gegen Mais-
brand. Eine weitere Eigenschaft von Bedeutung ist die Unfrucht-
barkeit, besser ausgedrückt die Häufigkeit des Vorkommens
kolbenloser Stengel. Ob die Stellung des Kolbens aufrecht oder
nickend ist. ist meiner Erfahrung nach züchterisch wenig bedeutsam,
allerdings ist der nickende Kolben vom Standpunkt des praktischen
Maisbauers insofern günstiger, als bei späterer *Ernte die Körner unter
dem Einfluss des Regens weniger leiden.
Es ist selbstverständlich, dass bei der Feststellung der meisten
erwäliiiten Eigenschaften eine grosse Bedeutung in dem Erfassen des
richtigen Zeitpunktes, zu welchem die betreffende Feststellung erfolgen
soll, liegt. Dafür sind weder Schablonen, noch Regeln aufstellbar; der
richtige Zeitpunkt zu jeder Beobachtung wird von einem in die Lebens-
vorgänge der Pflanze eingeweihten Beobachter mit richtigem Gefühl
erfasst werden. Dies gilt hauptsächlich bei Feststellungen während
der Vegetationszeit. '
Die Auslese bei der Maiszüchtung. 71
Beginnend bei der Feststellung von Eigenschaften an Zucht-
pflanzen möchte ich betonen, dass hier die allzusehr ins Detail
gehende Arbeit, wozu man sich besonders bei Beginn der Züchtung
leicht verleiten lässt, eine Kraft- und Zeitverschwendung darstellt.
Das Hauptgewicht ist vielmehr vor allem auf das Ausfindigmachen
eines geeigneten aussichtsreichen Ausgangsmaterials
zu legen und dann wieder auf die wirklich sachgemässe Aus-
lese der Eiterpflanzen auf dem Felde. Dort bringt der richtige
Blick und rasch kritisierende Beobachtung mehr Nutzen als zahlen-
wimmelnde Zuchtregister auf Grund eines vielleicht minder richtig aus-
gewählten Materials es vermögen. Die auszuwählenden Pflanzen sollen
nicht nur in einem möglichst komplett bestandenen Felde
stehen, sondern es sollen auch in ihrer unmittelbaren Umgebung keine
Fehlstellen vorkommen. Bei der Grösse der Maisfrucht ist es ver-
ständlich, dass die Wirkung von einem Plus an Boden und Licht, ab-
solut genommen, ganz bedeutend sein muss, was auch die Erfahrung
bestätigt.
Hier also muss schon nach Mögliclikeit vermieden werden, Er-
gebnisse der Modifikabilität für solche genotypischer
Veranlagung zu halten. Bei der Natur des Maises als Fremd-
befruchter haben wir uns die aus Populationen ausgelesenen Pflanzen
als Ergebnisse von Linienmischungen vorzustellen. Ein
Grund mehr, in der Wertschätzung des Kornertrages solcherart ge-
wonnener Pflanzen sehr vorsichtig zu sein. In den folgenden Ab-
sclmitten sollen nun die einzelnen Auslesegesichtspunkte des näheren
besprochen werden.
I. Die Kornleistung.
In Tabelle I sind 50 Elterpflanzen, aus einer Maispopulation aus-
gelesen, nach ihren Kornerträgen geordnet ; daneben finden wir die jeder
Elterpflanze entsprechenden ersten Nachkommenschaften:
(Siehe Tabelle I S. 72 )
Es liessen sich noch zahlreiche solche Tabellen zusammenstellen,
das Bild ist aber immer ein ähnliches : Keine scharf ausge-
prägte (für den Praktiker in Betracht kommende) Wirkung der
Auslese aus Populationen in Richtung Kornertrag.
Wir fassen wohl vielleicht einige gute Variationen unter den ge-
wichtigsten Kolben, aber in der Mehrzahl der Fälle verschleiert die
Modifikabilität die Variabilität, wie denn überhaupt die Wirkung beider
bei einem Fremdbefruchter nicht zu trennen ist.
Es lag nun nahe, zu prüfen, wie sich diese Verhältnisse innerhalb
eines Zweiges der I. A.^), einer bereits vorgeschrittenen Stammbaum-
züchtung gestalten, ob also in dem weiteren Verlauf einer Ver-
Hier und folgend bedeutet I. A. = Individualauslese.
6
*
72
Fleischmann:
Tabelle I.
Kornertrag
Gruppenmittel
der Elter-
der N. ^) im
des Körner-
des Kom-
pflanze
Mittel g
ertrages der
ertrages der
er
pro Pflanze
Eiterpflanzen
N.
316
146,7
^
320
112,0
325
94,4
320,3
117,7
301
149,5
300
140.0
308
131.9
305
127,1
305
126,4
«
300
128,5
300
116,7
301
116,2
305
114,6
305
109.5
302
104,7
\
302
103,3
305
101,4
Das Mittel der Eltern
305
86,0
303,1
118,2
der Gruppen 300—325
295
295
121,5
113.7
verhält sich zu dem
der Eltern der Gruppen
298
293
290
106,2
103,0
96,6
250—269 = 100 : 85.
Die Mittel der damit
korrespondierenden F^-
294
96^1
Gruppen = 100 : 97,4.
297
88,1
294,6
103,6
281
124,2
283
120,0
285
119,9
285
110,8
285
102.0
283
97,8
283,7
112,3
272
134,7
275
122,8
277
115.3
275
109,6
270
102,6
270
90,6
273,2
112,6
267
135,6
266
131,6
265
120,9
266
115,5
268
112,5
269
102,4
265
94,9
266.6
116,1
257
140,9
256
124,0
257
113,2
250.
111,5
257
109,6
253
104,6
250
93,9
254,3
114,0
Sa.:
14 254 öi;;)ö,ö
D.:
285,1
i 113,9
') N. bedeutet hier und im folgenden „Nachkommenschaften".
Die Auslese bei der Maiszüchtung. 73
edliingszüchtung durch Auslese kornreichster Pflan-
zen Inder gewünschten Richtung ein greifbarer Er-
folg erzielt werden könne.
Zu diesem Behufe wurden aus einem solchen Zweig der I. A.
(Stamm 148, Linienzweig 217 der Ernte 1916) je 15 der kornreichsten
und 15 der kornärmsten Pflanzen ausgelesen. Ihr Anbau erfolgte nach-
kommenschaftsweise in Gruppen nach je 5 — 5 der besten und schlechte-
sten Eltern, alternierend. Das Versuchsresultat ist in Tab. II dar-
gestellt.
Entsprechend der grösseren Spannung im Ertragswerte der extrem
ausgelesenen Eltern ist auch die Wirkung bei den N. hier deutUcher zu
spüren, als wie in Tab. I: dort betrug der mittlere Ertragswert der
17 besten Eltern (+ P) im Verhältnis zu den 14 schlechtesten ( — P)
= 100 : 85, der korrespondierenden
+ N. : — N. = 100 : 97,4.
hier aber innerhalb des Zweiges der I. A.:
+ P : — P = 100 : 55,4, ebenso der korrespondierenden
+ N. : —N. = 100 : 93,7.
Diese schärfere Auslese (nach beiden Richtungen) im 2. Fall hat
scheinbar eine stärkere Wirkung gehabt. Es ist aber dabei auch die
persönliche Wirkung des Saatgutes der schweren und
leichtenKolben in Rechnung zu stellen, so dass der rein geno-
typische Unterschied zwischen den + N. und — N. eigenthch
noch geringer wird.
(Siehe Tabelle II S. 74.)
Wenn die beiden Tabellen auf die Wirkung der Auslese ertrag-
reicher Pflanzen hin durchgeprüft werden, so muss anerkannt werden,
dass diese Wirkung nicht befriedigend ist, den praktischen Forderungen,
welche der Züchter an den Wert seiner Erzeugnisse stellen muss, jeden-
falls nicht entspricht. Mit anderen Worten : Die einfache Aus-
wahl ertragreicher Pflanzen, sowohl aus Feldbeständen, wie
aus Linien der Züchtung, bietet für sich allein noch keine
Gewähr für einen bedeutenden Fortschritt in der
Richtung des Kornertrages der Nachkommenschaften.
Die Kritik über das Auslesemerkmal „Kornertrag" muss daher
von einer breiteren Basis aus gewonnen werden. Eine solche
breitere und nach meinen Erfahrungen bewährte Basis bietet die fort-
gesetzte Naclikommenschaftsbeurteilung mit systematischer Auswahl
der je besten Nachkommenschaften jedes Jahres innerhalb jedes Zucht-
stammes.
Es dürfte hier eine kurze Einschaltung am. Platze sein, um zu
zeigen, in welcher Weise Leistungsprüfung und Auslese der Nach-
kommenschaften auf quantitative Eigenschaften durchgeführt wird.
74
Fleißchmanu:
Tal.ell
e II.
Kornertrag der
Mittlerer Kornertrag der
Nr.
Eltern
I. Nachkommenschaften
I 11
1 II
1
260
155
2
240
157
3
250
143
4
260
139
7
220
170
13
150
156
17
160
150
19
140
147
20
130
150
21
110
146
22
240
141
23
250
147
24
230
166
25
230
142
27
220
155
36
150
•
124
39
130
140
45
140
161
46
100
121
47
130
150
49
250
148
50
230
133
51
240
166
54
210
135
60
210
162
Gruppe I = Kornreichste P
65
130
129
„ II = Kbrnärmste P
68
130
134
71
130
129
76
130
142
77
100
137
Mittel :
236
130,7
150,6
141,1
1. Organisation der Prüfungsversuche der N. im Rahmen der Züchtung.
a) Bei Beginn der Züchtung: Nach dem Verfahren von
Williams, Teilung der Kornmasse ausgelesener Pflanzen (Kolben)
in 2 Hälften. Die eine Hälfte im ersten Jahr zum Anbau im Vor-
prüfungsversuch. Im nächsten Jahr die andere Körnerhälfte von den
im Vorprüfungsversuch bestbewährten Nachkommenschaften im eigent-
lichen Zuchtgarten angebaut.
b) Dann bei weiterer Entwicklung der Stamm -
baumzüchtung: Ebensolche Teilung in 2 Körnerhälften, die
2. Hälften, Reste genannt, kommen aber gleichsam als Kontrollorgane
neben die zugehörigen Gruppen von Kindern der anderen Körnerhälften,
Die Auelese bei der Maiezüchtung.
75
hausbacken gesprochen, der Grossvater hat sich unmittelbar neben
seinen Kindes-Kindern einer Leistungskonkurrenz zu unterziehen.
Schematisch dargestellt erscheint der Vorgang so:
I.Ja/rr
Z.Jafyr
S.Jafyr
f/fer/ro/öe/7
/./förner/rä/fye
2./för/7er/Tä^/ef/fesO
ufw.
/?esf
Abb. 4. Pflanzenauswahl, Linientrennxiug ; zur Kontrolle daneben je 1 Nachkommenschaft aus
dem Kornreste von vor 2 Jahren.
Prinzip bei Anlage der Versuche ist, die einzelnen N. im Zucht-
garten nach ihrer Abstammung (stammweise) zu gruppieren. In einem
und demselben Zuchtgarten dürfen nicht stark voneinander abweichende
Zuchtrichtungen gehalten werden, sondern es muss in diesem Fall für
einen separaten Zuchtgarten Sorge getragen werden, in dessen Um-
gebung auch im grossen bloss Mais gleicher Zuchtrichtung gebaut
werden darf.
2. Durchftihninß: der Leistungsprüfungsversiiche.
Die Anzahl Pflanzen, welche von je einer Körnerhälfte erzielt
werden kann, schwankt je nach der Kornzahl des betreffenden Kolbens.
Im Verlaufe der Züchtung hat es sich als praktisch erwiesen, ca. ie
100 Pflanzen pro 1 Nachkommenschaft heranzuziehen. Pro Pflanz-
stelle rechne ich 2 — 3 Korn, die Reihenentfernung beträgt 70 cm, die
Pflanzenentfernung 40 cm. Der Anbau erfolgt nachkommenschafts-
weise in Reihen. Es wird jedoch nicht jede Nachkommenschaft in
einer Reihe, sondern nach dem hier skizzierten Schema (siehe Abb. 5)
in drei Reihen zu je 34 Pflanzstellen (pro Pflanzstelle bleibt: nach dem
Verziehen je 1 Pflanze) angebaut.
Von Kolben Nr. 1 sind also in den 3 Serien a — c drei Reihen vor-
handen, welche systematisch in dem Ganzen (Zuchtbeet) verteilt sind.
Ich pflege in ein solches Zuchtbeet je 30 N. zusammenzugeben.
Prinzipiell sind alle Massnahmen zu ergreifen, um einen kompletten
Pflanzenstand in den Zuchtbeeten zu erzielen. Alle wichtigeren Be-
obachtungen erfolgen in jeder N. nach den 3 Kontrollreihen je für sich.
Selbstverständlich werden diese Teilreihen auch getrennt geerntet und
aufbewahrt. Die Aufbewahrung erfolgt auf Lattengerüsten, welche in
^) F^ bedeutet erste Nachkommenschaften.
7g Fleischmann:
entsprechende Fächer eingeteilt sind. Gegen Mäusefrass schützt man
sich, durch Umkleiden der Füsse des Gestells auf mindestens 60 cm
Höhe mit Weissblech.
6b 7b 8b 9b 10b Ic 2c 3c 4c 5c 6c 7c 8c 9c 10c
Mittelweg — v
la 2a 3a 4a 5a 6a 7a 8a 9a 10a Ib 2b 3b 4b ob
Abb. 5. Anlage eines Maiszuchtbeetes.
3. Die kritische Prüfung der Leistungen
auf Grund der Beobachtung und Aufarbeitung der Versuche liefert
nun das Material für die Entscheidung bei der Auslese. Es
erfolgt nun:
a) ein Vergleich der Nachkommen der Kornreste mit den der engeren
Abstammung nach zugehörigen Nachkommenschaften bzw. dem
Mittel der zugehörigen Nachkommenschaftsgruppe.
b) Vergleich der Mittel der Nachkommensohaftsgruppen (nach ihrer
Abstammung von einzelnen Zweigen der I. A.) untereinander, inner-
halb je eines Stammes.
c) Aufsuchen der besten Nachkommenschaftsgruppen, innerhalb dieser
wieder der besten Nachkommenschaften, deren weitere Züchtung
und Vermehrung.
Wenn so die Gruppen von Nachkommenschaften nach Zweigen
der I. A. für jeden Stamm durchgearbeitet sind, kommt die Reihe zum
Vergleich an die ganzen Stämme als solche untereinander. Selbst-
verständlich kommt dazu als Stützpunkt bei der weiteren Beurteilung
noch das Verhalten der zweiten Vermehrungen, weiterhin
die Erfolge bei den einzelnen Stämmen im grossen Wirtschafts-
betriebe.
Auf der Grundlage einer solchen konsequent fortgesetzten Durch-
arbeitung gewinnen wir im Laufe der Jahre ein ziemlich wahrheits-
getreues Bild über den Wert der einzelnen Zuchtstämme. Das stets
gleichzeitige Einwirken der individuellen Variabilität und der Modi-
fikabilität auf die Pflanze ergibt ein starkes Durcheinanderfluten der
Verhältnisse. Konsequenz und streng sachliche Exaktheit in der Durch-*
führung der Züchtungsarbeiten können die Sache ziemlich klären. Ganz
Die Auslese bei der Maiszüchtung. 77
rein herausschälen in ihren Wirkungen können wir hier die Variabihtät
allerdings nicht. Die Erfahrungen der Praxis berechtigen aber zu der
Feststellung, dass die eben skizzierte Methode der Auslese von Erfolg
begleitet ist. Sie hat jedenfalls mehr Berechtigung als jene Selektions-
indices, welche auf Grund künstlich zusammengestellter Formen für
einzelne Kolben mühsam errechnet werden.
In dem folgenden Auszug aus dem Stammbaum Nr. 122 soll ein
Beispiel für die Art und Wirkung der nach erwähnter Methode vor-
genommenen Auslese gegeben werden.
(Siehe den Stammbaum S, 78.)
Der Übersichtlichkeit halber sind hier die Nummern der einzelnen
Zweige der I. A. ausgelassen und an ihre Stelle gleich die Kornertrags-
mittel gesetzt. Die Wirkung der Auslese nach besten Nachkommen-
schaften lässt sich fast überall deutlich verfolgen. Dies tritt auch in
den Gruppen-Mitteln (kursiv) hervor., Auch die Erträge nach den
Korn-Resten (R) gehen ziemlich gut parallel mit den Erträgen der zu-
gehörigen Nachkommen des Vorjahres aus der andern Körnerhälfte.
Um zu zeigen, wie die solcherart festgestellten Grade der Ertrags-
fähigkeit der 1. Nachkommenschaften auch bei den von diesen ab-
stammenden nächsten Generationen, welche bereits dem üblichen feld-
mässigen Anbau unterliegen, zum Ausdruck kommen, sind im folgenden
bei einigen Stammzuchten je die Erträge der extremen, ausgewählten
Zweige der I. A., von welchen weitere Absaat gewonnen wurde, und
darunter die Erträge von den zweiten N. zusammengestellt:
Kornerträge bei ersten und zweiten N.
Bei Stamm 122:
Nr.: 171 175 Ertrag-srerhältnis der 2 Varianten:
Kornertrag g pro Pflz. bei 1. N. 1916: 170 154 100 : 90
„ „ m« „ 2. N. 1917:525 438 100:83,4
Bei Stamm 127:
Nr.: 177 179
Komertrag g pro Pflz. bei l.N. 1916: 183 151 100:82,5
„ „ m^ „ 2. N. 1917:603 457 100:75,8
Bei Stamm 220:
Nr.: 224 219
Kornertrag g pro Pflz. bei 1. N. 1916: 177 162 100 : 91,5
„ „ m^ „ 2. N. 1917:482 440 100:91,3
Der Unterschied in der Auslesewirkung hier bei Nachkommen-
beurteilung gegen die oben angeführten Zahlen bei Auslese auf Grund
kornreichster Kolben ist deutlich. Es ist klar, dass durch solcher-
gestalt fortgesetzte Nachkommenprüfung und -Auslese ein Zucht-
ßtamm auf der Höhe seiner Ertragsfähigkeit gehalten bzw. verbessert
werden kann.
78
Fleischmann:
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3
Die Auslese bei der Maiszüchtung. 79
Das Ergebnis, zu dem der Züchter so durch Kritik der Ertrags-
fähigkeit im Rahmen genealogischer Betrachtung gelangt, bildet wohl
einen wichtigen, aber nicht den einzigen Beweggrund zur Entschliessung
bei der Auslese. Es sind noch die anderen Auslesem.omente, ihrem
Wert entsprechend, einzuordnen und zu berücksichtigen; erst dann liegt
eine verlässhche Grundlage vor, welche zur Aufstellung eines richtigen
Gesamtbildes berechtigt.
Von den besten Nachkommen der Stammbaumzuchten werden
jedes Jahr zweite Vermehrungen erzeugt, diese gelangen dann in den
Grossanbau der Wirtschaften, wo sie noch ein drittes- und viertesmal
vermehrt werden, dann aber abgelöst werden durch neuen Nachschub
aus der Zuchtstätte. Versuche haben die Berechtigung dieser Mass-
nahme erwiesen. Als Beispiel seien nachstehende Ergebnisse angeführt.
Dabei wurden 1916 neben Linienzweigen eines Stamm-
baumes auch neue Nachkommenschaften, abstammend von
Individualauslesen aus einer im 3. Jahre stehenden Ver-
mehrung desselben Stammes geprüft. Das Ergebnis spricht
entschieden zugunsten der Auslese auf Grund der Stammbaum-
züchtung.
Es entfielen auf Ertragsklassen von
90—100 101—110 111—120 121—130 131—140 141—150
151—160 161—170 171—180 181—190
Gramm pro Pflanze Anzahl N.: Gesamt-Mittel
A. 14 Linien aus der Stammbaumzüchtung g pro Pflz.
13 3 3 3 1 159,4
B. 22 Linien, neue Auslese
aus der dritten" Vermehrung
(desselben Stammes) 122234332- 138,9
Dazu ist noch zu bemerken, dass die Elterkolben der 14 Nach-
kommenschaften der Gruppe A im Mittel 244 g, jene der 22 Nach-
kommenschaften der Gruppe B im Mittel 254 g hatten.
Sehr wichtig bei der Auslese nach Ertrag ist auch die Rück-
sicht auf den jeweiligen Jahrgang. Dies wird auch durch
die Erscheinung der wechselnden Regression in den einzelnen
Jahren beleuchtet. In einem und demselben Zuchtgarten (IL) gebaute
Nachkommenschaften wiesen im Durchschnitt gegen ihre Eltern für
Ertrag eine Regression auf, wie folgt:
(Siehe tabellarische Zusammenstellung S. 80.)
In der Berichtsperiode war auch tatsächlich 1912 das beste, 1915
das schlechteste Maisjahr. In beiden Fällen wirkten also extreme A^er-
hältnisse modifizierend, erschwerten die Arbeit der Auslese ; solche Um-
welt-Verhältnisse drücken das Ertragsmass der Pflanze einmal hinauf,
gleichsam Mastformen erzeugend, ein andermal herab, gegen das Modi-
fikationsextrem der Hungerform zu. Beides wirkt ausleseerschwerend
80
Fleischmann:
und -beirrend. Solche Erscheinungen im Leben der Pflanze müssen in
richtiger Abschätzung in Rechnung gezogen werden.
Mittlere Regression in Prozent von N. gegen ihre Eltern bei Kornertrag
pro Pflanze.
Mittel der Repression
Im Jahre
Anzahl der N
1910
48
1911
36
1912
50
1913
46
1914
96
1915
84
1916
103
in
0
10
+ 3
+ 21,7
-48,3
-36.3
-41,8
-51,5
-38,0
II. Sonstige Ausleseeigenschaften an der Maisfrucht selbst.
Die Kolbenlänge. Um zu prüfen, ob Auslese längster
Kolben aus Populationen eine Wirkung hat, wurde von 50 N.
und deren Eltern die Kolbenlänge und der Ertrag pro Kolben bzw. (bei
den N.) pro Pflanze untersucht.
Auslese nach Kolbenlänge aus einer Population.
Anzahl
der In-
Eltern im Mittel
Mittel der N.
dividual-
Auslesen
Kolbenlänge
cm
Ertrag g
pro Kolben
Kolbenlänge
cm
Ertrag g
pro Pflanze
14
11
15
10
21,3
22,5
23,2
24,9
276,5
297,3
283.7
293,0
17.3
17,8
18,0
17,7
115,7
112,1
115,3
111,4
Hier könnte man vielleicht scheinbar von einer geringen Ver-
erbungsfähigkeit der Kolbenlänge an sich sprechen, dies ist jedoch eine
zufällige Folge der Gruppierung in Kolbenlängenklassen der Eltern.
In der Originaltabelle ist ersichtlich, dass keine regelmässige Ver-
erbung der Kolbenlänge stattfindet.
Als Auslesemoment im Hinblick auf Kornertrag in den N. ist
Kolbenlänge gleichfalls nicht benutzbar.
In Tabelle 3 ist das Verhalten von 17 Nachkommenschaften
(Geschwisterlinien aus St. 148, Jahr 1913) im Hinblick auf Wirkung
der Auslese von längsten Kolben innerhalb der Linie
dargestellt.
Die Auslese bei der Maiszüchtung.
81
Tabelle III.
Zahl
der in N.
untersuchten
Kolben
Kolbenlänge in cm
Kornertrag
g pro Pflz.
Nr.
des Zweiges
der I. A.
der Eltern
der N.
im Mittel
der Eltern
der N.
im Mittel
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'S
1
ö
'S
'S
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pH -kJ
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*pH
03
B s
Ü5
148—25
95
23,5
17,8
305
192,6
—13
86
22
17,7
290
172,7
—17
94
22
17,3
305
179,1
—16
94
21,5
17,6
265
171,4
—20
88
21
17
315
175,7
— 1
97
21
21,8
17,5
17,48
280
293,3
179,9
178,6
-26
84
21
17,4
276
164
— 2
91
20
17
245
148,6
—24
96
20
17,2
305
191,8
—10
72
19,5
17,2
260
150,9
—22
99
19,8
20,0
16,8
17,12
265
270,2
182,9
167,6
—18
93
19
17
250
178,3
—19
95
19
17
245
174,2
- 8
86
18,5
16,7
200
140,7
—15
87
18
15,9
260
159,9
—14
94
18
17,4
245
177,5
—12
96
17
18,2
17,4
16,90
250
241,7
185,6
169,4
Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass sich in einem gewissen
Grade bei Kolbenlänge als Auslesemoment innerhalb
einer Linie eine verhältnismässige Vererbung fest-
stellen lässt und auch der Ertrag damit in einem gewissen Maße zu-
sammenhängt, derart, dass wir sagen können: die Auslese der längsten
Kolben innerhalb einer Linie wirkt auf die Ertragsfähigkeit derselben
in günstigem Sinne.
Die Kolbenform wird in verschiedener Weise bestimmt. Ich
habe mir hierzu eine einfache Masskluppe verfertigt, bei welcher der
Kolben eigentlich zwischen 2 Lineale schiebeleerartig eingezwängt wird
und sich leicht mit einem Griff die Länge und der Grad der Verjüngung
(Spitzung) bestimmen lässt. ^) Die Spitzung wird bei vollkommener
Walzenform (Zylinder) natürlich = 0 sein, je grösser sie ist, desto
mehr ist der Kolben nach oben verjüngt. Bei dieser Eigenschaft
konnten keine regelmässigen Beziehungen zu anderen wichtigen Eigen-
schaften gefunden werden. Überhaupt ist eine Beurteilung und Dar-
stellung der Spitzung der Kolben bei Nachkommenschaften
') III. Idw. Ztg. 1910, Nr. 11. Die „Spitzung" drückt den Grad der Ver-
jüngung des Kolbens in m/m pro 10 cm Länge aus.
82
Fleischmann:
infolge der verschiedenen Zeilenzahl der einzelnen Kolben ungenau.
Man könnte sich nicht mit Stichproben begnügen, sondern müsste
gleichzeitig die Zeilenzahl berücksichtigen.
Es hatten bei einer Nachkommenschaft
22 Kolben, 12 zeilig, im Mittel eine Spitzung von 5,70
29 „ 14 „ „ „ „ „ „ 6,65
34 „ 16 „ „ „ „ „ „ 7,83
11 „ 18 „ „ „ „ „ 11 7,38
Wie ersichtlich, nähern sich Kolben mit weniger Zeilen
mehr der Walzenform und umgekehrt.
Ausserdem variiert auch die Kolbenlänge innerhalb einzelner
Linien nach der Zeilenzahl. Die geringerzeiligen Kolben
sind im allgemeinen etwas länger als die hö her-
zeiligen.
Das Merkmal Zeilenzahl (Anzalil der Kornreihen am Kolben)
ist durch Auswahl in bestimmter Richtung in viel höherem Grade be-
einflussbar als z. B. Kornertrag oder Kolbenlänge. Es gelingt leicht,
die Zeilenzahl durch Auslese höherzeihger Eltern zu heben, ebenso bei
Populationen, wie bei Zuchtstämmen. Einen effektiven Nutzen von
diesem Verhalten der Zeiligkeit könnten wir nur dann erzielen, wenn die
höhere Zeiligkeit im Zusammenhang mit höherem Kornertrag stände.
Das ist nun allerdings der Fall, wenn wir die Nachkommen sehr gering-
zeiliger mit jenen hochzeiliger Eltern vergleichen, so z. B. Nach-
kommen von 8 zeiligen gegen solche von 16- oder 18 zeiligen Eltern.
Sobald aber die Spannung enger genommen wird, so erscheint dieser
Zusammenhang weniger scharf und schlägt bisweilen sogar ins
Gegenteil um. Das ist der Fall bei vorgeschrittener Züchtung, wo die
Schwankung in der Zeilenzahl sich hier in den meisten Fällen von 14
bis 20 bewegt, seltener von 12 — 24.
Um zu prüfen, ob die blosse Auslese nach Zeiligkeit,
ohne Rücksichtnahme auf andere Merkmale, eine
Wirkung auf Nachkommenschaften äussert, wurde 1913 ein Versuch
angelegt. Aus einem ungezüchteten Feldbestande wurden
Kolben nach ihrer verschiedenen Zeilenzahl ausgelesen und ihre Körner
getrennt, nach Zeiligkeitsgruppen, angebaut. Von jeder
Gruppe waren 250 Pflanzen angebaut.
(Siehe Tabelle IV S. 83.)
Der Ertrag steht hier entschieden nicht in Korrelation zur Zeilen-
zahl. Höchstens^ bei der Gruppe X zeilig könnte eine solche vermutet
werden. Andererseits aber is-t bei Zeilenzahl an sich verhältnismässige
Vererbung feststellbar.
Die Auslese bei der Maiszüchtung.
83
Tabelle IV.
'S S
s s
•SO
Von den geernteten Kolben entfallen auf die
Zeilenzahl von:
10
12
14
16
18
20
22
Mittlere
Zeilen-
zahl
Ertrag
in g pro
1 Pflz.
X
XII
XIV
XVI
XVIII
16
94
75
15
6
5
73
97
46
6
—
—
1
49
95
73
7
2
—
—
33
85
71
30
4
—
29
65
70
30
9
1
12,97
13,79
14,37
15,00
15,29
168,3
197,3
182,4
203,0
182,1
Wie die Zeiligkeit von Nachkommenschaften durch
die Jahreswitterung beeinflusst wird, erhellt aus Tabelle V.
Hier \\airden von Eiterkolben des Jahres 1909 je die Hälfte der Körner
1910 und 1911 angebaut. Es war also ganz gleiches Saatgut
den verschiedenen Verhältnissen der beiden .Jahre ausgesetzt.
Tabelle V.
Nr. des
Kolbens
Komhälften je eines Elterkolbens
gebaut 1910
Min
Max.
Mittel
der Zeilenzahl
gebaut 1911
Min.
Max.
Mittel
der Zeilenzahl
Anm.
8
18
12,48
8
14
11,70
8
18
12,27
8
14
11,50
8
16
12,36
8
16
12,10
8
16
11,74
8
14
11,36
10
18
12,95
10
18
12,30
8
16
11,67
8
16
11,17
8
14
11,97
8
14
11,30
12
20
14,72
10
18
14,00
12
20
14,71
12
18
14,42
12
20
14,06
10
18
13,72
12
20
14,17
8
18
13,83
12
20
14,54
12
18
13,50
12
18
13,97
10
18
13,30
12
18
14,55
12
20
14,40
75
105
28
97 8 16 11,74 8 14 11,36 j> spätreif
35
59
103
122
149
181
204 12 20 14,17 8 18 13,83 } frühreif
210
220
185
Im durchschnittlichen Maisertrag des Grossanbaues war 1910
das bessere, 1911 hingegen das schlechtere Jahr. Die herabdrückende
Wirkung von 1911 ist in der Zeilenzahl auch ersichtlich. In dem un-
günstigen Jahre kamen also weniger Kornzeilen zur
Entfaltung. Man kann auch leicht wahrnehmen, dass die Wirkung
solcher ungünstiger Verhältnisse sich bei den einzelnen Zuchtstämmen
in verschiedenem Grade äussert. Darauf hat die Auslese eben-
falls zu achten.
84
Flcischmann:
Die verhält nisniässige Vererbung bei Zeilenzahl ist
eine ziemlich gute. Es ist nicht sehr schwierig, innerhalb bestimmter
Grenzen die Zeilenzahl einfach hinauf- oder herabzuzüchten, wie dies in
dem klassischen Beispiel von de Vries dargestellt ist.
Hier aber möchte ich auf eine Erscheinung aufmerksam machen,
welche sich aus den weiter unten angeführten Untersuchungen aller
Kolben verschiedener Nachkommenschaften ergibt: dass nämlich die
Differenz zwischen Elternwert und zugehörigem
Nachkommenmittel um so grösser wird, wenn wir von
je hö her z eiliger en Eiterkolben ausgehen; der ge-
ringste Rückschlag, also die beste Vererbung, ergibt sich
bei XlV-zeilig. Anderseits ist zu beachten, dass bei Xll-zeilig,
auch weiter bei X-zeilig (siehe Tabelle IV), nach anderen Versuchen
aber noch mehr bei Vlll-zeilig das Mittel der Nachkommen über das
Maß des Elters steigt: also bei XIV geringste Abweichung,
bei Zeilenzahl unter XIV positive, über XIV negative
Regression, nach beiden Richtungen wachsend mit
der Entfernung von XlV-zeilig.
Tabelle VI.
Abweichung des Nachkommenmittels vom Elternwert
bei der Zeilenzahl.
Mittlere Zeilenzahl der
Anzahl der
unteisucbten
Bei
Zeilenzahl
Nachliommenschaft war
gegen jene der Eltern
in °/o
N.
der Eltern
grösser
lileiner
14
+ 0.28
~
39
16
18
— 8,87
— 13,55
Zuchtgarten
i
20
— 18,85
22
— 21,32
'
12
+ 11,7
14
+ 1,5
49
16
— 7,60
Zuchtgarten
18
— 15,05
II
20
— 27,54
i.
22
— 29,81
'
14
— 0,57
45
16
18
— 6,19
— 14,89
Zuchtgarten
III
■
20
— 20,60
Es sei nun weiter das Verhältnis der mittleren Zeilenzahl zum
Ertrag innerhalb von ersten Nachkommenschaften, und zwar in einem
Die Auslese bei der Maiszüchtung. 85
extrem guten (1912) und extrem schlechten (1915) Jahre dargestellt.
Der Ertrag im Grossanbau verhielt sich 1912 : 1915 wie 100 : 42. In
der Zusammenstellung sind die Pflanzenerträge der Übersichtlichkeit
halber in Verhältniszahlen ausgedrückt, und zwar wurde der jeweils
in der niedersten Zeilenmittelklasse jedes Jahres befindliche Durch-
schnittsertrag mit 100 bezeichnet, die übrigen Ertragsdaten im Ver-
hältnis dazu:
1912.
26 N. mit mittl. Zeilenzahl bis 15. Ertrag = 100
50 ,, ,, ,, ,, ,, Ib. ,, = 105, o
51 ,, ., ,, „^ „ 17. „ = 105,8
1915.
14 N. mit mittl. Zeilenzahl bis 15. Ertrag = 100
38 ., „ ., „ „ 16. „ = 97,3
26 „ „ ., „ „ 17. „ = 96,1
Es ist auffällig, dass 1912 Zeilenzahl und Ertrag bei
den Nachkommenschaften gleichsinnig, 1915 aber
gegensinnig variieren. Es deckt sich dieses Verhalten mit der
von mir auch in der Praxis gemachten Beobachtung, dass Zuchten von
Pf erdezahnmais um so anspruchsvoller scheinen, je höher
ihre durchschnittliche Zeilenzahl ist. Erst wenn
diese Ansprüche voll befriedigt sind (siehe oben 1912),
kommt die höhere Zeiligkeit als er ti-agss teigernder
Faktor zur Geltung.
Es wird daher der Züchter bei der Auslese, wenn er zum Moment
„Zeiligkeit" kommt, nicht blindlings auf eine Erhöhung dieser Eigen-
schaft hinarbeiten dürfen, in der Erwartung, hierdurch den Ertrag ein-
fach zu steigern, sondern er muss in richtiger Anpassung an
die Verhältnisse seiner Gegend, das für dieselbe am
besten passende Zeilenmittel herauszufinden trach-
ten. Dieses Zeilenmitteloptimum ist z. B. für syrraische Verhältnisse
zwischen 14 und 16. Und in dieser Beziehung halte ich die Zeilenzahl
für ein wichtiges Auslesemoment.
Das Auslesemoment Spindelgewicht gewinnt an Interesse,
wenn es im Zusammenhang mit dem Korngewicht betrachtet wird. Um
hier das wirkliche Verhältnis zu erfassen, ist es unbedingt notwendig,
die Erhebung des Spindelgewichtsanteiles zu richtiger Zeit vor-
zunehmen, nämlich dann, wenn der Mais vom Praktiker als lufttrocken
angesprochen werden kann. Eine Bestimmung des Spindelprozent-
anteiles bei oder bald nach der Ernte ist unrichtig, weil dann infolge
des verschiedenen Wassergehaltes von Spindel und Korn das Bild ver-
schoben wird, und zwar überragt der Wassergehalt der Spindel jenen
Zeitschrift für Pflanzenzüclitung. Bd. VI. 7
86
Fleischmann:
der Körner zur Zeit der Ernte um ein Bedeutendes. Wenn also hier
von Spindelgewicht die Rede ist, so bezieht sich das immer auf luft-
trockenen Mais. >
Die verhältnismässige Vererbung, welche bei der Zeilenzahl statt-
findet, lässt sich auch beim Spindelprozentanteil nachweisen, wenn auch
nicht pünktlich von Fall zu Fall, so doch bei einer gewissen Gruppierung
des Materials.
Tabelle VII.
Nummer
<D
Spindel -Prozentanteil
Gruppenmittel
bei
des
a
Eiter-
1. Gene-
2. Gene-
Elter-
1. Gene-
2. Gene-
Stammes
pflanze
1909
ration
1910
ration
1911
pflanze
1909
ration
1910
ration
. 1911
181
8,9
11,7
13,2
288
11
10,4
13,3
225
o
o
11,9
13,2
15,8
362
CO
12.3
13,4
15,1
11,6
12,5
14,4
203
12,4
13,6
14,6
122
12,5
11,9
14,2
149
12,5
13,3
14.9
220
13
14.1
14.1
187
O
13,7
15,3
14,1
•
-
191
185
03
14,5
14,5
14
13.7
13.8
15,0
14.2
14
14,7
206
3
14,8
11,4
14,7
377
14,8
15,4
16,4
140
15
14,7
15,0
127
15,9
14,4
14,7
16
14,8
15,3
204
:3
17,1
15,3
16,3
Während in Tabelle VII die ausgelesenen Eiterpflanzen aus einer
Population herrührten, ist in Tabelle VIII eine Zusammenstellung des-
selben Sinnes, aber innerhalb von Geschwisterlinien eines und desselben
Stammes (Nr. 148) gegeben.
(Siehe Tabelle VIII S. 87.)
Man sieht im grossen ganzen hier eine ziemlich deutliche Ver-
erbung von den F^ 1913 auf die weiteren Linienzweige 1914.
Ebenso wie bei der Zeilenzahl ist eine züchterische Einflussnahme
zur Erzielung höherer oder niederer Spindelprozente
ohne Schwierigkeiten durchführbar und kann zu ra
Erfolg führen. Selbstverständlich ist auch dieses Auslesemoment
nie für sich allein zu nehmen, sondern, wie alle andern, im richtigen
Zusammenspiel mit dem Hauptzuchtziele und seinen näheren Begleit-
momenten.
Die Auslese bei der Maiszüchtung.
87
Tabelle VIII.
Spindel »/o
Nr.
bei
Elterkolben
1912
bei deren
I. Nach-
kommen
1913
aus diesen
ausgewählt
Anzahl
Zweige der
I. A. 1914
deren
Spindel «/o
im Mittel
jeder Gruppe
1914
20
17,1
15,5
5
15,9
13
17,1
15,4
9
15,2
12
15,8
15,2
6
15,4
25
17,6
15,1
8
15,8
24
13,9
13,9
7
14,3
19
13,7
13,8
8
14,3
17
12,6
13,4
7
13,9
Auch hier spielt die Jahreswitterung beeinflussend mit. In
Tabelle VII ist zu bemerken, wie in den meisten Fällen im Jahre 1911
der Spindelanteil hinauf-, eigentlich der Kornprozentanteil herab-
gedrückt wurde.
Es ist von Wichtigkeit, auch das absolute Spindelgewicht zu be-
trachten.
Neben der Grösse der Spindel ist das absolute Gewicht derselben
auch in starkem Maße von dem inneren Aufbau in ana-
tomischer Hinsicht abhängig. Die Beschaffenheit des Ge-
webes, die grössere oder geringere Entwicklung des Markes spielen da
eine Rolle. Diese Abweichungen im Aufbau der Spindel sind auch das
Hindernis auf der Suche nach Gesetzmässigkeiten und Beziehungen.
Im allgemeinen konnte ich beobachten, dass mit sinkendem ab-
soluten Spindelgewicht auch der Kornertrag sinkt,
natürlich nicht ohne im obigen begründete Aus-
nahmen. Hier seien einige N. zusammengestellt in Beziehung auf
Spindelgewicht und Ertrag.
N.
aus ein-
und
demselben Stamme.
Absolutes Spindel-
gewicht in g
im Mittel
Ertrag g pro
im Mittel
Pflz.
Absolutes Spindel-
gewicht in g
im Mittel
25,6
140
23,2
25,4
147
23
25,4
154
23
25,3
146
22
24,9
151
21
24
134
21,3
24
148
21,2
23,3
108
21.2
Ertrag g pro Pflz.
im Mitt-el
126
145
146
138
141
140
141
140
88
Absolutes Spindel-
gewicht in g
im Mittel
21,2
20,8
20,7
20,1
20
20
19,8
Das absolute Spindelgewicht hängt auch in gewissem Maße mit
der Zeilenzahl zusammen. In der folgenden Zusammenstellung ist dies
für die Zeilenzahl von 12, 14 und 16 dargestellt. Diese drei Zeilen-
gruppen wurden gewählt, weil sie ziffernmässig die höchste Frequenz
aufweisen.
Tabelle IX.
Fleisch
mann:
:rag g pro
im Mitte
Pflz.
l
Absolutes Spindel
gewicht in g
im Mittel
152
19.5
124
19,1
139
19,1
124
18.0
134
17,7
132
17,1
130
Ertrag g pro Pflz.
im Mittel
125
124
130
125
146
126
Jahr
Ort
Zahl
der unter-
suchten
Kolben
Mittlere
Zeilen-
zahl aller
Kolben
Absolutes mittleres Spindelgewicht
in g bei Zeilenzahl von
12
14
16
1910
1911
1912
Zgt. II
Zgt. II
Zgt. III
5309
4165
4579
14,22
13,91
13,89
28,4
21,9
23
30,9
22,2
23,8
32,6
23,2
25,4
Die Kolben mit höherer Zeilenzahl haben danach
ein höheres, mittleres Spindelgewicht.
Die Farbe der Spindel ist insofern von Bedeutung, als sie
mit der Kornfarbe ziemlich gut zusammenliängt. Dunkelrote Spindeln
tragen auch dunklere Körner. Zwischen weisser und dunkelroter
Spindelfarbe sind, als Ergebnis von Spaltungen, eine grosse Reihe von
Abstufungen in der Farbe zu finden. Jedoch lässt sich durch Züchtung
eine ziemliche Gleichförmigkeit in der Spindelfarbe erzielen.
Die Beschaffenheit der Körner würde bei einer Spezial-
Züchtung mehr interessieren, als bei blosser Züchtung auf Ertrags-
steigerung. Es wurde aber dennoch bei den Eltern und 1. Nachkommen
das Korn gewicht (auf 100 Körner bezogen) bestimmt. Bei zahl-
reichen Versuchen wurde nachgeprüft, ob das Einzelkorn-
gewicht einen Einfluss auf den Ertrag der Nach-
kommen hat, das Resultat war deutlich verneinend.
In einzelnen Fällen war es sogar entgegengesetzt, so dass Gruppen
mit niedrigerem 100-Korngewicht der Eltern, ertragreichere Nach-
kommen hatten, als Gruppen mit höherem 100-Korngewicht.
Die Auslese bei der Maiszüchtung. 89
Im allgemeinen wird im Interesse der Ausgeglichenheit der Zucht
vermieden, Typen mit breiten runden Körnern auszuwählen, ebenso
solche mit gegen die Basis zu sich stark verjüngendem Korn.
Ein Zusammenhang zwischen Einzelkorngewicht und Zeilenzahl
besteht insofern, als höherzeilige Kolben meist leichtere (kleinere,
schmälere) Körner besitzen. Es hatten 1916:
31 Varianten XIVzeilig ein mittl. 100-Korngew. von 34.24 g
136 „ XVI „ ,. ,. ,. „ 32,35 ,.
82 , XVIII ,. ,. „ ,. ,. 31,04 ,.
25 ,. XX ,. „ ,. ,. „ 28,47 „
Kornform und Farbe wird, ohne das Hauptzuchtziel aus
dem Auge zu verlieren, so weit berücksichtigt, als es die
Ausgeglichenheit bei den einzelnen Zuchtstämmen
erheischt. Zu scharfe Zahnung ist unerwünscht, wegen Abreibung
beim Magazinieren, die sog. Kunde soll faltig bis flach eingedrückt sein.
Die Keimfähigkeit der Körner, besonders aber die Keimungs-
energie, variiert ebenfalls nach den verschiedenen Formen und es ist
notwendig, sich hierüber besonders zu Beginn der Zucht Aufklärung zu
verschaffen.
III. Mit Wüchsigkeit und Reife zusammenhängende
Auslesemomente.
Die Intensität des Wachstums kann bei einzelnen Formen
Verschiedenheiten aufweisen. Das ist im Zuchtbetriebe leicht zu be-
obachten, wo viele Formen auf verhältnismässig engem Räume unter
möglichst gleichen Verhältnissen erwachsen. Es kommt dies schon in
der ersten Lebensperiode der Pflanze zum Ausdruck. Wägungs versuche
zahlreicher, frischer Pflanzen aus verschiedenen Zuchtstämmen ergaben
(gewogen 28. V. 1912) im Mittel bei Stamm
Nr. 148 2,5 g pro Pflanze
r 377 4,5 „ „ „
1 ^ 11
Die allgemeine grössere oder geringere Wüchsigkeit ist ebenfalls
an die Lokalität gebunden. Üppige, robuste, blattreiche Formen
müssen in ihren sämtlichen Ansprüchen, unter denen die auf Wärme
und Feuchtigkeit nicht die geringsten sind, voll befriedigt werden, sollen
sie ihr Können zeigen. Es ist daher bei der Auslese wichtig, dass man
sich über das Maß der für die betreffende Gegend noch
möglichen Wüchsigkeit im klaren ist.
Ein sehr lockerer Zusammenhang der Geizenbildung mit der
Wüchsigkeit konnte beobachtet werden. Es ist aber sehr schwer, hier
Sicheres festzustellen, weil die Geizenbildung (Entwicklung von Seiten-
90 Fleischmann:
trieben) je nach der Jahreswitterung imgemein schwankt. Ein Zu-
sammenhang zwischen Geizenbildung und Ertrag konnte nur in der
Form festgestellt werden, dass in sehr guten Maisjahren, wo also
Wärme und richtig verteilte Niederschläge in Genüge vorhanden waren,
auch die Geizenbildung stärker war, als in sehr trockenen, den Mais-
ertrag drückenden Jahren,
Von einer Bestimmung des Korn- und Strohverhält-
n i s s e s sehe ich ganz ab. Es ist dies praktisch genau festzustellen
unmöglich, weil das Stroh im Herbst noch einen bedeutenden Wasser-
gehalt hat. Die Pflanzenhöhe wird bei Nachkommenschaften
durch Stichproben erhoben. Mit der Wüchsigkeit, im engeren Sinne
mit der Fruchtbarkeit, im Zusammenhang steht die Frage der
Züchtung auf Mehrkolbigkeit. Eine Züchtung auf Mehr-
kolbigkeit ist im allgemeinen nur bei gewissen Maissorten (z. B. Cin-
quantin, Pignoletto, Alcsuter, Putyi u. a.) angezeigt. Bei Pferdezahn
ist die Zweikolbigkeit der Ausdruck günstiger Lebensverhältnisse.
Eine deutliche Vererbung oder gar Beeinflussung des Ertrages durch
Auslese zweikolbiger Eltern trifft nicht zu. Ordnet man die einzelnen
Typen nach ihren Kornerträgen, so findet man, dass mit ansteigendem
Kornertrage
1. die Anzahl Kolben I. Klasse pro 100 Pflanzen steigt
2. „ „ „ n. „ „ 100 „ fällt
3. „ „ kolbenloser Stengel ,, 100 „ fällt
Dies ist viel wichtiger zu wissen, als die einfache Anzahl Kolben
pro Pflanze. Eine solche Teilung in voll- und nicht voll-
entwickelte Kolben ist auch bei der Beurteilung
wichtig. Ebenso das Vorkommen kolbenloser Stengel,
welches durch Auslese beeinflussbar ist. Nachkommen mit
höherem Prozentsatz kolbenloser Stengel geben
wieder solche und umgekehrt. Es ist daher darauf, als auf
ein ertragdrückendes Moment zu achten. Ein Beispiel:
A Nachkommenschaft: Nr. 98 mit 8®/o kolbenloser Stengel
davon abstammend 10 Nach-
kommenschaften mit . . 5, 1, 9, 5, 5, 4, 11, 7, 6, 15,
im Mittel = 6,8 "/o kolbenloser Stengel
B. Nachkommenschaft: Nr. 100 mit 1,5 ♦'/o kolbenloser Stengel
davon abstammend 18 Nach-
kommenschaften mit . . 1, 2, 5, 1, 2, 0, 0, 1, 1, 2, 3, 2, 0, 1, 0, 4, 2. 7.
im Mittel — 1,7 ^/^ kolbenloser Stengel
Bei Kolbenhaltung (ob aufrecht oder mehr nickend) konnte
keine Beziehung zum Ertrag gefunden werden. Für den
Praktiker ist der hängende Kolben, wie erwähnt, insofern vorteilhafter,
als bei später Ernte die Körner dann eher gegen Regen geschützt sind.
Die Auslese bei der Maiszüchtung.
91
— Die Entwicklung der Deckblätter (Lieschen) halte ich im
hiesigen Klima für wenig ausschlaggebend.
Von grosser Bedeutung ist endlich die Reifezeit. Die Frage,
wann wird die betreffende Maissorte reif? ist entscheidend für ihre Ein-
reihung in die Fruchtfolge, für den wirtschaftlichen Erfolg ihres An-
baues,
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Abb. 6. Blühvorlauf in einer Zuchtreihe von Stamm 122.
Eine Bestimmung der Reifezeit })eim Mais ist nicht so genau
möglich, wie etwa bei Halmfrüchten, es kommt hierbei vom praktischen
Standpunkt immerhin eine Latitude von etlichen Tagen in Betracht.
Um hier weitere Stützpunkte zu finden, nahm ich den Blühverlauf zu
Hilfe. Im Laufe des Sommers wurden die betreffenden Beobachtungen
zur Zeit der Maisblüte gemacht, und zwar Ausfahnen, Beginn und
Ende der männlichen und weiblichen Blüte. Um eine Grundlage für die
92
F 1 e i s c li m a 11 n :
Durclifühnmg solcher Beobachtungen zu schaffen, wurde in einigen
Zuchtreihen des Zuchtgartens Pflanze für Pflanze in ihrem Blühverlauf
beobachtet.
In Kolonne links sind die Pflanzen je einer Zuchtreihe laufend
nummeriert, oben die Tage vom 7. VII. bis 12. VIII. angeführt.
bedeutet die Blühdauer der männlichen, jene der
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Abb. 7. Blühverlaiif in einer ZucMreihe bei Stamm 127.
weiblichen Blüte bei ieder Pflanze. Unten sind die männlichen und
weiblichen „Blühtage" summiert. Hier findet man leicht bei beiden
Geschlechtern die Tage der höchsten Blühintensität
innerhalb der Individualauslese.
Die Anzahl blühender Pflanzen pro Tag, in Kurven gebracht, er-
gibt bei männlicher Blüte ein anderes Bild als bei weiblicher Blüte :
dort ein Ansteigen bis zu einem Maximum (bei 122 am 16. VII. bei
127 am 23. VII.), dann rasches Fallen, hier aber ein mehrere Tage langes
Die Auslese bei der Maiszüclitung. 93
Verharren auf einer gewissen Höchstlinie. Der Blühverlauf bei männ-
licher Blüte mehr gedrängt, in der Periode der Hauptblüte schärfer be-
stimmbar, bei weiblicher Blüte mehr auseinandergezogen, die Haupt-
blüte sich länger hinziehend, daher nur innerhalb einer gewissen
Latitude bestimmbar. —
In der Reife ist Nr. 127 gegen 122 um 8 — 10 Tage zurück. Dies
ist in dem Blühverlauf hier jedenfalls schön angezeigt. Die mittlere
Blühdauer beim männlichen Geschlecht betrug bei Nr. 122 7,3, bei
Nr. 127 6,7 Tage; beim weibKchen Geschlecht bei Nr. 122 10,8, bei
Nr. 127 10,8 Tage. Die Proterandrie erscheint bei Nr. 122 stärker
ausgeprägt als bei dem spätreifen Nr. 127.
Weil aber solche Bestimmungen wie diese für den praktischen
Züchter, wollte er sie allgemein ausführen, zu zeitraubend sind, wählte
ich ein einfacheres Verfahren : es wurden nämlich zu bestimmten
Zeiten die Anzahl vollkommen abgeblühter Kolben
aller Nachkommenschaften gezählt, was sicher und leicht
durchführbar ist.
(Siehe Tabelle X S. 94.)
In Tabelle X ist neben den Prozentzahlen der am 6. August be-
reits vollkommen abgeblühten Pflanzen (weibliche Blüte), der Ein-
trocknungsprozent der Kolben für einige N. angegeben. Ein höheres
Eintrocknungsprozent entspricht einem späteren Reifezeitpunkt. E i n
im ganzen ziemlich gegensinniges Verhalten beider
Zahlenreihen ist ersichtlich. Ob die auftretenden Aus-
nahmen bloss phaenotypisch zu begründen sind oder genotypisch be-
wirkt werden, kann erst das weitere Verhalten der folgenden Gene-
rationen erklären.
Die frühere oder spätere männliche Blüte steht auch
in gewissem Maße mit der Schädigung durch die Maismotte
(Botys nubilalis) im Zusammenhang, weil erfahrungsgemäss früh,
d, h. in der Hauptflugzeit der Motte ausfahnender Mais der Eierablage
des Schädlings am meisten ausgesetzt ist.
Jedenfalls ist die Benutzung der Art und Weise des Blüh-
verlaufes beim Mais als Auslesemoment nicht ausser acht
zu lassen, insbesondere wenn es gelingt, hierbei feste Beziehungen zur
Reifezeit zu finden, womit in weiterem Zusammenhang, wenn auch in
eingeschränktem Maße, der Ertrag verknüpft erscheint.
Die Höhe des Kolbenansatzes über dem Boden ist ein
Merkmal, welches wohl in seinen Extremen (sehr nieder = frühreif,
sehr hoch = spätreif) mit der Reifezeit zusammenhängt, jedoch bei
näherstehenden Höhenklassen diesen Zusammenhang nicht zeigt.
Ebenso fehlen auch Beziehungen zu Kornertrag in diesem Fall.
94
Floiechmann:
Tabelle X.
Bei I. Nachkommenscliaften
Mittel
9 Blüten voll
°/o Eintrocknung
befruchtet bei
der Kolben vom
Be-
Ein-
«/o Pflanzen
1. Oktober 1917
fruchtung
trocknung
am 6. August
bis 10. Januar 1918
/o
«/o
87
5,3
77
10,6
74
6,2
74
10,4
74
11,5
74
11,6
73
6,9
72
7,4
72
9,9
67
11,3
65
10,9
65
6,8
64
8,7
64
12,6
62
14,3
61
13,5
70,3
9,9
59
11,9
57
8,6
55
11,1
55
11,4
54
13,5
•
50
12,6
50
13,2
49
13.0
45
11,9
45
13,5
39
16,9
38
7.3
26
19,3
23
16,2
46,1
12,9
I
Die Widerstandsfähigkeit gegen Maisbrand ist laut eigenen Be-
obachtungen verschiedenen Formen der Züchtung in verschiedenem
Grade eigen. Trotz des 1917 sehr geringen Auftretens des Maisbrandes
konnte doch eine Vererbung der Neigung zu Brandbefall festgestellt
werden.
Da die Krankheit in gewissen Jahren verderblich auftritt, so ist
auch diese Sache nicht aus dem Auge zu verlieren.
Die Auslese bei der Maiszüchtung. 95
Zusaiumenfassung.
Bei einer seit 1909 betriebenen Veredlungszüchtung von gelbem
Pferdezahnmais werden praktisch wichtige Auslesemomente in ihren
■ Zusammenhängen und in ihrer Bedeutung für die Züchtung erörtert.
Bei Beurteilung der quantitativen Eigenschaften,
in erster Reihe bei Kornertrag, wird Wert gelegt auf die Be-
urteilung dieser Eigenschaften nach Mittelwerten
von Nachkommenschaften und Nachkommenschafts-
gruppen nach Zweigend. I. A. des Stammbaumes, wo-
bei neben letzteren je die N. aus dem vorvorjährigen
Kornreste des gemeinsamen Elterkolbens steht.
Die einfache Auslese ertragreichster Einzel-
pflanzen aus Populationen oder Linien bewirkt in
geringerem Maße Ertragssteigerung bei den daraus hervor-
gehenden Nachkommenschaften, als die Auslese auf Grund der
vorher beschriebenen Methode der Auswahl nach
Mittelwerten der N. und N. -Gruppen.
Ein Versuch, wo mehrere N. nach Auslese aus der Stamm-
baumzüchtung mit N. aus einer sonst züchterisch unbe-
einflussten 3. N. desselben Stammes in Konkurrenz traten,
fiel zugunsten der ersten Gruppe aus; ein Beweis des Nachlassens ge-
züchteter Formen von Mais, wenn die züchterische Bearbeitung einige
Jahre aussetzt.
Auslese auf Kolbenlänge in Populationen scheint
in k e i n e m Zusammenhang mit dem Ertrag der folgenden N. zu stehen,
während innerhalb vonLiniender Züchtung sich ein solcher
Zusammenhang in gewissem Maße zeigt.
Die Kolbenform hängt mit der Zeilenzahl zusammen, in-
dem geringzeilige Kolben mehr zylindrisch erscheinen
als höherzeilige. Auch sind erstere im Durchschnitt etwas länger
als letztere.
Die blosse Auswahl nach Zeilenzahl innerhalb Po-
pulationen bewirkt keine deutliche Beeinflussung des
Ertrages in den N. Die Zeihgkeit wird durch Umweltverhältnisse
beeinflusst, so dass z. B. bei ungünstiger Jahreswitterung
weniger Kornzeilen zur Entfaltung kommen als sonst. An
vorliegendem Material wurde festgestellt, dass bei Vererbung der
Zeilenzahl der P auf die N. die geringste Abweichung
bei N. nach XIV- zeiligen Eltern stattfindet. Bei N. nach
Eltern mit Zeilenzahl unter XIV wurde positive, bei
solchen nach Eltern mit Zeilenzahl über XIV negative
Regression nach beiden Richtungen mit der Ent-
fernung von XIV proportional wachsend, festgestellt.
Qß F 1 e i s c h 111 a u n : Die Auslese bei der Maiszüchtung.
Die einzelnen Formen der Pferdezalmmaiszüchtung sind um so an-
spruchsvoller, je höher ihre mittlere Zeilenzahl ist. Die
Auslese muss daher das für die gegebenen Verhältnisse passende
Zeilenmittel zu finden trachten.
Eine Auslese im Sinne des Spindelprozentanteiles
ist möglich und führt zum Erfolg. Das absolute Spindel-
gewicht scheint mit Ertrag ziemlich gleichsinnig zu
variieren. Es ist daher wichtig, bei Drückung des Spindel-
gewichtes die zulässige Grenze zu beachten. Leichtes
Ansteigen des Mittels bei Spindelgewicht wurde bei
Kolben mit höherer Zeiligkeit festgestellt.
Das absolute Korngewicht (100 Korngewicht) der
Eltern steht in gar keiner Beziehung zum Ertrag der
daraus erwachsenden Nachkommen. Höherzeilige Kolben
haben, ein Ausdruck der Symplasie, geringeres 100-Korngewicht als
wenigerzeilige Kolben. ^ —
Die Wüchsigkeit soll den gegebenen Verhältnissen entsprechen.
Die Mehrkolbigkeit ist nach meiner Ansicht bei dem vorliegenden
Material rein phaenotypisch, als Ausdruck besonders günstiger Ver-
hältnisse zu erklären. Im Gegensatz zu den kleinkörnigeren Hart-
maissorten, wo Züchtung auf Mehrkolbigkeit bereits versucht wurde,
wird solche nicht angestrebt. Es wird viel mehr Wert gelegt auf
möglichst grosse Anzahl Kolben I. Klasse pro 100 Pflanzen und
möglichst geringe Zahl Kolben IL Klasse pro 100 Pflanzen.
Ein Beispiel zeigt die Vererblichkeit der Neigung, kolbenlose
Stengel zu bilden.
Es wird versucht, die Reifezeit im Spiegel des Blühverlaufes zu
betrachten. Die Höhe des Kolbenansatzes, der Geizenbildung (nur in-
sofern wichtig, als Neigung zu überreicher Geizenbildung unerwünscht
ist) und Haltung der Kolben wird auf Grund gemachter Erfahrungen
für nicht sehr bedeutend gehalten. Die Neigung zu Brandbefall scheint
erblich zu sein.
\
IIL
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der
Pflanzenzüchtung.
1. Referate über Arbeiten
in Zeitschriften, sowie über Dissertationen, dann Jahresberichte und Bulletins
von Versuchsstationen.
Einsendung von Abdrücken aller einschlägigen Arbeiten
erbeten.
Einige Herren haben sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt,
für einzelne Länder oder bestimmte sachliche Gebiete die Sorge für
Erstattung von Referaten ganz zu übernehmen. Für 1917 sind derartige
Vereinbarungen getroffen worden mit:
Professor Dr. H. Nilsson -Ehle - Lund: Pflanzenzüchtung,
Schweden. — Prof. Dr. Gran, Universität Kristiania : Pflanzenzüchtung,
Norwegen. — Konsulent E. Lindhard-Tystofte pr. Tjaereby: Pflanzen-
züchtung, Dänemark. — Dr. H. PI ahn -Appi an i -Aschersleben, Mehringer-
strasse 6: Zuckerrübenzüchtung in Deutschland und Österreich. —
(Königl. landw. Botaniker A. Howard-Pusa (Bihar), Indien: Pflanzen-
züchtung, Indien.^) — Direktor A. v. Stebutt der Versuchsstation
Saratow, Russland: Pflanzenzüchtung, Russland. ^) -- Direktor van
der Stok-Buitenzorg (Java): Pflanzenzüchtung, Java. — Dr. Th.
Römer-Bromberg, Kaiser Wilhelm s-Institut: Pflanzenzüchtung, Gross-
britannien. — Direktor E. Grabner-Magyarövär: Pflanzenzüchtung^
Ungarn.
Für die hier nicht genannten Gebiete sind zunächst Autoreferate
sehr erwünscht, wenn solche innerhalb acht Tagen nach dem Er-
scheinen der Arbeit abgesendet werden.
Die Referate sind entweder als Autoreferate gekennzeichnet oder
von dem betreffenden Referenten gezeichnet; von dem Redakteur er-
stattete bleiben ungezeichnet.
^) Nach freundl. Mitteilung werden Referate weiter erstattet, können aber wegen
eines Verbotes der Regierung jetzt nicht gesandt werden.
Zucker
Eine Rübe
durchschnittlich g
°/o
Wurzeln
Zucker
Kraut
14,8
354
52
244
16,4
355
58
239
16,8
374
63
268
17,6
467
82
332
gg Neue Erscheinungen auf dem C-febiete der Pflanzenzüchtung.
Akerman, A., and Johnsson, H. Beiträge zur Kenntnis
der Kälteresistenz des Winterweizens. (Zeitschr f.
Pflanzenzüchtimg 1917, V, S. 349—356.)
Bartos W. Der Einfluss der Veredlung auf deii
'\'\' e r t der R ü b e. (Zeitschr. f. Zuckerindustrie in Böhmen XLII,
1918, S. 299 — 302.) Eine Zusammenstellung jener Untersuchungen,
die in Böhmen während der letzten 20 Jahre jährlich im Herbst aus-
geführt worden sind, um ein Bild der zu erwartenden Ernte zu geben,
bringt folgende Zahlen:
1897—1901 . .
1902—1906 . .
1907—1911 . .
1912—1916 . .
Verfasser schreibt das Ansteigen nicht nur des Gehaltes an
Zucker, sondern auch des Gewichtes an Rübenkörper und Kraut und
an Zucker vorwiegend dem Einfluss der Züchtung zu, da auch bei
jenem Teile der Ertragssteigerung, welcher auf bessere Düngung
zurückgeführt wird, die Züchtung beteiligt ist, nachdem erst durch
diese Rübenformen geschaffen worden sind, welche so grosse Dünger-
besonders Stickstoffmengen vertragen, wie sie jetzt gegeben werden.
Bioili, J. Die Anwendung des Fruchtgürtels bei
d e r K a r 1 0 f f e 1. (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung 1918, VI, S. 57—60.)
Correns, C. Ein Fall experimenteller Verschiebung
des Geschlechtsverhältnisses. (Sitzungsbericht d. k. preuss.
Akademie d. Wissenschaften 1917, LI, S. 685—717.) Die Versuche
wurden mit je einem W^eibchen von Melandrium album, Melandrium
rubrum, ^Melandrium rubrum X album und Melandrium album X rubrum,
das isohert in einem Abteil des Gewächshauses stand, und einem
Männchen von Melandrium rubrum X album ausgeführt, das in einem
anderen Abteil stand. Es wurden Bestäubungen ausgeführt mit 1. sehr
grossem Überschuss an Blütenstaub, 2. massig viel und 3. wenig
Blütenstaub. Bei Vergleich von 1 mit 3 ergab sich, dass sehr viel
Bliltenstaub 29,86%. wenig Blütenstaub 42,96 °/o Männchen erwachsen
liess, demnach eine Verschiebung des Geschlechtsverhältnisses er-
möghcht wurde.
Fruwirth, C. Der Einfluss des Einschlussmittels
auf die Samenbildung. (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung 1917,
V, S. 391—395.)
Fruwirth, C. Die Umzüchtung von Wintergetreide
in Sommergetreide. (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung 1918, VT,
S. 1—46.)
Neue Erscheiuungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 99
Hansen, W. Die sinnbildliche Bewertung der Par-
zellen- und Zuchtpflanzen. (Illustrierte landwirtschafthche
Zeitung 1918, S. 42.) Um eine raschere Übersicht zu ermöglichen
werden die absoluten Zahlen, welche für die Eigenschaften festgestellt
wurden, einheitlich nach einer fünfstufigen Skala bewertet, derart, dass
die besten absoluten Zahlen die sinnbildliche Zahl 1 (sehr gut) be-
kommen, die schlechtesten die Zahl 5 (sehr schlecht). So werden z. B.
bei Tausendkorngewicht die absoluten Zahlen, die in 2 Jahren gewonnen
wurden.
i Stamm:
A
B
c;
D
E
F im ersten Jahr
mit g:
49
50
52
50
54
52 bewertet mit:
5
4
3
4
1
3 und im zweiten Jahr
mit g:
55
57
57
55
60
58 bewertet mit:
5
3
3
5
1
3.
Havas, G. Rendellenessegek a közönseges ken-
deren.. Cannabis sativa L. var. monophylla. (Kizerletügyi Közle-
menyek Jahrg. 1916, S. 712 — 717.) Die beim Hanf häufig auftretende
allzu frühe Blüte, welche mit niedrigerem Wuchs und minderem Ertrag
verbunden ist. veranlasste diese Untersuchungen. Um die Ursachen
dieser Erscheinung zu entdecken, sind auf der Kgl. ung. Hanf- und
Leinenfachanstalt in Budapest in den Jahren 1914 — 1916 Anbauver-
suche angestellt worden. Das frühzeitige Blühen tritt oft massenhaft,
auch zwei Monate früher ein, als die normale Blüte, und die Ursache
des damit verbundenen niedrigen Wuchses ist die Inzucht. Die durch
Inzucht gewonnene Nachkommenschaft des heterezygotischen Hanfes
nähert sich der Homozigotie und die Degenerationserscheinungen
sind: die frühzeitige Blüte, kürzere Vegetationszeit, niedrigerer Wuchs
und die Abnormitäten der Blüten und der Blätter, und zwar: Tricotihe,
Monophylhe, Pseudohermaphroditiamus, Phyllodie. Bei den Bastar-
den der auf gewisse Degenerierungsstufen stehenden reingezüchteten
Zuchtstämmen verschwinden die Degenerierungserscheinungen, die
Bastarde zeigen einen üppigeren Wuchs. Es ist wahrscheinlich, dass
man durch richtige Auslese und damit verbundene Bastardierung
schon binnen einigen Jahren wertvolle neue Hanfsorten erzeugen kann.
Die monophyllen Blätter können als ein Fall von Atavismus betrachtet
werden, weil der jetzige 5- und 7 fach symmetrisch gefingert-blättrige
Hanf, von einfach blättrigen Ahnen, wahrscheinlich durch Teilung der
Blätter entstanden ist. Autoreferat.
Jelinek, J. Beiträge zur Technik der Weizen-
bastardierung. (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung 1918, VI, S. 55 — 57.)
Kajanus, B. Über die Farbenvariation der Beta-
Rüben. (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung 1917, V, S. 357—372.)
j(j(j Neue Erscheinungeu auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Kirsche. Der Tonplatten-Trockner. ( Zeitschr. L
Pflanzenzüchtung 1918, VI, S. 60—62.)
Kraus, C. Untersuchungen über die Vererbungs-
verhältnisse bei Nachkommenschaften reiner Linien,
(Fühlings Landw. Zeitung 66. Jahrg., 1917, Heft 23/24, S. 457—487.)
Bei den früheren Züchtungen (Fühlings Landw. Zeitung 1909, S. 265)
hatten langjährige Auslesen bei den Linien von 3 Gerstenformen die
Höchstzahlen für die hauptsächlichen Eigenschaften der Ähren über
den Anfangszustand hinaus nicht zu erhöhen vermocht, ebenso wenig
waren haltbare Erhöhungen der Rispengewichte bei denjenigen Hafer-
linien erzielt worden, bei denen der Rispentj^us unverändert ge-
blieben war. Gleichwohl waren die Auslesen unter den gruppenweise ge-
trennten Nachkommenschaften der Gersten insofern nicht wirkungslos
gewesen, als entgegen den ursprünglich vorhandenen wesentlichen Un-
gleichheiten eine befriedigende Gleichmässigkeit erreicht wurde. Im
Falle der Auslese nur nach den Ährenmerkmalen hätte man • freilich
schliessen müssen, dass die Auslesen wirkungslos gewesen seien. Der
Liniencharakter selbst blieb unverändert. Die Beobachtungen führten
zu der Meinung, dass dem Verhalten individuelle bzw. nachkommen-
schaftliche Unterschiede zugrunde liegen, also durch fortgesetzte Aus-
lese die besten Zweige und Nachkommenschaften ungefähr forterhalten
^werden könnten, während ohne das, zufolge der Ungleichartigkeit der
Nachkommenschaften, der alte Zustand bald wiedergekehrt wäre. Die
verschiedenen Gerstenformen stimmten im Fortgange der Verbesse-
rungen nicht ganz überein, und die Haferzuchten unterschieden sich
von den Gersten darin, dass die grossen nachkommenschaftlichen Unter-
schiede fehlten, am meisten bei einer Form, bei der oberhalb die Aus-
lesen so gut wie ohne Wirkung waren. Diese Form stand von den
Versuchslinien zu unterst in der Verschiebbarkeit der anfänglichen
Durchschnitte, am anderen Ende der Reihe standen die Gersten und
dazwischen die anderen Haferzuchten.
Diese Erfahrungen der früheren Jahre dienten zum Ausgang
weiterer Untersuchungen, in denen extreme Plus- und j\Iinus Varianten
von zwei Gerstentypen, je aus besten bzw. geringsten Nachkommen-
schaften genommen und auch Vervielfältigungen davon vergleichend ge-
prüft wurden. Die Auslesen geschahen fast ausnahmslos nach den
Pflanzengewichten, der Schwerpunkt lag aber nicht bei den Wahl-
pflanzen, sondern bei den getrennt fortgebauten Nachkommenschaften.
Da die Aussicht auf Erfolge grösser sein könnte, wenn mit vielen
Nachkommenschaften gearbeitet wurde, so wurden die Auslesereihen
mit einer grösseren Anzahl von Ausgangspflanzen und -Nachkommen-
schaften begründet. Leider wurden die Versuche 1915 durch abnorme
Trockenheit gestört, auch 1916 war das Wachstum nicht ganz normal
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 101
und 1917 litt es abermals durch lange Trockenheit. Aus diesem
Grunde laufen die in der Mitteilung besprochenen Reihen 1914 und
vereinzelt 1915 aus.
Ergebnisse.
I. Elite nachkommenschaften. Im Mittel der Durch-
schnittspflanzengewichte der einzelnen Zweige machten sich die gegen-
teiligen Auslesen darin bemerkbar, dass die Gewichtsmittel bei den
Nachkommenschaften der Plusauslesen grösser waren als bei den Minus-
auslesen, dies war aber nicht bei allen Zweigen jeder der 4 Versuchs-
reihen der Fall, dann nicht bei allen im gleichen Maße, auch nach Jahr-
gängen verschieden. Die zweigweisen Unterschiede erstreckten sich
auch darauf, dass die Differenzen zwischen den beiderlei Nachkommen-
schaften früher oder später wieder verschwanden, im Einzelfall er-
hielten sie sich bis zu 5 Generationen fort. — Die Einzelnachkommen-
schaftsgewichte der einzelnen Zweige waren verschieden gleichmässig,
wobei die Zugehörigkeit zu einem Zweige mehr von Belang war als die
individuelle Abstammung. War die Ausleserichtung nicht schlechthin
massgebend für die Plus- und Minuszweigmittel, so waren die Einzel-
nachkommenschaftsgewichte noch weniger in der Weise bestimmt, dass
sie bei den Plusnachkommenschaften eines Zweiges durchweg grösser
gewesen wären, als bei den Minusnachkommenschaften desselben
Zweiges. Bei den Plusauslesen waren geringere und bei den Minus-
auslesen grössere Nachkommenschaftsgewichte vorhanden, nur gingen
die Einzelmdttel in den ersten Generationen bei den Plusauslesen höher
aufwärts, bei den Minusauslesen aber abwärts. Bei den Plusauslesen
war die Anzahl der Nachkommenschaften mit grösseren Gewichten
verhältnismässig grösser als bei den Minusauslesen, entgegen den
Ausleserichtungen erschienen immer wieder ausweichende Gewichte, was
früher oder später den Ausgleich der beiderlei Mittel bewirkt hat.
Konnten also durch die fortgesetzten Plusauslesen bessere Zweigdurch-
schnitte erreicht werden, so waren dauernde Erfolge nicht zu erzielen,
vielfach waren solche nicht einmal in der nächsten Generation nach-
zuweisen.
IL Vermehrungen. Bei den Vermehrungen (Vervielfältigungen)
der Elitenachkommenschaften waren die gesamten Endmittel der
Plusnachkommenschaften teils grösser, teils gleich jenen der Minus-
nachkommenschaften. Die einzelnen Nachkommenschaften verhielten
sich abweichend, es fanden sich solche mit grösserer bzw. kleinerer oder
mit ähnlicher Produktion ohne Rücksicht auf die Ausleserichtung, nur
waren die besseren in den Plusreihen in der Anzahl mehrfach über-
wiegend, etliche hoben sich durch geringere bzw. grössere Reduktion
durch mehrere Generationen hindurch ab.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VI. 8
102 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
III. Sonstige Feststellungen. Die Unterschiede in der
Wachstumsenergie, welche in den Pflanzengewichten sich äusserten,
waren vielfach zweig- und nachkommenschaftsweise mit Verschieden-
heiten in anderen Merkmalen (Stärke der Bestockung, geringere oder
grössere Gleichmässigkeit in der Ausbildung derselben neuen Pflanze,
verschiedene Länge, Dicke, Festigkeit der Halme; Neigung zum Lagern,
Färbung der Blätter. Ährenbau nach Dichtigkeit, Vorkommen von
Lückigkeit und von Ansätzen zu Verzweigungen, Zeitpunkt des
Schossens und der Reifung. Anfälligkeit gegen Helminthosporium usw.)
verbunden. Über Andauer dieser Unterschiede bei den Ehtenach-
kommenschaften und Vermehrungen gaben die Versuche vorerst noch
keine zureichende Aufklärung.
Zur Erklärung der Ergebnisse lassen sich nachkommenschaft-
liche Abweichungen und innere Ursachen der gesamten Ausbildungs-
weise in Anspruch nehmen, aus denen Besonderheiten hervorgehen,
welche zuletzt, mit allmählicher Abschwächung der besonderen inneren
Bedingungen, den äusseren Einflüssen unterliegen. Dafür, dass die
Besonderheiten nicht etwa die Folge der entgegengesetzten Auslesen
waren (es war nur bei den Plusauslesen die Wahrscheinlichkeit grösser,
Indi^dduen aus Nachkommenschaften grösserer Wüchsigkeit ausfindig
zu machen als bei den Minusauslesen und umgekehrt), dass sie viel-
mehr als primär anzusehen sind, lassen sich verschiedene Umstände,
bis zurück zur Entstehung der Geschlechtselemente, geltend machen.
Es ist auch die Frage, ob nicht die andauernde Selbstbefruchtung, in
Wechselwirkung mit bestimmten Beschaffenheiten der Geschlechts-
zellen, Besonderheiten nachteiliger Art mit sich brachte. Nachkommen-
schaften, welche Fremdbefruchtungen innerhalb einer der Gerstenver-
suchslinien entstammten, waren durch kräftigeres Wachstum ausge-
zeichnet. Mit der Verschiedenartigkeit der inneren Bedingungen, die
bei der Entstehung der nachkommenschaftlichen Besonderheiten be-
teiligt waren, konnte ein unterschiedliches Maß der Erbhchkeit (Über-
tragbarkeit) und Widerstandsfähigkeit gegen die äusseren Einflüsse
zusammenhängen.
Aus den Versuchen lassen sich mehrfache Analogien im Verhalten
der Zweige und Zweignachkommenschaften einer reinen Linie mit
reiner Linie selbst, im Vergleiche miteinander, bei ersteren allerdings
mit stark abgeschwächtem Maße, ableiten, namentlich in der Hinsicht,
dass nützliche Wirkungen der Auslesen innerhalb einer Linie in gleicher
Weise davon abhängen, dass Nachkommenschaften mit durch eine Ur-
sache bedingten spezifischen Besonderheiten vorhanden sind, wie jene
bei Sorten von dem Vorhandensein guter Linien bedingt sind. Der
Inhalt reiner Linien (und auch ihrer einzelnen Nachkommenschaften)
an spezifischen Besonderheiten und deren Äusserungsformen ist gewiss
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 103
viel weiter zu fassen, als dass er nur in den zur Unterscheidung ver-
werteten Äusserlichkeit der quantitativen Variationen erschöpft sein
könnte.
Wenn auch der Grundcharakter einer Linie durch Auslese nicht
veränderbar ist, so könnten doch schon durch nachkommenschaftliche
Isolierungen erreichbare, nicht dauernde Unterschiede für den Nach-
bau von praktischem Werte sein. Ob aber in dieser Weise die Brauch-
barkeit der Linien einer Form zu bester Leistung zu bringen ist oder
nicht, kann nur nach den bei der Züchtung selbst im einzelnen Falle
zu gewinnenden Erfahrungen bestimmt werden. Autoreferat.
Lotsy, J. P. L'oenothere de Lamarck et la quint-
essence de la theorie du er oisement.^) (Extrait des archi-
ves Neerlandaises des sciences exactes et naturelles serie III B. tome
III. 1917, S. 324—354, 6 Tafeln.) Die Erscheinungen bei Oenothera
Lamarckiana, die von de Vries als Mutationen bezeichnet wurden,
werden vom Verfasser als de Vries'sche Zerlegungen gegenüber den
Mendel'schen Spaltungen bei Bastarden bezeichnet. Als wichtigste
Tatsache für diese Erklärung wird bezeichnet, dass die Geschlechts-
zellen, welche die Oenothera „Hybriden" mit laeta, velutina bilden, die-
selben sind, aus welchen diese Formen selbst entstanden sind, und dass
Oenothera Lamarckiana sich in gleicher Weise verhält. Während bei
Bastardierung, bei welcher die Mendel'sche Spaltung gilt, die beiden
Geschlechtszellkerne eine so grosse Affinität besitzen, dass sie zusammen
einen Bastardkern bilden, ist die Affinität bei Bastardierungen, die
de Vries'sche Zerlegung zeigen, so gering, dass die beiden Kerne
nur eine Kernchimäre bilden. Für eine Zellkernchimäre ist kenn-
zeichnend, dass die Beschaffenheit der Geschlechtszellen sich während
des Lebens der Pflanze — dem diploiden Zustand derselben — sowohl
als auch bei der Bildung der Geschlechtszellen erhält, so dass dieselben
Arten von Geschlechtszellen gebildet werden, aus welchen die Pflanze
entstanden ist.
Mayer, Gmelin H. Mededeelingen omtrent enkele
kruisings-en veredelings-pr oef nemingen.^) (Cultura 1917.
19 S.. 4 Taf.) Im .Jahre 1916 hatte Verfasser bereits darauf aufmerk-
sam gemacht, dass Bastardierungen bei ungeschützt abblühenden
Fisolen häufiger vorkommen, als man dies bisher annahm. 1915
konnten weniger Bastardierungsfolgen beobachtet werden; das Jahr
1914 war offenbar für den Eintritt von Bastardierungen weniger
günstig; 1916 wurden je nach der Sorte 0, 0,3— 2,2 ^/o, 1917 0.35 bis
0,72 °/o Bastardierungsfolgen beobachtet. Natürhch hat neben der
Blühzeit auch die Lage der mit den einzelnen Sorten bebauten Teil-
*) Lamarcks Oenothera und die Quintessenz der Theorie der Bastardierunir.
'^) Mitteilungen über einige Bastardierungs- und Züchtungs versuche.
8*
X04 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
stücke gegenüber den mit anderen Sorten bebauten auf die Höhe des
Prozentsatzes von Bastardierungsfolgen Einfluss und ebenso selbst-
verständlich können nur dominierende Eigenschaften im je unmittelbar
folgenden Jahr beobachtet werden. In Anlehnung an die vom Refe-
renten eingeführten Befruchtungsversuche mit Hummeln bei Rotklee,
wurden solche bei Fisole versucht. Es konnte bei 68 Versuchen nicht
eine Bastardierungsfolge festgestellt werden. — Bei Weizen wurden
zwar, nach Nebeneinanderabblühen verschiedener Sorten, Bastar-
dierungsfolgen beobachtet, aber noch seltener als von N i 1 s s o n -
E h 1 e. Während dieser äusserst 1 "/„ solcher beobachten konnte,
wurden vom Verfasser äusserst 0,87 "/^ festgestellt. Sowohl der Erst-
genannte als der Verfasser fanden aber auch Fälle, in welchen gleich-
zeitig abblühende Sorten, ohne Bastardierungsfolgen zu liefern, neben-
einander stehen konnten. Verfasser ist daher geneigt, der Ansicht
jener zuzuneigen, welche die spontane Bastardierung bei Weizen als
Seltenheit betrachten. — Bei Roggen wurden bei Veredlungszüchtung
Versuche mit vollkommener geschlechtlicher Isolierung und mit räum-
hcher ausgeführt. Die grössere Geneigtheit einzelner Individual-
auslesen für Selbst- und Nachbarbefruchtung wurde auch vom Verfasser
beobachtet. Der Kornersatz schwankte im Mittel pro Ähre zwischen
0 in 3 von 59 Fällen und ^/g — öT^/g, je bezogen auf die Zahl der Blüten.
Da die Beurteilung der Ährenform bei vollständig eingeschlossenen
Pflanzen nicht gut durchführbar ist, wurde bei Züchtung mit dieser
ein Teil der Pflanzen je immer frei abblühen gelassen und nur zur Be-
urteilung verwendet.
Peklo, J. 0 nekterych novych miseucich psenic-
nych.i) (Zemedelsky. Archiv 7, 1916, 1 u. 163.) Es wurden Bastar-
dierungen zwischen Kotte-Grenadier und Grenadier II einerseits und
Jinonicer Wechselweizen sowie Kubanka andererseits ausgeführt. Die
Bastarde werden eingehend in F^ und F2 beschrieben, wobei auch das
Verhalten von Mehhgkeit : Glasigkeit der Körner beachtet wird. Die
Spaltung glasig : mehlig scheint nach dem Verhältnisse 1 : 1 oder 4 : 1
zu erfolgen; infolge nicht zu grosser Individuenanzahl konnten die
Spaltungen nicht genau ermittelt werden. In F.. des Bastardes Kotte-
Grenadier X Jinonicer Wechselweizen wurde bei einem Individuum
vegetative Aufspaltung in der Ährenform beobachtet: die sechshalmige
Pflanze hatte 5 Ähren vom Kotte-Grenadiertypus und eine Ähre vom
Typus des Wechselweizens. Jelinek.
Peklo, .T. Bastardoväni psenice se zitem a nektere
otäzky agrikulturnibiologie. 2) (Zemedelsky Archiv 7, 1916^
^) Über einige neue Weizenmischlinge.
-) Die Bastardierung des Weizens mit Roggen und manche Fragen der Agri-
kulturbiologie.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 105
369.) Verfasser bespricht die Sterilität der Weizen-Roggenbastarde
und wirft die Frage auf, ob nicht durch Eingriffe in die Lebens-
bedingungen eine gewisse Fertihtät erzielt werden könnte, wie es z. B.
die Versuche von H. Fischer mit Tropaeolum bei Kohlensäure-
ernährung anzudeuten scheinen. Wenn dabei der Pollen des Bastardes
doch inaktiv bleiben sollte, so könnte wenigstens versucht werden, ob
nicht die Eizellen zu parthenogenetischer Entwicklung gebracht werden
könnten. An verschiedenen Hafersorten unternommene Kastrations-
Vorversuche hält der Verfasser als erfolglos. Weiter versuchte der
Verfasser analog seinen mit Fucus serratus unternommenen Versuchen
auch bei Phanerogamen, und zwar bei Salix myrtacea, Lilium can-
didum, Galtonia candicans, Saponaria officinalis und Torenia ariatica
Parthenogenesis durch die Einwirkung einbasischer Fettsäuren her-
vorzurufen, aber ausser einer unsicheren Parthenocarpie bei Lihum
einstweilen erfolglos. Jelinek.
Ryx, G. v. Ein neues Beispiel einer Knospenmuta-
tion bei der Kartoffel. (Deutsche landw. Presse 1918, S. 2,
1 Abb.) Auf der Getreide- und Kartoffelzüchtungswirtschaft Oltarzew
bei Warschau wurden in der Sorte Early rose sowohl 1914 als 1915
Pflanzen beobachtet, die gegen Phytophthora widerstandsfähiger
waren. 1916 und 1917 wurde eine Vervielfältigung der beobachteten
Pflanzen vorgenommen und eine genaue Beobachtung der neuen Form.
Als kennzeichnend wurde ausser der erwähnten Widerstandsfähigkeit
gefunden, dass bei dem Endblättchen der Blätter der Teil oberhalb der
grössten Breite kürzer als bei der Ausgangsform ist. Wird der obere
Abschnitt je = 100 gesetzt, so ist der untere bei der neuen Form
108,9, bei der Ausgangsform 79,87. Bei einigen gemessenen anderen
Kartoffelsorten ist der untere Abschnitt in diesem Falle 60,4 — 72,8.
Wenn auch über das erste Auftauchen der Variante keine Beobachtung
vorliegt, glaubt der Verfasser doch sie als spontane Variation oder,
wie er es nennt, als Knospenmutation auffassen zu können.
Roemer, Th. Über Farbenabweichung bei Zucker-
rüben. (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung 1917, V, S. 381—391.)
Terasvuori, K. Über in Finnland feldmässig gebaute
Erbsenformen. Experimentelle Vererbungsunter-
suchungen mit besonderer Berücksichtigling der An-
zahl der Samenanlagen und Samen in den Hülsen.
(Acta Societatis pro fauna et flora Fennica 40, Nr. 9. Helsingfors 1915.)
Von der agrikulturökonomischen Zentralversuchsstation in Finnland
wurde 1910 mit Erbsenzüchtung begonnen, die unter den Landsorten
gute Formenkreise auffinden lassen sollte. Bei den Formenkreisen
wurden von Terasvuori 1910 — 1913 verschiedene Eigenschaften
l^j^■^ Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
untersucht und in der vorliegenden Arbeit von solchen die Zahl der
Samenknospen und der Samen je in den Hülsen und die Beziehmig
dieser Eigenschaften zn anderen erörtert. Die Zahl Samenknospen ist
bei Hülsen, die zu je 2 an einem Stiel stehen, in der unteren, älteren
grösser. Sitz der Hülse nach Höhe an der Achse beeinflusst die
Samenzahl nicht. An einem Individuum findet man gewöhnlich Hülsen
mit 2 — 3 verschiedenen Arten von Hülsenzähligkeit, also solche mit
z. B. 6 und 7 (6- und 7 zählige) oder 6, 7 und 8 Samenknospen pro
Hülse. Bei Vergleich von verschiedenen Linien zeigen sich Unter-
schiede in der ZähUgkeit, die für die reinen Linien tjqiisch sind. In
einer Linie zeigen die Individuen derselben 1 — 3 Zähligkeitsklassen
der Hülsen, wobei eine der Klassen meist über die Hälfte aller Hülsen
umfasst: typisch ist, oder 2 Klassen deutlich mehr Hülsen umfassen:
typisch sind. Die Zähligkeit bei einer reinen Linie wird von äusseren
Einflüssen modifiziert, ist aber für dieselben, wie erwähnt, doch typisch,
wird verhältnismässig vererbt. Man kann demnach mindestens 16 ver-
schiedene Typen unterscheiden (solche mit 5 — 6 — 7 — 8' — 9 — 10 — 11 — 12
—4 u. 5—5 u. 6—6 u. 7—7 u. 8—8 u. 9—9 u. 10—10 u. 11—11 u. 12
Samenknospen pro Hülse). Ein Zusammenhang der Zähhgkeit be-
treffend Samenknospenzahl mit anderen Eigenschaften, wie Blüten-
farbe, Samengrösse usw. konnte nicht festgestellt werden. Praktisch
wichtiger als die Zahl der Samenknospen ist die Zahl der Samen pro
Hülse. An der einzelnen Pflanze sinkt die Zahl pro Hülse mit der zu-
nehmenden Höhe des Hülsensitzes (Korrelationskoeffizient — 0,41 ±
0.03). Von zu zweien an einem Stiel sitzenden Hülsen hat die untere
— • wie schon Tedin zeigte — mehr Samen. An einer Pflanze finden
sich oft alle Zähligkeiten der Hülse betreffend Samenzahl, meist sind
aber 2 — 3 Zähligkeitsklassen am stärksten vertreten. Reine Linien
haben, so wie für Samenknospen, auch für Samen typische Zähligkeit,
wenn auch die Samenzahl pro Hülse von äusseren Einflüssen stark be-
stimmt wird, und zwar mehr als die Zahl Samenknospen pro Hülse.
Erblich bei einer reinen Linie ist demnach das Vermögen, mehr oder
weniger Prozent Samenknospen zu Samen auszubilden. Eine Be-
ziehung zwischen Samenzahl pro Hülse und anderen Eigenschaften ist
nur bei Samengrösse festzustellen, und _ zwar eine negative. Danach
entwickeln grosskörnige Linien verhältnismässig weniger Samenknospen
als kleinkörnige.
Trabut. La Lucerne cultivee, un bästard. (Compt.
rend. de l'academie des sciences 164. Bd., 1917, S. 607—609.) Unsere
gebaute Luzerne, die Medicago sativa Linne's, wird als Bastardierungs-
ergebnis von Medicago-Arten angesehen. Für Algier werden als Eiter-
formen Medicago getula Urban und Medicago tunetana Murbeck (M.
coerulea Le., M. contorta Gilib) genannt. Beide Formen, die sich da-
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 107
selbst rein erhalten haben, sind sehr mittelmässige Futterpflanzen,
blühen gelb, blan, rosa oder weiss und können lange Rhizome ent-
senden. In Algier halten sich diese Formen rein, da Medicago falcata
daselbst nicht vorkommt. Medicago falcata mit den Formen Medicago
ruthenica, glutinosa, platycarpa kommt erst nördlicher vor. Diese Art
hat, im geschlechtlichen Zusammentritt mit den beiden erwähnten
algerischen, die kultivierte Luzerne gehefert. Dadurch erklärt sich
auch die Vielförmigkeit der letzteren, die für Züchtung reiche Gelegen-
heiten gibt. Sichere Durchführung solcher ist nur möghch in Gegen-
den, in welchen weder die wilden Eiterformen, noch jene Bastar-
dierungsergebnisse, die man unter Medicago media zusammenfasst, vor-
kommen.
Urban, J. Über die Farbe des Rübenkrautes früh-
11 nd spätreifender Rüben. (Zeitschr. f. Zuckerrübenindustrie
in Böhmen XLII, 1918, S. 281 — 297.) Eine bei zwei Individualauslesen
durchgeführte Untersuchung ergab, dass die helle Farbe der Blätter
im Oktober kein sicheres Zeichen für Frühreife oder hohen Zucker-
gehalt der Rübenkörper ist. Hellere Blätter enthielten weniger Stick-
stoff und in einem Fall weniger Kali und Natron.
2. Bücherbesprechungen.
Zade, Dr. Adolf. Der Hafer. (Eine Monographie auf wissen-
schaftlicher und praktischer Grundlage. Oktav, 31 Textabb. Jena, Ver-
lag von Gustav Fischer, 1918. M. 9.) Das Buch wird jedem, der mit
Hafer sich beschäftigen will, sehr erwünscht sein. Es bietet eine Dar-
stelkmg des über den Hafer als Kulturpflanze bekannten und diese ist
von einem Verfasser gegeben, der auf dem Gebiete selbst mehrfach tätig
war, die Einzelheiten daher selbst beurteilen kann. Dem Züchter
wird in dem Abschnitt „Züchtung" unmittelbar Verwertbares geboten.
Es sind aber auch in anderen Abschnitten Gegenstände behandelt, die
für ihn von Interesse sind. So in dem Abschnitt Systematisches die
Beziehung zum Wildhafer, mit dem der Verfasser sich eingehendst be-
fasst hat, die ausführlichen Erörterungen über die Systematik des
Hafers mit dem Versuch des Verfassers eine eigene Systematik in An-
lehnung an Böhmer zu schaffen, der umfangreiche Sortenhinweis
und der interessante Stammbaum der verbreiteten Hafersorten, dann
im Abschnitt Saat, die Ausführungen über Spelzengehalt und die
Bedeutung der verschiedenen Kornformen. Der gesamte Abschnitt
., Gestaltsbeschreibung in der Reihenfolge der Entwicklung" wird von
jedem Züchter von Hafer gelesen werden müssen.
V.
Kleine Mitteilungen.
Wissenschaftliche.
Zahlenmässige Bestimmung der Kornschönheit bei Braugerste.
Von Georg t. Ryx,
Leiter der polnischen Getreide- und Kartoffelzuchtgesellschaft in Oltarzew bei Warschau
(Mit 2 Textabbildungen.)
Maß und Wage — also überhaupt die Zahlen — sind das Ent-
scheidende für den Naturforscher unserer Tage. Auch die Auslese bei
der Pflanzenzüchtung beruht fast vollständig auf Zahlen. Nur wenige
Eigenschaften werden nach persönlicher Ansicht geschätzt und
punktiert. Manche bei der Züchtung in Betracht kommende Begriffe
werden aber noch nicht in einer einzigen Zahl ausgedrückt, so bei-
spielsweise die „Schönheit" oder „Stattlichkeit" des Kornes, welche
sich aus Farbe, Grösse bzw. Gewicht und Vollkörnigkeit zusammensetzt.
Die Schönheit des Kornes spielt besonders bei Braugerste eine
hervorragende Rolle. Es ist wohl bekannt, wie sehr die Brauer die
helle Farbe der Gerste schätzen, die heute in der Züchtung nur per-
sönlich beurteilt wird. Die Grösse des Kornes, die wir durch Be-
stimmmig des 100- oder 1000-Korngewichtes ermitteln, geht parallel
mit der absoluten und relativen Menge der Stärke; höhere Zahlen für
dieselbe sind daher, bis zu einer gewissen Grenze, erwünscht. Die
Vollkörnigkeit, d. .h. die Bauchigkeit des Gerstenkornes, wird mit
Recht als ein Zeichen grösserer Mehligkeit und grösseren Reichtums
an stickstofffreien Extraktstoffen und andererseits geringerer Menge
an stickstoffreichen Stoffen und geringerem Spelzengehalt ^) be-
trachtet.
Wie gesagt, grösserer Anteil von Stärke im Korn und dagegen
Verminderung von Stickstoff und Spelzenanteil geht bei der Gerste
meistens in Einklang mit der Grösse und Vollkörnigkeit. Wenn auch
diese Tatsache nicht vermittelst der Analyse bestätigt wäre, so könnte
man trotzdem zu demselben Schluss a priori gelangen.
Was die relative Verminderung des Stickstoffes und die Ver-
grösserung des Stärkegehaltes parallel zu der Grösse des Kornes an-
1) Süchting-Schulze , Zeitschrift f. d. gesamte Brauwesen 1881, Nr. 1.
IH) Kleine Mitteihmgen.
belangt, so stützt sich diese Tatsache auf dem Verhältnis des eiweiss-
haltigen Keimlings zu dem mehlhaltigen Endosperm des Kornes. Dies
ist so zu verstehen, dass sowohl im grossen wie im kleinen Korn der
Keimling selbst fast immer dieselbe Grösse besitzt, daher im grossen
Korn einen relativ kleineren Anteil vorstellt. Was die Verminderung
des Kornhüllenanteiles mit der Grösse des Kornes anbelangt, so ist
es leicht, zu dieser Anschauung zu gelangen, wenn man darauf die
Aufmerksamkeit lenkt, dass im grossen Korn seine verholzten Spitzen
einen relativ kleineren Teil bilden als im kleinen Korn.
Endlich lässt sich auf kleinerem Hüllenanteil im A'erhältnis zum
Korn, bei vollkörnigen, bauchigen Samen, aus der Tatsache schliessen,
dass von allen gleichgrossen Körpergestalten, jene die kleinste Ober-
fläche besitzen wird, welche am meisten der Kugel ähnelt, denn die
Kugel besitzt, nebst grösstem Inhalt, eben die kleinste Oberfläche.
Je mehr also die Breite des Gerstenkornes, im Verhältnis zu seiner
Länge, grösser wird. d. h. Je mehr das Korn einer Kugel ähnlich sein
wird, desto mehr wird auch theoretisch der Gewichtsanteil der Korn-
hülle kleiner, die Gerste also zu Brauzwecken tauglicher.
Nun darf man aber nicht vergessen, dass schon Johansen be-
hauptete, dass in gewissen Fällen bei der ,,Goldthorpe"-Gerste das
Entgegengesetzte gefunden wird. Die von ihn geprüften grössten
Körner dieser Gerstensorte wiesen auf grösseren Eiweissgehalt als die
kleineren hin — aber grundsätzlich ist auch dieser Forscher derselben
Meinung, dass in der Pflanzenzüchtung, bei Berücksichtigung gewisser
Einzelheiten, doch im ganzen die Grob- und Vollkörnigkeit der Gerste
als ein Merkmal ihrer Mehligkeit betrachtet werden kann.
Eine Übertreibung bei der Auslese nach Feinheit der Kornhülle
kann allerdings zu einer so weitgehenden Verfeinerung derselben
führen, dass diese beim Drusch reisst und dann beim Mälzen ein früh-
zeitiges unwillkommenes Schimmeln eintritt ^)
Die Vollkörnigkeit ist leicht durch Ermittlung der Längen- und
Breitendurchmesser zu bestimmen, indem man entweder die relative
Länge des Kornes ins Verhältnis zu der gleich 100 gesetzten Breite
desselben bringt '^} oder — wie ich es tue — das Längenmaß durch
das Breitenmaß teilt. Im ersteren Fall erhalten wir gewöhnlich eine
dreizifferige Zahl mit einem Dezimalbruch, bei meiner Methode eine
einzifferige Zahl mit drei Dezimalen, der Unterschied beruht also nur
auf der Lage des Teilstriches. In beiden FäUen weist eine kleinere
Zahl auf ein volleres Korn, eine grössere auf ein geringeres, mageres.
1) V. Pro sko wetz, Wiener landw. Ztg. 1907, S. 520.
-)Frnwirtli, v. Proskowetz, Briem, v. Tschermak, Die Züchtung
der vier Hawptyeti-eidearten, 1910, S. 280.
Kleine Mitteilungen. 111
Obwohl also, wie wir sehen, die Vollkörnigkeit für den Brauwert
wichtig ist, wurde dieselbe, meines Wissens, bis jetzt von den Züchtern
noch zu wenig beachtet.
Im folgenden möchte ich ausführen, wie ich in unserem Zucht-
laboratorium die zahlenmässige Bestimmung des Begriffes Kornschön-
heit vornehmen lasse.
Die zur Vermessung bestimmten Körner werden zunächst ent-
sprechend vorbereitet. Die Grannen brechen beim Drusch nicht dicht
am Korn, sondern es bleibt ein kürzerer oder längerer Teil der Granne
am Korn. Würde man daher eine Gerste umuittelbar vom Drusch und
Putzen zur Vermessung heranziehen, so würden diese Grannenreste —
und zwar besonders bei der zweizeiligen lockerährigen Gerste Hordeum
distichum nutans — einen beträchtlichen Einfluss auf die Ergebnisse
der Vermessung der Kornlänge ausüben. Dieser Einfluss bewirkt ge-
wiss auch zum grossen Teil, dass die Körner der dichtährigen Gerste
H. d. erectum als vollkörniger erscheinen, da bei dieser Form die
Granne dicht beim Korn abbricht. Vermessungen von Körner, die
wir 1917/18 — nach Vorbereitung durch Abreiben des Grannenrestes
mit den Fingern — vornahmen, ergaben ein entgegengesetztes Ver-
halten.
Zu diesen Vermessungen wurden sechs Gerstenlinien von H. d.
nutans vom Typus « und sechs Gerstenlinien von H. d. erectum — zwei
vom Typus y, vier vom Typus 6 — herangezogen. Von jeder der
Linien wurden je 600 Körner vermessen. Die Vorbereitung wurde
derart vorgenommen, dass das Korn am Grannenende so weit gerieben
wurde, dass die nackte Frucht etwas aus der Hülle hervorsah. Die
Abfälle bei dieser Behandlung waren bei der lockerährigen Gerste be-
trächtlich, bei der dichtährigen kaum nennenswert.
Als mittlere Länge des Kornes von H. d. nutans ergab sich
10,19 mm, als Breite 3,78 mm, wonach die Vollkörnigkeit ( ^f; — ^ | mit
\ Breite /
2,697 mm festgestellt wurde. Bei H. d. erectum ergab sich 10,47 mm
als mittlere Länge, 3,70 mm als mittlere Breite und 2,831 mm als Maß
der Vollkörnigkeit.
Es wäre die Wiederholung einer derartigen Ermittlung der Voll-
körnigkeit durch Fachgenossen und die Mitteilung der Ergebnisse sehr
erwünscht. Nur so könnte festgestellt werden, ob die hier gewonnenen
Ergebnisse die Körner von H. d. nutans nur deshalb günstiger er-
scheinen lassen, weil die Wachstumsverhältnisse am Ort diesen Forraen-
kreis in erwähnter Eichtung begünstigen.
Die Abb. 8 weist bei A drei Körner von H. d. nutans auf, wie
sie unmittelbar von der Dreschmaschine kommen, bei B drei andere, die
für die Vermessungen in erwähnter Weise vorbereitet wurden. Die
Vermessung selbst wurde mit Hilfe eines Mikrometers vorgenommen,
112
Kleine Mitteilungen.
der Ablesung bis auf 0,01 mm, Schätzung bis 0,005 mm zuliess. Die
Genauigkeit ist eine genügende. Bei einer Wiederholung der Messungen
ergeben sich, durch den Druck der Mikrometerschraube, der bei der
ersten Messung erfolgte, bei der zweiten Messung niederere Zahlen.
Ich fand im Mittel Unterschiede bei Längenmessung von 0,05 mm. bei
Breitenmessung von 0,02 mm. Wie die Abb. 9 zeigt, besitzt der von
Fig. 8.
mir verwendete Apparat eine Mikrometerschraube a, auf welche eine
Trommel b mit einer Teilung von 0 — 100 aufgesetzt ist. Beim Drehen
der Trommel bewegt sich gleichzeitig auch die Trommel dicht an einer
festen Millimeterteilung c, die von 0 — 15 mm reicht. Trommel- und
Kig. 9.
feste Millimeterteilung werden von einem Spiegel e beleuchtet; Stativ
d trägt den Apparat.
Das Ablesen der ]\Iaße der zwischen der Mikrometer- und der
gegenüber angebrachten festen Schraube gehaltenen Körner, geht sehr
leicht und bequem vor sich. Es genügt, das Korn mit einer in der
linken Hand gehaltenen starken, und an den Enden gut gezahnten
Pinzette zu fassen, derart, dass es vollkommen stabilisiert wird, und
Kleine Mitteilungen. 113
es dann zwischen der festen und beweglichen Schraube zu halten.
Dann dreht man mit der rechten Hand allmählich die Mikrometer-
schraube so lange an, bis sie dicht an das Korn herankommt, was sich
in der hnken Hand mittelst eines beiderseitigen Reibens der Körner-
spitzen an den Schraubenwänden feststellen lässt. Man muss sich un-
bedingt vor einem allzustarken Andrehen der Schraube hüten, um ein
etwaiges Quetschen des Kornes zu vermeiden. Nur bei Breitenver-
messung kann man die Schraube so weit andrehen, dass das Korn
leicht zwischen den Wänden der beiden Schrauben zu schweben kommt.
In dieser Stellung leistet das Gerstenkorn einen grösseren Widerstand
als bei der Längenvermessung; übrigens ist in meinem Mikrometer-
apparat eine derartige Einrichtung vorbedacht, dass die Mikrometer-
schraube sich nur bei Bewältigung eines sehr schwachen Widerstandes
nach vorne bewegt, bei grösserem stehen bleibt und nur der Kopf
der Schraube sich in den Fingern dreht. Eine derartige Einrichtung
verhütet die Folgen eines unwillkürlich zu gewaltsamen Andrehens der
Schraube. Nach dem genauen Einstellen der Schraube wird das Aus-
maß vor allem an der festen Millimeterteilung c, also als ganze Milli-
meter, welche von dem Rand der Trommel b angezeigt werden, und
ferner als Anzahl Zehntel und Hundertstel des Millimeters, an der
Trommelteilung, abgelesen.
Die mit Nonien, zur Ablesung der Teile des Millimeters, aus-
gerüsteten Mikrometer sind für unsere Zwecke unbrauchbar, weil sie
zu umständlich sind und bei der Ablesung eine Lupe nötig machen,
also eine raschere Arbeit vollkommen ausschliessen.
Wir haben hier in unserer Anstalt festgestellt, dass eine Ver-
messung von nur 50 einer gut umgerührten Probe entnommenen
Körnern eine genügende, z. B. für die Brauerei brauchbare Angabe
der Vollkörnigkeit dieser oder jener Gerste zu liefern vermag.^) Für
unsere Züchtungszwecke haben wir aber immer je 100 Körner jeder ge-
prüften Linie vermessen, und von diesen Ziffern das arithmetische
Mittel berechnet, wir glauben jedoch, dass für rein wissenschaftliche
Zwecke, besonders wenn es sich um Bestimmung von sehr kleinen
morphologischen Unterschieden handelt, eine Zahl von 200 — 250 Körner
zu wählen wäre. Eine noch grössere Zahl Gerstenkörner einer Probe
zu vermessen, wäre meiner Ansicht nach überflüssig, da die möglichen
Unterschiede, infolge der Ungleichheit der Körner, sich leicht durch
die oben erwähnten, durch, wenn auch minimaler Quetschung ver-
ursachten Unterschiede, decken würden. Übrigens möge man immerhin
bis zu 300 — 400 Körner gehen, denn diese Zahl wird allgemein, auch
von de Vri es, als genügend für biometrische Populationsvermessungen
^) Das Vermessen von anderen 50 Gerstenkörner derselben Probe hat nur un-
bedeutende Unterschiede ergeben.
j^l^ Kleine Mitteilungen.
betrachtet; weiter zu gehen, wäre schon eine vollkommen unnötige
Handlung.
Von den ermittelten arithmetischen Mitteln beider Ausmaße von
Gerstenkörnern, d. h. von der Länge d und Breite s, erhielt ich, aus
dem Quotienten, die „Vollkörnigkeitangabe" P, und zwar nach folgender
Formel: j
P = "
s
indem der Bruch bis drei Zehntelteile berechnet wurde. Die 100 ver-
messenen Gerstenkörner eijier jeden Linie wurden nachher auf einer
Präzisionswage, mit einer Genauigkeit bis zu 0,001 g abgewogen. Das
Gewicht von 100 Gerstenkörnern ergibt uns sonach das Maß der Körner-
grösse, und diese Angabe bezeichnete ich mit dem Buchstaben c.
Nachdem der Begriff „Kornschönheit" (Kornstattlichkeit), wenn
wir vorläufig die Farbe ausser acht lassen, in erster Linie von der
Grösse und von der VoUkörnigkeit des Kornes abhängig ist, so lag
jetzt als Hauptaufgabe die Ermittlung einer Angabe vor, die in sich
das Merkmal „Korngrösse" bzw. „Korngewicht" mit dem Merkmal
..VoUkörnigkeit" vereinigt enthält.
Wir wissen schon, dass sich die Korngrösse direkt, dagegen die
Vollkörnigkeitsangabe umgekehrt proportional zu der Kornschönheit
verhält, d. h., dass eine steigende Vollkörnigkeitsangabe uns einen
Begriff von geringer Bauchigkeit des Kornes gibt und umgekehrt.
Man kann daher die Formel für die Kornschönheitsangabe D wie folgt
ausbauen: p
D-^- 100.
Das Multiphzieren mit 100 hat in dieser Formel den Zweck, nur
mit ganzen Zahlen und einem Zehntel zu arbeiten, und die Orientierung
unter einzelnen Linienangaben bedeutend bequemer zu machen.
Auf diese V\^eise ist der Begriff „Kornschönheit", für welchen
man bis jetzt keinen zahlenmässigen Ausdruck besass, jetzt beinahe
vollkommen präzisiert wird, denn es fehlt ihm nur noch der Teilbegriff
„Farbe". Man muss vermuten, dass auch hier sich bald eine gute und
bequeme zahlenmässige Bestimmungsart auffinden lassen wird, und
dann wird die „Kornfarbenangabe" ihren Platz entweder als weiterer
Faktor im Zähler oder im Nenner unserer Formel finden, und zwar je
nach dem, ob wir für die hellere Farbe eine steigende oder sich ver-
mindernde Zahl bestimmen werden.
Die weiter unten angeführte Tabelle, gestützt auf 1200 Ver-
messungen von Gerstenkörnern, nämlich 600 Körner des H o r d e u m
d. nutans und ebensoviel des H. d. erectum, erklärt am besten
das ganze Verfahren.
Kleine Mitteilungen.
115
Hier wurde folgendermassen gearbeitet: Vor allem wurden im
Zuchtgarten die nach dem Augenschein 100 „besten" Gerstenpflanzen
von jeder der 6 Linien des Typus H. d. nutans und wiederum
100 Exemplare von jeder der 6 Linien H. d. erectum, also im ganzen
1200 Exemplare gewählt und abgesondert. Diese Gruppen wurden der
übhchen Untersuchung im Hinbhck auf die Eigenschaften ihrer Halme,
Ähren und Korn unterzogen, wobei sich herausgestellt hat, dass von
den Linien von H. d. nutans, nur eine die 6 ersten ertragreichsten
Exemplare geliefert hat, dagegen von den H. d. erectum-Gersten
die 6 ertragreichsten Exemplare unter 4 Linien gewählt wurden. Die
Gersten wurden, für jede der beiden Typen getrennt, nach ihrem Er-
trage gruppiert, und dann der Bestimmung der „Kornschönheit" unter-
zogen. Es wurde demnach das Hundertkorngewicht, die Vollkörnig-
keit, und endlich, durch Berechnung, die Kornschönheit bestimmt.
Die letzte Eubrik unserer Tabelle enthält die Wertziffern der geprüften
Gerstenlinien nach ihrer Kornschönheit.
Nr.
nach dem
Ertrag
Gewicht
Mittlere
Mittlere
Voll-
Korn-
Nr.
von 100
Länge des
Breite des
körnigkeits-
schönheits-
nach der
Körnern
in g
Kornes
in mm
Kornes
in mm
angab
P
angabe
b
Korn-
schönheit
Hord(
;um dist. nutans.
1
6,767
10,02
3,89
2,576
262,7
1
2
6,065
10,43
3,84
2,716
223,3
4
3
5,959
9,74
3,80
2,563
232,5
2
4
5,870
10,18
3,66
2,781
211,1
6
5
6,374
10,59
3,84
2,758
231,1
3
6
5.910
10,18
3,65
2,789
211,9
5
Mittel :
1
2
3
4
5
6
6,158
10,19 I 3,78
Hordeum dist.
5,074
10,32
3,52
6,469
10,63
3,93
5.232
10,06
3,55
6.322
10,66
3,86
6,022
10,54
3,81
5,222
10,60
3,55
I 2,697
erectum.
2,932 /-
2,705
2.834
2,762
2,766
2,986
228,8
171,1
239,2
6
1
184.6
4
228,9
218,5
2
3
174,9
5
Mittel :
5,724
10,47
3,70
2,831
202,9
Wie wir bei dem Vergleichen dieser Rubrik mit der ersten er-
sehen, geht die „Kornschönheit" durchaus nicht parallel n)it dem Er-
trage. Es scheint aber, dass eine grössere Bestückung (natürlich bis
zu einer gewissen Grenze) zwar im positiven Sinne einen Einfluss auf
den allgemeinen Ertrag der Pflanze ausübt, aber, auch nicht immer,
gleichzeitig im negativen auf die Kornbeschaffenheit. Hier würde erst
IIQ Kleine Mitteilungen.
eine präzise biometrische Analyse {Korrelationstabelle usw.) einen
endgültigen Bescheid geben können.
Speziell bei uns muss hervorgehoben werden, dass z. B. die Xr. 1,
bei der Gerste nutans, und die Nr. 2, bei der Gerste erectum. ein
glückhches Zusammentreffen des Ertrages mit der Kornschönheit auf-
wiesen. Diese Pflanzen wurden, als wirtschaftlich hervorragend
nützliche Individuen, neben anderen, ähnlichen, wenn schon nicht so
wertvollen, zu weiterer Vervielfältigung und zu Vergleichen heran-
gezogen.
Es ist aus obigem ersichtlich, wie eine zahlenmässige
Bestimmung der ..Kornschönheit", durch einen mit
einer einzelnen Zahl zu bestimmenden Begriff, nicht
nur nützlich, sondern sogar dringend notwendig ist,
denn ein Vergleich mehrerer Merkmale, bei verschiedenen Exemplaren
oder Linien, verwischt, ohne solche zahlenmässige Festlegung, leicht
die Klarheit des Bildes und erschwert manchmal ungemein die Arbeit
des Züchters.
Andere Sachliche.
Polnische Getreide- und Kartoffelznchtgesellschaft.
Diese Gesellschaft besteht seit dem Jahre 1915 (die Zuckerrüben-
züchtung wurde seit 1907 betrieben). Die Zuchtanstalt befindet
sich in Oltarzew (30 poln. Morgen), Kreis Warschau, die Ver-
vielfältigungsfelder auf den Gütern: Bronisse (150 poln.
Morgen), Strzykuly (600 poln. Morgen) und Zaborowek (1500 poln.
Morgen), alle im Kreise Warschau. Leiter der Züchtungen ist Georg
V. Ryx; Mitglieder der Gesellschaft sind: Victor Detkens. Dr.
Stephan v. Moszezenski und Gabryel v. Wodzinski.
Gegenstand der Züchtung ist zunächst: Weizen: Ausgangs-
sorten: Landweizen: ,,Wysokolitewka", „Pulawka" und ,, Square head";
Roggen: Ausgangssorte: v. Lochow's Original-Petkuser; Gerste: Brünner
Hannagerste; Hafer: v. Lochow's Original-Gelbhafer; Kartoffeln
Bastardierungen und generative Zuchten von den Ausgangssorten
..Early-Rose", „Magnola" (Dolk.), „Wohltmann 39", „Blaue Riesen"
Zuckerrüben: Ausgangssorte: ,,Kleinwanzlebener". Zuchtziel ist bei
Weizen: ertragreiche, nicht lagernde, mittellanghalmige, winterfeste
Sorte — Abzweigungen: a) weisskörnige, b) rotkörnige; bei Roggen:
ertragreiche, nicht lagernde, mittellanghalmige, winterfeste, grün-
körnige, konstante Sorte; bei Gerste: ertragreiche, dünnspelzige. gute
Braugerste — reiner botanischer Typus: Hordeum distichum nutans,
«, Kornform: „europaeum" (nach Körnicke); bei Hafer: ertragreiche,
mittellanghalmige, mittelfrühreifende, dünnspelzige. gelbe Sorte; bei
Zuckerrüben: ertragreiche, zuckerreiche, bei 500 mm Niederschlag
mittelfrühreifende Sorte (nur eine Richtung!).
Kleine Mitteilungen. 117
Die Mittel, welche der Gesellschaft zur Durchführung der
Züchtung zur Verfügung stehen, sind:
1. Zuckerrübenselektionslaboratoriuin, enthaltend u. a.: Schmidt &
Hentsch Polarimeter mit vergröss. Skala,' Wolski'sche liübenpresse,
Pellet'sche kontinuierliche Polarisationsröhre n. d. g. Methode: kalte
Wasserdigestion in 2 — 3 Minuten.
2. Getreideselektionslaboratorium, enthaltend u. a.: Präzisions-
wage, automatische Wage zum Abwägen ganzer Pflanzen und Erträge,
Trommelmikrometer usw.
3. Zuchtgärten und Zuchtfelder.
Als Arbeitsmethode gelangt bei Getreidearten Individualauslese
mit Nachkommenschaftsprüfung, weiter nur Linientrennungen zur An-
wendung; bei den drei gezüchteten Weizensorten ist nach Erzielung
von Homozygotenlinien, Bastardierung beabsichtigt. Bei Zuckerrüben:
Individualauslese mit Nachkommenschaftsprüfung, Linientrennung,
Kreuzung der besten Individuen resp. Linien und wieder Individual-
auslese usw.
Persönliche.
Professor Dr. Erich v. Tschermak hat am 1. Januar 1918 seine
Stelle als Direktor des Fürst Liechtenstein'schen Pflanzen-Züchtungs-
institutes in Eisgrub niedergelegt. Gewichtige Gründe, die ihm die
Erfüllung der Gründungsaufgaben des Institutes: „Wissenschaftliche
Vererbungsfragen speziell unter Verwertung der von Gregor Mendel
begründeten Gesetze zu bearbeiten, die dann der gärtnerischen Praxis
zugute kommen sollen", ganz unmöglich machten, veranlassten Prof.
Dr. E. V. Tschermak diese Stelle niederzulegen. "Beine im Interesse
der landwirtschaftlichen Praxis begonnenen Versuche auf dem Gebiete
der Erbsen- und Bohnenzüchtung werden in landwirtschaftlichen Gross-
betrieben, die mehr theoretischen Arbeiten in dem Institute in Wien
und auf der K. K. Versuchswirtschaft der Wiener Hochschule für Boden-
kultur in Gross-Enzersdorf fortgeführt werden. Das Institut wurde
von dem Kuratorium der höheren Obst- und Gartenbauschule in Eis-
grub überöirmmen und wird jetzt von dem Fürstl. Liechtenstein'schen
Hofgartendirektor Hofrat W. Lärche und dem früheren Assistenten
Prof. Tschermak's Dr. F. v. Frimmel geleitet.
Dr. Th. Hedlund ist zum Professor an der landwirtschaftlichen
Hochschule zu Alnarp ernannt worden.
Das nächste Heft erscheint im September 1918.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtuno'. Bd. VI.
DrucV ■^on Fr. StoUberg, Merseburg.
Triei^re
Unkrautsamen-
' Ausleser,
Mischfrucht - Scheider,
Getreide-Sortierer,
Lagerhaus-Einrichtungen
Reinigungs- Anlagen
für Saatzuchtanstalten.
Kalker Trieurfabrik und Fabrik gelochter Bleche
mayer ^ eu. in Pn-Halk.
Zweigfabriken in
Dresden-Neustadt und Augsburg-Pfersee.
[1]
Verlag von Paul Parey in Berlin SW. 11, Hedemannstrasse 10 u. 11.
Handbuch der
landwirtschaftl. Pflanzenzüchtung.
Von
Dr. C. Fruwirth,
a. o. Professor an der k. k. technischen Hochschule Wien.
Erster Band:
Allgemeine Züchtungslehre der landw. Kulturpflanzen.
Vierte, umgearbeitete Auflage.
Mit 86 Textabbildungen und 8 Tafeln. Gebunden, Preis 17 M.
Zweiter Band:
Die Züchtung von Mais, Futterrübe und anderen Rüben,
Ölpflanzen und Gräsern.
Dritte, umgearbeitete Auflage.
Mit 50 Textabbildungen. Gebunden, Preis 16 M.
Dritter Band:
Die Züchtung von Kartoffel, Erdbirne, Lein, Hanf, Tabak, Hopfen,
Buchweizen, Hülsenfrüchten und kleeartigen Futterpflanzen.
Dritte Auflage.
1 11 Vorbereitung.
Vierter Band:
Die Züchtung der vier Hauptgetreidearten und der Zuckerrübe.
Von Professor Dr. C. Fruwirth, Professor Dr. E. von Tschermak und Dr. Th. Roemer.
Dritte Auflage.
Im Druck. [2]
Fünfter Band:
Die Züchtung kolonialer Gewächse: Zuckerrohr, Reis, Hirsearten,
Kaffee, Kakao, Citrusarten, Baumwolle und andere Faserpflanzen,
Batate, Maniok, Erdnuss, Ölpalme, Olive und Sesam.
Bearbeitet von W. Busse, Berlin; J. S. Gramer, Paramaribo; Dr. C. Fruwirth, Wien;
A. Howard, Pusa; Dr. F*>W. T. Hunger, Amsterdam; H. M. Leal<e, Nawabganj;
J. E. van der Stok, Pasoeroean; Dr. Trabut, Algier; Dr. H. J. Webber, IthacaN.-Y.;
E. de Wildeman, Brüssel.
Mit 32 Textabbildungen. Gebunden, Preis 11 M.
Geh. Rat Prof. Dr. K. von Rümker-ßerlin sagt über das Werk am Schluss
einer eingebenden Besprechung: „Das Buch ist für jeden Theoretiker und Praktiker,
der sich auf diesem Gebiete irgendwie betätigen will, ein unentbehrlicher und wert-
voller Ratgeber und Besitz. Demselben ist die weiteste Verbreitung und vor allem
von Seiten der praktischen Züchter das eingehendste Studium zu wünschen: wer
dasselbe nicht kennt, schädigt sich in seiner eigenen Arbeit."
Zu beziehen durch jede Buchhandlung.
Hierzu 2 Beilagen von der Verlagsbuchhandlung Paul Parey iu Berlin SW. 11,
Hedemannstrasse 10 u. 11.
Druck vun Fr. StoUberg, Merseburg.
Band VI, Heft 3/4. Dezember 1918.
Zeitschrift
für
Pflanzenztichtung
Zugleich Organ
der Gesellschaff zur Förderung deutscher Pflanzenzucht,
der
Österreichischen Gesellschaft für Pflanzenzüchtung
und des
Bayerischen Saatzuchtvereins.
Unter Mitwirkimg
von
L Kiessling, H. Nilsson-Ehle, K. v. Rümker, E. v. Tschermak,
Weihenstephan Lund Berlin Wien
herausgegeben
von
C. Fruwjrth,
Wien.
Mit 8 Textabbildungen und einem Bildnis.
BERLIN
Verlagsbuchhandlung Paul Parey
Vorlag für Landwirtecbaft, Osrtenbaa und Forstwesen
SW. 11, Hedemannstraße 10 u. 11
1918.
Einzelpreis 13 M. Aboimementspreis 12 M.
Inhalt.
I. Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze. seite
Hansen. W. : Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zucht-
pflanzen. (Mit 2 Textabbildungen) • 119
Baumann, Dr. E.: Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung
des Rapses. Vorläufige Mitteilung. (Mit 2 Textabbildungen) 139
III. Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
1. Referate 185
2. Bücherbesprechungen 198
IV. Vereinsnachrichten.
Österreichische Gesellschaft für Pflanzenzüchtung (Z.) 205
V. Kleine Mitteilungen.
Wissenschaftliche :
Beobachtungen bei Bastardierung zwischen Kulturhafer und Wildhafer. {Avena
fatua) ' 207
Blutauffrischung in der Zuckerrübensamenzucht. Von P. Schub art. (Mit einer
Textabbildung) 209
Vererbung gewisser Blütenmerkmale bei Papaver Rhoeas (Linne). Von Jos.
Becker, Dillingen-Donau. (Mit 3 Textabbildungen) 215
Andere Sachliche:
„Granum" 221
Persönliche. (Mit Bildnis) 222
Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für Pflanzenzüchtung erscheint
in zwanglosen Heften, deren 4 zu einem Bande vereinigt werden. Die Hefte
sind auch einzeln käuflich, ihre Preise sind entsprechend ihrem schwankenden
Umfang verschieden und sind im Abonnement niedriger als bei Einzelbezug. Der
Gesamtpreis eines Bandes beträgt, je nach seinem Umfange, im Abonnement
etwa 20 — 24 M. Das Abonnement verpflichtet für einen Band. Einbanddecken
werden bei Erscheinen der Schlusshefte eines Bandes billigst zur Verfügung
gestellt.
Abonnements nimmt jede Sortimentsbuchhandlung entgegen sowie die
Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin SW. 11, Hedemannstrasse 10 u. 11.
An letztere sind auch alle Zuschriften in Anzeigenangelegenheiten zu
richten. Preise der Anzeigen: ganze Seite M. 50, halbe Seite M. 30, viertel
Seite M. 16. Für alle das grosse Gebiet der Pflanzenzüchtung angehende
Anzeigen dürfte die „Zeitschrift" das geeignetste Organ sein,
Honorar für den Bogen Text: 48 M., Tabellen 24 M. Von jedem Original-
beitrag können 25 Sonderabdrücke geliefert werden, wenn dies bei Einsendung
des Manuskriptes verlangt wird.
Redaktionelle Zuschriften: Prof. Dr. C. Fruwirth, Waldhof b. Amstetten
(N.-Österr.).
Sonstige Zuschriften (Bezug u. Anzeigen): Paul Parey, Berlin SW. 11,
Hedemanustrasse 10 u. 11.
Band VI, Heft 3/4. Dezember 1918.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung.
1.
Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze.
Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung
der Zuchtpflanzen.
Von
Saatzuchtleiter W. Hansen,
Eckendorf bei Bielefeld.
(Mit 2 ■ Textabbildungen.)
Die Auslese von besten Pflanzen, Familien und Stämmen ge-
schieht nicht nur durch die Wahl der besten Individuen und Nach-
kommenschaften, sondern es wird stets die Vererbungsfähigkeit inner-
halb mehrerer Jahre zu prüfen sein. Die Erfassung der Erb-
lichkeit verschiedener Eigenschaften ist der Haupt-
zweck der pflanzenzüchterischen Buchführung. Leider
finden sich in der Literatur über die pflanzenzüchterische Buchführung
und Bewertung der Zuchtpflanzen nur spärliche Angaben, was mich
veranlasste, mich eingehender mit diesem Thema zu beschäftigen.
Im folgenden sollen nicht alle Methoden, sondern das Verfahren, welches
im Laufe der Jahre aus meiner praktischen Tätigkeit heraus sich ge-
bildet hat, geschildert werden. Natürlich sind die früheren Stellungen,
besonders die Anregungen durch persönliche Aussprache mit Herrn
Administrator Hacke -Mahndorf, sowie die gegenwärtige Tätigkeit
in Eckendorf nicht ohne Einfluss geblieben, während das Fundament
von meinem leider so früh verstorbenen Lehrmeister Herrn Dr.
W. 0 e t k e n - Schlanstedt stammt.
Bei der Mannigfaltigkeit der Zuchtarten scheint zunächst eine
einheitliche Buchführung undenkbar zu sein und doch, abgesehen von
unbedeutenden Abweichungen, können wir in der Pflanzenzüchtung von
einer einheitlichen Buchführung sprechen, da alle Züchtungsarten auf
demselben Prinzip aufgebaut sind.
Zeitschrift für PflaBzenzüchtiing. Bd. VI. 10
120
Hansen:
Die Eintragungen können in Buchform oder Kartothek geschehen;
ich neige zur festen Buchform, wobei kein Blatt verlegt werden kann.
Um die Übersicht zu erhöhen, Schreibarbeit zu sparen und die
Buchungen recht klar und handlich zu gestalten, werden alle Auf-
zeichnungen in Tabellenform niedergelegt, dadurch kann
keine Aufzeichnung übersehen werden und die Familien und Stämme
sind einheithch bewertet und lassen sich besser miteinander ver-
gleichen.
Die Bewertung der Eigenschaften wird durch die Noten
1 — 5 ausgedrückt, wobei 1 = sehr gut, 5 = sehr schlecht bedeutet,
feinere Abstufungen würden eins bis zwei, ^/g, ^1^, ^/^ sein. Die Be-
wertung der Ähren- und Kornform geschieht nicht durch Ziffern,
sondern den charakteristischen Anfangsbuchstaben z. B. L für lange
Ährenform. K für Kolben, was weiter unten näher besprochen wird.
Als Jahreszahl gilt stets nur das Erntejahr der betreffenden
Pflanze oder Familie, wodurch jeder Irrtum vermieden wird, auch bei
der Winterfrucht genügt die Angabe nur des Erntejahres.
Da die Entv/icklung der Pflanzen von den verschiedensten
Faktoren beeinflusst wird, ist jede zu grosse Genauigkeit beim Wiegen
und Messen überflüssig, besonders die vielen Dezimalstellen machen
die Tabellen unübersichtlich.
Die Anzahl der Aktenstücke soll möglichst gering sein, unver-
meidlich sind jedoch folgende Aktenstücke:
A. Der Stammbaum.
B. Beobachtungen der Pflanzen während der Vegetation, die Ernte-
ergebnisse sowie Pläne der Zuchtgärten.
C. Selektionsaufzeichnungen über die verarbeiteten Eliten.
D. Leistung der Zuchtstärame und Familien.
E. Usancenbuch, Tagebuch, Wetteraufzeichnungen. Keimbuch.
A. Der Stammbaum.
Der Stammbaum soll auf einen Blick über die Ausdehnung der
Zucht Auskunft geben und uns mit den einzelnen Stämmen und deren
Herkunft bekannt machen. Die einzelnen Stämme^) werden zweckmässig
mit grossen Buchstaben gekennzeichnet, verwandte Stämme behalten
den gemeinsamen grossen Buchstaben und erhalten dazu je einen ver-
schiedenen kleinen Buchstaben, z. B. Aa, Ab, Ac. Durch die gleiche
Stammesbezeichnung in Form des grossen Buchstabens bei allen
Parzellen desselben Stammes innerhalb aller Generationen wird die
Zugehörigkeit der verwandten Parzellen sofort ersichtlich. Ausserdem
führt jede Parzelle eine laufende Nummer.
Alle Stammbäume der vorhandenen Zuchten werden in einem
Buch von grossem Format eingetragen, wobei die beiden gegenüber-
^) Stamm hier — Individualaiislese.
Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflauzen. 121
liegenden Seiten möglichst alle Stämme einer Fruchtart einnehmen
sollen. Karriertes Papier erleichtert und beschleunigt das Zeichnen.
Stammbaum A (Abb. 10) ist für einjährige, Stammbaum B für
zweijährige Pflanzen, besonders Rüben, gedacht. Die Bezeichnung
der Parzellen geschieht in Bruchform, wobei die Zahl über dem Bruch-
strich die Herkunft, unterm Bruchstrich die laufende Parzellennummer
bedeutet. Die laufende Parzellennummer hat bekanntUch beim
Bonitieren der Parzellen, beim Ernten, Dreschen, Selektion und Auf-
bewahrung der Ehten und Kornproben die grösste Bedeutung, denn
eine einfachere Bezeichnungwie die laufende Nummer
kann es nicht geben, besonders wenn alle Parzellen innerhalb
19f5
1916
1917
1918
Samen =
Jahr
ßuöe/T
jafrr
i Av.17 \ { A v.16\
V -TF- V —FT-
y
.y
öanren-idizz
Jahr
Rüben-
Jahr
1915
1916
1917
1918
A.bb. 10.
einer Fruchtart mit eins beginnen und dadurch von vornehin das An-
wachsen grosser Zahlen vermieden wird.
1918 haben wir von Stamm A fünf Parzellen NN 8, 9, 45, 53
7 1 "* *^
und 63 (Abb. 10). Die FamihenV) -^ und -^ stammen aus Parzelle 7
des Vorjahres, und zwar sind es die Eliten, die im Zuchtbuch unter
4.1
aus
Parzelle 7 als Pflanze 1 und 3 verarbeitet sind. Die Familie ^
dem Jahre 1917 stammt von Parzelle 4 des Vorjahres und ist im
Zuchtbuch 1917 unter Parzelle 4 als Pflanze Nr. 1 verarbeitet. So
findet die Ableitung stets von der laufenden Parzellennummer statt.
Eine Wiederholung derselben Nummer im selben Jahre ist unmöghch.
Allerdings gehört auf das Selektionsbuch, sowie die Beutel, worin die
Eliten aufbewahrt werden, das Erntejahr, was wohl auch sonst ge-
schieht. Diese Ableitung von der laufenden Parzellennummer bewährt
sich besonders bei der Selektion, wenn die Eliten eine neue Be-
') Familie hier = Na chkommenschaf t einer Auslesepflanze.
10'
122
Hansen:
Zeichnung erhalten müssen. In unserem Fall von Parzelle 7 würden
sie 7.1, 7.2, 7.3 usw. genannt. Die zur Weiterzucht gewählten Eliten
werden angestrichen. Dieser Strich gilt als Bruchstrich, darunter
kommt die laufende Nummer. So können wir es im Zuchtbuch (Abb. 11)
oben über dem Kopf „Parzelle Nr. 7" ablesen, wir sehen die an-
gestrichenen Eliten 1 und 3 und darunter die laufenden Parzellen-
Nummern 8 mid 9 für das nächste Jahr. Zweckmässig werden diese
laufenden Nummern mit rotem Stift geschrieben.
Wird eine Familie vermehrt, so erhält die Vermehrungsparzelle
ausser der laufenden Parzellen-Nummer unterm Bruchstrich, die jähr-
lich wechselt, stets dieselbe Bezeichnung, und zwar Stamm und Ernte-
A V* 15
Jahr der Familie. Der Doppelkreis bei — gö — (1918) bedeutet, das?
die Parzelle als hinreichend geprüft aus dem Versuchsgarten heraus
der grossen Feldvermehrung übergeben ist. Alle Vermehrungen
müssen, solange sie noch nicht vom Handel abgenommen sind, im
Stammbaum vermerkt werden, um die Herkunft des Original-Saatgutes
nachweisen zu können.
Parzelle Nr. 7.
Pflanze
Gewicht
usw. (Kopf des Selektionsschemas
Nr.
der Pflanze
im Zuchtbuch)
l
8 2
3
9 4
5
«
Abb. 11.
Der Stammbaum B (Abb. 10) für zweijährige Pflanzen wird
getrennt für gerade und ungerade Jahrgänge (Eckendorf) angelegt.
Massgebend ist dabei das Jahr, in dem die Eüben erwuchsen. Bei
Zuchten von geringem Umfang kann das Einzeichnen beider Jahr-
gänge auch auf einem Bogen erfolgen.
Die von Ernte 1914 gewählte Rübe, Zuchtbuch-Elite-Nr. 5340,
wird als Rübe Nr. 7 isoliert und gibt Samen, der
5340
bezeichnet wird.
1916 erwuchsen daraus auf Parzelle 19 eine Reihe Rüben, die Isolation
B V. 15
von Stamm B v. 1915
19
Daraus wird 1917 die Rübe 3722
auf Parzelle 3 isoliert, während die anderen Rüben als B v. 15 auf
Parzelle 42 zusammen als Stamm gepflanzt werden I — r^— ^1. 1918
3722
42
wird der 1917 geerntete Samen der isolierten Rübe — s— auf Parzelle 11
als — ^ — gesät, während der Samen des Stammes B v. 15 wieder
unter derselben Bezeichnung auf Parzelle 30 angepflanzt wird.
Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflanzen. 123
Die Vererbungsfähigkeit der Eigenschaften wird nicht im Stamm-
baum, sondern viel übersichtUcher -unter Leistung der Famihen und
Stämme in Erscheinung gebracht.
B. Das Beobachtuiigsbuch.
Während der Stammbaum uns über die Herkunft und verwandt-
. schafthchen Beziehungen der Famihen und Stämme Aufschluss gibt,
sollen im Beobachtungsbuch alle während der Vegetation an den
Pflanzen gemachten Beobachtungen nach einem vorher entworfenen
Schema in eine Tabelle eingetragen werden, wodurch eine gleich-
massige Beschreibung aller Parzellen erhalten wird.
Die Beobachtungen werden entweder in ein Notizbuch eingetragen
und dann in ein besonderes Beobachtungsbuch kopiert oder es wird
gleich in ein handliches Buch notiert. Das Bonitieren der Pflanzen
geschieht am leichtesten vormittags bei Windstille, wenn die Pflanzen
frisch vom Tau sind, die Beobachtungen auf Reife dagegen abends.
Vor der Bonitierung einer Eigenschaft werden alle Parzellen darauf-
hin angesehen, um mit der Variationsweite der Eigenschaft bekannt
zu sein. Da die meisten Bonitierungen mit dem Licht geschehen,
müssen die Schilder an dem südlichen Rande der Parzellen gestellt
sein. Dagegen ist der Aufgang der Keimpflanzen, Ausgeglichenheit
des Bestandes in bezug auf Ährenschieben und Halmlänge gegen das
Licht deutlicher erkennbar. Ich füge für die einzelnen verwandten
Fruchtarten je ein Schema zum Beobachten bei, somit ein solches für
Getreide. Mais, Gras. Klee, Erbsen, Bohnen, Mohn, Raps, Lein, Kar-
toffeln, Futterrübe.
Unter dem Kopf wird zweckmässig ein freier Streifen zum.
Notieren des Datums, an welchem Tage die Beobachtung gemacht
wurde, freigelassen, wie er bloss bei dem Wintergetreide-Schema
(Tabelle 1) eingezeichnet ist.
* Ein paar Tage nach Roggenaufgang sind die ev. Zahlen chlorose-
kranker Keimlinge zu notieren und letztere zu entfernen.
Tabelle 1: Die Feststellung der Winterfestigkeit an der
Zahl überwinterter Pflanzen ist als eine recht unsichere zu erachten.
Die Ursache des Eingehens der Pflanzen über Winter ist nicht bloss
dem Frost, sondern auch zufälligen Beschädigungen, wie Vogel- und
Gewurmfrass, den Mause- und Maulwurfsgängen unterhalb der Pflanzen,
Stauen des Schneewassers über einzelnen Parzellen u. a. zuzuschreiben.
Daher ist ein gleichzeitiges Bonitieren des Frostschadens an der
Hand der erfrorenen gelben Blattspitzen, die gleich nach dem Auf-
tauen der Blätter sichtbar werden, erforderlich; die Parzellen zeigen
jedoch innerhalb der Familien und Stämme meist keine Unterschiede,
oder es sind wiederum die ungleichen Feuchtigkeitsverhältnisse oder
2 24 Hansen:
verschiedenes Entwicklungsstadiiim der Pflanzen, die als zufällige
Momente der Frostempfindlichkeit anzusehen sind. Daher kann die
AVinterfestigkeit nur durch Beobachtungen während mehrerer Jahre
zuverlässig festgestellt werden.
Die Fehlstellen haben ihre Ursache in Mäusef rass, schlechter
Bodenzubereitung, ungenügender Keimfähigkeit des Samens, aber auch
in dem Aussauern oder Ausfrieren. Die Fehlstellen beeinflussen enorm
die Ertragsermittlung. Während das Einzelpflanzengewicht stark zu-
nimmt, wird der Ertrag der Parzelle je nach Art der Ausbreitung der
Fehlstellen mehr oder weniger vermindert, in gewissen Fällen, be-
sonders bei zu dichtem Stande, können die Fehlstellen allerdings auch
zu J^rtragssteigerung der Parzelle beitragen.
Durch die Boden qualität wird die gesamte Entwicklung
der Pflanzen, deren Ertrag und Reife beeinflusst. So sind z. B. auf
leichteren Stellen des Zuchtgartens ein früheres Ährenschieben und
Eeifen, aber auch geringere Erträge zu verzeichnen. Die Boden-
unterschiede wechseln oft innerhalb ein paar Meter Entfernung und es
ist mitunter kaum festzustellen, ob die träge Wüchsigkeit als Familien-
merkmal oder Wirkung von geringem Boden anzusprechen sind. Stehen
die miteinander zu vergleichenden Parzellen auf ungleichem Boden,
so müssen die Erträge auf besseren Stellen erniedrigt und auf den
schlechteren Stellen erhöht werden. Ebenso ist zu berücksichtigen,
dass die Reife auf mageren Stellen um ein paar Tage früher erfolgt.
Die Bodenqualität wird bewertet, indem Parzellen mit Geilstellen als
1, gute Parzellen mit 2, normale mit 3, schlechte mit 4 und auf sehr
schlechtem Boden mit 5 bonitiert werden.
Die rasche Jugendentwicklung hilft über manche Krank-
heiten, Unterdrückung durch Unkraut u. a. Störungen hinweg, daher
ist diese Beobachtung recht wertvoll. Sie erfolgt das erste Mal etwa
ein bis zwei Wochen nach Aufgang und dann nochmals als Froh-
wüchsigkeit, so lange Unterschiede wahrnehmbar sind. Oft fallen »die
schnellwüchsigen Familien und Stämme nur während kurzer Zeit
durch üppigeren Stand und aufrechte Stellung der Blattstiele auf.
Im Oktober und auch Ende April — Anfang Mai bemerkt man
mitunter an einzelnen Pflanzen gelbe Sporenhäufchen des Rostes,
die meist verschwinden, um dann zur Zeit des Ährenschiebens oder
später bei feuchtwarmem Wetter nochmals zu erscheinen. Da der Rost
die Pflanzen im höheren Alter stärker befällt, rosten die frühreifen
Familien stärker. Der Rostbefall wird entweder durch Notieren des
Datums, an dem die Infektion erfolgte, oder dessen Intensität be-
wertet. Starker Rostbefall kommt an dem Tausendkorngewicht der
Pflanze zum Ausdruck, daher wird durch Auslese auf grösseres Korn-
gewicht, ausser den meist höheren Erträgen, auch auf Rostfreiheit hin
Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflanzen. 125
gezüchtet. Da die Rostanfälligkeit der Getreidesorten für verschiedene
Rostarten ungleich ist, muss die Rostart stets notiert werden.
Die brand- und helmintho sp o r iumkranken Pflanzen
werden entfernt und deren Zahl notiert. Bei FamiUenbeeten lässt sich
diese Ermittlung infolge der geringen Pflanzenzahl per Famihe nur
ungenau feststellen, dafür aber sehr zuverlässig an den gedrillten
Parzellen, die während des Ährenschiebens täghch durchgegangen
werden müssen. Zum Feststellen der Brand- und Helminthosporium-
anfälhgkeit und zur Förderung der natürlichen Immunität sollen die
Parzellen stets ungebeizt gedrillt werden. Das Beizen der Ver-
mehrungen und des Feldbestandes ist jedoch dringend erforderhch, um
einwandfreie Handelsware zu produzieren.
Obwohl die grössere Halmlänge meist ein Zeichen von
grösserer Wüchsigkeit ist, wird bei Getreide Kurzhalmigkeit an-
gestrebt, bei Gras und Futterpflanzen dagegen ist ein mögüchst langer
Halm erwünscht; bei Hülsenfruchtern ist die Auslese je nach Zucht-
richtung verschieden. Daher wird die Bonitierung nicht durch die
Noten 1 — 5, sondern die Abkürzungen wie sl, 1, m, k, sk für sehr langen
bis sehr kurzen Halm erfolgen. Die Länge ist an möglichst reifen
Halmen festzustellen, obwohl wiederum kurz vor der Reife bei Getreide
mit nutierenden Ähren die Höhenunterschiede sich verwischen. Da
man stets mit Lagerung des Getreides rechnen darf, muss die erste
Bonitierung auf Halmlänge bald nach der Blüte erfolgen und ev. ein
paar mal berichtigt werden. Bekanntlich verläuft die Entwicklung
der Parzellen meist ungleich, daher ist die letzte Note massgebend,
obwohl auch die vorherigen ungleichen. Streckungen interessante
Beobachtungen darstellen.
Halmunausgeglichenheit ist entweder ein Zeichen zu
grosser Variabilität der Nachkommenschaft, wie z. B. bei Roggen, oder
es ist die Folge der Standortsmodifikation. Einzelne Durchgänger
werden zweckmässig angezeichnet und bei der Ernte von der weiteren
Vermehrung als fremde Pflanzen ausgeschlossen.
Das Lagern ist die Folgeerscheinung von Regen und Wind,
wobei die Beeinflussung von Nachbarparzellen recht gross ist. So
wird oft eine Parzelle von benachbarten steifhalmigen Sorten aufrecht
gehalten oder umgekehrt von lagerschwächeren Sorten mit umgerissen.
Das Lagern wird nach Kraus durch folgende Momente prädisponiert,
die ev. bei der Lagernotiz mit zu vermerken sind:
1. Zu dichter Stand.
2. Zu geringer Widerstand der Erde durch Ausschwemmen, Sand-
treiben.
3. Ausdrehen des Wurzelballens mit der Erde.
126 Hansen:
4. Zu schwache Verankerung im Boden durch mangelhaft ausgebildete
Kronenwurzeln oder deren Zerreissung.
5. Verbiegen der Pfahlwurzel (Pferdebohnen).
6. Eigenschwere durch zu grosse schwere Ähren oder infolge Auf-
saugens des Wassers, durch die Begrannung oder Flaumigkeit.
7. Zerstörte Halmbasis durch Fusskrankheit bzw. Frostschaden.
8. Ungenügender anatomischer Bau des Halmes:
a) zu schwache Halmbasis,
b) zu geringe Elastizität,
c) zu schwache Blattscheiden, die den weichen Halmteilen keinen
Halt gewähren,
d) zu viele Halmglieder.
9. Ungleichmässige Entwicklung der Halme einer Pflanze.
10. Fehlerhafte Bildung des Bestockungsknotens. aus dem die Halme
im Bogen statt gleich aufwärts gehen.
Das Lagern ist während der Vegetation sobald sichtbar und,
nachdem das Regenwasser abgetropft ist, kurz vor der Ernte zu
notieren.
Der Halmbruch ist bei Roggen eine auffallende Erscheinung,
die infolge zu spröder Konsistenz der Halme, also ungenügender
Elastizität auftritt. Die Bruchfestigkeit wird durch das Zählen ab-
gebrochener Halme eher festzustellen sein, als es mit dem Auge wahr-
nehmbar ist. Mir ist ein besonders halmbrüchiger Roggenstamm (Buf)
erinnerlich, wo einzelne Halme direkt glasartig spröde waren und die
abgebrochenen Stumpfe bei der geringsten Berührung splitterten.
Die Blattfarbe ist oft schwierig zu erkennen, da das Reife-
stadium. Beleuchtungsintensität, sowie der Auffallwinkel vom Auge
aus, das Erscheinen der Färbung ändert. Eine dreistellige Farben-
abstufung, also dunkel, mittel, hell genügt. Da schon vor dem Ähren-
schieben sich meist Wachsbezüge bilden, hat die Bonitierung zeitig
zu erfolgen. Ev. lassen sich auch an Wachsbezügen Unterschiede er-
kennen.
B 1 a 1 1 m e n g e ist als verdunstungsfördernd unerwünscht, daher
wird mit 1 wenig, mit 5 viel Blattmasse bewertet, bei Futterpflanzen
umgekehrt. Das Blatt kann breit, schmal, lang, kurz, oval, rund, spitz,
lanzettlich, herzförmig erscheinen und danach br. schm, 1, k, ov. rd, sp.
Iz, hz notiert. Bei Raps werden ev. noch die Zähne am Blattrande
Unterschiede zeigen.
Die Ährenform zeigt oft nicht nur bei einzelnen Stämmen
der Zucht, sondern auch an den einzelnen Individuen einer Nach-
kommenschaft fassbare Unterschiede, die besonders bei dem Dick-
kopfweizen und Roggen zu erkennen sind, während bei Bordeauxweizen
(ich betrachte die Schreibweise Bordeaux als veraltet), Gerste und Hafer
Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflanzen. 127
am Fruchtstande kaum eine Formänderung wahrzunehmen ist. Statt
der öfters gebräuchlichen Bezeichnung durch römische Zahlen für eine
bestimmte Ährenform oder zwei arabische Ziffern, wie sie Prof. Dr.
K i e s s 1 i n g in Weihenstephan anwendet, wählte ich zur Form-
bezeichnung charakteristische grosse Buchstaben, wobei dieselbe Be-
zeichnung für alle Getreidearten mit Ährenbildung gilt:
Parallele Ährenform, sehr lang, locker LL ■
lang L
(normal)- parallel P
dicht D
sehr dicht DD
Keil- oder kolbenförmig laug KL
mittel K
kurz KK
Kolben, oben dicht, unten locker K y-
Prof. Heinrich-Roggen ähre H
„ „ ,. , längere Form LH
Zusätze: Ährenspitze, spitz ...... sp
stumpf st
schartig, taube Ährchen .... t
Offenblütigkeit bei Roggen ... o
Dreiblütigkeit bei Roggen ... 3
Bei Gerste ist II-, IV-, Vl-ZeiUgkeit, sowie e- und n- = erectum-
und nutans-Form zu unterscheiden.
Die Ährenfarbe kommt nur bei farbigen Ähren in Frage; wenn
die Abstufungen dunkel mittel, hell nicht genügen, so werden die
Farben als weiss, gelbweiss, gelbblassrot, rot, dunkelrot, braun und
schwarz, also w, gw, gblr, r, dr, br, seh zu bezeichnen sein.
Zur Charakterisierung der Begrannung werden die Abstufungen
begrannt, Ansätze und unbegrannt also bgr, Ans, unb ausreichen.
Die Spelzen können glatt und flaumig, gl fl, sein.
Da die aufrechte Stellung der Ähren sowie der Hülsen bei
Pferdebohnen wegen der geringeren Verluste durch Abbrechen der
Fruchtstände beim Ernten, sowie der meist grösseren Lagersicherheit
bei Getreide, erwünscht ist, wird mit 1 die aufrechte, mit 5 die stark
nutierende Form bezeichnet.
Um die Reife zu bestimmen, dürfte das Notieren der Gelbreife
genügen. Doch sie tritt mitunter so gleichzeitig ein, dass nur geringe
Unterschiede erkennbar sind, daher ist dann sehr erwünscht, wenn das
Ährenschieben festgestellt, worden ist. Das Ährenschieben ist mit der
Reife mit wenigen Ausnahmen in Beziehung und ein durchaus brauch-
barer Moment zur Bestimmung des Reifestadiums. Das Ährenschieben
128
Hansen:
wird notiert, wenn etwa 10 % Ähren vom obersten Blattspreite befreit
sind. Tritt das Ährenschieben ziemlich gleichzeitig bei allen Parzellen
ein, so wird das Notieren des Datums nicht genügen, dann werden
mit 1 die frühesten, mit 5 die spätesten Parzellen bewertet. Schosst
innerhalb der Parzellen nur eine Pflanze, so ist sie als Verunreinigung
oder Mutation anzusehen.
Das Notieren der Blüte hat allgemein wenig Zweck, da das
Blühen in engster Beziehung zum Ährenschieben steht und von dem
warmen Wetter stark gefördert und durch Kälte und Regen verzögert
wird. Eher wäre die Antherenfarbe zu beachten. Bei rotsamigem,
schlesischem Mais beobachtete ich im Gegensatz zu lauter gelben
Staubfäden an einer Elitepflanze dunkellila Staubfäden, die sich jedoch
nur zum Teil vererbten.
Die durchschnittliche Reife der Familien berechne ich aus Gelb-
reife unter Berücksichtigung des Ährenschiebens, sowie etwaigen Boden-
verschiedenheiten innerhalb der Parzellen.
Die Ertragsermittlung der Familienbeete ist recht
unsicher, da die Entwicklung der Pflanzen von zu vielen Faktoren ab-
hängt. Daher muss die Bewertung der Familienbeete nach dem
Exterieur der Pflanzen erfolgen, während der Korn-
ertrag pro Parzelle nur an den gedrillten Parzellen
festgestellt werden kann, wobei eine Wiederholung der Par-
zellen erforderlich ist. Früher bewertete ich die Famihenbeete
nach dem Ertrage der Eliten sowie dem Gesamtkornertrage der Par-
zelle bzw. gleicher Reihenzahl. Durch die Anregung von Herrn
Administrator H a c k e - Mahndorf bin ich zur Überzeugung gekommen,
dass infolge der ungleichen Fehlstellen und zufälligen Beschädigungen
der Parzellenertrag als solcher nicht zu verwenden ist, sondern der
Ertrag nur an den Pflanzen, die dem lückenlosen Be-
stände entnommen sind, festgestellt werden kann. Ich gehe
daher noch weiter und nehme zum Vergleich nur die 20 besten
Pflanzen aus dem lückenlosen Bestände. Obwohl eine
grössere Parzelle natürlich mehr Aussicht hat, 20 vorzügliche Pflanzen
zu liefern, bin ich überzeugt, dadurch den gleichmässigsten Vergleich
zu erhalten. Gleichzeitig geht die Ernte äusserst schnell vonstatten,
da die Eliten zur Selektion nicht beim Ernten sorgfältig ausgesucht zu
werden brauchen, sondern innerhalb dieser 20 Pflanzen nach dem
Laboratorium gelangen und dort mit Ruhe und Sorgfalt gewählt
werden. Auf diese Weise lassen sich in einem halben Tage mit Hilfe
von drei Schuhnädchen etwa 40 Familien von ungelagertem Getreide
ernten. Die übrigen gesunden Pflanzen inkl. Randpflanzen werden
ausgezogen, gezählt und ohne jegliche weitere Ermittlung aus-
Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflanzen. 129
gedroschen. Die fremden Typen und kranken Pflanzen werden, nach-
dem deren Zahl notiert ist, verworfen. Einhalmige Pflanzen können
zu den kranken gerechnet werden, allerdings würde es bei Hafer in
manchen Jahren einen zu grossen Abfall geben. Bei Roggen wird
ein sorgfältigeres Ansehen der einzelnen Pflanzen als bei Selbst-
befruchtern erforderlich sein. —
Die Pläne der Zuchtgärten werden zweckmässig in das
Beobachtungsbuch mit eingetragen. Sie müssen Ackerbezeichnung,
Längenmaße, laufende Parzellen-Nummern ev. auch deren Stamm- und
Grössenangabe enthalten. Der Norden muss möglichst oben liegen,
wobei er durch einen Pfeil angedeutet wird.
C. Die Selektionsaufzeichiiiiiigeii.
Die Selektionsaufzeichnungen geschehen an jeder Familie ein-
heitlich an 20 Pflanzen. Die fünf besten Pflanzen werden
als Eliten gewählt und genau verarbeitet und das Korn ge-
sondert aufbewahrt; an den 15 übrigen Pflanzen werden nur die
weniger zeitraubenden Ermittlungen festgestellt und das Korn zu-
sammengeschüttet. Der berechnete Durchschnitt von den
20 Pflanzen kann als Familieneigentümlichkeit an-
gesehen werden. Das Selektionsschema für Getreide (Tabelle 9)
habe ich voll ausgeführt, wobei durch Gänsefüsse jede festzustellende
Ermittlung angedeutet ist. Pro Seite werden die Selektions-
aufzeichnungen entweder von einer oder von zwei Familien eingetragen,
da wegen der Berechnung der Durchschnitte ein Umblättern äusserst
störend ist. Aus dem Kopf der Selektionsaufzeichnungen ergeben sich
wohl von selbst die zu beachtenden Momente. Die Leute werden am
besten ausgenutzt, wenn bei der Selektion vier Hilfskräfte (ev. 3) be-
schäftigt werden, und zwar das beste Mädchen zum Feststellen der
Halmlänge, Abschneiden der Wurzeln und der Ähren, Messen der
Ährenspindel, zwei Mädchen zum Ausreiben der Ähren und Korn-
zählen und das unbegabteste Mädchen zum Ausreiben des Kornes der
15 übrigen Pflanzen (Nr. 6 — 20). Die Selektion von 20 Pflanzen
(1 Familie) dauert nach dieser Methode mit 4 Mädchen 45—60 Minuten.
Die Knotenzahl wird nur an dem besten Halme gezählt.
Ausgeglichene Zuchten zeigen innerhalb der Familien keine Unter-
schiede, daher braucht diese Ermittlung nicht alljährlich zu geschehen.
Die Zahl Triebe per Pflanze in Klassen gruppiert, gibt
ein vorzügliches Bild über die Wüchsigkeit und Ausgeglichenheit der
Pflanzen. Nach Klasse I kommen die starken Halme mit voll ent-
wickelten Ähren, nach Klasse II mittlere Halme und nach Klasse III
schwache. Unter Nachwuchs ist ein Nachtrieb mit verkümmerten
wertlosen Ähren zu verstehen. Bei der Summa Triebe per Pflanze
]^30 Hansen:
wird der Nachwuchs mitgerechnet, um die Zahl Triebe in Klasse I
bei der späteren prozentualen Ausdrucksweise herabzudrücken.
Die Nutation der Ähre lässt sich am trockenen Halme nur
bei Roggen erkemien. Bei Bordeaux-Weizen dagegen trocknen die Ähren
je nach der Lage in der Garbe so zusammen, dass eine Nutations-
bestimmung unmöglich wird.
Das Gewicht der drei besten Ähren gibt als einheitlicher
Maßstab ein zuverlässigeres Bild über den Wert der Pflanze, als wenn
das Korngewicht pro Ähre berechnet wird. Ebenso wird bei Kar-
toffelselektion das Gewicht von fünf besten Knollen, bei Mohn der
besten Kapsel als Vergleich zu nehmen sein. Die Spindellänge und
der Besatz nehmen je nach der Entwicklung von der ersten bis zur
letztgebildeten Ähre gleichmässig ab, während die Zahl der tauben
Ährchen zunimmt, daher genügt auch hier die Feststellung an den
drei besten Ähren; allerdings, je. mehr Ähren die Pflanze gebildet hat,
desto schwächer wird meist die einzelne Ähre entwickelt sein.
Verkümmerte Körner sind wertlos und als gar nicht ge-
bildet zu erachten, dagegen werden die kleinen, aber keimfähigen
Körner mitgezählt, sie drücken das Tausendkorngewicht deutlich
herab, daher haben stark bestockte Pflanzen mit sehr viel Korn stets
ein geringeres Tausendkorngewicht. Um eine einwandfreie Ermittlung
über die Korngrösse der Familien zu erhalten, muss ausserdem
das Tausendkorngewicht an 3 X 100 Körnern aus dem gesiebten Korn
der 15 Pflanzen festgestellt werden. Auch im Handel wird das kleine
Korn durch Trieure abgesiebt, daher dürfte die letzte Ermittlung
über die Korngrösse massgebend sein, während der Prozentsatz der
Absiebung einen anderen Auslesefaktor darstellt. Das Korn, welches
mit der kleinen Handdreschmaschine gedroschen wird, hat mitunter
so viel Bruchkorn sowie Verunreinigung, dass es zur einwandfreien
Feststellung einer Absiebung unverwendbar ist.
Die Kornqualität wird nach Form, Farbe sowie dem Ge-
brauchswert bewertet. Die Form kann sein: voll, runzlich, flach, kurz,
lang, also v, rz, fl, kz. 1, ausserdem glasig oder mehlig, gl, m. Die
Farbe variiert besonders bei Roggen, es wären dieselben Abkürzungen,
wie bei Ährenfarbe zu gebrauchen. Ausserdem bei Roggen ev. Gelb-
oder Braunspitzigkeit durch gsp und bsp zu vermerken. Der Ge-
brauchswert wird in drei Klassen dargestellt:
I zur Saat geeignet, I a ganz besonders gut,
n ev. zur Saat.
ni schlecht, ungeeignet zur Saat.
Der Hafer hat eine geringere Bestockung wie das übrige Ge-
treide, daher genügen zur Ermittlung die zwei besten Rispen (siehe
Tabelle 10). Da das Feststellen der Ährchenzahl sowie deren Zahl
Die pflanzeiizüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflanzen. 131
Körner recht zeitraubend ist, genügt es, nur an der Hauptrispe zu
zählen. Es werden die entwickelten Ährchen sowie die tauben (weissen)
Ährchen gezählt, ausgerieben und in Doppelkörner (wo das Seitenkorn
vom Hauptkorn umschlossen ist, wobei sie beide meist schlecht ent-
wickelt sind und nur Spelzen darstellen), gute, kleine und taube Körner
sortiert. Durch die Division in Ährchenzahl ergibt sich die unge-
fähre Blütigkeit, also Kornzahl pro Ährchen.
Die Erbsenselektion geschieht wie bei Bohnen, es sind nur
die einzeln- und doppelsitzenden Hülsen zu notieren. Die Selektion
von fünf besten Pflanzen genügt zur Bewertung der Familie.
Vielfach wird nach Neergard die Ährchendichte D auf
ein oder zehn Zentimeter Spindellänge bezogen berechnet. Durch die
Einfachheit dieser Ausdrucksweise hat die D-Berechnung eine all-
gemeine Verbreitung gefunden und gegen sie wäre nichts einzuwenden,
wenn nicht stets Fehler mit ihr verbunden wären. Die Ährenlänge
sowie der Ährchenbesatz sind vom Standort u. a. Faktoren bedingt.
Je üppiger der Standort, desto grössere Ähre mit mehr Ährchen wird
gebildet, doch es zeigt sich bei grossen Ähren, auf 1 cm bezogen, eine
geringere Ährchendichte als bei schwach entwickelten Ähren, die
ausserdem mit meist weniger Ährchen besetzt sind. Nach den zahl-
reichen Messungen an Mahndorfer Roggen, Dickkopf, Bordeaux- und
Hanna-Gerste innerhalb stark bestockter Pflanzen und innerhalb
gleicher Nachkommenschaften konnte ich feststellen, dass die Ähren-
länge stärker variiert als deren Besatz, daher waren die D-Be-
rechnungen recht schwankend und nahmen meist bei kleineren und
leichteren Ähren an Dichte zu, doch niemals ab. Bei Roggen,
Bordeaux und Gerste war die Variationsweite für D geringer als beim
Dickkopf, was durch den anatomischen Bau der gleichmässig ver-
laufenden Ähren bedingt ist. So kann die Auslese auf grosse
Ähr ch endicht e zu Nanismus und zur Wahl schwacher
Pflanzen führen, da bei den kleinen Ähren mehr kleine Ährchen
pro 1 cm Spindellänge zu stehen kommen, als bei grossen üppigen
Ähren desselben Ährentypus. Daher lässt sich die Berechnung auf
Ährchendichte nur verwerten, wenn gleichzeitig die Ährenlänge und
Ährchenzahl bzw. auch das Ährengewicht angegeben sind und das
macht die D-Berechnung überflüssig. Eine Korrektur je nach Ähren-
entwicklung vorzunehmen, ist möglich, hat jedoch praktisch keinen
Wert. In gewisser Beziehung wird die Brauchbarkeit der D-Be-
rechnung durch den einheitlichen Vergleich nur der besten Ähren ver-
schiedener Pflanzen erhöht und dürfte in extremen Fällen wie Sorten-
versuchen ihre Berechtigung behalten.
Leider sagt die Ährchendichte auch nichts über die Verteilung
der Ährchen innerhalb der Spindel. Ein Zählen der Ährchen im oberen,
182
Hansen:
mittleren und unteren Teil der Ährenspindel würde jedoch zu weit
führen und 68 wird durch die Feststellung der Ährenform nach Augen-
maß schneller das Ziel erreicht.
D. Die Leintung der Familien und Stämme.
Die Leistung der Famihen und Stämme wird aus den während
der Vegetation gemachten Beobachtungen sowie den Selektions-
aufzeichnungen zusammengestellt. Um die Vererbung der einzelnen
Eigenschaften zu erfassen, werden die Ergebnisse für jede
Eigenschaft der letzten vier Jahre nebeneinander
gestellt, wodurch die Zufälligkeiten und störende
Einflüsse der einzelnen Jahre, welche die Modifi-
kationen bedingen, ausgeschaltet werden. Alle Boni-
tierungen müssen entweder durch die Note 1 — 5 oder in Prozenten aus-
gedrückt» sein (vgl. 111. landw. Ztg. Nr. 11/12: Sinnbildhche Bewertung
der Parzellen und Zuchtpflanzen, vom Verf.).^) Ein Unterstreichen
der guten und schlechten Eigenschaften mit rotem und blauem Stift
erhöht die Übersicht und erleichtert die Wahl.
E. Usancenbuch, Tagebuch u. a.
Jede Zuchtwirtschaft muss mit Beamten- ev. auch Besitzwechsel
rechnen. Daher ist es äusserst wichtig, wenn der Nachfolger in einem
Buch alles Wissenswerte über die Züchtung vorfindet und nicht auf
die teils sehr mangelhaften Angaben der Unterbeamten und Arbeits-
leute angewiesen ist. Das Usancenbuch soll daher enthalten:
I. Herkunft und Beschreibung der einzelnen Zuchten und deren
Zuchtziel.
IL Die Unterlagen für die Buchführung.
IIL Arbeitsmethode über Anlage, Pflege und Abernten der Zucht-
gärten, Selektion.
IV. Div., Inventarverzeichnis, jährliche Wetterübersichten u. a.
Ich habe ein solches Buch, in Mahndorf und Eckendorf aufgestellt
und empfinde es nicht als willkommenen Erbteil für meine Nachfolger,
sondern es sind viele Angaben darin, die des öfteren Nachschlagens
beanspruchen.
Das Tagebuch ergänzt das Usancenbuch. Pro Monat werden
zwei Seiten des Tagebuchs ausgefüllt. Auf der linken Seite werden
pro Zeile die hauptsächlich geleisteten Tagesarbeiten und beschäftigten
Leute kurz notiert, auf der rechten Seite kommen 1. eine Notiz über
1) Referat: Ztschr. f. Pflanzenzüchtung 1918, S. 99.
Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflanzen, 133
das Wetter des Monats, Niederschlagsmenge, Temperatur u. dgl.;
2. Saatenstand; 3. Eingang und Ausgang über erhaltene und versandte
Kornproben und diverse Bedarfsartikel; ferner 4. eine Notiz über ge-
führte Korrespondenz und 5. etwaige Ereignisse, Besuche u. a.
Die täglichen Wetter auf Zeichnungen sowie die Keimversuchs-
ergebnisse werden in einem besonderen Buch eingetragen.
Im wesentlichen entsprechen die Eckendorfer und Mahndorfer
Buchführungen diesen Ausführungen, wobei jede Zuchtstätte ihre
Eigenart wahrt. Geringe Abweichungen und Verbesserungen werden
ständig erforderlich sein, da die Buchführung sich nach den ge-
sammelten Erfahrungen, sowie dem Fortschreiten der Wissenschaft
anzupassen hat.
Eckendorf, April 1918.
134
Hansen;
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Datum
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Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflanzen. 135
Tabelle 3. Beobachtungsschema für Mais.
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Tabelle 5^ Beobachtungsschema für Raps, Mohn, Lein.
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Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VI.
11
136
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Die pflanzenzüchterische Buchführung und Bewertung der Zuchtpflanzen. 137
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Selektionsschema für Roggen
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Korngewicht aller Kolben
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Bemerkungen.
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung
des Rapses.
Vorläufige Mitteilung.
Von
Dr. E. Baumann-Berlin.
(Mit 2 Textabbildungen.)
Folgende vorläufige Mitteilung stellt einen Auszug dar aus einem
umfangreichen Material, für dessen Veröffentlichung die augenblick-
lichen Verhältnisse des Krieges nicht geeignet erscheinen. Die
Arbeit, ursprünglich als einfache Monographie einer Rapszüchtung ge-
dacht, nämlich derjenigen des Herrn H. Lembke in Malchow auf
Peel, Mecklenburg, erweiterte sich in dem Bestreben, die modernen
Grundsätze der Vererbungs- und Züchtungswissenschaft bei derselben
nutzbar zu machen, durch Sonderuntersuchungen des Verfassers an
diesem wie auch an anderem Material zusehends. Massgebend war
dem Verfasser der Wunsch, für die hierbei in Frgae kommenden
Beobachtungen, Erscheinungen und schliesslichen Leistungen die
näheren Zusammenhänge und Ursachen möglichst zahlenmässig zu
finden, was eben zu den erwähnten Sonderuntersuchungen Veranlassung
gab. Es ist klar, dass ein Material aus der züchterischen Praxis nicht
in gleicher Weise beurteilt und wissenschaftlich verwertet werden kann,
wie ein solches, das zur experimentellen Behandlung rein wissen-
schaftlicher Probleme in besonderer Weise zugeschnitten und bei
Prüfung von Vererbungsfragen dazu meist noch in besonderer Weise
begrenzt ist. Bei letzteren handelt es sich meist darum, die Ver-
erbungsweise eines oder ganz weniger Merkmale getrennt zu studieren.
Der praktische Züchter kann dagegen nur mit einer begrenzten Zahl
von Linien und auch mit wechselnden arbeiten, soll er ein praktisch
brauchbares Ergebnis erzielen. Der deutsche Züchter hat sich mit
Recht noch nicht dazu durchgerungen, Form^entrennung mit einfacher
Ertragsprüfung zu verbinden, sondern nimmt hierbei noch mehr oder
minder ausgedehnte morphologische Untersuchungen vor, die aber aus
hier nicht weiter zu erörternden Gründen meist nicht die entsprechende
Verwertung finden. Gleichwohl aber wären diese für die züchterische
Beurteilung sehr wichtig, wenn es durch besondere morphologische
]^4.(j ß au mann:
Untersuchungen gelänge, die Beziehungen festzustellen, die zwischen
den einzelnen morphologischen ]\Ierkmalen und der Gesamtform be-
stehen. Die Form ist ja schliessHch nichts anderes als der Ausdruck
für die innere Anlage und die Wachstumsweise der Pflanze, bezw. ihr
Reaktionsvermögen auf äussere Einwirkungen. Ohne genauere
Fixierungen in dieser Richtung gibt es keinen Nachweis für diese Er-
scheinungen der Anpassung der verschiedenen Formen.
Im folgenden sei nun zunächst zum besseren Verständnis der
späteren Sonderuntersuchungen der allgemeine Verlauf der Züchtung
chronologisch dargestellt. Damit kommen auch die ständig wechseln-
den äusseren Einwirkungen, welche bei gleichbleibendem Züchtungsziel
den Vorgang bei derselben so wechselvoll gestalten, am besten zum
Ausdruck. Ausserdem bieten sie für die genannten Sonderunter-
suchungen die praktische Unterlage.
A. Ergebnisse der Züchtungspraxis.
a) Allgemeiner Verlauf der Züchtung.
Die Züchtung wurde im Jahre 1909 begonnen, also zu einer Zeit.
wo man an die Bedeutung noch nicht dachte, welche der Ölfruchtbau
noch einmal gewinnen würde. Für die Züchtung sprachen ausser der
selbstverständlichen Freude züchterischer Betätigung an dieser in
mannigfacher Hinsicht so ausgezeichneten Pflanze auch die Be-
dingungen, welche den Anbau unter den Verhältnissen der Züchtungs-
stelle bisher noch immer gehalten hatten, nämlich die ungünstigen
Verkehrs Verhältnisse und die kulturellen Vorzüge. Es war hierbei der
Wunsch massgebend, die Erträge sicherer zu gestalten.
1909. Der Winter war äusserst streng, so dass der grösste Teil
der Pflanzen auswinterte. Aus den gut überwinterten Pflanzen wurden
etwa 100 unbeschädigte ausgewählt, von denen 48 eingehend untersucht
wurden, und 19 zum Anbau gelangten. Das Ausleseschema wurde vom
Züchter auf Grund seiner praktischen Erfahrung beim Rapsbau an-
gelegt, wobei insbesondere neben den allgemeinen morphologischen
Charakterisierungen ganz besonders die Einwirkungen der äusseren
Verhältnisse (Winter-. Spätfrost, tierische Schädigungen), sowie be-
sondere, für die Ertragsfähigkeit und den Gebrauchswert wichtige
morphologische Merkmale zum Ausdruck kommen sollten. So schien
z. B. die Zahl der schotentragenden Seitenachsen für die Beurteilung
äusserst wichtig, nachdem die Beobachtung beim Rapsbau gezeigt
hatte, inwiefern durch reiche Verzweigungsmöglichkeiten ungünstige
Standraumverhältnisse und sonstige schädigende Einwirkungen aus-
geglichen werden können. Sehr wichtig erschien die Beachtung der
Schotenform und der Körnerzahl in den Schoten. Eine gekrümmte
Beiträge zur Kenntnis der ßapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 141
Schote neigt leichter zum Platzen wie eine geradere. Auch sonst
zeigten sich Ungleichheiten in der Schotenbildung. Angestrebt wurde
eine mittellange nicht zu sehr gekrümmte Schote mit reichem Korn-
inhalt und ohne Abschnürungen. Die Korngrösse spielte hierbei neben
ihrer Qualität nicht die Bedeutung, welche sonst diesem Merkmal bei-
gemessen wird. Von anderen Gebrauchseigenschaften schien anfangs
eine Verringerung der Strohproduktion wichtig. Die Praxis der
Züchtung führte zwar zur Prüfung eines besonders kurzen Stammes,
der aber in der Ertragsfähigkeit mit den wüchsigeren lange nicht
konkurrieren konnte. Andererseits erwiesen sich unter den längeren
Stämmen einzelne mit kräftigen, nicht zu langen Seitenachsen auch
als ausreichend standfest, so dass auch das Ziel ausreichender Stand-
festigkeit, verbunden mit der Möglichkeit des Maschinenschnitts, sich
praktisch verwirküchen Hess.
1910/11. Auf Grund der Beobachtungen in den Zuchtbeeten
allein schon liessen sich 11 Stämme ausscheiden, welche in mannig-
facher Hinsicht nicht befriedigten, z. B. wegen nicht entsprechender
Ausbildung der Blüten und Fruchtstände, Mischungen von hell- und
dunkelgelber Blütenfarbe. Bereits übertrafen zwei Stämme, nämlich
46 und 4, die übrigen im Kornertrag erheblich. Stamm 46 fiel hierbei
auch durch sein hohes x\usmaß morphologischer Merkmale, aus-
genommen der Korngrösse, auf.
1911/12. In diesem Vegetationsjahr traten allerhand Schädigungen
auf, wodurch die Ausbildung, Ertragsfähigkeit und damit auch das
züchterische Ergebnis erheblich beeinflusst wurden, nämlich ein starker
Winter- und Spätfrost. Hierdurch, wie durch das Auftreten von Schoten-
made und Erdflöhen wurden die Erträge stark, aber individuell ver-
schieden verringert. Als vielseitig widerstandsfähig erwies sich der
sehr wüchsige und stark verzweigte vStamm 46 (Länge 115 cm, Zahl
der Internodien 19, Kornertrag der Einzelpflanze 53 g) gegenüber einer
Zwergform, Stamm 40 (Länge 97 cm, Zahl der Internodien 14. Korn-
ertrag der Einzelpflanze 34 g). Die Widerstandsfähigkeit gegen Erd-
flöhe war in gleicher Weise individuell verschieden, Erscheinungen,
welche sich in gleicher Weise bei den Zuchtbeeten wie bei den Feld-
vermehrungen bemerkbar machten. Ein rasches und kräftiges Auf-
laufen erscheint erforderlich.
1912/13. Gute, normale Entwicklung ohne besondere Schädi-
gungen. Spätfröste schadeten bei fortgeschrittener Entwicklung vor
dem Stadium der Blütenbildung nicht mehr. Im übrigen wurden die
früheren Erfahrungen erweitert und die Auswahl verfeinert; das Er-
gebnis der Leistungsprüfung erfuhr eine Festigung.
1913/14. Von Bedeutung erwies sich die zu geringe Standfestig-
keit des Stammes 45, eine Erscheinung, welche morphologisch sich aus
242 Bau mann:
den langen, aber schwachen Seitenachsen erklärt, welche sich biegen
und den Schnitt mit der Maschine erschweren. Stamm 42 zeigte die
übliche Erscheinung einer langsamen Frühjahrsentwicklung, wodurch
die Widerstandsfähigkeit gegen Spätfrost sich erhöht. Diese Er-
scheinung verband sich aber in vorliegendem Fall mit einer ver-
zögerten Reife. Als Anfang Juli eine Hitzewelle von 28 ° Tagesmittel
eintrat, wurde die Reife plötzUch zum Abschluss gebracht. Die früher
reifenden Stämme hatten eben noch das Korn gut zm^ Ausreifung
gebracht, während dieser später reifere Stamm nicht mehr normal aus-
reifte und ein unansehnliches graugrünes Korn ausbildete. Dadurch
wurde der Kornertrag erheblich in Mitleidenschaft gezogen, während
unter anderen Verhältnissen der Stamm unter Umständen sogar eine
Überlegenheit hätte zeigen können, z. B. bei Eintreten von Spätfrost.
— Stamm 4 zeigte hängenden Wuchs (mit Linienunterschieden) und ist
dadurch nicht immer für Maschinenschnitt geeignet. Stamm 43 ist
ziemlich frühreif, zeigt aber eine zum Platzen neigende Schote. Der
dadurch bewirkte Kornausfall ist erheblich. Bei Stamm 46 Auftreten
einer deutlich verschiedenen Linie mit grosser Staudenlänge, besen-
förmigem Wuchs, aber später Reife und schlechter Kornqualität. Die
Leistungsprüfung bestätigte im übrigen frühere Ergebnisse und ergänzte
sie durch Prüfung des Ölgehaltes. Der ertragreichste Stamm 46 hatte
auch fast den höchsten Ölgehalt.
1914/15. Witterung dauernd günstig. Dadurch keine besonderen
Veränderungen bzw. Verschiebungen der morphologischen Form. Es
machten sich Senkungserscheinungen auf Grund der bereits be-
schriebenen Ursachen wieder besonders bemerkbar, ausserdem Un-
ebenheiten in der Korn- und Schotenbildung, verschiedentlich auch zu
späte Reife. Dadurch Linienzahl erheblich eingeschränkt. Die
Leistungsprüfung zeigt wieder die Überlegenheit des Stammes 46 gegen-
über dem Ausgangsmaterial und den Vergleichssorten. Ein neuer Ver-
such wurde aufgenommen, den Fortschritt der Züchtung und die Kon-
stanz des hauptsächlichst in Frage kommenden Stammes 46 durch
Neuauswahl zahlreicher verschiedener Formen aus dem Feldbestand
und durch deren Vergleichsanbau zu prüfen.
1915/16. Durch Witterung beeinflusst. Feinere morphologische
Unterschiede machten sich bei den Linien noch bemerkbar. Diese sind
aber praktisch nicht mehr von Bedeutung. Besonders auffallend
zeigten sich wieder die Verschiedenheiten in der Raschheit der Früh-
jahrsentwicklung (Schossen)L; Stamm 33 und eine Linie des Stammes 4,
Stamm 46 in einigen Linien, schössen spät. Spätes Schossen ist unter
den Verhältnissen der Züchtungsstelle günstig, da dadurch ein grösserer
Schutz gegen Spätfröste vorhanden ist. — In den Sortenversuchen
stehen die Zuchtsorten in der Ertragsfähigkeit zurück, da der Raps-
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 148
glanzkäfer zu einer Zeit auftrat, als die späteren Sorten in voller Blüte
standen, während die früheren ziemlich abgeblüht hatten. So wies der
frühreife „sächsische" und „kanadische" Raps höhere Erträge auf als
die Zuchtsorte und Lübnitzer, während sonst regelmässig das um-
gekehrte der Fall war.
1916/17. Starker Winterfrost. Dieser bestimmend für die Aus-
lese. Aber nur mehr wenig Unterschiede, da der fast nur mehr in
Frage kommende Stamm 46 bereits einen gleichmässig hohen Grad
von Widerstandsfähigkeit aufweist, den er übrigens durchschnittlich
von Anfang an schon gezeigt hat. Stark mitgenommen ist Stamm 4,
der nunmehr vollständig von der Zucht ausscheidet. Stamm 46 ist im
Sortenversuch sowohl dem Ausgangsmaterial, als auch den Ver-
gleichssorten (Kanadischer, Frobsteier, Poeler Landsorte, Orig.
Sächsischer, Orig. Lübnitzer) gegenüber im Ertrag überlegen. Immerhin
machten sich bei einigen Linien noch schwache Unausgeglichenheiten
bemerkbar, welche zwar praktisch nicht mehr von Belang sind, aber
gleichwohl zu weiteren Linientrennungen führten.
Ergebnis 1909 — 17: Aus allem geht hervor, dass die Züchtung
des Rapses durchaus kein einfacher Vorgang ist und vielmehr vielseitigere
Rücksichtnahme erfordert als die Züchtung vieler anderer unserer ge-
bräuchlichsten Kulturpflanzen. Sie macht insbesondere die Berück-
sichtigung der von Natur aus grossen Empfindlichkeit der Pflanze er-
forderlich, eine genaue Kenntnis der Kulturbedingungen, Beobachtung
der Anpassungserscheinungen sowie der schädigenden Einwirkungen,
und nicht zuletzt mancher Erscheinungen, welche infolge der be-
sonderen Eigenschaften einzelner Merkmale die Ertragsfähigkeit oder
den Gebrauchswert stark beeinträchtigen. Es ist auch zu ersehen, wie
ungemein die züchterischen Ziele wechseln, wie in einzelnen Jahren die
unbeeinflusste, d. h. ohne besonders schädigende Einwirkungen sich
darstellende Ertragsfähigkeit der Formen zum Ausdruck kommt,
während in anderen Jahren ausserordentlich zahlreiche Faktoren zu-
sammenwirken und die Beurteilung erschweren.
b) Praktisch -züchterische Ergebnisse im einzelnen.
1. Der Vorgang der Züchtung, der Einrichtung der Zuchtregister
und Beobachtungstabellen erfolgte vom Züchter auf Grund der Er-
fahrungen eines an der Züchtungsstelle seit Generationen durch-
geführten Anbaues, und trug in ganz besonderem Maße der besonderen
Empfindlichkeit der Rapspflanze gegenüber den klimatischen und
tierischen Einwirkungen Rechnung.
2. Die Zuchtziele bezweckten die Erreichung einer höheren Er-
tragsfähigkeit vor allem durch Steigerung der Sicherheit der Erträge
und eine Erhöhung des wirtschaftlichen und technischen Wertes der
14:4. Baumann:
Ausgangssorte. Ersteres Ziel wurde erreicht, durch Auswahl von.
Formen natürhcher hoher Produktivität infolge Beseitigung jener
morphologischen Eigenschaften, welche die Ertragsfähigkeit ungünstig
beeinflussten. so von: Pflanzen mit abgeschnürten Schoten, die zwar
grössere Körner, aber eine geringere Ertragsfähigkeit aufweisen; x\us-
schaltung von Pflanzen mit säbelförmiger Schote, die leicht zum Platzen
und dadurch zu - Korn Verlust neigen, sowie solcher, bei denen die
Körner in der Schote vor der Ernte platzen. Pflanzen mit stark ab-
weichender variierender ßlütenfarbe waren ursprünglich recht häufig.
Als ein Merkmal von ganz besonderer Bedeutung aber erwies sich die
Zahl der Internodien und ganz besonders der schotentragenden Seiten-
achsen, weil diese einen Maßstab für die Fähigkeit bilden konnten, un-
günstige Standraumsverhältnisse zum Ausgleich zu bringen. Beim
letzteren Zweck der Auswahl von Formen mit grosser Wirtschaftlich-
keit und erhöhtem technischen Gebrauchswert, kommt es vor allem
darauf an, dass die Reife so rechtzeitig erfolgt, dass zwischen Ernte
des Rgipses und Anbau der darauffolgenden Winterfrucht ausreichend
Zeit für die nötigen Bestellungsarbeiten bleibt. Eine zu späte Reife
wäre von erheblichem Nachteil, so sehr dadurch auch die Ertragsfähig-
keit günstig beeinflusst würde. Besonders fällt das ins Gewicht in
Gegenden mit verzögerter Reife wie in den Küstengegenden, oder mit
früherem Anbau der Winterfrucht, wie im Osten. Der Vorzug des
Winterölfruchtbaues beruht nicht zum geringsten Teile in der günstigen
Verteilung der Arbeit. Hierzu kommt noch die Erreichung einer aus-
reichenden Elastizität und Standfestigkeit, wodurch der Schnitt mit
der Maschine sich ermöglicht. Die Erhöhung der Ertragssicherheit
ergibt sich auch aus der Berücksichtigung der erstgenannten Zuchtziele.
3. Widerstandsfähigkeit gegen äussere Einwirkungen.
a) Widerstandsfähigkeit gegen Winterfrost. Gleich zu Beginn
der Züchtung machten sich deutliche Unterschiede bemerkbar, und
Veranlassung zu Auslesen nach dieser Richtung waren wiederholt ge-
geben. Sie führten zur besonderen Berücksichtigung des Stammes 46,
eines Stammes, der sich vor anderen durch sein dunkelgrünes Blatt
kennzeichnet.
b) -Widerstandsfähigkeit gegen Spätfrost. Unter den Verhältnissen
der Züchtungsstelle hegt die Hauptspätfrostperiode zwischen dem 1.
und 11. April. Herrscht vor diesem Zeitpunkt noch eine relativ niedere
Temperatur (um 5 — 7*^), so dass das Schossen nur langsam und ver-
zögert erfolgt, so ist das ohne nennenswerten Schaden für die Pflanzen.
Besteht aber vorher bereits eine höhere Temperatur, so dass das
Schossen bereits eingetreten ist, so können, je nach Zusammentreffen
der Knospenbildung und des Spätfrosts, jene Formen im Vorzug sein,
welche sich langsamer entwickeln. Ein Unterschied in der Knospen-
Beiträge zur Kenntnis der Rapepflanze und zur Züchtung des Rapses. 145
bildung von 8 Tagen spielt hier schon eine bedeutsame Rolle, wie sich
aus den Züchtungsversuchen in verschiedenen Jahren eindeutig be-
merkbar machte. Die Stammes- und Linienunterschiede waren erheb-
lich und kamen in der Wirkung auf die Ertragsfähigkeit deutlicher
zum Ausdruck wie diejenigen der Winterfestigkeit.
c) Eintreten von Hitzeperioden zur Zeit der Reife. Dadurch
werden später reifende Stämme in der Ausreifung stark beeinträchtigt,
so dass unter Umständen ein graugrünes, unausgereiftes Korn und
ein sehr geringer Ertrag zustande kommt. Unter anderen Ver-
hältnissen aber kann diese Verzögerung der Reife von einer nicht un-
erheblichen Ertragssteigerung begleitet sein.
d) Widerstandsfähigkeit gegen Erdflöhe. Das Auftreten von
Erdflöhen wird begünstigt durch grosse Trockenheit des Bodens und
der Luft. Rasche, kräftige Herbstentwicklung begünstigt die Wider-
standsfähigkeit, wie aus gleichlaufenden Stammesunterschieden in den
Zuchtbeeten wie im Feldbestand zu erkennen war. Es scheinen aber
auch die Geschmacksverhältnisse der Blätter den Befall zu beeinflussen.
e) Widerstandsfähigkeit gegen Rapsglanzkäfer. Eine absolute
Widerstandsfähigkeit gibt es nicht. Es kommt ganz auf den Zeitpunkt
der Hauptblüte gegenüber dem Käferbefall an, welcher Zeitpunkt je
nach Jahren sich verschieben kann.
Der praktische Nachweis für den Züchtungs erfolg ist natürlich
für den Züchter in seinen Versuchen erbracht, worüber Verfasser be-
richtet hat.^) Leider besteht im Sortenprüfungswesen bei den Öl-
früchten eine Lücke, insofern neuere^) systematische Versuche mit diesen
nicht durchgeführt wurden. Erst neuerdings sind solche von Prof. Dr.
Wacker und Prof. Dr. -Kleb er g er veröffentlicht.^) Das Fehlen
solcher öffentlicher Versuche macht sich insofern bemerkbar, als neuer-
dings Bestrebungen laut wurden, welche den Landsorten eine grössere
Anpassung, insbesondere auch ein besseres qualitatives Ergebnis zu-
sprachen. So sehr es natürlich zu begrüssen ist, wenn unter besonders
extremen klimatischen Verhältnissen angepasste Sorten sich behaupten.
*) Baumann, Dr. E., Ein Beitrag z. Sortenfrage von Winterraps und zu
Sortenversuchen. 111. Landw. Ztg. 1917, Nr. 69.
') Ältere Darstellungen und Versuche über Züchtung und Sortenfrage:
Fruvrirth, C, Raps- und Rübsenzüchtung. Naturw. Z. f. L. u. P. 1903,
Heft 10.
Fruwirth, C, Ein Sortenversuch mit Winterraps. F. L. Z. 1905, S. 640.
Remy, Th., Sortenversuche mit Winterölfrüchten. D. L. Fr. 1905, Nr. 54.
Systematische Versuche über die Züchtung des Rapses hat v. Rümker
angestellt.
8) Kleberger, Prof. Dr., Mitt. d. D. L.-G. 1916, Stück 36; 1918, Stück 96.
Wacker, Prof. Dr., Ergebnis langjähriger Sortenanbauversuche bei Raps und Rübsen.
Wtb. Wochenbl. f. Landwirtsch. 1918.
j^ß Baumann:
so darf doch der Mangel an Nachweis hierfür nicht dazu führen, Sorten
zu verdrängen, welche in mehrjährigem Anbau unter den verschieden-
sten Verhältnissen einen hohen Grad von Anpassung und eine hohe
durchschnittliche Leistung bereits erwiesen haben.
Vorausgehend ist Aufschluss über die massgebenden Gesichts-
punkte bei einer Züchtung der Praxis erteilt. Es soll aber nicht ver-
gessen sein, auch auf die Darstellungen über den gleichen Vorgang
durch Prof. Dr. Fruwirth^) und Prof. Dr. v. Rümkers) hinzu-
weisen, aus welchen Vergleichen sich gleichartige wie differente Ge-
sichtspunkte ergeben.
Im folgenden nun soll versucht werden, eine wissenschaftliche Er-
klärung für die vorkommenden Erscheinungen der ,,Form", Wachstums-
weise und der Anpassung zu finden. Diese Untersuchungen können
Unterlagen für weitere Züchtungsarbeiten geben, ausserdem auch zur
Erklärung zahlreicher allgemeiner Erscheinungen bei den übrigen
Kulturpflanzen und deren Züchtung dienen.
B. Wissenschaftliche Behandlung der hauptsächlichsten in der
Züchtungspraxis des Rapses vorkommenden Fragen.
Die Untersuchung gliedert sich den einleitend erwähnten Ge-
sichtspunkten entsprechend in folgende Abschnitte:
I. Morphologie. IL Physiologie des Wachstums. III. Ökologie.
IV. Genetik. V. Systematik. Abschnitt C bringt eine Zusammen-
fassung dieser Ergebnisse, sowie auch der Züchtung selber unter dem
Gesichtspunkt der praktischen Anwendbarkeit.
I. Morphologie der Rapspflanze (siehe Abb. 12 u. 13).
Untersuchungen über die Morphologie der Rapspflanze sind mir
nicht bekannt. Allgemeine Angaben, z. B. „Buschform, Baumform,
Besenform" usw. reichen natürlich für wissenschaftliche Unter-
suchungen nicht aus.
Die morphologische Grundform der Rapspflanze ist eine Traube,
bei weitergehenden Verzweigungen der Seitenachsen unter Umständen
eine Traubenrispe. Die spiralige Anordnung der Seitenachsen ist
^/g Divergenz (= Verschiebung). Die Anordnung der Seitenachsen
gegenüber der Hauptachse ist ..racymös", d. h. die Seitenachsen reichen
in ihrer Länge nicht über den Gipfel der obersten Blütenachse hinaus.
Die Anordnung mit ^/g Divergenz trifft auch bei den Seitenachsen und
*) Fruwirth, C, Handbuch der landw. Pflanzenzüchtung, Bd. II, 3. Auil.
Berlin 1918.
*) V. Rümker, Beitrag zur Rapszüchtung. Mitt. d. landw. Instituts d. Kgl.
Universität Breslau Bd. 5, Heft 1. Verlag von Paul Parey, Berlin 1909. Siehe auch:
V. Mandeki6. Beiträge z. Kultur u. Züchtung d. Rapses. Mitt. d. landw. Inst.
Breslau Bd. 6, Heft 4. Berlin 1912.
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 147
der obersten Blütenregion zu, doch ist sie bei diesen nicht so regel-
mässig durchgebildet. An Haupt- und Seitenachsen sind jene untersten
I
Jnfernodo
Gliederung der Hauptachse (Zuwachskurve).
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Zah/.d.Jnf. 12 13 1^
Abb. 12. Morphologie der Rapspflanze.
3
76
1
17
Knospen bemerkenswert, bei welchen die Seitenachsen höherer Ordnung
zur Entwicklung gelangen, ausserdem die Lage der „Umläufe", d. h.
jener Punkte, welche die Internodien erreichen, wenn sie von Knospe
zu Knospe wandernd, wieder in die ursprüngliche Lage längs einer
Mantellinie der Hauptachse gelangen. Von diesen Internodien sind aus
148
Baumaan:
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Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 149
naheliegenden Gründen das erste, achte, sechszehnte usw. besonders
bemerkenswert. Diese morphologische Grundform erfährt nun eine
besondere Ausgestaltung, je nach der Individualität, den äusseren Ein-
wirkungen und insbesondere dem Standraum der Pflanze, wie im
folgenden näher ausgeführt werden soll.
Die Gliederung der Hauptachse. Die Hauptachse zer-
fällt in Jenen Teil, an dem Seitenachsen zur Entwicklung gelangen oder
gelangen können, sowie in einen achsenfreien oberen Teil, der sog.
„obersten Blütenregion". Dieser erstere Teil enthält zweierlei Knoten,
nämlich jene, welche aus der Herbst- und Winterentwicklung der
Pflanzen herrühren, äusserst gedrängt stehen und die Träger für die
Blattanlage bis zur Frühjahrsentwicklung darstellen. Oberhalb dieser
sind jene angeordnet, welche erst im Verlaufe der Frühjahrsentwicklung
entstehen, und in der erwähnten gesetzmässigen Weise angeordnet sind.
Die Gliederungsverhältnisse der Hauptachse kommen am besten
zum Ausdruck in der Form der „Zuwaöhskurve" (Abb. 12, 1). Diese
entsteht duixh Antragen der aufeinanderfolgenden Internodienlängen als
Ordinaten zu den zugehörigen Knoten als Abszissen. Die hieraus ent-
stehende Kurve ist eine Parabel, und zwar bis zu dem Teil, der dera
Übergang in die oberste Blütenregion entspricht. Jedoch bereits 2 bis
3 Internodien vor diesem Punkt (Wendepunkt) tritt eine merkbare An-
näherung der Kurve an die Symmetrieachse ein, wodurch der t'Jbergang
in die oberste Blütenregion angedeutet wird. Von hier aus werden, ent-
sprechend dem Fehlen von Seitenachsen, die Internodien zunehmend
enger, bis die äusserst zahlreichen Blüten schliesslich eine geradlinige
Abnahme in ihrer gegenseitigen Entfernung zeigen. Dieser A^erlauf ist
bei allen Stämmen eindeutig feststellbar, jedoch ist die Form der Parabel
eine verschiedene, je nach Stamm oder Linie. Durch die Gleichung der
Parabel y^=:2px ist eine unendliche Zahl möglicher Gliederungsver-
hältnisse dargestellt, y stellt hierbei das Internodium, x dessen Länge
dar. Xmax. ist die Zone stärksten Wachstums, p/o ist die Brennweite
der Parabel oder die Entfernung der Leitlinie vom Scheitelpunkt.
Durch Brennpunkt und Leitlinie lässt sich auch jeder Punkt der Parabel
konstruktiv ermitteln. Die von der Parabel begrenzte Fläche bis zu
ihrem Wendepunkt stellt gleichzeitig die Länge der Hauptachse bis
zum Beginn der obersten Blütenregion dar. Die Zahl der möglichen
Parabeln ist aber eine begrenzte. Diese Grenzen sind gegeben durch
Xmax. und das zugehörige y. Ersteres stellt die Zone stärksten Wachs-
tums der Hauptachse dar, letzteres die Nummer des zugehörigen Inter-
nodiums. Innerhalb einer Population sind beide Werte begrenzt.
Diese Begrenzung ist auch in anderer Weise feststellbar.
150
B au m ann:
Ordnet man innerhalb einer Population die Pflanzen nach ihrer
Länge, innerhalb derselben nach Zahl der Internodien, so zeigt sich,
dass beide dui'chschnittHch gleichsinnig korrelativ zueinander sind.
In gleicher Weise erhöht sich damit auch die Zahl der schotentragen-
den Seitenachsen, deren Ansatz an der Hauptachse sich aber zu-
nehmend höher verschiebt. Verbindet man die Linien gleichen Umlauf?
miteinander, so ist die zweite Umlauflinie zur Basis annähernd parallel,
während die dritte eine ziemlich regelmässge, deutlich absteigende
Richtung einnimmt. Diese Erscheinung findet dadurch ihre Erklärung,
dass die Entfernung der Internodien mit zunehmender Zahl immer
geringer wird.
Daraus geht hervor, dass die Begrenzung der möglichen Ghede-
rungsverhältnisse dadurch erreicht wird, dass mit der Zunahme der
Länge und der Zahl der Internodien wie der schotentragenden Seiten-
achsen eine Abnahme der Internodienlänge eintritt. Auf diese Weise er-
reicht die Pflanze, dass ihre Länge sich nicht ins Ungemessene ausdehnt,
je wüchsiger sie wird, dass eine Massenzunahme nicht in erster Linie eine
Zunahme der Vegetationsorgane bedeutet, endlich dass eine Erhöhung
des Gewichts, der Länge und der Produktivität der Pflanze mit einer
ausreichenden Standfestigkeit verbunden ist. Eine Begrenzung der
möglichen Gliederungsverhältnisse ist innerhalb einer Population durch
die unteren und oberen Grenzwerte der Längen und Zahl der Inter-
nodien gegeben. Diese gesetzmässige Aufeinanderfolge ist als
„Kontinuität der Entwicklung" zu bezeichnen (siehe
Abb. 12, 3).
Die hauptsächlichsten Stämme, deren morphologische Form ge-
nauer vom Verfasser untersucht wurde, zeigen diese Kontinuität
deutlich. Die Orientierung der Gliederungsverhältnisse der HA (Haupt-
achse) ist für das Material 1915 gemäss der Gleichung der Parabel
durch folgende Werte gegeben.
Stamm
y
Xmax.
p/2
Bemerkungen.
4
12,5
75
77
5,2
5,5
9,2
7,2
9,2
9,2
p/2 = Halbparameter.
43
13,0
14,5
X = Länge des Internodiiims.
33
57
Xmax. — Internodium stärkster Streckung.
y = Bezeichnung des Internodiums.
L = f X (= Länge der Hauptachse).
= (Aus einem Feldbestand : „H").
46.1
46.6
46. H
13,5
15,5
15,0
63
65
61
Mittel :
13,8
67,4
7,26
= (Ohne 46 . H).
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 151
Aus diesen Werten ist die Kontinuität der Formen, wie deren
Gliederungsverhältnisse ersichtlich.
Ansatz, Längen- und Gliederungsverhältnisse
der Seitenachsen 1. Ordnung (SAl).
Der unterste Ansatz der Seitenachsen an der Hauptachse ist durch
zwei Momente hauptsächlichst bedingt, durch das Gesetz der Kon-
tinuität und durch den Standraum. Letzterer ist beim Raps sehr Ver-
änderungen unterworfen durch Winterfrost und tierische Schädlinge,
bei letzteren insbesondere durch Erdflöhe. Die Möglichkeit, noch in
einem späten Entwicklungsstadium ausgleichend durch Neubildung
tiefer liegender Seitenachsen oder solcher höherer Ordnung wirken zu
können, bietet für den Raps ein wichtiges Schutzmittel, eingetretenen
Schädigungen noch nachträglich entgegenwirken zu können. Je nach
dem Zeitpunkt, in dem derartige Bestands Veränderungen eintreten,
aber auch durch sonstige Zufälligkeiten, welche einen ungleichen Stand
bewirken, können natürlich Formveränderungen, z. B. Verkürzungen
usw. der Einzelpflanze eintreten, wodurch beim Vergleich derselben
die Erscheinungen der Kontinuität (und auch Vererbbarkeit) verwischt
werden. Je gleichmässiger dagegen der Bestand, um so deutlicher muss
sie natürlich, namentlich im Durchschnitt einer grösseren Zahl von
Individuen in die Erscheinung treten. In Abschnitt IV sind ausserdem
die abändernden individuellen Unterschiede näher berücksichtigt
(S. 162).
Der Entwicklungsverlauf (Periodizität) (siehe Abb. 12, 2) der
Seitenachsen kommt in folgender Weise zum Ausdruck. Denkt man sich
die Seitenachsen einseitig in horizontaler Lage angeordnet, so verläuft
die Verbindungshnie dieser Gipfel ziemlich geradlinig in Richtung zum
Gipfel der obersten Blütenregion. Sie schliesst mit der Hauptachse
einen Winkel von 43 — 45^ ein, d. h. die Racymosität ist durch diesen
Winkel zum Ausdruck gebracht. Der Abstand dieser Geraden von einer
45 " geneigten, stellt die relative Abnahme der Länge der Seitenachsen
dar, je mehr ihr Ansatz sich der Basis nähert. Die tiefer hegenden
Achsen sind ja absolut länger, relativ aber verkürzen sie sich etwas.
Ausser dieser Geraden ist auch noch die Verbindungslinie des
Ansatzes der obersten Blütenregion bei Haupt- und den Seitenachsen
bemerkenswert. Diese läuft annähernd parallel zur obersten Gipfellinie.
Endlich kommt zu diesen Linien noch die Verbindungslinie des
tiefstliegenden Ansatzes der Seitenachsen zweiter Ordnung an den-
jenigen erster Ordnung. Auch diese verläuft im Durchschnitt gerad-
linig, bei Einzelpflanzen aber nicht regelmässig vom Ansatz der
obersten Blütenregion der Hauptachse an mit zunehmender Entfernung
von der Achse.
Zeitschrift für PflanzenzüchtunK. Bd. VI. 12
152
Baumann:
Seitenacheen 2. Ordnung (SA 2).
Die Ausbildung der SA 2 entspricht ebenfalls den allgemeinen
Gesetzen der Periodizität. Ihre Zahl nimmt im allgemeinen von den
oberen SA 1 nach den unteren zu, entsprechend der höheren Zahl von
Internodien bis zum Beginn der obersten Blütenregion bei diesen. In
gleichem Sinne nimmt ihre Länge bei den tiefer stehenden Achsen zu.
bei den tiefsten dagegen wieder etwas ab. Treten dagegen an den
tiefer liegenden Achsen stärkere Verzweigungen ein, dann wird mit der
Zunahme derselben die Länge der Zweige geringer. (Entsprechend der
Hauptachse; auch als Folge äusserer Einwirkungen.) Die gleichen
Gesetzmässigkeiten, welche sich innerhalb der einzelnen Pflanze oder
bei Pflanzen gleicher Abstammung (mehr oder weniger reinen Linien)
geltend machen, sind auch im Vergleich verschiedener Formen zu er-
kennen. So z. B. hat Stamm 4 wenige, aber lange SA 2, die Stämme 46
und 33 dagegen kurze, aber zahlreiche. Das gleiche gilt für Spaltungen,
wie z. B. bei Stamm 42. Jedoch ist diese allgemeine Gesetzmässigkeit
keine regelmässige, sie wird vielmehr vielfach durchbrochen.
Beziehungen zwischen HA, SAl und SA2.
Die Besprechung dieser Beziehung stellt bloss den Versuch einer
ersten Orientierung dar, da die Untersuchung aus praktischen Gründen
sich nur mit einer beschränkten Zahl von Formen befassen konnte.
VV^enn innerhalb der einzelnen morphologischen Merkmale eines
Individuiuns gesetzmässige Beziehungen bestehen, welche die Formen-
gestaltung bei diesen regulieren, so ist zu vermuten, dass auch beim
Vergleich verschiedener Formen die gegenseitigen Beziehungen dieser
Merkmale nicht der Willkür unterworfen sind, sondern dass mit Modi-
fikationen die gleichen oder ähnliche Gesetzmässigkeiten auftreten.
Diese Beziehungen kommen natürlich am einfachsten und deutlichsten
durch den Vergleich der Kontinuitätstufen zimi Ausdruck, weil bei
diesen die ganzen Gesetzmässigkeiten für die Bildung der einzelnen
Bestandteile mit einbezogen sind.
Kontinuitätstufe der
Stamm
HA
SAl
SA 2
4
II
IV
II Lang, wenig zahlreich.
33
IV
11
III Mittellang, zahlreich.
42
—
—
(II) Ahnlich 4 mit Übergang zu 46.
43
I
111
IV Sehr lang, sehr geringe Zahl.
46
III
1
I Kurz, zahlreich.
Hieraus ist hinsichthch der HA und SAl auf eine Ver-
tauschung der Kontinuitätsfolge zu schhessen, die sich auch auf die
SA 2 überträgt.
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 153
Mit der Zunahme der Kontinuität vermehrt sich die Länge der
Pflanze, die Zahl ihrer Internodien, die Zahl der Seitenachsen, deren
unterste Ansatzstelle sich zunehmend höher verschiebt. Mit der Zu-
nahme der Internodienzahlen geht einher eine Verringerung ihrer
Länge. Die Kontinuität der Seitenachsen gegenüber der Hauptachse
verläuft nicht in gleichem Sinne, denn je länger die HA und je grösser
die Zahl ihrer Internodien, um so geringer erscheinen im allgemeinen
die Längen der SA 1, z. B. im Vergleich von Stamm 4 und 33 bzw. 43
und 46.^) Dagegen scheinen die Internodiendichten an Haupt- und
Seitenachsen ziemhch parallel zu laufen. Weitläufige Internodien-
stellungen an den SA i entsprechen grösserer Achsenlänge bei den
SA 2 bei geringerer Zahl derselben.
Diese Gesetzmässigkeiten gelten nicht nur innerhalb einzelner
Pflanzen, sondern im Vergleich der Pflanzen verschiedener Formen,
endlich bei Formenveränderungen durch den Standort, scheinen dem-
nach als ein allgemeines Gesetz der Formenbildung aufgefasst werden
zu können. Durch Berthold^) ist dieses Gesetz in folgender Weise
zum Ausdruck gebracht worden: „Bei Halmen, welche die Ghederzahl
bei üppigen Bedingungen vermehren, kann dies als ein Regulator für
die Behinderung der Entstehung zu grosser Internodienlängen an-
gesehen werden." C. Kraus ^) drückt diese Gesetzmässigkeit in
folgender Weise aus: ,, Gliederzahl und Länge stehen auch sonst in
gegensinniger Beziehung."
Die besprochenen morphologischen Bildungsgesetze erfahren
jedoch unter verschiedenen genetischen Bedingungen einige Modi-
fikationen, welche in Abschnitt IV näher zu besprechen sein werden.
Obige Gesetze gelten zunächst für Populationen, also im Vergleich
verschiedener Formen oder innerhalb solcher, welchen noch eine
grössere Konstanz mangelt.
IL Physiologie der Rapspflanze.
Zu den physiologischen Verhältnissen gehören die Gesetze des
Stoffwechsels, des Kraftwechsels und der Formenbildung. Von diesen
kommen die letzteren ausschliesslich zur Untersuchung, weil aus ihnen
die .Beziehung der morphologischen Form zu den Wachstums-
verhältnissen in die Erscheinung tritt. Die Form ist ja schliesslich
nichts anderes als der Ausdruck einer besonderen Art der Entwicklung.
') Auch aus Gründen der Zweckmässigkeit dürfte sich die Schwierigkeit ergeben,
an einer grossen Zahl enggestellter Internodien auch noch lange (massige) SA 1 = SA 2
anzuordnen. Wohl aber kann man sich eine Form vorstellen, wie Stamm 40 (Korre-
lationsbrecher), einer Zwergform, die geringe Länge mit zahlreichen dicht gestellten
Internodien und reicher Bildung von SA 1, 2 vereinigt. Jedoch erwies sie sich nicht
als ausreichend produktiv.
*) Bert hold, G., Untersuchungen z. Physiologie pflanzl. Organismen II, S. 26.
2) Kraus, C, Gliederung d. Gersten- u. Haferhalmes. Stuttgart 1905.
12*
154
Baumann:
a) Die allgemeinen Verhältnisse der Entwicklung der Rapspflanze.
Die Entwicklung der Rapspflanze ist zu unterscheiden in eine
Herbst- und in eine Frühjahrsentwicklung. Je günstiger erstere. um
ßo besser ist das auch hinsichtlich der letzteren. Im Herbst gelangen
je nach Witterungsverhältnissen und Standraum eine verschiedene Zahl
und Länge von Internodien zur Ausbildung. Bei zu dichtem Stand-
raum und zu warmer Herbstentwicklung werden die Herbstinternodien,
an denen sich die Blattanlagen befinden, gestreckter, was zu „Hoch-
beinigkeit" und bei üppiger Sommerentwicklung zu Senkungs-
erscheinungen von der Wurzel aus führt. Aus diesen Knoten gelangen
eine mehr oder minder grosse Zahl von Blättern zur Entwicklung,
welche im Laufe des Winters oder mit dem Beginn der Frühjahrs-
entwicklung absterben.
Die Frühjahrsentwicklung beginnt etwa bei Einwirkungen von
Temperaturen von 5 (bis 7) Grad (siehe Abschnitt HI). Im weiteren
Verlaufe kann je nach der Höhe der Aussentemperatur das Wachstum
sehr rasch erfolgen, so dass die Frühjahrsentwicklung in wenigen
Wochen in der Hauptsache durchgeführt ist. Die Pflanze erreicht
hierbei Längenzunahmen von 6 — 8 cm täglich, bei einer Temperatur
von 20° und gutem Ernährungszustand. Die Entwicklung schreitet
von unten nach oben vorwärts. Längst, bevor die oberste Blütenregion
zur Enüväcklung gelangt, haben sich aus den unteren Knoten die ersten
Seitenachsen gebildet. Ein weiterer erkennbarer Abschnitt in der
Entwicklung ist der Beginn und das Ende der Blüte. Auch diese er-
folgt der Reihe der Entstehung der Achsen entsprechend während
eines längeren Zeitraums von etwa vier Wochen. Auch in diesem
Entwicklungsverlauf ist die Periodizität deutlich ausgeprägt.
Diese Entwicklung ist aber nach Raschheit und Art in den ein-
zelnen Abschnitten verschieden. Besonders deutlich kommt das in der
obersten Blütenregion zum Ausdruck. Die Entwicklung erfolgt in der
beim Raps normalen Weise, nämlich von unten nach oben, entsprechend
dem Verlauf der Blüte. In einem besonderen Fall ist der Blütenstand
insbesondere nach oben stark verdichtet (Pilzform). In diesem Fall
erfolgt die Art des Aufblühens genau so wie oben beschrieben, jedoch
vollzieht sich die Streckung langsamer wie bei weniger dicht ge-
stellten obersten Blütenregionen.
b) Entwicklung im besonderen.
Die Herbst- wie die Früh Jahrsentwicklung ist je nach Individua-
lität rascher oder langsamer, was für die Anpassung der Pflanze an die
Temperaturverhältnisse, also hinsichthch der Widerstandsfähigkeit
gegen Spätfrost von ganz besonderer Bedeutung sich erwies. Diesen
Verhältnissen der züchterischen Praxis hat Verfasser durch besondere
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 155
Untersuchungen Rechnung getragen, indem er den Entwicklungsverlauf
durch periodische Messungen an 22 Pflanzen verschiedener Formen
genauer festlegte. Es wurden hierbei die Internodien der Hauptachse
in Abschnitten von 5 zu 5 Tagen gemessen, nämhch am 26. April,
1.. 6. und 11. Mai 1915.
Ausser dem erwähnten Verlauf der Streckung von unten nach
oben sind noch eine Reihe anderer Beziehungen festzustellen.
1. Zusammenhang von Entwicklung und Form. Letztere ergibt
sich in ihren Grundelementen, wie aus Abschnitt I zu ersehen war, aus
der Länge der Pflanze, der Zahl ihrer Internodien bis zum Beginn der
obersten Blütenregion, und der Lage der Zone stärksten Wachstums.
Die kürzeren Formen haben eine geringere Zahl, aber längere Inter-
nodien als die längeren. Im allgemeinen wird die Zone stärksten
Wachstums nach einem um so höheren Internodium und um so höher
verlegt, je länger die Pflanze, je geringer also die Entfernung der
Internodien voneinander ist (Internodiendichte). Diese Art der Ent-
wicklung bezweckt die Verhinderung zu grosser Internodien- und
Gesamtlängen der Pflanzen, wie der Seitenachsen, wodurch Senkungs-
und Biegungserscheinungen vermieden werden. Ausserdem steht sie in
Zusammenhang mit der Möghchkeit der Vermehrung der Produktivität
der Einzelpflanze durch Vermehrung ihrer Achsen.
2. Die unterschiedüche Entwicklung der Formen. Die ver-
schiedenen Formen unterscheiden sich einmal durch Einreihung in eine
bestimmte Stufe der Kontinuität (morphologisch), physiologisch durch
Unterschiede in der Wachstumskurve. Die hierbei einmal gegebene
Richtung in der Entwicklung wird beibehalten, was am deutlichsten
aus dem Vergleich der Parameter zu diesen Stadien zu ersehen
ist. Die Gesamtentwicklung kann aber rascher oder langsamer pder
mit verschiedenem Verlauf erfolgen, wie das in folgender Tabelle zu
ersehen ist. Diese Zahlen entsprechen Durchschnittswerten aus den
untersuchten 22 Pflanzen 1915.
Linie
Länge
V
y(x)
Xmax.
P/a
1
2
3
Mitt.
1
2
3
1
2
3
1 2 3
Mitt,
33
4
46
161
166
174
7,26
6,68
7,30
6,54
5,90
6,90
4,80
4,30
3,51
6,20
5,77
5,78
8,5
10,6
12,2
11.7
13,0
14,6
(12,7)
15,5
68,1
75,8
70,3
88,0
89,8
82,8
(94)
90,0
2,65
3,78
5,47
3,91
5,
6,55
4,34
52
6,91
3,63
4,57
6,13
Besser wären die Verhältnisse graphisch zu ersehen, doch können
diese Darstellungen in vorhegender gedrängter Zusammenfassung nicht
aufgenommen werden. Am deutlichsten kämen hierbei die Wachstums-
geschwindigkeiten durch den zweiten Differenzialquotienten der Ge-
schwindigkeit: dv = ^,^. zum Ausdruck, (v = Raschheit der Ent-
156 B aum ann:
Wicklung; 1 = Länge der HA in verschiedenen Zeitabschnitten; t -=■
Zeitraum für die Entwickhingsabschnitte.)
III. Ökologie.
Die „Ökologie" umfasst alle äusseren Einwirkungen der Pflanzen,
wodurch deren verschiedene individuelle Anlage zum Ausdruck kommt.
Im folgenden interessiert von diesen ökologischen Faktoren ausser den
tierischen Schäcügungen ganz besonders der Einfluss des Klimas, wo-
durch die Entwicklung und damit in Zusammenhang die morpho-
logische Form der Pflanze beeinflusst wird. Durch den Zwang zur
Anpassung wird für die Summe der Individuen einer Art oder Gattung
oder ..Population" ein „Periodenzwang" ^) geschaffen, der als die
„allgemeine klimatische Periodizität" bezeichnet werden kann. Die
verschiedenen Individuen (Linien) reagieren in verschiedener und
durch die klimatischen Grenzwerte umschriebener Weise auf diese
Verhältnisse. Die Frage der klimatischen Periodizität ist daher auch
für die* Züchtung von besonderer Bedeutung, so dass sie vor anderen
Teilfragen zunächst einer Lösung zugeführt werden muss. Sie findet
ihren endlichen Ausdruck in der ., ökologischen Form".
Die klimatischen Unterschiede ^) sind bedingt durch die Licht-
intensität, den Wärmeverlauf und die termischen Grenzen. Menge und
Verteilung der Niederschläge und Luftfeuchtigkeit, und die Boden-
einflüsse. Das Licht wirkt wachstumsverzögernd, während es die
chemischen Synthesen beschleunigt. Die Wärme begünstigt das
Wachstum. Unter sonst gleichen Verhältnissen nimmt die Wachstums-
geschwindigkeit mit der Temperatur zu, mit fortschreitender Ent-
wicklung aber trotz der Zunahme der Temperatur ab. Hinsichthch der
Feuchtigkeit ist nicht die Regenzeit, vielmehr die Trockenheit ent-
scheidend, und der Einfluss des Bodens kann insbesondere durch sein
Verhalten zum Wasser den periodischen Verlauf zwar verschieben, ihn
aber in seinen Grundlagen nicht verändern.
Die Werte, bei welchen eine „phänologische Erscheinung" be-
ginnt oder verläuft, werden als „Schwellenwerte" bezeichnet. Die
Zahlen (Zeit. Temperatur) sind an und für sich zunächst nur klimatisch
von Belang, eine besondere Bedeutung aber bekommen sie dadurch,
dass unter gleichen Aussenverhältnissen die Indi"\dduen ein ver-
schiedenes Reaktionsvermögen aufw^eisen. Um aber dieses näher zu
charakterisieren, ist zuerst die allgemeine klimatische Periodizität des
Rapses an der Züchtungsstelle festzulegen.
''i Drude, Ökologie der Pflanzen. Braiinschweig 1913. S. 162.
-^ a. a. 0. S. 147.^
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 157
Mittel
1911-1917.
Zeitpunkt für
Temperaturen (Grad)
Tage
02
0
CD
«3
an
0
CO
Blüte
=2.
CO
g
0
'S
CO
0)
03
P5
0
CO
1
1
co"
1.
ü
CO
p4
0^
'S
00
1 fH
16.8.
15.4.
6.5.-29.5.
9.7.
16,0
6"— 7"
11,1—14,0
17,2
245
18
23
40
81
326
Hieraus geht hervor, dass die Zeit der eigentUchen Entwicklung
des Rapses vom Schossen bis zur Reife gegenüber der Gesamt-
entwicklung recht kurz ist. Trotzdem ist die Rapspflanze, zudem sie
noch ein kalorisch höchst wertvolles Material produziert (40 — 50 ^Iq
Fett) gegenüber den anderen Kulturpflanzen äusserst produktiv. Dieses
Ergebnis wird erzielt durch die morphologische und physiologische An-
lage, wodurch bereits im Herbst und Winter eine nicht unerhebliche
Massenentwicklung bei ausreichender Ernährung erzielt wird, dann
die rasche und zeitige Frühjahrsentwicklung, mit reicher Anlage von
Assimilationsorganen.
Die Bedeutung der Schwellenwerte liegt für die Erkenntnis der
Anpassung auch noch in anderer Richtung. Dass die Zeit der Ent-
wicklung sich in der mannigfachsten Weise verschieben kann, ergibt
sich aus den Schwankungen. Drei Feststellungen sind in dieser Hin-
sicht an der Züchtungsstelle von Bedeutung: 1. Das Schossen beginnt
nach Ablauf einer gewissen Ruheperiode mit dem Eintritt einer Tempe-
ratur von 5 — 7 ". 2. Kälterückschläge können noch eintreten, wenn die
Entwicklung bereits über das Stadium der Knospenbildung hinaus fort-
geschritten ist. 3. Es bestehen individuelle Unterschiede in der Rasch-
heit der Frühjahrsentwicklung, wodurch die einen Formen sich noch
in einem begrenzten Stadium der Ruhe oder eines anderen natürlichen
Kälteschutzes sich befinden, während andere sich voreilig entwickelt
haben. (Verschiedene Reaktionsgeschwindigkeit der Zellenstreckung
auf die Aussentemperatur.)
Der Umfang der Einwirkungen liegt nun darin, wie weit die
Frostwirkung vom derzeitigen Optimum der Pflanze entfernt liegt., d. h.
ob die Wirkung schon bald nach dem Beginn des Schossens oder noch
später eintritt. Je weiter die Entwicklung der Pflanze fortgeschritten
ist, um so schwerer wird diese betroffen.
Das Ergebnis dieser Feststellungen, welche den Eintritt und die
Temperatur zur Zeit des Schossens wie auch den Zeitpunkt und den
Umfang der Kälterückschläge betreffen, ist, dass die Spätfrostperiode
in den genannten Jahren zwischen 1. und 11. April, der Beginn des
Schossens aber schon früher, nämlich im Durchschnitt auf den 1. April
fällt. Dieser Zeitpunkt für das Schossen ist also noch zu früh, ander-
]^58 Baumann:
seits aber ist die Differenz nicht so gross, dass nicht Aussicht be-
stünde, durch anfängUch langsamer wachsende Linien einen natürlichen
Kälteschutz züchterisch zu erreichen.
Nach dieser allgemeinen Orientierung seien die Wirkungen
selber besprochen.
Zunächst äussern sich dieselben nach Jahren verschieden, und
zwar im Sinne der klimatisch-morphologischen Periodizität.^)
Des weiteren interessiert, wie Temperaturextreme sich individuell
verschieden bemerkbar machen, so dass die Möglichkeit besteht, aus-
gleichend durch Auswahl der an die klimatische Periodiz^ität an-
gepassten Formen zu wirken. Endlich bestehen im gleichen Sinne in-
dividuelle Unterschiede im Befall durch tierische Schädigungen, ins-
besondere den Rapsglanzkäfer und den Erdfloh.
Klimatisch-morphologische Periodizität nach
Jahren.
In Abschnitt I wurde die Kontinuität der Entwicklung morpho-
logisch bei verschiedenen Individuen einer Population dargestellt. Es
lag der Schluss nahe, dass diese als der Ausdruck bestimmter Gesetze
der Formenbildung auch unter dem Einfluss äusserer Bedingungen,
insbesondere des Klimas morphologisch zum Ausdruck kommen müssten.
Inwieweit das der Fall ist, sei an dem Beispiel des Stammes 46
(Durchschnitt 1911 — 17) zum Ausdruck gebracht, wobei noch erwähnt
werden soll, dass fast vollständig in allen Werten übereinstimmend
auch vStamm 4 beeinflusst ist. Jedoch sei hinzugefügt, dass nich^ nur
der Einfluss des Klimas, sondern auch des Standraums und sonstiger
schädigender Einwirkungen in den Zahlen sich bemerkbar machen. So
kommt das durch seine ausserordentlichen schädigenden Einwirkungen
(Erdflöhe. Winter- und Spätfrost, Rapsglanzkäfer) sich kennzeichnende
Jahr 1912 morphologisch in die niederste Stufe, während es nach der
Reifezeit, der Vegetationsdauer und der zur Verfügung stehenden
Temperatursummen am höchsten stehen müsste.
(Siehe Tabelle S. 159.)
Die Kontinuität der Jahre bewegt sich demnach im allgemeinen
in dem gleichen Sinne wie diejenige im Vergleich verschiedener In-
dividuen. Kennzeichnend für die klimatologischen Bedingungen der-
selben ist die zunehmende Verzögerung der Reife und damit die
Neigung für eine Zunahme der Vegetationsdauer. Die Verzögerung
der Reife macht sich erkenntlich in der Summe der durchschnittlichen
Tagestemperaturen, welche bis zum frühesten Eintritt, nämlich 1914,
^) Siehe auch: Linsner, C, 1. Die periodischen Lebenserscheimmgen der
Pflanzen in ihrem Verhältnis zu den Wärmeerscheinungen. Memoires de l'academie
de St. Petersbourg VII. Bd. XI, Nr. 7. 1867. 2. Untersuchungen über die periodischen
Lebenserscheinungen der Pflanzen. Ebenda VII. Bd. XIII, Nr. 8, 1869.
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses.
159
zur Verfügung gestanden haben.') Diese nehmen mit zunehmender
Kontinuität ab. Dagegen wächst die gesamte Wärmesumme, welche
mit verzögertem Reifedatum zur Verfügung steht, gleichmässig und
erheblich.
Veg.-
St and-
Jahr
L
Zl
z
I>-1
7
K
k
g
Reifezeit
Dauei
W,
w.
raum
Tage
qm
1912
114
14,9
18,1
6,30|
49,8
29,1
5,77
[19. Jiili
333
1325
1032|
0,135]
1914
[179]
12,6
19,5
9,18
36,2
26,3
4,38
3. „
326
1136
1054
0,075
1913
133
13,1
20,6
6,48
30,8
26,2
5,18
4. „
?
1132
1116
0,035
1917
157
15,6
27,2
5,78
33,1
30,7
4,27
6. „
326
—
—
0,060
1915
158
(13,0)
30,4
5,20
44,0
26,8
5,80
8. „
332
1144
1184
0,073
1911
168
19,2
(26,1)
6,44
89,2
27,8
5,84
10. „
322
1236
1113
0,137
1916
177
15,2
28,3
6,26
29,9
28,5
5,51
15. „
331
1246
1053
0,053
1912
T
— ,
1
—
— ,
—
—
19. „
333 1
1325,.
1032
0,135
L = Länge der Hauptachse, z^ = Zahl der schotentragenden Seitenachsen, z = Zahl der
Internodien bis zum Beginn der obersten Blütenregion, D = Internodiendichte, K = Korn-
ertrag der Einzelpflanze, k = Körnerzahl der Schoten, g = 1000-Korngewicht.
Wj = Summe der mittl. Tagestemperaturen bis zur Reife.
W2 = „ n „ „ „ 3. Juli jeden Jahres (= frühester
Reifetermin).
Aus Analogiegründen wäre demnach der Schluss berechtigt, dass
auch die Kontinuität verschiedener Formen nichts anderes ist, als der
Ausdruck eines verschiedenen Wärmebedürfnisses und -Aneignungs-
vermögens. .Jedoch wäre der Beweis hierfür erst experimentell zu
erbringen. Je höher die Durchschnittstemperaturen zur Zeit des
Schossens und der Blüte, um so rascher die Entwicklung, um so länger
auch die Internodium bei Abnahme der Dichte ihrer Stellung. Eine
weitere Beziehung besteht zwischen der Temperatur während der Blüte
und der Blütedauer. Das Abblühen erfolgt um so rascher, je höher die
Temperatur hierbei ist. Doch können auch scheinbare Ausnahmen er-
folgen, z. B. wenn die ganze Entwicklung bei geringer Anfangstempe-
ratur zu langsam erfolgt, so dass die Blüte sich bei Witterungs-
umschlag in eine relativ wärmere Zeit hinüberzieht, wodurch die
Temperatur hierbei erhöht erscheint (z. B. 1915).
Wenn nun. wie geschildert, eine gewisse Periodizität") und ein
Zusammenhang zu den klimatischen Faktoren, besonders der Wärme
unzweifelhaft, und mit ziemlicher Regelmässigkeit zu erkennen ist, so
ist doch nicht zu erwarten, dass diese genau etwa im Sinne einer
^) Siehe auch: Krasan, Fr., Über d. kombinierten Einfhiss d. Wärme und d.
Lichtes auf die Dauer der jährlichen Periode der Pflanzen. Englers bot. Jahrb. III, 1882.
2) Kleb s, G., Über die Rhytmik in der Entwicklung der Pflanzen. Sitzungs-
ber. d. Akad. d. W.
Heidelberg 1911.
160
Baumann:
mathematischen Funktion sich vollzieht. Dazu sind denn doch die
äusseren Verhältnisse zu verschieden und in der mannigfachsten Weise
veränderhch. So kann die Kontinuität unter Umständen in dem einen
oder anderen Merkmal erhebhch durchbrochen werden, wie das z. B.
1914 der Fall ist. Hier ist die Länge der Pflanze in Verbindung mit
sehr weitläufig gestellten Internodien aus der höchsten Durchschnitts-
temperatur bis zum Beginn der Blüte erklärlich. Anderseits 1912:
Morphologisch wird infolge der ausserordentlichen Schädigungen die
niederste Stufe der Kontinuität erreicht, trotzdem klimatologisch die
höchste hätte erreicht werden können.
Einwirkung der Temperaturextreme.
Zu den ökologischen Erscheinungen, welche im Laufe der
Züchtung sich besonders bemerkbar machten, gehören die verschiedene
Widerstandsfähigkeit gegen Winter- und Spätfrost. Insofern als diese
genannten Schädigungen mit den äusseren Einwirkungen mehr oder
minder in Zusammenhang stehen, kann man von einer stärkeren oder
geringeren Anpassung der betreffenden Pflanzen oder Formen an diese
sprechen.
1. Widerstandsfähigkeit gegen Winterfrost.
Dass eine Widerstandsfähigkeit besteht, dass diese bei den ver-
schiedenen Stämmen oder Linien verschieden und vererbbar ist, hat die
Züchtung bewiesen. Die Frostwirkung macht sich zwar nicht in allen
Jahren in vollständig übereinstimmender Weise bemerkbar, was zum
Teil darin seine Erklärung findet, dass es an einem absoluten Maßstab
für den Grad der Einwirkung fehlt, oder auch darin, dass der Grad
der Einwirkung ein verschiedener sein kann, wodurch der eine weniger
widerstandsfähige Stamm keine Einwirkung mehr zeigt, wogegen der
schwächlichere eben noch davon betroffen wurde.
Als wenig widerstandsfähig kann Stamm 42 angesprochen werden,
als sehr widerstandsfähig Stamm 46. Ebenso bestehen Linienunter-
ßchiede, welche aber durchschnittlich den Stammescharakter tragen.
Die Frostdaten im Verlaufe der Züchtung sind die folgenden:
Vegetation
Datum
Absolutes
Minimum
1910/11
11.
Februar
— • 6,30
1911/12
Vi:
— 16. Januar
Februar
— 10,30
— 22,50
1912/13
30.
Januar
— 9,70
1913/14
14.
Januar
— 9,70
1915/16
22.
Dezember
— 15,10
1916/17
31.
Januar
— 13,40
Beiti'lge zur Kenntnis der Eapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 161
2. Widerstandsfähigkeit gegen Spätfröste.
Die Frostdaten sind die folgenden:
Abweichung von neben-
Jahr
Datum
Mittlere
Temperatur^)
Frost
stehender, vermutlich
frostfreier Mitteltemperatur
1911
5. April
5,8«
— 6,2«
12,0«
1913
11. April
7,3"
— 10,5«
17,8«
1916
6. April
5,7«
- 3,4«
9,1«
1912
1. (11.) Mai
8,4«
-ll,5«(-2,3«)
19,9« (10,7«)
1917
5. März
2,5«
— 11,1«
13,6«
Für die Frostwirkung ist von Belang, ob nach erhöhter Tempe-
ratur, welche das Wachstum rasch zum Fortschreiten brachte, noch in
der Zeit vom 1. bis 11. April, unter Umständen aber auch noch zu
Beginn der Blüte (Mai) Kälterückschläge eintreten. Solche Spätfröste
treten fast jährlich ein, doch zu ganz verschiedenen Entwicklungs-
stadien und daher von ganz verschiedener Wirkung. Eine physio-
logisch bedingte Widerstandsfähigkeit gegen Spätfröste hängt wesent-
lich von der Raschheit der Frühjahrsentwicklung während des ge-
nannten kritischen Zeitpunktes ab. Jene Formen, welche die Haupt-
achse zwar strecken, bei denen aber die Knospenbildung sehr verzögert
eintritt, oder bei denen die Knospen noch einen Schutz durch die sie
umhüllenden Blütenblätter gemessen, werden vom Frost weniger be-
troffen, wie das besonders 1913 zu erkennen war. Der erste April für
den Beginn der Frühjahrsentwicklung ist nach den vorausgegangenen
Daten im allgemeinen noch zu früh, günstiger wäre die zweite Woche
bis Mitte April.
Wie sehr diese Widerstandsfähigkeit für die Ertragsfähigkeit von
Bedeutung ist, ergibt sich besonders aus den Ermittlungen der Vege-
tation 1912/13. (Ertrag pro Teilstück in Kilogramm.)
Widerstandsfähigkeit
Stamm
verschiedener Linien
nebenstehender Stämme
4
40
42
43
46
Genügend
Gut
Sehr gut
12,3—16,0
15,4—19,0
11,8—14,6
12,5
17,0
13,2
15,6
15,1—16,5
sehr wenig
12,8
16,4
13,0 13,7
12,2—17,4
18,4
3. Einwirkung von Hitze zur Zeit der Reife.
Plötzlich eintretende Hitze zur Zeit der Reife machte sich 1914
im Ausreifen der Körner und im Kornertrag bei Stamm 42 bemerkbar,
^) Diese Temperatur stellt die graphisch ermittelte, wahrscheinliche Durchschnitts-
temperatur dar, welche ohne Spätfrost nach dem allgemeinen Temperaturverlauf ver-
mutlich geherrscht hätte.
162
Baumann:
einem Stamm, der durch eine verzögerte Frühjahrsentwicklung und
Blüte sich kennzeichnet, und bei dem das Ausreifen der Körner noch
nicht weit genug gediehen war, als zwischen dem 30. Juni und 4. Juli
eine plötzliche Hitzewelle von durchschnittlich 21 " Tagestemperatur
eintrat. Durch diese Unterbrechung des Wachstums wurde eine Not-
reife und starke Ertrags Verminderung bewirkt.
Tierische Schädigungen.
1. Befall durch Erdflöhe.
Als ausgesprochenes Erdflohjahr kam der Herbst 1911 in Frage.
Die Schädigimg war hierbei derart stark, dass einige Stämme, welche
sich insbesondere durch langsame Herbstentwicklung kennzeichneten
oder besonders üppiges Blattwachstum zeigten (Stamm 33), vollständig
in den Zuchtbeeten und Feldvermehrungen übereinstimmend vernichtet
wurden. Der Herbst war hierbei ausserordentlich trocken. Die
Trockenheit ist hierbei so stark, dass sie fast dem absoluten Minimum
zwischen 1880 und 1904 entspricht.
Niederschläge.
Monat 1911 Mittel 1853/1911 Niedrigste zwischen 1880 u. 1904
Juli 51,6 68,1 9,6 im Jahre 1885
August . . . 12.4 54,2 11,8 „ „ 1884
September . . 25,2 45,2 7,1 ,. „ 1890
Die ökologischen Bedingungen für die Entwicklung der Erdflöhe
liegen demnach in grosser Trockenheit des Bodens in der Zeit vor der
Saat. Während die grosse Wärme und Trockenheit für die Entwicklung
des Käfers günstig ist, ist die Pflanze durch langsames Auflaufen be-
reits im Nachteil.
2. Befall durch Rapsglanzkäfer.
Dieser hängt ab von der Geschwindigkeit der Entwicklung des
Käfers im Verhältnis zu derjenigen der Blüte.
Unterschiede im Eintritt und der Dauer der Blüte bestehen
a) nach Jahren wie folgt (Temperaturen während der Blüte [Mai]):
Blüte-
Jahr
26.-30.
April
1.-5.
6.-10.
11.-15.
16.-20.
Mai
21.-25.
26.-30.
31.-4.
5.-9.
Juni
Mittel
dauer
Tage
1914
9,5
9,9
10,4
9,0
12,8
14,7
9,4
27
1913
—
12,0
7,9
12,7
11,9
—
—
—
—
11,1
20
1917
—
—
—
—
12,0
14,2
16,2
15,6
—
14,5
18
1915
—
—
—
—
9,7
13,8
12,6
13,5
19,1
13,7
31
1911
—
—
12,6
17,0
10,0
—
—
—
—
13,2
16
1916 (Käfer)
—
—
12,9
9,1
10,6
11,4
15,1
—
—
11,8
25
1912 (Käfer):
—
— ! 11,0
11,2
11,4
13,1
9,5
13,0
—
11,7
29
Mittlei
-e Temperature
n 1911—1917.
9,9
10,3
10,4
11,7
11,3
13,2
13,5
1 14,1
115,5
1 12,7
1 24
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 163
Hieraus geht hervor, dass die Blütedauer in der Hauptsache von
der Temperatur zu dieser Zeit bestimmt ist. Ist jedoch die ganze
vorausgehende Entwicklung schon infolge niederer Temperatur ver-
zögert, dann kann zur Zeit der späten Blüte eine relativ hohe Tempe-
ratur herrschen. Die beiden starken Käferjahre sind in der kümati-
schen Periodizität die letzten (siehe S. 159). Sie kennzeichnen sich
durch niedere Temperaturen während der Blüte bei langer Dauer
derselben.
b) Unterschiede nach Sorten und Zuchten (Blühzeit: Monate
April bzw. Mai):
Stamm und Sorte
1913
1914
1915
1916
1917
1917
4
mfr.
25. 4.-23. 5.
14. 5.— 4. 6.
5.5.
. —
Probsteier
33
msp.
26. 4.-24. 5.
10.5.— 1.6.
5.5.
13. 5.-6. 6.
19.5.— 5.6.
42
n
(30. 4.-23 5.)
Von der Zucht ausgeschaltet
Sächsischer
(Haup^Zucht) 46
»
26. 4.-23. 5.
14. 5.— 2. 6.
5.5
16. 5.-3. 6.
14.5.— 1.6.
Orig. Lübnitzer
H
28. 4.-26. 5.
15.5.— 4.6.
6.5
18.5.-5.6.
—
Landsorte auf Poel
mfr.
26. 4.-23. 5.
10.5.— 2.6.
4.5
16. 5.-2. 6.
—
Kanadischer . . .
s. fr.
18.4.-20.5.
18. 5.— 30. 6.
3.5
15. 5.— 1. 6.
—
Untersch. d. Sorten
10 Tage
8
3
4
—
Bemerkunff
Die
Daten bezieh
3n sich auf
den äussersten Beg
inn und das
Ende der Blüte. Diese Charakterisierung erschien sicherer als jene des Beginns der
Hauptblüte.
Die Unterschiede in der Blüte der einzelnen Zuchten sind nach
Jahren verschieden, können aber unter Umständen recht in Frage
kommen. Die spätere Blüte ist kürzer als die frühere. Besonders
charakteristisch ist das Jahr 1916, in dem die früher blühenden Stämme
und Zuchten stärker befallen wurden. Dadurch kamen die genannten
Sorten und Zuchten zu einem hohen Ertrag, die sonst in der Ertrags-
fähigkeit unter dem Durchschnitt waren. Es kommt, wie auch aus
obiger Tabelle zu ersehen ist, auf die Häufigkeit des Käferbefalls nach
Jahren an, ob eine früher blühende oder spätere, sonst ertragreichere
Sorte mehr am Platze ist.
c) Ökologische Bedingungen für den Käfer. Die Käferjahre und
-Monate unterscheiden sich klimatisch nur durch eine zufäUig ver-
zögerte Entwicklung bei anfänghch (zur Zeit des Schossens) niederen,
dann sprunghaft höheren und zur Blüte wieder geringeren Tempe-
raturen. AuffäUige Unterschiede hinsichthch des Feuchtigkeits-
gehalts der Luft und der Niederschläge sind nicht zu beobachten.
Die Möghchkeit des stärkeren Auftretens vom Käfer scheint öfters
gegeben, jedoch scheint die Blüte in diesen Fällen doch früher wie der
Käferbefall oder umgekehrt. Auch genügen vorübergehende Tempe-
raturerniedrigungen, um selbst einen stärkeren Befall rasch wieder zum
Verschwinden zu bringen.
i(j4 Bau mann:
IV. Genetik.
Die „Genetik'' befasst sich in der Hauptsache mit den Fragen der
Abstammung, der Fortentwicklung (zunehmenden Differenzierung) und
der Vererbung. Angewandt sind diese Probleme in der „Züchtungs-
lehre" der landwirtschaftlichen Kulturpflanzen.
Die vorausgegangenen Untersuchungen scheinen mit dem vor-
liegenden Problem der wissenschaftlichen Bearbeitung eines Züchtungs-
materials nur in losem Zusammenhang zu stehen. In Wirklichkeit
aber bilden sie die Grundlage für die erfolgreiche Behandlung züchte-
rischer Probleme überhaupt, sobald diese sich weiter erstrecken als die
Prüfung der Erblichkeitsverhältnisse einzelner Merkmale. Zunächst
wurden die bisher begangenen Wege der Variationsstatistik und
graphisch-statistischer Methoden versucht, im Anschluss hieran die An-
wendung der bei den vorausgegangenen Untersuchungen morphologi-
scher bzw. physiologisch-ökologischer Betrachtung gewonnenen Er-
gebnisse unter dem Gesichtspunkt der Vererbbarkeit.
1. Methode der Variationsstatistik.
Die Anwendung dieser Methode setzt eine grosse Zahl von In-
dividuen oder zu untersuchender Einheiten voraus. Diese sind aber
bei einem züchterischen Material der Praxis in den meisten Fällen nicht
gegeben, z. B. bei Linientrennungen. Der gewöhnliche Vorgang bei
einem solchen Material ist eine rasche Verminderung der zu bearbeit>en-
den Stämme oder Linien und Einschränkung auf einige wenige. Hier-
aus ergibt sich schon von selber eine starke Einschränkung der An-
wendung der genannten Methode. Unter dieser Voraussetzung seien
die folgenden Ergebnisse mitgeteilt.
Als Ausdruck für die Variabilität dienen das arithmetische Mittel
(M) und die Schwankungen um dieses (S). die ,, Streuung" s =
VC TJqT 100 . S
— ^ — und der „Variabilitätsindex" v = — — — .
n " M
In Frage kommt die Untersuchung der Variabilität bei den am
längsten, nämlich 1912 — 14 (3 J.) gleichmässig in verschiedenen Linien
geprüften Stämme: 4. 42, 43 und 46.
Die Ergebnisse der Anwendung dieser Methode sind die folgenden:
(Siehe Tabelle S. 165 )
Diese Tabelle gibt Aufschluss über die Variabilität der Stämme
und der einzelnen Merkmale. Sie ist in beiden Richtungen verschieden.
Die Werte s und v haben eine verschiedene Bedeutung. Massgebend
für die Variabilität eines Merkmales bei verschiedenen Stämmen ist s;
massgebend dagegen für die Grösse der Variabilität eines Merkmales
im Vergleich zu einem anderen der Wert v. weil dieser in Beziehung
zur absoluten Höhe desselben steht.
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 165
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166
B a u m a n n:
Stamm 46 variiert am meisten und dies in fast allen Merkmalen.
Die Variabilität der Merkmale im Verhältnis zu ihrer Grösse (v)
ist am geringsten hinsichtlich der Länge, annähernd gleich gross bei
den übrigen Merkmalen. Der Kornertrag der Einzelpflanze als Folge
des Zusammenwirkens aller Merkmale und der Reaktionen der Pflanze
unterliegt den höchsten, aber nach Stämmen verschiedenen Schwan-
kungen.
Der jahresweise Vergleich (in der Tabelle nicht aufgeführt) zeigt
übrigens im allgemeinen wenig Veränderung. Absolut grösser sind
die Unterschiede im lOOO-Korngewicht geworden, entsprechend dem
relativ geringen Wert, der diesem Merkmal durch die Züchtung gegen-
über der Qualität der Körner beigemessen wurde.
2. Statistisch-graphische Methode.
Die umfangreichen Darstellungen können hier nicht gebracht
werden. Aber sie gestatten nicht nur die Variabilität durch ent-
sprechende Linienzüge praktischer und übersichtlicher zum Ausdruck
zu bringen, als es die Darstellung in einer einzigen Zahl gestattet
(unter den durch die besondere Beschaffenheit des Materials gegebenen
Voraussetzungen wenigstens), sondern sie geben auch Aufschluss über
die Richtung der Variabilität im Sinne des Fortschrittes oder Rück-
schrittes der Züchtung und der Vererbbarkeit der einzelnen Merkmale.
Gerade durch diese augenfälligen Vergleiche ist es besser als auf
anderen Wegen möglich, Vererbungen und äussere Einwirkungen auf
die morphologischen Merkmale zu erkennen.
Aus diesen Vergleichen geht für das Züchtungsmaterial folgendes
hervor:
Merkmal: Länge (L). Stamm 46 behält seine überlegene Stellung
bei, Stamm 4 bleibt unter Mittel. Stamm 42 nimmt infolge besonderer
Linienwahl von Jahr zu Jahr ab.
Merkmal: Zahl der Internodien (Z). Stamm 46 behält eine gleich-
massig überlegene Stellung, Stamm 4 nimmt dauernd ab und bleibt ab
1914 gleichmässig unter Mittel. Stamm 42 nimmt ab. Stamm 43 stark
zu. Die Variabilität der Linien ist besonders bei Stamm 46 ursprüng-
lich eine sehr grosse. Augenscheinlich spielen in besonderen Fällen
äussere Einwirkungen auf eine wechselnde Stellung dieser mit.
Merkmal: Körnerzahl in den Schoten (k). Stamm 46 ursprünglich
über Mittel, behält diese Stellung ab 1915 gegenüber Stamm 4 bei.
Stamm 42 sinkt erheblich. Stamm 43 steigt.
Merkmal: lOOO-Korngewicht (g). Stamm 46 ursprünglich Mittel,
sinkt im Laufe der Züchtung etwas unter dieses. Stamm 4 behält
dauernd seine Stellung über Mittel. Stamm 42 gleichmässig unter
Mittel. Stamm 43 steigt erheblich.
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 1(57
Kornertrag der Einzelpflanze (K). Ist die Summe aller morpho-
logischen Einzelwirkimgen. Wechselt in den einzelnen Jahren, ins-
besondere durch den Einfluss des Klimas und Standraums bedingt,
ausserordentlich stark. Durch diese Verhältnisse kann das gegenseitige
Verhältnis der einzelnen Stämme stark verschoben werden. Mass-
gebend für den Totalertrag ist aber hier auch die Zahl der Pflanzen
pro Flächeneinheit. Stamm 46 zeigt eine höhere Fähigkeit, durch ver-
mehrte Bildung von Seitenachsen, ungünstige Standraumverhältnisse
auszugleichen.
Ausserdem ergeben sich noch folgende Schlussfolgerungen all-
gemeiner Natur, und zwar aus den Linienvergleichen. In Vergleich
steht hierbei das Linienmittel der untersuchten Pflanzen in den auf-
einanderfolgenden Jahren und zu den ausgewählten Eliten. Hierbei
sind folgende Wirkungen voneinander zu halten: Bei Auswahl der
Eliten in einem bestimmten Sinne vererbt sich im allgemeinen das
Linienmittel (vergleiche S. 171). Die Nachkommen (Einzelpflanzen) der
einzelnen Linien zeigen aber bei fortgeschrittenerer Züchtung im all-
gemeinen nicht mehr so grosse Verschiedenheiten, dass auf eine sicher in
Aussicht stehende Vererbbarkeit auf Grund der Auslese zu schliessen
wäre. In dem einen oder anderen Merkmal hochstehende Linien können
im folgenden Jahre unter Umständen tief liegen, im nächsten Jahre
aber Linien zur Ausscheidung bringen, welche eine extrem hohe
Stellung einnehmen. Es kommt eben darauf an, ob die eben aus-
gewählte Pflanze in dem betreffenden Merkmal oder Merkmalskomplex
schon ausreichend konstant war oder nicht, ob das Merkmal dominant
oder rezessiv war. Anderseits sind aber auch äussere Einwirkungen
auf den Zahlenwert der Merkmale unverkennbar, so z. B. verringerte
sich das Korngewicht des Stammes 42 durch Notreife, bei plötzlich ein-
tretender Hitze zu dieser Zeit und als Ausfluss einer verzögerten Ent-
wicklung bei' diesem Stamm. In ähnlicher Weise bedingen Spätfröste
Verkürzungen, so z. B. bei Linie 46.6.1 gegenüber der weniger be-
schädigten Linie 46.6.11. Es bedarf aber eines langwierigen Vergleichs,
der im praktischen Züchtungsmaterial noch dadurch erschwert ist, dass
hierbei Jene Stämme und Linien, welche den Anforderungen nicht ent-
sprechen oder auf äussere Einflüsse in unerwünschter Weise reagieren,
im allgemeinen nicht weiter zur Untersuchung gelangen.
Im ganzen haben aber die mannigfachen Rücksichten und
Wirkungen bei der Auslese zur Folge (vielleicht rückwirkend auch als
Folgeerscheinung physiologisch bedingter Korrelationen), dass gegen-
über den grossen Stammesunterschieden mehr als die Linientrennung
der Charakter des Stammes für die Leistung entscheidend ist und dem-
gegenüber die Linienunterschiede von Anfang an erkenntlich weniger
Veränderuungen im Gesamtcharakter bewirken. Durch die Züchtung
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VI. 13
168
B a u m a n n >
ist in vorliegendem Fall ganz besonders die Qualität der Merkmale be-
einflussbar.,
Vererbung des Ölgehalts. Ausser der Vererbungsfähig-
keit der schon erwähnten morphologischen Merkmale hat eine be-
sonders praktische Bedeutung der ölgehalt. Hierfür sind folgende
Vergleiche möglich, wobei erwähnt werden soll, dass die Unter-
suchungen in beiden Jahren von dem gleichen Chemiker, aber ohne
nähere Kennzeichnung der Proben durchgeführt wurden. Die
Schwierigkeit der Fettuntersuchung bestehen nach dessen Mitteilungen
weniger in der Dauer der Extraktion,. sondern auch in dem Zeitpunkt,
in dem die Verdampfung unterbrochen wird, weil Überdestillierung
flüchtiger Fettsäuren eintreten kann.
Stamm bzw. Sorte
1911
0,'
(0
1914
10
Reihenfolge
1911 1914
Bemerkungen.
4L8
43,1
44,8
44,2
42,1
42,2
43,6
43,04
44,13
46,20
44,92
44,07
43,53
42,32
42,59
43,28
44,26
7
4
1
2
6
5
7
4
1
2
5
6
9
8
7a
1914 nur eine Linie.
)5 )) )) ))
Drei Linien.
1914 nur eine Linie
Aus Kontrollbeet.
Ausgangsmaterial.
1. Abs. vom Original.
Von Samenhandlung.
Aus Kontrollbeet.
42 ....
4 . . .
43 ....
46 ....
40 ... .
45 ... .
Poeler Landsorte
Lübnitzer
Kanadischer
33 ■ . . ,
Grösste Differenz: | 3,0 | 3,16 |
Unterschied gegenüber der alten Sorte ; -\- 3,88 °/o.
Die Zahlen sprechen für sich. Aus dem Vergleich geht auch
hervor, dass der züchterisch wertvollste, und heute nur mehr in Frage
kommende Stamm 46 gegenüber dem Ausgangsmaterial eine nennens-
werte Überlegenheit aufweist (+ 2.6 %).
Sonstige morphologische Merkmale. Schon bei der
ersten Auslese verschiedener Formen und deren Trennung zeigte sich
bei allen überhaupt in Frage kommenden Merkmalen schon eine relativ
hohe Vererbbarkeit. die noch deutlicher bei den weiteren Linien-
trennungen zum Ausdruck kam. Solche Merkmale sind die Blütenform.
-Farbe, Blattgrösse, -Form und -Farbe, Bezahnung der Blätter, Form
der Blütenstände usw. Verschiedentlich zeigten sich jedoch auch deut-
liche Fremdbefruchtungen, die durch Auslese allmählich, und durch
Ausschalten der extremsten Fälle, fast restlos beseitigt werden konnten.
z. B. Blütenfarbe. Jedoch können die diesbezüglichen Darstellungen
aus Raummangel nicht aufgenommen werden.
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 169
3. Korrelationsmethode.
• (Korrelative Variabilität. — Korrelative Periodizität.)
Durch Auffindung von Korrelationen wird bezweckt, die Vielheit
der Merkmale dadurch in ihren Wirkungen und Verbindungen besser
zu überbhcken, dass man ihre gegenseitigen Beziehungen und Ab-
hängigkeiten festzustellen sucht. Die übhchen Methoden der Fest-
stellung sind statistisch, indem man ein Merkmal kontinuierUch ver-
ändert und die Veränderungen des anderen oder mehrerer zu diesem
festzustellen sucht. Graphisch findet diese Methode ihre Darstellung
durch die Korrelationshnie. Eine andere Methode besteht in der Auf-
stellung einer Korrelationstafel ev. unter Anwendung der Methode von
Orphal auf diese. Hiernach wird der Grad positiver oder negativer
Korrelation durch eine Prozentzahl ausgedrückt. Beide Methoden
wurden auf das Züchtungsmaterial angewendet, jedoch ohne nennens-
werten Erfolg. Die Ursache hegt in der Hauptsache in der zu ge-
ringen Zahl vergleichbarer Einheiten bei einem für die Zwecke der
Züchtung dienenden Material. Die genannten Methoden haben aber
auch besondere Nachteile, a) Sie sind nur anwendbar, und gelten um so
sicherer, eine je grössere Zahl von Einzelbestimmungen ihnen zu-
grunde gelegt ist. Daher ist ihre Anwendung bei einem züchterischen
Material, das nicht der Verfolgung einzelner Merkmale, sondern ihrer
Vielheit dienen muss, nur in seltenen Fällen anwendbar, b) Die ge-
nannten statistischen Methoden geben keine Erklärung über die Ur-
sache willkürlich gesuchter Beziehungen, sie lassen höchstens Ver-
mutungen zu. c) Man möchte meinen, dass es eine prozentische Korre-
labilität nicht gibt; entweder ist sie vorhanden oder nicht, entweder
sind Ausnahmezustände geschaffen, die man hinsichtlich ihrer Ursache
erkennen muss oder nicht.
Eine Prüfung der Abhängigkeit physiologischer oder morpho-
logischer Merkmale voneinander, ihre physiologische (Wachstums)-
Bedingtheit (Symplasie) oder ihre genetische Fixierung (echte Korre-
lation) ist nur dadurch möglich, dass man zunächst eine genauere
Formenkenntnis anstrebt und auf Grund dieser die physiologisch-öko-
logischen Formenveränderungen studiert, um dadurch die genetisch be-
dingten Formen mit grösserer Sicherheit von äusseren Beeinflussungen
unterscheiden zu können. Dieses Ziel ist erreichbar unter Anwendung
der Gesetze der Kontinuität bzw. Periodizität, sowohl im morpholo-
gischen Bau. als auch hinsichtlich der Entwicklung der Formen.
4. Gesetze der Kontinuität und der Periodizität, und deren Anwendung auf
das Material der Züchtung.
Die Gesetze der morphologischen Kontinuität und Periodizität
sind für Populationen dargestellt (S. 146 usw.). Ihre Anwendung fanden
sie zur Feststellung der klimatisch-morphologischen Periodizität S. 158.
170
B a u m a n n :
Unter Zugrundelegung mehr oder minder reiner Linien erfahren diese
Gesetze eine Einschränkung. Diese gestaltet sich folgendermassen:
Die Längeuunterschiede der Pflanzen sind geringer, die Merkmale x
(Zone stärksten Wachstums) oder y (Internodium stärksten Wachstmns) ,
sind bei den der gleichen Einheit angehörigen Pflanzen mehr oder
weniger konstant. Die Lage der Umläufe ist annähernd parallel zur
Abszisse, neigt eher mit zunehmender Länge etwas nach aufwärts und
nicht, wie bei Populationen im umgekehrten Sinne. Hierbei verändert
sich bei gleichem Standraum auch der unterste Ansatz der Seiten-
achsen nur wenig, jedenfalls nicht in gesetzmässiger Weise. Diese
verschiedenen Arten der Formenentwicklung sind als Phasen be-
zeichnet, nämlich:
Phase L x, y und z = c (konstant.). Reine Linien.
Phase IL x (Internodiendichte) = c (Linien fortgeschrittener Kon-
stanz).
Phase III: x, y und z = v (variabel) (Populationen). ^
Darstellbar sind diese Phasen nach' Schema (siehe Abb. 12, 3).
Derartige Darstellungen wui'den an verschiedenen Linien fest-
gestellt, können aber hier im einzelnen nicht näher angeführt werden.
Anwendung auf das Züchtungsmaterial. Einen voll-
ständigen Vergleich ergeben die Durchschnitte der Stämme 4, 42. 43
und 46 (1911 — 14 einschliesslich).
Stamm
1911—1914 (4j.)
1911—1913 (3.i.)
L Zj z
k K g D
L
Zj 1 z
k j K g 1 r>
42
4
43
46
137,8
142,3
144,7
148,4
12,9
13,8
12,9
15,6
18,5
18,8
18,1
21,3
22,5
24,8
24,8
27,3
42.5
43,2
50,5
51,5
5,25
5,64
5,72
5,28
10,7
10,3
11,2
9,9
130,0
138,0
141,2
141,7
11,8
12,2
12,0
13,6
16,1
16,7
17,2
19,7
22.5 30,8
25,3 34,7
24.6 39,0
27,1 39,0
5,18
5,50
5,52
5,02
11,0
11,3
11,2
10,4
Obige Durchschnittswerte sind aus der Summe der Linienmittel
der einzelnen Jahre gebildet. Daher kommen Unterschiede nach Jahren
vor, die in dem Umfang der Variation und der besonderen Richtung
der Züchtung begründet sein können. Aber es ist ersichtlich, dass die
Stämme in obiger Aufeinanderfolge vier verschiedene Kontinuitäts-
stufen darstellen. Hierbei nimmt auch die Körnerzahl und mit Aus-
nahme von Stamm 46 auch das lOOO-Korngewicht in gleichem Sinne
zu. Jedoch Sei ausdrücklich erwähnt, dass ein Zusammenhang der
beiden letztgenannten Eigenschaften zu den ersteren in keiner Be-
ziehung zu stehen braucht, wenigstens fehlt hierfür der Nachweis.
Aus den Spaltungen der einzelnen Jahre geht mit geringeren
Ausnahmen hervor, dass die Kontinuität L : z : z^ nach Möglichkeit
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 171
auch bei diesen im Sinne der Phase III erhalten bleibt. In gleicher
Weise trifft auch die weitere Beziehung zu, nach der die Länge der
Internodien in umgekehrtem Verhältns zu ihrer Zahl steht, was aus den
Zahlen für die durchschnitthchen Interne dienlängen (= D) zu ersehen
ist. Jedoch treten auch Ausnahmeverhältnisse ein, so z. B. hinsichtlich
der Zahl der schotentragenden Seitenachsen, v/elche, durch äussere
Einflüsse veranlasst, mehr variieren, als die Zahl der Internodien.
Linientrennungen erfolgen vielfach transgressiv unter Einhaltung der
Kontinuität. Daher kann eine Linie des einen Stammes in den ge-
namiten Merkmalen höher stehen als die tiefer stehende Linie des in
der Kontinuität nächst höheren Stammes. Endlich sind aber auch
deutliche Unterbrechungen der Kontinuität in ein paar Fällen erkennt-
lich, welche als „Korrelationsbrecher" aufgefasst werden können, und
vielleicht auf Bastardierungen zurückzuführen sind.
Hinsichtlich der übrigen Merkmale sind Gesetzmässigkeiten nicht
erkenntlich, sollen auch nicht weiter untersucht werden, da ein-
gehendere Untersuchungen bis in die letzten Elemente der morpho-
logischen Form nicht durchgeführt werden konnten. Im übrigen
aber ist die durchschnittliche Vererbbarkeit dieser Merkmale auf Grund
der statistisch-graphischen Methode (S. 166) erwiesen. Es fehlt hier
aber der Zusammenhang mit den anderen Merkmalen und daher auch
die Ursächlichkeit, ein Nachteil, den aber die genannten anderen
Methoden der Vererbungs- und Korrelationsprüfung teilen.
V. Systematik.
Der Begriff ,, Systematik" ist im folgenden nicht in dem engen
besonderen Sinne der „systematischen Botanik" angewendet, sondern
gleichbedeutend mit „Organisation".^) "Hier sind alle vorausgehend
untersuchten und beschriebenen Eigenheiten und Merkmale der Raps-
pflanze nur insofern verwendet, als sie zur Erklärung der verschiedenen
Organisationshöhe systematischer Einheiten, z. B. auch der Stämme,
Linien usw. dienen können. Nicht die Vererbbarkeit einzelner Merk-
male ist hier das Entscheidende, sondern deren Verhalten zu unter-
oder übergeordneten. Die Systematik in diesem Sinne befasst sich
daher auch mit der Frage der „Korrelationen", deren physiologische
bzw. morphologische Bedingtheit, soweit auf Grund der mit dem
Material verbundenen besonderen Studien und der „angewendeten
Methode" möghch, erklärt werden kann. Zu dem Begriff „Orga-
nisation" gehört auch der Begriff „Differenzierung", nämlich als Aus-
druck der Entwicklung zu verschiedener Organisationshöhe, also ein
wichtiger, für die Zwecke der Züchtung der wichtigste Teil der
*) Tschulock, Das System der Biologie in Forschung u. Lehre. Jena 1910. —
Derselbe, Systemkunde. Handwbch. d. Naturw. Bd. TL 1912,
272 Baumann: •
Genetik. (Fragen der Deszendenz, Fortentwicklung und Vererbung.)
Der Begriff der „Organisation" kann zweckmässig nach folgenden Ge-
sichtspunkten behandelt werden:
1. Die Organisationsfaktoren.
2. Die Art des Zusammenwirkens der Faktoren.
3. Das Ergebnis des Zusammenwirkens zwecks ildung systematischer
Einheiten (Korrelationen).
1. Die Organisatioiisfaktoren.
Die Züchtung gab Veranlassung, die bewirkenden Faktoren der
Organisation so ausreichend kennen zu lernen, dass dadurch auch vom
Vorgang der natürhchen Auslese, ausgehend von der künstlichen, eine
gewisse, wenn auch nicht allseitige Vorstellung erreicht werden
konnte. Beim Raps treten eben die äusseren Einwirkungen deutlicher
in die Erscheinung, als bei vielen anderen Kulturpflanzen.
Der wichtigste Organisationsfaktor bleibt immer die erbhch bis
zu einem gewissen Grade festgelegte Individualität der Gattung und
der Einzelpflanze selber, nämlich ihre morphologische und physio-
logische Konstitution einschliesslich ihres Reaktionsvermögens auf
ökologische Bedingungen.
Zunächst interessieren hierbei die physiologischen und morpho-
logischen Erscheinungen selber, ohne Rücksicht auf ihre Vererbbarkeit.
soweit natürlich die Untersuchung sich damit befasste.
a) Physiologisch: Die Funktionsentwicklung, insbesondere die
Erscheinungen des Wachstums der Gesamtpflanze wie ihrer einzelnen
Teile. Das Charakteristische hierbei ist für die Gesamtpflanze der
Rhytmus in der Entwicklung, für die einzelnen Teile (z. B. Hauptachse)
die sog. ,, Grosse Wachstumsperiode". Ersterer ist die Folgewirkung
der besonderen Reaktionsweise der Pflanze auf die Periodizität der
klimatischen Bedingungen; er findet seinen Ausdruck in den sog. phäno-
logischen Erscheinungen und den hierbei gegebenen Temperaturen
(Schwellenwerten). Die grosse Wachstumsperiode dagegen äussert sich
in der gesetzmässigen Aufeinanderfolge des Wachstums der einzelnen
Teile, insbesondere der Achsen. Dieses schreitet bekanntlich von unten
nach oben vorwärts, erst langsam, dann rascher zu- und abnehmend.
b) Morphologisch. Die morphologische Form ist der äussere
Ausdruck einer bestimmten Art der Entwicklung und Anpassung der
Pflanze in ihrer endlichen Gestaltung. Sie kommt dadurch zum Aus-
druck, dass die Pflanzenformen, wie vorausgehend dargestellt, keine
willkürlichen, sondern nach bestimmten Gesetzmässigkeiten konstruiert
sind. Es ist aber bekannt, dass die Pflanze mit ganz verschiedenen
Mitteln den gleichen Zweck der Anpassung erreichen kann. Das
wesenthche ist jedoch bei vorliegender Untersuchung morphologischer
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 173
Charaktere, dass diese nicht einzehi für sich, sondern in Zusammen-
hang zur Gesamtform betrachtet sind.
c) Die ökologischen Faktoren. Die ökologischen Faktoren be-
einflussen das Wachstum an und für sich, d. h. die Periodizität der Ent-
wicklung und die äussere Form; es treten aber auch Veränderungen
erbhcher Natur ein, unter dem Einfluss natürhcher oder künstlicher
Zuchtwahl. Sie umfassen das Verhältnis der Pflanze zur belebten
Uriiwelt (z. B. tierische Schädhnge), zu Individuen gleicher oder ver-
schiedener Art (gegenseitige Konkurrenz) und zum Standort (Akkli-
matisation). Die Rapspflanze reagiert stark und mannigfaltig auf die
ökologischen Bedingungen, so insbesondere auf tierische Schädlinge,
auf den Standraum (veränderlich meist als Folge von Schädigungen der
verschiedensten Art) und endlich auf die klimatischen Verhältnisse.
Die Empfindlichkeit der verschiedenen Kulturpflanzen auf die öko-
logischen Faktoren ist Ja eine verschiedene, beim Raps ist sie von aus-
schlaggebender Bedeutung. Sie kommt ganz besonders zum Ausdruck
in der Verbreitung der Pflanzen. So hat die Rapspflanze die äusserste
östliche Grenze der Verbreitung auf unserem Kontinent in Polen,
während der Rübsen nach Angaben von Engelbrecht noch bis an
die Wolga vordringt. Im einzelnen ist das Hauptverbreitungsgebiet
an den Küstengegenden der Nord- und den gemässigten Teilen der
Ostsee, sowie in Deutschland an ausgedehnten Stromgebieten.
d) Die genetische Grundlage. Überall stossen wir bei den oben
genannten Faktoren auf die Vererbbarkeit. die als Organisationsfaktor
daher zweckmässig für sich zu betrachten war. Sie bildet den Haupt-
gegenstand des vorliegenden systematischen Teils insofern, als Merk-
male und Eigenschaften für die Zwecke der Systematik nur verwertbar
sind, wenn sie sich vererben. Hier interessiert sowohl die Vererbbar-
keit einzelner Merkmale, wie auch ganz besonders diejenige einer be-
stimmten Organisationshöhe der Form, vor allem die Art und Weise,
wie der Übergang von einer niederen Organisationsstufe in eine
höhere sich vollzieht. Wir stossen aber bei der Untersuchung dieser
Fragen immer wieder auf die den morphologischen Ausdruck störenden
wechselnden ökologischen Bedingungen, ganz besonders, wenn die
äusseren Ausdrucksformen pathologischer Natur sind. Die Trennung
dieser Einwirkungen und ihrer richtigen Einschätzung ist ein wichtiger
Teil der Erblichkeitsforschung.
2. Die Art des Zusammenwirkens der Organisationsfaktoren.
Diese lässt sich am besten am Vorgang der Züchtung selber dar-
stellen.
Züchtungsstätte: Ostseeinsel Poel. Lage derselben im Verbreitungs-
gebiete der gemässigten westlichen Ostsee. Meereshöhe 4 m.
Klimatische Bedingungen: Temperaturen und Niederschläge.
174
B a u m a n n :
Kirchdorf a. Poel
Temperatur
Niederschläge .
Temperaturen . . . .
Vergleichstemp. Breslau
II-
III i IV I V VI
VII
vin
IX
XI
XII
Mittel
-04
39
0,0
28
Das mittl.
Max.
26.2
Mia.
-10,1
2,1
36
6,5
32
Die mittl.
Schwankg.
36,1
11,1
15,1
44 I 53
Das äosserstt
Max.
35,2
12,9
Min.
—27,8
17,0
-1,5 -0,9j 2,2 j 7,8
(Siehe Tabelle S. 176 u. 177 )
16,8
16,5
13,4
8,7
3,6
0,9
69
66
45
48
34
37
Die absol.
Sa.:
Schwkg.
630
18,6
17,4
14,2
9,0
2,9
-0,9
7,9
43.7
52.5nim
8,3
In so hohem Maße nun die äusseren Einwirkungen auf die
Formengestaltung hinwirken, indem sie die Züchtung beeinflussen, so
ist doch die innere Anlage das Entscheidende (siehe S. 140 — 146). Die
wichtigste Anpassungserscheinung dürfte hierbei die individuell ver-
schiedene Fähigkeit der Pflanze sein, Seitenachsen zur Entwicklung zu
bringen, d. h. bei Wachstumshemmungen einen Ausgleich durch weiter-
gehende Verzweigungen und 'Blütenbildungen zu bewirken.
Es ist aus dem ganzen Vorgang zu ersehen, wie durch diese Kom-
bination der verschiedenen Faktoren ein wechselvolles Bild in der
Leistungsfähigkeit der Pflanze und damit der Auslesemöglichkeit für
die Züchtung gegeben ist. Anderseits ergibt sich aber auch hieraus,
dass bei Überschreiten der in einem bestimmten Areal vorkommenden
Schwellenwerte (= Anbaugebiet für Kulturrassen) eine Verschiebung
des Bestandes durch Verminderung der Produktivität oder vollständige
Vernichtung der minder angepassten Formen eintreten muss.
3. Das Ergebnis des Zusammenwirkens.
a) Der morphologische Periodenbau unter jahres-
weise verschiedenen Bedingungen und bei verschie-
denen Formen.
Die Längenzunahme einer Pflanze ist unter Voraussetzung
gleicher Entwicklungsstadien eine geradlinige Funktion der Tempe-
ratur. Bei zeitlich aufeinanderfolgenden Entwicklungsstadien dagegen
wird zunächst eine periodische Zunahme, später eine Abnahme erzielt.
Dadurch werden je nach den Aussenbedingungen der Temperatur zu-
nächst verschiedene Längen- oder Massenzunahmen der Pflanzen in den
einzelnen .Jahren erzielt, welche sich (S. 159) dem Gesetze der Kon-
tinuität unterordnen.
Hierbei wurde festgestellt, dass diese Kontinuität durch Ver-
zögerung des Reifestadiums und Zunahme der Gesamtwärme erzielt
wird, während die Wärme innerhalb gleicher Zeiträume eher als ver-
ringert betrachtet werden kann. Die Verzögerung in der Entwicklung
wird augenscheinlich hierdurch veranlasst, jedoch wird sie in besonders
Beiträge zur -Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 175
erkenntlicher Weise durch verspätete Frühjahrsentwicklung überhaupt
bedingt. Hieraus wäre aus Analogiegründen zu schliessen, dass auch
die verschiedenen Formen sich eben in ihrem verschiedenen Wärme-
aneignungsvermögen unterscheiden, woraus es sich auch erklärt, dass
die Formen höherer Kontinuitätsstufe im allgemeinen später reif, aber
produktiver sind.
b) V e r e r b u n g s w e i s e.
Es vererbt sich, aber mit individuellen Unterschieden, nach länger
einwirkender Auslese sowohl die Form wie auch die Wachstumsweise.
Bei Auftreten von Spaltungen ist die Vererbung transgressiv, aber in
der Hauptsache unter Einhalten des Gesetzes der Kontinuität (Phase
ni) bei grösserer Konstanz nach den Phasen I und H. Die Ver-
erbung der Wachstums weise zeigt sich in der ähnlichen Geschwindig-
keit der Entwicklung bei Formen gleicher Abstammung, aber auch
in der ähnhchen Art der Streckung der Achsenteile (grosse Wachs-
tumsperiode), was schliesslich zu Formen mit verschiedener Gliederung
(Parameter für die Hauptachse) führt (siehe S. 150).
Es scheint sich, soweit aus vorliegendem Material (Abschnitt II)
zu scMiessen ist, wenigstens innerhalb gleicher Abstammungen die Zu-
nahme der Kontinuität (also p f Dichte)) ™^^ ^^^^^ Abnahme des Para-
meters, aber Zunahme der Wachstumsgeschwindigkeit zu verbinden.
Für den Vergleich verschiedener Nachkommenschaften reicht aber das
Material nicht aus. Bei Sortenvergleichen macht sich die Herkunft be-
merkbar, z. B. wächst der kanadische Raps sehr rasch, trotzdem er
schliesslich infolge raschen Wachstumsabschlusses kurz bleibt (klima-
tische Periode).
c) Das Zustandekommen der „ökologischen Form".
Nachdem vorausgehend die allgemeinen Gesetze und Bildungs-
weisen auf Grund der inneren Anlage, d. h. der Vererbungsfähigkeit der
Entwicklung und Form in Zusammenhang gebracht wurden, wodurch
das Zustandekommen individueller Formen sich erklärt, ist hieraus
noch die Bildung „ökologischer Formen" zu entwickeln. Wie diese
Faktoren wirken, ist ja bereits beschrieben. Die Bildung der öko-
logischen Form kann natürlich nur im Zusammenhang mit natürlicher
oder künstlicher Auslese erklärt werden.
Innerhalb einer Population befinden sich Individuen mit ver-
schiedener morphologischer und physiologischer Konstitution, die aber
nach den Gesetzen der Periodizität bzw. Kontinuität allgemein
orientiert sind. Die Grenzwerte aber für diese Ausbildungsmöghch-
keiten sind vermutlich durch die durchschnittliche klimatische Periodi-
zität des Standorts (Verbreitungsgebietes), wie nicht minder durch die
mittleren und absoluten Maxima und Minima der Temperaturen in Zu-
176
Baumann:
Ökologische
¥ ^ a
t> "S -■"
Standraum (qm)
42
43 i 46 I Mittel
Fröste
Herbst ! Winter ; Frühjahr
Wirkung des Winterfrostes
42
43
46
1910/11
1911 12
1912 13
1913 14
1914,15
1915/16
0,137 0,161 , 0,141
0,135 0,163
0,053 1 0,053
0,075 0,063
0,073
0,053
V. d. Z.
aus-
geschl.
0,153
0,053
0,070
0,077
V. d. Z.
aus-
geschl.
0,152 0,148
0,204
0.164
0,0531 0,053
0,062 0,068
0,071
0,060
0,074
0,057
(0,f58)
Günstig —6,3» 5.Apr.-6,2'
0. öcnaaen jii,er„.und.
Trocken, i 14./15. Jan. 14. April
DTio-fi Anfl — i20,4.Febr. ' -■■
— 250
längs. Anfl
Gut
— 7"
Üppü
Gut
Ziemlich
trocken,
Okt. Fröste
ohneWirkg.
Üppig
— 9.50 j 11. April
Ohne Ein- \- ^° I""i:o.st
Wirkung: Mterschied
-9,70
Ohne Ein-
wirkung
Ohne
Gleichmässig überstanden
sehr
gut
Ohne
— 8.3»
Ohne hes.
Schaden
22. Dez. |6. Apr. ohne
Wirkung
15,1«
3,4^
4.7.8
42.3.1
43.7.1
4.7.6
sehr gut
7.6
-ehr gut
s. gew.
sehrgut
Ohne
Ohne
> cS «3
1
•n '-^ 9
1
" -+7^ '^
''
p9 ' W
1 ä?
35
1
Hau
s -^
e
Nicht
so gut
wie 46
1916/17 ? — — 0,058 (0,r 58) Üppig ziemlich
' streng,
teilweise
Schnee-
decke
Ausser obigen Einwirkungen kommen noch in Frage: 30. Juni bis 4. Juli eine
plötzliche Hitzewelle von 21,4° C. Dadurch wurde bei Stamm 42, dem eine verzögerte
Entwicklung und Reife eigentümlich ist, eine mangelhafte Ausreifung der Körner erzielt,
wodurch die Körner grünlich und unansehnlich und der Ertrag stark beeinträchtigt wurde.
Herbst- und Frühjahrsentwicklung kombinieren sich bei den Stämmen und Linien
in verschiedener Weise: Stamm 4 im Herbst rasche, im Frühjahr langsame Entwicklung.
Stamm 43 Herbst besonders rasch, Frühjahr sehr früh, dadurch 1912/13 durch Spätfrost
fast vollständig vernichtet.
sammenhang mit deren periodischem Auftreten bestimmt. Das sei
z. B. an folgenden Temperaturvergleichen veranschaulicht:
Rostock (Mecklenburg): Ausgedehntes Verbreitungsgebiet mit
vorwiegend gemässigtem, ozeanischem Khma.
Breslau (Schlesien): Ausgedehntes Verbreitungsgebiet für
Raps. Ostkontinentaler Einfluss; aber erhebhch abgeschwächt durch
Oderniederung.
Ort
Monat
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
Jahr
Rostock.
Mittel
Max.
Min.
-1,5
+ 8,1
-13,5
— 0,9
8,8
-10,8
2,2
15,2
-10,4
7,8
21,4
-2,1
12,9
27,2
2,9
17,0
28,3
6,5
18,6
32,4
9.2
17,4 14,2
29,927,0
8,5! 3,9
9,0
19,5
-2,1
2,9
13,4
-7,5
-o.vt
8,(1
^11.7
8,3
32,8
-16,7
Breslau.
Mittel
Max.
— 0,05
6,5
— 8,9
0,23
6,7
-8,1
2,09
10,8
— 4,9
5,57
16,4
1,4
9,09
20,7
0.8
12,7,14,0
23,423.4
5,4 7,2
13,7
22,9
6,9
11,1
20,7
3,5
7,50
15.7
0,1
2,76
9.3
-4,7
0,5
6,9
-8,0
6,64
15,3
-1,0
Kirchdorf
(Züchtg.-Stelle)
Mittel
-0,4
0,0
2,1
6,5
11,1
15,1
16,8
16,5
13,4
13,4
3,6
0.9
7,9
Beiträge zur Kenntnie der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 177
Einwirkungen.
Wirkung des Spätfrostes
Wirkung des
EntTwicklung im
4
42 43
46
Erdflohes
Rapsglanzkäfers
Herbst
Frühjahr
Rasche
Ent-
wickl.
Gleic
üt
hmässi^
)erstand
y gut
en
Wenig
Wenig
Günstig
Günstig
Gut
Gut
43.2 gen.
43.7 gut
Gut
Sehr stark, 27 u.
33 vernichtet
Sehr stark, Stämme
4; 40; 43 F. Verm.
vernichtet
Langsam, da
trocken
4.7.5
4.7.6
mglh.
42.9.4
genügd.
43.2.1
2.9
mglh.
46.6.1
genügd.
Ohne
Ohne
Gleichmässig
gut
AVarm. Frühe Blüte.
Fortgeschr. Entwickl.
Ohne
Ohne
Ohne
Ohne
)i
n
Desgl.
Nässe und Fäulnis im
März ; grauer Schimmel.
«
n
n
)i
»
77
77
14 Tage verzögerte
Frühjahrs-Entwicklg.
und Blüte.
>i
j?
))
7)
)^
Starker Befall.
Früh blühende
Stämme besser
77
Viel Feuchtigkeit und
niedere Temp. Viel
Rost, schlechte Entw.
»
»
>i
T5
)i
Ohne
77
Ziemlich spät. Späte
Bl
Stamm 46: Herbst kräftig, Frühjahr mitte ^spät, daher gleichmässig widerstandsfähig.
Erdflöhe. Eine absolute Widerstandsfähigkeit gibt es nicht. Es kommt auf die
Raschheit der Herbstentvricklung an.
Rapsglanzkäfer. Die Widerstandsfähigkeit hängt ab von dem Zeitpunkt des
Eintritts der Blüte, deren Dauer im Verhältnis zum Käferbefall. Frühe Blüte bietet
nicht immer einen Schutz, vielmehr kommt es auch auf die Möglichkeit an, durch Neu-
bildungen Schäden auszugleichen. Dadurch unter Umständen bis zu 14 Tagen ver-
zögerte Reife.
Durch die Züchtung ist nun erwiesen, in welch hohem Maße
Individuen, welche nicht ausreichend widerstandsfähig sind, oder
deren Entwicklungsrhytraus nicht dem durchschnittlichen oder den
Extremen in einem Verbreitungsgebiet angepasst ist, einer Ver-
minderung ihrer Zahl (bei Änderung der Bedingungen vielleicht nur
vorübergehend), in vielen Fällen aber der vollständigen Vernichtung
unterworfen sind. Unter Bedingungen, welche bei gleichmässig
massiger Temperatur die Reife an und für sich hinausziehen, werden
Formen der höheren Stufe die angepassteren sein, bei höheren Tempe-
raturen, welche die Reife beschleunigen, dagegen die früher reifen und
rascher wüchsigen. Eine ähnlich entscheidende Rolle spielen die Spät-
fröste. Es kommt ganz auf deren zeitliches Auftreten und auf ihre
Intensität an, ob rascher oder langsamer sich entwickelnde Formen,
welche die Knospen früher oder später zur Entwicklung bringen, die
angepassteren und existenzfähigen sind.
Dadurch kommen in einem natürlichen Verbreitungsgebiet ganz
von selber Populationen zur Entwicklung, deren Grenzwerte in den
178 Bau mann:
massgebenden Eigenschaften der Anpassung denjenigen der klimati-
schen Bedingungen entsprechen. Die Auslese begünstigt nur diesen
Vorgang, indem sie Kreuzungen mit den weniger angepassten weiter
verhindert. Es ist daher kein Wunder, dass die verschiedenen Land-
sorten einen durchschnittlich verschiedenen Charakter besitzen. Ihre
Entstehung dürfte beim Raps in der skizzierten Weise zu erklären sein.
Hieraus ergibt sich auch die Bedeutung der Landsorten überhaupt, und
der Vorzug, den „synthetische Populationen" unter Umständen haben
können. Bei der Auswahl der betreffenden Linienmischungen handelt
es sich darum, nicht nur die allgemeine klimatische Periodizität der
Gegend zu treffen, sondern auch periodisch wiederkehrenden Ab-
normitäten im Witterungsverlauf je nach deren Häufigkeit in ent-
sprechender Weise Rechnung zu tragen.
Auf diese genannte Weise wird die physiologisch-morphologische
Form zur ökologischen Form, zur ,, Kampfform". Die Aufgabe des
Züchters ist es, die Pflanze in ihrem Kampf um die Verbreitung im
Raum zu unterstützen.
C. Anwendung der Ergebnisse der Abschnitte I^ — V für die Zwecke
der Züchtung und Sortenirage und Methodik wissenschaftlicher Unter-
suchungen; zugleich Zusammenfassung der Gesamtergebnisse.
Im folgenden soll, soweit das eine so gedrängte Darstellung, wie
vorliegende, ermöglicht, versucht werden, die Ergebnisse der Sonder-
untersuchungen I — V für die Zwecke der Züchtung und Sortenfrage
praktisch sowie methodisch nutzbar zu machen.
1. Der morphologische Aufbau der Raps pflanze.
Die bisherigen Bezeichnungen: Buschform, Baumform usw. ge-
nügen weder für eine Orientierung noch zu näheren Charakte-
risierungen. Eine genauere Kenntnis der Formen eines Bestandes, des
Zusammenhangs der einzelnen Merkmale, endlich des Übergangs einer
Form in eine andere, kann ohne nähere morphologische Untersuchungen
nicht erbracht werden. Diese, von der heutigen Botanik leider ver-
nachlässigte ^) äussere Morphologie könnte für die Züchtungslehre von
grosser Bedeutung werden, wenn sie nach dem Beispiel von C. K r au s ^)
entsprechend gepflegt würde. Die Untersuchung zeigt tatsächhch
einen solchen Zusammenhang der einzelnen morphologischen Elemente
zueinander, und einen gesetzmässigen Übergang der Formen. Diese
Art der Betrachtung ermöglicht auch das Studium der ,, Korrelationen",
1) Velenowsky, Vgl. Morphologie d. Pflanzen Bd. IV. Prag 1910.
-) Kraus, Züchtungen von Gerste u. Hafer. F. L. Z. 1909, Heft 13.
— Wachstumsweise der Beta-Rüben. Naturw. Z. f. L. u. F., 1. Jahrg.
Stuttgart.
— Gliedenmg d. Gersten- u. Haferhalmes. Stuttgart 1905.
— Lagerung der Getreide. Stuttgart 1908.
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapse?. 179
deren morphologische bzw. physiologische Bedingtheit auf diesem
Wege gefunden werden kann. Der Zusammenhang der Bildungen sei
kurz wiederholt:
Je länger die Pflanze, um so grösser die Zahl ihrer Internodien,
ihrer schotentragenden Seitenachsen, deren Ansatz sich aber mit zu-
nehmender Länge immer höher verschiebt. Mit Zunahme der Internodien-
zahlen nimmt ihre Länge ab, so dass sie also immer dichter werden.
Dadurch kommt die Lage der Umläufe, d. i. Internodien gleicher
Stellung, von der Basis ausgerechnet, dieser immer näher. Die Zone
stärksten Wachstums liegt hierbei ebenfalls zunehmend tiefer. Die
Länge und Stellung der Seitenachsen zur Hauptachse ist eine perio-
dische. Die Zunahme der Länge der Seitenachsen 1. Ordnung von den
höher stehenden Achsen nach den tiefer stehenden ist zunächst gerad-
linig, nimmt aber später stärker ab.
Auch bei den Seitenachsen regelt sich die Bildmig der Seiten-
achsen höherer Ordnung nach den gleichen Gesetzen wie bei der Haupt-
achse. Internodienlängen und -Zahl stehen auch hier in gegensinniger
Beziehung. Nicht alle Formen bringen unter durchschnittlichen
Wachstumsbedingungen Seitenachsen zweiter Ordnung zur Entwicklung,
insbesondere nicht jene mit längeren Achsen. Im allgemeinen sind die
Achsen erster Ordnung und zweiter Ordnung bei den Formen mit
längerer Hauptachse kürzer, die Blütenstände dichter.
In diesen gesetzmässigen Bildungen und in der Aufeinanderfolge
der Formen kommt die verschiedene Organisationshöhe der betr.
Formen zum Ausdruck. Ihre Haupteigenschaft beruht sowohl in der
Form, infolge ihrer verschiedenen Ertragsfähigkeit an und für sich, als
auch in deren verschiedener Anpassungsfähigkeit bzw. Widerstands-
fähigkeit gegen äussere Einwirkungen. So ist zunächst anzunehmen,
dass Formen höherer Organisationsstufe auch an und für sich pro-
duktiver sind, denn die einzelnen morphologischen Elemente, aus denen
sich eben die Produktivität zusammensetzt, sind bei ihnen zahlreicher
und weitergehend differenziert. In diesem höheren Grad der Diffe-
renzierung beruht aber anderseits der höhere Grad der Anpassungs-
fähigkeit gegen äussere Einwirkungen, z. B. gegen Winter- und Spät-
fröste, ungünstigen Standraum an und für sich und als Folge von
Schädigungen, so z. B. durch Insekten. Die Pflanze der höheren
Kontinuitätsstufe ist leichter in der Lage, Neubildungen von Seiten-
achsen oder Blüten auch in späteren Entwicklungsstadien durch-
zuführen, als diejenige einer niedereren Stufe, die an und für sich
weniger Entwicklungsmöglichkeiten hat und deren Entwicklung auch
rascher zum Abschluss gelangt. So treten tatsächlich bei Wachstums-
hemmungen der Hauptachse bei sonst ausreichenden Wachstums-
bedingungen eine stärkere Entwicklung der Seitenachsen und deren
2^g(j Ba^imann:
Blüteustände ein, so z. B. bei Hemmungen infolge von Frostwirkung
oder durch Käferbefall. Nicht zuletzt tritt hier auch unter Umständen
der Fall ein, dass die Seitenachsen erster und zweiter Ordnung über
die jeweils höher stehende Hauptachse hinauswachsen und noch reich-
hch Blüten und Früchte entwickeln, wodurch der Blütenstand cyraös
erscheint. Allerdings tritt hierbei eine Verzögerung der Reife ein.
Im Anschluss hieran sei gleichzeitig die Vererbungsweise dieser
Formen besprochen. Solange noch eine geringere Konstanz innerhalb
einer Form gegeben ist, ist die Vererbung nach dem beschriebenen
allgemeinen Gesetz der Kontinuität vorhanden. Wird aber die Kon-
stanz zunehmend grösser, dann machen sich die Unterschiede der
Formen immer weniger in den Achsen, als der obersten Blütenregion
geltend. Die Lage der Umläufe wird immer mehr parallel, die Zone
des stärksten Wachstums (Internodium grösster Länge) bleibt an der
gleichen Stelle, während sich die Internodienzahlen nur unmerklich
verändern. Der unterste Ansatz der Seitenachsen bewegt sich in
gleicher Höhe, gleiche Standraumsverhältnisse vorausgesetzt.
So erleichtert die Anwendung dieser Methode, also die nähere
Kenntnis des morphologischen Aufbaues, nicht nur die Unterscheidung,
die Kenntnis des Wertes verschiedener Formen, sondern auch die
Prüfung der Vererbungsverhältnisse nicht nur einzelner Merkmale,
sondern die korrelativ bedingte Vererbungsweise zusammengehöriger
Merkmalskomplexe, über deren morphologisch-physiologische Bedingt-
heit die Methode Aufschluss gibt.
2. Die Wachstums weise und Frage der Anpassung.
Das Wachstum unterscheidet sich in eine Herbst- und Früh-
jahrsentwicklung. Jeder dieser beiden Abschnitte der Entwicklung
hat eine besondere Bedeutung. Eine kräftige Herbstentwicklung, vor
allem ein rasches Auflaufen ist für die Entwicklung von Bedeutung,
weil dadurch schädigende Einwirkungen, insbesondere der Befall durch
Erdfloh und der Einfluss der Winterfröste leichter überwunden wird.
Anderseits aber darf die Entwicklung nicht zu üppig sein, weil sonst
die Saaten leicht ,, hochbeinig" werden, was zur Zeit der beginnenden
Reife oder auch schon früher zu Senkungserscheinungen von der Basis
aus führt. Auch neigen zu üppige Saaten leichter zum Ausfaulen. Ein
zu hohes AVachstum neigt auch leichter zu Schädigungen bei Kahl-
frösten gegenüber Pflanzen, welche mehr am Boden sind. Von be-
sonderer Bedeutung aber ist die Früh Jahrsentwicklung. Je rascher
diese erfolgt, um so eher kann angenommen werden, dass sie auch zum
Abschluss kommt Ganz allgemein aber zeigte die Erfahrung im Ver-
lauf der Züchtung, dass die später reiferen Formen und Linien im.mer
die produktiveren waren. Eine Verzögerung bzw. Verlängerung der
Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 181
Entwicklung ist nun sowohl im Vergleich der verschiedenen Jahre, wie
auch der verschiedenen Formen gleichbedeutend mit Übergang in eine
höhere Organisationsstufe, und wenigstens beim Vergleich verschiedener
Jahre gleichbedeutend mit einer Zunahme des Wärmeverbrauchs
während der Entwicklung.
Eine langsamere Entwicklung hat aber ganz besonders mit
Rücksicht auf die Anpassung an die klimatischen Verhältnisse zu
Beginn der Frühjahrsentwicklung Bedeutung, weil zu dieser Zeit die
Entfaltung der Knospen mit Spätfrösten zusammenfällt. Unter
anderen örtlichen Verhältnissen dürfte dieses Zusammentreffen zeitlich
wieder etwas anders verlaufen.
Aus diesen Gründen spielt die Kenntnis der klimatisch-ökologi-
echen Periodizität, d. h. die Abhängigkeit des Wachstums in seinen
durch die phänologischen Erscheinungen zerlegten Abschnitte eine so
grosse Bedeutung. Der zeithche Eintritt, sowie die Dauer derselben
ist durch das Zusammenwirken von Wärme, Licht und Feuchtigkeit
mit dem erblichen Rhytmus der Pflanze geregelt. Sie ist gekenn-
zeichnet durch die zwischen den einzelnen phänologischen Er-
scheinungen bestehenden Zeiten und die bei Eintreten derselben
herrschenden Temperaturen (Schwellenwerte). Für jede Gattung und
Form lässt sich im Durchschnitt der Jahre die klimatische Periodizität
als Ausdruck der Anpassung der Form an die jährliche Periode fest-
stellen. Im Zusammenhang hiermit haben auch die Ermittlungen der
Wachstumsgeschwindigkeit ihre Bedeutung. Es kommt hierin in erster
Linie die Reaktionsfähigket der Zelle auf die Wärme zum Ausdruck.
Diese Entwicklung kann sich unter Umständen durch das Zusammen-
treffen besonderer Umstände im Vergleich der verschiedenen Formen
verschieben und ist durch die Messungen die Möglichkeit gegeben, die
Anpassung der Form an die klimatische Periode und auch Wirkungen
anderer Art zahlenmässig zum Ausdruck zu bringen. Für wissenschaft-
liche Untersuchungen, aber auch für die Praxis der Sortenfrage und
Züchtung wird daher die Anwendung dieser Methode am lebenden —
neben der morphologischen Untersuchung am reifen — Produkt eine be-
sondere Bedeutung haben. Sie dürften für die Beurteilung der Eigen-
schaften und Anpassungserscheinungen einer Form, also der Ursache
ihrer Leistungsfähigkeit wichtige Aufschlüsse geben.
In obigen Zusammenhängen ist gleichzeitig der grösste Teil der
Anpassungserscheinungen besprochen. Die übrigen ergeben sich aus
Abschnitt III. Es sei hier nur darauf aufmerksam gemacht auf die
grosse praktische Bedeutung, welche dem Studium derselben (Ökologie
der Pflanzen) auch für die Pflanzenzüchtung und Sortenfrage zukommt.
Wohl stellen zahlreiche Züchtungen solche Anpassungen an den Stand-
ort dar. aber zur bewussten Anwendung fehlen noch weitgehend die
232 B a u m a n n :
wissenschaftlichen Unterlagen und botanischen Kenntnisse. Schon
wenn wir uns informieren wollen, was denn das Klima eines Standortes
gegenüber anderen kennzeichnet, wie der allgemeine Wärmeverlauf, die
Temperaturextreme, Hitze- und Kälterückschläge gegenüber anderen
Gegenden sind, ganz besonders aber wie sie auf die Pflanzen wirken,
besitzen wir nur die dürftigsten Unterlagen. Noch unentwickelter sind
die Sonnenscheinmessungen. Dazu kommt noch der wechselnde Ein-
fluss der Luftfeuchtigkeit und der Niederschläge, so dass bis zur be-
wussten Anwendung noch ein weiter Schritt ist. Methodische phäno-
logische Beobachtungen sind hinsichtlich der Kulturpflanzen über den
Roggen noch nicht viel hinausgegangen. Endlich fehlt es auch an
einer agronomischen Bodenkarte, um auch diesen Einfluss allgemein
und vergleichsweise einschätzen zu können. Unsere Züchtung würde
ganz gewiss erleichtert sein, wenn wir von vornherein den einer Gegend
angepassten Rhytmus (klimat.-ökol. Periodizität) samt den Schwellen-
werten feststellen und hiernach die Auswahl der Formen treffen
könnten. Jedes Klima eines Ortes zeigt ausser dem durchschnitthchen
Verhalten gewisse Schwankungen und Besonderheiten. Es kann sein,
dass durch Auswahl einer einzigen Form das Ziel einer durchschnitt-
lich höchsten Ertragsfähigkeit überhaupt nicht zu erzielen ist, weil
diese Form nur einigen der hauptsächlichst vorkommenden Klima-
schwankungen entspricht, anderen aber nicht. In diesem Fall wird nur
die Vereinigung mehrerer Formen den gewünschten Zweck erfüllen
können (synthetische Population). Auch nach diesem Gesichtspunkt
wird die beschriebene Methode einen Fortschritt erzielen lassen.
3. Vererbungsfragen.
Diese sind teilweise schon bei der morphologischen Form be-
sprochen. Es soll hier nur das Gesamtgebiet unter praktisch-züchte-
rischen und methodischen Gesichtspunkten besprochen werden.
Für die Prüfung der Vererbungsfragen stehen verschiedene
Methoden zur Verfügung.
a) Die Methode der Variationsstatistik. Diese setzt einen
grösseren, weniger dem durch Auswahl entsprechender und Beseitigung
ungeeigneter Formen bedingten Wechsel der Zahl und Art von zu
prüfenden Einheiten (Stämme, Linien, Individuen) voraus, als dies bei
einem praktischen Zwecken dienenden Material möglich ist. Bei einem
solchen konzentriert sich der Vergleich sehr bald auf einige wenige
Stämme oder Linien. Die ungeeigneten, bei Vererbungsprüfungen aber
gleichwohl wichtigen Linien werden ausgeschieden. Ein zu grosser
Ballast zwecks besonderer wissenschaftlicher Vergleiche schädigt
meistens das praktische Ergebnis. Daraus ergibt sich eine Anwend-
barkeit der Methode nur unter bestimmten Verhältnissen, insbesondere
Beiträge zur Kenntnis der Eapspflanze und zur Züchtung des Rapses. 183
bei Massenauslesen, mit zahlenmässiger Fixierung der Hauptcliaraktere,
wie diese Methode besonders früher mehr betrieben wurde.
b) Statistisch-graphische Methoden. Die einfache Rechnung wird
bei umfangreichen Vergleichen unübersichthch, während deren Über-
tragung in graphische Darstellungen dagegen ein lebhafteres und an-
schaulicheres Bild über den Umfang der Variabilität, über die Richtung
der Veränderung, ja unter Umständen auch über vorhandene Zusammen-
hänge (Korrelationen) ermöglicht. Auch lässt die Anwendung dieser
Methode schon vielfach Schlüsse zu, ob die Veränderung eine Folge der
Auslese oder auf äussere, nicht vererbbare Einflüsse zurückzuführen ist.
So z. B. wird unter dem Einfluss von Frostwirkungen oder Käfer-
beschädigungen oft eine Verkürzung der Achsen bewirkt, wodurch Ab-
weichungen in den Bildungen bei Achsen höherer Ordnung eintreten,
die graphisch besser zum Ausdruck kommen wie rechnerisch.
Ein anderer Weg graphisch statistischer Methoden wäre die
Ermittlung der Variationskurven unter dem Einfluss züchterischer Ver-
änderung. Diese Methode ist aber bei Züchtungsmaterial ebenso des-
wegen schwer durchzuführen, weil es bei diesem häufig an der hierzu
nötigen grösseren Zahl von Einzelbestimmungen fehlt.
Demgegenüber bietet die vom Verfasser beschriebene und an-
gewandte Methode besonderer morphologischer und physiologischer
Untersuchungen nicht nur die Möglichkeit der Prüfung der Variabilität
überhaupt, sondern auch ihres Umfangs und ihrer Richtung, sowie der
korrelativen, morphologisch und physiologisch bedingten Veränderlich-
keit, und gibt für die statistisch-graphischen Methoden eine Unterlage.
Sie gibt gleichzeitig von den verschiedenen Formen und ihren Über-
gängen, sowie von dem Zusammenhang zwischen Funktion und Form
eine gewisse bestimmtere Vorstellung. Die Vererbung der Formen er-
folgt nach dem Gesetz der Kontinuität so lange, bis ein höherer Grad
von Konstanz erreicht ist. Diese macht sich zunächst in den Haupt-
merkmalen, also den Achsen, später erst in den obersten Blüten-
regionen und deren Bestandteilen bemerkbar. In diesen kommen auch
noch Standortsbeeinflussungen deutlicher zum Ausdruck. Eine noch
ungelöste Frage ist, ob (unter praktisch kaum durchführbarer) Kon-
stanz der Aussenbedingungen und des Standraums bei reinen Linien
keine Unterschiede mehr möglich sind. Die bisherigen Untersuchungen
von C. K r a u s ^) scheinen darauf hinzudeuten, dass geringe Varia-
tionen immer vorhanden sein werden, und dass die verschiedenen
Zuchtmaterialien den Bestrebungen der Züchtung in verschiedenem
Maße Widerstand leisten. So z. B. ist es nicht ausgeschlossen, dass
auch die verschiedenen Früchte aus Achsen verschiedener Ordnung
^) Kraus, C, Untersuchungen über die Vererbungsverhältnisse bei Nachkommen-
schaften reiner Linien. Fühl. Ldw. Ztg. 1917, Nr. 23/24.
Zeltschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VI. 14
]^g4 B a u m a n n : Beiträge zur Kenntnis der Rapspflanze usw.
in ihrer Produktionsfähigkeit nicht vollständig gleichwertig sind, und
dass daher Unterschiede in der morphologischen Form auch solche des
Bestandes begründen.
Wenn wir also züchterische Methoden auf die Praxis der
Züchtung anwenden wollen, werden wir gut tun, uns nicht ausschhess-
lich der auf die Häufigkeit sich stützenden variationsstatistischen
Methoden zu bedienen, sondern möglichst alle Zweige der Botanik zu
berücksichtigen, und die hierbei erzielten Ergebnisse für die Zwecke
der Yererbungsforschung anzuwenden.
Das Ergebnis dürfte hierbei sein, dass der Vorgang der natür-
lichen Auslese, wie er in der Verbreitungsfähigkeit der Pflanzen, in
dem Vorhandensein verschiedenartiger Populationen (Lokalsorten) zum
Ausdruck kommt, in den hauptsächhchsten Grundlagen dem der künst-
lichen Auslese entspricht und durch diese erst zum richtigen Ver-
ständnis kommt. Es besteht keine andere Möglichkeit, zu einer ein-
gehenderen Vorstellung der Verbreitung der Pflanzen zu kommen als
durch die Verbindung des historischen Moments (Abstammung und
Fortentwicklung) und dem physiologischen (Rhytmus in verschiedenen
Verbreitungsgebieten) ^) mit dem experimentell züchterischen.
Dieser Vorgang der natürlichen Auslese dürfte in der Hauptsache
in dem Zusammenhang der durchschnittlichen klimatischen Perio-
dizität einer Gegend (Verbreitungsgebiet) und deren Extremwerten mit
der Gesamtheit der in der betreffenden Population enthaltenen ökologi-
schen Formen begründet sein. Es wäre unvollständig, würde man
hierbei einem Auslesemoment allein eine ausschlaggebende Rolle bei-
messen; in Frage kommen zahlreiche. Oft erst nach einer bestimmten
Reihe von Jahren wiederkehrend, treten ökologische Bedingungen ein,
welche einer Form wieder ein Übergewicht verschaffen können, unter
anderen Verhältnissen wieder einer anderen. Daher wäre es verkehrt,
würde man in der Auswahl einer einzigen durchschnittlich angepassten
Linie unter allen Umständen das Ziel suchen oder von dem Anbau
einer einzigen allein die Erreichung eines Höchstertrages von grösster
Sicherheit erwarten oder auch dies unter allen Umständen für möglich
halten.
*) Krasan, Fr., Über den kombinierten Einfluss der Wärme u. d. Lichtes auf
die Dauer der jährl. Periode d. Pflanzen. Englers bot. Jahrb. 1882.
III.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der
Pflanzenzüchtung.
1. Referate über Arbeiten
in Zeitschriften, sowie über Dissertationen, dann Jahresberichte vind Bulletins
von Versuchsstationen.
Einsendung von Abdrücken aller einschlägigen Arbeiten
erbeten.
Einige Herren haben sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt,
für einzelne Länder oder bestimmte sachliche Gebiete die Sorge für
Erstattung von Referaten ganz zu übernehmen. Für 1917 sind derartige
Vereinbarungen getroffen worden mit:
Professor Dr. H. Nilsson - Ehle - Lund: Pflanzenzüchtung,
Schweden. — Prof. Dr. Gran, Universität Kristiania : Pflanzenzüchtung,
Norwegen. — Konsulent E. Lindhard-Tystofte pr. Tjaereby: Pflanzen-
züchtung, Dänemark. — Dr. H. Plahn-Appiani-Aschersleben,Mehringer-
strasse 6: Zuckerrübenzüchtung in Deutschland und Österreich. —
(Königl. landw. Botaniker A. Howard-Pusa (Bihar), Indien: Pflanzen-
züchtung, Indien. 1) — Direktor A. v. Stebutt der Versuchsstation
Saratow, Russland: Pflanzenzüchtung, Russland. ^) — Direktor van
der Stok-Buitenzorg (Java): Pflanzenzüchtung, Java. — Dr. Th.
Rom er- Bromberg, Kaiser Wilhelms-Institut: Pflanzenzüchtung, Gross-
britannien. — Direktor E. Grabner-Magyarovär: Pflanzenzüchtung,
Ungarn.
Für die hier nicht genannten Gebiete sind zunächst Autoreferate
sehr erwünscht, we^n solche innerhalb acht Tagen nach dem Er-
scheinen der Arbeit abgesendet werden.
Die Referate sind entweder als Autoreferate gekennzeichnet oder
von dem betreffenden Referenten gezeichnet; von dem Redakteur er-
stattete bleiben ungezeichnet.
^) Nach freundl. Mitteilung werden Referate weiter erstattet, können aber wegen
eines Verbotes der Regierung jetzt nicht gesandt werden.
14*
186 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Beijerinck, M. De enzymtheorie van de erfelijkheid.^)
(Koninkl. akademie van wetenschappen te Amsterdam. Wis. en Natuurk.
Afdeeling. 1917, Deel XXV, S. 1231—1245.) Verschiedene, durch
gallenbildende Insekten veranlasste Bildungen erwiesen sich als nicht
erblich. Die Insekten bringen nicht Enzyme in die Pflanzen, wie Verf.
früher annahm. Seine Studien bei Gallen und einzelligen Organismen
(Leuchtbakterien) führten ihn zur Erklärung der Vererbung durch
Enzyme, meist Endoenzyme, die im Verlauf der Entwicklung der
Pflanzen aktiv werden und die äusseren und Leistungseigenschaften
der Pflanzen bedingen. Das Protoplasma ist aus einer grossen Zahl
solcher Enzyme aufgebaut und Erbeinheiten und Enzyme sind danach
gleichbedeutend.
Correns, C. Zur Kenntnis einfach mendelnder
Bastarde. (Sitzungsbericht der königl. preuss. Akademie der
Wissenschaften XI, 1918, S. 221—268, 9 Abb.) Es werden nähere
Mitteilungen über die Bastardierung 1. Urtica pilulifera X Urtica
Dodartii, 2. Mirabihs Jalapa xantha und 3. Urtica urens peraurea ge-
macht. — Bei 1. ist es von allgemeinem Interesse, dass es gelang, die
noch spaltenden Heterozygoten von F2 von den nicht mehr spaltenden
dominierenden Homozygoten zu unterscheiden. Im genannten Fall
war die Unterscheidung durch Vorhandensein oder bei den Heterozy-
goten Fehlen einiger Zähnchen an der Spitze der ersten Laubblätter
möglich. Es liegt dabei ein Fall von Dominanzwechsel vor; bei dem
1. Laubblattpaar dominiert Urtica Dodartii, dann durchweg Urtica
pilulifera. — 2. Die chlorophyllose Form Mirabilis Jalapa xantha
bildet (fast) nur die gelben Blattfarbstoffe aus und kann nur durch
Aufpfropfung am Leben erhalten werden. Bezüghch der Vererbungs-
verhältnisse der xantha wird festgestellt, dass sie sich als rezessiv
verhält und dass Heterozygoten, die xantha abspalten, nicht von Homo-
zygoten zu unterscheiden sind, während dies bei Heterozygoten, die
chlorina abspalten, möglich ist. Von allgemeiner Bedeutung ist, wie
im Anschluss erwähnt wird, dass man sich die Entstehung der ver-
schiedenen Chlorophyllsippen aus typischen grünen Formen nicht gut
in üblicher Weise durch Wegfall von Anlagen erklären kann. Es zeigte
sich nämlich, entgegen dieser Annahme, bei einer gelblich-grünen
chlorina ein rein grüner, der typischen Form entsprechender Fleck.
Es weist dies eher auf Erklärung durch Hemmung hin, die partiell
latent wurde. — 3. Bei einer peraurea-Sippe von Urtica urens, die
gelbgrünes Laub zeigt, ergaben sich Vererbungs Verhältnisse, nach
welchen diese nur im hetero zygotischen Zustand existiert und bei
Spaltung nach 3 : 1 eine Homozygotenklasse ganz ausfallen lässt, dem-
nach nicht nach 1 peraurea homozygot. 2 peraurea heterozygot, und
^) Die Enzymtheorie der Vererbung.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pilanzenzüchtung. 187
1 typica hetero zygotisch spaltet, sondern nach 2 peraurea heterozy-
gotisch und 1 typica hetero zygotisch. Einer der Geschlechtszellen-
Zusammentritte gelingt demnach bei dieser Form nicht.
Czuber. Die Anwendung der Wahrscheinlichkeits-
rechnung auf Fragen der Landwirtschaft. (Zeitschrift
für das landwirtsch. Versuchswesen in Österreich 1918, S. 1 — 100.) Die
in letzter Zeit auf dem Gebiete des landwirtschaftlichen Versuchs-
wesens immer häufigeren zeitraubenden, umständlichen Berechnungen,
welche auf der Fehlertheorie beruhen, hält der Verfasser auch dann
für unzulässig, wenn die Abweichungen vom Mittel dem Fehlergesetz
entsprechen. Letzteres ist zumeist nicht der Fall. Dagegen lassen
sich Rechnungen verwenden, die auf der Kollektivmasslehre beruhen.
Um die bei den Sorten-, Nachkommenschafts-, Linienvergleichen er-
haltenen Zahlen — der hier interessierende Fall — rechnerisch zu
verarbeiten, genügt die Ermittlung des arithmetischen Mittels für jede
Sorte, Nachkommenschaft, Linie, die Gruppierung der Einzelergebnisse
in Verteilungstafeln und die Ermittlung der Streuung für jede Sorte,
Nachkommenschaft oder Linie. Diese Streuung entspricht der Quadrat-
wurzel aus der Summe der Quadrate der Abweichung (x) der Einzel-
ergebnisse von dem arithmetischen Mittel, geteilt durch die Anzahl
der Einzelergebnisse (n). (S = y/^^j. Die Arbeit bespricht kritisch
einige Fälle der bisher verbreiteten umständhchen Rechnungen, so
jenen der Verarbeitung der Rübensortenerträge durch von Rümker
und Alexandrowitsch und jenen der Anwendung eines Aus-
gleichsverfahrens bei Sortenversuchen durch Mitscherlich.
Drude, 0. Erfahrungen bei Kreuzungsversuchen
mit Cucurbita Pepo. (Bericht der deutschen botanischen Gesell-
schaft XXXV, 1917, Generalversammlungsheft S. 1—57, 3 Abb., 1 Tafel,
1918.) Von Cucurbita Pepo wurden die durch Inzucht rein ge-
haltenen Formen: Weisser Apfel, Apfelsine, Gurke, Warze (C. P. var.
verrucosa), Regenschirm, Ford hook und ein Bastardabkömmling aus
Weisser Apfel X Cucurbita ficifolia Bouche zu Bastardierungen heran-
gezogen. Die Beschreibung der Formen, deren Farbe nach Ostwalds
Farbenatlas bestimmt wurde, wird gegeben. Zunächst wird festgestellt,
dass Xenien bei der Frucht, wie sie von Gärtnern wiederholt als Folge
von Bastardierungen behauptet worden sind, bei Kürbis nicht zur
Bildung gelangen. Eine Bastardierung zwischen den Arten Cucurbita
maxima, moschata und ficifolia gelang nur — und zwar nur einseitig
— in dem einen oben erwähnten Fall Cucurbita Pepo (Weisser Apfel)
(weibl.) X Cucurbita ficifolia (männl.). Der bei Inzucht konstante
Artbastard wurde als „Gestreifter Apfel" bezeichnet. Bestäubung
innerhalb einer Pflanze führt zu rasch abnehmender Fruchtbarkeit
138 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
durch starke Abnahme bis Fehlen der weibl. Blüten. Von den künst-
lichen Bastardierungen und den Kreuzungen für Inzuchtzwecke ge-
langen etwa V4 — V2' noch schlechter gelang die Befruchtung innerhalb
einer Pflanze.
Der Bastard Gestreifter Apfel verhielt sich zunächst, obwohl ein
Artbastard, bei weiteren Bastardierungen so wie die Bastardierungen
von Cucurbita Pepo-Formen untereinander, nur bei der Bastardierung
mit Ford hook ergab sich Unerwartetes. Aus einer der beiden bei
dieser Bastardierung erhaltenen Früchte ergab sich eine Nachkommen-
schaft, die Warzen erscheinen liess. Das Auftauchen derselben wird
als ein Fall von Kr\T3tomerie nach der neueren von v. T s c h e r m a k
gegebenen Fassung dieses Begriffes erklärt und angenommen, dass die
zur Warzenbildung noch fehlende Anlage durch die Bestäubung zu-
geführt, oder eine hemmende Anlage abgespaltet wurde. Ein anderer
Versuch, die ,, Hausspalier-Kreuzungen", wurde mit kombinierter
Bastardierung gemacht. Warze wurde 1904 mit Apfelsine bastardiert,
die Fj mit Gurke usw. Es sollte ermittelt werden, ob bei diesem Vor-
gang neue Eigenschaften auftauchen und ob die Formenvielheit dabei
eine besonders grosse ist. Von 1904 — 1908 waren die Früchte bei
dieser kombinierten Bastardierung sehr wenig mannigförmig, erst 1910
wurde sie dies, die Mannigförmigkeit ging dann wieder zurück und erst
1916 tauchte eine Neuheit auf. Äussere Eigenschaften der Früchte
zweier der verwendeten Formen kamen in den Ergebnissen nicht zur
Ausbildung, wurden kryptomer. Bei der Bastardierung Warze X
Regenschirm fielen elterliche äussere Eigenschaften der Früchte, und
zwar solche der männl. Form aus, eine Mendelsche Spaltung trat
nicht ein.
Die Versuche hatten nicht das Ziel, die erbliche Veranlagung
einzelner Formen von Kürbis klarzulegen. Sie zielten auf die Schaffimg
von Belegen für Formenkreisbildung durch Bastardierung hin. Be-
sonders der Versuch mit kombinierter Bastardierung sollte die Ver-
hältnisse wilder Durcheinander'bastardierung, wie sie in der Natur sich
bei Rosa, Rubus, Salix findet, nachahmen. Auf die Bedeutung, welche
die natürliche Auslese im Sinne Darwins für die Artenbildung be-
sitzt, wird im Zusammenhang hingewiesen, indem hervorgehoben wird,
dass die Durcheinanderbastardierung Formen liefert, die für bestimmte
äussere Verhältnisse verschieden geeignet sind.
Everest, A. Recent chemical investigations of the
anthocyanpigments and their bearing upon the pro-
duction of these pigments in plants.^) (Journ. of Genetics
IV, 1915, S. 361 — 367.) Die Bildung der Anthocyane erfolgt nicht
*) Neuere chemische Untersuchungen über die Anthocyanfarbstoffe und ihre
Bedeutung für die Bildung dieser Farbstoffe in der Pflanze.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 189
durch Oxydation der gelben Farbstoffe, der Flavone, die Anthocyane
sind Reduktionsergebnisse von Flavonen und treten immer als Gluko-
side auf. Derselbe. Farbstoff kann als alkalisches Salz blau, frei
purpurn, als saures Salz rot erscheinen.
Fruwirth, C. Selektion in pure lines. (The Journal of
heredity VIII, 1907, S. 90—94, 1 Abb.) Da B e 1 1 i n g und C a s 1 1 e die
Versuche Johannsens zur Konstanz reiner Linien bekämpften, da
dieselben nicht Eigenschaften von Pflanzen, sondern solche von Samen
ins Auge fassten, berichtet der Verfasser über einige eigene Versuche
mit Auslese bei Pflanzen, am eingehendsten über solche mit pro-
zentischer Behaarung des Aussenkornes bei Hafer und kommt auch zur
Annahme der Konstanz reiner Linien. Autoreferat.
Hansen, W. Gedanken über Organisation und
Arbeitsersparnis in der Pflanzenzucht. (Deutsche land-
wirtsch. Presse 1918, S. 261 — 262.) Es wird ausgeführt, dass kurze
Verwendung junger Leute als Zuchtleiter für die Züchtung nicht förder-
lich ist, dass der Betreuung von Professoren mit der Oberleitung das
entgegensteht, dass ihre sachlichen Auskünfte allen Züchtern zukommen
sollen, was durch (nicht selbstzüchtende Ref.) Vererbungsinstitute ge-
schehen kann, dass der Zuchtbetrieb nicht zu sehr ausgedehnt werden
soll, Nachzuchten mit Abfindung des Originalzüchters ihre Be-
rechtigung haben, Auslesearbeiten oft vernünftig eingeschränkt werden
können, die Zahl der auf einer Wirtschaft gezüchteten Pflanzen gute
Arbeitsverteilung gewähren' soll, eine ausgedehnte Sortenprüfung
durch staatliche Institutionen notwendig ist.
Harris, L. The application of correlation for m u 1 a e
to the Problem of varietal differences in disease resi-
stance: data from the Vermont experiments with
potatos.i) (American Naturalist LI, 1917, S. 238—244.) Unter
23 vom Verfasser bei Kartoffelsorten festgestellten Korrelationen
waren nur 4 — aber nicht zuverlässige — Ausnahmen von der Regel,
dass bei grösserer Empfänglichkeit eines Formenkreises gegenüber
einer Krankheit auch grössere Empfänglichkeit gegenüber anderen vor-
handen ist.
Hromadko, J. Die Variabilität der Nachkommen-
schaft derselben Futterrübenmutter in der 1. Gene-
ration. (Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen 1918, XLII,
S. 581 — 601.) Bei einer Futterrübe, deren Vorfahren seinerzeit aus
Original-Eckendorfer erwuchsen und dann in Tabor der Veredelungs-
^) Die Anwendung der Korrelationsformeln auf die Frage der Verschiedenheit
der Widerstandsfähigkeit der Varietäten gegenüber Krankheiten: Feststellung nach
Versuchen der Vermont-Versuchsstation mit Kartoffeln.
290 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Züchtung unterworfen worden waren, wurde 1914 geschlechtliche Iso-
lierung in Gaze (die bei Rübe nicht sicher ist, Ref.) vorgenommen und
die Nachkommenschaft dieser Rübe untersucht. Die erhaltenen Zahlen,
die man zur Zeit der Rübenreife gewann, wurden in Vergleich gesetzt
mit solchen, die in ähnlicher Weise, aber zur Zeit der grössten Ent-
wicklung, von Andrlik und Urban bei einer Zuckerrübe gefunden
worden waren. Der Variabilitätskoeffizient betrug bei Futterrübe für
Gewicht der Wurzel 39,7 ± 2,70, für Gewicht des Blattwerkes 35.0 ±
2,38. für Trockensubstanz der Wurzel 9. 57 ±0,65 und für Zuckergehalt
16,31 ±1.11. Für die erwähnte Untersuchung einer Zuckerrüben-
nachkommenschaft waren die entsprechenden Zahlen 28.46 ± 1,96;
32,4 + 2,24; 6,88 ±0,47; 6.02 ±0.42.^ Die bei Futterrübe besonders
grosse Variabilität (Variabilität und Modifikabilität, Ref.) bei Zucker-
gehalt wird darauf zurückgeführt, dass bei Futterrübe im Gegensatz
zu Zuckerrübe die Züchtung auf Zuckergehalt viel jünger ist.
Kiessling, L. Einige besondere Fälle von chloro-
phylldefekten Gersten. (Zeitschrift für induktive Ab-
stammungs- und Vererbungslehre 1918, XIX, S. 160 — 176.) 3 Pflanzen
von Gerste, die aus Körnern erwachsen waren, deren Fruchtknoten
durch Injektion mit einer schwachen Lösung von salpetersaurem Kali
beeinflusst worden war, werden beschrieben. Zwei der Pflanzen waren
grün, die dritte zeigte Panaschüre in Form von weissen Streifen. Die
Nachkommenschaften der zwei ersterwähnten Pflanzen wiesen grün
panaschierte und weisse (chlorophyllose) Pflanzen auf, jene der 3. keine
grünen. Für das Vorhandensein einer mendelnden Spaltung sprechen
die Zahlenverhältnisse nicht, ebenso spricht dagegen das sehr
schwankende Verhalten der einzelnen Pflanzen während ihrer Ent-
wicklung. Es wird angenommen, dass die Störungen in der Ausbildung
des Chlorophylles durch die Injektion bewirkt wurden und die neuen
Linien als Mittelvarietäten im Sinne von de Vries betrachtet werden
können. — Bei einer anderen Gerstenpflanze, die im Warmhaus im
Topf erwuchs, trat Weissbuntpanaschüre nach Verletzung der Pflanze
auf. Versuche, durch ähnliche Verletzungen bei anderen Pflanzen die
Erscheinung hervorzurufen, gelangen nicht. Vererbung der Er-
scheinung zeigte sich bei der beobachteten Pflanze nicht. — In der
weiteren Nachkommenschaft einer spontan variierten hellergrünen
Pflanze (Fg3. siehe folgendes Referat) wurden weiterhin noch einige
spontane Variationen bezüglich Ausbildung des Chlorophylls beobachtet.
Kiessling, L. Über eine Mutation in einer reinen
Linie von Horde um distichum L. 2. Mitt: Bastar-
dierungsversuche. (Zeitschrift für induktive Abstammungs- und
Vererbungslehre 1918, XIX. S. 145 — 159.) Es wurde eine Bastar-
dierung zwischen einer spontanen Variation, die in der 9. Generation
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 191
einer reinen Linie von Gerste aufgetreten war (FgS), und der Ausgangs-
linie (Fg2) vorgenommen, und zwar nach beiden Richtungen hin. In
F 1 dominierte das „tiefere Grün" der Ausgangshnie über das „hellere
Grün" der spontanen Variation; in F 2 trat Spaltung ein, die dem Ver-
hältnis 1:2:1 für tieferes Grün, Mittelfarbe und helleres Grün ent-
sprach. Es wird angenommen, dass eine Anlage für Chlorophyll (Gr)
bei der spontanen Variation ausfiel oder latent wurde und die Bastar-
dierung danach erfolgte als: Gx Gx, Gr Gr X Gx Gx, gr gr. Der reine
Weiterbau der spontanen Variation zeigte volle Vererbung des neuen
Merkmals, neben welchem bei 4 Pflanzen Spuren von Panaschüre auf-
traten. Ausser durch die Abstufung in Grün unterschied sich die
spontane Variation auch durch mehrere andere Form- und Leistungs-
eigenschaften, deren Verfolgung nach der Bastardierung wegen des
starken modifikativen Schwankens derselben sehr erschwert war.
Immerhin zeigte sich, dass die Bastardierungsergebnisse, welche der
spontanen Variation gleichen, bei allen Eigenschaften, die mit dem
Produktionsvermögen zusammenhängen, gegenüber den Pflanzen der
Ausgangsform zurückstanden.
Love, N., and Fräser, A. The inheritance of the weak
awn in certain Avena crosses.^) (American Naturalist
LI, 1917, S. 481 — 493.) Bei Bastardierung einer schwach begrannten
Form (Burt) mit einer grannenlosen (Sixty days) dominierte Grannen-
losigkeit in F^ fast vollständig. Die F2 spaltete in grannenlose, teil-
weise begrannte und ganz begrannte, annähernd nach 1:2:1. Nach
den Befunden in F3 ist ganz begrannt rezessiv, teilweise begrannt
spaltet in etwa 3 teilweise, zu 1 ganz begrannt und unbegrannt vererbt
teilweise voll, teilweise zeigt es Spaltung wie bei den teilweise be-
grannten von Fo. (Begrannt und unbegrannt wird in der Arbeit als
absolut hingestellt, während bisherige Untersuchungen bei zahlreichen
europäischen Formen von Hafer nur prozentische Unterschiede in der
Begrannung feststellen Hessen, nicht absolut unbegrannte und absolut
begrannte Formenkreise, Ref.)
o o
Lundberg, Fr., och Akermann, A. Jakttagelser rörande
fröf argen hos avkomman av en spontan korsning mel-
lan tvenne former av Phaseolus vulgaris.^) (Sveriges
utsädesförenings tidskrift XXVII, 1917. S. 115—121.) In den ver-
schiedenen Fisolenvarietäten, die während der letzten Jahre bei dem
schwedischen Saatzuchtverein in Svalöf gebaut worden sind, sind ab-
weichende Pflanzen mehrmals angetroffen worden, die wenigstens in
^) Die Vererbung der Granne der unteren Ährchenspelze bei Haferbastardierungen
^) Beobachtungen über die Samenfarbe der Nachkommenschaft einer spontaner
Bastardiening zwischen zwei Varietäten von Phaseolus vulgaris.
192 'Serie Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
den meisten Fällen durch spontane Bastardierung zwischen neben-
einander wachsenden Formen entstanden sind. Die in dieser Ab-
handlung erwähnte Bastardierung wurde in einer Sorte von schokolade-
farbigen Frinzessbohnen angetroffen, die im vorigen Jahre in der Xähe
von gewöhnlichen gelben Prinzessbohnen wuchsen. Die Samen der ab-
weichenden Pflanze waren dunkelbraun. In den folgenden Jahren
wurde die vollständige Nachkommenschaft dieser Pflanze separat aus-
gesät, und dabei wurden sowohl dunkelbraune als auch schokolade-
gefärbte, gelbbraune und gelbweisse Bohnen erhalten. Die Spaltungs-
zahlen zeigten, dass die schokoladefarbigen Bohnen einen Faktor (C)
enthielten, der Schokoladefarbe verursachte und der über die gelbweisse
Grundfarbe dominiert. Bei den gelben ist dieser Faktor nicht vor-
handen, aber es gibt hier einen anderen Faktor (G), der gelbbraune
Farbe verursacht. Auch diese Farbe dominiert über die gelbweisse
Grundfarbe.
Pflanzen, die die beiden Faktoren enthalten, haben dunkelbraune
Samen und diejenigen, bei denen diese Faktoren fehlen, gelbweisse.
A. A.
Miles, F. A genetic and cytological study of certain
types of albinism in maise.^) (Journal of Genetics 1915. IV,
S. 193 — 214.) Die verschiedenen Abweichungen von normaler Grün-
färbung verhalten sich rezessiv — möglicherweise mit Ausnahme der
gestreiftblättrigen Form von Zea japonica. Es sind wenigstens 2 An-
lagen für normales Grün vorhanden; fehlt eine derselben, so erscheint
die Pflanze weiss und stirbt bald, fehlt die andere, so ist sie gelb-
lich-weiss und besitzt die Fähigkeit grünlich zu werden. Rein weisse
Pflanzen enthalten keine Piastiden, gelblich-weisse besitzen wenige
solche, die allmählich an Grösse und Zahl zunehmen, wenn diese
Blätter grünlich werden.
Molz. Über Züchtung widerstandsfähiger Reb-
sorten. (Jahrbuch der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft 1918,
S. 166 — 199.) Da weder die chemische noch die biologische Be-
kämpfung der Rebenschädlinge entscheidenden Erfolg gebracht hat,
lenkt man die Aufmerksamkeit mehr auf züchterische Einwirkung, also
indirekte Bekämpfung der Schädiger. Die üblichen Wege der Züchtung:
Veredlungs Züchtung auf Widerstandsfähigkeit und Züchtung durch
Bastardierung werden besprochen. Auf die Anregungen, die D e r n
gegeben hat, wird verwiesen und neuerlich angeregt, auf den genannten
Wegen Erfolge anzustreben.
Newman, L. Die Weizenerzeugung in Kana da. (Inter-
nationale agrarische Rundschau VIII. 1917, S. 595 — 601). Der Bericht
^) Eine Vererbungs- und Cytologische Untersuchung verschiedener Formen von
Albinismus beim Mais.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 193
enthält einen Abschnitt „Züchtungsarbeit", in dem ausgeführt wird,
dass die Züchtungsarbeit beim Weizen zuerst von der Experimental-
farm zu Ottawa ausgeführt wurde. W. Saunders, der Direktor der-
selben, trachtete besonders den red fife zu ersetzen; die eingeführten
Sorten bewährten sich nicht voll, wohl aber Bastardierungen zwischen
einer derselben, der aus Russland gekommenen Sorte Ladoga sowohl,
als dem aus Indien gekommenen Hard red Calcutta und dem red fife-
Weizen. Es wurden zuerst aus ersterwähnter Bastardierung die
Formen Preston, Stanley, Huron und Percy erhalten, die um 7 bis
10 Tage früher als red fife reiften, was in einzelnen Gegenden mit sehr
frühen Herbstfrösten von Wichtigkeit ist, aber die Qualität des Kornes
liess zu wünschen über. Die zweite erwähnte Bastardierung reift
4 — 10 Tage früher als red fife, gab oft 10 — 50 ^1^ mehr Ertrag als
dieser und die Körner besitzen gute Qualität. Neben der Bastardierung
wurde Züchtung durch Formenkreistrennung bei den Landweizen nicht
vernachlässigt. Die ,,Canadian seed growers association" lässt durch
ihre Mitglieder Ährenmassenauslese für Saatgutzwecke betreiben.
Puchner, H. Das Blatt der Kartoffelpflanze. (Natur-
wissenschaftliche Zeitschrift für Forst- und Landwirtschaft 1917, S. 337.
13 Abb.) Es wird auf die Verschiedenartigkeit der Ausbildung des
Blattes dieser Pflanze hingewiesen. Bedeutende Unterschiede ergeben
sich schon in der Blattform zwischen den Kotyledonen, den ersten
Laubblättern und den später zum Vorschein kommenden Blättern bei
Pflanzen, die aus keimenden Samen hervorgehen. Die erste Blatt-
rosette, welche keimende Knollen aus dem Boden emportreibt, hat breit-
keilförmige, fast verkehrt-herzförmige und sehr breit gestielte Blätter.
Die Formenbildungen, deren das Kartoffelblatt fähig ist, lassen sich
durch die Reihe: breit-eiförmig, breit-herzförmig, herzförmig, eiförmig,
länglich-eiförmig, lanzettförmig kennzeichnen. Aber auch Unterschiede
in Farbe, Furchung. Behaarung usw. geben sich kund. Alle diese
Merkmale sind bei den einzelnen Kartoffelsorten ausserordentlich ver-
schieden. Da aber auch an ein und derselben Pflanze verschieden
geartete Blätter auftreten, stösst man in der Literatur auf Widersprüche
nach dieser Richtung. Im Anschlüsse daran kommt Verf. auf Ein-
wirkungen des Standortes auf die Blattausbildung zu sprechen und
führt einige BeivSpiele hierfür an. Autoreferat.
Punnett, R. Faktorenkoppelung bei der Geschlechts-
zellenbildung vonLathyrus odoratus. (Journal of Genetics
6. Bd., 1917, S. 185—193.) Für Lathyrus odoratus werden ab-
schliessende Ergebnisse über Koppelung bei verschiedenen Eigen-
schaften mitgeteilt. Bei aufrechter Fahne, Anlage E und länglichem
Pollenkorn, Anlage L ist für EL; El; eL; el die Koppelung 7:1:1:7.
Gleichartige Koppelung findet sich bei blauer Blütenfarbe, Anlage B,
194 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
und länglichem Pollenkorn, Anlage L, "und zwar für BL; Bl; bL; bl
7:1:1:7. Dagegen ergaben die Spaltungsverhältnisse für blaue Blüten-
farbe und Form der Fahne eine Koppelung von 63 : 1 : 1 : 63 für
BE : Be : bE : be.
Reuss. 37jährige Fichtenreinzuchtver suche in
Österreich. (Centralblatt für das gesamte Forstwesen 1916, S. 383
bis 417.) Das Alter des Mutterbaumes, von welchem das Saatgut ge-
wonnen wurde, übte nur bei grossen Altersunterschieden einen Einfluss
auf die Gesamtwuchsleistung der Nachkommen aus, und zwar derart,
dass hohes Alter diese verminderte. Deutlicher wurde der Höhen-
wuchs mit zunehmendem Alter verringert. Weit mehr als das Alter
wirkt die Individualität des Mutterbaumes ein. Herkunft des Samens
von Mutterbäumen aus Gebieten mit verschiedener Höhenanlage be-
einflusste, so wie bei dem Versuche Cieslars, die Entwicklung der
Nachkommen verschiedenartig. Im Anschluss an die Versuche von
Wachtl, Zederbauer und anderen wurde gleichsinnig festgestellt,
dass die grünzapfige Frucht Picea excelsa, var. chlorocarpa, so wie die
rotzapfige (Pinus excelsa, var. erythrocarpa) ständig an einem In-
dividuum Zapfen der betreffenden Farbe hervorbringen, dass sie samen-
beständig sind, und dass mit grüner Zapfenfarbe späterer Beginn der
Lebenstätigkeit im Frühjahr verbunden ist, was diese Form wegen der
Spätfrostgefahr, teilweise auch wegen der Einschränkung der Nonnen-
gefahr, wertvoller macht.
Rümker, K. von. Die Züchtung der Ölpflanzen. (Jahr-
buch der D. L.-G. 1918, S. 150 — 156.) Die verbesserten Konjunkturen
für den Ölfruchtbau und die Notwendigkeit der Fettbeschaffung ver-
anlassen eine Wiederausdehnung des Ölfruchtbaues und vermehren
das Interesse für die züchterische Verbesserung der Ölfruchtpflanzen.
Im allgemeinen ist züchterisch, mit Ausnahme von Raps und Rübsen,
noch nicht viel getan. Die Bestäubungsverhältnisse bei Raps sind
vorläufig in dem Sinne aufgeklärt, dass sie in Mitteldeutschland ähnlich
liegen, wie bei Weizen, d. h. dass die Selbstbestäubung im allgemeinen
vorherrscht. Fremdbefruchtung aber möglich ist. Auch über die
Morphologie der Rapspflanze und die morphologischen Korrelationen
liegen einige Untersuchungen vor, und ebenso über Kornfarbe und
Fettgehalt, über ihre Erblichkeit und die Möglichkeit, sie züchterisch
zu beeinflussen. Eine kurze und zusammengedrängte Blütedauer hat
sich als ein gewisser Schutz gegen den Schaden durch den Rapsglanz-
käfer erwiesen.
Nach Beleuchtung verschiedener Zuchtrichtungen schildert Ref.
die von ihm selbst angewandte Technik der Rapszüchtung, bespricht
die Bastardierungsmöglichkeiten und Methoden und erwähnt zum
Schluss die bis jetzt vorliegenden hauptsächlichsten Arbeiten mit Lein-
dotter, weissem Senf, Sonnenblumen. Mohn und Lein. Autoreferat.
,^ Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der PÖanzeuzüchtung. 195
Schellenberg, H. Die Vererbungsverhältnisse von
Rassen mit gestreiften Blüten und Früchten. (Viertel-
jahrsschrift der naturwissenschaftlichen Gesellschaft. Zürich LXI,
1916.) Bei Mais ist eine Anlage für Rotfärbung der Kornhaut und eine
solche für Verteilung der Farbe in Streifen vorhanden. Bastardierung
von Mais mit weisser Kornhaut mit solchem mit roter gibt in F 1 ge-
wöhnlich rote Mittelfarbe und nur bei bestimmten weisskörnigen
Formen Körner mit Rot in Streifen. In F 2 kann die Streifung in 4 ver-
schiedenen Formen auftreten. Verschiedenheit in der Streifung der
Körner einer und derselben Pflanze beruht auf Prävalenzwechsel bei
der Anlage für Streifung.
Sundelin, G. Redogö reise för verksamheten under
ä r e n 191 3 — 1 916 vid Sverigeser Utsädesförening Filial
i östergötlan d.^) (Sveriges utsädesförenings tidskrift XXVII, 1917,
S. 136 — 153.) Im Jahre 1913 wurde von dem schwedischen Saatzucht-
verein in'Svalöf eine Filiale bei Linköping in der Provinz Östergötland
gegründet, über deren Wirksamkeit in den Jahren 1913 — 1916 der Ver-
fasser hier berichtet. Während dieser Jahre hat man sich bei der
Filiale fast ausschliesshch mit der Prüfung verschiedener, in Svalöf
gezüchteter Sorten beschäftigt. Die interessantesten Resultate sind
mit Winterweizen erhalten, u. a. hat man hier feststellen können, dass
durch Bastardierung von Sorten mit mittelmässiger Winterfestigkeit
(Tystofte Kleinweizen X Extra-Square head II) und Sonnenweizen X
Extra-Square head II) durch sogenannte transgressive Spaltung neue
Sorten erhalten worden sind, die hier winterfester und ertragreicher
sind als die Elternsorten. A. A.
Ubisch, G. v. Kritische Betrachtungen zur Hypo-
these der primären und sekundären Koppelung. (Zeit-
schrift für induktive Abstammungs- und Vererbungslehre 1918, XIX,
S. 193 — 201.) Aus Verhältniszahlen nach Bastardierungen, die von
Bateson und Punnett gebracht wurden, schliesst die Verfasserin,
dass die Morgan sehe Hypothese zur Erklärung- der Koppelungen
entsprechender ist, als die Bateson' und Punnett sehe.
Urban, J. Über die Grösse der Stecklinge. (Zeitschrift
für Zuckerindustrie in Böhmen XLII, 1918, S. 521—526.) Auf der
Zuckerrübenzuchtwirtschaft von Z a p o t i 1 wurden Stecklingsrüben von
10, 50, 100 und 250 g Gewicht ausgepflanzt, je 400 Stück. Mit An-
steigen des Gewichtes verringerte sich die Zahl der eingegangenen
Pflanzen, erhöhte sich die Gewichtsmenge an geerntetem Samen, die
Zahl der pro Pflanze vorhandenen Achsen und die Keimfähigkeit der
) Bericht über die Wirksamkeit der Filiale des schwedischen Saatzuchtvereins
in Östergötland 1913—1916.
J9(5 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pi'lanzenzücbtung.
erhaltenen Samen. So kleine Stecklinge, wie die 10 g schweren, leiden
von Trockenheit sehr und werden nur unter günstigen Lebens-
bedingungen ähnlich hohe Erträge geben, wie schwerere Stecklinge; sie
werden enger als diese gepflanzt.
Wheldale, M. Our present knowledge of the ehe-
rn ist ry of the mendelian facto rs influencing flower
c 0 1 0 u r.i) (Journal of Genetic II, 1915, S. 369—376.) Die Farbstoff-
bildner sind flavone und die Anlage für Farbe bewirkt die Reduktion
der Flavone. In neutralem Zellsaft ist Anthocyan purpurn, eine weitere
Anlage kann in saurem Zellsaft Rotfärbung bewirken, eine andere An-
lage Blaufärbung in alkalischem Zellsaft.
Wohanka & Comp. (XXVIII. Jahresbericht der Rübensamen-
züchtungen von Wohanka & Comp., Prag, Oktav, 95 S., 5 Abb.
Wohanka & Comp., Prag, 1918.) Dem Bericht über die eigenen
Züchtungen ist zu entnehmen, dass die Ernte an Rübensamen 1917 nur
7.1 dz pro Hektar betrug, die WZR.-Rübe durchschnittlich 616 g, die
WER.-Rübe durchschnittlich 651 g wog und die Auslesegrenze in dem
trockenen Jahr 1917 für Zucker auf 21 "/^ Zucker in der Rübe hinauf-
gesetzt werden konnte. Den Hauptteil des Berichtes — 89 S. —
nimmt die wie in dem Vorjahre gegebene Literaturübersicht ein, welche
für alle Interessenten einen wertvollen Behelf abgibt.
Wölk, P. van der. Onderzoekingen betreffende den
Cocospalm,.2) (Cultura 1918, Nr. 354, 34 S., 2 Taf.) Die Kopra
(getrocknete Kokosfruchtkerne) und damit die Kokospalmenkultur ge-
winnt zusehends an Bedeutung, trägt, und zwar, wie Verfasser meint,
dazu die Zunahme des Vegetarianismus erhebhch bei. Trotzdem ist
über die Grundlage der Kultur der Pflanze noch wenig bekannt und
es hat auch die Beantwortung der 1905 vom Kolonial-Museum aus-
geschriebenen bezüglichen Preisfrage die Sache nicht genügend geklärt.
1913 wurde dem Verfasser vom Buitenzorger Landwirtschaftsamt der
Auftrag, als Grundlage für die Durchführung der Züchtung die Blüh-
und Befruchtungseinrichtungen der Kokospalme zu untersuchen. Es
wurden Gerüste um drei Bäume erstellt, die drei verschiedenen Formen,
der grünen, roten und gelben angehörten. Es wurde durch Versuche
gezeigt, dass eigener Blütenstaub eines Baumes rascher wirkt als
solcher von einem anderen Baum, dass aber auch dieser Früchte liefert
und dass Fruchtbildung ohne Bestäubung nicht erfolgt. Die Über-
tragung des Blütenstaubes bei Fremdbefruchtung erfolgt durch Insekten
und wahrscheinlich auch durch Wind. Beim Blühen liegen die 3 Stempel
der weiblichen Blüten zuerst beisammen, dann richten sie sich auf und
^) Unsere gegenwärtige Kenntnis der Chemie der Anlagen, welche die Blüten-
farben beeinflussen.
') Untersuchungen die Kokospalme betreffend.
Neue Erscheiiiuugeu auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 197
ziehei] die 3 Fruchtblätter, deren Spitze sie bilden, etwas auseinander,
wodurch die Nektarien eingerissen werden. Die Honigabsonderung
der weiblichen Blüte wird durch diese Verletzung der Nektarien ge-
fördert und weiter fördert diese auch den Zufluss der Nahrung zu der
werdenden Frucht. Weitere Ausführungen treffen die Kultur der Pflanze.
Bei der Speicherung der Speicherstoffe in dem Keimling spielt der Ge-
halt der Fruchtwand eine grosse Rolle.
Zade. Die Versuche über Klee- und Gräser Züch-
tungen des landwirtschaftlichen Institutes Jena.
(Jahrbuch der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft 1918, S. 139 bis
150.) Verfasser züchtet seit 1912. Das heimische Ausgangsmaterial
befriedigte ihn mehr als das fremde. Die verwendete Züchtungsart
war Formenkreistrennung, die Ausleseart Gruppenauslese mit vege-
tativer Zerteilung der Ausgangspflanzen und ein- und mehrmahger
Auslese. Einschluss der Ausgangspflanze befriedigte ebensowenig wie
vegetative Vermehrung derselben mit räumlich isoliertem Abblühen der
einzelnen vegetativen Nachkommenschaft, der Ansatz war dürftig bis
fehlend. Bei Gras wird Züchtung auf Nährstoffreichtum durch Berück-
sichtigung eines höheren Blattanteiles als sehr wertvoll erachtet, der
Samenertrag muss dabei wohl beachtet werden.
Zinn, J., and Surface, M. Studiesonoatbreeding. V. The
Fl and F2 generations of a cross between a naked and
a hulled oat.i) (Journ. agr. research X, 1917, S. 293— 312.) Eine
Bastardierung zwischen einem lichtgelbspitzigen, grannenlosen, nackt-
früchtigen Hafer mit mehrblütigen Ährchen und unbehaarter Basis des
Aussenkorns und einem schwarzspelzigen, stark begrannten Hafer mit
bespelzten Früchten, zweiblütigen Ährchen und behaarter Basis des
Aussenkornes wurde vorgenommen. F 2 zeigt am selben Individuum,
oft selbst im gleichen Ährchen, nackte, bespelzte und halbbespelzte
Früchte, wobei die Neigung besteht, mehr gegen die Spitze der Rispe
zu mehr nackte Körner überwiegen zu lassen. Bei den übrigen Eigen-
schaften zeigte sich Mittelbildung. In F 2 waren Pflanzen mit be-
spelzten zu Pflanzen mit, bezüglich Spelzenverwachsung, Mittelbildung,
zu Pflanzen mit nackten Körnern wie 1:2:1 vorhanden und bei der
Mittelbildung zeigten sich 4 Abstufungen. Schwarz zu lichtgelb bei
Spelzenfarbe spaltet nach 3:1. Behaarung der Basis und Grannen-
bildung kann bei nackten Körnern natürlich nicht auftreten, bei
Pflanzen mit bespelzten und mit Mittelbildungskörnern erfolgt die
Spaltung des ersterwähnten Eigenschaftenpaares nach 15 : 1, jene des
zweiten nach 3:1.
') Die F 1- und F 2-Generation einer Bastardierung zwischen einem nackten und
bespelzten Hafer.
198 JNeue Erschein ungen aiif dem Gebiete der Pflanzenzüchtung'.
Anonym. Produzione dei serai di barbabietola da
ziicchero in Russia dall' elite propria.^) (Bolletino asso-
ciatione italiano d'industria zucchero e spirito 1917, Nov.) Nach
einem Bericht der Gesellschaft zur Förderimg der Landwirtschaft in
Südrussland wird festgestellt, dass die Haiiptproduktionsländer von ge-
züchtetem Zuckerrübensamen vor dem Krieg Deutschland, Russland
und Österreich waren, mit einer Erzeugung von rund 573 300, 363 270,
49 100 Ztr. Rübensamen, welchen ein Verbrauch von 147 420, 286 650,
131 640 Ztr. gegenübersteht. Wichtigste Verbrauchsländer sind
Amerika mit 81 900, Frankreich mit 57 330, Italien und Belgien mit je
rund 13 100 Ztr. Insgesamt war der Weltbedarf 780 790 Ztr.
2. Bücherbesprechungeii.
Fruwirth, C. Die Saatenanerkennung. (Oktav, 131 S.,
66 Abb. und 2 Tafeln. Verlag von Paul Parey in Berhn, 1918, 5,50 M.)
Die Besichtigung der Feldbestände, die Saatgut liefern soUen, wurde
als Ergänzung der Saatgutuntersuchung zuerst in Deutschland aus-
geführt, hat sich seither auch in anderen Ländern eingebürgert. Sie
hat besonders in den letzten Jahren grosse Verbreitimg gefunden. Eine
eingehende Darstellung ihres Wesens fehlte bisher und sollte für Be-
sichtiger und Besichtigte mit der vorliegenden Veröffentlichung ge-
boten werden. Die „Allgemeinen Ausführungen" gliedern sich in:
„Zweck und Entwicklung der Saatenanerkennung", ,,die Durchführung
der Anerkennung", „die Anforderungen bei der Besichtigung". ..Be-
sichtigungszeit", ,, Probeanbau", ., Saatenanerkennung und Sorten-
anerkennung", „einfache oder bedingte Anerkennung". ..die An-
erkennung von Saatbau- und Saatzuchtwirtschaften" und „die Aus-
rüstung des Besichtigers". In ,, Besonderen Ausführungen" wird bei
den einzelnen Kulturpflanzen das hervorgehoben, was bei der Be-
sichtigung von Feldbeständen derselben besonders wichtig ist. bei all-
gemeiner Durchführung bei der betreffenden Pflanze, bei Arten- und
Sortenreinheit, Verunkrautung. Schädlingen und Saatgutherstellung.
Zahlreiche Abbildungen sollen dem Besichtiger seine Arbeit erleichtern
und den Besichtigten auf Mängel des Bestandes aufmerksam machen.
Autoreferat.
Fruwirth, C. Handbuch der landwirtschaftlichen
Pflanzenzüchtung. Bd. II: Die Züchtung von Mais, Futter-
rübe und anderen Rüben, Ölpflanzen und Gräsern. (Dritte, gänzlich
umgearbeitete Auflage. Oktav, 262 S., 50 Abb. Verlag von Paul Parey
in Berlin, 1918. 16 M.) Gegenüber der zweiten Auflage ist Mais,
Futterrübe und der die Graszüchtung behandelnde Teil am weit-
^) Erzeugung von Zuckerrübensamen in Russland aus eigener Elite.
Neue Erscheinuugen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 199
geheiidsten umgearbeitet worden. Eigene Versuche des Verfassers sind
bei Mais, Rübe, Möhre, Zichorie und Gräsern berücksichtigt worden.
Ausser durch Verarbeitung der fremden und eigenen neuen Forschungs-
ergebnisse und praktischen Erfahrungen wurde eine Umarbeitung auch
durch zweckmässigere Anordnung des Stoffes einzelner Stellen und Ein-
fügung von Ausleseschemas notwendig. Der Umfang hat um 34 Seiten
zugenommen, die Zahl der Abbildungen um 11. Autoreferat.
Johannsen, W. Arvelighed i historisk og experi-
mentelbelysning. (3. Aufl., 52 Abb., 310 S., 7 Kronen 50 Öre.
Verlag Gyldendalsk Kopenhagen und Christiania 1918.) In dänischer
Sprache liegt die dritte Auflage der Darstellung der Vererbungswissen-
schaft vor, die Johanns en gegeben hat. Zum Unterschied von
seinem bekannten grossen Werk ,, Elemente der exakten Erblichkeits-
lehre", das in deutscher Sprache in zweiter Auflage erschienen ist,
wifd in dieser Darstellung das Geschichtliche mehr berücksichtigt. So
werden im 1. Abschnitt die Ansichten der Griechen des Altertums
über Vererbung erörtert, Abschnitt 4 behandelt Lamarck und
Darwin und ihre Vorläufer und Abschnitt 5 stellt die Ansicht
Galtons, Weissmanns und anderer Forscher dar. Auch unter-
scheidend von dem obigen Werk ist die Einschaltung eines Abschnittes,
des zweiten, über die Befruchtungsvorgänge. Die Darlegung über
reine Linien und die Auslesewirkung bei diesen und in Populationen,
sowie die Vorführung der Erscheinungen nach Bastardierung folgt in
ihrem Aufbau der Darstellung desselben Gegenstandes, die Johann-
sen in ,, Allgemeiner Biologie" in dem Werke ,,Die Kultur der Gegen-
wart" gegeben hat. Die Aufgabe des Buches ist es, das über Vererbung
heute Bekannte weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Es sind daher
auch die mathematischen Ausführungen, die in dem Hauptwerk gegeben
wurden, weggelassen worden und es sind viele Abbildungen beigegeben
worden. Es sind weiter die Ausführungen über einen Gegenstand,
der weite Kreise interessiert, über Eugenik, also über die Anwend-
barkeit von Tatsachen, welche die Vererbungsforschung gebracht hat,
auf dem Gebiet der Rassenhygiene beim Menschen, zu einem eigenen
ausführlichen Abschnitt, dem 12., ausgestattet worden. Der Zweck des
Buches, die Vererbungswissenschaft weiteren Kreisen zugänglich zu
machen, ist zweifellos bereits jetzt erreicht, denn der erst 1917 er-
schienenen ersten Auflage folgte nunmehr schon die vorliegende dritte.
Molisch, H. Pflanzenphysiologie als Theorie der
Gärtnerei. (2. Aufl. Oktav, 305 S., 137 Abb. Jena, Gustav
Fischer, 1918.) An dem Schlüsse der Neuauflage seines Buches, welche
der ersten sehr rasch folgte, setzt der Verfasser einen Ausspruch von
Kerner: „Ein charakteristisches Zeichen der jüngst vergangenen
Periode war es, dass einerseits die Gärtner es verschmähten, sich um
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VI. 15
20U Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüclitung.
die Eesultate der wissenschaftlichen Forschungen zu bekümmern und
andererseits die Herrn, welche sich auf dem gelehrten Bothurn be-
wegten und die sich gar zu gern die Männer der Wissenschaft nennen
hörten, es unter ihrer Würde fanden, die Ergebnisse theoretischer
Forschung in das Leben einzuführen." Molisch will mit seinem
Buch beitragen, diese Lücke zu füllen, die Brücke zwischen Wissen-
schaft und Praxis im Hinblick auf Gärtnerei herzustellen. Gegenüber
der 1. Auflage ist die zweite um etwa 20 Seiten umfangreicher, die
Zahl der Abbildungen ist um 10 vermehrt. Von Teilen, welche die
Züchtung in erster Linie betreffen, sind die Ausführungen über
Pfropfbastarde oder — wie der Verfasser sie lieber nennt — Chimären
und Burdonen und jene über die Beziehung zwischen Vermehrung und
Altern ausgedehnt worden. Bei diesen stellt er der seit M ö b i u s
herrschenden Ansicht einige Forschungsergebnisse neuer Zeit gegen-
über. Schon bei der ersten Auflage ist an dieser Stelle hervorgehoben
worden, dass es nahe liegt, dass ein Gärtner oder Landwirt, der sich
über Physiologie der Pflanze unterrichten will, gerade dieses Buch be-
nutzt, dessen Verfasser dem gärtnerischen Betriebe ständig näher ge-
treten ist.
Rümker, K. von. Die staatliche Organisation der
Sortenprüfung. (Kriegsaufsätze. Heft 2. 8. 32 S. Preis 80 Pf.
Verlag von Paul Parey in Berlin. 1918.) In der Einleitung entwickelt
Verf. die Notwendigkeit der Steigerung der landwirtschaftlichen Pro-
duktion mit Rücksicht auf die Umgestaltung der gesamten Wirtschafts-
verhältnisse sämtlicher Kulturländer durch den Krieg und den auf ihn
folgenden, von Deutschlands Feinden beschlossenen Wirtschaftskrieg.
Deutschland muss sich demgemäss schon jetzt darauf einrichten, sich so
unabhängig wie möglich vom Auslande mit seiner Ernährung und Be-
kleidung zu machen. Die einzige Möglichkeit, die Erträge der Landwirt-
schaft auf einer fest gegebenen Fläche zu steigern, liegt, in einem Mehr-
aufwand von Kapital und Arbeit. Arbeitermangel wird zur umfang-
reicheren Maschinenanwendung zwingen. Eine Verbesserung der Boden-
bearbeitung und Bodenpflege, eine verstärkte und vollkommenere
Düngerzufuhr müssen die Grundlagen der gesteigerten Produktion
liefern und die Pflanzenzüchtung muss die Pflanzenrassen erzeugen,
welche diese verbesserten Kulturverhältnisse vertragen und verzinsen.
Eine rationelle Sortenauswahl endlich muss dafür sorgen, dass überall
nur diejenigen Sorten zum Anbau kommen, welche für die betr. Ver-
hältnisse die ertragreichsten und sichersten sind. Eine für alle Ver-
hältnisse passende beste Sorte gibt es in keiner Pflanzengattung.
Eine sog. beste Sorte gibt es immer nur für eine bestimmte Zeit für den
einzelnen Anbauort und dieses auch nur so lange, bis sich seine Kultur-
verhältnisse weiter verändert haben oder bis eine noch bessere Sorte
dafür ermittelt wird. Die Rassenzüchtung und die Sortenauswahl sind
Neue Erscheiuuugen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtuug. 201
mithin die letzten Mittel, um den durch Bodenbearbeitung, Bodenpflege
und Düngung vervollkommneten Kulturzustand zur höchsten Aus-
nutzung zu bringen.
Die grosse Mehrzahl der landwirtschaftüchen Betriebe ist noch
weit entfernt davon, das Höchstmaß dessen zu erzeugen, was nach
Maßgabe ihrer natürhchen und wirtschafthchen Verhältnisse möghch
wäre. Es hegt im Interesse des Staates und Gesamtvolkes, die
Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion mit allen nur denkbaren
Mitteln zu fördern, und eines der am schnellsten wirkenden und er-
folgreichsten Mittel dazu ist die rationelle Sortenauswahl auf der
Grundlage von umfassenden vergleichenden Sortenanbauversuchen.
Die moderne Pflanzenzüchtung muss, sofern sie nicht rein wissen-
schafthche Probleme verfolgt, auf Leistungsprüfung begründet sein,
die so früh als möghch in der Nachkommenschaft des einzelnen Elite-
individuums einzusetzen hat.
Diese Leistungsprüfungen mit geringen Mengen erfordern eine
ganz besonders sorgfältige und subtile Arbeit. Für diese Zwecke hat
Verf. mit seinem Assistenten neue Hilfsmittel und Methoden geschaffen,
deren Schilderung den Inhalt dieses Heftes ausmacht.
Nach einer kurzen Übersicht über die historische Entwicklung
der Sortenprüfung in Deutschland, vor allem durch die Deutsche Land-
wirtschafts-Gesellschaft, führt er den Nachweis, wie die grosse Pro-
duldion auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung die bisher übhche
Methode der Sortenprüfung allmählich überflügelte, so dass dadurch
sowohl für die praktische Landwirtschaft, als auch für die Pflanzen-
züchter und Versuchsansteller (D. L.-G.) wachsende Übelstände ent-
standen. Um diesem abzuhelfen, hat Verf. ein Jahrzehnt hindurch
gearbeitet, um etwas, den Zeitbedürfnissen Entsprechenderes zum Er-
satz für das bisher Übliche vorzuschlagen. Er schildert die Technik
seiner Arbeitsmethode und ihre Verwendung durch eine grosszügige
Organisation. Betreffs Einblicks in diese Einzelheiten sei auf das ge-
nannte Heft verwiesen. Autoreferat.
Riimker, K. von. 42 So rtenanb au versuche im Ver-
waltungsgebiete des Oberbefehlshabers Ost. (Kriegs-
aufsätze. Heft 4. 8. 72 S. Preis 3 M. Verlag von Paul Parey in Berlin,
1918. Mit 16 Abb. und Kurventafeln.) Die vom Verf. noch auf dem
landwirtschaftüchen Versuchsfelde der Universität Breslau ausgearbeitete
Sortenprüfungsmethode wurde, da an der landwirtschaftlichen Hoch-
schule zu Berhn für die landwirtschafthchen Fächer noch immer keine
Möghchkeit zu experimenteller Arbeit gegeben ivSt, an einer Reihe von
Versuchen im Verwaltungsgebiete des Oberbefehlshabers Ost erprobt,
nachdem Verf. sich zur Verwendung im Felde gemeldet hatte und sich
ihm dort die Möglichkeit zu derartigen Arbeiten bot. In der Einleitung
15*
202 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
werden kurz die Schwierigkeiten geschildert, die sich dieser Arbeit bei
der geringen Zahl von Hilfskräften, der Ungeschultheit des Personals,
der Unkultur des Landes und Unehrlichkeit der Bevölkerung ent-
gegenstellten. Auch findet der prinzipielle Standpunkt des Verf. gegen-
über der seit einer Reihe von Jahren stark betonten mathematischen
Auswertung von Versuchsergebnissen am Schluss der Einleitung ent-
sprechende Würdigung. Dann folgt eine genaue Darstellung der Ver-
suche mit Sommerungsfrüchten in den Jahren 1916 und 17 und mit
Wintergetreide und Winterölfrüchten im Herbste 1916. Bei diesen
Versuchen sind, abgesehen von den für Littauen und Kurland wichtigen
lokalen Feststellungen auch einige Erfahrungen von allgemeinerer Be-
deutung gemacht worden. So stellte sich z. B. heraus, dass man bei
sorgfältigen vergleichenden Sortenprüfungen gut tun würde, das Orig.
Saatgut von sämtlichen in die Versuche einzustellenden Sorten zuerst
an einem gemeinsamen Orte anzubauen, lun dadurch die Ungleichheit
der Keimfähigkeit und die darausfolgende Ungleichheit in der ganzen
Entwicklung der Bestände zu vermeiden, sofern das Saatgut von den
Züchtern nicht unter Gewähr normaler Keimfähigkeit gehefert werden
kann. Dadurch wird wieder eine Reihe von Versuchsstörungen aus-
geschaltet und die Vergleichbarkeit der Versuchsergebnisse erhöht.
Es zeigte sich, wie unter Umständen der zögernde Wachstumstrieb mit
dem Befall durch Schädlinge aller Art in Beziehung zu bringen ist, so dass
sich daraus schliessen hess, dass die Sorte als solche gar nicht immer
für diese Anfälligkeit verantwortlich gemacht werden kann, sondern dass
vielfach die Beschaffenheit des Saatgutes und seine Herkunft die Ur-
sache dafür ist. Die Methode der Keimprüfung erfuhr bei diesen Ver-
suchen gegen das sonst übliche Verfahren auch eine Änderung, indem
die in einen Versuch einzustellenden Sorten gleicher Gattung zusammen
in einem grossen Sandkeimkasten gleichmässig tief ausgesteckt wurden
in der Weise, dass jede Sorte in 4 Kontrollparzellen zu je 2 Saatreihen
je 50 Korn zur Ansaat kam und so das Bild des Feldversuches im
kleinen wiederholte. Dieser Kasten wurde in der Nähe des Fensters in
einem heizbaren Raum aufgestellt, dessen Temperatur während des
Tages auf 12 — 14" C. stieg, während sie des Nachts fast bis auf den
Nullpunkt sank. Die hierdurch gewonnenen Ergebnisse der Keim-
prüfung lieferten in vollkommener Weise die Erklärung für die Auf-
gangserscheinungen der Sorten im Felde.
Die mit den Versuchen verbundenen meteorologischen Beob-
achtungen fanden in Kurventafeln Zusammenstellung, welche ein Bild
von dem Verlauf der Witterung in Kurland und Littauen während der
ersten 6 Monate des Jahres 1917 geben.
Die Ertragshöhe der verschiedenen geprüften Sorten wird nicht
nur in Durchschnittszahlen und Kurven dargestellt, sondern auch in
Kurven für jede einzelne Kontrollparzelle an jedem Versuchsorte, um
Neue Erscheinung-en auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 203
-'to
an Hand dieser Kurvenbündel das mehr oder minder gute Gelingen
der Versuche zu prüfen und ein sicheres Urteil über den Anbauwert
der geprüften Sorten für die verschiedenen Gegenden dieses grossen
Gebietes zu gewinnen.
Die Versuche mit Winterölfrucht winterten überall total aus,
auch die Versuche mit Winterweizen zeitigten für eine Reihe von
Sorten vollkommene Misserfolge.
Betreffs der Korngewichte ergab sich, dass die anspruchsvolleren
deutschen Zuchten in der Mehrzahl im ersten Jahre ihres Anbaues in
ihrer Ernte einen Rückschlag im Korngewicht durchmachen mussten,
der dann aber im zweiten Anbaujahre nicht nur völlig wieder eingeholt
wurde, sondern das Korngewicht des Original-Saatgutes bei einigen
Sorten und Anbauorten sogar übertraf.
Die Ergebnisse der Versuche in lokaler Hinsicht waren für
Litauen und Kurland folgende:
1. Die Ertragsunterschiede der geprüften Sorten waren an den
verschiedenen Anbauorten sehr gross, aber für die einzelne Sorte an
diesen verschiedenen Orten stets gleichsinnig.
2. Die deutschen Zuchten, soweit sie sich dort bewährten, waren
den dortigen ortsüblichen Landsorten grösstenteils so bedeutend über-
legen, dass es eine Torheit wäre, nicht so schnell wie möglich zur Ein-
führung deutscher Sorten' überzugehen.
3. Selbst ohne Steigerung der Düngung, nur durch Verbesserung
der Bodenbearbeitung und Saatmethode und durch Einführung der
Sa.atpflege lassen sich die Erträge in diesen Ländern gegen ihre bis-
herige Höhe um das Mehrfache steigern. Wenn dazu aber noch die
notwendige Entwässerung und die Vervollkommnung der Düngung hin-
zutritt, dann sind aus diesen Gebieten Ernten zu erwarten, die hinter
denen der besseren Böden Deutschlands nicht viel zurückstehen werden.
Eine Übersicht der in diesen Versuchen für dortige Verhältnisse ge-
eigneten Sorten schhesst die Lokalergebnisse ab.
Von allgemeineren Schlussfolgerungen wird hervorgehoben, dass
die Sortenprüfungsmethode sich bei diesen Versuchen durchaus be-
währt hat, und die Durchführung der Versuche unter den Schwierig-
keiten der dortigen Verhältnisse und des Krieges überhaupt erst er-
möglichte. Verf. hält die Einführung dieser Methode nach dieser
Prüfung im grossen Stil auch für Deutschland für den gegebenen Weg,
in der in Heft 2 seiner Kriegsaufsätze geschilderten Form schnelle und
volle Klarheit auf dem Saatmarkte zu schaffen. Die damit gewonnene
Erkenntnis kann, wenn sie praktisch verwertet wird, in wenigen Jahren
die Bodenerträge Deutschlands um ein Bedeutendes steigern und damit
in erheblichem Maße zur voll<:swirtschaftlichen Selbständigkeit unseres
Vaterlandes beitragen. Autoreferat.
IV.
Vereins-Nachrichten.
österreichische Geseilschaft für Pflanzenzüchtung (Z.).
Die 5. Generalversammlung tagte am 31. Mai in Wien. Der
Zentralverein für Zuckerindustrie hatte wieder in freundlicher Weise
seine Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und der grosse Sitzungs-
saal dieses Vereines reichte eben aus, um die Teilnehmer aufzunehmen.
Der Präsident Dr. hon. c. v. Proskowetz begrüsste den Vertreter
des Ackerbauministers Prof. Regierungsrat 0 1 s c h w y und die Ver-
treter verschiedener Körperschaften, verlas die Begrüssungsschreiben
und eröffnete die Tagung. Prof. Freudl trug als geschäftsführendes
Ausschussmitglied den Bericht über die Tätigkeit im abgelaufenen .Jahr
vor, worauf ihm die Versammlung den Dank für seine — unter
schwierigen Verhältnissen — geleistete Arbeit aussprach. Den
Rechnungs- und Revisorenbericht erstatteten die Herren .J. Robert
und Oberinspektor Reitmai er, denen der Vorsitzende Dr. hon. c.
V. Proskowetz wärmstens dankte. Die Kassengebahrung lag,
wie im Vorjahre, in der Hand des Referenten für das Zucht-
buch. Die dem Lose nach ausscheidenden Ausschussmitglieder:
Dr. hon. c. v. Proskowetz, Zentraldirektor Schreyvogl,
Prof. Dr. V. Tscher mak und Zuckerrübenzüchter Zapotil
wurden wiedergewählt; neu erwählt wurden Regierungsrat Direktor
Pammer und Prof. Fruwirth.
Der Referent für das Zuchtbuch stellte den Antrag,
dass die Generalversammlung zur Programmrede Sr. Exzellenz
des Herrn Ackerbau ministers, soweit dieselbe Pflanzen-
züchtimg betraf, Stellung nehmen und der Ausschuss die Wünsche der
ausübenden Züchter dem Ackerbauministerium unterbreiten möge.
Nach einer sehr regen Debatte wurde der Antrag angenommen und
dahin erweitert, dass auch jene ausübenden Züchter um ihre Wünsche
befragt werden sollen, die in der Versammlung nicht anwesend sind.
Prof. Dr. Jelinek übernahm es, die Wünsche zu sammeln und ver-
arbeitet dem Ackerbauministerium zu übermitteln.
Vorträge wurden von den Herren Prof. Dr. E. v. Tscher mak
und Prof. Dr. Jelinek geboten. Ersterer sprach über Gemüse- und
206 Vereins-Nachrichten.
Blumeiisameuzucht und verbreitete sich dabei, einem Wunsche der
Versammhing entsprechend, eingehend über die Züchtung unserer
wichtigsten Gemüse. Der zweite Vortragende führte Gedanken über
eine neue Art der Sortenprüfung aus, welche in kurzer Fassung in der
„Zeitschrift" mitgeteilt werden sollen. Die Versammlung lohnte beide
Vortragende durch reichen Beifall, dem der Vorsitzende Dr.
V. P r 0 s k 0 w e t z sich anschloss.
Die beabsichtigte Exkursion nach Loosdorf, für welche sich
grosses Interesse gezeigt hatte, musste wegen schwerer Erkrankung
der Gräfin P i a 1 1 i unterbleiben. —
In das Zuchtbuch der Gesellschaft sind neu aufgenommen worden:
Nr. 11. Orig. Hanna-Gerste Nr. 5 der mährischen Landes-Versuchs-
anstalt, Brunn.
Nr. 12. Orig. Hanna-Gerste Nr. 18 der mährischen Landes-Versuchß-
anstalt, Brunn.
Nr. 13. Orig. Weizen Selekta Z III der „Selecta", Pischely.
Nr. 14. Orig. Weizen Selecta ZV der „Selecta", Pischely.
Nach abgelaufenen vier Jahren wurde, nach neuerlicher kom-
missioneller Besichtigung, die Eintragung belassen bei:
Nr. 2. Orig. Loosdorf er Zaya-Gerste, Loosdorf.
Nr. 3. Orig. Kwassitzer Hanna-Gerste, Kwassitz.
Eine eingetragen gewesene Züchtung schied aus. —
Die Geschäftsführung für das Vereinsjahr 1918/19 hat in dankens-
werter Weise Prof. Dr. Jelinek als geschäftsführendes Ausschuss-
mitglied übernommen.
Kleine Mitteilungen.
a) Wissenschaftliche.
Beobachtungen bei Bastardierung zwischen Kulturhafer und Wildhafer.
[Avena fatua.)
Die Feststellung der Vererbungsweise bei Bastardierung zwischen
Wildhafer und Kulturhafer lässt einerseits eine absolute Verknüpfung
erkennen zwischen den Wildhafermerkmalen: Ausein ander fallen des
Ährchens bei der Reife bzw. Brüchigkeit mit Abspringen am hufeisen-
förmigen Callus (Mj) und vollständige Begrannung (Mo), andererseits
ergibt sich eine völlige Unvereinbarkeit des Wildhafermerkmals: starke
Behaarung der Deckspelzen aller Blütchen (Mo) mit dem Kulturhafer-
merkmal: gelbe Spelzenfarbe (m4) sowie (in dem Falle meiner Beobach-
tung) des Wildhafermerkmales: braune Spelzenfarbe (M4) mit dem Kultur-
hafermerkmal: glatt (mg). Man kann umgekehrt von einer positiven
Korrelation der Wildhafermerkmale behaart-braun [M3M4] und der
Kulturhafermerkmale glatt-gelb [mp,m4] für diesen Fall sprechen; doch
beweisen gewisse Kulturhaferformen die Vereinbarkeit von glatt mit
braun in anderen Fällen. Die F^-Generation zeigt zwar einerseits
Prävalenz der Nicht-Brüchigkeit und Intermediärstellung bezüglich Be-
grannung, andererseits Intermediärstellung bezüglich Spelzenbehaarung
und Prävalenz der braunen Spelzenfarbe des Wildhafers. Die Fo-
Generation umfasst Jedoch nur 4 Typen: Typus 1 und 2 mit Brüchigkeit
und vollständiger Begrannung wie Wildhafer, und zwar die eine Gruppe
braun-starkbehaart, die andere gelb-glatt, Typus 3 wie F^, T5rpus 4 nicht
brüchig, mit schwacher variierender Begrannung, gelb-glatt wie Kultur-
hafer. Es sind, schematisch gesprochen, nur die Kombinationen [M^Mo]
[M,M4] und [MjMo] [m3m4], ferner M^ < m^ Mg ^ mg Mg ^ nig M^ > m^,
endlich [m^m.,] [m3m4] verwirklicht, während die Kombination
[m^m..] [M3M4] fehlt, ebenso wie nach Obigem die Kombinationen
[Mj^I.^] m^Mj und [M^Mo] M3m4 ausgeschlossen erscheinen. Es be-
steht also, abgesehen von den oben angegebenen Beziehungen, noch
eine Abstossung der Gruppen [mim2] und [M3M4] bzw. eine Koppelung
der Gruppe [M3M4] an die Gruppe [M^Ms] — aber nicht umgekehrt. —
208 Kleine Mitteilungen.
Beschränken wir schematisch den Begriff „Wildform" auf das ver-
koppelte Merkmalpaar brüchig-voUbegrannt und den Begriff „Kultur-
form" auf das Merkmalpaar nicht brüchig-schwachbegrannt,^) so finden
wir folgende äusserliche Vererbungsweise nach dem sog. Gerstenspelzen-
tjrpus zutreffend:
P: Kulturform X Wildform
Fj : intermediär (im allgemeinen, die Nicht-Brüchigkeit der Kulturform
prävalent)
Fg: Wildform : Intermediär : Kulturform
4:9 : 3
Fg: konstant 4 sp. in WF : J : KF = 4 : 9 : 3 2 sp. in KF : WF = 3:1
2 sp. in J : WF = 3:1
2 sp. in J : KF. = 3:1 1 konstant
1 konstant
Zur Erklärung ist entweder ein bifaktorieller -) Besitz- bzw.
Mangelunterschied von Wildform (ABAB) und Kulturform (abab) oder
ein Assoziations-Dissoziatiousunterschied bezüglich dreier, beiderseits vor-
handener Faktoren, nämlich ursprüngliche Wildform ABC und urspräng-
liche Kulturform AIBIC anzunehmen, wobei unter den Fg-Spaltungs-
produkten ABC^ABl-C sowie ABiCABiC noch den Phänotypus der Wild-
form, ebenso ABICAIß-l-C noch den der Kulturform aufweist. Da in
F2 die Vertreter der „Wildform" aus behaart-braunen und glatt-gelben
im Verhältnis 3 : 1 bestehen, die „Intermediären" durchwegs mittelstark
behaart und braun sind, die Vertreter der „Kultui'form" durchwegs glatt-
gelb sind und gewisse Fa-Kulturformvertreter in F3 noch in glatt-gelbe
Kulturform und glatt-gelbe Wildform nach 3 : 1 spalten, erhellt ohne
weiteres, dass der Kombination Ab Ab (AB,|C AB IC) zugleich das
Merkmalpaar glatt-gelb zukommt und auch in der gesamten F., das»
^) Meine frühere Miteinbeziehung- des Merkmales „behaart" unter „Wildform"
„glatt" unter „Kulturform" nehme ich zurück, da ich, wie oben bemerkt, gelbe glatte
Deszendenten mit den Wildhafercharakteren brüchig-vollbegrannt erhalten habe. Vgl.
auch meine Arbeiten: Über die Vererbungsweise von Art- und Gattungsbastarden inner-
halb der Getreidegruppe. Mittel!, d. Idw. Lehrkanzeln der k. k. Hochschule für Boden-
kultur in Wien, 1914, 4. Heft, S. 763; tTber seltene Getreidebastarde. Beiträge zur
Pflanzenzucht 1913, 3. Heft; Handbuch der landw. Pflanzenzüchtung 4. Bd., 3. A.,
S. 91, Anm. 2.
'^) Von den beiden Faktoren oder Faktorenziisammenh äugen bedingt nicht etwa
der eine die Eigenschaft „brüchig", der andere die Eigenschaft „vollbegrannt", sondern
jeder der beiden Faktoren oder Faktorenzusammenhänge ist an der Bewirkung der
beiden vei'koppelten Merkmale brüchig-vollbegrannt (bzw. nicht brüchig-teilbegrannt)
beteiligt. Beide Faktoren bzw. Faktorenzusammenhänge wirken kumulativ; der
eine hat auch bei Allein- und Einfachvertretensein (aB ab) bzw. A|BCA|B|C einen
sinnfälligen, wenn auch schwachen Effekt, während der andere, der bei Doppeltver-
tretensein (ABAB, AB Ab, Ab Ab) bzw. (ABC ABC, ABC;AB|C, AB|C AB|C)
volle Wirkung zeigt, bei Allein- und Einfachvertretensein (Abab) bzw. (AB|C A|B|C).
jeder Wirkung entbehrt. Diese Kombination spaltet in F3 in Volleffekt : Effektlos := 1 : 3
Kleine Mitteilungen. 209
Verhältnis (behaart-braun) : (glatt-gelb) = 12 : 4 = 3 : 1 gelten muss,
was tatsächlich zutrifft.
Die Assoziations- und Dissoziations-Vorstellung erscheint wohl
geeignet, das gelegentliche lokale Auftreten der Merkmale der Wild-
form (brüchig-vollbegrannt, zugleich auch behaart-braun!) an Kultur-
hafer als Knospenmutation zu erklären.
Es handelt sich darnach um einen lokalen „assoziativen Ata-
vismus-'^) (ABIC oder ABC aus AlBiC).
Die früher besprochene Korrelationskomplikation ist nach dem
Dargelegten durch den Faktor oder die Faktoren für braune bzw. gelbe
Spelzenfarbe hereingebracht.
Analog wie der von mir beschriebene Fall von lokalem Auftreten
von V^ildhaf ercharakteren an einem Blütenstande von Kulturhafer, dürfte
meines Erachtens das gelegentliche Auftreten atavistischer Individuen
in Kulturhaferzuchten zu erklären sein. Diese Individuen entsprechen
„Intermediären" (brüchig-stärker begrannt, jedoch mit glatten Deck-
spelzen und stärker behaarter Basis) und lieferten u. a. reine Wild-
hafertypen (brüchig-vollbegrannt, jedoch glatt) in der Deszendenz
(N. -Ehle).^) Dasselbe gilt von dem gelegentlichen Auftreten von
konstanten, weiss- oder graukörnigen Individuen in schwarzen Hafer-
Sorten.^)
Blutauffrischung in der Zuckerrübensamenzucht.
Von P. Scbnbart,
Direktor von C. Braunes Rübensanienzucht-Bernburg.
(Mit einer Textabbildung.)
Seinen ausführlichen Artikel: ,, Einiges über Zuckerrüben-
züchtung" in den Blättern für Zuckerrübenbau vom Jahre 1894 schliesst
Prof. von Rümker mit der Devise, welche ihm als Richtschnur
für den Zuckerrübenbau für die Zukunft vorschwebte:
1) B. V. Tschermak, Mitt. d. Hochschule f. Bodenkultur Wien, Bd. 2, Heft 4
(S. 763), 1914. — Die Vorstellung, es handle sich bloss um ein heterozygotisches Individuum
(Ab ab bzw. AB|C A|B].C), welches bei regulärem Kulturformphänotypus lokal
Wildformcharaktere (wie sonst bei Ab Ab bzw. ABJ-C AB|C) hervortreten lasse, ist
unmöglich, da neben brüchig-vollbegrannt nicht glatt-gelb, sondern behaart>braun
heiTortritt!
2) Nilsson-Ehle (Ztschr. f. indukt. Abst.- u. Vererb.-Lehre. 1911, Bd. 5, Heft 1)
nimmt einen Hemmungsfaktor an, welcher an der Kulturform Begrannung und Be-
haarung unterdrückt, eventuell zugleich gelbe Spelzenfarbe bedingt und dessen gelegent-
liches Wegfallen den Atavistencharakter bewirke. Mir ist eine blosse Assoziation
(AB|C oder AB'C) statt der in der Kulturform bestehenden Dissoziation (A|B|C) wahr-
scheinlicher.
3) Nilsson-Ehle (Ztschr. f. indukt. Abst.- u. Vererb.-Lehre, Bd. XII, 1914)
betrachtet diese Fälle als Verlustmutanten, bedingt durch spontanen Wegfall des
Schwarzfaktors A. Mir ist eine blosse Dissoziation A|B statt der im Schwarzhaier
bestehenden Assoziation AB wahrscheinlicher.
210 Kleine Mitteihmgen.
„Möglichste Beschränkung des Züchtungsapparates, mögüchste
Verschärfung der Auslese, mögüchste Reinhaltung der gezüchteten
Stämme unter Berücksichtigung rationeller Blutaui'frischung, möglichste
Vermehrung des wertvollen, aber numerisch geringen Elitematerials."
Jetzt hegen die Erfahrungen weiterer 14 Jahre vor. Die
B,übensamenzucht steht auf einer Höhe, dass wir, ohne Fehler zu be-
gehen, die gezogenen Grenzen weiter stecken können und wir uns auf
dem gewonnenen Gebiet freier und grosszügiger bewegen dürfen.
Die Hochzucht hat mit der Indi vi dual- Auslese begonnen.
Franz Karl Achard, der erste praktische Rübenbauer und ,, Lehr-
meister des ganzen Gewerbes", wie B r i e m sagt, erwählte 27 Spiel-
arten, die er auf eine gleiche Art in jeder Rücksicht angebaut hatte.
Sieben der ihm richtig erscheinenden Arten wählte er von diesen aus
und konnte sich durch den Samenbau nach und nach in den Besitz der
besten Rübenarten setzen. Auch erkannte A c h a r d frühzeitig die
Fremdbefruchtung der Rübe und war sorgsam auf deren Verhütung
bedächt.
Wir sind heute im Vorteil, schon gute Rüben zu besitzen, die wir
von Jahr zu Jahr zu verbessern suchen.
Das Prinzip der Auslese auf dem Felde imd in dem Labo-
ratorium dürfte im allgemeinen bei den Züchtern ungefähr dasselbe
sein. Die ausgesuchten Rüben eines Stammes, die von einer Parzelle
stammen, werden im Laboratorium zunächst auf Zucker untersucht
und nach ihrem Zuckergehalt in Klassen eingeteilt. Aus der ersten
Klasse werden die Rüben einer Abstammung geordnet, und zur engeren
Wahl der Stamm eliterüben zugelassen.
Die scheinbar besten Nachkommenschaften werden ausgewählt,
das heisst diejenigen, in denen die Schwankungen im Zuckergehalt die
geringsten sind. So erhält eine Nachkommenschaft mit einem gleich-
massigen, wenn auch nicht so hohem Zuckergehalt den Vorzug vor
einer Nachkommenschaft, in der sich nur einige Individuen durch be-
sonders hohen Zuckergehalt vor den andern auszeichnen. Die ersteren
zeigen eine bessere einheitliche Vererbung.
Das Gewicht wird nur von den nach Zucker ausgewählten
Stammeliten ermittelt und muss mindestens dem Normalgewicht ent-
sprechen, das für jede Selektionskampagne nach dem ungefähren
Durchschnittsgewicht festgestellt wird. Man erspart dadurch eine
Menge Arbeit und hat doch die Gewissheit, auch im Gewicht nur her-
vorragende Rüben zur Weiterzucht zugelassen zu haben.
Gleichmässigkeit im Zucker, Gewicht und Form sind die Haupt-
charaktereigenschaften aller dieser miteinander verwandten Rüben.
Ohne Bedenken werden sie unter laufender Nummer nach Abstammung
im Einmeter-Verband im Frühjahr ausgepflanzt. Vor dem Auspflanzen
Kleine Mitteihmgen. 211
werden diese Stammeliterüben genau auf ihren Gesundheitszustand ge-
prüft. Haben dann später die Stauden eine gewisse Höhe erreicht, so
werden sie am besten mit Kokosseilen an 2, auch 3 nach aussen schräg
gestellte Pfähle gebunden, damit diese Stauden mit ihren zahlreichen
Samenträgern genügend Raum zum Ausdehnen und freier Entwicklung
gewinnen.
Diese Samenrüben sind, wenn man ihre Abstammung verfolgt,
alle miteinander verwandt, sie bilden eine Gruppe, ein Blut, und so
wird jetzt durch das Zusammenpflanzen einer innigen Bestäubung
grösster Vorschub geleistet, die zu einer ausgesprochenen Inzucht
führen dürfte. In der Hauptsache geht wohl die Befruchtung auf der-
selben Pflanze vor sich, doch bei dem engen Verbände der Samenrüben
kommen die nahen und weiterstehenden Stauden auch in Betracht.
Hier ist ein tatkräftiges Eingreifen des Züchters geboten und eine
Inzucht durch rege Blutauffrischung zu verhindern. — Doch davon
später. —
Zunächst möchte ich die Verfahren und Ansichten anderer
Autoren zur Geltung bringen.
Prof. Frölich beschreibt eingehend die Isolierung der Mutter-
rüben und die Isoliergestelle. Sie bieten der Entwicklung der Samen-
stauden viele Nachteile. So wird die Temperatur darin merklich er-
höht, die Blätter welken und ist die Menge der gewonnenen, kleinen
Samenknäule sehr gering. Prof. Frölich gibt 3 Arten der Über-
tragung des Pollens von einer Staude auf die andere an. Zunächst
wird die Übertragung auffhegenden Insekten zugeschrieben, dann
könnte der Wind die Übertragung des Blütenstaubes bewirken, und
drittens macht Fruwirth auf die Art der Pollenübertragung der
kriechenden Insekten aufmerksam.
R i m p a u hat als erster die ungleiche Reife der Geschlechter in
einer Blüte festgestellt. Zunächst reifen die männlichen Fort-
pflanzungsorgane. Die Staubgefässe reissen auf und lassen den gelben
Blütenstaub fallen, während die dem Fruchtknoten aufsitzende, drei-
lappige Narbe erst ein bis zwei Tage später sich öffnet und empfangs-
fähig wird. Die Befruchtung ist deshalb durch Pollen anderer Blüten
derselben Staude oder benachbarter bewirkt worden.
Um wertvolle Mutterrüben vor jeder Fremdbestäubung zu
schützen, wird man dieselben räumlich oder künstlich isolieren müssen,
und dürfte der räumlichen Isolierung der Vorzug gegeben werden
müssen vor den Nachteilen der oben angeführten künstlichen Isolierung.
Dr. Lang schreibt . . . .: Die Frage der Sicherheit des Gaze-
abschlusses ist viel schwerer zu lösen, und zwar vom theoretischen
wie vom praktischen Standpunkte. Für eine Lösung für ersteren
müssten die Wege der Pollenübertragung entschieden bekannter sein.
212 Kleine Mitteilungen.
Wir unserseits neigen von jeher — ohne dass wir freihch exakte Be-
weise bringen können — entschieden zu der Ansicht, dass insbesondere
dem Wind eine sehr wesentiiche Rolle zukommt. Nach Fruwirth
stäubt der Pollen nicht leicht, um so mehr Neigung hat er aber, bei
Samenstauden nach unten hinzufallen. Bei windstillem Wetter lassen
sich enorme Mengen von Pollen gewinnen, wenn man die einzelnen
blütentragenden Achsen anstösst und eine Schale darunter hält. Wo-
fern sich statt der letzteren konzeptionsfähige Blüten unterhalb von
jenen befinden, und wenn statt der Hand vielmehr bewegte Luft die
Samenstaude erschüttert, dann ergiesst sich ebenfalls eine Menge von
Pollen und bleibt an den zu befruchtenden Narben hängen. Wir sind
überzeugt, dass dieser Weg der Befruchtung bei der Rübe ein sehr
häufiger ist. Bei stärkerer Luftbewegung dürfte der Pollen in reich-
hchen Mengen übertragen werden.
Dr. Lang schreibt der Mitwirkung der Insekten keinen grossen
»
Anteil bei der Befruchtung zu. Blattläuse z. B. zerstörten die be-
fallenen Pflanzenteile, die befruchtende Wirkung wäre illusorisch,
Coccinellenlarven, die Feinde der Blattläuse, verschleppen beim Umher-
kriechen den Pollen, auch kommen Fhegen und kleine Kriechinsekten
zur Geltung. Kurz gesagt, schreibt Dr. Lang dem Wind die wesent-
lichste Rolle bei der Pollenübertragung zu. (Ich möchte mich dieser
Ansicht voll und ganz anschhessen. D. V.) Der künsthchen Isolierung
durch Gaze kommt seiner Ansicht nach ein absolut sicherer Abschluss
für fremden Pollen nicht zu.
Nach dem Dafürhalten von Joh. Möller ist die Fremd-
bestäubung weniger dem Wind oder fliegenden Insekten zuzuschreiben,
sondern mehr den kriechenden, der Aphis, den Coccinellenlarven und
anderen.
Prof. Dr. R ö r i g schreibt: Die Schwebfliegen sind als Be-
stäubungsvermittler bei unsern Blütenpflanzen von grosser Wichtigkeit.
Als Larven ernähren sie sich von Blattläusen.
Nach Prof. Fruwirth werden die Blüten von auffliegenden In-
sekten nur sehr' spärlich besucht, auch die Wirkung des Windes als
Überträger hält er nicht für bedeutend, und hält die kriechenden In-
sekten für wichtiger. So schreibt auch Prof. Krüger denselben, be-
sonders den Thripsarten eine rege Tätigkeit zu. Nach ihm sind auch
Blattläuse bei ihrem massenhaften Auftreten Träger des Pollens.
Dr. 0. V i b r a n s äussert sich 1902: Darüber, dass die Be-
fruchtung der Chenopodiaceen durch Insekten verursacht werden kann,
ist Bestimmtes noch nicht konstatiert. Man hat wohl Insekten auf
Rubens am enblüten gesehen, doch ist nicht erwiesen, ob dieselben vor-
her andere Rübenarten besuchten, bei der Übertragung würden über-
haupt nur Bienen und Hummeln in Frage kommen; doch hat der Pollen
Kleine Mitteilungen.
213
der Chenopodiaceen kein Wachs. Ob daher die Bestäubung durch
Insekten stattfindet, kann nach der Natur der Chenopodiaceen mehr
als zweifelhaft erscheinen. Es dürfte auch hier den kriechenden In-
sekten der Hauptanteil zuzusprechen zu sein. —
Wir haben oben das von Inzucht bedrohte Mutterrübensamenfeld
verlassen, die Grenzen der eigentlichen Stammzüchtung sind über-
Abb. 14. Mutterrüben einer Gruppe.
1. Je 30 Pflanzstellen in einer Reihe in 1 m Verband, die laufenden Nummern horizontal.
2. Die mit+bezeichneten Pflanzstellen sindfür die Rüben zu,rBlut-Auffrischung: s. unten ad 2-
3. Die vertikalen Zahlen sind die Nummern der Mütter, dazu gehören: siehe unten ad 3.
ad 2.
ad 3.
+ 1 6 12 18 24 30 63 69 75 81 87
151 156 162 168 174 180 243 249 255 261 267 usw.
Mutter
Nr. 5 . .
„ 5 . .
„45 . .
„45 . .
..45 . .
„56 . .
„56 . .
„76 . .
„ 76 . .
von dieser
1-5 1
7—11, 13 I
14—17 -k
Mutter
11 Stück.
Nr. 98
„ 98
von dieser
77— 80 -j
19—23
25—27
28—29
31—62
64—68
70—74, 76
12
34
U
. . . 82— 86 > 57 Stück.
98 88—135 J
113 136—150 1
113 152—155 > 24 „
113 . . . . . 157—161 j
usw.
schritten und böte das Feld die beste Gelegenheit zu einheitlicher
Massenauslese. Betrachten wir dies Stammelitefeld, besser gesagt,
diese Gruppe, näher, so sind diese Samenrüben zu 30 in einer Reihe
und in 1 m Entfernung voneinander, stammweise nacheinander aus-
gepflanzt (siehe Abb. 14), und werden die Pflanzstellen durch laufende
Nummerpfähle bezeichnet. Bei Beginn einer neuen Familie ist ein
gelber Stamm-Nummerpfahl eingeschlagen, rote Nummerpfähle be-
zeichnen die Pflanzstellen der fremden Eüben. die zur Blutauffrischung
214 Kleine Mitteilungen.
dienen sollen. Diese Rüben entstammen nicht unserem Samen, sondern
dem Samen anderer Züchtungen. Derselbe ist getrennt von dem
unserigen durch Individual- und Stammzucht zu einem unserem Samen
gleichwertigen durch die Jahre herausgebildet worden. Es ist auch
bei ihm Ausgeglichenheit in Form, Zucker und Ertrag Bedingung, und
dürften die beiden Rassen, unsere und die fremden, zu dieser Blut-
auffrischung ein ebenbürtiges Pflanzenmaterial liefern, und gleich-
zeitig ein Degenerieren unserer eigenen Zucht verhindern.
Zur Massenauslese lassen wir es nicht kommen, trotzdem das
ganze Feld, d. h. die ganze Gruppe, uns ein Rübenmaterial liefern
würde, gleichwertig in Form, Gewicht und Zucker. Wir halten trotz
Massenblutauffrischung die einzelnen Stämme dui'ch Stammnummern
getrennt, so bilden wir Stammbäume und sehr interessant ist die Ver-
edlung in diesen Stammbäumen, z. B. die Beobachtung, wie lange ein
Stammbaum durchgeführt werden kann. Eine Menge von Stämmen
scheiden alljährlich aus und dürfte eine rationelle Zucht in zweimal
acht bis zweimal zehn, also in 16 — 20 Jahren als abgetan bezeichnet
werden können. So ist man gezwungen, jedes Jahr neue Rüben von
besonders guten Plänen auszuwählen und diese in Individualauslese
weiter zu fördern und jährlich eine neue Gruppe vorzubereiten. Ein
reiches Material steht einem so allezeit zu Gebote, und kann man von
Jahr zu Jahr bei der Selektion im Felde und im Laboratorium strenger
vorgehen, das heisst, grössere Anforderungen an das Zuchtmaterial
stellen. Bemerken möchte ich noch, dass die zur Blutauffrischung
eingepflanzten Rüben in jeder dritten Reihe in der Entfernung von
6 m im Kreuzverband ausgepflanzt werden.
Nach all dem oben über Blutauffrischung, Bestäubung und Be-
fruchtung Gesagten dürfte diese Art der Blutauffrischung nicht zu
verwerfen sein. Nicht alle 2 Jahre wird diese Blutauffrischung vor-
genommen, sondern alle 6 Jahre etwa, ich fürchte, es könnte sonst
die Konstanz unserer Rübe in ihren Charaktereigenschaften leiden.
Am Rande des Samenrübenfeldes nach der Windseite zu werden die
zur Blutauffrischung dienenden Rüben enger gepflanzt.
Zum Schluss noch Einiges aus interessanten Aufsätzen über die
Zucht von Zuckerrüben. Nach F. Knauer ist eine Rübensorte eine
Kollektion von Rübenexemplaren, in welcher die einzelnen Individuen
unter sich geschwisterähnlich sind, indem sie von gleichen Vorfahren
abstammen, ähnliche Nachkommen wieder erzeugen und ihre Eigen-
schaften langjährig vererben. Die Konstanz jeder Sorte ist durch
Blutauffrischung bedingt, um die angehäuften Fehler der Inzucht auf-
zuheben.
In einem Vortrag von Prof. Dr. Herzfeld vom Jahre 1901
hebt er als Hauptgesichtspunkte der Zuchtwahl (Selektion) folgendes
Kleine Mitteilungen. 215
hervor: Form, Zucker, Gewicht, Saftgehalt, Haltbarkeit, wenig Auf-
schuss, Widerstandsfähigkeit gegen Parasiten. Diese Eigenschaften sind
unter sich nicht gleichlaufend korrelativ, sondern gegengesetzt korre-
lativ, wie Zucker und Gewicht oder Zucker und Haltbarkeit usw.; ge-
rade müssen sie bei der Auslese gleichmässig berücksichtigt werden,
denn jede Einseitigkeit der Zuchtrichtung führt zum Untergang der
Zucht.
Dr. Vibrans: . . . . letztere (Blutauffrischung) ist immer not-
wendig, wenn die Rübe einige Jahre hindui'ch nur durch Selektion
gezüchtet wurde. Wird eine Blutauffrischung nicht vorgenommen, so
liegt die Gefahr vor, dass die in den Rüben erzielten vorzüglichen
Eigenschaften durch Inzucht degenerieren.
J 0 h. Möller sagt über Familienzucht: .... Dieser Umstand
(geringer Samenertrag der Individualzucht) hat die Züchter dazu ge-
führt, sich der Familienzucht zu bedienen, welche darin besteht, dass
von vornherein mehrere der anfangs zur Einzelzucht ausgelesenen In-
dividuen fortgeführt werden, dergestalt, dass später jedes für gut be-
fundene Individuum in seiner Nachkommenschaft eine getrennte
„Rübenfamilie" bildet.
Werden dann alle 2 Jahre aus diesen Rübenfamilien gerade nur
die hochwertigsten Individuen zur Weiterzucht bzw. Fortführung
dieser Familien ausgewählt, so lässt sich durch eine solche Familien-
zucht eine zielbewusste Steigerung der wertbildenden Eigenschaften
einer Rübenzucht auf mindestens ebenso sicherem Wege erreichen.
Mit Dr. V. Rümkers Worten möchte ich meine Zusammen-
stellung über Blutauffrischung in der Rübensamenzucht beenden:
Familienzucht, das heisst die Zucht der für sich getrennt gehaltenen
unmittelbaren "und weiteren Nachkommenschaft einer einzelnen Elite-
rübe ^) ist von zahlreichen Züchtern schon lange benutzt, die Leistungen
ihrer Zuchten zu steigern. Es wurden die einzelnen Individualauslesen
in bezug auf ihre Eigenschaften und Leistungen besonders verfolgt
und geprüft Die Gefahr der Inzucht und der degenerativen
Polgen wurden dabei durch zeitweise Verschmelzung ebenbürtiger
Familien zu vermeiden gesucht, indem man sie zur gegenseitigen Be-
stäubung zusammenpflanzte und dadurch eine Blutauffrischung be-
wirkte.
Vererbung gewisser Blütenmerkmale bei JPapaver Mhoeas L.
Von Jos. Becker, Dillingen-Donau.
(Mit 3 Textabbildungen.)
Den achten Sommer warfen im Wintergetreidefeld die Blumen-
blätter der Klatschrose, nach Linne Papaver Rhoeas, die Einengung
der grünen Kelchblätter ab, entfalteten ihr leuchtendes Rot, weMen
^) =: einer Individualauslese.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VI. ^"
216
Kleine Mitteilungen.
und wurden vom Winde verweht, seitdem ich mich zum ersten Male
ihrem Studium zugewendet habe. Über 40 000 solcher Pflanzen gingen
in diesem Zeitraum durch meine Hand und durch meine ihre Eigen-
tümlichkeiten und Eigenschaften genau ziffernmässig festlegende Feder.
An Hand dieses umfangreichen Stoffes glaube ich deshalb heute ein
genügend abschliessendes Urteil über den Befimd abgeben zu können.
Zum Verständnis der folgenden Ausführungen ist das Vertraut-
sein mit einigen botanischen Eigentümlichkeiten und mit dem Blüten-
diagramm der Papaverazeen vonnöten. Aus dem letzteren ersehen
wir. dass die hypogyne Mohnblüte aus einem gekammerten, ein-
fächerigen Gynaezeum als oberstem bzw. innerstem Blattkreis und dem
darunter liegenden, mehrere Staubblätterkreise umfassenden Androe-
zeum besteht. Die Anordnung des letztgenannten erscheint häufig in-
folge Vermehrung durch Spaltung gestört. Auf das Androezeum folgen
Abb. 14. Blütendiagramin von Papaver Rhoeas L. 1. Gynaezeum. 2. Androezoeum. 3. Kronblätter
„J", innerer Kreis. 4. Kronblätter „A", äusserer Kreis. 5. Kelchblätter.
nach unten zwei zweigliedrige, in alternierenden Wirtein stehende
Kronblätterkreise, die für unsere Untersuchungen hier von haupt-
sächlichster Bedeutung sind. Wir wollen den oberen, inneren Kreis
der Kronblätter mit J (bestehend aus den zwei Innenblättern), den
unteren, äusseren mit A (die beiden Aussenblätter umfassend) be-
zeichnen. Den Abschluss der Blüte nach unten bilden zwei bei der
Entfaltung der Krone abfallende chlorophyllführende Kelchblätter.
Der anatomische Bau der Mohnkronenblätter ist sehr einfach.
Ausser der Epidermis der Ober- und Unterseite ist nur eine Schicht
Schwammparenchym vorhanden. Die Gefässbündel schliessen in -zu-
sammenhängenden Bögen am Blattrande ab, endigen also an keiner
Stelle frei, und werden von einer einschichtigen Parenchymscheide um-
geben. Da die Blüte keinen Honig besitzt, können die schwarzweissen
Flecken am Grunde der Kronblätter nicht als Saftmal aufgefasst werden.
Sie bestehen aus zwei Teilen, aus einem gewöhnlich mehr langen als
breiten und unteren schwarzen — s — und einem gewöhnlich mehr
breiten als langen und oberen weissen — w — . Da diese Flecken in
Kleine Mitteilungen.
217
den verschiedensten Kombinationen auftreten können, finden wir ganz
fleckenlose Kronenblätter, dann ,, normale" mit s und w, ferner solche
nur mit s und endlich solche nur mit w. Die Kronblätter ein und des-
selben Blattkreises, also von J bzw. von A müssen stets gleichgestaltet
oder besser gesagt gleichgefleckt sein, während zwischen J und A
grosse Unterschiede erscheinen können.
Theoretisch könnten nun je nach der Zeichnung von J und A
folgende 16 Möglichkeiten auftreten. Bei dieser anzuführenden Über-
sicht bedeuten, wie schon aus dem bisher Gesagten ersichtlich ist, J die
Kronblätter des inneren, A die des äusseren, unteren Kreises, s den
ohne Zeichnung
schwarz schwarz weiss schwarz u. weiss schwarz u. weiss
(+ s) (+ s) (+ W) (+ S + W) (+ s + w)
Abb. 15. Hauptformen der Zeichnung der Kronblätter von Papaver Bhoeas.
schwarzen, w den weissen Fleck.
Fehlen einer Eigenschaft.
1. J(+s + w) A(+s + w)
2. J (— s — w) A (— s — w)
3. J(+s + w) A(-s-w)
(4.) J (- s - w) A (+ s -f w)
5. J(+s-w) A(+s-w)
6. J (-1- s — w) A (— s — w)
(7.) J (- s - w) A (+ s - w)
8. J(-s + w) A(-s + w)
+ bezeichnet das Auftreten, — das
9. J (- s + w) A (- s — w)
(10.) J (- s - w) A (- s + w)
11. J(+s + w) A(+s-w)
(12.) J (-H s - w) A (-1- s -f w)
13. J(+s + w) A(-s + w)
(14.) J (- s + w) A (+ s + w)
(15.) J (+ s - w) A (- s + w)
(16.) J (- s + w) A (+ s - w)
Von diesen genannten 16 theoretischen Kombinationen treten
aber in Wirklichkeit nur 9 auf, die in Klammer gesetzten Blütenformeln
4, 7, 10, 12, 14, 15 und 16 finden sich in der Natur nicht oder, um das
Kind beim richtigen Namen zu nennen, es kann bei A das Merk-
mal s und w nur dann auftreten, wenn es sich gleich-
zeitig auch bei J findet, umgekehrt kann aber jedes
dieser Merkmale bei J erscheinen, trotzdem es bei
A fehlt.
Diese Eigentümlichkeit kann unter Annahme eines doppelten
Hemmungsfaktors für A erklärt werden, den ich deshalb für A mit Hg,
für J mit H^ bezeichne. Ich nehme also gleichsam für den Blattkreis
A zwei Gene mit hemmender Wirkung an, während ich für J nur eines
in Betracht ziehe. Unter der weiteren Annahme dann, dass das Gen
--' 16*
218
Kleine Mitteilungen.
der Eigenschaft s bzw. das der Eigenschaft w in einfacher Zusammen-
setzung — also + Si bzw. + Wi und + s^ -f Wi usw. über H^ und das
1. J (+ s + w) A (+ s + w).
2. J(— s — w) A(— s— w).
3. J (+ s + w) A (— s — w).
5. J (+ S — w) A (+ s — w).
G. J (+ s - w) A (— s — w).
J (— s + w) A (— s + w).
9. J (— s + w) A (— s — vv). 11. J (+ s + \v) A 1+ s — w). 13. J (+ s + w) A (— s + w).
Abi). IG. In der Xatur auftretende Fleckzeichnungen an den Ki'onblättern von Papaver Bhoeas L.
betreffende Gen in doppelter Kombination, also + Sg bzw. + W2 und
+ S.2 + W2 usw., ohne weiteres über H^ und auch über H- dominiert,
erhält man folgendes Bild:
Kleine Mitteilungen.
219
Angenommene Kombination
Blüten-
In Erscheinung tretende
der Gene
formel
Blütenform
Nr.
j (_^ s, + w^ + Hl) A (+ s, + w, + H-)
1
J(+s + w)
A (+ s + w)
J (- s, - W.3 + H^) A (- s^ - W2 + H^)
2
J (_ s - w)
A (— s — w)
J(-s,-w, + Hi) A(-s,-w, + H'^)
2
J (_ s — w)
A (— 8 — w)
J(+Si+w, + Hi) A(+s, + w, + H'^)
3
J(+s+w)
A (— s — w)
J(+S2-w, + Hi) A(+s,-w, + H-^)
5
J (+ s - w)
A (+ s — w)
J(+s,-w, + Hi) A(+s,-w, + H'^)
6
J (+ s - w)
A (— s — w)
J (- Si + w., + H>) A (— Si + w^ + H'^)
8
J(-s + w)
A (— s + w)
J(-Si + w, + Hi) A(-s,+w,+H^)
9
J(-s + w)
A (— s — w)
J(+s.+w,+Hi) A(+s, + w, + H-^)
11
J(+s + w)
A (+ s — w)
J(+Si + w, + H>) A(+s, + w, + H^)
13
J (+ s + w)
A (— s + w)
Wie aus dieser Zusammenstellung ersichtlich ist, kann durch die
Annahme von Hemmungsgene verschiedener Stärke für J bzw. A das
Fehlen der theoretischen Möglichkeiten der Blütenformeln 4, 7, 10, 12,
14, 15 und 16 erklärt werden. Es würde sich also der Hemmungs-
faktor für J : A stellen gleichwie 1 : 1 + x, wobei x mit „Übergewicht"
zu benennen wäre. Da bei J das Hemmungsgen aber gar nicht in Er-
scheinung tritt, wenigstens sichtbar, in Natur, sondern nur aus Gleich-
sinnigkeitsgründen angenommen wurde, könnte auch mit seinem Fehlen
gerechnet werden. Die Gleichung müsste dann heissen H^ : H^ =
0 : 0 + X, wobei dann x hemmende Wirksamkeit hätte.
Zu einem ähnlichen Endergebnis wie bei den vorhergehenden
Ausführungen gelangt man, wenn die Theorie des Hemmungsgen mit
anderen Worten umkleidet und gesagt wird: bei J ist das Gen der
Eigenschaft s und das Gen der Eigenschaft w dominant, bei A da-
gegen sind sie rezessiv. Es ist dies genau genommen, nur eine Um-
kehrung obiger Darstellung, bei der wir für jeden Kronblätterkreis Gene
verschiedener Stärke für die hemmende Eigenschaft gegenüber gleich-
starken Genen für die Eigenschaften s und w angenommen haben, wo-
gegen wir hier für jeden der beiden Kreise Gene verschiedener Stärke
für die Eigenschaften s und w gleichbleibend starken Hemmungsgenen -
gegenüberstellen. Wenn wir uns nun vorhalten, dass die Gene der
Eigenschaften s und w zum mindesten als Sj und Wj sowie als So und Wo
auftreten können, dann erhalten wir folgende theoretische Zusammen-
stellung, bei der also s^, w^, s^ ^^^ ^2 gegenüber H^ bei J dominant,
A aber Si und Wj gegenüber H^ rezessiv und s^ bzw. Wg ebenfalls
dominant sind.
(Siehe Tabelle S. 220.)
Wir sehen, das Endergebnis ist dasselbe. Das in Natur häufigere
Auftreten der ungefleckten Blüte (Form 2) wird teilweise damit überein-
stimmen, nur dass hier, wie wir noch sehen werden, der Standort zu
220
Kleine Mitteilungen.
berücksichtigen ist. Es trifft demnach auch für obige Theorie zu, dass
in einer Blüte von Papaver Rhoeas die Kronblätter des inneren Kreises
in bezug auf die weissen oder schwarzen Flecken positiv sein müssen,
wenn die Kronblätter des äusseren Kreises positiv sind, und dass die
Kronblätter des letzteren positiv sein können, wenn es auch die
imieren sind. Dieses Gesetz trifft auch für anormale Blüten zu,
welche ziemlich häufig auftreten. Bei fünf, sechs und mehr vor-
handenen Kronenblättern entscheidet also immer ihre Stellung auf dem
jeweiligen Blattkreis, auf J oder A. Das Auftreten von mehr als vier
Kronenblättern findet man auf gutem Standort häufiger als wie auf
schlechtem. „Mastpflanzen" neigen mehr zu dieser Abnormität wie
„Kümmerer". Die Blüten ein und derselben Pflanze haben natürlich
stets dieselbe Kronblätterformel, doch können an derselben Pflanze
unter normalen vierblättrigen Bhiten mehrere Knospen mit mehr als
vier Kronblättern auftreten, sie stimmen aber, wie gesagt, trotzdem mit
der Formel überein. Eine sehr seltene Ausnahme bildet nur das Auf-
treten eines dritten „intermediären". Kronblattkreises. Als sonstige
Abnormitäten fand ich während meiner Untersuchungen einmal das
Auftreten eines geteilten Fruchtknotens und einmal die Umwandlung
der Anthere bei vorhandenem normalen Filament in rote Blättchen.
Angenommene Kombination
der Gene
Blüten-
formel
Nr.
In Erscheinung tretende
Blütenform
J(-l-S2-t-w, + Hi) A(+s, + w,+H^)
1
J(+s + w)
A (4- s + w)
J (- s, - w^ + H^) A (- s., - W2 + H^)
2
J (— s — w)
A ( — s — w)
J(-s,-w, + Hi) A(-s,-w, + Hi)
2
J (_ 8 — W)
A ( — s — w)
J(+Si + w, +H^) A(+s, + w, + Hi)
3
J(+s-l-w)
A ( — s — w)
J(+s,-w, + Hi) A(+s,-w, + Hi)
5
J(+s-w)
A (+ s — w)
J(+Si-w, + Hi) A(+8,-w, + H^)
6
J (+ s - w)
A ( — s — w)
J(-Si-hw, + H^) A(-s, + w, + H')
8
J (- s + w)
A (— s + w)
J(-8,-fw, + H^) A(-s, + w, + H')
9
J(-s + w)
A ( — s — w)
J(+s. + w, + Hi) A(+8, + w, + Hi)
11
J (+ s + w)
A (-f s — w)
J(+8, + w, + H^) A(+s, + w,+H>)
13
J (+ s + w)
A (— s -f w)
Was nun in zweiter Linie an der Blüte des Papaver Rhoeas
Interesse beansprucht, das ist der Verlust der Kronblätter-
flecken auf sehr schlechtem Standort, also ein Einf luss der
äusseren Lebensverhältnisse auf die Ausbildung von morphologischen
Eigenschaften. Auf trostlosem Sandboden und unter sonstigen un-
günstigen Lagen gibt es keine Mohnblüte, die an ihrem Grunde das
schwarzweisse Kreuz zeigt, es gibt hier nur vollständig un- oder doch
nur höchstens sehr schwach gezeichnete Blüten. Und zwar geraten
auch die Nachkommen einer normalen Pflanze auf solchem Standort
Kleine Mitteilungen. 221
abweichend von ihrem Elter nach der merkmalslosen Formel
J( — s — w) A( — s — w), während die Nachkommen von diesen un-
gefleckten Blüten, auf guten Boden verbracht, wiederum Fleckung
zeigen. Auf schlechtem Standort würde demnach Papaver Ilhoeas,
um mit Johannsen zu reden, einen Phänotyp bilden. Ein Beweis
gegen die Lehre L a m a r k s kann aus diesem Verhalten natürlich nicht
geschöpft werden, denn wer will behaupten, dass nicht die Nachkommen
von Jahrtausende unter ungünstigen Lebensverhältnissen gewachsener
Feldmohnpflanzen am Ende doch die Fähigkeit, Flecken am Grunde der
Kronblätter zu bilden und zu vererben, verlieren und somit von einem
Phänotyp zu einem Genotyp, unter Umständen zu einer neuen Art
werden könnten.
b) Andere Sachliche.
„Granum."
Unter dieser Firmenbezeichnung wurde in Lemberg eine Ge-
nossenschaft der Samenproduzenten als G. m. b. H. ins Leben gerufen,
deren Programm sich, der Fassung der Statuten nach, folgende Auf-
gaben stellen wird:
a) Pflanzenzüchtung in eigenen und fremden Anstalten, jedoch
unter strenger Kontrolle der Genossenschaftsorgane;
b) Reproduzierung von Samen gezüchteter Pflanzen eigener und
fremder Produktion in Eigenwirtschaft und fremder Bewirtschaftung,
jedoch unter strenger Kontrolle der Genossenschaftsorgane;
c) Kauf und Verkauf auserlesener Samen eigener und fremder
Produktion;
d) Übernahme von Samen zwecks Reinigung, Trocknung und Auf-
bewahrung.
Um die oben angeführten Auf gaben erfüllen zu können, beabsichtigt
die Genossenschaft, Grundstücke käuflich zu erwerben oder in Pacht
zu nehmen, Gebäude anzukaufen oder aufzustellen, endlich alle Tätig-
keiten in Angriff zu nehmen, die geeignet wären, die Produktion von
Sämereien zu fördern.
Als Präsident wurde Fürst Witold Czartoryski gewählt, in
die Verwaltung und den Aufsichtsrat traten fachkundige Kapazitäten
auf dem Gebiete der Samenzucht ein, zu den Mitgliedern werden fast
«sämtliche hierländische landwirtschaftliche Korporationen und zahl-
reiche Mitglieder aus den interessierten Kreisen gezählt.
Das Gründungskapital beträgt 410 000 Kr., wird jedoch durch
Vermehrung der Mitglieder auf ein Kapital von 1 000 000 Kr. erhöht
werden.
222 Kleine Mitteilungen.
Die Scliaffuiifi; der genannten Institution srina aus der Absicht
hervor, den Zustand der zunehmenden Produktionsverminderung auf
dem Gebiete der Landwirtschaft, welche sich infolge des Samenmangels
speziell in der gegenwärtigen Zeit mangels Einfuhr ausländischer
Samen immer fühlbar macht, zu beheben.
c) Persönliche.
C. Kraus -f.
(Mit Bildnis.)
Abermals hat der Tod der deutschen Pflanzenzüchtung eine
schwere Wunde geschlagen, indem er den Begründer der bayerischen
Saatzucht, Geh. Hofrat Professor Dr. Carl Kraus am 15. Oktober
1918 nach kurzer Krankheit im gesegneten Alter von fast 68 Jahren,
aber in der Fülle seiner Kraft dahinraffte. Mit ihm ist einer unserer
gründlichsten und fleissigsten Gelehrten und einer der erfolgreichsten
Organisatoren auf dem Gebiet des landwirtschaftlichen Lehr- und
Forschungswesens dahingegangen. —
C. Kraus war geboren am 5. Januar 1851 zu Stadtamhof bei
Regensburg; nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums
studierte er Naturwissenschaften, Nationalökonomie, Agrikulturchemie
und Landwirtschaft und promovierte 1875 bei N ä g e 1 i in München
mit einer Arbeit über die Chlorophyllfarbstoffe. 1874 kam er als
Assistent an die Kreisackerbauschule in Triesdorf (Mittelfranken), wo
er u. a. auch die dortige Samenkontrollstation leitete, im Jahre 1884
wurde er zum Landwirtschaftslehrer an der Kreisackerbauschule in
Kaiserslautern befördert. 1888 wurde Kraus als Professor an die
damalige landwirtschaftliche Zentralschule in Weihenstephan berufen,
deren Direktorat er im Jahre 1892 übertragen erhielt. Im Jahre 1902
folgte er dem Ruf auf den Lehrstuhl für Acker- und Pflanzenbau an
der landwirtschaftlichen Abteilung der technischen Hochschule in
München als Nachfolger Wollnys, wo er bis zu seinem Hingang ge-
wirkt hat. Was Kraus als Organisator des bayerischen Schul- und
Forschungswesens geleistet hat, besonders sein Verdienst um die
Weihenstephaner Gesamtanstalt, kann an dieser Stelle nicht eingehend
erörtert werden. Es genügt, zu erwähnen, dass die ganze moderne
Entwicklung von Weihenstephan und seinen Instituten und die Er-
hebung zur Akademie in erster Linie seiner erfolgreichen Arbeit zu-ö
zuschreiben ist; dass er ebenso die freudige Entwicklung der land-
wirtschaftlichen Abteilung an der Technischen Hochschule in München
führend beeinflusst hat und dass der ganze Ausbau des mittleren und
niederen landwirtschaftlichen Schulwesens in Bayern unter seiner Be-
Kleine Mitteilungen.
223
ratung und nach seinen Anregungen vollzogen worden ist. Auch als
Gelehrter, dessen besondere Stärke die Pflanzenphysiologie in ihrer
Anwendung auf die Landwirtschaft war, hat sich C. Kraus in der
botanischen wie in der landwirtschaftlichen Literatur einen hoch-
geachteten Namen verschafft. Es sei hier nur an seine vielen Ver-
öffenthchungen über physikalische und besonders mechanische Be-
einflussungen des Pflanzenlebens, über Hagelwirkungen, über das An-
welken von Knollen und Zwiebeln, über die Saftleistung der Wurzeln,
über den Einfluss des Lichtes, des Wassers, der Kalidüngung, des
Schröpfens und Walzens, der Erdbedeckung uHtl der Behäufelung usw.
auf die pflanzliche Entwicklung gedacht. Besondere Vorhebe hatte er
für das Studium der Runkelrübe, deren Wachstumsweise er durch drei
grössere Arbeiten erläuterte, von denen die beiden letzten anatomische
und physiologische Grundlagen für die züchterische Behandlung der
Beta-Rüben geschaffen haben. Ebenso beschäftigte er sich expe-
rimentell und literarisch sehr eingehend mit Gerste und Hopfen. Ein
weiteres Lieblingsgebiet von ihm war der Aufbau und die Leistung des
224 Kleine Mitteilungen.
Getreidehalmes und dessen Veränderungen unter dem Einfluss der
natürlichen Wachstumsbedingungen, kultureller und züchterischer Mass-
nahmen. Im Anschluss an diese Studien entstand auch sein grosses
1908 erschienenes Buch über: ,,Die Lagerung der Getreide", das
trotz der Fülle des darin verarbeiteten Materials bis heute weitaus
noch nicht genügend gewürdigt ist. Hervorragend sind auch seine
beiden als Arbeiten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft er-
schienenen Monographien über Unkräuter, nämlich über das ,, Lein-
kraut" und über die ,, Quecke"; zu einer Reihe anderer Fragen des
Acker- und Pflanzenbaues hat er durch eigene experimentelle Arbeiten
Stellung genommen, wie auch besonders zu den modernen Acker-
bestellungs- und Saatmethoden. Für die Züchtungswissen-
schaft sind ausser den oben angedeuteten Veröffentlichungen über die
Getreidehalme und die Beta-Rüben besonders sein eingehender Bericht
über die Züchtungen mit Gerste- und Haferlinien (1909) und über die
Vererbungsverhältnisse bei reinen Linien (1917)' zu erwähnen; hierzu
kommt noch eine Reihe von Aufsätzen über Grundlagen und Aus-
gestaltung der Landespflanzenzucht und des Saatgutbaues in Bayern,
wo er bekanntlich das System der Lokalzüchtung und der Verbreitung
örtlich angepasster Sorten vertrat. Ausser den wissenschaftlichen
Arbeiten (veröff. in der Flora, in Wollnys Forschungen auf dem
Gebiet der Agrikultiu'physik, in der Naturwissenschaftlichen Zeitschrift
für Land- und Forstwirtschaft, in der Zeitschrift für Pflanzenzüchtung,
in Fühlings landwirtschaftlicher Zeitung usw.) hat Geheimrat Kraus
auch eine überaus grosse Reihe von kleineren Abhandlungen über
Pflanzenbau-, Saatbau- und Züchtungsfragen geschrieben, die grössten-
teils im Wochenblatt des landwirtschaftlichen Vereins in Bayern,
einzelne auch in sonstigen landwirtschaftlichen Zeitungen er-
schienen sind.
Durch diese kurzen Artikel, durch viele Vorträge und durch per-
sönliche Unterhandlungen bereitete er den Boden vor für die Ent-
stehung einer P f 1 a n z e n z ü c h t u n g in Bayern, nachdem er er-
kannt hatte, wie wichtig die Verbesserung des Sortenbaues und der
Saatgutbeschaffung in unserm Land war und wie andrerseits die natür-
lichen und wirtschaftlichen Eigentümlichkeiten dieses Gebietes eine be-
sondere Vorsicht in der Auswahl der Pflanzenrassen erheischten. Er
warf sich mit allem Eifer auf die Vorbereitungen zur Schaffung eines
Speziaünstituts für Züchtung mit dem Erfolg, dass schon 1902 die
staatliche Landessaatzuchtanstalt in Weihenstephan ins Leben treten
konnte. Obwohl er bei Errichtung bereits nach München übergesiedelt
war, führte er von dort aus noch bis zum Jahre 1910 die Oberleitung
der Anstalt, bis er sie in die Hände eines von ihm selbst schon bei der
Gründung ausgewählten und herangezogenen Nachfolgers niederlegen
Kleine Mitteilung-en. 225
konnte. Diesem blieb er auch nach seinem Ausscheiden ein ireundUcher
Berater, und der Anstalt, deren Beirat er bis zu seinem Tode angehörte,
der kenntnisreichste, interessevollste und wohlwollendste Förderer.
Mit dieser Einrichtung schuf er die bayerische Pflanzenzüchtung
völlig neu; wenigstens waren hier vorher kaum schwache Ansätze einer
züchterischen Betätigung vorhanden. Auch die Saatguterzeugung
und das ganze • Sortenwesen Bayerns wurde von der Saatzuchtanstalt
in geordnete Bahnen gelenkt und so verdankt das Land ihm in erster
Linie, was auf diesem Gebiet Durchschlagendes und Wertvolles für
die bayerische Landwirtschaft geschehen ist.
Zum Schluss noch ein Wort über den Menschen. Wer das Glück
hatte. Kraus kennen zu lernen, oder länger mit ihm verkehren zu
können, der musste ihn auch liebgewinnen. Er war eine durch und
durch vornehme, aber bescheidene und zurückhaltende Natur, die sich
besonders uns Jüngeren in väterlicher Güte zeigte, "Er suchte jedem
zu helfen, sei es mit Rat, sei es mit der Tat und unterstützte jedes
ehrliche Streben. Und was er in Angriff nahm, das bearbeitete er mit
zäher Ausdauer und gewissenhaftester Gründlichkeit; Selbstlosigkeit
und Treue bewies er durch sein ganzes Leben. So genoss er das
höchste Vertrauen aller seiner Schüler, Untergebenen und Fach-
genossen, die ihm seine Hingabe durch die verehrungsvollste Anhäng-
lichkeit vergalten. Sein Leben und Wirken wird unvergessen bleiben.
L. Kiesslin^-.
Für Prof. Dr. Nilsson-Ehle, der seit 1915 Professor der
Botanik an der Universität Lund und Vorstand der pflanzenphysiologi-
schen Abteilung des Botan. Instituts gewesen ist, wurde eine neue
Stellung, eine Professur für Erblichkeitslehre an derselben Universität
geschaffen. Der neuen Professur wird ein besonderes, neues Institut
für Erblichkeitsforschung mit zugehörigen Versuchsfeldern angegliedert.
Das Institut wurde auf dem Boden des staatlichen Landw. Instituts
Alnarp bei Akarp in der Nähe von Lund aufgeführt und ist seit Juni
dieses Jahres in Betrieb.
In Paris verschied am 31. Januar der Chemiker Henri Pellet,
der sich besondere Verdienste um die Chemie der Rüben- und Rohr-
zuckergewinnung und bei Züchtung der Rübe und des Rohres erwarb.
Er gilt als der Erfinder der bei der Untersuchung der Rübe heute
allgemein verwendeten Wasserdigestion, für welche auch von anderer
Seite Verfahren in Vorschlag gebracht worden sind.
Der Oberfinanzrat und Referent für Tabakbau bei der österr.
Tabakregie Dr. Karl Preissecker verschied am 18. September
während eines Ausfluges, den er auf die Raxalpe unternommen hatte,
im Otto Schutzhause. Er hatte die Tabakzüchtung in Österreich ein-
226 Kleine Mitteilungen.
geführt und mehrere bezüghche Veröffenthchungen in den „Fachliche
Mitteilungen der österr. Tabakregie" gebracht.
Der zweite der Leiter des Hauses Vilmorin, M. Maurice de
Vilmorin, ein bekannter Botaniker, dem die Einführung vieler
aussereuropäischer Pflanzen zu danken ist, ist rasch seinem Neffen
Ph. de Vilmorin in den Tod gefolgt.
Die bereits gemeldete Übernahme der Geschäftsführung der Saat-
zuchtabteilung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft durch Dr,
Friedrich M er ekel erfolgte am 1. Oktober.
Dem bisherigen Geschäftsführer Dr. P. Hillmann wurde der
Titel Professor zuerkannt.
In Kaaden in Böhmen starb Mitte Oktober, im Alter von
69 Jahren der Professor der dortigen landwirtschaftlichen Mittelschule
Nowoczek, der durch die Einführung der Vermehrung in die Rüben-
züchtung ,,Asexualverfahren" in Züchterkreisen bekannt geworden ist.
Dr. R. Pearl hat seine Stellung an der landwirtschaftlichen Ver-
suchsstation des Staates Maine zu Orono mit der Professur für Bio-
metry an der John Hipkins-Universität zu Baltimore vertauscht.
Das nächste Heft erscheint im März 1919.
Druck von Fr. StoUberg, Merseburg.
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' Ausleser,
Mischfrucht - Scheider,
Getreide-Sortierer,
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Reinigungs-Anlagen
für Saatzuchtanstalten.
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Dresden-Neustadt und Augsburg-Pfersee.
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Handbuch der
landwirtschaftl. Pflanzenzüchtung.
Von
Dr. C. Fruwirth,
a. o. Professor an der k. k. technischen Hochschule Wien.
Erster Band:
Allgemeine Züchtungslehre der landw. Kulturpflanzen.
Vierte, umgearbeitete Auflage.
Mit 86 Textabbildungen und 8 Tafeln. Gebunden, Preis 17 M.
Zweiter Band:
Die Züchtung von Mais, Futterrübe und anderen Rüben,
Ölpflanzen und Gräsern.
Dritte, umgearbeitete Auflage.
Mit 50 Textabbildungen. Gebunden, Preis 16 M.
Dritter Band:
Die Züchtung von Kartoffel, Erdbirne, Lein, Hanf, Tabak, Hopfen,
Buchweizen, Hülsenfrüchten und kleeartigen Futterpflanzen.
Dritte Auflage.
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Vierter Band: *
Die Züchtung der vier Hauptgetreidearten und dfer^uckerrübe.
Von Professor Dr. C. Fruwirtii, Professor Dr. E. von Tschermak und Dr. Th. Roemer.
Dritte Auflage.
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Fünfter Band:
Die Züchtung kolonialer Gewächse: Zuckerrohr, Reis, Hirsearten,
Kaffee, Kakao, Citrusarten, Baumwolle und andere Faserpflanzen,
Batate, Maniok, Erdnuss, Ölpalme, Olive und Sesam.
Bearbeitet von W. Busse, Berlin; J. S. Gramer, Paramaribo; Dr. C. Fruwirth, Wien;
A. Howard, Pusa; Dr. F. W. T. Hunger, Amsterdam; H. M. Leake, Nawabganj;
J. E. van der Stok, Pasoeroean; Dr. Trabut, Algier; Dr. H. J. Webber, IthacaN.-Y.;
E. de Wildeman, Brüssel.
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Geh. Rat Prof. Dr. K. von Rümker-ßerlin sagt über das Werk am Schluss
einer eingehenden Besprechung: „Das Buch ist für jeden Theoretiker und Praktiker,
der sich auf diesem Gebiete irgendwie betätigen will, ein unentbehrlicher und wert-
voller Ratgeber und Besitz. Demselben ist die weiteste Verbreitung und vor allem
von Seiten der praktischen Züchter das eingehendste Studium zu wünschen: wer
dasselbe nicht kennt, schädigt sich in seiner eigenen Arbeit."
Zu bezielien durcli jede Buclitiandlung.
Hierzu eine Beilage von der Terlagsbuctahandliing Paul Parey, Berlin SW. 11,
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Druck Vi n /r. Stollberg, Merseburg.
Zeitschrift
für
Pflanzenzüchtung
Zugleich Organ
der Gesellschaft zur Förderung deutscher Pflanzenzucht,
der
Österreichischen Gesellschaft für Pflanzenzüchtung
und des
Bayerischen Saatzuchtvereins.
Unter Mitwirkung
von
L. Kießling, H. Nilsson-Ehle, K. v. Rümker, E. v. Tschermak,
München Lund Emersleben Wien
herausgegeben
von
C. Fruwirth, ^^ ^^^
Wien.
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Siebenter Band.
Mit 34 Textabbildungen.
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Verlagsbuchhandlung Paul Parey
Verlag far LandTrlrtach&n, GuteDbas and ForstircseD
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1920.
Inhaltsverzeichnis.
• Band VII.
I. Wissenschaftliehe Originalarbeiten, Aufsätze. „ .^
Seite-
•Becker, I.: Beiträge zur Züchtung der Kohlgewäclise 91
Cohen Stuart, C. P.: Die Züchtung der Teepflanze. (Mit 8 Textabbild.) 157
Firbas, H.: Über die Erzeugung von "Weizen-Roggenbastardierungen. . . 249
Hansen, W. : Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorf er
Usancenbuch. (Mit 3 Textabb.) 28a
Heinrich, M. : Der Einfluß moderner Reinigungsanlagen auf die Güte des
Saatgutes. (Mit 4 Textabbildungen) 1^
Jelinek, J. : Nächste Aufgaben der Pflanzenzüchtung und der Sortenprüfung 8B
Lindhard, E. und Karsten, Iversen: Vererbung von roten und gelben
Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben 1
Mitscherlich, E. A. : Über künstliche Wunderährenbildung. (Mit 8 Text-
abbildungen) 101
III. Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüehtung.
1. Referate.
Craig,W.r29,130,215,2ie
Äckermann, A. 320.
Allard, H. 320.
Allendorf 112.
Amend, F. 112.
Anthony, St. 320.
AumüUer, F. 206.
Baas Becking, L. 113.
Backhouse, W. 206.
Barcker, E. 113.
Bartlett 207, 209.
Bartos, W. 114.
B a u m a n n , E. 32.
Baur, E. 32, 114.
Berg, S. 125.
Biffen, R. 33.
Blakeslee, F. 321.
Bregger 114.
Broili 321.
Brotherton, W. 209.
Caron, v. 114.
Christie, M. 33. '
Oockerell, T. 34.
Cohen, Stuart 209.
Collins, G. 321.
Correns, C. 209, 210.
Daniel, L. 34.
Donald, F. 34.
D o r s e y 322.
Ehrenberg 112.
Edler, W. 210.
Emerson, R. 115, 210.
Ernst, A. 323.
Euler, K. 35.
Evans, M. 312.
Eyre, G. 35.
Feenstra Sluiter, G.
323.
Fräser, A. 116, 129.
Freemann, G. 116.
Friedrichs, K. 116.
Frölich, G. 117, 118.
Fruwirth, C. 118.
Garvens, S. 216.
G assner, S. 118.
Goetz, E. 35.
Graham, R. 35.
Hagedoorn, A. 325.
Hansen, W. 120.
Harris, F. 36.
Hayes, H. 325.
Hector, G. 36.
Heiweg, L. 37.
Heribert Nilsson, N-
327.
Heusser, C. 326.
Hogenson, J. 36.
Honing, J. 38.
Ikeno 38.
Johannsen, "W. 38.
Johnson, J. 327.
Jones, D. 120, 121, 122^
328.
Kajanus, B. 39, 123, 125.
Love, H. 129, 130, 131^
215, 216.
Maas, J. 335.
Mac Rostie, G. 131.
Mandekic, V. 40, 42,
Meunissier 132.
Moore, C. 43.
Nafziger, T. 336.
Nilsson E h 1 e , K. 43:^
134, 336.
Oakley 216,
IV
Inhaltsverzeichnis.
Oberstein 135.
Plahn, Appiani 44.
Eaum, S. 217.
Jlasmuson, S. 135, 217,
337.
Richardson 218.
Hoemer 136.
Salmon, E. 45.
Schmidt, .Johs. 136.
Schulz, A. 126.
Sirks, M. 137.
Snell, K. 137.
Smith, G. 35.
Sommer, K. 137.
Stahel, G. 137.
Stout, A. 139.
Surface, M. -50.
Tjebbes, K. 140.
Ubisch, G.V.46, 141,339.
Urban, J. 141, 339.
Vestergaard, H. 47, 48.
Volkart, A. 142.
Wacker, J. 49.
Wagner M. 270.
Weiß, F. 49. •
White, 0., 50, 220, 221,
339, 340.
Wölk, P. V. 142.
Zaleski, L. 340.
Zinn, J. 50, 340.
2. Bücherbesprechun2:en.
^ *= Seite
Ahr, I. und Mayr, Chr.: Gerstensorten und Düngung 144
Dörfler: Pflanzenschutzfibel 341
Dykier, W. : Bericht der Kurländischen Saatzuchtanstalt in Dubbenhof . 50
East, E. and Jones, .J. : Inbreeding and outbreeding, their genetic and
sociological significance ....'. 341
Ernst, A. : Bastardierung als Ursache der Apogamie im Pflanzenreich . . 51
f Bd. II 144
Fruwirth, C: Handbuch der landw. Pflanzenzüchtung. < „ IH 222
l „ IV 145
Leverenz, C: Die meistgebauten landwirtschaftlichen Pflanzenzuchten
Deutschlands mit Ausnahme der Kartoffel 342
Molisch, H. : Pflanzenphysiologie als Theorie der Gärtnerei 223
Siegel, W. : Das Recht des Gemüsebauers 146
IV. Vereinsnaehrichten.
Gesellschaft für Pflanzenzüchtung — Wien , 147
V. Kleine Mitteilungen.
a) Wissenschaftliclie.
Bach, S.: Zweierlei Weißlinge bei Mais 238
— — Zur näheren Kenntnis der Faktoren der Anthozyanbildung bei Pisum 64
Becker, J. : Xenien zwischen Melonen und Gurken 362
Fischer, H. : Kohlensäure und Pflanzenwachstum 364
Frimmel, F. v. : Über einen Versuch der Züchtung schwarzer Farbentöne an
der Gartenprimel 346
Fruwirth, C: Zum Verhalten der Bastardierung spontaner Variationen
mit der Ausgangsform 66
— — Wicke mit linsenförmigen Samen 356
Orabner, E. : Ausleseverfahren zur Massenauslese der Maiskolben .... 61
Hansen, W. : Die Ermittlung des Einzelkorngewichtes einer Pflanze . . . 225
He SS in g, J. : Mitteilungen bezüglich der Variabilität einiger Grasarten. . 53
Raum, J. : Ein weiterer Versuch über die Vererbung der Samenfarbe bei
Rotklee • 149
Ryx, G. V. : Methoden einer exakten Prüfung des Fortschrittes bei der
Zuckerrübenzucht 227
Tschermak, E. v.: Bastardierungsversuche mit der grünsamigen Chevrier-
bohne 57
Inhaltsverzeiclmis.
V
b) Andere Sachliche.
„Genetica" 75
„Hereditas" 366
Hatvaner Pflanzenzucht- Aktiengesellschaft "76
Kartoffelzuchtstation Richter Königshof 243
Sjemenar dionicarrho drustvo 155
Ungarische Eubbethge und Giesecke Saatzucht-Aktiengesellschaft 76
Verband der Saatzuchtinspektoren 241
Zadruga za proizvodnju sjemenja u Zagrebu 367
Alexandro witsch
Akemine, M. 245.
Aumüller, Fr. 155.
Baur, G. 247.
Boschau, L. 244.
Demerec 367.
Fischer, G. 247.
Fruwirth, C. 245.
Grabner, E. 80.
Heine, F. 246.
Heling 368.
Jelinek, J. 156.
Kalt, B. 247.
Kiessling, L. 245.
K0lpin, Ravn 368.
c) Persönliche,
Koric 367.
Laczko 81.
Legany , Ö. 80.
Lock, R. 367.
Lbchow, F. V. 156, 246.
Mandekic, V. 367.
Müller, H. 244.
Nemec 367.
Pammer 368.
Plaut, M. 368.
Raatz, W. 81.
Roemer, Th. 80.
Rossi, E. 81, 243.
Ruft, G. 244.
Sessous, G. 245.
Schlecht, F. 156, 247.
Schulze, E. 156.
Snell, K. 155.
Stabenow, P. 244.
Stadnik 367.
Strafiak 367.
Strube, H. 78.
Tritschler 156.
Verstl, R. 244.
Winkler, H. 156.
Wittmack, L. 246.
Wohltmann, F. 77.
Zade 80.
Band VII, Heft 1. Juni 191Ö.
Zeitschrift
für
Pflanzenzüchtung.
Zugleich Organ
der Gesellschaft zur Förderung deutscher Pflanzenzucht,
der
Österreichischen Gesellschaft für Pflanzenzüchtung
und des
Bayerischen Saatzuchtvereins.
Unter Mitwirkung
von
L Kiessling, H. Nilsson-Ehle, K. v. Rümker, E. v. Tschermak,
Weihensteplian Lund Berlin Wien
herausgegeben
von
C. Fruwirth,
Wien.
Mit 7 Textabbildungen und 3 Bildnissen.
BERLIN
Verlagsbuchhandlung Paul Parey
Vorlag für Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen
SW. 11. Hedemannstraße 10 u. 11
1919.
Einzelpreis 10 31. Ahonnementspreis 8 31.
Inhalt.
I. Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze. Seite
Lindliard, E. (Ref.), und Karsten Iversen: Vererbung von roten und gelben
Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben 1
Heinrieb, M.: Der Einfluss moderner Reinigungsanlagen auf die Güte des Saat-
guts. (Mit 4 Textabbildungen) 19
III. Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
1. Referate 31
2. Bücherbesprechungeu 50
V. Kleine Mitteilungen.
a) Wissenscbaftlicbe:
Mitteilungen bezüglicb der Variabilität einiger Grasarten. Von J. Hessing 53
Bastardierungsversuche mit der grünsamigen t'hevrier-Bohne. Von Prof. Dr.
Erich V. Tscherraak, AVien 57
Ausleseverfahren zur Massenauslese der Maiskolben. Von Prof. E. Grabner.
(Mit l Textabbildung) ■ ■ -^ 61
Zur näheren Kenntnis der Faktoren der Änthozyanbildung bei Pisum. Von
Dr. Siegfried Bach, Wien 64
Zum Verhalten der Baslardienmg spontaner Variationen mit der Ausgangsform.
Von C. Fruwirth. (Mit 2 Textabbildungen) 66
Noch ein Bastardierungsversuch Pisum X Fuba. Von Dr. Siegfried Bach, Wien 73
b) Andere Sachliche:
Ungarische Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft 74
Genetica 75
Hatvaner Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft 76
Ungarische Rabbethge und Giesecke Saatzucht-Aktiengesellschaft 76
c) Persüuliche. (Mit 3 Bildnissen) 77
Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für Pflanzenzüchtung erscheint
in zwanglosen Heften, deren 4 zu einem Bande vereinigt werden. Die Hefte
sind auch einzeln käuflich, ihre Preise sind entsprechend ihrem schwankenden
Umfang verschieden und sind im Abonnement niedriger als bei Einzelbezug. Das
Abonnement veii)flichtet für einen Band.
Abonnements nimmt jede Sortimentsbuchhandlung entgegen sowie die
Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin SW. 11, Hedemannstrasse 10 u. 11.
An letztere sind auch alle Zuschriften in Anzeigenangelegenheiten zu
richten. Preise der Anzeigen: ganze Seite M. 50. halbe Seite M. 30, viertel
Seite M. 16. Für alle das grosse Gebiet der Pflanzenzüchtung angehende
Anzeigen dürfte die „Zeitschrift" das geeignetste Organ sein.
Honorar für den Bogen Text: 48 M., Tabellen 24 M. Von jedem Original-
beitrag können 25 Sonderabdrücke geliefert werden, wenn dies bei Einsendung
des Manuskriptes verlangt wird.
Redaktionelle Zuschriften: Prof. Dr. C. Fruwirth, Waldhof b. Amstetten
(N.-Österr.).
Sonstige Zuschriften (Bezug u. Anzeigen): Paul Parey, Berlin SW. 11,
Hedemannstrasse 10 u. 11.
Band VII, Heft 1. Juni 1919.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung.
1.
Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze.
Vererbung von roten und gelben Farbenmerkmalen
bei Beta-Rüben.
Von
E. Lindhard, Ref., und Karsten Iversen,
Tystofte, Dänemark.
In dieser Zeitschrift, Bd. I, 1913, hat Birger Kajanus^) eine
Übersicht über die sowohl von ihm selbst als auch von anderen Forschern
aufgeführten Untersuchungen bezüglich der Vererbung von Form- und
Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben und anderen Rübenarten mitgeteilt.
Die Farben der Beta-Rübe, mit welchen wir uns hier allein beschäftigen
werden, zerfallen in drei deutlich unterschiedene Gruppen: die roten,
gelben (orange- bis strohgelb) und weissen (rosa bis weiss).
K a i a n u s unternimmt Bastardierungen zwischen verschieden-
farbigen Rüben von einer grossen Anzahl verschiedener Sorten und
erhält Bastarde, welche bald die Farben des Vaters, bald die der Mutter
zeigen und bald von beiden verschieden sind. Die rote Farbe ist bei
diesen F^-Bastarden stark hervortretend.
In Fg tritt eine deutliche Spaltung entweder in zwei oder, noch
häufiger, in alle drei Farben: rot, gelb urd weiss, ein, und öfters nähert
sich die Anzahl der respektiven Farben dem Verhältnisse 2:1:1. Es
treten aber schon in dieser Generation Unregelmässigkeiten hervor,
welche es wahrscheinlich machen, dass es dem Verfasser nicht vollständig
geglückt ist, eine zufällige Fremdbestäubung seiner Samenpflanzen zu
vermeiden. Es gelingt ihm auch nicht, auf Grund der für F2 gewonnenen
Resultate Regeln für die Vererbung der drei Farbengruppen aufzustellen,
1) über die Vererbungsweise gewisser Merkmale der Beta- und Brassica-Rüben ;
vgl. auch B. K a i a n u e, Genetische Studien an Beta. Zeitschr. f. ind. Abst. und Ver-
erbungslehre Bd. 6, 1911.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtuns:. Bd. VII. 1
2 Lindhard und I v e r s e n :
und in F3, wo ein Beitrag zu einer Aufklärung der Probleme zu er-
warten war, vermehren sich die Unregelmässigkeiten derraassen, dass
der Verfasser die Analyse aufgibt, um Zuflucht in der Philosophie zu
suchen.
Später hat B. Kajanus eine nochmalige Behandlung seines
Materials vorgenommen,^) und in der Voraussetzung, dass sämtliche
Unregelmässigkeiten von zufälliger Fremdbefruchtung der einge-
schlossenen Samenrüben herrühren, gelangt er der Hauptsache nach zu
eben denselben Resultaten, welche wir auf Grund des hier vorgelegten
Materials erzielt haben.
Die zweijährigen Rübenformen der Art Beta vulgaris blühen
bei uns von Juni bis September. Die Blüten sind klein, aber sehr zahl-
reich und sehr pollenreich; sie sind ausgesprochen protandrisch -) und
Selbstbefruchtung kommt nur in geringem Umfang vor. Die Bestäubung
geschieht teils durch den Wind, teils durch Insekten. Diese Eigen-
schaften der Pflanze machen es in technischer Beziehung äusserst
schwierig, ganz zuverlässiges selbst (nachbar)bestäubtes Samenmaterial
zu erzeugen. Wir hatten schon im Jahre 1913, als wir eine Untersuchung
über die Anwendbarkeit der Inzucht bei Runkelrübenveredlung in An-
griff nahmen, diese Schwierigkeiten im Auge. Die hier behandelte Frage
betreffs der Erblichkeitsverhältnisse gewisser Rübenfarben bildete ein
Glied der damals in Angriff genommenen Untersuchungen.
Die ersten Rüben wurden im Jahre 1913 gepflanzt und die Ab-
kömmlinge 1914 untersucht; die darauf folgende Naclikommenschaft
gelangte im Jahre 1916 und die letzte Generation 1918 zur Unter-
suchung. Eine dazwischenliegende Reihe, die 1914 angefangen wurde,
ist 1915 und 1917 untersucht worden. Jedes Jahr wurde das Samen-
material im Monat Mai auf dem Felde gesäet, beim Verziehen (gewöhn-
lich 6 — 7 Wochen nach der Saat) wurden in den letzten zwei Jahren
sämtliche ausgejäteten Rüben gesammelt, nach der Farbe geordnet und
gezählt. Die zurückgebliebenen Rüben wurden erst nach der Ernte im
Oktober gezählt. Der genauen Zählung sämtlicher Pflanzen ist eine
grosse Bedeutung beizulegen. Bei dem Verziehen werden ^/^ oder mehr
der Pflanzen weggenommen, und gleichzeitig kann leicht eine Auslese
stattfinden, wodurch die kräftigsten Pflanzen, z. B. zufällige Bastarde,
in einer ingezüchteten Linie unverhältnismässig zahlreich in dem stark
verminderten Bestand zur Repräsentation gelangen. Bei der Be-
sprechung der einzelnen Resultate werden wir auf die nötige nähere
Erklärung dieser Verhältnisse zurückkommen.
') „trber die Farbenvariation der Betarüben." Zeitschr. für Pflanzenzüchtung
Bd. V, S. 3.57.
^) P. Knuth, Handbuch der Blütenbiologie II. Bd., II. T., S. 343, und
(■ T r u w i r t h. Die Züchtung der landw. Kulturpflanzen IL Bd.. 2. Aufl.. S. 43.
Vererbung von roten und gelben Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben. 3
In den Jahren 1913, 1914 und 1915 wurden die Öamenrüben in ge-
schlossenen Häuschen mit Wänden von Baumwollenstoff und mit
gläsernem Dach, und zwar entweder eine Rübe allein oder zwei Ge-
schwister-Rüben beisammen, gezogen. Durch dieses Verfahren wurde
die Verhütung einer zufälligen Fremdbestäubung angestrebt und in
einer Mehrzahl von Fällen — soviel wir es nach der Farbe und Form
der Nachkommenschaft beurteilen können — auch erreicht. 1916 und
1917 "wurde in vielen Fällen nur ein Zweig einer jeden Samenpflanze zur
Selbstbestäubung oder zwei Zweige aus Nachbarpflanzen zur Fremd-
bestäubung in dieselbe Tüte (Sack) eingeschlossen. Wenn zwei solche
Zweige in der Entwicklung und Blühzeit übereinstimmen, werden
normalerweise sämtliche Blüten fremdbefruchtet; bleibt aber die Ein-
sperrung bis zur Reife sämtlicher Samen aufrechterhalten, dann werden
schon viele der bestentwickelten Samen von beiden Pflanzen abgefallen
und in der Tüte gemischt worden sein ; auch wird man die beiden Zweige
nicht ohne weiteren Samenverlust trennen können. Bei einer genauen
Trennung der den reziproken Kreuzungen entstammenden Samen würde
mithin das Quantum derselben bedenklich abnehmen. In vielen Fällen
wurden daher diese Samen in Mischung ausgesäet.
Unser Zuchtmaterial stammt aus der roten Eckendorfer
Rübe, aus der gelben des Barres und der weissen Zuckerrübe,
ferner aus Beta maritima und Mangold, Beta cicla.
In diesem Material ist eine kräftige strohgelbe Farbe, wie diese
bei der gelben Eckendorfer Rübe oder als Grundfarbe der orangegelben
des Barres hervortritt, eine Bedingung für die Entstehung einer Farbe
überhaupt. Fehlt die Anlage für gelb, so bleibt die Rübe weiss. Die
verschiedenen orangengelben Farben zeigen sich demzufolge nur mit
gelb zusammen und modifizieren das letztere in verschiedener Weise,
doch ohne die Grenze zwischen rot und gelb zu verwischen; diese Farben
haben wir im nachfolgenden ausser Betracht gelassen. Die rote Farbe
dominiert über die gelbe.
Gesetzt, dass die Faktoren R und G vereint die rote Farbe her-
vorrufen, der Faktor G allein die gelbe, während R allein keine Farbe
hervorbringt, dann wird eine Pflanze, die in beiden Anlagen Bastard
ist, die Formel Rr Gg erhalten und bei Selbst- (Nachbar-) bestäubung
die folgende Nachkommenschaft geben:
Fa F3
1 RRGG rot konstant rot
2 RRGg rot spaltend, 3 rot : 1 weiss
1 RRgg weiss konstant weiss mit Anlage für rot
2 RrGG rot spaltend, 3 rot : 1 gelb
4 RrGg rot spaltend, 9 rot : 3 gelb : 4 weiss
4 Lindhard und 1 v e r s e n :
2 Krgg weiss spaltend, 3 weiss mit, 1 weiss ohne Anlage für rot
1 rrGG gelb konstant
2 rrGg gelb spaltend, 3 gelb : 1 weiss
1 rrgg weiss konstant, doppelt rezessiv.
F2 gibt dann 9 rot : 3 gelb : 4 weiss.
Ausser den in F3 durch Selbst- (Nachjbar-) bestäubung der 9 ver-
schiedenen Fo-Pflanzen hervorgebrachten Kombinationen sind bei gegen-
seitiger Befruchtung von je zwei Pflanzen noch 36 Kombinationen mög-
lich, welche wiederum die Entstehung verschiedener Spaltungszahlen
veranlassen. Es wird nicht notwendig sein, die ganze Serie hier wieder-
zugeben.
Tabelle I (s. S. 15) umfasst die Nachkommenschaft einer weissen
Rübe, welche durch Abspaltung aus roten Rüben, die einer alten Bastar-
dierung zwischen roter Eckendorfer und weisser Zuckerrübe entstammten,
hervorgegangen ist. Diese weisse Rübe gab durch zufällige Fremd-
bestäubung einige rotfarbige Nachkommen. Unter diesen wurden zwei
Rüben, Nr. 32 und 33, zur Weiterzucht genommen. Sie wurden zu-
sammen eingeschlossen und gaben eine Nachkommenschaft von im ganzen
etwas über 5000 Rüben.
Nr. 32, die rot : weiss ungefähr im Verhältnis 3 : 1 spaltet, hat
ausserdem eine kleine Anzahl gelber Rüben gegeben. Diese letzteren
dürften wahrscheinlich aus von Selbstbefruchtung hervorgegangenen
Samen herrühren. Solche Samen keimen gewöhnlich langsamer und
schwächer als diejenigen, welche einer Fremdbestäubung entstammen.
Diese Annahme findet eine Stütze in der Erscheinung, dass sämtliche
gelbe Pflanzen bei dem Verziehen im Juni unter die kleinen Rüben auf-
genommen und gezählt wurden.
Die weisse P-Pflanze, die — obgleich sie von sowohl gelben als
roten Samenrüben umgeben war — einige rotfarbige, aber keine gelben
Nachkommen gab, erhält die Formel RRgg. Nr. 32 hat denmach von
der Mutter den Faktor Rg und vom Vater rG, erhält also die Formel
RrGg und muss bei Selbstbefruchtung eine Nachkommenschaft von
9 rote, 3 gelbe, 4 weisse ergeben.
Den 28 gelben Rüben entsprechen daher ca. 84 rote und 37 weisse,
im ganzen müssen 149 Rüben aus 3103 oder ca. 5 "/^ von Selbst-
bestäubung herrühren. Zieht man diese 149 Rüben von der Gesamtzalil
ab, so bleiben 2190 rote und 764 gelbe Rüben zurück. Dieses gibt die
Verhältniszahlen rot : gelb = 2,9? : 1,03, also eine Abweichung von
± 0,03, was gerade der Grösse des mittleren Fehlers für dieses Zahlen-
verhältnis bei einer Gesamtzahl von 3000 entspricht.^)
1) Vgl. W. Johannsen, Elemente der exakten Erblichkeitslehre. Jena 1909,
S. 405.
Vererbung von roten und gelben Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben. 5
Rübe Nr. 33 muss bei Selbstbefruchtung dasselbe Verhältnis
zwischen der Anzahl roter und weisser Rüben ergeben wie bei Be-
fruchtung bei Pollen aus Nr. 32 ; ihre Nachkommenschaft kann demnach
zusammen behandelt werden. Hier haben die roten Rüben das Über-
gewicht; wir finden 3,15 rote : 0,85 weisse, also einen Unterschied von
+ 0,15 von den zu erwartenden Zahlen. Der mittlere Fehler pr. 2000
ist für das Zahlenverhältnis 3:1 = + 0,039, die gefundene Abweichung
also fast 4 mal die Grösse des Mittelfehlers.
In der nächsten Generation wurde die Zucht mit einer Anzahl der
am stärksten roten Rüben, ferner mit einer Anzahl mittelroter und
einigen weissen Rüben weiter fortgesetzt. Unter den erstgenannten
haben 2 durch Selbstbestäubung und 2 durch Fremdbestäubung lauter
rotfarbige Nachkommen gegeben. Eine selbstbestäubte Rübe, Nr. 7, und
eine Bastardierung, Nr. 8, haben in rot und gelb gespalten. In dem
letzteren Falle weicht die Spaltungszahl stark von dem erwarteten Ver-
hältnis ab. Es wurden 1206 rote und 669 gelbe Rüben gefunden, was
2,578 : 1,422 entspricht; die Abweichung beträgt ± 0,422, also fast das
11 fache des mittleren Fehlers bei einer Anzahl von 2000. Eine Koppe-
lung der Faktoren G und R vermag nicht diese Abweichung von der
wahrscheinlichen Zahl zu erklären, indem der Bastard RrGG von dem
einen seiner Eltern die Verbindung RG, von dem anderen rG empfangen
haben muss, selbst bei vollständiger Koppelung müsste die Spaltung
also das normale Resultat ergeben.
Die anderen roten Rüben unter Nr. 9 — 13, welchen wir in unseren
Notizen „Bastardfarbe" beigelegt haben, lassen sich sämtlich ohne Aus-
nahme als doppelt heterozygotisch erkennen, indem ihre Nachkommen-
schaften in den drei Farben rot, gelb und weiss im Verhältnis 9:3:4
spalten. In sämtlichen Fällen findet man — mit einer Ausnahme, die
jedoch nur wenige Individuen umfasst — etwas zu wenig rote Rüben.
V\^ährend das Verhältnis zwischen roten und nicht roten Rüben 9 : 7
betragen sollte, findet man für sämtliche 4397 Rüben 8,43 : 7,57, also
eine Abweichung von + 0,57, was bei der betreffenden Anzahl etwas
über 4 mal soviel als den mittleren Fehler beträgt. Von sämtlichen
4397 Rüben entwickelten sich 846 zu voller Grösse; für sich genommen
ergeben diese letzteren beinahe die gleiche Abweichung von dem Ver-
hältnis 9 : 7 wie die kleinen Rüben.
Wir werden in Kürze untersuchen, welchen Abweichungen von einer
gleichmässigen Faktorenverteilung diese Unregelmässigkeit entspricht.
Denkt man sich in dem Bastard RrGg eine Koppelung, und zwar in dem
Maße, dass die Faktorenverbindungen Rg und rG nmal so häufig wie
die Verbindungen RG und rg abgegeben werden, so erhält man anstatt
des Verhältnisses 9:3:4 für rot : gelb : weiss das Verhältnis
2 n^ + 4 n + 3 rote : n^ + 2 n gelbe : n''^ + 2 n + 1 weiss ;
Q Lindhard und I v e r s e n :
bein=2 also 19 rote, 8 gelbe, 9 weisse, was auf 16 verteilt 8,44:3,56:4,00
ergibt. Diese Zahlenwerte stimmen besser als das Verhältnis 9:3:4
mit den gefundenen; jedoch hat die Quadratsumme der Abweichungen
noch nicht ihr Minimum erreicht, und 2 ist also nicht der für n wahr-
scheinlichste Wert.
Nimmt man für sich allein die Nachkommenschaft der Nr. 12, die
aus Selbstbestäubung hervorgegangen ist und 2712 Rüben umfasst, und
setzt man n = 1,75, dann wird das -erwartete Zahlenverhältnis ver-
schoben, und zwar von 9:3:4 auf
8,53 rote : 3,47 gelbe : 4,00 weisse
Nr. 12 ergab für 2712 Rüben 8,48 „ : 3,42 „ : 4,10
Abweichung -0,05 -0,05 +0,10
Die Abweichungen liegen innerhalb der Fehlergrenzen, indem der
mittlere Fehler bei einer Anzahl von 2500 für die Zahlen Verhältnisse
9:7, 13:3 und 12:4 + 0.16, +0.13 und +0.14 beträgt.
Nimmt man ferner die sämtlichen übrigen Doppeltheterozygoten
Nr. 9, 10, 11 und 13 mit im ganzen 1685 Rüben, so wird der Fehler
sein Minimum ungefähr bei n= 1,65 erreichen. Wenn man diesen Wert
einsetzt, wird das erwartete Zahlenverhältnis auf
8,58 rote : 3,42 gelbe : 4,00 weisse verschoben
Nr. 9, 10, 11 und 13
gaben für 1685 Rüben
zusammen .... 8,35 ,. : 3,20 ,. : 4,45 „
Abweichung - 0,23 - 0,22 + 0,45
Mittelfehler für 1600 + 0,20 + 0,16 + 0,18
Der für n wahrscheinliche Wert liegt demnach zwischen 1,65 und
1,75, was einer Koppelung mit 36 — 38 % ,, Crossing over" entspricht.
Selbst wenn die Vermutung sich bestätigen sollte, dass hier eine
Koppelung vorliege, so ist doch damit noch nicht jede Unregelmässig-
keit in den Spaltungszahlen aus der Welt gebracht. Nr. 9 und 10 in
Tabelle I geben z. B. beide ein wenig zu viele weisse Rüben.
Trotz dieser Unregelmässigkeiten bestätigen die Resultate die
oben S. 3 und 4 aufgestellte Hypothese.
Nr. 14 — 17 entstammen von weissen Rüben in F2. Da der eine
von den Eltern RR, der andere R hätte, müssen sie alle entweder R
oder RR in ihrer Formel haben.
Die roten Rüben in ihrer Nachkommenschaft sind leider' auf zu-
fällige Fremdbefruchtung zurückzuführen. Ihre Anzahl ist am
grössten, wo die Rüben eine jede für sich eingeschlossen waren, dagegen
unbedeutend, wo zwei Samenrüben zusammen eingeschlossen wurden.
Die Selbstbefruchtung verläuft langsam, sozusagen mit viel Friktion,
und unter solchen Verhältnissen zieht sich die Blühzeit in der Regel
Vererbung von roten und gelben Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben. 7
sehr in die Länge. Die Blüten sind lange Zeit hindurch für den fremden
Staub empfänglich. Jedes fremde Pollenkörnchen, das unter diesen
Verhältnissen an die Pflanze herankommt, wird gute Aussicht haben,
eine Befruchtung zu vollziehen, während umgekehrt die Aussichten sich
sehr verringern werden, wenn im voraus ein Überschuss an wirksamem
Blütenstaub zugegen ist, wie es der Fall ist, wo zwei Samenträger zu-
sammen eingeschlossen sind.
Ferner waren die roten Rüben von Anfang an durchschnittlich von
kräftigerem Wuchs als die weissen. Wir fanden beim Verziehen im
Juni, wo besonders die kleinsten Rüben entfernt werden, 909 weisse und
keine roten Rüben, bei der Aufnahme im Oktober dagegen 304 weisse
und 25 rote Rüben. Dieses stimmt damit überein, dass die aus Fremd-
bestäubung hervorgegangenen Samen am schnellsten und kräftigsten
keimen.
Nr. 14 ist ein konstanter, weisser, tief in die Erde wachsender
Kegel mit ausgebreiteter Blattrosette. Hier lässt die Bastardierung
sich direkt nachweisen, indem die 5 roten Rüben alle aufrechtstehende
Blätter hatten und sämtlich ^1^ über der Erde wuchsen. Es kann noch
hinzugefügt werden, dass in stark ingezüchteten Linien eine Kreuzung
sich fast immer nachweisen lässt.
Die Tabelle II (s. S. 16) umfasst die Nachkommenschaft einer
gelben Rübe von der Sorte des Barre s. Dieselbe hatte einen grossen
Tumor, Rübenkropf, und die Auspflanzung geschah, weil man unter-
suchen wollte, inwiefern der Rübenkropf sich durch den Samen auf die
Nachkommenschaft übertragen lässt. Es stellte sich heraus, dass dies
nicht der Fall ist. Die Rübe gab unter ihren Nachkommen bei zufälliger
Fremdbestäubung auch vereinzelte rote Rüben, und mit zwei von diesen,
Nr. 21 und Nr. 20, wurde die Zucht in F2 weitergeführt.
Hier spalten die beiden reziproken Bastardierungen rot und gelb
sehr genau im Verhältnisse 3 rote : 1 gelbe. Die Abweichung beträgt
nur + 0,013, der plausible mittlere Fehler bei einer Anzahl von 4500
ungefähr das Doppelte.
Die doppelte Bastardierung Fg. Nr. 4, hat 10 gelbe Rüben gegeben
— sämtlich unter den kleinen Pflanzen aufgezählt — bei einer Gesamt-
zahl von 299 Rüben. Hieraus lässt sich schliessen, dass die eine von
den beiden Rüben Nr. 563 und 565 heterozygotisch in R gewesen ist,
so dass Selbstbefruchtung gelb geben konnte. Den 10 gelben Rüben
entsprechen daher, bei Spaltung 3:1, 30 rote Rüben, oder im ganzen
40 Rüben, welche aus Selbstbefruchtung hervorgegangen sind.
Auch Nr. 6 und 7 spalten in dem Verhältnisse 3:1; Nr. 6 zeigt
eine Abweichung doppelt so gross wie der mittlere Fehler, Nr. 7 eine
von der Grösse des mittleren Fehlers ; und was endlich die letzten gelben
Rüben betrifft, so haben sie konstant gelbe Nachkommenschaft gegeben.
8 L i n d h a r d und I v e r s e n :
In Tabelle III (s. S. 16) bildet eine Rübe mit 3 Köpfen — eine
Eigenschaft, die sich bei der Naclikommenschaft nicht wiederholte —
den Ausgangspunkt. Diese Rübe entstammt einer alten Bastardierung
zwischen roter Eckendorfer und weisser Zuckerrübe.
Die Nachkommenschaft — bezeichnet Fo — spaltet 3 rote und
1 gelbe mit einer Abweichung von +0,37, was bei einer Anzahl von
100 etwas mehr als 2 mal den plausiblen mittleren Fehler ausmacht.
Noch eine 3 : 1-Spaltung findet man (F^ Nr. 9), ebenfalls mit einer sehr
geringen Anzalil von Pflanzen. Es interessieren hier die Spaltungszahlen
weniger als die Tatsache, dass sowohl die roten als die gelben Rüben,
demselben Bastard entstammend, sich bei Inzucht während zwei Gene-
rationen bezüglich der Farben schön konstant halten. Nur in einer
Abteilung von gelben Rüben, F4 Nr. 10, hat sich eine nicht beabsichtigte
Bastardierung mit rot eingeschlichen.
Tabelle IV (s. S. 17) umfasst die Resultate einer Bastardierung
zwischen der gelben des Barres-Rübe und weissrippigem Mangold, B. cicla.
Im Jahre 1914 wurden in unmittelbarer Nähe eines Isolierhäuschens,
wo eine des Barres-Rübe gepflanzt war, ein paar Mangoldpflanzen
gesetzt, da wir untersuchen wollten, ob das Häuschen dicht genug war.
um Fremdbestäubung zu verhüten. Das Resultat gestaltete sich so,
dass wir in der Naclikommenschaft dieser Barres-Rübe unter mehreren
Hunderten von normalen Rüben 2 Bastarde fanden, einen roten und einen
gelben, welche sich dem Aussehen nach als Zwischenformen dieser beiden
weit verschiedenen Formenkreise darstellten.
Diese beiden Pflanzen sind im Jalire 1916 gegenseitig bestäubt
worden, beide auf eine „Gelb des Barres"-Rübe zurückbastardiert und
beide mit weisser Zuckerrübe bastardiert. Die Ergebnisse lassen sich
ohne Unregelmässigkeiten in unser Schema einfügen.
Der in diesem Falle aus dem Mangold stammende Faktor für rot
verhält sich also gelb gegenüber in der gleichen Weise wie das rot,
womit wir es bisher zu tun hatten; nach den vorliegenden Daten lässt
es sich aber nicht erkennen, ob die beiden identisch sind.
Während wir das Resultat der Bastardierung zwischen des Barres
und Mangold durch sämtliche Glieder verfolgen konnten, ist dies mit der
folgenden Bastardierung zwischen Beta maritima und Runkelrübe nicht
der Fall. Diese Bastardierung wurde von L. Heiweg auf die Weise
ausgeführt, dass Pflanzen der B. maritima aus der Insel Sams^e in
unmittelbarer Nähe von Pflanzen der gelben des Barres oder der roten
Eckendorfer Rübe gepflanzt wurden. Das Samenmaterial aus jeder
dieser Pflanzen wurde separat gesäet, und wir erhielten hiervon im Früh-
jahr 1914 Mutterrüben, welche nach der Form sortiert in Isolierhäuschen
je 3 und 3 gepflanzt wurden. Leider besitzen wir bezüglich der Farbe
keine sicheren Notizen; es ist auch nicht notiert worden, in welchen
Vererbung von roten und gelben Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben. 9
Fällen sämtliche drei Pflanzen Samen gegeben haben, oder wo einige
von dieser „getrotzt" haben oder zu früh verwelkten. Falls die Beta
maritima eine konstante Form gewesen wäre, unbeeinflusst durch frühere
Bastardierungen mit Kulturformen, so würde diese weniger Bedeutung
haben; dies ist aber wahrscheinlich nicht der Fall.
T a b e 1 1 e V (s. S. 17) zeigt die Resultate in Fa. Die Zahl der Rüben
ist zu gering — im Jahre 1915 haben wir die kleinen Rüben noch nicht
mitgezählt — , um als Grundlage einer genaueren Prüfung der Regel-
mässigkeit der Spaltungszahlen dienen zu können. Es mag aber doch
angeführt werden, dass die beiden Barres-Bastarde zusammen genommen
eine Neigung zur Koppelung RgrG zeigen, was damit übereinstimmt,
dass sie von der Barres-Rübe rG, von der B. maritima Rg empfangen
haben. Es stimmt hiermit überein, dass der Bastard B. maritima X rote
Eckendorfer, der von der Mutterpflanze wahrscheinlich rg und von der
Vaterpflanze RG empfangen hat, eine Andeutung der entgegen-
gerichteten Koppelung aufweist. Die Koppelung RGrg gibt nämlich:
3 n^ + 4 n + 2 rote : 2 n + 1 gelbe : n'-^ + 2 n -|- 1 weisse,
oder bei n = 2, auf 16 verteilt:
9,78 rote: 2,22 gelbe: 4,00 weisse.
Wenn auch die gefundenen Zahlen klein und unsicher sind, so sind
ßie doch dieser Verteilung näherliegend als der gewöhnlichen 9:3:4.
Die Beta maritima enthielt aber also auch ein R, einen Faktor
für rot, den wir auch in der nächsten Generation verfolgen können.
In der T a b e 1 1 e VI (s. S. 17) findet man die Resultate für F3, Die-
selben bieten ein besonderes Interesse, indem die ganze Serie von F2-
Bastarden nicht allein ]e 2 und 2 gegenseitig zur fortgesetzten Zucht be-
stäubt, sondern auch mit weisser Zuckerrübe bastardiert wurden. In
dieser Serie waren nur blühende Zweige zusammen eingeschlossen, und
das Samenmaterial aus den reziproken Bastardierungen wurde gemischt
ausgesäet. Trotz dieses summarischen Verfahrens sind die Resultate
durch Selbstbestäubung nicht nachweisbar gestört. Bei der Bastar-
dierung gelb X weiss erscheinen z. B. nur gelbe bzw. gelbe und rote
Rüben, wo solche zu erwarten sind, und das Bild wird nicht durch ver-
einzelte weisse gestört.
Zwei Serien, Nr, 8 und Nr. 9, ergeben abweichende Spaltungs-
zahlen ; Nr. 8 nähert sich den trihybriden Zahlen : 36 rote : 21 gelbe :
7 weisse. Bei beiden sind aber die Zahlen so abweichend, dass entweder
neue Faktorenkomplikationen eingetreten sind oder grobe Mängel bei
der Isolierung in Frage kommen, die der Aufmerksamkeit entgangen
sind. Es sei hier noch bemerkt, dass bei den B. mar^ima-Bastarden die
Verteilung der Farben auf der Rübe etwas unregelmässig erscheint, und
dass wir kleine Rüben nicht mit der gewöhnlichen Sicherheit in die
drei Farbengruppen trennen konnten.
10 Lindhard und Ivereen:
Nur einer von den dihybriden Bastarden, nämlich Fg, Nr. 11, gibt
eine so zahlreiche Nachkommenschaft, dass sie einen Beitrag zur Er-
leuchtung der Koppelungshypothese geben kann. Man findet hier die
gewöhnliche Verschiebung entsprechend der Koppelung RgrG, und der
Fehler wird sein Minimum bei n = ca. 1,9 erreichen. Nehmen wir zu-
sammen die Naclikommenschaft von Nr. 11, Tabelle VI, und Nr. 12,
Tabelle I, so bekommen wir eine grosse Gesamtzahl, ohne dass zweifel-
hafte Einzelfälle in die Rechnung mit eingehen,
in allem 2502 rote : 1031 gelbe : 1164 weisse Rüben
entsprechend . . . 8,523 „ : 3,512 „ : 3,965 ,, „
bei n = 1,81 hat man 8,504 „ : 3,496 „ : 4,000 „
Abweichung +0,019 +0,016 -0,035
Der plausible mittlere Fehler bei einer Gesamtzahl von
4700 Pflanzen beträgt für die Zahlenverhältnisse:
8,5 : 7,5 12,5 : 3,5 und 12 : 4
+ 0,117 +0,096 +0,101.
Es unterliegt sonach keinem Zweifel, dass wir bei diesen dihy-
briden Spaltungen derselben Verschiebung der Spaltungszahlen begegnen,
welche bei einer Koppelung zwischen G und R, deren zahlenmässiger
Wert in der Nähe von 1,8 liegt, erscheinen würde.
Es darf uns nicht beunruhigen, dass wir überall, wo die Zahlen
gross genug waren, RgrG gefunden haben und die entgegengerichtete
Koppelung nicht mit Sicherheit nachweisen konnten. Hat man nämlich
in Fj den Bastard RgrG, dann muss man in F2
n^ RgrG-Fflanzen : 1 RGrg-Pflanze
erwarten. Wenn 2 Fo-Pflanzen sich gegenseitig bestäuben, wird man
also auch gelegentlich RgrG X RGrg erhalten =
2 n- + 5 n + 2 rote : n^ + n + 1 gelbe : n^ + 2 n + 1 weisse,
was bei n = 2 8,9 : 3,1 : 4,0 entspricht, also eine sehr geringe Ver-
schiebung des Zahlenverhältnisses 9:3:4.
Es erübrigt noch die letzte Prüfung der Koppelungshypothese,.
deren Ausführung uns dieses Material ermöglicht.
Die Koppelung soll sich mit dem grössten Ausschlag zeigen, wenn
der Dihybrid auf die doppelt rezessive Form zurückbastardiert wird.
Es soll sich hier folgendes Schema ergeben:
RgrG X rgrg == 1 rote : n gelbe : n + 1 weisse
oder RGrg X rgrg = n rote : 1 gelbe : n + 1 weisse.
Diese Bastardierung zwischen rotem Bastard und weisser Zucker-
rübe kommt unter Nr. 10 und Nr. 1 in Tabelle VI vor. Wir finden hier
57 rote : 49 gelbe : 105 weisse
und 41 rote : 38 gelbe : 74 weisse Rüben,
Vererbung von roten und gelben Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben. H
also Zahlen, die in beiden Fällen sich dem Verhältnisse 1:1:2 nähern
und also eine freie Verteilung der Faktoren R und G andeuten, während
wir 1 : 1,8 : 2,8 oder 1,8 : 1 : 2,8 hätten erwarten sollen. Die Gesamt-
anzahl der Pflanzen in diesen beiden Fällen ist aber eine geringe; eine
Selbstbestäubung des Bastardes, wodurch die Anzahl gelber und roter
Rüben verschoben wird, ist nicht ausgeschlossen, und endlich lässt es
sich noch nicht mit Sicherheit behaupten, dass wir es in allen Fällen
mit demselben R zu tun gehabt haben; es wird aber doch notwendig
sein, hinter der Koppelungshypothese ein Fragezeichen zu setzen.
Es mag hinzugefügt werden, dass man durch Einführung eine&
Todesfaktors, T, in die Rechnung dieselben Spaltungszahlen erreichen
kann. Wenn man annimmt, dass T für sich allein keinen merkbaren
Einfluss ausübt, aber dass Zygoten mit TT in ihrer Formel nie zur
Entwicklung kommen, und dass T anstatt G an R gekoppelt ist, dann
wird man dieselbe Verschiebung in den Spaltungszahlen der Dihybride
wie bei einer Koppelung zwischen R und G erhalten; gleichzeitig soll
aber die Heterozygote RrGG, anstatt 3 rote : 1 gelbe, gelegentlich
2n2 + 4n + 3 rote : n^ + 2n gelbe spalten, also bei n = 2 19 rote : 8 gelbe.
In vielen Fällen haben wir eben Zahlen gefunden, welche diesem Ver-
hältnis näher kommen als dem Verhältnis 3:1. Und schliesslich wird
die Koppelung bei Rückbastardierung auf die doppelt rezessive Form
nur an den Tag treten, wenn auch diese letztere T enthält, weil man
im entgegengesetzten Falle
n -f- 1 rote : n + 1 gelbe : 2 n + 2 weisse
bekommen muss, was dem normalen Verhältnis 1:1:2 entspricht.
Bei Betrachtung der Spaltungszahlen muss man auch die Möglich-
keit vor Augen haben, dass gelegenthch in unserem Material irgendeine
nicht beabsichtigte Fremdbestäubung stattgefunden hat. Um einiger-
massen beurteilen zu können, in welchem Umfange dieses wahrscheinlich
der Fall gewesen ist, haben wir nachstehend sämtliche Fälle gesammelt,
welche eine gleichfarbige Nachkommenschaft von gelber oder weisser Farbe
hätten geben sollen, im ganzen 15 Serien gelber und 6 Serien weisser
Rüben. Hier sollen sämtliche rote Rüben aus zufälliger Fremdbestäubung
hervorgegangen sein; der fremde Staub kann aber natürlich auch die-
selben Farbenanlagen gebracht haben, welche die Mutterrübe selbst
enthielt. Wir haben nun überwiegend gelbe und rote, aber nur wenige
weisse Rüben gezüchtet. In den weissen Serien werden deshalb fast
sämtliche unechte Rüben rot sein, und wir brauchen sicher nicht mit
mehr als 1^/4 mal die gefundene Anzahl von roten Rüben zu rechnen.
Bei den gelben Serien werden wir wahrscheinlich sicher gehen, wenn wir
die Anzahl der roten Rüben mit 3 multiplizieren. Wir haben:
12 L in dhar d und I ver s en:
Nachkommen gelber Rüben. Nachkommen weisser Rüben.
Durch Selbstbestäubung:
Anzahl Anzahl
gelbe rote weisse rote
11
— 53
5
40
292
17
51
29
1
Durch Fremdbestäubung zwischen zwei Rüben:
470
— 65
2
84
— 803
1
90
— 461
0
12
2 853
0
384
33
— _^
439
618
134
721
24
Hier sind in 21 Serien 2 gröbere Fehler, und in einem von 20 Fällen
ungefähr 20 „falsche" Rüben in einer Serie. In den grossen Serien, die
wir einzeln gerechnet haben, würde aber ein Fehler von dieser Grösse
keine entscheidende Bedeutung haben.
Eine Frage müssen wir noch einer Untersuchung unterziehen, und
zwar die, ob wir nicht etwa in dem von B. Kajanus veröffentlichten
Material eine Grundlage für eine Schätzung der in den Spaltungszahlen
nacJigewiesenen Unregelmässigkeiten finden können. In den Ergebnissen
betr. Fg und F4 in dieser Publikation ist die Unsicherheit jedoch zu
gross; hier haben z. B. gelbe Rüben, welche zwecks Selbstbestäubung
eingeschlossen wurden, eine Nachkommenschaft geliefert, von welcher
ungefähr die Hälfte oder noch mehr von roter Farbe ist. Diese „falsch"
gefärbten Rüben bezeichnet der Verfasser als ,,Vizinisten". Nehmen
wir aber an, dass der fremde Blütenstaub ebenso häufig gelben als roten
Rüben entstammt, so werden hier praktisch genommen sämtliche Pflanzen
als ,,Vizinisten" anzusprechen sein. Wahrscheinlich dürfen wir aber
annehmen, dass das bei der Einschliessung benutzte Material in dem
ersten Jahre neuer und dichter gewesen ist, so dass man hier wie bei
einer späteren Untersuchung in den Jahren 1915 — 16 bessere Resultate
erreicht hat. Als einen plausiblen Mittelwert möchten wir die Fremd-
bestäubung in Fg zu 20 "/o schätzen.
Nun geben die dihybriden Spaltungen in Fo einen Überschuss an
gelben Rüben. Um die Natur dieses Überschusses zu beurteilen, wird
Vererbung von roten und gelben Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben 13
daher eine Untersuchung des innerhalb gewisser Grenzen möglichen Ein-
flusses einer Fremdbestäubung auf die Spaltungszahlen notwendig sein.
Falls 20 °/o der Pflanzen in F2 von einer Fremdbestäubung der
eingeschlossenen F^-Pflanzen herrühren, können folgende Fälle eintreten:
1. Der fremde Blütenstaub stammt aus gelben Rüben und enthält
ausschliesslich rG; man bekommt dann
8,8 rote : 4,0 gelbe : 3,2 weisse,
also zwar eine Zunahme der gelben Rüben, jedoch auf Kosten nament-
lich der weissen, welche bei vermehrter Fremdbestäubung dieser
Art zuletzt ganz verschwinden werden.
2. Der Blütenstaub kommt aus roten Rüben und führt RG; man be-
kommt dann
10,4 rote : 2,4 gelbe : 3,2 weisse.
3. Der Blütenstaub stammt aus weissen Rüben und hat die Beschaffen-
heit Rg + rg, was
8,4 rote : 2,8 gelbe : 4,8 weisse
ergeben wird.
4. Falls gleiche Mengen der drei Sorten Blütenstaub zugeführt werden,
bekommt man
9,2 rote: 3,1 gelbe: 3,7 weisse,
also ungefälir die normale Verteilung.
5. Nur wenn gleiche Staubmengen aus gelben und weissen Rüben her-
rühren, wogegen kein Staub aus roten Rüben zugeführt wird, wird
die Anzahl der gelben Rüben ausschliesslich auf Kosten der roten
— zunehmen, indem man folgende Zahlenwerte bekommt:
8,6 rote : 3,4 gelbe : 4,0 weisse.
Kajanus hat nun in F2 eine geschlossene Serie (Bastard
Nr. 15),^) welche die Nachkommenschaft von 23 F^-Rüben umfasst, und
die wahrscheinlich gross genug gewesen ist, um einer allzu einseitigen
Fremdbestäubung zu entgehen. Diese Serie gibt im ganzen 1574 rote,.
706 gelbe und 725 weisse Rüben, entsprechend
8,39 rote: 3,75 gelbe : 3,86 weisse,
also eine Verschiebung, die beinahe den Verschiebungen, welche wir in
unseren Zahlen fanden, entspricht. Rechnet man hier mit derselben
Koppelung wie oben, so wird der Fehler beinahe sein Minimum bei
n = 2,5 erreichen; setzt man aber n = l,80, dann ist die grösste auf
gelb (das Verhältnis 13 : 3) fallende Abweichung immerhin nur ca.
doppelt so gross wie der mittlere Fehler.
Übrigens haben wir hier gerade bei Bastard Nr. 15 einen ganz
besonderen Fall; denn ein F^, wo sämtliche Pflanzen, sowohl in R al&
in G, Heterozygoten sind, kann, sofern die ganze Formulierung Stich
^) S. 362 in dem zuletzt zitierten Artikel.
14 L i II d h a r d und I v e r s e n :
hält, nur durch die Bastardierung rot RRGG X -weiss rrgg oder aber
durch gelb rrGG X weiss RRgg entstehen. Die Koppelungshypothese
muss den letzteren Fall voraussetzen. Diese Bastarde stammen aber
angeblich aus der Bastardierung Rote Eckendorfer X Mammuth Red,
also zweier rote Rüben. Es scheint demnach nur der Ausweg möglich
zu sein, dass das Samenmaterial von Bastard Nr. 15 mit dem von Nr, 14,
16, 17, 18 oder 19 verwechselt worden ist, welche vielleicht sämtlich die
eine oder die andere von den beiden Forderungen erfüllen könnten.
K a 3 a n u s hat ferner mit einer rosa oder besser hellroten Farbe
von der Sorte Demi-sucriere rose gearbeitet. Diese Farbe lässt sich
in den Bastardspaltungen überall mit weiss rubrizieren, mit welcher
Farbe sie gelegentlich in dem Verhältnis 3 : 1 zu spalten scheint. Hier-
aus folgt, dass rot und gelb über hellrot dominieren, und dass der
Faktor G nicht für dessen Erscheinen notwendig ist. Auf der vor-
liegenden Grundlage lässt es sich aher nicht entscheiden, ob ein oder
zwei Faktoren bei der Bildung von hellrot wirksam sind.
Endlich hat Kajanus in einem nicht näher kontrollierten Falle
rote Rüben gezüchtet, die nach dem hier angegebenen Schema nicht
spalteten. Es handelt sich hier um Bastard Nr. 9 weiss Ecken-
dorf er 9 X weisse Zuckerrübe, Schlieckmanns Spezialität cT. Diese
Bastardierung gibt in F^ 6 rote Rüben, in Fo 833 Rüben, welche spalten
in „stärker oder schwächer rot bis weiss in kontinuierlichen Reihen",
aber ohne gelb. Wegen des Ursprunges dieses Bastardes aus zwei
weissen Rüben muss hier ein Faktor für rot zugegen sein, der — um
Farbe zu geben — nicht das Vorhandensein von G, sondern anstatt
dessen einen Faktor bedarf, der für sich allein keine Farbe hervorruft.
Es mag hier hinzugefügt werden, dass man in der Schwarzroten Salat-
rübe, die nicht untersucht worden ist, wahrscheinlich mehrere Faktoren
finden wird, die auf die rote Farbe Einfluss ausüben.
Zusammeiifassimg.
Die hier referierten orientierenden Untersuchungen über die Ver-
erbungsverhältnisse der Rübenfarben haben sich mit den Futterrüben-
ßorten Eckendorf und des Barres, mit Zuckerrübe, Mangold und Beta
maritima beschäftigt. Die Samenrüben wurden im freien Lande gebaut,
jedoch entweder in der Weise isoliert, dass die ganzen Pflanzen einzeln
oder zwei beisammen in dem Isolierhäuschen wuchsen, oder so, dass
nur einzelne blühende Zweige gegen Fremdbestäubung geschützt waren.
In diesem Material ist die Entstehung von orangegelb und rot
durch eine kräftige strohgelbe Farbe bedingt. Nur das Verhältnis
zwischen rot und gelb wurde näher untersucht.
Gesetzt, dass RG rot, G gelb, Rg und rg weiss geben, so erhalten
wir aus der Heterozygote RrGG eine Nachkommenschaft, von 3 roten zu
Vererbung von roten und gelben Farbenmerkmalen bei Beta-Rüben.
15
1 gelben, aus der Heterozygote RRGg 3 rote:l weissen und aus der
Doppeltheterozygote RrGg 9 rotel:3 gelbe: 4 weisse. Wahrschein-
licherweisse ist in diesem Material nur ein Faktor mit den R beigelegten
und ein Faktor mit den G beigelegten Eigenschaften vorhanden gewesen.
Es kommen jedoch ziemlich regelmässige Verschiebungen der
Spaltungszahlen vor, wodurch diese sich von den erwarteten Zahlen-
verhältnissen entfernen. Wir finden z. B. in der Nachkommenschaft
nach dihybriden Bastarden:
2502 rote : lOBl gelbe : 1164 weisse Rüben
entsprechend 8,523 „ : 8,512 „ : 3,965 „ „
Diese Verschiebung wird an den Tag treten, falls die Geschlechts-
zellen die Faktorenverbindungen Rg und rG 1,8 mal so häufig wie die
Verbindungen RG und rg enthalten; es lässt sich aber der ursächliche
Zusammenhang auf Grund der vorliegenden Daten nicht mit Sicherheit
eruieren.
Tabelle I.
Nachkommenschaft von einer weissen Rübe, durch gefärbte Rüben
spontan bastardiert.
Tystofte, 1914—1918.
o
'-13
ö
^
Mutterrüben
Tochterrüben
Anzahl gefunden
+3
o
Verhältniszahlen
o
p
Weiss, RRgg X rrGG und RRGG .
rot Nr. 32 und 33
rot 32 X 33, RrGg X RRGg . . .
-f- 32, RrGg geselbstet . .
2274
84
28
28
801
37
3103
149
es bleiben übrig
33 X 32, RRGg X RrGg ....
2190
1644
764
443
2954
2087
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Summe
dunkelrot 523, RRGG geselbstet .
„ 520, RRGG geselbstet .
520 X 521, RRGG X (?) ■
„ 522, RrGG geselbstet .
518 X 519, RrGG X RrGG
rot 508 X 509, RrGg X RrGg
„ 512 X 513, RrGg X RrGg
,, 513, RrGg geselbstet . .
„ 514, RrGg „ . .
„ 415, RrGg „ . .
Summe von Nr. 9—13
hiervon sind grosse Rüben
weiss 501 geselbstet
„ 503 X 504
„ 502 X 507 i
,, 507 geselbstet >
3834
287
1308
1720
32
1206
420
293
143
1438
23
o
669
153
123
47
579
14
1207
231
i';o
63
695
5
5041
287
1308
1720
37
1875
804
586
253
2712
42
(9)
2,97
3,15
3,04
1
1
1
3,46
(3)
0,54
2,58 1 1,42
8,36
8,00
9,04
8,48
RRgg oder Rrgg
2317
916
438
158
5
—
2
1
17
—
1164
255
53
65
803
292
4397
846
58
67
804
309
3,04
3,36
2,97
3,42
8,43 I 3,33
8,28
2,89
14)
1,03
0,85
0,96
4,60
4,64
3,99
4,10
4,24
4,83
1
1
1
1
(16)
4
4
4
1
1
1
4
4
16
16
16
16
16
16
1
1
1
1
16
L i n d h a r d und I v e r s e n :
Tabelle II.
Nachkommenschaft von einer orangegelben Rübe, gelbe des Barres,
sponstan bastardiert.
Tystofte, 1914—1918.
fl
s
a
Mutterrüljen
Tochterrüben
03
Anzahl gefunden
Verhältniszahlen
2
'S
=
E
ES
2
|0
OD
p
F.2
1
2
3
4
5
6
7
8
9
gelb, rrGG X RRGG ....
rot Nr. 20 und 21
„ „ 20 X 21, RrGG X RrGG
„ „ 21 X 20, RrGG X RrGG
1328
2064
440
670
1768
2734
3,00
3,02
3,01
1
(3)
1
2,55
2,90
1,00
0,98
0,99
(1)
1,45
1,10
1
1
4
4
4
1
(4)
1
4
4
1
1
Fa
Summe
rot 561 X 562, RRGG X RrGG
„ 563 X 565, RRGG X RrGG
-V- RrGG geselbst.
3392
312
289
30
1110
10
10
4502
312
40
rot, variabel
es bleiben übrig
rot 559, RrGG geselbstet . .
„ 567 X 568, RrGG X RrGG .
gelb 428 X 430, rrGG X rrGG .
„ 431 X 433, rrGG X rrGG .
259
44
189
25
72
470
84
259
69
261
470
84
Tabelle III.
Nachkommenschaft einer roten Bastard-Rübe.
Tystofte, 1914—1918.
F„
1
F,
2
3
4
5
6
7
F4
8
9
10
11
12
13
rot, RrGG geselbstet . . .
„ 28, RRGG geselbstet .
„ 30 X 31, RRGG X RrGG
„ 31 X 30, RrGG X RRGG
Summe
gelb 25, rrGG geselbstet . . .
„ 26, rrGG „ ...
„ 27, rrGG „ ...
„ 29 X 29 a, rrGG X rrGG .
F3 Nr. 2
rot, 418 X 419, RRGG X RRGG
F3 Nr. 3
rot, 403, RrGG geselbstet . .
F3 Nr. 5
gelb, 577 X 578, rrGG X rrGG
„ 575 X 576, rrGG X rrGG
F3 Nr. 6
gelb, 421 X 422, rrGG X rrGG
„ 423 X 424, rrGG X rrGG
61
37
244
135
379
374
43
33
94
2,60
1,40
4
37
1
z
1
379
2
2
11
11
— .
1
1
40
40
—
1
1
51
51
—
1
1
90
90
—
1
1
—
374
1
1
15
58
2,97
1,03
4
12
14
,
1
1
384
384
—
1
1
33
33
_
1
1
439
439
—
1
1
oraugegelb
konst. dunkelrot
konst. strohgelb
konst. strohgelb
strohgelb-orange
Vererbung von roten und gelben Farlaenmerkmalen bei Beta-Rüben.
17
Tabelle IV.
Bastardierung zwischen gelbe des Barres $ und weissrippigem Mangold,
Beta Cicla cf mit Rückbastardierung auf des Barres und Zuckerrübe.
Tystofte, 1915-1917.
s
Mutterrüben
T
ochterrüben
Anzahl
gefunden
Verhältniszahlen
d
o
Vi
• p-H
4.1
o
1 — 1
CO
a
a
^
r^
.&o
^
u
bC
^
=3
(X2
F,
Gelbe des Barres, rrGG $
X weissrippigem Mangold Rrgg (f
1
1
—
2
—
—
—
Bastard: a rot, b gelb
F..
a, rot, RrGg X b, gelb, rrGg '. . .
4
5
1
10
(3)
(3)
(2)
(8)
a X des Barres, RrGg X rrGG . . .
5
5
—
10
2,00
2,00
—
4
a X weiss Zuckerrübe, RrGg X RRgg •
22
—
12
34
2,59
—
1,41
4
b X des Barres, rrGg X rrGG . . .
—
618
—
618
—
2
—
2
b X weiss Zuckerrübe, rrGg X RRgg" •
73
—
89
162
0,90
—
1,10
2
F.
Tabelle V.
Zweite Generation von Bastardierungen zwischen Beta maritima,
gelbe des Barres und rot Eckendorfer.
Tystofte, 1914-1915.
Gelbe des Barres X Beta maritima
rote und gelbe Rüben? RrGg X rrGG
rote Rüben? RrGg X RrGg ....
B. maritima X gelbe des Barres
rote Rüben? RrGg X RrGg . .
Summe von Nr. 2 und 3
B. maritima X rot Eckendorfer
rote Rüben, RrGg X RrGg ....
26
27
34
61
32
- 4
29
1
56
1,89
2,11
8
18
53
—
—
16
12
62
8,49
3,34
4,17
24
30
115
7
15
54
9,48
2,07
4,45
16
16
Tabelle VI.
Dritte Generation von Bastardierungen zwischen Beta niaritinia
und gelbe des Barres.
Die Bastarden wieder mit Zuckerrüben bastardiert.
Tystofte, 1916—1917.
F.:
Nr.
F.,
Nr.
Mutterrüben
Tochterrüben
Anzahl gefunden
o
Verhältniszahlen
o
des Barres X ß- maritima
gelb a X b, rrGG X rrGG
,, b X weiss Zuckerr., rrGG X Rrgg
„ a X b, rrGG X rrGG
„ b X weiss Zuckerr., rrGG X Rrgg
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII.
424
27
134
408
721
28
134
832
721
55
1,02
0,98
1
0,98
1
1,02
1
2
1
2
18 Lindhard und I v e r s e n : Vererbung von roten und gelben Farbenmerkmalen usw.
Noch TabeUe VI.
Nr.
F3
Nr.
Mutterrüben
Tochterrüben
Anzahl gefunden
-k3
O
(V
Verhältniszahlen
05
9
10
11
12
14
rot a, (?) geselbstet
a X b, (?) X (?)
b X weiss Zuckerrübe, (?) X C^)
a, (?) geselbstet
a, RrGg geselbstet
a X b, RrGg X RrGg
b X weiss Zuckerrübe, RrGgX ^^gg
a, RrGg geselbstet
a X b, RrGg X RrGg
b X weiss Zuckerrübe, RrGg X rrgg
gelb a X weiss Zuckerr., rrGG X Rrgg
weiss a X b, (?) X (?)
„ b X weiss Zuckerrübe, (?) X (?) •
B. maritiina X des Barres
rot a X b, RrGg X RrGg
,, a X weiss Zuckerr., RrGg X RRgg
gelb a, rrGG geselbstet
„ a X weiss Zuckerr., rrGG X rrgg
17
136
2
136
7
18
57
5
61
41
29
1064
192
1
7
105
33
4
8
49
2
23
38
34
452
29
24
2
27
4
116
4
6
105
1
26
74
461
853
469
173
26
268
6
285
15
32
211
8
110
153
63
461
853
1985
365
30
24
32,48
1,08
1,07
0,95
8,58
2,14
25,07
0,93
3,34
0,99
1,05
3,64
1
1
6,45
1,99
3,78
1,94
1
1
3,78
1,86
64
•?
9
16
4
2
1
1
16
4
1
1
Der Einfluss moderner Reinigungsanlagen auf die Güte
des Saatguts.
(Mitteilung der landw. Versuchsstation Rostock i. M.)
Von
M. Heinrich.
(Mit 4 Textabbildungen.)
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die durchschnittliche Beschaffen-
heit des Saatguts — auch das Originalsaatgut und das sonstige aner-
kannte Saatgut ist hiervon nicht freizusprechen — häufig sehr zu
wünschen übrig lässt. Aus den nach Tausenden zählenden Proben, die
an der Rostocker Samenkontrolle untersucht wurden, ist zu entnehmen,
dass zwar die zahlenmässigen Befunde der Reinheit und Keimfähigkeit
durchweg befriedigen, dass aber bereits ein wesentlich ungünstigeres
Bild entsteht, wenn die Befunde der Keimtriebkraftbestimmung mit zur
Beurteilung herangezogen werden. Auch die Sortierungszahlen und das
Korngewicht lassen nur zu häufig erkennen, dass es an der nötigen Sorg-
falt bei der Bereitung des Saatguts fehlt.
Durch eine derartige Nachlässigkeit schädigt aber der Landmann
nicht nur sich selbst, sondern auch die Allgemeinheit, indem zunächst
von einem minderwertigen Saatgut eine erheblich höhere Aussaat ver-
wendet werden muss und sodann — und das ist das Wichtigste — von
einem minderwertigen Saatgut nie Höchsterträge erzielt werden können,
die wir aber im Interesse unserer Volksernährung jetzt mehr denn je
gebrauchen.
In den nachstehend beschriebenen Versuchen habe ich den Ein-
fluss, den eine moderne Reinigungsanlage auf die Güte des Saatkorns
auszuüben vermag, eingehend geprüft. Ich habe hierbei die Beein-
flussung, die das Saatgut beim Durchlaufen der einzelnen Maschinen
erfährt, eingehend verfolgt und durch Prüfung nach den verschiedensten
Richtungen hin zahlenmässig festgelegt.
Die Reinigungsanlage, die das Untersuchungsmaterial lieferte, be-
findet sich bei Herrn Rittergutsbesitzer Kuhlenkampff auf Klein-
Kussewitz i. M., Anbausteile von Brandts Gretchenhafer
(Züchter Herr Wilh. Brandt, Mönchhagen i. M.). Die Anlage
2*
20
Heinrich:
ist von der Firma F. H. Schule G. m. b. H., Hamburg gebaut. Sie
besteht aus folgenden Maschinen: 1. Windfege, 2. Flansichter, 3. Trieur,
4. Auslesemaschine „Aschenbrödel". Der Antrieb der Maschinen ist
elektrisch, ebenso geschieht die Zu- und Abführung des Getreides zu
den einzelnen Maschinen durch elektrisch betriebene Elevatore.
Windfege und Trieur sind allgemein bekannt und brauchen hier
nicht näher beschrieben zu werden. Weniger bekannt dürften Plan-
sichter und die Auslesemaschine „Aschenbrödel" sein. (S. Abb. 1.)
Abb. 1.
Der-" Flansichter ist vorzüglich geeignet zur Reinigung von
Sämereien aller Art, in denen sich Unkräuter, Sand, fremde Samen u. dgl.
befinden, welche kleiner oder grösser sind als die Saat selbst. Seine
besonderen Vorzüge sind: genaues Arbeiten, leichter Gang und schnelle
Auswechslungs-Möglichkeit der Siebe, Der Flansichter ist ein frei unter
dem Boden hängendes längliches Sieb. Durch Antrieb eines mit ihm
exzentrisch verbundenen Schwungrades wird es in kreisförmig schwingende
Bewegung versetzt, älinlich wie bei der Handsiebung. Das Sieb selbst
ist leicht geneigt und enthält längs- und querlaufende Schlitze, und
zwar von verschiedener Grösse. Der obere, grössere Teil (^/g der Sieb-
fläche) lässt die Körner durchfallen, die kleiner sind als das Durch-
schnitts-Saatgut, der untere, kleinere Teil (V3 der Siebfläche) hält die
Der Einfluss moderner Reinigungsanlagen auf die Güte des Saatguts.
21
Körner und sonstigen Gegenstände (Blütenköpfe, Steine) zurück, die
grösser als das zu erzielende Saatgut sind. Unter dem eigentlichen
Sortiersieb ist ein zweites Sieb eingebaut, das durch Leisten in Kammern
von etwa 400 qcm Grundfläche geteilt ist, in denen sich je 3 Hart-
gummibälle frei bewegen. Diese drücken beim Schütteln von unten
gegen das Sortiersieb und halten so die Sclilitze frei. — Die der Hand-
siebung nachgeahmte Schüttelbewegung bewirkt, dass die Körner die
Siebfläche ganz langsam und gleichmässig passieren, wodurch ein ge-
naues Arbeiten gewährleistet ist.
Von dem Plansichter gelangt das Getreide auf die Auslesemaschine
„Aschenbrödel" (s. Abb. 2). Diese Auslesemaschine, Auslesetisch,
arbeitet folgendermassen:
Abb. 2
Das Getreide wird von dem Speisetrog „a" aus durch Speiselöcher
„b", die über die ganze Länge des Troges verteilt sind, den einzelnen
Kammern „c" des Sortiertisches „d" zugeführt. Die Speiselöcher „b"
des Troges „a" sind mit Regulierschiebern „e" ausgestattet, damit der
Zulauf des Sortiergutes genau reguliert werden kann. Der Tisch „d"
ist drehbar gelagert und ein Exzentertrieb verleiht ihm eine hin und
her gehende Schüttelbewegung in horizontaler Ebene.
Die Maschine arbeitet also nach dem Wurfprinzip, d. h. das
Sortiergut wird in den Arbeitskammern durch hin und her gehende Be-
wegung des Tisches „d" gegen Stahlbleche (Vignetten) „f ' geworfen,
welche zickzackförmige Gestalt besitzen und somit eine Anzahl gegen-
überstehender Flächen aufweisen, welche schräg zur Querachse des
Tisches liegen und die Arbeitskammern seitlich begrenzen. Die Körner
würden nun alle die schrägen Flächen unter demselben Winkel ver-
lassen, unter dem sie auftreffen, und sich auf diese Weise gleichmässig
22
Heinrich:
nach einer Seite des Tisches bewegen, falls alle Körner gleichartiger
Natur wären. Man findet nun aber, dass die guten, keimstarken Körner
geringere Elastizität und gleichzeitig ein höheres spezifisches Gewicht
besitzen als die keimschwachen Körner.
Diese Körner sind daher bestrebt, den schwereren, keimstarken
Körnern vorauszueilen, und da der Tisch um einige Grade gegen die
Horizontale geneigt ist, so erreicht man, dass nicht allein ein Voraus-
eilen der leichteren, keimschwachen Körner, sondern sogar eine Änderung
Leichtkom
Abb. 3. Querschnitt.
Schwerkorn
— ;^
_c- .
C
c
- -<_
c
- --si
C
••
c
c
CO
CD
s
B
CO
o
3-
Abb. 4. Grundriss.
in der Bewegungsrichtung beider Körnerarten eintritt. Das elastische
und leichtere Korn wandert aufwärts nach der einen Seite, die guten,
weniger elastischen und schwereren Körner gleiten auf dem polierten
Stahlboden abwärts nach der anderen Seite des Tisches.
Da man es nun vollkommen in der Hand hat, durch eine Ver-
änderung der Tourenzahl der Maschine die Energie, mit welcher die
Körner gegen die schrägen Flächen geworfen werden, den Verhältnissen
anzupassen, so ist ein korrektes Sortierresultat gewährleistet.
Eine patentierte Zentral-Stellvorrichtung ermöglicht es, den dreh-
bar gelagerten Auslesetisch steiler oder flacher zu stellen, um dadurch
ganz nach Belieben mehr oder weniger Körner auszuscheiden. Da e&
Der Einfluss moderner Reinigungsanlagen auf die Güte des Saatguts. 23
ferner ein Haupterfordernis ist, dass den einzelnen Kammern das Ge-
treide nicht nur in genau gleichen Mengen, sodern auch in gleichem
Mischungsverhältnis zugeführt wird, so ist über dem Auslesetisch eine
patentierte Speiserinne angebracht, die ein Vorsortieren auf das wirk-
samste verhindert.
Aus der Aschenbrödel gelangt das fertige Saatgut unmittelbar in
die Absackvorrichtung.
Bei den naclif olgenden Untersuchungen wurde der Trieur aus-
geschaltet, da er keinerlei irgendwie bemerkbare Beeinflussung des Saat-
guts verursachte. Die Proben entstammten also 1. unmittelbar dem
Dreschsatz (ungereinigte Probe), 2. der Windfege (Zugang zum Plan-
sichter), 3. dem Abgang vom Plansichter (ausgeschieden vom Plan-
sichter), 4. der vom Plansichter als gut entlassenen Saat (Zugang zur
Auslese), 5. der von der Auslese als gut entlassenen Saat (Auslese),
6. dem Abgang von der Auslese (Abgang).
Das für die Untersuchung zur Verfügung stehende Material war
ein verhältnismässig bereits hochwertiger und reiner „Brandts Gretchen-
hafer" mit einer Reinheit von 99,5 ^Iq. Die Untersuchungen erstreckten
sich auf den Einfluss der Reinigungsmaschine auf:
a) Reinheit,
h) Hektolitergewicht,
c) Sortierung,
d) Korngewicht,
e) Anteil nackter Früchte,
f) Spelzengehalt,
g) Keimfähigkeit (einschl. Keimschnelligkeit),
h) Keimtriebkraft.
a) Reinheit.
Was zunächst die Reinheitsbestimmung betrifft, so wurde diese
mit je zwei Parallelproben durchgeführt und lieferte folgende Zahlen:
1. Ungereinigte Probe 99,4 + 99,6 = 99,5 »/o-
2. Zugang zum Plansichter .... 99,6 + 99,6 = 99,6
3. Ausgeschieden vom Plansichter . . 98,6 + 98,6 = 98,6
4. Zugang zur Auslese 99,8 + 99,6 = 99,7
5. Auslese 100,0 + 99,8 = 99,9
6. Abgang 96,6 + 93,8 = 95,2
Das Unreine wurde bei 1 und 2 aus geringen Mengen Knoten-
hederich sowie aus vereinzelten tauben Körnern und etwas Spreu ge-
bildet. Bei 3 fand sich kein Knotenhederich. Dieser war vielmehr
sämtlich auf 4 übergegangen, so dass er in dieser Nummer in etwas
verstärktem Maße auftrat. Die Verunreinigungen bei 3 wurden dagegen
24
Heinrich:
durch taube Körner und Spreu gebildet. Nr. 5 wies bei einer Probe
ein einziges Glied Knotenhederich und ein Steinchen auf, während die
Vergleichsprobe völlig frei von Beimengungen war. Im Abgang (6)
fand sich Knotenhederich in beträchtlicher Menge, daneben viel an-
scheinend volles Korn, aber mit ausserordentlich niedrigem spezifischen
Gewicht. Beim Entfernen der Spelzen zeigte es sich, dass es sich
meistens um ein mangelhaft ausgebildetes, geschrumpftes Korn oder
um ein krankes, vielfach durch Mikroorganismen bereits angegangenes
Korn handelte. Wenn hiernach auch zahlenmässig wegen der hohen
Ausgangsreinheit eine nur geringe Verbesserung erreicht werden
konnte, so ist doch bemerkenswert, dass fast absolute Reinheit erzielt
wurde und auch eine Ausscheidung zahlreicher geringwertiger Körner,
die äusserlich nicht erkennbar waren, möglich wurde.
b) Hektolitergewiclit.
Die Prüfung des Hektolitergewichts erfolgte mit der Literwage
,der Normal-Eichungs-Kommission.
Die Feststellungen wurden durch je vier Vergleichsuntersuchungen
ausgeführt und lieferten folgende Werte:
a
b
c
d
?•
S'
g
g
518
532
524
528
532
540
529
544
544
556
550
554
532
532
526
520
532
536
532
532
376
380
374
372
Durch-
schnitt
1.
2.
3.
4.
5.
6
Ungereinigte Probe
Zugang zum Plansichter . . .
Ausgeschieden vom Plansichter .
Zugang zur Auslese
Auslese
Abgang
525,5
536,3
551,0
527,5
533.0
375.5
Die Windfege schaffte etwas Spreu und taubes Korn fort, so dass
das Litergewicht um 10,8 g gehoben wurde. Durch den Plansichter
wurden dann die kleinen Nebenkörner zum grossen Teil abgeschieden,
die ein hohes spezifisches Gewicht zeigen und dadurch sowie durch
ihre dichte Lagerung im Raum auch ein hohes Hektolitergewicht auf-
weisen. Die der Auslesemaschine zugeführte Saat erhielt hierdurch
wieder ein etwas niedrigeres Hektolitergewicht, etwa gleich der Aus-
gangssaat. Durch die Auslese wurde sodann das Hektolitergewicht
wieder gehoben, erreichte Jedoch nicht die volle Höhe wie bei der dem
Plansichter zugeführten Saat, da das kleine, sich dicht lagernde,
spezifisch schwere Korn fehlte. Die Minderwertigkeit des von der
Auslese ausgeschiedenen Kornes, die unter a bereits dargelegt wurde,
kennzeichnete sich auch in einem sehr niedrigen Hektolitergewicht.
Der Einfluss moderner Reinigungsanlagen auf die Güte des Saatguts.
25
c) Sortierung.
Die verschiedenen Proben wurden sodann auch einer Prüfung hin-
sichtlich ihrer Sortierung unterzogen. Die Zerlegung erfolgte in
folgende Grössenklassen: < 2,1 mm, > 2,1 mm, > 2,3 mm, > 2,5 mm.
Es ist dies der Siebsatz, wie er allgemein bei den Sortierungsprüfungen
des Weisshafers üblich ist. Zur Ausführung der Untersuchungen wurde
die St ei necker sehe Sieb Vorrichtung mit elektrischem Antrieb be-
nutzt bei einer Tourenzahl von 350 — 400. Die Ergebnisse waren
folgende:
2. Zu£:anff zum Plansichter.
1
. Ungereinigt
3 Proben.
3
S
A
a
cq_
in"
A
g
3
A
g
g
V
a)
14,5
24,7
47,1
13,7
b)
14,5
26,0
45,5
14,0
c)
13,0
25,3
47,4
14,3
d)
13,2
28,0
46,7
12,1
13,8
26,0
46,7
13,5
a
g
a
a
a
g
a
a
CO
0^'
of
A
A
A
V
a)
9,6
32,8
47.9
9.7
b)
11,9
26,5
51,0
10,6
c)
10,5
30,3
50,0
9,2
d)
11,9
27,2
48,9
12,0
11,0
29,2
49,4
10,4
3. Ausgeschieden vom Plansichter.
4. Zugang zur Auslese.
a)
—
—
22,2
77,8
b)
—
—
26,5
73,5
c)
—
—
25,2
74,8
d)
—
—
26,6
73,4
—
—
25,1
74,9
a)
15,4
25,5
48,3
10,8
b)
13,0
30,2
47,0
9,8
c)
12,8
30,4
47,0
9,8
d)
12,6
30,2
48,0
9.2
13,4
29.1
47,6
9,9
5
Auslese.
a)
15,9
31,3
46,4
6,4
b)
15,8
30,8
46,8
6,6
c)
15,7
30,7
46,0
7,6
d)
15,7
31,7
44,1
8,5
15,8
31,1
45,8
7,3
6. Abgang.
a)
27,1
19,9
38,9
14,1
b)
26,3
19,6
37,5
16,6
c)
25,5
20,1
35.9
18,5
d)
27,4
18,9
37,1
16,6
26,6
19,6
39,4
13,4
Durch die Windfege war hiernach eine geringe Ausscheidung des
kleinen und des ganz grossen Kornes erreicht. Der Plansichter hat
ausschliesslich kleines Korn, und zwar zu ^U Korn der Grössengruppe
< 2,1 mm abgeschieden. Der der Auslesemaschine nunmehr zugeführte
Hafer zeigte im allgemeinen geringfügige Verschiebungen gegen 1 und 2.
Die durch die Auslese bewirkte Änderung kennzeichnet sich im wesent-
lichen durch eine Anreicherung in den beiden ersten Grössengruppen
auf in Summa 46,9 o/, Anteil (39,8% bei 1, 40,2% bei 2, 0,0% bei 3,
42,5% bei 4). Beachtenswert ist, dass beim Abgang der Anteil dieser
Grössengruppen die gleiche Höhe annähernd erreicht und dass die
1. Gruppe mit 26,6 % weitaus an der Spitze dieser Eeihen steht. Es
26
H einrieb:
zeigt eben dieser Versuch besonders schön, dass durch die Auslese das
zwar besonders grosse, aber spezifisch leichte und daher minderwertige,
z. T. sogar wertlose Korn herausgearbeitet wird. Dieser Umstand ist
besonders wertvoll, weil gerade ein Erkennen und somit auch Entfernen
dieser Körner auf keine andere Art und Weise möglich ist. Nicht
einmal durch ein Handverlesen kann man sie herausfinden. Der Anteil
namentlich der zweiten und auch der dritten Grössengruppe tritt gegen-
über den andern Proben wesentlich zurück, während die sog. Abfall-
körner, im wesentlichen gebildet durch Nebenkörner, annähernd den.
doppelten Anteil ausmachen wie bei der Auslese.
d) Korngewicht.
Eine Bestätigung der bisherigen Ausführungen liefert das 1000-
Korngewicht, wie sich aus nachstehenden Zahlen ergibt:
g
Durch-
schnitt
1.
2.
3.
4.
5.
6.
ungereinigte Probe
Zugang zum Plansichter . . .
Ausgeschlieden vom Plansichter
Zugang zur Auslese
Auslese
37,5
38,6
24,8
37,9
38,6
Abgang
31,9
37,3
38,2
24,7
38,0
39,5
32,9
36,9
38,6
25,1
38,4
39,2
31,9
37,2
38,8
24,8
39,0
40,5
33,9
37,2
38,6
24,9
38,2
39,5
32,7
Durch die Windfege wird das Korngewicht erhöht; der Plan-
sichter scheidet das kleine Korn aus, die Auslese liefert das schwerste
und zugleich ein grosses Korn, während der Abgang sich wieder als
leicht und minderwertig zeigt.
e) Anteil nackter Früchte.
Die Untersuchungsergebnisse waren folgende:
a
b
c
d
^'o
0/
«/«
°/o
5,0
5,0
2,0
3,0
3,0
4,0
2,0
4,0
26,0
25,0
23,0
26.0
4,0
3,0
3,0
4,0
3,0
5,0
3,0
4,0
0,0
0,0
0,0
0,0
Durch-
schnitt
/o
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Ungereinigte Probe ....
Zugang zum Plansichter . .
Ausgeschieden vom Plansichter
Zugang zur Auslese ....
Auslese
Abgang
3,75
3,25
25,00
3,50
3,75
0.00
Bei Entfernung der nackten Körner konnte naturgemäss die
„Aschenbrödel" keine Dienste leisten; es fiel hierbei vielmehr dem
Der Einfluss moderner Reinigungsanlagen auf die Güte des Saatguts.
27
Plansichter die Hauptarbeit zu. Es muss aber als ein Beweis gelten,
wie genau die Maschine nach dem Gesetz des spezifischen Gewichts
arbeitet, dass unter dem Abgang sich überhaupt keine nackten Körner
fanden, die naturgemäss spezifisch die schwersten sind.
Welchen Wert die nackten Haferfrüchte haben, ist im allgemeinen
nur von Fall zu Fall zu entscheiden. Ich habe beispielsweise nach-
weisen können, dass beim Timothygras gerade die nackten Früchte die
grössten und am besten ausgereiften sind und dass sie demgemäss
natürlich durchaus keine geringere Keimfähigkeit, gleichbedeutend mit
geringerem wirtschaftlichen Wert, zu besitzen brauchen; im Gegenteil.
Die nackten Früchte sind aber schädigenden äusseren Einflüssen wie
Einwirkung erhöhter Feuchtigkeit und damit zusammenhängend er-
höhtem Bakterien- und Pilzbefall besonders ausgesetzt, so dass ihr zahl-
reiches Auftreten in einer Saat immer unerwünscht ist.
i) Spelzengehalt.
Die Bestimmung des Spelzengehalts kann für die vorliegenden
Versuche auch nur insofern von Bedeutung sein, als die von der Aus-
lese ausgeschiedenen Körner einen höheren Spelzengehalt in Überein-
stimmung mit ihrem niedrigen spezifischen Gewicht haben müssten.
Diese Annahme trifft auch vollständig zu, wie aus nachstehender Auf-
stellung ersichtlich ist.
a
b
c
d
/o
/«
'o
/o
25,0
26,2
25,2
24,4
33,2
24,6
24,0
25,0
25,0
25,6
24,6
24,6
24,4
24,8
24,2
24,0
24,8
24,8
24,0
24,0
40,0
40,4
38,8
38,4
Durch-
schnitt
/o
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Ungereinigte Probe
Zugang zum Plansichter . . .
Ausgeschieden vom Plansichter .
Zugang zur Auslese
Auslese
Abgang
Von grösserem Wert sind wieder die Zahlen der
25,2
24,2
24,9
24,4
24,4
39,4
g) KeimJähigkeit und h) Keiratriebkraft.
(Siehe die beiden Tabellen auf S. 28 u. 29.)
Die ungereinigte Probe zeigte bereits eine verhältnismässig
günstige Keimfähigkeit, die nach Durchlaufen der Windfege noch
gehoben wurde. Die Keime waren durchweg gesund und kräftig, nur
in einzelnen Fällen zeigten sich kranke, wurzellose Keime. Die vom
Plansichter ausgeschiedenen Körner (Nebenkörner) gingen in ihrer
Keimfähigkeit etwas zurück. Die bezeichnende Erscheinung der
schwachen, entwicklungsunfähigen Keimhnge, die wohl einen Trieb, aber
28
Heinrich:
keine Wurzeln mehr zu bilden vermögen, war häufiger vorhanden. Bei
einzelnen, namenthch bei nackten Früchten zeigte sich auch ein starker
Penicilliumbefall. Der Zugang zur Auslese liess hinsichtlich seiner
Keimfähigkeit nichts zu wünschen, er ist als mit dem Erzeugnis der
Auslese als auf einer Stufe stehend zu betrachten. Dagegen erwies
sich der Abgang der Auslese als durchaus minderwertig mit einer Keim-
fähigkeit von nur 63,7 °/o. Der Rest faulte stark und war häufig mit
einem ganzen Wulst von Schimmelpilzen überzogen. Namentlich zeigte
sich das feine Gespinst des Mucor-Pilzes auf dem ganzen Keimbett.
Keimfähigkeit.
Probe
Keimfähigkeit nach
Tagen
Durch-
schnitt
Bemerkungen.
4
6
10
Summe
0/
io
o;
/o
/o
0/
/o
/o
1.
Ungereinigte Probe . . .
89
0
0
89
Gesunde, kräftige Keime;
95
0
0
95
91,7
einige kranke, wurzel-
91
0
0
91
lose Keime.
2.
Zugang zum Plansichter .
95
0
1
96
Keime durchweg gesund
95
0
0
95
95,7
und kräftig.
95
0
1
96
3.
Ausgeschieden v.Plansichter
89
89
75
0
0
2
1
1
1
90
90
78
86,0
Mehrere wurzellose, kranke
Keime z. T. (nackte
Früchte) mit starkem
Penicilliumbefall.
4.
Zugang zur Auslese . . .
97
0
0
97
Gut.
96
0
1
97
96,3
94
0
1
95
ö.
Auslese
94
1
2
97
Gut.
95
2
0
97
97.0
96
1
0
97
6.
Abgang
67
61
61
0
1
1
0
0
0
67
62
62
63,7
Zurückhleibende Samen
meist gefault und ver-
pilzt. Mucor über-
wiegend.
Sehr viel deutlicher noch als bei der Keimprüfung treten die
Unterschiede bei der Keimtriebkraft-Bestimmung zutage. Es beweisen
diese Ergebnisse wieder, wieviel zuverlässiger diese Untersuchungen
für die Wertbestimmung des Getreides sind als die reinen Keimprüfungen.
Die ungereinigte Probe lieferte hierbei nur 81,7 ''/o gesunde, kräftige
Keimpflanzen gegen eine um 10% höhere Keimfähigkeit. Die Wind-
fege bewirkte hier, ebenso wie bei der Keimfähigkeit, eine Steigerung
um 4°/o. Schwächliche Keimlinge, die unter günstigen Wachstums-
und Bodenbedingungen immerhin noch einen Ertrag versprochen hätten,
Der Einfluss moderner Reinigungsanlagen auf die Güte des Saatguts.
29
waren nicht vorhanden. Die Ausscheidungen des Plaüsichters erwiesen
sich bei der Triebkraftbestimmung als wesentlich minderwertiger als
bei der Keimprüfung. Die Anzahl der gesunden, kräftigen Keime betrug
66,3 %. Allerdings waren ausserdem 10,7 °/o schwächliche, immerhin
noch gesunde Keimlinge vorhanden, die unter günstigen Bedingungen
noch zur Entwicklung kommen können, andernfalls aber — z. B. bei
schwerem Boden, bei Eintreten von Trockenheit, Wachstumsstockung
usw. — versagen müssen. Ein stärkerer Unterschied als bei der
Keimfähigkeit tritt bei der Triebkraft zwischen den Proben 4 und 5
zutage. Er beträgt etwa 4"/^ und wird durch Hinzurechnung der
schwächeren Keime noch um 1 ^/q vergrössert. Beachtenswert ist
schliesslich, dass der Abgang der Auslese nur 54 ^j^ entwicklungsfähiger
Keimpflanzen lieferte, während 10,7 ^Iq vollständig verkümmerte Keime
vorhanden waren und 35,3% der Samen von vornherein faulten.
Keimtriebkraft.
Gesunde
Schwächliche
Ver-
Gefaulter
und kräftige
Keime,
kümmerte,
^
O
Samen
(V
e
Probe
Keime
doch gesund
krankeKeime
e4H
e+H
«+H
*t-i
}2^
o
P4
o
-4— >
P4
o
o
H
-l-s
H
^
Fh
t5
H
• i-H
<v
§
<ü
'ä
o
b— 1
(D
^
"~i
■"^
•^-2
•1— s
1.
Ungereinigte Probe . .
86
0
5
9
79
81,7
0
0,0
8
5,7
13
12,6
80
0
4
'
16
2.
Zugang zum Plansichter
85
0
3
12
91
85,7
0
0,0
4
3,0
5
11,S
81
0
2
7
3.
Ausgesch. V. Plansichter
68
12
5
15
61
66,3
14
10,7
5
4,0
20
19,0
70
6
2
22
4.
Zugang zur Auslese . .
82
7
2
9
91
86,3
0
3,7
1
2,3
8
7,7
86
4
4
6
5.
Auslese
89
8
1
2
89
90,0
3
4,7
2
1,7
6
3,6
92
3
2
3
6
Abgang . . . '. . .
58
0
8
34
51
54,0
0
0,0
13
10,7
36
35,3
53
0
11
36
Fasst man die Ergebnisse vorstehender Untersuchungen nochmals,
kurz zusammen, so ergibt sich folgendes:
30 Heinrich: Der Einfluss moderner Reinigungsanlagen auf die Güte des Saatguts.
Obgleich es sich bei dem untersuchten Hafer bereits im Ausgangs-
material um eine gute Durchschnittsware handelte, war es doch noch
möglich, dm-ch die Reinigung eine wesentliche Verbesserung zu erzielen.
Die Reinheit ist als vollständig zu bezeichnen. Beeinflussung auf
Hektohtergewicht und Korngewicht ist ideal zu nennen. Auch die Ein-
wirkung auf Sortierung ist ausserordenthch günstig. Keimfähigkeit und
namentlich Keimtriebkraft haben eine wesenthche Steigerung erfahren.
Hierbei ist besonders zu betonen, dass es mit der Aschenbrödel gelingt,
auch die Körner zu entfernen, die zwar ihre Keimfähigkeit noch nicht
verloren haben, aber doch bereits geschwächt sind, so dass sie nur eine
kümmerliche und kranke Keimpflanze liefern.
III.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der
Pflanzenzüchtung.
1. Referate über Arbeiten
in Zeitschriften, sowie über Dissertationen, dann Jahresberichte und Bulletins
von Versuchsstationen.
Einsendung von Abdrücken aller einschlägigen Arbeiten
erbeten.
Einige Herren haben sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt,
für einzelne Länder oder bestimmte sachliche Gebiete die Sorge für
Erstattung von Referaten ganz zu übernehmen. 1917 sind derartige Ver-
einbarungen getroffen worden mit:
Professor Dr. H. Nilsson - Ehle - Lund: Pflanzenzüchtung,
Schweden. — Prof. Dr. Gran, Universität Kristiania: Pflanzenzüchtung,
Norwegen. — Konsulent E. Lindhard-Tystofte pr. Tjaereby: Pflanzen-
züchtung,Dänemark. — Dr. H. PI ahn- Appiani -Aschersleben, Mehringer-
strasse 6: Zuckerrübenzüchtung in Deutschland und Österreich. —
(Königl. landw. Botaniker A. Howard-Pusa (Bihar), Indien: Pflanzen-
züchtung, Indien. 1) — Direktor A. v. Stebutt der Versuchsstation
Saratow, Eussland: Pflanzenzüchtung, Russland.^) — Direktor van
der Stok-Buitenzorg (Java): Pflanzenzüchtung, Java. — Dr. Th.
Römer- Schlanstedt: Pflanzenzüchtung, Grossbritannien. — Direktor
E. Grabner-Magyarovär: Pflanzenzüchtung, Ungarn. — Prof. Dr.
v. Mandekic-Krizevci, Slavonien: Pflauzenzüchtung, in südslavischer
Sprache.
Für die hier nicht genannten Gebiete sind zunächst Autoreferate
sehr erwünscht, wenn solche innerhalb acht Tagen nach dem Er-
scheinen der Arbeit abgesendet werden.
Die Referate sind entweder als Autoreferate gekennzeichnet oder
von dem betreffenden Referenten gezeichnet; von dem Redakteur er-
stattete bleiben ungezeichnet.
^) Nach freundl. Mitteilung werden Referate weiter erstattet, können aber wegen
eines Verbotes der Regierung jetzt nicht gesandt werden.
32 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Baumann, E. Zur Frage der Individual- und der Im-
munitätszüchtung bei der Kartoffel. (Fühlings landwirt-
schaftliche Zeitung 1918, S. 246—256.) Bei „Industrie" und „Auf der
Höhe" wurden vegetative Linien beobachtet. Es ergab sich bei Industrie
eine grössere Beständigkeit des Ertrages im Laufe der Jahre (1912
bis 1917), die auf geringeren Befall derselben durch Phytophtora zu-
rückgeführt wird. Die einzelnen Linien zeigten bei Ertrag unter-
einander bei Auf der Höhe grössere Unterschiede als bei Industrie, bei
Stärkegehalt waren die Unterschiede zwischen den Linien bei den
2 Sorten je in den einzelnen Jahren annähernd gleich. Die Ertrags-
zunahme pro Stock war bei beiden Sorten von Erhöhung der Knollenzahl
begleitet, die mit Erniedrigung des Gewichtes einer Knolle verbunden
war. Gegenüber Blattkrankheiten (BlattroU-, Kräusel-, Chlorose-,
Mosaik-Krankheit, Phytophtora) verhielten sich die einzelnen Linien
beider Sorten verschieden. Verfasser glaubt die Sortenprüfung der
Kartoffel auf sicherere Grundlage gestellt, wenn die Sorte in vege-
tative Linien getrennt wird und diese beobachtet werden.
Baumann, E. Beiträge zur Kenntnis der Raps-
pflanze. (2 Abb.) (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung VI, S. 139.)
Baur, E. Mutationen von Antirrhin-um majus.
(Zeitschr. f. induktive Abstammungs- und Vererbungslehre XIX, 1918,
S. 177 — 193, 10 Abb.) Die erblichen Variationen, die nicht durch
Bastardierung veranlasst werden und in der Züchtung spontane
Variationen genannt werden, fasst Verf. als Mutationen zusammen. Er
hat im Laufe von 14 Jahren beim Löwenmaul, Antirrhinum majus, zahl-
reiche solche beobachtet, die er in drei Gruppen bringt:
I. In der geschlechtlichen Nachkommenschaft eines Individuums
treten vereinzelt variierte Individuen auf, die etwas von der Normal-
form abweichen und sich als Heterozygoten erweisen, die in 1 deutlich
abweichende : 3 mehr oder minder normale Individuen spalten. Der-
artige Mutationen können in Geschlechtszellen oder anderen haploiden
Zellen sowohl, wie, bei IL vorwiegend, bei III. ausschliesslich, in diploiden
ZeUön eintreten.
IL In der geschlechtlichen Nachkommenschaft einer Pflanze treten
vereinzelt variierte Individuen auf, die Homozygoten sind und rein
vererben.
III. Vegetativ auf einer Pflanze entstandene Zellkomplexe oder
ganze Sprosse mutieren und vererben voll. Alle beobachteten Muta-
tionen waren solche bei einem Grundunterschied (Anlage). Nach der
Zahl der beobachteten Fälle und nach verschiedenen Erwägungen wird
der Fall III als der häufigst erscheinende betrachtet. Auslösung von
Mutationen ist durch Misshandlung embryonaler Gewebe der Pflanze
eher zu erwarten als durch Einwirkung auf die Geschlechtszellen oder
andere haploide Zellen.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 33
Becker, J. Vererbung gewisser Blütenmerkmalebei
PapaverRhoeasL. (3 Abb.) (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung VI,
S. 215.)
BiiSen, R. Thesupressionofcharacterson crossin g.^)
(Journ. of Genetics V, 1916, S. 225—228.) Mausgraue Farbe der Spelzen
mancher Rivet bearded-Weizen von Triticum turgidum erscheint, wenn
mit Behaarung der Spelzen verbunden, bei Bastardierung mit Formen
von Triticum vulgare gekoppelt. Dagegen tritt bei Bastardierung mit
Triticum polonicum die graue Farbe nur schwach als Zwischenbildung
auf, nicht dominierend, so wie in den ersterwähnten Bastardierungen,
und in F^ entsprach die Spelzenfarbe ganz jener des polnischen Weizens,
so dass die mausgraue Färbung vollständig verschwand, so wie die
typische Ausbildung nach einer Bastardierung typischer Erbsenpflanzen
von Pisum sativum mit spontanen Varianten von Formen dieser Art.
(S. Referat Bates on Bd. IV, 1916, S. 304.)
Christie, M. Forodlingsarbeidet med vaarsad, erter
og poteter 1905 — 16.^) (Beretning om Statens forsöksgaard paa
Hedemarken 1916, S. 5. Kristiania, Norwegen, 1917.) Verf. berichtet
über die bei „Statens forsöksgaard paa Hedemarken" seit 1905 be-
triebene Pflanzenveredlung — Ausgangsmaterial, verwendete Methoden
und Resultate. Mittelst Reinhnienauswahl sind folgende neue Sorten
gezüchtet: Hafer: Möisted Grenaderhafer, anspruchsvoll, aber
unter besseren Anbaubedingungen ergiebig, sehr lagerfest, dünn-
spelzig, vom Propsteiertypus. Möisted Odinshafer, weniger
anspruchsvoll, von guter Lagerfestigkeit und mittlerem Spelzengehalt,
vom Gelbhafertypus. Möisted Thorshafer, sehr anspruchslos,
mittlere Lagerfestigkeit, vom norwegischen Weisshafertypus. Diese
drei Sorten haben eine Vegetationszeit ungefähr wie Svalöfs Goldregen-
hafer. Möisted Perlenhafer, sehr frühreif (eine Woche früher
als Goldregen), anspruchslos, von guter Lagerfestigkeit, Weisshafer-
typus. Sechszeilige Gersten: Möisted Mjös-Gerste, ergiebig,
grosskörnig. Möisted Maskin-Gerste, ergiebig, lagerfest, früh-
reif. Erbsen (P. arvense): Möisted gelb grüne Erbse. Ein-
farbige, gelbgrüne Samen mit hellbraunem Nabel, ergiebig, ziemhch
frühreif (nur wenig später als Svalöfs Goldregenhafer). Möisted
„brandede" Erbse. Samen braun marmoriert und blau punktiert,
ergiebig, eine Woche später als Möisted gelbgrüne Erbse. Auch mit
zweizeiliger Gerste, Sommerweizen und Kartoffeln wird gearbeitet.
Von diesen Arten sind jedoch keine Sorten in den Handel gebracht.
Die genannten neuen Sorten haben sich in vergleichenden Anbauver-
1) Die Unterdrückung von Eigenschaften bei Bastardierung.
^) Die Veredlungsarbeit mit Sommergetreide, Erbsen und Kartoffeln 1905 — 16.
Zeitschrift für Pflanzenzücbtunn;. Bd. VII. .-5
34 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
suchen in verschiedenen Gegenden Norwegens gut bewährt und sich als
konkurrenzfähig mit den besten früher bekannten Sorten gezeigt.
Autoreferat.
Cockereli, T. Variations with joung plants of sun-
flowers (Helianthus annuus).^) (The Journal of heredity VIII,
1917, S. 361 u. 362, 1 Abb.) Bei einer Sonnenblumenform (coronatus)
haben die jungen Blüten eine kastanienbraune Spitze. Pflanzen sind
auch jung schon als solche dieser Form zu erkennen, da Hypokotyl und
Keimlappen violett gefärbt sind. Neben dieser Abweichung wurde noch
eine andere der Keimlappen beobachtet, deren Vererbungsverhältnisse
nicht festgestellt sind.
Daniel, L. Sur les variations specifiques du chi-
misme et de la structure provoquee par le greffage de
la tomate et du chou cabus.''^) (Compt. rend. Ac. Sc. Paris, CLXII,
1916, S. 397—399.) Zwischen Tomate und Kopfkohl wurde eine Pfropf-
vereinigung erzeugt, die nur durch vernarbte Gewebe bewirkt war.
Verf. beobachtete A'eränderung in der chemischen Zusammensetzung
und dem Aufbau der der Verbindungsstelle nahen Gewebe, die an Eigen-
tümlichkeiten des anderen Pfropfsjinbionten erinnerten.
Donald, F. Crossing of tomatos in the United
States. 3) (The American Naturalist. 51. Bd., 1917, S. 608—621.)
Die bisher von anderer Seite mitgeteilten Ergebnisse von Bastar-
dierungen werden zusammen mit den eigenen kritisch beleuchtet. Da-
nach dominiert bei der Frucht: Kugelform gegen Birne, rundliche
kegelförmige gegen rundlich abgeplattete Form, Zweifächerigkeit gegen
Mehrfächerigkeit, rote Endokarpfarbe gegen gelbe, gelbe Exokarpfarbe
gegen Farblosigkeit. Glätte der Frucht gegen Behaartheit; — bei der
Entwicklungsform: normale gegen zwergige; — bei Blatt: Glätte gegen
Runzligkeit, Zähnung gegen Ganzrandigkeit, pimpinellifolium-Forra
gegen esculentum-Form, grüne Blattfarbe gegen gelbe; — bei Blüten-
stand: einfacher gegen zusammengesetzter Bau. Bei Bastardierung
der rot- und kugelfrüchtigen Zwergform Quarter Century mit der gelb-
und birnfrüchtigen, normal hohen Yellow Pear wurde in F^ normale
Entwicklung und Rotfrüchtigkeit erzielt, in Fo ergaben sich Spaltungs-
zahlen, welche auf eine Koppelung zwischen Entwicklungsform der
Pflanze (normal oder zwergig) und Form der Früchte (kugelig oder
birnförmig) schhessen lässt. Normal kugelig AB : normal birnförmig
Ab: zwergig kugelig aB: zwergig birnförmig ab. wie 252:127:121:5,
was einer Geschlechtszellenbildung von 1 AB : 4 Ab : 4 aB : 1 ab ent-
^) Variationen bei jungen Pflanzen der Sonnenblume.
*) Über die bestimmte Abänderung des Chemismus und der Struktur, die durch
Pfropfvereinigung der Tomate mit Kopfkohl veranlasst werden.
^) Bastardierung von Tomaten in den Vereinigten Staaten.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 35
sprechen würde, wenn die Anlagen aB Quarter Century und Ab Yellow
Fear entsprechen.
Euler, K. Ein bemerkenswerter Fall von Knollen-
Farbabänderung der Kartoffel. (Deutsche landwirtschaft-
liche Presse 1919, S. 161 — 62.) Bei „Silesia" gab eine Pflanze, die aus
«iner für die Sorte typischen weissen Knolle erwachsen war, 10 rote
Knollen und eine am Nabel rote, am Kronenende weisse. Die Pflanze
mit der spontanen Abweichung war aus einer Knolle entstanden,
welche das alleinige Ernteergebnis einer aus einem Keim erhaltenen
Pflanze des Vorjahres war, deren oberirdische Teile im Dezember durch
Frost getötet worden waren. Verf. glaubt als Auslösung für die
spontane Variation die Frosteinwirkung auf die Mutter ansehen zu
sollen.
Eyre, J., and Smith, G. Some notes on the Linaceae.^)
(Journal of Genetics V, 1916, S. 189—197.) Es wurden gelbblühende
Leinarten, die frei von Glukosid und Enzym sind: Linum flavum, mari-
tinum, arboreum mit weiss- oder blaublühendem Linum monogynum,
perenne austriacum, narbonense bastardiert und überhaupt nur bei L.
monogynum X L. arboreum und L. monogynum X L. narbonense ein
Erfolg erzielt. Die Bastarde enthielten, so wie die verwendeten Eltern
monogynum und narbonense, Glukosid und Enzym und kamen nicht zum
Blühen. L. perenne gab auch bei illegitimer Bestäubung Samen.
Züchtung wurde begonnen, um brauchbare Leinformen für Faser- und
solche für ölgewinnung zu gewinnen.
Fleischmann, R. Die Auswahl bei der Maiszüchtung.
<4 Abb.) (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung VI, S. 69.)
Goetz, E. Tabakanbauversuche. (Badisches Wochen-
blatt 1919, S. 67 — 69.) Von einer Anzahl heimischer und fremder
Tabakformenkreisen wurden reine Linien geführt, welche zum Teil
schon von dem Vorgänger des Verfassers, Dr. Lang, begründet worden
waren. Für 1915 sind dem Ertrage der reinen Linien auch die Erträge
von Fl von Bastardierungen zwischen solchen gegenübergestellt.
Zieht man nun die Mittel aus den Erträgen, welche die Elternformen
gaben, so erweisen sich diese Mittel überwiegend als niederer, als der
Ertrag von F^ der Bastardierung; in einigen Fällen übertraf der
Ertrag von F-^ aber selbst jenen des ertragreicheren Elters, so dass man
dann von einer Reizwirkung durch die Bastardierung sprechen kann.
Graham, R. Pollination and cross fertilisation in
the juar plant (Andropogon sorghum Brot.).^) (Memoirs,
Departement of Agriculture, India, Bot. VIII, 1916, S. 201—216.) Nach-
^) Einige Bemerkungen über Leinformenkreise.
^) Befruchtung und Bastardierung bei Sorghum.
3*
36 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
barbefruchtung zwischen den Blüten derselben Rispe ist Regel. Fremd-
befruchtung bei lockerrispigen Formen kommt zu etwa 6 "^/o, bei den
dichterrispigen zu etwa 0,6 ^1^ vor. Die Färbungen der Früchte sind
durch Saftfarben bedingt. Rot dominiert unter denselben über gelb
und über weiss. Manche weissfrüchtige Formen besitzen eine Anlage
für rot, die nur zur Entfaltung kommt, wenn auch die Anlage für gelb
vorhanden ist. Bei Ährchenspelzenlänge dominiert kurz über lang.
Hansen, W. Die pflanzenzüchterische Buchführung.
(2 Abb.) (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung VI, S. 119.)
Harris, F., and Hogenson, J. Somme correlations in sugar
beets.O (Genetics I, 1916, S. 334— 347.) Für einige positive Korre-
lationen wurden die folgenden Korrelationskoeffizienten festgestellt:
Prozent Zucker und Samenertrag . 0,049 ± 0,143; Höhe der Pflanze
und Samenertrag . 3075 + 0,131; Achsenzahl und Samenertrag . 2771
±0,133; Gewicht der Pflanze und Samenertrag . 3075 ± 0,131;
Lebensdauer in Tagen und Samenertrag . 1954 ± 0,156; Zahl
der Blätter pro Pflanze und Samenertrag . 1217 ±0,143; Lebensdauer
in Tagen und Höhe der Pflanze . 1748 ±0,163; die negative Korrelation
Rübengewicht und Prozent Zucker gab den Koeffizienten minus
. 2878 ±0,074.
Hector, G. Observations on the inheritance of
anthocyan pigments in paddy varieties. ^) (Mem. Dep.
of Agric, India, Bot. VIII, 1916, S. 89—101.) Bei Formenkreisen von
Reis ist rötliche oder purpurne Färbung durch Anthocyan entweder nur
in den Spelzenspitzen oder in diesen, und in den Narben oder in Spelzen-
spitzen und Blattscheiden oder endlich in Blattscheiden, Spelzenspitzen
und Narben vorhanden. Die Färbung wird durch mehrere Anlagen
bedingt, und in einzelnen Fällen ist bei der Färbung der Narbe eine
Anlage mehr als bei der Färbung der übrigen Teile vorhanden.
Heribert Nilsson, N. E x p e r im enteile Studien über die
Variabilität, Spaltung, Artbildung und Evolution in
der Gattung Salix. (Lunds Univers. Ärsskrift, N. F., Avd 2,.
Bd. 14, Nr. 28, 145 S., 63 Abb., 1918.) Die von W i c h u r a ausgeführten
Weidenbastardierungen gelten als Beispiele dafür, dass Artbastarde in
Fj Zwischenbildung geben und diese sich erhält. Verf. zeigt durch das
Ergebnis seiner 1906 mit sog. Kulturweiden und mit Waldweiden be-
gonnenen Bastardierungen, dass dies nicht zutrifft, wenn man an Stelle
der Gesamterscheinung die einzelnen Eigenschaften und Anlagen be-
trachtet. Bei dieser Betrachtungsweise ergibt sich in F^ Zwischen-
bildung bei den Eigenschaften, aber auch solche Zwischenbildung der
') Einige Korrelationen bei Zuckerrübe.
2) Beobachtungen über die Vererbung des Anthocyan-Farbstoffes in Reisformen.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung-. 37
Oesamterscheinung, die durch annähernd gleiche Verteilung der Domi-
nanz auf die von jedem der Elter gekommenen Eigenschaften bewirkt
wird. Eine Unterscheidung zwischen Art- und Varietätseigenschaften
je nach ihrem Verhalten nach Bastardierung kann nicht aufrecht er-
halten werden, beiderlei Eigenschaften können in F^ alternative oder
intermediäre Vererbung zeigen und spalten in F2. Auf die Einzel-
heiten bei den Bastardierimgen, von welchen jene zwischen S. viminahs
und S. caprea am ausführlichsten erörtert wird, kann hier nicht ein-
gegangen werden. Es soll nur darauf verwiesen werden, dass der Ver-
fasser hervorhebt, dass auch seine Untersuchungen zeigen, dass eine
Anlage sehr verschiedene Eigenschaften beeinflussen — pleiotrop wirken
— kann, auch eine Anlage, die bei einer Varietät scheinbar nur eine
Eigenschaft beeinflusst, und dass daher oft sehr einschneidende, viel-
fache, äussere Unterschiede von Formenkreisen auf nur wenige Anlagen
zurückgeführt werden können. Bezüglich der Artbildung stellt sich
Verf. auf den Standpunkt, dass Bastardierung durch Neukombination
Ton Anlagen äusserlich neue Formenkreise, äusserlich neue Genotjrpen
entstehen lassen kann, die dann durch Ausscheidung einiger Kombi-
nationen durch natürliche Auslese Linnesche Arten bilden, dass da-
gegen Entstehung wirklich neuer Anlagen bisher nicht erwiesen worden
ist. Spontaner Anlageverlust, der nachgewiesen ist, könnte Entwicklung
nur durch Rückbildung, eben dem ständigen Anlagenverlust, erklären.
Heiweg, L. De danske Barres stammer, deres Af-
stamning og Kulturhistorie. (Tidsskrift f or Planteavl 23. Bd.,
Side 289 — 339, 1916.)^) Verf., der früher „Eine monographische
Schilderung der gebauten Mohrrübenformen und ein Beitrag zu deren
Kulturgeschichte" 2) veröffentlichte, sucht hier, auf Grund der ältesten
historischen Quellen die Kulturgeschichte der zu der Gattung Beta ge-
hörenden Rübenformen darzulegen. Auf Grund einer Reihe von
Züchtungsversuchen und chemischen Untersuchungen macht er einen
Vergleich zwischen der Futterrübe und andererseits der Zuckerrübe
und Betamaritima, und gelangt zu dem Resultat,' dass die Zucker-
rübe in den meisten Eigenschaften der Stammform am nächsten stehe.
Die Sorte Jauneovoide des Barres wurde von der Firma
Vilmorin, nach vieljähriger Auswahl, aus der Sorte Betterave
disette jaune gezogen und im Jahre 1853 zum ersten Male in den
B^andel gebracht. Erst in den 60 er Jahren des vorigen Jahrhunderts
wurde dieselbe in Dänemark eingeführt, wo später auch die Sorte
Oval-shaped Yellow von P. Lawson, Edinburgh, sowie ver-
schiedene ähnhcheSortenausDeutschlandEingang gefunden haben. Sämt-
^) Die dänischen Barres-Stämme, ihre Abstammung und Kulturgeschichte.
■-) Tidsskrift for Planteavl 15. Bd., S. 417—453. \
38 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
liehe dänische Barres-Stämme entstammen den Rüben von diesen drei
Quellen. Bei den verschiedenen Typen von Barres-Stämmen, welche
im Laufe der Jahre an den vom Verf. geleiteten offiziellen Stamm-
versuchen beteiligt waren, hat er umfassende Messungen vorgenommen
und Beschreibungen gegeben, und auf dieser Grundlage hat er besagte
Typen zahlenmässig charakterisiert. E. L.
Honing, J. A. Variabiliteit der bastaardsplitsin g.^)
(Verslagen Kon. Akad. d. Wet. Amsterdam, Natuurkund Afd. XXV,
1916, S. 794 — 805.) Canna indica mit Canna glauca bastardiert gab
eine Fj-Pflanze, von welcher 867 Blüten künstlich, 30 Blüten natürlich
bestäubt wurden. Auch die natürliche Bestäubung war Nachbar-
bestäubung, da keine blühenden Pflanzen von Canna in der Nähe waren.
Die Verschiedenheit der bei verschiedenen Aussaaten in Fg erhaltenen
Spaltungsverhältnisse führt Verfasser auf verschiedenes Alter der mit-
einander bestäubten Blüten zurück und erinnert an die bezüglichen
Ergebnisse Zederbauers bei Pisum.
Ikeno. Studios on the hybridisation of Capsicum
annuum. On some variegated races.^) (Journ. of Genetics
1916, S. 201 u. 315.) Zwei spontan aufgetauchte panaschierte Pflanzen
vererbten bei Selbstbefruchtung die Panaschüre voll. Wurden aus der
Nachkommenschaft stark panaschierte mit sehr schwach panaschierten
Pflanzen oder Pflanzenteilen bastardiert, so wurde die Panaschüre
immer herabgesetzt, bei V^iederholung derartiger Bastardierung stärker,
nie aber schwand sie vollständig. Es wird angenommen, dass die Pana-
schüre doch auch durch Chromatophoren vom Vater übertragen werden
kann. Chromatophoren werden vielleicht als Chondriosomen übertragen.
Es sei an die entgegengesetzten Befunde C o r r e n s bei Mirabilis
(Referat Journ. f. Landw. 1910, S. 121) erinnert.
Johannsen, W. „Tilsyneladende arvelig Selektions-
virkning." (Det kgl. danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger
1915, Nr. 3 u. 4.)^) Bei einer mit Schartigkeit behafteten Rasse von
zweizeiliger Gerste, bei welcher das Schartigkeitsprozent um 32 "/o
schwankte, waren eine Reihe von Jahren hindurch Auslesen sowohl in
positiver als auch in negativer Richtung vorgenommen worden, aber
stets ohne nachweisbaren Erfolg. Im Jahre 1909 zeigte aber die Minus-
serie ein Schartigkeitsprozent von 36,48 + 0,56, die Plusserie 37,37 zt
0,57; in der nächsten Generation ergaben sich die Prozente 31,24 ±
0,23 bzw. 33,84 ± 0,34, und nach weiter fortgesetzter Auswahl in noch
einer Generation ergab die Minusserie 36,59 ± 0,27, die Plusserie 41,84
1) Abweichungen bei Bastardspaltung.
2) Bastardierungsstudien bei Pfeffer. Über einige panaschierte Formen.
^) „Anscheinend erbliche Selektionswirkung."
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 39
± 0,36, also einen Ausschlag für die Selektion von 5,25 ± 0,44 "/(,. Bei
einer Individualanalyse der beiden Serien waren die Ergebnisse die
folgenden: Die Plusserie, welche eine zweigipfelige Variationskurve für
Schartigkeit ergab, Hess sich in zwei Typen trennen, nämlich den alten
Schartigkeitstypus, welcher, mit dem der Minusserie identisch, noch
immer an 32°/o Schartigkeit aufwies, und daneben einen neuen Typus,
bei dem die abortierten Fruchtknoten grösser waren, der aber typisch
ein höheres Schartigkeitsprozent zeigte und immer wieder in Individuen
von dem alten und solche vom neuen Schartigkeitstypus spaltete.
E. L.
Kajanus, B. Kreuzungsstudien an Winterweizen.
(Botaniska Notiser 1918, S. 235—244.) Seit 1911 werden 22 Bastar-
dierungen verfolgt, teils sind sie bis zur 2., teils bis zur 5. Generation
beobachtet worden. Die Bastardierungen zeigen Formen von dicoccum,
durum, polonicum und turgidum, sowie solche von Spelta, vulgare und
compactum. Die Ergebnisse sollen in einer späteren Abhandlung be-
sprochen werden. Jetzt werden nur als „vorläufige Mitteilung" in ge-
drängtester Kürze einige Ergebnisse bekannt gegeben, deren Zahl ein
Referieren nicht zulässt, ohne fast die ganze Abhandlung abdrucken
zu müssen.
Kajanus, B. Über eine Kreuzung zwischen zwei
Typen von Sommerweizen. (Botaniska Notiser 1918, S. 245
bis 247.) Marzuolo americano, ein Triticum vulgare mit stark rotem
Blattöhrchen, von der Versuchsstation Bahtim bei Kairo erhalten,
wurde mit Perlsommerweizen als weibl. bastardiert. Blattöhrchenfarbe
und Begrannung gaben in F^ Grannenlosigkeit und ungefähr so starke
Rotfärbung wie bei dem männl. Elter und spaltete inF2 nach 3 : 1, wobei
Granne und weisse Färbung der öhrchen rezessiv waren.
Kalt, B. Die Hintertuxergerste. Ein Anbau- und
Züchtungsversuch. (Kuhn-Archiv VII, 1918, S. 217— 240.) Mit
Saatgut, das Herr F. Schraube von einer Gerste, die 1500 m hoch
zwischen Mayrhofen und St. Jodok, angebaut worden war, einsandte,
wurden Anbauversuche vorgenommen. Diese erwiesen die Gerste als
eine sehr frühreife Form von Hordeum distichum nutans a., die sich
durch langen Halm und lange, lockere, schwere Ähre, sehr langes
Korn mit sehr hohem Tausendkorngewicht und geringer Bestückung
auszeichnet. Die günstigen Eigenschaften der Gerste, welchen nur die
geringe BeStockung und der hohe Proteingehalt gegenüber stehen, haben
veranlasst, dass dieselbe in Halle züchterisch bearbeitet wird. Dabei
soll versucht werden, die Bestockungsfähigkeit zu erhöhen, um so den
Ertrag zu steigern und die Auslese ohne Gefährdung der Frühreife
vorzunehmen. Für sich soll auch eine Züchtung auf Drückung des
Proteingehaltes, zuerst durch Auslese nach äusserer Beschaffenheit der
40 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Körner, später durch Auslese nach Stickstoffgehalt, vorgenommen
werden. Als Eigentümlichkeit der Gerste wird auch angeführt, dass
die Basalborste sich sehr leicht abtrennt bzw. an der Spindel bleibt.
Klebahn, H. Impfversuche mit Pfropfbastarden.
(Festschrift zum 70. Geburtstag von Ernst Stahl, Jena 1918, S. 418
bis 430.) Bei den Chimären sind zwei Arten zu einem Lebewesen
vereint, die eine stellt die Haut, die andere das Innere bei. Es er-
scheint nun nicht unmöghch, dass eine Art, welche das Innere gibt,
gegen Pilze, die sie sonst schädigen, unempfindlich wird, wenn die Art,
welche die Haut liefert, von diesen nicht angegriffen wird. Kl eb ah n
führte bezügliche Versuche bei den Periklinalchimären von Tomate
(Solanum licopersicum) mit Nachtschatten (Solanum nigrum) und den
Pilzen Septoria licopersici und Cladosporium fulvum aus, welche beide
die Tomate stark schädigen können. Allgemein ergab sich, dass der
Kern der Chimäre nicht gegen Infektion geschützt ist, wenn nur eine
Epidermis einer nicht empfindlichen Art vorhanden ist.
Lotsy, J. Over de mogelijkeid van intranucleaire
kruising bij homozygoten.^) (Genetica I, 1919, S. 92 — 97,
7 Abb.) Spontane Variationen werden auf Chromosomenkreuzung
homozygotischer Pflanzen zurückgeführt. Zur Zeit der Aneinander-
reihung der Chromosomen zu einem Faden sind die Chromosomen mit-
einander verklebt. Beim Auseinanderfallen des Fadens kann ein Chro-
momer eines Chromosoms gelegenthch an dem letzten Chromomer des
nächstfolgenden Chromosoms bleiben und es können so die Chromosome
ungleich werden. Es wird dann Gameten geben, die ein Chromosom
enthalten, dem ein Chromomer fehlt, und solche, die ein Chromosom
mit einem hinzugetretenen Chromomer besitzen. Beiderlei Gameten
können mit normalen zusammentreten und geben dann eine spontane
Verlust- bzw. Gewinnvariante (-Mutante).
Mandekic, V. Nesljectivonje nikih divjstore Koet
Kukuruz a.2) (Gospodarska smotra 5 — 8 [1918].) Zwecks Prüfung
der Vererbung der Kolbenlänge des Maises wurde aus der Linie
159 der längste Kolben und aus der Linie 34 der kürzeste Kolben ge-
nommen. Die Nachkommenschaft des längsten Kolbens aus der Linie
159 gab einen durchschnittlich längeren Kolben mit grösserer Reihen-
zahl, grösserem Umfange und grösserem Ertrag an Kolben. Körnern
und Spindeln als die Linie 34. Aus den erzielten Zahlen ist klar er-
sichtlich, dass die Kolbenlänge bei reinen Linien vererbbar ist. In der
Nachkommenschaft hatte die Linie 159 Kolben mit einer Länge von
*) Über die Möglichkeit im Kern verlaufender Bastardierung bei Homozygoten.
*) Vererbung einiger Eigenschaften beim Maise.
Neue Erscheinungeii auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 41
15 — 28 cm und die Linie 34 solche mit der Länge von 12 — 23 cm. Der
Gipfel der Variationskurve lag bei der Linie 159 bei 24 cm und bei
der Linie 34 bei 19 cm. Ebenso lag der Gipfel der Modifikationskurve
für den Umfang des Kolbens bei der Linie 159 bei 15 cm und bei der
Linie 34 bei 14 cm. Was die Reihenzahl anbelangt, so hatte die Linie
159 Kolben mit 12—28 Reihen und die Linie 34 Kolben mit 12—22 Reihen.
Aus den erzielten Zahlen bei der Linie 159 und 34 kann man auf Kor-
relationserscheinungen schliessen. Mit der Kolbenlänge variiert gleich-
sinnig: der Umfang des Kolbens, die Reihenzahl, der Umfang der
Spindel, das Gewicht des Kolbens, der Körner und der Spindel, und
gegensinnig: das lOOO-Körnergewicht. Ausserdem ist hier zu erwähnen,
dass der längste Kolben der Linie 159 in der Deszendenz einen be-
deutend grösseren Ertrag gab als die Linie 34 (der kürzeste Kolben).
Aus allem geht hervor, dass die Linien 159 und 34 reine Linien waren.
Wenn man nämlich aus einer beliebigen Gruppe den längsten Kolben
nimmt, so wird man laut Untersuchungen nicht zu solchen Resultaten
kommen. Ein solcher Kolben stellt eine ganze Menge verschiedener
Eigenschaften dar, die, wenn man den Kolben anbaut, hervortreten
und eine Population darstellen. Für die Vererbung der Reihenzahl
des Kolbens wurde aus der Linie 61 ein Kolben mit der grössten Reihen-
zahl und aus der Linie 21 ein Kolben mit der kleinsten Reihenzahl
genommen. In der Nachkommenschaft gab die Linie 61 eine durch-
schnittlich grössere Reihenzahl pro Kolben. Laut Modifikationskurve
hatte Linie 61 Kolben mit 14 — 26 Reihen, und der Gipfel der Kurve
lag bei 20 Reihen, dagegen hatte die Linie 21 Kolben mit 10 — 24 Reihen
und der Gipfel der Kurve lag bei 16 Reihen. Mit der Reihenzahl
variiert gleichsinnig: Kolbenlänge, Kolbenumfang, Spindelumfang, Ge-
wicht des Kolbens, der Körner und der- Spindel; gegensinnig: das
lOOO-Körnergewicht. Für weitere Untersuchungen betreffs der Ver-
erbung des Ertrages nahm man die Linien 126 und 94. Diese beiden
Linien wiesen einen bedeutenden Unterschied in bezug auf Ertrag auf.
Man wählte aus der Linie 126 einen Kolben mit 214 g Körner und aus
der Linie 94 einen Kolben mit 111,8 g aus. In der Nachkommenschaft
gab die Linie 126 einen grösseren und Linie 94 einen kleineren Ertrag.
Hier bestand auch eine Korrelation zwischen Ertrag, Kolbenlänge,
Kolbenumfang und Reihenzahl. Die Eltern der Linie 126 hatten eine
Kolbenlänge von 22 cm und der Linie 94 von 18 cm. Die Nachkommen-
schaft der Linie 126 ergab Kolben mit 15 und 25 cm Länge und Linie
94 mit 11 und 23 cm. Der Gipfel der Venationskurve lag bei der Linie
126 bei 19 cm und bei der Linie 94 bei 17 cm.- Was den Kolbenumfang
in der Nachkommenschaft der Linien 126 und 94 anbelangt, so war der
Kolbenumfang der Linie 126 grösser als jener der Linie 94. Ebenso
war es mit der Reihenzahl. Für die Vererbung des Kolbenum-
42 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Ptianzenzüchtung.
fang es nahm man die Linien 1561 und 15153, bei welchen man die-
selben Resultate erzielte wie bei den früheren Versuchen. Aus allen
Versuchen ist klar ersichtlich, dass sich die Eigenschaften nur bei reinen
Linien des Maises gut vererben, sich dagegen, bei aus nicht reinen Linien
gewählten Kolben, gewisse Eigenschaften nicht vollständig vererben und
man damit keine besonderen Resultate erzielen kann. Für praktische
Zwecke ist jedenfalls zuerst die Züchtung von reinen Linien anzu-
empfehlen und betreffs der Steigerung des Ertrages innerhalb derselben
Selbst- und Fremdbefruchtung durchzuführen. Autoreferat.
Mandekic, V. Priloggojidbi Kukuruza.^ (Gospodarska
smotra 1 — 4 [1918].) Auf dem landwirtschaftUchen Versuchsfelde in
Krizevci (Kroatien) wird „Kroatischer runder Mais" gezüchtet. Er ist
mittelfrüh, nicht zu stark im Stroh, trägt einen bis zwei dicht mit
Körnern besetzte Kolben. Die Züchtungsmethode ist die bekannte
Prof. Williams Maiszüchtungsmethode.
Auf dem Versuchsfelde wurden mit Mais zahlreiche und ausführ-
liche Versuche mit Selbst- und Fremdbestäubung durchgeführt. Die
Selbstbefruchtung beim Mais übt als solche infolge der Anhäufung von
etwaigen der Einzelpflanze anhaftenden Mängeln keinen so ungünstigen
Einfluss aus, wie man bisher anzunehmen geneigt war, sondern der
Grund für die Minderwertigkeit der Produkte der Selbstbefruchtung ist
geradezu in der einfacheren Merkmalzusammensetzung, verglichen mit
den Produkten der Fremdbestäubung, zu suchen. Die Pflanzen einer
gewöhnlichen sog. Mais-,, Rasse" sind nämlich als Bastarde bzw. als
von heterozygotischer Natur zu betrachten, welche durch Kombination
verschiedener Linien, also durch Mischung zahlreicher elementarer
Merkmale entstanden sind. Je weniger elementare Verschiedenheiten
in einer Rasse vorhanden, um so geringer ist die physiologische Energie,
speziell bezüglich des Wachstums. Nun ändert aber die Selbst-
befruchtung den heterozygotischen Charakter einer Form mehr und
mehr in einen homozygotischen, der, wenn er einmal erreicht ist, in
bezug auf Ertrag und physiologische Energie, speziell des Wachstums,
konstant bleibt. Sobald man aber diese selbstbefruchtete Linie mit einer
anderen anbaut, die sich in ihren Eigenschaften vollkommen unter-
scheidet, dann ergibt sich ein grosser Wachstumseffekt.
Die Versuche stimmen mit jenen von Shull und East durch-
geführten Versuchen überein. Aus allen Versuchen geht hervor: 1. Die
Pflanze, die einer Selbstbefruchtung unterzogen wurde, entwickelt sich
bedeutend schwächer als jene, bei der Fremdbefruchtung durchgeführt
') Beitrag zur Züchtung des Maises.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtuug. 43
wurde. 2. Bei Selbstbefruchtung des Maises ist der Stengel der Pflanze
schwächer und niederer als bei fremdbefruchteten Pflanzen. 3. Der
Same einer selbstbefruchteten Pflanze hat eine schwächere Keimungs-
energie und gibt ein grösseres Prozent steriler Pflanzen. 4. Die Pflanzen,
die einer Selbstbefruchtung unterzogen wurden, geben in der
nächsten Generation wenig oder keine Pflanze mit 2
oder mehreren Kolben. 5. Die Kolben, bei welchen Selbst-
befruchtung durchgeführt wurde, sind kürzer als die der selbst-
befruchteten Pflanze. 6. Ebenso ist es mit Kolbenumfang und
Reihenzahl. 7. Die selbstbefruchteten Pflanzen geben weniger
und schwächere Kolben, infolgedessen ist der Ertrag an Kolben,
Körnern, Spindeln und Stroh kleiner als bei den fremdbefruchteten
Pflanzen. 8. Wenn man eine Pflanze, welche durch mehrere Genera-
tionen fortwährend selbstbefruchtet wurde, einer Fremdbefruchtung
unterzieht, so wird der Wuchs, die Entwicklung und alle anderen Eigen-
schaften sowie der Ertrag überraschend gut. Autoreferat.
Moore, C. Experiments on selfsterility with plant s. ^)
(The Journal of heredity 1917, VIII, S. 203—207.) Bei Tradescantia
occidentalis und Tradescantia occidentalis X T. pilosa wurde voll-
kommene Selbstunfruchtbarkeit festgestellt; bei Trifolium hybridum,
Medicago sativa und Papaver Rhoeas zählte man bei Selbstbestäubung
2,7, 27,1, 39,5 o/o befruchtete Blüten von allen, gegen 21,5, 38,7, 84,0 «/^
bei Fremdbestäubung. Als Ursache der mehr oder minder ausgebildeten
Selbstunfruchtbarkeit wurde unzureichende Verlängerung des Pollen-
schlauches festgestellt. Bei Selbstbestäubung sind die Ernährungs-
verhältnisse für den wachsenden Pollenschlauch so günstig, dass dieser
bei Nahrungssuche sich mit der Verlängerung nicht zu beeilen braucht,
daher kürzer bleibt und nicht oder nur hier und da zur Eizelle gelangt.
Nilsson - Ehle, H. Untersuchungen über Speltoid-
mutationen beim Weizen. (Botaniska Notiser 1917, S. 305 bis
329, 1 Abb.) Bei Weizen, Triticum vulgare, wurden spontane Varia-
tionen beobachtet, welche in der Bildung längerer, lockerer Ähren und
längerer Halme bestanden, später reiften und Ährchenspelzen besassen,
die im Verhältnis zu den Blütenspelzen kürzer, stärker gekielt, oben
fast quer abgestutzt und im unreifen Zustand mit einem grünen Längs-
streifen versehen waren. Die schwächlichen Pflanzen erinnern in der
Ausbildung der Ährchenspelzen an Triticum Spelta, daher Speltoid-
mutationen. Alle beobachteten Variationen werden auf Verlust einer
Anlage zurückgeführt, der bei einer Geschlechtszelle eintritt, die mit
einer nicht variierten die spontane Variante als Heterozygote liefert.
^) Versuche über Selbstunfruchtbarkeit von Pflanzen.
44 Neue Erscheiuuugeu auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtuug.
Die Vererbungsverhältnisse sind eigenartige. Die bei Sommerweizen
beobachtete Variante brachte als Nachkommenschaft wieder ebensolche
Varianten und normale Pflanzen, erstere spalteten in gleicher ^'eise
weiter, und zwar 1:1, letztere vererbten voll. Die aufgefundene
Variante war demnach eine Heterozygote, aber bei der Bildung der
Geschlechtszellen wurden bei jenen des einen Geschlechtes nur solche
mit der Anlage für die normale Ausbildung erzeugt, bei dem anderen
solche und solche mit der Anlage für die Abweichung. In einem
anderen Fall, bei Winterweizen Extra Square head II, gab die spontane
Variation normale Pflanzen, speltoide Individuen und der Zwischen-
form entsprechende. Pflanzen der beiden ersterwähnten Arten ver-
erbten voll, solche der letzteren Art spalteten annähernd nach 1:2:1,
aber mit Überschuss normaler Pflanzen. In diesem Fall wurde dem-
nach auch die speltoide Homozygote gebildet, die im ersten Fall fehlte.
Hier, wie in einem dort folgend angeführten Fall, wird angenommen,
dass die Abweichung in dem Spaltungsverhältnis auf die Schwächung
der Geschlechtszellen mit der Anlage für die spontane Variation zurück-
zuführen ist, welche Schwächung — teilweise schwächere oder stärkere,
bis vollkommene Gametenelimination — um so stärker ist. je mehr
die spontane Variation von dem normalen Typus abweicht.
Plahn-Appiani, Die Zuchtrichtung bei der Selektion
der Beta-Rüben (Blätter für Zuckerrübenbau 1909, Nr. 3/4). —
Das von verschiedenen Seiten ausgesprochene Verlangen, eine Rübe zu
kultivieren, die Zuckergehalt und Wurzelgewicht in best möglichster
Verbindung enthält (von der Flächeneinheit also den höchsten Zucker-
ertrag gewährleistet), wird hier vom züchterischen Standpunkt be-
trachtet, indem auf die Art der Auslese hingewiesen wird, die in vererb-
lichem Sinne nur dann wirken könne, wenn sie in strenger Stammbaum-
folge und unter steter Berücksichtigung aller jener sekundärer Merk-
male, die diese in ihrer Objektivität vielseitig beeinflussen, durch-
geführt wird.
Plahn-Appiani, Die Individualität von Zucker- und
Futterrübe (Centralblatt für die Zuckerindustrie 1919, Nr. 18). —
Unter Bezugnahme auf eine Reichsgerichtsentscheidung wird die Er-
mittelung des spezifischen Gewichtes bzw. des Rübenkörpervolumens als
relativ sicherstes Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Arten
empfohlen.
Plahn-Appiani, Das Wurzelgewicht der Beta-Rüben
im züchterischen Sinne (Centralblatt für die Zuckerindustrie
1919, Nr. 26). — Es wird darauf hingewiesen, dass das absolute Gewicht
des Rübenkörpers sich aus Trockensubstanz und aus Wasser zusammen-
setzt und dass es im Vergleich zweier Rüben nicht gleichgültig sein kann,
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 45
in welchen Verhältnissen diese beiden Stoffe innerhalb des Rübenkörpers
sich befinden. Der Wert des durch Wasser bedingten höheren Gewichtes
(bei beispielsweise gleichem Zuckergehalt) ist jedenfalls nur als proble-
matischer zu betrachten, was dann auch in hereditärer Beziehung zum
Ausdruck kommt. Die Zuchtwahl wird sich daher (neben der Polari-
sation!) nicht auf die Ermittelung des Gewichtes an sich allein stützen
können, sondern sie wird auch die Trockensubstanz als Selektionsfaktor
heranzuziehen haben. Schwere Rüben können in züchterischem Sinne
erst dadurch Bedeutung erlangen, dass sie (adäquat ihrer Abstammung)
auch eine entsprechend höhere Trockensubstanz aufweisen. Schwere
Rüben, welche ihr Gewicht vornehmlich ihrem Wasseraufnahmevermögen
verdanken, werden nicht als individual, d. h. als ,, unbedingt" schwerere,
sondern lediglich als „bedingt" schwerere, d. h. wasserreichere Rüben
zu kennzeichnen sein. Autoreferat.
Ryx, v. Zahlenmässige Bestimmung der Korn-
schön he it bei Braugerste. (2 Abb.) (Zeitschr. f. Pflanzen-
züchtung VI, S. 109.)
Salmon, E. Improving Hops in England through
Crossing and selection.^) (Journal of the Institute of Brewing
XXIII, 1917, S. 60 — 82.) Es wurde- amerikanischer Hopfen Oregon
Cluster (weibl.) mit europäischen Formen von Humulus Lupulus bastar-
diert und dabei Pflanzen erhalten, die eine grosse Mannigfaltigkeit
unter den Verbindungen der Eigenschaften der beiden Elternformen
aufwiesen. Bei den 3000 — 4000 Individuen wurde besonders Aroma,
Harzgehalt, Ertrag und Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten be-
obachtet, um praktisch verwertbare Formen ausfindig zu machen.
Schubert, P. Blutauffrischung in der Zuckerrüben-
s amen Zucht. (1 Abb.) (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung VI, S. 209.)
Trouard Riolle. Hybrdation entre une crucifere
sauvage et une crucifere cultivee ä racine tuberis ee.^)
(Compt. rend. ac. Paris CLXII, 1916, S. 511—513.) Hederich
(Raphanus raphanistrum) wurde mit kultiviertem Gartenrettich (Rapha-
nus sativus) bastardiert. Fj zeigte bei Blattbildung und Wurzelaufbau
die Ausbildung des Hederichs, bei allgemeiner Erscheinung der Pflanze,
Blütenfarbe und parenchymöser Ausbildung der Wurzel die Ausbildung
des Gartenrettichs, bei chemischer Zusammensetzung der Wurzel, Form
und Anatomie der Schoten Zwischenbildung. In Fg waren 65,74 "/^ der
Pflanzen mit parenchymöser Wurzelausbildung, 5 — 15 7o glichen dem
Gartenrettich, 34,25 "/„ dem Hederich, der Rest nahm Zwischenstellung
*) Züchtung von Hopfen in England durch Bastardierung und Auslese.
^) Bastardierungen zwischen einem wilden Kreuzblütler und einem kultivierten
mit parenchymöser Wurzel.
46 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
ein. Durch Bastardierung kann daher auch die Eigenschaft, die
Wurzel parenchymös auszubilden, auf eine wildwachsende Pflanze
überti-agen werden. Wird ein Bastard zwischen Formen des Garten-
rettichs untereinander mit dem Hederich bastardiert, so erscheinen in
F2 Pflanzen, welche dem Hederich entsprechen, solche, welche dem
Bastard, solche, welche Zwischenbildung und solche, welche den Eltern
des Bastards entsprechen.
Tschermak, E. v. Steigerung der Ertragsfähigkeit
der Tomaten durch Bastardierung in der ersten Gene-
ration. (Nachrichten der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft für
Österreich 1918, S. 425, 426.) Die bei ausgesprochener Fremdbefruch-
tung mehrfach beobachtete Ertragssteigerung in der ersten Generation
nach Bastardierung wurde vom Verfasser auch bei verschiedenen Bastar-
dierungen zwischen Tomatensorten beobachtet. Die Tomate ist fähig,
auch bei Selbstbestäubung Frucht zu bilden, wenn auch ohne Beein-
flussung Fremdbestäubung gewiss reichlich vorkommt. Die Erträge
in der ersten Generation der erwähnten Versuche konnten jene der
Elternpflanzen um 1, selbst 3 kg Früchte übertreffen. Da die Bastar-
dierung leicht ausführbar ist, die Früchte reichsamig sind, kann eine
Erzeugung von Bastardsamen für Verkaufszwecke wohl in Frage
kommen.. Man wird dazu ertragreiche, in ihren Anlagen möghchst
ähnliche Sorten heranziehen.
Tschermak, E. v. Beobachtungen bei Bastardierung
zwischen Kulturhafer und Wildhafer. (Zeitschr. f.
Pflanzenzüchtung VI, S. 215.)
Ubisch, G. V. II. Beitrag zu einer Faktorenanalyse
von Gerste. (Zeitschr. f. induktive Abstammungs- und Vererbungs-
lehre XX, 1919, S. 65—117, 7 Abb.) Als Abschluss der Arbeiten über
Anlagenanalyse bei Gerste, über welche bisher in gleicher Zeitschrift
berichtet worden ist (Referate hier: Jahrgang III, S. 405, V, S. 62).
werden weitere Mitteilungen gemacht. Es sollte durch die ganze Arbeit
besonders für die Praxis der Züchtung Brauchbares geboten werden.
Fremdbefruchtung hält Verf. unter den ihr vorgelegenen Verhältnissen
bei zweizeiliger Gerste für äusserst selten, sie fand in 6 Jahren trotz
engem Nebeneinanderbau vieler Formen keinen Fall einer solchen. Bei
Ährchendichte — in der Arbeit als Spindelgliedlänge gemessen —
dominiert Lockerheit, und die Spaltung tritt nach 3: 1, locker zu dicht,
ein. Neben der Anlage L für Lockerheit können sich aber noch zwei
Anlagen, M und N, finden, welche die Ährchendichte weiter beeinflussen.
Die Verhältnisse werden bei den Bastardierungen für diese Eigenschaft
und für einige der anderen auch durch Kurventafeln sinnfälliger vor-
geführt. Die gleiche Erscheinung des Vorhandenseins von Neben-
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 47
anlagen, wie sie bei Ährchendichte beobachtet wurde, findet sich auch
bei Grannenlänge und Halmlänge, die auch Spaltung nach 3 : 1 geben,
wobei lange Granne und langer Halm dominiert. Normale Spaltung,
ohne solche Nebenanlagen, war bei Zweizeiligkeit und Zähnung vor-
handen — nicht sechszeilig, dominierend : sechszeilig wie 3:1, ge-
zähnt : nicht gezähnt wie 15 : 1. Die Eigenschaften Veränderung der
Grannenlänge, Brüchigkeit und Ausbildung von Kapuze an Stelle von
Grannen werden durch je 2 Anlagen bedingt, von denen eine allein
nicht wirkt. Bei Brüchigkeit der Spindel dominiert Brüchigkeit und
spaltet in F^ in 9 brüchig zu 7 nicht brüchig. Die Einreihung in F2
wird dadurch erschwert, dass die Brüchigkeit auch von Ährchendichte
und Jahreswitterung beeinflusst wird, und zwar bei kurzer, dicker
Spindel, und in trockenen Jahren geringer ist. Bei nackt oder bespelzt
wurde bestätigt, dass, wie v. Tschermak fand, Bespelzung dominiert
oder prävaliert, und bei reiner Spaltung in bespelzt zu nackt wie 3: 1,
bei Prävalenz in Fj und unreiner Spaltung in bespelzt, halbnackt, nackt
spaltet. Der Grad der Bespelzung wird auch von der Witterung stark
beeinflusst, bei trockener Witterung starker Spelzenschluss, bei nasser
schlechter. Auch bei Farbe der Spelzen wurde der Befund von
V. Tschermak bestätigt; schwarz dominiert, und in F2 spaltet
schwarz: gelb wie 3: 1, ein Zusammenhang zwischen Spelzen- und Korn-
farbe wurde nicht gefunden. Die Basalborste erwies sich als ein —
wie mehrfach festgestellt worden ist — konstant vererbendes Merkmal;
es wird aber die Schwierigkeit, die Borstenform ohne mikroskopische
Untersuchung sicher zu unterscheiden, hervorgehoben. Die A-Form
der Basalborste dominiert, wie schon v. Tschermak feststellte, über
die C-Form, und F^ spaltet in 3:1. Koppelungen wurden zwischen
Ährchendichte mit Grannenlänge, sowie Halmlänge mit Grannenlänge
und Ährchendichte festgestellt und durch Korrelationstab eilen vor-
geführt. Verf. hält Koppelung für vorliegend und nicht Äusserung einer
Anlage bei verschiedenen Eigenschaften.
Vestergaard, H.A. B. Gulrustens Virkning poa Udbyttet
af jorskellige Hvedesorter. (Tidsskrift for Planteavl 22. Bd.,
S. 110 — 115, 1915.) ^) Durch einen Ertragsversuch mit 38 neuen
Linien und 3 alten Sorten von Winterweizen untersucht Verf. den
Einfluss, welchen Angriffe von Gelbrost (Puccinia glumarum)
auf den Ertrag an Korn und Stroh ausüben. Die Stärke des Rost-
angriffes wurde Mitte Juni — d. h. zu einem Zeitpunkt, wo der Angriff
sein Maximum erreicht hatte — beurteilt, und zwar so, dass das Zu-
gegensein keiner Rostflecke oder jedenfalls bloss vereinzelter Rost-
punkte mit 0 Punkten bezeichnet wurde, während die Fälle, wo mehr
^) Die Wirkung des GelbroBtes auf den Ertrag verschiedener Weizensorten.
48
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
als die Hälfte der Blattfläche durch Rost zerstört war, je 5 Punkte
bekamen. Auf Grund dieser Beurteilung sind sämtliche 41 Sorten nach
der Intensität des Rostangriffes in vier beinahe gleich grosse Gruppen
geteilt, und zwar mit folgendem Resultat:
Gruppe
Rost
Punkte
Ernte, '/g kg pro Hektar
Körner Stroh
I
II
III
IV
0,0—0,3
0,6-1,0
1,3-2,3
2,5-4,7
33,3
32,5
30,1
25,9
65,3
63,7
59,9
56,1»
Diese neuen Weizensorten rührten von Bastardierungen zwischen
einigen wenigen älteren Sorten her, und der Unterschied an Rost-
empfindlichkeit erwies sich als weit grösser zwischen diesen unter-
einander als zwischen den Elternsorten. E L
Vestergaard, H. A. B. Jagttagelser vedrorende jors-
kellige Forkold og Egenskaber kos Brjg. (Tidsskrift f or
Planteavl 15. Bd., S. 336—348, 1915.) i) 1. Spontane Bastar-
dierungen zwischen zweizeiliger und vierzeiliger Gerste. Verf. hat
häufig Bastarde beobachtet, welche im Habitus der zweizeiligen Gerste
ähneln, nur mit ein wenig stärker entwickelten, teilweise fruchtbaren
Seitenährchen. Nach Aussaat von 100 Körnern eines solchen Bastardes
wurde geerntet:
a) 55 Ähren von Bastardform.
b) 36 „ „ normaler 2 zeiliger Gerste.
c) 11 „ „ ,. 4 ,. „
d) 5 ,, ,, 2 zeiliger Gerste mit linearen Seitenährchen.
In einer anderen Serie hat Verf. von jeder dieser 4 Typen wieder
Körner aus einer Pflanze ausgesäet. Hier spaltet a) wieder alle
4 Typen, während b) c) und d) sich konstant zeigten. 2. Künstliche
Bastardierung zwischen Formen von H. distichum nutans
und H. d. erectum ergab in F^ Zwischenformen, in Fo Spaltungen
1:2: 1. Bei kurz- und langhaarigen Basalborsten in derselben Bastar-
dierung dominiert langhaarig, und man bekommt in F2 3 langhaarig
zu 1 kurzhaarig. 3. Ganz unfruchtbare Gerstenpflanzen.
Verf. hat bei vielen Linien mehr oder weniger von Entwicklungs-
bedingungen abhängige Schartigkeit festgestellt; in einem Falle aber
fand er in einem Bestand von 50 Pflanzen 6 scheinbar normale Pflanzen,
in welchen kein Körnchen zur Entwicklung kam. Neue Aussaat von
drei normalen Pflanzen aus dieser Serie hat nicht die Eigenschaft
wiedergegeben. 4. Mutation von Zwergtypen. In einer früher
^) Beobachtungen über verschiedene Eigenschaften bei Gerste.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 49
konstanten Linie von rumänischer Landgerste traten unter 60 Pflanzen
3 zwergartige Pflanzen mit rudimentären oder fehlenden Basalborsten
auf. Sie gaben sämthch konstante Nachkommenschaft. E. L.
Wacker, J. Die Förderung des Dinkelbaues in Würt-
temberg durch diekgl. Saatzuchtanstalt. (Festschrift zur
Feier des 100 jähr. Bestandes der kgl. landw. Hochschule Hohenheim
S. 274 — 293.) Die erste Tätigkeit auf dem Gebiete begann an der
Anstalt selbst von 1904 ab mit Züchtung durch Formenkreistrennung
bei Nebeneinanderführung von schhesshch 27 Individualauslesen. 1903
wurde vom Saatzuchtverwalter Mall eine Bastardierung von Schlegel-
dinkel mit Square head vorgenommen, 1908 und 1909 wurden Dinkel-
herkünfte aus dem Lande bezogen und neue Individualauslesen be-
gonnen. Auf Wirtschaften im Land wurden 1906 Züchtungen begonnen:
auf dem Steinerschen Schlossgut Laupheim mit rotem Tyroler, der be-
sonders für das Oberland geeignet ist und von Z e i n e r auf der
Domäne Neuhaus mit weissem Schlegeldinkel 9, später mit rotem
Schlegeldinkel, beide für Ho henloh esche Ebene und Grünkern-
gewinnung. Der Hohenheimer weisse Kolbendinkel, der der erwähnten
Bastardierung Mails entsprang, ist für reichere Verhältnisse des Unter-
landes bestimmt, standfest, gibt aber viel Schlagkörner (Früchte, die
beim Drusch aus den Spelzen treten). Neben der Züchtung liefen Sorten-
versuchcj die am Sitze der Anstalt und im Lande durchgeführt wurden.
Der Saatfruchtbau auf Saatbau- und Saatzuchtwirtschaften wurde im
Lande geregelt.
Weiss, F. Arbeiten der Saatzuchtanstalt Hohen-
heim auf dem Gebiete des Futterbaues. (Festschrift zur
Feier des 100 jährigen Bestandes der königl. landwirtsch. Hochschule
Hohenheim S.. 319 — 337.) Bei Rotklee, Esparsette und Luzerne soll
Züchtung auf Zuchtstätten in Hauptanbaugebieten dieser Pflanzen, auf
geeignetem Boden ausgeführt werden. Bei Rotklee war bereits eine
Zuchtstätte gewonnen, sie musste im Krieg wieder aufgegeben werden.
Gezüchtet soll bei Riedbacher, Affalteracher und Schnittlinger Rotklee-
Herkunft werden. Am Sitze der Anstalt wurde Züchtung mit Rotklee
seit 1910 geführt. Dabei wird Gelingen der künsthchen Bestäubung
angegeben, mit durchschnittlich 32 Körnern pro Pflanze und im Höchst-
ausmaß 330 pro Pflanze. Allerdings wird angegeben, dass dieser
günstige Erfolg zum Teil vielleicht „auf nicht vollkommene Pollen-
reinheit des zur Bestäubung verwendeten Gegenstandes bei Übergang
von einer Pflanze zur anderen" zurückgeführt werden kann. Die von
Fruwirth eingeführte künstliche Bestäubung mit Hummeln wurde
unter Verwendung von Phazelia und mit der nach eigenen Erfahrungen
sehr geeigneten Cerinthe als Lockpflanze ausgeführt. Durchschnittlich
wurden dabei 49 Samen pro Pflanze erzielt. Bienen wirkten bei Ein-
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII. 4
50 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
schluss auch, aber weniger als Hummeln. Luzerne- und Esparsette-
Züchtungen wurden begonnen, ebenso Graszüchtungen, die weiterhin
auch an einzelnen Stätten im Lande betrieben werden sollen.
White, 0. Inheritance studies in Pisum.^) (Americ. Na-
turalist 1916, S. 530 — 547.) Bei Bastardierung von Pisum sativum
gab Goldkönig gelbkotylig mit grünkotyligen Formen bastardiert in
Fj — statt wie sonst bei Pisum sativum gelbkotylige Samen — grün-
kotylige und spaltete in F, in 3 grün-:l gelbkotyhge. Es wird an-
genommen, dass alle Formen eine Anlage für gelbe Farbe G besitzen,
die grünkotyligen ausserdem eine Anlage für grün Gr, die epistatisch
zu Gr ist, die dominanten gelben noch eine Anlage J, die bei Reife
grün in gelb verwandelt, während den rezessiven gelben die beiden
letzterwähnten Anlagen fehlen, also: gelb dominant G, Gr, J. gelb
rezessiv G, gr, i, grün G, Gr, i. Das würde die normale Spaltung 3: 1,
die erwähnte abnormale Spaltung 1 : 3 und auch eine andere abnormale
15 : 3 erklären.
Zinn, J., and Surf ace, M. The behavior of the Avena
sativa patula Var. Victor X Avena sativa nuda Var.
inermis.^) (Journal of Agricultural Research. 1917, S. 295 — 312,
8 Tafeln.) Fj gab bei Bespelzung Zwischenbildung: nackte, ganz und
teilweise bespelzte Früchte in demselben Fruchtstand. Schwarze Spelz-
farbe dominiert über weisse. Behaarung am Grund der Früchte war
in Fj bei einer Anzahl von Individuen stärker als bei Avena sativa
patula entwickelt. In Fo spalteten bespelzte : Zwischenform : nackt-
früchtigen Pflanzen wie 1:2:1, schwarzspelzige : weissspelzigen wie
3:1. In Fo spaltete Behaarung des Grundes in 15 behaart: 1 unbehaart.
Bei Behaarung wird angenommen, dass Avena sativa patula eine Anlage
besitzt, die schwache Behaarung bemrkt, Avena sativa nuda eine andere
Anlage, die allein nicht wirkt, mit der anderen Anlage zusammen
stärkere Haarbildung bedingt.
2. BücherbesprechuTigen.
Dykier, W. Bericht der Kurländischen Saatzucht-
anstalt in Dubbenhof 1913/14. Mit einem Vorwort von
Fürst A. Lieven. (Kurländische ökonomische Gesellschaft, Sektion
für Wiesen- und Futterbau. 1918. Kleinoktav. 47 S.. Verlag der Anstalt.)
Nur von 1913 bis 1. Januar 1915 bestand die im Titel genannte Saat-
zuchtanstalt, dann setzte der Krieg ihrem Wirken zunächst ein Ende.
Da für die Anstalt, wie der Vorsitzende der Sektion für Wiesen- und
^) Vererbungßstudien bei Erbse.
2) Das Verhalten von Avena s. patula X A. s. nuda.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 51
Futterbau der Kurländischen Ökonomischen Gesellschaft, Fürst
Liteven, aber im Vorwort bemerkt, neue Tätigkeit in Aussicht ge-
nommen ist, soll durch den vorliegenden Bericht über die Vorarbeiten
Mitteilung gemacht werden. In einem Abschnitt wird über den Plan
der Klee- und Graszüchtung berichtet, dabei auch wieder Mitteilung
über die grosse Vi eiförmigkeit der einzelnen Arten gemacht und die
bei Klee- und Graszüchtung gemachten Beobachtungen in einigen
knappen Sätzen zusammengefasst. Ein zweiter Abschnitt behandelt
die Weizenzüchtung; es wurde die Schaffung und Prüfung reiner Linien
in Angriff genommen, und es soll weiterhin Bastardierung vorgenommen
werden. In zwei weiteren Abschnitten wird über vergleichende Anbau-
versuche von Sorten und Herkünften und über den mit der Saatzucht-
anstalt verbundenen landwirtschafthchen Betrieb berichtet.
Ernst, A. Bastardierung als Ursache der A p o g a m i e
im Pflanzenreich. Eine Hypothese zur experimentellen Ver-
erbungs- und Abstammungslehre. (Grossoktav, 666 S., 172 Abb.,
2 Tafeln, Gustav Fischer, Jena 1918, Preis 36 M.) Die Untersuchungen,
welche der Verfasser, Professor der Botanik an der Universität Zürich,
bei einem Armleuchtergewächs, Ohara crinita, ausführte, haben ihn
zuerst dazu angeregt, nach Begründung einer neuen Erklärung der
Apogamie zu suchen. Dabei ist festzuhalten, dass er unter Apogamie
nur solche Fälle der Entstehung von Keimen aus der Eizelle oder aus
einer oder mehreren Körperzellen versteht, die mit vollständigem Ge-
schlechtsverlust des Formenkreises verbunden sind. Bei Ohara crinita,
die als Beispiel von Parthenogenesis galt, gibt es apogame und partheno-
genetische Formen. Apogamie, wie er sie, verschieden von Stras-
burg er und Winkler, auffasst, führt er auf Bastardierung zurück,
und er betrachtet dieselbe als eine der Störungen der Geschlechts-
tätigkeit, wie sich solche bei Artbastardierung in verschiedenen Formen
äussern. Die Erscheinung der Apogamie bei Pilzen, Algen, Farnen
und Angiospermen werden eingehend erörtert. Besondere Abschnitte
sind den „falschen Bastarden" der Parthenokarpie und der Polyem-
bryonie gewidmet. Auch die zwei erstgenannten Erscheinungen werden
— als nach seiner Umschreibung Apogamie — auf Folgen von Bastar-
dierungen zurückgeführt, ebenso eine Art der letzterwähnten, die
Nucellarembryonie. Aber auch jene vegetative Propagation, die in
Vermehrung durch Zwiebeln, Brutkörper, Rhizome, Knollen, Ausläufer
besteht, führt er. wenn sie mit völligem Verlust der geschlechtlichen
Fortpflanzung verbunden ist (Allium vineale. Agave Oantala, Poa
bulbosa), auf Bastardierung zurück. Auch diese Erscheinungen ent-
sprechen seinem Begriff Apogamie.
Jedem der 15 Kapitel ist am Schlüsse eine Zusammenfassung mit
zu beweisenden Sätzen angefügt. Die nach verschiedener Richtung hin
4*
52 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
nötigen Versuche zur Stützung der vom Verfasser als Arbeitshypothese
gemachten Annahme werden eingehend erörtert, und Verfasser legt
Wert darauf, dass von möglichst verschiedener Seite solche Versuche
durchgeführt werden. Neben, den anderen Werken entnommenen, Ab-
bildungen finden sich auch zahlreiche Originalabbildungen, die vom
Assistenten des Verfassers, Dr. Scherrer, herrühren. Zweifellos wird
das Buch zu vielen weiteren Arbeiten anregen und von jedem Botaniker
eingesehen werden müssen. Die Leistung des Verlages, dem es gelang,
in der Jetztzeit ein so umfangreiches, rein wissenschaftliches Werk
herauszubringen, verdient gewiss auch Anerkennung.
V.
Kleine Mitteilungen.
a) Wissenschaftliche.
Mitteilungen bezüglich der Variabilität einiger Grasarten.
Von J, Hessin g,
Botaniker bei dem „Instituut voor veredeling van Landbouwgewassen* der Landwirtschaftlichen
Hochschule Wageningen.
In den Jahren 1913 — 17 fand ich Gelegenheit, eine Untersuchung
bezüglich der Variabilität einiger Grasarten anzustellen, über deren
Ergebnissß ich zum Teil bereits berichtet habe.^)
In Sonderheit sind Lolium italicum L., Lolium itahcum var.
westerwoldicum und Lolium perenne L. vom Standpunkte der Genetica
sehr interessant. Innerhalb der labilen Grenzen der Art zeigen diese
Gräser eine solche Verschiedenheit von verhältnismässig konstanten,
aber fortwährend ineinander übergehenden und sich in allerlei Weisen
kombinierenden Formen und Kennzeichen, dass eine annähernd voll-
ständige Analyse wohl zu den piis votis gehören wird.
Im Sommer 1913 sammelte ich verschiedene Ähren dieser Gräser,
darunter drei zusammengesetzte Blütenstände.
Nachdem ich diese Ähren numeriert, mit einer kurzgefassten Be-
schreibung in das Kulturbuch eingetragen und zum Behufe der Ver-
gleichung mit der Nachkommenschaft photographiert hatte, wurden
die Samen von jeder einzelnen Ähre im Oktober 1913 in Schalen gesät,
in welchen die gekeimten Pflänzchen überwinterten.
Im Frühling des Jahres 1914, etwa am 15. April, waren die
Pflänzchen genügend entwickelt, um eine vorläufige Beurteilung mög-
lich zu machen.
Eine flüchtige Betrachtung der Feldchen brachte schon den grossen
Unterschied im allgemeinen Habitus an den Tag. Die Anzahl der mehr
oder weniger gleichförmigen Individuen war Jedoch im allgemeinen ge-
nügend gross, mir zu erlauben, die verschiedenen „Familien" vonein-
ander zu unterscheiden.
In der ersten Hälfte des Juh isolierte ich einzelne Ähren von
Pflanzen, welche eigentümliche Eigenschaften oder Merkmale zeigten.
^) „Mededeeling-en van de Rijks Landbouw-Hoogeschool", Bd. 12, Heft 4/5, 1917.
54 Kleine Mitteilungen.
Das Zweckmässigste war das Einschliessen der Ähren in Säckchen von
einer Sorte durchscheinenden Papieres, dem sog. Pergamin. Die Säck-
chen werden an der Unterseite mit einem Wattepfropfen geschlossen.
Diese Hülle sichert wegen ihrer Undurchlässigkeit vollkommen gegen
fremden Blütenstaub, während sie den Wasserdampf genügend durch-
zulassen scheint und das Licht ausreichend zulässt. Auch isolierte ich
einige Ähren in Kattun-Säckchen.
Wenn es möglich war, isoUerte ich zwei oder mehrere Inflores-
centien einer und derselben Pflanze zusammen. Die auf diese Weise
erhaltene Samenernte war quantitativ sehr verschieden.
Von Lolium itahcum ergaben ungefähr 12 °/o der eingeschlossenen
Ähren keine Samen. Sonst erntete ich bei Isolierung in kattunenen
Säckchen von nur einer einzelnen Ähre min. 3, max. 65 Samen; bei Ein-
ßchluss von zwei Ähren min. 2, max. 133, und von drei Ähren
min. 2, max. 54 Samen.
Benutzte ich papierene Säckchen, so gewann ich von Lolium ita-
licum bei Einschluss einer einzelnen Ähre min. 5, max. 71 Samen;
von zwei Ähren min. 13, max. 68, und von drei Ähren min. 7. max.
104 Samen.
Von nicht eingeschlossenen, mittelmässig langen und dichten
Ähren des Lolium itahcum war die Samenzahl ungefähr 350. Die
Anzahl ist aber sehr veränderHch.
Die Pflänzchen von Dactylis glomerata, Festuca elatior und im
allgemeinen auch von Lolium perenne waren im Sommer von 1914 noch
nicht genügend entwickelt, um eine zutreffende Beurteilung zu ermög-
lichen; aber ihre Überjährigkeit und Winterfestigkeit liess es zu, diese
Beurteilung bis auf das folgende Jahr zu verschieben.
Indessen machte ich im Winter von 1916 — 17 die Erfahrung, dass
die Winterfestigkeit von Dactylis glomerata keine allgemeine Gültig-
keit hat: von fünf zu vegetativer Vermehrung ausgewählten Pflanzen
waren im Frühjahr 1917 nur zwei unverletzt geblieben.
Die folgenden Wahrnehmungen und Bemerkungen betreffen nur
LoUum italicum und Lolium italicum var.'westerwoldicum und, in einigen
Fällen, Lolium perenne, insofern ich nämlich durch Teilung von älteren
Pflanzen über eine ausreichende Anzahl genügend entwickelter
Exemplare verfügen konnte.
Die stark fluktuierende Variabilität macht es in sehr vielen Fällen
unmöglich, eine zuverlässige Diagnose dieser Arten und Rassen zu
machen, vorausgesetzt, dass eine absolut feststehende, ein für allemal
geltende Art- und Rassebeschreibung überhaupt möghch ist.
So kann die Form des noch nicht entfalteten Blattes — welches
bei Lolium italicum „im allgemeinen" aufgerollt, bei Lolium perenne
„im allgemeinen" gefaltet ist — nicht für einen absoluten Unterschied
Kleine Mitteilungen. 55
dieser beiden Arten gelten; ich fand nämlich bei LoUum perenne mehrere
Male die Knospe mehr oder weniger aufgerollt, bei Lolium itahcum
mehr oder weniger gefaltet.
Nicht weniger unzuverlässig zur Bestimmung dieser genannten zwei
Arten ist die Anzahl der kleinen Ährchen (Teilblütenstände) und die
Anzahl von Blüten in letzteren.
Dieselbe Unfestigkeit gilt für die Breite und Länge der Blatt-
spreiten, für die Begrannung der Deckspelzen, die Länge des Halmes
und für die meisten, wenn nicht für alle übrigen Kennzeichen.
Behufs einer Schematisierung des sehr variabelen Habitus unter-
schied ich drei Hauptformen:
a) einen steilen. V-förmigen und ziemlich hochwachsenden,
b) einen U-förmigen, mehr breitwachsenden Busch, und
c) einen durch vielerlei Übergangsformen mit den unter b) genannten
verbundenen dritten Typus, der sich von diesen beiden erstgenannten
Formen unterscheidet durch sein niedriges (plattes) Wachstum.
Form a) bezeichnete ich mit V, b) mit U und c) mit — .
Es ergab sich aus den Kulturen der Jahre 1914 bis 1916, dass die
Unterschiede dieser verschiedenen Typen als erbhche Kennzeichen auf-
traten; was aber die Erblichkeitsverhältnisse betrifft, konnte ich aus
den in diesen Jahren gemachten Zählungen keinen Schluss ziehen.
Mit Beachtung zweier Zwischenformen (einer zwischen der V-
förmigen und U-förmigen, und einer zwischen der U-förmigen und
platten Form schwankenden) fand ich im Jahre 1914 in meinen
Kulturen von Lolium itahcum: V = 18,85 ''/o, U = 33,27 <^/o, platt (— ) =
5,000/o; v/u =16,450/0; U/— = 26,43 0/0. Im Jahre 1915: V= 27,820/o;
U = 27,63%; — =13.66 «/o; V/U =18.14%; U/— =12,73%; und
im Jahre 1916: V = 28,82%; U = 59,58%; —=7,78%; V/U =
1,44%; U/- 11,38%.
Die Isolierung hatte jedoch das gewünschte Resultat, dass schon
im Jahre 1916 viele Familien eine sehr grosse Gleichmässigkeit und
Gleichförmigkeit zeigten; so fand ich in einer Kultur des Lolium ita-
licum bei Familie 0173, ursprünglich stammend aus einer U-förmigen
Pflanze, auf 42 Individuen 38 U-förmige, bei Famihe 0174 (ursprüng-
lich U-förmig) auf 46 Individuen 43 U-förmige, bei Familie 0167 (ur-
sprünglich U-förmig) auf 55 Individuen 52 U-förmige.
Bei der ursprünglichen V-förmigen Familie 0227 zählte ich auf
48 Individuen 46 V-förmige, bei Famihe 0230 (ursprünglich V-förmig)
auf 54 Individuen 53 V-förmige, bei Famihe 0233 (ursprünglich V-förmig)
auf 56 Individuen 54 V-förmige, und bei der aus einer niedrig wachsen-
den Pflanze ( — ) stammenden Familie 0212 auf 55 Individuen 53 niedrig
wachsende usw.
56 Kleine Mitteilungen.
Diese nur eine einzige, besondere Gruppe von Kennzeichen be-
treffenden Angaben beweisen schon hinlänghch die Vi eiförmigkeit
dieser Art.
Bemerkenswert ist das Inminderzalilbleiben des so stark pronon-
zierten, niedrig wachsenden Typus. Eine Famihe (0150, 1914) machte
hiervon aber eine merkwürdige Ausnahme, insofern diese Form hier
anfänghch gar nicht zur Erscheinung kam, in der nächstfolgenden
Generation Jedoch dominierte mit 72,5 % gegen 27,5 °/o der übrigen
Formen.
Der allgemeine, äusserliche Charakter der Pflanzen wird auch
mitbestimmt durch den Stand der Blätter und durch die unterschiedene
Breite und Länge derselben.
Eine vergleichende Messung der Blätter bei ,,normal"-blättrigen
(dem am häufigsten vorkommenden Typus), sehr breit- (lang-) blättrigen
und sehr schmal- (kurz-) blättrigen Pflanzen von Lolium itahcum ergab
als grösste Blattbreite im Mittel 7,09 mm, mit einem Maximum von
9 mm und einem Minimum von 5 mm; als die kleinste Blattbreite
im Mittel 3,6 mm, mit einem Maximum von 5 mm und einem Minimum
von 2,5 mm. Bei Lolium perenne war die Blattbreite im Mittel
3,09 mm mit einem Maximum von 4 mm und einem Minimum von
2 mm. Die grösste Blattlänge war bei Lolium itahcum im Mittel
183 mm mit einem Maximum von 265 mm und einem Minimum von
120 mm, die kleinste Blattlänge im Mittel 143 mm mit einem Maximum
von 195 mm und einem Minimum von 110 mm.
Bei der von mir untersuchten Sippe von Lolium perenne war die
grösste Blattlänge im Mittel 175 mm, mit einem Maximum von 255
und einem Minimum von 115 mm. Graphische Vorstellungen machten
es anschaulich, dass bei einigen Famihen die Blattbreite im allgemeinen
vom niedrigsten zum höchsten Blatte am Halme zunimmt, bei anderen
dagegen die Breite vom niedrigsten zum höchsten Blatte abnimmt.
Mit Rücksicht auf den praktischen V^ert als Futtergewächs ist der
allgemeine Habitus ein sehr wichtiges Kennzeichen zur Beurteilung.
Was Lolium italicum und Lolium italicum var. westerwoldicum an-
belangt, werden die breit- und hochwachsenden Pflanzen wohl zum meist-
gewünschten Typus gehören.
Einige Züchter versuchten Lolium westerwoldicum mittels einer
(Massen-) Selektion zu veredeln, freilich ohne das gewünschte Resultat.
Sie Hessen nämlich ihre Pflanzen nicht in einer solchen Entfernung
wachsen, dass eine Beurteilung der einzelnen Pflanzen möglich war.
Nur die Halme und Ähren, aber nicht die Individuen konnten beobachtet
werden.
Kleine Mitteilungen, 57
Nun wird aber naturgemäss der Handelszüchter vorzugsweise eine
kräftige, viele Samen versprechende Ähre auswählen, infolgedessen vor-
nehmlich die Samen von solchen „vielversprechenden" Ähren aussäen.
In meinen geräumig gepflanzten Kulturen stellte sich aber heraus,
dass kräftige, vielblumige Ähren sehr oft an Pflanzen vorkommen,
welche zu „schlechten" Tjrpen gehören.
Eine ,, Veredlung" durch die Auslese solcher Ähren ohne Berück-
sichtigung der einzelnen Pflanzen wird daher ■ höchst wahrscheinlich
nicht das gewünschte Resultat ergeben.
Ich erhielt bei einer Kultur von auf genannte Weise „veredelten"
Pflanzen etwa 68,50 "/„, bei gar nicht „veredelten" dagegen nur 47,63 "/o
„schlechte" Individuen. Diese Selektion hatte mithin das nicht ge-
wünschte Resultat, den Betrag „schlechter" Pflanzen der gewöhnlichen
Handelsware um 21,14 °/o zu erhöhen.
Weitere Untersuchungen betrafen die Variation besonderer Teile,
u. a. jene von Länge, Blütenanzahl und Begrannung der Ähren.
Bei manchen Ähren von Lolium italicum hatten sich einige
Ährchenspelzen zu Ähren umgestaltet und hatten sich, statt der Ährchen-
ßpelzen. Ährchen zweiter Ordnung entwickelt. Es zeigte sich, dass auch
diese Eigenschaft erblich war, d. h. dass die Anlage, unter bestimmten
Umständen verzweigte Ähren zu bilden, erblich ist. Das unter Um-
ständen stattfindende Entstehen und Vergehen dieser Erscheinung
lässt uns an das denken, was man ,, Ernährungsmodifikation" zu
nennen pflegt.
Auch ergab sich die Ährchendichtigkeit, d. h. das Verhältnis der
Ährenlänge zu der Zahl der Ährchen (Teilblütenstände), als ein sehr
veränderliches Kennzeichen. Ich fand als mittlere Ährchendichte bei
Lohum itahcum 7,11, 8,96, 9,64, 12,64, 6,21, 11,65, 12,4, 11,11, 7,25,
9,65; bei zwei verschiedenen Rassen von Lolium italicum var. wester-
woldicum 11,89, 9,51; bei Lolium perenne 9,3.
Bastardierungsversuche mit der grünsamigen Chevrier-Bohne. ^)
Von Prof. I)r. Erich v. Tschermak, Wien.
Unter dem Namen Haricot Chevrier wird eine besonders in der
Umgebung von Paris viel gebaute Bohne auf den Markt gebracht, die
sich dadurch auszeichnet, dass ihre Samen auch vollständig ausgereift
eine grüne Samenschale und grünbleibende Kotyledonen aufweisen.
Auch die Hülsen bleiben bei dieser Sorte, selbst ausgereift, auffallend
grün. Sobald die ersten Hülsen zu reifen beginnen — also gegen Ende
der Weichreife — , werden von den Pariser Gärtnern die Pflanzen mit
der Wurzel aufgezogen und luftig, nicht direkt im Sonnenlichte, mit
<ier Wurzel nach oben aufgehängt oder aufgestellt und so einer lang-
^) Bohne hier gleich Fisoje (Phaseolus vulgaris L.).
58 Kleine Mitteilungen.
Samen , .schattigen" Trocknung unterzogen, bevor sie ausgepellt oder
ausgedroschen werden. Die grüne Samenfarbe wird auf diese Weise
erfahrungsmässig viel besser konserviert, auch bleiben die Samenschalen
zarter. Bei den im direkten Sonnenlichte austrocknenden Hülsen wird
das Chlorophyll in den Samenschalen und Kotyledonen oft ganz oder
teilweise zerstört, weshalb solche Hülsen neben grünkotyhgen Samen mehr
oder wenig reichlich gelbkotyhge oder zur Hälfte grün, zur Hälfte gelb
gefärbte Bohnen enthalten. Die Vererbung des Grünbleibens der Bohnen
auch bei der unter geeigneten Bedingungen erreichten Reife ist aber
bei dieser Sorte eine volle oder reine. Auch die ganz gelb gewordenen
Bohnen erzeugen wieder Pflanzen mit durchaus grünen Bohnen, wovon
man sich leicht überzeugen kann, wenn man sie vor der Todreife erntet.
Die Ursache der erwälmten Farbenänderung von grün zu gelb beruht
hier also einfach auf der stärkeren und langdauernden Belichtung; sie
stellt demnach eine durch bekannte, äussere Einflüsse bewirkte Modi-
fikation, oder rein persönliche Abänderung dar, wie dies bereits Fru-
wirth^) erschlossen hat und ist nicht als eine eigentliche Variation
bzw. Stammesabänderung aufzufassen. Interessant ist die Erscheinung,
dass gerade bei dieser grünsamigen Rasse die Kotyledonen beim „Auf-
laufen" der Pflanzen ganz weiss, also chlorophyllfrei bleiben, während
sie bei den gelbkotylen Rassen nach dem , .Auflaufen" sehr rasch er-
grünen: das nur im Schatten der Blätter oder bei künstlich schattiger
Trocknung in den Kotyledonen noch erhalten gebliebene Chlorophyll
wird beim Hervorkommen der Kotyledonen aus der Erde durch die
Einwirlvung des Lichtes vollständig zerstört. Nur bei Keimungen im
dunklen Keimkasten erhält sich das noch nicht zerstörte Chlorophyll.
Bei nachträglicher Belichtung werden aber die Kotyledonen sehr rasch
weiss. Ist die grüne Kotyledonenfarbe, wie bei Bastarden der Chevrier-
Bohne mit pigmentschaligen Sorten, durch die pigmentierte Samenschale
ohne Abheben derselben mit einem Messer nicht immer leicht zu kon-
statieren, so verraten ,,weisskeimende" Nachkommen (von der 2. Gene-
ration ab) sofort ihren rezessiven Charakter bezüglich dieses Merkmales.
Dass bei der Chevrier-Bohne die grüne Kotyledonenfarbe durch Bastar-
dierung mit einer gelbkotylen Sorte — wie bei den Erbsen — in gelb
umschlägt, also Embryoxenien festzustellen sind, wurde von mir ^}
bereits im Jahre 1903 beobachtet. Zur Ergänzung der seinerzeit ge-
botenen sehr kleinen Aufspaltungszahlen der Fo-Samengeneration
wurden die Bohnen von 19 Pflanzen der F, -Mischlingsgeneration unter-
sucht und zur genauen Prüfung der Kotyledonenfarbe etwas an-
geschnitten. Es ergab sich wieder anscheinende Aufspaltung nach dem
Pisum-Typus 3:1, nämlich
1) Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung 1915, S. 185.
2) . Zeitschr. f. d. landw. Versuchsweeen in österr. 1904, S. 51.
Kleine Mitteilungen. 59
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Interessant ist ferner die echte Korrelation zwischen der grün
gefärbten Samenschale und dem Grünbleiben der Hülsenfarbe auch im
ausgereiften Zustande, die sich an den Bastarden mit gelbkotylen Rassen
in F-i und F2 besonders gut beobachten lässt. Diese Korrelation besteht
also nicht zwischen grüner Kotyledonen- und grüner Hülsenfarbe,
sondern natürlich nur zwischen den rein mütterlichen Produkten: Samen-
und Fruchtschale (Hülse)"^). Dementsprechend bleiben die Hülsen, welche
die nach Bastardierung veränderten (gelbkotylen) Samen, also die
Embryoxenien enthalten, auch bei der Reife unverändert grün. Aller-
dings zeigt die Samenschale auf dem gelben Untergrund nicht mehr
denselben grünen Farbenton und dieselbe Sattheit der Farbe wie bei
der reinen Sorte. In F^, in welcher weisse oder farbige Samenschale
über grüner dominiert, blassen auch die Hülsen im Reifezustand normal
aus, sie enthalten aber gelb- und grünkotylige Samen im Verhältnisse von
3:1. In Fo tragen nur jene Pflanzen grünbleibende Hülsen, die Bohnen
mit grünen Samenschalen enthalten. Es kommt natürlich auch die
^) Dieses Spaltungsverhältnis überschreitet den gemäss dem mittleren Fehler er-
laubten Spielraum erheblich, welcher für n = 1000 den Wert von 0,0548 besitzt (vergl.
W. Johannsen, Elemente der exakten Erblichkeitslehre 2. Aufl., 1913, S. 512). Im
obigen Falle macht nämlich die Abweichung (für n = 1049) + 0,088 zugunsten der Gelben
gegenüber den Grünen aus. Die Spaltungsrelation ist augenscheinlich durch einen
äusseren Faktor beeinflusst. Dieser ist in dem oben geschilderten individuell-modifi-
zierenden Einfluss der trberbelichtung bzw. Todreife gegeben, welcher in diesen Versuchen
offensichtlich doch nicht ganz ausgeschaltet war bzw. nicht ganz ausgeschaltet werden
konnte. Reifen doch nicht alle Samen zur gleichen Zeit und wechselt doch offenbar
individuell die Lichtempfindlichkeit. — Nebenbei sei hier noch eine zweite Erklärungs-
möglichkeit für eine Überschreitung des Spaltungsverhältnisses 3 : 1 angedeutet. Nimmt
man für die Merkmale gelbe bzw. grüne Kotyledonenfarbe einen bifaktoriellen Unterschied
an (so wie dies für die Merkmale gelbe und grüne Samenschalen- und Hülsenfarbe zu
vermuten ist), und zwar bei den typischen Linien einen direkt wirksamen Hauptfaktor und
einen bloss katalytisch-fördernd wirksamen Nebenfaktor (also Spaltungsverhältnis nach
Bastardierung: 12 : 4, scheinbar 3 :1), so wäre Beimengung ev. Neuauftreten einer Linie
denkbar, in welcher beide Faktoren direkt wirken, die also nach Bastardierung das Spal-
tungsverhältnis 15 : 1 gab. Ein Gemenge von typischen und atypischen Spaltern im
Verhältnis von 10 : 1 würde — gleiche Fruchtbarkeit vorausgesetzt — echematisch die
Relation (120 + 15) : (40 + 1) = 135 : 41 = 3,29 : 1 bzw. -,„- ^i^^^.,, . : ^ = 3,07 : 0.93
(135 -\- 41) : 4 44
ergeben.
*) Die von F r u w i r t h (Handb. d. landw. Pflanzenzüchtung Bd. I, 4. Aufl., S. 71)
zitierten Beobachtungen Daniels (Compt. rend. Paris 1902, II, S. 59) über eine an-
gebliche Beeinflussung der Samenschalenfärbung bei der Bastardierung Phaseolus multi-
florus (weibl.) X Ph. vulgaris (männl.), sowie über eine von demselben Forscher an-
geblich beobachtete direkte Beeinflussung und spätere Aufspaltung der Samenschalenfarbe
im Anschlüsse an Pfropfung verschiedener Formen von Ph. vulgaris zueinander (Compt.
rend. 1897, S. 661; 1900, S. 665; zitiert von Fruwirth in Bd. III, 2. Aufl., S. 173,
seines Handbuches, halte ich für unrichtig.
60 Kleine Mitteilungen.
Kombination vor: ausblassende Hülsen, weisse Samenschale und grüne
Kotyledonenfarbe. Nur die erwünschte Kombination, nämlich Bohnen
mit grüner Samenschale und grünen Kotyledonen, sieht natürhch
intensiv grün aus, während eine solche mit weisser Samenschale und
grüner Kotyledonenfarbe infolge der bloss durch die weisse Samenschale
durchscheinenden grünen Kotyledonenfarbe nur schwach grünlich er-
scheint. Doch kommen unter den Aufspaltungsprodukten noch
Individuen mit Abstufungen bezüglich der grünen Samenschalen- und
Hülsenfarbe von leicht bis stark dunkelgrün vor (Nebenspaltung im
Sinne von Nilsson-Ehle), was durch Bedingtsein des Merkmales gelbe
bzw. grüne Farbe durch einen bifaktori eilen Unterschied zu begreifen
sein dürfte; von den beiden Faktoren wirkt augenscheinlich der eine
direkt, der andere bloss katalytisch bzw. verstärkend, so dass das
Spaltungsverhältnis nur scheinbar 3:1, richtiger 12:4 lautet (ent-
sprechend der Theorie selbständiger katalytischer Nebenfaktoren von
E. V. Tschermak.
Da die Samenschale der Chevrier-Bohne sehr fein ist und die
Bohnen auch gekocht mit oder ohne Samenschale ihre grüne Farbe bei-
behalten, eignet sie sich ganz besonders als Garnierungsgemüse für
Braten sowie für Salatzwecke. Leider werden die Blätter dieser Sorte
sehr häufig von der roten Spinnmilbe (Tetranychus telarius), die Hülsen
und Samen — wie dies bei der Mehrzahl der weissschaligen Bohnen be-
sonders der Fall ist — von der Fleckenkrankheit (Colletotrichum Linde-
muthianum) befallen. Die Samen sind nierenförmig, ziemlich flach und
mittelgross. Das Einzelkorngewicht der besten, direkt von Vilmorin
bezogenen Chevrier-Sorte betrug 0,278 g. Ich habe mir nun für prak-
tische Zwecke die Aufgabe gestellt, durch Bastardierung der Chevrier-
Bohne mit speziell gegen die genannten Schädlinge widerstandsfähigen,
ferner frühreifen und gross-, dicksamigen Sorten (mit ovalen und nieren-
förmigen Samen), z. B. der Prinzessbohne, Flageolet Victoria, weisse
Pariser, Wachsdattel, sowie durch wiederholte Bastardierungen, gross-
körnigere, früherreife und gesundere, sattgrüne Chevrier-Sorten zu er-
zielen. Solche Kombinationen — mit einem Einzelkorngewicht bis zu
0,58 g — sind bereits gewonnen und werden jetzt vermehrt. Auch mit
fadenlosen (dominierend-präv.) (Brechbohnen) und dickfleischigen Bohnen
mit sog. Zuckerhülsen (rezessiv) wurden Bastardierungen durchgeführt,
um sowohl eine fadenlose Chevrier-Bohne sowie solche mit sog. Zucker-
brechhülsen zu erhalten. Da die Hülsen der Chevrier-Bohne auch aus-
gereift grün bleiben, liegt der Gedanke nahe, dass sich vielleicht bei
Chevrier und ihren Abkömmlingen die grüne Farbe der unreifen Hülse
besser konservieren lassen wird, wie bei anderen Sorten, bei welchen zur
besseren Grünerhaltung der Konserve etwas Kupfervitriol zugesetzt
wird. Es sind deshalb noch Bastardierungen der Chevrier-Bohne mit
Kleine Mitteilungen. 61
guten fadenlosen, dickfleischigen „Konserven-Bohnen", wie mit der
Heinrichs Riesenzuckerbrechbohne, vorgenommen worden. Die Auf-
spaltungsprodukte (F2) mit der erwünschten Kombination ,,Grünhülsige
Zuckerbrech" werden 1919 vermehrt und 1920 bezüglich ihrer be-
sonderen Eignung zum Konservieren untersucht werden.
Ausleseverfahren zur Massenauslese der Maiskolben.
Von Prof. E. Grabner,
Direktor der Pflanzenzüchtungsanstalt Magyar-Ovär.
(Mit 1 Textabblidung.)
Dieses Verfahren ermöglicht die rasche und verlässliche Über-
prüfung, zugleich Sortierung einer grossen Anzahl von Maiskolben auf
ihre Gewichts- und Körner-Spindel-Prozente.
Dem Erfinder dieses Verfahrens, Emerich von Kherndl in
Särszentmiklös (Komitat Fejer, Ungarn), lag der Grundgedanke vor,
dass das Saatgut für grosse Flächen der eigenen Wirtschaft nur von
einzeln geprüften Maiskolben genommen werden soll. Diese Aufgabe
bedingt eine Massenauslese von einer grossen Anzahl Maiskolben, und
zu diesem Zwecke dient das nachfolgend beschriebene Ausleseverfahren.
Bei der Ernte werden die nach äusserer Beschaffenheit, Form,
Grösse usw. entsprechenden Kolben des gezüchteten gelben Pferdezahn-
maises ausgewählt und gesondert aufbewahrt. Ihre Aufarbeitung ge-
schieht zeitlich im Frühjahr, wenn sie genügend trocken sind und der
überflüssige Wassergehalt der Spindeln ihr Gewicht nicht mehr be-
deutend beeinflusst. Vor der Gewichtsbestimmung der Kolben werden
diese nochmals auf ihre äusseren Merkmale geprüft und ihr Gewicht
mit einer genauen Zeigerwage festgestellt.
Dem Minimalgewicht (200 g) nicht entsprechende Kolben werden
ausgeschieden, die anderen mittels eines selbstkonstruierten Sortier-
tisches in Gruppen von 10 — 10 g Abstufungen sortiert.
Dieser Tisch (s. Abb. 5), von welchem nötigenfalls zwei oder drei
nebeneinander aufgestellt werden können, hat auf seiner Platte eine
entsprechende Anzahl Öffnungen, auf welchen nach beiden Längsseiten
abwechselnd schief abwärts laufende Rinnen montiert sind. Die Öff-
nungen werden mit der Gewichtszahl der Kolben mit je 10 g-Ab-
stufungen bezeichnet, so z. B. je eine Öffnung für 200, 210, 220, 230
usw. Gramm schwere Kolben.
Die abgewogenen Maiskolben werden in die ihrem Gewicht ent-
sprechende Öffnung gelegt, wonach sie, durch die Rinne laufend, in
tragbare Kisten gesammelt und demnach jede Gruppe gesondert in
Haufen aufgeschüttet wird.
Auf solche Weise kann eine grosse Anzahl von Kolben in kurzer
Zeit nach ihrem Gewicht sortiert werden. Die sortierten Kolben
kommen dann gruppenweise zur ferneren Aufarbeitung, derart, dass
62
Kleine Mitteilungen.
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5*
Kleine Mitteilungen. 63
nach Entfernung der auf den Kolbenenden gewachsenen minderwertigen
Körner die entsprechenden Körner samt den Spindeln kolbenweise ge-
sondert in Papiertüten gelegt und die Spindeln einzeln abgewogen
werden.
Die Spindel-Körner-Prozente werden nicht für einen jeden Fall
besonders ausgerechnet, sondern mittels Tabelle auf S. 62 bestimmt.
Diese Tabelle zeigt, welche Spindel-Körner-Prozent-Zahlen für die ein-
zelnen Fälle entsprechen, und die Prozent-Zahlen werden nach Be-
stimmung des Spindelgewichtes abgelesen.
In dieser Arbeitsperiode werden am Sortiertisch die Kolben-
gewichte bezeichnenden Etiketten mit solchen ausgetauscht, welche für
jede Öffnung die entsprechenden Kolben-Spindel-Prozent-Zahlen zeigen,
so z. B. 78, 79, 80, 81 usw. Prozent. Die Körner der untersuchten
Abl3. 5.
Spindeln werden in die entsprechenden Öffnungen geschüttet, wonach
diese sich in den tragbaren Kisten ansammeln.
Auf diese Weise erhält man den Samen nach Spindel-Körner-
Prozenten sortiert. Bei dem Erfinder dieses Verfahrens werden die
Körner der über 350 g schweren und mindestens 89 °/o Körner gebenden
Kolben als Elitesaatgut verwendet.
Der Sortiertisch kann aus Holz leicht angefertigt und durch dieses
einfache Verfahren genaue Massenauslese einer grossen Anzahl von
Kolben binnen kurzer Zeit durchgeführt werden. Nach Kherndl ist
die Leistung von 12 Arbeiterinnen während 9 Tagen 141 q sortiertes
Saatgut gewesen, welches auf eine Fläche von 870 kat. Joch genügte.
Das Resultat dieses seit längerer Zeit jährlich angewendeten
Massenausleseverfahrens ist, dass die Körner-Prozente der Gesamternte
derzeit 82^83 betragen. Bei dem gewöhnlichen Mais sind dies 65 bis
68 °/o; demnach entfällt von 100 kg Kolbenernte 15 — 19 kg Körnerplus
zugunsten des Ausleseverfahrens, welches bei einem mittleren Kolben-
ertrag von 30 q pro Hektar 4.5 — 5.7 q Körnermehrertrag abgibt.
64 Kleine Mitteilungen.
Zur näheren Kenntnis der Faktoren der Anthozyanbildung bei Pisuni.
Von Dr. Siegfried Bncli, Wien.
Die Blüten der Fj von Bastardierungen sowohl zwischen rot-
blühenden und weissblühenden wie zwischen rosablühenden und weiss-
blühenden Pisum-Rassen sind bekanntüch rotviolett gefärbt und unter-
scheiden sich dem Augenscheine nach nicht von homozygotisch roten
Blüten. Es wurde nun untersucht, ob auch in exakter Prüfung die Kon-
zentration und Qualität des Anthozyans in den Blüten der heterozy-
gotisch rotblühenden Pisumpflanzen (ABaB bzw. ABAb) ^) derjenigen
bei homozygotisch rotblühenden (ABAB) gleich ist bzw. unterschieden
werden kann. Des weiteren w"urde Konzentration und Art des Antho-
zj^ans in homozygotischen Rosablüten (AbAb) mit derjenigen in homo-
und heterozygotischen Rotblüten exakt verglichen. Die Arbeitsweise
war die folgende:
Die Fj-Generation wurde durch Bastardierung der weissblühenden
Sorten „Victoria" und „Moerheims Riesen", als weibl., mit rotblühendem
(makelfreiem) Pisum arvense und der rosablühenden Sorte ,,Rote
Kronen", als männl., gewonnen; als homozygotische Vergleichsobjekte
wurden die zwei obengenannten farbigblühenden Sorten, ausserdem noch
die rotblühende „Niedrige Violette" verwendet.
Aus den gefärbten, breiten Teilen der Flügel (Alae) einer bis
zweier Blüten einer Pflanze wurden nun Stückchen im Gewichte von
10 mg ausgeschnitten, in dünne, kalibrierte Glaseprouvetten eingelegt
und dortselbst mit 0.4 ccm 96 "/^ igem Alkohol Übergossen, worauf die
Röhrchen mit Stöpseln geschlossen wurden. Nach 24 Stunden waren
die Blütenstückchen weiss bzw. beinahe weiss, so dass — praktisch ge-
nommen — das ganze Anthozyan im Alkohol gelöst war. Nun wurde
die Farbe beobachtet bzw. verglichen. Die Proben von je zwei bis drei
zu vergleichenden Pflanzen wurden stets gleichzeitig entnommen und
gleichzeitig verglichen. Der Vergleich der Extrakte geschah in den-
selben kalibrierten Glasröhrchen gleichen Dup'chmessers, in welchen
extrahiert worden war. In Durchsicht gegen eine weisse Papierfläche
wurde zunächst festgestellt, welcher von den beiden Extrakten dunkler
gefärbt war, sodann wurde der dunklere Extrakt so weit mit Alkohol
verdünnt, bis die Helligkeit in beiden Röhrchen gleich wurde. Die zur
Verdünnung verwendete Alkoholmenge ergab einen Maßstab für das
Verhältnis der Konzentration des Anthozyans in den Blüten der ver-
^) Es werden die von E. v. Tschermak für die Rotfaktoren der Pisumblüte
eingeführten Bezeichnungen angewendet : ABAB = homozygotisch rot, AbAb == homo-
zygotisch rosa, aBaB = normales Weiss; rot X weiss = Fi rot heterozygotisch = ABaB,
rosa X weiss = Fl heterozygotisch rot = ABAb. Näheres darüber in: E. v. Tscher-
mak, Bastardierungsversuche an Levkojen, Erbsen und Bohnen mit Rücksicht auf die
Faktorenlehre; Zeitschr. f. ind. Abst.- u. Vererbungslehre Bd. VII, Heft 2, 1912, S. 135 ff.
Kleine Mitteilungen. 65
glichenen Pflanzen. Mussten z. B. den 0,4 ccm eines Extraktes aus
Pflanze A noch 0,8 ccm Alkohol zugegeben werden, bis die Helligkeit
derjenigen eines Extraktes aus Pflanze B gleichkam, dann war die
Konzentration des Farbstoffes in den Blüten der Pflanze A dreimal stärker
als in der Pflanze B. War eine möglichst gute Übereinstimmung der
Helligkeit erzielt, dann wurde auch der Umstand beachtet, ob der Ton
der Farbe der verglichenen Extrakte gleich oder voneinander ab-
weichend war. Auch wurde derjenige Ton einer Farbenskala vermerkt,
welcher der Färbung des Extraktes — stets in Durchsicht gegen weisses
Papier — am nächsten entsprach. Als Skala wurden die gefärbten
Papierstreifen von Milton Bradley verwendet. ')
Die Untersuchung ergab das Folgende:
Die Konzentration des Rotfarbstoffes in den Blüten der heterozy-
gotisch rotblühenden Pflanzen war derjenigen in den homo zygotisch
rotblühenden stets entweder gleich oder bis 1^/2 mal stärker oder
schwächer, welche Unterschiede auf die Modifikabilität zurückzuführen
sind. Nach Herbeiführung gleicher Helligkeit in je zwei verglichenen
Extrakten war der Ton der Färbung stets genau derselbe. Die quanti-
tative und qualitative Anthozyanentwicklung ist hiermit beim hetero-
zygotischen Phänotypus dieselbe wie beim homozygotischen.
Die Extrakte der rosablühenden ,, Roten Kronen" waren stets be-
deutend heller, und zwar 2 — 8 mal, als diejenigen aus rotblühenden
Pisumpflanzen, gleichgültig ob homo- oder hetero zygotisch. Auch hier
ist Modifikabilität Ursache der Variationsbreite; so wurden bei den
homozygotischen rosa Blüten zweier Rote Kronen-Pflanzen und auch
zwischen zwei roten Blüten zweier ABaB-Pflanzen Konzentrations-
unterschiede des Anthozyans in dem Verhältnis von 1 : 2 vorgefunden,
welche Unterschiede auch im blossen Augenschein erkennbar waren
(namentlich bei den ,, Roten Kronen" sehr deutlich).
Der Unterschied der rosa und roten Blüten war jedoch nicht allein
durch die quantitative Konzentrationsverschiedenheit gegeben, die ja
auch in der oberflächlichen Augenscheinbetrachtung der Blüten deut-
lich zutage tritt, sondern auch durch einen Unterschied im Ton des
Farbstoffes. Die roten Extrakte waren auch nach ent-
sprechender Verdünnung den rosa Extrakten nicht
gleich, sondern durch einen stärkeren Stich in das
Violette unterschieden. Beim Vergleich mit der obengenannten
Farbenskala waren die Rot-Extrakte mehr der Skalastufe „Violet Red",
die Rosa-Extrakte mehr der Skalastufe „Violet Red Tint Nr. 1" ähn-
lich. Wiewohl dieser Farbenunterschied nur gering
war, ist er stets in genau derselben Weise zutage ge-
') The Bradley Educational Colored Paper. Made excl. by Milton Bradley Comp.
Springfield, Massachusets : vom Herrn Prof. v. T s c h e r m a k zur Verfügung gestellt.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung^. Bd. VII. 5
QQ Kleine Mitteilungen.
treten, so dass wir es bei den „roten" (eigentlich rot-
violetten) Pisumblüten nicht nur mit einer stärkeren
Konzentration des Antho zy anf arbsto f f es als in den
rosa Blüten zu tun haben, sondern auch ganz un-
zweifelhaft eine andere Art des Anthozyans vor-
finden. Der in den roten und weissen Blüten ent-
haltene Faktor „B", welcher „rosa" in „rot" umwandelt,
hat also nicht etwa die Bedeutung, dass die durch den
A-Faktor bedingte Anlage zur Antho zyanbildung
überhaupt eine Verstärkung erfahren würde, sondern
dass, auf Grund der Anlage des A -Faktors, durch den
B-Faktor die Anlage zur intensiven Bildung eines
neuen Farbstoffes entsteht, welch letzterer aller-
dings dem Anthozyan der rosa Blüten sehr verwandt
sein dürfte. Zum Verständnis der Anlagenbildung mit mehreren
Faktoren dürfte letztere Tatsache interessant sein.
Zum Verhalten der Bastardierung spontaner Variationen mit der
Ausgangsform.
Von C. Frnwirth,
Professor an der technischen Hochschule Wien.
(Mit 2 Textabbildungen.)
Als einen weiteren Fall einer beobachteten vegetativen partiellen
spontanen Variation hatte ich das 1909 erfolgte Auftauchen von vier
veränderten, und zwar einfarbigen Samen bei einer Pflanze der sclmial-
blätterigen Lupine (Lupinus angustifohus) beschrieben, die sich an
dieser Pflanze neben unveränderten fanden.^)
Die gewöhnliche schmalblätterige Lupine weist in einer be-
stimmten Zone der Palissadenzellen der Samenhaut einen braunen Farb-
stoff auf. Dieser Farbstoff findet sich auch in den einfarbigen Samen;
die Schicht, die ihn aufweist, ist nur wesentlich dünner. Bei den mar-
morierten Samen ist die Marmorierung durch verschiedene Dicke der
Schicht, welche den Farbstoff enthält und durch Fehlen des Farbstoffes
bedingt. Sehr dicke Schicht bewirkt schwarzbraune Färbung der Samen-
schale, wie sie sich bei dem Nabelstreifen und einem dreieckigen Fleck
über dem Würzelchen zeigt, dünnere grünlich-graue Färbung, noch
dünnere lichtbraune; Stellen ohne Farbstoff entsprechen den weisslichen
Flecken.^) Bei den einfarbigen Samen der spontanen Variante ist der
Nabelstreifen und der dreieckige Fleck über .dem Würzelchen heller ge-
il Fühlings landw. Z. 1912, S. 453.
2) Die Verteilung von Weiss, Schwarzbraun und Grünlichgrau bei der gewöhnlichen
Form kann erblich etwas verschieden sein, worauf K a j a n u s hinwies, der neben einem
schwarzen Farbstoff auch einen braunen für die Färbung verantwortlich macht. Zeitschr.
f. ind. Abst.- u. Vererbungslehre 1912, VII, S. 235.
Kleine Mitteilungen. 67
färbt als bei den marmorierten Samen; die übrige Samenhaut ist bei
ihnen einfarbig grünlich-grau.') Hier und da lässt sich bei einzelnen
Samen einer Pflanze der Variante eine ganz schwache Andeutung einer
Marmorierung durch ganz unbedeutend hchtere Flecke im Grüngrau er-
kennen. Eine Beobachtung der Verfärbung der Samen beim Übergang
von Weichreife in Gelbreife gab keine weitere kennzeichnende Auf-
klärung. Beiderlei Samen verhielten sich auch da verschieden; die
später einfarbigen wiesen auch während der Verfärbung nur einen
braunen Strich unter dem Nabel (Nabelfleck) auf und zwei im Winkel
zueinander stehende über dem Würzelchen, sonst keinerlei verschieden
gefärbte Stellen; die später marmorierten liessen sofort dunklere Flecke
erscheinen.
Nun legt der erwähnte mikroskopische Befund es zunächst nahe,
an einheitliche Vererbung zu denken und die Erscheinungen nur als
Modifikationen zu betrachten. Dem widerspricht aber die Art der Ver-
erbung. Wie bereits in der ersten Veröffentlichung angeführt, vererbt
die spontane Variante rein weiter und hat dies seit 1911 bis heute
getan, ebenso wie volle Vererbung bei jenen Linien bis heute vorhanden
ist, welche von den normalen, nicht marmorierten Samen der Ausgangs-
pflanze ausgehen. Weiterhin ist 1912 eine Bastardierung zwischen
Individuen dieser zweierlei Linien vorgenommen worden, welche zeigt,
dass von der spontanen Variante ein erblicher Einfluss auf die nicht
variierte Ausgangsform ausgetobt werden kann; die Fähigkeit, mar-
morierte oder einfarbige Samen hervorzubringen, wird daher zunächst
vererbt.
Das Verhalten nach der Bastardierung von Pflanzen mit mar-
morierten Samen mit solchen mit einfarbigen war aber bereits in F^ und
F2 ein abweichendes,^) so dass auch das weitere Verhalten beobachtet
wurde und auch eine Wiederholung der Bastardierung vorgenommen
worden ist. Über das dabei Beobachtete soll nunmehr berichtet werden.
Die zuerst vorgenommenen Bastardierungen I geben das folgende
Bild (s. Abb. 6, S. 68):
Man wird sich die spontane Variation so vorstellen können, dass
die Pflanze mit marmorierten Samen, neben der Anlage für Färbung der
Samenschale überhaupt: F, eine Anlage besass, welche die Verteilung
der Farbe in Form einer Marmorierung bewirkt: M und bei den spontan
variierten Samen vegetativ in Zellen diese Anlage verloren ging oder
abgeschwächt wurde, so dass die Samen Fm wären. Bei der Bastar-
dierung von Pflanzen der Variante mit solchen der Ausgangsform würde
dann FM mit Fm zusammentreten und bei normalem Verlauf das be-
^) Zeitsehr. f. Pflanzenzüchtimg III, 1915, S. 217.
^) Zeil sehr. f. Pflanzenzüclitung III, 1915, S. 221.
5*
68
Kleine Mitteilungen.
kannte Schema zu erwarten sein, das unter Weglassung von F ge-
geben ist: ^)
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Bastardierung D n/c/it ^e/an^en
= n/c/7t fortgesetzt
Abb. 6. Schema I.
Das bei den zu besprechenden Bastardierungen I von diesem
Schema Abweichende ist das Unregelmässige bei Dominanz in Fj, bei
der Spaltungsart und den Spaltungszahlen:
1. Marmoriert dominiert in F^ in einem Fall (C), in dem die Mutter
marmorierte Samen hatte, ist rezessiv in den zwei anderen (A und
B), in welchen die Mutter einfarbige Samen hatte.
■) Die Annahme einer Anlage, welche die planmässige Ausbildimg der Farbe
hemmt (F,', so Jlarmorierung veranlasst und bei der spontanen Variante weggefallen ist,
eine Annahme, die sich ebensogut verwenden lässt, gibt keine weiteren Aufschlüsse.
Kleine Mitteilungen. 09
2. Spaltung tritt in F^ sowohl bei den Pflanzen ein, die in F^ normales
Verhalten — marmorierte Samen — gezeigt hatten, als bei jenen,
welche abweichend einfarbige Samen brachten.
3. Weiterhin, F3 — Fg, können Pflanzen mit marmorierten Samen so-
wohl spalten als auch voll vererben (A, C), was dem normalen
Schema entsprechen würde. Während aber einige Pflanzen mit
einfarbigen Samen, diesem Schema entsprechend, rein vererben (A),
spalten, abweichend, andere (C).
4. Dabei können abgespaltete Pflanzen mit marmorierten Samen auch
eine Generation hindui'ch rein vererben (Fo in A), dann spalten (F4)
und dann wieder rein vererben.
-5. Abgespaltete Pflanzen mit einfarbigen Samen, die voll vererben
sollten, können auch zwei Generationen hindurch spalten und dann
voll vererben (C).
6. Bei den Spaltungszahlen ist in einzelnen Fällen keine Gesetzmässig-
keit zu erkennen, es können bei der Spaltung auch Pflanzen mit
einfarbigen Samen überwiegen: Umkehrung des Spaltungsverhält-
nisses.
Ähnhche, wenn auch geringere, Abweichungen finden sich auch
bei den Bastardierungen II (s. Abb. 7, S. 70):
Mit gleichen Ziffern, wie bei I bezeichnet, sind die Abweichungen
die folgenden:
1. In Fl dominiert, dem Schema entsprechend, marmoriert, was mit
I C übereinstimmt, da die Mutter marmorierte Samen hatte, und
nur erwähnt ist, um die Abweichung bei I A und B hervorzuheben.
3. Spaltung und reine Vererbung der marmoriertsamigen Pflanzen
bietet dem Schema gegenüber nichts Auffallendes, wohl aber findet
sich, so wie bei der Bastardierung I, auch hier wieder ein Spalten
von Pflanzen mit einfarbigen Samen (P3 und F4), die als rezessive
gelten müssen, neben auch reiner Vererbung solcher Pflanzen.
6. Die Spaltungszahlen in Fo und in einem Fall in F3 sind weit regel-
mässiger als bei Bastardierung I, in einem Fall (ganz rechts Fo, F3)
selbst ganz regelmässig. Andererseits finden sich auch recht ab-
weichende (F3, zwei Fälle in F4), die teilweise Umkehrung zeigen.
Unregelmässigkeiten, wie die hier hervorgehobenen, sind schon in
einigen Fällen bemerkt worden, sowohl bei Bastardierung von spon-
tanen Varianten mit ihren Ausgangsformen, als bei spontanen Varianten,
die als spaltende auftraten.
Bei schwarzen Samen, die bei normaler gelber Lupine (Lupinus
luteus) mit marmorierten Samen auftauchten, konnte die Entstehung
durch spontane Variation zwar nicht von mir unmittelbar beobachtet
werden, eine andere Art der Entstehung erschien aber ausgeschlossen.
Die Verfolgung der Spaltungsverhältnisse brachte auch einen Fall, in
70 Kleine Mitteilungen.
welchem, an normalen wie variierten Pflanzen, beiderlei Samen vor-
handen waren, Spaltung bei normalsamigen Pflanzen, die in diesem
Fall rezessiv sind, eintrat auch Umkehrung des Spaltungsverhältnisses. ^)
Bei spontan aufgetauchter Marmorierung der Samen bei rosa ab-
blühender, normal grüngelbsamiger Futtererbse, P. arvense, vererbte
die normale Einfarbigkeit der Samen, die rezessiv ist, meist rein weiter,
spaltete aber in einigen Fällen doch auch.^) Ähnhches Auftauchen von
D/rektes
fr^ebnis
öaah
Ernte:
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A
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A
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Saat :
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Ernte:
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= mW fortgesetzt
Abt). 7. Schema 11.
Marmorierung in der Nachkommenschaft einfarbigsamiger Pflanzen
nach normaler Bastardierung erklärt v. Tschermak durch spontane
Assoziation nach Dissoziation.^)
Ein Fall, der auch eine der Abweichung 3 entsprechende zeigt, ist
ein von K i e s s 1 i n g erwähnter, der eine partielle spontane Variation
betrifft, die als heterozygotische auftrat. Eine weissspelzige Weizen-
pflanze hatte eine partielle spontane Variation, eine braunspelzige Ähre,,
^) Archiv f. Rassen- und Gesellschaftsbiologie 6, 1909, S. 441, Taf. I u. II.
2) a. a. 0. S. 541, Taf. V c.
5) Zeitschr. f. Ind. Abst.- u. Vererbungslehre VII, 1912, S. 170.
Kleine Mitteilungen. 71
neben der nicht variierten, weissspelzigen, gezeigt. Letztere vererbte
voll, erstere gab eine gespaltete Nachkommenschaft. Im weiteren Ver-
lauf des Verhaltens der Abkömmlinge dieser Ähre trat auch bei den
Nachkommenschaften von weissspelzigen Pflanzen, die als rezessiv
gelten müssen, Spaltung ein, andere vererbten rein. ^)
Ein weiterer von Kiessling beobachteter Fall zeigt auch Ab-
weichungen, die den unter 3 erwähnten entsprechen, weiter solche zu 6.
Eine spontane Variante bei Gerste, die helleres Grün — Verlust oder
Abschwächung einer der Anlagen für Grün — zeigte, gab bei der Bastar-
dierung mit der normalgrünen Ausgangsform in Pj Dominanz von
normalem Grün gegen Zwischenbildung, in der Folge trat aber auch
bei einigen der hellgrünen Pflanzen, die als rezessiv gelten, Spaltung
ein. Bei dieser Bastardierung, die nach 1:2:1 verlief, spalteten aber
auch einige normalgrüne Pflanzen, die rein hätten vererben sollen, und
einige zwischenfarbige, bei welchen Spaltung zu erwarten gewesen wäre,
vererbten rein. Es sei nicht unerwähnt, dass Kiessling diese Ab-
weichungen durch falsche Einreihung der betreffenden Pflanzen erklären
will; die hellgrünen waren danach richtig zwischenfarbig, die zwischen-
farbigen normalgrün. Umkehrung der Spaltungsverhältnisse fand sich
nicht. ^)
Selbstredend wurde der Versuch gemacht, die Abweichungen von
dem regelmässigen Verhalten, die in dem hier behandelten Fall bei
schmalblätteriger Lupine zutage traten, zu erklären. Zunächst muss
der allfällige Verdacht einer Störung durch spätere natürliche Bastar-
dierung unbedingt abgelehnt werden, ganz abgesehen davon, dass die
schmalblätterige Lupine beim Freiabblühen fast ausschliesslich Selbst-
befruchtung eintreten lässt. Alle Pflanzen, deren Samen im Versuch
gesät wurden, waren vor dem Blühen in Gazesäcke eingeschlossen
worden, und Selbstbefruchtung tritt unter solchen ständig ein, wenn
auch durch die Hülle die Zahl der Samen vermindert wird. Weiter ist
auch ein Verdacht auf Verhalten nach dem Zea-Schema mit Spaltung nach
1:2:1 unbegründet, wie ein solcher durch die erwähnte Andeutung
von Marmorierung bei manchen einfarbigen Samen geweckt werden
könnte. Diese schwache Andeutung von Marmorierung findet sich auch
bei der reinen spontanen Variante, und weder bei ihr, noch bei Bastar-
dierungs-Abkömmlingen, an einer Pflanze einheitlich und von einer
Zwischenbildung in Fj mit solcher Andeutung von Marmorierung war
nichts zu sehen.
Ich neige dazu, die beobachteten Unregelmässigkeiten auf die
kürzlich erfolgte spontane Veränderung der Vererbungssubstanz zu-
rückzuführen. Der Verlauf der Bastardierung entspricht, trotz der
^) Landw. Jahrb. f. Bayern 1914, Nr. 2, S. 20 des Sonderabdr.
2) Zeitschr. f. ind. Abst.- u. Vererbungslehre XIX, 1918, S. 145.
72 Kleine Mitteilungen.
Unregelmässigkeiten, im wesentlichen einer monohybrideu Bastar-
dierung nach dem obenerwähnten Schema. Erklärungen für ähnliche
Unregelmässigkeiten, wie die beschriebenen, sind von anderer Seite b e i
dihybrider Bastardierung durch Genasthenie ^) und durch
Assoziation und Dissoziation") gegeben worden. Meine Annahme, dass
in erster Linie die spontane Entstehung der Eigenschaft des einen Elters
die Ursache ist, würde eine für monohybride Bastardierung sinn-
gemässe Heranziehung dieser Erklärungsversuche nicht ausschliessen:
die erst vor kurzem veränderte Vererbungssubstanz wäre eben zu
solchem abweichenden Verhalten geneigter, weniger gefestigt.
Die Abweichung 1 wäre durch Genasthenie nur schwer zu erklären,
da gerade die nicht variierte Anlage in Fj als geschwächt angenommen
werden müsste und eine Folge der Schwächung derselben in weiteren
Generationen sich nicht zeigt. Eher wäre eine Erklärung durch Disso-
ziation möghch, M würde dann nicht auf m wirken (M I m), wenn M
von der Mutter kommt. Spontane Modifikation, als Unwirksamkeit von
M, könnte auch erklären.
Die Abweichung 2 wäre bei Annahme einer der bereits gemachten
Erklärungen keine Abweichung mehr. Bei Annahme von Dissoziation
in dem Falle A und B in F^ wäre die nicht marmorierte Pflanze ja,
gerade so wie die marmorierte. Mm veranlagt, ebenso wie bei An-
nahme einer Modifikation von M in Y\ müsste daher spaltende Nach-
kommenschaft geben.
Die Abweichung 3 wäre bei Dissoziation dadurch zu erklären,
dass eine Pflanze Mim, bei der M nicht auf m wirkt, als mm erscheint,
in Wirklichkeit aber Mm ist und daher spaltende Nachkommenschaft
gibt. Annahme spontaner Modifikation wie bei 1 wäre auch möglich.
Abweichung 4 wäre durch die Annahme zu erklären, dass die
normale Assoziation durch eine Generation hindurch erhalten bleibt.
dann aber bei einem Teil der Pflanzen aufgehoben wird. Näherliegend
wäre mir die Annahme einer neuerlichen spontanen Variation: in F^
verlieren einzelne ganze Pflanzen vegetativ die Anlage für M und er-
scheinen mit einfarbigen Samen.
Bei Abweichung 5 wäre die Spaltung durch zwei Generationen
dadurch zu erklären, dass Dissoziation bei den Pflanzen wirkt, deren
Körner in F.. und F4 gesät wurden, diese Pflanzen daher einfarbig
erschienen (mm), aber Mm veranlagt waren und daher spalteten, in Fr,
dann die Körner von abgespalteten mm-Pflanzen gesät wurden. Ebenso
kann der Fall aber auch durch spontane Variation von mm in Mm in
F3 und F4 und Ausbleiben solcher Variation weiterhin erklärt werden.
') A. V. Tschermak, Biologisches Centralblatt 1917, .37, S. 218.
2) E. V. T s c h e r m a k, Zeitschr. f. ind. Abst.- u. Vererbungslehre VII, 1902, S. 145.
Kleine Mitteilungen. 73
Die Annahme häufigerer starker spontaner Modifikationen und
häufigerer spontaner Variationen erscheint vielleicht überraschend.^)
Aber Hülsenfruchter sind, wie ich mehrfach bei Linse, Wicke, Erbse
und gelber und schmalblätteriger Lupine feststellte, sehr geneigt zu
solchen. Insbesondere Veränderungen von Zeichnung der Samen lassen
sie häufig, ohne besondere wahrnehmbare Einflüsse, modifikativ und
variativ erscheinen. Ich hatte schon 1909 in Beziehung auf variatives
Auftreten bei denselben gesagt: „Da die Erscheinungen der besprochenen
Art keineswegs auffallend selten sind, ergibt sich ein wichtiger Grund
für die Fortsetzung der Auslese auch in dem Fall der Neuzüchtung von
Selbstbefruchtern."^) Auch von anderer Seite wurden bei Hülsen-
fruchtern starke Modifikationen ^) und spontane Variationen ^) be-
obachtet. Die ,,Pluripotenz"'') scheint bei Hülsenfruchtern derart aus-
gebildet zu sein, dass parallele Variationen (Variationen und Modi-
fikationen) bei verschiedenen Arten verhältnismässig oft die besonderen
Bedingungen finden, welche diese erscheinen lassen.
Als allgemeinen Schluss aus dem beobachteten und hier be-
schriebenen FaU und anderen ähnlichen Erscheinungen möchte ich nur
hervorheben: Bei Bastardierung einer spontan verän-
derten Form mit ihrer Ausgangsform zeigen sich bei
Dominanz und Spaltung öfters Abweichungen.
Noch ein Bastardierungsversuch Pisuni X Faha.
Von Dr. Siegfried Bach, Wien.
Es wurden 10 Blütenknospen einer Viktoria-Erbse kastriert,
7 wurden mit Vicia Faba-Pollen belegt, 3 unbelegt gelassen, alle 10 mit
Pergamenthüllen geschützt.
48 Stunden nach dem Belegen wurden 3 der mit Pollen belegten
Narben abgeschnitten, in Flemingscher Lösung fixiert, sodann in Pa-
raffin eingelegt. Die restlichen 7 Blüten wurden noch weitere 8 Tage
in den Pergamenthüllen belassen, sodann untersucht. Sowohl bei den
mit Pollen belegten Blüten wie bei den nicht belegten wurde derselbe
Entwicklungszustand vorgefunden: 1 — 2 cm lange, ca. 0,4 — 0,6 cm breite
^) Die spontanen Änderungen werden leichter angenommen werden können, wenn
man sich als Gegensatz von Vorhandensein in der Hypothese von Vorhandensein und Fehlen
nur ganz schwaches Vorhandensein der Anlage, das normal nicht wirkt, denkt, ähnlich
wie Kajanus, Zeitschr f. ind. Abst.- u. Vererbungslehre 1914, XII, S. 206.
^) Archiv f. Rassen- und Gesellschaftsbiologie 1909, S. 469.
*) V. T s c h e r m a k bei Erbse und Fisole (Zeitschr. f. landw. Versuchswesen in
österr. 1901).
') Kiessling bei Ackerbohne (Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung II, 1914, S. 13).
•'■') Ha eck er, Entwicklungsgeschichtliche Eigenschaftsanalyse, 1918.
74 Kleine Mitteilungen. '
Hülsen mit schrumpfenden Samenanlagen. Innerhalb weiterer 10 Tage
sind alle diese kleinen Hülsen eingetrocknet und abgefallen.
Die in Paraffin eingelegten Narben wurden später geschnitten
und mit Heidenhains Hämatoxylin gefärbt.^) In den Präparaten wurden
nur bei ganz vereinzelten Pollenkörnern ganz kurze (4 — 10 ," lange)
Keimschläuche vorgefunden, wobei zwischen Keimungsstelle am Pollen-
korn und Lage gegen die Narbenpapillen keinerlei Relation zu sehen
war. In keinem Falle war der Keimschlauch länger als der halbe
Durchmesser des Pollenkornes, auch wurde kein einziger Keimschlauch
in einer Lage vorgefunden, die ein Eindringen in die NarbenpapiUen
andeuten würde.
Es wurden durch obigen Versuch die negativen Ergebnisse der
Bastardierungsversuche Gärtners und v. Tschermaks bestätigt.
Die kleinen samenlosen Hülsen wurden parthenokarp,
und zwar auch ohne Pollenbelag gebildet. Die Ur-
sache des Nichtgelingens der versuchten Bastar-
dierung ist in dem Unvermögen der Faba-PoUen-
körner, Keimschläuche gegen und in die Narben-
papillen von Pisum zu senden, gelegen, welch' Unvermögen
wohl durch den Mangel spezieller chemischer Reize zu begründen sein
dürfte.
b) Andere Sachliche.
Ungarische Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft.
(Magyar Növenynemesitü Reszvenytärsasag.)
Durch die Ungarische Bank für Grundbesitz ist diese Pflanzen-
zucht-A.-G. mit dem Zwecke gegründet worden, dass für die in ver-
schiedenen Landesteilen liegenden ausgedehnten Güter der Unter-
nehmung sämtliche wichtigen landwirtschaftlichen Kulturpflanzen ge-
züchtet werden sollen. Ausser dieser Aufgabe ist auch geplant. Elite-
saatgutvermehrungen solcher in- und ausländischer Züchter, deren
Zuchtsorten im Inlande* anbauwürdig erscheinen, auf Grund gegen-
seitiger Vereinbarungen zu übernehmen. Sitz der Aktiengesellschaft
ist Budapest, Zuchtstätte in Zalaszentgrot, Grundkapital 1 Mill. Kronen.
Die Direktion besteht aus folgenden Herren: Graf Emerich Kärolyi,
Vorsitzender; Dr. Robert Dubravszky, Staatssekretär, zweiter Vor-
sitzender; Arthur Fuchs, Direktor der ung. Bank für Grundbesitz;
Emil Grabner, Direktor der ung. staatl. Pflanzenzuchtanstalt;
Josef Gyärfäs, Direktor der ung. staatl. Pflanzenversuchsstation-
Ludwig Hitter, Güter direkter; Graf Julius Kärolyi; Dr.
^) Beim Schnitt und Färbung der Präparate wurde mir von H. Dr. W. Schmidt,
vom Botanischen Institut in Wien, freundliche Hilfe geleistet.
Kleine Mitteilungen. 75
Michael Koös, Ministerialrat; Bela Köszeghy, Güterinspektor;
Eugen Madarassy, Güterinspektor; Johann Ormändy, Pro-
fessor; Robert Orszägh, Direktor; Ladislaus Baross, Güter-
inspektor. Direktor der Unternehmung ist Stephan Bogyö, Saat-
zuchtverwalter Lorenz Falb. Zu Sortenvermehrungen stehen die
Domänen Kisjenö und Avadmäcsa (Komitat Arad), Mägocs (Komitat
Csongräd), Erd (Komitat Fejer), Zalaszentgröt (Komitat Zala) zur Ver-
fügung.
Genetica.
Nederlandsch Tijdschrift voor Erfelijkheids en Afstamraingsleer. s'Gravenhage
Martinus Nijhoff.
Unter diesem Titel (Niederländische Zeitschrift für Vererbungs-
und Abstammungslehre) erscheint in dem bezeichneten Verlag seit
Januar dieses Jahres eine Zeitschrift, von welcher jeden zweiten Monat
ein Heft ausgegeben wird. Der Abonnementsbetrag beträgt 12 hollän-
dische Gulden für einen Band. Diese Zeitschrift wird von Dr.
J. P. Lotsy redigiert und nennt als Mitarbeiter die Herren Bakker,
Benders, van Giffen,Goethart, Hamburger, Jongmans,
Jordan, Kohlbrugge, Kuiper, May er-Gmelin, Scheuten,
Sprenger, Tesch, Tjebbes, van Uven, Waardenburg,
Wisselingh, und die Frauen van Herwerden, Tammes, van
Westrienen. Das erste Heft wird durch eine Arbeit von Lotsy:
„Die Oenotheren als Kernchimären" eingeleitet, welche Arbeit die von
Lotsy gegebene Sammlung Proeven en Beschouwingen over evolutie
(Versuche und Betrachtungen über Entwicklung) eröffnet. Auch eine
andere Arbeit in diesem Heft ist von Lotsy: „Über die Möglichkeit
von Bastardierungen im Kern von Homozygoten". Sirks, der als
Redaktionssekretär fungiert, trägt eine Studie: „Die kritischen Punkte
der Entwicklungsfragen" bei. Die Zeitschrift wird Originalarbeiten,
Übersichten und Besprechungen von Neuerscheinungen auf ihrem Ge-
biete enthalten. Sie wird in holländischer Sprache geschrieben werden,
aber bei Originalarbeiten können zusammenfassende Übersichten in einer
anderen Sprache angeschlossen werden. Die Liste der Mitarbeiter und
der Verlag lassen bei der Zeitschrift eine gute Ausgestaltung erwarten.
Der Kreis der Abnehmer wird nicht nur auf jene Holländer im Mutter-
lande, welche sich für Abstammungs- und Vererbungslehre interessieren,
beschränkt bleiben, sondern auch durch Interessenten im überseeischen
Gebiete, in welchem holländisch gesprochen wird, sehr erweitert. Für
sie alle ist es von Wert, eine Veröffentlichung zu besitzen, welche sie
in eigener Sprache auf dem jetzt stark bearbeiteten Gebiete auf dem
Laufenden erhält.
76 Kleine Mitteilungen.
Hatvaner Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft.
(Hatvani Növenynemesitö Reszvenj'tärsasäg.)
Die bisher auf dem Gute Nagytelek bei Hatvan (Ungarn) unter
Leitung des Güterdirektors Johann Minarik bestandene Pflanzen-
zuchtstätte der Baron Hatvany sehen Güter ist durch den Chef der
H a t V a n y sehen Unternehmimgen, Dr. Albrecht Hirsch, in eine
Aktiengesellschaft umgestaltet worden. Zweck dieser Umgestaltung
ist die grosszügige Entwicklung der Pflanzenzuchtarbeiten. Die bisher
mit den vier Hauptgetreidearten, Zuckerrübe und Mais dui'chgeführten
Zuchtarbeiten sollen auf die Kartoffel, Futterpflanzen, besonders auf
die Luzerne und auf den Rotklee, sowie auch auf die gärtnerischen
Pflanzen ausgedehnt werden. Generaldirektor der Unternehmung ist
ÖdönLegäny, bisher Professor der landw. Akademie in Magyarövär,
wo er ausser dem Fache Pflanzenbau auch die Pflanzenzüchtung
gelesen hat, und im Fache besonders mit Bastardierungen verschiedener
Pflanzen, sowie auch mit Züchtung der Kartoffel, Getreidearten, Futter-
rübe und Gartengewächse tätig war.
Grundkapital der Unternehmung ist 1 Mill. Kronen, ihr Sitz in
Budapest, Zuchtstätte in Nagytelek bei Hatvan. Sortenvermehrungs-
güter in Nagygombos (Komitat Heves), Tarnamera und Nagybätony
(Komitat Heves), Nagysuräny (Komitat Nyitra), Ürmeny. Tornöcz
(Komitat Nyitra), Baracska (Komitat Bars), Borsosgyör (Komitat
Veszprem), Pusztapel (Komitat Somogy), Melynadas (Komitat Temes).
Direktion der Gesellschaft: Dr. Albrecht Hirsch, Vor-
sitzender; Desider Angyal. Direktor der ung. staatl. Gartenbau-
lehranstalt; Franz Bessenyei, Direktor; Emil Grabner, Di-
rektor der ung. staatl. Pflanzenzuchtanstalt; Josef Gyarfäs, Di-
rektor der ung. staatl. Pflanzenversuchsstation; Baron Endre
Hatvany, Gutsbesitzer; Dr. Michael Koös. Ministerialrat;
Johann Minarik, Güterdirektor; Dr. Ludwig Szcmjas, Staats-
sekretär; Albrecht Sternberg, Direktor.
Ungarische Rabbethge und Giesecke Saatzucht-Aktiengesellschaft.
(Magyar Rabbethge es Giesecke Magtenyesztö Reszvenytärsasäg.)
Diese Unternehmimg ist mit Teilnahme der Zuckerfabrik Klein-
Wanzleben. vormals Rabbethge und Giesecke A.-G., durch die
Firma Jg. Deutsch und Sohn und durch die Ungarische Allgemeine
Kreditbank mit 3 Mill. Kronen Grundkapital zur Züchtung der Zucker-
und Futterrübe, sowie auch der Kartoffel gegründet worden. Die
Direktion besteht aus folgenden Herren: Baron Emerich Ghylläny,
ung. Ackerbauminister a. D., Vorsitzender; Baron Bela Hatvany,
Gutsbesitzer, und Erich Rabbethge zweite Vorsitzende; Dr.
Michael Koös, Ministerialrat; Ernst Giesecke; Paul Jes-
Kleine Mitteilunsfen.
77
z e n s z k y , Generaldirektor der Genossenschaft ung. Landwirte; Ö d ö n
Legäny, Generaldirektor der Hatvaner Pflanzenzucht-A.-G.; Sig-
mund Robitschek; Albrecht Sternberg, Direktor; Baron
Georg Ullmann. Geschäftsführer der Unternehmung ist D e s i d e r
Havas, vormals Prokurist der Landwirtschaftlichen Gewerbe-A.-G.
c) Persönliche.
Der Direktor des landwirtschaftlichen Instituts der Universität
Halle a. S., Geheirarat Prof. Dr. Ferdinand Wohltmann, ver-
XX
X
^E n
Ferdinand Wohltmann x mit der Original Saatgut-Kommission vom Bund der Landwirte und der
a.S [Hochzucht-Kommission der D. Landw.-G. auf dem Gute Petkus des Herrn von Lüchow xx.
schied am frühen Morgen des 10. April zu Halle. Er war 1857 zu Hitz-
acker a. E. geboren, betätigte sich von 1875 — 1880 im Betriebe von Land-
wirtschaften, studierte hierauf an den Hochschulen Halle, Berlin, Heidel-
berg und Göttingen und wirkte dann als Dozent von 1891 ab in Halle,
von 1892 ab in Breslau, von 1894 ab in Bonn-Poppelsdorf, von 1905 ab
wieder in Halle. Der Landwirtschaftswissenschaft und der deutschen
Landwirtschaft ist durch sein Hingehen ein schwerer Verlust geworden.
Bei seinem Wirken lassen sich besonders vier Richtungen heraus-
sondern, in welchen er sich in der zeitlichen Folge, in welcher sie genannt
werden, betätigte: Bodenkunde, Kolonialwirtschaft, Pflanzenzüchtung,
Organisation auf dem Gebiete des Unterrichtswesens. Auf dem Gebiete
der landwirtschaftlichen Pflanzenzüchtung beschäftigte er sich, noch in.
78 Kleine Mitteilungen.
Poppelsdorf, mit der Züchtung der Rüben, und es liegen aus dieser Zeit
Studien über die Friedrichswerter und Oberndorfer Rübe vor. Die aus-
gedehnten Sortenversuche mit Rüben waren der Beginn einer regen Tätig-
Iceit auf dem Gebiete des Sortenversuchswesens, das auch die Prüfung
von Neuzüchtungen umfasste und besonders in Halle ausgebaut wurde.
Bald nach seiner Ernennung zum Direktor des Hallenser landwirtschaft-
lichen Universitäts-Instituts wurde von ihm daselbst eine Pflanzenzucht-
station geschaffen. Von ihm selbst liegt eine Beschreibung derselben in
dem von ilun ins Leben gerufenen ,, Kühn- Archiv" (Bd. 1) vor. Später
(1912) erschien von ihm und Grundmann an gleicher Stelle eine Be-
schreibung der von ilim geschaffenen oder angeregten Hilfsmittel —
Apparate und Maschinen — für die Durchführung der Pflanzenzüchtung
Von der Reichhaltigkeit der Bestände der Flächen, welche der Pflanzen-
zuchtstation zugehörten, geben die jährlich erschienenen ,, Führer durch
das Winterungs- und Sommerungssortiment samt den Züchtungen"
(Claus, Kalt) Zeugnis. Die Beziehungen Wohltmanns zu den
Praktikern waren immer sehr enge, und bei den verschiedenen Festen,
die ihm erwünschte Gelegenheit boten, sein gastliches Haus zu öffnen,
waren Landwirte neben Vertretern der Landwirtschaftswissenschaft stets
in grosser Zahl vertreten. Dieses stete Zusammenwirken mit den Prak-
tikern kam auch in der ., Original-Saatgut-Kommission" vom „Bund der
Landwirte" zur Geltung, als deren Vorsitzender er in dem Jahre nach
ihrer Schaffung (1897) gewählt worden war. In dieser Kommission, die
zuerst in Deutschland die Anerkennung von Originalzüchtungen auf-
nahm, wirkte er erfolgreich auf die Pflanzenzüchtung ein. Die ,, Original-
saatgutabteilung des Bundes", der diese Kommission dient, hat die Auf-
gabe, den Bundesmitgliedern den Bezug von entsprechendem Zuchtsaat-
gut zu vermitteln, und zur Verbreitung der Kenntnis von ihrem Wirken
und dem Wert von Zuchtsaatgut verfasste Wohltmann 1907 eine
kleine Schrift: „Saatgut und Pflanzenzüchtung in der Praxis."
Wohltmann hat viel geschaffen, und dass er es, unter den
schwierigen körperlichen Verhältnissen nur mit Aufgebot gewaltiger
Energie, schaffen konnte, muss besonders hoch bewertet werden.
Hermann Strube- Schlanstedt ist am frühen Morgen des
15. April dieses Jahres in seinem Heim gestorben. Wenn die Namen
der bekanntesten Pflanzenzüchter Deutschlands in den letzten Dezennien
genannt wurden, war der Name Strube wohl immer darunter. Strube
war 1878 zu Schlanstedt geboren, woselbst sein Vater, Friedrich
Strube, in den 80 er Jahren die Züchtung begründet hatte.
Den väterlichen Betrieb musste Hermann Strube nach dem •
Tod seines Vaters, noch jung an Jahren, im Jahre 1897 übernehmen, und
er widmete sich der schweren Aufgabe, Wirtschafts- und Züchtungs-
betrieb zu leiten, mit grosser Hingabe. Zu den vom Vater übernommenen
Züchtungen fügte er neue hinzu und trachtete bei allen, die Züchtung
Kleine Mitteiluniien.
79
auf hohe Stufe zu bringen. Er versicherte sich wissenschaftlich hoch
stehender Zuchtleiter (zuletzt Oetken, Roemer) und tüchtiger
Wirtschaftsbeamter, gestaltete die Laboratorien in gediegenster Weise
aus und verwendete reiche Mittel, wenn es sich um Durchführung von
Versuchen handelte. Es sei in letzterer
Hinsicht nur an die Tastversuche zur
Bekämpfung des Flugbrandes erinnert,
bei welchen die Ähren aller Pflanzen im
Zuchtgarten zur Zeit des Blühens in
Glashüllen eingeschlossen wurden. In
aen letzten Jahren vor dem Krieg war
es besonders die Beizungsfrage der
Körner, welche ihn zu gross angelegten
Versuchen veranlasste, die dahin führten,
dass er gebeiztes Saatgut den Abnehmern
liefern konnte. Versuche mit Keimung
in verschiedenen Keimmitteln schlössen
sich diesen Versuchen an. Die verhält-
nismässig geringe Grösse seines Be-
sitzes, der nur ungefähr 200 ha Acker-
land aufwies, hatte ihn schon frühzeitig
dazu geführt, Verträge mit Verviel-
fältigungswirtschaften zu schliessen,
wobei aber die Abgabe des verkauften
Originalsaatgutes der Zuchtwirtschaft
Schlanstedt selbst vorbehalten blieb.
Die verbreitete Aufnahme, die seine
Züchtungen im Ausland fanden, veran-
lasste ihn, für einen geregelten Bezug
daselbst Sorge zu tragen. Er trat so
für Österreich mit der Zentralstelle der
Züchtervereinigung N o 1 c und v. D r e-
ger in Verbindung, für Russland mit
der Firma Koenig, auf deren Besitz
er zu Guty (Gouvernement Charkow) eine eigene Zuchtstätte begründete.
Während des Krieges war er im Dienste der Vaterlandsverteidigung
tätig; in dem Silospeicher und den anschliessenden Bauten — der best
ausgestatteten Stätte für Saatgutbearbeitung, die Deutschland besitzt —
waren zurzeit französische Kriegsgefangene beschäftigt. Die Früchte
der Tätigkeit S t r u b e s werden der Deutschen Landwirtschaftsgesell-
schaft hoffentlich erhalten bleiben, er selbst konnte sich des Erfolges
und seiner vor wenigen Jahren begründeten Familie leider nur kurze Zeit
hindurch erfreuen.
Hermann Strube.
80 Kleine Mitteilungen.
Dr. Theodor Roemer hat, nachdem er fünf Jahre hindui'ch
am Kaiser Wilhehn-Institut in Bromberg tätig war, die Leitmig der
pflanzenzüchterischen Arbeiten auf der Pflanzenzuchtwirtschaft von
H. Strube- Schlanstedt übernommen. Während seiner Tätigkeit in
Bromberg befasste sich der Genannte mit Untersuchungen zur Züchtung
von Gräsern, Kleearten, Lupinen und Zuckerrüben und mit der Aus-
gestaltung der Methoden zur Durchführung vergleichender Versuche.
Dr. Eugen Claus wurde zum wissenschaftlichen Leiter der
,, Planta", Österreichische Samenzucht- und Gemüsebau-Gesellschaft
m. b. H., Wien, ernannt. Nach zweijähriger Praxis in Süddeutschland
studierte Claus, der 1886 in Ulm geboren worden war, in "München
und Halle a. S. Landwirtschaft und Naturwissenschaften. Nachdem er
an letzterem Orte das StaatsexanVen für Landwirtschaftslehrer bestanden
hatte, wurde er Assistent am Versuchslaboratorium des landw. Institutes
Halle und nach einem Jahre Assistent an der Pflanzenzuchtstation
Halle. Bei Geheimrat Professor Dr. Wohltmann promovierte Claus
mit einer Arbeit: „Untersuchungen über die Standweite für Zuchteliten
von Braugerste" zum Dr. phil. und wurde im Jahre 1913 Vorstand der
Pflanzenzuchtstation Halle. Hier arbeitete er hauptsächlich über Ge-
treide- und Kartoffelzüchtungen, Sortenfragen und Anbauprüfungen bei
Getreide. Das erste Ergebnis dieser Arbeit ist eine Veröffentlichung
über Druschversuche mit 79 Sommerweizen-Sorten (Zeitschr. f. Pflanzen-
züchtung Bd. II, 1914). Der Ausbruch des Krieges riss Dr. Claus
bis Ende 1918 aus seiner Tätigkeit.
Dozent Dr. Zade, der seit einer Reihe von Jahren an der Uni-
versität Jena wirkte, in den letzten Jahren auch den Direktor des landw.
Institutes daselbst, Geheimrat Edler, vertrat, wurde zum Professor
ernannt und erhielt kurz darauf einen Ruf an die Universität Leipzig
als Vertreter der Pflanzenbaulehre, einschliesslich Pflanzenzüchtung,
und der Leitung des 30 ha grossen Versuchsfeldes. Prof. Zade, der
sich mit Arbeiten auf dem Gebiete der Serologie und solchen auf dem
Gebiete der Gräser- und Kleezüchtung befasst hat, auch Verfasser der
Monographie ,,Der Hafer" ist, hat den Ruf angenommen und ist nach
Leipzig übersiedelt.
Prof. Emil Grabner, der Direktor der Pflanzenzüchtungs-
anstalt zu Magyar Ovar, wurde für seine Verdienste auf dem Gebiete
der Pflanzenzüchtung mit dem bürgerlichen Kriegskreuz IL Klasse
ausgezeichnet.
Prof. ödön Legäny ist zum Generaldirektor der Aktiengesell-
schaft ernannt worden, welche die Hatvaner Zuchtstätte des Barons
Hatvany übernommen hat, die seit 7 Jahren unter Leitung von Di-
rektor Grabner arbeitet. Vereinbarungen hatten 60 000 kat. Joch
Kleine Mitteilungen. g\
zur Vervielfältigung gesichert. Prof. Legäny, der bisher an der ung.
landw. Akademie Magyar Ovar tätig war, hat sich daselbst mit Kar-
toft'el- und Weizenzüchtung befasst und die fakultativen Vorlesungen
über Pflanzenzüchtung an der Akademie gehalten.
Ing. E. Rossi, der zuletzt an der landw. Mittelschule Laa
a. d. Thaya als wirklicher Lehrer tätig war, wurde zum Adjunkten für
Pflanzenbau bei dem Landeskulturrat für Oberösterreich ernannt und
wird als solcher auch auf dem Gebiete des Saatgutbaues und der
Pflanzenzüchtung tätig sein. Nach dem Studium an der Hochschule
für Bodenkultur in Wien war er Hilfsassistent im Institut für Ver-
erbungsforschung in Berlin, woselbst er sich bis zum Kriegsbeginn mit
Studien über Kartoffelzüchtung befasste. Aus dem Felde während des
Krieges zurückgekehrt, war er als Aushilfsassistent am Mendel-Institut
in Eisgrub tätig und in landw. Praxis in Brandenburg.
Herr Aladar L a c z k ö , der seit 1917 an der Orsz. M. Kir.
Növenynemesitö intezet zu Magyarövär (Ungarische Pflanzenzüchtungs-
Anstalt zu Magyarövär) als Volontär-Assistent tätig war, ist zum defi-
nitiven Assistenten daselbst ernannt worden.
Als Leiter der Saatzuchtwirtschaft von C. Krafft- Buir (Bezirk
Köln) wurde Dr. Heuser ernannt, der am 3. Juni 1885 zu Radewege,
Kreis Westhavelland, geboren wurde, nach dem vorbereitenden Unter-
richt drei Jahre in der landwirtschaftlichen Praxis tätig war und an
den landwirtschaftlichen Hochschulen Hohenheim und Berlin studierte.
1913 — 1918 wirkte der Genannte an dem landwirtschaftlichen Institut
der Universität Halle als Assistent, befasste sich daselbst hauptsächlich
mit Botanik und Pflanzenzüchtung. Er promovierte in Halle: Die Be-
deutung der Zellgrösse für die Pflanzenzüchtung, anatomische Unter-
suchungen am Weizenblatt (s. Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung Bd. III,
1915). Lehrtätigkeit übte er an der Landwirtschaftsschule in Hildes-
heim und als Landwirtschaftslehrer in Schwiebus aus.
Der Saatzuchtleiter und Prokurist der Firma Zuckerfabrik Klein-
Wanzleben, vorm. Rabbethge & Giesecke Dr. Wilhelm
R a a t z verschied am 4. Mai 1918 nach längerem Leiden, kurz vor Ab-
lauf eines 25 jährigen Tätigkeitsabschnittes an der Abteilung für Rüben-
züchtung der genannten Firma. R a a t z wurde am 13. Februar 1864
in Kloster Chorin in der Mark Brandenburg als Sohn eines Forst-
beamten geboren, studierte nach Abschluss seiner Gymnasialbildung
in Berlin, wo er auf Grund einer Arbeit ,,Thyllenbildung in den
Tracheiden der Koniferenhölzer" promovierte („Pringsheims Jahrb. f.
wissensch. Botanik" Bd. XXIII, Heft 4, weitere Ausführungen über
diesen Gegenstand in „Berichte der deutschen botanischen Gesellschaft"
1892, X, Heft 3). Die botanische Forschertätigkeit wurde dann,
Zeitschrift für Pflanzenzücbtung. Bd. VII, g
82
Kleine Mitteilungen.
während seines Wirkens als Assistent an den botanischen Instituten in
Berhn bei Schwendener, Münster bei B r e f e 1 d und Heidelberg bei
P fitz er, beibehalten. Am 1. April 1894 erhielt Raatz einen Ruf
als Botaniker an die „Abteilung für Rübenzucht" der Aktien-Gesell-
schaft Zuckerfabrik Klein-W anziehen, deren Leitung er bis zu seinem
Hinscheiden innehatte. Raatz hat sich besondere Verdienste um die
Klein-Wanzlebener Zuckerrübenzucht sowohl, als um die gesamte
Wilhelm Kaatz.
r
Zuckerindustrie dadurch erworben, dass er exakte Prüfungsmethoden
nach gründhchen Vorstudien einführte und zur gesamten wissenschaft-
lichen Durchbildung der Züchtung der Rübe mit vorbildlichem Eifer
beitrug. Bei Schaffung der Abteilung für Zuckerrübensamenzucht der
„Gesellschaft zur Förderung deutscher Pflanzenzucht" wurde er als
stellvertretender Vorsitzender gewählt, fehlte bei keiner der Wander-
versammlungen der Gesellschaft und beteiligte sich oft an den Wechsel-
reden. Sein allzufrühes Hinscheiden ist ein schwerer Verlust für die
Firma und die Rübenzüchtung.
Das nächste Heft erscheint im Herbst 1919.
Druck von Fr. Stollberg, Merseburg.
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III. Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
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2. Bücherbesprechungen 144
IV. Vereinsnachrichten.
Gesellschaft für Pflanzenzüchtung („Z") Wien 147
V. Kleine Mitteilungen.
a) Wissenschaftliche:
Ein weiterer Versuch über die Vererbung der Samenfarbe bei Rotklee. Von
J. Raum 149
b) Andere Sachliche:
Sjemenar dionicarsko drustvo 155
c) Persönliche 155
Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für Pflanzenzüchtung erscheint
in zwanglosen Heften, deren 4 zu einem Bande vereinigt werden. Die Hefte
sind auch einzeln käuflich, ihre Preise sind entsprechend ihrem schwankenden
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Band VII, Heft 2. Dezember 1919.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung.
I.
Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze.
Nächste Aufgaben der Pflanzenzüchtung und der
. Sortenprüfung/)
Von
Dr. Jeliiiek,
Professoi; am Polvtechnikum Prag.
Edler-) hat darauf hingewiesen, dass bei Sorten, die als reine
Linien gezüchtet waren, grosse Schwankungen im Ertrage in einzelnen
Jahren eintreten können, und schlug vor, die Veredlung der Landsorten in
der Weise durchzuführen, dass mehrere, aus einer Landsorte isolierte
Linien nach ihrer Erprobung wieder zusammengemischt werden sollen,
da eben die Sicherheit im regelmässigen Ertrage der Landsorten durch
das Gemisch verschiedener Linien bedingt ist. Ähnlich erblickt auch
Schindler^) die Sicherheit im regelmässigen Ertrage der Landsorten
in der Anwesenheit einer grösseren Anzahl der Linien, die einander,
bei verschiedener Witterimg in den einzelnen Jahren in der Entwicklung
vertreten. Auf Grund dieser Anschauungen hat Bach^) Versuche mit
Gemischen verschiedener Sorten gemacht. Diese Versuche, die zwar
nicht absolut einwandfrei sind, haben gezeigt, dass Sortengemische
bedeutende Erträge geben können. Die genannten Autoren setzen vor-
aus, dass beim Liniengemisch, d. i. bei einer Population, die wechselnde
Witterung in den einzelnen Jahren auf einem bestimmten Standorte
der Entwicklung wenigstens einer Linie günstig ist, unfl diese Linie
1) Nach einem Vortrage, gehalten vom Autor in der Generalversammlung der
österreichischen Gesellschaft für Pflanzenzüchtung am 31. Mai 1918.
2) Fühlings landw. Ztg. 63, 1914, 581.
3) Nachr. d. d. Landwirtschaftsgesollschaft f. Österreich 1917, Heft 5, 38, und D.
Landw. Presse 45, 1918. 155.
4) Fühlings landw. Ztg. 66, 1917, 372.
Zeitsfhrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VIT. 7
84 Jelinek:
die Höhe des Ertrages bestimmt. Ermöglicht die wechselnde Witterung
jedes Jahr die volle Entwicklung wenigstens einer Linie in einer Sorte,
so liefert diese Sorte alljährlich hohe Erträge; sie ist also sicher in
regelmässig höheren Erträgen und scheint auf diesem Standorte von
Wetterveränderungen unabhängig zu sein, was analog den Futtermisch-
lingen ist, wo einand^i einzelne Pflanzenarten je nach der Witte-
rung vertreten.
Scholz^) und der Verfasser -) haben hervorgehoben, dass von der
Intensität resp. Menge der Vegetationsfaktoren nicht nur die quanti-
tative Entwicklung einzelner Arten der Kulturpflanzen, sondern auch
einzelner Sorten einer Art abhängig ist. Die Höhe des Ertrages ist
das Resultat der individuellen Reaktion der Sorte auf die gegebenen
Intensitäten resp. Mengen der Vegetationsfaktoren. Nach B a u r ^) ist
eben die Art der Reaktion auf äussere Einflüsse die erbliche Eigen-
schaft, die auf die Naclikommenschaft übertragen wird. Ähnlich äussern
sich auch Römer^) und Molz.^) Nach Römer ist die Grösse der
Änderungen der Nutzungseigenschaf ten bedingt nicht nur durch die Ände-
rungen der Vegetationsfaktoren, sondern auch durch die Fähigkeit der
Pflanze, auf diese Änderungen in bestimmter Weise zu reagieren. Diese
Verschiedenheiten sind wesentlich bedingt durch genetische Verschieden-
heit einzelner Linien.
Aus all dem hier Angefüllten ist es klar, dass messbare Eigen-
schaften nichts beständiges, unveränderliches sind, sondern dass der
numerische Wert derselben das Resultat der individuellen Reaktion der
Pflanze auf die gegebenen Intensitäten der Vegetationsfaktoren ist.
Einzelne reine Linien können auf gleich grosse Änderungen der
Vegetationsfaktoren mit verschieden grosser Änderung ihrer
Eigenschaften reagieren. Diese verschieden grosse Reaktivität ist eben
ihre individuelle Eigenschaft. Für die landwirtschaftliche Praxis haben
natürlich die grösste Bedeutung die Änderungen der Nutzungseigen-
schaften, wie Überwinterung, Resistenz gegen die Krankheiten, Lager-
festigkeit, Erntezeit und vor allem die Höhe der Ernte und ihre Qualität.
Die Abhängigkeit des Grades der Eigenschaften von der Intensität
der Vegetationsfaktoren lässt sich graphisch darstellen. Für die Ab-
hängigkeit des Ertrages verschiedener Roggen-, Gersten- und Hafer-
sorten von der Bodensorption hat Stempel'') Korrelationskurven
konstruiert.
1) Fühlings landw. Ztg. 60, 83.
2) ZemMelske Zprävy 1911.
3) Einführung in die experimentelle Vererbungslehre. Berlin 1911. — 9.
*) Beiträge zur Förderung deutscher Pflanzenzucht Heft 4. 1913.
5) Zeitschr. f. Pflanzenzüchtung V, 1917, 171.
«) Landw. Jahrb. 1914. 367.
Nächste Aufgaben der Pflanzenzüchtung und der Sortenprüfung. 85
Die Breite der Korrelationskurven gibt die Grenzwerte der
Vegetationsfaktoren an, zwischen welchen die Entwicklung der Sorte
noch möglich ist. Die Stempel sehen Kurven drücken die Abhängig-
keit des Ertrages von allen Bodenfaktoren aus, die durch die Boden-
sorption bedingt sind. Es sind dies Ausdrücke für die kollektive
Wirkung aller dieser Faktoren.
Die gesetzmässige Abhängigkeit der Entwicklung der Pflanze von
der Intensität der einzelnen Vegetationsfaktoren ist noch nicht in
allen Richtungen durchforscht, speziell bei Grössen, die das Optimum
überschreiten. Die neueren Arbeiten von Mitscherlich^) betr.
Nährst off menge und von Pfeiffer^) betr. Licht- und Wassermenge
behandeln Fälle, wo das Optimum noch nicht überschritten zu sein
scheint.
Die nach der abgeleiteten Gleichung konstruierte Kurve scheint
bei höheren Werten der unabhängig Variablen von der empirisch
konstruierten Kurve abzuweichen, da diese letztere wieder eine ab-
steigende Richtung anzunehmen scheint. Ich halte es für sehr wahr-
scheinlich, dass, falls die Versuche für alle möglichen Werte der Ver-
änderlichen ausgeführt wären, die resultierenden Kurven von den
Stempel sehen nicht stark abweichen würden, so dass die von den
Stempel sehen Kurven abgeleiteten Deduktionen verallgemeinert
werden könnten.
Die Grenzwerte, die durch die Breite der Korrelationskurve be-
stimmt sind und die Grenzen der Existenzbedingungen der Sorte bilden,
nenne ich ,, Vegetationsgrenzen der Sorte oder Linie".
Es sind dies gewisse Konstanten, durch die die Linie mit Rücksicht
auf das Minimum und Maximum ihrer Vegetationsfaktoren charak-
terisiert wird. Jene niedrigsten und höchsten Werte der Vegetations-
faktoren, bei welchen die Kultur der Sorte oder Linie in der landwirt-
schaftlichen Praxis noch rentabel ist, nenne ich „R entabilität s-
grenzen der Sorte oder Lini e." Diese werden durch den Wert
des Ertrages und seine Produktionskosten, d. i. durch den niedrigsten
Ertrag, dessen Wert noch die Produktionskosten deckt, bestimmt. Weil
diese Werte in gewissen Grenzen variieren, so können auch die Ren-
tabilitätsgrenzen nicht konstant sein.
Linien mit engen Vegetationsgrenzen werden auch enge Ren-
tabilitätsgrenzen haben. Linien mit weiteren Vegetationsgrenzen können
entweder weitere oder engere Rentabilitätsgrenzen haben, je nachdem
ihre Korrelationskurve auf beiden Enden entweder steil oder flach steigt
') Landw. Versuchs-Stationen 75, 231. Landw. Jahrbücher 38, 1909, 437; 42,
1912. 701: 43, 1912, 649; 49, 1916, 335.
'^) Landw. Versuchs-Stationen 76. 169.
7*
86 Jelinek:
und fällt. Die Grenzen endlich, zwischen welchen die Vegetations-
faktoren eines Standortes variieren bezüglich des Bodens und wechselnden
Wetters in den einzelnen Jahren nenne ich „V e g e t a t i o n s g r e n z e n
des Standortes".
Es ist >^lbstverständlich, dass Sorten oder Linien mit enger
Korrelationskurve nur unter engbegrenzten Bedingungen gedeihen
werden; jede Überschreitung dieser Grenzen wird eine Hemmung der
Entwicklung zur Folge haben. Diese Sorten reagieren also sehr leicht
auf die Änderungen der Wachstumsbedingungen, und man bezeichnet
sie deshalb als „empfindliche" Sorten. Hingegen Sorten mit
breiter Korrelationskurve, speziell wo die Enden derselben steil auf und
ab steigen, können ziemlich abweichende Wachstumsbedingungen noch
ausnützen, d. i. gedeihen in ziemlich weiten Grenzen der Werte der
Vegetationsfaktoren, was- den Eindruck macht, als ob sich diese Sorten
den Änderungen der Vegetationsfaktoren leicht anpassen könnten, als
ob sie „p 1 a s t i s c h" wären.
Bei der Wahl der Sorten für einen bestimmten Standort ist also
mit Rücksicht auf das oben Gesagte darauf zu achten, dass die Ren-
tabilitätsgrenzen der gewählten Sorten nicht enger sind als die Vege-
tationsgrenzen des gegebenen Standortes. Die. Empfindliclikeit oder
Plastizität resp. stärkere oder schwächere Reaktivität wird verschieden
zum Vorschein kommen, je nachdem die Vegetationsgrenzen der Sorte
mit den Vegetationsgrenzen des Standortes übereinstimmen. Wenn in
einem Gebiete der Boden sehr gleichmässig ist und das Wetter in den
einzelnen .Jahren wenig wechselt, so sind die Vegetationsgrenzen eines
solchen Gebietes sehr eng, und es könnten hier ziemlich viele empfind-
liche Sorten gedeihen, ohne dass ihre Empfindlichkeit zum Vorschein
käme. Mit der grösseren Schwankung der Witterung in einzelnen
Jahren würden sich die Vegetationsgrenzen des Gebietes erweitern und
je nach den Vegetationsgrenzen der Sorten Avürden sich dann mit der
steigenden Schwankung des Wetters weniger und weniger Sorten als
„plastisch" zeigen: ihre Empfindlichkeit wird da mehr und mehr her-
vortreten. AVenn sich zu den Schwankungen des Wetters in den ein-
zelnen Jahren noch die Bodenverschiedenheiten des Gebietes gesellen,
so werden die Vegetationsgrenzen des Gebietes so weit, dass es fraglich
wird, ob es überhaupt eine Sorte gibt, die so weite Vegetationsgrenzen
besässe.
Für die Zwecke des praktischen Pflanzenbaues können aber nicht
die ganzen Vegetationsgrenzen der Sorte in Betracht gezogen werden:
hier sind ihre engeren Rentabilitätsgrenzen bestimmend. Eine genügende
Plastizität der Sorte ist für die landwirtschaftliche Praxis sehr wichtig.
Eine mit Rücksicht auf die Schwankungen der Witterung „plastische"
Sorte gibt regelmässig hohe Erträge, trotz der Wetterschwankungen.
Nächste Aufgaben der Pflanzenzüchtung und der Sortenprüfung. 87
Wenn eine Sorte noch mit Rücksicht auf die Bodenverschiedenlieit
teilweise „plastisch" ist, so sichert sie noch regelmässige gute Er-
träge auf abweichenden Böden. Solche Sorten würden sehr wichtig
für landwirtschaftliche Betriebe sein, wo die Wachstumsbedingungen
sehr verschieden sind und wo durch sie die Sortenzahl eines Betriebes
sehr herabgedrückt wäre.
Ist eine Sorte eine Johannsensche reine Linie, so gilt für die
Entwicklung aller Individuen dieser Sorte dieselbe Korrelationskurve;
alle Individuen reagieren auf Änderungen der Intensitäten der Vege-
tationsfaktoren mit demselben Grade. Wenn eine solche Sorte in
ungünstige Wachstumsbedingungen kommt, so werden alle Individuen
der Sorte in gleicher Weise getroffen, alle reagieren auf diese un-
günstigen Bedingungen in derselben Weise, alle entwickeln sich schlecht
und der Ertrag der Sorte ist unter diesen Bedingungen gering. Das
kommt immer vor, wenn die Rentabilitätsgrenzen einer Sorte enger
sind als die Vegetationsgrenzen jenes Gebietes, wo die Sorte ge-
baut wird.
Ist hingegen eine Sorte *eine Population, die aus einer grösseren
Anzahl einzelner Linien besteht, deren numerische Werte der Ren-
tabilitätsgrenzen nicht übereinstimmen, sondern von Linie zu Linie
sich aufsteigend verschieben, dann wird diese Sorte den Eindruck
machen, als ob ihre Plastizität sehr gross wäre. Denn in dem Falle,
w^o die Änderung der Wachstumsbedingungen so gross ist, dass die
Rentabilitätsgrenzen der ersten Linie überschritten sind und diese sich
schon schlecht entwickelt, kann sich die zweite, dritte usw. Linie noch
gut entwickeln. Es vertreten sich hier die einzelnen Linien in der Ent-
wicklung, je nachdem die Werte der Vegetationsfaktoren sich in deren
Rentabilitätsgrenzen befinden, und der Ertrag bleibt noch regelmässig
hoch bei ziemlich grossen Schwankungen der Vegetationsfaktoren.
Durch diese theoretischen Erwägungen sind, glaube ich, die An-
sichten von Edler und Schindler völlig begründet. Diese Be-
trachtungen zeigen klar, dass die botanische Reinheit, soweit
man darunter versteht, dass die Sorte von einer reinen Linie gebildet
wird, nicht immer vorteilhaft ist. Wenn in bestimmten Gebieten die
Vegetationsfaktoren nur kleineren Schwankungen unterworfen sind, so
dass die Vegetationsgrenzen dieser Gebiete die Rentabilitätsgrenzen
guter Linien nicht überschreiten, so werden hier Sorten, die aus einer
Linie bestehen, am Platze sein, da sie hier hohe Erträge liefern werden.
Wenn aber die Vegetationsfaktoren eines Gebietes grösseren Schwan-
kungen unterworfen sind, so müssen hier Liniengemische in Anwendung
kommen, wenn regelmässig hohe Erträge erzielt werden sollten. Es muss
danach getrachtet werden, durch Kombination entsprechender Linien
eine Population zu bilden, deren Rentabilitätsgrenzen die Vegetations-
88 Jelinek:
grenzen des gegebenen Gebietes überschreiten. Aus diesen Gründen
dürfen die Vorsehläge von Edler und Schindler von den Pflanzen-
züchtern picht ausser acht gelassen werden, wenn die Leistungsfähigkeit
der Ne^'züchtungen in der Zukunft noch weiter gesteigert werden soll.
Dass dabei die Erhaltung der Sorten in ihrem Urzustände nach BaurM
und V. Tschermak^) das dringenste Gebot ist, braucht wohl nicht
begründet zu werden.
Durch das Zerlegen einer bewährten Landsorte in einzelne Linien,
ihre Ausprobierung in einem bestimmten Gebiete und Mischung der
besten zu einer neuen Population, die ich ,,individuell gezüchtete
Population" nenne, ist die einfachste Form der Züchtung einer Land-
sorte für das betreffende Gebiet gegeben. Zur Bildung einer künst-
lichen Population brauchen aber nicht ausschliesslich nur Linien, die
aus einer Sorte isoliert wurden, wie Edler vorgeschlagen hat. zu-
sammen gemischt werden. Es können auch Linien verschiedenen Ur-
sprunges gemischt werden, wenn nur dadurch die gebildete Population
den Bedürfnissen der landwirtschaftlichen Praxis völlig entspricht. Diese
Arbeitsweise erfordert aber die Erfüllung gewisser Bedingungen, ohne
welche sie sehr erschwert, wenn nicht ganz unmöglich wäre.
Um aus einer Anzahl Linien für bestimmte Gebiete künstliche
Populationen oder individuell gezüchtete Populationen bilden zu können,
ist es erforderlich, dass einerseits das Verhalten dieser Linien in den
betreffenden Gebieten unter den dort wechselnden Vegetationsbedingungen
durch mehrjährige Versuche festgestellt ist und andererseits auch die
Vegetationsgrenzen dieser Gebiete bekannt sind.
Es müssen also zuerst die Vegetationsgebiete abgegrenzt sein.
Die Abgrenzung muss auf pedologisch-meteorologischer Grundlage ge-
schehen. Es würde sich am besten empfehlen, die Gebiete in der Weise
abzugrenzen, dass alle benachbarten Orte, die sich durcli nicht grosse
Verschiedenheit der Böden und der meteorologischen Verhältnisse unter-
scheiden, zu einem Gebiet vereinigt werden. .Jedes Gebiet wäre dann
durch die Beschaffenlieit der Böden und durch durchsclmittliche Werte
der meteorologischen Faktoren sowie ihrer Schwankungen in den ein-
zelnen Vegetationsperioden zu charakterisieren. Dadurch wären die-
jenigen Faktoren festgestellt, die die Vegetationsgrenzen bestimmen.
Nachher wäre durch mehrjährige Sortenversuche in allen Vegetations-
gebieten das Verhalten der einzelnen Linien in diesen Gebieten festzu-
stellen. Aus denjenigen Linien, die sich, in bestimmten Gebieten be-
währt haben, würden dann für diese Gebiete die künstlichen Populationen
zusammenzustellen sein. Der hier entworfene Vorschlag wird vielleicht
') .Jahrbuch der Deutschen Landw.-Ges. 29. 1914, 104.
2) Wiener landw. Ztg. 1915. 759.
Nächste Aufgaben der Pflanzenzüchtung und der Sortenprüfung. 89
als zu schwer und erst in weiterer Zukunft ausführbar erscheinen, da
nur die Bestimmung der Vegetationsgebiete eine längere Periode er-
fordern würde. Dass dies nicht in kurzer Zeit verwirklicht werden
kann, bin ich mir bewusst, glaube aber, dass nur auf diese Weise die
Leistungsfähigkeit der Sorten wird gänzlich ausgenützt werden können.
Ausserdem haben die Vegetationsgebiete noch weitere Bedeutung für
die landwirtschaftliche Praxis, wovon ich weiter unten noch Erwähnung
machen werde.
Beim Zusammenstellen einer künstlichen Population muss der
grösste Nachdruck auf die möglichst vollkommenste Ausgeglichenheit
der Nutzungseigenschaften gelegt werden, speziell auf gleiche Vege-
tationszeit und besonders gleiche Reifezeit aller zusammenzu-
mischenden Linien. Und diese Kenntnisse können nur durch eingehende
vergleichende Sortenversuche in einzelnen Gebieten errungen werden.
Wenn es sich um Zusammenstellen einer künstlichen Population
im Gebiete einer Landsorte oder im Bezirke eines Züchters handelt,
ist hier die Arbeit am leichtesten, da die Leistungsprüfung der Linien
in der Umgebung der Züchtungsstätte leicht stattfinden kann. Sollen
aber künstliche Populationen für andere, vom Gebiete des Zuchtortes
abweichende Gebiete zusammengestellt werden, so ist das nur möglich
auf Grund der in einzelnen Vegetationsgebieten durchgeführten ver-
gleichenden Sortenversuche.
Die von Edler vorgeschlagene Züchtungsart wird bei Fremd-
befruchtern schon längere Zeit praktisch betrieben, so bei Roggen z. B.
von V. L 0 c h 0 w , P a m m e r , bei der Zucker- und Futterrübe von
mehreren Züchtern, bei Selbstbefruchtern, soweit es mir aus der
Literatur bekannt ist, nur beim Weizen voii Kulisch.M
Auf die Ausgeglichenheit der äusseren Merkmale wird bei einer
gezüchteten Sorte ziemlich grosses Gewicht gelegt. Beim Zusammen-
stellen künstlicher Populationen aus bewährten Linien wäre das,
glaube ich, nicht nötig, und man könnte auch Linien mit abweichenden
äusseren Merkmalen zusammenmischen, wenn nur der Zweck des
Mischens, d. i. das Erhalten einer regelmässig ertragssicheren, in ihren
Nutzungseigenschaften ausgeglichenen, für bestimmte Gebiete passenden
Sorte erreicht ist.
Es wird da vielleicht eingewendet, dass durch Anerkennung von
Mischungen, die phänotypisch nicht ausgeglichen sind, dem unreellen
Handel ermöglicht wird, verschiedene Mischungen ohne Wert als be-
stimmte Sorten anzubieten. Das wäre bei unausgebildetem Sorten-
versuchswesen möglich. Wenn aber der hier besprochenen Züchtungs-
form das völlig entwickelte Sortenversuchswesen als eine der Haupt-
1) Jahrbuch der Deutschen Landw.-Ges. 1913, 467.
90 Jellnek: Nächste Aufgaben der Pllauzenzüclituug und der Sortenprüfimg.
bedinguiigen vorangeht, so glaube ich, dass dann auch bald jede schlechte
Sos^e als solche entdeckt wäre.
^ Die Resultate der verschiedensten Feldversuche könnten erst auf
Grund der Vegetationsgebiete gehörig ausgenützt Averden, so die
Resultate der Sorten-, wie Düngungs- und Kulturversuche, wenn sie
tabellarisch nach den einzelnen Gebieten zusammengestellt wären.
Ebenso würden sich für die Anlage der Wiesen, Weiden, Obstanlagen in
den einzelnen Gebieten genauere Vorschriften oder Rezepte aufstellen
lassen, und der Landwirt würde da eine grosse Erleichterung haben,
da er durch blosses Nachschlagen in den Tabellen seines Gebietes alles
das finden würde, was er beim rationellen Pflanzenbau in seinem Gebiete
benötigt.
Beiträge zur Züchtung der Kohlgewächse.
Von
J. Becker, Dilliugen (Douau).
Unter Kohlgewächsen sind in dem Folgenden die Varietäten der
Art Brassica oleracea L. verstanden, also Brassica oleracea capitata
(Weisskohl), Brassica oleracea sabauda (Wirsing), Brassica oleracea
gemmifera (Sprossenkohl), Brassica oleracea gongyloides (Kohlrabi),
Brassica oleracea botrytis (Blumenkohl) und Brassica oleracea acephala
(Krauskohl). Es ist kein Zweifel, dass wir während der Kriegsjahre in
bezug auf erstklassige Gemüsesämereien in eine gewisse Hörigkeit
gegenüber dem Auslande gekommen sind, da die fast sprichwörtlich
gewordene Güte der deutschen Sämereien heute leider sehr viel zu
wünschen übrig lässt. Es haben sich, angelockt durch die hohen Preise, M
Wirtschaften gefunden, die. ohne eine blasse Ahnung von Gemüse-
samenzucht oder, um genauer zu sprechen, überhaupt von Samenzucht
zu haben, zum Gemüsesamenbau schritten. Durch verständnislosen
Anbau der verschiedensten Varietäten neben- und durcheinander ist die
Güte des gewonnenen und auf den Markt geworfenen Saatgutes stark
vermindert worden. Der nicht samenbauende Gärtner und Kleingarten-
besitzer, wie auch der Feldgemüsebauer, hat deshalb grosse Verluste
zu buchen, da die aus solchen Samen hervorgegangenen Pflanzen oft
zahlreiche, manchmal bis zu 50 7o, wertlose Bestarde liefern. Es wird!
längere Zeit dauern, bis wir die Nachwirkungen dieser Begleiterscheinung;
von Krieg und Schleichhandel von unseren Gartenbeeten ganz gebannt
haben werden. Sehr zu wünschen wäre es, wenn man auch auf diesem
Gebiete zur Saatenanerkennung käme und möglichst strenge Auslese
halten würde. Abgesehen von der notwendigen Verbesserung des Saat-
gutes ist aber auch die Hebung der eigenen Produktion sowohl an
Saatgut selbst als auch an Frischgemüse eine nationale Pflicht. Wir
müssen erreichen, dass unser ganzer Eigenbedarf durch uns selbst ge-
deckt und dass ausserdem noch erstklassige Ware zur Ausfuhr gebracht
werden kann. Die Verbesserung der Qualität kommt ausserdem auch
für die Volksernährung in Betracht, denn, wie schon erwähnt, liefert von
dem heutigen Saatgut ein nicht geringer Teil Sorten- und wertlose
Bastarde, die für die menschliche Ernährung in Wegfall kommen. Es
^) 1 ko- Weisskrautsamen kostete 1913 12—14 M., 1917 aber im Schleichhandel
2000 M.
92 Becker:
jp.t also mehr als ein Grund vorhanden, danach zu streben, die alte Güte
äi'^der deutschen Gemüsesämereien durch züchterische Arbeit wieder neu
erstehen zu lassen.
Bei der Züchtung der Kohlgewächse schlage ich folgenden Weg ein.
Im ersten Jahre werden aus einem grösseren, guten, sortenreinen Ge-
müsebestande drei bis vier sich völlig gleichende und dem Zuchtziel voll-
kommen entsprechende Pflanzen ausgewählt und sorgfältig überwintert.
Die Vierzahl bezeiclinet das Höchstmaß, da sich sonst bei gegenseitiger
Befruchtung in der Naclikommenschaft zu viele Kombinationen ergeben
dürften. Im Frühling des zweiten Jahres werden die vier Pflanzen unter
entsprechenden Isolierungsmassnahmen gegen ungewollte Fremd-
befruchtung als sog. ,, Befruchtungsgruppe" zusammen ausgesetzt und
zur gegenseitigen Befruchtung gebracht. Die Ernte erfolgt für jede
Mutterpflanze sowie für jede Schote getrennt, und zwar derartig, dass
die fast Vollreifen Pflanzen abgeschnitten und zu einem allenfalls
nötigen Nachreifen in einen gedeckten Raum gebracht werden, wo dann
die 50 besten Schoten abgenommen und jede für sich in einer eigenen,
genau bezeichneten Tüte aufbewahrt werden. Alle übrigen Schoten
kommen als Sekunda in eine Sammeltüte. Die Bezeichnung der
Pflanzen und Schoten erfolgt nach folgendem Schema: Ein grosser
lateinischer Buchstabe bezeichnet die Sorte, z. B. H = Holländer Kraut.
■ ein kleiner lateinischer Buchstabe benennt die Pflanze, also a, b, c und
d. und endlich eine arabische Ziffer die Schote. Eine ganze Bezeichnung
lautet demnach z. B.: Ha 26. Die schotenweise Ernte und damit auch
der schotenweise Anbau der Saaten erscheint auf den ersten Blick wohl
umständlich und zeitraubend, vielleicht auch unzweckmässig. Zur Be-
gründung sei folgendes angeführt: Die Seitensprosse, Blätter und Blüten
zweigen bei ihrer Anlage vom Meristem der Hauptachse ab. Bis zur
endgültigen Abzweigung und Ausbildung der Geschlechtszellen in der
Blüte vergehen also zwischen den untersten und den obersten Blüten ein
und desselben Sprosses ungezählte Zellteilungen. Diese sind zwar in
der Regel nur einfache Halbierungen von Kern und Zelle, es findet keine
Reduktionsteilung und damit kein Verlust von Merkmalsanlagen statt.
Das ist die Regel. Dennoch sind als Knospenvariationen ganz sinn-
fältige Abweichungen einzelner Seitensprosse vom Typus des Haupt-
sprosses bekannt. Sogar Verlust lebenswichtiger Anlagen (Chlorophyll-
bildung) kann eintreten. Es besteht die Möglichkeit der Annahme, dies
auf der Regel zuwiderlaufende Vorgänge bei den Zellkernteilungen
zu erklären. Auch das Auftreten einzelner gefüllter oder sonstwie nicht
normaler Blüten ist hierher zu rechnen und bei Kohlarten, namentlich
Miit gleichzeitiger Verdoppelung des Fruchtknotens, nicht selten. Schon
nach dem Angeführten können sich also die Insassen einer Schote näher
stehen als wie die zweier entfernt stehender, sie bilden demnach für sich
Beiträge zur Züchtung der Kohlgewächse.
93
zusammen eine Gruppe. Diese Gruppe muss dann ferner als eine natür-
liche bezeichnet werden, da alle Samenkörner einer Schote ein und dem-
selben Fruchtknoten entstammen. Die Nachkommen einer Schote
werden in den allermeisten Fällen auch denselben Vater haben, was
man von den sehr verschieden zeitlich aufblühenden Blüten desselben
Kohlgewächses sonst sicherlich nicht behaupten kami, sie werden dem-
nach unter sich auch gleichartiger sein als die Naclikommen ver-
schiedener Schoten in Mischung. Sogar gesetzt den Fall, dass Pollen
verschiedener Vaterpflanzen gleichzeitig auf eine Narbe kämen, dürften
dennoch die Pollenkörner der kräftigeren Pflanze schneller keimen und
wachsen und zur Befruchtung kommen als wie die Pollenkörner einer
schlechteren Pflanze. Bei dem schotenweisen Anbau ist dann endlich
auch die Vegetationsbeobachtung erleichtert und damit die Erkennung
imd Ausmerzung von Bastarden und anderen schlechten Formen.
da ein Bestand von mehreren Hundert Gewächsen durch diese Anbau-
methode in kleinere, leicht zu überblickende Gruppen geteilt wird.
Die Aussaat der Elitesamen erfolgt zur Zeit des ausgehenden
Frühlings und des beginnenden Sommers. Die näheren Daten mag die
folgende Tabelle liefern.
Saat- und Pflanztabelle für Elitekohlsamen.
Varietät
Saat
Mist-
beet
Saatbeet
Auspflanzung
ins
Freiland
Ent-
fernung
als
Gemüse
Ent-
fernung
als Samen-
träger (in
der Reihe)
Weisskohl .
Wirsing . .
Kohlrabi . .
Sprossenkohl
Blumenkohl .
Krauskohl .
1. V.
1. V.
15 VI.
(Goliath 30. V.)
15. IV. -15. V.
IX. —
— 15.V1I.-15.VII1.
15. VI.— 1. VII.
15, VI— 1. VII.
1.— 15. VIII.
15. VI.-l. VII.
30. III. -15. IV.
l.VII.-lö.VIlI
60-
-80
cm
40-
-HO
.,
40
V
fiO
50-
-60
V
30-
-40
V
50—60 cm
30—40 ..
30-40 ..
50—60 ..
50-60 ,.
30 -40 ..
Entfernung der
Reihen überall bis
zu 1 m.
Jede Schotensaat wird für sich getrennt in Filtrierpapier oder
auch in Petrischalen vorgekeimt und dann mit einer feinen Pinzette
vorsichtig in mit Komposterde gefüllte .und genau bezeichnete Papp-
töpfchen von 5 cm Durchmesser einzeln und kornweise ausgelegt. Die
Töpfchen kommen in kalte Mistbeete, und zwar hat ein solches bei einer
Breite von 1,5 m und einer Länge von 12 m ein Fassungsvermögen für
7200 Stück. Da auf eine Schote im grossen Durchschnitt 20 Körner
zu rechnen sind, so beanspruchen die Nachkommen einer Primapflanze,
wenn 25 Schoten angebaut und 25 in Reserve gehalten werden,
500 Töpfchen. Ein Beet genügt also für rund 14 Nachkommenschaften
94 Becker:
von ganzen Pflanzen und, da keine Sorte mehr als 4 Stämme haben soll,
also für drei bis vier Sorten oder auch Varietäten. Bei dieser Arbeits-
weise wachsen sämtliche Sämlinge genau unter denselben Verhältnissen
heran, jeder hat denselben Standraum, dieselbe Menge Erde, Düngung,
•Feuchtigkeit. Luft- und Licht. Der Kampf ums Dasein in dem
gewöhnlich dichtangesäten gebräuchlichen Saatbeet mit seiner Pro-
tektionswirtschaft durch zufällig entstandene Lücken usw. entfällt. Es
wird ermöglicht, mehr Sorten und kleinere Gruppen in einem Saatbeet
unterzubringen, ohne Vermengungen befürchten zu müssen. Ver-
unreinigungen der Zuchtsaaten durch nachgekeimte, allenfalls in der
Saatbeeterde enthalten gewesene Samenkörner derselben Pflanzenart
sind ausgeschlossen. Sehr wichtig ist auch, dass das Aussetzen der
Sämlinge ins Freiland fast schmerzlos vor sich geht, und dass es. was
sehr schätzbar ist, vom Wetter ganz unabhängig bleibt, da an den
jungen Pflänzchen grössere W^urzelballen verbleiben und damit die
feinen Wurzeln nicht derartig verletzt werden, wie es sonst bei dem
gewöhnlichen Ausraufen geschieht. Die Papptöpfchen können mehr-
mals benützt werden und werden deshalb nicht mit ins Feld aus-
gepflanzt. Beim Aussetzen ins Freiland werden die Pflanzen zum
ersten Male selektiert und alles Ungeeignete entfernt. Wichtig zu
wissen ist auch, dass das Verpflanzen bei den Kopfkohlvarietäten zur
Ausbildung der Köpfe notAvendig ist. Ein Aussäen oder Dibbeln an
Ort und Stelle wäre also zweckwidrig, da eigene Versuche des laufenden
•Jahres zeigten, dass bei Weisskraut wie auch bei Wirsing die Kopf-
bildung bei nicht umgesetzten Pflanzen zum grössten Teil unterblieb
oder ganz ungenügend war. Bei Kohlrabi kommt es jedoch zur nor-
malen Knollenbildung, die sich überhaupt als sehr fest erblich festgelegt
erweist, was namentlich auch bei künstlichen und wilden Bastar-
dierungen zum Ausdruck kommt.
Während des Wachstums wird durch eine genaue Vegetations-
beobachtung der Wert der einzelnen Zuchten festgestellt. Unterstützt
wird dies durch weitere Untersuchungen an verkaufsfähigen Pflanzen.
Im allgemeinen gelten zur Wertbestimmung die folgenden Richtlinien.
Es wird genau buchmässig festgelegt und untersucht: Keimfähigkeit
der Saat, Saat (Mistbeet, Saatmenge, Aufgang), Pikieren, Verpflanzung
(Schlagnummer, Düngung, Bodenbearbeitung, Wetter. Regenliöhe 14*^
vor und nach der Pflanzung), Vegetationsbeobachtungen (Blattform und
Farbe, Entwicklung, Lieferung der ersten marktfähigen Ware, Be-
schädigungen und Krankheiten). Erti-ag auf 1 ha. Gewicht und Be-
schaffenheit der einzelnen Verkaufspflanze, Abfall am Feld, Abfall in
der Küche, Kochrprobe, Haltbarkeit und Überwinterung.
Ende September bis in den Oktober hinein ist die Ernte des Ge-
müses. Hier beginnt für den Samenzüchter die Hauptarbeit. Die
Beiträge zur Züchtung der Kohlgewächse. 95
besten Pflanzen wurden zwar während des Wachstums schon durch
Stäbe bezeichnet, doch muss immerhin jetzt der ganze Bestand noch-
mals sorgfältig durchselektiert werden. Die zehn besten Pflanzen
kommen, getrennt von den übrigen, die die Sekunda bilden, zur Auf-
bewahrung in trockene und luftige Keller. Die Sekunda wird in Mieten
oder unmittelbar aus dem Felde, d. h. leicht mit Erde überdeckt (Häufel-
pflug) überwintert.
Im Frühling werden von den zehn Primapflanzen vier ausgewählt
und kommen zu gegenseitiger Befruchtung in Isolierung; die sechs
übrigen, die nur als Reserve für allenfallsige Verluste dienten, werden
der Sekunda eingefügt.
Die Auspflanzung der Sekunda-Samenträger, die also Auslese-
saatgut zur Vervielfältigung liefern sollen, erfolgt nach dem Pfluge
oder mit dem Spaten. Die Reihen sind mit der herrschenden Wind-,
richtung zu legen und müssen. so weit sein, dass man zwischen ihnen zur
Vornalime von Arbeiten gehen kann, ohne ZAveige zu knicken. Frauen
mit Röcken sind zu Pflegearbeiten (Aufbinden. Hacken, Anhäufeln.
Insektenbekämpfung) in Kohlsamenfeldern nicht zu empfelilen. Jede
Pflanze muss zum Schutz gegen Windbruch an Stäben oder an. den
Reihen entlang gezogenen. Drähten aufgebunden werden. Da Bastar-
dierungen zwischen den einzelnen Sorten und Varietäten sehr leicht ein-
treten, dürfen die einzelnen Bestände einander nicht näher als 400 m
liegen. Windrichtung und namentlich die Hauptanflugrichtung der
Bienen sind bei der Auswahl der Samenträgerbeete genau zu berück-
sichtigen. Die Bienen dürfen also nicht über ein blühendes Kohlrabi-
feld zu einem wenn auch 500 m entfernten Kohlfeld fliegen. Zweck-
mässig ist es, an grösseren Feldern tragbare Bienenkästen mit je einem
Volk aufzustellen. Besondere Sorgfalt muss auch darauf verwendet
werden, dass nicht alte abgeschnittenen Kohlstrünke mit Kompost,
Dünger oder sonstwie auf den mit Samenträgern bestellten oder einen
benachbarten Acker kommen, da sie leicht zum Austreiben und Blühen
gelangen und somit zu Bastardierungen führen können. Es wäre des-
halb zu empfehlen, im Herbste durch Schweine die abgeernteten Kohl-
felder abweiden zu lassen. Zur Vertilgung der Puppen von Kohleulen
und ähnlichen Schädlingen erweisen sich Hühner- und Putenvölker, be-
sonders hinter dem Pflug, als sehr geeignet.
Als Düngung gibt man pro Hektar im Februar des ersten Gemüse-
jahres 16 Ztr. Kainit. Im April pflügt man eine gute Gabe kurzen
verrotteten Stallmist unter, dem während der Vegetation eine Kopf-
düngung von 6 Ztr. schwefelsaurem Ammoniak zwischen die Reihen
folgt. Die Bodenbearbeitung geschieht durch Herbstpflugfurche, durch
zweimaliges Überfahren mit Kultivator und Egge im Frühling, durch
dreimaliges Hacken der Pflanzen während des Wachstums und endlich
durch Anhäufeln. Im Samenjahr gibt man eine Zusatzdüngung von
96 Becker:
Phosphorsäure mit etwas Sticksoff, je nach Bedarf. Haben die Pflanzen
an Ort und Stelle überwintert, dann wird nur mehrmals gehackt und an-
gehäufelt, werden sie jedoch erst ausgesetzt, dann muss eine Pflug-
furche gefahren werden.
Die Zahl der Naclikommen einer Pflanze schwankt bei den Kohl-
gewächsen je nach Varietät und Sorte von 2000 bis 15 000, ja 36 000
und mehr. Von diesen im Mittel 15 000 Samen kommen mit den 50
besten Schoten rund 1000 zur Elite und von diesen nur 500 zum Anbau,
da die zweiten 500 als Reserve aufbewahrt bleiben. Die restlichen
14 000 gehen als Auslesesaatgut zum Anbau und vereinigen sich im
Herbste mit den Samen der noch rund 400 — 450 umfassenden Pflanzen,
die nach Auslese der neuen Elite aus der alten Elite bleiben, da ja nur
4 Samenträger zur Weiterzucht als Elite kommen. Es ist also bei Kohl
eine sehr rasche Vervielfältigungsmögliclikeit von Zuchtsaat gegeben,
so dass die Tätigkeit eines Züchters sich auch bald von finanziellem
Erfolg gekrönt sieht.
Die Ernte der Vervielfältigungsfelder beginnt, sobald die Schoten
einzutrocknen beginnen, und zwar werden bei ungleicher Reife die reifen
Pflanzen nach und nach eingeerntet, in Bündel gebunden, an luftigen
Orten nachgetrocknet und am besten mit dem Flegel auf grossen
Tüchern gedroschen. Der Ertrag an Samen schwankt und ist von Wind
und Wetter, Krankheiten und Beschädigungen sehr abhängig. Als
Grenzwerte können für ein Hektar 50 — 500 kg angenommen werden, ein
Ertrag, der zum Anbau mit Grüngemüse für 100 — 1000 ha genügt.
Die Gewinnung von Samen kann bei Kohl auf dreierlei Arten be-
werkstelligt werden:
1. durch Auspflanzung von gut ausgebildeten Köpfen;
2. durch Auspflanzung abgeschnittener Strünke;
3. durch sehr spätes Aussetzen von jungen Pflanzen im Herbste.
Der Kohl überwintert dabei im Freien und geht im Frühling, ohne
Köpfe gebildet zu haben, in Blüte. In rauheren Gegenden werden
die Pflanzen in Mieten überwintert und im Frühjahre wieder ins
Freiland gebracht.
Die in Holland übliche Arbeitsweise, abgeschnittene Kohlköpfe
auszupflanzen, kann bei uns ausser acht gelassen werden.
Vom Standpunkt des Pflanzenzüchters aus muss darauf hin-
gearbeitet werden, dass mehr und mehr die Samengewinnung von Kohl-
samen aus gut ausgewachsenen Köpfen Platz greift. Nur diese Arbeits-
weise erlaubt es, die Zuchtpflanzen genau zu beobachten und kräftigste
Stammpflanzen zu erhalten. Die Verwendung abgeschnittener Strünke
gibt ja auch Gewähr dafür, dass nur von guten Mutterpflanzen Samen
genommen wird, doch haben vorliegende Untersuchungen den grossen
Minderertrag dieser Gewinnungsweise ergeben. Ganz zu verwerfen und
Beiträge zur Züchtung der Kohlgewächse.
97
pflanzenzüchterisch unreell ist die Samengewinnung von Stecklingen.
Die Pflanzen bilden hierbei keine Köpfe, sondern sofort Blütentriebe.
Der Käufer hat also keinerlei Gewähr dafür, dass der erstandene Samen
überhaupt die Neigung hat. Köpfe zu bilden. Er muss befürchten, dass
ein (jrrossteil der aus den gekauften Samen entstandenen Pflanzen nur
lose Blätterbüschel oder gar Blütentriebe bildet, wie wir es leider bei
den meisten unserer Handelssaaten sehen. Ein richtiger Gärtner kauft
deshalb nur ungern und nur im Notfall Handelsware, denn es darf ihm
und somit auch dem kohlbauenden Landwirt durchaus nicht gleichgültig
sein, ob aus 100 ausgesetzten Pflanzen 100 Kohlköpfe oder ob nur 60
gewonnen werden, während die übrigen 40 Pfanzen knapp zu Viehfutter
taugen. Erschwerend fällt bei der Gewinnung von Samen aus Steck-
lingen auch noch ins Gewicht, dass bei ihr Sortenvermengungen nur sehr
schwierig, ja oft überhaupt nicht feststellbar sind.
Als Versuchspflanze diente Kohl (Wirsing), Sorte: Wiener
Kapuziner.
Bodenverhältnisse und Düngung waren vollständig gleich.
Der Ertrag wurde durch Zählung der völlig ausgebildeten und aus-
gereiften Schoten zu ermitteln verbucht.
1. Samengewinnung aus ausgebildeten Köpfen.
Saat und Reifung der Köpfe 1918, Überwinterung in Mieten, Auspflanzung und
Samenbildune' 1919. Samenreife 28. VII. 1919.
Pflanze
Nr.
Astznlil
Blütchenzahl
Unbefruchtete
Blütchen
Schoten
' 1
30
2584
787
1797
2
40
1844
527
1317
3
36
1746
461
1285
4
35
1861
644
1271
5
16
2323
1140
1183
6
35
2657
1519
113H
7
26
1464
479
985
8
37
1521
561
960
9
30
1766
823
943
10
33
1187
372
815
11
36
1143
395
748
12
31
1089
368
721
13
28
1062
357
705
14
32
1525
824
701
lö
28
1662
971
691
16
34
934
264
670
17
28
820
279
541
18
27
825
314
511
19
30
1082
592
490
20
13
484
164
320
Durchschnitt : |
1471
592
887
98
B e c k 0 ]• :
2. Samengewinnung aus Strünken.
Saat, Pflanzung und Ernte der Kohlköpfe 1918, Überwinterung der Strünke in Erde
eingeschlagen. Auspflanzung zu Samen Frühling 1919. Samenreife am 7. VKl. 1919.
Pflanze
Xr.
Astzahl
Blütchenzahl
Unbefruchtete
Blütchen
Schoten
1
21
3232
1728
1504
2
10
H472
1758
914
3
5
1532
819
713
4
7
1865
1341
524
5
4
1775
1268
507
6
5
1612
1180
432
7
1
1916
1490
426
8
()
1683
1287
396
9
2
760
544
216
10
ö
101
49
52
11
TG
Iständig vergrünt
—
12
11 )>
—
13
» ))
—
- 14
j> »I
—
15
n •!
—
16
H Jl
—
17
)) ))
—
18
V ;»
—
19
11 11
—
2(1
11 11
—
Durchschnitt :
857
573
2S4
Bemerkungen: Jn der Zahl der „unbefruchteten Blütchen" sind auch die
zahlreichen, zur Zeit der Samenreife an den Pflanzen noch vorhandenen Blütenknospen
und Blüten enthalten. Der Befall durch Blattläuse und durch Kohlfliege (Anthomyia
brassicae Bouch.) war sehr stark im Gegensatz zu den Kopf- bzw. Stecklingspflanzen
des übrigen Versuches.
(Siehe vorerst die Tabelle auf S. 99. dann den weiteren Text.)
Zusammengefasst ergibt sich also folgende Übersicht über die ge-
wonnenen Durchsclmittszahlen :
Gewinnung von
Samen-
reife
Blüten-
zahl einer
Pflanze
im Durch-
schnitt
Unbe-
fruchtete
Blüten
einer
Pflanze
im Durch-
schnitt
Schoten
einer
Pflanze
im Durch-
schnitt
Bemerkungen
Köpfen ....
Strünken . . .
Stecklingen . .
28. VII.
7. VlII.
9. VII.
1471
857
()80
592
573
227
887
284
453
f Blattlaus- und Fliegeu-
\ befall sehr stark.
Demnach bringen gut ausgebildete Köpfe den höchsten Ertrag an
Samen, der ausserdem noch unbedingte Gewähr für gute Abstammung
Beiträg-e zur Züchtuno- der Kohlffewächse.
99
3. Samengewinnung aus Stecklingen.
Saat und Pflauzung im Herbst 1918, t'berwinterunii' im Fieiland, Samenbildung obne
vorliergehende Entwicklung von Köpfen Frühling 1919. Samenernte 9. VII. 1919.
Pflanze
Nr.
Astzahl
Blütchenzahl
Unbefruchtete
Blütchen
Schoten
1
28
1345
491
854
2
31
1211
462
749
3
22
1024
288
736
4
15
848
230
618
5
21
908
317
591
6
17
889
347
542
7
15
671
185
486
H
IH
689
211
478
9
13
627
156
471
10
17
741
331
410
11
15
592
194
398
12
13
592
201
391
13
11
473
108
365
14
11
489
132
357
15
14
525
170
355
16
20
520
193
327
17
11
563
259
314
18
10
381
93
288
19
12
276
70
200
20
t
23(;
105
131
Durchschnitt :
630
227
453
bietet. Samengewinnung von Stecklingen liefert gegen die vorige
Arbeitsweise nur die Hälfte an Samen und muss überdies noch als
züchterisch unreell bekämpft werden. Zum Schlüsse kommt die Samen-
gewinnung von Strünken mit dem vierten Teil des Ertrages aus-
gewachsener Köpfe, mit ihrer Schädlingsgefahr und verspäteten und
ungleichen Reife.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII.
I
über künstliche Wunderährenbildung.
Von . !
Eilh. Alfred Mitscherlich,
0. ö, Prof. an der Universität Königsberg- i. Pr.
(Mit 8 Textabbildungen.)
In allen unseren Pflanzenzüchtungen arbeiten wir auf eine Kon-
stanz der Form hin, da diese für bestimmte Leistungen infolge von
Korrelationserscheinungen charakteristisch zu sein pflegt. Dennoch fällt
68 uns wiederholt auf, dass selbst hochgezüchtete Saaten häufig diese
Form nicht wahren. Wir hier in Ostpreussen konnten derartige Be-
obachtungen namentlich bei Svalöfschen Weizenzüchtungen in einzelnen
Jahren machen. — Es ist unter diesen Umständen bei der Saaten-
anerkennung oft ausserordentlich schwierig, ein richtiges Urteil zu
sprechen, und eigentlich nur dem Besichtiger möglich, welcher die Zucht-
stätten selbst kennt und sich dort über die Konstanz der Form im Ver-
laufe mehrerer Jahre überzeugt hat.
Der Laie wird häufig in diesen Erscheinungen Rückschläge oder
AtaATsmen vermuten, was es auch hier und da sein mögen; es können
diese Erscheinungen aber ebenso gut anerworben und nicht vererbbar
sein. Denn, ebenso wie auch die Individualität des Menschen nicht
nur durch seine Abstammung und die hierdurch bedingte innere Ver-
anlagung, sondern auch durch die äusseren Einflüsse, welche wir hier
unter dem Worte ,, Erziehung" zusammenzufassen pflegen, bedingt ist,
so ist dies auch bei Tier und Pflanze der Fall. Dass das Tier ein
Produkt seiner Scholle ist, ist längst den Landwirten in Fleisch und
Blut übergegangen, nicht so, dass auch das Gleiche für die Pflanze zu-
treffen muss. Verändern wir auch bei dieser die den Ertrag bedingenden
äusseren Wachstumsfaktoren, so ändert sich mit diesen gleichzeitig
die Gestalt; so bei Getreide z. B. die Form der Ähre.
Wir haben im hiesigen Institut für Pflanzenbaulehre diese Er-
scheinung einige Jahre hindurch — solange es uns möglich war, unser
sehr helles Gewächshaus im Winter zu heizen — studiert. Da wir
zur Fortsetzung dieser Arbeiten aus diesen technischen Unmöglichkeiten
in der nächsten Zeit nicht kommen dürften, so möchten wir wenigstens
dieses Material hier bereits einem breiteren Leserkreise vorlegen, in
8*
102
31 i tsth e rl ich:
der Hoffnung, dass hier und da günstigere Arbeitsbedingungen für der-
nrtige Forsclniugen existieren.
Als Grundlage für unsere
Beobachtungen wählten wir
einmal meine RoggeuziuhtUDg.
welche seit zehn Jahren unter
Beiücksichtiguug eines sehr
h(dien Ähren- und Koru-Ge-
wichtes aus Petkuser Eoggen
entstand, und ferner unsere
Weizenzüchtung L welche als
Ausgangsniaterial vor 12 Jahren
den Sa lischer Sandweizen,
einen langährigen Landwei-
zen, hatte.
Die Saat wurde im Herbst
im freien Lande ausgesät, und
dann, sobald die Pflanzen das
zweite Blatt bildeten, in
A^^^sserkulturen übergeführt .
AVährend des AYinters wurden
diese im Gewächshause bei
niederer Temperatur frostfrei
aufgestellt. Die Nährlösung-
wurde im Frühjahr und Som-
mer alle 8 — 14 Tage erneuert,
sonst nach Bedarf nachgefüllt-
Da die Glaszylinder aussen,
mit schwarzer Ölfarbe über-
zogen waren, so war eine-'
Algenbildung, die sonst leicht
schädigend wirkt, vermieden.
Die jungen Pflänzchen wurden
zunächst in einen Korken ein-
geklemmt, welcher später mit
dem Erstarken der Wurzeln
immer mehr ausgeschnitten
werden und schliesslich oft
ganz wegfallen musste.
Die T 0 1 1 e n s sehe Nährlösung, welche wir im ersten Jahre an-
wandten, zeigte keine besonderen Erscheinungen, dagegen gelang es
uns in den folgenden Jahren, die eigenartigsten Wunderährenbildungen
mit der folgenden Nährlösung zu erzielen:
Abb. 8.
über künstliche Wniiderälirenbilduno-.
103
I. 459 g" Kaliiiinnitrat
-r 178 g Natriuninitrat
+ 315 g Kalzium nitrat
_ -f 269 g Amnioniumuitrat
IL 125 g see. Kaliumpliosphat
+ 75 g prim. Kaliumpliosphat
gelöst iü' 1000 ccm.
II l. 83 g schwefeis. jMagnesia
+ 180 g Chlormaguesia
gelöst in lOOo ccm.
Von diesen Lösungen wurden auf 10 1 von Lösung I 50 ccm,
von Lösung II und III je 10 ccm genommen, so dass die Konzentration
der Nährlösung 1,684%,, betrug.
o'elöst in 5000 ccm.
Abb. 9.
Eine kurze Beschreibung der Pflanzen und der erzielten Ähren-
formen mag an der Hand der beifolgenden Abbildungen folgen:
Die Pflanze in Abb. 8 zeigt als erste erschienene Ähre eine be-
sonders üppig und stark entwickelte Wunderähre, während alle weiteren
Halme kräftige, normale Entwicklung der Ähren in der Richtung zeigen,
welche dieser Züditung entspricht. Die Wunderähre, welche nur von
einem 45 cm langen Strohhalm getragen wird, befindet sich unten
links in Abb. 8; ich habe sie in Abb. 9 vergrössert aufgenommen. Es
104
^i i t s c li e r I i c Ii :
befinden Sich in iiir zunächst 7 Ährenspindelverästeliingen, weiche sehr
dicht mit Ährchen besetzt sind. Über der untersten Verästeking sind
Abb. 10.
2 Adventivknospen ausgetrieben, welclie neue Hahne und Äln*en bildeten.
Die erste von diesen bildete einen Halm von 25 cm Länge mit 2 Halm-
über künstliche Wunderährenbilduny.
105
knoten, der eine Ähre von 3 cm Länge (stets ohne Grannen gemessen)
trägt. Die zweite bildet einen Halm von 6 cm Länge, dann nach einem
Halmknoten eine Verästelung, die in 2 Halme mit je 1 Ähre ausmündet.
Der eine dieser Halme zeigt auf 15 cm Länge einen Halmknoten und
trägt eine 3,2 cm lange Ähre, der zweite Halm ist nur 3,5 cm lang
und trägt dafür eine 6,5 cm lange Ähre. Über der zweiten Ähren-
spindelverästelung ist wieder eine Adventivknospe ausgetrieben, deren
Halm sich nach 4 cm an einem Halmknoten gabelt; das eine dieser
Abb. 11.
neuen Hälmchen zeitigte eine Ähre von 2,3 cm Länge, wälu'end der
andere eine Doppelähre von 2,5 und 1,3 cm trug. Die 7 Spindelveräste-
lungen, oder Ährenknäule, hatten sich auf den untersten 11 cm der
Ährenspindel entwickelt, während die oberen 12 cm der Ährenspindel
einen durchaus normalen Ährenhabitus zeigten. Die gesamte Spindel-
länge der Roggenähre betrug so 23 cm, die anderen sich normal ent-
wickelnden Halme der gleichen Pflanze wiesen Spindellängen bis zu
20 cm auf, während nach den Zuchtbüchern in diesem .Jahre unter
normalen Bedingungen im Freien nur eine Ährenlänge von 17 cm er-
reicht wurde. Die Halmlängen der normal entwickelten Ähren ent-
106 Mitscheilich:
sprachen durchaus denen der unter normalen Verhältnissen erzielten
(bis 145 cn)).
Die Abb. 10 zeigt den gleichen Typ bei der zuerst entwickelten
Ähre wie Abb. 9. Die Ähre, welche ein 30 cm langer Halm trägt, bildet
verschiedentliche Spindelverästelungen. Eine aus ihr hervorgehende
Adventivknospe bildet einen Halm von 10 cm Länge aus, welcher eine
8 cm lange Ähre trägt (Abb. 11). Bei dem zu zweit schossenden Halme
(Abb. 10), welcher auch Wunderährenbildung zeigt, bildete sich beim
obersten Halmknoten bereits eine zweite Ähre aus, die zu dritt ge-
Abb. 12.
schosste Ähre zeigt auch noch die Wunderährenbildung, während alle
anderen Halme und Ähren den Habitus der Züchtung gewahrt haben.
Abb. 12 zeigt gegen Abb. 9 und 11 einen ganz anderen Habitus.
Auch hier haben wir bei dem zuerst geschossten Halme, der wiederum
sehr viel kürzer ist als die anderen (88,5 cm), Wunderährenbildung.
Es bilden sich hier aber nicht weitere Halme und Ähren aus der Ähre
selbst, sondern aus den obersten Halmknoten. So zeigen sich beim
zweitobersten Halmknoten neben dem weitergehenden Haupthalm zwei
Nebenhalme, von denen der eine 30 cm lang wurde, einen Halmknoten
bildete und in seiner 6 cm langen Ähre gut entwickelte Körner zeitigte,
während der zweite mit seiner 8 cm langen Ähre in der Hose stecken
blieb, ohne die Körner zu entwickeln, da die Blüten anscheinend nicht
befruchtet werden konnten. Das Gleiche trifft für die Nebenähre zu.
über künstliche Wunderährenbildunff.
107
die sich aus dem obersten, 13,5 cm höher liegenden Hahnknoten neben
der Wunderähre entwickelte, bei welcher der Halm auch nur 1,5 cm
lang, die Ähre selbst 5 cm lang wurde.
Um von den vielen Typen, welche wir erzielten, noch einen charak-
teristischen herauszugreifen, sei noch die Pflanze in Abb. 13 besprochen.
Bei dieser zeigten die fünf zuerst geschossten Ähren Wunderähren-
bildung, während die weiteren normalen Habitus hatten. Neue Halme
Abb. 13.
bildeten sich hier aus den Ähren oder Halmknoten nicht aus, dagegen
hatten sich, wie dies aus der vergrösserten Aufnahme (Abb. 14) deut-
lich ersichtlich ist, die Verästelungen der Ährenspindel besonders zahl-
reich und lang entwickelt. (Die Ähre, Abb. 14, hat eine Länge von
22 cm, die Spindeläste von 5 — 5,5 cm!)
Diese charakteristischen Erscheinungen mögen zunächst hier ge-
nügen, zumal alles andere umfangreiche Material keine wesentlich anderen
Merkmale bietet.
108
M i t s c h e 1- 1 i c b :
Von dem Weizen sei nur eine Pflanze wiedergegeben, vun der
Abb. 15 nebeneinander, rechts, eine sehr gut ausgebildete Ähre des
normalen Types zeigt, während die Ähre links eine Doppelährenbildung
und Verästelung der Spindel aufweist, welche dem Weizen einen typisch
dichtährigen Charakter verleiht.
Diese Wunderähre war auch hier die erste, die schosste, während
die übrigen 19 Halme dieser Pflanze sich durchaus normal und im Ha-
bitus der betreffenden Züchtung entwickelten.
Eine eigenartige Erscheinung dürfte es zunächst sein, dass vor-
nehmlich die zuerst schossenden Halme der Pflanzen die Wunderähren-
Abb. 14.
bildung zeigen. Es scheint mir dies darauf hin zu deuten, dass nicht
nur die allzu üppige Ernährung, sondern auch das milde Winterwetter
(im Gewächshause) diese Erscheinung begünstigt. Im Freien hat sich
bei der Roggenzüchtung in einem sehr günstigen Jahre nur auf sehr gut
gedüngtem Boden mal eine Verdichtung der Ährchen an dem Spindel-
ende gezeigt, welche aber einer ganzen Pflanze eigentümlich war und
sich zur Reife hin noch ziemlich durch Strecken der Spindel wieder
auswuchs. Die Erscheinung bleibt also zunächst auf einzelne Halme
der Pflanze beschränkt! Körner, welche wir von diesen Wunderähren
im freien Lande aussäten, ergaben zunächst wieder normale Roggen-
ähren. Es ist somit die durch äussere Wachstumsfaktoren erzielte
Bildung nicht vererblich! Und hierin liegt m. E. gerade die Schwierig-
über künstliche Wunderährenbildune-.
109
keit in der Beurteilung variierender Ährenformen. Andrerseits kann
es nicht als charakteristisch für eine Beeinflussung von äusseren Wachs-
tumsfaktoren angesehen werden, wenn nicht alle Halme einer Pflanze
Abb. 15.
derartige Varianten zeigen. Halten die hierfür bedingenden Wachs-
tumsfaktoren länger an, so kann ebensogut eine ganze Pflanze bei
allen Ähren abweichende Formen aufweisen. Eine Überführung der
Wasserkulturen nach der ersten Halmschossung in Topfkultur hat
natürlich auf das Ergebnis der weiteren Halm- und Ährenbildung keinen
Einfluss gehabt!
III.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der
Pflanzenzüchtung.
1. Referate über Arbeiten
in Zeitschriften, sowie über Dissertationen, dann Jahresberichte und Bulletins
von Versuchsstationen.
Einsendung- von Abdrücken aller einschlägigen Arbeiten
erbeten.
Einige Herren haben sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt,
für einzelne Länder oder bestimmte sachliche Gebiete die Sorge für
Erstattung von Referaten ganz zu übernehmen. 1917 sind derartige Ver-
einbarungen getroffen worden mit:
Professor Dr. H. Nilsson - Ehle - Lund: Pflauzeuzüchtung,
Schweden. — Prof. Dr. Gran, Universität Kristiania : Pflanzenzüchtung,
Norwegen. — Konsulent E. Lindhard-Tj^stofte pr. Tjaereby: Pflanzen-
züchtung, Dänemark. — Dr.H. Plahn-Appiani-Aschersleben, Mehringer-
strasse 6: Zuckerrübenzüchtung in Deutschland und Österreich. —
(Königl. landw. Botaniker A. Howard-Pusa (Bihar), Indien: Pflanzen-
züchtung, Indien.^) — Direktor A. v. Stebutt der Versuchsstation
Saratow, Russland: Pflanzenzüchtung, Russland.'-) — Direktor van
der Stok-Buitenzorg (Java): Pflanzenzüchtung, Java. — Dr. Th.
Römer-Schlanstedt: Pflanzenzüchtung, Grossbritannien. — Direktor
E. Grabner-Magyarovär: Pflanzen Züchtung, Ungarn. — Prof. Dr.
V. Mandekic-Krizevci, Slavonien: Pflanzen Züchtung, in südslavischer
Sprache.
Für die liier nicht genannten Gebiete sind zunächst Autoreferate
sehr erwünscht, wenn solche innerhalb acht Tagen nach dem Er-
scheinen der Arbeit abgesendet werden.
Die Referate sind entweder, als Autoreferate gekennzeichnet oder
von dem betreffenden Referenten gezeichnet ; von dem Redakteur er-
stattete bleiben ungezeichnet.
*) Referate können nach freundlicher Mitteilung jetzt wieder erstattet werden.
■-) Nach freundlicher Mitteilung können Referate jetzt nicht gesandt werden.
\\2 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzeuzüchtuug.
AUendori und Ehrenberg. Die Aufgaben des Sonderaus-
sQhussesfür Zuckerrübenbau. (Mitt. d. D. L.-G. 1919, S. 531
bis 534.) Von den verschiedenen besprochenen Aufgaben ist hier nur
der auf Züchtung bezüghchen zu gedenken. Die Züchter sollen an-
geregt werden, eine Rübe zu züchten, welche — ohne \'erminderung
des Zuckergehaltes und ohne Steigerung des Salz- und Xichtzucker-
gehaltes — höheren Ertrag gibt. Gleichzeitig sollen Versuche gemacht
werden, ob. wenn dieses nicht gelingt, es nicht doch möglich wäre,
eine solche Rübe zu erhalten, wenn eine gewisse Minderung des Zucker-
gehaltes in Kauf genommen wird. Mittel sollen für Versuche aus-
geworfen werden, welche bei Zuckerrübe die Durchführbarkeit strengster
Inzucht prüfen. Die Züchtung von Zuckerfutterrüben verdient unter
den jetzigen Verhältnissen volle Beachtung. Für Brennereien könnte
die Züchtung einer Rübe angestrebt werden, die salz- und eiweiss-
reich ist.
Amend, F. Untersuchungenüber flämischen Roggen
unter besonderer Berücksichtigung des veredelten
flämischen Landroggens und seiner Züchtung. (Landw.
Jahrbücher 52. Bd., 1919, S. 614 — 669.) Der ursprüngliche flämische
Landroggen ist in Westflandern in ausgesprochen maritimem Klima
der Züchtung unterworfen worden. Die Zuchtstation ist in Concke-
laere. woselbst der Bürgermeister H. P r o o t auf seiner etwa 32 ha
grossen Wirtschaft seit 1903 züchtet. Bis 1909 wurde Massenauslese
A''on Ähren betrieben, seit diesem Jahr Fflanzenauslese. 1914 war die-
selbe durch die kriegerischen Ereignisse (Nähe des Iserkanals) unter-
brochen worden und es waren auch die einzelnen Individualauslesen
der Züchtung durcheinander gekommen. Die 3. und 4. Absaat des
Auslesegutes wird, unter Aufsicht des Züchters, auf anderen Wirt-
schaften vorgenommen, die zu einer Saatzuchtvereinigung ..Kweek-
bond"' zusammengeschlossen worden waren. Die Züchtung hat die
guten Eigenschaften der Landsorte erhalten, dabei an Ertragsfähigkeit.
Standfestigkeit, für Korn besseres Verhältnis von Korn : Stroh und
Kornschwere gewonnen. Das maritime Klima begünstigt Strohwuchs
sehr und die übliche späte Saat, im Verein mit niederer Frühlings-
temperatur, bringt Zwiewuchs mit sich. Von korrelativen Beziehungen
fand Verfasser bei LTntersuchung des verbesserten flämischen Roggens,
und zwar von Auslesepflanzen, 2. Absaat von Auslesesaatgut und
2. Nachbau von Originalsaatgut: Kolbigkeit, allgemein dichter Besatz
einerseits und Kurzkörnigkeit andereilteits; Kurzkörnigkeit und dichter
Besatz der Ähre einerseits mit Schartigkeit und mit kurzem Halm, be-
sonders kurzem obersten Halmglied. Grünkörnigkeit schätzt Verfasser
und meint, dass der verbesserte flämische Roggen auf diese, sowie auf
gleichmässige mitteldichte Ähre weiter zu züchten wäre.
Nene Erscheimingen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 113
Baas - Becking, L. Over Limietverhoudingen in
Mendel'sche P opiilati es.^) (Genetica 1919, 1. Afd., S. 443—456.)
Die Zahlenverhältnisse "bei Ausgang von einer Mendel' sehen F^-
Popiilation werden beleuchtet für 1. allseitige geschlechtliche Ver-
einigung bei Vorhandensein von 1 und 2 Anlagenverschiedenheiten.
2. Selbstbefruchtung bei 1 und 2 Anlagenverschiedenheiten, 3. Fremd-
und Nachbarbefruchtung, je zu Vi, bei 1. 2 und 3 Anlagenverschieden-
heiten. 4. Paarung bei Auslese bei 1 Anlagenverschiedenheit, und zwar:
a) bei Getrennthaltung aller Individualauslesen. b) gesonderter Auslese
der dominierenden und rezessiven Individuen und c) blosser Auslese
der dominierenden.
Bach, S. Zur näheren Kenntnis der Faktoren der
Anthozyanbildung bei Pisum. (Zeitschr. f. Pflanzenzucht.
Bd. VII. 1919. S. 64—66.)
Bach, S. Noch ein Bastardierungsversuch Pisum X
Faba. (Zeitschr. f. Pflanzenzucht. Bd. VII, 1919, S. 73—74.)
Barker, E. H e r e d i t y s t u d i e s in t h e m o r n i n g - g 1 o r y
(I p 0 m 0 e a p u r p u r e a [L.] Roth).-) (Cornell University, Agri-
cultural Experiment Station 1917, Bull. 392.) Die Zierwinde ist für
Bastardierungsuntersuchungen sehr geeignet, da die Pflanze selbst-
fruchtbar ist, viele Samen hervorbringt und gegen Schädlinge wider-
standsfähig ist. Die Veranlagung wurde durch Beobachtung der Nach-
kommenschaft von Pflanzen geprüft, die der Selbstbefruchtung unter-
worfen wurden, und durch Bastardierungsversuche. Bei Färbung der
Samenschale. Zerschlitzung der Blumenkrone, Färbung und Fleckung
der Blumenkrone wurde mendelndes Verhalten festgestellt. Die Samen-
haut ist schwarz oder gelbbraun, schwarz dominiert. Zerschlitzung
der Blumenkrone dominiert über normale Ausbildung. Die Farben
der Blumenkrone sind epistatisch zueinander von weiss zu rosa,
magentarot, blaupurpurn und dunkelpurpurn. Jede weitere epistatische
Farbe ist durch das Hinzutreten einer oder mehrerer wahrscheinlich
enzymatischer Anlagen bedingt, die der hypo statischen fehlen und auf
farblose Chromogene wirken. Streifung der Blumenkrone („flaking")
dominiert über ungestreift, sie beruht auf lokal in der Blumenkrone
verteiltes Enzym, das auf ein farbloses Chromogen im Zellsaft der
Oberhaut der Innenseite der Krone einwirkt. Als Anlage wird an-
genommen C-Anlage für Chromogenbildung, R- Anlage für Oxydase. die
auf Chromogen wirkt. B-Anlage, die Blaufärbung bewirkt, X-Anlage
für Verstärkung, I-Anlage für weitere Verstärkung. Die einzelnen
Blütenfarben werden auf farbigen Tafeln dargestellt, die Veranlagung
der betreffenden Pflanze wird im Text gegeben
^) Über Zahlenverhältnisse in MendeTschen Populationen.
*) Vererbungsstndien bei Zierwindling, Ipomoea purpurea.
114 Neue Erscheiuungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Bartos, W. Über die ^1 ö g 1 1 c h k e i t der Ertrags-
steigerung der Sorten durch Benützung der Steck-
lingsmethode. (Zeitschr. f. Zuckerindustrie in Böhmen XLIL
1919, S. 391 — 397.) In einer grossen Zahl von Versuchen des Ver-
fassers gaben Samen schwererer Stecklingsrüben höheren Gewichtsertrag
an Rübenkörper und es wird empfohlen, die schwächeren bei Verviel-
fältigung von Saatgut auszuscheiden. Den Ausfall an Stecklingen, der
dadurch entsteht, nimmt Verfasser mit 5^^10"/o an.
Baur, E. Über S e 1 b s t s t e r i 1 i t ä t u n d ü h er K r e u z u n g s-
ver suche einer selbstfertilen und einer selbst-
sterilen Art in der Gattung A n t i r r h i n u m. (Zeitschr. für
induktive Abstammungs- und Vererbungslehre XXI. 1919, S. 48 — 52.)
Zur Frage der Selbstunfruchtbarkeit (siehe auch Lehmann) stellt
Baur fest, dass bei Antirrhinum eine Gruppe von Arten vollständig
selbstfruchtbar ist. bei einer zweiten Selbstbefruchtung möglich ist und
bei einer dritten alle selbstunfruchtbar sind. Bei einer Art der letzten
Gruppe waren, nach Fremdbefruchtung zwischen zwei Individuen. 16
der Nachkommen fruchtbar mit beiden Eltern. 15 nur mit einem der
Elter und es verhielten sich die Nachkommen auch verschieden bezüg-
lich der Fruchtbarkeit untereinander. Schlüsse werden zunächst nicht
gezogen. Übereinstimmung mit dem von C o r r e n s untersuchten Fall
bei Cardamine scheint nicht vorhanden zu sein. Bastardierungen
zwischen den selbstunfruchtbaren Arten untereinander waren immer
selbstunfruchtbar. Bastardierungen zwischen selbstunfruchtbarer Art
und einer selbstfruchtbaren gaben selbstfruchtb^re F-,. deren An-
gehörige mit dem selbstunfruchtbaren Elter Ansatz gaben.
Bregger, T. L i n k a g e i n m a i z e : The C a 1 e u r o n e 1 a c t o r
and waxy endosperm.^) (The American Naturalist LH. 1918.
S. 57 — 61.) Das Bestehen der von Co Hins festgestellten genetischen
Korrelation zwischen wachsiger Ausbildung des Endospermes und
Aleuronfarbe wurde bestätigt, und es wurde festgestellt, dass es die
G-Anlage für Aleuronfarbe (s. Referat Emerson) ist. welche mit der
Anlage für wachsiges Endosperm verbunden ist.
Caron, v., Eidingen. Physiologische Spaltungen ohne
Mendelismus. (Deutsche landw. Presse 1919. S. 515—516. 1 Abb.)
Verfasser stellte fest, dass bei seinem Dickkopfweizen aus mit Stein-
brandsporen infiziertem Saatgut, sowohl wenn dasselbe gebeizt als
wenn dasselbe ungeheizt gesät worden war. auch langährige Pflanzen
erwuchsen und auf der Abteilung mit ungeheiztem Samen nur solche
brandig waren. Er schliesst daraus, dass nicht der Steinbrand die Ur-
*) Genetische Korrelation bei j\lais: die Anlage C für Aleuronfärbung und die
Anlage für wachsiges Endosperm.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 115
Sache der Verlängerung der Square head-Ähre ist, sondern dass nur
langgestreckte Ähren von diesem geschädigt werden. Er nimmt an,
dass eine physiologische Abspaltung erfolgte, welche die Anfälligkeit
begründet und die andere Ährenform und dass diese Spaltung mit
morphologischer — nach Mendel's Regel verlaufender — Spaltung
nichts zu tun hat und will die physiologische Spaltung studieren. In
anderen Weizenformen des Square head-Typus beobachtete er Staub-
brandbefall bei kolbigen wie bei langen Ähren.
Emerson, R. A f i f t h p a i r o f f a c t o r s , A a , f o r a 1 e u r o n e
color in maize, andits relation to the Cc and Rr pair s.^)
(Cornell Universtty, Agric. Exp. Station, Memoir 16, 1918, S. 231 bis
289.) East und Kay es 1911 und East 1912 haben 5 Paare von
Anlagen, welche die Aleuron- (Kleberschicht-) färbe beeinflussen, fest-
gestellt. Zwei dominierende derselben, C und R, müssen nach dem
damaligen Ergebnis vorhanden sein, damit überhaupt das Aleuron ge-
färbt sein kann. Anlage P r bewirkt bei Gegenwart von C und R
purpurne Färbung, ihr Fehlen pr rote Farbe, J bewirkt Farblosigkeit
oder nahezu solche. Durch die weiteren Versuche des Verfassers ist
das Vorhandensein einer weiteren Anlage A ermittelt worden. Damit
überhaupt Färbung des Aleuron eintritt, muss demnach A, C und R,
sowie i i vorhanden sein. Ist weiter die Anlage P r vorhanden, so
wird die Farbe Purpur, ihr Fehlen p r p r bei Anwesenheit von A. C. R
und i i gibt Rot.
In Fj sind die Anlagen A. C. R heterozygotisch als Aa, Cc, Rr
vertreten, in Fn. tritt Spaltung von gefärbt zu farblos wie 27: -37 ein.
Etwas wird Aleuronfärbung durch Reifezustand, sowie Farbe und
andere Beschaffenheit des übrigen Endosperms beeinflusst. Im unreifen
Samen ist die purpurne Färbung bläulich oder lichtpurpurn, mittel-
starker Purpur erscheint lichter über hornigem, dunkler über Zucker-
Endosperm, kräftiger Purpur als stumpfes Schwarz über wachsigen
und mehligem Endosperm. Fleckung bei Aleuronfarbe ist durch das
Anlagenpaar R r bedingt und erscheint nur. wenn R von der väter-
lichen, r von der mütterlichen Pflanze kommt (also bei rrR):
2. o-enerativer Kern des Pollenkornes .
&^
R
r
RR
RRR
RRr
ij'efärlit
gefärbt
r r
rrR
r r r
gefleckt
ungefleckt
Sekundärer Embrvosackkern
Auf normale Beschaffenheit des Aleurons wirkt Anlage A. wenn
sie vom Vater kommt (also bei aaA).
1) Ein fünftes Anlagenpaar A a für Aleuronfarbe bei Mais und seine Beziehuni:
zu den Cc- und Rr-Paaren.
Zeitschrift für Pflanzenzüclitung. Bd. VIT. 9
21(3 Neue Erscheiaun.iren auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtuug.
Freeman, G. Linked quantitative characters in
wlieat Crosse s.^) (Americ. Naturalist LI, 1917, S. 683 — 689.) Bei
Bastardierung von Hartweizen mit gemeinem Weizen, von welchen
ersterer breitgedrückte Ähren und glasige Körner besitzt, der letztere
fast vierkantige Ähren und mehlige Körner, wurde eine F^ erzielt, die
bei Glasigkeit Zwischenbildung, bei Ährenbildung Annäherung an
Hartweizen zeigte. F.^ brachte bei Glasigkeit viele Stufen von
Zwischenbildung, so dass dabei je mehrere Anlagen für eine Eigen-
schaft angenommen werden müssen. Glasigkeit der Körner zeigte sich
mit breitgedrückter Ähre verbunden, Mehligkeit mit vierkantiger Ähre.
Immerhin fanden sich auch vierkantige Pflanzen mit glasigen Ähren
und dieser Bruch der Korrelation wird auf .,crossing over'' zurück-
geführt.
Friederichs, K. Der Rapsgl'anzkäfer als Schädling.
(Deutsche landw. Presse 1919, S. 485—486, 5 Abb.) Kalt (Kuhn-
Archiv 1918) hatte darauf verwiesen, dass der Rapsglanzkäfer, Meli-
gethes aeneus. als Schädling geringere Bedeutung, dagegen als Ver-
mittler der Bestäubung für Raps grosse Bedeutung besitzt. Gleiche An-
sicht haben Born er und Blunck (111. landw. Z. 1919) für Raps und
Rübsen geäussert. Friederichs betont die Schädhchkeit des Käfers
mehf und meint, dass er zur Befruchtung nicht notwendig sei, da Raps
ausgezeichneter Selbstbefruchter ist. Er erhielt unter GazehüUe aus-
gezeichneten Schotenansatz (siehe dazu, Referat Günthart. Zeitschr.
f. Pflanzenzucht. VI, S. 49).
Fräser, A. The i n h e r i t a n c e o f t h e w e a k a w n in c e r -
tfiin Avena crosses and its relation to other charac-
ters of the oat grain.-) (Cornell University Agr. Exp. St. 1919.
Memoir 23. S. 635 — 676. 6 Abb.) Untereinander bastardiert wurde
Burt-Hafer, der ihm ganz ähnliche Early Ripe-Hafer und Sixty day-
Hafer. Burt hat beim Aussen-, häufig auch beim Innenkorn eine sog.
., schwache" Granne, womit Grannen gemeint sind, die weniger steif,
nicht gekniet und im unteren, nicht dunkleren Teil nicht oder nur
schwach gedreht sind. Die Haare an der Basis stehen dicht, sind
fein und mittellang, die Frucht ist gelbrot. Sixty day zeigte nie
Grannen. Haare an der Basis waren selten vorhanden und wenn, sehr
wenig, kurz, zerstreut. Die Bastardierungen zwischen schwacher Be-
grannung und unbegrannt wurden alle im Gewächshaus ausgeführt,
woselbst auch die Eltern und die 1. Generation erzogen wurde. Bastar-
dierungen zwischen voll- und nicht begrannten Formen zeigte Dominanz
^) Korrelation quantitativer Eig-enschaften bei Weizenbastardierung.
*) Die Vererbung der „schwachen" Grannen in bestimmten Hafer-Bastardierungen
und die Beziehungen derselben zu anderen Eigenschaften des Haferkornes.
Neue Erscheinungeu auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 117
von Nichtbegrannung in i\. Es scheint, dass bei Burt und Sixty day
beide Formen die Anlage für Begrannung besitzen, in Sixty day ein
Henimungsfaktor aber die Ausbildung der Granne hindert. Die Domi-
nanz kann durch äussere Verhältnisse aber auch gestört werden, so
dasc- auch teilweise begrannte Pflanzen in F^ auftreten können. In
F., tritt Spaltung in unbegrannte, teilweise begrannte und voll begrannte
Pflanzen nach 1:2:1 ein. Die voll begi-annten Pflanzen von Fg ver-
erben rein weiter, von den unbegrannten nur ein Teil, der andere gibt
in F3 eben solche Spaltung, wie sie in F^ eintrat. Die teilweise be-
grannten Pflanzen spalten in 1 stark begrannte : 3 nicht stark be-
grajinte. An Pflanzen, die voll begrannt sind, trifft man auch Ährchen
an. die bei jedem Korn eine Granne besitzen. Vorhandensein einer
besonderen Anlage dafür ist nicht wahrscheinlich. Stärkerer Wasser-
gehalt des Bodens, höherer Gehalt desselben an organischen Substanzen
und Stickstoff scheint die Zahl der Grannen herabzusetzen. Zwischen
voller Begrannung und x\usbildung mittellanger Haare an der Basis
des Kornes besteht eine Korrelation, ebenso zwischen voller Begrannung
und der Ausbildung der Kornbasis von Burt, die jener von Avena
sterilis entspricht. Diese Basisausbildung ist bei Bastardierung rezessiv
zu jener von Avena sativa, in F2 tritt 1 : 3 Spaltung ein. Kurze oder
fehlende Behaarung der Basis des Kornes dominiert über mittellange.
Spelz enfärbung gelbrot bastardiert mit hellgelb gibt Zwischenbildung
in Fj und annähernd 48 gelbrot : 15 gelb : 1 weiss in F._,. Einzelne
braune Körner tauchten auch auf, die wohl spontaner Variation ihre
Ent.-tehung verdanken.
Frölich, G. Die Beeinflussung der Kornschwere
durch Auslese bei der Züchtung der Ackerbohne.
(Friedrichswerther Monatsberichte IX, 1919. S. 7—8 und 17—20.) Die
Berechtigung der verbreiteten Ansicht, dass in Thüringen die Korn-
schwere bei Ackerbohnen infolge der örtlichen äusseren Verhältnisse
abnimmt, sollte bei Züchtung der Halberstädter Ackerbohne geprüft
werden. Die Veredlungszüchtung wurde durch Nebeneinanderführung
von Individualauslesen mit ständiger Auslese von Nachkommenschaften
und Individuen, in einzelnen Jahren auch nur von Individuen, durch-
geführt. Auslesemomente waren hoher Gesamtertrag und höheres Einzel-
korngewicht. Das Einzelkorngewicht erwies sich als sehr stark modifi-
kabel. die einzelnen Jahre brachten erheblich verschiedene Ausmaße,
aber ein allgemeiner, durch die Ortsverhältnisse bedingter Rückgang war
nicht festzustellen. Eine Steigerung des Einzelkorngewichtes durch
die Auslese — 1908 — 1917 (1916 ausgelassen) — innerhalb der ein-
zelnen Individualauslesen wurde nicht allgemein erzielt, in einigen
Indi\ddualauslesen wurde aber die Neigung, Zweige mit höherem Einzel-
korngewicht zu liefern, festgestellt (so bei H96) und es wird ein solches
9*
X18 Neue Erscheiuungen auf dem Gebiete der Pflauzenzüchtuug.
abweichendes Verhalten auf Wirkung der immerhin gelegentlich ein-
tretenden Fremdbefruchtung zurückgeführt.
Frölich, G. Die U m z ü c h t u n g von W i n t e r g e t r e i d e in
Sommergetreide. (Friedrichswerther Monatsberichte IX. 1919.
S. 27 — 30.) Bei einem 1906 begonnenen Versuch, den Friedrichswerther
glatten Square head in eine Sommerform umzuzüchten. wurde bis 1918
keine Abkürzung der Zeit bis zum Schossen festgestellt. Die Wirkung
des Anbaues im Frühjahr sollte mit jener der Auslese der je frühest
schossenden Pflanzen verbunden werden. Immerhin hält Verfasser
einen Erfolg noch nicht für ausgeschlossen. Bei Friedrichswerther
Wintergerste wurde bei Frühjahrssaat — 1913, 22. März; 1919, 31. März
— ein Verhalten festgestellt, das von jenem, das von Fruwirth
(Zeitschr. f. Pflanzenzucht. VI, 1918) bei einer Reihe von Winter-
gersten, darunter auch der Friedrichswerther. festgestellt worden war.
abwich. Es wurde nicht nur ein — natürlich — gegenüber Herbstsaat
geringerer Ertrag festgestellt, sondern auch eine sehr starke Be-
stockung und ein Nichtschossen vieler Halme, ja auch ganzer Pflanzen.
Fruwirth, C. Die gegenwärtige (3 r g a n i s a t i o n der
P f 1 a n z e n z ü c h t u n g in Deutschland und in Österreich-
Ungarn. (Nachrichten der D. L.-G. für Österreich 1919. S. 35—39.)
Nach Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse wird ausgeführt, dass
die Schaffung von Originalsaatgut von Züchtungen nicht Gegenstand
kleiner Wirtschaften sein soll, auch nicht bei genossenschaftlichem Zu-
sammenschluss solcher. Die kleinen Wirtschaften sollen dadurch ge-
fördert werden, dass ihnen der Bezug von gezüchtetem Saatgut er-
leichtert wird, und zwar bei privaten Zuchtwirtschaften durch Schaffung
möglichst vieler Saatbauwirtschaf teil, die Nachbau von Originalsaatgut
abgeben, bei örtlicher Züchtung durch Anstalten durch Schaffung von
lokalen Saatbauvereinen.
Fruwirth, C. Zum Verhalten der B a s t a r d i e r u n g
spontaner Variationen mit der Ausgangsform. (Zeitschr.
f. Pflanzenzucht. Bd. VII. 1919, S. 66—73, 2 Abb.)
Gassner, S. Beiträge zur physiologischen Cha-
rakteristik Sommer- und winteranueller Gewächse,
insbesondere der Getreidepflanzen. (Zeitschr. f. Botanik
X. 1918, S. 417—480, 7 Abb.. 2 Taf.) In früheren Versuchen hatte der
Verfasser festgestellt, dass bei obligat winteranuellem Getreide, also
ausgesprochenem Wintergetreide, ein Schossen im Frühjahr nur statt-
findet, wenn eine Kälteperiode während der Keimung oder aber später
einwirkt. Jetzt trachtete er Gesetzmässigkeiten bei der Einwirkung
niederer Temperaturen festzulegen. Dabei wurden bei den Versuchen
die niederen Temperaturen: 1 — 2. 5 — 6. 12 und 24" während der
\
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflauzenzüchtung. 119
Keimung einwirken gelassen. Nach Einwirkung dieser Temperaturen
wurden je 10 Pflanzen aus den Schalen entnommen und in Töpfe ge-
bracht. Letztere wurden in das Freiland des botanischen Gartens in
Hamburg versenkt und unter gleichen Verhältnissen im Freien belassen.
Petkuser Sommerroggen zeigte keinen Einfluss der verschiedenen
Keinumgstemperaturen, dagegen war ein solcher bei Petkuser Winter-
roggen sehr ausgesprochen. (Bekanntlich ist Petkuser Sommerroggen
aus derselben ursprünglichen Population gezüchtet worden, der der
heutige Petkuser Winterroggen entstammt.) Das Kältebedürfnis, das
durch längere Einwirkung von Zeiten mit niederer Temperatur — die
nicht imter 0 " zu liegen braucht — während der Keimung oder nach
dieser befriedigi: werden kann, war am ausgesprochensten bei Petkuser
Winterroggen und Svalöfs Extra Square head, weniger ausgesprochen
bei Friedrichswerther Wintergerste, fehlte bei Petkuser Sommerroggen,
Heines Hannagerste und Heines Kolbensommerweizen. Bei Kittnauer
Wechselweizen und Rimpaus rotem Schlanstedter zeigte sich ein
Kältebedürfnis, das sich zwischen jenem der beiden anderen Weizen
bewegte. (Referent hat [Zeitschr. f. Pflanzenzucht. Bd. VI, S. 1] gezeigt,
dass Bordeauxweizen keiner Umzüchtung aus Winterweizen in
(Schlanstedter) Sommerweizen bedarf, sondern dieser Weizen sich als
Wechselgetreide verhält, beim 1. Anbau von Original-Bordeauxweizen
als Sommerweizen normal schosst, ebenso wie sich Schlanstedter
Sommerweizen beim Herbstanban normal entwickelt. In Frankreich
wird Bordeauxweizen als Winterfrucht gebaut und es ist interessant,
dass die langjährige Kultur als Sommerfrucht in der Gestalt des
Schlanstedter keine erbliche Veränderung bei Kältebedürfnis hervor-
gebracht hat, dieser Weizen, im Gegensatz zu den anderen Sommer-
formen, ein. wenn auch leichter angedeutetes, Kältebedürfnis besitzt.)
Unter den besonderen Versuchen ist jener hervorzuheben, der nach-
weist, dass nicht kurze einmalige Kälteeinwirkung genügt, um das
Kältebedürfnis zu befriedigen, sondern längere solche nötig ist. Unter-
scheidend für Winter- und Sommergetreide ist für ersteres das Kälte-
bedürfnis, für letzteres die Frostempfindlichkeit, nicht Lang- bzw.
Kurzlebigkeit. Kältebedürfnis und Frosthärte sind miteinander +
korrelativ verbunden. Es lässt sich schliessen, dass niedere Tempe-
ratuien einen höheren Gehalt an Kohlehydraten, besonders Zucker be-
wirken und dieser Frosthärte und Auslösung des Blühens bedingt. Bei
Vererbungsversuchen über das Verhalten von Sommer- und Winter-
getreide soll nicht die Lebensdauer als solche beurteilt werden, sondern
Kältebedürfnis und Frostschwäche, wobei aber auch bei diesen zu be-
achten ist. dass nicht die Eigenschaften als solche vererbt werden,
sondern — so wie bei allen Eigenschaften — die spezifische Reaktions-
fähiffkeit des Plasmas gegenüber äusseren Verhältnissen, so dass man
120 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
von einer Vererbung der Eigenschaften nur unter der Voraussetzung
normaler, also gewöhnlich herrschender äusserer Verhältnisse
sprechen kann.
Grabner, E. Ausleseverfahren zur Massen auslese
der Maiskolben. (Zeitschr. f. Pflanzenzucht. Bd. VII. 1919.
S. 61—63.)
Hansen, W. Einiges über Rüben zu cht. (lllustr. landw.
Zeitung 1919.) Durch die widernatürliche Entwicklung des Rüben-
samens bei der Isolation in Gazehäuschen wird ein Samen geerntet, der
zur Xachkommenschaftsprüfung nicht einwandfrei ist. Daher ist durch
freies Abblühen bester Mutterrüben untereinander und nachfolgender
Xachkommenschaftsprüfung eher ein Erfolg zu erzielen. — Trocken-
substanzbestimmung neben Polarisation ist entbehrlich, da der Zucker-
gehalt genügend Aufschluss über den Wert der Rübe gibt. — Für Ver-
erbungsnachweise genügt es. die Form der Rübe in Buchstaben statt
Photographien anzudeuten. — Schlechte Samenträger sind als Über-
gangsform zu den Trotz ern von der Weiter zucht auszuschliesseu.
Autoref-^rat.
Heinrich, M. Der E i n f 1 u s s moderner Reinigungs-
anlagen auf die Güte des Saatgutes. (Zeitschr. f. Pflanzen-
zucht. Bd. VII. 1919. S. 19—30.)
Hessing, J. Mitteilungen bezüglich der Variabilität
einiger Grasarten. (Zeitschr. f. Pflanzenzucht. Bd. VII. 1919,
S. 53—56.)
Jones, D. Natural c r o s s p o 1 1 i n a t i o n in t h e t o m a t o.M
(Science 1916, S. 509 — 510.) Die Liebesapfelpflanze Lycopersicum
esculentum Mill. zeigt nur eine geringe X^eigung zur Fremdbefruchtung,
aber für diese und für Selbstbefruchtung ist irgendein Eingriff nötig.
Erschütterung genügt als solcher, wogegen im Glashaus ruhig stehende
Pflanzen keine Früchte ansetzen und ebenso eingeschlossene Pflanzen,
die nicht gestört werden, keine Früchte bilden. Im Versuch wurden, bei
abwechselnd in Reihen gebauten Sorten. 1.98"/,, Bastardpflanzen fest-
gestellt. Die Übertragung des Pollens erfolgt voraussichtlich durch
AVind, grössere Insekten als Besucher konnten nicht beobachtet werden.
Jones, D. Linkage in Ly c o p er si cum.'-) (The American
X'aturalist 1917. S. 608 — 621.) Aus den verschiedenen Arbeiten über
das Verhalten von Eigenschaften beim Liebesapfel versucht der Ver-
fasser Schlüsse auf Koppelungen zu ziehen und stellt Eigenschaften zu-
sammen, die bestimmt gekoppelt sind, solche, die nicht gekoppelt sind.
^) Natürliche Bastardierung beim Liebesapfel
-) Koppellingen beim Liebesapfel.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtuug. 121
solche, die nicht gekoppelt sein können, und solche, bei welchen die
Möglichkeit für beides vorhanden ist.
Jones, D. D o m i n a n c e o f 1 i n k e d f a k t o r s a s a m e a n s
of accounting for heterosi s.^) (Proceedings of the Nat. Acad.
of Sciences. Vol. I, 1917, S. 310—312.) Gegen die Erklärung von
Keeble und Pellow, dass die grössere Wüchsigkeit in F^ nach
einer Bastardierung näher miteinander verwandter Formen (Heterosis)
durch Dominanz zu erklären sei. wurden Einwendungen gemacht.
Diesen sucht der Verfasser durch Hinweis auf die Koppelungen von
Anlagen zu begegnen, die er, gestützt auf Morgan, als allgemeiner
annimmt. Für das Bestehen von Koppelungen wird gezeigt, dass bei
weiterem Bau vollständige Dominanz oder vollständige Rezessivität
nicht oder sehr selten erreicht wird und dass die Verteilung in F^
symmetrisch ist. Wie viele Untersuchungen bei Mais und auch solche
bei anderen Pflanzen gezeigt haben, sind für die Entwicklung der-
selben günstige Anlagen dominierend und ungünstige (Chlorophyll-
mangel. Verzweigung der Kolben) rezessiv. Annahme vollständiger
Dominanz ist nicht nötig, um die günstigere Wirkung zu erklären,
es genügt die Annahme, dass eine Anlage, wenn sie einfach vorhanden
ist, etwas stärker als halb so stark als beim doppelten Vorhandensein
wirkt (A nicht V2 so stark als A A, sondern etwas stärker).
Jones, D. Dominance of linked faktors as a means
of accounting for heterosis. (Genetics II. 1917, S. 466 — 479.)
Siehe voriges Referat, gleicher Inhalt.
Jones, D. Bearing ofheterosis upon double fertili-
zation.2) (The botanical gazette LXV, 1918, S. 324—333, 3 Abb.)
Co Hins und Kempton hatten festgestellt, dass bei Mais das
Endosperm bei Bastardierung, als Einfluss dieser, vergrössert wird,
so wie derartige geschlechtliche Vereinigung einander nicht zu ferne
stehender Formen sich sonst beiF^ der erwachsenden Pflanze in Wachs-
tumssteigerung geltend macht (Heterosis). Der Verf. hat eine grössere
Zahl von Bastardierungen zwischen Formenkreisen vorgenommen, die
3 — 6 Generationen bei Inzucht geführt worden waren, und zwar, ver-
schieden von Co Hins und Kempton, auch je reziprok. Da gelb-
und weisssamige Formen verwendet wurden, konnten die Samen, welche
von Bastardierung herrührten, durch die lichtergelbe Färbung äusser-
lich gut erkannt werden. Das durchschnittliche Gewicht der Samen
der gelbkörnigen Form betrug nach Selbstbefruchtung (also Nachbar-
befruchtung) 30.2, nach Bastardierung 35.9. jenes der weisskörnigen
Form nach Selbstbefruchtung 21.7. nach Bastardierung 25.9. demnacTi
zeigte sich ein Überwiegen von 18.9 bezw. 19.9 "Z^. Nach Nemec
^) Dominance, korrelativ verbundener Anlagen, ein 5[ittel die Heterosis zu erklären.
*) Beziehungen der Heterosis zur doppelten Befruchtung.
122 Neue Erscbeiüimgen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtuug.
Ansicht hat die doppelte Befruchtung die Bedeutung, das Endosperm
der Ernährung von Bastardembryonen mehr anzupassen. Nicht ver-
öffentlichte Ergebnisse von F r e e m a n n und S a x bei Weizen-
bastardierungen (dürftiger ausgebildetes Endosperm. bei gut aus-
gebildetem Embryo und üppiger Fj) lassen den Verfasser an dieser Er-
klärung der doppelten Befruchtung als adaptivem Prozess zweifeln.
Jones, D. The e f f e c t s o f Inbreeding and c r o s s -
breeding upon development.M (Connecticut Agric. Experim.
Station, Bulletin 207. 1918, 100 S., 12 Taf.) Die Inzuchtversuche mit
Mais, die E a s t an der Versuchsstation begonnen hatte und über welche
er mit H a y e s bis zur 6. Generation derselben berichtet hat (Referat:
Zeitschr. f. Pflanzenz. Bd. I. 1912, S. 88) wurden von Jones weiter-
geführt. Ein Rückgang im Ertrag in den einzelnen Indi vi dualauslesen,
die bei Inzucht — und zwar Inzestzucht durch Befruchtung innerhalb
je einer Pflanze = Nachbarbefruchtung — geführt wurden, war von
der 9. bis zur 11. Generation nicht mehr deutlich. Es wird daher an-
genommen, dass ein Ende desselben erreicht ist und die Pflanzen homo-
zygotisch geworden sind, da auch Fremdbefruchtung zwischen solchen
einer Individualauslese keine Steigerung des Ertrages bewirkte. Die
einzelne Individualauslese zeigte grosse Ausgeglichenheit und ihre
Angehörigen konnten, trotz gesunkenem Ertrag, als durchaus normale
und gesunde Pflanzen bezeichnet werden. Auftreten von Missbildungen,
das häufig als Folge von Inzucht angegeben wird, konnte nicht fest-
gestellt werden. Eine der Indivi dualauslesen, die schon in den früheren
Jahren sich als im Ertrag hervorragender gezeigt hatte, ^/o, zeigte
diese Eigentümhchkeit weiter. Sie brachte immer weniger Blütenstaub
zur Entwicklung, hatte dagegen den weiblichen Blütenstand am besten
ausgebildet und wies die grössten Körner auf. Individualauslese ^4
brachte immer reiche Blütenstaubmengen, zeigte schwache Ent-
wicklung des weiblichen Blütenstandes und kleine Körner. Die durch
Inzucht gesonderten Indivi dualauslesen unterschieden sich voneinander
durch eine Reihe von Merkmalen.
Die günstige Wirkung der Bestäubung zwischen verschieden ver-
anlagten heterozygotischen Pflanzen, wie sie Shull, East und
H a y e s bei Mais festgestellt und erklärt haben — Heterosis Shull's — ,
die aber auch von vielen früheren Forschern, bei verschiedenen Arten,
bei Pflanzen, die sich verwandtschaftlich nicht zu ferne stehen, fest-
gestellt worden ist. wurde auch bei Befruchtung zwischen den bei In-
zucht geführten Individualauslesen des Versuches wieder festgestellt.
Ein stärkerer Ansatz von Früchten, durch Pollen einer anderen
Individualauslese gegenüber solchem derselben, liess sich nicht beob-
achten. Dagegen zeigte sich schon bei der Endospermbildungundbei der
Keimung der Samen eine Überlegenheit jener Früchte, die von Befruchtung
M Die Wirkung der Inzucht und Kreuzung auf die Entwicklung.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüclitung. 123
zwischen zwei Individualauslesen stammten; Endosperm wurde reich-
licher gebildet und die Keimung verlief rascher.
Die erwachsenen Pflanzen wurden höher, hatten dickeren Halm,
stärkere AYurzelentwicklung, längere Kolben, höheren Kornertrag, etwas
giössere Halmgliederzahl und etwas grössere Reihenzahl pro Kolben.
Trotz grosser Üppigkeit verlief die Entwicklung rascher. Blühen und
Reifen trat früher ein. Die Erklärung für die Heterosis wurde von
E a s t und H a y e s — etwas abweichend auch von S h u 1 1 — in einem
physiologischen Reiz gesucht, der um so stärker wirkt, je mehr An-
lagen heterozygotisch sind und bei Inzucht immer schwächer wird, je
mehr sich die Pflanze der Homozygotie nähert. Daneben tritt bei
Inzucht Abspaltung rezessiver Eigenschaften ein. Jones knüpft an
die Ansichten von Keeble und Pellew (Journ. of Genetics 1910,
S. 47) und Bruce (Science 1910, S. 627) an, wonach bei Heterosis
Dominanz eine Rolle spielt und versucht demnach eine mendehstische
Erklärung. 'V\^ährend nach, der ersterwähnten Erklärung die grössere
Üppigkeit bloss darauf zurückzuführen ist, dass, statt bei Homozygotie,
z. B. AAbb und BBaa, im Bastard AaBb zwei Anlagen hetero-
zygotisch vorhanden sind, ist sie nach der zweiten darauf zurückzu-
führen, dass bei Homozygotie, z. B. AAbb und BBaa, nur je eine
Anlage dominierend enthalten ist, während AaBb deren zwei domi-
nierend enthält.
Kajanus, B, Genetische Papaver-Notizen. (Botaniska
Notiser 1919, S. 99 — 102.) Verschiedene Formen von Papaver Rhoeas
und dieser Art zugerechneten Handelssorten von Papaver umbrosum
Hockeri und laevigatum (Rhoeas-Gruppe) wurden miteinander bastar-
diert. Die verwendeten Pflanzen waren zum Teil Heterozygoten. Von
Pflanzen von Papaver Rhoeas, Papaver pavonicum und Papaver
glaucum brachte nach Einschluss nur eine bei Selbstbestäubung Samen,
auch diese nur wenige. [Nicht so ausgeprägte Selbststerilität wurde
bei Papaver Rhoeas von Moore festgestellt, bei 39 "/„ aller Blüten
Früchte bei Selbstbestäubung, gegen 84 bei Fremdbestäubung (Referent).]
Innerhalb der Rhoeas-Gruppe wird auf eine Anlage G geschlossen, die
weisse Farbe des Milchsaftes und eine Anlage S, die schwarze Farbe
des Herzfleckes bewirkt. Die Spaltung in F^ erfolgte nach 1 : 1, so dass
Heterozygotie eines der Eltern angenommen wird. Papaver Rhoeas X
Papaver glancum gab in F^ Prävalenz der Behaarung von Papaver
Rhoeas. Zwischenstellung bei Blattausbildung und Dominanz der
Blütenfarbe von Papaver glaucum.
Kajanus, B. Genetische Studien über die Blüten von
Papaver somniferum L. (Arkiv för Botanik XV, 1919, S. 1 — 87,
3 Taf.) Nach Mitteilung der einschlägigen Befunde von de Vries,
F 1- u w i r t h und Hurst teilt der Verfasser das Ergebnis seiner um-
124 Nene Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
fangreichen Bastardierungsversuche mit, die seit 1912 laufen und
21 Bastardierungen umfassen. Bei Füllung und einfacher Blüte domi-
nierte oder prävalierte im allgemeinen einfache Blüte — in einem Fall
Füllung, in einem anderen Fall war- diese in F^ und weiter verschwunden
— und in Fo trat Spaltung nach einfach bis etwas gefüllt : stark ge-
füllt wie 3 : 1 ein. Äussere Verhältnisse beeinflussen Füllung stark, es
wurde aber doch auch konstante Vererbung bei Bildung einiger über-
zähliger Blütenblätter, halber und vollständiger Füllung erzielt. Bei
ganzrandigen und geschlitzten Blumenblättern ist F^' ganzrandig bis
geschlitzt. F., enthält ganzrandige — in F., weiter ganzrandige
Pflanzen; gefranste — in F., weiter gefranste; geschlitzte bis ganz-
randige — in Fo weiter gefranst bis ganzrandige; ganzrandige bis
geschlitzte — in F., wie in F., spaltende; gefranste bis geschlitzte —
in F., gefranst bis geschlitzt zu ganzrandig wie 3:1. Es scheint auch
dem Verfasser, dass es aber auch Formen gibt, welche, den Zwischen-
varietäten entsprechend, stets zwischen gefranst und ganzrancUg
schwanken. Bei Blütenfarbe wird das starke Schwanken, die grosse
Mannigfaltigkeit, auch vom Verfasser erwähnt. Er unterscheidet
nur verschiedene Abstufungen von vom Zellsaft bedingter roter oder
violetter Färbung im -oberen Teil der Blumenblätter: Saum und violette
oder weisse Färbung der unteren Teile derselben: Herzflecken. Ver-
schiedene Breite der Herzflecken bewirkt besonders Verschiedenheit
in der Gesamtfärbung, auch bei derselben Farbabstufung. Sowohl
violette als rote Farbe zeigt in F.^ Spaltung nach 3 violett : 1 nicht
violett bzw. 3 rot : 1 nicht rot.
Violett X rot unten weiss oder rot unten violett X weiss gibt in
F, unten violett, oben bei breitem Saum violettrot, bei schmalem rot-
violett. Fo spaltet sehr stark auf in:
1. bei breitem Saum:
3 rot 6 violettrot 3 violett
unten violett 12
3 rot bis hellrot 1 fast weiss
unten weiss ....... 4
2. bei schmalem Saum:
3 (violett) rot 6 (rot) violett 3 violett
unten violett ... 12
1 (violett) rot 3 rosa bis weiss
unten weiss 4
Grüne Streifung der Blumenblätter, die bei einer Pflanze der
Sorte The Bride beobachtet wurde, gab voll vererbende Nachkommen-
schaft und verhielt sich bei Bastardierung in F^ als rezessiv gegen
Pflanzen ohne oder mit etwas Streifung; in F2 trat Spaltung ein. in
f
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 125
3 nicht oder etwas gestreift : 1 kräftig gestreift. Verkümmerung
von Blumenblättern, Kelchblättern, Staubfäden, schliesslich auch des
Fruchtknotens wurde bei F2 einer Bastardierung zwischen normal ge-
bauten Eltern beobachtet und gab volle Vererbung.
Als Anlagen wurden angenommen: für Füllung Fehlen zweier
homomerer Anlagen, die einzeln oder zusammen einfache Blüte be-
dingen; für Fransung Vorhandensein dreier Anlagen, von denen jede
eine bestimmte Ausbildung der Fransung bewirkt, ihr Fehlen meist Ganz-
randigkeit; für grüne Streifung der Blütenblätter eine Anlage; für
Färbung der Blumenblätter je eine Grundanlage für violett (oben und
unten violett) bzw. rot (oben rot, unten weiss) und Verstärkunge-
anlagen, die Abstufungen bewirken. Fehlt die Grundanlage, so er-
scheint weiss als Blütenfarbe, sind beide Grundanlagen vorhanden,
so ist die Blüte oben rot, unten violett.
Kajanus, B. Über eine konstant g e 1 b b u n t e P i s u ni -
Rasse. (Botaniska Notiser 1919, S. 83, 84.) In Fs-Beständen einer
Bastardierung einer Erbse von Fisum arvense mit violettpunktierten
Samen mit einer solchen mit braunmarmorierten Samen fand sich 1912
eine Nachkommenschaft mit mehreren gelbbunten Pflanzen, die wahi-
scheinlich in Verhältniszahl 3 gegen 1 der grünen vorhanden waren.
Drei gelbbunte Pflanzen heferten 55 : 2. 6 : 2, 32 : 0 gelbbunte zu grünen
Pflanzen. Die grünen Pflanzen fasst Verfasser als Folge spontaner
Kreuzung innerhalb der F^-Generation auf. nimmt daher häufigeres
Eintreten von Bastardierung an. Weiterbau von jener Pflanze, welche
1913 rein gelbbunte Nachkommenschaft geliefert hatte, gab bei Saat
1915 und 1918 rein gelbbunte Pflanzen.
Kajanus, B., und Berg, S. P i s u m - K r e u z u n g e n. ( Arkiv för
Botanik XV, 1919, S. 1 — 18.) Nach Bastardierung verschiedener
Erbsenformen von Pisum sativum imd Pisum arvense nimmt Verfasser
6 Anlagen an, von welchen fünf den schon von Lock angenommenen
entsprechen. Die Anlagen, die Kajanus~mit R. G, P. S und M be-
zeichnet, entsprechen den von Lock mit C, P, S, D und M benannten.
Dabei wird als Wirkung der einzelnen Anlagen angenommen: R rosa
Blüte, hellbraune Samenschale, dunkler Nabel: G mit R. zusammen
dunkelrote Blüte, graugrüne Samenschale, bisweilen etwas violett-
punktiert; 0 hindert die Entfaltung blutroter bis rotbrauner Samen-
schalenfarbe; P bewirkt dunkelviolettePunktierungder Samenschale, die
sich bis zur Fleckung und selbst vollständigen Violettfärbung der Samen-
schale ausdehnen kann; M verursacht dunkelbraune Marmorierung der
Samenschale; S schwarze Farbe des Nabels. Die Wirkung von P. sowie
jeHe von M ist von Kajanus bisher nur bei Vorhandensein von R und
G beobachtet worden. Die Anlagen R, G, P, M bei Kajanus ent-
sprechen bei V. Tschermak den Anlagen A verkoppelt mit G; B: E
126 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Püanzeuzüehtuug.
und F; M. Bei einer blutrot-schwachrunzlig-samigen Form, die rein
weiter gebaut worden war, traten 1917 als spontane Variation hell-
braune, glatte Samen in geringer Zahl auf, die rein weiter vererbten.
Da Verfasser für die blutrote Farbe das Fehlen einer Anlage 0 verant-
wortlich macht, wäre aus Fehlen ein Vorhandensein geworden (!) oder
es ist eine andere Anlage, die für die Wirkung von 0 notu^endig ist, ver-
loren gegangen. Bei Runzeligkeit brauchte nur an Stelle des Vor-
handenseins der Anlage Fehlen getreten zu sein.
Kalt, B., und Schulz, A. Über Rückschlagsindividuen
mit Spelzeigenschaften bei Nacktweizen der Emmer-
reihe des Weizens. (Berichte der Deutsch, bot. Ges. XXXVI,
1918. S. 669—671.) Bei einer Weizensorte „Elephant" von Triticum
turgidum, die aufspaltete, sowie bei einer Sorte „Santa Martä" von
Triticum durum, die formenrein ist und voll vererbt, zeigte sich ständig
bei einer Anzahl von Individuen Auftauchen von Brüchigkeit der
Ährenspindel.
Kiessling, L. Die Leistung der Wintergerste und
deren züchterische Beeinflussung. (Illustrierte landw.
Zeitung 1919. S. 310 und 311.) Es sind mehrfach zweizeihge Winter-
gersten vorhanden und neben den heute verbreiteten, vierzeiligen —
Eckendorfer und Friedrichswerther und den Groninger Zuchten Mans-
holts — noch eine Anzahl neu aufgetauchter Sorten vierzeiliger Gerste.
Die Züchtung hätte 3 Richtungen zu beachten, welche auch in Weihen-
stephan eingehalten wurden: Kurzlebigkeit möglichst ohne Ertrag-
drückung — Ertrag und Standfestigkeit bei starker Stickstoffdüngung,
nicht zu späte Reife — Voll- und Grosskörnigkeit bei geringem Spelzen-
und Eiweissgehalt. Bei letzter Richtung werden die 2 zeiligen Winter-
gersten eher in Frage kommen.
Killer, J. Über die Umzüchtung reiner Linien von
Winterweizen in Sommerweizen. (Journal f. Landw. 67. Bd.,
1919, S. 59 — 62.) Es wird mitgeteilt, dass der Verfasser „vor Jahren"
zu Colmar ..mit einer sehr grossen Zahl reiner Linien von Winter-
weizen Studien über ihre Eignung als Sommerweizen gemacht" hat und
dass er dabei gefunden hat, dass alle Bordeaux- Weizen als Winter- wie
Sommerweizen dienen können, alle geprüften Dickkopfweizen bei Früh-
jahrssaat schossten und — wenn auch ziemlich spät — mehr oder
minder kräftige Ährenbildung zeigten, ausge^sprochene Landwinter-
weizen bei socher Behandlung nicht schossten. Mitteilungen über die
Versuche selbst und ihren Verlauf werden nicht gegeben.
Küster, E. Über Mosaikpanaschierung und ver-
gleichbareEr seh einungen. (Ber. d. Deutsch, bot. Ges. XXXVI.
1918. S. 54 — 61.) Die Stellen, welche bei Mosaikpanachüre weiss oder
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 1^^7
gelb sind, können entAveder «ehr klein sein: ,,Pulveriilente Panaschie-
rung" oder grösser ,, marmorierte Panaschierung". Es lässt sich an-
nehmen, dass die einzelnen weissen oder gelben Stellen Ausgang von
einer Mutterzelle genommen haben, die inäqual geteilt wurde, so dase
der eine Abkömmling derselben Kern- oder Plasmateile verlor oder
— wohl wahrscheinlicher - — nur inaktiv werden liess. So wie bei der
Marmorierung bei Coleus, die anthocyanhältige und anthocyanfreie
Stellen aufweist, kann auch bei der Weiss- und Gelbbuntheit neuerlieh
inäquale Teilung von Zellen zur Bildung von chlorophyllhältigen, grünen
Stellen in chlorophyllfreien, weissen führen.
Lehmann, E. Über die S e 1 b s t s t e r i 1 i t ä t von Ve r o n i c a
syriaca. (Zeitschr. f. induktive Abstammungs- und Vererbungslehre
XXI, 1919. S. 1 — 46.) Die Arbeit rollt wieder die Frage der Vererbung
der Selbstunfruchtbarkeit auf und ist daher, wenn auch nicht mit einer
Nutzpflanze ausgeführt, hier zu erwähnen. Es wurde bei der Art nie
eine selbstfruchtbare Pflanze beobachtet, auch keine solche nach
Kreuzung zweier selbstunfruchtbarer Pflanzen miteinander. Es waren
aber in F^ dieser Kreuzung 4 Gruppen von Pfleffizen zu unterscheiden.
Angehörige einer Gruppe konnten sich innerhalb derselben nicht be-
fruchten, wohl aber gelang Befruchtung zwischen solchen der ver-
schiedenen Gruppen. Eine einfache mendelistische Erklärung ist nicht
mögUch. die Gruppenbildung ist zunächst keiner Erklärung zugängUch.
Lindhard, E., und Karsten, J. Vererbung von roten und
gelben Farbmerkmalen bei Beta-Rüben. (Zeitschr. f..
Pflanzenzucht. Bd. VIT. 1919, S. 1—18.)
Lindstrom, E. L i n k a g e i n m a i z e : a 1 e u r o n and c h 1 o r o -
p h y 1 1 f a c 1 0 r s.^) (The American Naturalist LI. 1917, S. 225—237. y
Von den fünf Anlagen, welche die Beschaffenheit des Aleurons in
Maiskörnern beeinflussen, ist eme mit einer der 7 Anlagen, welche die
Ausbildung des Chlorophylls in Mais beeinflussen, genetisch korrelativ
verbunden. Und zwar ist die Anlage R für Aleuronfärbung (s. Referat
Emerson) mit Anlage G verbunden, deren Fehlen g Goldigkeit der
entwickelten Pflanze bewirkt (s. Referat L i n d s t r o m , Chlorophyll
Inheritance in maize). G ist auch genetisch korrelativ verbunden mit
Anlage L (s. das erwähnte Referat Lindstrom), welche bei Keim-
lingen auf die Chlorophyllausbildung einwirkt. Die Feststellungen
wurden mit von Emerson überlassenem Material durch Bastardierung
vorgenommen.
Lindstrom, E. Chlorophyll Inheritance in Maize. ->
(Cornell University Agr. Exp. St. 1918. Memoirs 13). Es wird eine-
') Genetische Korrelation bei Mais: Aleuron- und Chlorophyllanlageu.
-) Chlorophyllvererbung bei Mais.
]^28 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung-.
Reihe von Chlorophyllfehlern bei Mais, teils bereits bekannte, teils neue,
beschrieben, und über Vererbungsversuche, welche dieselben zum Gegen-
stand haben, berichtet. Alle 8 Chlorophyllfehler zeigen bei Bastar-
dierung mendelndes Verhalten, und zwar in F^ Dominanz dei- normalen
Ausbildung des Chlorophylls, in F^ je für sich Spaltung nach 3 : 1.
Individuen mit mehr als 2 Chlorophyllfehlern sind nicht zur voll-
ständigen Entwicklung zu bringen, solche mit 2 sind schon sehr schwach.
Die Individualauslesen, mit welchen die Versuche durchgeführt wurden,
stammten von Emerson und Miles. Drei der Chlorophyllfehler
zeigen sich bei Keimpflanzen:
Weisse Keimhnge (Emerson, Gerner t, Miles beobachtet).
Fehlen von Chloroplasten. —
Grünlich-weisse- Keimhnge (Miles beobachtet). Zuerst weiss, dann
etwas ergrünend, mitunter stärker und dann weiterwachsend, selbst
mitunter bis zur Fruchtbildung. —
Gelbe Keimlinge (neu beschrieben), zitronengelb, gelegentlich auch
etwas ergrünend. —
Die von Emerson u«d White festgestellte Vererbung von weissen
und grünlich-weissen Keimlingen nach 3:1 je grün zu abweichenden,
wurde auch vom Verfasser nachgewiesen, und in gleicher Weise ver-
läuft auch die Vererbung nach Bastardierung bei gelben Keimlingen.
Es wird für die 3 Chlorophyllfehler in der Reihenfolge, wie sie an-
geführt wurden, als Veranlagung angenommen: LVw oder Lvw oder
IVw oder lvw — LvW — IvW, endUch für normale grüne Pflanzen
LVW oder IVW. w bedingt Weisse, v Grünlichkeit, 1 Gelbheit. Bei
erwachsenen Pflanzen wurden die folgenden Chlorophyllfehler fest-
gestellt:
Goldige Pflanzen. (Von Emerson zuerst gefunden.) Im Alter
von ungefähr einem Monat erscheint an Stelle des Grüns Gelbgrün.
schliesslich Goldgelb, das sich dann auch auf Lieschen und Fahne
erstreckt und. wie es scheint, auf Zersetzung des Chlorophylls
beruht.
Grünstreifung (Emerson, Miles beobachtet), die im Alter von
etwa 2 Monaten erscheint.
...Japonika"-Färbung (Miles, Gernert). Blätter von 6 Wochen
ab mit grünen, blassgrünen, gelben und weissen Streifen.
Feinstreifung (Miles beobachtet). Weisse oder blassgrüne, sehr
schmale Streifen von etwa der 3. Woche ab.
Fleckung (Emerson beschrieben) im Alter von 2 Monaten oder
später eintretend; zerstreute oder sehr dichte Fleckung. je mit
hellerem Grün.
Wie Emerson und Miles nachwiesen, ist Goldigkeit. Grünstreifung
und ...Japonika" regressiv zu normalem Grün und erstere zwei spalteten
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 129
nach 1 ; 3; letztere Ohlorophyllabweichung kommt in zwei Abweichungen
vor: ..Japonika" weiss gestreift und „Japonika" gelb gestreift.- Die
beiden Abweichungen miteinander bastardiert geben eine weiss ge-
streifte Fl und in F2 3 weiss gestreifte auf 1 gelb gestreifte Pflanze.
Feinstreifung verhält sich wie Grünstreifigkeit, dagegen gibt Fleckung
entweder nur grüne Pflanzen, aber auch grüne und gefleckte in Fj.
Goldigkeit mit Grünstreifung gibt F^ grün und F., mit Spaltung 9:3:3:1
von grün : golden : grünstreifig : golden mit grünstreifig. Goldigkeit mit
„Japonika", ., Japonika" mit Grünstreifigkeit, ,, Japonika" mit Fein-
streifigkeit. endhch Goldigkeit mit Feinstreifigkeit verhält sich im
gleichen Sinne wie die vorige Bastardierung.
Die Veranlagung wird, von den Chlorophyllfehlern des KeimUngs
abge.-ehen. angenommen mit für Goldigkeit gJStF; , Japonika"
GjStF; Grünstreifigkeit GJstF; Feinstreifigkeit GJStf; endlich
normal Grün GJStF. Anlage G ist genetisch korrelativ verbunden
mit einer der Anlagen für Aleuronfärbung R. Anlage G mit Anlage L
und Anlage L mit einer der Anlagen für Aleuronfärbung. Die Korre-
lationen Aveisen darauf hin. dass ein Chromosomenpaar drei der Anlagen
enthält (G. R. L). Die Anlagen für die übrigen Chlorophyllfehler
werden unabhängig voneinander vererbt, finden sich in anderen
Chromosomenpaaren.
Love, H., und Fräser, C. The i n h e r i t a n c e 0 f t h e w e o k
awn in certain Avena crosses.^) (American Naturahst 1917.
S. 481 — 493.) Der hier behandelte Erfolg einer Bastardierung einer
Form mit ., schwacher" Granne (siehe Referat Fräse r) mit einer
solchen mit Grannenlosigkeit (einige Ährchen finden sich immerhin
auch bei dieser mit Grannen) ist in der weiter unten besprochenen
Arbeit behandelt worden. Die Bastardierung einer Form mit starker
Granne mit einer Form mit Grannenlosigkeit (Avena fatua X Avena
sativa Sixty day) gab gleiches Verhalten: F, unbegrannt. F.;, un-
begrannt : teilweise begrannt : voll begrannt wie 1:2:1.
Love, H., and Craig, W. VI e t h 0 d e s u s e d and r e s u 1 1 s
oljtained in cereal investigations at the Cornell
Station.-) (Journal of the American Soc. of Agronomy X.. 1918.
S 145 — 1.57. 1 Tafel.) Bei Formenkreistrennung und Veredelungs-
züchtung, sowie bei Prüfung von Formen nach Bastardierung wird das rod
row-System angewendet. Je eine Ähre oder ganze Pflanze werden im ersten
Jahre geprüft, indem ihre Körner nach Ähren oder Pflanzen getrennt
in Reihen nebeneinander gebaut werden. Die Reihen werden bei Weizen
2. .5. bei Hafer 5 Fuss (1 Fuss = 0,304 m) lang gemacht, die Körner
*) Die Vererbung der „schwachen" Granne in bestimmten Hafer-Bastardieiimgen.
^) Methoden und Ergebnisse ))ei Getreide. Untersuchungen an der Cornell-Ver-
suchsstation.
130 Xeue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
in den Reihen nicht in bestimmten Abständen gesät, sondern nur die
pro Keihe gleiche Zahl an Körnern in die mit dem Pfluge nach einem
Reihenzieher hergestellten Reihen gestreut, die mit dem Planet junior
mit Scheiben geschlossen werden. Von den besten Reihen wird der
Same im nächsten Jahre zu gleichartigen Reihenversuchen verwendet,
aber es werden von jeder Individualauslese 2 — 3 Reihen gesät. Die
Aussaat geschieht nun mit gleichem Gewicht Samen pro Reihe und mit
Einschaltung von Vergleichsreihen, die mit einerlei Saatgut für die
ganze Fläche besät werden. Die Reihen sind nun für Hafer 15. für
Weizen 16, für Gerste 20 Fuss lang. Nur die wenigst befriedigenden
werden im zweiten Jahre ausgeschieden. Mit dem Samen der übrigen
werden die Reihenversuche in gleicher Weise wiederholt, aber nun mit
Je 10 Reihen pro Individualauslese und 3 Jahre hindurch. Die dabei
am besten sich bewährenden Individualauslesen (die bei Selbst-
befruchtern, wie Gerste. Weizen und Hafer, reine Linien sind) werden
dann der Vervielfältigung und Prüfung bei Landwirten übergeben. Es
wird nachgewiesen, dass die Prüfung in Reihen in beschriebener Art
ein vollkommen befriedigendes Ergebnis liefert gegenüber einer Prüfung
in ^/loo acre (1 acre = 40,46 ar) Parzellen, die je 3 mal wiederholt werden.
Der mittlere Fehler betrug bei den Reihenversuchen mit Weizen im
Mittel der Sorte 2,69. bei jenen mit Hafer 3,12%. Dabei können mit
den Reihenversuchen auf einer Fläche, auf welcher mit der ersten Ver-
suchsart 37 Sorten geprüft werden können, dann 242 geprüft werden.
Bei den Formenkreistrennungen und A^eredelungszüchtungen wird der
Ausgang entweder bei Reisen im Land durch Entnahme je eines Frucht-
standes für eine Individualauslese erhalten oder durch Entnahme von
Pflanzen aus einem Bestand solcher, die bei 1 Fuss Entfernung voneinander
aus Saatgut der betreffenden Sorte/ erwuchsen. Eine Auslese nnd Prüfung,
wie hier geschildert wurde, wird an der Station jedes 2. Jahr begonnen.
Die von den Reihen geernteten Bunde werden, mit den Fruchtständen
nach oben, in verstellbare Rahmen gepackt. Avelche aufgehängt werden.
Der Drusch erfolgt mittels einer einfachen, von Teeter entworfenen
Maschine, welche leicht Reinigung zulässt. Bastardierungen werden nur
im Glashaus bei in Töpfen befindlichen Pflanzen ausgeführt. Bei
Weizen erwies es sich dabei als für den Erfolg gleichgültig, ob die
Spelzenspitze abgeschnitten wurde oder nicht.
Love, H., and Craig, W. The r e 1 a t i o n b e t w e e n c o 1 o r
and other char acters in certain Avena crosses.^) (The
American Naturalist LTI. 1918, S. 369 — 383.) Bastardierung von Avena
fatua. dem Wildhafer, mit Avena sativa. Kulturhafer, Form Sixty
day. gab. so wie bei Surface. in F^ die Zwischenform: oft Körner-
»
^) Die Beziehungen zwischen Kornfarbe und anderen Eigenschaften in gewissen
Hafer-Bastardiernne-en.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung, 131
lichter gefärbt als bei fatua, Aussenkorn oft mit Granne und liücken-
haaren, Innenkorn unbegrannt, hier und da mit einzelnen Rücken-
haaren, Fruchtbasis mehr wie bei sativa, einzelne Basalhaare. F^ gab
vier Typen, solche mit schwarzen, grauen, gelben und weissen Körnern;
letztere konnten den grauen zugerechnet werden, so dass ein Verhältnis
von 12 : 3 : 1 sich ergibt, oder von schwarz zu nicht schwarz wie von
3:1. Die schwarzen Körner waren zweierlei Art. solche mit zwei
starken Grannen und Behaarung an beiden Früchtchen und Basis wie
fatua und solche mit Behaarung an dem Aussenkorn, hier und da bei
dem Innenkorn und mit Basis, die sativa oder Zwischenbildung ent-
spricht. Die Basis spaltet nach 1 : 3, wobei Basis der Wildform rezessiv
ist. Die Grauen hatten behaarte und glatte Körner und hatten voll-,
teilweise begrannte, sowie auch grannenlose Pflanzen. Pflanzen
mit beiden Körnern behaart : solchen mit nur einem : solchen mit keinem
wie 1:2:1. Die Gelbkörnigen hatten alle unbehaarte. Körner und nur
wenig oder keine Granne, alle Grannen waren „schwache'" Grannen
(Referat Fräser). Der Prozentsatz Begrannung innerhalb einer
Pflanze schwankt bei schwarzen und grauen von 0 — 100 %, also von
unbegrannt bis voll begrannt, bei den gelben nur von 0 — 20 — 29 "/o
Ährchen mit begranntem Korn. Eine bei der verwendeten Form von
Avena fatua vorhandene Anlage für Behaarung ist genetisch korrelativ
verbunden mit Anlage für schwarz, die andere nicht verbunden. Es
wurde aber auch eine Form des Wildhafers festgestellt, die nur eine
Anlage für Behaarung hat. Gelbe Farbe und Behaarung schliessen
sich aus. Bezüglich der Kornbasis ist von den schwarzkörnigen
Pflanzen wie von den grauen die Mehrzahl in sativa-Form ausgebildet,
die Minderzahl in Form des Wildhafers, die gelbe nur in letzterer.
Die Verhältnisse in F., wurden auch angeführt. So wie von L o v e
und Fräser (Referat in diesem Heft) gezeigt wurde, dass bei
..schwacher" Granne grannenlos zu schwacher Begrannung gegen volle
Begrannung nach 1 : 3 spaltet, so wird dieses hier auch für die starke
Granne nachgewiesen.
Love, H., and Mc. Rostie, G. The i n h e r i t a n c e o f h u 1 1 -
lessness in oat hybrids.M (The American Naturalist LIIT.
1919. S. 1 — 32, 6 Abb.) Übereinstimmend mit Norton, Gaines und
Linn und Surface wurde gefunden, dass Bespelzung und Nacktheit
bei Haferbastardierungen mendeln. Bastardiert wurde Nackthafer.
Avena nuda, mit verschiedenen Formen von Avena sativa, in einem Fall
mit Wildhafer, Avena fatua. Die F, zeigte Zwischenbildung, und in
Fg spaltete, so wie bei den anderen Versuchsanstellern, bespelzt
: Zwischenbildung : nackt wie 1:2:1. Es wurden aber die Zahlenver-
') Die Vererbung der Spelzennacktlieit bei Hafer.
Zoitsf'hrift für Pflanzonzüohtnng. Bd. VII. 10
132 iSeue Erscheinungeu auf dem Gebiete der Pflauzeuzüchtuiig.
hältnisse genauer festgestellt und dabei auffallende Erscheinungen ge-
funden. Die Fj-Pflanzen und die Pflanzen der Zwischenbildung der
anderen Generationen weisen nackte und bespelzte Körner auf. Solche
Zwivschenbildungen, die mehr nackte Körner aufweisen, liefern eine
Nachkommenschaft, die an nacktkörnigen Pflanzen reicher ist, dagegen
liefern solche Zwischenbildungen, die mehr bespelzte Körner zeigen,
eine Nachkommenschaft mit mehr bespelzten Pflanzen. Durchschnitt-
lich kommt aber doch ein Verhältnis von 1:2:1 heraus, wenn auch
einzelne Bastardierimgen einen Überschuss an nackten Körnern hervor-
bringen, wie denn auch bei Bastardierung zweier bespelzter Formen
vereinzelte Ährchen mit nackten Körnern gefunden worden sind.
Meunissier, A. Experiences genetiques faites ä Ver-
r i e r e s.^) (Bulletin de la Societe nationale d'acclimatation de France
1918, Abdruck 29 S.) Seit 1815 wurden Vererbungsstudien zu Verrieres
betrieben, besonders intensiv aber seit 1902 von Philippe de
Vi Im or in. dessen kürzlich erfolgter Tod in Fachkreisen allgemein
bedauert wird. Meunissier war bei diesen Arbeiten wiederholt
Mitarbeiter. In dem 1910 zu Verrieres geschaffenen Laboratorium für
Vererbungsstudien wurden aber auch Fremde als Gäste freundlich auf-
genommen (Hagedoorn, Backhaus). Meunissier gibt in der
Veröffentlichung eine nach Pflanzen und Tieren geordnete Übersicht
der von Ph. de Vilmorin, ihm selbst und den Gästen in Verrieres
erzielten Ergebnisse und fügt ein Verzeichnis der bezüglichen Original-
literatur an, das auch Gartenpflanzen und Haustiere umfasst. Eine
ganz kurz gehaltene Übersicht der Ergebnisse, sowohl neuer als solcher,
welche nur Bekanntes bestätigen, sei für landwirtschaftliche Pflanzen
gegeben:
Erbse. Dominierend Glätte über Runzeligkeit der Samen; Gelb-
färbung der Keimlappen über Grünfärbung; Färbigkeit der Samenschale
über Farblosigkeit; Fädigkeit der Hülse gegen Fadenlosigkeit; Grün-
färbung der reifen Hülse gegen Gelbfärbung; Violettfärbung derselben
gegen Grünfärbung. Wenn Violettfärbung mit Gelbfärbung vereint ist,
entsteht lebhafte Rotfärbung. Violettfärbung kann sich in Spuren auch
bei weissblühenden Erbsen zeigen: violette Spuren bei grünen, rosa
Spuren bei gelben Hülsen. Normale Anordnung der Blüte dominiert
gegen Häufung derselben an verbänderten Stengeln. Die Faszierung
wurde zu Verrieres auf eine Reihe von Formen übertragen. Höhe der
Pflanzen dominiert gegen Zwergwuchs bei in der Höhe sehr von-
einander verschiedenen Formen, sonst Zwischenbildung. Wachsüberzug
von Blättern und Achsen dominiert gegen Fehlen desselben. Für Wachs-
überzug sind, so wie für Fädigkeit. 2 Anlagen anzunehmen. Krümmung
^) Zu Verrieres ausgeführte Vererbungsver-suche.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 133
des Hülsenendes dominierend gegen spitzes Ende, aber auch Zwischen-
bildimg. Bei Blütenfarbe violett, rosa, weiss wurden die bekannten Ver-
hältnisse bestätigt. 3 Formenkreise sind zu Verrieres vorhanden, die
violette Blüte ohne violette Makel der Blattachseln besitzen. Getrennt-
sein der Samen in den Hülsen dominiert gegen Zusammenhang derselben.
Vorhandensein der Ranken dominiert gegen Fehlen derselben, die
Heterozygoten besitzen leicht abgeplattete statt auf Querschnitt kreis-
förmige Ptanken. Bildung von 1 — 2 Hülsen pro Blütenstand dominiert
gegen solche von 3 — 4 und mehr; das Verhalten ist undeutlich, weist
auf mehrere Anlagen für Mehrhülsigkeit hin. Schwarzer Nabel domi-
niert gegen ungefärbten. Es wurden auch Pflanzen mit zur Hälfte
schwarzem, zur Hälfte ungefärbtem Nabel beobachtet. Pflanzen mit
dürftiger Entwicklung des Schiffchens und Unbedecktheit der Narbe, wie
sie Mendel beobachtet hatte, wurden auch gefunden.
Weizen. Lockerheit der Ähre dominiert gegenüber Dichte, aber
auch Zwischenbildung, Grannenlosigkeit dominiert gegen Begrannung.
aber meist tritt Zwischenbildung ein mit Vorwiegen gegen Grannen-
losigkeit. Spelzenbehaarung dominiert gegenüber Haarlosigkeit,
Farbigkeit der Spelzen gegenüber Weissfärbung, Schwarzfärbigkeit der
Spelzen gegenüber Andersfärbigkeit. Bei mehreren Weizenformen wurden
braunspelzige und weissspelzige Ähren an je derselben Pflanze gefunden.
Unverzweigtheit der Ährenspindel dominiert gegen Verzweigung. Ver-
zweigung wurde nur bei einer Form gefunden, die nicht dem Rauh-
weizen. Triticum turgidum, angehört, sonst nur bei diesem. Auf-
fallendes Äussere zeigten Bastardierungsergebnisse zwischen Ble de
miracle. einer T. turgidum-Form mit stark verzweigter Ährenspindel
und polnischem Weizen, Triticum polonicum. Höhe der Pflanzen
dominiert gegen Zwergwuchs; Bildung je eines Ährchens an einem
Spindelabsatz gegen solche von je zwei. Verschiedene Ergebnisse
von Bastardierungen wurden für praktische Zwecke herausgegriffen, so
ein Hartweizen. Triticum durum, ohne Grannen.
Hafer. Färbung der Spelzen dominiert gegen weisse Spelzen.
Zwischenbildung tritt bei Fahne gegen Rispe ein, bei Bespelzung gegen
Nacktheit und bei grösserer Zahl Blütchen pro Ähre gegen kleine.
Vorhandensein von Grannen dominiert gegenüber Fehlen. Frühreife
gegenüber Spätreife.
Gerste. Zweizeihgkeit dominiert über Sechszeihgkeit.
Schwarzfärbung der Spelzen gegenüber anderer Färbung, Bildung eines
Spelzenanhängsels (abortierte Blüte) gegenüber Fehlen desselben, auch
Zwischenbildung. Zwischenbildung tritt ein bei Bespelztheit gegen
Nacktheit. Zahnung der Grannen gegen Fehlen derselben.
10*
134 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Zuckerrübe. Färbigkeit der Rübenkörper dominiert gegen
weissen Körper, Zweijährigkeit gegen Einjährigkeit (Schossen). Eine
Form mit zusammenhängenden Knäueln wird studiert.
Kohl. AVachsüberzug der Blätter dominiert gegen Fehlen
desselben.
K 0 h 1 r ü b e. Grünfärbung des Halses dominiert gegen Weiss-
färbung desselben.
Bei Fisole wird die Vererbung bei aufgefundenen Ergebnissen
spontaner Bastardierung verfolgt. Marmorierung erwies sich als
dominierend über Einfärbigkeit der Samen und Färbigkeit gegenüber
weissen Samen. -
Isilsson-Ehle, H. Untersuchungen über Speltoid-
mutationen beim ^^^ e i z e n. (Botaniska Notiser 1917. S. 305
bis 329, 1 Abb.) Beim Weizen Triticum vulgare wurden spontane
Variationen beobachtet, welche in der Bildung längerer, lockerer Ähren
und längerer Halme bestanden, später reiften und Ährchenspelzen be-
sassen, die im Verhältnis zu den Blütenspelzen kürzer, stärker gekielt-
oben fast quer abgestutzt und im unreifen Zustand miteinem grünenLängs-
streifen versehen waren. Die schwächlichen Pflanzen erinnern in der
Ausbildung der Ährchenspelzen an Triticum Spelta. daher Speltoid-
mutationen. Alle beobachteten Variationen werden auf Verlust einer
Anlage zurückgeführt, der bei einer Geschlechtszelle eintritt, die mit
einer nicht variierten die spontane Variante als Heterozygote liefert.
Die Vererbungsverhältnisse' sind eigenartige. Die beim Sommerweizen
beobachtete Variante brachte als Nachkommenschaft wieder ebensolche
Varianten und normale Pflanzen, erstere spalteten in gleicher Weise
weiter, und zwar 1:1. letztere vererbten voll. Die aufgefundene
Variante war demnach eine Heterozygote, aber bei der Bildung der
Geschlechtszöllen wurden bei jenen des einen Geschlechtes nur solche
mit der Anlage für die normale Ausbildung erzeugt, bei den anderen
solche und solche mit der Anlage für die Abweichung. In einem anderen
Fall, bei Winterweizen Extra Square head II, gab die spontane Variation'
normale Pflanzen, speltoide Individuen und der spontanen Variation
entsprechende. Pflanzen der beiden ersterwähnten Arten vererbten voll,
solche der letzteren Art spalteten, annähernd nach 1:2:1. aber mit
Überschuss normaler Pflanzen. In diesem Fall wurde demnach auch
die speltoide Homozygote gebildet, die im ersten Fall fehlte. Hier,
wie in einem dort folgend angeführten Fall, wird angenommen, dass
die Abweichung in dem Spaltungsverhältnis auf die Schwächung der
Geschlechtszellen mit der Anlage für die spontane Variation zurück-
zuführen ist, welche Schwächung — teilweise schwächere oder stärkere,
bis vollkommene Gameten elimination — um so stärker ist. je mohr
die spontane Variation von dem normalen Typus abweicht.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 135
Oberstein, 0, Über das Vorkommen echter Knospen-
variationen bei p 0 m m e r s c h e n und anderen K a r t o f i e 1 -
Sorten. (Kartoff eibau 1919, Nr. 12, und Deutsche landw. Presse 1919,
ö. 560 — 561, 1 Abb.) Gegenüber Ei necke, der Knospenvariationen
bei Kartoffelsorten als selten ansieht, so dass — wie bei der Deutschen
Landwirtschafts -Gesellschaft — die Aberkennung schon bei 4 ab-
weichenden Stauden pro Hektar erfolgen soll, betont Verf. das häufigere
Auftreten solcher Variationen. Er führt aus, dass wenigstens einzelne
Sorten geneigt sind, Knospenvariationen häufiger auftreten zu lassen,
dass solches Auftreten aber nachgewiesen sein muss, um bei der Saaten-
anerkennung Berücksichtigung finden zu können. Die schlesische Land-
wirtschaftskammer erkennt bei solchen Sorten erst ab, wenn über 5 ^l„
in der Blütenfarbe abweichende Pflanzen vorhanden sind. Einen Nach-
weis der grösseren Neigung hält Verf. für eine Sorte erst dann erbracht,
wenn einwandfrei und öfters sonst typisch ausgebildete, aber in der
Blüten- (wohl auch in der Knollen- [Referent]) färbe abweichende Pflanzen
beobachtet wurden und man weiterhin, wenigstens einmal, eine Pflanze
mit typischen Teilen und solchen, welche der Abweichung entsprechen,
festgestellt hat. Von ihm selbst wurden derartige Fälle beobachtet bei
zweierlei Blüten in einem Blütenstand bei Deodara, Angelika, Lotos.
Parnassia, bei zweierlei ganzen Achsen bei Deodara, Vater Rhein.
Modell. Fürst Bismarck. Es wird festgetellt, dass die Angaben der
Kartoffelkataloge in einer Anzahl von Fällen bezüglich der Blütenfarbe
ungenau, selbst falsch sind.
Rasmuson, H. Zur Genetik der Blütenfarben von
Tropaeolum majus. (Botaniska Notiser 1918, S. 253—259.)
Lästig bei der Arbeit mit dieser Pflanze ist bei Bastardierung, dass
die Proterandrie derselben künstliche Bestäubung auch bei ein-
geschlossenen Pflanzen nötig macht und dass nur höchstens drei Samen
pro Blüte erhalten werden. Bei dunkelgelb und hellgelb bei Blütenfarbe
dominiert dnnkelgelb. die Spaltung erfolgt nach 3:1; bei gelb und rot
als Blütenfarbe dominiert rot, die Spaltung erfolgt nach 3:1. In Fo
treten verschiedene Abstufungen der Rotfärbung ein. Enthalten
Pflanzen, die bezüglich roter Blütenfarbe gleich veranlagt sind, die
Anlage für dunkelgelbe Blütenfarbe, so können sie anders aussehen,
als solche, die diese Anlage nicht besitzen.
Rasmuson, H, Über eine P e t u n i a - Kr e u z u n g. (Botaniska
Notiser 1918, S. 287 — 294.) Bei Petunia hybrida. Bastardierungsergeb-
nissen von P.nyctaginiflöra Juss. X P. violaceaLindl. erhielt der Verfasser,
bei Vereinigung einer Form mit fast weissen Blüten, die violetten An-
flug zeigten, blaue Antheren und ebensolche Pollenkörner hatten mit
einer Form mit violetten Blüten, mit gelbem Schlund, gelben Antheren
und ebensolchen Pollenkörnern, eine mehrförmige F^, was auf Unrein-
13(3 ^eue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
heil wenigstens der einen Eiterform schliessen lässt. Weitere Ver-
folgimg der Bastardierung liess feststellen, dass stärkere Blütenfarbe
über schwächere und blaue Antherenfarbe über gelbe dominiert und in
Fs-Spaltung je nach 3 : 1 eintritt. Blaue Antherenfarbe ist immer mit
blauer Färbung des Schlundes, gelbe mit gelber verbunden.
Roemer, Th. Über Lupinenzüchtung. (Deutsche landw.
Presse 1919. S. 174, 175.) Die Züchtung kann auch bei Lupinen gleich-
massige Reife erzielen, die bei dieser Pflanze durch gleichmässiges
Keimen (einheithche Hartschaligkeit) und gleichmässiges Blühen be-
dingt ist. Für beides werden dm-ch Zahlen Verschiedenheiten von
Individualauslesen vorgeführt. Dass auch, gegenüber Populationen, die
Kornerträge durch Herausgreifen der besten Individualauslesen ge-
steigert werden können^ wird durch Hinweis auf die Kornerträge ver-
schiedener solcher Individualauslesen dargetan. DurchschnittUche
Körnigkeit und Lückigkeit der Hülse ist nach Indi\idualauslesen erb-
lich verschieden.
Schmidt, Jobs. On the aroma in plants raised by
Crossing.') (Comptes rendus des travaux du laboratoire de Carls-
berg 11. Bd.. Nr. 6, 1917, S. 330—332.) Ein Hallertauer Späthopfen
Nr. 27 wurde mit Pollen von einer Pflanze American Cluster Nr. 7 a be-
stäubt und es wurden dabei drei Bastarde erhalten. Das kenn-
zeichnende Aroma des amerikanischen Hopfens wurde durch die männ-
liche Pflanze, welche es selbst nicht zeigen konnte, übertragen.
Schmidt, Johs. La valeur de l'individu a titre de gene-
rateur. appreciee suivant la methode du croisement
diallele.-) (Comptes rendus des travaux du laboratoire Carlsberg
14. Bd., Nr. 6, 1919. 33 S.) Der Inhalt der Arbeit deckt sich vollständig
mit der unter ..Bücherschau" besprochenen, im gleichen .lahre er-
schienenen Übersetzung aus dem dänischen Manuskript, die unter dem
Titel: ..Der Zeugungswert des Individuums" erschienen ist.
Schmidt, Johs. Can different clones be characte-
rised by the number of marginal teeth in the leaves.'^)
(Comptes rendus des travaux du laboratoire de Carlsberg 14. Bd.. Nr. 2.
1918. 24 S.. 7 Abb.) Es sollte untersucht werden, ob die Angehörigen
verschiedener vegetativer Linien sich bei quantitativ variablen Eigen-
schaften voneinander unterscheiden lassen. Als zu unterscheidende
Eigenschaft wurde die Zahl der Zähne des mittleren Blattzipfels von in
bestimmter Höhe stehenden Blättern von Achsen zweiter Ordmmsr ge-
1) Über das Aroma von Hopfenpfhmzen-Bastarden.
■-) Der Zeugungswert des Individuums, gescliätzt nach der Methode der kreuz-
weisen Paarung.
ä) Können verschiedene vegetative Linien durch die Zahnzahl ihrer Blätter von-
einander unterschieden werden.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 137
wählt. Bei vorläufiger Untersuchung zweier Pflanzen von Oregon
Cluster und Gron aus Funen erwies sich Oregon Cluster als zahnreicher.
Untersuchungen der Jahre 1915, 1916, 1917 zeigten, dass dieselbe
Pflanze in verschiedenen Jahren eine verschiedene Zahl Zähne aufweist,
andere, dass ebenso bei verschiedenen Verhältnissen im selben Jahre
— im Glashaus und ausserhalb desselben — sich verschiedene Zahlen
ergeben. Trotz dieser Modifikabilität des untersuchten Merkmales
unterscheiden sich aber zwei Linien von stärker untereinander ver-
schiedenen Formen, eine solche von einer Pflanze von Oregon Cluster
Nr. 60 und eine solche von einer dänischen Pflanze von Nord-Seeland
Nr. 4 auch unter verschiedenen Verhältnissen voneinander. Bei
Bastardierung von Oregon Cluster Nr. 60 mit Nord-Seeland Nr. 4 lag
die Zahnzahl in F^ zwischen jener der Eltern. Ebenso bei einer
Bastardierung von New York Spaulding und English Cluster Nr. 99
einerseits und der dänischen Pflanze Nr. 4 andererseits.
M. S t e r i 1 i t e , a u t o i n c o n c e p t a b i 1 i t e et d i f f e -
r e n t a t i 0 n sexuelle p h y s i o 1 o g i q u e.\) ( Archives neerlan-
daises des sciences exactes et naturelles. Serie III B, 1917, Bd. 3,
S. 205 — 234.) Das was bisher Selbstunfruchtbarkeit. Seibatsterilität,
genannt wurde, sollte Selbstunempfänglichkeit, zelfonbevruchtbaarkeid
genannt werden, gegenüber Unfruchtbarkeit, Sterilität, die einer Dege-
neration von Organismen oder von Organismenteilen entspricht, welche
zur Fortpflanzung bestimmt sind, aber diese nicht ermöglichen. Über
Selbstunempfänglichkeit hat Verfasser Versuche mit Verbascum phoe-
nicum ausgeführt, die ihn zunächst schliessen lassen, dass die Selbst-
unempfänglichkeit mit der Geschlefhtsdifferenzierung zusammenhängt.
Snell, K. F a r )) e n ä n d e r u n g der K a r t o f f e 1 b 1 ü t e und
Saatenanerkennung. (Der Kartoffelbau 1919, Nr. 10, 3 Seiten.)
Die Frage, der Konstanz der Blütenfarbe bei der Kartoffel spielt bei
der Saatenanerkennung eine wichtige Rolle. Die D. L.-G. steht bis
jetzt auf dem Standpunkt, dass bei Vorhandensein von abweichend
blühenden Pflanzen aberkannt werden muss. Bei einer Rundfrage wurde
festgestellt, dass — wie bisher schon bekannt — manche Sorten spontan
variierte, abweichend blühende Pflanzen aufweisen, andere Verschieden-
heiten in der Bhltenfarbe zeigen, die als Modifikationen aufgefasst
werden müssen, nichts Erbliches haben. Der Verfasser hält es mit
Recht für ausgeschlossen, bei der Besichtigung zur Zeit der An-
erkennung, die Entscheidung treffen zu können, ob Variation, ob Modi-
fikation vorliegt. Er ist der Ansicht und hat zum Nachweis derselben
Versuche unternommen, dass jede Sorte die Fähigkeit besitzt. Farb-
stoffe auszubilden und weiss blüht, wenn die Bedingungen für die Ent-
') Sterilität, Selbstunempfänglichkeit und physiologische Geschlechtsdifferenzieiung.
138 Neue Erscheinuugeii aul: dem Gebiete der Pflanzenzüclitung.
faltung dieser Anlage nicht vorhanden sind. Besonders Lichtmangel
konnte in dieser Beziehung wirken. Jedenfalls sollten bei der Saaten-
anerkennung die in der Blüte abweichenden Pflanzen erst dann berück-
sichtigt werden, wenn sie auch sonst abweichend sind. Ein nicht zu
erklärender Fall ist ihm von H e i n e - Hadmersleben mitgeteilt worden:
..Hindenburg" bhihte normal hellila im Versuchsfeld, dagegen auf einer
über 1 ha grossen Vermehrungsfläche rein weiss.
Sommer, K. Über K arto f fei Züchtung und ver-
gleichende Anbau versuche mit Neuzüchtungen auf
der Domäne E 11 i s c h a u. (Nachrichten der D. Landw.-G. f. Österr.
1919, S. 190—193.) Auf der Domäne Ellischau von Dr. Graf Taaff e
wurde vom Verf. 1916 bei Kartoffel eine Züchtung auf dem W^ege der
Bastardierung eingeleitet, neben Staudenauslese bei einigen älteren
Sorten. Zu der Möglichkeit, im ersten Jahr schon, bei passender Be-
handlung und weitem Standraum, grosse Erträge von einzelnen
Pflanzen zu erzielen, werden Beispiele gegeben. Es wurden z. B.
42 Knollen, darunter 10 grosse, insgesamt 2600 g geerntet, oder
59 Knollen, darunter 40 grosse, zusammen 3000 g oder 32 Knollen,
darunter 24 grosse, zusammen 2700 g.
Stahel, G. E e r s t e v e r s 1 a g o v e r de w e r k z a a m h e d e n
ten'behoeve van de selectie van Koffie en Cacao.M
(Departement van den Landbouw in Suriname. Paramaribo, Bull. 36.
1919. 23 S.) Bei Kaffee und Kakao kommen die Pflanzen erst nach
8 — 10 .Jahren in vollen Ertrag und sind zumeist mehr oder minder
heterozygotische Bastarde. Die Auslese bei Züchtung wird daher er-
schwert. In Surinam wird imter Direktor H u i z i n g a und dem
Botaniker S t a h eJ darauf hingearbeitet, gute Pflanzen vegetativ zu
vervielfältigen, später soll dann Bastardierung zwischen solchen ver-
sucht werden. Da Liberiakaffee und Porasterokakao 25 — 50 Jahre
hindurch ertragsfähig bleiben, lohnt es sich, die schwierige Arbeit der
Vervielfältigung durchzuführen. 1916 wurde von der Vereinigung
Suriham'scher Landwirte flu- die züchterische Arbeit ein Selektionsfond
gesammelt, der 1918 als ..Het Surinam'sche Selectiefonds" selbständig
gemacht wurde und die Möglichkeit gab. einen Ausleseaufseher für die
Plantagen anzustellen. Bei Kaffee wurden 1918 auf 4 Plantagen
28 Bäume auf Ertragsfähigkeit geprüft und 13 derselben als Mutter-
bäume verwendet, bei Kakao auf 19 Plantagen 85 Bäume, von welchen
15 als Mutterbäume dienen sollen. Die Erträge an marktfähiger Ware
bewegten sich bei Kaffee zwischen 0,8 und 11,7. bei Kakao zwischen
0.8 und 13,7 kg. Auf Java hatte van Hall festgestellt, dass die Er-
träge bei Kakao in zwei aufeinanderfolgenden Jahren im Verhältnis nur
^) Erster Bericht über die Tätigkeit bei Auslese von Kaffee und Kakao.
r-
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung-. - 139
wenig voneinander abwichen, Stahel konnte auch ermittehi, dass
unter Bäumen, die bei einjähriger Beobachtung als sehr gut ermittelt
wurden, auch im nächsten Jahr wieder zum grössten Teil gute Träger
sind. Die Unterlagen werden aus Samen von gnten Mutterbäumen ge-
zogen und auf diese Reiser der geprüften Mutterbäume gepfropft. Von
den \'ered]ungsschulen wird durch entsprechenden Schnitt eine grosse
Zahl von Reisern für die Plantagen geliefert. Bei Kakao ist die vege-
tative A'ervielfältigung schon seit 20 Jahren bekannt (siehe Hunger
in: Fruwirth, ..Die Züchtung kolonialer Gewächse", Berlin 1912). aber
erst seit kurzer Zeit verbreiteter, besonders auf Java und Trinidad an-
gewendet. Die F 0 rker tmethode gibt die besten Erfolge. Stahel
fand es zweckmässig, die Sträucher gegen den Boden zu biegen und die
Okulierung an der Biegungsstelle vorzunehmen. Beim Kaffee wird Spalt-
pfropfung ausgeführt, wobei die Pfropfung mit einem weiten Reagenz-
glas überdeckt wird.
Stout, A. F e r t i 1 i t y i n C i c h 0 r i u m I n t y b u s. S e 1 f C o m -
patibility and Seif Incompatibility among the off-
spring of selffertile lines of decent.^) (American Journ. of
Botany 1917, S. 375 — 395.) Neben selbststerilen Individuen fand Ver-
fasser auch verein2;elt selbstfertile (Memoirs New York Bot. Garden,
1916: S. 333) auch nach 3 Jahren Beobachtung. Es gelingt aber nicht,
bei Auslese selbstfertiler Individuen oder weitgehend selbstfertiler
Nachkommenschaften zu selbstfertilen Formenkreisen zu gelangen. Eine
Zuriickführung auf bestimmte Anlagen erwies sich nicht als möglich,
es scheinen nur individuelle Verschiedenheiten vorzuliegen.
Stout, A. Seif and c r o s s - p o 1 1 i n a t i o n s in Cichorium
I n t y b u s w i t h r e f e r e n c e t o s t e r i 1 i t y. '-') (Mem N. Y. Bot. Gard.
6. Bd.. S. 333—454. 1916.)
Fertility in Cichorium Intybus: The sporadie appearance of self-
fertil plants among the progeny of self-sterile plants. Amer. Journ.
Bot. 4. Bd.. S. 375—395. 1917.
Fertility in Cichorium Intybus: Self-compatibility and self-inrom-
pability among the offspring of self-fertile lines of descent. Journ.
of Genetics. 7. Bd., S. 71—104, 1918.
Bei Cichorie tritt unabhängig voneinander Selbststerilität auf in-
folge des Blütenbaues oder infolge Abortierens der Samenanlagen nach
Selbstbestäubung oder, und zwar am häufigsten infolge physiologischer
..rnverträglichkeit". Letztere Ursache macht sich auch geltend bei Be-
fruchtung zwischen Pflanzen verschiedener Abstammung. Selbstfertile
Pflanzen wurden in der Nachzucht von 3 Generationen hindurch selbst-
') Selhstfruchtbarkeit und Selbstunfruchtbarkeit in der Nachkommenschaft selbst,-
fruchtbarer Individuen.
^) Selbst- und Kreuzbefrnchtung bei Zichorie in Beziehuni;- zur Fruchtbarkeit.
140 Neue Erscheimmgen auf dem Gebiete der Pflanzenzucht iing.
sterilen Pflanzen gefunden; die Nachzucht dieser selbstfertilen Pflanzen
ist nicht rein fertil. sondern der Grad des Ansatzes nach Selbst-
bestäubung schwankt und Auslese selbstfertiler Pflanzen führt nicht zur
Isolierung eines völlig fertilen Stammes. Von 3 Serien waren zahlreiche
Stämme mehrere Jahre hindurch unter Beobachtung;. Es ist sicher, dass
mit der Selbstfertilität nicht in Zusammenhang stehen: Kräftiger oder
schwacher Wuchs, Umfang der Blütenbildung, die Ernährungsver-
hältnisse der Samenanlagen durch die Elternpflanzen und dass sie unab-
hängig ist von der Art der zusammentreffenden Geschlechtszellen, denn
es treten solche selbstfertile Pflanzen auch in Stämmen auf, die in allen
Eigenschaften weitgehend gleichmässig sind. Mendelnde Faktoren
liegen nicht zugrunde. Die Fähigkeit zur Selbstbefruchtung muss daher
mit der physiologischen Entwicklung der Geschlechtszellen in irgend-
welchem Zusammenhang stehen. E.
Tammes. T. Die Flachsblüte. (Recueil des travaux bota-
niques neerlandais XV, 1918, S. 185—227, 22 Abb.) Die vieljährige Be-
schäftigung mit der Leinblüte hat die Verfasserin auch dazu geführt.
Bau der Blüte dieser Pflanze. Entwicklung, Bestäubung und Befruchtung
der ersteren genau zu untersuchen und dabei sind einige neue Be-
obachtungen gemacht worden und solche, die von jenen anderer Be-
obachter abweichen. Die an dieser Stelle wichtigen Beobachtungen
seien angeführt: Der Pollen wird, entgegen anderen Behauptungen,
aussen von den Säcken ausgelassen und ist blau, nicht weiss. Beim
Öffnen der Blüte stehen, so wie schon am Vorabend um 9 Uhr abends.
Beutel und Narbe gleich hoch, das Aufblühen erfolgt um 5 Uhr früh,
auch früher, wenn kühl später. Die Beutel öffnen sich sehr bald nach
dem Aufblühen, sind einige Stunden danach entleert und fallen dann ab.
Entgegen anderen Beobachtungen wurde allgemein ein Abfallen der
Blütenblätter gegen Mittag beobachtet und kein Schliessen einzelner
Blüten von 12 Uhr ab. Die Narben sind, wie besondere Versuche
zeigten. 1 Tag vor den Beuteln reif. Gegen Nässe ist der Blütenstaub
sehr empfindlich, wird bei Benässung durch die drei Poren aus-
geschleudert. Das Hängen der Blüte und ihr Schluss bei Regen schützt.
Bei Einschluss wird Ansatz erzielt, ein gelegentliches Wachsen der
Fruchtknoten wurde aber auch beobachtet, wenn kein Pollen auf die
Narbe kam. Spontane Bastardierung tritt sehr selten ein.
Tjebbes, K., en Kooiman, H. E r f e 1 i j k h e i d s o n d e r z o e -
kingenbijboonen. (Genetica I. 1919. S. 323—346. 1 Taf.) In
einem Bastard von Fisolen mit Samenfarbe gelb (code des couleurs
Klincksieck et Valette: Nr. 152) war ein spontan entstandener Bastard
mit chamois Grundfarbe der Samen und blauschwarzer Marmorierung
derselben aufgefunden worden: derselbe gab eine Nachkommenschaft,
die aus sechs verschiedenen Klassen bestand. Es wird eine Anlage für
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 141
Farbe überhaupt angenommen und eine Anlage für braune P'arbe.
weiter dann, als unterscheidend, eine Anlage, die braune Farbe in
schwarzblau ändert (Z) und eine Anlage, die Marmorierung veranlasst
(V). Dann wären, bei dihybrider Spaltung, die Anlagenformeln für die
6 Gruppen:
chamois Grund, violettblaue Marmorierung: Z Z V V oder Z z A' \'.
chamois Grund, schwarzblaue Marmorierung: Z Z V v oder Z z V v.
tief schwarzblauer Grund: Z Z v v oder Z z v v,
chamois Grund, lilarosa marmoriert: z z V V,
chamois Grund, braun marmoriert: z z V v,
tiefbrauner Grund: z z v v.
Trow, A. On „albinism" in Senecio vulg. L. (.Journ. of
Genetics 6. Bd., S. 65 — 74, 1916.) In Zusammenhang mit den Unter-
suchungen von Emerson. Kalt, Kiessling, Nilsson-Ehle.
Vestergaard betr. die Vererbung des Chlorophylls bei den Getreide-
arten ist es von Interesse, dass Trow bei Senecio diniere Spaltung be-
obachtete, während bei Getreide nach den genannten Autoren nur e i n
Grundelement für Blattgrün angenommen werden kann. Diese Be-
obachtung kann mit jener von Miles in Beziehung gebracht werden,
der bei Mais zwei Grundelemente annimmt (siehe diese Zeitschr. 3. Bd..
S. 377). . R.
Tschermak, E. v. B a s t a r d i e r u n g s v e r s u c h e mit der
grünsamigen Chevrier-Fisole. (Zeitschr. f. Pflanzenzucht.
Bd. VII, 1919. S. 57—60.)
Ubisch, G. V. G e r s t e n k r e u z u n g e n. (Landw. Jahrb. Bd. 53.
]919,S.191— 244.3 Taf.. 18 Abb.) Die wissenschaftlichen Ergebnisse ihrer
Bastardierungsuntersuchungen bei Gerste hat Verfasserin in einigen
hier bereits referierten Arbeiten niedergelegt. Zweck der vorliegenden
ist es, den züchtenden Landwirten nahe zu legen, bei ihren Arbeiten die
Bastardierungsgesetze mehr zu berücksichtigen. Es wird zunächst das
Verhalten nach Bastardierung bei den Eigenschaften Basalborste.
Zähnung der unteren Blütenspelze. Zeiligkeit, Ährchen dichte. Grannen-
länge und Spindelbrüchigkeit besprochen. Dabei wird auf die ver-
schiedene Behandlung aufmerksam gemacht, die quantitative und
qualitative Eigenschaften finden müssen. Ein folgender Abschnitt be-
handelt die festgestellten Koppelungen, ein weiterer die beobachteten
Missbildungen. Zum Schluss wird an einem Beispiel gezeigt, dass der
Züchter bei Beachtung der Vererbungsgesetze rascher zimi Ziel kommt
als ohne solche. Das Beispiel zieht auch eine äussere Eigenschaft
heran, da fast nur für solche bisher Ermittlungen vorliegen.
Frban, J. Hochpolarisierende Rübe und ihre Nach-
k o m m e n s c h a f t. (Zeitschr. f. Zuckerindustrie in Böhmen XLII.
142 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
1919, S. 387 — 391.) 450 Mutterrüben wurden in 3 Gruppen nach durch-
schnittlichem Zuckergehalt von 20,28, 20,66, 21.14 "/q gebracht und
gaben — ■ in der Gruppe nicht geschlechtlich isoliert — Nachkommen-
schaften mit im Mittel 21,47, 21,29 und 21,59"/; Zucker. Dieselben
Mutterrüben, nach Gewicht gereiht von 600 — 750, 800 — 950 und über
1000 g, brachten Nachkommenschaften mit im Mittel 714, 848. 1067 g
und im Mittel einem Zuckergehalt von 21.55, 21,47. 21,38 °/o. Bei dem
hochpolarisierenden Material, dessen Vererbungsfähigkeit durch
mindestens 3 Generationen geprüft worden war, zeigte demnach ein
kleiner Unterschied im Gehalt der Mutterrübe keinen merkbaren Ein-
fluss auf den Gehalt der Nachkommenschaft, eher war ein Einfluss von
Unterschieden im Gewicht der Mutterrübe auf den Zuckergehalt der
Nachkommenschaft zu erkennen.
Volkart. A. 4 0. und 41. .Jahresbericht. Schweize-
rische Samenuntersuchungs- und Versuchsanstalt in
0 erlik 0 n- Zur i eh. (Landw. Jahrbuch der Schweiz 1919, 40 S.,
1 Bild.) In dem Bericht, der einen Nachruf dem geschiedenen Vorstand
Stehler, dem bekannten Gründer der Anstalt widmet, findet man
unter Feldbau die züchterische Arbeit der Anstalt erwähnt. Sie er-
streckt sich bei Weizen, Spelz. Gerste. Hafer. Fisole auf Formenkreis-
trennung mit einmaligem Nachkommenschaftsvergleich und folgender
nur kontrollierender Auslese, bei Roggen und Eunkelrüben auf Ver-
edlungszüchtung mit Nebeneinanderführung von Individualauslesen,
mit ständig fortgesetzter Auslese von Individuen und Nachkommen-
schaften. 1913 wurden dann auch Bastardierungen vorgenommen.
Wölk, P. van der. ( ) n d er z o eki n g e n over blyvende
m 0 d i f i c a t i e s e n h u n b e t r e k k i n g t o t m u t a t i e s.^) (Cultura
1919. S. 1 — 24. 1 Taf.) Die Untersuchung beschäftigt sich mit einer
merkwürdigen Weissblättrigkeit bei Acer pseudoplatanus. Plötzlich
erschienen in der unmittelbaren Nähe von faulerrden Schnittwunden
weissblättrige Zweige von einer ganz besonderen Art: die Blätter
waren vollkommen weiss, hatten eine gänzlich abweichende Form,
waren behaart, die Blattstiele gelb, mit kleinen braunen Flecken; die
Zweige selbst besassen kleine Längsrinnen, waren gleichfalls behaart,
die Internodien kürzer, die Blattstiele länger: die Zweige besassen sehr
viel Mark; die Rinde sass nur sehr lose um das Kernholz; die Blüten
waren viel grösser, rötlich, alles Abweichungen von der normalen Form;
aber was am meisten auffiel, das waren die dioecischen Zweige!
Übergänge zwischen der normalen Form und der weissen gab es nicht.
Die Verwandlung trat plötzlich ein. Es schien wohl eine ganz neue
Pflanze zu sein, welche auf der normalen lebte. Wiederholte Expe-
^) Unteisuchungen ülier I>auermodifikationen und ihre Beziehung zu Mutationen.
Nene Erscheinungen auf dem Gebiete der Pilanzenzüchtung. l-j;j
rimente zeigten, dass der Zusammenhang zwischen dieser neuen weissen
Form und den faulenden Schnittwunden zu suchen war in einer Be-
einflussung durch eine spezielle Bakterie, welche sich in der faulenden
Schnittwunde entwickelt hatte. Es gelang dem Verfasser, die Bakterie
in Reinkultur zu bringen. Damit wurden Infektions-Experimente ge-
macht an gesunden Zweigen, sowie an Früchten, und sie zeigten über-
zeugend, dass die neue, weisse Form durch die betreffende Bakterie
verursacht wurde. Darauf gelang es dem Verfasser, durch Injektionen
mit einem Gift, welches aus einer Melde-Art extrahiert worden war, die
Bakterien in den lebendigen Zweigen zu töten. Trotz dieser Injektionen
erhielt sich die einmal eingetretene weisse Abweichung. Dass nicht nur
die Bakterie, sondern auch eventuelle Exkretionen. Avelche die weisse
Form verursachen konnten, vernichtet wurden, zeigten die überraschen-
den Resultate der Bastardierungsversuche. Diese ergaben nämlich:
Ohne Injektionen mit Meldegift ergaben die Bastardierungen
Grün X Weiss und umgekehrt immer weisse Nachkömmlinge; eben-
falls die Bastardierungen Weiss X Weiss. Dagegen ergaben die
Bastardierungen Grün X Grün immer normale Nachkömmlinge. Ein
ganz merkwürdiges Bastardierungsresultat ergaben infizierte Blüten-
trauben, zwei und eine halbe Woche nach der Infektion. An solchen
•Trauben war auswendig nichts zu bemerken. Doch infizierte Weibchen
X nichtinfizierte Männchen ergaben alle weisse Nachkömmlinge; da-
gegen infizierte Männchen X nichtinfizierte Weibchen ergaben alle
normale grüne Pflänzchen. Die Resultate stimmen vollkommen überein
mit den berühmten Bastardierungen von Correns an buntblättriger
Mirabilis Jalapa, und ähnlichen von Baur. All diese Resultate be-
ziehen sich auf nichtdesinfi zierte Zweige. Ganz anders aber sind die
Resultate von mit Meldegift desinfizierten Zweigen. In diesem Falle
ergaben die Bastardierungen Weiss X Grün und umgekehrt immer
intermediäre Bastarde-: Dieses überraschende Resultat beweist
erstens, dass die Desinfektionen tatsächlich gelungen waren!, zweitens,
dass die neue, weisse Form wirklich eine ganz neue Pflanze war. Die
Einzelheiten der Versuche sind in dem betreffenden illustrierten Artikel
eingehend dargestellt. Verf. gab eine ausführliche Besprechung der
Resultate. Die Schwierigkeit in der richtigen Erklärung der Ergeb-
nisse war der Umstand, dass. obgleich die Untersuchung neun .Jahre
dauerte, durch die Beschaffenheit des Materials, nur mit einer Gene-
ration Nachkömmlinge gearbeitet worden ivst, so dass die Frage, ob
wir es hier mit einer wirklichen Mutation zu tun haben, nicht endgültig
gelöst worden ist. Darum hat der Verfasser, als Resultat seines ultra-
skeptischen Standpunktes, die erhaltene weisse Form einfach und be-
scheiden eine ,, Dauermodifikation" genannt. Aber innerlich ist er
überzeugt, dass hier wirklich eine Mutation vorliegt. Und dann ist dies
144 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflauzenzüchtung.
offenbar das erste Mal, dass die Ursache einer Mutation entdeckt und
experimentell bewiesen ist. — Autoreferat.
2. Bücherbespreclmiigen.
Ahr, ' J., und Mayr, Chr. G e r s t e n s o r t e n und Düngung.
(Freising 1919, Selbstverlag, 124 S., 2 Taf., 2 Kurvenbilder.) Zwei-
jährige Versuche in 240 Yegetationsgefässen sollten feststellen, wie sich
einige Gerstensorten bei Ertrag und Güte der Körner gegenüber
Düngung verhalten. Es wurden Zuchten von Landsorten herangezogen:
drei AYeihenstephaner Zuchten, und zwar zwei: Fg II und Fg III aus ober-
bayerischer und eine Ng IV aus niederbayerischer Gerste — Danubia und
Bavaria aus niederbayerischer Gerste von Ackermann — undFranken-
gerste I, von Heil. Bei Kornertrag und Trockensubstanz erwies sich
Fgll und Fglll anspruchsvoller an Kallv, NglV als am wenigsten an-
spruchsvoll, ferner zeigte sich Danubia als am empfindlichsten gegen
einseitige Stickvstoffzufuhr. dann Bavaria. dann Frankengerste, sehr
wenig dagegen Fgll. Während das Verhalten gegen einseitige Stick-
stoffzufuhr deutlicher hervortrat, war ein Sortenunterschied im Ver-
halten zu Phosphorsäure und Kali nicht einigermassen sicher fest-
zustellen. Bei Qualität (viel Stärke, wenig Eiweiss) stand im Mittel-
aller Düngungen Frankengerste oben, NglV zu unterst; einseitige Kalk-
wie einseitige Phosphorsäurezufuhr begünstigte die Qualität am meisten
bei Frankengerste und Danubia, am wenigsten bei NglV; einseitige
Kahzufuhr verminderte Eiweiss am ehesten bei Fgll und Fglll, ein-
seitige Stickstoff düngung schädigte Qualität am meisten bei Danubia
und Franken, am w^enigsten bei NglV. Auch in der Beziehung Korn-
grösse einerseits, Eiweissprozent und Eiweissgehalt andererseits,
zeigten sich leichte Verschiedenheiten. Bei Danubia war der Gehalt
an Eiweiss in grossen und kleinen Körnern annähernd gleich, bei
Frankengerste in den kleinen Körnern eher höher, bei den übrigen
Sorten in den kleinen geringer, alles im Mittel aller verschiedenen
Düngungen. Immer wieder wird aber in der Arbeit auf die starke Be-
einflussung der Ergebnisse durch die .Jahreswitterung und dem W^achs-
tumsverlauf hingewiesen, der alle diese Sorteneigentümlichkeiten ver-
wischen und selbst umstürzen kann.
Fruwirth, C. Handbuch der landwirtschaftlichen
Pflanzenzüchtung. Bd. II: Die Züchtung von Mais.
Futterrübe und anderen Rüben, Ölpflanzen und
Gräsern. (Oktav, 262 S., 50 Abb. Verlag von Paul Parey in Berlin.
1918, 16 M.) Die dritte Auflage unterscheidet sich von der zweiten
insbesondere durch vollständige Neubearbeitung der Abschnitte, welche
die Züchtung von Mais. Futterrübe und Jene der Gräser behandeln. Eine
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüclitung. 145
solche Neubearbeitung war durch die Ergebnisse zahkeicher Arbeiten
mit diesen Pflanzen notwendig geworden. Bei den genannten Pflanzen,
sowie bei den übrigen, wurde bei der Darstellung die Literatur in aus-
gedehntester Weise herangezogen und es gelang — wenn auch während
des Krieges mit Schwierigkeit — auch die Arbeiten, die im Ausland
erschienen sind, zu erreichen. Versuche des Verfassers selbst, deren
Ergebnisse in diesem Band benutzt werden konnten, liefen bei Mais,
Rübe. Möhre, Zichorie, Gräsern. Die Neubearbeitung erstreckte sich
in einigen Abschnitten auch auf die Anordnung des Stoffes, bei welcher
grössere Übersichtlichkeit erzielt werden sollte. Gegenüber der zweiten
Auflage ist der Umfang der jetzt vorhegenden dritten um gegen 60 S..
die Zahl der Abbildungen um 21 vermehrt worden. Autoreferat.
Fruwirth, C. Handbuch der landwirtschaftlichen
Pflanzenzüchtung. Bd. IV: Die Züchtung der vier
Hauptgetreidearten und der Zuckerrübe, von C. Fru-
wirth, Dr. Th. Roemer-Schlanstedt und Prof. Dr. E. v. Tschermak-Wien.
(Oktav. 504 S., 42 Abb. Verlag von Paul Parey in BerUn, 1918. 30 M.)
Nahezu sämtliche Abschnitte des Buches sind weitgehend imigearbeitet.
ganz besonders gilt dieses von den Teilen, welche die Bastardierung
bei Getreide und die Züchtung der Zuckerrübe betreffen. Auf dem
Gebiet der Bastardierung war die Zahl der Arbeiten in den letzten
Jahren eine so bedeutende geworden, dass die Darstellung dieses Teiles
eine sehr erhebliche Erweiterung des Umfanges notwendig machte.
Wenn dem ungeachtet der Umfang des Buches nur um 40 S. zu-
genommen hat, so wurde dieses nur dadurch möglich, dass einerseits
allgemeine Erörterungen in anderen Teilen mögUchst eingeschränkt und
bezüghch derselben auf den für solche bestimmten Bd. I verwiesen
wurde, der zur Zeit des Erscheinens der Neuauflage des Bd. IV bald
auch in (fünfter) Neuauflage vorhegen wird, andererseits bei selten be-
nutzten Abschnitten („Geschichte der Bastardierungszüchtung" und
..Bastardierung zwischen relativ fremden Formen") auf die frühere
Auflage verwiesen worden ist. Bei Rüben war die vollständige Neu-
bearbeitung auch dadurch bedingt, dass ein neuer Verfasser für diesen
Teil gewonnen worden war: Dr. Th. Roemer, bisher wissenschaft-
licher Mitarbeiter am Kaiser Wilhelm-Institut für Landwirtschaft in
Bromberg, nunmehr Leiter der Züchtungen der Firma S trübe -
Schlanstedt.
Schmidt. Johs. Der Z e u g u n g s w e r t des Individuums
beurteilt nach dem Verfahren kreuzweiser Paarung.
(Übersetzung aus dem dänischen Manuskript. Oktav. 40 S.. Gustav
Fischer. .Jena 1919, M. 1,80.) Bei Paarung von Forellen (Salmo trutta)
ergab das Mittel für die Nachkommenschaft eines Paares, bei Wirbel-
zahl und Gesamtlänge, eine Zahl, welche dem Mittel der Wirbelzahl der
146 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Eltern entspricht. Wird allgemein für Fremdbefruchtung angenommen,
dass bei quantitativen Eigenschaften die Nachkommenschaft im Büttel
das Mittel des bei den Eltern vorhandenen Ausmaßes zeigt, so kann
Paarung eines Elters mit verschiedenen anderen Eltern zur Ermittlung
des Unterschiedes in dem vererbbaren Anteil an dem bei den Eltern
vorhandenen Ausmaß (,, Zeugungswert") führen. Die in der Veröffent-
lichung gegebene Formel lieferte in den mit Forellen ausgeführten Ver--
suchen Ergebnisse, welche der Erwartung entsprachen. Wenn eine
grössere Zahl Nachkommen je einer Paarung vorliegt und die Nach-
kommen unter möghchst gleichartigen Verhältnissen herangezogen
werden, sind günstige Bedingungen für die Anwendung der Methode
gegeben. In beiden Beziehungen war das verwendete Tier günstig, bei
der zweiten trat noch als begünstigend hinzu, dass die Feststellung der
Eigenschaft schon in der ersten Jugendentwicklung (bei eben erfolgter
Aufzehrung des Dottersackes) erfolgen konnte, in welcher äussere Ver-
hältnisse erst wenig einwirken konnten.
Siegel, W., Dr. D as R echt des G emüs ez üchters. (Wien.
Frick. Oktav. 1919, Kr. 3.) Der mehrmals ausgesprochene Gedanke.
dass dem Züchter fremdbefruchteter Pflanzen ein rechtlicher Schutz
gegen Störung seiner züchterischen Arbeit durch nahe Bestände
gleicher Art gewährt werden soll, wird vom Verf. aufgegriffen. Er
bringt einen Entwurf eines bezüglichen Gesetzes: ..Gesetz zur Förde-
rung der Selbstzucht von reinen (nicht bastardierten) Gemüsesamen
in Gemüsegegenden". Nicht einzusehen ist nur. warum nicht gleich
eine allgemeine Fassung gewählt worden ist, da der Schutz bei land-
wirtschaftlich gebauten Pflanzen doch wohl noch wichtiger ist, als jener
bei Gemüse und warum der Ausdruck ., Selbstzucht" gewählt worden ist,
der in gemeinter Bedeutung nicht allgemein üblich ist. ..Gesetz zum
Schutz gegen Fremdbestäubung bei Züchtung" genügt vielleicht.
IV.
Vereins-Nachrichten.
Gesellschaft für Pflanzciizüchtiiiig („Z") Wien.
Die Verhältnisse der letzten Monate wirkten auch auf die Gesell-
schaft stark ein. Es musste, zum erstenmal seit Bestehen derselben,
von der Abhaltung einer Generalversammlung abgesehen werden.
Das geschützte Warenzeichen unseres Zuchtbuches wurde auch
im cechoslowakischen Staat eingetragen und es sind die bezüglichen
Schritte vom Vizepräses, Direktor Schreyvogl durchgeführt
worden.
In das Zuchtbuch wurde neu eingetragen, unter Nr. 15:
Original Loosdorfer Reform-Roggen.
Zwei weitere Züchtungen wurden zur Eintragung angemeldet,
eine eingetragen gewesene gestrichen.
Die Regelung der Verhältnisse der Gesellschaft zu den in den
neuen Staaten befindlichen Mitgliedern bildet Gegenstand von Be-
ratungen.
•Die Geschäftsführung, die für 1918/19 Prof. Dr. Jelinek über-
nommen hatte, wurde nach dem Umsturz, auf Ersuchen des Genannten,
von dem Referenten für das Zuchtbuch weitergeführt. Für
1919/20 hat Prof. Dr. v. Tschermak die Geschäftsführung über-
nommen.
An den Präsidenten der Gesellschaft Dr. hon. c. E. v. Prosko-.
wetz erging anlässlich seines 70. Geburtstages eine Beglückwünschung
von Seite des Ausschusses.
Als Vertreter der „Z" nahm an den Sitzungen der Saatstelle der
Getreide-Verkehrs-Anstalt der R e f e r e n t f ü r das Zuchtbuch, im
Wechsel mit Prof. v. Tschermak, teil.
Über Antrag des Referenten für das Zuchtbuch wurde
beschlossen. 1920 eine Wanderversammlung in Steiermark abzuhalten.
Zeitschi'ift für Pflanzenzüchtunp:. Bd. VII. 11
V.
Kleine Mitteilungen.
a) Wissenschaftliche.
Ein weiterer Versuch über die Vererbung der Samenfarbe bei Rotklee.
(Aus der Bayer. Saatziichtanstalt Weihenstephan.)
Von J. Baum,
Bayrische Landessaatstelle München.
Bei den Samen des Rotklees (Trifolium pratense) treten haupt-
sächlich zwei Farben auf, Gelb und Violett, beide in mehr oder minder
starker Sättigung. Der Fall, dass ein Korn nur eine der beiden Farben
aufweist, ist aber verhältnismässig selten. Rein gelbe Samen trifft man
noch viel häufiger als violette. Die violetten Samen besitzen, meist
wenigstens, eine hellere Tönung am Nabelende (spitzeres Ende), wie
schon Settegast angibt.^) Unter den einfarbigen Samen haben wir
hellviolette (lila), dunkelviolette und fast schwarze Körner. Das Gelb
tritt ebenfalls in hell- und dunkelgelb auf. Manchmal erscheint das
Gelb wie mit einem violetten Schleier unterlegt.
Weitaus die Mehrzahl der Körner weist beide Farben in allen
Übergängen der Sättigimg sowohl als der Ausdehnung auf. Die
dunklere Färbung findet sich jedoch bei allen Samen am Kopfende des
Samens, also dort, wo er der Kugelform am nächsten kommt, oberhalb
des durch die Schale sichtbaren Würzelchens. Durch die Übergänge
von Gelb in Violett werden die mannigfachsten Formen von Scheckig-
keit erzeugt.-)
Die Literatur über die Vererbung der Samenfarbe bei Rotklee ist
verhältnismässig gering. Eingehendere Arbeiten liegen überhaupt noch
nicht vor.
Frey er"') zog 28 Pflanzen aus gelben und 21 Pflanzen aus
violetten Körnern und fand. ,,dass die aus hellen Samen erzeugten
^) Settegast, Die Landw. Sämereien und der Samenbau S. 147. Leipzig
1892 (Weigel Nachf.).
*) Über die Samenfarbe des Rotklees finden yich sowohl in der Literatur über
Samenkunde als in der über Futterbau genügend Angaben. Ich verweise besonders auf
S t e b 1 e r imd V o 1 k a r t. Beim Studium der Samenfarbe bedient man sich mit Vor-
teil des Code des Couleurs. Paris 1908 (Paul Klineksieck).
') Preyer, Über die Farbenvariationen der Samen einiger Trifolium-Arten.
Dissertation. Berlin 1899 (bei Mittler und Sohn).
11*
150 Kleine Mitteilungen.
Körner einen erheblich grösseren prozentischeu Gehalt an hellen und
einen geringeren an dunklen Samen haben als die aus dunklen Samen
entstandenen". Hell vererbte sich also besser als dunkel.
Fruwirth\) untersuchte 2 aus rein gelbem, eine aus dunkel-
violettem und eine aus scheckigem Samen hervorgegangene Pflanze.
Die Farbe des Samens hatte sich stets gut vererbt. Die beiden Gelb-
pflanzen Heferten kein einziges violettes oder scheckiges Korn, die
Violettpflanze rund ein Drittel gelbe Körner. Die aus scheckigem
Samen gewonnene Pflanze besass nur scheckige Körner.
M a r t i n e t -) verglich die Samenfarbe von 26 Erntepflanzen mit
der von 13 Ausgangspflanzgn. Bei 21 der Erntepflanzen hatte er
Selbstbestäubung vorgenommen. Mit nur 3 Ausnahmen stellte
Martin et fest, dass die Samen der Tochterpflanze ..ähnlich''
(semblable) denen der Mutterpflanze waren.
B a u m a n n '') berichtet, .,dass Pflanzen mit 100 "/o Farbenreinheit
besonders bei den gelben Samen sehr häufig sind. Aber auch rot-
bis blauviolette Samen haben einen grossen Grad von Reinheit".
Holdefleiss bemerkte in der nachfolgenden Aussprache, dass
auch bei seinen Versuchen ,.dLe gelbe Samenfarbe eine ausserordentlich
deutliche Neigung zur Erblichkeit zeige" und ebenfalls bis zu 100"/,,
ergeben habe.
Pflügt) stellte schlechte Vererbung der Samenfarbe bei seinen
Züchtungen fest.
K a j a n u s '') fand, dass dunkelviolette Samen nach freier Be-
stäubung grösstenteils dunkelsamige Pflanzen ergaben, während gelb-
samige Pflanzen nach Bestäubung in gemischten Beständen überwiegend
violettsamige Pflanzen liefern. Mit dieser Erfahrung steht Kajanus
bi^^her völlig allein.
Ich selbst habe bei den vielen Individualernten, welche dur^'h meine
Hände gegangen sind, ebenfalls beobachtet, dass die gelbe Samenfarbe
1) Fruwirth, Über den Einfluss der Sanienfarbe bei Rotklee auf die er-
wachsende Pflanze. Zeitschr. f. d. Landw. Versuchswesen in Österreich 1901. Fru-
wirth verweist auf vSchribeaux, Journal d'agriculture pratique 1896. S. 576.
nach dem eine Auswahl nach Samen von bestimmter Farbe eine Steigerung des Gehalts
an diesen Samen herbeiführt, eine durchaus sichere Vererbung aber nicht besteht. Ich
habe diesen Bericht nicht eingesehen.
2) M a r t i n e t . Etudes et essais des plantes foiirrageres, Annuaire agrieole de
la Suisse 190.3. Die Selbstbestäubimg wurde mit Hilfe eines eigenen Pinsels für jede
Pflanze erzielt. Nach der Bepinselung der Blüten wurde die ganze Pflanze in dünn-
raaschiges Gewebe eingehüllt, um Insekten abzuhalten.
^) Baumann, Beiträge zur Pflanzenzucht 1911. Vortrag.
^) Pflug. Zehn Jahre praktischer Pflanzenzucht in Baltersbach. Beiträge zur
Pflanzenzucht 1914. Vortrag.
■') Kajanus, tJber die Farben der Blüten und Samen von Trifolium pratense.
Fühlings Landw. Ztg. 1912. S. 76.3.
Kleine Mitteilungen. 151
besser vererbt als die violette.^) Sie ist an sich schon. viel häufiger
als das stärkere Pigment des Violett. Rein gelbsamige Individuen
hefein meist wieder mehr solche, in denen die gelben Samen überwiegen. ■
Die Variationsneigung ist also bei der gelben Farbe geringer als bei
der violetten. Aber trotzdem treten violette Samen auch in den Nach-
kommenschaften rein gelbsamiger Individuen auf. Ich habe sogar in
der ersten Nachkommenschaft der rein gelben Körner meiner Pflanze
Nr. 207 a eine Pflanze (Nr. 634) erhalten, che fast rein violette Körner
besass.
Dass die Samenfarbe bei Rotklee ausserordentlich variiert, er-
scheint, nachdem zwei Grundfarben vorhanden sind, bei der aus-
schhesslichen Fremdbefruchtung dieser Pflanze ohne weiteres verständ-
lich. Die Vererbung der Samenfarbe bei Rotklee wird man daher zu-
nächst nach den Mendel sehen Regeln zu erklären versuchen. Von
den zwei Hauptfarben, Gelb und Violett, wäre Gelb wahrscheinlich
dominant. Nachdem jedoch beide Farben nicht als rein qualitative
(alternative) '^) Unterschiede (etwa wie Gelb und Grün bei der Erbse)
auftreten, sondern quantitativ (kumulierend) und in allen Übergängen
vorhanden sind, erscheint es ausgeschlossen, dass die Farbe des Klee-
samens nur von einem einzigen Mendelfaktor bedingt wird. Man wird
nach zahlreichen Vorbildern mehrere Mendelfaktoren annehmen müssen.
Die Erbanlagen der Spelzenfarbe des Weizens, die war vielleicht zum
Vergleich heranziehen können, wurde von K i e s s 1 i n g •^) zu klären
ver.-ucht. Er errechnete bis zu sechs Farbenfaktoren und kam trotz-
dem nicht zu einer befriedigenden Lösung, so dass er Zweifel an der
Berechtigimg der Anwendung der Faktorenlehre auf die Frage über-
haupt äusserte. Bei Kleesamen dürften die Verhältnise ähnlich liegen.
Es steht bei solchen Farbenunterschiedeii nicht einmal fest, ob sie
auf die Erbmasse allein zurückzuführen sind oder ob nicht auch äussere
Umstände (Licht, Ernährung usw.) die Ausbildung der Chromatophoren
mit beeinflussen. Auch K a j a n u s 1. c. meint, dass die Farbe der Samen
neben der genetischen Konstitution der Pflanze auf zufälligen Unter-
schieden beruhe. Da die Samenfarbe des Rotklees wegen des A'orhanden-
^) Eine Abhängigkeit der Samenfarbe von der Ausreifung der Samen konnte ich
nicht beobachten. Man könnte annehmen, dass violette Farbe das Ergebnis einer be-
sonders guten .Ausbildung und Vollendung der Körner sei. Dies scheint jedoch nicht zu-
zutreffen, wie auch M a r t i n e t (1. c.) angibt. Mit Frühreife oder Spätreife des Klees
hat dies vorläufig nicht.-; zu tun. Die Angabe, dass violette Körner auf gute Ausreife
und damit Keimfähigkeit hindeuten, schleppt sich durch die ganze Literatur und findet
sich wohl zuerst bei S e 1 1 e g a s t 1. c. S. 147. Zeichen schlechter Ausreife ist eine
rötliche (braune) Farbe.
-) J ohann s e n
^) L. Kiessling, Erbanalytische Untersuchungen über die Spelzenfarbe den
Weizens. Landw. Jahrbuch für Bavern 1914, Nr. 2.
152 Kleine Mitteilungen.
seins aller Übergänge äowohl beim einzelnen Korn als der Körner einer
Pflanze kaum zahlenmässig dargestellt werden kann, scheint zurzeit
-auch kein Weg vorhanden, um die Vererbung dieser Eigenschaft etwa
nach der Variationsstatistik zu untersuchen und eine ^'ariationskurve
aufzustellen. Nur so viel scheint klar, dass die Kurve, wenn man die
Farbe auf der Abszisse, die Zahl der Körner auf der Ordinate aufträgt,
der Binomial- oder Zufallskurve nicht entspricht, sondern ungleich-
schenklig ist. Auf der Seite der Gelb-Abweicher von der Mittelfarbe
wird die Kurve flacher und länger verlaufen als auf der der Violett-
Abweicher.
Schon aus rein theoretischen Erwägungen im Sinne der modernen
Vererbungslehre muss man also zu der Ansicht kommen, dass die
Samenfarbe bei Rotklee ausserordentlich wechselt und nur feststeht,
dass Gelb verhältnismässig besser vererbt als Violett. Ob diese Tat-
sache genetisch zu erklären oder bloss eine Folge der grösseren Häufig-
keit des Gelb an sich ist, steht dahin.
Nachstehend will ich die Samenfarbe von 10 Mutterpflanzen der
Ernte 1914 mit 36 Tochterpflanzen der Ernte 1917 vergleichen, wo-
durch sowohl die durch die. Versuche von P r e y e r . F r u w i r t h und
Martin et festgestellten Tatsachen als die durch vorstehende Über-
legung gewonnene Bestätigung derselben weiterhin gestützt werden.
Dabei ist zu beachten, dass aus den Körnern jeder Mutterpflanze die
100 dunkelsten ausgesucht und 1915 in Einzelsaat gebracht wurden,
dergestalt, dass schliesslich von jeder Mutterpflanze 30 Töchter auf
freiem Felde heranwuchsen. Hiervon erntete man erst 1917 Samen,
da ich von den Zuchtpflanzen von Eotklee erst im dritten Jahr (und
dann vom ersten Schnitt) Samen zu gewinnen pflege. Von den je
30 Tochterpflanzen waren bis dahin natürlich viele eingegangen, andere
wurden aus irgendeinem Grunde entfernt. Das Material ist also ganz
willkürlich entstanden.
(Siehe die Tabelle auf S. 153 u. 154.)
Aus dem Vergleich der 36 Töchter mit ihren 10 Müttern geht
hervor, dass die gelbe Samenfarbe im allgemeinen besser vererbt als die
violette, soweit von einer ..Vererbung" der Samenfarbe angesichts der
unbekannten Vaterpflanzen überhaupt gesprochen werden kann.
Dass sich auch ein verhältnismässig hoher Gehalt an rein oder
fast rein violetten Körnern erhalten kann, habe ich an der von der
Gräfl. Piattischen Saatzuchtwirtschaft Loosdorf in Niederösterreich
herausgegebenen Rotkleezüchtung PR erfahren. Der von dort 1913
erhaltene Same war stark violett und hat diese Farben bei mehrmaliger
Samengewinnung in Weihenstephan beibehalten. Die hieraus 1914
geernteten und 1917 in Individualsaat genommenen Zuchtpflanzen
Nr. 345 — 354 sind ebenfalls im allgemeinen dunkelsamig.
Kleine Mitteilungen.
153
Mutterpflanze
Tochterpflanzen
k \^<ts\}T^^^^uTlO'
JX Mo iJd'lli III. U. I-Li^
Nr.
Kornfarbe
Nr.
Kornfarbe
Herrliberger
12
ganz dunkelviolett, mit
561
ganz dunkel wie Mutter-
(Schweizer
wenigen hellen Spitzen
562
pflanze,
mehr dunkel, aber doch
auch ziemlich gelbe und
gefleckte Körner.
Herrliberg-er
15
ganz dunkelviolett, mit
563
ähnlich Mutterpflanze,
(Schweizer)
wenigen hellen Spitzen
564
565
566
etwas gelbe Körner,
ganz dunkel wie Mutter-
pflanze,
Gesamteindruck grünlich-
gelb, etwas violett,
fast kein gelb, nur violett,
aber hellviolett.
Nymhnrk (Böhmen)
29
stark dunkelsamig, vio-
569^
ziemlich gleichmäs,sig,
lett, Gesamtbild dunkel
570 i
571 )
572
Hauptfarbe gelb mit
violett,
Hauptfarbe gelb mit hell-
violett.
Fichlelgebii'a'sklee
59
halb gelb, halb violett.
591
der Mutterpflanze ähnlich,
Nr. 284
aber dunkler als 79
und 81
592
593 \_
594/
das violett weicht einem
grünlichen Ton,
der Mutterpflanze ähnlich.
Fichtelgebirg-sklee
79
ähnlich wie 81, das vio-
stärkeres Auftreten von
Nr. 261
lett aber dunkler
601 ■»
60.2 /
dunklerem violett als
bei der Mutterpflanze,
■
603
rein gelbe Körner mit einem
geringen Teil dunkler
Körner.
Fichtelgebirgsklee
81
halb gelb, halb hellviolett
604
ähnlich wie Mutterpflanze,
Nr. 277
606
aber mehr hell,
kräftigeres violett, Schei-
dung der Farben, auch
reines gelb vorhanden.
Svalöf
98
grünlich-scheckig, hell-
607 1
608
609)
der Stich ins grünliche
violetter Anflug, dunk-
fehlt, stärkeres Auftreten
les violett fehlt
rein violetter Körner, be-
sonders bei 609.
Herrliberger
112
gelb, mit grösstenteils
610
wie Mutterpflanze,
(Schweizer)
blauviolettem Rücken
611
612
613
wie Mutterpflanze,
etwas dunklerer Rücken,
noch mehr violettes Pig-
ment,
154
Kleine Mitteilungen.
Mutterpflanze
Tochterpflanzen
A V»«!ta m mii n o'
Nr.
Komfarbe
Nr.
Kornfarbe
HeiTÜberger
112
gelb, mit grösstenteils
614
von Mutterpflanze stark
(Schweizer)
blauviolettem Rücken
615
616
verschieden, viel ganz
dunkle Körner,
ähnlich der Mutterpflanze,
ähnlich der Mutterpflanze.
Smniswalder
131
rein gelb
618
rein gelb,
(Schweizer)
619
620
rein gelb,
gelb mit violetter Durch-
sicht, wodurch eine
schmutzige gelbe Farbe
entsteht.
Ficbtelgebi rgsklee
140
rein gelb
623
gelb mit mehr oder weni-
Nr. 258
624
625
626
ger violettem Anflug-,
rein gelb,
rein gelb,
wie 623, doch helleres
violett.
Das tStudium der Vererbung der Samenfarbe bei Rotklee wird nicht
allein dadurch erschwert, dass der E.otklee zu den Frenidbefruchtern
gehört, sondern auch dadurch, dass künstliche Befruchtung bei der
Kleinheit der Blüten und ihrer gedrängten Stellung im Köpfchen schwer
durchzuführen ist. Ich möchte übrigens bezweifen, ob dies zurzeit
auch besonders wichtig erscheint, nachdem doch viel einschneidendere
und praktisch wichtigere Fragen in der Rotkleezüchtung un-
geklärt sind.
Zu ähnlichen Ergebnissen wie bei der Prüfung der Vererbung
der Samenfarbe konmit man beim A^ersuch des Nachweises, inwieweit
korrelative Bezieiiungen zwischen der Samenfarbe und gewissen
anderen Eigenschaften der Rotkleepflanze zu bestehen scheinen.
Hinsichtlich der Beziehungen der Samenfarbe zur Reifezeit hat
Frey er 1. c. z. B. beobachtet, dass die Pflanzen aus gelben Samen
ein rascheres .Jugendwachstum aufweisen. Pruwirth'') fand, dass
in den oberen Teilen der Blütenköpfe, welche schneller reifen, die gelbe
Samenfarbe überwiegt. Baumann 1. c. gibt an. dass beim Buchegg-
berger Mattenklee frühreife Pflanzen überwiegend gelbkörnig sind.
Auch Holdefleiss") stellt die Frühreife der aus gelben Körnern er-
1) F r u \\ i r t h , Über Samenfarbe und Samenschwere in einzelnen Köpfen vdu
Eotklee. Landw. Versuchs-Stationen 1901 und Deutsche Landw. Presse 1901. Nr. 53.
2) Meinungsaustausch nach dem Vortrage B a u m a n n s. Ich könnte mich aber,
wie bereits weiter oben betont, nicht dem Gedanken anschliessen ,,dass die gelbe Korn-
farbe mehr oder weniger ein Zeichen vorzeitiger Reife sei" also etwa einer Notreife.
Kleine Mitteihing-en. I55
wachsenen Pflanzen fest. Pflug 1. c. hatte bei seinen Frühklee-
zuchten überwiegend violette Sanienfarbe. K a ] a n u s 1. c. widerspricht
H 0 1 d e f 1 e i s s. Nach seinen Beobachtungen kommen sowohl bei Früh-
klee wie bei Spätklee gelbsamige und violettsamige Pflanzen vor. Diese
Angabe deckt sich vollständig mit meiner Erfahrung. Ich möchte
nur darauf hinweisen, dass die schon erwähnte dunkelsamige Rotklee-
züchtung von Loosdorf zu den ziemlich früh blühenden Formen
zählt. Näheres Material aus meinen eigenen Zuchtstämmen will ich
vorerst noch zurücklegen.
In der Literatur zerstreut findet man noch Mitteilungen über an-
gebliche Beziehungen zwischen Samenfarbe und Korngrösse, Ertrag,
Blütenfarbe usw., die wahrscheinlich alle nur fih" bestimmte unter-
geordnete Fälle gelten.
b) Andere Sachliche.
Sjemenar dionicarsko drustvo.
Unter dieser Bezeichnung wurde mit einem Kapital von vor-
läufig 2 Milhonen von slavonischen Landwirten eine Gesellschaft ge-
gründet, deren geschäfthche Leitung in Osijek (Esseg) sich befindet
und deren technischer Direktor E. W. Schulze ist. Die Gesellschaft
will die Züchtung aller einheimischen landwirtschaftlichen Kultur-
pflanzen, einschliesshch der Futterpflanzen, und die Züchtung von Ge-
müse vornehmen lassen und den Verkauf von Saatgut betreiben. Es
sollen im Königreich S. H. S. an verschiedenen Orten Zuchtstationen
und eine Reihe von Anbaustationen geschaffen werden. Hauptzucht-
station ist zunächst Grabovo bei Sotin, woselbst die früher von Graf
Eltz betriebene bekannte Zuchtstätte übernommen worden ist.
c) Persönliche.
Dr. Karl Sn eil ist in das neu geschaffene« Forschungsinstitut für
Kartoffelbau in Steglitz bei Berhn berufen worden. Vor Kriegsbeginn
war er in Ägypten besonders mit Baumwollzüchtung beschäftigt und als
Botaniker der landwirtschaftlichen Versuchsstation der Societe Khedi-
viale d'Agriculture zu Kairo zugeteilt.
Als Zuchtleiter der Saatzuchtwirtschaft Regensburg ( J. Stadler)
wurde der gepr. Saatzuchtinspektor Fr. Aumüller aus Egling (Ober-
bayern) ernannt. Nach praktischer, pflanzenzüchterischer Ausbildung
bei Domänenrat Ed. Meier in Friedrichswerth (Thüringen) und
vollendetem Hochschulstudium in München war er kurze Zeit Landwirt-
schaftslehrer in Oldenburg, hierauf Assistent bei Prof. von Tscher-
156 Kleine Mitteilungen.
mak (Hochschule für Bodenkultm- in Wien) und dann Assistent der
Landessaatzuchtanstalt Weihenstephan. An der Universität Giessen
bestand er' das Saatzuciitinspektorexamen.
An der Saatzuchtanstalt Hohenheim wui'de der Diplomlandwirt
Friedrich Schlecht als wissenschafthcher Hillsarbeiter ausserplan-
mässig zunächst lür das Rechnungsjahr 1919 angestellt. Nach Er-
langung des Maturitätszeugnisses auf dem Realgymnasium Uhn und
nach zweijähriger praktischer Tätigkeit auf dem Schlossgut Burgberg
bei Heidenheim und dem Pachtgute Tachenhausen bei Nüi'tingen
studierte der Genannte an der landwirtschaftlichen Hochschule Hohen-
heim bis zur Ablegung der Diplomprüfung im Frühjahr 1919. Über
die ganze Dauer des Kriegs war er zuerst als Pionieroffizier und das
letzte Jahr als Flieger an der Front.
Als Zuchtleiter der fürstl. Wirtschaftsdirektion Barbing wurde
Dr. T ritschier ernannt. Derselbe war 4 Jahre Zuchtleiter der
V. B or r i es'schen Rittergüter in Eckendorf bei Bielefeld (Westfalen)
und hierauf Zuchtleiter in Buhlendorf, bei Amtsrat Sperling.
Der Direktor des Hamburger Staats-Instituts für allgemeine
Botanik, Dr. Hans Winkler, ist zum o. ö. Professor an der Uni-
versität Hamburg ernannt worden.
Dr. E. W. Schulze, welchem durch eine Reihe von Jahren die
Zuchtleitung der Graf Eltz'schen Domäne Vul<;ovar anvertraut war,
wurde, nachdem die Zuchtwirtschaft der Domäne von einer Aktien-
gesellschaft für Züchtung und Samenbau: ,,Sjemena dionicarsko
druslvo'' übernommen worden ist, zum technischen Direktor dieser
Gesellschaft ernannt.
Prof. Dr. J e 1 i n e k ist zum ordentlichen Professor für Pflanzen-
züchtung an der cechischen technischen Hochschule in Prag ernannt
worden.
Am 16. September feierte Dr. hon. causa F. von Lochow in
Petkus im Familienkreise seinen 70. Geburtstag. Dr. Merkel gab aus
diesem Anlass in den Mitteilungen der „Deutschen Landwirtschafts-
Gesellschaft", Stück 37, eine Darstellung des Lebens des Genannten
und besonders eine solche der den Lesern der Zeitschrift wohlbekannten
züchterischen Tätigkeit desselben. Ein Bild v. Lochows begleitete
die Ausführungen.
Das nächste Heft erscheint Frühjahr 1920.
Druck von Fr. Stollberg, Merseburg.
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Hierzu eine Beilage von der Yerlagsbiicbhaudlung Paul Tarey, Berlin SW. 11,
Hedemanustrasse 10 u. 11.
Band VII, Heft 3. Juni 1920.
Zeitschrift
für
Pflanzenzüchtung.
Zugleich Organ
der Gesellschaft zur Förderung deutscher Pflanzenzucht,
der
Österreichischen Gesellschaft für Pflanzenzüchtung
uud des
Bayerischen Saatzuchtvereins.
Unter Mitwirkung
von
L Kiessling, H. Niisson-Ehle, K. v. Rümker, E. v. Tschermak,
Weihenstephan Luncl Berlin Wien
herausgegeben
von
C. Fruwirth,
Wien.
Mit 11 Textabbildungen.
BERLIN.
Verlagsbuchhandlung Paul Parey.
Verlag fUr Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen.
SW., Hedemannstr. 10 u. 11.
1920.
Einzelpreis 18 M. Ahounementspreis 15 M.
Inhalt.
I. Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze. ggj^^
Stuart, C. P. Cohen: Die Züchtung der Teepflanze. (Mit 8 Textabbildungen) 157
III. Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
1. Referate 205
2. Bücherbesprechungen 222
V. Kleine Mitteilungen.
a) Wissenschaftliche :
Die Ermittlung des Einzelkorngewichtes einer Pflanze. Von Saatzuchtleiter
W. Hansen, Mahndorf 225
Methoden einer exakten Prüfung des Fortschrittes bei der Zuckerrübenzucht.
Paritäts- und doppelte Standard-Methode. Von Georg von Ryx, Leiter der
Polnischen Getreide- und Kaitoffelzucht^Gesellschaft Oltarzew 227
Zweierlei Weisslinge von Mais. Von Dr. Siegfried Bach, Wien • • • . 238
b) Andere Sachliche:
Verband der Saatzuchtinspektoren, Fachgruppe des Reichsbundes akademisch
gebildeter Landwirte in beamteten Stellungen 241
Kartoffelzuchtstation Richter-Königshof 243
••t)'-
c) Persönliche 243
Nachtrag 248
Druckfehlerberichtigung 248
Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für Pflanzenzüchtung erscheint
in zwanglosen Heften, deren 4 zu einem Bande vereinigt werden. Die Hefte
sind auch einzeln käuflich, ihre Preise sind entsprechend ihrem schwankenden
Umfang verschieden und sind im Abonnement niedriger als bei Einzelbezug. Das
Abonnement verpflichtet für einen Band.
Abonnements nimmt jede Sortimentsbuchhandlung entgegen sowie die
Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin SW. 11, Hedemannstrasse 10 u. 11.
An letztere sind auch alle Zuschriften in Anzeigenangelegenheiten zu
richten. Preise der Anzeigen: ganze Seite M. 50, halbe Seite M. 30, viertel
Seite M. 16. Für alle das grosse Gebiet der Pflanzenzüchtung angehende
Anzeigen dürfte die „Zeitschrift" das geeignetste Organ sein.
Honorar für den Bogen Text: 48 M., Tabellen 24 M. Von jedem Original-
beitrag können 25 Sonderabdrücke geliefert werden, wenn dies bei Einsendung
des Manuskriptes verlangt wird.
Redaktionelle Zuschriften: Prof. Dr. C. Fruwirth, Waldhof b. Amstetten
(N.-Österr.).
Sonstige Zuschriften (Bezug u. Anzeigen): Paul Pare}^, Berlin SW. 11,
Hedemannstrasse 10 u. 11.
Band VII, Heft 3. Juni 1920.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung.
i.
Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsätze.
Die Züchtung der Teepflarize.
Von
C. P. Cohen Stuart,
Versuchsstation für Tee, Buitenzorg (Java).
(Mit 8 Textabbildungen.)
§ 1. Einleitung.
Obwohl das Niederländisch-Indische Landwirtschafts-Departement
schon vor einigen Jahren die Organisierung der Saatzuchtversuche
unternommen hat, durch die Gründung einer Anstalt für die Züchtung
einjähriger Gewächse (unter Herrn J. P. van der Stok) und einer
„Züchtungsstation" für mehrjährige Pflanzen (unter Herrn Dr. P. J.
S. Gramer), so umfassen doch diese Institute keineswegs aUe
wichtigen Kulturen. Die privaten Versuchsstationen für Tabak in Dell
(Sumatra), Klaten und Djember (Java) und diejenige- für Zucker in
Pasuruan (Java) hatten schon ihre eigene Zuchtänstalten, und voraus-
sichtlich werden die Pflanzer diese unmittelbare Bemühung mit den
Züchtungsarbeiten nicht aufgeben. Die C i n c h o n a - Züchtung wird
zwar in den Gouvernementsplantagen (bei Bandung, Java) ausgeführt,
dort wurde sie aber von dem Nestor dieser Kultur, Herrn Direktor
P. van Leersum, seit 30 Jahren mit grossem Erfolg betrieben, bis
er August 1915 sein Amt niederlegte. Was zuletzt die Teekultur an-
betrifft, so unterhält diese eine private Versuchsstation in Buitenzorg,
welche seit 1910 selbständige Züchtungsversuche unternommen hat;
auch diese Versuche entziehen sich also den Regierungsbemühungen.
Im nachstehenden werde ich, auf Veranlassung des Herrn Her-
ausgebers dieser Zeitschrift, eine Übersicht der Resultate geben, zu
denen die Teezüchtung bis jetzt gelangt ist.^) Meine persönlichen Er-
1) Ausführlich in meiner Utrechter Dissertation: „Voorbereidende onderzoekingen
ten dienste van de selektie der theeplant" (Meded. v. h. Proefstat. v. Thee Nr. XL, 1916).
Eine vorläufige Mitteilung wurde schon in dieser Zeitschrift III (1915), S. 463 referiert.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII. ^2
158 Stuart;
fahrungen beziehen sich nur euf ein zweijähriges Studium (1913 — 1915)
der fundamentalen Fragen; ich brauche es also kaum zu betonen, dass
es sich hier nur um die ersten Anfänge der Züchtungsarbeit handeln
kann. Die Erkenntnis aber, dass die theoretischen Grundlagen er-
forscht werden müssten, bevor zur eigentlichen Veredlung geschritten
werden konnte, das ist das grosse Verdienst des Direktors der Ver-
suchsstation, Herrn Dr. Ch. Bernard, der meinen Arbeiten und
Vorschlägen immer das regste Interesse und die grösste Bereitwilligkeit
entgegenbrachte. ^)
§ 2. Die Formenkreise der Teepüanze.
Die systematischen Fragen, welche die Teepflanze betreffen, haben
schon eine umfangreiche Literatur ins Leben gerufen, welche hier zu
besprechen um so weniger angebracht wäre, als ich diesen Gegenstand
bereits in meiner ausführlichen Publikation eingehend behandelt habe.
Ich werde mich .also auf die für die Züchtung wichtigsten Ergebnisse
beschränken.
Die uns am häufigsten begegnende Frage betrifft die Zv, ei-
förmigkeit der chinesischen Teepflanze; P i s o "') machte zuerst diese
Annahme, angesichts der zwei Sorten, des schwarzen und des grünen
Tees, die schon früh auf dem europäischen Markt erschienen; sie wurde
dann von mehreren Autoren lebhaft umstritten. Eine sehr leichtfertige
Hypothese .John Hiils,'^) die in Linnes Beifall^) eine kräftige
Stütze empfing, war Ursache, dass die Unterscheidung in eine licht-
grüne grossblättrige Art {Thea viridis L., „grüner Tee") und eine
dunkelfarbige kurzblättrige Art (Thea hohea L.,'') ,. schwarzer Tee")
zu einer wissenschaftlichen idee fixe wurde. Tatsächlich beruhen diese
Benennungen nur auf dem Äusseren der Handelsware, während schwarzer
und grüner Tee aus den verschiedensten Varietäten durch das Ein- resp.
Ausschalten eines Fermentationsprozesses hergestellt werden können.
Aber seit Linne zögernd seine zwei Arten beschrieb, hat man sich
immer bemüht, das Herbar- und Gewächshausmaterial nach diesen
dürftigen Merkmalen zu bestimmen ; das hat sogar der letzte Monograph
^) Diser Aufsatz wurde, nach meiner Rückkehr, in Buitenzorg Anfang 1917 ab-
geschlossen. Die Kriegsereignisse waren jedoch Ursache, dass ich ihn nicht nach Europa
sandte; ich habe seitdem nichts daran geändert. — uie englische tTbersetzung des botanisch-
historischen Teils meiner Dissertation im Bulletin du Jardin Botanique de Buitenzorg
Ser. III. 1, S. 193 ist jetzt im Erscheinen begriffen. (Anm. September 1919.)
^) G. Biso, De Indiae utriusque re naturali et niedica. 16.58: lih. VI. cap. I,
p. 87 (annotatis).
") J. Hill, Exotic Botany, 1759; tab. 21.
*) C. Linnaeus, Specius plantarum ed. II, 1762.
'^) Nach dem Wu-ji oder Bohea-Gebirge. nördlich von Kanton, das viel schwarzen
Thee nach Europa ausführte.
Die Züchtung der Teepflanze. 159
der Gattung, Kochs, getan, obwohl er selbst die Unmöglichkeit einer
derartigen Systematik einräumt!^) Es versteht sich, dass ein solches
Vorgehen dem richtigen Verständnis, oder sagen wir vielmehr, einer
vorteilhaften Abgrenzung'-) der Formenkreise der Teepflanze im Wege
stand. Zumal, als eine neue Riesenform, die Assam-Teepflanze, ent-
deckt wurde und in der alten Zwangsjacke der T. viridis L. eine kümmer-
liche Existenz fortschleppte. Eine zweifelhafte Subvarietät von T.
bohea, nämlich h-stricta Alton, •') wurde von Hayne'*) zu einer dritten
Spezies erhoben und hat schon mannigfache Deutung erfahren.
Loureiro, von Siebold, Miquel, Pierre, Watt und Kochs
haben alle entweder neue Spezies (bzw. Varietäten) oder neue Merkmale
erdacht, und die Verwirrung ist wirklich schauderhaft geworden.'^)
Unter anderem aus diesem Grunde halte ich es für das Beste, nur
eine einzige Spezies der Teepflanze anzunehmen. Diese Spezies habe
ich auf Grund der internationalen Nomenklaturregeln mit Camellia
theifera (Griffith) Dyer benannt. Weshalb dieser Name gewählt
und die herkömmliche Bezeichnung Thea sinensis Linn. (oder Ca-
mellia Thea Link in der englischen Literatur) verworfen werden muss,
habe ich in meiner ausführlichen systematischen Arbeit dargetan.
Gibt es nun unter den kleinblättrigen, allgemein „chinesischer Tee"
genannten Formen. Abb. 21. wirkhch morphologischeUnterschiede. die der
. geographischen Abgrenzung zwischen grünen und schwarzen Teeprovinzen
entsprechen? Hierüber geben uns die Reisen Fortunes^) Auskunft.
Nach ihm wird um Kanton, also im Süden, T. hohea gebaut, im „Bohea"-
Gebirge aber (also in der Mitte) eine weniger verästelte Abart der
letzteren Form, nicht T. bohea! (Die Produktion von schwarzem und
grünem Tee ist, wie gesagt, von dieser Verteilung unabhängig.) Er sagt
leider nichts genaueres über die Merkmale, so dass wir über seine Unter-
scheidung nur Vermutungen äussern können. Immerhin ist es wahrschein-
lich, dass beide Formen dem kleinblättrigen Formen kreise
angehören, mit welchem Merkmale ein niedriger krüppliger
Habitus, eine steife lederartige Blattextur, 6 bis
8 Paare undeutlicher Nerven und meistens auch das
Fehlen einer Blattspitze einhergehen.
'^ J. Kochs, über die Gattung Thea und den chinesischen Tee. — Engler's Bot.
Jahrb. XXVII (1900), S. 600.
^) Ich glaube mit E. Lehmann (Ztechr. f. indukt. Abst. u. Vererb.lehre XI u.
XII, 1914), dass die praktische Systematik einen praktischen Artbegriff braucht, und dass
die Grenzen dieser Arten künstlich und durch Zweckmässigkeit bestimmt sein sollen.
•^) W. Aiton, Hortus Kewensis, 1789; vol. II, S. 230.
■*) F. G. Hayne, Getreue Darstellung und Begehreibung der in der Arzneykunde
gebräuchlichen Gewächse Bd. VII, 1821, Tab. 27.
■'"') Näheres ist in meiner Dissertation nachzulesen.
") R. Fortune, Three years' wanderings in the Northern provinces of China
ed. II, 1847, S. 188 u. 382. A journey to the tea countries of China 18.52, S. 284.
19*
160 Stuart:
Der zweite Formenkreis, der meiner Ansicht nach zu unterscheiden
wäre, ist mehr charakteristisch für Zentral- und Südwest-China. Er
umf asst grösserblättrige Formen, wie sie zuerst von S i e -
b 0 1 d ^) unter dem Namen macrophylla beschrieben hat. Obwohl das
Blatt im ganzen die gleichen Eigentümlichkeiten wie die kleinblättrige
Form aufweist, kann es, wie das authentische Exemplar im Leydener
Herbar, die doppelte Grösse erreichen, von Siebold fand diese
Riesenform in Japan;-) die Japaner sagten, sie sei aus dem südlichen
China gekommen, wo sie unter dem Namen „Schän tschä""wild wüchse.
WirkUch hat der verdienstvolle Botaniker H. H e n r y in den Urwäldern
an der Grenze zwischen Jün-nan und Ton-kin eine Teepflanze gesammelt,
die den gross blättrigen chinesischen Typus zeigt. Weiter ist die
■macrophylla-FoTm durch die Sammlungen Henrys, E. H. Wilsons,
von Rosthorns und E. Fabers aus den Provinzen Hu-pe und
Sze-chuan bekannt geworden, und C o o p e r '*) berichtet übereinstimmend
über eine grossblättrige Teevarietät, die in der letzteren Provinz vor-
herrschend sei. Eine merkwürdige Abart (von von Posthorn ge-
sammelt), die sich durch eine deutliche Blattspitze auszeichnet und
dem Assamischen Typus ziemlich gleichkommt, wurde von Kochs be-
schrieben.
Der dritte vielleicht zu unterscheidende Formenkreis ist die Ab-
teilung der ,,Sh an" -Typen (unter ,,Shans" versteht man eine Völker-
gruppe, die Ober-Burma, Ober-Siam und die anliegenden Grenzländer
Jün-nans und Ton-kins bewohnt). Der berühmte I-bang- oder Pu-örh-
Tee*) aus dem südlichsten Jün-nan gehört hierzu, die nationalen Ge-
tränke Slams und Burmas: Lao- oder Ming- und Leppett-Tee'*) werden
von gleichfalls hierhergehörigen Pflanzen bereitet. Die Unterscheidungs-
merkmale sind nicht leicht zu formulieren, besonders zur Abgrenzung
von der gleich zu besprechenden vorderindischen Formengruppe. D i e
Blätter sind ungefähr gleich gross wie die der vor-
hergehenden Gruppe, unterscheiden sich jedoch leicht
von diesen durch eine lang ausgezogene Blattspitze;
die Nervenanzahl beträgt ungefähr 10; die Pflanzen werden
bis zu 5 m hoch. — Es ist nicht sicher, ob die bestehende Hypothese
Pr ains:^) auch die berühmte Teepflanze von Assam, Abb. 20, sei eine
Shan-Form, angenommen werden soll. .Jedenfalls hat sie eine Menge geo-
1) P. F. V 0 n S i eb 0 1 d, Nippon, 1852, Bd. V, Abt. 6, S. 14.
^) Nach M i y 0 s h i soll sie dort noch heute vorkommen (J. Kochs loc. cit.
S. 605)
•) T. T. Cooper, Travels of a pioneer of commerce in pigtail and petticoats
1871, S. 171.
*) P'u-erh tea; Kew Bulletin 1889; S. 118 u. 139.
^) Lao tea; Kew Bulletin 1892, S. 219. Leppett tea; Kew Bulletin 1896, S. 10.
®) In meiner Dissertation S. 104.
Die Züchtung der Teepflanze. 161
ethnographische Gründe für sich, sowie die geringe Grösse dieser Form
im Vergleiche mit der jetzt folgenden Gruppe. Ob sie von Bruce,
G r i f f i t h u. a. wirklich im wilden Zustande gefunden wurde, erscheint
aus mehreren Gründen fraglich, besonders weil die Shan-Bevölkerung
damals schon Leppett aus dieser Pflanze bereitete.
Sicher wildwachsend, d. h. den Einwohnern nicht als Nutzpflanze
bekannt und in dem innersten Urwald wachsend, ist nach Watt und
P r a i n die vierte Formengruppe, die in den Gebirgsgegenden südlich
von Assam : Manipur, Sylhet, Cachar und Lushai, ihren Sitz hat. Die
Blätter dieser Pflanze sind die aller grössten, sie
können 20 — 30 cm lang werden, in einzelnen Fällen
sogar 35 cm; die Nerven treten durch die Runzelung
(Bombierung, buUatio) der Blattfläche deutlich hervor und
sind nach Watt mehr als 15, bisweilen selbst 22 — 24 an
der Zahl;*) die Textur ist dünn, die scharf absetzende
Spitze sehr lang, die Oberfläche vielfach hellgrün
und glänzend, während die Pflanze zu einem bis 20 m hohen Baum
von losem Habitus heraufwachsen kann.")
Wie schon hervorgehoben, ist die Stellung der Assampflanze
zweifelhaft. Die grosse Schwierigkeit liegt darin, dass authentisches
Herbariummaterial von Griffiths ,, wildem" Tee eben gar nicht mehr
vorhanden ist. Die Kultur hat in der Britischen Kolonie so um sich
gegriffen, dass wilde Teepflanzen nicht mehr mit Bestimmtheit anzu-
treffen sind, und weiter hat die Bastardierung mit der Chinesischen Tee-
pflanze (1. Formenkreis) die Unterscheidungen bis zur Unkenntlichkeit
verwischt. Ich will hier aber hervorheben, dass diese Verhältnisse nicht
nur für den Systematiker wichtig sind. Zwar ist die „Reinheit" der
wildwachsenden Pflanze nicht hoch zu veranschlagen, es werden auch
wohl bei ihr genotypische Unterschiede sich finden, aber in viel höherem
Grade muss dieses zutreffen für die Mischlinge von der indischen mit
der chinesischen Form; die dadurch bedingte Bastardspaltung stellt der
genetischen Analyse schwere Hindernisse entgegen. Dazu kommt, dass
der heutige Teepflanzer die chinesischen Varietäten gering schätzt, wenn
') Ich traf auf Java nur in Ausnahmefällen 15 Nervenpaare, es kann aber sehr
wohl richtig sein, dass echte wilde Pflanzen die höhere Anzahl besitzen
^) Von hervorragender Wichtigkeit ist der Fund 8- — 10 m hoher Theebäume mit
20 cm langen Blättern in wildem Zustande in Tonkin (vgl. Ph. Eberhardt,
Le Thea sinensis ä l'etat spontane au Tonkin. — Bull. econ. de l'Indo-Chine Nr. 64 nouv.
ser. 1907, S. 505). Ich bin auf diese Literaturstelle erst vor kurzem aufmerksam ge-
worden und habe mich dann alsbald mit den französischen Kolonialbehörden in Verbindung
gesetzt, um genauere Auskunft zu erhalten. Zunächst ist daher die grossblattrige Form von
unsern Betrachtungen auszuschliessen. Für ihre Existenz spricht der Fund Henry's
an der Grenze Yün-nans und Tonkins; dagegen ist es sonderbar, dass Eberhardt
angibt, an dem gleichen Ort wachse eine kleinblättrige Form (Länge 8 cm), die dem
chinesischen Typus angehöre. Vielleicht wird Ober-Tonkin noch manches Neues bringen.
162 Stuart:
nicht gerade auszurotten sucht, und dass also diese gemischte Nach-
komenschaft ihm sehr unerwünscht ist, indem er am liebsten eine ziem-
lich ,, samenfeste" Assampflanze hätte.
Es ist für den Genetiker eine äusserst interessante Aufgabe, nach-
zuforschen, wie der grobe Fehler der Vermischung beider Formenkreise
historisch begründet und berechtigt ist. Als nämlich die Britische Ost-
Indische Compagnie im Jahre 1834 sich zur Gründung einer Teekultur
in Indien entschloss, war die Assam-Teepflanze noch nicht entdeckt,
und selbstverständlich wairde dann China-Saat bestellt. Indem die
Sendung schon unterwegs war, wurde die neue Pflanze gefunden,^) und
jetzt erhob sich die Frage, ob man die eine oder die andere benutzen
und wo man sie pflanzen solle. Natürlich die Assam-Pflanze. und auf
dem Himalaia, meinte Walli ch, der damalige Direktor des Kalkuttaer
Gartens; natürlich die China-Form und in Assam, sagte Griffith,
ein junger verdienstvoller Botaniker. So verschieden diese Ansichten
waren, gründeten beide sich doch auf das nämliche Prinzip. Ihres
Erachtens (wie notwendigerweise eines jeden Naturforschers jener Zeit)
war die chinesische Form eine „Kulturvarietät", durch Jahrhunderte
währende Kultureingriffe aus der wilden Form entstanden; und wer
zweifelte, ob die Assam-Pflanze diese Urform, einerseits, und anderer-
seits, ob die Kulturvarietät die bessere sei. Es versteht sich also, dass
man meinte, einerseits, die wilde Form sollte zu der Kulturvarietät heran-
gezüchtet werden, andererseits, beide Formen seien nicht grundver-
schieden (genotypisch verschieden, würden wir sagen). Dann aber war
Wallich der Ansicht, dass die Samen der gezüchteten Pflanze bei
Aussaat vollkommen zum wilden ,, Vorfahren" ..zurückschlagen" würden,
weshalb er die Einfuhr chinesischer Samen als überflüssig beurteilte. Im
Gegensatze zu dieser Auffassung meinte G r i f f i t h , dass dieser Ata-
vismus nicht den ganzen langwierigen Züchtungsprozess rückgängig
mache (er stützte sich auf die Erfahrung, dass feine Obstsorten b^i
Aussaat minderwertige Naclikommen liefern, dass diese jedoch viel
besser als die angebliche ,, Stammform" seien); er betrachtete den Ge-
brauch chinesicher Samen als eine Zeitersparnis, obwohl auch die aus
Assam stammenden Samen schliesslich die gleiche „Kulturvarietät"
liefern müssten. Er ging so weit, dass er riet, die einheimische Pflanze
solle mit bestem China-Tee bastardiert werden, damit sie möglichst
schnell der letzteren gleich komme.
Diese ganze Schlusskette mutet uns sonderbar an, aber sie ist
historisch ganz richtig; und es ist ein lehrreiches Beispiel davon, wie
folgenschwer eine ungenügend begründete wissenschaftliche Theorie (die
^) N. Wallich, Discovery of the genuine tea plant in Upper Assam. — Journ.
Asiat. Soc. of Bengal IV, 1835, S. 42. — AV. Griffith, Eeport on the tea plant of
Upper Assam. — Trans. Agricult. and Horticult. Soc. of India V, 1838, S. 9-5.
Die Züchtung der Teepflanze. 163
Über das Wesen der „Kulturvarietäten") in ihrer Anwendung auf prak-
tische Probleme sein kann. Jetzt ist ganz Vorderindien, sogar mit
Inbegriff der ursprünglichen Fundstätten der Assampflanze (welche
schon in 1835 mit chinesischen Pflänzchen beschickt wurden), mit der
kleinblättrigen Varietät „infiziert" — White verglich sie ^) mit der
Kartoffelblattkrankheit und nannte sie „the pest of Assam, the miserable
China variety". Auch das Urteil über den Wert beider Formengruppen
hat sich also im Laufe der Zeiten stark geändert. Natürlich ist die
grossblättrige Form produktiver als die aus China; ausserdem unter-
liegt die letztere in den tropischen Ländern verschiedenen Krankheiten
in viel höherem Grade. Über diese Frage aber werden wir uns in dem
dritten Teil ausführlicher unterhalten. Hier mögen noch einige ver-
erbungstheoretische Betrachtungen über den genetischen Zusammen-
hang der vier Formenkreise folgen.
Es handelt sich um die Frage, ob Anhaltspunkte ' für ihr „Ent-
stehen" aus ihrer Verbreitung und der Völkergeschichte zu erhalten
sind. Hiermit sei natürlich nicht gemeint, dass geographische Be-
trachtungen den Entstehungs Vorgang irgendeiner Pflanzenform zu
erklären imstande seien, wohl aber kann eine Erörterung, o b alle be-
kannte Formen aus einem „Vorfahr" abzuleiten, und w o diese Urform
entstanden sein dürfte, einiges Licht über die mutmasslichen genetischen
Verhältnisse werfen.
Alph. de Candolle^) hat die Ansicht ausgesprochen, dass
die Teepflanze in den Gebirgsländern (vortibetisches Gebirge nach
von Richthofen) zwischen China und Indien entstanden sei. Er
fusste dabei auf vier Beweisgründe: 1. die Jahrtausende alte Teekultur
in Zentral-China, 2. die grosse Verbreitung der kleinblättrigen Form in
den Küstenprovinzen Chinas, 3. die Entdeckung wildwachsenden Tees
in Ober-Assam, 4. die herkömmliche Auffassung der chinesischen Pflanze
als „Kulturvarietät". Die letztere Form war also abzuleiten aus einer
Urform, die aus Zentral-Asien stammte, und von welcher der Assamtee
gewissermassen ein Überrest war. Versucht man diese Hypothese ein
wenig klarer zu fassen, und rechnet man deswegen mit der MöglicUveit,
dass die zentrifugale Verbreitung sowohl auf natürlichem Wege (d. h.
wie bei jeder wilden Pflanze), wie künstlich, mittels Völkerwanderungen,
zustande gekommen sein kann, so gelangt man zum folgenden Ergebnis.
Aus floristischen Tatsachen muss man folgern, dass zentrifugale
Wanderung nicht wahrscheinlich ist, weil die Pflanzendecke Chinas
wenig Verwandtschaft mit derjenigen Vorder- und Hinterindiens zeigt;
von diesem Gesichtspunkte aus wäre also vielmehr getrenntes Entstehen
^) J. B. White, The Indian tea industry. — Journ. Soc. of Arts, London,
XXXV, 1887, S. 736.
•) A. De Candolle, L'origine des plantes cultivees, 1883, R^ 9.5.
164 Stuart:
wahrscheinlich.^) Anderseits aber ist in der Völkergeschichte Südost-
Asiens ein ausgeprägtes fortwährendes zentrifugales Wanderungs-
bestreben zu erkennen, und das kann sicher eine Versclüeppung der
Kulturpflanzen im gleichen Sinne bewirkt haben. Diese Verschlep-
pung aber, die mit dem getrennten Entstehen sehr wohl ver-
einbar ist, und sowohl durch die Überlieferung wie durch das Vor-
kommen der Teepflanze entlang allen wichtigen Verkehrsstrassen be-
stätigt wird, muss unvermeidlich eine weitergehende Bastardierung in
den Übergangsgebieten zur Folge gehabt haben, und es erscheint nicht
unmöglich, dass die Assam-Teepflanze von älinlichen, eingeführten
und mit den extrem-grossblättrigen Landesformen bastardierten Ahnen
abstammt.
Zur Zeit der Entdekung des Assamtees gab es also nur zwei oder
drei wahrscheinlich relativ „rassenreine" Urbestände: in Manipur, in
Jün-nan-Ton-kin, und vielleicht noch im vortibetischen Gebirge. Da-
von ist die erstere Fundstelle schon seit Jahrzehnten unzuverlässig, die
zweite grösstenteils wohl unberührt, während die dritte Gegend noch
nahezu unerforscht ist.
Mit Rücksicht auf die Ergebnisse der modernen Speziesbastar-
dierungen sei bemerkt, dass die reichste Entfaltung der Gattung
Camellia in Jün-nan, Ton-kin und im südlichen China, einschliesslich
Formosa, sich findet, obwohl die Speziesbildung sich bis in Sze-chuan,
Bengalen, Slam, Japan und den malayischen Archipel erstreckt; das
zuerst genannte Zentrum ist zugleich ein wichtiges Kulturgebiet für
die zwei chinesischen Formenkreise; und es ist auffallend, dass die von
der Teepflanze am stärksten abweichenden CamelUaSektionen, Calpan-
dria und Eriandria, ganz an der Peripherie des Gattungsbereiches liegen,
während die sehr an kleinblättrigen Tee erinnernde Sektion Theopsis
grösstenteils die gleichen Gebiete wie die Teepflanze bevorzugt.
Alle diese Daten, mit der später zu besprechenden Fremd-
befruchtung in Verbindung gesetzt, deuten mit Bestimmtheit darauf,
dass Mir uns bei der genetischen Analyse der Teepflanze auf den weit-
gehendsten Heterozygotismus zu fassen haben. Dieser wird voraus-
sichtlich sich am stärksten in den Kulturgebieten Indiens, am wenigsten
in den chinesischen Küstenländern geltend machen, weil China nicht
mit grossblättrigem, wohl aber Indien mit kleinblättrigem Tee ver-
unreinigt ist.
Was die anscheinend unberührten Fundstätten in Ober-Ton-kin
hetrifft, so möge die französische Kolonialregierung ihnen den Schutz
gewähren, der solchen äusserst wertvollen Naturmonumenten zukommt!
*) Diese Auffassung wird im besonderen unterstützt durch das Auffinden wild-
wachsender Macrophylla-Tees in Yün-nan durch Henry; welche Bedeutung der wilden
grossblättrigen Form aus Tong-king zukommt, es ist jetzt noch fraglich.
Die Züchtung der Teepflanze. 165
§ 3. Die Landsorten.
Ist die Trennung der botanischen Formenkreise der Teepflanze
schon mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, so ist die Unter-
scheidung der zahlreichen Saatsorten des Handels einfach unmöglich,
und wenn man sich mit äusserst vagen Kennzeichen (Sättigung der
Blattfarbe, Grobheit, Härte der Blätter u dgl.) zufrieden gibt, so ist
hiermit, angesichts der starken Heterogenität, kaum etwas wesentliches
gewonnen. Obwohl ich also grundsätzlich immer die verschiedenen
Landsorten gesondert gehalten und mit ,,Populations"-Nummern ver-
sehen habe, so soll dies nicht aussagen, dass sie verschiedene Formen-
kreise enthalten oder etwa ohne Namenbrett zu bestimmen seien. Zwar
lässt sich deutlich erkennen, dass einzelne Sorten sich durch Homo-
genität, gesunden Zustand, kräftige Verästelung u. dgl., oder gerade durch
■das Gegenteil auszeichnen, und ich werde dies an Beispielen erläutern;
aber ich bezweifle sehr, ob ich der mir wohl einmal gestellten Anforde-
rung : kurze Diagnosen von den einzelnen Sorten anzu-
fertigen, jemals werde genügen können. Es sind dafür die Formen-
kreise der Teepflanze zu wenig verschieden, dagegen die Landsorten zu
heterogen.
Diese Heterogenität ist grösstenteils begründet in der oben er-
wähnten Vermischung von einheimischem und chinesischem Tee in den
üssamischen Saatgärten. Zuweilen hat man sie dort durcheinander
gepflanzt in der naiven Absicht, je nach Bedürfnis die eine oder die
andere Saatsorte liefern zu können ! Der bekannte SirGeorgeWatt
hat durch seine Reisen im Jahre 1882 und später viel dazu beigetragen,
•diesen und ähnlichen Missständen abzuhelfen, aber zu einer wissenschaft-
lichen Züchtung ist es in Britisch-Indien nie gekommen.^) Vielmehr
haben einige Saatlieferanten sich den Übeln Ruf erworben, dass sie in
Zeiten starker Nachfrage minderwertiges Saatgut massenhaft auf-
kaufen,^) und überhaupt ist der Zustand der britischen Saatgärten
natürlich jeder Kontrolle entzogen. Besonders nachhaltig ist, was die
Saatqualität anlangt, der schädliche Einfluss des riesigen Aufschwunges
der Teekultur auf Ceylon in den siebziger Jahren gewesen. Bekanntlich
hat man dort infolge des verheerenden Auftretens der Kaffeeblatt-
krankheit (Hemileia vastatrix) ungefähr 1870 die' Kaffeekultur ver-
lassen und allenthalben Tee gepflanzt; im Jahre 1867 gab es nur noch
^) Es existiert zwar eine Sorte namens ,,Dr. Watts selected tea seed", aber diese
Bezeichnung beruht nach persönlicher Mitteilung Watts nicht auf Tatsächlichem, ob-
wohl die betreffende Landsorte wirklich sehr schön ist.
^) Zur Einschränkung der Willkür der Saatlieferanten, besonders rücksichtlich der
Qualität der Verpackung, hat die Niederl.-Indische Regierung im Jahre 1913 eine amt-
liche Prüfung aller eingeführten Teesamen befohlen; seit 1914 findet sie auch in Sumatra
statt. Diese Schau bezieht sich auf den Zustand der Samen, besonders auf ihr spezifisches
Gewicht und ihre Keimkraft. Der Erfolg dieses Erlasses war augenfällig.
166 Stuart:
4 ha, im Jahre 1877 1100, im Jahre 1887 68 800 ha mit Teepflanzungen
Es versteht sich, dass eine derartige Umwälzung nur durch rücksichts-
lose Anwendung aller überhaupt erhältlichen Teesamen durchgeführt
werden konnte; und gleichfalls, dass die holländischen Pflanzer, die
gerade um jene Zeit anfingen, ihr Saatgut aus den britischen Kolonien
zu beziehen, besonders durch das in Ceylon gekaufte, schwer enttäuscht
wurden — wie noch heute auf Java der Name „Ceylon-Typus" ungefähr
gleichbedeutend ist mit bastardiert.
Im vorstehenden ist ausschliesslich den britischen Saatgärten
und Landsorten Rechnung getragen; aber auch die chinesischen Sorten
sind heterogen und enthalten zahllose Formen, welche jedoch nicht auf
geschlechtliche Vermischung gross- und kleinblättrigen Tees zurück-
zuführen sind. Für die europäische Kultur kommen diese Sorten in-
dessen gegenwärtig kaum in Betracht (wenn man die berühmten Tee-
pflanzungen im Himalaya ausser acht lässt), man ist vielmehr bestrebt.
die chinesischen Abarten durch die grossblättrigen zu ersetzen, jeden-
falls aber gibt es keine namhaften chinesischen Landsorten im
Handel, weil es eben keine Saatgärten in China gibt.
Dagegen nimmt die Anzahl der Saatgärten und ,, Landsorten" auf
Java immer zu und beträgt weit über hundert. Alle diese Gärten ent-
halten ,,Assam-Typus" und sind mit einer gewöhnlichen Teeplantage
verbunden,^) deren Samen verbrauch sie meistens an erster Stelle decken
sollen, während der Über&chuss für den Verkauf bestimmt ist.^) In
neuester Zeit wurde gelegentlich die wissenschaftliche Hilfe der Ver-
suchsstation angerufen, zwecks Anlage neuer isolierter Saatgärten. Im
allgemeinen gibt es aber auch hier viele zu überwindende Übelstände;
so treibt man vielfach die Samengewinnung derart, dass man i m Pflück-
garten die schönsten Pflanzen auswählt und diese zu Saatbäumen frei
heranwachsen lässt, wodurch eben Bastardierung mit den verworfenen
Individuen stattfinden muss! (Ab. 16 u. 17.) Eine gründliche Reform des
Saatzuchtwesens auf Java ist um so mehr dringend, als die eingeführten
Landsorten selbst keinerlei Auslese erfahren haben, und andererseits
die Einfuhr (im Jahre 1911) ungefähr eine Million Gulden betrug, gegen-
über einem Tee-Gesamtertrage von nahezu 16 Millionen Gulden. Es
handelt sich also für die Teekultur auf .Java darum, sich von Britisch-
indien unabhängig zu machen und womöglich die ganze Einfuhr durch
die Erzeugung eigener, strenge ausgelesener Bestände zu er-
setzen. Denn nur ausgelesenes Saatgut könnte den „Assam Indigenous"-
'; Ganz vereinzelt findet man kleine Betriebe, die nur der Saatzucht gewidmet
sind, jedoch ohne wissenschaftliche Methode.
^) Das aus hiesigen Gärten gewonnene Saatgut holt Preise von 75 — 100 Gulden
pro ..Maund" (ein Br. Ind. Maß = 40 kg oder 17 — 18 000 Samen), während das ein-
geführte bis zu 200 Gulden gilt. Für einen Hektar braucht man 8.500 Pflanzen oder
+ ^/s Maund Samen.
Die Züchtung der Teepflanze.
167
Landsorten überlegen sein. Dass der Tee in Java einer „Degeneration"
anheimfallen sollte, derart, dass die aus den Java-Saatgärten hervor-
Abb. 16. Musterkarte von Teerassen, in einem gewöhnlichen Pflückgarten zusammengelesen.
Abb. 17. Saatträger im Pfiückgarten, durch Auswachsen der besten und fortgesetztes Beschneiden
der übrigen Pflanzen.
gehende Saat minderwertig, kränklicher usw. als die frisch eingeführte
wäre, ist zwar manchmal behauptet worden, aber niemals wissenschaft-
lich bewiesen.
168 Stuart:
Einige der auf Java bekanntesten Landsorten sind, ausser den
noch sehr häufigen vagen Benennungen ,,Assam, Manipur, Cachar,
Naga, Lushai, Burma", die folgenden: Aus Britisch-Indien Saat-
gärten: Bazaloni, Dangri, Dhonjan, Dutea, Gairkhata, Ghoiralhi,
Itakhooli, Jaipur, Kutchu, Mithunguri, Namsang, Rajghur, Singlo Hill,
Tingri, Rowes. — Die letztgenannte Sorte stammt überhaupt nicht aus
einem bestimmten Garten, sondern wird aufgekauft und hat infolge-
dessen bald sehr schöne, bald aber unerhört schlechte Resultate ergeben.
— Bekannte Saatgärten auf Java sind u. m.: Ardjasari, Bukanegara,
Djolotigo, Gambung, Gunung Rosa, Kaju Enak, Kertamanah, Lodaja.
Pagilaran, Pajung, Pangledjar, Pasir Nangka, Sedep, Tjiapus, Tjidadap,
Tjiliwüng, Tjiluar, Tjipetir, Wilhelmina.
Jedes Züchtungsverfahren lässt drei vorbereitende Phasen er-
kennen : erstens das vergleichende Studium der Land-
6 orten, wodurch ihre durchschnittlichen Eigenschaften zutage ge-
fördert werden, welche ein Maß für die Wahrscheinliclikeit dessen, dass
bestimmte wertvolle Typen in ihnen vorkommen werden, abgeben.
Zweitens das vergleichende Studium der in den Be-
ständen enthaltenen Biotypen, welches die Erkennung und
Auslese der wertvolleren Individuen ermöglicht. Drittens das ver-
gleichende Studium der Nachkommenschaften, das die
genotypisch am besten veranlagten Eltern anweist und somit das
Züchtungsmaterial in engerem Sinne ermittelt. Darauf soll die ziel-
bewusste Linienauslese bzw. Bastardierung einsetzen.
In dem mir zur Verfügung stehenden Zeitraum habe ich mich nur
den zwei ersteren Phasen widmen können; die Teepflanze erzeugt ja
erst nach 6 — 10 Jahren Samen. Und zwar habe ich dem Vergleiche der
Biotypen mehr Aufmerksamkeit als dem der Populationen zugewendet,
weil man die für das letztere erforderliche Formenkenntnis erst durch
das genaue statistische Studium der Individuen erreicht. Mehrere der in
■diesem Paragraphen enthaltenen Tatsachen habe ich erst nach meiner
Rückkehr in die Tropen festgestellt. Dadurch habe ich leider bei weitem
nicht das ausgedehnte Untersuchungsmaterial, in Gestalt von etwa
50 Landsorten auf Keimbeeten, das Herr Dr. B e r n a r d für mich zu-
sammengetragen hatte, bewältigen können. Die Mehrzahl dieser Popu-
lationen musste ausgepflanzt und vorläufig ausgelesen werden, bevor ich
mich eingehend mit ihnen beschäftigen konnte.
Alle Versuchsgärten befinden sich auf der Gouvernements-China-
plantage, wo die Gartenverwaltung vom Herrn Direktor P. van Leer-
sum selbst übernommen wurde, der sie in gewohnter mustergültiger
Weise ausübte. Herr van Leersum, der sich, wie schon hervor-
gehoben, schon tor 30 Jahren mit China-Züchtung beschäftigte, hat auch
die Initiative für die Tee-Züchtung ergriffen, indem er 1906 einen
Die Züchtung der Teepflanze. 169
Versuchs-Saatgarten anlegte, dessen ausgezeichneter Wuchs 1909 die
Veranlassung zur eigentlichen Gründung der systematischen Tee-
Züchtung wurde. Im letzteren Jahre wurden drei weitere Gärten mit
jungen Pflanzen aus Java-Plantagen beschafft. Die Isolierung von
3 dieser Populationen war ungenügend. Im Regenmonsun 1910 — 1911
folgten zwei Bestände aus Java-Saatgut und zwei aus Import-Material,
im Jahre 1911 — 1912 zwei Keimfelder aus Java-Samen und elf aus
ßritisch-Indien, im Jahre 1912 — 1913 drei Populationen von Java,
sechzehn von Britisch-Indien, im Jahre 1913 — 1914 wurden eine java-
nische und neun indische Landsorten ausgesät, insgesamt also fünfzig
Bestände, die in chronologischer Folge mit den „Populations"-Nummern
1 — 50 versehen w^irden.
Daran reihen sich die folgenden: ein isolierter Zuchtgarten, An-
fang 1913 durch Auslese eines 1910 — 1911 angelegten Keimfeldes er-
halten (von der Zeit an mit Nr. 51 bezeichnet). Anfang 1914 wiederum
ein isolierter, schon einmal ausgelesener Saatgarten (Nr. 52), aus einem
Bestände 1910—1911. Gleichfalls 1913—1914 ein Versuchsfeldchen
Nr. 53 aus Samen eines frei abblühenden Baumes im ältesten Ver-
suchsgarten (zur Prüfung etwaiger Erbliclikeitserscheinungen). 1914
bis 1915 acht isolierte Zuchtgärten, Nr. 54 — 61, aus Populationen des
Jahrganges 1911 — 1912 ausgelesen. In 1915 — 1916 wiederum einmal
zwei Keimfelder aus eingeführtem Saatgut, Nr. 62 — 63, und vier Zucht-
gärten, Nr. 64 — 67, aus Populationen des Jahres 1912 — 1913. Zuletzt
1916 — 1917 zwei kleine Bestände, Nr. 68 — 69, aus Pflänzchen und
Samen des in Cochinchina angebauten Tees angelegt, und vielmehr im
Interesse einer vollständigen Typensammlung als für die Züchtung im
engeren Sinne, weil diese Sorte sich zu stark dem chinesischen Typus
nähert ; ein Keimfeldchen, Nr. 70, aus Samen eines frei abblühenden
Baumes, wie die Nr. 53, und vier isolierte Zuchtgärten, Nr. 71 — 74,
auf Keimbeeten ausgelesen.
Insgesamt umfasst der Zuchtbetrieb auf der Gouvernements-
Chinaplantage also: 50 Landsorten auf Keimfeldern (einschl. 8 aus
javanischen Sorten), 2 Individualabsaaten nach Fremdbefruchtung,
3 ungenügend und 19 gut isolierte, schon nach dem äusseren Vor-
kommen ausgelesene Zuchtgärten.
Vorgreifend sei bemerkt, dass das bei der Teepflanze bezweckte
Ausleseverfahren die Massen-Auslese ist, obwohl die Elternzahl stark
beschränkt ist und die individuelle Samengewinnung, so viel wie
praktisch ausführbar ist, angestrebt werden wird. Näheres wird im
6. Paragraphen erklärt werden.
Neben den eigenen Untersuchungen über die Landsorten habe ich
die praktischen Erfahrungen der Pflanzer gesammelt mittels zweier
Umfragen. (Leider haben sich nur wenige hieran beteiligt.) 1911
170 Stuart:
wurden Daten über die Saatgärten gesammelt: deren Grösse. Herkunft
und Alter, Höhe ü. d. M., jährliche Gesamternte; schliesslich Verkaufs-
bedingungen des Saatguts und Verzeichnis früherer Abnehmer, ,zur Ge-
winnung der Erfahrungen dieser. 1914 wurde gefragt, welche Land-
sorten angebaut wurden und wie viele Hektare mit jeder; welche Land-
sorten erfalu-ungsgemäss die besten waren, und ob bzw. weshalb jemals
welche durch andere ersetzt worden waren; drittens, welche Merkmale
für die Züchtung am wichtigsten erschienen; und zuletzt, noch einmal,
ob Saatgärten vorhanden seien bzw. von welcher Landsorte.
Die zweite und dritte Frage von 1914 (gute und schlechte Sorten
bzw. gute und schlechte Eigenschaften) sind von besonderer Wichtigkeit.
Denn die Kenntnis der guten und minderwertigen Bestände gibt einen
Fingerzeig darüber, wo das hervorragendste Züchtungsmaterial zu
suchien ist — obwohl z. B. immune Individuen eben viel sicherer in
kränklichen Beständen erkennbar. sind! — ; und die Kenntnis der wert-
vollen und schädlichen Eigenschaften ist unerlässlich für die Züchtung,
welche ja die guten Pflanzen von den schlechten trennen soll.
Der Erfolg war aber gering. Das Urteil über die einzelnen Land-
sorten war nicht eindeutig und nicht vollständig, und über die Merk-
male der ,, idealen" Teepflanze wurde ebenfalls wenig neues gesagt.
Worin diese Unsicherheit der Praktiker (die sich doch tagtäglich mit
den besprochenen Fragen beschäftigen dürften) begründet ist. wird
sich im nächsten Paragraphen ergeben. Hier sei nur kurz hervor-
gehoben, dass die notwendigsten Erfordernisse für eine gute Teepflanze
(auf Java) diese sind: grosser Ertrag,, kräftiger Wuchs,
späte Blüte, regelmässige Verästelung und Immu-
nität, insbesondere gegen Helopeltis und Brevipalpus
(eine Hemiptere bzw. Milbe, welche gefürchtete Feinde sind, erstere be-
sonders auf chinesischem und hybridem Typus, letztere auf hell-
farbigem Assam-Typus parasitierend). Durch diese Anforderungen er-
scheint der kleinblättrige Formenkreis aus den verwertbaren Varietäten
so gut wie ausgeschlossen. Dennoch glaube ich, dass eine absolute
Ausschliessung verfrüht wäre, und dass es eben Sache der wissenschaft-
lichen Züchtung ist, die brauchbaren Individuen aus den minder-
wertigen Beständen auszulesen.
Ich kann darauf verzichten, über die Eigenschaften ,, grosser Er-
trag, kräftiger Wuchs, Immunität" zu sprechen, sie sind ja bei jedem
Gewächs erwünscht. Speziellere Bedeutung hat die Eigenschaft
,, regelmässige Verästelung", denn die Art der Verästelung ist wirklich
für die Teepflanze, die alle zwei Jahre abgestutzt und alle neun Tage
ihrer jungen Triebe beraubt wird, von hervorragender Bedeutung: eine
grosse Anzahl Pflanzen besitzt eine eigentümliche zweiseitige, kande-
laberartige Verästelung, welche für ein regelmässiges allseitiges Aus-
Die Züchtung der Teepflanze. 171
treiben nicht günstig ersclieint. Ganz eigentümlich ist aber die An-
forderung, dass die Teepflanze nich^früh und nicht reichlich
blühen soll. Man glaubt nämlich, wohl mit Recht, dass das Blühen
auf Kosten der vegetativen Entwicklung geschieht, d. h., dass die für
die Blattentwicklung verwendbaren Baustoffe der Blüte zugute kommen ;
und es ist einleuchtend, dass dieses für eine auf vegetative Entwicklung
gerichtete Kultur ein Nachteil ist. Als'o: man soll eine Abart hervor-
züchten, die möglichst spät und spärlich blüht. Was das für die
moderne, mit Generationen zählende Pflanzenzüchtung bedeutet, ist
klar. In unseren sechsjährigen ausgelesenen Saatgärten ist eine
blühende Pflanze noch eine Seltenheit, ich habe zehnjährige Individuen
gesehen, die kaum eine Blüte trugen, in der Cinchona- Züchtung
(die gleichem nachstrebt) hat ein besonders geschätzter Baum erst
mit 25 Jahren geblüht! Wie lange soll dann die Züchtung dauern?
Sicherlich viele Jahrzehnte!
Welche Einschränkung der modernen Züchtungsverfahren durch
diese Verhältnisse erzwungen Avird, soll im 6. Paragraphen ausgeführt
werden. Jedenfalls aber hat man mit der Auslese einen Anfang ge-
macht, und man ist genötigt, sie fortzusetzen und zu tun, was die
Hand zu tun findet, indem man ruhig auf die Saaternte Avartet.
Die erste Aufgabe ist, Avie ich sagte, die Analyse der Land-
sorten, der Populationen. -Es handelt sich darum, in jedem Bestände
eine vorläufige Trennung des besseren von dem schlechteren Teil zu
bewerkstelligen, um, mit rohen Mitteln und in grossem Maßstabe an-
fangend, die genaueste Untersuchung nur den allerbesten zuteil werden
zu lassen.
Das erste Mittel, das schon lange in Britisch-Indien und auf Java
und regelmässig bei unserer Auslese angOAvendet wird, ist die Tren-
nung nach dem spezifischen G e av i c h t mittels Wasser ;
Bernard hat ausserdem eine 25 '^/n ige Zuckerlösung in AnAA^endung
gebracht. Es ist einwandfrei nachgewiesen Avorden, dass die spezifisch
leichtesten Samen die schlechtesten sind (was teils durch Taubheit
und Unreife,^) teils durch Verwesung ^) und Verpilzung,-) teils aber
durch noch unbekannte Faktoren bedingt wird), nicht nur in diesem
Sinne, dass ihre Keimungsenergie am geringsten ist, sondern auch
derart, dass sie im allgemeinen Keimpflanzen von minderwertigem
Typus liefern. Man kann also gewöhnlich die „Wasserschwimmer" weg-
^) Das Endosperm des Teesamens bildet eine weiche, saftige Gallerte, die erst ganz
allmählich durch den langsam wachsenden Embryo aufgezehrt wird. Ein unreifer Samen
zeigt daher einen teilweise flüssigen Inhalt, der bei vorzeitigem Abpflücken austrocknet
und einen lufterfüllten Hohlraum entstehen lässt.
2) Namentlich durch zu grosse Feuchtigkeit oder Trockenheit des Verpackungs-
materials. Lehm ist in dieser Hinsicht sehr abzuraten; gepulverte Holzkohle ist viel
besser, doch keimen viele Samen hierin vorzeitig. Am besten ist ein Gemisch beider.
172
Stuart:
Abb. 18. Keimbeete vou ^Zuckersinkern" ; schöne Entwicklung nach 10 Monaten.
Abb. 19. Keimbeete von ^Wassersiukern" ; dürftige Keimung nach 10 Monaten.
Die Züchtung der Teepflanze." 173
werfen, doch sind einzelne gute Pflanzen auch darunter, und für Pflück-
gärten benutzt man sie meistens ebenfalls. Weniger ausgeprägt ist der
Unterschied zwischen den „Wassersinkern" und „Zuckersinkern''. ^) Abb. 19
u. 18, obwohl die letzteren vielfach merklich besser sind als die ersteren.
In einem bestimmten Fall konnte ich nachweisen, dass der Gehalt an
Pflanzen mit anthocy anhaltigen jungen Sprossen (ein Merkmal vieler
echter chinesischer Pflanzen) bei Zucker- und Wassersinkern 7 — 8 °/o,
bei den Wasserschwimmern jedoch 21 "/o betrug. Durch nachfolgende
Untersuchung chinesischen Saatguts, das sich nicht besonders reich
an Schwimmern zeigte, bin ich zu der Hypothese gelangt, dass die
Ursache der erwähnten Erscheinungen in der grösseren Keimungsenergie
der chinesischen Samen (bzw. in deren grösseren Trockenbeständigkeit
u. dgl.) zu suchen sei.
B e r n a r d hat gefunden. -) dass der Ehirchmesaer der Samen
zwischen 13 und 19 mm (d. h. der allgemeinst vorkommende) keinen
Einfluss hat; unter 13 mm erhielt er schlechte Resultate, über 19 mm
gab es überhaupt nur sehr wenige Samen. Das Gewicht hat mehr Ein-
fluss: die schwereren Samen (2 — 3 g und höher) ergaben die schönsten
und kräftigsten Pflanzen, die leichtesten (unterhalb 0,6 g) keimten
schlecht oder gar nicht. Als Trennungsprinzip ist aber die Schwere
doch kaum anwendbar.
Gibt also die Trennung nach dem spezifischen Gewicht schon eine
brauchbare Unterscheidung ab (weshalb bei unserer Auslese immer die
drei Kategorien gesondert ausgepflanzt werden; eine vierte Kategorie
bilden ev. vorzeitig ausgekeimte Samen), wichtiger ist die Analyse der
Landsorten nach der Keimung. So wie hinsichtlich des Gehaltes an
chinesischen oder hybriden Formen kann man diese Analyse auf mehrere
Merkmale richten, die alle natürlich rein phänotypischer Natur sind,
aber dennoch für das Anfangsstadium der Züchtung Wert haben und
jedenfalls zur Charakterisierung des Gebrauchswertes jeder Population
dienlich sind. Von diesen Merkmalen wird in dem nächsten Abschnitt
umständlicher die Rede sein; hier genüge eine kurze Skizze von der
Art und Weise, wie die ., Populationsanalyse" stattfindet.
Wie aus den Tabellen I A und B ersichtlich ist, wird bei jeder
Pflanze durch Striche angegeben, in welchen Punkten sie den technischen
Anforderungen nicht genügt ; daneben werden ganz kurze Erläuterungen
geschrieben über Krankheit, botanischen Typus usw. Nachdem
mindestens drei Partien von je 50 Pflanzen wahllos verschiedenen Stellen
') Die in Wasser gesunkenen Samen werden mittels Zuckerlösung wiederum in
schwimmende und sinkende getrennt. Danach werden alle Samen in einer 1 ^/go igen
Sublimatlösung desinfiziert.
^) Ch. Bernard, Germination et essai de selection des grainee de the. (Obser-
vations sur le the VI.) — Bull, du Dep. de l'Agricult. aux Ind. Neerl. XXXIX, 1910, S. 11.
Zeitschrift für Pflanzenzürlituii<r. Bd. VII. 13
174
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Die Züchtung der Teepflanze. 175
des Bestandes entnommen, registriert worden sind, wird der Prozent-
satz an verschiedenen Typen, Krankheiten, bUlhenden Pflanzen usw.
bestimmt. Man sieht aber aus den Tabellen, dass die Eigentümlich-
keiten einer Population schon bei einer geringeren Individuenzahl zu-
tage treten; so zeigt die erstere Tabelle eine grosse Zahl schlecht ver-
ästelter, dagegen sehr wenige blühende Individuen an, während die
andere, gleichaltrige Population die entgegengesetzte Erscheinung
aufweist.
Einige vorläufige Ergebnisse dieser vergleichenden Bestandes-
analyse findet man in der II. Tabelle zusamraengefasst.
(Siehe Tabelle II auf S. 176 und 177.)
Hinsichtlich des Alters sind die Bestände I — IV und V — VIII
unter sich vergleichbar. Der Einfluss des zunehmenden Alters äussert
sich naturgemäss in der wachsenden Zahl blühender Pflanzen und in
der zunehmenden Höhe; daneben wird man verstehen, dass die Ver-
ästelung erst in vorgeschrittenen Stadien richtig beurteilt werden kann.
Der Einfluss der Aussenumstände ist aus I — III ersichtlich; I stand
nämlich auf zu tief umgegrabenem Boden, III in geschützter Lage.
Schliesslich ist zu erwähnen, dass das spezifische Gewicht der Samen,
wie man aus V — VII sieht, sich besonders deutlich im Prozentsatz
ausgelesener, kranker und schwächlicher Pflanzen geltend macht.
Neben allen diesen Einflüssen ist es unverkennbar, dass voll-
kommen vergleichbare Bestände (II und IV, V und VIII) deutliche
Unterschiede aufweisen, dass z. B. die Manipur-Sorte in Gesundheits-
zustand, Verästelung und allgemeinem „Typus" weit unter Rajghur
steht, obwohl sie auch die wüchsigere ist. — In dieser Weise wird also
eine vergleichende Wertschätzung der Landsorten er-
möglicht.
Zuletzt sei noch kurz auf eine mit dem vorhergehenden zusammen-
hängende Sache eingegangen.
Es gilt der Frage, ob den früher erwähnten Anforderungen der
landwirtschaftlichen Praxis entsprechend, nur spät und spärlich blühende
Pflanzen sich für Saatträger eignen, oder ob früh und reichlich blühende
Individuen auch für die Saatzucht verwendet werden dürfen. Es ist
gewagt, anzunehmen, dass eine extrem starke Blühfähigkit sich nicht
auf die Naclikommenschaft vererbe und sie nicht somit für die Blatt -
Produktion untauglich mache; in der Tat existiert ein Fall bei der
Teepflanze, bei welchem in zwei Generationen wiederholte Auslese der
frühzeitigsten Blüher in eine unrettbar blühende dritte Generation aus-
lief. Es ist also wahrscheinlich, dass die direkt auf die Blattproduktion
hinarbeitende Züchtung sich in die grossen Nachteile eines sehr spät
blühenden Gewächses fügen muss. Die Möglichkeit lässt sich indessen
13*
176
Stuart:
Tabelle 11. Analysen
ProzentgehaH an Phänotypen
Landsorte
(ZSi = Zuckersinker,
WSi = Wassersinker,
WSchw = Wasserschwimmer).
I
Manipur
(verkümmert)
Z + WSi
2 Jahre alt
II
Manipur
(normal)
Z + WSi
2 Jahre alt
ill
Manipur
(schön)
Z 4- WSi
2 Jahre alt
Ausgelesen
Blühend
Krank
Schlecht verästelt
Schlechter „Typus"
Schwächlich
Mittlere Höhe (in Zentimetern) .
5,0
0,0')
48,0
8,0 >)
12,0')
60,0
70.0
7,0
4,0
30,0
11,0
22,0
21,0
152.0
17,0
2,0
7,0
5,0
13,0
15,0
166.0
nicht leugnen, dass die starke Fertilität sich doch nutzbar machen lässt,
derart, dass die reichlich fruchtenden Bäume die
wurzelpilzfesten Unterlagen liefern sollen, worauf
die vegetativ tadellosen Individuen gepfropft werden
können. Auch nach dieser Richtung hin hat also die Züchtung zu
arbeiten. Dementsprechend findet man in der 1. Tabelle die erst-
genannten ausgelesenen Individuen mit ,, Saatbaum", die zweitgenannte
Kategorie mit ,, Pfropfreisbaum" bezeichnet. Die ersteren können nur
benutzt werden, sofern ihre Nachkommenschaft pilzfest ist, die letzteren
kommen jedenfalls als die eigentlichen Elitepflanzen in Betracht.
Bevor man aber über diese Möglichkeit etwas Bestimmteres aus-
sagen kann, muss die Beurteilung der Nachkommenschaften beträcht-
liche Fortschritte gemacht haben, und es sind ja nur erst sehr wenige
Naclikommen bekannt. Vorläufig haben wir es nur mit der phäno-
typischen Beurteilung zu tun.
§ 4. Die Rassen (Biotypen).
Es wurde im vorhergehenden Paragraphen schon hervorgehoben,
dass die ausgeübte Formentrennung rein phänotypischer Natur sei.
Zur Andeutung äusserlich unterscheidbarer Individuen habe ich darum
das Wort ,, Biotypus" nicht anwenden wollen, obwohl wir, angesichts
der starken Allogamie bei der Teepflanze, ruhig annehmen dürfen, dass
jedes Individuum genotypisch von den übrigen verschieden sei, also
einen bestimmten Biotypus bildet. Ich habe deshalb das neutrale Wort
„Rasse" gewählt (an Nägelis Definition anschliessend), das für mich
zwar das gleiche bedeutet, nämlich die Gesamtheit aller isogenen Indi-
M Aus der rückständigen Entwicklung zu erklären.
Die Züchtung der Teepflaaze.
177
einiger Populationen,
und mittlere Höhe.
IV
V
VI
VII
VIII
IX
Dhonjan
Rajghur
Rajghur
Rajghur
Manipur
Itakhooli
Z + WSi
ZSi
WSi
WSchw
ZSi
Z + WSi
2 Jahre alt
3 Jahre alt
3 Jahre alt
3 Jahre alt
3 Jahre alt
4 Jahre alt
13,0
14,0
7,0
10,0
10,0
13,0
7,0
0,2
1,0
1,3
0.0
13,0
16,0
5,0
6,0
10,0
12.0
7.0
7,0
53,0
70,0
62,0
69,0
40,0
17,0
31,0
44,0
43,0
62,0
38,0
57,0»)
35,0
28,0
27,0
20,0
49,0
158,0
174,0
175.0
178,0
191.0
247,0
viduen, '-') aber z. B. in der Bezeichnung: „Rasse" Nr. 20, ebensowenig
beansprucht wie etwa das Wort „Herr" in „Herr Mayer".
Das von mir ausgeführte genauere statistische Studium der Tee-
rassen bezog sich fast ausschlieslich auf die Blätter, weil diese die
technisch wichtigsten Organe sind. Es wurden daran gemessen:
1. die Blattlänge; 2. die grösste Blattbreite; 3. die „Luftlänge"
(d. h. der geradlinige Abstand zwischen Fuss und Spitze am frischen,
gekrümmten Blatte); 4. die „Luftbreite"; 5. die Spitzenlänge; 6. die
Zahl der Randzähne; 7. die Nervenzahl.
Aus diesen Messungen wurden weiter berechnet:
9. die Oberfläche (roh be-
8. die relative Breite (= — ^X rei_e\
Länare
Stimmt durch Länge X Breite, in Quadratzentimeter); 10. die Krümmung
der Hauptnerven (lOO - ^^^-^^r!?^^^^) ; H- die Wölbung der Blattspreite
Län^e
100
100 X Luftbreite\
Breite
; 12. die relative Spitzenlänge
100 X SpitzenläDge'
Läng-e
13. die relative Zahl der Randzähne '^) (=
100 X absolute Zahl\
Länge
•
Diese Eigenschaften wurden bei jedem Individuum an 25 Blättern
gemessen; diese Zahh erwies sich als die meist ökonomische, weil schon
7 direkte Messungen an jedem Blatte vorgenommen werden mussten und
Überanstrengung Fehler verursachen würde. Ausserdem wird durch
massig genaue Messung von 7 untereinander unabhängigen Merkmalen
*) Unzuverlässig.
*) Also sowohl die „Linie" (F r u w i r t h) als den „Klon" (Webber) ein-
echlieesend.
■') „Verhältniszahl der Blattzähne" nach J. Kochs, Engler's Bot.
Jahrb. XXVII, S. 601.
178 Stuart:
schon vollkommen der vorläufige Zweck erreicht: das Erlangen einer
Übersicht und die Identifizierung der bestehenden Typen. So wurde
auch die Fehlerberecluiung nach der hier ausreichenden Quartilmethode
ausgeführt. Wenn jemals für eine bestimmte rationelle Bastardierung
(falls es bei der Teepflanze überhaupt so weit kommen wird) exakte
Daten erforderlich sind, so kann man ja die alten Bäume aufs neue
studieren.
Mehr Wert habe ich darauf gelegt, die Prämissen der statistischen
Methode zu prüfen und namentlich die Heterogenität des Materials
möglichst zu beseitigen. In einer Voruntersuchung habe ich deshalb
den Einfluss des Blattalters und des Dimorphismus auf die Ausgestal-
tung des Blattes studiert. Hierüber soll an dieser Stelle nur im
kurzen referiert werden. Wie wir noch in anderer Beziehung im 5. Pa-
ragraphen sehen werden, geht die ruhende Knospe des Tees durch einige
Übergangsblätter (Knospenschuppen), von welchen die unteren Blüten-
knospen in ihrem Achsel tragen, in die normalen Laubblätter über. Die
bluten tragenden Schuppen fallen sehr früh ab, ein bis zwei Blättchen (in
der Sunda-Sprache ..Keppel". inBritisch-Indien ..janimi leaf" genannt) sind
aber stärker befestigt. Die besagte Knospenruhe ist eine periodische
Erscheinung, wie sie besonders K 1 e b s an tropischen Baumarten nach-
gewiesen hat.^) und ich habe durch meine Messungen, gleichwie er es
getan, gefunden, dass die Blattgrösse, von den Keppel-Schüppchen an
bis zu den letzteren (der folgenden Ruhe vorangehenden) Blättern, ein
Maximum aufweist. Wenn man nun die Messung aller Merkmale der
Blätter eines Zweiges einige Male wiederholt, mit einem Zwischenraum
von einer Woche, so ist es leicht, die Veränderlichkeit der Grössen-
beziehungen festzustellen und die allzusehr abweichenden Glieder aus-
zuschalten. Zum Beispiel haben die Übergangsblätter einen nur teil-
weise gesägten Blattrand, und ihre Grösse ist natürlich auch gering;
dagegen sind die jüngsten ausgebildeten Blätter die länglichsten, und
die Verhältniszahl ihrer Zähne ist naturgemäss noch zu gross. Das
Ergebnis war, dass „Keppel" + zw.ei Blätter, und ..Pecco" (Knospe)
+ drei Blätter nicht mitgezählt werden dürfen.
Hiermit ist aber bloss der Dimorphismus innerhalb einer Periode
beseitigt; es besteht jedoch beim Tee noch ein Dimorphismus zwischen
jungen und alten Ästen, der bei alten Bäumen erstaunlich stark werden
kann. Vielleicht ist es nur ein ,,Wasserspross"-Phänomen, es könnte
auch mit dem Dimorphismus zwischen Lang- und Kurzsprossen zu-
^) G. Klebs (über die periodischen Erscheinungen tropischer Pflanzen; Biol.
Cbl. XXXII, 1912, S. 279) hat in dieser Beziehung auch schon die Teepflanze erwähnt.
Es ist aber unrichtig, wenn er sagt, auf Java gebe es keine solche periodische Ruhe,
nur weil hier das ganze Jahr hindurch gepflückt wird. Man sieht nämlich an jeder
Pflanze zu gleicher Zeit ruhende und aktive Knospen.
Die Züchtung der Teepflanze. 179
samraenhängen ; diese Worte sind aber eben nur Worte, und sie sagen
weder über das Wesen des Unterschiedes, noch über die Möglichkeit
der statistischen Eliminierung etwas aus. Kurz, die letztere Schwierig-
keit konnte ich nicht überwinden. Vielleicht wird es das beste sein,
nur junge Sprosse zu wählen.
Nachdem diese Fragen also erledigt waren, komite mit dem
statistischen Studium angefangen werden. Von jeder zu untersuchenden
Pflanze wurden ohne Wahl 50 — 60 „normale" Blätter abgebrochen,
25 davon in frischem Zustande gemessen, dazu nochmals mit Worten
beschrieben, um die kennzeichnenden Punkte hervorzuheben, dann
photographiert und bei Siedetemperatur getrocknet, zwecks Bestimmung
des Gerbstoff- und Koffeingehaltes; daneben wurde eine Kontrollpartie
von 25 Blättern getrennt, ebenfalls getrocknet und analysiert. Diese
Analyse wurde vom Chemiker der Versuchsstation, Herrn Dr. J. J.
B. Deuss, ausgeführt, und zwar ^\alrde das Koffein bestimmt durch
Chloroform-Extraktion nach Anfeuchtung mit Wasser, und der Gerb-
stoff in Gestalt des mit Formol und Salzsäure gefällten Tannoforms,
das ^/g Gerbstoff entspricht.^) — Ein derartiges Messungsprotokoll
wurde in meiner Dissertation S. 196 reproduziert. Die Quartil-
bestimmung aus der Frequenzverteilung kann übergangen werden.
Neben dem genaueren Studium der Blätter wurde auch die all-
gemeine Beschreibung der ganzen Pflanze vorgenommen. Die mess-
baren Merkmale wurden an 10 — 25 Organen gemessen, die übrigen teil-
weise nach einer willkürlichen Skala (0 = schwach, klein usw.
5 = stark, gross usw.) abgeschätzt, teilweise einfach botanisch be-
schrieben. Es kamen in Betracht: 1. Blatt: Farbenton, Glanz, Bom-
bierung, Grösse, Gestalt, Fuss, Spitze, Textur, Krümmung, Wölbung,
Hervortreten der Nerven, Bezähnung und Kräuselung des Randes;
2. Behaarung: an Stengel, Blattnerven und Scheibe. Knospe ;
3. Blattknospe; 4. Internodien; 5. Rinde: Farbe; 6. Laub:
Habitus, Dichte usw.; 7. Verästelung; 8. Krankheiten;
9. Blüte und Frucht. — Für die Messungen: 1. Stammdurch-
messer; 2. Stengeldiameter; 3. Internodiumläng^e;
4. Grösse der Blattknospe; 5. Anzahl der Blumen pro
Achsel ; 6. Blütenmerkmale: Zahl der Kelch-, Blumen- und Frucht-
blätter, Länge der Kronenblätter und des Griffels.
Die Ergebnisse der statistischen Untersuchungen sind in Ta-
belle III dargestellt. Auf einige Punkte sei besonders die Aufmerksam-
keit gelenkt.
^) Der Gerbetoff wird aber nicht immer vollständig extrahiert, was nach Herrn
Dense wahrscheinlich eine Folge des schnellen Trocknens ist. Die angegebenen
Grössen haben also nur einen orientierenden Minimal wert.
180
Stuart:
Statistische Messungen
Mittel (fett gedruckt) und
Objekt
a
1^
F
F
'S
m
<v
>
F
Oberfläche
F
a
3 ■
• a
s
!3
F
Rasse Nr. 4
134,3
2,4
56,0
1,0
41,7
0,4
75,4
2,0
7.0
0,5
„ „ 0 . . .
162,6
3,1
59,8
1,3
36,9
0,7
98,0
3,5
—
—
7
150,4
2,2
51,8
0.7
34,6
0,5
78.1
1,9
3,8
0,4
Idera (Kontrolle) . .
155,9
1,4
54,4
1,1
35,0
0,6
85,1
2,6
3,6
0,2
Rasse Nr. 8 . . .
148,4
2,6
56,4
0,7
38,2
0,4
84,0
2.8
10,8
1,0
„ „ 10 . . :
144.0
1,7
48,7
1,0
33,8
0,4
40,3
2,0
—
—
„ ,. n . . .
147,6
2,8
49,9
1,0
33,9
0,5
73,9
2,0
6.5
0,5
„ „ 13 . . .
147,4
1,9
54,8
0,9
37,2
0,5
80,9
2,2
—
—
„ „ lo . . .
150.2
2,0
54,1
0.7
36,0
0,6
81,5
2,6
—
—
„ „ 16 . . .
158,3
2,4
53,0
1,0
33,6
0,6
84,2
2,8
8,3
0,7
„ „ 18 . . ..
153,1
2,0
56,8
0,7
37,1
0,6
87,2
2,2
4.4
0,7
„ „ 20 . . .
143,7
2,4
64,9
1,1
45,3
0,5
93,6
2,7
2,9
0.4
„ „ 21 . . .
159,5
2,7
45,6
0,5
28,7
0,6
73,1
1,5
4.9
0,5
„ „ 22 . . .
177,6
3,1
59,8
2,0
33,8
ü,5
106,8
4,4
—
—
„ „ 23 . . .
163,8
4,0
68,5
1,9
41,6
0,8
114,5
5,6
—
., „ 26 . . .
145,2
1,1
56,4
0,8
38,8
0,2
82,2
2,4
4,3
0,5
„ . 27 . . .
147,3
2,0
50,4
0,7
34,2
0,4
74,5
1.8
2,1 0.2
„ „ 28 . . .
138.3
1,6
52,6
1,0
38,2
0,4
73,1
1,6
2,9
0,3
„ „ dV . . .
139,5
2,2
52,4
1,1
37,6
0,3
73,3
2,0
2,3
0,2
„ „ 30 . . .
158.0
2,0
56,7
0.9
35,8
0,6
90,4
2,5
5,5
0,6
„ „ 31 . . .
134,0
1,7
52,1
0.7
39,0
0,4
69,9
1,6
5,8
0,5
„ „ 32 . . .
143,4
2,3
51,0
0,8
35,6
0,4
73,6
2,3
3,0
0,4
„ 35 . . .
139,5
2,2
51,9
0,5
37,2
0,3
72,4
1,6
2,9
0,4
„ „ 72 . . .
163,2
3.4
62,1
1,3
38,2
0,4
102,0
4,0
2,6
0,3
Malabar-Mutterbaum (Ki
sprossen) . . .
irz-
97,2
2,0
36,9
1,1
38,1
0,6
36,4
2,2
Id. (Langsprossen) .
132,2
3.1
52,4
1,4
39.8
0,7
69,7
3,2
—
—
Tochterbaum I . . .
136,1
3,4
42,2
i,i
31,0
0,4
58,3
2,7
4,5
0,5
11 . .
126,6
3,2
51,0
1.3
40,3
0,5
65,0
2,9
7,1
1,3
III . .
127,1
2,8
43,7
1,0
34,5
0,4
56,0
2,0
5,0
0,4
Chinesische Rasse 1
51,6
1,7
22,8
0,6
44,4
0,8
11,9
0,6
— —
„ 2
70,6
1,6
30,8
0,5
43,7
0,6
21,8
0,7
— —
V 3
71,2
1,6
24,0
0.9
33,5
0,6
•16,8
1.3
— —
V 4
63,3
2,1
21,8
0,5
34,4
0,6
13,9
1,3
2,9
0,8
Die Züchtung der Teepflanze.
181
an Teeblättern.
mittlere Fehler (F).
d
5 1 F
Blattspitzen-
länge
F
Relative Blatt-
spitzenlänge
F
Zähue
F
Relative Zähne-
zahl
F
ja
03
N
d
03
>
12;
ja
'S
p
bß
d
13
p
J3
03
<S4— 1
O
-4J
'XI
J3
03
ja
bii
_d
'S
1
1^
2,9
0,4
5.2
3,8
0,2
41,2
0,6
30,7
0,4
10.9
20,0
1.5
—
11,6
—
7,0
0,2
29,5
1,4
18.2
0,8
12,0
14
19.2
1,5
11,2
1,1
8,7
0,3
5,8
0,2
32,0
0,8
21,4
0,5
10,5
—
9,1
0,8
9,3
1,0
9,9
0,3
6,3
0,2
32,2
LO
20,7
0,7
10,7
—
—
—
1,1
0,2
9,7
—
6,4
0,4
39,4
0,8
26.7
0,7
11,9
12
16,5
0,9
—
—
8,2
—
5,7
0,3
50,8
0,7
35,4
0,7
12,1
18,8
0,2
2,0
0,4
13,8
—
9,2
0,3
29,5
0,7
20,1
0,6
11,1
—
—
—
—
—
10,0
6,8
0,3
32,6
0,7
22.2
0,4
11,5
13
20.5
0,6
—
—
11,4
—
7,5
0,2
39,7
0,5
26,4
0,4
10,3
—
19,9
—
-3,4
0,7
13,0
—
8,1
0,4
23,1
0,9
14,6
0,9
10,9
14
20,0
1.3
—
—
10,8
—
7,0
0,3
50,6
0,8
33,2
0,7
13,0
—
—
—
2,4
0,4
8,0
—
5,5
0,2
34,2
0,6
23,9
0,6
11,4
16
22.1
2.3
6,2
o's
13,6
—
8,6
0,3
37,4
0,9
23,6
0,4
12.6
14
24.1
0.9
—
—
16,4
—
9,2
0,2
30,4
0,8
17,1
0,6
10,6
—
—
—
—
9.0
—
5,6
0,2
44,8
0,6
27,6
0.7
12,1
—
16,0
0.2
-0,8
0,5
13.6
0,4
9,4
0,3
49,1
1,2
33,9
0,6
13,1
13
25,6
14
5,9
0,7
9,5
0,4
6,3
0,3
40,4
0.7
27,6
0,7
11,3
12
18,5
1,0
— 2.1
0,5
11,0
0,5
8,0
0,3
45,4
0,7
32,9
0,8
12,4
11
16,9
1,8
3,1
0,3
13,1
—
9,3
0,2
41,9
1,0
30,2
0.4
11,4
14
21 2
1.9
0,0
—
14,7
—
9,2
0,3
41,2
0,7
26,0
0,4
13,1
13
12,0
1.0
0,9
0,2
11,8
0,3
8,4
0,2
32,1
0,5
24.0
0,7
12,8
13
12,5
1,8
6,1
0,7
6,3
0,3
4,4
0,3
41,8
0,9
29,3
0,8
10,6
13
10,2
1,3
2,6
0,4
14,7
0,4
10,5
0,3
37,7
0,8
27,1
0,5
11,5
10
24,0
—
1,8
0,2
18,6
0,7
IM
0,4
34,1
0,8
21,0
0,6
11,6
16
24,2
—
—
—
12,0
0,4
12,2
0,8
■dO^W
1,0
26,0
0,8
10.0
—
—
—
—
—
15,3
0,5
11,5
0,2
32,4
0,5
24,4
0,6
10,8
—
^
—
2,1
0,4
12,4
0,4
9,0
0,3
36,7
0,9
27,4
1,1
12.0
—
—
—
-1,0
0,2
11,2
0,5
8,8
0,4
35,8
0,9
28,5
0,6
11.1
—
—
—
1,0
0,2
12,7
0,5
9.8
0,3
26',8
0,5
21,8
0,5
11,6
—
—
—
—
—
—
—
—
—
21,5
1,8
41,9
1,3
8,0
—
—
—
—
—
—
—
—
26,8
0.5
38,2
0,5
8,9
—
—
—
—
—
—
—
—
29,2
1,0
41.0
1,0
8,2
-~
—
—
11,2
1,7
0,2
0.2
0,2
0,3
27.7
1,2
35,0
1,1
7,9
3
7.3
—
182 Stuart:
Zum Vergleiche mit den grossblättrigen Formen sind auch einige
chinesische Rassen herangezogen, die, wie man sieht, unter sich schon
erhebliche Unterschiede aufweisen: die erste Pflanze hat kurze, schmale
und kleine, die nächste die grössten, die dritte ausserordentlich in die
Länge gezogene Blätter, während die letzte eine Mittelstellung ein-
nimmt. Alle sind jedoch, mit den „Assam"-Rassen verglichen, kurz
und schmal, ihre absolute Zälinezahl ist gering, die relative jedoch
hoch, während die Nervenzahl ebenfalls merklich geringer ist als die-
jenige der grossblättrigen Typen. Nur an der vierten Rasse wurden
Krümmung, Wölbung und Blattspitze bestimmt; hier fällt besonders
die starke Wölbung und die ganz kurze Blattspitze auf.
Nach Watt^) soll die Nervenzahl eines der wichtigsten Unter-
scheidungsmerkmale der Teetypen darstellen, obwohl sie, nach einer
brieflichen Mitteilung, nur eine praktische, keine allgemeingültige Regel
bildet. So hätte die Assam-Form 16 Nervenpaare. Naga 16 — 18, Ma-
nipur 22, Lushai sogar 22 — 24 Paare. Nach meiner Erfahrung hat
aber die überaus grosse Mehrzahl der Teepflanzen von ., reinem Assam-
Typus" höchstens 13 — 14 Nervenpaare, und auch geflissentliches Suchen
nach Pflanzen mit höheren Zahlen hat mir niemals mehr als 16 Nerven-
paare gezeigt. Allerdings spreche ich nur von Java- und von wenigen
Herbarpflanzen aus Britisch- Indien (einschliesslich solchen aus den
Sammlungen Griffiths und Masters), aber dennoch wage ich zu
bezweifeln, dass 10 — 14 Nervenpaare ein Kennzeichen hybrider Natur
sind, wie Watt angibt. Dagegen ist die von mir gefundene Zahl bei
chinesischen Rassen in sehr guter Übereinstimmung mit Watts Be-
funden.
Der oben erwähnte Dimorphismus zwischen alten und jungen
Zweigen kommt deutlich zum Ausdruck in den mit „Malabar-Mutter-
baum" bezeichneten Zifferserien. Man sieht ja den grossen Unterschied
in den absoluten Zahlen, kann aber gleichfalls beobachten, dass dfe
relativen Grössen sich nicht viel geändert haben; zieht man die mitt-
leren Fehler in Betracht, so ergibt sich, dass diese geringen Unterschiede
innerhalb der zulässigen Fehlergrenzen liegen.
Noch in anderer Hinsicht ist die letztere Rasse beachtenswert;
sie ist nämlich die Stammutter einer Familienzucht, die von Herrn
K. A. R. Bosßcha, Leiter der bekannten Teeplantage MalalÄr. seit
1897 durchgeführt wird, und ist bekannt unter dem Namen ..Malabar-
Mutterbaum". Im Jahre 1897 — 1898 wurde nämlich eine Teepflanzung
angelegt, und in diesem Pflückgarten wurde eine schöne Pflanze zum
Saatbaum auserwählt, aber nicht isoliert. Im Jahre 1904 wurden aus
1500 Tochterpflanzen 4 Rassen ausgelesen und miteinander räum-
1) G. Watt, Tea and the tea plant. — Joum. Roy. Hort. Soc. XXXII
(1907), S, 64.
Die Züchtung der Teepflanze.
18S
Abb. 20. Blätter der Kasse Nr. 72 („Assam-Tee").
Abb. 21. Blätter der chinesischen Rasse 4.
lieh isoliert. Zuletzt wurde 1907 und später die nächste Generation
in einem grossen isolierten Saatgarten ausgesät. Zwar ist das Aus-
leseverfahren mehreren Bedenken unterworfen, namentlich hat die
184 Stuart:
Neigung zu schneller bameiigewiunung zur Auslese von Frühblüiiern ge-
führt, denn die erwähnten zwei Generationen haben durchschnittlich
nach 5 Jahren Frucht, also nach 4 Jahren Blüte getragen; es hat damit
eine sehr unerwünschte Eigenschaft die Auslese beeinträchtigt. Immer-
hin war hier die wichtige, bis jetzt einzig dastehende Gelegenlieit ge-
boten, die Eigenschaften dreier Generationen in mütterlicher Linie zu
vergleichen. Ich habe also die morphologischen Merkmale sowohl des
Mutterbaams wie der drei ^) Tochterpflanzen und einer Anzahl Pflanzen
der dritten Generation (Nr. 26—35 und 72) studiert.
In dieser Sippe fällt vor allem die sowohl absolut wie relativ sehr
lange Blattspitze auf. Während ja nur vier aus den 14 anderen unter-
suchten Biotypen eine relative Spitzenlänge von mehr als 8"/(. haben,
ist solches in dieser Familie bei 11 von den 13 Pflanzen der Fall, die
Rasse Nr. 72 zeigt sogar die Zahl 11,4 "/o. Man hat also Ursache, diese
lange Spitze als einen „Familienzug" zu betrachten; um so mehr, als
Herr Bosscha mir mitteilte, es sei keine Auslese nach dem mütter-
lichen Typus ausgeübt worden. Hier läge also wohl Erbliclikeit vor.
— Von den übrigen Merkmalen sind Krümmung und Wölbung beim
Mutterbaume nicht bestimmt worden; bei den Tochterpflanzen ist die
erstere ziemlich stark, die letztere schwach oder negativ; bei der Enkel-
generation ist die Krümmung massig, die Wölbung fast immer sehr
schwach positiv oder negativ; es ist besonders diese letztgenannte Eigen-
schaft, die sehr vielen Pflanzen ein eigentümlich flaches, von den Nerven
durcMurchtes Äussere gibt, weshalb ich diesen Typus mit der Be-
zeichnung „sulcata" angedeutet habe. — Ausserdem haben die
Glieder dieser Sippe kleine Blätter, denn während von den 14 übrigen
Rassen 10 eine Blattoberfläche von mehr als 80 qcm haben, verhalten
sich nur 3 von den 9 untersuchten Enkelpflanzen ebenso.
Mehr lässt sich aber aus dem Falle des Malabar-Mutterbaums
nicht ableiten; man kann nur sagen, diese Sippe habe bezüglich einiger
Merkmale eine ziemlich hohe „Erblichkeitspotenz", um diesen Archais-
mus mal zu benutzen. Genauere einwandfreie Analyse auf genetischer
Grundlage sollte hier einsetzen; allein, wie aus dem 5. Paragraphen
erhellen wird, ist eine exakte mendelistische Analyse dieses vieljährigen
allogamen Gewächses praktisch unausführbar, und "man wird sich mit
Indivjdual Samengewinnung ohne Schutz gegen Fremdbestäubung
zufrieden geben müssen.
Lediglich mit dem Zwecke, die Übersicht über die Tee-Formen
zu erleichtern, habe ich einige morphologische ..Typen" unter-
schieden und etwa in folgender Weise charakterisiert:
1. Curvata-Typus, mit stark gekrümmter Mittelrippe und
stark nach unten gebogenen (negativ gewölbten) Blatträndern, hat
1) Eine war gestorben.
Die Züchtung der Teepflanze. 185
dadurcii einen ganz eigentümlich konvexen Habitus (s. Rasse 16,
auch 8).
2. Rigida-Typus, mit fast ungebogener Mittelrippe und stark
nach oben gewölbten Rändern, bildet also das Gegenstück zum vorigen
Typus, und macht einen ausgeprägt steifen Eindruck (s. Rasse 7 und 32).
Vermutlich stammt diese Eigenschaft aus den chinesischen Formen-
kreisen; sie kommt besonders häufig bei den ,, hybriden" Typen vor.
3. Sulcat a-Ty pus (s. oben), mit sehr schwacher positiver
oder negativer Wölbung, wodurch das Blatt flach und von den Nerven
durchfurcht aussieht. Oft ist dieser Typus von c u r v a t a kaum zu
unterscheiden, einzelne Blätter einer Pflanze können sich z. B. dem
einen, andere dem andern Typus nähern, weshalb ich glaube, dass
sulcata und c u r v a t a transgredierende Formen verwandter Geno-
typen sind.
4. Crispa-Typus, mit gekräuseltem Blattrande ; ich habe
dieses Merkmal nicht zahlenmässig auszudrücken vermocht.
5. Normalis-Typus, bei „ Assam"'- und „Manipur"-Varietät
verschieden ausgebildet. Nach (auf Java) landläufiger Auffassung
wären etwa die folgenden Merkmale für beide Kategorien bezeichnend:
Assam: längliches, hellgrünes, biegsames Blatt mit langer
Spitze und schmaler Basis, massig gekrümmt und gewölbt, welligem
Rande, zwischen den Nerven ein wenig aufgetrieben (bombiert), mit
nicht sehr deutlicher Nervatur und mittelstarker Behaarung.
Manipur: breites, dunkelgrünes, festes Blatt, mit kurzer,
plötzlich ansetzender Spitze und breitem Fusse, fast nicht gewölbt
oder gekrümmt, nahezu flachem Rande, stark blasig aufgetrieben,
mit deutlich hervortretender Nervatur, und fast unbehaart.
Daneben wäre noch der „chinesische" Typus im allgemeinen durch
die kleinen flachen dunkeln harten Blätter ohne Spitze, mit steifen
flachen Rändern und fast unsichtbarer Nervatur zu unterscheiden, doch
habe ich diese Kategorie noch zu wenig zu Gesicht bekommen.
Bezüglich der Verästelung könnte man unterscheiden: einen
candelabrica- oder d i s t i c h a - und einen r e g u 1 a r i s - Typus,
von welchen die erstere Form eigentümlicherweise ihre Blätter und
Zweige in einer Ebene aussendet, was für eine möglichst regelmässig
ausgebildete Teestaude einen Fehler bedeutet; flexilis, mit langen
schlaffen, s t r i c t a , mit steilen Ästen, diffusa, mit lockerer, d e n s a ,
mit gedrungener Verästelung. Mit 1 a x a kann ein Typus mit besonders
langen Internodien, mit erecta ein anderer mit aufgerichteten Blättern
angedeutet werden. Sie haben aber nicht den gleichen klassifikatorischen
Wert wie die Habitus-Kennzeichen des Blattes (schon deshalb nicht,
weil sie einander nicht ausschliessen), geschweige denn von irgend-
welchem botanisch-systematischen Werte, der auch diesen abgesprochen
186 Stuart:
werden miiss — sie sind ja an trockenem Material nicht wiederzu-
finden. Züchterischen Wert haben sie dagegen zum Teile wohl, und
zwar ist der ,,r e g u 1 a r i s" - Typus, d. h. derjenige, der die angeführten
Abweichungen nicht aufweist, im allgemeinen vorzuziehen. So sind
die disticha-, flexilis-, stricta-, und vielleicht auch die
e r e c t a - Formen, ebenso wie bei dem r i g i d a - Typus erwähnt wurde,
wahrscheinlicli aus der Vermischung mit chinesisclien Abarten abzu-
leiten, und ausserdem sind die ersteren drei für die Ausbildung eines
kräftigen und harmonischen Pflückstrauches nicht zuträglich. Es wurde
im vorigen Paragraphen schon erwähnt, dass ,,Bestockung" und kräftiger
Wuchs wahrscheinlich oft ebenfalls mit Bastardnatur verbunden und
•deswegen an sich nicht unbedingt wünschenswerte Eigenschaften sind.
So zeichnen sich hauptsächlich chinesische oder deutlich hybride Rassen
durch rotgefärbtes junges Laub aus.
Ferner findet man albomarginata- Rassen ; Typen mit
haarigem Kelch und Blütenkrone (die ,,var. lasiocalyx Watt, var.
pubescens Pierre und der I-bang-Tee) ; solche mit dreieckiger, statt
dreilappiger Frucht; solche mit einem dreiteiligen oder mit drei un-
verwachsenen Griffeln; solche mit bis 4 cm oder nur 2,5 cm grossen
Blüten.i)
Ob es derartige physiologische Typen gibt, ist zurzeit
noch unentschieden. Das Beispiel der C i n c h o n a - Pflanze mit ihrer
alkaloidreichen Ledgeriana- und ihrer Rosellinia- festen s u c -
ci rubra- Art, wobei die letztere auf die erstere gepfropft werden
kann, und der ähnliche Fall in der Weinzüchtung locken zu Nach-
folgung. Allein, welche chemische Eigenschaft beim Tee dem Chinin-
gehalt, also dem eigentlichen wertvollen Bestandteile, entspricht, dieses
ist noch eine ganz offene Frage. Der Koffeingehalt (welcher sich mit
dem Alter des Blattes ändert) kommt nämlich für den Geschmack, d. h.
die Qualität des Tees, nicht in Betracht, soweit er die üblichen Ziffern
nicht merklich übersteigt. Eine grosse Rolle spielt wahrscheinlich der
Gerbstoff, jedoch in welchem Maße, das ist unsicher; während der
Fermentation (welche einen hervorragenden Einfluss auf den Geschmack
ausübt!) wird er teilweise oxydiert, so dass es zweifelhaft ist, ob z. B.
dieser umgewandelte Teil nicht vielmehr für die Qualität verantwortlich
zu machen sei als der totale Gerbstoff geh alt. Und was das Aroma
anlangt, das von einem durch die Fermentation hervorgerufenen äther-
ischen öle herrührt, so ist der ölgehalt nicht quantitativ bestimmbar,
bleträgt nur etwa 0,01 "Z,,.
^) Die Blütenfarbe ist anscheinend immer weiss; zwar ist eine var. rosea
M a k i n 0 aus Japan beschrieben worden, doch habe ich niemals Herbarmaterial davon
gesehen, und ich vermute, dass eine Verwechslung mit Camellia rosiflora Hook,
vorliegt.
Die Züchtung der Teepflanze. 187
Sind also diese chemischen Qualitätsfaktoren teils schwankend und
♦
unwesentlich, teils noch nicht vollständig untersucht und noch nicht
sicher zu bestimmen (s. den Anfang dieses Paragraphen), teils vor-
läufig nicht quantitativ bestimmbar, teils von der Bereitung, teils von
der Bodenbeschaffenheit, teils vom' Klima usw. abhängig ^) — so kommt
dazu noch der für die Züchtung ausschlaggebende Faktor: die Frage,
ob der Gehalt an den genannten Körpern in der genotypischen Kon-
stitution begründet ist. Dass hoher oder niedriger Chiningehalt erblich
ist, ist sicher, die C i n c h o n a - Züchtung verdankt diesem glücklichen
Umstände ihre glänzenden Erfolge, aber der entsprechende Beweis für
irgendeinen Bestandteil der Teepflanze steht noch aus.
Es ergibt sich aus dieser Darstellung, dass man den Koffein- und
Gerbstoff-Ziffern der Tabelle III vorläufig nur geringen züchterischen
Wert beilegen darf, sie zeigen aber, dass erhebliche individuelle Unter-
schiede im chemischen Betragen tatsächlich existieren.
Ich spreche hier nur von den chemischen Eigenschaften; es wäre
aber denkbar, dass man den regelrechten Weg beschritte und von jeder
Rasse gesondert Tee bereiten und prüfen würde bzw. von Experten
prüfen Hesse. Ein unüberwindliches Hindernis steht diesem Vorgehen
im Wege. Bekanntlich wird bei der modernen mechanischen Tee-
fabrikation, die durch ihre Sauberkeit, Uniformität und Sicherheit die
alte Handarbeit ganz verdrängt hat, das gewelkte Blatt in grossen
Rollmaschinen zerquetscht, bevor es dem Fermentierungsprozess unter-
zogen wird. Die üblichen Rollmaschinen aber müssen zwecks richtigen
Funktionierens mit mindestens 100 kg Teeblatt beschickt werden, d. h.
mit dem einmaligen Produkt von ca. 2 — ^5000 Pflanzen; die kleinsten
existierenden Modelle für Handbetrieb enthalten 20 kg, dem Ertrage
von 600 — 1000 Pflanzen entsprechend. Man überlege sich einmal, was
es unter diesen Umständen bedeutet, Individualprüfung zu treiben —
eben nichts weniger als die Herstellung von tausend Pfropfungen für
jede Prüfung! Es wäre zwar möglich, kleinere Roller herstellen zu
lassen, jedoch je kleiner die Maschine und je grösser der Unterschied
mit dem Grossbetriebe, je weniger zuverlässig wird das Resultat.')
Vielleicht wird man aber auf diesem Wege (der immer langwierig bleibt
und viele Pfropfungen erfordert) dem richtigen chemischen Kriterium
auf die Spur kommen können.
Wir wollen nun aber einmal nicht die Geschmacksfaktoren, sondern
den Blattertrag als ausschlaggebend betrachten; die Typentrennung
*) Vgl, J. J. B. Deuss, Onderzoekingen over thee III — Chem. Weekbl.
1916, S, 699.
^) Dasselbe gilt auch von der Handarbeit, die zwar nicht an ein Gewichts-
minimum gebunden ist, aber unmöglich den Druck usw. ebenso gleichmässig und uniform
wie das mechanische Verfahren gestalten kann.
188 Stuart:
begegnet dann neuen Schwierigkeiten. Die Messung dieses Ertrages
ist mit weit grösseren Fehlern behaftet als die von Früchten oder
Samen; einerseits weil man beim Abkneifen der Zweiglein ungleich
lange Stengelteile und ungleich weit entwickelte Blättchen abpflückt,
andererseits durch das geringe Gewicht der Ernte — alle 10 Tage jedes-
mal nur etwa 20 — 40 Sprosse ad ± 1 g; drittens das leichte Übersehen
von pflückbaren Sprossen selbst durch das geübte Auge; schliesslich
das absichtliche Stehenlassen der peripherischen und niedrig gestellten
Sprosse. So wird man von jedem beobachteten Individuum sehr
schwankende Ernteziffern, jedenfalls keine Maximalziffern,
erhalten, wodurch das Erkennen kräftig produzierender Rassen sehr
erschwert wird. In der Praxis, wo hektargrosse Felder gleichmässig
flachgeschoren und von Schwärmen von Pflückerinnen geerntet werden,
ist es dem Pflanzer nicht möglich, einzelne reichlich tragende Sträucher
wiederzuerkennen und auszulesen.
Wenden wir uns zuletzt einer dritten wichtigen physiologischen
Eigenschaft, der Immunität, zu, so finden wir auch hier, dass die
Verhältnisse nicht so einfach liegen, wie etwa bei den in Europa ge-
züchteten einjährigen Gewächsen. Man kann ja nicht so leicht, nach
künstlicher Infektion eines Bestandes, die Auslese während einiger
Generationen und unter verschiedenen Umständen, mit Parallelkulturen
usw., fortsetzen. Erstens ist ja die künstliche Infizierung mit den
drei Hauptfeinden der Teepflanze: Helopeltis, Akarinen und Wurzel-
pilze, ausserordentlich schwierig ausführbar, so dass man auf gelegent-
liche zufällige Erkrankungen angewiesen ist: dann aber dauert jede
Generation 6 — 10 Jahre, so dass Bodenwechsel u. dgl. nur selten zu
realisieren sind. Wendet man sich aber an die Pflanzer mit der Bitte,
auffällig gesunde Pflanzen in bereits erkrankten Pflanzungen aufzu-
suchen, ^) so erfährt man, dass die kranken Individuen möglichst bald
durch andere ersetzt werden, und da dieser Ersatz in älteren Pflanzungen
vielfach fehlschlägt, kann man gar keinen Aufschluss bekommen über die
ursprünglichen Verhältnisse. Es kostet erstaunlich viel Überredungs-
kraft, um Erlaubnis zum Abgrenzen und Unberührtlassen eines
ganz kleinen kranken Bezirks zu erlangen; der Gedanke ist jedem
Praktiker vollständig zuwider! Bestenfalls gestattet er die Reser-
vierung, und da ergibt sich nach einiger Zeit . . . dass die Sache ihm
ganz entfallen ist und die kranken Pflanzen schon ersetzt worden sind!
Es ist überflüssig, hervorzuheben, dass die Ersatzpflanzen ebenso ge-
^) Nach Beobachtungen von Herrn S. Leefmane (Bydrage tot het Helopeltis-
vraagstuk voor de thee; Meded. Proefetat. v. Theo L, 1916, S. 48) greift Helopeltis
alle Landeorten und alle Individuen in diesen gleich stark an. jedoch sind einzelne
Pflanzen durch stärkeres Wachstum im Vorteil. Bei Brevipalpus ist aber individuelle
Bevorzugung oft auffallend.
Die Züchtung der Teepflanze. 189
mischter Natur sind wie die ursprüngliche Population, so dass jeder
Gedanke an Identifizierung der immunen B i o t y p e n gleich von vorn-
herein aufgegeben werden muss. Das Experimentieren auf den Plan-
tagen ohne ständige Überwachung ist eben eine missliche Sache, aber
die Versuchsstation besitzt noch keine eigenen Versuchsfelder.^)
Auffällige individuelle Verschiedenheiten im physiologischen Ver-
halten bestehen sicher. So ist es in einem vor kurzem besclmittenen
Pflückgarten interessant zu beobachten, wie die eine Pflanze schon
wieder mit frischen jungen Trieben geschmückt ist, während eine andere
noch dürr dasteht. In produzierenden Gärten gibt es Pflanzen mit
vielen wachsenden Sprossen, andere, die sich durch viele ruhende Knospen
(s. Anfang dieses Paragraphen) auszeicluien ; solches muss der Produk-
tivität Abbruch tun. Inwieweit aber derartige Verschiedenheiten geno-
typisch begründet bzw. zeitlicher, etwa periodischer Natur sind, darüber
fehlen Versuche; auch hier ist der Besitz eigener Versuchsfelder un-
erlässlich.
Korrelationen sind bei der Teepflanze noch nicht bekannt
geworden. Auf statistischem Wege habe ich freilich versucht, Be-
ziehungen zwischen den morphologischen Merkmalen innerhalb eines
Individuums und solche unter verschiedenen Rassen festzustellen; dazu
benutzte ich die schon mit wenigen Zahlen ausführbare Methode Frl.
Dr. Tine Tammes'.^) Das Ergebnis war, dass eine ziemUch
starke partielle Korrelation zwischen Blattlänge und -breite, und
eine starke individuelle Korrelation zwischen Blattlänge und Blatt-
epitzenlänge besteht. Die letztere Tatsache wird anschaulicher, wenn
wir uns besinnen, dass der kleinblättrige chinesische Tee keine Blatt-
spitze hat, in vollkommenem Gegensatze zum Assam-Typus.'^)
Eine morphologisch-physiologische Beziehung besteht anscheinend
zwischen Blattspitze und Gerbstoffgehalt. Ordnet man nämlich die
diesbezüglichen Daten aus der Tabelle III nach ansteigenden Werten
der Spitzenlänge, so ergibt sich, dass nur die Rassen mit einer Spitze
über 9 mm mehr als 15 "/o Gerbstoff enthalten. Dieses Resultat beruht
aber nur auf 19 Einzelmitteln und bedarf also einer gründlichen Be-
^) In neuester Zeit habe ich angefangen, mittels einer Rundfrage an die Pflanzer
Nachricht über die Existenz immuner oder produktiver Teepflanzen zu bekommen, und
es scheint wirklich, dass jetzt etwas herauskommen wird. Vielleicht ist das Interesse
geweckt, vielleicht hat die nachdrückliche Warnung, man solle sich nicht
einbilden, jede hervorragende Pflanze sei nur ein Produkt
günstiger Aussenbedingungen, die hartnäckigen diesbezüglichen Vorurteile
überwunden. Man fängt jetzt an, die hervorragenden Rassen zu markieren.
^) T. T a m m e s , Einige Korrelationeerscheinungen bei Bastarden ; Reo. d. trav.
bot. neerl. X, 1913, S. 69.
^) Als eine Korrelation kann man das Auftreten anthocyan gefärbter junger
Laubblätter bei manchen Pflanzen von ausgeprägt chinesischem Typus betrachten.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtnng. Bd. VII. 14
190 Stuart:
ßtätigung (die Gerbstoffbestimmung selbst ist ja niclit einmal zuver-
lässig!), bevor man es als Grundlage für Züchtungsarbeiten verwenden
dürfte. Es ist überhaupt, wie schon hervorgehoben, zurzeit unbewiesen,
dass eine Korrelation zwischen Gerbstoffgehalt und Qualität
existiere. Vor übereilten Schlüssen auf dem heiklen Gebiete der Kor-
relation habe ich denn auch dringlich gewarnt. Vorläufig bleibt die
direkte individuelle Beurteilung die einzige Richtschnur.
Angesichts der grossen Schwierigkeiten, die der Linienzüchtung
beim Tee entgegenstehen, ist die Förderung der vegetativen Fort-
pflanzung eine Frage von hervorragender Wichtigkeit, denn nur
auf diesem Wege wird man in absehbarer Zeit Isogenität erzielen
können. Wahrscheinlich wird ein Veredlungsverfahren sich hier am
besten eignen, denn obwohl die Vermehrung des Tees mittels Steck-
lingen und Ablegern in Formosa allgemein üblich ist, hat man hier-
gegen die Einwendung erhoben, dass das Fehlen einer Pfahlwurzel die
Pflanze im trockenen Monsun weniger widerstandsfähig gegen Dürre
mache. Das heute am meisten angewandte Verfahren ist das Seiten-
pfropfen unter die Rinde (Kollaterieren). Man macht nämlich in die
Rinde des Wildlings einen T-förmigen Einschnitt, in den das unten
schräg abgeschnittene Edelreis dem Kambium angedrückt wird, wonach
die Pfropfstelle mit Faserstoff umsclinürt und mit einem Gemische von
Wachs und Talg abgeschlossen wird. Diese Methode war schon der
Hauptsache nach in der China-Kultur üblich, aber es erscheint nicht
ausgeschlossen, dass für die Teepflanze ein anderes Verfahren bessere
Resultate liefern würde, denn die Sache ist noch nicht aus dem Ver-
suchsstadium herausgetreten. Während anfangs etwa 70 °/o der Pfrop-
fungen gelangen, haben bei Versuchen im grossen (die unglücklicher-
weise im äusserst trockenen .Jahre 1914 stattfanden) nur ungefähr
25 °/o ausgeschlagen. Systematische Versuche, betreffend den Einfluss
von Individualität und Alter des Wildlings und des Edelreises, der
Jahreszeit, der Veredlungsmethode und ähnliche, durch sorgfältige
Buchführung unterstützte, sind im Gange, aber haben bis jetzt noch
keine wesentliche Verbesserung herbeigeführt.
Besonders grosse Bedeut-ung erhalten diese Versuche dadurch,
dass sie vielleicht ein wirksames Schutzmittel gegen die Wurzelpilze
(R 0 s e 1 1 i n i a u. a.) darbieten werden, vorausgesetzt, dass es bei der
Teepflanze Rassen gibt, die, wie C i n c h o n a s u c c i r u b r a , eine
natürliche Resistenz dagegen besitzen, ebenso wie mehrere ameri-
kanische V i t i s - Arten reblausfeste Unterlagen geliefert haben.
Während aber im letzterwähnten Beispiele ein einmal infizierter Acker-
boden jede nicht widerstandsfähige Rebenpflanze sicher zugrunde
richten wird, ist die Wurzelpilzresistenz nicht so leicht festzustellen.
Der Pilz verbreitet sich nämlich hauptsächlich von den Stümpfen
Die Züchtung der Teepflanze. 191
gewisser Baumarten aus und entfaltet nur in 5 — -10 jährigen Gärten
seine verheerende Wirkung, so dass offenbar nur eine ganz bestimmte
Bedingungskonstellation die Ansteckung ermöglicht, während doch der
Pilz wohl in jedem Boden schon von vornherein anwesend ist. Dazu
kommt die schon erwähnte Schwierigkeit, die Teepflanzer dazu zu ver-
anlassen, dass sie die Krankheit gewähren lassen oder auf den Typus
und das individuelle Betragen der Ersatzpflanzen acht geben. Die Ent-
deckung einer pilzfesten C i n c h o n a - Art beruht sicher auf dem Um-
stände, dass die unter wissenschaftlicher Verwaltung stehende Gou-
vernements-Chinaplantage die Gelegenheit zu einwandfreien Versuchs-
anordnungen darbot.
Zu dem nämlichen Zweck haben wir angefangen, eine Sammlung
von Sträuchern der auf Java einheimischen Camellia lanceolata
anzulegen und diese mit Teereisern zu veredeln. Auch andere
Schwesternarten vom asiatischen Kontinent werden dazu herangezogen
werden.
§ 5. Befruchtungsverhältnisse.
Die Teeblüte hat bekanntlich einen kurzen, nickenden Stiel, 5
bis 7 lederartige Kelchblätter, die sich allmählich in die 5 — 7 weissen
Kronenblätter fortsetzen, sehr viele ± 1 cm lange Staubblätter, die
am Grunde ringförmig verwachsen sind, und einen dreifächerigen
haarigen Fruchtknoten mit unbehaartem Griffel, der sich meistens ge-
rade über den Polleribeuteln in drei ^/g cm lange papillöse Narben
spaltet. Sie öffnet sich langsam im Laufe des Tages (man kann den
ganzen Tag über alle Stadien finden), bleibt während zweier Tage
geöffnet und lässt am dritten Tage Krone und Staubblätter fallen. Die
Pollenbeutet öffnen sich durch Längsspalten, ungefähr gleichzeitig
mit dem Aufblühen; am ersten Tage ist die Farbe des Pollens hellgelb,
am zweiten bräunlich-gelb. Am dritten Tage welkt die Krone und fällt
bei Berührung leicht ab. Dies sind die einzigen Kennzeichen für das
Stadium des Blühens; an den Narben ist bis zum Abwerfen der Blüte
keine Veränderung zu beobachten, und der Pollen gibt auch, die Farbe
ausgenommen, nichts von einem Reifezustande zu erkennen. Von
Proterandrie bzw. Proterogynie sind also bei der Teepflanze keinerlei
Andeutungen vorhanden.
Nach dem Abfallen der Krone ist der Griffel noch weiss, am
nächsten Tage aber gelblich, und 1 — 2 Tage später schwarz. Der in
der geöffneten Blüte weit ausgebreitete Kelch beugt sich über den
Fruchtknoten, und in diesem Zustande verharrt letzterer während eines,
zweier oder mehrerer (bis zu zehn) Monate ohne merkliches Anschwellen.
Einzelne Individuen zeichnen sich durch schnellen Fruchtansatz, andere
durch langsamen und dürftigen Ansatz aus, aber auch an einer Pflanze
ist die Ansatzgeschwindigkeit oft sehr verschieden, und ich glaube,
14*
192 Stuart:
dass die langsame Entwicklung im allgemeinen ein Zeichen mangelnder
Fruchtbarkeit ist. Es sind diese Verhältnisse selir unangenehm, wemi
man die Erfolge einer Bestäubung abzuwarten hat.
Hat aber das Anschwellen begonnen, so geht das weitere Wachs-
tum schneller; auch hier gibt es individuelle und partielle Unterschiede,
aber meistens ist die Frucht nach 9t^-12 Monaten reif und bildet eine
dreilappige fachspaltige Kapsel, die 1 — 3 oder mehrere runde schwarze
harte Samen von 1 — 2 cm Durchmesser enthält. Diese wechselnde An-
zahl ist teilw^eise dadurch bedingt, dass es manche vierfächerige Frucht-
knoten gibt, teilweise dadurch, dass jede Abteilung mehr als 4 (bis zu 7)
Samenknospen enthalten kann, deren 1 — 3 sich zu Samen entwickeln
können. Kömite die Gesamtzahl der reifen Samen pro Kapsel also
von 12 bis auf etwa 30 schwanken, falls sich alle Samenknospen voll-
ständig entwickelten, so findet man doch in der Regel höchstens
3 normale Samen (in Ausnahmefällen bis zu 6), die gleichmässig über
alle Fächer verteilt oder auch zu 2 — 3 in einem Fache liegen können,
in welchem Falle sie meist nicht rund, sondern gegenseitig abgeplattet
sind. Die übrigen Samenknospen bleiben in unentwickeltem Zustande
(bisweilen halbwegs ausgewachsen) zurück. Die Ursache dieser Steri-
lität ist, wie ich anderweit ausgeführt habe,M in der frühzeitigen Dege-
neration der weiblichen Geschlechtszellen (besonders zwischen dem
Synapsis- und dem Tetradenstadium) begründet; und zwar halte ich
einen Zusammenhang mit dem häufigen Vorkommen doppelter oder drei-
facher Archesporzellen für wahrscheinlich, denn doppelte Embryosäcke
sind äusserst selten — vielleicht können sie die gelegentlich auftretende
Polyembryonie ') erklären.
Man kann vier Formen der Sterilität unterscheiden, je nach der
erreichten Entwicklungsstufe : erstens die Knospensterilität, die
sich in dem vorzeitigen Abfallen geschlossener JCnospen äussert;
zweitens die Blütensterilität, indem die befruchteten Frucht-
knoten keine Frucht ansetzen; drittens die Fruchtsterilität,
welche am Abfallen unreifer Früchte kenntlich ist ; und an letzter Stelle
kann Tnan diejenigen Fälle mit Samensterilität bezeichnen, in
denen die Keimkraft der reifen Samen mangelhaft ist. Es leuchtet ein,
dass diese Einteilung nach äusserlichen Kennzeichen keine Erklärung
enthält, aber sie genügt für praktische Zwecke durchaus, da das eine
Individuum durch diese, das andere durch jene Form der Sterilität
^) In meiner Dissertation S. 276; auch übersetzt in der Abhandlung ,,Sur le
developpement des cellules generatrices de Camellia theifera (Griff.) Dyer"; Ann.
d. Jard. Bot. d. Buit«nzorg, Ser. II, vol. 15, S. 15.
') F. C a V a r a , Ricerche intorno allo sviluppo del frutto della Thea chinensis
Sims. — Atti deiristituto bot. dell'Univ. di Pavia II, 5 (1899), S. 289. — C. P. Cohen
Stuart, loc. cit. — Ch. Benard, Over de ontkiemig van de theezaden. — Meded.
Proefstat. v. Thee XLIII. 1915. S. 36.
Die Züchtung der Teepflanze.
193
ckarakterisiert ist, und ausserdem die erwähnte Skala ein brauchbares
Maß über die Entwicklungsfähigkeit des Geschlechtsapparates bzw. des
Embryos abgibt. Eine älinliche Skala hat auch Tischler^) für den
Grad der Parthenokarpie entworfen, je nach dem Stadium der Ent-
wicklung ohne Befruchtung ; die obens.tehende Stufenleiter ist ein Gegen-
stück dazu.
Abb. 22. Ausführung der Bestäubungsversuclie.
Bevor ich an eine nähere Betrachtung der Sterilitätsursachen
gehe, ist eine kurze Besprechung des Tee-Blütenstandes und meiner
ökologischen Methodik angebracht, Abb. 23.
Der Blütenstand der Teepflanze ist nicht, wie in vielen Lehr-
büchern behauptet wird, eine Trugdolde (Cymus), die aus der Blatt-
achsel entspringt. Immerhin entspringen die Blüten, wie schon Bayer
(1857) und Cavara ") betont haben, seitlich aus dem Achseis pr o s s,
') G. Tischler, Über die Entwicklung der Samenanlagen in parthenokarpen
Angiospermen-Früchten. Jahrb. f. wiss. Bot. LH (1913), S. 66.
■') F. Cavara, loc. cit., S. 276.
194 Stuart:
und nur so lange, als dieser im Ruhezustande verbleibt und die Blüten
dadurch gedrängt stehen, entsteht der Eindruck, hier sei eine wirklich
cymöse Infloreszenz. Ich habe bis zu 17 Knospen in einer Blattachsel
gezählt, während die weitaus häufigste Zahl 1 — 2 ist; die meisten sind
als einblütige, aus dem Achselspross entspringende Infloreszenzen auf-
zufassen, einige aber, und besonders die niedriger stehenden, als
verästelte 2 — 3 blutige Blütenstände. Selten fand ich vier, und nur
einmal fünf Blumen an einem Blütenstand. Immer fand ich aber über-
einstimmend, dass die terminale Blüte sich am ersten öffnet, dann aber
die unterste und hierauf die übrigen in zentripetaler Folge. Der Blüten-
stand gehört also zu den sog. heterotaktischen Infloreszenzen, und
zwar zu den cymös-racemösen; der Achselspross aber ist, soweit er
mit Blütenständen besetzt ist, einfach ein Fruchtzweig und Km^zspross.
Cook hat in einer interessanten Abhandlung^) auf die Bedeutung
des Spross-Dimorphismus hingewiesen. An einigen tropischen Kultur-
pflanzen hat er den Unterschied zwischen generativen und vegetativen
Sprossen dargelegt. In gesetzmässiger Weise gehen aus bestimmten
Knospen entweder die einen oder die anderen hervor, so entstehen bei
der Baumwolle die vegetativen Zweige aus den Blattachseln, die genera-
tiven neben diesen oder neben den Achseln der vegetativen Äste. So
entsteht eines nach dem andern, obwohl auch Übergänge zwischen ihnen
existieren; diese letzteren zeichnen sich im allgemeinen durch Steri-
lität der Blüten aus. Wenn man dazu überlegt, dass bestimmte
Varietäten der Baumwollpflanze erst nach einer Reihe von vegetativen
Sprossen zu generativen gelangen und somit zu den spätproduzierenden
gehören, dass die Frühreife spezieller Gründe wegen wichtig sein kami,
und dass vielfach nur die vegetativen Zweige zur vegetativen Fort-
pflanzung geeignet sind, — dann ersieht man, dass es in der Tat eine
Sache von Bedeutung sein kann, die diesbezüglichen Verhältnisse zu
erforschen.
Es hat sich mir ergeben, dass sich auch bei der Teepflanze ein
derartiger Spross-Dimorphismus nachweisen lässt. Und zwar entsteht
der generative Zweig (oder Kurzspross). wie gesagt, aus der Blatt-
achsel des vegetativen Sprosses; dann aber wächst das freie Ende des
Blütenzweiges zu einem vegetativen Sprosse aus, der nach einiger Zeit
eine Ruheperiode erreicht, und dann wiederum zu einem Blütenast aus-
spriesst. Hier sind also beide Sprossarten gegenseitige Fort-
setzungen. Die sterilen Übergangsknospen müssten in der Grenz-
zone liegen. Nun ist diese Zone hieran kenntlich, dass die Hochblätter
mit lauter Blütenknospen für Übergangsblätter mit Blattknospen Platz
machen; und in der Tat macht sich die Erscheinung geltend, dass die
') 0. F. Cook, Dimorphie branches in tropical crop plants. — US. Dep. of
Agricult., Bur. of PI. Ind., Bull. 198, 1911.
Die Züchtung der Teepflanze.
195
höchstgestellten Blütenknospen vielfach zugrunde gehen, während die
1—2 unteren Blüten meistens gute Früchte liefern. Es scheint somit,
da SS der Übergang vegetativ-generativ die Fruchtbarkeit weniger be-
einträchtigt als der entgegengesetzte, und dass in jeder Blattachsel die
zwei zuerst erscheinenden Blüten die fruchtbarsten sind.
Anfangs habe ich aber diese Verhältnisse nicht berücksichtigt,
und zweifellos ist diesem Umstände die ziemlich hohe beobachtete Steri-
lität teilweise zuzuschreiben.
Bei meinen ökologischen Untersuchungen habe ich immer die
Beobachtungen an verschiedenen Individuen gesondert vorgenommen.
Abb. 23. Holzgei'üst um eineu Saatbaum zwecks des Studiums der Blütenbiologie.
weil die verschiedene Fertilität, besonders Selbstfertilität, die Ergeb-
nisse sonst leicht verwirren könnte; hauptsächlich wurde eine Pflanze
studiert, aber an einigen mehr bzw. minder fruchtbaren wurden die
Resultate ergänzt. Jede einzelne Blüte wurde mittels eines hellroten
waschechten AVollfadens (zwecks besseren Sichtbarmachens) mit einem
Pergamentpapier-Zettel versehen, auf dem mit Bleistift eine Nummer
aufgetragen wurde, welche in einem ausführlichen Protokoll registriert
wurde. Was die Isolierung anlangt, so ist dieselbe angesichts des spär-
lichen, langsamen und fortdauernden ^) Blühens der Teepflanze, das
1) Das ganze Jahr hindurch; bestimmte Blühzeiten habe ich auf Java nicht
beobachtet, doch sind solche für China und Assam wohl angegeben worden.
196 Stuart:
den Einschluss ganzer Zweige ausschliesst, nur an einzelnen Blumen
möglich, und wurde von mir folgendermassen ausgeführt : In jeder Blatt-
achsel wurde nur eine Knospe übriggelassen, auch die Blattbasis Aviirde
zur Verstärkung des Blütenstieles gespart; dann wurde die Knospe in
ein zweiteiliges Säckchen aus Nesseltuch eingeschlossen. Letzteres
bestand aus einer schüsselartigen unteren Hälfte, die um den Blüten-
stiel gebunden war, und einem Oberteil, der über den unteren gestülpt
und mittels eines Gummiringes darum befestigt war, Abb. 22. Das Ein-
schliessen geschah zwei Tage vor dem Aufblühen und die Säckchen
wurden fünf Tage belassen; alsdann wurde vorläufig nur die obere
Hälfte entfernt. Künstliche Bestäubung wurde in dieser Weise vor-
genommen, dass die Spitze des Oberteils abgeschnitten wurde, der
Pollen auf einem Stückchen schwarzen Sammet aufgetragen und dieses
mit einer Pinzette in die Öffnung eingeführt wurde; nach vollzogener
Bestäubung wurde das Loch mit einem Papierbinder abgeschlossen. —
Zur Sterilitätskontrolle liess ich für jede eingeschlossene Blüte eine
gleichaltrige frei abblühen.
Die beschriebene Vorrichtung war nach mehreren Versuchen die
einzige, welche die Blüte vor Abbrechen und sonstiger Beschädigung
schützte. Sie war aber auch ziemlich umständlich und für ausgedehntere
Anwendung (insbesondere Linienzüchtung) kaum brauchbar. Alle Mühe
kann ]a höchstens drei Samen pro Frucht liefern.
Tatsächlich hat es sich mir aber ergeben, dass der Fruchtansatz
bei Isolierung unterbleibt oder jedenfalls nur in seltenen Fällen eintritt.
Ich kann mich noch nicht sehr bestimmt über diese Frage äussern,
weil nur 35 von den 71 Isolierungen sich auf künstliche Bestäubung
beziehen, während ich mich bei den übrigen auf selbsttätige Bestäubung
verlassen habe, weil die Narbe und Staubbeutel sich ja in gleicher Höhe
befinden. Nur in zwei, überdies zweifelhaften, Fällen fand ich Ansatz.
Zwar ist der ,, normale" Ansatz bei freiem Abblühen (hier habe ich nur
ausnahmsweise selbst die Bestäubung ausgeführt und sie sonst den
Insekten überlassen) auch nicht hoch, bei den acht untersuchten Indi-
viduen bzw. 34, 36, 40, 10, 44, 58, 45 und 0°/,, — die letzte Pflanze
zeigt in ausgeprägtester Weise „Blütensterilität". Immerhin ist der
Ansatz bei freiem Abblühen praktisch brauchbar, bei Isolierung nicht.
Das ist aber eben die Hauptfrage bei der ökologischen LTntersuchung,
Es wäre jedoch verfehlt, wenn man diese Hauptfrage jetzt als
endgültig gelöst betrachten wollte. Neben der obigen Methode müssten
ja auch andere geprüft werden. Als solche käme die Isolierung der
ganzen Pflanze mittels Gazekasten in Betracht; sie ist aber praktisch
nicht ausführbar, und zwar wegen des fortwährenden Blühens und der
langen Reifezeit beim Tee. Diese LTmstände würden nämlich einen sehr
lange anhaltenden und dadurch äusserst schädlich wirkenden Einschluss
. Die Züchtung- der Teepflanze. 197
bedingen, und das Isolierungsmaterial, das bei den heftigen tropischen
Schlagregen nur Kupfergaze sein könnte, wäre gar zu kostspielig, nicht
weniger als etwa 250 M. pro Baum.
Somit bleibt nur die räumliche Isolierung übrig, und hier lautet
die Prognose günstig. Es ist seitens des Herrn Direktors Dr. Gramer
der Vorschlag gemacht worden, die Plantagen sollten dazu benutzt
werden; eine Kaffeeplantage könnte z. B. eine Tee-, eine Kautschuk-,
eine Cocapflanze beherbergen, in einer Teeplantage wird man eine
China- und eine Kaffeepflanze isolieren können. Herr Gramer hat
diese hübsche Idee selbst schon in Anwendung gebracht, ich habe auch
damit angefangen und muss einstweilen das Ergebnis abwarten. Diese
Methode würde sich natürlich auch für künstliche Bastardierungen
eignen.
Ausserdem wird diese räumliche Isolierung vielleicht den sichersten
Weg zur getrennten Samengewinnung darstellen. Die Saaternte
wird nämlich in der Praxis derart vorgenommen, dass ein- oder zwei-
mal wöchentlich die abgefallenen Samen zusammengekehrt werden;
selbstverständlich ist es dann nicht möglich, die Samen der einzelnen
Bäume getrennt zu erhalten. Die Samen gleichen einander vollkommen.
Anderseits ist es nicht recht möglich, die Früchte zu pflücken, weil
die Samen unmittelbar nach Eintritt der Reife durch das Öffnen der
Kapsel zu Boden fallen und gegen Unreife sehr empfindlich sind. Dazu
sind die Früchte über den ganzen Baum zerstreut und somit schwierig
zu ernten; um getrennte Nachkommenschaften von nennenswerter Aus-
delinung zu erhalten, müsste man eigentlich das ganze Jahr hindurch
einsammeln. Auf Grund vorläufiger Daten habe ich berechnet, dass
ein einziger Baum im Mittel jährlich ungefähr 1000 Samen, in der
besten .Jahreszeit ca. 120 Samen pro Monat liefern kann; eine überaus
mühsame Arbeit wäre aber dazu erforderlich, alle diese Samen wirklich
zu sammeln. Die räumliche Isolierung (falls sie nicht durch die zu
grosse Entfernung und durch Selbststerilität neue Schwierigkeiten
darbietet!) brächte vielleicht die sichere und leichte Samengewinnung
mit sich. Aber ist dieses Verfahren auch für spezielle Versuche denkbar, für
die Züchtung im grossen Maßstabe ist die hier geschilderte Schwierig-
keit der Saaternte ein bedeutsames Argument für die Massenauslese.
Auf den im vorstehenden mitgeteilten Tatsachen fussend, habe
ich den Saatgartenbesitzern folgende Massnahmen zur Erhöhung und
qualitativen Verbesserung des Ertrages empfohlen. Ein jeder teile
seinen Garten in Stücke von je etwa 100 — 200 Bäumen und sammle die
Samen von jeder Abteilung getrennt; es ist dann ein leichtes, gut
produzierende Stellen von schlechten zu unterscheiden, und vielfach
wird es möglich sein, dem zu steuern, entweder durch eine sachgemässe
198 Stuart:
Bearbeitung, Düngung usw. des Bodens, oder durch die Entfernung
und Ersetzung der mangelhaft fruchtenden Bäume.
§ 6. Ausblicke.
Das Ergebnis der vorstehenden Paragraphen ist allgemein dahin,
zusammenzufassen, dass die Teepflanze der genetischen Analyse und
der Züchtung erhebliche Schwierigkeiten entgegenstellt.
Bedeutende morphologische Unterschiede gibt es innerhalb der
(zunächst für züchterische Zwecke in Betracht kommenden) assamischen
Abart nicht; „reiner" Assam-Tee ist nicht erhalten geblieben; da-
gegen gibt es eine Unmenge von Bastarden, die sich von dem burmanisch-
liinterindischen und dem westchinesischen Formenkreis kaum unter-
scheiden lassen; und der Gebrauchswert der typischen kleinblättrigen
chinesischen Teepflanze ist sehr fraglich. Die beim Assam-Tee auf-
gefundenen individuell-morphologischen Verschiedenheiten aber sind
alle transgressiver Natur und würden schon deswegen die exakte
genetische Analyse beträchtlich erschweren, falls eine solche überhaupt
praktisch ausführbar wäre, was jedoch wohl nicht der Fall ist. Das
Gesagte gilt in noch höherem Grade von den physiologischen oder
chemischen Unterschieden, die zwar konstatiert worden sind, aber noch
nicht auf ihre erbliche Konstanz geprüft werden konnten.
Aus diesen Verhältnissen erklärt sich grösstenteils die auffallende
Erscheinung, dass die Praktiker in dieser Kultur bisher keine Züchtungs-
versuche angestellt, keine ausgezeichneten Individuen entdeckt, ja sich
nicht einmal eine brauchbare Vorstellung von einer hochvollkommenen
Teepflanze gebildet haben.^) Auch die früher schon geschilderten Eigen-
tümlichkeiten der Teekultur (das uniforme Beschneiden imd fortwährende
Pflücken, die gedrängte Standweite, die massenhafte Verarbeitung des
Blattes) sind gewiss mit verantwortlich für das Übersehen individueller
Verschiedenheiten. Unter diesen Bedingungen sieht sich der Züchter
in der Lage, dass er, auf die ökologischen Erfahrungen des vorigen
Paragraphen gestützt, die methodischen Richtlinien des zu befolgenden
Ausleseverfahrens so ziemlich sicher anzugeben weiss ; dass er,
weiter, das Zucht ziel nur in allgemeinen Zügen (Hochertrag, kräftige
vegetative Entwicklung, Immunität) erkennen kann; dass er aber das
unentbehrliche Verbindungsglied, nämlich die Erkennung hervor-
ragender Rassen, erst während der Arbeit und nach vielem Um-
hertappen zu schaffen vermag.
Es ist beachtenswert, dass auch das adoptierte Ausleseverfahren
einen durch Schwierigkeiten gebotenen Verzicht auf theoretische Voll-
kommenheit bedeutet. Das bezweckte Verfahren ist nämlich die
^) Das Gesagte, gilt wenigstens im allgemeinen und bis vor kurzer Zeit; vgl.
weiter unten.
Die Züchtung der Teepflanze. 199
Maesenauslese. Die Gründe seien hier kurz zusammengef asst :
1. Die Teepflanze ist allogam, es sind also bei der Fortpflanzung
komplizierte Bastardspaltungen zu erwarten. 2. Sie ist obligat allogam
oder, was im Grosszuchtbetrieb die gleiche Bedeutung hat, nur in sehr
speziellen (Isolations-) Bedingungen selbstfertil ; Selbstbefruchtung und
exakte genetische Analyse sind also nur ausnahmsweise (d. h. in der
Praxis nicht) ausführbar, 3. Aus den Blühverhältnissen ergeben sich
zahlreiche Hindernisse gegen Isolierung, Bestäubung usw.; besonders
das fortwährende spärliche Blühen und die Höhe der Pflanzen sind als
solche zu nennen, 4. Die Saatmenge ist gering, sowohl pro Frucht wie
pro Baum; jedenfalls ist die Saatgewinnung das ganze Jahr hindurch
zu besorgen, man kann die Früchte nicht pflücken, und eine andere
sichere Methode der individuellen Saaternte gibt es nicht. 5. Der
technische Charakter der Teepflanze als vegetative Organe lieferndes
Gewächs verbietet den Gebrauch frühblühender Rassen; somit wird die
Dauer einer Generation auf mindestens 6 — 8 Jahre zu stellen sein, die
eine richtige mendelistische Analyse auf mehr wie ein halbes Jahr-
hundert erstrecken. Überdies ist zu erwägen, dass die meisten Unter-
scheidungsmerkmale der Teepflanze transgredierender Natur sind.
Zu diesen Gründen gesellt sich also als verstärkender Umstand
das Faktum, dass bis jetzt für die meisten Eigenschaften die direkte
Beurteilung einzelner Rassen nicht möglich ist.
Es erhellt aus den vorstehenden Betrachtungen, dass von den
nach Fruwirth zu unterscheidenden Ausleseverfahren ^) hauptsäch-
lich die Massen- und die Gruppenauslese in Betracht kommen, Indi-
vidualauslese, entweder nach dem „amerikanischen" oder dem , deutschen"
Verfahren (Nebeneinanderführung mehrerer Individualauslesen mit
mehrmaliger bzw, fortgesetzter Auslese von Individuen) scheidet zu-
nächst aus; doch wird gelegentlich Samengewinnung von einzelnen
frei abblühenden Mutterbäumen möglich sein."-)
Die Massenauslese wird folgendermassen ausgeführt: Jedesmal
wird eine relativ kleine Anzahl hervorragender Pflanzen aus den Saat-
beeten herausgegriffen, sobald sie 2 — 3 Jahre alt sind, und in den
räumlich gut isolierten Zuchtgarten (Baumschule) übergepflanzt, und
zwar in gegenseitiger Entfernung von zwei Metern, Zwei bis drei
') Kennzeichnet man mit ihm die ,,A.u sl ese ver f ah r en" durch das Hervor-
heben der Einwirkung von Selbst- und Fremdbefruchtung auf den Erfolg, die
„Z ü c h t u n g s a r t e n" durch die Ziele und durch die Art der verwendeten Variationen
(C. Fruwirth 1914, S. 223), so kann man sagen, die hier anwendbaren Züchtungs-
arten seien die „Neuzüchtung durch Formenkreistrennung und durch Bastardierung".
•) Es ist mir nicht klar, ob Fruwirth (a. a. 0. S. 246) diesen Fall unter die
Individualausleseverfahren einreihen will (ja. Redaktion). Meines Erachtens bildet dieses
Verfahren eine Klasse für sich, auch bei absolut selbststerilen Pflanzen, wie der Rotklee.
Man könnte es „M u 1 1 er au sl es e" bezeichnen.
200 Stuart:
Jahre später fangen die Pflanzen an, einander zu hindern, und jetzt
werden Dreiviertel (d, h. ungefähr eine um die andere) ausgerodet, wobei
eine zweite, schärfere Auslese stattfindet. Schliesslich wird weitere
drei Jahre später die letzte Auswahl gemacht, die Mehrzahl der Bäume
mit Reis von den vortrefflichsten Rassen veredelt. In dieser Weise
werden etwa 0,5 7o des ursprünglichen Bestandes für die Fortpflanzung
behalten (absolut wird diese Anzahl, je nach der Grösse des Gartens,
meistens etwa 50 — 100 betragen). Nach ungefähr acht Jahren ist dann
der Zucjitgarten fertig zum Gebrauch und wird dies wohl mehrere Jahr-
zehnte lang bleiben. Hier werden die Samen, wie gebräuchlich, zweimal
wöchentlich vom Boden aufgehoben, also miteinander vermischt.
Die Absicht besteht, die Naclikommenschaft feldmässig zu prüfen.
Zu dem Zweke ist die Gründung einer Musterplantage mit Fabrik
geplant, die zugleich anderen experimentellen Zielen dienen soll; es
wäre jedoch verfrüht, hierüber schon in Einzelheiten einzutreten. Die-
jenigen Zuchtgärten, deren Nachkommenschaft sich in den vergleichen-
den Versuchen besonders bewährt hat, sollen dann das Saatgut für
Zuchtgärten der nächsten Generation abgeben.
Das Zuchtziel war bis jetzt, wie gesagt, noch unsicher, und eine
kräftige vegetative Entwicklung sowie der Besitz grosser geschmeidiger
Blätter galten im allgemeinen als gute Eigenschaften. In letzter Zeit
habe ich aber angefangen, speziellen Zwecken nachzustreben. Viel-
leicht durch meine wiederholten Aufforderungen angeregt, haben viele
Pflanzer ihre Aufmerksamkeit auf individuelle Verschiedenheiten ge-
lenkt, und bei einer Rundfrage wurden mir ziemlich viele Fälle gemeldet
(meistens aber für Modifikationen gehalten), wo grössere Widerstands-
kraft gegen Krankheiten oder besonders hoher Ertrag beobachtet worden
waren. Ich beabsichtige jetzt alle Pflanzen, die z. B. anscheinend
relativ immun gegen Heiopel tis sind, in einem Zuchtgarten zu
sammeln und hieraus durch Massenauslese eine im Mittel widerstands-
kräftigere Sorte zu züchten. Ebenso mit den reichtragenden Rassen
usw.; und vielleicht wird sich dann später, durch Massenbastardierung
verschiedener Elitesorten, ein Idealbestand darstellen lassen.
Wenn also die Auslese nach dem Prinzip der reinen Linien beim
Tee faktisch aufgegeben ist, so kann man dies nicht schlechthin be-
dauern. Bei einjährigen autogamen Pflanzen mag die reine Linie als
vorbildliches Ausleseverfahren gelten, bei perennierenden und allogamen
Arten muss man zwei wichtige Bedenken erheben: erstens, dass die
ohnehin nachteilige geringe ,, Plastizität" der reinen Linien, bei viele
Jahrzehntehindurch bleibenden Pflanzen doppeltschwer ins Gewichtfällt ;^)
zweitens, dass die erzwungene Selbstbefruchtung bei normaliter allo-
') Beim plötzlichen Auftauchen einer Seuche kann man bei den letztgenannten
auch nicht innerhalb weniger Jahre eine neue immune Sorte züchten.
Die Züchtung der Teepflanze. 201
gamen Organismen erfahrungsgemäss die Wüchsigkeit in folgenden
Generationen schwer beeinträchtigt. Und zu den vorstehenden Gründen
gesellt sich noch ein dritter ; unter den sehr stark wechselnden Verhält-
nissen der Teeplantagen Javas, besonders deren von 0 — 2000 m variierende
Höhenlage und den sehr ungleichen Bodeneigenschaften usw. kann man
unmöglich mit einer kleinen Zahl reiner Linien auskommen ; man müsste
sie vielmehr dutzendweise erzeugen, um einigen Nutzen zu stiften!
Nach allen Richtungen hin muss man bei der Teepflanze die
Massen- oder Gruppenauslese den anderen Verfahren vorziehen.
Einige Worte wären hier noch der wirtschaftlichen Seite des
Teesaatzuchtbetriebes zu widmen.
In Anlehnung an die Geschichte der Svalöfer Zuchtgenossenschaft
hat man vielfach die Meinung geäussert, die Betriebsform dieser rühm-
lichst bekannten Anstalt (besonders die Trennung von Züchtungs- und
Wirtschaftsbetrieb, und die Durchführung der Züchtung von einer
öffentlichen Anstalt) sei der bewährteste und ohne weiteres nachzu-
folgende Typus eines Ausleseinstituts. Aus der Übersicht in Fru-
wirth's Handbuch gewinnt man jedoch die Überzeugung, dass das
System Svalöfs zwar an sich ganz zweckmässig sein mag, dass aber
jedes Land für sich beurteilt werden muss und eben nicht alle Gewächse
{z. B. je nachdem die Auslese schon lange durch Private betrieben wurde
oder nicht) in den Rahmen eines allgemeinen Schemas hineinzu-
zwingen sind.
Bei der Teepflanze sind besonders die nachstehenden Umstände
zu berücksichtigen:
1. Es gibt noch keine sicher hervorragenden
Rassen, deren Vermehrung mit Aussicht auf Gewinn
betrieben werden kann. — Samen von wildwachsenden Tee-
pflanzen sind nicht zu erhalten, es ist überhaupt fraglich, ob wilde
Pflanzen (wofern nicht zwecks „Bluterneuerung") irgendwie den bereits
angebauten vorzuziehen wären. Immune, reichtragende usw. Rassen
sind noch nicht nachgewiesen worden. Es liegt also bis jetzt kein
Grund vor, einzelne Rassen getrennt zu vermehren bzw. einem Wirt-
schaftsbetriebe zur Vermehrung zu übergeben.
2. Die Zuchtgärten mehrjähriger Gewächse
werden, nachdem sie Frucht getragen, nicht aus-
gerottet (schon der langen unfruchtbaren und deshalb unrentablen
Periode wegen), sondern möglichst ausgenutzt. — Es gibt
nun drei Möglichkeiten: entweder der Züchter besitzt die Gärten zuerst
und übergibt sie nach der ersten Samenernte der Verkaufsgenossen-
schaft, oder er behält sie selbst und besorgt den Saatgutverkauf eben-
falls selbst; oder, schliesslich, sämtliche Gärten sind Eigentum der
Verkaufswirtschaft, der Züchter hat die Auslese, die technische Auf-
202 Stuart:
sieht und die erstmalige Ernte zu besorgen. M Der erstgenannte Weg,
der Verkauf fertiger Zuchtgärten und die wiederholte Übersiedlung
des Züchters nach neuen Standorten hat seine eigenartigen Schwierig-
keiten. Ebenso ist die Vereinigung züchterischer und kaufmännischer
Interessen in einem Kopfe, und sogar in einem Betriebe, schwer zu
verwirklichen. Die dritte Methode ist diejenige, die wir für die Tee-
züchtung gewählt haben. Die Auslese wird von der Teeversuchs-
station durchgeführt, alle Gartenflächen gehören dem Reiche (der Gouv.-
Plantage) an, alle Arbeit geschieht für Reclmung des Staates, das
Saatgut soll später vor allem die Bedürfnisse der einheimischen Be-
völkerung decken, zum andern Teil soll es (wie das Cinchona-Elite-
saatgut) zum Vorteile des Staates verkauft werden. Ganz analog aber
übernehmen wir die Auslese und die Überwachung der an Teeplantagen
annexen Zuchtgärten; die ganze wirtschaftliche Seite wird der Plan-
tagenverwaltung überlassen. Hieraus entspringt der grosse Vorteil,
dass man die Verfügung über eine grosse Anzahl weit auseinander-
liegender Zuchtstationen erhält, wobei die scliwierig herzustellende
räumliche Isolierung mittels des immer spärlicher werdenden Urwaldes
über eine grössere Anzahl Mitarbeiter verteilt wird. Die Teilnehmer
aber erhalten auf diesem Wege die besten Saatträgerbestände, die der
Züchter selbst zeitweilig darstellen kann; natürlich werden die später
angelegten Zuchtgärten einen höheren Wert besitzen als die heutigen.
Man hat gegen diese Form des Zuchtbetriebes eingewendet, es
sei doch schliesslich eine Zentralstelle, die Bastardanalysen und
Kreuzungsversuche besorgt, eine Varietätensammlung unterhält und
vegetatives Vermehrungsmaterial von den besten Rassen liefert, un-
entbehrlich; die dritte Betriebsform sei dagegen durch das Fehlen einer
Zentralstelle und eigener Versuchsfelder ausgezeichnet. Es ist jedoch
klar, dass der Züchter bzw. die Züchtungsanstalt sehr wohl eigene
Versuchsfelder und zugleich keine eigenen Saatgärten haben kann.
Vielmehr ist der Unterschied zwischen den genannten Methoden hierin
begründet, dass die erste Saatgärten, die zweite Saatgut, die
dritte Saat träger liefert.
Eine kräftige Stütze erhält die hier verfochtene Methode durch
die nachstehende Überlegung:
3. Saatgut von allogamen, heterozy gotischen
Pflanzen kann nicht ohne weiteres einer Anbauwirt-
schaft zur Vermehrung überlassen werden. — Gesetzt,
nach einer Reihe von Generationen werde eine Elitesorte Z erhalten,
die allen technischen Forderungen entspricht, und man will es einer
Vermehrungsstelle überlassen, jene in den Handel zu bringen; dann
1) Vgl. Briem's Rübenzüchtungswirtschaft in C. Fruwirth 1914. S. 416.
Die Züchtung der Teepflanze. 203
kann man nicht einfach eine Menge Saatgut der vorigen Generation Y
zum Bepflanzen eines kommerziellen Zuchtgartens liefern. Denn die
Voraussetzung sagt aus, dass in jeder Generation Spaltungen auf-
treten — a fortiori bei Massenauslese! und die aus dem Elitesaatgut Y
emporwachsende Generation Z kann unmögUch die gleiche Ware hefern wie
Y! Es ist dies ein fundamentaler Unterschied gegenüber den konstanten
reinen Linien ! Man müsste vielmehr der Saatgutwirtschaft die Samen der
Generation X geben, einen Zuchtgarten bepflanzen mit der aufwachsen-
den Generation Y, diese auslesen, bis sie die Zusammen-
stellung des originellen Zuchtgartens Y hat, und erst
dann ist der Garten gebrauchsfertig. Man kann also die Auslese in
der Y-Generation nicht unterlassen, weil ja sonst die nächste Generation
eine Menge schlechter Biotypen enthalten würde; aber damit fällt der
ganze Zweck dieser Methode fort. Wozu soll man doch die Auslese
von X an wiederholen, einer zentralen Vermehrungsstelle zuliebe, an-
statt die Auslesearbeit von V, W, X und Y jedesmal bei einem Privat-
pflanzer bzw. auf den Staatsdomänen zu machen, und alle diese Stadien
der Züchtung den Gartenbesitzern abzutreten?
4. Der Saatbedarf wird innerhalb einiger Jahr-
zehnte ausserordentlich abnehmen. Während die meisten
europäischen Kulturgewächse jedes Jahr ausgesät werden müssen, und
von den mehrjährigen tropischen Pflanzen u. a. der China-Baum für die
Rindenernte ausgerodet wird, so dass ein regelmässiger Ersatz er-
forderlich ist, gebraucht man das Teesaatgut fast ausschliesslich für
das Pflanzen neuer Gärten, dann allerdings in riesigen Mengen
(8500 Pflanzen oder etwa ^j^ „Maund" pro Hektar, und viele Plantagen
nehmen 300 — 1000 ha ein), aber weil der Teestrauch in einem gut
gepflegten Pflückgarten wohl ^/4 Jahrhundert aushält, wird theoretisch
der Saatbedarf aufgehoben sein, sobald alle brauchbaren und verfüg-
baren örtlichkeiten in Kultur genommen sind. Zwar wird man wahr-
scheinlich dann und wann ältere Gärten von minderwertigem Typus
mit einer guten Sorte konvertieren, aber für diesen Zweck genügt eine
ganz geringfügige Saatproduktion. Auch kann die Kultur in anderen
Teilen des Archipels sich noch ausbreiten; sie tut es auch tatsächlich
in Sumatra mit grossem Erfolg, und auch in Celebes will man den
Versuch machen. Dennoch wird damit die Schwierigkeit offenbar nur
verschoben.
Was wird geschehen, wenn die Schicksalsstunde für die Teesaat-
zucht herannaht? Unerwartet kann sie nicht kommen; wahrscheinlich
wird die verminderte Nachfrage sich in einer Preiserniedrigung geltend
machen, bis zu einem Punkte, wo der Gewinn grösser wird, wenn man
die Zuchtgärten in Pflückgärten verwandelt. Zweifellos werden immer
mehr Pflanzer zu diesem Mittel greifen. Andere werden vielleicht
204 Stuart: Die Züchtung der Teepflanze.
vorziehen, das in den Samen reichlich vorhandene Öl durch Auspressen
zu gewinnen/) aber diese Mögliclikeit wird wesentlich abhängen von
der Anwendung, die dieses flüssige öl in der Technik finden kann.
Es ist ein dem Olivenöl sehr ähnlicher Körper, aber der jetzige Preis
der Teesamen verbietet vorläufig diese technische Verwertung. Nach
Deuss") erhält man ungefähr 1 1 Öl aus 45 „Maund" Samen, und
diese kosten jetzt mindestens 40 Gulden (70 M.) ; eine entsprechende
Preiserniedrigung müsste eintreten, um die technische Gewinnung ren-
tabel zu machen.
Im allgemeinen kann man aber sagen, dass die meisten Saatgärten
im Laufe der Zeit als solche verschwinden müssen, und es liegt auf
der Hand, dass man nur die allerbesten für die Saatgewinnung behalten
wird. Schon jetzt wird es sich empfehlen, die Förderung des Saatzucht-
wesens äusserst kritisch zu betreiben. Ab und zu gibt es durch irgend-
eine Ursache einen Aufschwung in der Teekultur, eine entsprechend
verstärkte Nachfrage nach Saatgut und ein erhöhtes Interesse an Saat-
zucht. Besonders in neuerer Zeit schreitet man dann vielfach zur An-
lage sehr grosser Saatgärten, die dazu mitunter nicht einmal gehörig
isoliert sind. Der Standpunkt, den die Versuchsstation dementgegen
vertritt, ist, dass es nötig ist, die Zahl der tadellosen, nicht aber
die der minderwertigen Saatgärten zu vermehren. Die letzteren
müssten nach und nach ausser Betrieb gesetzt werden.
Ist dann die Zeit gekommen, wo der Saatgartenbetrieb für Privat-
personen nicht mehr rentabel ist (was übrigens angesichts der geringen
Unterhaltungskosten kaum ins Gewicht fallen wird), so könnte viel-
leicht der Staat alle wichtigen Zuchtgärten an sich ziehen bzw. den
Eignern eine Unterstützung verleihen, weil die Instandhaltung noch von
öffentlichem Nutzen wäre.
Und so wird die Teezüchtung schliesslich vielleicht doch ganz eine
Staatswirtschaft werden. Aber vorläufig eignet sich meines Erachtens
die im obigen geschilderte Mischform der öffentlichen und privaten
Zuchtwirtschaft für die Teepflanze am besten.
^) Die Presskuchen sind wegen ihres Saponingehalts für Viehfutter unbrauchbar,
wegen ihres geringen N-gehalts als Dünger ebenfalls wertlos.
2) Siehe J. J. B. Deuss, Over theezaadolie. — Meded. v. h. Proefstat. v. Thee
XXXIII (1914), S. 8.
III.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der
Pflanzenzüchtung.
1. Referate über Arbeiten
in Zeitschriften, sowie über Dissertationen, dann Jahresberichte und Bulletins
von Versuchsstationen.
Einsendung von Abdrücken aller einschlägigen Arbeiten
erbeten.
Einige Herren haben sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt,
für einzelne Länder oder bestimmte sachliche Gebiete die Sorge für
Erstattung von Referaten ganz zu übernehmen. 1917 sind derartige Ver-
einbarungen getroffen worden mit:
Professor Dr. H. Nilsson - Ehle - Lund: Pflanzenzüchtung,
Schweden. — Prof. Dr. Gran, Universität Kristiania : Pflanzenzüchtung,
Norwegen. — Konsulent E. Lindhard-Tystofte pr. Tjaereby: Pflanzen-
züchtung, Dänemark. —Dr. H.Plahn-Appiani-Aschersleben,Mehringer-
strasse 6: Zuckerrübenzüchtung in Deutschland und Österreich. —
(Königl. landw. Botaniker A. Howard-Pusa (Bihar), Indien: Pflanzen-
züchtung, Indien.^) — Direktor A. v. Stebutt der Versuchsstation
Saratow, Russland: Pflanzenzüchtung, Russland.'^) — Dr. L. Koch-
Buitenzorg (Java): Pflanzenzüchtung, Java. — Prof. Dr. Th. Römer-
Halle a.S.: Pflanzenzüchtung, Grossbritannien. — Direktor E. Grabner-
Magyarovär: Pflanzenzüchtung, Ungarn. — Prof. Dr. v. Mandekic-
Krizevci, Slavonien: Pflanzenzüchtung, in südslavischer Sprache.
Für die hier nicht genannten Gebiete sind zunächst Autoreferate
sehr erwünscht, wenn solche innerhalb acht Tagen nach dem Er-
scheinen der Arbeit abgesendet werden.
Die Referate sind entweder als Autoreferate gekennzeichnet oder
von dem' betreffenden Referenten gezeichnet; von dem Redakteur er-
stattete bleiben ungezeichnet.
^) Referate können nach freundlicher Mitteihmg jetzt wieder erstattet werden.
^) Nach freundlicher Mitteilung können Referate jetzt nicht gesandt werden.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII. i k
206 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
AumüUer, F. Nutation und Feinheitsgrad der Spel-
zen bei zweizeiliger Gerste. (Illustrierte landw. Zeitung
1919, S. 430—431, 2 Abb.) Als Merkmal für die Feinheit des Kornes
wird zwar in erster Linie die Feinheit der Kräuselung der Spelzen
betrachtet, die bei engerem Schluss derselben stärker ist, während bei
loserem Schluss die Falten grösser sind. Daneben wird aber auch die
stärker nutierende Gerste als feiner angesehen, also eine solche, die
bei Reife die Ähre stärker nicken lässt. Das Fehlen der Beziehung
stärkere Nutation, feiner Halm, starke Kräuselung der Spelzen, gute
Kornqualität ist aber mehrfach festgestellt worden. Verfasser gibt
dafür auch Beispiele aus der Gerstenzüchtung von Stadler und
verweist besonders darauf, dass die neben der Kräuselung genannten
anderen Merkmale durch die Jahreswitterung erheblich beeinflusst
werden können.
Backhouse, W. The inheritance of glume length in
Triticum polonicum.^) (Journ. of Genetics 7. Bd.. S. 125 — 135,
1918.) B. fand bei Durchsicht eines Sortimentes Tr. polonicmn keine
Sorte ohne Behaarung der Spelzen. Je kürzer die Spelzen, desto stärker
ist die Behaarung. Deutlich behaarter Tr. polonicum X Tr. durum ohne
Spelzenbehaarung gab F^-Pflanzen mittlerer Spelzenlänge und erheblich
stärkere Spelzenbehaarung als Tr. polonicum Elter. Die F^ genau
klassifiziert, ergab 172 Pflanzen mit langen ( > 22 mm) + mittellangen
(15 — 22 mm) + 55 mit kurzen Spelzen (<15 mm). Letztere gaben in
F3 40 behaarte + 15 unbehaarte die mittellangen 85 behaarte + 31 un-
behaarte Nachzuchten, wobei die ..behaarten" teils konstant behaart,
teils behaart + unbehaart sind. Die Nachzucht der Fo-Pflanzen gab
nur Pflanzen mit schwachem Haarsammt. — Dieselbe Polonicum-Sorte
wurde mit stark behaartem, schwarzem Tr. turgidum gekreuzt. F.
stark behaart, weiss (? R), F2 514 lange und mittellange + 178 kurz-
spelzige Pflanzen. Neben der Korrelation : lange Spelzen : unbehaart
macht sich hier noch die Abstossung langer, farbiger Spelzen geltend.
Alle langspelzigen Pflanzen sind weiss, nur die kurzspelzigen spalten
3 : 1 in Farbe. Die Farbe der Spelzen erwies sich gleichzeitig un-
abhängig von der Behaarung. — Von der Kreuzung Rivet X Tr. polo-
nicum (mausgrau X weiss), die in England in F, und F., weissspelzig
ist. baute B. die Fo in drei verschiedenen Zonen Argentiniens an. Im
Norden waren alle F-^-Pflanzen weissspelzig. in der Höhe von Buenos
Aires einige etwas gefärbt, im Süden war der Unterschied zwischen
23 weissen und 7 farbigen Pflanzen deutlich. Aber auch hier tritt die
Spelzenfarbe nur bei kurzspelzigen Pflanzen auf. Die mausgraue Farbe
des Rivet-Elter blieb iedoch in allen drei Zonen unverändert. R.
^) Vererbung der Spelzenlänire bei Triticum polonicum.
Neue Erscheinungen auf dem Uebiete der Pflanzeuzüchtung. 207
Bartlett, H. The s t a t u s o f t h e in u t a t i o n t h e o r y w i t h
especial reference to Oenothera.^) (American Naturalist
1916. S. 513 — 529.) Vom Verfasser sind bei Oenothera stenomeres
Mutationen beobachtet worden, die sich nicht als Bastardspaltungen
erklären lassen. Die Besonderheiten einer der Mutationen, jener von
lasiopetala, finden sich bei keiner anderen Form von Oenothera. und
von allen diesen Formen ist die Oenothera stenomeres geographisch
getrennt. Die Mutationen wurden erst nach 4 Generationen einer
reinen Linie der selbstbefruchtenden, praktisch kleistogamen Oenothera
stenomeres beobachtet (American .Journal of botany 1915, S. 100 — 109.
4 Abb.). Massenmutation, die bis dahin nur bei Oenothera Reynoldsii
bekannt war, wurde vom Verfasser bei Oenothera pratincola fest-
gestellt, bei welcher selbst bis 499 Mutanten unter 500 Pflanzen ge-
funden wurden. Es wurden Mutationen gebildet, die sich auch bei
-anderen Oenotheren finden, und solche, die dieser Form eigen sind.
Letztere geben, miteinander bastardiert. wieder die Mutation, mit der
als männlich verwendeten Elternform bastardiert die Mutation, mit
der als weiblich verwendeten Elternform bastardiert die Elternform.
Die Massenmutation ist von starker Unfruchtbarkeit, wenig Samen,
begleitet. (The botanical gazette LX. 1915, S. 425—456, 15 Abb.) —
Gestützt auf diese Arbeiten gibt Verfasser, in der im Titel genannten
Veröffentlichung, eine Darstellung des heutigen Standes der Mutations-
theorie. Die Ansicht, dass die Mutationen zwar nicht auf mendelistischer
Grundlage erklärt werden können, aber doch mit Bastardierung zu tun
haben, ist gegenwärtig eine sehr verbreitete. Bartlett steht da-
gegen auf dem Boden der Erklärung desselben durch Mutabilität, und
zwar sowohl für die Mutationen, welche gleich viel Chromosomen be-
sitzen, wie die Ausgangsformen, also wie Oenothera gigas und Oenothera
lata (l). als für jene, welche dieselbe Chromosomenzahl aufweisen (II).
Unregelmässigkeiten in der Chromosomenverteilung sind auch schon
von Gates. Lutz zur Erklärung herangezogen worden. Pollen-
abortierung ist nicht nur als Bastardierungsfolge anzusehen, sondern
auch als Mutationsfolge. Dass Veränderlichkeit der Erbmasse nur
durch Bastardierung herbeigeführt wird, wie die Vertreter der Bastar-
dierungserklärung behaupten, ist nicht zu beweisen, ebenso können
allerdings die Vertreter der Mutabilitäthypothese bei keiner Pflanze
behaupten, dass nie unter den Vorfahren derselben Bastardierung ge-
vnrkt hat. sie können nur für eine beschränkte Zahl von Generationen
genetische Reinheit nachweisen. Für die Mutation der Klasse I ist
der Nachweis, dass sie mit Mendeln nichts zu tun haben, nicht nur
cytologisch gegeben, sondern auch durch die Vererbungserscheinungen,
da keine derartige Mutation, wenn mit der Elternform bastardiert,
^) Der Stand der Mutationstheorie mit besonderer Berücksichtiffunff von Oenothera.
208 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
mendelt. Aber auch für die Klasse II lehnt B a r 1 1 e 1 1 die Zurück-
führung auf Bastardierung ab, speziell die Erklärungsversuche von
Bateson, Davis, Renner, Heribert Nilsso n. Gegen den
Versuch von Davis, die Oenothera Lamarckiana synthetisch durch
Bastardierung von Oenothera franziscana X Oenothera biennis aufzu-
bauen und die auch dann vorhandene Mutabilität zu zeigen, wendet
er ein, dass die eine verwendete Art, Oenothera biennis, selbst schon
mutiert. Erklärung durch Mendeln macht die Annahme nötig, dass
die Mutanten, die rein vererben, mendelnde Rezessive sind. Das trifft
für die Klasse I nicht zu. Die Klasse II vererbt entweder bei Selbst-
befruchtung rein (IIa) oder gibt dabei Mutante und Elternform (IIb).
Das Verhalten bei II a ist oben für die Mutanten von Oenothera pratin-
cola angegeben worden. Es hat mit Mendeln nichts zu tun und lässt
sich erklären, wenn die Bildung von 2 Arten von Gameten angenommen
wird. Im gegebenen Falle sind jene, welche die Mutanten entstehen
lassen, weiblich. Dieselbe Erklärimg kann auch für IIb herangezogen
werden. Gameten « seien jene genannt, welche die unterscheidenden
Merkmale übermitteln, Gameten ß jene, welche die allgemeinen Eigen-
schaften vermitteln, « mit ß konjugieren, gelegentlich auch « mit »,
aber nicht ß mit ß. manche Arten erzeugen «- und /^-Gameten beiderlei
Geschlechts, andere nur eine Art bei einem Geschlecht. Die Annahme
nicht gleichwertiger Gameten lässt auch die Unfruchtbarkeit erklären,
sowie, dass reziproke Bastarde in manchen Fällen immer gleich, in
anderen Fällen imgleich sind, manche rein vererben, andere epalten.
In dem Falle von Oenothera pratincola wird angenommen, dass die
meisten weiblichen Keimzellen «-Gameten, die mämilichen /^'-Gameten
sind und viele /^-Gameten mutiert sind. Zum Schlüsse weist Bartlett
auf Bateson's Versuch mit ..rogues" bei Erbse hin. die ersterer
als Mutanten auffasst und die nichts mit Bastardierung zu tun haben.
— In einer späteren Arbeit (La Rue, C., und Bartlett, H.. Ge-
netics III, 1918, S. 207—224) wairde bei Mutanten von Oenothera
Reynoldsii, die sich dui'ch verschiedene Höhen voneinander unter-
scheiden, nachgewiesen, dass diese durch Zahl und Anordnung, nicht
durch Grösse, der Zellen bedingt ist. — In einer weiteren Arbeit (C o b b ,
Fr., and Bartlett, H.. Journ. of the Washington Acc. of Science
1919. S. 462 — 483) werden die Massenmutationen bei Oenothera pratin-
cola. die in Bildung gedrehter, statt flacher Blätter bestehen, nach
obigem Erklärungsversuch beurteilt: Bei den Formen (strains). die
Massenmutation zeigen, besitzen die «-Gameten keine Anlage für
flächenförmige Ausbildung der Blätter. Die Zygoten sind «/^ff und
«/?FF. die Mutante ist «'/^ff. Bei Oenothera pratincola sind die
Gameten weiblich. Es handelt sich hier um Mendeln. Die reziproken
Bastarde sind dabei einander bei mendelnden Eigenschaften gleich, flach:
Neue ErscheinungeQ auf dem Gebiete der Pflauzeazüchtun^. 209
a' ßfiXaßFi=oc' ßFf. in F2 spaltend in 1 flach: 2 spaltend, flach:
1 gedreht; « /^F F X «' /?f f = « /*F f, in F 2 auch spaltend in 1 flach nicht
mutabel : 2 flach, spaltend für Flachheit und MutabiUtät : 1 flach, aber
mutabel.
Becker. Serologische Untersuchungen auf dem Ge-
biete von Pflanzenbau und Pflanzenzucht. (Landwirt-
schafthche Jahrbücher LIII, 1919, S. 245—276.) Über die Feststellung
der Artzugehörigkeit durch Antiserums hinaus, wurde auch eine Unter-
scheidung von Sorten versucht. Eine solche gelang bei Bachtal- gegen-
über Frankengerste und Petkuser- gegenüber schwäbischem Landroggen,
dagegen zunächst nicht bei Versuchen, mit Weizensorten.
Brotherton, W., and Bartlett, H. Cellmeasurementasan
aid in the analysis of quantitative Variation.^) (Americ.
Journ. of Botany 1918, S. 192—206.) Die Feststellung der Vererbung
der Grösse soll begleitet sein von einer biologischen Analyse. Die
quantitativen Verschiedenheiten können von Verschiedenheit in Zahl
oder in Grösse der Zellen bedingt sein, oder durch beides. Grösse
wird, ausser durch Vererbung, durch äussere Verhältnisse und durch
Heteroßis beeinflusst. Mit Beziehung auf erstere haben die Verfasser
bei Licht und Phaseolus vulgaris festgestellt, dass im Dunkeln die
Internodien 3 — 6 mal länger als im Licht sind und von dieser Ver-
längerung 34 ^/(, auf grössere Häufigkeit der Zellteilung, der Rest auf
Vergrösserung der Zellen entfällt. Primäre und sekundäre Zellen ver-
halten sich bei Teilung verschieden, und um zwischen Einfluss der
Teilung und der Zellgrösse unterscheiden zu können, müssen die
beiderlei Zellen getrennt betrachtet werden.
Cohen Stuart C. Abasisforteaselectio n.^) (Bulletin du
jardin botanique de Buitenzorg 3. Serie, Vol. I, S. 193—320, 9 Tafeln.)
Englische Übersetzung der holländisch geschriebenen Arbeit „Vor-
bereitende Untersuchungen zur Züchtung der Teepflanzen" (Referat
s. Zeitschr. f. Pflanzenz. Bd. IV, S. 209).
Correns, C. Fortsetzung der Versuche zur experi-
mentellen ^-^ er Schiebung der Geschlechtsverhält-
nisse. (Sitzungsberichte der preussischen Akademie der Wissen-
schaften. Mathematisch naturwissensch. Klasse, 1918, L. S. 1175 bis
1200. 3 Abb.). Die Fortsetzung jener Versuche mit Melandrium, über
welche hier bereits berichtet worden ist (Zeitschr. f. Pflanzenz. Bd. VI,
S. 98). bestätigt das Ergebnis: sehr viel Pollen führt zum Überwiegen
von weiblich (31,65 % männlich), wenig Pollen zu jener von mehr
männlich (43.78 °/o männlich). Ein weiterer Versuch mit massig viel
^) Zellenmessung als Hilfsmittel bei der Untersuchung quantitativer Variationen.
^) Eine Grundlage für Teezüchtung.
210 Neue Erscheinuugen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Pollen gab mittel viel männlich (40,24 und 41,17% männlich), massig
viel Pollen gab bei halbierter Fruchtkapsel mehr weiblich aus der
oberen, mehr männlich aus der unteren Kapselhälfte.
Correns, C. Capsella Bursa pastoris albovariabilis
und chlor in a. (Sitzungsberichte der preussischen Akademie der
Wissenschaften, mathem. physik. Klasse, 1919. XXXIV, S. 585—609,
4 Abb.) Der eine der beschriebenen Fälle von Chlorophyllvariationen
beim Hirtentäschelkraut ist aus dem Grunde besonders bemerkenswert,
da er eine Erbanlage zeigt, welche nicht nur phänotypisch, sondern
auch genotypisch veränderlich ist, so dass, mit Rücksicht auf letzteren
Umstand, Auslese Wirkung zeigen kann, während doch auch Vererbung
des Wesentlichsten eintritt. Es wird angenommen, dass die Mosaik-
bildung weiss — grün durch eine an eine Anlage gebundene Krankheit
veranlasst wird, die aber stärker oder schwächer werden kann und dass
typica normal, nicht krank, ist. Die Anlage wird vererbt, die
Stärkung oder Schwächung kann durch Auslese verändert werden, so
dass Auslese mehr weisser Pflanzen oder solcher Äste zu stark weissen
Pflanzen, Auslese mehr grüner Pflanzen oder solcher Äste zu schliesslich
konstant vererbenden grünen Pflanzen führt. Bis zui" Erreichung
konstant vererbender grüner Pflanzen kann aber bei der Auslese nach
Grün auch wieder Entgegenauslese nach Weiss vorgenommen werden.
Edler, W. Die Verzweigung der Acker bohne. (Füh-
hngs landwirtschafthche Zeitung 1919. S. 441—450.) Von 1907 bis
1917 wurde bei einer Anzahl von Sorten der Ackerbohne (Vicia Faba L.)
— mit Ausschluss des Jahres 1911 — eine Massenauslese nach Ver-
zweigung betrieben. Es wurde mit verzweigten und unverzweigten
Pflanzen innerhalb jeder Sorte begonnen und in jeder der 2 Gruppen
immer wieder eine Auslese von verzweigten bzw. unverzweigten
Pflanzen vorgenommen, immer bei Anbau 15 . 30 cm. In nahezu allen
Jahren war bei allen Sorten die Zahl der verzweigten Pflanzen in der
Zucht auf Verzweigung grösser als in der Zucht auf Einstengeligkeit,
eine Steigerung der Neigung zur Verzweigung durch die 10 jährige
Auslese war aber bei keiner Sorte zu beobachten. Die äusseren Ver-
hältnisse wirken auf die Verzweigung so stark ein. dass die erblichen
Unterschiede ganz zurücktreten. Eine Überlegenheit der verzweigten
Pflanzen gegenüber den unverzweigten war weder bei Kornertrag noch
bei Kornschwere festzustellen.
Emerson. R. Genetical studies of variegated peri-
carp in maize.^) Geneties II. 1917, S. 1 — 35.) Früher (Zeitschr.
für Pflanzenz. II. S. 509) war vom Verfasser gefunden worden, dass
Maissamen um so eher rein gefärbte Kolben entstehen lassen und um
*) Vererbungsstudien bei gemischtfarbiger Fnichthaut bei Mais.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 211
60 seltener gemischt gefärbte oder farblose, je mehr nahezu reinfarbig
sie sind. Derartig gebildete, rein gefärbte Kolben verhalten sich wie
Fj zwischen rein gefärbten und gemischt gefärbten oder zwischen rein
gefärbten und farblosen Rassen, je nachdem der gemischt gefärbte
Elter homozygotisch oder heterozygotisch für Perikarpfarbe war und
je nachdem bei ihm Selbst- oder Fremdbestäubung stattfand. Rein
gefärbte Kolben erscheinen auch gelegentlich neben den normalen, ver-
schieden gefärbten in Fj einer Bastardierung zwischen einer farblosen
Rasse und einer verschieden farbigen und verhalten sich so wie
Bastarde zwischen rein gefärbten und farblosen Rassen. Zur Er-
klärung des letzteren Falles wurde angenommen, dass in einer
Meristemzelle eine mendelnde Anlage für Gemischtfärbigkeit V in eine
Anlage für Rein- (Rot-) färbigkeit s verwandelt wurde und alle von
dieser Zelle abstammenden Perikarpz eilen Farbstoff bilden und von
allen von ihr stammenden weiblichen Geschlechtszellen die Hälfte die
Anlage s, die andere die Anlage V führen und eine ähnliche Anlagen-
änderung Geschlechtszellen bedingt, die s statt V führen.
Nunmehr wird zusammenfassend berichtet, dass bei Mais mehrere
Fälle von abweichender Färbung des Kornes beobachtet worden sind.
Die beobachteten Abänderungen wurden früher somatische genannt, sie
werden jetzt als sporophytische bezeichnet, da sie durch Abänderungen
in solchen meristematischen Zellen bedingt sind, aus welchen sowohl
Geschlechtszellen als auch somatische Zellen entstehen können. Solche
Abweichungen gingen von rein rot und rein orange zu rot mit weisser
Krone, rot an der Basis, mehr als die Hälfte und weniger als die Hälfte
des Kornes rot. mehr rote Streifen, weniger rote Streifen, ganz wenig
solcher, zu farbloser Fruchthaut. Ausserdem fand sich rote Färbung
der Krone. Drei der Abweichungen waren mit solcher der Spindelfarbe
verbunden. Rein gefärbte, teilweise rein gefärbte, gemischt gefärbte
und farblose Früchte von Kolben mit verschieden gefärbten Früchten,
die aus Bastardierungen mit Pflanzen iuit farblosen Früchten ent-
standen sind, geben Nachkommenschaften, die rein gefärbte Kolben
ungefähr in dem Verhältnis enthalten, in welchem rein gefärbte Früchte
in der Saat vorhanden waren. Mittelstarke Gemischtfärbung erwies
sich als dominierend zu sehr schwacher solcher Färbung. In der Nach-
kommenschaft einer derartigen Bastardierung überwogen rein gefärbte
Kolben mehr auf Kosten der mittelstark gemischtfarbigen als auf
Kosten der leicht gemischtfarbigen. Diese Tatsachen weisen darauf
hin. dass eine Anlage für Gemischtfärbigkeit V zu einer Anlage für
Reinfärbung s verändert wird, aber nur eine der Anlagen so variiert:
V V in V S, nicht in S S, und dass die Anlage für mittelstarke Gemischt-
färbung häufiger variiert als jene für leichte Gemischtfärbung. Die
Abweichungen verhalten sich gegenüber Vererbung verschieden. Die
212 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflauzenzüchtung.
Veränderung von gemischt gefärbtem zu fast rein gefärbtem Korn wird
nach obigen Ausführungen vererbt, ist also Variation. Dagegen wurde
die Veränderung von leicht bis mittelstark verschieden gefärbtem
Korn zu dunkler Färbung der Krone, die mit Reinfärbung der Spindel
verbimden ist, nicht vererbt, ist also Modifikation. Mikroskopische
Untersuchungen führten zu der Erkenntnis, dass das Fehlen der Ver-
erbung im letzten Fall darauf zurückzuführen ist, dass die Veränderung
in Epidermiszellen vor sich ging, während die Geschlechtszellen aus
subepidermalen Zellen entstehen. Die Serie von erblichen Ab-
weichungen, die oben erwähnt wurde, weist darauf hin. dass eine für
Färbung der Fruchthaut und der Spindel grundlegende Anlage mehr-
mals in verschiedener Weise variiert hat. Die Konstanz der rein
gefärbten und der farblosen Form ist eine vollkommene, dann folgen
selche rein gefärbte Formen, die 1 — 4 — 5 gemischt gefärbte Früchte
an ier Mehrzahl der heterozygotischen Kolben aufweisen, dann eine
leicht verschieden gefärbte Form, in welcher Veränderung zu reiner
Färbung selten eintritt, selten früh genug, um die Vererbungsschichte
zu beeinflussen, häufig aber erst später; eine sehr dunkel gefärbte
Form lässt die Veränderung sehr häufig eintreten, alle ihre Kolben
haben rein oder nahezu rein gefärbte Früchte. Formen mit mittelstark
veränderten Früchten nehmen eine Mittelstellung betreffend Häufigkeit
ein. Die ausgesprochenen Veränderungen der Fruchtschalenfarbe ver-
erben mendelnd. Mit der verschiedenen Häufigkeit der Veränderung
einer Anlage, wie sie sich hier bei Mais zeigte, hängt es zusammen,
dass Auslese in reinen Linien, selbst in vegetativen Linien, zwar ge-
wöhnlich kein Ergebnis liefert, aber in einzelnen Fällen doch ein
solches zeigt. In der Entwicklungsgeschichte würde eine solche Ver-
änderung keine weitere Rolle spielen, wenn, wie dies bei Mais der Fall
ist. immer nur dieselben Veränderungen von Zeit zu Zeit erfolgen und
die Veränderungen auch wieder in der umgekehrten Richtimg. zurück,
verändert werden können.
Evans, M. Th e f lo wering habits o f tim o thy.^) (.Journal
of the American Soc. of Agronomy VHL 1916. S. 299—309. 1 Tafel.)
Ohne auf die vorhandene Literatur einzugehen, werden die eigenen
Beobachtungen mitgeteilt, die 1912 — 15. besonders 1914. zu New London
in Nord Ohio gemacht wurden. Die Staubbeutel treten zuerst aus,
dann die Narben, und erstere öffnen sich bei einer Blüte erst, wenn
die Narben derselben bereits einige Zeit hindurch ausgebreitet sind.
Das Blühen beginnt im oberen Teil der ährenförmigen Rfspe, die
Blüten an der Basis blühen zuletzt: ein Blütenstand benötigt 6 — 16 Tage
zum Abblühen. Die meisten Blüten öffnen sich des Morgens, von un-
gefähr Mitternacht bis ungefähr zur Zeit des Sonnenaufganges. Ge-
^) Die Blühgewohnheiten von Lieschgras.
Neue Erscheiauageu auf dem Gebiete der rflanzenzüclitung. 213
nauer ausgedrückt wurden um 8 Uhr abends keine, um 10 Uhr abends
keine oder ganz wenige, um Mitternacht nur einzelne wenige Blüten
(in 10 von 14 Nächten, nur einmal mehr) offen gefunden, um 2 Uhr
früh mittel bis viel (an 4 Tagen von 14 keine), um 4 Uhr mittel bis
viel (an 3 Tagen von 14 keine), um 6 Uhr wenige bis sehr wenige
(an 5 Tagen keine), um 8 Uhr früh keine. Helles Wetter und Tem-
peraturen um oder über 21 " C. sind am günstigsten, war die Temperatur
24 Stunden vorher unter 18 " C, so wurden keine geöffneten Blüten be-
obachtet. Die Beobachtungen stimmen mit den von anderer Seite ge-
machten (Handbuch der Pflanzenzüchtung II/3, S. 240) im wesentlichen
überein, weichen nur bei den Blühzeiten an einem Tag stärker ab, was
offenbar mit dem Klima der Beobachtungsorte zusammenhängt. Das
Blühen erscheint in Ohio noch weiter gegen die Nacht zurückgeschoben
als bei den Beobachtungen des Referenten.
Kalt, B. Der Begriff „Originalsaatgut" und seine
Anwendung bei der Züchtungsanerkennung. (Fühlings
landwirtschafthche Zeitung 1919. S. 460 — 471.) Es wird durch eine
weitere Festlegung des Begriffes Originalsaatgut ein Beitrag zu der in
der Literatur bisher nicht eingehender behandelten Züchtungsan-
erkennung geboten. Der Begriff wird nun wie folgt umschrieben:
„Originalsaatgut ist die erste Verkaufsware einer methodischen, ziel-
bewussten und konsolidierten Züchtung, die im Betriebe des Züchters
oder unter seiner Aufsicht (in seinen Vermehrungsstellen) gewonnen
wird." Neu ist dabei die Umschreibung der Züchtung. Die Kom-
missiohsmitglieder hatten diese Umschreibung zwar gewiss immer vor
Augen, während der Kriegsjahre waren aber die Versuche, die höheren
Preise für Originalsaatgut zu nutzen, so häufig, dass eine genaue
Festlegung immerhin wünschenswert ist, da sie Enttäuschungen der
Anmeldenden und Auseinandersetzungen mit der Kommission ver-
meiden lässt. Eine Anerkennung von Landsorten hält Verf. praktisch
für überflüssig, da diese Sorten ihre Anerkennung bereits gefunden
haben. Letzteres trifft wohl nur für Gebiete zu, in welchen der Sorten-
frage seit längerer Zeit Beachtung geschenkt worden ist.
Kiessling, L, 11. Bericht der bayrischen Landes-
saatzucht anstalt in Weihenstephan (1914 — 1918).
(Landw. Jahrb. für Bayern 1919, Heft 6. 7. 8, 178 Seiten.) Die Kriegs-
verhältnisse Hessen eine Berichterstattung schwer zu, es wurde daher
erst jetzt ein Gesamtbericht über die Jahre 1914 — 18 erstattet, der die
Teilung des Stoffes in L Zur Geschichte der Anstalt, II. Innere Ver-
suchstätigkeit. III. Lehrtätigkeit und Veröffentlichnugen, IV. Die
baATischen Saatzuchtstellen. V. Saatbauförderung, VI. Ackerbauliche
Förderungsarbeit und VII. Vereinigungen zur Förderung des Acker-
baues und Saatfruchtbaues aufweist. An erster Stelle findet sich ein
214 Nene Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
ausgezeichnetes Bild des Gründers der Anstalt, C. Kraus, dem K i e s s-
1 i n g auch in den Berichten d. deutschen botanischen Gesellschaft 1918^
2. Generalversammlungshett, einen Nachruf schrieb. Unter II. ist be-
sonders die Mitteilung von Verträgen bei Abgabe von Zuchtsaatgut
zur Vervielfältigung und bei Abgabe von Züchtungen zur Weiter-
züchtung hervorzuheben. Über die Züchtungsarbeiten bei den einzelnen
Pflanzen und über die Anbauversuche mit verschiedenen Sorten und
eigenen Züchtungen muss der Bericht eingesehen werden, der zahlreiche
bezügliche Angaben enthält. Soweit sich an diese Versuche wissen-
schaftliche Arbeiten anschliessen, die bereits veröffentlicht wurden, ist
über dieselben an dieser Stelle bereits berichtet worden. Dies Arbeiten,
sowie kleinere Veröffentlichungen Kiesslings und solche der
Assessoren Raum und Hampp sind unter III. angeführt, woselbst
sich auch Mitteilungen über einen 1917 abgehaltenen zweitägigen Kurs
über Fragen der Saatenanerkennung finden, dessen Programm an-
geführt wird. In dem Bericht über die Saatzuchtstellen sind die
Grundsätze für die Schaffung von Vermehrungsstellen von Zuchtwärt-
schaften niedergelegt. Aus Abschnitt V interessiert die Statistik über
Sortenzugehörigkeit (bayrische und nichtbayrische) bei den zur An-
erkennung angemeldeten Feldern, die Ausführungen über die 1917 ge-
schaffenen Kartoffelbaustationen und jene über die Überwachung des
Gemüsesamenbaues durch Einführung der Saatenanerkennung für Ge-
müse. Wie weit die Tätigkeit der Anstalt in die landwirtschaftlichen
Kreise gedrungen ist, das zeigt Abschnitt VII. der über die Tätigkeit
der Kreisackerbauverbände, des Bayrischen Saatzuchtvereins und des
Bayrischen Rübenbauverbandes berichtet.
Kryz, F. Eine Methode zur raschen Ermittelung
des spezifischen Gewichtes für die technische Kar-
toffelprüfung. (Zeitschr. f. das landwirtschaftliche Versuchswe.^en
in Österreich 1919. S. 127 — 130.) Das spezifische Gewicht wird noch
immer häufig zur indirekten Ermittelung der Trockensubstanz und
des Stärkegehaltes der Kartoffel verwendet. Am häufigsten wird zur
Feststellung des spezifischen Gewichtes bei kleinen Mengen die zeit-
raubende Stohmann'sche Spitzenmethode verwendet, bei grossen
meist die auf dem archimedischen Prinzip beruhende Wage für je
5 kg; weniger eingeführt hat sich die ungenauere Ermittelung in Salz-
lösungen verschiedener Dichte. Verfasser schlägt vor: Entnahme eines
Zylinders aus der Knolle mittelst einer Messingröhre von 8 — 10 mm
Durchmesser. Abwägen in Glasschale auf analytischer Wage (G.). Ein-
bringen des Zylinders in eine — bis zu einem bestimmten Kubik-
zentimeter-Teilstrich mit destilliertem Wasser von 17,5 ° gefüllte —
Bürette. Ablesen der Wasserverdrängung gibt dann das Volumen (V.),
der Quotient aus Gewicht und Volumen ist dann das spezifische Gewicht.
Neue Erscheinunpen auf dem Gebiete der F'ihmzenzüchtung. 215
Ein Vergleich zeigte dem Verfasser, dass diese Methode mit der
piknometrischen Bestimmung weit mehr übereinstimmt als die Stoh-
m an n' sehe.
Kuijper, J. Die Entwicklung des weiblichen Ge-
schlechtsapparates bei Theobroma Cacao. (Recuil des
travaux botaniques Neerlandais XL, 1919, S. 37—43, 6 Abb., 1 Tafel.)
Das Fehlschlagen einer so grossen Zahl von Blüten bei Cacao Hess
es für möghch erscheinen, dass schon bei der Bildung des weibüchen
Geschlechtsapparates Missbildungen vorkommen, durch welche dieser
unbrauchbar v/ird. Nach den mitgeteilten Untersuchungen war die
Entwicklung aber normal. Bei diesen Untersuchungen wurde die
Chromosomenzahl mit 16 festgestellt. Sehr viele Blüten fallen vor der
Befruchtung ab, andere nach Anschwellen des Fruchtknotens und nach
erstem Heranwachsen der Frucht. Verf.. der das Eindringen des Pollen-
schlauches nie feststellen konnte, hat den Eindruck gewonnen, dass
Parthenokarpie vorkommt, eine Ansicht, die F a b e r teilt.
Leidner, R. Vorschläge zur Vereinfachung der tech-
nischen Durchführung von Feldversuchen. (Landwirt-
schaftliche Jahrbücher LIV, 1919, S. 283—288.) Um die Zeit für den
Drusch bei Durchführung von vergleichenden Versuchen auf kleinen
Teilstücken, aber mit je zahlreichen Kontrollteilstücken, auf etwa die
Hälfte abzukürzen, empfiehlt Verf. ein von ihm erprobtes Verfahren.
Es wurden dabei die Erträge der Teilstücke gleich bei Schnitt ge-
wogen, die Ernten aller Teilstücke einer Sorte in einer gemeinschaft-
lichen Haubengruppe zum Nachreifen aufgestellt und. nach nochmaliger
Wägung (lufttrockenes Gewicht von Korn und Stroh), zusammen ge-
droschen.
Love, H., and Craig, W. Smallgrain in vesti gati o ns.^)
(Journ. of Heredity IX, 1918, S. 67—76. 7 Abb.) Kurze Übersicht über
die hier schon referierten Arbeiten, die an der Abteilung für Pflanzen-
züchtung an der Cornell Universität, in Verbindung mit dem Amt
für Getreideforschung, ausgeführt worden sind.
Love, H., and Craig, W. The synthetic production of
wild wheat forms.-) (Journ. of heredity X, 1919, S. 50 — 65,
10 Abb.) Bei der Bastardierung von Early red chief von Triticum
vulgare mit var. Marouani von Triticum durum wurde in Fo unter
103 Pflanzen zwei Pflanzen erhalten, welche dem wilden Weizen ähn-
lich waren: zerbrechende Spindel, lange Basalhaare, längeres Korn,
flache Ähre; dagegen waren die Ährchen breiter als bei der Wildform..
Eine der beiden Pflanzen war teilweise begrannt, die andere unbegrannt,
*) Getreideforschungen.
■^) Pie synthetische Erzeugung der Formen von wildem Weizen.
216 ^Jeue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Es wird nach dem Ergebnis des Versuches angenommen, dass der wilde
Weizen von Palästina, Triticum dicoccum dicoccoides Körnicke (Triti-
cum hermonis Cook), seine Entstehung einer natürlichen Bastardierung
verdankt, und es wird danach die Frage aufgeworfen, ob tatsächlich
Triticum hermonis die Ausgangsform unserer Kulturweizen ist oder
nicht etwa eine gleichzeitig entstandene Form.
Love, H., and Craig, W. F e r t i 1 e w h e a t — r y e h y b r i d s. ^)
(Journ. of heredity X, 1919. S. 194—207. 11 Abb.) Unter vielen
Bastarden von Weizen mit Roggen, die unfruchtbar waren, wurden
auch wieder zwei erhalten, die fruchtbar waren. Einer der beiden
Fälle wird beschrieben. Es war der Weizen Dawson's golden chaff
mit Roggen bastardiert worden. Die eine in Fj erhaltene Pflanze ent-
sprach den bisher beobachteten Eigenschaften eines Weizen-Roggen-
Bastardes und gab einen Samen. Die F.^-Pflanze ähnelte der F^-
Pflanze und gab wieder nur einen Samen, der eine Pflanze lieferte,
die dem Weizen mehr nahe stand als die F^- und F.,-Pflanze. F4
heferte nun eine grosse Zahl von Varianten. Die Nachkommenschaft
solcher Fj-Pflanzen war wesentlich winterfester, als es Weizen ist.
Es würde unter dortigen Verhältnissen von Wert sein, wenn die guten
Eigenschaften des Weizens mit der grösseren Frosthärte des Roggens
auf diese Weise zu vereinen wäre.
Oakley, R., and Garver, S. Medi cago f alcata. (Bull. 428,
U. St. Dep. of Agric. Bureau of Plant Industry 1917.) Eingehende
Beschreibung von Medicago falcata, dem Sichelklee, die hauptsächlich
zu dem Zwecke gegeben wird, um Züchter zur Arbeit mit dieser Pflanze
anzuregen. . In dieser Beziehung sind die Ausführungen über die
Variationen, die sich im Bau der einzelnen Teile der Pflanze finden,
von besonderem Interesse. Die Verfasser versprechen sich nicht so
sehr von der Züchtung durch Formkreistrennung innerhalb des Sichel-
klees grosse Erfolge, als von Bastardierungen. In trockenen Gebieten
mag immerhin auch eine durch Auslese erhaltene Form des Sichelklees
von Bedeutung sein, aber selbst in diesem treten Bastarde zwischen
diesem und der gemeinen Luzerne in Wettbewerb, da sie mehr als
einen Schnitt geben und manche von ihnen auch sehr widerstandsfähig
gegen Kälte und Dürre sind. Auf solche fruchtbare Bastarde zwischen
den genannten 2 Arten hat Hansen auch schon aufmerksam gemacht,
desgleichen der R eferent. der auch immer betont hat. dass es wenig
Luzernebestände gibt, welche nicht viele solche Bastarde enthalten,
zu deren Bildung Ja immer Gelegenheit gegeben ist. (Die Züchtung
landw. Kulturpflanzen Bd. III. 1. Aufl. S. 193; 2. S. 213. 214; 3. S. 230.)
Die Verfasser weisen darauf hin. dass die Verschiedenfärbigkeit der
Blüte als Kennzeichen für solche Bastarde nicht immer vorhanden sein
') Fruchtbare Weizen-Roggen-Bastärde.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 217
muss. Dies kann Ref. auch bestätigen. Während natürhch entstandene
Bastarde in Europa nur solche zwischen der gemeinen Luzerne und
dem Sichelklee, M. falcata, sind, gibt es in Nordamerika noch andere
gelbblühende Luzerneformen, mit welchen bastardiert werden kann. Die
Verfasser haben zu Highmore auch Bastarde zwischen dem Sichelklee
einerseits und Luzerne aus Peru und Arabien hergestellt.
Raum. Beiträge zur Praxis der Grassamenerzeu-
gung und des Grassamenbaues. (Illustrierte landwirtschaft-
liche Zeitung 1920, S. 25 und 26.) Bei den Züchtungs arbeiten mit
Gräsern, die in Weihenstephan durchgeführt werden, sind bereits einige
Ergebnisse erzielt worden. Bei Fioringras sind 2 Formen in Ver-
mehrung genommen worden, die sich durch im .Jahre verschiedenzeit-
liche Entwicklung unterscheiden; bei Wiesenrispengras fand sich die
von Botanikern unterschiedene breit- und schmalblättrige Form in den
Populationen vor und es werden viele Individualauslesen dieser Gräser
geführt. Eine Reihe, auch äusserüch unterscheidbarer. Formen wurde
bei Wiesenfuchsschwanz isoliert. Von Rotschwingel wurde eine sehr
stark ausläufertreibende Form gefunden, die auch v. Weinzier 1 schon
isoliert hatte; bei Wiesenschwingel wird ein solcher aus den bayrischen
Alpen weitergeführt. Von Goldhafer wurden böhmische und tiroler
Herkunft gebaut, innerhalb je einer, dieser Herkünfte waren wenig
Unterschiede zu beobachten. Bei französischem Raigras wurden nur
feinere Unterschiede gefunden und das erbliche Erhalten derselben war
schwieriger. Gleiche Schwierigkeit bei Erhaltung boten die vielen
Formen bei Knaulgras. Bisher wurde nur eine frühe und eine spät-
blühende Form herausgezüchtet. Wenig Unterschiede waren bei
Timotheusgras zu beobachten. Mehrere Formen wurden bei englischem
Raigras beobachtet, dem die Verhältnisse des Zuchtgartens wenig
zusagen.
Raum, S. Zur Kenntnis des italienischen Raygrases
unter besonderer Berücksichtigung seiner Züchtung.
(Fühhngs landw. Z. 1920, S. 28—37.) Es werden die grossen Unter-
schiede hervorgehoben, die bei diesem Gras bezüglich Lebensdauer vor-
handen sind. Die Samenerträge, die erzielt wurden, bewegen sich
zwischen 7 imd 8 dz je Hektar. Die Weihenstephaner Züchtung von
Lohum italicum umfasste ursprünglich 64 Individualauslesen, zwei der-
selben, eine mehr begrannte. Nr. 36, und eine mehr unbegrannte, Nr. 2,
wurden schliesslich behalten. Die Zuchten blühten frei nebeneinander
ab und es wurde dabei in 3 Auslesen weder reine Begrannung noch reine
Grannenlosigkeit erzielt.
Rasmuson, H. Zur Frage von der Entstehungsweise
der roten Zuckerrüben. (Botaniska Nötiger 1919. S. 169—180.)
Rote Rüben, die in der Zucht von Zuckerrfiben an der Zuchtstätte
21 ö Neue Erscheimmgen auf dem Gebiete der Pflaazenzüchtung-.
Hilleshög gefunden worden waren, blühten zusammen, aber räumlich
getrennt von anderen Rüben, isoliert ab. Sie gaben bezüglich Farbe
eine Nachkommenschaft, die nach 9:3:4 in rote, gelbe und weisse
Rüben gespaltet war, bezüglich der Form neben Zuckerrüben- auch
Futterrübentypen zeigte, in Wachstuinsweise übrigens Verhalten wie
die Zuckerrübe zeigten, ebenso bei Kontraktionsrunzeln zum Teil sich
wie Zucker-, zum Teil wie Futterrüben verhielten, im Zuckergehalt
ebenso. Alle Erscheinungen sprechen dafür, dass es sich bei den auf-
gefundenen Rüben um F^ eines Ergebnisses einer zufälligen Bastardie-
rung einer Zucker- mit einer Futterrübe gehandelt hat. und Verf. ist
geneigt, alle oder doch die meisten, in Zuckerrübenzüchtung auf-
getauchten, rofen Rüben als solche Bastardierungsergebnisse zu be-
trachten. Die häufig gemachte Annahme einer Degenerations-
erscheinung durch Selbsthjestäubung, langjährige Inzucht, teilt Verfasser
zunächst nicht und ist geneigt, teilweise Unaufmerksamkeit bei der
Isolierung und so ermöglichte Bastardierung als Ursache anzunehmen.
Jedenfalls wäre es notwendig, zur Stützung der ersterwähnten Annahme
die Nachkommenschaft von Rüben zu untersuchen, bei welchen der-
artige Entstehung behauptet wird.
Richardson, C. A f u r t h e r n o t e o n t h e G e n e t i c s o f F r a -
garde.i) (Journ. of Genetics 7. Bd.. 1918. S. 167—171.) Die Unter-
schiede in Blütenfarbe sind undeutlich; blassrot X weiss Frag, vesca
gibt rote F, und in Fg 20 rote : 57 blassrote : 10 weisse bzw. nahezu
weisse Pflanzen. Einfache X gefüllte vesca-Blüten gaben in F.^ an-
nähernd 3 einfach : 1 gefüllt. Ausserdem sind einige weitere Angaben
über Geschlechtsvererbung gemacht als Ergänzung zu früher referierter
Arbeit und praktische Winke für die Heranzucht der Sämlinge. R.
Roberts. H. Y e 1 1 o w - b e r r y in h a r d w i n t e r w h e a t. -)
(Journ. of agric. research XVIII. 1919. S. 155—169.) Bailey hatte
1913 in einer Veröffenthchung der Kansas landwirtschaftlichen Ver-
suchsstation gezeigt, dass gelbe Körner bei Weizen erblich sind.
Roberts befasste sich nun an derselben Station mit der Frage der
gelben Körner weiter, wobei unter dieser Bezeichnung Weizenkörner
verstanden werden, die entweder ganz oder teilweise weisslich-gelb er-
scheinen, bei uns als mehlige, weiche oder aber als übergehende be-
zeichnet werden. Es wurden 77 reine Linien von Winterweizen ab-
wechselnd mit Reihen von Kharkov-Weizen 1907 und 1908 bei gleichem
Standraum auf einer Fläche gebaut und die Ernte untersucht. Die
Feststellimg der Glasigkeit und Mehligkeit erfolgte, der Kontrolle
halber, durch zwei unabhängig voneinander beurteilende Herren.
^) Eine weitere Mitteiluns" über die Vererbungsverhältnisse bei Erdbeeren.
-) Gelbe Körner in hartem (glasig-em) Winterweizen.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pfiauzenzüclituug. 219
Körner, bei welchen unter der Hälfte der Oberfläche melüig erschien,
wurden als neutrale ausgeschieden. Der Prozentanteil mehhge Körner
über die Versuchsfläche hin stieg und fiel bei den reinen Linien und
den zwischengebauten Linien der Kontrollsorte ungefähr gleichartig,
so dass demnach der Eintluss der äusseren Verhältnisse, hier der Boden-
verschiedenheiten, stärker als der erbhche erscheint. Später reifende
Sorten zeigten höhere Mehhgkeitsprozente. Immerhin wird der erb-
liche Einfluss vom Verf. nicht verneint, aber er tritt gegenüber den
äusseren Einwirkungen zurück. Die mehhgen Körner haben gegenüber
den glasigen kleinere Grösse der je grössten Stärkekörner, höheres
Einzelkorngewicht, geringeres spezifisches Gewicht, höheren Wasser-
und Stärkegehalt, geringeren Protein- und Aschengehalt.
Tornau. Einige Mitteilungen über \^ariabilitäts-
verljältnisse in einem konstanten Weizenstamm.
(Journ. f. Landwirtschaft 67. Bd., 1919, S. 111—149.) Bei einer seit
1905 auf der Zuchtwirtschaft von M e y e r - Friedrichswert geführten
Individualauslese von Mold's red prolific-Winterweizen wurde das
Schwanken (die Variabilität) physiologischer Eigenschaften untersucht.
Die Individualauslese wird als reine Linie angesehen, die betrachteten
Eigenschaften sind Kornertrag pro Pflanze, Kornanteil am Gesamt-
ertrag. Tausendkorngewicht und Bestockung. Zur Untersuchung heran-
gezogen wurden nur die Jahre 1907, 1908, 1911, 1912, in welchen je
über 120 Einzelpflanzen bearbeitet worden sind. Die stärksten
Schwankungen der Mittel der Linie in den verschiedenen .Jahren finden
sich bei den Eigenschaften, die mit dem Kornertrag in Zusammenhang
stehen, was darauf zurückgeführt wird, dass diese Eigenschaft eben
von mehreren Anlagen bedingt wird, wie wohl die meisten physio-
logischen Eigenschaften. Die Standardabweichung schwankt unab-
hängig vom Linienmittel und wird weniger stark von der Witterung
der einzelnen Jahre beeinflusst. Die Feststellung der Korrelation
zwischen den verschiedenen Eigenschaften zeigt für je eine Korrelation
nicht gleiches Verhalten in den einzelnen .Jahren, sondern Abhängigkeit
von der Witterung des Jahres. Am deutlichsten ausgeprägt^ erscheint
die + Korrelation zwischen Kornertrag und Bestockung. Mittel,
Variabilitätskoeffizient, Standardabweichung und Korrelation beziehen
sich hier immer auf Modifikabilität. da es sich j^a nur um eine reine Linie
handelt. — Für Erblichkeitsfragen kommen in dem Material nur die
Untersuchungen bei zwei Zweigen der Linie, die 1907 abgezweigt
wurden, in Vergleich mit der Haupthnie in Betracht. Die bei diesen
3 Zweigen bei den fünf Eigenschaften ermittelten Zahlen lassen keine
erbhche Veränderung bei diesen Eigenschaften erkennen, die Unter-
schiede liegen sowohl bei dem arithmetischen Mittel als bei der
Standardabweichung innerhalb der Fehlergrenze.
220 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der I'flanzenzüchtung.
Wagner, M. Abbauerscheinungen am Hopfen und
Organisation in der Hopfenzüchtung. (Deutsche landwirt-
schafthche Presse 1919, S. 788.) Nach seinen Erfahrungen im Neu-
tomischler Hopfenbaugebiet tritt \'erf. für eine von zentraler Stelle
aus organisierte Züchtung bei Hopfen ein, die lokal auf die Erzielung
einheitlicher Bestände guter Pflanzen, durch Auslese geeigneter
Pflanzen mid Verbreitung von Setzern derselben einwirken soll. Er
hatte vor dem Krieg im erwähnten Gebiet bereits mit solcher Aus-
lese begonnen.
White, 0. Inheritance of endosperm color in maiz e.^)
(American Journ. of Botany 1917, S. 394 — 406.) CaUfornia golden pop-
Mais mit gelbem Endosperm gab, bei Bastardierung mit Caragua-Mais,
Zea Caragua, mit weissem Endosperm, eine F^ mit weissem und eine
Fo mit weissem : gelbem Endosperm wie 3:1. Die Fo weissen Körner
gaben weisskörnige Nachkommen oder weiss- und gelbkörnige nach
3:1, die F^ gelben Körner (mit 2 Ausnahmen) gelbkörnige. Gelb
zeigte in Fo und Fo starke Abstufungen. Es wird eine Anlage A an-
genommen, die Endospermfarbe unterdrücken kann. Anlage Y für
gelbe Färbung wird in beiden Eltern angenommen. California wäre
YYaa und Caragua AAYY.
"VVTiite. 0. Breeding new castor beans.'-') (Journ. of
heredity IX. 1918, S. 195—200, 5 Abb.) Kurze Darstellung der
Bastardierungsverhältnisse bei Rizinus, die auf Grund der Versuche
(siehe zweitfolgendes Referat) gegeben wurde.
White, 0. Inheritance studies in Pisum. III. The in:
heritanceofheightinpea s.^) (Memoirs of the Torrey Botanical
Club 1918, S. 316—322, I.Abb.) Der Befund Mendels, dass hohe
Form mit niederer bastardiert eine Fj gibt, die so hoch oder höher als
der hohe Elter ist und in Fo nach 3 hoch und 1 nieder spaltet, bleibt
auch weiter aufrecht. Er ist aber schon durch Untersuchungen von
Lock, Bateson, Keeble und Pellew komplizierter geworden
durch die Feststellung halbhoher Formen. White fand nun bei Unter-
suchung von über 200 Erbsenformen, dass eine weitere Unterteilung
nötig ist, welche dann zu weiterer Komplikation der Vererbungsverhält-
nisse führt. — Die hohen Formen müssen in solche mit 40 — 50 langen.
40 — 20 langen und 30 — 21 sehr langen Achsengliedern getrennt werden .
Bastardierung innerhalb der hohen Formen gibt zwar in F^ und Fo nur
hohe, aber solche von verschiedenem Typus, wobei grosse Zahl Achsen-
-güeder gewöhnlich über geringe Zahl dominiert. — Bei den halbhohen
*)^Vererbungsnntersuchnng:en bei Endospermfarbe von Mai».
*) Neuzüchtung von Rizinusformen.
^) Die Vererbung der Höhe bei Erbse.
Neue Erscheinungen auf dem (iebiete der Pilanzenzüchtung. 221
Formen kann man solche mit langen Gliedern, die in geringerer Zahl
wie bei den hohen, 10 — 20, vorhanden sind, von jenen unterscheiden, die
kurze Glieder besitzen. Halbhoch mit langen GUedern mit halbhoch
mit kui'zen bastardiert, gibt in F^ hohe mit langen Gliedern und in F^
eine Spaltung 9 hohe mit langen GHedern : 3 halbhohen mit langen
Gliedern : 3 halbhohen mit kurzen Gliedern und zu 1 niederen; halb-
hohe mit halbhohen vom gleichen Typus bastardiert, geben halbhohe,
halbhohe mit kurzen Gliedern mit hohen mit 20 — 40 Gliedern
bastardiert, geben in F^ hohe mit langen Gliedern, in F2 tritt Spaltung
von 3 hohen mit langen Gliedern : 1 halbhohen mit kurzen ein; halb-
hohe mit langen Gliedern bastardiert mit hohen mit 20 — 40 Ghedern
bringen eine F^, die hoch ist und eine Fg mit annähernd 3 hoch zu
1 halbhoch, alle mit langen Gliedern. Niedere Formen haben alle kurze
Glieder, 8 — 20 an der Zahl. — Als Vererbung wird angenommen Le für
lange, Le^ für sehr lange, T für 20—40 Glieder, T^ für 40—60 GUeder,
T2 für 20—30 Gheder, le für kurze, t für 10—20 Glieder. Danach ist:
Le, T = 20—40 lange Gheder, hoch.
Le. T, = 40—60 lange Glieder, hoch.
Lei, T, = 20—30 sehr lange Gheder, hoch.
Le, t = 10 — 20 lange Glieder, halbhoch,
le, T z^ 20—40 kurze Glieder, halbhoch,
le, t — nieder.
White, 0. Inheritance studies on castor beans.^)
(Brookhn Bot. Garden Memoirs 1918, S. 513—521, 6 Tafeki.) Obwohl
Rizinus eine einhäusige Pflanze ist, bei welcher die Übertragung des
Blütenstaubes hauptsächlich durch den Wind erfolgt, zeigt sich doch
nui' geringer Erfolg von Fremdbestäubung. Dies ist wohl auf das nahe
Beisammenstehen von weibhchen und männlichen Blüten und die leichte
Proterandrie zurückzuführen. Bei Bastardierungen wurde festgestellt:
Stengelfarbe: rot angelaufen X grün gibt F^ mit rot angelaufenem
Stengel und Spaltung in Fo von rotangelaufen : grün, wie 3:1 — rot
angelaufen X mahagonifärbig gi]^ rosastengelige F^ und in F, rot an-
gelaufen : rosa : mahagoni. wie 1:2:1 — rosastengehg X rot an-
gelaufen liefert rosastengelige F^ und in Fo rosa zu rot angelaufen, wie
3:1. Bei mahagonifärbigen Stengeln sind auch Blätter und Früchte
so gefärbt; bei rosa und rot angelaufenen sind die Blätter grün, besitzen
aber rot- oder grünstengelige Mittelrippen; bei dunkelpurpurroten
Stengeln sind die Blätter und Früchte dunkelpurpurrot. — Überzug,
der die ganze Pflanze bedeckt, verhält sich, gegen Fehlen desselben,
bei -Bastardierung in Fj als dominierend und die Spaltung in F2 ver-
läuft nach 3 Überzug : 1 Fehlen desselben. — Aufspringen der
^) Vererbungsstudien bei Rizinus.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtimg. Bd. VII. 16
222 Neue Erscheinimiieu auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
K ap s ein X Geschlossenblühen gibt in F^ Pflanzen mit aulspringenden
Kapseln und in Fg, auf 9 solche mit aufspringenden, 7 solche mit nicht
aufspringenden. Bei Samenschalenfarben dominiert chokoladen-
färbig über schwarz, rot, weiss und grün. F2 wurde nur bei Bastar-
dierungen von rot mit braungrün verfolgt., die Spaltung war 3 braungrün
zu 1 rot, wobei rot nicht so ausgesprochen wie bei dem einen Elter war,
so dass auf mehr als ein Anlagenpaar geschlossen werden muss. Die
Fleckung der Samenschale kann sein: grob geädert, fein geädert, punk-
tiert und gefleckt; einzelne grosse Flecke. Grob mit fein geädert gab in
Fj feingeädert und eine Fg mit 3 fein : 1 grob geädert. Ovaler Um-
riss der Samen zu rundlichem verhielt sich bei Bastardierung so,
dass in F^ ovaler Umriss erscheint, in F2 oval : rundhch wie 9 : 7 vertreten
ist. Bei Grösse der Samen zeigte sich in F^ Zwischenbildung, in
F2 starke Spaltung, in F3 vererbten extreme Grössen sowie Zwischen-
bildung rein. Genetische Korrelation zwischen den Anlagen der stu-
dierten Eigenschaften konnte nicht festgestellt werden. Gesteigerte
Wüchsigkeit durch Heterozygotie wurde bei einer Anzahl von Bastar-
dierungen beobachtet, wenn sie auch bei einzelnen anderen fehlte. Sie
kann bei Rizinus gut ausgenutzt werden, da die Beseitigung der männ-
hchen Blüte bei dem einen Bestand leicht ist und bei dem anderen Be-
stand Pollen in grosser Menge gewonnen und leicht verstäubt
werden kann.
2. Bücherbesprechuiigen.
Verslag van de der de vergadering van het tech-
nish personeel van de particuliere prof stations en
van ambtennaren van het Department vor Landbouw,
Nijverheid en Handel. Grossoktav. 88 S., 21 Tafeln, 1 Karte,
Landsdruckerij, Batavia 1915. Enthält die auf der Versammlung zu
Djocja gehaltenen Vorträge und Mitteilungen. Soweit Pflanzenzüchtung
in Frage kommt, sind an Vorträgen zu nennen: v. Faber, Grund-
lagen der Züchtung, v. Leersum^ Züchtung des Chinarindenbaumes,
Gramer. Züchtung von Hevea und Kaffee, und Cohen Stuart,
Züchtung von Tee.
Frnwirth, C. Handbuch der landwirtschaftlichen
Pflanzenzüchtung. Bd. III: Die Züchtung von Kar-
toffel, Erdbirne. Lein, Hanf, Tabak. Hopfen. Buch-
weizen, Hülsenfrucht ern und kleeartigen Futter-
*) Bericht über die 3. Versammlungr der technischea Beamten der privaten Ver-
suchsstationen und der Beamten des Departments für Landwirtschaft. Industrie und
Handel.
Neue Erscheiaungen auf dem Gebiete der Pflanzeazüchtuug. 223
pflanzen. (3. gänzlich umgearbeitete Auflage. Oktav, 240 S., 45 Abb.
Verlag von Paul Parey in Berlin, 1919, 19 M.) Im vorliegenden dritten
Band hat der Abschnitt, welcher der Züchtung der Kartoffel gewidmet
ist, eine grundlegende Neubearbeitung erfahren. Sehr weitgehend sind
die Änderungen, die bei der Darstellung der Züchtung von Lein, Hopfen
und Tabak vorgenommen worden sind. In den früheren Auflagen nicht
enthalten waren die Ausführungen über die Züchtung der Soja. Der
Verfasser hatte sich mit eigenen Versuchen, unter den in diesem Band
behandelten Pflanzen, bei Kartoffel, Hanf, Hülsenfruchtern und Klee-
arten beschäftigt. Der Umfang des Buches hat. gegenüber der letzten
Auflage, um 17 Seiten, die Zahl der Abbildungen um 10 zugenommen.
Unter letzteren finden sich jetzt auch einige bildliche Darstellungen
von Ausleseschemas, welche den Überblick über die Durchsuchung er-
leichtern sollen. Das Handbuch der landwirtschaftlichen Pflanzen-
züchtung wird, mit der im Frühjahr 1920 ausgegebenen 5. Auflage von
Band I, in den Bänden I bis einschliesslich IV in neuer Auflage vor-
liegen.
Molisch, H. Pflanzenphysiologie als Theorie der
Gärtnerei. (3. neubearbeitete Auflage. Grossoktav. 326 S.,
145 Abb., Verlag von Gustav Fischer, Jena, 1920, 20 M.) Das Buch
ist auch in schwierigen Zeiten seinen Weg gegangen. Der ersten, im
Jahr 1915 ausgegebenen Auflage ist nun die dritte gefolgt. Der an
cheser Stelle erfolgten Besprechung der ersten und zweiten Auflage ist
nur wenig anzufügen, da das Buch seit Erscheinen der zweiten Auflage
nur kleine Ergänzungen und eine Vermehrung der Zahl der Abbildungen
um acht solcher erfahren hat. In dem kurzen Abschnitt ., Variabilität,
Vererbung und Pflanzenzüchtung", der hier am nächsten berührt, ist
bei Bastardierung eine kleine Erweiterung vorgenommen worden. - Der
Gesamtumfang des Buches ist nahezu der gleiche geblieben.
16*
V.
Kleine Mitteilungen.
a) Wissenschaftliche.
Die Ermittlung des Einzelkorngewichtes einer Pflanze.
Von Saatzuchtleiter W. Hansen, Mahndorf.
Die Ermittlung des Einzelkorngewichtes einer Zuchtpflanze ge-
schieht bekanntlich durch die Division des Gesamtkorngewichtes der
Pflanze durch die Gesamtzahl deren Körner; die Korngrösse steht
dabei in Beziehung zu der Entwicklung der Pflanze. Bei dieser Be-
rechnung haben stark bestockte Pflanzen mit vielen Nachwuchsähren
immer ein zu geringes durchschnittliches Einzelkorngewicht, da die
weniger gut entwickelten Körner mitgezählt werden, während die
schwach bestockten Pflanzen derselben Nachkommenschaft ein viel
höheres Einzelkorngewicht aufweisen.
Zudem ist das Körnerzählen eine zeitraubende Arbeit, die zuver-
lässige Hilfskräfte erfordert. Zählfehler bis zu 20 ^Iq werden leicht
bei der Tausendkornberechnung übersehen, da nur die extremen Korn-
grössen unserem Auge wahrnehmbar sind. Die automatischen Zähl-
apparate versagen in der Praxis oder arbeiten zu langsam, wir wären
somit fernerhin angewiesen, die Körner mittels einer Pinzette in
zehn Kornhäufchen zusammenzuschieben; beim Überzählen dieser
Häufchen werden von den Leuten die meisten Rechenfehler begangen.
Um über das Kornzählen eine sichere Kontrolle zu haben und
möglichst einwandfrei die Korngrösse zu ermitteln, empfiehlt es sich,
statt aller Körner einer Pflanze nur zweimal 50 gute Körner ab-
zählen zu lassen. Zeigen die Gewichte dieser beiden 50-Kornproben
grössere Abweichungen, so ist es nicht zeitraubend, diese kleinen Korn-
mengen nachzuzählen. Allerdings gibt es ausnahmsweise Pflanzen,
die ein so ungleich entwickeltes Korn haben, dass die beiden Proben
gewisse Abweichungen aufweisen, es trifft besonders bei Pflanzen mit
sehr geringer Kornzahl zu.
226
Kleine Mitteilungen.
Tabelle I.
Mahndorf er Winterweizen, Fam. 16, Ernte 1919.
Pflanze
Nr.
Zahl
Halme
Gewicht
von 50 Körnern
Probe
I 11
1000-
Korn-
gewicht
Korn-
gewicht
der
Pflanze
1
2
3
4
5
7
9
6
8
8
3,0 3.0
2,8 2.8
2.8 2,8
2.9 3,0
2,9 2.9
60
56
56
59
58
12.7
17.5
11,3
16.8
14,7
Das Tausend-Korngewicht, berechnet nur an den guten Körnern
der Pflanze, hat ferner den Vorteil, dass die weniger voll entwickelten
Körner, die stark die durchschnittliche Korngrösse beeinflussen, nicht
mitgezählt werden. Vor allem aber geht das Zählen von zweimal
50 Körnern bedeutend schneller vor sich, als wenn alle Körner durch
die Finger gehen.
Diese Ersparnis tritt besonders deutlich beim Zählen der Hafer-
körner zutage.
Tabelle II.
Mahndorf er Hafer, Fam. 4, Ernte 1919.
ui
Kornzahl
Wirkliches Komgewicht
Berechnete«
1000-Komgewicht
Ä
Durch-
a
Haupt-
Neben-
deren
Haupt-
Neben-
deren
Haupt-
Neben-
schnitt
aller
t
körner
körner
Summe
kömer
körner
Summe
körner
körner
Körner
der
Pflanze
1
2
3
4
5
6
7
8 9 , 10
1
97
117
214
5,0
4,0
9,0
52
1
34 i 42
2
48
57
105
2,5
2,0
4,5
52
35 43
3
117
144
261
5,7
4,5
10,2
49 1 31 ! 39
4
36
61
97
2,0
2,4
4,4
55 ' 39 1 45
5
120
167
■287
6,0
5,4
11,4
50
32
40
Die Haferkörner sind (Tabelle II) in Haupt- und Nebeukörner
zerlegt und die Tausend-Kornberechnung getrennt an diesen Korn-
arten sowie der Gesamtkornzahl der Pflanze ermittelt. Dabei zeigt
sich aus Spalte 8 — 10 ein deutliches Verhältnis dieser drei Korngi'uppen
zueinander. So hat die Pflanze 3 in allen drei Spalten (8 — 10) das
kleinste Korngewicht, während Pflanze 4 wiederum einheitlich in diesen
drei Spalten das höchste Korngewicht aufweist.
Kleine Mitteilungen. 227
AVo es auf eine schnelle Ermittlung der Korngrösse ankommt,
könnte die Ermittlung, ohne grösseren Fehler zu begehen, nur an den
Hauptkörnern ^) geschehen, dadm'ch erübrigt sich das Zählen aller
Körner sowie das Entfernen der tauben Früchte.
Es ist zuzugeben, dass beim Zählen aller Körner der Pflanze
das Kümmerkorn mit erfasst wird, und je mehr Kümmerkörner die
Pflanze hat, desto geringeres Einzelkorngewicht erhalten wird. Ob-
wohl das Abfallkorn ein unerwünschter Faktor der Zuchtpflanze ist,
ist es oft, wie anfangs angedeutet, eine Begleiterscheinung zu starker
Bestockung der Pflanze und kann an einer Pflanze allein nicht als ein
Selektionsmoment angesehen werden.
Obwohl die Grosskörnigkeit des Stammes nicht immer in Kor-
relation mit höchsten Kornerträgen ist, müssen wir in der Gross-
körnigkeit ein Zeichen für gute Entwicklung der Zuchtpflanze sehen,
daher kommt es uns gerade bei diesem Auslesefaktor auf unbedingt
zuverlässige Zahlen an.
Methoden einer exakten Prüfung des Fortschrittes bei der Zuckerrübenzucht.
Paritäts- und doppelte Standard-Methode.
Von Georg von ßyx.
Leiter der Polnischen Getreide- nnd Kartoffelzncht-Gesellsehaft Oltarzew.
Wie bekannt, nmss eine zahlenmässige Feststellung der Ergeb-
nisse immer als das Endziel der Arbeit des Züchters betrachtet werden.
Zu diesem Behuf besitzen wir nur einen Weg, und dieser wäre: Das
Vergleichen einiger Zuchtrichtungen im selben Jahr
untereinander und ferner der letzten mit den früheren
Jahrgängen. Das Überwiegen der Ergebnisse weist
auf den Fortschritt, das Gegenteil auf den Rück-
schritt der Zucht hin.
Bis zurzeit wissen wir kaum anders den Wert unserer Arbeit zu
prüfen, und doch, obwohl sich dieses, in ein paar Worten ausgedrückte,
Prinzip so einfach und klar darstellt, ist es doch wirklich anders, also
bedeutend komplizierter und schwieriger.
Vor allem müssen wir bedenken, dass, wenn es sich um ein ober-
flächliches Vergleichen von zwei oder mehreren Werten, z. B. zweier
oder mehrerer Längenausmaße, handelt, es genügt, diese nebeneinander
hinzustellen, um die Unterschiede „nach dem Auge" festzustellen. Wenn
aber diese Prüfung ein wissenschaftliches Merkmal, also eine ziffern-
mässige Begründung, besitzen soll, dann wird die Benutzung einer
anderen, sozusagen „abstrakten" Konstante, vermittels welcher wir
das gegenseitige Verhältnis der verglichenen Werte, so wie dieser zu
der Konstanten, bestimmen können, notwendig sein.
^) Frnwirth: Fühlinü's landw. Zeitung: 1907.
228 Kleine Mitteilungen.
Diese Konstante wird, weil sie uns zum Messen aller anderen
Werte dienen soll, einfach ,.Maß"'. „Ausmaß", „Maßstab'' oder „Muster",
üblich aber. „Standard'' genannt.
Etwas Ähnliches haben wir bei der Züchtung der landwirtschaft-
hchen Nutzpflanzen. Hier, wenn es sich um einen Vergleich, in einem
und demselben Jahr, von einigen oder mehreren, sich im Ertrag oder
in den physiologischen Eigenschaften (z. B. bei der Rübe, in ihrer
Fähigkeit, Zucker in der Wurzel zu speichern) unterscheidenden Indi-
vidualauslesen (Familien), handelt, können wir einen x behebigen,
jedoch gut durchgemischten. Samen vom selben Typus wie die ver-
glichenen Pflanzen. Tjrpus, Samen als Standard gebrauchen. Dieser
Samen wird nun als Vergleichsmuster, neben den geprüften Pflanzen, in
öfterer Wiederholung, gesät, um durch fentsprechende Korrektui'en (Kom-
pensationen) von den möglicherweise ungleichmässigen Standortsver-
hältnissen der verghchenen Individualauslesen. ohne welche wir zu
falschen Schlüssen gelangen könnten, unabhängig zu machen.
Diese Standardkompensationen, die wir in einem Jahr unternehmen,
sind heutzutage so allgemein bekannt und leicht durchzuführen, dass
ich mich hier mit diesem Stoff nicht länger unterhalten will. Ärger
gestaltet sich die Sache, wenn wir zum Vergleich der Ergebnisse von
Jahr zu Jahr, oder auch in einer .Jahrlinie, scheiden. Hier stossen wir
bald auf ein Hindernis, und dies ist: die Unebenmessbarkeit
der Werte.
Es ist wohl allen bekannt, wie die Lebensbedingungen, welche
wir bei den Pflanzen Vegetationsverhältnisse nennen, bedeutenden
Einfluss. sowohl in ihrem Ertrag wie in der Änderung der physio-
logischen Eigenschaften, ausüben. Diese Änderungen sind nicht erb-
lich, sondern nur vorläufig, latent, vermögen also nicht das Niveau
der Zucht zu bestimmen, jedenfalls erschweren sie dem Züchter be-
deutend seine Arbeit, weil sie manchmal den Fortschritt oder Rück-
schritt gänzlich vertuschen. Ein unkritischer — ohne die Vegetations-
verhältnisse, z. B. den Einfluss der niederen Temperatur des Sommers
und die Lichtknappheit auf die Assimilation des Kohlenstoffes bei der
Zuckerrübe berücksichtigender — Vergleich der Ergebnisse von einigen
Jahren vermag den Züchter irrezuführen und ihm erst bei einem
grösseren LTnterschied und nach einer längeren Reihe von Jahren
emsiger Zuchtarbeit, einen mehr oder minder klaren Bescheid zu
liefern. Kleine Veränderungen, hauptsächlich solche von Jahr zu Jahr,
bleiben unbemerkt.
Und doch müssen wir auch hier ein Kontrollmittel unserer Arbeit
besitzen, um. wenn wir schon den so üblichen Ausdruck gebrauchen,
„die Hand an der Schlagader" unserer Arbeit halten zu können. Hier
Kleine Mitteil unQ-en. 229
müssen wir also unbedingt einen Maßstab, anders „Standard", welcher
uns zum Vergleich aller geprüften Jahrgänge dienen könnte, besitzen.
Es ist klar, dass, wenn es sich um ein exaktes Maß zur Prüfung
verschiedener Jahresergebnisse der Zuchtarbeit handelt, dieses Maß
in seinem inneren Werte vollkommen konstant, d. h. unveränderUch
sein muss. Ein solcher idealer Maßstab wäre ein Samen, von welchem
man alljährUch zum Bebauen von Nebenvergleichsbeeten oder -Feldern
immer je einen Teil verbrauchen würde. In diesem Fall würden sich
die Änderungen der Vegetationsverhältnisse sowohl in dem Standard
wie in den verghchenen Linien äussern, aber das Verhältnis der zu
prüfenden Linien zu dem Standard wäre immer das richtige. Selbst-
verständlich müssen wir hier das individuelle Reagieren 'der Linien zu
den Vegetationsverhältnissen, also die jetzt so viel von den Natur-
forsehern besprochene, sich jedoch aber erst im Stadium von wissen-
schaftlichen Forschungen befindende Lehre von der indivi-
duellen Pflanzenenergie, gänzlich beiseite lassen.
Mit einem Worte, ein konstanter Maßstab würde uns eine sichere
Möglichkeit, den Fortschritt der Zucht zu prüfen, zu liefern imstande
sein. Leider ist es uns nicht gegeben, einen solchen Maßstab zu be-
sitzen, da wir bis zurzeit keine solche Rübenvarietät, die uns mehrere
Jahre gleichmässig und sicher keimende Samen liefern würde, kennen.
Es ist selbstredend, dass, wenn auch ein Rübensamen nach mehreren
Jahi'en leidhch gut zu keimen vermag, doch in der Regel der Ertrag
von einem von altem Samen stammenden Standard, infolge kläglichen
Keimens, geringer und gleichzeitig der Wuchs der Rübenwurzel, in-
folge der Fehlstellen, grösser sein wird, was auch eine andere, von
anderen Ursachen als bei den verglichenen Individualauslesen der
Zuckerrüben veranlasste Zuckeranhäufung, hervorbringen könnte. In-
folgedessen ist der Gedanke, einen und denselben Rübensamen als
Standard während einer längeren Jahresreihe zu gebrauchen, als un-
durchführbar zu verwerfen.
Dieses Problem ist bei der Zucht anderer landwirtschaftlicher
Nutzpflanzen, z. B. des Getreides, allgemein der Selbstbestäuber,
weniger kompliziert, obwohl, wie wir es sehen werden, auch nicht genug
sicher. Es genügt hier. z. B. bei dem Weizen, als Maßstab eine kon-
stante, genetisch reine (homozygotische) Form, welche wir uns ent-
weder stets von einem gewissenhaften Züchter kommen lassen, oder
aber selber heranzüchten, zu gebrauchen. Vom streng wissenschaft-
lichen Standpunkt aus gesehen wären auch hier einige Restriktionen,
z. B. das Fehlen der exakten Sicherheit, dass wir es mit einer durch-
aus genetisch reinen Form von Weizen zu tun haben, zu machen, da
wir doch beinahe alle unsere, als reine Formen angesehenen. Weizen-
sorten immer noch durch Linientrennung (Auswahl) entweder weiter
230 Kleine Mitteilungen.
ZU züchten oder aber in eine andere Zuchtrichtung zu führen ver-
mögen.
Und doch lässt sich eigentiich ein theoretisch echter Homozygote,
wenn man ihn nicht mit einem anderen, anders veranlagten, gekreuzt
hat, nicht abändern. Weiter ist der Weizen nur in der Regel Selbst-
befruchter, daher ist es sogar dem gewissenhaftesten Züchter nicht
möglich, wenn er ein paar Weizensorten nebeneinander oder neben dem
Weizen seines Nachbars sät, einer etwaigen Kreuzung oder sogar
Bastardierung und nachherigem Mendeln vorzubeugen. Wir sehen also,
dass sich auch hier dem Pflanzenzüchter mehrere Hindernisse ent-
gegenstellen.
Aber schon am ärgsten gestaltet sich die Sache mit den Rüben,
also mit einer Pflanze von ausgeprägtem Charakter als Fremd-
befruchter. Hier kömien wir keinen rechten Homozygoten besitzen,
weil die Rübe bei ihrem Abblühen unter sti*engster, wissenschaftlich
exakter Absonderung (Isolierung) von Fremdbestäubung überhaupt
keinen Samen liefert, deshalb, wenn wir einen Samen als Standard,
sogar auch von einer gewissenhaften Firma, beziehen würden, wir es
doch alljährlich mit einem genetischen, also in seinem inneren Werte
verschiedenen, Material zu tun hätten, um so mehr, als es wohl keinen
Züchter gibt, der zielbewusst auf einem Flecke stehen würde. Wenn
also die Anwendung von verschiedenen Maßstäben bei der Prüfung
unserer verschiedenen Jahrgänge kein klares Bild des Fortschrittes cter
Zucht zu liefern vermag, so müssen wir zu gewissen Aushilfsmethoden
schreiten.
Eine derartige frühere, von manchen polnischen Rübenzüchtern
gebrauchte Methode war das Vergleichen unter den Jahrgängen der in
den bezüglichen Jahren benutzten Standarde. Hier wurde folgender
Gedankengang behauptet: wenn ein Standard in einem Jahr andere
Ergebnisse als irgendein anderer im anderen Jahr lieferte, so wurde
angenommen, dass er um soviel schlechter oder besser als derjenige
war. folglich wäre der Unterschied z'wischen beiden Beständen zu dem
Ergebnis vom vorangehenden Jahr der verglichenen Linien zu addieren
bzw. von diesem zu subtrahieren, je nachdem, ob der Unterschied das
Zeichen + oder — führte.
Z. B. wenn das Ergebnis des Standardes im ersten Jahr gleich
«. im zweiten gleich /? war, so ergibt sich
n — H = ±x.
und da« x wäre also schon zu den Ergebnissen der verglichenen Linien
vom vorangehenden Jahr zu adcUeren bzw. von diesen zu subtrahieren,
je nachdem, ob « > als /9 oder umgekehrt gewesen ist.
Diese Handlungsweise wies schon auf einen bedeutenden Fort-
schritt hin. denn infolge des Vergleichens der Standarde wurde eine
Kleine MitteÜHngen. 231
gewisse Kontinuierliehkeit in den Forschungen, eine gewisse, die not-
(iürftigen Fehler bei dem alljährlichen Gebrauch von innerUch wert-
verschiedenen Standarden ausgleichende Kette, gegründet. Dieser
Methode haften doch aber gewisse Mängel an, und diese werde ich
im folgenden darzulegen trachten.
Nehmen wir an, dass wir im ersten und zweiten Forschungsjahr
zwei innerlich wertverschiedene Maßstäbe gebraucht,
aber doch dui-ch Zufall in beiden Jahren identischeWachstums-
verhältnisse erlebt haben. In solchem Fall wird definitiv der
Unterschied zwischen den Ergebnissen beider Standarde das Maß ihrer
inneren Wertverschiedenheiten bilden, und diese können wir ruhig,
mit voller Sicherheit der Fehlerfreiheit, bei den Ergebnissen der ver-
ghchenen Individualauslesen vom vorangehenden Jahrgang wie oben
berücksichtigen.
Nehmen wir aber einen anderen Fall, nämlich dass wir in den
zwei verglichenen Jahren je einen Samen als Standard von identi-
schem inneren Werte gebraucht haben, an. Hier werden wir
auch, trotz dem identischen Werte der Standarde, aber infolge ver-
schiedener Wachstmnsbedingungen, einen oft nicht unbedeutenden
Unterschied herausfinden.
Wenn wir nach obiger Methode diesen Unterschied bei den Er-
gebnissen der verglichenen Linien des ersten Jahrganges addieren bzw.
subtrahieren, so würden wir einen grossen Fehler begehen, denn dieser
Unterschied wäre eigentUch nicht bei den Ergebnissen des ersten,
sondern des folgenden Jahrgangs zu berücksichtigen.
Diese Behauptung möge durch folgende Beispiele erläutert werden.
Beispiel I. Nehmen wir an, dass wir gleiche Standarde bei
identischen Wachstumsverhältnissen gebraucht haben. Wenn in diesem
Fall der Unterschied der Standarde z. B. x = + 0,5 "/o betrug, so wissen
wir hier sicher, dass der Maßstab vom ersten Jahr um so viel vom
Maßstab des zweiten Jahres besser war. folglich waren die vom vorigen
Jahr verglichenen Individualauslesen gerade um so viel (0,5 *^/o) ge-
kürzt, also muss diesen ein Zuschlag + 0,5 % gutgeschrieben werden.
Beispiel IL Im entgegengesetzten Fall, wenn die Standarde
innerlich wertgleich, dagegen die Witterungs- und andere Wachstums-
verhältnisse verschieden waren, das x aber wiederum = + 0,5 gewesen
ist. dann wissen wir, dass die Wachstumsverhältnisse des ersten Jahres
den Zuckergehalt der Rüben um 0.5 Vo gesteigert haben, also wenn
wir diese mit den Ergebnissen des nächsten Forschungsjahres ver-
gleichen wollen, so müssen wir diese vorher um dieselben — 0,5 ''/o
kürzen, oder aber zu den Ergebnissen des zweiten, nicht des ersten
Jahres. + 0.5 "'„ addieren.
232 Kleine Mitteilungen.
Das Obige lehrt uns also, dass wir uns in unseren Berechnungen
verschieden, je nachdem welche Ursachen den Unterschied zwischen
den Standarden verursacht hatten, verhalten müssen, und trotzdem be-
rücksichtigen wir ihn, in obiger Methode, bei den Ergebnissen immer
nur summarisch. Dass ein derartiges schablonenweises Anwenden von
Standardskompensationen immer nur so. als ob diese von der inneren
Wertverschiedenheit der Standarde. und trotzdem, dass solche entweder
selbständig oder aber samt den Vegetationsverhältnissen mitwirkte,
stammten, — zu fehlerhaften Berechnungen, also auch solchen Folge-
rimgen, führt, ist hoffenthch einem jeden klar.
Beispiel III. Noch ärger gestaltet sich die Sache, und dies
wohl in der Regel, wenn sowohl die gebrauchten Standarde sowie die
erlebten Wachstumsbedingungen der zwei verglichenen Jahrgänge
gründlich verschieden waren. Nehmen wir an, dass der Maßstab des
ersten Jahres um 0,5 ^Iq Zuckergehalt besser ist, — gleichzeitig e r -
hob sich dieser Zuckergehalt, infolge der günstigen, in diesem Jahr
vorhanden gewesenen Wachstumsbedingungen, um weitere 0,5 "/o — . also
dass der ganze Unterschied zwischen dem Standard des ersten und des
zweiten Jahres volle 1 % Zuckergehalt beträgt. Nach der oben be-
sprochenen Methode müssten wir den Ergebnissen der vergHchenen
Linien im ersten Jahr je 1 °/o beigeben, und doch nichts wäre falscher
als das! Wenn der erste Maßstab besser als der zweite war, so sollte
man tatsächlich addieren, aber nur 0,5 °/o, wenn aber dabei auch die
Vegetationsbedingungen im ersten Jahr besser als im zweiten waren,
so wären im Gegenteil weitere 0.5 °/o zu subtrahieren.
Kurz und gut bleiben hier die Endergebnisse der verglichenen
Linien sowohl im ersten als im zweiten Jahr ohne jede Veränderung,
und doch wäre nach früherer Methode der Unterschied um ganze 1 "/q
gesteigert! Dieser Fehler wäre nur deshalb begangen, weil wir in dieser
Methode keine Weisung in der Richtung, ob sich der Unterschied
zwischen den beiden Jahresstandarden infolge ihres inneren Wertes,
oder aber infolge verschiedener Vegetationsverhältnisse geäussert hat,
besitzen. Und doch müssen diese beiden Abrechmmgsfaktoren in den
Standardskompensationen strikte gesondert werden.
Dies wäre der Grund, der mich zur Erzielung dieser Aufgabe
auf anderem Wege veranlasst hatte.
Paritätsmethode.
Die ersten Schritte habe ich auf dieses Ideal der Jahresstandards-
kompensationen, welches die Benutzung von einem alljährlich gleich-
wertigen Maßstab zu liefern vermag, gerichtet. In solchem Fall ge-
nügt, ein Vergleichen von Maßstäben der beiden Jahrgänge, um einen
Bescheid über den Unterschied der bezüglichen Jahresvegetations-
verhältnisse zu erzielen.
Kleine Mitteilungen. 233
Was davon bei Selbstbeliuehtern zu halten wäre, habe ich vorher
besprochen, hier also, nachdem ich nur die Zuckerrübenzüchtung, also
jene eines entschiedenen Fremdbefruchters, erörtere, muss ich gleich
von vornherein konstatieren, dass hier eine Erzielung einer vollkommen
homozygotischen, also genetisch reinen Linie, fast gänzlich aus-
geschlossen ist, in unserem Fall aber ist ein gewisses Heranrücken an
ein solches Ideal als ausreichend zu betrachten. In einer ziel-
bewussten züchte rischen Auswahl und Erhalten einer
Population auf einem relativ gleichen Ertrags- und
Zuckergehalts niveau des Phaenotypus wäre hier der
Weg zu suchen.
So wie mittels der Ausscheidung schlechterer Linien von einer
Zuckerrübenpopulation wird der Phaenotypus der Massenauswahl auch
in der Richtung höherer Frequenzen verändert, und durch die Aus-
scheidung besserer Linien ist es wohl auch möglich, diesen Phaeno-
tj'pus in entgegengesetzter Richtung zu verschieben.
Ich bestimmte also seinerzeit, um eine solche von mir genannte
Paritätszuckerrübenlinie zu erzüchten, folgende Zucht-
normen: Wurzelgewicht 600 g. Zuckergehalt 18*^/o, und auf diese
Grundlage gestützt, begann ich derartige ..Linien" heranzuzüchten,
indem ich sie durch beschränkte Gruppenzüchtung und Standorts-
isoherung möglichst konstant zu machen trachtete. Bald aber sah
ich davon ab, denn das doch etwas beschränkte Areal, auf welchem
ich arbeiten musste. vermochte mir keine unbedingt feste Sicherheit dafür
zu liefern, dass ich, bei der gleichzeitigen Führung meiner progressiven
Zucht, „Linien" mit der gewünschten gleichwertigen, genannt Pa-
ritätslinie, nicht — trotz aller Sicherheitsmassregeln — doch die ersten
durch unerwünschte Fremdbefruchtung verschlimmern, und im Gegen-
teil meine Paritätsstandardlinie, die ich zu züchten trachtete, in ihrer
Eigenschaft heben würde. Diese Paritätsmethode vermag also nur
in grossen Pflanzenzuchtwirtschaften, wo kein Bedenken bezüglich
einer gegenseitigen Fremdbefruchtung der Progressiv- mit der Pari-
täts-,, Linie" obwaltet, am Platze sein. Der Nutzen dieser Methode ist
klar: eine eklatante Einfachheit der Durchführung der Vergleichs-
untersuchungen, also möghchst weitgehendes Fehlen von Kompli-
kationen in den Standardkompensationen, und das Verfolgen nur eines
Faktors, nämhch des Einflusses der Vegetationsverhältnisse.
Die früher erörterte Ursache war der Grund, dass ich von dieser,
in manchen Verhältnissen brauchbaren, Methode absehen musste und
knapp vor dem Weltkrieg eine andere, nämlich die:
Methode doppelter Standarde
gegründet habe.
234 Kleine Mitteilungen.
Die Arbeitsweise stützt sich hier auf die Tatsache, dass ein
Zuckerrübensamen, der gut geerntet und gleich gut aufbewahrt wurde,
von seiner Keim- und Keimenergiekraft während der zwei oder drei
nächsten Jahre nicht viel einbüsst. Im gegebenen Fall ist der Hand-
lungsgang der folgende:
Im ersten Jahr wird als Maßstab (Standard) der verghchenen
Zuchtlinien ein irgendwelcher, gut in seinem Werte ausgeglichener und
vor der Aussaat gut durchgemischter, bestimmt frischer Zuckerrüben-
samen gebraucht. Dieser Samen wird mit Berücksichtigung übhcher.
bei den Auslesebeetkompensationen gebrauchter Vorkehrungen auf
den entsprechenden, unter den Vergleichsbeeten verteilten Standard-
beeten ausgesät. Gleichzeitig, unter genauer Bezeichnung des Sackes
mit dem Signum 1 und laufendem Jahresdatum, wird mindestens die
Hälfte der schon ausgesäten Menge des Standardsamens, bis zur
nächsten Wiederholung des Vergleichsanbaues, in kühlem, trockenem
und gegen Mäuse geschütztem Räume aufbewahrt. Falls wir unsere
Zucht von einer und derselben Population, von welcher ein Teil in
einem, der andere im nächstfolgenden Jahi' ausgesät wurde, angefangen
haben, dann dürfen wir ruhig den aufbewahrten Maßstabsamen in
diesem nächsten Arbeitsjahr zu den Vergleichszwecken gebrauchen. —
Hier benutzen wir also einen nur zweijährigen Samen, der, wenn gut
aufbewahrt, in der Regel vollkommen sicher ist. Wenn aber unsere
Zucht von zwei Populationen, die wir abwechselnd Jahr nach Jahr,
was aber im wirtschaftlichen und züchterischen Sinne falsch, aber doch
leicht nachträghch richtig zu stellen wäre, auslesen, stammen sollte,
dann müssen wir unbedingt den Maßstabsamen bis zum dritten bzw.
bis zu jenem Jahr, in welchem gerade die Nachkommenschaft der vor
zwei .Jahren geprüften ^Mutterpflanzen gebaut und geprüft \^nirden,
aufbewahren und gebrauchen.
Mit einem Wort, wir verwenden zur Saat im nächsten und ent-
sprechenden Forschungsjähr für die Standardbeete, unter den Ver-
gleichsbeeten, den Samen vom vorigen Forschungsjahr, gleichzeitig
säen wir aber auf nebenanliegenden anderen Standardbeeten einen
anderen Samen, der wiederum als Maßstab für das laufende und das
nächste Foi:&chungsjahr dienen wird. Auf diese Weise haben wir im
zweiten Forschungsjahr den Standard S 1 und den Standard S 2. Dieser
letztere dient uns hier in doppelter Richtung: erstens zur Richtig-
stellung der Standorts Verschiedenheiten (sog. Standortskompensationen)
bei den gerade verglichenen ..Linien", zweitens zum Vergleich mit
dem parallel im nämlichen Jahr gesäten Standard S 1. Dagegen dient
uns dieser zu dem schon erwähnten Zweck, und zweitens zum Ver-
gleich mit dem Mittelergebnis desselben Standardes im vorhergehenden
Forschungsjahr, um dadurch den Einfluss der möglich verschiedenen
Kleine Mitteilungen. 235
Vegetationsverhältnisse der beiden Forschungsjahre ermitteln zu
können. Selbstverständlich wird wiederum der Samen S 2 zum nächsten
Forschungsjahr, also schon unserem dritten Zuchtjahr, peinlichst auf-
bewahrt usw.
Nun wissen wir, dass die Gattung, d. h. der innere Wert des
Maßstabsamens S 1 in beiden Jahren, weil wir doch denselben Samen
gebraucht haben, die nämliche gewesen ist, also etwaiger Unterschied
zwischen der Mittelzahl des Standardes Sl im ersten und solcher
im zweiten Forschungsjahr, gerade so gut in + wie in — ,
nur bestimmt verschiedenen Vegetationsverhältnissen
zugeschrieben werden muss. Wenn also der Maßstab S 1 im ersten
das Ergebnis «. und derselbe im nächsten Forschungsjahr das Er-
gebnis ß geliefert hatte, so ist
a — /^ = ± X.
Dieses x müsste vermittels Addieren bzw. Subtrahieren bei dem
schon standortskompensierten Ergebnisse der Vergleichsbeete des
zweiten Forschungsjahres berücksichtigt werden. In diesem
Fall wird es uns schon ein Mittel zu bestimmt exaktem Au s -
gleich der V egetati ons verhältni ss e der beiden For-
sch u n g s j a h r e liefern.
Nun bleibt uns noch eine Standardkorrektur in der Richtung der
Wertverschiedenheit der beiden benutzten Maßstäbe S 1 und S 2 vor-
zunehmen übrig. Diese erhalten wir, wenn wir das Mittelergebnis des
Standardes S2 im zweiten Forschungsjahr (nennen wir die
Zahl y) vom Mittelergebnis des Standardes Sl im selben zweiten
Forschungsjahr subtrahieren; also:
. /?-y = ±x,.
Dieses x^ wäre schon für uns eine Wertunterschiedsangabe der
benutzten zwei Standarde, und diese addieren wir bzw. subtrahieren wir
von den Ergebnissen der Vergleichsbeete des ersten Forsch u ng s -
Jahres.
Um immer nur mit Korrekturen der Ergebnisse des letzten
Forschungsjahres zu tun zu haben und die vorhergehenden in den
Zuchtbüchern und züchterischen Zusammenstellungen ungeändert
lassen zu können, modifizieren wir die letzte Gleichung derart, dass
wir. anstatt das Mittelergebnis S 2 von S 1 zu subtrahieren, im entgegen-
gesetzten Sinne handeln, d. h.:
y-^-±x,.
Dann wäre der Unterschied nicht bei den Ergebnissen der Ver-
gleichsbeete des ersten, sondern bei diesen immer nur des letzten
23Ö Kleine Mitteilungen.
Forschungsjahres in Betracht zu ziehen (addieren bzw. subtrahieren).
Auf diese Weise werden also immer nui' die letzten Ergebnisse
der Vergleichsbeete sowohl im Sinne der Standorts- und Jahres-
vegetationsverhältnisse,' wie auch in Hinsicht des Unterschiedes infolge
der gebrauchten wertverschiedenen Standarde richtiggestellt und alle
diese drei, nur schon immer im letzten Forschungsjahr
vorgenommenen Korrekturen, erlauben uns die Ver-
gleichsergebnisse mit voller Fehlerfreiheit mit den
vorhergehenden zu vergleichen und dadurch uns ein
vollkommen klares Bild des allgemeinen Fort-
schrittes unserer Zucht zu verschaffen.
Wenn wir nun noch zu unserem oben besprochenen Beispiel III
zurückkommen, dann werden wir wohl ersehen, dass der Unterschied
zwischen dem Mittelergebnis des Standardes S 1 im ersten und des-
selben im zweiten Forschungsjahr, also << — />'=+ 0,5 gleich war, diese
Zahl muss also zu den Ergebnissen der Vergleichsbeete oder Vergleichs-
felder des letzten Forschungsjahres addiert werden. Dagegen gibt
der Unterschied S2 — Sl desselben Jahres also:
y-p'=-0.5.
eine negative Zahl, die folglich von denselben, schon standorts-
korrigierten Ergebnissen der Vergleichsparzellen subtrahiert werden
muss. Wie wir schon ersehen, bleiben hier die Ergebnisse der beiden
Jahrgänge unverändert, was wir dadurch erklären können, dass, wenn
im ersten Forschungsjahr der Maßstab um 0,5 Vo besser als jener des
zweiten war, und infolge der besseren Vegetationsverhältnisse der
Zuckergehalt sowohl der Standarde wie auch der verglichenen Linien
um ebenfalls 0,5 "/„ gesteigert wurde, die letzten im zweiten Forschungs-
jahr zwar schlechtere Vegetationsverhältnisse hatten, aber doch mit
einem um soviel innerlich schlechteren Standard verglichen wurden;
die Endzahlen bleiben in diesem Fall die nämlichen.
Wenn wir alljährlich auf diese Weise die Vergleichsbeete mit
Benutzung immer nur neuen Standardes in der Hinsicht der Standorts-
unterschiede. und mit Benutzung der früheren und neuen Standarde
in der Richtung etwaiger Vegetationsverhältnisverschiedenheit und
verschiedener innerer Werte der zwei gebrauchten Standarde richtig-
stellen, so erhalten wir eine vollkommen lückenlose Kette des Verlaufes
unserer Arbeit, welche wir ohne weiteres graphisch zur Darstellung
bringen können.
Die Abb. 24 führt uns die Anordnung der Versuchsbeete der
Linien a, b und c in dreifacher Wiederholung, bei Benutzung des
Standardes Sl, vor. Die Abb. 25 liefert uns das Bild des nächsten
Forschungsjahres, in welchem dieselben Linien verglichen, mittels des
Kleine Mitteilungen.
237
Standardes Sl standortskorrigiert, mittels der zwei Ergebnisse des
Standardes S 1 in der Hinsicht der Vegetationsverhältnisse und mittels
der Standarde S 1 und S 2 im letzten Jahr in der Richtung der Wert-
verschiedenheit derselben richtiggestellt werden.
Hier, um nicht mit allzu grosser Zahl von Vergleichsparzellen,
was die Durchführung des Vergleiches bedeutend erschweren könnte,
a
s,
b
c
s,
s,
a
c
s,
b
Sl
Sl
Abb. 24.
zu arbeiten, gebrauche ich auf je sechs Parzellen zwei Maßstabparzellen
S2 und eine S 1, was mir reichlich über die Notdürftigkeit an Ge-
währleistung voller Exaktheit liefert. Bei genügender Sicherheit der
Sl
s.
a
b
s.
c
s.
a
Sl
c
s.
b
b
s.
c
s.
a
Sl
Abb. 25.
Standortsgleichheit des ganzen Versuchsfeldes, also bei genügender
Ausgeglichenheit der Ackergüte-, Anbau-, Dünger- und Gefällsverhält-
nisse usw., kann man bei zahlreichen VergleichsHnien ruhig weit unter
die angegebene Zahl der Standardbeete gehen, immer aber vorausgesetzt,
dass die neuen, für die Standortsausgleichungen bestimmten Standards-
parzellen S2, immer in doppelter Zahl der mit altem Samen besäten
Standardbeete S 1, bemessen werden.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII.
17
238 Kleiue Mitteilungen.
Zweierlei Weisslinge bei Mais.
Von Dr. Siegfried Buch, Wien.
Bei einem auf der Domäne Rossitz ^) in Mähren bei Brunn im
Jahre 1918 unternommenen Maiszüchtungsversuch wurden Vorkomm-
nisse von Weisslingen beobachtet, worüber das Folgende mitzuteilen
gestattet sei: .
Vermittels Vorauslese und Auswiegen wurden aus einem Land-
Maisschlage 40 Stück schöne und schwere Kolben als Ausgangs-
material der Züchtung gewählt. Mit den Körnern jedes Kolbens
wurden an verschiedenen Stellen des Zuchtgartens je 4 Prüfungs-
parzellen, jede in Form einer Reihe angelegt. Die Kolben waren mit
den Nummern 1 — 40 bezeichnet, die Parzellen mit den Nummern 1 — 40,
entsprechend den Kolben, von denen das Saatgut der bezüglichen Par-
zellen stammte und den Buchstaben a — d, entsprechend der ersten bis
vierten Prüfungsparzelle jedes Kolbens. Jede Prüfungsparzelle enthielt
25 Pflanzstellen ä 2 Körner, hiermit wurden von jedem Kolben
200 Körner ausgelegt.
Bei der Besichtigung des Maises nach dem Aufgange am 11. Mai
wurden an einigen Stellen weisse bzw. panaschierte Pflanzen bemerkt
und sofort alle Prüfungsparzellen nach Weisslingen durchsucht. Es
wurde festgestellt, dass weisse bzw. panaschierte Pflanzen nur in den
Parzellen der Nummern 21 und 30 vorhanden waren, bei allen anderen
Nummern waren alle Pflanzen normal grün.
Die weissen bzw. panaschierten Pflanzen wurden gezählt, es folgt
hier das Zählungsergebnis:
Tag- der Zählung- der 11. Mai 1918
„ Prüfung-s- Zahl der
parzelle Weisslinge
Zahl der vorhandenen aufgegang-e- 21a 0
nen Pflanzen in allen 4 Parzellen 21b 2
= 170 (30 fehlen infolge Krähen- 21c l
frasses, Aufgangsmängel usw.) 21 d 1
Oh. 0,^ (jgj. vorhandenen Pflanzen
•
Zusammen:
4 = ca
Nr. 30
30a
1
Zahl der
vorhandenen Pflanzen
301)
2
in den
4 Parzellen = 160 (40
30 c
2
fehlen)
30 d
0
Zusammen: 5 = ca. 3"/ ^ der vorhandenen Pflanzen
Als die Pflanzen grösser geworden waren und genauer untersucht
werden konnten, zeigte sich ein wesentlicher Unterschied zwischen den
^) Die Gelegenheit dort zu arbeiten hatte der Verfasser dem Entgegenkommen
des verstorbenen H. Domänendirektors Edwin Roemer zu verdanken. Infolge des
Todes desselben im Herbste 1918 und der Wirren und Grenzschwierigkeiten 1918/19
konnte die Arbeit dort nicht weitergeführt werden und das Material ist in Verlust
geraten.
Kleine Mitteilungen. 239
Abkömmlingen des Kolbens 21 und denjenigen des Kolbens 30. Bei
den Weisslingen der Nr. 21 war keine Spur von Grün zu sehen, sie ent-
wickelten kaum das dritte Blatt und waren bis Ende Mai alle vollständig
eingetrocknet. Die AVeisslinge der Nr. 30 waren alle mehr oder weniger
stark panaschiert, aber keine einzige ganz frei vom Blattgrün. Am
■31. Mai wurden die Weisslinge der Nr. 30 wie folgt beschrieben:
Prüfungsparzelle 30 a: Eine Pflanze. 5 Blätter. Höhe ca. 12 cm.
Die 4 obersten Blätter sind farblos und vertrocknet, das unterste Blatt
ist panaschiert, an den Rändern ist je ein breiter weisser Längsstreifen,
in der Mitte ein ebensolcher schmaler Streifen, dazwischen zwei grüne
Längsstreifen, dieses Blatt ist gesund, nur an der Spitze vertrocknet.
Parzelle 30 b. Erste Pflanze: Höhe ca. 12 cm, vier Blätter, alle
4 panaschiert, d. h. mit abwechselnd grünen und weissen Längsstreifen.
Die obersten 2 Blätter zur Hälfte, das 3. und 4. Blatt nur an der Spitze
eingetrocknet. — Zweite Pflanze: Höhe ca. 11 cm, 4 Blätter, das oberste
ganz weiss, das zweite von oben mit grünlichem Schimmer, das dritte
hellgrün, das unterste panaschiert (mit grünen und weissen Längs-
streifen), bei allen Blättern nur die Spitze trocken, der Rest gesund.
Parzelle 30 c. Erste Pflanze: Höhe ca. 13 cm, fünf Blätter, die
obersten 2 Blätter ganz weiss, die nächsten zwei grünschimmernd, das
unterste hellgrün. Die Spitzen der 4 obersten Blätter trocken, das
unterste im ganzen noch frisch, die ganze Pflanze kräftig. Zweite
Pflanze: Höhe ca. 12 cm, 5 Blätter, das' oberste Blatt ganz weiss, die
nächsten 3 Blätter ganz hellgrün, das unterste grün mit schmalen
Panaschierungsstreifen. Die Spitzen der 4 obersten Blätter sind
trocken, sonst ist die Pflanze in gesundem Zustande.
Es muss hervorgehoben werden, dass auch die meisten grünen
Pflanzen infolge ungünstiger Witterung trockene Blattspitzen, ver-
einzelt bis zur Hälfte vertrocknete Blätter hatten. Hingegen waren im
allgemeinen die grünen Pflanzen am 31. Mai etwas höher als die oben
beschriebenen panaschierten. Im Laufe des Juni sind die Weisslinge
der Nr. 30 nicht merklich gewachsen und sind bis Ende Juni alle ein-
getrocknet.
Zusammenfassend ergaben somit die Beob-
achtungen, dass unter den Abkömmlingen des Kolbens
Nr. 21 ca. 2.5 °/o chlor ophyllo s e Pflanzen waren, die
nach Erschöpfung der Reservestoffe der Körner ein-
gegangen sind und unter den Abkömmlingen des
Kolbens Nr. 30 ca. 3"/„ panaschierte bzw. chlorophyll-
arme Pflanzen, von welchen keine ganz frei von Blatt-
grün war. Die jüngeren Blätter waren gewöhnlich chlorophyllärmer
als die älteren oder auch ganz chlorophyllfrei. Diese Pflanzen lebten
bedeutend länger und erreichten ein weiteres Entwicklungsstadium als
17"-
240 Kleine Mitteilungen.
die Pflanzen des Kolbens 21, sind aber vor dem Schossen ebenfgdls alle
eingegangen. — Bei den Nachkommenschaften der restlichen 38 Kolben
sind Weissünge nicht vorgekommen.
Nachdem nun unter 40 Nachkommenschaften nui* bei zweien
Weisslinge aufgetreten sind, und zwar in zwei verschiedenen Formen^
kann die Ursache des Chlorophyllmangels nur biologischer Natur sein
(nicht etwa parasitär-pathologischer), was ja auch aus zahlreichen
anderweitigen Beobachtungen an Panaschierungen und beim Vor-
kommen von Weisslingen hervorgeht. Wir könnten uns den biologi-
schen Vorgang, welcher hier stattgefunden hatte, vielleicht so vorstellen,
dass wir als Voraussetzung der Chlorophyllbildung im Mais eine
grössere Anzahl von Faktoren, zu mindestens aber zwei, annehmen, die
wir X und Y nennen wollen. Y sei für die Chlorophyllbildung un-
bedingt notwendig und seine Abwesenheit bedinge völligen Chlorophyll-
mangel. X sei zur normalen Chlorophyllbildung nötig, aber seine Ab-
wesenheit verursache nur starke Schwächung der Anlage zur Chloro-
phyllbiidung, welche als ChlorophyUarmut phaenotypisch zutage tritt.
Nennen wir die durch die Faktoren X und Y im Maisleben bedingten Er-
scheinungen, der Einfachheit halber, ebenfalls X und Y und stellen wir uns
alle anderen zur Chlorophyllbildung nötigen biologischen Erscheinungen
im Maisleben als zwei Gruppen vor. die wir A und B nennen wollen,
bezeichnen wir endlich die gegenseitigen Relationen dieser Er-
scheinungen durch Bindestriche, dann könnte uns vielleicht die Formel
A = Y=^=B die Bedeutung der Faktoren X und Y darstellen. Die
Anwendung von 4 Strichen zwischen A und Y und von dreien zwischen
Y und X bzw. X und B ist selbstverständlich willkürlich, man könnte
auch mit mehr oder weniger Strichen den Gedanken einer vielfachen
Relation zwischen A und Y bzw. zwischen Y, X und B und einer nur
einfachen Relation zwischen Y und B ausdrücken. Verschwindet Y, so
zerfällt der ganze Erscheinungskomplex und es wird kein Chlorophyll
gebildet, verschwindet X, dann bleibt nur ein schwacher Zusammen-
hang des Ganzen und die Chlorophyllbildung ist stark geschädigt. Die
genotypische Formel der Pflanze, von welcher der Kolben Nr. 21 ab-
gebrochen wurde, wäre demnach XXYy gewesen; infolge teilweiser
Selbstbefruchtung (ca. 10 °/o) hätten ca. 25 7„ der von uns beobachteten
Generation den Genotypus XXyy, wären also vollständig albinotisch,
während unter den Pflanzen vom normalen Phaenotypus ca. 5 °/o vom
Genotypus XXYy wären, welche in der nächsten Generation wohl wieder
reine Albinos abgespalten hätten, falls man sie vermehrt hätte. Ob die
Heterozygotie im Y-Faktor der Pflanze, von welcher der Kolben 21 ge-
nommen wurde, durch spontanen Verlust des Y-Faktors in einer Ge-
schlechtszelle eines Grosselters oder durch Vererbung von einem be-
reits heterozygoten Grosseiter entstanden ist. kann selbstverständlich
Kleine Mitteiluugen. 241
kaum vermutet werden, immerhin ist die Vermutung eines spontanen
Verlustes durch den Umstand näher gerückt, dass von 40 angebauten
Nachkommenschaften von Pflanzen eines Schlages nur bei einer Nach-
kommenschaft reine Albinos vorgekommen sind. — Die Pflanze des
Kolbens Nr. 30 hätte den Genotypus XxYY gehabt und bei ca. 12 "/o
Selbstbestäubung ca. 3 ^% xxYY-Pflanzen, d. h. chlorophyllarme, in der
beobachteten Generation gehefert, nebst ca. 6"/o heterozygotischen
normal grün erscheinenden Pflanzen, und kann über den Mangel des
X-Faktors (Herkunft usw.) nur dasselbe gesagt werden, wie oben vom
Y-Faktor.
Die Annahme von zwei gleichwertigen Faktoren der Anlage zur
Chlorophyllbildung, etwa von X und X\ mit völhgem Chlorophyll-
mangel beim Verlust beider Faktore, mit Chlorophyllarmut beim Ver-
lust nur eines Faktors, ist weniger zur Erklärung der beobachteten
Tatsachen geeignet als die obigen Ausführungen, weil hierbei erst sehr
gewagte Hilfsannahmen gemacht werden müssten, um die vollständige
Abwesenheit von grünlichen oder panaschierten Pflanzen unter den
Abkömmhngen des Kolbens Nr. 21 einerseits und die Abwesenheit ganz
weisser Pflanzen bei den Abkömmlingen des Kolbens Nr. 30 andererseits
zu erklären.
Für die Praxis muss festgehalten werden, dass der
Prozentsatz der Weisslinge innerhalb eines Stammes
bei Vermehrung desselben infolge von Fremdbefruch-
tung bei Mais von Generation zu Generation kleiner
werden muss. Selbst wenn wir die Selbstbefruchtung zu 50°/o der
befruchteten Eizellen annehmen, würde die Nachkommenschaft F^
einer in Y oder X heterozygotischen P-Pflanze 12V2°/o WeissHnge,
die Fa 25/^ ^ ßi/^ 0^^^ ^ig Y^ SV« 7o Weisshnge enthalten. Wenn man
noch dazu bedenkt, dass in praktischer Kultur der Mais stets verzogen
wird, muss man zur Einsicht gelangen, dass das Vorkommen von Weiss-
lingen an sich kein Fehler ivst und es demnach falsch wäre,
einen sonst hervorragenden Stamm bloss wegen
dieses Vorkommens etwa aus der Zucht auszuscheiden.
b) Andere Sachliche.
Verband der Saatzuchtinspektoren,
Fachgruppe des Reichsbundes akademisch gebildeter Landwirte
in beamteten Stellungen.
Als am 10. September 1919 zu Magdeburg der Reichsbund akade-
misch gebildeter Landwirte nach langen Geburtswehen endlich ins
Leben gerufen wurde, ergab sich von selbst die Notwendigkeit, dem
engeren Berufskreise der auf dem Gebiete der Saatzucht tätigen Be-
242 Kleine Mitteilungen.
amten eine besondere Fachgruppe einzuräumen, in der die besonderen
Interessen dieses Berufskreises bearbeitet werden können. Die damals
in Magdeburg zur Ausstellung der D. L.-G. anwesenden Berufskollegen
beschlossen daher die Gründung des „Verbandes der Saatzucht-
inspektoren" als Fachgruppe des R. a. g. L. Die Vertretung der
sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder
ist der Zweck des Verbandes. Er bearbeitet die Berufs- und Standes-
fragen selbständig, verwirklicht jedoch seine Entschlüsse durch den
Reichsbund. Nach umfangreichen Organisations- und Werbearbeiten
fand am 14. Februar die erste Tagung des Verbandes zu Berlin statt.
Es standen neben Fragen der inneren Organisation und des Ausbaues
insbesondere Berufsfragen betreffend die Vor- mid Ausbildung des
akad. gebild. Landwirts zur Verhandlung: Nachweis ausreichender
Praxis und Maturitätsexamen wurde als Vorbedingung für das Hoch-
schulstudium, akademisches Triennium, bestandenes allgemeines land-
wirtschaftliches Staatsexamen und eine wenigstens einsemestrige
Spezialausbildung in der Pflanzenzüchtung als Vorbedingung für das
Fachexamen verlangt. Das Fachexamen selbst soll nach einer einheit-
lichen Prüfungsordnung an allen deutschen landwirtschafthchen Hoch-
schulen und landwirtschafthchen Universitätsinstituten als selbständige
Prüfung (nicht wie bisher mancherorts als Ergänzungsprüfuug in
Pflanzenzüchtung!) eingeführt werden; es soll die allgemeine und
spezielle Pflanzenzüchtung einschliesslich der Vererbungslehre, den
speziellen Pflanzenbau, insbesondere die Sortenkunde, fernerliin Samen-
kunde und Pflanzenpathologie zu Prüfungsgegenständen haben; soweit
für die Wissensdisziphnen, die Gegenstand der Fachprüfmig sind, be-
sondere Lehrstühle oder Lehraufträge bestehen, soU die Prüfung von
einer Kommission der Lehrbeauftragten abgenommen werden. Das
Bestehen der Prüfung soll ein Diplom verleihen, das nur von Inhabern
des Prüfungszeugnisses geführt werden darf. Der Vorstand wurde be-
auftragt, bei der Neuordnung des landwirtschaftlichen Unterrichts-
wesens diese Auffassung des Verbandes zur Geltung zu bringen. — Das
reiche Tätigkeitsfeld, das sich dem Verbände in vieler Beziehung er-
öffnet hat, sein Wirken, das auf die W^ahrnehmung der Berufsinteressen
aller Kollegen eingestellt, ist, seine gemeinnützige Tätigkeit auf dem
Gebiete der Stellenvermittlung und Berufsberatung, insbesondere aber
auch die durch den Verband gebotene Gelegenheit engerer persönlicher
Fühlungnahme der Berufskollegen sollten jeden akademisch gebildeten
Landwirt, der sich wissenschaftlich oder praktisch, sei es als Staats-,
Körperschafts- oder Privatbeamter auf dem Gebiete der Pflanzen-
züchtung und des Anerkennungswesens betätigt, veranlassen, dem Ver-
Imnde beizutreten. Vor allem ist in Rücksicht auf die Wahrnehmung
wirtschaftlicher Berufsinteressen eine möglichste Geschlossenheit
Kleine Mitteilungen. 243
unseres Berufskreises sowohl wie des ganzen akad; landw. Berufe-
standes erforderlich. Auskunft erteilen und Anmeldungen nehmen ent-
gegen: die Landes- und Provinzialvereine des 11. a. g. L., die Bundes-
geschäftsstelle zu Halle a. S., Sophienstr. 15, und die Geschäftsstelle der
Fachgruppe: Saatzuchtleiter Kalt, Ballenstedt a. Harz. Es besteht
die Absicht, die Organisation des Bundes auch auf Deutsch-Österreich
auszudehnen. B. Kalt.
Kartoffelzuchtstation Richter-Königshof.
Dr. K u r t B i s c h 0 f f gedachte in der „Spiritus-Zeitung" zu Ende
des vorigen Jahres des fünfzigjährigen Bestehens der Richter'schen
Züchtungsarbeiten. Er verweist darauf, dass Richter, der Gärtner
war, 1869 zuerst mit Züchtung der Kartoffel durch Bastardierung be-
gonnen hat, nachdem die amerikanische Kartoffelzüchtung Early rose
wegen ihres niederen Stärkegehaltes beanstandet worden war. Der
Mitarbeiter Richters, Herr Gebhardt, hatte die Züchtung von
Hameln, nach dem Tode Richters, 1911 nach Königshof (jetzt
Sendziny), Kreis Samter, ''verlegt, so dass die Zuchtstätte nunmehr an
Polen gefallen ist. Vervielfältigungsstellen hatte Gebhardt im
jetzigen Deutschland mehrere.
c) Persönliche.
Auf die durch den Tod Wohltmanns erledigte Professur für
Acker- und Pflanzenbau an der landwirtschaftlichen Abteilung der
Universität Halle a. S. ist Dr. T h. R o e m e r berufen worden, der sein
Amt bereits angetreten hat. Schon während seiner Hochschulstudien
zu Hohenheim und Jena hatte er sich in erster Linie der Pflanzen-
züchtung zugewendet und die von Wohltmann fih' diese in Halle
geschaffenen Einrichtungei) werden von ihm gewiss weitgehend aus-
genützt und ausgebaut werden. Der Pflanzenzüchtung war auch die
Dissertation gewidmet, die er in Jena unter Edler vorlegte: „Variabi-
litätsstudien." Auch die weitere Tätigkeit Römers, deren in dieser
Zeitschrift bereits gedacht worden ist: Pflanzenzuchtleitung in Mahn-
dorf, örtliche Leitung des Fürst Liechtenstein-Institutes zu Eisgrub,
Baumwollzüchtung im Reichskolonialdienst, Leitung der Abteilung für
Pflanzenzüchtung am Kaiser Wilhelm-Institut in Bromberg, war diesem
Zweig der Landwirtschaft gewidmet. Zuletzt bekleidete er die Stelle
des Direktor-s der Abteilung für Pflanzenzüchtung auf der Zuchtwirt-
schaft von H. S t r u b e in Schlanstedt und war eben im Begriff, eine
Stelle als Direktor und Teilnehmer einer in Sachsen in Bildung be-
griffenen Züchtervereinigung anzutreten. Roemer war Träger des
244 Kleine Mitteilungen.
von der Deutschen Landwirtschafts - Gesellschaft ausgeschriebenen
Preises aus der Beseler-Stiftung, den er durch die Schrift „Mendehsmus
und Bastardzüchtung im Pflanzenreich, 1914" errang und bearbeitete
für die eben erschienene 3. Auflage von Bd. IV des Werkes „Handbuch
der landwirtschafthchen Pflanzenzüchtung" die Züchtung der Zucker-
rübe. An der „Zeitschrift für Pflanzenzüchtung" beteihgte er sich
durch mehrere Arbeiten. Über die ausgedehnte Versuchstätigkeit auf
unserem Gebiete, der er sich in letzter Zeit gewidmet hatte: Gräser-
züchtung, Lupinenzüchtung, Technik der vergleichenden Versuche sind
bisher nur vorläufige Mitteilungen erschienen.
Zu Kittnau bei Boguschau starb der Rittergutsbesitzer Hugo
Müller im Alter von 56 Jahren. Er hatte sich von 1892 ab mit
Saatgutbau beschäftigt und sich später der Züchtung von Weizen zu-
gewendet. Besondere Verbreitung fand der Kittnauer Sommerweizen,
der auch in das Hochzuchtregister der D. L.-G. eingetragen worden ist.
Seinen Ausgang nahm dieser Weizen aus einem 1892 aus Sachsen be-
zogenen Wechselweizen; 1904 wurde mit Massen-, 1906 mit Individual-
auslese begonnen. Dabei wurde der Weizen immer als Sommerform
behandelt.
Der Gutsbesitzer Louis Boschan verschied am 5. Januar
auf seinem Besitz Achleithen in Oberösterreich, 78 Jahre alt. Er hatte
grosses Interesse für Pflanzenzüchtung zu einer Zeit gezeigt, zu welcher
dieselbe in Oberösterreich erst wenig beachtet wurde.
Aus der Firma Fr. S trübe, Saatzuchtwirtschaft Schlanstedt,
sind am 1. Oktober 1919 ausgeschieden der kaufmännische Direktor
R. Berninger, der landwirtschaftlich technische Direktor W. H e r -
m a n n e s und der Direktor der Zuchtabteilung Dr. T h. R o e m e r.
Nachfolger sind G. Ruft, Dr. Stabenow und Dr. Sessous. Mit
der Fortführung seines Werkes betraute S trübe selbst noch, als sein
Leiden sich verschlimmerte, Major R. Vörstl. Major Richard
Verstl, geboren 1877, trat während gemeinsamer IV2 jähriger
Tätigkeit beim Generalkommando mit Hermann Strube in
enge freundschaftliche Beziehungen. — Paul Stabenow, geboren
1883, entstammt einer alten Landwirtsfamilie Hinterpommerns, be-
suchte nach dem Abitur die landw. Hochschule, dann die Universitäten
Berlin, Jena und Greifswald. Er legte die landw. Diplomprüfung ab
und promovierte zum Dr. phil. (Nat. ökon.). Seit 1905 widmete er
sich dem landw. praktischen Berufe, zuletzt war er Administrator
grösserer Güter Pommerns und Brandenburgs. Ab 1. August 1919
wurde er als Direktor zur Leitung des landw. technischen Betriebes
der Firma gerufen. — GeorgeSessous, geboren 1876, besuchte nach
5 jähriger landw. Tätigkeit, vom W.-S. 1899 bis W.-S. 1904 die landw.
Hochschule in Berlin und die landw. Abteilung in Jena. Er promo-
Kleine Mitteiluagen. 245
vierte in Jena nach Ablegung der landw. Diplomprüfung mit einer Arbeit
„Über die bei der Düngung mit Ammoniaksalzen entstehenden Stick-
stoffverluste" *zum Dr. phil. und war gegen Ende seines Studiums
2V2 Jahre Assistent von Geh. Hofrat Prof. Dr. Edler an der bo-
tanischen Abteilung der landw. Versuchsstationen. In den Anfangs-
semestern fand S. Gelegenheit, eingeführt durch Herrn Dr. Ulrich,
dem er bei seiner Arbeit „Über die Selbstbefruchtung des Roggens'"
zm- Hand ging, bei Dr. h. c. v. Lochow in Petkus mit der Pflanzen-
züchtung in Berührung zu kommen, um dort bei der Roggenauslese
beschäftigt zu werden. Nach einem letzten Semester im Sommer 1904
in Bonn, zwecks Ablegung einer Prüfung in allgemeiner Kulturtechnik
und Landwirtschaftsrecht und anschliessender IV2 jähriger Tätigkeit
bei der Generalkommission für Ostpreussen, ging S. wieder als
Assistent nach Jena zurück, um im Sommer 1906 bei der Firma
H. M e 1 1 e - Quedlinburg die Pflanzenzüchtung auf wissenschaftlicher
Grundlage einzurichten. Seine züchterischen Arbeiten erstreckten sich
dort während 5 Jahren, neben der Züchtung von Winter- und Sommer-
getreide, auch auf Futter- und Zuckerrüben-, Zichorien- und Erbsen-
züchtung. Eine Anregung, in die Kolonien zu gehen, verlockte S. im
Jahre 1912. als landw. Sachverständiger am Kaiserlichen Gouverne-
ment in Samoa Stellung zu nehmen, wo es neben der landw. Organisation
und Anstellung von Düngungsversuchen besonders die Gründung einer
landw. Versuchsstation unter besonderer Berücksichtigung pflanzen-
züchterischer Arbeiten zu schaffen galt. Als Nachfolger Prof.
Dr. Römers übernahm Sessous am 1. Oktober 1919 die Saatzucht-
leitung der Firma Fr. S t r u b e - Schlanstedt. — Georg Ruft, der
als kaufmännischer Direktor eintrat, übernahm diese Stelle am
1. Januar d. J.. nachdem er vorher seit 1907 bei Amtsrat Heine auf
der Zuchtwirtschaft Kloster Hadmersleben in gleicher Eigenschaft tätig
gewesen war.
Prof. Dr. K i e s s 1 i n g ist nach München an die landwirtschaftiche
Abteilung der technischen Hochschule berufen worden, um die durch
den Tod von Hofrat Prof. Dr. Kraus verwaiste Professur für Acker-
und Pflanzenbau zu übernehmen. Er behält die Oberleitung der
Pflanzenzuchtanstalt Weihenstephan weiter bei.
Professor Dr. Fruwirth erhielt den Ruf an die Landwirtschaft-
liche Hochschule in Berlin, nachdem die dortige Professur für Pflanzen-
bau und Pflanzen Züchtung durch den Weggang von Geheimrat Prof. Dr.
V. Rümker frei geworden war. Fruwirth verbleibt aus persön-
lichen Gründen an der technischen Hochschule in Wien.
Der Professor für Pflanzenzüchtung an der Hokkaido-Universität
zu Sapporo in Japan, M. Ak em i n e, wurde von der dortigen Regierung
zum Besuch der Institute für Vererbungsforschung und Züchtung nach
246
Kleine Mitteilungen.
Amerika und Europa entsende^ imd hat Ende Januar die auf 1 Jahr
berechnete Reise angetreten.
Dr. hon. c. v. Lochow und Geheimrat Prof. Dr. Wittmack
wurden von der ..Gesellschaft zur Förderung deutscher Pflanzen-
züchtung" zu Ehrenmitgiedern ernannt.
Nahezu 80 Jahre alt, schied am 12. Februar dieses Jahres Amts-
rat FerdinandHeine aus dem Leben. Im Jahre 1840 am 9. Oktober
geboren, hatte er sich, nach Absolvierung der Universität Heidelberg
und nach dreijähriger Dienstleistung in der Armee, der Landwirtschaft
zugewendet, die er. zuerst auf Rittergut Emersleben, dann, bis zum
Schlüsse, auf dem um 700 ha grossen Klostergut Hadmersleben, später
daneben auch auf Zilly, Alikendorf und anderen Wirtschaften betrieb.
Heine wirkte für die deutsche Landwirtschaft besonders durch die
Einführung und Prüfung einer grossen Zahl fremder Sorten, ihm ist es
hauptsächlich zu verdanken, dass das Interesse an Sorten in Deutsch-
land geweckt worden ist. Später befasste er sich auch mit Pflanzen-
züchtung, und zwar zuerst bei Zuckerrübe, dann auch bei Roggen und
Weizen. An den Arbeiten der Saatzuchtstelle der ..Deutschen Land-
wirtschafts-Gesellschaft" nahm er ständig regen Anteil, der „Gesell-
schaft zur Förderung deutscher Pflanzenzüchtung" gehörte er als
Ehrenmitglied an. Das Bild zeigt ihn (1) in Glitte des Saatzucht-
ausschusses der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft auf einem Aus-
flug zur Besichtigung der Saatzuchtanstalt in Weihenstephan [Vorstand
Kleine Mitteilung-eu. 247
Dr. Kiessling (2)], dem sich aruch Prof. Dr. v. T scher mak und
Dr. F. Heine angeschlossen hatte. Die Arbeitsfreudigkeit bUeb dem
Geschiedenen glückhcherweise bis in die letzte Zeit, auch nach dem
schweren Verlust, den er durch den Tod seines einzigen Sohnes Dr.
F. Heine im Krieg erhtten hatte, erhalten. Seine Gattin Elisa-
beth, eine Tochter Wilhelm Rimpaus überlebte ihn.
Dr. Gustav Fischer wurde als wissenschafthcher Hilfsarbeiter
in die Saatzuchtstelle der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft be-
rufen. Nach zweijähriger, praktischer Tätigkeit in der Provinz Sachsen
studierte Fischer, der im Jahre 1889 zu Halle geboren wurde, Natur-
wissenschaften und Landwirtschaft an der Universität Halle. Daselbst
bestand er das Staatsexamen für Landwirtschaftslehrer und promo-
vierte im Jahre 1913 bei dem Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Wohltmann
mit einer Arbeit „Die Säuren und Kolloide des Humus" (Kühnarchiv
1914). Vom Jahre 1914 bis Anfang 1920 bekleidete er am landwirt-
schaftlichen Institut Halle die Stelle als Assistent des landwirtschaft-
hch-physiologischen und bakteriologischen Laboratoriums, wo er sich
besonders mit botanisch-systematischen Fragen der Getreidearten und
Pflanzenkrankheiten beschäftigte. 1919. nach Rückkehr aus dem Felde,
arbeitete er als Assistent an der Pflanzenzuchtstation der Universität
Halle und hatte zuletzt vertretungsweise die Leitung der Pflanzen-
zuchtstation bis Anfang 1920 inne. Sein dortiges Arbeitsgebiet waren
Getreide- und Graszüchtungen, Sortenfragen, Anbauprüfungen und Be-
ratung praktischer Züchter.
•Saatzuchtinspektor Bertram Kalt hat seine Dienststellung als
Vorstand der Pflanzenzuchtstation des Landwirtschaftlichen Instituts
■der Universität Halle, die er seit 1914 innehatte, aufgegeben und am
1. Januar 1920 die Saatzuchtleitung der Hörning sehen Saatzucht-
wirtschaften übernommen. Die Firma, die sich mit der Zucht von
Zuckerrüben, Getreide und Hülsenfrüchten beschäftigt, umfasst
7 grössere Wirtschaften der Provinz Sachsen und Anhalts und hat ihre
Zuchtstation neuerdings auf der Schlossdomäne Ballenstedt a. Harz
neu eingerichtet.
Um sich auf das Doktorexamen vorzubereiten, hat der seitherige
wissenschaftliche Hilfsarbeiter, Diplomlandwirt F. Schlecht, seinen'
Posten an der württembergischen Saatzuchtanstalt Hohenheim Mitte
März d. Js. verlassen. Als Nachfolger wurde der Diplomlandwirt Dr.
G. Baur aus Trugenhofen (Württemberg) mit der Bezeichnung
..Assistent" der Saatzuchtanstalt bestellt. Baur hat die landw. Hoch-
schule Hohenheim absolviert, von der er auch auf Grund einer Abhand-
lung auf dem Gebiete der Dinkelzüchtung zum Doktor promoviert
wurde.
248 Kleine Mitteilungen.
Nachtrag.
Das Referieren für die in Java erscheinenden Arbeiten auf
dem Gebiet der Pflanzenzüchtung hat der Direktor der Veredlungs-
anstalt für einjährige Kulturpflanzen zu Buitenzorg Dr. L. Koch
freundlichst übernoninieu, nachdem dem bisherigen Referenten, Direktor
van der Stok, die Direktion der Agrikulturabteilung zu Buitenzorg
übertragen worden ist.
Druckfehlerbericlitigung bei der Arbeit Cohen Stuart.
Die Seitenköpfe sollen statt der Bezeichnung Stuart allein den vollen Verfassernamen
Cohen Stuart tragen.
S. 158, 3. Zeile der Fussnoten von unten: statt Specius, Species.
S. 160, 3. Zeile des Textes von unten: statt bestehende, bestechende.
S. 192, 2. Zeile der Fussnote von unten: statt ontkiemig, ontkieming.
S. 193, 1. Zeile von oben: statt ckarakterisiert. charakterisiert.
S. 200 2. Absatz von oben, 2. Zeile: statt Zvrek, Zweck.
Das nächste Heft erscheint Herbst 1920.
CTuck Ton Fr. atoUbaig, M«rcebviT|,
Trieure
Unkrautsamen-
I^^^S^ Ausleser,
Mischfrucht - Scheider,
Getreide-Sortierer,
Lagerhaus-Einrichtungen
Reinigungs-Anlagen
für Saatzuchtanstalten.
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Dresden-Neustadt und Augsburg-Pfersee.
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Qruck von Fr. StoUberg, Merseburg,
Band VII, Heft 4. November 1920.
Zeitschrift
für
Pflanzenzüchtung
Zugleich Organ
der Gesellschaft zur Förderung deutscher Pflanzenzucht,
der
Österreichischen Gesellschaft für Pflanzenzüchtung
und des
Bayerischen Saatzuchtvereins.
Unter Mitwirkung
von
L. Kießling, H. Nilsson-Ehle, K. v. Rumker, E. v. Tschermak,
München Land Emersleben Wien
herausgegeben
von
C. Fruwirth,
Wien.
Mit 5 Textabbildungen.
BERLIN
Verlagsbuchhandlung Paul Parey
Ttrlkg Dr LandwirUeh«ft, GkrtanbM and ForatirawB
SW 11, Hedemannstraße 10 n. 11
1920.
Einzelpreis 38 M. Aboaaemeatspreis 32 M,
Inhalt.
I. Wissenschaftliche Originalarbeiten, Aufsitze. §«{(0
Firbas, Heinrich: Über die Erzeugung von Weizen-Roggen-Bastardierungen 249
Hansen, W.: Die Mahndorf er Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorf er
Usancenbuch 283
III. Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflaozenznchtung.
1. Referate 319
2. Bücherbesprechungen 341
IV. Vereinsnachrichten.
Gesellschaft für Pflanzenzüchtung-Wien 344
a) Wissenschaftliche: V. Kleine Mitteilungen.
Über einen Versuch der Züchtung schwarzer Farbentöne an der Garten-
primel. Von Dr. Fr. Frimmel. . . . . . . 346
Winke mit linsenförmigen Samen. Von Prof. Dr. C. Fruwirth .... 356
Xenien zwischen Melonen und Gurken. Von J. Becker 362
Kohlensäure und Pflanzenzüchtung. Von Dr. Hugo Fischer 364
b) Andere Sachliche:
„Hereditas" 366
Zadruga za proizvodnju sjemenj v Zagrebu 367
c) Persönliche 367
Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für Pflanzenzüchtung erscheint in
zwanglosen Heften, deren 4 zu einem Bande vereinigt werden. Die Hefte
sind auch einzeln käuflich, ihre Preise sind entsprechend ihrem schwankenden
Umfang verschieden und sind im Abonnement niedriger als bei Einzelbezug.
Das Abonnement verpflichtet für einen Band.
Abonnements nimmt jede Sortimentsbuchhandlung entgegen sowie die
Verlagsbuchhandlung Paul Parey, Berlin SW 11, Hedemannstraße 10 u. 11.
An letztere sind auch alle Zuschriften in Anzeigenangelegenheiten zu richten.
Preise der Anzeigen: ganze Seite 50 M., halbe Seite 30 M., viertel Seite
16 M. Für alle das große Gebiet der Pflanzenzüchtung angehende
Anzeigen dürfte die „Zeitschrift" das geeignetste Organ sein.
Honorar für den Bogen Text: 48 M., Tabellen 24 M. Von jedem
Originalbeitrag können 25 Sonderabdrücke geliefert werden, wenn dies bei
Einsendung des Manuskriptes verlangt wird.
Redaktionelle Zuschriften: Prof. Dr. C Fruwirth, Waldhof b. Amstetten
(N.-Österr.).
Sonstige Zuschriften (Bezug und Anzeigen) : Paul Parey, Berlin SW II,
Hedemannstraße 10 u. 11.
Band VII, Heft 4. November 1920.
. Zeitschrift für Pflanzenzüchtung.
m
I
I.
Wissenschaftliehe Originalarbeiten, Aufsätze.
Ober die Erzeugung von Weizen-Roggen-
bastardierungen.
Von
Heinrich Firbas,
Dr. der Bodenkultur,
Es ist bekannt, daß die Erzeugung der meisten Speziesbastarde
Schwierigkeiten bereitet. Auch bei der Bastardierung des Weizens
mit ßoggen ist die Zahl der gelungenen Bastarde stets nur gering.
Um so auffallender war daher die Tatsache, daß sich im Jahre 1912
im Garten der Hochschule für Bodenkultur in Wien unter einer
Reihe steriler mit Roggenpollen bestäubter Weizenähren des roten
Galizischen Grannenweizens eine Ähre befand, die eine ganze Anzahl
gelungener Bastarde produzierte ^). Es unterliegt keinem Zweifel, daß
bei dieser einen Ähre, im Gegensatze zu den anderen, ganz besondere,
die Speziesbastardierung günstig beeinflussende Verhältnisse gegeben
waren. Es sollte die Aufgabe vvorliegender Arbeit sein, diesen Ver-
hältnissen, die die Speziesbastardierung offenbar in so hohem Grade
begünstigten, auf den Grund zu kommen. Es waren folgende Ge-
sichtspunkte, die zu diesem Vorsatze führten: Wenn es gelingt, diese
die Weizen-Roggenbastardierung begünstigenden oder schädigenden
Faktoren zu ergründen, so ist anzunehmen, daß das Ergebnis auch
für andere schwer gelingende Bastardierungen Geltung haben wird.
Es könnte dann künftighin nicht nur mit demselben Arbeitsanfwande
eine viel größere Anzahl von Bastarden erzeugt werden, sonderndes
wäre vielleicht sogar möglich, bis jetzt noch nicht gelungene Spezies-
bastarde- zu erzeugen, wenn man die der Bastardierung günstigen
Einflüsse , steigert oder die derselben' schädHchen nach Möglichkeit
ausschaltet. 'Diese Erwägungen waren die Grundlage für die ange-
stellten Versuche.
Über die Bedingungen, -unter denen die Bastardbefruchtu,ng am
besten gelingt, finden wir in der umfangreichen Literatur über
') Diese Mitteilung bezieht sich auf von Jesenko gemachte Bastardierungen.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII. 16
250 Firbas:
Bastardieruno; von Pflanzen und Tieren nur vereinzelte Beobach«-
tungen^) und diese sind zum Teil widersprechende. Nur in einem
Punkte stimmen sie überein. Alle Forscher suchen die Ursache für
die bald größere, bald geringere Anzahl gelungener Bastardierungen
in einem besonderen Reifezustand der Eizelle. Ob diese nun im Zu-
stande ihrer vollen Entwicklung oder erst später für die Bastard-
befrüchtung am geeignetsten ist, darüber gehen die Ansichten aus-
einander. "Während Gärtner, Pflüg er und Born die Ansicht
vertreten, daß schwer gelingende Bastardierungen dann mit der größten
Aussicht auf Erfolg vorgenommen werden, wenn die Eizelle den Höhe-
punkt ihrer Entwicklung erreicht hat, zeigen die 'Versuche der Brüder
Hertwig mit Seeigeleiern, daß diese das fremde Spermatozoon besser
aufnehmen, wenn sie eine Zeit nach ihrer Entleerung aus dem Eier-
stock bastardiert werden. Je später die Befruchtung geschah, um so
mehr wuchs der Prozentsatz der bastardierten Eier, um nach Erreichung
eines Bastardoptimums wieder abzunehmen. Der Reifezustand des
Sperma bzw. des Pollens scheint eine mehr untergeordnete Rolle zu
spielen, besonders bei der Bastardierung der Pflanzen, da anzunehmen
ist, daß unter der stets großen Anzahl der Pollenkörner, die auf die
Narbe gebracht werden, wenigstens einige die Fähigkeit besitzen,
diese zu befruchten. Auch äußere Einflüsse scheinen nach Angaben
Gärtners die Bastardbefruchtung insofern zu beeinflussen, als Feuch-
tigkeit und Regen dieser in noch höherem Grade schädlich siüd als
der natürlichen Befruchtung.
Hieraus ergibt sich nun für unsere Weizen-Roggenbästardierungen
•die Folgerung, daß es vor allem notwendig ist zu untersuchen, ob
ein bestimmter Reifezustand .der Narbe Voraussetzung für das Ge-
lingen der Bastardierungen ist. Es müssen also nicht allein Ähren
im blühreifen Entwicklungsstadium bestäubt werden, sondern auch
solche, die dieses bereits um ein, zwei oder mehrere Tage über-
schritten haben. Ebenso ist bezüglich des Pollens zu untersuchen,
ob es vorzuziehen ist, denselben im frischgesammelten Zustande zu
verwenden oder erst, nachdem er ein entsprechendes Alter erreicht
hat, oder ob dies gleichgültig ist.
Um diese Versuche durchzuführen, mußte Klarheit über die Dauer
der Konzeptionsfähigkeit der Narbe und die Haltbarkeit des Pollens
herrschen. Da die Literatur uns hierüber keine verläßliche Auskunft
^J Gärtner, Versuche und Beobachtungen über die Bastardzeügung im
Pflanzenreich 1849. — E. Pflüger, Die Bastardierung bei den Betrachiern. Archiv
f. d. gesamte Physiologie, Bd. XXIX. — Born, Beiträge zur Bastardierung zwischen
den einjieimischen Anurenarten. Archiv f. Physiologie, Bd. XXXII. — Hertwig,
Experimentelle Grundlagen über die Bedingungen der Bastardbefruchtung. Jenaische
Zeitschrift f. Naturwissenschaft, XIX. Bd., 1886. — Loeb, Über den chemischen
Charakter des Befruchtungsvorganges. Leipzig 1907.
über die Erzeugung von Weizen-Roggenbastardierungen. , 251
gibt, mußten die entsprechenden Versuclie durchgeführt werden.
Diesö sollen an anderer Stelle besprochen werden.
Um auch den Einfluß der äußeren Faktoren auf das Gelingen
der Bastardierungen untersuchen zu können, war es nötig, die Be-
stäubungen zu verschiedenen Tageszeiten und bei verschiedener
Witterung vorzunehmen und Tag- und. Stunde der Bestäubung für
jede Ähre genau ^ zu' notieren. Da an der Lehrkanzel für Meteoro-
logie der Hochschule für Bodenkultur alle meteorologischen Daten
evident gefiihrt werden , war es später möglich , am der Hand dieser
Tabellen die EinwirkiTUg der Temperatur, Feuchtigkeit, Sonnen-
bestrahlung zur Zeit des Befruchtungsvorganges zu untersuchen.
■ "Wir gehen somit zur Versuchsbeschreibung über.
Für unsere Versuche standen Beete mit einer ganzen Anzahl von
Weizenrassen zur Verfügung, die jedoch nicht immer vollständig rein
waren. Auf diesen Beeten wurden die Versuche durchgeführt.
Es w-ar nicht zu vermeiden, daß in diesen Beeten bei der engen
Nachbarschaft mit anderen gleichzeitig blühenden Ähren stellenweise
Fremdbefruchtung durch" Weizenpollen erfolgte. Da jedoch die ge-
ernteten Körner angebaut wurden und im nächsten Jahre erst die ■
Zahl der gelungenen Bastardierungen festgestellt wurde, so bestanden
gegen den Freilandversuch keine Bedenken, selbst auf die Gefahr
hin, daß sich im Kornansatz hier und da ieinzelne Weizenkömer be-
finden sollten. ' . ,
In vorliegendem Versuche wurden Ähren des Bocharaweizens
bestäubt. Es ist dies eine Weizenrasse, die vor mehreren Jahren
von einer Studienreise aus der Bochara mitgebracht wurde und seitdem
alljährlich im Garten der Hochschule für Bodenkultur angebaut wird.
Dieser Bocharaweizen stellt jedoch keine reine Rasse vor, sondern
vielmehr eine Populati.on verschiedener üassenformen , die vor allem
die gemeinsamen Merkmale der Frühreife und der überaus großen
Empfänglichkeit gegen Rost besitzen. Es finden sich sowohl begrannte,
als auch halb begrannte und unbegrannte Formen. Letztere sind nicht
einmal konstant, sondern spalten wieder in begrannte und unbegrannte
Formen.
Ähren dieses Bocharaweizens wurden in verschiedenem Zustande
ihrer Blühreife ^) mit frischgesammeltem Roggenpollen bestäubt. Der
Versuch wurde durchgeführt, indem für jede der kastrierten Ähren
der Tag ihrer Blühreife notiert wurde. Dieselben wurden dann ein
oder mehrere Tage bis zu ihrer Bestäubung stehen gelassen. Für.
jede Versuchsserie wurden. je vier Ähren verwendet.
*) Als blübreif wurden diejenigen Äbren angesehen, bei denen alle oder
wenigstens fast alle Spelzen gespreizt waren.
16* * "
252 r , Firbas:
•
Der zur Bestäubung verwendete Roggenpollen stammte von ver-
schiedenen Rassen des AYinterroggens, die im Hoch Schulgarten eben-
falls in Beeten alljährlich angebaut werden, jedoch teilweise stark
miteinander vermischt sind. Es wurde meist ein Gemenge von
Pollen 7ATr Bestäubung verwendet, der von mehreren Ähren ver-
schiedener Rassen stammte. Der Pollen wurde auf Glanzpapier ge-
sammelt und aus Schächtelchen mit dem Pinsel auf die Narbe auf-
getragen. Als Isolierung wurden Pergamentsäckchen verwendet.
Bei den folgenden Zusammenstellungen wurden unter der Rubrik
„Kornansatz" nur diejenigen Körner verzeichnet, von denen ein Keimen
zu erwarten war. Die bei jeder schwer gelingenden Bastardierung
relativ große Zahl von verschrumpften und mißgestalteten Körnern,
deren Vorkommen bereits Kölreuter ^) als halbe oder Afterbefruch-
tung bezeichnet hat, blieb unberücksichtigt. Da aber alle Körner,
die vielleicht doch ein Keimen erhoffen ließen, gezählt wurden, so
erklärt sich die große Zahl der beim Anbau nicht gekeimten Körner.
Übersicht über die Versuche des ersten Jahres:
I. Bocharaweizen 9 X Roggen c?. /
Pollen frisch gesammelt, Ähre blühreif.
Tag und Stunde Anzahl der Kornansatz- C-ekei^te Bastarde-
der Bestäubung: bestäubten Blüten: -^^ornansatz . Xö^ner: -ßastarae.
31. V. 10 1^45 24 _ _ _
1. VI. 9^50 26 4 3 3
2. VI. 9 h 35 22 7 6 6
2. VI. 91145 22 19 lü 16
Polle n frisch g'esammelt,ÄhreeinenTag nach ihr er Blühreife bestäubt.
31. V. 9i'40 23 ü 5.5
31. V. 91155 22 10 8 8
31. T. 10t— 27 2 2 * 2
31. V. IOI12O 26 1 1 1
Pollen frisch gesammelt, Ähre zweiTage nach ihrer Blüh r-eife bestäubt.
1. VI. lOh 10 18 - 1 1
1. VI. lOh 15 .23 2 2 —
1. VI. 10h 25 29 2 2 —
1. VI. 10h 30 20 _ _ _
Pollen frisch gesammelt, Ähre drei Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
2. VI. 8h50 . 20 _ — — — '
2. VI. 9h 15 24 11 —
2. VI. 9h 15 22 . — — —
2. VI. 9h 20 23 's 3 3
') Kölreuter, Vorläufige Nachricht von einigen das Geschlecht der Pflanzen
betreffenden Versuchen und Beobachtungen.
über die Ei-zeugung von Weizen-Roggenbastardierungen. 253
Poll en frisch gesammelt, Ähre vier Tage n ach ihrerBlübreife bestäubt.
TagundStunde Anzahl der Kornansatz: Gekeimte Bastarde:
der Bestaubung: bestaubten Blüten: Korner:
3. VI. 11h— 22 — . — —
3. VT. 11h 10 24 16 6 6
3. VI. 11h 25 16 — — —
3. VI. 11h 30 19- _ _ _
Pollen frisch gesammelt, Ähre fünf Tage nach ihr er Blühreife bestäubt.
4. VI 7h 50 30 1*1 —
4. VI. 8h— 26 1 1 —
5. VI. 9h 1.5 20 — — —
5. VI. 9h 25 18 ■ 1 — —
Diese Versuchsreihe widerlegt bereits einwandfrei die oben er-
wähnte Annahme, daß möglicherweise die Bastardierung leichter
gelingt, wenn die Ähre das Stadium ihrer Blühreife überschritten
hat, sich ihre Narben also in überreifem Zustande befinden;" er zeigt
im Gegenteil, daß es am günstigsten ist, die Ähre während ihrer
Blühreife zu bestäuben. Der Prozentsatz der gewonnenen Bastarde
geht bei den späteren Bestäubungen stark zurück, bis er auf Null
herabsinkt.
Bocharaweizen zeigt sich ferner als glänzendes Objekt für Weizen-
Roggenbastardierungen. Keine der später verwendeten Weizenrassen
gibt auch nur annähernd einen so hohen Prozentsatz Bastarde.
II. Ige 1 Weizen 9 X R 0 ggen (5^.
Pollen frisch gesammelt, Ähre einenTagnachihrerBlühreife bestäubt.
Tag und Stunde Anzahl der ^ , Gekeimte -r, . j
der Bestäubung: bestäubten Blüten: Kornansatz: Körner: Bastarde:
4. VI. 11 h 5 28 2 2 —
4. VI. 11h 10 30 1 1 _
4. VI. 11 h 15 24 — — —
4. VI. 11h 20 30 _ _ _
Pollen frisch gesammelt, Ähre dreiTage nach ihrer Blühreif e bestäubt.
6. VI. 9 h 10 22 — — —
6. VI. 9h 20 23 1 1 —
6. VI. 9ht:0 .22 — — —
6. VI. 9h 35 23 1 1 _
Pollen frisch gesammelt, Ähre fünf Tage nach ihrer Blüh reife bestäubt.
8. yi. 2h 2Ö 25 _ _ _
8. VI. 2h 30 ?3 - — • —
8. VI. 2h 40 20 — , — —
8. VI. 2h 45 28 — — —
Pollen zwei Tage alt, Ähre einen Tag nach ihrer Blühreife bestäubt.
4. VI. 10h 45 28 _ _ _
4. VI. 10h 50 20 — — —
4. VI. 11h — 27 1 1 _
4. VI. 11h _ 22 — ' — _
254 Firbas:
Pollen vier Tage alt, Ähre einen Tag nach ihrer Blühreife bestäubt.
Tag und Stunde Anzahl der ,- „„ "„<.^ Gekeimte n 4. a
der Bestäubung: bestäubten Blüten: -^ornansatz: j^q^^^^. Bastarde:
4. YL 10^30 23 * . 2 2 —
4: VI. 101' 30 24 — — • —
4. Yl! 101' 35 20 r 1 —
4. VI. lOi» 40 28 — — . —
Pollen zwei Tage alt, Ähre drei Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
6, VI.' St 30 '28 — — —
6. VI. 81' 40 29 — ■ = —
6. VI. 81^55 30 - — —
6. VI. 9I1 — 24 1 angefressen, nicht keimfähig.
■ Bei keiner Ähre wurde ein Bastard erzielt.
III. LoGsdorfer Bärt\veizen$>< Roggen c?.
Hier und bei späteren Yersuchen konnte nicht immer für jede
Yersnchsserie die gleiche Anzahl Ähren verwendet werden, wie es die ur-
sprüngliche Absicht War, da nicht immer Pollen in genügender Menge
zur Verfügung stand, ferner Regenwetter es wiederholt unmöglich
machte, die an einem Tage beabsichtigte Anzahl Bestäubungen durch-
zuführen. Es mußte daher unfreiwillig eine größere Anzahl Ähren
in vorgeschrittenerem Entwicklungsstadium bestäubt werden.
Polien frisch gesammelt, Ähre blühreif.
Tag und Stunde Anzahl der Trr.rnnn.jaty Gekeimte Bastarde •
der Bestäubung: bestäubten Blüten : -l^oinansatz. j^q^^^.. Bastarde.
10. VI. 4I15O 22 — — —
Pollen frisch gesammelt, ÄhredreiTage nach ihrer Blüh reife bestäubt.
9. VI. III12O 2.5 — —
10. VI. 91110 19 — — —
10. VI, 9115O 22 — — —
10. VI, 311 50 23 - — —
Pollen frisch gesammelt, Ähre vierTage nach ihr er Blühreife bestäubt.
9. VI. 101» — 19 1 angefressen, nicht keimfähig.
9. VI. lOt 10 22 — — - —
10. VI. 91» 45 16 — — —
Pollen frisch gesammelt, Ähre fünf Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
10. VI. 8 h 50 26 — — —
10. VI. 911— 28 1, 1 —
10. VI. 911I5 28 ■ — — —
10. VI. 9h 30 28 — — —
Pollen vormittags gesammelt, Ähre blfihreif.
10. VI. 21145 14 — — --
Pollen vorm. gesammelt, Ähre einenTag nach ihrer Blühreife bestäubt.
10. VI. 211 15 ' 18 — — —
über die Erzeugung von "\Veizen-*Roggenbastardierungen. 255
Po llenvor m. gesammelt, ÄhrezweiTagB nach ihrer Blühreife bestäubt.
Tag und Stunde Anzahl der KornÄnsat7- ^^ekeimte Bastarde-
der Bestäubung: bestäubten Blüten: -i^ornansatz. j^ö^jj^j.. J^astarde.
9. VI. 21» 15 18 ' — — —
Pollen vorm. gesammelt, Ähre drei Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
9. VI. 3ii25 24 — — —
Pollen vorm. gesammelt, Ähre vier Tag enach ihrer Blühreife bestäubt.
9. VI. 3h —26 — — —
9. VI. 31' 10 22 _— — — ■■'
Pollen vorm. gesammelt, Ähre fünf Tage nach. ihrer Blühreife bestäubt.
10. VI. 21» 30 21 — — —
10. VI. 21150 24 — — —
10. VI- 3ii — ■ 28 '■ — — —
Die zwei geernteten Körner zeigten sich beim Anbau als "Weizen.
<r
IV. Molds Squarehead2xRoggen'(5.
Alle Bestäubungen wurden mit fvisch gesammeltem Pollen durch-
geführt.
Ähre blühreif, drei Versuche; Ähre einen Tag nach ihrer Blüh-
reife bestäubt, ein Versuch ; Ähre zwei Tage nach ihrer Blühreife
bestäubt,- 2 Versuche ; Ähre vier Tage nach ihrer Blühreife bestäubt,
11 Versuche; Ähre fünf Tage nach ihrer Blühreife bestäubt, drei
Versuche ; Ähre sechs Tage nach ihrer Blühreife bestäubt, drei Ver-
suche. Bei keinem der Versuche wurde ein Korn vorgefunden.
V. Bielers Epp$xRoggenc5.
Alle Bestäubungen wurden mit frisch gesammeltem Pollen durch-
geführt.
Ähre blühreif, vier Versuche ; Ähre zwei Tage nach ihrer Blüh-
reife bestäubt, acht Versuche; Ähre drei Tage nach ihrer Blühreife
bestäubt, vier Versuche; Ähre vier Tage nach ihrer Blühreife be-
stäubt, zwei Versuche. Auch bei Bielers Epp wurde kein einziges
Korn geerntet.
-VI. Eoter Gralizischer (^rannenweizen $ x Roggen d.
Pollen frisch gesammelt, Ähre drei Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
Tag und Stunde Anzahl der tt^^^o^o,. Gekeimte ,, . .
der Bestäubung: bestäubten Blüten: -^^ornansatz : j^q^j^^j.. Bastarde:
13. VI. Uh 10 16 — ■ — ■ _
Pollen f tisch gesammelt, Ähre vier Tage nach ihrer Blühreif e bestäubt.
13. VI. 11h 1.5 16 _ _ _
13. VI. 3h _ 17 5 1 1
13. VI. 3h 10 . 22 — ^ _
256 Firbas:
Pollen frisch gesammelt, Ähre fünf Tage nach ihrer Blüh reife bestäubt.
Tag und Stunde Anzahl der -rj- . Gekeimte -c i. j
der Bestäubung: bestäubten Blüten: Kornansatz: Körner: Bastarde:
13. VI. 11h— ,28 — - —
13. VI. 11 h_ 20 — — —
13. VI. 11h 20 20 — — —
13. VI. 11h 25 . 22 _ _ _
Pollen vorm. gesammelt, Ähre zwei Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
13. VI. 1 h 40 15 — — —
- 13. VI. 2h— 18 — — . —
13. VI. 2 h 20 22- — - —
13. VI. 2h 25 "15 ' — — —
13. VI. 2 h 35 14 2 1 1
Pollen vorm. gesammelt. Ähre drei Tage»nach ihr er Blüh reife bestäubt,
13. VI. 2h — 11 1 1 _
13. VI. 2h 30 16 _ _ _
Pollei* vorm. ge,sammelt,Ähre vier Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
13. VI. IhSO 13 — — —
13. VI. Ih55 17 , — . — —
Pollen vorm. gesammelt, Ähre fünf Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
. 13. VI. 1 h 30 21 — — —
13. VI. 2h 10 20 — — —
13. VI. 2h 15 24 — — — _
Das Ergebnis sind zwei Bastarde von verschiedenen Ähren ;
dieses ist jedoch zu dürftig, um hieraus irgendwelchen Schluß ziehien
zu können.
VII. Czar ? X Roggen c?.
Auch hier war der vorangegangene Regentag die Ursache für
die unregelmäßige Versuchsanordnung. Alle Bestäubungen wurden mit
frisch gesammeltem Pollen durchgeführt.
Ähre zwei Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
Tag und Stunde Anzahl der ,^ , Gekeimte -r, ^ :,
T -r. ... 1 1 .1. -r.! , Kornansatz: „.. Bastarde:
der Bestaubung: bestaubten Bluten; Jlorner:
13. VI. 5 h 15 24 — — —
Ähre drei Tage nach ihrer Bl. ühreife bestäubt.
13. VI.
11h 35
28
13. VI.
11h. 50
20
13. VI.
11h 55
26
13. VI.
5h 20
22
13. VI.
5h 30
24
13. VI.
5h 30
30
13. VI.
5 h 45
24
Ähre vier Tage nach ihrer Blühreife bestäubt.
13. VI. 12 h— 23 1 1
13. VI. 5h 10 29 , — —
13. VI. 5 h 40 28 — —
Die zwei geernteten Kömer waren AVeizenkörner.
über die Erzeugung von Weizen-Roggenbastardierungen. 257
VIII. Weißer Epp9 X Roggen c?.
Die Bestäubungen wurden mit frisch gesammeltem Pollen durch-
geführt.
Ähre drei Tage nach ihrer Blühreife bestäubt, vier Versuche ;
Ähre vier Tao-e nach ihrer Bkihreife bestäubt, ein Versuch; Ähre
fünf Tage nach ihrer Blühreife bestäubt, ein Versuch. Kein Bastard
als Ergebnis.
IX. Sommerspelz 9 X Sommerroggen (?.
Pollen frisch gesammelt, Ähre blühreif, drei Versuche; Pollen
frisch gesammelt, Ähre einen Tag nach ihrer Blühreife bestäubt, ein
Versuch; Pollen frisch gesammelt, Ähre zwei Tage nach ihrer Blüh-
reife bestäubt, drei Versuche ; Pollen frisch " gesammelt, Ähre drei
Tage nach ihrer Blühreife bestäubt, ein Versuch; Pollen einen Tag
alt, Ähre blühreif, zwei Versuche ; Pollen einen Tag alt, Ähre einen
Tag nach ihrer Blühreife bestäubt, zwei Versuche. Beim Sommer-
spelz wurde kein Bastard gewonnen. Beim Winterspelz wurde jedoch
bei späteren Versuchen guter Ansatz erzielt.
' ' Hier schließen die Versuche des ersten Jahres.
Was für ein Schluß kann nun aus den bisherigen Arbeiten ge-
zogen werden? Vor allem sehen wir, daß der Grad der sexuellen
Affinität zwischen den verschiedenen Weizenrassen und Roggen ein
verschiedener ist. Wenn auch bei den meisten der hier besprochenen
Rassen vorwiegend ältere Ähren zur Bestäubung gelangten, so kann
dieser Umstand nicht als ausschlaggebende Ursache für das völlige
Fehlen von Bastardkörneru angesehen werden, schon aus dem Grunde,
da für viele Ähren das vorangegangene Regenwetter die Ursache für
die verzögerte Bestäubung war. Die Veränderung, welche die Narbe
bei regnerischem Wetter und der damit verbundenen niederen Tem-
peratur in ein bis zwei Tagen erleidet, ist viel zu gering, um hier
den alleinigen Grund für das Fehlen eines Ansatzes zu suchen. Auf
das verschiedene Verhalten der Weizenrassen bei Bestäubung mit
Roggenpollen soll jedoch erst später eingegangen werden, um mehrere
Resultate zusammenfassen zu können.
Die gewonnenen Bastarde verdanken wir fast ausschließlich den
Bestäubungen am Bocharaweizen. Wie schon erwähnt, widerlegt
bereits dieser Versuch die ursprüngliche Annahme , daß Bastard-
befruchtung bei überreifer Narbe vielleicht leichter gelingt. Wäre
diese Behauptung richtig gewesen, so hätte aber auch bei den
folgenden Versuchen, da die Zeit der Blühreife bei den verschiedenen
Ährchen einer Ähre eine verschiedene ist, aus der Verteilung des
Ansatzes innerhalb der verschiedenen Ähren auf eine besondere Eig-
nimg eines bestimmten Reifestadiums der Narbe für die Bastardierung
258 Firbas:
geschlossen werden können. Dies war jedoch nirgends der Fall. Es
besteht hier also keine Übereinstimmung mit den Seeigelversuchen
Hertwigs. Solange die Narbe empfängnisfähig ist, ermöglicht sie auch
Bastardbefruchtung. Von einem besseren Ansatz- bei späterer Be-
stäubung kann jedoch nicht die ßede sein.
Über das der Bastardierung günstigste Alter des Pollens gestatten
die bisherigen Versuche noch kein abschließendes Urteil. Beim
Bocharaweizen wurde ausschließlich frisch gesammelter Pollen ver-
wendet und die zwei beim roten Galizischen G-rannenweizen erzielten
Bastarde berechtigen zu keinen Folgerungeji. Es scheint jedoch, daß
*die Narbe älteren Pollen nicht bevorzugt, denn sonst hätte sich bei
den mit älterem Pollen bestäubten Ähren wenigstens hier und da ein
Bastardkorn zeigen müssen.
Über die Frage, ob meteorologische Einflüsse die Bastardierung
im günstigen oder im ungünstigen Sinne beeinflussen, können uns die
bisherigen Versuche keine Auskunft geben. Die zwei Bastarde Gali-
zischer X ßoggen faUen nicht in die Wagschale. Während der
Arbeiten am Bocharaweizen herrschte durchwegs heißes, sonniges
"Wetter. Der Schluß jedoch, daß dieses den Ansatz in so hohem
Grade begünstigt hat, ist unzulässig, da die Gegenprobe nicht vor-
handen ist. Auch ist die Zahl der verwendeten Ähren zu gering und
der Einfluß der um mehrere Tage verzögerten Bestäubung zu groß,
um irgendwelche Folgerungen ziehen zu können.
Um ein abschließendes Urteil über- den Einfluß äußerer Faktoren
auf die Bastardierung zu bekommen, war es daher nötig, weiterhin
eine ansehnliche Anzahl Ähren z^i den verschiedensten Tageszeiten
und bei verschiedenster Witterung zu bestäuben. Diese Arbeiten
wurden im folgenden Frühjahre durchgeführt. Der Einfluß des Ent-
wicklungsgrades der Narbe auf die Bastardbefruchtung ist bereits im
negativen Sinne als gelöst zu betrachten. Da die Zweckmäßigkeit
der Verwendung älteren Pollens auch sehr fraglich erschien, wurde
zur Lösung dieser Frage nur eine geringe Anzahl Ähren reserviert.
Außer diesen wenige» Ähren durften, um etwaige störende Momente
nach Möglichkeit zu beseitigen, nur Ähren in gleichem äußeren Ent-
wicklungsgrade — also im Zustande der Blühreife — mit frisch
gesammeltem Pollen bestäubt werden.
Auch diese Versuche wurden wie die vorangehenden auf Beeten
im Freilande dur-chgeführt.
Es sollen nun die Versuche des z w e i t e n Jahres besprochen
werden. «
I. tgelweizen^xRoggend.
8. VI. lOli 30 bis 10h 55, 7 Ähren; 8. VI. IIb bis nh 30, 7 Ähren;
8. VI. 11^30 bis 121', G Ähren. Bei keiner Ähre Fruchtbildung.
über die Erzeugung von Weizeu-Eoggenbastardierungen. 259
Um die Witternngseinflüsse überhaupt auszuschalten, wurde die
Bestäubung einiger eingetopfter "Weizenpiianzen im Zimmer vorge-
nommen. Der eine Teil der AVeizenpiianzen wurde im Zimmer bei
gewöhnlicher Zimmertemperatur bestäubt, der andere Teil in eineni
Zimmer, dessen Temperatur künstlich durch Anzünden eines Gasofens
auf 25— 28" C gebracht wurde. Die Pflanzen blieben auch, wie aus den No-
tierungen ersichtlich ist, eine Zeit lang nach der Bestäubung im Zimmer.
Zur Feststelluno-, ob der geschlossene Raum keinen schädlichen
Einfluß auf den Kornansatz habe, wurden vorerst einige Weizen-
pflanzen im Zimmer abblühen gelassen. Die Vornahme dieses Ver-
suches war nötig, da es nachgewiesen ist, daß noch nicht befruch-
tete Blüten man^cher Pflanzen verderben, wenn der Standort derselben
durch Versetzen in ein geschlossenes Zimmer verändert wird ^). Der
Ansatz erwies sich jedoch bei den Weizenpflanzen bei sämtlichen
Ähren normal, nur mußten diese rechtzeitig ins Freiland gebracht
werden, um einem Verkümmern der .Körner vorzubeugen.
Es lagen also gegen die Vornahme der Bestäubung im Zimmer
keine Bedenken vor. Um den ■ Einfluß der Temperatur und des
Feuchtigkeitsgehaltes der Luft des geheizten Zimmers festzustellen,
wurden die entsprechenden Messungen vorgenommen und die Daten
zweimal täglich notiert, und zwar des Morgens, bevor der Gasofen *
angezündet wurde und abends, wenn derselbe ausgelöscht wurde.
Igelweizen^xßoggend
(im geheizten Zimmer bestäubt).
Tag und Stunde Anzahl der -,^ , Gekeimte -o i- a
der Bestäubung: bestäubten Blüten: K°^°^°^^^^= Körner: Bastarde:
2. VI. llii_25o C, 60% 87 — - —
2. VI. 1111 — 250 0,600/0 39 ' — • —
2. VI. 6> — Giis abgedreht (27 0 Q^ .5.30/0),
3. VI. 81»— „ angezündet ( 190 C, 560/0).
3. VI. 4h — 270 c, 470/0 30 — • — —
3. VI. 411 — 2700,470/0 35 — — —
3. VI. 411 — 2700,470/0 39 — • —
3. VI. 411 — 2700,470/0 27 — — -
3. VI. eh — Gas abgedreht (270 Q^ 460yo).
4. VI. 8^~ ,. angezündet (210 0, 470/0).
4. VI. 311302100,470/0 '26 — — —
4. VI. 811 — 2100,470/0 23 — • — -
4. VI. 6I1 — Gas abgedreht (280 0, 50 O/o).
,5. VI. 81i — „ angezündet (210 0,520/o). ' " ■
5. VI. 1011 — 2400,200/0 22 — — —
5.VL 1011-2400,200/0 23 — — —
5. VI. 10 ii -24 h 0,200/0 16 _ _ _
5.VI. 10 11 — 24110,20 0,0 ,18 — — —
5. VI. Gas abgedreht (28 0, 50 O/o). — Am 8. VI. ins Freiland gestellt.
^) Gärtner, S. 251 nachgewiesen für Tropaeolum maiuSj Lycium barbarum
und europaeum.
260 ' . Firbas:
IgelweizenQxE-oggenc?.
(im ungeheizten Zimmer bestäubt).
10. VI. 2h 30. bei 18" C, sechs Ähren; 11. VI. 10^ bei 18" C,
vier Ähren. Am 13. VI. ins Freiland gestellt.
Weder beim Freilandversuch noch bei den Bestäubungsversnchen
im geheizten nnd ungeheizten Zimmer konnte ein Ansatz verzeichnet
werden.
II. Loosdorfer Bart weizen Q x Roggen c?.
Da, wie erwähnt, aus den bisherigen Versuchen noch nicht zu
ersehen war, ob die Bastardierung des Weizens mit Roggen bei Ver-
wendung frisch gesammelten Pollens zur Bestäubung besser o-elino-t
als bei Verwendung älteren Pollens, so mußte eine Wiederholung
dieser Versuche vorgenommen werden.
Es wurde ein Teil der Ähren mit frischem Pollen bestäubt, der
andere mit Pollen, der tags vorher gesammelt wurde. Der Beweis,
daß ein Tag alter und älterer Roggenpollen noch verwendbar ist,
wurde inzwischen erbracht.
Hier und bei den folgenden Versucheü dieser Art wurde zu einer
bestimmten Tageszeit dieselbe Anzahl Ähren mit frisch gesammeltem
Pollen bestäubt, wie mit tags vorher gesammeltem Pollen, so daß
eventuelle störende Witi^erungseinflüsse bei beiden Versuchen in
gleichem Grade zur Geltung kommen mußten.
Bestäubung mit frisch gesammeltem Pollen.
Tag und Stunde Anzahl der Kornansatz- Gekeimte Bastarde-
der Bestäubung: bestäubten Blüten: ^^ornansatz. Körner: -Bastarde.
9. VI. 91145 - 41 1 — —
, 9. VI. 10h 40- .44 — • — —
* 9. VI. IOI15O 37 4 3 3
9. VI. 10^50 24 3 — —
9. VI. Uli— 22 . — — —
9. VI. 11h 10 29 1 — —
9. VI. 4h 20 30 — — —
9. VI. 4h 30 24 11 1
10. VI. 9h 10 22 — — —
10. VI. 9h 20 24 18 8 8
10. VI. 9h 30 28 ' 1 — -
10. VI. 10h 50 25 — — —
10. VI. 11h _ 24 — — —
Bestäubung mit tags vorher gewonnenem Pollen
(um 5 Uhr nachmittags gesammelt).
9. VI. 9h 50 22 2 2 2
9. VI. 10h— 25 — — —
9. VI. 10 h— 36 — • — —
9. VI. 10h 10 37 — — —
9. VI. 10h 20 24 — — —
9. VI. 11h 10 ' 28 — - —
über die Erzeugung von Weizen-Koggenbastardierungen. 261
Bestäubung mit tags vorher gewonnenem Poll e'n
(um 5 Uhr nachmittags gesammelt). •
Kornansatz: ^^^^^^^ Bastarde:
Tag und Stunde
An
zahl der
der Bestäubung:
bestäubten Blüten
9. VI. 111120
32
9. VI. 4I14O
24
9. VI. 4^50
31
10. VI. 91140
22
10. VI. 9i'50
29
10. VI. lOii-
'19
10. VI. lOii —
18
10. VI 10 h 10
20
10. VI. 101120
37
10. VI. 101130
31
1 1
3 3
Auf Grund dieses Versuches könnte aus der Anzahl der gewonnenen
Bastarde bei oberflächlicher Betrachtung geschlossen werden, daß
frisch gesammelter Pollen für die Bastardbefruchtung günstiger ist
als älterer. Wenn wir aber die Anzahh der auf die einzelnen Ähren
entfallenden Körner betrachten, so sehen wir, daß ein solcher Schluß
verfrüht wäre, da ihre Verteilung ganz willkürHch ist und offenbar
unabhängig vom Alter des Pollens.
Es wurden acht Bastarde von einer 24 blutigen Ähre gewonnen.
Es ist dies ein analoger Fall, wie er eingangs erwähnt wurde und
Anlaß zu unseren Untersuchungen gab. Welches waren nun die Ein-
flüsse, denen dieser auffallend gute Ansatz zuzuschreiben ist? Der
Versuch zeigt, daß drei Ähren um 91i 10, 95120 und 9^30, also zu
fast gleicher Zeit bestäubt wurden. Von der um 9li 20 bestäubten
Ähre wurden acht Bastarde geerntet, von den beiden anderen Ähren
nicht ein einziger. Es ist nun undenkbar, daß Witterungseinflüssen
dieser hervorragend gute Ansatz zu verdanken ist, denn diese müssen
ja bei den beiden anderen Ähren dieselben gewesen sein. Hiermit ist
aber auch die Behauptung widerlegt, daß die Ursache für den beson-
ders guten Ansatz einiger Ähren in irgendwelchen äußeren Faktoren
gesucht werden kann und kein Ergebnis hätte dies deutlicher
vor Augen führen können als diese zu gl^cher Zeit bestäubten
drei Ähren.
AuJer diesen S.Bastarden hatte aber die Ähre noch 10 Körner,
die nicht gekeimt waren; wir können also annehmen, daß 18 Bastard-
* körner vorhanden waren. Der Prozentsatz der gekeimten Körner ist
bei Bastarden immer gering, da diese meist verschrumpft und miß-
bildet sind. Es ist daher aus dem Umstände, daß die Körner nicht
gekeimt haben, zu schließen, daß dies Bastardkörner waren, daß sich
also hier eigentlich 18 Bastardkörner bei einer 24blütigen Ähre vor-
fanden, von denen jedoch nur 8 keimfähig waren.
262 Firbas: " .
Loosdorfer BartweizenQx Roggen c?
(im geheizten Zimmer bestäubt).
Tag und Stunde Anzahl der \r^^^„„^„4.„ Gekeimte -o , j
der Bestäubung: bestäubten Blüten: Kornansatz: . j^q^^^^. Bastarde
9. VI. 12h— 28 — _ —
9. VI. 12h— 24 1 .1 1
9; VI. 12h— 28 1- 1 1
9. VI. 12 h— 220 C; 61 o/o 25 .2 2 - 1.
9. VI. 12h — - 28 — — —
• 9. VI. 12h- . .33 - — —
9. VI. 12h— 36 _ . . _ _ .
9. VI. 5 h 20 26« C, 620/0 33 • —
9. VI. 5 h 20 26 — — —
9. VI. 6h — Gas abgedreht (26^ C, 62 o/o).
10. VI. 8h— „ angezüitdet (20° C, 050/c).
10. VI. 11h 30 270 c, 60 0/0 20 1 1-1
10. VI. 11h 30 23 — — —
10. VI. 11h. 30 23 • — — -•
10. VI. 6h — Gas abgedreht (280 C, 580/o). •
11. VI. 8h— ., angezündet (220 C, 590/0).
11. VI. 9h— 260C, 620/0 22 _- _ _
11. VI. 9h— 24 , — — —
11. VI. 9h— ,26 '1 1 1
11. VI. 6h— Gas abgedreht (290 C, 60 ''/o). •
12. VI. 8h— „ angezündet (22 0 C, 640 o).
12. VI. 3h— 280 C, 580/0 18 .. — - —
12. VI. 3h— 18 — — —
12. VI. 6h— Gas abgedreht (28« C, o80,o). Am 13. VI. ins Freiland gestellt.
10. VI.
2h45
10. VI.
2h 45
10. VI.
2 h 45
11. VI.
10h —
12. VI.
2h —
13. VI.
3h-
15. VI.
2h-
Loosdorfer Bartweizen Q x: Roggen c?
(im vmgeheizten Zimmer bestäubt).
180 C 26 1 1 1 ■
24 . 1,1 1
21 1 1 1
18« C 22 2 2 ■ . —
20 1 — —
190 c 16 — — ^
22 _ • _ -.Am
16. VI. ins Freiland gestellt. '
III. Banaterweizen 9 X Roggen (?.
Während bei den bisherigen Versuchen Perganients'äckchen als
Isolierung verwendet wurden, wurde hier eine Anzahl .Ähren durch
gläserne Isolierzylinder gegen Fremdbestäubung geschützt. Solche
Isolierzylinder wurden zuerst von v. Tschermak verwendet und sind
in Fruwirths IV. Band „Die Züchtung der 'landwirtschaftlichen Kultur-
pflanzen" ^) beschrieben. Da dieselben oben geschlossen sind, schlägt
sich das aus der Ähre verdunstende Transpirationswasser an den
ij Zweite Auflage 1910, S. 72; Band I., 5. Aufl. 1920, S. 329.
über die Erz;eugung von Weizen-Roggenbastardierungen. 203^
Glaswänden nieder, so daß sich die Ähre in einem mit Feuchtigkeit
gesättigten Räume befindet.
Es sollte hier untersucht werden, ob die Art der Isolierung einen
Einfluß auf das Gelingen unserer Bastardierungen hat. Auch bei
diesen Versuchen wurde die' gleiche Anzahl zu einer bestimmten
Tageszeit bestäubter Ähren durch Pergamentsäckchen wie durch
Isolierzylinde}' geschützt, so daß andere Einwirkungen nicht in Be-
tracht kommen konnten.
Unter dem Isolierzylinder.
Tag und Stunde -Anzahl der Kornansatz: %^t^^^^ Bastarde,
der Bestäubung: bestäubten Blüten: Korner:
8. VI. 3I13O 28 ■ , ■ 2 1 —
8. VI. 3h50 ' 30 1.^1 1
8. VI. 4h 10 .33 — — —
8. VI. 4h 20 36 3 2 2 ,
8. VI. 4h 40 39 . 1 .1 • —
8. VI. 4h 50 31 .1 — —
8. VJ.5hl5 34 2 2 . —
9. VI. 6h 30 früh 27 6 4 4
9. VI. 6h 40 30 3 ■ 3 3
9. VI. 7h 30 36 . — . — —
9. VI. 7h 50 26 1 1 1
9. VI. 8 h — 29 "5 3 -
9. VI. 8h 20 36 11 —
9. VI. 8h 40 27 • 3 2 • 1 •
•
Unter Säckc.hen.
8. VI. 3h 40 35 11 1
8. VI. 4h— 36 11 —
8. VI. 4h 30 44 . 1. . 1 1 -
8. VI. 4h 30 34 1 . — —
8. VI. 5h— '33 1 . — —
8. VI. 5h 05 23 1 • — —
8. VI. .5h 45 26-1 1 —
8. VI. 5h 55 30 — . -TT — '
9. VI. 6 h 30 früh 24 1 — . -- .
9. VI. 6h 50 25 •. 6 2 ,2
9. VI. 7 h 40 30 — — —
9. VI. 8h— . 31 ' 2 1 • 1
9. VI. 8h 10 23 1 1 —
9. VI. 8h 15 18 1 — —
9. VI. 8h 30 28 1 1 1
"Wenn wir hier von den 2 Ähren mit 3 und 4 Bastarden absehen;
so besteht zwischen den ErgelDnissen der Ähren unter dem Isolier-
zylinder und denen unter Säckchen kein nennenswerter Unterschied.
Die Unregelmäßigkeiten in .der Verteilung der Bastarde auf die
einzelnen Ähren sind hier weniger auffallend wie beim vorhergehenden
Versuche, bestehen aber immerhin. Es kann auch hier der Ansatz
in keinem Zusammenhange mit äußeren Faktoren stehen.
264 Firbas:
IV. Molds Squarehead $ X Roggen (?,
Unter dem Isolie^z^■ linder.
Tag und Stunde
der Bestäubung:
Anzahl der
bestäubten Blüten:
Kornansatz:
Gekeimte
Körner :
Bastarde :
15. VI. 10^30
42
4
4
15. VI. llh —
36
1
1
1 *
15. VI. llh 10
22
—
—
15. VI. 3ii30
37
— .
— 1
15. VI. 31^30
* 31
—
—
16. VI. 9h 10
51
—
—
16. VI. 9 b 10
34
2 :
2
17. VI. 21120
29.
—
17. VI. 21130
34
: —
18. VI. 101140
38
1
1
1
Unter Säckchen..
15. VI. 101120 .
37
1
1
1
15. VI. IQiiÖO
32
4
4
— '.
15. VI. llii-
24 .
—
—
—
15. VI. 31135
23
—
—
—
15. VI. 31145
36
—
—
—
" 16. VI. 911-
36
1
1
1
16. VI. 91115
40 .
5
4
—
17. VI. 211 15
32
1
—
—
17. VI. 2114O
■ 32
1
1
1
18. VI. IOI135
36
1
1
1
Mochte bei dem vorigen Versuche das Ergebnis bei den Ähren
unter dem Isolierzylinder günstiger erscheinen, so ist hier das Um-
gekehrte der Fall. Die Art der Isolierung hat also alif den Ansatz
keinen Einfluß.
V. Czar $ X Roggen J.
Bestäubung mit frisch gesammeltem Pollen.
Tag und Stunde Anzahl der Kornansatz- Gekeimte T^octardp-
der Bestäubung: bestäubten Blüten: -^^°^^''^^^^^- Körner: ■ -t^a^tarde.
14. VI. 2I13O • 27 — — —
14. VI. 2115O 34 .. — — —
14. VI. '311— 23 — — ■ —
15. VI. Uli 50 24 . 2 2 —
15. VI. 12 h— 24 — — —
16. VI. lOii 50 18 2 2 —
16. VI. Uli— 30 1 1 1
17. VI. 311— 28 — , — -
17. VI. 3I1 10 26 _ _ ._
17. VI. 3 h 50 -28 _ _ _
17. VI. 411 — 24 - — —
Bestäubung mit tags vorher gewonnenem Polleu.
14. VI. 211 30 Pollen gesam- 28 1 1 —
14. VI. 2I14O meltl3.VI. 21' 20 1 1 1
14. VI. 2h 45 „ 13. VI. 211 28 — — —
15. VI. III13O „ 14. VI. 8i> 24 1 ' 1 . —
über die Erzeugung von VVeizen-Roggenbastardierungen. 265
Bestäubung mit tags vorher gewonnenem Pollen.
Tag und Stunde Anzahl der Kornansatz- C'^ekeimte Bastarde
der Bestäubung: bestäubten Blüten : " Körner:
15. VI.
Uli 40 p.
ges. 14.VI. 81'
27
—
—
16. VI.
10 h 30
„ 15. VI. 12 h
26
—
—
16. VI.
101140
„ 15. VI. 121'
32
—
—
17. VI.
31^20
.. IG. VI. 101'
24
—
—
17. VI.
31120
,. 16. VI. lOh
26
1
1
17. VI.
3113O
,. 16. VI. 101'
28
1
1
17. VI.
3 1' 40
,. 16. VI. 101'
28
—
—
AiTcli hier wurde der Versuch, die Bestäubung rnit älterem Pollen
durchzuführen, noch einmal wiederholt. Wenn die Frage, ob frischer
Pollen für Bastardierungen geeigneter ist, nach dem vorangehenden
Versuche noch strittig erscheinen konnte, so beseitigt diese Versuchs-
reihe alle Zweifel. Hier erhalten wir bei Bestäubung mit Pollen, der
tags zuvor gesammelt wurde, zwei Bastarde gegen einen bei Bestäu-
bung mit frisch gesammeltem Pollen. Es hatte also auch das Alter
des Pollens keinen Einfluß auf das Gelingen der Bastardierung. Es
ist anzunehmen , daß mit derselben Hoffnuno- auf Erfolg auch älterer
Pollen für Bastardierungen verwendet werden kann, sobald dieser
noch befruchtuno'sfähia: ist.
ö
Czar 9 x Hoggen S
53 S>
(im ungeheizten Zimmer bestäubt).
Tag und Stunde Anzahl der -rr , Gekeimte -r> ^ j
der Bestäubung: bestäubten Blüten: ^°^^^^'^*^= Körner: Bastarde:
1 1 1
13. VI. 3I' —
190 c
30
15. VI. 2 1' 30
190 c
23
15. VI. 21' 30
22
16.VI. 21' —
190 c
26
16. VI. 2h-
22
16. VI. 2h-
22
16. VI. 2h —
20
18. VI. 9 h 30
210 c
16
18. VI. 91130
18
18. VI. 9 h 30
19
Czar9xRoggenc?
(im geheizten Zimmer bestäubt).
10. VI. 3 h 45
■290 c, 59<Vo 35
1
10. VI. 3 h 45
34
1
10. VI. 3 h 45
36
1
10. VI. 3 h 45
29
1
10. VI. 3 h 45
32
2
10. VI. 61» —
Gas abgedreht (28 0 C,
580/0).
11. VI. 8h —
.. angezündet (22 *> C,
590/0).
11. VI. 9h —
260 C, 620/0 27
—
11. VI. 9h —
28
11. VI. 3 h 30
290 C, 60 0/0 26
1
Zeiischrift tili- Pflanzenzüchtung. Bd. VII. ^ I7
266 Firbas:
Tag und Stunde Anzahl der v^^r.o^c„f^ Gekeimte ^ . ,
der Bestäubung: bestäubten Blüten: -'^°™^°^*^^- Körner: Bastarde:
11. VI. SiiSO 31 . — — _
11. VI. 6^ — Gas abgedreht (29 0 C, 600/0).
12. VI. 8h — , angezün.let (22» C, 64 «o).
12. VI. 2 h 30 280C, öSO'o 26 — . — —
12. VI. 2 h 30 24 — — ' —
12. VI. 2 h 30 22 1 1 _
12. VI, 6h — Gas abgedreht (28« C, 580'o).
13. VI. ins Freiland gestellt.
VI. Roter Galizisclier GrannenweizenQxEoggeiic?.
Kornansatz: Crekeimte Bastarde:
Korner:
Tag und Stunde
Anzahl der
der Bestäubung:
bestäubten Blüten
19. VI.
3h 10
30
19. VI.
3 h 2Ö
19
19. VI.
3h 25
28
19. VI.
3 h 30
2.3
19. VI.
3 h. 3.5
28
19. VI.
3 h 40
36
19. VI.
3 h 45
29
19. VI.
4h —
20
19. VI.
4h 10
16
19. VI.
4 h 10
19
20. VI.
10h 10
14
20. VI.
10 h 20
16
20. VI.
10 h 25
20
20. VI.
10 h 30
20
20. VI.
3h 20
19
20., VI;
3 h 25
24
21. VI.
11h 50
20
21. VI.
12h —
19
21. VI.
12 h —
23
21. VI.
12 h 05
17
22. VI.
4h 15
21
23. VI.
3h 20
25
1 1 1
13 7 7
7 3 3
Auch liier findet sich ein analoger Fall wie früher beim Loos-
dorfer Bartweizen, .Von 4 gleichzeitig bestäubten Ähren sind 3 steril,
die vierte gibt 4 Bastarde. Von 4 anderen, ebenfalls gleichzeitig be-
stäubten Ähren gibt die erste 7 Bastarde (von 13 Kömern), die zweite
3 Bastarde (von 7 Körnern); die andern 2 Ähren bleiben ohne Ansatz.
Dieser Versuch ist ein neuerliches treffendes Beispiel dafür, daß es
ausgeschlossen ist, daß die Bastardierung in irgendwelchem Zusammen-
hange mit äußeren Einflüssen steht.
Hot er Galizischei" Grannenweizen9 x B-oggenc? (im
geheizten Zimmer bestäubt): 16. VI. 8^15, 24° C, 64%, 9 Ähren;
(im ungeheizten Zimmer bestäubt): 13. VI. 3^, 19 <* C, 5 Ähren; 14. VI. 8^,
15. VI. 8h, 16. VI. 2h 30, 16. VI. 2^30, 16. VI. 2h 30, je 1 Ähre;
18. VI. 9h 30, 21« C, 4 Ähren. Ohne" Ansatz.
über die Erzeugung von "VVeizen-Roggenbastardierungen. 267
VlI. Roter Sächsischer Landweizen 9 x Roggen S.
18. VI. 2 Ähren; 19. VI. 4 Ähren; 20. VI. 9^ 15, 1 Ähre; 21. VI.
10h 55, 1 Ähre; 22. VI. 4^ 50, 22. VI. 5^, je 2 Ähren; 23. VI. 10 ^ 40,
4 Ähren. Ohne Ansatz.
VIII. Svalöf 0315 9 X Roggen cT.
19. VI. 12 Ähren; 20. VI. 3 Ähren; 21.VL 3 Ähren: 22. VI. 5^ 5,
1 Ähre; 23. VI, 2 Ähren; 24. VI. 4 Ähren. Ohne Ansatz.
IX. WeißerEpp$xRoggen(?.
21. VI. 4 Ähren; 22. VI. 3 Ähren; 23. VI. 2 Ähren. Ohne
Ansatz.
Nicht unerwähnt soll noch eine Reihe Bastardierungen von
Bocharaweizen 9 x Roggen S und 'W.-Spelz9 x Roggen ^ bleiben. Hier
sind zwar die angebauten Körner fast durchwegs durch Schädlinge
vernichtet worden, es ist jedoch auch aus der Zahl der geernteten
Körner einerseits die besondere Eignung von Bocharaweizen zur Er-
zielung von "Weizen-Roggenbastarden ersichtlich, andererseits nochmals
die vollständige Unabhängigkeit des Ansatzes von äußeren Einflüssen
und dem Alter des zur Bestäubung verwendeten Pollens.
X. Bocharaweizen9xRoggen(5.
Bestäubung mit tags vorher gewonnenem Pollen.
Tag und Stunde Anzahl der -j^ . ,
der Bestäubung: bestäubten Blüten:
28. V. 111140 14 2 .
28. V. 111145 21 ■ 18
29. V. 10h 15 18 2
30. V. 10h 50 • 19 — - •
30. V. llh— 13 —
30. V. 11h— 18 12
31. V. 101' 15 22 —
31. V. lOh 20 .16 11
31. V. lOh 80 15 1
l.VI. 9I15O 26 —
Bestäubung mit frisch gesammeltem Pollen. -
a) Unter dem Isolierzylinder:
28. V. 11 h 50 22 13
29. V. 9h 45 17 1
29. V. 10h— 16 —
30. V. 9h 40 22 —
80. Y. 9 h .50 18 1
30. V. 10h 20 16 12
31. V. 9h 30 14 -
31. V. 9h 30 22 15
31. V. 9h 45 22 1
l.VI. 10h 30 20 2
17*
268 Firbas:
Bestäubung mit frisch gesammeltem Pollen,
b) Unter Säckchen:
Tag vmd Stunde
der Bestäubung:
Anzahl der
bestäubten Blüten
Kornansatz
28. V. 1211 —
22
3
29. V. 9ii30
20
14
29. V. 9Ji50
19
—
30. V. 10h —
22
17
30. V. 101' —
20
15
30. V. 10 ii -
16
14
31. V. 911 15
20
1
31. V. 9 h 40
17
4
31. V. 10 h —
17
1
l.VI. 10h 40
24
—
XL Wint
e r s p 6
ilz $ X Ro
ggenj.
8. VI. Ih30
32
1
8. VI. Ih35
28
3
8. VI. Ih45
28
3
8. VI. IhÖO
22
3
8. VI. 2 h —
26
1
8. VI. 2h —
26
3
8. VI. 2h 10
22
3
8. VI. 2 h 25
24
7
8. VI. 2 h 80
28
—
8. VI. 2 h 40
30
—
8. VI. 2 h 45
26
—
9. VI. 3 h 30
27
3
9. VI. 3h 45
27
2
9. VI. 3 h .50
26
2
• 9. VI. 4h —
32
2
9. VI. 4 h 10
24
'2
10. VI. '7 h 10
30
1
10. VI. 7 h 20
28
2
10. VI. 7h 40
26
2
10. VI. 7 h 50
30
7
10. VI. 8h —
25
2
Hier schließen die Vei
:'suche
des zwei'
teil Jahres.
Alle bisherigen Versuche zeigen uns, daß es nicht möglich ist,
das Gelingen von Weizen-Roggenbastardierungen durch äußere Ein-
flüsse zu beeinflussen. Es wäre nach den bisherigen Ergebnissen auch
ein vergebliches Beginnen gewesen, die meteorologischen Daten
während der verschiedenen Bestäubungszeiten zu studieren. Wenn
äußere Faktoren überhaupt die Bastardierung beeinflussen können,
dann ist ihr Einfluß viel zu gering, um hier erkannt zu werden. Auch
der Versuch, durch Bestäubung im geheizten oder ungeheizten Zimmer
die verschiedenen meteorologischen Einflüsse vollständig auszuschalten,
zeigt keine Vorteile. Es kann im Gegenteil bei diesen Versuchen
eine Verminderung des Ansatzes festgestellt werden.
über die Erzeugung von Weizen-Roggenbastardierungen. 269
Da auch weder die Wahl eines bestimmten Reifestadiums der
Narbe . noch die Bestäubung mit Pollen verschiedenen Alters , eine
Beeinflussung der Bastardbefruchtung erkennen ließ, ist der Schluß
zulässig, daß es überhaupt nicht in unserer Macht liegt, diese in
günstigem Sinne zu beeinflussen.
Wir sind aber auch nicht imstande aus den bisherigen Ver-
suchen die Ursachen für den schwankenden Ansatz innerhalb der
verschiedenen ßassen zu erkennen, da die Bastardbefruchtung offenbar
unter gewissen Bedingungen vor sich geht, die überhaupt in keinem
Zusammenhange mit den Voraussetzungen stehen, unter denen die
verschiedenen Versuche unternommen Avurden. Wie eingangs erwähnt,
hat Gärtner bereits diesen oft rätselhaft günstigen Ansatz bei schwer
zu bastardierenden Arten beobachtet. Er selbst gibt als Ursache für
diese „Launenhaftigkeit" bei der Bastardierung „einen eigenen günstigen •
Befruchtungsmoment in den weiblichen Organen an, vermöge dessen
allein bei manchen Verbindungen eine Bastardierung ausschlagen kann,
welcher Moment aber bei Blumen von gleicher Art und gleichem
äußeren Entwicklungsgrade nicht konstant zu sein scheint und offenbar
nicht von äußeren Verhältnissen abhängt."
Diese Erklärung ist aber nach unseren Versuchen unzutreffend,
denn die Blühverhältnisse des Weizens sind andere, als diejenigen,
der von Gärtner verwendeten Blumen. Letztere haben in einer
Blüte mehrere Samenanlagen, die sich in gleichem Entwicklungs-
zustande befinden, die Blüten einer Weizenähre aber besitzen nur
eine Samenanlage und ihre Blühreife ist eine verschiedene. Die be-
sprochenen Ähren mit dem besonders guten Ansatz setzten aber fast
in allen Ahrchen Bastardkörner an , und — was für unsere Zwecke
das Wichtigste ist — -der Ansatz verteilte sich gleichmäßig auf die
ganze Ähre, ohne Rücksicht auf den Entwicklungszustand der Narbe ;
andererseits gab es bei derselben Sorte eine ganze Anzahl Ähren, die
überhaupt keine Bastardkörner produzierten. Hier zeigt sich also
gerade das Gegenteil von der Behauptung Gärtners, daß nämlich
die Bastardbefruchtung nicht an ein bestimmtes Entwicklungsstadium
der Narbe gebunden ist, sondern vielmehr völlig unabhängig von
einem solchen ist. Angenommen, Gärtners Behauptung wäre richtig,
so könnten bei der verschiedenen Blühreife der Ährchen höchstens
■ ein einziges oder vereinzelte Bastardkörner bei jeder Ähre durch Be-
stäubung in diesem günstigen Befruchtungsmoment gewonnen werden,
nicht aber entweder eine ganze Anzahl oder gar keine.
Den verschiedenen Grad der sexuellen Affinität zwischen den
Weizenrassen und Roggen haben wir schon früher gestreift. Soll
nun die Anzahl der von den verschiedenen Rassen gewonnenen
Bastarde miteinander verglichen werden, so müssen jene Ähren un-
berücksichtigt bleiben, bei denen die Umstände, unter welchen die
270
Firbas:
Bestäubung vorgenommen wurde, stören würden. Hierzu gehören
die im geheizten oder ungeheizten Zimmer bestäubten Ähren und jene,
die erst im späteren Entwicklungsstadium, nach ihrer Blülireife
bestäubt wurden. Die Anzahl der auf 1000 bestäubte BUiten ent-
fallenden Bastarde schwankt bei den einzelnen Rassen innerhalb
ganz erhebhcher Grrenzen.
In folgendem ist eine Zusammenstellung der bei den verschie-
denen Weizenrassen gewonnenen Resultate gegeben. Hierbei mußten
die Weizenkörner , die. wie erwähnt, auf Fremdbestäubung zurück-
zuführen sind, unberücksichtigt bleiben und die Blüten, die dieselben
produzierten, wurden so behandelt, als ob sie überhaupt nicht vor-
handen gewesen wären.
Rasse
Anzahl
der be-
stäubten
Bluten
Anzahl
der ge-
ernteten
Körner
Bastarde
Anzahl der
auf 1000
bestäubte
Blüten
entfallenden
Bastarde i
Keim-
fähigkeit
Igelweizen
Loosdorfer Bartweizen .
Banaterweizen
Molds Squarehead. . . .
Czar
Roter Galiz. Grannenweizen
Roter Sachs. Landweizen
Svalöf 0815
Weißer Epp
493
SÜ4
870
730
56.5
485
.546
1195
225
31
36
8
3
26
5
1
14
18
6
3
15
19
21
8
5
31
45
50
75
100
58
Die weitaus größte Anzahl von Bastardpäanzen wäre aber beim
Bocharaweizen gewonnen worden, wenn nicht, wie erwähnt, der An-
bau zugrunde gegangen wäre. Auf 568 bestäubte Blüten entfallen
hier 160 geerntete Körner. Die mittlere Keimfähigkeit beträgt in
der angeführten Tabelle 56 '^/o. Angenommen, daß von den beim
Bocharaweizen gewonnenen Körnern sich ebenfalls 56 '^lo zu Bastard-
pilanzen entwickelt hätten, so wären 90 Bastarde gewachsen. Auf
1000 bestäubte Blüten würden somit 156 Bastarde entfallen. Bei den
Bocharabastardierungen des ersten Jahres ist das Verhältnis sogar
noch günstiger. Die daselbst im Zustande der Blühreife bestäubten
4 Ähren produzierten von insgesamt 94 bestäubten Blüten 25 Bastarde.
Auch beim Winterspelz ist das Verhältnis der geernteten Körner
zu der Anzahl bestäubter Blüten recht günstig. Hier entfallen auf
567 Blüten 49 Körner. Angenommen, daß auch hier die Keimfähigkeit
56°/o betragen hätte, so wären 27 Bastarde erzielt worden; dies gibt
auf 1000 bestäubte Blüten umgerechnet 48 Bastarde.
Wir ergänzen nun obige Tabelle durch die für den Bocharaweizen
und Winterspelz rechnerisch gewonnenen Daten:
über die Erzeugung von Weizen-Roggenbastardierungen.
271
Basse
Anzahl
der be-
stäubten
Blüten
Anzahl
der ge-
ernteten
Körner
An ge-
Bastarde
Anzahl der
I auf 1000
bestävibte
Blüten r 1 ■ 1 •
entfallenden' fähigkeit
nommeiie
Keim-
Bastarde
in °/'o
Bocharaweizen
"Winterspelz . .
565
567
160
49
90
07
158
48
56
56
Auffallend war noch die große Zahl verschrumpfter, bestimmt
nicht keimfähiger Körner beim Winterspelz. Während bei den anderen
Weizenrassen nur vereinzelte gänzlich verschrumpfte Körner in
manchen Ähren vorgefunden wurden, waren beim Winterspelz allein
insgesamt über 60 solcher Körner vorhanden. Das Vorkommen solcher
unausgebildeter Körner kann entweder darauf zurückzuführen sein,
daß durch den fremden Pollen ein ßeiz auf die Fruchthüllen aus-
geübt wird, wodurch teilweises Wachstum eintritt, oder darauf, daß
das Embryo in der unreifen Frucht vorzeitig abstirbt.
■ Der verschiedene G-rad der sexuellen Affinität und die Fruchtbar-
keit und Sterilität der Hybriden ist in phjdogene tisch- systematischer
Hinsicht verwertet worden, v.' T s c h e r m a k ^) hat auf Grund der Vor-
aussetzung, daß die Abstufung der systematischen iihnlichkeit oder
Verwandtschaft beziehungsweise der stammesgeschichtliche Zusammen-
hang sich erschließen lasse aus der Abstufung der sexuellen Affinität
und dem Grade der Fruchtbarkeit der Bastarde zwischen den ver-
schiedenen Formen, eine Übersicht über die Stammformen und
stammesgeschichtlichen Beziehungen unserer vier Hauptgetreidearten
gegeben. Es wäre vielleicht möglich, daß auch hier umfassende Ver-
suche über die sexuelle Affinität zwischen den verschiedenen Weizen-
rassen und Roggen Auskunft geben könnten über die engere und
weitere systematische Zusammengehörigkeit dieser beiden Arten.
Es sei noch erwähnt, daß eine Anzahl Forscher die AVahrnehmung
gemacht hat, daß sowohl im Tierreich als im Pflanzenreich Bastard-
befruchtung vor allem oder ausschließlich bei domestizierten beziehungs-
weise kultivierten Eassen stattfindet. Die Brüder Hertwig erklärten
diese Erscheinung dadurch, daß durch die Kultur eine allgemeine
Schwächung des Individuums stattfindet, die sich vor allem in den
Geschlechtszellen äußert. Wie aber schon oben erwähnt und begründet
wurde, ist nach den Arbeiten der Brüder Hertwig die Schwächung
der Eizelle Vorbedingung für das Gelingen der Bastardierung. Auch
Kölreuter ist der Ansicht, daß „die Natur der Pflanzen gewisser-
maßen bastardartig" wird, sobald sie sich auf irgendeine Weise von
derjenigen Bestimmung entfernen, zu der sie geschaffen wurden.
M V. Tschermak, Die Verwertung der Bastardierungen für phylogenetische
Fragen in der Getreidegruppe. Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. LI. 1914.
272 • Firbas:
Gärtner hingegen konnte diese Behauptung nicht bestätigt finden
und fand keinen wesentlichen Unterschied zwischen verwendeten
kultivierten und wilden Formen. Auch unsere Versuche lassen auf
kein leichteres Gelingen der Bastardbefruchtung bei den kultivierten
Rassen schließen. Bocharaweizen und Winterspelz, bei denen die
Bastardierung unschwer gelingt, sind gewiß keine hochgezüchteten
Rassen, der Svalöfer Squarehead 0315 hingegen ist gerade als ein
Produkt der intensivsten Hochzucht anzusehen und ergab keinen
Bastard.
Auffallend ist es. daß bei den hier angeführten Weizenrassen
gerade die frühreifen sich zur Bastardierung mit Roggen im allge-
meinen besser eignen, als die spätreifen. Es ist dies besonders beim
Bocharaweizen ersichtlich, dessen Blüte beinahe mit der des Winter-
roggens zusammenfällt. Auch Winterspelz, der ziemlich frühreif ist,
gibt guten Ansatz. Es ist möglich, daß bis zu einem gewissen Grade
ein Zusammenhang zwischen der Frühreife der Weizenrassen und der
größeren und geringeren sexuellen Affinität derselben bei der Bastar-
dierung mit Roggen besteht. Diejenigen Weizenrassen, die früher
blühen, deren Blühezeit also mehr mit der des Roggens zusammen-
fällt, scheinen zu Bastardierungen mit Roggen geeigneter zu sein als
die spätreifenden Rassen. Daß Beziehungen zwischen dem Gelingen einer
Bastardierung und dem Entwicklungsztistand der bastardierten Pflanzen
tatsächlich bestehen, ist nachgewiesen worden. Nach Beobachtungen
von Zederbau er^) bei Bastardierungen zwischen ungleichmäßigen
Individuen von Pisum sativum gelingen diese unter sonst gleichen
Umständen besser, wenn die Blüten, die miteinander bastardiert
werden, von Individuen stammen, die sich in gleichen Lebensphasen
befinden, als wenn sich dieselben in verschiedenen Lebensphasen
befinden. Analoge Untersuchungen bei Bastardierungen zwischen
anderen Pflanzenformen sind jedoch nicht bekannt.
Sämtliche bisher besprochenen Weizen - Roggenbastardierungen
wurden als Freilandversuche durchgeführt. Die Ähren wurden hierbei
ohne Rücksicht, ob dieselben einer oder verschiedenen Pflanzen ange-
hören, zur Bestäubung verwendet, da angenommen wurde, daß wohl
die sexuelle Affinität zwischen den verschiedenen Weizenrassen und
Roggen verschieden ist, daß hingegen die einzelnen Individuen einer
Rasse gleichwertig sind. Die völlig verschiedene Anzahl der Bastard-
korner in den einzelnen Ähren bei Bestäubung unter .völlig gleichen
äußeren Verhältnissen , mit demselben Pollen und bei gleichem
^) Zederbauer, Untersuchungen über das Gelingen von Bastardierungen
zwischen ungleichartigen Individuen von Pisum sativum. Zeitschrift für Pflanzen-
züchtung. Bd. III.
Übex" die Erzeugung von AVeizen-RoggenbastardieruDgeii. 273
äußeren Entwicklungsstadium der Alire läßt jedoch keine andere
Lösung der am Beginn der Arbeit aufgeworfenen Frage vermuten,
als daß die Individuen einer Rasse in ganz verschiedenem Grade
die Fähigkeit besitzen, Bastardverbindungen einzugehen. In dieser
Ansicht wurde ich noch durch die Feststellung von DrieschM
bestärkt, welche Arbeit mir zur Zeit der Durchführung meiner bisher
besprochenen Versuche nicht bekannt war.
Driesch fand die Ermittlung der Brüder Hertwig, daß längeres
Liegenbleiben in unbefruchtetem Zustande die Eier der Seeigel ge-
eigneter zur Bastardierung macht, im großen und ganzen zutreffend, aber
von einem anderen Faktor im Effekt erheblich übertroffen, nämlich von
der Individualität der die Geschlechtsprodukte liefernden Eltern. Die
Eier mancher AVeibchen sind geeigneter zur Bastardierung mit einem
gegebenen Männchen, die Eier anderer nicht, und zwar schwankt der
Grad des Geeignetseins innerhalb sehr weiter Grenzen. Ferner aber
verhalten sich auch die Eier desselben AVeibchens dem Sperma ver-
schiedener Männchen gegenüber verschieden.
Um nun Aufschluß zu bekommen, ob auch bei unseren Bastar-
dierungen bei den verschiedenen Individuen einer Rasse der Grad der
Fähigkeit, Bastardverbindungen einzugehen, ein ungleicher ist, mußte
eine strenge Sonderung der einzelnen Pflanzen stattfinden. Es wurde
vom Freilandversuche abgesehen und in einer Anzahl Töpfe je eine
Weizenpiianze gezogen. Bei Wahl der Rassen wurde vor allem Bochara-
weizen der Vorzug gegeben, da diesem bisher die besten Resultate
zu verdanken waren; außerdem wurde roter Galizischer Grannen-
weizen, Loosdorfer Bartweizen und Banaterweizen verwendet, da bei
diesen Rassen die Verteilung der Bastardkörner auf die einzelnen
Ähren besonders unregelmäßig war. Winterspelz stand nicht zur
Verfügunp-.
Die Kultur in Töpfen bot außerdem den Vorteil, daß es möglich
war, bei denselben durch Absonderung von anderen Weizenpflanzen
Fremdbestäubung auszuschließen, so daß aus dem Ansätze — sorg-
fältigste Kastration natürlich vorausgesetzt — sogleich auf das Ge-
lingen der Bastardierung geschlossen werden konnte.
In folgendem sind nun die Versuche des dritten Jahres wieder-
gegeben.
■ Bei den Versuchen mit Bocharaweizen wurde für iede Pflanze
ihre Begrannung notiert, da, wie früher erwähnt wurde, die einzelnen
Pflanzen dieser Rasse in bezug auf dieses Merkmal große Verschieden-
heit aufweisen. Die Bestäubungen erfolgten wie früher bei blühreifer
Ähre mit frisch gesammeltem Pollen. Der Pollen wurde von mehreren
') Driesch, Über rein mütterliche Charaktere von Bastardlarven von Echi-
niden. Archiv für Entwicklungsmechanik. Bd. VII. 1898.
274
Firb as:
Anzahl der
bestäubten Blüten:
Ähren verschiedener Rassen o-ewonnen, um einen eventuell mös^liehen
Einfluß von väterlicher Seite auf das Gelingen der Bastardierung
auszuschalten.
Bocharaweizen$xRoggenc5'.
Tag und Stunde
der Bestäubung:
12. VI. 12 t —
14. YI. lOi-SO
12. VI. 12 h. 30
13. VI. 211.30
12. VI. 12 t 30
13. VI. 2^30
13. VI. 3^30
13. VI. 3^30
14. VI. 10 h 30
13. VI. 3^30
14. VI. Ilt-
is. VI. 10 t —
Pflanze 1 begrannt. .
„ 2 unbegrannt
„ 3 begrannt. .
„ 4 unbegrannt
„ 5 unbegrannt
6 balbbegrannt
7 begrannt.
8 begrannt.
14. VI. 12 t 30
14. VI. 12 t 30
20. VI.
20. VI.
23. VI.
20. VI.
23. ^7.
24. VI.
10t —
lot-
st—
10 t 30
8t —
411 —
20.
21,
21,
o
h
VI. 11t —
VI.
VI.
VI.
.5 t —
8t -
27
22
23
16
22
25
21
15
18
30
20
15
31
21
18
17
19
-28
22
17
32
17
18
17
Kornansatz
5
1
15
16
17
15
15
1
Bereits in diesen Versuchen ist die Richtigkeit unserer Annahme
bewiesen, daß die Ursache für das völlig verschiedene Verhalten ver-
schiedener Ähren bei Bestäubung mit Roggenpollen einzig und allein
in der Individualität der Pflanze begründet ist. Damit ist auch die
zu Beginn der Arbeit aufgeworfene Frage nach der Ursache für den
besonders günstigen Kornansatz der einen Ähre des Roten Galizischen
Grannenweizens bei den Weizen-Roggenbastardierungen Jesenkos
als gelöst zu betrachten. Da somit die Pflanzen einer Rasse in ganz
verschiedenem Grade die Fähigkeit besitzen, Bastard verbin düngen
einzugehen, so konnte so lange keine Lösung gefunden werden,
als die Ursachen für den verschiedenen Ansatz in äußeren Einflüssen
gesucht wurden und die Individualität der Pflanzen unberücksichtigt
blieb. Erst nach Anwendung verschiedener Versuchsreihen, wobei
wir, wie früher, so auch hier dem Bocharaweizen die schönsten
Resultate verdanken, wurde der richtige Weg eingeschlagen.
Da auch andere Forscher, besonders Gärtner, bei schwer
gelingenden Bastardierungen dieselbe Wahrnehmung von der Unregel-
mäßigkeit im Ansätze gemacht haben, ohne hierfür eine befriedigende
über die Erzeugung von Weizen-Roggenbastardierungeo.
275
Erklärung zu finden, ist anzunehmen, daß die von Driesch bei See-
igelbastardierungen und von mir bei der Weizen-Roggenbastardierung
gemachte Beobachtung, daß neben der ßasse auch die Individualität
in hohem Grade für das Gelingen der Bastardierung ausschlaggebend
ist, als allgemeine Regel bei Speziesbastardierungen anzusehen ist.
Es gelangen nun noch die anderen Versuche zur Besprechung:
Loosdorfer Bartweizen? x R*o g g e n S.
Kornansatz :
Tag und Stunde
der Bestäubung:
15. VI. 101130
Anzahl der
bestäubten Blüten :
Pflanze 1
16. VI.
17. VI.
16. VI.
16. VI.
18. VI.
18. VI.
20. VI.
29. VI.
29. VI.
17. VI.
18. VI.
18. VI.
12h —
Mb —
llh —
111^30
lh_
12^30
llh-
10t _
lOii —
10h 80
19 h
12b —
86
32
34
24
25
19
41
32
24
20
26
16
20
ö
■3
1
3
3
1
Roter Galizischer GrannenweizenQx Sommerroggen S .
Tag und Stunde
der Bestäubung:
Pflanze 1
{;
19.
19.
23.
23.
20.
23.
24.
20.
29.
21.
23.
21.
24.
29.
24.
26.
26.
1.
. 1.
29.
1.
29.
1.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VI.
VII.
VII.
VI.
VII.
VI.
vir.
I.VII.
llh_
llh —
10 h —
10h —
11 h 30
10 h 30
4h_
llh 30
10h —
5 h 30
10 h 30
5 h 30
4h —
10 h —
4h _
8h 30
9h —
3h —
3h —
llh 30
2 h 30
10 h 30
2h 30
2h 30
Anzahl der
bestäubten Blüten:
36
22
20
24
27
21
19
24
20
30
26
28
24
24
27
24
26
23
22
26
27
24
17
19
Kornansatz :
2
1
1
3
1
o
t>
2
6
5
14
276
Firbas:
B an a t
e r w e i z
en^xßoggen
s.
Tag und Stunde
der Bestäubung:
Anzahl der
bestäubten Blüten:
Kornansatz :
15. VI.
16. VI.
llh_
37
2
11h 30
22
4
Pflanze
1
16. VI.
16. VI.
11 h .30
11h 30
22
24
2
18. VI.
11^30
22
2
. 18. VI.
12 h 30
18
—
n
2 ( 15. VI.
l 17. VI.
llh_
3h-
45
41
1
1
15. VI.
11h 30
33
—
3
15. VI.
11h 30
31
—
n
•J
15. VI.
llh30
30
—
16. VI.
12 h 30
20
1
1.5. VI.
r2h —
43
2
y>
4 .
16. VI.
12 h 30
35
1
. 17. VI.
11h 30
29
1
16. VI.
11h —
24
—
-^ ,
16. VI.
12h —
21
2
n
O '
17. VI.
11h--
22
2
18. VI.
11h —
18
—
Auch hier ist der Einfluß der Individualität auf die Bastard-
befruchtung zu erkennen, wenn auch derselbe besonders beim Banater-
weizen weniger auffallend ist als beim Bocharaweizen.
"Wir haben ferner erwähnt, daß Driesch bei seinen Versuchen
mit Seeigeln das Gelingen der Bastardierung von der Individualität
beider die Geschlechtsprodukte liefernden Eltern abhängig fand. Er
fand nicht allein die Eier mancher Weibchen in verschiedenem Grade
geeignet zur Bastardierung mit einem gegebenen Männchen, sondern
auch das Verhalten der Eier desselben AVeibchens dem Sperma ver-
schiedener Männchen gegenüber verschieden. Um zu untersuchen,
ob auch bei unseren Bastardierungen ein Einfluß von väterlicher
Seite auf die Bastardierung festzustellen ist, wurden Ähren ver-
schiedener AVeizenpflanzen mit Pollen bestäubt, der nur von einer
Roggenähre gewonnen wurde. Bei jeder AVeizenpflanze wurden auch
Bestäubungen mit Pollen vorgenommen . der von mehreren Ähren
gesammelt wurde , um den Ansatz dieser Ähren mit dem Ansätze
jener vergleichen zu können, die nur mit Pollen einer Ähre bestäubt
wurden,
• Bei den folgenden Versuchen sind die Ähren, von denen der
Pollen gewonnen wurde, numeriert. In der Klammer ist die Roggen-
rasse angeführt.
über die Erzeugung von Weizen-Eoggenbastardierungen. 277
B
0 c h a r a w e i z e n $ >< R o
ggen
s._
Tag und Stunde
der Bestäubung:
Anzahl der
bestäubten
Blüten:
Korn-
ansatz:
Ähre, von welcher
der Pollen ge-
sammelt wurde:
10. VI. 9h —
19
—
I. (Askanier)
Pflanze 1 halb
10. VI. 9h 30
23
2
II. (Hanna)
begrannt . . |
11. VI. 8h —
13. VI. 12h _
18
11
3
10. VI. 9h —
30
2
I. (Askanier)
Pflanze 2 be-
10. VI. 9 h 30
31
1
11. (Hanna)
grannt . . .
10. VI. 11h —
20. VI. 10 h _
29
18
2
Pflanze 3 unbe-
10. VI. 10h _
39
7
IL (Hanna)
11. VI. 8h 30
33
6
grannt . . .
11. VI. 8 h 30
35
1
14. VI. 8h —
21
3
IIL (Sperling)
11. VI. 9h —
36
4
Pflanze 4 unbe-
grannt ...
12. VI. 8h —
12. VI. 8h-
13. VI. 11h —
31
30
32
4
1
1
IV. (Petkuser)
IV.
V. (Tulaer)
19. VI. 10 h 80
22
—
11. VI. 9h —
24
23
Pflanze 5 unbe-
12. VI. 8h —
21
19
IV. (Petkuser)
grannt . . .
13. VI. 11h —
16. VI. 7 h 30
20
eingetrocknet
18
V. (Tulaer)
11. VI. 10h 30
30
1
VI. (Seelhorst)
Pflanze 6 unbe-
11. VI. 10 h 30
30
3
VI. (Seelhorst)
grannt . . .
12. VI. 9 h 30
22
—
14. VI. 10h _
11
3
11. VI. 10h. 30
34
4
VI. (Seelhorsti
Pflanze 7 unbe-
grannt ...
12. VI. 10 h —
12. VI. 11h —
13. VI. 11h —
23
18
16
—
15. VI. 10h _
13
—
V. (Tulaer)
11. VI. 11h —
28
1
Pflanze 8 unbe-
14. VI. 9h —
14. VI. 9h —
23
—
III. (Sperling)
grannt . . .
24
—
IIL
14. VI. 10 h —
19
—
12. VI. 8h —
32
2
IV. (Petkuser)
Pflanze 9 halb
begrannt . .
13. VI. 11h —
14. VI. Sh.SO
16. VI. 7h .30
31
22
19
1
V. (Tulaer)
IIL (Sperling)
17. VI. 10 h 30
18
—
12. VI. 10 h 30
27
—
Pflanze 10 unbe-
12. VI. 11h —
28
—
VII. (Zeeländer)
grannt . . .
12. VI. 11h —
23
—
VII.
14. VI. 10h —
12
i
Pflanze 11 unbe-
grannt . . .
i 12. VI. 11 h —
13. VI. 12 h —
1 13. VI. 12 h —
33
18
24
1
VII. (Zeeländer)
14. VI. 10 h —
30
—
Pflanze 12 halb
17. VI. 10 h —
29
—
VIII. (Loosdorfer)
begrannt . .
17. VI. 10 h —
30
—
vin.
19. VI. 10 h 30
30
—
278
Firbas:
"Wir können hier keinen Einfluß der Individualität der Vater-
pflanze auf die Bastardierung nachweisen. Die Ursache hierfür mag-
wohl in dem Unistande zu suchen sein, daß, wenn auch der. Pollen
verschiedener Roggenähren in verschiedenem Grade die Fähigkeit
besitzt, die Weizennarbe zu befruchten, ein Unterschied im Ansätze
aus dem Grunde nicht möglich ist , da bei der großen Anzahl der
Pollenkörner, die in der ßegel auf die Narbe gebracht werden, doch
in den meisten Fällen einige die Fähigkeit besitzen werden , die
ßoggennarbe zu befruchten.
Es wurde noch untersucht, ob es für die Bastardbefruchtung
•vorteilhafter ist, viel oder wenig Pollen auf die Narbe aufzutragen.
In ersterem Falle wird der Narbe binnen kurzer Zeit viel Feuchtigkeit
entzogen; ob hierdurch die Narbe eine Schädigung erfährt, wissen
wir nicht. In letzterem Falle ist bei Pollen, der eine geringere Be-
fruchtungsfähigkeit besitzt, die Wahrscheinlichkeit, daß Befruchtung
erfolgt, geringer. Die Bestäubungen wurden auf die Weise durch-
geführt, daß entweder die Narbe mit Pollen fast ganz eingehüllt
wurde oder nur schätzungsweise 10 — 20 Pollenkörner auf die Narbe
aufgetragen wurden.
Bocharaweizen? x EoggencJ
Tag und Stunde
der Bestäubung:
Anzahl der be-
stäubten Blüten:
Korn-
ansatz:
Bestäubt mit
Pflanze 1 unbe-
grannt . . .
f 11. VI.
11. VI.
l 11. VI.
3h _
3h_
3h —
22
18
15
—
wenig
viel
n
Pollen
n
Pflanze 2 unbe-
grannt . . .
f 11. VI.
12. VI.
i 14. VI.
3^30
12h —
llh.SO
24
15
13
1
viel
wenig
viel
)?
n
Pflanze 3 unbe- f 18. VI.
2^30
26'
—
wenig
n
grannt . . . '
l 13. VI.
21130
17
1
viel
r>
Pflanze 4 unbe- ( 13. VI.
3h _
27
1
))
j>
grannt . . . ^
l 14. VI.
12h —
19
—
wenig
))
Pflanze 5 unbe- j /. ' ^y'
i 14. VI.
grannt . .\ ^^ ^.^
3 h -
12h —
12h-
24
16
11
. —
n
viel
wenig
n
, 14. VI.
12h —
24
—
))
n
Pflanze 6- unbe-
19. VI.
10 h 30
25
—
viel
n
grannt . . .
23. VI.
7 h 30
20
2
)j
n
26. VI.
8 h 30
21
1
j)
»
Pflanze 7 nnbe-
grannt . . .
f 17. VI.
18. VI.
[ 21. VI.
10 h 30
r2h —
5h-
28
37
14
—
n
wenig
viel
n
20. VI.
10h —
33
—
))
»
Pflanze 8 unbe-
20. VI.
10h —
84.
—
V
!)
grannt . . .
, 20. VI.
10h —
24
1
wenig
n
23. VI.
7h 30
22
—
»
n
über die Erzeuguug von Weizen-Roggenbastardierungen. 279
Auf die Bestäubungen mit viel Pollen entfallen sechs Kömer,
auf jene mit wenig Pollen ein einziges. Da auch bei allen anderen
Bestäubungen in der Regel viel Pollen auf die Narbe gebracht wurde
und ein schädlicher Einfluß nicht festgestellt werden konnte, so
scheint es im Interesse des Gelingens einer Speziesbastardierung
vorteilhafter zu sein, eine große Anzahl Pollenkörner auf die Narbe
aufzutragen.
Bei vielen der hier angeführten Weizenpflanzen finden sich auch'
größere oder kleinere Schwankungen im Ansätze bei den Ähren der-
selben Pflanzen. Da diese Schwankungen auf keinen Einfluß von
väterlicher Seife zurückzuführen sein können, bleibt noch die Mög-
lichkeit offen, daß Witterungseinflüsse maßgebend waren. Da bei
den früheren Versuchen wegen des überwiegenden Einflusses der
Individualität ein Vergleich mit den meteorologischen Daten als
aussichtslos erschien, wurde davon abgesehen. Es wurde nun hier
versucht, die Schwankungen im Ansätze bei den verschiedenen Ähren
einer Pflanze mit äußeren Einflüssen in Verbindung zu bringen. Ich
• habe an der Hand der Tabellen für Temperatur, Luftfeuchtigkeit
und Sonnenstrahlung einen Zusammenhang zu finden gesucht, fand
jedoch den Ansatz überall von den klimatischen Einflüssen vollständig
unabhängig. Es ist daher nur möglich, daß der ungleichmäßige An-
satz bei Ähren einer Pflanze auf Schädigungen zurückzuführen ist,
die durch die Kastration und die Isolierung hervorgerufen wurden.
Da auch bei Bastardierungen zwischen verschiedenen Sorten der An-
satz oft zu wünschen übrig läßt und Schwankungen aufweist, darf
uns dieselbe Erscheinung bei schwer gelingenden Bastardierungen
nicht weiter Wunder nehmen.
Nicht bei allen Weizenrassen hat die Individualität der Pflanze
eine gleich große Bedeutung für die Bastardierung. Weitaus der
größte Einfluß der Individualität auf die Bastardbefruchtung ist beim
Bocharaweizen zu finden. Wir haben hier nur jene Rassen auf den
verschiedenen Grad der Eignung ihrer Individuen zur Bastardierung
untersucht, welche bei den früheren Versuchen die größten Schwan-
kungen im Ansätze aufwiesen und somit eine große Verschiedenheit
in der Individualität vermuten ließen. Bei anderen Rassen scheint
die Individualität eine geringere Rolle zu spielen. Wir nennen von
den früher verwendeten Rassen den Czar, den Roten Sächsischen
Landweizen und den Molds Squarehead. Bei einigen Rassen
scheint schließhch die Bastardierung überhaupt nicht oder nur sehr
schwer zu gelingen.
Auf Grund der hier gefundenen Resultate kann auch eine Er-
klärung für die früher besprochenen, widersprechenden Ansichten
über den Einfluß der Domestikation auf die Bastardierung gefunden
werden: Gleichzeitig mit der Kultur der Pflanzen und Tiere findet
280 Firbas:
in der Regel eine Auslese statt. Es wurden nun in einem Falle die
Nachkommen von Individuen kultiviert, die die Eio'nune; Bastard-
Verbindungen einzugehen, in hohem G-rade besaßen, in anderen Fällen
war dies nicht der Fall. Es ist möglich, daß in den meisten Fällen
gleichzeitig mit der Kultivierung eine Auslese jener Individuen statt-
gefunden hat, die sich leichter zur Bastardierung eignen. Für die
Annahme, daß wilde Rassen aus einer Population reiner Linien be-
stehen, die die Eignung, Bastardverbindungen einzugehen, in ver-
schiedenem G-rade besitzen, sprechen auch die Resultate bei den hier
verwendeten am wenigsten kultivierten Rassen : dem Bocharaweizen
und dem Winterspelz.
Wir haben nun gesehen, daß vor allem die Individualität der
Mutterpflanze ausschlaggebend für das Gelingen einer Bastardierung
ist; wir kennen jedoch nicht die Ursachen dieser Erscheinung.
Äußerlich wiesen die Pflanzen, die sich vorzüglich zur Bastardierung
eigneten, und jene, die diese Eignung nur in geringem Grade oder
gar nicht besaßen, keine Verschiedenheit auf. Auch beim Bochara-
weizen war von den zwei Weizenpflanzen, die fast in allen Blüten«
Bastardkörner ansetzten, die eine unbegrannt, die andere halbbegrannt.
Es war also auch hier keine Abhängigkeit von dem Merkmal Granne
zu finden. Wir haben hier die Tatsache der verschiedenen sexuellen
Affinität zwischen einer Pflanzenform und den verschiedenen Indi-
viduen einer anderen, die als Mutterpflanzen verwendet wurden, fest-
stellen können. Die Erklärung für diese Erscheinung zu finden, dürfte
wohl noch ziemliche Schwierigkeiten bereiten.
Wir sind auf einem anderen Wege zum Ziele gelangt, als ur-
sprünglich angenommen wurde. Es sind daher auch unsere Erwar-
tungen, die wir an die Lösung der Frage knüpften, auf andere Weise
erfüllt worden, als zu Beginn der Arbeit vermutet wurde. Wir werden
zwar in der Lage sein, durch Auswahl jener für die Bastardierung-
geeigneten Pflanzen mit demselben Arbeitsaufwande eine unvergleich-
lich größere Anzahl Bastarde zu erzeugen, wir werden jedoch weiterhin
nicht imstande sein, bisher noch nicht gelungene Bastarde gewisser-
maßen nach bestimmten Vorschriften zu erzeugen. Es wäre dies nur
der Fall gewesen, wenn es gelungen wäre, einen Einfluß äußerer
Faktoren auf die Bastard befruchtung nachzuweisen. Wird beabsich-
tigt, sehr schwer gelingende oder bisher noch nicht gelungene
Bastardierungen zu versuchen, so wird zwecks Arbeitsersparnis auf
Grrund unserer Erfahrungen nur diese Folgerung gezogen werden
können, daß es ratsam sein wird, möglichst viele Pflanzen zu den
Versuchen heranzuziehen und an diesen nur einzelne Bestäubungen
vorzunehmen, um so eine möglichst große Anzahl Pflanzen auf ihr
Vermögen, Bastard Verbindungen einzugehen, zu untersuchen.
über die Erzeugung von Weizen-Roggenbastardierungen. 281
Es sei zum Schlüsse ein kurzer Überblick über die Ergebnisse
unserer Untersuchungen gegeben.
Die verschiedenen Weizenrassen besitzen in verschiedenem Grade
die Fähigkeit, mit Roggen Bastardverbindungen einzugehen. Außer
von der Easse ist das Gelingen der Bastardierung von der Indivi-
dualität der Mutterpflanze abhängig. Es scheint diese Beobachtung,
daß neben der Rasse das Gelingen der Bastardierung vor allem von
der Individualität abhängig ist, für sämtliche schwer gelingenden
Bastardierungen sowohl von Pflanzen als auch von Tieren Gültigkeit zu
haben. Nicht bei allen Rassen ist jedoch der Einfluß der Individualität
der Mutterpflanze auf die Bastardierung ein gleich großer ; bei manchen
Rassen ist die Individualität von größter Bedeutung, bei einigen von
geringerer, bei manchen vielleicht von gar keiner. Bei wilden Rassen
ist der Einfluß der Individualität größer als bei kultivierten Rassen,
bei denen bereits eine Auslese bestimmter Formen stattgefunden hat.
Ein Einfluß der Individuahtät der Vaterpflanze auf die Weizen-Roggen-
bastardierung konnte nicht nachgewiesen werden.
Die Art der Isolierung der Ähre ist für das Gelingen der Bastar-
dierung gleichgültig. Ebenso haben "Witterungseinflüsse keinen Ein-
fluß auf die Bastardbefruchtung; möglicherweise ist der Einfluß der-
selben zu e-erine:, als daß er bei unseren Versuchen erkannt werden
konnte. Solange der Pollen befruchtungsfähig und die Narbe kon-
zeptionsfähig ist, ist auch Bastardbefruchtung möglich. Leichteres
Gelingen der Bastardierung bei Bestäubung der Narbe in einem be-
stimmten Entwicklungsstadium konnte nicht festgestellt werden.
Ebenso erwies sich das Alter des zur Bestäubung verwendeten Pol-
lens bei unseren Versuchen als gleichgültig. Im Interesse eines
leichteren Gelingens der Bastardbefruchtung scheint es günstiger zu
sein, viel Pollen auf die Narbe aufzutragen.
Die reziproke Bastardierung, Roggen als Mutter- und Weizen
als Vaterpflanze, ist bis heute nicht gelungen. Ich habe auch eine
Anzahl Roggenähren mit Weizenpollen bestäubt, jedoch durchwegs
mit negativem Erfolge. Auch mit Pollen von Bocharaweizen, der
sich bei AVeizen — Roggenbastardierung als Mutterpflanze besonders
geeignet erwies, konnten keine Resultate erzielt werden. Vereinzelte
Körner, die sich bei manchen Ähren vorfanden, entwickelten sich im
nächsten Jahre zu gewöhnlichen Roggenpflanzen, eine Folge der zur
Zeit der Roggenblüte nur äußerst schwer zu vermeidenden Gefahr
der Fremdbestäubung:.
Wir zählen hier die Roggenähren auf, die mit Weizenpollen be-
stäubt wurden:
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII. ' 18
282 Firbas:
PetkuserQ x AVeizenJ.
1. bestäubt mit Pollen des Bocharaweizens. Anzahl der bestäubten
Blüten: 64. 68. 64. 50. 50. GO. G6. 70. 80. 64. 50. 86. 74. 70. SO, 76,
76, 80. 68, 74, SO; 2. mit Ungarischem Grannenweizen. Anzahl der
bestäubten Blüten: 82. 64. 56. 60, 60, 68. 68, 62, 74, 68; 3. mitAVinter-
spelz. Anzahl der bestäubten Blüten 64, 62, 52.
Analoge Beispiele von Bastardierungen, die nur nach einer Dich-
tung Vereinigung ermöglichen . sind mehrere bekannt. Gärtner
fand Nicotiana paniculataQ x Nicotiana Langsdorfii S möglich, dagegen
nicht die reziproke Bastardierung. Brassica oleracea kann nicht als 2
dienen, ist dagegen als S zur Bestäubung anderer Brassicaarten zu
verwenden \). Mirabilis jalapaQ x Mirabilis longiilora d gelingt ohne
besondere Schwierigkeit, die reziproke Bastardierung nie ^). Aegilops
ovata und Aegilops cylindrica produziert, mit Pollen der verschiedenen
AVeizenformen bestäubt, verhältnismäßig leicht Bastarde. Die rezi-
proke Bastardierung galt als unmöglich, ist jedoch in zahlreichen
Fällen V. Tschermak^) gelungen, nämlich Spelz und Triticum
dicoccoides als Mutter. Aegilops cylindrica und ovata als Yaterptianze,
Es ist daher vielleicht nicht gänzlich ausgeschlossen, daß bei einer
noch größeren Anzahl bestäubter Ähren die Bastardierung Roggen 9
X "Weizen S einmal doch gelingen würde.
Ich möchte noch an dieser Stelle Herrn Professor Dr. Erich
V. Tschermak für vielfache Anregung iind stete Hilfsbereitschaft
iü Verehrung meinen wärmsten Dank aussprechen.
1) Fruwirth. Die Züchtung der landw. Kulturpflanzen, I. Bd., 1909, S. 57,
5. Aufl. 19120, S. 53.
^) Focke, Pflanzenmiscblinge.
^) V. Tschermak, Über seltene Getreidebastarde. Beiträge zur Pflanzen-
zucht, 3. Heft 1913.
Die Mahndorfer Pflanzenzüehtung bzw. das Mahn-
dorfer Usaneenbueh.
Von
W. Hansen,
Saatzuchtleiter, Mahndorf b. Halberstadt.
(Mit 5 Abbildungen.)
Diese Arbeit soll dem Beo-ründer der Mahndorfer Pflanzenzüchtnng,
Herrn Administrator Hacke, zu seinem 25jährigen Dienstjubiläum
gewidmet sein.
Obwohl die Entwicklung der Mahndorfer Pflanzenzüchtung, die
praktischen Selektionsarbeiten, die hier geleistet wurden und bis auf den
heutigen Tag sich vervollkommnen, mit der Entwicklung der deutschen
Pflanzenzüchtung in vielem parallel läuft, bietet die Mahndorfer Pflanzen-
züchtung dennoch so viel Individuelles und Charakteristisches, daß deren
Veröffentlichung von allgemeinem Interesse sein dürfte. Eine kurze
Orientierung über Mahndorf sowie der geschichtliche Rückblick über
seine Züchtung werden die Entwicklung sowie den gegen war tio-en
Stand der Mahndorfer Züchtung zu besserem Verständnis brino-en.
Beschreibung von Mahndorf. Mahndorf liegt 5,5 km west-
lich von Halberstadt und nordöstlich vom Harz, in dem weiten Tale
der unter dem Brocken entspringenden Holtemme. Die zirka 500 ha
landwirtschaftlich genutzte Fläche besteht aus Kalksteinverwitteruno-s-
böden, mit Schotter durchsetzten, schwach lehmigen Sandböden
und tiefgründigem humossandigen Lehmalluvium mit verschiedenen
Zwischenstufen. Die Höhenlage der Feldmark beträgt 140 m über NN.
Klimatisch ist Mahndorf für die Pflahzenzüchtung sehr o-eeio-net.
Durch- die Nähe des Harzes und die von Osten nach Westen ver-
laufenden Bodenerhebungen , die den rauhen Harz- sowie den Ost-
winden keinen Widerstand bieten, ist das Klima verhältnismäßio- rauh.
Die Saaten werden daher nicht verweichlicht, während der schnee-
arme Winter für die Erhöhung der Winterfestigkeit soro-t Im
allgemeinen beginnt die Frühjahrsbestellung Mitte März. Da Mahn-
dorf im Regens chatten des Harzes liegt, müssen die Pflanzen fast
alljährlich eine längere Trockenperiode überstehen, die in manchen
Jahren an das kontinentale Klima erinnert und die Zuchten in bezuo-
auf Wasserbedarf genügsam macht. Die Niederschlagsmenge beträo-t
durchschnittlich 500 mm im Jahre mit Schwankungen von 430—726 mm.
18*
284 Hansen:
G-eschichtlicher Eückblick. Seit ca. 50 Jahren werden in Mahn -
dorf Getreide und Hülsenfruchter zu Saatzwecken angebaut. Während
der vormundschaftlichen Oberleitung durch Herrn Amtsrat Heine-
Hadmersjeben von 1878 bis 1894 war Mahndorf eine Anbaustelle für die
Heineschen Zuchten. Zu dieser Zeit wnirden in Mahndorf auch zeitgemäße
Saatreinigungsmaschinen aufgestellt und die Bodenräume vergrößert.
So waren in Mahndorf die Vorbedingungen für die Pflanzenzüchtung
klimatisch sowie wirtschaftlich bereits vorhanden, als 1895 Herr
Majoratsherr H. "W. v. "Wulff en Herrn Administrator Hacke für seine
Grattin Martha , geb. Löbbecke , die selbständige Leitung des Martha
Löbbecke'schen Fideikommisses Mahndorf übertrug. Von seiner vor-
herigen Tätigkeit in Schlanstedt bei Herrn Amtsrat Dr. R i m p a u und
dem persönlichen Verkehr mit Herrn Fr. Strube hatte der Jubilar nicht
bloß Interesse, sondern auch für damalige Zeiten noch unvergleichbar
wertvolle züchterische Kenntnisse sich angeeignet, die während seiner
Hallenser Studienzeit durch Besuch der Vorlesungen des damals gerade
nach Halle berufenen Herrn Geheimrat von Rümker vertieft werden
konnten. In diesem Jahre ist der Grundstein zu der Mahndorfer Zucht
gelegt.
Zunächst wurde durch Anbauversuche von jeder Fruchtart die
geeignetste Sorte für die Mahndorfer Verhältnisse festgestellt, die
sich besonders auszeichnenden Ähren und Rispen ausgeschnitten und
in einem Zuchtgarten als Saatgut für den Großanbau vermehrt. Aus
dem so veredelten Saatgut ist wiederum das Korn der schönsten
Ähren einzeln ausgelegt und daraus die besten Pflanzen gruppenweise
weitergezüchtet. Mahndorf stellte sich sogleich bei der Einrichtung
der Saatanerkennung der D.-L.-G. unter diese Kontrolle. Diese Be-
sichtigungen, die D.-L.-G.-Ausstellungen und das Beispiel erfolgreicher
deutscher Züchter (B eseler, Rimpau) sowie die Erfolge in Svalöf
waren bestimmend, daß seit 1902 mit der Individualauslese bei der
Viktoriaerbse und dem Dickkopfweizen begonnen wurde.
Seit 1905 werden sämtliche angebaute Halm- und Hülsenfruchter
in dieser Weise züchterisch bearbeitet und der Zuchtbetrieb so weit
vergrößert , daß Herr Hacke zur Bewältigung der züchterischen
Arbeiten eines Zuchtbeamten benötigte. Es wurden anfänglich meist
jüngere Herren, die das auf der Hochschule Gelernte in die Praxis
umsetzen wollten, angestellt. Als besonders erfolgreich sind zu nennen
der jetzige Herr Professor Dr. Roemer- Halle (1907 — 1908) und Herr
Professor Dr. Boerger-Uruguaj^ (1909—1910). Von 19 J8 bis 1913
gelang es, Herrn Professor Dr. Remy-Bonn als wissenschaftlichen
Berater und Mitarbeiter zu gewinnen, wodurch die Mahndorfer Arbeits-
methode den Bonner Charakter annahm.
Zu den äußerst schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen und
dem Leutemangel während des Krieges kam sehr erschwerend hinzu.
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer Usancenbuch. 285
daß in den ersten Kriegsjahren sowie 1918 ein Zuchtbeamter fehlte
und Herr Hacke den Zuchtbetrieb wieder allein leiten mußte.
Nach der Beendigung des Krieges wurde der Mahndorfer Zucht-
betrieb wieder bedeutend vergrößert. Um mit derselben Leutezahl
eine größere Zahl Nachkommenschaften prüfen zu können, mußten
alle Arbeiten gegen früher vereinfacht und jede entbehrliche Er-
mittlung vermieden werden. So wird nun bei der Verarbeitung
der Mutterpflanzen mehr Gewicht auf die Auslese nach Augenmaß
als den zeitraubenden zahlenmäßigen Feststellungen gelegt, was aller-
dings an die persönliche Arbeit des Zuchtleiters große Anforderungen
stellt. Mitte September müssen aus wirtschaftlichen Gründen die
Selektionsarbeiten an den Elitepflanzen beendet sein ; auch läßt es die
jährlich wiederkehrende Mäuseplage geraten erscheinen, dieselben
möglichst gleich nach der Ernte zu erledigen.
Im Winter 1919/1920 wurde von den Zuchtstätten der Halberstädter
Gegend, zu denen auchMahndorf gehört, eineVerkaufsgesellschaftm.b.H ,
Selecta - Pflanzenzucht in Langenstein, Kreis Halberstadt, gegründet,
zu deren Leitung der langjährige kaufmännische Leiter der Firma Fr.
Strube-Schlanstedt, Herr Direktor Berning er, ausersehen wurde.
Der Aufsichtsrat der Selecta besteht aus Herrn Geheimrat Prof. Dr.
V. Rümker-Emersleben als Vorsitzenden, Herrn Rittergutsbesitzer
Dr. Pangermann- Krakow als Vertreter des kürzlich verstorbenen
Herrn Qberamtmahn W. Rimpau-Schlanstedt und Herrn Administrator
Hacke. Herr Dr. Roemer, der ursprünglich auch für die Selecta
engagiert war, hat den Ruf als Professor nach Halle angenommen.
Die einzelnen Zuchtstätten bewahren dabei ihre alte Selbständigkeit.
Die Zuchten. Mahndorf bringt von jeder Fruchtart nur eine
Sorte in den Handel, die aus dem besten jeweiligen Stamme hervor-
geht. Im Handel befinden sich folgende Zuchten:
Original Mahndorfer Roggen,
„ „ Dickkopf- Winterweizen,
n „ Bordeaux-Sommerweizen,
„ „ Hanna-Gerste,
„ „ Hafer,
„ „ frühe Viktoria-Erbse.
Außerdem wird züchterisch an Luzerne, Rüben, Mais, Mohn,
Raps, Möhren und Gras gearbeitet.
Original Mahndorfer Roggen ist von Professor Remys
Züchtung aus Petkuser Roggen 1909 hervorgegangen.
Zuchtziel: hoher Korn- und mittlerer Strohertrajr, hoher Korn-
anteil, Frühreife, Lager- und Winter festigkeit. Die Ähre soll keil-
förmig, vierkantig, 10-11 cm lang mit 19—21 zweiblütigen Ährchen
dicht besetzt sein und möglichst aufrecht stehen. Das Vorkommen
dreiblütiger Ährchen ist als ein Zeichen der Wüchsio-keit wohl kein
286 Hansen:
Fehler, trotzdem wird es wegen der dadurch bedingten Ungleich -
mäßigkeit des Kornes ungern gesehen. — Das Korn soll graugrün,
voll, länglich und recht groß sein, 45 — 55 g je lOOU Körner wiegen und
gut von Spelzen umschlossen sein. -Der Halm ist mittellang 140 — 180 cm,
o-ut ausgeglichen, mit 4 — 5 Knoten; die Bestockung ist mittelstark,
bei Eliten 6 — 10 Halme je Pflanze zu wählen.
Es ist ein sehr ertragreicher Roggen für bessere sowie geringere
Bodenarten, der in Mahndorf Mitte Juli reift. Da seine Winter-
festigkeit eine vorzügliche ist, eignet er sich auch für rauhe Lagen.
Die früher parallel verlaufende lockere Ähre hat im Laufe der
Jahre eine keilförmige dichtere Form angenommen. Innerhalb der
Nachkommenschaften steht die lange parallele Form mit größerer
Frühreife, kürzerem Halm und kleinerem gelbgrünen Korn in Be-
ziehung, während die kolbenförmige Ähre, gleichsam als ein Zeichen
der Wüchsigkeit , mit Spätreife , längerem Halm , größerer Winter-
festigkeit und grauer Kornfarbe verbunden ist.
1913 wurden innerhalb der Nachkommenschaftsbeete bei Pflanzen
mit ungenügender Ährenform vor der Blüte die Ähren gestutzt, um
eine unerwünschte Fremdbestäubung zu verhindern. Dieser operative
EingTiff wurde in der Art nicht wiederholt, wohl aber ganze Nach-
kommenschaften, die schlecht überwinterten und kränkliches Aussehen
hatten, vor der Blüte abgeschnitten.
Vor etlichen Jahren zeichnete sich eine Nachkommenschaft durch
ihr sehr kurzes Stroh aus. Es ist ein Beweis, daß durch Auslese auch
ganz kurzhalmige Roggensorten für Maschinenmahd geschaffen werden
können. Da bis jetzt allgemein bei Roggen eine gute Strohproduktion
verlangt wird, wurde die kurzhalmige Familie nicht weiter vermehrt.
1919 findet sich eine Nachkommenschaft, die über eine Woche
früher als andere reift. Die Ähren derselben sind zwar parallel, aber
sehr gut besetzt, das Korn kleiner, doch der Parzellenertrag recht gut.
Das abgesiebt größte Korn vom besten Roggenstamm wird auf
größeren Flächen, kornweise ausgelegt, vermehrt und bei der Ernte
alle Pflanzen durch die Hand genommen und diejenigen mit schar-
tigen und nicht typenreinen Ähren entfernt. Daß das größte Korn
schartige Ähren geben soll, hat dabei keine Bestätigung gefunden.
Im Gegenteil erhalten wir dadurch einen äußerst kräftigen Bestand
und bringen durch diese Massenauslese eine um zwei Jahre jüngere
Veredlungsstufe von ausgesucht guten Pflanzen zum Verkauf.
Bei Roggen als Fremdbefruchter sind, wenn man mit einer ge-
nügenden Zahl von Nachkommenschaften arbeitet , verhältnismäßig-
leicht hervorragende Plusvarianten zu finden. Daher werden jährlich
vom besten Stamm einige tausend Ähren gesammelt, dem Augen-
schein nach auf guten Besatz untersucht und einige hundert ähren-
weise ausgekörnt. Etwa 50 — 100 so erhaltene Nachkommenschaften
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer TJsancenbuch. 287
mit bester Kornqualität werden je in einer Reihe ausgepflanzt , um
eventuell neue Stämme zu gründen.
Original Mahndorfer Dickkopf- Win terweizen ist aus
Mettes Squarehead, der sich 1900 im D.-L.-G'.-Sortenversuch in Mahn-
dorf durch höchsten Kornertrag und größte Winterfestigkeit auszeich-
nete , mittels Ährenauslese hervorgegangen.
Zuchtziel: hoher Korn- und mittlerer Strohertrag, hoher Kornanteil,
Frühreife, Lager- und Winterfestigkeit, Eostfreiheit. — Die Ähre soll
kolbenförmig, aber nicht übertrieben, weiß und unbegrannt 7,5 — 8 cm
lang mit 25 — 28 Ährchen dicht besetzt und ohne taube Ährchen sein. —
Das Korn voll und groß, mit 45 — 55 g Tausendkorngewicht. — Der
Halm soll mittellang, 100 — 130 cm, gut ausgeglichen mit vier Knoten,
die BeStockung mittelstark sein, bei Eliten 5 — 7 Halme je Pflanze betragen.
Der Mahndorfer Dickkopf ist gut ausgeglichen, und spontane
Variationen entstehen selten. Durch seine außerordentliche Winter-
festigkeit, wobei die rauhe Lage am Harz ständig ihre natürliche Aus-
lese treibt, gehört der Mahndorfer Dickkopf mit zu den ertragsicheren
Winterweizensorten. Er vermag sich in rauhen Lagen sowie bei
später Bestellung durch seine kräftige Bestückung zu behaupten.
Obwohl der gesamte Bestand des heutigen Mahndorfer Dickkopfs
von einer Pflanze aus dem Jahre 1908 abstammt, lassen sich drei
deutlich kenntliche Zweige unterscheiden. Der früheste Zweig hat
eine längere parallele Ähre, mittelgroßes Korn und geringeren Korn-
ertrag. Der späteste Zweig zeichnet sich durch seine schöne kolben-
förmige Ähre, mittelgroßes Korn, kurzen Halm und guten Kornertrag
aus. Der im Handel befindliche Zweig ist mittelfrüh, hat eine schwach
kolbige Ähre, großes Korn, mittellangen Halm und sehr guten Kornertrag.
1917 sind Bastardierungen zwischen dem Mahndorfer .und fremden
Sorten vorgenommen worden.
Original MahndorferBordeaux-Somm er Weizen ist aus
Rimpaus Rotem Schlanstedter Sommerweizen herausgezüchtet.
Zuchtziel: hoher Korn- und mittlerer Strohertrag, hoher Kornanteil,
Frühreife, Lagerfestigkeit. Brandfreiheit. — Die Ähre soll 8 — 10 cm lang,
dicht, mit 17 — 19 gut entwickelten Ährchen besetzt und nicht schartig
sein, und möglichst aufrecht stehen. Die Spelzen rotbraun und unbe-
grannt. — Das Korn voll, glasig, groß, 50 — 60 g je 1000 Korn. — Der
Halm ausgeglichen, mittellang 110 — 140 cm, steif und mit 3 — 4 Knoten. —
Die Bestockung mittelstark und bei Elitepflanzen 5 — 6 Halme.
Der Mahndorfer Bordeaux ist ein typischer Bordeaux-Sommerweizen.
Die heutige Zucht besteht aus zwei Individualauslesen. Die
Pflanzen der einen sind etwas später, haben eine aufrechtere Äliren-
stellung und sind fast völlig brandfrei, wodurch sie für den Groß-
anbau geeignet sind. Die Pflanzen der anderen zeichnen sich durch
ihre größere Frühreife , geneigtere Ährenstellung und eine geringe
288 Hansen:
Brandanfällio;keit aus; da sie aucli sehr ertragreich sind und noch
aufspalten, ^verden sie noch nicht verworfen.
1919 sind Kreuzungen zwischen diesen beiden Individualauslesen
gemacht.
Original Mahndorfer Hanna-Gerste ist eine aus dem
Feldbestande der Kwassitzer Hanna gefimdene Variation.
Zu cht ziel: hoher Korn- und mittlerer Strohertrag, hoher Kom-
anteil , Frühreife , Lagerfestigkeit und Brandfreiheit. Die Ähre soll
möglichst 11 — 12 cm lang, dicht mit 30 Körnern besetzt und ohne
taube Ahrchen sein. Das Kom groß, voll mit feiner Kräuselung mit
60 — 67 g Tausendkorngewicht. Der Halm mittellang, 80—120 cm
mit 5 Halmknoten, gleichmäßiger Länge und ohne Nachwuchs. Die
BeStockung mittelstark sein und etwa 8 Halme bei Elitepflanzen haben.
Die Mahndorfer Hanna-Gerste ist eine feine Braugerste, die wegen
ihrer Anspruchslosigkeit auch für trockenere Gegenden sich eignet.
Obwohl die ganze Zucht von einer Pflanze aus dem Jahre 1907
stammt, zeigen sich dennoch Verschiedenheiten. AViederum ist der
ertragreichste Zweig etwas später ; ein früher Zweig hat zwar ein sehr
großes Korn, ist aber weniger widerstandsfähig gegen Lagern, ein
sehr früher Zweig ist flugbrandanfällig und kleinkörnig. Da er sehr
lagerfest ist und noch aufspaltet, wird er weiter beobachtet.
1919 sind zwischen den besten Mahndorfer Nachkommenschaften
Kreuzungen vorgenommen.
Original Mahndorfer Hafer ist durch Körner- und dann
Pflanzenauslese aus Strube-Schlanstedter Hafer herausgezüchtet.
Zuchtziel: hoher Korn- und mittlerer Strohertrag, hoher Kornanteil,
Frühreife imd Lagerfestigkeit. Die Rispe soll gut verzweigt, voll besetzt,
mit 6 — 7 Stufen und ohne taube weiße Ahrchen sein, die meist infolge
zu festen Blattscheidenverschlusses im Unterteil der Rispe entstehen.
Da die zweikörnigen Ahrchen die beste Kornentwicklung verbürgen,
wird nicht mehr wie früher auf 3 — 4 Körnigkeit ausgelesen. Das Korn
muß gelblich-weiß, recht groß sein, 40—50 g je 1000 Körner und wenig-
kleine, taube oder umschlossene Körner haben. Der Halm soll mittel-
lang, 120 — 150 cm mit 5 Halmknoten und gut ausgeglichen sein. Um
eine stärkere Bestockung zu fördern, müssen die Elitepflanzen 3 Halme
haben; einhalmige Pflanzen werden von der AVeiterzucht ausgeschlossen.
Die Mahndorfer Zucht entstammt einer Pflanze aus dem Jahre 1904
und die Zweige der Lidividualanslese zeigen nur äußerst geringe
Unterschiede; von der Ursprungssorte sind sie jedoch abweichend.
Da die Haferzüchtung nur mittels Bastardierung zu fördern möglich
ist, wird an der Verbesserung des Hafers besonders durch Bastar-
dierungen gearbeitet.
Original Mahndorfer f r ü he Viktoria-Erbse ist wohl die
bekannteste Mahndorfer Zucht. Sie entstand 1901 durch Anzeichnen
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer Usancenbuch. 289
von früli und reichlich blühenden Pflanzen im Feldbestande von
Strubes gelber Viktoria, zweite Absaat.
Zuchtziel: hoher Korn- und mittlerer Strohertrag, hoher Korn-
anteil, 50 — 60°/o, Frühreife, Gesundheit. Die Blüte und Reife sollen
kurz und gleichmäßig sein, wodurch die Ausgeglichenheit des Kornes
erzielt wird. Die Hülsen müssen paarweise sitzen und 4 — 7 Körner
bzw. Samenanlagen enthalten. IVIindestens 8 — 15 Hülsen je Elite-
pflanze ist Bedingung. Das Korn soll voll, rund, gelb und reclit groß,
etwa 7 — 9 mm im Durchschnitt und im Gewicht von 300—450 g
je 1000 Körner sein und gute Kochlahigkeit haben. Der Halm muß
mittellang, 70 — 100 cm sein. Obwohl die Zweistengeligkeit ein Zeichen
für die "Wüchsigkeit ist, werden keine zweistengeligen Eliten ge-
nommen, da sie eine ungleiche Reife verursachen.
Als eine Eigenart der Mahndorfer Viktoria ist ihre robuste Kon-
stitution und Ertragsicherheit besonders hervorzuheben. Sie reift
um zehn Tage früher als die Ausgangssorte , wobei sie zugleich mit
den ertragreichsten Viktoriazuchten im Ertrage konkurriert.
Die im Handel befindliche Zucht ist gut durchgezüchtet und zeigt
kaum eine Aufspaltung. Daher sind die Umzüchtungsversuche , die
vielfach anderwärts probiert wurden, stets erfolglos gewesen. Die
angezeichneten Frühblüher erweisen sich meist als krank, wobei die
Frühreife durch Wachstumsstörungen verursacht wird oder die Find-
linge haben kleines, wertloses Korn mit geringem Ertrage. Mit den
in Mahndorf geernteten Findlingen haben wir in den letzten Jahren
auch wenig Glück gehabt, da die Mahndorfer Erbse ein extremer
Plusvariant zu sein scheint. Am hervorragendsten sind die Findlinge
aus dem Jahre 1914. Der eine Findling zeichnet sich durch seine
lange Biühzeit aus ; er beginnt eine Woche früher zu blühen als die
anderen Stämme und blüht noch, wenn alle anderen abgeblüht haben.
Sein Hülsenbehang ist deshalb bedeutend zahlreicher, doch sind die
Hülsen kurz und das Korn infolge der ungleichmäßigen Reife unaus-
geglichen und klein. Da dieser sonst sehr ertragreiche Stamm noch
spaltet, versuchen wir daraus kürzer blühende Mutanten mit größerem
ausgeglichenen Korn herauszufinden. — Der andere Findling aus dem-
selben Jahre hatte sehr guten Ertrag und großes , allerdings bräun-
liches Korn, welches infolge Aufplatzens nicht marktfähig war; zudem
war dieser Stamm äußerst spät und wurde daher verworfen.
Um die Zucht der Mahndorfer Victoria weiter zu fördern und
dabei schneller zum Ziele zu gelangen, als es die spontane Variabilität
erlaubt, sind 1817 Kreuzungen der besten Stämme untereinander ge-
macht. Von diesen homozygoten Kreuzungsprodukten ist eine kon-
stantere Nachkommenschaft zu erwarten, als wenn heterozygotes
Kreuzungsmaterial verwendet wäre. Gekreuzt sind Pflanzen von den
Nachkommenschaften M, V und L.
290
Hansen:
Stamm
Kornertrag
Korngröße
Blühdauer
Reife
M
V
gut
mittel
sehr groß
groß
sehr kurz
kurz
spät
mittel
L
gut
klein
sehr lang
früh
Ernte 1919. Kreuzungsergebnis
n Fo-Generation.
$x J
Kornertrag
pro Pflanze
Korngröße
Blüht
ab Juni 1 Zahl, Tage
Mx V
MxL
13,0
10,6
401
403
11
5
13
22
VxM
VxL
10,5
10,6
384
392
11
6
20
22
LxM
Lx V
LxL
9,8
10,8
11.1
400
■ 380
380
7
7
6
22
30
25
Bei der Kreuzung M x Y sind die Eigenschaften der Mutter-
pflanze vorherrschend.
Bei MxL ist der Ertrag vermindert, die Korngröße von der
Mutter, die frühe und lange Blütezeit vom Vater.
Bei VxM und VxL ist der mittlere Kornertrag und die mitt-
lere Korngröße von der Mutter, der Beginn der Blüte aber vom Vater.
Bei LxM, L x V und LxL ist der Einfluß der Mutterpflanze L
vorherrschend. Bei LxM zeigt sich die Korngröße der Mutter.
Um mit größter Sicherheit etwas Brauchbares aus der Kreuzung
herauszufinden, werden möglichst viele Nachkommen weiter geprüft
und außerdem das verworfene KJreuzungsmaterial zwecks eventuellen
Anzeichnens von Findlingen auf größeren Flächen vermehrt.
Die Mahndorfer Luzerne stammt von einer hervorragenden
Pflanze aus der Provencer Luzerne , die durch Hummeln innerhalb
einer Haube zur Selbstbefruchtung gezwungen wurde. Aus dem so
erhaltenen Samen ist eine besonders schöne, dunkelblau blühende
Pflanze mit kräftigen, aber nicht groben Stengeln und großer Massen-
erzeugung an dunkelgrünen Blättern gefunden worden. Die Pflanze
ist sehr schnellwüchsig, gesund und gegen Rost immun. Durch Ver-
pflanzen der Mutterpflanze mittels abgetrennter Stecklinge auf größere
Flächen ist die Pflanze so weit vermehrt, daß die Zucht als gesichert
erscheint, doch noch nicht in dem Umfano-e. daß sie dem Handel über-
geben werden kann. Der Bestand, der seit 1911 steht, hat sich als
winterfest und widerstandsfähig erwiesen. Leider fehlt es in Mahn-
dorf wie auch vielfach anderwärts an geeigneten Böden zur Samen-
gewinnung, da die Luzerne auf besseren Böden wenig Samen ansetzt.
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer [Jsancenbuch. 291
Trockene, nach Süden geneigte, sonnige Abhänge haben sich zum
Samenansatz als besonders geeignet erwiesen.
Die Mais Züchtung. Im Frühjahr 1917 erhielten wir durch die
Liebenswürdigkeit des Herrn Professor Dr. Hillmann, Herrn Pro-
fessor Dr. K r an tz -Döbeln und der Firma Strube-Schlanstedt ver-
schiedene Maisproben. Es waren sechs Sorten aus dem Versuchsfeld
Düppel, Original Döbelner Mais. Hühnermais und 18 importierte
Kolben des rumänischen Maises, Diese Sorten wurden den 21. Mai 1917
auf 40x40 cm Abstand je ein Korn pro PÜanzstelle ausgelegt. Die
Nachkommenschaften zeigten enorme Unterschiede. ' "Während die
gezüchteten Sorten sowie der rumänische ziemlich ausgeglichen
waren, zeigten die Provenienzen vom Düppelner Versuchsfelde deut-
liche Aufspaltung. Zunächst stand der gelbe und rotkörnige Mais
durcheinander, da eine möglichst vielseitige Fremdbefruchtung er-
wünschtwar. Verschiedene Nackommenschaften des rumänischen Maises
übertrafen alle anderen durch ihre Höhe; leider wurden deren Kolben
nicht reif. Die Ernte erfolgte zwischen dem 13. September und 5. Ok-
tober, wobei die Auslese einzelner Pflanzen auf Frühreife und guten
Kolbenbesatz stattfand. Später reifende Pflanzen wurden verfüttert.
1918 war der Mais infolge später Bestellung kurz vor Eintritt
einer Trockenperiode gänzlich mißraten. Glücklicherweise wurden
vom Verfasser, der damals auch den Eckendorfer Zuchtbetrieb leitete,
dort von denselben 78 Nachkommenschaften je 10 Körner ausgelegt,
die trotz der frühen Bestellung infolge des kalten lippischen Bodens
erst Ende Oktober ausreiften.
1919 werden 20 in Eckendorf geernte Kolben, je 20 Korn je
Reihe, in Mahndorf ausgelegt. Obwohl nur gelbkörnige Mutterpflanzen
gewählt waren, spalteten einige Nachkommenschaften und hatten
teils rotkörnige Pflanzen. Die lange parallele Kolbenform hat sich
bereits nach zweijähriger Auslese ziemlich konstant vererbt, ebenso
die Frühreife. Die Ernte erfolgte vom 17. September ab; am 4. Ok-
tober waren die letzten Pflanzen reif.
Da der Mais als Kulturpflanze für Mitteldeutschland von geringerem
Wert ist, wird dessen Zucht bei uns nur studienhalber betrieben
und darf deshalb nur wenig Zeit in Anspruch nehmen. Es werden
die Kornerträge der einzelnen Nachkommenschaften nicht festgestellt,
sondern es findet bloß eine Massenauslese der besten und frühesten
Pflanzen statt ; trotzdem ist ein deutlicher Erfolg der dreijährigen
Zuchtarbeit wahrzunehmen. Daraus sehen wir, daß es bei Fremd-
befruchtem nicht bloß auf die beste Nachkommenschaft, sondern auf
die Wahl der besten Mutterpflanzen ankommt, die, nach einheitlichen
Auslesemomenten gewählt, zusammen gepflanzt werden.
Der Mais muß etwa den 8. bis 10. Mai gelegt werden. Dadurch
ist der Aufgang der frostempfindlichen Keimlinge gleich nach den
292 Hansen:
gestrengen Herren, und es wird die Juniwänne gut ausgenutzt. Auf
jeder Pflanzstelle, die mindestens 40 x 40 cm oder besser CO x 30 cm
stehen soll, darf nur ein Korn gelegt werden ; bei zu dichtem Stande
setzt der Mais keine Kolben, sondern bloß männliche Rispen an. Da
im Sommer 1917 im Maisbestande Beulenbrand auftrat, wurde im
Frühjahr 1918 das Korn mit Uspulun gebeizt; der Beulenbrand ist
seitdem nicht wieder beobachtet worden. Möglicherweise war 1917
die Infektion durch anfliegende Sporen verursacht.
Das Zuchtziel ist vor allem die Frühreife, dann der Komertrag
je Pflanze, die zwei gut besetzte Kolben haben soll. Die Idealpflanze
soll nicht hoch und ohne Nebentriebe, die auf Kosten der Kolben
gebildet werden, sein. Die beiden Kolben sollen an kurzen Stielen
in aufrechter Stellung sitzen, wodurch ein leichtes Abbrechen ermög-
licht wird. Die Kolben sollen mit nur wenigen Blattlieschen bedeckt
sein, was die Reife beschleunigt, und die Spitze verdeckt sein, um
den Wildschaden und das Ungeziefer abzuhalten. Der Kolben
selbst soll gleich dick, walzenförmig, recht lang mit 10 — 16 Längs-
reihen sein und guten, nicht gedrehten Kornbesatz ohne taube Spitze
haben. Das Korn soll klein, gelb, glasig (eiweißreich), nicht aufge-
platzt sein und locker sitzen.
Näheres über Maiszüchtung vergleiche „Deutsche Maiszucht" in
Fühling, Heft 5/6 von 1916, wo vom Verfasser eigene Züchtungsversuche
in Schlanstedt niedergelegt sind.
Die Mohnzüchtung. Im Sommer 1918 wurden aus dem weiß-
blühenden Feldbestande des grausamigen, geschlossenköpfigen Mohnes
ein paar tausend runde frühreife Köpfe geerntet und im nächsten
Jahre 55 ertragreichste von ihnen mit 9,5 — 6,3 g Samen je Kapsel
reihenweise ausgelegt. Die Nachkommenschaften zeigen in der Ent-
wicklung, Halmlänge, Blütezeit und Kopfbesatz deuthche Unterschiede.
Zwei Nachkommenschaften scheiden wegen Lagerns aus. Elf Nach-
kommenschaften, die kurzen Stengel hatten und durch besonders
guten Kapselansatz sich auszeichneten, hatten zum Teil offene Kapseln,
obwohl alle Mutterkapseln bestimmt geschlossen waren. Da die offenen
Köpfe für den großen Feldanbau wegen der Verluste durch Ausfall
imgeeignet sind , wurden diese elf Nachkommenschaften verworfen.
Die runde Kopfform hat sich in allen Nachkommenschaften gut
vererbt und zeigte keine merklichen Unterschiede; auch die weiße
Blütenfarbe war vorherrschend. Von den 55 Nachkommenschaften
hatten nur vier vereinzelte rotblühende Pflanzen, und nur eine Reihe
war rotblühend. Große Kapseln enthalten stets mehr Samen wie die
kleinköpfigen. Zu große Kapselzahl an einer Pflanze hat kleine,
wenig Samen enthaltende Kapseln zur Folge. Die Elitepflanzen werden
am besten durch Anstoßen mit der Fußspitze dicht über dem Boden
abgestoßen, wobei der spröde Halm leicht abbricht. Zwecks Samen-
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer CJsancenbuch. 293
anteilbestimmung werden die Kapseln unterhalb der "Wulst abge-
brochen. Den Kornanteil am Gewicht der ganzen Pflanze zu ermit-
teln, ist wegen des geringen Samenanteils im Vergleich zu dem
schweren Stamm mit den anhaftenden staubigen Blättern zu unsicher
festzustellen. Beim Pflanzen werden auf das 40 x 40 cm markierte Feld
direkt aus der Tüte kleine Prisen so ausgestreut, daß der Mohn auf
40 X 20 cm zu stehen kommt.
Zuchtziel: hoher Kornertrag je Pflanze und durchschnittlich pro
Kapsel, hoher Kornanteil im Vergleich zum Kapselgewicht, kurzer
lagerfesten Halm, Frühreife und Gesundheit. Blütenfarbe weiß, dunkel
angehaucht. Drei bis vier möglichst gleichmäßig entwickelte runde
geschlossene Kapseln an einer Pflanze. Samenfarbe grau; deren
Schattierung ist o-leichgiiltig. Sobald die Nachkommenschaften so weit
vermehrt sind, soll deren Ölgehalt chemisch festgestellt werden.
Bei der Rübenpolarisation, die nach der Krüger sehen
Methode geschieht, ist vorläufig nur zu erwähnen, daß statt einer
zerbrechlichen automatischen Pipette eine selbsthergestellte benutzt
wird. In einem hohen schmalen Glaszylinder ist in der erforder-
lichen Höhe ein Abflußloch mit einem Schleifstein eingebohrt. Der
Glaszylinder steht in einei» Schale , und das Bleiwasser wird aus
einer Flasche eingegossen; so kann immer nur dieselbe Menge Flüssig-
keit in dieser „Pipette" verbleiben. Bei einiger Übung wird wenig Blei-
wasser verschüttet; die Tagesleistung der Pipette genügt vollkommen.
Die züchte rischen Einrichtungen sind zweckentsprechend
praktisch und ohne Luxus angelegt. Das Laboratorium ist im Flügel
des Herrschaftshauses eingerichtet und besteht aus einem Arbeitssaal
und daneben einer Kammer als Aufbewahrungsraum für die Hilfs-
mittel und Kornproben. Über dem Laboratorium befindet sich die
Wohnung des verheirateten Saatzuchtleiters. Zum Laboratorium
gehöreü ferner zwei mäusesichere Räumlichkeiten zum Aufhängen
von Elitepflanzen und Aufbewahren von Saatkorn.
Unter dem üblichen Laboratoriumsmöblement, wie großen Aus-
lesetischen und Schränken, ist zu erwähnen der praktisch eingerich-
tete Aktenschrank (Fig. 1). 2 m hoch ist an der Wand eine
Latte mit zehn Nägeln zum Aufhängen von Elitepflanzen angebracht.
Darunter sind auf der Wand alle 10 cm horizontale Striche gezogen,
wodurch die Länge der an der Wurzel aufgehängten Pflanzen ohne
weiteres ablesbar ist. Es ist eine Nachbildung einer in der Pflanzen-
zuchtstation in Halle vorhandenen Einrichtung.
Li der Aufbewahrungskammer stehen große Regale mit einschieb-
baren flachen Kästen zum Aufnehmen der Tüten mit Elitekorn und
Ablegen von Beuteln.
An AVagen sind vorhanden eine Milligrammwage, eine Körner- be-
ziehungsweise Ahrenwage von Polikeit-Halle mit einer ^/jo g genauen
294
Hansen:
Ablesung bis 20 g und eine gleiche bis 3,5 g. Eine ant omatische
Pflanzenwage von Grotthaus-Danzig für Wägungen bis 150 g. Letztere
hat den Nachteil, daß die Skala nicht ohne weiteres für große und
kleine Gewichte benutzbar ist, sondern die "Wägungen entweder für
große oder kleine Gewichte eingestellt werden müssen, femer eine
automatische Tellerwage, eine gleicharmige Präzisionswage und eine
größere Dezimalwage.
An kleineren Hilfsmitteln sind zu nennen: 2,20 m Meßlatte zum
Bestimmen der Halmlänge bei nicht aufhängbaren Fruchtarten, Meß-
band, Meßrute, Schnüre zum Fest-
legen des Zuchtgartens, eine Halm-
schere , Garbenmesser , diverse
Blechschwingen , Blechschalen,
Pappschalen, Papiertüten, Stoff-
beutel, Anhänge- und Holzetiketten,
Teller und anderer Zubehör zu
Keimversuchen , Polarisationsin-
ventar, Pinzetten zu Kreuzungen.
Zum Dreschen kleiner Garben
wird^ ein Ausreibekasten (Fig. 3)
und ein kleinerer für einzelne
Pflanzen benutzt; es- ist eine etwas
abgeänderte Nachbildung des in
Eckendorf benutzten Ausreibege-
stelles. Für größere Posten sind
Dreschflegel sowie eine kleine elek-
trisch angetriebene Lanzsche Stift-
dreschmaschine mit Schüttelwerk
vorhanden. Die Svalöfsche Hand-
dreschinaschine , bei der die er-
forderliche Tourenzahl, selbst beim
Antrieb durch 2 bis 3 starke Männer, meist fehlt, wird wenig benutzt.
Die ßeinigung geschieht mit der Eöberschen Modell windfege mit
vier selbstkonstruierten Auffangkästen, die ineinander passen, mit einem
KalkschenTrieur, kleinem Röberschen Siebsatz mit verstellbaren Sieben,
o-roßen runden Sieben, größerer Windfege und einer Kleereibe- undPutz-
maschine von der Maschinenfabrik von Paul Lübke, Breslau. Der Mais
wird mit dem Maisrebler von Mayfahrth & Co., Frankfurt a. M. entkörnt.
Zum Drillen haben wir kleinere Drillmaschinen; das Kornlegen
geschieht mittels Pflanzbrettern mit Dornen (Fig. 2),
Am Dorf befindet sich ein eingezäunter Dauerzuchtgarten mit
der "Wetterwarte. AVegen des Auftretens von Schädhngen im Dauer-
zuchtgarten werden jetzt die zur Zucht dienenden Zuchtgärten im
Felde zerstreut innerhalb der betreffenden Fruchtart angelegt.
Akten
Bibliothek
Wetter
Unerledigt
Roggen
W.-W.
S.-W.
Gerste
Hafer
Erbsen
Luzerne
Möhren
Rüben
Gras
Raps
Mohn
Mais
Usancen
Stammbaum
Prospekt»'
Pflanzen-
schutz
Schreibii
tensilien
Div.
Div.
320 cm
Fig. 1. Einteilung des Aktenschrankes.
Die Mahndorfer Pflanzenzttchtung bzw. das Mahndorfer Usancenbuch. 295
Der Dauerzuchtgarten existiert seit 1905 und umfaßt die
Fläche von 102 x 39 m, die durch einen 2,80 m breiten Mittelweg in
zwei lange Hälften halbiert wird. Jede dieser Hälften wird durch
60 cm breite Querwege in 28 westliche und 28 östliche Beete von
3 X 17 m geteilt. Nach dem Pflügen sind die Querwege sofort an
Eisenringen, die am Drahtzaun angebracht sind, auffindbar.
Der Zuchtgarten befand sich bis 1918 abwechselnd in dem einen
Jahre westlich, im anderen östlich vom Mittelwege; die Fruchtfolge
war somit in vierjährigem Turnus: Getreideeliten, Frühkartoffeln in
Mist, Getreideeliten, Kartoffeln ohne Mist. Um die Ungleichmäßig-
keiten der Stalldüngung zu mildern, wurde 1907 und 1908 nach Ab-
erntung der Frühkartoffeln weißer Senf eingesät, der vor dem Pflügen
verfüttert wurde.
Fig. 2. Kornleger-Pflanzbrett.
Fisj. 3. Ausreibekasten.
Da die reifenden Eliten in dem am Dorf liegenden Dauerzucht-
garten stark unter Vogelfraß litten, mußte einige "Wochen vor der
Ernte ein mit 3 qcm großen Maschen versehenes Netz übergespannt
werden. Trotzdem benutzten die Vögel jede Beschädigung des Netzes
als Ein- und Ausflugloch, so daß trotz des Netzes jährlich Vogelschaden
zu verzeichnen war und ständig ein Kind innerhalb des Netzes wachen
mußte. Irgendwelche nachteilige Erfahrungen infolge der Beschattung
durch das Netz sind in den zwölf Jahren nicht gemacht.
Nachdem in den letzten Jahren der Erbsenzuchtgarten im Felde
innerhalb des Erbsenbestandes angelegt war, folgten 1919 die Sommer-
früchte und 1920 alle Zuchtpflanzen in die wandernden Feldzucht-
gärten , während der Dauerzuchtgarten vor allem als Beobachtungs-
garten für die neuangefangene Graszucht dienen soll. Den Gras-
stauden wird dadurch ein unkrautfreier gleichmäßiger Stand geboten,
während die Grassamengewinnung wegen der damit verbundenen
Verunkrautung durch Grassamen außerhalb des Gartens geschehen
muß. Die 3-m-Beeteinteilung wird dabei beibehalten.
Die Wetterwarte zweiten Grades, die im Dauerzuchtgarten steht,,
enthält die Baro-, Thermo- und Hydroautographen, einen + -Thermo^
meter, einen Sonnenschein- und einen Regenmesser.
296 Hansen:
Der Feldzu cht garten. Durch die Verlegung der Zucht-
gärten in das Feld hat man den Vorteil, daß die Zalil der zu prü-
fenden Nachkommenschaften beliebig erweitert werden kann, die
Eliten kaum durch Vogelfraß und Würmer geschädigt werden und
das Reparieren und Aufstellen des großen Schutznetzes gespart wird ;
dagegen hat der Dauerzuchtgarten den Vorteil seiner großen Nähe
vom Dorf.
Zur Anlage des Feldzuchtgartens muß. außer passender Vorfrucht
und Gleichmäßigkeit des Bodens, auf die vielen lokalen Ereignisse
der Vorjahre auf dem betrefienden Plane, \^'ie zum Beispiel Lagerung
von Mieten, aufgerissene Drainage usw., geachtet werden. Der Feld-
zuchtgarten darf ferner an keiner belebten Straße und muß wegen
Vogelfraß mindestens 1 km vom Hofe, sowie von größeren Busch-
anlagen entfernt liegen, dagegen der weiten Wege und des damit
verbundenen Zeitverlustes wegen nicht zu weit vom Hofe entfernt sein.
So wird außer dem Dauerzuchtgarten benötigt: 1. ein Zucht-
garten für ßoggen und Winterweizen innerhalb eines Winterweizen-
feldes, 2. für Sommerweizen, Gerste und Hafer innerhalb eines Sommer-
halmfruchtschlages. 3. für Erbsen in einem Erbsenfeld, 4. für Rüben
und Möhren auf ein Rübenfeld , 5. für Raps in einem Rapsfeld und
0. für Mohn.
Die Anlage des Feldzuchtgartens (Fig. 4) beginnt mit der Fest-
legung des Hauptweges, der genau mit der Richtung der Pilugfurche
zusammenfallen muß. Dadurch werden alle Parzellen im rechten
Winkel zum Hauptweg zu liegen kommen und gleichmäßig durch
alle Unregelmäßigkeiten der Pflüge getroffen.
Das Ablegen des rechten Winkels geschieht nach dem pythagore-
ischen Satz, wobei mit der 2-m-Rute ein Dreieck konstruiert
wird, deren Katheten 6 und 8 m Länge haben, M^ährend die Hypotenuse
10 m betragen muß (6^ -f 8^ = 10^ oder 3(3 + 64 = 100). Die Wege
werden durch Pfähle und die Grenzen der Beete durch Schnüre fest-
gelegt. Das Legen der Körner geschieht mit Hilfe eines zweireihigen
verstellbaren Pflanzbrettes (Fig. 2) mit 4 cm langen Holzdornen auf
der Unterseite, mittels welcher durch Auftreten auf das Brett saubere
Löcher in den Boden eingedrückt werden. AVegen gleichmäßiger
Tiefe der Löcher muß das Beet vorher sauber und eben abgeharkt
sein. Diese Pflanzmethode hat sich, von Poppeisdorf eingeführt,
bei uns seit Jahren gut bewährt. Fängt der Boden an, an den Dornen
festzukleben, so klebt er auch an den Fingern der Mädchen, und das
Pflanzen muß aufliören. Nach Fertigstellung eines Beetes wird es
leicht übergeharkt, um die eventuell schlecht zugedeckten Pflanz-
löcher zuzuschütten. Ein Walzen hinterher beschleunigt besonders
bei der Sommerung den Aufgang.
Die Beete werden 3 m breit angelegt, wobei die Getreide-
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer üsancenbuch. 297
Richtung der Pflugfurche.
Gedrillt: 5. Oktober
Aufgang: 17. Oktober
Gepflanzt: 3.-4. Oktober
Aufgang: n. Oktober
Fläche : X qm.
s
Schutzstreifen bzw. Rand 2 m breit
A
Nachkommenschaft E 2 m breit
D
. P ^ S .
51) ® S
gl'
CS
D
B
Rand 2 m breit
Nebenweg 1 ni breit
D|C|B|A|E|D|C
Handgelegte Nachkommenschafts-Prüfung
I I I I I I
K I D I C I B I A I i; I D
Handgelegte Nachkommenschafts-Prüfung
\ ! ! I I L
Nebenweg 1 m breit
Ähren-Beete
Individualauslese- Beete
I M I I I I I I I M I i I I M I : I
Hauptweg 1,20 m breit
40 m breit
Gedrillte Vermehrung
der besten Nachkommenschaft
c
o
GC
Fig. 4. Der Plan eines Feldzuchtgartens. (Schematisiert.)
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII. 19
298 Hansen:
eilten auf 20 x 10 cm. Erbsen auf 25 x 12,5 cm zu stehen kommen.
Die Getreidebeete, die miteinander verglichen werden sollen, haben
stets gleiche Reihenentfernung, wodurch die Ertrags ermlttlung, die
aus 20 besten Pflanzen aus dem lückenlosen Bestände geschieht, mit
geringeren Fehlern behaftet Ist. Auch fällt sofort bei gleicher Reihen-
zahl ein verkehrt stehendes Etikett In die Augen.
Von 1908 ab werden die Xachkommenschaftsbeete, um die Boden-
unregelmäßigkelten zu mildern, auf zwei Parallelparzellen angelegt.
Jetzt werden die auszupflanzenden Nachkommenschaften folgender-
maßen gruppiert: 1. die wertvollsten Nachkommenschaften der besten
konstanten Individualauslesen, die zur großen Feldvermehrung erforder-
■ lieh sind, werden auf je zwei Parallelzellen, und zwar bei Roggen,
Winterwelzen und Hafer je vier Reihen, bei Sommerweizen und
Gerste je 2x3 Reihen gepflanzt. Mitunter reicht das Korn der
Eliten in ungünstigen Jahren zu dieser Reihenzahl nicht aus, die
dann auf eine geringere Reihenzahl reduziert werden muß. 2. Dann
kommt die Serie der weniger wertvollen Nachkommenschaften sowie
der Bastardierungen, die nur einmal auf vier Reilien gepflanzt werden.
3. Die dritte Serie hat je eine Reihe; es sind Ahrenfindllnge aus dem
Feldbestande sowie der am wenigsten wertvollen Nachkommen-
schaften von Bastardierungen und anderem, die der Sicherheit wegen
nochmals geprüft werden, bevor sie ausscheiden. Die wertvollsten
geemteten Pflanzen der letzten Serie kommen im nächsten Jalire zur
Vorprüfung In die Vler-Relhen-Serie beziehungsweise gleich zur Haupt-
prüfung und Vermehrung in die Zwel-Parallelparzellen-Serie.
Reicht das Korn bei einer Nachkommenschaft zum Bepflanzen der
beiden Parallelparzellen nicht aus, so wird auf dem Rand das Korn der
nächstbesten Schwesterpflanze gelegt. Es hat sich dies besser bewährt
wie das Vollpflanzen der Reihe mit fremden Fruchtarten, wodurch
die spätere Vermehrung leicht verunreinigt wird. Bei Kreuzungen
und Familien, die noch nicht vermehrt werden, und aus denen nur
einzelne Eliten entnommen werden, ist es hingegen gleichgültig. Am
w^enigsten verträgt sich der Hafer mit Sommerweizen, da die Rispen-
äste sich um die Weizenähre verwickeln. Trotzdem müssen wir mit-
unter, um die Reihen auszufallen, zu fremden Fruchtarten greifen.
Roggen und Winterweizen müssen dabei sich gegenseitig ergänzen;
in die Gerste kommt der späte Sommerweizen, in den Sommerweizen
Hafer, in den Hafer Sommerweizen.
Im Spätherbst 1916 wurden versuchsweise die nicht aufgegangenen
Pflanzstellen der AVinterweizenbeete mit Roggenkörnern ausgelegt,
wodurch im nächsten Jahre, abgesehen von dem unästhetischen An-
blick, zum Teil aus einem Pflanzloch eine Weizen- und Roggenpflanze
sich entwickelte; auch mußten die langen Roggenpflanzen mehrmals
geköpft werden.
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer Usancenbuch. 299
Die Erbsennachkommenschaften werden je in zwei Reihen , die
Erbsenbastardierungen und Findlinge je in eine Reihe, je 20 Körner
in der Reihe, ausgelegt. Zwischen zwei Nachkommenschaften kommt
eine Reihe Pferdebohnen, wodurch jede Erbsennachkommenschaft
durch Bohnen getrennt ist. Reicht bei den zweireihigen Nachkommen-
schaften die Erbsenzahl für die beiden Reihen nicht aus, so werden
nicht anderthalb Reihen mit Erbsen bepflanzt, sondern die beiden
Reihen zugleich begonnen, wodurch weniger Randpflanzen erhalten
werden. Auf jeder Reihe des Beetes werden die beiden äußersten
Pflanzlöcher der Reihe mit Bohnen bepflanzt, wodurch das Herein-
hän^en der Erbsen in die Wege vermieden wird.
Vor der Saat wird sämtliches Korn, auch bei Getreide, auf die
Qualität hin durchgesehen und nur das beste Korn ausgelegt.
Die Prüfung der Individualauslesen oder der Zweige solcher
geschah bis jetzt in 50 — 100 qm großen Parzellen von 30 — 40 m
Länge und 1,0 — 2,5 m Breite in zwei- bis dreifacher Wiederholung,
wobei die Stammesprüfung zugleich die Vermehrung der Stämme war.
Da diese großen Flächen stets unter Bodenunregelmäßigkeit, beson-
ders aber ungleichem Mäusefraß zu leiden hatten, werden nun kleine
Parzellen von 3 x 3 m in vierfacher AViederholung genommen. Damit
das geerntete Korn eines jeden Stammes unvermischt mit Nachbar-
parzellen bleibt, wird die quadratische Parzellenform der langen vor-
gezogen. Obwohl vielfach die Ansicht vertreten wird, daß die Unter-
schiede nur an gedrillten Parzellen ermittelt werden dürfen, läßt es
sich an den handgelegten Parzellen viel einwandfreier festslellen.
Auf den handgelegten Parzellen stehen die Pflanzen in gleichem Ab-
stand voneinander und auf derselben Flächeneinheit die gleiche
Pflanzenzahl, wie es beim Drillen nie erzielt werden kann. Das Korn
zum Legen kann vorher handverlesen werden, wodurch eine gleich-
mäßigere Jugendentwicklung und egaler Stand aller Pflanzen zu er-
reichen ist. Bei Hafer werden des besseren Vergleiches wegen nur die
Hauptkörner gelegt. Die Prüfung geschieht an der zweiten Generation.
Hierzu wird das Korn bester Nachkommenschaften der betreffenden
Individualauslesen, aus denen Eliten zur Weiterzucht entnommen sind
zusammengeschüttet. Dabei sind bei der Ernte schon alle kränklichen
schwachen, einhalmigen Pflanzen und solche mit abweichender Ähren-
fbrm, die unter der Nachkommenschaft standen, ausgeschieden. Von
diesen zusammengeschütteten Nachkommenschaften bleibt soviel Korn
übrig, daß außer den vier handgelegten Parzellen noch 1 — 2 Parzellen
von 40 X 2 m gedrillt werden können, die zugleich Prüfungs- und Ver-
vielfältigungsparzellen darstellen. Die Samen für die gedrillten Stücke
werden gebeizt für den Großanbau vervielfältigt, während die Prüfuno-
auf den handgelegten Parzellen, um die Krankheit sanfälligkeit zu er-
fassen, mit ungeheiztem Kom vorgenommen wird.
19*
300 Hansen:
Zwischen den größeren Parzellen bei Getreide wird, aim die Ernte
zu erleichtern, eine Fehlreihe freigelassen, während bei den Erbsen
je 1 bis 2 Reihen Bohnen gedrillt werden. Keinesfalls darf aber
wegen Verunreinigung zwischen den Getreideparzellen als Grenz-
streifen eine fremde Getreideart genommen werden.
Bei Erbsen geschieht die Prüfung auch in vierfacher Wieder-
holung auf quadratischen Parzellen von 3x3 Meter.
Alle Parzellen einer Fruchtart führen die laufende Nummer mit
eins beginnend, die vier Parallelparzellen tragen dieselbe Nummer,
die mit I bis IV ergänzend gekemizeichnet ist. Die Nachkommen-
schaften gleicher Herkunft werden durch einen bestimmten großen
Buchstaben benannt. Die Holzetikettes, die von der Holzfabrik von
R. A. Jahn in Meuselbach, Thüringer Wald, stammen, sind 30 x 3 cm
groß. Sie werden mit Tusche und Pinsel numeriert und darüber,
um die Verwitterung abzuhalten, geölt. Sie lassen sich ein paar
Jahre hintereinander verwenden, werden eventuell auch abgehobelt
und frisch beschrieben; sie werden gleich beim Pflanzen gestellt.
Die Anhänge etiketten an Garben und Säcken erhalten bloß die
Nummer der Parzelle und werden möglichst wenig beschrieben, um
das spätere Radieren derselben möglichst zu ersparen.
Die Wege im Zuchtgarten werden gewölbt, wodurch beim Be-
obachten der Pflanzen man nicht auf den Weg zu achten braucht,
sondern die Richtung des Weges an dessen Neigung zu spüren ist.
Eine Umzäunung der Feldzuchtgärten ist für Mahndorf überflüssig,
da der AVildschaden unbedeutend ist.
Damit die abweichenden Pflanzen bei der Ernte nicht übersehen
werden, müssen sie sofort, sobald bemerkt, angezeichnet werden.
Schwarze Bänder haben sich dabei am besten bewährt.
Die Ernte der Elitepflanzen soll so früh wie möglich geschehen,
wodurch die noch zähen Pflanzen weniger beschädigt werden und
gleichzeitig deren Reifestadium an der Grünfärbung erkannt wird.
Als Eliten werden nur Pflanzen genommen, die von vier in gleicher
Entfenning stehenden Nachbarpflanzen umgeben sind , ebenso werden
die drei äußersten Pflanzen in der Reihe zu Randpflanzen gerechnet
und kommen für die Eliteauswahl nicht in Frage. Die Nachkommen-
schaften werden auf dem Boden nebeneinander gelegt und 10, bezie-
hungsweise 20 augenscheinlich beste Pflanzen eingebunden und eti-
kettiert. An diesen 20 Pflanzen geschieht die Ertragsermittlung der
Nachkommenschaft. Fünf beste davon werden als Auslesepflanzen
einzeln verarbeitet, während an den 15 übrigen bloß die Halmlänge
und Bestechung an jeder Pflanze, sowie ihr gemeinsamer Kornertrag
festgestellt wird.
Das Mähen der Parzellen muß mit einer Gestellsense erfolgen,
um ein sauberes Einbinden der Garben zu ermöglichen.
Die Mahndorf er Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorf er Usancenbuch. 301
Das Korn der einzelnen Nachkommenschaften soll neuerdings in
dem Ausreibekasten ansgerieben werden, statt daß es, wie es an den
15 Pflanzen geschah, mit der Hand ausgekörnt, oder, wie es bei größeren
Posten erfolgte, in einem Sack mit dem Flegel gedroschen wurde. Die
großen Parzellen von 80 — 100 qm werden an Ort und Stelle auf Planen
mit dem Flegel ausgedroschen, wodurch jegliche Vermischung ver-
mieden und das Einfahren und Abladen an der elektrischen Dresch-
maschine, sowie deren Reinemachen gespart wird. Nur größere Par-
zellen und Vermehrungen werden elektrisch im Hof gedroschen.
Die p f 1 a n z e n z ü c h t e r i s c h e Buchführung und Be-
wertung der Zuchtpflanzen. Unter dieser Überschrift wurde
vom Verfasser in Band VI, Heft 3 und 4 dieser Zeitschrift von Ecken-
dorf aus die Mahndorfer beziehungsweise Eckendorfer Buchführung
veröifentlicht. In folgenden Ausführungen soll daher jede Wieder-
holimg vermieden werden und nur die Entwicklung der Mahndorfer
Züchtung sowie Ergänzendes Aufnahme finden.
Es wird erstrebt, die Buchführung aus möglichst wenig Akten-
stücken anzulegen. Sie besteht gegenwärtig aus :
1. je einem Aktenstück für jede Pflanzenart und Jahr, Zucht-
register genannt,
2. das Stammbaumalbum,
3. Tagebuch, inklusive Keimergebnissen,
4. Wetteraufzeichnungen,
5. Korrespondenz-Sammelmappe,
G. Mahndorfer Züchtung im Vergleich mit fremden Sorten (sämt-
liche Sortenversuche),
7. das Usancenbuch.
Das Zuchtregister enthält drei anfangs getrennte Hefte in
Aktenformat, die nach Erledigung der Auslesearbeiten gemeinsam für
das betreffende Jahr eingeheftet werden.
Heft I enthält auf der ersten Seite den Plan des Zucht^artens
(Fig. 4) mit Datum der Saat und des Aufganges, die Drillstärke, die
Gesamtfläche. Von der zweiten Seite ab folgen in diesem Heft die
Beobachtungen während der Vegetation und die Ernteergebnisse an
den Individualauslesen (Schema Nr. 17 und 27) und Stämmen (Nach-
kommenschaften) (Schema Nr. 29 und 30). Es stellt die Reinschrift
der im Taschenbuch gesammelten Notizen dar.
Heft II besteht aus der ZusamitiensteUuno- der Nachkommen-
Schaftseigenschaften (Schema 18 und 28), also den wichtigsten Beob-
achtungen während der Vegetation, Ertragsermittlungen, sowie dem
Durchschnitt aus den Selektionsaufzeichnungen der einzelnen Pflanzen.
Heft III ist das umfangreichste, es enthält die Ausleseaufzeichnungen
beim Verarbeiten der einzelnen Auslesepflanzen (SchemaNr. 1(3, 22, 26, 31).
Das Zuchtregister ließe sich auch aus einem dicken Heft anlegen,
302
Hansen:
dann müßte jedoch beim auszugsweisen Abschreiben der einzelnen
Tabellen zuviel geblättert werden, was die fehlerfreie Abschrift er-
schweren würde. — Seit 190G sind bei allen Mahndorfer Hochzuchten
genaue Zuchtregister im heutigen Sinne vorhanden, während die
älteren Aufzeichnungen hauptsächlich Ertragsermittlungen enthalten.
Auslese 1906. Winter- Weizen.
E
Bezeichnung
und Nummer
der Pflanze
tiC
B
3
en-
ohne
el
Anzahl
A rchi
tektur der Halme
Differenz
in der
03
2
N
3
Pflanz
gewicht
Würz
der
a. 1 b.
Hahne Ähren
Anzahl
derlnter-
nodien
Länge der einzelnen Inter-
nodien
Länge der
Halme
längste kürzste
<DSS
^ O
03
247
69
gut
23
3 3
1
56 37 21 12 5 = 131
fest
von
2
—
58 35 18 11 5 = 127
131
127
Pfl. 9
Kl. 7
3
—
62 35 18 10 2 = 127
4
Auslese 1907.
26 — 1 — 14,8
Winter-Weizen.
4 4
Auslese 1908, Winter- Weizen.
Ermittlungen an der Pflanze
Ermittlungen am Halme
Ge-
wicht
ohne
Wurzel
g
Ent-
wickel-
te Hal-
me
Etwaige Be-
sonderheiten
(Habitus, Be-
wurzelung,
heiten. Gesamt-
eindruck usw.)
e
*3
s
c
'2
Länge cm
o
.2
3
Gewicht mit
Ähre
2. Halmglied
a) Länge cm Et^a.ge
b) Gewicht ms Besonder-
c) Gewicht auf ^^l*'^''
10 cm berechnet „"f
Halme
mg
Pflanze
Nr.
2
A 3
12,70
3
etwas Nach-
wuchs
a
b
c
!
137,0 ' 7,2
128,01 6,3
128,5' 6,4
6
6
5
4,18
4,32
3,60
a b 0
94 172 183 II
89 197 176 I— II
142 199 140 II
Dur
Summa:
chschnitt :
393,5
131,2
19.9
6,6
17
5,7
12,10
4,03
i
K
27,15
Halm-
Dicke des un-
0910. Winter-Weizen.
klasse
tersten Knotens
4
—
1 84
; 8,0
4
1
5,2
1
2 ' 82
1 7,4
4
1
4,7
I
3
90
7,7
4
1
4,6
I
4
85
7,8
4
1
4,7
I
Summa :
341
30,9
16
4 19,2
Dur
chschnitt :
85
7,7
4,0
1
4,8
—
Nachkommensctiafts-Zusammenstellung 190910. Winter-Weizen.
Pflanze
zur
Ertrags-
bestim-
mung
Ertrag in g
Ertrag pro Pflanze
Nach-
kommen-
schaft
Gesamt
Körner
Stroh
Gesamt
Körner
Stroh
Korn-
anteil
o'o
2. Ca
123
3295
1277
2018
26,0
10,36
15,64
38,7
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer Usancenbuch. 303
Um die Entwicklung der Ausleseaufzeichnnngen, die ein Spiegelbild
der Auslesearbeiten sind, übersichtlich und kurz vorführen zu können,
sind an der Hand des Winterweizens die jährlichen Anslesescheinata
für Getreide (Schema Nr. 1—18) veröffentlicht, wobei die Hafer- (Nr. 19
bis 22) und Erbsen- (Nr. 23—28) Schemata ergänzend hinzukommen.
Schema 1.
Ähren
Ge-
^^"S^ wicht
Ährchenzahl
der Ähre
Von Natur
nicht ent-
wirkeltc Ährchen
Unbefruchtete
Ährchen
S-2
o~
'3
-^
G
ei
B
u
o
M
Gesamtsumme
derKörnerder
Pflanze
SS
> ^' 'S
f » N
O kl
:i
IS
Durchschnittl.
Korngewicht
pro Ähre
Durchschnittl.
Körnerzahl
pro Ähre
Bemerkungen
8,0
8,0
7,0
3,70
3,80
3,00
11
11
11
—
14
—
34,78
169
8,0
4,73
2,66
54
154
9,0
20
9,5
20
7,2
—
17
— 35,8
132
5,3
Schema 2.
120
Schema 3.
Ermittlungen an den Körnern
Besondere
Bemer-
kungen
überd.Ver-
halten im
Zuehtgarten
(Auszug a.
dem Zucht-
garten-
journal)
Zahl
der
Körner
Ge-
wicht
von
1000
Kör-
nern
g
Korn-
anteil
o/o
Ährenzahl
Qualität,
Farbe, Durch-
sichtigkeit u.
ähnliche Be-
sonderheiten
Sonstige
Ge-
wicht
g
Gesamt
(Spindel-
absätze)
verküm-
merte
teilweise
verküm-
merte
d = Ähr-
chen auf
10 cm
Be-
merkungen
1,45 ' 33
1,00 1 22
1,29 1 28
23 ! 6
24 8
22 7
3
3
3
—
■ —
—
3,74
1,25
83
28
45,06
29,4
69
23
21
7
9
3
34,8
1 09
—
Schema 4.
—
—
21
20
1
z
z
—
*""•
18
19
—
' ■"
—
z
10,65
215
49,5
39,2
78
1
2,76
25,2
Schema 5.
Qualitätsermittlung
Bemerkungen bei der
Vorauslese
Sonstige Bemerkungen
Entwicklungsbesonder-
heiten
1000
Körner
g
Ausputz
durch
2,5 mm
O/ü
Aussehen
49,3
4,3
hervorragend
gesund, zl. kurz ausgeglichen
—
304: Hansen:
Nachkommenschaft-Zusammenstellung 1911. Winterweizen.
Zahl
der
Zur Vermehrung
Zur
Aus
lese
Nach-
kom-
geern-
Pflanz- tete
stellen Pflan-
zen
Anzahl
Pflanzen
Korn-
ertrag
g
Zahl der Pflanzen
Eliten
Ausschuss gut
men-
Ins-!
ge- Eliten
samt
Ausschuss
Körner
g
Stroh
g
Körner Stroh
schaft
gut schlecht
g g
Ca 1
120
105
40
570
49
4
7 38
41,2
59,6
62
95
Auslese 1911. Winterweizen.
1z
Länge
der
Pflanze
mit
Ähre
cm
Pflanze
ohne
Wurzel
g
Ährentragende
Halme
40
Zahl der
Halme
in
Klassen
I II|III
Durchschnitt-
licher
Halniwert
Zahl der
Ähren
in
Klassen
I |II|III
Durchschnitt-
„ lieber
Ährenwert
Körner wirklich
vorhanden
Körner-
verlust
Cu
Ge-
. ■ Zahl
wicht
(T
1000
Kör-
ner
Zahl
g
2
103
29,7
6
5
1
1.1
2 3
1
1.5
12,4
299
41,5
2
0,1
Auslese 1912—1916. Winterweizen.
B
es
Oh
Länge
der
Pflanze
mit
Ähre
cm
Ge-
wicht
der
wurzel-
freien
Pflanze
g
Ährenlänge
in
mm
0)
a
'S
a
u
<£
. OS
Besonder-
heit der
Pflanze
und ihrer
Ältren
Zahl der
Halme
in
Klassen
I II 111
Zahl der
Ähren
in
Klassen
I 11 j III
e
u
1
Korn-
Ähren- Verlust
typ a ■= Zahl
i b = Gewicht
5
134
33,20
68 75 68
63 69 60
6
Belaubung
mittel
—
3
3
2,5
—
1
3i 3
2,5
I = 2i a=4
11 = 4 b = 0,19
1
Vorauslese 1912 13. Winterweizen.
Schema 9.
Gruppe
Pflanzen
mit I
Hai- Zahl
men j
Ins-
gesamt
Halme
S —
SS
Bei 12 Durch-
schnittspflanzen
betrug die Halm-
länge
cm
Gewicht
a =: Ausschuß
b = Eliten
c = zusammen
Korn u.
Stroh
Kör-
ner
a) Korn "'o
b) 1000
Korn-
gewicht
Bemer-
kungen
Co. 33
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
125
10
32
46
55
45
26
25
.8
1
125
20
96
184
275
270
182
200
72
10
a)
b)
c)
373
1434
1701
1682
1696
a) 5184 , 1288
b) '130 39
a) = 25,0
b) = 40,74
5079:36 = 141,08
c) 5314 1327
1 Pflanze =
21,72 g Gewicht
5,42 ., Korn
16,30 „ Stroh
Geerntet 245 Pflanzen.
Bestockung si" = -^^öo.
" 24o
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer Usancenbuch. 305
Schema 6.
geerntet
Gewicht
von
lOJO
Körner
g
Aus-
geputzt
durch
3,25 mm-
Sieb
Ausschuss schlecht
Insgesamt
Anteil
o/o
Pro Pflanze
Bemerkungen
Körner
g
Stroh
g
Körner
S
Stroh
g
Körner! Stroh
g g
207
325
310
480
39,2
6,30
9,80
39
3 0
Schema 7.
Berichtigte Werke
für
"o
o
1
Xi
•i-
a -
a
Ii
Kornbesatz der Spindelabsätze
gl
1
Ii
2 Ol
f.
0)
3
>>
a
2
J3
Bemer-
kungen
Pfl.-
ge-
wicht
g
Korn-
ertrag
g
Korn-
zahl
1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30
29,8
12,5
301
42,0
a)
b)
c)
7,8
7,9
7,1
0 3 4 3 3 3 3 3 2 2 2 1
1
1
59
47
53
2,46
2,04
2,41
I
II
I
333433 2 2 2 2 2 0
0 2 3333 3 2 2 2 2 1
03332 2 2 2 2 1 1
033433 3 3 2 2 1
033333 3 2 2 2 1
Schema 8.
vorhandene Körner
Einschließlich Verlust
Kornanteil
o/o
S
Zahl
Gewicht
von lOCO
Körnern
g
Pttanzen-
gewicht
g
Körner
g
Körner-
zahl
IJ u a 1 i t ä t
* 9,77
204
47,9
33,39
9,96
. 208
29,8
b..
Nachkommenschaft-Zusammenstellung 191415. Winterweizen.
Schema 10.
Pflanzenzahl
Gewicht der Pflanzen
Gewicht der Körner
Nach-
kommen-
Nach-
schaft-
^
1
Ausschuß
Ausschuß
Ausschuß
durch-
0)
fcß
Bemer-
a
Sa.
s
Sa.
3
Sa.
schnitt
kungen
»
U '
a
V
V
N
<B 35
t:<
sch-.ift
»
3-
a
S
"^
o
ßj
"S
<S)
O s
Cftn
to
CO
tu
■f.
Ol
1— 1
Co. 34
5
26
7
38
151,0
596,0
137*5
884,5
53,91
216,0
48,40
318,31
28,3
8,38
36,2
30Ö Hansen:
Vorauslese 1917. Winterweizen.
Laufende
Nummer
Nach-
kommen-
schaft-
bezeich-
nung
Pflanzenzahl
ohne 10 Aus-
lesepflanzen
Ges. Gewicht
pro Parzelle
ohne 10 Eliten
Ges. Gewicht
pro Pflanze
Parzelle
Korngewicht in Sa.
der
Parzelle
Parzelle
20
Eliten
Aus-
schuß
Sa.
a
b
a b
a b
10
Co. 3
63
63
1315 i 1490
20.8 23,6
645
935
1580
Auslese 1917 18. Winterweizen.
Ge-
wicht
der
Pflanze
Halm
Ähren
Pflanze
Nr.
Länge
Zahl
Klassen
I j II III
Kno-
ten
Typ
Nuta-
tion
Klassen
I II ^ III
Korn-
gewicht
pro Älire
Spindel-
länge
1
33,2
94
81
7
6
1
—
4
4
3
II
—
3
4
— 6,9
— 6,6
13
— 6,7
1,9
6,7
Nachkommenschaft-Zusammenstellung 1917.
Winterweizen.
Nachkommen-
schaft-
Bezeichnung
c
O
Gesamt-
gewicht
pro Pflanze
in Parzelle
c
3
<
m C
n bei
rnte
er-
ceit
Kornertrag pro
Pflanze
Kornertrag
«73
0/0
Rost
Reife
5 20 DurcU-
wi; wu -^elinitt aller
Ell- Eli-i pflan„.„
ten ten pro Parzelle
p. Parzelle
von 192
Pflanzen
^
a l b
* 1 "io
10
Co. 3
4/1
20.8 23,6
85
1
83
100
V2
3/4
12,6 12,7 10,8
15S0
•
Auslese 1919. Winterweizen.
Gewicht
der
Pflanze
H a
1 m
Ä h
r e n
Pflanze
Länge
Klassen
Nach-
wuchs
Sa.
Typ
an 2
Nr.
I
II
III
Spindel-
länge
1
42
107 i
3
3
2
8
K
8,6
8,0
Nachkommenschaft-Zusammenstellung 1918 19. Winterweizen.
C 60
, bs
r-2
Kornertrag
~
z
chkomme
schaft-
ezeichnua
Korn-
ertrag
1000
Korn-
gewicht
Reife
1 1
er
c
Ol a
U -4^
«T3
pro Pflanze
1.1
gen
'S
c
<s
5
Eliten
15 20
Pfl. Pfl.
o
Ol.
« «
16 17 18 19
16 17 18 19
16 17ll8|19
o
II ,1
a
Uli
ü/lj
ü/u
4
Co311
ik
3 1
2
2
2 4
4
3
2
5
2/3
96
3
86
14,9
13,6 14,0
54
6
40
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer Usancenbuch. 307
Schema 11.
Korn-
Zahl der
Pflanzen
bei der
Ernte
Durch-
schnitt-
liches
Korn-
gewicht
pro Pflanze
Ualm länge
Reife
gewicht
pro
Parzelle
von 192
Pflanzen
Bonitiert
an Nach-
kommen-
schaft
Gemessen
an zwanzig
Pflanzen
3 3
r» 3-
rt- 1
Ähren-
schie-
ben
Gelb-
reife
Durch-
schnitt
Bemer-
kungen
1580
146
10,8
4 100 = 3 3/4
1 1
4
3/4
3/4
Schema 12.
Ä h r c h e n
Korn
Taub
D
Ver-
loren
■
Zahl
1000 !
Kümmerlich
Korn-
anteil
Zur Zucht
Zahl
Ge-
wicht
Korn-
ge-
wicht
Quali-
tät
Zahl
o/o
Nr.
22
22
21
1
1
— , 57
51
1 50
Rest ! 159
— ! — voll
— — 1 glasig
—
—
—
8
22
2
3,3
—
317
13,5
43
—
•3
—
41
Schema 13.
Korn
Ähren
Halm
1
o/o
P
O/lJ
Typ
1
s s
u
Zahl tiiutxM-
Ährchen
an 3 Ähren
Korngow.
pro Ähre
Klassen
a
2S
Klassen
Zur
O <s
I
II
III
I
II III
Zucht
o/o
( i/'i 1
42/50
45
40
II
6,7
22
3,3
3
1,8
46
46
8
3/4
7,0
73
18 9
1
Schema 14.
Ä h r c h e n
Korn
Kornanteil
Uli
besten Ähren
Gewicht
2X50
Körner
1000
Korn-
gewicht
Gewicht
Qualität
Zur Zucht
Zahl
inklus. Taub
taub
D
Nr. 192Ö
25 1
25 2
-
3,0
27 28
55
16,5
voll
39
5
Schema 15.
Ähren
Triebe
Halmlänge
Zur
Weiterzucht
• 2
Spindel-
lunge
Ährchen-
zahl
D
93 h
Klassen
C
o
19
cm
Lager
18 19
Form
I
II III
1920
Nr. Nr.
■0/(J
16
17
18
K
1,91
8,2 25,3
1
3,1
1,4
39
37
24
7,4
3
4
3
1
109
3
2
5 6
308
Hansen
Auslese-Getreide für 1920.
Schema 16.
Halm
Gesamtgewicht
Korn-
anteil
Ähren
Korn
0.11
-.1
Pflanze
Länge
Zahl
der
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Korn
Form
Be-
satz
'ZXtO
o »
o '^
Qua-
lität
Zur Weite
Zucht im
nächsten Ja
Nr.
Nr.
Ent-
wickelt
.i2
Nachkommenschaft-Zusammenstellung
für 1920. (Getreide.)
Par-
zelle
Nach-
kom-
men-
Korner-
trag pro
Pflanze
Kornge-
wicht
pro Ähre
c 'Z
ll
iL
- «
Ol
-3
II
C
o
Überwin-
tert bzw.
Hiilmin-
thosp.
Nr.
schaft
1-5
1—5
1-5
1-5
1-5
1—5
1—5
1—5
1—5
1-5
18 19 -Jo
18119120
18 19 20
18,19120
18 :19'20
18|19|20
18119120
18|19120
18119120
18119120
Hafer-Auslese 1910 und 1911.
Ermittlungen
an dpr P'fla.n?^
Ermittlungen am Hai
m
1 S
11
s
Länge des
Halmes ohne
Rispe
Zahl
der Halme in
Klassen
I II III
Gliederzahl
Durchschni-tt
des untersten
wurzelfreien
Knotens
Länge der
Rispe
Anzahl der
Rispenstufen
Anzahl der
weißrispigen
Ährchen
Pflanze
Nr.
(iewicht
ohne Wurzel
Rispen-
tragende
Halme
s
tp
u
0.
Besonderheiten
1
25,6 3
a)
b)
c)
95
90
80
1 — —
1 — —
1 — 1 —
0 1 5,5
5 , 5,3
5 ! 5,1
23,5
22,5
24,5
6
6
5
8
10
22
1 verloren
25,6 : 3
265
88,3
3
—
15
5,0
15,9
5,3
70,5
23,2
17
5,7
40
13,3
1 X 0,0264 = 0,03
Hafer-Auslese 1912-1918.
Schema 20.
Rispe
Gewicht
o
Rispen
Spindel-
länge
Stufen
12,2 I 28,0
— ' 26,5
8
7
weiße
9
4
Ä h r c h e n
körnig
75
56
um-
schlossen
Sa.
278
187
27,3
7,5 I 13 I
131 - I _
465
Hafer-Auslese für 1920.
Schema 22.
Halm
Gesamtgewicht
Kom-
anteil
0 (J
Korn-
gewicht
pro
Rispe
Weiße
Ähr-
chen
Korn
Pflanze
Länge
Zahl
2x50ui|i =
5 t£ O"
Zur
Nr.
ent- Naeh-
wickelt; wiich?
1
pro i
Korn
Pflanze
Zucht
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer Usancenbucli. 309
Getreidebeobachtungen
und
Ernteergebnis
für
1920.
Schema 17.
ü
Nach-
kom-
men-
schaft
c
Ol
'S
Pflanzenzahl
3! C
=-s
Reife
Halm
-0
c
CS
a
Besonder-
heiten im Ha-
bitus
Ähren
Pflanzenz.b.d.E
rute
CJ
C
S5
s
a
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i § wintert
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3 2
2
c
1^
1
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05
:5
a
CD
3
<
Sa.
a
s
c
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<
n/o
Schema 18.
..^
^1
1-5
18il9|20
Kornertrag
'3
a
O
0 ij
0)
O
C
o
'1 n
Halm
Bestockung
pro Pflanze
|2
3 fci
1-5
o Pflanzen b,
3" der Ernte
< c
o/o
1-5
Beson-
o
pro Pflanze
■ o
•<<
o
u
er
c
cm
iß
3
<
1-5
«
ent-
wickelte
Nach-
wuchs
derheiten
1-5
HI19I20
5 15
20
er
im
Habitus
Schema 19.
Ermittln
n g e n
an den Körner
'
c
— ^ i-
c c
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OS
'S
c
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c
o
M
o'o
Aufbau der Ahrchen und blütchen
§1
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C:<)
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iL«
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0/0 fr. bl.
von 100 Blüt-
chen sind
fruchtbar ;
_ 3
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^ci 2c
1 blutig
2 blutig
3 blutig
4 blutig
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ic 2 c .2 2 j=
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11,47
0,03
181
151
103
—
—
12 -
17 2
17 2
22
16
4
12
5
3
65
53
44
67
53
49
8 3
1 1
102 263
871212
651157
!
82^ —
61 -
54!- -
—
11,50
435
436
26,4
44,9
46
4
42
20
162
169
4
4
254
632
197
68,8
1,71
65,4
Hafer-Auslese 1919.
Schema 21.
L^
Li
■3J
C
1— 1
Triebe
Rispe
Korn
'3
s
es
C
u
0
0/0
c
a
-4-»
3
0/0
-fj
Klasse
S
ja
Sa.
ohne
Nuta-
tion
Lilnge von
2 besten
3
02
Zahl
ohne
taube
Haupt
Neben
Ge-
wicht
Haupt
Neben
1000
Korn-
gewicht
Haupt
Neben
Durch-
schnittl.
1000 Korn-
gewicht
Sa. Korn-
gewicht
p. Pflanze
g§?
c
I II
III
3Z;
1
30
115
2
2
1
4
18,0
18,5
6
6
127
144
6,5
4,7
51
33
41
11,2
37
47
—
Erbsen-Auslese 1905.
Schema 23.
Gesamt-
Korn-
"3
1 3
0 y
ahl
er in
Ise
ICO
Korn-
ns
Länge
IT.
'^ r
iS CO
Korn-
sre-
>-T
C
3
gewicht
gewioht
OJ J
"^ c
5?
ge-
wicht
wicht
1 S
Bemerkungen
J
m j cm
g g.'lOOO
g g/lOOO
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w »^
0/0
o3 «
N C
6
1
42
24 300
13 900
11
40
6
34,750
66,09
36
Ranke kr.lftig und gesund.
310
Hansen:
Erbsen-Auslese 1906 07.
Be-
wurze-
lung
Pttanzen-
gewicht
ohne
Wurzel
Halm-
zahl
Hülsen
Es enthalten Hülsen Körner
tt
blutig
Sa.
E
7
6
5
4
3
2
5
1 2
1
1
gut
25,5
3
8 . —
1
8
—
1
5
2
~"
—
—
Erbsen-Auslese 1908-1918.
s
c
<»
u
Ol
's
s;
Stengel
Hülsen
Zahl
de
r Hülse
n
mit
Nachkommen-
Länge
'S
.2
5
Sitz des un-
tersten Halmes
am Internod.
- u
Zahl
£2
2^
O 0
Samenanlage
schaft-
Bezeichnung
..3
c
-23
II
05
von unter-
sten bis
obersten
einzeln
doppelt
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
5. Me. 8212,1
87,8
1
125
62
63
15
6
1,9
—
12
12
1,9
4,5
—
1
—
4 6 1
—
—
54
Erbsen-Auslese für 1920.
Halmlänge
Gewicht
der
Pflanze
Hülsen
Nachkommen-
schaft
Zahl
Kornanteil
pro Hülse
Anlagen
einzeln
paarig
Sa.
in zwei
besten
Erbsen-Beobachtungen und Ernteergebnis für 1920.
a
Nach-
kommen-
schaft
o
'3
Besonder-
heiten am
Habitus
R e i
f e
Pflanzenzahl bei
Ernte
der
,2 «
blüht
e
Durch-
schnitts-
reife
Eliten
Rest
1
von bis Tage
1 2
halniig
1 2
halmig
Sa.
Erbsen-Nachkommenschaft-Zusammenstellung 1920.
Nach-
kom-
0!
u
'S
5
'i-
u
5 ,
0 Hülse
ner bzw.
nlagen
e
anzen bei
rnte bzw.
gesund
o
o
MH
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o
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u
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s:
PL,
schaft
1—5
1-5
1-5
1-5
1-5
1-5
1-5
1-5
1-5
1—5
1-5
18 19]20
18 19 20
18 19 20
18 19120
18 19 20
18 19J20
18 19 20
18 19 20
18 19|20
18 19J20
18 19 20
Die Mahndorf er Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorf er üsancenbuch. 311
Schema 24.
Halm-
länge ,
Befruch-
tete
Hülsen
Sa.
guter
Körner
Gesamt-
summe
der
Körner
der
Pflanze
Gesamt-
gewicht
der
Körner
der
Pflanze
Korn-
anteil
Gewicht
von
100 Kör-
nern
Durch-
schnittl.
Korn-
gewicht
pro
Hülse
Durch-
schnittl.
Kornzahl
pro
Hülse
Gute
Körner
136
126
138
8
23
39
9.2
35,9
29,5
1,2
4,9
74
Schema 25.
Körner
.4^
Gut3
Siebaus-
'
'O)
Körner
C'/U
putz o/o
des Gew.
^
•<
Zahl
Gewicht
Ä
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Sa.
33
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'3
Sa.
o
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o
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des Ge-
wichts
a
u
o
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3
N
4,5
100
38
—
16
54
17,1
—
5,8
22,9
450
60
75
70
gelb
87
1,2
Schema 26.
K o
r n
103 Korn-
gewicht
Kornanteil
0/0
Korn-
qualität
Zur
Zahl
Gewicht
Zucht
gut über
7 mm
Abfall
Sa.
gut
Abfall
Sa.
Nr.
Schema 27.
SS II
7 mm Lochsiebung
Abfall
g
Abfall
»/o
Sa. Korngewicht
der
Eliten
der
Rest-
pflanzen
Sa.
Durchschnittl.
Korngewicht
pro
Rest-
pflanze
Durch-
schnitt
pro
Pflanze
der
Parzelle
Korn-
farbe
1 = gelb
5 = grün
60
"3
N
o/o
Schema 28.
Korn ertrag
.-^ ®
JSOh
ji o
s
c
o
Korngröße
o o
US-
.2
0)
60
o
60
Reife
Ha
Im
Hü 1
s e n
60
blüht
<£'
fi
60
(S
2
"3
OS
'S
2
1«
ß 00
von
Tage
a
3
60
a
W
312
Han
seil:
Beobachtungs-
und
Ernteergebn
isse
der Getreidestämme 1920.
Schema 2^
.
sc
^•
Halm
Ähre
Reife
b£
z
Ol
c
■*i
c
o
1
o
stamm
53
0^
s
^
^
^1
■^3
■sie
"
CO
o
Brüchig-
keit
Lager
o
1 s
e- —
-.2
'3
'S
a
c
o
W
g
bß
c
I
II
III
IV
Durch-
- 1
1
schnitt
Beobachtungs- und Ernteergebnisse der Erbsenstämme 1920
Schema 30.
ü
Stamm
U
CS
Ph
(D
Besonder-
heiten am
Habitus
K e i t e
Korn-
ertrag
100
Korn-
gewicht
55
blüht
■2.
£
1 <t-3
Korn-
CS
von
bis
Tage
quali-
tät
I
II
III
IV
Durcli-
schnitt
Mohn-Auslese 1919.
Schema 31.
Pflanze
Halnilänge
Kapsel
K 0
r n
Kornanteil
o/o
Kornfarbe
Nr.
Zahl
Gewicht
Gewickt
pro
Pflanze
Gewicht
pro
Kapsel
Das Mahiidorfer Auslesescliema behält keine starre , jahrelang
unveränderliche Form, sondern schreitet mit der Entwicklung- der
pflanzenzüchterischen Erfahrungen und den Bedürfnissen der Zucht-
auslese fort, "wodurch es gerade so interessant wird, die alten Register
mit den heutigen zu vergleichen. Vor allem fällt uns die äußerst
penible Arbeit der Vorjahre auf.
Während heute alles Wissenswerte über eine Zuchtpflanze und das
betreffende .Jahr in einem Zuchtregister vereint steht, gehörte früher
hierzu ein Vegetationsbeobachtungsbuch, ein Aktenstück mit Skizzen,
ein Heft mit Selektionsaufzeichnungen und ein sogenanntes Anbau-
versuchsbuch für die Ernteergebnisse der gedrillten Nachkommen-
schaften.
Das Zuchtregister, wie es für 1920 entworfen ist, stellt das ße-
sume unserer pflanzenzüchterischen Erfahrungen dar. Es ist ange-
paßt an die äußerst schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse und die
Leuteknappheit, wobei der Zuchtleiter alle Ernte- und Auslesearbeiten
persönlich ausführt, beziehungsweise die Hilfskräfte ständig im Auge
Die Mahndorf er Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorf er Usancenbuch. 313
"behalten kann. Trotz der Vereinfachung der Ansleseschemas geschieht
die Auslese in AVirklichkeit mit derselben Sorgfalt und Genauigkeit
wie früher. Es wird im Laboratorium viel zeitraubende Arbeit da-
durch gespart, daß die Auslesemomente, die früher im Buch notiert
wurden, jetzt nach Augenmaß bei der AVahl der Auslesepflanzen
berücksichtigt werden. So sind alle sekundären Ermittlungen fort-
gefallen, wobei die Hauptauslesemomente mehr zur Geltung kommen.
Ein weiterer Vorteil der vorgesehenen vereinfachten Ausleseaufzeich-
nungen besteht darin, daß in derselben Zeit bedeutend mehr Eliten
verarbeitet und, mehr Nachkommenschaften geprüft werden köimen,
wodurch die Wahrscheinlichkeit, hervorragende Plus Varianten zu
finden, erhöht wird.
Da die Schemata recht deutlich über die derzeitige Auslese-
arbeit Aufschluß geben, soll nur auf deren Besonderheiten Iiinge-
wiesen werden.
So wurde 1906 die Bewurzelung bewertet, eine an sich äußerst
wichtige Ermitthmg, wenn sie nur praktisch auch durchführbar wäre.
Die Lagerfestigkeit am anatomischen Bau des toten Halmes fest-
zustellen, ist eine jetzt wohl überlebte Anschauung, die allerdings
noch vereinzelte Anhänger hat und merkwürdigerweise an einigen
landwirtschaftlichen Hochschulen bis heute noch ausgeführt wird.
Daher wird 1906 die Länge der einzelnen Halminternodien und 1909
und 1910 die Halmdicke des untersten Halmknotens gemessen. Da
ein knotenarmer Halm lagerfester sein soll wie ein knotenreicher,
hat das Zählen der Halminternodien mehr Berechtioaino". Die 1917
am Haupthalm jeder Elitepflanze- ermittelte Knotenzahl ergab jedoch,
daß ■ die Zahl der Knoten bei allen Eliten annähernd dieselbe ist,
beziehungsweise an der Entwicklung des untersten Interuodiums ein
Knoten mehr oder weniger gezählt wird, wodurch diese Ermittlung-
überflüssig wird. 1908 wurde das zweite Halmglied gemessen, gewogen
und daraus dessen Gewicht auf 10 cm Läüge berechnet.
Die Halmlänge wird heute an deren Gesamtlänge bis zur Ähren-
spitze festgestellt. Sie wurde auch in einzelnen Jahren bis unterhalb
der Ähre gemessen, auch gleichzeitig an allen Halmen deren Länge
einzeln ermittelt und der Durchschnitt berechnet oder bloß der längste
und kürzeste Halm gemessen und daraus als Läno-enauso-eCTlichenheit
deren Differenz notiert.
Um die Halmentwicklung festzulegen, tauchen 1908 zuerst die
sogenannten Halmklassen auf, wobei in Klasse I die stärksten Halme,
in Klasse HI die schwächsten eingereiht werden. 1911 wird diese
Ermittlung auch auf die Ähren erweitert. Da der stärkste Halm
naturgemäß auch die bestentwickeltste Ähre tragen muß, werden die
Klassen 1918 und 1919 auf Zahl der Triebe je Pflanze reduziert.
Doch 1920 soU es noch weiter vereinfacht und nur das durch-
Zeitschrift für Pflanzenzüchtnng. Bd. VII. 20
314 Hansen:
schnittliche Korngewicht je Ähre berechnet werden, wobei Pflanzen
mit stärksten Hahnen beziehnngsweise Trieben das höchste durcli-
schnittliche Korngewicht pro Ähre haben müssen.
Das „durchschnittliche Korngewiclit pro Ähre" erspart zugleich
das Messen der Länge und Zählen der Ährchen der Ähren, denn die
bestentwickelten Ähren mit höherer Ährchenzahl haben stets ein höheres
Korngewicht. Um aber die Lockerheit der Ähre zu erfassen, reicht
die D - Berechnung , also Berechnung der Ährchenzahl auf 1 cm
Spindellänge , nicht aus. Zahlenmäßig werden stets die gut ent-
wickelten Ähren lockerer wie die kleinen Ähren erscheinen. Daher
wird schon von 1912 ab durch die römische Zahl I — III die Ähren-
dichte ausgedrückt, wobei I zu dichte, III zu lockere, während II
die erwünschte Form darstellt. Heute wird die Form durch charak-
teristische Buchstaben wie K (kolbig), D (dicht), P (parallel), L (locker)
ausgedrückt bzw. durch deren Zusammenstellen wie LK oder PD die
Form konstruiert.
Bis 191 G wird an allen Ähren der Auslesepflanzen deren Länge
ermittelt und die Ährchenzahl gezählt, 1917 und 1918 wird diese
Ermittlung auf drei Ähren und 1919 auf zwei Ähren beschränkt.
Außerdem wird von 1908 — 1917 die Zahl Körner jeder Ähre fest-
gestellt und dabei das verlorene Korn zuaddiert.
1911 wird von Professor Remy im Bonner Sortenversuch die
Kleinkörnigkeit des Mahndorfer Winterweizens infolge seiner hohen
Fertilität der Ährchen festgestellt. Es wird daher in dem Jahre nicht
die Korngröße, sondern ein recht guter Kornbesatz der Ährchen ge-
wünscht und daher an den Ährchen von drei besten Ähren deren
Kornzahl untersucht (Schema Nr. 7). Doch bald begann man wieder
auf möglichst großes Korn, welches mit hohem Kornertrag zudem in
Beziehung steht, auszulesen.
1919 kommt die neue Korngrößenermittlung hinzu. Das Tausend-
korngewicht wird nicht mehr an allen Körnern der Pflanze festgestellt,
sondern nur an zweimal 50 guten Körnern, wodurch über die korn-
zählenden Mädchen durch die Abweichung innerhalb der beiden Er-
mittlungen eine gute Kontrolle ausgeübt und , da nicht alle Körner
der Pflanze gezählt zu werden brauchen, viel Zeit gespart wird. Bei
Hafer wird die Korngrößenermittlung einheitlich nur an den Haupt-
körnern vorgenommen (vgl. Bd. VII, H. 3 dieser Zeitschrift: W.Hansen:
Die Ermittlung des Einzelkorngewichtes einer Zuchtpflanze).
Bei der Ernte werden bis 1917 alle Pflanzen, die von. vier Nachbar-
pflanzen in der ursprünglichen Pflanzenentfernung umgeben sind, als
„guter Ausschuß" für sich geerntet und daraus die Eliten gewählt,
während die Randpflanzen und die Pflanzen, die weniger wie vier
Nachbarpflanzen im obigen Sinne hatten, als „schlechter Ausschuß"
Die Mahndorf er Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer Usancen buch. 315
ohne weitere Ermittlung ausgedroschen, mit dem Korne des „guten
Ausschusses" vereint wurden.
Die Bestückung wurde 1912 und 1013 durch Gruppieren aller
Pflanzen des „guten Ausschusses" nach der Halmzahl berechnet, die
Halmlänge dagegen an 3 X 12 = 3G Pflanzen ermittelt.
Von 1917 ab wird der Ertrag der Nachkommenschaften nicht
mehr an allen Pflanzen des „guten Ausschusses" ermittelt, sondern
es geschieht an 20 besten Pflanzen , die dem lückenlosen Bestände
aus den beiden Parallelparzellen entnommen sind. 1920 sollen von der
Serie von weniger wertvollen Nachkommenschaften, die ohne Parallel-
parzellen angelegt sind, je zehn Pflanzen und von den einreihigen
Parzellen je drei Pflanzen als Eliten geerntet werden. Als Eliten
Averden in den beiden ersten Serien je fünf Pflanzen, in den einreihigen
Parzellen die drei geernteten Pflanzen verarbeitet.
Durch die Nachkommenschaftszusammenstellung (Schema Nr. 18
und 28) wird erst der Vergleich der Nachkommenschaften unterein-
ander ermöglicht. Bis 1915 enthält diese Übersicht eigentlich nur
die Ertragsermittlung sowie die Kornqualität, 1916 wird die Tabelle
erweitert und 1918 die Eigenschaften vorheriger Jahre mit auf-
genommen, um die Erblichkeit derselben zu erfassen. Um dabei
gleiche Bewertungen in den verschiedenen Jahren zu haben, werden
alle Werte durch die Noten 1 — 5 ausgedrückt, wobei 1 sehr gut be-
deutet. Es ist die einfachste und übersichtlichste Ausdrucks weise,
die auch wenig Eechenarbeit macht.
Obwohl der Kornanteil an einer unfrisierten Pflanze festgestellt
werden müßte, ist die Beeinflussung durch den Nachwuchs mitunter
so erheblich und ungleich, daß der Kornanteil verschieden stark
herabgedrückt wird. Daher soll von 1920 ab bloß die Zahl der Nach-
wüchse notiert und das Gesamtgewicht der Elitepflanzen ohne Nach-
wuchs festgestellt, wodurch ein viel einwandfreieres Verhältnis von
Korn zu Stroh, wie es der anatomische Bau der Pflanze ergibt, er-
faßt werden kann. Da die Nachwuchsähren verworfen werden, kommt
als ein weiterer Vorteil hinzu , daß das Korn von Nachwuchsähren
nicht mit ausgepflanzt wird.
Die Eigenart des Haferausleseschemas war das äußerst zeit-
raubende Zählen der Körner einzelner Ährchen, um die Fertilität
derselben zu steigern. Doch das zweikörnige Ährchen hat durch
bessere Kornausbildung sich derart überlegen gezeigt, daß 1918 eine
Änderung in dieser Zuchtrichtung vorgenommen wurde , wobei die
Fertilitätsermittlung an Bedeutung verlor. Auch die Erfahrung, daß
mit der penibelsten Auslese bei Hafer kaum eine Besserung zu er-
zielen ist, veranlaßt das Ausleseschema zu vereinfachen und dafür
die Zahl der zu untersuchenden Pflanzen bedeutend zu vergrößern.
Auch die 1919 ausgeführte Analyse, die Gesamtkörner einer Hafer-
20*
g]^(3 Hansen:
pflanze in Haupt- und Nebenkörner zu zerlegen und die tauben zu
entfernen, hat sich so zeitraubend erwiesen, daß künftig die Korn-
größe nur an zweimal 50 Hauptkörnern vorgenommen wird. Mit der
Größe des Hauptkornes steht in deutlicher Korrelation die Größe
aller Kömer der Pflanze ; gleichzeitig bietet das größere Gewicht der
Hauptkörner eine Garantie für bessere Ausbildung der Ährchen bzw.
geringere Anzahl vielblütiger Ahrchen. Auch wird hierdurch das
zeitraubende Ablesen tauber Kornhülsen gespart.
Während die Getreideausleseschemata je nach Bedarf in den ein-
zelnen Jahren gewisse Änderungen erfahren, findet das Erbsenschema
von 1908 ab kaum eine Abweichung. Die früher erstrebte Mehr-
stengeligkeit der Eliten wird, trotzdem sie ein Zeichen von Wüchsig-
keit ist, nicht mehr gerne gesehen, da mit der Mehrstengeligkeit
eine ungleiche Reife und- Qualitätsverschlechterung des Kornes ver-
bimden ist. Die Gliederzahl des Halmes , die mit der Halmlänge in
Korrelation steht, und die Ansatzstelle der untersten Hülse, die auf
Grund unseres statistischen Materials nicht immer mit der Frühreife
zusammentrifft, werden nicht mehr festgestellt. Ebensowenig wird die
Hülsenzahl auf je 10 cm Halmlänge berechnet, da am kurzen Halm oder
hoher Ansatzstelle der untersten Hülse stets die Hülsen dichter sitzen-
müssen; es wird daher bloß die Halmlänge gemessen. Die Auslese
auf Paarigkeit der Hülsen beginnt 1906. Damit die einseitige AiTslese
auf Korngröße nicht zu einem schlechten Besatz der Hülsen führt,'
wird auf die Kornzahl der Hülsen geachtet, während das Komgewicht
der Hülsen nebensächlich erscheint. Anfangs wurden alle Hülsen
auf deren Kornzahl untersucht; diese Ermittlung wird 1908 insofern
geändert, daß nicht mehr die entwickelten Kömer, sondern deren
Anlagen in jeder Hülse gezählt werden. Von 1919 wird die Samen-
anlage an vier besten Hülsen festgestellt. Beim Zählen der Körner
einer Pflanze werden dieselben auf ein 7 mm-Lochsieb gelegt und die
vollentwickelten und nicht angefressenen gesunden Körner für sich
als gute Körner, die aber durch das Sieb durchfallenden und die
angefressenen als Abfallkörner gezählt ; das Gewicht der guten Körner
sowie der Abfallkörner wird einzeln für sich festgestellt. Die Korn-
größenermittlung geschieht an den guten Körnern über 7 mm Durch-
messer. Sehr wichtig ist in der Erbsennachkommenschaft-Zusammen-
Stellung die Rubrik ^Prozent Pflanzen bei der Ernte", da es den
Gesundheitsgrad der Nachkommenschaft darstellt. Es werden daher
bei der Ernte die kranken Pflanzen nicht extra notiert, sondern völlig
unbeachtet fortgeworfen.
Um ein einwandfreies und dabei möglichst einfaches Ernteverfahren
für die gedrillten Nachkommenschaften herauszuarbeiten, wurde 1917
mit verschiedenen Methoden gearbeitet. Die sogenannte Wagner sehe
Methode erwies sich durch das Wiegen der Gesamtmasse der Parzellen
Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung bzw. das Mahndorfer Usancenbuch. 317
/i'/y
sowie der beiden zehn Kilogramm-Proben zu umständlich. Genauere
Ergebnisse brachten die drei zehn Quadratmeter- Ausschnitte von besten
Stellen innerhalb der 2 m breiten gedrillten Parzellen. Es gab all-
mählich die Veranlassung, die Nachkommenschaftsprüfung und Ver-
mehrung zu trennen und die Nachkommenschaften an vier 9 qm großen
handgelegten Parzellen zu prüfen. Das verlesene Korn, welches zucht-
gartenmäßig einzeln gelegt ist, bürgt dabei lür den gleichmäßigsten
Stand, durch die gleiche Saatstärke und gleichmäßige Entwicklung aller
Pflanzen. Es wird dabei außer der üblichen Vegetationsbeobachtungen
nur deren Kornertrag festgestellt,
während derKornanteil dergeernteten
Eliten der betreffenden Nachkommen-
schaft als Stammesmerkmal gilt. .
Der Stammbaum. Auf der
linken Seite des 50 X 35 cm großen
Albums wird in kleinen Kreisen die
Abstammung der einzelnen Elite-
pflanzen durch rote Linien vonein-
ander abgeleitet, während auf der
rechten Seite die gedrillten Nach-
kommenschaften durch blaue Striche
miteinander verbunden sind (Fig. 5).
Bei Vermehrungen wird auch der
betreff'ende Feldplan , auf dem sie
gedrillt sind, notiert. Um das Auf-
finden der Abstammung zu erleichtem,
sind die Kreise der Nachkommen-
schaft außerdem koloriert. Irgend
welche Eigentümlichkeiten oder eine
Bewertung der Nachkommenschaften
wird im Stammbaum nicht vermerkt.
Die Pflanze, die 1918 die Bezeichnung D G1425 trägt, wird im
Stammbaum (Fig. 5) von oben herab so gelesen, daß jede Ziffer die
Elitenummer des betreffenden Jahres darstellt. Da kaum mehr wie
neun Auslesepflanzen von einer Nachkommenschaft verarbeitet werden,'
ist es fast immer eine einstellige Ziffer. So wurde 1918 von Parzelle
D (3142 die Elite 5 zur "VVeiterzucht genommen, 1917 von Parzelle
D 614 die Elite 2 usw. Hat man zwei Nachkommenschaftbezeich-
nungen nebeneinander stehen, z. B. D 61425 und D 62 311, so sehen
wir, daß beide Pflanzen dem Stamme D angehören und beide von der
Pflanze 6 abstammen. Diese sofort erkennbare Zugehörigkeit einzelner
Nachkommenschaft zueinander ist der Vorteil dieses Stammbaumes.
Leider ist damit das jährliche Anwachsen der Bezeichnung um eine
Ziffer verbunden, wodurch etwa alle sechs Jahre eine Umbenennung
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Fig. 5.
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31g Hansen: Die Mahndorfer Pflanzenzüchtung usw.
erforderlich wird. Da diese Kennzeichnung infolge der großen Nummer
für den praktischen Gebrauch sich wenig bewährt hat, wird auf Eti-
kettes und Tüten die laufende Nummer der Nachkommenschaften
und Auslesepflanzen vermerkt-, z. B. EUte 3 von Parzelle 34 würde
34,3 heißen, (Näheres Zeitschr. f, Pflanzenzüchtung Bd. VI, Heft 3/4,
S. 121.)
Das Usancenbuch. Den Inhalt des Usancenbuches erübrigt
sich wiederzugeben, da die Beschreibung der Mahndorfer Züchtung,
wie sie hier veröffentlicht ist, ein Usancenbuch mit Fortfall von Neben-
sächlichem darstellt.
Das Usancenbuch wurde vom Verfasser Dezember 1917 bei seinem
Fortgange von Mahndorf als Nachschlagebuch für seine Nachfolger
aufgestellt, nun soll eä ergänzt und erweitert dem Jubilar zum An-
denken an die Gründung und Förderung der Mahndorfer Pflanzen-
zucht gewidmet sein.
Mahndorf, im März 1920.
III.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der
Pflanzenzüchtung.
1. Referate über Arbeiten
in Zeitschriften, sowie über Dissertationen, dann Jahresberichte und Bulletins
von Versuchsstationen.
Einsendung von Abdrücken aller einschlägigen
Arbeiten erbeten.
Einige Herren haben sich in liebenswürdiger AVeise bereit erklärt,
für einzelne Länder oder bestimmte sachliche Gebiete die Sorge für
Erstattung von Referaten ganz zu übernehmen. 1920 sind derartige
Vereinbarungen getroffen worden mit:
Prof Dr. H. N i 1 s s o n - E h 1 e - Lund: Pflanzenzüchtung,
Schweden. — Prof Dr. Gran, Universität Kristiania: Pflanzen-
züchtung, Norwegen. -KonsulentE.Lindhard-Tystoftepr.Tjaereby:
Pflanzenzüchtung, Dänemark. — Dr. H. Plahn-Appiani-Aschers-
leben, Mehringerstraße 6: Zucke rrübenzüchtung in Deutschland
und Österreich. — König], landw. Botaniker A. Howard- Pusa (Bihar),
Indien: Pflanzenzüchtung, Indien. — Direktor A. v. Stebutt
der Versuchsstation Saratow, Rußland: Pflanzen Züchtung, Ruß-
land ^). — Direktor Dr. L. Koch -Buitenzorg (Java): Pflanzenzüchtung,
Java. — Prof. Dr. Th. R ömer- Halle a. S. : Pflanzenzüchtung,
Großbritannien. — Direktor E. G r a b n e r - Magyarovär : Pflanzen-
zucht u n g , Ungarn. — Prof. Dr. J e 1 i n e k - Prag : Pflanzen-
züchtung, Tscheche-Slowakei, tschechisch. — Prof. Dr. V. Mandekic-
Agram (Zagreb), Preradovic 20: Pflanzenzüchtung, in südlawischer
Sprache.
Für die hier nicht genannten Gebiete sind zunächst Autoreferate
sehr erwünscht, wenn solche innerhalb acht Tagen nach dem
Erscheinen der Arbeit abgesendet werden.
Die Referate sind entweder als Autoreferate gekennzeichnet oder
von dem betreffenden Referenten gezeichnet ; von dem Redakteur
erstattete bleiben uno-ezeichnet.
o
Nacli freundlicher Mitteilung können Referate jetzt nicht gesandt werden.
320 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Ackermann, A. Speltlike biid sports in coramon-wlieat').
(Hereditas I, S. 116 — 127, 0 Abb.) Tedin hatte schon Spelzmntationen
in Weizen, Triticum vulgare, gefunden, deren hervorragende Kenn-
zeichen kurze äußere Biütenspelze und stärkere Kielung derselben,
längeres Stroh, längere und lockerere Ähre sind. Ackermann fand
in F2 der Weizenbastardierungen Iron X Thule eine derartige Weizen-
ähre , welche auf einer Seite der Spindel normale Weizenblütchen
trug, auf der anderen Blütchen, welche der spelzartigen Mutation
gleichen. Alle Früchtchen, solche bei normalen Spelzen wie solche
bei spelzartiger Mutation, gaben normale Weizenpflanzen. Verfasser
hält die aufgefundene Bildung aber doch für eine Chimäre, bei welcher
die spelzartige Mutation nur die Epidermis bildet, daher an der
(leschlechtszellenbildung nicht beteiligt ist und so nur normale Weizen-
ähren entstehen. Es wurden noch andere Chimären zwischen vulgare
Ausbildung und spelzartiger Mutation beschrieben.
Allard, H. Das Verhalten der Eigenschaft aurea bei
der Bastardierung verschiedenerVarietäten vonNicotia
na rustica. (The American Naturalist LIII, 1919, S. 234—238.)
Eine aus Rußland stammende Form des Tabaks „aurea", welche durch
Weißfärbung der Achsen und der Blattnerven und gelbliche Färbung
der Blattfläche gekennzeichnet ist, gab, mit normalen grünen Pflanzen
bastardiert, in Fj grüne Pflanzen, in Fg 3 grün auf 1 aurea. E,ück-
bastardierungen mit den Elternformen brachten ein Ergebnis, das der
Annahme einer Veranlagung der Aurea-Form : Fehlen der Anlage für
Grün und der normal grünen Form : Vorhandensein dieser Anlage ent-
spricht. Die W^eißfärbigkeit ist bei der Aurea-Form nicht oberflächlich,
sondern die Gewebe der Achsen sind bis ins innerste weiß gefärbt.
Anthony St. and Harlan T. Germination of barley pollen^).
{ Journ. of Agric. ßesearch 1920, S. 527 — 536, 1 Tafel.) Gerstenpollen
erwies sich als sehr empfindlich gegenüber Feuchtigkeit, vertrug weder
stärkere Austrocknung noch rasche Wasserzufuhr, erwies sich auch
gegen niedere Wärmegrade empfindlich. Die Narben blieben lange,
vom Tag der Kastration bis zum sechsten Tag danach, empfangsfähig.
Der Blütenstaub erwies sich am wirksamsten zur Zeit des Aufplatzens
der Beutel. Schon 2—3 Stunden später war die Wirksamkeit eine
geringere , es gelangen aber noch einige Befruchtungen selbst mit
24 und einmal mit 48 Stunden altem Pollen, aber der Verfasser glaubt,
daß in feuchterem Klima als jenem Idahos Pollen kaum über Nacht
wirksam bleibt. Versuche, Pollen unter verschiedenen Verhältnissen
imLabaratorium länger lebensfähig zu erhalten, gaben kein befriedigendes
Ergebnis.
■■ö^
^) Spelzartige Knospenvariationen bei gemeinem Weizen.
^) Keimung von Gerstenpollen.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 321
Bach, S. Zweierlei Weißlinge von Mais. (Z. f. Pflanzen-
zucht. Hefts, 1020, S. 238— 241.)
Becker, J. Beiträge zur Züchtung der Kohlgewächse.'
(Z. f. Pflanzenzucht. Heft 2, 1910, S. Ol— 101.)
Blakeslee F. and Aver.y, I. M u t a t i o n s in t h e J i m s o n
weed^). (The journ. of heredity X 1910, S. 111-120, 11 Abb.) Bei
Stechapfel, Datura stramonium, sind vom Verfasser mehrere spontane
Variationen bei Blättern und Früchten festgestellt worden, welche
von den abweichenden Pflanzen nur teilweise vererbt wurden, haupt-
sächlich von den weiblichen Geschlechtsprodukten aus. In einem
Falle wiu-de aber auch eine spontan entstandene Form beobachtet,
welche selbstfruchtbar war, auch mit anderen Individuen derselben
Form , nicht aber mit ihrer Ausgangsform , fruchtbar war und eine-
neue Art begründete.
Bi'oili. Solanum edinense Berthault, ein für die Land-'
Wirtschaft wertvo Her Kartoffelbastar d, (Deutsche landw.
Presse 1020, S. 359 — 301.) Aus 1914 aufgefundenen Beeren von. Sol.
etuberosum (von Berthault S. edinense genannt) wurden Sämlinge
mit sehr mannigfacher Ausbildung erhalten , so daß die Ansicht
Salamans, daß diese Form ein Bastard ist, sehr wahrscheinlich wird.
An echten S.-edinense-Pflanzen wurden 1916 auch Beeren gefunden
die auch viele Formen gaben, ähnlich wie bei S. etuberosum, einige
darunter, die vS. Maglia sich näherten, so daß Ha eckeis Ansicht^
S. Maglia sei eine der Stammpflanzen unserer Kartoffel, an Wahr-
scheinlichkeit gewinnt. S. edinense erscheint dem Verfasser als einzige
unter jenen Formen, die nicht der Kultur angehören, für die Immunitäts-
züchtung gegen Phytophthora wertvoll zu sein und werden mit der-
selben Versuche ausgeführt.
Cohen Stuart C. P. Die Züchtung der Teepflanze. (Z. f.
Pflanzenzucht, Heft 3, 1920, S. 157—204).
CoUins, G., and Kempton, I. Heritablechar acters of maize.
Lineate leaves^). (The Journal of heredity XI 1920, S. 3—6.)
Bei Mais zeigte sich eine feine Weißstreifung oberer Blätter, die
ungefähr vom zehnten Blatt ab auftrat. Die Streifen sind Vio — Vi mm
breit und von wenigen Millimetern bis vielen Zentimetern lang. Die
Vererbung erfolgte, wie verschiedene künstliche Bestäubungen zeigten,
ungefähr nach drei normalen zu einer weißgestreiften Pflanze.
Collins, G. Chimera in com hybrids. (The journ. ofgenetics-
X 1919, S. 3 — 10, 7 Abb.) Nach der Bastardierung von Extra Earlj^
Adams, einem weißen Zahnmais mit Black Mexican, einem Süßmais
wurde in Fj ein Korn gefunden, das zur Hälfte weiß war, zur anderen
') Mutationen bei Stechapfel.
*) Erbliche Eigenschaften bei Mais. Linierte Blätter.
322 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Hälfte so dunkel purpurn wie die Vaterpflanze. Die Nachkommen-
schaft dieses Kornes gab in vier Kolben 408 purpurne Stärkekörner,
352 weiße Stärkekörner, 172 purpurne Süßmaiskörner und 151 weiße
Süßmaiskörner, also annähernd die erwarteten Spaltungszahlen einer
dihybriden Bastardierung. Unter den 10S8 Fg-Körnern waren 12, die
wieder eine solche Ausbildung wie die erwähnte zeigten. — Correns
hatte ähnliche Fälle damit erklärt, daß der sekundäre Embryosackkern
nicht mit dem Endospermkern sich vereint, sondern jeder sich für
sich entwickelt. In diesem Falle ist diese Erklärung nicht anwendbar,
da dann auch die purpurne Hälfte des Samens Süßmaisausbildung
zeigen müßte, da beide Eigenschaften von demselben (männlichen)
Kern bedingt werden. Mendel sehe Spaltung, wie E a s t und H a y e s
für solche Fälle annehmen, lehnt der Verfasser als ]']rklärung ab, da
er solche nur für die Geschlechtszellenbildung in Anspruch nehmen
will. Er denkt an eine Mutation, die bezüglich der Anlage, welche
die Aleuronfarbe bedingt, in einer vegetativen Zelle zu Beginn des
Wachstums der Zygoten eintrat.
Dorsey. A note on the dropping of flowers in the potato^).
(The Journal of heredity X 1910, S. 226—228, 1 Tafel.) Bei vielen
Sorten wurde ein größerer bis sehr großer Prozentsatz tauber Pollen-
körner in den Beuteln gefunden. Solche Pollenkörner sind weiß,
während normale gelb sind. Die Entwicklung der Samenknospen war
in allen beobachteten Fällen eine normale. Ein Zusammenhang zwischen
Abwerfen der Blüten und Entwicklung der Q und 3 Geschlechts-
erzeugnisse war nicht festzustellen, es muß dasselbe durch andere
physiologische Ursachen bedingt sein.
Emerson, R. Pistillate flowered maize plants^). (The
Journal of heredity XI 1920, S. 65 — 76, 8 Abb.) Von einer Maisschau
zu Lincoln erhielt Verfasser eine Maisrispe, die nur Körner enthielt,
ohne Reste männlicher Blüten. Die Körner gaben, da durch normale
Pflanzen befruchtet, nur normale Pflanzen imd eine derselben selbst-
befruchtet, normale und abweichende Pflanzen, so daß die Abweichung,
welche Ripsensame genannt wird, rezessiv ist. Eine zweite Mißbildung
wurde in der Nachkommenschaft einer 1914 selbstbefruchteten Mais-
pflanze der Sorte Pride of the North gefunden und Rispenähre ge-
nannt. Auch diese Abnormität erwies sich als rezessiv. Die Ver-
anlagung der Rispenform wurde mit ts, jene der Rispenähre mit
te bezeichnet. Rispensame und Rispenähre sind nicht identisch, wie
eine Bastardierung von zwei Pflanzen zeigte, von welchen die eine
für Ripsensame, die andere für Rispenähre heterozy gotisch war. Pflanzen
der Mißbildung Ripsensame sind größer und kräftiger als solche der
Mißbildung Ripsenähre und haben längere Halmglieder und losere Rispe.
^) Bemerkungen zum Abwerfen der Kartoffelblüten.
-) Maispflanzen mit weiblichen Blüten in der Rispe.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 323
Ernst, A. Über Parthenogenesis und Apogamie. (Ver-
liandl. d. schweizerischen naturforschenden Ges. 1919, Sonderabdruck,
20 S.) Derselbe: Über den Ursprung der apogamen Angio-
spermen. (Viertelsjahrsschrift der Naturforschenden Ges. in Zürich
1917, S. 33i3— 348.) Die Ansichten des Verfassers über den in den
Titehi bezeichneten Gegenstand sind von ihm in seinem, an dieser
Stelle (S. 51) angezeigten AVerke ausführlich dargelegt worden. Sie
gehen dahin, die Entstehung der Apogamie — worunter er apogame
Entwicklung von Eizellen bei Verlust der zweigeschlechtlichen Fort-
pflanzung versteht — auf Bastardierung ferner miteinander verwandter
Formen zurückzuführen. Die beiden erwähnten Veröffentlichuno-en
behandeln den gleichen Gegenstand.
Feenstra Sluiter, C. Waarnemingen en Beschouwingen
over Bloei Bevruchting en Zaadvormingbij Cinchona
Ledgeriana Moens^). (Mededeelingen van het Kina-Proefstation
Nr. ü Bandoeng 1919, 35 Seiten, 20 Abb.) Die Untersuchungen wurden
bei zwei Bäumen ausgeführt, mn welche ein Gerüst aufgebaut worden
war. Zur Erzwingung der Selbstbestäubung und bei Bastardierung
zum Ausschluß von Insekten wurden die Blütenstände in Käfio-e ein-
gehüllt, die aus Bambus und Eisendraht gebildet und mit Gaze über-
zogen wurden. In den einzelnen Blütenständen schreitet das Blühen
von unten nach oben zu fort und ist innerhalb 3 — 4 "Wochen abgeschlossen.
Es gibt Bäume mit kurzgriffligen Blüten, bei welchen die Staubfäden
^Is der Länge der Blumenkronenröhren besitzen, und langgriff lige, bei
welchen sie kaum Vs derselben erreichen. Die Basis des Steno-els
ist ringförmig von den Nektardrüsen umgeben. Die meisten Blüten
öffnen sich am Morgen, und beim Öffnen der Blüten sind die Beutel
noch geschlossen oder nur an der Spitze aufgesprungen. Die Ent-
wicklung der 5 und S Geschlechtsteile und der Befruchtungs Vorgang
sind mikroskopisch untersucht worden. Einzelheiten müssen in der
Ai'beit eingesehen werden. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten,
hauptsächlich Hummeln und Fliegen; es scheint dem Verfasser aber,
daß auch Blattläuse wirken, letztere besonders bei Regenwetter. Bei
langgrififligen Blüten erscheint auch Übertragung des Pollens durch
den Wind möglich. Moens und v. Leersum konnten bei kurz-
griffligen Blüten keinen Ansatz bei Einschluß erzielen, dagegen bei
laliggriffligen wohl. Dagegen haben die beiden Bäume des Verfassers
keine Früchte geliefert, weder der langgrifFlige noch der kurzgriff lige,
die miteinander bastardiert aber gute Früchte lieferten. Eant hatte
bei einem Baum ausgesprochene Selbstfertilität beobachtet. Der Pollen
behält in trockener Luft 10 Tage seine Keimfliiiigkeit. Man hat beim
^) Beobachtungen und Betrachtungen über Blühen, Früchte und Samen-
biUung bei Cinchona Ledgeriana. \
324 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüclitung.
Chinabaum, entsprechend den Darwinschen Untersuchungen über
legitime und illegitime Bestäubung heterostyler Pflanzen, auch an-
genommen, daß Bestäubung zwischen verschieden langgriflfligen Pflanzen
wünschenswert ist. Als Beweis wurde die 1905 angelegte Pflanzung
Poentjak Gcdek auf Java angeführt, welche nur Pfropfungen von einem
langgrififlichen Mutterbaum enthielt, und zwar selbstfertil war, aber
nur schwache Pflanzen lieferte. Verfasser kommt nach den bisher
einander widersprechendenErgebnissenbei Selbst- imdFremdbefruchtung
zu dem Schlüsse, daß die Selbststerilität und Selbstfertilität nicht mit
Kurz- und Langgrififligkeit zusammenhängt, sondern individuell ver-
schieden ist. Ist ein guter selbstfruchtbarer Baum gefunden worden,
so besteht keine Nötigung, Fremdbefruchtung zu veranlassen. Sind
zwei gute Bäume da, die miteinander fruchtbar sind, so ist, da die-
selben gewiß heterozygot sind, die Möglichkeit auch vorhanden, daß
ihre Nachkommen minder gut sind. Liefern sie aber gute Nach-
kommen, so kann man sie durch Stecklinge vermehren und miteinander
geschlechtlich zusammentreten lassen.
Freemaii, (x. Linked quantitative characters in wheat-
crosses\). (Americ. Naturalist LI, 1917, S. 683—689.) Ein Hart-,
Weizen, Triticum durum, mit abgeplatteter Ähre (Breite — Dicke Ver-
hältnis zwischen 1 • 20 und 2 • 10) und harten, glasigen Körnern wurde
mit einem gemeinen Weizen mit annähernd vierkantiger Ahre-
(Breite — Dicke Verhältnis 0-60 und 1-20) und weichem mehligem
Korn bastardiert. F, gab Zwischenbildung bei Härte der Körner und
Breite — Dicke Verhältnis der Ähre (1-10 und 1 • 90). In den folgenden
Generationen verhielten sich die beobachteten Eigenschaften* derart,
daß man bei dieser Bastardierung Koppelung zwischen den Anlagen
der quantitativen Eigenschaft, Breite — Dicke Verhältnis der Ähre und
den Anlagen für die quantitative Eigenschaft Kornhärte annehmen muß.
Freemau, G. Producing bread making wheats for warm
climates.^j. (The Journal ofheredity IX, 1918, S. 211—226, 5 Abb.)
Angestrebt wurde die gegenüber Makkaroniweizen gute Eignung der
weichen Weizen für Brotbereitung mit den guten Eigenschaften der
für heiße Klimate besser geeigneten Makkaroniweizen, Triticum durum,
zu vereinen, welch letztere einen zu dunklen, zu schweren Teig geben.
Das Ergebnis der Kornbeschatfenheit nach einer Bastardierung eines
weißen. Makkaroniweizens aus Algier mit einem roten weichkörnigen
Weizen aus Algier und einem ebensolchen örtlich gebauten Weizen
Sonora wird mitgeteilt. Die harten, durchscheinenden Körner der
Makkaroniweizen enthalten viel Glutein. so daß bei Eeifung der Zell-
inhalt einschließlich der Stärkekömer zusammengekittet wird. Die
') Koppelungen qviantitativer Eigenschaften bei Weizenbastardierung.
-) Die Schaffung von Weizen zur Brotbereitung in heißem Klima.
•Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 325
weichen , undnrchsclieinenden Körner der beiden anderen "Weizen
enthalten weniger Ghitein, und bei der Reifung folgt das Schrumpfen
des KorninJialtes nicht dem Wasserverlust, so daß lufterfüllte Räume
"bleiben , welche das Korn weich , undurchsichtig erscheinen Isssen.
Bei den weichkömigen AVeizen waren zwei Arten von AVeichheit vor-
handen, die echte, welche durch äußere Einflüsse nur wenig verändert
wird, und bei welcher die lufterfüllten Räume zahlreich und fein ver-
teilt sind, imd die „Gelbkörnigkeit", bei welcher die mehligen Stellen
als scharf umgrenzte Flecken erscheinen, und welche durch äußere
Einflüsse stark vorändert wird. Die Körner der Fi-Pflanze(F2-Endosperm)
zeioi^en Zwischenbilduns;. Wurden diese Samen in harte und weiche
Zwischenbildung getrennt, so ergab sich, daß Pflanzen, deren Körner
alle hart oder alle weich waren, auch nur harte bzw. weiche Körner
in der Nachkommenschaft gaben, dagegen Pflanzen, welche gemischte
Kömer zeigten, aus harten Samen Pflanzen mit harten oder solche
mit harten und gemischten Samen lieferten, aus weichen Samen Pflanzen
mit weichen und solche mit weichen und gemischten Samen.
Die echte Weichheit ist in, der gemachten Bastardierung von zwei
Anlagen bedingt, welche das Verhältnis von Glutein und Stärke be-
einflussen, die unvollständig dominieren gegenüber ihrem Fehlen und
stärkere Wirkung zeigen, wenn die Anlage mehrmals vorhanden ist.
Damit wird, bei Annahme der doppelten Befruchtung, um welche es
sich ja bei Ausbildung des Endosperms handelt, und dem Vorhandensein
von keiner bis zu jener von sechs Anlagen, eine Abstufung von durch-
scheinender bis zu vollständig undurchscheinender Beschaffenheit der
Körner erzielt.
Haagedoorn, A., und Haagedorn, A.-la Brand. Partheno-
genese by hoogere planten*). (Teysmannia XXVII, 191G, S. G43
bis 636, 1 Tafel.) Es wurden Bastardierungen bei Kürbissen ausgeführt,
und zwar Türkenbund X zweifarbige Birne', Türkenbund X gelber
Buschmelonenkürbis, Türkenbund X Melonenkürbis. Bei den Pflanzen
vofi Fj wurden je die ? Blüten mitfeist eines Bleifadens am Öffnen
gehindert und die S Blüte beseitigt. Eine Pflanze lieferte Früchte
mit keimfähigen Samen, und da diese Pflanzen lieferten, welche einer
gespalteten Nachkommenschaft entsprechen (Fg), so wird angenommen,
daß die Früchte nicht durch Apogamie, sondern durch Parthenogenese
entstanden sind, was den ersten beobachteten Fall solcher für höhere
Pflanzen darstellen würde.
Hansen, W. Die Ermittlung des Einzelkorn gewicht es
einer Pflanze. (Z. f. Pflanzenzucht Heft 3, 1920, S. 225— 227.)
Hayes, H. Natural crossing in wheat^j. (The Journal of
heredity IX, S. 326—330, 2 Tafeln.) ^ Die Angaben über den Eintritt
^) Parthenogenese bei höheren Pflanzen.
^) Natürliche Bastardierungen bei Weizen.
326 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
von Fremdbefruchtung bei Weizen gehen mehrfach auseinander. Nach
Robbins ist Tr. durum geneigter, Fremdbefruchtung eintreten zu
lassen, nach Howard tritt solche allgemein bei AVeizen leichter in
heißen, trockenen Klimaten ein. Von Hayes wurden nun an der
Minnesota- Versuchsstation Versuche mit Weizen ausgeführt, bei welchen
eine eingetretene Bastardierung durch das nach einer solchen ein-
tretende bekannte Verhalten (der Eigenschaften : Grannen und Fehlen
der Grannen, Behaarung der Spelzen und Unbehaartheit derselben)
leicht festzustellen war. Die betreffenden Sorten wurden in wechselnden
ßeihen nebeneinander gebaut. Dabei wurden im Mittel bei Tr. vulgare
1,3 "/o Bastarde festgestellt. Da man annehmen kann, daß die Zahl
der Fremdbefruchtungen innerhalb der Form wohl ebenso hoch ist,
so kann man die Fremdbefruchtungsfolgen bei AVeizen mit 2 — 3*^/0
einschätzen. Zweifellos sind manche behauptete Rückschläge nach
Bastardierungen und manche vermeintliche spontane Variationen auf
solche Fremdbefruchtungsfolgen zurückzuführen.
Honing, I. Een steriele dwergvorm van Deli tabak
onstaan als bastaard^). (Bull. Deli proefst. Sumatra 1917, 24 S.,
2 Tafeln.) In Delitabak werden öfters einzelne Pflanzen beobachtet,
die als Abweichung langstielige Blätter, zickzackförmige Stengel und
kleinere Blätter aufweisen. Eine derartige Pflanze gab eine Nach-
kommenschaft mit 704 normalen Pflanzen, 1446 Pflanzen, welche der
abgewichenen Ausgangspflanze entsprachen, und 786 Zwerge, die nur
30 — 40 cm hoch wurden, langlebig waren, aber nicht blühten. Die
folgende Generation gab von diesen drei Klassen 1155, 2392 und 1108
Individuen.
Heusser, C. Over de voortplantingsorganenvonHevea
Brasiliensis MüU^j. (Archief voor de ßubbercultuur III, Nr. 11,
1919, 60 Seiten, 5 Tafeln.) Untersucht wurde Hevea brasiliensis.
Mannbarkeit tritt unter günstigen Umständen schon bei dreijährigen
Bäumen ein. S und Q. Blüten finden sich an einem Blütenstande und
öflihen sich von 1 Uhr ab. d* Blüten blühen 2, ? 3 — 4 Tage lang.
Die Übertragung des Blütenstaubes , der gegen Benässung sehr
empfindhch ist, erfolgt durch kleine Bienenarten. Selbstbestäubung
hat selten Erfolg. Auch bei Fremdbestäubung ist der Fruchtansatz
gering. Der Embryosack ist achtkernig; die Kerne vegativer Zellen
enthalten 16 Chromosome.
Heusser, C. Over de selektie van Hevea Brasiliensis
MülP). (Archief voor de ßubbercultuur III, Nr. 1, 1919, 5 Abb.,
1 Tafel.) Die Verbesserung der Hevea-Bestände kann erfolgen durch
Züchtung bei den einheimisch gebauten Heveas oder durch Einführung
') Eine als Bastard aufgetretene sterile Zwergform des Deli-Tabaks.
*) Über die Fortpflanzungsformen bei Hevea Brasiliensis.
^) Über die Züclitung bei Hevea Brasiliensis.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 307
neuer Sorten aus Südamerika. Auf ersterem "Wege kann durch ge-
schleclitliche Vereinigung guter Bäume mehrere Generationen nach-
einander vorseo-aDP-en werden oder durch vegetative Vervielfältigung
von guten Bäumen. Die geschlechtliche Vereinigung wird zweckmäßig
so durchgeführt, daß von guten Bäumen Pfropfreiser auf Unterlagen
gebracht werden, die abseits von anderen Heveas erwachsen. Neben
dieser natürlichen Kreuzung kann auch die beschwerliche künstliche
ausgeführt werden. Rascher führt die vegetative Vervielfältigung zu
einem Ex'folg. Die Beurteilung der Bäume erfolgt bei beiden Wegen
in erster Linie durch Ermittlung der Saftmenge, die ein Baum liefert,
dann durch Beurteilung der Gesundheit desselben, beides natürlich
unter möglichst p-leichartigen AVachstumsverhältnissen.
Heribert Nilssoii,N. Zuwachsgeschwindigkeit der Pollen -
schlauche. (Hereditas I, S. 41 — 67.) Bei Oenothera Lamarciana-
Bastardierung rot- mit weißnervig gab RRXrr normale Mendel-
spaltung, rrXRr dagegen mehr rotnervige Pflanzen. Eine Erklärung-
fand das letztere Verhalten nach Untersuchung derßaschheit des Wachs-
tums der Pollenschläuche . das sich bei der erheblichen Länge des
Griffels bei Oenothera P'ut verfolgen läßt. Die ß - Pollenschläuche
wachsen rascher als die r-Pollenschläuche. Es kann demnach auch
verschiedene Geschwindigkeit im Wachsen der Pollenschläuche in
bestimmten Fällen Abweichungen von normalen Spaltungszahlen er-
klären. Die Temperatur beeinflußt die ßaschheit, abgesehen von der
Veranlagung, auch. Im speziellen Fall verlangsamte niedere Temperatur
nicht nur allgemein das Wachstum der Schläuche , sondern bei dem
r-PoUen noch mehr als bei dem R-PoUen , so daß der Unterschied
zwischen beiden noch schärfer hervortrat.
Jeliuek. Nächste Aufgaben der Pflanzenzüchtung und
der Sortenprüfung (Z. f. Pflanzenzucht, Heft 2, 1919, S. 83—91).
Johnson, J. An improved strain of Wisconsin tabacco').
(The Journal of heredity X, 1919, S. 281—288, 3 Tafeln). 1908 wurden
35 Pflanzen von Conecticut Havanna, mit welchem die große Fläche
auf der Versuchsstation bebaut war, zur Selbstbefruchtung gezwungen
und die Nachkommenschaft der einzelnen Pflanzen 1919 vergleichend
gesät. Es zeigte sich, daß in der Population drei Typen vorhanden
waren, von welchen jede je in der betreffenden Nachkommenschaft
rein vertreten war. Man versuchte die wünschenswerten Eigenschaften
von zwei dieser Typen , Nr. 26 und Nr. 27 , durch Bastardierung zu
vereinen. F^ war Zwischenbildung bei den beobachteten Eigenschaften,
in F2 konnte keine Spaltung beobachtet werden, und es konnte auch
in weiteren drei Generationen keine solche bemerkt werden; die Form,
welche wesentliche Vorzüge besitzt, wurde daher der Verbreitung
unter den Landwirten zujreführt.
') Ein verbesserter Formenkreis von AVisconsintabak.
328 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Jones, D. Selection in seif fertilisod lines as the
"basis for com impr ovement '). (Journ. of the Americ. Society of
Agronomy 12, 1920, S. 77 — 100, 5 Abb.) In Individual auslesen fort-
gesetzte Selbstbefrnchtung oder ancli Inzestzucht läßt, wenigstens
bei betrachteten Eigenschaften, zu genetischer Eeinheit gelangen.
Dabei werden durch die Spaltungen sowohl ganz minderwertige, als
liervorragende, als — vorwiegend — mittelgute Zweige der Individual-
auslese abgeschieden. Die Üppigkeit der Zweige sinkt, wie bekannt,
mit Zunahme der Zahl der bei Selbstbefruchtuno' oder Inzestzucht
gewonnen Generationen bis zu einem gewissen Punkte. Die gegen-
seitige Befruchtung zweier solcher Zweige läßt in den entstehenden
Fi-Pflanzen größere Üppigkeit erscheinen, wie dies auch schon aus viel
früheren eigenen Versuchen des Verfassers und aus Versuchen anderer
hervorging. Immerhin kann diese Üppigkeit nicht voll zum Ausdruck
kommen, weil die Pflanzen aus Samen hervorgehen, die sich aus noch
weniger entwickelten Pflanzen gebildet haben. Auch ist die Zahl der
Samen eine verhältnismäßig geringere und ihre Erzeugung daher teuer.
Verfasser schlägt nun vor, mit je vier Zweigen zu arbeiten, je zwei
Zweige aus einer solchen Vierergruppe geschlechtlich zu vereinen
und das Ergebnis dieser Vereinigung, die zwei F^- Generationen,
wieder zusammentreten zu lassen.
Kemptoii, I. Brachytic culms in maize-). (The Journal of
beredity 1920, S. 111—115, 3 Abb.) In Fg eines Maisbastardes
chinesisch X algerischer, die aus selbstbefruchteten Pflanzen erwuchs,
hatte ein Viertel der Pflanzen kurze Halmglieder, ohne daß die übrigen
Teile der Pflanze verkürzt worden wären. Eipe der brachj^tischen
Pflanzen wurde selbstbefruchtet und gab nur kurze Nachkommen und
diese, selbstbefruchtet, wieder nur kurze. Mit normalen Pflanzen
bastardiert gaben sie eine Fj, deren Pflanzen so hoch oder höher
waren als normale Pflanzen, und eine Fg mit drei normalen zu einer
kürzeren Pflanze. Zwei beobachtete andere brachytische Pflanzen
vererbten a1)weichend von der erwähnten.
Koch. TeBepaling van het korrelgewichtalscontrole
op de qualiteit van te leveren exportrijst. (Körte Be-
richten voor Landbouw etc., V, 1915, 17 S.) Hier kommt in Betracht
die Untersuchung . ob eine der möglichen Ursachen des Rückganges
der Qualität, der Rückgang im Korngewicht, also Degeneration vor-
handen ist. Die während der letzten acht Jahre zu Buitenzorg ge-
führten mehr denn 1000 Sorten ließen eine solche nicht erkennen.
Wahrscheinlich ist der Rückgang auf Mischung mit kleinkörnigen
Sorten zurückzuführen.
^) Auslese in der Selbstbefruchtung unterworfenen Zweigen als Grundlage
der Verbesserung des Maises.
2) Verkürzte Halme bei Mais.
Neue Erscheinungen auf dem CTebiete der Pflanzenzüchtung. 329
Koch, L. De beteekenis van de b astaardselectie bij
padi en lioe deze wordt iiitgevoerd. ') (Teysmannia Nr. 9 — 10
pag-e 502 — 519, 1910. Nachdem erwähnt worden ist, daß die gene-
tische Zusammensetzung der Formen des Heises in vielen Punkten
verschieden sein kann und daher die Zahl der Reisformen in einzelnen
Gegenden außerordentlich groß ist, beschreibt Verfasser, wie aus der
Bastardierung zweier Formen von Reis eine große Zahl anderer Formen
entstehen kann. Theoretisch ist deren Zahl um so größer, je größer
die Unterschiede in der Veranlagung der Elternformen sind. Die
Bastardierung kann unter den neuen Formen wertvolle liefern, die
aber nur erhalten werden können , wenn- die Auslese mehrere Jahre
hindurch fortgesetzt wird, und auch dann sind die erhaltenen Formen
noch nicht rein. 1910 waren so die Formen, die aus einer Bastardierung
erhalten wurden, die van der Stock 1918/19 gemacht hatte, noch
nicht rein und gaben — 12 Jahre hindurch nebeneinander gebaut —
immer noch einzelne Bastarde. 1915/16 führte Verfasser Bastar-
tierungen durch , insgesamt 41 Kombinationen. Die Ausführung ge-
schah in der von van der Stock benutzten Weise. Einige Stunden
vor dem Offnen der Blüte (das in der Regel um 9 Uhr vormittags
beginnt) wurde die Spitze der Blütenspelzen weggeschnitten, dann
"wm'den mit einer Präpariernadel die noch niclit geöffneten Beutel heraus-
gezogen, worauf einige Stunden später die Bestäubung vorgenommen
wurde , indem frische Staubblätter der Vaterpfianze zwischen die
Spelzen eingelegt wurden. Solche Staubblätter wurden von ßispen
genommen, welche, mit dem unteren Ende in Wasser, in einem Raum
standen. Eine Aufbewahrung derselben bis 24 Stunden ist möglich.
Die bestäubten Blüten wurden durch Einhüllen des ganzen Blüten-
standes in ein dichtes Drahtnetz geschützt. 83 Samen wurden b«i
den 1P20 ausgeführten Bastar^dierungen erhalten; ihre Zahl wäre
zweifellos größer geworden , wenn das Wetter nicht sehr regnerisch
und in einigen Fällen die Beutel frischer gewesen wären. Eine der
Kombinationen gab von 3'0 Bastardierungen 13 Erfolge (43 "/o), bei
drei anderen Kombinationen wurden mehr als 30 "/o Erfolge erhalten.
Autoreferat. •
Koch, L. Onderzoekingen betreffende de praktijk-
w aar de van de lijnenselectiemethodevoorver schillende
«enjarige landb ouwgewassen^). (Teysmannia 1918, page 1 — 36,
96 — ^127, 150 — 191, 389 — 423). Die Linienauslese wurde -zuerst von
van der Stock im Jahre 1907 bei Reis und. anderen einjährigen
Früchten zu Buitenzorg ausgeführt. Eine größere Zahl solcher Linien •
wurde dann bis 1915 begründet, hauptsächlich bei Reis, Erdnuß, Soja.
^) Die Bedeutung der Bastardierung bei Keis, vmd wie sie ausgeführt wird.
") Untersuchungen über den praktischen Wert der Auslese von reinen Linien,
bei verschiedenen einjährigen Tropenpflanzen.
Zeitschrift für Pflanzenzüclitiing-, Bd. VIT. 21
330 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Während der Jahre, in welchen Züchtung hauptsächlich durchgeführt
worden war, 1911 — 1915, wurden verschiedene Beobachtungen gemacht,
welche die Ansicht entstehen ließen , daß Linienauslese keineswegs
das Mittel ist, um hervorragend fruchtbare Formen zu gewinnen. Bei
den Versuchen, die zumeist mit acht oder mehr Kontrollteilstück-en
ausgeführt worden waren, ergab sich, daß die Population in den meisten
Fällen eine unerwartet höhere Ernte brachte als die meisten der are-
wählten reinen Linien. Dagegen wurden Erfolge bei "Widerstands-
fähigkeit gegen bestimmte Krankheiten oder bei bestimmter Beschaffen-
heit erzielt. Da Züchtung aber zumeist wegen dei- Ertragssteigerung-
durchgeführt Avird , wurde eine Reihe von Versuchen in Angriff ge-
genommen, welche ergeben sollte, ob Linienauslese weiter fortgesetzt
werden soll oder nicht, und warum der bisher beobachtete Erfolg einer
solchen so gering war. In den Jahren 1914 — 1916 wurde Auslese bei
sechs Eeisformen dm'chgeführt. Nur in zwei von sechzehn Versuchen
gab die aufgelesene Reislinie im Vergleich zur Population eine aus-
gesprochen gute Ernte. In der Regel brachte eine Linie, die in einem
Jahr den höchsten Ertrag gab, im nächsten Jahr einen niederen Er-
trag, mehr als einmal einen solchen, der wesentlich niederer war als
jener, den Linien brachten, die im Vorjahr sich als im Ertrag minder-
wertig gezeigt hatten. Nachdem das Klima in Buitenzorg etwas
eigenartig ist und die Ergebnisse von den starken Niederschlägen
oder der feuchten Witterung beeinflußt sein konnten , wurden Ver-
suche zur gleichen Zeit auf den Versuchswirtschaften zu Ngandjock
und Sidoardjo ausgeführt, die im mittleren bzw. östlichen Teil Javas
liegen. In Sidoardjo waren in zwei von drei Fällen die gewählten
Linien im Ertrag nicht höher als die Population, in Ngandjock war
unter sechs Fällen der Ertrag der Linien und der Population gleich.
Es lag die Vermutung nahe, daß die hohe Ernte der Population dadurch
bedingt ist, daß Mischungen im allgemeinen für wechselnde Verhält-
nisse besser geeignet sind als eine reine Form. Um diese Vermutung
auf ihre Richtigkeit prüfen zu können, begann der Verfasser 1915 eine
Versuchsreihe , in welcher reine Linien , die miteinander gemischt'
worden waren, mit denselben — aber ungemischten — Linien ver-
glichen wurden. Gleicherweise wurde mit Varietäten vorgegangen.
Meist waren die Linien- oder Varietätengemische derart zusammen-
gesetzt, daß die Linie A mit 100, 75, 50, 25 ^/o, die Linie B dann mit
100, 25. 50, 75*^/0 vertreten war. Sowohl Ernte- als Bestockungs-
verhältnisse wurden untersucht, und bei der Ernte wurden die Pflanzen
nach Zugehörigkeit zu den betreffenden Linien getrennt und gezählt.
In vier von acht Versuchen waren die reinen Linie-n und Varietäten
im allgemeinen nicht so gut wie die Mischungen. Die Bestockung
war in den meisten Fällen bei den gemischten Linien höher als bei
den einfach gehaltenen Linien, in einem Falle unter den Vieren aber
Neue Erscheinungen auf dem C4ebiete der Pflanzenzüclitung. 331
deutlich niederer als bei den rein gehaltenen Linien oder Varietäten.
In den meisten Fällen Avnrden die Rispen der Form, welche die andere
nnterdrückte , kräftio-er , die Rispen der unterdrückten leichter. Bei
Mais wurde gelber Menado mit Seipan gemischt und rein gesät; die
Mischung gab 12*^/0 höheren Ertrag als die bei Reinbau der höchst-
tragenden Form. AuqIi bei Erdnuß imd Soja ergab sich eine Über-
legenheit der Mischung. 191 6/ 17 brachte ein Versuch mit den gleichen
Formen kein bestimmtes Ergebnis, und von 5 anderen- Versuchen zu
Sidoardjo gab nur eine Form, rein gesät, höheren Ertrag als die
Mischung. Die Schlüsse aus diesen Versuchen gehen dahin, daß : 1. reine
Linien oder Varietäten, rein gebaut, bei Reis und Erdnuß nicht not-
wendigerweise weniger Ertrag alä* in Mischung geben müssen,' und
2. Linienauslese bei Reis ganz unbefriedigende Ergebnisse lieferte.
In 15 anderen Versuchen des Jahres 1916/17 ergab sich eine höhere
Ernte und eine größere Bestockung der Varietäten bei gemischter Saat,
dagegen eine geringere Zahl Rispen tragender Halme und größere
Schwankung des mittleren Rispengewichtes. Weiter zeigte sich, daß
eine Varietät die andere in einer Mischung unterdrücken kann, die
unterdrückende Varietät aber nicht, notwendig die ertragreichere sein
muß, aber gewöhnlich die sich stärker bestockende ist, sowie jene
mit höherem mittleren Rispengewicht. Es dürfte möglich sein, die
für bestimmte Verhältnisse geeignetste Mischung empirisch zu finden.
Bei süßer Kartoffel (spomoea batatas), 14 Versuche, konnten keine
sicheren Schlüsse gezogen werden, und bei Cassave, ein Versuch, gab die
Mischung: höheren Ertrag als die beste reine Varietät. Autoreferat.
Koch, L. Uitkomsten vaneenige sele ctiepr oe ven met
padi^). (Körte Berichten uitgaande van den Landbouwvoorlichtings-
dienst van het Departement van Landbouw, Nijverheid ei^ Handel.
Selectie- en Zaadtuin te Buitenzorg, Nr. 21, S. 1 — IG, Juli 1919.)
1916— 1919 gab die Fortsetzung von Versuchen mit reinen Linien und
Mischungen solcher (siehe voriges Referat) bei sechs von zehn Ver-
suchen höheren Ertrag der reinen Linien, in acht von zehn Versuchen
geringeren, in sieben von zehn Versuchen gleichfalls. Alle Ver-
suche zusammen ergaben, daß eine reine Form in. manchen Fällen
höhere Ernte als die Population geben kann, aber in späteren Jahren fast
iinmer diese Überlegenheit nicht mehr zeigt, so daß unter den so
wechselnden Verhältnissen Javas die Linienauslese für einjährige
Früchte nicht befriedigt. Autoreferat.
Koch, L. De waarde van stekken en van knol- uitloopers
als bibit voor het planten van bataten^). (Körte Berichten
uitgaande van den Landbouwvoorlichtingsdienst van het Departement
') Ergebnisse einiger Ausleseverauche bei Reis.
") Wert von Stecklingen vind von Knospen je bei süßen Kartoffeln für die
Pflanzung.
21 *
332 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
van Landbouw, Nijverlieid en Handel. Selectie- en Zaadtiiin te
Buitenzorg. Nr. 19, S. 1— (3, Juli 1910. Sowohl Stecklinge von er-
wachsenen Pflanzen als Knospen, die beide auf Java zur Erzeugung
neuer Individuen verwendet werden, erwiesen sich bei süßer Kartoffel
als gleich gut, aber die letzteren wurden als praktisch wertvoller be-
funden. 4 Autoreferat.
Koch, L. Uitkomsten van e-en proefmethetgebruik
van ,.gedegenereerde" cassavebibit ^). (Körte Berichten uit-
gaande van de Selectie- en Zaadtuinen voor Rijst en andere eenjahrige
inlandsche Landbouwgewassen van het Departement van Landbouw,
Nijverheid en Handel. Buitenzorg, Java, Nr, 12, S. 1—5, Februar
1919. Als der Leiter einer Cassave-Pflanzung in Ostjava sich darüber
beklagte, daß aus Westjava eingeführte Varietäten degenerierten,
wurde von der Station für Züchtung einjähriger Pflanzen zu Buiten-
zorg ein Versuch mit dem Vergleich solcher, angebhch vollkommen
degenerierter Stecklinge mit Stecklingen derselben Varietät gemacht,
die länger als zehn Jahre in Buitenzorg gewachsen waren. Es wurde
kein Unterschied in der Ernte der beiderlei Stecklinge gefunden. Die
Degeneration in der erwähnten Pflanzung äußerte sich in sehr geringen
Ernten, die von „Generation" zu „Generation" fielen:
Eingeführt 100 ''/o
1. Generation 80 ''/o
2. „ '■ 65 ö/o
3. „, ..... : . 50o/o
4. „ . . ' 37 "/o
■o. . „ ........ 35*^'o
In einzelnen Fällen wurden in der 5. Generation auch nur 20 bis
30 ^k der Ernte der eingeführten Stecklinge erhalten. Autoreferat.
Koch, L. Uitkomsten van eenige selectieproe ven met padi.
(Körte Berichten uitgaande van de Selectie- en Zaadtuinen van het
Departement van Landbouw% Nijverheid en Handel, Buitenzorg, Java,
Nr. 1 1916, Nr. 5 Nov. 1917, Nr. 6 Nov. 1917, Nr. 8 Aug. 19182).
Bei Versuchen mit Reisvarietäten (in einem Fall mehr als lOO ver-
schiedene Formen) ergaben die unbegrannten Formen, welche mehr
Ausfall bei der Ernte geben, die höch'sten Ernten. L. Koch.
Koch, L. Uitkomsten van onder zoekingen over enkele
kenmerken en eigenschappen van het padigewas. (Körte
Berichten uitgaande van de Selectie- en Zaadtuinen van het De-
partement van Landbouw, ^(^[ijverheid en Handel, Buitenzorg, Java,
Nr. 7, S. 1 — 4, Nov. 1917^). Das Rispengewicht war in drei von
■*) Ergebnis eines Versuches mit der Benutzung von degenerierten Cassave-
Stecklingen. '^) Ergebnisse mit Reiszüclitung.
') Ergebnis der Untersuchungen des Rispen- und Körnergewichtes und der
Lebensdauer von Reis.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
333
fünf Fällen auf fruchtbarem Boden höher als auf wenig fruchtbarem.
Das Samengewicht war für die einzelne Form kennzeichnend, die
Schwankungen betrugen nur bis 10 "/o, meist nur unter 4*^/o. Die
Lebensdauer war in verschiedenen Jahren, trotz einheitlicher Wachs-
tumsverhältnisse, verschieden, ohne daß eine Ursache dafür festgestellt"
werden konnte. L. Koch.
Koch, L. Resultaten van eenige met mais genomen
proeven van orien teer enden aard ter bepaling van den
invloed, welke gedwongen kruisbestuiving op het pro-
ductiever mögen kan uitoefenen^). (Körte Berichten uitgaande
van de Selectie- en Zaadtuinen voor rijst en andere eenjarige In-
landsche landbouwgewassen. Departement van Landbouw, Nijverheid
en Handel, Buitenzorg Nr. 4, S. 1 — 6, March. 1917. Gelber Menado-
Mais wurde 1913 mit Madoera - Mais bastardiert und clie F^ mit den
reinen Formen verglichen. Fj ergab um I0*^/o mehr Körner als Menado
imd um 30 ^/o mehr als Madoera; Halmlänge und Lebensdauer gab
Zwischenbildung in Fj. Versuche mit F^ nach Fremdbefruchtung,
die durch Entfernung der Rispen erzwungen wurde, gab bei Saipan,
.einer Form, die nicht ganz rein war, etwa 30 "/o mehr Körner, bei den
reineren Formen Madoera und Menado selbst geringere Ernte.
L. Koch.
Kotowski, Feliks. Zmiehnösc i Korrelacye w „czystej
linii" pszenicy. Tr. vulgare Ostka biala dublanska-).
(Polnisch: Tj^godnika Rolnicz3^ Krakau 1919.) Die biometrische Be-
arbeitung von 387 Pflanzen wird in folgenden Tabellen zusammen-
gefaßt :
Variabilität:
M + m
o (+ m„)
1. Halmlänge ..- • •
2. Gewicht von Halm und Ähre .
•j. Halmgewicht
4. Ährengewicht
5. Gewicht der untersten 20 cm
des Halmes
6. Gewicht der ohersten 20 cm
des Halmes
108,1 ± 0,76 cm
4,1 ± 0,102 g
1,68 ± 0,038 g
2,5 ± 0,065 g
+ 7,64 (± 0,54) cm
± 1,02.:; (± 0,073) g
+ 0 3ö3 (± 0,027) g
± 0.653 (± 0,039) g
7,06
25,01
22,80
26,12
+ 0,115 (± 0,008) g
± 0,056 (± 0,004) g
30,26
43,07
0,38 ± 0,011 g
0,125 ± 0,005 g
Alle Kurven waren der Queteletschen ziemlich genau ent-
sprechend.
Auf Grund der bestätigten Korrelationen spricht der Verfasser
der Halmlänge keinen züchterisch wichtigeren Selektionswert zu. Er
behauptet, daß die Auslese der schwersten Pflanzen, unter Rücksicht-
nahme auf das Gewicht des untersten Halmteiles, am schnellsten, zu
'} Ergebnis der Versuche zum Nachweis der Überlegenheit der ersten Ge-
neration von Maisbastarden.
2j Variabilität und Korrelationen in einer „reinen Linie" des Weizens.
334 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
Korrelationen :
Eigenschaftspaäre:
2 +mo
g
9.
10.
11.
12.
13.
14.
Gewicht von Halm u. Ähre
" " n V ))
Halmgewicht
Ahrengewicht ......
Gewicht von Halm u. Ähre
Ährengewicht
Halmgewicht
Ährengewicht
Gewicht d. untersten '20 cm des Halmes
20
20
„ „ obersten 20 „ „ „
20
20
"Halmgewicht : „
Ährengewicht ,.
Gewicht der untersten j
20 cm des Halmes .... ,, ,, „ 20 „ „ „
Halmlänge . Halmgewicht
„ . , Gewicht d. untersten 20 cm des Halmes
„ I Ährengewicht
„ I Gewicht d. obersten 20 cm des Halmes
0,948
0,939
0.922
0,7ül
0,758
0,750
0,602
0,595
0,574
0,505
0,465
0,244
0,200
0,112
0,010
0,012
0,015
0,042
0,043
0,043
0,063
0,064
0,067
0,074
0,067
0,090
0,094
0,098
ertrao;reichen und lagerfesten Sorten führt. Selbstverständlich unter-
schätzt hiermit der Verfasser die unmittelbare Feldauslese auf Lager-
festigkeit nicht: er äußert sich in seiner Arbeit nicht im allgemeinen
über die Methoden der Züchtung auf Lagerfestigkeit; er betrachtet
nur von diesem Standpunkte aus die einfachsten der im Laboratorium
zugänglichen Methoden. ' v. P.
Leight.v, C. Natural wheat rj^e hybrids of 1018'). (The
Journal of heredity XI, S. 1.28—136, 4 Abb.) Natürliche Weizen-Roggen-
Bastardej, ^\'urden bisher sehr selten gefunden. Von Leighty, der
1914 bereits vier solche beobachtet - hatte , wurden im Verein mit
Eldridge 1018/19 derartige natürliche Bastarde auf der Arlington-
Versuchswirtschaft und drei auf der Virginia-Versuchsstation gefunden.
Auf der erster en Wirtschaft werden die Weizenparzellen durch Roggen-
streifen getrennt, . so daß Bastardierung erleichtert wird. Alle Bastarde
hatten den Weizen als Mutter. Von den 19 zu Arlington gefundenen
Bastarden, die frei abgeblüht hatten, bildeten 7 Körner aus, und zwar
4 Pflanzen je eines, die drei anderen 5, 9 bzw. 22. Das Jahr 1917
mußte der Bildung spontaner Bastarde sehr günstig gewesen sein, da
solche in größerer Zahl zu Arlington auch zwischen Gerstenformen
beobachtet wurden.
. Luiidberg, I. Olika tillvaxthastighet af knolarne hos
nägra tigida potatissorter-j. (Sveriges Utsädesförenings
tidskrift XXX, 1920, S. 91— 94.) Seit 1911 verfolgt Verfasser diese
Erscheinung. Bei Wahl unter neuen durch Bastardierungen entstandenen
Sorten kann dieses Moment der verschiedenen Wachstumsgeschwindigkeit
^) Natürliche Weizen-Roggen-Bastarde.
^) Ungleiche Wachstumsgeschwindigkeit
Kartoffelsorten.
der Knollen bei verschiedenen
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflauzenzüchtung. 335
der Knollen auch beobachtet werden. Man kann so Sorten heraus-
greifen, die später und daher weniger Krankheiten ausgesetzt sind
rmd doch, wenn sie frühzeitig schon einen Teil der Knollen bilden,
den Bedarf an Frühkartoffeln decken können. So brachte die neue
Svalöfer Sorte 7241, bei sehr hoher Ernte zur Zeit ihrer wirklichen
Reife, auch bei früher Ernte — 30. Juni, 10. Juli — schon erhebliche
Knollenmengen.
Maas, I. De vegetative voortplanting van Hevea
Brasiliensis^). (Archief voor de Rubbercultuur III, Nr. 2 und 7,
1909, 7 Tafeln.) Bei Anlage einer neuen Plantage durch Erziehung
von Bäumen aus Samen sind wieder, je nach Vererbung, gute und
schlechte Bäume vorhanden. Rascher kommt man bei Verwendung
der Vermehrung, von guten Bäumen ausgehend, zum Ziele. Dabei
ist auf gute Ausbildung nicht nur des Stammes, sondern auch der
Wurzeln zu sehen. Die Vermehrung kann durch Augenpfropfung
ausgeführt werden (Forkert-Methode, Schildpfropfung, umgekehrte
T-Pfr.opfung), durch Achsenpfropfung (Keil-, Seiten-, Krorienpfropfung
in die Rinde) oder durch Stecklinge oder Markottage. Bei Achsen-
pfropfung wurde das beste Ergebnis mit Kronenpfropfung in die Rinde
erzielt. Markottage gelingt bei V2 — IV2 Jahr alten Bäumen am besten.
Stecklinge gaben auch bei derartig jungen Bäumen besseres Ergebnis,
aber bei ihnen war der Erfolg allgemein kein ganz zufriedenstellender.
Bei Stecklingen und Markotten besitzt die entstehende junge Pflanze .
ihre eigenen Wurzeln, was manche Vorteile bietet.
Maas^ I. De bloem biologie van Hevea brasiliensis-).
(Archief voor de rubbercultuur HI, Nr. 7, 1919, 26 Seiten, 5 Tafeln).
Hauptaufgabe der Untersuchung war die Feststellung, ob bei Hevea
brasiliensis Bestäubung innerhalb einer Pflanze von Erfolg ist. Li'
einem Blütenstand sind wenige 9 mit vielen J -Blüten vereint. Die
5-Blüten sitzen an den Enden der stärkeren Achsen , sind größer
als die S und besitzen gleich diesen fünfteilige, haarige Kelche ober
einem scheibenartig verbreitertem Blütengrund. Der Blütenstaub ist
zusammenhängend, wird nicht leicht verweht. Ein Baum blüht V2 bis
2 Monate lang. Die (5" -Blüten öffnen sich zwischen 12 und 3 Uhr;
die 9 1 — IV2 Stunden später. Bewölkung, Regen läßt später öffnen
und an solchen Tagen sind die Beutel bei Offnen der Blüte auch
immer noch geschlossen. Unbefruchtete 9 erhalten sich einige Wochen
lang frisch. Das Autblühen eines Blütenstandes geht von unten nach
oben und von innen nach außen vor sich und verläuft in ungefähr
drei Wochen. Die Übertragung des Blütenstaubes erfolgt durch Insekten.
Unter günstigen Verhältnissen selbst werden sicher nicht mehr als
') Die vegetative Erzeugung neuer Individuen bei Hevea Brasiliensis.
^) Die Blütenbiologie von Hevea brasiliensis.
336 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtuug.
drei der Samenknospen befruchtet. Die Frnclitbarkeit verschiedener
Bäume ist sehr verschieden. Bei den Befruchtungsversuchen, die in
Käfigen (20 : 20, 25 : 40, 50 : 100 cm) und 1 : 3 — 4 m vorgenommen wurden,
die mit Gaze , Käsetuch überzogen waren , gab Einschließen allein
keinen oder sehr seltenen Erfolg, künstliche Selbstbefruchtune; dao-eoren
wohl. Die Möglichkeit erfolgreicher Selbstbestäubune; ist bei ver-
schiedenen Bäumen sehr verschieden.
Mitscherlich, E. Über künstliche Wunderährenbildung,
(Z. f. Pflanzenzucht, Heft 5, 1919, S. 101—111.)
Nafziger, T. How Sorghum crosses are made\K (The
Journal of heredity IX 1918, S. 321, 322). Zum Kastrieren wird eine
Prä^ariernadel verwendet, deren Spitze leicht abgestumpft ist. Der
Ast mit den kastrierten Blüten wird in einen Beutel mit paraffiniertem
Papier eingeschlossen. Von einem Ast werden nur zehn bis zwölf
Blüten so behandelt. In Blüten, welche in sehr jungem Zustand
kastriert werden, welken leicht Spelzen und Fruchtknoten. Eine Rispe
der Form, die als 6 dient, wird auch in einen Beutel eingeschlossen,
um den Pollen derselben leicht gewinnen zu können. Zwischen
Kastration und Pollenaufbringung läßt man an der Kansas Versuchs-
station — woselbst die Staubbeutel nicht während des heißen Tages
austreten, sondern während der Nacht — im Mittel 72 Stunden ver-
streichen, 48 Stunden nach der Bestäubung kann der Beutel entfernt
werden.
Nilssoii-Ehle, H. Über Resistenz gegen Heterodera
Schaehtii bei gewissen Gerstensorten, ihre Vererbungs-
weise und Bedeutung für die Praxis. (Hereditas I, S. 1 — 34,
4 Abb.) Vom Verfasser ist wiederholt festgestellt worden, daß einzelne
Gerstensorten vom Alchen, Heterodera Schaehtii, wesentlich stärker
angegriffen werden als andere, ohne daß dies bei der Gerste erheblichen
Schaden verursacht. Es hat sich aber gezeigt, daß die stärkere
Schädigung einer Gerstensorte, durch die starke Vermehrung der
Älchen, auf die folgende Haferernte sehr ungünstig einwirken kann.
Aus diesem Grunde wurden Bastardierungen von Gersten versucht,
die zeigen sollten, ob die "Widerstandsfähigkeit, wie sie sich z. B. bei
Chevallier - Gerste, dann Hannchen-, Primus-, Svamhalsgerste findet,
auf andere Gersten übertragen werden kann, die vielleicht unter be-
■ stimmten Verhältnissen geeigneter sind. Dieser Versuch wurde unter-
nommen, da es bei Hafer nicht gelang, widerstandsfähigere Sorten
oder solche Linien zu finden. Es ergab sich bei Gerste Dominanz
der Unempfänglichkeit in F^ und Spaltung in Fg, die in einzelnen
Fällen derart verläuft, daß man die Unempfänglichkeit als durch eine
Anlage bedingt annehmen kann.
') Wie Sorglium-Bastardierungen ausgeführt; werden.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 337
Rasmuson, J. Mendelnde Chlorophyllfaktoren bei
Allium Cepa. (Hereditas S. 128 — 134.) Bei Zwiebeln (AUium Cepa)
wurden Individuen gefunden, deren Blätter weiß, gelb, gelblich-grün
und zwischen gelb und gelblich - grün gefärbt waren. Nur von der
gelblich-grünen Variante wurden weiter lebende Individuen erhalten,
die anderen Varianten gingen wegen fehlender oder eingeschränkter
Assimilation zeitig zugrunde. Nach seinen bisherigen Versuchen nimmt
Verfasse!* vorläufig als Veranlagung an : Z^ sowie Zg bedingt die gelbe
Farbe der Keimlinge , Fehlen der Anlagen weiße , Y bei Gegenwart
von Z und Z^ die gelblich-grüne Färbung, T die zwischen gelb iind
gelb-grün stehende Färbung, Nj und No ändern, je bei Gegenwart
von Zj Y oder Z.2 Y, die gelblich-grüne Farbe in grün.
Raum , S. Ein weiterer Versuch über die Vererb uno-
der Samenfarbe bei Rotklee. (Z. f. Pflanzenzucht. 1919, Heft 2,
S. 149—155.)
Rix, CJ. von. Methoden einer exakten Prüfung des Fort-
schrittes bei der Zuckerrübenzucht. (Z. f. Pflanzenzucht 1920,
Heft 3, S. 227—237.)
Tedin, H. The inheritance of flow^er colou]* in Pisum.
(Hereditas I, S. 68—97, 1 TafeL) Bei Pisum ist für die Vererbung
der Blütenfarbe aus den Untersuchungen von Mendel, v. Tschermak,
Lock, White. Kaianus und anderen ein Verhalten hervoroepfano-en,
das als Anlagen annehmen läßt: Eine Anlage, die allein keine Wirkung
zeigt , eine andere Anlage , die allein Rosablüte bewirkt und ein
Zusammenwirken dieser beiden Anlagen, das purpurne Blüte (in den
Veröffentlichungen violette oder auch rote genannt) bedingt. 1898 er-
hielt Tedin eine Pisum arvense Form Ljusröd-blomming Gröärt, welche
Blüten mit weißer Fahne besitzt wie die rosablühende Erbse , aber
abweichend von dieser, Flügel, die leicht purpurn gefärbt sind. Bastar-
dierung dieser Form mit einer weißblühenden gab in F^ nur purpurn-
blühende Pflanzen , in Fg Spaltung in purpurn- : violett- : rosa- : licht-
purpurn- : weißblühende Pflanzen , wie 27 : 9 : 9 : 3 : 16. Dadurch er-
gab sich, daß die bisher angenommene einfache Veranlagung der
Rosablüte nicht einfach ist , sondern daß man annehmen muß : Eine
Anlage, die lichtpurpurne Farbe gibt: A. Eine Anlage, die mit der
ersten zusammen Rosablüte gibt: B. Eine Anlage, die mit der ersten
■zusammen Violettblüte gibt: C. Alle drei Anlagen zusammen geben
dann Purpurblüte , B und C je allein nichts. Danach Avar die weiß-
blühende Form, die Mendel bei der Bastardierung mit purpurblühender
und andere Forscher bei solcher mit rosablühender verwendet hatten,
aaBBCC veranlagt, die purpurne war AABBCC, die rosablühende
AABBcc. Die Untersuchung zeigt wieder, daß die Erklärung einer
Veranlagung, die nach bekannten Bastardierungsergebnissen vollkommen
zutreffend gegeben wird, umgestoßen werden kann, wenn eine Form
338 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
aufgefunden wird, welche Anlagen, die in den bis dahin bekannten
Formen nur homozygotisch vorhanden waren, lieterozygotisch
enthält.
Tischler, G. Über die sogenannten „Erb Substanzen" und
ihre Lokalisation in der Pflanzenzelle. (Biologisches Central-
blatt 40. Bd., 1920, 28 Seiten). An Stelle des vieldeutigen Worte?
Erbsubstanz will Verfasser „enzymoide Gene" setzen, welche einen
— und zwar den wichtigeren — Teil der Außeneigenschaften bedingen,
während andere durch Anlagen der Piastiden und des Cytoplasmas
bewirkt werden. Bezüglich der Beziehungen der Gene zu den Nucleo-
proteiden läßt sich hj^pothetisch sagen , daß die Nucleoproteide des
Kernes andere als jene des Plasmas sind, oder die' Nucleoproteide
des Kernes allein die Gene oder Vorstufen derselben bilden, oder die
Gene die Nucleoproteide nur als „ ergastische Substanz" benützen. Zu
einer Topographie der Gene in den Chromosomen und dadurch zu
einer Erklärung der absoluten und relativen Koppelung zu gelangen,
erscheint möglich. Den Austausch von Chromomeren, der die letztere
ermöglicht, nimmt Tischler, nicht so wie Morgan, als in der
Diakinese,' sondern in den Stadien in oder nach der Synapsis erfolgend,
an. Es erscheint nahegelegt, daß äußere Einflüsse (wie Parasiten)
imstande sind , Gene zu erzeugen oder die Wirkung solcher zu ver-
anlassen, die ohne solche Einflüsse nicht in Erscheinung tritt,
Tjebbes K en Köcimau, H. Erfelijkheids onderzoekingen
bij boonen^) III Albinisme. (Genetica. 3 Abb., 1 Tafel, S. 532 bis
538, holländisch mit englischem Resume). Bei einer Individualauslese
von Buschfisolen, die blaßgelbe Samen tragen, wurde beobachtet, daß
ständig ein Prozentsatz weißer Keimlinge (Weißlinge) gebildet wurde,
die nach Entwicklung derPrimordialblätter abstarben. Von überlebenden
oTünen Pflanzen gaben zwei 1917 nur PTÜne Pflanzen, eine dritte
Pflanze von einem Teil der Samen 26 grüne und 8 weiße und von
einem anderen Teil ungefähr 3 grüne : 1 weißen Pflanze. Es gelang
in zwei Fällen, weiße Keimlinge auf gTüne Pflanzen zu pfropfen und
je eine Hülse zu erhalten. Das Pfropfreis bildete kleine grüne
Fleckchen auf den Blättern und grüne Streifen auf der Hülse. Die
erhaltenen Samen lieferten nur weiße Pflanzen. Es erscheint demnach
grün als dominierend. Die Entstehung der ersten Pflanze, die weilie
Keimlinge neben grünen gibt , läßt sich durch Bastardierung von-
Blüten einer grünen Pflanze mit Blüten eines weißen Astes einer
sektorialen Chimäre erklären. Da aber Bastardierungen bei Fisolen
selten sind, erscheint es wahrscheinlicher, daß die Anlage, welche zur
normalen Chlorophyllbildung notwendig ist, in einer Blüte bei einer
Geschlechtszelle oder wenige solchen verloren ging und solche Ge-
^) Vererbungsuntersuchungen bei Fisolen.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 339
schlechtszellen mit normalen dieser Blüte zusammentraten. Auffallend
ist die Bildung grüner Stellen an den aufgepfropften Weißlingen,.
Ubisch, Cr. Y. Anwendung der Vererbungsgesetze auf
die Kulturpflanzen. (Die Naturwissenscliaften 1920, S. 293 bis
299, 2 Abb.) Die Verfasserin tritt dafür ein, daß die Ergebnisse der
wissenscbaftlichen Forschung auch auf dem Gebiete der Biologie mehr
den Praktikern zugänglich gemacht werden sollen. In der Arbeit
strebt sie bezüglich der Vererbungsforschung — eigentlich nur der
Bastardierungsforschung — an, die- Nutzanwendung der Ergebnisse bei
landwirtschaftlich wichtigen Pflanzen darzulegen. Bei Gerste kommt
sie dabei auch auf ihre umfangreichen eigenen Arbeiten mit dieser
Pflanze zu sprechen.
Urban, I. Die Größe der E-übenknäuel und der Rüben -
ertrag. (Zeitschrift für Zuckerindustrie der cechoslovak. Republik
XLIV, 1920, S. 151 — 155.) Von den zehnjälirigen Anbauversuchen
der Versuchsstation für Zuckerindustrie in Prag stellte der Verfasser
die Ertragszahlen nach größerem und kleinerem absoluten Gewicht
des Saatgutes zusammen und fand, daß, wenn auch beträchtliche Ab-
weichungen vorkamen, doch dem höheren Gewicht der höhere Ertrag
entsprach. Er verweist bezüglich der Abweichungen auf den. Einfluß
der Witterung bei der Gewinnung des Saatgutes. Bei Gruppierung
des Saatgutes in zwei Klassen: absolutes Gewicht von je 100 Knäuel
.im Mittel aller Jahre 1 • 895, gegen 1 • 639 gr, wurde im Mittel aller
Jahre ein Rübenertrag von 332 • 9 gegen 322 • 4 dz pro ha errechnet.
In den Versuchen scheinen die Ergebnisse aller Sorten zusammen-
genommen zu sein. Daß die Sorten untereinander sich auch in Knäuel-
größe unterscheiden, zeigt eine besondere Zuzammenstellung, die auch
wieder für höheres Knäuelgewicht höheren Rübenertrag ergab.
White, 0. The present state ofknowledge ofheredity
and Variation in peas^). (The proceedings of the American
philosoph. soc, 56. Band, 1917, S. 487 — 588.) Die Arbeit ist eine jener
Übersichten, welche bei Pflanzen, mit welchen in letzter Zeit viel
auf dem Gebiete der Bastardierung gearbeitet worden ist, so wünschens-
wert sind. Es werden in den Abschnitten derselben bei den einzelnen
Eigenschaften die dem Verfasser bekannt gewordenen Ergebnisse der
Bastardierungsversuche anderer und jene seiner eigenen Bastardierungs-
versuche besprochen und dann Schlüsse über die Veranlagung gezogen.
In einem weiteren Abschnitt wird das besprochen, was über spontane
Variationen bei Erbse bekannt geworden ist. Ein folgender Abschnitt
ist den Versuchen mit Auslese gewidmet und ein letzter Erörterungen
über Korrelation und crossing over.
^) Der gegenwärtige Stand unserer Kenntnis von Vererbung und Variabilität
bei Erbse.
340 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der PflanzenzUchtung.
White, 0. Inhoritance stndies on pisuni. IV. Inter-
relgition oft ho genetic factors ofPisum^). (Journ. of Agric.
Eesearch XI S. 1G7 — 1*J0.) Nach Studmni von 34 Erbsensorten werden
35 bei der Erbse bekannt gewordene Anlagen mit AVirknng der letzteren
besprochen, die, nach der Hypothese von Vorhandensein und Fehlen,
bei 70 oder mehr Eigenschaften in Erscheinung tritt. Einige der
Eigenschaften werden von äußeren Verhältnissen leicht beeinflnsst nnd
derartige vom Verfasser beobachtete Eigenschaften werden besprochen.
Für einige Eigenschaften läßt sich , nach Versuchen des Verfassers
und solcher von Lock, Tschermak, Vilmorin, Hoshino,
Bateson und Pellew, genetische Korrelation bei Bastardierung fest-
stellen. Die sechs Gruppen, deren jede miteinander korrelativ ver-
bundene Aulagen enthält, sind :
Bl, S = AVachsüberzug der Blätter ; Samen frei in der Hülse,
A, Lf = B,osablüte ; Spätblüte.
A, C, E, Gc, Li = liosablüte ; gefärbte Blattachsel ; rötliche Flecken
der Samen ; gelbgrüne zu graubrauner Samenhaut-
farbe mit braunem Nabel; glatte Samen.
^ E, Tl = runde, glatte Samen mit einfachen ovalen Stärke-
körnern, geringer Wassergehalt und gute Keimfähig-
keit; Blattranken.
G, 0 = Grünfärbung der Keimlappen; grüne Farbe an Blättern^
Achsen und Hülsen.
Zaleski, Leopold. W Kwestyi metod analityernych w
selekcji buraköw pas te wny ch^). („Ziemianin" Posen 1920.)
Der Verfasser macht uns hiermit auf Grund seiner Erfahrungen auf
die täuschenden Resultate der polarimetrischen Zuckerbestimmung in
den Futterrüben, wenn diese erst im Frühling geschieht, aufmerksam.
Die Inversion, welche in den meisten Futterrüben viel rascher
als in den Zuckerrüben erfolgt, ist die Ursache dieses Fehlers.
Der Verfasser zieht aus seinen angegebenen Erfahrungen Schlüsse,
welche für die Züchtungsmethode der Zuckerrübe von Bedeutung sind,
V. P.
ZiuiijS. On Variation in tartary buckwheat, Fagopyrum
tataricumä) (L) G a e r t n. (Genetics IV 1910, S. 534—585, 11 Abb.)
Bei tartarischem Buchweizen wurde eine Zwischenvarietät festgestellt,
bei welcher der Dimorphismus je an derselben PÜanze sich zeigte,
ähnlich wie bei Rotklee mit mehrscheibigen neben dreischeibigen
Blättern. Die abnorme Form wurde durch fünf Jahre neben einer
Individualauslese aus normal ausgebildetem Buchweizen studiert. Die
Besonderheiten der ersteren sind Bildung überzähliger Fruchtknoten-
^) Vererbungsuntersuchungen Ijei Erbse. Gegenseitige Beziehung von Anlagen.
^) Beitrag zu den analytischen Methoden in der Futterrübenzüchtung, polnisch.
^) Über Variabilität des tartarischen Buchweizens.
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflaiizenzüchtung. 34I
blätter (3 — 25), damit zusammenhängende Bildung von vielteiligen
Perigonen (5 — 18 Segmente), Fasziationen, Bildung von mehr als einem
Fruclitknoten unä mehr als einer Frucht in einer Blüte. Die Eigen-
tümlichkeit, die normale und annormale Ausbildung zu zeigen, wurde
sowohl durch normal als durch abnormal ausgebildete Früchte über-
tragen. Auslese konnte in fünf Jahren keine deutlichen Erfolge er-
zielen. Beiches Ausmaß an Feuchtigkeit und hohe Temperatur begünstigt
•die Ausbildung der Abnormität. Innerhalb der einzelnen Pflanze sind
€S die drei ersten Seitenachsen von unten ab, welche die Abweichungen
bei den Blüten am stärksten zeigen, während die vierte bis sechste
sie in geringerem Ausmaß aufweisen, dagegen die Basis des Endblüten-
standes sie wieder stärker zeigt. Ahnliche, doch weniger ausgesprochene
Verhältnisse treten bei den Achsen höherer Ordnung auf. So wie in
anderen Fällen sinkt die Häufigkeit der Abweicbung auch in diesem
mit der stärkeren Ausbildung derselben (der höheren Zahl Perigon-
blätter bzw. Fruchtknotenblätter).
2. Bücherbesprechuiigen ').
Dörfler. P f 1 a n z e n s c h u t z f i b e 1. Unter Kleinoktav. 03 S. Land-
wirtschaftlicher Verlag, Dillingen a. D., Bayern, 1920, M. 5. Der
Pflanzenzüchter wird für jene Pflanzen, die er züchtet, wolil fast immer
die Handbücher über Pflanzenkrankheiten zur Beratung heranziehen.
Zur raschen Orientierung bei auftretenden Krankliciten anderer von
ihm gebauter Pflanzen wird ihm aber das vorliegende kleine Büchlein
— : das in erster Linie für Kleinlandwirte berechnet ist — gute Dienste
leisten. An Übersehen, wie fast jedes Buch solche aufweist, ist nur
S. 79 Auslassen der Benennung des Gfiftes aufgefallen. Es heißt nur
bei Feldmäusebekämpfung : „Mehl und Wasser zu steifem Brei".
East, ^E. aiitl Jones, D. Inbreeding and outbreeding,
their genetic and sociological significance. Klein oktav,
286 Seiten, 46 Abb., J. B. Lippincott Comp., Philadelphia und London,
1919, Dollars 2,50. Gleich den anderen Bänden der wertvollen Serie
„Monographs on experimental biology" wendet sich auch das vor-
liegende Buch nicht ausschließlicli an den Biologen vom Fach, sondern
soll auch einem weiteren Leserkreis dienen und insbesondere auch
praktische Folgerungen bringen. Für den erweiterten Leserkreis sind
drei der vier einleitenden Abschnitte bestimmt. Siebringen Erörterungen
über die verschiedenen Arten der Entstehung neuer Individuen, über
die Einrichtungen bei Fortpflanzung und über den Mechanismus der
Vererbung. Tier- und Pflanzenreich werden in diesen Darstelluno-en
') Nur Werke, von welchen ein Exemplar vom Autor oder vom Verleger
eingesendet wurde und deren Inhalt mit Pflanzenzüchtung in Beziehung
steht, gelangen zur Besprechung.
342 Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung.
in gleicher Weise berücksichtigt. Die in Europa, infolge der Ver-
hältnisse der letzten Jahre, noch weniger bekannten Ergebnisse der
Morganschen Schule werden verwertet. Ein folgender Abschnitt ist
einem von Pearl mehrfach bearbeiteten Gegenstand , der mathe-
matischen Behandlung der Inzucht, gewidmet. Der nächste Abschnitt
enthält dann die Grundlagen, auf welchen die Verfasser aufbauen:
die Beschreibung der mit Tieren und Pflanzen ausgeführten Versuche
mit Inzucht. Für Tiere werden, neben dem alter, bekannten, jene
von King mit Ratten, von Romme 1 mit Guineagänsen und Castle
mit der Taufliege behandelt; für Pflanzen, neben jenen von Shull
mit Mais , die von den beiden Verfassern mit der gleichen Pflanze
ausgeführten, vieljährigen. Die Versuche von East und Jones mit
Mais wurden auch zum weiteren Beweis der Üppigkeit nach geschlecht-
licher Vereinigung zweier solcher Inzuchtauslesen verwendet. Diese
Üppigkeit, allgemein die Üppigkeit nach Bastardierung, wird in einem
weiteren Abschnitt behandelt und in einem folgenden ihre Ursache
erklärt. Bei dieser Erklärung wird von Keeble und Pellews Er-
klärung ausgegangen, aber diese durch die Annahme von Koppelungen
ergänzt. "Während sich die zwei letzten Abschnitte des Buches mit
den Verhältnissen bei Inzucht und freier Befruchtung beim Menschen^
sowie der Rassen- und Nationenbastardierung bei diesem befassen und
der viertletzte die Rolle von Inzucht und freier Befruchtung in der
Entwicklungsgeschichte behandelt, wendet sich der drittletzte den
praktischen Folgerungen zu , die aus dem experimentellen Studium
der Frage für Tier- und Pflanzenzüchtung gezogen werden können.
Die Schätzung der Inzucht, wie sie in der Tierzüchtung bei uns seit
den Forschungen von de Chapeau rouge und Wills dorf mehr
Anhänger gefunden hat, wird dabei in den Vordergrund gestellt. Es
wird zunächst für Mais auch ein neuer Plan für ihre Durchführung-
vorgeschlagen. Gerade bei Maiszüchtung war man und wie'der gerade
in Nordamerika bisher, mehr als bei anderen Pflanzen, bemüht, Inzucht-
folgen möglichst zu verhindern. Der neue Plan ist eine Vereinigung-
von Inzucht mit Fremdbefruchtung, lehnt sich dem von Shull vor-
geschlagenen an, geht aber um eine Fremdbefruchtungsgeneration
weiter. Züchter, die mit fremdbefruchtenden Pflanzen arbeiten,
werden das Buch mit Erfolg lesen , Biologen werden es nicht ent-
behren wollen und Eupenikern wird es wertvolle Winke geben. Die
Abbildungen sind nicht Originale, aber sehr gut gewählt; die Aus-
stattung des Buches ist eine vorzügliche.
Leverenz, €. Die meist gebauten landwirtschaftlichen
Pflanzenzuchten Deutschlands mit Ausnahme der Kar-
toffeln. (Landwirtschaftskammer f. d. Provinz Sachsen, 79 S. Oktav,
Druckerei Hermann Kuhnt, Halle a. S., 1920, Mk. 4.) Der abgebrauchte
Satz, daß die Veröffentlichung einem lange gefühlten Bedürfnis ent-
Neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. 343-
spriclit, trifft hier gewiß zu. Es ist für den Käufer von Saatgut von
Wert, einen raschen Überblick über die in den einzelnen Gegenden
vorhandenen Züchtungen zu haben und nicht nur auf zufällige An-
zeigen, die nicht immer wirkliche Züchtungen treffen, angewiesen zu
sein. Sehr zweckmäßig ist die Anordnung der Zuchtstätten nach
Provinzen Preußens und «nach Staaten und die Beigabe eines Sorten-,
und Züchterregisters. Ein Versuch zu einer Beschreibung der Sorten
ist in der Schrift auch gemacht worden und eine solche würde, weiter
ausgestaltet, auch bei Saatenanerkennung recht gute Dienste leisten..
IV.
Vereinsnachrichten.
Gesellschaft für Pflanzenzüehtung' — Wien. (Z.)
Am 30. Mai fand in Graz im Sitznno-ssaale der Landwirtschafts-
gesellschaft die 7. ordentliche Generalversammkmg der Österreichischen
Gesellschaft für Pflanzenzüchtung statt. Für den am Erscheinen ver-
hinderten Präsidenten der Gesellschaft, Herrn Dr. Emanuel v. Prosko-
wetz, begrüßte Herr Vizepräsident Gntsdirektor Schreyvogl die Ver-
sammlung, sprach dem Präsidenten der steiermärkischen Landwirt-
schaftsgesellschaft, Sr. Exzellenz dem Grafen Attems , den Dank der
Oesellschaft für die Überlassung des Sitzungssaales sowie für seine
Bewrüßuno-sworte aus und dankte dem Lokalkomitee, das aus den
Herren Landwirtschaftslehrer Witz any, Direktor Jentsch, Pflanzen-
loauinspektor "Winkler und Landesrat Dr. Klüse mann bestand,
für seine ree-e Tätio-keit. — Es wurden zunächst folgende Beschlüsse
■des Ausschusses der Gesellschaft angenommen: Die „Osterreichische
Gesellschaft für Pflanzenzüchtung" führt von jetzt ab den Titel „Ge-
sellschaft für Pflanzenzüchtung — Wien'". Anschriften sind zu richten
an die: Hochschule für Bodenkultur, AVien XVIH. Die Beiträge der
Gründer werden von 250 auf 500 Kr. , die der fördernden Mitglieder
von 25 auf 40 Kr. erhöht. Die ausländischen Mitglieder werden ersucht,
bis auf weiteres in ihrer Währung wie bisher den Betrag von 25 Kr.
zu entrichten. Für die Eintragungen von Züchtungen in das Zucht-
buch der Gesellschaft werden statt 200 Kr. von jetzt ab 400 Kr. ein-
P'eh oben werden und die Diäten der Mitglieder der Zuchtbuchkommission
erhöhen sich von 18 Kr. auf den Betrag von 3G Kr. Das geschäfts-
führende Ausschußmitglied Prof. Dr. Erich Tschermak-Seysenegg
berichtete über den Mitgliederstand , der erfreulicherweise seit dem
Jahr 191G nicht abgenommen hat. Die Gesellschaft zählt 2 Stifter,
16 Gründer, 18 ausübende Mitglieder und 76 fördernde, zusammen
112 Mitoflieder. Durch das Entgegenkommen der Mitglieder in der
Czechoslovakischen Republik, den Mitgliedsbeitrag in cechischer
Währung zu zahlen, ^vurde der Gesellschaft für Pflanzenzüchtung, die
ja ihren Mitgliedern die Zeitschrift für Pflanzenzüchtung zukommen
läßt, aus ihrer finanziellen Verlegenheit geholfen. — Hieraufhielt Herr
Vereinsnachricliten. 345
Landwirtscliaftslehrer Witzany einen Vortrag „Über die pflanzen-
zücliterisclien Bestrebungen in Steiermark", An den Vortrag schloß
sich eine rege Debatte. Sodann wurde von Herrn Gutsdirektor
Schreyvogl die Debatte „Über die Neuregelung- des Saatgutverkehrs"
eingeleitet, an der sich zahlreiche Herreu, besonders Herr Regierungs-
rat Prof. Dr. Olschowy, als Vertreter des Staatsamtes für Land-
wirtschaft, Regierungsrat Pammer,. Prof. Fruwirth, Landwirt-
schaftslehrer "Witzany, Direktor Jentsch und andere beteihgten.
Nachmittag wurde die steiermärkische Landes - Ackerbauschule in
Grottenhof besichtigt , ' wo nach einer Begrüßung durch Direktor
Jentsch Herr Landwirtschaftslehrer Franz AVitzany seinen schön
angelegten Zuchtgarten mit der Roggen-, Hafer- imd Weizenzüchtung
vorführte, die Abstammung der Züchtungen und die Zuchtbuchführung,
die als Kartothek geführt wird, erläuterte und einschlägige Apparate
und Bilder vorführte. Die Teilnehmer der Versammlung wurden von
Herrn Direktor Jentsch in liebenswürdigster Weise unter freiem
Himmel mit seltenen landwirtschaftlichen Produkten der Anstalt be-
wirtet, auch fehlte es nicht an hübschen Damen, die uns diesen Nach-
mittag verschönerten. Herr Dr. Knappe, Sekretär der Steier-
märkischen Landwirtschaftsgesellschaft, lud die auswärtigen Gäste auf
dem Hin- und Rückwege nach Grottenhof in sein gastliches Heim em
lind sorgte so bis .zum Schlüsse der gelungenen Versammlung für
eine rege Aussprache der Teilnehmer. Die Geschäfte der Gesellschaft
führt auch im nächsten Jahre Prof. Dr.- v. Tschermak, dem der
Dank der Versammlung ausgedrückt wurde.
In das Zuchtbuch wurde nach kommissioneller Besichtigung auf
der a-räflich Piattischen Zuchtwirtschaft Loosdorf aufgenommen: als
Nr. 16: Orig. Loosdorfer ertragreiche weiße Fisole, als
Nr. 17: Orig. Loosdorfer Futterrübe Austria, gelb.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII. 22
V.
Kleine Mitteilungen.
a) Wissenschaftliche.
Über einen Versuch der Züchtung- schwarzer Farbentöne an
der Gartenprimel.
Von Dr. Fr. Frimmel. — Eisgrub.
Im Jahre 1012 erschien in den Verhandlungen der kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften eine Arbeit von F. und S. Exner
unter dem Titel „Die physikalischen Grundlagen der Blütenfärbung".
Vorliegende Arbeit knüpft an diese Untersuchungen an, es mögen
daher die wichtigsten Resultate der genannten Autoren kurz erwähnt
werden. Die Färbung der Blüten wird hervorgerufen teils durch
Farbstoffe, welche sich in Lösung befinden — Anthocyanine und
Anthoxantine der modernen Terminologie, teils durch solche, welche
in Form von Farbstoffkörpem vorkommen — Carotine. Die Farb-
stoffe sind entweder in der Hautschicht der Blumenblätter (Epiblem)
gelagert, oder aber in tiefer liegenden Schichten. Das, was unser
Auge als Farbe des Blumenblattes aufnimmt, ist ein complexes
Phänomen, hervorgerufen durch die Gesamtheit aller der physikalischen
Vorgänge , die durch den optischen Bau der Blumenblätter bedingt
sind. Der feinere Bau der Blumenblätter ist nun im wesentlichen der,
daß mit Ausnahme von transparent gebauten Blumenblättern \), deren
abweichender Bau uns im gegebenen Zusammenhange nicht weiter
interessiert, das Mesophyll des Blattes als weißer Hintergrund für
die oberflächlich gelagerte Farbe dient: das Mesophyll wirkt optisch
ähnlich, wie etwa ein zerkratzter Spiegel, es wirft alles Licht, das es
empfängt, zurück, aber nicht in bestimmter Richtung, sondern diffus.
Diese optische "Wirkung wird in den meisten Fällen , unter anderm
auch bei unserem Versuchsobjekte , durch Erscheinungen der Total-
reflexion an den schiefen, die lufterfüllten Interzellularen begrenzenden
Flächen der Mesophyllzellen hervorgerufen, in selteneren Fällen, z. B.
bei Ranunkulus durch einen sogenannten Stärkespiegel, wobei die
schiefen Wände der stark lichtbrechenden Stärkekörner eine den
schiefen Mesophjdlzellwänden analoge Rolle spielen. Das Licht, das
^) Vgl. Frimmel: „Über Blumenfarben"-Blätter für Obst, Wein, Gartenbau
usw., Brunn 1915, Nr. 5'6.
Kleine Mitteilungen. 347
also die peripher gelagerten Farbstoif schichten })assiert hat. wird aus
dem Innern des Blattes wieder diffus zurückgeworfen. Bekanntlich
sind die Epiblemzellen der Blumenblätter meistens stark papillös vor-
gewölbt, jede dieser eng aneinanderstehender Papillen wirkt nun
ihrerseits wieder als ein optischer Apparat *), der nur das Licht, das
annähernd längs der Hauptachse der Papille geht, aus dieser heraus-
läßt ; die übergroße Mehrzahl aller verschiedenst gerichteter Strahlen
wird durch wiederholte Totalreflexion an den schiefen Wänden der
Papillen ins Innere des Blattes geleitet. Die Lichtstrahlen werden
also sehr oft die Farbstoflfschichten passieren , bis sie endlich durch
diese wiederholte „Lichtfilterwirkung" so von all den Lichtelementen,
welche der betreffende Farbstoff absorbiert, befreit sind, daß ihre
Wirkung auf unser Auge dem entspricht, was wir eine gesättigte
Farbwirkung nennen. Der Grad der Sättigung der Farbe eines Blumen-
blattes des beschriebenen Typus hängt also nicht nur von der Menge
des betreffenden Farbstoffes oder seiner Farbenintensität ab, sondern
in erster Linie von dem anatomischen Bau des Blattes, speziell der
Papillen, die je nach ihrer Form eine bald ausgiebigere, bald weniger
ausgiebige Filtration des einfallenden Sonnenlichtes gewährleisten^).
Bei dem in obiger Beschreibung kurz angedeuteten Bautypus, der auch
*) Frimmel: „Die untere Cuticula des Taxusblattes — ein Lichtreflektor",
Ost. bot: Zeitschr. 1912.
-) Eine Eigentümlichkeit der Epiblempapillen zahlreicher nach diesem Typus
gebauter Blumenblätter besteht noclj in folgendem: diese Papillen erscheinen in
der Draufsicht mit feinsten längs verlaufenden Cuticularstreifen versehen ; die Be-
deutung dieser Streifung, über die schon mancherlei Vermutungen ausgesprochen
wurden, ist auf Grund folgenden Gedankenganges zu verstehen. Bekanntlich ist
die Orientierung der meisten Blüten eine solche, daß sie sich dem einfallenden
Sonnenlichte zuwenden. (Als eines von vielen möglichen Beispielen mögen die
Blütenköpfchen der Sonnenblume genannt werden.) Inwieweit eine automatische
Einstellung auf Grund der spezifischen Reizwirkung von Lichtsinnesorganen, als
welche in vielen Fällen eben auch die Papillen funktionieren dürften, statthat,
bleibe in unserem Zusammenhang unerörtert. Fest steht, daß der optische
Apparat des Blumenblattes in zahllosen Fällen der Einwirkung des direkten
Sonnenlichtes ausgesetzt ist. Dii-ektes Sonnenlicht wirkt aber auf lebendes Proto-
plasma schädigend, die Blüte, für die es aus biologischen Gründen vorteilhaft
ist, möglichst starker Bestrahlung ausgesetzt zu sein (weite Sichtbarkeit, Erreichung
einer ausgiebigen gesättigten Farbwirkung), ist mit ihrer blütenbiologisch günstigen
Exposition den physiologischen Schädigungen der direkten Bestrahlung ihrer
lebenden Substanz ausgesetzt. Ähnlich wie der Gärtner, der seinen Pfleglingen
im Mistbeet einerseits möglichst viel Licht zur Verfügung stellen will, anderer-
seits die zarten Pflänzchen vor der Schädigung direkter Bestrahlung schützen
will, sich dadurch hilft, daß er gerippte Glasfenster, z. B. holländische Fenster,
auf die Mistbeete legt, hat sich bei derartigen Blüten durch Vorlage der er-
wähnten Cuticularstreifen eine Anpassung herausgebildet, welche die mit der
biologisch günstigen Lichtlage notwendig einhergehende Schädigungsgefahr durch
direkte Bestrahlung des Protoplasnaas aufhebt. Die erwähnte Cuticularstruktur
läßt das Licht nur in diffuser Form in das Blumenblatt gelangen.
22*
34^g Kleine Mitteilungen.
für die Gartenprimel zutrifft, kann also eine Farbwirkiing auf unser
Auee in verschiedener "Weise Zustandekommen. Im einfachsten Fall
ist nur ein Farbstoff vorhanden, beispielsweise rotes Anthocyan im
Zellsaft der Epiblemzellen gelöst. Die betreffende Blüte wird uns
einheitlich rot erscheinen: bei gleicher Konzentration des Farbstoffes
gesättigter oder weniger gesättigt je nach der optischen Vollkommen-
heit der Papillen. Infolge von Übung im Vergleichen des mikro-
skopischen Befundes mit dem physiologischen Farbeindrucke bin ich
beispielsweise imstande , aus dem Farbeindrucke meiner Primeln mit
Sicherheit auf das mikroskopische Aussehen der Epiblemzellen zu
schließen, indem Blüten mit Samtglanz Papillen von einer Form
haben, die ich in meinen Notizen als Kurvenform bezeichne, weil ihr
(optischer) Längsschnitt Ähnlichkeit mit einer Variationskurve hat,
während mattgefärbte Blüten eine Form der Papillen besitzen , die
ich als Kuppeltypus bezeichne , weil ihre Wölbung eine einheitliche
Biegung zeigt. Es kommt aber auch häufig vor, daß in verschiedenen
benachbarten Zellen verschiedene Farbstoffe sind. z.B. kommt, bei
unserem Objekte eine bunte Mischmig von Zellen mit blauem Antho-
cyan und solchen mit rotem Anthocyan häufig vor. Das, was unser
Auge nun wahrnimmt, ist keine einfache Farbwirkung mehr, sondern
eine Additionsfarbe , der gemeinsame Eindruck der Gesamtheit der
bunt durcheinander gemischten verschiedenfarbigen Elemente. Wir
sehen daher die Blüte weder blau noch rot. sondern in einem violetten
Tone, der etwa dem „magenta" englischer Autoren entspricht. Es ist
klar, daß in diesem Falle es nicht nur, abgesehen von der Kon-
zentration des Farbstoffes, auf die Form der Papillen ankommt, sondern
auch sehr wesentlich auf das Mischungsverhältnis beider Farben;
überwiegen die roten Zellen über spärlich auftretende blaue, so wird
■der physiologische Eindruck sich einem reinen B.ot zuneigen, über-
wiegen die blauen, so wird das V^iolett sich mehr und mehr dem
reinen Zellsaft Blau nähern. Tatsächlich konnte ich an meinem
Material zahlreiche solche Übergangsstufen von Additionsfarben be-
obachten. Schließlich kann noch ein Fall eintreten; es können im
basalen Teil der Epiblemzelle Carotinkörnchen liegen, der .apikale
Teil ist durch Anthocyanlösung beispielsweise rot gefärbt. Es leuchtet
ein, daß das Licht, welches nun diese beiden Farbstoffschichten nach-
einander passiert, zuerst im Anthocyan gewisser Strahlengattungeu
verlustig wird , dann an dem Carotin einen weiteren Teil seiner
spektralen Zusammensetzung verliert, so daß also von dem durch das
Anthocyan charakteristisch gefärbten Lichte noch die Absorptions-
wirkung des Carotins subtrahiert wird ; es entsteht eine Subtraktions-
farbe , die analog der Lichtwirkung ist , welche zwei übereinander
gelagerte Lichtfilter bei der Durchsicht auf unser Auge ausüben.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß je nach der verschiedenen Lagerung
Kleine Mitteilungen. 349
der Farbstolfe und je nach den vorkommenden Konstruktionsvariationen
des anatomischen Baues die verschiedensten Farbwirkungen Zustande-
kommen können.
Exners Gedankengängen folgend, habe ich mir im Jahre .1915
folgende Aufgabe gestellt:
Es muß möglich sein , durch Übereinanderlegen zweier kom-
plementärer Farben in einem Blumenblatte den physiologischen Eifekt
von Schwarz hervorzurufen. Wenn es gelingen sollte , durch Über-
einanderlegen zweier Farbstoffe, deren einer gerade den Teil des
Spektrums absorbiert, welchen der andere durchläßt, eine völlige
Absorbtiou aller Farben hervorzurufen, so muß dieses, alle sichtbaren
Strahlen absorbierende Blumenblatt unserem Auge schwarz erscheinen.
Ich. will gleich vorwegnehmen, daß mir die Züchtung einer solcheii
Farbvarietät gelungen ist. Das Material, mit dem ich arbeitete, waren
verschiedene Formen von Gartenprimeln (Primula veris x Primula
elatior), welche Herr Professor Tschermak^) zum Zwecke seiner
Züchtungen von blauen, gefüllten und calycanthemischen Formen im
Mendehnstitute gehalten hatte. Im Jahre 1915 machte ich zur Er-
reichung des erwähnten Zweckes einige Bastardierungen; ich danke
es der Sorgfalt von Fräulein Wasch nitius, daß während meiner
Einrückung diese Bastardierungen erhalten blieben. Dieser erste
Versuch schlug jedoch fehl. Im Frühjahr 1919 führte ich auf Grund
neuerlicher mikroskopischer Untersuchungen weitere Bastardierungs-
versuche durch. Eine dieser Bastardierungen führte zu dem ge-
wünschten Erfolg. Unter den Bastarden waren zwei Individuen,
welche die gewünschte anatomische Kombination und damit den er-
warteten FarbefFekt zeigten.
Der Gang der Arbeit war folgender:
Zunächst wurden von allen Individuen die Farben auf Grund
des Code des Couleurs von Klincksieck und Valette festgestellt.
Dann wurde von möglichst vielen Typen der mikroskopische Bau
untersucht. Es fanden sich vereinzelte Forn/en, bei welchen Carotin-
körnchen im Mesenchym vorhanden waren. Bei den meisten ist das
Mesenchym farblos. Der Kürze der Ausdrucksweise halber bezeichnete
ich mit „M" solche Formen, welche Carotin im Mesenchym enthielten.
^) Prof. Tscliermak demonstrierte die Ergebnisse dieser Züchtungsversuche
am 21. März 1910 in der zoologisch botanischen Gesellschaft in Wien. Es waren
neben einfach blauen Formen calycanthemisch blaue Neuheiten, ferner gefüllte
blaue und calycanthemisch gefüllte blaue. Ich bin Herrn Prof. Tschermak
nicht nur dafür zu Dank verpflichtet, daß er einen Teil seines Materials im Eis-
gruber Insjiitut beließ, dadurch die Möglichkeit gebend, an den nunmehr unter
meiner Obhut stehenden Pflanzen weitere Versuche durchzuführen, sondern ganz
besonders für freundliche Mitteilung von Stammbaumdaten aus seinem Zucht-
buche, Vielehe die Abstammung meiner Ausgangspflanzen betreffen. Es ist mir
eine angenehme Pflicht, diesen Dank hier auszusprechen.
350 Kleine Mitteilungen.
mit „m" solche ohne Carotin im Mesenchvm. Es jribt Formen, welche
Carotin im basalen Teil der Epiblempapillen besitzen, den meisten
fehlt es: „P" bedeutet Carotin in der Papille, ,.p" Fehlen des Carotins
in der Papille. Es gibt Formen, bei welchen der Zellsaft der Papillen
ungefärbt ist, solche bezeichnete ich mit ,,a", solche, bei denen der
Zellsaft eine gelbe Lösung enthält, bezeichnete ich mit „G", solche,
bei welchen der Zellsaft eine rote Anthocyanlösung enthält, mit „R",
und solche, bei welchen der Zellsaft eine blaue Anthocvanlösuno- ent-
hält, mit „P". Bei der Beschreibung des mikroskopischen Befundes be-
diente ich mich nun einer Anzahl Formeln, die aus dem oben Ge-
sagten leicht hervorgehen.
CC 211, MPa bedeutet beispielsweise: die betrettende Blüte' ist
schwefelgelb, der Ton entspricht dem Ton 211 in C(ode) C(ouleurs).
Die Färbung wurde hervorgerufen durch das Vorhandensein von
Carotin im Mesenchvm (M) und im basalen Teil der Epiblempapillen
(P), Farbstofflösung war keine vorhanden (a). Oder CC 557 MPR.
Die betrettende Blüte hatte einen violetten Ton, der dem Ton 557
in CC entspricht; im Mesophyll und im basalen Teile der Papille
war Carotin vorhanden : die Papille enthielt außerdem eine rote
Anthocyanlösung. Es ist das also ein Beispiel für eine Subtraktions-
farbe. Oder: CC 578 mpR + mpB. Die betrettende Blüte hatte
einen rotvioletten Ton, der dem Tone 578 im CC entspricht; das
Mesophyll w^r farblos . die Papillen enthielten keine Carotin-
körnchen ; es gab aber zweierlei Papillen , welche bunt durchein-
ander gemischt vorkamen, und zwar solche mit rotem Anthocyan
und solche mit blauem Anthocyan. Dieser Fall ist ein Beispiel für
eine Additionsfarbe. Ich habe an dem mir zur Verfügung stehenden
Materiale im ganzen folgende Farbtöne festgestellt, deren anatomische
Grundlagen in folgender Tabelle durch Formeln beschrieben sind.
CC
Rot ... 2 mPR
„ ... 32 mPR -f mPG
Rotorange (52 MPR
Orangegelb 178C mpg
178D mpG
Gelb '. . . 211 MPa
Blauviole
tt 453
„
463
mpB
7!
470
n
477
mpB
V
478
mpR -j- mpB
n
481
482
»
487
Violett .
. 501
Kleine Mitteilungen.
351
cc
Violett .
. 502 mpB, — mpR + mpB
»
503
n ■
504
n
506
n
507
5?
526
■n
527 mpR + mpB
VI
528 mPR + mPB, — mpR. +,mpB, — mpR
n
530 mpR + mpB
J)
531
n
532
n
534
w
536
»
537 mPa + mPR
17
542
Violettrot
. 551 mpE, + mpG, — mpK
n
552 mpE, + mpB, — mpR
«
553 mpE + mpB
»
563 mpß + mpB + mpG
)j
555 mPR, MPR + MPB
n
556
n
557 MPR, — mpR + mpG, — mpR
n
558 mpR, — MPR + MPB
ii
562 mpR
n
563 MPR + MPa
«
567 mpR
r
571 MPR + MPa
15
577 MPR + MPa + MPG, mpR + mpB, mPR, mpR
??
578 mpR + mpB, — MPR + MPB, — mBR, — mpR
?)
579
)I
580 mPR + mPB, MPR, mpR
«
582 mPa + mPR
J)
587 mpR
Aus 'der Tabelle geht hervor, daß ein und derselbe Farbton bei
verschiedenen Pflanzen auf verschiedene Weise Zustandekommen kann.
Zum Beispiel der Ton 528. Bezüglich der Feststellung des Farben-
tones nach dem CC möchte ich bemerken, daß auch diese Messung,
wie jeder vom Menschen durchgeführte Vergleich, Fehlerquellen be-
sitzt. Wollten wir uns ganz präzise ausdrücken, so müßten wir sagen :
Am Tage der Untersuchung hatte die untersuchte Blüte, im auf-
fallenden diffusen Lichte mit den Tönen des CC von einer bestimmten
Person verglichen, mit dem Tone x eine größere Ähnlichkeit, als
mit allen anderen Tönen dieses CC.
352
Kleine Mitteilungen.
Abgesehen von Beleuchtungsschwankungen, von Verscliiedenheiten
des individuellen Unterscheidungsvermögens verschiedener Beob-
achter usw. zeigt es sich auch , daß die verschiedenen Blüten einer
Pflanze einander im Farbton zwar sehr ähnlich sind, aber durchaus
nicht absolut gleich zu sein brauchen, das verschiedene Alter spielt
dabei auch eine Eolle, ebenso wie die Beleuchtungsverhältnisse,
welchen die Pflanze zur Zeit des Aufblühens ausgesetzt war. Die
Bezeichnung mit einer bestimmten Zahl des CC kann also nur eine
Bezeichnung für eine große Ähnlichkeit, nicht aber für absolute
Gleichheit der Blütenfarbe mit dem angegebenen CC-Ton sein. Dies
zur Kritik der Fehlergrenzen des Verfahrens.
Bei den Versuchen . schwebte mir die Kombination mPB oder
MPB vor, d. h. Carotin in den Papillen und darüber eine blaue Farb-
stofiPlösung. Da Gelb und Blau komplementäre Farben sind, war eine
große Annäherung an Schwarz bei einer solchen Kombination zu er-
warten. Mit andern AVorten: Das blaue Anthocyan absorbiert bei
einer solchen Kombination einen Teil des spektralen Lichtes , da&
darunterliegende Gelb absorbiert einen weiteren Teil des spektralen
Lichtes, und zwar gerade den, welchen das Anthocyan übriggelassen
hat; der Erfolg muß daher der sein, daß im gedachten Idealfalle alle
für unser Auge wirksamen Lichtstrahlen von einem solchen Blumen-
blatt absorbiert werden , das Blumenblatt daher "schwarz erscheinen
muß. Ohne die Zahl der Bastardierungen, die ich durchgeführt habe,
alle im Detail zu besprechen, möchte ich kurz berichten:
Die Bastardierung Nr. 32 ((
blau) ergab in ihrer F^ folgende Farbentöne:
Violett Pflanze Nr.
Violettrot
563 MPR + MPa) >< Nr. 23 (CC 501
CtX kJ\Z
CC
181
527
mpR + mpP
179
528
mpE.
173
528
mpR
171
528
mpR + mpB
214
528
211
551
.
147
551
172
552
mpR
182
552
mpR + mpB
169
553
mpR, + mpB
175
554
168
555
MPE -f IkIPB
228
557
167
558
MPK -f MPB
213
577
170
578
mPß
176
578
mPR .
Violett
Kleine
Mitteilun
gen.
CC
-
Pflanze Nr. 177
578
mpE + mpB
»
. 178
578
mpR
n
., 180
578
mpE
•.1
:, 212
578
51
., 224
579
J)
„ 174
580
MPR
M
:m— 3
:12
P
: p — .5
:10
P .
:p- 7
: 8
E
: r =15
: 0
Farbe
: a — 15
i: 0
353
Die Pflanzen Nr. 167 und 168 zeigten nun die gewünschte Kom-
bination. Pflanze Nr. 167 hatte einen sehr dunklen „ aschvioletten "
Ton mit schwarzen Partien. Das 'Resultat der mikroskopischen
Untersuchungen ergab die Formel MPR + MßP. Es handelte sich
also um eine Additionswirkung zweier Subtraktionsfarben ; die Partien
des Blumenblattes, bei welchen Carotin unter rotem Anthocyan vor-
herrschten, zeigten einen ins Violette spielenden Ton; die Partien,
und das ließ sich durch die mikroskopische Untersuchung einwand-
frei feststellen, welche Carotin unter blauem Anthocyan, also
die gewünschte Kombination zeigten, waren schwarz, und zwar nicht
tiefschwarz, sondern von einem Ton, der etwa dem Schwarz von ge-
stoßenem Koks entspricht.
Pflanze Nr. 168 hatte ebenfalls einen dunklen aschvioletten Ton,
mit schwärzlichen Partien. Die Annäherung an die gewünschte Ge-
samtwirkung war in diesem Falle zwar auch vorhanden, die in ge-
ringerer Menge auftretenden blauen Papillen ließen aber den violetten
Ton der vorherrschenden MPR Partien mehr hervortreten. Mithin
ist es gelungen , eine Farbenkombination künstlich hervorzurufen,
welche unserem Auge als schwarz erscheint ; die bisherigen Resultate
sind eine Annäherung an den Idealfall, der durch die Formel
M(oder m)Pß gegeben ist.
Folgende theoretische Überlegung bilde den Abschluß unseres
Versuchsberichtes.
Das, was Avir auf Grund unseres Sinneseindruckes ., Farbe" eines
Blumenblattes nennen, ist ein komplexes Phänomen, das in seiner
Realität der Gesamtheit des Zusammenwirkens mehrerer Ursachen-
komplexe entspricht. Soweit unsere heutigen Kenntnisse reichen,,
lassen sich diese Ursachenkomplexe in drei Gruppen ordnen:
1. Die chemische Natur der Vorgänge, welche die Bildung der
Farbstoffe verursachen.
354 Kleine Mitteilungen.
In der sehr übersichtlichen Zusammenstellung von Sc hiemann')
ist der gegenwärtige Stand des Wissens auf diesem Gebiete nieder-
gelegt. Man weiß heute, daß es im wesentlichen zwei Gruppen von
Farbstoffen, die bei der Bildung der Blütenfarben in Betracht
kommen, gibt: ]. Die Anthozyanine (Anthocyan) und Anthoxantine
(gelbe Farbstofflösungen), diese kommen gelöst im Zellstoff vor.
2. Die plastischen Pigmente (Chlorophyll, Xantophyll, Carotin).
Die Grundlage zur Farbbildung überhaupt ist das Vorhandensein
eines Glukosids -) (bei einschlägigen Erblichkeitsexperimenten B Grund-
faktor für Farbe überhaupt). Ufii eine Farbe zu liefern, muß nun zu-
nächst ein gukosidspaltendes Enzj-m die Bildung eines Chromogens
bei gleichzeitiger Abspaltung von Zucker veranlassen (Faktor C der
B au r sehen Experimente)^). Aus dem Chromogen gehen durch
Wirkung verschiedenerlei Oxydasen (Faktoren FRML Baurs) ver-
schiedene Anthokyane hervor.
Trotz mancherlei Schwierigkeiten haben moderne chemische Unter-
0°
suchungen doch eine Vorstellung ermöglicht, welche chemischen Pro-
zesse die Entstehung der Farben ermöglichen und wie man diese
chemischen Prozesse mit gewonnenen genetischen Erfahrungen ver-
binden kann.
2. Die physikalischen Grundlagen der Blütenfärbung.
Ich glaube , daß aus dem Vorstehenden genugsam hervorgeht,
daß bei Vorhandensein eines und desselben Farbstoffes resp. einer
und derselben Farbstoffkombination der Eindruck auf unser Auo^e
doch verschieden sein kann, je nach der Anordnung der Farben
(nebeneinander — Additionsfarbe, übereinander — Subtraktionsfarbe)
und den anatomischen Konstruktionsvariationen des Blumenblattes
(Kurvenpapillen — Samtglanz, matte Farbe — Kuppelpapillen). Die
Arbeit Exners gibt uns hierfür die nötigen Grundlagen, Für die
Gartenprimel habe ich im obigen den experimentellen Beweis ge-
liefert, daß diese Auffassung richtig ist. Wir haben also erst dann
das Phänomen der Blütenfarbe vollständig erfaßt, wenn wir auch
diese Ursachengruppe in den Kreis unserer Beobachtungen ziehen.
3. Optisch physiologische Ursachenkomplexe*).
Gregory^) deutet in einer Anmerkung S. 104 seiner Arbeit eine
') E. Schiemann: „Neuere Arbeiten über die Bildung der Blütenfarbstoffe."
Sammelreferat in Zeitschrift für induktive Abstammungs- und Yererbungslehi-e,
Bd. XIV, S. 80 ff.
2) Whel da Ische Hypothese.
') E. Baur: „Vererbungs- und Bastardierungsversuche mit Anthyi-rhinum."
Zeitschrift für induktive Abstammungs- und Vererbungslehre, Bd. III, S. 34 ff.
*) Vgl. A. Höfler: „Psychologie", 1897, S. 108 ff.
^) A. P. Gregory: „Experiments with Primula sinensis." Journal of Gene-
tics. Vol. 1. Nr. 2, 1911.
Kleine Mitteilungen. 355
Scliwierig'keit der Farbbeurteilung an, die in dem nahen Nebeneinander
verschieden gefärbter Farbpartien bei den „Sirdars" liegt. Es ist kein
Zweifel, daß Erscheinungen von simultanen Kontrasten bei gestreiften
und gefleckten Blüten vorkommen können, wie auch sukzedane Kontrast-
wirkungen bei vergleichenden Betrachtungen niclit außer dem Be-
reiche der Möglichkeit liegen. Ich liabe bei meinen Versuchen, die
ja ein eng begrenztes Ziel hatten, von ganz vereinzelten Fällen ab-
gesehen, nur ganzfarbige Formen vor mir gehabt, auch wurde die
Farbe des Saftmales, „Auge der Primel", nicht näher berücksichtigt.
Ich habe bisher persönliche Erfahrungen über Störungen des physio-
logischen Farbeindruckes durch das Nebeneinander und Nacheinander
verschiedener Farbeindrücke nicht gesammelt, halte es aber der Voll-
ständigkeit halber für notwendig, auch diesen Ursachenkomplex des
Zustandekommens dessen, was wir Farbe nennen, zu erwähnen. Das
Zusammenwirken aller dieser drei Ursachenkomplexe ergibt dann den
endgültigen Farbeindruck.
Zur Erforschung der Genetik der Blumenfarben kann natur-
gemäß die Frage nicht so liegen: wie vererbt sich die rote, blaue,
violette Blütenfarbe usw., denn die „rote Blütenfarbe" ist als solche
im Blumenblatte nicht gegeben, es ist der Ausdruck für den spezi-
fischen Sinneseindruck, den uns ein großer Ursachenkomplex in seiner
Gesamtheit vermittelt; die Frage kann nach dem derzeitigen Stande
der Kenntnisse nur so lauten:
Wie vererben sich die Bedingungen des Auftretens eines be-
stimmten Anthocyans in einer Zelle , wie vererben sich die Be-
dingungen des Auftretens von Carotin in einer Zelle , wie vererben
sich die Bedingungen des Auftretens von verschieden gefärbten Zellen
(Additionsfarbe), wie vererben sich die Bedingungen des Auftretens
von bestimmten Konstruktionsvariationen des optischen Apparates im
Blumenblatte? Da ich auf Grund meines Materiales mir bisher ein
Urteil über die Beantwortung dieser Fragen bezüglich der Garten-
primel noch nicht erlauben zu können glaube, möchte ich auf die
wertvollen Untersuchungen Gregory s zurückgreifen, unter der, dem
natürlichen Menschenverstände einleuchtenden Annahme, daß bei der
Gartenprimel die genetischen Verhältnisse ähnlich sein dürften, wie
bei Primula sinensis. Gregory findet für Primula sinensis zwei Grund-
faktoren für Farbe , ß Rotfaktor (vielleiclit dem Chromogen ent-
sprechend), C Aktivierungsfaktor (vielleicht der Oxydase entsprechend),
blau fand er immer rezessiv, ein Verhalten, das ich für mein Ver-
suchsobjekt bestätigen kann; wie sich die verschiedenen Hemmungs-
formen in die präzisierte Fragenstellung einfügen werden und ob sie
in analoger Weise bei der Gartenprimel nachweisbar sein werden,
läßt sich derzeit noch nicht sagen. Die Tatsache, daß Gregory
für „Magenta" beispielsweise einen Vererbungsmodus fand, der nicht in
356 ■ Kleine Mitteilungen.
allen Experimenten der gleiche war, deutet darauf hin, daß der so
bezeichnete Farbenton bei den verschiedenen Varietäten vielleicht
physikalisch verschieden verursacht wird, eine Vermutuno;, die durch
meine Untersuchung der Farbtöne an Gartenprimeln gestützt wird.
Aus meinen Experimenten kann ich derzeit folgende Schlüsse ziehen :
Bei Bastardierung von Formen, deren Epiblemzellen keine Farbstolf-
lösung enthalten, mit Fprmen, deren Epiblemzellen FarbstotFlösung
enthalten, trat ausnahmslos Farbstolflösung auf. Das A^orhandensein
von Farbstolflösung ist also dominant über das Fehlen derselben.
Rote Papillen haben sich in Übereinstimmung mit den Befunden
Gregorys als dominant über andere Farbtöne des Anthocians ge-
zeigt. Das Vorhandensein einer gelben Lösung scheint rezessiv gegen-
über dem Fehlen gelber Lösung zu sein. Blaues Anthocyan- hat sich
als rezessiv gegenüber anderen Farbabstufungen gezeigt.
Die in dieser Arbeit gegebenen Daten sind die ersten Resultate
einer Arbeitsrichtung, die ich für das Studium der Blütenfarben ein-
geschlagen habe ; der praktische Erfolg der Züchtung von annähernd
schwarzen Formen schien mir eine Publikation der bisherio-en Resul-
täte in dieser Zeitschrift zu rechtfertia:en.
"Wicke mit linsen förmig^en Samen.
4
Von Prof. C. Fruwirth. — Wien.
(Mit 1 Abbil.tuiig.)
Auf der Zentralstelle der Züchtervereinigung N o 1 c u. v. D r e g e r
in Chlumetz a. C. war, in dem dort von ihrem Leiter und Besitzer
A. V. D r e g e r geschaffenen botanischen Garten, bei der Aufarbeitung
der Ernte eines Linsenbeetes, im Winter 1919/20, eine abweichende
Pflanze gefunden worden. Dieselbe hatte Hülsen wie die "Wicke, aber
die Samen waren flach, gelblichgrün und jenen der Linse dem Äußeren
nach vollkommen gleich. Die Linsensaat, in welcher die Pflanze auf-
getreten war, war gewöhnliche Handelssaat der Linse , von welcher
ich 1919 eine Probe von Herrn Direktor Reif von der „Planta"
erhalten hatte.
Da die Vermutung aufgetaucht war, daß es sich bei der fraglichen
Pflanze um die Folge einer Bastardierung von Wicke mit Linse han-
deln könnte, wurde mir die Pflanze vorgelegt und die Samen derselben
wurden 1920 in Chlumetz gesät. Die Ernte 1920 ergab in Chlumetz,
nach freundlicher brieflicher Mitteilung von Major v. DregerM, daß
alle Pflanzen der fraglichen Abstammung, wovon ich mich im Sommer
1920 auch überzeugt hatte, wie AVicke aussahen und daß sie wieder
') Vom 21. August 1920.
Kleine Mitteilungen. 357
■einheitlich linsenförmige Samen gebracht hatten, während alle Linsen-
pflanzen der gleichen Herkunft wieder normale Linsenpflanzen ge-
liefert hatten. Bei einer Kochprobe von Samen der fraglichen Pflanze
wurde der Geschmack weniger fein als bei Linsen gefunden; kein
bitterer Geschmack bemerkt.
Die wohl erste Mitteilung über angebliche Wicken — Linsenbastarde
machte "Wiegmann. Focke führt dieselbe Avie folgt an — die
•OriginalmitteilungWiegmanns stand mir nicht zur Verfügung: — : „Wieg-
mann säte Vicia sativa und Ervum lens durcheinander, suchte von
den geernteten Wicken die stärker abgeplatteten und fahl gefärbten
Samen aus und erhielt daraus eine Rasse mit platten fahlen Samen.
Die Linsen hatten im folgenden Jahr ein etwas röter gefärbtes Fähn-
chen ^)." „Aus den modifizierten Wicken erzog Wiegmann eine Wicken-
sorte mit linsenähnlichen, weißgelblichen, fast platten Samen ^)".
Gärtner hatte einen der vermeintlichen Bastarde erhalten, fand die
ausgeernteten Linsen, „Kichern" auch hi der zweiten Generation kon-
stant, und bezweifelte schon ihre Bastardnatur ^). Ihm war auch die
Ansicht mancher Landwirte zu Ohren gekommen, daß aus Linsen-
samen gelegentlich Wicken entstehen und in kühlen, naßkalten
Sommern Linsen in Wicken übergehen. Letzteres ist eine ähnliche
Ansicht , wie sie selbst kürzlich wieder — nach 20 Jahren Tätigkeit
der Saatzuchtabteilung — lange unwidersprochen in den „Mitteilungen
der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft" auftauchte. Diesmal war
•es Winterhafer, der sich über Winter in Trespe verwandelt hatte ^).
Wicken mit linsenförmigem Samen begegnete ich in diesem Jahr
nur noch von drei Orten. Der Direktor der ungarischen Pflanzen-
Zuchtanstalt zu Magj^arovär sandte mir neben einer Probe einer
Ware, die als Linse siebenbürgischer Herkunft geht, eine Samenprobe
einer Form, die Professor Legany „durch Staudenauslese" gewonnen
imd Linsenwicken genannt hatte. Professor Legany, der jetzt
Generaldirektor der Hatvaner Pflanzenzüchtungs - Aktiengesellschaft
ist, war so gütig, mir ein Muster der Ausgangspopulation zu senden,
aus welcher die Auslese stattgefunden hatte. Er berichtet weiter
aus Hatvan über die Entstehungsgeschichte wie folgt*):
„Was die Abstammung der Pflanze betrifft, habe ich die Ehre von
selber folgendes zu berichten: Ln Jahre 190(), als ich Professor des
Pflanzenbaues der landwirtschaftlichen Akademie in Magyarövär war,
haben wir auf unserem Versuchsfelde Linsen, Wieken und andere
Hülsenfrüchte zwecks Vorstellung für die Hörer nebeneinander gebaut,
1) Pflanzenmischlinge 1881, S. 515.
2) Versuche und Beobachtungen über Bastardei-zeugung im Pflanzenreich,
S. 80—87 und 135.
=') Mitt. d. D. landw. Ges. 1920.
*) Brief vom 2. April 1920.
358
Kleine Mitteiluugen.
und auf der Linsenparzelle fand ich ein bis zwei Pflanzen, die äußer-
lich der Wicke ähnlich waren; nachdem ich diese zwei aulfallend
abweichenden Pflanzen bezeichnet und jede für sich geerntet hatte,
fand ich in vielsamigen Schoten der Linse ähnlichen Samen. Den
Ge-w*öhnliche Wicko, 2 : 1.
Wicke mit linsentorniigen Samen, 2:1.
gewonnenen Samen nächstes Jahr wieder angebaut, fand ich, daß die
Pflanzen bezugs ihrer äußeren Eigenschaften keine besonderen Ab-
weichungen zeigten, doch um so mehr unterschieden' sich voneinander
die Samen der o-ewonnenen Pflanzen. Durch zwei bis drei Jahre
vermehrte ich den Samen, doch ließ meine spätere anderweitige Ein-
teilung, als auch der Weltkrieg meine diesbezüglichen Arbeiten nicht
fortsetzen, bis ich vor zwei Jahren die Direktion der Hatvaner Samen-
Kleine Mitteilungen. 359
zueilt A,-G. angenommen, das Material wieder hervorgeholt und aus
demselben 30 Stämme ausgewählt habe. Viel Erfolg damit habe ich
bis jetzt noch nicht gehabt. Die 30 Stämme unterscheiden sich so-
wohl in äußerer Form, besonders aber in ihren Samen voneinander,
da zwischen ihnen gerunzelt-, glatt-, flach-, rund-, hell- und dunkel-
samige Pflanzen vorkommen.
Die Pflanze selbst ist, wie ich erwähnt habe, der Wicke ähnlich,
die Schoten sind sieben- bis achtsamig, nicht ein- bis zweisamig, wie
bei der Linse. Als Futterpflanze habe ich sie noch nicht erprobt,
doch beabsichtige ich, sie auch in dieser Hinsicht zu beobachten.
Bei der Benützung der Samen zu Speisezwecken habe ich mich schon
überzeugt, daß derselbe die guten Eigenschaften der gewöhnlichen
Linsen nicht zeigt. Sie kochen sich schwer (bei Zugabe von Soda-
bicarbona zum Kochwasser leichter) und sind etwas bitterlichen Ge-
schmackes, was ich mit der Züchtung zu beseitigen versuche. Die
bisher stehenden 30 Typen sind jetzt dreijährig,' und so kann ich von
ihnen noch kein Urteil abgeben. Was ich nämlich von der Brauch-
barkeit des Samens geschrieben habe, bezieht sich auf das Grund -
material, von welchem ich dieses Jehr eine größere Anzahl Mutter-
pflanzen auszuwählen beabsichtige."
Bei einem Besuch der Pflanzeijzuchtstätte Loosdorf im Sommer
1920 zeigte mir Direktor Schreyvogl ein Beet mit Wicken, welche
offenbar auch der gleichen Form wie die von Chlumetz erwähnte
Pflanze und die Wicke mit linsenförmigen Samen aus Siebenbürgen
und die „Linsenwicke" Prof. Leganys angehören. Direktor Schrey-
vogel hatte Pflanzen derselben schon ein Jahr vorher aus Handels-
waare von Linse ausgelesen, die er von der Kriegsgetreideverkehrs-
anstalt erhalten hatte und die aus dem Osten stammte. Die-
erwachsenden Linsenpflanzen geben ihm wieder Linsen, die Wicken-
pflanzen wieder AVicken, aber eben mit linsenförmigen Samen ').
Der Anbau der aus Ungarn stammenden Proben in meinem Zucht-
garten ergab bezüglich der Form der Samen das folgende : Die Popu-
lation, welche Prof. Legany gesendet hatte, zeigte insofern das
gleiche Bild wie die Probe „siebenbürgische Linse" und die Probe
der aus Maggarovär erhaltenen Züchtung ,, Linsen wicke", als in allen
drei Proben drei Typen von Samen vorhanden waren und zwar Samen:
1. Der gewöhnlichen Form der Wickensamen entsprechende, die
im Umriß eckiger, wie die Samen der zwei anderen Formen und
dicker wie diese sind (2,8 — 3,1 mm dick, 5 : 5,4 mm mittlere Durch-
messer, 100 Stück 7,5 g).
2. Der Foim der Linsensamen entsprechende, die, liegend, im
Umriß kreisförmig oder kaum gedrückt kreisförmig, stärkst abgeplattet
') Brief vom 25. August 1920.
360 Kleine Mitteilungen.
und am dünnsten unter den drei Formen sind (2,1 — 2.4 dick, 5,2 : 5,4 mm
mittlere Durchmesser, 100 Stück 4,9 g). '
3. Wesentlich kleinere und bauchigere Samen, die — hegend —
im Umriß kreisförmig sind, an jene der eiubUitigen Erve Vicia monantha
I)csf. erinnern, aber kleiner als diese sind (2.5^ — 2,8 mm dick. 4.5 : 4.5 mm
mittlere Durchmesser, 100 Stück- 4.1 g).
Die Samen aller drei Formen zeigten grünlichgelbe Färl)ung der
Samenhaut, etwas grünlichere als sie meist hellgefärbte Liusensamen
aufweisen (code de couTeurs von Klincksieck und de Valette
Nr. 188, 193, 198 entsprechend).
Die Form 2 war in der Züchtung o-anz wesentlich häufiger,
Form 1 in derselben sehr selten. Auch in der „siebenbürgischen
Linse'' war die Form noch häufiger, erheblich seltener in der Popu-
lation. Innerhalb je einer Pflanze war die Samenform einheitlich,
das heißt es waren innerhalb einer Pflanze nur Samen eines der
drei Typen vorhanden.
Der Anbau eines Samens der in Chlumetz beobachteten Pflanze
gab mir nur Samen von Typus 2.
Die übrigen Erscheinungen der Pflanzen, sowohl der aus Ungarn
stammenden . als der aus Chlumetz stammenden . waren durchweg
solche, wie sie die Wicke zeigt^ Ln Aufbau der Pflanze: Zurück-
bleiben der zuerst gebildeten Achse und darauffolgende reichliche
Seitenachsenbildung von der Basis derselben, Anordnung der Blüten
an ein- bis zweibiütigen Stielen , glichen die Pflanzen der Wicke ;
Farbe der Blüten , Kelchbau und Griffelbehaarung waren wie bei
Wicke. Die Nebenblätter waren halbnierenförmig , ungleich ein-
geschnitten gezähnt, mit purpurnem Fleck versehen, die Hülse war
kurzflaumig, lang, abstehend, sechs- bis achtsamig, alles wie bei Wicke.
Bei den Samen war, abgesehen von ihrer Form, auch nichts zu finden,
was sie von solchen der Wicke unterschieden hätte.
Im anatomischen Bau der Samenhaut unterscheiden sich Wicke
und Linse sehr undeutlich voneinander , äußerlich zeigt die Wicke
ein etwas weniger ausgeprägtes Strophiolum und einen etwas breiteren
Nabel als die Linse, beide Merkmale waren auch bei den Samen der
untersuchten Formen zu finden. Harz sagt, daß der Nabel bei der
Linse kürzer ist als bei der Wicke ; diesen Unterschied konnte ich
auch bei typischen Wicken- und Linsensamen nicht finden. Die
Pflanzen erwiesen sich demnach ausgesprochen als Wickenpflanzen,
und auffällig war nur die an die Linse erinnernde Form und allen-
falls Färbung der Samen. Was die Form betrifft, so ist mir aller-
dings eine Wicke mit so flachen Samen nicht untergekommen, grün-
liche und gelbliche Färbungen liommen allerdings vor, wenn auch
die häufigst gebauten Formen dunkle Farbe zeigen. A 1 e f e 1 d , der
gerade die Hülsenfruchter besonders eingehend systematisch bearbeitet
Kleine Mitteilungen. 361
tat, führt auch keine Form an, welche mit der besprochenen sich
•decken würde. Seine Form chlorosperma kommt näher: „grüngelb,
komprimiert", aber das „etwas länglich meist gestutzt" stimmt nicht ^).
Gegen die Annahme , daß bei der in Chlumetz aufgefundenen
Form das Ergebnis einer Bastardierung zwischen Linse und Wicke
vorliegt, spricht eigentlich alles. Zunächst gelingt eine künstliche
solche Vereinigung — wie mir in diesem Jahr vorgenommene Ver-
suche zeigten — nicht, v. Tschermak war die , gleichfalls von
Wie gm an behauptete, Bastardierung Erbse x Linse auch nicht ge-
lungen. Bei seinen Versuchen war dabei, so wie bei den meinigen
mit Wicke und Linse, auch keine Fruchthüllenbildung eingetreten,
■während er bei der Bastardierung Erbse x Platterbse in einigen Fällen
3 — 4 cm, in einem Fall selbst 5 cm lange Hülsen erhielt, die aller-
dings ohne Samen waren ^).
Auffallend wäre es auch für eine Bastardierung, daß die erste
Generation einer solchen , wie sie , der Vermutung nach , in der in
Chlumetz aufgefundenen Pflanze gegeben gewesen wäre , keinerlei
Abänderung der äußeren Erscheinung der Wickenpflanze zeigt, ebenso
die Pflanzen der zweiten Generation einfach Wicken waren und ledig-
lich die Samenform das Abweichende war. Endlich daß, was ja damit
schon gesagt ist, in der zweiten Generation keinerlei Formengemisch
auftauchte; die Form blieb von ihrer Auffindung ab konstant, so wie
dieses auch bei den von Wiegmann und Legany aufgefundenen
der Fall war. Bei der Auffindung der Pflanze in Chlumetz hatte ich
auch an die Möglichkeit einer spontanen Variation gedacht, wie ich
solche ja bei Ausschluß von Fremdbestäubung bei meinen Versuchen
zur Wirkung der Auslese mehrfach beobachtet hatte ^). Das Auf-
tauchen der gleichen Form an zwei anderen Orten und die Art dieses
Auftauchens läßt mich eine andere Art der Entstehung annehmen.
Die im Handel vorkommenden Wicken sind mit verschwindenden
Ausnahmen Populationen aus einer Reihe von schon äußerlich, be-
sonders in Farbe und Form der Samen, unterscheidbaren Formen-
Jkreisen. Dies ist bei Wicken aus östlichen Gebieten Europas aus-
nahmslos der Fall, da Saatgutbau oder erst Züchtung daselbst bei
Hülsenfruchtern noch nicht eingesetzt hat. Ich halte die fragliche
„Linsenwicke" und die ihr gleichen anderen Formen: siebenbürgische
„Linse" und die Pflanze aus Chlumetz sowie die von Loosdorf be-
obachtete Form, für eine solche Form der gewöhnlichen Futterwicke
Vicia sativa, die seit langem vorhanden und in Populationen mit
anderen Wickenformen gemischt ist. Die Ähnlichkeit der Samen der
fraglichen Form mit jenen der Wicke hat an einzelnen Orten dazu
1) •Landwirtschaftliche Flora, 1866, S. 64.
2) Ber. d. deutschen botan. Ges. 1902, S. 7.
^) Zeitschr. f. Pflanzenzüchturrg.
Zeitschrift für Pflanzenzüchtung. Bd. VII. 23
362 Kleine Mitteilungen.
veranlaßt, die Pflanze selbst Linse zu nennen, wie dies, nacli Mit-
teilung Direktor Graben OS bei einer aus Siebenbürgen stammenden
Population der Fall war, die zum großen Teil Pflanzen der fraglichen
Form enthält. Auch aus einer Mitteilung Rosts scheint mir dieses
hervorzugehen. Er sagt: „Noch besser soll sich die Kultur der lang-
schotigen Linse lohnen" ^). Das ist offenbar unsere fragliche Form,
denn eine echte Linse, Ervum Lens mit langen Hülsen gibt es nicht
und die einblütige Erve Vicia monentha, die gemeint sein könnte,
da sie auch oft unter der Bezeichnung Linse segelt, wird von Rost
für sich behandelt.
Hier war nur die Entstehung der Form zu besprechen, da letztere
wahrscheinlich mehrfach aufgefunden wird, nachdem die Verhältnisse
der letzten Jahre Hülsenfruchter aus dem Osten weit verbreitet haben.
Nebenbei sei bemerkt, daß die Form aus dem Grunde wertvoll sein
kann, weil sie auch gebundenere Böden verträgt und wohl überhaujit,
jedenfalls aber auf solchen, reichere Erträge als die Linse gibt. Aii
das leichte Bittere ihrer Samen muß man sich allerdings gewöhnen.
Xenien zwischen Melonen und Gurken.
V^on J. Becker,
Markgraf, Neusiedl (N.-Österr.).
La der gärtnerischen Praxis nicht minder wie in gärtnerischen
Schriften ist der Glaube weit verbreitet, daß die gewöhnliche Garten-
gurke, Cucumis satkus L. , nicht ungestraft in die Nähe der Melone,.
Cucumis nielo L., gepflanzt werden kann, und daß beide durch gegen-
seitige Befruchtung einen höchst unangenehmen und deutlich wahr-
nehmbaren Beigeschmack erhielten. Außerdem sollen die mit Melonen-
blütenstaub befruchteten Gurken im Zuckergehalt steigen, während
umgekehrt bei gurkenbestäubten Melonen der Zuckergehalt erheblich
sinken soll. Es würde sich hier also um Xenien handeln, d. h. um
Beeinflussung einer Frucht durch den Pollen einer anders gearteten
Vaterpflanze anläßlich einer Bastardierung. Um nun die Richtigkeit
dieser Ansicht zu erproben, wurden vom Berichterstatter, als Ergänzung
anderer, praktischen Zwecken dienender Gurkenbastardierungen, auch
Bastardierungen zwischen Gurken und Melonen vorgenommen. Zur
Verwendung kam die halblange Freilandgurke von Znaim und die
Berliner Netzmelone. Gearbeitet wurde in drei Gruppen. Bei
der ersten wurden die weiblichen ungeöffneten Gurkenblüten sehr
zeitig in Reagenzgläschen mit "Watteverschluß isoliert und die Be-
fruchtung nur mit Melonenblütenstaub vorgenommen und
zwar das erste Mal am Morgen des Aufblühens , das zweite Mal am
*) Anbau der Hülsenfrüchte und des Buchweizens, 187i5, S. 53.
Kleine Mitteilungen.
363
folgenden Morgen. Die weiblichen Blüten der zweiten Gruppe
wurden genau so behandelt, nur wurde am ersten Morgen mitMelonen-
blütenstaub und am zweiten mit Gurkenblütenstaub be-
fruchtet. Die dritte Gruppe endlich blühte frei ab und wurde
außerdem künstlich mit Melone und Gurke bestäubt. Die
Isolierung der Melonen- und noch zu erwähnenden Kürbisblüten er-
folgte genau so wie oben angegeben. Die Gläser wurden durch
n -förmig gebogene Drähte unverrückbar am Boden festgelegt, ebenso
auch die blühende Ranke. Durch Abbiegen und Feststellen nahe-
liegender Blätter mittels ähnlicher Drähte sollte das grelle Sonnen-
licht abgehalten werden. Trotzdem war die Bildung von Atmungs-
wasserniederschlägeri an der Glaswand zuweilen sehr stark, außerdem
wurde der Watteverschluß einige Male durch Begießen bei allen
Gruppen naß. Er wurde natürlich sofort erneuert. Der Verschluß
selbst blieb aber stets dicht und wirksam. Fäulnis der isolierten
Gurkenblüte trat in keinem Falle ein. Die nichtbefruchteten kleinen
Gürkchen hielten sich meist acht bis vierzehn Tage, trockneten dann
ein und fielen ab.
Das Ergebnis der Bastardierungen war folgendes:
Kreuzung
Iso-
liert
oder
frei
Anzahl der
Bastar- \
dierungen
Ansatz
Bemerkungen
$xcr
Zahl
o/o
Gurke x Melone . .
/--„^i-^ r Melone und
^"^^^ { Gurke . . .
Gurke / ^l^elone und
Gurke x Gurke . . .
Melone x Gurke . .
Melone >; Melone . .
isol.
isol.
frei
isol.
isol.
isol.
10
10
10
10
10
10
2-^
9
6
10
20
90
60
1 Kernanlagen unentwickelt, Ge-
schmack nicht außergewöhn-
lich.
-Kernanlagen zum größten Teil
unentwickelt; Geschmack ge-
wöhnlich, einmal bitter, aber
nicht an Melone erinnernd.
Es ist aus der Untersuchung die sonderbare , vielleicht zufällige
Tatsache ersichtlich, daß fast überall, wo die Gurkenblüte mit Melonen-
blütenstaub in Berührung kam, eine Fruchtbildung unterblieb, sogar
in Fällen (Gruppe 3) , wo sie eigentlich erfolgen müßte. Die Iso-
lierungsmethode erwies sich als brauchbar, da die Gurke X Gurken-
bastardierungen sehr gute Ergebnisse lieferten. Eine Geschmacks-
be einflussung, also Xenienbildung, bei den aus Gurke X
Melonenbastardierungen hervorgegangenen Gurken war
nicht zu verzeichnen.
23*
364 Kleine Mitteilungen.
■ Angefügt kann hier noch werden, daß ein gewöhnlicher Kürbis^
Cucurbita maxhna Duch., nnter sechs künstlichen Befruchtungen mit
Gurkenblütenstaub eine Frucht ergab. Sie wuchs vollständig aus,
war samenlos bzw. die teilweise gut ausgebildeten Samenschalen waren
leer. Ein Gurkenbeigeschmack war nicht feststellbar.
Kohlensäure und Pflanzenzüehtung-.
Von Dr. Hugo Fischer.
Die Beweise dafür, daß durch Kohlensäurezufuhr zu Pflanzen
Mehrerträge zu erzielen sind, haben sich derart gehäuft, daß bald
wohl die hartnäckigsten Zweifler verstummen werden. Am 16. Februar
d. J. hat im Düngerausschuß der D. L. G. der offizielle Bericht-
erstatter, Prof. D. Meyer -Breslau, folgendes ausgeführt (laut Mittig..
D. L. G., 1920, 9. Stück): „Ein weitgehendes Interesse hat die 'Kohlen-
säuredünguno- gefunden. Für den Garten- und Feldgemüsebau hat
die direkte Zuführung von Kohlensäuregas zweifellos erhebliche Be-
deutung. Wenn gegenwärtig die Anlagekosten nicht zu hoch sind,
so würde die Nutzbarmachung der großen Kohlensäuremengen, welche
bei den Hochofenwerken anfallen, nur zu begrüßen sein. Für die
große Praxis können wir eine ei'höhte Kohlensäurezufuhr für die
Pflanzen nur durch Stalldünger und Gründüngung und durch die
Förderung; der Gare im Boden erreichen."
Da hätte ich es also wirklich noch erlebt, daß der Gedanke, für
den ich viele Jahre lang ^) gestritten , endlich Anerkennung findet.
Indem ich im übrigen auf einige Mitteilungen ^) aus neuerer Zeit ver-
weise, möchte ich hier kurz mich darüber äußern, wie ich mir die
Anwendung der bisher gewonnenen Erfahrungen in der Pflanzen-
züchtung denke.
Selbstverständiich darf man nicht erwarten, durch Kohlensäure-
düngung ohne weiteres vortreffliche neue Rassen zu erziehen. Zunächst
könnte nur eine gewisse „Nachwirkung" (nach Baur) in Frage kommen.
Daß besser ernährte Pflanzen ein besseres Saatgut bringen, steht wohl
allgemein fest ; nur daß die guten Eigenschaften sehr bald wieder
verloren gehen werden, wenn die Nachzucht schlecht ernährt ist»
Nun hat man „gut oder schlecht ernährt" bisher immer nur auf Stick-
stoff, Kali, Phosphor usw. bezogen und die Sorge um die Kohlensäure
dem lieben Himmel anvertraut. Man braucht aber nur einmal ernstlich
über das Gesetz vom Minimum nachzudenken, um zu spüren, daß auch
^) Vortrag 15. Oktober 1906, Ges. Naturf. Frde., gedr. Naturw. Wochenschr.
N. F. 1907, 6. Bd., S. 481 (! 483).
2] Gartenflora 1919, 68. Bd., S. 165. — Angew.Botanik 1919, 1. Bd., S. 138. —
FOhlings Landw. Ztg. 1920, 69. Bd., S. 59.
Kleine Mitteilungen. 3(35
Stickstoff, Kali, Phosphor besser ausgenützt, bzw. daß davon größere
Mengen mit Erfolg ausgenützt werden müssen, wenn auch die Kohlen-
säure reichlicher geboten ist. Bezüglich dieser kommt es nicht auf
die im Luftmeer vorhandene absolute Menge , sondern auf das
Konzentrationsverhältnis an!
Selbst wenn aber das bessere Saatgut sich nicht einstellen sollte,
so wäre schon viel gewonnen, wennsman solches von einer vorhandenen
Zuchtsorte in größerer Menge ernten könnte. Das ist aber bei
richtiger Anwendung der Kohlensäuredüngung bestimmt zu erwarten.
Aber weiter: wie entstehen neue Sorten? Darüber wissen wir
ja noch herzlich wenig zu sagen — von Bastardierungsergebnissen sehe
ich hier grundsätzlich ab, weil sie mit meinem Gegenstand nichts zu
tun haben. Die Erfahrung, daß lange vor einer rationellen Züchtung
in der „Domestikation" vielerlei Rassen entstanden sind, weist darauf
hin, das günstige Ernährungsbedingüngen dem Auftauchen
neuer erblicher Formen (Mutationen) förderlich sind. So dürfen wir
auch von einer gehobenen Kohlensäureernährung unserer Pflanzungen
Fortschritte in dieser Richtung erwarten. Die Züchtung hätte, wie
sonst auch, die etwa auftretenden Formen zu prüfen und das Grute
zu behalten.
Nicht erwarton dürfen wir bestimmt gerichtete Umprägung ganzer
Sippen auf einmal („Theorie der direkten Bewirkung"), denn dafür
spricht bisher keine Erfahrung. Nach den zurzeit vorliegenden Be- '
obachtungen entstehen Mutationen einzeln unter tau senden.
Nur bei ungeschlechtlicher Vermehrung scheint „Umprägung" vorzu-
kommen ; ich erinnere an den Abbau und das Blattrollen der Kartoffel,
an den Rückgang mancher Obst- und Rosensorten. Diese Dinge
scheinen durch direkte Einwirkung ungünstiger Lebensbedingungen
verursacht zu sein. Daß sie sich durch Samen nicht vererben (also
keine „Vererbung erworbener Eigenschaften" da ist), dürfte der
wesentlichste Sinn der geschlechtlichenFortpflanzung
sein.
Nun ein paar Worte über Kohlen säure quellen. Stallmist,
Gründünger, Kompost, Moorerde, Teichschlamm usw. sind in ihrem
hohen Werte längst erkannt; nur, daß sie in erster Linie durch Ab-
gabe von Kohlensäure wohltätig wirken, hatte man 100 Jahre lang
ganz vergessen. Jetzt heißt es, diese Düngemittel gerade daraufhin
zu studieren, wie ihr Kohlenstoffgehalt, in Form von Kohlensäuregas,
möghchst weitgehend von den Assimilationsorganen , den Blättern,
ausgebeutet werden kann.
Von künstlichen Kohlensäurequellen kämen in Frage : Entwick-
lung aus rohem Kalkstein und verdünnter roher Salzsäure, oder Ab-
brennen von Spiritus, Petroleum (rauchfrei!), Benzol oder dgl., diese
alle nur inj; geschlossenen Raum (Glashaus) mit Nutzen . zu
366 Kleine Mitteilungen.
verwerten ; oder verdichtete (flüssige) Kohlensäure aus der Stahlflasche,
die durch Röhren an die Pflanzen zu brino-en wäre. Letzteres Ver-
fahren ist ja nicht billig, aber bei hochwertigen Kulturen doch wohl
lohnend; wird ja doch dem Züchter sein Erzeugnis so viele Male
höher bezahlt als sonst Ernteerträge. All diese Verfahren eignen sich
besonders für Versuche, da sie eine genauere Abmessung der
gegebenen Mengen gestatten.
Ferner die Kohlensäure der Abgase, aus Hochöfen, Kalköfen,
Heizungen aller Art; wo gewöhnliche Kohle gebrannt wird, sind die
Gase reich an schwefliger Säure, an Teerdämpfen usw., die eine
umständliche Reinigung unbedingt notwendig machen; wo Koks gefeuert
wird (wie im Hochofenbetrieb), ist die Reinigung viel einfacher, weil
aus dem Koks Schwefel und Teerstoflfe fast völlig abdestillirt sind und
vor allem nur noch der Staub zu entfernen ist. Da die Verbrennung
im Hochofen nur unvollkommen, enthält das Abgas noch viel Kohlen-
oxj^d, das erst zu Kohlendioxyd („Kohlensäure" genannt) weiter ver-
brannt werden muß — Heizanlagen sind freilich vorwiegend im "Winter
in Betrieb, Freilandkulturen im Sommer; ob es sich lohnt, in einer
Art Gasometer die Abgase aufzuspeichern, wäre noch festzustellen.
Vielleicht liegt auch eine chemische, zurzeit wieder zu lösende Bindung
den Kohlensäurer im Bereich der Möglichkeit. Wo aber erst eine
Heizung vorhanden ist, wäre es immer noch möglich, auch im Sommer
täghch eine gewisse Menge Koks zu verfeuern, die dann nur auf
Kohlensäure, nicht auf Wärme ausgenutzt würde. Bei sehr ungünstigem,
namentlich stürmischen Wetter wäre die Feuerung zu sparen.
Nicht vergessen wollen wir, daß auch die kohlensäurereiche, sonst
aber (für unsere Zwecke) sehr reine Luft der Gär kelle r in gleicher
Weise ausgebeutet werden kann.
b) Andere Sachliche.
„Hereditas."
Unter dieser Bezeichnung wird von der „Mendelian Society" zu
Lund in Schweden, deren Präsident Prof Dr. phil. et med. H. N i 1 s s o n -
Ehle ist, eine Zeitschrift herausgegeben, welche Originalarbeiten auf
dem Gebiete der Vererbungsforschung in englischer, deutscher oder
französischer Sprache bringen wird. Die Zeitschrift wird in Einzel-
bänden zu 3 Nummern, mit zusammen etwa 350 Seiten erscheinen
und pro Band 25 schwedische Kronen im Abonnement kosten.
R. Larsson zeichnet als Schriftleiter, dem Redaktionskomitee ge-
hören Nilsson-Ehle, Lundberg, Heribert Nilson u. Thulin
an. Das erstausgegebene Heft enthält Arbeiten.der drei erstgenannten
Redaktionsmitglieder und solche von Tedin, Bergman, Rasmuson
und Akerman. .-
Kleine Mitteilungen. 367
Zadruga za proizvodnju sjemenja u Zagrebu.
(Genossenschaft für Samenproduktion in Zagreb.)
Mit erstem Jäimer 1920 trat obere Genossenschaft ins Leben,
welche die Aufgabe hat, die Samenproduktion im ganzen Königreiche
S H S (Serbien, Kroatien, Slavonien) zu fördern. Die Genossenschaft
hat ein eigenes Versuchsfeld , wo verschiedene Kulturpflanzen ge-
züchtet Averden. Die Vermehrungen werden an die Mitglieder ab-
gegeben. Als wissenschaftlicher Berater wurde Prof. Dr. V. Mandekic
gewählt.
c) Persönliche.
Nach Auflösung der landwirtschaftlichen Lehranstalt in Krizevc
wurde Prof. Mandekir an die Landwirtschaftliche Abteilung der
jugoslawischen Universität Zagreb (Agram) berufen. . Die Versuchs-
felder verbleiben in Krizevci und stehen unter der örtlichen Leitung
von Assistent K o r i ö. Assistent D e m e r e c , der bisher auch in
Krizevci wirkte, wurde, zum Zwecke des Studiums der Maiszüchtung
in den Vereinigten Staaten, auf ein Jahr beurlaubt. An der neu-
gegründeten landwirtschaftlichen Abteilung in Zagreb hat Prof. Mandekic
den Pflanzenbau übernommen , während die Pflanzenzüchtung Prof.
Jesenko übertragen wurde, der vorher Präfekt am K. K. Theresianum
in Wien und Dozent an der Hochschule für Bodenkultur in Wien war.
Bei der Neuorganisation der Landwirtschaftlich physiologischen
Versuchsstation der czechischen Abteilung des Landeskulturrates für
Böhmen wurde diese vom Staate übernommen und in zwei Abteilungen,
Versuchsanstalt für Pflanzenproduktion und jene für Tierproduktion,
geteilt. Die Oberleitung verbleibt bei Hofrat Prof. Dr. Stoklasa.
An der Versuchsanstalt für Pflanzenproduktion übernahm Dr. N e m e c
die physiologische, Ligenieur Stadnik die biologische Abteilung,
welche sich mit Pflanzenzüchtung 'in erster Linie zu beschäftigen
haben wird, Dr. Stranäk die Abteilung für Pflanzenkrankheiten und
Fort jene für Obst- und Weinbau.
Dr. E. H. Lock starb, wie hier erst "jetzt aus „The Journal of
heredity" bekannt wird, im Jahre 1915, während Kriegsdienstleistung
bei dem Board of Agriculture, in England. Von seinen Arbeiten sind
hier besonders jene über Erbseubastardierung bekannt geworden, die
er zu Peradenyia auf Ceylon ausführte und die unter dem Titel
„Studies in plantbreeding in the tropics" in den Annais of the Royal
Botanic Gardens, Batavia erschienen sind. Weitere Arbeiten wurden
mit Reis und Kautschukpflanzen ausgeführt. Sein Buch : „Eecent
progress in the study of Variation, heredity and evolution" erschien
zuerst 1906, es folgten dann zwei von ihm selbst bearbeitete Auflagen,
368 Kleine Mitteilungen.
wälirend die 4. von Doncaster durchgesehen wurde und 1916
erschien.
Dem Vorstand der staatlichen Samenkontrollstation in Wien,
Regierungsrat Pammor, wurde der Titel Hofrat verliehen.
Als Nachfolger von B. Kalt wurde Dr. Heling mit der Führung
der Geschäfte eines Leiters der Pflanzenzuchtstation des landwirt-
schaftlichen Institutes der Universität Halle a. S. betraut. Heling
studierte an derselben Universität, legte daselbst 1913 die Prüfung
für das Lehramt für Landwirtschaft ab, promovierte nach dem Krieg
in Halle mit einer Arbeit über die Rentabilität der Trocknungsindustrie
und wirkte seit 1. Oktober 1919 als Assistent am landwirtschaftKchen
Institut der Universität.
Herr Dr. Menko Plaut, früher Leiter der Abteilung für Samen-
kontrolle und Pflanzenschutz an der Landesversuchsstation in Bern-
fourg, ist als Saatzuchtleiter in die Firma August Knoche-WaUwitz
G. m. b. H. eingetreten. Herr Dr. Plaut war vorher als Botaniker am
Kaiser - "Wilhelms - Institut in Bromberg bei Professor Schander, dann
von 1910 — 1913 als zweiter Botaniker an der Abteilung für Samen-
kontrolle der Agric.-Chem. Kontrollstation der Landwirtschaftskammer
für die Provinz Sachsen, von 1913 — 1918 als Abteilungsvorsteher an
der Württemb ergischen landwirtschaftlichen ehem. Untersuchüngs-
station bei Professor Morgen, von 1918 bis jetzt als Leiter der Ab.-
teilung für Samenkontrolle und Pflanzenschutz an der Landesversuchs-
station in Bernburg tätig. Seine Veröffentlichungen' bewegten sich
bisher auf botanischem (Periodizität der AVurzel) und pflanzenschutz-
lichem Gebiet sowie auf jenem der Samenprüfung (Bewertung des
E-übensamens , Auf be Wahrungsmethoden von und Probenahme beim
Saatgut).
Der Professor für Pflanzenkrankheiten an der Landwirtschaftlichen
Hochschule zu Kopenhagen, F. K0lpin Ravn, starb, 47 Jahre alt,
im Mai dieses Jahres zu Fast Orange (N. Jen.) in den Vereinigten
Staaten. Seine wissenschaftliche Arbeit war in erster Linie der Er-
forschung von Pflanzenkrankheiten gewidmet, aber er hatte vor 1907
auch der Pflanzenzüchtung in Dänemark Beachtung geschenkt und
1904 auch eine kleine Schrift: „Fortplantning og arvelighed" in dänischer
Sprache verfaßt.
Dr. Alexandro witsch hat die Stellung eines Direktors der in
der Slowakei befindlichen Saatzuchtgesellschaft „Dr. "Webers Matador",
deren Sitz sich in Oponice (ungar. Appony) befindet, übernommen.
Herr Joiko ist bei der gleichen Gesellschaft als Inspektor angestellt
worden.
Trieure
Unkrautsamen-Ausleser,
Misehfrueht-Seheider,
Getreide-Sortierer,
Lagerhaus-Einrichtungen
Reinigungs-Anlagen
für Saatzuehtanstalten
Kalker Trieurfabrik und Fabrik gelochter Bleche
Mayer & Cie. in Köln-Kalk
Zweigfabriken in
Dresden-Neustadt und Augsburg-Pfersee
Zur Gewinnung von
Edelsaatgut
für die Herbstaussaat
empfehlen wir
Gutsbesitzern, Genossenschaften und Gemeinden
unsere fahrbare
Saatveredlungsanlage „Freya"
in Kauf oder Miete
RH. Schule, cmuH. Hamburg 35.
Spezialfabrik für
Getreidereinigungsanlagen u. Speichereinrichtungen.
Hierzu eine Beilage von der Yerlagsbachhandlong Paul Parey, Berlin SW 11,
<^' Hedemannstraße 10 u.U.
_i^
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New York Botanical Garden Librar
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