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Full text of "Zeitschrift fr Pflanzenzchtung"

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X7-'^3 


Zeitschrift 


für 


Pflanzenzüchtung. 

Zugleich  Organ 
der  Gesellschaff  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht, 

der 

Österreichischen  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung 

und  des 

Bayerischen  Saatzuchtvereins. 


Unter  Mitwirkung 
von 

L  Kiessiing,    H.  Nilsson-Ehle,     K.  v.  Riimker,    E.  v.  Tschermak, 

Weihenstephan  Lund  Berlin  Wien 

herausgegeben 
von 

C.  Fruwirth, 

Wien. 


r-r  ■-. 


Sechster  Band. 

Mit  1  Bildnis  und  17  Textabbildungen. 


BERLIN 

Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey 

Verlag  fUr  LandwlrtacUaft,   Oart«Dbaa  nnd  (^rstweaen 

SW.  11,  Hedemannstraße  10  u.  11 
1918. 


Inhaltsverzeichnis. 

Band  VI. 


I.  Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze.  Seite 

Baumann:  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses. 

(Mit  2  Textabbildungen) 139 

Fleischmann,  R:   Die  Auswahl  in  der  Maiszüchtung.     (Mit  4  Textabbildungen)  69 

Pruwirth,  C. :  Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide  •  ■  ■  •  1 
Hansen,  W.:  Pflanzenzüchterische  Buchführung  und  Bewertung  der  Zuchtpflanzen. 

(Mit  2  Textabbildungen) 119 

III.  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

1.  Referate. 


Anonym,  198. 
Baco,  F.  48. 
Bartos,  W.  98. 
Beijerinck,  M.  186. 
Biffen,  R.  48. 
Caron  v.,  48. 
Ciaassen,  H.  49. 
Correns,  C.  98,  186. 
Czuber,  187. 
Drude,  187. 
Dureau,  G.  49. 
Everest,  188. 
Fruwirth,  C.  189. 
Günthart,  A.  49. 
Hansen,  W.  99,  189. 
Harris,  L.  189. 
Havas,  G.  50,  99. 


Hromädko,  J.  189. 
Kajanus,  B.  99. 
Kenjiro,  J.  51. 
Kiessling,  L.  190. 
Kranichfeld,  H.  52. 
Kraus,  C.  100. 
Lotsy,  103. 
Love,  N  191. 
Lundberg,  Fr.  191. 
Mayer,  Gmelin    H. 
Miles,  F.  192. 
Molz,  192. 
Newman,  L.  192. 
Peklo,  J.  104. 
Puchner,  H.  193. 
Punnett,  R.  193. 


103. 


Reuss,  194. 
Rümker,  K.  v.  194. 
Ryx,  G.  V.  105. 
Schellenberg,  H.  195. 
Stempel,  B.  52. 
Stomps,  Th.  53. 
Sundelin,  G.  195. 
Terasvuori,  K.  105. 
Trabut,  106. 
Ubisch,  G.  V.  195. 
Urban,  J.  107,  195. 
Wheldale,  M.  196., 
Wohanka,  196. 
Wölk,  P.  van  der  196. 
Zade,  A.  197. 
Zinn,  J.  197. 


2.  Bücherbesprechungen. 

Fruwirth,  C. :  Die  Saatenanerkennung 

—  —  Handbuch  der  Züchtung  landw.  Kulturpflanzen 

Johannsen,  W:  Arvelighed  i  historisk  og  experimentel  belysning 

Migula:  Die  Brand-  und  Rostpilze 

Mo  lisch:  Pflanzenphysiologie  als  Theorie  der  Gärtnerei 

Rümker,  K.  v. :  Die  staatliche  Organisation  der  Sortenprüfung 

—  —  42  Sortenanbauversuche  im  Verwaltungsgebiete  des  Oberbefehlshabers  Ost 
Zade,  A:  Der  Hafer 


198 
198 
199 
54 
199 
200 
201 
107 


jy  Inhaltsverzeichnis. 

IV.  Vereinsnachrichten.  Seite 
österreichische  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung  (Z.) 205 

V.  Kleine  Mitteilungen. 

a)  Wissenschaftliche. 

Becker,    J.:    Vererbung   gewisser   Blütenmerkmale   bei   Papaver   Rhoeas.     (Mit 

3  Textabbildungen) 215 

Broili,  J.:  Die  Anwendung  des  Fruchtgürtels  bei  der  Kartoffel 57 

Jelinek,  J.:  Beitrag  zur  Technik  der  Weizenbastardierung 55 

Ryx,  G.  V.:  Zahlenmässige  Bestimmung  der  Kornschönheit  der  Braugerste.     (Mit 

2  Textabbildungen) 109 

Schubart:  Blutautfrischung  in  der  Zucke rrübensamenzüchtung 209 

Tschermak,   E.  v:   Beobachtungen   bei  Bastardierung   zwischen  Kulturhafer  und 

Wildhafer 207 

b)  Andere  Sachliche. 

Genossenschaft  zur  Züchtung  des  Prof.  Heinrich-Roggen      63 

„Gramim" 221 

Kirsche:  Der  Tonplattentrockner      60 

Polnische  Getreide-  und  Kartoffelzuchtgesellschaft 116 

Ungarische  Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft 62 

9 

c)  Persönliche. 

Baratta,  R.  v.  66.  Kraus,  C.  222.  Preissecker,  225. 

Bauernfeind,  W.  67.  '   Krauss,  B.  67.  ,   Sirks,  M.  66. 

Fleischmann,  R.  6.7.  j   Merkel,  F.  226.  Tretter,  S.  67. 

Hansen,  W.  66.  Nilsson-Ehle,  225.  Tschermak,  E.  v.  117. 

Hedlund,  Th.  117.  Nowoczek",  226.  Vilmorin,  M.  de  226. 

Hillmann,  P.  226.  j   Obermayer,  66.  Vilmorin,   Ph.  L.  de  63. 

Kiessling,  L.  67.  ;   Pearl,  226.  Witzany,  67. 

Kolb,  H.  66.  I   Pellet,  H.  225.  . 


Band  VI,  Heft  1.  :i-iiA  März  1918. 


Zeitschrift 


für 


Pflanzenzüchtung 

Zugleich  Organ 
der  Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht, 

der 

Österreichischen  Gesellschaff  für  Pflanzenzüchtung 

und  des 

Bayerischen  Saatzuchtvereins. 

Unter  Mitwirkung 


von 


L  Kiessling,     H.  Nilsson-Ehie,    K.  v.  Rümker,     E.  v.  Tschermak, 

WelhenstepUnn  Land  Berlin  Wien 

herausgegeben 
von 

C.  Fruwirth, 

Wien. 


Mit  3  Textabbildungen. 


BERLIN 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey 

Torltg  ror  LuidwlrUcU&ft,   Qutenbka  lud  ForitweMD 

SW.  11.   Hedemannstraße  10  u.  11 
1918. 


Einfnelpreis  6  M.  Abonnenientspreis  5  31. 


Inhalt. 

I.  Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze.  Seite 

Fruwirth,  Prof.  C:  Die  Umzüclitung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide     •  1 

III.  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

1.  Referate 47 

2.  Bücherbesprechnngen 54 

,    , ,.  V.  Kleine  Mitteilungen. 

Wissenschaftliche: 

Beitrag  zur  Technik  der  Weizenbastardierung 55 

Die  Anwendung  des  Fruchtgürtels  bei  der  Kartoffel 57 

Andere  Sachliche: 

Der  Tonplatten-Trockner 60 

Ungarische  Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft 62 

Genossenschaft  zur  Züchtung  des  Prof.  Heinrich-Roggen 63 

Persönliche.     (Mit  3  Textabbildungen) 63 


Erscheinungsweise:  Die  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  erscheint 
in  zwanglosen  Heften,  die  zu  Bänden  mit  einem  Gesamtumfang  von  etwa 
20 — 25  Druckbogen  zu  16  Seiten  vereinigt  werden.  Die  Hefte  sind  auch  einzeln 
käuflich,  ihre  Preise  sind  entsprechend  ihrem  schwankenden  Umfang  verschieden 
und  sind  im  Abonnement  niedriger  als  bei  Einzelbezug.  Der  Gesamtpreis  eines 
Bandes  beträgt,  je  nach  seinem  Umfange,  im  Abonnement  etwa  20 — 24  M. 
Das  Abonnement  verpflichtet  für  einen  Band.  Einbanddecken  werden  bei  Er- 
scheinen der  Schlusshefte  eines  Bandes  billigst  zur  Verfügung  gestellt. 

Abonnements  nimmt  jede  Sortimentsbuchhandlung  entgegen  sowie  die 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey,  Berlin  SW.  11,  Hedemannstrasse  10  u.  11. 
An  letztere  sind  auch  alle  Zuschriften  in  Anzeigenangelegenheiten  zu 
richten.  Preise  der  Anzeigen:  ganze  Seite  M.  50,  halbe  Seite  M.  30,  viertel 
Seite  M.  16.  Für  alle  das  grosse  Gebiet  der  Pflanzenzüchtung  angehende 
Anzeigen  dürfte  die  „Zeitschrift"  das  geeignetste  Organ  sein. 

Honorar  für  den  Bogen  Text:  48  M.,  Tabellen  24  M.  Von  jedem  Original- 
beitrag können  25  Sonderabdrücke  geliefert  werden,  wenn  dies  bei  Einsendung 
des  Manuskriptes  verlangt  wird. 

Redaktionelle  Zuschriften:  Prof.  Dr.  C.  Fruwirth,  Waldhof  b.  Amstetten 

(N.-Österr.). 
Sonstige  Zuschriften  (Bezug  u.  Anzeigen):   Paul  Parey,  Berlin  SW.  11, 

Hedemannstrasse  10  u.  11. 


Band  VI,  Heft  1.  März  1918. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung. 

1. 

Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze. 


Die  Umzüchfung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide. 

Von 
Prof.  C.  Fruwirth, 

K.  K.  technische  Hochschule  Wien. 


Einleitung. 

Die  Versuche  zu  dem  in  der  Übersicht  genannten  Gegenstand 
lassen  sich  in  zwei  Gruppen  reihen,  in  die  Schossversuche  und  die  Ver- 
erbungsversuche. Beide  Gruppen  werden  im  Teil  I  und  II  der  Arbeit 
besprochen,  während  Teil  III  Ausführungen  über  die  Durchführung  der 
Umzüchtung  von  Winter-  in  Sommergetreide  bringt,  die  sich  auf  die 
Ergebnisse  der  Versuche  stützen. 

Wenn  weitere  Gebiete  ins  Auge  gefasst  werden,  ist  die  Unter- 
scheidung von  Winter-  und  Sommergetreide  noch  weniger  einfach,  als 
wenn  man  nur  Mitteleuropa  in  Betracht  zieht. 

Die  ausgesprochene  Winterform  des  Getreides  ist  schärfer 
als  die  Sommerform  gekennzeichnet.  Sie  besitzt  die  Fähigkeit,  die 
Lebenstätigkeit  beim  Eintritt  tieferer  Temperaturen  stark  herab- 
zusetzen —  den  Zustand  der  Anabiose  (Bakhmetiew)  anzunehmen 
—  und  dadurch  die  Fähigkeit,  auch  tieferen  Temperaturen  Widerstand 
zu  leisten,  und  es  verstreicht  von  erfolgter  Bestockung  bis  zur  Streckung 
der  Halme,  auch  bei  höherer  Temperatur,  längere  Zeit.  Erfolgt  die 
Aussaat  in  Mitteleuropa  weiter  vom  Winterende  ab,  so  unterbleibt  bei 
der  ausgesprochenen  Winterform  das  Schossen  der  Halme  überhaupt 
oder  wird  doch  aussergewöhnlich  lange  verzögert,  dagegen  steigt  die 
Bestockung,  die  zur  Bildung  vieler,  im  laufenden  Jahr  unfruchtbarer 
Seitentriebe  führt,  die,  wenn  die  Pflanze  weiter  erhalten  bleibt,  im 
folgenden  Frühjahr  die  Blütenstände  ausschossen  lassen. 

In  warmen  Gegenden  Europas  bleibt  die  längere  Pause  zwischen 
Bestockung  und  Schossen;  die  Widerstandsfähigkeit  gegen  Frost  kommt 
nicht  zur  Geltung,  aber  normale  Entwicklung  wird  dort  auch  möglich 
bei  einer  frühen  Frühjahrssaat,  die  dem  Winterende  nahe  liegt. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VI.  1 


2  Fruwirth: 

Die  ausgesprochene  Sommerform  der  Getreide  ist  genan 
genommen  nur  durch  grössere  EmpfindUchkeit  gegen  Kälte  gekenn- 
zeichnet. Die  spezifische  Beschaffenheit  des  Protoplasmas  ihrer  Zellen 
lässt  den  Tod  durch  Erfrieren  früher  eintreten  als  bei  ausgesprochenen 
Winterformen,  und  die  Fähigkeit,  anabiotische  Zustände  anzunehmen, 
ist  eine  geringere.  Saat  im  Herbst  lässt  auch  ausgesprochene  Sommer- 
formen, auch  in  Mitteleuropa,  sofern  die  Kälte  sie  nicht  tötet,  zur 
normalen  Entwicklung  kommen.  Die  grössere  Länge  des  Zeitraumes 
zwischen  Bestückung  und  Schossen  der  Halme,  welche  in  diesem  Fall 
durch  die  niederen  Wärmegrade  auch  milder  Winter  bedingt  wird, 
stört  solche  ausgesprochenen  Sommerformen  nicht,  und  wenn  nicht 
tiefere  Kältegrade  vorher  den  Tod  herbeigeführt  haben,  gelangen  diese 
Formen  im  folgenden  Sommer  zu  ganz  normaler  Entwicklung.  Man 
kann  ein  solches  Verhalten  in  Mitteleuropa  bei  Ausfallgetreide  öfter 
nach  milden  Wintern  beobachten,  besonders  bei  zweizeiliger  Gerste, 
bei  welcher  bei  uns  nur  ausgesprochene  Sommerformen  gebaut  werden, 
seltener  bei  Hafer,  dessen  Widerstandsfähigkeit  gegen  niedere  Tempe- 
raturen eine  geringere  ist. 

In  warmen  Gegenden  Europas  ist  der  Unterschied  zwischen 
solchen  ausgeprägten  Sommerformen  und  ausgeprägten  Winterform.en 
fast  ganz  verwischt,  da  Todestemperaturen  sich  daselbst  nicht  ein- 
stellen, und  es  wird  ihm  daselbst  lediglich  durch  für  Sommerformen 
etwas  weiter  vom  Winterende  abgerückte  Saatzeit  —  März  gegen 
Februar;  Frankreich.  Italien  —  Rechnung  getragen. 

Die  Schwierigkeiten  bei  der  Trennung  von  Winter-  und  Sommer- 
getreide werden  noch  durch  die  Wechselgetreide  erhöht.  Es  gibt 
Formenkreise  von  Getreide,  die  man  in  einer  bestimmten  Gegend  nur 
als  Winterformen  oder  nur  als  Sommerformen  kennt  und  nur  als  solche 
baut,  die  aber  bei  Saat  zur  je  abweichenden  Zeit,  also  Saat  im  Früh- 
jahr, beziehungsweise  Herbst,  auch  normale  Entwicklung  zeigen.  Die 
Tatsache  ist  bekannt,  wenn  auch  nicht  die  Häufigkeit  des  Auftretens 
solcher  Formen,  die  grösser  ist.  als  gewöhnhch  angenommen  wird.  Der- 
artige Formenkreise  müssen  grössere  Frosthärte  besitzen  und  die 
Fähigkeit,  die  Halme  nach  kürzerer  oder  längerer  Zeit  nach  der  Be- 
stückung ausschossen  zu  lassen. 

Sowohl  die  Fähigkeit,  sich  als  ausgesprochene  Winter-,  wie  als 
ausgesprochene  Sommerform,  wie  als  Wechselgetreide  zu  verhalten, 
muss  auf  Veranlagung  beruhen,  muss  erblich  festgelegt  sein.  Das 
Vorhandensein  einer  solchen  Veran]agung  ist  denn  auch  durch  die  von 
V.  Tschermak  vorgenommene  Bastardierung  von  Winter-  mit 
Sommerformen  festgestellt  worden.  Schon  bei  diesen  Bastardierungs- 
versuchen Hess  sich  aber  auch  ermitteln,  dass  die  entsprechenden  An- 
lagen stark  modifikabel  sein  müssen,  denn  je  nach  Anbau  im  Herbst 


Die  Umzüchtimg  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  3 

oder  Frühjahr  ergab  sich  bei  gleicher  Abstammung  ein  verschiedenes 
Verhältnis  von  Pflanzen,  welche  der  Sommerform,  und  solchen,  welche 
der  Winterform,  zuzuzählen  sind.^)  Es  tritt  bei  dem  Verhalten  als 
Winter-  bzw.  Sommer-  oder  Wechselform  ausgeprägt  das  in  Er- 
scheinung, was  K 1  e  b  s  nach  seinen  Versuchen  über  Variabilität  und 
Modifikabilität  als  allgemein  gültiges  Verhalten  hinstellt:  „Erblich 
fixiert  ist  die  spezifische  Struktur  mit  allen  ihren  zahllosen  Potenzen; 
alles  was  sich  tatsächlich  entwickelt,  d.  h.  verwirkücht  wird,  geschieht 
unter  der  notwendigen  unmittelbaren  oder  mittelbaren  Einwirkung  der 
Aussenwelt."  ^)  Wenn  nun  auch  die  Einwirkung  der  Aussenwelt  auf 
das  Verhalten  als  Winter-.  Sommer-  oder  Wechselform  bei  Getreide 
gewiss  eine  starke  ist,  so  bleibt  noch  die  Frage,  ob  es  sich  bei  dieser 
Einwirkung  um  eine  modifikative  allein  handelt  oder  darüber  hinaus 
auch  um  eine  variative.  Im  letzteren  Fall  bleibt  dann  die  Möglichkeit, 
dass  längere  Zeit  gleichsinnig  wirkende  Einwirkungen  der  Umwelt 
direkt  eine  Umwandlung  der  Veranlagung  aller  denselben  ausgesetzten 
Individuen  bewirken  oder  nur  eine  Umwandlung  einzelner,  oder  aber 
indirekt  eine  solche  Umwandlung  durch  Auslese  bedingen. 

Die  Versuche  der  ersten  Gruppe  (I)  sollen  zu  dem  tatsächlichen 
Verhalten  einer  Anzahl  bekannterer  Formenkreise  von  Wintergetreide 
bei  Frühjahrssaat  und  zur  künstlichen  Beeinflussung  dieses  Verhaltens 
einen  Beitrag  liefern,  jene  der  zweiten  Gruppe  (II)  zu  der  zuletzt  auf- 
geworfenen Frage  der  direkten  oder  indirekten  Einflussnahme  der 
Aussenbedingungen.  in  diesem  Fall  der  verschiedenen  Anbauart: 
Herbst-  und  Frühjahrssaat.  Die  Versuche  der  zweiten  Gruppe  geben 
dann  die  Grundlage  für  die  züchterisch  wichtige  Frage  der  Durch- 
führung der  Umzüchtung  von  Winter-  in  Sommergetreide,  die  im 
Teil  III  behandelt  wird. 

Die  Versuche  und  Ausführungen  betreffen  Weizen,  Roggen, 
zum  Teil  auch  Gerste,  da  in  Mitteleuropa  nur  bei  diesen  Gattungen  die 
Frage  der  Umzüchtung  überhaupt  Bedeutung  erlangt  hat.  Bei  Hafer 
spielt  die  Winterform  in  Mitteleuropa  eine  ganz  untergeordnete  Rolle 
und  an  eine  Umzüchtung  derselben  dachte  bisher  niemand.  Dass  es 
auch  bei  Hafer  ausgesprochene  Winterformen  gibt,  die  bei  später  Früh- 
jahrssaat keine  Rispen  ausschossen,  zeigt  sowohl  der  Uruguay-Hafer, 
über  dessen  Verhalten  in  seinem  Heimatsgebiete  G  a  s  s  n  e  r  be- 
richtet,^) als  auch  der  süditalienische  Abruzzenhafer,  den  ich  in  Hohen- 
heim  beobachtet  hatte.*) 


')  Zeitschr.  f.  d.  landw.  Versuchswesen  in  Österreich  1906. 

2)  Biologisches  Zentralblatt  1917,  S.  413. 

^)  Jahresber.  d.  Vereinigung  für  angewandte  Botanik.    »Sep.  ohne  Jahreszahl,  S.  95. 

*)  Festschrift  der  landw.  Hochschule  Hohenheim,  1902,  S.  18. 

1* 


^  F  r  u  w  i  r  t  h : 

fe^mtliche  Versuche  wurden  auf  dem  Waldhof  bei  Amstetten  auf 
bincUgein  Lehmboden,  mit  Steine  führendem  Lehm  im  Untergrund,  bei 
290  m  Seehühe  ausgeführt.  Die  Frosttemperaturen  wurden  jeden 
Morgen  je  mittels  Minimumthermometers  festgestellt,  und  es  liegt  in 
der  Natur  der  Sache,  dass  es  sich  dabei  in  einzelnen  Nächten  auch  nur 
um  ganz  kurze  Frostperioden  gehandelt  haben  kann.  Die  Angaben 
über  das  Schossen  beziehen  sich,  soweit  nicht  eine  besondere  Bemerkung 
gemacht  wurde,  auf  das  Ausschieben  der  Ähren:  Ährenschossen. 
In  einzelnen  Fällen  ist  auch  noch  die  deutlich  gewordene  Streckung 
der  bei  der  Bestockung  gebildeten  Halme  als  „H  a  1  m  s  c  h  o  s  s  e  n"  unter- 
schieden, das  normal  ein  Vorläufer  des  Ährenschossens  ist.  Ein  Halm- 
schossen kommt  bei  Frühjahrssaat  von  Winterformen  oft  aber  auch 
allein  —  ohne  dass  diese  Halme  im  selben  Jahr  Ähren  ausschieben 
—  vor. 

I.  Schossversuche. 

Ursprüngliche  Veranlassung  zu  den  Schossversuchen  war  eine 
Erörterung  im  Jahre  1908.  Die  Trockenheit  im  Herbst  und  Winter- 
anfang dieses  Jahres  hatte  sehr  späte  Saat  verursacht  oder  —  bei  recht- 
zeitig möghch  gewesener  Saat  —  das  Keimen  bis  an  das  Winterende 
verschoben.  Es  wurde  nun  von  Holdefleiss  in  Aussicht  gestellt, 
dass  das  im  Frühjahr  auflaufende  Wintergetreide  nicht  schössen  werde 
und  besser  durch  Sommergetreide  zu  ersetzen  wäre.  Ich  hatte  auf 
Grund  meiner  bisherigen,  nur  gelegentlichen  Beobachtungen  und  Ver- 
suche mich  gegen  diese  Ansicht  gewendet  und  dann  auch  die  in  frag- 
licher Zeit  —  1909  —  von  verschiedenen  Landkarten  gemachten  Er- 
fahrungen gesammelt  und  mitgeteilt,  welche  meine  Ausführungen  be- 
stätigten.^) 

Die,  angeregt  durch  diese  Erörterung,  durchgeführten  eigenen 
Versuche  lassen  sich  in  zwei  Gruppen  bringen.  Die  eine  umfasst  die 
Versuche,  bei  welchen  verschiedene  Sorten,  die  als  Wintergetreide 
gelten,  unter  normalen  Verhältnissen  im  Frühjahr  zu  verschiedenen 
Zeiten  gesät  wurden,  um  ihr  Verhalten  gegenüber  dem  Schossen  be- 
obachten zu  können  (a).  Die  zweite  jene  Versuche,  bei  welchen  —  und 
zwar  auch  bei  ungewöhnhchen  Saatzeiten  —  das  Schossen  durch  ver- 
schiedene künstliche  Einwirkungen  beeinflusst  Averden  sollte  (b). 

a)  Versuche  mit  F  ruh  jähr  ssaat  von  Herbstformen. 
A.  Zu  den  ersten  hierher  gehörigen  Versuchen,  die  im  Jahre  1910 
ausgeführt  worden  sind,  waren  Ähren  von  Winter-Weizensorten  ver- 
wendet worden,  die  ich  durch  freundliche  Vermittlung  der  Saatzucht- 
stelle  der   Deutschen   Landwirtschafts-Gesellschaft   (Dr.   Hillmann) 

>)  Deutsche  Landwirtschaftliche  Presse  1909,  S.  981. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  5 

erhalten  hatte.  Es  wurden  von  jeder  Sorte  zwei  Ähren  verwendet,  die 
obersten  und  untersten  Körner  jeder  Ähre  entfernt  und  die  eine  Hälfte 
der  restlichen  Körner  jeder  Ähre  (Hälfte  a  und  c)  zur  frühen  Saat  am 
7.  März,  die  andere  Hälfte  jeder  der  Ähren  (Hälfte  b  und  d)  zur  späten 
Saat  am  7.  April  verwendet.  In  jeder  der  Abteilungen  standen  zur 
Beobachtungszeit  von  13  bis  15  Pflanzen. 

Die  Tabelle  I  bringt  die  Zahlen  für  zehn  von  den  14  verwendeten 
Sorten;  jene  für  4  weitere  Sorten  sind  nicht  aufgenommen  worden,  da 
diese  Sorten  durch  benachbarte  Wintergerste  zu  stark  beschattet  waren, 
um  einen  sicheren  Vergleich  bezüglich  der  Zeit  des  Schossens  zuzu- 
lassen. Im  weiter  unten  angeführten  Gesamtmittel  für  fertile  und 
sterile  Triebe  sind  diese  vier  Sorten  aber  auch  enthalten.  Unter  sterilen 
Trieben  sind  dabei  solche  verstanden,  welche  im  Versuchsjahr  noch 
Blütenstände,  wenigstens  teilweise,  ausschoben  oder  aber  keine  oder 
nur  unbedeutende  Streckung  zeigten. 

(Siehe  Tabelle  I,  S.  6.) 

Die  Sorten,  die  am  7.  März  angebaut  worden  waren,  hatten  nach 
der  Saat  noch  Fröste  erhalten,  am  28.  März  ( — 2^),  1.,  3.,  4.  und 
12.  April  ( — 4,  — 5,  — 4,  — 5°  C.)  und  schossten  sämtlich.  Immerhin 
zeigte  sich  eine  gewisse  Störung  des  Schossens  durch  das  Vorhanden- 
sein unfruchtbarer  Triebe,  die  nicht  ausschossen,  an,  ja  selbst  durch 
das  Sitzenbleiben  ganzer  Pflanzen  bei  einzelnen  Sorten.  Im  Gesamt- 
mittel aus  den  für  die  einzelnen  Sorten  berechneten  Mitteln  war  die 
Zahl  der  fruchtbaren  zu  den  unfruchtbaren  Trieben  wie  2,05 : 1,26. 
Die  Zahl  der  fruchtbaren  Triebe  überwog  im  allgemeinen,  einige  Sorten 
zeigten  aber  doch  mehr  unfruchtbare  Triebe  als  andere,  waren  weniger 
geneigt  zu  schössen,  und  zwar  Buhlendorfer  hellkörniger  in  beiden 
Abteilungen,  Dividenden  in  einer  Abteilung.  Soweit  Halme  schossten 
—  und  es  war  dieses,  wie  schon  erwähnt,  bei  allen  Sorten  und  je  bei 
allen  oder  fast  allen  Pflanzen  der  Fall  —  erfolgte  das  Sichtbarwerden 
der  Ähren  zwischen  dem  17.  Juli  und  3.  August,  und  die  Ausbildung 
der  Körner  war  eine  normale.  Da  aber  viele  Triebe  nicht  schossten, 
wäre  die  Ernte  trotzdem  nicht  normal  geworden.  Pflanzen,  welche  nur 
solche  unfruchtbare  Triebe  hatten,  waren  insgesamt  allerdings  nur 
15  vorhanden,  bei  Buhlendorfer  hell  unter  allen  Sorten  die  grösste  Zahl: 
4  unter  26  Pflanzen. 

Von  den  am  7.  April  gesäten  Sorten  kamen  zwar  auch  fast  alle 
zum  Schossen  der  Halme,  aber  nur  wenige  so  weit,  dass  auch  die 
Ähren  sichtbar  wurden.  Die  Pflanzen  dieser  Saat  hatten  nur  einen 
Frost  —  und  zwar  gleich  nach  der  Saat,  vor  Aufgang,  am  12.  April 
( — 5")  —  erhalten.  Nur  die  Sorten  Mette's  Square  head  (1  Pflanze), 
Beseler's    Square    head    II   (1    Pflanze),    Beseler's    Square    head    HI 


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Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  7 

(2  Pflanzen),  Buhlendorfer  brannkörniger  (1  Pflanze)  brachten  die 
Ähre  ausser  die  Blattscheiden,  und  zwar  zwischen  dem  5.  und  10.  Sep- 
tember. Die  Zahl  der  Triebe  überhaupt  war  gegenüber  der  ersten  Saat 
eine  etwas  grössere,  im  Mittel  aller  Sorten  5,08  gegen  3,31  bei  der 
ersten  Saat.  Mit  diesem  Anzeichen  der  Störung  des  Schossens  geht  ein 
weiteres,  die  Zahl  der  unfruchtbaren  Triebe,  Hand  in  Hand.  Im  Ge- 
samtmittel aus  den  Mitteln  aller  Sorten  standen  2,77  fruchtbaren  Trieben 
2,31  unfruchtbare  gegenüber.  Die  Zahl  der  Pflanzen  mit  nur  un- 
fruchtbaren Trieben  war  dagegen  gegenüber  der  ersten  Saat  keine 
höhere.  Mette's  Sqare  head  wies  eine  solche  auf,  Leutewitzer  Square 
head  vier,  Beseler's  Square  head  III  drei  unfruchtbare.  Auch  die  best 
ausgeschosste  Sorte  hätte  nach  der  zweiten  Saat  keine  praktisch 
brauchbare  Ernte  mehr  gegeben. 

Insgesamt  erwies  sich  bei  diesen  Versuchen  des  Jahres  1910 
Buhlendorfer  braunkörniger  deutlich  dem  Schossen  geneigter.  Die 
Zahl  der  fruchtbaren  Triebe  überragte  jene  der  unfruchtbaren  erheb- 
lich. Pflanzen  mit  nur  sterilen  Trieben  fehlten  oder  waren  in  geringerer 
Zahl  vorhanden  und  das  Schossen  trat  frühzeitig  ein.  Nächst  geneigt 
erwiesen  sich  Beseler  III  und  Beseler  II,  dann  Mette's  und  Dividenden, 
bei  welchen  vier  Sorten  nach  der  ersten  Saat  auch  das  Verhältnis  der 
fruchtbaren  zu  den  unfruchtbaren  Trieben  ein  für  die  ersteren 
günstigeres  war  und  bei  welchen  Pflanzen  mit  nur  unfruchtbaren 
Trieben  nicht  oder  nur  in  ganz  geringer  Zahl  vorhanden  waren.  Nach 
der  zweiten  Saat  standen  diese  Sorten  gegenüber  Buhlendorfer  braun- 
körnigem allerdings  stark  zurück. 

Deutliche  Unterschiede  zwischen  den  Nachkommenschaften  der 
beiden  Ausgangsähren  jeder  Sorte  (a  mit  c,  b  mit  d  je  verglichen)  fanden 
sich  bei  Teverson.  Die  Ähre  1,  a-  und  b-Hälfte,  erwies  sich  als  weniger 
geneigt  zu  schössen,  die  Zahl  der  unfruchtbaren  Halme  war  im  Ver- 
hältnis zu  den  fruchtbaren  bei  ihr  nach  erster  und  zweiter  Saat  grösser 
als  bei  Ähre  2  und  das  Ausschossen  der  ersten  Ähre  trat  viel  später  ein. 

B.  Bei  einem  weiteren,  auch  1910  ausgeführten  Versuch  waren 
Ähren  von  den  Zweigen  einer  reinen  Linie  ^)  von  Dividendenweizen  (D) 
und  Ähren  von  zehn  Linien  derselben  Sorten  herangezogen  worden. 
Die  Pflanzen  verdanke  ich  der  Freundlichkeit  des  Vorstandes  der 
Pflanzen  Züchtungsanstalt  Weihenstephan,  Prof.  Dr.  K  i  e  s  s  1  i  n  g.  Es 
wurde  bei  diesem  Versuch  eine  grössere  Anzahl  aufeinanderfolgender 
Saatzeiten  gewählt  und  es  wurden  von  jeder  Pflanze  je  zwei  Früchte 
zu  jeder  der  gewählten  Saatzeiten  gesät.  Diese  für  die  einzelne  Saat- 
zeit geringe  Zahl  Körner  ergab  sich  aus  der  geringen  Kornzahl  der 
verwendeten  Ähren,  hatte  aber  den  Nachteil,  dass  durch  Fehlstellen 
die  Zahl  verfügbarer  Pflanzen  selbst  so  weit  sank,  dass  einzelne  Saat- 
zeiten ausschieden. 


^)  Linie  hier  immer  als  genealog-ische  Linie  im  Sinne  Johannsen's. 


8 


F  r  u  w  i  r  t  h : 


Die  Tabelle  II  bringt  eine  Übersicht  über  den  Verlauf  des  Ver- 
suches. Bis  einschüesslich  der  Saat  vom  11.  März  gelangten  alle 
Pflanzen  zum  Ausschossen  der  Ähren.  Die  Entwicklung  der  Körner 
war  aber  auch  bei  dieser  Saatzeit  schon  eine  sehr  kümmerliche,  viele 
Blüten  blieben  taub.     Die  beiden  noch  späteren  Saaten,  jene  vom  21. 


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DFis    •     . 

7.  7. 
28.  7. 

2 
1 

— 

25.  6. 
25.  6. 

1 
2 

1 

29.  6. 
18.  6. 

1 
3 

1 

8.  7. 

10.  7. 

2 
2 

I 

6.  7. 
8.  7. 

5 
1 

DF,o   .     . 

— 

— 

— 

2.  7. 

1 

— 

9.  7. 

2 

1 

— 

. — 

— 

20.  7. 

1 

— 

— 

— 

— 

1.  7. 

2 

— 

12.  7. 

1 

— 

8.  7. 

1 

— 

— 

— 

— 

DF,,,    .     . 

7.  7. 

2 

— 

3.  7. 

1.  7. 

2 
3 

— 

7.  7. 
6.  7. 

3 

1 

13.  7. 
i:{.  7. 

2 

1 

— 

— 

I 

1 

Summe 

nach 

Saatzeiten 

1 

29        6 
35 

50 

e 

13 
)3 

44      10 

54 

1 

54 

; 

2 

)6 

48 

5 
J3 

Pro  Pflanze  / 

1,61 
1, 

0,33 
94 

2,00 

2, 

0,52 
52 

2,00 
2. 

0.45 
45 

2,350,09 
2,44 

2,52 
2 

0,27 

79 

Fehlende 
Pflanzen 

} 

8 

1 

4 

3 

7 

Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide. 


9 


und  jene  vom  31.  März,  zeigten  eine  ausserordentliche  Störung  des 
Ährenschossens.  Sie  wiesen  einzelne  Pflanzen  mit  nur  unfruchtbaren 
Trieben  auf.  jene  Ähren,  die  ausgeschosst  hatten,  waren  durchaus 
kümmerlich  und  bildeten  nur  wenig  Körner  aus. 


Tal 

belle 

II. 

1.  3. 

1 

1.  3. 

21.  3. 

31.  3. 

Summe 

nach 

Abstammung 

fertil. :  steril. 

Triebe 

Erst- 

geschosste 

Ähre 

Za 

fer- 
tiler 

Tri 

ihl 

ste- 
riler 

ebe 

Erst- 

geschosste 

Ähre 

Za 

fer- 
tiler 

Tri 

hl 

ste- 
riler 

ebe 

Erst> 

geschosste 
Ähre 

Zahl 

fer-      ste- 
tiler    riler 

Triebe 

Erst- 

geschosste 

Ähre 

Zahl 

fer-      ste- 
tiler    riler 

Triebe 

d 

D 

3 

14.  7. 

3 



16.  7. 

2 

1 

16.  7. 

3 

1 

16.  8. 

3 



30    : 

3 



14.  7. 

5 

— 

16.  7. 

2 

— 

— 

— 

— 

16.  8. 

2 

2 

24     : 

3 

l 

16.  7. 

3 

— 

20.  7. 

2 

— 

— 

— 

— 

2.  8. 

2 

1 

9     : 

2 

5 

12.  7. 

3 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

3.  8. 

1 

1 

12     : 

2 

4 

20.  7. 

3 

— 

20.  7. 

2 

— 

11.  8. 

2 

1 

6.  8. 

4 

— 

27 

5 

— 

16.  7. 

3 

— 

11.  7. 

3 

— 



— 

— 

— 

— 

— 

20 

0 

2 

18.  7. 

3 

— 

— 

— 

14.  8. 

2 

— 

— 

— 

1 

14 

2 

1 

— 

— 

— 

14.  7. 

2 

— 

14.  8. 

1 

— 

— 

— 

3 

12 

5 

1 

20.  7. 

2 

— 

14.  7. 

4 

— 

24.  7. 

1 

1 

3.  8, 

1 

4 

15 

8 

— 

— 

— 

— 

18.  7. 

4 

— 

28.  7. 

1 

— 

3.  8. 

2 

4 

15 

5 

1 

1.  7. 

2 

— 

28.  7. 

1 

— 

— 

1 

— 

4.  8. 

1 

1 

12 

2 

1 

16.  7. 

1 

1 

24.  7. 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

10 

4 

2 

15.  7. 

2 

1 

16.  7. 

2 

1 

10.  8. 

2 

— 

6.  8. 

4 

— 

17 

5 

1 

15.  7. 

1 

— 

16.  7. 

3 

— 

— 

— 

— 

8.  8. 

1 

1 

14 

3 

1 

20.  7. 

1 

— 

4.  8. 

2 

— 

24.  7. 

1 

— 

4.  8. 

2 

8 

13 

9 

1 

— 

— 

— 

6.  8. 

1 

— 

28.  7. 

2 

— 

— 

— 

— 

9 

2 

4 

14.  7. 

2 

— 

28.  7. 

1 

— 

18.  8. 

1 

1 

— 

— 

— 

13 

3 

2 

14.  7. 

3 

— 

24.  7. 

4 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

5 

13 

5 

3 

21.  7. 

2 

2 

8.  8. 

1 

— 

14.  8. 

1 

1 

8.  8. 

2 

5 

15 

10 

1 

15.  7. 

2 

— 

6.  8. 

2 

— 

— 

— 

— 

8.  8. 

1 

3 

12 

5 

2 

20.  7. 

2 

— 

28.  7. 

1 

— 

11.  8. 

1 

— 

4.  8. 

1 

1 

16 

:     4 

— 

20.  7. 

1 

— 

26.  7. 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

11 

:     3 

1 

16.  7. 

3 

— 

. — 

— 

— 

20.  7. 

4 

— 

7.  8. 

1 

4 

12 

:     5 

3 

— 

— 

— 

12.  8. 

2 

— 

20.  7. 

1 

1 

7.8. 

1 

2 

8 

:     3 

3 

20.  7. 

3 

— 

6.  8. 

3 

— 

16.  8. 

3 

— 

— 

— 

1 

18 

1 

1 

20    7. 

5 

— 

28.  7. 

1 

— 

— 

—        — 

— 

— 

— 

U 

.      0 

4 

55         5 

47          2 

27          6 

29        50 

60 

49 

33 

79 

2,50 

0,24 

2,04 

0,09 

1,68 

0,38 

1,38 

2,38 

2,74 

2,13 

2,06 

3,76 

4 

3 

10 

5 

JO  Fruwirth: 

Ein  Ansteigen  in  der  Gesamtzahl  der  Triebe  per  Pflanze  von 
Saatzeit  zu  Saatzeit  von  früher  zu  später  Saat  —  wie  ein  solches  sich 
bei  dem  Sortenversuch  gezeigt  hatte  —  war  auch  bei  diesem  Versuch 
zu  bemerken,  wenn  die  Zahlenreihe  auch  nicht  ganz  ungestört  ansteigt 
(geringe  Pflanzenzahl!).  Die  mittlere  Zahl  der  Triebe  betrug  von  der 
ersten  Saatzeit  ab  bis  zur  letzten:  1,94,  2,52.  2.45,  2.44.  2,79,  2.74, 
2,13,  2,06,  3,76.  Dagegen  zeigt  sich  die  Zunahme  des  Überwiegens  der 
Zahl  der  unfruchtbaren  Triebe  gegenüber  der  Zahl  der  fruchtbaren  nur 
bei  der  spätesten  Saat,  die  mittleren  Saaten  weisen  selbst  weniger  un- 
fruchtbare auf  als  die  frühesten. 

Das  Erscheinen  der  Ähren  war  bei  den  Saaten  bis  einschliesslich 
19.  Februar  noch  nicht  aussergewöhnlich  verschoben,  sondern  erfolgte 
etwa  um  einen  Monat  später  als  bei  normaler  Herbstsaat.  Bei  der  Saat 
am  21.  März  zeigten  sich  die  Ähren  zumeist  erst  im  August,  bei  jener 
am  31.  März,  soweit  es  bei  dieser  Saat  überhaupt  zum  Ausschossen 
von  Ähren  kam,  nur  im  August.  Die  Verzögerung  des  Schossens  war 
—  innerhalb  der  Versuchssaaten  beobachtet  —  weniger  erheblich  als 
die  Unterschiede  in  den  Saatzeiten.  Innerhalb  der  Pflanzen  ein  und 
derselben  Saatzeit  erfolgte  das  Ausschossen  der  Ähren  nicht  gleich- 
massig,  es  kam  so  auch  vor,  dass  Pflanzen,  die  einer  viel  früheren  Saat 
angehörten,  später  die  Ähren  ausschossten  als  solche  einer  späteren. 

Frösten  waren  alle  Saaten  ausgesetzt  gewesen,  da  auch  noch  am 
1.,  3.,  4.  und  12.  April  Frosttage  mit  — 4,  — 5.  — 4.  — 5  "^  C.  einwirkten. 

Die  auffallende  Unregelmässigkeit  im  Schossen,  die  sich  auch 
innerhalb  der  Nachkommen  eine  Ähre  zeigte,  zusammen  mit  der  er- 
wähnten geringen  Zahl  Pflanzen,  die  bei  je  einer  Saatzeit  einer  Nach- 
kommenschaft angehören,  und  weiter  zusammen  mit  dem  Auftreten  von 
Fehlstellen  stört  natürlich  sehr,  wenn  Unterschiede  im  Verhalten  der 
einzelnen  Linien  untereinander  festgestellt  werden  sollen.  Das?  solche 
vorhanden  sind,  lässt  sich  aber  immerhin  erkennen.  Linie  Dj  ist  in 
allen  ihren  drei  Zweigen  geneigter,  auszuschossen,  ihre  Pflanzen 
schoben  durchweg,  auch  noch  nach  Saat  am  31.  März,  die  Ähren  aus 
und  wiesen  auch  weniger  unfruchtbare  Triebe  auf.  Die  Linien  DF,. 
DFi4  und  DF22  trieben  nach  der  letzten  Saat  Ähren  überhaupt  nicht 
mehr  aus,  zwei  von  ihnen,  DF^  und  DF.^s.  zeigten  aber  allgemein  wenig 
Neigung  zur  Bildung  unfruchtbarer  Triebe.  Gross  war  die  Zahl  solcher 
bei  den  Linien  DFo,  DF,,.  DF^p,  und  DF20. 

C.  Ein  Schossversuch  mit  3  Winterweizen  und  16  Winterroggen 
ist  1911  im  freien  Land  des  Zuchtgartens  ausgeführt  worden.  Die  bei 
demselben  verwendeten  Ähren  verdanke  ich  der  Liebenswürdigkeit 
Dr.  Hillmann's.  Die  erste  Saat  war  am  21.  Januar  ausgeführt 
worden,  der  Aufgang  erfolgte  am  12.  März.    Fröste  konnten  einwirken: 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  11 


22. 

—  1 

23. 
—  3 

24. 

—  1 

25. 
-2 

28. 
—  2 

30. 

—  1 

Januar 
0  C. 

1. 
—  4 

4. 

—  3 

12. 
—  6 

13. 
—  5 

14. 
—  3 

15. 
—  1 

16.  Februar 
-2  0  C. 

1. 
-0 

6. 
—  2 

9.  März 
—  0«  C. 

• 

3. 
—  2 

4. 
—  2 

5. 
—  5 

6. 
—  6 

7. 
—  3 

8. 
—  2 

9.  April 
-1«  C. 

11. 
—  1 

13. 
—  2 

14. 
—  1 

17. 
-3 

18.  April 
—  1«  C. 

Das  Ausschossen  der  Ähren  erfolgte  bei  sämthchen  Sorten  normal, 
zwischen  28.  Mai  und  2.  Juni  bei  Roggen  und  25.  Juni  bis  30.  Juni  bei 
Weizen. 

Die  zweite  Saat  erfolgte  am  16.  März  und  war,  wie  aus  den  eben 
gegebenen  Zahlen  zu  ersehen  ist,  auch  noch  mehreren  Frösten  aus- 
gesetzt gewesen.  Auch  nach  der  zweiten  Saat  schoben  alle  Sorten  die 
Ähren  aus,  aber  sehr  spät:  bei  Roggen  zwischen  24.  Juni  und  2.  Juli, 
bei  Weizen  zwischen  10.  .Juli  und  7.  August  und  bei  beiden  Gattungen 
sehr  ungleich.  Herbstsaaten  von  Winterroggen  hatten  im  selben  Jahr 
die  Ähren  bei  Roggen  zwischen  20.  und  30.  Mai,  bei  Weizen  zwischen 
2.  und  12.  Juni  ausgeschosst. 

Die  bei  diesem  Versuch  verwendeten  Sorten  waren:  Roggen:  Ost- 
preussischer  Johannisroggen,  v.  Lochow's  Petkuser,  Breustedt's  Harzer 
Viktoria,  Himmel's  Champagner,  Hadmerslebener  Kloster,  Göttinger, 
Heidenreich's  Riesen,  Rimpau's  Schlanstedter,  Norddeutscher  Cham- 
pagner, Kirsche's,  v.  Kalben's  Vienauer,  Jubiläums,  Pirnaer,  Zeeländer, 
Professor  Heinrich,  Sperhngs  Buhlendorfer,  Waldecker  Stauden; 
Weizen:  Hohenloher  Stachel,  Krafft's  Siegerländer,  Heine's  Teverson. 

D.  Im  -Jahre  1916  wurde  nochmals  ein  Schossversuch  ausgeführt, 
und  zwar  diesmal,  um  bei  Roggen  die  Frage  der  Individualität  und 
um  bei  Wintergersten  allgemein  das  Verhalten  je  bei  Saat  im  Frühjahr 
prüfen  zu  können. 

Bei  den  seinerzeitigen  eigenen  Versuchen  in  Hohenheim  hatten 
sich  bei  Winterweizen  verschiedene  Pflanzen  bei  Ansaat  im  Frühjahr 
innerhalb  derselben  Sorte,  die  eine  Population  war,  verschieden  ver- 
halten. Ihre  Individualität  —  richtiger  gesagt,  ihr  nach  Linien- 
zugehörigkeit verschiedenes  Verhalten  —  war  deuthch.  Beim  Roggen 
als  Fremdbefruchter  konnte  es  sich  nicht  wie  beim  Weizen  um  einfache 
Linienzugehörigkeit  gehandelt  haben,  aber  verschiedenartige  Mischung 
von  Anlagen  konnte  das  verschiedene  Verhalten  gegenüber  dem 
Schossen  erklären. 

Bei  den  Versuchen  des  Jahres  1916  waren  bei  Roggen  zwei 
Winterlandroggen    verwendet    worden,    bei    welchen    man    sicher    sein 


12 


P  r  u  w  i  r  t  h : 


konnte,  dass  Züchtung  ihre  Anlagen  noch  nicht  beeint'lusst  hatte. 
Beide  Sorten  stammten  aus  dem  Bezirk  Amstetten  in  Niederösterreich, 
der  eine  von  Schaffenfeld,  der  andere  von  Firrha.  Von  dem  ersten 
waren  Körner  von  drei,  von  dem  zweiten  Körner  von  vier  Ähren,  deren 
jede  einer  anderen  Pflanze  entsprach,  gesät  worden,  von  Jeder  Ähre 
(Pflanze)  ni  beiden  Saatzeiten.  Die  Tabelle  III  a  lässt  erkennen,  dass 
nach  der  zweiten  Saat,  16.  März.  Unterschiede  in  der  Schosswilligkeit 
vorhanden  sind,  wenn  auch  nach  der  ersten  Saat,  21.  Februar,  alle 
Pflanzen  schossten,  nach  der  zweiten  sechs  von  den  sieben  Nach- 
kommenschaften. Bei  Landwinterroggen  von  Schaffenfeld  erwies  sich 
nach  der  zweiten  Saat  die  Nachkommenschaft  von  Pflanze  1  als  schoss- 
geneigter als  jene  der  beiden  anderen  Nachkommenschaften,  bei  Land- 
winterroggen von  Firrha  wich  nach  der  zweiten  Saat  die  Nachkommen- 
schaft von  Pflanze  1  stark  von  der  Nachkommenschaft  der  drei  übrigen 
ab,  sie  war  ausgesprochen  abgeneigt,  unter  diesen  Verhältnissen  zu 
schössen.  Allgemein,  auch  nach  der  1.  Saat,  war  das  Schossen  bei 
Roggen  unregelmässig,  am  unregelmässigsten  bei  der  Nachkommen- 
schaft der  Ähren  2  und  3  von  Schaffenfelderroggen  und  der  Nach- 
kommenschaft der  Ähren  2  und  4  von  Firrharoggen,  Auch  die  Be- 
stockung  war  innerhalb  je  einer  Nachkommenschaft  sehr  verschieden; 
die  Pflanzen,  die  Ähren  ausgeschosst  hatten,  zeigten  schwache  Be- 
stockung,  die  nicht  geschossten  hatten  mächtige  Büschel  unfruchtbarer 
Triebe  entwickelt. 

Tabelle   III  a. 


Saat  am  21.  Februar. 

Saat 

am  16. 

März. 

S    00 

OD 

Halmschossen 

1-5 

4.2 

m 
w 
o 

o 

CO 

;-< 

ja 
■■< 

< 

OD 
I» 
O 

ü 

OD 

d 

CO 
CO 

o 

OD 

s 

f-T        OD 

o 

•       CO 

ö  er- 
'-'  -s 

_El       CO 
""       OD 

1—4          00 

--      4> 

<     bl) 

Nicht  geschos 
Pflanzen  am  8 

Winter-Land- 

1. Ähre  (Pflanze) 

10.  5. 

5. 

6. 

22. 

6. 

15.  5. 

6.  7. 

1.  8. 

IvonS 

roggen  von 

'^-     ))             II 

7.  5. 

2. 

6. 

18. 

6. 

15.  5. 

28.  7. 

4.  8. 

5   „   7 

Schaffenfeld. 

3 

8.  5. 

3. 

6. 

18. 

6. 

15.  5. 

10.  7. 

29.  7. 

5    „11 

Winter-Land- 

1. Ähre  (Pflanze) 
^-     11             1) 

9.  5. 

7.  5. 

5. 

1. 

6. 
6. 

20. 

18. 

6. 
6. 

15.  5. 
18.  5. 

26.  7. 

4.  8. 

8   ,.10 
3   .,   9 

roggen  von 
Pirrha. 

^-     1)             11 

9.  5. 

3. 

6. 

20. 

6. 

15.  5. 

4.  7. 

28.  7. 

1    „11 

4.     „ 

7.  5. 

1. 

6. 

19. 

6. 

18.  5. 

11.  7. 

30.  7. 

1   „   5 

Bei  Wintergerste  hatte  ich  bei  früheren  gelegentlichen  Be- 
obachtungen immer  gefunden,  dass  die  in  Deutschland  und  Österreich 
als  Wintergersten  gebauten  Formen  sich,  im  Frühjahr  gesät,  normal 
entwickeln,  und  ich  habe  dieses  auch  wiederholt  ausgesprochen.  Da 
die  Frage  neuerlich  aufgeworfen  worden  war  und  ich  mittlerweile  einige 

^)  Bei  Roggen,  soweit  diese  überhaupt  ausgeschoben  wurden  und  nicht  nur  eine 
treckung  von  Halmen  stattfand. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide. 


13 


Gerstensorten  erhalten  hatte,  deren  Verhalten  bei  Frühjahr ssaat  noch' 

nicht  geprüft  worden  war,  wurde  der  Versuch  auch  mit  Wintergersten 

durchgeführt:^) 

Tabelle  Illb. 


Saat  am  21.  Februar. 


M 


ö 

o 
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Saat  am  16.  März. 


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2  zeilige  Winter-Gerste 

Arlington  vierzeilige  Winter-Gerste  . 

Friedrichswerther  ,  1.  Ähre  (Pflanze) 

Mammuth- Winter-    2.       ,,      (      „      ) 

Gerste  '3.       „      (      „      ) 

Mansholts  Groninger  vierzeil,  Winter-Gerste 

Eckendorfer  Winter-Gerste 

Friedrichswerther    Mammuth- Winter-Gerste 

Land-Winter-Gerste 


6.  5. 

25.  6. 

4.  5. 

20.  5. 

10.  5. 

7.  6. 

10.  5. 

3.  6. 

10.  5. 

7.  6. 

12.  5. 

12.  6. 

12.  6. 

16.  6. 

6.  5. 

31.  5. 

30.  6. 
29.  5. 

13.  6. 

7.  6. 

17.  6. 

18.  6. 


23.  6. 
4.  6. 


11.  5. 

9. 

7. 

9.  5. 

7. 

6. 

23.  5. 

2. 

7. 

23.  5 

4. 

7. 

23.  5. 

2. 

7. 

23.  5. 

4. 

7. 

23.  5. 

20. 

7. 

23.  5. 

20. 

6. 

23.  7. 
6.  6. 

6.  7. 
8.  7. 

11.  7. 

12.  7. 


25.  6. 
25.  6. 


Fröste  hatten  nach  beiden  Saatzeiten,  21.  Februar  und  16.  März, 
eingewirkt,  und  zwar: 


22. 

23. 

24. 

25. 

26.  Februar 

—  4 

-  2 

—  4 

—  3 

—  4»  C. 

12. 

18. 

27. 

28. 

29.  März 

—  2 

—  1 

—  2 

—  3 

—  30  c. 

12. 

13. 

16. 

18. 

28.             29.  April 

—  1 

—  1 

—  2 

—  3 

—  1           —IOC. 

9. 

10. 

11. 

12.  Mai 

—  1 

—  1 

—  2 

—  1« 

C. 

Alle  Wintergersten  schoben  die  Ähren  aus,  auch  jene  der  Saat 
vom  16.  März,  auffallend  früh  die  Arlington  Wintergerste,  die  auch  bei 
Saat  im  Herbst  besonders  früh  Ähren  schiebt,  auffallend  spät  die  zwei- 
zeilige Wintergerste,  die  sich  bei  mir  bisher  bei  Herbstsaat  seit 
6  Jahren  als  Wintergerste  erwiesen  hatte.  Im  allgemeinen  zeigten  die 
im  Frühjahr  gesäten  Wintergersten  die  Ähren  ungefähr  zu  derselben 
Zeit  wie  Sommerweizen. 

Die  Wintergersten  schossten  demnach  bei  Frühjahrssaat  wesent- 
lich leichter  als  Winterweizen  und  Winterroggen. 

Hayunger  teilt  eben  für  eine  Wintergerste,  die  in  meinen  Ver- 
suchen nicht  enthalten  war,  für  ostfriesische,  mit,  dass  sie  bei  Saat  am 
17.  und  27.  März,  sowie  bei  solcher  am  14.  April  Ähren  schob.^)  Auch 
alle  im  Kaukasus  als  Wintergersten  gebauten  Gersten  schossten  nach 

*)  Die  Gersten  waren  mit  Ausnahme  der  3  Ähren  als  Körner  aus  dem  Erdrusch 
gesät  worden. 

2)  Mitt.  d.  D.  L.-G.  1917. 


14  Fruwirth: 

Mitteilung  Regel's  bei  Frühjahrssaat  normal.  Dass  es  aber  auch 
ausgesprochene  Wintergersten  gibt,  ist  von  derselben  Seite  festgestellt 
worden.  Versuche,  die  Regel  mit  28  Proben  schwarzer  vierzeiliger 
Wintergerste  aus  dem  östlichen  Transkaukasien  ausführte,  und  zwar 
sowohl  im  Kaukasus  als  im  Gouvernement  Kursk,  konnten  bei  Früh- 
jahrssaat dieser  Gerste,  H.  tetrast.  pallidum  hibernum,  kein  Schossen 
erzielen.  ') 

b)  Beeinflussung  des  Schossens  durch  verschieden- 
artige künstliche  Einwirkungen. 

Zuerst  im  Jahre  1910  versuchte  ich  auch  das  Schossen  durch  ver- 
schiedene künstliche  Einwirkungen  zu  begünstigen.  Die  verschiedenen 
Behandlungsarten  ergaben  sich  durch  naheliegende  Erwägungen.  Sie 
bestanden  in  Anwendung  niederer  Wärmegrade,  solcher  von  Chloro- 
formdämpfen, Wasserdämpfen  und  weitgehender  Austrocknung  der 
Erde  in  warmem  Raum. 

Die  Kälteeinwirkung  wurde  versucht,  weil  Wintergetreide  bei  der 
gewöhnlichen  Herbstsaat  in  Mitteleuropa  regelmässig  niederen  Wärme- 
gi-aden  während  der  Keimung,  solchen  und  regelmässig  selbst  Frost- 
temperaturen während  der  weiteren  Entwicklung  ausgesetzt  ist.  Immer 
wieder  findet  sich  denn  auch  die  Anfülirung  der  unter  ausübenden 
Landwirten  verbreiteten  Ansicht,  dass  gegen  das  Frühjahr  zu  gesätes 
Wintergetreide  nur  dann  in  Ähren  schosst,  wenn  nach  der  Saat  noch 
Fröste  einwirken. 

Wahrscheinlich  erschien  mir  dieses  später,  nachdem  ich  diese 
Ansicht  zuerst  auch  geteilt  hatte,  nicht,  da  nicht  nur  Sommergetreide, 
sondern  auch  Wechselgetreide  bei  Frühjahrssaat  ohne  Frosteinwirkung 
schgsst. 

Es  liegen  auch  verschiedene  Äusserungen  von  Forschern  über  den 
Einfluss  von  Kälte  auf  das  Schossen  vor: 

A  p  p  e  1  und  G  a  s  s  n  e  r  hatten  die  Beobachtung  gemacht,  dass 
die  Temperatur  zur  Zeit  der  Keimung  das  folgende  Ausschossen  von 
im  Hochsommer  gesäten  Getreidearten  stark  beeinflusst,  niedere  Tempe- 
ratur zur  Zeit  der  Keimung  das  Ausschossen  begünstigt.^) 

G  u  t  z  e  i  t  hatte  bald  darauf  bei  Runkelrüben  eine  Beeinflussung 
der  Neigung  zum  Schossen  durch  die  Temperatur  während  der  Keimung 
festgestellt.  Bei  Minimalkeimungstemperatur  +  4  °  erfolgte  Schossen, 
in  diesem  Fall  Austreiben  der  Blütenstände  tragenden  Achsen,  bei 
Optimalkeimungstemperatur  +  22  '^  nicht.  Im  Anschluss  daran  fand 
er.  dass  bei  im  .Juni  gesätem  Winterroggen  Schossen  eintritt,  wenn  die 


^)  Glattgrannige    Gersten.     Bulletin   f.   angewandte   Botanik.     (Keine  Jahreszahl 
anf  Separ.) 

2)  Mitteilungen  d.  K.  biologischen  Reichsanstalt  1907,  Heft  4. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  15 

Temperatur  während  der  Keimung  +  2 "  C.  beträgt,  dagegen  nicht  mehr, 
wenn  dieselbe  zur  Zeit  der  Keimung  über  5*^  C.  hegt.') 

G  a  s  s  n  e  r  hält  nach  seinen  in  Uruguay  mit  Weizen-  und  Roggen- 
sorten Deutschlands  gemachten  Beobachtungen  Einwirkungen  niederer 
Temperaturen  während  der  Keimung,  mehr  aber  noch  solche  in  späteren 
Stadien  der  Entwicklung,  für  den  normalen  Eintritt  des  Schossens  für 
nötig.  Er  fand  bei  Roggen  bei  niederer  wie  bei  hoher  Keimungs- 
temperatur, wenn  folgende  Zeiten  mit  niederer  Temperatur  fehlten, 
kein  Schossen,  bei  hoher  Keimungstemperatur  und  nachfolgender 
niederer  Temperatur  verzögertes  ungleichmässiges  Schossen,  bei 
niederer  Keimungstemperatur  und  Nachfolge  von  niederer  Temperatur 
bestes  Schossen.  Beim  Weizen  konnte  von  ihm  ein  Einfluss  niederer 
Keimungstemperatur  nicht  festgestellt  werden.  Die  Pflanzen  schossten 
bei  diesem,  zu  ungeeigneter  Zeit  gesät,  nicht,  auch  nicht,  wenn  sie  bei 
niederer  Temperatur  gekeimt  hatten.  Dabei  sind  unter  den  dortigen 
Verhältnissen  als  niedere  Temperaturen  bei  Keimung  solche  von  6  bis 
10*^  C.  zu  verstehen,  als  hohe  solche  von  25°;  die  niederen  Tempe- 
raturen bei  weiterer  Entwicklung  gehen  daselbst  auch  unter  0  °.  Das 
Bedürfnis  nach  niederen  Temperaturen  erwies  sich  dort  für  das  Schossen 
bei  deutschem  Winterweizen  als  am  grössten,  bei  deutschen  Winter- 
roggensorten schon  als  geringer,  bei  Uruguay-Hafer,  der  den  Charakter 
einer  Winterform  besitzt,  und  deutscher  Sommergerste  als  noch  ge- 
ringer.''^) 

V.  T  s  c  h  e  r  m  a  k  sagt:  „Es  sei  auch  auf  die  unter  den  Praktikern 
wohlbekannte  Erfahrung  erwähnt,  dass  an  einem  im  Frühjahr  an- 
gebauten Winterroggen,  welcher  zunächst  nicht  schosst,  ein  zu  Anfang 
des  Auswachsens  einfallender  Frost  einen  Teil  der  Pflanzen  zum  Aus- 
schossen veranlasst."  ^) 

Die  Äusserungen  machen,  wie  ersichtlich,  einen  Unterschied 
zwischen  der  Wirkung  der  niederen  Temperaturen  auf  das  Schossen,  je 
nachdem  letztere  während  der  Keimung  oder  später  zur  Geltung  kommen. 

Bei  der  Einwirkung  von  Kälte  war  ich  lediglich  auf  das  Ver- 
bringen in  einen  Eiskeller  angewiesen.  Es  bedarf  kaum  des  Hinweises, 
dass  Einrichtungen  zur  Erzeugung  von  Kälte  in  bestimmtem  Ausmaß 
und  für  beliebig  lange  Zeiten  derartige  Versuche  viel  schärfer  aus- 
führen lassen,  dass  sie  aber  nur  bei  sehr  reich  ausgestatteten  Instituten, 
keineswegs  bei  privater  Versuchstätigkeit  in  Frage  kommen.  Eine 
Ergänzung  finden  die  Versuche  im  Eiskeller  durch  die  Versuche  im 
freien   Land,   bei    welchen  nach   Frühjahrssaat   Kälte    einwirkte    oder 


1)  Mitteilungen  der  K.  biologischen  Reichsanstalt  1907,  Heft  7;  1908,  Heft  6. 
^)  Jahresber.  d.  Vereinigung  für  angewandte  Botanik  1910  (1911).  S.  126. 
^)  Zeitschr.  f.  d.  landw.  Versuchswesen  in  Österr.  1906. 


1(5  Fruwirth: 

nicht.  liu  Teil  a  wurde  denn  auch  ständig  der  Frosteinwirkung 
gedacht. 

Die  Einwirkungen  von  Chloroformdärapfen,  warmen  Wasserdämpfen 
und  weitgehender  Austrocknung  der  Erde  wurden  durch  die  Erfolge 
angeregt,  die  von  mehreren  Forschern  bei  Abkürzung  der  Winterruhe 
verschiedener  Ziersträucher  erzielt  worden  sind.  Es  sei  hier  nur  an 
das  von  Johannsen  zuerst  angewendete  Äther-Verfahren  ^)  und  das 
von  M  0 1  i  s  c  h  zuerst  verwendete  Warmbad  erinnert.-) 

Die  Einwirkungen  wurden  bei  den  eigenen  Versuchen  zunächst 
nach  vollendeter  Bestockung  versucht,  da  Wintergetreide  bei  der 
üblichen  Ausführung  der  Saat  Frostwirkungen  auch  erst  nach  erfolgter 
Bestockung  oder  aber  doch  erst  geraume  Zeit  nach  der  Keimung  er- 
fährt und  bei  dem  erfolgreichen  Antreiben  von  Ziersträuchern  die 
Reize  auch  kurz  vor  der  Zeit  einwirken,  zu  welcher  das  Austreiben 
erfolgen  soll. 

E.  Als  Material  für  die  erste  Versuchsreihe,  die  im  Jahre  1910 
lief,  dienten  zwei  Pflanzen  einer  sechs  Jahre  hindurch  beobachteten 
konstanten  Linie  (D^)  von  Dividendenweizen,  die  durch  die  Freund- 
lichkeit Kiessling's  aus  seinem  Züchtungsmaterial  überlassen 
worden  war,  und  je  eine  Pflanze  aus  zwei  Linien  Dividendenweizen,  die 
aus  derselben  Quelle  stammen,  in  Weihenstephan  von  je  einer  Ähre  des 
Jahres  1908  gezogen  und  daselbst  1909  beobachtet  worden  waren  (DF^ 
und  DF2).  Die  Saat  erfolgte  in  Töpfen  zu  drei  verschiedenen  Zeiten. 
Für  jede  Saatzeit  waren  fünf  Töpfe  vorgesehen  worden,  deren  jeder 
einer  anderen  der  erwähnten  Behandlungen  ausgesetzt  wurde,  und  zwar 
auch  wieder  nach  ausreichender  Bestockung  der  Pflanzen.  Jeder  Topf 
war  mit  je  zwei  Körnern  jeder  der  vier  Pflanzen  besät  worden,  und  der 
Bestand  wurde  dann  so  verdünnt,  dass  jede  der  Versuchspflanzen 
Dj  a  und  b,  DFj,  DFg  durch  je  einen  Nachkommen  vertreten  war.  Der 
Erfolg  der  Behandlung  geht  aus  Tabelle  IV  hervor. 

(Siehe  Tabelle  IV,  S.  17.) 

Es  zeigt  sich,  dass  alle  Pflanzen,  auch  die  unbehandelt 
gebliebenen,  die  Ähren  ausschossten,  wenn  auch  zum  Teil  sehr 
spät  und  ganz  mangelhaft.  Die  Verzögerung  des  Ausschossens  der 
Ähren  war  bei  der  ersten  Saat,  15.  Januar,  gegenüber  normaler  Winter- 
saat nicht  erheblich,  sie  betrug  etwa  2 — 3  Wochen,  bei  der  zweiten 
Saat,  15.  Februar,  etwa  vier  Wochen;  bei  der  dritten  Saat,  15.  März, 
war  sie  sehr  beträchtlich  und  betrug  bis  mehr  als  zwei  Monate.  Ein 
Ausreifen  erfolgte  zwar  bei  allen  drei  Saaten,  bei  der  dritten  wurden 
aber  nur  sehr  kümmerliche  Körner  erzielt.    Die  Gesamtzahl  der  Triebe 


*)  Das  Äther-Verfahren  beim  Fnichttreiben.     1.  Aufl.  1900;  2.  Aufl.  1906. 
*)  Das  Warmbad  als  Mittel  zum  Treiben  der  Pflanzen,  1909. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide. 


17 


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23  Fruwirth: 

steigt  auch  hier  mit  Verspätung  der  Saatzeit,  dagegen  ist  ein  Ansteigen 
der  Zahl  unfruchtbarer  Triebe  nur  beim  Vergleich  der  ersten  mit  der 
letzten  Saat  zu  erkennen.  Fröste  wirkten  auch  nach  der  dritten  Saat 
noch  ein,  und  zwar  am  28.  März,  1.,  3.,  4.,  12.  April  mit  — 2,  — 4,  — 5, 
—  4  und  — 5°  C.  Für  die  dritte  Saatzeit  können  diese  Fröste  nui-  als 
solche  während  oder  bald  nach  der  Keimung  gelten. 

Weder  nach  den  Linien  —  D^,  DF^,  DFo  —  noch  nach  den  Saat- 
zeiten —  15.  Januar,  15.  Februar,  15.  März  —  noch  nach  der  Be- 
handlungsart ergab  sich  ein  greifbarer  Unterschied,  wenn  man  von  der 
geringeren  Zahl  unfruchtbarer  Triebe  nach  Behandlung  mit  warmem 
Wasserdampf  absieht. 

Künstliche  Reize,  die  nach  erfolgter  Bestückung  einwirkten,  er- 
wiesen sich  in  dieser  Versuchsreihe  als  ohne  Einfluss  auf  das  Schossen 
von  Pflanzen,  die  ein  Schossen  überhaupt  —  auch  ohne  jede  Ein- 
wirkung —  gezeigt  hätten.  Letztere  Annahme  ist  durch  das  Schossen 
der  unbehandelten  Pflanzen  begründet,  die  —  von  der  Behandlung  der 
anderen  abgesehen  —  den  gleichen  Verhältnissen  ausgesetzt  waren,  wie 
die  behandelten. 

F.  Im  Jahre  1911  wurden  dann  weitere  Versuche  mit  Einwirkung 
künstlicher  Reize  ausgeführt.  Es  wurden  dabei  zwei  Saaten  zu  sehr 
spätliegenden  Zeitpunkten  ausgeführt,  um  nach  Möglichkeit  ein  Unter- 
bleiben des  Schossens  ohne  Einwirkung  zu  erzielen  und  so  die  Wirkung 
der  Reizmittel  besser  beobachten  zu  können.  Für  beide  Saaten  wurden 
zwei  Pflanzen  Buhlendorfer  braunkörniger  (Pflanze  1  und  Pflanze  2) 
herangezogen,  und  zwar  derart,  dass  Samen  einer  jeden  dieser  Pflanzen 
bei  jeder  der  beiden  Saatzeiten  und  bei  allen  Behandlungsarten  ver- 
treten waren.  Jeder  der  Töpfe,  in  welchen  der  Versuch  ausgeführt  worden 
war.  hatte  vier  Körner  von  Pflanze  1  und  vier  Körner  von  Pflanze  2 
erhalten;  keimten  mehr  als  zwei  Körner  pro  Pflanze  in  einem  der 
Töpfe,  so  wurden  die  überschüssigen  Keimpflanzen  entfernt.  Buhlen- 
dorfer braunkörniger  war  gewählt  worden,  weil  er  sich  in  den  Schoss- 
versuchen ohne  Beeinflussung  als  eine  dem  Schossen  geneigtere  Sorte 
erwiesen  hatte. 

(Siebe  Tabelle  S.  19.) 

Sowohl  unbehandelte  als  behandelte  Pflanzen  waren  nach  der 
ersten  Saat  der  Einwirkung  einer  grösseren  Zahl  von  Tagen  mit  Frost- 
temperaturen ausgesetzt,  die  während  der  Keimung  lagen.  Nach  der 
zweiten  Saat  wirkte  kein  Frost  mehr.  Keines  der  angewendeten  Reiz- 
mittel war  imstande  gewesen,  Ährenschossen  hervorzurufen,  auch  nicht 
der  72  stündige  Aufenthalt  im  Eiskeller. 

G.  Im  gleichen  Jahre.  1911,  ist  dann  noch  ein  Versuch  mit  Samen 
von  je  einer  Pflanze  der  im  Vorjahr  verwendeten  Weizenlinien  DFo. 


Die  Unizüchtung  von  Wintergelreide  in  Sommergetreide. 


19 


DF-,  DFg  und  DF14  ausgeführt  worden.  Bei  diesem  Versuch  sollte 
festgestellt  werden,  ob  es  einen  Einfluss  auf  das  Schossen  hat,  wenn 
die  Körner  im  Winter  vor  der  Aussaat  Frösten  ausgesetzt  waren. 
Man  kann  annehmen,  dass  in  Mitteleuropa  Getreidesaat  alljährlich 
solchen  Frösten  ausgesetzt  ist,  wenn  die  Winteraufbewahrung  normal 
in  Scheunen  und  Speichern  erfolgt  und  die  Saat  im  Frühjahr,  jedenfalls 
aber  bei  verspäteter  Herbstsaat,  die  ein  Keimen  erst  im  Frühjahr  zu- 
lässt,  auf  dem  Felde.  Von  je  einer  der  erwähnten  Pflanzen  wurde  für 
den  Versuch  ein  Teil  der  Samen  in  einem  offenen  Vorraum  über  Winter 
aufbewahrt,  so  dass  Fröste  wiederholt  einwirken,  konnten,  ein  anderer 
Teil  im  Arbeitsraum,  in  welchem  während  des  ganzen  Winters  keine 
Prosttemperatur  sich  einstellte.  Nach  Saat  am  15.  März  erfolgte  bei 
beiden  Partien  das  Ausschossen  gleich  mangelhaft,  verspätet,  ungleich 
und  bei  Bildung  von  unfruchtbaren  Trieben.  Eine  Einwirkung  der 
Fröste  konnte  in  keiner  Weise  festgestellt  werden. 


Saattag: 

3.  April 

28.  April 

Tage  mit 

3.4. 
—  2 

4.4. 
-2 

5.4. 
-5 

6.4. 
—  6 

7.4. 
—  3 

8.4. 
—  2 

Kein  Frosttag, 

19.  5.  kühlster  Tag 

mit  -f-  2  0  C.  Minimal- 

— Temperaturen  nach  < 
der  Saat  (»C): 

9.4. 

10.4. 

11.4. 

14.4. 

17.4. 

18.4. 

—  1 

—  1 

—  1 

—  1 

—  3 

—  1 

temperatur 

-1^ 

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Behandlung: 

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Erfolg: 

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hos 

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asste 

H.  Zu  den  Versuchen  mit  Beeinflussung  des  Schossens  durch  ver- 
schiedene künstliche  Einwirkungen  sind  auch  noch  jene  zu  zählen, 
welche  —  im  Gegensatz  zu  den  Versuchen  mit  Kälteeinwirkung  — 
jeden  Frost  während  der  ganzen  Entwicklung  der  Pflanzen  ausschüessen 
sollten.  Diese  1914 — 1915  ausgeführten  Versuche  waren  dazu  bestimmt, 
festzustellen,  ob  Frosteinwirkung  bei  Wintergetreide  überhaupt,  auch 
bei  normaler  Herbstsaat,  eine  notwendige  Bedingung  des  Schossens  ist. 

Es  wurden  Samen  von  v.  Lochow's  Petkuser  Winterroggen  so- 
wohl, wie  von  Buhlendorfer  braunkörnigem  Winterweizen 

1.  im  Glashaus  in  Töpfe  im  Herbst  1914  gesät  und  die  Pflanzen  da- 
selbst ständig  belassen,  so  dass  keinerlei  Frost  einwirken  konnte; 

2.  in  Töpfe  im  Herbst  gesät,  die  im  Freien  standen  und  niederen 
Temperaturen  im  Herbst  während  der  Keimung  ausgesetzt  waren, 

2* 


20  Fruwirth: 

nach  erfolgter  Keimung  aber  ins  Glashaus  gestellt  wurden,  so  dass 
weiterhin  niedere  Temperaturen  nicht  mehr  einwirken  konnten; 

3.  im  Glashaus  in  Töpfe  im  Januar  1915  gesät  und  daselbst  bis  nach 
erfolgter  Bestockung  belassen,  so  dass  Keimung  und  Bestockung 
ohne  Frosteinwirkung  verliefen,  dann  aber  im  Freien  Fröste  ein- 
wirken konnten. 

Der  Erfolg  der  verschiedenartigen  Behandlung  geht  aus  folgen- 
den Ausführungen  hervor: 

1.  Die  am  25.  September  ausgeführten  Saaten  kamen,  obwohl  kein 
Frost  während  Keimung  und  weiterer  Entwicklung  eingewirkt 
hatte  —  nur  die  geringfügige  im  Winterhalbjahr  um  6 "  C.  sich  be- 
wegende Temperaturschwankung  eines  Kalthauses  —  zu  normaler 
Entwicklung.  Roggen  schob  die  erste  Ähre  am  27.  April  aus  und 
diese  blühte  voll  am  6.  Mai,  Weizen   schob   die   erste   Ähre   am 

I.  Januar  aus  und  das  Blühen  derselben  erfolgte  am  6.  Juni. 

2.  Roggen  und  Weizen,  die  am  25.  September  in  Töpfe  gesät  worden 
waren,  die  man  im  Freien  beliess,  hatten  während  der  Keimung 
bis  21.  November  Fröste  von  —2,  —2,  —7,  —1.  —2,  —2,  —1. 

—  3,  —3,  —2,  —1,  —6,  —5,  —4,  —5,  —4,  —3°  erhalten,  da- 
gegen während  der  weiteren  Entwicklung,  die  dann  im  Glashaus 
erfolgte,  keine  mehr.  Die  Pflanzen  schossten  gleichfalls  normal. 
Roggen  hatte  die  erste   Ähre   am   1.  Mai   ausgeschoben,   die   am 

II.  Mai  voll  blühte,  bei  Weizen  erschien  die  erste  Ähre  am  3.  Juni, 
am  7.  Juni  blühte  dieselbe. 

3.  Die  Saaten  von  Roggen  und  Weizen,  die  am  14.  Januar  in  Töpfe 
im  Glashaus  ausgeführt  worden  waren,  wurden  am  8.  März  ins 
Freie  gebracht  und  waren  daselbst  während  ihrer  weiteren  Ent- 
wicklung Frösten  von  — 2,  — 1,  — 2,  — 3,  — 1,  — 1,  — 1,  — 1, 

—  1,  — 2,  — 3,  — 1,  — 1,  — 2,  — 1  ausgesetzt.  Auch  diese 
Pflanzen  schossten,  und  zwar  zeigte  Roggen  die  ersten  Ähren  am 
28.  Mai  und  das  Blühen  derselben  trat  am  2.  Juni  ein,  und  Weizen 
zeigte  die  erste  voll  ausgeschosste  Ähre  am  18.  Juni,  worauf  das 
Blühen  derselben  am  24.  Juni  eintrat. 

Nach  diesen  Versuchen  kann  Winterroggen  und  Winterweizen, 
wenn  die  Saat  im  Herbst  oder  Winter  erfolgte,  auch  dann  normal 
Schossen,  wenn  die  Pflanzen  weder  während  der  Keimung  noch  nachher 
einem  Frost  ausgesetzt  waren,  und  es  bedarf  dazu  auch  nicht  erheb- 
licherer, über  O*'  bleibender  Temperaturstürze.  Ein  allmählicher 
Übergang  von  kühlerer  Zeit  während  der  ersten  Entwicklung  zu 
wärmerer  während  der  späteren  fand  natürlich  auch  im  Versuch  statt, 
da  von  Januar  ab  die  Besonnung  das  Glashaus  stärker  erwärmte. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  21 

II.  Vererbungsversuche. 

a)   Fremde   Versuche   mit   Umzüchtung. 

Die  Umwandlung  von  Winterformen  von  unseren  Getreidearten 
in  Sommerformen  gilt  im  allgemeinen  als  eine  leicht  mögliche. 

Hildebrand  äusserte  sich  dahin,  dass  man  mit  Recht  ver- 
muten könne,  dass  bei  allen  Sommerkulturpflanzen  „leicht  eine  Um- 
wandlung von  der  einen  Lebensdauer  in  die  andere  sich  vornehmen 
lassen  werde". ^)  Darwin  ist  gleicher  Ansicht,  stützt  dieselbe  auf 
von  ihm  angeführte  Versuche  Monnier's,  nach  welchen  es  innerhalb 
dreier  Jahre  gelungen  sein  soll,  Sommer-  in  Winterweizen  und  um- 
gekehrt umzuwandeln.^) 

Seither  sind  einige  weitere  Mitteilungen  über  Versuche  zur  Um- 
züchtung von  Winterroggen  und  Winterweizen  gemacht  worden  und 
einige  derselben  bringen  auch  Angaben  über  den  dabei  gewählten  Vor- 
gang und  seinen  Erfolg.  , 

Auch  bei  den  neuen  Versuchen  gilt  noch  überwiegend,  dass  sie 
mit  Populationen  ausgeführt  wurden  und  sich  daher  ein  allfälliger  Er- 
folg der  behaupteten  direkten  Bewirkung  nicht  trennen  lässt  von  jenem 
der  Aussonderung  von  Linien  oder  solcher  von  Bastardierungsfolgen. 

Hummel  säte  hessischen  Winterroggen  Ende  Januar,  es  folgten 
Fröste;  im  nächsten  Jahr  im  März  gesät,  schosste  der  grösste  Teil  der 
Pflanzen,  ein  kleiner  Teil  bestockte  sich  reichlich,  ohne  zu  schössen; 
im  dritten  Jahr  schossten  alle  Pflanzen,  die  aus  Samen  jener  Pflanzen 
erwuchsen,  die  im  zweiten  Jahr  ausschossten.^)  Es  hatte  sich  demnach 
das  gewöhnliche  Bild  gezeigt,  das  man  bei  einer  Population  be- 
obachten kann.  Wenn  das  Schossen  im  dritten  Jahr  nicht  zufällig  ein 
allgemeines  war,  so  kann  es  nur  dadurch  erklärt  werden,  dasi=  die  Popu- 
lation Wechselroggen  enthielt,  welche  durch  die  zwei  Auslesen  aus- 
gesondert wurden.  Eine  allgemeine  allmähliche  direkte  Bewirkung 
durch  die  Wahl  der  Saatzeit  ist  bei  der  nur  zweijährig  wiederholten 
solchen  ausgeschlossen. 

Kör  nicke  hatte  den  Fern-Sommerweizen  sechs  Jahre  hindurch 
als  Winterweizen  gebaut.  Als  er  ihn  dann  wieder  als  Sommerweizen 
baute,  verhielt  er  sich  ganz  normal  als  solcher.*) 

Einkorn,  das  er  11  Jahre  hindurch  als  Winterfrucht  gebaut  hatte, 
verhielt  sich  —  im  Frühjahr  gesät  —  wie  normale  Sommerfrucht. *) 
Es  hatte  demnach  der  6-  bzw.  11jährige  Anbau  bestimmter  Art 
keinen  Erfolg  gezeigt. 


^)  Englers  botan.  Jahrbücher  Bd.  II,  S.  118. 

2)  Das  Variieren  I.  Bd.,  S.  393. 

3)  Zeitschrift  d.  landw.  Zentralvereins  der  Provinz  Sachsen  1881,  S.  107. 
*)  Körnicke  und  Werner,  Handbuch  des  Getreidebaues,  1885,  S.  11. 


22  Fruwirth: 

S  t  r  e  b  e  1  erzielte  bei  Square  head  in  3  Jahren  Ansaat  im  Früh- 
jahr keine  Verkürzung  der  Lebensdauer:  179,  190,  170  Tage.^) 

Über  die  von  E,  i  m  p  a  u  vorgenommene  Umzüchtung  von 
Bordeaux-Winterweizen  in  roten  Schlanstedter  Sommerweizen  hegen 
keine  näheren  Angaben  vor.  Es  wird  nur  mitgeteilt,  dass  ein  Versuch 
mit  30  Winterweizensorten  ergab,  dass  bei  Frühiahrssaat  Bordeaux- 
Weizen  am  besten  schosste.-)  Wie  weiter  unten  ausgeführt,  kann  es 
sich  nach  den  eigenen  Versuchen  in  diesem  oft  angeführten  Fall  nicht 
um  eine  Umzüchtung  handeln,  sondern  Bordeaux-Weizen  verhält  sich 
allgemein  als  Wechselweizen. 

F  r  ö  1  i  c  h  konnte  in  drei  Jahren  Frühjahrssaat,  auch  durch  Aus- 
lese, bei  Winterweizen  keinen  Erfolg  erzielen.'^) 

Kirsche  hat  über  eine  Umzüchtung  von  Winter-Dickkopf- 
weizen in  eine  Sommerform  mitgeteilt,  dass  die  Sonnnerform  von  einer 
spontanen  Variation  ihren  Ausgang  nahm,  die  in  den  von  ihm  zur 
Sommerform  umgezüchteten  Winter-Dickkopfweizen  sich  fand.'*)  Die 
ursprünglich  erwähnte  Umzüchtung  hatte  sich  —  von  mir  vier  Jahre 
hindurch  als  Sommerweizen  weitergebaut  —  als  sehr  träge  im  Schossen 
gezeigt,  so  dass  man  bei  dieser  noch  nicht  von  einer  Umzüchtung  reden 
konnte. 

Kittnauer  Sommerweizen  wurde  aus  einem  Landwechselweizen 
aus  der  Umgebung  von  Neuhaldensleben  seit  Mitte  der  90  er  Jahre 
des  letzten  Jahrhunderts  durch  Massenauslese,  seit  1906  durch  Individual- 
auslese,  immer  als  Sommerweizen,  gezüchtet.  Wie  der  Züchter  — 
Rittergutsbesitzer  Müller  in  Kittnau  bei  Boguschau  —  so  freundlich 
war,  mir  mündHch  mitzuteilen,  schössen  die  Pflanzen  bei  Herbst- 
saat auch  jetzt  noch  so  wie  gewöhnlicher  Winterweizen. 

S  er  Vit  führt  in  seiner  Arbeit  über  die  züchterische  Be- 
arbeitung des  Wechselweizens  an:  ,.Als  Bedingung  für  das  Erhalten  der 
charakteristischen  Eigenschaft  des  Wechselweizens,  sich  nämlich  ab- 
wechselnd als  Sommerfrucht  und  Winterfrucht  anbauen  zu  lassen,  gilt 
das  möglichst  regelmässige  Wechseln  beider  Anbauarten,  indem  ein- 
seitige Anwendung  das  Schwinden  der  beiderseitigen  Anpassung  ver- 
ursacht." Er  macht  aber  offenbar  diese  Ansicht  nicht  zur  eigenen, 
denn  sie  steht  in  gewissem  Widerspruch  zu  den  Feststellungen  seiner 
Arbeit:  „Unserer  Auffassung  nach  besteht  die  Wechselweizenpopulation 
aus  Linien,  deren  Mehrzahl  ausgeprägt  mehr  zu  einer  der  beiden  An- 
bauarten geeignet  ist;  es  sind  somit  in  der  Wechselweizenpopulation 
Linien    enthalten,    die   viel   mehr    Winterweizen    sind,    mit   der    Ein- 


^)  Mitteilungen  aus  Hohenheim,  1887,  S.  159. 

*)  V.  Rümker,  Über  Sortenauswahl  bei  Getreide,  1914,  3.  Aufl.,  S.  33. 

')  Landwirtschaftliche  Umschau  1909,  Nr.  6. 

■•)  H  i  1 1  m  a  n  n ,  Die  deutsche  landw.  Pflanzenzucht,  1910,  S.  406. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in   Sommergetreide.  23 

Schränkimg  des  Vorhandenseins  vom  bestimmten  Grade  der  Fähigkeit, 
in  verschieden  gutem  Zustand  die  andere  Anbauart  zu  ertragen  und 
hierbei  wenigstens  so  weit  zu  prosperieren,  damit  ihre  Samen  in  dem 
geernteten  Saatgut  hinreichend  vertreten  wären.  Daneben  stehen 
Linien  in  der  Population,  die  sich  wieder  mehr  dem  Sommerweizen 
nähern,  mit  analoger  Einschränkung."  ^)  Es  wird  zwar  ausgeführt, 
dass  bei  Züchtung  Linien  von  Wechselweizen  immer  bei  jener  Anbau- 
art beurteilt  werden  sollen,  welche  bei  ihrer  Nutzung  beibehalten 
werden  soll,  aber  nirgend  angedeutet,  dass  sie  durch  einseitigen  Anbau 
die  Fähigkeit,  sich  bei  anderer  Anbauart  zu  entwickeln,  verlieren. 

V.  R  ü  m  k  e  r  versuchte  seine  grün-  und  seine  gelbkörnige 
Züchtung  von  Winterroggen  in  je  eine  Sommerform  umzuzüchten.  Es 
wurde  in  den  beiden  ersten  Jahren,  über  die  er  berichtet,  Massenauslese 
betrieben  und  erst  von  Herbst  1909  ab  sollte  ständige  Auslese  von 
Nachkomenschaften  und  Pflanzen  je  innerhalb  der  einzelnen  Indivi- 
dualauslesen  ausgeführt  werden.  In  den  beiden  ersten  Jahren  schosste 
die  gelbkörnige  Umzüchtung  besser  als  die  grünkörnige.^)  Die  gelb- 
körnige Umzüchtung  schosste  schon,  nach  dem  weiteren  Bericht 
Leidner's,  nach  vier  Auslesegenerationen  bei  Frühjahrssaat  normal, 
die  grünkörnige  nur  zum  kleinsten  Teil.  Zu  Beginn  der  Züchtung 
waren  je  mehrere  Saaten  von  Dezember  bis  März  ausgeführt  worden 
und  zur  Weiterführung  der  Zucht  wurden  Pflanzen  aus  der  Saat  vom 
März  verwendet.^)  Der  Erfolg  wird  nicht  als  solcher  einer  direkten  Be- 
wirkung  in  Anspruch  genommen  und  ist  wohl  auf  Aussonderung 
solcher  Bastardierungsergebnisse  zurückzuführen,  die  Neigung, 
Wechselroggen  zu  sein,  besitzen. 

Gleichfalls  bei  Winterroggen  haben  F.  v.  Lo  cho  w-Petkus  und 
Jäger-Könkendorf  Umzüchtungen  vorgenommen,  ersterer  bei  seinem 
Original  Petkuser  Winterroggen,  letzterer  bei  seinem  Original  Cham- 
pagner Winterroggen.  Über  die  ersterwähnte  Umzüchtung  macht 
Hillmann  die  Mitteilung,  dass  frühe  Frühjahrssaat  ausgeführt  wurde 
und  man  die  besten  Pflanzen  unter  den  bei  dieser  geschossten  zur  Fort- 
führung der  Züchtung  heranzog.  Die  verwendete  Auslesemethode  war 
Nebeneinanderführung  von  Individualauslesen  ohne  geschlechtliche 
Trennung  derselben  und  mit  Fortsetzung  der  Auslese.  Ein  Fortschritt 
trat  nach  und  nach  ein,  von  1895  ab,  so  dass  1905  der  Roggen  als 
Sommerform  in  den  Handel  gebracht  werden  konnte.^)  Der  Erfolg  kann 
wohl  in  gleicher  Weise  wie  bei  den  Versuchen  v.  Rümker's  erklärt 
werden.     Dass  die  neue  Form  nicht  die  Fähigkeit,  als  Winterroggen 


*)  Monatshefte  für  Landwirtschaft  1913. 

2)  Mitteil.  d.  landw.  Institute  Breslau  1909,  V,  Heft  I/II. 

')  Leidner,  Der  praktische  Getreidezuchtbetrieb,  1915,  S.  54. 

*)  Die  deutsche  Pflanzenzucht,  1910,  S.  531. 


24  Fruwirth: 

sich  normal  zu  entwickeln,  verloren  hat,  zeigt  der  weiter  unten  an- 
geführte Ver&uch. 

Mit  Champagner  Roggen  wurden  die  Versuche  von  Jäger  1907 
begonnen,  1913  war  —  nach  neuerlicher  Mitteilung  —  gutes  Schossen 
bei  Frühjahrssaat  erreicht. 

Versuche,  die  von  Derr  auf  der  Arlington- Versuchs-Station  in 
Virginien  mit  Umzüchtung  von  Sommergerste  in  Wintergerste  vor- 
genommen wurden,  sind  nach  freundlicher  brieflicher  Mitteilung  von 
H.  Harlan  (26.  Februar  1915)  nicht  zmn  Abschluss  gekommen. 

Kiessling  berichtet  darüber,  dass  ein  Versuch  der  Um- 
züchtung von  Winterweizen  bei  Gd  braun  kein  Ergebnis  lieferte,  ein 
solcher  bei  Strubes  Bastard  56  zunächst  auch  nicht,  da  auch  bei  dieser 
Zucht  nach  der  Jugendentwicklung  immer  noch  ein  langer  Wachstums- 
stillstand eintritt.')  Diese  Versuche  waren  mit  reinen  Linien  durch- 
geführt worden. 

G  r  a  b  n  e  r  endlich  teilt  mit,  dass  von  255  reinen  Linien  von 
sieben  Herkünften  von  ungarischem  Landweizen  169  bei  Frühjahrs- 
anbau  schossten  und  Kornertrag,  teilweise  allerdings  nur  solchen  ver- 
kümmerter Körner  lieferten,  69  zwar  schossten,  aber  sehr  spät  und  ohne 
Körner  zu  liefern,  22  sich  nur  bestockten.  In  Diöszegher  Weizen 
waren  von  33  reinen  Linien  fünf  solche,  die  sich  wie  Sommerweizen 
verhielten,  16  schossten,  ohne  Kornertrag  zu  liefern,  und  12  brachten 
nur  unfruchtbare  Triebe.^)  Die  verwendeten  Weizen  waren  danach 
Populationen  und  diese  enthielten  bereits  Formen,  die  verschiedenes  Ver- 
halten gegenüber  dem  Schossen  zeigen  konnten,  bei  welchen  demnach 
entweder  eine  Umzüchtung  nicht  erst  notwendig  war  oder  die  sich  wie 
Winterweizen  weiter  verhielten. 

Auch  die  Geschichte  des  in  Nordamerika  sehr  geschätzten 
.,Fife"-Weizens  ist  ein  Beispiel  für  eine  zufällige  „Umwandlung"  von 
Winter-  in  Sommerweizen,  die  auch  nur  in  Auslese  von  Wechsel-  oder 
Sommerweizen  aus  einer  Population  bestand  und  daher  hier  zu  er- 
wähnen ist.  Der  „Canadian  Agriculturist"  von  1861  berichtet  darüber 
nach  Carleton:  ^)  1842  verschaffte  sich  David  Fife  zu  Otonabee 
in  Kanada,  durch  einen  Freund  aus  Glasgow,  Weizen  aus  einer  Ladung, 
die  unmittelbar  aus  Danzig  gekommen  war.  Da  der  Weizen  zur  Früh- 
jahrssaatzeit  ankam  und  man  nicht  wusste,  ob  es  Sommer-  oder 
Winterweizen  sei.  entschloss  sich  Herr  Fife,  einen  Teil  im  Frühjahr 
zu  säen  und  das  Ergebnis  abzuwarten.  Es  zeigte  sich,  dass  es  Winter- 
weizen war,  da  ausser  drei  Ähren  nichts  zur  Reife  kam.  Diese  drei 
Ähren  stammten  augenscheinlich  —  so  wird  mitgeteilt  —  von  einem 


^)  10,  Bericht  der  Saatzuchtanstalt  Weihenstephan  1914,  S.  29. 

2)  Köztelek  1914,  Nr.  16. 

*)  Yearbook  of  the  Department  of  Agriculture,  Washington  (1914),  1915. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  25 

Korn.  Die  Aussaat  der  Körner  derselben  ergab  im  nächsten  Jahr  einen 
kleinen  Bestand,  der  nicht  unter  Rost  ütt,  der  die  übrigen  Weizen 
der  Gegend  stark  geschädigt  hatte.  Von  der  Ernte  dieses  kleinen  Be- 
standes stammt  die  in  Nordamerika  heute  sehr  verbreitete  Sommer- 
weizenform Fife  Scotch  ab,  die  daselbst  auch  unter  der  Bezeichnung 
Glasgow  bekannt  ist. 

bi)    Eigene   ältere   Versuche  mit   Umzüchtung. 

Über  die  älteren  eigenen  Versuche  ist  nur  wenig  zu  berichten,  da 
sie  nur  orientierende  waren  und  —  soweit  Auslese  dabei  in  Frage  kam 
—  mit  Massenauslese,  nicht  mit  Individualauslese,  ausgeführt  wurden. 

Banater  Winterweizen,  der  in  Hohenheim  acht  Jahre  hindurch 
als  Sommerweizen  gebaut  worden  war,  entwickelte  sich  bei  Herbstsaat 
ganz  normal,  die  Jahre  des  Anbaues  als  Sommerweizen  hatten  keinen 
Einfluss  ausgeübt. 

Bei  Johannisroggen,  Wetterauer  Fuchsweizen  und  langjährigem 
Hohenheimer  Nachbau  von  Dickkopfweizen  wurde  1899  in  Hohenheim 
eine  Aussaat  im  Frühjahr  gemacht  und  von  den  Pflanzen,  die  zuerst 
Ähren  ausschossten,  Same  zum  Weiterbau  gewählt,  in  den  nächsten 
Jahren  dann  in  gleicher  Weise  vorgegangen.  Fünfjährige  derartige 
Einwirkung  der  veränderten  Saatzeit  und  Massenauslese  der  frühest 
geschossten  Pflanzen  hatten,  bei  Vergleichssaat,  einen  nur  geringen 
Erfolg  gebracht.  Auch  dieser  war  bereits  bei  der  ersten  Ansaat  vor- 
handen. Schon  die  erste  Saat  1899  zeigte  in  diesem  Jahr  bedeutende 
Unterschiede  in  der  Zeit  des  Eintrittes  von  Schossen  und  Blühen.^) 
Neuerliche  Aussaaten  mit  Saatgut  aus  der  auf  dem  Feld  weitergebauten 
Ausgangspopulation  —  nicht  der  Fortsetzung  der  Auslese  —  hatten 
1901  und  1902  die  gleiche  Erscheinung  gezeigt. 

bs)  Neue  eigene  Versuche  mit  Umzüchtung. 

«)  Wechselweizen. 

Ein  Versuch  mit  böhmischem  Wechselweizen  läuft  nunmehr  be- 
reits seit  1909  bzw.  1910.  Bei  diesem  Versuch  sollte  die  Frage  der 
direkten  Bewirkung  lediglich  durch  bestimmt  gerichtete  Anbauart: 
Herbstsaat  oder  Frühjahrssaat  —  bei  einheithchem  Material  und  unter 
Ausschluss  von  Auslesewirkung  —  scharf  gestellt  werden.  Die  Ein- 
heitlichkeit des  Materials  wurde  dadurch  geschaffen,  dass  zu  Beginn 
des  Versuches  eine  Ähre  als  Ausgang  gewählt  worden  war,  von 
welcher  die  Hälfte  der  Samen  für  die  Versuchsreihe  mit  ständigem 
Frühjahrsanbau  gewählt  wurde,  während  die  andere  bei  der  Begründung 
der  Versuchsreihe  mit  ständigem  Herbstanbau  Verwendung  fand.  Um 
die  Einheitlichkeit  des  Materials  weiter  zu  wahren  und  Auslese  be- 
stimmter Richtung  auszuschliessen,  wurden  jährlich  für  die  Weiter- 
führung   des    Versuchs    fünf    beliebige    Pflanzen    gegen    Fremd- 

1)  Fruwirth,  Die  Züchtung  landw.  Kiüturpfl.,  I.  Bd.,  2.  Aufl..  S.  164. 


26 


Fruwirth: 


bestäubimgsmöglichkeit  durch  Pergaminbeutel  geschützt  und  von 
jener  Pflanze,  welche  dem  Mittel  der  untersuchten  Eigenschaften  am 
nächsten  kam,  die  Körner  für  die  Weitersaat  verwendet.  In  den  Jahren 
1913  und  1916  wurde  je  ein  Vergleichsanbau  der  beiden  Zucht- 
riclitungen  vorgenommen.  Zu  demselben  wurden'  Samen  von  Pflanzen 
verwendet,  welche  aus  der  letztvorangegangenen  Ernte  der  Weiterführung 
des  Versuches  stammten  und  gegen  Fremdbestäubung  Schutz  erhalten 
hatten.  Um  Nachwirkungen  auszuschalten,  wurde  bei  dem  zweiten 
Vergleichsanbau,  im  Jahre  1917,  ein  zweiter  Vergleich  ausgeführt  mit 
Pflanzen  des  ersten  Vergleichs  jähr  es,  die  eingeschlossen  worden  waren. 
Die  Gesamtübersicht  des  Versuches  ist  daher  die  folgende: 

Eine  Ähre  von  böhmischen  Wechselweizen,  Ernte  1909. 


Samen  einer  Längs-    1909     Herbst  gesät 
hälfte  derselben 

Von  5  im  Vorjahr     1910  Herbst  eine  gesät 

eingeschlossen 

gewesenen  Pflanzen 

derselben 


1911 


1912 


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1914 


1915 


1916 


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Samen  der  anderen     1910   Frühjahr  gesät 
Längshälfte 
derselben 

Von  5  im  Vorjahr     1911  Frühjahr  eine  gesät 

eingeschlossen 
gewesenen  Pflanzen 

derselben 

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Vergleichsanbau. 

Von  den  Körnern  von  5  1915  eingeschlossen 

gewesenen  Pflanzen: 


Vergleichsanbau. 

Von  den  Körnern  von  5  1915  eingeschlossen 
gewesenen  Pflanzen: 


Die  Hälfte  Herbst 

Die  andere  Hälfte 

Die  Hälfte  Herbst 

Die  andere  Hälfte 

1915 

Frühjahr  1916 

1915 

Frühjahr  1916 

gesät     (A) 

gesät    (B) 

gesät     (D) 

gesät    (C) 

Die  Körner  von  5 

Die  Körner  von  5 

Die  Körner  von  5 

Die  Kömer  von  5 

im  Vorjahr 

im  Vorjahr 

im  Vorjahr 

im  Vorjahr 

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eingeschlossen ge- 

eingeschlossen ge- 

eingeschlossen ge- 

wesenen Pflanzen 

wesenen  Pflanzen 

wesenen  Pflanzen 

wesenen  Pflanzen 

Herbst 

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Herbst 

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1916 

1917 

1916 

1917 

gesät      (I) 

gesät    (la) 

gesät  (IIa) 

gesät    (II) 

*)  Diese  Saaten  kommen  nur   für  die 
hier  nicht. 


Weiterführung  des  Versuches  in  Betracht, 


Die  TJmzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  27 

Hier  soll  nur  das  Ergebnis  des  zweiten  Vergleichsanbaues  ein- 
geschaltet werden.  Über  den  Verlauf  bis  1913  und  über  den  ersten 
Vergleichsanbau  ist  bereits  berichtet  worden,^)  über  den  weiteren  Ver- 
lauf soll  erst  nach  Vollendung  des  dritten  Vergleichsanbaues  ein  ab- 
schliessender Bericht  gegeben  werden. 

Tabelle  S.  28  bringt  die  Ergebnisse  des  ersten  Jahres  des 
zweiten  Vergleichsanbaues. 

(Siehe  Tabelle  S.  28.) 

Als  Eigenschaften,  die  eine  Veränderung  zeigen  sollen,  wenn  der 
Charakter  des  Linienzweiges  durch  den  ständigen  einseitigen  Bau  im 
Herbst  bzw.  Frühjahr  geändert  worden  ist,  kann  bei  vergleichender 
Herbstsaat  die  Zalil  über  Winter  abgestorbener  Pflanzen,  bei  ver- 
gleichender Herbst-  wie  vergleichender  Frühjahrssaat  Bestockung  und 
Zeitraum  von  Saat  bis  Blüte  und  von  Saat  bis  Ernte  gelten. 

Stellt  man  die  Mittel  für  das  erste  Jahr  des  zweiten  Vergleichs- 
anbaues aus  Tabelle  S.  28  zusammen,  so  ergibt  sich  folgende  Übersicht: 

Q.x.^,-„„  TT„„K„*„„„.  Ständige 


KJ    UU'J^VtlJ.C^     \^        -M-M,    \>   X     k 

Frühjahrssaat 

Bei  Herbstsaat 

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Bestockung : 

mehr; 
geringer ; 

24,55 
1,90 

gegen  12,27 
„         1,97 

A  mit  D 

Tage  bis  Blühen: 
„       Reife: 

gleich ; 
weniger; 

2,56 
2,06 

„        2,08 

Bei  Frühjahrssaat 

Bestockung: 

mehr ; 

2,02 

„        1,52 

verglichen : 

Tage  bis  Blühen: 

gleich 

B  mit  C 

Reife: 

11 

Da  man  erwarten  sollte,  dass  ein  Erfolg  der  ständigen  Herbst- 
saat gegen  ständige  Frühjahrssaat  sich  durch  geringere  Zahl  über 
Winter  abgestorbener  Pflanzen,  stärkere  Bestockung  und  längere 
Lebensdauer  zeigt,  ergibt  die  Zusammenstellung  bei  vergleichendem 
Herbstanbau,  dass  kein  solcher  Erfolg  vorliegt,  da  bei  allen  diesen 
Eigenschaften  das  dem  Erwarteten  Entgegengesetzte  eintritt.  Dagegen 
kann  ein  solcher  Erfolg  bei  vergleichendem  Frühjahrsanbau  darin  er- 
blickt werden,  dass  bei  diesem  die  Vergleichssaat,  die  von  ständiger 
Herbstsaat  abstammt,  tatsächlich  etwas  grössere  Bestockung  aufweist. 

Die  Ergebnisse  des  zweiten  Jahres  des  zweiten  Vergleichsanbaues 
bringt  Tabelle  S.  29. 

(Siehe  Tabelle  S.  29.) 

Aus  jeder  Nachkommenschaft  der  Pflanzen  der  zweitvoran- 
gegangenen Generation  —  1.  3,  4,  5  für  ständige  Herbstsaat,  1,  2,  3, 
5  für  ständige  Frühjahrssaat  —  wurden  wieder  Körner  eingeschlossen 
gewesener  Pflanzen  entnommen  und  diese  gemischt  für  die  Pflanzen  der 
Nachkommenschaft  gesät,  so  dass  den  neuen  Saaten  dieselben  Be- 
zeichnungen wie  im  Vorjahr  gelassen  werden  konnten. 


1)  Zeitschrift  f.  Pflanzenzucht.  II,  1914,  S.  51. 


28 


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Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide. 


29 


2.  Jahr  des  2.  Vergleichsanbaues  zweier  Linienzweige  von  böhmischem  Wechselweizen. 

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IIa 


Ständige  Herbstsaat     Ständige  Herbstsaat 

von  1909  Herbst  von  1909  Herbst 

bis  1916  Herbst  bis  1915  Herbst 

1916  Frühjahr 

1917  Frühjahr 

Nachkommenschafts-    Nachkommenschafts- 
mittel von  Pflanzen      mittel  von  Pflanzen 


1 

3       4 

5 

1 

3       4       5 

Sätag 

29.  9. 

19.  3. 

Abgestorben 

0'               14. 

1       6 

13 

9 

11      13      2 

Bestockung    4,6 

3,7     3,8 

3,4 

2,3 

2,7     2,4     2,4 

Bis  zur  Blüte 

Tage 

248 

101 

Blühtag 

5.  6. 

28.  6. 

Bis  zur  Reife 

Tage 

287 

140 

Reifetag 

14.  7. 

6.  8. 

Ges.- Gewicht 

einer  Pflanze  6,37 

5,7  4,13  4,54 

^4,36  4,00  3,66  3,38 

Korn- 

Ges.  -Gewicht 

einer  Pflanze  3,30  2,14  1,84 

2,08 

1,44 

1,62  1,47  1,35 

Einzelkorn- 

Gewicht  einer 

Pflanze       34,6 

33,0  31,7 

32,8 

32,9  34,8  31,8  32,0 

Ständige  Frühjahrs-  Ständige  Frühjahrs- 
saat von  1910  Früh-  saat  von  1910  Früh- 
jahr bis  1917  jähr  bis  1916  Früh- 
Fi-ühjahr  jähr  1916  Herbst 
1917  Herbst 

Nachkommenschafts-  Nachkommenschafts- 
mittel von  Pflanzen  mittel  von  Pflanzen 
1235  1235 


19.  3. 


29.  9. 


17       9       15      15         13      11       7      16 
2,4    2,7     2,3     2,4       2,4    3,4     3,8    4,2 


101 
28.  6. 

140 

6.  8., 


248 
5.  6. 

287 
14.  7. 


4,65  3,90  3,40  3,43  4,65  4,68  5,40  7,18 
1,65  1,62  1,48  1,42  1,65  2,13  2,20  2,68 
33,1  33,0  32,7  32,4     33,1  32,0  33,1  32,8 


Der  Vergleich  umfasst  in  diesem  Jahr  wieder  Pflanzen  von 
ständiger  Herbstsaat  und  ständiger  Frühjahrssaat,  aber  mit  dem  Ver- 
such der  Ausschaltung  des  Einflusses,  den  die  unmittelbar  voran- 
gegangene Anbauart  auf  die  Entwicklung  der  Pflanzen  im  Vergleichs 
jähr  haben  könnte.  Man  kann  nämlich  annehmen,  dass  bei  Herbstsaat 
scfiwerere  Körner  erzeugt  werden  als  bei  Frühjahrssaat  und  der  Ein- 
fluss  der  Kornschwere  des  Saatgutes  die  Entwicklimg  der  erwachsenden 
Generation  beeinflusst.     Es  kommt  demnach  zum  Vergleich: 


Nach  2  weiteren  Jahren 
Herbstsaat  nach  ständi- 
ger Herbstsaat  und  2 
Jahren  Herbstsaat  nach 
ständiger  Frühjahrssaat : 
I  mit  IIa 


Erfolg  ständiger  Herbstsaat 

"/q  Pflanzen  abgestorben:  weniger;    3,4 

Bestockung:  stärker;  15,5 

Tage  bis  Blühen :  gleich ;  24,8 

„        „       Reife:  „     ;  28,7 


Erfolg  ständig. 
Frühjahrssaat 
gegen    4,7 
„       13,8 


30  Fruwirth: 


Erfolff  ständig-er  Herbstsaat  _  ..,".  ,         ^ 

*=  "  Fruhiahrssaat 

Nach  2  weiteren  Jahren  Bestückung:      gleich:    2,45 

Frühjahrssaat  nach  stän-  Tage  bis  Blühen:  „     ;  10,1 

diger  Friihjahrssaat  und  „       „       Reife:  „    ;  14,0 

2  Jahren  Frühjahrssaat 
nach    ständiger    Herbst- 
saat: la  mit  II 

Bei  derartigem  Anbau  kann  natürlich  nur  der  Einfluss  der 
6  Jahre,  die  vor  den  2  Jahren  des  2.  Vergleichsanbaues  liegen,  zur  ver- 
gleichenden Wirkung  kommen,  da  am  Schlüsse  der  zwei  Vergleichsjahre 
in  jedem  der  zwei  Zweige  bei  einer  der  beiden  Vergleichsgruppen 
(I  und  II)  zwei  Jahre  gleichsinniger  Auslese  mehr  vorhanden  sind  als 
bei  der  anderen  (I  a  und  II  a). 

Bei  vergleichender  Herbstsaat  ist  ein  Erfolg  der  einseitigen  An- 
bauart  Herbstsaat  bei  Zahl  Tage  bis  Blühen  und  bis  zur  Reife  auch  in 
diesem  Jahr  nicht  zu  erkennen.  Der  im  Vorjahr  beobachtete  kleine 
Unterschied  in  den  Tagen  bis  zur  Reife  ist  verschwunden,  dagegen  ist 
die  Bestockung,  die  im  Vorjahr  nach  ständiger  Herbstsaat  geringer 
war,  diesmal  nach  dieser  stärker  und  die  Zahl  abgestorbener  Pflanzen 
geringer,  was  als  Erfolg  dieser  Anbauart  gedeutet  werden  kann. 

Bei  vergleichender  Frühjahrssaat  ist  dagegen  die  im  Vorjahr  bei 
dieser  beobachtete  stärkere  Bestockung  nach  ständiger  Herbstsaat  ver- 
schwunden, die  Zahl  Tage  bis  Blühen  und  bis  zur  Reife  ist  wieder  wie 
im  Vorjahr  gleich. 

Ein  einheitlicher,  einigermassen  deutlicher  Erfolg  der  sechs- 
jährigen einseitigen  Anbauart  ist  demnach  nicht  zu  erkennen,  ins- 
besondere nicht  bei  Lebensdauer. 

ß  u.  y.    Umzüchtungsversiiche  mit  Winterroggen  nnd  Weizen. 

Die  weiteren,  erst  kurze  Zeit  laufenden  Vererbungsversuche 
gingen  nach  zwei  Richtungen.  Einmal  sollte  versucht  werden,  ledig- 
lich durch  zeitige  Aussaat  im  Frühjahr  bei  Winterformen  von  Roggen 
und  Weizen  eine  Umwandlung  in  Sommerformen  zu  erzielen;  dann 
sollte  festgestellt  werden,  wie  sich  Sommerweizen  und  Sommerroggen, 
bei  welchen  eine  Umwandlung  von  Winterform  in  Sommerform  vor- 
genommen wurde  oder  eine  solche  Umwandlung  angenommen  wird,  bei 
Anbau  im  Frühjahr  und  Herbst  verhalten. 

Der  Versuch  einer  Umwandlung  von  Winter-  in  Sommerformen 
wurde  mit  v.  Lochow's  Original  Petkuser  Winterroggen  und  Original 
Sperling's  Buhlendorfer  braunkörnigem  Winterweizen  ausgeführt.  Die 
Übersicht  über  den  ganzen  Versuch  folgt: 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide. 


31 


Versuche   zur   Umzüchtung  von  v.  Lochows   Petkuser  Winterroggen. 

Eine  Ähre. 
^/o  derselben  '/a  derselben 

1915  Frühjahr  gesät. 
11.  2.  17.  3. 


mittelfrühe  Pflanze 
dieser  Saat. 

I 


keine  Frucht. 


1915  Herbst  gesät. 


1916  Frühjahr  gesät  1916  Frühjahr  gesät 

21.  2.  16.  3. 

zwei  mittelfrühe  Pflanzen    eine  mittelfrühe  Pflanze 
dieser  Saat  dieser  Saat  von  2  zusammen 

a  b  eingeschlossen  gewesenen. 


1917  Frühjahr  gesät 
20.  2.  20.  3. 

a  b  b  a 

I         tot         I  tot  tot 


1917  Frühjahr  gesät 
20.  2.  20.  3. 


tot 


1916  Herbst. 


1917  Herbst. 


^/j  derselben 
1914  Herbst  gesät. 


Versuche   zur   Umzüchtung  von    Sperlings   Buhlendorf  er  braunkörnigem 

Winterweizen. 

Eine  Ähre. 
^/a  derselben 

1914  Frühjahr  gesät. 
24.  2.  17.  3. 

nichts  geschosst 
mittelfrühe  zur  Saat.  • 

1915  Frühjahr  gesät. 

11.  2. 
zwei  mittelfrühe  davon  zur  Saat. 

1916  Frühjahr  gesät. 
12  12 

21.  2.  21.  2.     ■         16.  3.  16.  3. 

TOB  Nachkommensehaft  von  PI  I  a.  2  nichts  geschosst 

je  eine  mittelfrähe  Pfl.  znr  Saat.  —  •  ^— 

1917  Frühjahr  gesät. 
20.  2.              20.  3.  20.  2.  20.  3. 

je  mittelfrühe  aufgehoben  zur  Saat  Frühjahr  1918. 


1915  Herbst  gesät. 


1916  Herbst  gesät. 


1917  Herbst  gesät. 


'U    'I 


'In, 


'U 


'In, 


Der  Versuch  sollte  möglichst  ohne  Auslese  vorgenommen  werden. 
Ganz  war  eine  solche  nicht  zu  vermeiden.  Es  wurde,  wenn  das 
Schossen  ungleich  eintrat,  je  immer  eine  mittelfrühe,  in  Ähren  ge- 
schosste   Pflanze   (bei   Roggen  auch   zwei   solcher   zusammen)    einge- 


g2  Fruwirth: 

schlössen  und  zur  Fortführung  des  Versuches  verwendet,  nicht  die 
frühest  geschosste.  Bei  annähernd  gleichzeitigem  Schossen  aller 
Pflanzen  wurde  eine  beüebige  —  bei  Roggen  wurden  zwei  solche  — 
dazu  herangezogen.  Im  ersten  Fall  war  eine  gewisse  Auslese  natürhch 
nicht  zu  vermeiden,  da  die  Pflanzen,  mit  welchen  der  Versuch  fort- 
geführt wui'de,  immerhin  früher  schossten  als  die  spätest  geschossten 
und  auch  abwichen  von  den  etwa  überhaupt  nicht  geschossten.  Letztere 
konnten  für  die  Fortsetzung  des  Versuches  nicht  in  Frage  kommen,  da 
sie  erst  im  folgenden  Jahr  nach  Überwinterung  Samen  gehefert  hätten, 
erstere  konnten  aber  auch  nicht  verwendet  werden,  da  solche  sehr 
spät  schossende  Pflanzen,  wie  die  früheren  eigenen  Versuche  schon  ge- 
zeigt hatten,  meist  keine  oder  nur  ganz  verkümmerte  Samen  liefern. 

Bei  jenen  Pflanzen,  von  welchen  Samen  zur  Weiterführung  des^ 
Versuches  zur  Verwendung  kommen  sollten,  wurden  vor  dem  Blühen  die 
Ähren  eingeschlossen,  so  dass  keine  Störung  durch  andere  Roggen- 
eventuell Weizenpflanzen  erfolgen  konnte.  Bei  Weizen  stört  derartiger 
Einschluss,  der  mittels  Pergaminbeutel  gegeben  wurde,  die  Frucht- 
bildung der  Pflanzen  nicht  und  auch  nicht  empfindlicher  jene  der  Nach- 
kommenschaften. Bei  Roggen  war  der  direkte  Erfolg,  der  sich  bei  der 
Fruchtbildung  der  eingeschlossenen  Pflanze  zeigt,  sehr  gering  bis  0 
und  der  indirekte  Erfolg,  jener  auf  die  Nachkommenschaft,  ein  sehr 
imgünstiger.  Es  wurden  daher,  wie  erwähnt,  bei  Roggen  möglichst 
mehrere  Pflanzen,  die  gleichzeitig  die  Ähren  ausgeschosst  hatten  und 
mittlere  Schossraschheit  aufwiesen,  je  zusammen  eingeschlossen.  Ein 
recht  ungünstiger  indirekter  Erfolg  stellte  sich  Frühjahr  1917  ein.  Im 
Vorjahr  waren  zwar  zwei  Pflanzen  zusammen  eingeschlossen  worden, 
aber  solcher  Einschluss  lässt  immerhin  auch  Bestäubung  und  Be- 
fruchtung innerhalb  der  Pflanze,  Nachbarbefruchtung,  zu.  Die  Er- 
scheinung spricht  für  die  Folge  einer  solchen.  Es  trat,  neben  sehr 
mangelhafter  Keimung,  sowohl  bei  erster  als  bei  zweiter  Saat  in  der 
Naclikommenschaft  von  Pflanze  a  je  eine  rosa  Keimpflanze  auf,  in  der 
Nachkommenschaft  von  Pflanze  b  bei  der  2.  Saat  eine  solche.  Diese 
Pflanzen  bildeten  kein  Chlorophyll  aus  und  starben  mit  Erscheinen 
des  zweiten  Blättchens  ab.  Die  Individualauslese,  in  welcher  der  Ver- 
such hef,  hatte  bei  Weiterbau  bei  Herbstsaat  bisher  nie  solche  Keim- 
pflanzen gebracht. 

Dass  auch  die  Samen,  welche  von  der  Ernte  der  zweiten  Saat  1916 
stammten,  bei  zweiter  Saat  1917  keine  Pflanzen  heferten,  dürfte  wohl 
—  neben  solchem  Einfluss  von  Nachbarbestäubung  —  auch  der  mangel- 
haften Ausbildung  bei  der  nach  der  zweiten  Saat  sehr  verspäteten  Ernte 
zuzuschreiben  sein. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  33 

ß)  V.  Lochows  Petkuser  Winterroggen. 

Bei  Petkuser  Roggen  waren  durch  die  Liebenswürdigkeit  des 
Herrn  Dr.  h.  c.  v.  L  o  c  h  o  w  zwei  Pflanzen  der  Elite  seiner  Winter- 
roggenzüchtung erhalten  worden.  Die  Samen  der  einen  derselben 
A\^irden  zu  Beginn  des  Versuches  verwendet,  jene  der  zweiten  Herbst 

1915  und  Frühjahr  1915. 

Im  Frühjahr  1914  war  der  Roggen  am  17.  März  ausgesät  worden. 
Es  kam  nur  eine  Pflanze  dazu,  überhaupt  Ähren  auszuschossen,  und 
auch  diese  tat  dieses  erst  sehr  spät  und  nur  bei  einem  der  Halme. 
Dieser  Halm  liess  die  Spitze  der  Ähre  am  25./VII.  sehen,  schob  sie 
aber  nicht  mehr  ganz  heraus  und  brachte  auch  keine  Frucht.  Während 
und  nach  der  Keimung  hatten  Fröste  eingewirkt,  und  zwar:  26. 3. 
—  4,  15.4.  —5,  16.4.  —4,  26.4.  —3,  27.4.  —3,  3.5.  —4,  4.5.  —3°. 

1915  musste,  nach  diesem  Verlauf,  der  Versuch  daher  neu  be- 
gonnen werden  und  sein  weiterer  Verlauf  ist  in  der  folgenden  Übersicht 

gekennzeichnet. 

(Siehe  Tabelle  S.  34.) 

Zunächst  ist  aus  dem  Verlauf  bei  der  je  zweiten  Saat  —  zum 
Gegenstand,  der  im  Teil  I  behandelt  worden  ist  —  zu  entnehmen,  dass 
Fröste  während  und  nach  der  Keimung  nicht  imstande  sind,  normales 
Schossen  von  im  Frühjahr  spät  gesätem  Wintergetreide  zu  veranlassen, 
meist  das  Schossen  nach  solcher  später  Saat  ganz  unterbleibt,  gleich- 
gültig, ob  Fröste  einwirkten  (1914,  1915)  oder  nicht. 

Die  Pflanzen  der  je  ersten  Saat,  die  in  allen  Jahren  die  Ähren  aus- 
schossten  und  Körner  zur  Reife  brachten,  taten  dieses  sehr  ungleich, 
auch  im  dritten  Jahr  des  Versuches.  Ein  Erfolg  kann  bei  ihnen  nicht 
erblickt  werden,  denn  Schossen  überhaupt  trat  auch  im  ersten  Jahr 
schon  ein.  Mit  Pflanzen  der  je  zweiten  Saat  (März)  liess  sich  der  Ver- 
such bisher  überhaupt  nicht  fortführen,  da  solche  1914  und  1915  keine 
Ähren  ausschoben,  1916  dieses  zwar  taten,  aus  den  erhaltenen  Samen 
aber,  wie  erwähnt,  keine  Pflanzen  erwuchsen. 

Als  im  Jahre  1917  mit  einem  Teil  der  Samen  der  ersten  Saat  von 

1916  im  späteren  Zeitpunkt  (März)  eine  Saat  ausgeführt  worden  war, 
erfolgte  Ährenschossen  und  Reife  nahezu  zur  selben  Zeit  wie  bei  den 
Pflanzen  der  ersten  Saat  1917.  und  die  Mehrzahl  der  Früchte  war  auch 
eine  genügend  gut  ausgebildete.  Hier  erscheint  daher  ein  Anzeichen 
eines  Erfolges  gegeben. 

y)  Sperlings  Buhlendorfer  Winterweizen,  brannkörniger. 

Bei  Weizen  war  der  Verlauf  des  Umzüchtungsversuches  der  in 
der  folgenden  Übersicht  dargestellte. 

(Siehe  Tabelle  S.  35.) 
Zeitschrift  für  PflanzenzücMung.    Bd.  VI.  3 


34 


F  r  u  \v  i  r  t  h : 


Ständige  Frühjahrssaat  von  v.  Lochows  Petkuser  Winterroggen. 


Saat      Fröste 


Ähren- 
schossen 


Reife 


Saat 


1915     11.  2.     viele 


4.  6. 


4.  8. 


17.  3. 


1  Pflanze  eingeschlossen 

O 


1916    21.  2.     viele 


15.  6.     20.  8. 


16.  3. 


2  Pflanzen  zusammen  eingeschlossen 

O 


1917    20.  2.     viele 


von  Pflanze  a 
14.  6.        4.  8. 
von  Pflanze  b 
tot 


Fröste 

Ähren-      „   .. 
Reife 
schössen 

18.  3. 

—  10 

19.  3. 

—  12 

20.  3. 

—    8 

21.  3. 

—    6 

und  weiter 

20.  6.         — 

bis  1.4. 

Frost- 

tage  - 

-  aus- 

genommen 

26. 

3. 

18.  3. 

—  1 

28.  3. 

—  2 

29.  3. 

—  3 

8.  4. 

-  1 

12.  4. 

—  1 

13.  4. 

—  1 

15.  4. 

—  1 

20.  7.       5.  9. 

16.  4. 

—  2 

17.  4. 

—  3 

28.  4. 

—  1 

29.  4. 

—  1 

2  Pflanzen 

9.  5. 

—  1 

zusammen 

11.  5. 

—  2 

eingeschlossen 

1917 


20.  3. 


von  Pflanze  a 

im  März 

tot 

viele, 

nach  27.  3. 

von  Pflanze  b 

keine  mehr 

15.  6.      7.  8.      b 

So  wie  bei  Roggen  hatte  auch  bei  Weizen  die  je  zweite  Saat 
(März)  erst  im  Jahre  1917  ausgebildete  Samen  gehefert.  In  den  Jahren 
1914  und  1916  wurde  bei  der  zweiten  Saat  überhaupt  kein  Ähren 
schössen  erzielt,  1915  war  zu  wenig  Samen  vorhanden,  um  eine  zweite 
Saat  ausführen  zu  können.  Die  1917  vorhandenen  Früchte  waren 
sehr  spärlich,  verschrumpft  und  kümmerlich. 

Ein  Erfolg  der  dreimaligen  Ansaat  im  Frühjahr  kann  nicht  fest- 
gestellt werden.  .Jene  Samen,  die  1916  von  den  im  Vorjahr  bei  erster 
Frühjahrssaat  erwachsenen  Pflanzen  gesät  worden  sind,  lieferten 
bei    später   Saat    (März)   in   diesem   .Tahr    gegen   frühe    (Februar)    un- 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide. 


35 


Ständige  Frühjahrssaat  von  Sperlings  Buhlendorf  er  braunkörnigem 

Winterweizen. 


Saat    Fröste 


Reife 
Ähren-    der  ver- 
schossen ^vendet. 
Pflanzen 


Saat 


Fröste 


Reife 
Ähren-    der  ver- 
schossen wendet. 
Pflanzen 


r  26.  3. 
15.4. 


1914   24.  2.     viele       20.  7. 


6.  9. 


17.  3. 


l 


? 


—  4 

—  5 


16.4.  —4 


1915    11.  2.     viele       14.  6. 


7.  8. 


im 

C 

j 

Febr. 

und 

März, 

2  Pflan- 

1. 4. 

zen  ge- 

— 3 

nommen. 

'  von  Pflanze  1 

• 

9.  7.      24. 

8.                       ^ 

1916   21.  2.    viele 


von  Pflanze  2 
18.  7.     26.  8. 
O 


16.  S.< 


1917    20.  2.  > 


viele    von  Pflanze  '■1 


2.  7.      26.  8.  P/1U.V2) 


im 
Febr. 
und     von  Pflanze  '^/j 

März        2.  7.      25.  8.  (^Un.^U) 


20.3. 


26.4. 
3.5. 


—  3 

—  4 


keines        — 


4.5.  —3 


.  18.  3. 
28.3. 
29.3. 
8.4. 
12.4. 
13.4. 
15.4. 
16.4. 
17.4. 
28.4. 
29.4. 
9.5. 
11.5. 

21.3. 
27.3. 
28.3. 
29.3. 

2.4. 

3.4. 

4.4. 

7.4. 

8.4. 
13.4. 
14.4. 
15.4. 
16.4. 
23.5. 
24.5. 
26.5. 
27.5. 


—  1 

—  2 

—  3 

—  1 

—  1 

1       von 

—  1  Pflanze  1     — 

2    keines 

—  3 

—  1 

—  1 

—  1 

—  2 

—  2 

—  4 

—  5 

—  1 

—  1 
2 

—  2  von  Pflanze  ^/^ 

—  1       4.  8.       6.  lO.O'n^j 

4  von  Pflanze  ^j^ 

—  4      6.  8.      6.  10.(%/j 

—  1 

—  1 

—  5 
-6 

—  3 

—  2 


3g  Fruwirth: 

natürlich  spät  Ähren  und  die  Pflanzen  hatten  selir  viel  sterile  Triebe 
ausgebildet.  Bei  der  Nachkommenschaft  von  Pflanze  1  kam  durch- 
schnitthch  1  fertiler  auf  2,8  sterile  Triebe,  bei  jener  von  Pflanze  2 
kamen  auf  1  fertilen  3  sterile. 

Auch  bei  diesem  Versuch  zeigte  sich,  im  Gegensatz  von  Teil  I, 
dass  bei  zweiter  (März-)  Saat  Fröste  während  und  nach  der  Keimung 
nicht  unbedingt  Schossen  hervorrufen  (1914,  1916). 

Das  Schossen  bei  den  Pflanzen  der  ersten  Saat  erfolgte  durch- 
weg, aber  keineswegs  so  gleichmässig  wie  bei  Pflanzen  derselben  Linie, 
die  aus  Herbstsaat  erwuchsen.  Immerhin  konnte  Samen  in  allen  Jahren 
erzielt  werden,  wenn  diese  auch  1914  weniger  gut  ausgebildet  waren. 

ö)  Roter  Schlanstedter  Sommerweizen. 

Bei  rotem  Schlanstedter  Sommerweizen  findet  man  allgemein  die 
Angabe,  dass  er  durch  Umzüchtung  aus  Bordeaux- Winterweizen 
entstanden  ist.  R  i  m  p  a  u  hatte,  nach  den  Angaben  von  v  R  ü  m  k  e  r  ,^) 
im  Jahre  1889  25  verschiedene  Winterweizensorten  als  Sommerweizen 
angesät  und  es  hatte  dabei  der  —  bis  dahin  als  Winterweizen  be- 
kannte —  Bordeaux  am  besten  geschosst.  Dieser  wurde  dann  züchte- 
risch verbessert  und  als  roter  Schlanstedter  in  Handel  gebracht.  Von 
R  i  m  p  a  u  selbst  finde  ich  keine  Erwähnung  einer  Umzüchtung.  Er 
hatte  1888  die  Schrift  Risler's  über  Weizenbau  übersetzt,  und  es 
musste  ihm  daher  bekannt  sein,  dass  Bordeaux  oder  rouge  inversable, 
so  wie  der  Noe,  aus  welchem  diese  Sorte  hervorgegangen  zu  sein 
scheint,  „ebenso  gut  am  Ende  des  Winters  oder  im  Frühjahr,  wie  im 
Herbst  gesät  werden"  könne.  Bordeauxweizen  gehört  den  sogenannten 
„Februar-Weizen"  Vilmorin's  an,  die  bei  so  später  (bzw.  zeitiger 
Frühjahrs-)  Saat  oft  Erträge  geben,  die  jenen  des  Winterweizens  nahe 
stehen. 

Der  Versuch,  das  Verhalten  des  Bordeauxweizens  und  des  roten 
Schlanstedters  vergleichend  festzustellen,  war  1915  vorgenommen 
worden.  Es  war  mir  nach  wiederholten  vergebhchen  Versuchen  erst 
Herbst  1914  gelungen,  Saatgut  von  Original  Bordeauxweizen  zu  er- 
halten, und  zwar  durch  die  freundliche  Vermittlung  von  P h.  de  V i  1  - 
m  0  r  i  n.  Als  Vergleichssaat  diente  Saatgut  von  Strube's  Original  rotem 
Schlanstedter,  von  welcher  Züchtung  mir  Herr  S trübe  freundlichst 
Elitepflanzen  abgegeben  hatte.  Sowohl  von  den  Samen  der  Population 
Bordeauxweizen  als  von  jenen  der  zwei  Ehtepflanzen  von  Strube's 
Original  rotem  Schlanstedter  wurde  1915  am  11.11.  und  am  17.  III.  ge- 
sät.   Das  Verhalten  war  das  folgende: 


^)  Über  Sortenwahl  bei  Getreide,  3.  Aufl.,  1914. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide  37 

Saat  am  11.  2.  Saat  am  17.  3. 

Blühen    Reifen  Blühen    Reifen 

Struhes  Original  Schlanstedter  Sommerweizen     14.  6.      27.  7.  12.  6.      29.  7. 

Original  Bordeaux- Weizen 17.  6.       16.  8.  18.  6.      18.  8. 

Das  Halm-  und  Ährenschossen  erfolgte  gleichmässig  bei  allen 
Pflanzen,  alle  Pflanzen  hatten  auch  nur  fruchtbare  Triebe  gebildet. 
Gewöhnliche  Sommerweizensorten  blühten  im  gleichen  Jahr  zwischen 
11.  und  22.  Juni.  Es  hatte  sich  demnach  der  Bordeauxweizen  ebenso 
wie  der  Schlanstedter  verhalten,  und  es  war  schon  durch  das  erste  Jahr 
des  Versuches  erwiesen  worden,  dass  es  sich  bei  Schlanstedter  Weizen 
nicht  um  eine  Umzüchtung  handelt,  sondern  Bordeauxweizen  sich  als 
Wechselweizen  verhält.  Dieses  wurde  auch  durch  den  zweiten  Teil 
dieses  Versuches  erwiesen,  bei  welchem  ein  Teil  der  Population  von 
Original  Bordeauxweizen  und  ein  Teil  der  Körner  der  zwei  Pflanzen 
von  Strube's  rotem  Schlanstedter  Herbst  1915  als  Winterweizen  gebaut 
worden  waren.  Die  Reife  trat,  bei  Saat  am  25.  IX.,  am  l.VIII.  ein; 
bei  Saat  am  2.  X.:  am  2.  VIII.,  und  zwar  ganz  gleichmässig  bei  beiden 
Abstammungen.  Damit  war  aber  auch  weiter  erwiesen,  dass  der  über 
fünfzehnjährige  Anbau  im  Frühjahr,  wie  er  bei  Strube's  Züchtung 
dieses  Weizens  erfolgte,  keinen  Einfluss  auf  das  Verhalten  gegenüber 
Herbst-  oder  Frühjahrssaat  gezeigt  hat.  Es  erübrigte  sich  dadurch 
auch  eine  Weiterführung  des  Versuches  mit  Strube's  Schlanstedter 
Weizen,  an  welche  zuerst  gedacht  worden  war  und  die  in  gleicher 
Weise  wie  bei  dem  böhmischen  Wechselweizen  mit  zwei  Zweigen  einer 
Linie  hätte  durchgeführt  werden  sollen. 

Galizischer  Sonunerkolbenweizen  von  Lohmann- Weende  ver- 
hielt sich  bei  einmaligem  Anbau  als  Winterweizen  normal  wie  solcher, 
obgleich  er  viele  Jahre  hindurch  als  Sommerweizen  weiter  gezüchtet 
worden  war. 

f)  V.  Lochow's  Petkuser  Sommerroggen  und  Sächsischer  Erzgebirgsroggen. 

Ein  weiterer  Versuch  mit  Herbstsaat  von  zwei  Sommerroggen  zog 
eine  Umzüchtung  aus  Winterroggen,  und  zwar  v.  Lochow's  Original 
Petkuser  Sommerroggen  und  eine  als  Sommerroggen  gebaute  Landsorte, 
den  Sächsischen  Erzgebirgsroggen  heran.  Von  ersterem  wurden  die 
Körner  einer  Elitepflanze  gesät,  die  ich  von  Herrn  Dr.  v.  Lochow  er- 
halten hatte,  von  letzterem  die  Körner  von  zehn  Pflanzen,  die  von 
Gutsbesitzer  Zimm  ermann- Zethau  bei  Mulda  stammten  und  die 
ich  durch  Dr.  Hillmann  von  der  D.  L.-G.  erhalten  hatte.  Das  Er- 
gebnis war  das  folgende: 

Saat 

V.  Lochows  Sommerroggen  ....  2. 10.  15 
Sächsischer  Erzgebirgs-Sommerroggen  18.  9.  16 
V.  Lochows  Winterroggen    ....    25.    9.  16 


Halm- 
schossen 

1.  Ähre 
heraussen 

Blühen 

17.  4.  16 

20.  5.  16 

2.  6.  16 

1.  3.  17 

17.  5.  17 

25.  5.  17 

17.  4.  17 

18.  5.  17 

29.  5.  17 

qg  F  r  u  w  i  r  t  h : 

Danach  war  es  sowohl  bei  der  Umzüchtung  als  bei  der  Landsorte 
ohne  weiteres  möglich,  Herbstsaat  vorzunehmen,  die  Pflanzen  ent- 
wickelten sich  wie  solche  von  normalem  Winterroggen.  Der  Bau  als 
Sommerroggen,  der  bei  Petkuser  seit  1895  ausgeführt  worden  war.  bei 
Erzgebirgsroggen  jedenfalls  seit  vielen  Jahren,  hat  die  Eignung  des 
l^oggens  für  Herbstsaat  nicht  aufgehoben. 

III.  Die  Umzüchtung  von  Winter-  in  Sommergetreide. 

Die  im  Teil  IIb  besprochenen  Versuche  mit  zwei  Zweigen  einer 
reinen  Linie  von  böhmischem  Wechselweizen  haben  gezeigt,  dass  es 
keine  Aussichten  bietet,  wenn  man  versucht  —  lediglich  durch  wieder- 
holte Ansaat  im  Frühjahr  —  einen  ausgesprochenen  Sommerweizen  zu 
gewinnen.  Ebensowenig  hat  der  ständige  Herbstanbau  in  dem  anderen 
Linienzweig  einen  ausgesprochenen  Winterweizen  entstehen  lassen. 
Die  bisherigen,  auch  in  Teil  IIb  erörterten  Versuche  mit  einer  reinen 
Linie  von  Buhlendorfer  braunkörnigem  Winterweizen  haben  auch  keine 
solche  direkte  Bewirkung  der  veränderten  Anbauart  erkennen  lassen. 
Andererseits  ergaben  die.  gleichfalls  im  Teil  IIb  behandelten  Versuche 
mit  rotem  Schlanstedter  Sommerweizen  und  eine  einmalige  Ansaat  von 
Weender  galizischem  Sommerkolbenweizen,  dass  der  vieljährige  Anbau 
dieser  Formen  als  Sommerfrucht  die  Fähigkeit  derselben,  sich  als 
Winterfrucht  normal  zu  entwickeln,  nicht  beeinflusst  hat. 

Bei  Roggen  liegt  der  positive  Erfolg  einer  Umzüchtung  bei 
V.  Lochow's  Petkuser  Sommerroggen  vor  und  —  soweit  Mitteilungen 
über  den  Verlauf  vorliegen  —  ist  ein  solcher  auch  bei  den  Versuchen 
v.  Rümker's  mit  seinen  beiden  Roggenformen  zu  erwarten. 

Der  eigene  Versuch  mit  v.  Lochow's  Petkuser  Winterroggen 
lässt  ein  abschliessendes  Urteil  noch  nicht  zu.  Immerhin  zeigt  er.  dass 
mehr  Aussicht  auf  einen  Erfolg  als  bei  Weizen  vorhanden  ist.  Anderer- 
seits ergaben  die  Versuche  mit  v.  Lochow's  Petkuser  Sommerroggen 
und  Sächsischem  Erzgebirgs-Roggen  —  in  Analogie  zu  Weizen  —  dass 
der  vieljährige  Anbau  dieser  Formen  als  Sommerfrucht  die  Fähigkeit 
derselben,  sich  als  Winterfrucht  normal  zu  entwickeln,  nicht  be- 
einflusst hat. 

Die  Umwandlung  von  Winterformen  in  Sommerformen,  die  ..Um- 
züchtung", erscheint,  ganz  allgemein  gesprochen,  sowohl  bei  Winter- 
weizen als  bei  Winterroggen  möglich,  aber  ein  Erfolg  ist  verschieden 
zu  erklären.  Die  Erklärung  durch  direkte  Bewirkung  durch  die  ver- 
änderte Anbauart  ist  nach  den  unter  IIb  erwähnten  Versuchen  mit 
reinen  Linien  von  Weizen  auszuschliessen. 

In  ihrer  ursprünglichen  Heimat  sind  wohl  alle  Getreidearten  des 
kälteren  Klimas  Wintergetreide.  Im  Sommer  reifen  ihre  Früchte  und 
nach  Selbstaussaat  derselben  keimen  sie  noch  im  Herbst,  nach  kürzerer 


Die  Unizüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  39 

oder  etwas  längerer  Samenruhe.  Soweit  Stammformen  von  ähren- 
tragendem Getreide  sicher  bekannt  sind,  ist  auch  durch  Anbauversuche 
nachgewiesen,  dass  sie  sich  —  im  Herbst  gesät  —  normal  entwickeln. 

So  ist  dieses  für  Formen  des  Einkornes  Triticum  monococcum  var. 
Boeoticum  Boiss.  von  SolmsLaubach^)  und  W  a  w  i  1  o  w ,-)  für  var. 
Laionowi  Flaksberger  von  W  a  w  i  1  o  w ,-)  für  das  von  Aaronson  ge- 
fundene Zweikorn  Triticum  dicoccum  Schrank.,  dicoccoides  Körn,  von 
Wawilow,-)  für  Gerste  Hordeum  distichum  L.,  spontaneum  Koch  von 
R  e  g  e  P)  nachgewiesen  worden.  Seeale  montanum  Guss.  ist  wild  als 
ausdauernde  Form  gefunden  worden,  aber  aus  dem  Versuch  Au- 
müller's  geht  hervor,  dass  es  sich,  in  Mitteleuropa  (Weihenstephan) 
im  Herbst  gesät,  im  1.  Lebensjahr  wie  eine  Winterform  verhält,  wenn 
es  auch  später  die  Ähren  ausschosst  und  blüht  wie  unsere  Kultur- 
roggen (9.  Juni  gegen  9. — 17.  Mai).^) 

In  südlichen  Gegenden  Europas  und  in  Westasien  werden  die 
Kulturformen  des  Getreides  im  Herbst  gesät,  damit  die  Winterfeuchtig- 
keit von  denselben  besser  ausgenutzt  werden  kann,  und  es  kommt  da- 
selbst daher  eine  allfällige  verschiedene  Neigung,  sich  als  Winter-, 
Sommer-  oder  Wechselgetreide  zu  verhalten,  nicht  zum  Ausdruck.  In 
Mitteleuropa  baut  man  nun  allerdings  einen  Teil  der  Formenkreise  als 
Wintergetreide,  einen  anderen  als  Sommergetreide  und  hier  und  da  auch 
einen  Teil  als  Wechselgetreide.  Dabei  spielt  vielfach  die  Gewohnheit 
eine  Rolle  und  es  ist  bei  vielen  Formen  nicht  untersucht  worden,  ob  sie 
sich  auch  für  die  andere  Anbauart  eignen.  So  beispielsweise  bei  dem 
in  den  Versuchen  verwendeten,  als  Sommerform  gebauten  v.  Lochow's 
Petkuser  Sommerroggen  und  dem  gleichartig  verwendeten  Sächsischen 
Erzgebirgs-Sommerroggen. 

So  ist  es  denn  möglich,  dass  manche  Sorten  überhaupt  keinerlei 
TJmzüchtung  bedürfen,  sondern  ohnehin  befähigt  sind,  sich  auch  bei 
anderer  Anbauart  normal  zu  entwickeln,  wie  dieses  in  Teil  IIb  für 
verschiedene  als  Winterformen  bekannte  Gerstensorten  nachgewiesen 
Avorden  ist.  Weiterhin  ist  es  aber  möglich,  und  bei  Weizen  ist  dieses  be- 
sonders durch  die  erwähnten  Versuche  Grabners  nachgewiesen  worden, 
dass  Sorten,  die  Populationen  sind,  auch  bezüglich  der  Entwickhmgsart 
verschieden  zusammengesetzt  sind.  Ebenso  wie  in  Weizenpopulationen 
sich  begrannte  und  unbegrannte,  behaartspelzige  und  nacktspelzige, 
früher-  und  späterreifende  Formen  sich  finden,  ebenso  können  sich  da- 
selbst auch  Winter-  und  Wechselformen  und  Sommer-  und  Wechsel- 
formen  gemischt  finden.     Bei  Weizen,  als  vorherrschend  der  Selbst- 


M  Weizen  und  Tulpe  und  deren  Geschichte,  1899. 

-)  Bulletin  für  angewandte  Botanik,  1914,  S.  669. 

»)  Bulletin  für  angewandte  Botanik,  1910,  S.  236;  1912,  S.  555. 

')  Illustr.  landw.  Zeit.  1914,  S.  377. 


^Q  F  r  u  w  i  r  t  h : 

befruchtung  unterworfenen  Gattung,  werden  sich  solche  Formen  oft  als 
reine  Linien  nebeneinander  finden  und  es  bedarf  dann  nur  einfach  der 
Trennung  derselben.  Bei  Roggen  als  Fremdbefruchter  müssen  Er- 
gebnisse verschiedenartiger  geschlechtlicher  Mischung  solcher  Formen 
vorhegen.  Erfolge  bei  Versuchen  mit  Umzüchtung  lassen  sich  demnach 
bei  Weizen  durch  Aussonderung  von  Linien,  bei  Roggen  durch  all- 
mähhche  Aussonderung  von  Ergebnissen  solcher  geschlechtiicher 
Mischungen  erklären.  Bei  Weizen  tritt  der  Erfolg  gleich  ein,  bei 
Roggen  nach  kürzerer  oder  längerer  Zeit. 

Darüber,  wie  die  Sommer-  und  Wechselformen  sich  aus  den 
Winterformen  der  Stammformen  entwickelt  haben,  kann  man  nur  Ver- 
mutungen haben,  v.  Tscher mak  nimmt  an,  dass  die  aus  den  wilden 
Stammformen  entstandenen  ursprünglichen  Kulturformen  Sommer- 
formen waren  und  erst  im  Laufe  der  Kultivierung  wieder  Winterformen 
entstanden.  Ich  bin  mehr  geneigt,  anzunehmen,  dass  verschiedene  Ver- 
anlagung schon  in  der  ursprünghchen  wilden  Stammform  vorhanden 
war.  so  wie  bei  der  Stammform  der  Runkelrübe  auch  Ein-  und  Zwei- 
jähr'gkeit  gefunden  wird.  In  ihrem  Heimat^ebiet  kann  der  Unter- 
schied in  der  Veranlagung  bei  den  Stammformen  der  hier  behandelten 
Getreide  nicht  zum  Ausdruck  kommen,  da  die  Selbstaussaat  im  Herbst 
keimt  und  Fröste  nicht  einwirken.  Deshalb  kann  aber  eine  ver- 
schiedene Veranlagung  ganz  wohl  vorhanden  sein,  wie  denn  auch  die 
Anlage  für  grössere  oder  geringere  Winterfestigkeit  und  diese  selbst 
auch  bei  Populationen,  die  in  Gegenden  mit  milden  Wintern  gebaut 
werden,  vorhanden  ist,  sich  aber  erst  äussern  kann,  wenn  Saat  von 
solchen  Populationen  in  Gegenden  miit  rauhem  Winter  gebaut  werden. 

So  wie  bei  den  Stammformen  in  ihrer  Heimat  kann  auch  bei 
Populationen  von  Kultnrformen,  wenn  solche  in  mildem  Klima  im 
Herbst  gebaut  werden,  wie  dieses  daselbst  meist  der  Fall  ist,  die  ver- 
schiedene Veranlagung  eben  nicht  zum  Ausdruck  kommen.  Im  Frühjahr 
später  gesäte  Populationen  würden  daselbst  den  Unterschied  von  aus- 
gesprochenem Wintergetreide  gegenüber  Sommer-  und  Wechselgetreide 
schon  erkennen  lassen;  erstere  würden  durch  natürliche  Auslese  ver- 
schwinden, da  sie  bei  Frühjahrssaat  nicht  oder  ganz  mangelhaft 
schössen  würden.  Wechselgetreide  könnte  sich  dabei  aber  neben 
Sommergetreide  in  der  Population  erhalten. 

In  Gegenden  mit  rauhem  Winter  würden  Populationen,  die  auch 
nach  AVachstumsweise  gemischt  sind,  bei  Herbstsaat  Sommerformen 
durch  natürliche  Auslese  ausscheiden,  da  solche  über  Winter  erfrieren 
würden.  Wechselgetreide  könnte  sich  neben  Winter  getr  ei  de  aber  auch 
unter  solchen  Verhältnissen  in  der  Population  erhalten.  Bei  später  Früh- 
jahrssaat in  rauhem  Klima  würden  Winterformen  ausgeschaltet  werden, 
da  sie  nicht  oder  mangelhaft  schössen  würden.    Wechselgetreide  würde 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  41 

eich  neben  Sommergetreide  daselbst  auch  bei  Frühjahrssaat  erhalten 
können. 

Bastardierungen,  die  bei  Roggen  ständig,  bei  Gerste  öfters,  bei 
Weizen  selten  eintreten,  können  in  einer  Population,  die  ausgesprochene 
Winter-,  Sommer-  und  Wechselgetreide  enthält,  auch  Abstufungen  her- 
vorbringen. Dass  die  Eignung,  Winter-  oder  Sommergetreide  zu  sein, 
die  in  geringerer  oder  grösserer  Schossgeneigtheit  {=  Raschheit) 
besteht,  bei  Bastardierung  sich  mendelnd  verhält,  hat  v.  Tschermak 
gezeigt.^)  Es  ist  sehr  wohl  möglich,  dass  es  sich,  so  wie  dieses  bei 
Winterfestigkeit  nach  den  Versuchen  von  Nilsson-Ehle  der  Fall 
ist,-)  auch  bei  Eignung  als  Winter-  und  Sommerfrucht  um  je  mehrere 
Anlagen  handelt,  die  dann  Zwischenstufen  ausspalten  lassen.  Bei  der 
hier  behandelten  Umwandlung  von  Winter-  in  Sommerformen  kommt 
nur  die  Veranlagung  zur  Schossraschheit  in  Frage,  bei  jener  von 
Sommer-  in  Winter getrei de  würde  es  sich  um  jene  gegenüber  Kälte- 
empfindlichkeit handeln. 

Für  die  Praxis  der  Züchtung  ergibt  sich  bei  der  Umzüchtung 
von  Winter-  in  Sommerform  ein  je  nach  Weizen  (und  Gerste)  einerseits 
und  Roggen  andererseits  verschiedener  Vorgang. 

Soll  bei  einer  Winterweizensorte  die  Umwandlung  in  eine 
Sommerform  vorgenommen  werden,  so  sind  möglichst  viele  Nach- 
kommenschaften von  einzelnen  Pflanzen  für  sich  im  Frühjahr  zu  säen. 
Schossen  diese  beim  Anbau  zu  mehreren  Zeiten  der  normalen  Früh- 
jahrssaat alle,  so  liegt  ein  Wechselweizen  vor,  der  keiner  weiteren 
Auslese  bedarf,  nicht  erst  um  gezüchtet  zu  werden  braucht  und  gleich 
als  Sommerweizen  weitergezüchtet  werden  kann.  Schosst  nur  ein  Teil 
der  Nachkommenschaften  normal,  der  andere  nicht,  so  war  die  Sorte 
eine  Population,  die  Winter-  und  Wechselweizen  enthielt.  Mit  den 
Schossenden  Nachkommenschaften  kann  dann  wie  im  ersten  Fall  vor- 
gangen werden. 

Erfolgt  in  allen  Nachkommenschaften  das  Schossen  sehr  spät  und 
unregelmässig,  mit  Bildung  von  vielen  unfruchtbaren  Trieben,  so  ist  die 
Aussicht  auf  Erfolg  sehr  gering,  die  Form  bestand  dann  voraussicht- 
lich nur  aus  Linien  von  Winterweizen.  Bei  Auslese  kann  dabei  nur 
auf  das  Auftreten  einer  spontanen  Variation  gerechnet  werden.  Die 
bei  AVeizen  immerhin  mögliche,  wenn  auch  seltene  Fremdbefruchtung 
lässt  gelegentlich  auch  Nachkommenschaften  erwarten,  bei  welchen  bei 
Frühjahrsanbau  innerhalb  der  einzelnen  Nachkommenschaft  das  Ver- 
halten gegenüber  dem  Schossen  ein  sehr  verschiedenes  ist.  Es  liegen 
dann  Bastardierungsergebnisse  vor  und  es  ist  dann  Aussicht  auf  Erfolg 


*)   Fruwirth,   v.    Proskowetz,   v.    Tschermak,   Briera,    Die   Züchtung 
der  vier  Hauptgetreidearten  und  der  Zuckerrübe.  1910,  S.  176,  238,  314. 
2)  Botaniska  Nötiger  1908. 


^2  F  r  u  w  i  r  t  h : 

füi-tgcsctzter  Auslese  vorhanden,  da.  wie  die  Forschungen  v.  Tscher- 
mak's  ergeben  haben,  Spaltungen  nach  der  ersten  Generation  nach 
Bastardierung  eintreten.  Nach  diesen  Forschungen  ist  bei  Weizen  die 
AVinterform  in  Fj  prävalent  und  die  Spaltung  in  F2  zeigt  3  Winter-  auf 
1  Soniniorform,  während  bei  Roggen  und  Gerste  in  F^  die  Sommerform 
prävahert  und  in  Fg  3  Sommer-  auf  1  Winterfoimi  ausspalten. ^ 

Bei  Winterroggen  ist  die  Möglichkeit  eines  Erfolges  langsamer 
zu  erkennen.  Als  Fremdbefruchter  bietet  er  immer  geschlechtliche 
Mischungen  von  Unterformen,  die  sich  verschieden  verhalten.  Solche 
können,  auch  wenn  eine  Roggensorte  seit  langer  Zeit  gezüchtet  worden 
ist.  immer  noch  für  Eigenschaften,  welche  nicht  unter  den  Auslese- 
momenten waren,  vorhanden  sein.  Sind  aber  solche  Mischungen  auch 
bezügüch  des  Verhaltens  gegenüber  dem  Schossen  vorhanden,  so  kann 
ein  Erfolg  erreicht  werden.  Es  ist  dann  Auslese  von  Nachkommen- 
schaften und  Pflanzen  bei  Frühjahrssaaten  so  lange  fortzusetzen,  bis 
ein  solcher  in  Erscheinung  tritt.  Da  Einschluss  einzelner  und  selbst 
weniger  Pflanzen  bei  Roggen  zu  Störungen  führt,  wird  besser  ohne 
solchen  gearbeitet  und  nur  eine  Beseitigung  spät  schossender  Nach- 
kommenschaften und  Pflanzen  vorgenommen. 

Zusammenfassung. 

Als  Ergebnisse  der  Versuche  können  die  folgenden  angeführt 
werden: 

Teil  la.     Schossversuche  mit  im  Frühjahr  gesätem 
Winterroggen,  Winterweizen  und  ebenso   gesäter 

Wintergerste. 
Es  gelingt,  ausgesprochene  W'interformen  von  Roggen  und  Weizen 
bis    weit  hinaus    nach    der    übhchen   Herbstsaatzeit    noch    zu    einem 
praktisch  normalen  Ausschossen  der  Ähren  zu  bringen. 

Noch  später  im  Frühjahr  vorgenommene  Saaten  schössen  nicht 
oder  nur  unvollkommen  und  sehr  spät. 

Eine  sichere  zeitliche  Grenze  von  der  ab  ein  praktisch  normales 
Schossen  nicht  mehr  erfolgt,  ist  ohne  scharfe  Fragestellung,  wie  sie 
nur  kostspielige  Vegetationshäuser  mit  Einrichtungen  zur  Erzielung 
bestimmter  Temperaturen  zu  bestimmten  Zeiten  ermöglichen,  nicht 
erkennbar.  Neben  der  Temperatur  müssten  bei  scharfer  Fragestellung 
auch  die  Wasserverhältnisse  sich  genau  regeln  lassen,  da  diese  das 
Schossen  auch  stark  beeinflussen,  wie  besonders  Sommerformen  von 
Gersten,  auch  Hafer,  in  trockenen  Sommern  zeigen. 

')  V.  Tschermak,  Zeitschrift  f.  d.  landw.  Versuchswesen  in  Österreich  1906; 
Derselbe  in:  Fruwirth,  v.  Proskowetz,  v.  T.scherinak  und  Brieiu,  Die 
Züchtung  der  vier  Hauptiretreidearten  und  der  Zuckerrübe,  2.  Aufl.,  1910,  S.  176.  238,  314. 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  43 

Bei  Saaten,  die  bis  Ende  Februar  ausgeführt  werden,  kann  man 
in  Mitteleuropa  mit  grosser  Sicherheit  praktisch  normales  Ausschossen 
der  Ähren  erwarten. 

Schossen  überhaupt,  wenigstens  solches  einzelner  Halme  und  ein- 
zelner Pflanzen,  tritt  auch  noch  bei  Saaten  im  März  und  oft  selbst  nach 
Aprilsaat  ein. 

Fröste  während  der  Keimung  müssen  ebensowenig  späteres 
Schossen  sicher  bewirken  (Versuch  A,  Weizen;  Versuch  B,  Weizen, 
letzte  und  teilweise  vorletzte  Saat;  Versuch  E,  Weizen,  Saat  vom 
15.  März;  i)  Versuch  F,  Weizen,  Saat  vom  3.  April),  wie  Fröste,  die 
nach  derselben  einwirken  (Versuch  A,  Weizen,  1.  Saat;  Versuch  E, 
Weizen,  Saat  vom  15.  März). 

Bei  Saat  von  Wintergetreide  von  Roggen  und  Weizen  im  Früh- 
jahr tritt  mit  Zunahme  des  Hinausschiebens  der  Saat  stärkere  Be- 
stockung  und  im  Verhältnis  der  fruchtbaren  zu  den  unfruchtbaren 
Trieben  stärkeres  Überwiegen  der  letzteren  ein. 

Einschneidende  Unterschiede  dahingehend,  dass  eine  gezüchtete 
Sorte  oder  eine  Linie  innerhalb  einer  gezüchteten  Sorte  auch  bei 
später  Frühjahrssaat  ganz  normal  schosst.  eine  andere  nicht,  Hessen 
sich  nicht  feststellen.  Wohl  aber  konnten  leichtere  Unterschiede  im 
Verhalten  einzelner  Sorten  (Versuch  A,  Weizen)  und  im  Verhalten  ein- 
zelner Linien  (Versuch  A  und  B,  Weizen)  beobachtet  werden.  Bei  Ver- 
suchen mit  ungezüchteten  Populationen  sind  Unterschiede  innerhalb 
einer  Sorte  deuthcher  (alle  Versuche  mit  Weizen;  1916  Versuch  C  mit 
Roggen). 

Alle  im  Versuch  verwendeten  Wintergersten  Hessen  sich  als 
Sommerfrucht  bauen,  schossten  normal  und  erzeugten  keine  sterilen 
Triebe  (Versuch  D);  die  bei  uns  als  Wintergersten  gebauten  Sorten  sind 
demnach  als  Wechselgersten  anzusprechen,  die  bei  Herbst-  wie  Früh- 
jahrssaat praktisch  brauchbare  Erfolge  liefern,  obwohl  es  auch,  anderswo 
gebaute,  ausgesprochene  Wintergerste  gibt. 

Teil  Ib.  Verschiedenartige  künstliche  Einwirkungen 
bei  im  Frühjahr  gesätem  Wintergetreide. 

Wiederholte  Einwirkung  von  Frost  auf  Samen  ausser  der  Erde 
und  während  des  Winters  beeinflusst  die  Neigung,  nach  Frühjahrssaat 
zu  schössen  nicht  (Versuch  G,  Weizen). 

Kurze  Einwirkung  von  niederen  Temperaturen  nach  erfolgter  Be- 
Stockung konnte  das  Schossen  ebensowenig  auslösen  wie  Reize,  die  zu 
dieser  Zeit  durch  Chloroformdämpfe,  weitgehende  Austrocknung  der 
Erde  oder  Warmbad  ausgeübt  wurden  (Versuch  F,  Weizen). 


*)  Versuche  E  und  F  aus  Teil  Ib. 


AA  F  r  u  w  i  r  t  h : 

Derartige  Reize  beeinflussten  Wintergetreide,  das,  nach  dem  Ver- 
gleich mit  imbehandelten  Pflanzen,  ohnehin  die  Ähren  ausgeschosst 
hätte,  auch  nicht  (Versuch  E,  Weizen). 

Auch  im  Herbst  gesäte  Wintergetreide  können  normales  Schossen 
auch  dann  zeigen,  wenn  keinerlei  Frost  oder  erhebhche  Temperatur- 
drückung  auf  sie  einwirkte,  weder  während  der  Keimung  noch  später 
(Versuch  H  mit  Roggen  und  Weizen). 

Bei  Saat  von  Winterformen  von  Weizen  und  Roggen  im  Winter 
(Januar)  erfolgt  Schossen,  auch  wenn  die  Keimung  bei  höherer  Tempe- 
ratur verlief  und  später  Fröste  einwirkten  (Versuch  H,  Punkt  3, 
Roggen  und  Weizen),  aber  ein  solches  wäre  bei  so  zeitiger  Saat  auch 
erzielt  worden,  wenn  später  keine  Fröste  mehr  gewirkt  hätten,  wie  Ver- 
suche im  Teil  a  zeigen  und  auch  der  Versuch  H,  Punkt  2,  Weizen  und 
Roggen. 

Aus  den  Ergebnissen  in  Teil  la  und  Ib,  sowie  aus  den  bezüg- 
hchen  in  Teil  IIb  lässt  sich  scMiessen,  dass  zur  Erzielung  des  Ähren- 
schossens  bei  im  Frühjahr  gesätem  Wintergetreide  Frost  weder  während 
der  Keimung  noch  später  nötig  ist.  Schossen  erscheint  bei  im  Frühjahr 
gesätem  ausgesprochenen  Wintergetreide  davon  bedingt  zu  werden, 
dass  von  der  Saat  ab  längere  Zeit  mit  einer  Temperatur  zur  Verfügung 
steht,  die  wesentUch  niederer  ist  als  später  wirkende.  Darauf  lässt 
auch  das  Verhalten  von  ausgesprochenem  Wintergetreide,  das  im 
Herbst  in  Gegenden  ohne  Fröste  gesät  wird,  schliessen,  sowie  das  Ver- 
halten von  Ausfallpflanzen  von  ausgesprochenem  Wintergetreide,  die 
bis  zum  Eintritt  des  Winters  genügend  Zeit  zum  Schossen  hätten,  aber 
offenbar  deshalb  im  Herbst  nicht  schössen,  weil  sie  eine  Jugend- 
entwicklung bei  höherer  Temperatur  durchmachen  und  dann  in  kühlere 
kommen. 

Teil  IIb.    Vererbungsversuche. 

Zu  der  im  Teil  I  a  und  I  b  schon  behandelten  Frage  der  Ein- 
wirkung von  Frösten  vor  und  nach  der  Keimung  auf  das  Schossen 
bieten  auch  die  Versuche  dieses  Teiles  noch  Anhaltspunkte.  Fröste 
bei  der  Keimung  und  nach  derselben  bedingten  bei  Frühjahrssaat  von 
Weizen  nicht  folgendes  Schossen  (Versuch  y  Weizen,  je  2.  Saat  1914 
und  1916.  dagegen  trat  1917  nach  solchen  Schossen  ein  —  Versuch  ß 
Roggen,  je  zweite  Saat  1914  und  1915;  im  letzteren  Jahr  nur  Fröste 
während  der  Keimung;  dagegen  trat  1917  annähernd  normales 
Schossen  nach  Frösten  während  der  Keimung  ein). 

In  einer  von  einer  Ähre  ausgegangenen  Linie  von  böhmischem 
Wechselweizen  liess  sich  —  durch  seit  1909  ständige  Saat  des  einen 
Linienzweiges  im  Herbst  und  durch  seit  1910  im  anderen  Linienzweig 
ständige  Saat  im  Frühjahr  —  bei  einem  Vergleichsanbau  1916  und 
1917  kein  Erfolg  der  einseitig  gewählten  Anbauart  feststellen.     Eine 


Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide  in  Sommergetreide.  45 

direkte  Bewirkung  in  dem  Sinne,  dass  die  Nachkommen  von  fort- 
gesetzter Herbstsaat  sich  bei  vergleichender  einheitUcher  Saatzeit 
deuthch  anders  verhielten  als  jene  von  fortgesetzter  Frühjahrssaat, 
war  demnach  nicht  zu  beobachten  (Versuch  II  ho  a)- 

Ebenso  hess  sich  in  einer  Linie  von  Sperling's  braunkörnigem 
Buhlendorfer  Weizen,  die  ständig  bei  Frühjahrssaat  weitergeführt  wird, 
nach  bisher  drei  Jahren  kein  Erfolg  der  einseitigen  Anbauart  be- 
obachten (Versuch  II  b._,  y). 

Dagegen  war  eine  Andeutung  eines  Erfolges  in  einer  Individual- 
auslese  von  v.  Lochow's  Petkuser  Winterroggen  im  dritten  Jahr  zu  be- 
merken (Versuch  II  b.,  /^)- 

Roter  Schlanstedter  Sommerweizen  verhält  sich,  trotzdem  er  seit 
Jahren  in  Deutschland  als  Sommerform  gebaut  wird,  bei  Herbstsaat 
als  normale  Winterform  ohne  Verkürzung  des  sommerhchen  Wachs- 
tums. Er  unterscheidet  sich  bei  dieser  —  so  wie  bei  Frühjahrssaat  — 
nicht  von  aus  Frankreich  direkt  bezogenem  Bordeauxweizen. 
Bordeauxweizen  und  der  vermeinthch  durch  „Umzüchtung"  aus  dem- 
selben entstandene  rote  Schlanstedter  Sommerweizen  sind  demnach 
Wechselweizen  (Versuch  11  b._,  J). 

V.  Lochow's  Petkuser  Sommerroggen,  der  seit  1895  von  Dr. 
V.  Lochow  als  Sommerform  gebaut  wird  und  bei  feldmässigem  Bau 
normal  als  Sommerform  schosst,  kann  sich  —  ebenso  wie  der  sächsische 
Erzgebirgsroggen,  der  seit  Jahren  als  Somimerform  gebaut  wird  — 
ohne  weiteres  bei  Herbstsaat  als  Winterform  entwickeln.  Beide 
Formenkreise  sind  demnach  Wechselroggen  (Versuch  II  b.^  t). 

Dass  roter  Schlanstedter  Sommerweizen,  v.  Lochow's  Petkuser- 
und  sächsischer  Erzgebirgsroggen  sich,  trotz  langjährigem  Bau  als 
Sommergetreide,  bei  Bau  im  Herbst  als  normale  Wintergetreide  ver- 
halten, beweist  nur,  dass  sie,  wie  Wechselgetreide  allgemein,  die  Eigen- 
schaft der  Frosthärte  nicht  verloren  haben,  obwohl  sie  jene  der  Schoss- 
raschheit  besitzen. 

Die  Versuche  dieses  Teiles  lassen  nach  ihrem  bisherigen  Verlauf 
kein  Anzeichen  einer  direkten  Bewirkung  erkennen.  Ein  solches  ist 
demnach  gewiss  nicht  —  wie  dieses  bisher  für  die  Umwandlung  von 
Winter-  in  Sommergetreide  angegeben  wurde  —  in  wenigen 
Jahren  zu  erwarten.  Der  Nachweis  dieses  Verhaltens  war  der  Zweck 
der  Vererbungsversuche.  Da  sie  nur  von  kürzerer  Dauer  waren, 
konnten  sie  die  Frage  nicht  beantworten,  ob  direkte  Bewirkung  nach 
sehr  langer  Dauer  zur  Geltung  kommen  kann,  entweder  als  all- 
gemein variierend  oder  indem  sie  einzelne  —  trotzdem  spontan  genannte 
—  Variationen  auslösen. 

Dass  in  dem  Versuch  mit  Winterroggen  ein  Erfolg  im  letzten  Jahr 
angedeutet  erscheint,  kann  durch  Aussonderung  von  Formen,  die  sich 


40 


Fruwirtli:  Die  Umzüchtung  von   Wintorgctreide  in   Sommergetreide. 


als  A^'echsell■oggen  verhalten,  aus  dem  geschlechtlichen  Gemisch  von 
Formen,  das  bei  Roggen  als  Fremdbet'ruchter  vorhanden  ist,  erklärt 
werden.  Eine  solche  Aussonderung  ist  mögUch,  obwohl  keine  Auslese 
frühest  schossender  Pflanzen  vorgenommen  wurde,  sondern  lediglich 
Saat  zu  ungewohnter  Zeit. 

Teil  111.     Die  Umzüchtung  von  Winter-  in 
Sommergetreide. 

Die  eigenen  Versuche  mit  reinen  Linien  von  Weizen  (Teil  IIb) 
haben  keinen  Erfolg  einer  Umzüchtung  erkennen  lassen,  der  einfach 
nur  durch  veränderte  Anbauart  —  ständige  Herbst-  oder  ständige 
Frühjahrssaat  bei  böhmischem  Wechselweizen;  ständige  Früjahrssaat 
bei  Sperling's  Buhlendorfer  braunkörnigem  Winterweizen  —  be- 
wirkt wird. 

Die  behauptete  Umzüchtung  von  Bordeaux-Winterweizen  in  roten 
Schlanstedter  Sommerweizen  erwies  sich  als  keine  solche  und  ein 
anderes  sicheres  Beispiel  einer  derartigen  Umzüchtung  hegt  bei  Weizen 

nicht  vor. 

Bei  Roggen  hat  der  eigene  Versuch  eine  Andeutung  eines  Er- 
folges der  fortgesetzten  Frühjahrssaat  gegeben  (Teil  IIb).  Als  Beweis 
der  Möghchkeit  eines  solchen  können  die  Umzüchtungsergebnisse  von 
v.  Lochow  und  v.  Rümker  (Teil  III)  dienen,  bei  welchen  ständige 
Frühjahrssaat  mit  Auslese  verbunden  war. 

Bei  sämtlichen  in  Europa  verbreiteteren  Wintergerstenformen 
brachte  auch  nach  vieljährig  vorangegangener  Herbstsaat  einmaUge 
Frühjahrssaat  schon  normale  Entwicklung  als  Sommergetreide 
(Teil  IIb).  Diese  Gersten  bedürfen  daher  keinerlei  Umzüchtung,  sind 
Wechselgetreide. 

Nach  allem  wird  eine  Umzüchtung  einer  Winterform  in  eine 
Sommerform  bei  Getreide  nur  Aussicht  haben,  wenn  die  betreffende 
Sorte,  im  Hinblick  auf  dieses  Verhalten,  ein  Formengemisch  ist.  Bei 
Selbstbefruchtern  wie  Weizen  ist  sie  eine  solche  in  manchen  Fällen,  es 
ist  daher  nur  nötig,  bei  einmaligem,  bei  Frühjahrssaat  vergleichendem 
Bau  vieler  Nachkommenschaften,  Linien,  die  sich  als  Wechselweizen 
verhalten,  herauszugreifen.  Bei  Roggen  ist,  da  Fremdbefruchtung 
stattfindet,  ein  solches  Gemisch,  als  geschlechtliches,  Regel  und  Aus- 
scheidung geeigneter   Spaltungen  durch  fortgesetzte  Auslese  möglich. 

Hier  nicht  zur  Erörterung  stand  die  natürlich  vorhandene  Mög- 
lichkeit, aus  der  Nachkommenschaft  einer  künstlichen  Bastardierung 
einer  Winter-  mit  einer  Sommerform,  Sommerformen  auszulesen,  welche 
sich  wie  solche  oder  wie  Wechselformen  verhalten  und  Eigenschaften 
der  verwendeten  Winterform  zeigen. 


m. 

Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der 

Pflanzenzüchtung. 


1.  Referate  über  Arbeiten 

in  Zeitschriften,  sowie  über  Dissertationen,  dann  Jahresberichte  und  Bulletins 

von  Versuchsstationen. 

Einsendung  von  Abdrücken  aller  einschlägigen  Arbeiten 
erbeten. 

Einige  Herren  haben  sich  in  liebenswürdiger  Weise  bereit  erklärt, 
für  einzelne  Länder  oder  bestimmte  sachliche  Gebiete  die  Sorge  für 
Erstattung  von  Referaten  ganz  zu  übernehmen.  Für  1917  sind  derartige 
Vereinbarungen  getroffen  worden  mit: 

Professor  Dr.  H.  Nilsson  -  Ehle  -  Lund:  Pflanzenzüchtung, 
Schweden.  —  Prof. Dr.  Gran,  Universität  Kristiania :  Pflanzenzüchtung, 
Norwegen.  —  Konsulent  E.  Lindhard-Tystofte  pr.  Tjaereby:  Pflanzen- 
züchtung, Dänemark. —Dr.  H.Plahn-Appiani-Aschersleben,Mehringer- 
strasse  6:  Zuckerrübenzüchtung  in  Deutschland  und  Österreich.  — 
(Königl.  landw.  Botaniker  A.  Howard-Pusa  (Bihar),  Indien:  Pflanzen- 
züchtung, Indien.^)  —  Direktor  A,  v.  Stebutt  der  Versuchsstation 
Saratow,  Russland:  Pflanzenzüchtung,  Russland.)  —  Direktor  van 
der  Stok-Buitenzorg  (Java):  Pflanzenzüchtung,  Java.  —  Dr.  Th. 
Römer-Bromberg,  Kaiser  Wilhelms-Institut :  Pflanzenzüchtung,  Gross- 
britannien. —  Direktor  E.  Grabner-Magyarövär:  Pflanzenzüchtung, 
Ungarn. 

Für  die  hier  nicht  genannten  Gebiete  sind  zunächst  Autoreferate 
sehr  erwünscht,  wenn  solche  innerhalb  acht  Tagen  nach  dem  Er- 
scheinen der  Arbeit  abgesendet  werden. 

Die  Referate  sind  entweder  als  Autoreferate  gekennzeichnet  oder 
von  dem  betreffenden  Referenten  gezeichnet;  von  dem  Redakteur  er- 
stattete bleiben  ungezeichnet. 


1)  Nach  freuiidl.  Mitteilung-  werden  Referate  weiter  erstattet,  können  aber  wegen 
eines  Verbotes  der  Regierung  jetzt  nicht  gesandt  werden. 


48  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Baco,  F.  Variationen  eines  geschlechtlichen 
Rebenbastardes  infolge  Pfropfung  auf  eine  der 
Elternformen.  (Compt.  rend.  acadera.  Paris  163.  Bd.,  1916,  S.  712 
bis  714.)  Weinreben:  Sauvignon  X  4401  Couderc,  Mutter,  war 
1907  mit  Folie  blanche  X  Riparia,  Vater,  bastardiert  worden. 
Der  Bastard,  11—16  genannt,  wurde  1912  und  4401  Couderc  gepfropft 
(:^  Chassela's  rose  X  Rupestris)..  Die  Pfropfreiser  wurden  verändert, 
eines  besonders  stark.  Es  zeigte  als  Einfluss  der  Unterlage  ver- 
längerte Blattstiele  wie  Chasselas,  breite  Blattspreiten  mit  Einschnitten 
wie  bei  Vitis  vinifera  und  Glattheit  wie  amerikanische  Rebenformen, 
Trauben  mit  Beeren,  die  wie  bei  Sauvignon  grösser,  zarter,  saftiger 
und  ohne  Fuchsgeschmack  waren.  Es  waren  somit  Eigenschaften,  die 
im  Pfropfreis  und  in  Unterlagen  durch  die  Bastardierung  vererbt 
wurden,  deutlich  ausgeprägt  worden. 

Biifen,  R.  Weizenbastardierungen  in  England,  bei 
denen  gewisse  Merkmale  ausgeschaltet  und  neue 
Merkmale  hervorgebracht  wurden.  (Journ.  of  Genetics  V, 
1916,  S.  225 — 228.)  Die  Bastardierung  von  enghschem  Rauhweizen, 
Rivetts  bearded,  Triticum  turgidum,  Mutter,  mit  polnischem  Weizen, 
Triticum  polonicum,  Vater,  gab  in  F^  blassgraue  Spelzen,  demnach 
Mittelbildung  zwischen  Grau  der  Mutter  und  Gelb  des  Vaters. 
In  Fo  waren  vorhanden:  Pflanzen  mit  Spelzen  so  lange,  wie  sie  der 
Vater  aufwies,  und  glatt,  solche  mit  mittellangen  und  mit  kurzen 
Spelzen,  beiderlei  Spelzen  behaart.  Auffallend  war,  dass  alle  Pflanzen 
in  Fo  nur  weisse  Spelzen  hatten  und  weisse  Spelzenfarbe  vererbten. 
Bis  F„  hatten  100  000  Pflanzen  nur  weisse  Spelzen,  die  graue  Spelzen- 
farbe der  Mutter  blieb  vollständig  unterdrückt,  spaltete  nicht 
aus.  Zur  Erklärung  verweist  Verfasser  auf  die  Erklärung  N  i  1  s  s  o  n  - 
Ehles  über  das  Auftauchen  von  einer  weisskörnigen  Weizenpflanze 
neben  15  rotkörnigen  Weizenpflanzen  bei  Bastardierung  von  zwei  rot- 
körnigen mit  2  Anlagen  für  Rot  (Rr^  X  R^  r,  wobei  in  Fo  eine 
Gametenkombination  rr  =  weissspelzig  erscheint).  So  wie  bei  2  gleich- 
wirkenden Anlagen  für  ein  Merkmal  15  mit  dem  Merkmal,  eines  ohne, 
bei  3  Anlagen  63  mit.  eines  ohne  erscheint  —  und  in  einem  Fall  der 
Bastardierung  zweier  unbegrannter  Weizen  1  begrannter  auf  3  un- 
begrannte  kommt  —  könnte  auch  als  Endglied  der  Reihe  voll- 
ständige Unterdrückung  einer  Eigenschaft  in  Erscheinung  treten. 

Caron,  von,  -Eidingen.  Zur  Entstehung  der  Muta- 
tionen. (Deutsche  Landw.  Presse  1917,  S.  657,  2  Abb.)  Verfasser 
hat  1917  die  Erscheinung  auch  beobachtet,  dass  aus  einem  Weizenkorne 
Halme  erwachsen,  die  verschiedene  Ährentypen  tragen.  Die  betreffende 
Individualauslese  entstammt   einer   Bastardierung   von   Nordstrand  X 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  49 

Saumur-Weizen.  Die  Untersuchung  der  gesamten  Früchte  der  1917  er 
Ernte  dieser  Individualauslese  brachte  eine  Frucht  zum  Vorschein,  die 
ein  Doppelkorn  mit  2  Keimlingen  ist.  Verfasser  glaubt,  dass  sich  ein 
Zusammenhang  zwischen  dem  Auftreten  von  Mutationen  und  solchen 
Doppelkörnern  herstellen  lässt,  indem  man  annimmt,  dass  mutierte 
(spontan  variierte)  Pflanzen  aus  solchen  zweikeimigen  Körnern  ent- 
stehen. Er  beabsichtigt,  die  Nachkommenschaft  der  Pflanzen  mit  ver- 
schiedenen Ähren  und  jene  der  Doppelkörner  zu  verfolgen. 

Ciaassen,  H.  Der  Markgehalt  der  Kohlrüben.  (Zeit- 
schrift des  Vereins  der  deutschen  Zucker-Industrie  1917,  S.  309 — 311.) 
Da  nach  Herzfeld  die  vorhandenen  Analysen  keinen  Aufschluss 
über  den  Markgehalt  der  Kohlrübe  geben,  wurden  Untersuchungen  vom 
Verfasser  ausgeführt.  Das  Material  war  kein  sortenreines,  sondern 
solches  von  Populationen,  das,  innerhalb  gelb-  und  weissfleischig,  nur 
nach  dem  Äusseren  in  grosse  und  kleine  Rüben  und  in  Rüben  aus  ver- 
schieden gefärbten  Köpfen  getrennt  wurde.  Die  geschnitzelten  Rüben 
wurden  10  Stunden  lang  unter  Luftleere  bei  105 — 108°  getrocknet; 
Invertzucker  hindert  Trocknung  bis  zu  Gewichtskonstanz.  Der  Mark- 
gehalt wechselt  zwischen  3,2  und  5,1,  die  Gesamttrockensubstanz 
zwischen  9  und  13,9,  die  Trocksubstanz  des  Saftes  zwischen  5,7  und 
8,8  °/o.  Weissfleischige  Kohlrüben  scheinen  etwas  höheren  Markgehalt 
zu  haben.  Im  Durchschnitt  kommen  bei  Kohlrüben  auf  100  Teile  Ge- 
samttrockensubstanz 33,7  Teile  Mark,  gegen  19  Teile  bei  Zuckerrübe. 
Die  Verdaulichkeit  der  Kohlrübe  muss  daher  eine  geringere  sein. 

Dureau,  G.  Seedling  canes.^)  (.Journal  des  fabricants  de 
Sucre  1916.  Nr.  19.)  Es  wird  die  Geschichte  der  Gewinnung  von 
Zuckerrohrpflanzen  aus  Samen  nach  einem  unter  obigem  Titel  im 
„Westindia  Comittee  Circular"  erschienenen  Artikel  gegeben;  danach 
haben  Harri son  und  Bowell,  die,  wie  bekannt,  1888  zuerst  die 
Möglichkeit  der  Samenbildung  bei  Zuckerrohr  nachgewiesen  haben,  in 
Dr.  Soltwedel  zu  Rendokerep  auf  Java  einen  Vorläufer,  da  es  diesem 
1887  schon  gelang,  Samen  des  Rohres  zur  Keimung  zu  bringen.  Samen- 
pflanzen werden  auf  .Java  weniger  geschätzt  als  in  Gegenden,  die  für 
Rohr  weniger  günstig  sind,  wie  Louisiania,  Argentinien. 

Günthart,  A.  Über  die  Entwicklung  der  Cruciferen- 
blüte.  (Beihefte  zum  Botan.  Zentralblatt  XXXV,  1917,  1  Abb.,  S.  60 
bis  170.)  Bei  Beobachtungen  bei  Blüten  verschiedener,  meist  wild 
wachsender  Kreuzblütler  —  aber  auch  bei  Raphanus  sativus.  Brassica 
napus,  Brassica  oleracea,  Sinapis  alba  —  wurde  als  Verhalten  der  Blüte 
der  Kreuzblütler  festgestellt,  dass  äussere  Faktoren  dieses  wenig  be- 


*)  Samenpflanzen  beim  Zuckerrohr. 
Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VT. 


50  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflauzenzücbtung. 

einflusseu.  Die  Veränderungen  betreffen  Blühzeit  und  Funktionsdauer 
der  Fortpflanzungsorgane.  Mangelhafte  Ernährung  (geringe  Nahrungs- 
zufuhr. Ersthngs-  und  Letztlingsblüte)  hatte  auf  die  Ausbildung  der 
Staubblüte  Einfluss  (teilweise  Verkümmerung).  Bodenbeschaffenheit 
wirkte  nicht  ein.  Lichtentzug  bewirkte  Verkleinerung  der  Blumen- 
kronenblätter.  blassere  Farbe  derselben  und  geringeres  Spreizen  der 
Blumenkronenblätter  und  Kelchblätter.  Im  allgemeinen  wirkt  relativ 
hohe  Temperatur  mit  geringem  Feuchtigkeitsgehalt  auf  späteres  und 
rascheres  Wachsen  der  Xarbenschenkel.  Auf  Blühzeit  und  Dauer  des 
Blühens  einer  Blüte  wirken  Temperatur  und  Luftfeuchtigkeit  nur  bei 
sehr  hohen  Graden  ein,  wie  sie'  unter  natürlichen  Verhältnissen  sehr 
selten  vorkommen.  Zunächst  nach  Versuchen  mit  Arabis,  Cardamine 
pratensis.  Draba  aizoon,  Lepidium  campestre  wird  als  Einfluss  der 
Bestäubung  auf  Kreuzblütlerblüten  festgestellt :  Ohne  Bestäubung  zeigt 
der  Stempel  keine  Xachstreckung.  die  Narbe  lebt  länger.  Bei  Be- 
stäubung mit  eigenem  Blütenstaub  (Selbst-  und  Nachbarbestäubung) 
streckt  sich  Narbe  und  Stempel  weiter,  die  Früchte  fallen  ab.  Bei  Be- 
stäubung fremder  Abkunft  lebt  die  Narbe  kurz,  der  Stempel  zeigt  keine 
Nachstreckung,  nur  solche  Blüten  bilden  normale  Früchte.  Diese  letzt- 
erwähnten Feststellungen  sind  von  Interesse,  weil  bei  Raps  und  Rübsen, 
im  Gegensatz  zu  denselben.  Bildung  normaler  Früchte  auch  bei 
Selbstbestäubung  von  mehreren  Forschern  festgestellt  worden  ist. 

Havas,  G.  A  herefeleken  es  mäs  növenyeken  elö- 
fordulö  azonos  rendellenessegekröl. ^)  (Botanikai  Közle- 
menyek  S.  20 — 33.  Jahrg.  1917.)  Bei  den  Kleearten,  sowie  bei  anderen 
Pflanzengattungen  sich  zeigende  Missbildungen,  namentlich  das 
Spalten  der  Blätter,  fiederig  zusammengesetzte  Blätter,  trichterförmige 
Blätterbildungen,  die  unregelmässige  Ver^^elfältigung  der  Blättchen 
und  Blüten,  kann  man  als  fasciative  Erscheinungen  betrachten,  deren 
unmittelbare  Veranlassung  sich  auf  das  Spalten  der  Gefässbündel  be- 
gründet. Der  Querschnitt  der  Blätterstiele  bei  den  Medicago-  und 
Mehlotusarten  usw.  zeigt,  wenn  der  stärkere  Trieb  zur  Poh-phylhe  bei 
den  Pflanzen  nicht  vorhanden  ist.  gewöhnhch  3  Gefässbündel,  bei  den 
TrifoUumarten  im  allgemeinen  5.  bei  den  Onobrychisarten  finden  wir 
7  Gefässbündel.  Wenn  die  Pflanze  zur  Fasciation  Neigung  hat.  so 
bilden  sich  bei  den  3  blättrigen  Kleearten,  ausser  der  normalen  Zahl 
von  grösseren  Gefässbündeln.  auch  kleinere,  was  wir  hauptsächlich  bei 
Tr.  pratense  und  Tr.  repens  gut  beobachten  können,  bei  welchen  die 
Zahl  der  kleineren,  unregelmässigen  Gefässbündel  von  1  bis  6  steigen 
kann.  Bei  diesen  Pflanzen  können  sich  infolge  der  lateralen  Spaltung 
sämtliche  Blättchen,  sogar  —  wenn  das  mittlere  Blättchen  sich  beider- 

»)  Über  gleichartige  teratologische  Fälle  bei  den  Kleearten  und  anderen  Pflanzen. 


Neue  Ei-scheiiiuagen  auf  dem  Gebiete  der  Pflauzeuzüchtuug.  51 

seitig  nochmals  spaltet  —  als  höchstgradige  Polyphyllie  11  zählige 
Kleeblätter  bilden.  Die  genannten  Missbildungen  sind  Degenerations- 
erscheinungen.  Pflanzen,  die  solche  Bildungsabweichungen  aufweisen 
oder  dazu  Neigung  haben  und  bei  welchen  bestimmte  innere  Verwand- 
lungen eintreten,  können  den  Grund  neuer  Gattungen  bilden.  Die  Ab- 
weichungen können  sich  in  äusseren  Erscheinungen  zeigen.  Während 
der  natürlichen  Entwicklung  der  Formenkreise  sind  schon  5-  und 
7  blättrige  Kleearten  beständig  geworden,  so :  Tr.  lupinaster ,  Tr. 
tridentatum  L.,  Tr.  Andresonii  Gray.,  Tr.  polyphyllum,  Tr.  megace- 
phalum  Nutt.  usw.,  bei  welchen  anfänglich  sich  die  charakteristischen 
3  zähligen,  später  polyphylle  Blätter  bildeten. 

Autoreferat. 

Kenjiro  Jujii  and  Yoshinari.  On  the  composition  of  the 
endosperm  of  Zea  Mays  hybrids.^)  (The  Botanical  Gazette 
1916.  XXX,  S.  83 — 88.)  Die  Verfasser  nehmen  an,  dass  das  For- 
schungsergebnis der  sog.  doppelten  Befruchtung  bei  der  Erklärung  der 
Maisbastarde  bisher  nicht  berücksichtigt  worden  ist.  (Tatsächlich 
haben  H a y s  und  East  1915  die  Erklärung  für  die  Ausbildung  des 
Endosperms  bei  Bastardierung  von  je  glasig-körnigem  mit  mehlig- 
körnigem Mais  auch  schon  auf  dieser  Grundlage  gegeben.  Referent.) 
Sie  erklären  die  Farbabstufungen,  die  sich  nach  Bastardierung  eines 
Maises  mit  schwarzem  oder  blauem  Korn  mit  einem  solchen  mit  weissem 
zeigen,  auf  Grund  der  Tatsachen,  die  durch  die  Forschung  über  die 
„doppelte  Befruchtung"  festgestellt  worden  sind.  Ist  die  Mutter 
schwarzkörnig,  der  Vater  weisskörnig,  so  ist  F^  im  Korn  dunkler 
als  bei  der  umgekehrten  Bastardierung.  Die  Mutter  bringt  im  ersten 
Fall,  wenn  sie  die  Anlage  für  Schwarz  S  besitzt,  diese  zweimal  in  das 
Endosperm,  da  bei  der  doppelten  Befruchtung  beide  sekundären  Embryo- 
sackkerne mit  dem  2.  generativen  Folienkern  zusammentreten,  dagegen 
wird  sie  im  zweiten  Falle  ss  keine  Anlage  für  Schwarz  in  das  Endo- 
sperm bringen  und  dieses  nur  vom  Vater  eine  solche  erhalten.  S  S  s  gibt 
dunklere  Farbe  wie  ssS.  In  der  2.  Generation  müssen  dreierlei 
Schattierungen  von  Schwarz  zur  Erscheinung  kommen: 

Geschlechtszellen  ^-^ g  § 

^  SS  SS 

SS  SS 

SS  «« 

S  8 

Für  Anlage  für  Schwarz  wurde  hier  gleich  S  (Schwarz)  gewählt, 
statt  wie  im  Text  der  Arbeit  A,  für  Fehlen  der  Anlage  s  statt  a. 

*)  Über  die  Zusammensetzung  des  Endosperms  von  Maisbastarden. 

4* 


52  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Kraniehfeld,  H.  Die  Einwände  Heribert  Nilsso  n's 
gegen  die  Mutationslehre  von  H.  de  Vries.  (Biol.  Zentral- 
blatt 37.  Bd.,  1917,  S.  61—98.)  Die  von  H.  Nilsso n  gegebene  Er- 
klärung der  Mutanten  de  Vries'  als  Bastardierungsfolgen,  die  dem 
Mendel'schen  Gesetze  unterworfen  sind,  wird  vom  Verfasser  ab- 
gelehnt. Er  hält  es  insbesondere  als  nicht  erwiesen,  dass  Oenothera 
Lamarckiana  eine  Kollektivart  ist,  da  Nilsson  bei  ihr  und  bei  Oeno- 
thera Gigas  nicht  erbliche,  mendelnde  Kleinformen  nachgewiesen  hat. 

Stempel,  B.  Korrelacni  variabilita  bouituich  zuaka 
obilky  jecmene. ')  (Zemedelsky  Archiv  1914.)  Der  Autor,  der 
schon  in  seinen  früheren  Arbeiten  den  Einfluss  der  Vegetationsfaktoren 
auf  die  Variabilität  der  Getreidearten  studiert  hatte,^)  versucht  hier 
auf  Grund  dieser  Arbeiten  sowie  der  statistischen  Ermittelungen  aus 
dem  Materiale  der  Sortenversuche  der  böhmischen  Sektion  des  Landes- 
kulturrates sowie  der  landw.  Zentralgesellschaft  in  Böhmen  zu  er- 
mitteln, welches  Bonitierungssystem  für  Braugerste  das  „gerechtigste" 
ist,  d.  i.  welches  von  den  gebrauchten  künstlichen  Systemen  am  zweck- 
mässigsten  den  natürlichen  Beziehungen  zwischen  den  Qualitätseigen- 
schaften angepasst  ist  und  durch  welches  System  folghch  die  Gerste 
am  gerechtesten  bonitiert  wird.  In  Betrachtung  wurden  gezogen  die 
Systeme  von  Erben-Vilikovsky,  Haase,  die  Berliner,  Wiener 
und  Münchener  Systeme.  Es  wurden  für  jede  Sorte  und  bei  diesen 
wieder  für  einzelne  Vegetationsgebiete  für  die  wichtigen  Eigenschafts- 
paare Korrelationsschemata  konstruiert  und  Korrelationskoeffizienten 
und  Regressionswerte  berechnet.  Aus  diesen  Werten  wurde  dann  das 
wahrscheinliche  mittlere  gegenseitige  Verhältnis  aller  Eigenschaften 
festgestellt  und  weiter  auf  Grund  der  Regressionswerte  ermittelt,  mit 
welcher  Wahrscheinlichkeit  in  den  einzelnen  Systemen  die  subjektiv  zu 
bestimmenden  Merkmale  geschätzt  werden  können.  Auf  alle  Einzel- 
heiten der  Arbeit  kann  hier  nicht  eingegangen  werden;  es  seien  hier 
nur  die  Schlussfolgerungen  angeführt:  1.  Die  Standardabweichung  aller 
Merkmale,  d.  i.  ihre  Variabihtät,  steigt,  wenn  sich  die  Vegetations- 
faktoren verschlechtern.  In  Gebieten  mit  schlechteren  Vegetations- 
faktoren sind  nicht  nur  die  mittleren  Werte  einzelner  Eigenschaften 
niedriger,  sondern  die  Ware  ist  auch  weniger  ausgeglichen,  sogar  auch 
dann,  wenn  sie  von  zwei  naheliegenden  Anbausteilen  stammt,  als  in 
Gebieten  mit  günstigeren  Vegetationsfaktoren.  2.  Der  Korrelations- 
koeffizient der  Bonitätsmerkmale  ist  eine  in  beträchtlichem  Maße  kon- 


Archiv  1915. 


*)  Korrelationsvariabilität  der  Bonitätsmerkmale  des  Gerstenkornes. 

^)  Stempel,  Landw.  Jahrbücher  1914,  368;  Stempel  und  Hirsa.  Zemedelsky 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  53 

stante  Grösse,  die  von  Sorte,  Klima  und  Jahrgang,  sowie  vom  Boden 
wenigstens  praktisch  unabhängig  ist.  3.  In  positiver  Korrelation 
stehen:  Hektohtergewicht,  1000  Korngewicht,  Mürbigkeit,  Ausgeghchen- 
heit,  Stärkegehalt  und  Keimfähigkeit;  zu  diesen  Eigenschaften  stehen 
in  negativer  Korrelation:  Glasigkeit,  Spelzen-  und  Eiweissgehalt.  Bei  "? 
den  Eigenschaftspaaren:  Spelzengehalt-Mürbigkeit,  Spelzeng.-Glasig- 
keit,  Spelzeng.-Stärke-,  Spelzeng.-Eiweissgehalt  ist  der  Korrelations- 
koeffizient gleich  0.  4.  Die  Regression  hängt  zwar  wie  vom  Klima 
und  Boden  so  von  der  Sorte  ab,  prinzipielle  Unterschiede  sind  aber  auch 
hier  nicht,  so  dass  5.  durch  zweckmässiges  Bonitierungssystem  gleich 
gerecht  die  Landgersten  so  wie  die  Imperialgerstensorten  bonitiert 
werden  können.  6.  An  der  Spitze  der  wichtigeren  Bonitierungssysteme 
steht,  was  die  Genauigkeit  und  ergründhche  Anpassung  an  die  natür- 
hchen  gegenseitigen  Beziehungen  der  Bonitätsmerkmale  des  Gersten- 
kornes betrifft,  das  böhmische  Bonitierungssystem  von  Erben- 
Vilikovsky;  nach  ihm  folgen,  der  Genauigkeit  nach  absteigend  ge- 
ordnet: das  Wiener,  Haase'sche,  Berliner  und  Münchener  System. 
(Da  der  Korrelationskoeffizient  bei  bestimmten  Eigenschaftspaaren 
eine  auch  von  der  Sorte  im  beträchthchen  Maße  unabhängige  Grösse 
darstellt,  so  muss  für  die  betreffenden  Eigenschaftspaare,  wenn  nicht 
eine  allgemeine,  so  doch  wenigstens  bei  untersuchten  Sorten  eine  ge- 
meinsame Korrelation  bestehen.     D.  Ref.)  Jelinek. 

Stomps,  Th.  J.  Über  die  verschiedenen  Zustände  der 
P  a  n  g  e  n  e.  (Biolog.  Zentralblatt  1917,  S.  161 — 177.)  In  einer  reinen 
Linie  von  Oenothera  biennis  war  durch  spontane  Variabilität  (Muta- 
bihtät)  ein  albomarginata  (weissrandblätteriges)  Individuum  ent- 
standen, das  eine  grüne  Seitenachse  bildete.  Die  Samen  der  weiss- 
randblätterigen  Achsen  gaben  nur  weisse,  jene  der  grünen  Achsen  nur 
grüne  Pflanzen.  Bastardierung  von  Weissrandblätterig  mit  Grün 
brachte  ein  F-^',  die  vegetativ  spaltete.  Die  weissrandblätterige 
Variante  entstand  dadurch,  dass  in  der  allerersten  Jugend  der  Pflanze 
in  der  äussersten  Periblemscheitelzelle  eine  für  die  Bildung  des  Chloro- 
phyllfarbstoffes unentbehrliche  Eigenschaft  plötzlich  latent  wurde,  die 
grünen  Seitenachsen  durch  Zurückvariieren  dieser  Eigenschaft  in  der 
äusseren  Periblemscheitelzelle  der  Anlage  dieses  Sprosses.  Die 
vegetative  Aufspaltung  führt  Verfasser  auf  perlabilen  Zustand  der  be- 
treffenden Chlorophylleigenschaft  zurück.  Bei  Pangenen  tritt  der  per- 
labile, ebenso  wie  der  labile  Zustand  eines  Pangenes  leicht  in  den 
inaktiven  Zustand  über.  Bei  einem  Zusammentreffen  mit  inaktivem 
Zustand  führt  er  zu  vegetativer  Aufspaltung. 


54  Neue  Erscheinungen  auf  dem  (rebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

2.  Bücherbesprechungen. 

Migula,  Pro?.  Dr.  W.  Die  Brand-  und  Rostpilze.  Ein 
Hilfsbuch  zu  ihrem  Erkennen,  Bestimmen,  Sammeln,  Untersuchen  und 
Präparieren.  (Handbücher  für  die  praktische  naturwissenschaftliche 
Arbeit  Bd.  13.  Mit  10  Taf.,  1917.  Franckh'sche  Verlagsbuchhandlung, 
Stuttgart.  Geheftet  M.  3, — ,  gebunden  M.  3,80.)  Für  die  sehr  formen- 
reiche Gruppe  der  Brand-  und  Rostpilze  ist  in  der  Veröffenthchung  ein 
Bestimmungsbuch  geboten  worden.  Als  Einleitung  zu  dem  syste- 
matischen Teil,  der  411  Arten  umfasst,  ist  ein  Abschnitt  über  Sammeln, 
Untersuchen  und  Präparieren  und  ein  zweiter  über  die  Lebens- 
geschichte der  Brand-  und  Rostpilze  gegeben.  In  letzterem  sind  in 
einem  besonderen  Abschnitt  die  Getreiderostpilze  behandelt.  Die  Be- 
stimmungstabellen der  Gras-  und  Getreiderostpilze  umfassen  neun 
Seiten,  Jene  des  Brandes  auf  Gras  und  Getreide  fünf.  Die  Tafeln 
bringen  die  Sporenbilder.  Über  die  Rost-  und  Brandpilze  der  Getreide 
ist  der  Züchter  wohl  meist  gut  unterrichtet,  bei  Graszüchtung  wird  da^ 
Buch  aber  gewiss  vielen  sehr  erwünscht  sein. 


V. 

Kleine  Mitteilungen. 


Wissenschaftliche. 

Beitrag  zur  Technik  der  Weizenbastardierung. 
Von  Dr.  J.  Jelinek, 

Technische  Hochschule  Prag. 

Bei  der  Bastardierung  des  Weizens  wird  der  Pollen  in  die 
kastrierten  Blüten  in  der  Weise  übertragen,  dass  entweder  reife  Staub- 
beutel in  die  Blüten  gelegt  werden  oder,  nach  v.  Tschermak,  mit 
im  Laboratorium  gesammeltem  Pollen  die  Narbe  bestäubt  wird.  Ver- 
fasser hat  bei  seinen  Bastardierungsversuchen  die  Bestäubung  in  beiderlei 
Art  ausgeführt,  aber  in  manchen  Jahren  durch  den  Witterungseinfluss 
sehr  schlechten  Kornansatz  erzielt.  Es  leiden  nämlich  die  zur 
Bastardierung  verwendeten  Pflanzen  infolge  der  gegen  Norden  ge- 
schützten Lage  des  Versuchsgartens  sehr  durch  die  in  manchen  Jahren 
herrschende  hohe  Temperatur;  auch  das  an  den  kastrierten  Ähren  in 
grosser  Menge  verdampfende  und  sich  aus  den  Schutzgläsern  konden- 
sierende Wasser  schädigt  beträchthch  die  Blüten.  Aus  diesem  Grunde 
wurde  beabsichtigt,  statt  der  Glasröhren  eine  Hülle  aus  dünnem  Papier 
zum  Schutze  gegen  Fremdbestäubung  zu  verwenden.  Da  aber  das  Ab- 
nehmen der  angebundenen  Papierhüllen  bei  jedesmaliger  Bestäubung 
etwas  umständlich  erschien,  so  wurde  die  Bestäubung  der  kastrierten 
Ähren  in  der  Weise  versucht,  dass  die  zwei  zu  bastardierenden  Pflanzen 
nebeneinander  gepflanzt  wurden  und  an  die  kastrierte  Ähre  der  einen 
Pflanze  eine  etwa  gleichalte,  nicht  kastrierte  Ähre  der  zweiten  Pflanze 
angebunden  wurde.  Der  Pollen  dieser  Ähre  soll  zur  Bestäubung  der 
kastrierten  Ähre  dienen.  Beide  Ähren  wurden  dann  zur  Vermeidung 
einer  Fremdbestäubung  mit  Papier  umhüllt;  diese  Hülle  wurde  erst 
nach  etwa  14  Tagen  entfernt.  Durch  diese  Anordnung  wurde  ein 
viel  besserer  Kornansatz  erzielt,  wie  folgende  Zahlen  zeigen: 

(Siehe  Tabelle  S.  56.) 

Aus  der  Übersicht  ist  es  ersichtlich,  dass  bei  Bestäubung  durch 
angebundene  Ähre  ein  bedeutend  höherer  Prozentsatz  kastrierter 
Ähren  Körner  angesetzt  hat  als  bei  künstlicher  Pollenübertragung.  Im 
Jahre  1916  war  auch  der  durchschnittliche  Kornansatz  einer  Ähre  bei 


56 


Kleine  Mitteilungen. 


Bestäubung  durch  angebundene  Ähre  mehr  als  doppelt  so  gross  wie 
bei  künstUcher  Pollenübertragung.  Im  Jahre  1917  wurde,  wahrschein- 
lich durch  den  Einfluss  der  aussergewöhnlich  hohen  Temperatur,  kein 
Kornansatz  bei  künstlicher  Pollenübertragung  erzielt;  es  wurde  des- 
wegen in  diesem  Jahre  diese  Bastardierungsweise  nicht  weiter  verfolgt. 
Die  Bestäubung  durch  angebundene  Ähre  hat  auch  in  diesem  Jahre 
günstig  gewirkt;  die  Hälfte  der  bestäubten  Ähren  hat  Körner  angesetzt. 
Der  Kornansatz  war  zwar  geringer  als  im  Vorjahre,  aber  mit  Rück- 
sicht auf  die  anhaltende  hohe  Temperatur  dieses   Jahres  doch   noch 

sehr  gut. 

B  e  s  t  ä  n  b  u  n  g-   d  u  r  c  b    P  o  1 1  e  n  ü  b  e  r  t  r  a  g  u  n  g. 


Bestäubte 
Äbren 

Ähren  mit 

Ährenanzahl  mit 

mitt- 
uzahl 
hre 

Jahr 

Kornansatz 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

9 

10 

11 

12    13 

■3    ^:< 
5   W    ^ 

An- 
zahl 

/o 

'S  *^  « 

Körnern 

Dur( 

liehe 

ein 

1912 
1913 
1914 
1915 
1916 

74 
167 
152 

92 
135 

23 
47 
10 
14 
9 

32,4 

28,1 

6,6 

15,2 

6,6 

5 
24 
7 
5 
6 

3 

11 

2 

5 

6 
4 

1 

1 

3 
3 

2 

1 

2 

2 

1 

1 
1 

1 
1 

1 

1 

1 

1 



— 

3,9 
2,2 

1,4 
2.0 
2,1 

Bestäubung  d 

urc 

h   ang 

äbundene 

Ah 

re. 

1916 

39 

18 

46,1 

3 

1 

3!- 

4      5      1 

— 

— 

— 

— 

1 

1917 

47 

24 

51.0 

10 

2 

5     2 

2      2    — 

— 

— 

— 

1 

— 

4,6 
2,9 


Aus  diesen  zweijährigen  Beobachtungen  glaube  ich  folgern  zu 
können,  dass  die  Bestäubung  durch  angebundene  Ähre  bei  der 
Weizenbastardierung  für  die  praktische  Züchtung  vorteilhafter 
sein  kann  als  die  künstliche  Pollenübertragung.  Es  ist  nur  nötig,  im 
Frühjahr  die  zu  bastardierenden  Pflanzen  nebeneinander  zu  verpflanzen. 
Wenn  es  sich  um  Bastardierung  einer  frühreifenden  mit  einer  späten 
Sorte  handelt,  darf  nur  die  frühreifende  Pflanze  zu  der  spätreifenden,  die 
nicht  verpflanzt  werden  darf,  versetzt  werden.  Durch  die  Ver- 
pflanzung, die  je  nach  Bedarf  verschieden  tief  geschehen  kann,  wird  die 
Entwicklung  der  frühreifenden  Pflanze  verzögert,  so  dass  dann  auf 
beiden  Pflanzen  gleiehalte  Ähren  zur  Bastardierung  gefunden  werden 
können  und  der  Pollen  der  frühreifenden  Pflanzen  für  die  Kreuzimg 
nicht  längere  Zeit  aufbewahrt  zu  sein  braucht.  Die  weitere  Arbeit 
besteht  nur  in  der  Kastration  der  einen,  Anbinden  der  zweiten  Ähre  und 
Umwicklung  des  Ganzen  mit  Papier,  das  auf  beiden  Enden  der  Ähren 
mit  Zwirn  zusammengebunden  wird.  Die  Zeit,  die  zum  PoUensammeln 
und  Übertragen  auf  die  Narben  nötig  ist,  wird  hier  erspart.  Und  da 
endlich  die  kastrierten  Ähren  nach  dem  Einhüllen  in  Papier  nicht  vor 


Kleine  Mitteilungen.  57 

der  Kornentwicklimg  wieder  blossgelegt  werden,  so  ist  auch  eine 
eventuelle  Fremdbestäubung  durch  den  in  der  Luft  schwebenden  Pollen, 
die  bei  der  künsthchen  Pollenübertragung,  wo  die  Hülle  von  den 
Ähren  abgenommen  ist,  stattfinden  kann,  ausgeschlossen. 

Für  genaue  wissenschaftliche  Arbeiten  wird  natürlich  die  von 
V.  Tschermak  angegebene  Pollenansammlung  im  Laboratorium  aus 
abgeschnittenen  abgewaschenen  Ähren  den  Ausschluss  fremden  Pollens 
am  sichersten  gewährleisten. 

Die  Anwendung  des  Fruchtgürtels  bei  der  Kartoffel. 

Zur  Technik  der  Samenerzeugung. 

Von  Dr.  J.  Broili, 

Biologi.sche  Reiclisanstalt  in  Dahlem-Berlin. 

Für  praktisches  Züchten,  wie  für  vererbungswissenschaftliches 
Arbeiten  mit  der  Kartoffel  ist  es  erstes  Erfordernis,  von  den  in  Frage 
kommenden  Pflanzen  sicher  Früchte  —  Beeren  —  zu  erhalten  Ver- 
suche in  dieser  Richtung  führt  Bach-Wien^)  in  einer  Abhandlung, 
die  hauptsächlich  die  künsthche  Befruchtung  als  Mittel,  um  eine  Sorte 
zum  Fruchten  zu  bringen,  behandelt,  an.  Es  gelang  aber  in  den  Fällen, 
die  genaueres  über  diese  Frage  mitteilen,  nicht,  durch  Störung  der 
vegetativen  Entwicklung  der  Kartoffelpflanze,  und  zwar  an  ihren 
unterirdischen  Teilen,  Einf luss  auf  die  Fruchtbildung  zu  ge- 
winnen. 

Mehr  Aussicht  auf  Erfolg  dürften,  wie  im  Reichsanzeiger  ^)  mit- 
geteilt. Versuche  an  oberirdischen  Teilen  der  Kartoffel  durch 
Pfropfung  auf  andere  Nachtschattenarten  haben,  wie  sie  im  Institut 
für  Vererbungsforschung  in  Potsdam  angestellt  werden. 

Bei  der  Betrachtung  dieser  Frage  liegt  es  sehr  nahe,  einen  Blick 
auf  die  gärtnerische  Praxis  zu  werfen.  Hier  wird  bei  Obstbäumen  zur 
Erzielung  des  Früchtetragens  und  zum  Zwecke  der  besseren  Ernährung 
und  Ausbildung  der  Früchte,  wenn  es  nötig  wird,  der  Ringelschnitt  an- 
gewendet. Der  Gärtner  hebt  hierzu  mit  einem  scharfen  Messer  oder 
einem  besonders  hierfür  geschaffenen  Instrumente  an  den  Zweigen 
unterhalb  ihrer  fruchttragenden  Ästchen,  kurz  vor  der  Blüte,  ein  ring- 
förmiges Stück  Rinde  aus.  Geschieht  das  nicht  zu  breit,  so  wird  die 
Saftleitimg  vorübergehend  gehemmt  und  die  sonst  nach  unten 
strömenden  Nährstoffe  zum  Aufbau  der  Früchte  verwendet.  An 
Stelle  des  Ringeins  werden  auch  besondere  Fruchtgürtel  benutzt. 
Dieses  Verfahren  kam  in  angepasster  Weise  zunächst  rein  praktisch  in 
der  Kaiserlichen  Biologischen  Anstalt  für  Land-  und  Forstwirtschaft 
in  Dahlem,  und  zwar  sofort  in  grösserem  Maßstabe  in  diesem  Jahre  in 


1)  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  Bd.  V,  Heft  1,  1917,  S.  71. 

2)  Nr.  71  V.  23.  III.  1917. 


cg  Kleiue  Mitteilungen. 

Anwendung,  ohne  vorher  genaue  Versuche  über  die  Wirkung  und  den 
Zeitpunkt  des  Ringeins  bei  Verschiedenheit  der  Methode,  des  Sorten- 
materials und  der  Ringelungsstelle  angestellt  zu  haben.  Nur  ein 
kleiner  Vorversuch  an  einer  sehr  frühen  Sorte,  deren  Knollen  an- 
getrieben waren,  gab  so  zeitig  ein  positives  Resultat,  dass  das  Ver- 
fahren noch  bei  allen  blühenden  Pflanzen,  auf  die  züchterischer  Wert 
gelegt  wurde,  Anwendung  finden  konnte. 

Eine  Ringelung,  wie  sie  der  Gärtner  ausführt,  wurde  nicht  ver- 
sucht. Mit  dem  Messer  kann  bei  der  krautigen  Beschaffenheit  der 
Stengel  nur  bei  geschientem  Material  gearbeitet  werden.  Zeitverhält- 
nisse bringen  es  mit  sich,  die  Arbeiten,  welche  für  den  gewollten  Zweck 
nicht  unbedingt  erforderlich  sind,  jetzt  wegzulassen.  Die  Hemmung 
des  Saftes  wurde  deshalb  in  einfachster  Weise  durch  eine  feste 
Schnürung  mit  starkem  Faden  oder  verschieden  starkem  Drahte  be- 
wirkt. Man  schneidet  sich  hierzu  zweckmässig  von  dem  Bindematerial 
längere  Stücke  ab,  so  dass  man  sich  selbst  um  einen  Finger  der  linken 
Hand  eine  kleine  Schleife  legen  kann,  um  hierdurch  den  nötigen  Wider- 
stand beim  ersten  Anziehen,  das  mit  der  rechten  Hand  geschieht,  zu 
haben.  Ist  der  Stengel  einmal  umwickelt,  so  bietet  er  selbst  durch  die 
Reibung  genügend  Halt,  um  die  zweite  Ringelung  fester,  ein- 
schneidend, anlegen  zu  können.  Nach  und  nach  bekommt  man  ein  Ge- 
fühl für  die  Spannung,  welche  die  betreffende  Achse  aushält,  ohne  zu 
knicken.  Was  man  der  betreffenden  Sorte  zumuten  kann,  lehrt  erst  ihr 
Verhalten  bei  Wind  und  Wetter.  Dann  bricht  bei  stark  verholzten 
Pflanzen  die  Einschnürungsstelle  leicht  durch.  Verschiedene  wert- 
volle, gelungene  Bastardierungen  sind  dadurch  in  Verlust  gegangen. 
Es  ist  deshalb  geraten,  überall  da,  wo  Beerenansatz  stattfindet,  eine 
Schienung  oder  anderweitige  Sicherung  gegen  das  Abbrechen  anzu- 
wenden, was  bei  dem  oft  gekrümmten  Wüchse  der  Stengel  nicht  immer 
leicht  ist.  Wie  bei  jeder  Pflege  lebender  Individuen,  so  darf  man  auch 
hier  nicht  schematisch  verfahren,  wenn  Schäden  verwieden  werden 
sollen. 

Jugend,.  Zartheit  bei  Sämlingspflanzen,  Vegetationszeit,  Wüchsig- 
keit  und  Verholzung  bei  älteren  Sorten  sind  zu  berücksichtigen,  wenn 
man  wertvolles  Material  ringelt.  An  allen  geringelten  Pflanzen  wurden 
Knollen  geerntet.  Ob  und  inwieweit  der  Ertrag  durch  das  Ringeln 
gedrückt  wird,  werden  weitere  Versuche,  bei  denen  auch  die  Wirkung 
einer  öfteren,  am  gleichen  Stengel  wiederholten  Ringelung  und  die 
Benützung  des  Fingernagels  zur  Unterbrechung  der  Saftleitung  ge- 
prüft werden  soll,  ergeben.  Gegen  eine  stärkere  Schädigung  des  Er- 
trags spricht  der  bicollatrale  Bau  der  Leitbündel. 

Neben  den  in  Verfolgung  des  praktischen  Zieles  der  Beeren- 
gewinnung bei  Bastardierungen  angestellten  Ringelungsversuchen,  die 


Kleine  Mitteilungen. 


59 


für  eindeutige  Beurteilung  der  Frage  nicht  in  Betracht  kommen, 
wurde  bei  10  Pflanzen  verschiedener  Sorten  ein  Teil  der  Stengel  ge- 
ringelt.    Es  hatten  angesetzt  bei: 

Juwel  geringelt bei   28  Blüten    0  Beeren, 


ungeringelt r     46 


Switez  geringelt    .     .     . 

,,       ungeringelt    .     . 

Abdul  Hamid  geringelt  . 

„  „      ungeringelt 

Fürstenkrone  geringelt  . 
,,  ungeringelt 

„  geringelt  . 

,,  ungeringelt 

Switez  geringelt    .     .     . 


ungeringelt 


8 

117 

16 

19 

9 
30 

4 

31 

36 

118 

7 
78 

3 


51 

1) 


Fürstenkrone  geringelt  .... 
„  ungeringelt   .     .     . 

Danusia  geringelt 

„        ungeringelt ,?     ^8 

Switez  geringelt ?5     H 

„      ungeringelt „62 

„      geringelt .,       7 

„      ungeringelt ,,59 


0 
0 
0 
0 
0 
0 
0 

1 

0 
4 
1 
1 
0 
1 
0 
2 
0 
2 
0 


Genaueres  mag  folgende  Tabelle   zeigen: 

Fruchtgürtel-Verzeichnis  bei  der  Kartoffel. 


Sorten  Nummer 


56 


?.  ^ 

1 

1 

03 

00 

■f^    d 

-^-* 

-^     0 

-^    d 

0 

(«      o 

OD       O 

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•^  ^ 

■P  M 

IP    M 

c3 

fe 

fe 

f^ 

P 

53 

57 

53 

53 

75 

CS9 

CO 


57 


57 


57 


—  ■^ 

-§  'S 

<  K 
47 


Nummer  und  Reihe  der  Staude 

Achsen  geringelt 

Zahl  der  Wickel 

Zahl  der  Blüten 

Beeren  angesetzt 

Beeren  nicht  angesetzt  .     .     . 

Achsen  nicht  geringelt  .     .     . 

Zahl  der  Wickel 

Zahl  der  Blüten 

Beeren  angesetzt 

Beeren  nicht  angesetzt .     .     . 


1.  3. 
2 

4 

28 

28 

6 

7 

46 

46 


5.  7. 

7.  7. 

3.  7. 

11.  1. 

11.  1. 

1 

3 

4 

2 

1 

1 

3 

4 

3 

1 

4 

36 

7 

9 

3 

1 

4 

1 

— 

1 

3 

32 

6 

9 

2 

10 

13 

7 

5 

8 

5 

10 

11 

5 

11 

31 

118 

1 

117 

78 

30 

58 

31 

78 

30 

58 

13.  4. 
1 
1 

11 
2 
9 

6 

5 

62 

62 


11.  7. 

14.  4. 

1 

1 

1 

1 

7 

8 

2 

— 

5 

8 

7 

U 

9 

12 

59 

117 

59 

117 

Die  Wirkung  der  Ringehmg  ist  unverkennbar.  Bei  6  Pflanzen 
wurden  an  geringelten  Stengeln  11  Beeren  geerntet,  an  ungeringelten 
der  gleichen  Pflanzen  nur  eine,  bei  einer  weitaus  grösseren  Blüten- 
zahl, die  für  die  Möglichkeit  des  Ansatzes  in  Betracht  kam. 


3.  1. 

2 

3 

16 

16 

4 

4 

19 

19 


gQ  Kleine  Mitteilungen. 

Bemerkt  muss  werden,  dass  bei  der  Sorte  Switez,  ohne  die 
4  Stöcke  des  Versuchs,  97  Stöcke  angebaut  wurden,  die  ohne  Ringelung 
14  Beeren  brachten  gegenüber  den  8  Beeren  an  6  geringelten  Stengebi 
der  4  Versuchspflanzen.  Es  stehen  also  4  geringelte  Stengel  mit  ihrem 
Ergebnis  von  6  Beeren  etwa  3—500  Stengeln  mit  14  Beeren  gegenüber 
oder,  in  Blüten  berechnet,  6  Beeren  bei  54  gezählten  Blüten  gegen- 
über 14  Beeren  der  etwa  10 — 12  000  Blüten  der  97  Stöcke  ohne 
Ringelung.  Ein  sicherer  Erfolg  für  dieses  Jahr  und  diese  Sorte.  Schon 
der  Augenschein  zeigte  die  Wirkung  der  Ringelung.  Die  Blüten,  die 
unter  Ringelung  standen,  blieben  meist  viel  länger  hängen.  Manche, 
die  angesetzt  hatte,  fiel  ab  und  kam  dann  nicht  mit  in  Rechnung.  Die 
künstliche  Selbstbestäubung  der  geringelten  wird  deshalb  zur  Erhöhung 
der  Leistung  auch  in  Frage  kommen. 

Inwieweit  die  noch  in  den  Anfängen  stehende  Technik  den  Erfolg 
nicht  überall  brachte  oder  geringer  Pollen  oder  das  V^etter  daran 
schuld  war,  lässt  sich  heute  nicht  beurteilen.  Sicher  ist,  dass  die  Ver- 
wendung des  Ringeins  oder  des  Fruchtgürtels  bei  weiterem  Ausbau  der 
Technik  unter  Berücksichtigung  der  individuellen  Eigenart  der  Pflanzen 
sowohl  der  praktischen   Züchtung  wie  der  Forschung  nützen  wird. 


Andere  Sachliche. 

Der  Tonplatten-Trockner. 

Von  Dr.  Kirsche-Pfiffelbach, 
Rittergut  Trautzschen  b.  Pegau. 

Seit  langen  Jahren  beschäftige  ich  mich  mit  der  Trocknungsfrage 
von  Saatgut,  nachdem  bereits  1901  der  erste  Trockenapparat  für  Samen 
und  Getreide  in  unserem  Zuchtbetriebe  aufgestellt  worden  war.  Die 
ungenügenden  und  zu  geringen  Leistungen  dieses  Apparates  waren  die 
Veranlassung,  dass  1910  ein  Förster-Apparat  mit  direkter  Beheizung 
durch  Feuergase  aufgestellt  wurde,  dessen  Leistungen  nach  jeder 
Richtung  hin  bisher  befriedigten.  Immerhin  ist  bei  der  Verwendung 
von  Feuergasen  eine  gewisse  Gefahr  für  die  Keimfähigkeit  nicht  aus- 
geschlossen, so  dass  mein  Bestreben  darauf  gerichtet  war,  für  meine 
Wirtschaft  Trautzschen  eine  für  Saatgut  unbedingt  einwandfreie  und 
unter  allen  Umständen  gefahrlose  Trocken-Einrichtung  zu  schaffen. 

Herr  F.  Neuhaus.  Eberswalde,  welcher  die  Reinigungs- An- 
lagen in  unseren  verschiedenen  Wirtschaftsbetrieben  zur  voUen  Zu- 
friedenheit einrichtete,  konnte  meinen  Wunsch  durch  das  Angebot 
eines  Tonplatten-Trockners  unterstützen.  Trotzdem  überhaupt  kein 
Apparat  dieses  Systems  in  der  Praxis  arbeitete,  entschloss  ich  mich 
auf  Grund  der  Zeichnungen  und  Vorlagen  und  meiner  Erfahrungen  im 


Kleine  Mitteilungen.  61 

Trockenwesen  zu  diesem  System,  das  seit  nunmehr  3  Trockenperioden 
zur  vollen  Zufriedenheit  hier  arbeitet. 

Der  Tonplatten-Trockner  besteht  aus  einem  ungefähr  7  m  hohen 
Gerüst  aus  Eisenschienen,  die  in  quadratischer  Anordnung  in  einer 
Entfernung  von  1,20  m  die  Eckpfeiler  bilden.  Von  einer  Schiene  zur 
anderen  werden  rechtwinl<;elig  zueinander  stehend  die  Seitenwände  ge- 
bildet, und  zwar  durch  jalousieartig  übereinander  stehende  Tonplatten. 
Ihre  Anordnung  ist  so  gewählt,  dass  2  Reihen  in  einem  Winkel  von 
45  °  parallel  in  einer  Entfernung  von  ungefähr  15  cm  voneinander  die 
4  zickzackartigen  Seitenwände  bilden.  Dadurch  ist  der  Apparat  nach 
aussen  geschlossen  und  innen  hohl. 

Die  Tonplatten  selbst  bestehen  aus  einer  besonderen  Mischung 
und  sind  nach  einem  erprobten  Verfahren  porös  gebrannt,  so  dass  die 
der  Tonplatte  innewohnende  Eigenschaft,  die  Feuchtigkeit  leicht  auf- 
zunehmen und  leicht  abzugeben,  in  günstigster  Weise  gewahrt  wird. 
Die  Trocknung  geschieht  mit  Hilfe  indirekter  Wärme,  welche  in  einem 
Calorifer  erzeugt  wird.  • 

Die  in  einem  Koksofen  erzeugten  Feuergase  heizen  ein  System 
von  Rippenrohren,  welche  die  Wärme  in  eine  Heizkammer  ausströmen. 
Ein  Ventilator  saugt  die  warme  Luft  an  und  befördert  sie  in  das  Innere 
des  Trockenapparates,  wo  der  warme  Luftstrom  durch  mehrere  in  Ab- 
ständen angebrachte  Blechhauben  unterbrochen  und  aufgehalten  wird. 
Durch  ein  Schieber-System  kann  der  Heizkammer  mehr  oder  weniger 
Frischluft  zugeführt  werden,  wodurch  die  Höhe  der  Temperatur  nach 
Wunsch  zu  regeln  ist. 

Die  Arbeitsweise  des  Tonplatten-Trockners  gestaltet  sich 
folgendermassen: 

Durch  ein  Becherwerk  wird  das  nasse  Gut  auf  einen  Verteiler 
geführt,  von  dem  ein  gleichmässiger  Ablauf  nach  den  4  Seitenwänden 
stattfindet.  Sind  diese  vollständig  angefüllt,  beginnt  die  Arbeit  durch 
Zuführung  des  Luftstromes.  Nach  Verlauf  von  einer  halben  bis  einer 
Stunde  ist  der  erforderliche  Trockengrad  je  nach  dem  Feuchtigkeits- 
gehalt erreicht,  so  dass  die  Abnahme  des  trockenen  Gutes  durch  die  am 
unteren  Ende  jeder  Seitenwand  befindliche  Speisewalze  beginnen  kann. 
Die  Speisung  dieser  Walzen  wird  durch  Schieber  schwächer  oder 
stärker  eingestellt,  je  nachdem  der  höhere  oder  niedrigere  Feuchtig- 
keitsgehalt des  Samens  längere  oder  kürzere  Trocknungszeit  erfordert. 
Eine  weitere  Regelung  der  Trocknungsdauer  ist  durch  ein  Stufen- 
scheibenpaar  vorgesehen,  vermittelst  dessen  die  Speisewalzen  in  3  ver- 
schiedenen Geschwindigkeiten  angetrieben  werden  können. 

Ursprünglich  wurde  mit  Saugluft  gearbeitet  in  der  Art,  dass  die 
warme  Luft  durch  einen  Ventilator  eingezogen  und  die  feuchte  Luft 
mit  dem  Brüden  an  3  verschiedenen  Stellen  in  verschiedener  Höhe  des 


Q2  Kleine  Mitteilungen. 

Apparates  abgesogeii  wurde.  Diese  Troeknungsart  machte  einen  voll- 
kommen luftdichten  Verschluss  des  ganzen  Apparates  erforderUch.  Im 
Verlaufe  der  Arbeit  musste  diese  Art  der  Trocknung  in  zweierlei  Hin- 
sicht als  nachteihg  festgestellt  werden,  einmal,  weil  sie  jede  Be- 
obachtung des  Trocknungsvorganges  im  Innern  des  Apparates  aus- 
schloss,  und  dann,  weil  besonders  leichtere  Samenarten,  wie  Rüben- 
samen, durch  den  starken  Luftstrom  in  der  selbsttätigen,  gleichmässigen 
Vorwärtsbewegung  unterbrochen  und  aufgehalten  wurden.  Die  ein- 
wandfreie Arbeitsweise  eines  Saatgut-Trockenapparates  forderte  die 
Beseitigung  dieses  Übelstandes,  was  auf  meinen  Vorschlag  dadurch 
erfolgreich  geschehen  konnte,  dass  die  äusseren  Schutzwände  ab- 
genommen wurden  und  wir  an  Stelle  des  Saugluft-Verfahrens  das 
Druckluft-Verfahren  anwendeten.  Seit  jener  Zeit  arbeitet  der  Apparat 
vollständig  offen  und  ohne  jeden  Verschluss,  weil  die  durch  gleich- 
mässigen Druck  eingeführte  Luft  nicht  auf  anderem  Wege  aus  dem 
Apparat  entweichen  kann,  als  durch  die  in  den  4  Seitenwänden  stehende 
Samensäule.  Störungen  sind  bisher  nicht  vorgekommen,  ebensowenig 
nachteilige  Einwirkungen  auf  die  Keimfähigkeit  des  vorher  geheizten 
und  stark  angefeuchteten  Saatgutes.  Auch  hohe  Temperaturen,  die 
probeweise  das  Saatgut  auf  eine  Getreide-Temperatur  von  52 — 55  °  er- 
hitzten, haben  in  keiner  Weise  eine  Schädigung  der  Keimfähigkeit  und 
Keimenergie  zur  Folge  gehabt.  —  Der  Probeapparat  sollte  nach  den 
Vereinbarungen  mit  Herrn  Neuhaus  5  dz  Trockengut  bei  einem 
Wasserentzug  von  3  %  (von  19  auf  16  ^)  leisten.  Die  Leistung  hat  sich 
jedoch  bei  dem  jetzigen  Verfahren  auf  die  doppelte  Menge  steigern 
lassen. 

Ich  darf  sagen,  dass  der  Tonplatten-Trockner  nach  meinen  Er- 
fahrungen ein  besonders  zuverlässiger  Apparat  für  die  gefahrlose  Her- 
richtung hochwertigen  Saatgutes  ist. 

Ungarische  Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft. 

Im  Interesse  der  Hebung  der  ungarischen  Pflanzenzüchtung  ist 
eine  Aktiengesellschaft  mit  1  Million  Kronen  Grundkapital  gegründet 
worden.  Vorsitzender:  Graf  Leopold  Berchtold,  w.  Geheimer  Rat. 
Minister  des  Äusseren  a.  D.;  zweiter  Vorsitzender:  Johann  v.  S erb  an, 
kgl.  ung.  Ministerialrat  a.  D.  Mitglieder  des  Direktionsausschusses: 
Heinrich  Elek,  Gutsbesitzer;  Emil  Grabner,  Direktor  der  kgl.  ung. 
Pflanzenzuchtanstalt;  Baron  Paul  Inkey,  Gutsbesitzer;  Paul 
V.  Jeszenszky,  Generaldirektor  der  Genossenschaft  ungarischer 
Landwirte;  Karl  Leder  er.  Gutsbesitzer;  Alfred  Mauthner,  Guts- 
besitzer; Baron  Geza  Pap,  Gutsbesitzer;  Dr.  Andor  v.  Reusz,  Guts- 
besitzer, Ministerial-Sektionsrat ;  Zoltan  v.  Szilassy,  Direktor  des 
ungarischen  Landesagrikulturvereines;  Edmund  Schweiger,  Direktor 


Kleine  Mitteilungen.  (33 

der  Pester  ungarischen  Handelsbank.  Generaldirektor  der  Aktien- 
gesellschaft ist:  Domänendirektor  Elemer  v.  Szekäcs,  dessen  Weizen- 
zuchtsorten allgemein  bekannt  und  in  weiten  Kreisen  der  ungarischen 
Landwirte  anerkannt  sind.  Die  Gesellschaft  stellte  sich  die  Aufgabe 
der  intensiven  Züchtung  der  wichtigsten  Kulturpflanzen  und  der  Ver- 
breitung der  Zuchtsorten  behufs  Steigerung  der  Ernteerträge  der  ein- 
heimischen Landwirtschaft. 

Genossenschaft  zur  Züchtung  des  Prof.  Heinrich-Roggen. 

Genannte  Genossenschaft,  deren  Sitz  Rostock  war,  ist  in  Liqui- 
dation getreten.  Der  ursprüngliche  Prof.  Heinrich-Roggen  wurde  be- 
reits seit  einer  Reihe  von  Jahren  durch  den  Zuchtleiter  der  Genossen- 
schaft, Herrn  W.  Brandt,  Saatgutzüchter  in  Mönchshagen  (Mecklen- 
burg), einer  Umzüchtung  unterzogen.  Nunmehr  ist  die  Zucht  von  dem 
Genannten  käuflich  erworben  worden  und  wird  von  ihm  für  eigene 
Rechnung  weitergeführt. 


Persönliche. 

Durch  eine  Mitteilung  in  einer  der  letzten  Novembernummern 
von  ,, Botanisches  Zentralblatt"  erfuhr  man,  dass  Philippe  Leveque 
de  Vilmorin  bereits  am  30.  Juni  1917  starb.  Es  wurde  nun  weitere 
Nachricht  bei  befreundeter  Seite  eingeholt.  Danach  war  Ph.  de  Vilmorin 
in  London  an  einer  Lungenentzündung  erkrankt  und  dachte  in  Südfrank- 
reich Genesung  zu  erlangen.  Er  erholte  sich  auch  ganz  wesentlich  und 
konnte  noch  nach  Verriere  zurückkehren.  Leider  war  der  letzte  Auf- 
enthalt an  der  Stätte  seines  Wirkens  nur  ein  sehr  kurzer.  Als  Chef 
des  Samenhauses  Vilmorin  Andreux  et  Comp,  und  —  mit  seinem  Onkel 
Maurice  de  Vilmorin,  männlichem  Vertreter  der  Familie  de  Vil- 
morin —  war  er  überall,  wo  man  sich  für  Pflanzen  und  Samen  inter- 
essierte, wohlbekannt.  Der  Ruf  der  Firma  und  der  Familie  ist  durch 
einige  Generationen  von  de  Vilmorins  gegründet  und  so  gefestigt 
worden,  dass  der  Verstorbene  es  nicht  nötig  hatte,  denselben  durch 
eigene  Tätigkeit  zu  erhöhen.  Auch  die  Beziehungen  der  Vilmorins  zur 
botanischen  Wissenschaft  waren  schon  durch  seine  Vorfahren  viele 
Jahre  vor  seiner  Geburt  hergestellt  worden;  Botaniker  aller  Länder 
kannten  den  Namen  de  Vilmorin  und  die  reichen  Schätze,  welche  die 
Gärten  zu  Reuilly,  später,  seit  1815,  zu  Verrieres  für  ihre  Studien  boten. 
Den  Pflanzenzüchtern  war  der  Name  nicht  nur  durch  verschiedene 
eingeführte  Pflanzenformen  wohlbekannt,  sondern  ganz  besonders 
durch  einen  der  Vorfahren,  L.  Leveque  de  Vilmorin,  der  zuerst 
die  heute  allgemein  anerkannte  Notwendigkeit  einer  gesonderten  Be- 
urteilung der  Nachkommenschaften  einzelner  Auslesepflanzen  erkannt 


64 


Kleine  Mitteihmgen. 


und  betont  hat.  Aber  auch  jene  Betätigung,  welche  die  jetzige  Gene- 
ration bei  dem  Hause  Vihnorin  auch  hoch  einschätzt,  die  Förderung 
der  Forschung  dadurch,  dass  das  Haus  seine  Gärten,  seine  Sammlungen, 
seine  Beamten  dem  Forscher  durchweg,  auch  jenem  aus  anderem  Land, 
zur  Verfügung  stellt,  wurde  bereits  von  den  Vorfahren  geübt. 

Ph.  de  Vilmorin  hat  sich  aber  nicht  mit  dem  ererbten  Ruhm 
begnügt,  er  hat  reichlich  das  Seine  dazu  getan,  den  Ruhm  des  Hauses 
zu  mehren;  obwohl  ihm  wenig  Zeit  dazu  gelassen  worden  war,  musste 


Fig.  1. 

er  doch  mit  45  Jahren  schon  von  uns  scheiden.  Mehr  als  je  wurde  unter 
ihm  das  Haus  nicht  nur  eine  berühmte  Samenfirma,  sondern  auch  ein 
wissenschaftliches  Institut.  Er  war  es,  der  1906  eine  Übersicht  der 
botanischen,  gärtnerischen  und  landwirtschaftlichen  Schätze  der 
Gärten  zu  Verrieres  le  buisson  veröffentlichte,  einen  statthchen,  reich 
illustrierten  Band  von  über  300  Seiten,  der  wichtige  Daten  über  die  Ein- 
führung einzelner  Pflanzenformen  durch  das  Haus  brachte  und  von 
Flahault  einbegleitet  ist.  Er  war  es,  der  zu  Verrieres  ein  gärtne- 
risch-landwirtschaftliches Museum  ausgestaltete  und  daselbst  ein 
pflanzen-physiologisches    Laboratorium    gründete.      Eine    Reihe    von 


Kleine  Mitteilungen. 


65 


Bastardierungen  landwirtschaftlicher  Pflanzen  wurden  unter  ihm  aus- 
geführt,  und    die    Ergebnisse    mehrerer    derselben,    so    besonders    der 


Fig.  2. 

Weizen-  und  Erbsenbastardierungen,  sind  auch  ausserhalb  Frankreich 
bekannt    geworden.      Über    die    eigenen    wissenschaftlichen    Arbeiten 


Flg.  3. 

geben  die  Berichte  über  die  Kongresse  für  Vererbungswissenschaft  und 
die  Referate  in  unserer  Zeitschrift  weiteren  Aufschluss.  Der  Be- 
tätigung bei  sachhchen  Gesellschaften  wurde  viel  Zeit  und  Arbeitskraft 
gewidmet.     So  war  Ph.  de  Vilmorin  Vizepräses  der  Societe  nationale 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VI.  5 


QQ  Kleine  Mitteilungen. 

d'horticulture  des  France,  Schatzmeister  der  Societe  internationale  des 
Botanistes,  Mitglied  der  Societe  nationale  d'agriculture  und  im  Jahre 
1913  Schriftführer  —  mn  nicht  zu  sagen  Träger  —  der  4.  internationalen 
Conference  de  genetique,  der  letzten  Veranstaltung,  welche  die  Forscher 
auf  dem  Gebiete  der  Vererbungslehre,  der  Pflanzen-  und  Tierzüchtung 
zusammenbrachte.  Er  war  dazu  berechtigt,  auf  diesem  Kongress  als 
Wahlspruch  seiner  Familie  in  Anspruch  zu  nehmen:  „Faire  toujours 
comme  on  peut  et  pour  le  mieux." 

Die  Ideen,  welche  die  Massen  beherrschen,  wechseln  leicht,  es 
wird  aber  hoffentlich  auch  heute  noch  als  Lob  gelten,  wenn  von  dem 
Verstorbenen  gesagt  wird,  dass  er  ein  Aristokrat  in  des  Wortes  bester 
Bedeutung  war.  Diesen  Eindruck  wird  wohl  jeder,  der  in  Verrieres 
weilte  —  und  das  Gedenkbuch  daselbst  birgt  viele  Namen  besten 
Klanges  —  Jeder,  der  auf  den  verschiedenen  Kongressen  mit  Ph.  de 
Vilmorin  zusammenkam,  jeder  endlich,  der  im  Hause  Vilmorins  zu 
Paris  Aufnahme  fand,  empfangen  haben.  Es  wird  kaum  ein  Land  der 
Welt  geben,  in  dem  nicht  viele  das  Bedauern  über  sein  Hinscheiden 
teilen.  C.  Fr. 

Dr.  Richard  Freiherr  von  Baratta,  der  Besitzer  der  mährisehen 
Saatbauwirtschaft  Budischau  wurde  die  Würde  eines  geheimen  Rates 
verliehen. 

Dr.  M.  J.  S  i  r  k  s  hat  die  Zuchtleitung  bei  der  Samenfirma  Zwaan 
en  de  Wiljes  in  Bunnik  aufgegeben  und  ist  gegenwärtig  an  der 
Pflanzenzuchtanstalt  „Instituut  voor  veredeling  van  landbouwgewassen" 
an  der  landwirtschaftlichen  Hochschule  Wageningen  als  Botaniker 
tätig. 

W.  Hansen  ist  für  Eckendorf  bei  Bielefeld  als  Saatzuchtleiter 
engagiert.  Er  hat  von  1906  ab  in  Bonn  Landwirtschaft  studiert,  war 
ab  1911  an  der  Zuckerfabrik  Klein-Wanzleben,  1913  bei  Fr.  Strube- 
Schlanstedt  Assistent  von  Dr.  Oetken  und  ab  1916  in  Mahndorf  tätig. 
Sein  Dienstverhältnis  zu  Mahndorf  bleibt  ferner  bestehen.  Ständiger 
Wohnsitz  ist  Eckendorf. 

E.  Obermayer,  der  bisher  an  der  Kgl.  ungarischen  Pflanzen- 
zuchtanstalt in  Magyarovär  (Direktor  E.  Grabner)  tätig  war,  ist 
nach  Budapest  an  die  Kgl.  ungarische  chemische  Anstalt  und  chemische 
Zentralversuchsstation  übersetzt  worden  und  wurde  gleichzeitig  mit  der 
Organisierung  der  Paprika-Versuchsanstalt  in  Kalocsa  betraut.  An 
dieser  soll  die  Züchtung  der  Paprikapflanze  in  Angriff  genommen 
werden  und  die  Anstalt  soll  sich  weiter  auch  mit  der  Verbesserung  der 
Kultur  des  Paprikas,  technischen  Fragen  der  Paprikaaufarbeitung  und 
mit  Untersuchung  des  fertigen  Produktes  befassen.  Der  Genannte,  der 
vorwiegend  auf  chemischem  Gebiete  gearbeitet  hat,  ist  während  seiner 


Kleine  Mitteilungen.  67 

Tätigkeit  in  Magyarovär  der  Pflanzenzüc.htung  nahe  getreten  und  hat 
sich  besonders  eingehend  mit  dem  Studium  der  Befruchtungsverhältnisse 
landwirtschaftlicher  Pflanzen  befasst. 

Der  Zuchtleiter  der  Graf  Pejacsevich'schen  Herrschaft  Ruma, 
Rudolf  Fleisch  mann,  verlässt  diese  Stellung  Ende  Juni  dieses 
Jahres  und  übernimmt  am  1.  Juli  das  Amt  eines  Zuchtinspektors  bei 
der  kürzlich  gegründeten  Saatgutzucht-  und  Saatgutverwertungs- 
Aktien-Gesellschaft.  Sein  Amtssitz  wird  Dabrö  sein,  seine  Adresse: 
Debrö,  Post  Kai,  Komitat  Heves.  Fleischmann  hat  sich  bisher  be- 
sonders eingehend  mit  Mais-  und  Weizenzüchtung  beschäftigt  und  auch 
einschlägige  wissenschaftliche  Arbeiten  geliefert. 

Der  ordentliche  Lehrer  für  landwirtschaftlichen  Pflanzenbau  an 
der  steyrischen  Landes-Ackerbauschule  in  Grottenhof  Franz  W  i  t  z  a  n  y 
hat  die  Leitung  der  daselbst  vom  Landes-Ausschuss  geschaffenen 
Pflanzenzuchtanstalt  übernommen.  Er  hat  sich  durch  nahezu  ein- 
jährige Tätigkeit  an  der  Versuchsanstalt  für  Pflanzenzüchtung 
Tetschen-Liebwerd,  unter  der  Leitung  von  Prof.  E.  F  r  e  u  d  1 ,  mit  den 
einsclilägigen  Arbeiten  weiter  vertraut  gemacht. 

S.  M.  der  König  Ludwig  IIL  hat  anlässlich  seines  Geburtstages 
am  7.  Januar  1918  folgende  bayerische  Pflanzenzüchter  ausgezeichnet- 

Mit  dem  Titel  eines  „Kgl.  Ökonomierates"  den  Vorstand  der 
Stif tlandsverkaufsgenossenschaft  Silvan  Tretter  in  Schwarzenbach 
(Züchter  von  Stiftlandshafer  für  die  Genossenschaft);  den  Vorstand 
des  Darlehenskassenvereins  Neudrossenfeld  und  Züchter  von  dessen 
Gerste  Heinrich  K  o  1  b ;  den  Kgl.  Landwirtschaftslehrer  Bernhard 
K  r  a  u  s  s  in  Triesdorf  (Zuchtleiter  der  dortigen  und  früher  der  Schön- 
brunner  Zuchtstelle).  Ferner  mit  dem  „Verdienstkreuz  des  Ordens  vom 
hl.  Michael  mit  der  Krone"  den  Roggenzüchter  ökonomierat  und  Land- 
tagsabgeordneten Wolfgang  Bauernfeind  in  Naabdemenreuth ;  mit 
der  ,, Ludwigsverdienstmedaille  in  Silber,  Abteilung  Industrie,  Ge- 
werbe, Landwirtschaft  und  Handel"  den-  Vorstand  der  Kgl.  Saatzucht- 
anstalt Weihenstephan  Prof.  Dr.  L.  K  i  e  s  s  1  i  n  g. 

L.  K. 


Das  nächste  Heft  erscheint  im  Juni  1918. 


Dnick  von  Fr.  StoUberg,  Merseburg. 


Trieure 

Unkrautsamen- 

'  Ausleser, 

Mischfrucht  -  Scheider, 

Getreide-Sortierer, 

Lagerhaus-Einrichtungen 
Reinigungs-Anlagen 

für  Saatzuchtanstalten. 


Kalker  Trieurfabrik  und  Fabrik  gelochter  Bleche 

IUayer  $  €k.  in  Köln»Ralfc 

Zweigfabriken  in 

Dresden-Neustadt  und  Augsburg-Pfersee. 


Inhalt. 

I.  Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze.  Seite 

Fleisch  mann,    Rudolf:    Die    Auswahl    bei    der    Maiszüchtune:.      (Mit    4   Text- 

abbildung-en) 69 

III.  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

1.  Referate 97 

2.  Bücherbesprechunjj;:eu 107 

V.  Kleine  Mitteilungen. 

Wissenschaftliche : 

Zahlenraässifife  Bestimmung   der  Kornschünheit   bei  Braugerste.     (Mit  2  Text- 

abl)ildungen) 109 

Andere  Sachliche: 

Polnische  Getreide-  und  Kartoffelzuchtgesellschaft 116 

Persönliche 117 


Erscheinungsweise:  Die  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  erscheint 
in  zwanglosen  Heften,  die  zu  Bänden  mit  einem  Gesamtumfang  von  etwa 
20 — 25  Druckbogen  zu  16  Seiten  vereinigt  werden.  Die  Hefte  sind  auch  einzeln 
käuflich,  ihre  Preise  sind  entsprechend  ihrem  schwankenden  Umfang  verschieden 
und  sind  im  Abonnement  niedriger  als  bei  Einzelbezug.  Der  Gesamtpreis  eines 
Bandes  beträgt,  je  nach  seinem  Umfange,  im  Abonnement  etwa  20 — 24  M. 
Das  Abonnement  verpflichtet  für  einen  Band.  Einbanddecken  werden  bei  Er- 
scheinen der  Schlusshefte  eines  Bandes  billigst  zur  Verfügung  gestellt. 

Abonnements  nimmt  jede  Sortimentsbuchhandlung  entgegen  sowie  die 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parej»^,  Berlin  SW.  11,  Hedemannstrasse  10  u.  11. 
An  letztere  sind  auch  alle  Zuschriften  in  Anzeigenangelegenheiten  zu 
richten.  Preise  der  Anzeigen:  ganze  Seite  M.  50,  halbe  Seite  M.  30,  viertel 
Seite  M.  16.  Für  alle  das  grosse  Gebiet  der  Pflanzenzüchtung  angehende 
Anzeigen  dürfte  die  „Zeitschrift"  das  geeignetste  Organ  sein. 

Honorar  für  den  Bogen  Text:  48  M.,  Tabellen  24  M.  Von  jedem  Original- 
beitrag können  25  Sonderabdrücke  geliefert  werden,  wenn  dies  bei  Einsendung 
des  Manuskriptes  verlangt  wird. 

Redaktionelle  Zuschriften:  Prof.  Dr.  C.  Fruwirth,  Waldhof  b.  Amstetten 

(N.-Österr.). 
Sonstige   Zuschriften   (Bezug  u.  Anzeigen):   Paul  Parey,  Berlin  SW.  11, 

Hedemannstrasse  10  u.  11. 


Band  VI,  Heft  2.  Juni  1918. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung. 


1. 

Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze. 


Die  Auslese  bei  der  Maiszüchtung. 

Von 
Rudolf  Fleischmann, 

Zuchtinspektor  der  SaatgutzücMungs-  und  -VerwertuDgs-A.-G.  Zuchtstation  Kompolt, 

Post  Käl  (Ungarn). 

(Mit  4  Textabbildungen,) 


In  den  vorliegenden  Ausführungen  sollen  einige  der  für  den 
praktischen  Züchter  wichtigeren  Fragen,  welche  mit  der  Auswahl 
in  der  Maiszüchtung  zusammenhängen,  behandelt  werden.  Hierbei 
möchte  ich  betonen,  dass  sich  die  hier  angeführten  Feststellungen  auf 
das  Zuchtmaterial  von  gelbem  Pferdezahnmais  stützen,  welches  ich 
auf  meinem  früheren  Tätigkeitsorte,  in  der  Zuchtwirtschaft  der  Domäne 
Ruma,  von  1909  bis  1918  zu  bearbeiten  Gelegenheit  hatte.  Der 
Pferdezahnmais  wird  in  den  hierfür  wirklich  geeigneten  Gebieten 
Ungarns  und  Slavoniens  in  hervorragendem  Maße  gebaut,  weil  er  die 
ganz  frühen,  sowie  die  feinkörnigen  Hartmaisvarietäten  dort  im  Ertrag 
übertrifft. 

Als  Hauptzuchtziel  der  Rumaer  Maiszüchtung  ist  anzugeben: 
Steigerung  des  Kornertrages  auf  der  Fläche,  neben 
Erhaltung  guter  Qualität.  ■ —  Eine  SpezialZüchtung,  etwa  auf 
Stärke  oder  Fettgehalt  ist  in  Ungarn  meines  Wissens  noch  nicht  ver- 
sucht worden.  Es  wäre  aber  jedenfalls  zu  überlegen,  ob  ein  solches 
Erzeugnis,  wenn  es  dem  Markt  zur  Kenntnis  gebracht  würde,  nicht  den 
gebührenden  Anwert  von  selten  der  betreffenden  Verbraucher  fände. 
Erst  durch  eine  solche  SpezialZüchtung  Hessen  sich  letzte  Möglich- 
keiten aus  der  Maispflanze  herausholen  und  zugleich  würde  dies  eine 
Befruchtung  der  darauf  angewiesenen  Industrie  bedeuten.  Allerdings 
ergäbe  dies  dann  für  den  praktischen  Züchter  eine  gewisse  Ver- 
schiebung und  ein  Neuhinzutreten  der  Auslesegesichtspunkte. 

Hier  ist  nur  der  obenerwähnte  Punkt:  Steigerung  des  Korn- 
ertrages in  Betracht  gezogen.    Dabei  spielen  natürlich  alle  damit  mehr 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VI.  6 


7Q  Fleischmann: 

oder  weniger  im  Zusammenliang  stellenden  Begleitraomente  ihre  ent- 
ßprechende  Rolle. 

hn  Verlaufe  der  Züchtung,  sei  es  nun  zu  Beginn  bei  der  Ge- 
winnung von  Zuchtpflanzen  aus  den  ungezüchteten  Feldbeständen  oder 
im  weiteren  Verlaufe  der  Arbeit,  bei  der  Auswahl  von  Individuen  und 
Nachkommenschaften  zur  Fortsetzung  und  weiteren  Verzweigung  des 
Stammbaumes,  gilt  es,  gewisse  Auslese-Eigenschaften  festzustellen, 
in  ihren  Zusammenhängen  kritisch  zu  bewerten  und,  im  weiteren  Ver- 
folgen des  Verhaltens  der  Nachkommenschaften,  deren  Vererblichkeit 
zu  beobachten. 

Die  Ausleseeigenschaften  bei  Mais  können,  wie  bei  jeder 
andern  Pflanze  auch,  in  eine  gewisse  Gruppenordnung  gebracht  werden. 
Zu  den  wichtigeren  Ausleseeigenschaften  gehören  in  erster  Reihe  jene, 
welche  sich  mit  der  vorgesteckten  Zuchtrichtung  ganz  oder  nahezu 
decken,  also  in  diesem  Fall  Kornleistung  nach  einer  be- 
stimmten Einheit  (Fläche,  Pflanze).  Zunächst  interessieren 
dann  eine  Gruppe  von  Eigenschaften,  welche  an  der  Frucht  zu  be- 
obachten sind :  Kolbenlänge,  -Gewicht,  -Form,  Zeilen- 
zahl, Spindelgewicht  und  sein  Verhältnis  zum  Kolben - 
gewicht,  Spindelfarbe,  Korngewicht  (absolutes  Gewicht). 
Zur  Gruppe  von  Eigenschaften,  welche  bei  Beobachtung  der  Wüchsig- 
keit  auffallen,  gehören:  Entwicklungsgeschwindigkeit  (be- 
sonders in  der  .Jugend).  Pflanzenhöhe,  grössere  oder  ge- 
ringere Üppigkeit  der  Blätter,  Anzahl  der  Seiten- 
triebe (Geizen).  In  mehr  oder  minder  inniger  Beziehung  zur  R  eif  e- 
z  e  i  t  stehen  Zeitpunkt  der  Blüte,  Höhe  des  Kolben- 
ansatzes. Zur  Gruppe  Widerstandsfähigkeit  gegen  Krankheiten  ge- 
hört in  unserm  Falle:  Grad  der  Anfälligkeit  gegen  Mais- 
brand. Eine  weitere  Eigenschaft  von  Bedeutung  ist  die  Unfrucht- 
barkeit, besser  ausgedrückt  die  Häufigkeit  des  Vorkommens 
kolbenloser  Stengel.  Ob  die  Stellung  des  Kolbens  aufrecht  oder 
nickend  ist.  ist  meiner  Erfahrung  nach  züchterisch  wenig  bedeutsam, 
allerdings  ist  der  nickende  Kolben  vom  Standpunkt  des  praktischen 
Maisbauers  insofern  günstiger,  als  bei  späterer  *Ernte  die  Körner  unter 
dem  Einfluss  des  Regens  weniger  leiden. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  bei  der  Feststellung  der  meisten 
erwäliiiten  Eigenschaften  eine  grosse  Bedeutung  in  dem  Erfassen  des 
richtigen  Zeitpunktes,  zu  welchem  die  betreffende  Feststellung  erfolgen 
soll,  liegt.  Dafür  sind  weder  Schablonen,  noch  Regeln  aufstellbar;  der 
richtige  Zeitpunkt  zu  jeder  Beobachtung  wird  von  einem  in  die  Lebens- 
vorgänge der  Pflanze  eingeweihten  Beobachter  mit  richtigem  Gefühl 
erfasst  werden.  Dies  gilt  hauptsächlich  bei  Feststellungen  während 
der  Vegetationszeit. ' 


Die  Auslese  bei   der  Maiszüchtung.  71 

Beginnend  bei  der  Feststellung  von  Eigenschaften  an  Zucht- 
pflanzen möchte  ich  betonen,  dass  hier  die  allzusehr  ins  Detail 
gehende  Arbeit,  wozu  man  sich  besonders  bei  Beginn  der  Züchtung 
leicht  verleiten  lässt,  eine  Kraft-  und  Zeitverschwendung  darstellt. 
Das  Hauptgewicht  ist  vielmehr  vor  allem  auf  das  Ausfindigmachen 
eines  geeigneten  aussichtsreichen  Ausgangsmaterials 
zu  legen  und  dann  wieder  auf  die  wirklich  sachgemässe  Aus- 
lese der  Eiterpflanzen  auf  dem  Felde.  Dort  bringt  der  richtige 
Blick  und  rasch  kritisierende  Beobachtung  mehr  Nutzen  als  zahlen- 
wimmelnde Zuchtregister  auf  Grund  eines  vielleicht  minder  richtig  aus- 
gewählten Materials  es  vermögen.  Die  auszuwählenden  Pflanzen  sollen 
nicht  nur  in  einem  möglichst  komplett  bestandenen  Felde 
stehen,  sondern  es  sollen  auch  in  ihrer  unmittelbaren  Umgebung  keine 
Fehlstellen  vorkommen.  Bei  der  Grösse  der  Maisfrucht  ist  es  ver- 
ständlich, dass  die  Wirkung  von  einem  Plus  an  Boden  und  Licht,  ab- 
solut genommen,  ganz  bedeutend  sein  muss,  was  auch  die  Erfahrung 
bestätigt. 

Hier  also  muss  schon  nach  Mögliclikeit  vermieden  werden,  Er- 
gebnisse der  Modifikabilität  für  solche  genotypischer 
Veranlagung  zu  halten.  Bei  der  Natur  des  Maises  als  Fremd- 
befruchter  haben  wir  uns  die  aus  Populationen  ausgelesenen  Pflanzen 
als  Ergebnisse  von  Linienmischungen  vorzustellen.  Ein 
Grund  mehr,  in  der  Wertschätzung  des  Kornertrages  solcherart  ge- 
wonnener Pflanzen  sehr  vorsichtig  zu  sein.  In  den  folgenden  Ab- 
sclmitten  sollen  nun  die  einzelnen  Auslesegesichtspunkte  des  näheren 
besprochen  werden. 

I.  Die  Kornleistung. 

In  Tabelle  I  sind  50  Elterpflanzen,  aus  einer  Maispopulation  aus- 
gelesen, nach  ihren  Kornerträgen  geordnet ;  daneben  finden  wir  die  jeder 

Elterpflanze  entsprechenden  ersten  Nachkommenschaften: 

(Siehe  Tabelle  I  S.  72 ) 

Es  liessen  sich  noch  zahlreiche  solche  Tabellen  zusammenstellen, 
das  Bild  ist  aber  immer  ein  ähnliches :  Keine  scharf  ausge- 
prägte (für  den  Praktiker  in  Betracht  kommende)  Wirkung  der 
Auslese  aus  Populationen  in  Richtung  Kornertrag. 
Wir  fassen  wohl  vielleicht  einige  gute  Variationen  unter  den  ge- 
wichtigsten Kolben,  aber  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  verschleiert  die 
Modifikabilität  die  Variabilität,  wie  denn  überhaupt  die  Wirkung  beider 
bei  einem  Fremdbefruchter  nicht  zu  trennen  ist. 

Es  lag  nun  nahe,  zu  prüfen,  wie  sich  diese  Verhältnisse  innerhalb 
eines  Zweiges  der  I.  A.^),  einer  bereits  vorgeschrittenen  Stammbaum- 
züchtung gestalten,  ob  also  in  dem  weiteren  Verlauf  einer  Ver- 


Hier  und  folgend  bedeutet  I.  A.  =  Individualauslese. 


6 


* 


72 


Fleischmann: 


Tabelle  I. 


Kornertrag 

Gruppenmittel 

der  Elter- 

der  N.  ^)  im 

des  Körner- 

des Kom- 

pflanze 

Mittel  g 

ertrages  der 

ertrages  der 

er 

pro  Pflanze 

Eiterpflanzen 

N. 

316 

146,7 

^ 

320 

112,0 

325 

94,4 

320,3 

117,7 

301 

149,5 

300 

140.0 

308 

131.9 

305 

127,1 

305 

126,4 

« 

300 

128,5 

300 

116,7 

301 

116,2 

305 

114,6 

305 

109.5 

302 

104,7 

\ 

302 

103,3 

305 

101,4 

Das   Mittel    der   Eltern 

305 

86,0 

303,1 

118,2 

der  Gruppen  300—325 

295 

295 

121,5 
113.7 

verhält    sich   zu   dem 

der  Eltern  der  Gruppen 

298 
293 
290 

106,2 

103,0 

96,6 

250—269  =  100  :  85. 
Die    Mittel    der    damit 

korrespondierenden  F^- 

294 

96^1 

Gruppen  =  100  :  97,4. 

297 

88,1 

294,6 

103,6 

281 

124,2 

283 

120,0 

285 

119,9 

285 

110,8 

285 

102.0 

283 

97,8 

283,7 

112,3 

272 

134,7 

275 

122,8 

277 

115.3 

275 

109,6 

270 

102,6 

270 

90,6 

273,2 

112,6 

267 

135,6 

266 

131,6 

265 

120,9 

266 

115,5 

268 

112,5 

269 

102,4 

265 

94,9 

266.6 

116,1 

257 

140,9 

256 

124,0 

257 

113,2 

250. 

111,5 

257 

109,6 

253 

104,6 

250 

93,9 

254,3 

114,0 

Sa.: 

14  254               öi;;)ö,ö 

D.: 

285,1 

i         113,9 

')  N.  bedeutet  hier  und  im  folgenden  „Nachkommenschaften". 


Die  Auslese  bei  der  Maiszüchtung.  73 

edliingszüchtung  durch  Auslese  kornreichster  Pflan- 
zen Inder  gewünschten  Richtung  ein  greifbarer  Er- 
folg erzielt  werden  könne. 

Zu  diesem  Behufe  wurden  aus  einem  solchen  Zweig  der  I.  A. 
(Stamm  148,  Linienzweig  217  der  Ernte  1916)  je  15  der  kornreichsten 
und  15  der  kornärmsten  Pflanzen  ausgelesen.  Ihr  Anbau  erfolgte  nach- 
kommenschaftsweise in  Gruppen  nach  je  5 — 5  der  besten  und  schlechte- 
sten Eltern,  alternierend.  Das  Versuchsresultat  ist  in  Tab.  II  dar- 
gestellt. 

Entsprechend  der  grösseren  Spannung  im  Ertragswerte  der  extrem 

ausgelesenen  Eltern  ist  auch  die  Wirkung  bei  den  N.  hier  deutUcher  zu 

spüren,  als  wie  in  Tab.  I:  dort  betrug  der  mittlere  Ertragswert  der 

17  besten  Eltern  (+  P)  im  Verhältnis  zu  den  14  schlechtesten  ( —  P) 

=  100  :  85,  der  korrespondierenden 

+  N.  :  —  N.  =  100  :  97,4. 
hier  aber  innerhalb  des  Zweiges  der  I.  A.: 

+  P    :  —  P    =  100  :  55,4,  ebenso  der  korrespondierenden 

+  N.  : —N.  =  100  :  93,7. 
Diese  schärfere  Auslese  (nach  beiden  Richtungen)  im  2.  Fall  hat 
scheinbar  eine  stärkere  Wirkung  gehabt.  Es  ist  aber  dabei  auch  die 
persönliche  Wirkung  des  Saatgutes  der  schweren  und 
leichtenKolben  in  Rechnung  zu  stellen,  so  dass  der  rein  geno- 
typische Unterschied  zwischen  den  +  N.  und  — N.  eigenthch 

noch  geringer  wird. 

(Siehe  Tabelle  II  S.  74.) 

Wenn  die  beiden  Tabellen  auf  die  Wirkung  der  Auslese  ertrag- 
reicher Pflanzen  hin  durchgeprüft  werden,  so  muss  anerkannt  werden, 
dass  diese  Wirkung  nicht  befriedigend  ist,  den  praktischen  Forderungen, 
welche  der  Züchter  an  den  Wert  seiner  Erzeugnisse  stellen  muss,  jeden- 
falls nicht  entspricht.  Mit  anderen  Worten :  Die  einfache  Aus- 
wahl ertragreicher  Pflanzen,  sowohl  aus  Feldbeständen,  wie 
aus  Linien  der  Züchtung,  bietet  für  sich  allein  noch  keine 
Gewähr  für  einen  bedeutenden  Fortschritt  in  der 
Richtung  des  Kornertrages  der  Nachkommenschaften. 

Die  Kritik  über  das  Auslesemerkmal  „Kornertrag"  muss  daher 
von  einer  breiteren  Basis  aus  gewonnen  werden.  Eine  solche 
breitere  und  nach  meinen  Erfahrungen  bewährte  Basis  bietet  die  fort- 
gesetzte Naclikommenschaftsbeurteilung  mit  systematischer  Auswahl 
der  je  besten  Nachkommenschaften  jedes  Jahres  innerhalb  jedes  Zucht- 
stammes. 

Es  dürfte  hier  eine  kurze  Einschaltung  am.  Platze  sein,  um  zu 
zeigen,  in  welcher  Weise  Leistungsprüfung  und  Auslese  der  Nach- 
kommenschaften auf  quantitative  Eigenschaften  durchgeführt  wird. 


74 


Fleißchmanu: 


Tal.ell 

e  II. 

Kornertrag  der 

Mittlerer  Kornertrag  der 

Nr. 

Eltern 

I.  Nachkommenschaften 

I       11 

1         II 

1 

260 

155 

2 

240 

157 

3 

250 

143 

4 

260 

139 

7 

220 

170 

13 

150 

156 

17 

160 

150 

19 

140 

147 

20 

130 

150 

21 

110 

146 

22 

240 

141 

23 

250 

147 

24 

230 

166 

25 

230 

142 

27 

220 

155 

36 

150 

• 

124 

39 

130 

140 

45 

140 

161 



46 

100 

121 

47 

130 

150 

49 

250 

148 

50 

230 

133 

51 

240 

166 

54 

210 

135 

60 

210 

162 

Gruppe  I  =  Kornreichste  P 

65 

130 

129 

„  II  =  Kbrnärmste  P 

68 

130 

134 

71 

130 

129 

76 

130 

142 

77 

100 

137 

Mittel : 

236 

130,7 

150,6 

141,1 

1.  Organisation  der  Prüfungsversuche  der  N.  im  Rahmen  der  Züchtung. 

a)  Bei  Beginn  der  Züchtung:  Nach  dem  Verfahren  von 
Williams,  Teilung  der  Kornmasse  ausgelesener  Pflanzen  (Kolben) 
in  2  Hälften.  Die  eine  Hälfte  im  ersten  Jahr  zum  Anbau  im  Vor- 
prüfungsversuch. Im  nächsten  Jahr  die  andere  Körnerhälfte  von  den 
im  Vorprüfungsversuch  bestbewährten  Nachkommenschaften  im  eigent- 
lichen Zuchtgarten  angebaut. 

b)  Dann  bei  weiterer  Entwicklung  der  Stamm - 
baumzüchtung:  Ebensolche  Teilung  in  2  Körnerhälften,  die 
2.  Hälften,  Reste  genannt,  kommen  aber  gleichsam  als  Kontrollorgane 
neben  die  zugehörigen  Gruppen  von  Kindern  der  anderen  Körnerhälften, 


Die  Auelese  bei  der  Maiezüchtung. 


75 


hausbacken  gesprochen,  der  Grossvater  hat  sich  unmittelbar  neben 
seinen  Kindes-Kindern  einer  Leistungskonkurrenz  zu  unterziehen. 
Schematisch  dargestellt  erscheint  der  Vorgang  so: 


I.Ja/rr 


Z.Jafyr 


S.Jafyr 


f/fer/ro/öe/7 
/./förner/rä/fye 


2./för/7er/Tä^/ef/fesO 


ufw. 


/?esf 


Abb.  4.     Pflanzenauswahl,  Linientrennxiug ;    zur  Kontrolle   daneben  je  1  Nachkommenschaft  aus 

dem  Kornreste  von  vor  2  Jahren. 

Prinzip  bei  Anlage  der  Versuche  ist,  die  einzelnen  N.  im  Zucht- 
garten nach  ihrer  Abstammung  (stammweise)  zu  gruppieren.  In  einem 
und  demselben  Zuchtgarten  dürfen  nicht  stark  voneinander  abweichende 
Zuchtrichtungen  gehalten  werden,  sondern  es  muss  in  diesem  Fall  für 
einen  separaten  Zuchtgarten  Sorge  getragen  werden,  in  dessen  Um- 
gebung auch  im  grossen  bloss  Mais  gleicher  Zuchtrichtung  gebaut 
werden  darf. 

2.  Durchftihninß:  der  Leistungsprüfungsversiiche. 

Die  Anzahl  Pflanzen,  welche  von  je  einer  Körnerhälfte  erzielt 
werden  kann,  schwankt  je  nach  der  Kornzahl  des  betreffenden  Kolbens. 
Im  Verlaufe  der  Züchtung  hat  es  sich  als  praktisch  erwiesen,  ca.  ie 
100  Pflanzen  pro  1  Nachkommenschaft  heranzuziehen.  Pro  Pflanz- 
stelle rechne  ich  2 — 3  Korn,  die  Reihenentfernung  beträgt  70  cm,  die 
Pflanzenentfernung  40  cm.  Der  Anbau  erfolgt  nachkommenschafts- 
weise in  Reihen.  Es  wird  jedoch  nicht  jede  Nachkommenschaft  in 
einer  Reihe,  sondern  nach  dem  hier  skizzierten  Schema  (siehe  Abb.  5) 
in  drei  Reihen  zu  je  34  Pflanzstellen  (pro  Pflanzstelle  bleibt:  nach  dem 
Verziehen  je  1  Pflanze)  angebaut. 

Von  Kolben  Nr.  1  sind  also  in  den  3  Serien  a — c  drei  Reihen  vor- 
handen, welche  systematisch  in  dem  Ganzen  (Zuchtbeet)  verteilt  sind. 
Ich  pflege  in  ein  solches  Zuchtbeet  je  30  N.  zusammenzugeben. 
Prinzipiell  sind  alle  Massnahmen  zu  ergreifen,  um  einen  kompletten 
Pflanzenstand  in  den  Zuchtbeeten  zu  erzielen.  Alle  wichtigeren  Be- 
obachtungen erfolgen  in  jeder  N.  nach  den  3  Kontrollreihen  je  für  sich. 
Selbstverständlich  werden  diese  Teilreihen  auch  getrennt  geerntet  und 
aufbewahrt.     Die  Aufbewahrung  erfolgt  auf  Lattengerüsten,  welche  in 

^)  F^  bedeutet  erste  Nachkommenschaften. 


7g  Fleischmann: 

entsprechende  Fächer  eingeteilt  sind.  Gegen  Mäusefrass  schützt  man 
sich,  durch  Umkleiden  der  Füsse  des  Gestells  auf  mindestens  60  cm 
Höhe  mit  Weissblech. 


6b  7b  8b  9b  10b  Ic  2c  3c  4c    5c    6c    7c   8c    9c  10c 
Mittelweg  — v 

la  2a  3a    4a    5a  6a    7a  8a  9a  10a  Ib  2b    3b   4b   ob 


Abb.  5.    Anlage  eines  Maiszuchtbeetes. 

3.  Die  kritische  Prüfung  der  Leistungen 

auf  Grund  der  Beobachtung  und  Aufarbeitung  der  Versuche  liefert 
nun  das  Material  für  die  Entscheidung  bei  der  Auslese.  Es 
erfolgt  nun: 

a)  ein  Vergleich  der  Nachkommen  der  Kornreste  mit  den  der  engeren 
Abstammung  nach  zugehörigen  Nachkommenschaften  bzw.  dem 
Mittel   der   zugehörigen   Nachkommenschaftsgruppe. 

b)  Vergleich  der  Mittel  der  Nachkommensohaftsgruppen  (nach  ihrer 
Abstammung  von  einzelnen  Zweigen  der  I.  A.)  untereinander,  inner- 
halb je  eines  Stammes. 

c)  Aufsuchen  der  besten  Nachkommenschaftsgruppen,  innerhalb  dieser 
wieder  der  besten  Nachkommenschaften,  deren  weitere  Züchtung 
und  Vermehrung. 

Wenn  so  die  Gruppen  von  Nachkommenschaften  nach  Zweigen 
der  I.  A.  für  jeden  Stamm  durchgearbeitet  sind,  kommt  die  Reihe  zum 
Vergleich  an  die  ganzen  Stämme  als  solche  untereinander.  Selbst- 
verständlich kommt  dazu  als  Stützpunkt  bei  der  weiteren  Beurteilung 
noch  das  Verhalten  der  zweiten  Vermehrungen,  weiterhin 
die  Erfolge  bei  den  einzelnen  Stämmen  im  grossen  Wirtschafts- 
betriebe. 

Auf  der  Grundlage  einer  solchen  konsequent  fortgesetzten  Durch- 
arbeitung gewinnen  wir  im  Laufe  der  Jahre  ein  ziemlich  wahrheits- 
getreues Bild  über  den  Wert  der  einzelnen  Zuchtstämme.  Das  stets 
gleichzeitige  Einwirken  der  individuellen  Variabilität  und  der  Modi- 
fikabilität  auf  die  Pflanze  ergibt  ein  starkes  Durcheinanderfluten  der 
Verhältnisse.  Konsequenz  und  streng  sachliche  Exaktheit  in  der  Durch-* 
führung  der  Züchtungsarbeiten  können  die  Sache  ziemlich  klären.    Ganz 


Die  Auslese  bei   der   Maiszüchtung.  77 

rein  herausschälen  in  ihren  Wirkungen  können  wir  hier  die  Variabihtät 
allerdings  nicht.  Die  Erfahrungen  der  Praxis  berechtigen  aber  zu  der 
Feststellung,  dass  die  eben  skizzierte  Methode  der  Auslese  von  Erfolg 
begleitet  ist.  Sie  hat  jedenfalls  mehr  Berechtigung  als  jene  Selektions- 
indices,  welche  auf  Grund  künstlich  zusammengestellter  Formen  für 
einzelne  Kolben  mühsam  errechnet  werden. 

In  dem  folgenden  Auszug  aus  dem  Stammbaum  Nr.  122  soll  ein 
Beispiel  für  die  Art  und  Wirkung  der  nach  erwähnter  Methode  vor- 
genommenen Auslese  gegeben  werden. 

(Siehe  den  Stammbaum  S,  78.) 

Der  Übersichtlichkeit  halber  sind  hier  die  Nummern  der  einzelnen 
Zweige  der  I.  A.  ausgelassen  und  an  ihre  Stelle  gleich  die  Kornertrags- 
mittel gesetzt.  Die  Wirkung  der  Auslese  nach  besten  Nachkommen- 
schaften lässt  sich  fast  überall  deutlich  verfolgen.  Dies  tritt  auch  in 
den  Gruppen-Mitteln  (kursiv)  hervor.,  Auch  die  Erträge  nach  den 
Korn-Resten  (R)  gehen  ziemlich  gut  parallel  mit  den  Erträgen  der  zu- 
gehörigen Nachkommen  des  Vorjahres  aus  der  andern  Körnerhälfte. 

Um  zu  zeigen,  wie  die  solcherart  festgestellten  Grade  der  Ertrags- 
fähigkeit der  1.  Nachkommenschaften  auch  bei  den  von  diesen  ab- 
stammenden nächsten  Generationen,  welche  bereits  dem  üblichen  feld- 
mässigen  Anbau  unterliegen,  zum  Ausdruck  kommen,  sind  im  folgenden 
bei  einigen  Stammzuchten  je  die  Erträge  der  extremen,  ausgewählten 
Zweige  der  I.  A.,  von  welchen  weitere  Absaat  gewonnen  wurde,  und 
darunter  die  Erträge  von  den  zweiten  N.  zusammengestellt: 

Kornerträge  bei  ersten  und  zweiten  N. 

Bei  Stamm  122: 

Nr.:  171      175  Ertrag-srerhältnis  der  2  Varianten: 

Kornertrag  g  pro  Pflz.  bei  1.  N.  1916:  170     154  100  :  90 

„    „    m«      „   2.  N.  1917:525     438  100:83,4 

Bei  Stamm  127: 

Nr.:  177  179 

Komertrag  g  pro  Pflz.  bei  l.N.  1916:  183  151  100:82,5 

„    „    m^       „    2.  N.  1917:603  457  100:75,8 

Bei  Stamm  220: 

Nr.:  224  219 

Kornertrag  g  pro  Pflz.  bei  1.  N.  1916:  177  162                                 100  :  91,5 

„    „    m^       „    2.  N.  1917:482  440                                 100:91,3 

Der  Unterschied  in  der  Auslesewirkung  hier  bei  Nachkommen- 
beurteilung gegen  die  oben  angeführten  Zahlen  bei  Auslese  auf  Grund 
kornreichster  Kolben  ist  deutlich.  Es  ist  klar,  dass  durch  solcher- 
gestalt fortgesetzte  Nachkommenprüfung  und  -Auslese  ein  Zucht- 
ßtamm  auf  der  Höhe  seiner  Ertragsfähigkeit  gehalten  bzw.  verbessert 
werden  kann. 


78 


Fleischmann: 


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3 


Die  Auslese  bei  der  Maiszüchtung.  79 

Das  Ergebnis,  zu  dem  der  Züchter  so  durch  Kritik  der  Ertrags- 
fähigkeit im  Rahmen  genealogischer  Betrachtung  gelangt,  bildet  wohl 
einen  wichtigen,  aber  nicht  den  einzigen  Beweggrund  zur  Entschliessung 
bei  der  Auslese.  Es  sind  noch  die  anderen  Auslesem.omente,  ihrem 
Wert  entsprechend,  einzuordnen  und  zu  berücksichtigen;  erst  dann  liegt 
eine  verlässhche  Grundlage  vor,  welche  zur  Aufstellung  eines  richtigen 
Gesamtbildes  berechtigt. 

Von  den  besten  Nachkommen  der  Stammbaumzuchten  werden 
jedes  Jahr  zweite  Vermehrungen  erzeugt,  diese  gelangen  dann  in  den 
Grossanbau  der  Wirtschaften,  wo  sie  noch  ein  drittes-  und  viertesmal 
vermehrt  werden,  dann  aber  abgelöst  werden  durch  neuen  Nachschub 
aus  der  Zuchtstätte.  Versuche  haben  die  Berechtigung  dieser  Mass- 
nahme erwiesen.     Als  Beispiel  seien  nachstehende  Ergebnisse  angeführt. 

Dabei  wurden  1916  neben  Linienzweigen  eines  Stamm- 
baumes auch  neue  Nachkommenschaften,  abstammend  von 
Individualauslesen  aus  einer  im  3.  Jahre  stehenden  Ver- 
mehrung desselben  Stammes  geprüft.  Das  Ergebnis  spricht 
entschieden  zugunsten  der  Auslese  auf  Grund  der  Stammbaum- 
züchtung. 

Es  entfielen  auf  Ertragsklassen  von 
90—100  101—110  111—120  121—130  131—140  141—150 
151—160  161—170  171—180  181—190 

Gramm  pro  Pflanze  Anzahl  N.:  Gesamt-Mittel 

A.  14  Linien  aus  der  Stammbaumzüchtung  g  pro  Pflz. 

13    3     3    3     1  159,4 

B.  22    Linien,     neue    Auslese 
aus  der  dritten" Vermehrung 

(desselben  Stammes)  122234332-  138,9 

Dazu  ist  noch  zu  bemerken,  dass  die  Elterkolben  der  14  Nach- 
kommenschaften der  Gruppe  A  im  Mittel  244  g,  jene  der  22  Nach- 
kommenschaften der  Gruppe  B  im  Mittel  254  g  hatten. 

Sehr  wichtig  bei  der  Auslese  nach  Ertrag  ist  auch  die  Rück- 
sicht auf  den  jeweiligen  Jahrgang.  Dies  wird  auch  durch 
die  Erscheinung  der  wechselnden  Regression  in  den  einzelnen 
Jahren  beleuchtet.  In  einem  und  demselben  Zuchtgarten  (IL)  gebaute 
Nachkommenschaften  wiesen  im  Durchschnitt  gegen  ihre  Eltern  für 
Ertrag  eine  Regression  auf,  wie  folgt: 

(Siehe  tabellarische  Zusammenstellung  S.  80.) 

In  der  Berichtsperiode  war  auch  tatsächlich  1912  das  beste,  1915 
das  schlechteste  Maisjahr.  In  beiden  Fällen  wirkten  also  extreme  A^er- 
hältnisse  modifizierend,  erschwerten  die  Arbeit  der  Auslese ;  solche  Um- 
welt-Verhältnisse drücken  das  Ertragsmass  der  Pflanze  einmal  hinauf, 
gleichsam  Mastformen  erzeugend,  ein  andermal  herab,  gegen  das  Modi- 
fikationsextrem der  Hungerform  zu.     Beides  wirkt  ausleseerschwerend 


80 


Fleischmann: 


und  -beirrend.     Solche  Erscheinungen  im  Leben  der  Pflanze  müssen  in 
richtiger  Abschätzung  in  Rechnung  gezogen  werden. 

Mittlere  Regression  in  Prozent  von  N.  gegen  ihre  Eltern  bei  Kornertrag 

pro  Pflanze. 

Mittel  der  Repression 


Im  Jahre 

Anzahl  der  N 

1910 

48 

1911 

36 

1912 

50 

1913 

46 

1914 

96 

1915 

84 

1916 

103 

in 


0 
10 


+    3 


+  21,7 


-48,3 

-36.3 
-41,8 
-51,5 
-38,0 


II.  Sonstige  Ausleseeigenschaften  an  der  Maisfrucht  selbst. 

Die  Kolbenlänge.  Um  zu  prüfen,  ob  Auslese  längster 
Kolben  aus  Populationen  eine  Wirkung  hat,  wurde  von  50  N. 
und  deren  Eltern  die  Kolbenlänge  und  der  Ertrag  pro  Kolben  bzw.  (bei 
den  N.)  pro  Pflanze  untersucht. 

Auslese  nach  Kolbenlänge  aus  einer  Population. 


Anzahl 
der  In- 

Eltern  im  Mittel 

Mittel  der  N. 

dividual- 
Auslesen 

Kolbenlänge 
cm 

Ertrag  g 
pro  Kolben 

Kolbenlänge 
cm 

Ertrag  g 
pro  Pflanze 

14 
11 
15 
10 

21,3 
22,5 
23,2 
24,9 

276,5 
297,3 
283.7 
293,0 

17.3 
17,8 
18,0 
17,7 

115,7 
112,1 
115,3 
111,4 

Hier  könnte  man  vielleicht  scheinbar  von  einer  geringen  Ver- 
erbungsfähigkeit der  Kolbenlänge  an  sich  sprechen,  dies  ist  jedoch  eine 
zufällige  Folge  der  Gruppierung  in  Kolbenlängenklassen  der  Eltern. 
In  der  Originaltabelle  ist  ersichtlich,  dass  keine  regelmässige  Ver- 
erbung der  Kolbenlänge  stattfindet. 

Als  Auslesemoment  im  Hinblick  auf  Kornertrag  in  den  N.  ist 
Kolbenlänge  gleichfalls  nicht  benutzbar. 

In  Tabelle  3  ist  das  Verhalten  von  17  Nachkommenschaften 
(Geschwisterlinien  aus  St.  148,  Jahr  1913)  im  Hinblick  auf  Wirkung 
der  Auslese  von  längsten  Kolben  innerhalb  der  Linie 
dargestellt. 


Die  Auslese  bei   der  Maiszüchtung. 


81 


Tabelle  III. 


Zahl 

der  in  N. 

untersuchten 

Kolben 

Kolbenlänge  in  cm 

Kornertrag 

g  pro  Pflz. 

Nr. 

des  Zweiges 
der  I.  A. 

der  Eltern 

der  N. 
im  Mittel 

der  Eltern 

der  N. 
im  Mittel 

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*pH 

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B  s 

Ü5 

148—25 

95 

23,5 

17,8 

305 

192,6 

—13 

86 

22 

17,7 

290 

172,7 

—17 

94 

22 

17,3 

305 

179,1 

—16 

94 

21,5 

17,6 

265 

171,4 

—20 

88 

21 

17 

315 

175,7 

—  1 

97 

21 

21,8 

17,5 

17,48 

280 

293,3 

179,9 

178,6 

-26 

84 

21 

17,4 

276 

164 

—  2 

91 

20 

17 

245 

148,6 

—24 

96 

20 

17,2 

305 

191,8 

—10 

72 

19,5 

17,2 

260 

150,9 

—22 

99 

19,8 

20,0 

16,8 

17,12 

265 

270,2 

182,9 

167,6 

—18 

93 

19 

17 

250 

178,3 

—19 

95 

19 

17 

245 

174,2 

-  8 

86 

18,5 

16,7 

200 

140,7 

—15 

87 

18 

15,9 

260 

159,9 

—14 

94 

18 

17,4 

245 

177,5 

—12 

96 

17 

18,2 

17,4 

16,90 

250 

241,7 

185,6 

169,4 

Aus  der  Tabelle  ist  ersichtlich,  dass  sich  in  einem  gewissen 
Grade  bei  Kolbenlänge  als  Auslesemoment  innerhalb 
einer  Linie  eine  verhältnismässige  Vererbung  fest- 
stellen lässt  und  auch  der  Ertrag  damit  in  einem  gewissen  Maße  zu- 
sammenhängt, derart,  dass  wir  sagen  können:  die  Auslese  der  längsten 
Kolben  innerhalb  einer  Linie  wirkt  auf  die  Ertragsfähigkeit  derselben 
in  günstigem  Sinne. 

Die  Kolbenform  wird  in  verschiedener  Weise  bestimmt.  Ich 
habe  mir  hierzu  eine  einfache  Masskluppe  verfertigt,  bei  welcher  der 
Kolben  eigentlich  zwischen  2  Lineale  schiebeleerartig  eingezwängt  wird 
und  sich  leicht  mit  einem  Griff  die  Länge  und  der  Grad  der  Verjüngung 
(Spitzung)  bestimmen  lässt. ^)  Die  Spitzung  wird  bei  vollkommener 
Walzenform  (Zylinder)  natürlich  =  0  sein,  je  grösser  sie  ist,  desto 
mehr  ist  der  Kolben  nach  oben  verjüngt.  Bei  dieser  Eigenschaft 
konnten  keine  regelmässigen  Beziehungen  zu  anderen  wichtigen  Eigen- 
schaften gefunden  werden.  Überhaupt  ist  eine  Beurteilung  und  Dar- 
stellung  der    Spitzung    der    Kolben   bei   Nachkommenschaften 


')  III.  Idw.    Ztg.   1910,   Nr.   11.     Die   „Spitzung"    drückt   den    Grad    der  Ver- 
jüngung des  Kolbens  in  m/m  pro  10  cm  Länge  aus. 


82 


Fleischmann: 


infolge  der  verschiedenen  Zeilenzahl  der  einzelnen  Kolben  ungenau. 
Man  könnte  sich  nicht  mit  Stichproben  begnügen,  sondern  müsste 
gleichzeitig  die  Zeilenzahl  berücksichtigen. 

Es  hatten  bei  einer  Nachkommenschaft 

22  Kolben,  12  zeilig,  im  Mittel  eine  Spitzung  von  5,70 
29         „        14     „        „         „         „  „  „     6,65 

34         „        16     „        „         „         „  „  „     7,83 

11         „        18     „        „         „         „  „  11     7,38 

Wie  ersichtlich,  nähern  sich  Kolben  mit  weniger  Zeilen 
mehr  der  Walzenform  und  umgekehrt. 

Ausserdem  variiert  auch  die  Kolbenlänge  innerhalb  einzelner 
Linien  nach  der  Zeilenzahl.  Die  geringerzeiligen  Kolben 
sind  im  allgemeinen  etwas  länger  als  die  hö  her- 
zeiligen. 

Das  Merkmal  Zeilenzahl  (Anzalil  der  Kornreihen  am  Kolben) 
ist  durch  Auswahl  in  bestimmter  Richtung  in  viel  höherem  Grade  be- 
einflussbar als  z.  B.  Kornertrag  oder  Kolbenlänge.  Es  gelingt  leicht, 
die  Zeilenzahl  durch  Auslese  höherzeihger  Eltern  zu  heben,  ebenso  bei 
Populationen,  wie  bei  Zuchtstämmen.  Einen  effektiven  Nutzen  von 
diesem  Verhalten  der  Zeiligkeit  könnten  wir  nur  dann  erzielen,  wenn  die 
höhere  Zeiligkeit  im  Zusammenhang  mit  höherem  Kornertrag  stände. 
Das  ist  nun  allerdings  der  Fall,  wenn  wir  die  Nachkommen  sehr  gering- 
zeiliger  mit  jenen  hochzeiliger  Eltern  vergleichen,  so  z.  B.  Nach- 
kommen von  8  zeiligen  gegen  solche  von  16-  oder  18  zeiligen  Eltern. 
Sobald  aber  die  Spannung  enger  genommen  wird,  so  erscheint  dieser 
Zusammenhang  weniger  scharf  und  schlägt  bisweilen  sogar  ins 
Gegenteil  um.  Das  ist  der  Fall  bei  vorgeschrittener  Züchtung,  wo  die 
Schwankung  in  der  Zeilenzahl  sich  hier  in  den  meisten  Fällen  von  14 
bis  20  bewegt,  seltener  von  12 — 24. 

Um  zu  prüfen,  ob  die  blosse  Auslese  nach  Zeiligkeit, 
ohne  Rücksichtnahme  auf  andere  Merkmale,  eine 
Wirkung  auf  Nachkommenschaften  äussert,  wurde  1913  ein  Versuch 
angelegt.  Aus  einem  ungezüchteten  Feldbestande  wurden 
Kolben  nach  ihrer  verschiedenen  Zeilenzahl  ausgelesen  und  ihre  Körner 
getrennt,  nach  Zeiligkeitsgruppen,  angebaut.  Von  jeder 
Gruppe  waren  250  Pflanzen  angebaut. 

(Siehe  Tabelle  IV  S.  83.) 

Der  Ertrag  steht  hier  entschieden  nicht  in  Korrelation  zur  Zeilen- 
zahl. Höchstens^  bei  der  Gruppe  X  zeilig  könnte  eine  solche  vermutet 
werden.  Andererseits  aber  is-t  bei  Zeilenzahl  an  sich  verhältnismässige 
Vererbung  feststellbar. 


Die  Auslese  bei  der  Maiszüchtung. 


83 


Tabelle  IV. 


'S    S 

s  s 

•SO 


Von  den  geernteten  Kolben  entfallen  auf  die 
Zeilenzahl  von: 


10 


12 


14 


16 


18 


20 


22 


Mittlere 
Zeilen- 
zahl 


Ertrag 

in  g  pro 

1  Pflz. 


X 

XII 

XIV 

XVI 

XVIII 


16 

94 

75 

15 

6 





5 

73 

97 

46 

6 

— 

— 

1 

49 

95 

73 

7 

2 

— 

— 

33 

85 

71 

30 

4 

— 

29 

65 

70 

30 

9 

1 

12,97 
13,79 
14,37 
15,00 
15,29 


168,3 
197,3 
182,4 
203,0 
182,1 


Wie  die  Zeiligkeit  von  Nachkommenschaften  durch 
die  Jahreswitterung  beeinflusst  wird,  erhellt  aus  Tabelle  V. 
Hier  \\airden  von  Eiterkolben  des  Jahres  1909  je  die  Hälfte  der  Körner 
1910  und  1911  angebaut.  Es  war  also  ganz  gleiches  Saatgut 
den  verschiedenen  Verhältnissen  der  beiden  .Jahre  ausgesetzt. 

Tabelle  V. 


Nr.  des 
Kolbens 


Komhälften  je  eines  Elterkolbens 


gebaut  1910 


Min 


Max. 


Mittel 


der  Zeilenzahl 


gebaut  1911 


Min. 


Max. 


Mittel 


der  Zeilenzahl 


Anm. 


8 

18 

12,48 

8 

14 

11,70 

8 

18 

12,27 

8 

14 

11,50 

8 

16 

12,36 

8 

16 

12,10 

8 

16 

11,74 

8 

14 

11,36 

10 

18 

12,95 

10 

18 

12,30 

8 

16 

11,67 

8 

16 

11,17 

8 

14 

11,97 

8 

14 

11,30 

12 

20 

14,72 

10 

18 

14,00 

12 

20 

14,71 

12 

18 

14,42 

12 

20 

14,06 

10 

18 

13,72 

12 

20 

14,17 

8 

18 

13,83 

12 

20 

14,54 

12 

18 

13,50 

12 

18 

13,97 

10 

18 

13,30 

12 

18 

14,55 

12 

20 

14,40 

75 

105 

28 

97  8  16  11,74  8  14  11,36       j>    spätreif 

35 

59 
103 

122 

149 

181 

204      12      20     14,17      8      18     13,83   }  frühreif 

210 

220 

185 

Im  durchschnittlichen  Maisertrag  des  Grossanbaues  war  1910 
das  bessere,  1911  hingegen  das  schlechtere  Jahr.  Die  herabdrückende 
Wirkung  von  1911  ist  in  der  Zeilenzahl  auch  ersichtlich.  In  dem  un- 
günstigen Jahre  kamen  also  weniger  Kornzeilen  zur 
Entfaltung.  Man  kann  auch  leicht  wahrnehmen,  dass  die  Wirkung 
solcher  ungünstiger  Verhältnisse  sich  bei  den  einzelnen  Zuchtstämmen 
in  verschiedenem  Grade  äussert.  Darauf  hat  die  Auslese  eben- 
falls zu  achten. 


84 


Flcischmann: 


Die  verhält nisniässige  Vererbung  bei  Zeilenzahl  ist 
eine  ziemlich  gute.  Es  ist  nicht  sehr  schwierig,  innerhalb  bestimmter 
Grenzen  die  Zeilenzahl  einfach  hinauf-  oder  herabzuzüchten,  wie  dies  in 
dem  klassischen  Beispiel  von  de  Vries  dargestellt  ist. 

Hier  aber  möchte  ich  auf  eine  Erscheinung  aufmerksam  machen, 
welche  sich  aus  den  weiter  unten  angeführten  Untersuchungen  aller 
Kolben  verschiedener  Nachkommenschaften  ergibt:  dass  nämlich  die 
Differenz  zwischen  Elternwert  und  zugehörigem 
Nachkommenmittel  um  so  grösser  wird,  wenn  wir  von 
je  hö  her  z  eiliger  en  Eiterkolben  ausgehen;  der  ge- 
ringste Rückschlag,  also  die  beste  Vererbung,  ergibt  sich 
bei  XlV-zeilig.  Anderseits  ist  zu  beachten,  dass  bei  Xll-zeilig, 
auch  weiter  bei  X-zeilig  (siehe  Tabelle  IV),  nach  anderen  Versuchen 
aber  noch  mehr  bei  Vlll-zeilig  das  Mittel  der  Nachkommen  über  das 
Maß  des  Elters  steigt:  also  bei  XIV  geringste  Abweichung, 
bei  Zeilenzahl  unter  XIV  positive,  über  XIV  negative 
Regression,  nach  beiden  Richtungen  wachsend  mit 
der  Entfernung  von  XlV-zeilig. 

Tabelle  VI. 

Abweichung  des  Nachkommenmittels  vom  Elternwert 
bei  der  Zeilenzahl. 


Mittlere  Zeilenzahl  der 

Anzahl  der 
unteisucbten 

Bei 

Zeilenzahl 

Nachliommenschaft  war 
gegen  jene  der  Eltern 

in  °/o 

N. 

der  Eltern 

grösser 

lileiner 

14 

+    0.28 

~ 

39 

16 
18 

—  8,87 

—  13,55 

Zuchtgarten 

i 

20 

—  18,85 

22 

—  21,32 

' 

12 

+  11,7 

14 

+    1,5 

49 

16 

—    7,60 

Zuchtgarten 

18 

—  15,05 

II 

20 

—  27,54 

i. 

22 

—  29,81 

' 

14 

—   0,57 

45 

16 
18 

—  6,19 

—  14,89 

Zuchtgarten 
III 

■ 

20 

—  20,60 

Es  sei  nun  weiter  das  Verhältnis  der  mittleren  Zeilenzahl  zum 
Ertrag  innerhalb  von  ersten  Nachkommenschaften,  und  zwar  in  einem 


Die  Auslese  bei   der  Maiszüchtung.  85 

extrem  guten  (1912)  und  extrem  schlechten  (1915)  Jahre  dargestellt. 
Der  Ertrag  im  Grossanbau  verhielt  sich  1912  :  1915  wie  100  :  42.  In 
der  Zusammenstellung  sind  die  Pflanzenerträge  der  Übersichtlichkeit 
halber  in  Verhältniszahlen  ausgedrückt,  und  zwar  wurde  der  jeweils 
in  der  niedersten  Zeilenmittelklasse  jedes  Jahres  befindliche  Durch- 
schnittsertrag mit  100  bezeichnet,  die  übrigen  Ertragsdaten  im  Ver- 
hältnis dazu: 

1912. 
26  N.   mit  mittl.  Zeilenzahl  bis  15.     Ertrag  =  100 

50  ,,      ,,  ,,  ,,  ,,     Ib.  ,,       =  105, o 

51  ,,     .,         ,,  „^       „     17.  „      =  105,8 

1915. 

14  N.   mit  mittl.  Zeilenzahl  bis  15.  Ertrag  =  100 
38    .,      „        .,              „           „     16.  „      =    97,3 

26    „      „        .,  „  „     17.  „      =    96,1 

Es  ist  auffällig,  dass  1912  Zeilenzahl  und  Ertrag  bei 
den  Nachkommenschaften  gleichsinnig,  1915  aber 
gegensinnig  variieren.  Es  deckt  sich  dieses  Verhalten  mit  der 
von  mir  auch  in  der  Praxis  gemachten  Beobachtung,  dass  Zuchten  von 
Pf erdezahnmais  um  so  anspruchsvoller  scheinen,  je  höher 
ihre  durchschnittliche  Zeilenzahl  ist.  Erst  wenn 
diese  Ansprüche  voll  befriedigt  sind  (siehe  oben  1912), 
kommt  die  höhere  Zeiligkeit  als  er  ti-agss  teigernder 
Faktor  zur  Geltung. 

Es  wird  daher  der  Züchter  bei  der  Auslese,  wenn  er  zum  Moment 
„Zeiligkeit"  kommt,  nicht  blindlings  auf  eine  Erhöhung  dieser  Eigen- 
schaft hinarbeiten  dürfen,  in  der  Erwartung,  hierdurch  den  Ertrag  ein- 
fach zu  steigern,  sondern  er  muss  in  richtiger  Anpassung  an 
die  Verhältnisse  seiner  Gegend,  das  für  dieselbe  am 
besten  passende  Zeilenmittel  herauszufinden  trach- 
ten. Dieses  Zeilenmitteloptimum  ist  z.  B.  für  syrraische  Verhältnisse 
zwischen  14  und  16.  Und  in  dieser  Beziehung  halte  ich  die  Zeilenzahl 
für  ein  wichtiges  Auslesemoment. 

Das  Auslesemoment  Spindelgewicht  gewinnt  an  Interesse, 
wenn  es  im  Zusammenhang  mit  dem  Korngewicht  betrachtet  wird.  Um 
hier  das  wirkliche  Verhältnis  zu  erfassen,  ist  es  unbedingt  notwendig, 
die  Erhebung  des  Spindelgewichtsanteiles  zu  richtiger  Zeit  vor- 
zunehmen, nämlich  dann,  wenn  der  Mais  vom  Praktiker  als  lufttrocken 
angesprochen  werden  kann.  Eine  Bestimmung  des  Spindelprozent- 
anteiles bei  oder  bald  nach  der  Ernte  ist  unrichtig,  weil  dann  infolge 
des  verschiedenen  Wassergehaltes  von  Spindel  und  Korn  das  Bild  ver- 
schoben wird,  und  zwar  überragt  der  Wassergehalt  der  Spindel  jenen 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüclitung.    Bd.  VI.  7 


86 


Fleischmann: 


der  Körner  zur  Zeit  der  Ernte  um  ein  Bedeutendes.  Wenn  also  hier 
von  Spindelgewicht  die  Rede  ist,  so  bezieht  sich  das  immer  auf  luft- 
trockenen Mais.  > 

Die  verhältnismässige  Vererbung,  welche  bei  der  Zeilenzahl  statt- 
findet, lässt  sich  auch  beim  Spindelprozentanteil  nachweisen,  wenn  auch 
nicht  pünktlich  von  Fall  zu  Fall,  so  doch  bei  einer  gewissen  Gruppierung 

des  Materials. 

Tabelle  VII. 


Nummer 

<D 

Spindel  -Prozentanteil 

Gruppenmittel 

bei 

des 

a 

Eiter- 

1. Gene- 

2. Gene- 

Elter- 

1.  Gene- 

2. Gene- 

Stammes 

pflanze 
1909 

ration 
1910 

ration 
1911 

pflanze 
1909 

ration 
1910 

ration 
.     1911 

181 

8,9 

11,7 

13,2 

288 

11 

10,4 

13,3 

225 

o 
o 

11,9 

13,2 

15,8 

362 

CO 

12.3 

13,4 

15,1 

11,6 

12,5 

14,4 

203 

12,4 

13,6 

14,6 

122 

12,5 

11,9 

14,2 

149 

12,5 

13,3 

14.9 

220 

13 

14.1 

14.1 

187 

O 

13,7 

15,3 

14,1 

• 

- 

191 
185 

03 

14,5 
14,5 

14 
13.7 

13.8 
15,0 

14.2 

14 

14,7 

206 

3 

14,8 

11,4 

14,7 

377 

14,8 

15,4 

16,4 

140 

15 

14,7 

15,0 

127 

15,9 

14,4 

14,7 

16 

14,8 

15,3 

204 

:3 

17,1 

15,3 

16,3 

Während  in  Tabelle  VII  die  ausgelesenen  Eiterpflanzen  aus  einer 
Population  herrührten,  ist  in  Tabelle  VIII  eine  Zusammenstellung  des- 
selben Sinnes,  aber  innerhalb  von  Geschwisterlinien  eines  und  desselben 
Stammes  (Nr.  148)  gegeben. 

(Siehe  Tabelle  VIII  S.  87.) 

Man  sieht  im  grossen  ganzen  hier  eine  ziemlich  deutliche  Ver- 
erbung von  den  F^  1913  auf  die  weiteren  Linienzweige  1914. 

Ebenso  wie  bei  der  Zeilenzahl  ist  eine  züchterische  Einflussnahme 
zur  Erzielung  höherer  oder  niederer  Spindelprozente 
ohne  Schwierigkeiten  durchführbar  und  kann  zu  ra 
Erfolg  führen.  Selbstverständlich  ist  auch  dieses  Auslesemoment 
nie  für  sich  allein  zu  nehmen,  sondern,  wie  alle  andern,  im  richtigen 
Zusammenspiel  mit  dem  Hauptzuchtziele  und  seinen  näheren  Begleit- 
momenten. 


Die  Auslese  bei  der  Maiszüchtung. 


87 


Tabelle  VIII. 


Spindel  »/o 

Nr. 

bei 

Elterkolben 

1912 

bei  deren 
I.  Nach- 
kommen 
1913 

aus  diesen 
ausgewählt 

Anzahl 
Zweige  der 
I.  A.  1914 

deren 

Spindel  «/o 

im  Mittel 

jeder  Gruppe 

1914 

20 

17,1 

15,5 

5 

15,9 

13 

17,1 

15,4 

9 

15,2 

12 

15,8 

15,2 

6 

15,4 

25 

17,6 

15,1 

8 

15,8 

24 

13,9 

13,9 

7 

14,3 

19 

13,7 

13,8 

8 

14,3 

17 

12,6 

13,4 

7 

13,9 

Auch  hier  spielt  die  Jahreswitterung  beeinflussend  mit.  In 
Tabelle  VII  ist  zu  bemerken,  wie  in  den  meisten  Fällen  im  Jahre  1911 
der  Spindelanteil  hinauf-,  eigentlich  der  Kornprozentanteil  herab- 
gedrückt wurde. 

Es  ist  von  Wichtigkeit,  auch  das  absolute  Spindelgewicht  zu  be- 
trachten. 

Neben  der  Grösse  der  Spindel  ist  das  absolute  Gewicht  derselben 
auch  in  starkem  Maße  von  dem  inneren  Aufbau  in  ana- 
tomischer Hinsicht  abhängig.  Die  Beschaffenheit  des  Ge- 
webes, die  grössere  oder  geringere  Entwicklung  des  Markes  spielen  da 
eine  Rolle.  Diese  Abweichungen  im  Aufbau  der  Spindel  sind  auch  das 
Hindernis  auf  der  Suche  nach  Gesetzmässigkeiten  und  Beziehungen. 
Im  allgemeinen  konnte  ich  beobachten,  dass  mit  sinkendem  ab- 
soluten Spindelgewicht  auch  der  Kornertrag  sinkt, 
natürlich  nicht  ohne  im  obigen  begründete  Aus- 
nahmen. Hier  seien  einige  N.  zusammengestellt  in  Beziehung  auf 
Spindelgewicht  und  Ertrag. 


N. 

aus  ein- 

und 

demselben  Stamme. 

Absolutes  Spindel- 
gewicht in  g 
im  Mittel 

Ertrag  g  pro 
im  Mittel 

Pflz. 

Absolutes  Spindel- 
gewicht in  g 
im  Mittel 

25,6 

140 

23,2 

25,4 

147 

23 

25,4 

154 

23 

25,3 

146 

22 

24,9 

151 

21 

24 

134 

21,3 

24 

148 

21,2 

23,3 

108 

21.2 

Ertrag  g  pro  Pflz. 
im  Mitt-el 

126 
145 
146 
138 
141 
140 
141 
140 


88 

Absolutes  Spindel- 
gewicht in  g 
im  Mittel 
21,2 
20,8 
20,7 
20,1 
20 
20 
19,8 

Das  absolute  Spindelgewicht  hängt  auch  in  gewissem  Maße  mit 
der  Zeilenzahl  zusammen.  In  der  folgenden  Zusammenstellung  ist  dies 
für  die  Zeilenzahl  von  12,  14  und  16  dargestellt.  Diese  drei  Zeilen- 
gruppen wurden  gewählt,  weil  sie  ziffernmässig  die  höchste  Frequenz 

aufweisen. 

Tabelle  IX. 


Fleisch 

mann: 

:rag  g  pro 
im  Mitte 

Pflz. 

l 

Absolutes  Spindel 

gewicht  in  g 

im  Mittel 

152 

19.5 

124 

19,1 

139 

19,1 

124 

18.0 

134 

17,7 

132 

17,1 

130 

Ertrag  g  pro  Pflz. 
im  Mittel 

125 
124 
130 
125 
146 
126 


Jahr 

Ort 

Zahl 
der  unter- 
suchten 
Kolben 

Mittlere 
Zeilen- 
zahl aller 
Kolben 

Absolutes  mittleres  Spindelgewicht 
in  g  bei  Zeilenzahl  von 

12 

14 

16 

1910 
1911 
1912 

Zgt.  II 
Zgt.  II 
Zgt.  III 

5309 
4165 
4579 

14,22 
13,91 
13,89 

28,4 
21,9 
23 

30,9 
22,2 
23,8 

32,6 
23,2 
25,4 

Die  Kolben  mit  höherer  Zeilenzahl  haben  danach 
ein  höheres,  mittleres  Spindelgewicht. 

Die  Farbe  der  Spindel  ist  insofern  von  Bedeutung,  als  sie 
mit  der  Kornfarbe  ziemlich  gut  zusammenliängt.  Dunkelrote  Spindeln 
tragen  auch  dunklere  Körner.  Zwischen  weisser  und  dunkelroter 
Spindelfarbe  sind,  als  Ergebnis  von  Spaltungen,  eine  grosse  Reihe  von 
Abstufungen  in  der  Farbe  zu  finden.  Jedoch  lässt  sich  durch  Züchtung 
eine  ziemliche  Gleichförmigkeit  in  der  Spindelfarbe  erzielen. 

Die  Beschaffenheit  der  Körner  würde  bei  einer  Spezial- 
Züchtung  mehr  interessieren,  als  bei  blosser  Züchtung  auf  Ertrags- 
steigerung. Es  wurde  aber  dennoch  bei  den  Eltern  und  1.  Nachkommen 
das  Korn  gewicht  (auf  100  Körner  bezogen)  bestimmt.  Bei  zahl- 
reichen Versuchen  wurde  nachgeprüft,  ob  das  Einzelkorn- 
gewicht  einen  Einfluss  auf  den  Ertrag  der  Nach- 
kommen hat,  das  Resultat  war  deutlich  verneinend. 
In  einzelnen  Fällen  war  es  sogar  entgegengesetzt,  so  dass  Gruppen 
mit  niedrigerem  100-Korngewicht  der  Eltern,  ertragreichere  Nach- 
kommen hatten,  als  Gruppen  mit  höherem  100-Korngewicht. 


Die  Auslese  bei  der  Maiszüchtung.  89 

Im  allgemeinen  wird  im  Interesse  der  Ausgeglichenheit  der  Zucht 
vermieden,  Typen  mit  breiten  runden  Körnern  auszuwählen,  ebenso 
solche  mit  gegen  die  Basis  zu  sich  stark  verjüngendem  Korn. 

Ein  Zusammenhang  zwischen  Einzelkorngewicht  und  Zeilenzahl 
besteht  insofern,  als  höherzeilige  Kolben  meist  leichtere  (kleinere, 
schmälere)  Körner  besitzen.    Es  hatten  1916: 

31  Varianten     XIVzeilig  ein  mittl.  100-Korngew.  von  34.24  g 
136  „  XVI     „        ,.        ,.  ,.  „     32,35  ,. 

82  ,         XVIII     ,.        ,.        „  ,.  ,.     31,04  ,. 

25  ,.  XX     ,.        „        ,.  ,.  „     28,47  „ 

Kornform  und  Farbe  wird,  ohne  das  Hauptzuchtziel  aus 
dem  Auge  zu  verlieren,  so  weit  berücksichtigt,  als  es  die 
Ausgeglichenheit  bei  den  einzelnen  Zuchtstämmen 
erheischt.  Zu  scharfe  Zahnung  ist  unerwünscht,  wegen  Abreibung 
beim  Magazinieren,  die  sog.  Kunde  soll  faltig  bis  flach  eingedrückt  sein. 

Die  Keimfähigkeit  der  Körner,  besonders  aber  die  Keimungs- 
energie, variiert  ebenfalls  nach  den  verschiedenen  Formen  und  es  ist 
notwendig,  sich  hierüber  besonders  zu  Beginn  der  Zucht  Aufklärung  zu 
verschaffen. 

III.  Mit  Wüchsigkeit  und  Reife  zusammenhängende 

Auslesemomente. 

Die  Intensität  des  Wachstums  kann  bei  einzelnen  Formen 
Verschiedenheiten  aufweisen.  Das  ist  im  Zuchtbetriebe  leicht  zu  be- 
obachten, wo  viele  Formen  auf  verhältnismässig  engem  Räume  unter 
möglichst  gleichen  Verhältnissen  erwachsen.  Es  kommt  dies  schon  in 
der  ersten  Lebensperiode  der  Pflanze  zum  Ausdruck.  Wägungs versuche 
zahlreicher,  frischer  Pflanzen  aus  verschiedenen  Zuchtstämmen  ergaben 
(gewogen  28.  V.  1912)  im  Mittel  bei  Stamm 

Nr.  148 2,5  g  pro  Pflanze 

r    377 4,5  „     „  „ 

1  ^  11 

Die  allgemeine  grössere  oder  geringere  Wüchsigkeit  ist  ebenfalls 
an  die  Lokalität  gebunden.  Üppige,  robuste,  blattreiche  Formen 
müssen  in  ihren  sämtlichen  Ansprüchen,  unter  denen  die  auf  Wärme 
und  Feuchtigkeit  nicht  die  geringsten  sind,  voll  befriedigt  werden,  sollen 
sie  ihr  Können  zeigen.  Es  ist  daher  bei  der  Auslese  wichtig,  dass  man 
sich  über  das  Maß  der  für  die  betreffende  Gegend  noch 
möglichen  Wüchsigkeit  im  klaren  ist. 

Ein  sehr  lockerer  Zusammenhang  der  Geizenbildung  mit  der 
Wüchsigkeit  konnte  beobachtet  werden.  Es  ist  aber  sehr  schwer,  hier 
Sicheres  festzustellen,  weil  die  Geizenbildung  (Entwicklung  von  Seiten- 


90  Fleischmann: 

trieben)  je  nach  der  Jahreswitterung  imgemein  schwankt.  Ein  Zu- 
sammenhang zwischen  Geizenbildung  und  Ertrag  konnte  nur  in  der 
Form  festgestellt  werden,  dass  in  sehr  guten  Maisjahren,  wo  also 
Wärme  und  richtig  verteilte  Niederschläge  in  Genüge  vorhanden  waren, 
auch  die  Geizenbildung  stärker  war,  als  in  sehr  trockenen,  den  Mais- 
ertrag drückenden  Jahren, 

Von  einer  Bestimmung  des  Korn-  und  Strohverhält- 
n  i  s  s  e  s  sehe  ich  ganz  ab.  Es  ist  dies  praktisch  genau  festzustellen 
unmöglich,  weil  das  Stroh  im  Herbst  noch  einen  bedeutenden  Wasser- 
gehalt hat.  Die  Pflanzenhöhe  wird  bei  Nachkommenschaften 
durch  Stichproben  erhoben.  Mit  der  Wüchsigkeit,  im  engeren  Sinne 
mit  der  Fruchtbarkeit,  im  Zusammenhang  steht  die  Frage  der 
Züchtung  auf  Mehrkolbigkeit.  Eine  Züchtung  auf  Mehr- 
kolbigkeit  ist  im  allgemeinen  nur  bei  gewissen  Maissorten  (z.  B.  Cin- 
quantin,  Pignoletto,  Alcsuter,  Putyi  u.  a.)  angezeigt.  Bei  Pferdezahn 
ist  die  Zweikolbigkeit  der  Ausdruck  günstiger  Lebensverhältnisse. 
Eine  deutliche  Vererbung  oder  gar  Beeinflussung  des  Ertrages  durch 
Auslese  zweikolbiger  Eltern  trifft  nicht  zu.  Ordnet  man  die  einzelnen 
Typen  nach  ihren  Kornerträgen,  so  findet  man,  dass  mit  ansteigendem 
Kornertrage 

1.  die  Anzahl  Kolben    I.  Klasse  pro  100  Pflanzen  steigt 

2.  „         „  „        n.       „         „     100         „         fällt 

3.  „         „      kolbenloser  Stengel   ,,     100         „         fällt 

Dies  ist  viel  wichtiger  zu  wissen,  als  die  einfache  Anzahl  Kolben 
pro  Pflanze.  Eine  solche  Teilung  in  voll-  und  nicht  voll- 
entwickelte Kolben  ist  auch  bei  der  Beurteilung 
wichtig.  Ebenso  das  Vorkommen  kolbenloser  Stengel, 
welches  durch  Auslese  beeinflussbar  ist.  Nachkommen  mit 
höherem  Prozentsatz  kolbenloser  Stengel  geben 
wieder  solche  und  umgekehrt.  Es  ist  daher  darauf,  als  auf 
ein  ertragdrückendes  Moment  zu  achten.     Ein  Beispiel: 

A    Nachkommenschaft:  Nr.  98  mit  8®/o  kolbenloser  Stengel 

davon  abstammend  10  Nach- 
kommenschaften mit  .     .     5,  1,  9,  5,  5,  4,  11,  7,  6,  15, 

im  Mittel  =  6,8  "/o  kolbenloser  Stengel 
B.  Nachkommenschaft:  Nr.  100  mit  1,5  ♦'/o  kolbenloser  Stengel 

davon  abstammend  18  Nach- 
kommenschaften mit  .     .     1,  2,  5,  1,  2,  0,  0,  1,  1,  2,  3,  2,  0,  1,  0,  4,  2.  7. 

im  Mittel  —  1,7  ^/^  kolbenloser  Stengel 

Bei  Kolbenhaltung  (ob  aufrecht  oder  mehr  nickend)  konnte 
keine  Beziehung  zum  Ertrag  gefunden  werden.  Für  den 
Praktiker  ist  der  hängende  Kolben,  wie  erwähnt,  insofern  vorteilhafter, 
als  bei  später  Ernte  die  Körner  dann  eher  gegen  Regen  geschützt  sind. 


Die  Auslese  bei  der  Maiszüchtung. 


91 


—  Die  Entwicklung  der  Deckblätter  (Lieschen)  halte  ich  im 
hiesigen  Klima  für  wenig  ausschlaggebend. 

Von  grosser  Bedeutung  ist  endlich  die  Reifezeit.  Die  Frage, 
wann  wird  die  betreffende  Maissorte  reif?  ist  entscheidend  für  ihre  Ein- 
reihung in  die  Fruchtfolge,  für  den  wirtschaftlichen  Erfolg  ihres  An- 
baues, 


Pf/z. 

J  u   /    / 

/^  u  a  u  3  t           1 

7. 

S^ 

9. 

fO. 

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Abb.  6.    Blühvorlauf  in  einer  Zuchtreihe  von  Stamm  122. 


Eine  Bestimmung  der  Reifezeit  })eim  Mais  ist  nicht  so  genau 
möglich,  wie  etwa  bei  Halmfrüchten,  es  kommt  hierbei  vom  praktischen 
Standpunkt  immerhin  eine  Latitude  von  etlichen  Tagen  in  Betracht. 
Um  hier  weitere  Stützpunkte  zu  finden,  nahm  ich  den  Blühverlauf  zu 
Hilfe.  Im  Laufe  des  Sommers  wurden  die  betreffenden  Beobachtungen 
zur  Zeit  der  Maisblüte  gemacht,  und  zwar  Ausfahnen,  Beginn  und 
Ende  der  männlichen  und  weiblichen  Blüte.    Um  eine  Grundlage  für  die 


92 


F  1  e  i  s  c  li  m  a  11  n : 


Durclifühnmg  solcher  Beobachtungen  zu  schaffen,  wurde  in  einigen 
Zuchtreihen  des  Zuchtgartens  Pflanze  für  Pflanze  in  ihrem  Blühverlauf 
beobachtet. 

In  Kolonne  links  sind  die  Pflanzen  je  einer  Zuchtreihe  laufend 
nummeriert,  oben  die  Tage  vom  7.  VII.  bis  12.  VIII.  angeführt. 
bedeutet  die  Blühdauer  der  männlichen,  jene  der 


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Abb.  7.    Blühverlaiif  in  einer  ZucMreihe  bei  Stamm  127. 


weiblichen  Blüte  bei  ieder  Pflanze.  Unten  sind  die  männlichen  und 
weiblichen  „Blühtage"  summiert.  Hier  findet  man  leicht  bei  beiden 
Geschlechtern  die  Tage  der  höchsten  Blühintensität 
innerhalb  der  Individualauslese. 

Die  Anzahl  blühender  Pflanzen  pro  Tag,  in  Kurven  gebracht,  er- 
gibt bei  männlicher  Blüte  ein  anderes  Bild  als  bei  weiblicher  Blüte : 
dort  ein  Ansteigen  bis  zu  einem  Maximum  (bei  122  am  16.  VII.  bei 
127  am  23.  VII.),  dann  rasches  Fallen,  hier  aber  ein  mehrere  Tage  langes 


Die  Auslese  bei   der  Maiszüclitung.  93 

Verharren  auf  einer  gewissen  Höchstlinie.  Der  Blühverlauf  bei  männ- 
licher Blüte  mehr  gedrängt,  in  der  Periode  der  Hauptblüte  schärfer  be- 
stimmbar, bei  weiblicher  Blüte  mehr  auseinandergezogen,  die  Haupt- 
blüte sich  länger  hinziehend,  daher  nur  innerhalb  einer  gewissen 
Latitude  bestimmbar.  — 

In  der  Reife  ist  Nr.  127  gegen  122  um  8 — 10  Tage  zurück.  Dies 
ist  in  dem  Blühverlauf  hier  jedenfalls  schön  angezeigt.  Die  mittlere 
Blühdauer  beim  männlichen  Geschlecht  betrug  bei  Nr.  122  7,3,  bei 
Nr.  127  6,7  Tage;  beim  weibKchen  Geschlecht  bei  Nr.  122  10,8,  bei 
Nr.  127  10,8  Tage.  Die  Proterandrie  erscheint  bei  Nr.  122  stärker 
ausgeprägt  als  bei  dem  spätreifen  Nr.  127. 

Weil  aber  solche  Bestimmungen  wie  diese  für  den  praktischen 
Züchter,  wollte  er  sie  allgemein  ausführen,  zu  zeitraubend  sind,  wählte 
ich  ein  einfacheres  Verfahren :  es  wurden  nämlich  zu  bestimmten 
Zeiten  die  Anzahl  vollkommen  abgeblühter  Kolben 
aller  Nachkommenschaften  gezählt,  was  sicher  und  leicht 
durchführbar  ist. 

(Siehe  Tabelle  X  S.  94.) 

In  Tabelle  X  ist  neben  den  Prozentzahlen  der  am  6.  August  be- 
reits vollkommen  abgeblühten  Pflanzen  (weibliche  Blüte),  der  Ein- 
trocknungsprozent der  Kolben  für  einige  N.  angegeben.  Ein  höheres 
Eintrocknungsprozent  entspricht  einem  späteren  Reifezeitpunkt.  E  i  n 
im  ganzen  ziemlich  gegensinniges  Verhalten  beider 
Zahlenreihen  ist  ersichtlich.  Ob  die  auftretenden  Aus- 
nahmen bloss  phaenotypisch  zu  begründen  sind  oder  genotypisch  be- 
wirkt werden,  kann  erst  das  weitere  Verhalten  der  folgenden  Gene- 
rationen erklären. 

Die  frühere  oder  spätere  männliche  Blüte  steht  auch 
in  gewissem  Maße  mit  der  Schädigung  durch  die  Maismotte 
(Botys  nubilalis)  im  Zusammenhang,  weil  erfahrungsgemäss  früh, 
d,  h.  in  der  Hauptflugzeit  der  Motte  ausfahnender  Mais  der  Eierablage 
des  Schädlings  am  meisten  ausgesetzt  ist. 

Jedenfalls  ist  die  Benutzung  der  Art  und  Weise  des  Blüh- 
verlaufes beim  Mais  als  Auslesemoment  nicht  ausser  acht 
zu  lassen,  insbesondere  wenn  es  gelingt,  hierbei  feste  Beziehungen  zur 
Reifezeit  zu  finden,  womit  in  weiterem  Zusammenhang,  wenn  auch  in 
eingeschränktem  Maße,  der  Ertrag  verknüpft  erscheint. 

Die  Höhe  des  Kolbenansatzes  über  dem  Boden  ist  ein 
Merkmal,  welches  wohl  in  seinen  Extremen  (sehr  nieder  =  frühreif, 
sehr  hoch  =  spätreif)  mit  der  Reifezeit  zusammenhängt,  jedoch  bei 
näherstehenden  Höhenklassen  diesen  Zusammenhang  nicht  zeigt. 
Ebenso    fehlen    auch    Beziehungen    zu    Kornertrag    in    diesem    Fall. 


94 


Floiechmann: 


Tabelle  X. 


Bei  I.  Nachkommenscliaften 

Mittel 

9  Blüten  voll 

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befruchtet  bei 

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74 

11,5 

74 

11,6 

73 

6,9 

72 

7,4 

72 

9,9 

67 

11,3 

65 

10,9 

65 

6,8 

64 

8,7 

64 

12,6 

62 

14,3 

61 

13,5 

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59 

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57 

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13.0 

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11,9 

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16,9 

38 

7.3 

26 

19,3 

23 

16,2 

46,1 

12,9 

I 


Die  Widerstandsfähigkeit  gegen  Maisbrand  ist  laut  eigenen  Be- 
obachtungen verschiedenen  Formen  der  Züchtung  in  verschiedenem 
Grade  eigen.  Trotz  des  1917  sehr  geringen  Auftretens  des  Maisbrandes 
konnte  doch  eine  Vererbung  der  Neigung  zu  Brandbefall  festgestellt 
werden. 

Da  die  Krankheit  in  gewissen  Jahren  verderblich  auftritt,  so  ist 
auch  diese  Sache  nicht  aus  dem  Auge  zu  verlieren. 


Die  Auslese  bei   der  Maiszüchtung.  95 

Zusaiumenfassung. 

Bei  einer  seit  1909  betriebenen  Veredlungszüchtung  von  gelbem 

Pferdezahnmais  werden   praktisch  wichtige   Auslesemomente   in   ihren 

■  Zusammenhängen  und  in  ihrer  Bedeutung  für  die  Züchtung  erörtert. 

Bei  Beurteilung  der  quantitativen  Eigenschaften, 
in  erster  Reihe  bei  Kornertrag,  wird  Wert  gelegt  auf  die  Be- 
urteilung dieser  Eigenschaften  nach  Mittelwerten 
von  Nachkommenschaften  und  Nachkommenschafts- 
gruppen nach  Zweigend.  I.  A.  des  Stammbaumes,  wo- 
bei neben  letzteren  je  die  N.  aus  dem  vorvorjährigen 
Kornreste  des  gemeinsamen  Elterkolbens  steht. 

Die  einfache  Auslese  ertragreichster  Einzel- 
pflanzen aus  Populationen  oder  Linien  bewirkt  in 
geringerem  Maße  Ertragssteigerung  bei  den  daraus  hervor- 
gehenden Nachkommenschaften,  als  die  Auslese  auf  Grund  der 
vorher  beschriebenen  Methode  der  Auswahl  nach 
Mittelwerten  der  N.  und  N. -Gruppen. 

Ein  Versuch,  wo  mehrere  N.  nach  Auslese  aus  der  Stamm- 
baumzüchtung  mit  N.  aus  einer  sonst  züchterisch  unbe- 
einflussten  3.  N.  desselben  Stammes  in  Konkurrenz  traten, 
fiel  zugunsten  der  ersten  Gruppe  aus;  ein  Beweis  des  Nachlassens  ge- 
züchteter Formen  von  Mais,  wenn  die  züchterische  Bearbeitung  einige 
Jahre  aussetzt. 

Auslese  auf  Kolbenlänge  in  Populationen  scheint 
in  k  e  i  n  e  m  Zusammenhang  mit  dem  Ertrag  der  folgenden  N.  zu  stehen, 
während  innerhalb  vonLiniender  Züchtung  sich  ein  solcher 
Zusammenhang  in  gewissem  Maße  zeigt. 

Die  Kolbenform  hängt  mit  der  Zeilenzahl  zusammen,  in- 
dem geringzeilige  Kolben  mehr  zylindrisch  erscheinen 
als  höherzeilige.  Auch  sind  erstere  im  Durchschnitt  etwas  länger 
als  letztere. 

Die  blosse  Auswahl  nach  Zeilenzahl  innerhalb  Po- 
pulationen bewirkt  keine  deutliche  Beeinflussung  des 
Ertrages  in  den  N.  Die  Zeihgkeit  wird  durch  Umweltverhältnisse 
beeinflusst,  so  dass  z.  B.  bei  ungünstiger  Jahreswitterung 
weniger  Kornzeilen  zur  Entfaltung  kommen  als  sonst.  An 
vorliegendem  Material  wurde  festgestellt,  dass  bei  Vererbung  der 
Zeilenzahl  der  P  auf  die  N.  die  geringste  Abweichung 
bei  N.  nach  XIV- zeiligen  Eltern  stattfindet.  Bei  N.  nach 
Eltern  mit  Zeilenzahl  unter  XIV  wurde  positive,  bei 
solchen  nach  Eltern  mit  Zeilenzahl  über  XIV  negative 
Regression  nach  beiden  Richtungen  mit  der  Ent- 
fernung   von    XIV    proportional    wachsend,    festgestellt. 


Qß  F  1  e  i  s  c  h  111  a  u  n  :  Die  Auslese  bei  der  Maiszüchtung. 

Die  einzelnen  Formen  der  Pferdezalmmaiszüchtung  sind  um  so  an- 
spruchsvoller, je  höher  ihre  mittlere  Zeilenzahl  ist.  Die 
Auslese  muss  daher  das  für  die  gegebenen  Verhältnisse  passende 
Zeilenmittel  zu  finden  trachten. 

Eine  Auslese  im  Sinne  des  Spindelprozentanteiles 
ist  möglich  und  führt  zum  Erfolg.  Das  absolute  Spindel- 
gewicht scheint  mit  Ertrag  ziemlich  gleichsinnig  zu 
variieren.  Es  ist  daher  wichtig,  bei  Drückung  des  Spindel- 
gewichtes die  zulässige  Grenze  zu  beachten.  Leichtes 
Ansteigen  des  Mittels  bei  Spindelgewicht  wurde  bei 
Kolben  mit  höherer   Zeiligkeit  festgestellt. 

Das  absolute  Korngewicht  (100  Korngewicht)  der 
Eltern  steht  in  gar  keiner  Beziehung  zum  Ertrag  der 
daraus  erwachsenden  Nachkommen.  Höherzeilige  Kolben 
haben,  ein  Ausdruck  der  Symplasie,  geringeres  100-Korngewicht  als 
wenigerzeilige  Kolben.  ^ — 

Die  Wüchsigkeit  soll  den  gegebenen  Verhältnissen  entsprechen. 
Die  Mehrkolbigkeit  ist  nach  meiner  Ansicht  bei  dem  vorliegenden 
Material  rein  phaenotypisch,  als  Ausdruck  besonders  günstiger  Ver- 
hältnisse zu  erklären.  Im  Gegensatz  zu  den  kleinkörnigeren  Hart- 
maissorten, wo  Züchtung  auf  Mehrkolbigkeit  bereits  versucht  wurde, 
wird  solche  nicht  angestrebt.  Es  wird  viel  mehr  Wert  gelegt  auf 
möglichst  grosse  Anzahl  Kolben  I.  Klasse  pro  100  Pflanzen  und 
möglichst  geringe  Zahl  Kolben  IL  Klasse  pro  100  Pflanzen. 

Ein  Beispiel  zeigt  die  Vererblichkeit  der  Neigung,  kolbenlose 
Stengel  zu  bilden. 

Es  wird  versucht,  die  Reifezeit  im  Spiegel  des  Blühverlaufes  zu 
betrachten.  Die  Höhe  des  Kolbenansatzes,  der  Geizenbildung  (nur  in- 
sofern wichtig,  als  Neigung  zu  überreicher  Geizenbildung  unerwünscht 
ist)  und  Haltung  der  Kolben  wird  auf  Grund  gemachter  Erfahrungen 
für  nicht  sehr  bedeutend  gehalten.  Die  Neigung  zu  Brandbefall  scheint 
erblich  zu  sein. 


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IIL 

Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der 

Pflanzenzüchtung. 


1.  Referate  über  Arbeiten 

in  Zeitschriften,  sowie  über  Dissertationen,  dann  Jahresberichte  und  Bulletins 

von  Versuchsstationen. 

Einsendung  von  Abdrücken  aller  einschlägigen  Arbeiten 
erbeten. 

Einige  Herren  haben  sich  in  liebenswürdiger  Weise  bereit  erklärt, 
für  einzelne  Länder  oder  bestimmte  sachliche  Gebiete  die  Sorge  für 
Erstattung  von  Referaten  ganz  zu  übernehmen.  Für  1917  sind  derartige 
Vereinbarungen  getroffen  worden  mit: 

Professor  Dr.  H.  Nilsson -Ehle  -  Lund:  Pflanzenzüchtung, 
Schweden.  —  Prof.  Dr.  Gran,  Universität  Kristiania :  Pflanzenzüchtung, 
Norwegen.  —  Konsulent  E.  Lindhard-Tystofte  pr.  Tjaereby:  Pflanzen- 
züchtung, Dänemark.  —  Dr.  H.  PI  ahn -Appi an i -Aschersleben,  Mehringer- 
strasse  6:  Zuckerrübenzüchtung  in  Deutschland  und  Österreich.  — 
(Königl.  landw.  Botaniker  A.  Howard-Pusa  (Bihar),  Indien:  Pflanzen- 
züchtung, Indien.^)  —  Direktor  A.  v.  Stebutt  der  Versuchsstation 
Saratow,  Russland:  Pflanzenzüchtung,  Russland. ^)  --  Direktor  van 
der  Stok-Buitenzorg  (Java):  Pflanzenzüchtung,  Java.  —  Dr.  Th. 
Römer-Bromberg,  Kaiser  Wilhelm s-Institut:  Pflanzenzüchtung,  Gross- 
britannien. —  Direktor  E.  Grabner-Magyarövär:  Pflanzenzüchtung^ 
Ungarn. 

Für  die  hier  nicht  genannten  Gebiete  sind  zunächst  Autoreferate 
sehr  erwünscht,  wenn  solche  innerhalb  acht  Tagen  nach  dem  Er- 
scheinen der  Arbeit  abgesendet  werden. 

Die  Referate  sind  entweder  als  Autoreferate  gekennzeichnet  oder 
von  dem  betreffenden  Referenten  gezeichnet;  von  dem  Redakteur  er- 
stattete bleiben  ungezeichnet. 


^)  Nach  freundl.  Mitteilung  werden  Referate  weiter  erstattet,  können  aber  wegen 
eines  Verbotes  der  Regierung  jetzt  nicht  gesandt  werden. 


Zucker 

Eine  Rübe 

durchschnittlich  g 

°/o 

Wurzeln 

Zucker 

Kraut 

14,8 

354 

52 

244 

16,4 

355 

58 

239 

16,8 

374 

63 

268 

17,6 

467 

82 

332 

gg  Neue  Erscheinungen  auf  dem  C-febiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Akerman,  A.,  and  Johnsson,  H.  Beiträge  zur  Kenntnis 
der  Kälteresistenz  des  Winterweizens.  (Zeitschr  f. 
Pflanzenzüchtimg  1917,  V,  S.  349—356.) 

Bartos  W.  Der  Einfluss  der  Veredlung  auf  deii 
'\'\'  e  r  t  der  R  ü  b  e.  (Zeitschr.  f.  Zuckerindustrie  in  Böhmen  XLII, 
1918,  S.  299 — 302.)  Eine  Zusammenstellung  jener  Untersuchungen, 
die  in  Böhmen  während  der  letzten  20  Jahre  jährlich  im  Herbst  aus- 
geführt worden  sind,  um  ein  Bild  der  zu  erwartenden  Ernte  zu  geben, 
bringt  folgende  Zahlen: 

1897—1901  .  . 

1902—1906  .  . 

1907—1911  .  . 

1912—1916  .  . 

Verfasser  schreibt  das  Ansteigen  nicht  nur  des  Gehaltes  an 
Zucker,  sondern  auch  des  Gewichtes  an  Rübenkörper  und  Kraut  und 
an  Zucker  vorwiegend  dem  Einfluss  der  Züchtung  zu,  da  auch  bei 
jenem  Teile  der  Ertragssteigerung,  welcher  auf  bessere  Düngung 
zurückgeführt  wird,  die  Züchtung  beteiligt  ist,  nachdem  erst  durch 
diese  Rübenformen  geschaffen  worden  sind,  welche  so  grosse  Dünger- 
besonders  Stickstoffmengen  vertragen,  wie  sie  jetzt  gegeben  werden. 

Bioili,  J.  Die  Anwendung  des  Fruchtgürtels  bei 
d  e  r  K  a  r  1 0  f  f  e  1.    (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  1918,  VI,  S.  57—60.) 

Correns,  C.  Ein  Fall  experimenteller  Verschiebung 
des  Geschlechtsverhältnisses.  (Sitzungsbericht  d.  k.  preuss. 
Akademie  d.  Wissenschaften  1917,  LI,  S.  685—717.)  Die  Versuche 
wurden  mit  je  einem  W^eibchen  von  Melandrium  album,  Melandrium 
rubrum,  ^Melandrium  rubrum  X  album  und  Melandrium  album  X  rubrum, 
das  isohert  in  einem  Abteil  des  Gewächshauses  stand,  und  einem 
Männchen  von  Melandrium  rubrum  X  album  ausgeführt,  das  in  einem 
anderen  Abteil  stand.  Es  wurden  Bestäubungen  ausgeführt  mit  1.  sehr 
grossem  Überschuss  an  Blütenstaub,  2.  massig  viel  und  3.  wenig 
Blütenstaub.  Bei  Vergleich  von  1  mit  3  ergab  sich,  dass  sehr  viel 
Bliltenstaub  29,86%.  wenig  Blütenstaub  42,96  °/o  Männchen  erwachsen 
liess,  demnach  eine  Verschiebung  des  Geschlechtsverhältnisses  er- 
möghcht  wurde. 

Fruwirth,  C.  Der  Einfluss  des  Einschlussmittels 
auf  die  Samenbildung.  (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  1917, 
V,  S.  391—395.) 

Fruwirth,  C.  Die  Umzüchtung  von  Wintergetreide 
in  Sommergetreide.  (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  1918,  VT, 
S.  1—46.) 


Neue  Erscheiuungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  99 

Hansen,  W.  Die  sinnbildliche  Bewertung  der  Par- 
zellen- und  Zuchtpflanzen.  (Illustrierte  landwirtschafthche 
Zeitung  1918,  S.  42.)  Um  eine  raschere  Übersicht  zu  ermöglichen 
werden  die  absoluten  Zahlen,  welche  für  die  Eigenschaften  festgestellt 
wurden,  einheitlich  nach  einer  fünfstufigen  Skala  bewertet,  derart,  dass 
die  besten  absoluten  Zahlen  die  sinnbildliche  Zahl  1  (sehr  gut)  be- 
kommen, die  schlechtesten  die  Zahl  5  (sehr  schlecht).  So  werden  z.  B. 
bei  Tausendkorngewicht  die  absoluten  Zahlen,  die  in  2  Jahren  gewonnen 
wurden. 


i  Stamm: 

A 

B 

c; 

D 

E 

F   im  ersten  Jahr 

mit  g: 

49 

50 

52 

50 

54 

52  bewertet  mit: 

5 

4 

3 

4 

1 

3  und  im  zweiten  Jahr 

mit  g: 

55 

57 

57 

55 

60 

58  bewertet  mit: 

5 

3 

3 

5 

1 

3. 

Havas,  G.  Rendellenessegek  a  közönseges  ken- 
deren..  Cannabis  sativa  L.  var.  monophylla.  (Kizerletügyi  Közle- 
menyek  Jahrg.  1916,  S.  712 — 717.)  Die  beim  Hanf  häufig  auftretende 
allzu  frühe  Blüte,  welche  mit  niedrigerem  Wuchs  und  minderem  Ertrag 
verbunden  ist.  veranlasste  diese  Untersuchungen.  Um  die  Ursachen 
dieser  Erscheinung  zu  entdecken,  sind  auf  der  Kgl.  ung.  Hanf-  und 
Leinenfachanstalt  in  Budapest  in  den  Jahren  1914 — 1916  Anbauver- 
suche angestellt  worden.  Das  frühzeitige  Blühen  tritt  oft  massenhaft, 
auch  zwei  Monate  früher  ein,  als  die  normale  Blüte,  und  die  Ursache 
des  damit  verbundenen  niedrigen  Wuchses  ist  die  Inzucht.  Die  durch 
Inzucht  gewonnene  Nachkommenschaft  des  heterezygotischen  Hanfes 
nähert  sich  der  Homozigotie  und  die  Degenerationserscheinungen 
sind:  die  frühzeitige  Blüte,  kürzere  Vegetationszeit,  niedrigerer  Wuchs 
und  die  Abnormitäten  der  Blüten  und  der  Blätter,  und  zwar:  Tricotihe, 
Monophylhe,  Pseudohermaphroditiamus,  Phyllodie.  Bei  den  Bastar- 
den der  auf  gewisse  Degenerierungsstufen  stehenden  reingezüchteten 
Zuchtstämmen  verschwinden  die  Degenerierungserscheinungen,  die 
Bastarde  zeigen  einen  üppigeren  Wuchs.  Es  ist  wahrscheinlich,  dass 
man  durch  richtige  Auslese  und  damit  verbundene  Bastardierung 
schon  binnen  einigen  Jahren  wertvolle  neue  Hanfsorten  erzeugen  kann. 
Die  monophyllen  Blätter  können  als  ein  Fall  von  Atavismus  betrachtet 
werden,  weil  der  jetzige  5-  und  7  fach  symmetrisch  gefingert-blättrige 
Hanf,  von  einfach  blättrigen  Ahnen,  wahrscheinlich  durch  Teilung  der 
Blätter  entstanden  ist.  Autoreferat. 

Jelinek,     J.       Beiträge     zur     Technik     der     Weizen- 
bastardierung.   (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  1918,  VI,  S.  55 — 57.) 

Kajanus,    B.     Über    die    Farbenvariation    der    Beta- 
Rüben.     (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  1917,  V,  S.  357—372.) 


j(j(j  Neue  Erscheinungeu  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Kirsche.  Der  Tonplatten-Trockner.  ( Zeitschr.  L 
Pflanzenzüchtung  1918,  VI,  S.  60—62.) 

Kraus,  C.  Untersuchungen  über  die  Vererbungs- 
verhältnisse bei  Nachkommenschaften  reiner  Linien, 
(Fühlings  Landw.  Zeitung  66.  Jahrg.,  1917,  Heft  23/24,  S.  457—487.) 
Bei  den  früheren  Züchtungen  (Fühlings  Landw.  Zeitung  1909,  S.  265) 
hatten  langjährige  Auslesen  bei  den  Linien  von  3  Gerstenformen  die 
Höchstzahlen  für  die  hauptsächlichen  Eigenschaften  der  Ähren  über 
den  Anfangszustand  hinaus  nicht  zu  erhöhen  vermocht,  ebenso  wenig 
waren  haltbare  Erhöhungen  der  Rispengewichte  bei  denjenigen  Hafer- 
linien erzielt  worden,  bei  denen  der  Rispentj^us  unverändert  ge- 
blieben war.  Gleichwohl  waren  die  Auslesen  unter  den  gruppenweise  ge- 
trennten Nachkommenschaften  der  Gersten  insofern  nicht  wirkungslos 
gewesen,  als  entgegen  den  ursprünglich  vorhandenen  wesentlichen  Un- 
gleichheiten eine  befriedigende  Gleichmässigkeit  erreicht  wurde.  Im 
Falle  der  Auslese  nur  nach  den  Ährenmerkmalen  hätte  man  •  freilich 
schliessen  müssen,  dass  die  Auslesen  wirkungslos  gewesen  seien.  Der 
Liniencharakter  selbst  blieb  unverändert.  Die  Beobachtungen  führten 
zu  der  Meinung,  dass  dem  Verhalten  individuelle  bzw.  nachkommen- 
schaftliche Unterschiede  zugrunde  liegen,  also  durch  fortgesetzte  Aus- 
lese die  besten  Zweige  und  Nachkommenschaften  ungefähr  forterhalten 
^werden  könnten,  während  ohne  das,  zufolge  der  Ungleichartigkeit  der 
Nachkommenschaften,  der  alte  Zustand  bald  wiedergekehrt  wäre.  Die 
verschiedenen  Gerstenformen  stimmten  im  Fortgange  der  Verbesse- 
rungen nicht  ganz  überein,  und  die  Haferzuchten  unterschieden  sich 
von  den  Gersten  darin,  dass  die  grossen  nachkommenschaftlichen  Unter- 
schiede fehlten,  am  meisten  bei  einer  Form,  bei  der  oberhalb  die  Aus- 
lesen so  gut  wie  ohne  Wirkung  waren.  Diese  Form  stand  von  den 
Versuchslinien  zu  unterst  in  der  Verschiebbarkeit  der  anfänglichen 
Durchschnitte,  am  anderen  Ende  der  Reihe  standen  die  Gersten  und 
dazwischen  die  anderen  Haferzuchten. 

Diese  Erfahrungen  der  früheren  Jahre  dienten  zum  Ausgang 
weiterer  Untersuchungen,  in  denen  extreme  Plus-  und  j\Iinus Varianten 
von  zwei  Gerstentypen,  je  aus  besten  bzw.  geringsten  Nachkommen- 
schaften genommen  und  auch  Vervielfältigungen  davon  vergleichend  ge- 
prüft wurden.  Die  Auslesen  geschahen  fast  ausnahmslos  nach  den 
Pflanzengewichten,  der  Schwerpunkt  lag  aber  nicht  bei  den  Wahl- 
pflanzen, sondern  bei  den  getrennt  fortgebauten  Nachkommenschaften. 
Da  die  Aussicht  auf  Erfolge  grösser  sein  könnte,  wenn  mit  vielen 
Nachkommenschaften  gearbeitet  wurde,  so  wurden  die  Auslesereihen 
mit  einer  grösseren  Anzahl  von  Ausgangspflanzen  und  -Nachkommen- 
schaften begründet.  Leider  wurden  die  Versuche  1915  durch  abnorme 
Trockenheit  gestört,  auch  1916  war  das  Wachstum  nicht  ganz  normal 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  101 

und  1917  litt  es  abermals  durch  lange  Trockenheit.  Aus  diesem 
Grunde  laufen  die  in  der  Mitteilung  besprochenen  Reihen  1914  und 
vereinzelt  1915  aus. 

Ergebnisse. 
I.  Elite nachkommenschaften.  Im  Mittel  der  Durch- 
schnittspflanzengewichte der  einzelnen  Zweige  machten  sich  die  gegen- 
teiligen Auslesen  darin  bemerkbar,  dass  die  Gewichtsmittel  bei  den 
Nachkommenschaften  der  Plusauslesen  grösser  waren  als  bei  den  Minus- 
auslesen, dies  war  aber  nicht  bei  allen  Zweigen  jeder  der  4  Versuchs- 
reihen  der  Fall,  dann  nicht  bei  allen  im  gleichen  Maße,  auch  nach  Jahr- 
gängen verschieden.  Die  zweigweisen  Unterschiede  erstreckten  sich 
auch  darauf,  dass  die  Differenzen  zwischen  den  beiderlei  Nachkommen- 
schaften früher  oder  später  wieder  verschwanden,  im  Einzelfall  er- 
hielten sie  sich  bis  zu  5  Generationen  fort.  —  Die  Einzelnachkommen- 
schaftsgewichte der  einzelnen  Zweige  waren  verschieden  gleichmässig, 
wobei  die  Zugehörigkeit  zu  einem  Zweige  mehr  von  Belang  war  als  die 
individuelle  Abstammung.  War  die  Ausleserichtung  nicht  schlechthin 
massgebend  für  die  Plus-  und  Minuszweigmittel,  so  waren  die  Einzel- 
nachkommenschaftsgewichte noch  weniger  in  der  Weise  bestimmt,  dass 
sie  bei  den  Plusnachkommenschaften  eines  Zweiges  durchweg  grösser 
gewesen  wären,  als  bei  den  Minusnachkommenschaften  desselben 
Zweiges.  Bei  den  Plusauslesen  waren  geringere  und  bei  den  Minus- 
auslesen grössere  Nachkommenschaftsgewichte  vorhanden,  nur  gingen 
die  Einzelmdttel  in  den  ersten  Generationen  bei  den  Plusauslesen  höher 
aufwärts,  bei  den  Minusauslesen  aber  abwärts.  Bei  den  Plusauslesen 
war  die  Anzahl  der  Nachkommenschaften  mit  grösseren  Gewichten 
verhältnismässig  grösser  als  bei  den  Minusauslesen,  entgegen  den 
Ausleserichtungen  erschienen  immer  wieder  ausweichende  Gewichte,  was 
früher  oder  später  den  Ausgleich  der  beiderlei  Mittel  bewirkt  hat. 
Konnten  also  durch  die  fortgesetzten  Plusauslesen  bessere  Zweigdurch- 
schnitte erreicht  werden,  so  waren  dauernde  Erfolge  nicht  zu  erzielen, 
vielfach  waren  solche  nicht  einmal  in  der  nächsten  Generation  nach- 
zuweisen. 

IL  Vermehrungen.  Bei  den  Vermehrungen  (Vervielfältigungen) 
der  Elitenachkommenschaften  waren  die  gesamten  Endmittel  der 
Plusnachkommenschaften  teils  grösser,  teils  gleich  jenen  der  Minus- 
nachkommenschaften. Die  einzelnen  Nachkommenschaften  verhielten 
sich  abweichend,  es  fanden  sich  solche  mit  grösserer  bzw.  kleinerer  oder 
mit  ähnlicher  Produktion  ohne  Rücksicht  auf  die  Ausleserichtung,  nur 
waren  die  besseren  in  den  Plusreihen  in  der  Anzahl  mehrfach  über- 
wiegend, etliche  hoben  sich  durch  geringere  bzw.  grössere  Reduktion 
durch  mehrere  Generationen  hindurch  ab. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VI.  8 


102  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

III.  Sonstige  Feststellungen.  Die  Unterschiede  in  der 
Wachstumsenergie,  welche  in  den  Pflanzengewichten  sich  äusserten, 
waren  vielfach  zweig-  und  nachkommenschaftsweise  mit  Verschieden- 
heiten in  anderen  Merkmalen  (Stärke  der  Bestockung,  geringere  oder 
grössere  Gleichmässigkeit  in  der  Ausbildung  derselben  neuen  Pflanze, 
verschiedene  Länge,  Dicke,  Festigkeit  der  Halme;  Neigung  zum  Lagern, 
Färbung  der  Blätter.  Ährenbau  nach  Dichtigkeit,  Vorkommen  von 
Lückigkeit  und  von  Ansätzen  zu  Verzweigungen,  Zeitpunkt  des 
Schossens  und  der  Reifung.  Anfälligkeit  gegen  Helminthosporium  usw.) 
verbunden.  Über  Andauer  dieser  Unterschiede  bei  den  Ehtenach- 
kommenschaften  und  Vermehrungen  gaben  die  Versuche  vorerst  noch 
keine  zureichende  Aufklärung. 

Zur  Erklärung  der  Ergebnisse  lassen  sich  nachkommenschaft- 
liche Abweichungen  und  innere  Ursachen  der  gesamten  Ausbildungs- 
weise in  Anspruch  nehmen,  aus  denen  Besonderheiten  hervorgehen, 
welche  zuletzt,  mit  allmählicher  Abschwächung  der  besonderen  inneren 
Bedingungen,  den  äusseren  Einflüssen  unterliegen.  Dafür,  dass  die 
Besonderheiten  nicht  etwa  die  Folge  der  entgegengesetzten  Auslesen 
waren  (es  war  nur  bei  den  Plusauslesen  die  Wahrscheinlichkeit  grösser, 
Indi^dduen  aus  Nachkommenschaften  grösserer  Wüchsigkeit  ausfindig 
zu  machen  als  bei  den  Minusauslesen  und  umgekehrt),  dass  sie  viel- 
mehr als  primär  anzusehen  sind,  lassen  sich  verschiedene  Umstände, 
bis  zurück  zur  Entstehung  der  Geschlechtselemente,  geltend  machen. 
Es  ist  auch  die  Frage,  ob  nicht  die  andauernde  Selbstbefruchtung,  in 
Wechselwirkung  mit  bestimmten  Beschaffenheiten  der  Geschlechts- 
zellen, Besonderheiten  nachteiliger  Art  mit  sich  brachte.  Nachkommen- 
schaften, welche  Fremdbefruchtungen  innerhalb  einer  der  Gerstenver- 
suchslinien entstammten,  waren  durch  kräftigeres  Wachstum  ausge- 
zeichnet. Mit  der  Verschiedenartigkeit  der  inneren  Bedingungen,  die 
bei  der  Entstehung  der  nachkommenschaftlichen  Besonderheiten  be- 
teiligt waren,  konnte  ein  unterschiedliches  Maß  der  Erbhchkeit  (Über- 
tragbarkeit) und  Widerstandsfähigkeit  gegen  die  äusseren  Einflüsse 
zusammenhängen. 

Aus  den  Versuchen  lassen  sich  mehrfache  Analogien  im  Verhalten 
der  Zweige  und  Zweignachkommenschaften  einer  reinen  Linie  mit 
reiner  Linie  selbst,  im  Vergleiche  miteinander,  bei  ersteren  allerdings 
mit  stark  abgeschwächtem  Maße,  ableiten,  namentlich  in  der  Hinsicht, 
dass  nützliche  Wirkungen  der  Auslesen  innerhalb  einer  Linie  in  gleicher 
Weise  davon  abhängen,  dass  Nachkommenschaften  mit  durch  eine  Ur- 
sache bedingten  spezifischen  Besonderheiten  vorhanden  sind,  wie  jene 
bei  Sorten  von  dem  Vorhandensein  guter  Linien  bedingt  sind.  Der 
Inhalt  reiner  Linien  (und  auch  ihrer  einzelnen  Nachkommenschaften) 
an  spezifischen  Besonderheiten  und  deren  Äusserungsformen  ist  gewiss 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  103 

viel  weiter  zu  fassen,  als  dass  er  nur  in  den  zur  Unterscheidung  ver- 
werteten Äusserlichkeit  der  quantitativen  Variationen  erschöpft  sein 
könnte. 

Wenn  auch  der  Grundcharakter  einer  Linie  durch  Auslese  nicht 
veränderbar  ist,  so  könnten  doch  schon  durch  nachkommenschaftliche 
Isolierungen  erreichbare,  nicht  dauernde  Unterschiede  für  den  Nach- 
bau von  praktischem  Werte  sein.  Ob  aber  in  dieser  Weise  die  Brauch- 
barkeit der  Linien  einer  Form  zu  bester  Leistung  zu  bringen  ist  oder 
nicht,  kann  nur  nach  den  bei  der  Züchtung  selbst  im  einzelnen  Falle 
zu  gewinnenden  Erfahrungen  bestimmt  werden.  Autoreferat. 

Lotsy,  J.  P.  L'oenothere  de  Lamarck  et  la  quint- 
essence  de  la  theorie  du  er  oisement.^)  (Extrait  des  archi- 
ves  Neerlandaises  des  sciences  exactes  et  naturelles  serie  III B.  tome 
III.  1917,  S.  324—354,  6  Tafeln.)  Die  Erscheinungen  bei  Oenothera 
Lamarckiana,  die  von  de  Vries  als  Mutationen  bezeichnet  wurden, 
werden  vom  Verfasser  als  de  Vries'sche  Zerlegungen  gegenüber  den 
Mendel'schen  Spaltungen  bei  Bastarden  bezeichnet.  Als  wichtigste 
Tatsache  für  diese  Erklärung  wird  bezeichnet,  dass  die  Geschlechts- 
zellen, welche  die  Oenothera  „Hybriden"  mit  laeta,  velutina  bilden,  die- 
selben sind,  aus  welchen  diese  Formen  selbst  entstanden  sind,  und  dass 
Oenothera  Lamarckiana  sich  in  gleicher  Weise  verhält.  Während  bei 
Bastardierung,  bei  welcher  die  Mendel'sche  Spaltung  gilt,  die  beiden 
Geschlechtszellkerne  eine  so  grosse  Affinität  besitzen,  dass  sie  zusammen 
einen  Bastardkern  bilden,  ist  die  Affinität  bei  Bastardierungen,  die 
de  Vries'sche  Zerlegung  zeigen,  so  gering,  dass  die  beiden  Kerne 
nur  eine  Kernchimäre  bilden.  Für  eine  Zellkernchimäre  ist  kenn- 
zeichnend, dass  die  Beschaffenheit  der  Geschlechtszellen  sich  während 
des  Lebens  der  Pflanze  —  dem  diploiden  Zustand  derselben  —  sowohl 
als  auch  bei  der  Bildung  der  Geschlechtszellen  erhält,  so  dass  dieselben 
Arten  von  Geschlechtszellen  gebildet  werden,  aus  welchen  die  Pflanze 
entstanden  ist. 

Mayer,  Gmelin  H.  Mededeelingen  omtrent  enkele 
kruisings-en  veredelings-pr oef nemingen.^)  (Cultura  1917. 
19  S..  4  Taf.)  Im  .Jahre  1916  hatte  Verfasser  bereits  darauf  aufmerk- 
sam gemacht,  dass  Bastardierungen  bei  ungeschützt  abblühenden 
Fisolen  häufiger  vorkommen,  als  man  dies  bisher  annahm.  1915 
konnten  weniger  Bastardierungsfolgen  beobachtet  werden;  das  Jahr 
1914  war  offenbar  für  den  Eintritt  von  Bastardierungen  weniger 
günstig;  1916  wurden  je  nach  der  Sorte  0,  0,3— 2,2  ^/o,  1917  0.35  bis 
0,72  °/o  Bastardierungsfolgen  beobachtet.  Natürhch  hat  neben  der 
Blühzeit  auch  die  Lage  der  mit  den  einzelnen  Sorten  bebauten  Teil- 


*)  Lamarcks  Oenothera  und  die  Quintessenz  der  Theorie  der  Bastardierunir. 
'^)  Mitteilungen  über  einige  Bastardierungs-  und  Züchtungs versuche. 

8* 


X04  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

stücke  gegenüber  den  mit  anderen  Sorten  bebauten  auf  die  Höhe  des 
Prozentsatzes  von  Bastardierungsfolgen  Einfluss  und  ebenso  selbst- 
verständlich können  nur  dominierende  Eigenschaften  im  je  unmittelbar 
folgenden  Jahr  beobachtet  werden.  In  Anlehnung  an  die  vom  Refe- 
renten eingeführten  Befruchtungsversuche  mit  Hummeln  bei  Rotklee, 
wurden  solche  bei  Fisole  versucht.  Es  konnte  bei  68  Versuchen  nicht 
eine  Bastardierungsfolge  festgestellt  werden.  —  Bei  Weizen  wurden 
zwar,  nach  Nebeneinanderabblühen  verschiedener  Sorten,  Bastar- 
dierungsfolgen beobachtet,  aber  noch  seltener  als  von  N  i  1  s  s  o  n  - 
E  h  1  e.  Während  dieser  äusserst  1  "/„  solcher  beobachten  konnte, 
wurden  vom  Verfasser  äusserst  0,87  "/^  festgestellt.  Sowohl  der  Erst- 
genannte als  der  Verfasser  fanden  aber  auch  Fälle,  in  welchen  gleich- 
zeitig abblühende  Sorten,  ohne  Bastardierungsfolgen  zu  liefern,  neben- 
einander stehen  konnten.  Verfasser  ist  daher  geneigt,  der  Ansicht 
jener  zuzuneigen,  welche  die  spontane  Bastardierung  bei  Weizen  als 
Seltenheit  betrachten.  —  Bei  Roggen  wurden  bei  Veredlungszüchtung 
Versuche  mit  vollkommener  geschlechtlicher  Isolierung  und  mit  räum- 
hcher  ausgeführt.  Die  grössere  Geneigtheit  einzelner  Individual- 
auslesen  für  Selbst-  und  Nachbarbefruchtung  wurde  auch  vom  Verfasser 
beobachtet.  Der  Kornersatz  schwankte  im  Mittel  pro  Ähre  zwischen 
0  in  3  von  59  Fällen  und  ^/g — öT^/g,  je  bezogen  auf  die  Zahl  der  Blüten. 
Da  die  Beurteilung  der  Ährenform  bei  vollständig  eingeschlossenen 
Pflanzen  nicht  gut  durchführbar  ist,  wurde  bei  Züchtung  mit  dieser 
ein  Teil  der  Pflanzen  je  immer  frei  abblühen  gelassen  und  nur  zur  Be- 
urteilung verwendet. 

Peklo,  J.  0  nekterych  novych  miseucich  psenic- 
nych.i)  (Zemedelsky.  Archiv  7,  1916,  1  u.  163.)  Es  wurden  Bastar- 
dierungen zwischen  Kotte-Grenadier  und  Grenadier  II  einerseits  und 
Jinonicer  Wechselweizen  sowie  Kubanka  andererseits  ausgeführt.  Die 
Bastarde  werden  eingehend  in  F^  und  F2  beschrieben,  wobei  auch  das 
Verhalten  von  Mehhgkeit  :  Glasigkeit  der  Körner  beachtet  wird.  Die 
Spaltung  glasig  :  mehlig  scheint  nach  dem  Verhältnisse  1  :  1  oder  4  :  1 
zu  erfolgen;  infolge  nicht  zu  grosser  Individuenanzahl  konnten  die 
Spaltungen  nicht  genau  ermittelt  werden.  In  F..  des  Bastardes  Kotte- 
Grenadier  X  Jinonicer  Wechselweizen  wurde  bei  einem  Individuum 
vegetative  Aufspaltung  in  der  Ährenform  beobachtet:  die  sechshalmige 
Pflanze  hatte  5  Ähren  vom  Kotte-Grenadiertypus  und  eine  Ähre  vom 
Typus  des  Wechselweizens.  Jelinek. 

Peklo,  .T.  Bastardoväni  psenice  se  zitem  a  nektere 
otäzky    agrikulturnibiologie.  2)      (Zemedelsky    Archiv    7,    1916^ 


^)  Über  einige  neue  Weizenmischlinge. 

-)  Die   Bastardierung  des  Weizens   mit  Roggen  und  manche   Fragen  der  Agri- 
kulturbiologie. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  105 

369.)  Verfasser  bespricht  die  Sterilität  der  Weizen-Roggenbastarde 
und  wirft  die  Frage  auf,  ob  nicht  durch  Eingriffe  in  die  Lebens- 
bedingungen eine  gewisse  Fertihtät  erzielt  werden  könnte,  wie  es  z.  B. 
die  Versuche  von  H.  Fischer  mit  Tropaeolum  bei  Kohlensäure- 
ernährung anzudeuten  scheinen.  Wenn  dabei  der  Pollen  des  Bastardes 
doch  inaktiv  bleiben  sollte,  so  könnte  wenigstens  versucht  werden,  ob 
nicht  die  Eizellen  zu  parthenogenetischer  Entwicklung  gebracht  werden 
könnten.  An  verschiedenen  Hafersorten  unternommene  Kastrations- 
Vorversuche  hält  der  Verfasser  als  erfolglos.  Weiter  versuchte  der 
Verfasser  analog  seinen  mit  Fucus  serratus  unternommenen  Versuchen 
auch  bei  Phanerogamen,  und  zwar  bei  Salix  myrtacea,  Lilium  can- 
didum,  Galtonia  candicans,  Saponaria  officinalis  und  Torenia  ariatica 
Parthenogenesis  durch  die  Einwirkung  einbasischer  Fettsäuren  her- 
vorzurufen, aber  ausser  einer  unsicheren  Parthenocarpie  bei  Lihum 
einstweilen  erfolglos.  Jelinek. 

Ryx,  G.  v.  Ein  neues  Beispiel  einer  Knospenmuta- 
tion bei  der  Kartoffel.  (Deutsche  landw.  Presse  1918,  S.  2, 
1  Abb.)  Auf  der  Getreide-  und  Kartoffelzüchtungswirtschaft  Oltarzew 
bei  Warschau  wurden  in  der  Sorte  Early  rose  sowohl  1914  als  1915 
Pflanzen  beobachtet,  die  gegen  Phytophthora  widerstandsfähiger 
waren.  1916  und  1917  wurde  eine  Vervielfältigung  der  beobachteten 
Pflanzen  vorgenommen  und  eine  genaue  Beobachtung  der  neuen  Form. 
Als  kennzeichnend  wurde  ausser  der  erwähnten  Widerstandsfähigkeit 
gefunden,  dass  bei  dem  Endblättchen  der  Blätter  der  Teil  oberhalb  der 
grössten  Breite  kürzer  als  bei  der  Ausgangsform  ist.  Wird  der  obere 
Abschnitt  je  =  100  gesetzt,  so  ist  der  untere  bei  der  neuen  Form 
108,9,  bei  der  Ausgangsform  79,87.  Bei  einigen  gemessenen  anderen 
Kartoffelsorten  ist  der  untere  Abschnitt  in  diesem  Falle  60,4 — 72,8. 
Wenn  auch  über  das  erste  Auftauchen  der  Variante  keine  Beobachtung 
vorliegt,  glaubt  der  Verfasser  doch  sie  als  spontane  Variation  oder, 
wie  er  es  nennt,  als  Knospenmutation  auffassen  zu  können. 

Roemer,  Th.  Über  Farbenabweichung  bei  Zucker- 
rüben.    (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  1917,  V,  S.  381—391.) 

Terasvuori,  K.  Über  in  Finnland  feldmässig  gebaute 
Erbsenformen.  Experimentelle  Vererbungsunter- 
suchungen mit  besonderer  Berücksichtigling  der  An- 
zahl der  Samenanlagen  und  Samen  in  den  Hülsen. 
(Acta  Societatis  pro  fauna  et  flora  Fennica  40,  Nr.  9.  Helsingfors  1915.) 
Von  der  agrikulturökonomischen  Zentralversuchsstation  in  Finnland 
wurde  1910  mit  Erbsenzüchtung  begonnen,  die  unter  den  Landsorten 
gute  Formenkreise  auffinden  lassen  sollte.  Bei  den  Formenkreisen 
wurden   von   Terasvuori    1910 — 1913   verschiedene   Eigenschaften 


l^j^■^  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

untersucht  und  in  der  vorliegenden  Arbeit  von  solchen  die  Zahl  der 
Samenknospen  und  der  Samen  je  in  den  Hülsen  und  die  Beziehmig 
dieser  Eigenschaften  zn  anderen  erörtert.  Die  Zahl  Samenknospen  ist 
bei  Hülsen,  die  zu  je  2  an  einem  Stiel  stehen,  in  der  unteren,  älteren 
grösser.  Sitz  der  Hülse  nach  Höhe  an  der  Achse  beeinflusst  die 
Samenzahl  nicht.  An  einem  Individuum  findet  man  gewöhnlich  Hülsen 
mit  2 — 3  verschiedenen  Arten  von  Hülsenzähligkeit,  also  solche  mit 
z.  B.  6  und  7  (6-  und  7  zählige)  oder  6,  7  und  8  Samenknospen  pro 
Hülse.  Bei  Vergleich  von  verschiedenen  Linien  zeigen  sich  Unter- 
schiede in  der  ZähUgkeit,  die  für  die  reinen  Linien  tjqiisch  sind.  In 
einer  Linie  zeigen  die  Individuen  derselben  1 — 3  Zähligkeitsklassen 
der  Hülsen,  wobei  eine  der  Klassen  meist  über  die  Hälfte  aller  Hülsen 
umfasst:  typisch  ist,  oder  2  Klassen  deutlich  mehr  Hülsen  umfassen: 
typisch  sind.  Die  Zähligkeit  bei  einer  reinen  Linie  wird  von  äusseren 
Einflüssen  modifiziert,  ist  aber  für  dieselben,  wie  erwähnt,  doch  typisch, 
wird  verhältnismässig  vererbt.  Man  kann  demnach  mindestens  16  ver- 
schiedene Typen  unterscheiden  (solche  mit  5 — 6 — 7 — 8' — 9 — 10 — 11 — 12 
—4  u.  5—5  u.  6—6  u.  7—7  u.  8—8  u.  9—9  u.  10—10  u.  11—11  u.  12 
Samenknospen  pro  Hülse).  Ein  Zusammenhang  der  Zähhgkeit  be- 
treffend Samenknospenzahl  mit  anderen  Eigenschaften,  wie  Blüten- 
farbe, Samengrösse  usw.  konnte  nicht  festgestellt  werden.  Praktisch 
wichtiger  als  die  Zahl  der  Samenknospen  ist  die  Zahl  der  Samen  pro 
Hülse.  An  der  einzelnen  Pflanze  sinkt  die  Zahl  pro  Hülse  mit  der  zu- 
nehmenden Höhe  des  Hülsensitzes  (Korrelationskoeffizient  — 0,41  ± 
0.03).  Von  zu  zweien  an  einem  Stiel  sitzenden  Hülsen  hat  die  untere 
— •  wie  schon  Tedin  zeigte  —  mehr  Samen.  An  einer  Pflanze  finden 
sich  oft  alle  Zähligkeiten  der  Hülse  betreffend  Samenzahl,  meist  sind 
aber  2 — 3  Zähligkeitsklassen  am  stärksten  vertreten.  Reine  Linien 
haben,  so  wie  für  Samenknospen,  auch  für  Samen  typische  Zähligkeit, 
wenn  auch  die  Samenzahl  pro  Hülse  von  äusseren  Einflüssen  stark  be- 
stimmt wird,  und  zwar  mehr  als  die  Zahl  Samenknospen  pro  Hülse. 
Erblich  bei  einer  reinen  Linie  ist  demnach  das  Vermögen,  mehr  oder 
weniger  Prozent  Samenknospen  zu  Samen  auszubilden.  Eine  Be- 
ziehung zwischen  Samenzahl  pro  Hülse  und  anderen  Eigenschaften  ist 
nur  bei  Samengrösse  festzustellen,  und  _  zwar  eine  negative.  Danach 
entwickeln  grosskörnige  Linien  verhältnismässig  weniger  Samenknospen 
als  kleinkörnige. 

Trabut.  La  Lucerne  cultivee,  un  bästard.  (Compt. 
rend.  de  l'academie  des  sciences  164.  Bd.,  1917,  S.  607—609.)  Unsere 
gebaute  Luzerne,  die  Medicago  sativa  Linne's,  wird  als  Bastardierungs- 
ergebnis von  Medicago-Arten  angesehen.  Für  Algier  werden  als  Eiter- 
formen Medicago  getula  Urban  und  Medicago  tunetana  Murbeck  (M. 
coerulea  Le.,  M.  contorta  Gilib)  genannt.     Beide  Formen,  die  sich  da- 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  107 

selbst  rein  erhalten  haben,  sind  sehr  mittelmässige  Futterpflanzen, 
blühen  gelb,  blan,  rosa  oder  weiss  und  können  lange  Rhizome  ent- 
senden. In  Algier  halten  sich  diese  Formen  rein,  da  Medicago  falcata 
daselbst  nicht  vorkommt.  Medicago  falcata  mit  den  Formen  Medicago 
ruthenica,  glutinosa,  platycarpa  kommt  erst  nördlicher  vor.  Diese  Art 
hat,  im  geschlechtlichen  Zusammentritt  mit  den  beiden  erwähnten 
algerischen,  die  kultivierte  Luzerne  gehefert.  Dadurch  erklärt  sich 
auch  die  Vielförmigkeit  der  letzteren,  die  für  Züchtung  reiche  Gelegen- 
heiten gibt.  Sichere  Durchführung  solcher  ist  nur  möghch  in  Gegen- 
den, in  welchen  weder  die  wilden  Eiterformen,  noch  jene  Bastar- 
dierungsergebnisse, die  man  unter  Medicago  media  zusammenfasst,  vor- 
kommen. 

Urban,  J.  Über  die  Farbe  des  Rübenkrautes  früh- 
11  nd  spätreifender  Rüben.  (Zeitschr.  f.  Zuckerrübenindustrie 
in  Böhmen  XLII,  1918,  S.  281 — 297.)  Eine  bei  zwei  Individualauslesen 
durchgeführte  Untersuchung  ergab,  dass  die  helle  Farbe  der  Blätter 
im  Oktober  kein  sicheres  Zeichen  für  Frühreife  oder  hohen  Zucker- 
gehalt der  Rübenkörper  ist.  Hellere  Blätter  enthielten  weniger  Stick- 
stoff und  in  einem  Fall  weniger  Kali  und  Natron. 


2.  Bücherbesprechungen. 

Zade,  Dr.  Adolf.  Der  Hafer.  (Eine  Monographie  auf  wissen- 
schaftlicher und  praktischer  Grundlage.  Oktav,  31  Textabb.  Jena,  Ver- 
lag von  Gustav  Fischer,  1918.  M.  9.)  Das  Buch  wird  jedem,  der  mit 
Hafer  sich  beschäftigen  will,  sehr  erwünscht  sein.  Es  bietet  eine  Dar- 
stelkmg  des  über  den  Hafer  als  Kulturpflanze  bekannten  und  diese  ist 
von  einem  Verfasser  gegeben,  der  auf  dem  Gebiete  selbst  mehrfach  tätig 
war,  die  Einzelheiten  daher  selbst  beurteilen  kann.  Dem  Züchter 
wird  in  dem  Abschnitt  „Züchtung"  unmittelbar  Verwertbares  geboten. 
Es  sind  aber  auch  in  anderen  Abschnitten  Gegenstände  behandelt,  die 
für  ihn  von  Interesse  sind.  So  in  dem  Abschnitt  Systematisches  die 
Beziehung  zum  Wildhafer,  mit  dem  der  Verfasser  sich  eingehendst  be- 
fasst  hat,  die  ausführlichen  Erörterungen  über  die  Systematik  des 
Hafers  mit  dem  Versuch  des  Verfassers  eine  eigene  Systematik  in  An- 
lehnung an  Böhmer  zu  schaffen,  der  umfangreiche  Sortenhinweis 
und  der  interessante  Stammbaum  der  verbreiteten  Hafersorten,  dann 
im  Abschnitt  Saat,  die  Ausführungen  über  Spelzengehalt  und  die 
Bedeutung  der  verschiedenen  Kornformen.  Der  gesamte  Abschnitt 
., Gestaltsbeschreibung  in  der  Reihenfolge  der  Entwicklung"  wird  von 
jedem  Züchter  von  Hafer  gelesen  werden  müssen. 


V. 

Kleine  Mitteilungen. 


Wissenschaftliche. 

Zahlenmässige  Bestimmung  der  Kornschönheit  bei  Braugerste. 

Von  Georg  t.  Ryx, 

Leiter  der  polnischen  Getreide-  und  Kartoffelzuchtgesellschaft  in  Oltarzew  bei  Warschau 

(Mit  2  Textabbildungen.) 

Maß  und  Wage  —  also  überhaupt  die  Zahlen  —  sind  das  Ent- 
scheidende für  den  Naturforscher  unserer  Tage.  Auch  die  Auslese  bei 
der  Pflanzenzüchtung  beruht  fast  vollständig  auf  Zahlen.  Nur  wenige 
Eigenschaften  werden  nach  persönlicher  Ansicht  geschätzt  und 
punktiert.  Manche  bei  der  Züchtung  in  Betracht  kommende  Begriffe 
werden  aber  noch  nicht  in  einer  einzigen  Zahl  ausgedrückt,  so  bei- 
spielsweise die  „Schönheit"  oder  „Stattlichkeit"  des  Kornes,  welche 
sich  aus  Farbe,  Grösse  bzw.  Gewicht  und  Vollkörnigkeit  zusammensetzt. 

Die  Schönheit  des  Kornes  spielt  besonders  bei  Braugerste  eine 
hervorragende  Rolle.  Es  ist  wohl  bekannt,  wie  sehr  die  Brauer  die 
helle  Farbe  der  Gerste  schätzen,  die  heute  in  der  Züchtung  nur  per- 
sönlich beurteilt  wird.  Die  Grösse  des  Kornes,  die  wir  durch  Be- 
stimmmig  des  100-  oder  1000-Korngewichtes  ermitteln,  geht  parallel 
mit  der  absoluten  und  relativen  Menge  der  Stärke;  höhere  Zahlen  für 
dieselbe  sind  daher,  bis  zu  einer  gewissen  Grenze,  erwünscht.  Die 
Vollkörnigkeit,  d.  .h.  die  Bauchigkeit  des  Gerstenkornes,  wird  mit 
Recht  als  ein  Zeichen  grösserer  Mehligkeit  und  grösseren  Reichtums 
an  stickstofffreien  Extraktstoffen  und  andererseits  geringerer  Menge 
an  stickstoffreichen  Stoffen  und  geringerem  Spelzengehalt  ^)  be- 
trachtet. 

Wie  gesagt,  grösserer  Anteil  von  Stärke  im  Korn  und  dagegen 
Verminderung  von  Stickstoff  und  Spelzenanteil  geht  bei  der  Gerste 
meistens  in  Einklang  mit  der  Grösse  und  Vollkörnigkeit.  Wenn  auch 
diese  Tatsache  nicht  vermittelst  der  Analyse  bestätigt  wäre,  so  könnte 
man  trotzdem  zu  demselben  Schluss  a  priori  gelangen. 

Was  die  relative  Verminderung  des  Stickstoffes  und  die  Ver- 
grösserung  des  Stärkegehaltes  parallel  zu  der  Grösse  des  Kornes  an- 


1)  Süchting-Schulze ,  Zeitschrift  f.  d.  gesamte  Brauwesen  1881,  Nr.  1. 


IH)  Kleine  Mitteihmgen. 

belangt,  so  stützt  sich  diese  Tatsache  auf  dem  Verhältnis  des  eiweiss- 
haltigen  Keimlings  zu  dem  mehlhaltigen  Endosperm  des  Kornes.  Dies 
ist  so  zu  verstehen,  dass  sowohl  im  grossen  wie  im  kleinen  Korn  der 
Keimling  selbst  fast  immer  dieselbe  Grösse  besitzt,  daher  im  grossen 
Korn  einen  relativ  kleineren  Anteil  vorstellt.  Was  die  Verminderung 
des  Kornhüllenanteiles  mit  der  Grösse  des  Kornes  anbelangt,  so  ist 
es  leicht,  zu  dieser  Anschauung  zu  gelangen,  wenn  man  darauf  die 
Aufmerksamkeit  lenkt,  dass  im  grossen  Korn  seine  verholzten  Spitzen 
einen  relativ  kleineren  Teil  bilden  als  im  kleinen  Korn. 

Endlich  lässt  sich  auf  kleinerem  Hüllenanteil  im  A'erhältnis  zum 
Korn,  bei  vollkörnigen,  bauchigen  Samen,  aus  der  Tatsache  schliessen, 
dass  von  allen  gleichgrossen  Körpergestalten,  jene  die  kleinste  Ober- 
fläche besitzen  wird,  welche  am  meisten  der  Kugel  ähnelt,  denn  die 
Kugel  besitzt,  nebst  grösstem  Inhalt,  eben  die  kleinste  Oberfläche. 
Je  mehr  also  die  Breite  des  Gerstenkornes,  im  Verhältnis  zu  seiner 
Länge,  grösser  wird.  d.  h.  Je  mehr  das  Korn  einer  Kugel  ähnlich  sein 
wird,  desto  mehr  wird  auch  theoretisch  der  Gewichtsanteil  der  Korn- 
hülle kleiner,  die  Gerste  also  zu  Brauzwecken  tauglicher. 

Nun  darf  man  aber  nicht  vergessen,  dass  schon  Johansen  be- 
hauptete, dass  in  gewissen  Fällen  bei  der  ,,Goldthorpe"-Gerste  das 
Entgegengesetzte  gefunden  wird.  Die  von  ihn  geprüften  grössten 
Körner  dieser  Gerstensorte  wiesen  auf  grösseren  Eiweissgehalt  als  die 
kleineren  hin  —  aber  grundsätzlich  ist  auch  dieser  Forscher  derselben 
Meinung,  dass  in  der  Pflanzenzüchtung,  bei  Berücksichtigung  gewisser 
Einzelheiten,  doch  im  ganzen  die  Grob-  und  Vollkörnigkeit  der  Gerste 
als  ein  Merkmal  ihrer  Mehligkeit  betrachtet  werden  kann. 

Eine  Übertreibung  bei  der  Auslese  nach  Feinheit  der  Kornhülle 
kann  allerdings  zu  einer  so  weitgehenden  Verfeinerung  derselben 
führen,  dass  diese  beim  Drusch  reisst  und  dann  beim  Mälzen  ein  früh- 
zeitiges unwillkommenes   Schimmeln  eintritt  ^) 

Die  Vollkörnigkeit  ist  leicht  durch  Ermittlung  der  Längen-  und 
Breitendurchmesser  zu  bestimmen,  indem  man  entweder  die  relative 
Länge  des  Kornes  ins  Verhältnis  zu  der  gleich  100  gesetzten  Breite 
desselben  bringt  '^}  oder  —  wie  ich  es  tue  —  das  Längenmaß  durch 
das  Breitenmaß  teilt.  Im  ersteren  Fall  erhalten  wir  gewöhnlich  eine 
dreizifferige  Zahl  mit  einem  Dezimalbruch,  bei  meiner  Methode  eine 
einzifferige  Zahl  mit  drei  Dezimalen,  der  Unterschied  beruht  also  nur 
auf  der  Lage  des  Teilstriches.  In  beiden  FäUen  weist  eine  kleinere 
Zahl  auf  ein  volleres  Korn,  eine  grössere  auf  ein  geringeres,  mageres. 


1)  V.  Pro sko wetz,  Wiener  landw.  Ztg.  1907,  S.  520. 

-)Frnwirtli,    v.   Proskowetz,    Briem,   v.    Tschermak,    Die   Züchtung 
der  vier  Hawptyeti-eidearten,  1910,  S.  280. 


Kleine  Mitteilungen.  111 

Obwohl  also,  wie  wir  sehen,  die  Vollkörnigkeit  für  den  Brauwert 
wichtig  ist,  wurde  dieselbe,  meines  Wissens,  bis  jetzt  von  den  Züchtern 
noch  zu  wenig  beachtet. 

Im  folgenden  möchte  ich  ausführen,  wie  ich  in  unserem  Zucht- 
laboratorium die  zahlenmässige  Bestimmung  des  Begriffes  Kornschön- 
heit vornehmen  lasse. 

Die  zur  Vermessung  bestimmten  Körner  werden  zunächst  ent- 
sprechend vorbereitet.  Die  Grannen  brechen  beim  Drusch  nicht  dicht 
am  Korn,  sondern  es  bleibt  ein  kürzerer  oder  längerer  Teil  der  Granne 
am  Korn.  Würde  man  daher  eine  Gerste  umuittelbar  vom  Drusch  und 
Putzen  zur  Vermessung  heranziehen,  so  würden  diese  Grannenreste  — 
und  zwar  besonders  bei  der  zweizeiligen  lockerährigen  Gerste  Hordeum 
distichum  nutans  —  einen  beträchtlichen  Einfluss  auf  die  Ergebnisse 
der  Vermessung  der  Kornlänge  ausüben.  Dieser  Einfluss  bewirkt  ge- 
wiss auch  zum  grossen  Teil,  dass  die  Körner  der  dichtährigen  Gerste 
H.  d.  erectum  als  vollkörniger  erscheinen,  da  bei  dieser  Form  die 
Granne  dicht  beim  Korn  abbricht.  Vermessungen  von  Körner,  die 
wir  1917/18  —  nach  Vorbereitung  durch  Abreiben  des  Grannenrestes 
mit  den  Fingern  —  vornahmen,  ergaben  ein  entgegengesetztes  Ver- 
halten. 

Zu  diesen  Vermessungen  wurden  sechs  Gerstenlinien  von  H.  d. 
nutans  vom  Typus  «  und  sechs  Gerstenlinien  von  H.  d.  erectum  —  zwei 
vom  Typus  y,  vier  vom  Typus  6  —  herangezogen.  Von  jeder  der 
Linien  wurden  je  600  Körner  vermessen.  Die  Vorbereitung  wurde 
derart  vorgenommen,  dass  das  Korn  am  Grannenende  so  weit  gerieben 
wurde,  dass  die  nackte  Frucht  etwas  aus  der  Hülle  hervorsah.  Die 
Abfälle  bei  dieser  Behandlung  waren  bei  der  lockerährigen  Gerste  be- 
trächtlich, bei  der  dichtährigen  kaum  nennenswert. 

Als   mittlere  Länge   des   Kornes   von   H.  d.  nutans   ergab    sich 

10,19  mm,  als  Breite  3,78  mm,  wonach  die  Vollkörnigkeit  (  ^f; — ^    |  mit 

\  Breite  / 

2,697  mm  festgestellt  wurde.  Bei  H.  d.  erectum  ergab  sich  10,47  mm 
als  mittlere  Länge,  3,70  mm  als  mittlere  Breite  und  2,831  mm  als  Maß 
der  Vollkörnigkeit. 

Es  wäre  die  Wiederholung  einer  derartigen  Ermittlung  der  Voll- 
körnigkeit durch  Fachgenossen  und  die  Mitteilung  der  Ergebnisse  sehr 
erwünscht.  Nur  so  könnte  festgestellt  werden,  ob  die  hier  gewonnenen 
Ergebnisse  die  Körner  von  H.  d.  nutans  nur  deshalb  günstiger  er- 
scheinen lassen,  weil  die  Wachstumsverhältnisse  am  Ort  diesen  Forraen- 
kreis  in  erwähnter  Eichtung  begünstigen. 

Die  Abb.  8  weist  bei  A  drei  Körner  von  H.  d.  nutans  auf,  wie 
sie  unmittelbar  von  der  Dreschmaschine  kommen,  bei  B  drei  andere,  die 
für  die  Vermessungen  in  erwähnter  Weise  vorbereitet  wurden.  Die 
Vermessung  selbst  wurde  mit  Hilfe  eines  Mikrometers  vorgenommen, 


112 


Kleine  Mitteilungen. 


der  Ablesung  bis  auf  0,01  mm,  Schätzung  bis  0,005  mm  zuliess.  Die 
Genauigkeit  ist  eine  genügende.  Bei  einer  Wiederholung  der  Messungen 
ergeben  sich,  durch  den  Druck  der  Mikrometerschraube,  der  bei  der 
ersten  Messung  erfolgte,  bei  der  zweiten  Messung  niederere  Zahlen. 
Ich  fand  im  Mittel  Unterschiede  bei  Längenmessung  von  0,05  mm.  bei 
Breitenmessung  von  0,02  mm.     Wie  die  Abb.  9  zeigt,  besitzt  der  von 


Fig.  8. 


mir  verwendete  Apparat  eine  Mikrometerschraube  a,  auf  welche  eine 
Trommel  b  mit  einer  Teilung  von  0 — 100  aufgesetzt  ist.  Beim  Drehen 
der  Trommel  bewegt  sich  gleichzeitig  auch  die  Trommel  dicht  an  einer 
festen  Millimeterteilung  c,   die  von  0 — 15  mm  reicht.     Trommel-  und 


Kig.  9. 

feste  Millimeterteilung  werden  von  einem  Spiegel  e  beleuchtet;  Stativ 
d  trägt  den  Apparat. 

Das  Ablesen  der  ]\Iaße  der  zwischen  der  Mikrometer-  und  der 
gegenüber  angebrachten  festen  Schraube  gehaltenen  Körner,  geht  sehr 
leicht  und  bequem  vor  sich.  Es  genügt,  das  Korn  mit  einer  in  der 
linken  Hand  gehaltenen  starken,  und  an  den  Enden  gut  gezahnten 
Pinzette  zu  fassen,  derart,  dass  es  vollkommen  stabilisiert  wird,  und 


Kleine  Mitteilungen.  113 

es  dann  zwischen  der  festen  und  beweglichen  Schraube  zu  halten. 
Dann  dreht  man  mit  der  rechten  Hand  allmählich  die  Mikrometer- 
schraube so  lange  an,  bis  sie  dicht  an  das  Korn  herankommt,  was  sich 
in  der  hnken  Hand  mittelst  eines  beiderseitigen  Reibens  der  Körner- 
spitzen an  den  Schraubenwänden  feststellen  lässt.  Man  muss  sich  un- 
bedingt vor  einem  allzustarken  Andrehen  der  Schraube  hüten,  um  ein 
etwaiges  Quetschen  des  Kornes  zu  vermeiden.  Nur  bei  Breitenver- 
messung kann  man  die  Schraube  so  weit  andrehen,  dass  das  Korn 
leicht  zwischen  den  Wänden  der  beiden  Schrauben  zu  schweben  kommt. 
In  dieser  Stellung  leistet  das  Gerstenkorn  einen  grösseren  Widerstand 
als  bei  der  Längenvermessung;  übrigens  ist  in  meinem  Mikrometer- 
apparat eine  derartige  Einrichtung  vorbedacht,  dass  die  Mikrometer- 
schraube sich  nur  bei  Bewältigung  eines  sehr  schwachen  Widerstandes 
nach  vorne  bewegt,  bei  grösserem  stehen  bleibt  und  nur  der  Kopf 
der  Schraube  sich  in  den  Fingern  dreht.  Eine  derartige  Einrichtung 
verhütet  die  Folgen  eines  unwillkürlich  zu  gewaltsamen  Andrehens  der 
Schraube.  Nach  dem  genauen  Einstellen  der  Schraube  wird  das  Aus- 
maß vor  allem  an  der  festen  Millimeterteilung  c,  also  als  ganze  Milli- 
meter, welche  von  dem  Rand  der  Trommel  b  angezeigt  werden,  und 
ferner  als  Anzahl  Zehntel  und  Hundertstel  des  Millimeters,  an  der 
Trommelteilung,  abgelesen. 

Die  mit  Nonien,  zur  Ablesung  der  Teile  des  Millimeters,  aus- 
gerüsteten Mikrometer  sind  für  unsere  Zwecke  unbrauchbar,  weil  sie 
zu  umständlich  sind  und  bei  der  Ablesung  eine  Lupe  nötig  machen, 
also  eine  raschere  Arbeit  vollkommen  ausschliessen. 

Wir  haben  hier  in  unserer  Anstalt  festgestellt,  dass  eine  Ver- 
messung von  nur  50  einer  gut  umgerührten  Probe  entnommenen 
Körnern  eine  genügende,  z.  B.  für  die  Brauerei  brauchbare  Angabe 
der  Vollkörnigkeit  dieser  oder  jener  Gerste  zu  liefern  vermag.^)  Für 
unsere  Züchtungszwecke  haben  wir  aber  immer  je  100  Körner  jeder  ge- 
prüften Linie  vermessen,  und  von  diesen  Ziffern  das  arithmetische 
Mittel  berechnet,  wir  glauben  jedoch,  dass  für  rein  wissenschaftliche 
Zwecke,  besonders  wenn  es  sich  um  Bestimmung  von  sehr  kleinen 
morphologischen  Unterschieden  handelt,  eine  Zahl  von  200 — 250  Körner 
zu  wählen  wäre.  Eine  noch  grössere  Zahl  Gerstenkörner  einer  Probe 
zu  vermessen,  wäre  meiner  Ansicht  nach  überflüssig,  da  die  möglichen 
Unterschiede,  infolge  der  Ungleichheit  der  Körner,  sich  leicht  durch 
die  oben  erwähnten,  durch,  wenn  auch  minimaler  Quetschung  ver- 
ursachten Unterschiede,  decken  würden.  Übrigens  möge  man  immerhin 
bis  zu  300 — 400  Körner  gehen,  denn  diese  Zahl  wird  allgemein,  auch 
von  de  Vri  es,  als  genügend  für  biometrische  Populationsvermessungen 


^)  Das  Vermessen   von   anderen  50  Gerstenkörner   derselben  Probe   hat  nur  un- 
bedeutende Unterschiede  ergeben. 


j^l^  Kleine  Mitteilungen. 

betrachtet;  weiter  zu  gehen,  wäre  schon  eine  vollkommen  unnötige 
Handlung. 

Von  den  ermittelten  arithmetischen  Mitteln  beider  Ausmaße  von 
Gerstenkörnern,  d.  h.  von  der  Länge  d  und  Breite  s,  erhielt  ich,  aus 
dem  Quotienten,  die  „Vollkörnigkeitangabe"  P,  und  zwar  nach  folgender 

Formel:  j 

P  =  " 

s 

indem  der  Bruch  bis  drei  Zehntelteile  berechnet  wurde.  Die  100  ver- 
messenen Gerstenkörner  eijier  jeden  Linie  wurden  nachher  auf  einer 
Präzisionswage,  mit  einer  Genauigkeit  bis  zu  0,001  g  abgewogen.  Das 
Gewicht  von  100  Gerstenkörnern  ergibt  uns  sonach  das  Maß  der  Körner- 
grösse,  und  diese  Angabe  bezeichnete  ich  mit  dem  Buchstaben  c. 

Nachdem  der  Begriff  „Kornschönheit"  (Kornstattlichkeit),  wenn 
wir  vorläufig  die  Farbe  ausser  acht  lassen,  in  erster  Linie  von  der 
Grösse  und  von  der  VoUkörnigkeit  des  Kornes  abhängig  ist,  so  lag 
jetzt  als  Hauptaufgabe  die  Ermittlung  einer  Angabe  vor,  die  in  sich 
das  Merkmal  „Korngrösse"  bzw.  „Korngewicht"  mit  dem  Merkmal 
..VoUkörnigkeit"  vereinigt  enthält. 

Wir  wissen  schon,  dass  sich  die  Korngrösse  direkt,  dagegen  die 

Vollkörnigkeitsangabe  umgekehrt  proportional   zu   der   Kornschönheit 

verhält,    d.   h.,   dass   eine   steigende   Vollkörnigkeitsangabe   uns  einen 

Begriff   von   geringer   Bauchigkeit   des    Kornes    gibt   und   umgekehrt. 

Man  kann  daher  die  Formel  für  die  Kornschönheitsangabe  D  wie  folgt 

ausbauen:  p 

D-^-   100. 

Das  Multiphzieren  mit  100  hat  in  dieser  Formel  den  Zweck,  nur 
mit  ganzen  Zahlen  und  einem  Zehntel  zu  arbeiten,  und  die  Orientierung 
unter   einzelnen  Linienangaben  bedeutend  bequemer   zu  machen. 

Auf  diese  V\^eise  ist  der  Begriff  „Kornschönheit",  für  welchen 
man  bis  jetzt  keinen  zahlenmässigen  Ausdruck  besass,  jetzt  beinahe 
vollkommen  präzisiert  wird,  denn  es  fehlt  ihm  nur  noch  der  Teilbegriff 
„Farbe".  Man  muss  vermuten,  dass  auch  hier  sich  bald  eine  gute  und 
bequeme  zahlenmässige  Bestimmungsart  auffinden  lassen  wird,  und 
dann  wird  die  „Kornfarbenangabe"  ihren  Platz  entweder  als  weiterer 
Faktor  im  Zähler  oder  im  Nenner  unserer  Formel  finden,  und  zwar  je 
nach  dem,  ob  wir  für  die  hellere  Farbe  eine  steigende  oder  sich  ver- 
mindernde Zahl  bestimmen  werden. 

Die  weiter  unten  angeführte  Tabelle,  gestützt  auf  1200  Ver- 
messungen von  Gerstenkörnern,  nämlich  600  Körner  des  H  o  r  d  e  u  m 
d.  nutans  und  ebensoviel  des  H.  d.  erectum,  erklärt  am  besten 
das  ganze  Verfahren. 


Kleine  Mitteilungen. 


115 


Hier  wurde  folgendermassen  gearbeitet:  Vor  allem  wurden  im 
Zuchtgarten  die  nach  dem  Augenschein  100  „besten"  Gerstenpflanzen 
von  jeder  der  6  Linien  des  Typus  H.  d.  nutans  und  wiederum 
100  Exemplare  von  jeder  der  6  Linien  H.  d.  erectum,  also  im  ganzen 
1200  Exemplare  gewählt  und  abgesondert.  Diese  Gruppen  wurden  der 
übhchen  Untersuchung  im  Hinbhck  auf  die  Eigenschaften  ihrer  Halme, 
Ähren  und  Korn  unterzogen,  wobei  sich  herausgestellt  hat,  dass  von 
den  Linien  von  H.  d.  nutans,  nur  eine  die  6  ersten  ertragreichsten 
Exemplare  geliefert  hat,  dagegen  von  den  H.  d.  erectum-Gersten 
die  6  ertragreichsten  Exemplare  unter  4  Linien  gewählt  wurden.  Die 
Gersten  wurden,  für  jede  der  beiden  Typen  getrennt,  nach  ihrem  Er- 
trage gruppiert,  und  dann  der  Bestimmung  der  „Kornschönheit"  unter- 
zogen. Es  wurde  demnach  das  Hundertkorngewicht,  die  Vollkörnig- 
keit,  und  endlich,  durch  Berechnung,  die  Kornschönheit  bestimmt. 
Die  letzte  Eubrik  unserer  Tabelle  enthält  die  Wertziffern  der  geprüften 
Gerstenlinien  nach  ihrer  Kornschönheit. 


Nr. 

nach  dem 

Ertrag 

Gewicht 

Mittlere 

Mittlere 

Voll- 

Korn- 

Nr. 

von  100 

Länge  des 

Breite  des 

körnigkeits- 

schönheits- 

nach der 

Körnern 

in  g 

Kornes 
in  mm 

Kornes 
in  mm 

angab 
P 

angabe 

b 

Korn- 
schönheit 

Hord( 

;um  dist.  nutans. 

1 

6,767 

10,02 

3,89 

2,576 

262,7 

1 

2 

6,065 

10,43 

3,84 

2,716 

223,3 

4 

3 

5,959 

9,74 

3,80 

2,563 

232,5 

2 

4 

5,870 

10,18 

3,66 

2,781 

211,1 

6 

5 

6,374 

10,59 

3,84 

2,758 

231,1 

3 

6 

5.910 

10,18 

3,65 

2,789 

211,9 

5 

Mittel : 

1 
2 
3 
4 
5 
6 


6,158 


10,19      I        3,78 
Hordeum  dist. 


5,074 

10,32 

3,52 

6,469 

10,63 

3,93 

5.232 

10,06 

3,55 

6.322 

10,66 

3,86 

6,022 

10,54 

3,81 

5,222 

10,60 

3,55 

I       2,697 

erectum. 

2,932  /- 
2,705 
2.834 
2,762 

2,766 
2,986 


228,8 


171,1 
239,2 

6 

1 

184.6 

4 

228,9 
218,5 

2 
3 

174,9 

5 

Mittel : 


5,724 


10,47 


3,70 


2,831 


202,9 


Wie  wir  bei  dem  Vergleichen  dieser  Rubrik  mit  der  ersten  er- 
sehen, geht  die  „Kornschönheit"  durchaus  nicht  parallel  n)it  dem  Er- 
trage. Es  scheint  aber,  dass  eine  grössere  Bestückung  (natürlich  bis 
zu  einer  gewissen  Grenze)  zwar  im  positiven  Sinne  einen  Einfluss  auf 
den  allgemeinen  Ertrag  der  Pflanze  ausübt,  aber,  auch  nicht  immer, 
gleichzeitig  im  negativen  auf  die  Kornbeschaffenheit.     Hier  würde  erst 


IIQ  Kleine  Mitteilungen. 

eine  präzise  biometrische  Analyse  {Korrelationstabelle  usw.)  einen 
endgültigen  Bescheid  geben  können. 

Speziell  bei  uns  muss  hervorgehoben  werden,  dass  z.  B.  die  Xr.  1, 
bei  der  Gerste  nutans,  und  die  Nr.  2,  bei  der  Gerste  erectum.  ein 
glückhches  Zusammentreffen  des  Ertrages  mit  der  Kornschönheit  auf- 
wiesen. Diese  Pflanzen  wurden,  als  wirtschaftlich  hervorragend 
nützliche  Individuen,  neben  anderen,  ähnlichen,  wenn  schon  nicht  so 
wertvollen,  zu  weiterer  Vervielfältigung  und  zu  Vergleichen  heran- 
gezogen. 

Es  ist  aus  obigem  ersichtlich,  wie  eine  zahlenmässige 
Bestimmung  der  ..Kornschönheit",  durch  einen  mit 
einer  einzelnen  Zahl  zu  bestimmenden  Begriff,  nicht 
nur  nützlich,  sondern  sogar  dringend  notwendig  ist, 
denn  ein  Vergleich  mehrerer  Merkmale,  bei  verschiedenen  Exemplaren 
oder  Linien,  verwischt,  ohne  solche  zahlenmässige  Festlegung,  leicht 
die  Klarheit  des  Bildes  und  erschwert  manchmal  ungemein  die  Arbeit 
des  Züchters. 

Andere  Sachliche. 

Polnische  Getreide-  und  Kartoffelznchtgesellschaft. 

Diese  Gesellschaft  besteht  seit  dem  Jahre  1915  (die  Zuckerrüben- 
züchtung wurde  seit  1907  betrieben).  Die  Zuchtanstalt  befindet 
sich  in  Oltarzew  (30  poln.  Morgen),  Kreis  Warschau,  die  Ver- 
vielfältigungsfelder auf  den  Gütern:  Bronisse  (150  poln. 
Morgen),  Strzykuly  (600  poln.  Morgen)  und  Zaborowek  (1500  poln. 
Morgen),  alle  im  Kreise  Warschau.  Leiter  der  Züchtungen  ist  Georg 
V.  Ryx;  Mitglieder  der  Gesellschaft  sind:  Victor  Detkens.  Dr. 
Stephan  v.  Moszezenski  und  Gabryel  v.  Wodzinski. 

Gegenstand  der  Züchtung  ist  zunächst:  Weizen:  Ausgangs- 
sorten: Landweizen:  ,,Wysokolitewka",  „Pulawka"  und  ,, Square  head"; 
Roggen:  Ausgangssorte:  v.  Lochow's  Original-Petkuser;  Gerste:  Brünner 
Hannagerste;  Hafer:  v.  Lochow's  Original-Gelbhafer;  Kartoffeln 
Bastardierungen  und  generative  Zuchten  von  den  Ausgangssorten 
..Early-Rose",  „Magnola"  (Dolk.),  „Wohltmann  39",  „Blaue  Riesen" 
Zuckerrüben:  Ausgangssorte:  ,,Kleinwanzlebener".  Zuchtziel  ist  bei 
Weizen:  ertragreiche,  nicht  lagernde,  mittellanghalmige,  winterfeste 
Sorte  —  Abzweigungen:  a)  weisskörnige,  b)  rotkörnige;  bei  Roggen: 
ertragreiche,  nicht  lagernde,  mittellanghalmige,  winterfeste,  grün- 
körnige, konstante  Sorte;  bei  Gerste:  ertragreiche,  dünnspelzige.  gute 
Braugerste  —  reiner  botanischer  Typus:  Hordeum  distichum  nutans, 
«,  Kornform:  „europaeum"  (nach  Körnicke);  bei  Hafer:  ertragreiche, 
mittellanghalmige,  mittelfrühreifende,  dünnspelzige.  gelbe  Sorte;  bei 
Zuckerrüben:  ertragreiche,  zuckerreiche,  bei  500  mm  Niederschlag 
mittelfrühreifende  Sorte  (nur  eine  Richtung!). 


Kleine  Mitteilungen.  117 

Die  Mittel,  welche  der  Gesellschaft  zur  Durchführung  der 
Züchtung  zur  Verfügung  stehen,  sind: 

1.  Zuckerrübenselektionslaboratoriuin,  enthaltend  u.  a.:  Schmidt  & 
Hentsch  Polarimeter  mit  vergröss.  Skala,'  Wolski'sche  liübenpresse, 
Pellet'sche  kontinuierliche  Polarisationsröhre  n.  d.  g.  Methode:  kalte 
Wasserdigestion  in  2 — 3  Minuten. 

2.  Getreideselektionslaboratorium,  enthaltend  u.  a.:  Präzisions- 
wage, automatische  Wage  zum  Abwägen  ganzer  Pflanzen  und  Erträge, 
Trommelmikrometer  usw. 

3.  Zuchtgärten  und  Zuchtfelder. 

Als  Arbeitsmethode  gelangt  bei  Getreidearten  Individualauslese 
mit  Nachkommenschaftsprüfung,  weiter  nur  Linientrennungen  zur  An- 
wendung; bei  den  drei  gezüchteten  Weizensorten  ist  nach  Erzielung 
von  Homozygotenlinien,  Bastardierung  beabsichtigt.  Bei  Zuckerrüben: 
Individualauslese  mit  Nachkommenschaftsprüfung,  Linientrennung, 
Kreuzung  der  besten  Individuen  resp.  Linien  und  wieder  Individual- 
auslese usw. 


Persönliche. 

Professor  Dr.  Erich  v.  Tschermak  hat  am  1.  Januar  1918  seine 
Stelle  als  Direktor  des  Fürst  Liechtenstein'schen  Pflanzen-Züchtungs- 
institutes in  Eisgrub  niedergelegt.  Gewichtige  Gründe,  die  ihm  die 
Erfüllung  der  Gründungsaufgaben  des  Institutes:  „Wissenschaftliche 
Vererbungsfragen  speziell  unter  Verwertung  der  von  Gregor  Mendel 
begründeten  Gesetze  zu  bearbeiten,  die  dann  der  gärtnerischen  Praxis 
zugute  kommen  sollen",  ganz  unmöglich  machten,  veranlassten  Prof. 
Dr.  E.  V.  Tschermak  diese  Stelle  niederzulegen.  "Beine  im  Interesse 
der  landwirtschaftlichen  Praxis  begonnenen  Versuche  auf  dem  Gebiete 
der  Erbsen-  und  Bohnenzüchtung  werden  in  landwirtschaftlichen  Gross- 
betrieben, die  mehr  theoretischen  Arbeiten  in  dem  Institute  in  Wien 
und  auf  der  K.  K.  Versuchswirtschaft  der  Wiener  Hochschule  für  Boden- 
kultur in  Gross-Enzersdorf  fortgeführt  werden.  Das  Institut  wurde 
von  dem  Kuratorium  der  höheren  Obst-  und  Gartenbauschule  in  Eis- 
grub überöirmmen  und  wird  jetzt  von  dem  Fürstl.  Liechtenstein'schen 
Hofgartendirektor  Hofrat  W.  Lärche  und  dem  früheren  Assistenten 
Prof.  Tschermak's  Dr.  F.  v.  Frimmel  geleitet. 

Dr.  Th.  Hedlund  ist  zum  Professor  an  der  landwirtschaftlichen 
Hochschule  zu  Alnarp  ernannt  worden. 


Das  nächste  Heft  erscheint  im  September  1918. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtuno'.    Bd.  VI. 


DrucV  ■^on  Fr.  StoUberg,  Merseburg. 


Triei^re 

Unkrautsamen- 

'  Ausleser, 

Mischfrucht  -  Scheider, 

Getreide-Sortierer, 

Lagerhaus-Einrichtungen 
Reinigungs- Anlagen 

für  Saatzuchtanstalten. 


Kalker  Trieurfabrik  und  Fabrik  gelochter  Bleche 

mayer  ^  eu.  in  Pn-Halk. 

Zweigfabriken  in 

Dresden-Neustadt  und  Augsburg-Pfersee. 


[1] 


Verlag  von  Paul  Parey  in  Berlin  SW.  11,  Hedemannstrasse  10  u.  11. 

Handbuch  der 

landwirtschaftl.  Pflanzenzüchtung. 

Von 

Dr.  C.  Fruwirth, 

a.  o.  Professor  an  der  k.  k.  technischen  Hochschule  Wien. 


Erster   Band: 

Allgemeine  Züchtungslehre  der  landw.  Kulturpflanzen. 

Vierte,  umgearbeitete  Auflage. 
Mit  86  Textabbildungen  und  8  Tafeln.     Gebunden,  Preis  17  M. 

Zweiter   Band: 

Die  Züchtung  von  Mais,  Futterrübe  und  anderen  Rüben, 
Ölpflanzen  und  Gräsern. 

Dritte,  umgearbeitete  Auflage. 
Mit  50  Textabbildungen.     Gebunden,  Preis  16  M. 

Dritter   Band: 

Die  Züchtung  von  Kartoffel,  Erdbirne,  Lein,   Hanf,  Tabak,   Hopfen, 
Buchweizen,  Hülsenfrüchten  und  kleeartigen  Futterpflanzen. 

Dritte  Auflage. 

1 11    Vorbereitung. 

Vierter   Band: 

Die  Züchtung  der  vier  Hauptgetreidearten  und  der  Zuckerrübe. 

Von  Professor  Dr.  C.  Fruwirth,  Professor  Dr.  E.  von  Tschermak  und  Dr.  Th.  Roemer. 

Dritte  Auflage. 

Im  Druck.  [2] 

Fünfter  Band: 

Die  Züchtung  kolonialer  Gewächse:    Zuckerrohr,    Reis,   Hirsearten, 

Kaffee,   Kakao,   Citrusarten,   Baumwolle  und  andere  Faserpflanzen, 

Batate,  Maniok,  Erdnuss,  Ölpalme,  Olive  und  Sesam. 

Bearbeitet  von  W.  Busse,  Berlin;  J.  S.  Gramer,  Paramaribo;  Dr.  C.  Fruwirth,  Wien; 
A.  Howard,  Pusa;  Dr.  F*>W.  T.  Hunger,  Amsterdam;  H.  M.  Leal<e,  Nawabganj; 
J.  E.  van  der  Stok,  Pasoeroean;  Dr.  Trabut,  Algier;  Dr.  H.  J.  Webber,  IthacaN.-Y.; 

E.  de  Wildeman,  Brüssel. 

Mit  32  Textabbildungen.     Gebunden,  Preis  11  M. 

Geh.  Rat  Prof.  Dr.  K.  von  Rümker-ßerlin  sagt  über  das  Werk  am  Schluss 
einer  eingebenden  Besprechung:  „Das  Buch  ist  für  jeden  Theoretiker  und  Praktiker, 
der  sich  auf  diesem  Gebiete  irgendwie  betätigen  will,  ein  unentbehrlicher  und  wert- 
voller Ratgeber  und  Besitz.  Demselben  ist  die  weiteste  Verbreitung  und  vor  allem 
von  Seiten  der  praktischen  Züchter  das  eingehendste  Studium  zu  wünschen:  wer 
dasselbe  nicht  kennt,  schädigt  sich  in  seiner  eigenen  Arbeit." 


Zu  beziehen  durch  jede  Buchhandlung. 


Hierzu  2  Beilagen  von  der  Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey  iu  Berlin  SW.  11, 

Hedemannstrasse  10  u.  11. 


Druck  vun  Fr.  StoUberg,  Merseburg. 


Band  VI,  Heft  3/4.  Dezember  1918. 


Zeitschrift 


für 


Pflanzenztichtung 

Zugleich  Organ 
der  Gesellschaff  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht, 

der 

Österreichischen  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung 

und  des 

Bayerischen  Saatzuchtvereins. 

Unter  Mitwirkimg 


von 


L  Kiessling,    H.  Nilsson-Ehle,    K.  v.  Rümker,    E.  v.  Tschermak, 

Weihenstephan  Lund  Berlin  Wien 

herausgegeben 
von 

C.  Fruwjrth, 

Wien. 


Mit  8  Textabbildungen  und  einem  Bildnis. 


BERLIN 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey 

Vorlag  für  Landwirtecbaft,   Osrtenbaa  und  Forstwesen 

SW.  11,   Hedemannstraße  10  u.  11 
1918. 


Einzelpreis  13  M.  Aboimementspreis  12  M. 


Inhalt. 

I.  Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze.  seite 

Hansen.  W. :  Die  pflanzenzüchterische  Buchführung  und  Bewertung  der  Zucht- 
pflanzen.    (Mit  2  Textabbildungen) • 119 

Baumann,  Dr.  E.:   Beiträge   zur  Kenntnis   der  Rapspflanze   und    zur  Züchtung 

des  Rapses.     Vorläufige  Mitteilung.     (Mit  2  Textabbildungen)      139 

III.  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

1.  Referate 185 

2.  Bücherbesprechungen 198 

IV.  Vereinsnachrichten. 

Österreichische  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung  (Z.) 205 

V.  Kleine  Mitteilungen. 

Wissenschaftliche : 

Beobachtungen  bei  Bastardierung  zwischen  Kulturhafer  und  Wildhafer.    {Avena 

fatua)  ' 207 

Blutauffrischung  in  der  Zuckerrübensamenzucht.     Von  P.  Schub art.     (Mit  einer 

Textabbildung) 209 

Vererbung    gewisser   Blütenmerkmale    bei  Papaver   Rhoeas  (Linne).     Von   Jos. 

Becker,  Dillingen-Donau.     (Mit  3  Textabbildungen)      215 

Andere  Sachliche: 

„Granum" 221 

Persönliche.    (Mit  Bildnis) 222 


Erscheinungsweise:  Die  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  erscheint 
in  zwanglosen  Heften,  deren  4  zu  einem  Bande  vereinigt  werden.  Die  Hefte 
sind  auch  einzeln  käuflich,  ihre  Preise  sind  entsprechend  ihrem  schwankenden 
Umfang  verschieden  und  sind  im  Abonnement  niedriger  als  bei  Einzelbezug.  Der 
Gesamtpreis  eines  Bandes  beträgt,  je  nach  seinem  Umfange,  im  Abonnement 
etwa  20 — 24  M.  Das  Abonnement  verpflichtet  für  einen  Band.  Einbanddecken 
werden  bei  Erscheinen  der  Schlusshefte  eines  Bandes  billigst  zur  Verfügung 
gestellt. 

Abonnements  nimmt  jede  Sortimentsbuchhandlung  entgegen  sowie  die 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey,  Berlin  SW.  11,  Hedemannstrasse  10  u.  11. 
An  letztere  sind  auch  alle  Zuschriften  in  Anzeigenangelegenheiten  zu 
richten.  Preise  der  Anzeigen:  ganze  Seite  M.  50,  halbe  Seite  M.  30,  viertel 
Seite  M.  16.  Für  alle  das  grosse  Gebiet  der  Pflanzenzüchtung  angehende 
Anzeigen  dürfte  die  „Zeitschrift"  das  geeignetste  Organ  sein, 

Honorar  für  den  Bogen  Text:  48  M.,  Tabellen  24  M.  Von  jedem  Original- 
beitrag können  25  Sonderabdrücke  geliefert  werden,  wenn  dies  bei  Einsendung 
des  Manuskriptes  verlangt  wird. 

Redaktionelle  Zuschriften:  Prof.  Dr.  C.  Fruwirth,  Waldhof  b.  Amstetten 

(N.-Österr.). 
Sonstige   Zuschriften   (Bezug   u.  Anzeigen):   Paul  Parey,  Berlin  SW.  11, 

Hedemanustrasse  10  u.  11. 


Band  VI,  Heft  3/4.  Dezember  1918. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung. 


1. 

Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze. 


Die  pflanzenzüchterische  Buchführung  und  Bewertung 

der  Zuchtpflanzen. 


Von 
Saatzuchtleiter  W.  Hansen, 

Eckendorf  bei  Bielefeld. 
(Mit  2  ■  Textabbildungen.) 


Die  Auslese  von  besten  Pflanzen,  Familien  und  Stämmen  ge- 
schieht nicht  nur  durch  die  Wahl  der  besten  Individuen  und  Nach- 
kommenschaften, sondern  es  wird  stets  die  Vererbungsfähigkeit  inner- 
halb mehrerer  Jahre  zu  prüfen  sein.  Die  Erfassung  der  Erb- 
lichkeit verschiedener  Eigenschaften  ist  der  Haupt- 
zweck der  pflanzenzüchterischen  Buchführung.  Leider 
finden  sich  in  der  Literatur  über  die  pflanzenzüchterische  Buchführung 
und  Bewertung  der  Zuchtpflanzen  nur  spärliche  Angaben,  was  mich 
veranlasste,  mich  eingehender  mit  diesem  Thema  zu  beschäftigen. 
Im  folgenden  sollen  nicht  alle  Methoden,  sondern  das  Verfahren,  welches 
im  Laufe  der  Jahre  aus  meiner  praktischen  Tätigkeit  heraus  sich  ge- 
bildet hat,  geschildert  werden.  Natürlich  sind  die  früheren  Stellungen, 
besonders  die  Anregungen  durch  persönliche  Aussprache  mit  Herrn 
Administrator  Hacke -Mahndorf,  sowie  die  gegenwärtige  Tätigkeit 
in  Eckendorf  nicht  ohne  Einfluss  geblieben,  während  das  Fundament 
von  meinem  leider  so  früh  verstorbenen  Lehrmeister  Herrn  Dr. 
W.  0  e  t  k  e  n  -  Schlanstedt  stammt. 

Bei  der  Mannigfaltigkeit  der  Zuchtarten  scheint  zunächst  eine 
einheitliche  Buchführung  undenkbar  zu  sein  und  doch,  abgesehen  von 
unbedeutenden  Abweichungen,  können  wir  in  der  Pflanzenzüchtung  von 
einer  einheitlichen  Buchführung  sprechen,  da  alle  Züchtungsarten  auf 
demselben  Prinzip  aufgebaut  sind. 

Zeitschrift  für  PflaBzenzüchtiing.    Bd.  VI.  10 


120 


Hansen: 


Die  Eintragungen  können  in  Buchform  oder  Kartothek  geschehen; 
ich  neige  zur  festen  Buchform,  wobei  kein  Blatt  verlegt  werden  kann. 
Um  die  Übersicht  zu  erhöhen,  Schreibarbeit  zu  sparen  und  die 
Buchungen  recht  klar  und  handlich  zu  gestalten,  werden  alle  Auf- 
zeichnungen in  Tabellenform  niedergelegt,  dadurch  kann 
keine  Aufzeichnung  übersehen  werden  und  die  Familien  und  Stämme 
sind  einheithch  bewertet  und  lassen  sich  besser  miteinander  ver- 
gleichen. 

Die  Bewertung  der  Eigenschaften  wird  durch  die  Noten 
1 — 5  ausgedrückt,  wobei  1  =  sehr  gut,  5  =  sehr  schlecht  bedeutet, 
feinere  Abstufungen  würden  eins  bis  zwei,  ^/g,  ^1^,  ^/^  sein.  Die  Be- 
wertung der  Ähren-  und  Kornform  geschieht  nicht  durch  Ziffern, 
sondern  den  charakteristischen  Anfangsbuchstaben  z.  B.  L  für  lange 
Ährenform.  K  für  Kolben,  was  weiter  unten  näher  besprochen  wird. 
Als  Jahreszahl  gilt  stets  nur  das  Erntejahr  der  betreffenden 
Pflanze  oder  Familie,  wodurch  jeder  Irrtum  vermieden  wird,  auch  bei 
der  Winterfrucht  genügt  die   Angabe  nur   des   Erntejahres. 

Da  die  Entv/icklung  der  Pflanzen  von  den  verschiedensten 
Faktoren  beeinflusst  wird,  ist  jede  zu  grosse  Genauigkeit  beim  Wiegen 
und  Messen  überflüssig,  besonders  die  vielen  Dezimalstellen  machen 
die  Tabellen  unübersichtlich. 

Die  Anzahl  der  Aktenstücke  soll  möglichst  gering  sein,  unver- 
meidlich sind  jedoch  folgende  Aktenstücke: 

A.  Der  Stammbaum. 

B.  Beobachtungen  der  Pflanzen  während  der  Vegetation,  die  Ernte- 
ergebnisse sowie   Pläne  der   Zuchtgärten. 

C.  Selektionsaufzeichnungen  über  die  verarbeiteten  Eliten. 

D.  Leistung  der  Zuchtstärame  und  Familien. 

E.  Usancenbuch,  Tagebuch,  Wetteraufzeichnungen.  Keimbuch. 

A.  Der  Stammbaum. 

Der  Stammbaum  soll  auf  einen  Blick  über  die  Ausdehnung  der 
Zucht  Auskunft  geben  und  uns  mit  den  einzelnen  Stämmen  und  deren 
Herkunft  bekannt  machen.  Die  einzelnen  Stämme^)  werden  zweckmässig 
mit  grossen  Buchstaben  gekennzeichnet,  verwandte  Stämme  behalten 
den  gemeinsamen  grossen  Buchstaben  und  erhalten  dazu  je  einen  ver- 
schiedenen kleinen  Buchstaben,  z.  B.  Aa,  Ab,  Ac.  Durch  die  gleiche 
Stammesbezeichnung  in  Form  des  grossen  Buchstabens  bei  allen 
Parzellen  desselben  Stammes  innerhalb  aller  Generationen  wird  die 
Zugehörigkeit  der  verwandten  Parzellen  sofort  ersichtlich.  Ausserdem 
führt  jede  Parzelle  eine  laufende  Nummer. 

Alle  Stammbäume  der  vorhandenen  Zuchten  werden  in  einem 
Buch  von  grossem  Format  eingetragen,  wobei  die  beiden  gegenüber- 

^)  Stamm  hier  —  Individualaiislese. 


Die  pflanzenzüchterische  Buchführung   und  Bewertung    der    Zuchtpflauzen.      121 

liegenden  Seiten  möglichst  alle  Stämme  einer  Fruchtart  einnehmen 
sollen.  Karriertes  Papier  erleichtert  und  beschleunigt  das  Zeichnen. 
Stammbaum  A  (Abb.  10)  ist  für  einjährige,  Stammbaum  B  für 
zweijährige  Pflanzen,  besonders  Rüben,  gedacht.  Die  Bezeichnung 
der  Parzellen  geschieht  in  Bruchform,  wobei  die  Zahl  über  dem  Bruch- 
strich die  Herkunft,  unterm  Bruchstrich  die  laufende  Parzellennummer 
bedeutet.  Die  laufende  Parzellennummer  hat  bekanntUch  beim 
Bonitieren  der  Parzellen,  beim  Ernten,  Dreschen,  Selektion  und  Auf- 
bewahrung der  Ehten  und  Kornproben  die  grösste  Bedeutung,  denn 
eine  einfachere  Bezeichnungwie  die  laufende  Nummer 
kann   es   nicht  geben,  besonders  wenn   alle   Parzellen  innerhalb 


19f5 


1916 


1917 


1918 


Samen  = 
Jahr 


ßuöe/T 
jafrr 


i  Av.17  \  {  A  v.16\ 
V  -TF-      V  —FT- 


y 


.y 


öanren-idizz 
Jahr 


Rüben- 
Jahr 


1915 


1916 


1917 


1918 


A.bb.  10. 


einer  Fruchtart  mit  eins  beginnen  und  dadurch  von  vornehin  das  An- 
wachsen grosser  Zahlen  vermieden  wird. 

1918  haben  wir  von  Stamm  A  fünf  Parzellen  NN  8,  9,  45,  53 

7  1  "*  *^ 

und  63  (Abb.  10).    Die  FamihenV)  -^  und  -^  stammen  aus  Parzelle  7 
des  Vorjahres,  und  zwar  sind  es  die  Eliten,  die  im  Zuchtbuch  unter 


4.1 


aus 


Parzelle  7  als  Pflanze  1  und  3  verarbeitet  sind.  Die  Familie  ^ 
dem  Jahre  1917  stammt  von  Parzelle  4  des  Vorjahres  und  ist  im 
Zuchtbuch  1917  unter  Parzelle  4  als  Pflanze  Nr.  1  verarbeitet.  So 
findet  die  Ableitung  stets  von  der  laufenden  Parzellennummer  statt. 
Eine  Wiederholung  derselben  Nummer  im  selben  Jahre  ist  unmöghch. 
Allerdings  gehört  auf  das  Selektionsbuch,  sowie  die  Beutel,  worin  die 
Eliten  aufbewahrt  werden,  das  Erntejahr,  was  wohl  auch  sonst  ge- 
schieht. Diese  Ableitung  von  der  laufenden  Parzellennummer  bewährt 
sich    besonders    bei    der    Selektion,    wenn    die    Eliten    eine    neue    Be- 


')  Familie  hier  =  Na  chkommenschaf  t  einer  Auslesepflanze. 


10' 


122 


Hansen: 


Zeichnung  erhalten  müssen.  In  unserem  Fall  von  Parzelle  7  würden 
sie  7.1,  7.2,  7.3  usw.  genannt.  Die  zur  Weiterzucht  gewählten  Eliten 
werden  angestrichen.  Dieser  Strich  gilt  als  Bruchstrich,  darunter 
kommt  die  laufende  Nummer.  So  können  wir  es  im  Zuchtbuch  (Abb.  11) 
oben  über  dem  Kopf  „Parzelle  Nr.  7"  ablesen,  wir  sehen  die  an- 
gestrichenen Eliten  1  und  3  und  darunter  die  laufenden  Parzellen- 
Nummern  8  mid  9  für  das  nächste  Jahr.  Zweckmässig  werden  diese 
laufenden  Nummern  mit  rotem  Stift  geschrieben. 

Wird  eine  Familie  vermehrt,  so  erhält  die  Vermehrungsparzelle 
ausser  der  laufenden  Parzellen-Nummer  unterm  Bruchstrich,  die  jähr- 
lich wechselt,  stets  dieselbe  Bezeichnung,  und  zwar  Stamm  und  Ernte- 

A  V*  15 
Jahr  der  Familie.     Der  Doppelkreis  bei  — gö —  (1918)  bedeutet,  das? 

die  Parzelle  als  hinreichend  geprüft  aus  dem  Versuchsgarten  heraus 
der  grossen  Feldvermehrung  übergeben  ist.  Alle  Vermehrungen 
müssen,  solange  sie  noch  nicht  vom  Handel  abgenommen  sind,  im 
Stammbaum  vermerkt  werden,  um  die  Herkunft  des  Original-Saatgutes 
nachweisen  zu  können. 

Parzelle  Nr.  7. 


Pflanze 

Gewicht 

usw.   (Kopf  des  Selektionsschemas 

Nr. 

der  Pflanze 

im  Zuchtbuch) 

l 
8      2 

3 

9     4 

5 

« 

Abb.  11. 


Der  Stammbaum  B  (Abb.  10)  für  zweijährige  Pflanzen  wird 
getrennt  für  gerade  und  ungerade  Jahrgänge  (Eckendorf)  angelegt. 
Massgebend  ist  dabei  das  Jahr,  in  dem  die  Eüben  erwuchsen.  Bei 
Zuchten  von  geringem  Umfang  kann  das  Einzeichnen  beider  Jahr- 
gänge auch  auf  einem  Bogen  erfolgen. 

Die  von  Ernte   1914   gewählte  Rübe,    Zuchtbuch-Elite-Nr.   5340, 


wird  als  Rübe  Nr.  7  isoliert  und  gibt  Samen,  der 


5340 


bezeichnet  wird. 


1916  erwuchsen  daraus  auf  Parzelle  19  eine  Reihe  Rüben,  die  Isolation 

B  V.  15 


von  Stamm  B  v.   1915 


19 


Daraus  wird   1917   die  Rübe  3722 


auf  Parzelle  3  isoliert,  während  die  anderen  Rüben  als  B  v.   15  auf 
Parzelle  42  zusammen   als  Stamm   gepflanzt  werden  I — r^— ^1.     1918 


3722 


42 


wird  der  1917  geerntete  Samen  der  isolierten  Rübe  — s—  auf  Parzelle  11 

als  — ^ —    gesät,  während  der  Samen  des  Stammes  B   v.   15  wieder 
unter  derselben  Bezeichnung  auf  Parzelle  30  angepflanzt  wird. 


Die  pflanzenzüchterische  Buchführung   und  Bewertung    der    Zuchtpflanzen.      123 

Die  Vererbungsfähigkeit  der  Eigenschaften  wird  nicht  im  Stamm- 
baum, sondern  viel  übersichtUcher  -unter  Leistung  der  Famihen  und 
Stämme  in  Erscheinung  gebracht. 

B.  Das  Beobachtuiigsbuch. 

Während  der  Stammbaum  uns  über  die  Herkunft  und  verwandt- 
.  schafthchen  Beziehungen  der  Famihen  und  Stämme  Aufschluss  gibt, 
sollen  im  Beobachtungsbuch  alle  während  der  Vegetation  an  den 
Pflanzen  gemachten  Beobachtungen  nach  einem  vorher  entworfenen 
Schema  in  eine  Tabelle  eingetragen  werden,  wodurch  eine  gleich- 
massige  Beschreibung  aller  Parzellen  erhalten  wird. 
Die  Beobachtungen  werden  entweder  in  ein  Notizbuch  eingetragen 
und  dann  in  ein  besonderes  Beobachtungsbuch  kopiert  oder  es  wird 
gleich  in  ein  handliches  Buch  notiert.  Das  Bonitieren  der  Pflanzen 
geschieht  am  leichtesten  vormittags  bei  Windstille,  wenn  die  Pflanzen 
frisch  vom  Tau  sind,  die  Beobachtungen  auf  Reife  dagegen  abends. 
Vor  der  Bonitierung  einer  Eigenschaft  werden  alle  Parzellen  darauf- 
hin angesehen,  um  mit  der  Variationsweite  der  Eigenschaft  bekannt 
zu  sein.  Da  die  meisten  Bonitierungen  mit  dem  Licht  geschehen, 
müssen  die  Schilder  an  dem  südlichen  Rande  der  Parzellen  gestellt 
sein.  Dagegen  ist  der  Aufgang  der  Keimpflanzen,  Ausgeglichenheit 
des  Bestandes  in  bezug  auf  Ährenschieben  und  Halmlänge  gegen  das 
Licht  deutlicher  erkennbar.  Ich  füge  für  die  einzelnen  verwandten 
Fruchtarten  je  ein  Schema  zum  Beobachten  bei,  somit  ein  solches  für 
Getreide.  Mais,  Gras.  Klee,  Erbsen,  Bohnen,  Mohn,  Raps,  Lein,  Kar- 
toffeln, Futterrübe. 

Unter  dem  Kopf  wird  zweckmässig  ein  freier  Streifen  zum. 
Notieren  des  Datums,  an  welchem  Tage  die  Beobachtung  gemacht 
wurde,  freigelassen,  wie  er  bloss  bei  dem  Wintergetreide-Schema 
(Tabelle  1)  eingezeichnet  ist. 

*    Ein  paar  Tage  nach  Roggenaufgang  sind  die  ev.  Zahlen  chlorose- 
kranker  Keimlinge  zu  notieren  und  letztere   zu   entfernen. 

Tabelle  1:  Die  Feststellung  der  Winterfestigkeit  an  der 
Zahl  überwinterter  Pflanzen  ist  als  eine  recht  unsichere  zu  erachten. 
Die  Ursache  des  Eingehens  der  Pflanzen  über  Winter  ist  nicht  bloss 
dem  Frost,  sondern  auch  zufälligen  Beschädigungen,  wie  Vogel-  und 
Gewurmfrass,  den  Mause-  und  Maulwurfsgängen  unterhalb  der  Pflanzen, 
Stauen  des  Schneewassers  über  einzelnen  Parzellen  u.  a.  zuzuschreiben. 
Daher  ist  ein  gleichzeitiges  Bonitieren  des  Frostschadens  an  der 
Hand  der  erfrorenen  gelben  Blattspitzen,  die  gleich  nach  dem  Auf- 
tauen der  Blätter  sichtbar  werden,  erforderlich;  die  Parzellen  zeigen 
jedoch  innerhalb  der  Familien  und  Stämme  meist  keine  Unterschiede, 
oder  es  sind  wiederum  die  ungleichen  Feuchtigkeitsverhältnisse  oder 


2  24  Hansen: 

verschiedenes  Entwicklungsstadiiim  der  Pflanzen,  die  als  zufällige 
Momente  der  Frostempfindlichkeit  anzusehen  sind.  Daher  kann  die 
AVinterfestigkeit  nur  durch  Beobachtungen  während  mehrerer  Jahre 
zuverlässig  festgestellt  werden. 

Die  Fehlstellen  haben  ihre  Ursache  in  Mäusef rass,  schlechter 
Bodenzubereitung,  ungenügender  Keimfähigkeit  des  Samens,  aber  auch 
in  dem  Aussauern  oder  Ausfrieren.  Die  Fehlstellen  beeinflussen  enorm 
die  Ertragsermittlung.  Während  das  Einzelpflanzengewicht  stark  zu- 
nimmt, wird  der  Ertrag  der  Parzelle  je  nach  Art  der  Ausbreitung  der 
Fehlstellen  mehr  oder  weniger  vermindert,  in  gewissen  Fällen,  be- 
sonders bei  zu  dichtem  Stande,  können  die  Fehlstellen  allerdings  auch 
zu  J^rtragssteigerung  der  Parzelle  beitragen. 

Durch  die  Boden qualität  wird  die  gesamte  Entwicklung 
der  Pflanzen,  deren  Ertrag  und  Reife  beeinflusst.  So  sind  z.  B.  auf 
leichteren  Stellen  des  Zuchtgartens  ein  früheres  Ährenschieben  und 
Eeifen,  aber  auch  geringere  Erträge  zu  verzeichnen.  Die  Boden- 
unterschiede wechseln  oft  innerhalb  ein  paar  Meter  Entfernung  und  es 
ist  mitunter  kaum  festzustellen,  ob  die  träge  Wüchsigkeit  als  Familien- 
merkmal oder  Wirkung  von  geringem  Boden  anzusprechen  sind.  Stehen 
die  miteinander  zu  vergleichenden  Parzellen  auf  ungleichem  Boden, 
so  müssen  die  Erträge  auf  besseren  Stellen  erniedrigt  und  auf  den 
schlechteren  Stellen  erhöht  werden.  Ebenso  ist  zu  berücksichtigen, 
dass  die  Reife  auf  mageren  Stellen  um  ein  paar  Tage  früher  erfolgt. 
Die  Bodenqualität  wird  bewertet,  indem  Parzellen  mit  Geilstellen  als 
1,  gute  Parzellen  mit  2,  normale  mit  3,  schlechte  mit  4  und  auf  sehr 
schlechtem  Boden  mit  5  bonitiert  werden. 

Die  rasche  Jugendentwicklung  hilft  über  manche  Krank- 
heiten, Unterdrückung  durch  Unkraut  u.  a.  Störungen  hinweg,  daher 
ist  diese  Beobachtung  recht  wertvoll.  Sie  erfolgt  das  erste  Mal  etwa 
ein  bis  zwei  Wochen  nach  Aufgang  und  dann  nochmals  als  Froh- 
wüchsigkeit, so  lange  Unterschiede  wahrnehmbar  sind.  Oft  fallen  »die 
schnellwüchsigen  Familien  und  Stämme  nur  während  kurzer  Zeit 
durch  üppigeren  Stand  und  aufrechte  Stellung  der  Blattstiele  auf. 

Im  Oktober  und  auch  Ende  April — Anfang  Mai  bemerkt  man 
mitunter  an  einzelnen  Pflanzen  gelbe  Sporenhäufchen  des  Rostes, 
die  meist  verschwinden,  um  dann  zur  Zeit  des  Ährenschiebens  oder 
später  bei  feuchtwarmem  Wetter  nochmals  zu  erscheinen.  Da  der  Rost 
die  Pflanzen  im  höheren  Alter  stärker  befällt,  rosten  die  frühreifen 
Familien  stärker.  Der  Rostbefall  wird  entweder  durch  Notieren  des 
Datums,  an  dem  die  Infektion  erfolgte,  oder  dessen  Intensität  be- 
wertet. Starker  Rostbefall  kommt  an  dem  Tausendkorngewicht  der 
Pflanze  zum  Ausdruck,  daher  wird  durch  Auslese  auf  grösseres  Korn- 
gewicht, ausser  den  meist  höheren  Erträgen,  auch  auf  Rostfreiheit  hin 


Die  pflanzenzüchterische  Buchführung   und  Bewertung    der    Zuchtpflanzen.      125 

gezüchtet.    Da  die  Rostanfälligkeit  der  Getreidesorten  für  verschiedene 
Rostarten  ungleich  ist,  muss  die  Rostart  stets  notiert  werden. 

Die  brand-  und  helmintho  sp  o  r  iumkranken  Pflanzen 
werden  entfernt  und  deren  Zahl  notiert.  Bei  FamiUenbeeten  lässt  sich 
diese  Ermittlung  infolge  der  geringen  Pflanzenzahl  per  Famihe  nur 
ungenau  feststellen,  dafür  aber  sehr  zuverlässig  an  den  gedrillten 
Parzellen,  die  während  des  Ährenschiebens  täghch  durchgegangen 
werden  müssen.  Zum  Feststellen  der  Brand-  und  Helminthosporium- 
anfälhgkeit  und  zur  Förderung  der  natürlichen  Immunität  sollen  die 
Parzellen  stets  ungebeizt  gedrillt  werden.  Das  Beizen  der  Ver- 
mehrungen und  des  Feldbestandes  ist  jedoch  dringend  erforderhch,  um 
einwandfreie  Handelsware  zu  produzieren. 

Obwohl  die  grössere  Halmlänge  meist  ein  Zeichen  von 
grösserer  Wüchsigkeit  ist,  wird  bei  Getreide  Kurzhalmigkeit  an- 
gestrebt, bei  Gras  und  Futterpflanzen  dagegen  ist  ein  mögüchst  langer 
Halm  erwünscht;  bei  Hülsenfruchtern  ist  die  Auslese  je  nach  Zucht- 
richtung verschieden.  Daher  wird  die  Bonitierung  nicht  durch  die 
Noten  1 — 5,  sondern  die  Abkürzungen  wie  sl,  1,  m,  k,  sk  für  sehr  langen 
bis  sehr  kurzen  Halm  erfolgen.  Die  Länge  ist  an  möglichst  reifen 
Halmen  festzustellen,  obwohl  wiederum  kurz  vor  der  Reife  bei  Getreide 
mit  nutierenden  Ähren  die  Höhenunterschiede  sich  verwischen.  Da 
man  stets  mit  Lagerung  des  Getreides  rechnen  darf,  muss  die  erste 
Bonitierung  auf  Halmlänge  bald  nach  der  Blüte  erfolgen  und  ev.  ein 
paar  mal  berichtigt  werden.  Bekanntlich  verläuft  die  Entwicklung 
der  Parzellen  meist  ungleich,  daher  ist  die  letzte  Note  massgebend, 
obwohl  auch  die  vorherigen  ungleichen.  Streckungen  interessante 
Beobachtungen  darstellen. 

Halmunausgeglichenheit  ist  entweder  ein  Zeichen  zu 
grosser  Variabilität  der  Nachkommenschaft,  wie  z.  B.  bei  Roggen,  oder 
es  ist  die  Folge  der  Standortsmodifikation.  Einzelne  Durchgänger 
werden  zweckmässig  angezeichnet  und  bei  der  Ernte  von  der  weiteren 
Vermehrung  als  fremde  Pflanzen  ausgeschlossen. 

Das  Lagern  ist  die  Folgeerscheinung  von  Regen  und  Wind, 
wobei  die  Beeinflussung  von  Nachbarparzellen  recht  gross  ist.  So 
wird  oft  eine  Parzelle  von  benachbarten  steifhalmigen  Sorten  aufrecht 
gehalten  oder  umgekehrt  von  lagerschwächeren  Sorten  mit  umgerissen. 
Das  Lagern  wird  nach  Kraus  durch  folgende  Momente  prädisponiert, 
die  ev.  bei  der  Lagernotiz  mit  zu  vermerken  sind: 

1.  Zu  dichter  Stand. 

2.  Zu  geringer  Widerstand   der   Erde   durch   Ausschwemmen,  Sand- 
treiben. 

3.  Ausdrehen  des  Wurzelballens  mit  der  Erde. 


126  Hansen: 

4.  Zu  schwache  Verankerung  im  Boden  durch  mangelhaft  ausgebildete 
Kronenwurzeln  oder  deren  Zerreissung. 

5.  Verbiegen  der  Pfahlwurzel  (Pferdebohnen). 

6.  Eigenschwere  durch  zu  grosse  schwere  Ähren  oder  infolge  Auf- 
saugens des  Wassers,  durch  die  Begrannung  oder  Flaumigkeit. 

7.  Zerstörte  Halmbasis  durch  Fusskrankheit  bzw.  Frostschaden. 

8.  Ungenügender  anatomischer  Bau  des  Halmes: 

a)  zu  schwache  Halmbasis, 

b)  zu  geringe  Elastizität, 

c)  zu  schwache  Blattscheiden,  die  den  weichen  Halmteilen  keinen 
Halt  gewähren, 

d)  zu  viele  Halmglieder. 

9.  Ungleichmässige  Entwicklung  der  Halme  einer  Pflanze. 

10.  Fehlerhafte  Bildung  des  Bestockungsknotens.  aus  dem  die  Halme 
im  Bogen  statt  gleich  aufwärts  gehen. 

Das  Lagern  ist  während  der  Vegetation  sobald  sichtbar  und, 
nachdem  das  Regenwasser  abgetropft  ist,  kurz  vor  der  Ernte  zu 
notieren. 

Der  Halmbruch  ist  bei  Roggen  eine  auffallende  Erscheinung, 
die  infolge  zu  spröder  Konsistenz  der  Halme,  also  ungenügender 
Elastizität  auftritt.  Die  Bruchfestigkeit  wird  durch  das  Zählen  ab- 
gebrochener Halme  eher  festzustellen  sein,  als  es  mit  dem  Auge  wahr- 
nehmbar ist.  Mir  ist  ein  besonders  halmbrüchiger  Roggenstamm  (Buf) 
erinnerlich,  wo  einzelne  Halme  direkt  glasartig  spröde  waren  und  die 
abgebrochenen  Stumpfe  bei  der  geringsten  Berührung  splitterten. 

Die  Blattfarbe  ist  oft  schwierig  zu  erkennen,  da  das  Reife- 
stadium. Beleuchtungsintensität,  sowie  der  Auffallwinkel  vom  Auge 
aus,  das  Erscheinen  der  Färbung  ändert.  Eine  dreistellige  Farben- 
abstufung, also  dunkel,  mittel,  hell  genügt.  Da  schon  vor  dem  Ähren- 
schieben sich  meist  Wachsbezüge  bilden,  hat  die  Bonitierung  zeitig 
zu  erfolgen.  Ev.  lassen  sich  auch  an  Wachsbezügen  Unterschiede  er- 
kennen. 

B 1  a  1 1  m  e  n  g  e  ist  als  verdunstungsfördernd  unerwünscht,  daher 
wird  mit  1  wenig,  mit  5  viel  Blattmasse  bewertet,  bei  Futterpflanzen 
umgekehrt.  Das  Blatt  kann  breit,  schmal,  lang,  kurz,  oval,  rund,  spitz, 
lanzettlich,  herzförmig  erscheinen  und  danach  br.  schm,  1,  k,  ov.  rd,  sp. 
Iz,  hz  notiert.  Bei  Raps  werden  ev.  noch  die  Zähne  am  Blattrande 
Unterschiede  zeigen. 

Die  Ährenform  zeigt  oft  nicht  nur  bei  einzelnen  Stämmen 
der  Zucht,  sondern  auch  an  den  einzelnen  Individuen  einer  Nach- 
kommenschaft fassbare  Unterschiede,  die  besonders  bei  dem  Dick- 
kopfweizen und  Roggen  zu  erkennen  sind,  während  bei  Bordeauxweizen 
(ich  betrachte  die  Schreibweise  Bordeaux  als  veraltet),  Gerste  und  Hafer 


Die  pflanzenzüchterische  Buchführung   und  Bewertung   der    Zuchtpflanzen.      127 

am  Fruchtstande  kaum  eine  Formänderung  wahrzunehmen  ist.  Statt 
der  öfters  gebräuchlichen  Bezeichnung  durch  römische  Zahlen  für  eine 
bestimmte  Ährenform  oder  zwei  arabische  Ziffern,  wie  sie  Prof.  Dr. 
K  i  e  s  s  1  i  n  g  in  Weihenstephan  anwendet,  wählte  ich  zur  Form- 
bezeichnung charakteristische  grosse  Buchstaben,  wobei  dieselbe  Be- 
zeichnung für  alle  Getreidearten  mit  Ährenbildung  gilt: 

Parallele  Ährenform,        sehr  lang,  locker LL   ■ 

lang L 

(normal)-  parallel P 

dicht D 

sehr  dicht DD 

Keil-  oder  kolbenförmig  laug KL 

mittel K 

kurz KK 

Kolben,  oben  dicht,  unten  locker K  y- 

Prof.  Heinrich-Roggen ähre H 

„  „  ,.  ,  längere  Form LH 

Zusätze:  Ährenspitze,  spitz    ......  sp 

stumpf st 

schartig,  taube  Ährchen  ....  t 

Offenblütigkeit  bei  Roggen  ...  o 

Dreiblütigkeit  bei  Roggen     ...  3 

Bei  Gerste  ist  II-,  IV-,  Vl-ZeiUgkeit,  sowie  e-  und  n-  =  erectum- 
und  nutans-Form  zu  unterscheiden. 

Die  Ährenfarbe  kommt  nur  bei  farbigen  Ähren  in  Frage;  wenn 
die  Abstufungen  dunkel  mittel,  hell  nicht  genügen,  so  werden  die 
Farben  als  weiss,  gelbweiss,  gelbblassrot,  rot,  dunkelrot,  braun  und 
schwarz,  also  w,  gw,  gblr,  r,  dr,  br,  seh  zu  bezeichnen  sein. 

Zur  Charakterisierung  der  Begrannung  werden  die  Abstufungen 
begrannt,  Ansätze  und  unbegrannt  also  bgr,  Ans,  unb  ausreichen. 
Die  Spelzen  können  glatt  und  flaumig,  gl  fl,  sein. 

Da  die  aufrechte  Stellung  der  Ähren  sowie  der  Hülsen  bei 
Pferdebohnen  wegen  der  geringeren  Verluste  durch  Abbrechen  der 
Fruchtstände  beim  Ernten,  sowie  der  meist  grösseren  Lagersicherheit 
bei  Getreide,  erwünscht  ist,  wird  mit  1  die  aufrechte,  mit  5  die  stark 
nutierende  Form  bezeichnet. 

Um  die  Reife  zu  bestimmen,  dürfte  das  Notieren  der  Gelbreife 
genügen.  Doch  sie  tritt  mitunter  so  gleichzeitig  ein,  dass  nur  geringe 
Unterschiede  erkennbar  sind,  daher  ist  dann  sehr  erwünscht,  wenn  das 
Ährenschieben  festgestellt,  worden  ist.  Das  Ährenschieben  ist  mit  der 
Reife  mit  wenigen  Ausnahmen  in  Beziehung  und  ein  durchaus  brauch- 
barer Moment  zur  Bestimmung  des  Reifestadiums.    Das  Ährenschieben 


128 


Hansen: 


wird  notiert,  wenn  etwa  10  %  Ähren  vom  obersten  Blattspreite  befreit 
sind.  Tritt  das  Ährenschieben  ziemlich  gleichzeitig  bei  allen  Parzellen 
ein,  so  wird  das  Notieren  des  Datums  nicht  genügen,  dann  werden 
mit  1  die  frühesten,  mit  5  die  spätesten  Parzellen  bewertet.  Schosst 
innerhalb  der  Parzellen  nur  eine  Pflanze,  so  ist  sie  als  Verunreinigung 
oder  Mutation  anzusehen. 

Das  Notieren  der  Blüte  hat  allgemein  wenig  Zweck,  da  das 
Blühen  in  engster  Beziehung  zum  Ährenschieben  steht  und  von  dem 
warmen  Wetter  stark  gefördert  und  durch  Kälte  und  Regen  verzögert 
wird.  Eher  wäre  die  Antherenfarbe  zu  beachten.  Bei  rotsamigem, 
schlesischem  Mais  beobachtete  ich  im  Gegensatz  zu  lauter  gelben 
Staubfäden  an  einer  Elitepflanze  dunkellila  Staubfäden,  die  sich  jedoch 
nur  zum  Teil  vererbten. 

Die  durchschnittliche  Reife  der  Familien  berechne  ich  aus  Gelb- 
reife unter  Berücksichtigung  des  Ährenschiebens,  sowie  etwaigen  Boden- 
verschiedenheiten innerhalb   der  Parzellen. 

Die  Ertragsermittlung  der  Familienbeete  ist  recht 
unsicher,  da  die  Entwicklung  der  Pflanzen  von  zu  vielen  Faktoren  ab- 
hängt. Daher  muss  die  Bewertung  der  Familienbeete  nach  dem 
Exterieur  der  Pflanzen  erfolgen,  während  der  Korn- 
ertrag pro  Parzelle  nur  an  den  gedrillten  Parzellen 
festgestellt  werden  kann,  wobei  eine  Wiederholung  der  Par- 
zellen erforderlich  ist.  Früher  bewertete  ich  die  Famihenbeete 
nach  dem  Ertrage  der  Eliten  sowie  dem  Gesamtkornertrage  der  Par- 
zelle bzw.  gleicher  Reihenzahl.  Durch  die  Anregung  von  Herrn 
Administrator  H  a  c  k  e  -  Mahndorf  bin  ich  zur  Überzeugung  gekommen, 
dass  infolge  der  ungleichen  Fehlstellen  und  zufälligen  Beschädigungen 
der  Parzellenertrag  als  solcher  nicht  zu  verwenden  ist,  sondern  der 
Ertrag  nur  an  den  Pflanzen,  die  dem  lückenlosen  Be- 
stände entnommen  sind,  festgestellt  werden  kann.  Ich  gehe 
daher  noch  weiter  und  nehme  zum  Vergleich  nur  die  20  besten 
Pflanzen  aus  dem  lückenlosen  Bestände.  Obwohl  eine 
grössere  Parzelle  natürlich  mehr  Aussicht  hat,  20  vorzügliche  Pflanzen 
zu  liefern,  bin  ich  überzeugt,  dadurch  den  gleichmässigsten  Vergleich 
zu  erhalten.  Gleichzeitig  geht  die  Ernte  äusserst  schnell  vonstatten, 
da  die  Eliten  zur  Selektion  nicht  beim  Ernten  sorgfältig  ausgesucht  zu 
werden  brauchen,  sondern  innerhalb  dieser  20  Pflanzen  nach  dem 
Laboratorium  gelangen  und  dort  mit  Ruhe  und  Sorgfalt  gewählt 
werden.  Auf  diese  Weise  lassen  sich  in  einem  halben  Tage  mit  Hilfe 
von  drei  Schuhnädchen  etwa  40  Familien  von  ungelagertem  Getreide 
ernten.  Die  übrigen  gesunden  Pflanzen  inkl.  Randpflanzen  werden 
ausgezogen,    gezählt    und    ohne    jegliche    weitere    Ermittlung    aus- 


Die  pflanzenzüchterische  Buchführung   und  Bewertung    der    Zuchtpflanzen.      129 

gedroschen.  Die  fremden  Typen  und  kranken  Pflanzen  werden,  nach- 
dem deren  Zahl  notiert  ist,  verworfen.  Einhalmige  Pflanzen  können 
zu  den  kranken  gerechnet  werden,  allerdings  würde  es  bei  Hafer  in 
manchen  Jahren  einen  zu  grossen  Abfall  geben.  Bei  Roggen  wird 
ein  sorgfältigeres  Ansehen  der  einzelnen  Pflanzen  als  bei  Selbst- 
befruchtern  erforderlich  sein.  — 

Die  Pläne  der  Zuchtgärten  werden  zweckmässig  in  das 
Beobachtungsbuch  mit  eingetragen.  Sie  müssen  Ackerbezeichnung, 
Längenmaße,  laufende  Parzellen-Nummern  ev.  auch  deren  Stamm-  und 
Grössenangabe  enthalten.  Der  Norden  muss  möglichst  oben  liegen, 
wobei  er  durch  einen  Pfeil  angedeutet  wird. 

C.  Die  Selektionsaufzeichiiiiiigeii. 

Die  Selektionsaufzeichnungen  geschehen  an  jeder  Familie  ein- 
heitlich an  20  Pflanzen.  Die  fünf  besten  Pflanzen  werden 
als  Eliten  gewählt  und  genau  verarbeitet  und  das  Korn  ge- 
sondert aufbewahrt;  an  den  15  übrigen  Pflanzen  werden  nur  die 
weniger  zeitraubenden  Ermittlungen  festgestellt  und  das  Korn  zu- 
sammengeschüttet. Der  berechnete  Durchschnitt  von  den 
20  Pflanzen  kann  als  Familieneigentümlichkeit  an- 
gesehen werden.  Das  Selektionsschema  für  Getreide  (Tabelle  9) 
habe  ich  voll  ausgeführt,  wobei  durch  Gänsefüsse  jede  festzustellende 
Ermittlung  angedeutet  ist.  Pro  Seite  werden  die  Selektions- 
aufzeichnungen entweder  von  einer  oder  von  zwei  Familien  eingetragen, 
da  wegen  der  Berechnung  der  Durchschnitte  ein  Umblättern  äusserst 
störend  ist.  Aus  dem  Kopf  der  Selektionsaufzeichnungen  ergeben  sich 
wohl  von  selbst  die  zu  beachtenden  Momente.  Die  Leute  werden  am 
besten  ausgenutzt,  wenn  bei  der  Selektion  vier  Hilfskräfte  (ev.  3)  be- 
schäftigt werden,  und  zwar  das  beste  Mädchen  zum  Feststellen  der 
Halmlänge,  Abschneiden  der  Wurzeln  und  der  Ähren,  Messen  der 
Ährenspindel,  zwei  Mädchen  zum  Ausreiben  der  Ähren  und  Korn- 
zählen und  das  unbegabteste  Mädchen  zum  Ausreiben  des  Kornes  der 
15  übrigen  Pflanzen  (Nr.  6 — 20).  Die  Selektion  von  20  Pflanzen 
(1  Familie)  dauert  nach  dieser  Methode  mit  4  Mädchen  45—60  Minuten. 

Die  Knotenzahl  wird  nur  an  dem  besten  Halme  gezählt. 
Ausgeglichene  Zuchten  zeigen  innerhalb  der  Familien  keine  Unter- 
schiede, daher  braucht  diese  Ermittlung  nicht  alljährlich  zu  geschehen. 

Die  Zahl  Triebe  per  Pflanze  in  Klassen  gruppiert,  gibt 
ein  vorzügliches  Bild  über  die  Wüchsigkeit  und  Ausgeglichenheit  der 
Pflanzen.  Nach  Klasse  I  kommen  die  starken  Halme  mit  voll  ent- 
wickelten Ähren,  nach  Klasse  II  mittlere  Halme  und  nach  Klasse  III 
schwache.  Unter  Nachwuchs  ist  ein  Nachtrieb  mit  verkümmerten 
wertlosen  Ähren   zu  verstehen.     Bei   der  Summa  Triebe  per   Pflanze 


]^30  Hansen: 

wird  der  Nachwuchs  mitgerechnet,  um  die  Zahl  Triebe  in  Klasse  I 
bei   der  späteren  prozentualen  Ausdrucksweise  herabzudrücken. 

Die  Nutation  der  Ähre  lässt  sich  am  trockenen  Halme  nur 
bei  Roggen  erkemien.  Bei  Bordeaux-Weizen  dagegen  trocknen  die  Ähren 
je  nach  der  Lage  in  der  Garbe  so  zusammen,  dass  eine  Nutations- 
bestimmung  unmöglich  wird. 

Das  Gewicht  der  drei  besten  Ähren  gibt  als  einheitlicher 
Maßstab  ein  zuverlässigeres  Bild  über  den  Wert  der  Pflanze,  als  wenn 
das  Korngewicht  pro  Ähre  berechnet  wird.  Ebenso  wird  bei  Kar- 
toffelselektion das  Gewicht  von  fünf  besten  Knollen,  bei  Mohn  der 
besten  Kapsel  als  Vergleich  zu  nehmen  sein.  Die  Spindellänge  und 
der  Besatz  nehmen  je  nach  der  Entwicklung  von  der  ersten  bis  zur 
letztgebildeten  Ähre  gleichmässig  ab,  während  die  Zahl  der  tauben 
Ährchen  zunimmt,  daher  genügt  auch  hier  die  Feststellung  an  den 
drei  besten  Ähren;  allerdings,  je.  mehr  Ähren  die  Pflanze  gebildet  hat, 
desto  schwächer  wird  meist  die  einzelne  Ähre  entwickelt  sein. 

Verkümmerte  Körner  sind  wertlos  und  als  gar  nicht  ge- 
bildet zu  erachten,  dagegen  werden  die  kleinen,  aber  keimfähigen 
Körner  mitgezählt,  sie  drücken  das  Tausendkorngewicht  deutlich 
herab,  daher  haben  stark  bestockte  Pflanzen  mit  sehr  viel  Korn  stets 
ein  geringeres  Tausendkorngewicht.  Um  eine  einwandfreie  Ermittlung 
über  die  Korngrösse  der  Familien  zu  erhalten,  muss  ausserdem 
das  Tausendkorngewicht  an  3  X  100  Körnern  aus  dem  gesiebten  Korn 
der  15  Pflanzen  festgestellt  werden.  Auch  im  Handel  wird  das  kleine 
Korn  durch  Trieure  abgesiebt,  daher  dürfte  die  letzte  Ermittlung 
über  die  Korngrösse  massgebend  sein,  während  der  Prozentsatz  der 
Absiebung  einen  anderen  Auslesefaktor  darstellt.  Das  Korn,  welches 
mit  der  kleinen  Handdreschmaschine  gedroschen  wird,  hat  mitunter 
so  viel  Bruchkorn  sowie  Verunreinigung,  dass  es  zur  einwandfreien 
Feststellung  einer  Absiebung  unverwendbar  ist. 

Die  Kornqualität  wird  nach  Form,  Farbe  sowie  dem  Ge- 
brauchswert bewertet.  Die  Form  kann  sein:  voll,  runzlich,  flach,  kurz, 
lang,  also  v,  rz,  fl,  kz.  1,  ausserdem  glasig  oder  mehlig,  gl,  m.  Die 
Farbe  variiert  besonders  bei  Roggen,  es  wären  dieselben  Abkürzungen, 
wie  bei  Ährenfarbe  zu  gebrauchen.  Ausserdem  bei  Roggen  ev.  Gelb- 
oder Braunspitzigkeit  durch  gsp  und  bsp  zu  vermerken.  Der  Ge- 
brauchswert wird  in  drei   Klassen  dargestellt: 

I  zur  Saat  geeignet,  I  a  ganz  besonders  gut, 
n  ev.  zur  Saat. 

ni  schlecht,  ungeeignet  zur  Saat. 
Der  Hafer  hat  eine  geringere  Bestockung  wie  das  übrige  Ge- 
treide, daher  genügen  zur  Ermittlung  die  zwei  besten  Rispen  (siehe 
Tabelle  10).     Da  das  Feststellen  der  Ährchenzahl  sowie   deren   Zahl 


Die  pflanzeiizüchterische  Buchführung   und  Bewertung    der    Zuchtpflanzen.      131 

Körner  recht  zeitraubend  ist,  genügt  es,  nur  an  der  Hauptrispe  zu 
zählen.  Es  werden  die  entwickelten  Ährchen  sowie  die  tauben  (weissen) 
Ährchen  gezählt,  ausgerieben  und  in  Doppelkörner  (wo  das  Seitenkorn 
vom  Hauptkorn  umschlossen  ist,  wobei  sie  beide  meist  schlecht  ent- 
wickelt sind  und  nur  Spelzen  darstellen),  gute,  kleine  und  taube  Körner 
sortiert.  Durch  die  Division  in  Ährchenzahl  ergibt  sich  die  unge- 
fähre Blütigkeit,  also  Kornzahl  pro  Ährchen. 

Die  Erbsenselektion  geschieht  wie  bei  Bohnen,  es  sind  nur 
die  einzeln-  und  doppelsitzenden  Hülsen  zu  notieren.  Die  Selektion 
von  fünf  besten  Pflanzen  genügt  zur  Bewertung  der  Familie. 

Vielfach  wird  nach  Neergard  die  Ährchendichte  D  auf 
ein  oder  zehn  Zentimeter  Spindellänge  bezogen  berechnet.  Durch  die 
Einfachheit  dieser  Ausdrucksweise  hat  die  D-Berechnung  eine  all- 
gemeine Verbreitung  gefunden  und  gegen  sie  wäre  nichts  einzuwenden, 
wenn  nicht  stets  Fehler  mit  ihr  verbunden  wären.  Die  Ährenlänge 
sowie  der  Ährchenbesatz  sind  vom  Standort  u.  a.  Faktoren  bedingt. 
Je  üppiger  der  Standort,  desto  grössere  Ähre  mit  mehr  Ährchen  wird 
gebildet,  doch  es  zeigt  sich  bei  grossen  Ähren,  auf  1  cm  bezogen,  eine 
geringere  Ährchendichte  als  bei  schwach  entwickelten  Ähren,  die 
ausserdem  mit  meist  weniger  Ährchen  besetzt  sind.  Nach  den  zahl- 
reichen Messungen  an  Mahndorfer  Roggen,  Dickkopf,  Bordeaux-  und 
Hanna-Gerste  innerhalb  stark  bestockter  Pflanzen  und  innerhalb 
gleicher  Nachkommenschaften  konnte  ich  feststellen,  dass  die  Ähren- 
länge stärker  variiert  als  deren  Besatz,  daher  waren  die  D-Be- 
rechnungen recht  schwankend  und  nahmen  meist  bei  kleineren  und 
leichteren  Ähren  an  Dichte  zu,  doch  niemals  ab.  Bei  Roggen, 
Bordeaux  und  Gerste  war  die  Variationsweite  für  D  geringer  als  beim 
Dickkopf,  was  durch  den  anatomischen  Bau  der  gleichmässig  ver- 
laufenden Ähren  bedingt  ist.  So  kann  die  Auslese  auf  grosse 
Ähr  ch  endicht  e  zu  Nanismus  und  zur  Wahl  schwacher 
Pflanzen  führen,  da  bei  den  kleinen  Ähren  mehr  kleine  Ährchen 
pro  1  cm  Spindellänge  zu  stehen  kommen,  als  bei  grossen  üppigen 
Ähren  desselben  Ährentypus.  Daher  lässt  sich  die  Berechnung  auf 
Ährchendichte  nur  verwerten,  wenn  gleichzeitig  die  Ährenlänge  und 
Ährchenzahl  bzw.  auch  das  Ährengewicht  angegeben  sind  und  das 
macht  die  D-Berechnung  überflüssig.  Eine  Korrektur  je  nach  Ähren- 
entwicklung vorzunehmen,  ist  möglich,  hat  jedoch  praktisch  keinen 
Wert.  In  gewisser  Beziehung  wird  die  Brauchbarkeit  der  D-Be- 
rechnung durch  den  einheitlichen  Vergleich  nur  der  besten  Ähren  ver- 
schiedener Pflanzen  erhöht  und  dürfte  in  extremen  Fällen  wie  Sorten- 
versuchen ihre  Berechtigung  behalten. 

Leider  sagt  die  Ährchendichte  auch  nichts  über  die  Verteilung 
der  Ährchen  innerhalb  der  Spindel.    Ein  Zählen  der  Ährchen  im  oberen, 


182 


Hansen: 


mittleren  und  unteren  Teil  der  Ährenspindel  würde  jedoch  zu  weit 
führen  und  68  wird  durch  die  Feststellung  der  Ährenform  nach  Augen- 
maß schneller  das  Ziel  erreicht. 

D.  Die  Leintung  der  Familien  und  Stämme. 

Die  Leistung  der  Famihen  und  Stämme  wird  aus  den  während 
der  Vegetation  gemachten  Beobachtungen  sowie  den  Selektions- 
aufzeichnungen zusammengestellt.  Um  die  Vererbung  der  einzelnen 
Eigenschaften  zu  erfassen,  werden  die  Ergebnisse  für  jede 
Eigenschaft  der  letzten  vier  Jahre  nebeneinander 
gestellt,  wodurch  die  Zufälligkeiten  und  störende 
Einflüsse  der  einzelnen  Jahre,  welche  die  Modifi- 
kationen bedingen,  ausgeschaltet  werden.  Alle  Boni- 
tierungen  müssen  entweder  durch  die  Note  1 — 5  oder  in  Prozenten  aus- 
gedrückt» sein  (vgl.  111.  landw.  Ztg.  Nr.  11/12:  Sinnbildhche  Bewertung 
der  Parzellen  und  Zuchtpflanzen,  vom  Verf.).^)  Ein  Unterstreichen 
der  guten  und  schlechten  Eigenschaften  mit  rotem  und  blauem  Stift 
erhöht  die  Übersicht  und  erleichtert  die  Wahl. 

E.  Usancenbuch,  Tagebuch  u.  a. 

Jede  Zuchtwirtschaft  muss  mit  Beamten-  ev.  auch  Besitzwechsel 
rechnen.  Daher  ist  es  äusserst  wichtig,  wenn  der  Nachfolger  in  einem 
Buch  alles  Wissenswerte  über  die  Züchtung  vorfindet  und  nicht  auf 
die  teils  sehr  mangelhaften  Angaben  der  Unterbeamten  und  Arbeits- 
leute angewiesen  ist.     Das  Usancenbuch  soll  daher  enthalten: 

I.  Herkunft    und    Beschreibung    der    einzelnen    Zuchten    und    deren 

Zuchtziel. 
IL  Die  Unterlagen  für  die  Buchführung. 

IIL  Arbeitsmethode   über    Anlage,    Pflege   und    Abernten    der    Zucht- 
gärten, Selektion. 
IV.  Div.,  Inventarverzeichnis,  jährliche  Wetterübersichten  u.  a. 

Ich  habe  ein  solches  Buch,  in  Mahndorf  und  Eckendorf  aufgestellt 
und  empfinde  es  nicht  als  willkommenen  Erbteil  für  meine  Nachfolger, 
sondern  es  sind  viele  Angaben  darin,  die  des  öfteren  Nachschlagens 
beanspruchen. 

Das  Tagebuch  ergänzt  das  Usancenbuch.  Pro  Monat  werden 
zwei  Seiten  des  Tagebuchs  ausgefüllt.  Auf  der  linken  Seite  werden 
pro  Zeile  die  hauptsächlich  geleisteten  Tagesarbeiten  und  beschäftigten 
Leute  kurz  notiert,  auf  der  rechten  Seite  kommen  1.  eine  Notiz  über 


1)  Referat:  Ztschr.  f.  Pflanzenzüchtung  1918,  S.  99. 


Die  pflanzenzüchterische  Buchführung   und  Bewertung   der    Zuchtpflanzen,      133 

das  Wetter  des  Monats,  Niederschlagsmenge,  Temperatur  u.  dgl.; 
2.  Saatenstand;  3.  Eingang  und  Ausgang  über  erhaltene  und  versandte 
Kornproben  und  diverse  Bedarfsartikel;  ferner  4.  eine  Notiz  über  ge- 
führte Korrespondenz  und  5.  etwaige  Ereignisse,  Besuche  u.  a. 

Die  täglichen  Wetter  auf  Zeichnungen  sowie  die  Keimversuchs- 
ergebnisse werden  in  einem  besonderen  Buch  eingetragen. 

Im  wesentlichen  entsprechen  die  Eckendorfer  und  Mahndorfer 
Buchführungen  diesen  Ausführungen,  wobei  jede  Zuchtstätte  ihre 
Eigenart  wahrt.  Geringe  Abweichungen  und  Verbesserungen  werden 
ständig  erforderlich  sein,  da  die  Buchführung  sich  nach  den  ge- 
sammelten Erfahrungen,  sowie  dem  Fortschreiten  der  Wissenschaft 
anzupassen  hat. 

Eckendorf,  April  1918. 


134 


Hansen; 


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2.       B 

1  : 


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Pflanze  Nr. 

Stand  in  Reihe 

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Herkunft  bezw.  Stamm 

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Frostempfindliehkeit 

Oi     CO     H- 

Wüchsigkeit 

1.  Frühjahr, 
2    Juli,M 
8    Oktober 

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Höhe 

H  H  ^ 

Zahl  Halme 

►—  ^  "-^ 

Ausgeglichenheit 

CO    Ins    i-' 

1.  Stellung,  2) 
2,  Dicke,     3.  Be- 
haarung 

1— '  1—1 

Lager             j 

^     CO     H^ 

1.  Farbe,     2.  Form, 
3.  Länge 

td 

Oi  CO  »-' 

L  Breite,    2.  Reich- 
tum,   3.  Behaarung 

( 

o:   LO   H-' 

1.  Form,     2.  Farbe, 

■ 

3.  Nutati  on 

Co' 
CD 

cii  CO  t-' 

1.  Länge,     2.  Äste, 
3.  Staubbl. 

CO  1-' 

1.  Frühjahr, 
2.  Herbst 

<~ 

o 

CB 
d- 

E  ==  ^' 

Datum 

C«5 

CD 

S  "-^  1— 1 

a<5     Frischgewicht 

r^     K     1— 1 

arg    Trockengewicht 

^     H    1-H 

^  Trockengewicht 

H^  K  >-i 

crq      Halragewicht 

—  !li  -^ 

r^     Halmgewicht 

:«  CO  i-' 

1.  Ährenschieben, 

2.  blüht  ab, 

3.  Samen  reif 

CD 

:~  CO  1— ' 

L  Gewicht,  2.  Farbe, 
3.  Qualität 

jco 

i 

CD 

Be- 
merkungen. 

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a 


Parzelle  Nr. 

Stamrabezeichnung 

* 

*§        Reihen 

^                          1 

l»ar- 
zellen- 
Grösse 

ge- 
pflanzt 

Pflanzstellen 

1* 

Aufgang  im  Herbst 

Winter- 
festigkeit 

Zahl  Pflanzen  im  Frühjahr 

o/o  Pflanzen  überwintert 

Frostschaden  an  gelben  Bl. 

Fehlstellen 

Bodenqualität 

Jugendentwicklung 

Frohwüchsigkeit 

Herbst 

M   o-  ort? 

11     11     II 
CO  W  Q 

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CO 

Frühjahr 

Ährenschieben 

später 

Flug'brand 

Steinbrand 

Helminthosporium 

Lauge 

Ausgeglichenheit 

Lager 

Bruch 

Farbe 

Blatt 

Menge 

Form 

>■■ 

er 

■-: 

CD 

Farbe 

Begrannung 

Nutation 

Ährenschieben 

Keife 

Gelbreife 

0 

Eliten 

1  o-  ^ 

Rest 

'flanzenzah] 
ei  der  Ernt 

krank,  1  halmig 

fremde  Typen 

Summa 

mechanische  Beschädigung 

Bemer 

kungen. 

Die  pflanzenzüchterische  Buchführung   und  Bewertung    der    Zuchtpflanzen.      135 


Tabelle  3.    Beobachtungsschema  für  Mais. 


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a 

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merkungen. 

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4. 

Beobachtungsschema  für  Pferdebohnen  (Erbsen, 

Lupin 

en) 

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Pflanzenzahl 
bei  der  Ernte 

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a 

05 

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Ph 

1  2 

12 

12 

1  2 

halmig 

Tabelle  5^    Beobachtungsschema  für  Raps,  Mohn,  Lein. 


bi 

PI 
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05 
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m 

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Reife 

Blüte 

Frucht 

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Pflanzen- 
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Ernte 

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a 

a 

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05 

a 

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« 

a 

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CO 

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a 
a 

a 

05 

0 

CS 

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a 

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05 

a 

05 

pq 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VI. 


11 


136 


Hansen: 


Parzelle  Nr. 

1 

Stauimbezeichnung        | 

Reihenza 

ihl 
len 

(m       1 
o        1 

-TS 

P 

N 

Pflanzstel 

qm 

Datum            1 

Energie 

Jugendentwicklung 

B 
0? 

Zahl 

03 

"/o 

Masse 

W 

Farbe 

Form 

ä 

Stellung 

Länge 

B 

Dicke 

Farbe 

Frohwüchsigkeit 

Aufschuss 

Walzenform 

B 
P 

P- 
o 

B  ^ 

CD 
P 

Kugelform 

eingeschnürt 

spitze 

flache 

beinige 

kleine 

kranke 

Fehlfarben 

Summa 

Zahl 

Rüben 

o    S- 

CO     *~i 

03   B 
CB     Ol 

|£ 

Gewicht 

Gewicht 

Blatt 

0/ 

/o 

Gewicht  pro  Rübe 

Elite  I  a 

Zahl 

zur  Zuch 

Samen 

Elite  la 

O 

Samen 

M  "  1 

Gewicht 

Selektions- 
ei'gebnis  im 

0 

o/o  Zucker 

"lo  Trockensubstani 

Wertzahl 

Bern 

erkunge 

n. 

er 

CD 


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n: 

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3 

m 

3 

a 
o 


ParzeUe  Nr. 

II 

Herkunft             | 

Reihenzahl 

K3 

Pflanzstellen 

0  Gewicht  pro  Mutterknolle 

Datum 

I 

B3 

Energie 

"la  Fehlstellen 

FrohwOchsigKeit  (Reife)         1 

Stauung  1  ägii,. 

orq 

CD 

Höhe 

Zahl 

Farbe 

Form 

1 

Farbe 

BlattroU 

l 

andere 

Farbe 

w 

CD 

Menge 

Beerenansatz 

von 

B 
p- 

et- 

CD 
CD 

bis 

Zahl  Tage 

reif 

Lage  um  Stock 

B 
O 

l 

i 
1 
1 

Form 

grosse 

P 
CD 

mittlere 

kleine 

kranke 

Summa 

Farbe 

Dicke 

Fleischfarbe 

Zahl 

E 

Tiefe 

CO 

alle  Knollen 

Z3  C 

5  beste 

|ä      1 

kochen 

!^. 

Mehligkeit 

U7 

ri- 

Ö 

CD 

Geschmack 

Geruch 

Gewicht  unter  Wasser 

spezifisches  Gewicht 

»;„  stärke 

Bemerku 

Qgeu. 

Pflan2e  Nr. 


Herkunft 


Frostempflndlichkeit 


CD 


03 
fl) 

fl) 

3 

OP 

w 

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CD 


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_      »P 


Höhe 


Zahl 


Verästelung 


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o 

1 

B 

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a 

^ 

Lager 


Gewicht 


o/o  Halme 


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P 


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B 


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CD 


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Datum 


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CD 

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Bemerkungen. 


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S9 


H 
er 


Die  pflanzenzüchterische  Buchführung   und  Bewertung    der    Zuchtpflanzen.      137 


Parz.  Nr. 

T 

ab( 

ill 

B  9. 

Selektionsschema  für  Roggen 

,  Weizen, 

Gerste 

Jahr 

19 



Spindellänge  an 
3  besten  Ähren 

Ährchenzahl 

O 

© 

PI 
C3— 1 

?§ 

Halm 

Zahl  Triebe 

Ähre 

an  3  besten  Ähren 

Körner . 

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Klasse 

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2 

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davon 
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0 

0 

-   - 

Sa 

, 

^ 

6 

0 

Sa.  0 

Sa.  0 

Sa.  0 

8 

3  X  100  Körner      [ 

9 

aus  gesiebtem  Korn  < 

10 

von  Nr.  6—20      [ 

11 

12 

13     1 

u 

Siebung:  g 

15 

0/ 

16 

/o 

17 

18 

Bemerkungen : 

19 

20 

6—20 

verlorene  Halme 

Sa. 

Sa. 

1 

SaJSa.  Sa. 

Sa.  Sa  1 

Sa. 

0  % 

0 

\ 

\ 

0 

0 

0  0 

i 

1 

0 

0 

0 

Ta 

belle  10. 

Selektionsschema  für 

Hafer. 

3j 
N 

PL, 

o 
'S 

£ 

Halm 

Zahl  Triebe 

2  beste  Rispen 

Hauptrispe 

Körner  pro  Pflanze 

^ 

S; 

längster  Halm 
Knoten 

in 
Klassen 

I  II  III 

CO 

o 

1 

o 

CS 

cd 

a 

a 
PI 

CS 

Spindellänge 

Stufen 

Ährthenzalil 

Körnerzahl 

o 

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a 

o 

O 

o 
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1 

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3 

CD 

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1 

,5 

1 

- 

Tabelle  11.    Selektionsschema  für  Pferdebohnen  (Erbsen). 


N 

PI 

s 

Stengel 

Hülsen 

Körner 

^ 

1— 1 

CS 

Länge 

(—1 

CS 
N 

<D 

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3 

pro  10  cm  Stengellänge 

von  oberster 
bis  unterster  Hülse 

a> 
o 

CD 

M 
CS 

PI 
m 

CO 

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Zahl 

Gewicht 

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i 

CS 

o  +^ 

BS 

1° 

03 

03 

3 

03 
PI 
03 

m 

03 
Oj 

03 

CS 

a 

a 

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"2 

ä   03 

03 '03 

13 
5ch 

03 

a 
1 

Z 

11* 


138 


Hansen:  Die  pflanzenzüchterische  Buchführung  usw. 


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50 


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P 

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P- 

P 


Stamm 

1915 
1916 
1917 
1918 

1915 
1916 
1917 
1918 

Ertrag 

0 
p 

1000-Korn- 
gewicht 

1915 
1916 
1917 
1918 

o/g  Absiebung 

1915 
1916 
1917 
1918 

Kornanteil 

P 
m 

Qualität 

Reife 

td 

CD 

CD 

P 

2. 

Cti 

• 

Winterfestigkeit 

Jugend- 
entwicklung 

Brand 

Krankheiten 

( 

Rost 

Helraintho- 
sporium 

kranke 

<* 

fremde 

Form 

>■■ 

p" 

3 

Nutation 

Länge 

Ährchenzahl 

Schartigkeit 

Gewicht  3  beste 

0/0  in  Klasse  I 

Lager 

Länge 

Zahl  pro  Pflanze 

Bemerkung 

en. 

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CD 


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3 

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2. 

C 

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a 


Pflanze  Nr. 

1 

Gewicht  der  Pflanze       1 

Gesamt- 

Halm 
Länge 

bis  untersten  Kolben 

vom  untersten  bis 
obersten  Kolben 

Nachwuchs 

^*^                     W 

0 

schlechte               5: 

CD 

taube                  N 

Summa                 ^ 

Stiellänge 

Nutation 

Lieschenbedeckung 
der  Kolhenspitze 

Kolbengewicht  mit 
Lieschen 

^            Lieschen 

Gewicht  ohne  Lieschen 

Form                  ^ 

CD 

HS 

Spindelgewicht          v^h 

0 

5^            Spindel              S" 

p 

Länge 

Breite 

Zahl  Reihen 

Reihenverlauf 

Schartigkeit 

Spitzenbesatz 

Zahl                   S^ 
0 

Gewicht               | 

cr 

1000-Korngewicht       g 

p 
Zahl  rissig              ^ 

Qualität,  Farbe          ^ 

Korngewicht  aller  Kolben 

-2             Kornanteil 

0 

Bemerkungen. 

Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung 

des  Rapses. 


Vorläufige  Mitteilung. 

Von 
Dr.  E.  Baumann-Berlin. 

(Mit  2  Textabbildungen.) 


Folgende  vorläufige  Mitteilung  stellt  einen  Auszug  dar  aus  einem 
umfangreichen  Material,  für  dessen  Veröffentlichung  die  augenblick- 
lichen Verhältnisse  des  Krieges  nicht  geeignet  erscheinen.  Die 
Arbeit,  ursprünglich  als  einfache  Monographie  einer  Rapszüchtung  ge- 
dacht, nämlich  derjenigen  des  Herrn  H.  Lembke  in  Malchow  auf 
Peel,  Mecklenburg,  erweiterte  sich  in  dem  Bestreben,  die  modernen 
Grundsätze  der  Vererbungs-  und  Züchtungswissenschaft  bei  derselben 
nutzbar  zu  machen,  durch  Sonderuntersuchungen  des  Verfassers  an 
diesem  wie  auch  an  anderem  Material  zusehends.  Massgebend  war 
dem  Verfasser  der  Wunsch,  für  die  hierbei  in  Frgae  kommenden 
Beobachtungen,  Erscheinungen  und  schliesslichen  Leistungen  die 
näheren  Zusammenhänge  und  Ursachen  möglichst  zahlenmässig  zu 
finden,  was  eben  zu  den  erwähnten  Sonderuntersuchungen  Veranlassung 
gab.  Es  ist  klar,  dass  ein  Material  aus  der  züchterischen  Praxis  nicht 
in  gleicher  Weise  beurteilt  und  wissenschaftlich  verwertet  werden  kann, 
wie  ein  solches,  das  zur  experimentellen  Behandlung  rein  wissen- 
schaftlicher Probleme  in  besonderer  Weise  zugeschnitten  und  bei 
Prüfung  von  Vererbungsfragen  dazu  meist  noch  in  besonderer  Weise 
begrenzt  ist.  Bei  letzteren  handelt  es  sich  meist  darum,  die  Ver- 
erbungsweise eines  oder  ganz  weniger  Merkmale  getrennt  zu  studieren. 
Der  praktische  Züchter  kann  dagegen  nur  mit  einer  begrenzten  Zahl 
von  Linien  und  auch  mit  wechselnden  arbeiten,  soll  er  ein  praktisch 
brauchbares  Ergebnis  erzielen.  Der  deutsche  Züchter  hat  sich  mit 
Recht  noch  nicht  dazu  durchgerungen,  Form^entrennung  mit  einfacher 
Ertragsprüfung  zu  verbinden,  sondern  nimmt  hierbei  noch  mehr  oder 
minder  ausgedehnte  morphologische  Untersuchungen  vor,  die  aber  aus 
hier  nicht  weiter  zu  erörternden  Gründen  meist  nicht  die  entsprechende 
Verwertung  finden.  Gleichwohl  aber  wären  diese  für  die  züchterische 
Beurteilung   sehr   wichtig,   wenn   es   durch  besondere   morphologische 


]^4.(j  ß  au  mann: 

Untersuchungen  gelänge,  die  Beziehungen  festzustellen,  die  zwischen 
den  einzelnen  morphologischen  ]\Ierkmalen  und  der  Gesamtform  be- 
stehen. Die  Form  ist  ja  schliessHch  nichts  anderes  als  der  Ausdruck 
für  die  innere  Anlage  und  die  Wachstumsweise  der  Pflanze,  bezw.  ihr 
Reaktionsvermögen  auf  äussere  Einwirkungen.  Ohne  genauere 
Fixierungen  in  dieser  Richtung  gibt  es  keinen  Nachweis  für  diese  Er- 
scheinungen der  Anpassung  der  verschiedenen  Formen. 

Im  folgenden  sei  nun  zunächst  zum  besseren  Verständnis  der 
späteren  Sonderuntersuchungen  der  allgemeine  Verlauf  der  Züchtung 
chronologisch  dargestellt.  Damit  kommen  auch  die  ständig  wechseln- 
den äusseren  Einwirkungen,  welche  bei  gleichbleibendem  Züchtungsziel 
den  Vorgang  bei  derselben  so  wechselvoll  gestalten,  am  besten  zum 
Ausdruck.  Ausserdem  bieten  sie  für  die  genannten  Sonderunter- 
suchungen  die  praktische  Unterlage. 

A.  Ergebnisse  der  Züchtungspraxis. 

a)  Allgemeiner  Verlauf  der  Züchtung. 

Die  Züchtung  wurde  im  Jahre  1909  begonnen,  also  zu  einer  Zeit. 
wo  man  an  die  Bedeutung  noch  nicht  dachte,  welche  der  Ölfruchtbau 
noch  einmal  gewinnen  würde.  Für  die  Züchtung  sprachen  ausser  der 
selbstverständlichen  Freude  züchterischer  Betätigung  an  dieser  in 
mannigfacher  Hinsicht  so  ausgezeichneten  Pflanze  auch  die  Be- 
dingungen, welche  den  Anbau  unter  den  Verhältnissen  der  Züchtungs- 
stelle bisher  noch  immer  gehalten  hatten,  nämlich  die  ungünstigen 
Verkehrs  Verhältnisse  und  die  kulturellen  Vorzüge.  Es  war  hierbei  der 
Wunsch  massgebend,   die   Erträge   sicherer   zu   gestalten. 

1909.  Der  Winter  war  äusserst  streng,  so  dass  der  grösste  Teil 
der  Pflanzen  auswinterte.  Aus  den  gut  überwinterten  Pflanzen  wurden 
etwa  100  unbeschädigte  ausgewählt,  von  denen  48  eingehend  untersucht 
wurden,  und  19  zum  Anbau  gelangten.  Das  Ausleseschema  wurde  vom 
Züchter  auf  Grund  seiner  praktischen  Erfahrung  beim  Rapsbau  an- 
gelegt, wobei  insbesondere  neben  den  allgemeinen  morphologischen 
Charakterisierungen  ganz  besonders  die  Einwirkungen  der  äusseren 
Verhältnisse  (Winter-.  Spätfrost,  tierische  Schädigungen),  sowie  be- 
sondere, für  die  Ertragsfähigkeit  und  den  Gebrauchswert  wichtige 
morphologische  Merkmale  zum  Ausdruck  kommen  sollten.  So  schien 
z.  B.  die  Zahl  der  schotentragenden  Seitenachsen  für  die  Beurteilung 
äusserst  wichtig,  nachdem  die  Beobachtung  beim  Rapsbau  gezeigt 
hatte,  inwiefern  durch  reiche  Verzweigungsmöglichkeiten  ungünstige 
Standraumverhältnisse  und  sonstige  schädigende  Einwirkungen  aus- 
geglichen werden  können.  Sehr  wichtig  erschien  die  Beachtung  der 
Schotenform   und  der  Körnerzahl  in   den   Schoten.     Eine  gekrümmte 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  ßapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  141 

Schote  neigt  leichter  zum  Platzen  wie  eine  geradere.  Auch  sonst 
zeigten  sich  Ungleichheiten  in  der  Schotenbildung.  Angestrebt  wurde 
eine  mittellange  nicht  zu  sehr  gekrümmte  Schote  mit  reichem  Korn- 
inhalt und  ohne  Abschnürungen.  Die  Korngrösse  spielte  hierbei  neben 
ihrer  Qualität  nicht  die  Bedeutung,  welche  sonst  diesem  Merkmal  bei- 
gemessen wird.  Von  anderen  Gebrauchseigenschaften  schien  anfangs 
eine  Verringerung  der  Strohproduktion  wichtig.  Die  Praxis  der 
Züchtung  führte  zwar  zur  Prüfung  eines  besonders  kurzen  Stammes, 
der  aber  in  der  Ertragsfähigkeit  mit  den  wüchsigeren  lange  nicht 
konkurrieren  konnte.  Andererseits  erwiesen  sich  unter  den  längeren 
Stämmen  einzelne  mit  kräftigen,  nicht  zu  langen  Seitenachsen  auch 
als  ausreichend  standfest,  so  dass  auch  das  Ziel  ausreichender  Stand- 
festigkeit, verbunden  mit  der  Möglichkeit  des  Maschinenschnitts,  sich 
praktisch  verwirküchen  Hess. 

1910/11.  Auf  Grund  der  Beobachtungen  in  den  Zuchtbeeten 
allein  schon  liessen  sich  11  Stämme  ausscheiden,  welche  in  mannig- 
facher Hinsicht  nicht  befriedigten,  z.  B.  wegen  nicht  entsprechender 
Ausbildung  der  Blüten  und  Fruchtstände,  Mischungen  von  hell-  und 
dunkelgelber  Blütenfarbe.  Bereits  übertrafen  zwei  Stämme,  nämlich 
46  und  4,  die  übrigen  im  Kornertrag  erheblich.  Stamm  46  fiel  hierbei 
auch  durch  sein  hohes  x\usmaß  morphologischer  Merkmale,  aus- 
genommen der  Korngrösse,  auf. 

1911/12.  In  diesem  Vegetationsjahr  traten  allerhand  Schädigungen 
auf,  wodurch  die  Ausbildung,  Ertragsfähigkeit  und  damit  auch  das 
züchterische  Ergebnis  erheblich  beeinflusst  wurden,  nämlich  ein  starker 
Winter-  und  Spätfrost.  Hierdurch,  wie  durch  das  Auftreten  von  Schoten- 
made und  Erdflöhen  wurden  die  Erträge  stark,  aber  individuell  ver- 
schieden verringert.  Als  vielseitig  widerstandsfähig  erwies  sich  der 
sehr  wüchsige  und  stark  verzweigte  vStamm  46  (Länge  115  cm,  Zahl 
der  Internodien  19,  Kornertrag  der  Einzelpflanze  53  g)  gegenüber  einer 
Zwergform,  Stamm  40  (Länge  97  cm,  Zahl  der  Internodien  14.  Korn- 
ertrag der  Einzelpflanze  34  g).  Die  Widerstandsfähigkeit  gegen  Erd- 
flöhe war  in  gleicher  Weise  individuell  verschieden,  Erscheinungen, 
welche  sich  in  gleicher  Weise  bei  den  Zuchtbeeten  wie  bei  den  Feld- 
vermehrungen bemerkbar  machten.  Ein  rasches  und  kräftiges  Auf- 
laufen erscheint  erforderlich. 

1912/13.  Gute,  normale  Entwicklung  ohne  besondere  Schädi- 
gungen. Spätfröste  schadeten  bei  fortgeschrittener  Entwicklung  vor 
dem  Stadium  der  Blütenbildung  nicht  mehr.  Im  übrigen  wurden  die 
früheren  Erfahrungen  erweitert  und  die  Auswahl  verfeinert;  das  Er- 
gebnis der  Leistungsprüfung  erfuhr  eine  Festigung. 

1913/14.  Von  Bedeutung  erwies  sich  die  zu  geringe  Standfestig- 
keit des  Stammes  45,  eine  Erscheinung,  welche  morphologisch  sich  aus 


242  Bau  mann: 

den  langen,  aber  schwachen  Seitenachsen  erklärt,  welche  sich  biegen 
und  den  Schnitt  mit  der  Maschine  erschweren.  Stamm  42  zeigte  die 
übliche  Erscheinung  einer  langsamen  Frühjahrsentwicklung,  wodurch 
die  Widerstandsfähigkeit  gegen  Spätfrost  sich  erhöht.  Diese  Er- 
scheinung verband  sich  aber  in  vorliegendem  Fall  mit  einer  ver- 
zögerten Reife.  Als  Anfang  Juli  eine  Hitzewelle  von  28  °  Tagesmittel 
eintrat,  wurde  die  Reife  plötzUch  zum  Abschluss  gebracht.  Die  früher 
reifenden  Stämme  hatten  eben  noch  das  Korn  gut  zm^  Ausreifung 
gebracht,  während  dieser  später  reifere  Stamm  nicht  mehr  normal  aus- 
reifte und  ein  unansehnliches  graugrünes  Korn  ausbildete.  Dadurch 
wurde  der  Kornertrag  erheblich  in  Mitleidenschaft  gezogen,  während 
unter  anderen  Verhältnissen  der  Stamm  unter  Umständen  sogar  eine 
Überlegenheit  hätte  zeigen  können,  z.  B.  bei  Eintreten  von  Spätfrost. 
—  Stamm  4  zeigte  hängenden  Wuchs  (mit  Linienunterschieden)  und  ist 
dadurch  nicht  immer  für  Maschinenschnitt  geeignet.  Stamm  43  ist 
ziemlich  frühreif,  zeigt  aber  eine  zum  Platzen  neigende  Schote.  Der 
dadurch  bewirkte  Kornausfall  ist  erheblich.  Bei  Stamm  46  Auftreten 
einer  deutlich  verschiedenen  Linie  mit  grosser  Staudenlänge,  besen- 
förmigem  Wuchs,  aber  später  Reife  und  schlechter  Kornqualität.  Die 
Leistungsprüfung  bestätigte  im  übrigen  frühere  Ergebnisse  und  ergänzte 
sie  durch  Prüfung  des  Ölgehaltes.  Der  ertragreichste  Stamm  46  hatte 
auch  fast  den  höchsten  Ölgehalt. 

1914/15.  Witterung  dauernd  günstig.  Dadurch  keine  besonderen 
Veränderungen  bzw.  Verschiebungen  der  morphologischen  Form.  Es 
machten  sich  Senkungserscheinungen  auf  Grund  der  bereits  be- 
schriebenen Ursachen  wieder  besonders  bemerkbar,  ausserdem  Un- 
ebenheiten in  der  Korn-  und  Schotenbildung,  verschiedentlich  auch  zu 
späte  Reife.  Dadurch  Linienzahl  erheblich  eingeschränkt.  Die 
Leistungsprüfung  zeigt  wieder  die  Überlegenheit  des  Stammes  46  gegen- 
über dem  Ausgangsmaterial  und  den  Vergleichssorten.  Ein  neuer  Ver- 
such wurde  aufgenommen,  den  Fortschritt  der  Züchtung  und  die  Kon- 
stanz des  hauptsächlichst  in  Frage  kommenden  Stammes  46  durch 
Neuauswahl  zahlreicher  verschiedener  Formen  aus  dem  Feldbestand 
und  durch  deren  Vergleichsanbau  zu  prüfen. 

1915/16.  Durch  Witterung  beeinflusst.  Feinere  morphologische 
Unterschiede  machten  sich  bei  den  Linien  noch  bemerkbar.  Diese  sind 
aber  praktisch  nicht  mehr  von  Bedeutung.  Besonders  auffallend 
zeigten  sich  wieder  die  Verschiedenheiten  in  der  Raschheit  der  Früh- 
jahrsentwicklung (Schossen)L;  Stamm  33  und  eine  Linie  des  Stammes  4, 
Stamm  46  in  einigen  Linien,  schössen  spät.  Spätes  Schossen  ist  unter 
den  Verhältnissen  der  Züchtungsstelle  günstig,  da  dadurch  ein  grösserer 
Schutz  gegen  Spätfröste  vorhanden  ist.  —  In  den  Sortenversuchen 
stehen  die  Zuchtsorten  in  der  Ertragsfähigkeit  zurück,  da  der  Raps- 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         148 

glanzkäfer  zu  einer  Zeit  auftrat,  als  die  späteren  Sorten  in  voller  Blüte 
standen,  während  die  früheren  ziemlich  abgeblüht  hatten.  So  wies  der 
frühreife  „sächsische"  und  „kanadische"  Raps  höhere  Erträge  auf  als 
die  Zuchtsorte  und  Lübnitzer,  während  sonst  regelmässig  das  um- 
gekehrte der  Fall  war. 

1916/17.  Starker  Winterfrost.  Dieser  bestimmend  für  die  Aus- 
lese. Aber  nur  mehr  wenig  Unterschiede,  da  der  fast  nur  mehr  in 
Frage  kommende  Stamm  46  bereits  einen  gleichmässig  hohen  Grad 
von  Widerstandsfähigkeit  aufweist,  den  er  übrigens  durchschnittlich 
von  Anfang  an  schon  gezeigt  hat.  Stark  mitgenommen  ist  Stamm  4, 
der  nunmehr  vollständig  von  der  Zucht  ausscheidet.  Stamm  46  ist  im 
Sortenversuch  sowohl  dem  Ausgangsmaterial,  als  auch  den  Ver- 
gleichssorten (Kanadischer,  Frobsteier,  Poeler  Landsorte,  Orig. 
Sächsischer,  Orig.  Lübnitzer)  gegenüber  im  Ertrag  überlegen.  Immerhin 
machten  sich  bei  einigen  Linien  noch  schwache  Unausgeglichenheiten 
bemerkbar,  welche  zwar  praktisch  nicht  mehr  von  Belang  sind,  aber 
gleichwohl  zu  weiteren  Linientrennungen  führten. 

Ergebnis  1909 — 17:  Aus  allem  geht  hervor,  dass  die  Züchtung 
des  Rapses  durchaus  kein  einfacher  Vorgang  ist  und  vielmehr  vielseitigere 
Rücksichtnahme  erfordert  als  die  Züchtung  vieler  anderer  unserer  ge- 
bräuchlichsten Kulturpflanzen.  Sie  macht  insbesondere  die  Berück- 
sichtigung der  von  Natur  aus  grossen  Empfindlichkeit  der  Pflanze  er- 
forderlich, eine  genaue  Kenntnis  der  Kulturbedingungen,  Beobachtung 
der  Anpassungserscheinungen  sowie  der  schädigenden  Einwirkungen, 
und  nicht  zuletzt  mancher  Erscheinungen,  welche  infolge  der  be- 
sonderen Eigenschaften  einzelner  Merkmale  die  Ertragsfähigkeit  oder 
den  Gebrauchswert  stark  beeinträchtigen.  Es  ist  auch  zu  ersehen,  wie 
ungemein  die  züchterischen  Ziele  wechseln,  wie  in  einzelnen  Jahren  die 
unbeeinflusste,  d.  h.  ohne  besonders  schädigende  Einwirkungen  sich 
darstellende  Ertragsfähigkeit  der  Formen  zum  Ausdruck  kommt, 
während  in  anderen  Jahren  ausserordentlich  zahlreiche  Faktoren  zu- 
sammenwirken und  die  Beurteilung  erschweren. 

b)  Praktisch -züchterische  Ergebnisse  im  einzelnen. 

1.  Der  Vorgang  der  Züchtung,  der  Einrichtung  der  Zuchtregister 
und  Beobachtungstabellen  erfolgte  vom  Züchter  auf  Grund  der  Er- 
fahrungen eines  an  der  Züchtungsstelle  seit  Generationen  durch- 
geführten Anbaues,  und  trug  in  ganz  besonderem  Maße  der  besonderen 
Empfindlichkeit  der  Rapspflanze  gegenüber  den  klimatischen  und 
tierischen  Einwirkungen  Rechnung. 

2.  Die  Zuchtziele  bezweckten  die  Erreichung  einer  höheren  Er- 
tragsfähigkeit vor  allem  durch  Steigerung  der  Sicherheit  der  Erträge 
und  eine  Erhöhung  des  wirtschaftlichen  und  technischen  Wertes  der 


14:4.  Baumann: 

Ausgangssorte.  Ersteres  Ziel  wurde  erreicht,  durch  Auswahl  von. 
Formen  natürhcher  hoher  Produktivität  infolge  Beseitigung  jener 
morphologischen  Eigenschaften,  welche  die  Ertragsfähigkeit  ungünstig 
beeinflussten.  so  von:  Pflanzen  mit  abgeschnürten  Schoten,  die  zwar 
grössere  Körner,  aber  eine  geringere  Ertragsfähigkeit  aufweisen;  x\us- 
schaltung  von  Pflanzen  mit  säbelförmiger  Schote,  die  leicht  zum  Platzen 
und  dadurch  zu  -  Korn  Verlust  neigen,  sowie  solcher,  bei  denen  die 
Körner  in  der  Schote  vor  der  Ernte  platzen.  Pflanzen  mit  stark  ab- 
weichender variierender  ßlütenfarbe  waren  ursprünglich  recht  häufig. 
Als  ein  Merkmal  von  ganz  besonderer  Bedeutung  aber  erwies  sich  die 
Zahl  der  Internodien  und  ganz  besonders  der  schotentragenden  Seiten- 
achsen, weil  diese  einen  Maßstab  für  die  Fähigkeit  bilden  konnten,  un- 
günstige Standraumsverhältnisse  zum  Ausgleich  zu  bringen.  Beim 
letzteren  Zweck  der  Auswahl  von  Formen  mit  grosser  Wirtschaftlich- 
keit und  erhöhtem  technischen  Gebrauchswert,  kommt  es  vor  allem 
darauf  an,  dass  die  Reife  so  rechtzeitig  erfolgt,  dass  zwischen  Ernte 
des  Rgipses  und  Anbau  der  darauffolgenden  Winterfrucht  ausreichend 
Zeit  für  die  nötigen  Bestellungsarbeiten  bleibt.  Eine  zu  späte  Reife 
wäre  von  erheblichem  Nachteil,  so  sehr  dadurch  auch  die  Ertragsfähig- 
keit günstig  beeinflusst  würde.  Besonders  fällt  das  ins  Gewicht  in 
Gegenden  mit  verzögerter  Reife  wie  in  den  Küstengegenden,  oder  mit 
früherem  Anbau  der  Winterfrucht,  wie  im  Osten.  Der  Vorzug  des 
Winterölfruchtbaues  beruht  nicht  zum  geringsten  Teile  in  der  günstigen 
Verteilung  der  Arbeit.  Hierzu  kommt  noch  die  Erreichung  einer  aus- 
reichenden Elastizität  und  Standfestigkeit,  wodurch  der  Schnitt  mit 
der  Maschine  sich  ermöglicht.  Die  Erhöhung  der  Ertragssicherheit 
ergibt  sich  auch  aus  der  Berücksichtigung  der  erstgenannten  Zuchtziele. 

3.  Widerstandsfähigkeit  gegen  äussere   Einwirkungen. 

a)  Widerstandsfähigkeit  gegen  Winterfrost.  Gleich  zu  Beginn 
der  Züchtung  machten  sich  deutliche  Unterschiede  bemerkbar,  und 
Veranlassung  zu  Auslesen  nach  dieser  Richtung  waren  wiederholt  ge- 
geben. Sie  führten  zur  besonderen  Berücksichtigung  des  Stammes  46, 
eines  Stammes,  der  sich  vor  anderen  durch  sein  dunkelgrünes  Blatt 
kennzeichnet. 

b) -Widerstandsfähigkeit  gegen  Spätfrost.  Unter  den  Verhältnissen 
der  Züchtungsstelle  hegt  die  Hauptspätfrostperiode  zwischen  dem  1. 
und  11.  April.  Herrscht  vor  diesem  Zeitpunkt  noch  eine  relativ  niedere 
Temperatur  (um  5 — 7*^),  so  dass  das  Schossen  nur  langsam  und  ver- 
zögert erfolgt,  so  ist  das  ohne  nennenswerten  Schaden  für  die  Pflanzen. 
Besteht  aber  vorher  bereits  eine  höhere  Temperatur,  so  dass  das 
Schossen  bereits  eingetreten  ist,  so  können,  je  nach  Zusammentreffen 
der  Knospenbildung  und  des  Spätfrosts,  jene  Formen  im  Vorzug  sein, 
welche  sich  langsamer  entwickeln.     Ein  Unterschied  in  der  Knospen- 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapepflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         145 

bildung  von  8  Tagen  spielt  hier  schon  eine  bedeutsame  Rolle,  wie  sich 
aus  den  Züchtungsversuchen  in  verschiedenen  Jahren  eindeutig  be- 
merkbar machte.  Die  Stammes-  und  Linienunterschiede  waren  erheb- 
lich und  kamen  in  der  Wirkung  auf  die  Ertragsfähigkeit  deutlicher 
zum  Ausdruck  wie  diejenigen  der  Winterfestigkeit. 

c)  Eintreten  von  Hitzeperioden  zur  Zeit  der  Reife.  Dadurch 
werden  später  reifende  Stämme  in  der  Ausreifung  stark  beeinträchtigt, 
so  dass  unter  Umständen  ein  graugrünes,  unausgereiftes  Korn  und 
ein  sehr  geringer  Ertrag  zustande  kommt.  Unter  anderen  Ver- 
hältnissen aber  kann  diese  Verzögerung  der  Reife  von  einer  nicht  un- 
erheblichen Ertragssteigerung  begleitet  sein. 

d)  Widerstandsfähigkeit  gegen  Erdflöhe.  Das  Auftreten  von 
Erdflöhen  wird  begünstigt  durch  grosse  Trockenheit  des  Bodens  und 
der  Luft.  Rasche,  kräftige  Herbstentwicklung  begünstigt  die  Wider- 
standsfähigkeit, wie  aus  gleichlaufenden  Stammesunterschieden  in  den 
Zuchtbeeten  wie  im  Feldbestand  zu  erkennen  war.  Es  scheinen  aber 
auch  die  Geschmacksverhältnisse  der  Blätter  den  Befall  zu  beeinflussen. 

e)  Widerstandsfähigkeit  gegen  Rapsglanzkäfer.  Eine  absolute 
Widerstandsfähigkeit  gibt  es  nicht.  Es  kommt  ganz  auf  den  Zeitpunkt 
der  Hauptblüte  gegenüber  dem  Käferbefall  an,  welcher  Zeitpunkt  je 
nach  Jahren  sich  verschieben  kann. 

Der  praktische  Nachweis  für  den  Züchtungs erfolg  ist  natürlich 
für  den  Züchter  in  seinen  Versuchen  erbracht,  worüber  Verfasser  be- 
richtet hat.^)  Leider  besteht  im  Sortenprüfungswesen  bei  den  Öl- 
früchten eine  Lücke,  insofern  neuere^)  systematische  Versuche  mit  diesen 
nicht  durchgeführt  wurden.  Erst  neuerdings  sind  solche  von  Prof.  Dr. 
Wacker  und  Prof.  Dr.  -Kleb  er  g er  veröffentlicht.^)  Das  Fehlen 
solcher  öffentlicher  Versuche  macht  sich  insofern  bemerkbar,  als  neuer- 
dings Bestrebungen  laut  wurden,  welche  den  Landsorten  eine  grössere 
Anpassung,  insbesondere  auch  ein  besseres  qualitatives  Ergebnis  zu- 
sprachen. So  sehr  es  natürlich  zu  begrüssen  ist,  wenn  unter  besonders 
extremen  klimatischen  Verhältnissen  angepasste  Sorten  sich  behaupten. 


*)  Baumann,  Dr.  E.,  Ein  Beitrag  z.  Sortenfrage  von  Winterraps  und  zu 
Sortenversuchen.     111.  Landw.  Ztg.  1917,  Nr.  69. 

')  Ältere  Darstellungen  und  Versuche  über  Züchtung  und  Sortenfrage: 

Fruvrirth,  C,  Raps-  und  Rübsenzüchtung.    Naturw.  Z.  f.  L.  u.  P.  1903, 

Heft  10. 
Fruwirth,  C,  Ein  Sortenversuch  mit  Winterraps.    F.  L.  Z.  1905,  S.  640. 
Remy,  Th.,  Sortenversuche  mit  Winterölfrüchten.    D.  L.  Fr.  1905,  Nr.  54. 
Systematische    Versuche    über    die     Züchtung    des    Rapses    hat    v.    Rümker 
angestellt. 

8)  Kleberger,  Prof.  Dr.,  Mitt.  d.  D.  L.-G.  1916,  Stück  36;  1918,  Stück  96. 
Wacker,  Prof.  Dr.,  Ergebnis  langjähriger  Sortenanbauversuche  bei  Raps  und  Rübsen. 
Wtb.  Wochenbl.  f.  Landwirtsch.  1918. 


j^ß  Baumann: 

so  darf  doch  der  Mangel  an  Nachweis  hierfür  nicht  dazu  führen,  Sorten 
zu  verdrängen,  welche  in  mehrjährigem  Anbau  unter  den  verschieden- 
sten Verhältnissen  einen  hohen  Grad  von  Anpassung  und  eine  hohe 
durchschnittliche  Leistung  bereits  erwiesen  haben. 

Vorausgehend  ist  Aufschluss  über  die  massgebenden  Gesichts- 
punkte bei  einer  Züchtung  der  Praxis  erteilt.  Es  soll  aber  nicht  ver- 
gessen sein,  auch  auf  die  Darstellungen  über  den  gleichen  Vorgang 
durch  Prof.  Dr.  Fruwirth^)  und  Prof.  Dr.  v.  Rümkers)  hinzu- 
weisen, aus  welchen  Vergleichen  sich  gleichartige  wie  differente  Ge- 
sichtspunkte ergeben. 

Im  folgenden  nun  soll  versucht  werden,  eine  wissenschaftliche  Er- 
klärung für  die  vorkommenden  Erscheinungen  der  ,,Form",  Wachstums- 
weise und  der  Anpassung  zu  finden.  Diese  Untersuchungen  können 
Unterlagen  für  weitere  Züchtungsarbeiten  geben,  ausserdem  auch  zur 
Erklärung  zahlreicher  allgemeiner  Erscheinungen  bei  den  übrigen 
Kulturpflanzen  und  deren   Züchtung  dienen. 

B.  Wissenschaftliche  Behandlung  der  hauptsächlichsten  in  der 
Züchtungspraxis   des   Rapses   vorkommenden   Fragen. 

Die  Untersuchung  gliedert  sich  den  einleitend  erwähnten  Ge- 
sichtspunkten entsprechend  in  folgende  Abschnitte: 

I.  Morphologie.  IL  Physiologie  des  Wachstums.  III.  Ökologie. 
IV.  Genetik.  V.  Systematik.  Abschnitt  C  bringt  eine  Zusammen- 
fassung dieser  Ergebnisse,  sowie  auch  der  Züchtung  selber  unter  dem 
Gesichtspunkt  der  praktischen  Anwendbarkeit. 

I.  Morphologie  der  Rapspflanze  (siehe  Abb.  12  u.  13). 

Untersuchungen  über  die  Morphologie  der  Rapspflanze  sind  mir 
nicht  bekannt.  Allgemeine  Angaben,  z.  B.  „Buschform,  Baumform, 
Besenform"  usw.  reichen  natürlich  für  wissenschaftliche  Unter- 
suchungen nicht  aus. 

Die  morphologische  Grundform  der  Rapspflanze  ist  eine  Traube, 
bei  weitergehenden  Verzweigungen  der  Seitenachsen  unter  Umständen 
eine  Traubenrispe.  Die  spiralige  Anordnung  der  Seitenachsen  ist 
^/g  Divergenz  (=  Verschiebung).  Die  Anordnung  der  Seitenachsen 
gegenüber  der  Hauptachse  ist  ..racymös",  d.  h.  die  Seitenachsen  reichen 
in  ihrer  Länge  nicht  über  den  Gipfel  der  obersten  Blütenachse  hinaus. 
Die  Anordnung  mit  ^/g  Divergenz  trifft  auch  bei  den  Seitenachsen  und 


*)  Fruwirth,  C,  Handbuch  der  landw.  Pflanzenzüchtung,  Bd.  II,  3.  Auil. 
Berlin  1918. 

*)  V.  Rümker,  Beitrag  zur  Rapszüchtung.  Mitt.  d.  landw.  Instituts  d.  Kgl. 
Universität  Breslau  Bd.  5,  Heft  1.  Verlag  von  Paul  Parey,  Berlin  1909.  Siehe  auch: 
V.  Mandeki6.  Beiträge  z.  Kultur  u.  Züchtung  d.  Rapses.  Mitt.  d.  landw.  Inst. 
Breslau  Bd.  6,  Heft  4.     Berlin  1912. 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  147 

der  obersten  Blütenregion  zu,  doch  ist  sie  bei  diesen  nicht  so  regel- 
mässig durchgebildet.    An  Haupt-  und  Seitenachsen  sind  jene  untersten 


I 


Jnfernodo 


Gliederung  der  Hauptachse  (Zuwachskurve). 


N 

A 

^ 

X 

yWsnc'epum'ff 

Y 

1 
1 

% 

^ 

/ 

1 

1 

' 

8 


10 


12        1¥        16        18 


20 


Perfod/z/fät 


/Y7.Ar8        10       5        3        2        6        ^ 
Zah/.d.Jnf.    12  13  1^ 

Abb.  12.    Morphologie  der  Rapspflanze. 


3 
76 


1 
17 


Knospen  bemerkenswert,  bei  welchen  die  Seitenachsen  höherer  Ordnung 
zur  Entwicklung  gelangen,  ausserdem  die  Lage  der  „Umläufe",  d.  h. 
jener  Punkte,  welche  die  Internodien  erreichen,  wenn  sie  von  Knospe 
zu  Knospe  wandernd,  wieder  in  die  ursprüngliche  Lage  längs  einer 
Mantellinie  der  Hauptachse  gelangen.    Von  diesen  Internodien  sind  aus 


148 


Baumaan: 


o 


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Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         149 

naheliegenden  Gründen  das  erste,  achte,  sechszehnte  usw.  besonders 
bemerkenswert.  Diese  morphologische  Grundform  erfährt  nun  eine 
besondere  Ausgestaltung,  je  nach  der  Individualität,  den  äusseren  Ein- 
wirkungen und  insbesondere  dem  Standraum  der  Pflanze,  wie  im 
folgenden  näher  ausgeführt  werden  soll. 

Die  Gliederung  der  Hauptachse.  Die  Hauptachse  zer- 
fällt in  Jenen  Teil,  an  dem  Seitenachsen  zur  Entwicklung  gelangen  oder 
gelangen  können,  sowie  in  einen  achsenfreien  oberen  Teil,  der  sog. 
„obersten  Blütenregion".  Dieser  erstere  Teil  enthält  zweierlei  Knoten, 
nämlich  jene,  welche  aus  der  Herbst-  und  Winterentwicklung  der 
Pflanzen  herrühren,  äusserst  gedrängt  stehen  und  die  Träger  für  die 
Blattanlage  bis  zur  Frühjahrsentwicklung  darstellen.  Oberhalb  dieser 
sind  jene  angeordnet,  welche  erst  im  Verlaufe  der  Frühjahrsentwicklung 
entstehen,  und  in  der  erwähnten  gesetzmässigen  Weise  angeordnet  sind. 

Die  Gliederungsverhältnisse  der  Hauptachse  kommen  am  besten 
zum  Ausdruck  in  der  Form  der  „Zuwaöhskurve"  (Abb.  12,  1).  Diese 
entsteht  duixh  Antragen  der  aufeinanderfolgenden  Internodienlängen  als 
Ordinaten  zu  den  zugehörigen  Knoten  als  Abszissen.  Die  hieraus  ent- 
stehende Kurve  ist  eine  Parabel,  und  zwar  bis  zu  dem  Teil,  der  dera 
Übergang  in  die  oberste  Blütenregion  entspricht.  Jedoch  bereits  2  bis 
3  Internodien  vor  diesem  Punkt  (Wendepunkt)  tritt  eine  merkbare  An- 
näherung der  Kurve  an  die  Symmetrieachse  ein,  wodurch  der  t'Jbergang 
in  die  oberste  Blütenregion  angedeutet  wird.  Von  hier  aus  werden,  ent- 
sprechend dem  Fehlen  von  Seitenachsen,  die  Internodien  zunehmend 
enger,  bis  die  äusserst  zahlreichen  Blüten  schliesslich  eine  geradlinige 
Abnahme  in  ihrer  gegenseitigen  Entfernung  zeigen.  Dieser  A^erlauf  ist 
bei  allen  Stämmen  eindeutig  feststellbar,  jedoch  ist  die  Form  der  Parabel 
eine  verschiedene,  je  nach  Stamm  oder  Linie.  Durch  die  Gleichung  der 
Parabel  y^=:2px  ist  eine  unendliche  Zahl  möglicher  Gliederungsver- 
hältnisse dargestellt,  y  stellt  hierbei  das  Internodium,  x  dessen  Länge 
dar.  Xmax.  ist  die  Zone  stärksten  Wachstums,  p/o  ist  die  Brennweite 
der  Parabel  oder  die  Entfernung  der  Leitlinie  vom  Scheitelpunkt. 
Durch  Brennpunkt  und  Leitlinie  lässt  sich  auch  jeder  Punkt  der  Parabel 
konstruktiv  ermitteln.  Die  von  der  Parabel  begrenzte  Fläche  bis  zu 
ihrem  Wendepunkt  stellt  gleichzeitig  die  Länge  der  Hauptachse  bis 
zum  Beginn  der  obersten  Blütenregion  dar.  Die  Zahl  der  möglichen 
Parabeln  ist  aber  eine  begrenzte.  Diese  Grenzen  sind  gegeben  durch 
Xmax.  und  das  zugehörige  y.  Ersteres  stellt  die  Zone  stärksten  Wachs- 
tums der  Hauptachse  dar,  letzteres  die  Nummer  des  zugehörigen  Inter- 
nodiums. Innerhalb  einer  Population  sind  beide  Werte  begrenzt. 
Diese  Begrenzung  ist  auch  in  anderer  Weise  feststellbar. 


150 


B  au  m  ann: 


Ordnet  man  innerhalb  einer  Population  die  Pflanzen  nach  ihrer 
Länge,  innerhalb  derselben  nach  Zahl  der  Internodien,  so  zeigt  sich, 
dass  beide  dui'chschnittHch  gleichsinnig  korrelativ  zueinander  sind. 
In  gleicher  Weise  erhöht  sich  damit  auch  die  Zahl  der  schotentragen- 
den  Seitenachsen,  deren  Ansatz  an  der  Hauptachse  sich  aber  zu- 
nehmend höher  verschiebt.  Verbindet  man  die  Linien  gleichen  Umlauf? 
miteinander,  so  ist  die  zweite  Umlauflinie  zur  Basis  annähernd  parallel, 
während  die  dritte  eine  ziemlich  regelmässge,  deutlich  absteigende 
Richtung  einnimmt.  Diese  Erscheinung  findet  dadurch  ihre  Erklärung, 
dass  die  Entfernung  der  Internodien  mit  zunehmender  Zahl  immer 
geringer  wird. 

Daraus  geht  hervor,  dass  die  Begrenzung  der  möglichen  Ghede- 
rungsverhältnisse  dadurch  erreicht  wird,  dass  mit  der  Zunahme  der 
Länge  und  der  Zahl  der  Internodien  wie  der  schotentragenden  Seiten- 
achsen eine  Abnahme  der  Internodienlänge  eintritt.  Auf  diese  Weise  er- 
reicht die  Pflanze,  dass  ihre  Länge  sich  nicht  ins  Ungemessene  ausdehnt, 
je  wüchsiger  sie  wird,  dass  eine  Massenzunahme  nicht  in  erster  Linie  eine 
Zunahme  der  Vegetationsorgane  bedeutet,  endlich  dass  eine  Erhöhung 
des  Gewichts,  der  Länge  und  der  Produktivität  der  Pflanze  mit  einer 
ausreichenden  Standfestigkeit  verbunden  ist.  Eine  Begrenzung  der 
möglichen  Gliederungsverhältnisse  ist  innerhalb  einer  Population  durch 
die  unteren  und  oberen  Grenzwerte  der  Längen  und  Zahl  der  Inter- 
nodien gegeben.  Diese  gesetzmässige  Aufeinanderfolge  ist  als 
„Kontinuität  der  Entwicklung"  zu  bezeichnen  (siehe 
Abb.  12,  3). 

Die  hauptsächlichsten  Stämme,  deren  morphologische  Form  ge- 
nauer vom  Verfasser  untersucht  wurde,  zeigen  diese  Kontinuität 
deutlich.  Die  Orientierung  der  Gliederungsverhältnisse  der  HA  (Haupt- 
achse) ist  für  das  Material  1915  gemäss  der  Gleichung  der  Parabel 
durch  folgende  Werte  gegeben. 


Stamm 

y 

Xmax. 

p/2 

Bemerkungen. 

4 

12,5 

75 

77 

5,2 

5,5 

9,2 

7,2 
9,2 
9,2 

p/2  =  Halbparameter. 

43 

13,0 
14,5 

X  =  Länge  des  Internodiiims. 

33 

57 

Xmax.  —  Internodium  stärkster  Streckung. 
y  =  Bezeichnung  des  Internodiums. 
L  =  f  X  (=  Länge  der  Hauptachse). 

=  (Aus  einem  Feldbestand :  „H"). 

46.1 
46.6 
46.  H 

13,5 
15,5 
15,0 

63 
65 
61 

Mittel : 

13,8 

67,4 

7,26 

=  (Ohne  46  .  H). 

Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         151 

Aus  diesen  Werten  ist  die  Kontinuität  der  Formen,  wie  deren 
Gliederungsverhältnisse  ersichtlich. 

Ansatz,  Längen-  und  Gliederungsverhältnisse 
der  Seitenachsen  1.  Ordnung  (SAl). 

Der  unterste  Ansatz  der  Seitenachsen  an  der  Hauptachse  ist  durch 
zwei  Momente  hauptsächlichst  bedingt,  durch  das  Gesetz  der  Kon- 
tinuität und  durch  den  Standraum.  Letzterer  ist  beim  Raps  sehr  Ver- 
änderungen unterworfen  durch  Winterfrost  und  tierische  Schädlinge, 
bei  letzteren  insbesondere  durch  Erdflöhe.  Die  Möglichkeit,  noch  in 
einem  späten  Entwicklungsstadium  ausgleichend  durch  Neubildung 
tiefer  liegender  Seitenachsen  oder  solcher  höherer  Ordnung  wirken  zu 
können,  bietet  für  den  Raps  ein  wichtiges  Schutzmittel,  eingetretenen 
Schädigungen  noch  nachträglich  entgegenwirken  zu  können.  Je  nach 
dem  Zeitpunkt,  in  dem  derartige  Bestands  Veränderungen  eintreten, 
aber  auch  durch  sonstige  Zufälligkeiten,  welche  einen  ungleichen  Stand 
bewirken,  können  natürlich  Formveränderungen,  z.  B.  Verkürzungen 
usw.  der  Einzelpflanze  eintreten,  wodurch  beim  Vergleich  derselben 
die  Erscheinungen  der  Kontinuität  (und  auch  Vererbbarkeit)  verwischt 
werden.  Je  gleichmässiger  dagegen  der  Bestand,  um  so  deutlicher  muss 
sie  natürlich,  namentlich  im  Durchschnitt  einer  grösseren  Zahl  von 
Individuen  in  die  Erscheinung  treten.  In  Abschnitt  IV  sind  ausserdem 
die  abändernden  individuellen  Unterschiede  näher  berücksichtigt 
(S.  162). 

Der  Entwicklungsverlauf  (Periodizität)  (siehe  Abb.  12,  2)  der 
Seitenachsen  kommt  in  folgender  Weise  zum  Ausdruck.  Denkt  man  sich 
die  Seitenachsen  einseitig  in  horizontaler  Lage  angeordnet,  so  verläuft 
die  Verbindungshnie  dieser  Gipfel  ziemlich  geradlinig  in  Richtung  zum 
Gipfel  der  obersten  Blütenregion.  Sie  schliesst  mit  der  Hauptachse 
einen  Winkel  von  43 — 45^  ein,  d.  h.  die  Racymosität  ist  durch  diesen 
Winkel  zum  Ausdruck  gebracht.  Der  Abstand  dieser  Geraden  von  einer 
45  "  geneigten,  stellt  die  relative  Abnahme  der  Länge  der  Seitenachsen 
dar,  je  mehr  ihr  Ansatz  sich  der  Basis  nähert.  Die  tiefer  hegenden 
Achsen  sind  ja  absolut  länger,  relativ  aber  verkürzen  sie  sich  etwas. 

Ausser  dieser  Geraden  ist  auch  noch  die  Verbindungslinie  des 
Ansatzes  der  obersten  Blütenregion  bei  Haupt-  und  den  Seitenachsen 
bemerkenswert.    Diese  läuft  annähernd  parallel  zur  obersten  Gipfellinie. 

Endlich  kommt  zu  diesen  Linien  noch  die  Verbindungslinie  des 
tiefstliegenden  Ansatzes  der  Seitenachsen  zweiter  Ordnung  an  den- 
jenigen erster  Ordnung.  Auch  diese  verläuft  im  Durchschnitt  gerad- 
linig, bei  Einzelpflanzen  aber  nicht  regelmässig  vom  Ansatz  der 
obersten  Blütenregion  der  Hauptachse  an  mit  zunehmender  Entfernung 
von  der  Achse. 

Zeitschrift  für  PflanzenzüchtunK.    Bd.  VI.  12 


152 


Baumann: 


Seitenacheen  2.  Ordnung  (SA 2). 

Die  Ausbildung  der  SA  2  entspricht  ebenfalls  den  allgemeinen 
Gesetzen  der  Periodizität.  Ihre  Zahl  nimmt  im  allgemeinen  von  den 
oberen  SA  1  nach  den  unteren  zu,  entsprechend  der  höheren  Zahl  von 
Internodien  bis  zum  Beginn  der  obersten  Blütenregion  bei  diesen.  In 
gleichem  Sinne  nimmt  ihre  Länge  bei  den  tiefer  stehenden  Achsen  zu. 
bei  den  tiefsten  dagegen  wieder  etwas  ab.  Treten  dagegen  an  den 
tiefer  liegenden  Achsen  stärkere  Verzweigungen  ein,  dann  wird  mit  der 
Zunahme  derselben  die  Länge  der  Zweige  geringer.  (Entsprechend  der 
Hauptachse;  auch  als  Folge  äusserer  Einwirkungen.)  Die  gleichen 
Gesetzmässigkeiten,  welche  sich  innerhalb  der  einzelnen  Pflanze  oder 
bei  Pflanzen  gleicher  Abstammung  (mehr  oder  weniger  reinen  Linien) 
geltend  machen,  sind  auch  im  Vergleich  verschiedener  Formen  zu  er- 
kennen. So  z.  B.  hat  Stamm  4  wenige,  aber  lange  SA  2,  die  Stämme  46 
und  33  dagegen  kurze,  aber  zahlreiche.  Das  gleiche  gilt  für  Spaltungen, 
wie  z.  B.  bei  Stamm  42.  Jedoch  ist  diese  allgemeine  Gesetzmässigkeit 
keine  regelmässige,  sie  wird  vielmehr  vielfach  durchbrochen. 

Beziehungen  zwischen  HA,  SAl  und  SA2. 

Die  Besprechung  dieser  Beziehung  stellt  bloss  den  Versuch  einer 
ersten  Orientierung  dar,  da  die  Untersuchung  aus  praktischen  Gründen 
sich  nur  mit  einer  beschränkten  Zahl  von  Formen  befassen  konnte. 

VV^enn  innerhalb  der  einzelnen  morphologischen  Merkmale  eines 
Individuiuns  gesetzmässige  Beziehungen  bestehen,  welche  die  Formen- 
gestaltung bei  diesen  regulieren,  so  ist  zu  vermuten,  dass  auch  beim 
Vergleich  verschiedener  Formen  die  gegenseitigen  Beziehungen  dieser 
Merkmale  nicht  der  Willkür  unterworfen  sind,  sondern  dass  mit  Modi- 
fikationen die  gleichen  oder  ähnliche  Gesetzmässigkeiten  auftreten. 
Diese  Beziehungen  kommen  natürlich  am  einfachsten  und  deutlichsten 
durch  den  Vergleich  der  Kontinuitätstufen  zimi  Ausdruck,  weil  bei 
diesen  die  ganzen  Gesetzmässigkeiten  für  die  Bildung  der  einzelnen 
Bestandteile  mit  einbezogen  sind. 


Kontinuitätstufe  der 

Stamm 

HA 

SAl 

SA  2 

4 

II 

IV 

II    Lang,  wenig  zahlreich. 

33 

IV 

11 

III    Mittellang,  zahlreich. 

42 

— 

— 

(II)  Ahnlich  4  mit  Übergang  zu  46. 

43 

I 

111 

IV    Sehr  lang,  sehr  geringe  Zahl. 

46 

III 

1 

I    Kurz,  zahlreich. 

Hieraus  ist  hinsichthch  der  HA  und  SAl  auf  eine  Ver- 
tauschung der  Kontinuitätsfolge  zu  schhessen,  die  sich  auch  auf  die 
SA  2  überträgt. 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  153 

Mit  der  Zunahme  der  Kontinuität  vermehrt  sich  die  Länge  der 
Pflanze,  die  Zahl  ihrer  Internodien,  die  Zahl  der  Seitenachsen,  deren 
unterste  Ansatzstelle  sich  zunehmend  höher  verschiebt.  Mit  der  Zu- 
nahme der  Internodienzahlen  geht  einher  eine  Verringerung  ihrer 
Länge.  Die  Kontinuität  der  Seitenachsen  gegenüber  der  Hauptachse 
verläuft  nicht  in  gleichem  Sinne,  denn  je  länger  die  HA  und  je  grösser 
die  Zahl  ihrer  Internodien,  um  so  geringer  erscheinen  im  allgemeinen 
die  Längen  der  SA  1,  z.  B.  im  Vergleich  von  Stamm  4  und  33  bzw.  43 
und  46.^)  Dagegen  scheinen  die  Internodiendichten  an  Haupt-  und 
Seitenachsen  ziemhch  parallel  zu  laufen.  Weitläufige  Internodien- 
stellungen  an  den  SA  i  entsprechen  grösserer  Achsenlänge  bei  den 
SA  2  bei  geringerer  Zahl  derselben. 

Diese  Gesetzmässigkeiten  gelten  nicht  nur  innerhalb  einzelner 
Pflanzen,  sondern  im  Vergleich  der  Pflanzen  verschiedener  Formen, 
endlich  bei  Formenveränderungen  durch  den  Standort,  scheinen  dem- 
nach als  ein  allgemeines  Gesetz  der  Formenbildung  aufgefasst  werden 
zu  können.  Durch  Berthold^)  ist  dieses  Gesetz  in  folgender  Weise 
zum  Ausdruck  gebracht  worden:  „Bei  Halmen,  welche  die  Ghederzahl 
bei  üppigen  Bedingungen  vermehren,  kann  dies  als  ein  Regulator  für 
die  Behinderung  der  Entstehung  zu  grosser  Internodienlängen  an- 
gesehen werden."  C.  Kraus  ^)  drückt  diese  Gesetzmässigkeit  in 
folgender  Weise  aus:  ,, Gliederzahl  und  Länge  stehen  auch  sonst  in 
gegensinniger  Beziehung." 

Die  besprochenen  morphologischen  Bildungsgesetze  erfahren 
jedoch  unter  verschiedenen  genetischen  Bedingungen  einige  Modi- 
fikationen, welche  in  Abschnitt  IV  näher  zu  besprechen  sein  werden. 
Obige  Gesetze  gelten  zunächst  für  Populationen,  also  im  Vergleich 
verschiedener  Formen  oder  innerhalb  solcher,  welchen  noch  eine 
grössere  Konstanz  mangelt. 

IL  Physiologie  der  Rapspflanze. 
Zu  den  physiologischen  Verhältnissen  gehören  die  Gesetze  des 
Stoffwechsels,  des  Kraftwechsels  und  der  Formenbildung.  Von  diesen 
kommen  die  letzteren  ausschliesslich  zur  Untersuchung,  weil  aus  ihnen 
die  .Beziehung  der  morphologischen  Form  zu  den  Wachstums- 
verhältnissen in  die  Erscheinung  tritt.  Die  Form  ist  ja  schliesslich 
nichts  anderes  als  der  Ausdruck  einer  besonderen  Art  der  Entwicklung. 

')  Auch  aus  Gründen  der  Zweckmässigkeit  dürfte  sich  die  Schwierigkeit  ergeben, 
an  einer  grossen  Zahl  enggestellter  Internodien  auch  noch  lange  (massige)  SA  1  =  SA  2 
anzuordnen.  Wohl  aber  kann  man  sich  eine  Form  vorstellen,  wie  Stamm  40  (Korre- 
lationsbrecher), einer  Zwergform,  die  geringe  Länge  mit  zahlreichen  dicht  gestellten 
Internodien  und  reicher  Bildung  von  SA  1,  2  vereinigt.  Jedoch  erwies  sie  sich  nicht 
als  ausreichend  produktiv. 

*)  Bert  hold,  G.,  Untersuchungen  z.  Physiologie  pflanzl.  Organismen  II,  S.  26. 

2)  Kraus,  C,  Gliederung  d.  Gersten-  u.  Haferhalmes.     Stuttgart  1905. 

12* 


154 


Baumann: 


a)  Die  allgemeinen  Verhältnisse  der  Entwicklung  der  Rapspflanze. 

Die  Entwicklung  der  Rapspflanze  ist  zu  unterscheiden  in  eine 
Herbst-  und  in  eine  Frühjahrsentwicklung.  Je  günstiger  erstere.  um 
ßo  besser  ist  das  auch  hinsichtlich  der  letzteren.  Im  Herbst  gelangen 
je  nach  Witterungsverhältnissen  und  Standraum  eine  verschiedene  Zahl 
und  Länge  von  Internodien  zur  Ausbildung.  Bei  zu  dichtem  Stand- 
raum und  zu  warmer  Herbstentwicklung  werden  die  Herbstinternodien, 
an  denen  sich  die  Blattanlagen  befinden,  gestreckter,  was  zu  „Hoch- 
beinigkeit" und  bei  üppiger  Sommerentwicklung  zu  Senkungs- 
erscheinungen von  der  Wurzel  aus  führt.  Aus  diesen  Knoten  gelangen 
eine  mehr  oder  minder  grosse  Zahl  von  Blättern  zur  Entwicklung, 
welche  im  Laufe  des  Winters  oder  mit  dem  Beginn  der  Frühjahrs- 
entwicklung  absterben. 

Die  Frühjahrsentwicklung  beginnt  etwa  bei  Einwirkungen  von 
Temperaturen  von  5  (bis  7)  Grad  (siehe  Abschnitt  HI).  Im  weiteren 
Verlaufe  kann  je  nach  der  Höhe  der  Aussentemperatur  das  Wachstum 
sehr  rasch  erfolgen,  so  dass  die  Frühjahrsentwicklung  in  wenigen 
Wochen  in  der  Hauptsache  durchgeführt  ist.  Die  Pflanze  erreicht 
hierbei  Längenzunahmen  von  6 — 8  cm  täglich,  bei  einer  Temperatur 
von  20°  und  gutem  Ernährungszustand.  Die  Entwicklung  schreitet 
von  unten  nach  oben  vorwärts.  Längst,  bevor  die  oberste  Blütenregion 
zur  Enüväcklung  gelangt,  haben  sich  aus  den  unteren  Knoten  die  ersten 
Seitenachsen  gebildet.  Ein  weiterer  erkennbarer  Abschnitt  in  der 
Entwicklung  ist  der  Beginn  und  das  Ende  der  Blüte.  Auch  diese  er- 
folgt der  Reihe  der  Entstehung  der  Achsen  entsprechend  während 
eines  längeren  Zeitraums  von  etwa  vier  Wochen.  Auch  in  diesem 
Entwicklungsverlauf  ist  die  Periodizität  deutlich  ausgeprägt. 

Diese  Entwicklung  ist  aber  nach  Raschheit  und  Art  in  den  ein- 
zelnen Abschnitten  verschieden.  Besonders  deutlich  kommt  das  in  der 
obersten  Blütenregion  zum  Ausdruck.  Die  Entwicklung  erfolgt  in  der 
beim  Raps  normalen  Weise,  nämlich  von  unten  nach  oben,  entsprechend 
dem  Verlauf  der  Blüte.  In  einem  besonderen  Fall  ist  der  Blütenstand 
insbesondere  nach  oben  stark  verdichtet  (Pilzform).  In  diesem  Fall 
erfolgt  die  Art  des  Aufblühens  genau  so  wie  oben  beschrieben,  jedoch 
vollzieht  sich  die  Streckung  langsamer  wie  bei  weniger  dicht  ge- 
stellten obersten  Blütenregionen. 

b)  Entwicklung  im  besonderen. 

Die  Herbst-  wie  die  Früh  Jahrsentwicklung  ist  je  nach  Individua- 
lität rascher  oder  langsamer,  was  für  die  Anpassung  der  Pflanze  an  die 
Temperaturverhältnisse,  also  hinsichthch  der  Widerstandsfähigkeit 
gegen  Spätfrost  von  ganz  besonderer  Bedeutung  sich  erwies.  Diesen 
Verhältnissen  der  züchterischen  Praxis  hat  Verfasser  durch  besondere 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  155 


Untersuchungen  Rechnung  getragen,  indem  er  den  Entwicklungsverlauf 
durch  periodische  Messungen  an  22  Pflanzen  verschiedener  Formen 
genauer  festlegte.  Es  wurden  hierbei  die  Internodien  der  Hauptachse 
in  Abschnitten  von  5  zu  5  Tagen  gemessen,  nämhch  am  26.  April, 
1..  6.  und  11.  Mai  1915. 

Ausser  dem  erwähnten  Verlauf  der  Streckung  von  unten  nach 
oben  sind  noch  eine  Reihe  anderer  Beziehungen  festzustellen. 

1.  Zusammenhang  von  Entwicklung  und  Form.  Letztere  ergibt 
sich  in  ihren  Grundelementen,  wie  aus  Abschnitt  I  zu  ersehen  war,  aus 
der  Länge  der  Pflanze,  der  Zahl  ihrer  Internodien  bis  zum  Beginn  der 
obersten  Blütenregion,  und  der  Lage  der  Zone  stärksten  Wachstums. 
Die  kürzeren  Formen  haben  eine  geringere  Zahl,  aber  längere  Inter- 
nodien als  die  längeren.  Im  allgemeinen  wird  die  Zone  stärksten 
Wachstums  nach  einem  um  so  höheren  Internodium  und  um  so  höher 
verlegt,  je  länger  die  Pflanze,  je  geringer  also  die  Entfernung  der 
Internodien  voneinander  ist  (Internodiendichte).  Diese  Art  der  Ent- 
wicklung bezweckt  die  Verhinderung  zu  grosser  Internodien-  und 
Gesamtlängen  der  Pflanzen,  wie  der  Seitenachsen,  wodurch  Senkungs- 
und Biegungserscheinungen  vermieden  werden.  Ausserdem  steht  sie  in 
Zusammenhang  mit  der  Möghchkeit  der  Vermehrung  der  Produktivität 
der   Einzelpflanze   durch  Vermehrung  ihrer   Achsen. 

2.  Die  unterschiedüche  Entwicklung  der  Formen.  Die  ver- 
schiedenen Formen  unterscheiden  sich  einmal  durch  Einreihung  in  eine 
bestimmte  Stufe  der  Kontinuität  (morphologisch),  physiologisch  durch 
Unterschiede  in  der  Wachstumskurve.  Die  hierbei  einmal  gegebene 
Richtung  in  der  Entwicklung  wird  beibehalten,  was  am  deutlichsten 
aus  dem  Vergleich  der  Parameter  zu  diesen  Stadien  zu  ersehen 
ist.  Die  Gesamtentwicklung  kann  aber  rascher  oder  langsamer  pder 
mit  verschiedenem  Verlauf  erfolgen,  wie  das  in  folgender  Tabelle  zu 
ersehen  ist.  Diese  Zahlen  entsprechen  Durchschnittswerten  aus  den 
untersuchten  22  Pflanzen  1915. 


Linie 

Länge 

V 

y(x) 

Xmax. 

P/a 

1 

2 

3 

Mitt. 

1 

2 

3 

1 

2 

3 

1       2       3 

Mitt, 

33 

4 

46 

161 
166 
174 

7,26 
6,68 
7,30 

6,54 
5,90 
6,90 

4,80 
4,30 
3,51 

6,20 
5,77 
5,78 

8,5 
10,6 
12,2 

11.7 
13,0 
14,6 

(12,7) 
15,5 

68,1 
75,8 
70,3 

88,0 
89,8 
82,8 

(94) 
90,0 

2,65 
3,78 
5,47 

3,91 

5, 
6,55 

4,34 
52 
6,91 

3,63 
4,57 
6,13 

Besser  wären  die  Verhältnisse  graphisch  zu  ersehen,  doch  können 
diese  Darstellungen  in  vorhegender  gedrängter  Zusammenfassung  nicht 
aufgenommen  werden.  Am  deutlichsten  kämen  hierbei  die  Wachstums- 
geschwindigkeiten durch  den  zweiten  Differenzialquotienten  der  Ge- 
schwindigkeit:   dv  =  ^,^.    zum    Ausdruck,      (v  =  Raschheit    der    Ent- 


156  B  aum  ann: 

Wicklung;  1  =  Länge  der  HA  in  verschiedenen  Zeitabschnitten;  t  -=■ 
Zeitraum  für  die  Entwickhingsabschnitte.) 

III.  Ökologie. 

Die  „Ökologie"  umfasst  alle  äusseren  Einwirkungen  der  Pflanzen, 
wodurch  deren  verschiedene  individuelle  Anlage  zum  Ausdruck  kommt. 
Im  folgenden  interessiert  von  diesen  ökologischen  Faktoren  ausser  den 
tierischen  Schäcügungen  ganz  besonders  der  Einfluss  des  Klimas,  wo- 
durch die  Entwicklung  und  damit  in  Zusammenhang  die  morpho- 
logische Form  der  Pflanze  beeinflusst  wird.  Durch  den  Zwang  zur 
Anpassung  wird  für  die  Summe  der  Individuen  einer  Art  oder  Gattung 
oder  ..Population"  ein  „Periodenzwang"  ^)  geschaffen,  der  als  die 
„allgemeine  klimatische  Periodizität"  bezeichnet  werden  kann.  Die 
verschiedenen  Individuen  (Linien)  reagieren  in  verschiedener  und 
durch  die  klimatischen  Grenzwerte  umschriebener  Weise  auf  diese 
Verhältnisse.  Die  Frage  der  klimatischen  Periodizität  ist  daher  auch 
für  die*  Züchtung  von  besonderer  Bedeutung,  so  dass  sie  vor  anderen 
Teilfragen  zunächst  einer  Lösung  zugeführt  werden  muss.  Sie  findet 
ihren  endlichen  Ausdruck  in  der  ., ökologischen  Form". 

Die  klimatischen  Unterschiede  ^)  sind  bedingt  durch  die  Licht- 
intensität, den  Wärmeverlauf  und  die  termischen  Grenzen.  Menge  und 
Verteilung  der  Niederschläge  und  Luftfeuchtigkeit,  und  die  Boden- 
einflüsse. Das  Licht  wirkt  wachstumsverzögernd,  während  es  die 
chemischen  Synthesen  beschleunigt.  Die  Wärme  begünstigt  das 
Wachstum.  Unter  sonst  gleichen  Verhältnissen  nimmt  die  Wachstums- 
geschwindigkeit mit  der  Temperatur  zu,  mit  fortschreitender  Ent- 
wicklung aber  trotz  der  Zunahme  der  Temperatur  ab.  Hinsichthch  der 
Feuchtigkeit  ist  nicht  die  Regenzeit,  vielmehr  die  Trockenheit  ent- 
scheidend, und  der  Einfluss  des  Bodens  kann  insbesondere  durch  sein 
Verhalten  zum  Wasser  den  periodischen  Verlauf  zwar  verschieben,  ihn 
aber  in  seinen  Grundlagen  nicht  verändern. 

Die  Werte,  bei  welchen  eine  „phänologische  Erscheinung"  be- 
ginnt oder  verläuft,  werden  als  „Schwellenwerte"  bezeichnet.  Die 
Zahlen  (Zeit.  Temperatur)  sind  an  und  für  sich  zunächst  nur  klimatisch 
von  Belang,  eine  besondere  Bedeutung  aber  bekommen  sie  dadurch, 
dass  unter  gleichen  Aussenverhältnissen  die  Indi"\dduen  ein  ver- 
schiedenes Reaktionsvermögen  aufw^eisen.  Um  aber  dieses  näher  zu 
charakterisieren,  ist  zuerst  die  allgemeine  klimatische  Periodizität  des 
Rapses  an  der  Züchtungsstelle  festzulegen. 


''i  Drude,  Ökologie  der  Pflanzen.     Braiinschweig  1913.     S.  162. 
-^  a.  a.  0.  S.  147.^ 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  157 


Mittel 

1911-1917. 

Zeitpunkt  für 

Temperaturen  (Grad) 

Tage 

02 

0 

CD 
«3 
an 
0 

CO 

Blüte 

=2. 

CO 

g 

0 

'S 

CO 

0) 

03 

P5 

0 

CO 

1 

1 

co" 

1. 

ü 

CO 

p4 

0^ 

'S 
00 

1       fH 

16.8. 

15.4. 

6.5.-29.5. 

9.7. 

16,0 

6"— 7" 

11,1—14,0 

17,2 

245 

18 

23 

40 

81 

326 

Hieraus  geht  hervor,  dass  die  Zeit  der  eigentUchen  Entwicklung 
des  Rapses  vom  Schossen  bis  zur  Reife  gegenüber  der  Gesamt- 
entwicklung recht  kurz  ist.  Trotzdem  ist  die  Rapspflanze,  zudem  sie 
noch  ein  kalorisch  höchst  wertvolles  Material  produziert  (40 — 50  ^Iq 
Fett)  gegenüber  den  anderen  Kulturpflanzen  äusserst  produktiv.  Dieses 
Ergebnis  wird  erzielt  durch  die  morphologische  und  physiologische  An- 
lage, wodurch  bereits  im  Herbst  und  Winter  eine  nicht  unerhebliche 
Massenentwicklung  bei  ausreichender  Ernährung  erzielt  wird,  dann 
die  rasche  und  zeitige  Frühjahrsentwicklung,  mit  reicher  Anlage  von 
Assimilationsorganen. 

Die  Bedeutung  der  Schwellenwerte  liegt  für  die  Erkenntnis  der 
Anpassung  auch  noch  in  anderer  Richtung.  Dass  die  Zeit  der  Ent- 
wicklung sich  in  der  mannigfachsten  Weise  verschieben  kann,  ergibt 
sich  aus  den  Schwankungen.  Drei  Feststellungen  sind  in  dieser  Hin- 
sicht an  der  Züchtungsstelle  von  Bedeutung:  1.  Das  Schossen  beginnt 
nach  Ablauf  einer  gewissen  Ruheperiode  mit  dem  Eintritt  einer  Tempe- 
ratur von  5 — 7 ".  2.  Kälterückschläge  können  noch  eintreten,  wenn  die 
Entwicklung  bereits  über  das  Stadium  der  Knospenbildung  hinaus  fort- 
geschritten ist.  3.  Es  bestehen  individuelle  Unterschiede  in  der  Rasch- 
heit der  Frühjahrsentwicklung,  wodurch  die  einen  Formen  sich  noch 
in  einem  begrenzten  Stadium  der  Ruhe  oder  eines  anderen  natürlichen 
Kälteschutzes  sich  befinden,  während  andere  sich  voreilig  entwickelt 
haben.  (Verschiedene  Reaktionsgeschwindigkeit  der  Zellenstreckung 
auf  die  Aussentemperatur.) 

Der  Umfang  der  Einwirkungen  liegt  nun  darin,  wie  weit  die 
Frostwirkung  vom  derzeitigen  Optimum  der  Pflanze  entfernt  liegt.,  d.  h. 
ob  die  Wirkung  schon  bald  nach  dem  Beginn  des  Schossens  oder  noch 
später  eintritt.  Je  weiter  die  Entwicklung  der  Pflanze  fortgeschritten 
ist,  um  so  schwerer  wird  diese  betroffen. 

Das  Ergebnis  dieser  Feststellungen,  welche  den  Eintritt  und  die 
Temperatur  zur  Zeit  des  Schossens  wie  auch  den  Zeitpunkt  und  den 
Umfang  der  Kälterückschläge  betreffen,  ist,  dass  die  Spätfrostperiode 
in  den  genannten  Jahren  zwischen  1.  und  11.  April,  der  Beginn  des 
Schossens  aber  schon  früher,  nämlich  im  Durchschnitt  auf  den  1.  April 
fällt.    Dieser  Zeitpunkt  für  das  Schossen  ist  also  noch  zu  früh,  ander- 


]^58  Baumann: 

seits  aber  ist  die  Differenz  nicht  so  gross,  dass  nicht  Aussicht  be- 
stünde, durch  anfängUch  langsamer  wachsende  Linien  einen  natürlichen 
Kälteschutz  züchterisch  zu  erreichen. 

Nach  dieser  allgemeinen  Orientierung  seien  die  Wirkungen 
selber  besprochen. 

Zunächst  äussern  sich  dieselben  nach  Jahren  verschieden,  und 
zwar  im  Sinne  der  klimatisch-morphologischen  Periodizität.^) 

Des  weiteren  interessiert,  wie  Temperaturextreme  sich  individuell 
verschieden  bemerkbar  machen,  so  dass  die  Möglichkeit  besteht,  aus- 
gleichend durch  Auswahl  der  an  die  klimatische  Periodiz^ität  an- 
gepassten  Formen  zu  wirken.  Endlich  bestehen  im  gleichen  Sinne  in- 
dividuelle Unterschiede  im  Befall  durch  tierische  Schädigungen,  ins- 
besondere den  Rapsglanzkäfer  und  den  Erdfloh. 

Klimatisch-morphologische  Periodizität  nach 
Jahren. 

In  Abschnitt  I  wurde  die  Kontinuität  der  Entwicklung  morpho- 
logisch bei  verschiedenen  Individuen  einer  Population  dargestellt.  Es 
lag  der  Schluss  nahe,  dass  diese  als  der  Ausdruck  bestimmter  Gesetze 
der  Formenbildung  auch  unter  dem  Einfluss  äusserer  Bedingungen, 
insbesondere  des  Klimas  morphologisch  zum  Ausdruck  kommen  müssten. 
Inwieweit  das  der  Fall  ist,  sei  an  dem  Beispiel  des  Stammes  46 
(Durchschnitt  1911 — 17)  zum  Ausdruck  gebracht,  wobei  noch  erwähnt 
werden  soll,  dass  fast  vollständig  in  allen  Werten  übereinstimmend 
auch  vStamm  4  beeinflusst  ist.  Jedoch  sei  hinzugefügt,  dass  nich^  nur 
der  Einfluss  des  Klimas,  sondern  auch  des  Standraums  und  sonstiger 
schädigender  Einwirkungen  in  den  Zahlen  sich  bemerkbar  machen.  So 
kommt  das  durch  seine  ausserordentlichen  schädigenden  Einwirkungen 
(Erdflöhe.  Winter-  und  Spätfrost,  Rapsglanzkäfer)  sich  kennzeichnende 
Jahr  1912  morphologisch  in  die  niederste  Stufe,  während  es  nach  der 
Reifezeit,  der  Vegetationsdauer  und  der  zur  Verfügung  stehenden 
Temperatursummen  am  höchsten  stehen  müsste. 

(Siehe  Tabelle  S.  159.) 

Die  Kontinuität  der  Jahre  bewegt  sich  demnach  im  allgemeinen 
in  dem  gleichen  Sinne  wie  diejenige  im  Vergleich  verschiedener  In- 
dividuen. Kennzeichnend  für  die  klimatologischen  Bedingungen  der- 
selben ist  die  zunehmende  Verzögerung  der  Reife  und  damit  die 
Neigung  für  eine  Zunahme  der  Vegetationsdauer.  Die  Verzögerung 
der  Reife  macht  sich  erkenntlich  in  der  Summe  der  durchschnittlichen 
Tagestemperaturen,  welche  bis  zum  frühesten  Eintritt,  nämlich  1914, 


^)  Siehe  auch:  Linsner,  C,  1.  Die  periodischen  Lebenserscheimmgen  der 
Pflanzen  in  ihrem  Verhältnis  zu  den  Wärmeerscheinungen.  Memoires  de  l'academie 
de  St.  Petersbourg  VII.  Bd.  XI,  Nr.  7.  1867.  2.  Untersuchungen  über  die  periodischen 
Lebenserscheinungen  der  Pflanzen.     Ebenda  VII.     Bd.  XIII,  Nr.  8,  1869. 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses. 


159 


zur  Verfügung  gestanden  haben.')  Diese  nehmen  mit  zunehmender 
Kontinuität  ab.  Dagegen  wächst  die  gesamte  Wärmesumme,  welche 
mit  verzögertem  Reifedatum  zur  Verfügung  steht,  gleichmässig  und 
erheblich. 


Veg.- 

St  and- 

Jahr 

L 

Zl 

z 

I>-1 

7 

K 

k 

g 

Reifezeit 

Dauei 

W, 

w. 

raum 

Tage 

qm 

1912 

114 

14,9 

18,1 

6,30| 

49,8 

29,1 

5,77 

[19.  Jiili 

333 

1325 

1032| 

0,135] 

1914 

[179] 

12,6 

19,5 

9,18 

36,2 

26,3 

4,38 

3.  „ 

326 

1136 

1054 

0,075 

1913 

133 

13,1 

20,6 

6,48 

30,8 

26,2 

5,18 

4.  „ 

? 

1132 

1116 

0,035 

1917 

157 

15,6 

27,2 

5,78 

33,1 

30,7 

4,27 

6.  „ 

326 

— 

— 

0,060 

1915 

158 

(13,0) 

30,4 

5,20 

44,0 

26,8 

5,80 

8.  „ 

332 

1144 

1184 

0,073 

1911 

168 

19,2 

(26,1) 

6,44 

89,2 

27,8 

5,84 

10.  „ 

322 

1236 

1113 

0,137 

1916 

177 

15,2 

28,3 

6,26 

29,9 

28,5 

5,51 

15.  „ 

331 

1246 

1053 

0,053 

1912 

T 

—  , 

1 

— 

— , 

— 

— 

19.  „ 

333  1 

1325,. 

1032 

0,135 

L  =  Länge  der  Hauptachse,  z^  =  Zahl  der  schotentragenden  Seitenachsen,  z  =  Zahl  der 
Internodien  bis  zum  Beginn  der  obersten  Blütenregion,  D  =  Internodiendichte,  K  =  Korn- 
ertrag der  Einzelpflanze,  k  =  Körnerzahl  der  Schoten,  g  =  1000-Korngewicht. 

Wj  =  Summe  der  mittl.  Tagestemperaturen  bis  zur  Reife. 

W2  =       „         n        „  „  „   3.  Juli  jeden  Jahres  (=  frühester 

Reifetermin). 

Aus  Analogiegründen  wäre  demnach  der  Schluss  berechtigt,  dass 
auch  die  Kontinuität  verschiedener  Formen  nichts  anderes  ist,  als  der 
Ausdruck  eines  verschiedenen  Wärmebedürfnisses  und  -Aneignungs- 
vermögens. .Jedoch  wäre  der  Beweis  hierfür  erst  experimentell  zu 
erbringen.  Je  höher  die  Durchschnittstemperaturen  zur  Zeit  des 
Schossens  und  der  Blüte,  um  so  rascher  die  Entwicklung,  um  so  länger 
auch  die  Internodium  bei  Abnahme  der  Dichte  ihrer  Stellung.  Eine 
weitere  Beziehung  besteht  zwischen  der  Temperatur  während  der  Blüte 
und  der  Blütedauer.  Das  Abblühen  erfolgt  um  so  rascher,  je  höher  die 
Temperatur  hierbei  ist.  Doch  können  auch  scheinbare  Ausnahmen  er- 
folgen, z.  B.  wenn  die  ganze  Entwicklung  bei  geringer  Anfangstempe- 
ratur zu  langsam  erfolgt,  so  dass  die  Blüte  sich  bei  Witterungs- 
umschlag in  eine  relativ  wärmere  Zeit  hinüberzieht,  wodurch  die 
Temperatur  hierbei  erhöht  erscheint  (z.  B.  1915). 

Wenn  nun.  wie  geschildert,  eine  gewisse  Periodizität")  und  ein 
Zusammenhang  zu  den  klimatischen  Faktoren,  besonders  der  Wärme 
unzweifelhaft,  und  mit  ziemlicher  Regelmässigkeit  zu  erkennen  ist,  so 
ist   doch  nicht   zu   erwarten,   dass    diese  genau   etwa  im  Sinne   einer 


^)  Siehe  auch:   Krasan,   Fr.,   Über   d.  kombinierten  Einfhiss  d.  Wärme  und  d. 
Lichtes  auf  die  Dauer  der  jährlichen  Periode  der  Pflanzen.     Englers  bot.  Jahrb.  III,  1882. 

2)  Kleb s,    G.,   Über   die  Rhytmik  in  der  Entwicklung  der  Pflanzen.     Sitzungs- 


ber.  d.  Akad.  d.  W. 


Heidelberg  1911. 


160 


Baumann: 


mathematischen  Funktion  sich  vollzieht.  Dazu  sind  denn  doch  die 
äusseren  Verhältnisse  zu  verschieden  und  in  der  mannigfachsten  Weise 
veränderhch.  So  kann  die  Kontinuität  unter  Umständen  in  dem  einen 
oder  anderen  Merkmal  erhebhch  durchbrochen  werden,  wie  das  z.  B. 
1914  der  Fall  ist.  Hier  ist  die  Länge  der  Pflanze  in  Verbindung  mit 
sehr  weitläufig  gestellten  Internodien  aus  der  höchsten  Durchschnitts- 
temperatur bis  zum  Beginn  der  Blüte  erklärlich.  Anderseits  1912: 
Morphologisch  wird  infolge  der  ausserordentlichen  Schädigungen  die 
niederste  Stufe  der  Kontinuität  erreicht,  trotzdem  klimatologisch  die 
höchste  hätte  erreicht  werden  können. 

Einwirkung  der  Temperaturextreme. 

Zu  den  ökologischen  Erscheinungen,  welche  im  Laufe  der 
Züchtung  sich  besonders  bemerkbar  machten,  gehören  die  verschiedene 
Widerstandsfähigkeit  gegen  Winter-  und  Spätfrost.  Insofern  als  diese 
genannten  Schädigungen  mit  den  äusseren  Einwirkungen  mehr  oder 
minder  in  Zusammenhang  stehen,  kann  man  von  einer  stärkeren  oder 
geringeren  Anpassung  der  betreffenden  Pflanzen  oder  Formen  an  diese 
sprechen. 

1.  Widerstandsfähigkeit  gegen   Winterfrost. 

Dass  eine  Widerstandsfähigkeit  besteht,  dass  diese  bei  den  ver- 
schiedenen Stämmen  oder  Linien  verschieden  und  vererbbar  ist,  hat  die 
Züchtung  bewiesen.  Die  Frostwirkung  macht  sich  zwar  nicht  in  allen 
Jahren  in  vollständig  übereinstimmender  Weise  bemerkbar,  was  zum 
Teil  darin  seine  Erklärung  findet,  dass  es  an  einem  absoluten  Maßstab 
für  den  Grad  der  Einwirkung  fehlt,  oder  auch  darin,  dass  der  Grad 
der  Einwirkung  ein  verschiedener  sein  kann,  wodurch  der  eine  weniger 
widerstandsfähige  Stamm  keine  Einwirkung  mehr  zeigt,  wogegen  der 
schwächlichere  eben  noch  davon  betroffen  wurde. 

Als  wenig  widerstandsfähig  kann  Stamm  42  angesprochen  werden, 
als  sehr  widerstandsfähig  Stamm  46.  Ebenso  bestehen  Linienunter- 
ßchiede,  welche  aber  durchschnittlich  den  Stammescharakter  tragen. 

Die  Frostdaten  im  Verlaufe  der  Züchtung  sind  die  folgenden: 


Vegetation 

Datum 

Absolutes 
Minimum 

1910/11 

11. 

Februar 

— •  6,30 

1911/12 

Vi: 

— 16.  Januar 
Februar 

—  10,30 

—  22,50 

1912/13 

30. 

Januar 

—    9,70 

1913/14 

14. 

Januar 

—    9,70 

1915/16 

22. 

Dezember 

—  15,10 

1916/17 

31. 

Januar 

—  13,40 

Beiti'lge  zur  Kenntnis  der  Eapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  161 


2.  Widerstandsfähigkeit  gegen   Spätfröste. 

Die  Frostdaten  sind  die  folgenden: 


Abweichung  von  neben- 

Jahr 

Datum 

Mittlere 
Temperatur^) 

Frost 

stehender,  vermutlich 
frostfreier  Mitteltemperatur 

1911 

5.  April 

5,8« 

—    6,2« 

12,0« 

1913 

11.  April 

7,3" 

—  10,5« 

17,8« 

1916 

6.  April 

5,7« 

-    3,4« 

9,1« 

1912 

1.  (11.)  Mai 

8,4« 

-ll,5«(-2,3«) 

19,9«  (10,7«) 

1917 

5.  März 

2,5« 

—  11,1« 

13,6« 

Für  die  Frostwirkung  ist  von  Belang,  ob  nach  erhöhter  Tempe- 
ratur, welche  das  Wachstum  rasch  zum  Fortschreiten  brachte,  noch  in 
der  Zeit  vom  1.  bis  11.  April,  unter  Umständen  aber  auch  noch  zu 
Beginn  der  Blüte  (Mai)  Kälterückschläge  eintreten.  Solche  Spätfröste 
treten  fast  jährlich  ein,  doch  zu  ganz  verschiedenen  Entwicklungs- 
stadien und  daher  von  ganz  verschiedener  Wirkung.  Eine  physio- 
logisch bedingte  Widerstandsfähigkeit  gegen  Spätfröste  hängt  wesent- 
lich von  der  Raschheit  der  Frühjahrsentwicklung  während  des  ge- 
nannten kritischen  Zeitpunktes  ab.  Jene  Formen,  welche  die  Haupt- 
achse zwar  strecken,  bei  denen  aber  die  Knospenbildung  sehr  verzögert 
eintritt,  oder  bei  denen  die  Knospen  noch  einen  Schutz  durch  die  sie 
umhüllenden  Blütenblätter  gemessen,  werden  vom  Frost  weniger  be- 
troffen, wie  das  besonders  1913  zu  erkennen  war.  Der  erste  April  für 
den  Beginn  der  Frühjahrsentwicklung  ist  nach  den  vorausgegangenen 
Daten  im  allgemeinen  noch  zu  früh,  günstiger  wäre  die  zweite  Woche 
bis  Mitte  April. 

Wie  sehr  diese  Widerstandsfähigkeit  für  die  Ertragsfähigkeit  von 
Bedeutung  ist,  ergibt  sich  besonders  aus  den  Ermittlungen  der  Vege- 
tation 1912/13.     (Ertrag  pro  Teilstück  in  Kilogramm.) 


Widerstandsfähigkeit 

Stamm 

verschiedener  Linien 
nebenstehender  Stämme 

4 

40 

42 

43 

46 

Genügend 
Gut 
Sehr  gut 

12,3—16,0 
15,4—19,0 

11,8—14,6 
12,5 
17,0 

13,2 

15,6 

15,1—16,5 

sehr  wenig 
12,8 
16,4 

13,0     13,7 

12,2—17,4 

18,4 

3.  Einwirkung  von  Hitze   zur  Zeit  der  Reife. 

Plötzlich  eintretende  Hitze  zur  Zeit  der  Reife  machte  sich  1914 
im  Ausreifen  der  Körner  und  im  Kornertrag  bei  Stamm  42  bemerkbar, 


^)  Diese  Temperatur  stellt  die  graphisch  ermittelte,  wahrscheinliche  Durchschnitts- 
temperatur dar,  welche  ohne  Spätfrost  nach  dem  allgemeinen  Temperaturverlauf  ver- 
mutlich geherrscht  hätte. 


162 


Baumann: 


einem  Stamm,  der  durch  eine  verzögerte  Frühjahrsentwicklung  und 
Blüte  sich  kennzeichnet,  und  bei  dem  das  Ausreifen  der  Körner  noch 
nicht  weit  genug  gediehen  war,  als  zwischen  dem  30.  Juni  und  4.  Juli 
eine  plötzliche  Hitzewelle  von  durchschnittlich  21 "  Tagestemperatur 
eintrat.  Durch  diese  Unterbrechung  des  Wachstums  wurde  eine  Not- 
reife und  starke  Ertrags  Verminderung  bewirkt. 
Tierische  Schädigungen. 

1.  Befall   durch  Erdflöhe. 

Als  ausgesprochenes  Erdflohjahr  kam  der  Herbst  1911  in  Frage. 
Die  Schädigimg  war  hierbei  derart  stark,  dass  einige  Stämme,  welche 
sich  insbesondere  durch  langsame  Herbstentwicklung  kennzeichneten 
oder  besonders  üppiges  Blattwachstum  zeigten  (Stamm  33),  vollständig 
in  den  Zuchtbeeten  und  Feldvermehrungen  übereinstimmend  vernichtet 
wurden.  Der  Herbst  war  hierbei  ausserordentlich  trocken.  Die 
Trockenheit  ist  hierbei  so  stark,  dass  sie  fast  dem  absoluten  Minimum 
zwischen  1880  und  1904  entspricht. 

Niederschläge. 
Monat  1911         Mittel  1853/1911        Niedrigste  zwischen  1880  u.  1904 

Juli 51,6  68,1  9,6  im  Jahre  1885 

August       .     .     .     12.4  54,2  11,8    „        „       1884 

September      .     .     25,2  45,2  7,1    ,.        „       1890 

Die  ökologischen  Bedingungen  für  die  Entwicklung  der  Erdflöhe 
liegen  demnach  in  grosser  Trockenheit  des  Bodens  in  der  Zeit  vor  der 
Saat.  Während  die  grosse  Wärme  und  Trockenheit  für  die  Entwicklung 
des  Käfers  günstig  ist,  ist  die  Pflanze  durch  langsames  Auflaufen  be- 
reits im  Nachteil. 

2.  Befall   durch   Rapsglanzkäfer. 

Dieser  hängt  ab  von  der  Geschwindigkeit  der  Entwicklung  des 
Käfers  im  Verhältnis  zu  derjenigen  der  Blüte. 

Unterschiede  im  Eintritt  und  der  Dauer  der  Blüte  bestehen 
a)  nach  Jahren  wie  folgt  (Temperaturen  während  der  Blüte  [Mai]): 




Blüte- 

Jahr 

26.-30. 
April 

1.-5. 

6.-10. 

11.-15. 

16.-20. 
Mai 

21.-25. 

26.-30. 

31.-4. 

5.-9. 
Juni 

Mittel 

dauer 

Tage 

1914 

9,5 

9,9 

10,4 

9,0 

12,8 

14,7 







9,4 

27 

1913 

— 

12,0 

7,9 

12,7 

11,9 

— 

— 

— 

— 

11,1 

20 

1917 

— 

— 

— 

— 

12,0 

14,2 

16,2 

15,6 

— 

14,5 

18 

1915 

— 

— 

— 

— 

9,7 

13,8 

12,6 

13,5 

19,1 

13,7 

31 

1911 

— 

— 

12,6 

17,0 

10,0 

— 

— 

— 

— 

13,2 

16 

1916  (Käfer) 

— 

— 

12,9 

9,1 

10,6 

11,4 

15,1 

— 

— 

11,8 

25 

1912  (Käfer): 

— 

—  !   11,0 

11,2 

11,4 

13,1 

9,5 

13,0 

— 

11,7 

29 

Mittlei 

-e  Temperature 

n    1911—1917. 

9,9 

10,3 

10,4 

11,7 

11,3 

13,2 

13,5 

1  14,1 

115,5 

1    12,7 

1     24 

Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  163 


Hieraus  geht  hervor,  dass  die  Blütedauer  in  der  Hauptsache  von 
der  Temperatur  zu  dieser  Zeit  bestimmt  ist.  Ist  jedoch  die  ganze 
vorausgehende  Entwicklung  schon  infolge  niederer  Temperatur  ver- 
zögert, dann  kann  zur  Zeit  der  späten  Blüte  eine  relativ  hohe  Tempe- 
ratur herrschen.  Die  beiden  starken  Käferjahre  sind  in  der  kümati- 
schen  Periodizität  die  letzten  (siehe  S.  159).  Sie  kennzeichnen  sich 
durch  niedere  Temperaturen  während  der  Blüte  bei  langer  Dauer 
derselben. 

b)  Unterschiede  nach  Sorten  und  Zuchten  (Blühzeit:  Monate 
April  bzw.  Mai): 


Stamm  und  Sorte 

1913 

1914 

1915 

1916 

1917 

1917 

4 

mfr. 

25.  4.-23.  5. 

14.  5.—  4.  6. 

5.5. 

. — 

Probsteier 

33 

msp. 

26.  4.-24.  5. 

10.5.—  1.6. 

5.5. 

13.  5.-6.  6. 

19.5.— 5.6. 

42 

n 

(30. 4.-23  5.) 

Von  der  Zucht  ausgeschaltet 

Sächsischer 

(Haup^Zucht)  46 

» 

26.  4.-23.  5. 

14.  5.—  2.  6. 

5.5 

16.  5.-3.  6. 

14.5.— 1.6. 

Orig.  Lübnitzer 

H 

28.  4.-26.  5. 

15.5.—  4.6. 

6.5 

18.5.-5.6. 

— 

Landsorte  auf  Poel 

mfr. 

26.  4.-23.  5. 

10.5.—  2.6. 

4.5 

16.  5.-2.  6. 

— 

Kanadischer  .     .     . 

s.  fr. 

18.4.-20.5. 

18.  5.— 30.  6. 

3.5 

15.  5.— 1.  6. 

— 

Untersch.  d.  Sorten 

10  Tage 

8 

3 

4 

— 

Bemerkunff 

Die 

Daten  bezieh 

3n   sich   auf 

den   äussersten  Beg 

inn  und  das 

Ende   der  Blüte.    Diese  Charakterisierung   erschien   sicherer   als  jene  des  Beginns  der 
Hauptblüte. 

Die  Unterschiede  in  der  Blüte  der  einzelnen  Zuchten  sind  nach 
Jahren  verschieden,  können  aber  unter  Umständen  recht  in  Frage 
kommen.  Die  spätere  Blüte  ist  kürzer  als  die  frühere.  Besonders 
charakteristisch  ist  das  Jahr  1916,  in  dem  die  früher  blühenden  Stämme 
und  Zuchten  stärker  befallen  wurden.  Dadurch  kamen  die  genannten 
Sorten  und  Zuchten  zu  einem  hohen  Ertrag,  die  sonst  in  der  Ertrags- 
fähigkeit unter  dem  Durchschnitt  waren.  Es  kommt,  wie  auch  aus 
obiger  Tabelle  zu  ersehen  ist,  auf  die  Häufigkeit  des  Käferbefalls  nach 
Jahren  an,  ob  eine  früher  blühende  oder  spätere,  sonst  ertragreichere 
Sorte  mehr  am  Platze  ist. 

c)  Ökologische  Bedingungen  für  den  Käfer.  Die  Käferjahre  und 
-Monate  unterscheiden  sich  klimatisch  nur  durch  eine  zufäUig  ver- 
zögerte Entwicklung  bei  anfänghch  (zur  Zeit  des  Schossens)  niederen, 
dann  sprunghaft  höheren  und  zur  Blüte  wieder  geringeren  Tempe- 
raturen. AuffäUige  Unterschiede  hinsichthch  des  Feuchtigkeits- 
gehalts der  Luft  und  der  Niederschläge  sind  nicht  zu  beobachten. 

Die  Möghchkeit  des  stärkeren  Auftretens  vom  Käfer  scheint  öfters 
gegeben,  jedoch  scheint  die  Blüte  in  diesen  Fällen  doch  früher  wie  der 
Käferbefall  oder  umgekehrt.  Auch  genügen  vorübergehende  Tempe- 
raturerniedrigungen, um  selbst  einen  stärkeren  Befall  rasch  wieder  zum 
Verschwinden  zu  bringen. 


i(j4  Bau  mann: 

IV.  Genetik. 

Die  „Genetik''  befasst  sich  in  der  Hauptsache  mit  den  Fragen  der 
Abstammung,  der  Fortentwicklung  (zunehmenden  Differenzierung)  und 
der  Vererbung.  Angewandt  sind  diese  Probleme  in  der  „Züchtungs- 
lehre" der  landwirtschaftlichen  Kulturpflanzen. 

Die  vorausgegangenen  Untersuchungen  scheinen  mit  dem  vor- 
liegenden Problem  der  wissenschaftlichen  Bearbeitung  eines  Züchtungs- 
materials nur  in  losem  Zusammenhang  zu  stehen.  In  Wirklichkeit 
aber  bilden  sie  die  Grundlage  für  die  erfolgreiche  Behandlung  züchte- 
rischer Probleme  überhaupt,  sobald  diese  sich  weiter  erstrecken  als  die 
Prüfung  der  Erblichkeitsverhältnisse  einzelner  Merkmale.  Zunächst 
wurden  die  bisher  begangenen  Wege  der  Variationsstatistik  und 
graphisch-statistischer  Methoden  versucht,  im  Anschluss  hieran  die  An- 
wendung der  bei  den  vorausgegangenen  Untersuchungen  morphologi- 
scher bzw.  physiologisch-ökologischer  Betrachtung  gewonnenen  Er- 
gebnisse unter  dem  Gesichtspunkt  der  Vererbbarkeit. 

1.  Methode  der  Variationsstatistik. 

Die  Anwendung  dieser  Methode  setzt  eine  grosse  Zahl  von  In- 
dividuen oder  zu  untersuchender  Einheiten  voraus.  Diese  sind  aber 
bei  einem  züchterischen  Material  der  Praxis  in  den  meisten  Fällen  nicht 
gegeben,  z.  B.  bei  Linientrennungen.  Der  gewöhnliche  Vorgang  bei 
einem  solchen  Material  ist  eine  rasche  Verminderung  der  zu  bearbeit>en- 
den  Stämme  oder  Linien  und  Einschränkung  auf  einige  wenige.  Hier- 
aus ergibt  sich  schon  von  selber  eine  starke  Einschränkung  der  An- 
wendung der  genannten  Methode.  Unter  dieser  Voraussetzung  seien 
die  folgenden  Ergebnisse  mitgeteilt. 

Als  Ausdruck  für  die  Variabilität  dienen  das  arithmetische  Mittel 
(M)    und    die    Schwankungen    um    dieses    (S).    die    ,, Streuung"    s   = 

VC    TJqT  100    .    S 

— ^ —  und  der  „Variabilitätsindex"   v  =  — — — . 
n  "  M 

In  Frage  kommt  die  Untersuchung  der  Variabilität  bei  den  am 
längsten,  nämlich  1912 — 14  (3  J.)  gleichmässig  in  verschiedenen  Linien 
geprüften  Stämme:  4.  42,  43  und  46. 

Die  Ergebnisse  der  Anwendung  dieser  Methode  sind  die  folgenden: 

(Siehe  Tabelle  S.  165  ) 

Diese  Tabelle  gibt  Aufschluss  über  die  Variabilität  der  Stämme 
und  der  einzelnen  Merkmale.  Sie  ist  in  beiden  Richtungen  verschieden. 
Die  Werte  s  und  v  haben  eine  verschiedene  Bedeutung.  Massgebend 
für  die  Variabilität  eines  Merkmales  bei  verschiedenen  Stämmen  ist  s; 
massgebend  dagegen  für  die  Grösse  der  Variabilität  eines  Merkmales 
im  Vergleich  zu  einem  anderen  der  Wert  v.  weil  dieser  in  Beziehung 
zur  absoluten  Höhe  desselben  steht. 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  165 


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166 


B  a  u  m  a  n  n: 


Stamm  46  variiert  am  meisten  und  dies  in  fast  allen  Merkmalen. 

Die  Variabilität  der  Merkmale  im  Verhältnis  zu  ihrer  Grösse  (v) 
ist  am  geringsten  hinsichtlich  der  Länge,  annähernd  gleich  gross  bei 
den  übrigen  Merkmalen.  Der  Kornertrag  der  Einzelpflanze  als  Folge 
des  Zusammenwirkens  aller  Merkmale  und  der  Reaktionen  der  Pflanze 
unterliegt  den  höchsten,  aber  nach  Stämmen  verschiedenen  Schwan- 
kungen. 

Der  jahresweise  Vergleich  (in  der  Tabelle  nicht  aufgeführt)  zeigt 
übrigens  im  allgemeinen  wenig  Veränderung.  Absolut  grösser  sind 
die  Unterschiede  im  lOOO-Korngewicht  geworden,  entsprechend  dem 
relativ  geringen  Wert,  der  diesem  Merkmal  durch  die  Züchtung  gegen- 
über der  Qualität  der  Körner  beigemessen  wurde. 

2.  Statistisch-graphische  Methode. 

Die  umfangreichen  Darstellungen  können  hier  nicht  gebracht 
werden.  Aber  sie  gestatten  nicht  nur  die  Variabilität  durch  ent- 
sprechende Linienzüge  praktischer  und  übersichtlicher  zum  Ausdruck 
zu  bringen,  als  es  die  Darstellung  in  einer  einzigen  Zahl  gestattet 
(unter  den  durch  die  besondere  Beschaffenheit  des  Materials  gegebenen 
Voraussetzungen  wenigstens),  sondern  sie  geben  auch  Aufschluss  über 
die  Richtung  der  Variabilität  im  Sinne  des  Fortschrittes  oder  Rück- 
schrittes der  Züchtung  und  der  Vererbbarkeit  der  einzelnen  Merkmale. 
Gerade  durch  diese  augenfälligen  Vergleiche  ist  es  besser  als  auf 
anderen  Wegen  möglich,  Vererbungen  und  äussere  Einwirkungen  auf 
die  morphologischen  Merkmale  zu  erkennen. 

Aus  diesen  Vergleichen  geht  für  das  Züchtungsmaterial  folgendes 
hervor: 

Merkmal:  Länge  (L).  Stamm  46  behält  seine  überlegene  Stellung 
bei,  Stamm  4  bleibt  unter  Mittel.  Stamm  42  nimmt  infolge  besonderer 
Linienwahl  von  Jahr  zu  Jahr  ab. 

Merkmal:  Zahl  der  Internodien  (Z).  Stamm  46  behält  eine  gleich- 
massig  überlegene  Stellung,  Stamm  4  nimmt  dauernd  ab  und  bleibt  ab 
1914  gleichmässig  unter  Mittel.  Stamm  42  nimmt  ab.  Stamm  43  stark 
zu.  Die  Variabilität  der  Linien  ist  besonders  bei  Stamm  46  ursprüng- 
lich eine  sehr  grosse.  Augenscheinlich  spielen  in  besonderen  Fällen 
äussere  Einwirkungen  auf  eine  wechselnde  Stellung  dieser  mit. 

Merkmal:  Körnerzahl  in  den  Schoten  (k).  Stamm  46  ursprünglich 
über  Mittel,  behält  diese  Stellung  ab  1915  gegenüber  Stamm  4  bei. 
Stamm  42  sinkt  erheblich.     Stamm  43  steigt. 

Merkmal:  lOOO-Korngewicht  (g).  Stamm  46  ursprünglich  Mittel, 
sinkt  im  Laufe  der  Züchtung  etwas  unter  dieses.  Stamm  4  behält 
dauernd  seine  Stellung  über  Mittel.  Stamm  42  gleichmässig  unter 
Mittel.     Stamm  43  steigt  erheblich. 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         1(57 

Kornertrag  der  Einzelpflanze  (K).  Ist  die  Summe  aller  morpho- 
logischen Einzelwirkimgen.  Wechselt  in  den  einzelnen  Jahren,  ins- 
besondere durch  den  Einfluss  des  Klimas  und  Standraums  bedingt, 
ausserordentlich  stark.  Durch  diese  Verhältnisse  kann  das  gegenseitige 
Verhältnis  der  einzelnen  Stämme  stark  verschoben  werden.  Mass- 
gebend für  den  Totalertrag  ist  aber  hier  auch  die  Zahl  der  Pflanzen 
pro  Flächeneinheit.  Stamm  46  zeigt  eine  höhere  Fähigkeit,  durch  ver- 
mehrte Bildung  von  Seitenachsen,  ungünstige  Standraumverhältnisse 
auszugleichen. 

Ausserdem  ergeben  sich  noch  folgende  Schlussfolgerungen  all- 
gemeiner Natur,  und  zwar  aus  den  Linienvergleichen.  In  Vergleich 
steht  hierbei  das  Linienmittel  der  untersuchten  Pflanzen  in  den  auf- 
einanderfolgenden Jahren  und  zu  den  ausgewählten  Eliten.  Hierbei 
sind  folgende  Wirkungen  voneinander  zu  halten:  Bei  Auswahl  der 
Eliten  in  einem  bestimmten  Sinne  vererbt  sich  im  allgemeinen  das 
Linienmittel  (vergleiche  S.  171).  Die  Nachkommen  (Einzelpflanzen)  der 
einzelnen  Linien  zeigen  aber  bei  fortgeschrittenerer  Züchtung  im  all- 
gemeinen nicht  mehr  so  grosse  Verschiedenheiten,  dass  auf  eine  sicher  in 
Aussicht  stehende  Vererbbarkeit  auf  Grund  der  Auslese  zu  schliessen 
wäre.  In  dem  einen  oder  anderen  Merkmal  hochstehende  Linien  können 
im  folgenden  Jahre  unter  Umständen  tief  liegen,  im  nächsten  Jahre 
aber  Linien  zur  Ausscheidung  bringen,  welche  eine  extrem  hohe 
Stellung  einnehmen.  Es  kommt  eben  darauf  an,  ob  die  eben  aus- 
gewählte Pflanze  in  dem  betreffenden  Merkmal  oder  Merkmalskomplex 
schon  ausreichend  konstant  war  oder  nicht,  ob  das  Merkmal  dominant 
oder  rezessiv  war.  Anderseits  sind  aber  auch  äussere  Einwirkungen 
auf  den  Zahlenwert  der  Merkmale  unverkennbar,  so  z.  B.  verringerte 
sich  das  Korngewicht  des  Stammes  42  durch  Notreife,  bei  plötzlich  ein- 
tretender Hitze  zu  dieser  Zeit  und  als  Ausfluss  einer  verzögerten  Ent- 
wicklung bei' diesem  Stamm.  In  ähnlicher  Weise  bedingen  Spätfröste 
Verkürzungen,  so  z.  B.  bei  Linie  46.6.1  gegenüber  der  weniger  be- 
schädigten Linie  46.6.11.  Es  bedarf  aber  eines  langwierigen  Vergleichs, 
der  im  praktischen  Züchtungsmaterial  noch  dadurch  erschwert  ist,  dass 
hierbei  Jene  Stämme  und  Linien,  welche  den  Anforderungen  nicht  ent- 
sprechen oder  auf  äussere  Einflüsse  in  unerwünschter  Weise  reagieren, 
im  allgemeinen  nicht  weiter  zur  Untersuchung  gelangen. 

Im  ganzen  haben  aber  die  mannigfachen  Rücksichten  und 
Wirkungen  bei  der  Auslese  zur  Folge  (vielleicht  rückwirkend  auch  als 
Folgeerscheinung  physiologisch  bedingter  Korrelationen),  dass  gegen- 
über den  grossen  Stammesunterschieden  mehr  als  die  Linientrennung 
der  Charakter  des  Stammes  für  die  Leistung  entscheidend  ist  und  dem- 
gegenüber die  Linienunterschiede  von  Anfang  an  erkenntlich  weniger 
Veränderuungen  im  Gesamtcharakter  bewirken.     Durch  die   Züchtung 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VI.  13 


168 


B  a  u  m  a  n  n  > 


ist  in  vorliegendem  Fall  ganz  besonders  die  Qualität  der  Merkmale  be- 
einflussbar., 

Vererbung  des  Ölgehalts.  Ausser  der  Vererbungsfähig- 
keit der  schon  erwähnten  morphologischen  Merkmale  hat  eine  be- 
sonders praktische  Bedeutung  der  ölgehalt.  Hierfür  sind  folgende 
Vergleiche  möglich,  wobei  erwähnt  werden  soll,  dass  die  Unter- 
suchungen in  beiden  Jahren  von  dem  gleichen  Chemiker,  aber  ohne 
nähere  Kennzeichnung  der  Proben  durchgeführt  wurden.  Die 
Schwierigkeit  der  Fettuntersuchung  bestehen  nach  dessen  Mitteilungen 
weniger  in  der  Dauer  der  Extraktion,. sondern  auch  in  dem  Zeitpunkt, 
in  dem  die  Verdampfung  unterbrochen  wird,  weil  Überdestillierung 
flüchtiger  Fettsäuren  eintreten  kann. 


Stamm  bzw.  Sorte 


1911 


0,' 
(0 


1914 

10 


Reihenfolge 


1911      1914 


Bemerkungen. 


4L8 
43,1 
44,8 
44,2 
42,1 
42,2 


43,6 


43,04 
44,13 
46,20 
44,92 
44,07 
43,53 
42,32 
42,59 
43,28 
44,26 


7 
4 
1 
2 
6 
5 


7 
4 
1 
2 
5 
6 
9 
8 
7a 


1914  nur  eine  Linie. 

)5  ))  ))  )) 

Drei  Linien. 

1914  nur  eine  Linie 

Aus  Kontrollbeet. 

Ausgangsmaterial. 

1.  Abs.  vom  Original. 

Von  Samenhandlung. 

Aus  Kontrollbeet. 


42  .... 
4      .  .     . 

43  .... 
46  .... 
40  ...  . 
45      ...     . 

Poeler  Landsorte 

Lübnitzer 

Kanadischer 

33      ■     .     .    , 

Grösste  Differenz:  |      3,0  |     3,16  | 

Unterschied  gegenüber  der  alten  Sorte ;  -\-  3,88  °/o. 

Die  Zahlen  sprechen  für  sich.  Aus  dem  Vergleich  geht  auch 
hervor,  dass  der  züchterisch  wertvollste,  und  heute  nur  mehr  in  Frage 
kommende  Stamm  46  gegenüber  dem  Ausgangsmaterial  eine  nennens- 
werte Überlegenheit  aufweist  (+  2.6  %). 

Sonstige  morphologische  Merkmale.  Schon  bei  der 
ersten  Auslese  verschiedener  Formen  und  deren  Trennung  zeigte  sich 
bei  allen  überhaupt  in  Frage  kommenden  Merkmalen  schon  eine  relativ 
hohe  Vererbbarkeit.  die  noch  deutlicher  bei  den  weiteren  Linien- 
trennungen  zum  Ausdruck  kam.  Solche  Merkmale  sind  die  Blütenform. 
-Farbe,  Blattgrösse,  -Form  und  -Farbe,  Bezahnung  der  Blätter,  Form 
der  Blütenstände  usw.  Verschiedentlich  zeigten  sich  jedoch  auch  deut- 
liche Fremdbefruchtungen,  die  durch  Auslese  allmählich,  und  durch 
Ausschalten  der  extremsten  Fälle,  fast  restlos  beseitigt  werden  konnten. 
z.  B.  Blütenfarbe.  Jedoch  können  die  diesbezüglichen  Darstellungen 
aus  Raummangel  nicht  aufgenommen  werden. 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         169 

3.  Korrelationsmethode. 

•     (Korrelative  Variabilität.  —  Korrelative  Periodizität.) 

Durch  Auffindung  von  Korrelationen  wird  bezweckt,  die  Vielheit 
der  Merkmale  dadurch  in  ihren  Wirkungen  und  Verbindungen  besser 
zu  überbhcken,  dass  man  ihre  gegenseitigen  Beziehungen  und  Ab- 
hängigkeiten festzustellen  sucht.  Die  übhchen  Methoden  der  Fest- 
stellung sind  statistisch,  indem  man  ein  Merkmal  kontinuierUch  ver- 
ändert und  die  Veränderungen  des  anderen  oder  mehrerer  zu  diesem 
festzustellen  sucht.  Graphisch  findet  diese  Methode  ihre  Darstellung 
durch  die  Korrelationshnie.  Eine  andere  Methode  besteht  in  der  Auf- 
stellung einer  Korrelationstafel  ev.  unter  Anwendung  der  Methode  von 
Orphal  auf  diese.  Hiernach  wird  der  Grad  positiver  oder  negativer 
Korrelation  durch  eine  Prozentzahl  ausgedrückt.  Beide  Methoden 
wurden  auf  das  Züchtungsmaterial  angewendet,  jedoch  ohne  nennens- 
werten Erfolg.  Die  Ursache  hegt  in  der  Hauptsache  in  der  zu  ge- 
ringen Zahl  vergleichbarer  Einheiten  bei  einem  für  die  Zwecke  der 
Züchtung  dienenden  Material.  Die  genannten  Methoden  haben  aber 
auch  besondere  Nachteile,  a)  Sie  sind  nur  anwendbar,  und  gelten  um  so 
sicherer,  eine  je  grössere  Zahl  von  Einzelbestimmungen  ihnen  zu- 
grunde gelegt  ist.  Daher  ist  ihre  Anwendung  bei  einem  züchterischen 
Material,  das  nicht  der  Verfolgung  einzelner  Merkmale,  sondern  ihrer 
Vielheit  dienen  muss,  nur  in  seltenen  Fällen  anwendbar,  b)  Die  ge- 
nannten statistischen  Methoden  geben  keine  Erklärung  über  die  Ur- 
sache willkürlich  gesuchter  Beziehungen,  sie  lassen  höchstens  Ver- 
mutungen zu.  c)  Man  möchte  meinen,  dass  es  eine  prozentische  Korre- 
labilität  nicht  gibt;  entweder  ist  sie  vorhanden  oder  nicht,  entweder 
sind  Ausnahmezustände  geschaffen,  die  man  hinsichtlich  ihrer  Ursache 
erkennen  muss  oder  nicht. 

Eine  Prüfung  der  Abhängigkeit  physiologischer  oder  morpho- 
logischer Merkmale  voneinander,  ihre  physiologische  (Wachstums)- 
Bedingtheit  (Symplasie)  oder  ihre  genetische  Fixierung  (echte  Korre- 
lation) ist  nur  dadurch  möglich,  dass  man  zunächst  eine  genauere 
Formenkenntnis  anstrebt  und  auf  Grund  dieser  die  physiologisch-öko- 
logischen Formenveränderungen  studiert,  um  dadurch  die  genetisch  be- 
dingten Formen  mit  grösserer  Sicherheit  von  äusseren  Beeinflussungen 
unterscheiden  zu  können.  Dieses  Ziel  ist  erreichbar  unter  Anwendung 
der  Gesetze  der  Kontinuität  bzw.  Periodizität,  sowohl  im  morpholo- 
gischen Bau.  als  auch  hinsichtlich  der  Entwicklung  der  Formen. 

4.  Gesetze  der  Kontinuität  und  der  Periodizität,  und  deren  Anwendung  auf 

das  Material  der  Züchtung. 

Die  Gesetze  der  morphologischen  Kontinuität  und  Periodizität 
sind  für  Populationen  dargestellt  (S.  146  usw.).  Ihre  Anwendung  fanden 
sie  zur  Feststellung  der  klimatisch-morphologischen  Periodizität  S.  158. 


170 


B  a  u  m  a  n  n : 


Unter  Zugrundelegung  mehr  oder  minder  reiner  Linien  erfahren  diese 
Gesetze  eine  Einschränkung.  Diese  gestaltet  sich  folgendermassen: 
Die  Längeuunterschiede  der  Pflanzen  sind  geringer,  die  Merkmale  x 
(Zone  stärksten  Wachstums)  oder  y  (Internodium  stärksten  Wachstmns) , 
sind  bei  den  der  gleichen  Einheit  angehörigen  Pflanzen  mehr  oder 
weniger  konstant.  Die  Lage  der  Umläufe  ist  annähernd  parallel  zur 
Abszisse,  neigt  eher  mit  zunehmender  Länge  etwas  nach  aufwärts  und 
nicht,  wie  bei  Populationen  im  umgekehrten  Sinne.  Hierbei  verändert 
sich  bei  gleichem  Standraum  auch  der  unterste  Ansatz  der  Seiten- 
achsen nur  wenig,  jedenfalls  nicht  in  gesetzmässiger  Weise.  Diese 
verschiedenen  Arten  der  Formenentwicklung  sind  als  Phasen  be- 
zeichnet, nämlich: 

Phase  L  x,  y  und  z  =  c  (konstant.).     Reine  Linien. 

Phase  IL  x  (Internodiendichte)  =  c  (Linien  fortgeschrittener  Kon- 
stanz). 

Phase  III:  x,  y  und  z  =  v  (variabel)  (Populationen).  ^ 

Darstellbar  sind  diese  Phasen  nach'  Schema  (siehe  Abb.  12,  3). 

Derartige  Darstellungen  wui'den  an  verschiedenen  Linien  fest- 
gestellt, können  aber  hier  im  einzelnen  nicht  näher  angeführt  werden. 

Anwendung  auf  das  Züchtungsmaterial.  Einen  voll- 
ständigen Vergleich  ergeben  die  Durchschnitte  der  Stämme  4,  42.  43 
und  46  (1911 — 14  einschliesslich). 


Stamm 

1911—1914  (4j.) 

1911—1913  (3.i.) 

L        Zj         z 

k       K       g       D 

L 

Zj     1      z 

k  j   K       g   1  r> 

42 

4 

43 

46 

137,8 
142,3 
144,7 

148,4 

12,9 
13,8 
12,9 
15,6 

18,5 
18,8 
18,1 
21,3 

22,5 

24,8 
24,8 
27,3 

42.5 
43,2 
50,5 
51,5 

5,25 

5,64 
5,72 
5,28 

10,7 

10,3 

11,2 

9,9 

130,0 
138,0 
141,2 
141,7 

11,8 
12,2 
12,0 
13,6 

16,1 
16,7 
17,2 
19,7 

22.5  30,8 
25,3    34,7 

24.6  39,0 
27,1    39,0 

5,18 
5,50 
5,52 
5,02 

11,0 
11,3 
11,2 
10,4 

Obige  Durchschnittswerte  sind  aus  der  Summe  der  Linienmittel 
der  einzelnen  Jahre  gebildet.  Daher  kommen  Unterschiede  nach  Jahren 
vor,  die  in  dem  Umfang  der  Variation  und  der  besonderen  Richtung 
der  Züchtung  begründet  sein  können.  Aber  es  ist  ersichtlich,  dass  die 
Stämme  in  obiger  Aufeinanderfolge  vier  verschiedene  Kontinuitäts- 
stufen darstellen.  Hierbei  nimmt  auch  die  Körnerzahl  und  mit  Aus- 
nahme von  Stamm  46  auch  das  lOOO-Korngewicht  in  gleichem  Sinne 
zu.  Jedoch  Sei  ausdrücklich  erwähnt,  dass  ein  Zusammenhang  der 
beiden  letztgenannten  Eigenschaften  zu  den  ersteren  in  keiner  Be- 
ziehung zu  stehen  braucht,  wenigstens  fehlt  hierfür  der  Nachweis. 

Aus  den  Spaltungen  der  einzelnen  Jahre  geht  mit  geringeren 
Ausnahmen   hervor,    dass   die   Kontinuität   L :  z :  z^   nach   Möglichkeit 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         171 

auch  bei  diesen  im  Sinne  der  Phase  III  erhalten  bleibt.  In  gleicher 
Weise  trifft  auch  die  weitere  Beziehung  zu,  nach  der  die  Länge  der 
Internodien  in  umgekehrtem  Verhältns  zu  ihrer  Zahl  steht,  was  aus  den 
Zahlen  für  die  durchschnitthchen  Interne  dienlängen  (=  D)  zu  ersehen 
ist.  Jedoch  treten  auch  Ausnahmeverhältnisse  ein,  so  z.  B.  hinsichtlich 
der  Zahl  der  schotentragenden  Seitenachsen,  v/elche,  durch  äussere 
Einflüsse  veranlasst,  mehr  variieren,  als  die  Zahl  der  Internodien. 
Linientrennungen  erfolgen  vielfach  transgressiv  unter  Einhaltung  der 
Kontinuität.  Daher  kann  eine  Linie  des  einen  Stammes  in  den  ge- 
namiten  Merkmalen  höher  stehen  als  die  tiefer  stehende  Linie  des  in 
der  Kontinuität  nächst  höheren  Stammes.  Endlich  sind  aber  auch 
deutliche  Unterbrechungen  der  Kontinuität  in  ein  paar  Fällen  erkennt- 
lich, welche  als  „Korrelationsbrecher"  aufgefasst  werden  können,  und 
vielleicht  auf  Bastardierungen  zurückzuführen  sind. 

Hinsichtlich  der  übrigen  Merkmale  sind  Gesetzmässigkeiten  nicht 
erkenntlich,  sollen  auch  nicht  weiter  untersucht  werden,  da  ein- 
gehendere Untersuchungen  bis  in  die  letzten  Elemente  der  morpho- 
logischen Form  nicht  durchgeführt  werden  konnten.  Im  übrigen 
aber  ist  die  durchschnittliche  Vererbbarkeit  dieser  Merkmale  auf  Grund 
der  statistisch-graphischen  Methode  (S.  166)  erwiesen.  Es  fehlt  hier 
aber  der  Zusammenhang  mit  den  anderen  Merkmalen  und  daher  auch 
die  Ursächlichkeit,  ein  Nachteil,  den  aber  die  genannten  anderen 
Methoden  der  Vererbungs-  und  Korrelationsprüfung  teilen. 

V.  Systematik. 
Der  Begriff  ,, Systematik"  ist  im  folgenden  nicht  in  dem  engen 
besonderen  Sinne  der  „systematischen  Botanik"  angewendet,  sondern 
gleichbedeutend  mit  „Organisation".^)  "Hier  sind  alle  vorausgehend 
untersuchten  und  beschriebenen  Eigenheiten  und  Merkmale  der  Raps- 
pflanze nur  insofern  verwendet,  als  sie  zur  Erklärung  der  verschiedenen 
Organisationshöhe  systematischer  Einheiten,  z.  B.  auch  der  Stämme, 
Linien  usw.  dienen  können.  Nicht  die  Vererbbarkeit  einzelner  Merk- 
male ist  hier  das  Entscheidende,  sondern  deren  Verhalten  zu  unter- 
oder  übergeordneten.  Die  Systematik  in  diesem  Sinne  befasst  sich 
daher  auch  mit  der  Frage  der  „Korrelationen",  deren  physiologische 
bzw.  morphologische  Bedingtheit,  soweit  auf  Grund  der  mit  dem 
Material  verbundenen  besonderen  Studien  und  der  „angewendeten 
Methode"  möghch,  erklärt  werden  kann.  Zu  dem  Begriff  „Orga- 
nisation" gehört  auch  der  Begriff  „Differenzierung",  nämlich  als  Aus- 
druck der  Entwicklung  zu  verschiedener  Organisationshöhe,  also  ein 
wichtiger,    für    die    Zwecke    der    Züchtung    der    wichtigste    Teil    der 


*)  Tschulock,  Das  System  der  Biologie  in  Forschung  u.  Lehre.     Jena  1910.  — 
Derselbe,  Systemkunde.     Handwbch.  d.  Naturw.  Bd.  TL  1912, 


272  Baumann:      • 

Genetik.  (Fragen  der  Deszendenz,  Fortentwicklung  und  Vererbung.) 
Der  Begriff  der  „Organisation"  kann  zweckmässig  nach  folgenden  Ge- 
sichtspunkten behandelt  werden: 

1.  Die  Organisationsfaktoren. 

2.  Die  Art  des  Zusammenwirkens  der  Faktoren. 

3.  Das  Ergebnis  des  Zusammenwirkens  zwecks     ildung  systematischer 
Einheiten  (Korrelationen). 

1.  Die  Organisatioiisfaktoren. 

Die  Züchtung  gab  Veranlassung,  die  bewirkenden  Faktoren  der 
Organisation  so  ausreichend  kennen  zu  lernen,  dass  dadurch  auch  vom 
Vorgang  der  natürhchen  Auslese,  ausgehend  von  der  künstlichen,  eine 
gewisse,  wenn  auch  nicht  allseitige  Vorstellung  erreicht  werden 
konnte.  Beim  Raps  treten  eben  die  äusseren  Einwirkungen  deutlicher 
in  die  Erscheinung,  als  bei  vielen  anderen  Kulturpflanzen. 

Der  wichtigste  Organisationsfaktor  bleibt  immer  die  erbhch  bis 
zu  einem  gewissen  Grade  festgelegte  Individualität  der  Gattung  und 
der  Einzelpflanze  selber,  nämlich  ihre  morphologische  und  physio- 
logische Konstitution  einschliesslich  ihres  Reaktionsvermögens  auf 
ökologische  Bedingungen. 

Zunächst  interessieren  hierbei  die  physiologischen  und  morpho- 
logischen Erscheinungen  selber,  ohne  Rücksicht  auf  ihre  Vererbbarkeit. 
soweit  natürlich  die  Untersuchung  sich   damit  befasste. 

a)  Physiologisch:  Die  Funktionsentwicklung,  insbesondere  die 
Erscheinungen  des  Wachstums  der  Gesamtpflanze  wie  ihrer  einzelnen 
Teile.  Das  Charakteristische  hierbei  ist  für  die  Gesamtpflanze  der 
Rhytmus  in  der  Entwicklung,  für  die  einzelnen  Teile  (z.  B.  Hauptachse) 
die  sog.  ,, Grosse  Wachstumsperiode".  Ersterer  ist  die  Folgewirkung 
der  besonderen  Reaktionsweise  der  Pflanze  auf  die  Periodizität  der 
klimatischen  Bedingungen;  er  findet  seinen  Ausdruck  in  den  sog.  phäno- 
logischen  Erscheinungen  und  den  hierbei  gegebenen  Temperaturen 
(Schwellenwerten).  Die  grosse  Wachstumsperiode  dagegen  äussert  sich 
in  der  gesetzmässigen  Aufeinanderfolge  des  Wachstums  der  einzelnen 
Teile,  insbesondere  der  Achsen.  Dieses  schreitet  bekanntlich  von  unten 
nach  oben  vorwärts,  erst  langsam,  dann  rascher  zu-  und  abnehmend. 

b)  Morphologisch.  Die  morphologische  Form  ist  der  äussere 
Ausdruck  einer  bestimmten  Art  der  Entwicklung  und  Anpassung  der 
Pflanze  in  ihrer  endlichen  Gestaltung.  Sie  kommt  dadurch  zum  Aus- 
druck, dass  die  Pflanzenformen,  wie  vorausgehend  dargestellt,  keine 
willkürlichen,  sondern  nach  bestimmten  Gesetzmässigkeiten  konstruiert 
sind.  Es  ist  aber  bekannt,  dass  die  Pflanze  mit  ganz  verschiedenen 
Mitteln  den  gleichen  Zweck  der  Anpassung  erreichen  kann.  Das 
wesenthche  ist  jedoch  bei  vorliegender  Untersuchung  morphologischer 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  173 

Charaktere,  dass  diese  nicht  einzehi  für  sich,  sondern  in  Zusammen- 
hang zur  Gesamtform  betrachtet  sind. 

c)  Die  ökologischen  Faktoren.  Die  ökologischen  Faktoren  be- 
einflussen das  Wachstum  an  und  für  sich,  d.  h.  die  Periodizität  der  Ent- 
wicklung und  die  äussere  Form;  es  treten  aber  auch  Veränderungen 
erbhcher  Natur  ein,  unter  dem  Einfluss  natürhcher  oder  künstlicher 
Zuchtwahl.  Sie  umfassen  das  Verhältnis  der  Pflanze  zur  belebten 
Uriiwelt  (z.  B.  tierische  Schädhnge),  zu  Individuen  gleicher  oder  ver- 
schiedener Art  (gegenseitige  Konkurrenz)  und  zum  Standort  (Akkli- 
matisation). Die  Rapspflanze  reagiert  stark  und  mannigfaltig  auf  die 
ökologischen  Bedingungen,  so  insbesondere  auf  tierische  Schädlinge, 
auf  den  Standraum  (veränderlich  meist  als  Folge  von  Schädigungen  der 
verschiedensten  Art)  und  endlich  auf  die  klimatischen  Verhältnisse. 
Die  Empfindlichkeit  der  verschiedenen  Kulturpflanzen  auf  die  öko- 
logischen Faktoren  ist  Ja  eine  verschiedene,  beim  Raps  ist  sie  von  aus- 
schlaggebender Bedeutung.  Sie  kommt  ganz  besonders  zum  Ausdruck 
in  der  Verbreitung  der  Pflanzen.  So  hat  die  Rapspflanze  die  äusserste 
östliche  Grenze  der  Verbreitung  auf  unserem  Kontinent  in  Polen, 
während  der  Rübsen  nach  Angaben  von  Engelbrecht  noch  bis  an 
die  Wolga  vordringt.  Im  einzelnen  ist  das  Hauptverbreitungsgebiet 
an  den  Küstengegenden  der  Nord-  und  den  gemässigten  Teilen  der 
Ostsee,  sowie  in  Deutschland  an  ausgedehnten  Stromgebieten. 

d)  Die  genetische  Grundlage.  Überall  stossen  wir  bei  den  oben 
genannten  Faktoren  auf  die  Vererbbarkeit.  die  als  Organisationsfaktor 
daher  zweckmässig  für  sich  zu  betrachten  war.  Sie  bildet  den  Haupt- 
gegenstand des  vorliegenden  systematischen  Teils  insofern,  als  Merk- 
male und  Eigenschaften  für  die  Zwecke  der  Systematik  nur  verwertbar 
sind,  wenn  sie  sich  vererben.  Hier  interessiert  sowohl  die  Vererbbar- 
keit einzelner  Merkmale,  wie  auch  ganz  besonders  diejenige  einer  be- 
stimmten Organisationshöhe  der  Form,  vor  allem  die  Art  und  Weise, 
wie  der  Übergang  von  einer  niederen  Organisationsstufe  in  eine 
höhere  sich  vollzieht.  Wir  stossen  aber  bei  der  Untersuchung  dieser 
Fragen  immer  wieder  auf  die  den  morphologischen  Ausdruck  störenden 
wechselnden  ökologischen  Bedingungen,  ganz  besonders,  wenn  die 
äusseren  Ausdrucksformen  pathologischer  Natur  sind.  Die  Trennung 
dieser  Einwirkungen  und  ihrer  richtigen  Einschätzung  ist  ein  wichtiger 
Teil  der  Erblichkeitsforschung. 

2.  Die  Art  des  Zusammenwirkens  der  Organisationsfaktoren. 

Diese  lässt  sich  am  besten  am  Vorgang  der  Züchtung  selber  dar- 
stellen. 

Züchtungsstätte:  Ostseeinsel  Poel.    Lage  derselben  im  Verbreitungs- 
gebiete der  gemässigten  westlichen  Ostsee.     Meereshöhe  4  m. 
Klimatische  Bedingungen:   Temperaturen  und  Niederschläge. 


174 


B  a  u  m  a  n  n : 


Kirchdorf  a.  Poel 


Temperatur 
Niederschläge  . 


Temperaturen .     .     .     . 
Vergleichstemp.  Breslau 


II- 


III  i   IV  I   V       VI 


VII 


vin 


IX 


XI 


XII 


Mittel 


-04 
39 


0,0 

28 


Das  mittl. 


Max. 
26.2 


Mia. 
-10,1 


2,1 
36 


6,5 
32 


Die  mittl. 

Schwankg. 

36,1 


11,1 


15,1 


44  I     53 

Das  äosserstt 


Max. 
35,2 
12,9 


Min. 

—27,8 
17,0 


-1,5  -0,9j    2,2  j  7,8 

(Siehe  Tabelle  S.  176  u.  177 ) 


16,8 

16,5 

13,4 

8,7 

3,6 

0,9 

69 

66 

45 

48 

34 

37 

Die  absol. 

Sa.: 

Schwkg. 

630 

18,6 

17,4 

14,2 

9,0 

2,9 

-0,9 

7,9 
43.7 

52.5nim 


8,3 


In  so  hohem  Maße  nun  die  äusseren  Einwirkungen  auf  die 
Formengestaltung  hinwirken,  indem  sie  die  Züchtung  beeinflussen,  so 
ist  doch  die  innere  Anlage  das  Entscheidende  (siehe  S.  140 — 146).  Die 
wichtigste  Anpassungserscheinung  dürfte  hierbei  die  individuell  ver- 
schiedene Fähigkeit  der  Pflanze  sein,  Seitenachsen  zur  Entwicklung  zu 
bringen,  d.  h.  bei  Wachstumshemmungen  einen  Ausgleich  durch  weiter- 
gehende Verzweigungen  und  'Blütenbildungen  zu  bewirken. 

Es  ist  aus  dem  ganzen  Vorgang  zu  ersehen,  wie  durch  diese  Kom- 
bination der  verschiedenen  Faktoren  ein  wechselvolles  Bild  in  der 
Leistungsfähigkeit  der  Pflanze  und  damit  der  Auslesemöglichkeit  für 
die  Züchtung  gegeben  ist.  Anderseits  ergibt  sich  aber  auch  hieraus, 
dass  bei  Überschreiten  der  in  einem  bestimmten  Areal  vorkommenden 
Schwellenwerte  (=  Anbaugebiet  für  Kulturrassen)  eine  Verschiebung 
des  Bestandes  durch  Verminderung  der  Produktivität  oder  vollständige 
Vernichtung  der  minder  angepassten  Formen  eintreten  muss. 

3.  Das  Ergebnis  des  Zusammenwirkens. 

a)  Der  morphologische  Periodenbau  unter  jahres- 
weise verschiedenen  Bedingungen  und  bei  verschie- 
denen Formen. 

Die  Längenzunahme  einer  Pflanze  ist  unter  Voraussetzung 
gleicher  Entwicklungsstadien  eine  geradlinige  Funktion  der  Tempe- 
ratur. Bei  zeitlich  aufeinanderfolgenden  Entwicklungsstadien  dagegen 
wird  zunächst  eine  periodische  Zunahme,  später  eine  Abnahme  erzielt. 
Dadurch  werden  je  nach  den  Aussenbedingungen  der  Temperatur  zu- 
nächst verschiedene  Längen-  oder  Massenzunahmen  der  Pflanzen  in  den 
einzelnen  .Jahren  erzielt,  welche  sich  (S.  159)  dem  Gesetze  der  Kon- 
tinuität unterordnen. 

Hierbei  wurde  festgestellt,  dass  diese  Kontinuität  durch  Ver- 
zögerung des  Reifestadiums  und  Zunahme  der  Gesamtwärme  erzielt 
wird,  während  die  Wärme  innerhalb  gleicher  Zeiträume  eher  als  ver- 
ringert betrachtet  werden  kann.  Die  Verzögerung  in  der  Entwicklung 
wird  augenscheinlich  hierdurch  veranlasst,  jedoch  wird  sie  in  besonders 


Beiträge  zur  -Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         175 

erkenntlicher  Weise  durch  verspätete  Frühjahrsentwicklung  überhaupt 
bedingt.  Hieraus  wäre  aus  Analogiegründen  zu  schliessen,  dass  auch 
die  verschiedenen  Formen  sich  eben  in  ihrem  verschiedenen  Wärme- 
aneignungsvermögen unterscheiden,  woraus  es  sich  auch  erklärt,  dass 
die  Formen  höherer  Kontinuitätsstufe  im  allgemeinen  später  reif,  aber 
produktiver  sind. 

b)  V  e  r  e  r  b  u  n  g  s  w  e  i  s  e. 

Es  vererbt  sich,  aber  mit  individuellen  Unterschieden,  nach  länger 
einwirkender  Auslese  sowohl  die  Form  wie  auch  die  Wachstumsweise. 
Bei  Auftreten  von  Spaltungen  ist  die  Vererbung  transgressiv,  aber  in 
der  Hauptsache  unter  Einhalten  des  Gesetzes  der  Kontinuität  (Phase 
ni)  bei  grösserer  Konstanz  nach  den  Phasen  I  und  H.  Die  Ver- 
erbung der  Wachstums  weise  zeigt  sich  in  der  ähnlichen  Geschwindig- 
keit der  Entwicklung  bei  Formen  gleicher  Abstammung,  aber  auch 
in  der  ähnhchen  Art  der  Streckung  der  Achsenteile  (grosse  Wachs- 
tumsperiode), was  schliesslich  zu  Formen  mit  verschiedener  Gliederung 
(Parameter  für  die  Hauptachse)  führt  (siehe  S.  150). 

Es  scheint  sich,  soweit  aus  vorliegendem  Material  (Abschnitt  II) 
zu  scMiessen  ist,  wenigstens  innerhalb  gleicher  Abstammungen  die  Zu- 
nahme der  Kontinuität  (also  p  f Dichte))  ™^^  ^^^^^  Abnahme  des  Para- 
meters, aber  Zunahme  der  Wachstumsgeschwindigkeit  zu  verbinden. 
Für  den  Vergleich  verschiedener  Nachkommenschaften  reicht  aber  das 
Material  nicht  aus.  Bei  Sortenvergleichen  macht  sich  die  Herkunft  be- 
merkbar, z.  B.  wächst  der  kanadische  Raps  sehr  rasch,  trotzdem  er 
schliesslich  infolge  raschen  Wachstumsabschlusses  kurz  bleibt  (klima- 
tische Periode). 

c)  Das  Zustandekommen  der  „ökologischen  Form". 

Nachdem  vorausgehend  die  allgemeinen  Gesetze  und  Bildungs- 
weisen auf  Grund  der  inneren  Anlage,  d.  h.  der  Vererbungsfähigkeit  der 
Entwicklung  und  Form  in  Zusammenhang  gebracht  wurden,  wodurch 
das  Zustandekommen  individueller  Formen  sich  erklärt,  ist  hieraus 
noch  die  Bildung  „ökologischer  Formen"  zu  entwickeln.  Wie  diese 
Faktoren  wirken,  ist  ja  bereits  beschrieben.  Die  Bildung  der  öko- 
logischen Form  kann  natürlich  nur  im  Zusammenhang  mit  natürlicher 
oder  künstlicher  Auslese  erklärt  werden. 

Innerhalb  einer  Population  befinden  sich  Individuen  mit  ver- 
schiedener morphologischer  und  physiologischer  Konstitution,  die  aber 
nach  den  Gesetzen  der  Periodizität  bzw.  Kontinuität  allgemein 
orientiert  sind.  Die  Grenzwerte  aber  für  diese  Ausbildungsmöghch- 
keiten  sind  vermutlich  durch  die  durchschnittliche  klimatische  Periodi- 
zität des  Standorts  (Verbreitungsgebietes),  wie  nicht  minder  durch  die 
mittleren  und  absoluten  Maxima  und  Minima  der  Temperaturen  in  Zu- 


176 


Baumann: 


Ökologische 


¥   ^   a 

t>  "S  -■" 


Standraum  (qm) 


42 


43     i    46  I  Mittel 


Fröste 


Herbst    !    Winter    ;  Frühjahr 


Wirkung  des  Winterfrostes 


42 


43 


46 


1910/11 


1911  12 


1912  13 


1913  14 


1914,15 


1915/16 


0,137    0,161  ,  0,141 
0,135    0,163 


0,053 1  0,053 


0,075    0,063 


0,073 


0,053 


V.  d.  Z. 

aus- 
geschl. 


0,153 
0,053 

0,070 

0,077 


V.  d.  Z. 
aus- 

geschl. 


0,152    0,148 


0,204 


0.164 


0,0531  0,053 


0,062    0,068 


0,071 


0,060 


0,074 
0,057 

(0,f58) 


Günstig       —6,3»     5.Apr.-6,2' 
0.  öcnaaen  jii,er„.und. 

Trocken,    i  14./15.  Jan.    14.  April 
DTio-fi  Anfl    — i20,4.Febr.        '     -■■ 
—  250 


längs.  Anfl 
Gut 


—  7" 


Üppü 


Gut 


Ziemlich 

trocken, 

Okt.  Fröste 

ohneWirkg. 

Üppig 


—  9.50     j    11.  April 

Ohne  Ein-  \- ^°  I""i:o.st 

Wirkung:    Mterschied 


-9,70 
Ohne  Ein- 
wirkung 


Ohne 


Gleichmässig  überstanden 


sehr 
gut 

Ohne 


—  8.3» 
Ohne  hes. 
Schaden 


22.  Dez.  |6.  Apr.  ohne 
Wirkung 


15,1« 


3,4^ 


4.7.8 

42.3.1 

43.7.1 

4.7.6 

sehr  gut 

7.6 

-ehr  gut 

s.  gew. 

sehrgut 

Ohne 

Ohne 

>   cS     «3 

1 

•n   '-^  9 

1 

"    -+7^    '^ 

'' 

p9  '   W 

1  ä? 

35 

1 

Hau 

s  -^ 

e 

Nicht 

so  gut 

wie  46 

1916/17      ?         —         —     0,058  (0,r 58)     Üppig       ziemlich 

'  streng, 

teilweise 
Schnee- 
decke 

Ausser  obigen  Einwirkungen  kommen  noch  in  Frage:  30.  Juni  bis  4.  Juli  eine 
plötzliche  Hitzewelle  von  21,4°  C.  Dadurch  wurde  bei  Stamm  42,  dem  eine  verzögerte 
Entwicklung  und  Reife  eigentümlich  ist,  eine  mangelhafte  Ausreifung  der  Körner  erzielt, 
wodurch  die  Körner  grünlich  und  unansehnlich  und  der  Ertrag  stark  beeinträchtigt  wurde. 

Herbst-  und  Frühjahrsentwicklung  kombinieren  sich  bei  den  Stämmen  und  Linien 
in  verschiedener  Weise:  Stamm  4  im  Herbst  rasche,  im  Frühjahr  langsame  Entwicklung. 
Stamm  43  Herbst  besonders  rasch,  Frühjahr  sehr  früh,  dadurch  1912/13  durch  Spätfrost 
fast  vollständig  vernichtet. 

sammenhang  mit  deren  periodischem  Auftreten  bestimmt.  Das  sei 
z.   B.   an  folgenden   Temperaturvergleichen  veranschaulicht: 

Rostock  (Mecklenburg):  Ausgedehntes  Verbreitungsgebiet  mit 
vorwiegend  gemässigtem,  ozeanischem  Khma. 

Breslau  (Schlesien):  Ausgedehntes  Verbreitungsgebiet  für 
Raps.  Ostkontinentaler  Einfluss;  aber  erhebhch  abgeschwächt  durch 
Oderniederung. 


Ort 

Monat 

I 

II 

III 

IV 

V 

VI 

VII 

VIII 

IX 

X 

XI 

XII 

Jahr 

Rostock. 

Mittel 

Max. 

Min. 

-1,5 

+  8,1 
-13,5 

—  0,9 

8,8 

-10,8 

2,2 

15,2 
-10,4 

7,8 

21,4 

-2,1 

12,9 

27,2 

2,9 

17,0 

28,3 

6,5 

18,6 

32,4 

9.2 

17,4  14,2 
29,927,0 

8,5!  3,9 

9,0 

19,5 

-2,1 

2,9 

13,4 

-7,5 

-o.vt 

8,(1 
^11.7 

8,3 

32,8 

-16,7 

Breslau. 

Mittel 
Max. 

—  0,05 
6,5 

—  8,9 

0,23 
6,7 

-8,1 

2,09 
10,8 
—  4,9 

5,57 
16,4 

1,4 

9,09 
20,7 

0.8 

12,7,14,0 

23,423.4 

5,4    7,2 

13,7 

22,9 

6,9 

11,1 

20,7 

3,5 

7,50 
15.7 
0,1 

2,76 
9.3 
-4,7 

0,5 

6,9 

-8,0 

6,64 
15,3 
-1,0 

Kirchdorf 
(Züchtg.-Stelle) 

Mittel 

-0,4 

0,0 

2,1 

6,5 

11,1 

15,1 

16,8 

16,5 

13,4 

13,4 

3,6 

0.9 

7,9 

Beiträge  zur  Kenntnie  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         177 


Einwirkungen. 

Wirkung  des  Spätfrostes 

Wirkung  des 

EntTwicklung  im 

4 

42          43 

46 

Erdflohes 

Rapsglanzkäfers 

Herbst 

Frühjahr 

Rasche 

Ent- 

wickl. 

Gleic 
üt 

hmässi^ 
)erstand 

y  gut 
en 

Wenig 

Wenig 

Günstig 

Günstig 

Gut 

Gut 

43.2  gen. 
43.7  gut 

Gut 

Sehr  stark,  27  u. 
33  vernichtet 

Sehr  stark,  Stämme 

4;  40;  43  F.  Verm. 

vernichtet 

Langsam,  da 
trocken 

4.7.5 

4.7.6 

mglh. 

42.9.4 
genügd. 

43.2.1 

2.9 
mglh. 

46.6.1 
genügd. 

Ohne 

Ohne 

Gleichmässig 
gut 

AVarm.    Frühe  Blüte. 
Fortgeschr.  Entwickl. 

Ohne 

Ohne 

Ohne 

Ohne 

)i 

n 

Desgl. 

Nässe  und  Fäulnis  im 
März ;  grauer  Schimmel. 

« 

n 

n 

)i 

» 

77 

77 

14  Tage  verzögerte 

Frühjahrs-Entwicklg. 

und  Blüte. 

>i 

j? 

)) 

7) 

)^ 

Starker  Befall. 
Früh  blühende 
Stämme  besser 

77 

Viel  Feuchtigkeit  und 

niedere  Temp.    Viel 

Rost,  schlechte    Entw. 

» 

» 

>i 

T5 

)i 

Ohne 

77 

Ziemlich  spät.    Späte 
Bl 

Stamm  46:  Herbst  kräftig,  Frühjahr  mitte  ^spät,  daher  gleichmässig  widerstandsfähig. 

Erdflöhe.  Eine  absolute  Widerstandsfähigkeit  gibt  es  nicht.  Es  kommt  auf  die 
Raschheit  der  Herbstentvricklung  an. 

Rapsglanzkäfer.  Die  Widerstandsfähigkeit  hängt  ab  von  dem  Zeitpunkt  des 
Eintritts  der  Blüte,  deren  Dauer  im  Verhältnis  zum  Käferbefall.  Frühe  Blüte  bietet 
nicht  immer  einen  Schutz,  vielmehr  kommt  es  auch  auf  die  Möglichkeit  an,  durch  Neu- 
bildungen Schäden  auszugleichen.  Dadurch  unter  Umständen  bis  zu  14  Tagen  ver- 
zögerte Reife. 

Durch  die  Züchtung  ist  nun  erwiesen,  in  welch  hohem  Maße 
Individuen,  welche  nicht  ausreichend  widerstandsfähig  sind,  oder 
deren  Entwicklungsrhytraus  nicht  dem  durchschnittlichen  oder  den 
Extremen  in  einem  Verbreitungsgebiet  angepasst  ist,  einer  Ver- 
minderung ihrer  Zahl  (bei  Änderung  der  Bedingungen  vielleicht  nur 
vorübergehend),  in  vielen  Fällen  aber  der  vollständigen  Vernichtung 
unterworfen  sind.  Unter  Bedingungen,  welche  bei  gleichmässig 
massiger  Temperatur  die  Reife  an  und  für  sich  hinausziehen,  werden 
Formen  der  höheren  Stufe  die  angepassteren  sein,  bei  höheren  Tempe- 
raturen, welche  die  Reife  beschleunigen,  dagegen  die  früher  reifen  und 
rascher  wüchsigen.  Eine  ähnlich  entscheidende  Rolle  spielen  die  Spät- 
fröste. Es  kommt  ganz  auf  deren  zeitliches  Auftreten  und  auf  ihre 
Intensität  an,  ob  rascher  oder  langsamer  sich  entwickelnde  Formen, 
welche  die  Knospen  früher  oder  später  zur  Entwicklung  bringen,  die 
angepassteren  und  existenzfähigen  sind. 

Dadurch  kommen  in  einem  natürlichen  Verbreitungsgebiet  ganz 
von  selber   Populationen  zur   Entwicklung,   deren  Grenzwerte  in  den 


178  Bau  mann: 

massgebenden  Eigenschaften  der  Anpassung  denjenigen  der  klimati- 
schen Bedingungen  entsprechen.  Die  Auslese  begünstigt  nur  diesen 
Vorgang,  indem  sie  Kreuzungen  mit  den  weniger  angepassten  weiter 
verhindert.  Es  ist  daher  kein  Wunder,  dass  die  verschiedenen  Land- 
sorten einen  durchschnittlich  verschiedenen  Charakter  besitzen.  Ihre 
Entstehung  dürfte  beim  Raps  in  der  skizzierten  Weise  zu  erklären  sein. 
Hieraus  ergibt  sich  auch  die  Bedeutung  der  Landsorten  überhaupt,  und 
der  Vorzug,  den  „synthetische  Populationen"  unter  Umständen  haben 
können.  Bei  der  Auswahl  der  betreffenden  Linienmischungen  handelt 
es  sich  darum,  nicht  nur  die  allgemeine  klimatische  Periodizität  der 
Gegend  zu  treffen,  sondern  auch  periodisch  wiederkehrenden  Ab- 
normitäten im  Witterungsverlauf  je  nach  deren  Häufigkeit  in  ent- 
sprechender Weise  Rechnung  zu  tragen. 

Auf  diese  genannte  Weise  wird  die  physiologisch-morphologische 
Form  zur  ökologischen  Form,  zur  ,, Kampfform".  Die  Aufgabe  des 
Züchters  ist  es,  die  Pflanze  in  ihrem  Kampf  um  die  Verbreitung  im 
Raum  zu  unterstützen. 

C.   Anwendung  der   Ergebnisse  der  Abschnitte   I^ — V   für  die   Zwecke 
der  Züchtung  und  Sortenirage  und  Methodik  wissenschaftlicher  Unter- 
suchungen; zugleich  Zusammenfassung  der  Gesamtergebnisse. 

Im  folgenden  soll,  soweit  das  eine  so  gedrängte  Darstellung,  wie 
vorliegende,  ermöglicht,  versucht  werden,  die  Ergebnisse  der  Sonder- 
untersuchungen I — V  für  die  Zwecke  der  Züchtung  und  Sortenfrage 
praktisch  sowie  methodisch  nutzbar  zu  machen. 

1.  Der  morphologische  Aufbau  der  Raps  pflanze. 
Die  bisherigen  Bezeichnungen:  Buschform,  Baumform  usw.  ge- 
nügen weder  für  eine  Orientierung  noch  zu  näheren  Charakte- 
risierungen. Eine  genauere  Kenntnis  der  Formen  eines  Bestandes,  des 
Zusammenhangs  der  einzelnen  Merkmale,  endlich  des  Übergangs  einer 
Form  in  eine  andere,  kann  ohne  nähere  morphologische  Untersuchungen 
nicht  erbracht  werden.  Diese,  von  der  heutigen  Botanik  leider  ver- 
nachlässigte ^)  äussere  Morphologie  könnte  für  die  Züchtungslehre  von 
grosser  Bedeutung  werden,  wenn  sie  nach  dem  Beispiel  von  C.  K  r  au s  ^) 
entsprechend  gepflegt  würde.  Die  Untersuchung  zeigt  tatsächhch 
einen  solchen  Zusammenhang  der  einzelnen  morphologischen  Elemente 
zueinander,  und  einen  gesetzmässigen  Übergang  der  Formen.  Diese 
Art  der  Betrachtung  ermöglicht  auch  das  Studium  der  ,, Korrelationen", 

1)  Velenowsky,  Vgl.  Morphologie  d.  Pflanzen  Bd.  IV.     Prag  1910. 
-)  Kraus,  Züchtungen  von  Gerste  u.  Hafer.    F.  L.  Z.  1909,  Heft  13. 

—  Wachstumsweise  der  Beta-Rüben.     Naturw.    Z.  f.  L.  u.  F.,    1.  Jahrg. 
Stuttgart. 

—  Gliedenmg  d.  Gersten-  u.  Haferhalmes.     Stuttgart  1905. 

—  Lagerung  der  Getreide.     Stuttgart  1908. 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapse?.         179 

deren  morphologische  bzw.  physiologische  Bedingtheit  auf  diesem 
Wege  gefunden  werden  kann.  Der  Zusammenhang  der  Bildungen  sei 
kurz  wiederholt: 

Je  länger  die  Pflanze,  um  so  grösser  die  Zahl  ihrer  Internodien, 
ihrer  schotentragenden  Seitenachsen,  deren  Ansatz  sich  aber  mit  zu- 
nehmender Länge  immer  höher  verschiebt.  Mit  Zunahme  der  Internodien- 
zahlen  nimmt  ihre  Länge  ab,  so  dass  sie  also  immer  dichter  werden. 
Dadurch  kommt  die  Lage  der  Umläufe,  d.  i.  Internodien  gleicher 
Stellung,  von  der  Basis  ausgerechnet,  dieser  immer  näher.  Die  Zone 
stärksten  Wachstums  liegt  hierbei  ebenfalls  zunehmend  tiefer.  Die 
Länge  und  Stellung  der  Seitenachsen  zur  Hauptachse  ist  eine  perio- 
dische. Die  Zunahme  der  Länge  der  Seitenachsen  1.  Ordnung  von  den 
höher  stehenden  Achsen  nach  den  tiefer  stehenden  ist  zunächst  gerad- 
linig, nimmt  aber  später  stärker  ab. 

Auch  bei  den  Seitenachsen  regelt  sich  die  Bildmig  der  Seiten- 
achsen höherer  Ordnung  nach  den  gleichen  Gesetzen  wie  bei  der  Haupt- 
achse. Internodienlängen  und  -Zahl  stehen  auch  hier  in  gegensinniger 
Beziehung.  Nicht  alle  Formen  bringen  unter  durchschnittlichen 
Wachstumsbedingungen  Seitenachsen  zweiter  Ordnung  zur  Entwicklung, 
insbesondere  nicht  jene  mit  längeren  Achsen.  Im  allgemeinen  sind  die 
Achsen  erster  Ordnung  und  zweiter  Ordnung  bei  den  Formen  mit 
längerer  Hauptachse  kürzer,  die  Blütenstände  dichter. 

In  diesen  gesetzmässigen  Bildungen  und  in  der  Aufeinanderfolge 
der  Formen  kommt  die  verschiedene  Organisationshöhe  der  betr. 
Formen  zum  Ausdruck.  Ihre  Haupteigenschaft  beruht  sowohl  in  der 
Form,  infolge  ihrer  verschiedenen  Ertragsfähigkeit  an  und  für  sich,  als 
auch  in  deren  verschiedener  Anpassungsfähigkeit  bzw.  Widerstands- 
fähigkeit gegen  äussere  Einwirkungen.  So  ist  zunächst  anzunehmen, 
dass  Formen  höherer  Organisationsstufe  auch  an  und  für  sich  pro- 
duktiver sind,  denn  die  einzelnen  morphologischen  Elemente,  aus  denen 
sich  eben  die  Produktivität  zusammensetzt,  sind  bei  ihnen  zahlreicher 
und  weitergehend  differenziert.  In  diesem  höheren  Grad  der  Diffe- 
renzierung beruht  aber  anderseits  der  höhere  Grad  der  Anpassungs- 
fähigkeit gegen  äussere  Einwirkungen,  z.  B.  gegen  Winter-  und  Spät- 
fröste, ungünstigen  Standraum  an  und  für  sich  und  als  Folge  von 
Schädigungen,  so  z.  B.  durch  Insekten.  Die  Pflanze  der  höheren 
Kontinuitätsstufe  ist  leichter  in  der  Lage,  Neubildungen  von  Seiten- 
achsen oder  Blüten  auch  in  späteren  Entwicklungsstadien  durch- 
zuführen, als  diejenige  einer  niedereren  Stufe,  die  an  und  für  sich 
weniger  Entwicklungsmöglichkeiten  hat  und  deren  Entwicklung  auch 
rascher  zum  Abschluss  gelangt.  So  treten  tatsächlich  bei  Wachstums- 
hemmungen der  Hauptachse  bei  sonst  ausreichenden  Wachstums- 
bedingungen  eine   stärkere  Entwicklung   der   Seitenachsen  und   deren 


2^g(j  Ba^imann: 

Blüteustände  ein,  so  z.  B.  bei  Hemmungen  infolge  von  Frostwirkung 
oder  durch  Käferbefall.  Nicht  zuletzt  tritt  hier  auch  unter  Umständen 
der  Fall  ein,  dass  die  Seitenachsen  erster  und  zweiter  Ordnung  über 
die  jeweils  höher  stehende  Hauptachse  hinauswachsen  und  noch  reich- 
hch  Blüten  und  Früchte  entwickeln,  wodurch  der  Blütenstand  cyraös 
erscheint.     Allerdings  tritt  hierbei  eine  Verzögerung  der  Reife  ein. 

Im  Anschluss  hieran  sei  gleichzeitig  die  Vererbungsweise  dieser 
Formen  besprochen.  Solange  noch  eine  geringere  Konstanz  innerhalb 
einer  Form  gegeben  ist,  ist  die  Vererbung  nach  dem  beschriebenen 
allgemeinen  Gesetz  der  Kontinuität  vorhanden.  Wird  aber  die  Kon- 
stanz zunehmend  grösser,  dann  machen  sich  die  Unterschiede  der 
Formen  immer  weniger  in  den  Achsen,  als  der  obersten  Blütenregion 
geltend.  Die  Lage  der  Umläufe  wird  immer  mehr  parallel,  die  Zone 
des  stärksten  Wachstums  (Internodium  grösster  Länge)  bleibt  an  der 
gleichen  Stelle,  während  sich  die  Internodienzahlen  nur  unmerklich 
verändern.  Der  unterste  Ansatz  der  Seitenachsen  bewegt  sich  in 
gleicher  Höhe,  gleiche  Standraumsverhältnisse  vorausgesetzt. 

So  erleichtert  die  Anwendung  dieser  Methode,  also  die  nähere 
Kenntnis  des  morphologischen  Aufbaues,  nicht  nur  die  Unterscheidung, 
die  Kenntnis  des  Wertes  verschiedener  Formen,  sondern  auch  die 
Prüfung  der  Vererbungsverhältnisse  nicht  nur  einzelner  Merkmale, 
sondern  die  korrelativ  bedingte  Vererbungsweise  zusammengehöriger 
Merkmalskomplexe,  über  deren  morphologisch-physiologische  Bedingt- 
heit die  Methode  Aufschluss  gibt. 

2.  Die  Wachstums  weise  und  Frage  der  Anpassung. 
Das  Wachstum  unterscheidet  sich  in  eine  Herbst-  und  Früh- 
jahrsentwicklung.  Jeder  dieser  beiden  Abschnitte  der  Entwicklung 
hat  eine  besondere  Bedeutung.  Eine  kräftige  Herbstentwicklung,  vor 
allem  ein  rasches  Auflaufen  ist  für  die  Entwicklung  von  Bedeutung, 
weil  dadurch  schädigende  Einwirkungen,  insbesondere  der  Befall  durch 
Erdfloh  und  der  Einfluss  der  Winterfröste  leichter  überwunden  wird. 
Anderseits  aber  darf  die  Entwicklung  nicht  zu  üppig  sein,  weil  sonst 
die  Saaten  leicht  ,, hochbeinig"  werden,  was  zur  Zeit  der  beginnenden 
Reife  oder  auch  schon  früher  zu  Senkungserscheinungen  von  der  Basis 
aus  führt.  Auch  neigen  zu  üppige  Saaten  leichter  zum  Ausfaulen.  Ein 
zu  hohes  AVachstum  neigt  auch  leichter  zu  Schädigungen  bei  Kahl- 
frösten gegenüber  Pflanzen,  welche  mehr  am  Boden  sind.  Von  be- 
sonderer Bedeutung  aber  ist  die  Früh  Jahrsentwicklung.  Je  rascher 
diese  erfolgt,  um  so  eher  kann  angenommen  werden,  dass  sie  auch  zum 
Abschluss  kommt  Ganz  allgemein  aber  zeigte  die  Erfahrung  im  Ver- 
lauf der  Züchtung,  dass  die  später  reiferen  Formen  und  Linien  im.mer 
die  produktiveren  waren.     Eine  Verzögerung  bzw.  Verlängerung   der 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.         181 

Entwicklung  ist  nun  sowohl  im  Vergleich  der  verschiedenen  Jahre,  wie 
auch  der  verschiedenen  Formen  gleichbedeutend  mit  Übergang  in  eine 
höhere  Organisationsstufe,  und  wenigstens  beim  Vergleich  verschiedener 
Jahre  gleichbedeutend  mit  einer  Zunahme  des  Wärmeverbrauchs 
während  der  Entwicklung. 

Eine  langsamere  Entwicklung  hat  aber  ganz  besonders  mit 
Rücksicht  auf  die  Anpassung  an  die  klimatischen  Verhältnisse  zu 
Beginn  der  Frühjahrsentwicklung  Bedeutung,  weil  zu  dieser  Zeit  die 
Entfaltung  der  Knospen  mit  Spätfrösten  zusammenfällt.  Unter 
anderen  örtlichen  Verhältnissen  dürfte  dieses  Zusammentreffen  zeitlich 
wieder  etwas  anders  verlaufen. 

Aus  diesen  Gründen  spielt  die  Kenntnis  der  klimatisch-ökologi- 
echen  Periodizität,  d.  h.  die  Abhängigkeit  des  Wachstums  in  seinen 
durch  die  phänologischen  Erscheinungen  zerlegten  Abschnitte  eine  so 
grosse  Bedeutung.  Der  zeithche  Eintritt,  sowie  die  Dauer  derselben 
ist  durch  das  Zusammenwirken  von  Wärme,  Licht  und  Feuchtigkeit 
mit  dem  erblichen  Rhytmus  der  Pflanze  geregelt.  Sie  ist  gekenn- 
zeichnet durch  die  zwischen  den  einzelnen  phänologischen  Er- 
scheinungen bestehenden  Zeiten  und  die  bei  Eintreten  derselben 
herrschenden  Temperaturen  (Schwellenwerte).  Für  jede  Gattung  und 
Form  lässt  sich  im  Durchschnitt  der  Jahre  die  klimatische  Periodizität 
als  Ausdruck  der  Anpassung  der  Form  an  die  jährliche  Periode  fest- 
stellen. Im  Zusammenhang  hiermit  haben  auch  die  Ermittlungen  der 
Wachstumsgeschwindigkeit  ihre  Bedeutung.  Es  kommt  hierin  in  erster 
Linie  die  Reaktionsfähigket  der  Zelle  auf  die  Wärme  zum  Ausdruck. 
Diese  Entwicklung  kann  sich  unter  Umständen  durch  das  Zusammen- 
treffen besonderer  Umstände  im  Vergleich  der  verschiedenen  Formen 
verschieben  und  ist  durch  die  Messungen  die  Möglichkeit  gegeben,  die 
Anpassung  der  Form  an  die  klimatische  Periode  und  auch  Wirkungen 
anderer  Art  zahlenmässig  zum  Ausdruck  zu  bringen.  Für  wissenschaft- 
liche Untersuchungen,  aber  auch  für  die  Praxis  der  Sortenfrage  und 
Züchtung  wird  daher  die  Anwendung  dieser  Methode  am  lebenden  — 
neben  der  morphologischen  Untersuchung  am  reifen  —  Produkt  eine  be- 
sondere Bedeutung  haben.  Sie  dürften  für  die  Beurteilung  der  Eigen- 
schaften und  Anpassungserscheinungen  einer  Form,  also  der  Ursache 
ihrer  Leistungsfähigkeit  wichtige  Aufschlüsse   geben. 

In  obigen  Zusammenhängen  ist  gleichzeitig  der  grösste  Teil  der 
Anpassungserscheinungen  besprochen.  Die  übrigen  ergeben  sich  aus 
Abschnitt  III.  Es  sei  hier  nur  darauf  aufmerksam  gemacht  auf  die 
grosse  praktische  Bedeutung,  welche  dem  Studium  derselben  (Ökologie 
der  Pflanzen)  auch  für  die  Pflanzenzüchtung  und  Sortenfrage  zukommt. 
Wohl  stellen  zahlreiche  Züchtungen  solche  Anpassungen  an  den  Stand- 
ort dar.  aber  zur  bewussten  Anwendung  fehlen  noch  weitgehend  die 


232  B  a  u  m  a  n  n  : 

wissenschaftlichen  Unterlagen  und  botanischen  Kenntnisse.  Schon 
wenn  wir  uns  informieren  wollen,  was  denn  das  Klima  eines  Standortes 
gegenüber  anderen  kennzeichnet,  wie  der  allgemeine  Wärmeverlauf,  die 
Temperaturextreme,  Hitze-  und  Kälterückschläge  gegenüber  anderen 
Gegenden  sind,  ganz  besonders  aber  wie  sie  auf  die  Pflanzen  wirken, 
besitzen  wir  nur  die  dürftigsten  Unterlagen.  Noch  unentwickelter  sind 
die  Sonnenscheinmessungen.  Dazu  kommt  noch  der  wechselnde  Ein- 
fluss  der  Luftfeuchtigkeit  und  der  Niederschläge,  so  dass  bis  zur  be- 
wussten  Anwendung  noch  ein  weiter  Schritt  ist.  Methodische  phäno- 
logische  Beobachtungen  sind  hinsichtlich  der  Kulturpflanzen  über  den 
Roggen  noch  nicht  viel  hinausgegangen.  Endlich  fehlt  es  auch  an 
einer  agronomischen  Bodenkarte,  um  auch  diesen  Einfluss  allgemein 
und  vergleichsweise  einschätzen  zu  können.  Unsere  Züchtung  würde 
ganz  gewiss  erleichtert  sein,  wenn  wir  von  vornherein  den  einer  Gegend 
angepassten  Rhytmus  (klimat.-ökol.  Periodizität)  samt  den  Schwellen- 
werten feststellen  und  hiernach  die  Auswahl  der  Formen  treffen 
könnten.  Jedes  Klima  eines  Ortes  zeigt  ausser  dem  durchschnitthchen 
Verhalten  gewisse  Schwankungen  und  Besonderheiten.  Es  kann  sein, 
dass  durch  Auswahl  einer  einzigen  Form  das  Ziel  einer  durchschnitt- 
lich höchsten  Ertragsfähigkeit  überhaupt  nicht  zu  erzielen  ist,  weil 
diese  Form  nur  einigen  der  hauptsächlichst  vorkommenden  Klima- 
schwankungen entspricht,  anderen  aber  nicht.  In  diesem  Fall  wird  nur 
die  Vereinigung  mehrerer  Formen  den  gewünschten  Zweck  erfüllen 
können  (synthetische  Population).  Auch  nach  diesem  Gesichtspunkt 
wird  die  beschriebene  Methode  einen  Fortschritt  erzielen  lassen. 

3.  Vererbungsfragen. 

Diese  sind  teilweise  schon  bei  der  morphologischen  Form  be- 
sprochen. Es  soll  hier  nur  das  Gesamtgebiet  unter  praktisch-züchte- 
rischen und  methodischen  Gesichtspunkten  besprochen  werden. 

Für  die  Prüfung  der  Vererbungsfragen  stehen  verschiedene 
Methoden  zur  Verfügung. 

a)  Die  Methode  der  Variationsstatistik.  Diese  setzt  einen 
grösseren,  weniger  dem  durch  Auswahl  entsprechender  und  Beseitigung 
ungeeigneter  Formen  bedingten  Wechsel  der  Zahl  und  Art  von  zu 
prüfenden  Einheiten  (Stämme,  Linien,  Individuen)  voraus,  als  dies  bei 
einem  praktischen  Zwecken  dienenden  Material  möglich  ist.  Bei  einem 
solchen  konzentriert  sich  der  Vergleich  sehr  bald  auf  einige  wenige 
Stämme  oder  Linien.  Die  ungeeigneten,  bei  Vererbungsprüfungen  aber 
gleichwohl  wichtigen  Linien  werden  ausgeschieden.  Ein  zu  grosser 
Ballast  zwecks  besonderer  wissenschaftlicher  Vergleiche  schädigt 
meistens  das  praktische  Ergebnis.  Daraus  ergibt  sich  eine  Anwend- 
barkeit der  Methode  nur  unter  bestimmten  Verhältnissen,  insbesondere 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  Eapspflanze  und  zur  Züchtung  des  Rapses.  183 

bei  Massenauslesen,  mit  zahlenmässiger  Fixierung  der  Hauptcliaraktere, 
wie  diese  Methode  besonders  früher  mehr  betrieben  wurde. 

b)  Statistisch-graphische  Methoden.  Die  einfache  Rechnung  wird 
bei  umfangreichen  Vergleichen  unübersichthch,  während  deren  Über- 
tragung in  graphische  Darstellungen  dagegen  ein  lebhafteres  und  an- 
schaulicheres Bild  über  den  Umfang  der  Variabilität,  über  die  Richtung 
der  Veränderung,  ja  unter  Umständen  auch  über  vorhandene  Zusammen- 
hänge (Korrelationen)  ermöglicht.  Auch  lässt  die  Anwendung  dieser 
Methode  schon  vielfach  Schlüsse  zu,  ob  die  Veränderung  eine  Folge  der 
Auslese  oder  auf  äussere,  nicht  vererbbare  Einflüsse  zurückzuführen  ist. 
So  z.  B.  wird  unter  dem  Einfluss  von  Frostwirkungen  oder  Käfer- 
beschädigungen oft  eine  Verkürzung  der  Achsen  bewirkt,  wodurch  Ab- 
weichungen in  den  Bildungen  bei  Achsen  höherer  Ordnung  eintreten, 
die  graphisch  besser  zum  Ausdruck  kommen  wie  rechnerisch. 

Ein  anderer  Weg  graphisch  statistischer  Methoden  wäre  die 
Ermittlung  der  Variationskurven  unter  dem  Einfluss  züchterischer  Ver- 
änderung. Diese  Methode  ist  aber  bei  Züchtungsmaterial  ebenso  des- 
wegen schwer  durchzuführen,  weil  es  bei  diesem  häufig  an  der  hierzu 
nötigen  grösseren   Zahl  von  Einzelbestimmungen  fehlt. 

Demgegenüber  bietet  die  vom  Verfasser  beschriebene  und  an- 
gewandte Methode  besonderer  morphologischer  und  physiologischer 
Untersuchungen  nicht  nur  die  Möglichkeit  der  Prüfung  der  Variabilität 
überhaupt,  sondern  auch  ihres  Umfangs  und  ihrer  Richtung,  sowie  der 
korrelativen,  morphologisch  und  physiologisch  bedingten  Veränderlich- 
keit, und  gibt  für  die  statistisch-graphischen  Methoden  eine  Unterlage. 
Sie  gibt  gleichzeitig  von  den  verschiedenen  Formen  und  ihren  Über- 
gängen, sowie  von  dem  Zusammenhang  zwischen  Funktion  und  Form 
eine  gewisse  bestimmtere  Vorstellung.  Die  Vererbung  der  Formen  er- 
folgt nach  dem  Gesetz  der  Kontinuität  so  lange,  bis  ein  höherer  Grad 
von  Konstanz  erreicht  ist.  Diese  macht  sich  zunächst  in  den  Haupt- 
merkmalen, also  den  Achsen,  später  erst  in  den  obersten  Blüten- 
regionen und  deren  Bestandteilen  bemerkbar.  In  diesen  kommen  auch 
noch  Standortsbeeinflussungen  deutlicher  zum  Ausdruck.  Eine  noch 
ungelöste  Frage  ist,  ob  (unter  praktisch  kaum  durchführbarer)  Kon- 
stanz der  Aussenbedingungen  und  des  Standraums  bei  reinen  Linien 
keine  Unterschiede  mehr  möglich  sind.  Die  bisherigen  Untersuchungen 
von  C.  K  r  a  u  s  ^)  scheinen  darauf  hinzudeuten,  dass  geringe  Varia- 
tionen immer  vorhanden  sein  werden,  und  dass  die  verschiedenen 
Zuchtmaterialien  den  Bestrebungen  der  Züchtung  in  verschiedenem 
Maße  Widerstand  leisten.  So  z.  B.  ist  es  nicht  ausgeschlossen,  dass 
auch  die  verschiedenen   Früchte   aus   Achsen   verschiedener   Ordnung 


^)  Kraus,  C,  Untersuchungen  über  die  Vererbungsverhältnisse  bei  Nachkommen- 
schaften reiner  Linien.     Fühl.  Ldw.  Ztg.  1917,  Nr.  23/24. 

Zeltschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VI.  14 


]^g4  B  a  u  m  a  n  n  :  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Rapspflanze  usw. 

in  ihrer  Produktionsfähigkeit  nicht  vollständig  gleichwertig  sind,  und 
dass  daher  Unterschiede  in  der  morphologischen  Form  auch  solche  des 
Bestandes  begründen. 

Wenn  wir  also  züchterische  Methoden  auf  die  Praxis  der 
Züchtung  anwenden  wollen,  werden  wir  gut  tun,  uns  nicht  ausschhess- 
lich  der  auf  die  Häufigkeit  sich  stützenden  variationsstatistischen 
Methoden  zu  bedienen,  sondern  möglichst  alle  Zweige  der  Botanik  zu 
berücksichtigen,  und  die  hierbei  erzielten  Ergebnisse  für  die  Zwecke 
der  Yererbungsforschung  anzuwenden. 

Das  Ergebnis  dürfte  hierbei  sein,  dass  der  Vorgang  der  natür- 
lichen Auslese,  wie  er  in  der  Verbreitungsfähigkeit  der  Pflanzen,  in 
dem  Vorhandensein  verschiedenartiger  Populationen  (Lokalsorten)  zum 
Ausdruck  kommt,  in  den  hauptsächhchsten  Grundlagen  dem  der  künst- 
lichen Auslese  entspricht  und  durch  diese  erst  zum  richtigen  Ver- 
ständnis kommt.  Es  besteht  keine  andere  Möglichkeit,  zu  einer  ein- 
gehenderen Vorstellung  der  Verbreitung  der  Pflanzen  zu  kommen  als 
durch  die  Verbindung  des  historischen  Moments  (Abstammung  und 
Fortentwicklung)  und  dem  physiologischen  (Rhytmus  in  verschiedenen 
Verbreitungsgebieten)  ^)  mit  dem  experimentell  züchterischen. 

Dieser  Vorgang  der  natürlichen  Auslese  dürfte  in  der  Hauptsache 
in  dem  Zusammenhang  der  durchschnittlichen  klimatischen  Perio- 
dizität einer  Gegend  (Verbreitungsgebiet)  und  deren  Extremwerten  mit 
der  Gesamtheit  der  in  der  betreffenden  Population  enthaltenen  ökologi- 
schen Formen  begründet  sein.  Es  wäre  unvollständig,  würde  man 
hierbei  einem  Auslesemoment  allein  eine  ausschlaggebende  Rolle  bei- 
messen; in  Frage  kommen  zahlreiche.  Oft  erst  nach  einer  bestimmten 
Reihe  von  Jahren  wiederkehrend,  treten  ökologische  Bedingungen  ein, 
welche  einer  Form  wieder  ein  Übergewicht  verschaffen  können,  unter 
anderen  Verhältnissen  wieder  einer  anderen.  Daher  wäre  es  verkehrt, 
würde  man  in  der  Auswahl  einer  einzigen  durchschnittlich  angepassten 
Linie  unter  allen  Umständen  das  Ziel  suchen  oder  von  dem  Anbau 
einer  einzigen  allein  die  Erreichung  eines  Höchstertrages  von  grösster 
Sicherheit  erwarten  oder  auch  dies  unter  allen  Umständen  für  möglich 
halten. 


*)  Krasan,    Fr.,  Über  den  kombinierten  Einfluss  der  Wärme  u.  d.  Lichtes  auf 
die  Dauer  der  jährl.  Periode  d.  Pflanzen.     Englers  bot.  Jahrb.  1882. 


III. 

Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der 

Pflanzenzüchtung. 


1.  Referate  über  Arbeiten 

in  Zeitschriften,  sowie  über  Dissertationen,  dann  Jahresberichte  vind  Bulletins 

von  Versuchsstationen. 

Einsendung  von  Abdrücken  aller  einschlägigen  Arbeiten 
erbeten. 

Einige  Herren  haben  sich  in  liebenswürdiger  Weise  bereit  erklärt, 
für  einzelne  Länder  oder  bestimmte  sachliche  Gebiete  die  Sorge  für 
Erstattung  von  Referaten  ganz  zu  übernehmen.  Für  1917  sind  derartige 
Vereinbarungen  getroffen  worden  mit: 

Professor  Dr.  H.  Nilsson  -  Ehle  -  Lund:  Pflanzenzüchtung, 
Schweden. — Prof. Dr.  Gran,  Universität  Kristiania :  Pflanzenzüchtung, 
Norwegen.  —  Konsulent  E.  Lindhard-Tystofte  pr.  Tjaereby:  Pflanzen- 
züchtung, Dänemark.  —  Dr.  H.  Plahn-Appiani-Aschersleben,Mehringer- 
strasse  6:  Zuckerrübenzüchtung  in  Deutschland  und  Österreich.  — 
(Königl.  landw.  Botaniker  A.  Howard-Pusa  (Bihar),  Indien:  Pflanzen- 
züchtung, Indien.  1)  —  Direktor  A.  v.  Stebutt  der  Versuchsstation 
Saratow,  Russland:  Pflanzenzüchtung,  Russland. ^)  —  Direktor  van 
der  Stok-Buitenzorg  (Java):  Pflanzenzüchtung,  Java.  —  Dr.  Th. 
Rom  er- Bromberg,  Kaiser  Wilhelms-Institut:  Pflanzenzüchtung,  Gross- 
britannien. —  Direktor  E.  Grabner-Magyarovär:  Pflanzenzüchtung, 
Ungarn. 

Für  die  hier  nicht  genannten  Gebiete  sind  zunächst  Autoreferate 
sehr  erwünscht,  we^n  solche  innerhalb  acht  Tagen  nach  dem  Er- 
scheinen der  Arbeit  abgesendet  werden. 

Die  Referate  sind  entweder  als  Autoreferate  gekennzeichnet  oder 
von  dem  betreffenden  Referenten  gezeichnet;  von  dem  Redakteur  er- 
stattete bleiben  ungezeichnet. 


^)  Nach  freundl.  Mitteilung  werden  Referate  weiter  erstattet,  können  aber  wegen 
eines  Verbotes  der  Regierung  jetzt  nicht  gesandt  werden. 

14* 


186  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Beijerinck, M.  De  enzymtheorie  van  de  erfelijkheid.^) 
(Koninkl.  akademie  van  wetenschappen  te  Amsterdam.  Wis.  en  Natuurk. 
Afdeeling.  1917,  Deel  XXV,  S.  1231—1245.)  Verschiedene,  durch 
gallenbildende  Insekten  veranlasste  Bildungen  erwiesen  sich  als  nicht 
erblich.  Die  Insekten  bringen  nicht  Enzyme  in  die  Pflanzen,  wie  Verf. 
früher  annahm.  Seine  Studien  bei  Gallen  und  einzelligen  Organismen 
(Leuchtbakterien)  führten  ihn  zur  Erklärung  der  Vererbung  durch 
Enzyme,  meist  Endoenzyme,  die  im  Verlauf  der  Entwicklung  der 
Pflanzen  aktiv  werden  und  die  äusseren  und  Leistungseigenschaften 
der  Pflanzen  bedingen.  Das  Protoplasma  ist  aus  einer  grossen  Zahl 
solcher  Enzyme  aufgebaut  und  Erbeinheiten  und  Enzyme  sind  danach 
gleichbedeutend. 

Correns,  C.  Zur  Kenntnis  einfach  mendelnder 
Bastarde.  (Sitzungsbericht  der  königl.  preuss.  Akademie  der 
Wissenschaften  XI,  1918,  S.  221—268,  9  Abb.)  Es  werden  nähere 
Mitteilungen  über  die  Bastardierung  1.  Urtica  pilulifera  X  Urtica 
Dodartii,  2.  Mirabihs  Jalapa  xantha  und  3.  Urtica  urens  peraurea  ge- 
macht. —  Bei  1.  ist  es  von  allgemeinem  Interesse,  dass  es  gelang,  die 
noch  spaltenden  Heterozygoten  von  F2  von  den  nicht  mehr  spaltenden 
dominierenden  Homozygoten  zu  unterscheiden.  Im  genannten  Fall 
war  die  Unterscheidung  durch  Vorhandensein  oder  bei  den  Heterozy- 
goten Fehlen  einiger  Zähnchen  an  der  Spitze  der  ersten  Laubblätter 
möglich.  Es  liegt  dabei  ein  Fall  von  Dominanzwechsel  vor;  bei  dem 
1.  Laubblattpaar  dominiert  Urtica  Dodartii,  dann  durchweg  Urtica 
pilulifera.  —  2.  Die  chlorophyllose  Form  Mirabilis  Jalapa  xantha 
bildet  (fast)  nur  die  gelben  Blattfarbstoffe  aus  und  kann  nur  durch 
Aufpfropfung  am  Leben  erhalten  werden.  Bezüghch  der  Vererbungs- 
verhältnisse der  xantha  wird  festgestellt,  dass  sie  sich  als  rezessiv 
verhält  und  dass  Heterozygoten,  die  xantha  abspalten,  nicht  von  Homo- 
zygoten zu  unterscheiden  sind,  während  dies  bei  Heterozygoten,  die 
chlorina  abspalten,  möglich  ist.  Von  allgemeiner  Bedeutung  ist,  wie 
im  Anschluss  erwähnt  wird,  dass  man  sich  die  Entstehung  der  ver- 
schiedenen Chlorophyllsippen  aus  typischen  grünen  Formen  nicht  gut 
in  üblicher  Weise  durch  Wegfall  von  Anlagen  erklären  kann.  Es  zeigte 
sich  nämlich,  entgegen  dieser  Annahme,  bei  einer  gelblich-grünen 
chlorina  ein  rein  grüner,  der  typischen  Form  entsprechender  Fleck. 
Es  weist  dies  eher  auf  Erklärung  durch  Hemmung  hin,  die  partiell 
latent  wurde.  —  3.  Bei  einer  peraurea-Sippe  von  Urtica  urens,  die 
gelbgrünes  Laub  zeigt,  ergaben  sich  Vererbungs Verhältnisse,  nach 
welchen  diese  nur  im  hetero zygotischen  Zustand  existiert  und  bei 
Spaltung  nach  3 : 1  eine  Homozygotenklasse  ganz  ausfallen  lässt,  dem- 
nach nicht  nach  1  peraurea  homozygot.  2  peraurea  heterozygot,  und 

^)  Die  Enzymtheorie  der  Vererbung. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pilanzenzüchtung.  187 

1  typica  hetero zygotisch  spaltet,  sondern  nach  2  peraurea  heterozy- 
gotisch  und  1  typica  hetero  zygotisch.  Einer  der  Geschlechtszellen- 
Zusammentritte  gelingt  demnach  bei  dieser  Form  nicht. 

Czuber.  Die  Anwendung  der  Wahrscheinlichkeits- 
rechnung auf  Fragen  der  Landwirtschaft.  (Zeitschrift 
für  das  landwirtsch.  Versuchswesen  in  Österreich  1918,  S.  1 — 100.)  Die 
in  letzter  Zeit  auf  dem  Gebiete  des  landwirtschaftlichen  Versuchs- 
wesens immer  häufigeren  zeitraubenden,  umständlichen  Berechnungen, 
welche  auf  der  Fehlertheorie  beruhen,  hält  der  Verfasser  auch  dann 
für  unzulässig,  wenn  die  Abweichungen  vom  Mittel  dem  Fehlergesetz 
entsprechen.  Letzteres  ist  zumeist  nicht  der  Fall.  Dagegen  lassen 
sich  Rechnungen  verwenden,  die  auf  der  Kollektivmasslehre  beruhen. 
Um  die  bei  den  Sorten-,  Nachkommenschafts-,  Linienvergleichen  er- 
haltenen Zahlen  —  der  hier  interessierende  Fall  —  rechnerisch  zu 
verarbeiten,  genügt  die  Ermittlung  des  arithmetischen  Mittels  für  jede 
Sorte,  Nachkommenschaft,  Linie,  die  Gruppierung  der  Einzelergebnisse 
in  Verteilungstafeln  und  die  Ermittlung  der  Streuung  für  jede  Sorte, 
Nachkommenschaft  oder  Linie.  Diese  Streuung  entspricht  der  Quadrat- 
wurzel aus  der  Summe  der  Quadrate  der  Abweichung  (x)  der  Einzel- 
ergebnisse von   dem   arithmetischen  Mittel,   geteilt   durch   die  Anzahl 

der  Einzelergebnisse  (n).    (S  =  y/^^j.     Die  Arbeit  bespricht  kritisch 

einige  Fälle  der  bisher  verbreiteten  umständhchen  Rechnungen,  so 
jenen  der  Verarbeitung  der  Rübensortenerträge  durch  von  Rümker 
und  Alexandrowitsch  und  jenen  der  Anwendung  eines  Aus- 
gleichsverfahrens bei  Sortenversuchen  durch  Mitscherlich. 

Drude,  0.  Erfahrungen  bei  Kreuzungsversuchen 
mit  Cucurbita  Pepo.  (Bericht  der  deutschen  botanischen  Gesell- 
schaft XXXV,  1917,  Generalversammlungsheft  S.  1—57,  3  Abb.,  1  Tafel, 
1918.)  Von  Cucurbita  Pepo  wurden  die  durch  Inzucht  rein  ge- 
haltenen Formen:  Weisser  Apfel,  Apfelsine,  Gurke,  Warze  (C.  P.  var. 
verrucosa),  Regenschirm,  Ford  hook  und  ein  Bastardabkömmling  aus 
Weisser  Apfel  X  Cucurbita  ficifolia  Bouche  zu  Bastardierungen  heran- 
gezogen. Die  Beschreibung  der  Formen,  deren  Farbe  nach  Ostwalds 
Farbenatlas  bestimmt  wurde,  wird  gegeben.  Zunächst  wird  festgestellt, 
dass  Xenien  bei  der  Frucht,  wie  sie  von  Gärtnern  wiederholt  als  Folge 
von  Bastardierungen  behauptet  worden  sind,  bei  Kürbis  nicht  zur 
Bildung  gelangen.  Eine  Bastardierung  zwischen  den  Arten  Cucurbita 
maxima,  moschata  und  ficifolia  gelang  nur  —  und  zwar  nur  einseitig 
—  in  dem  einen  oben  erwähnten  Fall  Cucurbita  Pepo  (Weisser  Apfel) 
(weibl.)  X  Cucurbita  ficifolia  (männl.).  Der  bei  Inzucht  konstante 
Artbastard  wurde  als  „Gestreifter  Apfel"  bezeichnet.  Bestäubung 
innerhalb    einer    Pflanze   führt   zu   rasch   abnehmender   Fruchtbarkeit 


138  Neue  Erscheinungen   auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

durch  starke  Abnahme  bis  Fehlen  der  weibl.  Blüten.  Von  den  künst- 
lichen Bastardierungen  und  den  Kreuzungen  für  Inzuchtzwecke  ge- 
langen etwa  V4 — V2'  noch  schlechter  gelang  die  Befruchtung  innerhalb 
einer  Pflanze. 

Der  Bastard  Gestreifter  Apfel  verhielt  sich  zunächst,  obwohl  ein 
Artbastard,  bei  weiteren  Bastardierungen  so  wie  die  Bastardierungen 
von  Cucurbita  Pepo-Formen  untereinander,  nur  bei  der  Bastardierung 
mit  Ford  hook  ergab  sich  Unerwartetes.  Aus  einer  der  beiden  bei 
dieser  Bastardierung  erhaltenen  Früchte  ergab  sich  eine  Nachkommen- 
schaft, die  Warzen  erscheinen  liess.  Das  Auftauchen  derselben  wird 
als  ein  Fall  von  Kr\T3tomerie  nach  der  neueren  von  v.  T  s  c  h  e  r  m  a  k 
gegebenen  Fassung  dieses  Begriffes  erklärt  und  angenommen,  dass  die 
zur  Warzenbildung  noch  fehlende  Anlage  durch  die  Bestäubung  zu- 
geführt, oder  eine  hemmende  Anlage  abgespaltet  wurde.  Ein  anderer 
Versuch,  die  ,, Hausspalier-Kreuzungen",  wurde  mit  kombinierter 
Bastardierung  gemacht.  Warze  wurde  1904  mit  Apfelsine  bastardiert, 
die  Fj  mit  Gurke  usw.  Es  sollte  ermittelt  werden,  ob  bei  diesem  Vor- 
gang neue  Eigenschaften  auftauchen  und  ob  die  Formenvielheit  dabei 
eine  besonders  grosse  ist.  Von  1904 — 1908  waren  die  Früchte  bei 
dieser  kombinierten  Bastardierung  sehr  wenig  mannigförmig,  erst  1910 
wurde  sie  dies,  die  Mannigförmigkeit  ging  dann  wieder  zurück  und  erst 
1916  tauchte  eine  Neuheit  auf.  Äussere  Eigenschaften  der  Früchte 
zweier  der  verwendeten  Formen  kamen  in  den  Ergebnissen  nicht  zur 
Ausbildung,  wurden  kryptomer.  Bei  der  Bastardierung  Warze  X 
Regenschirm  fielen  elterliche  äussere  Eigenschaften  der  Früchte,  und 
zwar  solche  der  männl.  Form  aus,  eine  Mendelsche  Spaltung  trat 
nicht  ein. 

Die  Versuche  hatten  nicht  das  Ziel,  die  erbliche  Veranlagung 
einzelner  Formen  von  Kürbis  klarzulegen.  Sie  zielten  auf  die  Schaffimg 
von  Belegen  für  Formenkreisbildung  durch  Bastardierung  hin.  Be- 
sonders der  Versuch  mit  kombinierter  Bastardierung  sollte  die  Ver- 
hältnisse wilder  Durcheinander'bastardierung,  wie  sie  in  der  Natur  sich 
bei  Rosa,  Rubus,  Salix  findet,  nachahmen.  Auf  die  Bedeutung,  welche 
die  natürliche  Auslese  im  Sinne  Darwins  für  die  Artenbildung  be- 
sitzt, wird  im  Zusammenhang  hingewiesen,  indem  hervorgehoben  wird, 
dass  die  Durcheinanderbastardierung  Formen  liefert,  die  für  bestimmte 
äussere  Verhältnisse  verschieden  geeignet  sind. 

Everest,  A.  Recent  chemical  investigations  of  the 
anthocyanpigments  and  their  bearing  upon  the  pro- 
duction  of  these  pigments  in  plants.^)  (Journ.  of  Genetics 
IV,   1915,   S.  361 — 367.)     Die  Bildung   der   Anthocyane   erfolgt  nicht 


*)   Neuere    chemische    Untersuchungen    über    die    Anthocyanfarbstoffe    und    ihre 
Bedeutung  für  die  Bildung  dieser  Farbstoffe  in  der  Pflanze. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  189 

durch  Oxydation  der  gelben  Farbstoffe,  der  Flavone,  die  Anthocyane 
sind  Reduktionsergebnisse  von  Flavonen  und  treten  immer  als  Gluko- 
side auf.  Derselbe.  Farbstoff  kann  als  alkalisches  Salz  blau,  frei 
purpurn,  als  saures  Salz  rot  erscheinen. 

Fruwirth,  C.  Selektion  in  pure  lines.  (The  Journal  of 
heredity  VIII,  1907,  S.  90—94,  1  Abb.)  Da  B  e  1 1  i  n  g  und  C  a  s  1 1  e  die 
Versuche  Johannsens  zur  Konstanz  reiner  Linien  bekämpften,  da 
dieselben  nicht  Eigenschaften  von  Pflanzen,  sondern  solche  von  Samen 
ins  Auge  fassten,  berichtet  der  Verfasser  über  einige  eigene  Versuche 
mit  Auslese  bei  Pflanzen,  am  eingehendsten  über  solche  mit  pro- 
zentischer Behaarung  des  Aussenkornes  bei  Hafer  und  kommt  auch  zur 
Annahme  der  Konstanz  reiner  Linien.  Autoreferat. 

Hansen,  W.  Gedanken  über  Organisation  und 
Arbeitsersparnis  in  der  Pflanzenzucht.  (Deutsche  land- 
wirtsch.  Presse  1918,  S.  261 — 262.)  Es  wird  ausgeführt,  dass  kurze 
Verwendung  junger  Leute  als  Zuchtleiter  für  die  Züchtung  nicht  förder- 
lich ist,  dass  der  Betreuung  von  Professoren  mit  der  Oberleitung  das 
entgegensteht,  dass  ihre  sachlichen  Auskünfte  allen  Züchtern  zukommen 
sollen,  was  durch  (nicht  selbstzüchtende  Ref.)  Vererbungsinstitute  ge- 
schehen kann,  dass  der  Zuchtbetrieb  nicht  zu  sehr  ausgedehnt  werden 
soll,  Nachzuchten  mit  Abfindung  des  Originalzüchters  ihre  Be- 
rechtigung haben,  Auslesearbeiten  oft  vernünftig  eingeschränkt  werden 
können,  die  Zahl  der  auf  einer  Wirtschaft  gezüchteten  Pflanzen  gute 
Arbeitsverteilung  gewähren'  soll,  eine  ausgedehnte  Sortenprüfung 
durch  staatliche  Institutionen  notwendig  ist. 

Harris,  L.  The  application  of  correlation  for m u  1  a e 
to  the  Problem  of  varietal  differences  in  disease  resi- 
stance:  data  from  the  Vermont  experiments  with 
potatos.i)  (American  Naturalist  LI,  1917,  S.  238—244.)  Unter 
23  vom  Verfasser  bei  Kartoffelsorten  festgestellten  Korrelationen 
waren  nur  4  —  aber  nicht  zuverlässige  —  Ausnahmen  von  der  Regel, 
dass  bei  grösserer  Empfänglichkeit  eines  Formenkreises  gegenüber 
einer  Krankheit  auch  grössere  Empfänglichkeit  gegenüber  anderen  vor- 
handen ist. 

Hromadko,  J.  Die  Variabilität  der  Nachkommen- 
schaft derselben  Futterrübenmutter  in  der  1.  Gene- 
ration. (Zeitschrift  für  Zuckerindustrie  in  Böhmen  1918,  XLII, 
S.  581 — 601.)  Bei  einer  Futterrübe,  deren  Vorfahren  seinerzeit  aus 
Original-Eckendorfer  erwuchsen  und  dann  in  Tabor  der  Veredelungs- 

^)  Die  Anwendung  der  Korrelationsformeln  auf  die  Frage  der  Verschiedenheit 
der  Widerstandsfähigkeit  der  Varietäten  gegenüber  Krankheiten:  Feststellung  nach 
Versuchen  der  Vermont-Versuchsstation  mit  Kartoffeln. 


290  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Züchtung  unterworfen  worden  waren,  wurde  1914  geschlechtliche  Iso- 
lierung in  Gaze  (die  bei  Rübe  nicht  sicher  ist,  Ref.)  vorgenommen  und 
die  Nachkommenschaft  dieser  Rübe  untersucht.  Die  erhaltenen  Zahlen, 
die  man  zur  Zeit  der  Rübenreife  gewann,  wurden  in  Vergleich  gesetzt 
mit  solchen,  die  in  ähnlicher  Weise,  aber  zur  Zeit  der  grössten  Ent- 
wicklung, von  Andrlik  und  Urban  bei  einer  Zuckerrübe  gefunden 
worden  waren.  Der  Variabilitätskoeffizient  betrug  bei  Futterrübe  für 
Gewicht  der  Wurzel  39,7  ±  2,70,  für  Gewicht  des  Blattwerkes  35.0  ± 
2,38.  für  Trockensubstanz  der  Wurzel  9. 57 ±0,65  und  für  Zuckergehalt 
16,31  ±1.11.  Für  die  erwähnte  Untersuchung  einer  Zuckerrüben- 
nachkommenschaft waren  die  entsprechenden  Zahlen  28.46  ±  1,96; 
32,4  +  2,24;  6,88  ±0,47;  6.02  ±0.42.^  Die  bei  Futterrübe  besonders 
grosse  Variabilität  (Variabilität  und  Modifikabilität,  Ref.)  bei  Zucker- 
gehalt wird  darauf  zurückgeführt,  dass  bei  Futterrübe  im  Gegensatz 
zu  Zuckerrübe  die  Züchtung  auf  Zuckergehalt  viel  jünger  ist. 

Kiessling,  L.  Einige  besondere  Fälle  von  chloro- 
phylldefekten Gersten.  (Zeitschrift  für  induktive  Ab- 
stammungs-  und  Vererbungslehre  1918,  XIX,  S.  160 — 176.)  3  Pflanzen 
von  Gerste,  die  aus  Körnern  erwachsen  waren,  deren  Fruchtknoten 
durch  Injektion  mit  einer  schwachen  Lösung  von  salpetersaurem  Kali 
beeinflusst  worden  war,  werden  beschrieben.  Zwei  der  Pflanzen  waren 
grün,  die  dritte  zeigte  Panaschüre  in  Form  von  weissen  Streifen.  Die 
Nachkommenschaften  der  zwei  ersterwähnten  Pflanzen  wiesen  grün 
panaschierte  und  weisse  (chlorophyllose)  Pflanzen  auf,  jene  der  3.  keine 
grünen.  Für  das  Vorhandensein  einer  mendelnden  Spaltung  sprechen 
die  Zahlenverhältnisse  nicht,  ebenso  spricht  dagegen  das  sehr 
schwankende  Verhalten  der  einzelnen  Pflanzen  während  ihrer  Ent- 
wicklung. Es  wird  angenommen,  dass  die  Störungen  in  der  Ausbildung 
des  Chlorophylles  durch  die  Injektion  bewirkt  wurden  und  die  neuen 
Linien  als  Mittelvarietäten  im  Sinne  von  de  Vries  betrachtet  werden 
können.  —  Bei  einer  anderen  Gerstenpflanze,  die  im  Warmhaus  im 
Topf  erwuchs,  trat  Weissbuntpanaschüre  nach  Verletzung  der  Pflanze 
auf.  Versuche,  durch  ähnliche  Verletzungen  bei  anderen  Pflanzen  die 
Erscheinung  hervorzurufen,  gelangen  nicht.  Vererbung  der  Er- 
scheinung zeigte  sich  bei  der  beobachteten  Pflanze  nicht.  —  In  der 
weiteren  Nachkommenschaft  einer  spontan  variierten  hellergrünen 
Pflanze  (Fg3.  siehe  folgendes  Referat)  wurden  weiterhin  noch  einige 
spontane  Variationen  bezüglich  Ausbildung  des  Chlorophylls  beobachtet. 

Kiessling,  L.  Über  eine  Mutation  in  einer  reinen 
Linie  von  Horde  um  distichum  L.  2.  Mitt:  Bastar- 
dierungsversuche. (Zeitschrift  für  induktive  Abstammungs-  und 
Vererbungslehre  1918,  XIX.  S.  145 — 159.)  Es  wurde  eine  Bastar- 
dierung zwischen  einer  spontanen  Variation,  die  in  der  9.  Generation 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  191 

einer  reinen  Linie  von  Gerste  aufgetreten  war  (FgS),  und  der  Ausgangs- 
linie (Fg2)  vorgenommen,  und  zwar  nach  beiden  Richtungen  hin.  In 
F  1  dominierte  das  „tiefere  Grün"  der  Ausgangshnie  über  das  „hellere 
Grün"  der  spontanen  Variation;  in  F  2  trat  Spaltung  ein,  die  dem  Ver- 
hältnis 1:2:1  für  tieferes  Grün,  Mittelfarbe  und  helleres  Grün  ent- 
sprach. Es  wird  angenommen,  dass  eine  Anlage  für  Chlorophyll  (Gr) 
bei  der  spontanen  Variation  ausfiel  oder  latent  wurde  und  die  Bastar- 
dierung danach  erfolgte  als:  Gx  Gx,  Gr  Gr  X  Gx  Gx,  gr  gr.  Der  reine 
Weiterbau  der  spontanen  Variation  zeigte  volle  Vererbung  des  neuen 
Merkmals,  neben  welchem  bei  4  Pflanzen  Spuren  von  Panaschüre  auf- 
traten. Ausser  durch  die  Abstufung  in  Grün  unterschied  sich  die 
spontane  Variation  auch  durch  mehrere  andere  Form-  und  Leistungs- 
eigenschaften, deren  Verfolgung  nach  der  Bastardierung  wegen  des 
starken  modifikativen  Schwankens  derselben  sehr  erschwert  war. 
Immerhin  zeigte  sich,  dass  die  Bastardierungsergebnisse,  welche  der 
spontanen  Variation  gleichen,  bei  allen  Eigenschaften,  die  mit  dem 
Produktionsvermögen  zusammenhängen,  gegenüber  den  Pflanzen  der 
Ausgangsform  zurückstanden. 

Love,  N.,  and  Fräser,  A.  The  inheritance  of  the  weak 
awn  in  certain  Avena  crosses.^)  (American  Naturalist 
LI,  1917,  S.  481 — 493.)  Bei  Bastardierung  einer  schwach  begrannten 
Form  (Burt)  mit  einer  grannenlosen  (Sixty  days)  dominierte  Grannen- 
losigkeit  in  F^  fast  vollständig.  Die  F2  spaltete  in  grannenlose,  teil- 
weise begrannte  und  ganz  begrannte,  annähernd  nach  1:2:1.  Nach 
den  Befunden  in  F3  ist  ganz  begrannt  rezessiv,  teilweise  begrannt 
spaltet  in  etwa  3  teilweise,  zu  1  ganz  begrannt  und  unbegrannt  vererbt 
teilweise  voll,  teilweise  zeigt  es  Spaltung  wie  bei  den  teilweise  be- 
grannten von  Fo.  (Begrannt  und  unbegrannt  wird  in  der  Arbeit  als 
absolut  hingestellt,  während  bisherige  Untersuchungen  bei  zahlreichen 
europäischen  Formen  von  Hafer  nur  prozentische  Unterschiede  in  der 
Begrannung  feststellen  Hessen,  nicht  absolut  unbegrannte  und  absolut 
begrannte  Formenkreise,  Ref.) 

o  o 

Lundberg,  Fr.,  och  Akermann,  A.  Jakttagelser  rörande 
fröf argen  hos  avkomman  av  en  spontan  korsning  mel- 
lan  tvenne  former  av  Phaseolus  vulgaris.^)  (Sveriges 
utsädesförenings  tidskrift  XXVII,  1917.  S.  115—121.)  In  den  ver- 
schiedenen Fisolenvarietäten,  die  während  der  letzten  Jahre  bei  dem 
schwedischen  Saatzuchtverein  in  Svalöf  gebaut  worden  sind,  sind  ab- 
weichende Pflanzen  mehrmals  angetroffen  worden,   die  wenigstens  in 


^)  Die  Vererbung  der  Granne  der  unteren  Ährchenspelze  bei  Haferbastardierungen 
^)  Beobachtungen  über    die   Samenfarbe   der  Nachkommenschaft   einer   spontaner 
Bastardiening  zwischen  zwei  Varietäten  von  Phaseolus  vulgaris. 


192  'Serie  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

den  meisten  Fällen  durch  spontane  Bastardierung  zwischen  neben- 
einander wachsenden  Formen  entstanden  sind.  Die  in  dieser  Ab- 
handlung erwähnte  Bastardierung  wurde  in  einer  Sorte  von  schokolade- 
farbigen Frinzessbohnen  angetroffen,  die  im  vorigen  Jahre  in  der  Xähe 
von  gewöhnlichen  gelben  Prinzessbohnen  wuchsen.  Die  Samen  der  ab- 
weichenden Pflanze  waren  dunkelbraun.  In  den  folgenden  Jahren 
wurde  die  vollständige  Nachkommenschaft  dieser  Pflanze  separat  aus- 
gesät, und  dabei  wurden  sowohl  dunkelbraune  als  auch  schokolade- 
gefärbte, gelbbraune  und  gelbweisse  Bohnen  erhalten.  Die  Spaltungs- 
zahlen zeigten,  dass  die  schokoladefarbigen  Bohnen  einen  Faktor  (C) 
enthielten,  der  Schokoladefarbe  verursachte  und  der  über  die  gelbweisse 
Grundfarbe  dominiert.  Bei  den  gelben  ist  dieser  Faktor  nicht  vor- 
handen, aber  es  gibt  hier  einen  anderen  Faktor  (G),  der  gelbbraune 
Farbe  verursacht.  Auch  diese  Farbe  dominiert  über  die  gelbweisse 
Grundfarbe. 

Pflanzen,  die  die  beiden  Faktoren  enthalten,  haben  dunkelbraune 

Samen  und  diejenigen,  bei  denen  diese  Faktoren  fehlen,  gelbweisse. 

A.  A. 

Miles,  F.  A  genetic  and  cytological  study  of  certain 
types  of  albinism  in  maise.^)  (Journal  of  Genetics  1915.  IV, 
S.  193 — 214.)  Die  verschiedenen  Abweichungen  von  normaler  Grün- 
färbung verhalten  sich  rezessiv  —  möglicherweise  mit  Ausnahme  der 
gestreiftblättrigen  Form  von  Zea  japonica.  Es  sind  wenigstens  2  An- 
lagen für  normales  Grün  vorhanden;  fehlt  eine  derselben,  so  erscheint 
die  Pflanze  weiss  und  stirbt  bald,  fehlt  die  andere,  so  ist  sie  gelb- 
lich-weiss  und  besitzt  die  Fähigkeit  grünlich  zu  werden.  Rein  weisse 
Pflanzen  enthalten  keine  Piastiden,  gelblich-weisse  besitzen  wenige 
solche,  die  allmählich  an  Grösse  und  Zahl  zunehmen,  wenn  diese 
Blätter  grünlich  werden. 

Molz.  Über  Züchtung  widerstandsfähiger  Reb- 
sorten. (Jahrbuch  der  Deutschen  Landwirtschafts-Gesellschaft  1918, 
S.  166 — 199.)  Da  weder  die  chemische  noch  die  biologische  Be- 
kämpfung der  Rebenschädlinge  entscheidenden  Erfolg  gebracht  hat, 
lenkt  man  die  Aufmerksamkeit  mehr  auf  züchterische  Einwirkung,  also 
indirekte  Bekämpfung  der  Schädiger.  Die  üblichen  Wege  der  Züchtung: 
Veredlungs Züchtung  auf  Widerstandsfähigkeit  und  Züchtung  durch 
Bastardierung  werden  besprochen.  Auf  die  Anregungen,  die  D  e  r  n 
gegeben  hat,  wird  verwiesen  und  neuerlich  angeregt,  auf  den  genannten 
Wegen  Erfolge  anzustreben. 

Newman,  L.  Die  Weizenerzeugung  in  Kana da.  (Inter- 
nationale agrarische  Rundschau  VIII.  1917,  S.  595 — 601).    Der  Bericht 


^)  Eine  Vererbungs-   und  Cytologische  Untersuchung  verschiedener   Formen  von 
Albinismus  beim  Mais. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  193 

enthält  einen  Abschnitt  „Züchtungsarbeit",  in  dem  ausgeführt  wird, 
dass  die  Züchtungsarbeit  beim  Weizen  zuerst  von  der  Experimental- 
farm  zu  Ottawa  ausgeführt  wurde.  W.  Saunders,  der  Direktor  der- 
selben, trachtete  besonders  den  red  fife  zu  ersetzen;  die  eingeführten 
Sorten  bewährten  sich  nicht  voll,  wohl  aber  Bastardierungen  zwischen 
einer  derselben,  der  aus  Russland  gekommenen  Sorte  Ladoga  sowohl, 
als  dem  aus  Indien  gekommenen  Hard  red  Calcutta  und  dem  red  fife- 
Weizen.  Es  wurden  zuerst  aus  ersterwähnter  Bastardierung  die 
Formen  Preston,  Stanley,  Huron  und  Percy  erhalten,  die  um  7  bis 
10  Tage  früher  als  red  fife  reiften,  was  in  einzelnen  Gegenden  mit  sehr 
frühen  Herbstfrösten  von  Wichtigkeit  ist,  aber  die  Qualität  des  Kornes 
liess  zu  wünschen  über.  Die  zweite  erwähnte  Bastardierung  reift 
4 — 10  Tage  früher  als  red  fife,  gab  oft  10 — 50  ^1^  mehr  Ertrag  als 
dieser  und  die  Körner  besitzen  gute  Qualität.  Neben  der  Bastardierung 
wurde  Züchtung  durch  Formenkreistrennung  bei  den  Landweizen  nicht 
vernachlässigt.  Die  ,,Canadian  seed  growers  association"  lässt  durch 
ihre  Mitglieder  Ährenmassenauslese  für  Saatgutzwecke  betreiben. 

Puchner,  H.  Das  Blatt  der  Kartoffelpflanze.  (Natur- 
wissenschaftliche Zeitschrift  für  Forst-  und  Landwirtschaft  1917,  S.  337. 
13  Abb.)  Es  wird  auf  die  Verschiedenartigkeit  der  Ausbildung  des 
Blattes  dieser  Pflanze  hingewiesen.  Bedeutende  Unterschiede  ergeben 
sich  schon  in  der  Blattform  zwischen  den  Kotyledonen,  den  ersten 
Laubblättern  und  den  später  zum  Vorschein  kommenden  Blättern  bei 
Pflanzen,  die  aus  keimenden  Samen  hervorgehen.  Die  erste  Blatt- 
rosette, welche  keimende  Knollen  aus  dem  Boden  emportreibt,  hat  breit- 
keilförmige, fast  verkehrt-herzförmige  und  sehr  breit  gestielte  Blätter. 
Die  Formenbildungen,  deren  das  Kartoffelblatt  fähig  ist,  lassen  sich 
durch  die  Reihe:  breit-eiförmig,  breit-herzförmig,  herzförmig,  eiförmig, 
länglich-eiförmig,  lanzettförmig  kennzeichnen.  Aber  auch  Unterschiede 
in  Farbe,  Furchung.  Behaarung  usw.  geben  sich  kund.  Alle  diese 
Merkmale  sind  bei  den  einzelnen  Kartoffelsorten  ausserordentlich  ver- 
schieden. Da  aber  auch  an  ein  und  derselben  Pflanze  verschieden 
geartete  Blätter  auftreten,  stösst  man  in  der  Literatur  auf  Widersprüche 
nach  dieser  Richtung.  Im  Anschlüsse  daran  kommt  Verf.  auf  Ein- 
wirkungen des  Standortes  auf  die  Blattausbildung  zu  sprechen  und 
führt  einige  BeivSpiele  hierfür  an.  Autoreferat. 

Punnett, R.  Faktorenkoppelung  bei  der  Geschlechts- 
zellenbildung vonLathyrus  odoratus.  (Journal  of  Genetics 
6.  Bd.,  1917,  S.  185—193.)  Für  Lathyrus  odoratus  werden  ab- 
schliessende Ergebnisse  über  Koppelung  bei  verschiedenen  Eigen- 
schaften mitgeteilt.  Bei  aufrechter  Fahne,  Anlage  E  und  länglichem 
Pollenkorn,  Anlage  L  ist  für  EL;  El;  eL;  el  die  Koppelung  7:1:1:7. 
Gleichartige  Koppelung  findet  sich  bei  blauer  Blütenfarbe,  Anlage  B, 


194  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

und  länglichem  Pollenkorn,  Anlage  L,  "und  zwar  für  BL;  Bl;  bL;  bl 
7:1:1:7.  Dagegen  ergaben  die  Spaltungsverhältnisse  für  blaue  Blüten- 
farbe und  Form  der  Fahne  eine  Koppelung  von  63 : 1  : 1 :  63  für 
BE  :  Be  :  bE  :  be. 

Reuss.  37jährige  Fichtenreinzuchtver  suche  in 
Österreich.  (Centralblatt  für  das  gesamte  Forstwesen  1916,  S.  383 
bis  417.)  Das  Alter  des  Mutterbaumes,  von  welchem  das  Saatgut  ge- 
wonnen wurde,  übte  nur  bei  grossen  Altersunterschieden  einen  Einfluss 
auf  die  Gesamtwuchsleistung  der  Nachkommen  aus,  und  zwar  derart, 
dass  hohes  Alter  diese  verminderte.  Deutlicher  wurde  der  Höhen- 
wuchs mit  zunehmendem  Alter  verringert.  Weit  mehr  als  das  Alter 
wirkt  die  Individualität  des  Mutterbaumes  ein.  Herkunft  des  Samens 
von  Mutterbäumen  aus  Gebieten  mit  verschiedener  Höhenanlage  be- 
einflusste,  so  wie  bei  dem  Versuche  Cieslars,  die  Entwicklung  der 
Nachkommen  verschiedenartig.  Im  Anschluss  an  die  Versuche  von 
Wachtl,  Zederbauer  und  anderen  wurde  gleichsinnig  festgestellt, 
dass  die  grünzapfige  Frucht  Picea  excelsa,  var.  chlorocarpa,  so  wie  die 
rotzapfige  (Pinus  excelsa,  var.  erythrocarpa)  ständig  an  einem  In- 
dividuum Zapfen  der  betreffenden  Farbe  hervorbringen,  dass  sie  samen- 
beständig sind,  und  dass  mit  grüner  Zapfenfarbe  späterer  Beginn  der 
Lebenstätigkeit  im  Frühjahr  verbunden  ist,  was  diese  Form  wegen  der 
Spätfrostgefahr,  teilweise  auch  wegen  der  Einschränkung  der  Nonnen- 
gefahr, wertvoller  macht. 

Rümker,  K.  von.  Die  Züchtung  der  Ölpflanzen.  (Jahr- 
buch der  D.  L.-G.  1918,  S.  150 — 156.)  Die  verbesserten  Konjunkturen 
für  den  Ölfruchtbau  und  die  Notwendigkeit  der  Fettbeschaffung  ver- 
anlassen eine  Wiederausdehnung  des  Ölfruchtbaues  und  vermehren 
das  Interesse  für  die  züchterische  Verbesserung  der  Ölfruchtpflanzen. 
Im  allgemeinen  ist  züchterisch,  mit  Ausnahme  von  Raps  und  Rübsen, 
noch  nicht  viel  getan.  Die  Bestäubungsverhältnisse  bei  Raps  sind 
vorläufig  in  dem  Sinne  aufgeklärt,  dass  sie  in  Mitteldeutschland  ähnlich 
liegen,  wie  bei  Weizen,  d.  h.  dass  die  Selbstbestäubung  im  allgemeinen 
vorherrscht.  Fremdbefruchtung  aber  möglich  ist.  Auch  über  die 
Morphologie  der  Rapspflanze  und  die  morphologischen  Korrelationen 
liegen  einige  Untersuchungen  vor,  und  ebenso  über  Kornfarbe  und 
Fettgehalt,  über  ihre  Erblichkeit  und  die  Möglichkeit,  sie  züchterisch 
zu  beeinflussen.  Eine  kurze  und  zusammengedrängte  Blütedauer  hat 
sich  als  ein  gewisser  Schutz  gegen  den  Schaden  durch  den  Rapsglanz- 
käfer erwiesen. 

Nach  Beleuchtung  verschiedener  Zuchtrichtungen  schildert  Ref. 
die  von  ihm  selbst  angewandte  Technik  der  Rapszüchtung,  bespricht 
die  Bastardierungsmöglichkeiten  und  Methoden  und  erwähnt  zum 
Schluss  die  bis  jetzt  vorliegenden  hauptsächlichsten  Arbeiten  mit  Lein- 
dotter, weissem  Senf,  Sonnenblumen.  Mohn  und  Lein.  Autoreferat. 


,^        Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  PÖanzeuzüchtung.  195 

Schellenberg,  H.  Die  Vererbungsverhältnisse  von 
Rassen  mit  gestreiften  Blüten  und  Früchten.  (Viertel- 
jahrsschrift der  naturwissenschaftlichen  Gesellschaft.  Zürich  LXI, 
1916.)  Bei  Mais  ist  eine  Anlage  für  Rotfärbung  der  Kornhaut  und  eine 
solche  für  Verteilung  der  Farbe  in  Streifen  vorhanden.  Bastardierung 
von  Mais  mit  weisser  Kornhaut  mit  solchem  mit  roter  gibt  in  F  1  ge- 
wöhnlich rote  Mittelfarbe  und  nur  bei  bestimmten  weisskörnigen 
Formen  Körner  mit  Rot  in  Streifen.  In  F  2  kann  die  Streifung  in  4  ver- 
schiedenen Formen  auftreten.  Verschiedenheit  in  der  Streifung  der 
Körner  einer  und  derselben  Pflanze  beruht  auf  Prävalenzwechsel  bei 
der  Anlage  für  Streifung. 

Sundelin,  G.  Redogö reise  för  verksamheten  under 
ä r e n  191 3 — 1 916  vid  Sverigeser  Utsädesförening  Filial 
i  östergötlan d.^)  (Sveriges  utsädesförenings  tidskrift  XXVII,  1917, 
S.  136 — 153.)  Im  Jahre  1913  wurde  von  dem  schwedischen  Saatzucht- 
verein in'Svalöf  eine  Filiale  bei  Linköping  in  der  Provinz  Östergötland 
gegründet,  über  deren  Wirksamkeit  in  den  Jahren  1913 — 1916  der  Ver- 
fasser hier  berichtet.  Während  dieser  Jahre  hat  man  sich  bei  der 
Filiale  fast  ausschliesshch  mit  der  Prüfung  verschiedener,  in  Svalöf 
gezüchteter  Sorten  beschäftigt.  Die  interessantesten  Resultate  sind 
mit  Winterweizen  erhalten,  u.  a.  hat  man  hier  feststellen  können,  dass 
durch  Bastardierung  von  Sorten  mit  mittelmässiger  Winterfestigkeit 
(Tystofte  Kleinweizen  X  Extra-Square  head  II)  und  Sonnenweizen  X 
Extra-Square  head  II)  durch  sogenannte  transgressive  Spaltung  neue 
Sorten  erhalten  worden  sind,  die  hier  winterfester  und  ertragreicher 
sind  als  die  Elternsorten.  A.  A. 

Ubisch,  G.  v.  Kritische  Betrachtungen  zur  Hypo- 
these der  primären  und  sekundären  Koppelung.  (Zeit- 
schrift für  induktive  Abstammungs-  und  Vererbungslehre  1918,  XIX, 
S.  193 — 201.)  Aus  Verhältniszahlen  nach  Bastardierungen,  die  von 
Bateson  und  Punnett  gebracht  wurden,  schliesst  die  Verfasserin, 
dass  die  Morgan  sehe  Hypothese  zur  Erklärung- der  Koppelungen 
entsprechender  ist,  als  die  Bateson'  und  Punnett  sehe. 

Urban,  J.  Über  die  Grösse  der  Stecklinge.  (Zeitschrift 
für  Zuckerindustrie  in  Böhmen  XLII,  1918,  S.  521—526.)  Auf  der 
Zuckerrübenzuchtwirtschaft  von  Z  a  p  o  t  i  1  wurden  Stecklingsrüben  von 
10,  50,  100  und  250  g  Gewicht  ausgepflanzt,  je  400  Stück.  Mit  An- 
steigen des  Gewichtes  verringerte  sich  die  Zahl  der  eingegangenen 
Pflanzen,  erhöhte  sich  die  Gewichtsmenge  an  geerntetem  Samen,  die 
Zahl  der  pro  Pflanze  vorhandenen  Achsen  und  die  Keimfähigkeit  der 


)  Bericht  über   die  Wirksamkeit    der  Filiale  des  schwedischen  Saatzuchtvereins 


in  Östergötland  1913—1916. 


J9(5  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pi'lanzenzücbtung. 

erhaltenen  Samen.  So  kleine  Stecklinge,  wie  die  10  g  schweren,  leiden 
von  Trockenheit  sehr  und  werden  nur  unter  günstigen  Lebens- 
bedingungen ähnlich  hohe  Erträge  geben,  wie  schwerere  Stecklinge;  sie 
werden  enger  als  diese  gepflanzt. 

Wheldale,  M.  Our  present  knowledge  of  the  ehe- 
rn ist  ry  of  the  mendelian  facto rs  influencing  flower 
c  0  1 0  u  r.i)  (Journal  of  Genetic  II,  1915,  S.  369—376.)  Die  Farbstoff- 
bildner sind  flavone  und  die  Anlage  für  Farbe  bewirkt  die  Reduktion 
der  Flavone.  In  neutralem  Zellsaft  ist  Anthocyan  purpurn,  eine  weitere 
Anlage  kann  in  saurem  Zellsaft  Rotfärbung  bewirken,  eine  andere  An- 
lage Blaufärbung  in  alkalischem  Zellsaft. 

Wohanka  &  Comp.  (XXVIII.  Jahresbericht  der  Rübensamen- 
züchtungen  von  Wohanka  &  Comp.,  Prag,  Oktav,  95  S.,  5  Abb. 
Wohanka  &  Comp.,  Prag,  1918.)  Dem  Bericht  über  die  eigenen 
Züchtungen  ist  zu  entnehmen,  dass  die  Ernte  an  Rübensamen  1917  nur 
7.1  dz  pro  Hektar  betrug,  die  WZR.-Rübe  durchschnittlich  616  g,  die 
WER.-Rübe  durchschnittlich  651  g  wog  und  die  Auslesegrenze  in  dem 
trockenen  Jahr  1917  für  Zucker  auf  21  "/^  Zucker  in  der  Rübe  hinauf- 
gesetzt werden  konnte.  Den  Hauptteil  des  Berichtes  —  89  S.  — 
nimmt  die  wie  in  dem  Vorjahre  gegebene  Literaturübersicht  ein,  welche 
für  alle  Interessenten  einen  wertvollen  Behelf  abgibt. 

Wölk,  P.  van  der.  Onderzoekingen  betreffende  den 
Cocospalm,.2)  (Cultura  1918,  Nr.  354,  34  S.,  2  Taf.)  Die  Kopra 
(getrocknete  Kokosfruchtkerne)  und  damit  die  Kokospalmenkultur  ge- 
winnt zusehends  an  Bedeutung,  trägt,  und  zwar,  wie  Verfasser  meint, 
dazu  die  Zunahme  des  Vegetarianismus  erhebhch  bei.  Trotzdem  ist 
über  die  Grundlage  der  Kultur  der  Pflanze  noch  wenig  bekannt  und 
es  hat  auch  die  Beantwortung  der  1905  vom  Kolonial-Museum  aus- 
geschriebenen bezüglichen  Preisfrage  die  Sache  nicht  genügend  geklärt. 
1913  wurde  dem  Verfasser  vom  Buitenzorger  Landwirtschaftsamt  der 
Auftrag,  als  Grundlage  für  die  Durchführung  der  Züchtung  die  Blüh- 
und  Befruchtungseinrichtungen  der  Kokospalme  zu  untersuchen.  Es 
wurden  Gerüste  um  drei  Bäume  erstellt,  die  drei  verschiedenen  Formen, 
der  grünen,  roten  und  gelben  angehörten.  Es  wurde  durch  Versuche 
gezeigt,  dass  eigener  Blütenstaub  eines  Baumes  rascher  wirkt  als 
solcher  von  einem  anderen  Baum,  dass  aber  auch  dieser  Früchte  liefert 
und  dass  Fruchtbildung  ohne  Bestäubung  nicht  erfolgt.  Die  Über- 
tragung des  Blütenstaubes  bei  Fremdbefruchtung  erfolgt  durch  Insekten 
und  wahrscheinlich  auch  durch  Wind.  Beim  Blühen  liegen  die  3  Stempel 
der  weiblichen  Blüten  zuerst  beisammen,  dann  richten  sie  sich  auf  und 


^)  Unsere  gegenwärtige  Kenntnis   der  Chemie   der  Anlagen,   welche  die  Blüten- 
farben beeinflussen. 

')  Untersuchungen  die  Kokospalme  betreffend. 


Neue  Erscheiiiuugeu   auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  197 

ziehei]  die  3  Fruchtblätter,  deren  Spitze  sie  bilden,  etwas  auseinander, 
wodurch  die  Nektarien  eingerissen  werden.  Die  Honigabsonderung 
der  weiblichen  Blüte  wird  durch  diese  Verletzung  der  Nektarien  ge- 
fördert und  weiter  fördert  diese  auch  den  Zufluss  der  Nahrung  zu  der 
werdenden  Frucht.  Weitere  Ausführungen  treffen  die  Kultur  der  Pflanze. 
Bei  der  Speicherung  der  Speicherstoffe  in  dem  Keimling  spielt  der  Ge- 
halt der  Fruchtwand  eine  grosse  Rolle. 

Zade.  Die  Versuche  über  Klee-  und  Gräser  Züch- 
tungen des  landwirtschaftlichen  Institutes  Jena. 
(Jahrbuch  der  Deutschen  Landwirtschafts-Gesellschaft  1918,  S.  139  bis 
150.)  Verfasser  züchtet  seit  1912.  Das  heimische  Ausgangsmaterial 
befriedigte  ihn  mehr  als  das  fremde.  Die  verwendete  Züchtungsart 
war  Formenkreistrennung,  die  Ausleseart  Gruppenauslese  mit  vege- 
tativer Zerteilung  der  Ausgangspflanzen  und  ein-  und  mehrmahger 
Auslese.  Einschluss  der  Ausgangspflanze  befriedigte  ebensowenig  wie 
vegetative  Vermehrung  derselben  mit  räumlich  isoliertem  Abblühen  der 
einzelnen  vegetativen  Nachkommenschaft,  der  Ansatz  war  dürftig  bis 
fehlend.  Bei  Gras  wird  Züchtung  auf  Nährstoffreichtum  durch  Berück- 
sichtigung eines  höheren  Blattanteiles  als  sehr  wertvoll  erachtet,  der 
Samenertrag  muss  dabei  wohl  beachtet  werden. 

Zinn,  J.,  and  Surface,  M.  Studiesonoatbreeding.  V.  The 
Fl  and  F2  generations  of  a  cross  between  a  naked  and 
a  hulled  oat.i)  (Journ.  agr.  research  X,  1917,  S.  293— 312.)  Eine 
Bastardierung  zwischen  einem  lichtgelbspitzigen,  grannenlosen,  nackt- 
früchtigen  Hafer  mit  mehrblütigen  Ährchen  und  unbehaarter  Basis  des 
Aussenkorns  und  einem  schwarzspelzigen,  stark  begrannten  Hafer  mit 
bespelzten  Früchten,  zweiblütigen  Ährchen  und  behaarter  Basis  des 
Aussenkornes  wurde  vorgenommen.  F  2  zeigt  am  selben  Individuum, 
oft  selbst  im  gleichen  Ährchen,  nackte,  bespelzte  und  halbbespelzte 
Früchte,  wobei  die  Neigung  besteht,  mehr  gegen  die  Spitze  der  Rispe 
zu  mehr  nackte  Körner  überwiegen  zu  lassen.  Bei  den  übrigen  Eigen- 
schaften zeigte  sich  Mittelbildung.  In  F  2  waren  Pflanzen  mit  be- 
spelzten zu  Pflanzen  mit,  bezüglich  Spelzenverwachsung,  Mittelbildung, 
zu  Pflanzen  mit  nackten  Körnern  wie  1:2:1  vorhanden  und  bei  der 
Mittelbildung  zeigten  sich  4  Abstufungen.  Schwarz  zu  lichtgelb  bei 
Spelzenfarbe  spaltet  nach  3:1.  Behaarung  der  Basis  und  Grannen- 
bildung kann  bei  nackten  Körnern  natürlich  nicht  auftreten,  bei 
Pflanzen  mit  bespelzten  und  mit  Mittelbildungskörnern  erfolgt  die 
Spaltung  des  ersterwähnten  Eigenschaftenpaares  nach  15  : 1,  jene  des 
zweiten  nach  3:1. 


')  Die  F  1-  und  F  2-Generation  einer  Bastardierung  zwischen  einem  nackten  und 
bespelzten  Hafer. 


198  JNeue  Erschein ungen  aiif  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung'. 

Anonym.  Produzione  dei  serai  di  barbabietola  da 
ziicchero  in  Russia  dall'  elite  propria.^)  (Bolletino  asso- 
ciatione  italiano  d'industria  zucchero  e  spirito  1917,  Nov.)  Nach 
einem  Bericht  der  Gesellschaft  zur  Förderimg  der  Landwirtschaft  in 
Südrussland  wird  festgestellt,  dass  die  Haiiptproduktionsländer  von  ge- 
züchtetem Zuckerrübensamen  vor  dem  Krieg  Deutschland,  Russland 
und  Österreich  waren,  mit  einer  Erzeugung  von  rund  573  300,  363  270, 
49  100  Ztr.  Rübensamen,  welchen  ein  Verbrauch  von  147  420,  286  650, 
131 640  Ztr.  gegenübersteht.  Wichtigste  Verbrauchsländer  sind 
Amerika  mit  81  900,  Frankreich  mit  57  330,  Italien  und  Belgien  mit  je 
rund  13  100  Ztr.     Insgesamt  war  der  Weltbedarf  780  790  Ztr. 


2.  Bücherbesprechungeii. 

Fruwirth,  C.  Die  Saatenanerkennung.  (Oktav,  131  S., 
66  Abb.  und  2  Tafeln.  Verlag  von  Paul  Parey  in  Berhn,  1918,  5,50  M.) 
Die  Besichtigung  der  Feldbestände,  die  Saatgut  liefern  soUen,  wurde 
als  Ergänzung  der  Saatgutuntersuchung  zuerst  in  Deutschland  aus- 
geführt, hat  sich  seither  auch  in  anderen  Ländern  eingebürgert.  Sie 
hat  besonders  in  den  letzten  Jahren  grosse  Verbreitimg  gefunden.  Eine 
eingehende  Darstellung  ihres  Wesens  fehlte  bisher  und  sollte  für  Be- 
sichtiger und  Besichtigte  mit  der  vorliegenden  Veröffentlichung  ge- 
boten werden.  Die  „Allgemeinen  Ausführungen"  gliedern  sich  in: 
„Zweck  und  Entwicklung  der  Saatenanerkennung",  ,,die  Durchführung 
der  Anerkennung",  „die  Anforderungen  bei  der  Besichtigung".  ..Be- 
sichtigungszeit", ,, Probeanbau",  ., Saatenanerkennung  und  Sorten- 
anerkennung", „einfache  oder  bedingte  Anerkennung".  ..die  An- 
erkennung von  Saatbau-  und  Saatzuchtwirtschaften"  und  „die  Aus- 
rüstung des  Besichtigers".  In  ,, Besonderen  Ausführungen"  wird  bei 
den  einzelnen  Kulturpflanzen  das  hervorgehoben,  was  bei  der  Be- 
sichtigung von  Feldbeständen  derselben  besonders  wichtig  ist.  bei  all- 
gemeiner Durchführung  bei  der  betreffenden  Pflanze,  bei  Arten-  und 
Sortenreinheit,  Verunkrautung.  Schädlingen  und  Saatgutherstellung. 
Zahlreiche  Abbildungen  sollen  dem  Besichtiger  seine  Arbeit  erleichtern 
und  den  Besichtigten  auf  Mängel  des  Bestandes  aufmerksam  machen. 

Autoreferat. 

Fruwirth,  C.  Handbuch  der  landwirtschaftlichen 
Pflanzenzüchtung.  Bd.  II:  Die  Züchtung  von  Mais,  Futter- 
rübe und  anderen  Rüben,  Ölpflanzen  und  Gräsern.  (Dritte,  gänzlich 
umgearbeitete  Auflage.  Oktav,  262  S.,  50  Abb.  Verlag  von  Paul  Parey 
in  Berlin,  1918.  16  M.)  Gegenüber  der  zweiten  Auflage  ist  Mais, 
Futterrübe    und    der    die    Graszüchtung    behandelnde    Teil    am    weit- 


^)  Erzeugung  von  Zuckerrübensamen  in  Russland  aus  eigener  Elite. 


Neue  Erscheinuugen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  199 

geheiidsten  umgearbeitet  worden.  Eigene  Versuche  des  Verfassers  sind 
bei  Mais,  Rübe,  Möhre,  Zichorie  und  Gräsern  berücksichtigt  worden. 
Ausser  durch  Verarbeitung  der  fremden  und  eigenen  neuen  Forschungs- 
ergebnisse und  praktischen  Erfahrungen  wurde  eine  Umarbeitung  auch 
durch  zweckmässigere  Anordnung  des  Stoffes  einzelner  Stellen  und  Ein- 
fügung von  Ausleseschemas  notwendig.  Der  Umfang  hat  um  34  Seiten 
zugenommen,  die  Zahl  der  Abbildungen  um  11.  Autoreferat. 

Johannsen,  W.  Arvelighed  i  historisk  og  experi- 
mentelbelysning.  (3.  Aufl.,  52  Abb.,  310  S.,  7  Kronen  50  Öre. 
Verlag  Gyldendalsk  Kopenhagen  und  Christiania  1918.)  In  dänischer 
Sprache  liegt  die  dritte  Auflage  der  Darstellung  der  Vererbungswissen- 
schaft vor,  die  Johanns en  gegeben  hat.  Zum  Unterschied  von 
seinem  bekannten  grossen  Werk  ,, Elemente  der  exakten  Erblichkeits- 
lehre", das  in  deutscher  Sprache  in  zweiter  Auflage  erschienen  ist, 
wifd  in  dieser  Darstellung  das  Geschichtliche  mehr  berücksichtigt.  So 
werden  im  1.  Abschnitt  die  Ansichten  der  Griechen  des  Altertums 
über  Vererbung  erörtert,  Abschnitt  4  behandelt  Lamarck  und 
Darwin  und  ihre  Vorläufer  und  Abschnitt  5  stellt  die  Ansicht 
Galtons,  Weissmanns  und  anderer  Forscher  dar.  Auch  unter- 
scheidend von  dem  obigen  Werk  ist  die  Einschaltung  eines  Abschnittes, 
des  zweiten,  über  die  Befruchtungsvorgänge.  Die  Darlegung  über 
reine  Linien  und  die  Auslesewirkung  bei  diesen  und  in  Populationen, 
sowie  die  Vorführung  der  Erscheinungen  nach  Bastardierung  folgt  in 
ihrem  Aufbau  der  Darstellung  desselben  Gegenstandes,  die  Johann- 
sen in  ,, Allgemeiner  Biologie"  in  dem  Werke  ,,Die  Kultur  der  Gegen- 
wart" gegeben  hat.  Die  Aufgabe  des  Buches  ist  es,  das  über  Vererbung 
heute  Bekannte  weiteren  Kreisen  zugänglich  zu  machen.  Es  sind  daher 
auch  die  mathematischen  Ausführungen,  die  in  dem  Hauptwerk  gegeben 
wurden,  weggelassen  worden  und  es  sind  viele  Abbildungen  beigegeben 
worden.  Es  sind  weiter  die  Ausführungen  über  einen  Gegenstand, 
der  weite  Kreise  interessiert,  über  Eugenik,  also  über  die  Anwend- 
barkeit von  Tatsachen,  welche  die  Vererbungsforschung  gebracht  hat, 
auf  dem  Gebiet  der  Rassenhygiene  beim  Menschen,  zu  einem  eigenen 
ausführlichen  Abschnitt,  dem  12.,  ausgestattet  worden.  Der  Zweck  des 
Buches,  die  Vererbungswissenschaft  weiteren  Kreisen  zugänglich  zu 
machen,  ist  zweifellos  bereits  jetzt  erreicht,  denn  der  erst  1917  er- 
schienenen ersten  Auflage  folgte  nunmehr  schon  die  vorliegende  dritte. 

Molisch,  H.  Pflanzenphysiologie  als  Theorie  der 
Gärtnerei.  (2.  Aufl.  Oktav,  305  S.,  137  Abb.  Jena,  Gustav 
Fischer,  1918.)  An  dem  Schlüsse  der  Neuauflage  seines  Buches,  welche 
der  ersten  sehr  rasch  folgte,  setzt  der  Verfasser  einen  Ausspruch  von 
Kerner:  „Ein  charakteristisches  Zeichen  der  jüngst  vergangenen 
Periode  war  es,  dass  einerseits  die  Gärtner  es  verschmähten,  sich  um 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VI.  15 


20U  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüclitung. 

die  Eesultate  der  wissenschaftlichen  Forschungen  zu  bekümmern  und 
andererseits  die  Herrn,  welche  sich  auf  dem  gelehrten  Bothurn  be- 
wegten und  die  sich  gar  zu  gern  die  Männer  der  Wissenschaft  nennen 
hörten,  es  unter  ihrer  Würde  fanden,  die  Ergebnisse  theoretischer 
Forschung  in  das  Leben  einzuführen."  Molisch  will  mit  seinem 
Buch  beitragen,  diese  Lücke  zu  füllen,  die  Brücke  zwischen  Wissen- 
schaft und  Praxis  im  Hinblick  auf  Gärtnerei  herzustellen.  Gegenüber 
der  1.  Auflage  ist  die  zweite  um  etwa  20  Seiten  umfangreicher,  die 
Zahl  der  Abbildungen  ist  um  10  vermehrt.  Von  Teilen,  welche  die 
Züchtung  in  erster  Linie  betreffen,  sind  die  Ausführungen  über 
Pfropfbastarde  oder  —  wie  der  Verfasser  sie  lieber  nennt  —  Chimären 
und  Burdonen  und  jene  über  die  Beziehung  zwischen  Vermehrung  und 
Altern  ausgedehnt  worden.  Bei  diesen  stellt  er  der  seit  M  ö  b  i  u  s 
herrschenden  Ansicht  einige  Forschungsergebnisse  neuer  Zeit  gegen- 
über. Schon  bei  der  ersten  Auflage  ist  an  dieser  Stelle  hervorgehoben 
worden,  dass  es  nahe  liegt,  dass  ein  Gärtner  oder  Landwirt,  der  sich 
über  Physiologie  der  Pflanze  unterrichten  will,  gerade  dieses  Buch  be- 
nutzt, dessen  Verfasser  dem  gärtnerischen  Betriebe  ständig  näher  ge- 
treten ist. 

Rümker,  K.  von.  Die  staatliche  Organisation  der 
Sortenprüfung.  (Kriegsaufsätze.  Heft  2.  8.  32  S.  Preis  80  Pf. 
Verlag  von  Paul  Parey  in  Berlin.  1918.)  In  der  Einleitung  entwickelt 
Verf.  die  Notwendigkeit  der  Steigerung  der  landwirtschaftlichen  Pro- 
duktion mit  Rücksicht  auf  die  Umgestaltung  der  gesamten  Wirtschafts- 
verhältnisse sämtlicher  Kulturländer  durch  den  Krieg  und  den  auf  ihn 
folgenden,  von  Deutschlands  Feinden  beschlossenen  Wirtschaftskrieg. 
Deutschland  muss  sich  demgemäss  schon  jetzt  darauf  einrichten,  sich  so 
unabhängig  wie  möglich  vom  Auslande  mit  seiner  Ernährung  und  Be- 
kleidung zu  machen.  Die  einzige  Möglichkeit,  die  Erträge  der  Landwirt- 
schaft auf  einer  fest  gegebenen  Fläche  zu  steigern,  liegt,  in  einem  Mehr- 
aufwand von  Kapital  und  Arbeit.  Arbeitermangel  wird  zur  umfang- 
reicheren Maschinenanwendung  zwingen.  Eine  Verbesserung  der  Boden- 
bearbeitung und  Bodenpflege,  eine  verstärkte  und  vollkommenere 
Düngerzufuhr  müssen  die  Grundlagen  der  gesteigerten  Produktion 
liefern  und  die  Pflanzenzüchtung  muss  die  Pflanzenrassen  erzeugen, 
welche  diese  verbesserten  Kulturverhältnisse  vertragen  und  verzinsen. 
Eine  rationelle  Sortenauswahl  endlich  muss  dafür  sorgen,  dass  überall 
nur  diejenigen  Sorten  zum  Anbau  kommen,  welche  für  die  betr.  Ver- 
hältnisse die  ertragreichsten  und  sichersten  sind.  Eine  für  alle  Ver- 
hältnisse passende  beste  Sorte  gibt  es  in  keiner  Pflanzengattung. 
Eine  sog.  beste  Sorte  gibt  es  immer  nur  für  eine  bestimmte  Zeit  für  den 
einzelnen  Anbauort  und  dieses  auch  nur  so  lange,  bis  sich  seine  Kultur- 
verhältnisse weiter  verändert  haben  oder  bis  eine  noch  bessere  Sorte 
dafür  ermittelt  wird.    Die  Rassenzüchtung  und  die  Sortenauswahl  sind 


Neue  Erscheiuuugen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtuug.  201 

mithin  die  letzten  Mittel,  um  den  durch  Bodenbearbeitung,  Bodenpflege 
und  Düngung  vervollkommneten  Kulturzustand  zur  höchsten  Aus- 
nutzung zu  bringen. 

Die  grosse  Mehrzahl  der  landwirtschaftüchen  Betriebe  ist  noch 
weit  entfernt  davon,  das  Höchstmaß  dessen  zu  erzeugen,  was  nach 
Maßgabe  ihrer  natürhchen  und  wirtschafthchen  Verhältnisse  möghch 
wäre.  Es  hegt  im  Interesse  des  Staates  und  Gesamtvolkes,  die 
Steigerung  der  landwirtschaftlichen  Produktion  mit  allen  nur  denkbaren 
Mitteln  zu  fördern,  und  eines  der  am  schnellsten  wirkenden  und  er- 
folgreichsten Mittel  dazu  ist  die  rationelle  Sortenauswahl  auf  der 
Grundlage   von   umfassenden    vergleichenden   Sortenanbauversuchen. 

Die  moderne  Pflanzenzüchtung  muss,  sofern  sie  nicht  rein  wissen- 
schafthche  Probleme  verfolgt,  auf  Leistungsprüfung  begründet  sein, 
die  so  früh  als  möghch  in  der  Nachkommenschaft  des  einzelnen  Elite- 
individuums einzusetzen  hat. 

Diese  Leistungsprüfungen  mit  geringen  Mengen  erfordern  eine 
ganz  besonders  sorgfältige  und  subtile  Arbeit.  Für  diese  Zwecke  hat 
Verf.  mit  seinem  Assistenten  neue  Hilfsmittel  und  Methoden  geschaffen, 
deren  Schilderung  den  Inhalt  dieses  Heftes  ausmacht. 

Nach  einer  kurzen  Übersicht  über  die  historische  Entwicklung 
der  Sortenprüfung  in  Deutschland,  vor  allem  durch  die  Deutsche  Land- 
wirtschafts-Gesellschaft, führt  er  den  Nachweis,  wie  die  grosse  Pro- 
duldion auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung  die  bisher  übhche 
Methode  der  Sortenprüfung  allmählich  überflügelte,  so  dass  dadurch 
sowohl  für  die  praktische  Landwirtschaft,  als  auch  für  die  Pflanzen- 
züchter und  Versuchsansteller  (D.  L.-G.)  wachsende  Übelstände  ent- 
standen. Um  diesem  abzuhelfen,  hat  Verf.  ein  Jahrzehnt  hindurch 
gearbeitet,  um  etwas,  den  Zeitbedürfnissen  Entsprechenderes  zum  Er- 
satz für  das  bisher  Übliche  vorzuschlagen.  Er  schildert  die  Technik 
seiner  Arbeitsmethode  und  ihre  Verwendung  durch  eine  grosszügige 
Organisation.  Betreffs  Einblicks  in  diese  Einzelheiten  sei  auf  das  ge- 
nannte Heft  verwiesen.  Autoreferat. 

Riimker,  K.  von.  42  So  rtenanb  au  versuche  im  Ver- 
waltungsgebiete des  Oberbefehlshabers  Ost.  (Kriegs- 
aufsätze. Heft  4.  8.  72  S.  Preis  3  M.  Verlag  von  Paul  Parey  in  Berlin, 
1918.  Mit  16  Abb.  und  Kurventafeln.)  Die  vom  Verf.  noch  auf  dem 
landwirtschaftüchen  Versuchsfelde  der  Universität  Breslau  ausgearbeitete 
Sortenprüfungsmethode  wurde,  da  an  der  landwirtschaftlichen  Hoch- 
schule zu  Berhn  für  die  landwirtschafthchen  Fächer  noch  immer  keine 
Möghchkeit  zu  experimenteller  Arbeit  gegeben  ivSt,  an  einer  Reihe  von 
Versuchen  im  Verwaltungsgebiete  des  Oberbefehlshabers  Ost  erprobt, 
nachdem  Verf.  sich  zur  Verwendung  im  Felde  gemeldet  hatte  und  sich 

ihm  dort  die  Möglichkeit  zu  derartigen  Arbeiten  bot.    In  der  Einleitung 

15* 


202  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

werden  kurz  die  Schwierigkeiten  geschildert,  die  sich  dieser  Arbeit  bei 
der  geringen  Zahl  von  Hilfskräften,  der  Ungeschultheit  des  Personals, 
der  Unkultur  des  Landes  und  Unehrlichkeit  der  Bevölkerung  ent- 
gegenstellten. Auch  findet  der  prinzipielle  Standpunkt  des  Verf.  gegen- 
über der  seit  einer  Reihe  von  Jahren  stark  betonten  mathematischen 
Auswertung  von  Versuchsergebnissen  am  Schluss  der  Einleitung  ent- 
sprechende Würdigung.  Dann  folgt  eine  genaue  Darstellung  der  Ver- 
suche mit  Sommerungsfrüchten  in  den  Jahren  1916  und  17  und  mit 
Wintergetreide  und  Winterölfrüchten  im  Herbste  1916.  Bei  diesen 
Versuchen  sind,  abgesehen  von  den  für  Littauen  und  Kurland  wichtigen 
lokalen  Feststellungen  auch  einige  Erfahrungen  von  allgemeinerer  Be- 
deutung gemacht  worden.  So  stellte  sich  z.  B.  heraus,  dass  man  bei 
sorgfältigen  vergleichenden  Sortenprüfungen  gut  tun  würde,  das  Orig. 
Saatgut  von  sämtlichen  in  die  Versuche  einzustellenden  Sorten  zuerst 
an  einem  gemeinsamen  Orte  anzubauen,  lun  dadurch  die  Ungleichheit 
der  Keimfähigkeit  und  die  darausfolgende  Ungleichheit  in  der  ganzen 
Entwicklung  der  Bestände  zu  vermeiden,  sofern  das  Saatgut  von  den 
Züchtern  nicht  unter  Gewähr  normaler  Keimfähigkeit  gehefert  werden 
kann.  Dadurch  wird  wieder  eine  Reihe  von  Versuchsstörungen  aus- 
geschaltet und  die  Vergleichbarkeit  der  Versuchsergebnisse  erhöht. 
Es  zeigte  sich,  wie  unter  Umständen  der  zögernde  Wachstumstrieb  mit 
dem  Befall  durch  Schädlinge  aller  Art  in  Beziehung  zu  bringen  ist,  so  dass 
sich  daraus  schliessen  hess,  dass  die  Sorte  als  solche  gar  nicht  immer 
für  diese  Anfälligkeit  verantwortlich  gemacht  werden  kann,  sondern  dass 
vielfach  die  Beschaffenheit  des  Saatgutes  und  seine  Herkunft  die  Ur- 
sache dafür  ist.  Die  Methode  der  Keimprüfung  erfuhr  bei  diesen  Ver- 
suchen gegen  das  sonst  übliche  Verfahren  auch  eine  Änderung,  indem 
die  in  einen  Versuch  einzustellenden  Sorten  gleicher  Gattung  zusammen 
in  einem  grossen  Sandkeimkasten  gleichmässig  tief  ausgesteckt  wurden 
in  der  Weise,  dass  jede  Sorte  in  4  Kontrollparzellen  zu  je  2  Saatreihen 
je  50  Korn  zur  Ansaat  kam  und  so  das  Bild  des  Feldversuches  im 
kleinen  wiederholte.  Dieser  Kasten  wurde  in  der  Nähe  des  Fensters  in 
einem  heizbaren  Raum  aufgestellt,  dessen  Temperatur  während  des 
Tages  auf  12 — 14"  C.  stieg,  während  sie  des  Nachts  fast  bis  auf  den 
Nullpunkt  sank.  Die  hierdurch  gewonnenen  Ergebnisse  der  Keim- 
prüfung lieferten  in  vollkommener  Weise  die  Erklärung  für  die  Auf- 
gangserscheinungen der  Sorten  im  Felde. 

Die  mit  den  Versuchen  verbundenen  meteorologischen  Beob- 
achtungen fanden  in  Kurventafeln  Zusammenstellung,  welche  ein  Bild 
von  dem  Verlauf  der  Witterung  in  Kurland  und  Littauen  während  der 
ersten  6  Monate  des  Jahres  1917  geben. 

Die  Ertragshöhe  der  verschiedenen  geprüften  Sorten  wird  nicht 
nur  in  Durchschnittszahlen  und  Kurven  dargestellt,  sondern  auch  in 
Kurven  für  jede  einzelne  Kontrollparzelle  an  jedem  Versuchsorte,  um 


Neue  Erscheinung-en  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  203 


-'to 


an  Hand  dieser  Kurvenbündel  das  mehr  oder  minder  gute  Gelingen 
der  Versuche  zu  prüfen  und  ein  sicheres  Urteil  über  den  Anbauwert 
der  geprüften  Sorten  für  die  verschiedenen  Gegenden  dieses  grossen 
Gebietes  zu  gewinnen. 

Die  Versuche  mit  Winterölfrucht  winterten  überall  total  aus, 
auch  die  Versuche  mit  Winterweizen  zeitigten  für  eine  Reihe  von 
Sorten  vollkommene  Misserfolge. 

Betreffs  der  Korngewichte  ergab  sich,  dass  die  anspruchsvolleren 
deutschen  Zuchten  in  der  Mehrzahl  im  ersten  Jahre  ihres  Anbaues  in 
ihrer  Ernte  einen  Rückschlag  im  Korngewicht  durchmachen  mussten, 
der  dann  aber  im  zweiten  Anbaujahre  nicht  nur  völlig  wieder  eingeholt 
wurde,  sondern  das  Korngewicht  des  Original-Saatgutes  bei  einigen 
Sorten  und  Anbauorten  sogar  übertraf. 

Die  Ergebnisse  der  Versuche  in  lokaler  Hinsicht  waren  für 
Litauen  und  Kurland  folgende: 

1.  Die  Ertragsunterschiede  der  geprüften  Sorten  waren  an  den 
verschiedenen  Anbauorten  sehr  gross,  aber  für  die  einzelne  Sorte  an 
diesen  verschiedenen  Orten  stets  gleichsinnig. 

2.  Die  deutschen  Zuchten,  soweit  sie  sich  dort  bewährten,  waren 
den  dortigen  ortsüblichen  Landsorten  grösstenteils  so  bedeutend  über- 
legen, dass  es  eine  Torheit  wäre,  nicht  so  schnell  wie  möglich  zur  Ein- 
führung deutscher  Sorten'  überzugehen. 

3.  Selbst  ohne  Steigerung  der  Düngung,  nur  durch  Verbesserung 
der  Bodenbearbeitung  und  Saatmethode  und  durch  Einführung  der 
Sa.atpflege  lassen  sich  die  Erträge  in  diesen  Ländern  gegen  ihre  bis- 
herige Höhe  um  das  Mehrfache  steigern.  Wenn  dazu  aber  noch  die 
notwendige  Entwässerung  und  die  Vervollkommnung  der  Düngung  hin- 
zutritt, dann  sind  aus  diesen  Gebieten  Ernten  zu  erwarten,  die  hinter 
denen  der  besseren  Böden  Deutschlands  nicht  viel  zurückstehen  werden. 
Eine  Übersicht  der  in  diesen  Versuchen  für  dortige  Verhältnisse  ge- 
eigneten Sorten  schhesst  die  Lokalergebnisse  ab. 

Von  allgemeineren  Schlussfolgerungen  wird  hervorgehoben,  dass 
die  Sortenprüfungsmethode  sich  bei  diesen  Versuchen  durchaus  be- 
währt hat,  und  die  Durchführung  der  Versuche  unter  den  Schwierig- 
keiten der  dortigen  Verhältnisse  und  des  Krieges  überhaupt  erst  er- 
möglichte. Verf.  hält  die  Einführung  dieser  Methode  nach  dieser 
Prüfung  im  grossen  Stil  auch  für  Deutschland  für  den  gegebenen  Weg, 
in  der  in  Heft  2  seiner  Kriegsaufsätze  geschilderten  Form  schnelle  und 
volle  Klarheit  auf  dem  Saatmarkte  zu  schaffen.  Die  damit  gewonnene 
Erkenntnis  kann,  wenn  sie  praktisch  verwertet  wird,  in  wenigen  Jahren 
die  Bodenerträge  Deutschlands  um  ein  Bedeutendes  steigern  und  damit 
in  erheblichem  Maße  zur  voll<:swirtschaftlichen  Selbständigkeit  unseres 
Vaterlandes  beitragen.  Autoreferat. 


IV. 

Vereins-Nachrichten. 


österreichische  Geseilschaft  für  Pflanzenzüchtung  (Z.). 

Die  5.  Generalversammlung  tagte  am  31.  Mai  in  Wien.  Der 
Zentralverein  für  Zuckerindustrie  hatte  wieder  in  freundlicher  Weise 
seine  Räumlichkeiten  zur  Verfügung  gestellt  und  der  grosse  Sitzungs- 
saal dieses  Vereines  reichte  eben  aus,  um  die  Teilnehmer  aufzunehmen. 
Der  Präsident  Dr.  hon.  c.  v.  Proskowetz  begrüsste  den  Vertreter 
des  Ackerbauministers  Prof.  Regierungsrat  0 1  s  c  h  w  y  und  die  Ver- 
treter verschiedener  Körperschaften,  verlas  die  Begrüssungsschreiben 
und  eröffnete  die  Tagung.  Prof.  Freudl  trug  als  geschäftsführendes 
Ausschussmitglied  den  Bericht  über  die  Tätigkeit  im  abgelaufenen  .Jahr 
vor,  worauf  ihm  die  Versammlung  den  Dank  für  seine  —  unter 
schwierigen  Verhältnissen  —  geleistete  Arbeit  aussprach.  Den 
Rechnungs-  und  Revisorenbericht  erstatteten  die  Herren  .J.  Robert 
und  Oberinspektor  Reitmai  er,  denen  der  Vorsitzende  Dr.  hon.  c. 
V.  Proskowetz  wärmstens  dankte.  Die  Kassengebahrung  lag, 
wie  im  Vorjahre,  in  der  Hand  des  Referenten  für  das  Zucht- 
buch. Die  dem  Lose  nach  ausscheidenden  Ausschussmitglieder: 
Dr.  hon.  c.  v.  Proskowetz,  Zentraldirektor  Schreyvogl, 
Prof.  Dr.  V.  Tscher  mak  und  Zuckerrübenzüchter  Zapotil 
wurden  wiedergewählt;  neu  erwählt  wurden  Regierungsrat  Direktor 
Pammer  und  Prof.   Fruwirth. 

Der  Referent  für  das  Zuchtbuch  stellte  den  Antrag, 
dass  die  Generalversammlung  zur  Programmrede  Sr.  Exzellenz 
des  Herrn  Ackerbau ministers,  soweit  dieselbe  Pflanzen- 
züchtimg  betraf,  Stellung  nehmen  und  der  Ausschuss  die  Wünsche  der 
ausübenden  Züchter  dem  Ackerbauministerium  unterbreiten  möge. 
Nach  einer  sehr  regen  Debatte  wurde  der  Antrag  angenommen  und 
dahin  erweitert,  dass  auch  jene  ausübenden  Züchter  um  ihre  Wünsche 
befragt  werden  sollen,  die  in  der  Versammlung  nicht  anwesend  sind. 
Prof.  Dr.  Jelinek  übernahm  es,  die  Wünsche  zu  sammeln  und  ver- 
arbeitet dem  Ackerbauministerium  zu  übermitteln. 

Vorträge  wurden  von  den  Herren  Prof.  Dr.  E.  v.  Tscher  mak 
und  Prof.  Dr.  Jelinek  geboten.     Ersterer  sprach  über  Gemüse-  und 


206  Vereins-Nachrichten. 

Blumeiisameuzucht  und  verbreitete  sich  dabei,  einem  Wunsche  der 
Versammhing  entsprechend,  eingehend  über  die  Züchtung  unserer 
wichtigsten  Gemüse.  Der  zweite  Vortragende  führte  Gedanken  über 
eine  neue  Art  der  Sortenprüfung  aus,  welche  in  kurzer  Fassung  in  der 
„Zeitschrift"  mitgeteilt  werden  sollen.  Die  Versammlung  lohnte  beide 
Vortragende  durch  reichen  Beifall,  dem  der  Vorsitzende  Dr. 
V.  P  r  0  s  k  0  w  e  t  z  sich  anschloss. 

Die  beabsichtigte  Exkursion  nach  Loosdorf,  für  welche  sich 
grosses  Interesse  gezeigt  hatte,  musste  wegen  schwerer  Erkrankung 
der  Gräfin  P  i  a  1 1  i  unterbleiben.  — 

In  das  Zuchtbuch  der  Gesellschaft  sind  neu  aufgenommen  worden: 
Nr.  11.     Orig.  Hanna-Gerste  Nr.  5  der  mährischen  Landes-Versuchs- 

anstalt,  Brunn. 
Nr.  12.     Orig.  Hanna-Gerste  Nr.  18  der  mährischen  Landes-Versuchß- 

anstalt,  Brunn. 
Nr.  13.     Orig.  Weizen  Selekta  Z III  der  „Selecta",  Pischely. 
Nr.  14.     Orig.  Weizen  Selecta  ZV  der  „Selecta",  Pischely. 

Nach    abgelaufenen   vier   Jahren   wurde,   nach   neuerlicher  kom- 
missioneller  Besichtigung,  die  Eintragung  belassen  bei: 
Nr.  2.     Orig.  Loosdorf  er  Zaya-Gerste,  Loosdorf. 
Nr.  3.     Orig.  Kwassitzer  Hanna-Gerste,  Kwassitz. 

Eine  eingetragen  gewesene  Züchtung  schied  aus.  — 
Die  Geschäftsführung  für  das  Vereinsjahr  1918/19  hat  in  dankens- 
werter Weise   Prof.  Dr.  Jelinek  als  geschäftsführendes  Ausschuss- 
mitglied übernommen. 


Kleine  Mitteilungen. 


a)  Wissenschaftliche. 

Beobachtungen  bei  Bastardierung  zwischen  Kulturhafer  und  Wildhafer. 

[Avena  fatua.) 

Die  Feststellung  der  Vererbungsweise  bei  Bastardierung  zwischen 
Wildhafer  und  Kulturhafer  lässt  einerseits  eine  absolute  Verknüpfung 
erkennen  zwischen  den  Wildhafermerkmalen:  Ausein  ander  fallen  des 
Ährchens  bei  der  Reife  bzw.  Brüchigkeit  mit  Abspringen  am  hufeisen- 
förmigen Callus  (Mj)  und  vollständige  Begrannung  (Mo),  andererseits 
ergibt  sich  eine  völlige  Unvereinbarkeit  des  Wildhafermerkmals:  starke 
Behaarung  der  Deckspelzen  aller  Blütchen  (Mo)  mit  dem  Kulturhafer- 
merkmal: gelbe  Spelzenfarbe  (m4)  sowie  (in  dem  Falle  meiner  Beobach- 
tung) des  Wildhafermerkmales:  braune  Spelzenfarbe  (M4)  mit  dem  Kultur- 
hafermerkmal: glatt  (mg).  Man  kann  umgekehrt  von  einer  positiven 
Korrelation  der  Wildhafermerkmale  behaart-braun  [M3M4]  und  der 
Kulturhafermerkmale  glatt-gelb  [mp,m4]  für  diesen  Fall  sprechen;  doch 
beweisen  gewisse  Kulturhaferformen  die  Vereinbarkeit  von  glatt  mit 
braun  in  anderen  Fällen.  Die  F^-Generation  zeigt  zwar  einerseits 
Prävalenz  der  Nicht-Brüchigkeit  und  Intermediärstellung  bezüglich  Be- 
grannung, andererseits  Intermediärstellung  bezüglich  Spelzenbehaarung 
und  Prävalenz  der  braunen  Spelzenfarbe  des  Wildhafers.  Die  Fo- 
Generation  umfasst  Jedoch  nur  4  Typen:  Typus  1  und  2  mit  Brüchigkeit 
und  vollständiger  Begrannung  wie  Wildhafer,  und  zwar  die  eine  Gruppe 
braun-starkbehaart,  die  andere  gelb-glatt,  Typus  3  wie  F^,  T5rpus  4  nicht 
brüchig,  mit  schwacher  variierender  Begrannung,  gelb-glatt  wie  Kultur- 
hafer.   Es  sind,  schematisch  gesprochen,  nur  die  Kombinationen  [M^Mo] 

[M,M4]  und  [MjMo]  [m3m4],  ferner  M^  <  m^  Mg  ^  mg  Mg  ^  nig  M^  >  m^, 
endlich  [m^m.,]  [m3m4]  verwirklicht,  während  die  Kombination 
[m^m..]  [M3M4]  fehlt,  ebenso  wie  nach  Obigem  die  Kombinationen 
[Mj^I.^]  m^Mj  und  [M^Mo]  M3m4  ausgeschlossen  erscheinen.  Es  be- 
steht also,  abgesehen  von  den  oben  angegebenen  Beziehungen,  noch 
eine  Abstossung  der  Gruppen  [mim2]  und  [M3M4]  bzw.  eine  Koppelung 
der  Gruppe  [M3M4]  an  die  Gruppe  [M^Ms]  —  aber  nicht  umgekehrt.  — 


208  Kleine  Mitteilungen. 

Beschränken  wir  schematisch  den  Begriff  „Wildform"  auf  das  ver- 
koppelte Merkmalpaar  brüchig-voUbegrannt  und  den  Begriff  „Kultur- 
form" auf  das  Merkmalpaar  nicht  brüchig-schwachbegrannt,^)  so  finden 
wir  folgende  äusserliche  Vererbungsweise  nach  dem  sog.  Gerstenspelzen- 
tjrpus  zutreffend: 
P:  Kulturform  X  Wildform 
Fj :  intermediär  (im  allgemeinen,    die  Nicht-Brüchigkeit  der  Kulturform 

prävalent) 
Fg:  Wildform  :  Intermediär  :  Kulturform 

4:9  :  3 

Fg:  konstant       4  sp.  in  WF  :  J  :  KF  =  4  :  9  :  3      2  sp.  in  KF  :  WF  =  3:1 

2  sp.  in  J  :  WF  =  3:1 

2  sp.  in  J  :  KF.  =  3:1  1  konstant 

1  konstant 

Zur  Erklärung  ist  entweder  ein  bifaktorieller  -)  Besitz-  bzw. 
Mangelunterschied  von  Wildform  (ABAB)  und  Kulturform  (abab)  oder 
ein  Assoziations-Dissoziatiousunterschied  bezüglich  dreier,  beiderseits  vor- 
handener Faktoren,  nämlich  ursprüngliche  Wildform  ABC  und  urspräng- 
liche  Kulturform  AIBIC  anzunehmen,  wobei  unter  den  Fg-Spaltungs- 
produkten  ABC^ABl-C  sowie  ABiCABiC  noch  den  Phänotypus  der  Wild- 
form, ebenso  ABICAIß-l-C  noch  den  der  Kulturform  aufweist.  Da  in 
F2  die  Vertreter  der  „Wildform"  aus  behaart-braunen  und  glatt-gelben 
im  Verhältnis  3  : 1  bestehen,  die  „Intermediären"  durchwegs  mittelstark 
behaart  und  braun  sind,  die  Vertreter  der  „Kultui'form"  durchwegs  glatt- 
gelb sind  und  gewisse  Fa-Kulturformvertreter  in  F3  noch  in  glatt-gelbe 
Kulturform  und  glatt-gelbe  Wildform  nach  3 :  1  spalten,  erhellt  ohne 
weiteres,  dass  der  Kombination  Ab  Ab  (AB,|C  AB  IC)  zugleich  das 
Merkmalpaar  glatt-gelb   zukommt  und   auch  in  der   gesamten  F.,   das» 

^)  Meine  frühere  Miteinbeziehung-  des  Merkmales  „behaart"  unter  „Wildform" 
„glatt"  unter  „Kulturform"  nehme  ich  zurück,  da  ich,  wie  oben  bemerkt,  gelbe  glatte 
Deszendenten  mit  den  Wildhafercharakteren  brüchig-vollbegrannt  erhalten  habe.  Vgl. 
auch  meine  Arbeiten:  Über  die  Vererbungsweise  von  Art-  und  Gattungsbastarden  inner- 
halb der  Getreidegruppe.  Mittel!,  d.  Idw.  Lehrkanzeln  der  k.  k.  Hochschule  für  Boden- 
kultur in  Wien,  1914,  4.  Heft,  S.  763;  tTber  seltene  Getreidebastarde.  Beiträge  zur 
Pflanzenzucht  1913,  3.  Heft;  Handbuch  der  landw.  Pflanzenzüchtung  4.  Bd.,  3.  A., 
S.  91,  Anm.  2. 

'^)  Von  den  beiden  Faktoren  oder  Faktorenziisammenh äugen  bedingt  nicht  etwa 
der  eine  die  Eigenschaft  „brüchig",  der  andere  die  Eigenschaft  „vollbegrannt",  sondern 
jeder  der  beiden  Faktoren  oder  Faktorenzusammenhänge  ist  an  der  Bewirkung  der 
beiden  vei'koppelten  Merkmale  brüchig-vollbegrannt  (bzw.  nicht  brüchig-teilbegrannt) 
beteiligt.  Beide  Faktoren  bzw.  Faktorenzusammenhänge  wirken  kumulativ;  der 
eine  hat  auch  bei  Allein-  und  Einfachvertretensein  (aB  ab)  bzw.  A|BCA|B|C  einen 
sinnfälligen,  wenn  auch  schwachen  Effekt,  während  der  andere,  der  bei  Doppeltver- 
tretensein  (ABAB,  AB  Ab,  Ab  Ab)  bzw.  (ABC  ABC,  ABC;AB|C,  AB|C  AB|C) 
volle  Wirkung  zeigt,  bei  Allein-  und  Einfachvertretensein  (Abab)  bzw.  (AB|C  A|B|C). 
jeder  Wirkung  entbehrt.     Diese  Kombination  spaltet  in  F3  in  Volleffekt :  Effektlos  :=  1  :  3 


Kleine  Mitteilungen.  209 

Verhältnis  (behaart-braun)  :  (glatt-gelb)  =  12  :  4  =  3  :  1  gelten  muss, 
was  tatsächlich  zutrifft. 

Die  Assoziations-  und  Dissoziations-Vorstellung  erscheint  wohl 
geeignet,  das  gelegentliche  lokale  Auftreten  der  Merkmale  der  Wild- 
form (brüchig-vollbegrannt,  zugleich  auch  behaart-braun!)  an  Kultur- 
hafer als  Knospenmutation  zu  erklären. 

Es  handelt  sich  darnach  um  einen  lokalen  „assoziativen  Ata- 
vismus-'^) (ABIC  oder  ABC  aus  AlBiC). 

Die  früher  besprochene  Korrelationskomplikation  ist  nach  dem 
Dargelegten  durch  den  Faktor  oder  die  Faktoren  für  braune  bzw.  gelbe 
Spelzenfarbe  hereingebracht. 

Analog  wie  der  von  mir  beschriebene  Fall  von  lokalem  Auftreten 
von  V^ildhaf ercharakteren  an  einem  Blütenstande  von  Kulturhafer,  dürfte 
meines  Erachtens  das  gelegentliche  Auftreten  atavistischer  Individuen 
in  Kulturhaferzuchten  zu  erklären  sein.  Diese  Individuen  entsprechen 
„Intermediären"  (brüchig-stärker  begrannt,  jedoch  mit  glatten  Deck- 
spelzen und  stärker  behaarter  Basis)  und  lieferten  u.  a.  reine  Wild- 
hafertypen (brüchig-vollbegrannt,  jedoch  glatt)  in  der  Deszendenz 
(N. -Ehle).^)  Dasselbe  gilt  von  dem  gelegentlichen  Auftreten  von 
konstanten,  weiss-  oder  graukörnigen  Individuen  in  schwarzen  Hafer- 
Sorten.^) 

Blutauffrischung  in  der  Zuckerrübensamenzucht. 

Von  P.  Scbnbart, 

Direktor  von  C.  Braunes  Rübensanienzucht-Bernburg. 

(Mit  einer  Textabbildung.) 

Seinen  ausführlichen  Artikel:  ,, Einiges  über  Zuckerrüben- 
züchtung" in  den  Blättern  für  Zuckerrübenbau  vom  Jahre  1894  schliesst 
Prof.  von  Rümker  mit  der  Devise,  welche  ihm  als  Richtschnur 
für  den  Zuckerrübenbau  für  die  Zukunft  vorschwebte: 


1)  B.  V.  Tschermak,  Mitt.  d.  Hochschule  f.  Bodenkultur  Wien,  Bd.  2,  Heft  4 
(S.  763),  1914.  —  Die  Vorstellung,  es  handle  sich  bloss  um  ein  heterozygotisches  Individuum 
(Ab  ab  bzw.  AB|C  A|B].C),  welches  bei  regulärem  Kulturformphänotypus  lokal 
Wildformcharaktere  (wie  sonst  bei  Ab  Ab  bzw.  ABJ-C  AB|C)  hervortreten  lasse,  ist 
unmöglich,  da  neben  brüchig-vollbegrannt  nicht  glatt-gelb,  sondern  behaart>braun 
heiTortritt! 

2)  Nilsson-Ehle  (Ztschr.  f.  indukt.  Abst.-  u.  Vererb.-Lehre.  1911,  Bd.  5,  Heft  1) 
nimmt  einen  Hemmungsfaktor  an,  welcher  an  der  Kulturform  Begrannung  und  Be- 
haarung unterdrückt,  eventuell  zugleich  gelbe  Spelzenfarbe  bedingt  und  dessen  gelegent- 
liches Wegfallen  den  Atavistencharakter  bewirke.  Mir  ist  eine  blosse  Assoziation 
(AB|C  oder  AB'C)  statt  der  in  der  Kulturform  bestehenden  Dissoziation  (A|B|C)  wahr- 
scheinlicher. 

3)  Nilsson-Ehle  (Ztschr.  f.  indukt.  Abst.-  u.  Vererb.-Lehre,  Bd.  XII,  1914) 
betrachtet  diese  Fälle  als  Verlustmutanten,  bedingt  durch  spontanen  Wegfall  des 
Schwarzfaktors  A.  Mir  ist  eine  blosse  Dissoziation  A|B  statt  der  im  Schwarzhaier 
bestehenden  Assoziation  AB  wahrscheinlicher. 


210  Kleine  Mitteihmgen. 

„Möglichste  Beschränkung  des  Züchtungsapparates,  mögüchste 
Verschärfung  der  Auslese,  mögüchste  Reinhaltung  der  gezüchteten 
Stämme  unter  Berücksichtigung  rationeller  Blutaui'frischung,  möglichste 
Vermehrung  des  wertvollen,  aber  numerisch  geringen  Elitematerials." 
Jetzt  hegen  die  Erfahrungen  weiterer  14  Jahre  vor.  Die 
B,übensamenzucht  steht  auf  einer  Höhe,  dass  wir,  ohne  Fehler  zu  be- 
gehen, die  gezogenen  Grenzen  weiter  stecken  können  und  wir  uns  auf 
dem  gewonnenen  Gebiet  freier  und  grosszügiger  bewegen  dürfen. 

Die  Hochzucht  hat  mit  der  Indi  vi  dual- Auslese  begonnen. 
Franz  Karl  Achard,  der  erste  praktische  Rübenbauer  und  ,, Lehr- 
meister des  ganzen  Gewerbes",  wie  B  r  i  e  m  sagt,  erwählte  27  Spiel- 
arten, die  er  auf  eine  gleiche  Art  in  jeder  Rücksicht  angebaut  hatte. 
Sieben  der  ihm  richtig  erscheinenden  Arten  wählte  er  von  diesen  aus 
und  konnte  sich  durch  den  Samenbau  nach  und  nach  in  den  Besitz  der 
besten  Rübenarten  setzen.  Auch  erkannte  A  c  h  a  r  d  frühzeitig  die 
Fremdbefruchtung  der  Rübe  und  war  sorgsam  auf  deren  Verhütung 
bedächt. 

Wir  sind  heute  im  Vorteil,  schon  gute  Rüben  zu  besitzen,  die  wir 
von  Jahr  zu  Jahr  zu  verbessern  suchen. 

Das  Prinzip  der  Auslese  auf  dem  Felde  imd  in  dem  Labo- 
ratorium dürfte  im  allgemeinen  bei  den  Züchtern  ungefähr  dasselbe 
sein.  Die  ausgesuchten  Rüben  eines  Stammes,  die  von  einer  Parzelle 
stammen,  werden  im  Laboratorium  zunächst  auf  Zucker  untersucht 
und  nach  ihrem  Zuckergehalt  in  Klassen  eingeteilt.  Aus  der  ersten 
Klasse  werden  die  Rüben  einer  Abstammung  geordnet,  und  zur  engeren 
Wahl  der  Stamm eliterüben  zugelassen. 

Die  scheinbar  besten  Nachkommenschaften  werden  ausgewählt, 
das  heisst  diejenigen,  in  denen  die  Schwankungen  im  Zuckergehalt  die 
geringsten  sind.  So  erhält  eine  Nachkommenschaft  mit  einem  gleich- 
massigen,  wenn  auch  nicht  so  hohem  Zuckergehalt  den  Vorzug  vor 
einer  Nachkommenschaft,  in  der  sich  nur  einige  Individuen  durch  be- 
sonders hohen  Zuckergehalt  vor  den  andern  auszeichnen.  Die  ersteren 
zeigen  eine  bessere  einheitliche  Vererbung. 

Das  Gewicht  wird  nur  von  den  nach  Zucker  ausgewählten 
Stammeliten  ermittelt  und  muss  mindestens  dem  Normalgewicht  ent- 
sprechen, das  für  jede  Selektionskampagne  nach  dem  ungefähren 
Durchschnittsgewicht  festgestellt  wird.  Man  erspart  dadurch  eine 
Menge  Arbeit  und  hat  doch  die  Gewissheit,  auch  im  Gewicht  nur  her- 
vorragende Rüben  zur  Weiterzucht  zugelassen  zu  haben. 

Gleichmässigkeit  im  Zucker,  Gewicht  und  Form  sind  die  Haupt- 
charaktereigenschaften aller  dieser  miteinander  verwandten  Rüben. 
Ohne  Bedenken  werden  sie  unter  laufender  Nummer  nach  Abstammung 
im  Einmeter-Verband  im  Frühjahr  ausgepflanzt.    Vor  dem  Auspflanzen 


Kleine  Mitteihmgen.  211 

werden  diese  Stammeliterüben  genau  auf  ihren  Gesundheitszustand  ge- 
prüft. Haben  dann  später  die  Stauden  eine  gewisse  Höhe  erreicht,  so 
werden  sie  am  besten  mit  Kokosseilen  an  2,  auch  3  nach  aussen  schräg 
gestellte  Pfähle  gebunden,  damit  diese  Stauden  mit  ihren  zahlreichen 
Samenträgern  genügend  Raum  zum  Ausdehnen  und  freier  Entwicklung 
gewinnen. 

Diese  Samenrüben  sind,  wenn  man  ihre  Abstammung  verfolgt, 
alle  miteinander  verwandt,  sie  bilden  eine  Gruppe,  ein  Blut,  und  so 
wird  jetzt  durch  das  Zusammenpflanzen  einer  innigen  Bestäubung 
grösster  Vorschub  geleistet,  die  zu  einer  ausgesprochenen  Inzucht 
führen  dürfte.  In  der  Hauptsache  geht  wohl  die  Befruchtung  auf  der- 
selben Pflanze  vor  sich,  doch  bei  dem  engen  Verbände  der  Samenrüben 
kommen  die  nahen  und  weiterstehenden  Stauden  auch  in  Betracht. 

Hier  ist  ein  tatkräftiges  Eingreifen  des  Züchters  geboten  und  eine 
Inzucht  durch  rege  Blutauffrischung  zu  verhindern.  —  Doch  davon 
später.  — 

Zunächst  möchte  ich  die  Verfahren  und  Ansichten  anderer 
Autoren   zur  Geltung  bringen. 

Prof.  Frölich  beschreibt  eingehend  die  Isolierung  der  Mutter- 
rüben und  die  Isoliergestelle.  Sie  bieten  der  Entwicklung  der  Samen- 
stauden viele  Nachteile.  So  wird  die  Temperatur  darin  merklich  er- 
höht, die  Blätter  welken  und  ist  die  Menge  der  gewonnenen,  kleinen 
Samenknäule  sehr  gering.  Prof.  Frölich  gibt  3  Arten  der  Über- 
tragung des  Pollens  von  einer  Staude  auf  die  andere  an.  Zunächst 
wird  die  Übertragung  auffhegenden  Insekten  zugeschrieben,  dann 
könnte  der  Wind  die  Übertragung  des  Blütenstaubes  bewirken,  und 
drittens  macht  Fruwirth  auf  die  Art  der  Pollenübertragung  der 
kriechenden  Insekten  aufmerksam. 

R  i  m  p  a  u  hat  als  erster  die  ungleiche  Reife  der  Geschlechter  in 
einer  Blüte  festgestellt.  Zunächst  reifen  die  männlichen  Fort- 
pflanzungsorgane. Die  Staubgefässe  reissen  auf  und  lassen  den  gelben 
Blütenstaub  fallen,  während  die  dem  Fruchtknoten  aufsitzende,  drei- 
lappige Narbe  erst  ein  bis  zwei  Tage  später  sich  öffnet  und  empfangs- 
fähig wird.  Die  Befruchtung  ist  deshalb  durch  Pollen  anderer  Blüten 
derselben  Staude  oder  benachbarter  bewirkt  worden. 

Um  wertvolle  Mutterrüben  vor  jeder  Fremdbestäubung  zu 
schützen,  wird  man  dieselben  räumlich  oder  künstlich  isolieren  müssen, 
und  dürfte  der  räumlichen  Isolierung  der  Vorzug  gegeben  werden 
müssen  vor  den  Nachteilen  der  oben  angeführten  künstlichen  Isolierung. 

Dr.  Lang  schreibt  .  .  .  .:  Die  Frage  der  Sicherheit  des  Gaze- 
abschlusses ist  viel  schwerer  zu  lösen,  und  zwar  vom  theoretischen 
wie  vom  praktischen  Standpunkte.  Für  eine  Lösung  für  ersteren 
müssten  die  Wege  der  Pollenübertragung  entschieden  bekannter  sein. 


212  Kleine  Mitteilungen. 

Wir  unserseits  neigen  von  jeher  —  ohne  dass  wir  freihch  exakte  Be- 
weise bringen  können  —  entschieden  zu  der  Ansicht,  dass  insbesondere 
dem  Wind  eine  sehr  wesentiiche  Rolle  zukommt.  Nach  Fruwirth 
stäubt  der  Pollen  nicht  leicht,  um  so  mehr  Neigung  hat  er  aber,  bei 
Samenstauden  nach  unten  hinzufallen.  Bei  windstillem  Wetter  lassen 
sich  enorme  Mengen  von  Pollen  gewinnen,  wenn  man  die  einzelnen 
blütentragenden  Achsen  anstösst  und  eine  Schale  darunter  hält.  Wo- 
fern sich  statt  der  letzteren  konzeptionsfähige  Blüten  unterhalb  von 
jenen  befinden,  und  wenn  statt  der  Hand  vielmehr  bewegte  Luft  die 
Samenstaude  erschüttert,  dann  ergiesst  sich  ebenfalls  eine  Menge  von 
Pollen  und  bleibt  an  den  zu  befruchtenden  Narben  hängen.  Wir  sind 
überzeugt,  dass  dieser  Weg  der  Befruchtung  bei  der  Rübe  ein  sehr 
häufiger  ist.  Bei  stärkerer  Luftbewegung  dürfte  der  Pollen  in  reich- 
hchen  Mengen  übertragen  werden. 

Dr.  Lang  schreibt  der  Mitwirkung  der  Insekten  keinen  grossen 

» 

Anteil  bei  der  Befruchtung  zu.  Blattläuse  z.  B.  zerstörten  die  be- 
fallenen Pflanzenteile,  die  befruchtende  Wirkung  wäre  illusorisch, 
Coccinellenlarven,  die  Feinde  der  Blattläuse,  verschleppen  beim  Umher- 
kriechen den  Pollen,  auch  kommen  Fhegen  und  kleine  Kriechinsekten 
zur  Geltung.  Kurz  gesagt,  schreibt  Dr.  Lang  dem  Wind  die  wesent- 
lichste Rolle  bei  der  Pollenübertragung  zu.  (Ich  möchte  mich  dieser 
Ansicht  voll  und  ganz  anschhessen.  D.  V.)  Der  künsthchen  Isolierung 
durch  Gaze  kommt  seiner  Ansicht  nach  ein  absolut  sicherer  Abschluss 
für  fremden  Pollen  nicht  zu. 

Nach  dem  Dafürhalten  von  Joh.  Möller  ist  die  Fremd- 
bestäubung weniger  dem  Wind  oder  fliegenden  Insekten  zuzuschreiben, 
sondern  mehr  den  kriechenden,  der  Aphis,  den  Coccinellenlarven  und 
anderen. 

Prof.  Dr.  R  ö  r  i  g  schreibt:  Die  Schwebfliegen  sind  als  Be- 
stäubungsvermittler bei  unsern  Blütenpflanzen  von  grosser  Wichtigkeit. 
Als  Larven  ernähren  sie  sich  von  Blattläusen. 

Nach  Prof.  Fruwirth  werden  die  Blüten  von  auffliegenden  In- 
sekten nur  sehr'  spärlich  besucht,  auch  die  Wirkung  des  Windes  als 
Überträger  hält  er  nicht  für  bedeutend,  und  hält  die  kriechenden  In- 
sekten für  wichtiger.  So  schreibt  auch  Prof.  Krüger  denselben,  be- 
sonders den  Thripsarten  eine  rege  Tätigkeit  zu.  Nach  ihm  sind  auch 
Blattläuse  bei  ihrem  massenhaften  Auftreten  Träger  des  Pollens. 

Dr.  0.  V  i  b  r  a  n  s  äussert  sich  1902:  Darüber,  dass  die  Be- 
fruchtung der  Chenopodiaceen  durch  Insekten  verursacht  werden  kann, 
ist  Bestimmtes  noch  nicht  konstatiert.  Man  hat  wohl  Insekten  auf 
Rubens  am  enblüten  gesehen,  doch  ist  nicht  erwiesen,  ob  dieselben  vor- 
her andere  Rübenarten  besuchten,  bei  der  Übertragung  würden  über- 
haupt nur  Bienen  und  Hummeln  in  Frage  kommen;  doch  hat  der  Pollen 


Kleine  Mitteilungen. 


213 


der  Chenopodiaceen  kein  Wachs.  Ob  daher  die  Bestäubung  durch 
Insekten  stattfindet,  kann  nach  der  Natur  der  Chenopodiaceen  mehr 
als  zweifelhaft  erscheinen.  Es  dürfte  auch  hier  den  kriechenden  In- 
sekten der  Hauptanteil  zuzusprechen  zu  sein.  — 

Wir  haben  oben  das  von  Inzucht  bedrohte  Mutterrübensamenfeld 
verlassen,    die   Grenzen   der    eigentlichen    Stammzüchtung   sind   über- 


Abb.  14.    Mutterrüben  einer  Gruppe. 

1.  Je  30  Pflanzstellen  in  einer  Reihe  in  1  m  Verband,  die  laufenden  Nummern  horizontal. 

2.  Die  mit+bezeichneten  Pflanzstellen  sindfür  die  Rüben  zu,rBlut-Auffrischung:  s.  unten  ad  2- 

3.  Die  vertikalen  Zahlen  sind  die  Nummern  der  Mütter,  dazu  gehören:  siehe  unten  ad  3. 


ad  2. 


ad  3. 


+    1    6   12   18   24   30   63   69   75   81   87 

151  156  162  168  174  180  243  249  255  261  267  usw. 


Mutter 

Nr.    5  .  . 

„        5  .  . 

„45  .  . 

„45  .  . 

..45  .  . 

„56  .  . 

„56  .  . 

„76  .  . 

„     76  .  . 


von  dieser 
1-5  1 

7—11,  13    I 
14—17  -k 


Mutter 


11  Stück. 


Nr.  98 
„     98 


von  dieser 
77—  80   -j 


19—23 
25—27 
28—29 
31—62 
64—68 
70—74,  76 


12 


34 


U 


.    .     .      82—  86  >  57  Stück. 

98 88—135  J 

113 136—150  1 

113 152—155  >   24        „ 

113  .     .     .     .     .     157—161  j 
usw. 


schritten  und  böte  das  Feld  die  beste  Gelegenheit  zu  einheitlicher 
Massenauslese.  Betrachten  wir  dies  Stammelitefeld,  besser  gesagt, 
diese  Gruppe,  näher,  so  sind  diese  Samenrüben  zu  30  in  einer  Reihe 
und  in  1  m  Entfernung  voneinander,  stammweise  nacheinander  aus- 
gepflanzt (siehe  Abb.  14),  und  werden  die  Pflanzstellen  durch  laufende 
Nummerpfähle  bezeichnet.  Bei  Beginn  einer  neuen  Familie  ist  ein 
gelber  Stamm-Nummerpfahl  eingeschlagen,  rote  Nummerpfähle  be- 
zeichnen die  Pflanzstellen  der  fremden  Eüben.  die  zur  Blutauffrischung 


214  Kleine  Mitteilungen. 

dienen  sollen.  Diese  Rüben  entstammen  nicht  unserem  Samen,  sondern 
dem  Samen  anderer  Züchtungen.  Derselbe  ist  getrennt  von  dem 
unserigen  durch  Individual-  und  Stammzucht  zu  einem  unserem  Samen 
gleichwertigen  durch  die  Jahre  herausgebildet  worden.  Es  ist  auch 
bei  ihm  Ausgeglichenheit  in  Form,  Zucker  und  Ertrag  Bedingung,  und 
dürften  die  beiden  Rassen,  unsere  und  die  fremden,  zu  dieser  Blut- 
auffrischung ein  ebenbürtiges  Pflanzenmaterial  liefern,  und  gleich- 
zeitig ein  Degenerieren  unserer  eigenen  Zucht  verhindern. 

Zur  Massenauslese  lassen  wir  es  nicht  kommen,  trotzdem  das 
ganze  Feld,  d.  h.  die  ganze  Gruppe,  uns  ein  Rübenmaterial  liefern 
würde,  gleichwertig  in  Form,  Gewicht  und  Zucker.  Wir  halten  trotz 
Massenblutauffrischung  die  einzelnen  Stämme  dui'ch  Stammnummern 
getrennt,  so  bilden  wir  Stammbäume  und  sehr  interessant  ist  die  Ver- 
edlung in  diesen  Stammbäumen,  z.  B.  die  Beobachtung,  wie  lange  ein 
Stammbaum  durchgeführt  werden  kann.  Eine  Menge  von  Stämmen 
scheiden  alljährlich  aus  und  dürfte  eine  rationelle  Zucht  in  zweimal 
acht  bis  zweimal  zehn,  also  in  16 — 20  Jahren  als  abgetan  bezeichnet 
werden  können.  So  ist  man  gezwungen,  jedes  Jahr  neue  Rüben  von 
besonders  guten  Plänen  auszuwählen  und  diese  in  Individualauslese 
weiter  zu  fördern  und  jährlich  eine  neue  Gruppe  vorzubereiten.  Ein 
reiches  Material  steht  einem  so  allezeit  zu  Gebote,  und  kann  man  von 
Jahr  zu  Jahr  bei  der  Selektion  im  Felde  und  im  Laboratorium  strenger 
vorgehen,  das  heisst,  grössere  Anforderungen  an  das  Zuchtmaterial 
stellen.  Bemerken  möchte  ich  noch,  dass  die  zur  Blutauffrischung 
eingepflanzten  Rüben  in  jeder  dritten  Reihe  in  der  Entfernung  von 
6  m  im  Kreuzverband  ausgepflanzt  werden. 

Nach  all  dem  oben  über  Blutauffrischung,  Bestäubung  und  Be- 
fruchtung Gesagten  dürfte  diese  Art  der  Blutauffrischung  nicht  zu 
verwerfen  sein.  Nicht  alle  2  Jahre  wird  diese  Blutauffrischung  vor- 
genommen, sondern  alle  6  Jahre  etwa,  ich  fürchte,  es  könnte  sonst 
die  Konstanz  unserer  Rübe  in  ihren  Charaktereigenschaften  leiden. 
Am  Rande  des  Samenrübenfeldes  nach  der  Windseite  zu  werden  die 
zur  Blutauffrischung  dienenden  Rüben  enger  gepflanzt. 

Zum  Schluss  noch  Einiges  aus  interessanten  Aufsätzen  über  die 
Zucht  von  Zuckerrüben.  Nach  F.  Knauer  ist  eine  Rübensorte  eine 
Kollektion  von  Rübenexemplaren,  in  welcher  die  einzelnen  Individuen 
unter  sich  geschwisterähnlich  sind,  indem  sie  von  gleichen  Vorfahren 
abstammen,  ähnliche  Nachkommen  wieder  erzeugen  und  ihre  Eigen- 
schaften langjährig  vererben.  Die  Konstanz  jeder  Sorte  ist  durch 
Blutauffrischung  bedingt,  um  die  angehäuften  Fehler  der  Inzucht  auf- 
zuheben. 

In  einem  Vortrag  von  Prof.  Dr.  Herzfeld  vom  Jahre  1901 
hebt  er  als  Hauptgesichtspunkte  der   Zuchtwahl  (Selektion)  folgendes 


Kleine  Mitteilungen.  215 

hervor:  Form,  Zucker,  Gewicht,  Saftgehalt,  Haltbarkeit,  wenig  Auf- 
schuss,  Widerstandsfähigkeit  gegen  Parasiten.  Diese  Eigenschaften  sind 
unter  sich  nicht  gleichlaufend  korrelativ,  sondern  gegengesetzt  korre- 
lativ, wie  Zucker  und  Gewicht  oder  Zucker  und  Haltbarkeit  usw.;  ge- 
rade müssen  sie  bei  der  Auslese  gleichmässig  berücksichtigt  werden, 
denn  jede  Einseitigkeit  der  Zuchtrichtung  führt  zum  Untergang  der 
Zucht. 

Dr.  Vibrans:  .  .  .  .  letztere  (Blutauffrischung)  ist  immer  not- 
wendig, wenn  die  Rübe  einige  Jahre  hindui'ch  nur  durch  Selektion 
gezüchtet  wurde.  Wird  eine  Blutauffrischung  nicht  vorgenommen,  so 
liegt  die  Gefahr  vor,  dass  die  in  den  Rüben  erzielten  vorzüglichen 
Eigenschaften  durch  Inzucht  degenerieren. 

J  0  h.  Möller  sagt  über  Familienzucht:  ....  Dieser  Umstand 
(geringer  Samenertrag  der  Individualzucht)  hat  die  Züchter  dazu  ge- 
führt, sich  der  Familienzucht  zu  bedienen,  welche  darin  besteht,  dass 
von  vornherein  mehrere  der  anfangs  zur  Einzelzucht  ausgelesenen  In- 
dividuen fortgeführt  werden,  dergestalt,  dass  später  jedes  für  gut  be- 
fundene Individuum  in  seiner  Nachkommenschaft  eine  getrennte 
„Rübenfamilie"  bildet. 

Werden  dann  alle  2  Jahre  aus  diesen  Rübenfamilien  gerade  nur 
die  hochwertigsten  Individuen  zur  Weiterzucht  bzw.  Fortführung 
dieser  Familien  ausgewählt,  so  lässt  sich  durch  eine  solche  Familien- 
zucht eine  zielbewusste  Steigerung  der  wertbildenden  Eigenschaften 
einer  Rübenzucht  auf  mindestens  ebenso  sicherem  Wege  erreichen. 

Mit  Dr.  V.  Rümkers  Worten  möchte  ich  meine  Zusammen- 
stellung über  Blutauffrischung  in  der  Rübensamenzucht  beenden: 
Familienzucht,  das  heisst  die  Zucht  der  für  sich  getrennt  gehaltenen 
unmittelbaren  "und  weiteren  Nachkommenschaft  einer  einzelnen  Elite- 
rübe ^)  ist  von  zahlreichen  Züchtern  schon  lange  benutzt,  die  Leistungen 
ihrer  Zuchten  zu  steigern.  Es  wurden  die  einzelnen  Individualauslesen 
in  bezug  auf  ihre   Eigenschaften  und  Leistungen  besonders  verfolgt 

und   geprüft Die  Gefahr   der  Inzucht  und   der  degenerativen 

Polgen  wurden  dabei  durch  zeitweise  Verschmelzung  ebenbürtiger 
Familien  zu  vermeiden  gesucht,  indem  man  sie  zur  gegenseitigen  Be- 
stäubung zusammenpflanzte  und  dadurch  eine  Blutauffrischung  be- 
wirkte.   

Vererbung  gewisser  Blütenmerkmale  bei  JPapaver  Mhoeas  L. 

Von  Jos.  Becker,  Dillingen-Donau. 

(Mit  3  Textabbildungen.) 

Den  achten  Sommer  warfen  im  Wintergetreidefeld  die  Blumen- 
blätter der  Klatschrose,  nach  Linne  Papaver  Rhoeas,  die  Einengung 
der  grünen  Kelchblätter  ab,  entfalteten  ihr  leuchtendes  Rot,  weMen 

^)  =:  einer  Individualauslese. 
Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VI.  ^" 


216 


Kleine  Mitteilungen. 


und  wurden  vom  Winde  verweht,  seitdem  ich  mich  zum  ersten  Male 
ihrem  Studium  zugewendet  habe.  Über  40  000  solcher  Pflanzen  gingen 
in  diesem  Zeitraum  durch  meine  Hand  und  durch  meine  ihre  Eigen- 
tümlichkeiten und  Eigenschaften  genau  ziffernmässig  festlegende  Feder. 
An  Hand  dieses  umfangreichen  Stoffes  glaube  ich  deshalb  heute  ein 
genügend  abschliessendes  Urteil  über  den  Befimd  abgeben  zu  können. 
Zum  Verständnis  der  folgenden  Ausführungen  ist  das  Vertraut- 
sein mit  einigen  botanischen  Eigentümlichkeiten  und  mit  dem  Blüten- 
diagramm der  Papaverazeen  vonnöten.  Aus  dem  letzteren  ersehen 
wir.  dass  die  hypogyne  Mohnblüte  aus  einem  gekammerten,  ein- 
fächerigen Gynaezeum  als  oberstem  bzw.  innerstem  Blattkreis  und  dem 
darunter  liegenden,  mehrere  Staubblätterkreise  umfassenden  Androe- 
zeum  besteht.  Die  Anordnung  des  letztgenannten  erscheint  häufig  in- 
folge Vermehrung  durch  Spaltung  gestört.    Auf  das  Androezeum  folgen 


Abb.  14.    Blütendiagramin  von  Papaver  Rhoeas  L.    1.  Gynaezeum.    2.  Androezoeum.    3.  Kronblätter 
„J",  innerer  Kreis.    4.  Kronblätter  „A",  äusserer  Kreis.    5.  Kelchblätter. 

nach  unten  zwei  zweigliedrige,  in  alternierenden  Wirtein  stehende 
Kronblätterkreise,  die  für  unsere  Untersuchungen  hier  von  haupt- 
sächlichster Bedeutung  sind.  Wir  wollen  den  oberen,  inneren  Kreis 
der  Kronblätter  mit  J  (bestehend  aus  den  zwei  Innenblättern),  den 
unteren,  äusseren  mit  A  (die  beiden  Aussenblätter  umfassend)  be- 
zeichnen. Den  Abschluss  der  Blüte  nach  unten  bilden  zwei  bei  der 
Entfaltung   der   Krone   abfallende   chlorophyllführende   Kelchblätter. 

Der  anatomische  Bau  der  Mohnkronenblätter  ist  sehr  einfach. 
Ausser  der  Epidermis  der  Ober-  und  Unterseite  ist  nur  eine  Schicht 
Schwammparenchym  vorhanden.  Die  Gefässbündel  schliessen  in  -zu- 
sammenhängenden Bögen  am  Blattrande  ab,  endigen  also  an  keiner 
Stelle  frei,  und  werden  von  einer  einschichtigen  Parenchymscheide  um- 
geben. Da  die  Blüte  keinen  Honig  besitzt,  können  die  schwarzweissen 
Flecken  am  Grunde  der  Kronblätter  nicht  als  Saftmal  aufgefasst  werden. 
Sie  bestehen  aus  zwei  Teilen,  aus  einem  gewöhnlich  mehr  langen  als 
breiten  und  unteren  schwarzen  —  s  —  und  einem  gewöhnlich  mehr 
breiten  als  langen  und  oberen  weissen  —  w  — .     Da  diese  Flecken  in 


Kleine  Mitteilungen. 


217 


den  verschiedensten  Kombinationen  auftreten  können,  finden  wir  ganz 
fleckenlose  Kronenblätter,  dann  ,, normale"  mit  s  und  w,  ferner  solche 
nur  mit  s  und  endlich  solche  nur  mit  w.  Die  Kronblätter  ein  und  des- 
selben Blattkreises,  also  von  J  bzw.  von  A  müssen  stets  gleichgestaltet 
oder  besser  gesagt  gleichgefleckt  sein,  während  zwischen  J  und  A 
grosse  Unterschiede  erscheinen  können. 

Theoretisch  könnten  nun  je  nach  der  Zeichnung  von  J  und  A 
folgende  16  Möglichkeiten  auftreten.  Bei  dieser  anzuführenden  Über- 
sicht bedeuten,  wie  schon  aus  dem  bisher  Gesagten  ersichtlich  ist,  J  die 
Kronblätter  des  inneren,  A  die  des  äusseren,  unteren  Kreises,  s  den 


ohne  Zeichnung 


schwarz  schwarz  weiss  schwarz  u.  weiss        schwarz  u.  weiss 

(+  s)  (+  s)  (+  W)  (+  S  +  W)  (+  s  +  w) 

Abb.  15.    Hauptformen  der  Zeichnung  der  Kronblätter  von  Papaver  Bhoeas. 


schwarzen,  w  den  weissen  Fleck. 
Fehlen  einer  Eigenschaft. 

1.  J(+s  +  w)     A(+s  +  w) 

2.  J  (—  s  —  w)     A  (—  s  —  w) 

3.  J(+s  +  w)     A(-s-w) 
(4.)  J  (-  s  -  w)     A  (+  s  -f  w) 

5.  J(+s-w)     A(+s-w) 

6.  J  (-1-  s  —  w)     A  (—  s  —  w) 
(7.)  J  (-  s  -  w)     A  (+  s  -  w) 

8.    J(-s  +  w)     A(-s  +  w) 


+  bezeichnet  das  Auftreten,  —  das 

9.    J  (-  s  +  w)  A  (-  s  —  w) 

(10.)  J  (-  s  -  w)  A  (-  s  +  w) 

11.    J(+s  +  w)  A(+s-w) 

(12.)  J  (-H  s  -  w)  A  (-1-  s  -f  w) 

13.    J(+s  +  w)  A(-s  +  w) 

(14.)  J  (-  s  +  w)  A  (+  s  +  w) 

(15.)  J  (+  s  -  w)  A  (-  s  +  w) 

(16.)  J  (-  s  +  w)  A  (+  s  -  w) 

Von  diesen  genannten  16  theoretischen  Kombinationen  treten 
aber  in  Wirklichkeit  nur  9  auf,  die  in  Klammer  gesetzten  Blütenformeln 
4,  7,  10,  12,  14,  15  und  16  finden  sich  in  der  Natur  nicht  oder,  um  das 
Kind  beim  richtigen  Namen  zu  nennen,  es  kann  bei  A  das  Merk- 
mal s  und  w  nur  dann  auftreten,  wenn  es  sich  gleich- 
zeitig auch  bei  J  findet,  umgekehrt  kann  aber  jedes 
dieser  Merkmale  bei  J  erscheinen,  trotzdem  es  bei 
A  fehlt. 

Diese  Eigentümlichkeit  kann  unter  Annahme  eines  doppelten 
Hemmungsfaktors  für  A  erklärt  werden,  den  ich  deshalb  für  A  mit  Hg, 
für  J  mit  H^  bezeichne.  Ich  nehme  also  gleichsam  für  den  Blattkreis 
A  zwei  Gene  mit  hemmender  Wirkung  an,  während  ich  für  J  nur  eines 
in  Betracht  ziehe.     Unter  der  weiteren  Annahme  dann,  dass  das  Gen 

--'  16* 


218 


Kleine  Mitteilungen. 


der  Eigenschaft  s  bzw.  das  der  Eigenschaft  w  in  einfacher  Zusammen- 
setzung —  also  +  Si  bzw.  +  Wi  und  +  s^  -f  Wi  usw.   über  H^  und  das 


1.   J  (+  s  +  w)  A  (+  s  +  w). 


2.   J(— s  — w)  A(— s— w). 


3.   J  (+  s  +  w)  A  (—  s  —  w). 


5.   J  (+  S  —  w)  A  (+  s  —  w). 


G.   J  (+  s  -  w)  A  (—  s  —  w). 


J  (—  s  +  w)  A  (—  s  +  w). 


9.   J  (—  s  +  w)  A  (—  s  —  vv).  11.   J  (+  s  +  \v)  A  1+  s  —  w).  13.  J  (+  s  +  w)  A  (—  s  +  w). 

Abi).  IG.    In  der  Xatur  auftretende  Fleckzeichnungen  an  den  Ki'onblättern  von  Papaver  Bhoeas  L. 


betreffende  Gen  in  doppelter  Kombination,  also  +  Sg  bzw.   +  W2  und 
+  S.2  +  W2  usw.,   ohne   weiteres   über  H^   und   auch   über  H-   dominiert, 

erhält  man  folgendes  Bild: 


Kleine  Mitteilungen. 


219 


Angenommene  Kombination 

Blüten- 

In Erscheinung  tretende 

der  Gene 

formel 

Blütenform 

Nr. 

j  (_^  s,  +  w^  +  Hl)    A  (+  s,  +  w,  +  H-) 

1 

J(+s  +  w) 

A  (+  s  +  w) 

J  (-  s,  -  W.3  +  H^)   A  (-  s^  -  W2  +  H^) 

2 

J  (_  s  -  w) 

A  (—  s  —  w) 

J(-s,-w,  +  Hi)   A(-s,-w,  +  H'^) 

2 

J  (_  s  —  w) 

A  (—  8  —  w) 

J(+Si+w,  +  Hi)    A(+s,  +  w,  +  H'^) 

3 

J(+s+w) 

A  (—  s  —  w) 

J(+S2-w,  +  Hi)    A(+s,-w,  +  H-^) 

5 

J  (+  s  -  w) 

A  (+  s  —  w) 

J(+s,-w,  +  Hi)    A(+s,-w,  +  H'^) 

6 

J  (+  s  -  w) 

A  (—  s  —  w) 

J  (-  Si  +  w.,  +  H>)   A  (—  Si  +  w^  +  H'^) 

8 

J(-s  +  w) 

A  (—  s  +  w) 

J(-Si  +  w,  +  Hi)   A(-s,+w,+H^) 

9 

J(-s  +  w) 

A  (—  s  —  w) 

J(+s.+w,+Hi)   A(+s,  +  w,  +  H-^) 

11 

J(+s  +  w) 

A  (+  s  —  w) 

J(+Si  +  w,  +  H>)   A(+s,  +  w,  +  H^) 

13 

J  (+  s  +  w) 

A  (—  s  +  w) 

Wie  aus  dieser  Zusammenstellung  ersichtlich  ist,  kann  durch  die 
Annahme  von  Hemmungsgene  verschiedener  Stärke  für  J  bzw.  A  das 
Fehlen  der  theoretischen  Möglichkeiten  der  Blütenformeln  4,  7,  10,  12, 
14,  15  und  16  erklärt  werden.  Es  würde  sich  also  der  Hemmungs- 
faktor für  J  :  A  stellen  gleichwie  1 : 1  +  x,  wobei  x  mit  „Übergewicht" 
zu  benennen  wäre.  Da  bei  J  das  Hemmungsgen  aber  gar  nicht  in  Er- 
scheinung tritt,  wenigstens  sichtbar,  in  Natur,  sondern  nur  aus  Gleich- 
sinnigkeitsgründen  angenommen  wurde,  könnte  auch  mit  seinem  Fehlen 
gerechnet  werden.  Die  Gleichung  müsste  dann  heissen  H^ :  H^  = 
0  :  0  +  X,  wobei  dann  x  hemmende  Wirksamkeit  hätte. 

Zu  einem  ähnlichen  Endergebnis  wie  bei  den  vorhergehenden 
Ausführungen  gelangt  man,  wenn  die  Theorie  des  Hemmungsgen  mit 
anderen  Worten  umkleidet  und  gesagt  wird:  bei  J  ist  das  Gen  der 
Eigenschaft  s  und  das  Gen  der  Eigenschaft  w  dominant,  bei  A  da- 
gegen sind  sie  rezessiv.  Es  ist  dies  genau  genommen,  nur  eine  Um- 
kehrung obiger  Darstellung,  bei  der  wir  für  jeden  Kronblätterkreis  Gene 
verschiedener  Stärke  für  die  hemmende  Eigenschaft  gegenüber  gleich- 
starken Genen  für  die  Eigenschaften  s  und  w  angenommen  haben,  wo- 
gegen wir  hier  für  jeden  der  beiden  Kreise  Gene  verschiedener  Stärke 
für  die  Eigenschaften  s  und  w  gleichbleibend  starken  Hemmungsgenen - 
gegenüberstellen.  Wenn  wir  uns  nun  vorhalten,  dass  die  Gene  der 
Eigenschaften  s  und  w  zum  mindesten  als  Sj  und  Wj  sowie  als  So  und  Wo 
auftreten  können,  dann  erhalten  wir  folgende  theoretische  Zusammen- 
stellung, bei  der  also  s^,  w^,  s^  ^^^  ^2  gegenüber  H^  bei  J  dominant, 
A  aber  Si  und  Wj   gegenüber  H^  rezessiv  und  s^  bzw.  Wg  ebenfalls 

dominant  sind. 

(Siehe  Tabelle  S.  220.) 

Wir  sehen,  das  Endergebnis  ist  dasselbe.  Das  in  Natur  häufigere 
Auftreten  der  ungefleckten  Blüte  (Form  2)  wird  teilweise  damit  überein- 
stimmen, nur  dass  hier,  wie  wir  noch  sehen  werden,  der  Standort  zu 


220 


Kleine  Mitteilungen. 


berücksichtigen  ist.  Es  trifft  demnach  auch  für  obige  Theorie  zu,  dass 
in  einer  Blüte  von  Papaver  Rhoeas  die  Kronblätter  des  inneren  Kreises 
in  bezug  auf  die  weissen  oder  schwarzen  Flecken  positiv  sein  müssen, 
wenn  die  Kronblätter  des  äusseren  Kreises  positiv  sind,  und  dass  die 
Kronblätter  des  letzteren  positiv  sein  können,  wenn  es  auch  die 
imieren  sind.  Dieses  Gesetz  trifft  auch  für  anormale  Blüten  zu, 
welche  ziemlich  häufig  auftreten.  Bei  fünf,  sechs  und  mehr  vor- 
handenen Kronenblättern  entscheidet  also  immer  ihre  Stellung  auf  dem 
jeweiligen  Blattkreis,  auf  J  oder  A.  Das  Auftreten  von  mehr  als  vier 
Kronenblättern  findet  man  auf  gutem  Standort  häufiger  als  wie  auf 
schlechtem.  „Mastpflanzen"  neigen  mehr  zu  dieser  Abnormität  wie 
„Kümmerer".  Die  Blüten  ein  und  derselben  Pflanze  haben  natürlich 
stets  dieselbe  Kronblätterformel,  doch  können  an  derselben  Pflanze 
unter  normalen  vierblättrigen  Bhiten  mehrere  Knospen  mit  mehr  als 
vier  Kronblättern  auftreten,  sie  stimmen  aber,  wie  gesagt,  trotzdem  mit 
der  Formel  überein.  Eine  sehr  seltene  Ausnahme  bildet  nur  das  Auf- 
treten eines  dritten  „intermediären".  Kronblattkreises.  Als  sonstige 
Abnormitäten  fand  ich  während  meiner  Untersuchungen  einmal  das 
Auftreten  eines  geteilten  Fruchtknotens  und  einmal  die  Umwandlung 
der  Anthere  bei  vorhandenem  normalen  Filament  in  rote  Blättchen. 


Angenommene  Kombination 
der  Gene 

Blüten- 
formel 
Nr. 

In  Erscheinung  tretende 
Blütenform 

J(-l-S2-t-w,  +  Hi)   A(+s,  +  w,+H^) 

1 

J(+s  +  w) 

A  (4-  s  +  w) 

J  (-  s,  -  w^  +  H^)   A  (-  s.,  -  W2  +  H^) 

2 

J  (—  s  —  w) 

A  ( —  s  —  w) 

J(-s,-w,  +  Hi)   A(-s,-w,  +  Hi) 

2 

J  (_  8  —  W) 

A  ( —  s  —  w) 

J(+Si  +  w, +H^)   A(+s,  +  w,  +  Hi) 

3 

J(+s-l-w) 

A  ( —  s  —  w) 

J(+s,-w,  +  Hi)   A(+s,-w,  +  Hi) 

5 

J(+s-w) 

A  (+  s  —  w) 

J(+Si-w,  +  Hi)   A(+8,-w,  +  H^) 

6 

J  (+  s  -  w) 

A  ( —  s  —  w) 

J(-Si-hw,  +  H^)   A(-s,  +  w,  +  H') 

8 

J  (-  s  +  w) 

A  (—  s  +  w) 

J(-8,-fw,  +  H^)   A(-s,  +  w,  +  H') 

9 

J(-s  +  w) 

A  ( —  s  —  w) 

J(+s.  +  w,  +  Hi)    A(+8,  +  w,  +  Hi) 

11 

J  (+  s  +  w) 

A  (-f  s  —  w) 

J(+8,  +  w,  +  H^)   A(+s,  +  w,+H>) 

13 

J  (+  s  +  w) 

A  (—  s  -f  w) 

Was  nun  in  zweiter  Linie  an  der  Blüte  des  Papaver  Rhoeas 
Interesse  beansprucht,  das  ist  der  Verlust  der  Kronblätter- 
flecken  auf  sehr  schlechtem  Standort,  also  ein  Einf luss  der 
äusseren  Lebensverhältnisse  auf  die  Ausbildung  von  morphologischen 
Eigenschaften.  Auf  trostlosem  Sandboden  und  unter  sonstigen  un- 
günstigen Lagen  gibt  es  keine  Mohnblüte,  die  an  ihrem  Grunde  das 
schwarzweisse  Kreuz  zeigt,  es  gibt  hier  nur  vollständig  un-  oder  doch 
nur  höchstens  sehr  schwach  gezeichnete  Blüten.  Und  zwar  geraten 
auch  die  Nachkommen  einer  normalen  Pflanze  auf  solchem  Standort 


Kleine  Mitteilungen.  221 

abweichend  von  ihrem  Elter  nach  der  merkmalslosen  Formel 
J( — s  —  w)  A( — s  —  w),  während  die  Nachkommen  von  diesen  un- 
gefleckten Blüten,  auf  guten  Boden  verbracht,  wiederum  Fleckung 
zeigen.  Auf  schlechtem  Standort  würde  demnach  Papaver  Ilhoeas, 
um  mit  Johannsen  zu  reden,  einen  Phänotyp  bilden.  Ein  Beweis 
gegen  die  Lehre  L  a  m  a  r  k  s  kann  aus  diesem  Verhalten  natürlich  nicht 
geschöpft  werden,  denn  wer  will  behaupten,  dass  nicht  die  Nachkommen 
von  Jahrtausende  unter  ungünstigen  Lebensverhältnissen  gewachsener 
Feldmohnpflanzen  am  Ende  doch  die  Fähigkeit,  Flecken  am  Grunde  der 
Kronblätter  zu  bilden  und  zu  vererben,  verlieren  und  somit  von  einem 
Phänotyp  zu  einem  Genotyp,  unter  Umständen  zu  einer  neuen  Art 
werden  könnten. 


b)  Andere  Sachliche. 

„Granum." 

Unter  dieser  Firmenbezeichnung  wurde  in  Lemberg  eine  Ge- 
nossenschaft der  Samenproduzenten  als  G.  m.  b.  H.  ins  Leben  gerufen, 
deren  Programm  sich,  der  Fassung  der  Statuten  nach,  folgende  Auf- 
gaben stellen  wird: 

a)  Pflanzenzüchtung  in  eigenen  und  fremden  Anstalten,  jedoch 
unter  strenger  Kontrolle  der  Genossenschaftsorgane; 

b)  Reproduzierung  von  Samen  gezüchteter  Pflanzen  eigener  und 
fremder  Produktion  in  Eigenwirtschaft  und  fremder  Bewirtschaftung, 
jedoch  unter  strenger  Kontrolle  der  Genossenschaftsorgane; 

c)  Kauf  und  Verkauf  auserlesener  Samen  eigener  und  fremder 
Produktion; 

d)  Übernahme  von  Samen  zwecks  Reinigung,  Trocknung  und  Auf- 
bewahrung. 

Um  die  oben  angeführten  Auf  gaben  erfüllen  zu  können,  beabsichtigt 
die  Genossenschaft,  Grundstücke  käuflich  zu  erwerben  oder  in  Pacht 
zu  nehmen,  Gebäude  anzukaufen  oder  aufzustellen,  endlich  alle  Tätig- 
keiten in  Angriff  zu  nehmen,  die  geeignet  wären,  die  Produktion  von 
Sämereien  zu  fördern. 

Als  Präsident  wurde  Fürst  Witold  Czartoryski  gewählt,  in 
die  Verwaltung  und  den  Aufsichtsrat  traten  fachkundige  Kapazitäten 
auf  dem  Gebiete  der  Samenzucht  ein,  zu  den  Mitgliedern  werden  fast 
«sämtliche  hierländische  landwirtschaftliche  Korporationen  und  zahl- 
reiche Mitglieder  aus  den  interessierten  Kreisen  gezählt. 

Das  Gründungskapital  beträgt  410  000  Kr.,  wird  jedoch  durch 
Vermehrung  der  Mitglieder  auf  ein  Kapital  von  1  000  000  Kr.  erhöht 
werden. 


222  Kleine  Mitteilungen. 

Die  Scliaffuiifi;  der  genannten  Institution  srina   aus   der  Absicht 


hervor,  den  Zustand  der  zunehmenden  Produktionsverminderung  auf 
dem  Gebiete  der  Landwirtschaft,  welche  sich  infolge  des  Samenmangels 
speziell  in  der  gegenwärtigen  Zeit  mangels  Einfuhr  ausländischer 
Samen  immer  fühlbar  macht,  zu  beheben. 


c)  Persönliche. 

C.  Kraus  -f. 

(Mit  Bildnis.) 

Abermals  hat  der  Tod  der  deutschen  Pflanzenzüchtung  eine 
schwere  Wunde  geschlagen,  indem  er  den  Begründer  der  bayerischen 
Saatzucht,  Geh.  Hofrat  Professor  Dr.  Carl  Kraus  am  15.  Oktober 
1918  nach  kurzer  Krankheit  im  gesegneten  Alter  von  fast  68  Jahren, 
aber  in  der  Fülle  seiner  Kraft  dahinraffte.  Mit  ihm  ist  einer  unserer 
gründlichsten  und  fleissigsten  Gelehrten  und  einer  der  erfolgreichsten 
Organisatoren  auf  dem  Gebiet  des  landwirtschaftlichen  Lehr-  und 
Forschungswesens  dahingegangen.  — 

C.  Kraus  war  geboren  am  5.  Januar  1851  zu  Stadtamhof  bei 
Regensburg;  nach  dem  Besuch  des  humanistischen  Gymnasiums 
studierte  er  Naturwissenschaften,  Nationalökonomie,  Agrikulturchemie 
und  Landwirtschaft  und  promovierte  1875  bei  N  ä  g  e  1  i  in  München 
mit  einer  Arbeit  über  die  Chlorophyllfarbstoffe.  1874  kam  er  als 
Assistent  an  die  Kreisackerbauschule  in  Triesdorf  (Mittelfranken),  wo 
er  u.  a.  auch  die  dortige  Samenkontrollstation  leitete,  im  Jahre  1884 
wurde  er  zum  Landwirtschaftslehrer  an  der  Kreisackerbauschule  in 
Kaiserslautern  befördert.  1888  wurde  Kraus  als  Professor  an  die 
damalige  landwirtschaftliche  Zentralschule  in  Weihenstephan  berufen, 
deren  Direktorat  er  im  Jahre  1892  übertragen  erhielt.  Im  Jahre  1902 
folgte  er  dem  Ruf  auf  den  Lehrstuhl  für  Acker-  und  Pflanzenbau  an 
der  landwirtschaftlichen  Abteilung  der  technischen  Hochschule  in 
München  als  Nachfolger  Wollnys,  wo  er  bis  zu  seinem  Hingang  ge- 
wirkt hat.  Was  Kraus  als  Organisator  des  bayerischen  Schul-  und 
Forschungswesens  geleistet  hat,  besonders  sein  Verdienst  um  die 
Weihenstephaner  Gesamtanstalt,  kann  an  dieser  Stelle  nicht  eingehend 
erörtert  werden.  Es  genügt,  zu  erwähnen,  dass  die  ganze  moderne 
Entwicklung  von  Weihenstephan  und  seinen  Instituten  und  die  Er- 
hebung zur  Akademie  in  erster  Linie  seiner  erfolgreichen  Arbeit  zu-ö 
zuschreiben  ist;  dass  er  ebenso  die  freudige  Entwicklung  der  land- 
wirtschaftlichen Abteilung  an  der  Technischen  Hochschule  in  München 
führend  beeinflusst  hat  und  dass  der  ganze  Ausbau  des  mittleren  und 
niederen  landwirtschaftlichen  Schulwesens  in  Bayern  unter  seiner  Be- 


Kleine  Mitteilungen. 


223 


ratung  und  nach  seinen  Anregungen  vollzogen  worden  ist.  Auch  als 
Gelehrter,  dessen  besondere  Stärke  die  Pflanzenphysiologie  in  ihrer 
Anwendung  auf  die  Landwirtschaft  war,  hat  sich  C.  Kraus  in  der 
botanischen  wie  in  der  landwirtschaftlichen  Literatur  einen  hoch- 
geachteten Namen  verschafft.  Es  sei  hier  nur  an  seine  vielen  Ver- 
öffenthchungen  über  physikalische  und  besonders  mechanische  Be- 
einflussungen des  Pflanzenlebens,  über  Hagelwirkungen,  über  das  An- 


welken von  Knollen  und  Zwiebeln,  über  die  Saftleistung  der  Wurzeln, 
über  den  Einfluss  des  Lichtes,  des  Wassers,  der  Kalidüngung,  des 
Schröpfens  und  Walzens,  der  Erdbedeckung  uHtl  der  Behäufelung  usw. 
auf  die  pflanzliche  Entwicklung  gedacht.  Besondere  Vorhebe  hatte  er 
für  das  Studium  der  Runkelrübe,  deren  Wachstumsweise  er  durch  drei 
grössere  Arbeiten  erläuterte,  von  denen  die  beiden  letzten  anatomische 
und  physiologische  Grundlagen  für  die  züchterische  Behandlung  der 
Beta-Rüben  geschaffen  haben.  Ebenso  beschäftigte  er  sich  expe- 
rimentell und  literarisch  sehr  eingehend  mit  Gerste  und  Hopfen.  Ein 
weiteres  Lieblingsgebiet  von  ihm  war  der  Aufbau  und  die  Leistung  des 


224  Kleine  Mitteilungen. 

Getreidehalmes  und  dessen  Veränderungen  unter  dem  Einfluss  der 
natürlichen  Wachstumsbedingungen,  kultureller  und  züchterischer  Mass- 
nahmen. Im  Anschluss  an  diese  Studien  entstand  auch  sein  grosses 
1908  erschienenes  Buch  über:  ,,Die  Lagerung  der  Getreide",  das 
trotz  der  Fülle  des  darin  verarbeiteten  Materials  bis  heute  weitaus 
noch  nicht  genügend  gewürdigt  ist.  Hervorragend  sind  auch  seine 
beiden  als  Arbeiten  der  Deutschen  Landwirtschafts-Gesellschaft  er- 
schienenen Monographien  über  Unkräuter,  nämlich  über  das  ,, Lein- 
kraut" und  über  die  ,, Quecke";  zu  einer  Reihe  anderer  Fragen  des 
Acker-  und  Pflanzenbaues  hat  er  durch  eigene  experimentelle  Arbeiten 
Stellung  genommen,  wie  auch  besonders  zu  den  modernen  Acker- 
bestellungs-  und  Saatmethoden.  Für  die  Züchtungswissen- 
schaft sind  ausser  den  oben  angedeuteten  Veröffentlichungen  über  die 
Getreidehalme  und  die  Beta-Rüben  besonders  sein  eingehender  Bericht 
über  die  Züchtungen  mit  Gerste-  und  Haferlinien  (1909)  und  über  die 
Vererbungsverhältnisse  bei  reinen  Linien  (1917)'  zu  erwähnen;  hierzu 
kommt  noch  eine  Reihe  von  Aufsätzen  über  Grundlagen  und  Aus- 
gestaltung der  Landespflanzenzucht  und  des  Saatgutbaues  in  Bayern, 
wo  er  bekanntlich  das  System  der  Lokalzüchtung  und  der  Verbreitung 
örtlich  angepasster  Sorten  vertrat.  Ausser  den  wissenschaftlichen 
Arbeiten  (veröff.  in  der  Flora,  in  Wollnys  Forschungen  auf  dem 
Gebiet  der  Agrikultiu'physik,  in  der  Naturwissenschaftlichen  Zeitschrift 
für  Land-  und  Forstwirtschaft,  in  der  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung, 
in  Fühlings  landwirtschaftlicher  Zeitung  usw.)  hat  Geheimrat  Kraus 
auch  eine  überaus  grosse  Reihe  von  kleineren  Abhandlungen  über 
Pflanzenbau-,  Saatbau-  und  Züchtungsfragen  geschrieben,  die  grössten- 
teils im  Wochenblatt  des  landwirtschaftlichen  Vereins  in  Bayern, 
einzelne  auch  in  sonstigen  landwirtschaftlichen  Zeitungen  er- 
schienen sind. 

Durch  diese  kurzen  Artikel,  durch  viele  Vorträge  und  durch  per- 
sönliche Unterhandlungen  bereitete  er  den  Boden  vor  für  die  Ent- 
stehung einer  P  f  1  a n  z  e n  z  ü  c h t u n  g  in  Bayern,  nachdem  er  er- 
kannt hatte,  wie  wichtig  die  Verbesserung  des  Sortenbaues  und  der 
Saatgutbeschaffung  in  unserm  Land  war  und  wie  andrerseits  die  natür- 
lichen und  wirtschaftlichen  Eigentümlichkeiten  dieses  Gebietes  eine  be- 
sondere Vorsicht  in  der  Auswahl  der  Pflanzenrassen  erheischten.  Er 
warf  sich  mit  allem  Eifer  auf  die  Vorbereitungen  zur  Schaffung  eines 
Speziaünstituts  für  Züchtung  mit  dem  Erfolg,  dass  schon  1902  die 
staatliche  Landessaatzuchtanstalt  in  Weihenstephan  ins  Leben  treten 
konnte.  Obwohl  er  bei  Errichtung  bereits  nach  München  übergesiedelt 
war,  führte  er  von  dort  aus  noch  bis  zum  Jahre  1910  die  Oberleitung 
der  Anstalt,  bis  er  sie  in  die  Hände  eines  von  ihm  selbst  schon  bei  der 
Gründung  ausgewählten  und  herangezogenen  Nachfolgers  niederlegen 


Kleine  Mitteilung-en.  225 

konnte.  Diesem  blieb  er  auch  nach  seinem  Ausscheiden  ein  ireundUcher 
Berater,  und  der  Anstalt,  deren  Beirat  er  bis  zu  seinem  Tode  angehörte, 
der  kenntnisreichste,  interessevollste  und  wohlwollendste  Förderer. 
Mit  dieser  Einrichtung  schuf  er  die  bayerische  Pflanzenzüchtung 
völlig  neu;  wenigstens  waren  hier  vorher  kaum  schwache  Ansätze  einer 
züchterischen  Betätigung  vorhanden.  Auch  die  Saatguterzeugung 
und  das  ganze  •  Sortenwesen  Bayerns  wurde  von  der  Saatzuchtanstalt 
in  geordnete  Bahnen  gelenkt  und  so  verdankt  das  Land  ihm  in  erster 
Linie,  was  auf  diesem  Gebiet  Durchschlagendes  und  Wertvolles  für 
die  bayerische  Landwirtschaft  geschehen  ist. 

Zum  Schluss  noch  ein  Wort  über  den  Menschen.  Wer  das  Glück 
hatte.  Kraus  kennen  zu  lernen,  oder  länger  mit  ihm  verkehren  zu 
können,  der  musste  ihn  auch  liebgewinnen.  Er  war  eine  durch  und 
durch  vornehme,  aber  bescheidene  und  zurückhaltende  Natur,  die  sich 
besonders  uns  Jüngeren  in  väterlicher  Güte  zeigte,  "Er  suchte  jedem 
zu  helfen,  sei  es  mit  Rat,  sei  es  mit  der  Tat  und  unterstützte  jedes 
ehrliche  Streben.  Und  was  er  in  Angriff  nahm,  das  bearbeitete  er  mit 
zäher  Ausdauer  und  gewissenhaftester  Gründlichkeit;  Selbstlosigkeit 
und  Treue  bewies  er  durch  sein  ganzes  Leben.  So  genoss  er  das 
höchste  Vertrauen  aller  seiner  Schüler,  Untergebenen  und  Fach- 
genossen, die  ihm  seine  Hingabe  durch  die  verehrungsvollste  Anhäng- 
lichkeit vergalten.     Sein  Leben  und  Wirken  wird  unvergessen  bleiben. 

L.  Kiesslin^-. 

Für  Prof.  Dr.  Nilsson-Ehle,  der  seit  1915  Professor  der 
Botanik  an  der  Universität  Lund  und  Vorstand  der  pflanzenphysiologi- 
schen Abteilung  des  Botan.  Instituts  gewesen  ist,  wurde  eine  neue 
Stellung,  eine  Professur  für  Erblichkeitslehre  an  derselben  Universität 
geschaffen.  Der  neuen  Professur  wird  ein  besonderes,  neues  Institut 
für  Erblichkeitsforschung  mit  zugehörigen  Versuchsfeldern  angegliedert. 
Das  Institut  wurde  auf  dem  Boden  des  staatlichen  Landw.  Instituts 
Alnarp  bei  Akarp  in  der  Nähe  von  Lund  aufgeführt  und  ist  seit  Juni 
dieses  Jahres  in  Betrieb. 

In  Paris  verschied  am  31.  Januar  der  Chemiker  Henri  Pellet, 
der  sich  besondere  Verdienste  um  die  Chemie  der  Rüben-  und  Rohr- 
zuckergewinnung und  bei  Züchtung  der  Rübe  und  des  Rohres  erwarb. 
Er  gilt  als  der  Erfinder  der  bei  der  Untersuchung  der  Rübe  heute 
allgemein  verwendeten  Wasserdigestion,  für  welche  auch  von  anderer 
Seite  Verfahren  in  Vorschlag  gebracht  worden  sind. 

Der  Oberfinanzrat  und  Referent  für  Tabakbau  bei  der  österr. 
Tabakregie  Dr.  Karl  Preissecker  verschied  am  18.  September 
während  eines  Ausfluges,  den  er  auf  die  Raxalpe  unternommen  hatte, 
im  Otto  Schutzhause.    Er  hatte  die  Tabakzüchtung  in  Österreich  ein- 


226  Kleine  Mitteilungen. 

geführt  und  mehrere  bezüghche  Veröffenthchungen  in  den  „Fachliche 
Mitteilungen  der  österr.  Tabakregie"  gebracht. 

Der  zweite  der  Leiter  des  Hauses  Vilmorin,  M.  Maurice  de 
Vilmorin,  ein  bekannter  Botaniker,  dem  die  Einführung  vieler 
aussereuropäischer  Pflanzen  zu  danken  ist,  ist  rasch  seinem  Neffen 
Ph.  de  Vilmorin  in  den  Tod  gefolgt. 

Die  bereits  gemeldete  Übernahme  der  Geschäftsführung  der  Saat- 
zuchtabteilung der  Deutschen  Landwirtschafts-Gesellschaft  durch  Dr, 
Friedrich  M  er  ekel  erfolgte  am  1.  Oktober. 

Dem  bisherigen  Geschäftsführer  Dr.  P.  Hillmann  wurde  der 
Titel  Professor  zuerkannt. 

In  Kaaden  in  Böhmen  starb  Mitte  Oktober,  im  Alter  von 
69  Jahren  der  Professor  der  dortigen  landwirtschaftlichen  Mittelschule 
Nowoczek,  der  durch  die  Einführung  der  Vermehrung  in  die  Rüben- 
züchtung ,,Asexualverfahren"  in  Züchterkreisen  bekannt  geworden  ist. 

Dr.  R.  Pearl  hat  seine  Stellung  an  der  landwirtschaftlichen  Ver- 
suchsstation des  Staates  Maine  zu  Orono  mit  der  Professur  für  Bio- 
metry  an  der  John  Hipkins-Universität  zu  Baltimore  vertauscht. 


Das  nächste  Heft  erscheint  im  März  1919. 


Druck  von  Fr.  StoUberg,  Merseburg. 


I 


Trieure 

Unkrautsamen- 

'  Ausleser, 

Mischfrucht  -  Scheider, 

Getreide-Sortierer, 

Lagerhaus-Einrichtungen 
Reinigungs-Anlagen 

für  Saatzuchtanstalten. 


Kalker  Trieurfabrik  und  Fabrik  gelochter  Bleche 

IUayer  ^  £\t  in  Köln-Ralk. 

Zweigfabriken  in 

Dresden-Neustadt  und  Augsburg-Pfersee. 

[1] 


Verlag  von  Paul  Parey  in  Berlin  SW.  11,  Hedemannstrasse  10  u.  11. 

Handbuch  der 

landwirtschaftl.  Pflanzenzüchtung. 

Von 

Dr.  C.  Fruwirth, 

a.  o.  Professor  an  der  k.  k.  technischen  Hochschule  Wien. 


Erster   Band: 

Allgemeine  Züchtungslehre  der  landw.  Kulturpflanzen. 

Vierte,  umgearbeitete  Auflage. 
Mit  86  Textabbildungen  und  8  Tafeln.     Gebunden,  Preis  17  M. 

Zweiter   Band: 

Die  Züchtung  von  Mais,  Futterrübe  und  anderen  Rüben, 
Ölpflanzen  und  Gräsern. 

Dritte,  umgearbeitete  Auflage. 

Mit  50  Textabbildungen.     Gebunden,  Preis  16  M. 

Dritter   Band: 

Die  Züchtung  von  Kartoffel,  Erdbirne,  Lein,   Hanf,  Tabak,   Hopfen, 
Buchweizen,  Hülsenfrüchten  und  kleeartigen  Futterpflanzen. 

Dritte  Auflage. 

1 11    Vorbereitung, 

Vierter   Band:  * 

Die  Züchtung  der  vier  Hauptgetreidearten  und  dfer^uckerrübe. 

Von  Professor  Dr.  C.  Fruwirtii,  Professor  Dr.  E.  von  Tschermak  und  Dr.  Th.  Roemer. 

Dritte  Auflage. 

Im  Druck.  [2] 

Fünfter  Band: 

Die  Züchtung  kolonialer  Gewächse:    Zuckerrohr,    Reis,   Hirsearten, 

Kaffee,   Kakao,   Citrusarten,   Baumwolle  und  andere  Faserpflanzen, 

Batate,  Maniok,  Erdnuss,  Ölpalme,  Olive  und  Sesam. 

Bearbeitet  von  W.  Busse,  Berlin;  J.  S.  Gramer,  Paramaribo;  Dr.  C.  Fruwirth,  Wien; 
A.  Howard,  Pusa;  Dr.  F.  W.  T.  Hunger,  Amsterdam;  H.  M.  Leake,  Nawabganj; 
J.  E.  van  der  Stok,  Pasoeroean;  Dr.  Trabut,  Algier;  Dr.  H.  J.  Webber,  IthacaN.-Y.; 

E.  de  Wildeman,  Brüssel. 

Mit  32  Textabbildungen.     Gebunden,  Preis  11  M. 

Geh.  Rat  Prof.  Dr.  K.  von  Rümker-ßerlin  sagt  über  das  Werk  am  Schluss 
einer  eingehenden  Besprechung:  „Das  Buch  ist  für  jeden  Theoretiker  und  Praktiker, 
der  sich  auf  diesem  Gebiete  irgendwie  betätigen  will,  ein  unentbehrlicher  und  wert- 
voller Ratgeber  und  Besitz.  Demselben  ist  die  weiteste  Verbreitung  und  vor  allem 
von  Seiten  der  praktischen  Züchter  das  eingehendste  Studium  zu  wünschen:  wer 
dasselbe  nicht  kennt,  schädigt  sich  in  seiner  eigenen  Arbeit." 


Zu  bezielien  durcli  jede  Buclitiandlung. 


Hierzu  eine  Beilage  von  der  Terlagsbuctahandliing  Paul  Parey,  Berlin  SW.  11, 

Hedemannstrasse  10  u.  11. 


Druck  Vi  n  /r.  Stollberg,  Merseburg. 


Zeitschrift 


für 


Pflanzenzüchtung 

Zugleich  Organ 
der  Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht, 

der 

Österreichischen  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung 

und  des 

Bayerischen  Saatzuchtvereins. 


Unter  Mitwirkung 
von 

L.  Kießling,     H.  Nilsson-Ehle,    K.  v.  Rümker,    E.  v.  Tschermak, 

München  Lund  Emersleben  Wien 

herausgegeben 
von 

C.  Fruwirth,    ^^    ^^^ 

Wien. 

NEW  VwfJK 

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Siebenter  Band. 

Mit   34   Textabbildungen. 


BERLIN 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey 

Verlag  far  LandTrlrtach&n,   GuteDbas  and  ForstircseD 

SW.  11,  Hedemannstraße  10  u.  11 
1920. 


Inhaltsverzeichnis. 

•  Band  VII. 


I.   Wissenschaftliehe  Originalarbeiten,  Aufsätze.  „  .^ 

Seite- 

•Becker,  I.:  Beiträge  zur  Züchtung  der  Kohlgewäclise 91 

Cohen  Stuart,  C.  P.:   Die  Züchtung  der  Teepflanze.    (Mit  8  Textabbild.)  157 

Firbas,  H.:  Über  die  Erzeugung  von  "Weizen-Roggenbastardierungen.    .    .  249 
Hansen,   W. :    Die    Mahndorfer    Pflanzenzüchtung    bzw.    das    Mahndorf  er 

Usancenbuch.  (Mit  3  Textabb.) 28a 

Heinrich,  M. :  Der  Einfluß  moderner  Reinigungsanlagen  auf  die  Güte  des 

Saatgutes.    (Mit  4  Textabbildungen) 1^ 

Jelinek,  J. :  Nächste  Aufgaben  der  Pflanzenzüchtung  und  der  Sortenprüfung  8B 
Lindhard,  E.  und  Karsten,  Iversen:  Vererbung  von  roten  und  gelben 

Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben 1 

Mitscherlich,  E.  A. :  Über  künstliche  Wunderährenbildung.   (Mit  8  Text- 
abbildungen)    101 

III.  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüehtung. 

1.   Referate. 
Craig,W.r29,130,215,2ie 


Äckermann,  A.  320. 
Allard,  H.  320. 
Allendorf  112. 
Amend,  F.  112. 
Anthony,  St.  320. 
AumüUer,  F.  206. 
Baas  Becking,  L.  113. 
Backhouse,  W.  206. 
Barcker,  E.  113. 
Bartlett  207,  209. 
Bartos,  W.  114. 
B  a  u  m  a  n  n ,  E.  32. 
Baur,  E.  32,  114. 
Berg,  S.  125. 
Biffen,  R.  33. 
Blakeslee,  F.  321. 
Bregger  114. 
Broili  321. 
Brotherton,  W.  209. 
Caron,  v.  114. 
Christie,  M.  33.    ' 
Oockerell,  T.  34. 
Cohen,  Stuart  209. 
Collins,  G.  321. 
Correns,  C.  209,  210. 


Daniel,  L.  34. 
Donald,  F.  34. 
D  o  r  s  e  y  322. 
Ehrenberg  112. 
Edler,  W.  210. 
Emerson,  R.  115,  210. 
Ernst,  A.  323. 
Euler,  K.  35. 
Evans,  M.  312. 
Eyre,  G.  35. 
Feenstra    Sluiter,   G. 

323. 
Fräser,  A.  116,  129. 
Freemann,  G.  116. 
Friedrichs,  K.  116. 
Frölich,  G.  117,  118. 
Fruwirth,  C.  118. 
Garvens,  S.  216. 
G  assner,  S.  118. 
Goetz,  E.  35. 
Graham,  R.  35. 
Hagedoorn,  A.  325. 
Hansen,  W.  120. 
Harris,  F.  36. 


Hayes,  H.  325. 
Hector,  G.  36. 
Heiweg,  L.  37. 
Heribert  Nilsson,  N- 

327. 
Heusser,  C.  326. 
Hogenson,  J.  36. 
Honing,  J.  38. 
Ikeno  38. 

Johannsen,  "W.  38. 
Johnson,  J.  327. 
Jones,   D.    120,  121,  122^ 

328. 
Kajanus,  B.  39,  123,  125. 
Love,  H.   129,   130,   131^ 

215,  216. 
Maas,  J.  335. 
Mac  Rostie,  G.  131. 
Mandekic,  V.  40,  42, 
Meunissier  132. 
Moore,  C.  43. 
Nafziger,  T.  336. 
Nilsson  E  h  1  e ,  K.  43:^ 

134,  336. 
Oakley  216, 


IV 


Inhaltsverzeichnis. 


Oberstein  135. 
Plahn,  Appiani  44. 
Eaum,  S.  217. 
Jlasmuson,  S.   135,    217, 

337. 
Richardson  218. 
Hoemer  136. 
Salmon,  E.  45. 
Schmidt,  .Johs.  136. 
Schulz,  A.  126. 


Sirks,  M.  137. 
Snell,  K.  137. 
Smith,  G.  35. 
Sommer,  K.  137. 
Stahel,  G.  137. 
Stout,  A.  139. 
Surface,  M.  -50. 
Tjebbes,  K.  140. 
Ubisch,  G.V.46,  141,339. 
Urban,  J.  141,  339. 


Vestergaard,  H.  47,  48. 
Volkart,  A.  142. 
Wacker,  J.  49. 
Wagner  M.  270. 
Weiß,  F.  49.      • 
White,   0.,  50,  220,  221, 

339,  340. 
Wölk,  P.  V.  142. 
Zaleski,  L.  340. 
Zinn,  J.  50,  340. 


2.  Bücherbesprechun2:en. 

^                          *=  Seite 

Ahr,  I.  und  Mayr,  Chr.:  Gerstensorten  und  Düngung 144 

Dörfler:  Pflanzenschutzfibel 341 

Dykier,  W. :  Bericht  der  Kurländischen  Saatzuchtanstalt  in  Dubbenhof     .  50 
East,  E.  and  Jones,  .J. :    Inbreeding   and   outbreeding,    their  genetic  and 

sociological  significance    ....'. 341 

Ernst,  A. :  Bastardierung  als  Ursache  der  Apogamie  im  Pflanzenreich  .    .  51 

f  Bd.    II 144 

Fruwirth,  C:  Handbuch  der  landw.  Pflanzenzüchtung.  <     „    IH 222 

l     „    IV 145 

Leverenz,   C:    Die    meistgebauten    landwirtschaftlichen   Pflanzenzuchten 

Deutschlands  mit  Ausnahme  der  Kartoffel 342 

Molisch,  H. :  Pflanzenphysiologie  als  Theorie  der  Gärtnerei 223 

Siegel,  W. :  Das  Recht  des  Gemüsebauers 146 

IV.   Vereinsnaehrichten. 

Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung  —  Wien ,  147 


V.  Kleine  Mitteilungen. 

a)  Wissenschaftliclie. 

Bach,  S.:  Zweierlei  Weißlinge  bei  Mais 238 

—  —  Zur  näheren  Kenntnis  der  Faktoren  der  Anthozyanbildung  bei  Pisum  64 

Becker,  J. :  Xenien  zwischen  Melonen  und  Gurken 362 

Fischer,  H. :  Kohlensäure  und  Pflanzenwachstum 364 

Frimmel,  F.  v. :  Über  einen  Versuch  der  Züchtung  schwarzer  Farbentöne  an 

der  Gartenprimel 346 

Fruwirth,   C:   Zum  Verhalten  der  Bastardierung  spontaner  Variationen 

mit  der  Ausgangsform     66 

—  —  Wicke  mit  linsenförmigen  Samen 356 

Orabner,  E. :  Ausleseverfahren  zur  Massenauslese  der  Maiskolben    ....  61 

Hansen,  W. :  Die  Ermittlung  des  Einzelkorngewichtes  einer  Pflanze  .    .    .  225 

He  SS  in  g,  J. :  Mitteilungen  bezüglich  der  Variabilität  einiger  Grasarten.    .  53 
Raum,  J. :   Ein  weiterer  Versuch   über  die  Vererbung  der  Samenfarbe  bei 

Rotklee • 149 

Ryx,    G.  V. :    Methoden    einer  exakten    Prüfung    des   Fortschrittes  bei   der 

Zuckerrübenzucht 227 

Tschermak,  E.  v.:  Bastardierungsversuche  mit  der  grünsamigen  Chevrier- 

bohne 57 


Inhaltsverzeiclmis. 


V 


b)  Andere  Sachliche. 

„Genetica" 75 

„Hereditas" 366 

Hatvaner  Pflanzenzucht- Aktiengesellschaft "76 

Kartoffelzuchtstation  Richter  Königshof 243 

Sjemenar  dionicarrho  drustvo 155 

Ungarische  Eubbethge  und  Giesecke  Saatzucht-Aktiengesellschaft 76 

Verband  der  Saatzuchtinspektoren 241 

Zadruga  za  proizvodnju  sjemenja  u  Zagrebu 367 


Alexandro  witsch 
Akemine,  M.  245. 
Aumüller,  Fr.  155. 
Baur,  G.  247. 
Boschau,  L.  244. 
Demerec  367. 
Fischer,  G.  247. 
Fruwirth,  C.  245. 
Grabner,  E.  80. 
Heine,  F.  246. 
Heling  368. 
Jelinek,  J.  156. 
Kalt,  B.  247. 
Kiessling,  L.  245. 
K0lpin,  Ravn  368. 


c)  Persönliche, 

Koric  367. 
Laczko  81. 
Legany ,  Ö.  80. 
Lock,  R.  367. 
Lbchow,  F.  V.  156,  246. 
Mandekic,  V.  367. 
Müller,  H.  244. 
Nemec  367. 
Pammer  368. 
Plaut,  M.  368. 
Raatz,  W.  81. 
Roemer,  Th.  80. 
Rossi,  E.  81,  243. 
Ruft,  G.  244. 


Sessous,  G.  245. 
Schlecht,  F.  156,  247. 
Schulze,  E.  156. 
Snell,  K.  155. 
Stabenow,  P.  244. 
Stadnik  367. 
Strafiak  367. 
Strube,  H.  78. 
Tritschler  156. 
Verstl,  R.  244. 
Winkler,  H.  156. 
Wittmack,  L.  246. 
Wohltmann,  F.  77. 
Zade  80. 


Band  VII,  Heft  1.  Juni  191Ö. 


Zeitschrift 


für 


Pflanzenzüchtung. 

Zugleich  Organ 
der  Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht, 

der 

Österreichischen  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung 

und  des 

Bayerischen  Saatzuchtvereins. 


Unter  Mitwirkung 
von 

L  Kiessling,    H.  Nilsson-Ehle,     K.  v.  Rümker,    E.  v.  Tschermak, 

Weihensteplian  Lund  Berlin  Wien 

herausgegeben 
von 

C.  Fruwirth, 

Wien. 


Mit  7  Textabbildungen  und  3  Bildnissen. 


BERLIN 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey 

Vorlag  für  Landwirtschaft,  Gartenbau  und  Forstwesen 

SW.  11.  Hedemannstraße  10  u.  11 
1919. 


Einzelpreis  10  31.  Ahonnementspreis  8  31. 


Inhalt. 

I.  Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze.  Seite 

Lindliard,    E.   (Ref.),  und  Karsten  Iversen:    Vererbung  von  roten  und  gelben 

Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben 1 

Heinrieb,  M.:  Der  Einfluss  moderner  Reinigungsanlagen  auf  die  Güte  des  Saat- 
guts.    (Mit  4  Textabbildungen) 19 

III.  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

1.  Referate 31 

2.  Bücherbesprechungeu 50 

V.  Kleine  Mitteilungen. 

a)  Wissenscbaftlicbe: 

Mitteilungen  bezüglicb  der  Variabilität  einiger  Grasarten.  Von  J.  Hessing  53 
Bastardierungsversuche   mit   der  grünsamigen  t'hevrier-Bohne.     Von  Prof.  Dr. 

Erich  V.  Tscherraak,  AVien 57 

Ausleseverfahren  zur  Massenauslese  der  Maiskolben.     Von  Prof.  E.  Grabner. 

(Mit  l  Textabbildung)  ■    ■    -^ 61 

Zur  näheren  Kenntnis    der  Faktoren   der  Änthozyanbildung  bei  Pisum.     Von 

Dr.  Siegfried  Bach,  Wien 64 

Zum  Verhalten  der  Baslardienmg  spontaner  Variationen  mit  der  Ausgangsform. 

Von  C.  Fruwirth.     (Mit  2  Textabbildungen) 66 

Noch  ein  Bastardierungsversuch  Pisum  X  Fuba.  Von  Dr.  Siegfried  Bach,  Wien      73 

b)  Andere  Sachliche: 

Ungarische  Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft 74 

Genetica 75 

Hatvaner  Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft 76 

Ungarische  Rabbethge  und  Giesecke  Saatzucht-Aktiengesellschaft 76 

c)  Persüuliche.     (Mit  3  Bildnissen) 77 


Erscheinungsweise:  Die  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  erscheint 
in  zwanglosen  Heften,  deren  4  zu  einem  Bande  vereinigt  werden.  Die  Hefte 
sind  auch  einzeln  käuflich,  ihre  Preise  sind  entsprechend  ihrem  schwankenden 
Umfang  verschieden  und  sind  im  Abonnement  niedriger  als  bei  Einzelbezug.  Das 
Abonnement  veii)flichtet  für  einen  Band. 

Abonnements  nimmt  jede  Sortimentsbuchhandlung  entgegen  sowie  die 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey,  Berlin  SW.  11,  Hedemannstrasse  10  u.  11. 
An  letztere  sind  auch  alle  Zuschriften  in  Anzeigenangelegenheiten  zu 
richten.  Preise  der  Anzeigen:  ganze  Seite  M.  50.  halbe  Seite  M.  30,  viertel 
Seite  M.  16.  Für  alle  das  grosse  Gebiet  der  Pflanzenzüchtung  angehende 
Anzeigen  dürfte  die  „Zeitschrift"  das  geeignetste  Organ  sein. 

Honorar  für  den  Bogen  Text:  48  M.,  Tabellen  24  M.  Von  jedem  Original- 
beitrag können  25  Sonderabdrücke  geliefert  werden,  wenn  dies  bei  Einsendung 
des  Manuskriptes  verlangt  wird. 

Redaktionelle  Zuschriften:  Prof.  Dr.  C.  Fruwirth,  Waldhof  b.  Amstetten 

(N.-Österr.). 
Sonstige   Zuschriften   (Bezug  u.  Anzeigen):   Paul  Parey,  Berlin  SW.  11, 

Hedemannstrasse  10  u.  11. 


Band  VII,  Heft  1.  Juni  1919. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung. 


1. 

Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze. 


Vererbung  von  roten  und  gelben  Farbenmerkmalen 

bei  Beta-Rüben. 

Von 
E.  Lindhard,  Ref.,  und  Karsten  Iversen, 

Tystofte,  Dänemark. 


In  dieser  Zeitschrift,  Bd.  I,  1913,  hat  Birger  Kajanus^)  eine 
Übersicht  über  die  sowohl  von  ihm  selbst  als  auch  von  anderen  Forschern 
aufgeführten  Untersuchungen  bezüglich  der  Vererbung  von  Form-  und 
Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben  und  anderen  Rübenarten  mitgeteilt. 
Die  Farben  der  Beta-Rübe,  mit  welchen  wir  uns  hier  allein  beschäftigen 
werden,  zerfallen  in  drei  deutlich  unterschiedene  Gruppen:  die  roten, 
gelben  (orange-  bis  strohgelb)  und  weissen  (rosa  bis  weiss). 

K  a  i  a  n  u  s  unternimmt  Bastardierungen  zwischen  verschieden- 
farbigen Rüben  von  einer  grossen  Anzahl  verschiedener  Sorten  und 
erhält  Bastarde,  welche  bald  die  Farben  des  Vaters,  bald  die  der  Mutter 
zeigen  und  bald  von  beiden  verschieden  sind.  Die  rote  Farbe  ist  bei 
diesen  F^-Bastarden  stark  hervortretend. 

In  Fg  tritt  eine  deutliche  Spaltung  entweder  in  zwei  oder,  noch 
häufiger,  in  alle  drei  Farben:  rot,  gelb  urd  weiss,  ein,  und  öfters  nähert 
sich  die  Anzahl  der  respektiven  Farben  dem  Verhältnisse  2:1:1.  Es 
treten  aber  schon  in  dieser  Generation  Unregelmässigkeiten  hervor, 
welche  es  wahrscheinlich  machen,  dass  es  dem  Verfasser  nicht  vollständig 
geglückt  ist,  eine  zufällige  Fremdbestäubung  seiner  Samenpflanzen  zu 
vermeiden.  Es  gelingt  ihm  auch  nicht,  auf  Grund  der  für  F2  gewonnenen 
Resultate  Regeln  für  die  Vererbung  der  drei  Farbengruppen  aufzustellen, 


1)  über  die  Vererbungsweise  gewisser   Merkmale  der  Beta-  und  Brassica-Rüben ; 

vgl.  auch  B.  K  a  i  a  n  u  e,  Genetische  Studien  an  Beta.  Zeitschr.  f.  ind.  Abst.  und  Ver- 
erbungslehre Bd.  6,  1911. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtuns:.    Bd.  VII.  1 


2  Lindhard  und  I  v  e  r  s  e  n : 

und  in  F3,  wo  ein  Beitrag  zu  einer  Aufklärung  der  Probleme  zu  er- 
warten war,  vermehren  sich  die  Unregelmässigkeiten  derraassen,  dass 
der  Verfasser  die  Analyse  aufgibt,  um  Zuflucht  in  der  Philosophie  zu 
suchen. 

Später  hat  B.  Kajanus  eine  nochmalige  Behandlung  seines 
Materials  vorgenommen,^)  und  in  der  Voraussetzung,  dass  sämtliche 
Unregelmässigkeiten  von  zufälliger  Fremdbefruchtung  der  einge- 
schlossenen Samenrüben  herrühren,  gelangt  er  der  Hauptsache  nach  zu 
eben  denselben  Resultaten,  welche  wir  auf  Grund  des  hier  vorgelegten 
Materials  erzielt  haben. 

Die  zweijährigen  Rübenformen  der  Art  Beta  vulgaris  blühen 
bei  uns  von  Juni  bis  September.  Die  Blüten  sind  klein,  aber  sehr  zahl- 
reich und  sehr  pollenreich;  sie  sind  ausgesprochen  protandrisch -)  und 
Selbstbefruchtung  kommt  nur  in  geringem  Umfang  vor.  Die  Bestäubung 
geschieht  teils  durch  den  Wind,  teils  durch  Insekten.  Diese  Eigen- 
schaften der  Pflanze  machen  es  in  technischer  Beziehung  äusserst 
schwierig,  ganz  zuverlässiges  selbst (nachbar)bestäubtes  Samenmaterial 
zu  erzeugen.  Wir  hatten  schon  im  Jahre  1913,  als  wir  eine  Untersuchung 
über  die  Anwendbarkeit  der  Inzucht  bei  Runkelrübenveredlung  in  An- 
griff nahmen,  diese  Schwierigkeiten  im  Auge.  Die  hier  behandelte  Frage 
betreffs  der  Erblichkeitsverhältnisse  gewisser  Rübenfarben  bildete  ein 
Glied  der  damals  in  Angriff  genommenen  Untersuchungen. 

Die  ersten  Rüben  wurden  im  Jahre  1913  gepflanzt  und  die  Ab- 
kömmlinge 1914  untersucht;  die  darauf  folgende  Naclikommenschaft 
gelangte  im  Jahre  1916  und  die  letzte  Generation  1918  zur  Unter- 
suchung. Eine  dazwischenliegende  Reihe,  die  1914  angefangen  wurde, 
ist  1915  und  1917  untersucht  worden.  Jedes  Jahr  wurde  das  Samen- 
material im  Monat  Mai  auf  dem  Felde  gesäet,  beim  Verziehen  (gewöhn- 
lich 6 — 7  Wochen  nach  der  Saat)  wurden  in  den  letzten  zwei  Jahren 
sämtliche  ausgejäteten  Rüben  gesammelt,  nach  der  Farbe  geordnet  und 
gezählt.  Die  zurückgebliebenen  Rüben  wurden  erst  nach  der  Ernte  im 
Oktober  gezählt.  Der  genauen  Zählung  sämtlicher  Pflanzen  ist  eine 
grosse  Bedeutung  beizulegen.  Bei  dem  Verziehen  werden  ^/^  oder  mehr 
der  Pflanzen  weggenommen,  und  gleichzeitig  kann  leicht  eine  Auslese 
stattfinden,  wodurch  die  kräftigsten  Pflanzen,  z.  B.  zufällige  Bastarde, 
in  einer  ingezüchteten  Linie  unverhältnismässig  zahlreich  in  dem  stark 
verminderten  Bestand  zur  Repräsentation  gelangen.  Bei  der  Be- 
sprechung der  einzelnen  Resultate  werden  wir  auf  die  nötige  nähere 
Erklärung  dieser  Verhältnisse  zurückkommen. 


')  „trber  die  Farbenvariation  der  Betarüben."  Zeitschr.  für  Pflanzenzüchtung 
Bd.  V,  S.  3.57. 

^)  P.  Knuth,  Handbuch  der  Blütenbiologie  II.  Bd.,  II.  T.,  S.  343,  und 
(■    T  r  u  w  i  r  t  h.  Die  Züchtung  der  landw.  Kulturpflanzen  IL  Bd..  2.  Aufl..  S.  43. 


Vererbung  von  roten  und  gelben  Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben.  3 

In  den  Jahren  1913,  1914  und  1915  wurden  die  Öamenrüben  in  ge- 
schlossenen Häuschen  mit  Wänden  von  Baumwollenstoff  und  mit 
gläsernem  Dach,  und  zwar  entweder  eine  Rübe  allein  oder  zwei  Ge- 
schwister-Rüben beisammen,  gezogen.  Durch  dieses  Verfahren  wurde 
die  Verhütung  einer  zufälligen  Fremdbestäubung  angestrebt  und  in 
einer  Mehrzahl  von  Fällen  —  soviel  wir  es  nach  der  Farbe  und  Form 
der  Nachkommenschaft  beurteilen  können  —  auch  erreicht.  1916  und 
1917  "wurde  in  vielen  Fällen  nur  ein  Zweig  einer  jeden  Samenpflanze  zur 
Selbstbestäubung  oder  zwei  Zweige  aus  Nachbarpflanzen  zur  Fremd- 
bestäubung in  dieselbe  Tüte  (Sack)  eingeschlossen.  Wenn  zwei  solche 
Zweige  in  der  Entwicklung  und  Blühzeit  übereinstimmen,  werden 
normalerweise  sämtliche  Blüten  fremdbefruchtet;  bleibt  aber  die  Ein- 
sperrung bis  zur  Reife  sämtlicher  Samen  aufrechterhalten,  dann  werden 
schon  viele  der  bestentwickelten  Samen  von  beiden  Pflanzen  abgefallen 
und  in  der  Tüte  gemischt  worden  sein ;  auch  wird  man  die  beiden  Zweige 
nicht  ohne  weiteren  Samenverlust  trennen  können.  Bei  einer  genauen 
Trennung  der  den  reziproken  Kreuzungen  entstammenden  Samen  würde 
mithin  das  Quantum  derselben  bedenklich  abnehmen.  In  vielen  Fällen 
wurden  daher  diese  Samen  in  Mischung  ausgesäet. 

Unser  Zuchtmaterial  stammt  aus  der  roten  Eckendorfer 
Rübe,  aus  der  gelben  des  Barres  und  der  weissen  Zuckerrübe, 
ferner  aus  Beta  maritima  und  Mangold,  Beta  cicla. 

In  diesem  Material  ist  eine  kräftige  strohgelbe  Farbe,  wie  diese 
bei  der  gelben  Eckendorfer  Rübe  oder  als  Grundfarbe  der  orangegelben 
des  Barres  hervortritt,  eine  Bedingung  für  die  Entstehung  einer  Farbe 
überhaupt.  Fehlt  die  Anlage  für  gelb,  so  bleibt  die  Rübe  weiss.  Die 
verschiedenen  orangengelben  Farben  zeigen  sich  demzufolge  nur  mit 
gelb  zusammen  und  modifizieren  das  letztere  in  verschiedener  Weise, 
doch  ohne  die  Grenze  zwischen  rot  und  gelb  zu  verwischen;  diese  Farben 
haben  wir  im  nachfolgenden  ausser  Betracht  gelassen.  Die  rote  Farbe 
dominiert  über  die  gelbe. 

Gesetzt,  dass  die  Faktoren  R  und  G  vereint  die  rote  Farbe  her- 
vorrufen, der  Faktor  G  allein  die  gelbe,  während  R  allein  keine  Farbe 
hervorbringt,  dann  wird  eine  Pflanze,  die  in  beiden  Anlagen  Bastard 
ist,  die  Formel  Rr  Gg  erhalten  und  bei  Selbst-  (Nachbar-)  bestäubung 
die  folgende  Nachkommenschaft  geben: 

Fa  F3 

1  RRGG  rot  konstant  rot 

2  RRGg  rot  spaltend,  3  rot :  1  weiss 

1  RRgg  weiss  konstant  weiss  mit  Anlage  für  rot 

2  RrGG  rot  spaltend,  3  rot :  1  gelb 

4  RrGg  rot  spaltend,  9  rot :  3  gelb  :  4  weiss 


4  Lindhard  und  1  v  e  r  s  e  n : 

2  Krgg  weiss  spaltend,  3  weiss  mit,  1  weiss  ohne  Anlage  für  rot 

1  rrGG  gelb  konstant 

2  rrGg  gelb  spaltend,  3  gelb  :  1  weiss 
1  rrgg  weiss  konstant,  doppelt  rezessiv. 

F2  gibt  dann  9  rot :  3  gelb  :  4  weiss. 

Ausser  den  in  F3  durch  Selbst-  (Nachjbar-)  bestäubung  der  9  ver- 
schiedenen Fo-Pflanzen  hervorgebrachten  Kombinationen  sind  bei  gegen- 
seitiger Befruchtung  von  je  zwei  Pflanzen  noch  36  Kombinationen  mög- 
lich, welche  wiederum  die  Entstehung  verschiedener  Spaltungszahlen 
veranlassen.  Es  wird  nicht  notwendig  sein,  die  ganze  Serie  hier  wieder- 
zugeben. 

Tabelle  I  (s.  S.  15)  umfasst  die  Nachkommenschaft  einer  weissen 
Rübe,  welche  durch  Abspaltung  aus  roten  Rüben,  die  einer  alten  Bastar- 
dierung zwischen  roter  Eckendorfer  und  weisser  Zuckerrübe  entstammten, 
hervorgegangen  ist.  Diese  weisse  Rübe  gab  durch  zufällige  Fremd- 
bestäubung einige  rotfarbige  Nachkommen.  Unter  diesen  wurden  zwei 
Rüben,  Nr.  32  und  33,  zur  Weiterzucht  genommen.  Sie  wurden  zu- 
sammen eingeschlossen  und  gaben  eine  Nachkommenschaft  von  im  ganzen 
etwas  über  5000  Rüben. 

Nr.  32,  die  rot :  weiss  ungefähr  im  Verhältnis  3 : 1  spaltet,  hat 
ausserdem  eine  kleine  Anzahl  gelber  Rüben  gegeben.  Diese  letzteren 
dürften  wahrscheinlich  aus  von  Selbstbefruchtung  hervorgegangenen 
Samen  herrühren.  Solche  Samen  keimen  gewöhnlich  langsamer  und 
schwächer  als  diejenigen,  welche  einer  Fremdbestäubung  entstammen. 
Diese  Annahme  findet  eine  Stütze  in  der  Erscheinung,  dass  sämtliche 
gelbe  Pflanzen  bei  dem  Verziehen  im  Juni  unter  die  kleinen  Rüben  auf- 
genommen und  gezählt  wurden. 

Die  weisse  P-Pflanze,  die  —  obgleich  sie  von  sowohl  gelben  als 
roten  Samenrüben  umgeben  war  —  einige  rotfarbige,  aber  keine  gelben 
Nachkommen  gab,  erhält  die  Formel  RRgg.  Nr.  32  hat  denmach  von 
der  Mutter  den  Faktor  Rg  und  vom  Vater  rG,  erhält  also  die  Formel 
RrGg  und  muss  bei  Selbstbefruchtung  eine  Nachkommenschaft  von 
9  rote,  3  gelbe,  4  weisse  ergeben. 

Den  28  gelben  Rüben  entsprechen  daher  ca.  84  rote  und  37  weisse, 
im  ganzen  müssen  149  Rüben  aus  3103  oder  ca.  5  "/^  von  Selbst- 
bestäubung herrühren.  Zieht  man  diese  149  Rüben  von  der  Gesamtzalil 
ab,  so  bleiben  2190  rote  und  764  gelbe  Rüben  zurück.  Dieses  gibt  die 
Verhältniszahlen  rot :  gelb  =  2,9? :  1,03,  also  eine  Abweichung  von 
±  0,03,  was  gerade  der  Grösse  des  mittleren  Fehlers  für  dieses  Zahlen- 
verhältnis bei  einer  Gesamtzahl  von  3000  entspricht.^) 


1)  Vgl.  W.   Johannsen,  Elemente  der  exakten  Erblichkeitslehre.     Jena  1909, 
S.  405. 


Vererbung  von  roten  und  gelben  Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben.  5 

Rübe  Nr.  33  muss  bei  Selbstbefruchtung  dasselbe  Verhältnis 
zwischen  der  Anzahl  roter  und  weisser  Rüben  ergeben  wie  bei  Be- 
fruchtung bei  Pollen  aus  Nr.  32 ;  ihre  Nachkommenschaft  kann  demnach 
zusammen  behandelt  werden.  Hier  haben  die  roten  Rüben  das  Über- 
gewicht; wir  finden  3,15  rote :  0,85  weisse,  also  einen  Unterschied  von 
+  0,15  von  den  zu  erwartenden  Zahlen.  Der  mittlere  Fehler  pr.  2000 
ist  für  das  Zahlenverhältnis  3:1  =  +  0,039,  die  gefundene  Abweichung 
also  fast  4  mal  die  Grösse  des  Mittelfehlers. 

In  der  nächsten  Generation  wurde  die  Zucht  mit  einer  Anzahl  der 
am  stärksten  roten  Rüben,  ferner  mit  einer  Anzahl  mittelroter  und 
einigen  weissen  Rüben  weiter  fortgesetzt.  Unter  den  erstgenannten 
haben  2  durch  Selbstbestäubung  und  2  durch  Fremdbestäubung  lauter 
rotfarbige  Nachkommen  gegeben.  Eine  selbstbestäubte  Rübe,  Nr.  7,  und 
eine  Bastardierung,  Nr.  8,  haben  in  rot  und  gelb  gespalten.  In  dem 
letzteren  Falle  weicht  die  Spaltungszahl  stark  von  dem  erwarteten  Ver- 
hältnis ab.  Es  wurden  1206  rote  und  669  gelbe  Rüben  gefunden,  was 
2,578  :  1,422  entspricht;  die  Abweichung  beträgt  ±  0,422,  also  fast  das 
11  fache  des  mittleren  Fehlers  bei  einer  Anzahl  von  2000.  Eine  Koppe- 
lung der  Faktoren  G  und  R  vermag  nicht  diese  Abweichung  von  der 
wahrscheinlichen  Zahl  zu  erklären,  indem  der  Bastard  RrGG  von  dem 
einen  seiner  Eltern  die  Verbindung  RG,  von  dem  anderen  rG  empfangen 
haben  muss,  selbst  bei  vollständiger  Koppelung  müsste  die  Spaltung 
also  das  normale  Resultat  ergeben. 

Die  anderen  roten  Rüben  unter  Nr.  9 — 13,  welchen  wir  in  unseren 
Notizen  „Bastardfarbe"  beigelegt  haben,  lassen  sich  sämtlich  ohne  Aus- 
nahme als  doppelt  heterozygotisch  erkennen,  indem  ihre  Nachkommen- 
schaften in  den  drei  Farben  rot,  gelb  und  weiss  im  Verhältnis  9:3:4 
spalten.  In  sämtlichen  Fällen  findet  man  —  mit  einer  Ausnahme,  die 
jedoch  nur  wenige  Individuen  umfasst  —  etwas  zu  wenig  rote  Rüben. 
V\^ährend  das  Verhältnis  zwischen  roten  und  nicht  roten  Rüben  9  : 7 
betragen  sollte,  findet  man  für  sämtliche  4397  Rüben  8,43 : 7,57,  also 
eine  Abweichung  von  +  0,57,  was  bei  der  betreffenden  Anzahl  etwas 
über  4  mal  soviel  als  den  mittleren  Fehler  beträgt.  Von  sämtlichen 
4397  Rüben  entwickelten  sich  846  zu  voller  Grösse;  für  sich  genommen 
ergeben  diese  letzteren  beinahe  die  gleiche  Abweichung  von  dem  Ver- 
hältnis 9 : 7  wie  die  kleinen  Rüben. 

Wir  werden  in  Kürze  untersuchen,  welchen  Abweichungen  von  einer 
gleichmässigen  Faktorenverteilung  diese  Unregelmässigkeit  entspricht. 
Denkt  man  sich  in  dem  Bastard  RrGg  eine  Koppelung,  und  zwar  in  dem 
Maße,  dass  die  Faktorenverbindungen  Rg  und  rG  nmal  so  häufig  wie 
die  Verbindungen  RG  und  rg  abgegeben  werden,  so  erhält  man  anstatt 
des  Verhältnisses  9:3:4  für  rot :  gelb  :  weiss  das  Verhältnis 

2  n^  +  4  n  +  3  rote  :  n^  +  2  n  gelbe  :  n''^  +  2  n  +  1  weiss ; 


Q  Lindhard  und  I  v  e  r  s  e  n : 

bein=2  also  19  rote,  8  gelbe,  9  weisse,  was  auf  16  verteilt  8,44:3,56:4,00 
ergibt.  Diese  Zahlenwerte  stimmen  besser  als  das  Verhältnis  9:3:4 
mit  den  gefundenen;  jedoch  hat  die  Quadratsumme  der  Abweichungen 
noch  nicht  ihr  Minimum  erreicht,  und  2  ist  also  nicht  der  für  n  wahr- 
scheinlichste Wert. 

Nimmt  man  für  sich  allein  die  Nachkommenschaft  der  Nr.  12,  die 
aus  Selbstbestäubung  hervorgegangen  ist  und  2712  Rüben  umfasst,  und 
setzt  man  n  =  1,75,  dann  wird  das  -erwartete  Zahlenverhältnis  ver- 
schoben, und  zwar  von  9:3:4  auf 

8,53  rote  :  3,47  gelbe  :  4,00  weisse 
Nr.  12  ergab  für  2712  Rüben       8,48     „     :  3,42       „     :  4,10 

Abweichung  -0,05        -0,05  +0,10 

Die  Abweichungen  liegen  innerhalb  der  Fehlergrenzen,  indem  der 
mittlere  Fehler  bei  einer  Anzahl  von  2500  für  die  Zahlen  Verhältnisse 
9:7,   13:3  und  12:4  +  0.16,  +0.13  und  +0.14  beträgt. 

Nimmt  man  ferner  die  sämtlichen  übrigen  Doppeltheterozygoten 
Nr.  9,  10,  11  und  13  mit  im  ganzen  1685  Rüben,  so  wird  der  Fehler 
sein  Minimum  ungefähr  bei  n=  1,65  erreichen.  Wenn  man  diesen  Wert 
einsetzt,  wird  das  erwartete  Zahlenverhältnis  auf 

8,58  rote  :  3,42  gelbe  :  4,00  weisse  verschoben 
Nr.  9,   10,   11  und  13 

gaben  für  1685  Rüben 

zusammen  ....        8,35     ,.    :  3,20       ,.     :  4,45       „ 


Abweichung  -  0,23        -  0,22  +  0,45 

Mittelfehler  für  1600   +  0,20       +  0,16  +  0,18 

Der  für  n  wahrscheinliche  Wert  liegt  demnach  zwischen  1,65  und 
1,75,  was  einer  Koppelung  mit  36 — 38  %  ,, Crossing  over"  entspricht. 

Selbst  wenn  die  Vermutung  sich  bestätigen  sollte,  dass  hier  eine 
Koppelung  vorliege,  so  ist  doch  damit  noch  nicht  jede  Unregelmässig- 
keit in  den  Spaltungszahlen  aus  der  Welt  gebracht.  Nr.  9  und  10  in 
Tabelle  I  geben  z.  B.  beide  ein  wenig  zu  viele  weisse  Rüben. 

Trotz  dieser  Unregelmässigkeiten  bestätigen  die  Resultate  die 
oben  S.  3  und  4  aufgestellte  Hypothese. 

Nr.  14 — 17  entstammen  von  weissen  Rüben  in  F2.  Da  der  eine 
von  den  Eltern  RR,  der  andere  R  hätte,  müssen  sie  alle  entweder  R 
oder  RR  in  ihrer  Formel  haben. 

Die  roten  Rüben  in  ihrer  Nachkommenschaft  sind  leider'  auf  zu- 
fällige Fremdbefruchtung  zurückzuführen.  Ihre  Anzahl  ist  am 
grössten,  wo  die  Rüben  eine  jede  für  sich  eingeschlossen  waren,  dagegen 
unbedeutend,  wo  zwei  Samenrüben  zusammen  eingeschlossen  wurden. 
Die  Selbstbefruchtung  verläuft  langsam,  sozusagen  mit  viel  Friktion, 
und  unter  solchen  Verhältnissen  zieht  sich  die  Blühzeit  in  der  Regel 


Vererbung  von  roten  und  gelben  Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben.  7 

sehr  in  die  Länge.  Die  Blüten  sind  lange  Zeit  hindurch  für  den  fremden 
Staub  empfänglich.  Jedes  fremde  Pollenkörnchen,  das  unter  diesen 
Verhältnissen  an  die  Pflanze  herankommt,  wird  gute  Aussicht  haben, 
eine  Befruchtung  zu  vollziehen,  während  umgekehrt  die  Aussichten  sich 
sehr  verringern  werden,  wenn  im  voraus  ein  Überschuss  an  wirksamem 
Blütenstaub  zugegen  ist,  wie  es  der  Fall  ist,  wo  zwei  Samenträger  zu- 
sammen eingeschlossen  sind. 

Ferner  waren  die  roten  Rüben  von  Anfang  an  durchschnittlich  von 
kräftigerem  Wuchs  als  die  weissen.  Wir  fanden  beim  Verziehen  im 
Juni,  wo  besonders  die  kleinsten  Rüben  entfernt  werden,  909  weisse  und 
keine  roten  Rüben,  bei  der  Aufnahme  im  Oktober  dagegen  304  weisse 
und  25  rote  Rüben.  Dieses  stimmt  damit  überein,  dass  die  aus  Fremd- 
bestäubung hervorgegangenen  Samen  am  schnellsten  und  kräftigsten 
keimen. 

Nr.  14  ist  ein  konstanter,  weisser,  tief  in  die  Erde  wachsender 
Kegel  mit  ausgebreiteter  Blattrosette.  Hier  lässt  die  Bastardierung 
sich  direkt  nachweisen,  indem  die  5  roten  Rüben  alle  aufrechtstehende 
Blätter  hatten  und  sämtlich  ^1^  über  der  Erde  wuchsen.  Es  kann  noch 
hinzugefügt  werden,  dass  in  stark  ingezüchteten  Linien  eine  Kreuzung 
sich  fast  immer  nachweisen  lässt. 

Die  Tabelle  II  (s.  S.  16)  umfasst  die  Nachkommenschaft  einer 
gelben  Rübe  von  der  Sorte  des  Barre s.  Dieselbe  hatte  einen  grossen 
Tumor,  Rübenkropf,  und  die  Auspflanzung  geschah,  weil  man  unter- 
suchen wollte,  inwiefern  der  Rübenkropf  sich  durch  den  Samen  auf  die 
Nachkommenschaft  übertragen  lässt.  Es  stellte  sich  heraus,  dass  dies 
nicht  der  Fall  ist.  Die  Rübe  gab  unter  ihren  Nachkommen  bei  zufälliger 
Fremdbestäubung  auch  vereinzelte  rote  Rüben,  und  mit  zwei  von  diesen, 
Nr.  21  und  Nr.  20,  wurde  die  Zucht  in  F2  weitergeführt. 

Hier  spalten  die  beiden  reziproken  Bastardierungen  rot  und  gelb 
sehr  genau  im  Verhältnisse  3  rote :  1  gelbe.  Die  Abweichung  beträgt 
nur  +  0,013,  der  plausible  mittlere  Fehler  bei  einer  Anzahl  von  4500 
ungefähr  das  Doppelte. 

Die  doppelte  Bastardierung  Fg.  Nr.  4,  hat  10  gelbe  Rüben  gegeben 
—  sämtlich  unter  den  kleinen  Pflanzen  aufgezählt  —  bei  einer  Gesamt- 
zahl von  299  Rüben.  Hieraus  lässt  sich  schliessen,  dass  die  eine  von 
den  beiden  Rüben  Nr.  563  und  565  heterozygotisch  in  R  gewesen  ist, 
so  dass  Selbstbefruchtung  gelb  geben  konnte.  Den  10  gelben  Rüben 
entsprechen  daher,  bei  Spaltung  3:1,  30  rote  Rüben,  oder  im  ganzen 
40  Rüben,  welche  aus  Selbstbefruchtung  hervorgegangen  sind. 

Auch  Nr.  6  und  7  spalten  in  dem  Verhältnisse  3:1;  Nr.  6  zeigt 
eine  Abweichung  doppelt  so  gross  wie  der  mittlere  Fehler,  Nr.  7  eine 
von  der  Grösse  des  mittleren  Fehlers ;  und  was  endlich  die  letzten  gelben 
Rüben  betrifft,  so  haben  sie  konstant  gelbe  Nachkommenschaft  gegeben. 


8  L  i  n  d  h  a  r  d  und  I  v  e  r  s  e  n : 

In  Tabelle  III  (s.  S.  16)  bildet  eine  Rübe  mit  3  Köpfen  —  eine 
Eigenschaft,  die  sich  bei  der  Naclikommenschaft  nicht  wiederholte  — 
den  Ausgangspunkt.  Diese  Rübe  entstammt  einer  alten  Bastardierung 
zwischen  roter  Eckendorfer  und  weisser  Zuckerrübe. 

Die  Nachkommenschaft  —  bezeichnet  Fo  —  spaltet  3  rote  und 
1  gelbe  mit  einer  Abweichung  von  +0,37,  was  bei  einer  Anzahl  von 
100  etwas  mehr  als  2  mal  den  plausiblen  mittleren  Fehler  ausmacht. 
Noch  eine  3 : 1-Spaltung  findet  man  (F^  Nr.  9),  ebenfalls  mit  einer  sehr 
geringen  Anzalil  von  Pflanzen.  Es  interessieren  hier  die  Spaltungszahlen 
weniger  als  die  Tatsache,  dass  sowohl  die  roten  als  die  gelben  Rüben, 
demselben  Bastard  entstammend,  sich  bei  Inzucht  während  zwei  Gene- 
rationen bezüglich  der  Farben  schön  konstant  halten.  Nur  in  einer 
Abteilung  von  gelben  Rüben,  F4  Nr.  10,  hat  sich  eine  nicht  beabsichtigte 
Bastardierung  mit  rot  eingeschlichen. 

Tabelle  IV  (s.  S.  17)  umfasst  die  Resultate  einer  Bastardierung 
zwischen  der  gelben  des  Barres-Rübe  und  weissrippigem  Mangold,  B.  cicla. 

Im  Jahre  1914  wurden  in  unmittelbarer  Nähe  eines  Isolierhäuschens, 
wo  eine  des  Barres-Rübe  gepflanzt  war,  ein  paar  Mangoldpflanzen 
gesetzt,  da  wir  untersuchen  wollten,  ob  das  Häuschen  dicht  genug  war. 
um  Fremdbestäubung  zu  verhüten.  Das  Resultat  gestaltete  sich  so, 
dass  wir  in  der  Naclikommenschaft  dieser  Barres-Rübe  unter  mehreren 
Hunderten  von  normalen  Rüben  2  Bastarde  fanden,  einen  roten  und  einen 
gelben,  welche  sich  dem  Aussehen  nach  als  Zwischenformen  dieser  beiden 
weit  verschiedenen  Formenkreise  darstellten. 

Diese  beiden  Pflanzen  sind  im  Jalire  1916  gegenseitig  bestäubt 
worden,  beide  auf  eine  „Gelb  des  Barres"-Rübe  zurückbastardiert  und 
beide  mit  weisser  Zuckerrübe  bastardiert.  Die  Ergebnisse  lassen  sich 
ohne  Unregelmässigkeiten  in  unser  Schema  einfügen. 

Der  in  diesem  Falle  aus  dem  Mangold  stammende  Faktor  für  rot 
verhält  sich  also  gelb  gegenüber  in  der  gleichen  Weise  wie  das  rot, 
womit  wir  es  bisher  zu  tun  hatten;  nach  den  vorliegenden  Daten  lässt 
es  sich  aber  nicht  erkennen,  ob  die  beiden  identisch  sind. 

Während  wir  das  Resultat  der  Bastardierung  zwischen  des  Barres 
und  Mangold  durch  sämtliche  Glieder  verfolgen  konnten,  ist  dies  mit  der 
folgenden  Bastardierung  zwischen  Beta  maritima  und  Runkelrübe  nicht 
der  Fall.  Diese  Bastardierung  wurde  von  L.  Heiweg  auf  die  Weise 
ausgeführt,  dass  Pflanzen  der  B.  maritima  aus  der  Insel  Sams^e  in 
unmittelbarer  Nähe  von  Pflanzen  der  gelben  des  Barres  oder  der  roten 
Eckendorfer  Rübe  gepflanzt  wurden.  Das  Samenmaterial  aus  jeder 
dieser  Pflanzen  wurde  separat  gesäet,  und  wir  erhielten  hiervon  im  Früh- 
jahr 1914  Mutterrüben,  welche  nach  der  Form  sortiert  in  Isolierhäuschen 
je  3  und  3  gepflanzt  wurden.  Leider  besitzen  wir  bezüglich  der  Farbe 
keine  sicheren  Notizen;  es  ist  auch  nicht  notiert  worden,  in  welchen 


Vererbung  von  roten  und  gelben  Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben.  9 

Fällen  sämtliche  drei  Pflanzen  Samen  gegeben  haben,  oder  wo  einige 
von  dieser  „getrotzt"  haben  oder  zu  früh  verwelkten.  Falls  die  Beta 
maritima  eine  konstante  Form  gewesen  wäre,  unbeeinflusst  durch  frühere 
Bastardierungen  mit  Kulturformen,  so  würde  diese  weniger  Bedeutung 
haben;  dies  ist  aber  wahrscheinlich  nicht  der  Fall. 

T  a  b  e  1 1  e  V  (s.  S.  17)  zeigt  die  Resultate  in  Fa.  Die  Zahl  der  Rüben 
ist  zu  gering  —  im  Jahre  1915  haben  wir  die  kleinen  Rüben  noch  nicht 
mitgezählt  — ,  um  als  Grundlage  einer  genaueren  Prüfung  der  Regel- 
mässigkeit der  Spaltungszahlen  dienen  zu  können.  Es  mag  aber  doch 
angeführt  werden,  dass  die  beiden  Barres-Bastarde  zusammen  genommen 
eine  Neigung  zur  Koppelung  RgrG  zeigen,  was  damit  übereinstimmt, 
dass  sie  von  der  Barres-Rübe  rG,  von  der  B.  maritima  Rg  empfangen 
haben.  Es  stimmt  hiermit  überein,  dass  der  Bastard  B.  maritima  X  rote 
Eckendorfer,  der  von  der  Mutterpflanze  wahrscheinlich  rg  und  von  der 
Vaterpflanze  RG  empfangen  hat,  eine  Andeutung  der  entgegen- 
gerichteten Koppelung  aufweist.     Die  Koppelung  RGrg  gibt  nämlich: 

3  n^  +  4  n  +  2  rote  :  2  n  +  1  gelbe  :  n'-^  +  2  n  -|-  1  weisse, 
oder  bei  n  =  2,  auf  16  verteilt: 

9,78  rote:  2,22  gelbe: 4,00  weisse. 

Wenn  auch  die  gefundenen  Zahlen  klein  und  unsicher  sind,  so  sind 
ßie  doch  dieser  Verteilung  näherliegend  als  der  gewöhnlichen  9:3:4. 

Die  Beta  maritima  enthielt  aber  also  auch  ein  R,  einen  Faktor 
für  rot,  den  wir  auch  in  der  nächsten  Generation  verfolgen  können. 

In  der  T  a  b  e  1 1  e  VI  (s.  S.  17)  findet  man  die  Resultate  für  F3,  Die- 
selben bieten  ein  besonderes  Interesse,  indem  die  ganze  Serie  von  F2- 
Bastarden  nicht  allein  ]e  2  und  2  gegenseitig  zur  fortgesetzten  Zucht  be- 
stäubt, sondern  auch  mit  weisser  Zuckerrübe  bastardiert  wurden.  In 
dieser  Serie  waren  nur  blühende  Zweige  zusammen  eingeschlossen,  und 
das  Samenmaterial  aus  den  reziproken  Bastardierungen  wurde  gemischt 
ausgesäet.  Trotz  dieses  summarischen  Verfahrens  sind  die  Resultate 
durch  Selbstbestäubung  nicht  nachweisbar  gestört.  Bei  der  Bastar- 
dierung gelb  X  weiss  erscheinen  z.  B.  nur  gelbe  bzw.  gelbe  und  rote 
Rüben,  wo  solche  zu  erwarten  sind,  und  das  Bild  wird  nicht  durch  ver- 
einzelte weisse  gestört. 

Zwei  Serien,  Nr,  8  und  Nr.  9,  ergeben  abweichende  Spaltungs- 
zahlen ;  Nr.  8  nähert  sich  den  trihybriden  Zahlen :  36  rote :  21  gelbe : 
7  weisse.  Bei  beiden  sind  aber  die  Zahlen  so  abweichend,  dass  entweder 
neue  Faktorenkomplikationen  eingetreten  sind  oder  grobe  Mängel  bei 
der  Isolierung  in  Frage  kommen,  die  der  Aufmerksamkeit  entgangen 
sind.  Es  sei  hier  noch  bemerkt,  dass  bei  den  B.  mar^ima-Bastarden  die 
Verteilung  der  Farben  auf  der  Rübe  etwas  unregelmässig  erscheint,  und 
dass  wir  kleine  Rüben  nicht  mit  der  gewöhnlichen  Sicherheit  in  die 
drei  Farbengruppen  trennen  konnten. 


10  Lindhard  und  Ivereen: 

Nur  einer  von  den  dihybriden  Bastarden,  nämlich  Fg,  Nr.  11,  gibt 
eine  so  zahlreiche  Nachkommenschaft,  dass  sie  einen  Beitrag  zur  Er- 
leuchtung der  Koppelungshypothese  geben  kann.  Man  findet  hier  die 
gewöhnliche  Verschiebung  entsprechend  der  Koppelung  RgrG,  und  der 
Fehler  wird  sein  Minimum  bei  n  =  ca.  1,9  erreichen.  Nehmen  wir  zu- 
sammen die  Naclikommenschaft  von  Nr.  11,  Tabelle  VI,  und  Nr.  12, 
Tabelle  I,  so  bekommen  wir  eine  grosse  Gesamtzahl,  ohne  dass  zweifel- 
hafte Einzelfälle  in  die  Rechnung  mit  eingehen, 

in  allem 2502  rote  :  1031  gelbe  :  1164  weisse  Rüben 

entsprechend     .     .     .       8,523    „     :  3,512      „     :  3,965      ,,  „ 

bei  n  =  1,81  hat  man       8,504    „     :  3,496      „     :  4,000      „ 

Abweichung  +0,019       +0,016         -0,035 

Der  plausible  mittlere  Fehler  bei  einer  Gesamtzahl  von 
4700  Pflanzen  beträgt  für  die  Zahlenverhältnisse: 

8,5  :  7,5  12,5  :  3,5      und      12  :  4 

+  0,117  +0,096  +0,101. 

Es  unterliegt  sonach  keinem  Zweifel,  dass  wir  bei  diesen  dihy- 
briden Spaltungen  derselben  Verschiebung  der  Spaltungszahlen  begegnen, 
welche  bei  einer  Koppelung  zwischen  G  und  R,  deren  zahlenmässiger 
Wert  in  der  Nähe  von  1,8  liegt,  erscheinen  würde. 

Es  darf  uns  nicht  beunruhigen,  dass  wir  überall,  wo  die  Zahlen 
gross  genug  waren,  RgrG  gefunden  haben  und  die  entgegengerichtete 
Koppelung  nicht  mit  Sicherheit  nachweisen  konnten.  Hat  man  nämlich 
in  Fj  den  Bastard  RgrG,  dann  muss  man  in  F2 

n^  RgrG-Fflanzen  :  1  RGrg-Pflanze 
erwarten.     Wenn  2  Fo-Pflanzen  sich  gegenseitig  bestäuben,  wird  man 
also  auch  gelegentlich  RgrG  X  RGrg  erhalten  = 

2  n-  +  5  n  +  2  rote  :  n^  +  n  +  1  gelbe  :  n^  +  2  n  +  1  weisse, 
was   bei  n  =  2   8,9 : 3,1  : 4,0    entspricht,    also    eine   sehr    geringe   Ver- 
schiebung des  Zahlenverhältnisses  9:3:4. 

Es  erübrigt  noch  die  letzte  Prüfung  der  Koppelungshypothese,. 
deren  Ausführung  uns  dieses  Material  ermöglicht. 

Die  Koppelung  soll  sich  mit  dem  grössten  Ausschlag  zeigen,  wenn 
der  Dihybrid  auf  die  doppelt  rezessive  Form  zurückbastardiert  wird. 
Es  soll  sich  hier  folgendes  Schema  ergeben: 

RgrG  X  rgrg  ==  1  rote  :  n  gelbe  :  n  +  1  weisse 
oder  RGrg  X  rgrg  =  n  rote  :  1  gelbe :  n  +  1  weisse. 

Diese  Bastardierung  zwischen  rotem  Bastard  und  weisser  Zucker- 
rübe kommt  unter  Nr.  10  und  Nr.  1  in  Tabelle  VI  vor.    Wir  finden  hier 

57  rote :  49  gelbe  :  105  weisse 
und  41  rote :  38  gelbe  :    74  weisse  Rüben, 


Vererbung  von  roten  und  gelben  Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben.  H 

also  Zahlen,  die  in  beiden  Fällen  sich  dem  Verhältnisse  1:1:2  nähern 
und  also  eine  freie  Verteilung  der  Faktoren  R  und  G  andeuten,  während 
wir  1 : 1,8  :  2,8  oder  1,8  : 1 :  2,8  hätten  erwarten  sollen.  Die  Gesamt- 
anzahl der  Pflanzen  in  diesen  beiden  Fällen  ist  aber  eine  geringe;  eine 
Selbstbestäubung  des  Bastardes,  wodurch  die  Anzahl  gelber  und  roter 
Rüben  verschoben  wird,  ist  nicht  ausgeschlossen,  und  endlich  lässt  es 
sich  noch  nicht  mit  Sicherheit  behaupten,  dass  wir  es  in  allen  Fällen 
mit  demselben  R  zu  tun  gehabt  haben;  es  wird  aber  doch  notwendig 
sein,  hinter  der  Koppelungshypothese  ein  Fragezeichen  zu  setzen. 

Es  mag  hinzugefügt  werden,  dass  man  durch  Einführung  eine& 
Todesfaktors,  T,  in  die  Rechnung  dieselben  Spaltungszahlen  erreichen 
kann.  Wenn  man  annimmt,  dass  T  für  sich  allein  keinen  merkbaren 
Einfluss  ausübt,  aber  dass  Zygoten  mit  TT  in  ihrer  Formel  nie  zur 
Entwicklung  kommen,  und  dass  T  anstatt  G  an  R  gekoppelt  ist,  dann 
wird  man  dieselbe  Verschiebung  in  den  Spaltungszahlen  der  Dihybride 
wie  bei  einer  Koppelung  zwischen  R  und  G  erhalten;  gleichzeitig  soll 
aber  die  Heterozygote  RrGG,  anstatt  3  rote :  1  gelbe,  gelegentlich 
2n2  +  4n  +  3  rote  :  n^  +  2n  gelbe  spalten,  also  bei  n  =  2  19  rote  :  8  gelbe. 
In  vielen  Fällen  haben  wir  eben  Zahlen  gefunden,  welche  diesem  Ver- 
hältnis näher  kommen  als  dem  Verhältnis  3:1.  Und  schliesslich  wird 
die  Koppelung  bei  Rückbastardierung  auf  die  doppelt  rezessive  Form 
nur  an  den  Tag  treten,  wenn  auch  diese  letztere  T  enthält,  weil  man 
im  entgegengesetzten  Falle 

n  -f- 1  rote  :  n  +  1  gelbe  :  2  n  +  2  weisse 

bekommen  muss,  was  dem  normalen  Verhältnis  1:1:2  entspricht. 

Bei  Betrachtung  der  Spaltungszahlen  muss  man  auch  die  Möglich- 
keit vor  Augen  haben,  dass  gelegenthch  in  unserem  Material  irgendeine 
nicht  beabsichtigte  Fremdbestäubung  stattgefunden  hat.  Um  einiger- 
massen  beurteilen  zu  können,  in  welchem  Umfange  dieses  wahrscheinlich 
der  Fall  gewesen  ist,  haben  wir  nachstehend  sämtliche  Fälle  gesammelt, 
welche  eine  gleichfarbige  Nachkommenschaft  von  gelber  oder  weisser  Farbe 
hätten  geben  sollen,  im  ganzen  15  Serien  gelber  und  6  Serien  weisser 
Rüben.  Hier  sollen  sämtliche  rote  Rüben  aus  zufälliger  Fremdbestäubung 
hervorgegangen  sein;  der  fremde  Staub  kann  aber  natürlich  auch  die- 
selben Farbenanlagen  gebracht  haben,  welche  die  Mutterrübe  selbst 
enthielt.  Wir  haben  nun  überwiegend  gelbe  und  rote,  aber  nur  wenige 
weisse  Rüben  gezüchtet.  In  den  weissen  Serien  werden  deshalb  fast 
sämtliche  unechte  Rüben  rot  sein,  und  wir  brauchen  sicher  nicht  mit 
mehr  als  1^/4  mal  die  gefundene  Anzahl  von  roten  Rüben  zu  rechnen. 
Bei  den  gelben  Serien  werden  wir  wahrscheinlich  sicher  gehen,  wenn  wir 
die  Anzahl  der  roten  Rüben  mit  3  multiplizieren.    Wir  haben: 


12  L  in  dhar  d  und  I  ver  s  en: 

Nachkommen  gelber  Rüben.  Nachkommen  weisser  Rüben. 

Durch  Selbstbestäubung: 
Anzahl  Anzahl 

gelbe  rote  weisse  rote 


11 

—                                      53 

5 

40 

292 

17 

51 

29 

1 

Durch  Fremdbestäubung  zwischen  zwei  Rüben: 

470 

—                                       65 

2 

84 

—                                    803 

1 

90 

—                                    461 

0 

12 

2                                     853 

0 

384 

33 

—                        _^ 

439 

618 

134 

721 

24 

Hier  sind  in  21  Serien  2  gröbere  Fehler,  und  in  einem  von  20  Fällen 
ungefähr  20  „falsche"  Rüben  in  einer  Serie.  In  den  grossen  Serien,  die 
wir  einzeln  gerechnet  haben,  würde  aber  ein  Fehler  von  dieser  Grösse 
keine  entscheidende  Bedeutung  haben. 

Eine  Frage  müssen  wir  noch  einer  Untersuchung  unterziehen,  und 
zwar  die,  ob  wir  nicht  etwa  in  dem  von  B.  Kajanus  veröffentlichten 
Material  eine  Grundlage  für  eine  Schätzung  der  in  den  Spaltungszahlen 
nacJigewiesenen  Unregelmässigkeiten  finden  können.  In  den  Ergebnissen 
betr.  Fg  und  F4  in  dieser  Publikation  ist  die  Unsicherheit  jedoch  zu 
gross;  hier  haben  z.  B.  gelbe  Rüben,  welche  zwecks  Selbstbestäubung 
eingeschlossen  wurden,  eine  Nachkommenschaft  geliefert,  von  welcher 
ungefähr  die  Hälfte  oder  noch  mehr  von  roter  Farbe  ist.  Diese  „falsch" 
gefärbten  Rüben  bezeichnet  der  Verfasser  als  ,,Vizinisten".  Nehmen 
wir  aber  an,  dass  der  fremde  Blütenstaub  ebenso  häufig  gelben  als  roten 
Rüben  entstammt,  so  werden  hier  praktisch  genommen  sämtliche  Pflanzen 
als  ,,Vizinisten"  anzusprechen  sein.  Wahrscheinlich  dürfen  wir  aber 
annehmen,  dass  das  bei  der  Einschliessung  benutzte  Material  in  dem 
ersten  Jahre  neuer  und  dichter  gewesen  ist,  so  dass  man  hier  wie  bei 
einer  späteren  Untersuchung  in  den  Jahren  1915 — 16  bessere  Resultate 
erreicht  hat.  Als  einen  plausiblen  Mittelwert  möchten  wir  die  Fremd- 
bestäubung in  Fg  zu  20  "/o  schätzen. 

Nun  geben  die  dihybriden  Spaltungen  in  Fo  einen  Überschuss  an 
gelben  Rüben.     Um  die  Natur  dieses  Überschusses  zu  beurteilen,  wird 


Vererbung  von  roten  und  gelben  Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben  13 

daher  eine  Untersuchung  des  innerhalb  gewisser  Grenzen  möglichen  Ein- 
flusses einer  Fremdbestäubung  auf  die  Spaltungszahlen  notwendig  sein. 
Falls  20  °/o  der  Pflanzen  in  F2  von  einer  Fremdbestäubung  der 
eingeschlossenen  F^-Pflanzen  herrühren,  können  folgende  Fälle  eintreten: 

1.  Der  fremde  Blütenstaub  stammt  aus  gelben  Rüben  und  enthält 
ausschliesslich  rG;  man  bekommt  dann 

8,8  rote  :  4,0  gelbe  :  3,2  weisse, 
also  zwar  eine  Zunahme  der  gelben  Rüben,  jedoch  auf  Kosten  nament- 
lich der  weissen,  welche  bei  vermehrter  Fremdbestäubung  dieser 
Art  zuletzt  ganz  verschwinden  werden. 

2.  Der  Blütenstaub  kommt  aus  roten  Rüben  und  führt  RG;  man  be- 
kommt dann 

10,4  rote  :  2,4  gelbe :  3,2  weisse. 

3.  Der  Blütenstaub  stammt  aus  weissen  Rüben  und  hat  die  Beschaffen- 
heit Rg  +  rg,  was 

8,4  rote  :  2,8  gelbe  :  4,8  weisse 
ergeben  wird. 

4.  Falls  gleiche  Mengen  der  drei  Sorten  Blütenstaub  zugeführt  werden, 
bekommt  man 

9,2  rote:  3,1  gelbe:  3,7  weisse, 
also  ungefälir  die  normale  Verteilung. 

5.  Nur  wenn  gleiche  Staubmengen  aus  gelben  und  weissen  Rüben  her- 
rühren, wogegen  kein  Staub  aus  roten  Rüben  zugeführt  wird,  wird 
die  Anzahl  der  gelben  Rüben  ausschliesslich  auf  Kosten  der  roten 

—     zunehmen,  indem  man  folgende  Zahlenwerte  bekommt: 

8,6  rote  :  3,4  gelbe  :  4,0  weisse. 

Kajanus    hat    nun    in    F2    eine    geschlossene    Serie    (Bastard 

Nr.  15),^)  welche  die  Nachkommenschaft  von  23  F^-Rüben  umfasst,  und 
die  wahrscheinlich  gross  genug  gewesen  ist,  um  einer  allzu  einseitigen 

Fremdbestäubung  zu  entgehen.     Diese  Serie  gibt  im  ganzen  1574  rote,. 

706  gelbe  und  725  weisse  Rüben,  entsprechend 

8,39  rote:  3,75  gelbe  :  3,86  weisse, 

also  eine  Verschiebung,  die  beinahe  den  Verschiebungen,  welche  wir  in 

unseren  Zahlen  fanden,  entspricht.     Rechnet  man  hier  mit  derselben 

Koppelung  wie  oben,  so  wird  der  Fehler  beinahe  sein  Minimum  bei 

n  =  2,5  erreichen;  setzt  man  aber  n  =  l,80,  dann  ist  die  grösste  auf 

gelb    (das    Verhältnis    13 : 3)    fallende    Abweichung    immerhin   nur    ca. 

doppelt  so  gross  wie  der  mittlere  Fehler. 

Übrigens  haben  wir  hier  gerade  bei  Bastard  Nr.   15  einen  ganz 

besonderen  Fall;  denn  ein  F^,  wo  sämtliche  Pflanzen,  sowohl  in  R  al& 

in  G,  Heterozygoten  sind,  kann,  sofern  die  ganze  Formulierung  Stich 

^)  S.  362  in  dem  zuletzt  zitierten  Artikel. 


14  L  i  II  d  h  a  r  d  und  I  v  e  r  s  e  n : 

hält,  nur  durch  die  Bastardierung  rot  RRGG  X  -weiss  rrgg  oder  aber 
durch  gelb  rrGG  X  weiss  RRgg  entstehen.  Die  Koppelungshypothese 
muss  den  letzteren  Fall  voraussetzen.  Diese  Bastarde  stammen  aber 
angeblich  aus  der  Bastardierung  Rote  Eckendorfer  X  Mammuth  Red, 
also  zweier  rote  Rüben.  Es  scheint  demnach  nur  der  Ausweg  möglich 
zu  sein,  dass  das  Samenmaterial  von  Bastard  Nr.  15  mit  dem  von  Nr,  14, 
16,  17,  18  oder  19  verwechselt  worden  ist,  welche  vielleicht  sämtlich  die 
eine  oder  die  andere  von  den  beiden  Forderungen  erfüllen  könnten. 

K  a  3  a  n  u  s  hat  ferner  mit  einer  rosa  oder  besser  hellroten  Farbe 
von  der  Sorte  Demi-sucriere  rose  gearbeitet.  Diese  Farbe  lässt  sich 
in  den  Bastardspaltungen  überall  mit  weiss  rubrizieren,  mit  welcher 
Farbe  sie  gelegentlich  in  dem  Verhältnis  3  : 1  zu  spalten  scheint.  Hier- 
aus folgt,  dass  rot  und  gelb  über  hellrot  dominieren,  und  dass  der 
Faktor  G  nicht  für  dessen  Erscheinen  notwendig  ist.  Auf  der  vor- 
liegenden Grundlage  lässt  es  sich  aher  nicht  entscheiden,  ob  ein  oder 
zwei  Faktoren  bei  der  Bildung  von  hellrot  wirksam  sind. 

Endlich  hat  Kajanus  in  einem  nicht  näher  kontrollierten  Falle 
rote  Rüben  gezüchtet,  die  nach  dem  hier  angegebenen  Schema  nicht 
spalteten.  Es  handelt  sich  hier  um  Bastard  Nr.  9  weiss  Ecken- 
dorf er  9  X  weisse  Zuckerrübe,  Schlieckmanns  Spezialität  cT.  Diese 
Bastardierung  gibt  in  F^  6  rote  Rüben,  in  Fo  833  Rüben,  welche  spalten 
in  „stärker  oder  schwächer  rot  bis  weiss  in  kontinuierlichen  Reihen", 
aber  ohne  gelb.  Wegen  des  Ursprunges  dieses  Bastardes  aus  zwei 
weissen  Rüben  muss  hier  ein  Faktor  für  rot  zugegen  sein,  der  —  um 
Farbe  zu  geben  —  nicht  das  Vorhandensein  von  G,  sondern  anstatt 
dessen  einen  Faktor  bedarf,  der  für  sich  allein  keine  Farbe  hervorruft. 
Es  mag  hier  hinzugefügt  werden,  dass  man  in  der  Schwarzroten  Salat- 
rübe, die  nicht  untersucht  worden  ist,  wahrscheinlich  mehrere  Faktoren 
finden  wird,  die  auf  die  rote  Farbe  Einfluss  ausüben. 

Zusammeiifassimg. 

Die  hier  referierten  orientierenden  Untersuchungen  über  die  Ver- 
erbungsverhältnisse der  Rübenfarben  haben  sich  mit  den  Futterrüben- 
ßorten  Eckendorf  und  des  Barres,  mit  Zuckerrübe,  Mangold  und  Beta 
maritima  beschäftigt.  Die  Samenrüben  wurden  im  freien  Lande  gebaut, 
jedoch  entweder  in  der  Weise  isoliert,  dass  die  ganzen  Pflanzen  einzeln 
oder  zwei  beisammen  in  dem  Isolierhäuschen  wuchsen,  oder  so,  dass 
nur  einzelne  blühende  Zweige  gegen  Fremdbestäubung  geschützt  waren. 

In  diesem  Material  ist  die  Entstehung  von  orangegelb  und  rot 
durch  eine  kräftige  strohgelbe  Farbe  bedingt.  Nur  das  Verhältnis 
zwischen  rot  und  gelb  wurde  näher  untersucht. 

Gesetzt,  dass  RG  rot,  G  gelb,  Rg  und  rg  weiss  geben,  so  erhalten 
wir  aus  der  Heterozygote  RrGG  eine  Nachkommenschaft,  von  3  roten  zu 


Vererbung  von  roten  und  gelben  Farbenmerkmalen  bei  Beta-Rüben. 


15 


1  gelben,  aus  der  Heterozygote  RRGg  3  rote:l  weissen  und  aus  der 
Doppeltheterozygote  RrGg  9  rotel:3  gelbe:  4  weisse.  Wahrschein- 
licherweisse  ist  in  diesem  Material  nur  ein  Faktor  mit  den  R  beigelegten 
und  ein  Faktor  mit  den  G  beigelegten  Eigenschaften  vorhanden  gewesen. 
Es  kommen  jedoch  ziemlich  regelmässige  Verschiebungen  der 
Spaltungszahlen  vor,  wodurch  diese  sich  von  den  erwarteten  Zahlen- 
verhältnissen entfernen.  Wir  finden  z.  B.  in  der  Nachkommenschaft 
nach  dihybriden  Bastarden: 

2502  rote  :  lOBl  gelbe  :  1164  weisse  Rüben 
entsprechend  8,523    „     :  8,512     „      :  3,965      „  „ 

Diese  Verschiebung  wird  an  den  Tag  treten,  falls  die  Geschlechts- 
zellen die  Faktorenverbindungen  Rg  und  rG  1,8  mal  so  häufig  wie  die 
Verbindungen  RG  und  rg  enthalten;  es  lässt  sich  aber  der  ursächliche 
Zusammenhang  auf  Grund  der  vorliegenden  Daten  nicht  mit  Sicherheit 
eruieren. 

Tabelle  I. 
Nachkommenschaft  von  einer  weissen  Rübe,  durch  gefärbte  Rüben 

spontan  bastardiert. 

Tystofte,  1914—1918. 


o 
'-13 


ö 

^ 


Mutterrüben 


Tochterrüben 


Anzahl  gefunden 


+3 
o 


Verhältniszahlen 


o 


p 


Weiss,  RRgg  X  rrGG  und  RRGG  . 

rot  Nr.  32  und  33 

rot  32  X  33,  RrGg  X  RRGg  .     .     . 
-f-  32,  RrGg  geselbstet     .     . 


2274 

84 


28 
28 


801 
37 


3103 
149 


es  bleiben  übrig 
33  X  32,  RRGg  X  RrGg  .... 


2190 
1644 


764 
443 


2954 
2087 


4 
5 
6 

7 
8 

9 
10 
11 
12 
13 


14 
15 
16 
17 


Summe 

dunkelrot  523,  RRGG  geselbstet  . 
„  520,  RRGG  geselbstet     . 

520  X  521,  RRGG  X  (?)  ■ 
„  522,  RrGG  geselbstet      . 

518  X  519,  RrGG  X  RrGG 

rot  508  X  509,  RrGg  X  RrGg 
„  512  X  513,  RrGg  X  RrGg 
,,  513,  RrGg  geselbstet  .  . 
„  514,  RrGg  „  .  . 
„    415,  RrGg  „  .     .      

Summe  von  Nr.  9—13 
hiervon  sind  grosse  Rüben 

weiss  501  geselbstet 
„     503  X  504 
„     502  X  507         i 
,,     507  geselbstet  > 


3834 
287 
1308 
1720 
32 
1206 

420 

293 

143 

1438 

23 


o 
669 

153 

123 

47 

579 

14 


1207 


231 

i';o 

63 

695 

5 


5041 

287 

1308 

1720 

37 

1875 

804 

586 

253 

2712 

42 


(9) 
2,97 
3,15 
3,04 

1 

1 

1 

3,46 


(3) 


0,54 


2,58  1  1,42 


8,36 
8,00 
9,04 
8,48 


RRgg  oder  Rrgg 


2317 

916 

438 

158 

5 

— 

2 

1 

17 

— 

1164 
255 

53 

65 

803 

292 


4397 
846 

58 

67 

804 

309 


3,04 
3,36 
2,97 
3,42 


8,43  I  3,33 


8,28 


2,89 


14) 
1,03 
0,85 

0,96 


4,60 
4,64 
3,99 
4,10 


4,24 

4,83 
1 
1 
1 
1 


(16) 

4 
4 

4 

1 
1 
1 
4 
4 

16 
16 
16 
16 

16 

16 

1 
1 
1 
1 


16 


L  i  n  d  h  a  r  d  und  I  v  e  r  s  e  n : 


Tabelle  II. 

Nachkommenschaft  von  einer  orangegelben  Rübe,  gelbe  des  Barres, 

sponstan  bastardiert. 

Tystofte,  1914—1918. 


fl 

s 
a 

Mutterrüljen 

Tochterrüben 

03 

Anzahl  gefunden 

Verhältniszahlen 

2 

'S 

= 
E 

ES 

2 

|0 

OD 

p 

F.2 

1 

2 

3 

4 
5 

6 

7 
8 
9 

gelb,  rrGG  X  RRGG     .... 

rot  Nr.  20  und  21 

„      „    20  X  21,  RrGG  X  RrGG 
„      „    21  X  20,  RrGG  X  RrGG 

1328 
2064 

440 
670 

1768 
2734 

3,00 
3,02 

3,01 

1 

(3) 

1 

2,55 
2,90 

1,00 
0,98 

0,99 

(1) 

1,45 

1,10 

1 

1 

4 
4 

4 
1 

(4) 
1 

4 
4 
1 
1 

Fa 

Summe 

rot  561  X  562,  RRGG  X  RrGG 

„     563  X  565,  RRGG  X  RrGG 

-V-  RrGG  geselbst. 

3392 

312 

289 
30 

1110 

10 
10 

4502 
312 

40 

rot,  variabel 

es  bleiben  übrig 

rot  559,  RrGG  geselbstet      .     . 

„    567  X  568,  RrGG  X  RrGG  . 
gelb  428  X  430,  rrGG  X  rrGG  . 

„      431  X  433,  rrGG  X  rrGG  . 

259 

44 

189 

25 

72 

470 

84 

259 

69 
261 
470 

84 

Tabelle  III. 

Nachkommenschaft  einer  roten  Bastard-Rübe. 

Tystofte,  1914—1918. 


F„ 

1 

F, 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

F4 

8 

9 

10 

11 

12 

13 

rot,  RrGG  geselbstet  .     .     . 
„     28,  RRGG  geselbstet    . 
„    30  X  31,  RRGG  X  RrGG 
„    31  X  30,  RrGG  X  RRGG 

Summe 

gelb  25,  rrGG  geselbstet .     .     . 
„     26,  rrGG         „  ... 

„     27,  rrGG         „  ... 

„     29  X  29  a,  rrGG  X  rrGG  . 

F3  Nr.  2 

rot,  418  X  419,  RRGG  X  RRGG 

F3  Nr.  3 
rot,  403,  RrGG  geselbstet    .     . 

F3  Nr.  5 
gelb,  577  X  578,   rrGG  X  rrGG 
„      575  X  576,   rrGG  X  rrGG 

F3  Nr.  6 
gelb,  421  X  422,   rrGG  X  rrGG 
„      423  X  424,    rrGG  X  rrGG 


61 

37 

244 

135 

379 


374 


43 


33 

94 

2,60 

1,40 

4 



37 

1 

z 

1 



379 

2 



2 

11 

11 

— . 

1 

1 

40 

40 

— 

1 

1 

51 

51 

— 

1 

1 

90 

90 

— 

1 

1 

— 

374 

1 

1 

15 

58 

2,97 

1,03 

4 

12 

14 

, 

1 

1 

384 

384 

— 

1 

1 

33 

33 

_ 

1 

1 

439 

439 

— 

1 

1 

oraugegelb 


konst.  dunkelrot 


konst.  strohgelb 

konst.  strohgelb 
strohgelb-orange 


Vererbung  von  roten  und  gelben  Farlaenmerkmalen  bei  Beta-Rüben. 


17 


Tabelle  IV. 

Bastardierung  zwischen   gelbe  des  Barres  $    und  weissrippigem  Mangold, 

Beta  Cicla  cf  mit  Rückbastardierung  auf  des  Barres  und  Zuckerrübe. 

Tystofte,  1915-1917. 


s 

Mutterrüben 

T 

ochterrüben 

Anzahl 

gefunden 

Verhältniszahlen 

d 

o 

Vi 

•  p-H 

4.1 

o 

1 — 1 

CO 

a 
a 

^ 

r^ 

.&o 

^ 

u 

bC 

^ 

=3 
(X2 

F, 

Gelbe  des  Barres,  rrGG   $ 

X  weissrippigem  Mangold  Rrgg  (f 

1 

1 

— 

2 

— 

— 

— 



Bastard:  a  rot,  b  gelb 

F.. 

a,  rot,  RrGg  X  b,  gelb,  rrGg     '.     .     . 

4 

5 

1 

10 

(3) 

(3) 

(2) 

(8) 

a  X  des  Barres,  RrGg  X  rrGG    .     .     . 

5 

5 

— 

10 

2,00 

2,00 

— 

4 

a  X  weiss  Zuckerrübe,  RrGg  X  RRgg  • 

22 

— 

12 

34 

2,59 

— 

1,41 

4 

b  X  des  Barres,  rrGg  X  rrGG     .     .     . 

— 

618 

— 

618 

— 

2 

— 

2 

b  X  weiss  Zuckerrübe,  rrGg  X  RRgg"  • 

73 

— 

89 

162 

0,90 

— 

1,10 

2 

F. 


Tabelle  V. 

Zweite  Generation  von  Bastardierungen  zwischen  Beta  maritima, 

gelbe  des  Barres  und  rot  Eckendorfer. 

Tystofte,  1914-1915. 
Gelbe  des  Barres  X  Beta  maritima 


rote  und  gelbe  Rüben?  RrGg  X  rrGG 

rote  Rüben?  RrGg  X  RrGg    .... 

B.  maritima  X  gelbe  des  Barres 
rote  Rüben?  RrGg  X  RrGg    .     . 


Summe  von  Nr.  2  und  3 

B.  maritima  X  rot  Eckendorfer 
rote  Rüben,  RrGg  X  RrGg     .... 


26 

27 

34 


61 
32 


-         4 


29 

1 

56 

1,89 

2,11 



8 

18 

53 

— 

— 



16 

12 

62 

8,49 

3,34 

4,17 

24 

30 

115 

7 

15 

54 

9,48 

2,07 

4,45 

16 
16 


Tabelle  VI. 
Dritte  Generation  von  Bastardierungen  zwischen  Beta  niaritinia 

und  gelbe  des  Barres. 

Die  Bastarden  wieder  mit  Zuckerrüben   bastardiert. 

Tystofte,  1916—1917. 


F.: 

Nr. 


F., 

Nr. 


Mutterrüben 


Tochterrüben 


Anzahl  gefunden 


o 


Verhältniszahlen 


o 


des  Barres  X  ß-  maritima 

gelb  a  X  b,  rrGG  X  rrGG 

,,      b  X  weiss  Zuckerr.,  rrGG  X  Rrgg 

„      a  X  b,  rrGG  X  rrGG 

„      b  X  weiss  Zuckerr.,  rrGG  X  Rrgg 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.  Bd.  VII. 


424 


27 


134 
408 
721 

28 


134 

832 

721 

55 


1,02 
0,98 


1 

0,98 

1 
1,02 


1 
2 
1 
2 


18       Lindhard  und  I  v  e  r  s  e  n :  Vererbung  von  roten  und  gelben  Farbenmerkmalen  usw. 


Noch  TabeUe  VI. 


Nr. 


F3 

Nr. 


Mutterrüben 


Tochterrüben 


Anzahl  gefunden 


-k3 
O 


(V 


Verhältniszahlen 


05 


9 
10 


11 
12 
14 


rot  a,  (?)  geselbstet 

a  X  b,  (?)  X  (?) 

b  X  weiss  Zuckerrübe,  (?)  X  C^) 

a,  (?)  geselbstet 

a,  RrGg  geselbstet 

a  X  b,  RrGg  X  RrGg 

b  X  weiss  Zuckerrübe,  RrGgX  ^^gg 

a,  RrGg  geselbstet 

a  X  b,  RrGg  X  RrGg 

b  X  weiss  Zuckerrübe,  RrGg  X  rrgg 
gelb  a  X  weiss  Zuckerr.,  rrGG  X  Rrgg 

weiss  a  X  b,  (?)  X  (?) 

„     b  X  weiss  Zuckerrübe,  (?)  X  (?)  • 

B.  maritiina  X  des  Barres 

rot  a  X  b,  RrGg  X  RrGg 

,,    a  X  weiss  Zuckerr.,  RrGg  X  RRgg 

gelb  a,  rrGG  geselbstet 

„    a  X  weiss  Zuckerr.,  rrGG  X  rrgg 


17 
136 

2 
136 

7 
18 
57 

5 
61 
41 
29 


1064 

192 

1 


7 

105 

33 

4 

8 

49 

2 

23 

38 

34 


452 

29 

24 


2 

27 

4 

116 

4 

6 

105 

1 

26 

74 

461 

853 

469 
173 


26 

268 

6 

285 

15 

32 

211 

8 

110 

153 

63 
461 
853 

1985 

365 

30 

24 


32,48 


1,08 


1,07 
0,95 


8,58 
2,14 


25,07 


0,93 


3,34 
0,99 
1,05 


3,64 

1 
1 


6,45 


1,99 

3,78 
1,94 

1 
1 

3,78 
1,86 


64 

•? 

9 


16 
4 
2 
1 
1 

16 
4 
1 

1 


Der  Einfluss  moderner  Reinigungsanlagen  auf  die  Güte 

des  Saatguts. 

(Mitteilung  der  landw.  Versuchsstation  Rostock  i.  M.) 

Von 

M.  Heinrich. 

(Mit  4  Textabbildungen.) 


Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  die  durchschnittliche  Beschaffen- 
heit des  Saatguts  —  auch  das  Originalsaatgut  und  das  sonstige  aner- 
kannte Saatgut  ist  hiervon  nicht  freizusprechen  —  häufig  sehr  zu 
wünschen  übrig  lässt.  Aus  den  nach  Tausenden  zählenden  Proben,  die 
an  der  Rostocker  Samenkontrolle  untersucht  wurden,  ist  zu  entnehmen, 
dass  zwar  die  zahlenmässigen  Befunde  der  Reinheit  und  Keimfähigkeit 
durchweg  befriedigen,  dass  aber  bereits  ein  wesentlich  ungünstigeres 
Bild  entsteht,  wenn  die  Befunde  der  Keimtriebkraftbestimmung  mit  zur 
Beurteilung  herangezogen  werden.  Auch  die  Sortierungszahlen  und  das 
Korngewicht  lassen  nur  zu  häufig  erkennen,  dass  es  an  der  nötigen  Sorg- 
falt bei  der  Bereitung  des  Saatguts  fehlt. 

Durch  eine  derartige  Nachlässigkeit  schädigt  aber  der  Landmann 
nicht  nur  sich  selbst,  sondern  auch  die  Allgemeinheit,  indem  zunächst 
von  einem  minderwertigen  Saatgut  eine  erheblich  höhere  Aussaat  ver- 
wendet werden  muss  und  sodann  —  und  das  ist  das  Wichtigste  —  von 
einem  minderwertigen  Saatgut  nie  Höchsterträge  erzielt  werden  können, 
die  wir  aber  im  Interesse  unserer  Volksernährung  jetzt  mehr  denn  je 
gebrauchen. 

In  den  nachstehend  beschriebenen  Versuchen  habe  ich  den  Ein- 
fluss, den  eine  moderne  Reinigungsanlage  auf  die  Güte  des  Saatkorns 
auszuüben  vermag,  eingehend  geprüft.  Ich  habe  hierbei  die  Beein- 
flussung, die  das  Saatgut  beim  Durchlaufen  der  einzelnen  Maschinen 
erfährt,  eingehend  verfolgt  und  durch  Prüfung  nach  den  verschiedensten 
Richtungen  hin  zahlenmässig  festgelegt. 

Die  Reinigungsanlage,  die  das  Untersuchungsmaterial  lieferte,  be- 
findet sich  bei  Herrn  Rittergutsbesitzer  Kuhlenkampff  auf  Klein- 
Kussewitz  i.  M.,   Anbausteile   von   Brandts   Gretchenhafer 

(Züchter  Herr  Wilh.  Brandt,  Mönchhagen  i.  M.).     Die  Anlage 

2* 


20 


Heinrich: 


ist  von  der  Firma  F.  H.  Schule  G.  m.  b.  H.,  Hamburg  gebaut.  Sie 
besteht  aus  folgenden  Maschinen:  1.  Windfege,  2.  Flansichter,  3.  Trieur, 
4.  Auslesemaschine  „Aschenbrödel".  Der  Antrieb  der  Maschinen  ist 
elektrisch,  ebenso  geschieht  die  Zu-  und  Abführung  des  Getreides  zu 
den  einzelnen  Maschinen  durch  elektrisch  betriebene  Elevatore. 

Windfege  und  Trieur  sind  allgemein  bekannt  und  brauchen  hier 
nicht  näher  beschrieben  zu  werden.  Weniger  bekannt  dürften  Plan- 
sichter  und  die  Auslesemaschine  „Aschenbrödel"  sein.     (S.  Abb.  1.) 


Abb.  1. 


Der-"  Flansichter  ist  vorzüglich  geeignet  zur  Reinigung  von 
Sämereien  aller  Art,  in  denen  sich  Unkräuter,  Sand,  fremde  Samen  u.  dgl. 
befinden,  welche  kleiner  oder  grösser  sind  als  die  Saat  selbst.  Seine 
besonderen  Vorzüge  sind:  genaues  Arbeiten,  leichter  Gang  und  schnelle 
Auswechslungs-Möglichkeit  der  Siebe,  Der  Flansichter  ist  ein  frei  unter 
dem  Boden  hängendes  längliches  Sieb.  Durch  Antrieb  eines  mit  ihm 
exzentrisch  verbundenen  Schwungrades  wird  es  in  kreisförmig  schwingende 
Bewegung  versetzt,  älinlich  wie  bei  der  Handsiebung.  Das  Sieb  selbst 
ist  leicht  geneigt  und  enthält  längs-  und  querlaufende  Schlitze,  und 
zwar  von  verschiedener  Grösse.  Der  obere,  grössere  Teil  (^/g  der  Sieb- 
fläche) lässt  die  Körner  durchfallen,  die  kleiner  sind  als  das  Durch- 
schnitts-Saatgut, der  untere,  kleinere  Teil  (V3  der  Siebfläche)  hält  die 


Der  Einfluss  moderner  Reinigungsanlagen  auf  die  Güte  des  Saatguts. 


21 


Körner  und  sonstigen  Gegenstände  (Blütenköpfe,  Steine)  zurück,  die 
grösser  als  das  zu  erzielende  Saatgut  sind.  Unter  dem  eigentlichen 
Sortiersieb  ist  ein  zweites  Sieb  eingebaut,  das  durch  Leisten  in  Kammern 
von  etwa  400  qcm  Grundfläche  geteilt  ist,  in  denen  sich  je  3  Hart- 
gummibälle frei  bewegen.  Diese  drücken  beim  Schütteln  von  unten 
gegen  das  Sortiersieb  und  halten  so  die  Sclilitze  frei.  —  Die  der  Hand- 
siebung  nachgeahmte  Schüttelbewegung  bewirkt,  dass  die  Körner  die 
Siebfläche  ganz  langsam  und  gleichmässig  passieren,  wodurch  ein  ge- 
naues Arbeiten  gewährleistet  ist. 

Von  dem  Plansichter  gelangt  das  Getreide  auf  die  Auslesemaschine 
„Aschenbrödel"  (s.  Abb.  2).  Diese  Auslesemaschine,  Auslesetisch, 
arbeitet  folgendermassen: 


Abb.  2 

Das  Getreide  wird  von  dem  Speisetrog  „a"  aus  durch  Speiselöcher 
„b",  die  über  die  ganze  Länge  des  Troges  verteilt  sind,  den  einzelnen 
Kammern  „c"  des  Sortiertisches  „d"  zugeführt.  Die  Speiselöcher  „b" 
des  Troges  „a"  sind  mit  Regulierschiebern  „e"  ausgestattet,  damit  der 
Zulauf  des  Sortiergutes  genau  reguliert  werden  kann.  Der  Tisch  „d" 
ist  drehbar  gelagert  und  ein  Exzentertrieb  verleiht  ihm  eine  hin  und 
her  gehende  Schüttelbewegung  in  horizontaler  Ebene. 

Die  Maschine  arbeitet  also  nach  dem  Wurfprinzip,  d.  h.  das 
Sortiergut  wird  in  den  Arbeitskammern  durch  hin  und  her  gehende  Be- 
wegung des  Tisches  „d"  gegen  Stahlbleche  (Vignetten)  „f '  geworfen, 
welche  zickzackförmige  Gestalt  besitzen  und  somit  eine  Anzahl  gegen- 
überstehender Flächen  aufweisen,  welche  schräg  zur  Querachse  des 
Tisches  liegen  und  die  Arbeitskammern  seitlich  begrenzen.  Die  Körner 
würden  nun  alle  die  schrägen  Flächen  unter  demselben  Winkel  ver- 
lassen, unter  dem  sie  auftreffen,  und  sich  auf  diese  Weise  gleichmässig 


22 


Heinrich: 


nach  einer  Seite  des  Tisches  bewegen,  falls  alle  Körner  gleichartiger 
Natur  wären.  Man  findet  nun  aber,  dass  die  guten,  keimstarken  Körner 
geringere  Elastizität  und  gleichzeitig  ein  höheres  spezifisches  Gewicht 
besitzen  als  die  keimschwachen  Körner. 

Diese  Körner  sind  daher  bestrebt,  den  schwereren,  keimstarken 
Körnern  vorauszueilen,  und  da  der  Tisch  um  einige  Grade  gegen  die 
Horizontale  geneigt  ist,  so  erreicht  man,  dass  nicht  allein  ein  Voraus- 
eilen der  leichteren,  keimschwachen  Körner,  sondern  sogar  eine  Änderung 


Leichtkom 


Abb.  3.    Querschnitt. 


Schwerkorn 


— ;^ 

_c-    . 

C 

c 

-  -<_ 

c 

-  --si 

C 

•• 

c 

c 

CO 

CD 

s 


B 


CO 

o 
3- 


Abb.  4.    Grundriss. 


in  der  Bewegungsrichtung  beider  Körnerarten  eintritt.  Das  elastische 
und  leichtere  Korn  wandert  aufwärts  nach  der  einen  Seite,  die  guten, 
weniger  elastischen  und  schwereren  Körner  gleiten  auf  dem  polierten 
Stahlboden  abwärts  nach  der  anderen  Seite  des  Tisches. 

Da  man  es  nun  vollkommen  in  der  Hand  hat,  durch  eine  Ver- 
änderung der  Tourenzahl  der  Maschine  die  Energie,  mit  welcher  die 
Körner  gegen  die  schrägen  Flächen  geworfen  werden,  den  Verhältnissen 
anzupassen,  so  ist  ein  korrektes   Sortierresultat  gewährleistet. 

Eine  patentierte  Zentral-Stellvorrichtung  ermöglicht  es,  den  dreh- 
bar gelagerten  Auslesetisch  steiler  oder  flacher  zu  stellen,  um  dadurch 
ganz  nach  Belieben  mehr  oder  weniger  Körner  auszuscheiden.     Da  e& 


Der  Einfluss  moderner  Reinigungsanlagen  auf  die  Güte  des  Saatguts.  23 

ferner  ein  Haupterfordernis  ist,  dass  den  einzelnen  Kammern  das  Ge- 
treide nicht  nur  in  genau  gleichen  Mengen,  sodern  auch  in  gleichem 
Mischungsverhältnis  zugeführt  wird,  so  ist  über  dem  Auslesetisch  eine 
patentierte  Speiserinne  angebracht,  die  ein  Vorsortieren  auf  das  wirk- 
samste verhindert. 

Aus  der  Aschenbrödel  gelangt  das  fertige  Saatgut  unmittelbar  in 
die  Absackvorrichtung. 

Bei  den  naclif olgenden  Untersuchungen  wurde  der  Trieur  aus- 
geschaltet, da  er  keinerlei  irgendwie  bemerkbare  Beeinflussung  des  Saat- 
guts verursachte.  Die  Proben  entstammten  also  1.  unmittelbar  dem 
Dreschsatz  (ungereinigte  Probe),  2.  der  Windfege  (Zugang  zum  Plan- 
sichter),  3.  dem  Abgang  vom  Plansichter  (ausgeschieden  vom  Plan- 
sichter),  4.  der  vom  Plansichter  als  gut  entlassenen  Saat  (Zugang  zur 
Auslese),  5.  der  von  der  Auslese  als  gut  entlassenen  Saat  (Auslese), 
6.  dem  Abgang  von  der  Auslese  (Abgang). 

Das  für  die  Untersuchung  zur  Verfügung  stehende  Material  war 
ein  verhältnismässig  bereits  hochwertiger  und  reiner  „Brandts  Gretchen- 
hafer"  mit  einer  Reinheit  von  99,5  ^Iq.  Die  Untersuchungen  erstreckten 
sich  auf  den  Einfluss  der  Reinigungsmaschine  auf: 

a)  Reinheit, 

h)  Hektolitergewicht, 

c)  Sortierung, 

d)  Korngewicht, 

e)  Anteil  nackter  Früchte, 

f)  Spelzengehalt, 

g)  Keimfähigkeit  (einschl.  Keimschnelligkeit), 
h)  Keimtriebkraft. 

a)  Reinheit. 

Was  zunächst  die  Reinheitsbestimmung  betrifft,  so  wurde  diese 
mit  je  zwei  Parallelproben  durchgeführt  und  lieferte  folgende  Zahlen: 

1.  Ungereinigte  Probe 99,4  +  99,6  =  99,5  »/o- 

2.  Zugang  zum  Plansichter     ....     99,6  +  99,6  =  99,6 

3.  Ausgeschieden  vom  Plansichter  .     .     98,6  +  98,6  =  98,6 

4.  Zugang  zur  Auslese 99,8  +  99,6  =  99,7 

5.  Auslese 100,0  +  99,8  =  99,9 

6.  Abgang 96,6  +  93,8  =  95,2 

Das  Unreine  wurde  bei  1  und  2  aus  geringen  Mengen  Knoten- 
hederich sowie  aus  vereinzelten  tauben  Körnern  und  etwas  Spreu  ge- 
bildet. Bei  3  fand  sich  kein  Knotenhederich.  Dieser  war  vielmehr 
sämtlich  auf  4  übergegangen,  so  dass  er  in  dieser  Nummer  in  etwas 
verstärktem  Maße  auftrat.    Die  Verunreinigungen  bei  3  wurden  dagegen 


24 


Heinrich: 


durch  taube  Körner  und  Spreu  gebildet.  Nr.  5  wies  bei  einer  Probe 
ein  einziges  Glied  Knotenhederich  und  ein  Steinchen  auf,  während  die 
Vergleichsprobe  völlig  frei  von  Beimengungen  war.  Im  Abgang  (6) 
fand  sich  Knotenhederich  in  beträchtlicher  Menge,  daneben  viel  an- 
scheinend volles  Korn,  aber  mit  ausserordentlich  niedrigem  spezifischen 
Gewicht.  Beim  Entfernen  der  Spelzen  zeigte  es  sich,  dass  es  sich 
meistens  um  ein  mangelhaft  ausgebildetes,  geschrumpftes  Korn  oder 
um  ein  krankes,  vielfach  durch  Mikroorganismen  bereits  angegangenes 
Korn  handelte.  Wenn  hiernach  auch  zahlenmässig  wegen  der  hohen 
Ausgangsreinheit  eine  nur  geringe  Verbesserung  erreicht  werden 
konnte,  so  ist  doch  bemerkenswert,  dass  fast  absolute  Reinheit  erzielt 
wurde  und  auch  eine  Ausscheidung  zahlreicher  geringwertiger  Körner, 
die  äusserlich  nicht  erkennbar  waren,  möglich  wurde. 


b)  Hektolitergewiclit. 

Die  Prüfung  des  Hektolitergewichts  erfolgte  mit  der  Literwage 
,der  Normal-Eichungs-Kommission. 

Die  Feststellungen  wurden  durch  je  vier  Vergleichsuntersuchungen 
ausgeführt  und  lieferten  folgende  Werte: 


a 

b 

c 

d 

?• 

S' 

g 

g 

518 

532 

524 

528 

532 

540 

529 

544 

544 

556 

550 

554 

532 

532 

526 

520 

532 

536 

532 

532 

376 

380 

374 

372 

Durch- 
schnitt 


1. 
2. 
3. 
4. 
5. 
6 


Ungereinigte  Probe 

Zugang  zum  Plansichter    .     .     . 
Ausgeschieden  vom  Plansichter  . 

Zugang  zur  Auslese 

Auslese 

Abgang    


525,5 
536,3 
551,0 
527,5 
533.0 
375.5 


Die  Windfege  schaffte  etwas  Spreu  und  taubes  Korn  fort,  so  dass 
das  Litergewicht  um  10,8  g  gehoben  wurde.  Durch  den  Plansichter 
wurden  dann  die  kleinen  Nebenkörner  zum  grossen  Teil  abgeschieden, 
die  ein  hohes  spezifisches  Gewicht  zeigen  und  dadurch  sowie  durch 
ihre  dichte  Lagerung  im  Raum  auch  ein  hohes  Hektolitergewicht  auf- 
weisen. Die  der  Auslesemaschine  zugeführte  Saat  erhielt  hierdurch 
wieder  ein  etwas  niedrigeres  Hektolitergewicht,  etwa  gleich  der  Aus- 
gangssaat. Durch  die  Auslese  wurde  sodann  das  Hektolitergewicht 
wieder  gehoben,  erreichte  Jedoch  nicht  die  volle  Höhe  wie  bei  der  dem 
Plansichter  zugeführten  Saat,  da  das  kleine,  sich  dicht  lagernde, 
spezifisch  schwere  Korn  fehlte.  Die  Minderwertigkeit  des  von  der 
Auslese  ausgeschiedenen  Kornes,  die  unter  a  bereits  dargelegt  wurde, 
kennzeichnete  sich  auch  in  einem  sehr  niedrigen  Hektolitergewicht. 


Der  Einfluss  moderner  Reinigungsanlagen  auf  die  Güte  des  Saatguts. 


25 


c)  Sortierung. 

Die  verschiedenen  Proben  wurden  sodann  auch  einer  Prüfung  hin- 
sichtlich ihrer  Sortierung  unterzogen.  Die  Zerlegung  erfolgte  in 
folgende  Grössenklassen:  <  2,1  mm,  >  2,1  mm,  >  2,3  mm,  >  2,5  mm. 
Es  ist  dies  der  Siebsatz,  wie  er  allgemein  bei  den  Sortierungsprüfungen 
des  Weisshafers  üblich  ist.  Zur  Ausführung  der  Untersuchungen  wurde 
die  St  ei  necker  sehe  Sieb  Vorrichtung  mit  elektrischem  Antrieb  be- 
nutzt bei  einer  Tourenzahl  von  350 — 400.  Die  Ergebnisse  waren 
folgende: 

2.  Zu£:anff  zum  Plansichter. 


1 

.  Ungereinigt 

3  Proben. 

3 
S 

A 

a 

cq_ 
in" 

A 

g 
3 

A 

g 
g 

V 

a) 

14,5 

24,7 

47,1 

13,7 

b) 

14,5 

26,0 

45,5 

14,0 

c) 

13,0 

25,3 

47,4 

14,3 

d) 

13,2 

28,0 

46,7 

12,1 

13,8 

26,0 

46,7 

13,5 

a 

g 

a 
a 

a 

g 

a 
a 

CO 

0^' 

of 

A 

A 

A 

V 

a) 

9,6 

32,8 

47.9 

9.7 

b) 

11,9 

26,5 

51,0 

10,6 

c) 

10,5 

30,3 

50,0 

9,2 

d) 

11,9 

27,2 

48,9 

12,0 

11,0 

29,2 

49,4 

10,4 

3.  Ausgeschieden  vom  Plansichter. 


4.  Zugang  zur  Auslese. 


a) 

— 

— 

22,2 

77,8 

b) 

— 

— 

26,5 

73,5 

c) 

— 

— 

25,2 

74,8 

d) 

— 

— 

26,6 

73,4 

— 

— 

25,1 

74,9 

a) 

15,4 

25,5 

48,3 

10,8 

b) 

13,0 

30,2 

47,0 

9,8 

c) 

12,8 

30,4 

47,0 

9,8 

d) 

12,6 

30,2 

48,0 

9.2 

13,4 

29.1 

47,6 

9,9 

5 

Auslese. 

a) 

15,9 

31,3 

46,4 

6,4 

b) 

15,8 

30,8 

46,8 

6,6 

c) 

15,7 

30,7 

46,0 

7,6 

d) 

15,7 

31,7 

44,1 

8,5 

15,8 

31,1 

45,8 

7,3 

6.  Abgang. 


a) 

27,1 

19,9 

38,9 

14,1 

b) 

26,3 

19,6 

37,5 

16,6 

c) 

25,5 

20,1 

35.9 

18,5 

d) 

27,4 

18,9 

37,1 

16,6 

26,6 

19,6 

39,4 

13,4 

Durch  die  Windfege  war  hiernach  eine  geringe  Ausscheidung  des 
kleinen  und  des  ganz  grossen  Kornes  erreicht.  Der  Plansichter  hat 
ausschliesslich  kleines  Korn,  und  zwar  zu  ^U  Korn  der  Grössengruppe 
<  2,1  mm  abgeschieden.  Der  der  Auslesemaschine  nunmehr  zugeführte 
Hafer  zeigte  im  allgemeinen  geringfügige  Verschiebungen  gegen  1  und  2. 
Die  durch  die  Auslese  bewirkte  Änderung  kennzeichnet  sich  im  wesent- 
lichen durch  eine  Anreicherung  in  den  beiden  ersten  Grössengruppen 
auf  in  Summa  46,9  o/,  Anteil  (39,8%  bei  1,  40,2%  bei  2,  0,0%  bei  3, 
42,5%  bei  4).  Beachtenswert  ist,  dass  beim  Abgang  der  Anteil  dieser 
Grössengruppen  die  gleiche  Höhe  annähernd  erreicht  und  dass  die 
1.  Gruppe  mit  26,6  %  weitaus  an  der  Spitze  dieser  Eeihen  steht.     Es 


26 


H  einrieb: 


zeigt  eben  dieser  Versuch  besonders  schön,  dass  durch  die  Auslese  das 
zwar  besonders  grosse,  aber  spezifisch  leichte  und  daher  minderwertige, 
z.  T.  sogar  wertlose  Korn  herausgearbeitet  wird.  Dieser  Umstand  ist 
besonders  wertvoll,  weil  gerade  ein  Erkennen  und  somit  auch  Entfernen 
dieser  Körner  auf  keine  andere  Art  und  Weise  möglich  ist.  Nicht 
einmal  durch  ein  Handverlesen  kann  man  sie  herausfinden.  Der  Anteil 
namentlich  der  zweiten  und  auch  der  dritten  Grössengruppe  tritt  gegen- 
über den  andern  Proben  wesentlich  zurück,  während  die  sog.  Abfall- 
körner, im  wesentlichen  gebildet  durch  Nebenkörner,  annähernd  den. 
doppelten  Anteil  ausmachen  wie  bei  der  Auslese. 

d)  Korngewicht. 

Eine  Bestätigung  der  bisherigen  Ausführungen  liefert  das  1000- 
Korngewicht,  wie  sich  aus  nachstehenden  Zahlen  ergibt: 


g 


Durch- 
schnitt 


1. 
2. 

3. 
4. 
5. 
6. 


ungereinigte  Probe 

Zugang  zum  Plansichter    .     .     . 
Ausgeschlieden  vom  Plansichter 

Zugang  zur  Auslese 

Auslese 


37,5 

38,6 
24,8 
37,9 
38,6 


Abgang 


31,9 


37,3 
38,2 
24,7 
38,0 
39,5 
32,9 


36,9 
38,6 
25,1 
38,4 
39,2 
31,9 


37,2 
38,8 
24,8 
39,0 
40,5 
33,9 


37,2 
38,6 
24,9 
38,2 
39,5 
32,7 


Durch  die  Windfege  wird  das  Korngewicht  erhöht;  der  Plan- 
sichter scheidet  das  kleine  Korn  aus,  die  Auslese  liefert  das  schwerste 
und  zugleich  ein  grosses  Korn,  während  der  Abgang  sich  wieder  als 
leicht  und  minderwertig  zeigt. 

e)  Anteil  nackter  Früchte. 

Die  Untersuchungsergebnisse  waren  folgende: 


a 

b 

c 

d 

^'o 

0/ 

«/« 

°/o 

5,0 

5,0 

2,0 

3,0 

3,0 

4,0 

2,0 

4,0 

26,0 

25,0 

23,0 

26.0 

4,0 

3,0 

3,0 

4,0 

3,0 

5,0 

3,0 

4,0 

0,0 

0,0 

0,0 

0,0 

Durch- 
schnitt 

/o 


1. 

2. 

3. 
4. 
5. 
6. 


Ungereinigte  Probe  .... 
Zugang  zum  Plansichter    .     . 
Ausgeschieden  vom  Plansichter 
Zugang  zur  Auslese  .... 

Auslese 

Abgang    


3,75 
3,25 
25,00 
3,50 
3,75 
0.00 


Bei    Entfernung    der    nackten    Körner    konnte    naturgemäss    die 
„Aschenbrödel"   keine   Dienste  leisten;    es   fiel   hierbei   vielmehr   dem 


Der  Einfluss  moderner  Reinigungsanlagen  auf  die  Güte  des  Saatguts. 


27 


Plansichter  die  Hauptarbeit  zu.  Es  muss  aber  als  ein  Beweis  gelten, 
wie  genau  die  Maschine  nach  dem  Gesetz  des  spezifischen  Gewichts 
arbeitet,  dass  unter  dem  Abgang  sich  überhaupt  keine  nackten  Körner 
fanden,  die  naturgemäss  spezifisch  die  schwersten  sind. 

Welchen  Wert  die  nackten  Haferfrüchte  haben,  ist  im  allgemeinen 
nur  von  Fall  zu  Fall  zu  entscheiden.  Ich  habe  beispielsweise  nach- 
weisen können,  dass  beim  Timothygras  gerade  die  nackten  Früchte  die 
grössten  und  am  besten  ausgereiften  sind  und  dass  sie  demgemäss 
natürlich  durchaus  keine  geringere  Keimfähigkeit,  gleichbedeutend  mit 
geringerem  wirtschaftlichen  Wert,  zu  besitzen  brauchen;  im  Gegenteil. 
Die  nackten  Früchte  sind  aber  schädigenden  äusseren  Einflüssen  wie 
Einwirkung  erhöhter  Feuchtigkeit  und  damit  zusammenhängend  er- 
höhtem Bakterien-  und  Pilzbefall  besonders  ausgesetzt,  so  dass  ihr  zahl- 
reiches Auftreten  in  einer  Saat  immer  unerwünscht  ist. 


i)  Spelzengehalt. 

Die  Bestimmung  des  Spelzengehalts  kann  für  die  vorliegenden 
Versuche  auch  nur  insofern  von  Bedeutung  sein,  als  die  von  der  Aus- 
lese ausgeschiedenen  Körner  einen  höheren  Spelzengehalt  in  Überein- 
stimmung mit  ihrem  niedrigen  spezifischen  Gewicht  haben  müssten. 
Diese  Annahme  trifft  auch  vollständig  zu,  wie  aus  nachstehender  Auf- 
stellung ersichtlich  ist. 


a 

b 

c 

d 

/o 

/« 

'o 

/o 

25,0 

26,2 

25,2 

24,4 

33,2 

24,6 

24,0 

25,0 

25,0 

25,6 

24,6 

24,6 

24,4 

24,8 

24,2 

24,0 

24,8 

24,8 

24,0 

24,0 

40,0 

40,4 

38,8 

38,4 

Durch- 
schnitt 

/o 


1. 

2. 

3. 
4. 
5. 
6. 


Ungereinigte  Probe 

Zugang  zum  Plansichter    .     .     . 
Ausgeschieden  vom  Plansichter  . 

Zugang  zur  Auslese 

Auslese 

Abgang 


Von  grösserem  Wert  sind  wieder  die  Zahlen  der 


25,2 

24,2 
24,9 
24,4 
24,4 
39,4 


g)  KeimJähigkeit  und  h)  Keiratriebkraft. 

(Siehe  die  beiden  Tabellen  auf  S.  28  u.  29.) 

Die  ungereinigte  Probe  zeigte  bereits  eine  verhältnismässig 
günstige  Keimfähigkeit,  die  nach  Durchlaufen  der  Windfege  noch 
gehoben  wurde.  Die  Keime  waren  durchweg  gesund  und  kräftig,  nur 
in  einzelnen  Fällen  zeigten  sich  kranke,  wurzellose  Keime.  Die  vom 
Plansichter  ausgeschiedenen  Körner  (Nebenkörner)  gingen  in  ihrer 
Keimfähigkeit  etwas  zurück.  Die  bezeichnende  Erscheinung  der 
schwachen,  entwicklungsunfähigen  Keimhnge,  die  wohl  einen  Trieb,  aber 


28 


Heinrich: 


keine  Wurzeln  mehr  zu  bilden  vermögen,  war  häufiger  vorhanden.  Bei 
einzelnen,  namenthch  bei  nackten  Früchten  zeigte  sich  auch  ein  starker 
Penicilliumbefall.  Der  Zugang  zur  Auslese  liess  hinsichtlich  seiner 
Keimfähigkeit  nichts  zu  wünschen,  er  ist  als  mit  dem  Erzeugnis  der 
Auslese  als  auf  einer  Stufe  stehend  zu  betrachten.  Dagegen  erwies 
sich  der  Abgang  der  Auslese  als  durchaus  minderwertig  mit  einer  Keim- 
fähigkeit von  nur  63,7  °/o.  Der  Rest  faulte  stark  und  war  häufig  mit 
einem  ganzen  Wulst  von  Schimmelpilzen  überzogen.  Namentlich  zeigte 
sich  das  feine  Gespinst  des  Mucor-Pilzes  auf  dem  ganzen  Keimbett. 


Keimfähigkeit. 

Probe 

Keimfähigkeit  nach 
Tagen 

Durch- 
schnitt 

Bemerkungen. 

4 

6 

10 

Summe 

0/ 

io 

o; 
/o 

/o 

0/ 

/o 

/o 

1. 

Ungereinigte  Probe  .     .     . 

89 

0 

0 

89 

Gesunde,  kräftige  Keime; 

95 

0 

0 

95 

91,7 

einige  kranke,  wurzel- 

91 

0 

0 

91 

lose  Keime. 

2. 

Zugang  zum  Plansichter    . 

95 

0 

1 

96 

Keime  durchweg  gesund 

95 

0 

0 

95 

95,7 

und  kräftig. 

95 

0 

1 

96 

3. 

Ausgeschieden  v.Plansichter 

89 
89 
75 

0 
0 
2 

1 
1 

1 

90 
90 

78 

86,0 

Mehrere  wurzellose,  kranke 
Keime  z.  T.  (nackte 
Früchte)  mit  starkem 
Penicilliumbefall. 

4. 

Zugang  zur  Auslese .     .     . 

97 

0 

0 

97 

Gut. 

96 

0 

1 

97 

96,3 

94 

0 

1 

95 

ö. 

Auslese 

94 

1 

2 

97 

Gut. 

95 

2 

0 

97 

97.0 

96 

1 

0 

97 

6. 

Abgang    

67 
61 
61 

0 

1 
1 

0 
0 
0 

67 
62 
62 

63,7 

Zurückhleibende  Samen 
meist  gefault  und  ver- 
pilzt.  Mucor  über- 
wiegend. 

Sehr  viel  deutlicher  noch  als  bei  der  Keimprüfung  treten  die 
Unterschiede  bei  der  Keimtriebkraft-Bestimmung  zutage.  Es  beweisen 
diese  Ergebnisse  wieder,  wieviel  zuverlässiger  diese  Untersuchungen 
für  die  Wertbestimmung  des  Getreides  sind  als  die  reinen  Keimprüfungen. 
Die  ungereinigte  Probe  lieferte  hierbei  nur  81,7 ''/o  gesunde,  kräftige 
Keimpflanzen  gegen  eine  um  10%  höhere  Keimfähigkeit.  Die  Wind- 
fege bewirkte  hier,  ebenso  wie  bei  der  Keimfähigkeit,  eine  Steigerung 
um  4°/o.  Schwächliche  Keimlinge,  die  unter  günstigen  Wachstums- 
und Bodenbedingungen  immerhin  noch  einen  Ertrag  versprochen  hätten, 


Der  Einfluss  moderner  Reinigungsanlagen  auf  die  Güte  des  Saatguts. 


29 


waren  nicht  vorhanden.  Die  Ausscheidungen  des  Plaüsichters  erwiesen 
sich  bei  der  Triebkraftbestimmung  als  wesentlich  minderwertiger  als 
bei  der  Keimprüfung.  Die  Anzahl  der  gesunden,  kräftigen  Keime  betrug 
66,3  %.  Allerdings  waren  ausserdem  10,7  °/o  schwächliche,  immerhin 
noch  gesunde  Keimlinge  vorhanden,  die  unter  günstigen  Bedingungen 
noch  zur  Entwicklung  kommen  können,  andernfalls  aber  —  z.  B.  bei 
schwerem  Boden,  bei  Eintreten  von  Trockenheit,  Wachstumsstockung 
usw.  —  versagen  müssen.  Ein  stärkerer  Unterschied  als  bei  der 
Keimfähigkeit  tritt  bei  der  Triebkraft  zwischen  den  Proben  4  und  5 
zutage.  Er  beträgt  etwa  4"/^  und  wird  durch  Hinzurechnung  der 
schwächeren  Keime  noch  um  1  ^/q  vergrössert.  Beachtenswert  ist 
schliesslich,  dass  der  Abgang  der  Auslese  nur  54  ^j^  entwicklungsfähiger 
Keimpflanzen  lieferte,  während  10,7  ^Iq  vollständig  verkümmerte  Keime 
vorhanden  waren  und  35,3%  der  Samen  von  vornherein  faulten. 


Keimtriebkraft. 


Gesunde 

Schwächliche 

Ver- 

Gefaulter 

und  kräftige 

Keime, 

kümmerte, 

^ 

O 

Samen 

(V 

e 

Probe 

Keime 

doch  gesund 

krankeKeime 

e4H 

e+H 

«+H 

*t-i 

}2^ 

o 

P4 

o 

-4— > 

P4 

o 

o 

H 

-l-s 

H 

^ 

Fh 

t5 

H 

•  i-H 

<v 

§ 

<ü 

'ä 

o 

b— 1 

(D 

^ 

"~i 

■"^ 

•^-2 

•1— s 

1. 

Ungereinigte  Probe    .     . 

86 

0 

5 

9 

79 

81,7 

0 

0,0 

8 

5,7 

13 

12,6 

80 

0 

4 

' 

16 

2. 

Zugang  zum  Plansichter 

85 

0 

3 

12 

91 

85,7 

0 

0,0 

4 

3,0 

5 

11,S 

81 

0 

2 

7 

3. 

Ausgesch.   V.  Plansichter 

68 

12 

5 

15 

61 

66,3 

14 

10,7 

5 

4,0 

20 

19,0 

70 

6 

2 

22 

4. 

Zugang  zur  Auslese   .     . 

82 

7 

2 

9 

91 

86,3 

0 

3,7 

1 

2,3 

8 

7,7 

86 

4 

4 

6 

5. 

Auslese 

89 

8 

1 

2 

89 

90,0 

3 

4,7 

2 

1,7 

6 

3,6 

92 

3 

2 

3 

6 

Abgang     .     .     .    '.     .     . 

58 

0 

8 

34 

51 

54,0 

0 

0,0 

13 

10,7 

36 

35,3 

53 

0 

11 

36 

Fasst  man  die  Ergebnisse  vorstehender  Untersuchungen  nochmals, 
kurz  zusammen,  so  ergibt  sich  folgendes: 


30      Heinrich:  Der  Einfluss  moderner  Reinigungsanlagen  auf  die  Güte  des  Saatguts. 

Obgleich  es  sich  bei  dem  untersuchten  Hafer  bereits  im  Ausgangs- 
material um  eine  gute  Durchschnittsware  handelte,  war  es  doch  noch 
möglich,  dm-ch  die  Reinigung  eine  wesentliche  Verbesserung  zu  erzielen. 
Die  Reinheit  ist  als  vollständig  zu  bezeichnen.  Beeinflussung  auf 
Hektohtergewicht  und  Korngewicht  ist  ideal  zu  nennen.  Auch  die  Ein- 
wirkung auf  Sortierung  ist  ausserordenthch  günstig.  Keimfähigkeit  und 
namentlich  Keimtriebkraft  haben  eine  wesenthche  Steigerung  erfahren. 
Hierbei  ist  besonders  zu  betonen,  dass  es  mit  der  Aschenbrödel  gelingt, 
auch  die  Körner  zu  entfernen,  die  zwar  ihre  Keimfähigkeit  noch  nicht 
verloren  haben,  aber  doch  bereits  geschwächt  sind,  so  dass  sie  nur  eine 
kümmerliche  und  kranke  Keimpflanze  liefern. 


III. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der 

Pflanzenzüchtung. 


1.  Referate  über  Arbeiten 

in  Zeitschriften,  sowie  über  Dissertationen,  dann  Jahresberichte  und  Bulletins 

von  Versuchsstationen. 

Einsendung  von  Abdrücken  aller  einschlägigen  Arbeiten 
erbeten. 

Einige  Herren  haben  sich  in  liebenswürdiger  Weise  bereit  erklärt, 
für  einzelne  Länder  oder  bestimmte  sachliche  Gebiete  die  Sorge  für 
Erstattung  von  Referaten  ganz  zu  übernehmen.  1917  sind  derartige  Ver- 
einbarungen getroffen  worden  mit: 

Professor  Dr.  H.  Nilsson  -  Ehle  -  Lund:  Pflanzenzüchtung, 
Schweden.  —  Prof.  Dr.  Gran,  Universität  Kristiania:  Pflanzenzüchtung, 
Norwegen.  —  Konsulent  E.  Lindhard-Tystofte  pr.  Tjaereby:  Pflanzen- 
züchtung,Dänemark.  — Dr.  H.  PI  ahn- Appiani -Aschersleben,  Mehringer- 
strasse  6:  Zuckerrübenzüchtung  in  Deutschland  und  Österreich.  — 
(Königl.  landw.  Botaniker  A.  Howard-Pusa  (Bihar),  Indien:  Pflanzen- 
züchtung, Indien.  1)  —  Direktor  A.  v.  Stebutt  der  Versuchsstation 
Saratow,  Eussland:  Pflanzenzüchtung,  Russland.^)  —  Direktor  van 
der  Stok-Buitenzorg  (Java):  Pflanzenzüchtung,  Java.  —  Dr.  Th. 
Römer- Schlanstedt:  Pflanzenzüchtung,  Grossbritannien.  —  Direktor 
E.  Grabner-Magyarovär:  Pflanzenzüchtung,  Ungarn.  —  Prof.  Dr. 
v.  Mandekic-Krizevci,  Slavonien:  Pflauzenzüchtung,  in  südslavischer 
Sprache. 

Für  die  hier  nicht  genannten  Gebiete  sind  zunächst  Autoreferate 
sehr  erwünscht,  wenn  solche  innerhalb  acht  Tagen  nach  dem  Er- 
scheinen der  Arbeit  abgesendet  werden. 

Die  Referate  sind  entweder  als  Autoreferate  gekennzeichnet  oder 
von  dem  betreffenden  Referenten  gezeichnet;  von  dem  Redakteur  er- 
stattete bleiben  ungezeichnet. 


^)  Nach  freundl.  Mitteilung  werden  Referate  weiter  erstattet,  können  aber  wegen 
eines  Verbotes  der  Regierung  jetzt  nicht  gesandt  werden. 


32  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Baumann,  E.  Zur  Frage  der  Individual-  und  der  Im- 
munitätszüchtung bei  der  Kartoffel.  (Fühlings  landwirt- 
schaftliche Zeitung  1918,  S.  246—256.)  Bei  „Industrie"  und  „Auf  der 
Höhe"  wurden  vegetative  Linien  beobachtet.  Es  ergab  sich  bei  Industrie 
eine  grössere  Beständigkeit  des  Ertrages  im  Laufe  der  Jahre  (1912 
bis  1917),  die  auf  geringeren  Befall  derselben  durch  Phytophtora  zu- 
rückgeführt wird.  Die  einzelnen  Linien  zeigten  bei  Ertrag  unter- 
einander bei  Auf  der  Höhe  grössere  Unterschiede  als  bei  Industrie,  bei 
Stärkegehalt  waren  die  Unterschiede  zwischen  den  Linien  bei  den 
2  Sorten  je  in  den  einzelnen  Jahren  annähernd  gleich.  Die  Ertrags- 
zunahme pro  Stock  war  bei  beiden  Sorten  von  Erhöhung  der  Knollenzahl 
begleitet,  die  mit  Erniedrigung  des  Gewichtes  einer  Knolle  verbunden 
war.  Gegenüber  Blattkrankheiten  (BlattroU-,  Kräusel-,  Chlorose-, 
Mosaik-Krankheit,  Phytophtora)  verhielten  sich  die  einzelnen  Linien 
beider  Sorten  verschieden.  Verfasser  glaubt  die  Sortenprüfung  der 
Kartoffel  auf  sicherere  Grundlage  gestellt,  wenn  die  Sorte  in  vege- 
tative Linien  getrennt  wird  und  diese  beobachtet  werden. 

Baumann,  E.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Raps- 
pflanze.    (2  Abb.)     (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  VI,  S.  139.) 

Baur,  E.  Mutationen  von  Antirrhin-um  majus. 
(Zeitschr.  f.  induktive  Abstammungs-  und  Vererbungslehre  XIX,  1918, 
S.  177 — 193,  10  Abb.)  Die  erblichen  Variationen,  die  nicht  durch 
Bastardierung  veranlasst  werden  und  in  der  Züchtung  spontane 
Variationen  genannt  werden,  fasst  Verf.  als  Mutationen  zusammen.  Er 
hat  im  Laufe  von  14  Jahren  beim  Löwenmaul,  Antirrhinum  majus,  zahl- 
reiche solche  beobachtet,  die  er  in  drei  Gruppen  bringt: 

I.  In  der  geschlechtlichen  Nachkommenschaft  eines  Individuums 
treten  vereinzelt  variierte  Individuen  auf,  die  etwas  von  der  Normal- 
form abweichen  und  sich  als  Heterozygoten  erweisen,  die  in  1  deutlich 
abweichende  :  3  mehr  oder  minder  normale  Individuen  spalten.  Der- 
artige Mutationen  können  in  Geschlechtszellen  oder  anderen  haploiden 
Zellen  sowohl,  wie,  bei  IL  vorwiegend,  bei  III.  ausschliesslich,  in  diploiden 
ZeUön  eintreten. 

IL  In  der  geschlechtlichen  Nachkommenschaft  einer  Pflanze  treten 
vereinzelt  variierte  Individuen  auf,  die  Homozygoten  sind  und  rein 
vererben. 

III.  Vegetativ  auf  einer  Pflanze  entstandene  Zellkomplexe  oder 
ganze  Sprosse  mutieren  und  vererben  voll.  Alle  beobachteten  Muta- 
tionen waren  solche  bei  einem  Grundunterschied  (Anlage).  Nach  der 
Zahl  der  beobachteten  Fälle  und  nach  verschiedenen  Erwägungen  wird 
der  Fall  III  als  der  häufigst  erscheinende  betrachtet.  Auslösung  von 
Mutationen  ist  durch  Misshandlung  embryonaler  Gewebe  der  Pflanze 
eher  zu  erwarten  als  durch  Einwirkung  auf  die  Geschlechtszellen  oder 
andere  haploide  Zellen. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  33 

Becker,  J.  Vererbung  gewisser  Blütenmerkmalebei 
PapaverRhoeasL.  (3  Abb.)  (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  VI, 
S.  215.) 

BiiSen,  R.  Thesupressionofcharacterson  crossin  g.^) 
(Journ.  of  Genetics  V,  1916,  S.  225—228.)  Mausgraue  Farbe  der  Spelzen 
mancher  Rivet  bearded-Weizen  von  Triticum  turgidum  erscheint,  wenn 
mit  Behaarung  der  Spelzen  verbunden,  bei  Bastardierung  mit  Formen 
von  Triticum  vulgare  gekoppelt.  Dagegen  tritt  bei  Bastardierung  mit 
Triticum  polonicum  die  graue  Farbe  nur  schwach  als  Zwischenbildung 
auf,  nicht  dominierend,  so  wie  in  den  ersterwähnten  Bastardierungen, 
und  in  F^  entsprach  die  Spelzenfarbe  ganz  jener  des  polnischen  Weizens, 
so  dass  die  mausgraue  Färbung  vollständig  verschwand,  so  wie  die 
typische  Ausbildung  nach  einer  Bastardierung  typischer  Erbsenpflanzen 
von  Pisum  sativum  mit  spontanen  Varianten  von  Formen  dieser  Art. 
(S.  Referat  Bates  on  Bd.  IV,  1916,  S.  304.) 

Christie,  M.  Forodlingsarbeidet  med  vaarsad,  erter 
og  poteter  1905 — 16.^)  (Beretning  om  Statens  forsöksgaard  paa 
Hedemarken  1916,  S.  5.  Kristiania,  Norwegen,  1917.)  Verf.  berichtet 
über  die  bei  „Statens  forsöksgaard  paa  Hedemarken"  seit  1905  be- 
triebene Pflanzenveredlung  —  Ausgangsmaterial,  verwendete  Methoden 
und  Resultate.  Mittelst  Reinhnienauswahl  sind  folgende  neue  Sorten 
gezüchtet:  Hafer:  Möisted  Grenaderhafer,  anspruchsvoll,  aber 
unter  besseren  Anbaubedingungen  ergiebig,  sehr  lagerfest,  dünn- 
spelzig,  vom  Propsteiertypus.  Möisted  Odinshafer,  weniger 
anspruchsvoll,  von  guter  Lagerfestigkeit  und  mittlerem  Spelzengehalt, 
vom  Gelbhafertypus.  Möisted  Thorshafer,  sehr  anspruchslos, 
mittlere  Lagerfestigkeit,  vom  norwegischen  Weisshafertypus.  Diese 
drei  Sorten  haben  eine  Vegetationszeit  ungefähr  wie  Svalöfs  Goldregen- 
hafer. Möisted  Perlenhafer,  sehr  frühreif  (eine  Woche  früher 
als  Goldregen),  anspruchslos,  von  guter  Lagerfestigkeit,  Weisshafer- 
typus. Sechszeilige  Gersten:  Möisted  Mjös-Gerste,  ergiebig, 
grosskörnig.  Möisted  Maskin-Gerste,  ergiebig,  lagerfest,  früh- 
reif. Erbsen  (P.  arvense):  Möisted  gelb  grüne  Erbse.  Ein- 
farbige, gelbgrüne  Samen  mit  hellbraunem  Nabel,  ergiebig,  ziemhch 
frühreif  (nur  wenig  später  als  Svalöfs  Goldregenhafer).  Möisted 
„brandede"  Erbse.  Samen  braun  marmoriert  und  blau  punktiert, 
ergiebig,  eine  Woche  später  als  Möisted  gelbgrüne  Erbse.  Auch  mit 
zweizeiliger  Gerste,  Sommerweizen  und  Kartoffeln  wird  gearbeitet. 
Von  diesen  Arten  sind  jedoch  keine  Sorten  in  den  Handel  gebracht. 
Die  genannten  neuen  Sorten  haben  sich  in  vergleichenden  Anbauver- 


1)  Die  Unterdrückung  von  Eigenschaften  bei  Bastardierung. 
^)  Die  Veredlungsarbeit  mit  Sommergetreide,  Erbsen  und  Kartoffeln  1905 — 16. 
Zeitschrift  für  Pflanzenzücbtunn;.    Bd.  VII.  .-5 


34  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

suchen  in  verschiedenen  Gegenden  Norwegens  gut  bewährt  und  sich  als 

konkurrenzfähig  mit  den  besten  früher  bekannten  Sorten  gezeigt. 

Autoreferat. 

Cockereli,  T.  Variations  with  joung  plants  of  sun- 
flowers  (Helianthus  annuus).^)  (The  Journal  of  heredity  VIII, 
1917,  S.  361  u.  362,  1  Abb.)  Bei  einer  Sonnenblumenform  (coronatus) 
haben  die  jungen  Blüten  eine  kastanienbraune  Spitze.  Pflanzen  sind 
auch  jung  schon  als  solche  dieser  Form  zu  erkennen,  da  Hypokotyl  und 
Keimlappen  violett  gefärbt  sind.  Neben  dieser  Abweichung  wurde  noch 
eine  andere  der  Keimlappen  beobachtet,  deren  Vererbungsverhältnisse 
nicht  festgestellt  sind. 

Daniel,  L.  Sur  les  variations  specifiques  du  chi- 
misme  et  de  la  structure  provoquee  par  le  greffage  de 
la  tomate  et  du  chou  cabus.''^)  (Compt. rend.  Ac. Sc.  Paris,  CLXII, 
1916,  S.  397—399.)  Zwischen  Tomate  und  Kopfkohl  wurde  eine  Pfropf- 
vereinigung erzeugt,  die  nur  durch  vernarbte  Gewebe  bewirkt  war. 
Verf.  beobachtete  A'eränderung  in  der  chemischen  Zusammensetzung 
und  dem  Aufbau  der  der  Verbindungsstelle  nahen  Gewebe,  die  an  Eigen- 
tümlichkeiten des  anderen  Pfropfsjinbionten  erinnerten. 

Donald,  F.  Crossing  of  tomatos  in  the  United 
States. 3)  (The  American  Naturalist.  51.  Bd.,  1917,  S.  608—621.) 
Die  bisher  von  anderer  Seite  mitgeteilten  Ergebnisse  von  Bastar- 
dierungen werden  zusammen  mit  den  eigenen  kritisch  beleuchtet.  Da- 
nach dominiert  bei  der  Frucht:  Kugelform  gegen  Birne,  rundliche 
kegelförmige  gegen  rundlich  abgeplattete  Form,  Zweifächerigkeit  gegen 
Mehrfächerigkeit,  rote  Endokarpfarbe  gegen  gelbe,  gelbe  Exokarpfarbe 
gegen  Farblosigkeit.  Glätte  der  Frucht  gegen  Behaartheit;  —  bei  der 
Entwicklungsform:  normale  gegen  zwergige;  —  bei  Blatt:  Glätte  gegen 
Runzligkeit,  Zähnung  gegen  Ganzrandigkeit,  pimpinellifolium-Forra 
gegen  esculentum-Form,  grüne  Blattfarbe  gegen  gelbe;  —  bei  Blüten- 
stand: einfacher  gegen  zusammengesetzter  Bau.  Bei  Bastardierung 
der  rot-  und  kugelfrüchtigen  Zwergform  Quarter  Century  mit  der  gelb- 
und  birnfrüchtigen,  normal  hohen  Yellow  Pear  wurde  in  F^  normale 
Entwicklung  und  Rotfrüchtigkeit  erzielt,  in  Fo  ergaben  sich  Spaltungs- 
zahlen, welche  auf  eine  Koppelung  zwischen  Entwicklungsform  der 
Pflanze  (normal  oder  zwergig)  und  Form  der  Früchte  (kugelig  oder 
birnförmig)  schhessen  lässt.  Normal  kugelig  AB :  normal  birnförmig 
Ab:  zwergig  kugelig  aB:  zwergig  birnförmig  ab.  wie  252:127:121:5, 
was    einer    Geschlechtszellenbildung    von    1  AB :  4  Ab :  4  aB :  1  ab    ent- 


^)  Variationen  bei  jungen  Pflanzen  der  Sonnenblume. 

*)  Über  die  bestimmte  Abänderung  des  Chemismus  und  der  Struktur,  die  durch 
Pfropfvereinigung  der  Tomate  mit  Kopfkohl  veranlasst  werden. 
^)  Bastardierung  von  Tomaten  in  den  Vereinigten  Staaten. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  35 

sprechen  würde,  wenn  die  Anlagen  aB  Quarter  Century  und  Ab  Yellow 
Fear  entsprechen. 

Euler,  K.  Ein  bemerkenswerter  Fall  von  Knollen- 
Farbabänderung  der  Kartoffel.  (Deutsche  landwirtschaft- 
liche Presse  1919,  S.  161 — 62.)  Bei  „Silesia"  gab  eine  Pflanze,  die  aus 
«iner  für  die  Sorte  typischen  weissen  Knolle  erwachsen  war,  10  rote 
Knollen  und  eine  am  Nabel  rote,  am  Kronenende  weisse.  Die  Pflanze 
mit  der  spontanen  Abweichung  war  aus  einer  Knolle  entstanden, 
welche  das  alleinige  Ernteergebnis  einer  aus  einem  Keim  erhaltenen 
Pflanze  des  Vorjahres  war,  deren  oberirdische  Teile  im  Dezember  durch 
Frost  getötet  worden  waren.  Verf.  glaubt  als  Auslösung  für  die 
spontane  Variation  die  Frosteinwirkung  auf  die  Mutter  ansehen  zu 
sollen. 

Eyre,  J.,  and  Smith,  G.  Some  notes  on  the  Linaceae.^) 
(Journal  of  Genetics  V,  1916,  S.  189—197.)  Es  wurden  gelbblühende 
Leinarten,  die  frei  von  Glukosid  und  Enzym  sind:  Linum  flavum,  mari- 
tinum,  arboreum  mit  weiss-  oder  blaublühendem  Linum  monogynum, 
perenne  austriacum,  narbonense  bastardiert  und  überhaupt  nur  bei  L. 
monogynum  X  L.  arboreum  und  L.  monogynum  X  L.  narbonense  ein 
Erfolg  erzielt.  Die  Bastarde  enthielten,  so  wie  die  verwendeten  Eltern 
monogynum  und  narbonense,  Glukosid  und  Enzym  und  kamen  nicht  zum 
Blühen.  L.  perenne  gab  auch  bei  illegitimer  Bestäubung  Samen. 
Züchtung  wurde  begonnen,  um  brauchbare  Leinformen  für  Faser-  und 
solche  für  ölgewinnung  zu  gewinnen. 

Fleischmann,  R.  Die  Auswahl  bei  der  Maiszüchtung. 
<4  Abb.)     (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  VI,  S.  69.) 

Goetz,  E.  Tabakanbauversuche.  (Badisches  Wochen- 
blatt 1919,  S.  67 — 69.)  Von  einer  Anzahl  heimischer  und  fremder 
Tabakformenkreisen  wurden  reine  Linien  geführt,  welche  zum  Teil 
schon  von  dem  Vorgänger  des  Verfassers,  Dr.  Lang,  begründet  worden 
waren.  Für  1915  sind  dem  Ertrage  der  reinen  Linien  auch  die  Erträge 
von  Fl  von  Bastardierungen  zwischen  solchen  gegenübergestellt. 
Zieht  man  nun  die  Mittel  aus  den  Erträgen,  welche  die  Elternformen 
gaben,  so  erweisen  sich  diese  Mittel  überwiegend  als  niederer,  als  der 
Ertrag  von  F^  der  Bastardierung;  in  einigen  Fällen  übertraf  der 
Ertrag  von  F-^  aber  selbst  jenen  des  ertragreicheren  Elters,  so  dass  man 
dann  von  einer  Reizwirkung  durch  die  Bastardierung  sprechen  kann. 

Graham,  R.  Pollination  and  cross  fertilisation  in 
the  juar  plant  (Andropogon  sorghum  Brot.).^)  (Memoirs, 
Departement  of  Agriculture,  India,  Bot.  VIII,  1916,  S.  201—216.)  Nach- 


^)  Einige  Bemerkungen  über  Leinformenkreise. 
^)  Befruchtung  und  Bastardierung  bei  Sorghum. 

3* 


36  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

barbefruchtung  zwischen  den  Blüten  derselben  Rispe  ist  Regel.  Fremd- 
befruchtung bei  lockerrispigen  Formen  kommt  zu  etwa  6  "^/o,  bei  den 
dichterrispigen  zu  etwa  0,6  ^1^  vor.  Die  Färbungen  der  Früchte  sind 
durch  Saftfarben  bedingt.  Rot  dominiert  unter  denselben  über  gelb 
und  über  weiss.  Manche  weissfrüchtige  Formen  besitzen  eine  Anlage 
für  rot,  die  nur  zur  Entfaltung  kommt,  wenn  auch  die  Anlage  für  gelb 
vorhanden  ist.     Bei  Ährchenspelzenlänge  dominiert  kurz  über  lang. 

Hansen, W.  Die  pflanzenzüchterische  Buchführung. 
(2  Abb.)     (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  VI,  S.  119.) 

Harris, F., and Hogenson, J.  Somme  correlations  in  sugar 
beets.O  (Genetics  I,  1916,  S.  334— 347.)  Für  einige  positive  Korre- 
lationen wurden  die  folgenden  Korrelationskoeffizienten  festgestellt: 
Prozent  Zucker  und  Samenertrag  .  0,049  ±  0,143;  Höhe  der  Pflanze 
und  Samenertrag  .  3075  + 0,131;  Achsenzahl  und  Samenertrag  .  2771 
±0,133;  Gewicht  der  Pflanze  und  Samenertrag  .  3075  ±  0,131; 
Lebensdauer  in  Tagen  und  Samenertrag  .  1954  ±  0,156;  Zahl 
der  Blätter  pro  Pflanze  und  Samenertrag  .  1217  ±0,143;  Lebensdauer 
in  Tagen  und  Höhe  der  Pflanze  .  1748  ±0,163;  die  negative  Korrelation 
Rübengewicht  und  Prozent  Zucker  gab  den  Koeffizienten  minus 
.  2878  ±0,074. 

Hector,  G.  Observations  on  the  inheritance  of 
anthocyan  pigments  in  paddy  varieties.  ^)  (Mem.  Dep. 
of  Agric,  India,  Bot.  VIII,  1916,  S.  89—101.)  Bei  Formenkreisen  von 
Reis  ist  rötliche  oder  purpurne  Färbung  durch  Anthocyan  entweder  nur 
in  den  Spelzenspitzen  oder  in  diesen,  und  in  den  Narben  oder  in  Spelzen- 
spitzen und  Blattscheiden  oder  endlich  in  Blattscheiden,  Spelzenspitzen 
und  Narben  vorhanden.  Die  Färbung  wird  durch  mehrere  Anlagen 
bedingt,  und  in  einzelnen  Fällen  ist  bei  der  Färbung  der  Narbe  eine 
Anlage  mehr  als  bei  der  Färbung  der  übrigen  Teile  vorhanden. 

Heribert  Nilsson,  N.  E  x  p  e  r  im  enteile  Studien  über  die 
Variabilität,  Spaltung,  Artbildung  und  Evolution  in 
der  Gattung  Salix.  (Lunds  Univers.  Ärsskrift,  N.  F.,  Avd  2,. 
Bd.  14,  Nr.  28,  145  S.,  63  Abb.,  1918.)  Die  von  W  i  c  h  u  r  a  ausgeführten 
Weidenbastardierungen  gelten  als  Beispiele  dafür,  dass  Artbastarde  in 
Fj  Zwischenbildung  geben  und  diese  sich  erhält.  Verf.  zeigt  durch  das 
Ergebnis  seiner  1906  mit  sog.  Kulturweiden  und  mit  Waldweiden  be- 
gonnenen Bastardierungen,  dass  dies  nicht  zutrifft,  wenn  man  an  Stelle 
der  Gesamterscheinung  die  einzelnen  Eigenschaften  und  Anlagen  be- 
trachtet. Bei  dieser  Betrachtungsweise  ergibt  sich  in  F^  Zwischen- 
bildung bei  den  Eigenschaften,  aber  auch  solche  Zwischenbildung  der 


')  Einige  Korrelationen  bei  Zuckerrübe. 

2)  Beobachtungen  über  die  Vererbung  des  Anthocyan-Farbstoffes  in  Reisformen. 


Neue  Erscheinungen   auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung-.  37 

Oesamterscheinung,  die  durch  annähernd  gleiche  Verteilung  der  Domi- 
nanz auf  die  von  jedem  der  Elter  gekommenen  Eigenschaften  bewirkt 
wird.  Eine  Unterscheidung  zwischen  Art-  und  Varietätseigenschaften 
je  nach  ihrem  Verhalten  nach  Bastardierung  kann  nicht  aufrecht  er- 
halten werden,  beiderlei  Eigenschaften  können  in  F^  alternative  oder 
intermediäre  Vererbung  zeigen  und  spalten  in  F2.  Auf  die  Einzel- 
heiten bei  den  Bastardierimgen,  von  welchen  jene  zwischen  S.  viminahs 
und  S.  caprea  am  ausführlichsten  erörtert  wird,  kann  hier  nicht  ein- 
gegangen werden.  Es  soll  nur  darauf  verwiesen  werden,  dass  der  Ver- 
fasser hervorhebt,  dass  auch  seine  Untersuchungen  zeigen,  dass  eine 
Anlage  sehr  verschiedene  Eigenschaften  beeinflussen  —  pleiotrop  wirken 
—  kann,  auch  eine  Anlage,  die  bei  einer  Varietät  scheinbar  nur  eine 
Eigenschaft  beeinflusst,  und  dass  daher  oft  sehr  einschneidende,  viel- 
fache, äussere  Unterschiede  von  Formenkreisen  auf  nur  wenige  Anlagen 
zurückgeführt  werden  können.  Bezüglich  der  Artbildung  stellt  sich 
Verf.  auf  den  Standpunkt,  dass  Bastardierung  durch  Neukombination 
Ton  Anlagen  äusserlich  neue  Formenkreise,  äusserlich  neue  Genotjrpen 
entstehen  lassen  kann,  die  dann  durch  Ausscheidung  einiger  Kombi- 
nationen durch  natürliche  Auslese  Linnesche  Arten  bilden,  dass  da- 
gegen Entstehung  wirklich  neuer  Anlagen  bisher  nicht  erwiesen  worden 
ist.  Spontaner  Anlageverlust,  der  nachgewiesen  ist,  könnte  Entwicklung 
nur  durch  Rückbildung,  eben  dem  ständigen  Anlagenverlust,  erklären. 

Heiweg,  L.  De  danske  Barres stammer,  deres  Af- 
stamning  og  Kulturhistorie.  (Tidsskrift  f  or  Planteavl  23.  Bd., 
Side  289 — 339,  1916.)^)  Verf.,  der  früher  „Eine  monographische 
Schilderung  der  gebauten  Mohrrübenformen  und  ein  Beitrag  zu  deren 
Kulturgeschichte"  2)  veröffentlichte,  sucht  hier,  auf  Grund  der  ältesten 
historischen  Quellen  die  Kulturgeschichte  der  zu  der  Gattung  Beta  ge- 
hörenden Rübenformen  darzulegen.  Auf  Grund  einer  Reihe  von 
Züchtungsversuchen  und  chemischen  Untersuchungen  macht  er  einen 
Vergleich  zwischen  der  Futterrübe  und  andererseits  der  Zuckerrübe 
und  Betamaritima,  und  gelangt  zu  dem  Resultat,' dass  die  Zucker- 
rübe in  den  meisten  Eigenschaften  der  Stammform  am  nächsten  stehe. 
Die  Sorte  Jauneovoide  des  Barres  wurde  von  der  Firma 
Vilmorin,  nach  vieljähriger  Auswahl,  aus  der  Sorte  Betterave 
disette  jaune  gezogen  und  im  Jahre  1853  zum  ersten  Male  in  den 
B^andel  gebracht.  Erst  in  den  60  er  Jahren  des  vorigen  Jahrhunderts 
wurde  dieselbe  in  Dänemark  eingeführt,  wo  später  auch  die  Sorte 
Oval-shaped  Yellow  von  P.  Lawson,  Edinburgh,  sowie  ver- 
schiedene ähnhcheSortenausDeutschlandEingang  gefunden  haben.  Sämt- 

^)  Die  dänischen  Barres-Stämme,  ihre  Abstammung  und  Kulturgeschichte. 

■-)   Tidsskrift  for  Planteavl  15.  Bd.,  S.  417—453.  \ 


38  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

liehe  dänische  Barres-Stämme  entstammen  den  Rüben  von  diesen  drei 
Quellen.  Bei  den  verschiedenen  Typen  von  Barres-Stämmen,  welche 
im  Laufe  der  Jahre  an  den  vom  Verf.  geleiteten  offiziellen  Stamm- 
versuchen beteiligt  waren,  hat  er  umfassende  Messungen  vorgenommen 
und  Beschreibungen  gegeben,  und  auf  dieser  Grundlage  hat  er  besagte 
Typen  zahlenmässig  charakterisiert.  E.  L. 

Honing,  J.  A.  Variabiliteit  der  bastaardsplitsin g.^) 
(Verslagen  Kon.  Akad.  d.  Wet.  Amsterdam,  Natuurkund  Afd.  XXV, 
1916,  S.  794 — 805.)  Canna  indica  mit  Canna  glauca  bastardiert  gab 
eine  Fj-Pflanze,  von  welcher  867  Blüten  künstlich,  30  Blüten  natürlich 
bestäubt  wurden.  Auch  die  natürliche  Bestäubung  war  Nachbar- 
bestäubung, da  keine  blühenden  Pflanzen  von  Canna  in  der  Nähe  waren. 
Die  Verschiedenheit  der  bei  verschiedenen  Aussaaten  in  Fg  erhaltenen 
Spaltungsverhältnisse  führt  Verfasser  auf  verschiedenes  Alter  der  mit- 
einander bestäubten  Blüten  zurück  und  erinnert  an  die  bezüglichen 
Ergebnisse  Zederbauers  bei  Pisum. 

Ikeno.  Studios  on  the  hybridisation  of  Capsicum 
annuum.  On  some  variegated  races.^)  (Journ.  of  Genetics 
1916,  S.  201  u.  315.)  Zwei  spontan  aufgetauchte  panaschierte  Pflanzen 
vererbten  bei  Selbstbefruchtung  die  Panaschüre  voll.  Wurden  aus  der 
Nachkommenschaft  stark  panaschierte  mit  sehr  schwach  panaschierten 
Pflanzen  oder  Pflanzenteilen  bastardiert,  so  wurde  die  Panaschüre 
immer  herabgesetzt,  bei  V^iederholung  derartiger  Bastardierung  stärker, 
nie  aber  schwand  sie  vollständig.  Es  wird  angenommen,  dass  die  Pana- 
schüre doch  auch  durch  Chromatophoren  vom  Vater  übertragen  werden 
kann.  Chromatophoren  werden  vielleicht  als  Chondriosomen  übertragen. 
Es  sei  an  die  entgegengesetzten  Befunde  C  o  r  r  e  n  s  bei  Mirabilis 
(Referat  Journ.  f.  Landw.  1910,  S.  121)  erinnert. 

Johannsen,  W.  „Tilsyneladende  arvelig  Selektions- 
virkning."  (Det  kgl.  danske  Videnskabernes  Selskabs  Forhandlinger 
1915,  Nr.  3  u.  4.)^)  Bei  einer  mit  Schartigkeit  behafteten  Rasse  von 
zweizeiliger  Gerste,  bei  welcher  das  Schartigkeitsprozent  um  32  "/o 
schwankte,  waren  eine  Reihe  von  Jahren  hindurch  Auslesen  sowohl  in 
positiver  als  auch  in  negativer  Richtung  vorgenommen  worden,  aber 
stets  ohne  nachweisbaren  Erfolg.  Im  Jahre  1909  zeigte  aber  die  Minus- 
serie ein  Schartigkeitsprozent  von  36,48  +  0,56,  die  Plusserie  37,37  zt 
0,57;  in  der  nächsten  Generation  ergaben  sich  die  Prozente  31,24  ± 
0,23  bzw.  33,84  ±  0,34,  und  nach  weiter  fortgesetzter  Auswahl  in  noch 
einer  Generation  ergab  die  Minusserie  36,59  ±  0,27,  die  Plusserie  41,84 


1)  Abweichungen  bei  Bastardspaltung. 

2)  Bastardierungsstudien  bei  Pfeffer.    Über  einige  panaschierte  Formen. 
^)   „Anscheinend  erbliche  Selektionswirkung." 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  39 

±  0,36,  also  einen  Ausschlag  für  die  Selektion  von  5,25  ±  0,44  "/(,.    Bei 

einer  Individualanalyse  der  beiden  Serien  waren  die  Ergebnisse   die 

folgenden:  Die  Plusserie,  welche  eine  zweigipfelige  Variationskurve  für 

Schartigkeit  ergab,  Hess  sich  in  zwei  Typen  trennen,  nämlich  den  alten 

Schartigkeitstypus,    welcher,  mit  dem  der  Minusserie  identisch,    noch 

immer  an  32°/o  Schartigkeit  aufwies,  und  daneben  einen  neuen  Typus, 

bei  dem  die  abortierten  Fruchtknoten  grösser  waren,  der  aber  typisch 

ein  höheres  Schartigkeitsprozent  zeigte  und  immer  wieder  in  Individuen 

von  dem  alten  und  solche  vom  neuen  Schartigkeitstypus  spaltete. 

E.  L. 

Kajanus,  B.  Kreuzungsstudien  an  Winterweizen. 
(Botaniska  Notiser  1918,  S.  235—244.)  Seit  1911  werden  22  Bastar- 
dierungen verfolgt,  teils  sind  sie  bis  zur  2.,  teils  bis  zur  5.  Generation 
beobachtet  worden.  Die  Bastardierungen  zeigen  Formen  von  dicoccum, 
durum,  polonicum  und  turgidum,  sowie  solche  von  Spelta,  vulgare  und 
compactum.  Die  Ergebnisse  sollen  in  einer  späteren  Abhandlung  be- 
sprochen werden.  Jetzt  werden  nur  als  „vorläufige  Mitteilung"  in  ge- 
drängtester Kürze  einige  Ergebnisse  bekannt  gegeben,  deren  Zahl  ein 
Referieren  nicht  zulässt,  ohne  fast  die  ganze  Abhandlung  abdrucken 
zu  müssen. 

Kajanus,  B.  Über  eine  Kreuzung  zwischen  zwei 
Typen  von  Sommerweizen.  (Botaniska  Notiser  1918,  S.  245 
bis  247.)  Marzuolo  americano,  ein  Triticum  vulgare  mit  stark  rotem 
Blattöhrchen,  von  der  Versuchsstation  Bahtim  bei  Kairo  erhalten, 
wurde  mit  Perlsommerweizen  als  weibl.  bastardiert.  Blattöhrchenfarbe 
und  Begrannung  gaben  in  F^  Grannenlosigkeit  und  ungefähr  so  starke 
Rotfärbung  wie  bei  dem  männl.  Elter  und  spaltete  inF2  nach  3  : 1,  wobei 
Granne  und  weisse  Färbung  der  öhrchen  rezessiv  waren. 

Kalt,  B.  Die  Hintertuxergerste.  Ein  Anbau-  und 
Züchtungsversuch.  (Kuhn-Archiv  VII,  1918,  S.  217— 240.)  Mit 
Saatgut,  das  Herr  F.  Schraube  von  einer  Gerste,  die  1500  m  hoch 
zwischen  Mayrhofen  und  St.  Jodok,  angebaut  worden  war,  einsandte, 
wurden  Anbauversuche  vorgenommen.  Diese  erwiesen  die  Gerste  als 
eine  sehr  frühreife  Form  von  Hordeum  distichum  nutans  a.,  die  sich 
durch  langen  Halm  und  lange,  lockere,  schwere  Ähre,  sehr  langes 
Korn  mit  sehr  hohem  Tausendkorngewicht  und  geringer  Bestückung 
auszeichnet.  Die  günstigen  Eigenschaften  der  Gerste,  welchen  nur  die 
geringe  BeStockung  und  der  hohe  Proteingehalt  gegenüber  stehen,  haben 
veranlasst,  dass  dieselbe  in  Halle  züchterisch  bearbeitet  wird.  Dabei 
soll  versucht  werden,  die  Bestockungsfähigkeit  zu  erhöhen,  um  so  den 
Ertrag  zu  steigern  und  die  Auslese  ohne  Gefährdung  der  Frühreife 
vorzunehmen.  Für  sich  soll  auch  eine  Züchtung  auf  Drückung  des 
Proteingehaltes,  zuerst  durch  Auslese  nach  äusserer  Beschaffenheit  der 


40  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Körner,  später  durch  Auslese  nach  Stickstoffgehalt,  vorgenommen 
werden.  Als  Eigentümlichkeit  der  Gerste  wird  auch  angeführt,  dass 
die  Basalborste  sich  sehr  leicht  abtrennt  bzw.  an  der  Spindel  bleibt. 

Klebahn,  H.  Impfversuche  mit  Pfropfbastarden. 
(Festschrift  zum  70.  Geburtstag  von  Ernst  Stahl,  Jena  1918,  S. 418 
bis  430.)  Bei  den  Chimären  sind  zwei  Arten  zu  einem  Lebewesen 
vereint,  die  eine  stellt  die  Haut,  die  andere  das  Innere  bei.  Es  er- 
scheint nun  nicht  unmöghch,  dass  eine  Art,  welche  das  Innere  gibt, 
gegen  Pilze,  die  sie  sonst  schädigen,  unempfindlich  wird,  wenn  die  Art, 
welche  die  Haut  liefert,  von  diesen  nicht  angegriffen  wird.  Kl  eb  ah  n 
führte  bezügliche  Versuche  bei  den  Periklinalchimären  von  Tomate 
(Solanum  licopersicum)  mit  Nachtschatten  (Solanum  nigrum)  und  den 
Pilzen  Septoria  licopersici  und  Cladosporium  fulvum  aus,  welche  beide 
die  Tomate  stark  schädigen  können.  Allgemein  ergab  sich,  dass  der 
Kern  der  Chimäre  nicht  gegen  Infektion  geschützt  ist,  wenn  nur  eine 
Epidermis  einer  nicht  empfindlichen  Art  vorhanden  ist. 

Lotsy,  J.  Over  de  mogelijkeid  van  intranucleaire 
kruising  bij  homozygoten.^)  (Genetica  I,  1919,  S.  92 — 97, 
7  Abb.)  Spontane  Variationen  werden  auf  Chromosomenkreuzung 
homozygotischer  Pflanzen  zurückgeführt.  Zur  Zeit  der  Aneinander- 
reihung der  Chromosomen  zu  einem  Faden  sind  die  Chromosomen  mit- 
einander verklebt.  Beim  Auseinanderfallen  des  Fadens  kann  ein  Chro- 
momer  eines  Chromosoms  gelegenthch  an  dem  letzten  Chromomer  des 
nächstfolgenden  Chromosoms  bleiben  und  es  können  so  die  Chromosome 
ungleich  werden.  Es  wird  dann  Gameten  geben,  die  ein  Chromosom 
enthalten,  dem  ein  Chromomer  fehlt,  und  solche,  die  ein  Chromosom 
mit  einem  hinzugetretenen  Chromomer  besitzen.  Beiderlei  Gameten 
können  mit  normalen  zusammentreten  und  geben  dann  eine  spontane 
Verlust-  bzw.  Gewinnvariante  (-Mutante). 

Mandekic,  V.  Nesljectivonje  nikih  divjstore  Koet 
Kukuruz  a.2)  (Gospodarska  smotra  5 — 8  [1918].)  Zwecks  Prüfung 
der  Vererbung  der  Kolbenlänge  des  Maises  wurde  aus  der  Linie 
159  der  längste  Kolben  und  aus  der  Linie  34  der  kürzeste  Kolben  ge- 
nommen. Die  Nachkommenschaft  des  längsten  Kolbens  aus  der  Linie 
159  gab  einen  durchschnittlich  längeren  Kolben  mit  grösserer  Reihen- 
zahl, grösserem  Umfange  und  grösserem  Ertrag  an  Kolben.  Körnern 
und  Spindeln  als  die  Linie  34.  Aus  den  erzielten  Zahlen  ist  klar  er- 
sichtlich, dass  die  Kolbenlänge  bei  reinen  Linien  vererbbar  ist.  In  der 
Nachkommenschaft  hatte  die  Linie  159  Kolben  mit  einer  Länge  von 

*)  Über   die  Möglichkeit   im  Kern   verlaufender  Bastardierung  bei  Homozygoten. 
*)  Vererbung  einiger  Eigenschaften  beim  Maise. 


Neue  Erscheinungeii  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  41 

15 — 28  cm  und  die  Linie  34  solche  mit  der  Länge  von  12 — 23  cm.    Der 
Gipfel  der  Variationskurve  lag  bei  der  Linie  159  bei  24  cm  und  bei 
der  Linie  34  bei  19  cm.    Ebenso  lag  der  Gipfel  der  Modifikationskurve 
für  den  Umfang  des  Kolbens  bei  der  Linie  159  bei  15  cm  und  bei  der 
Linie  34  bei  14  cm.  Was  die  Reihenzahl  anbelangt,  so  hatte  die  Linie 
159  Kolben  mit  12—28  Reihen  und  die  Linie  34  Kolben  mit  12—22  Reihen. 
Aus  den  erzielten  Zahlen  bei  der  Linie  159  und  34  kann  man  auf  Kor- 
relationserscheinungen schliessen.    Mit  der  Kolbenlänge  variiert  gleich- 
sinnig:   der  Umfang   des   Kolbens,   die   Reihenzahl,   der   Umfang   der 
Spindel,  das  Gewicht  des  Kolbens,  der  Körner  und  der  Spindel,  und 
gegensinnig:  das  lOOO-Körnergewicht.    Ausserdem  ist  hier  zu  erwähnen, 
dass  der  längste  Kolben  der  Linie  159  in  der  Deszendenz  einen  be- 
deutend grösseren  Ertrag  gab  als  die  Linie  34  (der  kürzeste  Kolben). 
Aus  allem  geht  hervor,  dass  die  Linien  159  und  34  reine  Linien  waren. 
Wenn  man  nämlich  aus  einer  beliebigen  Gruppe  den  längsten  Kolben 
nimmt,  so  wird  man  laut  Untersuchungen  nicht  zu  solchen  Resultaten 
kommen.     Ein  solcher  Kolben  stellt  eine  ganze  Menge  verschiedener 
Eigenschaften   dar,   die,  wenn  man   den   Kolben   anbaut,   hervortreten 
und  eine  Population  darstellen.    Für  die  Vererbung  der  Reihenzahl 
des  Kolbens  wurde  aus  der  Linie  61  ein  Kolben  mit  der  grössten  Reihen- 
zahl und  aus  der  Linie  21  ein  Kolben  mit  der  kleinsten  Reihenzahl 
genommen.     In  der  Nachkommenschaft  gab  die  Linie  61   eine  durch- 
schnittlich grössere  Reihenzahl  pro  Kolben.    Laut  Modifikationskurve 
hatte  Linie  61  Kolben  mit  14 — 26  Reihen,  und  der  Gipfel  der  Kurve 
lag  bei  20  Reihen,  dagegen  hatte  die  Linie  21  Kolben  mit  10 — 24  Reihen 
und  der  Gipfel  der  Kurve  lag  bei   16  Reihen.     Mit  der   Reihenzahl 
variiert  gleichsinnig:  Kolbenlänge,  Kolbenumfang,  Spindelumfang,  Ge- 
wicht  des   Kolbens,    der    Körner   und    der-   Spindel;    gegensinnig:    das 
lOOO-Körnergewicht.     Für  weitere  Untersuchungen  betreffs   der  Ver- 
erbung des  Ertrages  nahm  man  die  Linien  126  und  94.  Diese  beiden 
Linien  wiesen  einen  bedeutenden  Unterschied  in  bezug  auf  Ertrag  auf. 
Man  wählte  aus  der  Linie  126  einen  Kolben  mit  214  g  Körner  und  aus 
der  Linie  94  einen  Kolben  mit  111,8  g  aus.    In  der  Nachkommenschaft 
gab  die  Linie  126  einen  grösseren  und  Linie  94  einen  kleineren  Ertrag. 
Hier   bestand    auch    eine    Korrelation   zwischen    Ertrag,    Kolbenlänge, 
Kolbenumfang  und  Reihenzahl.    Die  Eltern  der  Linie  126  hatten  eine 
Kolbenlänge  von  22  cm  und  der  Linie  94  von  18  cm.    Die  Nachkommen- 
schaft der  Linie  126  ergab  Kolben  mit  15  und  25  cm  Länge  und  Linie 
94  mit  11  und  23  cm.    Der  Gipfel  der  Venationskurve  lag  bei  der  Linie 
126  bei  19  cm  und  bei  der  Linie  94  bei  17  cm.-   Was  den  Kolbenumfang 
in  der  Nachkommenschaft  der  Linien  126  und  94  anbelangt,  so  war  der 
Kolbenumfang  der  Linie  126  grösser  als  jener  der  Linie  94.     Ebenso 
war  es  mit  der  Reihenzahl.     Für  die  Vererbung  des  Kolbenum- 


42  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Ptianzenzüchtung. 

fang  es  nahm  man  die  Linien  1561  und  15153,  bei  welchen  man  die- 
selben Resultate  erzielte  wie  bei  den  früheren  Versuchen.  Aus  allen 
Versuchen  ist  klar  ersichtlich,  dass  sich  die  Eigenschaften  nur  bei  reinen 
Linien  des  Maises  gut  vererben,  sich  dagegen,  bei  aus  nicht  reinen  Linien 
gewählten  Kolben,  gewisse  Eigenschaften  nicht  vollständig  vererben  und 
man  damit  keine  besonderen  Resultate  erzielen  kann.  Für  praktische 
Zwecke  ist  jedenfalls  zuerst  die  Züchtung  von  reinen  Linien  anzu- 
empfehlen und  betreffs  der  Steigerung  des  Ertrages  innerhalb  derselben 
Selbst-  und  Fremdbefruchtung  durchzuführen.  Autoreferat. 

Mandekic,  V.  Priloggojidbi  Kukuruza.^  (Gospodarska 
smotra  1 — 4  [1918].)  Auf  dem  landwirtschaftUchen  Versuchsfelde  in 
Krizevci  (Kroatien)  wird  „Kroatischer  runder  Mais"  gezüchtet.  Er  ist 
mittelfrüh,  nicht  zu  stark  im  Stroh,  trägt  einen  bis  zwei  dicht  mit 
Körnern  besetzte  Kolben.  Die  Züchtungsmethode  ist  die  bekannte 
Prof.  Williams  Maiszüchtungsmethode. 

Auf  dem  Versuchsfelde  wurden  mit  Mais  zahlreiche  und  ausführ- 
liche Versuche  mit  Selbst-  und  Fremdbestäubung  durchgeführt.  Die 
Selbstbefruchtung  beim  Mais  übt  als  solche  infolge  der  Anhäufung  von 
etwaigen  der  Einzelpflanze  anhaftenden  Mängeln  keinen  so  ungünstigen 
Einfluss  aus,  wie  man  bisher  anzunehmen  geneigt  war,  sondern  der 
Grund  für  die  Minderwertigkeit  der  Produkte  der  Selbstbefruchtung  ist 
geradezu  in  der  einfacheren  Merkmalzusammensetzung,  verglichen  mit 
den  Produkten  der  Fremdbestäubung,  zu  suchen.  Die  Pflanzen  einer 
gewöhnlichen  sog.  Mais-,, Rasse"  sind  nämlich  als  Bastarde  bzw.  als 
von  heterozygotischer  Natur  zu  betrachten,  welche  durch  Kombination 
verschiedener  Linien,  also  durch  Mischung  zahlreicher  elementarer 
Merkmale  entstanden  sind.  Je  weniger  elementare  Verschiedenheiten 
in  einer  Rasse  vorhanden,  um  so  geringer  ist  die  physiologische  Energie, 
speziell  bezüglich  des  Wachstums.  Nun  ändert  aber  die  Selbst- 
befruchtung den  heterozygotischen  Charakter  einer  Form  mehr  und 
mehr  in  einen  homozygotischen,  der,  wenn  er  einmal  erreicht  ist,  in 
bezug  auf  Ertrag  und  physiologische  Energie,  speziell  des  Wachstums, 
konstant  bleibt.  Sobald  man  aber  diese  selbstbefruchtete  Linie  mit  einer 
anderen  anbaut,  die  sich  in  ihren  Eigenschaften  vollkommen  unter- 
scheidet, dann  ergibt  sich  ein  grosser  Wachstumseffekt. 

Die  Versuche  stimmen  mit  jenen  von  Shull  und  East  durch- 
geführten Versuchen  überein.  Aus  allen  Versuchen  geht  hervor:  1.  Die 
Pflanze,  die  einer  Selbstbefruchtung  unterzogen  wurde,  entwickelt  sich 
bedeutend  schwächer  als  jene,  bei  der  Fremdbefruchtung  durchgeführt 


')  Beitrag  zur  Züchtung  des  Maises. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtuug.  43 

wurde.  2.  Bei  Selbstbefruchtung  des  Maises  ist  der  Stengel  der  Pflanze 
schwächer  und  niederer  als  bei  fremdbefruchteten  Pflanzen.  3.  Der 
Same  einer  selbstbefruchteten  Pflanze  hat  eine  schwächere  Keimungs- 
energie und  gibt  ein  grösseres  Prozent  steriler  Pflanzen.  4.  Die  Pflanzen, 
die  einer  Selbstbefruchtung  unterzogen  wurden,  geben  in  der 
nächsten  Generation  wenig  oder  keine  Pflanze  mit  2 
oder  mehreren  Kolben.  5.  Die  Kolben,  bei  welchen  Selbst- 
befruchtung durchgeführt  wurde,  sind  kürzer  als  die  der  selbst- 
befruchteten Pflanze.  6.  Ebenso  ist  es  mit  Kolbenumfang  und 
Reihenzahl.  7.  Die  selbstbefruchteten  Pflanzen  geben  weniger 
und  schwächere  Kolben,  infolgedessen  ist  der  Ertrag  an  Kolben, 
Körnern,  Spindeln  und  Stroh  kleiner  als  bei  den  fremdbefruchteten 
Pflanzen.  8.  Wenn  man  eine  Pflanze,  welche  durch  mehrere  Genera- 
tionen fortwährend  selbstbefruchtet  wurde,  einer  Fremdbefruchtung 
unterzieht,  so  wird  der  Wuchs,  die  Entwicklung  und  alle  anderen  Eigen- 
schaften sowie  der  Ertrag  überraschend  gut.  Autoreferat. 

Moore,  C.  Experiments  on  selfsterility  with  plant  s.  ^) 
(The  Journal  of  heredity  1917,  VIII,  S.  203—207.)  Bei  Tradescantia 
occidentalis  und  Tradescantia  occidentalis  X  T.  pilosa  wurde  voll- 
kommene Selbstunfruchtbarkeit  festgestellt;  bei  Trifolium  hybridum, 
Medicago  sativa  und  Papaver  Rhoeas  zählte  man  bei  Selbstbestäubung 
2,7,  27,1,  39,5  o/o  befruchtete  Blüten  von  allen,  gegen  21,5,  38,7,  84,0  «/^ 
bei  Fremdbestäubung.  Als  Ursache  der  mehr  oder  minder  ausgebildeten 
Selbstunfruchtbarkeit  wurde  unzureichende  Verlängerung  des  Pollen- 
schlauches festgestellt.  Bei  Selbstbestäubung  sind  die  Ernährungs- 
verhältnisse für  den  wachsenden  Pollenschlauch  so  günstig,  dass  dieser 
bei  Nahrungssuche  sich  mit  der  Verlängerung  nicht  zu  beeilen  braucht, 
daher  kürzer  bleibt  und  nicht  oder  nur  hier  und  da  zur  Eizelle  gelangt. 

Nilsson  -  Ehle,  H.  Untersuchungen  über  Speltoid- 
mutationen  beim  Weizen.  (Botaniska  Notiser  1917,  S.  305  bis 
329,  1  Abb.)  Bei  Weizen,  Triticum  vulgare,  wurden  spontane  Varia- 
tionen beobachtet,  welche  in  der  Bildung  längerer,  lockerer  Ähren  und 
längerer  Halme  bestanden,  später  reiften  und  Ährchenspelzen  besassen, 
die  im  Verhältnis  zu  den  Blütenspelzen  kürzer,  stärker  gekielt,  oben 
fast  quer  abgestutzt  und  im  unreifen  Zustand  mit  einem  grünen  Längs- 
streifen versehen  waren.  Die  schwächlichen  Pflanzen  erinnern  in  der 
Ausbildung  der  Ährchenspelzen  an  Triticum  Spelta,  daher  Speltoid- 
mutationen.  Alle  beobachteten  Variationen  werden  auf  Verlust  einer 
Anlage  zurückgeführt,  der  bei  einer  Geschlechtszelle  eintritt,  die  mit 
einer  nicht  variierten  die  spontane  Variante  als  Heterozygote  liefert. 


^)  Versuche  über  Selbstunfruchtbarkeit  von  Pflanzen. 


44  Neue  Erscheiuuugeu  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtuug. 

Die  Vererbungsverhältnisse  sind  eigenartige.  Die  bei  Sommerweizen 
beobachtete  Variante  brachte  als  Nachkommenschaft  wieder  ebensolche 
Varianten  und  normale  Pflanzen,  erstere  spalteten  in  gleicher  ^'eise 
weiter,  und  zwar  1:1,  letztere  vererbten  voll.  Die  aufgefundene 
Variante  war  demnach  eine  Heterozygote,  aber  bei  der  Bildung  der 
Geschlechtszellen  wurden  bei  jenen  des  einen  Geschlechtes  nur  solche 
mit  der  Anlage  für  die  normale  Ausbildung  erzeugt,  bei  dem  anderen 
solche  und  solche  mit  der  Anlage  für  die  Abweichung.  In  einem 
anderen  Fall,  bei  Winterweizen  Extra  Square  head  II,  gab  die  spontane 
Variation  normale  Pflanzen,  speltoide  Individuen  und  der  Zwischen- 
form entsprechende.  Pflanzen  der  beiden  ersterwähnten  Arten  ver- 
erbten voll,  solche  der  letzteren  Art  spalteten  annähernd  nach  1:2:1, 
aber  mit  Überschuss  normaler  Pflanzen.  In  diesem  Fall  wurde  dem- 
nach auch  die  speltoide  Homozygote  gebildet,  die  im  ersten  Fall  fehlte. 
Hier,  wie  in  einem  dort  folgend  angeführten  Fall,  wird  angenommen, 
dass  die  Abweichung  in  dem  Spaltungsverhältnis  auf  die  Schwächung 
der  Geschlechtszellen  mit  der  Anlage  für  die  spontane  Variation  zurück- 
zuführen ist,  welche  Schwächung  —  teilweise  schwächere  oder  stärkere, 
bis  vollkommene  Gametenelimination  —  um  so  stärker  ist.  je  mehr 
die  spontane  Variation  von  dem  normalen  Typus  abweicht. 

Plahn-Appiani,  Die  Zuchtrichtung  bei  der  Selektion 
der  Beta-Rüben  (Blätter  für  Zuckerrübenbau  1909,  Nr.  3/4).  — 
Das  von  verschiedenen  Seiten  ausgesprochene  Verlangen,  eine  Rübe  zu 
kultivieren,  die  Zuckergehalt  und  Wurzelgewicht  in  best  möglichster 
Verbindung  enthält  (von  der  Flächeneinheit  also  den  höchsten  Zucker- 
ertrag gewährleistet),  wird  hier  vom  züchterischen  Standpunkt  be- 
trachtet, indem  auf  die  Art  der  Auslese  hingewiesen  wird,  die  in  vererb- 
lichem Sinne  nur  dann  wirken  könne,  wenn  sie  in  strenger  Stammbaum- 
folge und  unter  steter  Berücksichtigung  aller  jener  sekundärer  Merk- 
male, die  diese  in  ihrer  Objektivität  vielseitig  beeinflussen,  durch- 
geführt wird. 

Plahn-Appiani,  Die  Individualität  von  Zucker-  und 
Futterrübe  (Centralblatt  für  die  Zuckerindustrie  1919,  Nr.  18).  — 
Unter  Bezugnahme  auf  eine  Reichsgerichtsentscheidung  wird  die  Er- 
mittelung des  spezifischen  Gewichtes  bzw.  des  Rübenkörpervolumens  als 
relativ  sicherstes  Unterscheidungsmerkmal  zwischen  den  beiden  Arten 
empfohlen. 

Plahn-Appiani,  Das  Wurzelgewicht  der  Beta-Rüben 
im  züchterischen  Sinne  (Centralblatt  für  die  Zuckerindustrie 
1919,  Nr.  26).  —  Es  wird  darauf  hingewiesen,  dass  das  absolute  Gewicht 
des  Rübenkörpers  sich  aus  Trockensubstanz  und  aus  Wasser  zusammen- 
setzt und  dass  es  im  Vergleich  zweier  Rüben  nicht  gleichgültig  sein  kann, 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  45 

in  welchen  Verhältnissen  diese  beiden  Stoffe  innerhalb  des  Rübenkörpers 
sich  befinden.  Der  Wert  des  durch  Wasser  bedingten  höheren  Gewichtes 
(bei  beispielsweise  gleichem  Zuckergehalt)  ist  jedenfalls  nur  als  proble- 
matischer zu  betrachten,  was  dann  auch  in  hereditärer  Beziehung  zum 
Ausdruck  kommt.  Die  Zuchtwahl  wird  sich  daher  (neben  der  Polari- 
sation!) nicht  auf  die  Ermittelung  des  Gewichtes  an  sich  allein  stützen 
können,  sondern  sie  wird  auch  die  Trockensubstanz  als  Selektionsfaktor 
heranzuziehen  haben.  Schwere  Rüben  können  in  züchterischem  Sinne 
erst  dadurch  Bedeutung  erlangen,  dass  sie  (adäquat  ihrer  Abstammung) 
auch  eine  entsprechend  höhere  Trockensubstanz  aufweisen.  Schwere 
Rüben,  welche  ihr  Gewicht  vornehmlich  ihrem  Wasseraufnahmevermögen 
verdanken,  werden  nicht  als  individual,  d.  h.  als  ,, unbedingt"  schwerere, 
sondern  lediglich  als  „bedingt"  schwerere,  d.  h.  wasserreichere  Rüben 
zu  kennzeichnen  sein.  Autoreferat. 

Ryx,  v.  Zahlenmässige  Bestimmung  der  Korn- 
schön he  it  bei  Braugerste.  (2  Abb.)  (Zeitschr.  f.  Pflanzen- 
züchtung VI,  S.  109.) 

Salmon,  E.  Improving  Hops  in  England  through 
Crossing  and  selection.^)  (Journal  of  the  Institute  of  Brewing 
XXIII,  1917,  S.  60 — 82.)  Es  wurde-  amerikanischer  Hopfen  Oregon 
Cluster  (weibl.)  mit  europäischen  Formen  von  Humulus  Lupulus  bastar- 
diert  und  dabei  Pflanzen  erhalten,  die  eine  grosse  Mannigfaltigkeit 
unter  den  Verbindungen  der  Eigenschaften  der  beiden  Elternformen 
aufwiesen.  Bei  den  3000 — 4000  Individuen  wurde  besonders  Aroma, 
Harzgehalt,  Ertrag  und  Widerstandsfähigkeit  gegen  Krankheiten  be- 
obachtet, um  praktisch  verwertbare  Formen  ausfindig  zu  machen. 

Schubert,  P.  Blutauffrischung  in  der  Zuckerrüben- 
s  amen  Zucht.     (1  Abb.)     (Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  VI,  S.  209.) 

Trouard  Riolle.  Hybrdation  entre  une  crucifere 
sauvage  et  une  crucifere  cultivee  ä  racine  tuberis  ee.^) 
(Compt.  rend.  ac.  Paris  CLXII,  1916,  S.  511—513.)  Hederich 
(Raphanus  raphanistrum)  wurde  mit  kultiviertem  Gartenrettich  (Rapha- 
nus  sativus)  bastardiert.  Fj  zeigte  bei  Blattbildung  und  Wurzelaufbau 
die  Ausbildung  des  Hederichs,  bei  allgemeiner  Erscheinung  der  Pflanze, 
Blütenfarbe  und  parenchymöser  Ausbildung  der  Wurzel  die  Ausbildung 
des  Gartenrettichs,  bei  chemischer  Zusammensetzung  der  Wurzel,  Form 
und  Anatomie  der  Schoten  Zwischenbildung.  In  Fg  waren  65,74  "/^  der 
Pflanzen  mit  parenchymöser  Wurzelausbildung,  5 — 15  7o  glichen  dem 
Gartenrettich,  34,25  "/„  dem  Hederich,  der  Rest  nahm  Zwischenstellung 


*)  Züchtung  von  Hopfen  in  England  durch  Bastardierung  und  Auslese. 
^)   Bastardierungen    zwischen    einem   wilden   Kreuzblütler    und    einem   kultivierten 
mit  parenchymöser  Wurzel. 


46  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

ein.  Durch  Bastardierung  kann  daher  auch  die  Eigenschaft,  die 
Wurzel  parenchymös  auszubilden,  auf  eine  wildwachsende  Pflanze 
überti-agen  werden.  Wird  ein  Bastard  zwischen  Formen  des  Garten- 
rettichs untereinander  mit  dem  Hederich  bastardiert,  so  erscheinen  in 
F2  Pflanzen,  welche  dem  Hederich  entsprechen,  solche,  welche  dem 
Bastard,  solche,  welche  Zwischenbildung  und  solche,  welche  den  Eltern 
des  Bastards  entsprechen. 

Tschermak,  E.  v.  Steigerung  der  Ertragsfähigkeit 
der  Tomaten  durch  Bastardierung  in  der  ersten  Gene- 
ration. (Nachrichten  der  deutschen  Landwirtschaftsgesellschaft  für 
Österreich  1918,  S.  425,  426.)  Die  bei  ausgesprochener  Fremdbefruch- 
tung mehrfach  beobachtete  Ertragssteigerung  in  der  ersten  Generation 
nach  Bastardierung  wurde  vom  Verfasser  auch  bei  verschiedenen  Bastar- 
dierungen zwischen  Tomatensorten  beobachtet.  Die  Tomate  ist  fähig, 
auch  bei  Selbstbestäubung  Frucht  zu  bilden,  wenn  auch  ohne  Beein- 
flussung Fremdbestäubung  gewiss  reichlich  vorkommt.  Die  Erträge 
in  der  ersten  Generation  der  erwähnten  Versuche  konnten  jene  der 
Elternpflanzen  um  1,  selbst  3  kg  Früchte  übertreffen.  Da  die  Bastar- 
dierung leicht  ausführbar  ist,  die  Früchte  reichsamig  sind,  kann  eine 
Erzeugung  von  Bastardsamen  für  Verkaufszwecke  wohl  in  Frage 
kommen..  Man  wird  dazu  ertragreiche,  in  ihren  Anlagen  möghchst 
ähnliche  Sorten  heranziehen. 

Tschermak,  E.  v.  Beobachtungen  bei  Bastardierung 
zwischen  Kulturhafer  und  Wildhafer.  (Zeitschr.  f. 
Pflanzenzüchtung  VI,  S.  215.) 

Ubisch,  G.  V.  II.  Beitrag  zu  einer  Faktorenanalyse 
von  Gerste.  (Zeitschr.  f.  induktive  Abstammungs-  und  Vererbungs- 
lehre XX,  1919,  S.  65—117,  7  Abb.)  Als  Abschluss  der  Arbeiten  über 
Anlagenanalyse  bei  Gerste,  über  welche  bisher  in  gleicher  Zeitschrift 
berichtet  worden  ist  (Referate  hier:  Jahrgang  III,  S.  405,  V,  S.  62). 
werden  weitere  Mitteilungen  gemacht.  Es  sollte  durch  die  ganze  Arbeit 
besonders  für  die  Praxis  der  Züchtung  Brauchbares  geboten  werden. 
Fremdbefruchtung  hält  Verf.  unter  den  ihr  vorgelegenen  Verhältnissen 
bei  zweizeiliger  Gerste  für  äusserst  selten,  sie  fand  in  6  Jahren  trotz 
engem  Nebeneinanderbau  vieler  Formen  keinen  Fall  einer  solchen.  Bei 
Ährchendichte  —  in  der  Arbeit  als  Spindelgliedlänge  gemessen  — 
dominiert  Lockerheit,  und  die  Spaltung  tritt  nach  3: 1,  locker  zu  dicht, 
ein.  Neben  der  Anlage  L  für  Lockerheit  können  sich  aber  noch  zwei 
Anlagen,  M  und  N,  finden,  welche  die  Ährchendichte  weiter  beeinflussen. 
Die  Verhältnisse  werden  bei  den  Bastardierungen  für  diese  Eigenschaft 
und  für  einige  der  anderen  auch  durch  Kurventafeln  sinnfälliger  vor- 
geführt.    Die    gleiche   Erscheinung   des    Vorhandenseins    von    Neben- 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  47 

anlagen,  wie  sie  bei  Ährchendichte  beobachtet  wurde,  findet  sich  auch 
bei  Grannenlänge  und  Halmlänge,  die  auch  Spaltung  nach  3 : 1  geben, 
wobei  lange  Granne  und  langer  Halm  dominiert.  Normale  Spaltung, 
ohne  solche  Nebenanlagen,  war  bei  Zweizeiligkeit  und  Zähnung  vor- 
handen —  nicht  sechszeilig,  dominierend :  sechszeilig  wie  3:1,  ge- 
zähnt :  nicht  gezähnt  wie  15  :  1.  Die  Eigenschaften  Veränderung  der 
Grannenlänge,  Brüchigkeit  und  Ausbildung  von  Kapuze  an  Stelle  von 
Grannen  werden  durch  je  2  Anlagen  bedingt,  von  denen  eine  allein 
nicht  wirkt.  Bei  Brüchigkeit  der  Spindel  dominiert  Brüchigkeit  und 
spaltet  in  F^  in  9  brüchig  zu  7  nicht  brüchig.  Die  Einreihung  in  F2 
wird  dadurch  erschwert,  dass  die  Brüchigkeit  auch  von  Ährchendichte 
und  Jahreswitterung  beeinflusst  wird,  und  zwar  bei  kurzer,  dicker 
Spindel,  und  in  trockenen  Jahren  geringer  ist.  Bei  nackt  oder  bespelzt 
wurde  bestätigt,  dass,  wie  v.  Tschermak  fand,  Bespelzung  dominiert 
oder  prävaliert,  und  bei  reiner  Spaltung  in  bespelzt  zu  nackt  wie  3: 1, 
bei  Prävalenz  in  Fj  und  unreiner  Spaltung  in  bespelzt,  halbnackt,  nackt 
spaltet.  Der  Grad  der  Bespelzung  wird  auch  von  der  Witterung  stark 
beeinflusst,  bei  trockener  Witterung  starker  Spelzenschluss,  bei  nasser 
schlechter.  Auch  bei  Farbe  der  Spelzen  wurde  der  Befund  von 
V.  Tschermak  bestätigt;  schwarz  dominiert,  und  in  F2  spaltet 
schwarz:  gelb  wie  3: 1,  ein  Zusammenhang  zwischen  Spelzen-  und  Korn- 
farbe wurde  nicht  gefunden.  Die  Basalborste  erwies  sich  als  ein  — 
wie  mehrfach  festgestellt  worden  ist  —  konstant  vererbendes  Merkmal; 
es  wird  aber  die  Schwierigkeit,  die  Borstenform  ohne  mikroskopische 
Untersuchung  sicher  zu  unterscheiden,  hervorgehoben.  Die  A-Form 
der  Basalborste  dominiert,  wie  schon  v.  Tschermak  feststellte,  über 
die  C-Form,  und  F^  spaltet  in  3:1.  Koppelungen  wurden  zwischen 
Ährchendichte  mit  Grannenlänge,  sowie  Halmlänge  mit  Grannenlänge 
und  Ährchendichte  festgestellt  und  durch  Korrelationstab  eilen  vor- 
geführt. Verf.  hält  Koppelung  für  vorliegend  und  nicht  Äusserung  einer 
Anlage  bei  verschiedenen  Eigenschaften. 

Vestergaard, H.A. B.  Gulrustens  Virkning  poa  Udbyttet 
af  jorskellige  Hvedesorter.  (Tidsskrift  for  Planteavl  22.  Bd., 
S.  110 — 115,  1915.)  ^)  Durch  einen  Ertragsversuch  mit  38  neuen 
Linien  und  3  alten  Sorten  von  Winterweizen  untersucht  Verf.  den 
Einfluss,  welchen  Angriffe  von  Gelbrost  (Puccinia  glumarum) 
auf  den  Ertrag  an  Korn  und  Stroh  ausüben.  Die  Stärke  des  Rost- 
angriffes wurde  Mitte  Juni  —  d.  h.  zu  einem  Zeitpunkt,  wo  der  Angriff 
sein  Maximum  erreicht  hatte  —  beurteilt,  und  zwar  so,  dass  das  Zu- 
gegensein keiner  Rostflecke  oder  jedenfalls  bloss  vereinzelter  Rost- 
punkte mit  0  Punkten  bezeichnet  wurde,  während  die  Fälle,  wo  mehr 


^)  Die  Wirkung  des  GelbroBtes  auf  den  Ertrag  verschiedener  Weizensorten. 


48 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 


als  die  Hälfte  der  Blattfläche  durch  Rost  zerstört  war,  je  5  Punkte 
bekamen.  Auf  Grund  dieser  Beurteilung  sind  sämtliche  41  Sorten  nach 
der  Intensität  des  Rostangriffes  in  vier  beinahe  gleich  grosse  Gruppen 
geteilt,  und  zwar  mit  folgendem  Resultat: 


Gruppe 

Rost 
Punkte 

Ernte,  '/g  kg  pro  Hektar 

Körner                 Stroh 

I 

II 
III 
IV 

0,0—0,3 
0,6-1,0 
1,3-2,3 
2,5-4,7 

33,3 
32,5 
30,1 
25,9 

65,3 
63,7 
59,9 
56,1» 

Diese  neuen  Weizensorten  rührten  von  Bastardierungen  zwischen 
einigen  wenigen  älteren  Sorten  her,  und  der  Unterschied  an  Rost- 
empfindlichkeit erwies  sich  als  weit  grösser  zwischen  diesen  unter- 
einander als  zwischen  den  Elternsorten.  E  L 

Vestergaard,  H.  A.  B.  Jagttagelser  vedrorende  jors- 
kellige  Forkold  og  Egenskaber  kos  Brjg.  (Tidsskrift  f or 
Planteavl  15.  Bd.,  S.  336—348,  1915.)  i)  1.  Spontane  Bastar- 
dierungen zwischen  zweizeiliger  und  vierzeiliger  Gerste.  Verf.  hat 
häufig  Bastarde  beobachtet,  welche  im  Habitus  der  zweizeiligen  Gerste 
ähneln,  nur  mit  ein  wenig  stärker  entwickelten,  teilweise  fruchtbaren 
Seitenährchen.  Nach  Aussaat  von  100  Körnern  eines  solchen  Bastardes 
wurde  geerntet: 

a)  55  Ähren  von  Bastardform. 

b)  36       „         „     normaler  2  zeiliger  Gerste. 

c)  11       „         „  ,.  4       ,.  „ 

d)  5       ,,         ,,     2  zeiliger  Gerste  mit  linearen  Seitenährchen. 

In  einer  anderen  Serie  hat  Verf.  von  jeder  dieser  4  Typen  wieder 
Körner  aus  einer  Pflanze  ausgesäet.  Hier  spaltet  a)  wieder  alle 
4  Typen,  während  b)  c)  und  d)  sich  konstant  zeigten.  2.  Künstliche 
Bastardierung  zwischen  Formen  von  H.  distichum  nutans 
und  H.  d.  erectum  ergab  in  F^  Zwischenformen,  in  Fo  Spaltungen 
1:2: 1.  Bei  kurz-  und  langhaarigen  Basalborsten  in  derselben  Bastar- 
dierung dominiert  langhaarig,  und  man  bekommt  in  F2  3  langhaarig 
zu  1  kurzhaarig.  3.  Ganz  unfruchtbare  Gerstenpflanzen. 
Verf.  hat  bei  vielen  Linien  mehr  oder  weniger  von  Entwicklungs- 
bedingungen abhängige  Schartigkeit  festgestellt;  in  einem  Falle  aber 
fand  er  in  einem  Bestand  von  50  Pflanzen  6  scheinbar  normale  Pflanzen, 
in  welchen  kein  Körnchen  zur  Entwicklung  kam.  Neue  Aussaat  von 
drei  normalen  Pflanzen  aus  dieser  Serie  hat  nicht  die  Eigenschaft 
wiedergegeben.    4.  Mutation  von  Zwergtypen.     In  einer  früher 


^)  Beobachtungen  über  verschiedene  Eigenschaften  bei  Gerste. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  49 

konstanten  Linie  von  rumänischer  Landgerste  traten  unter  60  Pflanzen 
3  zwergartige  Pflanzen  mit  rudimentären  oder  fehlenden  Basalborsten 
auf.     Sie  gaben  sämthch  konstante  Nachkommenschaft.  E.  L. 

Wacker,  J.  Die  Förderung  des  Dinkelbaues  in  Würt- 
temberg durch  diekgl.  Saatzuchtanstalt.  (Festschrift  zur 
Feier  des  100  jähr.  Bestandes  der  kgl.  landw.  Hochschule  Hohenheim 
S.  274 — 293.)  Die  erste  Tätigkeit  auf  dem  Gebiete  begann  an  der 
Anstalt  selbst  von  1904  ab  mit  Züchtung  durch  Formenkreistrennung 
bei  Nebeneinanderführung  von  schhesshch  27  Individualauslesen.  1903 
wurde  vom  Saatzuchtverwalter  Mall  eine  Bastardierung  von  Schlegel- 
dinkel mit  Square  head  vorgenommen,  1908  und  1909  wurden  Dinkel- 
herkünfte  aus  dem  Lande  bezogen  und  neue  Individualauslesen  be- 
gonnen. Auf  Wirtschaften  im  Land  wurden  1906  Züchtungen  begonnen: 
auf  dem  Steinerschen  Schlossgut  Laupheim  mit  rotem  Tyroler,  der  be- 
sonders für  das  Oberland  geeignet  ist  und  von  Z  e  i  n  e  r  auf  der 
Domäne  Neuhaus  mit  weissem  Schlegeldinkel  9,  später  mit  rotem 
Schlegeldinkel,  beide  für  Ho  henloh  esche  Ebene  und  Grünkern- 
gewinnung. Der  Hohenheimer  weisse  Kolbendinkel,  der  der  erwähnten 
Bastardierung  Mails  entsprang,  ist  für  reichere  Verhältnisse  des  Unter- 
landes bestimmt,  standfest,  gibt  aber  viel  Schlagkörner  (Früchte,  die 
beim  Drusch  aus  den  Spelzen  treten).  Neben  der  Züchtung  liefen  Sorten- 
versuchcj  die  am  Sitze  der  Anstalt  und  im  Lande  durchgeführt  wurden. 
Der  Saatfruchtbau  auf  Saatbau-  und  Saatzuchtwirtschaften  wurde  im 
Lande  geregelt. 

Weiss,  F.  Arbeiten  der  Saatzuchtanstalt  Hohen- 
heim auf  dem  Gebiete  des  Futterbaues.  (Festschrift  zur 
Feier  des  100  jährigen  Bestandes  der  königl.  landwirtsch.  Hochschule 
Hohenheim  S..  319 — 337.)  Bei  Rotklee,  Esparsette  und  Luzerne  soll 
Züchtung  auf  Zuchtstätten  in  Hauptanbaugebieten  dieser  Pflanzen,  auf 
geeignetem  Boden  ausgeführt  werden.  Bei  Rotklee  war  bereits  eine 
Zuchtstätte  gewonnen,  sie  musste  im  Krieg  wieder  aufgegeben  werden. 
Gezüchtet  soll  bei  Riedbacher,  Affalteracher  und  Schnittlinger  Rotklee- 
Herkunft  werden.  Am  Sitze  der  Anstalt  wurde  Züchtung  mit  Rotklee 
seit  1910  geführt.  Dabei  wird  Gelingen  der  künsthchen  Bestäubung 
angegeben,  mit  durchschnittlich  32  Körnern  pro  Pflanze  und  im  Höchst- 
ausmaß 330  pro  Pflanze.  Allerdings  wird  angegeben,  dass  dieser 
günstige  Erfolg  zum  Teil  vielleicht  „auf  nicht  vollkommene  Pollen- 
reinheit des  zur  Bestäubung  verwendeten  Gegenstandes  bei  Übergang 
von  einer  Pflanze  zur  anderen"  zurückgeführt  werden  kann.  Die  von 
Fruwirth  eingeführte  künstliche  Bestäubung  mit  Hummeln  wurde 
unter  Verwendung  von  Phazelia  und  mit  der  nach  eigenen  Erfahrungen 
sehr  geeigneten  Cerinthe  als  Lockpflanze  ausgeführt.  Durchschnittlich 
wurden  dabei  49  Samen  pro  Pflanze  erzielt.     Bienen  wirkten  bei  Ein- 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VII.  4 


50  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

schluss  auch,  aber  weniger  als  Hummeln.  Luzerne-  und  Esparsette- 
Züchtungen  wurden  begonnen,  ebenso  Graszüchtungen,  die  weiterhin 
auch  an  einzelnen  Stätten  im  Lande  betrieben  werden  sollen. 

White,  0.  Inheritance  studies  in  Pisum.^)  (Americ. Na- 
turalist 1916,  S.  530 — 547.)  Bei  Bastardierung  von  Pisum  sativum 
gab  Goldkönig  gelbkotylig  mit  grünkotyligen  Formen  bastardiert  in 
Fj  —  statt  wie  sonst  bei  Pisum  sativum  gelbkotylige  Samen  —  grün- 
kotylige  und  spaltete  in  F,  in  3  grün-:l  gelbkotyhge.  Es  wird  an- 
genommen, dass  alle  Formen  eine  Anlage  für  gelbe  Farbe  G  besitzen, 
die  grünkotyligen  ausserdem  eine  Anlage  für  grün  Gr,  die  epistatisch 
zu  Gr  ist,  die  dominanten  gelben  noch  eine  Anlage  J,  die  bei  Reife 
grün  in  gelb  verwandelt,  während  den  rezessiven  gelben  die  beiden 
letzterwähnten  Anlagen  fehlen,  also:  gelb  dominant  G,  Gr,  J.  gelb 
rezessiv  G,  gr,  i,  grün  G,  Gr,  i.  Das  würde  die  normale  Spaltung  3: 1, 
die  erwähnte  abnormale  Spaltung  1 :  3  und  auch  eine  andere  abnormale 
15 : 3  erklären. 

Zinn,  J.,  and  Surf ace,  M.  The  behavior  of  the  Avena 
sativa  patula  Var.  Victor  X  Avena  sativa  nuda  Var. 
inermis.^)  (Journal  of  Agricultural  Research.  1917,  S.  295 — 312, 
8  Tafeln.)  Fj  gab  bei  Bespelzung  Zwischenbildung:  nackte,  ganz  und 
teilweise  bespelzte  Früchte  in  demselben  Fruchtstand.  Schwarze  Spelz- 
farbe dominiert  über  weisse.  Behaarung  am  Grund  der  Früchte  war 
in  Fj  bei  einer  Anzahl  von  Individuen  stärker  als  bei  Avena  sativa 
patula  entwickelt.  In  Fo  spalteten  bespelzte  :  Zwischenform  :  nackt- 
früchtigen  Pflanzen  wie  1:2:1,  schwarzspelzige :  weissspelzigen  wie 
3:1.  In  Fo  spaltete  Behaarung  des  Grundes  in  15  behaart:  1  unbehaart. 
Bei  Behaarung  wird  angenommen,  dass  Avena  sativa  patula  eine  Anlage 
besitzt,  die  schwache  Behaarung  bemrkt,  Avena  sativa  nuda  eine  andere 
Anlage,  die  allein  nicht  wirkt,  mit  der  anderen  Anlage  zusammen 
stärkere  Haarbildung  bedingt. 


2.  BücherbesprechuTigen. 

Dykier,  W.  Bericht  der  Kurländischen  Saatzucht- 
anstalt in  Dubbenhof  1913/14.  Mit  einem  Vorwort  von 
Fürst  A.  Lieven.  (Kurländische  ökonomische  Gesellschaft,  Sektion 
für  Wiesen-  und  Futterbau.  1918.  Kleinoktav.  47  S..  Verlag  der  Anstalt.) 
Nur  von  1913  bis  1.  Januar  1915  bestand  die  im  Titel  genannte  Saat- 
zuchtanstalt, dann  setzte  der  Krieg  ihrem  Wirken  zunächst  ein  Ende. 
Da  für  die  Anstalt,  wie  der  Vorsitzende  der  Sektion  für  Wiesen-  und 


^)  Vererbungßstudien  bei  Erbse. 

2)  Das  Verhalten  von  Avena  s.  patula  X  A.  s.  nuda. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  51 

Futterbau  der  Kurländischen  Ökonomischen  Gesellschaft,  Fürst 
Liteven,  aber  im  Vorwort  bemerkt,  neue  Tätigkeit  in  Aussicht  ge- 
nommen ist,  soll  durch  den  vorliegenden  Bericht  über  die  Vorarbeiten 
Mitteilung  gemacht  werden.  In  einem  Abschnitt  wird  über  den  Plan 
der  Klee-  und  Graszüchtung  berichtet,  dabei  auch  wieder  Mitteilung 
über  die  grosse  Vi  eiförmigkeit  der  einzelnen  Arten  gemacht  und  die 
bei  Klee-  und  Graszüchtung  gemachten  Beobachtungen  in  einigen 
knappen  Sätzen  zusammengefasst.  Ein  zweiter  Abschnitt  behandelt 
die  Weizenzüchtung;  es  wurde  die  Schaffung  und  Prüfung  reiner  Linien 
in  Angriff  genommen,  und  es  soll  weiterhin  Bastardierung  vorgenommen 
werden.  In  zwei  weiteren  Abschnitten  wird  über  vergleichende  Anbau- 
versuche von  Sorten  und  Herkünften  und  über  den  mit  der  Saatzucht- 
anstalt verbundenen  landwirtschafthchen  Betrieb  berichtet. 

Ernst,  A.  Bastardierung  als  Ursache  der  A  p  o  g  a  m  i  e 
im  Pflanzenreich.  Eine  Hypothese  zur  experimentellen  Ver- 
erbungs-  und  Abstammungslehre.  (Grossoktav,  666  S.,  172  Abb., 
2  Tafeln,  Gustav  Fischer,  Jena  1918,  Preis  36  M.)  Die  Untersuchungen, 
welche  der  Verfasser,  Professor  der  Botanik  an  der  Universität  Zürich, 
bei  einem  Armleuchtergewächs,  Ohara  crinita,  ausführte,  haben  ihn 
zuerst  dazu  angeregt,  nach  Begründung  einer  neuen  Erklärung  der 
Apogamie  zu  suchen.  Dabei  ist  festzuhalten,  dass  er  unter  Apogamie 
nur  solche  Fälle  der  Entstehung  von  Keimen  aus  der  Eizelle  oder  aus 
einer  oder  mehreren  Körperzellen  versteht,  die  mit  vollständigem  Ge- 
schlechtsverlust des  Formenkreises  verbunden  sind.  Bei  Ohara  crinita, 
die  als  Beispiel  von  Parthenogenesis  galt,  gibt  es  apogame  und  partheno- 
genetische  Formen.  Apogamie,  wie  er  sie,  verschieden  von  Stras- 
burg er  und  Winkler,  auffasst,  führt  er  auf  Bastardierung  zurück, 
und  er  betrachtet  dieselbe  als  eine  der  Störungen  der  Geschlechts- 
tätigkeit, wie  sich  solche  bei  Artbastardierung  in  verschiedenen  Formen 
äussern.  Die  Erscheinung  der  Apogamie  bei  Pilzen,  Algen,  Farnen 
und  Angiospermen  werden  eingehend  erörtert.  Besondere  Abschnitte 
sind  den  „falschen  Bastarden"  der  Parthenokarpie  und  der  Polyem- 
bryonie  gewidmet.  Auch  die  zwei  erstgenannten  Erscheinungen  werden 
—  als  nach  seiner  Umschreibung  Apogamie  —  auf  Folgen  von  Bastar- 
dierungen zurückgeführt,  ebenso  eine  Art  der  letzterwähnten,  die 
Nucellarembryonie.  Aber  auch  jene  vegetative  Propagation,  die  in 
Vermehrung  durch  Zwiebeln,  Brutkörper,  Rhizome,  Knollen,  Ausläufer 
besteht,  führt  er.  wenn  sie  mit  völligem  Verlust  der  geschlechtlichen 
Fortpflanzung  verbunden  ist  (Allium  vineale.  Agave  Oantala,  Poa 
bulbosa),  auf  Bastardierung  zurück.  Auch  diese  Erscheinungen  ent- 
sprechen seinem  Begriff  Apogamie. 

Jedem  der  15  Kapitel  ist  am  Schlüsse  eine  Zusammenfassung  mit 

zu  beweisenden  Sätzen  angefügt.    Die  nach  verschiedener  Richtung  hin 

4* 


52  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

nötigen  Versuche  zur  Stützung  der  vom  Verfasser  als  Arbeitshypothese 
gemachten  Annahme  werden  eingehend  erörtert,  und  Verfasser  legt 
Wert  darauf,  dass  von  möglichst  verschiedener  Seite  solche  Versuche 
durchgeführt  werden.  Neben,  den  anderen  Werken  entnommenen,  Ab- 
bildungen finden  sich  auch  zahlreiche  Originalabbildungen,  die  vom 
Assistenten  des  Verfassers,  Dr.  Scherrer,  herrühren.  Zweifellos  wird 
das  Buch  zu  vielen  weiteren  Arbeiten  anregen  und  von  jedem  Botaniker 
eingesehen  werden  müssen.  Die  Leistung  des  Verlages,  dem  es  gelang, 
in  der  Jetztzeit  ein  so  umfangreiches,  rein  wissenschaftliches  Werk 
herauszubringen,  verdient  gewiss  auch  Anerkennung. 


V. 

Kleine  Mitteilungen. 


a)  Wissenschaftliche. 

Mitteilungen  bezüglich  der  Variabilität  einiger  Grasarten. 

Von  J,  Hessin  g, 

Botaniker  bei  dem  „Instituut  voor  veredeling  van  Landbouwgewassen*   der  Landwirtschaftlichen 

Hochschule  Wageningen. 

In  den  Jahren  1913 — 17  fand  ich  Gelegenheit,  eine  Untersuchung 
bezüglich  der  Variabilität  einiger  Grasarten  anzustellen,  über  deren 
Ergebnissß  ich  zum  Teil  bereits  berichtet  habe.^) 

In  Sonderheit  sind  Lolium  italicum  L.,  Lolium  itahcum  var. 
westerwoldicum  und  Lolium  perenne  L.  vom  Standpunkte  der  Genetica 
sehr  interessant.  Innerhalb  der  labilen  Grenzen  der  Art  zeigen  diese 
Gräser  eine  solche  Verschiedenheit  von  verhältnismässig  konstanten, 
aber  fortwährend  ineinander  übergehenden  und  sich  in  allerlei  Weisen 
kombinierenden  Formen  und  Kennzeichen,  dass  eine  annähernd  voll- 
ständige Analyse  wohl  zu  den  piis  votis  gehören  wird. 

Im  Sommer  1913  sammelte  ich  verschiedene  Ähren  dieser  Gräser, 
darunter  drei  zusammengesetzte  Blütenstände. 

Nachdem  ich  diese  Ähren  numeriert,  mit  einer  kurzgefassten  Be- 
schreibung in  das  Kulturbuch  eingetragen  und  zum  Behufe  der  Ver- 
gleichung  mit  der  Nachkommenschaft  photographiert  hatte,  wurden 
die  Samen  von  jeder  einzelnen  Ähre  im  Oktober  1913  in  Schalen  gesät, 
in  welchen  die  gekeimten  Pflänzchen  überwinterten. 

Im  Frühling  des  Jahres  1914,  etwa  am  15.  April,  waren  die 
Pflänzchen  genügend  entwickelt,  um  eine  vorläufige  Beurteilung  mög- 
lich zu  machen. 

Eine  flüchtige  Betrachtung  der  Feldchen  brachte  schon  den  grossen 
Unterschied  im  allgemeinen  Habitus  an  den  Tag.  Die  Anzahl  der  mehr 
oder  weniger  gleichförmigen  Individuen  war  Jedoch  im  allgemeinen  ge- 
nügend gross,  mir  zu  erlauben,  die  verschiedenen  „Familien"  vonein- 
ander zu  unterscheiden. 

In  der  ersten  Hälfte  des  Juh  isolierte  ich  einzelne  Ähren  von 
Pflanzen,  welche  eigentümliche  Eigenschaften  oder  Merkmale  zeigten. 


^)  „Mededeeling-en  van  de  Rijks  Landbouw-Hoogeschool",  Bd.  12,  Heft  4/5,  1917. 


54  Kleine  Mitteilungen. 

Das  Zweckmässigste  war  das  Einschliessen  der  Ähren  in  Säckchen  von 
einer  Sorte  durchscheinenden  Papieres,  dem  sog.  Pergamin.  Die  Säck- 
chen werden  an  der  Unterseite  mit  einem  Wattepfropfen  geschlossen. 
Diese  Hülle  sichert  wegen  ihrer  Undurchlässigkeit  vollkommen  gegen 
fremden  Blütenstaub,  während  sie  den  Wasserdampf  genügend  durch- 
zulassen scheint  und  das  Licht  ausreichend  zulässt.  Auch  isolierte  ich 
einige  Ähren  in  Kattun-Säckchen. 

Wenn  es  möglich  war,  isoUerte  ich  zwei  oder  mehrere  Inflores- 
centien  einer  und  derselben  Pflanze  zusammen.  Die  auf  diese  Weise 
erhaltene  Samenernte  war  quantitativ  sehr  verschieden. 

Von  Lolium  itahcum  ergaben  ungefähr  12  °/o  der  eingeschlossenen 
Ähren  keine  Samen.  Sonst  erntete  ich  bei  Isolierung  in  kattunenen 
Säckchen  von  nur  einer  einzelnen  Ähre  min.  3,  max.  65  Samen;  bei  Ein- 
ßchluss  von  zwei  Ähren  min.  2,  max.  133,  und  von  drei  Ähren 
min.  2,  max.  54  Samen. 

Benutzte  ich  papierene  Säckchen,  so  gewann  ich  von  Lolium  ita- 
licum  bei  Einschluss  einer  einzelnen  Ähre  min.  5,  max.  71  Samen; 
von  zwei  Ähren  min.  13,  max.  68,  und  von  drei  Ähren  min.  7.  max. 
104  Samen. 

Von  nicht  eingeschlossenen,  mittelmässig  langen  und  dichten 
Ähren  des  Lolium  itahcum  war  die  Samenzahl  ungefähr  350.  Die 
Anzahl  ist  aber  sehr  veränderHch. 

Die  Pflänzchen  von  Dactylis  glomerata,  Festuca  elatior  und  im 
allgemeinen  auch  von  Lolium  perenne  waren  im  Sommer  von  1914  noch 
nicht  genügend  entwickelt,  um  eine  zutreffende  Beurteilung  zu  ermög- 
lichen; aber  ihre  Überjährigkeit  und  Winterfestigkeit  liess  es  zu,  diese 
Beurteilung  bis  auf  das  folgende  Jahr  zu  verschieben. 

Indessen  machte  ich  im  Winter  von  1916 — 17  die  Erfahrung,  dass 
die  Winterfestigkeit  von  Dactylis  glomerata  keine  allgemeine  Gültig- 
keit hat:  von  fünf  zu  vegetativer  Vermehrung  ausgewählten  Pflanzen 
waren  im  Frühjahr  1917  nur  zwei  unverletzt  geblieben. 

Die  folgenden  Wahrnehmungen  und  Bemerkungen  betreffen  nur 
LoUum  italicum  und  Lolium  italicum  var.'westerwoldicum  und,  in  einigen 
Fällen,  Lolium  perenne,  insofern  ich  nämlich  durch  Teilung  von  älteren 
Pflanzen  über  eine  ausreichende  Anzahl  genügend  entwickelter 
Exemplare  verfügen  konnte. 

Die  stark  fluktuierende  Variabilität  macht  es  in  sehr  vielen  Fällen 
unmöglich,  eine  zuverlässige  Diagnose  dieser  Arten  und  Rassen  zu 
machen,  vorausgesetzt,  dass  eine  absolut  feststehende,  ein  für  allemal 
geltende  Art-  und  Rassebeschreibung  überhaupt  möghch  ist. 

So  kann  die  Form  des  noch  nicht  entfalteten  Blattes  —  welches 
bei  Lolium  italicum  „im  allgemeinen"  aufgerollt,  bei  Lolium  perenne 
„im  allgemeinen"  gefaltet  ist  —  nicht  für  einen  absoluten  Unterschied 


Kleine  Mitteilungen.  55 

dieser  beiden  Arten  gelten;  ich  fand  nämlich  bei  LoUum  perenne  mehrere 
Male  die  Knospe  mehr  oder  weniger  aufgerollt,  bei  Lolium  itahcum 
mehr  oder  weniger  gefaltet. 

Nicht  weniger  unzuverlässig  zur  Bestimmung  dieser  genannten  zwei 
Arten  ist  die  Anzahl  der  kleinen  Ährchen  (Teilblütenstände)  und  die 
Anzahl  von  Blüten  in  letzteren. 

Dieselbe  Unfestigkeit  gilt  für  die  Breite  und  Länge  der  Blatt- 
spreiten, für  die  Begrannung  der  Deckspelzen,  die  Länge  des  Halmes 
und  für  die  meisten,  wenn  nicht  für  alle  übrigen  Kennzeichen. 

Behufs  einer  Schematisierung  des  sehr  variabelen  Habitus  unter- 
schied ich  drei  Hauptformen: 

a)  einen  steilen.  V-förmigen  und  ziemlich  hochwachsenden, 

b)  einen  U-förmigen,  mehr  breitwachsenden  Busch,  und 

c)  einen  durch  vielerlei  Übergangsformen  mit  den  unter  b)  genannten 
verbundenen  dritten  Typus,  der  sich  von  diesen  beiden  erstgenannten 
Formen  unterscheidet  durch  sein  niedriges  (plattes)  Wachstum. 
Form  a)  bezeichnete  ich  mit  V,  b)  mit  U  und  c)  mit  — . 

Es  ergab  sich  aus  den  Kulturen  der  Jahre  1914  bis  1916,  dass  die 
Unterschiede  dieser  verschiedenen  Typen  als  erbhche  Kennzeichen  auf- 
traten; was  aber  die  Erblichkeitsverhältnisse  betrifft,  konnte  ich  aus 
den  in  diesen  Jahren  gemachten  Zählungen  keinen  Schluss  ziehen. 

Mit  Beachtung  zweier  Zwischenformen  (einer  zwischen  der  V- 
förmigen  und  U-förmigen,  und  einer  zwischen  der  U-förmigen  und 
platten  Form  schwankenden)  fand  ich  im  Jahre  1914  in  meinen 
Kulturen  von  Lolium  itahcum:  V  =  18,85 ''/o,  U  =  33,27  <^/o,  platt  (— )  = 
5,000/o;  v/u  =16,450/0;  U/— =  26,43  0/0.  Im  Jahre  1915:  V=  27,820/o; 
U  =  27,63%;  —  =13.66  «/o;  V/U  =18.14%;  U/— =12,73%;  und 
im  Jahre  1916:  V  =  28,82%;  U  =  59,58%;  —=7,78%;  V/U  = 
1,44%;  U/- 11,38%. 

Die  Isolierung  hatte  jedoch  das  gewünschte  Resultat,  dass  schon 
im  Jahre  1916  viele  Familien  eine  sehr  grosse  Gleichmässigkeit  und 
Gleichförmigkeit  zeigten;  so  fand  ich  in  einer  Kultur  des  Lolium  ita- 
licum  bei  Familie  0173,  ursprünglich  stammend  aus  einer  U-förmigen 
Pflanze,  auf  42  Individuen  38  U-förmige,  bei  Famihe  0174  (ursprüng- 
lich U-förmig)  auf  46  Individuen  43  U-förmige,  bei  Familie  0167  (ur- 
sprünglich U-förmig)  auf  55  Individuen  52  U-förmige. 

Bei  der  ursprünglichen  V-förmigen  Familie  0227  zählte  ich  auf 
48  Individuen  46  V-förmige,  bei  Famihe  0230  (ursprünglich  V-förmig) 
auf  54  Individuen  53  V-förmige,  bei  Famihe  0233  (ursprünglich  V-förmig) 
auf  56  Individuen  54  V-förmige,  und  bei  der  aus  einer  niedrig  wachsen- 
den Pflanze  ( — )  stammenden  Familie  0212  auf  55  Individuen  53  niedrig 
wachsende  usw. 


56  Kleine  Mitteilungen. 

Diese  nur  eine  einzige,  besondere  Gruppe  von  Kennzeichen  be- 
treffenden Angaben  beweisen  schon  hinlänghch  die  Vi  eiförmigkeit 
dieser  Art. 

Bemerkenswert  ist  das  Inminderzalilbleiben  des  so  stark  pronon- 
zierten,  niedrig  wachsenden  Typus.  Eine  Famihe  (0150,  1914)  machte 
hiervon  aber  eine  merkwürdige  Ausnahme,  insofern  diese  Form  hier 
anfänghch  gar  nicht  zur  Erscheinung  kam,  in  der  nächstfolgenden 
Generation  Jedoch  dominierte  mit  72,5  %  gegen  27,5  °/o  der  übrigen 
Formen. 

Der  allgemeine,  äusserliche  Charakter  der  Pflanzen  wird  auch 
mitbestimmt  durch  den  Stand  der  Blätter  und  durch  die  unterschiedene 
Breite  und  Länge  derselben. 

Eine  vergleichende  Messung  der  Blätter  bei  ,,normal"-blättrigen 
(dem  am  häufigsten  vorkommenden  Typus),  sehr  breit-  (lang-)  blättrigen 
und  sehr  schmal-  (kurz-)  blättrigen  Pflanzen  von  Lolium  itahcum  ergab 
als  grösste  Blattbreite  im  Mittel  7,09  mm,  mit  einem  Maximum  von 
9  mm  und  einem  Minimum  von  5  mm;  als  die  kleinste  Blattbreite 
im  Mittel  3,6  mm,  mit  einem  Maximum  von  5  mm  und  einem  Minimum 
von  2,5  mm.  Bei  Lolium  perenne  war  die  Blattbreite  im  Mittel 
3,09  mm  mit  einem  Maximum  von  4  mm  und  einem  Minimum  von 
2  mm.  Die  grösste  Blattlänge  war  bei  Lolium  itahcum  im  Mittel 
183  mm  mit  einem  Maximum  von  265  mm  und  einem  Minimum  von 
120  mm,  die  kleinste  Blattlänge  im  Mittel  143  mm  mit  einem  Maximum 
von  195  mm  und  einem  Minimum  von  110  mm. 

Bei  der  von  mir  untersuchten  Sippe  von  Lolium  perenne  war  die 
grösste  Blattlänge  im  Mittel  175  mm,  mit  einem  Maximum  von  255 
und  einem  Minimum  von  115  mm.  Graphische  Vorstellungen  machten 
es  anschaulich,  dass  bei  einigen  Famihen  die  Blattbreite  im  allgemeinen 
vom  niedrigsten  zum  höchsten  Blatte  am  Halme  zunimmt,  bei  anderen 
dagegen  die  Breite  vom  niedrigsten  zum  höchsten  Blatte  abnimmt. 

Mit  Rücksicht  auf  den  praktischen  V^ert  als  Futtergewächs  ist  der 
allgemeine  Habitus  ein  sehr  wichtiges  Kennzeichen  zur  Beurteilung. 
Was  Lolium  italicum  und  Lolium  italicum  var.  westerwoldicum  an- 
belangt, werden  die  breit-  und  hochwachsenden  Pflanzen  wohl  zum  meist- 
gewünschten Typus  gehören. 

Einige  Züchter  versuchten  Lolium  westerwoldicum  mittels  einer 
(Massen-)  Selektion  zu  veredeln,  freilich  ohne  das  gewünschte  Resultat. 
Sie  Hessen  nämlich  ihre  Pflanzen  nicht  in  einer  solchen  Entfernung 
wachsen,  dass  eine  Beurteilung  der  einzelnen  Pflanzen  möglich  war. 
Nur  die  Halme  und  Ähren,  aber  nicht  die  Individuen  konnten  beobachtet 
werden. 


Kleine  Mitteilungen,  57 

Nun  wird  aber  naturgemäss  der  Handelszüchter  vorzugsweise  eine 
kräftige,  viele  Samen  versprechende  Ähre  auswählen,  infolgedessen  vor- 
nehmlich die  Samen  von  solchen  „vielversprechenden"  Ähren  aussäen. 

In  meinen  geräumig  gepflanzten  Kulturen  stellte  sich  aber  heraus, 
dass  kräftige,  vielblumige  Ähren  sehr  oft  an  Pflanzen  vorkommen, 
welche  zu  „schlechten"  Tjrpen  gehören. 

Eine  ,, Veredlung"  durch  die  Auslese  solcher  Ähren  ohne  Berück- 
sichtigung der  einzelnen  Pflanzen  wird  daher  ■  höchst  wahrscheinlich 
nicht  das  gewünschte  Resultat  ergeben. 

Ich  erhielt  bei  einer  Kultur  von  auf  genannte  Weise  „veredelten" 
Pflanzen  etwa  68,50  "/„,  bei  gar  nicht  „veredelten"  dagegen  nur  47,63  "/o 
„schlechte"  Individuen.  Diese  Selektion  hatte  mithin  das  nicht  ge- 
wünschte Resultat,  den  Betrag  „schlechter"  Pflanzen  der  gewöhnlichen 
Handelsware  um  21,14  °/o  zu  erhöhen. 

Weitere  Untersuchungen  betrafen  die  Variation  besonderer  Teile, 
u.  a.  jene  von  Länge,  Blütenanzahl  und  Begrannung  der  Ähren. 

Bei  manchen  Ähren  von  Lolium  italicum  hatten  sich  einige 
Ährchenspelzen  zu  Ähren  umgestaltet  und  hatten  sich,  statt  der  Ährchen- 
ßpelzen.  Ährchen  zweiter  Ordnung  entwickelt.  Es  zeigte  sich,  dass  auch 
diese  Eigenschaft  erblich  war,  d.  h.  dass  die  Anlage,  unter  bestimmten 
Umständen  verzweigte  Ähren  zu  bilden,  erblich  ist.  Das  unter  Um- 
ständen stattfindende  Entstehen  und  Vergehen  dieser  Erscheinung 
lässt  uns  an  das  denken,  was  man  ,, Ernährungsmodifikation"  zu 
nennen  pflegt. 

Auch  ergab  sich  die  Ährchendichtigkeit,  d.  h.  das  Verhältnis  der 
Ährenlänge  zu  der  Zahl  der  Ährchen  (Teilblütenstände),  als  ein  sehr 
veränderliches  Kennzeichen.  Ich  fand  als  mittlere  Ährchendichte  bei 
Lohum  itahcum  7,11,  8,96,  9,64,  12,64,  6,21,  11,65,  12,4,  11,11,  7,25, 
9,65;  bei  zwei  verschiedenen  Rassen  von  Lolium  italicum  var.  wester- 
woldicum  11,89,  9,51;  bei  Lolium  perenne  9,3. 


Bastardierungsversuche  mit  der  grünsamigen  Chevrier-Bohne.  ^) 
Von  Prof.  I)r.  Erich  v.  Tschermak,  Wien. 

Unter  dem  Namen  Haricot  Chevrier  wird  eine  besonders  in  der 
Umgebung  von  Paris  viel  gebaute  Bohne  auf  den  Markt  gebracht,  die 
sich  dadurch  auszeichnet,  dass  ihre  Samen  auch  vollständig  ausgereift 
eine  grüne  Samenschale  und  grünbleibende  Kotyledonen  aufweisen. 
Auch  die  Hülsen  bleiben  bei  dieser  Sorte,  selbst  ausgereift,  auffallend 
grün.  Sobald  die  ersten  Hülsen  zu  reifen  beginnen  —  also  gegen  Ende 
der  Weichreife  — ,  werden  von  den  Pariser  Gärtnern  die  Pflanzen  mit 
der  Wurzel  aufgezogen  und  luftig,  nicht  direkt  im  Sonnenlichte,  mit 
<ier  Wurzel  nach  oben  aufgehängt  oder  aufgestellt  und  so  einer  lang- 

^)  Bohne  hier  gleich  Fisoje   (Phaseolus  vulgaris  L.). 


58  Kleine  Mitteilungen. 

Samen  , .schattigen"  Trocknung  unterzogen,  bevor  sie  ausgepellt  oder 
ausgedroschen  werden.  Die  grüne  Samenfarbe  wird  auf  diese  Weise 
erfahrungsmässig  viel  besser  konserviert,  auch  bleiben  die  Samenschalen 
zarter.  Bei  den  im  direkten  Sonnenlichte  austrocknenden  Hülsen  wird 
das  Chlorophyll  in  den  Samenschalen  und  Kotyledonen  oft  ganz  oder 
teilweise  zerstört,  weshalb  solche  Hülsen  neben  grünkotyhgen  Samen  mehr 
oder  wenig  reichlich  gelbkotyhge  oder  zur  Hälfte  grün,  zur  Hälfte  gelb 
gefärbte  Bohnen  enthalten.  Die  Vererbung  des  Grünbleibens  der  Bohnen 
auch  bei  der  unter  geeigneten  Bedingungen  erreichten  Reife  ist  aber 
bei  dieser  Sorte  eine  volle  oder  reine.  Auch  die  ganz  gelb  gewordenen 
Bohnen  erzeugen  wieder  Pflanzen  mit  durchaus  grünen  Bohnen,  wovon 
man  sich  leicht  überzeugen  kann,  wenn  man  sie  vor  der  Todreife  erntet. 
Die  Ursache  der  erwälmten  Farbenänderung  von  grün  zu  gelb  beruht 
hier  also  einfach  auf  der  stärkeren  und  langdauernden  Belichtung;  sie 
stellt  demnach  eine  durch  bekannte,  äussere  Einflüsse  bewirkte  Modi- 
fikation, oder  rein  persönliche  Abänderung  dar,  wie  dies  bereits  Fru- 
wirth^)  erschlossen  hat  und  ist  nicht  als  eine  eigentliche  Variation 
bzw.  Stammesabänderung  aufzufassen.  Interessant  ist  die  Erscheinung, 
dass  gerade  bei  dieser  grünsamigen  Rasse  die  Kotyledonen  beim  „Auf- 
laufen" der  Pflanzen  ganz  weiss,  also  chlorophyllfrei  bleiben,  während 
sie  bei  den  gelbkotylen  Rassen  nach  dem  , .Auflaufen"  sehr  rasch  er- 
grünen: das  nur  im  Schatten  der  Blätter  oder  bei  künstlich  schattiger 
Trocknung  in  den  Kotyledonen  noch  erhalten  gebliebene  Chlorophyll 
wird  beim  Hervorkommen  der  Kotyledonen  aus  der  Erde  durch  die 
Einwirlvung  des  Lichtes  vollständig  zerstört.  Nur  bei  Keimungen  im 
dunklen  Keimkasten  erhält  sich  das  noch  nicht  zerstörte  Chlorophyll. 
Bei  nachträglicher  Belichtung  werden  aber  die  Kotyledonen  sehr  rasch 
weiss.  Ist  die  grüne  Kotyledonenfarbe,  wie  bei  Bastarden  der  Chevrier- 
Bohne  mit  pigmentschaligen  Sorten,  durch  die  pigmentierte  Samenschale 
ohne  Abheben  derselben  mit  einem  Messer  nicht  immer  leicht  zu  kon- 
statieren, so  verraten  ,,weisskeimende"  Nachkommen  (von  der  2.  Gene- 
ration ab)  sofort  ihren  rezessiven  Charakter  bezüglich  dieses  Merkmales. 
Dass  bei  der  Chevrier-Bohne  die  grüne  Kotyledonenfarbe  durch  Bastar- 
dierung mit  einer  gelbkotylen  Sorte  —  wie  bei  den  Erbsen  —  in  gelb 
umschlägt,  also  Embryoxenien  festzustellen  sind,  wurde  von  mir  ^} 
bereits  im  Jahre  1903  beobachtet.  Zur  Ergänzung  der  seinerzeit  ge- 
botenen sehr  kleinen  Aufspaltungszahlen  der  Fo-Samengeneration 
wurden  die  Bohnen  von  19  Pflanzen  der  F, -Mischlingsgeneration  unter- 
sucht und  zur  genauen  Prüfung  der  Kotyledonenfarbe  etwas  an- 
geschnitten. Es  ergab  sich  wieder  anscheinende  Aufspaltung  nach  dem 
Pisum-Typus  3:1,  nämlich 


1)  Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  1915,  S.  185. 

2) .  Zeitschr.  f.  d.  landw.  Versuchsweeen  in  österr.  1904,  S.  51. 


Kleine  Mitteilungen.  59 

Sin  9'-^Q 

810  :  239  =.  3,39  :  1  tew.  j^WT^  ^  2^6  =  ^'"^^  ■  '^'*^^''- 
Interessant  ist  ferner  die  echte  Korrelation  zwischen  der  grün 
gefärbten  Samenschale  und  dem  Grünbleiben  der  Hülsenfarbe  auch  im 
ausgereiften  Zustande,  die  sich  an  den  Bastarden  mit  gelbkotylen  Rassen 
in  F-i  und  F2  besonders  gut  beobachten  lässt.  Diese  Korrelation  besteht 
also  nicht  zwischen  grüner  Kotyledonen-  und  grüner  Hülsenfarbe, 
sondern  natürlich  nur  zwischen  den  rein  mütterlichen  Produkten:  Samen- 
und  Fruchtschale  (Hülse)"^).  Dementsprechend  bleiben  die  Hülsen,  welche 
die  nach  Bastardierung  veränderten  (gelbkotylen)  Samen,  also  die 
Embryoxenien  enthalten,  auch  bei  der  Reife  unverändert  grün.  Aller- 
dings zeigt  die  Samenschale  auf  dem  gelben  Untergrund  nicht  mehr 
denselben  grünen  Farbenton  und  dieselbe  Sattheit  der  Farbe  wie  bei 
der  reinen  Sorte.  In  F^,  in  welcher  weisse  oder  farbige  Samenschale 
über  grüner  dominiert,  blassen  auch  die  Hülsen  im  Reifezustand  normal 
aus,  sie  enthalten  aber  gelb-  und  grünkotylige  Samen  im  Verhältnisse  von 
3:1.  In  Fo  tragen  nur  jene  Pflanzen  grünbleibende  Hülsen,  die  Bohnen 
mit  grünen   Samenschalen   enthalten.      Es   kommt   natürlich   auch   die 


^)  Dieses  Spaltungsverhältnis  überschreitet  den  gemäss  dem  mittleren  Fehler  er- 
laubten Spielraum  erheblich,  welcher  für  n  =  1000  den  Wert  von  0,0548  besitzt  (vergl. 
W.  Johannsen,  Elemente  der  exakten  Erblichkeitslehre  2.  Aufl.,  1913,  S.  512).  Im 
obigen  Falle  macht  nämlich  die  Abweichung  (für  n  =  1049)  +  0,088  zugunsten  der  Gelben 
gegenüber  den  Grünen  aus.  Die  Spaltungsrelation  ist  augenscheinlich  durch  einen 
äusseren  Faktor  beeinflusst.  Dieser  ist  in  dem  oben  geschilderten  individuell-modifi- 
zierenden  Einfluss  der  trberbelichtung  bzw.  Todreife  gegeben,  welcher  in  diesen  Versuchen 
offensichtlich  doch  nicht  ganz  ausgeschaltet  war  bzw.  nicht  ganz  ausgeschaltet  werden 
konnte.  Reifen  doch  nicht  alle  Samen  zur  gleichen  Zeit  und  wechselt  doch  offenbar 
individuell  die  Lichtempfindlichkeit.  —  Nebenbei  sei  hier  noch  eine  zweite  Erklärungs- 
möglichkeit für  eine  Überschreitung  des  Spaltungsverhältnisses  3  : 1  angedeutet.  Nimmt 
man  für  die  Merkmale  gelbe  bzw.  grüne  Kotyledonenfarbe  einen  bifaktoriellen  Unterschied 
an  (so  wie  dies  für  die  Merkmale  gelbe  und  grüne  Samenschalen-  und  Hülsenfarbe  zu 
vermuten  ist),  und  zwar  bei  den  typischen  Linien  einen  direkt  wirksamen  Hauptfaktor  und 
einen  bloss  katalytisch-fördernd  wirksamen  Nebenfaktor  (also  Spaltungsverhältnis  nach 
Bastardierung:  12  :  4,  scheinbar  3  :1),  so  wäre  Beimengung  ev.  Neuauftreten  einer  Linie 
denkbar,  in  welcher  beide  Faktoren  direkt  wirken,  die  also  nach  Bastardierung  das  Spal- 
tungsverhältnis 15  : 1  gab.  Ein  Gemenge  von  typischen  und  atypischen  Spaltern  im 
Verhältnis  von  10  : 1  würde  —  gleiche  Fruchtbarkeit  vorausgesetzt  —  echematisch  die 

Relation    (120  +  15)  :  (40  +  1)  =  135  :  41  =  3,29  : 1    bzw.  -,„-  ^i^^^.,,     .  :  ^  =  3,07  :  0.93 

(135  -\-  41) :  4    44 

ergeben. 

*)  Die  von  F  r  u  w  i  r  t  h  (Handb.  d.  landw.  Pflanzenzüchtung  Bd.  I,  4.  Aufl.,  S.  71) 
zitierten  Beobachtungen  Daniels  (Compt.  rend.  Paris  1902,  II,  S.  59)  über  eine  an- 
gebliche Beeinflussung  der  Samenschalenfärbung  bei  der  Bastardierung  Phaseolus  multi- 
florus  (weibl.)  X  Ph.  vulgaris  (männl.),  sowie  über  eine  von  demselben  Forscher  an- 
geblich beobachtete  direkte  Beeinflussung  und  spätere  Aufspaltung  der  Samenschalenfarbe 
im  Anschlüsse  an  Pfropfung  verschiedener  Formen  von  Ph.  vulgaris  zueinander  (Compt. 
rend.  1897,  S.  661;  1900,  S.  665;  zitiert  von  Fruwirth  in  Bd.  III,  2.  Aufl.,  S.  173, 
seines  Handbuches,  halte  ich  für  unrichtig. 


60  Kleine  Mitteilungen. 

Kombination  vor:  ausblassende  Hülsen,  weisse  Samenschale  und  grüne 
Kotyledonenfarbe.  Nur  die  erwünschte  Kombination,  nämlich  Bohnen 
mit  grüner  Samenschale  und  grünen  Kotyledonen,  sieht  natürhch 
intensiv  grün  aus,  während  eine  solche  mit  weisser  Samenschale  und 
grüner  Kotyledonenfarbe  infolge  der  bloss  durch  die  weisse  Samenschale 
durchscheinenden  grünen  Kotyledonenfarbe  nur  schwach  grünlich  er- 
scheint. Doch  kommen  unter  den  Aufspaltungsprodukten  noch 
Individuen  mit  Abstufungen  bezüglich  der  grünen  Samenschalen-  und 
Hülsenfarbe  von  leicht  bis  stark  dunkelgrün  vor  (Nebenspaltung  im 
Sinne  von  Nilsson-Ehle),  was  durch  Bedingtsein  des  Merkmales  gelbe 
bzw.  grüne  Farbe  durch  einen  bifaktori eilen  Unterschied  zu  begreifen 
sein  dürfte;  von  den  beiden  Faktoren  wirkt  augenscheinlich  der  eine 
direkt,  der  andere  bloss  katalytisch  bzw.  verstärkend,  so  dass  das 
Spaltungsverhältnis  nur  scheinbar  3:1,  richtiger  12:4  lautet  (ent- 
sprechend der  Theorie  selbständiger  katalytischer  Nebenfaktoren  von 
E.  V.  Tschermak. 

Da  die  Samenschale  der  Chevrier-Bohne  sehr  fein  ist  und  die 
Bohnen  auch  gekocht  mit  oder  ohne  Samenschale  ihre  grüne  Farbe  bei- 
behalten, eignet  sie  sich  ganz  besonders  als  Garnierungsgemüse  für 
Braten  sowie  für  Salatzwecke.  Leider  werden  die  Blätter  dieser  Sorte 
sehr  häufig  von  der  roten  Spinnmilbe  (Tetranychus  telarius),  die  Hülsen 
und  Samen  —  wie  dies  bei  der  Mehrzahl  der  weissschaligen  Bohnen  be- 
sonders der  Fall  ist  —  von  der  Fleckenkrankheit  (Colletotrichum  Linde- 
muthianum)  befallen.  Die  Samen  sind  nierenförmig,  ziemlich  flach  und 
mittelgross.  Das  Einzelkorngewicht  der  besten,  direkt  von  Vilmorin 
bezogenen  Chevrier-Sorte  betrug  0,278  g.  Ich  habe  mir  nun  für  prak- 
tische Zwecke  die  Aufgabe  gestellt,  durch  Bastardierung  der  Chevrier- 
Bohne  mit  speziell  gegen  die  genannten  Schädlinge  widerstandsfähigen, 
ferner  frühreifen  und  gross-,  dicksamigen  Sorten  (mit  ovalen  und  nieren- 
förmigen  Samen),  z.  B.  der  Prinzessbohne,  Flageolet  Victoria,  weisse 
Pariser,  Wachsdattel,  sowie  durch  wiederholte  Bastardierungen,  gross- 
körnigere, früherreife  und  gesundere,  sattgrüne  Chevrier-Sorten  zu  er- 
zielen. Solche  Kombinationen  —  mit  einem  Einzelkorngewicht  bis  zu 
0,58  g  —  sind  bereits  gewonnen  und  werden  jetzt  vermehrt.  Auch  mit 
fadenlosen  (dominierend-präv.)  (Brechbohnen)  und  dickfleischigen  Bohnen 
mit  sog.  Zuckerhülsen  (rezessiv)  wurden  Bastardierungen  durchgeführt, 
um  sowohl  eine  fadenlose  Chevrier-Bohne  sowie  solche  mit  sog.  Zucker- 
brechhülsen zu  erhalten.  Da  die  Hülsen  der  Chevrier-Bohne  auch  aus- 
gereift grün  bleiben,  liegt  der  Gedanke  nahe,  dass  sich  vielleicht  bei 
Chevrier  und  ihren  Abkömmlingen  die  grüne  Farbe  der  unreifen  Hülse 
besser  konservieren  lassen  wird,  wie  bei  anderen  Sorten,  bei  welchen  zur 
besseren  Grünerhaltung  der  Konserve  etwas  Kupfervitriol  zugesetzt 
wird.     Es  sind  deshalb  noch  Bastardierungen  der  Chevrier-Bohne  mit 


Kleine  Mitteilungen.  61 

guten  fadenlosen,  dickfleischigen  „Konserven-Bohnen",  wie  mit  der 
Heinrichs  Riesenzuckerbrechbohne,  vorgenommen  worden.  Die  Auf- 
spaltungsprodukte (F2)  mit  der  erwünschten  Kombination  ,,Grünhülsige 
Zuckerbrech"  werden  1919  vermehrt  und  1920  bezüglich  ihrer  be- 
sonderen Eignung  zum  Konservieren  untersucht  werden. 

Ausleseverfahren  zur  Massenauslese  der  Maiskolben. 

Von  Prof.  E.  Grabner, 

Direktor  der  Pflanzenzüchtungsanstalt  Magyar-Ovär. 
(Mit  1  Textabblidung.) 

Dieses  Verfahren  ermöglicht  die  rasche  und  verlässliche  Über- 
prüfung, zugleich  Sortierung  einer  grossen  Anzahl  von  Maiskolben  auf 
ihre  Gewichts-  und  Körner-Spindel-Prozente. 

Dem  Erfinder  dieses  Verfahrens,  Emerich  von  Kherndl  in 
Särszentmiklös  (Komitat  Fejer,  Ungarn),  lag  der  Grundgedanke  vor, 
dass  das  Saatgut  für  grosse  Flächen  der  eigenen  Wirtschaft  nur  von 
einzeln  geprüften  Maiskolben  genommen  werden  soll.  Diese  Aufgabe 
bedingt  eine  Massenauslese  von  einer  grossen  Anzahl  Maiskolben,  und 
zu  diesem  Zwecke  dient  das  nachfolgend  beschriebene  Ausleseverfahren. 

Bei  der  Ernte  werden  die  nach  äusserer  Beschaffenheit,  Form, 
Grösse  usw.  entsprechenden  Kolben  des  gezüchteten  gelben  Pferdezahn- 
maises  ausgewählt  und  gesondert  aufbewahrt.  Ihre  Aufarbeitung  ge- 
schieht zeitlich  im  Frühjahr,  wenn  sie  genügend  trocken  sind  und  der 
überflüssige  Wassergehalt  der  Spindeln  ihr  Gewicht  nicht  mehr  be- 
deutend beeinflusst.  Vor  der  Gewichtsbestimmung  der  Kolben  werden 
diese  nochmals  auf  ihre  äusseren  Merkmale  geprüft  und  ihr  Gewicht 
mit  einer  genauen  Zeigerwage  festgestellt. 

Dem  Minimalgewicht  (200  g)  nicht  entsprechende  Kolben  werden 
ausgeschieden,  die  anderen  mittels  eines  selbstkonstruierten  Sortier- 
tisches in  Gruppen  von  10 — 10  g  Abstufungen  sortiert. 

Dieser  Tisch  (s.  Abb.  5),  von  welchem  nötigenfalls  zwei  oder  drei 
nebeneinander  aufgestellt  werden  können,  hat  auf  seiner  Platte  eine 
entsprechende  Anzahl  Öffnungen,  auf  welchen  nach  beiden  Längsseiten 
abwechselnd  schief  abwärts  laufende  Rinnen  montiert  sind.  Die  Öff- 
nungen werden  mit  der  Gewichtszahl  der  Kolben  mit  je  10  g-Ab- 
stufungen  bezeichnet,  so  z.  B.  je  eine  Öffnung  für  200,  210,  220,  230 
usw.  Gramm  schwere  Kolben. 

Die  abgewogenen  Maiskolben  werden  in  die  ihrem  Gewicht  ent- 
sprechende Öffnung  gelegt,  wonach  sie,  durch  die  Rinne  laufend,  in 
tragbare  Kisten  gesammelt  und  demnach  jede  Gruppe  gesondert  in 
Haufen  aufgeschüttet  wird. 

Auf  solche  Weise  kann  eine  grosse  Anzahl  von  Kolben  in  kurzer 
Zeit  nach  ihrem  Gewicht  sortiert  werden.  Die  sortierten  Kolben 
kommen  dann   gruppenweise   zur   ferneren  Aufarbeitung,   derart,   dass 


62 


Kleine  Mitteilungen. 


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Kleine  Mitteilungen.  63 

nach  Entfernung  der  auf  den  Kolbenenden  gewachsenen  minderwertigen 
Körner  die  entsprechenden  Körner  samt  den  Spindeln  kolbenweise  ge- 
sondert in  Papiertüten  gelegt  und  die  Spindeln  einzeln  abgewogen 
werden. 

Die  Spindel-Körner-Prozente  werden  nicht  für  einen  jeden  Fall 
besonders  ausgerechnet,  sondern  mittels  Tabelle  auf  S.  62  bestimmt. 
Diese  Tabelle  zeigt,  welche  Spindel-Körner-Prozent-Zahlen  für  die  ein- 
zelnen Fälle  entsprechen,  und  die  Prozent-Zahlen  werden  nach  Be- 
stimmung des  Spindelgewichtes  abgelesen. 

In  dieser  Arbeitsperiode  werden  am  Sortiertisch  die  Kolben- 
gewichte bezeichnenden  Etiketten  mit  solchen  ausgetauscht,  welche  für 
jede  Öffnung  die  entsprechenden  Kolben-Spindel-Prozent-Zahlen  zeigen, 
so  z.  B.  78,  79,  80,  81  usw.  Prozent.     Die  Körner  der  untersuchten 


Abl3.  5. 

Spindeln  werden  in  die  entsprechenden  Öffnungen  geschüttet,  wonach 
diese  sich  in  den  tragbaren  Kisten  ansammeln. 

Auf  diese  Weise  erhält  man  den  Samen  nach  Spindel-Körner- 
Prozenten  sortiert.  Bei  dem  Erfinder  dieses  Verfahrens  werden  die 
Körner  der  über  350  g  schweren  und  mindestens  89  °/o  Körner  gebenden 
Kolben  als  Elitesaatgut  verwendet. 

Der  Sortiertisch  kann  aus  Holz  leicht  angefertigt  und  durch  dieses 
einfache  Verfahren  genaue  Massenauslese  einer  grossen  Anzahl  von 
Kolben  binnen  kurzer  Zeit  durchgeführt  werden.  Nach  Kherndl  ist 
die  Leistung  von  12  Arbeiterinnen  während  9  Tagen  141  q  sortiertes 
Saatgut  gewesen,  welches  auf  eine  Fläche  von  870  kat.  Joch  genügte. 

Das  Resultat  dieses  seit  längerer  Zeit  jährlich  angewendeten 
Massenausleseverfahrens  ist,  dass  die  Körner-Prozente  der  Gesamternte 
derzeit  82^83  betragen.  Bei  dem  gewöhnlichen  Mais  sind  dies  65  bis 
68  °/o;  demnach  entfällt  von  100  kg  Kolbenernte  15 — 19  kg  Körnerplus 
zugunsten  des  Ausleseverfahrens,  welches  bei  einem  mittleren  Kolben- 
ertrag von  30  q  pro  Hektar  4.5 — 5.7  q  Körnermehrertrag  abgibt. 


64  Kleine  Mitteilungen. 

Zur  näheren  Kenntnis  der  Faktoren  der  Anthozyanbildung  bei  Pisuni. 

Von  Dr.  Siegfried  Bncli,  Wien. 

Die  Blüten  der  Fj  von  Bastardierungen  sowohl  zwischen  rot- 
blühenden und  weissblühenden  wie  zwischen  rosablühenden  und  weiss- 
blühenden  Pisum-Rassen  sind  bekanntüch  rotviolett  gefärbt  und  unter- 
scheiden sich  dem  Augenscheine  nach  nicht  von  homozygotisch  roten 
Blüten.  Es  wurde  nun  untersucht,  ob  auch  in  exakter  Prüfung  die  Kon- 
zentration und  Qualität  des  Anthozyans  in  den  Blüten  der  heterozy- 
gotisch  rotblühenden  Pisumpflanzen  (ABaB  bzw.  ABAb)  ^)  derjenigen 
bei  homozygotisch  rotblühenden  (ABAB)  gleich  ist  bzw.  unterschieden 
werden  kann.  Des  weiteren  w"urde  Konzentration  und  Art  des  Antho- 
zj^ans  in  homozygotischen  Rosablüten  (AbAb)  mit  derjenigen  in  homo- 
und  heterozygotischen  Rotblüten  exakt  verglichen.  Die  Arbeitsweise 
war  die  folgende: 

Die  Fj-Generation  wurde  durch  Bastardierung  der  weissblühenden 
Sorten  „Victoria"  und  „Moerheims  Riesen",  als  weibl.,  mit  rotblühendem 
(makelfreiem)  Pisum  arvense  und  der  rosablühenden  Sorte  ,,Rote 
Kronen",  als  männl.,  gewonnen;  als  homozygotische  Vergleichsobjekte 
wurden  die  zwei  obengenannten  farbigblühenden  Sorten,  ausserdem  noch 
die  rotblühende  „Niedrige  Violette"  verwendet. 

Aus  den  gefärbten,  breiten  Teilen  der  Flügel  (Alae)  einer  bis 
zweier  Blüten  einer  Pflanze  wurden  nun  Stückchen  im  Gewichte  von 
10  mg  ausgeschnitten,  in  dünne,  kalibrierte  Glaseprouvetten  eingelegt 
und  dortselbst  mit  0.4  ccm  96  "/^  igem  Alkohol  Übergossen,  worauf  die 
Röhrchen  mit  Stöpseln  geschlossen  wurden.  Nach  24  Stunden  waren 
die  Blütenstückchen  weiss  bzw.  beinahe  weiss,  so  dass  —  praktisch  ge- 
nommen —  das  ganze  Anthozyan  im  Alkohol  gelöst  war.  Nun  wurde 
die  Farbe  beobachtet  bzw.  verglichen.  Die  Proben  von  je  zwei  bis  drei 
zu  vergleichenden  Pflanzen  wurden  stets  gleichzeitig  entnommen  und 
gleichzeitig  verglichen.  Der  Vergleich  der  Extrakte  geschah  in  den- 
selben kalibrierten  Glasröhrchen  gleichen  Dup'chmessers,  in  welchen 
extrahiert  worden  war.  In  Durchsicht  gegen  eine  weisse  Papierfläche 
wurde  zunächst  festgestellt,  welcher  von  den  beiden  Extrakten  dunkler 
gefärbt  war,  sodann  wurde  der  dunklere  Extrakt  so  weit  mit  Alkohol 
verdünnt,  bis  die  Helligkeit  in  beiden  Röhrchen  gleich  wurde.  Die  zur 
Verdünnung  verwendete  Alkoholmenge  ergab  einen  Maßstab  für  das 
Verhältnis  der  Konzentration  des  Anthozyans  in  den  Blüten  der  ver- 


^)  Es  werden  die  von  E.  v.  Tschermak  für  die  Rotfaktoren  der  Pisumblüte 
eingeführten  Bezeichnungen  angewendet :  ABAB  =  homozygotisch  rot,  AbAb  ==  homo- 
zygotisch rosa,  aBaB  =  normales  Weiss;  rot  X  weiss  =  Fi  rot  heterozygotisch  =  ABaB, 
rosa  X  weiss  =  Fl  heterozygotisch  rot  =  ABAb.  Näheres  darüber  in:  E.  v.  Tscher- 
mak, Bastardierungsversuche  an  Levkojen,  Erbsen  und  Bohnen  mit  Rücksicht  auf  die 
Faktorenlehre;  Zeitschr.  f.  ind.  Abst.-  u.  Vererbungslehre  Bd.  VII,  Heft  2,  1912,  S.  135 ff. 


Kleine  Mitteilungen.  65 

glichenen  Pflanzen.  Mussten  z.  B.  den  0,4  ccm  eines  Extraktes  aus 
Pflanze  A  noch  0,8  ccm  Alkohol  zugegeben  werden,  bis  die  Helligkeit 
derjenigen  eines  Extraktes  aus  Pflanze  B  gleichkam,  dann  war  die 
Konzentration  des  Farbstoffes  in  den  Blüten  der  Pflanze  A  dreimal  stärker 
als  in  der  Pflanze  B.  War  eine  möglichst  gute  Übereinstimmung  der 
Helligkeit  erzielt,  dann  wurde  auch  der  Umstand  beachtet,  ob  der  Ton 
der  Farbe  der  verglichenen  Extrakte  gleich  oder  voneinander  ab- 
weichend war.  Auch  wurde  derjenige  Ton  einer  Farbenskala  vermerkt, 
welcher  der  Färbung  des  Extraktes  —  stets  in  Durchsicht  gegen  weisses 
Papier  —  am  nächsten  entsprach.  Als  Skala  wurden  die  gefärbten 
Papierstreifen  von  Milton  Bradley  verwendet. ') 

Die  Untersuchung  ergab  das  Folgende: 

Die  Konzentration  des  Rotfarbstoffes  in  den  Blüten  der  heterozy- 
gotisch  rotblühenden  Pflanzen  war  derjenigen  in  den  homo zygotisch 
rotblühenden  stets  entweder  gleich  oder  bis  1^/2  mal  stärker  oder 
schwächer,  welche  Unterschiede  auf  die  Modifikabilität  zurückzuführen 
sind.  Nach  Herbeiführung  gleicher  Helligkeit  in  je  zwei  verglichenen 
Extrakten  war  der  Ton  der  Färbung  stets  genau  derselbe.  Die  quanti- 
tative und  qualitative  Anthozyanentwicklung  ist  hiermit  beim  hetero- 
zygotischen  Phänotypus  dieselbe  wie  beim  homozygotischen. 

Die  Extrakte  der  rosablühenden  ,, Roten  Kronen"  waren  stets  be- 
deutend heller,  und  zwar  2 — 8  mal,  als  diejenigen  aus  rotblühenden 
Pisumpflanzen,  gleichgültig  ob  homo-  oder  hetero zygotisch.  Auch  hier 
ist  Modifikabilität  Ursache  der  Variationsbreite;  so  wurden  bei  den 
homozygotischen  rosa  Blüten  zweier  Rote  Kronen-Pflanzen  und  auch 
zwischen  zwei  roten  Blüten  zweier  ABaB-Pflanzen  Konzentrations- 
unterschiede des  Anthozyans  in  dem  Verhältnis  von  1 :  2  vorgefunden, 
welche  Unterschiede  auch  im  blossen  Augenschein  erkennbar  waren 
(namentlich  bei  den  ,, Roten  Kronen"  sehr  deutlich). 

Der  Unterschied  der  rosa  und  roten  Blüten  war  jedoch  nicht  allein 
durch  die  quantitative  Konzentrationsverschiedenheit  gegeben,  die  ja 
auch  in  der  oberflächlichen  Augenscheinbetrachtung  der  Blüten  deut- 
lich zutage  tritt,  sondern  auch  durch  einen  Unterschied  im  Ton  des 
Farbstoffes.  Die  roten  Extrakte  waren  auch  nach  ent- 
sprechender Verdünnung  den  rosa  Extrakten  nicht 
gleich,  sondern  durch  einen  stärkeren  Stich  in  das 
Violette  unterschieden.  Beim  Vergleich  mit  der  obengenannten 
Farbenskala  waren  die  Rot-Extrakte  mehr  der  Skalastufe  „Violet  Red", 
die  Rosa-Extrakte  mehr  der  Skalastufe  „Violet  Red  Tint  Nr.  1"  ähn- 
lich. Wiewohl  dieser  Farbenunterschied  nur  gering 
war,  ist  er  stets  in  genau  derselben  Weise  zutage  ge- 


')  The  Bradley  Educational  Colored  Paper.     Made  excl.  by  Milton  Bradley  Comp. 
Springfield,  Massachusets :  vom  Herrn  Prof.  v.  T  s  c  h  e  r  m  a  k  zur  Verfügung  gestellt. 
Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung^.    Bd.  VII.  5 


QQ  Kleine  Mitteilungen. 

treten,  so  dass  wir  es  bei  den  „roten"  (eigentlich  rot- 
violetten) Pisumblüten  nicht  nur  mit  einer  stärkeren 
Konzentration  des  Antho  zy  anf  arbsto  f  f  es  als  in  den 
rosa  Blüten  zu  tun  haben,  sondern  auch  ganz  un- 
zweifelhaft eine  andere  Art  des  Anthozyans  vor- 
finden. Der  in  den  roten  und  weissen  Blüten  ent- 
haltene Faktor  „B",  welcher  „rosa"  in  „rot"  umwandelt, 
hat  also  nicht  etwa  die  Bedeutung,  dass  die  durch  den 
A-Faktor  bedingte  Anlage  zur  Antho  zyanbildung 
überhaupt  eine  Verstärkung  erfahren  würde,  sondern 
dass,  auf  Grund  der  Anlage  des  A -Faktors,  durch  den 
B-Faktor  die  Anlage  zur  intensiven  Bildung  eines 
neuen  Farbstoffes  entsteht,  welch  letzterer  aller- 
dings dem  Anthozyan  der  rosa  Blüten  sehr  verwandt 
sein  dürfte.  Zum  Verständnis  der  Anlagenbildung  mit  mehreren 
Faktoren  dürfte  letztere  Tatsache  interessant  sein. 


Zum  Verhalten  der  Bastardierung  spontaner  Variationen  mit  der 

Ausgangsform. 

Von    C.    Frnwirth, 

Professor  an  der  technischen  Hochschule  Wien. 

(Mit  2  Textabbildungen.) 

Als  einen  weiteren  Fall  einer  beobachteten  vegetativen  partiellen 
spontanen  Variation  hatte  ich  das  1909  erfolgte  Auftauchen  von  vier 
veränderten,  und  zwar  einfarbigen  Samen  bei  einer  Pflanze  der  sclmial- 
blätterigen  Lupine  (Lupinus  angustifohus)  beschrieben,  die  sich  an 
dieser  Pflanze  neben  unveränderten  fanden.^) 

Die  gewöhnliche  schmalblätterige  Lupine  weist  in  einer  be- 
stimmten Zone  der  Palissadenzellen  der  Samenhaut  einen  braunen  Farb- 
stoff auf.  Dieser  Farbstoff  findet  sich  auch  in  den  einfarbigen  Samen; 
die  Schicht,  die  ihn  aufweist,  ist  nur  wesentlich  dünner.  Bei  den  mar- 
morierten Samen  ist  die  Marmorierung  durch  verschiedene  Dicke  der 
Schicht,  welche  den  Farbstoff  enthält  und  durch  Fehlen  des  Farbstoffes 
bedingt.  Sehr  dicke  Schicht  bewirkt  schwarzbraune  Färbung  der  Samen- 
schale, wie  sie  sich  bei  dem  Nabelstreifen  und  einem  dreieckigen  Fleck 
über  dem  Würzelchen  zeigt,  dünnere  grünlich-graue  Färbung,  noch 
dünnere  lichtbraune;  Stellen  ohne  Farbstoff  entsprechen  den  weisslichen 
Flecken.^)  Bei  den  einfarbigen  Samen  der  spontanen  Variante  ist  der 
Nabelstreifen  und  der  dreieckige  Fleck  über  .dem  Würzelchen  heller  ge- 


il Fühlings  landw.  Z.  1912,  S.  453. 

2)  Die  Verteilung  von  Weiss,  Schwarzbraun  und  Grünlichgrau  bei  der  gewöhnlichen 
Form  kann  erblich  etwas  verschieden  sein,  worauf  K  a  j  a  n  u  s  hinwies,  der  neben  einem 
schwarzen  Farbstoff  auch  einen  braunen  für  die  Färbung  verantwortlich  macht.  Zeitschr. 
f.  ind.  Abst.-  u.  Vererbungslehre  1912,  VII,  S.  235. 


Kleine  Mitteilungen.  67 

färbt  als  bei  den  marmorierten  Samen;  die  übrige  Samenhaut  ist  bei 
ihnen  einfarbig  grünlich-grau.')  Hier  und  da  lässt  sich  bei  einzelnen 
Samen  einer  Pflanze  der  Variante  eine  ganz  schwache  Andeutung  einer 
Marmorierung  durch  ganz  unbedeutend  hchtere  Flecke  im  Grüngrau  er- 
kennen. Eine  Beobachtung  der  Verfärbung  der  Samen  beim  Übergang 
von  Weichreife  in  Gelbreife  gab  keine  weitere  kennzeichnende  Auf- 
klärung. Beiderlei  Samen  verhielten  sich  auch  da  verschieden;  die 
später  einfarbigen  wiesen  auch  während  der  Verfärbung  nur  einen 
braunen  Strich  unter  dem  Nabel  (Nabelfleck)  auf  und  zwei  im  Winkel 
zueinander  stehende  über  dem  Würzelchen,  sonst  keinerlei  verschieden 
gefärbte  Stellen;  die  später  marmorierten  liessen  sofort  dunklere  Flecke 
erscheinen. 

Nun  legt  der  erwähnte  mikroskopische  Befund  es  zunächst  nahe, 
an  einheitliche  Vererbung  zu  denken  und  die  Erscheinungen  nur  als 
Modifikationen  zu  betrachten.  Dem  widerspricht  aber  die  Art  der  Ver- 
erbung. Wie  bereits  in  der  ersten  Veröffentlichung  angeführt,  vererbt 
die  spontane  Variante  rein  weiter  und  hat  dies  seit  1911  bis  heute 
getan,  ebenso  wie  volle  Vererbung  bei  jenen  Linien  bis  heute  vorhanden 
ist,  welche  von  den  normalen,  nicht  marmorierten  Samen  der  Ausgangs- 
pflanze ausgehen.  Weiterhin  ist  1912  eine  Bastardierung  zwischen 
Individuen  dieser  zweierlei  Linien  vorgenommen  worden,  welche  zeigt, 
dass  von  der  spontanen  Variante  ein  erblicher  Einfluss  auf  die  nicht 
variierte  Ausgangsform  ausgetobt  werden  kann;  die  Fähigkeit,  mar- 
morierte oder  einfarbige  Samen  hervorzubringen,  wird  daher  zunächst 
vererbt. 

Das  Verhalten  nach  der  Bastardierung  von  Pflanzen  mit  mar- 
morierten Samen  mit  solchen  mit  einfarbigen  war  aber  bereits  in  F^  und 
F2  ein  abweichendes,^)  so  dass  auch  das  weitere  Verhalten  beobachtet 
wurde  und  auch  eine  Wiederholung  der  Bastardierung  vorgenommen 
worden  ist.    Über  das  dabei  Beobachtete  soll  nunmehr  berichtet  werden. 

Die  zuerst  vorgenommenen  Bastardierungen  I  geben  das  folgende 
Bild  (s.  Abb.  6,  S.  68): 

Man  wird  sich  die  spontane  Variation  so  vorstellen  können,  dass 
die  Pflanze  mit  marmorierten  Samen,  neben  der  Anlage  für  Färbung  der 
Samenschale  überhaupt:  F,  eine  Anlage  besass,  welche  die  Verteilung 
der  Farbe  in  Form  einer  Marmorierung  bewirkt:  M  und  bei  den  spontan 
variierten  Samen  vegetativ  in  Zellen  diese  Anlage  verloren  ging  oder 
abgeschwächt  wurde,  so  dass  die  Samen  Fm  wären.  Bei  der  Bastar- 
dierung von  Pflanzen  der  Variante  mit  solchen  der  Ausgangsform  würde 
dann  FM  mit  Fm  zusammentreten  und  bei  normalem  Verlauf  das  be- 


^)    Zeitsehr.  f.  Pflanzenzüchtimg  III,  1915,  S.  217. 
^)    Zeil  sehr.  f.  Pflanzenzüclitung  III,  1915,  S.  221. 


5* 


68 


Kleine  Mitteilungen. 


kannte  Schema  zu  erwarten  sein,  das  unter  Weglassung  von  F   ge- 
geben ist:  ^) 

E:  MM  X  mm 

Fj :  Mm 

F, :     MM  Mm         Mm  mm 


MM 


MM,  Mm,  Mm,  mm 


MM,  Mm,  Mm,  mm     mm 


Dire/rfss 
Ergebnis: 


o\/} 


[oj 


X 


^'■' 


Saaf: 
^  Errjfe 

Saaf: 
^  Ernte: 

Saat: 
•^  Ernte: 


o  o  o 
o  o  o 


o 
s 


•      o 

25      16 


Saat:       •      o 

Ernte:  •    a-  o 
i2    6  a//e 


Saat:   •     o    o 

^  Ernte:  • 
6 


7    at/e 


Saat:   • 
'^  Ernte: « 


o 
o 


o     o 

o     o 


3      3 


O 

26 


8 


S 


8 


73      H 

.  A  A 

72     3      7^     S     7¥ 
•      e      O     •     O 


•      •      O     •      O 
atte   atfe  a//e  atfe  atte 


Bastardierung  D  n/c/it  ^e/an^en 
=  n/c/7t fortgesetzt 


Abb.  6.    Schema  I. 


Das   bei   den   zu   besprechenden    Bastardierungen  I   von    diesem 

Schema  Abweichende  ist  das  Unregelmässige  bei  Dominanz  in  Fj,  bei 

der  Spaltungsart  und  den  Spaltungszahlen: 

1.  Marmoriert  dominiert  in  F^  in  einem  Fall  (C),  in  dem  die  Mutter 

marmorierte  Samen  hatte,  ist  rezessiv  in  den  zwei  anderen  (A  und 

B),  in  welchen  die  Mutter  einfarbige  Samen  hatte. 


■)  Die  Annahme  einer  Anlage,  welche  die  planmässige  Ausbildimg  der  Farbe 
hemmt  (F,',  so  Jlarmorierung  veranlasst  und  bei  der  spontanen  Variante  weggefallen  ist, 
eine  Annahme,  die  sich  ebensogut  verwenden  lässt,  gibt  keine  weiteren  Aufschlüsse. 


Kleine  Mitteilungen.  09 

2.  Spaltung  tritt  in  F^  sowohl  bei  den  Pflanzen  ein,  die  in  F^  normales 
Verhalten  —  marmorierte  Samen  —  gezeigt  hatten,  als  bei  jenen, 
welche  abweichend  einfarbige  Samen  brachten. 

3.  Weiterhin,  F3 — Fg,  können  Pflanzen  mit  marmorierten  Samen  so- 
wohl spalten  als  auch  voll  vererben  (A,  C),  was  dem  normalen 
Schema  entsprechen  würde.  Während  aber  einige  Pflanzen  mit 
einfarbigen  Samen,  diesem  Schema  entsprechend,  rein  vererben  (A), 
spalten,  abweichend,  andere  (C). 

4.  Dabei  können  abgespaltete  Pflanzen  mit  marmorierten  Samen  auch 
eine  Generation  hindui'ch  rein  vererben  (Fo  in  A),  dann  spalten  (F4) 
und  dann  wieder  rein  vererben. 

-5.  Abgespaltete  Pflanzen  mit  einfarbigen  Samen,  die  voll  vererben 
sollten,  können  auch  zwei  Generationen  hindurch  spalten  und  dann 
voll  vererben  (C). 

6.  Bei  den  Spaltungszahlen  ist  in  einzelnen  Fällen  keine  Gesetzmässig- 
keit zu  erkennen,  es  können  bei  der  Spaltung  auch  Pflanzen  mit 
einfarbigen  Samen  überwiegen:  Umkehrung  des  Spaltungsverhält- 
nisses. 

Ähnhche,  wenn  auch  geringere,  Abweichungen  finden  sich  auch 
bei  den  Bastardierungen  II  (s.  Abb.  7,  S.  70): 

Mit  gleichen  Ziffern,  wie  bei  I  bezeichnet,  sind  die  Abweichungen 
die  folgenden: 
1.  In  Fl  dominiert,  dem  Schema  entsprechend,  marmoriert,  was  mit 
I C  übereinstimmt,  da  die  Mutter  marmorierte  Samen  hatte,  und 
nur  erwähnt  ist,  um  die  Abweichung  bei  I A  und  B  hervorzuheben. 
3.  Spaltung  und  reine  Vererbung   der  marmoriertsamigen   Pflanzen 
bietet  dem  Schema  gegenüber  nichts  Auffallendes,  wohl  aber  findet 
sich,  so  wie  bei  der  Bastardierung  I,  auch  hier  wieder  ein  Spalten 
von  Pflanzen  mit  einfarbigen  Samen  (P3  und  F4),  die  als  rezessive 
gelten  müssen,  neben  auch  reiner  Vererbung  solcher  Pflanzen. 
6.  Die  Spaltungszahlen  in  Fo  und  in  einem  Fall  in  F3  sind  weit  regel- 
mässiger als  bei  Bastardierung  I,  in  einem  Fall  (ganz  rechts  Fo,  F3) 
selbst  ganz  regelmässig.     Andererseits  finden  sich  auch  recht  ab- 
weichende (F3,  zwei  Fälle  in  F4),  die  teilweise  Umkehrung  zeigen. 
Unregelmässigkeiten,  wie  die  hier  hervorgehobenen,  sind  schon  in 
einigen  Fällen  bemerkt  worden,  sowohl  bei  Bastardierung  von  spon- 
tanen Varianten  mit  ihren  Ausgangsformen,  als  bei  spontanen  Varianten, 
die  als  spaltende  auftraten. 

Bei  schwarzen  Samen,  die  bei  normaler  gelber  Lupine  (Lupinus 
luteus)  mit  marmorierten  Samen  auftauchten,  konnte  die  Entstehung 
durch  spontane  Variation  zwar  nicht  von  mir  unmittelbar  beobachtet 
werden,  eine  andere  Art  der  Entstehung  erschien  aber  ausgeschlossen. 
Die  Verfolgung  der  Spaltungsverhältnisse  brachte  auch  einen  Fall,  in 


70  Kleine  Mitteilungen. 

welchem,  an  normalen  wie  variierten  Pflanzen,  beiderlei  Samen  vor- 
handen waren,  Spaltung  bei  normalsamigen  Pflanzen,  die  in  diesem 
Fall  rezessiv  sind,  eintrat  auch  Umkehrung  des  Spaltungsverhältnisses. ^) 
Bei  spontan  aufgetauchter  Marmorierung  der  Samen  bei  rosa  ab- 
blühender, normal  grüngelbsamiger  Futtererbse,  P.  arvense,  vererbte 
die  normale  Einfarbigkeit  der  Samen,  die  rezessiv  ist,  meist  rein  weiter, 
spaltete  aber  in  einigen  Fällen  doch  auch.^)    Ähnhches  Auftauchen  von 

D/rektes 
fr^ebnis 


öaah 
Ernte: 


Saat: 

X             A 

A 

ernte: 

^  /^ 

^ 

• 

\ 

y                3          7 

J_ 

s 

_3 

Saat: 

A        K 

A 

^  Ernte: 

i^        9        ¥        9 

. 

A 

18         6 

Saat : 

•        5^        ^       ° 

Ernte: 

o//e  J    SS    S  at/e 

=  mW  fortgesetzt 

Abt).  7.    Schema  11. 

Marmorierung  in  der  Nachkommenschaft  einfarbigsamiger  Pflanzen 
nach  normaler  Bastardierung  erklärt  v.  Tschermak  durch  spontane 
Assoziation  nach  Dissoziation.^) 

Ein  Fall,  der  auch  eine  der  Abweichung  3  entsprechende  zeigt,  ist 
ein  von  K  i  e  s  s  1  i  n  g  erwähnter,  der  eine  partielle  spontane  Variation 
betrifft,  die  als  heterozygotische  auftrat.  Eine  weissspelzige  Weizen- 
pflanze hatte  eine  partielle  spontane  Variation,  eine  braunspelzige  Ähre,, 


^)  Archiv  f.  Rassen-  und  Gesellschaftsbiologie  6,  1909,  S.  441,  Taf.  I  u.  II. 

2)  a.  a.  0.  S.  541,  Taf.  V  c. 

5)  Zeitschr.  f.  Ind.  Abst.-  u.  Vererbungslehre  VII,  1912,  S.  170. 


Kleine  Mitteilungen.  71 

neben  der  nicht  variierten,  weissspelzigen,  gezeigt.  Letztere  vererbte 
voll,  erstere  gab  eine  gespaltete  Nachkommenschaft.  Im  weiteren  Ver- 
lauf des  Verhaltens  der  Abkömmlinge  dieser  Ähre  trat  auch  bei  den 
Nachkommenschaften  von  weissspelzigen  Pflanzen,  die  als  rezessiv 
gelten  müssen,  Spaltung  ein,  andere  vererbten  rein.  ^) 

Ein  weiterer  von  Kiessling  beobachteter  Fall  zeigt  auch  Ab- 
weichungen, die  den  unter  3  erwähnten  entsprechen,  weiter  solche  zu  6. 
Eine  spontane  Variante  bei  Gerste,  die  helleres  Grün  —  Verlust  oder 
Abschwächung  einer  der  Anlagen  für  Grün  —  zeigte,  gab  bei  der  Bastar- 
dierung mit  der  normalgrünen  Ausgangsform  in  Pj  Dominanz  von 
normalem  Grün  gegen  Zwischenbildung,  in  der  Folge  trat  aber  auch 
bei  einigen  der  hellgrünen  Pflanzen,  die  als  rezessiv  gelten,  Spaltung 
ein.  Bei  dieser  Bastardierung,  die  nach  1:2:1  verlief,  spalteten  aber 
auch  einige  normalgrüne  Pflanzen,  die  rein  hätten  vererben  sollen,  und 
einige  zwischenfarbige,  bei  welchen  Spaltung  zu  erwarten  gewesen  wäre, 
vererbten  rein.  Es  sei  nicht  unerwähnt,  dass  Kiessling  diese  Ab- 
weichungen durch  falsche  Einreihung  der  betreffenden  Pflanzen  erklären 
will;  die  hellgrünen  waren  danach  richtig  zwischenfarbig,  die  zwischen- 
farbigen normalgrün.  Umkehrung  der  Spaltungsverhältnisse  fand  sich 
nicht.  ^) 

Selbstredend  wurde  der  Versuch  gemacht,  die  Abweichungen  von 
dem  regelmässigen  Verhalten,  die  in  dem  hier  behandelten  Fall  bei 
schmalblätteriger  Lupine  zutage  traten,  zu  erklären.  Zunächst  muss 
der  allfällige  Verdacht  einer  Störung  durch  spätere  natürliche  Bastar- 
dierung unbedingt  abgelehnt  werden,  ganz  abgesehen  davon,  dass  die 
schmalblätterige  Lupine  beim  Freiabblühen  fast  ausschliesslich  Selbst- 
befruchtung eintreten  lässt.  Alle  Pflanzen,  deren  Samen  im  Versuch 
gesät  wurden,  waren  vor  dem  Blühen  in  Gazesäcke  eingeschlossen 
worden,  und  Selbstbefruchtung  tritt  unter  solchen  ständig  ein,  wenn 
auch  durch  die  Hülle  die  Zahl  der  Samen  vermindert  wird.  Weiter  ist 
auch  ein  Verdacht  auf  Verhalten  nach  dem  Zea-Schema  mit  Spaltung  nach 
1:2:1  unbegründet,  wie  ein  solcher  durch  die  erwähnte  Andeutung 
von  Marmorierung  bei  manchen  einfarbigen  Samen  geweckt  werden 
könnte.  Diese  schwache  Andeutung  von  Marmorierung  findet  sich  auch 
bei  der  reinen  spontanen  Variante,  und  weder  bei  ihr,  noch  bei  Bastar- 
dierungs-Abkömmlingen, an  einer  Pflanze  einheitlich  und  von  einer 
Zwischenbildung  in  Fj  mit  solcher  Andeutung  von  Marmorierung  war 
nichts  zu  sehen. 

Ich  neige  dazu,  die  beobachteten  Unregelmässigkeiten  auf  die 
kürzlich  erfolgte  spontane  Veränderung  der  Vererbungssubstanz  zu- 
rückzuführen.    Der  Verlauf  der  Bastardierung  entspricht,    trotz   der 

^)  Landw.  Jahrb.  f.  Bayern  1914,  Nr.  2,  S.  20  des  Sonderabdr. 
2)   Zeitschr.  f.  ind.  Abst.-  u.  Vererbungslehre  XIX,  1918,  S.  145. 


72  Kleine  Mitteilungen. 

Unregelmässigkeiten,  im  wesentlichen  einer  monohybrideu  Bastar- 
dierung nach  dem  obenerwähnten  Schema.  Erklärungen  für  ähnliche 
Unregelmässigkeiten,  wie  die  beschriebenen,  sind  von  anderer  Seite  b  e  i 
dihybrider  Bastardierung  durch  Genasthenie ^)  und  durch 
Assoziation  und  Dissoziation")  gegeben  worden.  Meine  Annahme,  dass 
in  erster  Linie  die  spontane  Entstehung  der  Eigenschaft  des  einen  Elters 
die  Ursache  ist,  würde  eine  für  monohybride  Bastardierung  sinn- 
gemässe Heranziehung  dieser  Erklärungsversuche  nicht  ausschliessen: 
die  erst  vor  kurzem  veränderte  Vererbungssubstanz  wäre  eben  zu 
solchem   abweichenden  Verhalten   geneigter,  weniger   gefestigt. 

Die  Abweichung  1  wäre  durch  Genasthenie  nur  schwer  zu  erklären, 
da  gerade  die  nicht  variierte  Anlage  in  Fj  als  geschwächt  angenommen 
werden  müsste  und  eine  Folge  der  Schwächung  derselben  in  weiteren 
Generationen  sich  nicht  zeigt.  Eher  wäre  eine  Erklärung  durch  Disso- 
ziation möghch,  M  würde  dann  nicht  auf  m  wirken  (M  I  m),  wenn  M 
von  der  Mutter  kommt.  Spontane  Modifikation,  als  Unwirksamkeit  von 
M,  könnte  auch  erklären. 

Die  Abweichung  2  wäre  bei  Annahme  einer  der  bereits  gemachten 
Erklärungen  keine  Abweichung  mehr.  Bei  Annahme  von  Dissoziation 
in  dem  Falle  A  und  B  in  F^  wäre  die  nicht  marmorierte  Pflanze  ja, 
gerade  so  wie  die  marmorierte.  Mm  veranlagt,  ebenso  wie  bei  An- 
nahme einer  Modifikation  von  M  in  Y\  müsste  daher  spaltende  Nach- 
kommenschaft geben. 

Die  Abweichung  3  wäre  bei  Dissoziation  dadurch  zu  erklären, 
dass  eine  Pflanze  Mim,  bei  der  M  nicht  auf  m  wirkt,  als  mm  erscheint, 
in  Wirklichkeit  aber  Mm  ist  und  daher  spaltende  Nachkommenschaft 
gibt.     Annahme  spontaner  Modifikation  wie  bei  1  wäre  auch  möglich. 

Abweichung  4  wäre  durch  die  Annahme  zu  erklären,  dass  die 
normale  Assoziation  durch  eine  Generation  hindurch  erhalten  bleibt. 
dann  aber  bei  einem  Teil  der  Pflanzen  aufgehoben  wird.  Näherliegend 
wäre  mir  die  Annahme  einer  neuerlichen  spontanen  Variation:  in  F^ 
verlieren  einzelne  ganze  Pflanzen  vegetativ  die  Anlage  für  M  und  er- 
scheinen mit  einfarbigen  Samen. 

Bei  Abweichung  5  wäre  die  Spaltung  durch  zwei  Generationen 
dadurch  zu  erklären,  dass  Dissoziation  bei  den  Pflanzen  wirkt,  deren 
Körner  in  F..  und  F4  gesät  wurden,  diese  Pflanzen  daher  einfarbig 
erschienen  (mm),  aber  Mm  veranlagt  waren  und  daher  spalteten,  in  Fr, 
dann  die  Körner  von  abgespalteten  mm-Pflanzen  gesät  wurden.  Ebenso 
kann  der  Fall  aber  auch  durch  spontane  Variation  von  mm  in  Mm  in 
F3  und  F4  und  Ausbleiben  solcher  Variation  weiterhin  erklärt  werden. 


')   A.  V.  Tschermak,  Biologisches  Centralblatt  1917,  .37,  S.  218. 

2)  E.  V.  T  s  c  h  e  r  m  a  k,  Zeitschr.  f.  ind.  Abst.-  u.  Vererbungslehre  VII,  1902,  S.  145. 


Kleine  Mitteilungen.  73 

Die  Annahme  häufigerer  starker  spontaner  Modifikationen  und 
häufigerer  spontaner  Variationen  erscheint  vielleicht  überraschend.^) 
Aber  Hülsenfruchter  sind,  wie  ich  mehrfach  bei  Linse,  Wicke,  Erbse 
und  gelber  und  schmalblätteriger  Lupine  feststellte,  sehr  geneigt  zu 
solchen.  Insbesondere  Veränderungen  von  Zeichnung  der  Samen  lassen 
sie  häufig,  ohne  besondere  wahrnehmbare  Einflüsse,  modifikativ  und 
variativ  erscheinen.  Ich  hatte  schon  1909  in  Beziehung  auf  variatives 
Auftreten  bei  denselben  gesagt:  „Da  die  Erscheinungen  der  besprochenen 
Art  keineswegs  auffallend  selten  sind,  ergibt  sich  ein  wichtiger  Grund 
für  die  Fortsetzung  der  Auslese  auch  in  dem  Fall  der  Neuzüchtung  von 
Selbstbefruchtern."^)  Auch  von  anderer  Seite  wurden  bei  Hülsen- 
fruchtern starke  Modifikationen  ^)  und  spontane  Variationen  ^)  be- 
obachtet. Die  ,,Pluripotenz"'')  scheint  bei  Hülsenfruchtern  derart  aus- 
gebildet zu  sein,  dass  parallele  Variationen  (Variationen  und  Modi- 
fikationen) bei  verschiedenen  Arten  verhältnismässig  oft  die  besonderen 
Bedingungen  finden,  welche  diese  erscheinen  lassen. 

Als  allgemeinen  Schluss  aus  dem  beobachteten  und  hier  be- 
schriebenen FaU  und  anderen  ähnlichen  Erscheinungen  möchte  ich  nur 
hervorheben:  Bei  Bastardierung  einer  spontan  verän- 
derten Form  mit  ihrer  Ausgangsform  zeigen  sich  bei 
Dominanz   und  Spaltung  öfters   Abweichungen. 


Noch  ein  Bastardierungsversuch  Pisuni  X  Faha. 
Von  Dr.  Siegfried  Bach,  Wien. 

Es  wurden  10  Blütenknospen  einer  Viktoria-Erbse  kastriert, 
7  wurden  mit  Vicia  Faba-Pollen  belegt,  3  unbelegt  gelassen,  alle  10  mit 
Pergamenthüllen  geschützt. 

48  Stunden  nach  dem  Belegen  wurden  3  der  mit  Pollen  belegten 
Narben  abgeschnitten,  in  Flemingscher  Lösung  fixiert,  sodann  in  Pa- 
raffin eingelegt.  Die  restlichen  7  Blüten  wurden  noch  weitere  8  Tage 
in  den  Pergamenthüllen  belassen,  sodann  untersucht.  Sowohl  bei  den 
mit  Pollen  belegten  Blüten  wie  bei  den  nicht  belegten  wurde  derselbe 
Entwicklungszustand  vorgefunden:  1 — 2  cm  lange,  ca.  0,4 — 0,6  cm  breite 


^)  Die  spontanen  Änderungen  werden  leichter  angenommen  werden  können,  wenn 
man  sich  als  Gegensatz  von  Vorhandensein  in  der  Hypothese  von  Vorhandensein  und  Fehlen 
nur  ganz  schwaches  Vorhandensein  der  Anlage,  das  normal  nicht  wirkt,  denkt,  ähnlich 
wie  Kajanus,  Zeitschr  f.  ind.  Abst.-  u.  Vererbungslehre  1914,  XII,  S.  206. 

^)  Archiv  f.  Rassen-  und  Gesellschaftsbiologie  1909,  S.  469. 

*)  V.  T  s  c  h  e  r  m  a  k  bei  Erbse  und  Fisole  (Zeitschr.  f.  landw.  Versuchswesen  in 
österr.  1901). 

')  Kiessling  bei  Ackerbohne  (Zeitschr.  f.   Pflanzenzüchtung  II,  1914,  S.   13). 

•'■')   Ha  eck  er,    Entwicklungsgeschichtliche  Eigenschaftsanalyse,    1918. 


74  Kleine  Mitteilungen.  ' 

Hülsen  mit  schrumpfenden  Samenanlagen.    Innerhalb  weiterer  10  Tage 
sind  alle  diese  kleinen  Hülsen  eingetrocknet  und  abgefallen. 

Die  in  Paraffin  eingelegten  Narben  wurden  später  geschnitten 
und  mit  Heidenhains  Hämatoxylin  gefärbt.^)  In  den  Präparaten  wurden 
nur  bei  ganz  vereinzelten  Pollenkörnern  ganz  kurze  (4 — 10  ,"  lange) 
Keimschläuche  vorgefunden,  wobei  zwischen  Keimungsstelle  am  Pollen- 
korn und  Lage  gegen  die  Narbenpapillen  keinerlei  Relation  zu  sehen 
war.  In  keinem  Falle  war  der  Keimschlauch  länger  als  der  halbe 
Durchmesser  des  Pollenkornes,  auch  wurde  kein  einziger  Keimschlauch 
in  einer  Lage  vorgefunden,  die  ein  Eindringen  in  die  NarbenpapiUen 
andeuten  würde. 

Es  wurden  durch  obigen  Versuch  die  negativen  Ergebnisse  der 
Bastardierungsversuche  Gärtners  und  v.  Tschermaks  bestätigt. 
Die  kleinen  samenlosen  Hülsen  wurden  parthenokarp, 
und  zwar  auch  ohne  Pollenbelag  gebildet.  Die  Ur- 
sache des  Nichtgelingens  der  versuchten  Bastar- 
dierung ist  in  dem  Unvermögen  der  Faba-PoUen- 
körner,  Keimschläuche  gegen  und  in  die  Narben- 
papillen von  Pisum  zu  senden,  gelegen,  welch'  Unvermögen 
wohl  durch  den  Mangel  spezieller  chemischer  Reize  zu  begründen  sein 
dürfte. 


b)  Andere  Sachliche. 

Ungarische  Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft. 

(Magyar  Növenynemesitü  Reszvenytärsasag.) 
Durch  die  Ungarische  Bank  für  Grundbesitz  ist  diese  Pflanzen- 
zucht-A.-G.  mit  dem  Zwecke  gegründet  worden,  dass  für  die  in  ver- 
schiedenen Landesteilen  liegenden  ausgedehnten  Güter  der  Unter- 
nehmung sämtliche  wichtigen  landwirtschaftlichen  Kulturpflanzen  ge- 
züchtet werden  sollen.  Ausser  dieser  Aufgabe  ist  auch  geplant.  Elite- 
saatgutvermehrungen solcher  in-  und  ausländischer  Züchter,  deren 
Zuchtsorten  im  Inlande*  anbauwürdig  erscheinen,  auf  Grund  gegen- 
seitiger Vereinbarungen  zu  übernehmen.  Sitz  der  Aktiengesellschaft 
ist  Budapest,  Zuchtstätte  in  Zalaszentgrot,  Grundkapital  1  Mill.  Kronen. 
Die  Direktion  besteht  aus  folgenden  Herren:  Graf  Emerich  Kärolyi, 
Vorsitzender;  Dr.  Robert  Dubravszky,  Staatssekretär,  zweiter  Vor- 
sitzender; Arthur  Fuchs,  Direktor  der  ung.  Bank  für  Grundbesitz; 
Emil  Grabner,  Direktor  der  ung.  staatl.  Pflanzenzuchtanstalt; 
Josef  Gyärfäs,  Direktor  der  ung.  staatl.  Pflanzenversuchsstation- 
Ludwig   Hitter,    Güter  direkter;     Graf    Julius    Kärolyi;     Dr. 


^)  Beim  Schnitt  und  Färbung  der  Präparate  wurde  mir  von  H.  Dr.  W.  Schmidt, 
vom  Botanischen  Institut  in  Wien,  freundliche  Hilfe  geleistet. 


Kleine  Mitteilungen.  75 

Michael  Koös,  Ministerialrat;  Bela  Köszeghy,  Güterinspektor; 
Eugen  Madarassy,  Güterinspektor;  Johann  Ormändy,  Pro- 
fessor; Robert  Orszägh,  Direktor;  Ladislaus  Baross,  Güter- 
inspektor. Direktor  der  Unternehmung  ist  Stephan  Bogyö,  Saat- 
zuchtverwalter Lorenz  Falb.  Zu  Sortenvermehrungen  stehen  die 
Domänen  Kisjenö  und  Avadmäcsa  (Komitat  Arad),  Mägocs  (Komitat 
Csongräd),  Erd  (Komitat  Fejer),  Zalaszentgröt  (Komitat  Zala)  zur  Ver- 
fügung.   

Genetica. 

Nederlandsch  Tijdschrift  voor  Erfelijkheids  en  Afstamraingsleer.     s'Gravenhage 

Martinus  Nijhoff. 

Unter  diesem  Titel  (Niederländische  Zeitschrift  für  Vererbungs- 
und Abstammungslehre)  erscheint  in  dem  bezeichneten  Verlag  seit 
Januar  dieses  Jahres  eine  Zeitschrift,  von  welcher  jeden  zweiten  Monat 
ein  Heft  ausgegeben  wird.  Der  Abonnementsbetrag  beträgt  12  hollän- 
dische Gulden  für  einen  Band.  Diese  Zeitschrift  wird  von  Dr. 
J.  P.  Lotsy  redigiert  und  nennt  als  Mitarbeiter  die  Herren  Bakker, 
Benders,  van  Giffen,Goethart,  Hamburger,  Jongmans, 
Jordan,  Kohlbrugge,  Kuiper,  May er-Gmelin,  Scheuten, 
Sprenger,  Tesch,  Tjebbes,  van  Uven,  Waardenburg, 
Wisselingh,  und  die  Frauen  van  Herwerden,  Tammes,  van 
Westrienen.  Das  erste  Heft  wird  durch  eine  Arbeit  von  Lotsy: 
„Die  Oenotheren  als  Kernchimären"  eingeleitet,  welche  Arbeit  die  von 
Lotsy  gegebene  Sammlung  Proeven  en  Beschouwingen  over  evolutie 
(Versuche  und  Betrachtungen  über  Entwicklung)  eröffnet.  Auch  eine 
andere  Arbeit  in  diesem  Heft  ist  von  Lotsy:  „Über  die  Möglichkeit 
von  Bastardierungen  im  Kern  von  Homozygoten".  Sirks,  der  als 
Redaktionssekretär  fungiert,  trägt  eine  Studie:  „Die  kritischen  Punkte 
der  Entwicklungsfragen"  bei.  Die  Zeitschrift  wird  Originalarbeiten, 
Übersichten  und  Besprechungen  von  Neuerscheinungen  auf  ihrem  Ge- 
biete enthalten.  Sie  wird  in  holländischer  Sprache  geschrieben  werden, 
aber  bei  Originalarbeiten  können  zusammenfassende  Übersichten  in  einer 
anderen  Sprache  angeschlossen  werden.  Die  Liste  der  Mitarbeiter  und 
der  Verlag  lassen  bei  der  Zeitschrift  eine  gute  Ausgestaltung  erwarten. 
Der  Kreis  der  Abnehmer  wird  nicht  nur  auf  jene  Holländer  im  Mutter- 
lande, welche  sich  für  Abstammungs-  und  Vererbungslehre  interessieren, 
beschränkt  bleiben,  sondern  auch  durch  Interessenten  im  überseeischen 
Gebiete,  in  welchem  holländisch  gesprochen  wird,  sehr  erweitert.  Für 
sie  alle  ist  es  von  Wert,  eine  Veröffentlichung  zu  besitzen,  welche  sie 
in  eigener  Sprache  auf  dem  jetzt  stark  bearbeiteten  Gebiete  auf  dem 
Laufenden  erhält. 


76  Kleine  Mitteilungen. 

Hatvaner  Pflanzenzucht-Aktiengesellschaft. 
(Hatvani  Növenynemesitö  Reszvenj'tärsasäg.) 

Die  bisher  auf  dem  Gute  Nagytelek  bei  Hatvan  (Ungarn)  unter 
Leitung  des  Güterdirektors  Johann  Minarik  bestandene  Pflanzen- 
zuchtstätte der  Baron  Hatvany sehen  Güter  ist  durch  den  Chef  der 
H a t V a n y sehen  Unternehmimgen,  Dr.  Albrecht  Hirsch,  in  eine 
Aktiengesellschaft  umgestaltet  worden.  Zweck  dieser  Umgestaltung 
ist  die  grosszügige  Entwicklung  der  Pflanzenzuchtarbeiten.  Die  bisher 
mit  den  vier  Hauptgetreidearten,  Zuckerrübe  und  Mais  dui'chgeführten 
Zuchtarbeiten  sollen  auf  die  Kartoffel,  Futterpflanzen,  besonders  auf 
die  Luzerne  und  auf  den  Rotklee,  sowie  auch  auf  die  gärtnerischen 
Pflanzen  ausgedehnt  werden.  Generaldirektor  der  Unternehmung  ist 
ÖdönLegäny,  bisher  Professor  der  landw.  Akademie  in Magyarövär, 
wo  er  ausser  dem  Fache  Pflanzenbau  auch  die  Pflanzenzüchtung 
gelesen  hat,  und  im  Fache  besonders  mit  Bastardierungen  verschiedener 
Pflanzen,  sowie  auch  mit  Züchtung  der  Kartoffel,  Getreidearten,  Futter- 
rübe und  Gartengewächse  tätig  war. 

Grundkapital  der  Unternehmung  ist  1  Mill.  Kronen,  ihr  Sitz  in 
Budapest,  Zuchtstätte  in  Nagytelek  bei  Hatvan.  Sortenvermehrungs- 
güter in  Nagygombos  (Komitat  Heves),  Tarnamera  und  Nagybätony 
(Komitat  Heves),  Nagysuräny  (Komitat  Nyitra),  Ürmeny.  Tornöcz 
(Komitat  Nyitra),  Baracska  (Komitat  Bars),  Borsosgyör  (Komitat 
Veszprem),  Pusztapel  (Komitat  Somogy),  Melynadas  (Komitat  Temes). 

Direktion  der  Gesellschaft:  Dr.  Albrecht  Hirsch,  Vor- 
sitzender; Desider  Angyal.  Direktor  der  ung.  staatl.  Gartenbau- 
lehranstalt; Franz  Bessenyei,  Direktor;  Emil  Grabner,  Di- 
rektor der  ung.  staatl.  Pflanzenzuchtanstalt;  Josef  Gyarfäs,  Di- 
rektor der  ung.  staatl.  Pflanzenversuchsstation;  Baron  Endre 
Hatvany,  Gutsbesitzer;  Dr.  Michael  Koös.  Ministerialrat; 
Johann  Minarik,  Güterdirektor;  Dr.  Ludwig  Szcmjas,  Staats- 
sekretär; Albrecht  Sternberg,  Direktor. 


Ungarische  Rabbethge  und  Giesecke  Saatzucht-Aktiengesellschaft. 

(Magyar  Rabbethge  es  Giesecke  Magtenyesztö  Reszvenytärsasäg.) 

Diese  Unternehmimg  ist  mit  Teilnahme  der  Zuckerfabrik  Klein- 
Wanzleben.  vormals  Rabbethge  und  Giesecke  A.-G.,  durch  die 
Firma  Jg.  Deutsch  und  Sohn  und  durch  die  Ungarische  Allgemeine 
Kreditbank  mit  3  Mill.  Kronen  Grundkapital  zur  Züchtung  der  Zucker- 
und Futterrübe,  sowie  auch  der  Kartoffel  gegründet  worden.  Die 
Direktion  besteht  aus  folgenden  Herren:  Baron  Emerich  Ghylläny, 
ung.  Ackerbauminister  a.  D.,  Vorsitzender;  Baron  Bela  Hatvany, 
Gutsbesitzer,  und  Erich  Rabbethge  zweite  Vorsitzende;  Dr. 
Michael   Koös,   Ministerialrat;    Ernst   Giesecke;    Paul   Jes- 


Kleine  Mitteilunsfen. 


77 


z  e  n  s  z  k  y ,  Generaldirektor  der  Genossenschaft  ung.  Landwirte;  Ö  d  ö  n 
Legäny,  Generaldirektor  der  Hatvaner  Pflanzenzucht-A.-G.;  Sig- 
mund Robitschek;  Albrecht  Sternberg,  Direktor;  Baron 
Georg  Ullmann.  Geschäftsführer  der  Unternehmung  ist  D  e  s  i  d  e  r 
Havas,  vormals  Prokurist  der  Landwirtschaftlichen  Gewerbe-A.-G. 


c)  Persönliche. 

Der  Direktor  des  landwirtschaftlichen  Instituts  der  Universität 
Halle  a.  S.,   Geheirarat  Prof.  Dr.  Ferdinand  Wohltmann,    ver- 


XX 

X 

^E  n 

Ferdinand  Wohltmann  x  mit  der  Original  Saatgut-Kommission  vom  Bund  der  Landwirte  und  der 
a.S  [Hochzucht-Kommission  der  D.  Landw.-G.  auf  dem  Gute  Petkus  des  Herrn  von  Lüchow  xx. 


schied  am  frühen  Morgen  des  10.  April  zu  Halle.  Er  war  1857  zu  Hitz- 
acker a.  E.  geboren,  betätigte  sich  von  1875 — 1880  im  Betriebe  von  Land- 
wirtschaften, studierte  hierauf  an  den  Hochschulen  Halle,  Berlin,  Heidel- 
berg und  Göttingen  und  wirkte  dann  als  Dozent  von  1891  ab  in  Halle, 
von  1892  ab  in  Breslau,  von  1894  ab  in  Bonn-Poppelsdorf,  von  1905  ab 
wieder  in  Halle.  Der  Landwirtschaftswissenschaft  und  der  deutschen 
Landwirtschaft  ist  durch  sein  Hingehen  ein  schwerer  Verlust  geworden. 
Bei  seinem  Wirken  lassen  sich  besonders  vier  Richtungen  heraus- 
sondern, in  welchen  er  sich  in  der  zeitlichen  Folge,  in  welcher  sie  genannt 
werden,  betätigte:  Bodenkunde,  Kolonialwirtschaft,  Pflanzenzüchtung, 
Organisation  auf  dem  Gebiete  des  Unterrichtswesens.  Auf  dem  Gebiete 
der  landwirtschaftlichen  Pflanzenzüchtung  beschäftigte  er  sich,  noch  in. 


78  Kleine  Mitteilungen. 

Poppelsdorf,  mit  der  Züchtung  der  Rüben,  und  es  liegen  aus  dieser  Zeit 
Studien  über  die  Friedrichswerter  und  Oberndorfer  Rübe  vor.    Die  aus- 
gedehnten Sortenversuche  mit  Rüben  waren  der  Beginn  einer  regen  Tätig- 
Iceit  auf  dem  Gebiete  des  Sortenversuchswesens,  das  auch  die  Prüfung 
von  Neuzüchtungen  umfasste  und  besonders  in  Halle  ausgebaut  wurde. 
Bald  nach  seiner  Ernennung  zum  Direktor  des  Hallenser  landwirtschaft- 
lichen Universitäts-Instituts  wurde  von  ihm  daselbst  eine  Pflanzenzucht- 
station geschaffen.    Von  ihm  selbst  liegt  eine  Beschreibung  derselben  in 
dem  von  ilun  ins  Leben  gerufenen  ,, Kühn- Archiv"  (Bd.  1)  vor.     Später 
(1912)  erschien  von  ihm  und  Grundmann  an  gleicher  Stelle  eine  Be- 
schreibung der  von  ilim  geschaffenen  oder  angeregten  Hilfsmittel  — 
Apparate  und  Maschinen  —  für  die  Durchführung  der  Pflanzenzüchtung 
Von  der  Reichhaltigkeit  der  Bestände  der  Flächen,  welche  der  Pflanzen- 
zuchtstation zugehörten,  geben  die  jährlich  erschienenen  ,, Führer  durch 
das    Winterungs-   und    Sommerungssortiment    samt    den    Züchtungen" 
(Claus,  Kalt)   Zeugnis.     Die  Beziehungen  Wohltmanns  zu  den 
Praktikern  waren  immer  sehr  enge,  und  bei  den  verschiedenen  Festen, 
die  ihm  erwünschte  Gelegenheit  boten,  sein  gastliches  Haus  zu  öffnen, 
waren  Landwirte  neben  Vertretern  der  Landwirtschaftswissenschaft  stets 
in  grosser  Zahl  vertreten.    Dieses  stete  Zusammenwirken  mit  den  Prak- 
tikern kam  auch  in  der  ., Original-Saatgut-Kommission"  vom  „Bund  der 
Landwirte"  zur  Geltung,  als  deren  Vorsitzender  er  in  dem  Jahre  nach 
ihrer  Schaffung  (1897)  gewählt  worden  war.    In  dieser  Kommission,  die 
zuerst  in  Deutschland  die  Anerkennung  von  Originalzüchtungen  auf- 
nahm, wirkte  er  erfolgreich  auf  die  Pflanzenzüchtung  ein.  Die  ,, Original- 
saatgutabteilung des  Bundes",  der  diese  Kommission  dient,  hat  die  Auf- 
gabe, den  Bundesmitgliedern  den  Bezug  von  entsprechendem  Zuchtsaat- 
gut zu  vermitteln,  und  zur  Verbreitung  der  Kenntnis  von  ihrem  Wirken 
und  dem  Wert  von  Zuchtsaatgut  verfasste  Wohltmann  1907  eine 
kleine  Schrift:  „Saatgut  und  Pflanzenzüchtung  in  der  Praxis." 

Wohltmann  hat  viel  geschaffen,  und  dass  er  es,  unter  den 
schwierigen  körperlichen  Verhältnissen  nur  mit  Aufgebot  gewaltiger 
Energie,  schaffen  konnte,  muss  besonders  hoch  bewertet  werden. 

Hermann  Strube-  Schlanstedt  ist  am  frühen  Morgen  des 
15.  April  dieses  Jahres  in  seinem  Heim  gestorben.  Wenn  die  Namen 
der  bekanntesten  Pflanzenzüchter  Deutschlands  in  den  letzten  Dezennien 
genannt  wurden,  war  der  Name  Strube  wohl  immer  darunter.  Strube 
war  1878  zu  Schlanstedt  geboren,  woselbst  sein  Vater,  Friedrich 
Strube,  in  den  80  er  Jahren  die  Züchtung  begründet  hatte. 

Den  väterlichen  Betrieb  musste  Hermann  Strube  nach  dem  • 
Tod  seines  Vaters,  noch  jung  an  Jahren,  im  Jahre  1897  übernehmen,  und 
er  widmete  sich  der  schweren  Aufgabe,  Wirtschafts-  und  Züchtungs- 
betrieb zu  leiten,  mit  grosser  Hingabe.  Zu  den  vom  Vater  übernommenen 
Züchtungen  fügte  er  neue  hinzu  und  trachtete  bei  allen,  die  Züchtung 


Kleine  Mitteiluniien. 


79 


auf  hohe  Stufe  zu  bringen.  Er  versicherte  sich  wissenschaftlich  hoch 
stehender  Zuchtleiter  (zuletzt  Oetken,  Roemer)  und  tüchtiger 
Wirtschaftsbeamter,  gestaltete  die  Laboratorien  in  gediegenster  Weise 
aus  und  verwendete  reiche  Mittel,  wenn  es  sich  um  Durchführung  von 
Versuchen  handelte.  Es  sei  in  letzterer 
Hinsicht  nur  an  die  Tastversuche  zur 
Bekämpfung  des  Flugbrandes  erinnert, 
bei  welchen  die  Ähren  aller  Pflanzen  im 
Zuchtgarten  zur  Zeit  des  Blühens  in 
Glashüllen  eingeschlossen  wurden.  In 
aen  letzten  Jahren  vor  dem  Krieg  war 
es  besonders  die  Beizungsfrage  der 
Körner,  welche  ihn  zu  gross  angelegten 
Versuchen  veranlasste,  die  dahin  führten, 
dass  er  gebeiztes  Saatgut  den  Abnehmern 
liefern  konnte.  Versuche  mit  Keimung 
in  verschiedenen  Keimmitteln  schlössen 
sich  diesen  Versuchen  an.  Die  verhält- 
nismässig geringe  Grösse  seines  Be- 
sitzes, der  nur  ungefähr  200  ha  Acker- 
land aufwies,  hatte  ihn  schon  frühzeitig 
dazu  geführt,  Verträge  mit  Verviel- 
fältigungswirtschaften zu  schliessen, 
wobei  aber  die  Abgabe  des  verkauften 
Originalsaatgutes  der  Zuchtwirtschaft 
Schlanstedt  selbst  vorbehalten  blieb. 
Die  verbreitete  Aufnahme,  die  seine 
Züchtungen  im  Ausland  fanden,  veran- 
lasste ihn,  für  einen  geregelten  Bezug 
daselbst  Sorge  zu  tragen.  Er  trat  so 
für  Österreich  mit  der  Zentralstelle  der 
Züchtervereinigung  N  o  1  c  und  v.  D  r  e- 
ger  in  Verbindung,  für  Russland  mit 
der  Firma  Koenig,  auf  deren  Besitz 
er  zu  Guty  (Gouvernement  Charkow)  eine  eigene  Zuchtstätte  begründete. 

Während  des  Krieges  war  er  im  Dienste  der  Vaterlandsverteidigung 
tätig;  in  dem  Silospeicher  und  den  anschliessenden  Bauten  —  der  best 
ausgestatteten  Stätte  für  Saatgutbearbeitung,  die  Deutschland  besitzt  — 
waren  zurzeit  französische  Kriegsgefangene  beschäftigt.  Die  Früchte 
der  Tätigkeit  S  t  r  u  b  e  s  werden  der  Deutschen  Landwirtschaftsgesell- 
schaft hoffentlich  erhalten  bleiben,  er  selbst  konnte  sich  des  Erfolges 
und  seiner  vor  wenigen  Jahren  begründeten  Familie  leider  nur  kurze  Zeit 
hindurch  erfreuen. 


Hermann  Strube. 


80  Kleine  Mitteilungen. 

Dr.  Theodor  Roemer  hat,  nachdem  er  fünf  Jahre  hindui'ch 
am  Kaiser  Wilhehn-Institut  in  Bromberg  tätig  war,  die  Leitmig  der 
pflanzenzüchterischen  Arbeiten  auf  der  Pflanzenzuchtwirtschaft  von 
H.  Strube- Schlanstedt  übernommen.  Während  seiner  Tätigkeit  in 
Bromberg  befasste  sich  der  Genannte  mit  Untersuchungen  zur  Züchtung 
von  Gräsern,  Kleearten,  Lupinen  und  Zuckerrüben  und  mit  der  Aus- 
gestaltung der  Methoden  zur  Durchführung  vergleichender  Versuche. 

Dr.  Eugen  Claus  wurde  zum  wissenschaftlichen  Leiter  der 
,, Planta",  Österreichische  Samenzucht-  und  Gemüsebau-Gesellschaft 
m.  b.  H.,  Wien,  ernannt.  Nach  zweijähriger  Praxis  in  Süddeutschland 
studierte  Claus,  der  1886  in  Ulm  geboren  worden  war,  in  "München 
und  Halle  a.  S.  Landwirtschaft  und  Naturwissenschaften.  Nachdem  er 
an  letzterem  Orte  das  StaatsexanVen  für  Landwirtschaftslehrer  bestanden 
hatte,  wurde  er  Assistent  am  Versuchslaboratorium  des  landw.  Institutes 
Halle  und  nach  einem  Jahre  Assistent  an  der  Pflanzenzuchtstation 
Halle.  Bei  Geheimrat  Professor  Dr.  Wohltmann  promovierte  Claus 
mit  einer  Arbeit:  „Untersuchungen  über  die  Standweite  für  Zuchteliten 
von  Braugerste"  zum  Dr.  phil.  und  wurde  im  Jahre  1913  Vorstand  der 
Pflanzenzuchtstation  Halle.  Hier  arbeitete  er  hauptsächlich  über  Ge- 
treide- und  Kartoffelzüchtungen,  Sortenfragen  und  Anbauprüfungen  bei 
Getreide.  Das  erste  Ergebnis  dieser  Arbeit  ist  eine  Veröffentlichung 
über  Druschversuche  mit  79  Sommerweizen-Sorten  (Zeitschr.  f.  Pflanzen- 
züchtung Bd.  II,  1914).  Der  Ausbruch  des  Krieges  riss  Dr.  Claus 
bis  Ende  1918  aus  seiner  Tätigkeit. 

Dozent  Dr.  Zade,  der  seit  einer  Reihe  von  Jahren  an  der  Uni- 
versität Jena  wirkte,  in  den  letzten  Jahren  auch  den  Direktor  des  landw. 
Institutes  daselbst,  Geheimrat  Edler,  vertrat,  wurde  zum  Professor 
ernannt  und  erhielt  kurz  darauf  einen  Ruf  an  die  Universität  Leipzig 
als  Vertreter  der  Pflanzenbaulehre,  einschliesslich  Pflanzenzüchtung, 
und  der  Leitung  des  30  ha  grossen  Versuchsfeldes.  Prof.  Zade,  der 
sich  mit  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Serologie  und  solchen  auf  dem 
Gebiete  der  Gräser-  und  Kleezüchtung  befasst  hat,  auch  Verfasser  der 
Monographie  ,,Der  Hafer"  ist,  hat  den  Ruf  angenommen  und  ist  nach 
Leipzig  übersiedelt. 

Prof.  Emil  Grabner,  der  Direktor  der  Pflanzenzüchtungs- 
anstalt zu  Magyar  Ovar,  wurde  für  seine  Verdienste  auf  dem  Gebiete 
der  Pflanzenzüchtung  mit  dem  bürgerlichen  Kriegskreuz  IL  Klasse 
ausgezeichnet. 

Prof.  ödön  Legäny  ist  zum  Generaldirektor  der  Aktiengesell- 
schaft ernannt  worden,  welche  die  Hatvaner  Zuchtstätte  des  Barons 
Hatvany  übernommen  hat,  die  seit  7  Jahren  unter  Leitung  von  Di- 
rektor Grabner  arbeitet.     Vereinbarungen  hatten  60  000  kat.  Joch 


Kleine  Mitteilungen.  g\ 

zur  Vervielfältigung  gesichert.  Prof.  Legäny,  der  bisher  an  der  ung. 
landw.  Akademie  Magyar  Ovar  tätig  war,  hat  sich  daselbst  mit  Kar- 
toft'el-  und  Weizenzüchtung  befasst  und  die  fakultativen  Vorlesungen 
über  Pflanzenzüchtung  an  der  Akademie  gehalten. 

Ing.  E.  Rossi,  der  zuletzt  an  der  landw.  Mittelschule  Laa 
a.  d.  Thaya  als  wirklicher  Lehrer  tätig  war,  wurde  zum  Adjunkten  für 
Pflanzenbau  bei  dem  Landeskulturrat  für  Oberösterreich  ernannt  und 
wird  als  solcher  auch  auf  dem  Gebiete  des  Saatgutbaues  und  der 
Pflanzenzüchtung  tätig  sein.  Nach  dem  Studium  an  der  Hochschule 
für  Bodenkultur  in  Wien  war  er  Hilfsassistent  im  Institut  für  Ver- 
erbungsforschung in  Berlin,  woselbst  er  sich  bis  zum  Kriegsbeginn  mit 
Studien  über  Kartoffelzüchtung  befasste.  Aus  dem  Felde  während  des 
Krieges  zurückgekehrt,  war  er  als  Aushilfsassistent  am  Mendel-Institut 
in  Eisgrub  tätig  und  in  landw.  Praxis  in  Brandenburg. 

Herr  Aladar  L  a  c  z  k  ö ,  der  seit  1917  an  der  Orsz.  M.  Kir. 
Növenynemesitö  intezet  zu  Magyarövär  (Ungarische  Pflanzenzüchtungs- 
Anstalt  zu  Magyarövär)  als  Volontär-Assistent  tätig  war,  ist  zum  defi- 
nitiven Assistenten  daselbst  ernannt  worden. 

Als  Leiter  der  Saatzuchtwirtschaft  von  C.  Krafft- Buir  (Bezirk 
Köln)  wurde  Dr.  Heuser  ernannt,  der  am  3.  Juni  1885  zu  Radewege, 
Kreis  Westhavelland,  geboren  wurde,  nach  dem  vorbereitenden  Unter- 
richt drei  Jahre  in  der  landwirtschaftlichen  Praxis  tätig  war  und  an 
den  landwirtschaftlichen  Hochschulen  Hohenheim  und  Berlin  studierte. 
1913 — 1918  wirkte  der  Genannte  an  dem  landwirtschaftlichen  Institut 
der  Universität  Halle  als  Assistent,  befasste  sich  daselbst  hauptsächlich 
mit  Botanik  und  Pflanzenzüchtung.  Er  promovierte  in  Halle:  Die  Be- 
deutung der  Zellgrösse  für  die  Pflanzenzüchtung,  anatomische  Unter- 
suchungen am  Weizenblatt  (s.  Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  Bd.  III, 
1915).  Lehrtätigkeit  übte  er  an  der  Landwirtschaftsschule  in  Hildes- 
heim und  als  Landwirtschaftslehrer  in  Schwiebus  aus. 

Der  Saatzuchtleiter  und  Prokurist  der  Firma  Zuckerfabrik  Klein- 
Wanzleben,  vorm.  Rabbethge  &  Giesecke  Dr.  Wilhelm 
R  a  a  t  z  verschied  am  4.  Mai  1918  nach  längerem  Leiden,  kurz  vor  Ab- 
lauf eines  25  jährigen  Tätigkeitsabschnittes  an  der  Abteilung  für  Rüben- 
züchtung der  genannten  Firma.  R  a  a  t  z  wurde  am  13.  Februar  1864 
in  Kloster  Chorin  in  der  Mark  Brandenburg  als  Sohn  eines  Forst- 
beamten geboren,  studierte  nach  Abschluss  seiner  Gymnasialbildung 
in  Berlin,  wo  er  auf  Grund  einer  Arbeit  ,,Thyllenbildung  in  den 
Tracheiden  der  Koniferenhölzer"  promovierte  („Pringsheims  Jahrb.  f. 
wissensch.  Botanik"  Bd.  XXIII,  Heft  4,  weitere  Ausführungen  über 
diesen  Gegenstand  in  „Berichte  der  deutschen  botanischen  Gesellschaft" 
1892,    X,    Heft  3).      Die    botanische    Forschertätigkeit    wurde    dann, 

Zeitschrift  für  Pflanzenzücbtung.    Bd.  VII,  g 


82 


Kleine  Mitteilungen. 


während  seines  Wirkens  als  Assistent  an  den  botanischen  Instituten  in 
Berhn  bei  Schwendener,  Münster  bei  B  r  e  f  e  1  d  und  Heidelberg  bei 
P  fitz  er,  beibehalten.  Am  1.  April  1894  erhielt  Raatz  einen  Ruf 
als  Botaniker  an  die  „Abteilung  für  Rübenzucht"  der  Aktien-Gesell- 
schaft Zuckerfabrik  Klein-W anziehen,  deren  Leitung  er  bis  zu  seinem 
Hinscheiden  innehatte.  Raatz  hat  sich  besondere  Verdienste  um  die 
Klein-Wanzlebener    Zuckerrübenzucht    sowohl,    als    um    die    gesamte 


Wilhelm  Kaatz. 

r 

Zuckerindustrie  dadurch  erworben,  dass  er  exakte  Prüfungsmethoden 
nach  gründhchen  Vorstudien  einführte  und  zur  gesamten  wissenschaft- 
lichen Durchbildung  der  Züchtung  der  Rübe  mit  vorbildlichem  Eifer 
beitrug.  Bei  Schaffung  der  Abteilung  für  Zuckerrübensamenzucht  der 
„Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht"  wurde  er  als 
stellvertretender  Vorsitzender  gewählt,  fehlte  bei  keiner  der  Wander- 
versammlungen der  Gesellschaft  und  beteiligte  sich  oft  an  den  Wechsel- 
reden. Sein  allzufrühes  Hinscheiden  ist  ein  schwerer  Verlust  für  die 
Firma  und  die  Rübenzüchtung. 


Das  nächste  Heft  erscheint  im  Herbst  1919. 


Druck  von  Fr.  Stollberg,  Merseburg. 


I 


Trieure 

Unkrautsamen- 


^^^^^  Ausleser, 
Mischfrucht  -  Scheider, 

Getreide-Sortierer, 
Lagerhaus-Einrichtungen 

Reinigungs-Anlagen 

für  Saatzuchtanstalten. 


Kalker  Trieurfabrik  und  Fabrik  gelochter  Bleche 

mayer  Si  €ie.  in  Pn-Kalb. 

Zweigfabriken  in 

Dresden-Neustadt  und  Augsburg-Pfersee. 

[1] 


Verlag  von  Paul  Parey  in  Berlin  SW.  11,  Hedemannstrasse  10  u.  11. 

Handbuch  der 

landwirtschaftl.  Pflanzenzüchtung, 

Von 

Dr.  C.  Fruwirth, 

a.  o.  Professor  an  der  k.  k.  teclmisrben  Hochschule  Wien. 


Erster   B.and: 

Allgemeine  Zöchtungslehre  der  landw.  Kulturpflanzen. 

Fünfte,  neubearbeitete  Auflage. 

Im  Druck. 

Zweiter  Band: 


Die  Züchtung  von  Mais,  Futterrübe  und  anderen  Rüben, 
Ölpflanzen  und  Gräsern. 

Dritte,  umgearbeitete  Auflage. 

Mit  50  Textabbildungen.     Gebunden,  Preis  16  M. 

Dritter   Band: 


Die  Züchtung  von  Kartoffel,  Erdbirne,  Lein,   Hanf,  Tabak,   Hopfen, 
Buchweizen,  Hülsenfrüchten  und  kleeartigen  Futterpflanzen. 

Dritte,  neubearbeitete  Auflage. 
Mit  45  Textabbildungen.     Gebunden,  Preis  19  M. 

Vierter   Band: 


Die  Züchtung  der  vier  Hauptgetreidearten  und  der  Zuckerrübe. 

Von  Professor  Dr.  C.  Fruwirth,  Professor  Dr.  E.  von  Tschermak  und  Dr.  Th.  Roemer. 

Dritte,  neubearbeitete  Auflage. 
Mit  42  Textabbildungen.     Gebunden,  Preis  30  M. 

Füniter  Band: 

Die  Züchtung  kolonialer  Gewächse:    Zuckerrohr,    Reis,   Hirsearten, 

Kaffee,   Kakao,   Citrusarten,   Baumwolle  und  andere  Faserpflanzen, 

Batate,  Maniok,  Erdnuss,  Ölpalme,  Olive  und  Sesam. 

Bearbeitet  von  W.  Busse,  Berlin;  J.  S.  Gramer,  Paramaribo;  Dr.  C.  Fruwirth,  Wien; 
A.  Howard,  Pusa;  Dr.  F.  W.  T.  Hunger,  Amsterdam;  H.  M.  Leake,  Nawabganj; 
J.  E.  van  der  Stok,  Pasoeroean;  Dr.  Trabut,  Algier;  Dr.  H.  J.  Webber,  IthacaN.-Y.; 

E.  de  Wildeman,  Brüssel. 

Mit  32  Textabbildungen.     Gebunden,  Preis  11  M. 
Zu  beziehen  durch  jede  Buchhandlung. 

Druck  von  i''r.  Stollberg,  Merseburg. 


Band  VII,  Heft  2.  Dezember  1919. 


Zeitschrift 


für 


Pflanzenzüchtung. 

Zugleich  Organ 
der  Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht, 

der 

Österreichischen  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung 

und  des 

Bayerischen  Saatzuchtvereins. 


Unter  Mitwirkung 


von 


L  Kiessling,     H.  Nilsson-Ehle,     K.  v.  Rümker,    E.  v.  Tschermak, 

Weihenstephan  Land  Berlin  Wien 

herausgegeben 
von 

C.  Fruwirth, 

Wien. 


Mit  8  Textabbildungen. 


BERLIN 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey 

Vorlag  fUr  LaodwirtBchaftj   Gartenbau  und  Forstwesen 

SW.  11,  Hedemannstraße  10  u.  11 
1919. 


Einzelpreis  12  M.  Abonnementspreis  10  M. 


Inhalt. 


I.  Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze.  g^^^^ 

Jeli'nek,  Dr.:  Nächste  Aiif^-aben  der  Pflanzenzüchtung  und  der  Sortenprüfung  •  83 

Becker,  J.:  Beiträge  zur  Züchtung  der  Kohlgewächse 91 

Mitscherlich,  Eilh.  Alfred:  Über  künstliche  VVunderährenbikluug.  (Mit  8  Text- 
abbildungen)        101 

III.  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

1.  Referate      ' 111 

2.  Bücherbesprechungen 144 

IV.  Vereinsnachrichten. 

Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung  („Z")  Wien 147 

V.  Kleine  Mitteilungen. 

a)  Wissenschaftliche: 

Ein  weiterer  Versuch  über  die  Vererbung  der  Samenfarbe  bei  Rotklee.    Von 
J.  Raum 149 

b)  Andere  Sachliche: 

Sjemenar  dionicarsko  drustvo 155 

c)  Persönliche 155 


Erscheinungsweise:  Die  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  erscheint 
in  zwanglosen  Heften,  deren  4  zu  einem  Bande  vereinigt  werden.  Die  Hefte 
sind  auch  einzeln  käuflich,  ihre  Preise  sind  entsprechend  ihrem  schwankenden 
Umfang  verschieden  und  sind  im  Abonnement  niedriger  als  bei  Einzelbezug.  Das 
Abonnement  verpflichtet  für  einen  Band. 

Abonnements  nimmt  jede  Sortimentsbuchhandlung  entgegen  sowie  die 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey,  Berlin  SW.  11,  Hedemannstrasse  10  u.  11. 
An  letztere  sind  auch  alle  Zuschriften  in  Anzeigenangelegenheiten  zu 
richten.  Preise  der  Anzeigen:  ganze  Seite  M.  50,  halbe  Seite  M.  30,  viertel 
Seite  M.  16.  Für  alle  das  grosse  Gebiet  der  Pflanzenzüchtung  angehende 
Anzeigen  dürfte  die  „Zeitschrift"  das  geeignetste  Organ  sein, 

Honorar  für  den  Bogen  Text:  48  M.,  Tabellen  24  M.  Von  jedem  Original- 
beitrag können  25  Sonderabdrücke  geliefert  werden,  wenn  dies  bei  Einsendung 
des  Manuskriptes  verlangt  wird. 

Redaktionelle  Zuschriften:  Prof.  Dr.  C.  Fruwirth,  Waldhof  b.  Amstetten 

(N.-Österr.). 
Sonstige  Zuschriften   (Bezug  u.  Anzeigen):   Paul  Parey,  Berlin  SW.  11, 

Hedemannstrasse  10  u.  11. 


Band  VII,  Heft  2.  Dezember  1919. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung. 


I. 

Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze. 


Nächste  Aufgaben  der  Pflanzenzüchtung  und  der 

.  Sortenprüfung/) 

Von 
Dr.  Jeliiiek, 

Professoi;  am  Polvtechnikum  Prag. 


Edler-)  hat  darauf  hingewiesen,  dass  bei  Sorten,  die  als  reine 
Linien  gezüchtet  waren,  grosse  Schwankungen  im  Ertrage  in  einzelnen 
Jahren  eintreten  können,  und  schlug  vor,  die  Veredlung  der  Landsorten  in 
der  Weise  durchzuführen,  dass  mehrere,  aus  einer  Landsorte  isolierte 
Linien  nach  ihrer  Erprobung  wieder  zusammengemischt  werden  sollen, 
da  eben  die  Sicherheit  im  regelmässigen  Ertrage  der  Landsorten  durch 
das  Gemisch  verschiedener  Linien  bedingt  ist.  Ähnlich  erblickt  auch 
Schindler^)  die  Sicherheit  im  regelmässigen  Ertrage  der  Landsorten 
in  der  Anwesenheit  einer  grösseren  Anzahl  der  Linien,  die  einander, 
bei  verschiedener  Witterimg  in  den  einzelnen  Jahren  in  der  Entwicklung 
vertreten.  Auf  Grund  dieser  Anschauungen  hat  Bach^)  Versuche  mit 
Gemischen  verschiedener  Sorten  gemacht.  Diese  Versuche,  die  zwar 
nicht  absolut  einwandfrei  sind,  haben  gezeigt,  dass  Sortengemische 
bedeutende  Erträge  geben  können.  Die  genannten  Autoren  setzen  vor- 
aus, dass  beim  Liniengemisch,  d.  i.  bei  einer  Population,  die  wechselnde 
Witterung  in  den  einzelnen  Jahren  auf  einem  bestimmten  Standorte 
der  Entwicklung  wenigstens  einer  Linie  günstig  ist,  unfl  diese  Linie 


1)  Nach   einem   Vortrage,    gehalten   vom   Autor   in    der   Generalversammlung   der 
österreichischen  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung  am  31.  Mai  1918. 

2)  Fühlings  landw.  Ztg.  63,  1914,  581. 

3)  Nachr.  d.  d.  Landwirtschaftsgesollschaft  f.  Österreich  1917,  Heft  5,  38,  und  D. 
Landw.  Presse  45,  1918.  155. 

4)  Fühlings  landw.  Ztg.  66,  1917,  372. 

Zeitsfhrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VIT.  7 


84  Jelinek: 

die  Höhe  des  Ertrages  bestimmt.  Ermöglicht  die  wechselnde  Witterung 
jedes  Jahr  die  volle  Entwicklung  wenigstens  einer  Linie  in  einer  Sorte, 
so  liefert  diese  Sorte  alljährlich  hohe  Erträge;  sie  ist  also  sicher  in 
regelmässig  höheren  Erträgen  und  scheint  auf  diesem  Standorte  von 
Wetterveränderungen  unabhängig  zu  sein,  was  analog  den  Futtermisch- 
lingen ist,  wo  einand^i  einzelne  Pflanzenarten  je  nach  der  Witte- 
rung vertreten. 

Scholz^)  und  der  Verfasser  -)  haben  hervorgehoben,  dass  von  der 
Intensität  resp.  Menge  der  Vegetationsfaktoren  nicht  nur  die  quanti- 
tative Entwicklung  einzelner  Arten  der  Kulturpflanzen,  sondern  auch 
einzelner  Sorten  einer  Art  abhängig  ist.  Die  Höhe  des  Ertrages  ist 
das  Resultat  der  individuellen  Reaktion  der  Sorte  auf  die  gegebenen 
Intensitäten  resp.  Mengen  der  Vegetationsfaktoren.  Nach  B  a  u  r  ^)  ist 
eben  die  Art  der  Reaktion  auf  äussere  Einflüsse  die  erbliche  Eigen- 
schaft, die  auf  die  Naclikommenschaft  übertragen  wird.  Ähnlich  äussern 
sich  auch  Römer^)  und  Molz.^)  Nach  Römer  ist  die  Grösse  der 
Änderungen  der  Nutzungseigenschaf  ten  bedingt  nicht  nur  durch  die  Ände- 
rungen der  Vegetationsfaktoren,  sondern  auch  durch  die  Fähigkeit  der 
Pflanze,  auf  diese  Änderungen  in  bestimmter  Weise  zu  reagieren.  Diese 
Verschiedenheiten  sind  wesentlich  bedingt  durch  genetische  Verschieden- 
heit einzelner  Linien. 

Aus  all  dem  hier  Angefüllten  ist  es  klar,  dass  messbare  Eigen- 
schaften nichts  beständiges,  unveränderliches  sind,  sondern  dass  der 
numerische  Wert  derselben  das  Resultat  der  individuellen  Reaktion  der 
Pflanze  auf  die  gegebenen  Intensitäten  der  Vegetationsfaktoren  ist. 
Einzelne  reine  Linien  können  auf  gleich  grosse  Änderungen  der 
Vegetationsfaktoren  mit  verschieden  grosser  Änderung  ihrer 
Eigenschaften  reagieren.  Diese  verschieden  grosse  Reaktivität  ist  eben 
ihre  individuelle  Eigenschaft.  Für  die  landwirtschaftliche  Praxis  haben 
natürlich  die  grösste  Bedeutung  die  Änderungen  der  Nutzungseigen- 
schaften, wie  Überwinterung,  Resistenz  gegen  die  Krankheiten,  Lager- 
festigkeit, Erntezeit  und  vor  allem  die  Höhe  der  Ernte  und  ihre  Qualität. 

Die  Abhängigkeit  des  Grades  der  Eigenschaften  von  der  Intensität 
der  Vegetationsfaktoren  lässt  sich  graphisch  darstellen.  Für  die  Ab- 
hängigkeit des  Ertrages  verschiedener  Roggen-,  Gersten-  und  Hafer- 
sorten von  der  Bodensorption  hat  Stempel'')  Korrelationskurven 
konstruiert. 


1)  Fühlings  landw.  Ztg.  60,  83. 

2)  ZemMelske  Zprävy  1911. 

3)  Einführung  in  die  experimentelle  Vererbungslehre.     Berlin  1911.  —  9. 
*)   Beiträge  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht  Heft  4.  1913. 

5)    Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchtung  V,  1917,  171. 
«)  Landw.  Jahrb.  1914.  367. 


Nächste  Aufgaben  der   Pflanzenzüchtung  und  der   Sortenprüfung.  85 

Die  Breite  der  Korrelationskurven  gibt  die  Grenzwerte  der 
Vegetationsfaktoren  an,  zwischen  welchen  die  Entwicklung  der  Sorte 
noch  möglich  ist.  Die  Stempel  sehen  Kurven  drücken  die  Abhängig- 
keit des  Ertrages  von  allen  Bodenfaktoren  aus,  die  durch  die  Boden- 
sorption bedingt  sind.  Es  sind  dies  Ausdrücke  für  die  kollektive 
Wirkung  aller  dieser  Faktoren. 

Die  gesetzmässige  Abhängigkeit  der  Entwicklung  der  Pflanze  von 
der  Intensität  der  einzelnen  Vegetationsfaktoren  ist  noch  nicht  in 
allen  Richtungen  durchforscht,  speziell  bei  Grössen,  die  das  Optimum 
überschreiten.  Die  neueren  Arbeiten  von  Mitscherlich^)  betr. 
Nährst  off  menge  und  von  Pfeiffer^)  betr.  Licht-  und  Wassermenge 
behandeln  Fälle,  wo  das  Optimum  noch  nicht  überschritten  zu  sein 
scheint. 

Die  nach  der  abgeleiteten  Gleichung  konstruierte  Kurve  scheint 
bei  höheren  Werten  der  unabhängig  Variablen  von  der  empirisch 
konstruierten  Kurve  abzuweichen,  da  diese  letztere  wieder  eine  ab- 
steigende Richtung  anzunehmen  scheint.  Ich  halte  es  für  sehr  wahr- 
scheinlich, dass,  falls  die  Versuche  für  alle  möglichen  Werte  der  Ver- 
änderlichen ausgeführt  wären,  die  resultierenden  Kurven  von  den 
Stempel  sehen  nicht  stark  abweichen  würden,  so  dass  die  von  den 
Stempel  sehen  Kurven  abgeleiteten  Deduktionen  verallgemeinert 
werden  könnten. 

Die  Grenzwerte,  die  durch  die  Breite  der  Korrelationskurve  be- 
stimmt sind  und  die  Grenzen  der  Existenzbedingungen  der  Sorte  bilden, 
nenne  ich  ,, Vegetationsgrenzen  der  Sorte  oder  Linie". 
Es  sind  dies  gewisse  Konstanten,  durch  die  die  Linie  mit  Rücksicht 
auf  das  Minimum  und  Maximum  ihrer  Vegetationsfaktoren  charak- 
terisiert wird.  Jene  niedrigsten  und  höchsten  Werte  der  Vegetations- 
faktoren, bei  welchen  die  Kultur  der  Sorte  oder  Linie  in  der  landwirt- 
schaftlichen Praxis  noch  rentabel  ist,  nenne  ich  „R  entabilität  s- 
grenzen  der  Sorte  oder  Lini e."  Diese  werden  durch  den  Wert 
des  Ertrages  und  seine  Produktionskosten,  d.  i.  durch  den  niedrigsten 
Ertrag,  dessen  Wert  noch  die  Produktionskosten  deckt,  bestimmt.  Weil 
diese  Werte  in  gewissen  Grenzen  variieren,  so  können  auch  die  Ren- 
tabilitätsgrenzen nicht  konstant  sein. 

Linien  mit  engen  Vegetationsgrenzen  werden  auch  enge  Ren- 
tabilitätsgrenzen haben.  Linien  mit  weiteren  Vegetationsgrenzen  können 
entweder  weitere  oder  engere  Rentabilitätsgrenzen  haben,  je  nachdem 
ihre  Korrelationskurve  auf  beiden  Enden  entweder  steil  oder  flach  steigt 


')  Landw.   Versuchs-Stationen   75,   231.     Landw.   Jahrbücher   38,    1909,   437;   42, 
1912.  701:  43,  1912,  649;  49,  1916,  335. 

'^)   Landw.  Versuchs-Stationen  76.  169. 

7* 


86  Jelinek: 

und  fällt.  Die  Grenzen  endlich,  zwischen  welchen  die  Vegetations- 
faktoren  eines  Standortes  variieren  bezüglich  des  Bodens  und  wechselnden 
Wetters  in  den  einzelnen  Jahren  nenne  ich  „V  e  g  e  t  a  t  i  o  n  s  g  r  e  n  z  e  n 
des  Standortes". 

Es  ist  >^lbstverständlich,  dass  Sorten  oder  Linien  mit  enger 
Korrelationskurve  nur  unter  engbegrenzten  Bedingungen  gedeihen 
werden;  jede  Überschreitung  dieser  Grenzen  wird  eine  Hemmung  der 
Entwicklung  zur  Folge  haben.  Diese  Sorten  reagieren  also  sehr  leicht 
auf  die  Änderungen  der  Wachstumsbedingungen,  und  man  bezeichnet 
sie  deshalb  als  „empfindliche"  Sorten.  Hingegen  Sorten  mit 
breiter  Korrelationskurve,  speziell  wo  die  Enden  derselben  steil  auf  und 
ab  steigen,  können  ziemlich  abweichende  Wachstumsbedingungen  noch 
ausnützen,  d.  i.  gedeihen  in  ziemlich  weiten  Grenzen  der  Werte  der 
Vegetationsfaktoren,  was-  den  Eindruck  macht,  als  ob  sich  diese  Sorten 
den  Änderungen  der  Vegetationsfaktoren  leicht  anpassen  könnten,  als 
ob  sie  „p  1  a  s  t  i  s  c  h"  wären. 

Bei  der  Wahl  der  Sorten  für  einen  bestimmten  Standort  ist  also 
mit  Rücksicht  auf  das  oben  Gesagte  darauf  zu  achten,  dass  die  Ren- 
tabilitätsgrenzen der  gewählten  Sorten  nicht  enger  sind  als  die  Vege- 
tationsgrenzen des  gegebenen  Standortes.  Die.  Empfindliclikeit  oder 
Plastizität  resp.  stärkere  oder  schwächere  Reaktivität  wird  verschieden 
zum  Vorschein  kommen,  je  nachdem  die  Vegetationsgrenzen  der  Sorte 
mit  den  Vegetationsgrenzen  des  Standortes  übereinstimmen.  Wenn  in 
einem  Gebiete  der  Boden  sehr  gleichmässig  ist  und  das  Wetter  in  den 
einzelnen  .Jahren  wenig  wechselt,  so  sind  die  Vegetationsgrenzen  eines 
solchen  Gebietes  sehr  eng,  und  es  könnten  hier  ziemlich  viele  empfind- 
liche Sorten  gedeihen,  ohne  dass  ihre  Empfindlichkeit  zum  Vorschein 
käme.  Mit  der  grösseren  Schwankung  der  Witterung  in  einzelnen 
Jahren  würden  sich  die  Vegetationsgrenzen  des  Gebietes  erweitern  und 
je  nach  den  Vegetationsgrenzen  der  Sorten  Avürden  sich  dann  mit  der 
steigenden  Schwankung  des  Wetters  weniger  und  weniger  Sorten  als 
„plastisch"  zeigen:  ihre  Empfindlichkeit  wird  da  mehr  und  mehr  her- 
vortreten. AVenn  sich  zu  den  Schwankungen  des  Wetters  in  den  ein- 
zelnen Jahren  noch  die  Bodenverschiedenheiten  des  Gebietes  gesellen, 
so  werden  die  Vegetationsgrenzen  des  Gebietes  so  weit,  dass  es  fraglich 
wird,  ob  es  überhaupt  eine  Sorte  gibt,  die  so  weite  Vegetationsgrenzen 
besässe. 

Für  die  Zwecke  des  praktischen  Pflanzenbaues  können  aber  nicht 
die  ganzen  Vegetationsgrenzen  der  Sorte  in  Betracht  gezogen  werden: 
hier  sind  ihre  engeren  Rentabilitätsgrenzen  bestimmend.  Eine  genügende 
Plastizität  der  Sorte  ist  für  die  landwirtschaftliche  Praxis  sehr  wichtig. 
Eine  mit  Rücksicht  auf  die  Schwankungen  der  Witterung  „plastische" 
Sorte  gibt  regelmässig  hohe  Erträge,  trotz  der  Wetterschwankungen. 


Nächste  Aufgaben  der  Pflanzenzüchtung  und  der   Sortenprüfung.  87 

Wenn  eine  Sorte  noch  mit  Rücksicht  auf  die  Bodenverschiedenlieit 
teilweise  „plastisch"  ist,  so  sichert  sie  noch  regelmässige  gute  Er- 
träge auf  abweichenden  Böden.  Solche  Sorten  würden  sehr  wichtig 
für  landwirtschaftliche  Betriebe  sein,  wo  die  Wachstumsbedingungen 
sehr  verschieden  sind  und  wo  durch  sie  die  Sortenzahl  eines  Betriebes 
sehr  herabgedrückt  wäre. 

Ist  eine  Sorte  eine  Johannsensche  reine  Linie,  so  gilt  für  die 
Entwicklung  aller  Individuen  dieser  Sorte  dieselbe  Korrelationskurve; 
alle  Individuen  reagieren  auf  Änderungen  der  Intensitäten  der  Vege- 
tationsfaktoren mit  demselben  Grade.  Wenn  eine  solche  Sorte  in 
ungünstige  Wachstumsbedingungen  kommt,  so  werden  alle  Individuen 
der  Sorte  in  gleicher  Weise  getroffen,  alle  reagieren  auf  diese  un- 
günstigen Bedingungen  in  derselben  Weise,  alle  entwickeln  sich  schlecht 
und  der  Ertrag  der  Sorte  ist  unter  diesen  Bedingungen  gering.  Das 
kommt  immer  vor,  wenn  die  Rentabilitätsgrenzen  einer  Sorte  enger 
sind  als  die  Vegetationsgrenzen  jenes  Gebietes,  wo  die  Sorte  ge- 
baut wird. 

Ist  hingegen  eine  Sorte  *eine  Population,  die  aus  einer  grösseren 
Anzahl  einzelner  Linien  besteht,  deren  numerische  Werte  der  Ren- 
tabilitätsgrenzen nicht  übereinstimmen,  sondern  von  Linie  zu  Linie 
sich  aufsteigend  verschieben,  dann  wird  diese  Sorte  den  Eindruck 
machen,  als  ob  ihre  Plastizität  sehr  gross  wäre.  Denn  in  dem  Falle, 
w^o  die  Änderung  der  Wachstumsbedingungen  so  gross  ist,  dass  die 
Rentabilitätsgrenzen  der  ersten  Linie  überschritten  sind  und  diese  sich 
schon  schlecht  entwickelt,  kann  sich  die  zweite,  dritte  usw.  Linie  noch 
gut  entwickeln.  Es  vertreten  sich  hier  die  einzelnen  Linien  in  der  Ent- 
wicklung, je  nachdem  die  Werte  der  Vegetationsfaktoren  sich  in  deren 
Rentabilitätsgrenzen  befinden,  und  der  Ertrag  bleibt  noch  regelmässig 
hoch  bei  ziemlich  grossen  Schwankungen  der  Vegetationsfaktoren. 

Durch  diese  theoretischen  Erwägungen  sind,  glaube  ich,  die  An- 
sichten von  Edler  und  Schindler  völlig  begründet.  Diese  Be- 
trachtungen zeigen  klar,  dass  die  botanische  Reinheit,  soweit 
man  darunter  versteht,  dass  die  Sorte  von  einer  reinen  Linie  gebildet 
wird,  nicht  immer  vorteilhaft  ist.  Wenn  in  bestimmten  Gebieten  die 
Vegetationsfaktoren  nur  kleineren  Schwankungen  unterworfen  sind,  so 
dass  die  Vegetationsgrenzen  dieser  Gebiete  die  Rentabilitätsgrenzen 
guter  Linien  nicht  überschreiten,  so  werden  hier  Sorten,  die  aus  einer 
Linie  bestehen,  am  Platze  sein,  da  sie  hier  hohe  Erträge  liefern  werden. 
Wenn  aber  die  Vegetationsfaktoren  eines  Gebietes  grösseren  Schwan- 
kungen unterworfen  sind,  so  müssen  hier  Liniengemische  in  Anwendung 
kommen,  wenn  regelmässig  hohe  Erträge  erzielt  werden  sollten.  Es  muss 
danach  getrachtet  werden,  durch  Kombination  entsprechender  Linien 
eine  Population  zu  bilden,  deren  Rentabilitätsgrenzen  die  Vegetations- 


88  Jelinek: 

grenzen  des  gegebenen  Gebietes  überschreiten.  Aus  diesen  Gründen 
dürfen  die  Vorsehläge  von  Edler  und  Schindler  von  den  Pflanzen- 
züchtern picht  ausser  acht  gelassen  werden,  wenn  die  Leistungsfähigkeit 
der  Ne^'züchtungen  in  der  Zukunft  noch  weiter  gesteigert  werden  soll. 
Dass  dabei  die  Erhaltung  der  Sorten  in  ihrem  Urzustände  nach  BaurM 
und  V.  Tschermak^)  das  dringenste  Gebot  ist,  braucht  wohl  nicht 
begründet  zu  werden. 

Durch  das  Zerlegen  einer  bewährten  Landsorte  in  einzelne  Linien, 
ihre  Ausprobierung  in  einem  bestimmten  Gebiete  und  Mischung  der 
besten  zu  einer  neuen  Population,  die  ich  ,,individuell  gezüchtete 
Population"  nenne,  ist  die  einfachste  Form  der  Züchtung  einer  Land- 
sorte für  das  betreffende  Gebiet  gegeben.  Zur  Bildung  einer  künst- 
lichen Population  brauchen  aber  nicht  ausschliesslich  nur  Linien,  die 
aus  einer  Sorte  isoliert  wurden,  wie  Edler  vorgeschlagen  hat.  zu- 
sammen gemischt  werden.  Es  können  auch  Linien  verschiedenen  Ur- 
sprunges gemischt  werden,  wenn  nur  dadurch  die  gebildete  Population 
den  Bedürfnissen  der  landwirtschaftlichen  Praxis  völlig  entspricht.  Diese 
Arbeitsweise  erfordert  aber  die  Erfüllung  gewisser  Bedingungen,  ohne 
welche  sie  sehr  erschwert,  wenn  nicht  ganz  unmöglich  wäre. 

Um  aus  einer  Anzahl  Linien  für  bestimmte  Gebiete  künstliche 
Populationen  oder  individuell  gezüchtete  Populationen  bilden  zu  können, 
ist  es  erforderlich,  dass  einerseits  das  Verhalten  dieser  Linien  in  den 
betreffenden  Gebieten  unter  den  dort  wechselnden  Vegetationsbedingungen 
durch  mehrjährige  Versuche  festgestellt  ist  und  andererseits  auch  die 
Vegetationsgrenzen  dieser  Gebiete  bekannt  sind. 

Es  müssen  also  zuerst  die  Vegetationsgebiete  abgegrenzt  sein. 
Die  Abgrenzung  muss  auf  pedologisch-meteorologischer  Grundlage  ge- 
schehen. Es  würde  sich  am  besten  empfehlen,  die  Gebiete  in  der  Weise 
abzugrenzen,  dass  alle  benachbarten  Orte,  die  sich  durcli  nicht  grosse 
Verschiedenheit  der  Böden  und  der  meteorologischen  Verhältnisse  unter- 
scheiden, zu  einem  Gebiet  vereinigt  werden.  .Jedes  Gebiet  wäre  dann 
durch  die  Beschaffenlieit  der  Böden  und  durch  durchsclmittliche  Werte 
der  meteorologischen  Faktoren  sowie  ihrer  Schwankungen  in  den  ein- 
zelnen Vegetationsperioden  zu  charakterisieren.  Dadurch  wären  die- 
jenigen Faktoren  festgestellt,  die  die  Vegetationsgrenzen  bestimmen. 
Nachher  wäre  durch  mehrjährige  Sortenversuche  in  allen  Vegetations- 
gebieten das  Verhalten  der  einzelnen  Linien  in  diesen  Gebieten  festzu- 
stellen. Aus  denjenigen  Linien,  die  sich,  in  bestimmten  Gebieten  be- 
währt haben,  würden  dann  für  diese  Gebiete  die  künstlichen  Populationen 
zusammenzustellen  sein.     Der  hier  entworfene  Vorschlag  wird  vielleicht 


')  .Jahrbuch  der  Deutschen  Landw.-Ges.  29.  1914,  104. 
2)  Wiener  landw.  Ztg.  1915.  759. 


Nächste  Aufgaben  der   Pflanzenzüchtung  und  der   Sortenprüfung.  89 

als  zu  schwer  und  erst  in  weiterer  Zukunft  ausführbar  erscheinen,  da 
nur  die  Bestimmung  der  Vegetationsgebiete  eine  längere  Periode  er- 
fordern würde.  Dass  dies  nicht  in  kurzer  Zeit  verwirklicht  werden 
kann,  bin  ich  mir  bewusst,  glaube  aber,  dass  nur  auf  diese  Weise  die 
Leistungsfähigkeit  der  Sorten  wird  gänzlich  ausgenützt  werden  können. 
Ausserdem  haben  die  Vegetationsgebiete  noch  weitere  Bedeutung  für 
die  landwirtschaftliche  Praxis,  wovon  ich  weiter  unten  noch  Erwähnung 
machen  werde. 

Beim  Zusammenstellen  einer  künstlichen  Population  muss  der 
grösste  Nachdruck  auf  die  möglichst  vollkommenste  Ausgeglichenheit 
der  Nutzungseigenschaften  gelegt  werden,  speziell  auf  gleiche  Vege- 
tationszeit und  besonders  gleiche  Reifezeit  aller  zusammenzu- 
mischenden Linien.  Und  diese  Kenntnisse  können  nur  durch  eingehende 
vergleichende   Sortenversuche  in   einzelnen  Gebieten  errungen  werden. 

Wenn  es  sich  um  Zusammenstellen  einer  künstlichen  Population 
im  Gebiete  einer  Landsorte  oder  im  Bezirke  eines  Züchters  handelt, 
ist  hier  die  Arbeit  am  leichtesten,  da  die  Leistungsprüfung  der  Linien 
in  der  Umgebung  der  Züchtungsstätte  leicht  stattfinden  kann.  Sollen 
aber  künstliche  Populationen  für  andere,  vom  Gebiete  des  Zuchtortes 
abweichende  Gebiete  zusammengestellt  werden,  so  ist  das  nur  möglich 
auf  Grund  der  in  einzelnen  Vegetationsgebieten  durchgeführten  ver- 
gleichenden Sortenversuche. 

Die  von  Edler  vorgeschlagene  Züchtungsart  wird  bei  Fremd- 
befruchtern  schon  längere  Zeit  praktisch  betrieben,  so  bei  Roggen  z.  B. 
von  V.  L  0  c  h  0  w ,  P  a  m  m  e  r ,  bei  der  Zucker-  und  Futterrübe  von 
mehreren  Züchtern,  bei  Selbstbefruchtern,  soweit  es  mir  aus  der 
Literatur  bekannt  ist,  nur  beim  Weizen  voii  Kulisch.M 

Auf  die  Ausgeglichenheit  der  äusseren  Merkmale  wird  bei  einer 
gezüchteten  Sorte  ziemlich  grosses  Gewicht  gelegt.  Beim  Zusammen- 
stellen künstlicher  Populationen  aus  bewährten  Linien  wäre  das, 
glaube  ich,  nicht  nötig,  und  man  könnte  auch  Linien  mit  abweichenden 
äusseren  Merkmalen  zusammenmischen,  wenn  nur  der  Zweck  des 
Mischens,  d.  i.  das  Erhalten  einer  regelmässig  ertragssicheren,  in  ihren 
Nutzungseigenschaften  ausgeglichenen,  für  bestimmte  Gebiete  passenden 
Sorte  erreicht  ist. 

Es  wird  da  vielleicht  eingewendet,  dass  durch  Anerkennung  von 
Mischungen,  die  phänotypisch  nicht  ausgeglichen  sind,  dem  unreellen 
Handel  ermöglicht  wird,  verschiedene  Mischungen  ohne  Wert  als  be- 
stimmte Sorten  anzubieten.  Das  wäre  bei  unausgebildetem  Sorten- 
versuchswesen möglich.  Wenn  aber  der  hier  besprochenen  Züchtungs- 
form das  völlig  entwickelte  Sortenversuchswesen  als  eine  der  Haupt- 


1)  Jahrbuch  der  Deutschen  Landw.-Ges.  1913,  467. 


90        Jellnek:  Nächste  Aufgaben  der  Pllauzenzüclituug  und  der  Sortenprüfimg. 

bedinguiigen  vorangeht,  so  glaube  ich,  dass  dann  auch  bald  jede  schlechte 
Sos^e  als  solche  entdeckt  wäre. 

^  Die  Resultate  der  verschiedensten  Feldversuche  könnten  erst  auf 
Grund  der  Vegetationsgebiete  gehörig  ausgenützt  Averden,  so  die 
Resultate  der  Sorten-,  wie  Düngungs-  und  Kulturversuche,  wenn  sie 
tabellarisch  nach  den  einzelnen  Gebieten  zusammengestellt  wären. 
Ebenso  würden  sich  für  die  Anlage  der  Wiesen,  Weiden,  Obstanlagen  in 
den  einzelnen  Gebieten  genauere  Vorschriften  oder  Rezepte  aufstellen 
lassen,  und  der  Landwirt  würde  da  eine  grosse  Erleichterung  haben, 
da  er  durch  blosses  Nachschlagen  in  den  Tabellen  seines  Gebietes  alles 
das  finden  würde,  was  er  beim  rationellen  Pflanzenbau  in  seinem  Gebiete 
benötigt. 


Beiträge  zur  Züchtung  der  Kohlgewächse. 

Von 
J.  Becker,  Dilliugen  (Douau). 


Unter  Kohlgewächsen  sind  in  dem  Folgenden  die  Varietäten  der 
Art  Brassica  oleracea  L.  verstanden,  also  Brassica  oleracea  capitata 
(Weisskohl),  Brassica  oleracea  sabauda  (Wirsing),  Brassica  oleracea 
gemmifera  (Sprossenkohl),  Brassica  oleracea  gongyloides  (Kohlrabi), 
Brassica  oleracea  botrytis  (Blumenkohl)  und  Brassica  oleracea  acephala 
(Krauskohl).  Es  ist  kein  Zweifel,  dass  wir  während  der  Kriegsjahre  in 
bezug  auf  erstklassige  Gemüsesämereien  in  eine  gewisse  Hörigkeit 
gegenüber  dem  Auslande  gekommen  sind,  da  die  fast  sprichwörtlich 
gewordene  Güte  der  deutschen  Sämereien  heute  leider  sehr  viel  zu 
wünschen  übrig  lässt.  Es  haben  sich,  angelockt  durch  die  hohen  Preise, M 
Wirtschaften  gefunden,  die.  ohne  eine  blasse  Ahnung  von  Gemüse- 
samenzucht oder,  um  genauer  zu  sprechen,  überhaupt  von  Samenzucht 
zu  haben,  zum  Gemüsesamenbau  schritten.  Durch  verständnislosen 
Anbau  der  verschiedensten  Varietäten  neben-  und  durcheinander  ist  die 
Güte  des  gewonnenen  und  auf  den  Markt  geworfenen  Saatgutes  stark 
vermindert  worden.  Der  nicht  samenbauende  Gärtner  und  Kleingarten- 
besitzer, wie  auch  der  Feldgemüsebauer,  hat  deshalb  grosse  Verluste 
zu  buchen,  da  die  aus  solchen  Samen  hervorgegangenen  Pflanzen  oft 
zahlreiche,  manchmal  bis  zu  50  7o,  wertlose  Bestarde  liefern.  Es  wird! 
längere  Zeit  dauern,  bis  wir  die  Nachwirkungen  dieser  Begleiterscheinung; 
von  Krieg  und  Schleichhandel  von  unseren  Gartenbeeten  ganz  gebannt 
haben  werden.  Sehr  zu  wünschen  wäre  es,  wenn  man  auch  auf  diesem 
Gebiete  zur  Saatenanerkennung  käme  und  möglichst  strenge  Auslese 
halten  würde.  Abgesehen  von  der  notwendigen  Verbesserung  des  Saat- 
gutes ist  aber  auch  die  Hebung  der  eigenen  Produktion  sowohl  an 
Saatgut  selbst  als  auch  an  Frischgemüse  eine  nationale  Pflicht.  Wir 
müssen  erreichen,  dass  unser  ganzer  Eigenbedarf  durch  uns  selbst  ge- 
deckt und  dass  ausserdem  noch  erstklassige  Ware  zur  Ausfuhr  gebracht 
werden  kann.  Die  Verbesserung  der  Qualität  kommt  ausserdem  auch 
für  die  Volksernährung  in  Betracht,  denn,  wie  schon  erwähnt,  liefert  von 
dem  heutigen  Saatgut  ein  nicht  geringer  Teil  Sorten-  und  wertlose 
Bastarde,  die  für  die  menschliche  Ernährung  in  Wegfall  kommen.     Es 

^)  1  ko-  Weisskrautsamen  kostete  1913  12—14  M.,    1917   aber  im  Schleichhandel 
2000  M. 


92  Becker: 

jp.t  also  mehr  als  ein  Grund  vorhanden,  danach  zu  streben,  die  alte  Güte 
äi'^der  deutschen  Gemüsesämereien  durch  züchterische  Arbeit  wieder  neu 
erstehen  zu  lassen. 

Bei  der  Züchtung  der  Kohlgewächse  schlage  ich  folgenden  Weg  ein. 
Im  ersten  Jahre  werden  aus  einem  grösseren,  guten,  sortenreinen  Ge- 
müsebestande drei  bis  vier  sich  völlig  gleichende  und  dem  Zuchtziel  voll- 
kommen entsprechende  Pflanzen  ausgewählt  und  sorgfältig  überwintert. 
Die  Vierzahl  bezeiclinet  das  Höchstmaß,  da  sich  sonst  bei  gegenseitiger 
Befruchtung  in  der  Naclikommenschaft  zu  viele  Kombinationen  ergeben 
dürften.  Im  Frühling  des  zweiten  Jahres  werden  die  vier  Pflanzen  unter 
entsprechenden  Isolierungsmassnahmen  gegen  ungewollte  Fremd- 
befruchtung als  sog.  ,, Befruchtungsgruppe"  zusammen  ausgesetzt  und 
zur  gegenseitigen  Befruchtung  gebracht.  Die  Ernte  erfolgt  für  jede 
Mutterpflanze  sowie  für  jede  Schote  getrennt,  und  zwar  derartig,  dass 
die  fast  Vollreifen  Pflanzen  abgeschnitten  und  zu  einem  allenfalls 
nötigen  Nachreifen  in  einen  gedeckten  Raum  gebracht  werden,  wo  dann 
die  50  besten  Schoten  abgenommen  und  jede  für  sich  in  einer  eigenen, 
genau  bezeichneten  Tüte  aufbewahrt  werden.  Alle  übrigen  Schoten 
kommen  als  Sekunda  in  eine  Sammeltüte.  Die  Bezeichnung  der 
Pflanzen  und  Schoten  erfolgt  nach  folgendem  Schema:  Ein  grosser 
lateinischer  Buchstabe  bezeichnet  die  Sorte,  z.  B.  H  =  Holländer  Kraut. 
■  ein  kleiner  lateinischer  Buchstabe  benennt  die  Pflanze,  also  a,  b,  c  und 
d.  und  endlich  eine  arabische  Ziffer  die  Schote.  Eine  ganze  Bezeichnung 
lautet  demnach  z.  B.:  Ha 26.  Die  schotenweise  Ernte  und  damit  auch 
der  schotenweise  Anbau  der  Saaten  erscheint  auf  den  ersten  Blick  wohl 
umständlich  und  zeitraubend,  vielleicht  auch  unzweckmässig.  Zur  Be- 
gründung sei  folgendes  angeführt:  Die  Seitensprosse,  Blätter  und  Blüten 
zweigen  bei  ihrer  Anlage  vom  Meristem  der  Hauptachse  ab.  Bis  zur 
endgültigen  Abzweigung  und  Ausbildung  der  Geschlechtszellen  in  der 
Blüte  vergehen  also  zwischen  den  untersten  und  den  obersten  Blüten  ein 
und  desselben  Sprosses  ungezählte  Zellteilungen.  Diese  sind  zwar  in 
der  Regel  nur  einfache  Halbierungen  von  Kern  und  Zelle,  es  findet  keine 
Reduktionsteilung  und  damit  kein  Verlust  von  Merkmalsanlagen  statt. 
Das  ist  die  Regel.  Dennoch  sind  als  Knospenvariationen  ganz  sinn- 
fältige  Abweichungen  einzelner  Seitensprosse  vom  Typus  des  Haupt- 
sprosses bekannt.  Sogar  Verlust  lebenswichtiger  Anlagen  (Chlorophyll- 
bildung) kann  eintreten.  Es  besteht  die  Möglichkeit  der  Annahme,  dies 
auf  der  Regel  zuwiderlaufende  Vorgänge  bei  den  Zellkernteilungen 
zu  erklären.  Auch  das  Auftreten  einzelner  gefüllter  oder  sonstwie  nicht 
normaler  Blüten  ist  hierher  zu  rechnen  und  bei  Kohlarten,  namentlich 
Miit  gleichzeitiger  Verdoppelung  des  Fruchtknotens,  nicht  selten.  Schon 
nach  dem  Angeführten  können  sich  also  die  Insassen  einer  Schote  näher 
stehen  als  wie  die  zweier  entfernt  stehender,  sie  bilden  demnach  für  sich 


Beiträge  zur  Züchtung  der  Kohlgewächse. 


93 


zusammen  eine  Gruppe.  Diese  Gruppe  muss  dann  ferner  als  eine  natür- 
liche bezeichnet  werden,  da  alle  Samenkörner  einer  Schote  ein  und  dem- 
selben Fruchtknoten  entstammen.  Die  Nachkommen  einer  Schote 
werden  in  den  allermeisten  Fällen  auch  denselben  Vater  haben,  was 
man  von  den  sehr  verschieden  zeitlich  aufblühenden  Blüten  desselben 
Kohlgewächses  sonst  sicherlich  nicht  behaupten  kami,  sie  werden  dem- 
nach unter  sich  auch  gleichartiger  sein  als  die  Naclikommen  ver- 
schiedener Schoten  in  Mischung.  Sogar  gesetzt  den  Fall,  dass  Pollen 
verschiedener  Vaterpflanzen  gleichzeitig  auf  eine  Narbe  kämen,  dürften 
dennoch  die  Pollenkörner  der  kräftigeren  Pflanze  schneller  keimen  und 
wachsen  und  zur  Befruchtung  kommen  als  wie  die  Pollenkörner  einer 
schlechteren  Pflanze.  Bei  dem  schotenweisen  Anbau  ist  dann  endlich 
auch  die  Vegetationsbeobachtung  erleichtert  und  damit  die  Erkennung 
imd  Ausmerzung  von  Bastarden  und  anderen  schlechten  Formen. 
da  ein  Bestand  von  mehreren  Hundert  Gewächsen  durch  diese  Anbau- 
methode in  kleinere,  leicht  zu  überblickende  Gruppen  geteilt  wird. 

Die  Aussaat  der  Elitesamen  erfolgt  zur  Zeit  des  ausgehenden 
Frühlings  und  des  beginnenden  Sommers.  Die  näheren  Daten  mag  die 
folgende  Tabelle  liefern. 

Saat-  und  Pflanztabelle  für  Elitekohlsamen. 


Varietät 


Saat 


Mist- 
beet 


Saatbeet 


Auspflanzung 

ins 

Freiland 


Ent- 
fernung 

als 
Gemüse 


Ent- 
fernung 
als  Samen- 
träger (in 
der  Reihe) 


Weisskohl  . 
Wirsing  .  . 
Kohlrabi  .     . 

Sprossenkohl 
Blumenkohl . 
Krauskohl    . 


1.  V. 

1.  V. 

15    VI. 

(Goliath  30.  V.) 

15.  IV. -15.  V. 

IX.  — 

—      15.V1I.-15.VII1. 


15.  VI.— 1.  VII. 

15,  VI— 1.  VII. 

1.— 15.  VIII. 

15.  VI.-l.  VII. 
30.  III. -15.  IV. 
l.VII.-lö.VIlI 


60- 

-80 

cm 

40- 

-HO 

., 

40 

V 

fiO 

50- 

-60 

V 

30- 

-40 

V 

50—60  cm 
30—40  .. 
30-40  .. 

50—60  .. 

50-60  ,. 

30  -40  .. 

Entfernung  der 

Reihen  überall  bis 

zu  1  m. 


Jede  Schotensaat  wird  für  sich  getrennt  in  Filtrierpapier  oder 
auch  in  Petrischalen  vorgekeimt  und  dann  mit  einer  feinen  Pinzette 
vorsichtig  in  mit  Komposterde  gefüllte  .und  genau  bezeichnete  Papp- 
töpfchen  von  5  cm  Durchmesser  einzeln  und  kornweise  ausgelegt.  Die 
Töpfchen  kommen  in  kalte  Mistbeete,  und  zwar  hat  ein  solches  bei  einer 
Breite  von  1,5  m  und  einer  Länge  von  12  m  ein  Fassungsvermögen  für 
7200  Stück.  Da  auf  eine  Schote  im  grossen  Durchschnitt  20  Körner 
zu  rechnen  sind,  so  beanspruchen  die  Nachkommen  einer  Primapflanze, 
wenn  25  Schoten  angebaut  und  25  in  Reserve  gehalten  werden, 
500  Töpfchen.     Ein  Beet  genügt  also  für  rund  14  Nachkommenschaften 


94  Becker: 

von  ganzen  Pflanzen  und,  da  keine  Sorte  mehr  als  4  Stämme  haben  soll, 
also  für  drei  bis  vier  Sorten  oder  auch  Varietäten.  Bei  dieser  Arbeits- 
weise wachsen  sämtliche  Sämlinge  genau  unter  denselben  Verhältnissen 
heran,  jeder  hat  denselben  Standraum,  dieselbe  Menge  Erde,  Düngung, 
•Feuchtigkeit.  Luft-  und  Licht.  Der  Kampf  ums  Dasein  in  dem 
gewöhnlich  dichtangesäten  gebräuchlichen  Saatbeet  mit  seiner  Pro- 
tektionswirtschaft durch  zufällig  entstandene  Lücken  usw.  entfällt.  Es 
wird  ermöglicht,  mehr  Sorten  und  kleinere  Gruppen  in  einem  Saatbeet 
unterzubringen,  ohne  Vermengungen  befürchten  zu  müssen.  Ver- 
unreinigungen der  Zuchtsaaten  durch  nachgekeimte,  allenfalls  in  der 
Saatbeeterde  enthalten  gewesene  Samenkörner  derselben  Pflanzenart 
sind  ausgeschlossen.  Sehr  wichtig  ist  auch,  dass  das  Aussetzen  der 
Sämlinge  ins  Freiland  fast  schmerzlos  vor  sich  geht,  und  dass  es.  was 
sehr  schätzbar  ist,  vom  Wetter  ganz  unabhängig  bleibt,  da  an  den 
jungen  Pflänzchen  grössere  W^urzelballen  verbleiben  und  damit  die 
feinen  Wurzeln  nicht  derartig  verletzt  werden,  wie  es  sonst  bei  dem 
gewöhnlichen  Ausraufen  geschieht.  Die  Papptöpfchen  können  mehr- 
mals benützt  werden  und  werden  deshalb  nicht  mit  ins  Feld  aus- 
gepflanzt. Beim  Aussetzen  ins  Freiland  werden  die  Pflanzen  zum 
ersten  Male  selektiert  und  alles  Ungeeignete  entfernt.  Wichtig  zu 
wissen  ist  auch,  dass  das  Verpflanzen  bei  den  Kopfkohlvarietäten  zur 
Ausbildung  der  Köpfe  notAvendig  ist.  Ein  Aussäen  oder  Dibbeln  an 
Ort  und  Stelle  wäre  also  zweckwidrig,  da  eigene  Versuche  des  laufenden 
•Jahres  zeigten,  dass  bei  Weisskraut  wie  auch  bei  Wirsing  die  Kopf- 
bildung bei  nicht  umgesetzten  Pflanzen  zum  grössten  Teil  unterblieb 
oder  ganz  ungenügend  war.  Bei  Kohlrabi  kommt  es  jedoch  zur  nor- 
malen Knollenbildung,  die  sich  überhaupt  als  sehr  fest  erblich  festgelegt 
erweist,  was  namentlich  auch  bei  künstlichen  und  wilden  Bastar- 
dierungen zum  Ausdruck  kommt. 

Während  des  Wachstums  wird  durch  eine  genaue  Vegetations- 
beobachtung der  Wert  der  einzelnen  Zuchten  festgestellt.  Unterstützt 
wird  dies  durch  weitere  Untersuchungen  an  verkaufsfähigen  Pflanzen. 
Im  allgemeinen  gelten  zur  Wertbestimmung  die  folgenden  Richtlinien. 
Es  wird  genau  buchmässig  festgelegt  und  untersucht:  Keimfähigkeit 
der  Saat,  Saat  (Mistbeet,  Saatmenge,  Aufgang),  Pikieren,  Verpflanzung 
(Schlagnummer,  Düngung,  Bodenbearbeitung,  Wetter.  Regenliöhe  14*^ 
vor  und  nach  der  Pflanzung),  Vegetationsbeobachtungen  (Blattform  und 
Farbe,  Entwicklung,  Lieferung  der  ersten  marktfähigen  Ware,  Be- 
schädigungen und  Krankheiten).  Erti-ag  auf  1  ha.  Gewicht  und  Be- 
schaffenheit der  einzelnen  Verkaufspflanze,  Abfall  am  Feld,  Abfall  in 
der  Küche,  Kochrprobe,  Haltbarkeit  und  Überwinterung. 

Ende  September  bis  in  den  Oktober  hinein  ist  die  Ernte  des  Ge- 
müses.    Hier   beginnt   für   den    Samenzüchter    die   Hauptarbeit.     Die 


Beiträge  zur  Züchtung  der  Kohlgewächse.  95 

besten  Pflanzen  wurden  zwar  während  des  Wachstums  schon  durch 
Stäbe  bezeichnet,  doch  muss  immerhin  jetzt  der  ganze  Bestand  noch- 
mals sorgfältig  durchselektiert  werden.  Die  zehn  besten  Pflanzen 
kommen,  getrennt  von  den  übrigen,  die  die  Sekunda  bilden,  zur  Auf- 
bewahrung in  trockene  und  luftige  Keller.  Die  Sekunda  wird  in  Mieten 
oder  unmittelbar  aus  dem  Felde,  d.  h.  leicht  mit  Erde  überdeckt  (Häufel- 
pflug) überwintert. 

Im  Frühling  werden  von  den  zehn  Primapflanzen  vier  ausgewählt 
und  kommen  zu  gegenseitiger  Befruchtung  in  Isolierung;  die  sechs 
übrigen,  die  nur  als  Reserve  für  allenfallsige  Verluste  dienten,  werden 
der  Sekunda  eingefügt. 

Die  Auspflanzung  der  Sekunda-Samenträger,  die  also  Auslese- 
saatgut zur  Vervielfältigung  liefern  sollen,  erfolgt  nach  dem  Pfluge 
oder  mit  dem  Spaten.  Die  Reihen  sind  mit  der  herrschenden  Wind-, 
richtung  zu  legen  und  müssen. so  weit  sein,  dass  man  zwischen  ihnen  zur 
Vornalime  von  Arbeiten  gehen  kann,  ohne  ZAveige  zu  knicken.  Frauen 
mit  Röcken  sind  zu  Pflegearbeiten  (Aufbinden.  Hacken,  Anhäufeln. 
Insektenbekämpfung)  in  Kohlsamenfeldern  nicht  zu  empfelilen.  Jede 
Pflanze  muss  zum  Schutz  gegen  Windbruch  an  Stäben  oder  an.  den 
Reihen  entlang  gezogenen.  Drähten  aufgebunden  werden.  Da  Bastar- 
dierungen zwischen  den  einzelnen  Sorten  und  Varietäten  sehr  leicht  ein- 
treten, dürfen  die  einzelnen  Bestände  einander  nicht  näher  als  400  m 
liegen.  Windrichtung  und  namentlich  die  Hauptanflugrichtung  der 
Bienen  sind  bei  der  Auswahl  der  Samenträgerbeete  genau  zu  berück- 
sichtigen. Die  Bienen  dürfen  also  nicht  über  ein  blühendes  Kohlrabi- 
feld zu  einem  wenn  auch  500  m  entfernten  Kohlfeld  fliegen.  Zweck- 
mässig ist  es,  an  grösseren  Feldern  tragbare  Bienenkästen  mit  je  einem 
Volk  aufzustellen.  Besondere  Sorgfalt  muss  auch  darauf  verwendet 
werden,  dass  nicht  alte  abgeschnittenen  Kohlstrünke  mit  Kompost, 
Dünger  oder  sonstwie  auf  den  mit  Samenträgern  bestellten  oder  einen 
benachbarten  Acker  kommen,  da  sie  leicht  zum  Austreiben  und  Blühen 
gelangen  und  somit  zu  Bastardierungen  führen  können.  Es  wäre  des- 
halb zu  empfehlen,  im  Herbste  durch  Schweine  die  abgeernteten  Kohl- 
felder abweiden  zu  lassen.  Zur  Vertilgung  der  Puppen  von  Kohleulen 
und  ähnlichen  Schädlingen  erweisen  sich  Hühner-  und  Putenvölker,  be- 
sonders hinter  dem  Pflug,  als  sehr  geeignet. 

Als  Düngung  gibt  man  pro  Hektar  im  Februar  des  ersten  Gemüse- 
jahres 16  Ztr.  Kainit.  Im  April  pflügt  man  eine  gute  Gabe  kurzen 
verrotteten  Stallmist  unter,  dem  während  der  Vegetation  eine  Kopf- 
düngung von  6  Ztr.  schwefelsaurem  Ammoniak  zwischen  die  Reihen 
folgt.  Die  Bodenbearbeitung  geschieht  durch  Herbstpflugfurche,  durch 
zweimaliges  Überfahren  mit  Kultivator  und  Egge  im  Frühling,  durch 
dreimaliges  Hacken  der  Pflanzen  während  des  Wachstums  und  endlich 
durch  Anhäufeln.     Im   Samenjahr  gibt  man  eine   Zusatzdüngung  von 


96  Becker: 

Phosphorsäure  mit  etwas  Sticksoff,  je  nach  Bedarf.  Haben  die  Pflanzen 
an  Ort  und  Stelle  überwintert,  dann  wird  nur  mehrmals  gehackt  und  an- 
gehäufelt, werden  sie  jedoch  erst  ausgesetzt,  dann  muss  eine  Pflug- 
furche gefahren  werden. 

Die  Zahl  der  Naclikommen  einer  Pflanze  schwankt  bei  den  Kohl- 
gewächsen je  nach  Varietät  und  Sorte  von  2000  bis  15  000,  ja  36  000 
und  mehr.  Von  diesen  im  Mittel  15  000  Samen  kommen  mit  den  50 
besten  Schoten  rund  1000  zur  Elite  und  von  diesen  nur  500  zum  Anbau, 
da  die  zweiten  500  als  Reserve  aufbewahrt  bleiben.  Die  restlichen 
14  000  gehen  als  Auslesesaatgut  zum  Anbau  und  vereinigen  sich  im 
Herbste  mit  den  Samen  der  noch  rund  400 — 450  umfassenden  Pflanzen, 
die  nach  Auslese  der  neuen  Elite  aus  der  alten  Elite  bleiben,  da  ja  nur 
4  Samenträger  zur  Weiterzucht  als  Elite  kommen.  Es  ist  also  bei  Kohl 
eine  sehr  rasche  Vervielfältigungsmögliclikeit  von  Zuchtsaat  gegeben, 
so  dass  die  Tätigkeit  eines  Züchters  sich  auch  bald  von  finanziellem 
Erfolg  gekrönt  sieht. 

Die  Ernte  der  Vervielfältigungsfelder  beginnt,  sobald  die  Schoten 
einzutrocknen  beginnen,  und  zwar  werden  bei  ungleicher  Reife  die  reifen 
Pflanzen  nach  und  nach  eingeerntet,  in  Bündel  gebunden,  an  luftigen 
Orten  nachgetrocknet  und  am  besten  mit  dem  Flegel  auf  grossen 
Tüchern  gedroschen.  Der  Ertrag  an  Samen  schwankt  und  ist  von  Wind 
und  Wetter,  Krankheiten  und  Beschädigungen  sehr  abhängig.  Als 
Grenzwerte  können  für  ein  Hektar  50 — 500  kg  angenommen  werden,  ein 
Ertrag,  der  zum  Anbau  mit  Grüngemüse  für  100 — 1000  ha  genügt. 

Die  Gewinnung  von  Samen  kann  bei  Kohl  auf  dreierlei  Arten  be- 
werkstelligt werden: 

1.  durch  Auspflanzung  von  gut  ausgebildeten  Köpfen; 

2.  durch  Auspflanzung  abgeschnittener  Strünke; 

3.  durch  sehr  spätes  Aussetzen  von  jungen  Pflanzen  im  Herbste. 
Der  Kohl  überwintert  dabei  im  Freien  und  geht  im  Frühling,  ohne 
Köpfe  gebildet  zu  haben,  in  Blüte.  In  rauheren  Gegenden  werden 
die  Pflanzen  in  Mieten  überwintert  und  im  Frühjahre  wieder  ins 
Freiland  gebracht. 

Die  in  Holland  übliche  Arbeitsweise,  abgeschnittene  Kohlköpfe 
auszupflanzen,  kann  bei  uns  ausser  acht  gelassen  werden. 

Vom  Standpunkt  des  Pflanzenzüchters  aus  muss  darauf  hin- 
gearbeitet werden,  dass  mehr  und  mehr  die  Samengewinnung  von  Kohl- 
samen aus  gut  ausgewachsenen  Köpfen  Platz  greift.  Nur  diese  Arbeits- 
weise erlaubt  es,  die  Zuchtpflanzen  genau  zu  beobachten  und  kräftigste 
Stammpflanzen  zu  erhalten.  Die  Verwendung  abgeschnittener  Strünke 
gibt  ja  auch  Gewähr  dafür,  dass  nur  von  guten  Mutterpflanzen  Samen 
genommen  wird,  doch  haben  vorliegende  Untersuchungen  den  grossen 
Minderertrag  dieser  Gewinnungsweise  ergeben.     Ganz  zu  verwerfen  und 


Beiträge  zur  Züchtung  der  Kohlgewächse. 


97 


pflanzenzüchterisch  unreell  ist  die  Samengewinnung  von  Stecklingen. 
Die  Pflanzen  bilden  hierbei  keine  Köpfe,  sondern  sofort  Blütentriebe. 
Der  Käufer  hat  also  keinerlei  Gewähr  dafür,  dass  der  erstandene  Samen 
überhaupt  die  Neigung  hat.  Köpfe  zu  bilden.  Er  muss  befürchten,  dass 
ein  (jrrossteil  der  aus  den  gekauften  Samen  entstandenen  Pflanzen  nur 
lose  Blätterbüschel  oder  gar  Blütentriebe  bildet,  wie  wir  es  leider  bei 
den  meisten  unserer  Handelssaaten  sehen.  Ein  richtiger  Gärtner  kauft 
deshalb  nur  ungern  und  nur  im  Notfall  Handelsware,  denn  es  darf  ihm 
und  somit  auch  dem  kohlbauenden  Landwirt  durchaus  nicht  gleichgültig 
sein,  ob  aus  100  ausgesetzten  Pflanzen  100  Kohlköpfe  oder  ob  nur  60 
gewonnen  werden,  während  die  übrigen  40  Pfanzen  knapp  zu  Viehfutter 
taugen.  Erschwerend  fällt  bei  der  Gewinnung  von  Samen  aus  Steck- 
lingen auch  noch  ins  Gewicht,  dass  bei  ihr  Sortenvermengungen  nur  sehr 
schwierig,  ja  oft  überhaupt  nicht  feststellbar  sind. 

Als  Versuchspflanze  diente  Kohl  (Wirsing),  Sorte:  Wiener 
Kapuziner. 

Bodenverhältnisse  und  Düngung  waren  vollständig  gleich. 

Der  Ertrag  wurde  durch  Zählung  der  völlig  ausgebildeten  und  aus- 
gereiften Schoten  zu  ermitteln  verbucht. 


1.  Samengewinnung  aus  ausgebildeten  Köpfen. 

Saat  und  Reifung  der  Köpfe  1918,  Überwinterung  in  Mieten,  Auspflanzung  und 
Samenbildune'  1919.     Samenreife  28.  VII.  1919. 


Pflanze 
Nr. 

Astznlil 

Blütchenzahl 

Unbefruchtete 
Blütchen 

Schoten 

'     1 

30 

2584 

787 

1797 

2 

40 

1844 

527 

1317 

3 

36 

1746 

461 

1285 

4 

35 

1861 

644 

1271 

5 

16 

2323 

1140 

1183 

6 

35 

2657 

1519 

113H 

7 

26 

1464 

479 

985 

8 

37 

1521 

561 

960 

9 

30 

1766 

823 

943 

10 

33 

1187 

372 

815 

11 

36 

1143 

395 

748 

12 

31 

1089 

368 

721 

13 

28 

1062 

357 

705 

14 

32 

1525 

824 

701 

lö 

28 

1662 

971 

691 

16 

34 

934 

264 

670 

17 

28 

820 

279 

541 

18 

27 

825 

314 

511 

19 

30 

1082 

592 

490 

20 

13 

484 

164 

320 

Durchschnitt :  | 


1471 


592 


887 


98 


B  e  c  k  0  ]• : 


2.  Samengewinnung  aus  Strünken. 

Saat,  Pflanzung   und  Ernte   der  Kohlköpfe  1918,   Überwinterung  der  Strünke   in   Erde 
eingeschlagen.  Auspflanzung   zu  Samen  Frühling   1919.     Samenreife   am  7.  VKl.  1919. 


Pflanze 
Xr. 

Astzahl 

Blütchenzahl 

Unbefruchtete 
Blütchen 

Schoten 

1 

21 

3232 

1728 

1504 

2 

10 

H472 

1758 

914 

3 

5 

1532 

819 

713 

4 

7 

1865 

1341 

524 

5 

4 

1775 

1268 

507 

6 

5 

1612 

1180 

432 

7 

1 

1916 

1490 

426 

8 

() 

1683 

1287 

396 

9 

2 

760 

544 

216 

10 

ö 

101 

49 

52 

11 

TG 

Iständig  vergrünt 

— 

12 

11                   )> 

— 

13 

»                   )) 

— 

-     14 

j>                   »I 

— 

15 

n                            •! 

— 

16 

H                                     Jl 

— 

17 

))                                     )) 

— 

18 

V                           ;» 

— 

19 

11                           11 

— 

2(1 

11                           11 

— 

Durchschnitt : 



857 

573 

2S4 

Bemerkungen:  Jn  der  Zahl  der  „unbefruchteten  Blütchen"  sind  auch  die 
zahlreichen,  zur  Zeit  der  Samenreife  an  den  Pflanzen  noch  vorhandenen  Blütenknospen 
und  Blüten  enthalten.  Der  Befall  durch  Blattläuse  und  durch  Kohlfliege  (Anthomyia 
brassicae  Bouch.)  war  sehr  stark  im  Gegensatz  zu  den  Kopf-  bzw.  Stecklingspflanzen 
des  übrigen  Versuches. 

(Siehe  vorerst  die  Tabelle  auf  S.  99.  dann  den  weiteren  Text.) 

Zusammengefasst  ergibt  sich  also  folgende  Übersicht  über  die  ge- 
wonnenen Durchsclmittszahlen : 


Gewinnung  von 

Samen- 
reife 

Blüten- 
zahl einer 
Pflanze 
im  Durch- 
schnitt 

Unbe- 
fruchtete 
Blüten 
einer 
Pflanze 
im  Durch- 
schnitt 

Schoten 

einer 
Pflanze 
im  Durch- 
schnitt 

Bemerkungen 

Köpfen  .... 
Strünken    .     .     . 
Stecklingen     .     . 

28.  VII. 
7.  VlII. 
9.  VII. 

1471 

857 
()80 

592 
573 
227 

887 
284 
453 

f  Blattlaus-   und  Fliegeu- 
\         befall  sehr  stark. 

Demnach  bringen  gut  ausgebildete  Köpfe  den  höchsten  Ertrag  an 
Samen,  der  ausserdem  noch  unbedingte  Gewähr  für  gute  Abstammung 


Beiträg-e  zur  Züchtuno-  der  Kohlffewächse. 


99 


3.  Samengewinnung  aus  Stecklingen. 

Saat  und  Pflauzung   im  Herbst  1918,    t'berwinterunii'  im  Fieiland,   Samenbildung  obne 
vorliergehende  Entwicklung  von  Köpfen  Frühling  1919.     Samenernte  9.  VII.  1919. 


Pflanze 
Nr. 

Astzahl 

Blütchenzahl 

Unbefruchtete 
Blütchen 

Schoten 

1 

28 

1345 

491 

854 

2 

31 

1211 

462 

749 

3 

22 

1024 

288 

736 

4 

15 

848 

230 

618 

5 

21 

908 

317 

591 

6 

17 

889 

347 

542 

7 

15 

671 

185 

486 

H 

IH 

689 

211 

478 

9 

13 

627 

156 

471 

10 

17 

741 

331 

410 

11 

15 

592 

194 

398 

12 

13 

592 

201 

391 

13 

11 

473 

108 

365 

14 

11 

489 

132 

357 

15 

14 

525 

170 

355 

16 

20 

520 

193 

327 

17 

11 

563 

259 

314 

18 

10 

381 

93 

288 

19 

12 

276 

70 

200 

20 

t 

23(; 

105 

131 

Durchschnitt : 


630 


227 


453 


bietet.  Samengewinnung  von  Stecklingen  liefert  gegen  die  vorige 
Arbeitsweise  nur  die  Hälfte  an  Samen  und  muss  überdies  noch  als 
züchterisch  unreell  bekämpft  werden.  Zum  Schlüsse  kommt  die  Samen- 
gewinnung von  Strünken  mit  dem  vierten  Teil  des  Ertrages  aus- 
gewachsener Köpfe,  mit  ihrer  Schädlingsgefahr  und  verspäteten  und 
ungleichen  Reife. 


Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.   Bd.  VII. 


I 


über  künstliche  Wunderährenbildung. 


Von  .  ! 


Eilh.  Alfred  Mitscherlich, 

0.  ö,  Prof.  an  der  Universität  Königsberg-  i.  Pr. 

(Mit  8  Textabbildungen.) 


In  allen  unseren  Pflanzenzüchtungen  arbeiten  wir  auf  eine  Kon- 
stanz der  Form  hin,  da  diese  für  bestimmte  Leistungen  infolge  von 
Korrelationserscheinungen  charakteristisch  zu  sein  pflegt.  Dennoch  fällt 
68  uns  wiederholt  auf,  dass  selbst  hochgezüchtete  Saaten  häufig  diese 
Form  nicht  wahren.  Wir  hier  in  Ostpreussen  konnten  derartige  Be- 
obachtungen namentlich  bei  Svalöfschen  Weizenzüchtungen  in  einzelnen 
Jahren  machen.  —  Es  ist  unter  diesen  Umständen  bei  der  Saaten- 
anerkennung oft  ausserordentlich  schwierig,  ein  richtiges  Urteil  zu 
sprechen,  und  eigentlich  nur  dem  Besichtiger  möglich,  welcher  die  Zucht- 
stätten selbst  kennt  und  sich  dort  über  die  Konstanz  der  Form  im  Ver- 
laufe mehrerer  Jahre  überzeugt  hat. 

Der  Laie  wird  häufig  in  diesen  Erscheinungen  Rückschläge  oder 
AtaATsmen  vermuten,  was  es  auch  hier  und  da  sein  mögen;  es  können 
diese  Erscheinungen  aber  ebenso  gut  anerworben  und  nicht  vererbbar 
sein.  Denn,  ebenso  wie  auch  die  Individualität  des  Menschen  nicht 
nur  durch  seine  Abstammung  und  die  hierdurch  bedingte  innere  Ver- 
anlagung, sondern  auch  durch  die  äusseren  Einflüsse,  welche  wir  hier 
unter  dem  Worte  ,, Erziehung"  zusammenzufassen  pflegen,  bedingt  ist, 
so  ist  dies  auch  bei  Tier  und  Pflanze  der  Fall.  Dass  das  Tier  ein 
Produkt  seiner  Scholle  ist,  ist  längst  den  Landwirten  in  Fleisch  und 
Blut  übergegangen,  nicht  so,  dass  auch  das  Gleiche  für  die  Pflanze  zu- 
treffen muss.  Verändern  wir  auch  bei  dieser  die  den  Ertrag  bedingenden 
äusseren  Wachstumsfaktoren,  so  ändert  sich  mit  diesen  gleichzeitig 
die  Gestalt;  so  bei  Getreide  z.  B.  die  Form  der  Ähre. 

Wir  haben  im  hiesigen  Institut  für  Pflanzenbaulehre  diese  Er- 
scheinung einige  Jahre  hindurch  —  solange  es  uns  möglich  war,  unser 
sehr  helles  Gewächshaus  im  Winter  zu  heizen  —  studiert.  Da  wir 
zur  Fortsetzung  dieser  Arbeiten  aus  diesen  technischen  Unmöglichkeiten 
in  der  nächsten  Zeit  nicht  kommen  dürften,  so  möchten  wir  wenigstens 
dieses   Material  hier  bereits  einem  breiteren  Leserkreise  vorlegen,  in 

8* 


102 


31  i  tsth  e  rl  ich: 


der  Hoffnung,  dass  hier  und  da  günstigere  Arbeitsbedingungen  für  der- 

nrtige  Forsclniugen  existieren. 
Als  Grundlage  für  unsere 
Beobachtungen  wählten  wir 
einmal  meine  RoggeuziuhtUDg. 
welche  seit  zehn  Jahren  unter 
Beiücksichtiguug  eines  sehr 
h(dien  Ähren-  und  Koru-Ge- 
wichtes  aus  Petkuser  Eoggen 
entstand,  und  ferner  unsere 
Weizenzüchtung  L  welche  als 
Ausgangsniaterial  vor  12  Jahren 
den  Sa  lischer  Sandweizen, 
einen  langährigen  Landwei- 
zen, hatte. 

Die  Saat  wurde  im  Herbst 
im  freien  Lande  ausgesät,  und 
dann,  sobald  die  Pflanzen  das 
zweite  Blatt  bildeten,  in 
A^^^sserkulturen  übergeführt . 
AVährend  des  AYinters  wurden 
diese  im  Gewächshause  bei 
niederer  Temperatur  frostfrei 
aufgestellt.  Die  Nährlösung- 
wurde  im  Frühjahr  und  Som- 
mer alle  8 — 14  Tage  erneuert, 
sonst  nach  Bedarf  nachgefüllt- 
Da  die  Glaszylinder  aussen, 
mit  schwarzer  Ölfarbe  über- 
zogen waren,  so  war  eine-' 
Algenbildung,  die  sonst  leicht 
schädigend  wirkt,  vermieden. 
Die  jungen  Pflänzchen  wurden 
zunächst  in  einen  Korken  ein- 
geklemmt, welcher  später  mit 
dem  Erstarken  der  Wurzeln 
immer  mehr  ausgeschnitten 
werden  und  schliesslich  oft 
ganz  wegfallen  musste. 
Die  T  0  1 1  e  n  s  sehe  Nährlösung,  welche  wir  im  ersten  Jahre  an- 
wandten, zeigte  keine  besonderen  Erscheinungen,  dagegen  gelang  es 
uns  in  den  folgenden  Jahren,  die  eigenartigsten  Wunderährenbildungen 
mit  der  folgenden  Nährlösung  zu  erzielen: 


Abb.  8. 


über  künstliche  Wniiderälirenbilduno-. 


103 


I.     459  g"  Kaliiiinnitrat 


-r  178  g  Natriuninitrat 

+  315  g  Kalzium nitrat 

_  -f  269  g  Amnioniumuitrat 


IL   125  g  see.   Kaliumpliosphat 
+  75  g  prim.    Kaliumpliosphat 
gelöst  iü'  1000  ccm. 

II  l.     83  g  schwefeis.  jMagnesia 
+  180  g  Chlormaguesia 
gelöst  in  lOOo  ccm. 

Von  diesen  Lösungen  wurden  auf  10  1  von  Lösung  I  50  ccm, 
von  Lösung  II  und  III  je  10  ccm  genommen,  so  dass  die  Konzentration 
der  Nährlösung  1,684%,,  betrug. 


o'elöst  in  5000  ccm. 


Abb.  9. 


Eine  kurze  Beschreibung  der  Pflanzen  und  der  erzielten  Ähren- 
formen mag  an  der  Hand  der  beifolgenden  Abbildungen  folgen: 

Die  Pflanze  in  Abb.  8  zeigt  als  erste  erschienene  Ähre  eine  be- 
sonders üppig  und  stark  entwickelte  Wunderähre,  während  alle  weiteren 
Halme  kräftige,  normale  Entwicklung  der  Ähren  in  der  Richtung  zeigen, 
welche  dieser  Züditung  entspricht.  Die  Wunderähre,  welche  nur  von 
einem  45  cm  langen  Strohhalm  getragen  wird,  befindet  sich  unten 
links  in  Abb.  8;  ich  habe  sie  in  Abb.  9  vergrössert  aufgenommen.     Es 


104 


^i  i  t  s  c  li  e  r  I  i  c  Ii : 


befinden  Sich  in  iiir  zunächst  7  Ährenspindelverästeliingen,  weiche  sehr 
dicht  mit  Ährchen  besetzt  sind.     Über  der  untersten  Verästeking  sind 


Abb.  10. 


2  Adventivknospen  ausgetrieben,  welclie  neue  Hahne  und  Äln*en  bildeten. 
Die  erste  von  diesen  bildete  einen  Halm  von  25  cm  Länge  mit  2  Halm- 


über  künstliche  Wunderährenbilduny. 


105 


knoten,  der  eine  Ähre  von  3  cm  Länge  (stets  ohne  Grannen  gemessen) 
trägt.  Die  zweite  bildet  einen  Halm  von  6  cm  Länge,  dann  nach  einem 
Halmknoten  eine  Verästelung,  die  in  2  Halme  mit  je  1  Ähre  ausmündet. 
Der  eine  dieser  Halme  zeigt  auf  15  cm  Länge  einen  Halmknoten  und 
trägt  eine  3,2  cm  lange  Ähre,  der  zweite  Halm  ist  nur  3,5  cm  lang 
und  trägt  dafür  eine  6,5  cm  lange  Ähre.  Über  der  zweiten  Ähren- 
spindelverästelung  ist  wieder  eine  Adventivknospe  ausgetrieben,  deren 
Halm  sich  nach  4  cm  an  einem  Halmknoten  gabelt;   das  eine  dieser 


Abb.  11. 


neuen  Hälmchen  zeitigte  eine  Ähre  von  2,3  cm  Länge,  wälu'end  der 
andere  eine  Doppelähre  von  2,5  und  1,3  cm  trug.  Die  7  Spindelveräste- 
lungen, oder  Ährenknäule,  hatten  sich  auf  den  untersten  11  cm  der 
Ährenspindel  entwickelt,  während  die  oberen  12  cm  der  Ährenspindel 
einen  durchaus  normalen  Ährenhabitus  zeigten.  Die  gesamte  Spindel- 
länge der  Roggenähre  betrug  so  23  cm,  die  anderen  sich  normal  ent- 
wickelnden Halme  der  gleichen  Pflanze  wiesen  Spindellängen  bis  zu 
20  cm  auf,  während  nach  den  Zuchtbüchern  in  diesem  .Jahre  unter 
normalen  Bedingungen  im  Freien  nur  eine  Ährenlänge  von  17  cm  er- 
reicht  wurde.     Die   Halmlängen   der   normal   entwickelten   Ähren  ent- 


106  Mitscheilich: 

sprachen   durchaus   denen  der  unter  normalen   Verhältnissen  erzielten 
(bis  145  cn)). 

Die  Abb.  10  zeigt  den  gleichen  Typ  bei  der  zuerst  entwickelten 
Ähre  wie  Abb.  9.  Die  Ähre,  welche  ein  30  cm  langer  Halm  trägt,  bildet 
verschiedentliche  Spindelverästelungen.  Eine  aus  ihr  hervorgehende 
Adventivknospe  bildet  einen  Halm  von  10  cm  Länge  aus,  welcher  eine 
8  cm  lange  Ähre  trägt  (Abb.  11).  Bei  dem  zu  zweit  schossenden  Halme 
(Abb.  10),  welcher  auch  Wunderährenbildung  zeigt,  bildete  sich  beim 
obersten  Halmknoten  bereits  eine  zweite  Ähre  aus,  die  zu  dritt  ge- 


Abb.  12. 


schosste  Ähre  zeigt  auch  noch  die  Wunderährenbildung,  während  alle 
anderen  Halme  und  Ähren  den  Habitus  der  Züchtung  gewahrt  haben. 
Abb.  12  zeigt  gegen  Abb.  9  und  11  einen  ganz  anderen  Habitus. 
Auch  hier  haben  wir  bei  dem  zuerst  geschossten  Halme,  der  wiederum 
sehr  viel  kürzer  ist  als  die  anderen  (88,5  cm),  Wunderährenbildung. 
Es  bilden  sich  hier  aber  nicht  weitere  Halme  und  Ähren  aus  der  Ähre 
selbst,  sondern  aus  den  obersten  Halmknoten.  So  zeigen  sich  beim 
zweitobersten  Halmknoten  neben  dem  weitergehenden  Haupthalm  zwei 
Nebenhalme,  von  denen  der  eine  30  cm  lang  wurde,  einen  Halmknoten 
bildete  und  in  seiner  6  cm  langen  Ähre  gut  entwickelte  Körner  zeitigte, 
während  der  zweite  mit  seiner  8  cm  langen  Ähre  in  der  Hose  stecken 
blieb,  ohne  die  Körner  zu  entwickeln,  da  die  Blüten  anscheinend  nicht 
befruchtet  werden  konnten.     Das  Gleiche  trifft  für  die  Nebenähre  zu. 


über  künstliche  Wunderährenbildunff. 


107 


die  sich  aus  dem  obersten,  13,5  cm  höher  liegenden  Hahnknoten  neben 
der  Wunderähre  entwickelte,  bei  welcher  der  Halm  auch  nur  1,5  cm 
lang,  die  Ähre  selbst  5  cm  lang  wurde. 

Um  von  den  vielen  Typen,  welche  wir  erzielten,  noch  einen  charak- 
teristischen herauszugreifen,  sei  noch  die  Pflanze  in  Abb.  13  besprochen. 
Bei  dieser  zeigten  die  fünf  zuerst  geschossten  Ähren  Wunderähren- 
bildung, während  die  weiteren  normalen  Habitus  hatten.     Neue  Halme 


Abb.  13. 


bildeten  sich  hier  aus  den  Ähren  oder  Halmknoten  nicht  aus,  dagegen 
hatten  sich,  wie  dies  aus  der  vergrösserten  Aufnahme  (Abb.  14)  deut- 
lich ersichtlich  ist,  die  Verästelungen  der  Ährenspindel  besonders  zahl- 
reich und  lang  entwickelt.  (Die  Ähre,  Abb.  14,  hat  eine  Länge  von 
22  cm,  die  Spindeläste  von  5 — 5,5  cm!) 

Diese  charakteristischen  Erscheinungen  mögen  zunächst  hier  ge- 
nügen, zumal  alles  andere  umfangreiche  Material  keine  wesentlich  anderen 
Merkmale  bietet. 


108 


M  i  t  s  c  h  e  1- 1  i  c  b  : 


Von  dem  Weizen  sei  nur  eine  Pflanze  wiedergegeben,  vun  der 
Abb.  15  nebeneinander,  rechts,  eine  sehr  gut  ausgebildete  Ähre  des 
normalen  Types  zeigt,  während  die  Ähre  links  eine  Doppelährenbildung 
und  Verästelung  der  Spindel  aufweist,  welche  dem  Weizen  einen  typisch 
dichtährigen  Charakter  verleiht. 

Diese  Wunderähre  war  auch  hier  die  erste,  die  schosste,  während 
die  übrigen  19  Halme  dieser  Pflanze  sich  durchaus  normal  und  im  Ha- 
bitus der  betreffenden  Züchtung  entwickelten. 

Eine  eigenartige  Erscheinung  dürfte  es  zunächst  sein,  dass  vor- 
nehmlich die  zuerst  schossenden  Halme  der  Pflanzen  die  Wunderähren- 


Abb.  14. 


bildung  zeigen.  Es  scheint  mir  dies  darauf  hin  zu  deuten,  dass  nicht 
nur  die  allzu  üppige  Ernährung,  sondern  auch  das  milde  Winterwetter 
(im  Gewächshause)  diese  Erscheinung  begünstigt.  Im  Freien  hat  sich 
bei  der  Roggenzüchtung  in  einem  sehr  günstigen  Jahre  nur  auf  sehr  gut 
gedüngtem  Boden  mal  eine  Verdichtung  der  Ährchen  an  dem  Spindel- 
ende gezeigt,  welche  aber  einer  ganzen  Pflanze  eigentümlich  war  und 
sich  zur  Reife  hin  noch  ziemlich  durch  Strecken  der  Spindel  wieder 
auswuchs.  Die  Erscheinung  bleibt  also  zunächst  auf  einzelne  Halme 
der  Pflanze  beschränkt!  Körner,  welche  wir  von  diesen  Wunderähren 
im  freien  Lande  aussäten,  ergaben  zunächst  wieder  normale  Roggen- 
ähren. Es  ist  somit  die  durch  äussere  Wachstumsfaktoren  erzielte 
Bildung  nicht  vererblich!    Und  hierin  liegt  m.  E.  gerade  die  Schwierig- 


über  künstliche  Wunderährenbildune-. 


109 


keit  in  der  Beurteilung  variierender  Ährenformen.  Andrerseits  kann 
es  nicht  als  charakteristisch  für  eine  Beeinflussung  von  äusseren  Wachs- 
tumsfaktoren angesehen  werden,  wenn  nicht  alle  Halme  einer  Pflanze 


Abb.  15. 


derartige  Varianten  zeigen.  Halten  die  hierfür  bedingenden  Wachs- 
tumsfaktoren länger  an,  so  kann  ebensogut  eine  ganze  Pflanze  bei 
allen  Ähren  abweichende  Formen  aufweisen.  Eine  Überführung  der 
Wasserkulturen  nach  der  ersten  Halmschossung  in  Topfkultur  hat 
natürlich  auf  das  Ergebnis  der  weiteren  Halm-  und  Ährenbildung  keinen 
Einfluss  gehabt! 


III. 

Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der 

Pflanzenzüchtung. 


1.  Referate  über  Arbeiten 

in  Zeitschriften,  sowie  über  Dissertationen,  dann  Jahresberichte  und  Bulletins 

von  Versuchsstationen. 

Einsendung-  von  Abdrücken  aller  einschlägigen  Arbeiten 
erbeten. 

Einige  Herren  haben  sich  in  liebenswürdiger  Weise  bereit  erklärt, 
für  einzelne  Länder  oder  bestimmte  sachliche  Gebiete  die  Sorge  für 
Erstattung  von  Referaten  ganz  zu  übernehmen.  1917  sind  derartige  Ver- 
einbarungen getroffen  worden  mit: 

Professor  Dr.  H.  Nilsson  -  Ehle  -  Lund:  Pflauzeuzüchtung, 
Schweden.  — Prof. Dr.  Gran,  Universität  Kristiania :  Pflanzenzüchtung, 
Norwegen.  —  Konsulent  E.  Lindhard-Tj^stofte  pr.  Tjaereby:  Pflanzen- 
züchtung, Dänemark.  —  Dr.H.  Plahn-Appiani-Aschersleben,  Mehringer- 
strasse  6:  Zuckerrübenzüchtung  in  Deutschland  und  Österreich.  — 
(Königl.  landw.  Botaniker  A.  Howard-Pusa  (Bihar),  Indien:  Pflanzen- 
züchtung, Indien.^)  —  Direktor  A.  v.  Stebutt  der  Versuchsstation 
Saratow,  Russland:  Pflanzenzüchtung,  Russland.'-)  —  Direktor  van 
der  Stok-Buitenzorg  (Java):  Pflanzenzüchtung,  Java.  —  Dr.  Th. 
Römer-Schlanstedt:  Pflanzenzüchtung,  Grossbritannien.  —  Direktor 
E.  Grabner-Magyarovär:  Pflanzen  Züchtung,  Ungarn.  —  Prof.  Dr. 
V.  Mandekic-Krizevci,  Slavonien:  Pflanzen  Züchtung,  in  südslavischer 
Sprache. 

Für  die  liier  nicht  genannten  Gebiete  sind  zunächst  Autoreferate 
sehr  erwünscht,  wenn  solche  innerhalb  acht  Tagen  nach  dem  Er- 
scheinen der  Arbeit  abgesendet  werden. 

Die  Referate  sind  entweder,  als  Autoreferate  gekennzeichnet  oder 
von  dem  betreffenden  Referenten  gezeichnet ;  von  dem  Redakteur  er- 
stattete bleiben  ungezeichnet. 


*)  Referate  können  nach  freundlicher  Mitteilung  jetzt  wieder  erstattet  werden. 
■-)  Nach  freundlicher  Mitteilung  können  Referate  jetzt  nicht  gesandt  werden. 


\\2  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzeuzüchtuug. 

AUendori  und  Ehrenberg.  Die  Aufgaben  des  Sonderaus- 
sQhussesfür  Zuckerrübenbau.  (Mitt.  d.  D.  L.-G.  1919,  S.  531 
bis  534.)  Von  den  verschiedenen  besprochenen  Aufgaben  ist  hier  nur 
der  auf  Züchtung  bezüghchen  zu  gedenken.  Die  Züchter  sollen  an- 
geregt werden,  eine  Rübe  zu  züchten,  welche  —  ohne  \'erminderung 
des  Zuckergehaltes  und  ohne  Steigerung  des  Salz-  und  Xichtzucker- 
gehaltes  —  höheren  Ertrag  gibt.  Gleichzeitig  sollen  Versuche  gemacht 
werden,  ob.  wenn  dieses  nicht  gelingt,  es  nicht  doch  möglich  wäre, 
eine  solche  Rübe  zu  erhalten,  wenn  eine  gewisse  Minderung  des  Zucker- 
gehaltes in  Kauf  genommen  wird.  Mittel  sollen  für  Versuche  aus- 
geworfen werden,  welche  bei  Zuckerrübe  die  Durchführbarkeit  strengster 
Inzucht  prüfen.  Die  Züchtung  von  Zuckerfutterrüben  verdient  unter 
den  jetzigen  Verhältnissen  volle  Beachtung.  Für  Brennereien  könnte 
die  Züchtung  einer  Rübe  angestrebt  werden,  die  salz-  und  eiweiss- 
reich  ist. 

Amend,  F.  Untersuchungenüber  flämischen  Roggen 
unter  besonderer  Berücksichtigung  des  veredelten 
flämischen  Landroggens  und  seiner  Züchtung.  (Landw. 
Jahrbücher  52.  Bd.,  1919,  S.  614 — 669.)  Der  ursprüngliche  flämische 
Landroggen  ist  in  Westflandern  in  ausgesprochen  maritimem  Klima 
der  Züchtung  unterworfen  worden.  Die  Zuchtstation  ist  in  Concke- 
laere.  woselbst  der  Bürgermeister  H.  P  r  o  o  t  auf  seiner  etwa  32  ha 
grossen  Wirtschaft  seit  1903  züchtet.  Bis  1909  wurde  Massenauslese 
A''on  Ähren  betrieben,  seit  diesem  Jahr  Fflanzenauslese.  1914  war  die- 
selbe durch  die  kriegerischen  Ereignisse  (Nähe  des  Iserkanals)  unter- 
brochen worden  und  es  waren  auch  die  einzelnen  Individualauslesen 
der  Züchtung  durcheinander  gekommen.  Die  3.  und  4.  Absaat  des 
Auslesegutes  wird,  unter  Aufsicht  des  Züchters,  auf  anderen  Wirt- 
schaften vorgenommen,  die  zu  einer  Saatzuchtvereinigung  ..Kweek- 
bond"'  zusammengeschlossen  worden  waren.  Die  Züchtung  hat  die 
guten  Eigenschaften  der  Landsorte  erhalten,  dabei  an  Ertragsfähigkeit. 
Standfestigkeit,  für  Korn  besseres  Verhältnis  von  Korn  :  Stroh  und 
Kornschwere  gewonnen.  Das  maritime  Klima  begünstigt  Strohwuchs 
sehr  und  die  übliche  späte  Saat,  im  Verein  mit  niederer  Frühlings- 
temperatur, bringt  Zwiewuchs  mit  sich.  Von  korrelativen  Beziehungen 
fand  Verfasser  bei  LTntersuchung  des  verbesserten  flämischen  Roggens, 
und  zwar  von  Auslesepflanzen,  2.  Absaat  von  Auslesesaatgut  und 
2.  Nachbau  von  Originalsaatgut:  Kolbigkeit,  allgemein  dichter  Besatz 
einerseits  und  Kurzkörnigkeit  andereilteits;  Kurzkörnigkeit  und  dichter 
Besatz  der  Ähre  einerseits  mit  Schartigkeit  und  mit  kurzem  Halm,  be- 
sonders kurzem  obersten  Halmglied.  Grünkörnigkeit  schätzt  Verfasser 
und  meint,  dass  der  verbesserte  flämische  Roggen  auf  diese,  sowie  auf 
gleichmässige  mitteldichte  Ähre  weiter  zu  züchten  wäre. 


Nene  Erscheimingen   auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  113 

Baas  -  Becking,  L.  Over  Limietverhoudingen  in 
Mendel'sche  P  opiilati  es.^)  (Genetica  1919,  1.  Afd.,  S.  443—456.) 
Die  Zahlenverhältnisse  "bei  Ausgang  von  einer  Mendel' sehen  F^- 
Popiilation  werden  beleuchtet  für  1.  allseitige  geschlechtliche  Ver- 
einigung bei  Vorhandensein  von  1  und  2  Anlagenverschiedenheiten. 
2.  Selbstbefruchtung  bei  1  und  2  Anlagenverschiedenheiten,  3.  Fremd- 
und  Nachbarbefruchtung,  je  zu  Vi,  bei  1.  2  und  3  Anlagenverschieden- 
heiten. 4.  Paarung  bei  Auslese  bei  1  Anlagenverschiedenheit,  und  zwar: 
a)  bei  Getrennthaltung  aller  Individualauslesen.  b)  gesonderter  Auslese 
der  dominierenden  und  rezessiven  Individuen  und  c)  blosser  Auslese 
der  dominierenden. 

Bach,  S.  Zur  näheren  Kenntnis  der  Faktoren  der 
Anthozyanbildung  bei  Pisum.  (Zeitschr.  f.  Pflanzenzucht. 
Bd.  VII.  1919.  S.  64—66.) 

Bach,  S.  Noch  ein  Bastardierungsversuch  Pisum  X 
Faba.     (Zeitschr.  f.  Pflanzenzucht.  Bd.  VII,  1919,  S.  73—74.) 

Barker,  E.  H  e r  e d i  t y  s t u d i e s  in  t h e  m o  r  n i n g - g  1  o  r  y 
(I  p  0  m  0  e  a  p  u  r  p  u  r  e  a  [L.]  Roth).-)  (Cornell  University,  Agri- 
cultural  Experiment  Station  1917,  Bull.  392.)  Die  Zierwinde  ist  für 
Bastardierungsuntersuchungen  sehr  geeignet,  da  die  Pflanze  selbst- 
fruchtbar ist,  viele  Samen  hervorbringt  und  gegen  Schädlinge  wider- 
standsfähig ist.  Die  Veranlagung  wurde  durch  Beobachtung  der  Nach- 
kommenschaft von  Pflanzen  geprüft,  die  der  Selbstbefruchtung  unter- 
worfen wurden,  und  durch  Bastardierungsversuche.  Bei  Färbung  der 
Samenschale.  Zerschlitzung  der  Blumenkrone,  Färbung  und  Fleckung 
der  Blumenkrone  wurde  mendelndes  Verhalten  festgestellt.  Die  Samen- 
haut ist  schwarz  oder  gelbbraun,  schwarz  dominiert.  Zerschlitzung 
der  Blumenkrone  dominiert  über  normale  Ausbildung.  Die  Farben 
der  Blumenkrone  sind  epistatisch  zueinander  von  weiss  zu  rosa, 
magentarot,  blaupurpurn  und  dunkelpurpurn.  Jede  weitere  epistatische 
Farbe  ist  durch  das  Hinzutreten  einer  oder  mehrerer  wahrscheinlich 
enzymatischer  Anlagen  bedingt,  die  der  hypo statischen  fehlen  und  auf 
farblose  Chromogene  wirken.  Streifung  der  Blumenkrone  („flaking") 
dominiert  über  ungestreift,  sie  beruht  auf  lokal  in  der  Blumenkrone 
verteiltes  Enzym,  das  auf  ein  farbloses  Chromogen  im  Zellsaft  der 
Oberhaut  der  Innenseite  der  Krone  einwirkt.  Als  Anlage  wird  an- 
genommen C-Anlage  für  Chromogenbildung,  R- Anlage  für  Oxydase.  die 
auf  Chromogen  wirkt.  B-Anlage,  die  Blaufärbung  bewirkt,  X-Anlage 
für  Verstärkung,  I-Anlage  für  weitere  Verstärkung.  Die  einzelnen 
Blütenfarben  werden  auf  farbigen  Tafeln  dargestellt,  die  Veranlagung 
der  betreffenden  Pflanze  wird  im  Text  gegeben 

^)  Über  Zahlenverhältnisse  in  MendeTschen  Populationen. 
*)  Vererbungsstndien  bei  Zierwindling,  Ipomoea  purpurea. 


114  Neue  Erscheiuungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Bartos,  W.  Über  die  ^1  ö  g  1 1  c  h  k  e  i  t  der  Ertrags- 
steigerung der  Sorten  durch  Benützung  der  Steck- 
lingsmethode. (Zeitschr.  f.  Zuckerindustrie  in  Böhmen  XLIL 
1919,  S.  391 — 397.)  In  einer  grossen  Zahl  von  Versuchen  des  Ver- 
fassers gaben  Samen  schwererer  Stecklingsrüben  höheren  Gewichtsertrag 
an  Rübenkörper  und  es  wird  empfohlen,  die  schwächeren  bei  Verviel- 
fältigung von  Saatgut  auszuscheiden.  Den  Ausfall  an  Stecklingen,  der 
dadurch  entsteht,  nimmt  Verfasser  mit  5^^10"/o  an. 

Baur,  E.  Über  S  e  1  b  s t s t e r  i  1  i  t ä  t  u n d  ü h  er  K  r  e u  z u n g s- 
ver  suche  einer  selbstfertilen  und  einer  selbst- 
sterilen Art  in  der  Gattung  A n t i r r h i n u m.  (Zeitschr.  für 
induktive  Abstammungs-  und  Vererbungslehre  XXI.  1919,  S.  48 — 52.) 
Zur  Frage  der  Selbstunfruchtbarkeit  (siehe  auch  Lehmann)  stellt 
Baur  fest,  dass  bei  Antirrhinum  eine  Gruppe  von  Arten  vollständig 
selbstfruchtbar  ist.  bei  einer  zweiten  Selbstbefruchtung  möglich  ist  und 
bei  einer  dritten  alle  selbstunfruchtbar  sind.  Bei  einer  Art  der  letzten 
Gruppe  waren,  nach  Fremdbefruchtung  zwischen  zwei  Individuen.  16 
der  Nachkommen  fruchtbar  mit  beiden  Eltern.  15  nur  mit  einem  der 
Elter  und  es  verhielten  sich  die  Nachkommen  auch  verschieden  bezüg- 
lich der  Fruchtbarkeit  untereinander.  Schlüsse  werden  zunächst  nicht 
gezogen.  Übereinstimmung  mit  dem  von  C  o  r  r  e  n  s  untersuchten  Fall 
bei  Cardamine  scheint  nicht  vorhanden  zu  sein.  Bastardierungen 
zwischen  den  selbstunfruchtbaren  Arten  untereinander  waren  immer 
selbstunfruchtbar.  Bastardierungen  zwischen  selbstunfruchtbarer  Art 
und  einer  selbstfruchtbaren  gaben  selbstfruchtb^re  F-,.  deren  An- 
gehörige mit  dem  selbstunfruchtbaren  Elter  Ansatz  gaben. 

Bregger,  T.  L  i  n  k  a  g  e  i  n  m  a  i  z  e :  The  C  a  1  e  u  r  o  n  e  1  a  c  t  o  r 
and  waxy  endosperm.^)  (The  American  Naturalist  LH.  1918. 
S.  57 — 61.)  Das  Bestehen  der  von  Co  Hins  festgestellten  genetischen 
Korrelation  zwischen  wachsiger  Ausbildung  des  Endospermes  und 
Aleuronfarbe  wurde  bestätigt,  und  es  wurde  festgestellt,  dass  es  die 
G-Anlage  für  Aleuronfarbe  (s.  Referat  Emerson)  ist.  welche  mit  der 
Anlage  für  wachsiges  Endosperm  verbunden  ist. 

Caron,  v.,  Eidingen.  Physiologische  Spaltungen  ohne 
Mendelismus.  (Deutsche  landw.  Presse  1919.  S.  515—516.  1  Abb.) 
Verfasser  stellte  fest,  dass  bei  seinem  Dickkopfweizen  aus  mit  Stein- 
brandsporen infiziertem  Saatgut,  sowohl  wenn  dasselbe  gebeizt  als 
wenn  dasselbe  ungeheizt  gesät  worden  war.  auch  langährige  Pflanzen 
erwuchsen  und  auf  der  Abteilung  mit  ungeheiztem  Samen  nur  solche 
brandig  waren.    Er  schliesst  daraus,  dass  nicht  der  Steinbrand  die  Ur- 


*)  Genetische  Korrelation   bei  j\lais:   die   Anlage   C   für  Aleuronfärbung  und   die 
Anlage  für  wachsiges  Endosperm. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  115 

Sache  der  Verlängerung  der  Square  head-Ähre  ist,  sondern  dass  nur 
langgestreckte  Ähren  von  diesem  geschädigt  werden.  Er  nimmt  an, 
dass  eine  physiologische  Abspaltung  erfolgte,  welche  die  Anfälligkeit 
begründet  und  die  andere  Ährenform  und  dass  diese  Spaltung  mit 
morphologischer  —  nach  Mendel's  Regel  verlaufender  —  Spaltung 
nichts  zu  tun  hat  und  will  die  physiologische  Spaltung  studieren.  In 
anderen  Weizenformen  des  Square  head-Typus  beobachtete  er  Staub- 
brandbefall bei  kolbigen  wie  bei  langen  Ähren. 

Emerson,  R.  A  f  i  f  t  h  p  a  i  r  o  f  f  a  c  t  o  r  s ,  A  a ,  f  o  r  a  1  e  u  r  o  n  e 
color  in  maize,  andits  relation  to  the  Cc  and  Rr  pair s.^) 
(Cornell  Universtty,  Agric.  Exp.  Station,  Memoir  16,  1918,  S.  231  bis 
289.)  East  und  Kay  es  1911  und  East  1912  haben  5  Paare  von 
Anlagen,  welche  die  Aleuron-  (Kleberschicht-)  färbe  beeinflussen,  fest- 
gestellt. Zwei  dominierende  derselben,  C  und  R,  müssen  nach  dem 
damaligen  Ergebnis  vorhanden  sein,  damit  überhaupt  das  Aleuron  ge- 
färbt sein  kann.  Anlage  P  r  bewirkt  bei  Gegenwart  von  C  und  R 
purpurne  Färbung,  ihr  Fehlen  pr  rote  Farbe,  J  bewirkt  Farblosigkeit 
oder  nahezu  solche.  Durch  die  weiteren  Versuche  des  Verfassers  ist 
das  Vorhandensein  einer  weiteren  Anlage  A  ermittelt  worden.  Damit 
überhaupt  Färbung  des  Aleuron  eintritt,  muss  demnach  A,  C  und  R, 
sowie  i  i  vorhanden  sein.  Ist  weiter  die  Anlage  P  r  vorhanden,  so 
wird  die  Farbe  Purpur,  ihr  Fehlen  p  r  p  r  bei  Anwesenheit  von  A.  C.  R 
und  i  i  gibt  Rot. 

In  Fj  sind  die  Anlagen  A.  C.  R  heterozygotisch  als  Aa,  Cc,  Rr 
vertreten,  in  Fn.  tritt  Spaltung  von  gefärbt  zu  farblos  wie  27: -37  ein. 
Etwas  wird  Aleuronfärbung  durch  Reifezustand,  sowie  Farbe  und 
andere  Beschaffenheit  des  übrigen  Endosperms  beeinflusst.  Im  unreifen 
Samen  ist  die  purpurne  Färbung  bläulich  oder  lichtpurpurn,  mittel- 
starker Purpur  erscheint  lichter  über  hornigem,  dunkler  über  Zucker- 
Endosperm,  kräftiger  Purpur  als  stumpfes  Schwarz  über  wachsigen 
und  mehligem  Endosperm.  Fleckung  bei  Aleuronfarbe  ist  durch  das 
Anlagenpaar  R  r  bedingt  und  erscheint  nur.  wenn  R  von  der  väter- 
lichen, r  von  der  mütterlichen  Pflanze  kommt  (also  bei  rrR): 
2.  o-enerativer  Kern  des  Pollenkornes  . 


&^ 


R 

r 

RR 

RRR 

RRr 

ij'efärlit 

gefärbt 

r  r 

rrR 

r  r  r 

gefleckt 

ungefleckt 

Sekundärer  Embrvosackkern 


Auf  normale  Beschaffenheit  des  Aleurons  wirkt  Anlage  A.  wenn 
sie  vom  Vater  kommt  (also  bei  aaA). 


1)  Ein   fünftes  Anlagenpaar  A  a   für  Aleuronfarbe  bei  Mais  und  seine  Beziehuni: 
zu  den  Cc-  und  Rr-Paaren. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüclitung.    Bd.  VIT.  9 


21(3  Neue  Erscheiaun.iren  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtuug. 

Freeman,  G.  Linked  quantitative  characters  in 
wlieat  Crosse s.^)  (Americ.  Naturalist  LI,  1917,  S.  683 — 689.)  Bei 
Bastardierung  von  Hartweizen  mit  gemeinem  Weizen,  von  welchen 
ersterer  breitgedrückte  Ähren  und  glasige  Körner  besitzt,  der  letztere 
fast  vierkantige  Ähren  und  mehlige  Körner,  wurde  eine  F^  erzielt,  die 
bei  Glasigkeit  Zwischenbildung,  bei  Ährenbildung  Annäherung  an 
Hartweizen  zeigte.  F.^  brachte  bei  Glasigkeit  viele  Stufen  von 
Zwischenbildung,  so  dass  dabei  je  mehrere  Anlagen  für  eine  Eigen- 
schaft angenommen  werden  müssen.  Glasigkeit  der  Körner  zeigte  sich 
mit  breitgedrückter  Ähre  verbunden,  Mehligkeit  mit  vierkantiger  Ähre. 
Immerhin  fanden  sich  auch  vierkantige  Pflanzen  mit  glasigen  Ähren 
und  dieser  Bruch  der  Korrelation  wird  auf  .,crossing  over''  zurück- 
geführt. 

Friederichs,  K.  Der  Rapsgl'anzkäfer  als  Schädling. 
(Deutsche  landw.  Presse  1919,  S.  485—486,  5  Abb.)  Kalt  (Kuhn- 
Archiv  1918)  hatte  darauf  verwiesen,  dass  der  Rapsglanzkäfer,  Meli- 
gethes  aeneus.  als  Schädling  geringere  Bedeutung,  dagegen  als  Ver- 
mittler der  Bestäubung  für  Raps  grosse  Bedeutung  besitzt.  Gleiche  An- 
sicht haben  Born  er  und  Blunck  (111.  landw.  Z.  1919)  für  Raps  und 
Rübsen  geäussert.  Friederichs  betont  die  Schädhchkeit  des  Käfers 
mehf  und  meint,  dass  er  zur  Befruchtung  nicht  notwendig  sei,  da  Raps 
ausgezeichneter  Selbstbefruchter  ist.  Er  erhielt  unter  GazehüUe  aus- 
gezeichneten Schotenansatz  (siehe  dazu, Referat  Günthart.  Zeitschr. 
f.  Pflanzenzucht.  VI,  S.  49). 

Fräser,  A.  The  i  n h e r  i  t a n c e  o  f  t h  e  w  e a k  a  w  n  in  c e r - 
tfiin  Avena  crosses  and  its  relation  to  other  charac- 
ters of  the  oat  grain.-)  (Cornell  University  Agr.  Exp.  St.  1919. 
Memoir  23.  S.  635 — 676.  6  Abb.)  Untereinander  bastardiert  wurde 
Burt-Hafer,  der  ihm  ganz  ähnliche  Early  Ripe-Hafer  und  Sixty  day- 
Hafer.  Burt  hat  beim  Aussen-,  häufig  auch  beim  Innenkorn  eine  sog. 
., schwache"  Granne,  womit  Grannen  gemeint  sind,  die  weniger  steif, 
nicht  gekniet  und  im  unteren,  nicht  dunkleren  Teil  nicht  oder  nur 
schwach  gedreht  sind.  Die  Haare  an  der  Basis  stehen  dicht,  sind 
fein  und  mittellang,  die  Frucht  ist  gelbrot.  Sixty  day  zeigte  nie 
Grannen.  Haare  an  der  Basis  waren  selten  vorhanden  und  wenn,  sehr 
wenig,  kurz,  zerstreut.  Die  Bastardierungen  zwischen  schwacher  Be- 
grannung  und  unbegrannt  wurden  alle  im  Gewächshaus  ausgeführt, 
woselbst  auch  die  Eltern  und  die  1.  Generation  erzogen  wurde.  Bastar- 
dierungen zwischen  voll-  und  nicht  begrannten  Formen  zeigte  Dominanz 


^)  Korrelation  quantitativer  Eig-enschaften  bei  Weizenbastardierung. 
*)  Die  Vererbung  der  „schwachen"  Grannen  in  bestimmten  Hafer-Bastardierungen 
und  die  Beziehungen  derselben  zu  anderen  Eigenschaften  des  Haferkornes. 


Neue  Erscheinungeu  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  117 

von  Nichtbegrannung  in  i\.  Es  scheint,  dass  bei  Burt  und  Sixty  day 
beide  Formen  die  Anlage  für  Begrannung  besitzen,  in  Sixty  day  ein 
Henimungsfaktor  aber  die  Ausbildung  der  Granne  hindert.  Die  Domi- 
nanz kann  durch  äussere  Verhältnisse  aber  auch  gestört  werden,  so 
dasc-  auch  teilweise  begrannte  Pflanzen  in  F^  auftreten  können.  In 
F.,  tritt  Spaltung  in  unbegrannte,  teilweise  begrannte  und  voll  begrannte 
Pflanzen  nach  1:2:1  ein.  Die  voll  begi-annten  Pflanzen  von  Fg  ver- 
erben rein  weiter,  von  den  unbegrannten  nur  ein  Teil,  der  andere  gibt 
in  F3  eben  solche  Spaltung,  wie  sie  in  F^  eintrat.  Die  teilweise  be- 
grannten  Pflanzen  spalten  in  1  stark  begrannte :  3  nicht  stark  be- 
grajinte.  An  Pflanzen,  die  voll  begrannt  sind,  trifft  man  auch  Ährchen 
an.  die  bei  jedem  Korn  eine  Granne  besitzen.  Vorhandensein  einer 
besonderen  Anlage  dafür  ist  nicht  wahrscheinlich.  Stärkerer  Wasser- 
gehalt des  Bodens,  höherer  Gehalt  desselben  an  organischen  Substanzen 
und  Stickstoff  scheint  die  Zahl  der  Grannen  herabzusetzen.  Zwischen 
voller  Begrannung  und  x\usbildung  mittellanger  Haare  an  der  Basis 
des  Kornes  besteht  eine  Korrelation,  ebenso  zwischen  voller  Begrannung 
und  der  Ausbildung  der  Kornbasis  von  Burt,  die  jener  von  Avena 
sterilis  entspricht.  Diese  Basisausbildung  ist  bei  Bastardierung  rezessiv 
zu  jener  von  Avena  sativa,  in  F2  tritt  1  : 3  Spaltung  ein.  Kurze  oder 
fehlende  Behaarung  der  Basis  des  Kornes  dominiert  über  mittellange. 
Spelz enfärbung  gelbrot  bastardiert  mit  hellgelb  gibt  Zwischenbildung 
in  Fj  und  annähernd  48  gelbrot :  15  gelb  :  1  weiss  in  F._,.  Einzelne 
braune  Körner  tauchten  auch  auf,  die  wohl  spontaner  Variation  ihre 
Ent.-tehung  verdanken. 

Frölich,  G.  Die  Beeinflussung  der  Kornschwere 
durch  Auslese  bei  der  Züchtung  der  Ackerbohne. 
(Friedrichswerther  Monatsberichte  IX,  1919.  S.  7—8  und  17—20.)  Die 
Berechtigung  der  verbreiteten  Ansicht,  dass  in  Thüringen  die  Korn- 
schwere bei  Ackerbohnen  infolge  der  örtlichen  äusseren  Verhältnisse 
abnimmt,  sollte  bei  Züchtung  der  Halberstädter  Ackerbohne  geprüft 
werden.  Die  Veredlungszüchtung  wurde  durch  Nebeneinanderführung 
von  Individualauslesen  mit  ständiger  Auslese  von  Nachkommenschaften 
und  Individuen,  in  einzelnen  Jahren  auch  nur  von  Individuen,  durch- 
geführt. Auslesemomente  waren  hoher  Gesamtertrag  und  höheres  Einzel- 
korngewicht. Das  Einzelkorngewicht  erwies  sich  als  sehr  stark  modifi- 
kabel.  die  einzelnen  Jahre  brachten  erheblich  verschiedene  Ausmaße, 
aber  ein  allgemeiner,  durch  die  Ortsverhältnisse  bedingter  Rückgang  war 
nicht  festzustellen.  Eine  Steigerung  des  Einzelkorngewichtes  durch 
die  Auslese  —  1908 — 1917  (1916  ausgelassen)  —  innerhalb  der  ein- 
zelnen Individualauslesen  wurde  nicht  allgemein  erzielt,  in  einigen 
Indi\ddualauslesen  wurde  aber  die  Neigung,  Zweige  mit  höherem  Einzel- 
korngewicht zu  liefern,  festgestellt  (so  bei  H96)  und  es  wird  ein  solches 

9* 


X18  Neue  Erscheiuungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflauzenzüchtuug. 

abweichendes  Verhalten  auf  Wirkung  der  immerhin  gelegentlich  ein- 
tretenden Fremdbefruchtung  zurückgeführt. 

Frölich,  G.  Die  U m z ü c h  t u n g  von  W  i n t  e r  g  e  t r  e i  d  e  in 
Sommergetreide.  (Friedrichswerther  Monatsberichte  IX.  1919. 
S.  27 — 30.)  Bei  einem  1906  begonnenen  Versuch,  den  Friedrichswerther 
glatten  Square  head  in  eine  Sommerform  umzuzüchten.  wurde  bis  1918 
keine  Abkürzung  der  Zeit  bis  zum  Schossen  festgestellt.  Die  Wirkung 
des  Anbaues  im  Frühjahr  sollte  mit  jener  der  Auslese  der  je  frühest 
schossenden  Pflanzen  verbunden  werden.  Immerhin  hält  Verfasser 
einen  Erfolg  noch  nicht  für  ausgeschlossen.  Bei  Friedrichswerther 
Wintergerste  wurde  bei  Frühjahrssaat  —  1913,  22.  März;  1919,  31.  März 
—  ein  Verhalten  festgestellt,  das  von  jenem,  das  von  Fruwirth 
(Zeitschr.  f.  Pflanzenzucht.  VI,  1918)  bei  einer  Reihe  von  Winter- 
gersten, darunter  auch  der  Friedrichswerther.  festgestellt  worden  war. 
abwich.  Es  wurde  nicht  nur  ein  —  natürlich  —  gegenüber  Herbstsaat 
geringerer  Ertrag  festgestellt,  sondern  auch  eine  sehr  starke  Be- 
stockung  und  ein  Nichtschossen  vieler  Halme,  ja  auch  ganzer  Pflanzen. 

Fruwirth,    C.      Die    gegenwärtige    (3  r  g  a  n  i  s  a  t  i  o  n    der 

P  f  1  a  n  z  e  n  z  ü  c  h  t  u  n  g  in  Deutschland  und  in  Österreich- 
Ungarn.  (Nachrichten  der  D.  L.-G.  für  Österreich  1919.  S.  35—39.) 
Nach  Darstellung  der  tatsächlichen  Verhältnisse  wird  ausgeführt,  dass 
die  Schaffung  von  Originalsaatgut  von  Züchtungen  nicht  Gegenstand 
kleiner  Wirtschaften  sein  soll,  auch  nicht  bei  genossenschaftlichem  Zu- 
sammenschluss  solcher.  Die  kleinen  Wirtschaften  sollen  dadurch  ge- 
fördert werden,  dass  ihnen  der  Bezug  von  gezüchtetem  Saatgut  er- 
leichtert wird,  und  zwar  bei  privaten  Zuchtwirtschaften  durch  Schaffung 
möglichst  vieler  Saatbauwirtschaf  teil,  die  Nachbau  von  Originalsaatgut 
abgeben,  bei  örtlicher  Züchtung  durch  Anstalten  durch  Schaffung  von 
lokalen  Saatbauvereinen. 

Fruwirth,  C.  Zum  Verhalten  der  B  a  s  t  a  r  d  i  e  r  u  n  g 
spontaner  Variationen  mit  der  Ausgangsform.  (Zeitschr. 
f.  Pflanzenzucht.  Bd.  VII.  1919,  S.  66—73,  2  Abb.) 

Gassner,  S.  Beiträge  zur  physiologischen  Cha- 
rakteristik Sommer-  und  winteranueller  Gewächse, 
insbesondere  der  Getreidepflanzen.  (Zeitschr.  f.  Botanik 
X.  1918,  S.  417—480,  7  Abb..  2  Taf.)  In  früheren  Versuchen  hatte  der 
Verfasser  festgestellt,  dass  bei  obligat  winteranuellem  Getreide,  also 
ausgesprochenem  Wintergetreide,  ein  Schossen  im  Frühjahr  nur  statt- 
findet, wenn  eine  Kälteperiode  während  der  Keimung  oder  aber  später 
einwirkt.  Jetzt  trachtete  er  Gesetzmässigkeiten  bei  der  Einwirkung 
niederer  Temperaturen  festzulegen.     Dabei  wurden  bei  den  Versuchen 

die   niederen    Temperaturen:    1 — 2.    5 — 6.    12    und    24"    während    der 
\ 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflauzenzüchtung.  119 

Keimung  einwirken  gelassen.  Nach  Einwirkung  dieser  Temperaturen 
wurden  je  10  Pflanzen  aus  den  Schalen  entnommen  und  in  Töpfe  ge- 
bracht. Letztere  wurden  in  das  Freiland  des  botanischen  Gartens  in 
Hamburg  versenkt  und  unter  gleichen  Verhältnissen  im  Freien  belassen. 
Petkuser  Sommerroggen  zeigte  keinen  Einfluss  der  verschiedenen 
Keinumgstemperaturen,  dagegen  war  ein  solcher  bei  Petkuser  Winter- 
roggen sehr  ausgesprochen.  (Bekanntlich  ist  Petkuser  Sommerroggen 
aus  derselben  ursprünglichen  Population  gezüchtet  worden,  der  der 
heutige  Petkuser  Winterroggen  entstammt.)  Das  Kältebedürfnis,  das 
durch  längere  Einwirkung  von  Zeiten  mit  niederer  Temperatur  —  die 
nicht  imter  0 "  zu  liegen  braucht  —  während  der  Keimung  oder  nach 
dieser  befriedigi:  werden  kann,  war  am  ausgesprochensten  bei  Petkuser 
Winterroggen  und  Svalöfs  Extra  Square  head,  weniger  ausgesprochen 
bei  Friedrichswerther  Wintergerste,  fehlte  bei  Petkuser  Sommerroggen, 
Heines  Hannagerste  und  Heines  Kolbensommerweizen.  Bei  Kittnauer 
Wechselweizen  und  Rimpaus  rotem  Schlanstedter  zeigte  sich  ein 
Kältebedürfnis,  das  sich  zwischen  jenem  der  beiden  anderen  Weizen 
bewegte.  (Referent  hat  [Zeitschr.  f.  Pflanzenzucht.  Bd.  VI,  S.  1]  gezeigt, 
dass  Bordeauxweizen  keiner  Umzüchtung  aus  Winterweizen  in 
(Schlanstedter)  Sommerweizen  bedarf,  sondern  dieser  Weizen  sich  als 
Wechselgetreide  verhält,  beim  1.  Anbau  von  Original-Bordeauxweizen 
als  Sommerweizen  normal  schosst,  ebenso  wie  sich  Schlanstedter 
Sommerweizen  beim  Herbstanban  normal  entwickelt.  In  Frankreich 
wird  Bordeauxweizen  als  Winterfrucht  gebaut  und  es  ist  interessant, 
dass  die  langjährige  Kultur  als  Sommerfrucht  in  der  Gestalt  des 
Schlanstedter  keine  erbliche  Veränderung  bei  Kältebedürfnis  hervor- 
gebracht hat,  dieser  Weizen,  im  Gegensatz  zu  den  anderen  Sommer- 
formen, ein.  wenn  auch  leichter  angedeutetes,  Kältebedürfnis  besitzt.) 
Unter  den  besonderen  Versuchen  ist  jener  hervorzuheben,  der  nach- 
weist, dass  nicht  kurze  einmalige  Kälteeinwirkung  genügt,  um  das 
Kältebedürfnis  zu  befriedigen,  sondern  längere  solche  nötig  ist.  Unter- 
scheidend für  Winter-  und  Sommergetreide  ist  für  ersteres  das  Kälte- 
bedürfnis, für  letzteres  die  Frostempfindlichkeit,  nicht  Lang-  bzw. 
Kurzlebigkeit.  Kältebedürfnis  und  Frosthärte  sind  miteinander  + 
korrelativ  verbunden.  Es  lässt  sich  schliessen,  dass  niedere  Tempe- 
ratuien  einen  höheren  Gehalt  an  Kohlehydraten,  besonders  Zucker  be- 
wirken und  dieser  Frosthärte  und  Auslösung  des  Blühens  bedingt.  Bei 
Vererbungsversuchen  über  das  Verhalten  von  Sommer-  und  Winter- 
getreide soll  nicht  die  Lebensdauer  als  solche  beurteilt  werden,  sondern 
Kältebedürfnis  und  Frostschwäche,  wobei  aber  auch  bei  diesen  zu  be- 
achten ist.  dass  nicht  die  Eigenschaften  als  solche  vererbt  werden, 
sondern  —  so  wie  bei  allen  Eigenschaften  —  die  spezifische  Reaktions- 
fähiffkeit  des  Plasmas  gegenüber  äusseren  Verhältnissen,  so  dass  man 


120  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

von  einer  Vererbung  der  Eigenschaften  nur  unter  der  Voraussetzung 
normaler,  also  gewöhnlich  herrschender  äusserer  Verhältnisse 
sprechen  kann. 

Grabner,  E.  Ausleseverfahren  zur  Massen  auslese 
der  Maiskolben.  (Zeitschr.  f.  Pflanzenzucht.  Bd.  VII.  1919. 
S.  61—63.) 

Hansen,  W.  Einiges  über  Rüben  zu  cht.  (lllustr.  landw. 
Zeitung  1919.)  Durch  die  widernatürliche  Entwicklung  des  Rüben- 
samens bei  der  Isolation  in  Gazehäuschen  wird  ein  Samen  geerntet,  der 
zur  Xachkommenschaftsprüfung  nicht  einwandfrei  ist.  Daher  ist  durch 
freies  Abblühen  bester  Mutterrüben  untereinander  und  nachfolgender 
Xachkommenschaftsprüfung  eher  ein  Erfolg  zu  erzielen.  —  Trocken- 
substanzbestimmung neben  Polarisation  ist  entbehrlich,  da  der  Zucker- 
gehalt genügend  Aufschluss  über  den  Wert  der  Rübe  gibt.  —  Für  Ver- 
erbungsnachweise genügt  es.  die  Form  der  Rübe  in  Buchstaben  statt 
Photographien  anzudeuten.  —  Schlechte  Samenträger  sind  als  Über- 
gangsform  zu   den  Trotz ern   von  der  Weiter zucht   auszuschliesseu. 

Autoref-^rat. 

Heinrich,  M.  Der  E  i  n  f  1  u  s  s  moderner  Reinigungs- 
anlagen auf  die  Güte  des  Saatgutes.  (Zeitschr.  f.  Pflanzen- 
zucht. Bd.  VII.  1919.  S.  19—30.) 

Hessing,  J.  Mitteilungen  bezüglich  der  Variabilität 
einiger  Grasarten.  (Zeitschr.  f.  Pflanzenzucht.  Bd.  VII.  1919, 
S.  53—56.) 

Jones,  D.  Natural  c  r  o  s s  p  o  1 1  i  n a t i  o n  in  t h e  t  o  m  a  t o.M 
(Science  1916,  S.  509 — 510.)  Die  Liebesapfelpflanze  Lycopersicum 
esculentum  Mill.  zeigt  nur  eine  geringe  X^eigung  zur  Fremdbefruchtung, 
aber  für  diese  und  für  Selbstbefruchtung  ist  irgendein  Eingriff  nötig. 
Erschütterung  genügt  als  solcher,  wogegen  im  Glashaus  ruhig  stehende 
Pflanzen  keine  Früchte  ansetzen  und  ebenso  eingeschlossene  Pflanzen, 
die  nicht  gestört  werden,  keine  Früchte  bilden.  Im  Versuch  wurden,  bei 
abwechselnd  in  Reihen  gebauten  Sorten.  1.98"/,,  Bastardpflanzen  fest- 
gestellt. Die  Übertragung  des  Pollens  erfolgt  voraussichtlich  durch 
AVind,  grössere  Insekten  als  Besucher  konnten  nicht  beobachtet  werden. 

Jones,  D.  Linkage  in  Ly  c  o  p  er  si  cum.'-)  (The  American 
X'aturalist  1917.  S.  608 — 621.)  Aus  den  verschiedenen  Arbeiten  über 
das  Verhalten  von  Eigenschaften  beim  Liebesapfel  versucht  der  Ver- 
fasser Schlüsse  auf  Koppelungen  zu  ziehen  und  stellt  Eigenschaften  zu- 
sammen, die  bestimmt  gekoppelt  sind,  solche,  die  nicht  gekoppelt  sind. 


^)  Natürliche  Bastardierung  beim  Liebesapfel 
-)  Koppellingen  beim  Liebesapfel. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtuug.  121 

solche,  die  nicht  gekoppelt  sein  können,  und  solche,   bei   welchen  die 
Möglichkeit  für   beides  vorhanden  ist. 

Jones,  D.  D  o  m  i  n  a  n  c  e  o  f  1  i  n  k  e  d  f  a  k  t  o  r  s  a  s  a  m  e  a  n  s 
of  accounting  for  heterosi s.^)  (Proceedings  of  the  Nat.  Acad. 
of  Sciences.  Vol.  I,  1917,  S.  310—312.)  Gegen  die  Erklärung  von 
Keeble  und  Pellow,  dass  die  grössere  Wüchsigkeit  in  F^  nach 
einer  Bastardierung  näher  miteinander  verwandter  Formen  (Heterosis) 
durch  Dominanz  zu  erklären  sei.  wurden  Einwendungen  gemacht. 
Diesen  sucht  der  Verfasser  durch  Hinweis  auf  die  Koppelungen  von 
Anlagen  zu  begegnen,  die  er,  gestützt  auf  Morgan,  als  allgemeiner 
annimmt.  Für  das  Bestehen  von  Koppelungen  wird  gezeigt,  dass  bei 
weiterem  Bau  vollständige  Dominanz  oder  vollständige  Rezessivität 
nicht  oder  sehr  selten  erreicht  wird  und  dass  die  Verteilung  in  F^ 
symmetrisch  ist.  Wie  viele  Untersuchungen  bei  Mais  und  auch  solche 
bei  anderen  Pflanzen  gezeigt  haben,  sind  für  die  Entwicklung  der- 
selben günstige  Anlagen  dominierend  und  ungünstige  (Chlorophyll- 
mangel. Verzweigung  der  Kolben)  rezessiv.  Annahme  vollständiger 
Dominanz  ist  nicht  nötig,  um  die  günstigere  Wirkung  zu  erklären, 
es  genügt  die  Annahme,  dass  eine  Anlage,  wenn  sie  einfach  vorhanden 
ist,  etwas  stärker  als  halb  so  stark  als  beim  doppelten  Vorhandensein 
wirkt  (A  nicht  V2  so  stark  als  A  A,  sondern  etwas  stärker). 

Jones,  D.  Dominance  of  linked  faktors  as  a  means 
of  accounting  for  heterosis.  (Genetics  II.  1917,  S.  466 — 479.) 
Siehe  voriges  Referat,  gleicher  Inhalt. 

Jones,  D.  Bearing  ofheterosis  upon  double  fertili- 
zation.2)  (The  botanical  gazette  LXV,  1918,  S.  324—333,  3  Abb.) 
Co  Hins  und  Kempton  hatten  festgestellt,  dass  bei  Mais  das 
Endosperm  bei  Bastardierung,  als  Einfluss  dieser,  vergrössert  wird, 
so  wie  derartige  geschlechtliche  Vereinigung  einander  nicht  zu  ferne 
stehender  Formen  sich  sonst  beiF^  der  erwachsenden  Pflanze  in  Wachs- 
tumssteigerung geltend  macht  (Heterosis).  Der  Verf.  hat  eine  grössere 
Zahl  von  Bastardierungen  zwischen  Formenkreisen  vorgenommen,  die 
3 — 6  Generationen  bei  Inzucht  geführt  worden  waren,  und  zwar,  ver- 
schieden von  Co  Hins  und  Kempton,  auch  je  reziprok.  Da  gelb- 
und  weisssamige  Formen  verwendet  wurden,  konnten  die  Samen,  welche 
von  Bastardierung  herrührten,  durch  die  lichtergelbe  Färbung  äusser- 
lich  gut  erkannt  werden.  Das  durchschnittliche  Gewicht  der  Samen 
der  gelbkörnigen  Form  betrug  nach  Selbstbefruchtung  (also  Nachbar- 
befruchtung) 30.2,  nach  Bastardierung  35.9.  jenes  der  weisskörnigen 
Form  nach  Selbstbefruchtung  21.7.  nach  Bastardierung  25.9.  demnacTi 
zeigte  sich   ein  Überwiegen  von  18.9  bezw.   19.9  "Z^.     Nach  Nemec 

^)  Dominance,  korrelativ  verbundener  Anlagen,  ein  5[ittel  die  Heterosis  zu  erklären. 
*)  Beziehungen  der  Heterosis  zur  doppelten  Befruchtung. 


122  Neue  Erscbeiüimgen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtuug. 

Ansicht  hat  die  doppelte  Befruchtung  die  Bedeutung,  das  Endosperm 
der  Ernährung  von  Bastardembryonen  mehr  anzupassen.  Nicht  ver- 
öffentlichte Ergebnisse  von  F  r  e  e  m  a  n  n  und  S  a  x  bei  Weizen- 
bastardierungen (dürftiger  ausgebildetes  Endosperm.  bei  gut  aus- 
gebildetem Embryo  und  üppiger  Fj)  lassen  den  Verfasser  an  dieser  Er- 
klärung der  doppelten  Befruchtung  als  adaptivem  Prozess  zweifeln. 

Jones,  D.  The  e  f  f  e  c  t  s  o  f  Inbreeding  and  c  r  o  s  s  - 
breeding  upon  development.M  (Connecticut  Agric.  Experim. 
Station,  Bulletin  207.  1918,  100  S.,  12  Taf.)  Die  Inzuchtversuche  mit 
Mais,  die  E  a  s  t  an  der  Versuchsstation  begonnen  hatte  und  über  welche 
er  mit  H  a  y  e  s  bis  zur  6.  Generation  derselben  berichtet  hat  (Referat: 
Zeitschr.  f.  Pflanzenz.  Bd.  I.  1912,  S.  88)  wurden  von  Jones  weiter- 
geführt. Ein  Rückgang  im  Ertrag  in  den  einzelnen  Indi  vi  dualauslesen, 
die  bei  Inzucht  —  und  zwar  Inzestzucht  durch  Befruchtung  innerhalb 
je  einer  Pflanze  =  Nachbarbefruchtung  —  geführt  wurden,  war  von 
der  9.  bis  zur  11.  Generation  nicht  mehr  deutlich.  Es  wird  daher  an- 
genommen, dass  ein  Ende  desselben  erreicht  ist  und  die  Pflanzen  homo- 
zygotisch  geworden  sind,  da  auch  Fremdbefruchtung  zwischen  solchen 
einer  Individualauslese  keine  Steigerung  des  Ertrages  bewirkte.  Die 
einzelne  Individualauslese  zeigte  grosse  Ausgeglichenheit  und  ihre 
Angehörigen  konnten,  trotz  gesunkenem  Ertrag,  als  durchaus  normale 
und  gesunde  Pflanzen  bezeichnet  werden.  Auftreten  von  Missbildungen, 
das  häufig  als  Folge  von  Inzucht  angegeben  wird,  konnte  nicht  fest- 
gestellt werden.  Eine  der  Indivi dualauslesen,  die  schon  in  den  früheren 
Jahren  sich  als  im  Ertrag  hervorragender  gezeigt  hatte,  ^/o,  zeigte 
diese  Eigentümhchkeit  weiter.  Sie  brachte  immer  weniger  Blütenstaub 
zur  Entwicklung,  hatte  dagegen  den  weiblichen  Blütenstand  am  besten 
ausgebildet  und  wies  die  grössten  Körner  auf.  Individualauslese  ^4 
brachte  immer  reiche  Blütenstaubmengen,  zeigte  schwache  Ent- 
wicklung des  weiblichen  Blütenstandes  und  kleine  Körner.  Die  durch 
Inzucht  gesonderten  Indivi  dualauslesen  unterschieden  sich  voneinander 
durch  eine  Reihe  von  Merkmalen. 

Die  günstige  Wirkung  der  Bestäubung  zwischen  verschieden  ver- 
anlagten heterozygotischen  Pflanzen,  wie  sie  Shull,  East  und 
H  a  y  e  s  bei  Mais  festgestellt  und  erklärt  haben  —  Heterosis  Shull's  — , 
die  aber  auch  von  vielen  früheren  Forschern,  bei  verschiedenen  Arten, 
bei  Pflanzen,  die  sich  verwandtschaftlich  nicht  zu  ferne  stehen,  fest- 
gestellt worden  ist.  wurde  auch  bei  Befruchtung  zwischen  den  bei  In- 
zucht geführten  Individualauslesen  des  Versuches  wieder  festgestellt. 
Ein  stärkerer  Ansatz  von  Früchten,  durch  Pollen  einer  anderen 
Individualauslese  gegenüber  solchem  derselben,  liess  sich  nicht  beob- 
achten. Dagegen  zeigte  sich  schon  bei  der  Endospermbildungundbei  der 
Keimung  der  Samen  eine  Überlegenheit  jener  Früchte,  die  von  Befruchtung 


M  Die  Wirkung  der  Inzucht  und  Kreuzung  auf  die  Entwicklung. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüclitung.  123 

zwischen  zwei  Individualauslesen  stammten;  Endosperm  wurde  reich- 
licher gebildet  und  die  Keimung  verlief  rascher. 

Die  erwachsenen  Pflanzen  wurden  höher,  hatten  dickeren  Halm, 
stärkere  AYurzelentwicklung,  längere  Kolben,  höheren  Kornertrag,  etwas 
giössere  Halmgliederzahl  und  etwas  grössere  Reihenzahl  pro  Kolben. 
Trotz  grosser  Üppigkeit  verlief  die  Entwicklung  rascher.  Blühen  und 
Reifen  trat  früher  ein.  Die  Erklärung  für  die  Heterosis  wurde  von 
E  a  s  t  und  H  a  y  e  s  —  etwas  abweichend  auch  von  S  h  u  1 1  —  in  einem 
physiologischen  Reiz  gesucht,  der  um  so  stärker  wirkt,  je  mehr  An- 
lagen heterozygotisch  sind  und  bei  Inzucht  immer  schwächer  wird,  je 
mehr  sich  die  Pflanze  der  Homozygotie  nähert.  Daneben  tritt  bei 
Inzucht  Abspaltung  rezessiver  Eigenschaften  ein.  Jones  knüpft  an 
die  Ansichten  von  Keeble  und  Pellew  (Journ.  of  Genetics  1910, 
S.  47)  und  Bruce  (Science  1910,  S.  627)  an,  wonach  bei  Heterosis 
Dominanz  eine  Rolle  spielt  und  versucht  demnach  eine  mendehstische 
Erklärung.  'V\^ährend  nach,  der  ersterwähnten  Erklärung  die  grössere 
Üppigkeit  bloss  darauf  zurückzuführen  ist,  dass,  statt  bei  Homozygotie, 
z.  B.  AAbb  und  BBaa,  im  Bastard  AaBb  zwei  Anlagen  hetero- 
zygotisch vorhanden  sind,  ist  sie  nach  der  zweiten  darauf  zurückzu- 
führen, dass  bei  Homozygotie,  z.  B.  AAbb  und  BBaa,  nur  je  eine 
Anlage  dominierend  enthalten  ist,  während  AaBb  deren  zwei  domi- 
nierend enthält. 

Kajanus,  B,  Genetische  Papaver-Notizen.  (Botaniska 
Notiser  1919,  S.  99 — 102.)  Verschiedene  Formen  von  Papaver  Rhoeas 
und  dieser  Art  zugerechneten  Handelssorten  von  Papaver  umbrosum 
Hockeri  und  laevigatum  (Rhoeas-Gruppe)  wurden  miteinander  bastar- 
diert.  Die  verwendeten  Pflanzen  waren  zum  Teil  Heterozygoten.  Von 
Pflanzen  von  Papaver  Rhoeas,  Papaver  pavonicum  und  Papaver 
glaucum  brachte  nach  Einschluss  nur  eine  bei  Selbstbestäubung  Samen, 
auch  diese  nur  wenige.  [Nicht  so  ausgeprägte  Selbststerilität  wurde 
bei  Papaver  Rhoeas  von  Moore  festgestellt,  bei  39  "/„  aller  Blüten 
Früchte  bei  Selbstbestäubung,  gegen  84 bei  Fremdbestäubung  (Referent).] 
Innerhalb  der  Rhoeas-Gruppe  wird  auf  eine  Anlage  G  geschlossen,  die 
weisse  Farbe  des  Milchsaftes  und  eine  Anlage  S,  die  schwarze  Farbe 
des  Herzfleckes  bewirkt.  Die  Spaltung  in  F^  erfolgte  nach  1  : 1,  so  dass 
Heterozygotie  eines  der  Eltern  angenommen  wird.  Papaver  Rhoeas  X 
Papaver  glancum  gab  in  F^  Prävalenz  der  Behaarung  von  Papaver 
Rhoeas.  Zwischenstellung  bei  Blattausbildung  und  Dominanz  der 
Blütenfarbe  von  Papaver  glaucum. 

Kajanus,  B.  Genetische  Studien  über  die  Blüten  von 
Papaver  somniferum  L.  (Arkiv  för  Botanik  XV,  1919,  S.  1 — 87, 
3  Taf.)  Nach  Mitteilung  der  einschlägigen  Befunde  von  de  Vries, 
F  1-  u  w  i  r  t  h  und  Hurst  teilt  der  Verfasser  das  Ergebnis  seiner  um- 


124  Nene  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

fangreichen  Bastardierungsversuche  mit,  die  seit  1912  laufen  und 
21  Bastardierungen  umfassen.  Bei  Füllung  und  einfacher  Blüte  domi- 
nierte oder  prävalierte  im  allgemeinen  einfache  Blüte  —  in  einem  Fall 
Füllung,  in  einem  anderen  Fall  war- diese  in  F^  und  weiter  verschwunden 
—  und  in  Fo  trat  Spaltung  nach  einfach  bis  etwas  gefüllt  :  stark  ge- 
füllt wie  3  :  1  ein.  Äussere  Verhältnisse  beeinflussen  Füllung  stark,  es 
wurde  aber  doch  auch  konstante  Vererbung  bei  Bildung  einiger  über- 
zähliger Blütenblätter,  halber  und  vollständiger  Füllung  erzielt.  Bei 
ganzrandigen  und  geschlitzten  Blumenblättern  ist  F^'  ganzrandig  bis 
geschlitzt.  F.,  enthält  ganzrandige  —  in  F.,  weiter  ganzrandige 
Pflanzen;  gefranste  —  in  F.,  weiter  gefranste;  geschlitzte  bis  ganz- 
randige —  in  Fo  weiter  gefranst  bis  ganzrandige;  ganzrandige  bis 
geschlitzte  —  in  F.,  wie  in  F.,  spaltende;  gefranste  bis  geschlitzte  — 
in  F.,  gefranst  bis  geschlitzt  zu  ganzrandig  wie  3:1.  Es  scheint  auch 
dem  Verfasser,  dass  es  aber  auch  Formen  gibt,  welche,  den  Zwischen- 
varietäten entsprechend,  stets  zwischen  gefranst  und  ganzrancUg 
schwanken.  Bei  Blütenfarbe  wird  das  starke  Schwanken,  die  grosse 
Mannigfaltigkeit,  auch  vom  Verfasser  erwähnt.  Er  unterscheidet 
nur  verschiedene  Abstufungen  von  vom  Zellsaft  bedingter  roter  oder 
violetter  Färbung  im -oberen  Teil  der  Blumenblätter:  Saum  und  violette 
oder  weisse  Färbung  der  unteren  Teile  derselben:  Herzflecken.  Ver- 
schiedene Breite  der  Herzflecken  bewirkt  besonders  Verschiedenheit 
in  der  Gesamtfärbung,  auch  bei  derselben  Farbabstufung.  Sowohl 
violette  als  rote  Farbe  zeigt  in  F.^  Spaltung  nach  3  violett  :  1  nicht 
violett  bzw.  3  rot  :  1  nicht  rot. 

Violett  X  rot  unten  weiss  oder  rot  unten  violett  X  weiss  gibt  in 
F,  unten  violett,  oben  bei  breitem  Saum  violettrot,  bei  schmalem  rot- 
violett.    Fo  spaltet  sehr  stark  auf  in: 

1.  bei  breitem  Saum: 

3  rot         6  violettrot         3  violett 

unten  violett  12 

3  rot  bis  hellrot         1  fast  weiss 


unten  weiss  .......       4 

2.  bei  schmalem  Saum: 

3  (violett)  rot        6  (rot)  violett        3  violett 

unten  violett  ...     12 

1  (violett)  rot         3  rosa  bis  weiss 

unten  weiss  4 

Grüne  Streifung  der  Blumenblätter,  die  bei  einer  Pflanze  der 
Sorte  The  Bride  beobachtet  wurde,  gab  voll  vererbende  Nachkommen- 
schaft und  verhielt  sich  bei  Bastardierung  in  F^  als  rezessiv  gegen 
Pflanzen  ohne  oder  mit  etwas  Streifung;  in  F2  trat  Spaltung  ein.  in 


f 

Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  125 

3  nicht  oder  etwas  gestreift  :  1  kräftig  gestreift.  Verkümmerung 
von  Blumenblättern,  Kelchblättern,  Staubfäden,  schliesslich  auch  des 
Fruchtknotens  wurde  bei  F2  einer  Bastardierung  zwischen  normal  ge- 
bauten Eltern  beobachtet  und  gab  volle  Vererbung. 

Als  Anlagen  wurden  angenommen:  für  Füllung  Fehlen  zweier 
homomerer  Anlagen,  die  einzeln  oder  zusammen  einfache  Blüte  be- 
dingen; für  Fransung  Vorhandensein  dreier  Anlagen,  von  denen  jede 
eine  bestimmte  Ausbildung  der  Fransung  bewirkt,  ihr  Fehlen  meist  Ganz- 
randigkeit;  für  grüne  Streifung  der  Blütenblätter  eine  Anlage;  für 
Färbung  der  Blumenblätter  je  eine  Grundanlage  für  violett  (oben  und 
unten  violett)  bzw.  rot  (oben  rot,  unten  weiss)  und  Verstärkunge- 
anlagen, die  Abstufungen  bewirken.  Fehlt  die  Grundanlage,  so  er- 
scheint weiss  als  Blütenfarbe,  sind  beide  Grundanlagen  vorhanden, 
so  ist  die  Blüte  oben  rot,  unten  violett. 

Kajanus,  B.  Über  eine  konstant  g  e  1  b  b  u  n  t  e  P  i  s  u  ni  - 
Rasse.  (Botaniska  Notiser  1919,  S.  83,  84.)  In  Fs-Beständen  einer 
Bastardierung  einer  Erbse  von  Fisum  arvense  mit  violettpunktierten 
Samen  mit  einer  solchen  mit  braunmarmorierten  Samen  fand  sich  1912 
eine  Nachkommenschaft  mit  mehreren  gelbbunten  Pflanzen,  die  wahi- 
scheinlich  in  Verhältniszahl  3  gegen  1  der  grünen  vorhanden  waren. 
Drei  gelbbunte  Pflanzen  heferten  55  :  2.  6  :  2,  32  :  0  gelbbunte  zu  grünen 
Pflanzen.  Die  grünen  Pflanzen  fasst  Verfasser  als  Folge  spontaner 
Kreuzung  innerhalb  der  F^-Generation  auf.  nimmt  daher  häufigeres 
Eintreten  von  Bastardierung  an.  Weiterbau  von  jener  Pflanze,  welche 
1913  rein  gelbbunte  Nachkommenschaft  geliefert  hatte,  gab  bei  Saat 
1915  und  1918  rein  gelbbunte  Pflanzen. 

Kajanus,  B.,  und  Berg,  S.  P  i  s  u  m  -  K  r  e  u  z  u  n  g  e  n.  ( Arkiv  för 
Botanik  XV,  1919,  S.  1 — 18.)  Nach  Bastardierung  verschiedener 
Erbsenformen  von  Pisum  sativum  imd  Pisum  arvense  nimmt  Verfasser 
6  Anlagen  an,  von  welchen  fünf  den  schon  von  Lock  angenommenen 
entsprechen.  Die  Anlagen,  die  Kajanus~mit  R.  G,  P.  S  und  M  be- 
zeichnet, entsprechen  den  von  Lock  mit  C,  P,  S,  D  und  M  benannten. 
Dabei  wird  als  Wirkung  der  einzelnen  Anlagen  angenommen:  R  rosa 
Blüte,  hellbraune  Samenschale,  dunkler  Nabel:  G  mit  R.  zusammen 
dunkelrote  Blüte,  graugrüne  Samenschale,  bisweilen  etwas  violett- 
punktiert; 0  hindert  die  Entfaltung  blutroter  bis  rotbrauner  Samen- 
schalenfarbe; P  bewirkt  dunkelviolettePunktierungder  Samenschale,  die 
sich  bis  zur  Fleckung  und  selbst  vollständigen  Violettfärbung  der  Samen- 
schale ausdehnen  kann;  M  verursacht  dunkelbraune  Marmorierung  der 
Samenschale;  S  schwarze  Farbe  des  Nabels.  Die  Wirkung  von  P.  sowie 
jeHe  von  M  ist  von  Kajanus  bisher  nur  bei  Vorhandensein  von  R  und 
G  beobachtet  worden.  Die  Anlagen  R,  G,  P,  M  bei  Kajanus  ent- 
sprechen bei  V.  Tschermak  den  Anlagen  A  verkoppelt  mit  G;  B:  E 


126  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Püanzeuzüehtuug. 

und  F;  M.  Bei  einer  blutrot-schwachrunzlig-samigen  Form,  die  rein 
weiter  gebaut  worden  war,  traten  1917  als  spontane  Variation  hell- 
braune, glatte  Samen  in  geringer  Zahl  auf,  die  rein  weiter  vererbten. 
Da  Verfasser  für  die  blutrote  Farbe  das  Fehlen  einer  Anlage  0  verant- 
wortlich macht,  wäre  aus  Fehlen  ein  Vorhandensein  geworden  (!)  oder 
es  ist  eine  andere  Anlage,  die  für  die  Wirkung  von  0  notu^endig  ist,  ver- 
loren gegangen.  Bei  Runzeligkeit  brauchte  nur  an  Stelle  des  Vor- 
handenseins der  Anlage  Fehlen  getreten  zu  sein. 

Kalt,  B.,  und  Schulz,  A.  Über  Rückschlagsindividuen 
mit  Spelzeigenschaften  bei  Nacktweizen  der  Emmer- 
reihe  des  Weizens.     (Berichte   der  Deutsch,  bot.   Ges.   XXXVI, 

1918.  S.  669—671.)  Bei  einer  Weizensorte  „Elephant"  von  Triticum 
turgidum,  die  aufspaltete,  sowie  bei  einer  Sorte  „Santa  Martä"  von 
Triticum  durum,  die  formenrein  ist  und  voll  vererbt,  zeigte  sich  ständig 
bei  einer  Anzahl  von  Individuen  Auftauchen  von  Brüchigkeit  der 
Ährenspindel. 

Kiessling,  L.  Die  Leistung  der  Wintergerste  und 
deren  züchterische  Beeinflussung.  (Illustrierte  landw. 
Zeitung  1919.  S.  310  und  311.)  Es  sind  mehrfach  zweizeihge  Winter- 
gersten vorhanden  und  neben  den  heute  verbreiteten,  vierzeiligen  — 
Eckendorfer  und  Friedrichswerther  und  den  Groninger  Zuchten  Mans- 
holts  —  noch  eine  Anzahl  neu  aufgetauchter  Sorten  vierzeiliger  Gerste. 
Die  Züchtung  hätte  3  Richtungen  zu  beachten,  welche  auch  in  Weihen- 
stephan eingehalten  wurden:  Kurzlebigkeit  möglichst  ohne  Ertrag- 
drückung  —  Ertrag  und  Standfestigkeit  bei  starker  Stickstoffdüngung, 
nicht  zu  späte  Reife  —  Voll-  und  Grosskörnigkeit  bei  geringem  Spelzen- 
und  Eiweissgehalt.  Bei  letzter  Richtung  werden  die  2  zeiligen  Winter- 
gersten eher  in  Frage  kommen. 

Killer,  J.  Über  die  Umzüchtung  reiner  Linien  von 
Winterweizen  in  Sommerweizen.     (Journal  f.  Landw.  67.  Bd., 

1919,  S.  59 — 62.)  Es  wird  mitgeteilt,  dass  der  Verfasser  „vor  Jahren" 
zu  Colmar  ..mit  einer  sehr  grossen  Zahl  reiner  Linien  von  Winter- 
weizen Studien  über  ihre  Eignung  als  Sommerweizen  gemacht"  hat  und 
dass  er  dabei  gefunden  hat,  dass  alle  Bordeaux- Weizen  als  Winter-  wie 
Sommerweizen  dienen  können,  alle  geprüften  Dickkopfweizen  bei  Früh- 
jahrssaat  schossten  und  —  wenn  auch  ziemlich  spät  —  mehr  oder 
minder  kräftige  Ährenbildung  zeigten,  ausge^sprochene  Landwinter- 
weizen bei  socher  Behandlung  nicht  schossten.  Mitteilungen  über  die 
Versuche  selbst  und  ihren  Verlauf  werden  nicht  gegeben. 

Küster,  E.  Über  Mosaikpanaschierung  und  ver- 
gleichbareEr  seh  einungen.  (Ber.  d.  Deutsch,  bot.  Ges.  XXXVI. 
1918.  S.  54 — 61.)     Die  Stellen,  welche  bei  Mosaikpanachüre  weiss  oder 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  1^^7 

gelb  sind,  können  entAveder  «ehr  klein  sein:  ,,Pulveriilente  Panaschie- 
rung" oder  grösser  ,, marmorierte  Panaschierung".  Es  lässt  sich  an- 
nehmen, dass  die  einzelnen  weissen  oder  gelben  Stellen  Ausgang  von 
einer  Mutterzelle  genommen  haben,  die  inäqual  geteilt  wurde,  so  dase 
der  eine  Abkömmling  derselben  Kern-  oder  Plasmateile  verlor  oder 
—  wohl  wahrscheinlicher  - —  nur  inaktiv  werden  liess.  So  wie  bei  der 
Marmorierung  bei  Coleus,  die  anthocyanhältige  und  anthocyanfreie 
Stellen  aufweist,  kann  auch  bei  der  Weiss-  und  Gelbbuntheit  neuerlieh 
inäquale  Teilung  von  Zellen  zur  Bildung  von  chlorophyllhältigen,  grünen 
Stellen  in  chlorophyllfreien,  weissen  führen. 

Lehmann,  E.  Über  die  S  e  1  b  s  t  s  t  e  r  i  1  i  t  ä  t  von  Ve  r  o  n  i  c  a 
syriaca.  (Zeitschr.  f.  induktive  Abstammungs-  und  Vererbungslehre 
XXI,  1919.  S.  1 — 46.)  Die  Arbeit  rollt  wieder  die  Frage  der  Vererbung 
der  Selbstunfruchtbarkeit  auf  und  ist  daher,  wenn  auch  nicht  mit  einer 
Nutzpflanze  ausgeführt,  hier  zu  erwähnen.  Es  wurde  bei  der  Art  nie 
eine  selbstfruchtbare  Pflanze  beobachtet,  auch  keine  solche  nach 
Kreuzung  zweier  selbstunfruchtbarer  Pflanzen  miteinander.  Es  waren 
aber  in  F^  dieser  Kreuzung  4  Gruppen  von  Pfleffizen  zu  unterscheiden. 
Angehörige  einer  Gruppe  konnten  sich  innerhalb  derselben  nicht  be- 
fruchten, wohl  aber  gelang  Befruchtung  zwischen  solchen  der  ver- 
schiedenen Gruppen.  Eine  einfache  mendelistische  Erklärung  ist  nicht 
mögUch.  die  Gruppenbildung  ist  zunächst  keiner  Erklärung  zugängUch. 

Lindhard,  E.,  und  Karsten,  J.  Vererbung  von  roten  und 
gelben  Farbmerkmalen  bei  Beta-Rüben.  (Zeitschr.  f.. 
Pflanzenzucht.  Bd.  VIT.  1919,  S.  1—18.) 

Lindstrom,  E.  L  i  n  k  a  g  e  i  n  m  a  i  z  e :  a  1  e  u  r  o  n  and  c  h  1  o  r  o  - 
p  h  y  1 1  f  a  c  1 0  r  s.^)  (The  American  Naturalist  LI.  1917,  S.  225—237.  y 
Von  den  fünf  Anlagen,  welche  die  Beschaffenheit  des  Aleurons  in 
Maiskörnern  beeinflussen,  ist  eme  mit  einer  der  7  Anlagen,  welche  die 
Ausbildung  des  Chlorophylls  in  Mais  beeinflussen,  genetisch  korrelativ 
verbunden.  Und  zwar  ist  die  Anlage  R  für  Aleuronfärbung  (s.  Referat 
Emerson)  mit  Anlage  G  verbunden,  deren  Fehlen  g  Goldigkeit  der 
entwickelten  Pflanze  bewirkt  (s.  Referat  L  i  n  d  s  t  r  o  m ,  Chlorophyll 
Inheritance  in  maize).  G  ist  auch  genetisch  korrelativ  verbunden  mit 
Anlage  L  (s.  das  erwähnte  Referat  Lindstrom),  welche  bei  Keim- 
lingen auf  die  Chlorophyllausbildung  einwirkt.  Die  Feststellungen 
wurden  mit  von  Emerson  überlassenem  Material  durch  Bastardierung 
vorgenommen. 

Lindstrom,  E.     Chlorophyll   Inheritance    in    Maize. -> 
(Cornell  University  Agr.  Exp.  St.  1918.   Memoirs  13).     Es  wird  eine- 


')  Genetische  Korrelation  bei  Mais:  Aleuron-  und  Chlorophyllanlageu. 
-)  Chlorophyllvererbung  bei  Mais. 


]^28  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung-. 

Reihe  von  Chlorophyllfehlern  bei  Mais,  teils  bereits  bekannte,  teils  neue, 
beschrieben,  und  über  Vererbungsversuche,  welche  dieselben  zum  Gegen- 
stand haben,  berichtet.  Alle  8  Chlorophyllfehler  zeigen  bei  Bastar- 
dierung mendelndes  Verhalten,  und  zwar  in  F^  Dominanz  dei-  normalen 
Ausbildung  des  Chlorophylls,  in  F^  je  für  sich  Spaltung  nach  3 :  1. 
Individuen  mit  mehr  als  2  Chlorophyllfehlern  sind  nicht  zur  voll- 
ständigen Entwicklung  zu  bringen,  solche  mit  2  sind  schon  sehr  schwach. 
Die  Individualauslesen,  mit  welchen  die  Versuche  durchgeführt  wurden, 
stammten  von  Emerson  und  Miles.  Drei  der  Chlorophyllfehler 
zeigen  sich  bei  Keimpflanzen: 

Weisse    Keimhnge    (Emerson,    Gerner t,    Miles    beobachtet). 

Fehlen  von  Chloroplasten.  — 
Grünlich-weisse- Keimhnge  (Miles  beobachtet).     Zuerst  weiss,  dann 

etwas  ergrünend,  mitunter  stärker  und  dann  weiterwachsend,  selbst 

mitunter  bis  zur  Fruchtbildung.  — 
Gelbe  Keimlinge  (neu   beschrieben),  zitronengelb,  gelegentlich  auch 

etwas  ergrünend.  — 
Die  von  Emerson  u«d  White  festgestellte  Vererbung  von  weissen 
und  grünlich-weissen  Keimlingen  nach  3:1  je  grün  zu  abweichenden, 
wurde  auch  vom  Verfasser  nachgewiesen,  und  in  gleicher  Weise  ver- 
läuft auch  die  Vererbung  nach  Bastardierung  bei  gelben  Keimlingen. 
Es  wird  für  die  3  Chlorophyllfehler  in  der  Reihenfolge,  wie  sie  an- 
geführt wurden,  als  Veranlagung  angenommen:  LVw  oder  Lvw  oder 
IVw  oder  lvw — LvW  —  IvW,  endUch  für  normale  grüne  Pflanzen 
LVW  oder  IVW.  w  bedingt  Weisse,  v  Grünlichkeit,  1  Gelbheit.  Bei 
erwachsenen  Pflanzen  wurden  die  folgenden  Chlorophyllfehler  fest- 
gestellt: 

Goldige   Pflanzen.     (Von  Emerson   zuerst  gefunden.)     Im    Alter 

von  ungefähr  einem  Monat  erscheint  an  Stelle  des  Grüns  Gelbgrün. 

schliesslich  Goldgelb,  das  sich  dann  auch  auf  Lieschen  und  Fahne 

erstreckt  und.    wie   es   scheint,   auf   Zersetzung  des   Chlorophylls 

beruht. 
Grünstreifung   (Emerson,  Miles  beobachtet),    die  im  Alter   von 

etwa  2  Monaten  erscheint. 
...Japonika"-Färbung   (Miles,  Gernert).     Blätter  von   6  Wochen 

ab  mit   grünen,   blassgrünen,   gelben  und  weissen   Streifen. 
Feinstreifung   (Miles  beobachtet).     Weisse    oder  blassgrüne,  sehr 

schmale  Streifen  von  etwa  der  3.  Woche  ab. 
Fleckung  (Emerson  beschrieben)    im  Alter  von   2   Monaten    oder 

später   eintretend;   zerstreute   oder    sehr   dichte   Fleckung.   je   mit 

hellerem  Grün. 
Wie  Emerson  und  Miles  nachwiesen,  ist  Goldigkeit.  Grünstreifung 
und  ...Japonika"  regressiv  zu  normalem  Grün  und  erstere  zwei  spalteten 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  129 

nach  1 ;  3;  letztere  Ohlorophyllabweichung  kommt  in  zwei  Abweichungen 
vor:  ..Japonika"  weiss  gestreift  und  „Japonika"  gelb  gestreift.-  Die 
beiden  Abweichungen  miteinander  bastardiert  geben  eine  weiss  ge- 
streifte Fl  und  in  F2  3  weiss  gestreifte  auf  1  gelb  gestreifte  Pflanze. 
Feinstreifung  verhält  sich  wie  Grünstreifigkeit,  dagegen  gibt  Fleckung 
entweder  nur  grüne  Pflanzen,  aber  auch  grüne  und  gefleckte  in  Fj. 
Goldigkeit  mit  Grünstreifung  gibt  F^  grün  und  F.,  mit  Spaltung  9:3:3:1 
von  grün  :  golden  :  grünstreifig  :  golden  mit  grünstreifig.  Goldigkeit  mit 
„Japonika",  ., Japonika"  mit  Grünstreifigkeit,  ,, Japonika"  mit  Fein- 
streifigkeit.  endhch  Goldigkeit  mit  Feinstreifigkeit  verhält  sich  im 
gleichen  Sinne  wie  die  vorige  Bastardierung. 

Die  Veranlagung  wird,  von  den  Chlorophyllfehlern  des  KeimUngs 
abge.-ehen.  angenommen  mit  für  Goldigkeit  gJStF;  , Japonika" 
GjStF;  Grünstreifigkeit  GJstF;  Feinstreifigkeit  GJStf;  endlich 
normal  Grün  GJStF.  Anlage  G  ist  genetisch  korrelativ  verbunden 
mit  einer  der  Anlagen  für  Aleuronfärbung  R.  Anlage  G  mit  Anlage  L 
und  Anlage  L  mit  einer  der  Anlagen  für  Aleuronfärbung.  Die  Korre- 
lationen Aveisen  darauf  hin.  dass  ein  Chromosomenpaar  drei  der  Anlagen 
enthält  (G.  R.  L).  Die  Anlagen  für  die  übrigen  Chlorophyllfehler 
werden  unabhängig  voneinander  vererbt,  finden  sich  in  anderen 
Chromosomenpaaren. 

Love,  H.,  und  Fräser,  C.  The  i  n  h  e  r  i  t  a  n  c  e  0  f  t  h  e  w  e  o  k 
awn  in  certain  Avena  crosses.^)  (American  Naturahst  1917. 
S.  481 — 493.)  Der  hier  behandelte  Erfolg  einer  Bastardierung  einer 
Form  mit  ., schwacher"  Granne  (siehe  Referat  Fräse  r)  mit  einer 
solchen  mit  Grannenlosigkeit  (einige  Ährchen  finden  sich  immerhin 
auch  bei  dieser  mit  Grannen)  ist  in  der  weiter  unten  besprochenen 
Arbeit  behandelt  worden.  Die  Bastardierung  einer  Form  mit  starker 
Granne  mit  einer  Form  mit  Grannenlosigkeit  (Avena  fatua  X  Avena 
sativa  Sixty  day)  gab  gleiches  Verhalten:  F,  unbegrannt.  F.;,  un- 
begrannt  :  teilweise  begrannt :  voll  begrannt  wie  1:2:1. 

Love,  H.,  and  Craig,  W.  VI  e  t  h  0  d  e  s  u  s  e  d  and  r  e  s  u  1 1  s 
oljtained  in  cereal  investigations  at  the  Cornell 
Station.-)  (Journal  of  the  American  Soc.  of  Agronomy  X..  1918. 
S  145 — 1.57.  1  Tafel.)  Bei  Formenkreistrennung  und  Veredelungs- 
züchtung, sowie  bei  Prüfung  von  Formen  nach  Bastardierung  wird  das  rod 
row-System  angewendet.  Je  eine  Ähre  oder  ganze  Pflanze  werden  im  ersten 
Jahre  geprüft,  indem  ihre  Körner  nach  Ähren  oder  Pflanzen  getrennt 
in  Reihen  nebeneinander  gebaut  werden.  Die  Reihen  werden  bei  Weizen 
2. .5.   bei  Hafer   5  Fuss  (1  Fuss  =  0,304  m)  lang  gemacht,  die  Körner 

*)  Die  Vererbung  der  „schwachen"  Granne  in  bestimmten  Hafer-Bastardieiimgen. 
^)  Methoden   und  Ergebnisse   ))ei  Getreide.    Untersuchungen   an   der  Cornell-Ver- 
suchsstation. 


130  Xeue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

in  den  Reihen  nicht  in  bestimmten  Abständen  gesät,  sondern  nur  die 
pro  Keihe  gleiche  Zahl  an  Körnern  in  die  mit  dem  Pfluge  nach  einem 
Reihenzieher  hergestellten  Reihen  gestreut,  die  mit  dem  Planet  junior 
mit  Scheiben  geschlossen  werden.  Von  den  besten  Reihen  wird  der 
Same  im  nächsten  Jahre  zu  gleichartigen  Reihenversuchen  verwendet, 
aber  es  werden  von  jeder  Individualauslese  2 — 3  Reihen  gesät.  Die 
Aussaat  geschieht  nun  mit  gleichem  Gewicht  Samen  pro  Reihe  und  mit 
Einschaltung  von  Vergleichsreihen,  die  mit  einerlei  Saatgut  für  die 
ganze  Fläche  besät  werden.  Die  Reihen  sind  nun  für  Hafer  15.  für 
Weizen  16,  für  Gerste  20  Fuss  lang.  Nur  die  wenigst  befriedigenden 
werden  im  zweiten  Jahre  ausgeschieden.  Mit  dem  Samen  der  übrigen 
werden  die  Reihenversuche  in  gleicher  Weise  wiederholt,  aber  nun  mit 
Je  10  Reihen  pro  Individualauslese  und  3  Jahre  hindurch.  Die  dabei 
am  besten  sich  bewährenden  Individualauslesen  (die  bei  Selbst- 
befruchtern,  wie  Gerste.  Weizen  und  Hafer,  reine  Linien  sind)  werden 
dann  der  Vervielfältigung  und  Prüfung  bei  Landwirten  übergeben.  Es 
wird  nachgewiesen,  dass  die  Prüfung  in  Reihen  in  beschriebener  Art 
ein  vollkommen  befriedigendes  Ergebnis  liefert  gegenüber  einer  Prüfung 
in  ^/loo  acre  (1  acre  =  40,46  ar)  Parzellen,  die  je  3  mal  wiederholt  werden. 
Der  mittlere  Fehler  betrug  bei  den  Reihenversuchen  mit  Weizen  im 
Mittel  der  Sorte  2,69.  bei  jenen  mit  Hafer  3,12%.  Dabei  können  mit 
den  Reihenversuchen  auf  einer  Fläche,  auf  welcher  mit  der  ersten  Ver- 
suchsart 37  Sorten  geprüft  werden  können,  dann  242  geprüft  werden. 
Bei  den  Formenkreistrennungen  und  A^eredelungszüchtungen  wird  der 
Ausgang  entweder  bei  Reisen  im  Land  durch  Entnahme  je  eines  Frucht- 
standes für  eine  Individualauslese  erhalten  oder  durch  Entnahme  von 
Pflanzen  aus  einem  Bestand  solcher,  die  bei  1  Fuss  Entfernung  voneinander 
aus  Saatgut  der  betreffenden  Sorte/  erwuchsen.  Eine  Auslese  nnd  Prüfung, 
wie  hier  geschildert  wurde,  wird  an  der  Station  jedes  2.  Jahr  begonnen. 
Die  von  den  Reihen  geernteten  Bunde  werden,  mit  den  Fruchtständen 
nach  oben,  in  verstellbare  Rahmen  gepackt.  Avelche  aufgehängt  werden. 
Der  Drusch  erfolgt  mittels  einer  einfachen,  von  Teeter  entworfenen 
Maschine,  welche  leicht  Reinigung  zulässt.  Bastardierungen  werden  nur 
im  Glashaus  bei  in  Töpfen  befindlichen  Pflanzen  ausgeführt.  Bei 
Weizen  erwies  es  sich  dabei  als  für  den  Erfolg  gleichgültig,  ob  die 
Spelzenspitze  abgeschnitten  wurde  oder  nicht. 

Love,  H.,  and  Craig,  W.  The  r  e  1  a  t  i  o  n  b  e  t  w  e  e  n  c  o  1  o  r 
and  other  char  acters  in  certain  Avena  crosses.^)  (The 
American  Naturalist  LTI.  1918,  S.  369 — 383.)  Bastardierung  von  Avena 
fatua.  dem  Wildhafer,  mit  Avena  sativa.  Kulturhafer,  Form  Sixty 
day.  gab.  so  wie  bei  Surface.  in  F^  die  Zwischenform:  oft  Körner- 

» 

^)  Die  Beziehungen  zwischen  Kornfarbe  und  anderen  Eigenschaften  in  gewissen 
Hafer-Bastardiernne-en. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung,  131 

lichter  gefärbt  als  bei  fatua,  Aussenkorn  oft  mit  Granne  und  liücken- 
haaren,  Innenkorn  unbegrannt,  hier  und  da  mit  einzelnen  Rücken- 
haaren,  Fruchtbasis  mehr  wie  bei  sativa,  einzelne  Basalhaare.  F^  gab 
vier  Typen,  solche  mit  schwarzen,  grauen,  gelben  und  weissen  Körnern; 
letztere  konnten  den  grauen  zugerechnet  werden,  so  dass  ein  Verhältnis 
von  12  :  3  : 1  sich  ergibt,  oder  von  schwarz  zu  nicht  schwarz  wie  von 
3:1.  Die  schwarzen  Körner  waren  zweierlei  Art.  solche  mit  zwei 
starken  Grannen  und  Behaarung  an  beiden  Früchtchen  und  Basis  wie 
fatua  und  solche  mit  Behaarung  an  dem  Aussenkorn,  hier  und  da  bei 
dem  Innenkorn  und  mit  Basis,  die  sativa  oder  Zwischenbildung  ent- 
spricht. Die  Basis  spaltet  nach  1  :  3,  wobei  Basis  der  Wildform  rezessiv 
ist.  Die  Grauen  hatten  behaarte  und  glatte  Körner  und  hatten  voll-, 
teilweise  begrannte,  sowie  auch  grannenlose  Pflanzen.  Pflanzen 
mit  beiden  Körnern  behaart :  solchen  mit  nur  einem  :  solchen  mit  keinem 
wie  1:2:1.  Die  Gelbkörnigen  hatten  alle  unbehaarte. Körner  und  nur 
wenig  oder  keine  Granne,  alle  Grannen  waren  „schwache'"  Grannen 
(Referat  Fräser).  Der  Prozentsatz  Begrannung  innerhalb  einer 
Pflanze  schwankt  bei  schwarzen  und  grauen  von  0 — 100  %,  also  von 
unbegrannt  bis  voll  begrannt,  bei  den  gelben  nur  von  0 — 20 — 29  "/o 
Ährchen  mit  begranntem  Korn.  Eine  bei  der  verwendeten  Form  von 
Avena  fatua  vorhandene  Anlage  für  Behaarung  ist  genetisch  korrelativ 
verbunden  mit  Anlage  für  schwarz,  die  andere  nicht  verbunden.  Es 
wurde  aber  auch  eine  Form  des  Wildhafers  festgestellt,  die  nur  eine 
Anlage  für  Behaarung  hat.  Gelbe  Farbe  und  Behaarung  schliessen 
sich  aus.  Bezüglich  der  Kornbasis  ist  von  den  schwarzkörnigen 
Pflanzen  wie  von  den  grauen  die  Mehrzahl  in  sativa-Form  ausgebildet, 
die  Minderzahl  in  Form  des  Wildhafers,  die  gelbe  nur  in  letzterer. 
Die  Verhältnisse  in  F.,  wurden  auch  angeführt.  So  wie  von  L  o  v  e 
und  Fräser  (Referat  in  diesem  Heft)  gezeigt  wurde,  dass  bei 
..schwacher"  Granne  grannenlos  zu  schwacher  Begrannung  gegen  volle 
Begrannung  nach  1  :  3  spaltet,  so  wird  dieses  hier  auch  für  die  starke 
Granne  nachgewiesen. 

Love,  H.,  and  Mc.  Rostie,  G.     The  i  n  h  e  r  i  t  a  n  c  e   o  f  h  u  1 1  - 

lessness  in  oat  hybrids.M  (The  American  Naturalist  LIIT. 
1919.  S.  1 — 32,  6  Abb.)  Übereinstimmend  mit  Norton,  Gaines  und 
Linn  und  Surface  wurde  gefunden,  dass  Bespelzung  und  Nacktheit 
bei  Haferbastardierungen  mendeln.  Bastardiert  wurde  Nackthafer. 
Avena  nuda,  mit  verschiedenen  Formen  von  Avena  sativa,  in  einem  Fall 
mit  Wildhafer,  Avena  fatua.  Die  F,  zeigte  Zwischenbildung,  und  in 
Fg  spaltete,  so  wie  bei  den  anderen  Versuchsanstellern,  bespelzt 
:  Zwischenbildung :  nackt  wie  1:2:1.     Es  wurden  aber  die  Zahlenver- 


')  Die  Vererbung  der  Spelzennacktlieit  bei  Hafer. 
Zoitsf'hrift  für  Pflanzonzüohtnng.    Bd.  VII.  10 


132  iSeue  Erscheinungeu  auf  dem  Gebiete  der  Pflauzeuzüchtuiig. 

hältnisse  genauer  festgestellt  und  dabei  auffallende  Erscheinungen  ge- 
funden. Die  Fj-Pflanzen  und  die  Pflanzen  der  Zwischenbildung  der 
anderen  Generationen  weisen  nackte  und  bespelzte  Körner  auf.  Solche 
Zwivschenbildungen,  die  mehr  nackte  Körner  aufweisen,  liefern  eine 
Nachkommenschaft,  die  an  nacktkörnigen  Pflanzen  reicher  ist,  dagegen 
liefern  solche  Zwischenbildungen,  die  mehr  bespelzte  Körner  zeigen, 
eine  Nachkommenschaft  mit  mehr  bespelzten  Pflanzen.  Durchschnitt- 
lich kommt  aber  doch  ein  Verhältnis  von  1:2:1  heraus,  wenn  auch 
einzelne  Bastardierimgen  einen  Überschuss  an  nackten  Körnern  hervor- 
bringen, wie  denn  auch  bei  Bastardierung  zweier  bespelzter  Formen 
vereinzelte  Ährchen  mit  nackten  Körnern  gefunden  worden  sind. 

Meunissier,  A.  Experiences  genetiques  faites  ä  Ver- 
r  i  e  r  e  s.^)  (Bulletin  de  la  Societe  nationale  d'acclimatation  de  France 
1918,  Abdruck  29  S.)  Seit  1815  wurden  Vererbungsstudien  zu  Verrieres 
betrieben,  besonders  intensiv  aber  seit  1902  von  Philippe  de 
Vi  Im  or  in.  dessen  kürzlich  erfolgter  Tod  in  Fachkreisen  allgemein 
bedauert  wird.  Meunissier  war  bei  diesen  Arbeiten  wiederholt 
Mitarbeiter.  In  dem  1910  zu  Verrieres  geschaffenen  Laboratorium  für 
Vererbungsstudien  wurden  aber  auch  Fremde  als  Gäste  freundlich  auf- 
genommen (Hagedoorn,  Backhaus).  Meunissier  gibt  in  der 
Veröffentlichung  eine  nach  Pflanzen  und  Tieren  geordnete  Übersicht 
der  von  Ph.  de  Vilmorin,  ihm  selbst  und  den  Gästen  in  Verrieres 
erzielten  Ergebnisse  und  fügt  ein  Verzeichnis  der  bezüglichen  Original- 
literatur an,  das  auch  Gartenpflanzen  und  Haustiere  umfasst.  Eine 
ganz  kurz  gehaltene  Übersicht  der  Ergebnisse,  sowohl  neuer  als  solcher, 
welche  nur  Bekanntes  bestätigen,  sei  für  landwirtschaftliche  Pflanzen 
gegeben: 

Erbse.  Dominierend  Glätte  über  Runzeligkeit  der  Samen;  Gelb- 
färbung der  Keimlappen  über  Grünfärbung;  Färbigkeit  der  Samenschale 
über  Farblosigkeit;  Fädigkeit  der  Hülse  gegen  Fadenlosigkeit;  Grün- 
färbung der  reifen  Hülse  gegen  Gelbfärbung;  Violettfärbung  derselben 
gegen  Grünfärbung.  Wenn  Violettfärbung  mit  Gelbfärbung  vereint  ist, 
entsteht  lebhafte  Rotfärbung.  Violettfärbung  kann  sich  in  Spuren  auch 
bei  weissblühenden  Erbsen  zeigen:  violette  Spuren  bei  grünen,  rosa 
Spuren  bei  gelben  Hülsen.  Normale  Anordnung  der  Blüte  dominiert 
gegen  Häufung  derselben  an  verbänderten  Stengeln.  Die  Faszierung 
wurde  zu  Verrieres  auf  eine  Reihe  von  Formen  übertragen.  Höhe  der 
Pflanzen  dominiert  gegen  Zwergwuchs  bei  in  der  Höhe  sehr  von- 
einander verschiedenen  Formen,  sonst  Zwischenbildung.  Wachsüberzug 
von  Blättern  und  Achsen  dominiert  gegen  Fehlen  desselben.  Für  Wachs- 
überzug sind,  so  wie  für  Fädigkeit.  2  Anlagen  anzunehmen.    Krümmung 


^)  Zu  Verrieres  ausgeführte  Vererbungsver-suche. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  133 

des  Hülsenendes  dominierend  gegen  spitzes  Ende,  aber  auch  Zwischen- 
bildimg.  Bei  Blütenfarbe  violett,  rosa,  weiss  wurden  die  bekannten  Ver- 
hältnisse bestätigt.  3  Formenkreise  sind  zu  Verrieres  vorhanden,  die 
violette  Blüte  ohne  violette  Makel  der  Blattachseln  besitzen.  Getrennt- 
sein der  Samen  in  den  Hülsen  dominiert  gegen  Zusammenhang  derselben. 
Vorhandensein  der  Ranken  dominiert  gegen  Fehlen  derselben,  die 
Heterozygoten  besitzen  leicht  abgeplattete  statt  auf  Querschnitt  kreis- 
förmige Ptanken.  Bildung  von  1 — 2  Hülsen  pro  Blütenstand  dominiert 
gegen  solche  von  3 — 4  und  mehr;  das  Verhalten  ist  undeutlich,  weist 
auf  mehrere  Anlagen  für  Mehrhülsigkeit  hin.  Schwarzer  Nabel  domi- 
niert gegen  ungefärbten.  Es  wurden  auch  Pflanzen  mit  zur  Hälfte 
schwarzem,  zur  Hälfte  ungefärbtem  Nabel  beobachtet.  Pflanzen  mit 
dürftiger  Entwicklung  des  Schiffchens  und  Unbedecktheit  der  Narbe,  wie 
sie  Mendel  beobachtet  hatte,  wurden  auch  gefunden. 

Weizen.  Lockerheit  der  Ähre  dominiert  gegenüber  Dichte,  aber 
auch  Zwischenbildung,  Grannenlosigkeit  dominiert  gegen  Begrannung. 
aber  meist  tritt  Zwischenbildung  ein  mit  Vorwiegen  gegen  Grannen- 
losigkeit. Spelzenbehaarung  dominiert  gegenüber  Haarlosigkeit, 
Farbigkeit  der  Spelzen  gegenüber  Weissfärbung,  Schwarzfärbigkeit  der 
Spelzen  gegenüber  Andersfärbigkeit.  Bei  mehreren  Weizenformen  wurden 
braunspelzige  und  weissspelzige  Ähren  an  je  derselben  Pflanze  gefunden. 
Unverzweigtheit  der  Ährenspindel  dominiert  gegen  Verzweigung.  Ver- 
zweigung wurde  nur  bei  einer  Form  gefunden,  die  nicht  dem  Rauh- 
weizen. Triticum  turgidum,  angehört,  sonst  nur  bei  diesem.  Auf- 
fallendes Äussere  zeigten  Bastardierungsergebnisse  zwischen  Ble  de 
miracle.  einer  T.  turgidum-Form  mit  stark  verzweigter  Ährenspindel 
und  polnischem  Weizen,  Triticum  polonicum.  Höhe  der  Pflanzen 
dominiert  gegen  Zwergwuchs;  Bildung  je  eines  Ährchens  an  einem 
Spindelabsatz  gegen  solche  von  je  zwei.  Verschiedene  Ergebnisse 
von  Bastardierungen  wurden  für  praktische  Zwecke  herausgegriffen,  so 
ein  Hartweizen.  Triticum  durum,  ohne  Grannen. 

Hafer.  Färbung  der  Spelzen  dominiert  gegen  weisse  Spelzen. 
Zwischenbildung  tritt  bei  Fahne  gegen  Rispe  ein,  bei  Bespelzung  gegen 
Nacktheit  und  bei  grösserer  Zahl  Blütchen  pro  Ähre  gegen  kleine. 
Vorhandensein  von  Grannen  dominiert  gegenüber  Fehlen.  Frühreife 
gegenüber  Spätreife. 

Gerste.         Zweizeihgkeit      dominiert      über      Sechszeihgkeit. 

Schwarzfärbung  der  Spelzen  gegenüber  anderer  Färbung,  Bildung  eines 

Spelzenanhängsels  (abortierte  Blüte)  gegenüber  Fehlen  desselben,  auch 

Zwischenbildung.      Zwischenbildung   tritt   ein   bei    Bespelztheit   gegen 

Nacktheit.   Zahnung  der  Grannen  gegen  Fehlen  derselben. 

10* 


134  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Zuckerrübe.  Färbigkeit  der  Rübenkörper  dominiert  gegen 
weissen  Körper,  Zweijährigkeit  gegen  Einjährigkeit  (Schossen).  Eine 
Form  mit  zusammenhängenden  Knäueln  wird  studiert. 

Kohl.  AVachsüberzug  der  Blätter  dominiert  gegen  Fehlen 
desselben. 

K  0  h  1  r  ü  b  e.  Grünfärbung  des  Halses  dominiert  gegen  Weiss- 
färbung desselben. 

Bei  Fisole  wird  die  Vererbung  bei  aufgefundenen  Ergebnissen 
spontaner  Bastardierung  verfolgt.  Marmorierung  erwies  sich  als 
dominierend  über  Einfärbigkeit  der  Samen  und  Färbigkeit  gegenüber 
weissen  Samen.  - 

Isilsson-Ehle,  H.  Untersuchungen  über  Speltoid- 
mutationen  beim  ^^^  e  i  z  e  n.  (Botaniska  Notiser  1917.  S.  305 
bis  329,  1  Abb.)  Beim  Weizen  Triticum  vulgare  wurden  spontane 
Variationen  beobachtet,  welche  in  der  Bildung  längerer,  lockerer  Ähren 
und  längerer  Halme  bestanden,  später  reiften  und  Ährchenspelzen  be- 
sassen,  die  im  Verhältnis  zu  den  Blütenspelzen  kürzer,  stärker  gekielt- 
oben fast  quer  abgestutzt  und  im  unreifen  Zustand  miteinem  grünenLängs- 
streifen  versehen  waren.  Die  schwächlichen  Pflanzen  erinnern  in  der 
Ausbildung  der  Ährchenspelzen  an  Triticum  Spelta.  daher  Speltoid- 
mutationen.  Alle  beobachteten  Variationen  werden  auf  Verlust  einer 
Anlage  zurückgeführt,  der  bei  einer  Geschlechtszelle  eintritt,  die  mit 
einer  nicht  variierten  die  spontane  Variante  als  Heterozygote  liefert. 
Die  Vererbungsverhältnisse'  sind  eigenartige.  Die  beim  Sommerweizen 
beobachtete  Variante  brachte  als  Nachkommenschaft  wieder  ebensolche 
Varianten  und  normale  Pflanzen,  erstere  spalteten  in  gleicher  Weise 
weiter,  und  zwar  1:1.  letztere  vererbten  voll.  Die  aufgefundene 
Variante  war  demnach  eine  Heterozygote,  aber  bei  der  Bildung  der 
Geschlechtszöllen  wurden  bei  jenen  des  einen  Geschlechtes  nur  solche 
mit  der  Anlage  für  die  normale  Ausbildung  erzeugt,  bei  den  anderen 
solche  und  solche  mit  der  Anlage  für  die  Abweichung.  In  einem  anderen 
Fall,  bei  Winterweizen  Extra  Square  head  II,  gab  die  spontane  Variation' 
normale  Pflanzen,  speltoide  Individuen  und  der  spontanen  Variation 
entsprechende.  Pflanzen  der  beiden  ersterwähnten  Arten  vererbten  voll, 
solche  der  letzteren  Art  spalteten,  annähernd  nach  1:2:1.  aber  mit 
Überschuss  normaler  Pflanzen.  In  diesem  Fall  wurde  demnach  auch 
die  speltoide  Homozygote  gebildet,  die  im  ersten  Fall  fehlte.  Hier, 
wie  in  einem  dort  folgend  angeführten  Fall,  wird  angenommen,  dass 
die  Abweichung  in  dem  Spaltungsverhältnis  auf  die  Schwächung  der 
Geschlechtszellen  mit  der  Anlage  für  die  spontane  Variation  zurück- 
zuführen ist,  welche  Schwächung  —  teilweise  schwächere  oder  stärkere, 
bis  vollkommene  Gameten elimination  —  um  so  stärker  ist.  je  mohr 
die  spontane  Variation  von  dem  normalen  Typus  abweicht. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  135 

Oberstein,  0,  Über  das  Vorkommen  echter  Knospen- 
variationen bei  p  0  m  m  e  r  s  c  h  e  n  und  anderen  K  a  r  t  o  f  i  e  1  - 
Sorten.  (Kartoff eibau  1919,  Nr.  12,  und  Deutsche  landw.  Presse  1919, 
ö.  560 — 561,  1  Abb.)  Gegenüber  Ei  necke,  der  Knospenvariationen 
bei  Kartoffelsorten  als  selten  ansieht,  so  dass  —  wie  bei  der  Deutschen 
Landwirtschafts -Gesellschaft  —  die  Aberkennung  schon  bei  4  ab- 
weichenden Stauden  pro  Hektar  erfolgen  soll,  betont  Verf.  das  häufigere 
Auftreten  solcher  Variationen.  Er  führt  aus,  dass  wenigstens  einzelne 
Sorten  geneigt  sind,  Knospenvariationen  häufiger  auftreten  zu  lassen, 
dass  solches  Auftreten  aber  nachgewiesen  sein  muss,  um  bei  der  Saaten- 
anerkennung Berücksichtigung  finden  zu  können.  Die  schlesische  Land- 
wirtschaftskammer erkennt  bei  solchen  Sorten  erst  ab,  wenn  über  5  ^l„ 
in  der  Blütenfarbe  abweichende  Pflanzen  vorhanden  sind.  Einen  Nach- 
weis der  grösseren  Neigung  hält  Verf.  für  eine  Sorte  erst  dann  erbracht, 
wenn  einwandfrei  und  öfters  sonst  typisch  ausgebildete,  aber  in  der 
Blüten-  (wohl  auch  in  der  Knollen-  [Referent])  färbe  abweichende  Pflanzen 
beobachtet  wurden  und  man  weiterhin,  wenigstens  einmal,  eine  Pflanze 
mit  typischen  Teilen  und  solchen,  welche  der  Abweichung  entsprechen, 
festgestellt  hat.  Von  ihm  selbst  wurden  derartige  Fälle  beobachtet  bei 
zweierlei  Blüten  in  einem  Blütenstand  bei  Deodara,  Angelika,  Lotos. 
Parnassia,  bei  zweierlei  ganzen  Achsen  bei  Deodara,  Vater  Rhein. 
Modell.  Fürst  Bismarck.  Es  wird  festgetellt,  dass  die  Angaben  der 
Kartoffelkataloge  in  einer  Anzahl  von  Fällen  bezüglich  der  Blütenfarbe 
ungenau,  selbst  falsch  sind. 

Rasmuson,  H.  Zur  Genetik  der  Blütenfarben  von 
Tropaeolum  majus.  (Botaniska  Notiser  1918,  S.  253—259.) 
Lästig  bei  der  Arbeit  mit  dieser  Pflanze  ist  bei  Bastardierung,  dass 
die  Proterandrie  derselben  künstliche  Bestäubung  auch  bei  ein- 
geschlossenen Pflanzen  nötig  macht  und  dass  nur  höchstens  drei  Samen 
pro  Blüte  erhalten  werden.  Bei  dunkelgelb  und  hellgelb  bei  Blütenfarbe 
dominiert  dnnkelgelb.  die  Spaltung  erfolgt  nach  3:1;  bei  gelb  und  rot 
als  Blütenfarbe  dominiert  rot,  die  Spaltung  erfolgt  nach  3:1.  In  Fo 
treten  verschiedene  Abstufungen  der  Rotfärbung  ein.  Enthalten 
Pflanzen,  die  bezüglich  roter  Blütenfarbe  gleich  veranlagt  sind,  die 
Anlage  für  dunkelgelbe  Blütenfarbe,  so  können  sie  anders  aussehen, 
als  solche,  die  diese  Anlage  nicht  besitzen. 

Rasmuson,  H,  Über  eine  P  e t u n i  a -  Kr  e u  z  u n  g.  (Botaniska 
Notiser  1918,  S.  287 — 294.)  Bei  Petunia  hybrida.  Bastardierungsergeb- 
nissen von  P.nyctaginiflöra  Juss.  X  P.  violaceaLindl.  erhielt  der  Verfasser, 
bei  Vereinigung  einer  Form  mit  fast  weissen  Blüten,  die  violetten  An- 
flug zeigten,  blaue  Antheren  und  ebensolche  Pollenkörner  hatten  mit 
einer  Form  mit  violetten  Blüten,  mit  gelbem  Schlund,  gelben  Antheren 
und  ebensolchen  Pollenkörnern,  eine  mehrförmige  F^,  was  auf  Unrein- 


13(3  ^eue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

heil  wenigstens  der  einen  Eiterform  schliessen  lässt.  Weitere  Ver- 
folgimg der  Bastardierung  liess  feststellen,  dass  stärkere  Blütenfarbe 
über  schwächere  und  blaue  Antherenfarbe  über  gelbe  dominiert  und  in 
Fs-Spaltung  je  nach  3  : 1  eintritt.  Blaue  Antherenfarbe  ist  immer  mit 
blauer  Färbung  des  Schlundes,  gelbe  mit  gelber  verbunden. 

Roemer,  Th.  Über  Lupinenzüchtung.  (Deutsche  landw. 
Presse  1919.  S.  174,  175.)  Die  Züchtung  kann  auch  bei  Lupinen  gleich- 
massige  Reife  erzielen,  die  bei  dieser  Pflanze  durch  gleichmässiges 
Keimen  (einheithche  Hartschaligkeit)  und  gleichmässiges  Blühen  be- 
dingt ist.  Für  beides  werden  dm-ch  Zahlen  Verschiedenheiten  von 
Individualauslesen  vorgeführt.  Dass  auch,  gegenüber  Populationen,  die 
Kornerträge  durch  Herausgreifen  der  besten  Individualauslesen  ge- 
steigert werden  können^  wird  durch  Hinweis  auf  die  Kornerträge  ver- 
schiedener solcher  Individualauslesen  dargetan.  DurchschnittUche 
Körnigkeit  und  Lückigkeit  der  Hülse  ist  nach  Indi\idualauslesen  erb- 
lich verschieden. 

Schmidt,  Jobs.  On  the  aroma  in  plants  raised  by 
Crossing.')  (Comptes  rendus  des  travaux  du  laboratoire  de  Carls- 
berg  11.  Bd..  Nr.  6,  1917,  S.  330—332.)  Ein  Hallertauer  Späthopfen 
Nr.  27  wurde  mit  Pollen  von  einer  Pflanze  American  Cluster  Nr.  7  a  be- 
stäubt und  es  wurden  dabei  drei  Bastarde  erhalten.  Das  kenn- 
zeichnende Aroma  des  amerikanischen  Hopfens  wurde  durch  die  männ- 
liche Pflanze,  welche  es  selbst  nicht  zeigen  konnte,  übertragen. 

Schmidt,  Johs.  La  valeur  de  l'individu  a  titre  de  gene- 
rateur.  appreciee  suivant  la  methode  du  croisement 
diallele.-)  (Comptes  rendus  des  travaux  du  laboratoire  Carlsberg 
14.  Bd.,  Nr.  6,  1919.  33  S.)  Der  Inhalt  der  Arbeit  deckt  sich  vollständig 
mit  der  unter  ..Bücherschau"  besprochenen,  im  gleichen  .lahre  er- 
schienenen Übersetzung  aus  dem  dänischen  Manuskript,  die  unter  dem 
Titel:   ..Der  Zeugungswert  des  Individuums"  erschienen  ist. 

Schmidt,  Johs.  Can  different  clones  be  characte- 
rised  by  the  number  of  marginal  teeth  in  the  leaves.'^) 
(Comptes  rendus  des  travaux  du  laboratoire  de  Carlsberg  14.  Bd..  Nr.  2. 
1918.  24  S..  7  Abb.)  Es  sollte  untersucht  werden,  ob  die  Angehörigen 
verschiedener  vegetativer  Linien  sich  bei  quantitativ  variablen  Eigen- 
schaften voneinander  unterscheiden  lassen.  Als  zu  unterscheidende 
Eigenschaft  wurde  die  Zahl  der  Zähne  des  mittleren  Blattzipfels  von  in 
bestimmter  Höhe  stehenden  Blättern  von  Achsen  zweiter  Ordmmsr  ge- 


1)  Über  das  Aroma  von  Hopfenpfhmzen-Bastarden. 

■-)  Der  Zeugungswert  des  Individuums,  gescliätzt  nach  der  Methode  der  kreuz- 
weisen Paarung. 

ä)  Können  verschiedene  vegetative  Linien  durch  die  Zahnzahl  ihrer  Blätter  von- 
einander unterschieden  werden. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  137 

wählt.  Bei  vorläufiger  Untersuchung  zweier  Pflanzen  von  Oregon 
Cluster  und  Gron  aus  Funen  erwies  sich  Oregon  Cluster  als  zahnreicher. 
Untersuchungen  der  Jahre  1915,  1916,  1917  zeigten,  dass  dieselbe 
Pflanze  in  verschiedenen  Jahren  eine  verschiedene  Zahl  Zähne  aufweist, 
andere,  dass  ebenso  bei  verschiedenen  Verhältnissen  im  selben  Jahre 
—  im  Glashaus  und  ausserhalb  desselben  —  sich  verschiedene  Zahlen 
ergeben.  Trotz  dieser  Modifikabilität  des  untersuchten  Merkmales 
unterscheiden  sich  aber  zwei  Linien  von  stärker  untereinander  ver- 
schiedenen Formen,  eine  solche  von  einer  Pflanze  von  Oregon  Cluster 
Nr.  60  und  eine  solche  von  einer  dänischen  Pflanze  von  Nord-Seeland 
Nr.  4  auch  unter  verschiedenen  Verhältnissen  voneinander.  Bei 
Bastardierung  von  Oregon  Cluster  Nr.  60  mit  Nord-Seeland  Nr.  4  lag 
die  Zahnzahl  in  F^  zwischen  jener  der  Eltern.  Ebenso  bei  einer 
Bastardierung  von  New  York  Spaulding  und  English  Cluster  Nr.  99 
einerseits  und  der  dänischen  Pflanze  Nr.  4  andererseits. 


M.  S  t e  r  i  1  i  t e ,  a u t  o  i  n  c  o  n  c  e  p  t  a  b  i  1  i  t  e  et  d i  f  f  e  - 
r  e  n  t  a  t  i  0  n  sexuelle  p  h  y  s  i  o  1  o  g  i  q  u  e.\)  ( Archives  neerlan- 
daises  des  sciences  exactes  et  naturelles.  Serie  III B,  1917,  Bd.  3, 
S.  205 — 234.)  Das  was  bisher  Selbstunfruchtbarkeit.  Seibatsterilität, 
genannt  wurde,  sollte  Selbstunempfänglichkeit,  zelfonbevruchtbaarkeid 
genannt  werden,  gegenüber  Unfruchtbarkeit,  Sterilität,  die  einer  Dege- 
neration von  Organismen  oder  von  Organismenteilen  entspricht,  welche 
zur  Fortpflanzung  bestimmt  sind,  aber  diese  nicht  ermöglichen.  Über 
Selbstunempfänglichkeit  hat  Verfasser  Versuche  mit  Verbascum  phoe- 
nicum  ausgeführt,  die  ihn  zunächst  schliessen  lassen,  dass  die  Selbst- 
unempfänglichkeit mit  der  Geschlefhtsdifferenzierung  zusammenhängt. 

Snell,  K.  F  a  r  ))  e  n  ä  n  d  e  r  u  n  g  der  K  a  r  t  o  f  f  e  1  b  1  ü  t  e  und 
Saatenanerkennung.  (Der  Kartoffelbau  1919,  Nr.  10,  3  Seiten.) 
Die  Frage,  der  Konstanz  der  Blütenfarbe  bei  der  Kartoffel  spielt  bei 
der  Saatenanerkennung  eine  wichtige  Rolle.  Die  D.  L.-G.  steht  bis 
jetzt  auf  dem  Standpunkt,  dass  bei  Vorhandensein  von  abweichend 
blühenden  Pflanzen  aberkannt  werden  muss.  Bei  einer  Rundfrage  wurde 
festgestellt,  dass  —  wie  bisher  schon  bekannt  —  manche  Sorten  spontan 
variierte,  abweichend  blühende  Pflanzen  aufweisen,  andere  Verschieden- 
heiten in  der  Bhltenfarbe  zeigen,  die  als  Modifikationen  aufgefasst 
werden  müssen,  nichts  Erbliches  haben.  Der  Verfasser  hält  es  mit 
Recht  für  ausgeschlossen,  bei  der  Besichtigung  zur  Zeit  der  An- 
erkennung, die  Entscheidung  treffen  zu  können,  ob  Variation,  ob  Modi- 
fikation vorliegt.  Er  ist  der  Ansicht  und  hat  zum  Nachweis  derselben 
Versuche  unternommen,  dass  jede  Sorte  die  Fähigkeit  besitzt.  Farb- 
stoffe auszubilden  und  weiss  blüht,  wenn  die  Bedingungen  für  die  Ent- 


')  Sterilität,  Selbstunempfänglichkeit  und  physiologische  Geschlechtsdifferenzieiung. 


138  Neue  Erscheinuugeii  aul:  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüclitung. 

faltung  dieser  Anlage  nicht  vorhanden  sind.  Besonders  Lichtmangel 
konnte  in  dieser  Beziehung  wirken.  Jedenfalls  sollten  bei  der  Saaten- 
anerkennung die  in  der  Blüte  abweichenden  Pflanzen  erst  dann  berück- 
sichtigt werden,  wenn  sie  auch  sonst  abweichend  sind.  Ein  nicht  zu 
erklärender  Fall  ist  ihm  von  H  e  i  n  e  -  Hadmersleben  mitgeteilt  worden: 
..Hindenburg"  bhihte  normal  hellila  im  Versuchsfeld,  dagegen  auf  einer 
über  1  ha  grossen  Vermehrungsfläche  rein  weiss. 

Sommer,  K.  Über  K  arto  f  fei  Züchtung  und  ver- 
gleichende Anbau versuche  mit  Neuzüchtungen  auf 
der  Domäne  E 11  i  s  c  h  a  u.  (Nachrichten  der  D.  Landw.-G.  f.  Österr. 
1919,  S.  190—193.)  Auf  der  Domäne  Ellischau  von  Dr.  Graf  Taaff  e 
wurde  vom  Verf.  1916  bei  Kartoffel  eine  Züchtung  auf  dem  W^ege  der 
Bastardierung  eingeleitet,  neben  Staudenauslese  bei  einigen  älteren 
Sorten.  Zu  der  Möglichkeit,  im  ersten  Jahr  schon,  bei  passender  Be- 
handlung und  weitem  Standraum,  grosse  Erträge  von  einzelnen 
Pflanzen  zu  erzielen,  werden  Beispiele  gegeben.  Es  wurden  z.  B. 
42  Knollen,  darunter  10  grosse,  insgesamt  2600  g  geerntet,  oder 
59  Knollen,  darunter  40  grosse,  zusammen  3000  g  oder  32  Knollen, 
darunter  24  grosse,  zusammen  2700  g. 

Stahel,  G.  E  e  r  s  t  e  v  e  r  s  1  a  g  o  v  e  r  de  w  e  r  k  z  a  a  m  h  e  d  e  n 
ten'behoeve  van  de  selectie  van  Koffie  en  Cacao.M 
(Departement  van  den  Landbouw  in  Suriname.  Paramaribo,  Bull.  36. 
1919.  23  S.)  Bei  Kaffee  und  Kakao  kommen  die  Pflanzen  erst  nach 
8 — 10  .Jahren  in  vollen  Ertrag  und  sind  zumeist  mehr  oder  minder 
heterozygotische  Bastarde.  Die  Auslese  bei  Züchtung  wird  daher  er- 
schwert. In  Surinam  wird  imter  Direktor  H  u  i  z  i  n  g  a  und  dem 
Botaniker  S  t  a  h  eJ  darauf  hingearbeitet,  gute  Pflanzen  vegetativ  zu 
vervielfältigen,  später  soll  dann  Bastardierung  zwischen  solchen  ver- 
sucht werden.  Da  Liberiakaffee  und  Porasterokakao  25 — 50  Jahre 
hindurch  ertragsfähig  bleiben,  lohnt  es  sich,  die  schwierige  Arbeit  der 
Vervielfältigung  durchzuführen.  1916  wurde  von  der  Vereinigung 
Suriham'scher  Landwirte  flu-  die  züchterische  Arbeit  ein  Selektionsfond 
gesammelt,  der  1918  als  ..Het  Surinam'sche  Selectiefonds"  selbständig 
gemacht  wurde  und  die  Möglichkeit  gab.  einen  Ausleseaufseher  für  die 
Plantagen  anzustellen.  Bei  Kaffee  wurden  1918  auf  4  Plantagen 
28  Bäume  auf  Ertragsfähigkeit  geprüft  und  13  derselben  als  Mutter- 
bäume verwendet,  bei  Kakao  auf  19  Plantagen  85  Bäume,  von  welchen 
15  als  Mutterbäume  dienen  sollen.  Die  Erträge  an  marktfähiger  Ware 
bewegten  sich  bei  Kaffee  zwischen  0,8  und  11,7.  bei  Kakao  zwischen 
0.8  und  13,7  kg.  Auf  Java  hatte  van  Hall  festgestellt,  dass  die  Er- 
träge bei  Kakao  in  zwei  aufeinanderfolgenden  Jahren  im  Verhältnis  nur 

^)  Erster  Bericht  über  die  Tätigkeit  bei  Auslese  von  Kaffee  und  Kakao. 


r- 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung-.  -      139 

wenig  voneinander  abwichen,  Stahel  konnte  auch  ermittehi,  dass 
unter  Bäumen,  die  bei  einjähriger  Beobachtung  als  sehr  gut  ermittelt 
wurden,  auch  im  nächsten  Jahr  wieder  zum  grössten  Teil  gute  Träger 
sind.  Die  Unterlagen  werden  aus  Samen  von  gnten  Mutterbäumen  ge- 
zogen und  auf  diese  Reiser  der  geprüften  Mutterbäume  gepfropft.  Von 
den  \'ered]ungsschulen  wird  durch  entsprechenden  Schnitt  eine  grosse 
Zahl  von  Reisern  für  die  Plantagen  geliefert.  Bei  Kakao  ist  die  vege- 
tative A'ervielfältigung  schon  seit  20  Jahren  bekannt  (siehe  Hunger 
in:  Fruwirth,  ..Die  Züchtung  kolonialer  Gewächse",  Berlin  1912).  aber 
erst  seit  kurzer  Zeit  verbreiteter,  besonders  auf  Java  und  Trinidad  an- 
gewendet. Die  F  0  rker  tmethode  gibt  die  besten  Erfolge.  Stahel 
fand  es  zweckmässig,  die  Sträucher  gegen  den  Boden  zu  biegen  und  die 
Okulierung  an  der  Biegungsstelle  vorzunehmen.  Beim  Kaffee  wird  Spalt- 
pfropfung ausgeführt,  wobei  die  Pfropfung  mit  einem  weiten  Reagenz- 
glas überdeckt  wird. 

Stout,  A.  F  e  r  t  i  1  i  t  y  i  n  C  i  c  h  0  r  i  u  m  I  n  t  y  b  u  s.  S  e  1  f  C  o  m  - 
patibility  and  Seif  Incompatibility  among  the  off- 
spring of  selffertile  lines  of  decent.^)  (American  Journ.  of 
Botany  1917,  S.  375 — 395.)  Neben  selbststerilen  Individuen  fand  Ver- 
fasser auch  verein2;elt  selbstfertile  (Memoirs  New  York  Bot.  Garden, 
1916:  S.  333)  auch  nach  3  Jahren  Beobachtung.  Es  gelingt  aber  nicht, 
bei  Auslese  selbstfertiler  Individuen  oder  weitgehend  selbstfertiler 
Nachkommenschaften  zu  selbstfertilen  Formenkreisen  zu  gelangen.  Eine 
Zuriickführung  auf  bestimmte  Anlagen  erwies  sich  nicht  als  möglich, 
es  scheinen  nur  individuelle  Verschiedenheiten  vorzuliegen. 

Stout,  A.  Seif  and  c r  o  s  s - p o  1 1  i  n  a t i  o  n s  in  Cichorium 
I  n  t  y  b  u  s  w  i  t  h  r  e  f  e  r  e  n  c  e  t  o  s  t  e  r  i  1  i  t  y. '-')  (Mem  N.  Y.  Bot.  Gard. 
6.  Bd..  S.  333—454.  1916.) 

Fertility  in  Cichorium  Intybus:  The  sporadie  appearance  of  self- 
fertil  plants  among  the  progeny  of  self-sterile  plants.  Amer.  Journ. 
Bot.  4.  Bd..  S.  375—395.  1917. 

Fertility  in  Cichorium  Intybus:  Self-compatibility  and  self-inrom- 
pability  among  the  offspring  of  self-fertile  lines  of  descent.  Journ. 
of  Genetics.  7.  Bd.,  S.  71—104,  1918. 

Bei  Cichorie  tritt  unabhängig  voneinander  Selbststerilität  auf  in- 
folge des  Blütenbaues  oder  infolge  Abortierens  der  Samenanlagen  nach 
Selbstbestäubung  oder,  und  zwar  am  häufigsten  infolge  physiologischer 
..rnverträglichkeit".  Letztere  Ursache  macht  sich  auch  geltend  bei  Be- 
fruchtung zwischen  Pflanzen  verschiedener  Abstammung.  Selbstfertile 
Pflanzen  wurden  in  der  Nachzucht  von  3  Generationen  hindurch  selbst- 

')  Selhstfruchtbarkeit  und  Selbstunfruchtbarkeit  in  der  Nachkommenschaft  selbst,- 
fruchtbarer  Individuen. 

^)  Selbst-  und  Kreuzbefrnchtung  bei  Zichorie  in  Beziehuni;-  zur  Fruchtbarkeit. 


140  Neue  Erscheimmgen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzucht iing. 

sterilen  Pflanzen  gefunden;  die  Nachzucht  dieser  selbstfertilen  Pflanzen 
ist  nicht  rein  fertil.  sondern  der  Grad  des  Ansatzes  nach  Selbst- 
bestäubung schwankt  und  Auslese  selbstfertiler  Pflanzen  führt  nicht  zur 
Isolierung  eines  völlig  fertilen  Stammes.  Von  3  Serien  waren  zahlreiche 
Stämme  mehrere  Jahre  hindurch  unter  Beobachtung;.  Es  ist  sicher,  dass 
mit  der  Selbstfertilität  nicht  in  Zusammenhang  stehen:  Kräftiger  oder 
schwacher  Wuchs,  Umfang  der  Blütenbildung,  die  Ernährungsver- 
hältnisse der  Samenanlagen  durch  die  Elternpflanzen  und  dass  sie  unab- 
hängig ist  von  der  Art  der  zusammentreffenden  Geschlechtszellen,  denn 
es  treten  solche  selbstfertile  Pflanzen  auch  in  Stämmen  auf,  die  in  allen 
Eigenschaften  weitgehend  gleichmässig  sind.  Mendelnde  Faktoren 
liegen  nicht  zugrunde.  Die  Fähigkeit  zur  Selbstbefruchtung  muss  daher 
mit  der  physiologischen  Entwicklung  der  Geschlechtszellen  in  irgend- 
welchem Zusammenhang  stehen.  E. 

Tammes.  T.  Die  Flachsblüte.  (Recueil  des  travaux  bota- 
niques  neerlandais  XV,  1918,  S.  185—227,  22  Abb.)  Die  vieljährige  Be- 
schäftigung mit  der  Leinblüte  hat  die  Verfasserin  auch  dazu  geführt. 
Bau  der  Blüte  dieser  Pflanze.  Entwicklung,  Bestäubung  und  Befruchtung 
der  ersteren  genau  zu  untersuchen  und  dabei  sind  einige  neue  Be- 
obachtungen gemacht  worden  und  solche,  die  von  jenen  anderer  Be- 
obachter abweichen.  Die  an  dieser  Stelle  wichtigen  Beobachtungen 
seien  angeführt:  Der  Pollen  wird,  entgegen  anderen  Behauptungen, 
aussen  von  den  Säcken  ausgelassen  und  ist  blau,  nicht  weiss.  Beim 
Öffnen  der  Blüte  stehen,  so  wie  schon  am  Vorabend  um  9  Uhr  abends. 
Beutel  und  Narbe  gleich  hoch,  das  Aufblühen  erfolgt  um  5  Uhr  früh, 
auch  früher,  wenn  kühl  später.  Die  Beutel  öffnen  sich  sehr  bald  nach 
dem  Aufblühen,  sind  einige  Stunden  danach  entleert  und  fallen  dann  ab. 
Entgegen  anderen  Beobachtungen  wurde  allgemein  ein  Abfallen  der 
Blütenblätter  gegen  Mittag  beobachtet  und  kein  Schliessen  einzelner 
Blüten  von  12  Uhr  ab.  Die  Narben  sind,  wie  besondere  Versuche 
zeigten.  1  Tag  vor  den  Beuteln  reif.  Gegen  Nässe  ist  der  Blütenstaub 
sehr  empfindlich,  wird  bei  Benässung  durch  die  drei  Poren  aus- 
geschleudert. Das  Hängen  der  Blüte  und  ihr  Schluss  bei  Regen  schützt. 
Bei  Einschluss  wird  Ansatz  erzielt,  ein  gelegentliches  Wachsen  der 
Fruchtknoten  wurde  aber  auch  beobachtet,  wenn  kein  Pollen  auf  die 
Narbe  kam.     Spontane  Bastardierung  tritt  sehr  selten  ein. 

Tjebbes,  K.,  en  Kooiman,  H.  E  r  f  e  1  i  j  k  h  e  i  d  s  o  n  d  e  r  z  o  e  - 
kingenbijboonen.  (Genetica  I.  1919.  S.  323—346.  1  Taf.)  In 
einem  Bastard  von  Fisolen  mit  Samenfarbe  gelb  (code  des  couleurs 
Klincksieck  et  Valette:  Nr.  152)  war  ein  spontan  entstandener  Bastard 
mit  chamois  Grundfarbe  der  Samen  und  blauschwarzer  Marmorierung 
derselben  aufgefunden  worden:  derselbe  gab  eine  Nachkommenschaft, 
die  aus  sechs  verschiedenen  Klassen  bestand.    Es  wird  eine  Anlage  für 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  141 

Farbe  überhaupt  angenommen  und  eine  Anlage  für  braune  P'arbe. 
weiter  dann,  als  unterscheidend,  eine  Anlage,  die  braune  Farbe  in 
schwarzblau  ändert  (Z)  und  eine  Anlage,  die  Marmorierung  veranlasst 
(V).  Dann  wären,  bei  dihybrider  Spaltung,  die  Anlagenformeln  für  die 
6  Gruppen: 

chamois  Grund,  violettblaue  Marmorierung:   Z  Z  V  V  oder  Z  z  A'  \'. 

chamois  Grund,  schwarzblaue  Marmorierung:  Z  Z  V  v  oder  Z  z  V  v. 

tief  schwarzblauer  Grund:  Z  Z  v  v  oder  Z  z  v  v, 

chamois  Grund,  lilarosa  marmoriert:  z  z  V  V, 

chamois  Grund,  braun  marmoriert:  z  z  V  v, 

tiefbrauner  Grund:  z  z  v  v. 

Trow,  A.  On  „albinism"  in  Senecio  vulg.  L.  (.Journ.  of 
Genetics  6.  Bd.,  S.  65 — 74,  1916.)  In  Zusammenhang  mit  den  Unter- 
suchungen von  Emerson.  Kalt,  Kiessling,  Nilsson-Ehle. 
Vestergaard  betr.  die  Vererbung  des  Chlorophylls  bei  den  Getreide- 
arten ist  es  von  Interesse,  dass  Trow  bei  Senecio  diniere  Spaltung  be- 
obachtete, während  bei  Getreide  nach  den  genannten  Autoren  nur  e  i  n 
Grundelement  für  Blattgrün  angenommen  werden  kann.  Diese  Be- 
obachtung kann  mit  jener  von  Miles  in  Beziehung  gebracht  werden, 
der  bei  Mais  zwei  Grundelemente  annimmt  (siehe  diese  Zeitschr.  3.  Bd.. 
S.  377).  .  R. 

Tschermak,  E.  v.  B  a  s  t  a  r  d  i  e  r  u  n  g  s  v  e  r  s  u  c  h  e  mit  der 
grünsamigen  Chevrier-Fisole.  (Zeitschr.  f.  Pflanzenzucht. 
Bd.  VII,  1919.  S.  57—60.) 

Ubisch,  G.  V.  G  e  r  s  t  e  n  k  r  e  u  z  u  n  g  e  n.  (Landw.  Jahrb.  Bd.  53. 
]919,S.191— 244.3 Taf..  18  Abb.)  Die  wissenschaftlichen  Ergebnisse  ihrer 
Bastardierungsuntersuchungen  bei  Gerste  hat  Verfasserin  in  einigen 
hier  bereits  referierten  Arbeiten  niedergelegt.  Zweck  der  vorliegenden 
ist  es,  den  züchtenden  Landwirten  nahe  zu  legen,  bei  ihren  Arbeiten  die 
Bastardierungsgesetze  mehr  zu  berücksichtigen.  Es  wird  zunächst  das 
Verhalten  nach  Bastardierung  bei  den  Eigenschaften  Basalborste. 
Zähnung  der  unteren  Blütenspelze.  Zeiligkeit,  Ährchen  dichte.  Grannen- 
länge und  Spindelbrüchigkeit  besprochen.  Dabei  wird  auf  die  ver- 
schiedene Behandlung  aufmerksam  gemacht,  die  quantitative  und 
qualitative  Eigenschaften  finden  müssen.  Ein  folgender  Abschnitt  be- 
handelt die  festgestellten  Koppelungen,  ein  weiterer  die  beobachteten 
Missbildungen.  Zum  Schluss  wird  an  einem  Beispiel  gezeigt,  dass  der 
Züchter  bei  Beachtung  der  Vererbungsgesetze  rascher  zimi  Ziel  kommt 
als  ohne  solche.  Das  Beispiel  zieht  auch  eine  äussere  Eigenschaft 
heran,  da  fast  nur  für  solche  bisher  Ermittlungen  vorliegen. 

Frban,  J.  Hochpolarisierende  Rübe  und  ihre  Nach- 
k  o  m  m  e  n  s  c  h  a  f  t.      (Zeitschr.    f.    Zuckerindustrie    in    Böhmen   XLII. 


142  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

1919,  S.  387 — 391.)  450  Mutterrüben  wurden  in  3  Gruppen  nach  durch- 
schnittlichem Zuckergehalt  von  20,28,  20,66,  21.14  "/q  gebracht  und 
gaben  — ■  in  der  Gruppe  nicht  geschlechtlich  isoliert  —  Nachkommen- 
schaften mit  im  Mittel  21,47,  21,29  und  21,59"/;  Zucker.  Dieselben 
Mutterrüben,  nach  Gewicht  gereiht  von  600 — 750,  800 — 950  und  über 
1000  g,  brachten  Nachkommenschaften  mit  im  Mittel  714,  848.  1067  g 
und  im  Mittel  einem  Zuckergehalt  von  21.55,  21,47.  21,38  °/o.  Bei  dem 
hochpolarisierenden  Material,  dessen  Vererbungsfähigkeit  durch 
mindestens  3  Generationen  geprüft  worden  war,  zeigte  demnach  ein 
kleiner  Unterschied  im  Gehalt  der  Mutterrübe  keinen  merkbaren  Ein- 
fluss  auf  den  Gehalt  der  Nachkommenschaft,  eher  war  ein  Einfluss  von 
Unterschieden  im  Gewicht  der  Mutterrübe  auf  den  Zuckergehalt  der 
Nachkommenschaft  zu  erkennen. 

Volkart.  A.  4  0.  und  41.  .Jahresbericht.  Schweize- 
rische  Samenuntersuchungs-  und  Versuchsanstalt  in 

0  erlik  0  n- Zur  i  eh.      (Landw.   Jahrbuch   der   Schweiz    1919,   40   S., 

1  Bild.)  In  dem  Bericht,  der  einen  Nachruf  dem  geschiedenen  Vorstand 
Stehler,  dem  bekannten  Gründer  der  Anstalt  widmet,  findet  man 
unter  Feldbau  die  züchterische  Arbeit  der  Anstalt  erwähnt.  Sie  er- 
streckt sich  bei  Weizen,  Spelz.  Gerste.  Hafer.  Fisole  auf  Formenkreis- 
trennung mit  einmaligem  Nachkommenschaftsvergleich  und  folgender 
nur  kontrollierender  Auslese,  bei  Roggen  und  Eunkelrüben  auf  Ver- 
edlungszüchtung mit  Nebeneinanderführung  von  Individualauslesen, 
mit  ständig  fortgesetzter  Auslese  von  Individuen  und  Nachkommen- 
schaften.    1913  wurden  dann  auch  Bastardierungen  vorgenommen. 

Wölk,  P.  van  der.  ( )  n  d  er  z  o  eki  n  g  e  n  over  blyvende 
m  0  d  i  f  i  c  a  t  i  e  s  e  n  h  u  n  b  e  t  r  e  k  k  i  n  g  t  o  t  m  u  t  a  t  i  e  s.^)  (Cultura 
1919.  S.  1 — 24.  1  Taf.)  Die  Untersuchung  beschäftigt  sich  mit  einer 
merkwürdigen  Weissblättrigkeit  bei  Acer  pseudoplatanus.  Plötzlich 
erschienen  in  der  unmittelbaren  Nähe  von  faulerrden  Schnittwunden 
weissblättrige  Zweige  von  einer  ganz  besonderen  Art:  die  Blätter 
waren  vollkommen  weiss,  hatten  eine  gänzlich  abweichende  Form, 
waren  behaart,  die  Blattstiele  gelb,  mit  kleinen  braunen  Flecken;  die 
Zweige  selbst  besassen  kleine  Längsrinnen,  waren  gleichfalls  behaart, 
die  Internodien  kürzer,  die  Blattstiele  länger:  die  Zweige  besassen  sehr 
viel  Mark;  die  Rinde  sass  nur  sehr  lose  um  das  Kernholz;  die  Blüten 
waren  viel  grösser,  rötlich,  alles  Abweichungen  von  der  normalen  Form; 
aber  was  am  meisten  auffiel,  das  waren  die  dioecischen  Zweige! 
Übergänge  zwischen  der  normalen  Form  und  der  weissen  gab  es  nicht. 
Die  Verwandlung  trat  plötzlich  ein.  Es  schien  wohl  eine  ganz  neue 
Pflanze  zu  sein,  welche  auf  der  normalen  lebte.     Wiederholte  Expe- 

^)  Unteisuchungen  ülier  I>auermodifikationen  und  ihre  Beziehung  zu  Mutationen. 


Nene  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pilanzenzüchtung.  l-j;j 

rimente  zeigten,  dass  der  Zusammenhang  zwischen  dieser  neuen  weissen 
Form  und  den  faulenden  Schnittwunden  zu  suchen  war  in  einer  Be- 
einflussung durch  eine  spezielle  Bakterie,  welche  sich  in  der  faulenden 
Schnittwunde  entwickelt  hatte.  Es  gelang  dem  Verfasser,  die  Bakterie 
in  Reinkultur  zu  bringen.  Damit  wurden  Infektions-Experimente  ge- 
macht an  gesunden  Zweigen,  sowie  an  Früchten,  und  sie  zeigten  über- 
zeugend, dass  die  neue,  weisse  Form  durch  die  betreffende  Bakterie 
verursacht  wurde.  Darauf  gelang  es  dem  Verfasser,  durch  Injektionen 
mit  einem  Gift,  welches  aus  einer  Melde-Art  extrahiert  worden  war,  die 
Bakterien  in  den  lebendigen  Zweigen  zu  töten.  Trotz  dieser  Injektionen 
erhielt  sich  die  einmal  eingetretene  weisse  Abweichung.  Dass  nicht  nur 
die  Bakterie,  sondern  auch  eventuelle  Exkretionen.  Avelche  die  weisse 
Form  verursachen  konnten,  vernichtet  wurden,  zeigten  die  überraschen- 
den Resultate  der  Bastardierungsversuche.     Diese  ergaben  nämlich: 

Ohne  Injektionen  mit  Meldegift  ergaben  die  Bastardierungen 
Grün  X  Weiss  und  umgekehrt  immer  weisse  Nachkömmlinge;  eben- 
falls die  Bastardierungen  Weiss  X  Weiss.  Dagegen  ergaben  die 
Bastardierungen  Grün  X  Grün  immer  normale  Nachkömmlinge.  Ein 
ganz  merkwürdiges  Bastardierungsresultat  ergaben  infizierte  Blüten- 
trauben, zwei  und  eine  halbe  Woche  nach  der  Infektion.  An  solchen 
•Trauben  war  auswendig  nichts  zu  bemerken.  Doch  infizierte  Weibchen 
X  nichtinfizierte  Männchen  ergaben  alle  weisse  Nachkömmlinge;  da- 
gegen infizierte  Männchen  X  nichtinfizierte  Weibchen  ergaben  alle 
normale  grüne  Pflänzchen.  Die  Resultate  stimmen  vollkommen  überein 
mit  den  berühmten  Bastardierungen  von  Correns  an  buntblättriger 
Mirabilis  Jalapa,  und  ähnlichen  von  Baur.  All  diese  Resultate  be- 
ziehen sich  auf  nichtdesinfi  zierte  Zweige.  Ganz  anders  aber  sind  die 
Resultate  von  mit  Meldegift  desinfizierten  Zweigen.  In  diesem  Falle 
ergaben  die  Bastardierungen  Weiss  X  Grün  und  umgekehrt  immer 
intermediäre  Bastarde-:  Dieses  überraschende  Resultat  beweist 
erstens,  dass  die  Desinfektionen  tatsächlich  gelungen  waren!,  zweitens, 
dass  die  neue,  weisse  Form  wirklich  eine  ganz  neue  Pflanze  war.  Die 
Einzelheiten  der  Versuche  sind  in  dem  betreffenden  illustrierten  Artikel 
eingehend  dargestellt.  Verf.  gab  eine  ausführliche  Besprechung  der 
Resultate.  Die  Schwierigkeit  in  der  richtigen  Erklärung  der  Ergeb- 
nisse war  der  Umstand,  dass.  obgleich  die  Untersuchung  neun  .Jahre 
dauerte,  durch  die  Beschaffenheit  des  Materials,  nur  mit  einer  Gene- 
ration Nachkömmlinge  gearbeitet  worden  ivst,  so  dass  die  Frage,  ob 
wir  es  hier  mit  einer  wirklichen  Mutation  zu  tun  haben,  nicht  endgültig 
gelöst  worden  ist.  Darum  hat  der  Verfasser,  als  Resultat  seines  ultra- 
skeptischen Standpunktes,  die  erhaltene  weisse  Form  einfach  und  be- 
scheiden eine  ,, Dauermodifikation"  genannt.  Aber  innerlich  ist  er 
überzeugt,  dass  hier  wirklich  eine  Mutation  vorliegt.    Und  dann  ist  dies 


144  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflauzenzüchtung. 

offenbar  das  erste  Mal,  dass  die  Ursache  einer  Mutation  entdeckt  und 
experimentell  bewiesen  ist.  —  Autoreferat. 


2.  Bücherbespreclmiigen. 

Ahr, '  J.,  und  Mayr,  Chr.  G  e  r  s  t  e  n  s  o  r  t  e  n  und  Düngung. 
(Freising  1919,  Selbstverlag,  124  S.,  2  Taf.,  2  Kurvenbilder.)  Zwei- 
jährige Versuche  in  240  Yegetationsgefässen  sollten  feststellen,  wie  sich 
einige  Gerstensorten  bei  Ertrag  und  Güte  der  Körner  gegenüber 
Düngung  verhalten.  Es  wurden  Zuchten  von  Landsorten  herangezogen: 
drei  AYeihenstephaner  Zuchten,  und  zwar  zwei:  Fg  II  und  Fg  III  aus  ober- 
bayerischer und  eine  Ng  IV  aus  niederbayerischer  Gerste  —  Danubia  und 
Bavaria  aus  niederbayerischer  Gerste  von  Ackermann  —  undFranken- 
gerste  I,  von  Heil.  Bei  Kornertrag  und  Trockensubstanz  erwies  sich 
Fgll  und  Fglll  anspruchsvoller  an  Kallv,  NglV  als  am  wenigsten  an- 
spruchsvoll, ferner  zeigte  sich  Danubia  als  am  empfindlichsten  gegen 
einseitige  Stickvstoffzufuhr.  dann  Bavaria.  dann  Frankengerste,  sehr 
wenig  dagegen  Fgll.  Während  das  Verhalten  gegen  einseitige  Stick- 
stoffzufuhr deutlicher  hervortrat,  war  ein  Sortenunterschied  im  Ver- 
halten zu  Phosphorsäure  und  Kali  nicht  einigermassen  sicher  fest- 
zustellen. Bei  Qualität  (viel  Stärke,  wenig  Eiweiss)  stand  im  Mittel- 
aller Düngungen  Frankengerste  oben,  NglV  zu  unterst;  einseitige  Kalk- 
wie  einseitige  Phosphorsäurezufuhr  begünstigte  die  Qualität  am  meisten 
bei  Frankengerste  und  Danubia,  am  wenigsten  bei  NglV;  einseitige 
Kahzufuhr  verminderte  Eiweiss  am  ehesten  bei  Fgll  und  Fglll,  ein- 
seitige Stickstoff düngung  schädigte  Qualität  am  meisten  bei  Danubia 
und  Franken,  am  w^enigsten  bei  NglV.  Auch  in  der  Beziehung  Korn- 
grösse  einerseits,  Eiweissprozent  und  Eiweissgehalt  andererseits, 
zeigten  sich  leichte  Verschiedenheiten.  Bei  Danubia  war  der  Gehalt 
an  Eiweiss  in  grossen  und  kleinen  Körnern  annähernd  gleich,  bei 
Frankengerste  in  den  kleinen  Körnern  eher  höher,  bei  den  übrigen 
Sorten  in  den  kleinen  geringer,  alles  im  Mittel  aller  verschiedenen 
Düngungen.  Immer  wieder  wird  aber  in  der  Arbeit  auf  die  starke  Be- 
einflussung der  Ergebnisse  durch  die  .Jahreswitterung  und  dem  W^achs- 
tumsverlauf  hingewiesen,  der  alle  diese  Sorteneigentümlichkeiten  ver- 
wischen und  selbst  umstürzen  kann. 

Fruwirth,  C.  Handbuch  der  landwirtschaftlichen 
Pflanzenzüchtung.  Bd.  II:  Die  Züchtung  von  Mais. 
Futterrübe  und  anderen  Rüben,  Ölpflanzen  und 
Gräsern.  (Oktav,  262  S.,  50  Abb.  Verlag  von  Paul  Parey  in  Berlin. 
1918,  16  M.)  Die  dritte  Auflage  unterscheidet  sich  von  der  zweiten 
insbesondere  durch  vollständige  Neubearbeitung  der  Abschnitte,  welche 
die  Züchtung  von  Mais.  Futterrübe  und  Jene  der  Gräser  behandeln.  Eine 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüclitung.  145 

solche  Neubearbeitung  war  durch  die  Ergebnisse  zahkeicher  Arbeiten 
mit  diesen  Pflanzen  notwendig  geworden.  Bei  den  genannten  Pflanzen, 
sowie  bei  den  übrigen,  wurde  bei  der  Darstellung  die  Literatur  in  aus- 
gedehntester Weise  herangezogen  und  es  gelang  —  wenn  auch  während 
des  Krieges  mit  Schwierigkeit  —  auch  die  Arbeiten,  die  im  Ausland 
erschienen  sind,  zu  erreichen.  Versuche  des  Verfassers  selbst,  deren 
Ergebnisse  in  diesem  Band  benutzt  werden  konnten,  liefen  bei  Mais, 
Rübe.  Möhre,  Zichorie,  Gräsern.  Die  Neubearbeitung  erstreckte  sich 
in  einigen  Abschnitten  auch  auf  die  Anordnung  des  Stoffes,  bei  welcher 
grössere  Übersichtlichkeit  erzielt  werden  sollte.  Gegenüber  der  zweiten 
Auflage  ist  der  Umfang  der  jetzt  vorhegenden  dritten  um  gegen  60  S.. 
die  Zahl  der  Abbildungen  um  21  vermehrt  worden.  Autoreferat. 

Fruwirth,  C.  Handbuch  der  landwirtschaftlichen 
Pflanzenzüchtung.  Bd.  IV:  Die  Züchtung  der  vier 
Hauptgetreidearten  und  der  Zuckerrübe,  von  C.  Fru- 
wirth, Dr.  Th.  Roemer-Schlanstedt  und  Prof.  Dr.  E.  v.  Tschermak-Wien. 
(Oktav.  504  S.,  42  Abb.  Verlag  von  Paul  Parey  in  BerUn,  1918.  30  M.) 
Nahezu  sämtliche  Abschnitte  des  Buches  sind  weitgehend  imigearbeitet. 
ganz  besonders  gilt  dieses  von  den  Teilen,  welche  die  Bastardierung 
bei  Getreide  und  die  Züchtung  der  Zuckerrübe  betreffen.  Auf  dem 
Gebiet  der  Bastardierung  war  die  Zahl  der  Arbeiten  in  den  letzten 
Jahren  eine  so  bedeutende  geworden,  dass  die  Darstellung  dieses  Teiles 
eine  sehr  erhebliche  Erweiterung  des  Umfanges  notwendig  machte. 
Wenn  dem  ungeachtet  der  Umfang  des  Buches  nur  um  40  S.  zu- 
genommen hat,  so  wurde  dieses  nur  dadurch  möglich,  dass  einerseits 
allgemeine  Erörterungen  in  anderen  Teilen  mögUchst  eingeschränkt  und 
bezüghch  derselben  auf  den  für  solche  bestimmten  Bd.  I  verwiesen 
wurde,  der  zur  Zeit  des  Erscheinens  der  Neuauflage  des  Bd.  IV  bald 
auch  in  (fünfter)  Neuauflage  vorhegen  wird,  andererseits  bei  selten  be- 
nutzten Abschnitten  („Geschichte  der  Bastardierungszüchtung"  und 
..Bastardierung  zwischen  relativ  fremden  Formen")  auf  die  frühere 
Auflage  verwiesen  worden  ist.  Bei  Rüben  war  die  vollständige  Neu- 
bearbeitung auch  dadurch  bedingt,  dass  ein  neuer  Verfasser  für  diesen 
Teil  gewonnen  worden  war:  Dr.  Th.  Roemer,  bisher  wissenschaft- 
licher Mitarbeiter  am  Kaiser  Wilhelm-Institut  für  Landwirtschaft  in 
Bromberg,  nunmehr  Leiter  der  Züchtungen  der  Firma  S  trübe - 
Schlanstedt. 

Schmidt.  Johs.  Der  Z  e  u  g  u  n  g  s  w  e  r  t  des  Individuums 
beurteilt  nach  dem  Verfahren  kreuzweiser  Paarung. 
(Übersetzung  aus  dem  dänischen  Manuskript.  Oktav.  40  S..  Gustav 
Fischer.  .Jena  1919,  M.  1,80.)  Bei  Paarung  von  Forellen  (Salmo  trutta) 
ergab  das  Mittel  für  die  Nachkommenschaft  eines  Paares,  bei  Wirbel- 
zahl und  Gesamtlänge,  eine  Zahl,  welche  dem  Mittel  der  Wirbelzahl  der 


146  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Eltern  entspricht.  Wird  allgemein  für  Fremdbefruchtung  angenommen, 
dass  bei  quantitativen  Eigenschaften  die  Nachkommenschaft  im  Büttel 
das  Mittel  des  bei  den  Eltern  vorhandenen  Ausmaßes  zeigt,  so  kann 
Paarung  eines  Elters  mit  verschiedenen  anderen  Eltern  zur  Ermittlung 
des  Unterschiedes  in  dem  vererbbaren  Anteil  an  dem  bei  den  Eltern 
vorhandenen  Ausmaß  (,, Zeugungswert")  führen.  Die  in  der  Veröffent- 
lichung gegebene  Formel  lieferte  in  den  mit  Forellen  ausgeführten  Ver-- 
suchen  Ergebnisse,  welche  der  Erwartung  entsprachen.  Wenn  eine 
grössere  Zahl  Nachkommen  je  einer  Paarung  vorliegt  und  die  Nach- 
kommen unter  möghchst  gleichartigen  Verhältnissen  herangezogen 
werden,  sind  günstige  Bedingungen  für  die  Anwendung  der  Methode 
gegeben.  In  beiden  Beziehungen  war  das  verwendete  Tier  günstig,  bei 
der  zweiten  trat  noch  als  begünstigend  hinzu,  dass  die  Feststellung  der 
Eigenschaft  schon  in  der  ersten  Jugendentwicklung  (bei  eben  erfolgter 
Aufzehrung  des  Dottersackes)  erfolgen  konnte,  in  welcher  äussere  Ver- 
hältnisse erst  wenig  einwirken  konnten. 

Siegel,  W.,  Dr.  D  as  R  echt  des  G  emüs  ez  üchters.  (Wien. 
Frick.  Oktav.  1919,  Kr.  3.)  Der  mehrmals  ausgesprochene  Gedanke. 
dass  dem  Züchter  fremdbefruchteter  Pflanzen  ein  rechtlicher  Schutz 
gegen  Störung  seiner  züchterischen  Arbeit  durch  nahe  Bestände 
gleicher  Art  gewährt  werden  soll,  wird  vom  Verf.  aufgegriffen.  Er 
bringt  einen  Entwurf  eines  bezüglichen  Gesetzes:  ..Gesetz  zur  Förde- 
rung der  Selbstzucht  von  reinen  (nicht  bastardierten)  Gemüsesamen 
in  Gemüsegegenden".  Nicht  einzusehen  ist  nur.  warum  nicht  gleich 
eine  allgemeine  Fassung  gewählt  worden  ist,  da  der  Schutz  bei  land- 
wirtschaftlich gebauten  Pflanzen  doch  wohl  noch  wichtiger  ist,  als  jener 
bei  Gemüse  und  warum  der  Ausdruck  ., Selbstzucht"  gewählt  worden  ist, 
der  in  gemeinter  Bedeutung  nicht  allgemein  üblich  ist.  ..Gesetz  zum 
Schutz   gegen  Fremdbestäubung  bei   Züchtung"    genügt  vielleicht. 


IV. 

Vereins-Nachrichten. 


Gesellschaft  für  Pflanzciizüchtiiiig  („Z")  Wien. 

Die  Verhältnisse  der  letzten  Monate  wirkten  auch  auf  die  Gesell- 
schaft stark  ein.  Es  musste,  zum  erstenmal  seit  Bestehen  derselben, 
von  der  Abhaltung  einer  Generalversammlung  abgesehen  werden. 

Das  geschützte  Warenzeichen  unseres  Zuchtbuches  wurde  auch 
im  cechoslowakischen  Staat  eingetragen  und  es  sind  die  bezüglichen 
Schritte  vom  Vizepräses,  Direktor  Schreyvogl  durchgeführt 
worden. 

In  das   Zuchtbuch  wurde  neu  eingetragen,  unter  Nr.  15: 
Original  Loosdorfer  Reform-Roggen. 

Zwei  weitere  Züchtungen  wurden  zur  Eintragung  angemeldet, 
eine  eingetragen  gewesene  gestrichen. 

Die  Regelung  der  Verhältnisse  der  Gesellschaft  zu  den  in  den 
neuen  Staaten  befindlichen  Mitgliedern  bildet  Gegenstand  von  Be- 
ratungen. 

•Die  Geschäftsführung,  die  für  1918/19  Prof.  Dr.  Jelinek  über- 
nommen hatte,  wurde  nach  dem  Umsturz,  auf  Ersuchen  des  Genannten, 
von  dem  Referenten  für  das  Zuchtbuch  weitergeführt.  Für 
1919/20  hat  Prof.  Dr.  v.  Tschermak  die  Geschäftsführung  über- 
nommen. 

An  den  Präsidenten  der  Gesellschaft  Dr.  hon.  c.  E.  v.  Prosko-. 
wetz  erging  anlässlich  seines  70.  Geburtstages  eine  Beglückwünschung 
von  Seite  des  Ausschusses. 

Als  Vertreter  der  „Z"  nahm  an  den  Sitzungen  der  Saatstelle  der 
Getreide-Verkehrs-Anstalt  der  R  e  f  e  r  e  n  t  f  ü  r  das  Zuchtbuch,  im 
Wechsel  mit  Prof.  v.  Tschermak,  teil. 

Über  Antrag  des  Referenten  für  das  Zuchtbuch  wurde 
beschlossen.  1920  eine  Wanderversammlung  in  Steiermark  abzuhalten. 


Zeitschi'ift  für  Pflanzenzüchtunp:.    Bd.  VII.  11 


V. 

Kleine  Mitteilungen. 


a)  Wissenschaftliche. 

Ein  weiterer  Versuch  über  die  Vererbung  der  Samenfarbe  bei  Rotklee. 

(Aus  der  Bayer.  Saatziichtanstalt  Weihenstephan.) 

Von  J.  Baum, 

Bayrische  Landessaatstelle  München. 

Bei  den  Samen  des  Rotklees  (Trifolium  pratense)  treten  haupt- 
sächlich zwei  Farben  auf,  Gelb  und  Violett,  beide  in  mehr  oder  minder 
starker  Sättigung.  Der  Fall,  dass  ein  Korn  nur  eine  der  beiden  Farben 
aufweist,  ist  aber  verhältnismässig  selten.  Rein  gelbe  Samen  trifft  man 
noch  viel  häufiger  als  violette.  Die  violetten  Samen  besitzen,  meist 
wenigstens,  eine  hellere  Tönung  am  Nabelende  (spitzeres  Ende),  wie 
schon  Settegast  angibt.^)  Unter  den  einfarbigen  Samen  haben  wir 
hellviolette  (lila),  dunkelviolette  und  fast  schwarze  Körner.  Das  Gelb 
tritt  ebenfalls  in  hell-  und  dunkelgelb  auf.  Manchmal  erscheint  das 
Gelb  wie  mit  einem  violetten  Schleier  unterlegt. 

Weitaus  die  Mehrzahl  der  Körner  weist  beide  Farben  in  allen 
Übergängen  der  Sättigimg  sowohl  als  der  Ausdehnung  auf.  Die 
dunklere  Färbung  findet  sich  jedoch  bei  allen  Samen  am  Kopfende  des 
Samens,  also  dort,  wo  er  der  Kugelform  am  nächsten  kommt,  oberhalb 
des  durch  die  Schale  sichtbaren  Würzelchens.  Durch  die  Übergänge 
von  Gelb  in  Violett  werden  die  mannigfachsten  Formen  von  Scheckig- 
keit erzeugt.-) 

Die  Literatur  über  die  Vererbung  der  Samenfarbe  bei  Rotklee  ist 
verhältnismässig  gering.  Eingehendere  Arbeiten  liegen  überhaupt  noch 
nicht  vor. 

Frey  er"')  zog  28  Pflanzen  aus  gelben  und  21  Pflanzen  aus 
violetten   Körnern  und  fand.   ,,dass   die   aus    hellen    Samen   erzeugten 

^)  Settegast,  Die  Landw.  Sämereien  und  der  Samenbau  S.  147.  Leipzig 
1892  (Weigel  Nachf.). 

*)  Über  die  Samenfarbe  des  Rotklees  finden  yich  sowohl  in  der  Literatur  über 
Samenkunde  als  in  der  über  Futterbau  genügend  Angaben.  Ich  verweise  besonders  auf 
S  t  e  b  1  e  r  imd  V  o  1  k  a  r  t.  Beim  Studium  der  Samenfarbe  bedient  man  sich  mit  Vor- 
teil des  Code  des  Couleurs.     Paris  1908  (Paul  Klineksieck). 

')  Preyer,  Über  die  Farbenvariationen  der  Samen  einiger  Trifolium-Arten. 
Dissertation.     Berlin  1899  (bei  Mittler  und  Sohn). 

11* 


150  Kleine  Mitteilungen. 

Körner  einen  erheblich  grösseren  prozentischeu  Gehalt  an  hellen  und 
einen  geringeren  an  dunklen  Samen  haben  als  die  aus  dunklen  Samen 
entstandenen".     Hell  vererbte  sich  also  besser  als  dunkel. 

Fruwirth\)  untersuchte  2  aus  rein  gelbem,  eine  aus  dunkel- 
violettem und  eine  aus  scheckigem  Samen  hervorgegangene  Pflanze. 
Die  Farbe  des  Samens  hatte  sich  stets  gut  vererbt.  Die  beiden  Gelb- 
pflanzen Heferten  kein  einziges  violettes  oder  scheckiges  Korn,  die 
Violettpflanze  rund  ein  Drittel  gelbe  Körner.  Die  aus  scheckigem 
Samen  gewonnene  Pflanze  besass  nur  scheckige  Körner. 

M  a  r  t  i  n  e  t  -)  verglich  die  Samenfarbe  von  26  Erntepflanzen  mit 
der  von  13  Ausgangspflanzgn.  Bei  21  der  Erntepflanzen  hatte  er 
Selbstbestäubung  vorgenommen.  Mit  nur  3  Ausnahmen  stellte 
Martin  et  fest,  dass  die  Samen  der  Tochterpflanze  ..ähnlich'' 
(semblable)  denen  der  Mutterpflanze  waren. 

B  a  u  m  a  n  n  '')  berichtet,  .,dass  Pflanzen  mit  100  "/o  Farbenreinheit 
besonders  bei  den  gelben  Samen  sehr  häufig  sind.  Aber  auch  rot- 
bis  blauviolette  Samen  haben  einen  grossen  Grad  von  Reinheit". 

Holdefleiss  bemerkte  in  der  nachfolgenden  Aussprache,  dass 
auch  bei  seinen  Versuchen  ,.dLe  gelbe  Samenfarbe  eine  ausserordentlich 
deutliche  Neigung  zur  Erblichkeit  zeige"  und  ebenfalls  bis  zu  100"/,, 
ergeben  habe. 

Pflügt)  stellte  schlechte  Vererbung  der  Samenfarbe  bei  seinen 
Züchtungen  fest. 

K  a  j  a  n  u  s  '')  fand,  dass  dunkelviolette  Samen  nach  freier  Be- 
stäubung grösstenteils  dunkelsamige  Pflanzen  ergaben,  während  gelb- 
samige  Pflanzen  nach  Bestäubung  in  gemischten  Beständen  überwiegend 
violettsamige  Pflanzen  liefern.  Mit  dieser  Erfahrung  steht  Kajanus 
bi^^her  völlig  allein. 

Ich  selbst  habe  bei  den  vielen  Individualernten,  welche  dur^'h  meine 
Hände  gegangen  sind,  ebenfalls  beobachtet,  dass  die  gelbe  Samenfarbe 


1)  Fruwirth,  Über  den  Einfluss  der  Sanienfarbe  bei  Rotklee  auf  die  er- 
wachsende Pflanze.  Zeitschr.  f.  d.  Landw.  Versuchswesen  in  Österreich  1901.  Fru- 
wirth verweist  auf  vSchribeaux,  Journal  d'agriculture  pratique  1896.  S.  576. 
nach  dem  eine  Auswahl  nach  Samen  von  bestimmter  Farbe  eine  Steigerung  des  Gehalts 
an  diesen  Samen  herbeiführt,  eine  durchaus  sichere  Vererbung  aber  nicht  besteht.  Ich 
habe  diesen  Bericht  nicht  eingesehen. 

2)  M  a  r  t  i  n  e  t .  Etudes  et  essais  des  plantes  foiirrageres,  Annuaire  agrieole  de 
la  Suisse  190.3.  Die  Selbstbestäubimg  wurde  mit  Hilfe  eines  eigenen  Pinsels  für  jede 
Pflanze  erzielt.  Nach  der  Bepinselung  der  Blüten  wurde  die  ganze  Pflanze  in  dünn- 
raaschiges   Gewebe   eingehüllt,   um   Insekten   abzuhalten. 

^)  Baumann,   Beiträge  zur  Pflanzenzucht  1911.     Vortrag. 

^)  Pflug.  Zehn  Jahre  praktischer  Pflanzenzucht  in  Baltersbach.  Beiträge  zur 
Pflanzenzucht  1914.     Vortrag. 

■')  Kajanus,  tJber  die  Farben  der  Blüten  und  Samen  von  Trifolium  pratense. 
Fühlings  Landw.  Ztg.  1912.  S.  76.3. 


Kleine  Mitteilungen.  151 

besser  vererbt  als  die  violette.^)  Sie  ist  an  sich  schon. viel  häufiger 
als  das  stärkere  Pigment  des  Violett.  Rein  gelbsamige  Individuen 
hefein  meist  wieder  mehr  solche,  in  denen  die  gelben  Samen  überwiegen. ■ 
Die  Variationsneigung  ist  also  bei  der  gelben  Farbe  geringer  als  bei 
der  violetten.  Aber  trotzdem  treten  violette  Samen  auch  in  den  Nach- 
kommenschaften rein  gelbsamiger  Individuen  auf.  Ich  habe  sogar  in 
der  ersten  Nachkommenschaft  der  rein  gelben  Körner  meiner  Pflanze 
Nr.  207  a  eine  Pflanze  (Nr.  634)  erhalten,  che  fast  rein  violette  Körner 
besass. 

Dass  die  Samenfarbe  bei  Rotklee  ausserordentlich  variiert,  er- 
scheint, nachdem  zwei  Grundfarben  vorhanden  sind,  bei  der  aus- 
schhesslichen  Fremdbefruchtung  dieser  Pflanze  ohne  weiteres  verständ- 
lich. Die  Vererbung  der  Samenfarbe  bei  Rotklee  wird  man  daher  zu- 
nächst nach  den  Mendel  sehen  Regeln  zu  erklären  versuchen.  Von 
den  zwei  Hauptfarben,  Gelb  und  Violett,  wäre  Gelb  wahrscheinlich 
dominant.  Nachdem  jedoch  beide  Farben  nicht  als  rein  qualitative 
(alternative)  '^)  Unterschiede  (etwa  wie  Gelb  und  Grün  bei  der  Erbse) 
auftreten,  sondern  quantitativ  (kumulierend)  und  in  allen  Übergängen 
vorhanden  sind,  erscheint  es  ausgeschlossen,  dass  die  Farbe  des  Klee- 
samens nur  von  einem  einzigen  Mendelfaktor  bedingt  wird.  Man  wird 
nach  zahlreichen  Vorbildern  mehrere  Mendelfaktoren  annehmen  müssen. 
Die  Erbanlagen  der  Spelzenfarbe  des  Weizens,  die  war  vielleicht  zum 
Vergleich  heranziehen  können,  wurde  von  K  i  e  s  s  1  i  n  g  •^)  zu  klären 
ver.-ucht.  Er  errechnete  bis  zu  sechs  Farbenfaktoren  und  kam  trotz- 
dem nicht  zu  einer  befriedigenden  Lösung,  so  dass  er  Zweifel  an  der 
Berechtigimg  der  Anwendung  der  Faktorenlehre  auf  die  Frage  über- 
haupt äusserte.  Bei  Kleesamen  dürften  die  Verhältnise  ähnlich  liegen. 
Es  steht  bei  solchen  Farbenunterschiedeii  nicht  einmal  fest,  ob  sie 
auf  die  Erbmasse  allein  zurückzuführen  sind  oder  ob  nicht  auch  äussere 
Umstände  (Licht,  Ernährung  usw.)  die  Ausbildung  der  Chromatophoren 
mit  beeinflussen.  Auch  K  a  j  a  n  u  s  1.  c.  meint,  dass  die  Farbe  der  Samen 
neben  der  genetischen  Konstitution  der  Pflanze  auf  zufälligen  Unter- 
schieden beruhe.    Da  die  Samenfarbe  des  Rotklees  wegen  des  A'orhanden- 

^)  Eine  Abhängigkeit  der  Samenfarbe  von  der  Ausreifung  der  Samen  konnte  ich 
nicht  beobachten.  Man  könnte  annehmen,  dass  violette  Farbe  das  Ergebnis  einer  be- 
sonders guten  .Ausbildung  und  Vollendung  der  Körner  sei.  Dies  scheint  jedoch  nicht  zu- 
zutreffen, wie  auch  M  a  r  t  i  n  e  t  (1.  c.)  angibt.  Mit  Frühreife  oder  Spätreife  des  Klees 
hat  dies  vorläufig  nicht.-;  zu  tun.  Die  Angabe,  dass  violette  Körner  auf  gute  Ausreife 
und  damit  Keimfähigkeit  hindeuten,  schleppt  sich  durch  die  ganze  Literatur  und  findet 
sich  wohl  zuerst  bei  S  e  1 1  e  g  a  s  t  1.  c.  S.  147.  Zeichen  schlechter  Ausreife  ist  eine 
rötliche  (braune)  Farbe. 

-)  J  ohann  s  e  n 

^)  L.  Kiessling,  Erbanalytische  Untersuchungen  über  die  Spelzenfarbe  den 
Weizens.     Landw.  Jahrbuch  für  Bavern  1914,  Nr.  2. 


152  Kleine  Mitteilungen. 

seins  aller  Übergänge  äowohl  beim  einzelnen  Korn  als  der  Körner  einer 
Pflanze  kaum  zahlenmässig  dargestellt  werden  kann,  scheint  zurzeit 
-auch  kein  Weg  vorhanden,  um  die  Vererbung  dieser  Eigenschaft  etwa 
nach  der  Variationsstatistik  zu  untersuchen  und  eine  ^'ariationskurve 
aufzustellen.  Nur  so  viel  scheint  klar,  dass  die  Kurve,  wenn  man  die 
Farbe  auf  der  Abszisse,  die  Zahl  der  Körner  auf  der  Ordinate  aufträgt, 
der  Binomial-  oder  Zufallskurve  nicht  entspricht,  sondern  ungleich- 
schenklig ist.  Auf  der  Seite  der  Gelb-Abweicher  von  der  Mittelfarbe 
wird  die  Kurve  flacher  und  länger  verlaufen  als  auf  der  der  Violett- 
Abweicher. 

Schon  aus  rein  theoretischen  Erwägungen  im  Sinne  der  modernen 
Vererbungslehre  muss  man  also  zu  der  Ansicht  kommen,  dass  die 
Samenfarbe  bei  Rotklee  ausserordentlich  wechselt  und  nur  feststeht, 
dass  Gelb  verhältnismässig  besser  vererbt  als  Violett.  Ob  diese  Tat- 
sache genetisch  zu  erklären  oder  bloss  eine  Folge  der  grösseren  Häufig- 
keit des  Gelb  an  sich  ist,  steht  dahin. 

Nachstehend  will  ich  die  Samenfarbe  von  10  Mutterpflanzen  der 
Ernte  1914  mit  36  Tochterpflanzen  der  Ernte  1917  vergleichen,  wo- 
durch sowohl  die  durch  die.  Versuche  von  P  r  e  y  e  r .  F  r  u  w  i  r  t  h  und 
Martin  et  festgestellten  Tatsachen  als  die  durch  vorstehende  Über- 
legung gewonnene  Bestätigung  derselben  weiterhin  gestützt  werden. 
Dabei  ist  zu  beachten,  dass  aus  den  Körnern  jeder  Mutterpflanze  die 
100  dunkelsten  ausgesucht  und  1915  in  Einzelsaat  gebracht  wurden, 
dergestalt,  dass  schliesslich  von  jeder  Mutterpflanze  30  Töchter  auf 
freiem  Felde  heranwuchsen.  Hiervon  erntete  man  erst  1917  Samen, 
da  ich  von  den  Zuchtpflanzen  von  Eotklee  erst  im  dritten  Jahr  (und 
dann  vom  ersten  Schnitt)  Samen  zu  gewinnen  pflege.  Von  den  je 
30  Tochterpflanzen  waren  bis  dahin  natürlich  viele  eingegangen,  andere 
wurden  aus  irgendeinem  Grunde  entfernt.  Das  Material  ist  also  ganz 
willkürlich  entstanden. 

(Siehe  die  Tabelle  auf  S.  153  u.  154.) 

Aus  dem  Vergleich  der  36  Töchter  mit  ihren  10  Müttern  geht 
hervor,  dass  die  gelbe  Samenfarbe  im  allgemeinen  besser  vererbt  als  die 
violette,  soweit  von  einer  ..Vererbung"  der  Samenfarbe  angesichts  der 
unbekannten  Vaterpflanzen  überhaupt  gesprochen  werden   kann. 

Dass  sich  auch  ein  verhältnismässig  hoher  Gehalt  an  rein  oder 
fast  rein  violetten  Körnern  erhalten  kann,  habe  ich  an  der  von  der 
Gräfl.  Piattischen  Saatzuchtwirtschaft  Loosdorf  in  Niederösterreich 
herausgegebenen  Rotkleezüchtung  PR  erfahren.  Der  von  dort  1913 
erhaltene  Same  war  stark  violett  und  hat  diese  Farben  bei  mehrmaliger 
Samengewinnung  in  Weihenstephan  beibehalten.  Die  hieraus  1914 
geernteten  und  1917  in  Individualsaat  genommenen  Zuchtpflanzen 
Nr.  345 — 354  sind   ebenfalls  im  allgemeinen   dunkelsamig. 


Kleine  Mitteilungen. 


153 


Mutterpflanze 

Tochterpflanzen 

k  \^<ts\}T^^^^uTlO' 

JX  Mo  iJd'lli  III.  U.  I-Li^ 

Nr. 

Kornfarbe 

Nr. 

Kornfarbe 

Herrliberger 

12 

ganz    dunkelviolett,    mit 

561 

ganz  dunkel   wie   Mutter- 

(Schweizer 

wenigen  hellen  Spitzen 

562 

pflanze, 
mehr    dunkel,    aber    doch 
auch  ziemlich  gelbe  und 
gefleckte  Körner. 

Herrliberg-er 

15 

ganz    dunkelviolett,    mit 

563 

ähnlich         Mutterpflanze, 

(Schweizer) 

wenigen  hellen  Spitzen 

564 
565 

566 

etwas  gelbe  Körner, 
ganz   dunkel   wie  Mutter- 
pflanze, 
Gesamteindruck    grünlich- 
gelb, etwas  violett, 
fast  kein  gelb,  nur  violett, 
aber  hellviolett. 

Nymhnrk  (Böhmen) 

29 

stark    dunkelsamig,    vio- 

569^ 

ziemlich         gleichmäs,sig, 

lett,  Gesamtbild  dunkel 

570  i 

571  ) 
572 

Hauptfarbe     gelb      mit 
violett, 
Hauptfarbe  gelb  mit  hell- 
violett. 

Fichlelgebii'a'sklee 

59 

halb    gelb,    halb    violett. 

591 

der  Mutterpflanze  ähnlich, 

Nr.  284 

aber     dunkler    als    79 
und  81 

592 

593  \_ 
594/ 

das   violett  weicht   einem 
grünlichen  Ton, 

der  Mutterpflanze  ähnlich. 

Fichtelgebirg-sklee 

79 

ähnlich  wie  81,   das  vio- 

stärkeres    Auftreten     von 

Nr.  261 

lett  aber  dunkler 

601  ■» 
60.2  / 

dunklerem     violett     als 

bei  der  Mutterpflanze, 

■ 

603 

rein  gelbe  Körner  mit  einem 
geringen    Teil    dunkler 
Körner. 

Fichtelgebirgsklee 

81 

halb  gelb,  halb  hellviolett 

604 

ähnlich  wie  Mutterpflanze, 

Nr.  277 

606 

aber  mehr  hell, 
kräftigeres  violett,    Schei- 
dung der  Farben,   auch 
reines  gelb  vorhanden. 

Svalöf 

98 

grünlich-scheckig,      hell- 

607 1 

608 

609) 

der    Stich    ins    grünliche 

violetter  Anflug,  dunk- 

fehlt, stärkeres  Auftreten 

les  violett  fehlt 

rein  violetter  Körner,  be- 

sonders bei  609. 

Herrliberger 

112 

gelb,     mit     grösstenteils 

610 

wie  Mutterpflanze, 

(Schweizer) 

blauviolettem  Rücken 

611 
612 
613 

wie  Mutterpflanze, 
etwas  dunklerer  Rücken, 
noch   mehr  violettes    Pig- 
ment, 

154 


Kleine  Mitteilungen. 


Mutterpflanze 

Tochterpflanzen 

A  V»«!ta  m  mii  n  o' 

Nr. 

Komfarbe 

Nr. 

Kornfarbe 

HeiTÜberger 

112 

gelb,     mit     grösstenteils 

614 

von     Mutterpflanze     stark 

(Schweizer) 

blauviolettem  Rücken 

615 
616 

verschieden,    viel    ganz 

dunkle  Körner, 
ähnlich  der  Mutterpflanze, 
ähnlich  der  Mutterpflanze. 

Smniswalder 

131 

rein  gelb 

618 

rein  gelb, 

(Schweizer) 

619 
620 

rein  gelb, 

gelb  mit  violetter  Durch- 
sicht, wodurch  eine 
schmutzige  gelbe  Farbe 
entsteht. 

Ficbtelgebi  rgsklee 

140 

rein  gelb 

623 

gelb  mit  mehr  oder  weni- 

Nr. 258 

624 
625 
626 

ger  violettem  Anflug-, 
rein  gelb, 
rein  gelb, 
wie     623,     doch     helleres 

violett. 

Das  tStudium  der  Vererbung  der  Samenfarbe  bei  Rotklee  wird  nicht 
allein  dadurch  erschwert,  dass  der  E.otklee  zu  den  Frenidbefruchtern 
gehört,  sondern  auch  dadurch,  dass  künstliche  Befruchtung  bei  der 
Kleinheit  der  Blüten  und  ihrer  gedrängten  Stellung  im  Köpfchen  schwer 
durchzuführen  ist.  Ich  möchte  übrigens  bezweifen,  ob  dies  zurzeit 
auch  besonders  wichtig  erscheint,  nachdem  doch  viel  einschneidendere 
und  praktisch  wichtigere  Fragen  in  der  Rotkleezüchtung  un- 
geklärt sind. 

Zu  ähnlichen  Ergebnissen  wie  bei  der  Prüfung  der  Vererbung 
der  Samenfarbe  konmit  man  beim  A^ersuch  des  Nachweises,  inwieweit 
korrelative  Bezieiiungen  zwischen  der  Samenfarbe  und  gewissen 
anderen  Eigenschaften    der  Rotkleepflanze  zu  bestehen  scheinen. 

Hinsichtlich  der  Beziehungen  der  Samenfarbe  zur  Reifezeit  hat 
Frey  er  1.  c.  z.  B.  beobachtet,  dass  die  Pflanzen  aus  gelben  Samen 
ein  rascheres  .Jugendwachstum  aufweisen.  Pruwirth'')  fand,  dass 
in  den  oberen  Teilen  der  Blütenköpfe,  welche  schneller  reifen,  die  gelbe 
Samenfarbe  überwiegt.  Baumann  1.  c.  gibt  an.  dass  beim  Buchegg- 
berger  Mattenklee  frühreife  Pflanzen  überwiegend  gelbkörnig  sind. 
Auch  Holdefleiss")  stellt  die  Frühreife  der  aus  gelben  Körnern  er- 


1)  F  r  u  \\  i  r  t  h ,  Über  Samenfarbe  und  Samenschwere  in  einzelnen  Köpfen  vdu 
Eotklee.     Landw.   Versuchs-Stationen    1901    und  Deutsche  Landw.    Presse   1901.   Nr.   53. 

2)  Meinungsaustausch  nach  dem  Vortrage  B  a  u  m  a  n  n  s.  Ich  könnte  mich  aber, 
wie  bereits  weiter  oben  betont,  nicht  dem  Gedanken  anschliessen  ,,dass  die  gelbe  Korn- 
farbe mehr  oder  weniger  ein  Zeichen  vorzeitiger  Reife  sei"  also  etwa  einer  Notreife. 


Kleine  Mitteihing-en.  I55 

wachsenen  Pflanzen  fest.  Pflug  1.  c.  hatte  bei  seinen  Frühklee- 
zuchten überwiegend  violette  Sanienfarbe.  K  a  ]  a  n  u  s  1.  c.  widerspricht 
H  0  1  d  e  f  1  e  i  s  s.  Nach  seinen  Beobachtungen  kommen  sowohl  bei  Früh- 
klee wie  bei  Spätklee  gelbsamige  und  violettsamige  Pflanzen  vor.  Diese 
Angabe  deckt  sich  vollständig  mit  meiner  Erfahrung.  Ich  möchte 
nur  darauf  hinweisen,  dass  die  schon  erwähnte  dunkelsamige  Rotklee- 
züchtung von  Loosdorf  zu  den  ziemlich  früh  blühenden  Formen 
zählt.  Näheres  Material  aus  meinen  eigenen  Zuchtstämmen  will  ich 
vorerst  noch  zurücklegen. 

In  der  Literatur  zerstreut  findet  man  noch  Mitteilungen  über  an- 
gebliche Beziehungen  zwischen  Samenfarbe  und  Korngrösse,  Ertrag, 
Blütenfarbe  usw.,  die  wahrscheinlich  alle  nur  fih"  bestimmte  unter- 
geordnete Fälle  gelten. 


b)  Andere  Sachliche. 

Sjemenar  dionicarsko  drustvo. 

Unter  dieser  Bezeichnung  wurde  mit  einem  Kapital  von  vor- 
läufig 2  Milhonen  von  slavonischen  Landwirten  eine  Gesellschaft  ge- 
gründet, deren  geschäfthche  Leitung  in  Osijek  (Esseg)  sich  befindet 
und  deren  technischer  Direktor  E.  W.  Schulze  ist.  Die  Gesellschaft 
will  die  Züchtung  aller  einheimischen  landwirtschaftlichen  Kultur- 
pflanzen, einschliesshch  der  Futterpflanzen,  und  die  Züchtung  von  Ge- 
müse vornehmen  lassen  und  den  Verkauf  von  Saatgut  betreiben.  Es 
sollen  im  Königreich  S.  H.  S.  an  verschiedenen  Orten  Zuchtstationen 
und  eine  Reihe  von  Anbaustationen  geschaffen  werden.  Hauptzucht- 
station  ist  zunächst  Grabovo  bei  Sotin,  woselbst  die  früher  von  Graf 
Eltz   betriebene   bekannte    Zuchtstätte    übernommen    worden    ist. 


c)  Persönliche. 

Dr.  Karl  Sn eil  ist  in  das  neu  geschaffene« Forschungsinstitut  für 
Kartoffelbau  in  Steglitz  bei  Berhn  berufen  worden.  Vor  Kriegsbeginn 
war  er  in  Ägypten  besonders  mit  Baumwollzüchtung  beschäftigt  und  als 
Botaniker  der  landwirtschaftlichen  Versuchsstation  der  Societe  Khedi- 
viale  d'Agriculture  zu  Kairo  zugeteilt. 

Als  Zuchtleiter  der  Saatzuchtwirtschaft  Regensburg  ( J.  Stadler) 
wurde  der  gepr.  Saatzuchtinspektor  Fr.  Aumüller  aus  Egling  (Ober- 
bayern) ernannt.  Nach  praktischer,  pflanzenzüchterischer  Ausbildung 
bei  Domänenrat  Ed.  Meier  in  Friedrichswerth  (Thüringen)  und 
vollendetem  Hochschulstudium  in  München  war  er  kurze  Zeit  Landwirt- 
schaftslehrer in  Oldenburg,  hierauf  Assistent  bei  Prof.  von  Tscher- 


156  Kleine  Mitteilungen. 

mak  (Hochschule  für  Bodenkultm-  in  Wien)  und  dann  Assistent  der 
Landessaatzuchtanstalt  Weihenstephan.  An  der  Universität  Giessen 
bestand  er' das  Saatzuciitinspektorexamen. 

An  der  Saatzuchtanstalt  Hohenheim  wui'de  der  Diplomlandwirt 
Friedrich  Schlecht  als  wissenschafthcher  Hillsarbeiter  ausserplan- 
mässig zunächst  lür  das  Rechnungsjahr  1919  angestellt.  Nach  Er- 
langung des  Maturitätszeugnisses  auf  dem  Realgymnasium  Uhn  und 
nach  zweijähriger  praktischer  Tätigkeit  auf  dem  Schlossgut  Burgberg 
bei  Heidenheim  und  dem  Pachtgute  Tachenhausen  bei  Nüi'tingen 
studierte  der  Genannte  an  der  landwirtschaftlichen  Hochschule  Hohen- 
heim bis  zur  Ablegung  der  Diplomprüfung  im  Frühjahr  1919.  Über 
die  ganze  Dauer  des  Kriegs  war  er  zuerst  als  Pionieroffizier  und  das 
letzte  Jahr  als  Flieger  an  der  Front. 

Als  Zuchtleiter  der  fürstl.  Wirtschaftsdirektion  Barbing  wurde 
Dr.  T ritschier  ernannt.  Derselbe  war  4  Jahre  Zuchtleiter  der 
V.  B  or  r  i  es'schen  Rittergüter  in  Eckendorf  bei  Bielefeld  (Westfalen) 
und  hierauf  Zuchtleiter  in  Buhlendorf,  bei  Amtsrat  Sperling. 

Der  Direktor  des  Hamburger  Staats-Instituts  für  allgemeine 
Botanik,  Dr.  Hans  Winkler,  ist  zum  o.  ö.  Professor  an  der  Uni- 
versität Hamburg  ernannt  worden. 

Dr.  E.  W.  Schulze,  welchem  durch  eine  Reihe  von  Jahren  die 
Zuchtleitung  der  Graf  Eltz'schen  Domäne  Vul<;ovar  anvertraut  war, 
wurde,  nachdem  die  Zuchtwirtschaft  der  Domäne  von  einer  Aktien- 
gesellschaft für  Züchtung  und  Samenbau:  ,,Sjemena  dionicarsko 
druslvo''  übernommen  worden  ist,  zum  technischen  Direktor  dieser 
Gesellschaft  ernannt. 

Prof.  Dr.  J  e  1  i  n  e  k  ist  zum  ordentlichen  Professor  für  Pflanzen- 
züchtung an  der  cechischen  technischen  Hochschule  in  Prag  ernannt 
worden. 

Am  16.  September  feierte  Dr.  hon.  causa  F.  von  Lochow  in 
Petkus  im  Familienkreise  seinen  70.  Geburtstag.  Dr.  Merkel  gab  aus 
diesem  Anlass  in  den  Mitteilungen  der  „Deutschen  Landwirtschafts- 
Gesellschaft",  Stück  37,  eine  Darstellung  des  Lebens  des  Genannten 
und  besonders  eine  solche  der  den  Lesern  der  Zeitschrift  wohlbekannten 
züchterischen  Tätigkeit  desselben.  Ein  Bild  v.  Lochows  begleitete 
die  Ausführungen. 


Das  nächste  Heft  erscheint  Frühjahr  1920. 


Druck  von  Fr.  Stollberg,  Merseburg. 


Trieure 

Unkrautsamen- 
Ausleser, 

Mischfrucht  -  Scheider, 

Getreide-Sortierer, 

Lagerhaus-Einrichtungen 
Reinigungs-Anlagen 

für  Saatzuchtanstalten. 

Kalker  Trieurfabrik  und  Fabrik  gelochter  Bleche 

mayer  $>  £\t  in  H<iln-Kalk. 

Zweigfabriken  in 

Dresden-Neustadt  und  Augsburg-Pfersee. 


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Zur  Gewinnung  von 

Edelsaatgut 

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empfelileu  wir 

Gutsbesitzern,  Geiiosseiiseliaften  und  (gemeinden 

unsere  fahrbare 

Saatveredlungsanlage  „Freya" 
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Hierzu  eine  Beilage  von  der  Yerlagsbiicbhaudlung  Paul  Tarey,  Berlin  SW.  11, 

Hedemanustrasse  10  u.  11. 


Band  VII,  Heft  3.  Juni  1920. 


Zeitschrift 


für 


Pflanzenzüchtung. 

Zugleich  Organ 
der  Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht, 

der 

Österreichischen  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung 

uud  des 

Bayerischen  Saatzuchtvereins. 


Unter  Mitwirkung 
von 

L  Kiessling,    H.  Niisson-Ehle,     K.  v.  Rümker,    E.  v.  Tschermak, 

Weihenstephan  Luncl  Berlin  Wien 

herausgegeben 
von 

C.  Fruwirth, 

Wien. 


Mit  11  Textabbildungen. 


BERLIN. 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey. 

Verlag  fUr  Landwirtschaft,  Gartenbau  und  Forstwesen. 

SW.,  Hedemannstr.  10  u.  11. 

1920. 


Einzelpreis  18  M.  Ahounementspreis  15  M. 


Inhalt. 


I.  Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze.  ggj^^ 

Stuart,  C.  P.  Cohen:   Die  Züchtung  der  Teepflanze.     (Mit  8  Textabbildungen)      157 

III.  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

1.  Referate      205 

2.  Bücherbesprechungen 222 

V.  Kleine  Mitteilungen. 

a)  Wissenschaftliche : 

Die  Ermittlung  des  Einzelkorngewichtes  einer  Pflanze.    Von  Saatzuchtleiter 

W.  Hansen,  Mahndorf 225 

Methoden  einer  exakten  Prüfung  des  Fortschrittes  bei  der  Zuckerrübenzucht. 
Paritäts-  und  doppelte  Standard-Methode.  Von  Georg  von  Ryx,  Leiter  der 
Polnischen  Getreide-  und  Kaitoffelzucht^Gesellschaft  Oltarzew 227 

Zweierlei  Weisslinge  von  Mais.    Von  Dr.  Siegfried  Bach,  Wien   •    •    •    .      238 

b)  Andere  Sachliche: 

Verband  der  Saatzuchtinspektoren,  Fachgruppe  des  Reichsbundes  akademisch 

gebildeter  Landwirte  in  beamteten  Stellungen 241 

Kartoffelzuchtstation  Richter-Königshof 243 


••t)'- 


c)  Persönliche 243 

Nachtrag 248 

Druckfehlerberichtigung      248 


Erscheinungsweise:  Die  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  erscheint 
in  zwanglosen  Heften,  deren  4  zu  einem  Bande  vereinigt  werden.  Die  Hefte 
sind  auch  einzeln  käuflich,  ihre  Preise  sind  entsprechend  ihrem  schwankenden 
Umfang  verschieden  und  sind  im  Abonnement  niedriger  als  bei  Einzelbezug.  Das 
Abonnement  verpflichtet  für  einen  Band. 

Abonnements  nimmt  jede  Sortimentsbuchhandlung  entgegen  sowie  die 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey,  Berlin  SW.  11,  Hedemannstrasse  10  u.  11. 
An  letztere  sind  auch  alle  Zuschriften  in  Anzeigenangelegenheiten  zu 
richten.  Preise  der  Anzeigen:  ganze  Seite  M.  50,  halbe  Seite  M.  30,  viertel 
Seite  M.  16.  Für  alle  das  grosse  Gebiet  der  Pflanzenzüchtung  angehende 
Anzeigen  dürfte  die  „Zeitschrift"  das  geeignetste  Organ  sein. 

Honorar  für  den  Bogen  Text:  48  M.,  Tabellen  24  M.  Von  jedem  Original- 
beitrag können  25  Sonderabdrücke  geliefert  werden,  wenn  dies  bei  Einsendung 
des  Manuskriptes  verlangt  wird. 

Redaktionelle  Zuschriften:  Prof.  Dr.  C.  Fruwirth,  Waldhof  b.  Amstetten 

(N.-Österr.). 
Sonstige   Zuschriften   (Bezug  u.  Anzeigen):   Paul  Pare}^,  Berlin  SW.  11, 

Hedemannstrasse  10  u.  11. 


Band  VII,  Heft  3.  Juni  1920. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung. 


i. 

Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsätze. 


Die  Züchtung  der  Teepflarize. 

Von 

C.  P.  Cohen  Stuart, 

Versuchsstation  für  Tee,  Buitenzorg  (Java). 

(Mit  8  Textabbildungen.) 


§  1.     Einleitung. 

Obwohl  das  Niederländisch-Indische  Landwirtschafts-Departement 
schon  vor  einigen  Jahren  die  Organisierung  der  Saatzuchtversuche 
unternommen  hat,  durch  die  Gründung  einer  Anstalt  für  die  Züchtung 
einjähriger  Gewächse  (unter  Herrn  J.  P.  van  der  Stok)  und  einer 
„Züchtungsstation"  für  mehrjährige  Pflanzen  (unter  Herrn  Dr.  P.  J. 
S.  Gramer),  so  umfassen  doch  diese  Institute  keineswegs  aUe 
wichtigen  Kulturen.  Die  privaten  Versuchsstationen  für  Tabak  in  Dell 
(Sumatra),  Klaten  und  Djember  (Java)  und  diejenige-  für  Zucker  in 
Pasuruan  (Java)  hatten  schon  ihre  eigene  Zuchtänstalten,  und  voraus- 
sichtlich werden  die  Pflanzer  diese  unmittelbare  Bemühung  mit  den 
Züchtungsarbeiten  nicht  aufgeben.  Die  C  i  n  c  h  o  n  a  -  Züchtung  wird 
zwar  in  den  Gouvernementsplantagen  (bei  Bandung,  Java)  ausgeführt, 
dort  wurde  sie  aber  von  dem  Nestor  dieser  Kultur,  Herrn  Direktor 
P.  van  Leersum,  seit  30  Jahren  mit  grossem  Erfolg  betrieben,  bis 
er  August  1915  sein  Amt  niederlegte.  Was  zuletzt  die  Teekultur  an- 
betrifft, so  unterhält  diese  eine  private  Versuchsstation  in  Buitenzorg, 
welche  seit  1910  selbständige  Züchtungsversuche  unternommen  hat; 
auch  diese  Versuche  entziehen  sich  also  den  Regierungsbemühungen. 

Im  nachstehenden  werde  ich,  auf  Veranlassung  des  Herrn  Her- 
ausgebers dieser  Zeitschrift,  eine  Übersicht  der  Resultate  geben,  zu 
denen  die  Teezüchtung  bis  jetzt  gelangt  ist.^)    Meine  persönlichen  Er- 

1)  Ausführlich  in  meiner  Utrechter  Dissertation:  „Voorbereidende  onderzoekingen 
ten  dienste  van  de  selektie  der  theeplant"  (Meded.  v.  h.  Proefstat.  v.  Thee  Nr.  XL,  1916). 
Eine  vorläufige  Mitteilung  wurde  schon  in  dieser  Zeitschrift  III  (1915),  S.  463  referiert. 
Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VII.  ^2 


158  Stuart; 

fahrungen  beziehen  sich  nur  euf  ein  zweijähriges  Studium  (1913 — 1915) 
der  fundamentalen  Fragen;  ich  brauche  es  also  kaum  zu  betonen,  dass 
es  sich  hier  nur  um  die  ersten  Anfänge  der  Züchtungsarbeit  handeln 
kann.  Die  Erkenntnis  aber,  dass  die  theoretischen  Grundlagen  er- 
forscht werden  müssten,  bevor  zur  eigentlichen  Veredlung  geschritten 
werden  konnte,  das  ist  das  grosse  Verdienst  des  Direktors  der  Ver- 
suchsstation, Herrn  Dr.  Ch.  Bernard,  der  meinen  Arbeiten  und 
Vorschlägen  immer  das  regste  Interesse  und  die  grösste  Bereitwilligkeit 
entgegenbrachte.  ^) 

§  2.     Die  Formenkreise  der  Teepüanze. 

Die  systematischen  Fragen,  welche  die  Teepflanze  betreffen,  haben 
schon  eine  umfangreiche  Literatur  ins  Leben  gerufen,  welche  hier  zu 
besprechen  um  so  weniger  angebracht  wäre,  als  ich  diesen  Gegenstand 
bereits  in  meiner  ausführlichen  Publikation  eingehend  behandelt  habe. 
Ich  werde  mich  .also  auf  die  für  die  Züchtung  wichtigsten  Ergebnisse 
beschränken. 

Die  uns  am  häufigsten  begegnende  Frage  betrifft  die  Zv,  ei- 
förmigkeit der  chinesischen  Teepflanze;  P  i  s  o  "')  machte  zuerst  diese 
Annahme,  angesichts  der  zwei  Sorten,  des  schwarzen  und  des  grünen 
Tees,  die  schon  früh  auf  dem  europäischen  Markt  erschienen;  sie  wurde 
dann  von  mehreren  Autoren  lebhaft  umstritten.  Eine  sehr  leichtfertige 
Hypothese  .John  Hiils,'^)  die  in  Linnes  Beifall^)  eine  kräftige 
Stütze  empfing,  war  Ursache,  dass  die  Unterscheidung  in  eine  licht- 
grüne  grossblättrige  Art  {Thea  viridis  L.,  „grüner  Tee")  und  eine 
dunkelfarbige  kurzblättrige  Art  (Thea  hohea  L.,'')  ,. schwarzer  Tee") 
zu  einer  wissenschaftlichen  idee  fixe  wurde.  Tatsächlich  beruhen  diese 
Benennungen  nur  auf  dem  Äusseren  der  Handelsware,  während  schwarzer 
und  grüner  Tee  aus  den  verschiedensten  Varietäten  durch  das  Ein-  resp. 
Ausschalten  eines  Fermentationsprozesses  hergestellt  werden  können. 
Aber  seit  Linne  zögernd  seine  zwei  Arten  beschrieb,  hat  man  sich 
immer  bemüht,  das  Herbar-  und  Gewächshausmaterial  nach  diesen 
dürftigen  Merkmalen  zu  bestimmen ;  das  hat  sogar  der  letzte  Monograph 


^)  Diser  Aufsatz  wurde,  nach  meiner  Rückkehr,  in  Buitenzorg  Anfang  1917  ab- 
geschlossen. Die  Kriegsereignisse  waren  jedoch  Ursache,  dass  ich  ihn  nicht  nach  Europa 
sandte;  ich  habe  seitdem  nichts  daran  geändert.  —  uie  englische  tTbersetzung  des  botanisch- 
historischen Teils  meiner  Dissertation  im  Bulletin  du  Jardin  Botanique  de  Buitenzorg 
Ser.  III.  1,  S.  193  ist  jetzt  im  Erscheinen  begriffen.     (Anm.  September  1919.) 

^)  G.  Biso,  De  Indiae  utriusque  re  naturali  et  niedica.  16.58:  lih.  VI.  cap.  I, 
p.  87  (annotatis). 

")  J.  Hill,  Exotic  Botany,  1759;  tab.  21. 

*)  C.  Linnaeus,  Specius  plantarum  ed.  II,  1762. 

'^)  Nach  dem  Wu-ji  oder  Bohea-Gebirge.  nördlich  von  Kanton,  das  viel  schwarzen 
Thee  nach  Europa  ausführte. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  159 

der  Gattung,  Kochs,  getan,  obwohl  er  selbst  die  Unmöglichkeit  einer 
derartigen  Systematik  einräumt!^)  Es  versteht  sich,  dass  ein  solches 
Vorgehen  dem  richtigen  Verständnis,  oder  sagen  wir  vielmehr,  einer 
vorteilhaften  Abgrenzung'-)  der  Formenkreise  der  Teepflanze  im  Wege 
stand.  Zumal,  als  eine  neue  Riesenform,  die  Assam-Teepflanze,  ent- 
deckt wurde  und  in  der  alten  Zwangsjacke  der  T.  viridis  L.  eine  kümmer- 
liche Existenz  fortschleppte.  Eine  zweifelhafte  Subvarietät  von  T. 
bohea,  nämlich  h-stricta  Alton, •')  wurde  von  Hayne'*)  zu  einer  dritten 
Spezies  erhoben  und  hat  schon  mannigfache  Deutung  erfahren. 
Loureiro,  von  Siebold,  Miquel,  Pierre,  Watt  und  Kochs 
haben  alle  entweder  neue  Spezies  (bzw.  Varietäten)  oder  neue  Merkmale 
erdacht,  und  die  Verwirrung  ist  wirklich  schauderhaft  geworden.'^) 

Unter  anderem  aus  diesem  Grunde  halte  ich  es  für  das  Beste,  nur 
eine  einzige  Spezies  der  Teepflanze  anzunehmen.  Diese  Spezies  habe 
ich  auf  Grund  der  internationalen  Nomenklaturregeln  mit  Camellia 
theifera  (Griffith)  Dyer  benannt.  Weshalb  dieser  Name  gewählt 
und  die  herkömmliche  Bezeichnung  Thea  sinensis  Linn.  (oder  Ca- 
mellia Thea  Link  in  der  englischen  Literatur)  verworfen  werden  muss, 
habe  ich  in  meiner  ausführlichen  systematischen  Arbeit  dargetan. 

Gibt  es  nun  unter  den  kleinblättrigen,  allgemein  „chinesischer  Tee" 
genannten  Formen.  Abb.  21.  wirkhch  morphologischeUnterschiede.  die  der 
.  geographischen  Abgrenzung  zwischen  grünen  und  schwarzen  Teeprovinzen 
entsprechen?  Hierüber  geben  uns  die  Reisen  Fortunes^)  Auskunft. 
Nach  ihm  wird  um  Kanton,  also  im  Süden,  T.  hohea  gebaut,  im  „Bohea"- 
Gebirge  aber  (also  in  der  Mitte)  eine  weniger  verästelte  Abart  der 
letzteren  Form,  nicht  T.  bohea!  (Die  Produktion  von  schwarzem  und 
grünem  Tee  ist,  wie  gesagt,  von  dieser  Verteilung  unabhängig.)  Er  sagt 
leider  nichts  genaueres  über  die  Merkmale,  so  dass  wir  über  seine  Unter- 
scheidung nur  Vermutungen  äussern  können.  Immerhin  ist  es  wahrschein- 
lich, dass  beide  Formen  dem  kleinblättrigen  Formen  kreise 
angehören,  mit  welchem  Merkmale  ein  niedriger  krüppliger 
Habitus,  eine  steife  lederartige  Blattextur,  6  bis 
8  Paare  undeutlicher  Nerven  und  meistens  auch  das 
Fehlen  einer  Blattspitze   einhergehen. 

'^  J.  Kochs,  über  die  Gattung  Thea  und  den  chinesischen  Tee.  —  Engler's  Bot. 
Jahrb.  XXVII  (1900),  S.  600. 

^)  Ich  glaube  mit  E.  Lehmann  (Ztechr.  f.  indukt.  Abst.  u.  Vererb.lehre  XI  u. 
XII,  1914),  dass  die  praktische  Systematik  einen  praktischen  Artbegriff  braucht,  und  dass 
die  Grenzen  dieser  Arten  künstlich  und  durch  Zweckmässigkeit  bestimmt  sein  sollen. 

•^)    W.  Aiton,  Hortus  Kewensis,  1789;  vol.  II,  S.  230. 

■*)  F.  G.  Hayne,  Getreue  Darstellung  und  Begehreibung  der  in  der  Arzneykunde 
gebräuchlichen  Gewächse  Bd.  VII,  1821,  Tab.  27. 

■'"')   Näheres  ist  in  meiner  Dissertation  nachzulesen. 

")  R.  Fortune,  Three  years'  wanderings  in  the  Northern  provinces  of  China 
ed.  II,  1847,  S.  188  u.  382.     A  journey  to  the  tea  countries  of  China  18.52,  S.  284. 

19* 


160  Stuart: 

Der  zweite  Formenkreis,  der  meiner  Ansicht  nach  zu  unterscheiden 
wäre,  ist  mehr  charakteristisch  für  Zentral-  und  Südwest-China.  Er 
umf asst  grösserblättrige  Formen,  wie  sie  zuerst  von  S i e - 
b  0 1  d  ^)  unter  dem  Namen  macrophylla  beschrieben  hat.  Obwohl  das 
Blatt  im  ganzen  die  gleichen  Eigentümlichkeiten  wie  die  kleinblättrige 
Form  aufweist,  kann  es,  wie  das  authentische  Exemplar  im  Leydener 
Herbar,  die  doppelte  Grösse  erreichen,  von  Siebold  fand  diese 
Riesenform  in  Japan;-)  die  Japaner  sagten,  sie  sei  aus  dem  südlichen 
China  gekommen,  wo  sie  unter  dem  Namen  „Schän  tschä""wild  wüchse. 
WirkUch  hat  der  verdienstvolle  Botaniker  H.  H  e  n  r  y  in  den  Urwäldern 
an  der  Grenze  zwischen  Jün-nan  und  Ton-kin  eine  Teepflanze  gesammelt, 
die  den  gross  blättrigen  chinesischen  Typus  zeigt.  Weiter  ist  die 
■macrophylla-FoTm  durch  die  Sammlungen  Henrys,  E.  H.  Wilsons, 
von  Rosthorns  und  E.  Fabers  aus  den  Provinzen  Hu-pe  und 
Sze-chuan  bekannt  geworden,  und  C  o  o  p  e  r  '*)  berichtet  übereinstimmend 
über  eine  grossblättrige  Teevarietät,  die  in  der  letzteren  Provinz  vor- 
herrschend sei.  Eine  merkwürdige  Abart  (von  von  Posthorn  ge- 
sammelt), die  sich  durch  eine  deutliche  Blattspitze  auszeichnet  und 
dem  Assamischen  Typus  ziemlich  gleichkommt,  wurde  von  Kochs  be- 
schrieben. 

Der  dritte  vielleicht  zu  unterscheidende  Formenkreis  ist  die  Ab- 
teilung der  ,,Sh an" -Typen  (unter  ,,Shans"  versteht  man  eine  Völker- 
gruppe, die  Ober-Burma,  Ober-Siam  und  die  anliegenden  Grenzländer 
Jün-nans  und  Ton-kins  bewohnt).  Der  berühmte  I-bang-  oder  Pu-örh- 
Tee*)  aus  dem  südlichsten  Jün-nan  gehört  hierzu,  die  nationalen  Ge- 
tränke Slams  und  Burmas:  Lao-  oder  Ming-  und  Leppett-Tee'*)  werden 
von  gleichfalls  hierhergehörigen  Pflanzen  bereitet.  Die  Unterscheidungs- 
merkmale sind  nicht  leicht  zu  formulieren,  besonders  zur  Abgrenzung 
von  der  gleich  zu  besprechenden  vorderindischen  Formengruppe.  D  i  e 
Blätter  sind  ungefähr  gleich  gross  wie  die  der  vor- 
hergehenden Gruppe,  unterscheiden  sich  jedoch  leicht 
von  diesen  durch  eine  lang  ausgezogene  Blattspitze; 
die  Nervenanzahl  beträgt  ungefähr  10;  die  Pflanzen  werden 
bis  zu  5  m  hoch.  —  Es  ist  nicht  sicher,  ob  die  bestehende  Hypothese 
Pr  ains:^)  auch  die  berühmte  Teepflanze  von  Assam,  Abb.  20,  sei  eine 
Shan-Form,  angenommen  werden  soll.  .Jedenfalls  hat  sie  eine  Menge  geo- 


1)  P.  F.  V  0  n  S  i  eb  0  1  d,  Nippon,  1852,  Bd.  V,  Abt.  6,  S.  14. 

^)  Nach  M  i  y  0  s  h  i  soll  sie  dort  noch  heute  vorkommen  (J.  Kochs  loc.  cit. 
S.  605) 

•)  T.  T.  Cooper,  Travels  of  a  pioneer  of  commerce  in  pigtail  and  petticoats 

1871,  S.  171. 

*)  P'u-erh  tea;  Kew  Bulletin  1889;  S.  118  u.  139. 

^)  Lao  tea;  Kew  Bulletin  1892,  S.  219.     Leppett  tea;  Kew  Bulletin  1896,  S.  10. 

®)  In  meiner  Dissertation  S.  104. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  161 

ethnographische  Gründe  für  sich,  sowie  die  geringe  Grösse  dieser  Form 
im  Vergleiche  mit  der  jetzt  folgenden  Gruppe.  Ob  sie  von  Bruce, 
G  r  i  f  f  i  t  h  u.  a.  wirklich  im  wilden  Zustande  gefunden  wurde,  erscheint 
aus  mehreren  Gründen  fraglich,  besonders  weil  die  Shan-Bevölkerung 
damals  schon  Leppett  aus  dieser  Pflanze  bereitete. 

Sicher  wildwachsend,  d.  h.  den  Einwohnern  nicht  als  Nutzpflanze 
bekannt  und  in  dem  innersten  Urwald  wachsend,  ist  nach  Watt  und 
P  r  a  i  n  die  vierte  Formengruppe,  die  in  den  Gebirgsgegenden  südlich 
von  Assam :  Manipur,  Sylhet,  Cachar  und  Lushai,  ihren  Sitz  hat.  Die 
Blätter  dieser  Pflanze  sind  die  aller grössten,  sie 
können  20  —  30  cm  lang  werden,  in  einzelnen  Fällen 
sogar  35  cm;  die  Nerven  treten  durch  die  Runzelung 
(Bombierung,  buUatio)  der  Blattfläche  deutlich  hervor  und 
sind  nach  Watt  mehr  als  15,  bisweilen  selbst  22 — 24  an 
der  Zahl;*)  die  Textur  ist  dünn,  die  scharf  absetzende 
Spitze  sehr  lang,  die  Oberfläche  vielfach  hellgrün 
und  glänzend,  während  die  Pflanze  zu  einem  bis  20  m  hohen  Baum 
von  losem  Habitus  heraufwachsen  kann.") 

Wie  schon  hervorgehoben,  ist  die  Stellung  der  Assampflanze 
zweifelhaft.  Die  grosse  Schwierigkeit  liegt  darin,  dass  authentisches 
Herbariummaterial  von  Griffiths  ,, wildem"  Tee  eben  gar  nicht  mehr 
vorhanden  ist.  Die  Kultur  hat  in  der  Britischen  Kolonie  so  um  sich 
gegriffen,  dass  wilde  Teepflanzen  nicht  mehr  mit  Bestimmtheit  anzu- 
treffen sind,  und  weiter  hat  die  Bastardierung  mit  der  Chinesischen  Tee- 
pflanze (1.  Formenkreis)  die  Unterscheidungen  bis  zur  Unkenntlichkeit 
verwischt.  Ich  will  hier  aber  hervorheben,  dass  diese  Verhältnisse  nicht 
nur  für  den  Systematiker  wichtig  sind.  Zwar  ist  die  „Reinheit"  der 
wildwachsenden  Pflanze  nicht  hoch  zu  veranschlagen,  es  werden  auch 
wohl  bei  ihr  genotypische  Unterschiede  sich  finden,  aber  in  viel  höherem 
Grade  muss  dieses  zutreffen  für  die  Mischlinge  von  der  indischen  mit 
der  chinesischen  Form;  die  dadurch  bedingte  Bastardspaltung  stellt  der 
genetischen  Analyse  schwere  Hindernisse  entgegen.  Dazu  kommt,  dass 
der  heutige  Teepflanzer  die  chinesischen  Varietäten  gering  schätzt,  wenn 

')  Ich  traf  auf  Java  nur  in  Ausnahmefällen  15  Nervenpaare,  es  kann  aber  sehr 
wohl  richtig  sein,  dass  echte  wilde  Pflanzen  die  höhere  Anzahl  besitzen 

^)  Von  hervorragender  Wichtigkeit  ist  der  Fund  8- — 10  m  hoher  Theebäume  mit 
20  cm  langen  Blättern  in  wildem  Zustande  in  Tonkin  (vgl.  Ph.  Eberhardt, 
Le  Thea  sinensis  ä  l'etat  spontane  au  Tonkin.  —  Bull.  econ.  de  l'Indo-Chine  Nr.  64  nouv. 
ser.  1907,  S.  505).  Ich  bin  auf  diese  Literaturstelle  erst  vor  kurzem  aufmerksam  ge- 
worden und  habe  mich  dann  alsbald  mit  den  französischen  Kolonialbehörden  in  Verbindung 
gesetzt,  um  genauere  Auskunft  zu  erhalten.  Zunächst  ist  daher  die  grossblattrige  Form  von 
unsern  Betrachtungen  auszuschliessen.  Für  ihre  Existenz  spricht  der  Fund  Henry's 
an  der  Grenze  Yün-nans  und  Tonkins;  dagegen  ist  es  sonderbar,  dass  Eberhardt 
angibt,  an  dem  gleichen  Ort  wachse  eine  kleinblättrige  Form  (Länge  8  cm),  die  dem 
chinesischen  Typus  angehöre.     Vielleicht  wird  Ober-Tonkin  noch  manches  Neues  bringen. 


162  Stuart: 

nicht  gerade  auszurotten  sucht,  und  dass  also  diese  gemischte  Nach- 
komenschaft  ihm  sehr  unerwünscht  ist,  indem  er  am  liebsten  eine  ziem- 
lich ,, samenfeste"  Assampflanze  hätte. 

Es  ist  für  den  Genetiker  eine  äusserst  interessante  Aufgabe,  nach- 
zuforschen, wie  der  grobe  Fehler  der  Vermischung  beider  Formenkreise 
historisch  begründet  und  berechtigt  ist.  Als  nämlich  die  Britische  Ost- 
Indische  Compagnie  im  Jahre  1834  sich  zur  Gründung  einer  Teekultur 
in  Indien  entschloss,  war  die  Assam-Teepflanze  noch  nicht  entdeckt, 
und  selbstverständlich  wairde  dann  China-Saat  bestellt.  Indem  die 
Sendung  schon  unterwegs  war,  wurde  die  neue  Pflanze  gefunden,^)  und 
jetzt  erhob  sich  die  Frage,  ob  man  die  eine  oder  die  andere  benutzen 
und  wo  man  sie  pflanzen  solle.  Natürlich  die  Assam-Pflanze.  und  auf 
dem  Himalaia,  meinte  Walli  ch,  der  damalige  Direktor  des  Kalkuttaer 
Gartens;  natürlich  die  China-Form  und  in  Assam,  sagte  Griffith, 
ein  junger  verdienstvoller  Botaniker.  So  verschieden  diese  Ansichten 
waren,  gründeten  beide  sich  doch  auf  das  nämliche  Prinzip.  Ihres 
Erachtens  (wie  notwendigerweise  eines  jeden  Naturforschers  jener  Zeit) 
war  die  chinesische  Form  eine  „Kulturvarietät",  durch  Jahrhunderte 
währende  Kultureingriffe  aus  der  wilden  Form  entstanden;  und  wer 
zweifelte,  ob  die  Assam-Pflanze  diese  Urform,  einerseits,  und  anderer- 
seits, ob  die  Kulturvarietät  die  bessere  sei.  Es  versteht  sich  also,  dass 
man  meinte,  einerseits,  die  wilde  Form  sollte  zu  der  Kulturvarietät  heran- 
gezüchtet werden,  andererseits,  beide  Formen  seien  nicht  grundver- 
schieden (genotypisch  verschieden,  würden  wir  sagen).  Dann  aber  war 
Wallich  der  Ansicht,  dass  die  Samen  der  gezüchteten  Pflanze  bei 
Aussaat  vollkommen  zum  wilden  ,, Vorfahren"  ..zurückschlagen"  würden, 
weshalb  er  die  Einfuhr  chinesischer  Samen  als  überflüssig  beurteilte.  Im 
Gegensatze  zu  dieser  Auffassung  meinte  G  r  i  f  f  i  t  h ,  dass  dieser  Ata- 
vismus nicht  den  ganzen  langwierigen  Züchtungsprozess  rückgängig 
mache  (er  stützte  sich  auf  die  Erfahrung,  dass  feine  Obstsorten  b^i 
Aussaat  minderwertige  Naclikommen  liefern,  dass  diese  jedoch  viel 
besser  als  die  angebliche  ,, Stammform"  seien);  er  betrachtete  den  Ge- 
brauch chinesicher  Samen  als  eine  Zeitersparnis,  obwohl  auch  die  aus 
Assam  stammenden  Samen  schliesslich  die  gleiche  „Kulturvarietät" 
liefern  müssten.  Er  ging  so  weit,  dass  er  riet,  die  einheimische  Pflanze 
solle  mit  bestem  China-Tee  bastardiert  werden,  damit  sie  möglichst 
schnell  der  letzteren  gleich  komme. 

Diese  ganze  Schlusskette  mutet  uns  sonderbar  an,  aber  sie  ist 
historisch  ganz  richtig;  und  es  ist  ein  lehrreiches  Beispiel  davon,  wie 
folgenschwer  eine  ungenügend  begründete  wissenschaftliche  Theorie  (die 


^)  N.  Wallich,  Discovery  of  the  genuine  tea  plant  in  Upper  Assam.  —  Journ. 
Asiat.  Soc.  of  Bengal  IV,  1835,  S.  42.  —  AV.  Griffith,  Eeport  on  the  tea  plant  of 
Upper  Assam.  —  Trans.  Agricult.  and  Horticult.  Soc.  of  India  V,   1838,  S.  9-5. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  163 

Über  das  Wesen  der  „Kulturvarietäten")  in  ihrer  Anwendung  auf  prak- 
tische Probleme  sein  kann.  Jetzt  ist  ganz  Vorderindien,  sogar  mit 
Inbegriff  der  ursprünglichen  Fundstätten  der  Assampflanze  (welche 
schon  in  1835  mit  chinesischen  Pflänzchen  beschickt  wurden),  mit  der 
kleinblättrigen  Varietät  „infiziert"  —  White  verglich  sie  ^)  mit  der 
Kartoffelblattkrankheit  und  nannte  sie  „the  pest  of  Assam,  the  miserable 
China  variety".  Auch  das  Urteil  über  den  Wert  beider  Formengruppen 
hat  sich  also  im  Laufe  der  Zeiten  stark  geändert.  Natürlich  ist  die 
grossblättrige  Form  produktiver  als  die  aus  China;  ausserdem  unter- 
liegt die  letztere  in  den  tropischen  Ländern  verschiedenen  Krankheiten 
in  viel  höherem  Grade.  Über  diese  Frage  aber  werden  wir  uns  in  dem 
dritten  Teil  ausführlicher  unterhalten.  Hier  mögen  noch  einige  ver- 
erbungstheoretische Betrachtungen  über  den  genetischen  Zusammen- 
hang der  vier  Formenkreise  folgen. 

Es  handelt  sich  um  die  Frage,  ob  Anhaltspunkte '  für  ihr  „Ent- 
stehen" aus  ihrer  Verbreitung  und  der  Völkergeschichte  zu  erhalten 
sind.  Hiermit  sei  natürlich  nicht  gemeint,  dass  geographische  Be- 
trachtungen den  Entstehungs  Vorgang  irgendeiner  Pflanzenform  zu 
erklären  imstande  seien,  wohl  aber  kann  eine  Erörterung,  o  b  alle  be- 
kannte Formen  aus  einem  „Vorfahr"  abzuleiten,  und  w  o  diese  Urform 
entstanden  sein  dürfte,  einiges  Licht  über  die  mutmasslichen  genetischen 
Verhältnisse  werfen. 

Alph.  de  Candolle^)  hat  die  Ansicht  ausgesprochen,  dass 
die  Teepflanze  in  den  Gebirgsländern  (vortibetisches  Gebirge  nach 
von  Richthofen)  zwischen  China  und  Indien  entstanden  sei.  Er 
fusste  dabei  auf  vier  Beweisgründe:  1.  die  Jahrtausende  alte  Teekultur 
in  Zentral-China,  2.  die  grosse  Verbreitung  der  kleinblättrigen  Form  in 
den  Küstenprovinzen  Chinas,  3.  die  Entdeckung  wildwachsenden  Tees 
in  Ober-Assam,  4.  die  herkömmliche  Auffassung  der  chinesischen  Pflanze 
als  „Kulturvarietät".  Die  letztere  Form  war  also  abzuleiten  aus  einer 
Urform,  die  aus  Zentral-Asien  stammte,  und  von  welcher  der  Assamtee 
gewissermassen  ein  Überrest  war.  Versucht  man  diese  Hypothese  ein 
wenig  klarer  zu  fassen,  und  rechnet  man  deswegen  mit  der  MöglicUveit, 
dass  die  zentrifugale  Verbreitung  sowohl  auf  natürlichem  Wege  (d.  h. 
wie  bei  jeder  wilden  Pflanze),  wie  künstlich,  mittels  Völkerwanderungen, 
zustande  gekommen  sein  kann,  so  gelangt  man  zum  folgenden  Ergebnis. 
Aus  floristischen  Tatsachen  muss  man  folgern,  dass  zentrifugale 
Wanderung  nicht  wahrscheinlich  ist,  weil  die  Pflanzendecke  Chinas 
wenig  Verwandtschaft  mit  derjenigen  Vorder-  und  Hinterindiens  zeigt; 
von  diesem  Gesichtspunkte  aus  wäre  also  vielmehr  getrenntes  Entstehen 


^)     J.  B.   White,   The  Indian  tea  industry.  —  Journ.   Soc.   of  Arts,  London, 
XXXV,  1887,  S.  736. 

•)   A.  De  Candolle,  L'origine  des  plantes  cultivees,  1883,  R^  9.5. 


164  Stuart: 

wahrscheinlich.^)  Anderseits  aber  ist  in  der  Völkergeschichte  Südost- 
Asiens  ein  ausgeprägtes  fortwährendes  zentrifugales  Wanderungs- 
bestreben zu  erkennen,  und  das  kann  sicher  eine  Versclüeppung  der 
Kulturpflanzen  im  gleichen  Sinne  bewirkt  haben.  Diese  Verschlep- 
pung aber,  die  mit  dem  getrennten  Entstehen  sehr  wohl  ver- 
einbar ist,  und  sowohl  durch  die  Überlieferung  wie  durch  das  Vor- 
kommen der  Teepflanze  entlang  allen  wichtigen  Verkehrsstrassen  be- 
stätigt wird,  muss  unvermeidlich  eine  weitergehende  Bastardierung  in 
den  Übergangsgebieten  zur  Folge  gehabt  haben,  und  es  erscheint  nicht 
unmöglich,  dass  die  Assam-Teepflanze  von  älinlichen,  eingeführten 
und  mit  den  extrem-grossblättrigen  Landesformen  bastardierten  Ahnen 
abstammt. 

Zur  Zeit  der  Entdekung  des  Assamtees  gab  es  also  nur  zwei  oder 
drei  wahrscheinlich  relativ  „rassenreine"  Urbestände:  in  Manipur,  in 
Jün-nan-Ton-kin,  und  vielleicht  noch  im  vortibetischen  Gebirge.  Da- 
von ist  die  erstere  Fundstelle  schon  seit  Jahrzehnten  unzuverlässig,  die 
zweite  grösstenteils  wohl  unberührt,  während  die  dritte  Gegend  noch 
nahezu  unerforscht  ist. 

Mit  Rücksicht  auf  die  Ergebnisse  der  modernen  Speziesbastar- 
dierungen sei  bemerkt,  dass  die  reichste  Entfaltung  der  Gattung 
Camellia  in  Jün-nan,  Ton-kin  und  im  südlichen  China,  einschliesslich 
Formosa,  sich  findet,  obwohl  die  Speziesbildung  sich  bis  in  Sze-chuan, 
Bengalen,  Slam,  Japan  und  den  malayischen  Archipel  erstreckt;  das 
zuerst  genannte  Zentrum  ist  zugleich  ein  wichtiges  Kulturgebiet  für 
die  zwei  chinesischen  Formenkreise;  und  es  ist  auffallend,  dass  die  von 
der  Teepflanze  am  stärksten  abweichenden  CamelUaSektionen,  Calpan- 
dria  und  Eriandria,  ganz  an  der  Peripherie  des  Gattungsbereiches  liegen, 
während  die  sehr  an  kleinblättrigen  Tee  erinnernde  Sektion  Theopsis 
grösstenteils  die  gleichen  Gebiete  wie  die  Teepflanze  bevorzugt. 

Alle  diese  Daten,  mit  der  später  zu  besprechenden  Fremd- 
befruchtung in  Verbindung  gesetzt,  deuten  mit  Bestimmtheit  darauf, 
dass  Mir  uns  bei  der  genetischen  Analyse  der  Teepflanze  auf  den  weit- 
gehendsten Heterozygotismus  zu  fassen  haben.  Dieser  wird  voraus- 
sichtlich sich  am  stärksten  in  den  Kulturgebieten  Indiens,  am  wenigsten 
in  den  chinesischen  Küstenländern  geltend  machen,  weil  China  nicht 
mit  grossblättrigem,  wohl  aber  Indien  mit  kleinblättrigem  Tee  ver- 
unreinigt ist. 

Was  die  anscheinend  unberührten  Fundstätten  in  Ober-Ton-kin 
hetrifft,  so  möge  die  französische  Kolonialregierung  ihnen  den  Schutz 
gewähren,  der  solchen  äusserst  wertvollen  Naturmonumenten  zukommt! 


*)  Diese  Auffassung  wird  im  besonderen  unterstützt  durch  das  Auffinden  wild- 
wachsender Macrophylla-Tees  in  Yün-nan  durch  Henry;  welche  Bedeutung  der  wilden 
grossblättrigen  Form  aus  Tong-king  zukommt,  es  ist  jetzt  noch  fraglich. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  165 

§  3.     Die  Landsorten. 

Ist  die  Trennung  der  botanischen  Formenkreise  der  Teepflanze 
schon  mit  erheblichen  Schwierigkeiten  verbunden,  so  ist  die  Unter- 
scheidung der  zahlreichen  Saatsorten  des  Handels  einfach  unmöglich, 
und  wenn  man  sich  mit  äusserst  vagen  Kennzeichen  (Sättigung  der 
Blattfarbe,  Grobheit,  Härte  der  Blätter  u  dgl.)  zufrieden  gibt,  so  ist 
hiermit,  angesichts  der  starken  Heterogenität,  kaum  etwas  wesentliches 
gewonnen.  Obwohl  ich  also  grundsätzlich  immer  die  verschiedenen 
Landsorten  gesondert  gehalten  und  mit  ,,Populations"-Nummern  ver- 
sehen habe,  so  soll  dies  nicht  aussagen,  dass  sie  verschiedene  Formen- 
kreise enthalten  oder  etwa  ohne  Namenbrett  zu  bestimmen  seien.  Zwar 
lässt  sich  deutlich  erkennen,  dass  einzelne  Sorten  sich  durch  Homo- 
genität, gesunden  Zustand,  kräftige  Verästelung  u.  dgl.,  oder  gerade  durch 
■das  Gegenteil  auszeichnen,  und  ich  werde  dies  an  Beispielen  erläutern; 
aber  ich  bezweifle  sehr,  ob  ich  der  mir  wohl  einmal  gestellten  Anforde- 
rung :  kurze  Diagnosen  von  den  einzelnen  Sorten  anzu- 
fertigen, jemals  werde  genügen  können.  Es  sind  dafür  die  Formen- 
kreise der  Teepflanze  zu  wenig  verschieden,  dagegen  die  Landsorten  zu 
heterogen. 

Diese  Heterogenität  ist  grösstenteils  begründet  in  der  oben  er- 
wähnten Vermischung  von  einheimischem  und  chinesischem  Tee  in  den 
üssamischen  Saatgärten.  Zuweilen  hat  man  sie  dort  durcheinander 
gepflanzt  in  der  naiven  Absicht,  je  nach  Bedürfnis  die  eine  oder  die 
andere  Saatsorte  liefern  zu  können !  Der  bekannte  SirGeorgeWatt 
hat  durch  seine  Reisen  im  Jahre  1882  und  später  viel  dazu  beigetragen, 
•diesen  und  ähnlichen  Missständen  abzuhelfen,  aber  zu  einer  wissenschaft- 
lichen Züchtung  ist  es  in  Britisch-Indien  nie  gekommen.^)  Vielmehr 
haben  einige  Saatlieferanten  sich  den  Übeln  Ruf  erworben,  dass  sie  in 
Zeiten  starker  Nachfrage  minderwertiges  Saatgut  massenhaft  auf- 
kaufen,^) und  überhaupt  ist  der  Zustand  der  britischen  Saatgärten 
natürlich  jeder  Kontrolle  entzogen.  Besonders  nachhaltig  ist,  was  die 
Saatqualität  anlangt,  der  schädliche  Einfluss  des  riesigen  Aufschwunges 
der  Teekultur  auf  Ceylon  in  den  siebziger  Jahren  gewesen.  Bekanntlich 
hat  man  dort  infolge  des  verheerenden  Auftretens  der  Kaffeeblatt- 
krankheit (Hemileia  vastatrix)  ungefähr  1870  die'  Kaffeekultur  ver- 
lassen und  allenthalben  Tee  gepflanzt;  im  Jahre  1867  gab  es  nur  noch 

^)  Es  existiert  zwar  eine  Sorte  namens  ,,Dr.  Watts  selected  tea  seed",  aber  diese 
Bezeichnung  beruht  nach  persönlicher  Mitteilung  Watts  nicht  auf  Tatsächlichem,  ob- 
wohl die  betreffende  Landsorte  wirklich  sehr  schön  ist. 

^)  Zur  Einschränkung  der  Willkür  der  Saatlieferanten,  besonders  rücksichtlich  der 
Qualität  der  Verpackung,  hat  die  Niederl.-Indische  Regierung  im  Jahre  1913  eine  amt- 
liche Prüfung  aller  eingeführten  Teesamen  befohlen;  seit  1914  findet  sie  auch  in  Sumatra 
statt.  Diese  Schau  bezieht  sich  auf  den  Zustand  der  Samen,  besonders  auf  ihr  spezifisches 
Gewicht  und  ihre  Keimkraft.     Der  Erfolg  dieses  Erlasses  war   augenfällig. 


166  Stuart: 

4  ha,  im  Jahre  1877  1100,  im  Jahre  1887  68  800  ha  mit  Teepflanzungen 
Es  versteht  sich,  dass  eine  derartige  Umwälzung  nur  durch  rücksichts- 
lose Anwendung  aller  überhaupt  erhältlichen  Teesamen  durchgeführt 
werden  konnte;  und  gleichfalls,  dass  die  holländischen  Pflanzer,  die 
gerade  um  jene  Zeit  anfingen,  ihr  Saatgut  aus  den  britischen  Kolonien 
zu  beziehen,  besonders  durch  das  in  Ceylon  gekaufte,  schwer  enttäuscht 
wurden  —  wie  noch  heute  auf  Java  der  Name  „Ceylon-Typus"  ungefähr 
gleichbedeutend  ist  mit  bastardiert. 

Im  vorstehenden  ist  ausschliesslich  den  britischen  Saatgärten 
und  Landsorten  Rechnung  getragen;  aber  auch  die  chinesischen  Sorten 
sind  heterogen  und  enthalten  zahllose  Formen,  welche  jedoch  nicht  auf 
geschlechtliche  Vermischung  gross-  und  kleinblättrigen  Tees  zurück- 
zuführen sind.  Für  die  europäische  Kultur  kommen  diese  Sorten  in- 
dessen gegenwärtig  kaum  in  Betracht  (wenn  man  die  berühmten  Tee- 
pflanzungen im  Himalaya  ausser  acht  lässt),  man  ist  vielmehr  bestrebt. 
die  chinesischen  Abarten  durch  die  grossblättrigen  zu  ersetzen,  jeden- 
falls aber  gibt  es  keine  namhaften  chinesischen  Landsorten  im 
Handel,  weil  es  eben  keine  Saatgärten  in  China  gibt. 

Dagegen  nimmt  die  Anzahl  der  Saatgärten  und  ,, Landsorten"  auf 
Java  immer  zu  und  beträgt  weit  über  hundert.  Alle  diese  Gärten  ent- 
halten ,,Assam-Typus"  und  sind  mit  einer  gewöhnlichen  Teeplantage 
verbunden,^)  deren  Samen  verbrauch  sie  meistens  an  erster  Stelle  decken 
sollen,  während  der  Über&chuss  für  den  Verkauf  bestimmt  ist.^)  In 
neuester  Zeit  wurde  gelegentlich  die  wissenschaftliche  Hilfe  der  Ver- 
suchsstation angerufen,  zwecks  Anlage  neuer  isolierter  Saatgärten.  Im 
allgemeinen  gibt  es  aber  auch  hier  viele  zu  überwindende  Übelstände; 
so  treibt  man  vielfach  die  Samengewinnung  derart,  dass  man  i  m  Pflück- 
garten die  schönsten  Pflanzen  auswählt  und  diese  zu  Saatbäumen  frei 
heranwachsen  lässt,  wodurch  eben  Bastardierung  mit  den  verworfenen 
Individuen  stattfinden  muss!  (Ab.  16  u.  17.)  Eine  gründliche  Reform  des 
Saatzuchtwesens  auf  Java  ist  um  so  mehr  dringend,  als  die  eingeführten 
Landsorten  selbst  keinerlei  Auslese  erfahren  haben,  und  andererseits 
die  Einfuhr  (im  Jahre  1911)  ungefähr  eine  Million  Gulden  betrug,  gegen- 
über einem  Tee-Gesamtertrage  von  nahezu  16  Millionen  Gulden.  Es 
handelt  sich  also  für  die  Teekultur  auf  .Java  darum,  sich  von  Britisch- 
indien unabhängig  zu  machen  und  womöglich  die  ganze  Einfuhr  durch 
die  Erzeugung  eigener,  strenge  ausgelesener  Bestände  zu  er- 
setzen. Denn  nur  ausgelesenes  Saatgut  könnte  den  „Assam  Indigenous"- 

';  Ganz  vereinzelt  findet  man  kleine  Betriebe,  die  nur  der  Saatzucht  gewidmet 
sind,  jedoch  ohne  wissenschaftliche  Methode. 

^)  Das  aus  hiesigen  Gärten  gewonnene  Saatgut  holt  Preise  von  75 — 100  Gulden 
pro  ..Maund"  (ein  Br.  Ind.  Maß  =  40  kg  oder  17 — 18  000  Samen),  während  das  ein- 
geführte bis  zu  200  Gulden  gilt.  Für  einen  Hektar  braucht  man  8.500  Pflanzen  oder 
+  ^/s  Maund  Samen. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze. 


167 


Landsorten  überlegen  sein.    Dass  der  Tee  in  Java  einer  „Degeneration" 
anheimfallen  sollte,  derart,  dass  die  aus  den  Java-Saatgärten  hervor- 


Abb.  16.    Musterkarte  von  Teerassen,  in  einem  gewöhnlichen  Pflückgarten  zusammengelesen. 


Abb.  17.    Saatträger  im  Pfiückgarten,  durch  Auswachsen  der  besten  und  fortgesetztes  Beschneiden 

der  übrigen  Pflanzen. 

gehende  Saat  minderwertig,  kränklicher  usw.  als  die  frisch  eingeführte 
wäre,  ist  zwar  manchmal  behauptet  worden,  aber  niemals  wissenschaft- 
lich bewiesen. 


168  Stuart: 

Einige  der  auf  Java  bekanntesten  Landsorten  sind,  ausser  den 
noch  sehr  häufigen  vagen  Benennungen  ,,Assam,  Manipur,  Cachar, 
Naga,  Lushai,  Burma",  die  folgenden:  Aus  Britisch-Indien  Saat- 
gärten: Bazaloni,  Dangri,  Dhonjan,  Dutea,  Gairkhata,  Ghoiralhi, 
Itakhooli,  Jaipur,  Kutchu,  Mithunguri,  Namsang,  Rajghur,  Singlo  Hill, 
Tingri,  Rowes.  —  Die  letztgenannte  Sorte  stammt  überhaupt  nicht  aus 
einem  bestimmten  Garten,  sondern  wird  aufgekauft  und  hat  infolge- 
dessen bald  sehr  schöne,  bald  aber  unerhört  schlechte  Resultate  ergeben. 
—  Bekannte  Saatgärten  auf  Java  sind  u.  m.:  Ardjasari,  Bukanegara, 
Djolotigo,  Gambung,  Gunung  Rosa,  Kaju  Enak,  Kertamanah,  Lodaja. 
Pagilaran,  Pajung,  Pangledjar,  Pasir  Nangka,  Sedep,  Tjiapus,  Tjidadap, 
Tjiliwüng,  Tjiluar,  Tjipetir,  Wilhelmina. 

Jedes  Züchtungsverfahren  lässt  drei  vorbereitende  Phasen  er- 
kennen :  erstens  das  vergleichende  Studium  der  Land- 
6  orten,  wodurch  ihre  durchschnittlichen  Eigenschaften  zutage  ge- 
fördert werden,  welche  ein  Maß  für  die  Wahrscheinliclikeit  dessen,  dass 
bestimmte  wertvolle  Typen  in  ihnen  vorkommen  werden,  abgeben. 
Zweitens  das  vergleichende  Studium  der  in  den  Be- 
ständen enthaltenen  Biotypen,  welches  die  Erkennung  und 
Auslese  der  wertvolleren  Individuen  ermöglicht.  Drittens  das  ver- 
gleichende Studium  der  Nachkommenschaften,  das  die 
genotypisch  am  besten  veranlagten  Eltern  anweist  und  somit  das 
Züchtungsmaterial  in  engerem  Sinne  ermittelt.  Darauf  soll  die  ziel- 
bewusste  Linienauslese  bzw.  Bastardierung  einsetzen. 

In  dem  mir  zur  Verfügung  stehenden  Zeitraum  habe  ich  mich  nur 
den  zwei  ersteren  Phasen  widmen  können;  die  Teepflanze  erzeugt  ja 
erst  nach  6 — 10  Jahren  Samen.  Und  zwar  habe  ich  dem  Vergleiche  der 
Biotypen  mehr  Aufmerksamkeit  als  dem  der  Populationen  zugewendet, 
weil  man  die  für  das  letztere  erforderliche  Formenkenntnis  erst  durch 
das  genaue  statistische  Studium  der  Individuen  erreicht.  Mehrere  der  in 
■diesem  Paragraphen  enthaltenen  Tatsachen  habe  ich  erst  nach  meiner 
Rückkehr  in  die  Tropen  festgestellt.  Dadurch  habe  ich  leider  bei  weitem 
nicht  das  ausgedehnte  Untersuchungsmaterial,  in  Gestalt  von  etwa 
50  Landsorten  auf  Keimbeeten,  das  Herr  Dr.  B  e  r  n  a  r  d  für  mich  zu- 
sammengetragen hatte,  bewältigen  können.  Die  Mehrzahl  dieser  Popu- 
lationen musste  ausgepflanzt  und  vorläufig  ausgelesen  werden,  bevor  ich 
mich  eingehend  mit  ihnen  beschäftigen  konnte. 

Alle  Versuchsgärten  befinden  sich  auf  der  Gouvernements-China- 
plantage, wo  die  Gartenverwaltung  vom  Herrn  Direktor  P.  van  Leer- 
sum  selbst  übernommen  wurde,  der  sie  in  gewohnter  mustergültiger 
Weise  ausübte.  Herr  van  Leersum,  der  sich,  wie  schon  hervor- 
gehoben, schon  tor  30  Jahren  mit  China-Züchtung  beschäftigte,  hat  auch 
die  Initiative  für   die  Tee-Züchtung    ergriffen,   indem   er   1906   einen 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  169 

Versuchs-Saatgarten  anlegte,  dessen  ausgezeichneter  Wuchs  1909  die 
Veranlassung  zur  eigentlichen  Gründung  der  systematischen  Tee- 
Züchtung  wurde.  Im  letzteren  Jahre  wurden  drei  weitere  Gärten  mit 
jungen  Pflanzen  aus  Java-Plantagen  beschafft.  Die  Isolierung  von 
3  dieser  Populationen  war  ungenügend.  Im  Regenmonsun  1910 — 1911 
folgten  zwei  Bestände  aus  Java-Saatgut  und  zwei  aus  Import-Material, 
im  Jahre  1911 — 1912  zwei  Keimfelder  aus  Java-Samen  und  elf  aus 
ßritisch-Indien,  im  Jahre  1912 — 1913  drei  Populationen  von  Java, 
sechzehn  von  Britisch-Indien,  im  Jahre  1913 — 1914  wurden  eine  java- 
nische  und  neun  indische  Landsorten  ausgesät,  insgesamt  also  fünfzig 
Bestände,  die  in  chronologischer  Folge  mit  den  „Populations"-Nummern 
1 — 50  versehen  w^irden. 

Daran  reihen  sich  die  folgenden:  ein  isolierter  Zuchtgarten,  An- 
fang 1913  durch  Auslese  eines  1910 — 1911  angelegten  Keimfeldes  er- 
halten (von  der  Zeit  an  mit  Nr.  51  bezeichnet).  Anfang  1914  wiederum 
ein  isolierter,  schon  einmal  ausgelesener  Saatgarten  (Nr.  52),  aus  einem 
Bestände  1910—1911.  Gleichfalls  1913—1914  ein  Versuchsfeldchen 
Nr.  53  aus  Samen  eines  frei  abblühenden  Baumes  im  ältesten  Ver- 
suchsgarten (zur  Prüfung  etwaiger  Erbliclikeitserscheinungen).  1914 
bis  1915  acht  isolierte  Zuchtgärten,  Nr.  54 — 61,  aus  Populationen  des 
Jahrganges  1911 — 1912  ausgelesen.  In  1915 — 1916  wiederum  einmal 
zwei  Keimfelder  aus  eingeführtem  Saatgut,  Nr.  62 — 63,  und  vier  Zucht- 
gärten, Nr.  64 — 67,  aus  Populationen  des  Jahres  1912 — 1913.  Zuletzt 
1916 — 1917  zwei  kleine  Bestände,  Nr.  68 — 69,  aus  Pflänzchen  und 
Samen  des  in  Cochinchina  angebauten  Tees  angelegt,  und  vielmehr  im 
Interesse  einer  vollständigen  Typensammlung  als  für  die  Züchtung  im 
engeren  Sinne,  weil  diese  Sorte  sich  zu  stark  dem  chinesischen  Typus 
nähert ;  ein  Keimfeldchen,  Nr.  70,  aus  Samen  eines  frei  abblühenden 
Baumes,  wie  die  Nr.  53,  und  vier  isolierte  Zuchtgärten,  Nr.  71 — 74, 
auf  Keimbeeten  ausgelesen. 

Insgesamt  umfasst  der  Zuchtbetrieb  auf  der  Gouvernements- 
Chinaplantage  also:  50  Landsorten  auf  Keimfeldern  (einschl.  8  aus 
javanischen  Sorten),  2  Individualabsaaten  nach  Fremdbefruchtung, 
3  ungenügend  und  19  gut  isolierte,  schon  nach  dem  äusseren  Vor- 
kommen ausgelesene  Zuchtgärten. 

Vorgreifend  sei  bemerkt,  dass  das  bei  der  Teepflanze  bezweckte 
Ausleseverfahren  die  Massen-Auslese  ist,  obwohl  die  Elternzahl  stark 
beschränkt  ist  und  die  individuelle  Samengewinnung,  so  viel  wie 
praktisch  ausführbar  ist,  angestrebt  werden  wird.  Näheres  wird  im 
6.  Paragraphen  erklärt  werden. 

Neben  den  eigenen  Untersuchungen  über  die  Landsorten  habe  ich 
die  praktischen  Erfahrungen  der  Pflanzer  gesammelt  mittels  zweier 
Umfragen.      (Leider   haben   sich    nur  wenige  hieran  beteiligt.)     1911 


170  Stuart: 

wurden  Daten  über  die  Saatgärten  gesammelt:  deren  Grösse.  Herkunft 
und  Alter,  Höhe  ü.  d.  M.,  jährliche  Gesamternte;  schliesslich  Verkaufs- 
bedingungen des  Saatguts  und  Verzeichnis  früherer  Abnehmer,  ,zur  Ge- 
winnung der  Erfahrungen  dieser.  1914  wurde  gefragt,  welche  Land- 
sorten angebaut  wurden  und  wie  viele  Hektare  mit  jeder;  welche  Land- 
sorten erfalu-ungsgemäss  die  besten  waren,  und  ob  bzw.  weshalb  jemals 
welche  durch  andere  ersetzt  worden  waren;  drittens,  welche  Merkmale 
für  die  Züchtung  am  wichtigsten  erschienen;  und  zuletzt,  noch  einmal, 
ob  Saatgärten  vorhanden  seien  bzw.  von  welcher  Landsorte. 

Die  zweite  und  dritte  Frage  von  1914  (gute  und  schlechte  Sorten 
bzw.  gute  und  schlechte  Eigenschaften)  sind  von  besonderer  Wichtigkeit. 
Denn  die  Kenntnis  der  guten  und  minderwertigen  Bestände  gibt  einen 
Fingerzeig  darüber,  wo  das  hervorragendste  Züchtungsmaterial  zu 
suchien  ist  —  obwohl  z.  B.  immune  Individuen  eben  viel  sicherer  in 
kränklichen  Beständen  erkennbar. sind!  — ;  und  die  Kenntnis  der  wert- 
vollen und  schädlichen  Eigenschaften  ist  unerlässlich  für  die  Züchtung, 
welche  ja  die  guten  Pflanzen  von  den  schlechten  trennen  soll. 

Der  Erfolg  war  aber  gering.  Das  Urteil  über  die  einzelnen  Land- 
sorten war  nicht  eindeutig  und  nicht  vollständig,  und  über  die  Merk- 
male der  ,, idealen"  Teepflanze  wurde  ebenfalls  wenig  neues  gesagt. 
Worin  diese  Unsicherheit  der  Praktiker  (die  sich  doch  tagtäglich  mit 
den  besprochenen  Fragen  beschäftigen  dürften)  begründet  ist.  wird 
sich  im  nächsten  Paragraphen  ergeben.  Hier  sei  nur  kurz  hervor- 
gehoben, dass  die  notwendigsten  Erfordernisse  für  eine  gute  Teepflanze 
(auf  Java)  diese  sind:  grosser  Ertrag,,  kräftiger  Wuchs, 
späte  Blüte,  regelmässige  Verästelung  und  Immu- 
nität, insbesondere  gegen  Helopeltis  und  Brevipalpus 
(eine  Hemiptere  bzw.  Milbe,  welche  gefürchtete  Feinde  sind,  erstere  be- 
sonders auf  chinesischem  und  hybridem  Typus,  letztere  auf  hell- 
farbigem Assam-Typus  parasitierend).  Durch  diese  Anforderungen  er- 
scheint der  kleinblättrige  Formenkreis  aus  den  verwertbaren  Varietäten 
so  gut  wie  ausgeschlossen.  Dennoch  glaube  ich,  dass  eine  absolute 
Ausschliessung  verfrüht  wäre,  und  dass  es  eben  Sache  der  wissenschaft- 
lichen Züchtung  ist,  die  brauchbaren  Individuen  aus  den  minder- 
wertigen Beständen  auszulesen. 

Ich  kann  darauf  verzichten,  über  die  Eigenschaften  ,, grosser  Er- 
trag, kräftiger  Wuchs,  Immunität"  zu  sprechen,  sie  sind  ja  bei  jedem 
Gewächs  erwünscht.  Speziellere  Bedeutung  hat  die  Eigenschaft 
,, regelmässige  Verästelung",  denn  die  Art  der  Verästelung  ist  wirklich 
für  die  Teepflanze,  die  alle  zwei  Jahre  abgestutzt  und  alle  neun  Tage 
ihrer  jungen  Triebe  beraubt  wird,  von  hervorragender  Bedeutung:  eine 
grosse  Anzahl  Pflanzen  besitzt  eine  eigentümliche  zweiseitige,  kande- 
laberartige Verästelung,  welche  für  ein  regelmässiges  allseitiges  Aus- 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  171 

treiben  nicht  günstig  ersclieint.  Ganz  eigentümlich  ist  aber  die  An- 
forderung, dass  die  Teepflanze  nich^früh  und  nicht  reichlich 
blühen  soll.  Man  glaubt  nämlich,  wohl  mit  Recht,  dass  das  Blühen 
auf  Kosten  der  vegetativen  Entwicklung  geschieht,  d.  h.,  dass  die  für 
die  Blattentwicklung  verwendbaren  Baustoffe  der  Blüte  zugute  kommen ; 
und  es  ist  einleuchtend,  dass  dieses  für  eine  auf  vegetative  Entwicklung 
gerichtete  Kultur  ein  Nachteil  ist.  Als'o:  man  soll  eine  Abart  hervor- 
züchten, die  möglichst  spät  und  spärlich  blüht.  Was  das  für  die 
moderne,  mit  Generationen  zählende  Pflanzenzüchtung  bedeutet,  ist 
klar.  In  unseren  sechsjährigen  ausgelesenen  Saatgärten  ist  eine 
blühende  Pflanze  noch  eine  Seltenheit,  ich  habe  zehnjährige  Individuen 
gesehen,  die  kaum  eine  Blüte  trugen,  in  der  Cinchona-  Züchtung 
(die  gleichem  nachstrebt)  hat  ein  besonders  geschätzter  Baum  erst 
mit  25  Jahren  geblüht!  Wie  lange  soll  dann  die  Züchtung  dauern? 
Sicherlich  viele  Jahrzehnte! 

Welche  Einschränkung  der  modernen  Züchtungsverfahren  durch 
diese  Verhältnisse  erzwungen  Avird,  soll  im  6.  Paragraphen  ausgeführt 
werden.  Jedenfalls  aber  hat  man  mit  der  Auslese  einen  Anfang  ge- 
macht, und  man  ist  genötigt,  sie  fortzusetzen  und  zu  tun,  was  die 
Hand  zu  tun  findet,  indem  man  ruhig  auf  die  Saaternte  Avartet. 

Die  erste  Aufgabe  ist,  Avie  ich  sagte,  die  Analyse  der  Land- 
sorten, der  Populationen.  -Es  handelt  sich  darum,  in  jedem  Bestände 
eine  vorläufige  Trennung  des  besseren  von  dem  schlechteren  Teil  zu 
bewerkstelligen,  um,  mit  rohen  Mitteln  und  in  grossem  Maßstabe  an- 
fangend, die  genaueste  Untersuchung  nur  den  allerbesten  zuteil  werden 
zu  lassen. 

Das  erste  Mittel,  das  schon  lange  in  Britisch-Indien  und  auf  Java 
und  regelmässig  bei  unserer  Auslese  angOAvendet  wird,  ist  die  Tren- 
nung nach  dem  spezifischen  G  e  av  i  c  h  t  mittels  Wasser ; 
Bernard  hat  ausserdem  eine  25 '^/n  ige  Zuckerlösung  in  AnAA^endung 
gebracht.  Es  ist  einwandfrei  nachgewiesen  Avorden,  dass  die  spezifisch 
leichtesten  Samen  die  schlechtesten  sind  (was  teils  durch  Taubheit 
und  Unreife,^)  teils  durch  Verwesung  ^)  und  Verpilzung,-)  teils  aber 
durch  noch  unbekannte  Faktoren  bedingt  wird),  nicht  nur  in  diesem 
Sinne,  dass  ihre  Keimungsenergie  am  geringsten  ist,  sondern  auch 
derart,  dass  sie  im  allgemeinen  Keimpflanzen  von  minderwertigem 
Typus  liefern.    Man  kann  also  gewöhnlich  die  „Wasserschwimmer"  weg- 

^)  Das  Endosperm  des  Teesamens  bildet  eine  weiche,  saftige  Gallerte,  die  erst  ganz 
allmählich  durch  den  langsam  wachsenden  Embryo  aufgezehrt  wird.  Ein  unreifer  Samen 
zeigt  daher  einen  teilweise  flüssigen  Inhalt,  der  bei  vorzeitigem  Abpflücken  austrocknet 
und  einen  lufterfüllten  Hohlraum  entstehen  lässt. 

2)  Namentlich  durch  zu  grosse  Feuchtigkeit  oder  Trockenheit  des  Verpackungs- 
materials. Lehm  ist  in  dieser  Hinsicht  sehr  abzuraten;  gepulverte  Holzkohle  ist  viel 
besser,  doch  keimen  viele  Samen  hierin  vorzeitig.     Am  besten   ist  ein  Gemisch  beider. 


172 


Stuart: 


Abb.  18.    Keimbeete  vou  ^Zuckersinkern" ;  schöne  Entwicklung  nach  10  Monaten. 


Abb.  19.    Keimbeete  von  ^Wassersiukern" ;  dürftige  Keimung  nach  10  Monaten. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze."  173 

werfen,  doch  sind  einzelne  gute  Pflanzen  auch  darunter,  und  für  Pflück- 
gärten benutzt  man  sie  meistens  ebenfalls.  Weniger  ausgeprägt  ist  der 
Unterschied  zwischen  den  „Wassersinkern"  und  „Zuckersinkern''.  ^)  Abb.  19 
u.  18,  obwohl  die  letzteren  vielfach  merklich  besser  sind  als  die  ersteren. 
In  einem  bestimmten  Fall  konnte  ich  nachweisen,  dass  der  Gehalt  an 
Pflanzen  mit  anthocy anhaltigen  jungen  Sprossen  (ein  Merkmal  vieler 
echter  chinesischer  Pflanzen)  bei  Zucker-  und  Wassersinkern  7 — 8  °/o, 
bei  den  Wasserschwimmern  jedoch  21  "/o  betrug.  Durch  nachfolgende 
Untersuchung  chinesischen  Saatguts,  das  sich  nicht  besonders  reich 
an  Schwimmern  zeigte,  bin  ich  zu  der  Hypothese  gelangt,  dass  die 
Ursache  der  erwähnten  Erscheinungen  in  der  grösseren  Keimungsenergie 
der  chinesischen  Samen  (bzw.  in  deren  grösseren  Trockenbeständigkeit 
u.  dgl.)  zu  suchen  sei. 

B  e  r  n  a  r  d  hat  gefunden.  -)  dass  der  Ehirchmesaer  der  Samen 
zwischen  13  und  19  mm  (d.  h.  der  allgemeinst  vorkommende)  keinen 
Einfluss  hat;  unter  13  mm  erhielt  er  schlechte  Resultate,  über  19  mm 
gab  es  überhaupt  nur  sehr  wenige  Samen.  Das  Gewicht  hat  mehr  Ein- 
fluss: die  schwereren  Samen  (2 — 3  g  und  höher)  ergaben  die  schönsten 
und  kräftigsten  Pflanzen,  die  leichtesten  (unterhalb  0,6  g)  keimten 
schlecht  oder  gar  nicht.  Als  Trennungsprinzip  ist  aber  die  Schwere 
doch  kaum  anwendbar. 

Gibt  also  die  Trennung  nach  dem  spezifischen  Gewicht  schon  eine 
brauchbare  Unterscheidung  ab  (weshalb  bei  unserer  Auslese  immer  die 
drei  Kategorien  gesondert  ausgepflanzt  werden;  eine  vierte  Kategorie 
bilden  ev.  vorzeitig  ausgekeimte  Samen),  wichtiger  ist  die  Analyse  der 
Landsorten  nach  der  Keimung.  So  wie  hinsichtlich  des  Gehaltes  an 
chinesischen  oder  hybriden  Formen  kann  man  diese  Analyse  auf  mehrere 
Merkmale  richten,  die  alle  natürlich  rein  phänotypischer  Natur  sind, 
aber  dennoch  für  das  Anfangsstadium  der  Züchtung  Wert  haben  und 
jedenfalls  zur  Charakterisierung  des  Gebrauchswertes  jeder  Population 
dienlich  sind.  Von  diesen  Merkmalen  wird  in  dem  nächsten  Abschnitt 
umständlicher  die  Rede  sein;  hier  genüge  eine  kurze  Skizze  von  der 
Art  und  Weise,  wie  die  ., Populationsanalyse"  stattfindet. 

Wie  aus  den  Tabellen  I A  und  B  ersichtlich  ist,  wird  bei  jeder 
Pflanze  durch  Striche  angegeben,  in  welchen  Punkten  sie  den  technischen 
Anforderungen  nicht  genügt ;  daneben  werden  ganz  kurze  Erläuterungen 
geschrieben  über  Krankheit,  botanischen  Typus  usw.  Nachdem 
mindestens  drei  Partien  von  je  50  Pflanzen  wahllos  verschiedenen  Stellen 


')  Die  in  Wasser  gesunkenen  Samen  werden  mittels  Zuckerlösung  wiederum  in 
schwimmende  und  sinkende  getrennt.  Danach  werden  alle  Samen  in  einer  1  ^/go  igen 
Sublimatlösung  desinfiziert. 

^)   Ch.  Bernard,  Germination  et  essai  de  selection  des  grainee  de  the.     (Obser- 
vations  sur  le  the  VI.)  —  Bull,  du  Dep.  de  l'Agricult.  aux  Ind.  Neerl.  XXXIX,  1910,  S.  11. 
Zeitschrift  für  Pflanzenzürlituii<r.    Bd.  VII.  13 


174 


Stuart: 


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Die  Züchtung  der  Teepflanze.  175 

des  Bestandes  entnommen,  registriert  worden  sind,  wird  der  Prozent- 
satz an  verschiedenen  Typen,  Krankheiten,  bUlhenden  Pflanzen  usw. 
bestimmt.  Man  sieht  aber  aus  den  Tabellen,  dass  die  Eigentümlich- 
keiten einer  Population  schon  bei  einer  geringeren  Individuenzahl  zu- 
tage treten;  so  zeigt  die  erstere  Tabelle  eine  grosse  Zahl  schlecht  ver- 
ästelter,  dagegen  sehr  wenige  blühende  Individuen  an,  während  die 
andere,  gleichaltrige  Population  die  entgegengesetzte  Erscheinung 
aufweist. 

Einige  vorläufige  Ergebnisse  dieser  vergleichenden  Bestandes- 
analyse findet  man  in  der  II.   Tabelle  zusamraengefasst. 

(Siehe  Tabelle  II  auf  S.  176  und  177.) 

Hinsichtlich  des  Alters  sind  die  Bestände  I — IV  und  V — VIII 
unter  sich  vergleichbar.  Der  Einfluss  des  zunehmenden  Alters  äussert 
sich  naturgemäss  in  der  wachsenden  Zahl  blühender  Pflanzen  und  in 
der  zunehmenden  Höhe;  daneben  wird  man  verstehen,  dass  die  Ver- 
ästelung erst  in  vorgeschrittenen  Stadien  richtig  beurteilt  werden  kann. 
Der  Einfluss  der  Aussenumstände  ist  aus  I — III  ersichtlich;  I  stand 
nämlich  auf  zu  tief  umgegrabenem  Boden,  III  in  geschützter  Lage. 
Schliesslich  ist  zu  erwähnen,  dass  das  spezifische  Gewicht  der  Samen, 
wie  man  aus  V — VII  sieht,  sich  besonders  deutlich  im  Prozentsatz 
ausgelesener,  kranker  und  schwächlicher  Pflanzen  geltend  macht. 

Neben  allen  diesen  Einflüssen  ist  es  unverkennbar,  dass  voll- 
kommen vergleichbare  Bestände  (II  und  IV,  V  und  VIII)  deutliche 
Unterschiede  aufweisen,  dass  z.  B.  die  Manipur-Sorte  in  Gesundheits- 
zustand, Verästelung  und  allgemeinem  „Typus"  weit  unter  Rajghur 
steht,  obwohl  sie  auch  die  wüchsigere  ist.  —  In  dieser  Weise  wird  also 
eine  vergleichende  Wertschätzung  der  Landsorten  er- 
möglicht. 

Zuletzt  sei  noch  kurz  auf  eine  mit  dem  vorhergehenden  zusammen- 
hängende Sache  eingegangen. 

Es  gilt  der  Frage,  ob  den  früher  erwähnten  Anforderungen  der 
landwirtschaftlichen  Praxis  entsprechend,  nur  spät  und  spärlich  blühende 
Pflanzen  sich  für  Saatträger  eignen,  oder  ob  früh  und  reichlich  blühende 
Individuen  auch  für  die  Saatzucht  verwendet  werden  dürfen.  Es  ist 
gewagt,  anzunehmen,  dass  eine  extrem  starke  Blühfähigkit  sich  nicht 
auf  die  Naclikommenschaft  vererbe  und  sie  nicht  somit  für  die  Blatt - 
Produktion  untauglich  mache;  in  der  Tat  existiert  ein  Fall  bei  der 
Teepflanze,  bei  welchem  in  zwei  Generationen  wiederholte  Auslese  der 
frühzeitigsten  Blüher  in  eine  unrettbar  blühende  dritte  Generation  aus- 
lief. Es  ist  also  wahrscheinlich,  dass  die  direkt  auf  die  Blattproduktion 
hinarbeitende  Züchtung  sich  in  die  grossen  Nachteile  eines  sehr  spät 

blühenden  Gewächses  fügen  muss.     Die  Möglichkeit  lässt  sich  indessen 

13* 


176 


Stuart: 


Tabelle  11.    Analysen 
ProzentgehaH  an  Phänotypen 


Landsorte 
(ZSi        =  Zuckersinker, 
WSi        =  Wassersinker, 
WSchw  =  Wasserschwimmer). 


I 

Manipur 

(verkümmert) 

Z  +  WSi 

2  Jahre  alt 


II 

Manipur 

(normal) 

Z  +  WSi 

2  Jahre  alt 


ill 

Manipur 

(schön) 

Z  4-  WSi 

2  Jahre  alt 


Ausgelesen 

Blühend  

Krank 

Schlecht  verästelt 

Schlechter  „Typus" 

Schwächlich 

Mittlere  Höhe  (in  Zentimetern) . 


5,0 

0,0') 
48,0 

8,0  >) 
12,0') 
60,0 
70.0 


7,0 
4,0 
30,0 
11,0 
22,0 
21,0 
152.0 


17,0 

2,0 

7,0 

5,0 

13,0 

15,0 

166.0 


nicht  leugnen,  dass  die  starke  Fertilität  sich  doch  nutzbar  machen  lässt, 
derart,  dass  die  reichlich  fruchtenden  Bäume  die 
wurzelpilzfesten  Unterlagen  liefern  sollen,  worauf 
die  vegetativ  tadellosen  Individuen  gepfropft  werden 
können.  Auch  nach  dieser  Richtung  hin  hat  also  die  Züchtung  zu 
arbeiten.  Dementsprechend  findet  man  in  der  1.  Tabelle  die  erst- 
genannten ausgelesenen  Individuen  mit  ,, Saatbaum",  die  zweitgenannte 
Kategorie  mit  ,, Pfropfreisbaum"  bezeichnet.  Die  ersteren  können  nur 
benutzt  werden,  sofern  ihre  Nachkommenschaft  pilzfest  ist,  die  letzteren 
kommen  jedenfalls  als  die  eigentlichen  Elitepflanzen  in  Betracht. 

Bevor  man  aber  über  diese  Möglichkeit  etwas  Bestimmteres  aus- 
sagen kann,  muss  die  Beurteilung  der  Nachkommenschaften  beträcht- 
liche Fortschritte  gemacht  haben,  und  es  sind  ja  nur  erst  sehr  wenige 
Naclikommen  bekannt.  Vorläufig  haben  wir  es  nur  mit  der  phäno- 
typischen Beurteilung  zu  tun. 


§  4.     Die  Rassen  (Biotypen). 

Es  wurde  im  vorhergehenden  Paragraphen  schon  hervorgehoben, 
dass  die  ausgeübte  Formentrennung  rein  phänotypischer  Natur  sei. 
Zur  Andeutung  äusserlich  unterscheidbarer  Individuen  habe  ich  darum 
das  Wort  ,, Biotypus"  nicht  anwenden  wollen,  obwohl  wir,  angesichts 
der  starken  Allogamie  bei  der  Teepflanze,  ruhig  annehmen  dürfen,  dass 
jedes  Individuum  genotypisch  von  den  übrigen  verschieden  sei,  also 
einen  bestimmten  Biotypus  bildet.  Ich  habe  deshalb  das  neutrale  Wort 
„Rasse"  gewählt  (an  Nägelis  Definition  anschliessend),  das  für  mich 
zwar  das  gleiche  bedeutet,  nämlich  die  Gesamtheit  aller  isogenen  Indi- 


M  Aus  der  rückständigen  Entwicklung  zu  erklären. 


Die  Züchtung  der  Teepflaaze. 


177 


einiger  Populationen, 
und  mittlere  Höhe. 


IV 

V 

VI 

VII 

VIII 

IX 

Dhonjan 

Rajghur 

Rajghur 

Rajghur 

Manipur 

Itakhooli 

Z  +  WSi 

ZSi 

WSi 

WSchw 

ZSi 

Z  +  WSi 

2  Jahre  alt 

3  Jahre  alt 

3  Jahre  alt 

3  Jahre  alt 

3  Jahre  alt 

4  Jahre  alt 

13,0 

14,0 

7,0 

10,0 

10,0 

13,0 

7,0 

0,2 

1,0 

1,3 

0.0 

13,0 

16,0 

5,0 

6,0 

10,0 

12.0 

7.0 

7,0 

53,0 

70,0 

62,0 

69,0 

40,0 

17,0 

31,0 

44,0 

43,0 

62,0 

38,0 

57,0») 

35,0 

28,0 

27,0 

20,0 

49,0 

158,0 

174,0 

175.0 

178,0 

191.0 

247,0 

viduen, '-')  aber  z.  B.  in  der  Bezeichnung:  „Rasse"  Nr.  20,  ebensowenig 
beansprucht  wie  etwa  das  Wort  „Herr"  in  „Herr  Mayer". 

Das  von  mir  ausgeführte  genauere  statistische  Studium  der  Tee- 
rassen bezog  sich  fast  ausschlieslich  auf  die  Blätter,  weil  diese  die 
technisch  wichtigsten  Organe  sind.     Es  wurden  daran  gemessen: 

1.  die  Blattlänge;  2.  die  grösste  Blattbreite;  3.  die  „Luftlänge" 
(d.  h.  der  geradlinige  Abstand  zwischen  Fuss  und  Spitze  am  frischen, 
gekrümmten  Blatte);  4.  die  „Luftbreite";  5.  die  Spitzenlänge;  6.  die 
Zahl  der  Randzähne;  7.  die  Nervenzahl. 

Aus  diesen  Messungen  wurden  weiter  berechnet: 

9.    die   Oberfläche   (roh  be- 


8.  die  relative  Breite  (= — ^X    rei_e\ 


Länare 


Stimmt  durch  Länge  X  Breite,  in  Quadratzentimeter);  10.  die  Krümmung 
der  Hauptnerven  (lOO  -  ^^^-^^r!?^^^^) ;  H-  die  Wölbung  der  Blattspreite 


Län^e 


100 


100  X  Luftbreite\ 


Breite 


;  12.  die  relative  Spitzenlänge 


100  X  SpitzenläDge' 


Läng-e 


13.  die  relative  Zahl  der  Randzähne '^)  (= 


100  X  absolute  Zahl\ 


Länge 


• 


Diese  Eigenschaften  wurden  bei  jedem  Individuum  an  25  Blättern 
gemessen;  diese  Zahh erwies  sich  als  die  meist  ökonomische,  weil  schon 
7  direkte  Messungen  an  jedem  Blatte  vorgenommen  werden  mussten  und 
Überanstrengung  Fehler  verursachen  würde.  Ausserdem  wird  durch 
massig  genaue  Messung  von  7  untereinander  unabhängigen  Merkmalen 

*)  Unzuverlässig. 

*)  Also  sowohl  die  „Linie"  (F  r  u  w  i  r  t  h)  als  den  „Klon"  (Webber)  ein- 
echlieesend. 

■')  „Verhältniszahl  der  Blattzähne"  nach  J.  Kochs,  Engler's  Bot. 
Jahrb.  XXVII,  S.  601. 


178  Stuart: 

schon  vollkommen  der  vorläufige  Zweck  erreicht:  das  Erlangen  einer 
Übersicht  und  die  Identifizierung  der  bestehenden  Typen.  So  wurde 
auch  die  Fehlerberecluiung  nach  der  hier  ausreichenden  Quartilmethode 
ausgeführt.  Wenn  jemals  für  eine  bestimmte  rationelle  Bastardierung 
(falls  es  bei  der  Teepflanze  überhaupt  so  weit  kommen  wird)  exakte 
Daten  erforderlich  sind,  so  kann  man  ja  die  alten  Bäume  aufs  neue 
studieren. 

Mehr  Wert  habe  ich  darauf  gelegt,  die  Prämissen  der  statistischen 
Methode  zu  prüfen  und  namentlich  die  Heterogenität  des  Materials 
möglichst  zu  beseitigen.  In  einer  Voruntersuchung  habe  ich  deshalb 
den  Einfluss  des  Blattalters  und  des  Dimorphismus  auf  die  Ausgestal- 
tung des  Blattes  studiert.  Hierüber  soll  an  dieser  Stelle  nur  im 
kurzen  referiert  werden.  Wie  wir  noch  in  anderer  Beziehung  im  5.  Pa- 
ragraphen sehen  werden,  geht  die  ruhende  Knospe  des  Tees  durch  einige 
Übergangsblätter  (Knospenschuppen),  von  welchen  die  unteren  Blüten- 
knospen in  ihrem  Achsel  tragen,  in  die  normalen  Laubblätter  über.  Die 
bluten  tragenden  Schuppen  fallen  sehr  früh  ab,  ein  bis  zwei  Blättchen  (in 
der  Sunda-Sprache  ..Keppel".  inBritisch-Indien  ..janimi  leaf"  genannt)  sind 
aber  stärker  befestigt.  Die  besagte  Knospenruhe  ist  eine  periodische 
Erscheinung,  wie  sie  besonders  K 1  e  b  s  an  tropischen  Baumarten  nach- 
gewiesen hat.^)  und  ich  habe  durch  meine  Messungen,  gleichwie  er  es 
getan,  gefunden,  dass  die  Blattgrösse,  von  den  Keppel-Schüppchen  an 
bis  zu  den  letzteren  (der  folgenden  Ruhe  vorangehenden)  Blättern,  ein 
Maximum  aufweist.  Wenn  man  nun  die  Messung  aller  Merkmale  der 
Blätter  eines  Zweiges  einige  Male  wiederholt,  mit  einem  Zwischenraum 
von  einer  Woche,  so  ist  es  leicht,  die  Veränderlichkeit  der  Grössen- 
beziehungen  festzustellen  und  die  allzusehr  abweichenden  Glieder  aus- 
zuschalten. Zum  Beispiel  haben  die  Übergangsblätter  einen  nur  teil- 
weise gesägten  Blattrand,  und  ihre  Grösse  ist  natürlich  auch  gering; 
dagegen  sind  die  jüngsten  ausgebildeten  Blätter  die  länglichsten,  und 
die  Verhältniszahl  ihrer  Zähne  ist  naturgemäss  noch  zu  gross.  Das 
Ergebnis  war,  dass  „Keppel"  +  zw.ei  Blätter,  und  ..Pecco"  (Knospe) 
+  drei  Blätter  nicht  mitgezählt  werden  dürfen. 

Hiermit  ist  aber  bloss  der  Dimorphismus  innerhalb  einer  Periode 
beseitigt;  es  besteht  jedoch  beim  Tee  noch  ein  Dimorphismus  zwischen 
jungen  und  alten  Ästen,  der  bei  alten  Bäumen  erstaunlich  stark  werden 
kann.  Vielleicht  ist  es  nur  ein  ,,Wasserspross"-Phänomen,  es  könnte 
auch  mit  dem  Dimorphismus   zwischen  Lang-   und   Kurzsprossen   zu- 


^)  G.  Klebs  (über  die  periodischen  Erscheinungen  tropischer  Pflanzen;  Biol. 
Cbl.  XXXII,  1912,  S.  279)  hat  in  dieser  Beziehung  auch  schon  die  Teepflanze  erwähnt. 
Es  ist  aber  unrichtig,  wenn  er  sagt,  auf  Java  gebe  es  keine  solche  periodische  Ruhe, 
nur  weil  hier  das  ganze  Jahr  hindurch  gepflückt  wird.  Man  sieht  nämlich  an  jeder 
Pflanze  zu  gleicher  Zeit  ruhende  und  aktive  Knospen. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  179 

samraenhängen ;  diese  Worte  sind  aber  eben  nur  Worte,  und  sie  sagen 
weder  über  das  Wesen  des  Unterschiedes,  noch  über  die  Möglichkeit 
der  statistischen  Eliminierung  etwas  aus.  Kurz,  die  letztere  Schwierig- 
keit konnte  ich  nicht  überwinden.  Vielleicht  wird  es  das  beste  sein, 
nur  junge  Sprosse  zu  wählen. 

Nachdem  diese  Fragen  also  erledigt  waren,  komite  mit  dem 
statistischen  Studium  angefangen  werden.  Von  jeder  zu  untersuchenden 
Pflanze  wurden  ohne  Wahl  50 — 60  „normale"  Blätter  abgebrochen, 
25  davon  in  frischem  Zustande  gemessen,  dazu  nochmals  mit  Worten 
beschrieben,  um  die  kennzeichnenden  Punkte  hervorzuheben,  dann 
photographiert  und  bei  Siedetemperatur  getrocknet,  zwecks  Bestimmung 
des  Gerbstoff-  und  Koffeingehaltes;  daneben  wurde  eine  Kontrollpartie 
von  25  Blättern  getrennt,  ebenfalls  getrocknet  und  analysiert.  Diese 
Analyse  wurde  vom  Chemiker  der  Versuchsstation,  Herrn  Dr.  J.  J. 
B.  Deuss,  ausgeführt,  und  zwar  ^\alrde  das  Koffein  bestimmt  durch 
Chloroform-Extraktion  nach  Anfeuchtung  mit  Wasser,  und  der  Gerb- 
stoff in  Gestalt  des  mit  Formol  und  Salzsäure  gefällten  Tannoforms, 
das  ^/g  Gerbstoff  entspricht.^)  —  Ein  derartiges  Messungsprotokoll 
wurde  in  meiner  Dissertation  S.  196  reproduziert.  Die  Quartil- 
bestimmung  aus  der  Frequenzverteilung  kann  übergangen  werden. 

Neben  dem  genaueren  Studium  der  Blätter  wurde  auch  die  all- 
gemeine Beschreibung  der  ganzen  Pflanze  vorgenommen.  Die  mess- 
baren Merkmale  wurden  an  10 — 25  Organen  gemessen,  die  übrigen  teil- 
weise nach  einer  willkürlichen  Skala  (0  =  schwach,  klein  usw. 
5  =  stark,  gross  usw.)  abgeschätzt,  teilweise  einfach  botanisch  be- 
schrieben. Es  kamen  in  Betracht:  1.  Blatt:  Farbenton,  Glanz,  Bom- 
bierung, Grösse,  Gestalt,  Fuss,  Spitze,  Textur,  Krümmung,  Wölbung, 
Hervortreten   der   Nerven,    Bezähnung   und   Kräuselung   des    Randes; 

2.  Behaarung:    an    Stengel,    Blattnerven    und    Scheibe.    Knospe ; 

3.  Blattknospe;  4.  Internodien;  5.  Rinde:  Farbe;  6.  Laub: 
Habitus,  Dichte  usw.;  7.  Verästelung;  8.  Krankheiten; 
9.  Blüte  und  Frucht.  —  Für  die  Messungen:  1.  Stammdurch- 
messer;     2.    Stengeldiameter;     3.     Internodiumläng^e; 

4.  Grösse  der  Blattknospe;  5.  Anzahl  der  Blumen  pro 
Achsel ;  6.  Blütenmerkmale:  Zahl  der  Kelch-,  Blumen-  und  Frucht- 
blätter, Länge  der  Kronenblätter  und  des  Griffels. 

Die  Ergebnisse  der  statistischen  Untersuchungen  sind  in  Ta- 
belle III  dargestellt.  Auf  einige  Punkte  sei  besonders  die  Aufmerksam- 
keit gelenkt. 


^)  Der  Gerbetoff  wird  aber  nicht  immer  vollständig  extrahiert,  was  nach  Herrn 
Dense  wahrscheinlich  eine  Folge  des  schnellen  Trocknens  ist.  Die  angegebenen 
Grössen  haben  also  nur  einen  orientierenden  Minimal  wert. 


180 


Stuart: 


Statistische   Messungen 

Mittel  (fett  gedruckt)  und 


Objekt 

a 

1^ 

F 

F 

'S 

m 

<v 
> 

F 

Oberfläche 

F 

a 
3  ■ 

•  a 
s 

!3 

F 

Rasse  Nr.    4 

134,3 

2,4 

56,0 

1,0 

41,7 

0,4 

75,4 

2,0 

7.0 

0,5 

„        „       0    .     .     . 

162,6 

3,1 

59,8 

1,3 

36,9 

0,7 

98,0 

3,5 

— 

— 

7 

150,4 

2,2 

51,8 

0.7 

34,6 

0,5 

78.1 

1,9 

3,8 

0,4 

Idera  (Kontrolle)  .     . 

155,9 

1,4 

54,4 

1,1 

35,0 

0,6 

85,1 

2,6 

3,6 

0,2 

Rasse  Nr.     8    .     .     . 

148,4 

2,6 

56,4 

0,7 

38,2 

0,4 

84,0 

2.8 

10,8 

1,0 

„        „     10   .     .    : 

144.0 

1,7 

48,7 

1,0 

33,8 

0,4 

40,3 

2,0 

— 

— 

„      ,.    n   .    .    . 

147,6 

2,8 

49,9 

1,0 

33,9 

0,5 

73,9 

2,0 

6.5 

0,5 

„        „     13    .     .     . 

147,4 

1,9 

54,8 

0,9 

37,2 

0,5 

80,9 

2,2 

— 

— 

„        „     lo    .     .     . 

150.2 

2,0 

54,1 

0.7 

36,0 

0,6 

81,5 

2,6 

— 

— 

„        „     16    .     .     . 

158,3 

2,4 

53,0 

1,0 

33,6 

0,6 

84,2 

2,8 

8,3 

0,7 

„        „     18    .     .     .. 

153,1 

2,0 

56,8 

0,7 

37,1 

0,6 

87,2 

2,2 

4.4 

0,7 

„        „     20    .     .     . 

143,7 

2,4 

64,9 

1,1 

45,3 

0,5 

93,6 

2,7 

2,9 

0.4 

„        „     21    .     .     . 

159,5 

2,7 

45,6 

0,5 

28,7 

0,6 

73,1 

1,5 

4.9 

0,5 

„        „     22    .     .     . 

177,6 

3,1 

59,8 

2,0 

33,8 

ü,5 

106,8 

4,4 

— 

— 

„        „     23    .     .     . 

163,8 

4,0 

68,5 

1,9 

41,6 

0,8 

114,5 

5,6 

— 

.,        „     26    .     .     . 

145,2 

1,1 

56,4 

0,8 

38,8 

0,2 

82,2 

2,4 

4,3 

0,5 

„        .     27    .     .     . 

147,3 

2,0 

50,4 

0,7 

34,2 

0,4 

74,5 

1.8 

2,1      0.2 

„        „     28    .     .     . 

138.3 

1,6 

52,6 

1,0 

38,2 

0,4 

73,1 

1,6 

2,9 

0,3 

„                „         dV       .         .         . 

139,5 

2,2 

52,4 

1,1 

37,6 

0,3 

73,3 

2,0 

2,3 

0,2 

„        „     30    .     .     . 

158.0 

2,0 

56,7 

0.9 

35,8 

0,6 

90,4 

2,5 

5,5 

0,6 

„        „    31    .     .     . 

134,0 

1,7 

52,1 

0.7 

39,0 

0,4 

69,9 

1,6 

5,8 

0,5 

„        „     32    .     .     . 

143,4 

2,3 

51,0 

0,8 

35,6 

0,4 

73,6 

2,3 

3,0 

0,4 

„     35    .     .     . 

139,5 

2,2 

51,9 

0,5 

37,2 

0,3 

72,4 

1,6 

2,9 

0,4 

„        „     72    .     .     . 

163,2 

3.4 

62,1 

1,3 

38,2 

0,4 

102,0 

4,0 

2,6 

0,3 

Malabar-Mutterbaum  (Ki 
sprossen)     .     .     . 

irz- 

97,2 

2,0 

36,9 

1,1 

38,1 

0,6 

36,4 

2,2 





Id.  (Langsprossen)     . 

132,2 

3.1 

52,4 

1,4 

39.8 

0,7 

69,7 

3,2 

— 

— 

Tochterbaum     I    .     .     . 

136,1 

3,4 

42,2 

i,i 

31,0 

0,4 

58,3 

2,7 

4,5 

0,5 

11    .     . 

126,6 

3,2 

51,0 

1.3 

40,3 

0,5 

65,0 

2,9 

7,1 

1,3 

III    .     . 

127,1 

2,8 

43,7 

1,0 

34,5 

0,4 

56,0 

2,0 

5,0 

0,4 

Chinesische  Rasse  1 

51,6 

1,7 

22,8 

0,6 

44,4 

0,8 

11,9 

0,6 

—       — 

„       2 

70,6 

1,6 

30,8 

0,5 

43,7 

0,6 

21,8 

0,7 

—      — 

V       3 

71,2 

1,6 

24,0 

0.9 

33,5 

0,6 

•16,8 

1.3 

—      — 

V       4 

63,3 

2,1 

21,8 

0,5 

34,4 

0,6 

13,9 

1,3 

2,9 

0,8 

Die  Züchtung  der  Teepflanze. 


181 


an   Teeblättern. 

mittlere  Fehler  (F). 


d 

5      1   F 

Blattspitzen- 
länge 

F 

Relative  Blatt- 
spitzenlänge 

F 

Zähue 

F 

Relative  Zähne- 
zahl 

F 

ja 

03 
N 

d 

03 

> 

12; 

ja 

'S 

p 

bß 

d 

13 

p 

J3 
03 

<S4— 1 
O 
-4J 

'XI 
J3 

03 

ja 

bii 
_d 
'S 

1 

1^ 

2,9 

0,4 

5.2 



3,8 

0,2 

41,2 

0,6 

30,7 

0,4 

10.9 



20,0 

1.5 

— 

11,6 

— 

7,0 

0,2 

29,5 

1,4 

18.2 

0,8 

12,0 

14 

19.2 

1,5 

11,2 

1,1 

8,7 

0,3 

5,8 

0,2 

32,0 

0,8 

21,4 

0,5 

10,5 

— 

9,1 

0,8 

9,3 

1,0 

9,9 

0,3 

6,3 

0,2 

32,2 

LO 

20,7 

0,7 

10,7 

— 

— 

— 

1,1 

0,2 

9,7 

— 

6,4 

0,4 

39,4 

0,8 

26.7 

0,7 

11,9 

12 

16,5 

0,9 

— 

— 

8,2 

— 

5,7 

0,3 

50,8 

0,7 

35,4 

0,7 

12,1 

18,8 

0,2 

2,0 

0,4 

13,8 

— 

9,2 

0,3 

29,5 

0,7 

20,1 

0,6 

11,1 

— 

— 

— 

— 

— 

10,0 

6,8 

0,3 

32,6 

0,7 

22.2 

0,4 

11,5 

13 

20.5 

0,6 

— 

— 

11,4 

— 

7,5 

0,2 

39,7 

0,5 

26,4 

0,4 

10,3 

— 

19,9 

— 

-3,4 

0,7 

13,0 

— 

8,1 

0,4 

23,1 

0,9 

14,6 

0,9 

10,9 

14 

20,0 

1.3 

— 

— 

10,8 

— 

7,0 

0,3 

50,6 

0,8 

33,2 

0,7 

13,0 

— 

— 

— 

2,4 

0,4 

8,0 

— 

5,5 

0,2 

34,2 

0,6 

23,9 

0,6 

11,4 

16 

22.1 

2.3 

6,2 

o's 

13,6 

— 

8,6 

0,3 

37,4 

0,9 

23,6 

0,4 

12.6 

14 

24.1 

0.9 

— 

— 

16,4 

— 

9,2 

0,2 

30,4 

0,8 

17,1 

0,6 

10,6 

— 

— 

— 

— 

9.0 

— 

5,6 

0,2 

44,8 

0,6 

27,6 

0.7 

12,1 

— 

16,0 

0.2 

-0,8 

0,5 

13.6 

0,4 

9,4 

0,3 

49,1 

1,2 

33,9 

0,6 

13,1 

13 

25,6 

14 

5,9 

0,7 

9,5 

0,4 

6,3 

0,3 

40,4 

0.7 

27,6 

0,7 

11,3 

12 

18,5 

1,0 

—  2.1 

0,5 

11,0 

0,5 

8,0 

0,3 

45,4 

0,7 

32,9 

0,8 

12,4 

11 

16,9 

1,8 

3,1 

0,3 

13,1 

— 

9,3 

0,2 

41,9 

1,0 

30,2 

0.4 

11,4 

14 

21  2 

1.9 

0,0 

— 

14,7 

— 

9,2 

0,3 

41,2 

0,7 

26,0 

0,4 

13,1 

13 

12,0 

1.0 

0,9 

0,2 

11,8 

0,3 

8,4 

0,2 

32,1 

0,5 

24.0 

0,7 

12,8 

13 

12,5 

1,8 

6,1 

0,7 

6,3 

0,3 

4,4 

0,3 

41,8 

0,9 

29,3 

0,8 

10,6 

13 

10,2 

1,3 

2,6 

0,4 

14,7 

0,4 

10,5 

0,3 

37,7 

0,8 

27,1 

0,5 

11,5 

10 

24,0 

— 

1,8 

0,2 

18,6 

0,7 

IM 

0,4 

34,1 

0,8 

21,0 

0,6 

11,6 

16 

24,2 

— 

— 

— 

12,0 

0,4 

12,2 

0,8 

■dO^W 

1,0 

26,0 

0,8 

10.0 

— 

— 

— 

— 

— 

15,3 

0,5 

11,5 

0,2 

32,4 

0,5 

24,4 

0,6 

10,8 

— 

^ 

— 

2,1 

0,4 

12,4 

0,4 

9,0 

0,3 

36,7 

0,9 

27,4 

1,1 

12.0 

— 

— 

— 

-1,0 

0,2 

11,2 

0,5 

8,8 

0,4 

35,8 

0,9 

28,5 

0,6 

11.1 

— 

— 

— 

1,0 

0,2 

12,7 

0,5 

9.8 

0,3 

26',8 

0,5 

21,8 

0,5 

11,6 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

21,5 

1,8 

41,9 

1,3 

8,0 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

26,8 

0.5 

38,2 

0,5 

8,9 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

29,2 

1,0 

41.0 

1,0 

8,2 

-~ 

— 

— 

11,2 

1,7 

0,2 

0.2 

0,2 

0,3 

27.7 

1,2 

35,0 

1,1 

7,9 

3 

7.3 

— 

182  Stuart: 

Zum  Vergleiche  mit  den  grossblättrigen  Formen  sind  auch  einige 
chinesische  Rassen  herangezogen,  die,  wie  man  sieht,  unter  sich  schon 
erhebliche  Unterschiede  aufweisen:  die  erste  Pflanze  hat  kurze,  schmale 
und  kleine,  die  nächste  die  grössten,  die  dritte  ausserordentlich  in  die 
Länge  gezogene  Blätter,  während  die  letzte  eine  Mittelstellung  ein- 
nimmt. Alle  sind  jedoch,  mit  den  „Assam"-Rassen  verglichen,  kurz 
und  schmal,  ihre  absolute  Zälinezahl  ist  gering,  die  relative  jedoch 
hoch,  während  die  Nervenzahl  ebenfalls  merklich  geringer  ist  als  die- 
jenige der  grossblättrigen  Typen.  Nur  an  der  vierten  Rasse  wurden 
Krümmung,  Wölbung  und  Blattspitze  bestimmt;  hier  fällt  besonders 
die  starke  Wölbung  und  die  ganz  kurze  Blattspitze  auf. 

Nach  Watt^)  soll  die  Nervenzahl  eines  der  wichtigsten  Unter- 
scheidungsmerkmale der  Teetypen  darstellen,  obwohl  sie,  nach  einer 
brieflichen  Mitteilung,  nur  eine  praktische,  keine  allgemeingültige  Regel 
bildet.  So  hätte  die  Assam-Form  16  Nervenpaare.  Naga  16 — 18,  Ma- 
nipur  22,  Lushai  sogar  22 — 24  Paare.  Nach  meiner  Erfahrung  hat 
aber  die  überaus  grosse  Mehrzahl  der  Teepflanzen  von  ., reinem  Assam- 
Typus"  höchstens  13 — 14  Nervenpaare,  und  auch  geflissentliches  Suchen 
nach  Pflanzen  mit  höheren  Zahlen  hat  mir  niemals  mehr  als  16  Nerven- 
paare gezeigt.  Allerdings  spreche  ich  nur  von  Java-  und  von  wenigen 
Herbarpflanzen  aus  Britisch- Indien  (einschliesslich  solchen  aus  den 
Sammlungen  Griffiths  und  Masters),  aber  dennoch  wage  ich  zu 
bezweifeln,  dass  10 — 14  Nervenpaare  ein  Kennzeichen  hybrider  Natur 
sind,  wie  Watt  angibt.  Dagegen  ist  die  von  mir  gefundene  Zahl  bei 
chinesischen  Rassen  in  sehr  guter  Übereinstimmung  mit  Watts  Be- 
funden. 

Der  oben  erwähnte  Dimorphismus  zwischen  alten  und  jungen 
Zweigen  kommt  deutlich  zum  Ausdruck  in  den  mit  „Malabar-Mutter- 
baum"  bezeichneten  Zifferserien.  Man  sieht  ja  den  grossen  Unterschied 
in  den  absoluten  Zahlen,  kann  aber  gleichfalls  beobachten,  dass  dfe 
relativen  Grössen  sich  nicht  viel  geändert  haben;  zieht  man  die  mitt- 
leren Fehler  in  Betracht,  so  ergibt  sich,  dass  diese  geringen  Unterschiede 
innerhalb  der  zulässigen  Fehlergrenzen  liegen. 

Noch  in  anderer  Hinsicht  ist  die  letztere  Rasse  beachtenswert; 
sie  ist  nämlich  die  Stammutter  einer  Familienzucht,  die  von  Herrn 
K.  A.  R.  Bosßcha,  Leiter  der  bekannten  Teeplantage  MalalÄr.  seit 
1897  durchgeführt  wird,  und  ist  bekannt  unter  dem  Namen  ..Malabar- 
Mutterbaum".  Im  Jahre  1897 — 1898  wurde  nämlich  eine  Teepflanzung 
angelegt,  und  in  diesem  Pflückgarten  wurde  eine  schöne  Pflanze  zum 
Saatbaum  auserwählt,  aber  nicht  isoliert.  Im  Jahre  1904  wurden  aus 
1500  Tochterpflanzen  4  Rassen  ausgelesen  und  miteinander  räum- 


1)  G.   Watt,    Tea   and   the    tea    plant.    —   Joum.    Roy.   Hort.    Soc.    XXXII 
(1907),  S,  64. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze. 


18S 


Abb.  20.    Blätter  der  Kasse  Nr.  72  („Assam-Tee"). 


Abb.  21.    Blätter  der  chinesischen  Rasse  4. 


lieh  isoliert.  Zuletzt  wurde  1907  und  später  die  nächste  Generation 
in  einem  grossen  isolierten  Saatgarten  ausgesät.  Zwar  ist  das  Aus- 
leseverfahren   mehreren    Bedenken    unterworfen,    namentlich    hat    die 


184  Stuart: 

Neigung  zu  schneller  bameiigewiunung  zur  Auslese  von  Frühblüiiern  ge- 
führt, denn  die  erwähnten  zwei  Generationen  haben  durchschnittlich 
nach  5  Jahren  Frucht,  also  nach  4  Jahren  Blüte  getragen;  es  hat  damit 
eine  sehr  unerwünschte  Eigenschaft  die  Auslese  beeinträchtigt.  Immer- 
hin war  hier  die  wichtige,  bis  jetzt  einzig  dastehende  Gelegenlieit  ge- 
boten, die  Eigenschaften  dreier  Generationen  in  mütterlicher  Linie  zu 
vergleichen.  Ich  habe  also  die  morphologischen  Merkmale  sowohl  des 
Mutterbaams  wie  der  drei  ^)  Tochterpflanzen  und  einer  Anzahl  Pflanzen 
der  dritten  Generation  (Nr.  26—35  und  72)  studiert. 

In  dieser  Sippe  fällt  vor  allem  die  sowohl  absolut  wie  relativ  sehr 
lange  Blattspitze  auf.  Während  ja  nur  vier  aus  den  14  anderen  unter- 
suchten Biotypen  eine  relative  Spitzenlänge  von  mehr  als  8"/(.  haben, 
ist  solches  in  dieser  Familie  bei  11  von  den  13  Pflanzen  der  Fall,  die 
Rasse  Nr.  72  zeigt  sogar  die  Zahl  11,4  "/o.  Man  hat  also  Ursache,  diese 
lange  Spitze  als  einen  „Familienzug"  zu  betrachten;  um  so  mehr,  als 
Herr  Bosscha  mir  mitteilte,  es  sei  keine  Auslese  nach  dem  mütter- 
lichen Typus  ausgeübt  worden.  Hier  läge  also  wohl  Erbliclikeit  vor. 
—  Von  den  übrigen  Merkmalen  sind  Krümmung  und  Wölbung  beim 
Mutterbaume  nicht  bestimmt  worden;  bei  den  Tochterpflanzen  ist  die 
erstere  ziemlich  stark,  die  letztere  schwach  oder  negativ;  bei  der  Enkel- 
generation ist  die  Krümmung  massig,  die  Wölbung  fast  immer  sehr 
schwach  positiv  oder  negativ;  es  ist  besonders  diese  letztgenannte  Eigen- 
schaft, die  sehr  vielen  Pflanzen  ein  eigentümlich  flaches,  von  den  Nerven 
durcMurchtes  Äussere  gibt,  weshalb  ich  diesen  Typus  mit  der  Be- 
zeichnung „sulcata"  angedeutet  habe.  —  Ausserdem  haben  die 
Glieder  dieser  Sippe  kleine  Blätter,  denn  während  von  den  14  übrigen 
Rassen  10  eine  Blattoberfläche  von  mehr  als  80  qcm  haben,  verhalten 
sich  nur  3  von  den  9  untersuchten  Enkelpflanzen  ebenso. 

Mehr  lässt  sich  aber  aus  dem  Falle  des  Malabar-Mutterbaums 
nicht  ableiten;  man  kann  nur  sagen,  diese  Sippe  habe  bezüglich  einiger 
Merkmale  eine  ziemlich  hohe  „Erblichkeitspotenz",  um  diesen  Archais- 
mus mal  zu  benutzen.  Genauere  einwandfreie  Analyse  auf  genetischer 
Grundlage  sollte  hier  einsetzen;  allein,  wie  aus  dem  5.  Paragraphen 
erhellen  wird,  ist  eine  exakte  mendelistische  Analyse  dieses  vieljährigen 
allogamen  Gewächses  praktisch  unausführbar,  und  "man  wird  sich  mit 
Indivjdual  Samengewinnung  ohne  Schutz  gegen  Fremdbestäubung 
zufrieden  geben  müssen. 

Lediglich  mit  dem  Zwecke,  die  Übersicht  über  die  Tee-Formen 
zu  erleichtern,  habe  ich  einige  morphologische  ..Typen"  unter- 
schieden und  etwa  in  folgender  Weise  charakterisiert: 

1.  Curvata-Typus,  mit  stark  gekrümmter  Mittelrippe  und 
stark    nach   unten   gebogenen   (negativ   gewölbten)    Blatträndern,    hat 


1)  Eine  war  gestorben. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  185 

dadurcii    einen    ganz    eigentümlich    konvexen    Habitus     (s.  Rasse   16, 
auch  8). 

2.  Rigida-Typus,  mit  fast  ungebogener  Mittelrippe  und  stark 
nach  oben  gewölbten  Rändern,  bildet  also  das  Gegenstück  zum  vorigen 
Typus,  und  macht  einen  ausgeprägt  steifen  Eindruck  (s.  Rasse  7  und  32). 
Vermutlich  stammt  diese  Eigenschaft  aus  den  chinesischen  Formen- 
kreisen; sie  kommt  besonders  häufig  bei  den  ,, hybriden"  Typen  vor. 

3.  Sulcat a-Ty pus  (s.  oben),  mit  sehr  schwacher  positiver 
oder  negativer  Wölbung,  wodurch  das  Blatt  flach  und  von  den  Nerven 
durchfurcht  aussieht.  Oft  ist  dieser  Typus  von  c  u  r  v  a  t  a  kaum  zu 
unterscheiden,  einzelne  Blätter  einer  Pflanze  können  sich  z.  B.  dem 
einen,  andere  dem  andern  Typus  nähern,  weshalb  ich  glaube,  dass 
sulcata  und  c u r v a t a  transgredierende  Formen  verwandter  Geno- 
typen sind. 

4.  Crispa-Typus,  mit  gekräuseltem  Blattrande ;  ich  habe 
dieses  Merkmal  nicht  zahlenmässig  auszudrücken   vermocht. 

5.  Normalis-Typus,  bei  „ Assam"'-  und  „Manipur"-Varietät 
verschieden  ausgebildet.  Nach  (auf  Java)  landläufiger  Auffassung 
wären  etwa  die  folgenden  Merkmale  für  beide  Kategorien  bezeichnend: 

Assam:  längliches,  hellgrünes,  biegsames  Blatt  mit  langer 
Spitze  und  schmaler  Basis,  massig  gekrümmt  und  gewölbt,  welligem 
Rande,  zwischen  den  Nerven  ein  wenig  aufgetrieben  (bombiert),  mit 
nicht   sehr    deutlicher  Nervatur  und  mittelstarker  Behaarung. 

Manipur:  breites,  dunkelgrünes,  festes  Blatt,  mit  kurzer, 
plötzlich  ansetzender  Spitze  und  breitem  Fusse,  fast  nicht  gewölbt 
oder  gekrümmt,  nahezu  flachem  Rande,  stark  blasig  aufgetrieben, 
mit  deutlich  hervortretender  Nervatur,  und  fast  unbehaart. 

Daneben  wäre  noch  der  „chinesische"  Typus  im  allgemeinen  durch 
die  kleinen  flachen  dunkeln  harten  Blätter  ohne  Spitze,  mit  steifen 
flachen  Rändern  und  fast  unsichtbarer  Nervatur  zu  unterscheiden,  doch 
habe  ich  diese  Kategorie  noch  zu  wenig  zu  Gesicht  bekommen. 

Bezüglich  der  Verästelung  könnte  man  unterscheiden:  einen 
candelabrica-  oder  d  i  s  t  i  c  h  a  -  und  einen  r  e  g  u  1  a  r  i  s  -  Typus, 
von  welchen  die  erstere  Form  eigentümlicherweise  ihre  Blätter  und 
Zweige  in  einer  Ebene  aussendet,  was  für  eine  möglichst  regelmässig 
ausgebildete  Teestaude  einen  Fehler  bedeutet;  flexilis,  mit  langen 
schlaffen,  s  t  r  i  c  t  a ,  mit  steilen  Ästen,  diffusa,  mit  lockerer,  d  e  n  s  a , 
mit  gedrungener  Verästelung.  Mit  1  a  x  a  kann  ein  Typus  mit  besonders 
langen  Internodien,  mit  erecta  ein  anderer  mit  aufgerichteten  Blättern 
angedeutet  werden.  Sie  haben  aber  nicht  den  gleichen  klassifikatorischen 
Wert  wie  die  Habitus-Kennzeichen  des  Blattes  (schon  deshalb  nicht, 
weil  sie  einander  nicht  ausschliessen),  geschweige  denn  von  irgend- 
welchem botanisch-systematischen  Werte,  der  auch  diesen  abgesprochen 


186  Stuart: 

werden  miiss  —  sie  sind  ja  an  trockenem  Material  nicht  wiederzu- 
finden. Züchterischen  Wert  haben  sie  dagegen  zum  Teile  wohl,  und 
zwar  ist  der  ,,r  e  g  u  1  a  r  i  s"  -  Typus,  d.  h.  derjenige,  der  die  angeführten 
Abweichungen  nicht  aufweist,  im  allgemeinen  vorzuziehen.  So  sind 
die  disticha-,  flexilis-,  stricta-,  und  vielleicht  auch  die 
e  r  e  c  t  a  -  Formen,  ebenso  wie  bei  dem  r  i  g  i  d  a  -  Typus  erwähnt  wurde, 
wahrscheinlicli  aus  der  Vermischung  mit  chinesisclien  Abarten  abzu- 
leiten, und  ausserdem  sind  die  ersteren  drei  für  die  Ausbildung  eines 
kräftigen  und  harmonischen  Pflückstrauches  nicht  zuträglich.  Es  wurde 
im  vorigen  Paragraphen  schon  erwähnt,  dass  ,,Bestockung"  und  kräftiger 
Wuchs  wahrscheinlich  oft  ebenfalls  mit  Bastardnatur  verbunden  und 
•deswegen  an  sich  nicht  unbedingt  wünschenswerte  Eigenschaften  sind. 
So  zeichnen  sich  hauptsächlich  chinesische  oder  deutlich  hybride  Rassen 
durch  rotgefärbtes  junges  Laub   aus. 

Ferner  findet  man  albomarginata-  Rassen ;  Typen  mit 
haarigem  Kelch  und  Blütenkrone  (die  ,,var.  lasiocalyx  Watt,  var. 
pubescens  Pierre  und  der  I-bang-Tee) ;  solche  mit  dreieckiger,  statt 
dreilappiger  Frucht;  solche  mit  einem  dreiteiligen  oder  mit  drei  un- 
verwachsenen Griffeln;  solche  mit  bis  4  cm  oder  nur  2,5  cm  grossen 
Blüten.i) 

Ob  es  derartige  physiologische  Typen  gibt,  ist  zurzeit 
noch  unentschieden.  Das  Beispiel  der  C  i  n  c  h  o  n  a  -  Pflanze  mit  ihrer 
alkaloidreichen  Ledgeriana-  und  ihrer  Rosellinia- festen  s u c - 
ci rubra- Art,  wobei  die  letztere  auf  die  erstere  gepfropft  werden 
kann,  und  der  ähnliche  Fall  in  der  Weinzüchtung  locken  zu  Nach- 
folgung. Allein,  welche  chemische  Eigenschaft  beim  Tee  dem  Chinin- 
gehalt, also  dem  eigentlichen  wertvollen  Bestandteile,  entspricht,  dieses 
ist  noch  eine  ganz  offene  Frage.  Der  Koffeingehalt  (welcher  sich  mit 
dem  Alter  des  Blattes  ändert)  kommt  nämlich  für  den  Geschmack,  d.  h. 
die  Qualität  des  Tees,  nicht  in  Betracht,  soweit  er  die  üblichen  Ziffern 
nicht  merklich  übersteigt.  Eine  grosse  Rolle  spielt  wahrscheinlich  der 
Gerbstoff,  jedoch  in  welchem  Maße,  das  ist  unsicher;  während  der 
Fermentation  (welche  einen  hervorragenden  Einfluss  auf  den  Geschmack 
ausübt!)  wird  er  teilweise  oxydiert,  so  dass  es  zweifelhaft  ist,  ob  z.  B. 
dieser  umgewandelte  Teil  nicht  vielmehr  für  die  Qualität  verantwortlich 
zu  machen  sei  als  der  totale  Gerbstoff  geh  alt.  Und  was  das  Aroma 
anlangt,  das  von  einem  durch  die  Fermentation  hervorgerufenen  äther- 
ischen öle  herrührt,  so  ist  der  ölgehalt  nicht  quantitativ  bestimmbar, 
bleträgt  nur  etwa  0,01  "Z,,. 


^)  Die  Blütenfarbe  ist  anscheinend  immer  weiss;  zwar  ist  eine  var.  rosea 
M  a  k  i  n  0  aus  Japan  beschrieben  worden,  doch  habe  ich  niemals  Herbarmaterial  davon 
gesehen,  und  ich  vermute,  dass  eine  Verwechslung  mit  Camellia  rosiflora  Hook, 
vorliegt. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  187 

Sind  also  diese  chemischen  Qualitätsfaktoren  teils  schwankend  und 

♦ 

unwesentlich,  teils  noch  nicht  vollständig  untersucht  und  noch  nicht 
sicher  zu  bestimmen  (s.  den  Anfang  dieses  Paragraphen),  teils  vor- 
läufig nicht  quantitativ  bestimmbar,  teils  von  der  Bereitung,  teils  von 
der  Bodenbeschaffenheit,  teils  vom'  Klima  usw.  abhängig  ^)  —  so  kommt 
dazu  noch  der  für  die  Züchtung  ausschlaggebende  Faktor:  die  Frage, 
ob  der  Gehalt  an  den  genannten  Körpern  in  der  genotypischen  Kon- 
stitution begründet  ist.  Dass  hoher  oder  niedriger  Chiningehalt  erblich 
ist,  ist  sicher,  die  C  i  n  c  h  o  n  a  -  Züchtung  verdankt  diesem  glücklichen 
Umstände  ihre  glänzenden  Erfolge,  aber  der  entsprechende  Beweis  für 
irgendeinen  Bestandteil  der  Teepflanze  steht  noch  aus. 

Es  ergibt  sich  aus  dieser  Darstellung,  dass  man  den  Koffein-  und 
Gerbstoff-Ziffern  der  Tabelle  III  vorläufig  nur  geringen  züchterischen 
Wert  beilegen  darf,  sie  zeigen  aber,  dass  erhebliche  individuelle  Unter- 
schiede im  chemischen  Betragen  tatsächlich  existieren. 

Ich  spreche  hier  nur  von  den  chemischen  Eigenschaften;  es  wäre 
aber  denkbar,  dass  man  den  regelrechten  Weg  beschritte  und  von  jeder 
Rasse  gesondert  Tee  bereiten  und  prüfen  würde  bzw.  von  Experten 
prüfen  Hesse.  Ein  unüberwindliches  Hindernis  steht  diesem  Vorgehen 
im  Wege.  Bekanntlich  wird  bei  der  modernen  mechanischen  Tee- 
fabrikation, die  durch  ihre  Sauberkeit,  Uniformität  und  Sicherheit  die 
alte  Handarbeit  ganz  verdrängt  hat,  das  gewelkte  Blatt  in  grossen 
Rollmaschinen  zerquetscht,  bevor  es  dem  Fermentierungsprozess  unter- 
zogen wird.  Die  üblichen  Rollmaschinen  aber  müssen  zwecks  richtigen 
Funktionierens  mit  mindestens  100  kg  Teeblatt  beschickt  werden,  d.  h. 
mit  dem  einmaligen  Produkt  von  ca.  2 — ^5000  Pflanzen;  die  kleinsten 
existierenden  Modelle  für  Handbetrieb  enthalten  20  kg,  dem  Ertrage 
von  600 — 1000  Pflanzen  entsprechend.  Man  überlege  sich  einmal,  was 
es  unter  diesen  Umständen  bedeutet,  Individualprüfung  zu  treiben  — 
eben  nichts  weniger  als  die  Herstellung  von  tausend  Pfropfungen  für 
jede  Prüfung!  Es  wäre  zwar  möglich,  kleinere  Roller  herstellen  zu 
lassen,  jedoch  je  kleiner  die  Maschine  und  je  grösser  der  Unterschied 
mit  dem  Grossbetriebe,  je  weniger  zuverlässig  wird  das  Resultat.') 
Vielleicht  wird  man  aber  auf  diesem  Wege  (der  immer  langwierig  bleibt 
und  viele  Pfropfungen  erfordert)  dem  richtigen  chemischen  Kriterium 
auf  die  Spur  kommen  können. 

Wir  wollen  nun  aber  einmal  nicht  die  Geschmacksfaktoren,  sondern 
den   Blattertrag   als  ausschlaggebend  betrachten;   die   Typentrennung 


*)  Vgl,  J.  J.  B.  Deuss,  Onderzoekingen  over  thee  III  —  Chem.  Weekbl. 
1916,  S,  699. 

^)  Dasselbe  gilt  auch  von  der  Handarbeit,  die  zwar  nicht  an  ein  Gewichts- 
minimum gebunden  ist,  aber  unmöglich  den  Druck  usw.  ebenso  gleichmässig  und  uniform 
wie  das  mechanische  Verfahren  gestalten  kann. 


188  Stuart: 

begegnet  dann  neuen  Schwierigkeiten.  Die  Messung  dieses  Ertrages 
ist  mit  weit  grösseren  Fehlern  behaftet  als  die  von  Früchten  oder 
Samen;  einerseits  weil  man  beim  Abkneifen  der  Zweiglein  ungleich 
lange  Stengelteile  und  ungleich  weit  entwickelte  Blättchen  abpflückt, 
andererseits  durch  das  geringe  Gewicht  der  Ernte  —  alle  10  Tage  jedes- 
mal nur  etwa  20 — 40  Sprosse  ad  ±  1  g;  drittens  das  leichte  Übersehen 
von  pflückbaren  Sprossen  selbst  durch  das  geübte  Auge;  schliesslich 
das  absichtliche  Stehenlassen  der  peripherischen  und  niedrig  gestellten 
Sprosse.  So  wird  man  von  jedem  beobachteten  Individuum  sehr 
schwankende  Ernteziffern,  jedenfalls  keine  Maximalziffern, 
erhalten,  wodurch  das  Erkennen  kräftig  produzierender  Rassen  sehr 
erschwert  wird.  In  der  Praxis,  wo  hektargrosse  Felder  gleichmässig 
flachgeschoren  und  von  Schwärmen  von  Pflückerinnen  geerntet  werden, 
ist  es  dem  Pflanzer  nicht  möglich,  einzelne  reichlich  tragende  Sträucher 
wiederzuerkennen  und  auszulesen. 

Wenden  wir  uns  zuletzt  einer  dritten  wichtigen  physiologischen 
Eigenschaft,  der  Immunität,  zu,  so  finden  wir  auch  hier,  dass  die 
Verhältnisse  nicht  so  einfach  liegen,  wie  etwa  bei  den  in  Europa  ge- 
züchteten einjährigen  Gewächsen.  Man  kann  ja  nicht  so  leicht,  nach 
künstlicher  Infektion  eines  Bestandes,  die  Auslese  während  einiger 
Generationen  und  unter  verschiedenen  Umständen,  mit  Parallelkulturen 
usw.,  fortsetzen.  Erstens  ist  ja  die  künstliche  Infizierung  mit  den 
drei  Hauptfeinden  der  Teepflanze:  Helopeltis,  Akarinen  und  Wurzel- 
pilze, ausserordentlich  schwierig  ausführbar,  so  dass  man  auf  gelegent- 
liche zufällige  Erkrankungen  angewiesen  ist:  dann  aber  dauert  jede 
Generation  6 — 10  Jahre,  so  dass  Bodenwechsel  u.  dgl.  nur  selten  zu 
realisieren  sind.  Wendet  man  sich  aber  an  die  Pflanzer  mit  der  Bitte, 
auffällig  gesunde  Pflanzen  in  bereits  erkrankten  Pflanzungen  aufzu- 
suchen, ^)  so  erfährt  man,  dass  die  kranken  Individuen  möglichst  bald 
durch  andere  ersetzt  werden,  und  da  dieser  Ersatz  in  älteren  Pflanzungen 
vielfach  fehlschlägt,  kann  man  gar  keinen  Aufschluss  bekommen  über  die 
ursprünglichen  Verhältnisse.  Es  kostet  erstaunlich  viel  Überredungs- 
kraft, um  Erlaubnis  zum  Abgrenzen  und  Unberührtlassen  eines 
ganz  kleinen  kranken  Bezirks  zu  erlangen;  der  Gedanke  ist  jedem 
Praktiker  vollständig  zuwider!  Bestenfalls  gestattet  er  die  Reser- 
vierung, und  da  ergibt  sich  nach  einiger  Zeit  .  .  .  dass  die  Sache  ihm 
ganz  entfallen  ist  und  die  kranken  Pflanzen  schon  ersetzt  worden  sind! 
Es  ist  überflüssig,  hervorzuheben,  dass  die  Ersatzpflanzen  ebenso  ge- 


^)  Nach  Beobachtungen  von  Herrn  S.  Leefmane  (Bydrage  tot  het  Helopeltis- 
vraagstuk  voor  de  thee;  Meded.  Proefetat.  v.  Theo  L,  1916,  S.  48)  greift  Helopeltis 
alle  Landeorten  und  alle  Individuen  in  diesen  gleich  stark  an.  jedoch  sind  einzelne 
Pflanzen  durch  stärkeres  Wachstum  im  Vorteil.  Bei  Brevipalpus  ist  aber  individuelle 
Bevorzugung  oft  auffallend. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  189 

mischter  Natur  sind  wie  die  ursprüngliche  Population,  so  dass  jeder 
Gedanke  an  Identifizierung  der  immunen  B  i  o  t  y  p  e  n  gleich  von  vorn- 
herein aufgegeben  werden  muss.  Das  Experimentieren  auf  den  Plan- 
tagen ohne  ständige  Überwachung  ist  eben  eine  missliche  Sache,  aber 
die  Versuchsstation  besitzt  noch  keine   eigenen  Versuchsfelder.^) 

Auffällige  individuelle  Verschiedenheiten  im  physiologischen  Ver- 
halten bestehen  sicher.  So  ist  es  in  einem  vor  kurzem  besclmittenen 
Pflückgarten  interessant  zu  beobachten,  wie  die  eine  Pflanze  schon 
wieder  mit  frischen  jungen  Trieben  geschmückt  ist,  während  eine  andere 
noch  dürr  dasteht.  In  produzierenden  Gärten  gibt  es  Pflanzen  mit 
vielen  wachsenden  Sprossen,  andere,  die  sich  durch  viele  ruhende  Knospen 
(s.  Anfang  dieses  Paragraphen)  auszeicluien ;  solches  muss  der  Produk- 
tivität Abbruch  tun.  Inwieweit  aber  derartige  Verschiedenheiten  geno- 
typisch begründet  bzw.  zeitlicher,  etwa  periodischer  Natur  sind,  darüber 
fehlen  Versuche;  auch  hier  ist  der  Besitz  eigener  Versuchsfelder  un- 
erlässlich. 

Korrelationen  sind  bei  der  Teepflanze  noch  nicht  bekannt 
geworden.  Auf  statistischem  Wege  habe  ich  freilich  versucht,  Be- 
ziehungen zwischen  den  morphologischen  Merkmalen  innerhalb  eines 
Individuums  und  solche  unter  verschiedenen  Rassen  festzustellen;  dazu 
benutzte  ich  die  schon  mit  wenigen  Zahlen  ausführbare  Methode  Frl. 
Dr.  Tine  Tammes'.^)  Das  Ergebnis  war,  dass  eine  ziemUch 
starke  partielle  Korrelation  zwischen  Blattlänge  und  -breite,  und 
eine  starke  individuelle  Korrelation  zwischen  Blattlänge  und  Blatt- 
epitzenlänge  besteht.  Die  letztere  Tatsache  wird  anschaulicher,  wenn 
wir  uns  besinnen,  dass  der  kleinblättrige  chinesische  Tee  keine  Blatt- 
spitze  hat,  in  vollkommenem  Gegensatze  zum  Assam-Typus.'^) 

Eine  morphologisch-physiologische  Beziehung  besteht  anscheinend 
zwischen  Blattspitze  und  Gerbstoffgehalt.  Ordnet  man  nämlich  die 
diesbezüglichen  Daten  aus  der  Tabelle  III  nach  ansteigenden  Werten 
der  Spitzenlänge,  so  ergibt  sich,  dass  nur  die  Rassen  mit  einer  Spitze 
über  9  mm  mehr  als  15  "/o  Gerbstoff  enthalten.  Dieses  Resultat  beruht 
aber  nur  auf  19  Einzelmitteln  und  bedarf  also   einer  gründlichen  Be- 


^)  In  neuester  Zeit  habe  ich  angefangen,  mittels  einer  Rundfrage  an  die  Pflanzer 
Nachricht  über  die  Existenz  immuner  oder  produktiver  Teepflanzen  zu  bekommen,  und 
es  scheint  wirklich,  dass  jetzt  etwas  herauskommen  wird.  Vielleicht  ist  das  Interesse 
geweckt,  vielleicht  hat  die  nachdrückliche  Warnung,  man  solle  sich  nicht 
einbilden,  jede  hervorragende  Pflanze  sei  nur  ein  Produkt 
günstiger  Aussenbedingungen,  die  hartnäckigen  diesbezüglichen  Vorurteile 
überwunden.     Man  fängt  jetzt  an,  die  hervorragenden  Rassen  zu  markieren. 

^)  T.  T  a  m  m  e  s ,  Einige  Korrelationeerscheinungen  bei  Bastarden ;  Reo.  d.  trav. 
bot.  neerl.  X,  1913,  S.  69. 

^)    Als    eine   Korrelation    kann    man    das    Auftreten    anthocyan    gefärbter   junger 
Laubblätter  bei   manchen  Pflanzen  von  ausgeprägt  chinesischem  Typus  betrachten. 
Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtnng.  Bd.  VII.  14 


190  Stuart: 

ßtätigung  (die  Gerbstoffbestimmung  selbst  ist  ja  niclit  einmal  zuver- 
lässig!), bevor  man  es  als  Grundlage  für  Züchtungsarbeiten  verwenden 
dürfte.  Es  ist  überhaupt,  wie  schon  hervorgehoben,  zurzeit  unbewiesen, 
dass  eine  Korrelation  zwischen  Gerbstoffgehalt  und  Qualität 
existiere.  Vor  übereilten  Schlüssen  auf  dem  heiklen  Gebiete  der  Kor- 
relation habe  ich  denn  auch  dringlich  gewarnt.  Vorläufig  bleibt  die 
direkte  individuelle  Beurteilung  die  einzige  Richtschnur. 

Angesichts  der  grossen  Schwierigkeiten,  die  der  Linienzüchtung 
beim  Tee  entgegenstehen,  ist  die  Förderung  der  vegetativen  Fort- 
pflanzung eine  Frage  von  hervorragender  Wichtigkeit,  denn  nur 
auf  diesem  Wege  wird  man  in  absehbarer  Zeit  Isogenität  erzielen 
können.  Wahrscheinlich  wird  ein  Veredlungsverfahren  sich  hier  am 
besten  eignen,  denn  obwohl  die  Vermehrung  des  Tees  mittels  Steck- 
lingen und  Ablegern  in  Formosa  allgemein  üblich  ist,  hat  man  hier- 
gegen die  Einwendung  erhoben,  dass  das  Fehlen  einer  Pfahlwurzel  die 
Pflanze  im  trockenen  Monsun  weniger  widerstandsfähig  gegen  Dürre 
mache.  Das  heute  am  meisten  angewandte  Verfahren  ist  das  Seiten- 
pfropfen unter  die  Rinde  (Kollaterieren).  Man  macht  nämlich  in  die 
Rinde  des  Wildlings  einen  T-förmigen  Einschnitt,  in  den  das  unten 
schräg  abgeschnittene  Edelreis  dem  Kambium  angedrückt  wird,  wonach 
die  Pfropfstelle  mit  Faserstoff  umsclinürt  und  mit  einem  Gemische  von 
Wachs  und  Talg  abgeschlossen  wird.  Diese  Methode  war  schon  der 
Hauptsache  nach  in  der  China-Kultur  üblich,  aber  es  erscheint  nicht 
ausgeschlossen,  dass  für  die  Teepflanze  ein  anderes  Verfahren  bessere 
Resultate  liefern  würde,  denn  die  Sache  ist  noch  nicht  aus  dem  Ver- 
suchsstadium herausgetreten.  Während  anfangs  etwa  70  °/o  der  Pfrop- 
fungen gelangen,  haben  bei  Versuchen  im  grossen  (die  unglücklicher- 
weise im  äusserst  trockenen  .Jahre  1914  stattfanden)  nur  ungefähr 
25  °/o  ausgeschlagen.  Systematische  Versuche,  betreffend  den  Einfluss 
von  Individualität  und  Alter  des  Wildlings  und  des  Edelreises,  der 
Jahreszeit,  der  Veredlungsmethode  und  ähnliche,  durch  sorgfältige 
Buchführung  unterstützte,  sind  im  Gange,  aber  haben  bis  jetzt  noch 
keine  wesentliche  Verbesserung  herbeigeführt. 

Besonders  grosse  Bedeut-ung  erhalten  diese  Versuche  dadurch, 
dass  sie  vielleicht  ein  wirksames  Schutzmittel  gegen  die  Wurzelpilze 
(R  0  s  e  1 1  i  n  i  a  u.  a.)  darbieten  werden,  vorausgesetzt,  dass  es  bei  der 
Teepflanze  Rassen  gibt,  die,  wie  C  i  n  c  h  o  n  a  s  u  c  c  i  r  u  b  r  a ,  eine 
natürliche  Resistenz  dagegen  besitzen,  ebenso  wie  mehrere  ameri- 
kanische V  i  t  i  s  -  Arten  reblausfeste  Unterlagen  geliefert  haben. 
Während  aber  im  letzterwähnten  Beispiele  ein  einmal  infizierter  Acker- 
boden jede  nicht  widerstandsfähige  Rebenpflanze  sicher  zugrunde 
richten  wird,  ist  die  Wurzelpilzresistenz  nicht  so  leicht  festzustellen. 
Der    Pilz    verbreitet    sich   nämlich    hauptsächlich   von    den    Stümpfen 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  191 

gewisser  Baumarten  aus  und  entfaltet  nur  in  5 — -10  jährigen  Gärten 
seine  verheerende  Wirkung,  so  dass  offenbar  nur  eine  ganz  bestimmte 
Bedingungskonstellation  die  Ansteckung  ermöglicht,  während  doch  der 
Pilz  wohl  in  jedem  Boden  schon  von  vornherein  anwesend  ist.  Dazu 
kommt  die  schon  erwähnte  Schwierigkeit,  die  Teepflanzer  dazu  zu  ver- 
anlassen, dass  sie  die  Krankheit  gewähren  lassen  oder  auf  den  Typus 
und  das  individuelle  Betragen  der  Ersatzpflanzen  acht  geben.  Die  Ent- 
deckung einer  pilzfesten  C  i  n  c  h  o  n  a  -  Art  beruht  sicher  auf  dem  Um- 
stände, dass  die  unter  wissenschaftlicher  Verwaltung  stehende  Gou- 
vernements-Chinaplantage die  Gelegenheit  zu  einwandfreien  Versuchs- 
anordnungen darbot. 

Zu  dem  nämlichen  Zweck  haben  wir  angefangen,  eine  Sammlung 
von  Sträuchern  der  auf  Java  einheimischen  Camellia  lanceolata 
anzulegen  und  diese  mit  Teereisern  zu  veredeln.  Auch  andere 
Schwesternarten  vom  asiatischen  Kontinent  werden  dazu  herangezogen 
werden. 

§  5.     Befruchtungsverhältnisse. 

Die  Teeblüte  hat  bekanntlich  einen  kurzen,  nickenden  Stiel,  5 
bis  7  lederartige  Kelchblätter,  die  sich  allmählich  in  die  5 — 7  weissen 
Kronenblätter  fortsetzen,  sehr  viele  ±  1  cm  lange  Staubblätter,  die 
am  Grunde  ringförmig  verwachsen  sind,  und  einen  dreifächerigen 
haarigen  Fruchtknoten  mit  unbehaartem  Griffel,  der  sich  meistens  ge- 
rade über  den  Polleribeuteln  in  drei  ^/g  cm  lange  papillöse  Narben 
spaltet.  Sie  öffnet  sich  langsam  im  Laufe  des  Tages  (man  kann  den 
ganzen  Tag  über  alle  Stadien  finden),  bleibt  während  zweier  Tage 
geöffnet  und  lässt  am  dritten  Tage  Krone  und  Staubblätter  fallen.  Die 
Pollenbeutet  öffnen  sich  durch  Längsspalten,  ungefähr  gleichzeitig 
mit  dem  Aufblühen;  am  ersten  Tage  ist  die  Farbe  des  Pollens  hellgelb, 
am  zweiten  bräunlich-gelb.  Am  dritten  Tage  welkt  die  Krone  und  fällt 
bei  Berührung  leicht  ab.  Dies  sind  die  einzigen  Kennzeichen  für  das 
Stadium  des  Blühens;  an  den  Narben  ist  bis  zum  Abwerfen  der  Blüte 
keine  Veränderung  zu  beobachten,  und  der  Pollen  gibt  auch,  die  Farbe 
ausgenommen,  nichts  von  einem  Reifezustande  zu  erkennen.  Von 
Proterandrie  bzw.  Proterogynie  sind  also  bei  der  Teepflanze  keinerlei 
Andeutungen  vorhanden. 

Nach  dem  Abfallen  der  Krone  ist  der  Griffel  noch  weiss,  am 
nächsten  Tage  aber  gelblich,  und  1 — 2  Tage  später  schwarz.  Der  in 
der  geöffneten  Blüte  weit  ausgebreitete  Kelch  beugt  sich  über  den 
Fruchtknoten,  und  in  diesem  Zustande  verharrt  letzterer  während  eines, 
zweier  oder  mehrerer  (bis  zu  zehn)  Monate  ohne  merkliches  Anschwellen. 
Einzelne  Individuen  zeichnen  sich  durch  schnellen  Fruchtansatz,  andere 
durch  langsamen  und  dürftigen  Ansatz  aus,  aber  auch  an  einer  Pflanze 
ist  die   Ansatzgeschwindigkeit   oft   sehr    verschieden,   und  ich   glaube, 

14* 


192  Stuart: 

dass  die  langsame  Entwicklung  im  allgemeinen  ein  Zeichen  mangelnder 
Fruchtbarkeit  ist.  Es  sind  diese  Verhältnisse  selir  unangenehm,  wemi 
man  die  Erfolge  einer  Bestäubung  abzuwarten  hat. 

Hat  aber  das  Anschwellen  begonnen,  so  geht  das  weitere  Wachs- 
tum schneller;  auch  hier  gibt  es  individuelle  und  partielle  Unterschiede, 
aber  meistens  ist  die  Frucht  nach  9t^-12  Monaten  reif  und  bildet  eine 
dreilappige  fachspaltige  Kapsel,  die  1 — 3  oder  mehrere  runde  schwarze 
harte  Samen  von  1 — 2  cm  Durchmesser  enthält.  Diese  wechselnde  An- 
zahl ist  teilw^eise  dadurch  bedingt,  dass  es  manche  vierfächerige  Frucht- 
knoten gibt,  teilweise  dadurch,  dass  jede  Abteilung  mehr  als  4  (bis  zu  7) 
Samenknospen  enthalten  kann,  deren  1 — 3  sich  zu  Samen  entwickeln 
können.  Kömite  die  Gesamtzahl  der  reifen  Samen  pro  Kapsel  also 
von  12  bis  auf  etwa  30  schwanken,  falls  sich  alle  Samenknospen  voll- 
ständig entwickelten,  so  findet  man  doch  in  der  Regel  höchstens 
3  normale  Samen  (in  Ausnahmefällen  bis  zu  6),  die  gleichmässig  über 
alle  Fächer  verteilt  oder  auch  zu  2 — 3  in  einem  Fache  liegen  können, 
in  welchem  Falle  sie  meist  nicht  rund,  sondern  gegenseitig  abgeplattet 
sind.  Die  übrigen  Samenknospen  bleiben  in  unentwickeltem  Zustande 
(bisweilen  halbwegs  ausgewachsen)  zurück.  Die  Ursache  dieser  Steri- 
lität ist,  wie  ich  anderweit  ausgeführt  habe,M  in  der  frühzeitigen  Dege- 
neration der  weiblichen  Geschlechtszellen  (besonders  zwischen  dem 
Synapsis-  und  dem  Tetradenstadium)  begründet;  und  zwar  halte  ich 
einen  Zusammenhang  mit  dem  häufigen  Vorkommen  doppelter  oder  drei- 
facher Archesporzellen  für  wahrscheinlich,  denn  doppelte  Embryosäcke 
sind  äusserst  selten  —  vielleicht  können  sie  die  gelegentlich  auftretende 
Polyembryonie ')    erklären. 

Man  kann  vier  Formen  der  Sterilität  unterscheiden,  je  nach  der 
erreichten  Entwicklungsstufe :  erstens  die  Knospensterilität,  die 
sich  in  dem  vorzeitigen  Abfallen  geschlossener  JCnospen  äussert; 
zweitens  die  Blütensterilität,  indem  die  befruchteten  Frucht- 
knoten keine  Frucht  ansetzen;  drittens  die  Fruchtsterilität, 
welche  am  Abfallen  unreifer  Früchte  kenntlich  ist ;  und  an  letzter  Stelle 
kann  Tnan  diejenigen  Fälle  mit  Samensterilität  bezeichnen,  in 
denen  die  Keimkraft  der  reifen  Samen  mangelhaft  ist.  Es  leuchtet  ein, 
dass  diese  Einteilung  nach  äusserlichen  Kennzeichen  keine  Erklärung 
enthält,  aber  sie  genügt  für  praktische  Zwecke  durchaus,  da  das  eine 
Individuum    durch  diese,   das   andere   durch  jene    Form   der   Sterilität 


^)  In  meiner  Dissertation  S.  276;  auch  übersetzt  in  der  Abhandlung  ,,Sur  le 
developpement  des  cellules  generatrices  de  Camellia  theifera  (Griff.)  Dyer";  Ann. 
d.  Jard.  Bot.  d.  Buit«nzorg,  Ser.  II,  vol.  15,  S.  15. 

')  F.  C  a  V  a  r  a ,  Ricerche  intorno  allo  sviluppo  del  frutto  della  Thea  chinensis 
Sims.  —  Atti  deiristituto  bot.  dell'Univ.  di  Pavia  II,  5  (1899),  S.  289.  —  C.  P.  Cohen 
Stuart,  loc.  cit.  —  Ch.  Benard,  Over  de  ontkiemig  van  de  theezaden.  —  Meded. 
Proefstat.  v.  Thee  XLIII.  1915.  S.  36. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze. 


193 


ckarakterisiert  ist,  und  ausserdem  die  erwähnte  Skala  ein  brauchbares 
Maß  über  die  Entwicklungsfähigkeit  des  Geschlechtsapparates  bzw.  des 
Embryos  abgibt.  Eine  älinliche  Skala  hat  auch  Tischler^)  für  den 
Grad  der  Parthenokarpie  entworfen,  je  nach  dem  Stadium  der  Ent- 
wicklung ohne  Befruchtung ;  die  obens.tehende  Stufenleiter  ist  ein  Gegen- 
stück dazu. 


Abb.  22.    Ausführung  der  Bestäubungsversuclie. 


Bevor  ich  an  eine  nähere  Betrachtung  der  Sterilitätsursachen 
gehe,  ist  eine  kurze  Besprechung  des  Tee-Blütenstandes  und  meiner 
ökologischen  Methodik  angebracht,  Abb.  23. 

Der  Blütenstand  der  Teepflanze  ist  nicht,  wie  in  vielen  Lehr- 
büchern behauptet  wird,  eine  Trugdolde  (Cymus),  die  aus  der  Blatt- 
achsel entspringt.  Immerhin  entspringen  die  Blüten,  wie  schon  Bayer 
(1857)  und  Cavara  ")  betont  haben,  seitlich  aus  dem  Achseis  pr  o  s  s, 

')   G.  Tischler,   Über  die  Entwicklung  der   Samenanlagen    in   parthenokarpen 
Angiospermen-Früchten.     Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  LH  (1913),  S.  66. 
■')    F.  Cavara,  loc.  cit.,  S.  276. 


194  Stuart: 

und  nur  so  lange,  als  dieser  im  Ruhezustande  verbleibt  und  die  Blüten 
dadurch  gedrängt  stehen,  entsteht  der  Eindruck,  hier  sei  eine  wirklich 
cymöse  Infloreszenz.  Ich  habe  bis  zu  17  Knospen  in  einer  Blattachsel 
gezählt,  während  die  weitaus  häufigste  Zahl  1 — 2  ist;  die  meisten  sind 
als  einblütige,  aus  dem  Achselspross  entspringende  Infloreszenzen  auf- 
zufassen, einige  aber,  und  besonders  die  niedriger  stehenden,  als 
verästelte  2 — 3  blutige  Blütenstände.  Selten  fand  ich  vier,  und  nur 
einmal  fünf  Blumen  an  einem  Blütenstand.  Immer  fand  ich  aber  über- 
einstimmend, dass  die  terminale  Blüte  sich  am  ersten  öffnet,  dann  aber 
die  unterste  und  hierauf  die  übrigen  in  zentripetaler  Folge.  Der  Blüten- 
stand gehört  also  zu  den  sog.  heterotaktischen  Infloreszenzen,  und 
zwar  zu  den  cymös-racemösen;  der  Achselspross  aber  ist,  soweit  er 
mit  Blütenständen  besetzt  ist,  einfach  ein  Fruchtzweig  und  Km^zspross. 

Cook  hat  in  einer  interessanten  Abhandlung^)  auf  die  Bedeutung 
des  Spross-Dimorphismus  hingewiesen.  An  einigen  tropischen  Kultur- 
pflanzen hat  er  den  Unterschied  zwischen  generativen  und  vegetativen 
Sprossen  dargelegt.  In  gesetzmässiger  Weise  gehen  aus  bestimmten 
Knospen  entweder  die  einen  oder  die  anderen  hervor,  so  entstehen  bei 
der  Baumwolle  die  vegetativen  Zweige  aus  den  Blattachseln,  die  genera- 
tiven neben  diesen  oder  neben  den  Achseln  der  vegetativen  Äste.  So 
entsteht  eines  nach  dem  andern,  obwohl  auch  Übergänge  zwischen  ihnen 
existieren;  diese  letzteren  zeichnen  sich  im  allgemeinen  durch  Steri- 
lität der  Blüten  aus.  Wenn  man  dazu  überlegt,  dass  bestimmte 
Varietäten  der  Baumwollpflanze  erst  nach  einer  Reihe  von  vegetativen 
Sprossen  zu  generativen  gelangen  und  somit  zu  den  spätproduzierenden 
gehören,  dass  die  Frühreife  spezieller  Gründe  wegen  wichtig  sein  kami, 
und  dass  vielfach  nur  die  vegetativen  Zweige  zur  vegetativen  Fort- 
pflanzung geeignet  sind,  —  dann  ersieht  man,  dass  es  in  der  Tat  eine 
Sache  von  Bedeutung  sein  kann,  die  diesbezüglichen  Verhältnisse  zu 
erforschen. 

Es  hat  sich  mir  ergeben,  dass  sich  auch  bei  der  Teepflanze  ein 
derartiger  Spross-Dimorphismus  nachweisen  lässt.  Und  zwar  entsteht 
der  generative  Zweig  (oder  Kurzspross).  wie  gesagt,  aus  der  Blatt- 
achsel des  vegetativen  Sprosses;  dann  aber  wächst  das  freie  Ende  des 
Blütenzweiges  zu  einem  vegetativen  Sprosse  aus,  der  nach  einiger  Zeit 
eine  Ruheperiode  erreicht,  und  dann  wiederum  zu  einem  Blütenast  aus- 
spriesst.  Hier  sind  also  beide  Sprossarten  gegenseitige  Fort- 
setzungen. Die  sterilen  Übergangsknospen  müssten  in  der  Grenz- 
zone liegen.  Nun  ist  diese  Zone  hieran  kenntlich,  dass  die  Hochblätter 
mit  lauter  Blütenknospen  für  Übergangsblätter  mit  Blattknospen  Platz 
machen;  und  in  der  Tat  macht  sich  die  Erscheinung  geltend,  dass  die 


')   0.   F.  Cook,  Dimorphie  branches  in  tropical  crop  plants.  —  US.  Dep.   of 
Agricult.,  Bur.  of  PI.  Ind.,  Bull.  198,  1911. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze. 


195 


höchstgestellten  Blütenknospen  vielfach  zugrunde  gehen,  während  die 
1—2  unteren  Blüten  meistens  gute  Früchte  liefern.  Es  scheint  somit, 
da  SS  der  Übergang  vegetativ-generativ  die  Fruchtbarkeit  weniger  be- 
einträchtigt als  der  entgegengesetzte,  und  dass  in  jeder  Blattachsel  die 
zwei  zuerst  erscheinenden  Blüten  die  fruchtbarsten  sind. 

Anfangs  habe  ich  aber  diese  Verhältnisse  nicht  berücksichtigt, 
und  zweifellos  ist  diesem  Umstände  die  ziemlich  hohe  beobachtete  Steri- 
lität teilweise  zuzuschreiben. 

Bei  meinen  ökologischen  Untersuchungen  habe  ich  immer  die 
Beobachtungen   an  verschiedenen   Individuen    gesondert   vorgenommen. 


Abb.  23.    Holzgei'üst  um  eineu  Saatbaum  zwecks  des  Studiums  der  Blütenbiologie. 


weil  die  verschiedene  Fertilität,  besonders  Selbstfertilität,  die  Ergeb- 
nisse sonst  leicht  verwirren  könnte;  hauptsächlich  wurde  eine  Pflanze 
studiert,  aber  an  einigen  mehr  bzw.  minder  fruchtbaren  wurden  die 
Resultate  ergänzt.  Jede  einzelne  Blüte  wurde  mittels  eines  hellroten 
waschechten  AVollfadens  (zwecks  besseren  Sichtbarmachens)  mit  einem 
Pergamentpapier-Zettel  versehen,  auf  dem  mit  Bleistift  eine  Nummer 
aufgetragen  wurde,  welche  in  einem  ausführlichen  Protokoll  registriert 
wurde.  Was  die  Isolierung  anlangt,  so  ist  dieselbe  angesichts  des  spär- 
lichen,  langsamen  und  fortdauernden  ^)    Blühens   der   Teepflanze,   das 

1)  Das    ganze   Jahr    hindurch;    bestimmte   Blühzeiten    habe    ich    auf    Java    nicht 
beobachtet,  doch  sind  solche  für  China  und  Assam  wohl  angegeben  worden. 


196  Stuart: 

den  Einschluss  ganzer  Zweige  ausschliesst,  nur  an  einzelnen  Blumen 
möglich,  und  wurde  von  mir  folgendermassen  ausgeführt :  In  jeder  Blatt- 
achsel wurde  nur  eine  Knospe  übriggelassen,  auch  die  Blattbasis  Aviirde 
zur  Verstärkung  des  Blütenstieles  gespart;  dann  wurde  die  Knospe  in 
ein  zweiteiliges  Säckchen  aus  Nesseltuch  eingeschlossen.  Letzteres 
bestand  aus  einer  schüsselartigen  unteren  Hälfte,  die  um  den  Blüten- 
stiel gebunden  war,  und  einem  Oberteil,  der  über  den  unteren  gestülpt 
und  mittels  eines  Gummiringes  darum  befestigt  war,  Abb.  22.  Das  Ein- 
schliessen  geschah  zwei  Tage  vor  dem  Aufblühen  und  die  Säckchen 
wurden  fünf  Tage  belassen;  alsdann  wurde  vorläufig  nur  die  obere 
Hälfte  entfernt.  Künstliche  Bestäubung  wurde  in  dieser  Weise  vor- 
genommen, dass  die  Spitze  des  Oberteils  abgeschnitten  wurde,  der 
Pollen  auf  einem  Stückchen  schwarzen  Sammet  aufgetragen  und  dieses 
mit  einer  Pinzette  in  die  Öffnung  eingeführt  wurde;  nach  vollzogener 
Bestäubung  wurde  das  Loch  mit  einem  Papierbinder  abgeschlossen.  — 
Zur  Sterilitätskontrolle  liess  ich  für  jede  eingeschlossene  Blüte  eine 
gleichaltrige  frei  abblühen. 

Die  beschriebene  Vorrichtung  war  nach  mehreren  Versuchen  die 
einzige,  welche  die  Blüte  vor  Abbrechen  und  sonstiger  Beschädigung 
schützte.  Sie  war  aber  auch  ziemlich  umständlich  und  für  ausgedehntere 
Anwendung  (insbesondere  Linienzüchtung)  kaum  brauchbar.  Alle  Mühe 
kann  ]a  höchstens  drei  Samen  pro  Frucht  liefern. 

Tatsächlich  hat  es  sich  mir  aber  ergeben,  dass  der  Fruchtansatz 
bei  Isolierung  unterbleibt  oder  jedenfalls  nur  in  seltenen  Fällen  eintritt. 
Ich  kann  mich  noch  nicht  sehr  bestimmt  über  diese  Frage  äussern, 
weil  nur  35  von  den  71  Isolierungen  sich  auf  künstliche  Bestäubung 
beziehen,  während  ich  mich  bei  den  übrigen  auf  selbsttätige  Bestäubung 
verlassen  habe,  weil  die  Narbe  und  Staubbeutel  sich  ja  in  gleicher  Höhe 
befinden.  Nur  in  zwei,  überdies  zweifelhaften,  Fällen  fand  ich  Ansatz. 
Zwar  ist  der  ,, normale"  Ansatz  bei  freiem  Abblühen  (hier  habe  ich  nur 
ausnahmsweise  selbst  die  Bestäubung  ausgeführt  und  sie  sonst  den 
Insekten  überlassen)  auch  nicht  hoch,  bei  den  acht  untersuchten  Indi- 
viduen bzw.  34,  36,  40,  10,  44,  58,  45  und  0°/,,  —  die  letzte  Pflanze 
zeigt  in  ausgeprägtester  Weise  „Blütensterilität".  Immerhin  ist  der 
Ansatz  bei  freiem  Abblühen  praktisch  brauchbar,  bei  Isolierung  nicht. 
Das  ist  aber  eben  die  Hauptfrage  bei  der  ökologischen  LTntersuchung, 

Es  wäre  jedoch  verfehlt,  wenn  man  diese  Hauptfrage  jetzt  als 
endgültig  gelöst  betrachten  wollte.  Neben  der  obigen  Methode  müssten 
ja  auch  andere  geprüft  werden.  Als  solche  käme  die  Isolierung  der 
ganzen  Pflanze  mittels  Gazekasten  in  Betracht;  sie  ist  aber  praktisch 
nicht  ausführbar,  und  zwar  wegen  des  fortwährenden  Blühens  und  der 
langen  Reifezeit  beim  Tee.  Diese  LTmstände  würden  nämlich  einen  sehr 
lange  anhaltenden  und  dadurch  äusserst  schädlich  wirkenden  Einschluss 


.    Die  Züchtung- der  Teepflanze.  197 

bedingen,  und  das  Isolierungsmaterial,  das  bei  den  heftigen  tropischen 
Schlagregen  nur  Kupfergaze  sein  könnte,  wäre  gar  zu  kostspielig,  nicht 
weniger  als  etwa  250  M.  pro  Baum. 

Somit  bleibt  nur  die  räumliche  Isolierung  übrig,  und  hier  lautet 
die  Prognose  günstig.  Es  ist  seitens  des  Herrn  Direktors  Dr.  Gramer 
der  Vorschlag  gemacht  worden,  die  Plantagen  sollten  dazu  benutzt 
werden;  eine  Kaffeeplantage  könnte  z.  B.  eine  Tee-,  eine  Kautschuk-, 
eine  Cocapflanze  beherbergen,  in  einer  Teeplantage  wird  man  eine 
China-  und  eine  Kaffeepflanze  isolieren  können.  Herr  Gramer  hat 
diese  hübsche  Idee  selbst  schon  in  Anwendung  gebracht,  ich  habe  auch 
damit  angefangen  und  muss  einstweilen  das  Ergebnis  abwarten.  Diese 
Methode  würde  sich  natürlich  auch  für  künstliche  Bastardierungen 
eignen. 

Ausserdem  wird  diese  räumliche  Isolierung  vielleicht  den  sichersten 
Weg  zur  getrennten  Samengewinnung  darstellen.  Die  Saaternte 
wird  nämlich  in  der  Praxis  derart  vorgenommen,  dass  ein-  oder  zwei- 
mal wöchentlich  die  abgefallenen  Samen  zusammengekehrt  werden; 
selbstverständlich  ist  es  dann  nicht  möglich,  die  Samen  der  einzelnen 
Bäume  getrennt  zu  erhalten.  Die  Samen  gleichen  einander  vollkommen. 
Anderseits  ist  es  nicht  recht  möglich,  die  Früchte  zu  pflücken,  weil 
die  Samen  unmittelbar  nach  Eintritt  der  Reife  durch  das  Öffnen  der 
Kapsel  zu  Boden  fallen  und  gegen  Unreife  sehr  empfindlich  sind.  Dazu 
sind  die  Früchte  über  den  ganzen  Baum  zerstreut  und  somit  schwierig 
zu  ernten;  um  getrennte  Nachkommenschaften  von  nennenswerter  Aus- 
delinung  zu  erhalten,  müsste  man  eigentlich  das  ganze  Jahr  hindurch 
einsammeln.  Auf  Grund  vorläufiger  Daten  habe  ich  berechnet,  dass 
ein  einziger  Baum  im  Mittel  jährlich  ungefähr  1000  Samen,  in  der 
besten  .Jahreszeit  ca.  120  Samen  pro  Monat  liefern  kann;  eine  überaus 
mühsame  Arbeit  wäre  aber  dazu  erforderlich,  alle  diese  Samen  wirklich 
zu  sammeln.  Die  räumliche  Isolierung  (falls  sie  nicht  durch  die  zu 
grosse  Entfernung  und  durch  Selbststerilität  neue  Schwierigkeiten 
darbietet!)  brächte  vielleicht  die  sichere  und  leichte  Samengewinnung 
mit  sich.  Aber  ist  dieses  Verfahren  auch  für  spezielle  Versuche  denkbar,  für 
die  Züchtung  im  grossen  Maßstabe  ist  die  hier  geschilderte  Schwierig- 
keit der  Saaternte  ein  bedeutsames  Argument  für  die   Massenauslese. 

Auf  den  im  vorstehenden  mitgeteilten  Tatsachen  fussend,  habe 
ich  den  Saatgartenbesitzern  folgende  Massnahmen  zur  Erhöhung  und 
qualitativen  Verbesserung  des  Ertrages  empfohlen.  Ein  jeder  teile 
seinen  Garten  in  Stücke  von  je  etwa  100 — 200  Bäumen  und  sammle  die 
Samen  von  jeder  Abteilung  getrennt;  es  ist  dann  ein  leichtes,  gut 
produzierende  Stellen  von  schlechten  zu  unterscheiden,  und  vielfach 
wird  es  möglich  sein,  dem  zu  steuern,  entweder  durch  eine  sachgemässe 


198  Stuart: 

Bearbeitung,    Düngung  usw.   des  Bodens,   oder  durch  die    Entfernung 
und  Ersetzung  der  mangelhaft  fruchtenden  Bäume. 

§  6.     Ausblicke. 

Das  Ergebnis  der  vorstehenden  Paragraphen  ist  allgemein  dahin, 
zusammenzufassen,  dass  die  Teepflanze  der  genetischen  Analyse  und 
der  Züchtung  erhebliche  Schwierigkeiten  entgegenstellt. 

Bedeutende  morphologische  Unterschiede  gibt  es  innerhalb  der 
(zunächst  für  züchterische  Zwecke  in  Betracht  kommenden)  assamischen 
Abart  nicht;  „reiner"  Assam-Tee  ist  nicht  erhalten  geblieben;  da- 
gegen gibt  es  eine  Unmenge  von  Bastarden,  die  sich  von  dem  burmanisch- 
liinterindischen  und  dem  westchinesischen  Formenkreis  kaum  unter- 
scheiden lassen;  und  der  Gebrauchswert  der  typischen  kleinblättrigen 
chinesischen  Teepflanze  ist  sehr  fraglich.  Die  beim  Assam-Tee  auf- 
gefundenen individuell-morphologischen  Verschiedenheiten  aber  sind 
alle  transgressiver  Natur  und  würden  schon  deswegen  die  exakte 
genetische  Analyse  beträchtlich  erschweren,  falls  eine  solche  überhaupt 
praktisch  ausführbar  wäre,  was  jedoch  wohl  nicht  der  Fall  ist.  Das 
Gesagte  gilt  in  noch  höherem  Grade  von  den  physiologischen  oder 
chemischen  Unterschieden,  die  zwar  konstatiert  worden  sind,  aber  noch 
nicht  auf  ihre  erbliche  Konstanz  geprüft  werden  konnten. 

Aus  diesen  Verhältnissen  erklärt  sich  grösstenteils  die  auffallende 
Erscheinung,  dass  die  Praktiker  in  dieser  Kultur  bisher  keine  Züchtungs- 
versuche angestellt,  keine  ausgezeichneten  Individuen  entdeckt,  ja  sich 
nicht  einmal  eine  brauchbare  Vorstellung  von  einer  hochvollkommenen 
Teepflanze  gebildet  haben.^)  Auch  die  früher  schon  geschilderten  Eigen- 
tümlichkeiten der  Teekultur  (das  uniforme  Beschneiden  imd  fortwährende 
Pflücken,  die  gedrängte  Standweite,  die  massenhafte  Verarbeitung  des 
Blattes)  sind  gewiss  mit  verantwortlich  für  das  Übersehen  individueller 
Verschiedenheiten.  Unter  diesen  Bedingungen  sieht  sich  der  Züchter 
in  der  Lage,  dass  er,  auf  die  ökologischen  Erfahrungen  des  vorigen 
Paragraphen  gestützt,  die  methodischen  Richtlinien  des  zu  befolgenden 
Ausleseverfahrens  so  ziemlich  sicher  anzugeben  weiss ;  dass  er, 
weiter,  das  Zucht  ziel  nur  in  allgemeinen  Zügen  (Hochertrag,  kräftige 
vegetative  Entwicklung,  Immunität)  erkennen  kann;  dass  er  aber  das 
unentbehrliche  Verbindungsglied,  nämlich  die  Erkennung  hervor- 
ragender Rassen,  erst  während  der  Arbeit  und  nach  vielem  Um- 
hertappen zu  schaffen  vermag. 

Es  ist  beachtenswert,  dass  auch  das  adoptierte  Ausleseverfahren 
einen  durch  Schwierigkeiten  gebotenen  Verzicht  auf  theoretische  Voll- 
kommenheit   bedeutet.      Das    bezweckte    Verfahren    ist    nämlich    die 


^)  Das  Gesagte,  gilt   wenigstens  im   allgemeinen  und  bis  vor  kurzer   Zeit;     vgl. 
weiter  unten. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  199 

Maesenauslese.  Die  Gründe  seien  hier  kurz  zusammengef  asst : 
1.  Die  Teepflanze  ist  allogam,  es  sind  also  bei  der  Fortpflanzung 
komplizierte  Bastardspaltungen  zu  erwarten.  2.  Sie  ist  obligat  allogam 
oder,  was  im  Grosszuchtbetrieb  die  gleiche  Bedeutung  hat,  nur  in  sehr 
speziellen  (Isolations-)  Bedingungen  selbstfertil ;  Selbstbefruchtung  und 
exakte  genetische  Analyse  sind  also  nur  ausnahmsweise  (d.  h.  in  der 
Praxis  nicht)  ausführbar,  3.  Aus  den  Blühverhältnissen  ergeben  sich 
zahlreiche  Hindernisse  gegen  Isolierung,  Bestäubung  usw.;  besonders 
das  fortwährende  spärliche  Blühen  und  die  Höhe  der  Pflanzen  sind  als 
solche  zu  nennen,  4.  Die  Saatmenge  ist  gering,  sowohl  pro  Frucht  wie 
pro  Baum;  jedenfalls  ist  die  Saatgewinnung  das  ganze  Jahr  hindurch 
zu  besorgen,  man  kann  die  Früchte  nicht  pflücken,  und  eine  andere 
sichere  Methode  der  individuellen  Saaternte  gibt  es  nicht.  5.  Der 
technische  Charakter  der  Teepflanze  als  vegetative  Organe  lieferndes 
Gewächs  verbietet  den  Gebrauch  frühblühender  Rassen;  somit  wird  die 
Dauer  einer  Generation  auf  mindestens  6 — 8  Jahre  zu  stellen  sein,  die 
eine  richtige  mendelistische  Analyse  auf  mehr  wie  ein  halbes  Jahr- 
hundert erstrecken.  Überdies  ist  zu  erwägen,  dass  die  meisten  Unter- 
scheidungsmerkmale der  Teepflanze  transgredierender  Natur  sind. 

Zu  diesen  Gründen  gesellt  sich  also  als  verstärkender  Umstand 
das  Faktum,  dass  bis  jetzt  für  die  meisten  Eigenschaften  die  direkte 
Beurteilung  einzelner  Rassen  nicht  möglich  ist. 

Es  erhellt  aus  den  vorstehenden  Betrachtungen,  dass  von  den 
nach  Fruwirth  zu  unterscheidenden  Ausleseverfahren ^)  hauptsäch- 
lich die  Massen-  und  die  Gruppenauslese  in  Betracht  kommen,  Indi- 
vidualauslese,  entweder  nach  dem  „amerikanischen"  oder  dem  , deutschen" 
Verfahren  (Nebeneinanderführung  mehrerer  Individualauslesen  mit 
mehrmaliger  bzw,  fortgesetzter  Auslese  von  Individuen)  scheidet  zu- 
nächst aus;  doch  wird  gelegentlich  Samengewinnung  von  einzelnen 
frei  abblühenden  Mutterbäumen  möglich   sein."-) 

Die  Massenauslese  wird  folgendermassen  ausgeführt:  Jedesmal 
wird  eine  relativ  kleine  Anzahl  hervorragender  Pflanzen  aus  den  Saat- 
beeten herausgegriffen,  sobald  sie  2 — 3  Jahre  alt  sind,  und  in  den 
räumlich  gut  isolierten  Zuchtgarten  (Baumschule)  übergepflanzt,  und 
zwar  in  gegenseitiger   Entfernung  von  zwei   Metern,     Zwei    bis  drei 


')  Kennzeichnet  man  mit  ihm  die  ,,A.u  sl  ese  ver  f  ah  r  en"  durch  das  Hervor- 
heben der  Einwirkung  von  Selbst-  und  Fremdbefruchtung  auf  den  Erfolg,  die 
„Z  ü  c  h  t  u  n  g  s  a  r  t  e  n"  durch  die  Ziele  und  durch  die  Art  der  verwendeten  Variationen 
(C.  Fruwirth  1914,  S.  223),  so  kann  man  sagen,  die  hier  anwendbaren  Züchtungs- 
arten seien  die  „Neuzüchtung  durch  Formenkreistrennung  und  durch  Bastardierung". 

•)  Es  ist  mir  nicht  klar,  ob  Fruwirth  (a.  a.  0.  S.  246)  diesen  Fall  unter  die 
Individualausleseverfahren  einreihen  will  (ja.  Redaktion).  Meines  Erachtens  bildet  dieses 
Verfahren  eine  Klasse  für  sich,  auch  bei  absolut  selbststerilen  Pflanzen,  wie  der  Rotklee. 
Man  könnte  es  „M  u  1 1  er  au  sl  es  e"  bezeichnen. 


200  Stuart: 

Jahre  später  fangen  die  Pflanzen  an,  einander  zu  hindern,  und  jetzt 
werden  Dreiviertel  (d,  h.  ungefähr  eine  um  die  andere)  ausgerodet,  wobei 
eine  zweite,  schärfere  Auslese  stattfindet.  Schliesslich  wird  weitere 
drei  Jahre  später  die  letzte  Auswahl  gemacht,  die  Mehrzahl  der  Bäume 
mit  Reis  von  den  vortrefflichsten  Rassen  veredelt.  In  dieser  Weise 
werden  etwa  0,5  7o  des  ursprünglichen  Bestandes  für  die  Fortpflanzung 
behalten  (absolut  wird  diese  Anzahl,  je  nach  der  Grösse  des  Gartens, 
meistens  etwa  50 — 100  betragen).  Nach  ungefähr  acht  Jahren  ist  dann 
der  Zucjitgarten  fertig  zum  Gebrauch  und  wird  dies  wohl  mehrere  Jahr- 
zehnte lang  bleiben.  Hier  werden  die  Samen,  wie  gebräuchlich,  zweimal 
wöchentlich  vom  Boden  aufgehoben,  also  miteinander  vermischt. 

Die  Absicht  besteht,  die  Naclikommenschaft  feldmässig  zu  prüfen. 
Zu  dem  Zweke  ist  die  Gründung  einer  Musterplantage  mit  Fabrik 
geplant,  die  zugleich  anderen  experimentellen  Zielen  dienen  soll;  es 
wäre  jedoch  verfrüht,  hierüber  schon  in  Einzelheiten  einzutreten.  Die- 
jenigen Zuchtgärten,  deren  Nachkommenschaft  sich  in  den  vergleichen- 
den Versuchen  besonders  bewährt  hat,  sollen  dann  das  Saatgut  für 
Zuchtgärten  der  nächsten  Generation  abgeben. 

Das  Zuchtziel  war  bis  jetzt,  wie  gesagt,  noch  unsicher,  und  eine 
kräftige  vegetative  Entwicklung  sowie  der  Besitz  grosser  geschmeidiger 
Blätter  galten  im  allgemeinen  als  gute  Eigenschaften.  In  letzter  Zeit 
habe  ich  aber  angefangen,  speziellen  Zwecken  nachzustreben.  Viel- 
leicht durch  meine  wiederholten  Aufforderungen  angeregt,  haben  viele 
Pflanzer  ihre  Aufmerksamkeit  auf  individuelle  Verschiedenheiten  ge- 
lenkt, und  bei  einer  Rundfrage  wurden  mir  ziemlich  viele  Fälle  gemeldet 
(meistens  aber  für  Modifikationen  gehalten),  wo  grössere  Widerstands- 
kraft gegen  Krankheiten  oder  besonders  hoher  Ertrag  beobachtet  worden 
waren.  Ich  beabsichtige  jetzt  alle  Pflanzen,  die  z.  B.  anscheinend 
relativ  immun  gegen  Heiopel tis  sind,  in  einem  Zuchtgarten  zu 
sammeln  und  hieraus  durch  Massenauslese  eine  im  Mittel  widerstands- 
kräftigere Sorte  zu  züchten.  Ebenso  mit  den  reichtragenden  Rassen 
usw.;  und  vielleicht  wird  sich  dann  später,  durch  Massenbastardierung 
verschiedener  Elitesorten,  ein  Idealbestand  darstellen  lassen. 

Wenn  also  die  Auslese  nach  dem  Prinzip  der  reinen  Linien  beim 
Tee  faktisch  aufgegeben  ist,  so  kann  man  dies  nicht  schlechthin  be- 
dauern. Bei  einjährigen  autogamen  Pflanzen  mag  die  reine  Linie  als 
vorbildliches  Ausleseverfahren  gelten,  bei  perennierenden  und  allogamen 
Arten  muss  man  zwei  wichtige  Bedenken  erheben:  erstens,  dass  die 
ohnehin  nachteilige  geringe  ,, Plastizität"  der  reinen  Linien,  bei  viele 
Jahrzehntehindurch  bleibenden  Pflanzen  doppeltschwer  ins  Gewichtfällt  ;^) 
zweitens,  dass  die  erzwungene  Selbstbefruchtung  bei  normaliter  allo- 

')  Beim  plötzlichen  Auftauchen  einer  Seuche  kann  man  bei  den  letztgenannten 
auch  nicht  innerhalb  weniger  Jahre  eine  neue  immune  Sorte  züchten. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  201 

gamen  Organismen  erfahrungsgemäss  die  Wüchsigkeit  in  folgenden 
Generationen  schwer  beeinträchtigt.  Und  zu  den  vorstehenden  Gründen 
gesellt  sich  noch  ein  dritter ;  unter  den  sehr  stark  wechselnden  Verhält- 
nissen der  Teeplantagen  Javas,  besonders  deren  von  0 — 2000  m  variierende 
Höhenlage  und  den  sehr  ungleichen  Bodeneigenschaften  usw.  kann  man 
unmöglich  mit  einer  kleinen  Zahl  reiner  Linien  auskommen ;  man  müsste 
sie  vielmehr  dutzendweise  erzeugen,   um  einigen  Nutzen  zu  stiften! 

Nach  allen  Richtungen  hin  muss  man  bei  der  Teepflanze  die 
Massen-  oder  Gruppenauslese  den  anderen  Verfahren  vorziehen. 

Einige  Worte  wären  hier  noch  der  wirtschaftlichen  Seite  des 
Teesaatzuchtbetriebes  zu  widmen. 

In  Anlehnung  an  die  Geschichte  der  Svalöfer  Zuchtgenossenschaft 
hat  man  vielfach  die  Meinung  geäussert,  die  Betriebsform  dieser  rühm- 
lichst bekannten  Anstalt  (besonders  die  Trennung  von  Züchtungs-  und 
Wirtschaftsbetrieb,  und  die  Durchführung  der  Züchtung  von  einer 
öffentlichen  Anstalt)  sei  der  bewährteste  und  ohne  weiteres  nachzu- 
folgende Typus  eines  Ausleseinstituts.  Aus  der  Übersicht  in  Fru- 
wirth's  Handbuch  gewinnt  man  jedoch  die  Überzeugung,  dass  das 
System  Svalöfs  zwar  an  sich  ganz  zweckmässig  sein  mag,  dass  aber 
jedes  Land  für  sich  beurteilt  werden  muss  und  eben  nicht  alle  Gewächse 
{z.  B.  je  nachdem  die  Auslese  schon  lange  durch  Private  betrieben  wurde 
oder  nicht)  in  den  Rahmen  eines  allgemeinen  Schemas  hineinzu- 
zwingen  sind. 

Bei  der  Teepflanze  sind  besonders  die  nachstehenden  Umstände 
zu  berücksichtigen: 

1.  Es  gibt  noch  keine  sicher  hervorragenden 
Rassen,  deren  Vermehrung  mit  Aussicht  auf  Gewinn 
betrieben  werden  kann.  —  Samen  von  wildwachsenden  Tee- 
pflanzen sind  nicht  zu  erhalten,  es  ist  überhaupt  fraglich,  ob  wilde 
Pflanzen  (wofern  nicht  zwecks  „Bluterneuerung")  irgendwie  den  bereits 
angebauten  vorzuziehen  wären.  Immune,  reichtragende  usw.  Rassen 
sind  noch  nicht  nachgewiesen  worden.  Es  liegt  also  bis  jetzt  kein 
Grund  vor,  einzelne  Rassen  getrennt  zu  vermehren  bzw.  einem  Wirt- 
schaftsbetriebe zur  Vermehrung  zu  übergeben. 

2.  Die  Zuchtgärten  mehrjähriger  Gewächse 
werden,  nachdem  sie  Frucht  getragen,  nicht  aus- 
gerottet (schon  der  langen  unfruchtbaren  und  deshalb  unrentablen 
Periode  wegen),  sondern  möglichst  ausgenutzt.  —  Es  gibt 
nun  drei  Möglichkeiten:  entweder  der  Züchter  besitzt  die  Gärten  zuerst 
und  übergibt  sie  nach  der  ersten  Samenernte  der  Verkaufsgenossen- 
schaft, oder  er  behält  sie  selbst  und  besorgt  den  Saatgutverkauf  eben- 
falls selbst;  oder,  schliesslich,  sämtliche  Gärten  sind  Eigentum  der 
Verkaufswirtschaft,  der  Züchter  hat  die  Auslese,  die  technische  Auf- 


202  Stuart: 

sieht  und  die  erstmalige  Ernte  zu  besorgen. M  Der  erstgenannte  Weg, 
der  Verkauf  fertiger  Zuchtgärten  und  die  wiederholte  Übersiedlung 
des  Züchters  nach  neuen  Standorten  hat  seine  eigenartigen  Schwierig- 
keiten. Ebenso  ist  die  Vereinigung  züchterischer  und  kaufmännischer 
Interessen  in  einem  Kopfe,  und  sogar  in  einem  Betriebe,  schwer  zu 
verwirklichen.  Die  dritte  Methode  ist  diejenige,  die  wir  für  die  Tee- 
züchtung gewählt  haben.  Die  Auslese  wird  von  der  Teeversuchs- 
station durchgeführt,  alle  Gartenflächen  gehören  dem  Reiche  (der  Gouv.- 
Plantage)  an,  alle  Arbeit  geschieht  für  Reclmung  des  Staates,  das 
Saatgut  soll  später  vor  allem  die  Bedürfnisse  der  einheimischen  Be- 
völkerung decken,  zum  andern  Teil  soll  es  (wie  das  Cinchona-Elite- 
saatgut)  zum  Vorteile  des  Staates  verkauft  werden.  Ganz  analog  aber 
übernehmen  wir  die  Auslese  und  die  Überwachung  der  an  Teeplantagen 
annexen  Zuchtgärten;  die  ganze  wirtschaftliche  Seite  wird  der  Plan- 
tagenverwaltung überlassen.  Hieraus  entspringt  der  grosse  Vorteil, 
dass  man  die  Verfügung  über  eine  grosse  Anzahl  weit  auseinander- 
liegender Zuchtstationen  erhält,  wobei  die  scliwierig  herzustellende 
räumliche  Isolierung  mittels  des  immer  spärlicher  werdenden  Urwaldes 
über  eine  grössere  Anzahl  Mitarbeiter  verteilt  wird.  Die  Teilnehmer 
aber  erhalten  auf  diesem  Wege  die  besten  Saatträgerbestände,  die  der 
Züchter  selbst  zeitweilig  darstellen  kann;  natürlich  werden  die  später 
angelegten  Zuchtgärten  einen  höheren  Wert  besitzen  als  die  heutigen. 

Man  hat  gegen  diese  Form  des  Zuchtbetriebes  eingewendet,  es 
sei  doch  schliesslich  eine  Zentralstelle,  die  Bastardanalysen  und 
Kreuzungsversuche  besorgt,  eine  Varietätensammlung  unterhält  und 
vegetatives  Vermehrungsmaterial  von  den  besten  Rassen  liefert,  un- 
entbehrlich; die  dritte  Betriebsform  sei  dagegen  durch  das  Fehlen  einer 
Zentralstelle  und  eigener  Versuchsfelder  ausgezeichnet.  Es  ist  jedoch 
klar,  dass  der  Züchter  bzw.  die  Züchtungsanstalt  sehr  wohl  eigene 
Versuchsfelder  und  zugleich  keine  eigenen  Saatgärten  haben  kann. 
Vielmehr  ist  der  Unterschied  zwischen  den  genannten  Methoden  hierin 
begründet,  dass  die  erste  Saatgärten,  die  zweite  Saatgut,  die 
dritte  Saat  träger  liefert. 

Eine  kräftige  Stütze  erhält  die  hier  verfochtene  Methode  durch 
die  nachstehende  Überlegung: 

3.  Saatgut  von  allogamen,  heterozy  gotischen 
Pflanzen  kann  nicht  ohne  weiteres  einer  Anbauwirt- 
schaft zur  Vermehrung  überlassen  werden.  —  Gesetzt, 
nach  einer  Reihe  von  Generationen  werde  eine  Elitesorte  Z  erhalten, 
die  allen  technischen  Forderungen  entspricht,  und  man  will  es  einer 
Vermehrungsstelle   überlassen,   jene  in   den  Handel   zu  bringen;   dann 


1)  Vgl.   Briem's   Rübenzüchtungswirtschaft    in   C.   Fruwirth    1914.   S.  416. 


Die  Züchtung  der  Teepflanze.  203 

kann  man  nicht  einfach  eine  Menge  Saatgut  der  vorigen  Generation  Y 
zum  Bepflanzen  eines  kommerziellen  Zuchtgartens  liefern.  Denn  die 
Voraussetzung  sagt  aus,  dass  in  jeder  Generation  Spaltungen  auf- 
treten —  a  fortiori  bei  Massenauslese!  und  die  aus  dem  Elitesaatgut  Y 
emporwachsende  Generation  Z  kann  unmögUch  die  gleiche  Ware  hefern  wie 
Y!  Es  ist  dies  ein  fundamentaler  Unterschied  gegenüber  den  konstanten 
reinen  Linien !  Man  müsste  vielmehr  der  Saatgutwirtschaft  die  Samen  der 
Generation  X  geben,  einen  Zuchtgarten  bepflanzen  mit  der  aufwachsen- 
den Generation  Y,  diese  auslesen,  bis  sie  die  Zusammen- 
stellung des  originellen  Zuchtgartens  Y  hat,  und  erst 
dann  ist  der  Garten  gebrauchsfertig.  Man  kann  also  die  Auslese  in 
der  Y-Generation  nicht  unterlassen,  weil  ja  sonst  die  nächste  Generation 
eine  Menge  schlechter  Biotypen  enthalten  würde;  aber  damit  fällt  der 
ganze  Zweck  dieser  Methode  fort.  Wozu  soll  man  doch  die  Auslese 
von  X  an  wiederholen,  einer  zentralen  Vermehrungsstelle  zuliebe,  an- 
statt die  Auslesearbeit  von  V,  W,  X  und  Y  jedesmal  bei  einem  Privat- 
pflanzer bzw.  auf  den  Staatsdomänen  zu  machen,  und  alle  diese  Stadien 
der  Züchtung  den  Gartenbesitzern  abzutreten? 

4.  Der  Saatbedarf  wird  innerhalb  einiger  Jahr- 
zehnte ausserordentlich  abnehmen.  Während  die  meisten 
europäischen  Kulturgewächse  jedes  Jahr  ausgesät  werden  müssen,  und 
von  den  mehrjährigen  tropischen  Pflanzen  u.  a.  der  China-Baum  für  die 
Rindenernte  ausgerodet  wird,  so  dass  ein  regelmässiger  Ersatz  er- 
forderlich ist,  gebraucht  man  das  Teesaatgut  fast  ausschliesslich  für 
das  Pflanzen  neuer  Gärten,  dann  allerdings  in  riesigen  Mengen 
(8500  Pflanzen  oder  etwa  ^j^  „Maund"  pro  Hektar,  und  viele  Plantagen 
nehmen  300 — 1000  ha  ein),  aber  weil  der  Teestrauch  in  einem  gut 
gepflegten  Pflückgarten  wohl  ^/4  Jahrhundert  aushält,  wird  theoretisch 
der  Saatbedarf  aufgehoben  sein,  sobald  alle  brauchbaren  und  verfüg- 
baren örtlichkeiten  in  Kultur  genommen  sind.  Zwar  wird  man  wahr- 
scheinlich dann  und  wann  ältere  Gärten  von  minderwertigem  Typus 
mit  einer  guten  Sorte  konvertieren,  aber  für  diesen  Zweck  genügt  eine 
ganz  geringfügige  Saatproduktion.  Auch  kann  die  Kultur  in  anderen 
Teilen  des  Archipels  sich  noch  ausbreiten;  sie  tut  es  auch  tatsächlich 
in  Sumatra  mit  grossem  Erfolg,  und  auch  in  Celebes  will  man  den 
Versuch  machen.  Dennoch  wird  damit  die  Schwierigkeit  offenbar  nur 
verschoben. 

Was  wird  geschehen,  wenn  die  Schicksalsstunde  für  die  Teesaat- 
zucht herannaht?  Unerwartet  kann  sie  nicht  kommen;  wahrscheinlich 
wird  die  verminderte  Nachfrage  sich  in  einer  Preiserniedrigung  geltend 
machen,  bis  zu  einem  Punkte,  wo  der  Gewinn  grösser  wird,  wenn  man 
die  Zuchtgärten  in  Pflückgärten  verwandelt.  Zweifellos  werden  immer 
mehr   Pflanzer   zu   diesem  Mittel   greifen.      Andere  werden   vielleicht 


204  Stuart:  Die  Züchtung  der  Teepflanze. 

vorziehen,  das  in  den  Samen  reichlich  vorhandene  Öl  durch  Auspressen 
zu  gewinnen/)  aber  diese  Mögliclikeit  wird  wesentlich  abhängen  von 
der  Anwendung,  die  dieses  flüssige  öl  in  der  Technik  finden  kann. 
Es  ist  ein  dem  Olivenöl  sehr  ähnlicher  Körper,  aber  der  jetzige  Preis 
der  Teesamen  verbietet  vorläufig  diese  technische  Verwertung.  Nach 
Deuss")  erhält  man  ungefähr  1  1  Öl  aus  45  „Maund"  Samen,  und 
diese  kosten  jetzt  mindestens  40  Gulden  (70  M.) ;  eine  entsprechende 
Preiserniedrigung  müsste  eintreten,  um  die  technische  Gewinnung  ren- 
tabel zu  machen. 

Im  allgemeinen  kann  man  aber  sagen,  dass  die  meisten  Saatgärten 
im  Laufe  der  Zeit  als  solche  verschwinden  müssen,  und  es  liegt  auf 
der  Hand,  dass  man  nur  die  allerbesten  für  die  Saatgewinnung  behalten 
wird.  Schon  jetzt  wird  es  sich  empfehlen,  die  Förderung  des  Saatzucht- 
wesens äusserst  kritisch  zu  betreiben.  Ab  und  zu  gibt  es  durch  irgend- 
eine Ursache  einen  Aufschwung  in  der  Teekultur,  eine  entsprechend 
verstärkte  Nachfrage  nach  Saatgut  und  ein  erhöhtes  Interesse  an  Saat- 
zucht. Besonders  in  neuerer  Zeit  schreitet  man  dann  vielfach  zur  An- 
lage sehr  grosser  Saatgärten,  die  dazu  mitunter  nicht  einmal  gehörig 
isoliert  sind.  Der  Standpunkt,  den  die  Versuchsstation  dementgegen 
vertritt,  ist,  dass  es  nötig  ist,  die  Zahl  der  tadellosen,  nicht  aber 
die  der  minderwertigen  Saatgärten  zu  vermehren.  Die  letzteren 
müssten  nach  und  nach  ausser  Betrieb  gesetzt  werden. 

Ist  dann  die  Zeit  gekommen,  wo  der  Saatgartenbetrieb  für  Privat- 
personen nicht  mehr  rentabel  ist  (was  übrigens  angesichts  der  geringen 
Unterhaltungskosten  kaum  ins  Gewicht  fallen  wird),  so  könnte  viel- 
leicht der  Staat  alle  wichtigen  Zuchtgärten  an  sich  ziehen  bzw.  den 
Eignern  eine  Unterstützung  verleihen,  weil  die  Instandhaltung  noch  von 
öffentlichem  Nutzen  wäre. 

Und  so  wird  die  Teezüchtung  schliesslich  vielleicht  doch  ganz  eine 
Staatswirtschaft  werden.  Aber  vorläufig  eignet  sich  meines  Erachtens 
die  im  obigen  geschilderte  Mischform  der  öffentlichen  und  privaten 
Zuchtwirtschaft  für  die  Teepflanze  am  besten. 


^)  Die  Presskuchen  sind  wegen  ihres  Saponingehalts  für  Viehfutter  unbrauchbar, 
wegen  ihres  geringen  N-gehalts  als  Dünger  ebenfalls  wertlos. 

2)  Siehe  J.  J.  B.  Deuss,  Over  theezaadolie.  —  Meded.  v.  h.  Proefstat.  v.  Thee 
XXXIII  (1914),  S.  8. 


III. 

Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der 

Pflanzenzüchtung. 


1.  Referate  über  Arbeiten 

in  Zeitschriften,  sowie  über  Dissertationen,  dann  Jahresberichte  und  Bulletins 

von  Versuchsstationen. 

Einsendung  von  Abdrücken  aller  einschlägigen  Arbeiten 
erbeten. 

Einige  Herren  haben  sich  in  liebenswürdiger  Weise  bereit  erklärt, 
für  einzelne  Länder  oder  bestimmte  sachliche  Gebiete  die  Sorge  für 
Erstattung  von  Referaten  ganz  zu  übernehmen.  1917  sind  derartige  Ver- 
einbarungen getroffen  worden  mit: 

Professor  Dr.  H.  Nilsson  -  Ehle  -  Lund:  Pflanzenzüchtung, 
Schweden.  —  Prof.  Dr.  Gran,  Universität  Kristiania :  Pflanzenzüchtung, 
Norwegen.  —  Konsulent  E.  Lindhard-Tystofte  pr.  Tjaereby:  Pflanzen- 
züchtung, Dänemark. —Dr.  H.Plahn-Appiani-Aschersleben,Mehringer- 
strasse  6:  Zuckerrübenzüchtung  in  Deutschland  und  Österreich.  — 
(Königl.  landw.  Botaniker  A.  Howard-Pusa  (Bihar),  Indien:  Pflanzen- 
züchtung, Indien.^)  —  Direktor  A.  v.  Stebutt  der  Versuchsstation 
Saratow,  Russland:  Pflanzenzüchtung,  Russland.'^)  —  Dr.  L.  Koch- 
Buitenzorg  (Java):  Pflanzenzüchtung,  Java.  —  Prof.  Dr.  Th.  Römer- 
Halle  a.S.:  Pflanzenzüchtung,  Grossbritannien.  —  Direktor E.  Grabner- 
Magyarovär:  Pflanzenzüchtung,  Ungarn.  —  Prof.  Dr.  v.  Mandekic- 
Krizevci,  Slavonien:  Pflanzenzüchtung,  in  südslavischer  Sprache. 

Für  die  hier  nicht  genannten  Gebiete  sind  zunächst  Autoreferate 
sehr  erwünscht,  wenn  solche  innerhalb  acht  Tagen  nach  dem  Er- 
scheinen der  Arbeit  abgesendet  werden. 

Die  Referate  sind  entweder  als  Autoreferate  gekennzeichnet  oder 
von  dem'  betreffenden  Referenten  gezeichnet;  von  dem  Redakteur  er- 
stattete bleiben  ungezeichnet. 


^)  Referate  können  nach  freundlicher  Mitteihmg  jetzt  wieder  erstattet  werden. 
^)  Nach  freundlicher  Mitteilung  können  Referate  jetzt  nicht  gesandt  werden. 
Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VII.  i  k 


206  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

AumüUer,  F.  Nutation  und  Feinheitsgrad  der  Spel- 
zen bei  zweizeiliger  Gerste.  (Illustrierte  landw.  Zeitung 
1919,  S.  430—431,  2  Abb.)  Als  Merkmal  für  die  Feinheit  des  Kornes 
wird  zwar  in  erster  Linie  die  Feinheit  der  Kräuselung  der  Spelzen 
betrachtet,  die  bei  engerem  Schluss  derselben  stärker  ist,  während  bei 
loserem  Schluss  die  Falten  grösser  sind.  Daneben  wird  aber  auch  die 
stärker  nutierende  Gerste  als  feiner  angesehen,  also  eine  solche,  die 
bei  Reife  die  Ähre  stärker  nicken  lässt.  Das  Fehlen  der  Beziehung 
stärkere  Nutation,  feiner  Halm,  starke  Kräuselung  der  Spelzen,  gute 
Kornqualität  ist  aber  mehrfach  festgestellt  worden.  Verfasser  gibt 
dafür  auch  Beispiele  aus  der  Gerstenzüchtung  von  Stadler  und 
verweist  besonders  darauf,  dass  die  neben  der  Kräuselung  genannten 
anderen  Merkmale  durch  die  Jahreswitterung  erheblich  beeinflusst 
werden  können. 

Backhouse,  W.  The  inheritance  of  glume  length  in 
Triticum  polonicum.^)  (Journ.  of  Genetics  7.  Bd..  S.  125 — 135, 
1918.)  B.  fand  bei  Durchsicht  eines  Sortimentes  Tr.  polonicmn  keine 
Sorte  ohne  Behaarung  der  Spelzen.  Je  kürzer  die  Spelzen,  desto  stärker 
ist  die  Behaarung.  Deutlich  behaarter  Tr.  polonicum  X  Tr.  durum  ohne 
Spelzenbehaarung  gab  F^-Pflanzen  mittlerer  Spelzenlänge  und  erheblich 
stärkere  Spelzenbehaarung  als  Tr.  polonicum  Elter.  Die  F^  genau 
klassifiziert,  ergab  172  Pflanzen  mit  langen  ( >  22  mm)  +  mittellangen 
(15 — 22  mm)  +  55  mit  kurzen  Spelzen  (<15  mm).  Letztere  gaben  in 
F3  40  behaarte +  15  unbehaarte  die  mittellangen  85  behaarte  +  31  un- 
behaarte Nachzuchten,  wobei  die  ..behaarten"  teils  konstant  behaart, 
teils  behaart  +  unbehaart  sind.  Die  Nachzucht  der  Fo-Pflanzen  gab 
nur  Pflanzen  mit  schwachem  Haarsammt.  —  Dieselbe  Polonicum-Sorte 
wurde  mit  stark  behaartem,  schwarzem  Tr.  turgidum  gekreuzt.  F. 
stark  behaart,  weiss  (?  R),  F2  514  lange  und  mittellange  +  178  kurz- 
spelzige  Pflanzen.  Neben  der  Korrelation  :  lange  Spelzen  :  unbehaart 
macht  sich  hier  noch  die  Abstossung  langer,  farbiger  Spelzen  geltend. 
Alle  langspelzigen  Pflanzen  sind  weiss,  nur  die  kurzspelzigen  spalten 
3  :  1  in  Farbe.  Die  Farbe  der  Spelzen  erwies  sich  gleichzeitig  un- 
abhängig von  der  Behaarung.  —  Von  der  Kreuzung  Rivet  X  Tr.  polo- 
nicum (mausgrau  X  weiss),  die  in  England  in  F,  und  F.,  weissspelzig 
ist.  baute  B.  die  Fo  in  drei  verschiedenen  Zonen  Argentiniens  an.  Im 
Norden  waren  alle  F-^-Pflanzen  weissspelzig.  in  der  Höhe  von  Buenos 
Aires  einige  etwas  gefärbt,  im  Süden  war  der  Unterschied  zwischen 
23  weissen  und  7  farbigen  Pflanzen  deutlich.  Aber  auch  hier  tritt  die 
Spelzenfarbe  nur  bei  kurzspelzigen  Pflanzen  auf.  Die  mausgraue  Farbe 
des  Rivet-Elter  blieb  iedoch  in  allen  drei  Zonen  unverändert.        R. 


^)  Vererbung  der  Spelzenlänire  bei  Triticum  polonicum. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Uebiete  der  Pflanzeuzüchtung.  207 

Bartlett,  H.  The  s  t  a  t  u  s  o  f  t  h  e  in  u  t  a  t  i  o  n  t  h  e  o  r  y  w  i  t  h 
especial  reference  to  Oenothera.^)  (American  Naturalist 
1916.  S.  513 — 529.)  Vom  Verfasser  sind  bei  Oenothera  stenomeres 
Mutationen  beobachtet  worden,  die  sich  nicht  als  Bastardspaltungen 
erklären  lassen.  Die  Besonderheiten  einer  der  Mutationen,  jener  von 
lasiopetala,  finden  sich  bei  keiner  anderen  Form  von  Oenothera.  und 
von  allen  diesen  Formen  ist  die  Oenothera  stenomeres  geographisch 
getrennt.  Die  Mutationen  wurden  erst  nach  4  Generationen  einer 
reinen  Linie  der  selbstbefruchtenden,  praktisch  kleistogamen  Oenothera 
stenomeres  beobachtet  (American  .Journal  of  botany  1915,  S.  100 — 109. 
4  Abb.).  Massenmutation,  die  bis  dahin  nur  bei  Oenothera  Reynoldsii 
bekannt  war,  wurde  vom  Verfasser  bei  Oenothera  pratincola  fest- 
gestellt, bei  welcher  selbst  bis  499  Mutanten  unter  500  Pflanzen  ge- 
funden wurden.  Es  wurden  Mutationen  gebildet,  die  sich  auch  bei 
-anderen  Oenotheren  finden,  und  solche,  die  dieser  Form  eigen  sind. 
Letztere  geben,  miteinander  bastardiert.  wieder  die  Mutation,  mit  der 
als  männlich  verwendeten  Elternform  bastardiert  die  Mutation,  mit 
der  als  weiblich  verwendeten  Elternform  bastardiert  die  Elternform. 
Die  Massenmutation  ist  von  starker  Unfruchtbarkeit,  wenig  Samen, 
begleitet.  (The  botanical  gazette  LX.  1915,  S.  425—456,  15  Abb.)  — 
Gestützt  auf  diese  Arbeiten  gibt  Verfasser,  in  der  im  Titel  genannten 
Veröffentlichung,  eine  Darstellung  des  heutigen  Standes  der  Mutations- 
theorie. Die  Ansicht,  dass  die  Mutationen  zwar  nicht  auf  mendelistischer 
Grundlage  erklärt  werden  können,  aber  doch  mit  Bastardierung  zu  tun 
haben,  ist  gegenwärtig  eine  sehr  verbreitete.  Bartlett  steht  da- 
gegen auf  dem  Boden  der  Erklärung  desselben  durch  Mutabilität,  und 
zwar  sowohl  für  die  Mutationen,  welche  gleich  viel  Chromosomen  be- 
sitzen, wie  die  Ausgangsformen,  also  wie  Oenothera  gigas  und  Oenothera 
lata  (l).  als  für  jene,  welche  dieselbe  Chromosomenzahl  aufweisen  (II). 
Unregelmässigkeiten  in  der  Chromosomenverteilung  sind  auch  schon 
von  Gates.  Lutz  zur  Erklärung  herangezogen  worden.  Pollen- 
abortierung  ist  nicht  nur  als  Bastardierungsfolge  anzusehen,  sondern 
auch  als  Mutationsfolge.  Dass  Veränderlichkeit  der  Erbmasse  nur 
durch  Bastardierung  herbeigeführt  wird,  wie  die  Vertreter  der  Bastar- 
dierungserklärung behaupten,  ist  nicht  zu  beweisen,  ebenso  können 
allerdings  die  Vertreter  der  Mutabilitäthypothese  bei  keiner  Pflanze 
behaupten,  dass  nie  unter  den  Vorfahren  derselben  Bastardierung  ge- 
vnrkt  hat.  sie  können  nur  für  eine  beschränkte  Zahl  von  Generationen 
genetische  Reinheit  nachweisen.  Für  die  Mutation  der  Klasse  I  ist 
der  Nachweis,  dass  sie  mit  Mendeln  nichts  zu  tun  haben,  nicht  nur 
cytologisch  gegeben,  sondern  auch  durch  die  Vererbungserscheinungen, 
da  keine   derartige   Mutation,  wenn  mit  der    Elternform   bastardiert, 

^)  Der  Stand  der  Mutationstheorie  mit  besonderer  Berücksichtiffunff  von  Oenothera. 


208  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

mendelt.  Aber  auch  für  die  Klasse  II  lehnt  B  a  r  1 1  e  1 1  die  Zurück- 
führung  auf  Bastardierung  ab,  speziell  die  Erklärungsversuche  von 
Bateson,  Davis,  Renner,  Heribert  Nilsso n.  Gegen  den 
Versuch  von  Davis,  die  Oenothera  Lamarckiana  synthetisch  durch 
Bastardierung  von  Oenothera  franziscana  X  Oenothera  biennis  aufzu- 
bauen und  die  auch  dann  vorhandene  Mutabilität  zu  zeigen,  wendet 
er  ein,  dass  die  eine  verwendete  Art,  Oenothera  biennis,  selbst  schon 
mutiert.  Erklärung  durch  Mendeln  macht  die  Annahme  nötig,  dass 
die  Mutanten,  die  rein  vererben,  mendelnde  Rezessive  sind.  Das  trifft 
für  die  Klasse  I  nicht  zu.  Die  Klasse  II  vererbt  entweder  bei  Selbst- 
befruchtung rein  (IIa)  oder  gibt  dabei  Mutante  und  Elternform  (IIb). 
Das  Verhalten  bei  II  a  ist  oben  für  die  Mutanten  von  Oenothera  pratin- 
cola  angegeben  worden.  Es  hat  mit  Mendeln  nichts  zu  tun  und  lässt 
sich  erklären,  wenn  die  Bildung  von  2  Arten  von  Gameten  angenommen 
wird.  Im  gegebenen  Falle  sind  jene,  welche  die  Mutanten  entstehen 
lassen,  weiblich.  Dieselbe  Erklärimg  kann  auch  für  IIb  herangezogen 
werden.  Gameten  «  seien  jene  genannt,  welche  die  unterscheidenden 
Merkmale  übermitteln,  Gameten  ß  jene,  welche  die  allgemeinen  Eigen- 
schaften vermitteln,  «  mit  ß  konjugieren,  gelegentlich  auch  «  mit  », 
aber  nicht  ß  mit  ß.  manche  Arten  erzeugen  «-  und  /^-Gameten  beiderlei 
Geschlechts,  andere  nur  eine  Art  bei  einem  Geschlecht.  Die  Annahme 
nicht  gleichwertiger  Gameten  lässt  auch  die  Unfruchtbarkeit  erklären, 
sowie,  dass  reziproke  Bastarde  in  manchen  Fällen  immer  gleich,  in 
anderen  Fällen  imgleich  sind,  manche  rein  vererben,  andere  epalten. 
In  dem  Falle  von  Oenothera  pratincola  wird  angenommen,  dass  die 
meisten  weiblichen  Keimzellen  «-Gameten,  die  mämilichen  /^'-Gameten 
sind  und  viele  /^-Gameten  mutiert  sind.  Zum  Schlüsse  weist  Bartlett 
auf  Bateson's  Versuch  mit  ..rogues"  bei  Erbse  hin.  die  ersterer 
als  Mutanten  auffasst  und  die  nichts  mit  Bastardierung  zu  tun  haben. 
—  In  einer  späteren  Arbeit  (La  Rue,  C.,  und  Bartlett,  H..  Ge- 
netics  III,  1918,  S.  207—224)  wairde  bei  Mutanten  von  Oenothera 
Reynoldsii,  die  sich  dui'ch  verschiedene  Höhen  voneinander  unter- 
scheiden, nachgewiesen,  dass  diese  durch  Zahl  und  Anordnung,  nicht 
durch  Grösse,  der  Zellen  bedingt  ist.  —  In  einer  weiteren  Arbeit  (C  o  b  b , 
Fr.,  and  Bartlett,  H..  Journ.  of  the  Washington  Acc.  of  Science 
1919.  S.  462 — 483)  werden  die  Massenmutationen  bei  Oenothera  pratin- 
cola. die  in  Bildung  gedrehter,  statt  flacher  Blätter  bestehen,  nach 
obigem  Erklärungsversuch  beurteilt:  Bei  den  Formen  (strains).  die 
Massenmutation  zeigen,  besitzen  die  «-Gameten  keine  Anlage  für 
flächenförmige  Ausbildung  der  Blätter.  Die  Zygoten  sind  «/^ff  und 
«/?FF.  die  Mutante  ist  «'/^ff.  Bei  Oenothera  pratincola  sind  die 
Gameten  weiblich.  Es  handelt  sich  hier  um  Mendeln.  Die  reziproken 
Bastarde  sind  dabei  einander  bei  mendelnden  Eigenschaften  gleich,  flach: 


Neue  ErscheinungeQ  auf  dem  Gebiete  der  Pflauzeazüchtun^.  209 

a'  ßfiXaßFi=oc'  ßFf.  in  F2  spaltend  in  1  flach:  2  spaltend,  flach: 
1  gedreht;  «  /^F  F  X  «'  /?f  f  =  « /*F  f,  in  F  2  auch  spaltend  in  1  flach  nicht 
mutabel :  2  flach,  spaltend  für  Flachheit  und  MutabiUtät :  1  flach,  aber 
mutabel. 

Becker.  Serologische  Untersuchungen  auf  dem  Ge- 
biete von  Pflanzenbau  und  Pflanzenzucht.  (Landwirt- 
schafthche  Jahrbücher  LIII,  1919,  S.  245—276.)  Über  die  Feststellung 
der  Artzugehörigkeit  durch  Antiserums  hinaus,  wurde  auch  eine  Unter- 
scheidung von  Sorten  versucht.  Eine  solche  gelang  bei  Bachtal-  gegen- 
über Frankengerste  und  Petkuser-  gegenüber  schwäbischem  Landroggen, 
dagegen  zunächst  nicht  bei  Versuchen,  mit  Weizensorten. 

Brotherton,  W.,  and  Bartlett,  H.  Cellmeasurementasan 
aid  in  the  analysis  of  quantitative  Variation.^)  (Americ. 
Journ.  of  Botany  1918,  S.  192—206.)  Die  Feststellung  der  Vererbung 
der  Grösse  soll  begleitet  sein  von  einer  biologischen  Analyse.  Die 
quantitativen  Verschiedenheiten  können  von  Verschiedenheit  in  Zahl 
oder  in  Grösse  der  Zellen  bedingt  sein,  oder  durch  beides.  Grösse 
wird,  ausser  durch  Vererbung,  durch  äussere  Verhältnisse  und  durch 
Heteroßis  beeinflusst.  Mit  Beziehung  auf  erstere  haben  die  Verfasser 
bei  Licht  und  Phaseolus  vulgaris  festgestellt,  dass  im  Dunkeln  die 
Internodien  3 — 6  mal  länger  als  im  Licht  sind  und  von  dieser  Ver- 
längerung 34  ^/(,  auf  grössere  Häufigkeit  der  Zellteilung,  der  Rest  auf 
Vergrösserung  der  Zellen  entfällt.  Primäre  und  sekundäre  Zellen  ver- 
halten sich  bei  Teilung  verschieden,  und  um  zwischen  Einfluss  der 
Teilung  und  der  Zellgrösse  unterscheiden  zu  können,  müssen  die 
beiderlei  Zellen  getrennt  betrachtet  werden. 

Cohen  Stuart  C.  Abasisforteaselectio  n.^)  (Bulletin  du 
jardin  botanique  de  Buitenzorg  3.  Serie,  Vol.  I,  S.  193—320,  9  Tafeln.) 
Englische  Übersetzung  der  holländisch  geschriebenen  Arbeit  „Vor- 
bereitende Untersuchungen  zur  Züchtung  der  Teepflanzen"  (Referat 
s.  Zeitschr.  f.  Pflanzenz.  Bd.  IV,  S.  209). 

Correns,  C.  Fortsetzung  der  Versuche  zur  experi- 
mentellen ^-^  er  Schiebung  der  Geschlechtsverhält- 
nisse. (Sitzungsberichte  der  preussischen  Akademie  der  Wissen- 
schaften. Mathematisch  naturwissensch.  Klasse,  1918,  L.  S.  1175  bis 
1200.  3  Abb.).  Die  Fortsetzung  jener  Versuche  mit  Melandrium,  über 
welche  hier  bereits  berichtet  worden  ist  (Zeitschr.  f.  Pflanzenz.  Bd.  VI, 
S.  98).  bestätigt  das  Ergebnis:  sehr  viel  Pollen  führt  zum  Überwiegen 
von  weiblich  (31,65  %  männlich),  wenig  Pollen  zu  jener  von  mehr 
männlich   (43.78  °/o  männlich).     Ein  weiterer  Versuch  mit  massig  viel 


^)  Zellenmessung  als  Hilfsmittel  bei  der  Untersuchung  quantitativer  Variationen. 
^)  Eine  Grundlage  für  Teezüchtung. 


210  Neue  Erscheinuugen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Pollen  gab  mittel  viel  männlich  (40,24  und  41,17%  männlich),  massig 
viel  Pollen  gab  bei  halbierter  Fruchtkapsel  mehr  weiblich  aus  der 
oberen,  mehr  männlich  aus  der  unteren  Kapselhälfte. 

Correns,  C.  Capsella  Bursa  pastoris  albovariabilis 
und  chlor  in  a.  (Sitzungsberichte  der  preussischen  Akademie  der 
Wissenschaften,  mathem.  physik.  Klasse,  1919.  XXXIV,  S.  585—609, 
4  Abb.)  Der  eine  der  beschriebenen  Fälle  von  Chlorophyllvariationen 
beim  Hirtentäschelkraut  ist  aus  dem  Grunde  besonders  bemerkenswert, 
da  er  eine  Erbanlage  zeigt,  welche  nicht  nur  phänotypisch,  sondern 
auch  genotypisch  veränderlich  ist,  so  dass,  mit  Rücksicht  auf  letzteren 
Umstand,  Auslese  Wirkung  zeigen  kann,  während  doch  auch  Vererbung 
des  Wesentlichsten  eintritt.  Es  wird  angenommen,  dass  die  Mosaik- 
bildung weiss — grün  durch  eine  an  eine  Anlage  gebundene  Krankheit 
veranlasst  wird,  die  aber  stärker  oder  schwächer  werden  kann  und  dass 
typica  normal,  nicht  krank,  ist.  Die  Anlage  wird  vererbt,  die 
Stärkung  oder  Schwächung  kann  durch  Auslese  verändert  werden,  so 
dass  Auslese  mehr  weisser  Pflanzen  oder  solcher  Äste  zu  stark  weissen 
Pflanzen,  Auslese  mehr  grüner  Pflanzen  oder  solcher  Äste  zu  schliesslich 
konstant  vererbenden  grünen  Pflanzen  führt.  Bis  zui"  Erreichung 
konstant  vererbender  grüner  Pflanzen  kann  aber  bei  der  Auslese  nach 
Grün  auch  wieder  Entgegenauslese  nach  Weiss  vorgenommen  werden. 

Edler,  W.  Die  Verzweigung  der  Acker bohne.  (Füh- 
hngs  landwirtschafthche  Zeitung  1919.  S.  441—450.)  Von  1907  bis 
1917  wurde  bei  einer  Anzahl  von  Sorten  der  Ackerbohne  (Vicia  Faba  L.) 
—  mit  Ausschluss  des  Jahres  1911  —  eine  Massenauslese  nach  Ver- 
zweigung betrieben.  Es  wurde  mit  verzweigten  und  unverzweigten 
Pflanzen  innerhalb  jeder  Sorte  begonnen  und  in  jeder  der  2  Gruppen 
immer  wieder  eine  Auslese  von  verzweigten  bzw.  unverzweigten 
Pflanzen  vorgenommen,  immer  bei  Anbau  15  .  30  cm.  In  nahezu  allen 
Jahren  war  bei  allen  Sorten  die  Zahl  der  verzweigten  Pflanzen  in  der 
Zucht  auf  Verzweigung  grösser  als  in  der  Zucht  auf  Einstengeligkeit, 
eine  Steigerung  der  Neigung  zur  Verzweigung  durch  die  10  jährige 
Auslese  war  aber  bei  keiner  Sorte  zu  beobachten.  Die  äusseren  Ver- 
hältnisse wirken  auf  die  Verzweigung  so  stark  ein.  dass  die  erblichen 
Unterschiede  ganz  zurücktreten.  Eine  Überlegenheit  der  verzweigten 
Pflanzen  gegenüber  den  unverzweigten  war  weder  bei  Kornertrag  noch 
bei  Kornschwere  festzustellen. 

Emerson.  R.  Genetical  studies  of  variegated  peri- 
carp  in  maize.^)  Geneties  II.  1917,  S.  1 — 35.)  Früher  (Zeitschr. 
für  Pflanzenz.  II.  S.  509)  war  vom  Verfasser  gefunden  worden,  dass 
Maissamen  um  so  eher  rein  gefärbte  Kolben  entstehen  lassen  und  um 


*)  Vererbungsstudien  bei  gemischtfarbiger  Fnichthaut  bei  Mais. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  211 

60  seltener  gemischt  gefärbte  oder  farblose,  je  mehr  nahezu  reinfarbig 
sie  sind.  Derartig  gebildete,  rein  gefärbte  Kolben  verhalten  sich  wie 
Fj  zwischen  rein  gefärbten  und  gemischt  gefärbten  oder  zwischen  rein 
gefärbten  und  farblosen  Rassen,  je  nachdem  der  gemischt  gefärbte 
Elter  homozygotisch  oder  heterozygotisch  für  Perikarpfarbe  war  und 
je  nachdem  bei  ihm  Selbst-  oder  Fremdbestäubung  stattfand.  Rein 
gefärbte  Kolben  erscheinen  auch  gelegentlich  neben  den  normalen,  ver- 
schieden gefärbten  in  Fj  einer  Bastardierung  zwischen  einer  farblosen 
Rasse  und  einer  verschieden  farbigen  und  verhalten  sich  so  wie 
Bastarde  zwischen  rein  gefärbten  und  farblosen  Rassen.  Zur  Er- 
klärung des  letzteren  Falles  wurde  angenommen,  dass  in  einer 
Meristemzelle  eine  mendelnde  Anlage  für  Gemischtfärbigkeit  V  in  eine 
Anlage  für  Rein- (Rot-)  färbigkeit  s  verwandelt  wurde  und  alle  von 
dieser  Zelle  abstammenden  Perikarpz eilen  Farbstoff  bilden  und  von 
allen  von  ihr  stammenden  weiblichen  Geschlechtszellen  die  Hälfte  die 
Anlage  s,  die  andere  die  Anlage  V  führen  und  eine  ähnliche  Anlagen- 
änderung Geschlechtszellen  bedingt,  die  s  statt  V  führen. 

Nunmehr  wird  zusammenfassend  berichtet,  dass  bei  Mais  mehrere 
Fälle  von  abweichender  Färbung  des  Kornes  beobachtet  worden  sind. 
Die  beobachteten  Abänderungen  wurden  früher  somatische  genannt,  sie 
werden  jetzt  als  sporophytische  bezeichnet,  da  sie  durch  Abänderungen 
in  solchen  meristematischen  Zellen  bedingt  sind,  aus  welchen  sowohl 
Geschlechtszellen  als  auch  somatische  Zellen  entstehen  können.  Solche 
Abweichungen  gingen  von  rein  rot  und  rein  orange  zu  rot  mit  weisser 
Krone,  rot  an  der  Basis,  mehr  als  die  Hälfte  und  weniger  als  die  Hälfte 
des  Kornes  rot.  mehr  rote  Streifen,  weniger  rote  Streifen,  ganz  wenig 
solcher,  zu  farbloser  Fruchthaut.  Ausserdem  fand  sich  rote  Färbung 
der  Krone.  Drei  der  Abweichungen  waren  mit  solcher  der  Spindelfarbe 
verbunden.  Rein  gefärbte,  teilweise  rein  gefärbte,  gemischt  gefärbte 
und  farblose  Früchte  von  Kolben  mit  verschieden  gefärbten  Früchten, 
die  aus  Bastardierungen  mit  Pflanzen  iuit  farblosen  Früchten  ent- 
standen sind,  geben  Nachkommenschaften,  die  rein  gefärbte  Kolben 
ungefähr  in  dem  Verhältnis  enthalten,  in  welchem  rein  gefärbte  Früchte 
in  der  Saat  vorhanden  waren.  Mittelstarke  Gemischtfärbung  erwies 
sich  als  dominierend  zu  sehr  schwacher  solcher  Färbung.  In  der  Nach- 
kommenschaft einer  derartigen  Bastardierung  überwogen  rein  gefärbte 
Kolben  mehr  auf  Kosten  der  mittelstark  gemischtfarbigen  als  auf 
Kosten  der  leicht  gemischtfarbigen.  Diese  Tatsachen  weisen  darauf 
hin.  dass  eine  Anlage  für  Gemischtfärbigkeit  V  zu  einer  Anlage  für 
Reinfärbung  s  verändert  wird,  aber  nur  eine  der  Anlagen  so  variiert: 
V  V  in  V  S,  nicht  in  S  S,  und  dass  die  Anlage  für  mittelstarke  Gemischt- 
färbung häufiger  variiert  als  jene  für  leichte  Gemischtfärbung.  Die 
Abweichungen  verhalten  sich  gegenüber  Vererbung  verschieden.     Die 


212  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflauzenzüchtung. 

Veränderung  von  gemischt  gefärbtem  zu  fast  rein  gefärbtem  Korn  wird 
nach  obigen  Ausführungen  vererbt,  ist  also  Variation.  Dagegen  wurde 
die  Veränderung  von  leicht  bis  mittelstark  verschieden  gefärbtem 
Korn  zu  dunkler  Färbung  der  Krone,  die  mit  Reinfärbung  der  Spindel 
verbimden  ist,  nicht  vererbt,  ist  also  Modifikation.  Mikroskopische 
Untersuchungen  führten  zu  der  Erkenntnis,  dass  das  Fehlen  der  Ver- 
erbung im  letzten  Fall  darauf  zurückzuführen  ist,  dass  die  Veränderung 
in  Epidermiszellen  vor  sich  ging,  während  die  Geschlechtszellen  aus 
subepidermalen  Zellen  entstehen.  Die  Serie  von  erblichen  Ab- 
weichungen, die  oben  erwähnt  wurde,  weist  darauf  hin.  dass  eine  für 
Färbung  der  Fruchthaut  und  der  Spindel  grundlegende  Anlage  mehr- 
mals in  verschiedener  Weise  variiert  hat.  Die  Konstanz  der  rein 
gefärbten  und  der  farblosen  Form  ist  eine  vollkommene,  dann  folgen 
selche  rein  gefärbte  Formen,  die  1 — 4 — 5  gemischt  gefärbte  Früchte 
an  ier  Mehrzahl  der  heterozygotischen  Kolben  aufweisen,  dann  eine 
leicht  verschieden  gefärbte  Form,  in  welcher  Veränderung  zu  reiner 
Färbung  selten  eintritt,  selten  früh  genug,  um  die  Vererbungsschichte 
zu  beeinflussen,  häufig  aber  erst  später;  eine  sehr  dunkel  gefärbte 
Form  lässt  die  Veränderung  sehr  häufig  eintreten,  alle  ihre  Kolben 
haben  rein  oder  nahezu  rein  gefärbte  Früchte.  Formen  mit  mittelstark 
veränderten  Früchten  nehmen  eine  Mittelstellung  betreffend  Häufigkeit 
ein.  Die  ausgesprochenen  Veränderungen  der  Fruchtschalenfarbe  ver- 
erben mendelnd.  Mit  der  verschiedenen  Häufigkeit  der  Veränderung 
einer  Anlage,  wie  sie  sich  hier  bei  Mais  zeigte,  hängt  es  zusammen, 
dass  Auslese  in  reinen  Linien,  selbst  in  vegetativen  Linien,  zwar  ge- 
wöhnlich kein  Ergebnis  liefert,  aber  in  einzelnen  Fällen  doch  ein 
solches  zeigt.  In  der  Entwicklungsgeschichte  würde  eine  solche  Ver- 
änderung keine  weitere  Rolle  spielen,  wenn,  wie  dies  bei  Mais  der  Fall 
ist.  immer  nur  dieselben  Veränderungen  von  Zeit  zu  Zeit  erfolgen  und 
die  Veränderungen  auch  wieder  in  der  umgekehrten  Richtimg.  zurück, 
verändert  werden  können. 

Evans,  M.  Th  e  f  lo  wering  habits  o  f  tim  o  thy.^)  (.Journal 
of  the  American  Soc.  of  Agronomy  VHL  1916.  S.  299—309.  1  Tafel.) 
Ohne  auf  die  vorhandene  Literatur  einzugehen,  werden  die  eigenen 
Beobachtungen  mitgeteilt,  die  1912 — 15.  besonders  1914.  zu  New  London 
in  Nord  Ohio  gemacht  wurden.  Die  Staubbeutel  treten  zuerst  aus, 
dann  die  Narben,  und  erstere  öffnen  sich  bei  einer  Blüte  erst,  wenn 
die  Narben  derselben  bereits  einige  Zeit  hindurch  ausgebreitet  sind. 
Das  Blühen  beginnt  im  oberen  Teil  der  ährenförmigen  Rfspe,  die 
Blüten  an  der  Basis  blühen  zuletzt:  ein  Blütenstand  benötigt  6 — 16  Tage 
zum  Abblühen.  Die  meisten  Blüten  öffnen  sich  des  Morgens,  von  un- 
gefähr Mitternacht  bis  ungefähr  zur  Zeit  des  Sonnenaufganges.     Ge- 

^)  Die  Blühgewohnheiten  von  Lieschgras. 


Neue  Erscheiauageu  auf  dem  Gebiete  der  rflanzenzüclitung.  213 

nauer  ausgedrückt  wurden  um  8  Uhr  abends  keine,  um  10  Uhr  abends 
keine  oder  ganz  wenige,  um  Mitternacht  nur  einzelne  wenige  Blüten 
(in  10  von  14  Nächten,  nur  einmal  mehr)  offen  gefunden,  um  2  Uhr 
früh  mittel  bis  viel  (an  4  Tagen  von  14  keine),  um  4  Uhr  mittel  bis 
viel  (an  3  Tagen  von  14  keine),  um  6  Uhr  wenige  bis  sehr  wenige 
(an  5  Tagen  keine),  um  8  Uhr  früh  keine.  Helles  Wetter  und  Tem- 
peraturen um  oder  über  21 "  C.  sind  am  günstigsten,  war  die  Temperatur 
24  Stunden  vorher  unter  18  "  C,  so  wurden  keine  geöffneten  Blüten  be- 
obachtet. Die  Beobachtungen  stimmen  mit  den  von  anderer  Seite  ge- 
machten (Handbuch  der  Pflanzenzüchtung  II/3,  S.  240)  im  wesentlichen 
überein,  weichen  nur  bei  den  Blühzeiten  an  einem  Tag  stärker  ab,  was 
offenbar  mit  dem  Klima  der  Beobachtungsorte  zusammenhängt.  Das 
Blühen  erscheint  in  Ohio  noch  weiter  gegen  die  Nacht  zurückgeschoben 
als  bei  den  Beobachtungen  des  Referenten. 

Kalt,  B.  Der  Begriff  „Originalsaatgut"  und  seine 
Anwendung  bei  der  Züchtungsanerkennung.  (Fühlings 
landwirtschafthche  Zeitung  1919.  S.  460 — 471.)  Es  wird  durch  eine 
weitere  Festlegung  des  Begriffes  Originalsaatgut  ein  Beitrag  zu  der  in 
der  Literatur  bisher  nicht  eingehender  behandelten  Züchtungsan- 
erkennung geboten.  Der  Begriff  wird  nun  wie  folgt  umschrieben: 
„Originalsaatgut  ist  die  erste  Verkaufsware  einer  methodischen,  ziel- 
bewussten  und  konsolidierten  Züchtung,  die  im  Betriebe  des  Züchters 
oder  unter  seiner  Aufsicht  (in  seinen  Vermehrungsstellen)  gewonnen 
wird."  Neu  ist  dabei  die  Umschreibung  der  Züchtung.  Die  Kom- 
missiohsmitglieder  hatten  diese  Umschreibung  zwar  gewiss  immer  vor 
Augen,  während  der  Kriegsjahre  waren  aber  die  Versuche,  die  höheren 
Preise  für  Originalsaatgut  zu  nutzen,  so  häufig,  dass  eine  genaue 
Festlegung  immerhin  wünschenswert  ist,  da  sie  Enttäuschungen  der 
Anmeldenden  und  Auseinandersetzungen  mit  der  Kommission  ver- 
meiden lässt.  Eine  Anerkennung  von  Landsorten  hält  Verf.  praktisch 
für  überflüssig,  da  diese  Sorten  ihre  Anerkennung  bereits  gefunden 
haben.  Letzteres  trifft  wohl  nur  für  Gebiete  zu,  in  welchen  der  Sorten- 
frage seit  längerer  Zeit  Beachtung  geschenkt  worden  ist. 

Kiessling,  L,  11.  Bericht  der  bayrischen  Landes- 
saatzucht anstalt  in  Weihenstephan  (1914  — 1918). 
(Landw.  Jahrb.  für  Bayern  1919,  Heft  6.  7.  8,  178  Seiten.)  Die  Kriegs- 
verhältnisse Hessen  eine  Berichterstattung  schwer  zu,  es  wurde  daher 
erst  jetzt  ein  Gesamtbericht  über  die  Jahre  1914 — 18  erstattet,  der  die 
Teilung  des  Stoffes  in  L  Zur  Geschichte  der  Anstalt,  II.  Innere  Ver- 
suchstätigkeit. III.  Lehrtätigkeit  und  Veröffentlichnugen,  IV.  Die 
baATischen  Saatzuchtstellen.  V.  Saatbauförderung,  VI.  Ackerbauliche 
Förderungsarbeit  und  VII.  Vereinigungen  zur  Förderung  des  Acker- 
baues und  Saatfruchtbaues  aufweist.     An  erster  Stelle  findet  sich  ein 


214  Nene  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

ausgezeichnetes  Bild  des  Gründers  der  Anstalt,  C.  Kraus,  dem  K  i  e  s  s- 
1  i  n  g  auch  in  den  Berichten  d.  deutschen  botanischen  Gesellschaft  1918^ 
2.  Generalversammlungshett,  einen  Nachruf  schrieb.  Unter  II.  ist  be- 
sonders die  Mitteilung  von  Verträgen  bei  Abgabe  von  Zuchtsaatgut 
zur  Vervielfältigung  und  bei  Abgabe  von  Züchtungen  zur  Weiter- 
züchtung hervorzuheben.  Über  die  Züchtungsarbeiten  bei  den  einzelnen 
Pflanzen  und  über  die  Anbauversuche  mit  verschiedenen  Sorten  und 
eigenen  Züchtungen  muss  der  Bericht  eingesehen  werden,  der  zahlreiche 
bezügliche  Angaben  enthält.  Soweit  sich  an  diese  Versuche  wissen- 
schaftliche Arbeiten  anschliessen,  die  bereits  veröffentlicht  wurden,  ist 
über  dieselben  an  dieser  Stelle  bereits  berichtet  worden.  Dies  Arbeiten, 
sowie  kleinere  Veröffentlichungen  Kiesslings  und  solche  der 
Assessoren  Raum  und  Hampp  sind  unter  III.  angeführt,  woselbst 
sich  auch  Mitteilungen  über  einen  1917  abgehaltenen  zweitägigen  Kurs 
über  Fragen  der  Saatenanerkennung  finden,  dessen  Programm  an- 
geführt wird.  In  dem  Bericht  über  die  Saatzuchtstellen  sind  die 
Grundsätze  für  die  Schaffung  von  Vermehrungsstellen  von  Zuchtwärt- 
schaften niedergelegt.  Aus  Abschnitt  V  interessiert  die  Statistik  über 
Sortenzugehörigkeit  (bayrische  und  nichtbayrische)  bei  den  zur  An- 
erkennung angemeldeten  Feldern,  die  Ausführungen  über  die  1917  ge- 
schaffenen Kartoffelbaustationen  und  jene  über  die  Überwachung  des 
Gemüsesamenbaues  durch  Einführung  der  Saatenanerkennung  für  Ge- 
müse. Wie  weit  die  Tätigkeit  der  Anstalt  in  die  landwirtschaftlichen 
Kreise  gedrungen  ist,  das  zeigt  Abschnitt  VII.  der  über  die  Tätigkeit 
der  Kreisackerbauverbände,  des  Bayrischen  Saatzuchtvereins  und  des 
Bayrischen  Rübenbauverbandes  berichtet. 

Kryz,  F.  Eine  Methode  zur  raschen  Ermittelung 
des  spezifischen  Gewichtes  für  die  technische  Kar- 
toffelprüfung. (Zeitschr.  f.  das  landwirtschaftliche  Versuchswe.^en 
in  Österreich  1919.  S.  127 — 130.)  Das  spezifische  Gewicht  wird  noch 
immer  häufig  zur  indirekten  Ermittelung  der  Trockensubstanz  und 
des  Stärkegehaltes  der  Kartoffel  verwendet.  Am  häufigsten  wird  zur 
Feststellung  des  spezifischen  Gewichtes  bei  kleinen  Mengen  die  zeit- 
raubende Stohmann'sche  Spitzenmethode  verwendet,  bei  grossen 
meist  die  auf  dem  archimedischen  Prinzip  beruhende  Wage  für  je 
5  kg;  weniger  eingeführt  hat  sich  die  ungenauere  Ermittelung  in  Salz- 
lösungen verschiedener  Dichte.  Verfasser  schlägt  vor:  Entnahme  eines 
Zylinders  aus  der  Knolle  mittelst  einer  Messingröhre  von  8 — 10  mm 
Durchmesser.  Abwägen  in  Glasschale  auf  analytischer  Wage  (G.).  Ein- 
bringen des  Zylinders  in  eine  —  bis  zu  einem  bestimmten  Kubik- 
zentimeter-Teilstrich mit  destilliertem  Wasser  von  17,5  °  gefüllte  — 
Bürette.  Ablesen  der  Wasserverdrängung  gibt  dann  das  Volumen  (V.), 
der  Quotient  aus  Gewicht  und  Volumen  ist  dann  das  spezifische  Gewicht. 


Neue  Erscheinunpen  auf  dem  Gebiete  der  F'ihmzenzüchtung.  215 

Ein  Vergleich  zeigte  dem  Verfasser,  dass  diese  Methode  mit  der 
piknometrischen  Bestimmung  weit  mehr  übereinstimmt  als  die  Stoh- 
m  an  n' sehe. 

Kuijper,  J.  Die  Entwicklung  des  weiblichen  Ge- 
schlechtsapparates bei  Theobroma  Cacao.  (Recuil  des 
travaux  botaniques  Neerlandais  XL,  1919,  S.  37—43,  6  Abb.,  1  Tafel.) 
Das  Fehlschlagen  einer  so  grossen  Zahl  von  Blüten  bei  Cacao  Hess 
es  für  möghch  erscheinen,  dass  schon  bei  der  Bildung  des  weibüchen 
Geschlechtsapparates  Missbildungen  vorkommen,  durch  welche  dieser 
unbrauchbar  v/ird.  Nach  den  mitgeteilten  Untersuchungen  war  die 
Entwicklung  aber  normal.  Bei  diesen  Untersuchungen  wurde  die 
Chromosomenzahl  mit  16  festgestellt.  Sehr  viele  Blüten  fallen  vor  der 
Befruchtung  ab,  andere  nach  Anschwellen  des  Fruchtknotens  und  nach 
erstem  Heranwachsen  der  Frucht.  Verf..  der  das  Eindringen  des  Pollen- 
schlauches nie  feststellen  konnte,  hat  den  Eindruck  gewonnen,  dass 
Parthenokarpie  vorkommt,  eine  Ansicht,  die  F  a  b  e  r  teilt. 

Leidner,  R.  Vorschläge  zur  Vereinfachung  der  tech- 
nischen Durchführung  von  Feldversuchen.  (Landwirt- 
schaftliche Jahrbücher  LIV,  1919,  S.  283—288.)  Um  die  Zeit  für  den 
Drusch  bei  Durchführung  von  vergleichenden  Versuchen  auf  kleinen 
Teilstücken,  aber  mit  je  zahlreichen  Kontrollteilstücken,  auf  etwa  die 
Hälfte  abzukürzen,  empfiehlt  Verf.  ein  von  ihm  erprobtes  Verfahren. 
Es  wurden  dabei  die  Erträge  der  Teilstücke  gleich  bei  Schnitt  ge- 
wogen, die  Ernten  aller  Teilstücke  einer  Sorte  in  einer  gemeinschaft- 
lichen Haubengruppe  zum  Nachreifen  aufgestellt  und.  nach  nochmaliger 
Wägung  (lufttrockenes  Gewicht  von  Korn  und  Stroh),  zusammen  ge- 
droschen. 

Love,  H.,  and  Craig,  W.  Smallgrain  in  vesti  gati  o  ns.^) 
(Journ.  of  Heredity  IX,  1918,  S.  67—76.  7  Abb.)  Kurze  Übersicht  über 
die  hier  schon  referierten  Arbeiten,  die  an  der  Abteilung  für  Pflanzen- 
züchtung an  der  Cornell  Universität,  in  Verbindung  mit  dem  Amt 
für  Getreideforschung,  ausgeführt  worden  sind. 

Love,  H.,  and  Craig,  W.  The  synthetic  production  of 
wild  wheat  forms.-)  (Journ.  of  heredity  X,  1919,  S.  50 — 65, 
10  Abb.)  Bei  der  Bastardierung  von  Early  red  chief  von  Triticum 
vulgare  mit  var.  Marouani  von  Triticum  durum  wurde  in  Fo  unter 
103  Pflanzen  zwei  Pflanzen  erhalten,  welche  dem  wilden  Weizen  ähn- 
lich waren:  zerbrechende  Spindel,  lange  Basalhaare,  längeres  Korn, 
flache  Ähre;  dagegen  waren  die  Ährchen  breiter  als  bei  der  Wildform.. 
Eine  der  beiden  Pflanzen  war  teilweise  begrannt,  die  andere  unbegrannt, 

*)  Getreideforschungen. 

■^)  Pie  synthetische  Erzeugung  der  Formen  von  wildem  Weizen. 


216  ^Jeue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Es  wird  nach  dem  Ergebnis  des  Versuches  angenommen,  dass  der  wilde 
Weizen  von  Palästina,  Triticum  dicoccum  dicoccoides  Körnicke  (Triti- 
cum  hermonis  Cook),  seine  Entstehung  einer  natürlichen  Bastardierung 
verdankt,  und  es  wird  danach  die  Frage  aufgeworfen,  ob  tatsächlich 
Triticum  hermonis  die  Ausgangsform  unserer  Kulturweizen  ist  oder 
nicht  etwa  eine  gleichzeitig  entstandene  Form. 

Love,  H.,  and  Craig,  W.  F  e  r  t  i  1  e  w  h  e  a  t  —  r  y  e  h  y  b  r  i  d  s.  ^) 
(Journ.  of  heredity  X,  1919.  S.  194—207.  11  Abb.)  Unter  vielen 
Bastarden  von  Weizen  mit  Roggen,  die  unfruchtbar  waren,  wurden 
auch  wieder  zwei  erhalten,  die  fruchtbar  waren.  Einer  der  beiden 
Fälle  wird  beschrieben.  Es  war  der  Weizen  Dawson's  golden  chaff 
mit  Roggen  bastardiert  worden.  Die  eine  in  Fj  erhaltene  Pflanze  ent- 
sprach den  bisher  beobachteten  Eigenschaften  eines  Weizen-Roggen- 
Bastardes  und  gab  einen  Samen.  Die  F.^-Pflanze  ähnelte  der  F^- 
Pflanze  und  gab  wieder  nur  einen  Samen,  der  eine  Pflanze  lieferte, 
die  dem  Weizen  mehr  nahe  stand  als  die  F^-  und  F.,-Pflanze.  F4 
heferte  nun  eine  grosse  Zahl  von  Varianten.  Die  Nachkommenschaft 
solcher  Fj-Pflanzen  war  wesentlich  winterfester,  als  es  Weizen  ist. 
Es  würde  unter  dortigen  Verhältnissen  von  Wert  sein,  wenn  die  guten 
Eigenschaften  des  Weizens  mit  der  grösseren  Frosthärte  des  Roggens 
auf  diese  Weise  zu  vereinen  wäre. 

Oakley,  R.,  and  Garver,  S.  Medi  cago  f  alcata.  (Bull.  428, 
U.  St.  Dep.  of  Agric.  Bureau  of  Plant  Industry  1917.)  Eingehende 
Beschreibung  von  Medicago  falcata,  dem  Sichelklee,  die  hauptsächlich 
zu  dem  Zwecke  gegeben  wird,  um  Züchter  zur  Arbeit  mit  dieser  Pflanze 
anzuregen.  .  In  dieser  Beziehung  sind  die  Ausführungen  über  die 
Variationen,  die  sich  im  Bau  der  einzelnen  Teile  der  Pflanze  finden, 
von  besonderem  Interesse.  Die  Verfasser  versprechen  sich  nicht  so 
sehr  von  der  Züchtung  durch  Formkreistrennung  innerhalb  des  Sichel- 
klees grosse  Erfolge,  als  von  Bastardierungen.  In  trockenen  Gebieten 
mag  immerhin  auch  eine  durch  Auslese  erhaltene  Form  des  Sichelklees 
von  Bedeutung  sein,  aber  selbst  in  diesem  treten  Bastarde  zwischen 
diesem  und  der  gemeinen  Luzerne  in  Wettbewerb,  da  sie  mehr  als 
einen  Schnitt  geben  und  manche  von  ihnen  auch  sehr  widerstandsfähig 
gegen  Kälte  und  Dürre  sind.  Auf  solche  fruchtbare  Bastarde  zwischen 
den  genannten  2  Arten  hat  Hansen  auch  schon  aufmerksam  gemacht, 
desgleichen  der  R  eferent.  der  auch  immer  betont  hat.  dass  es  wenig 
Luzernebestände  gibt,  welche  nicht  viele  solche  Bastarde  enthalten, 
zu  deren  Bildung  Ja  immer  Gelegenheit  gegeben  ist.  (Die  Züchtung 
landw.  Kulturpflanzen  Bd.  III.  1.  Aufl.  S.  193;  2.  S.  213.  214;  3.  S.  230.) 
Die  Verfasser  weisen  darauf  hin.  dass  die  Verschiedenfärbigkeit  der 
Blüte  als  Kennzeichen  für  solche  Bastarde  nicht  immer  vorhanden  sein 


')  Fruchtbare  Weizen-Roggen-Bastärde. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  217 

muss.  Dies  kann  Ref.  auch  bestätigen.  Während  natürhch  entstandene 
Bastarde  in  Europa  nur  solche  zwischen  der  gemeinen  Luzerne  und 
dem  Sichelklee,  M.  falcata,  sind,  gibt  es  in  Nordamerika  noch  andere 
gelbblühende  Luzerneformen,  mit  welchen  bastardiert  werden  kann.  Die 
Verfasser  haben  zu  Highmore  auch  Bastarde  zwischen  dem  Sichelklee 
einerseits  und  Luzerne  aus  Peru  und  Arabien  hergestellt. 

Raum.  Beiträge  zur  Praxis  der  Grassamenerzeu- 
gung und  des  Grassamenbaues.  (Illustrierte  landwirtschaft- 
liche Zeitung  1920,  S.  25  und  26.)  Bei  den  Züchtungs arbeiten  mit 
Gräsern,  die  in  Weihenstephan  durchgeführt  werden,  sind  bereits  einige 
Ergebnisse  erzielt  worden.  Bei  Fioringras  sind  2  Formen  in  Ver- 
mehrung genommen  worden,  die  sich  durch  im  .Jahre  verschiedenzeit- 
liche Entwicklung  unterscheiden;  bei  Wiesenrispengras  fand  sich  die 
von  Botanikern  unterschiedene  breit-  und  schmalblättrige  Form  in  den 
Populationen  vor  und  es  werden  viele  Individualauslesen  dieser  Gräser 
geführt.  Eine  Reihe,  auch  äusserüch  unterscheidbarer.  Formen  wurde 
bei  Wiesenfuchsschwanz  isoliert.  Von  Rotschwingel  wurde  eine  sehr 
stark  ausläufertreibende  Form  gefunden,  die  auch  v.  Weinzier  1  schon 
isoliert  hatte;  bei  Wiesenschwingel  wird  ein  solcher  aus  den  bayrischen 
Alpen  weitergeführt.  Von  Goldhafer  wurden  böhmische  und  tiroler 
Herkunft  gebaut,  innerhalb  je  einer,  dieser  Herkünfte  waren  wenig 
Unterschiede  zu  beobachten.  Bei  französischem  Raigras  wurden  nur 
feinere  Unterschiede  gefunden  und  das  erbliche  Erhalten  derselben  war 
schwieriger.  Gleiche  Schwierigkeit  bei  Erhaltung  boten  die  vielen 
Formen  bei  Knaulgras.  Bisher  wurde  nur  eine  frühe  und  eine  spät- 
blühende Form  herausgezüchtet.  Wenig  Unterschiede  waren  bei 
Timotheusgras  zu  beobachten.  Mehrere  Formen  wurden  bei  englischem 
Raigras  beobachtet,  dem  die  Verhältnisse  des  Zuchtgartens  wenig 
zusagen. 

Raum,  S.  Zur  Kenntnis  des  italienischen  Raygrases 
unter  besonderer  Berücksichtigung  seiner  Züchtung. 
(Fühhngs  landw.  Z.  1920,  S.  28—37.)  Es  werden  die  grossen  Unter- 
schiede hervorgehoben,  die  bei  diesem  Gras  bezüglich  Lebensdauer  vor- 
handen sind.  Die  Samenerträge,  die  erzielt  wurden,  bewegen  sich 
zwischen  7  imd  8  dz  je  Hektar.  Die  Weihenstephaner  Züchtung  von 
Lohum  italicum  umfasste  ursprünglich  64  Individualauslesen,  zwei  der- 
selben, eine  mehr  begrannte.  Nr.  36,  und  eine  mehr  unbegrannte,  Nr.  2, 
wurden  schliesslich  behalten.  Die  Zuchten  blühten  frei  nebeneinander 
ab  und  es  wurde  dabei  in  3  Auslesen  weder  reine  Begrannung  noch  reine 
Grannenlosigkeit  erzielt. 

Rasmuson,  H.  Zur  Frage  von  der  Entstehungsweise 
der  roten  Zuckerrüben.  (Botaniska  Nötiger  1919.  S.  169—180.) 
Rote  Rüben,   die  in  der  Zucht  von  Zuckerrfiben   an  der   Zuchtstätte 


21  ö  Neue  Erscheimmgen  auf  dem  Gebiete  der  Pflaazenzüchtung-. 

Hilleshög  gefunden  worden  waren,  blühten  zusammen,  aber  räumlich 
getrennt  von  anderen  Rüben,  isoliert  ab.  Sie  gaben  bezüglich  Farbe 
eine  Nachkommenschaft,  die  nach  9:3:4  in  rote,  gelbe  und  weisse 
Rüben  gespaltet  war,  bezüglich  der  Form  neben  Zuckerrüben-  auch 
Futterrübentypen  zeigte,  in  Wachstuinsweise  übrigens  Verhalten  wie 
die  Zuckerrübe  zeigten,  ebenso  bei  Kontraktionsrunzeln  zum  Teil  sich 
wie  Zucker-,  zum  Teil  wie  Futterrüben  verhielten,  im  Zuckergehalt 
ebenso.  Alle  Erscheinungen  sprechen  dafür,  dass  es  sich  bei  den  auf- 
gefundenen Rüben  um  F^  eines  Ergebnisses  einer  zufälligen  Bastardie- 
rung einer  Zucker-  mit  einer  Futterrübe  gehandelt  hat.  und  Verf.  ist 
geneigt,  alle  oder  doch  die  meisten,  in  Zuckerrübenzüchtung  auf- 
getauchten, rofen  Rüben  als  solche  Bastardierungsergebnisse  zu  be- 
trachten. Die  häufig  gemachte  Annahme  einer  Degenerations- 
erscheinung durch  Selbsthjestäubung,  langjährige  Inzucht,  teilt  Verfasser 
zunächst  nicht  und  ist  geneigt,  teilweise  Unaufmerksamkeit  bei  der 
Isolierung  und  so  ermöglichte  Bastardierung  als  Ursache  anzunehmen. 
Jedenfalls  wäre  es  notwendig,  zur  Stützung  der  ersterwähnten  Annahme 
die  Nachkommenschaft  von  Rüben  zu  untersuchen,  bei  welchen  der- 
artige Entstehung  behauptet  wird. 

Richardson,  C.  A  f  u  r  t  h  e  r  n  o  t  e  o  n  t  h  e  G  e  n  e  t  i  c  s  o  f  F  r  a  - 
garde.i)  (Journ.  of  Genetics  7.  Bd..  1918.  S.  167—171.)  Die  Unter- 
schiede in  Blütenfarbe  sind  undeutlich;  blassrot  X  weiss  Frag,  vesca 
gibt  rote  F,  und  in  Fg  20  rote  :  57  blassrote  :  10  weisse  bzw.  nahezu 
weisse  Pflanzen.  Einfache  X  gefüllte  vesca-Blüten  gaben  in  F.^  an- 
nähernd 3  einfach  :  1  gefüllt.  Ausserdem  sind  einige  weitere  Angaben 
über  Geschlechtsvererbung  gemacht  als  Ergänzung  zu  früher  referierter 
Arbeit  und  praktische  Winke  für  die  Heranzucht  der  Sämlinge.        R. 

Roberts.  H.  Y  e  1 1  o  w - b  e r r y  in  h  a  r  d  w i  n t  e r  w h  e a  t.  -) 
(Journ.  of  agric.  research  XVIII.  1919.  S.  155—169.)  Bailey  hatte 
1913  in  einer  Veröffenthchung  der  Kansas  landwirtschaftlichen  Ver- 
suchsstation gezeigt,  dass  gelbe  Körner  bei  Weizen  erblich  sind. 
Roberts  befasste  sich  nun  an  derselben  Station  mit  der  Frage  der 
gelben  Körner  weiter,  wobei  unter  dieser  Bezeichnung  Weizenkörner 
verstanden  werden,  die  entweder  ganz  oder  teilweise  weisslich-gelb  er- 
scheinen, bei  uns  als  mehlige,  weiche  oder  aber  als  übergehende  be- 
zeichnet werden.  Es  wurden  77  reine  Linien  von  Winterweizen  ab- 
wechselnd mit  Reihen  von  Kharkov-Weizen  1907  und  1908  bei  gleichem 
Standraum  auf  einer  Fläche  gebaut  und  die  Ernte  untersucht.  Die 
Feststellimg  der  Glasigkeit  und  Mehligkeit  erfolgte,  der  Kontrolle 
halber,    durch    zwei    unabhängig    voneinander    beurteilende    Herren. 


^)  Eine  weitere  Mitteiluns"  über  die  Vererbungsverhältnisse  bei  Erdbeeren. 
-)  Gelbe  Körner  in  hartem  (glasig-em)  Winterweizen. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pfiauzenzüclituug.  219 

Körner,  bei  welchen  unter  der  Hälfte  der  Oberfläche  melüig  erschien, 
wurden  als  neutrale  ausgeschieden.  Der  Prozentanteil  mehhge  Körner 
über  die  Versuchsfläche  hin  stieg  und  fiel  bei  den  reinen  Linien  und 
den  zwischengebauten  Linien  der  Kontrollsorte  ungefähr  gleichartig, 
so  dass  demnach  der  Eintluss  der  äusseren  Verhältnisse,  hier  der  Boden- 
verschiedenheiten, stärker  als  der  erbhche  erscheint.  Später  reifende 
Sorten  zeigten  höhere  Mehhgkeitsprozente.  Immerhin  wird  der  erb- 
liche Einfluss  vom  Verf.  nicht  verneint,  aber  er  tritt  gegenüber  den 
äusseren  Einwirkungen  zurück.  Die  mehhgen  Körner  haben  gegenüber 
den  glasigen  kleinere  Grösse  der  je  grössten  Stärkekörner,  höheres 
Einzelkorngewicht,  geringeres  spezifisches  Gewicht,  höheren  Wasser- 
und  Stärkegehalt,  geringeren  Protein-  und  Aschengehalt. 

Tornau.  Einige  Mitteilungen  über  \^ariabilitäts- 
verljältnisse  in  einem  konstanten  Weizenstamm. 
(Journ.  f.  Landwirtschaft  67.  Bd.,  1919,  S.  111—149.)  Bei  einer  seit 
1905  auf  der  Zuchtwirtschaft  von  M  e  y  e  r  -  Friedrichswert  geführten 
Individualauslese  von  Mold's  red  prolific-Winterweizen  wurde  das 
Schwanken  (die  Variabilität)  physiologischer  Eigenschaften  untersucht. 
Die  Individualauslese  wird  als  reine  Linie  angesehen,  die  betrachteten 
Eigenschaften  sind  Kornertrag  pro  Pflanze,  Kornanteil  am  Gesamt- 
ertrag. Tausendkorngewicht  und  Bestockung.  Zur  Untersuchung  heran- 
gezogen wurden  nur  die  Jahre  1907,  1908,  1911,  1912,  in  welchen  je 
über  120  Einzelpflanzen  bearbeitet  worden  sind.  Die  stärksten 
Schwankungen  der  Mittel  der  Linie  in  den  verschiedenen  .Jahren  finden 
sich  bei  den  Eigenschaften,  die  mit  dem  Kornertrag  in  Zusammenhang 
stehen,  was  darauf  zurückgeführt  wird,  dass  diese  Eigenschaft  eben 
von  mehreren  Anlagen  bedingt  wird,  wie  wohl  die  meisten  physio- 
logischen Eigenschaften.  Die  Standardabweichung  schwankt  unab- 
hängig vom  Linienmittel  und  wird  weniger  stark  von  der  Witterung 
der  einzelnen  Jahre  beeinflusst.  Die  Feststellung  der  Korrelation 
zwischen  den  verschiedenen  Eigenschaften  zeigt  für  je  eine  Korrelation 
nicht  gleiches  Verhalten  in  den  einzelnen  .Jahren,  sondern  Abhängigkeit 
von  der  Witterung  des  Jahres.  Am  deutlichsten  ausgeprägt^  erscheint 
die  +  Korrelation  zwischen  Kornertrag  und  Bestockung.  Mittel, 
Variabilitätskoeffizient,  Standardabweichung  und  Korrelation  beziehen 
sich  hier  immer  auf  Modifikabilität.  da  es  sich  j^a  nur  um  eine  reine  Linie 
handelt.  —  Für  Erblichkeitsfragen  kommen  in  dem  Material  nur  die 
Untersuchungen  bei  zwei  Zweigen  der  Linie,  die  1907  abgezweigt 
wurden,  in  Vergleich  mit  der  Haupthnie  in  Betracht.  Die  bei  diesen 
3  Zweigen  bei  den  fünf  Eigenschaften  ermittelten  Zahlen  lassen  keine 
erbhche  Veränderung  bei  diesen  Eigenschaften  erkennen,  die  Unter- 
schiede liegen  sowohl  bei  dem  arithmetischen  Mittel  als  bei  der 
Standardabweichung   innerhalb  der  Fehlergrenze. 


220  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  I'flanzenzüchtung. 

Wagner,  M.  Abbauerscheinungen  am  Hopfen  und 
Organisation  in  der  Hopfenzüchtung.  (Deutsche  landwirt- 
schafthche  Presse  1919,  S.  788.)  Nach  seinen  Erfahrungen  im  Neu- 
tomischler  Hopfenbaugebiet  tritt  \'erf.  für  eine  von  zentraler  Stelle 
aus  organisierte  Züchtung  bei  Hopfen  ein,  die  lokal  auf  die  Erzielung 
einheitlicher  Bestände  guter  Pflanzen,  durch  Auslese  geeigneter 
Pflanzen  mid  Verbreitung  von  Setzern  derselben  einwirken  soll.  Er 
hatte  vor  dem  Krieg  im  erwähnten  Gebiet  bereits  mit  solcher  Aus- 
lese begonnen. 

White,  0.  Inheritance  of  endosperm  color  in  maiz  e.^) 
(American  Journ.  of  Botany  1917,  S.  394 — 406.)  CaUfornia  golden  pop- 
Mais  mit  gelbem  Endosperm  gab,  bei  Bastardierung  mit  Caragua-Mais, 
Zea  Caragua,  mit  weissem  Endosperm,  eine  F^  mit  weissem  und  eine 
Fo  mit  weissem  :  gelbem  Endosperm  wie  3:1.  Die  Fo  weissen  Körner 
gaben  weisskörnige  Nachkommen  oder  weiss-  und  gelbkörnige  nach 
3:1,  die  F^  gelben  Körner  (mit  2  Ausnahmen)  gelbkörnige.  Gelb 
zeigte  in  Fo  und  Fo  starke  Abstufungen.  Es  wird  eine  Anlage  A  an- 
genommen, die  Endospermfarbe  unterdrücken  kann.  Anlage  Y  für 
gelbe  Färbung  wird  in  beiden  Eltern  angenommen.  California  wäre 
YYaa  und  Caragua  AAYY. 

"VVTiite.  0.  Breeding  new  castor  beans.'-')  (Journ.  of 
heredity  IX.  1918,  S.  195—200,  5  Abb.)  Kurze  Darstellung  der 
Bastardierungsverhältnisse  bei  Rizinus,  die  auf  Grund  der  Versuche 
(siehe  zweitfolgendes  Referat)  gegeben  wurde. 

White,  0.  Inheritance  studies  in  Pisum.  III.  The  in: 
heritanceofheightinpea  s.^)  (Memoirs  of  the  Torrey  Botanical 
Club  1918,  S.  316—322,  I.Abb.)  Der  Befund  Mendels,  dass  hohe 
Form  mit  niederer  bastardiert  eine  Fj  gibt,  die  so  hoch  oder  höher  als 
der  hohe  Elter  ist  und  in  Fo  nach  3  hoch  und  1  nieder  spaltet,  bleibt 
auch  weiter  aufrecht.  Er  ist  aber  schon  durch  Untersuchungen  von 
Lock,  Bateson,  Keeble  und  Pellew  komplizierter  geworden 
durch  die  Feststellung  halbhoher  Formen.  White  fand  nun  bei  Unter- 
suchung von  über  200  Erbsenformen,  dass  eine  weitere  Unterteilung 
nötig  ist,  welche  dann  zu  weiterer  Komplikation  der  Vererbungsverhält- 
nisse führt.  —  Die  hohen  Formen  müssen  in  solche  mit  40 — 50  langen. 
40 — 20  langen  und  30 — 21  sehr  langen  Achsengliedern  getrennt  werden . 
Bastardierung  innerhalb  der  hohen  Formen  gibt  zwar  in  F^  und  Fo  nur 
hohe,  aber  solche  von  verschiedenem  Typus,  wobei  grosse  Zahl  Achsen- 
-güeder  gewöhnlich  über  geringe  Zahl  dominiert.  —  Bei  den  halbhohen 


*)^Vererbungsnntersuchnng:en  bei  Endospermfarbe  von  Mai». 
*)  Neuzüchtung  von  Rizinusformen. 
^)  Die  Vererbung  der  Höhe  bei  Erbse. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  (iebiete  der  Pilanzenzüchtung.  221 

Formen  kann  man  solche  mit  langen  Gliedern,  die  in  geringerer  Zahl 
wie  bei  den  hohen,  10 — 20,  vorhanden  sind,  von  jenen  unterscheiden,  die 
kurze  Glieder  besitzen.  Halbhoch  mit  langen  GUedern  mit  halbhoch 
mit  kui'zen  bastardiert,  gibt  in  F^  hohe  mit  langen  Gliedern  und  in  F^ 
eine  Spaltung  9  hohe  mit  langen  GHedern  :  3  halbhohen  mit  langen 
Gliedern  :  3  halbhohen  mit  kurzen  Gliedern  und  zu  1  niederen;  halb- 
hohe mit  halbhohen  vom  gleichen  Typus  bastardiert,  geben  halbhohe, 
halbhohe  mit  kurzen  Gliedern  mit  hohen  mit  20 — 40  Gliedern 
bastardiert,  geben  in  F^  hohe  mit  langen  Gliedern,  in  F2  tritt  Spaltung 
von  3  hohen  mit  langen  Gliedern  :  1  halbhohen  mit  kurzen  ein;  halb- 
hohe mit  langen  Gliedern  bastardiert  mit  hohen  mit  20 — 40  Ghedern 
bringen  eine  F^,  die  hoch  ist  und  eine  Fg  mit  annähernd  3  hoch  zu 
1  halbhoch,  alle  mit  langen  Gliedern.  Niedere  Formen  haben  alle  kurze 
Glieder,  8 — 20  an  der  Zahl.  —  Als  Vererbung  wird  angenommen  Le  für 
lange,  Le^  für  sehr  lange,  T  für  20—40  Glieder,  T^  für  40—60  GUeder, 
T2  für  20—30  Gheder,  le  für  kurze,  t  für  10—20  Glieder.    Danach  ist: 

Le,  T  =  20—40  lange  Gheder,  hoch. 
Le.  T,  =  40—60  lange  Glieder,  hoch. 
Lei,  T,  =  20—30  sehr  lange  Gheder,  hoch. 
Le,  t  =  10 — 20  lange  Glieder,  halbhoch, 
le,  T  z^  20—40  kurze  Glieder,  halbhoch, 
le,  t  —  nieder. 

White,  0.  Inheritance  studies  on  castor  beans.^) 
(Brookhn  Bot.  Garden  Memoirs  1918,  S.  513—521,  6  Tafeki.)  Obwohl 
Rizinus  eine  einhäusige  Pflanze  ist,  bei  welcher  die  Übertragung  des 
Blütenstaubes  hauptsächlich  durch  den  Wind  erfolgt,  zeigt  sich  doch 
nui'  geringer  Erfolg  von  Fremdbestäubung.  Dies  ist  wohl  auf  das  nahe 
Beisammenstehen  von  weibhchen  und  männlichen  Blüten  und  die  leichte 
Proterandrie  zurückzuführen.  Bei  Bastardierungen  wurde  festgestellt: 
Stengelfarbe:  rot  angelaufen  X  grün  gibt  F^  mit  rot  angelaufenem 
Stengel  und  Spaltung  in  Fo  von  rotangelaufen  :  grün,  wie  3:1  —  rot 
angelaufen  X  mahagonifärbig  gi]^  rosastengelige  F^  und  in  F,  rot  an- 
gelaufen :  rosa  :  mahagoni.  wie  1:2:1  —  rosastengehg  X  rot  an- 
gelaufen liefert  rosastengelige  F^  und  in  Fo  rosa  zu  rot  angelaufen,  wie 
3:1.  Bei  mahagonifärbigen  Stengeln  sind  auch  Blätter  und  Früchte 
so  gefärbt;  bei  rosa  und  rot  angelaufenen  sind  die  Blätter  grün,  besitzen 
aber  rot-  oder  grünstengelige  Mittelrippen;  bei  dunkelpurpurroten 
Stengeln  sind  die  Blätter  und  Früchte  dunkelpurpurrot.  —  Überzug, 
der  die  ganze  Pflanze  bedeckt,  verhält  sich,  gegen  Fehlen  desselben, 
bei -Bastardierung  in  Fj  als  dominierend  und  die  Spaltung  in  F2  ver- 
läuft nach  3  Überzug  :   1  Fehlen  desselben.  —  Aufspringen  der 


^)  Vererbungsstudien  bei  Rizinus. 
Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtimg.    Bd.  VII.  16 


222  Neue  Erscheinimiieu  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

K  ap  s  ein  X  Geschlossenblühen  gibt  in  F^  Pflanzen  mit  aulspringenden 
Kapseln  und  in  Fg,  auf  9  solche  mit  aufspringenden,  7  solche  mit  nicht 
aufspringenden.  Bei  Samenschalenfarben  dominiert  chokoladen- 
färbig  über  schwarz,  rot,  weiss  und  grün.  F2  wurde  nur  bei  Bastar- 
dierungen von  rot  mit  braungrün  verfolgt.,  die  Spaltung  war  3  braungrün 
zu  1  rot,  wobei  rot  nicht  so  ausgesprochen  wie  bei  dem  einen  Elter  war, 
so  dass  auf  mehr  als  ein  Anlagenpaar  geschlossen  werden  muss.  Die 
Fleckung  der  Samenschale  kann  sein:  grob  geädert,  fein  geädert,  punk- 
tiert und  gefleckt;  einzelne  grosse  Flecke.  Grob  mit  fein  geädert  gab  in 
Fj  feingeädert  und  eine  Fg  mit  3  fein  :  1  grob  geädert.  Ovaler  Um- 
riss  der  Samen  zu  rundlichem  verhielt  sich  bei  Bastardierung  so, 
dass  in  F^  ovaler  Umriss  erscheint,  in  F2  oval :  rundhch  wie  9  :  7  vertreten 
ist.  Bei  Grösse  der  Samen  zeigte  sich  in  F^  Zwischenbildung,  in 
F2  starke  Spaltung,  in  F3  vererbten  extreme  Grössen  sowie  Zwischen- 
bildung rein.  Genetische  Korrelation  zwischen  den  Anlagen  der  stu- 
dierten Eigenschaften  konnte  nicht  festgestellt  werden.  Gesteigerte 
Wüchsigkeit  durch  Heterozygotie  wurde  bei  einer  Anzahl  von  Bastar- 
dierungen beobachtet,  wenn  sie  auch  bei  einzelnen  anderen  fehlte.  Sie 
kann  bei  Rizinus  gut  ausgenutzt  werden,  da  die  Beseitigung  der  männ- 
hchen  Blüte  bei  dem  einen  Bestand  leicht  ist  und  bei  dem  anderen  Be- 
stand Pollen  in  grosser  Menge  gewonnen  und  leicht  verstäubt 
werden  kann. 


2.  Bücherbesprechuiigen. 

Verslag  van  de  der  de  vergadering  van  het  tech- 
nish  personeel  van  de  particuliere  prof  stations  en 
van  ambtennaren  van  het  Department  vor  Landbouw, 
Nijverheid  en  Handel.  Grossoktav.  88  S.,  21  Tafeln,  1  Karte, 
Landsdruckerij,  Batavia  1915.  Enthält  die  auf  der  Versammlung  zu 
Djocja  gehaltenen  Vorträge  und  Mitteilungen.  Soweit  Pflanzenzüchtung 
in  Frage  kommt,  sind  an  Vorträgen  zu  nennen:  v.  Faber,  Grund- 
lagen der  Züchtung,  v.  Leersum^  Züchtung  des  Chinarindenbaumes, 
Gramer.  Züchtung  von  Hevea  und  Kaffee,  und  Cohen  Stuart, 
Züchtung  von  Tee. 

Frnwirth,  C.  Handbuch  der  landwirtschaftlichen 
Pflanzenzüchtung.  Bd.  III:  Die  Züchtung  von  Kar- 
toffel, Erdbirne.  Lein,  Hanf,  Tabak.  Hopfen.  Buch- 
weizen,    Hülsenfrucht  ern     und     kleeartigen     Futter- 


*)  Bericht  über  die  3.  Versammlungr  der  technischea  Beamten  der  privaten  Ver- 
suchsstationen und  der  Beamten  des  Departments  für  Landwirtschaft.  Industrie  und 
Handel. 


Neue  Erscheiaungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzeazüchtuug.  223 

pflanzen.  (3.  gänzlich  umgearbeitete  Auflage.  Oktav,  240  S.,  45  Abb. 
Verlag  von  Paul  Parey  in  Berlin,  1919,  19  M.)  Im  vorliegenden  dritten 
Band  hat  der  Abschnitt,  welcher  der  Züchtung  der  Kartoffel  gewidmet 
ist,  eine  grundlegende  Neubearbeitung  erfahren.  Sehr  weitgehend  sind 
die  Änderungen,  die  bei  der  Darstellung  der  Züchtung  von  Lein,  Hopfen 
und  Tabak  vorgenommen  worden  sind.  In  den  früheren  Auflagen  nicht 
enthalten  waren  die  Ausführungen  über  die  Züchtung  der  Soja.  Der 
Verfasser  hatte  sich  mit  eigenen  Versuchen,  unter  den  in  diesem  Band 
behandelten  Pflanzen,  bei  Kartoffel,  Hanf,  Hülsenfruchtern  und  Klee- 
arten beschäftigt.  Der  Umfang  des  Buches  hat.  gegenüber  der  letzten 
Auflage,  um  17  Seiten,  die  Zahl  der  Abbildungen  um  10  zugenommen. 
Unter  letzteren  finden  sich  jetzt  auch  einige  bildliche  Darstellungen 
von  Ausleseschemas,  welche  den  Überblick  über  die  Durchsuchung  er- 
leichtern sollen.  Das  Handbuch  der  landwirtschaftlichen  Pflanzen- 
züchtung wird,  mit  der  im  Frühjahr  1920  ausgegebenen  5.  Auflage  von 
Band  I,  in  den  Bänden  I  bis  einschliesslich  IV  in  neuer  Auflage  vor- 
liegen. 

Molisch,  H.  Pflanzenphysiologie  als  Theorie  der 
Gärtnerei.  (3.  neubearbeitete  Auflage.  Grossoktav.  326  S., 
145  Abb.,  Verlag  von  Gustav  Fischer,  Jena,  1920,  20  M.)  Das  Buch 
ist  auch  in  schwierigen  Zeiten  seinen  Weg  gegangen.  Der  ersten,  im 
Jahr  1915  ausgegebenen  Auflage  ist  nun  die  dritte  gefolgt.  Der  an 
cheser  Stelle  erfolgten  Besprechung  der  ersten  und  zweiten  Auflage  ist 
nur  wenig  anzufügen,  da  das  Buch  seit  Erscheinen  der  zweiten  Auflage 
nur  kleine  Ergänzungen  und  eine  Vermehrung  der  Zahl  der  Abbildungen 
um  acht  solcher  erfahren  hat.  In  dem  kurzen  Abschnitt  ., Variabilität, 
Vererbung  und  Pflanzenzüchtung",  der  hier  am  nächsten  berührt,  ist 
bei  Bastardierung  eine  kleine  Erweiterung  vorgenommen  worden.  -  Der 
Gesamtumfang  des  Buches  ist  nahezu  der  gleiche  geblieben. 


16* 


V. 

Kleine  Mitteilungen. 


a)  Wissenschaftliche. 

Die  Ermittlung  des  Einzelkorngewichtes  einer  Pflanze. 
Von  Saatzuchtleiter  W.  Hansen,  Mahndorf. 

Die  Ermittlung  des  Einzelkorngewichtes  einer  Zuchtpflanze  ge- 
schieht bekanntlich  durch  die  Division  des  Gesamtkorngewichtes  der 
Pflanze  durch  die  Gesamtzahl  deren  Körner;  die  Korngrösse  steht 
dabei  in  Beziehung  zu  der  Entwicklung  der  Pflanze.  Bei  dieser  Be- 
rechnung haben  stark  bestockte  Pflanzen  mit  vielen  Nachwuchsähren 
immer  ein  zu  geringes  durchschnittliches  Einzelkorngewicht,  da  die 
weniger  gut  entwickelten  Körner  mitgezählt  werden,  während  die 
schwach  bestockten  Pflanzen  derselben  Nachkommenschaft  ein  viel 
höheres  Einzelkorngewicht  aufweisen. 

Zudem  ist  das  Körnerzählen  eine  zeitraubende  Arbeit,  die  zuver- 
lässige Hilfskräfte  erfordert.  Zählfehler  bis  zu  20  ^Iq  werden  leicht 
bei  der  Tausendkornberechnung  übersehen,  da  nur  die  extremen  Korn- 
grössen  unserem  Auge  wahrnehmbar  sind.  Die  automatischen  Zähl- 
apparate versagen  in  der  Praxis  oder  arbeiten  zu  langsam,  wir  wären 
somit  fernerhin  angewiesen,  die  Körner  mittels  einer  Pinzette  in 
zehn  Kornhäufchen  zusammenzuschieben;  beim  Überzählen  dieser 
Häufchen  werden  von  den  Leuten  die  meisten  Rechenfehler  begangen. 

Um  über  das  Kornzählen  eine  sichere  Kontrolle  zu  haben  und 
möglichst  einwandfrei  die  Korngrösse  zu  ermitteln,  empfiehlt  es  sich, 
statt  aller  Körner  einer  Pflanze  nur  zweimal  50  gute  Körner  ab- 
zählen zu  lassen.  Zeigen  die  Gewichte  dieser  beiden  50-Kornproben 
grössere  Abweichungen,  so  ist  es  nicht  zeitraubend,  diese  kleinen  Korn- 
mengen nachzuzählen.  Allerdings  gibt  es  ausnahmsweise  Pflanzen, 
die  ein  so  ungleich  entwickeltes  Korn  haben,  dass  die  beiden  Proben 
gewisse  Abweichungen  aufweisen,  es  trifft  besonders  bei  Pflanzen  mit 
sehr  geringer  Kornzahl  zu. 


226 


Kleine  Mitteilungen. 


Tabelle  I. 
Mahndorf  er  Winterweizen,  Fam.  16,  Ernte  1919. 


Pflanze 

Nr. 

Zahl 
Halme 

Gewicht 
von  50  Körnern 

Probe 
I                     11 

1000- 

Korn- 

gewicht 

Korn- 
gewicht 

der 
Pflanze 

1 
2 
3 
4 
5 

7 
9 
6 
8 
8 

3,0                  3.0 
2,8                  2.8 

2.8  2,8 

2.9  3,0 
2,9                  2.9 

60 
56 
56 
59 
58 

12.7 
17.5 
11,3 
16.8 
14,7 

Das  Tausend-Korngewicht,  berechnet  nur  an  den  guten  Körnern 
der  Pflanze,  hat  ferner  den  Vorteil,  dass  die  weniger  voll  entwickelten 
Körner,  die  stark  die  durchschnittliche  Korngrösse  beeinflussen,  nicht 
mitgezählt  werden.  Vor  allem  aber  geht  das  Zählen  von  zweimal 
50  Körnern  bedeutend  schneller  vor  sich,  als  wenn  alle  Körner  durch 
die  Finger  gehen. 

Diese  Ersparnis  tritt  besonders  deutlich  beim  Zählen  der  Hafer- 
körner zutage. 

Tabelle  II. 
Mahndorf  er  Hafer,  Fam.  4,  Ernte  1919. 


ui 

Kornzahl 

Wirkliches  Komgewicht 

Berechnete« 
1000-Komgewicht 

Ä 

Durch- 

a 

Haupt- 

Neben- 

deren 

Haupt- 

Neben- 

deren 

Haupt- 

Neben- 

schnitt 
aller 

t 

körner 

körner 

Summe 

kömer 

körner 

Summe 

körner 

körner 

Körner 

der 
Pflanze 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8              9       ,       10 

1 

97 

117 

214 

5,0 

4,0 

9,0 

52 

1 
34      i      42 

2 

48 

57 

105 

2,5 

2,0 

4,5 

52 

35            43 

3 

117 

144 

261 

5,7 

4,5 

10,2 

49      1      31       !      39 

4 

36 

61 

97 

2,0 

2,4 

4,4 

55      '      39      1      45 

5 

120 

167 

■287 

6,0 

5,4 

11,4 

50 

32 

40 

Die  Haferkörner  sind  (Tabelle  II)  in  Haupt-  und  Nebeukörner 
zerlegt  und  die  Tausend-Kornberechnung  getrennt  an  diesen  Korn- 
arten sowie  der  Gesamtkornzahl  der  Pflanze  ermittelt.  Dabei  zeigt 
sich  aus  Spalte  8 — 10  ein  deutliches  Verhältnis  dieser  drei  Korngi'uppen 
zueinander.  So  hat  die  Pflanze  3  in  allen  drei  Spalten  (8 — 10)  das 
kleinste  Korngewicht,  während  Pflanze  4  wiederum  einheitlich  in  diesen 
drei  Spalten  das  höchste   Korngewicht  aufweist. 


Kleine  Mitteilungen.  227 

AVo  es  auf  eine  schnelle  Ermittlung  der  Korngrösse  ankommt, 
könnte  die  Ermittlung,  ohne  grösseren  Fehler  zu  begehen,  nur  an  den 
Hauptkörnern  ^)  geschehen,  dadm'ch  erübrigt  sich  das  Zählen  aller 
Körner  sowie  das  Entfernen  der  tauben  Früchte. 

Es  ist  zuzugeben,  dass  beim  Zählen  aller  Körner  der  Pflanze 
das  Kümmerkorn  mit  erfasst  wird,  und  je  mehr  Kümmerkörner  die 
Pflanze  hat,  desto  geringeres  Einzelkorngewicht  erhalten  wird.  Ob- 
wohl das  Abfallkorn  ein  unerwünschter  Faktor  der  Zuchtpflanze  ist, 
ist  es  oft,  wie  anfangs  angedeutet,  eine  Begleiterscheinung  zu  starker 
Bestockung  der  Pflanze  und  kann  an  einer  Pflanze  allein  nicht  als  ein 
Selektionsmoment  angesehen  werden. 

Obwohl  die  Grosskörnigkeit  des  Stammes  nicht  immer  in  Kor- 
relation mit  höchsten  Kornerträgen  ist,  müssen  wir  in  der  Gross- 
körnigkeit ein  Zeichen  für  gute  Entwicklung  der  Zuchtpflanze  sehen, 
daher  kommt  es  uns  gerade  bei  diesem  Auslesefaktor  auf  unbedingt 
zuverlässige  Zahlen  an. 


Methoden  einer  exakten  Prüfung  des  Fortschrittes  bei  der  Zuckerrübenzucht. 
Paritäts-  und  doppelte  Standard-Methode. 

Von  Georg  von  ßyx. 

Leiter  der  Polnischen  Getreide-  nnd  Kartoffelzncht-Gesellsehaft  Oltarzew. 

Wie  bekannt,  nmss  eine  zahlenmässige  Feststellung  der  Ergeb- 
nisse immer  als  das  Endziel  der  Arbeit  des  Züchters  betrachtet  werden. 
Zu  diesem  Behuf  besitzen  wir  nur  einen  Weg,  und  dieser  wäre:  Das 
Vergleichen  einiger  Zuchtrichtungen  im  selben  Jahr 
untereinander  und  ferner  der  letzten  mit  den  früheren 
Jahrgängen.  Das  Überwiegen  der  Ergebnisse  weist 
auf  den  Fortschritt,  das  Gegenteil  auf  den  Rück- 
schritt der  Zucht  hin. 

Bis  zurzeit  wissen  wir  kaum  anders  den  Wert  unserer  Arbeit  zu 
prüfen,  und  doch,  obwohl  sich  dieses,  in  ein  paar  Worten  ausgedrückte, 
Prinzip  so  einfach  und  klar  darstellt,  ist  es  doch  wirklich  anders,  also 
bedeutend  komplizierter  und  schwieriger. 

Vor  allem  müssen  wir  bedenken,  dass,  wenn  es  sich  um  ein  ober- 
flächliches Vergleichen  von  zwei  oder  mehreren  Werten,  z.  B.  zweier 
oder  mehrerer  Längenausmaße,  handelt,  es  genügt,  diese  nebeneinander 
hinzustellen,  um  die  Unterschiede  „nach  dem  Auge"  festzustellen.  Wenn 
aber  diese  Prüfung  ein  wissenschaftliches  Merkmal,  also  eine  ziffern- 
mässige  Begründung,  besitzen  soll,  dann  wird  die  Benutzung  einer 
anderen,  sozusagen  „abstrakten"  Konstante,  vermittels  welcher  wir 
das  gegenseitige  Verhältnis  der  verglichenen  Werte,  so  wie  dieser  zu 
der  Konstanten,  bestimmen  können,  notwendig  sein. 

^)  Frnwirth:  Fühlinü's  landw.  Zeitung:  1907. 


228  Kleine  Mitteilungen. 

Diese  Konstante  wird,  weil  sie  uns  zum  Messen  aller  anderen 
Werte  dienen  soll,  einfach  ,.Maß"'.  „Ausmaß",  „Maßstab''  oder  „Muster", 
üblich  aber.  „Standard''  genannt. 

Etwas  Ähnliches  haben  wir  bei  der  Züchtung  der  landwirtschaft- 
hchen  Nutzpflanzen.  Hier,  wenn  es  sich  um  einen  Vergleich,  in  einem 
und  demselben  Jahr,  von  einigen  oder  mehreren,  sich  im  Ertrag  oder 
in  den  physiologischen  Eigenschaften  (z.  B.  bei  der  Rübe,  in  ihrer 
Fähigkeit,  Zucker  in  der  Wurzel  zu  speichern)  unterscheidenden  Indi- 
vidualauslesen  (Familien),  handelt,  können  wir  einen  x behebigen, 
jedoch  gut  durchgemischten.  Samen  vom  selben  Typus  wie  die  ver- 
glichenen Pflanzen.  Tjrpus,  Samen  als  Standard  gebrauchen.  Dieser 
Samen  wird  nun  als  Vergleichsmuster,  neben  den  geprüften  Pflanzen,  in 
öfterer  Wiederholung,  gesät,  um  durch  fentsprechende  Korrektui'en  (Kom- 
pensationen) von  den  möglicherweise  ungleichmässigen  Standortsver- 
hältnissen der  verghchenen  Individualauslesen.  ohne  welche  wir  zu 
falschen  Schlüssen   gelangen  könnten,  unabhängig  zu  machen. 

Diese  Standardkompensationen,  die  wir  in  einem  Jahr  unternehmen, 
sind  heutzutage  so  allgemein  bekannt  und  leicht  durchzuführen,  dass 
ich  mich  hier  mit  diesem  Stoff  nicht  länger  unterhalten  will.  Ärger 
gestaltet  sich  die  Sache,  wenn  wir  zum  Vergleich  der  Ergebnisse  von 
Jahr  zu  Jahr,  oder  auch  in  einer  .Jahrlinie,  scheiden.  Hier  stossen  wir 
bald  auf  ein  Hindernis,  und  dies  ist:  die  Unebenmessbarkeit 
der  Werte. 

Es  ist  wohl  allen  bekannt,  wie  die  Lebensbedingungen,  welche 
wir  bei  den  Pflanzen  Vegetationsverhältnisse  nennen,  bedeutenden 
Einfluss.  sowohl  in  ihrem  Ertrag  wie  in  der  Änderung  der  physio- 
logischen Eigenschaften,  ausüben.  Diese  Änderungen  sind  nicht  erb- 
lich, sondern  nur  vorläufig,  latent,  vermögen  also  nicht  das  Niveau 
der  Zucht  zu  bestimmen,  jedenfalls  erschweren  sie  dem  Züchter  be- 
deutend seine  Arbeit,  weil  sie  manchmal  den  Fortschritt  oder  Rück- 
schritt gänzlich  vertuschen.  Ein  unkritischer  —  ohne  die  Vegetations- 
verhältnisse, z.  B.  den  Einfluss  der  niederen  Temperatur  des  Sommers 
und  die  Lichtknappheit  auf  die  Assimilation  des  Kohlenstoffes  bei  der 
Zuckerrübe  berücksichtigender  —  Vergleich  der  Ergebnisse  von  einigen 
Jahren  vermag  den  Züchter  irrezuführen  und  ihm  erst  bei  einem 
grösseren  LTnterschied  und  nach  einer  längeren  Reihe  von  Jahren 
emsiger  Zuchtarbeit,  einen  mehr  oder  minder  klaren  Bescheid  zu 
liefern.  Kleine  Veränderungen,  hauptsächlich  solche  von  Jahr  zu  Jahr, 
bleiben  unbemerkt. 

Und  doch  müssen  wir  auch  hier  ein  Kontrollmittel  unserer  Arbeit 
besitzen,  um.  wenn  wir  schon  den  so  üblichen  Ausdruck  gebrauchen, 
„die  Hand  an  der  Schlagader"  unserer  Arbeit  halten  zu  können.    Hier 


Kleine  Mitteil unQ-en.  229 

müssen  wir  also  unbedingt  einen  Maßstab,  anders  „Standard",  welcher 
uns  zum  Vergleich  aller  geprüften  Jahrgänge  dienen  könnte,  besitzen. 

Es  ist  klar,  dass,  wenn  es  sich  um  ein  exaktes  Maß  zur  Prüfung 
verschiedener  Jahresergebnisse  der  Zuchtarbeit  handelt,  dieses  Maß 
in  seinem  inneren  Werte  vollkommen  konstant,  d.  h.  unveränderUch 
sein  muss.  Ein  solcher  idealer  Maßstab  wäre  ein  Samen,  von  welchem 
man  alljährUch  zum  Bebauen  von  Nebenvergleichsbeeten  oder  -Feldern 
immer  je  einen  Teil  verbrauchen  würde.  In  diesem  Fall  würden  sich 
die  Änderungen  der  Vegetationsverhältnisse  sowohl  in  dem  Standard 
wie  in  den  verghchenen  Linien  äussern,  aber  das  Verhältnis  der  zu 
prüfenden  Linien  zu  dem  Standard  wäre  immer  das  richtige.  Selbst- 
verständlich müssen  wir  hier  das  individuelle  Reagieren  'der  Linien  zu 
den  Vegetationsverhältnissen,  also  die  jetzt  so  viel  von  den  Natur- 
forsehern besprochene,  sich  jedoch  aber  erst  im  Stadium  von  wissen- 
schaftlichen Forschungen  befindende  Lehre  von  der  indivi- 
duellen Pflanzenenergie,    gänzlich  beiseite  lassen. 

Mit  einem  Worte,  ein  konstanter  Maßstab  würde  uns  eine  sichere 
Möglichkeit,  den  Fortschritt  der  Zucht  zu  prüfen,  zu  liefern  imstande 
sein.  Leider  ist  es  uns  nicht  gegeben,  einen  solchen  Maßstab  zu  be- 
sitzen, da  wir  bis  zurzeit  keine  solche  Rübenvarietät,  die  uns  mehrere 
Jahre  gleichmässig  und  sicher  keimende  Samen  liefern  würde,  kennen. 
Es  ist  selbstredend,  dass,  wenn  auch  ein  Rübensamen  nach  mehreren 
Jahi'en  leidhch  gut  zu  keimen  vermag,  doch  in  der  Regel  der  Ertrag 
von  einem  von  altem  Samen  stammenden  Standard,  infolge  kläglichen 
Keimens,  geringer  und  gleichzeitig  der  Wuchs  der  Rübenwurzel,  in- 
folge der  Fehlstellen,  grösser  sein  wird,  was  auch  eine  andere,  von 
anderen  Ursachen  als  bei  den  verglichenen  Individualauslesen  der 
Zuckerrüben  veranlasste  Zuckeranhäufung,  hervorbringen  könnte.  In- 
folgedessen ist  der  Gedanke,  einen  und  denselben  Rübensamen  als 
Standard  während  einer  längeren  Jahresreihe  zu  gebrauchen,  als  un- 
durchführbar zu  verwerfen. 

Dieses  Problem  ist  bei  der  Zucht  anderer  landwirtschaftlicher 
Nutzpflanzen,  z.  B.  des  Getreides,  allgemein  der  Selbstbestäuber, 
weniger  kompliziert,  obwohl,  wie  wir  es  sehen  werden,  auch  nicht  genug 
sicher.  Es  genügt  hier.  z.  B.  bei  dem  Weizen,  als  Maßstab  eine  kon- 
stante, genetisch  reine  (homozygotische)  Form,  welche  wir  uns  ent- 
weder stets  von  einem  gewissenhaften  Züchter  kommen  lassen,  oder 
aber  selber  heranzüchten,  zu  gebrauchen.  Vom  streng  wissenschaft- 
lichen Standpunkt  aus  gesehen  wären  auch  hier  einige  Restriktionen, 
z.  B.  das  Fehlen  der  exakten  Sicherheit,  dass  wir  es  mit  einer  durch- 
aus genetisch  reinen  Form  von  Weizen  zu  tun  haben,  zu  machen,  da 
wir  doch  beinahe  alle  unsere,  als  reine  Formen  angesehenen.  Weizen- 
sorten immer  noch  durch   Linientrennung  (Auswahl)   entweder  weiter 


230  Kleine  Mitteilungen. 

ZU  züchten  oder  aber  in  eine  andere  Zuchtrichtung  zu  führen  ver- 
mögen. 

Und  doch  lässt  sich  eigentiich  ein  theoretisch  echter  Homozygote, 
wenn  man  ihn  nicht  mit  einem  anderen,  anders  veranlagten,  gekreuzt 
hat,  nicht  abändern.  Weiter  ist  der  Weizen  nur  in  der  Regel  Selbst- 
befruchter,  daher  ist  es  sogar  dem  gewissenhaftesten  Züchter  nicht 
möglich,  wenn  er  ein  paar  Weizensorten  nebeneinander  oder  neben  dem 
Weizen  seines  Nachbars  sät,  einer  etwaigen  Kreuzung  oder  sogar 
Bastardierung  und  nachherigem  Mendeln  vorzubeugen.  Wir  sehen  also, 
dass  sich  auch  hier  dem  Pflanzenzüchter  mehrere  Hindernisse  ent- 
gegenstellen. 

Aber  schon  am  ärgsten  gestaltet  sich  die  Sache  mit  den  Rüben, 
also  mit  einer  Pflanze  von  ausgeprägtem  Charakter  als  Fremd- 
befruchter.  Hier  kömien  wir  keinen  rechten  Homozygoten  besitzen, 
weil  die  Rübe  bei  ihrem  Abblühen  unter  sti*engster,  wissenschaftlich 
exakter  Absonderung  (Isolierung)  von  Fremdbestäubung  überhaupt 
keinen  Samen  liefert,  deshalb,  wenn  wir  einen  Samen  als  Standard, 
sogar  auch  von  einer  gewissenhaften  Firma,  beziehen  würden,  wir  es 
doch  alljährlich  mit  einem  genetischen,  also  in  seinem  inneren  Werte 
verschiedenen,  Material  zu  tun  hätten,  um  so  mehr,  als  es  wohl  keinen 
Züchter  gibt,  der  zielbewusst  auf  einem  Flecke  stehen  würde.  Wenn 
also  die  Anwendung  von  verschiedenen  Maßstäben  bei  der  Prüfung 
unserer  verschiedenen  Jahrgänge  kein  klares  Bild  des  Fortschrittes  cter 
Zucht  zu  liefern  vermag,  so  müssen  wir  zu  gewissen  Aushilfsmethoden 
schreiten. 

Eine  derartige  frühere,  von  manchen  polnischen  Rübenzüchtern 
gebrauchte  Methode  war  das  Vergleichen  unter  den  Jahrgängen  der  in 
den  bezüglichen  Jahren  benutzten  Standarde.  Hier  wurde  folgender 
Gedankengang  behauptet:  wenn  ein  Standard  in  einem  Jahr  andere 
Ergebnisse  als  irgendein  anderer  im  anderen  Jahr  lieferte,  so  wurde 
angenommen,  dass  er  um  soviel  schlechter  oder  besser  als  derjenige 
war.  folglich  wäre  der  Unterschied  z'wischen  beiden  Beständen  zu  dem 
Ergebnis  vom  vorangehenden  Jahr  der  verglichenen  Linien  zu  addieren 
bzw.  von  diesem  zu  subtrahieren,  je  nachdem,  ob  der  Unterschied  das 
Zeichen  +  oder  —  führte. 

Z.  B.  wenn  das  Ergebnis  des  Standardes  im  ersten  Jahr  gleich 
«.  im  zweiten  gleich  /?  war,  so  ergibt  sich 

n  —  H  =  ±x. 

und  da«  x  wäre  also  schon  zu  den  Ergebnissen  der  verglichenen  Linien 
vom  vorangehenden  Jahr  zu  adcUeren  bzw.  von  diesen  zu  subtrahieren, 
je  nachdem,  ob  «  >   als  /9  oder  umgekehrt  gewesen  ist. 

Diese  Handlungsweise  wies  schon  auf  einen  bedeutenden  Fort- 
schritt hin.   denn  infolge  des  Vergleichens  der  Standarde  wurde  eine 


Kleine  MitteÜHngen.  231 

gewisse  Kontinuierliehkeit  in  den  Forschungen,  eine  gewisse,  die  not- 
(iürftigen  Fehler  bei  dem  alljährlichen  Gebrauch  von  innerUch  wert- 
verschiedenen Standarden  ausgleichende  Kette,  gegründet.  Dieser 
Methode  haften  doch  aber  gewisse  Mängel  an,  und  diese  werde  ich 
im  folgenden  darzulegen  trachten. 

Nehmen  wir  an,  dass  wir  im  ersten  und  zweiten  Forschungsjahr 
zwei  innerlich  wertverschiedene  Maßstäbe  gebraucht, 
aber  doch  dui-ch  Zufall  in  beiden  Jahren  identischeWachstums- 
verhältnisse  erlebt  haben.  In  solchem  Fall  wird  definitiv  der 
Unterschied  zwischen  den  Ergebnissen  beider  Standarde  das  Maß  ihrer 
inneren  Wertverschiedenheiten  bilden,  und  diese  können  wir  ruhig, 
mit  voller  Sicherheit  der  Fehlerfreiheit,  bei  den  Ergebnissen  der  ver- 
ghchenen  Individualauslesen  vom  vorangehenden  Jahrgang  wie  oben 
berücksichtigen. 

Nehmen  wir  aber  einen  anderen  Fall,  nämlich  dass  wir  in  den 
zwei  verglichenen  Jahren  je  einen  Samen  als  Standard  von  identi- 
schem inneren  Werte  gebraucht  haben,  an.  Hier  werden  wir 
auch,  trotz  dem  identischen  Werte  der  Standarde,  aber  infolge  ver- 
schiedener Wachstmnsbedingungen,  einen  oft  nicht  unbedeutenden 
Unterschied  herausfinden. 

Wenn  wir  nach  obiger  Methode  diesen  Unterschied  bei  den  Er- 
gebnissen der  verglichenen  Linien  des  ersten  Jahrganges  addieren  bzw. 
subtrahieren,  so  würden  wir  einen  grossen  Fehler  begehen,  denn  dieser 
Unterschied  wäre  eigentUch  nicht  bei  den  Ergebnissen  des  ersten, 
sondern  des  folgenden  Jahrgangs  zu  berücksichtigen. 

Diese  Behauptung  möge  durch  folgende  Beispiele  erläutert  werden. 

Beispiel  I.  Nehmen  wir  an,  dass  wir  gleiche  Standarde  bei 
identischen  Wachstumsverhältnissen  gebraucht  haben.  Wenn  in  diesem 
Fall  der  Unterschied  der  Standarde  z.  B.  x  =  +  0,5  "/o  betrug,  so  wissen 
wir  hier  sicher,  dass  der  Maßstab  vom  ersten  Jahr  um  so  viel  vom 
Maßstab  des  zweiten  Jahres  besser  war.  folglich  waren  die  vom  vorigen 
Jahr  verglichenen  Individualauslesen  gerade  um  so  viel  (0,5  *^/o)  ge- 
kürzt, also  muss  diesen  ein  Zuschlag  +  0,5  %  gutgeschrieben  werden. 

Beispiel  IL  Im  entgegengesetzten  Fall,  wenn  die  Standarde 
innerlich  wertgleich,  dagegen  die  Witterungs-  und  andere  Wachstums- 
verhältnisse verschieden  waren,  das  x  aber  wiederum  =  +  0,5  gewesen 
ist.  dann  wissen  wir,  dass  die  Wachstumsverhältnisse  des  ersten  Jahres 
den  Zuckergehalt  der  Rüben  um  0.5  Vo  gesteigert  haben,  also  wenn 
wir  diese  mit  den  Ergebnissen  des  nächsten  Forschungsjahres  ver- 
gleichen wollen,  so  müssen  wir  diese  vorher  um  dieselben  — 0,5 ''/o 
kürzen,  oder  aber  zu  den  Ergebnissen  des  zweiten,  nicht  des  ersten 
Jahres.  +  0.5  "'„  addieren. 


232  Kleine  Mitteilungen. 

Das  Obige  lehrt  uns  also,  dass  wir  uns  in  unseren  Berechnungen 
verschieden,  je  nachdem  welche  Ursachen  den  Unterschied  zwischen 
den  Standarden  verursacht  hatten,  verhalten  müssen,  und  trotzdem  be- 
rücksichtigen wir  ihn,  in  obiger  Methode,  bei  den  Ergebnissen  immer 
nur  summarisch.  Dass  ein  derartiges  schablonenweises  Anwenden  von 
Standardskompensationen  immer  nur  so.  als  ob  diese  von  der  inneren 
Wertverschiedenheit  der  Standarde.  und  trotzdem,  dass  solche  entweder 
selbständig  oder  aber  samt  den  Vegetationsverhältnissen  mitwirkte, 
stammten,  —  zu  fehlerhaften  Berechnungen,  also  auch  solchen  Folge- 
rimgen,  führt,  ist  hoffenthch  einem  jeden  klar. 

Beispiel  III.  Noch  ärger  gestaltet  sich  die  Sache,  und  dies 
wohl  in  der  Regel,  wenn  sowohl  die  gebrauchten  Standarde  sowie  die 
erlebten  Wachstumsbedingungen  der  zwei  verglichenen  Jahrgänge 
gründlich  verschieden  waren.  Nehmen  wir  an,  dass  der  Maßstab  des 
ersten  Jahres  um  0,5  ^Iq  Zuckergehalt  besser  ist,  —  gleichzeitig  e  r  - 
hob  sich  dieser  Zuckergehalt,  infolge  der  günstigen,  in  diesem  Jahr 
vorhanden  gewesenen  Wachstumsbedingungen,  um  weitere  0,5  "/o  — .  also 
dass  der  ganze  Unterschied  zwischen  dem  Standard  des  ersten  und  des 
zweiten  Jahres  volle  1  %  Zuckergehalt  beträgt.  Nach  der  oben  be- 
sprochenen Methode  müssten  wir  den  Ergebnissen  der  vergHchenen 
Linien  im  ersten  Jahr  je  1  °/o  beigeben,  und  doch  nichts  wäre  falscher 
als  das!  Wenn  der  erste  Maßstab  besser  als  der  zweite  war,  so  sollte 
man  tatsächlich  addieren,  aber  nur  0,5  °/o,  wenn  aber  dabei  auch  die 
Vegetationsbedingungen  im  ersten  Jahr  besser  als  im  zweiten  waren, 
so  wären  im  Gegenteil  weitere  0.5  °/o  zu  subtrahieren. 

Kurz  und  gut  bleiben  hier  die  Endergebnisse  der  verglichenen 
Linien  sowohl  im  ersten  als  im  zweiten  Jahr  ohne  jede  Veränderung, 
und  doch  wäre  nach  früherer  Methode  der  Unterschied  um  ganze  1  "/q 
gesteigert!  Dieser  Fehler  wäre  nur  deshalb  begangen,  weil  wir  in  dieser 
Methode  keine  Weisung  in  der  Richtung,  ob  sich  der  Unterschied 
zwischen  den  beiden  Jahresstandarden  infolge  ihres  inneren  Wertes, 
oder  aber  infolge  verschiedener  Vegetationsverhältnisse  geäussert  hat, 
besitzen.  Und  doch  müssen  diese  beiden  Abrechmmgsfaktoren  in  den 
Standardskompensationen   strikte    gesondert  werden. 

Dies  wäre  der  Grund,  der  mich  zur  Erzielung  dieser  Aufgabe 
auf  anderem  Wege  veranlasst  hatte. 

Paritätsmethode. 

Die  ersten  Schritte  habe  ich  auf  dieses  Ideal  der  Jahresstandards- 
kompensationen, welches  die  Benutzung  von  einem  alljährlich  gleich- 
wertigen Maßstab  zu  liefern  vermag,  gerichtet.  In  solchem  Fall  ge- 
nügt, ein  Vergleichen  von  Maßstäben  der  beiden  Jahrgänge,  um  einen 
Bescheid  über  den  Unterschied  der  bezüglichen  Jahresvegetations- 
verhältnisse zu  erzielen. 


Kleine  Mitteilungen.  233 

Was  davon  bei  Selbstbeliuehtern  zu  halten  wäre,  habe  ich  vorher 
besprochen,  hier  also,  nachdem  ich  nur  die  Zuckerrübenzüchtung,  also 
jene  eines  entschiedenen  Fremdbefruchters,  erörtere,  muss  ich  gleich 
von  vornherein  konstatieren,  dass  hier  eine  Erzielung  einer  vollkommen 
homozygotischen,  also  genetisch  reinen  Linie,  fast  gänzlich  aus- 
geschlossen ist,  in  unserem  Fall  aber  ist  ein  gewisses  Heranrücken  an 
ein  solches  Ideal  als  ausreichend  zu  betrachten.  In  einer  ziel- 
bewussten  züchte rischen  Auswahl  und  Erhalten  einer 
Population  auf  einem  relativ  gleichen  Ertrags-  und 
Zuckergehalts niveau  des  Phaenotypus  wäre  hier  der 
Weg  zu  suchen. 

So  wie  mittels  der  Ausscheidung  schlechterer  Linien  von  einer 
Zuckerrübenpopulation  wird  der  Phaenotypus  der  Massenauswahl  auch 
in  der  Richtung  höherer  Frequenzen  verändert,  und  durch  die  Aus- 
scheidung besserer  Linien  ist  es  wohl  auch  möglich,  diesen  Phaeno- 
tj'pus  in  entgegengesetzter  Richtung  zu  verschieben. 

Ich  bestimmte  also  seinerzeit,  um  eine  solche  von  mir  genannte 
Paritätszuckerrübenlinie  zu  erzüchten,  folgende  Zucht- 
normen: Wurzelgewicht  600  g.  Zuckergehalt  18*^/o,  und  auf  diese 
Grundlage  gestützt,  begann  ich  derartige  ..Linien"  heranzuzüchten, 
indem  ich  sie  durch  beschränkte  Gruppenzüchtung  und  Standorts- 
isoherung  möglichst  konstant  zu  machen  trachtete.  Bald  aber  sah 
ich  davon  ab,  denn  das  doch  etwas  beschränkte  Areal,  auf  welchem 
ich  arbeiten  musste.  vermochte  mir  keine  unbedingt  feste  Sicherheit  dafür 
zu  liefern,  dass  ich,  bei  der  gleichzeitigen  Führung  meiner  progressiven 
Zucht,  „Linien"  mit  der  gewünschten  gleichwertigen,  genannt  Pa- 
ritätslinie, nicht  —  trotz  aller  Sicherheitsmassregeln  —  doch  die  ersten 
durch  unerwünschte  Fremdbefruchtung  verschlimmern,  und  im  Gegen- 
teil meine  Paritätsstandardlinie,  die  ich  zu  züchten  trachtete,  in  ihrer 
Eigenschaft  heben  würde.  Diese  Paritätsmethode  vermag  also  nur 
in  grossen  Pflanzenzuchtwirtschaften,  wo  kein  Bedenken  bezüglich 
einer  gegenseitigen  Fremdbefruchtung  der  Progressiv-  mit  der  Pari- 
täts-,, Linie"  obwaltet,  am  Platze  sein.  Der  Nutzen  dieser  Methode  ist 
klar:  eine  eklatante  Einfachheit  der  Durchführung  der  Vergleichs- 
untersuchungen, also  möghchst  weitgehendes  Fehlen  von  Kompli- 
kationen in  den  Standardkompensationen,  und  das  Verfolgen  nur  eines 
Faktors,  nämhch  des  Einflusses  der  Vegetationsverhältnisse. 

Die  früher  erörterte  Ursache  war  der  Grund,  dass  ich  von  dieser, 
in  manchen  Verhältnissen  brauchbaren,  Methode  absehen  musste  und 
knapp  vor  dem  Weltkrieg  eine  andere,  nämlich  die: 

Methode    doppelter    Standarde 
gegründet  habe. 


234  Kleine  Mitteilungen. 

Die  Arbeitsweise  stützt  sich  hier  auf  die  Tatsache,  dass  ein 
Zuckerrübensamen,  der  gut  geerntet  und  gleich  gut  aufbewahrt  wurde, 
von  seiner  Keim-  und  Keimenergiekraft  während  der  zwei  oder  drei 
nächsten  Jahre  nicht  viel  einbüsst.  Im  gegebenen  Fall  ist  der  Hand- 
lungsgang der  folgende: 

Im  ersten  Jahr  wird  als  Maßstab  (Standard)  der  verghchenen 
Zuchtlinien  ein  irgendwelcher,  gut  in  seinem  Werte  ausgeglichener  und 
vor  der  Aussaat  gut  durchgemischter,  bestimmt  frischer  Zuckerrüben- 
samen gebraucht.  Dieser  Samen  wird  mit  Berücksichtigung  übhcher. 
bei  den  Auslesebeetkompensationen  gebrauchter  Vorkehrungen  auf 
den  entsprechenden,  unter  den  Vergleichsbeeten  verteilten  Standard- 
beeten ausgesät.  Gleichzeitig,  unter  genauer  Bezeichnung  des  Sackes 
mit  dem  Signum  1  und  laufendem  Jahresdatum,  wird  mindestens  die 
Hälfte  der  schon  ausgesäten  Menge  des  Standardsamens,  bis  zur 
nächsten  Wiederholung  des  Vergleichsanbaues,  in  kühlem,  trockenem 
und  gegen  Mäuse  geschütztem  Räume  aufbewahrt.  Falls  wir  unsere 
Zucht  von  einer  und  derselben  Population,  von  welcher  ein  Teil  in 
einem,  der  andere  im  nächstfolgenden  Jahi'  ausgesät  wurde,  angefangen 
haben,  dann  dürfen  wir  ruhig  den  aufbewahrten  Maßstabsamen  in 
diesem  nächsten  Arbeitsjahr  zu  den  Vergleichszwecken  gebrauchen.  — 
Hier  benutzen  wir  also  einen  nur  zweijährigen  Samen,  der,  wenn  gut 
aufbewahrt,  in  der  Regel  vollkommen  sicher  ist.  Wenn  aber  unsere 
Zucht  von  zwei  Populationen,  die  wir  abwechselnd  Jahr  nach  Jahr, 
was  aber  im  wirtschaftlichen  und  züchterischen  Sinne  falsch,  aber  doch 
leicht  nachträghch  richtig  zu  stellen  wäre,  auslesen,  stammen  sollte, 
dann  müssen  wir  unbedingt  den  Maßstabsamen  bis  zum  dritten  bzw. 
bis  zu  jenem  Jahr,  in  welchem  gerade  die  Nachkommenschaft  der  vor 
zwei  .Jahren  geprüften  ^Mutterpflanzen  gebaut  und  geprüft  \^nirden, 
aufbewahren  und  gebrauchen. 

Mit  einem  Wort,  wir  verwenden  zur  Saat  im  nächsten  und  ent- 
sprechenden Forschungsjähr  für  die  Standardbeete,  unter  den  Ver- 
gleichsbeeten, den  Samen  vom  vorigen  Forschungsjahr,  gleichzeitig 
säen  wir  aber  auf  nebenanliegenden  anderen  Standardbeeten  einen 
anderen  Samen,  der  wiederum  als  Maßstab  für  das  laufende  und  das 
nächste  Foi:&chungsjahr  dienen  wird.  Auf  diese  Weise  haben  wir  im 
zweiten  Forschungsjahr  den  Standard  S  1  und  den  Standard  S  2.  Dieser 
letztere  dient  uns  hier  in  doppelter  Richtung:  erstens  zur  Richtig- 
stellung der  Standorts  Verschiedenheiten  (sog.  Standortskompensationen) 
bei  den  gerade  verglichenen  ..Linien",  zweitens  zum  Vergleich  mit 
dem  parallel  im  nämlichen  Jahr  gesäten  Standard  S  1.  Dagegen  dient 
uns  dieser  zu  dem  schon  erwähnten  Zweck,  und  zweitens  zum  Ver- 
gleich mit  dem  Mittelergebnis  desselben  Standardes  im  vorhergehenden 
Forschungsjahr,  um  dadurch  den  Einfluss  der  möglich  verschiedenen 


Kleine  Mitteilungen.  235 

Vegetationsverhältnisse  der  beiden  Forschungsjahre  ermitteln  zu 
können.  Selbstverständlich  wird  wiederum  der  Samen  S  2  zum  nächsten 
Forschungsjahr,  also  schon  unserem  dritten  Zuchtjahr,  peinlichst  auf- 
bewahrt usw. 

Nun  wissen  wir,  dass  die  Gattung,  d.  h.  der  innere  Wert  des 
Maßstabsamens  S  1  in  beiden  Jahren,  weil  wir  doch  denselben  Samen 
gebraucht  haben,  die  nämliche  gewesen  ist,  also  etwaiger  Unterschied 
zwischen  der  Mittelzahl  des  Standardes  Sl  im  ersten  und  solcher 
im  zweiten  Forschungsjahr,  gerade  so  gut  in  +  wie  in  — , 
nur  bestimmt  verschiedenen  Vegetationsverhältnissen 
zugeschrieben  werden  muss.  Wenn  also  der  Maßstab  S  1  im  ersten 
das  Ergebnis  «.  und  derselbe  im  nächsten  Forschungsjahr  das  Er- 
gebnis ß  geliefert  hatte,  so  ist 

a  —  /^  =  ±  X. 

Dieses  x  müsste  vermittels  Addieren  bzw.  Subtrahieren  bei  dem 
schon  standortskompensierten  Ergebnisse  der  Vergleichsbeete  des 
zweiten  Forschungsjahres  berücksichtigt  werden.  In  diesem 
Fall  wird  es  uns  schon  ein  Mittel  zu  bestimmt  exaktem  Au s - 
gleich  der  V  egetati  ons  verhältni  ss  e  der  beiden  For- 
sch u  n  g  s  j  a  h  r  e  liefern. 

Nun  bleibt  uns  noch  eine  Standardkorrektur  in  der  Richtung  der 
Wertverschiedenheit  der  beiden  benutzten  Maßstäbe  S  1  und  S  2  vor- 
zunehmen übrig.  Diese  erhalten  wir,  wenn  wir  das  Mittelergebnis  des 
Standardes  S2  im  zweiten  Forschungsjahr  (nennen  wir  die 
Zahl  y)  vom  Mittelergebnis  des  Standardes  Sl  im  selben  zweiten 
Forschungsjahr  subtrahieren;  also: 

.      /?-y  =  ±x,. 

Dieses  x^  wäre  schon  für  uns  eine  Wertunterschiedsangabe  der 
benutzten  zwei  Standarde,  und  diese  addieren  wir  bzw.  subtrahieren  wir 
von  den  Ergebnissen  der  Vergleichsbeete  des  ersten  Forsch  u  ng  s - 
Jahres. 

Um  immer  nur  mit  Korrekturen  der  Ergebnisse  des  letzten 
Forschungsjahres  zu  tun  zu  haben  und  die  vorhergehenden  in  den 
Zuchtbüchern  und  züchterischen  Zusammenstellungen  ungeändert 
lassen  zu  können,  modifizieren  wir  die  letzte  Gleichung  derart,  dass 
wir.  anstatt  das  Mittelergebnis  S  2  von  S  1  zu  subtrahieren,  im  entgegen- 
gesetzten Sinne  handeln,  d.  h.: 

y-^-±x,. 

Dann  wäre  der  Unterschied  nicht  bei  den  Ergebnissen  der  Ver- 
gleichsbeete  des   ersten,   sondern  bei    diesen  immer  nur   des   letzten 


23Ö  Kleine  Mitteilungen. 

Forschungsjahres  in  Betracht  zu  ziehen  (addieren  bzw.  subtrahieren). 
Auf  diese  Weise  werden  also  immer  nui'  die  letzten  Ergebnisse 
der  Vergleichsbeete  sowohl  im  Sinne  der  Standorts-  und  Jahres- 
vegetationsverhältnisse,' wie  auch  in  Hinsicht  des  Unterschiedes  infolge 
der  gebrauchten  wertverschiedenen  Standarde  richtiggestellt  und  alle 
diese  drei,  nur  schon  immer  im  letzten  Forschungsjahr 
vorgenommenen  Korrekturen,  erlauben  uns  die  Ver- 
gleichsergebnisse mit  voller  Fehlerfreiheit  mit  den 
vorhergehenden  zu  vergleichen  und  dadurch  uns  ein 
vollkommen  klares  Bild  des  allgemeinen  Fort- 
schrittes unserer   Zucht  zu  verschaffen. 

Wenn  wir  nun  noch  zu  unserem  oben  besprochenen  Beispiel  III 
zurückkommen,  dann  werden  wir  wohl  ersehen,  dass  der  Unterschied 
zwischen  dem  Mittelergebnis  des  Standardes  S  1  im  ersten  und  des- 
selben im  zweiten  Forschungsjahr,  also  <<  —  />'=+  0,5  gleich  war,  diese 
Zahl  muss  also  zu  den  Ergebnissen  der  Vergleichsbeete  oder  Vergleichs- 
felder des  letzten  Forschungsjahres  addiert  werden.  Dagegen  gibt 
der  Unterschied  S2  —  Sl  desselben  Jahres  also: 

y-p'=-0.5. 

eine  negative  Zahl,  die  folglich  von  denselben,  schon  standorts- 
korrigierten Ergebnissen  der  Vergleichsparzellen  subtrahiert  werden 
muss.  Wie  wir  schon  ersehen,  bleiben  hier  die  Ergebnisse  der  beiden 
Jahrgänge  unverändert,  was  wir  dadurch  erklären  können,  dass,  wenn 
im  ersten  Forschungsjahr  der  Maßstab  um  0,5  Vo  besser  als  jener  des 
zweiten  war,  und  infolge  der  besseren  Vegetationsverhältnisse  der 
Zuckergehalt  sowohl  der  Standarde  wie  auch  der  verglichenen  Linien 
um  ebenfalls  0,5  "/„  gesteigert  wurde,  die  letzten  im  zweiten  Forschungs- 
jahr zwar  schlechtere  Vegetationsverhältnisse  hatten,  aber  doch  mit 
einem  um  soviel  innerlich  schlechteren  Standard  verglichen  wurden; 
die  Endzahlen  bleiben  in  diesem  Fall  die  nämlichen. 

Wenn  wir  alljährlich  auf  diese  Weise  die  Vergleichsbeete  mit 
Benutzung  immer  nur  neuen  Standardes  in  der  Hinsicht  der  Standorts- 
unterschiede.  und  mit  Benutzung  der  früheren  und  neuen  Standarde 
in  der  Richtung  etwaiger  Vegetationsverhältnisverschiedenheit  und 
verschiedener  innerer  Werte  der  zwei  gebrauchten  Standarde  richtig- 
stellen, so  erhalten  wir  eine  vollkommen  lückenlose  Kette  des  Verlaufes 
unserer  Arbeit,  welche  wir  ohne  weiteres  graphisch  zur  Darstellung 
bringen  können. 

Die  Abb.  24  führt  uns  die  Anordnung  der  Versuchsbeete  der 
Linien  a,  b  und  c  in  dreifacher  Wiederholung,  bei  Benutzung  des 
Standardes  Sl,  vor.  Die  Abb.  25  liefert  uns  das  Bild  des  nächsten 
Forschungsjahres,  in  welchem  dieselben  Linien  verglichen,  mittels  des 


Kleine  Mitteilungen. 


237 


Standardes  Sl  standortskorrigiert,  mittels  der  zwei  Ergebnisse  des 
Standardes  S  1  in  der  Hinsicht  der  Vegetationsverhältnisse  und  mittels 
der  Standarde  S  1  und  S  2  im  letzten  Jahr  in  der  Richtung  der  Wert- 
verschiedenheit derselben  richtiggestellt  werden. 

Hier,  um  nicht  mit  allzu  grosser  Zahl  von  Vergleichsparzellen, 
was  die  Durchführung  des  Vergleiches  bedeutend  erschweren  könnte, 


a 

s, 

b 

c 

s, 

s, 

a 

c 

s, 

b 

Sl 


Sl 


Abb.  24. 


zu  arbeiten,  gebrauche  ich  auf  je  sechs  Parzellen  zwei  Maßstabparzellen 
S2  und  eine  S  1,  was  mir  reichlich  über  die  Notdürftigkeit  an  Ge- 
währleistung voller  Exaktheit  liefert.     Bei  genügender  Sicherheit  der 


Sl 

s. 

a 

b 

s. 

c 

s. 

a 

Sl 

c 

s. 

b 

b 

s. 

c 

s. 

a 

Sl 

Abb.  25. 


Standortsgleichheit  des  ganzen  Versuchsfeldes,  also  bei  genügender 
Ausgeglichenheit  der  Ackergüte-,  Anbau-,  Dünger-  und  Gefällsverhält- 
nisse usw.,  kann  man  bei  zahlreichen  VergleichsHnien  ruhig  weit  unter 
die  angegebene  Zahl  der  Standardbeete  gehen,  immer  aber  vorausgesetzt, 
dass  die  neuen,  für  die  Standortsausgleichungen  bestimmten  Standards- 
parzellen S2,  immer  in  doppelter  Zahl  der  mit  altem  Samen  besäten 
Standardbeete  S  1,  bemessen  werden. 


Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VII. 


17 


238  Kleiue  Mitteilungen. 

Zweierlei  Weisslinge  bei  Mais. 
Von  Dr.  Siegfried  Buch,  Wien. 

Bei  einem  auf  der  Domäne  Rossitz  ^)  in  Mähren  bei  Brunn  im 
Jahre  1918  unternommenen  Maiszüchtungsversuch  wurden  Vorkomm- 
nisse von  Weisslingen  beobachtet,  worüber  das  Folgende  mitzuteilen 
gestattet  sei:     . 

Vermittels  Vorauslese  und  Auswiegen  wurden  aus  einem  Land- 
Maisschlage  40  Stück  schöne  und  schwere  Kolben  als  Ausgangs- 
material der  Züchtung  gewählt.  Mit  den  Körnern  jedes  Kolbens 
wurden  an  verschiedenen  Stellen  des  Zuchtgartens  je  4  Prüfungs- 
parzellen, jede  in  Form  einer  Reihe  angelegt.  Die  Kolben  waren  mit 
den  Nummern  1 — 40  bezeichnet,  die  Parzellen  mit  den  Nummern  1 — 40, 
entsprechend  den  Kolben,  von  denen  das  Saatgut  der  bezüglichen  Par- 
zellen stammte  und  den  Buchstaben  a — d,  entsprechend  der  ersten  bis 
vierten  Prüfungsparzelle  jedes  Kolbens.  Jede  Prüfungsparzelle  enthielt 
25  Pflanzstellen  ä  2  Körner,  hiermit  wurden  von  jedem  Kolben 
200  Körner  ausgelegt. 

Bei  der  Besichtigung  des  Maises  nach  dem  Aufgange  am  11.  Mai 
wurden  an  einigen  Stellen  weisse  bzw.  panaschierte  Pflanzen  bemerkt 
und  sofort  alle  Prüfungsparzellen  nach  Weisslingen  durchsucht.  Es 
wurde  festgestellt,  dass  weisse  bzw.  panaschierte  Pflanzen  nur  in  den 
Parzellen  der  Nummern  21  und  30  vorhanden  waren,  bei  allen  anderen 
Nummern  waren  alle  Pflanzen  normal  grün. 

Die  weissen  bzw.  panaschierten  Pflanzen  wurden  gezählt,  es  folgt 
hier  das  Zählungsergebnis: 

Tag-  der  Zählung-  der  11.  Mai  1918 
„  Prüfung-s-       Zahl  der 

parzelle       Weisslinge 
Zahl  der  vorhandenen  aufgegang-e-     21a  0 

nen  Pflanzen  in  allen  4  Parzellen      21b  2 

=  170  (30  fehlen  infolge  Krähen-     21c  l 

frasses,  Aufgangsmängel  usw.)       21  d  1 

Oh.  0,^  (jgj.  vorhandenen  Pflanzen 


• 

Zusammen: 

4  =  ca 

Nr.  30 

30a 

1 

Zahl    der 

vorhandenen    Pflanzen 

301) 

2 

in    den 

4    Parzellen  =  160  (40 

30  c 

2 

fehlen) 

30  d 

0 

Zusammen:     5  =  ca.  3"/ ^  der  vorhandenen  Pflanzen 

Als  die  Pflanzen  grösser  geworden  waren  und  genauer  untersucht 
werden  konnten,  zeigte  sich  ein  wesentlicher  Unterschied  zwischen  den 

^)  Die  Gelegenheit  dort  zu  arbeiten  hatte  der  Verfasser  dem  Entgegenkommen 
des  verstorbenen  H.  Domänendirektors  Edwin  Roemer  zu  verdanken.  Infolge  des 
Todes  desselben  im  Herbste  1918  und  der  Wirren  und  Grenzschwierigkeiten  1918/19 
konnte  die  Arbeit  dort  nicht  weitergeführt  werden  und  das  Material  ist  in  Verlust 
geraten. 


Kleine  Mitteilungen.  239 

Abkömmlingen  des  Kolbens  21  und  denjenigen  des  Kolbens  30.  Bei 
den  Weisslingen  der  Nr.  21  war  keine  Spur  von  Grün  zu  sehen,  sie  ent- 
wickelten kaum  das  dritte  Blatt  und  waren  bis  Ende  Mai  alle  vollständig 
eingetrocknet.  Die  AVeisslinge  der  Nr.  30  waren  alle  mehr  oder  weniger 
stark  panaschiert,  aber  keine  einzige  ganz  frei  vom  Blattgrün.  Am 
■31.  Mai    wurden    die   Weisslinge    der    Nr.  30    wie   folgt   beschrieben: 

Prüfungsparzelle  30  a:  Eine  Pflanze.  5  Blätter.  Höhe  ca.  12  cm. 
Die  4  obersten  Blätter  sind  farblos  und  vertrocknet,  das  unterste  Blatt 
ist  panaschiert,  an  den  Rändern  ist  je  ein  breiter  weisser  Längsstreifen, 
in  der  Mitte  ein  ebensolcher  schmaler  Streifen,  dazwischen  zwei  grüne 
Längsstreifen,  dieses  Blatt  ist  gesund,  nur  an  der  Spitze  vertrocknet. 

Parzelle  30  b.  Erste  Pflanze:  Höhe  ca.  12  cm,  vier  Blätter,  alle 
4  panaschiert,  d.  h.  mit  abwechselnd  grünen  und  weissen  Längsstreifen. 
Die  obersten  2  Blätter  zur  Hälfte,  das  3.  und  4.  Blatt  nur  an  der  Spitze 
eingetrocknet.  —  Zweite  Pflanze:  Höhe  ca.  11  cm,  4  Blätter,  das  oberste 
ganz  weiss,  das  zweite  von  oben  mit  grünlichem  Schimmer,  das  dritte 
hellgrün,  das  unterste  panaschiert  (mit  grünen  und  weissen  Längs- 
streifen),  bei  allen  Blättern  nur  die  Spitze  trocken,  der  Rest  gesund. 

Parzelle  30  c.  Erste  Pflanze:  Höhe  ca.  13  cm,  fünf  Blätter,  die 
obersten  2  Blätter  ganz  weiss,  die  nächsten  zwei  grünschimmernd,  das 
unterste  hellgrün.  Die  Spitzen  der  4  obersten  Blätter  trocken,  das 
unterste  im  ganzen  noch  frisch,  die  ganze  Pflanze  kräftig.  Zweite 
Pflanze:  Höhe  ca.  12  cm,  5  Blätter,  das'  oberste  Blatt  ganz  weiss,  die 
nächsten  3  Blätter  ganz  hellgrün,  das  unterste  grün  mit  schmalen 
Panaschierungsstreifen.  Die  Spitzen  der  4  obersten  Blätter  sind 
trocken,  sonst  ist  die  Pflanze  in  gesundem  Zustande. 

Es  muss  hervorgehoben  werden,  dass  auch  die  meisten  grünen 
Pflanzen  infolge  ungünstiger  Witterung  trockene  Blattspitzen,  ver- 
einzelt bis  zur  Hälfte  vertrocknete  Blätter  hatten.  Hingegen  waren  im 
allgemeinen  die  grünen  Pflanzen  am  31.  Mai  etwas  höher  als  die  oben 
beschriebenen  panaschierten.  Im  Laufe  des  Juni  sind  die  Weisslinge 
der  Nr.  30  nicht  merklich  gewachsen  und  sind  bis  Ende  Juni  alle  ein- 
getrocknet. 

Zusammenfassend  ergaben  somit  die  Beob- 
achtungen, dass  unter  den  Abkömmlingen  des  Kolbens 
Nr.  21  ca.  2.5  °/o  chlor  ophyllo  s  e  Pflanzen  waren,  die 
nach  Erschöpfung  der  Reservestoffe  der  Körner  ein- 
gegangen sind  und  unter  den  Abkömmlingen  des 
Kolbens  Nr.  30  ca.  3"/„  panaschierte  bzw.  chlorophyll- 
arme Pflanzen,  von  welchen  keine  ganz  frei  von  Blatt- 
grün war.  Die  jüngeren  Blätter  waren  gewöhnlich  chlorophyllärmer 
als  die  älteren  oder  auch  ganz  chlorophyllfrei.  Diese  Pflanzen  lebten 
bedeutend  länger  und  erreichten  ein  weiteres  Entwicklungsstadium  als 

17"- 


240  Kleine  Mitteilungen. 

die  Pflanzen  des  Kolbens  21,  sind  aber  vor  dem  Schossen  ebenfgdls  alle 
eingegangen.  —  Bei  den  Nachkommenschaften  der  restlichen  38  Kolben 
sind  Weissünge  nicht  vorgekommen. 

Nachdem  nun  unter  40  Nachkommenschaften  nui*  bei  zweien 
Weisslinge  aufgetreten  sind,  und  zwar  in  zwei  verschiedenen  Formen^ 
kann  die  Ursache  des  Chlorophyllmangels  nur  biologischer  Natur  sein 
(nicht  etwa  parasitär-pathologischer),  was  ja  auch  aus  zahlreichen 
anderweitigen  Beobachtungen  an  Panaschierungen  und  beim  Vor- 
kommen von  Weisslingen  hervorgeht.  Wir  könnten  uns  den  biologi- 
schen Vorgang,  welcher  hier  stattgefunden  hatte,  vielleicht  so  vorstellen, 
dass  wir  als  Voraussetzung  der  Chlorophyllbildung  im  Mais  eine 
grössere  Anzahl  von  Faktoren,  zu  mindestens  aber  zwei,  annehmen,  die 
wir  X  und  Y  nennen  wollen.  Y  sei  für  die  Chlorophyllbildung  un- 
bedingt notwendig  und  seine  Abwesenheit  bedinge  völligen  Chlorophyll- 
mangel. X  sei  zur  normalen  Chlorophyllbildung  nötig,  aber  seine  Ab- 
wesenheit verursache  nur  starke  Schwächung  der  Anlage  zur  Chloro- 
phyllbiidung,  welche  als  ChlorophyUarmut  phaenotypisch  zutage  tritt. 
Nennen  wir  die  durch  die  Faktoren  X  und  Y  im  Maisleben  bedingten  Er- 
scheinungen, der  Einfachheit  halber,  ebenfalls  X  und  Y  und  stellen  wir  uns 
alle  anderen  zur  Chlorophyllbildung  nötigen  biologischen  Erscheinungen 
im  Maisleben  als  zwei  Gruppen  vor.  die  wir  A  und  B  nennen  wollen, 
bezeichnen  wir  endlich  die  gegenseitigen  Relationen  dieser  Er- 
scheinungen durch  Bindestriche,  dann  könnte  uns  vielleicht  die  Formel 
A  =  Y=^=B  die  Bedeutung  der  Faktoren  X  und  Y  darstellen.  Die 
Anwendung  von  4  Strichen  zwischen  A  und  Y  und  von  dreien  zwischen 
Y  und  X  bzw.  X  und  B  ist  selbstverständlich  willkürlich,  man  könnte 
auch  mit  mehr  oder  weniger  Strichen  den  Gedanken  einer  vielfachen 
Relation  zwischen  A  und  Y  bzw.  zwischen  Y,  X  und  B  und  einer  nur 
einfachen  Relation  zwischen  Y  und  B  ausdrücken.  Verschwindet  Y,  so 
zerfällt  der  ganze  Erscheinungskomplex  und  es  wird  kein  Chlorophyll 
gebildet,  verschwindet  X,  dann  bleibt  nur  ein  schwacher  Zusammen- 
hang des  Ganzen  und  die  Chlorophyllbildung  ist  stark  geschädigt.  Die 
genotypische  Formel  der  Pflanze,  von  welcher  der  Kolben  Nr.  21  ab- 
gebrochen wurde,  wäre  demnach  XXYy  gewesen;  infolge  teilweiser 
Selbstbefruchtung  (ca.  10  °/o)  hätten  ca.  25  7„  der  von  uns  beobachteten 
Generation  den  Genotypus  XXyy,  wären  also  vollständig  albinotisch, 
während  unter  den  Pflanzen  vom  normalen  Phaenotypus  ca.  5  °/o  vom 
Genotypus  XXYy  wären,  welche  in  der  nächsten  Generation  wohl  wieder 
reine  Albinos  abgespalten  hätten,  falls  man  sie  vermehrt  hätte.  Ob  die 
Heterozygotie  im  Y-Faktor  der  Pflanze,  von  welcher  der  Kolben  21  ge- 
nommen wurde,  durch  spontanen  Verlust  des  Y-Faktors  in  einer  Ge- 
schlechtszelle eines  Grosselters  oder  durch  Vererbung  von  einem  be- 
reits heterozygoten  Grosseiter  entstanden  ist.  kann  selbstverständlich 


Kleine  Mitteiluugen.  241 

kaum  vermutet  werden,  immerhin  ist  die  Vermutung  eines  spontanen 
Verlustes  durch  den  Umstand  näher  gerückt,  dass  von  40  angebauten 
Nachkommenschaften  von  Pflanzen  eines  Schlages  nur  bei  einer  Nach- 
kommenschaft reine  Albinos  vorgekommen  sind.  —  Die  Pflanze  des 
Kolbens  Nr.  30  hätte  den  Genotypus  XxYY  gehabt  und  bei  ca.  12  "/o 
Selbstbestäubung  ca.  3  ^%  xxYY-Pflanzen,  d.  h.  chlorophyllarme,  in  der 
beobachteten  Generation  gehefert,  nebst  ca.  6"/o  heterozygotischen 
normal  grün  erscheinenden  Pflanzen,  und  kann  über  den  Mangel  des 
X-Faktors  (Herkunft  usw.)  nur  dasselbe  gesagt  werden,  wie  oben  vom 
Y-Faktor. 

Die  Annahme  von  zwei  gleichwertigen  Faktoren  der  Anlage  zur 
Chlorophyllbildung,  etwa  von  X  und  X\  mit  völhgem  Chlorophyll- 
mangel beim  Verlust  beider  Faktore,  mit  Chlorophyllarmut  beim  Ver- 
lust nur  eines  Faktors,  ist  weniger  zur  Erklärung  der  beobachteten 
Tatsachen  geeignet  als  die  obigen  Ausführungen,  weil  hierbei  erst  sehr 
gewagte  Hilfsannahmen  gemacht  werden  müssten,  um  die  vollständige 
Abwesenheit  von  grünlichen  oder  panaschierten  Pflanzen  unter  den 
Abkömmhngen  des  Kolbens  Nr.  21  einerseits  und  die  Abwesenheit  ganz 
weisser  Pflanzen  bei  den  Abkömmlingen  des  Kolbens  Nr.  30  andererseits 
zu  erklären. 

Für  die  Praxis  muss  festgehalten  werden,  dass  der 
Prozentsatz  der  Weisslinge  innerhalb  eines  Stammes 
bei  Vermehrung  desselben  infolge  von  Fremdbefruch- 
tung bei  Mais  von  Generation  zu  Generation  kleiner 
werden  muss.  Selbst  wenn  wir  die  Selbstbefruchtung  zu  50°/o  der 
befruchteten  Eizellen  annehmen,  würde  die  Nachkommenschaft  F^ 
einer  in  Y  oder  X  heterozygotischen  P-Pflanze  12V2°/o  WeissHnge, 
die  Fa  25/^  ^  ßi/^  0^^^  ^ig  Y^  SV«  7o  Weisshnge  enthalten.  Wenn  man 
noch  dazu  bedenkt,  dass  in  praktischer  Kultur  der  Mais  stets  verzogen 
wird,  muss  man  zur  Einsicht  gelangen,  dass  das  Vorkommen  von  Weiss- 
lingen an  sich  kein  Fehler  ivst  und  es  demnach  falsch  wäre, 
einen  sonst  hervorragenden  Stamm  bloss  wegen 
dieses  Vorkommens  etwa  aus  der  Zucht  auszuscheiden. 


b)  Andere  Sachliche. 

Verband  der  Saatzuchtinspektoren, 

Fachgruppe  des  Reichsbundes  akademisch  gebildeter  Landwirte 
in  beamteten  Stellungen. 

Als  am  10.  September  1919  zu  Magdeburg  der  Reichsbund  akade- 
misch gebildeter  Landwirte  nach  langen  Geburtswehen  endlich  ins 
Leben  gerufen  wurde,  ergab  sich  von  selbst  die  Notwendigkeit,  dem 
engeren  Berufskreise  der  auf  dem  Gebiete  der  Saatzucht  tätigen  Be- 


242  Kleine  Mitteilungen. 

amten  eine  besondere  Fachgruppe  einzuräumen,  in  der  die  besonderen 
Interessen  dieses  Berufskreises  bearbeitet  werden  können.  Die  damals 
in  Magdeburg  zur  Ausstellung  der  D.  L.-G.  anwesenden  Berufskollegen 
beschlossen  daher  die  Gründung  des  „Verbandes  der  Saatzucht- 
inspektoren" als  Fachgruppe  des  R.  a.  g.  L.  Die  Vertretung  der 
sozialen,  rechtlichen  und  wirtschaftlichen  Interessen  seiner  Mitglieder 
ist  der  Zweck  des  Verbandes.  Er  bearbeitet  die  Berufs-  und  Standes- 
fragen selbständig,  verwirklicht  jedoch  seine  Entschlüsse  durch  den 
Reichsbund.  Nach  umfangreichen  Organisations-  und  Werbearbeiten 
fand  am  14.  Februar  die  erste  Tagung  des  Verbandes  zu  Berlin  statt. 
Es  standen  neben  Fragen  der  inneren  Organisation  und  des  Ausbaues 
insbesondere  Berufsfragen  betreffend  die  Vor-  mid  Ausbildung  des 
akad.  gebild.  Landwirts  zur  Verhandlung:  Nachweis  ausreichender 
Praxis  und  Maturitätsexamen  wurde  als  Vorbedingung  für  das  Hoch- 
schulstudium, akademisches  Triennium,  bestandenes  allgemeines  land- 
wirtschaftliches Staatsexamen  und  eine  wenigstens  einsemestrige 
Spezialausbildung  in  der  Pflanzenzüchtung  als  Vorbedingung  für  das 
Fachexamen  verlangt.  Das  Fachexamen  selbst  soll  nach  einer  einheit- 
lichen Prüfungsordnung  an  allen  deutschen  landwirtschafthchen  Hoch- 
schulen und  landwirtschafthchen  Universitätsinstituten  als  selbständige 
Prüfung  (nicht  wie  bisher  mancherorts  als  Ergänzungsprüfuug  in 
Pflanzenzüchtung!)  eingeführt  werden;  es  soll  die  allgemeine  und 
spezielle  Pflanzenzüchtung  einschliesslich  der  Vererbungslehre,  den 
speziellen  Pflanzenbau,  insbesondere  die  Sortenkunde,  fernerliin  Samen- 
kunde und  Pflanzenpathologie  zu  Prüfungsgegenständen  haben;  soweit 
für  die  Wissensdisziphnen,  die  Gegenstand  der  Fachprüfmig  sind,  be- 
sondere Lehrstühle  oder  Lehraufträge  bestehen,  soU  die  Prüfung  von 
einer  Kommission  der  Lehrbeauftragten  abgenommen  werden.  Das 
Bestehen  der  Prüfung  soll  ein  Diplom  verleihen,  das  nur  von  Inhabern 
des  Prüfungszeugnisses  geführt  werden  darf.  Der  Vorstand  wurde  be- 
auftragt, bei  der  Neuordnung  des  landwirtschaftlichen  Unterrichts- 
wesens diese  Auffassung  des  Verbandes  zur  Geltung  zu  bringen.  —  Das 
reiche  Tätigkeitsfeld,  das  sich  dem  Verbände  in  vieler  Beziehung  er- 
öffnet hat,  sein  Wirken,  das  auf  die  W^ahrnehmung  der  Berufsinteressen 
aller  Kollegen  eingestellt,  ist,  seine  gemeinnützige  Tätigkeit  auf  dem 
Gebiete  der  Stellenvermittlung  und  Berufsberatung,  insbesondere  aber 
auch  die  durch  den  Verband  gebotene  Gelegenheit  engerer  persönlicher 
Fühlungnahme  der  Berufskollegen  sollten  jeden  akademisch  gebildeten 
Landwirt,  der  sich  wissenschaftlich  oder  praktisch,  sei  es  als  Staats-, 
Körperschafts-  oder  Privatbeamter  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzen- 
züchtung und  des  Anerkennungswesens  betätigt,  veranlassen,  dem  Ver- 
Imnde  beizutreten.  Vor  allem  ist  in  Rücksicht  auf  die  Wahrnehmung 
wirtschaftlicher     Berufsinteressen     eine     möglichste     Geschlossenheit 


Kleine  Mitteilungen.  243 

unseres  Berufskreises  sowohl  wie  des  ganzen  akad;  landw.  Berufe- 
standes erforderlich.  Auskunft  erteilen  und  Anmeldungen  nehmen  ent- 
gegen: die  Landes-  und  Provinzialvereine  des  11.  a.  g.  L.,  die  Bundes- 
geschäftsstelle zu  Halle  a.  S.,  Sophienstr.  15,  und  die  Geschäftsstelle  der 
Fachgruppe:  Saatzuchtleiter  Kalt,  Ballenstedt  a.  Harz.  Es  besteht 
die  Absicht,  die  Organisation  des  Bundes  auch  auf  Deutsch-Österreich 
auszudehnen.  B.  Kalt. 


Kartoffelzuchtstation  Richter-Königshof. 

Dr.  K  u  r  t  B  i  s  c  h  0  f  f  gedachte  in  der  „Spiritus-Zeitung"  zu  Ende 
des  vorigen  Jahres  des  fünfzigjährigen  Bestehens  der  Richter'schen 
Züchtungsarbeiten.  Er  verweist  darauf,  dass  Richter,  der  Gärtner 
war,  1869  zuerst  mit  Züchtung  der  Kartoffel  durch  Bastardierung  be- 
gonnen hat,  nachdem  die  amerikanische  Kartoffelzüchtung  Early  rose 
wegen  ihres  niederen  Stärkegehaltes  beanstandet  worden  war.  Der 
Mitarbeiter  Richters,  Herr  Gebhardt,  hatte  die  Züchtung  von 
Hameln,  nach  dem  Tode  Richters,  1911  nach  Königshof  (jetzt 
Sendziny),  Kreis  Samter,  ''verlegt,  so  dass  die  Zuchtstätte  nunmehr  an 
Polen  gefallen  ist.  Vervielfältigungsstellen  hatte  Gebhardt  im 
jetzigen  Deutschland  mehrere. 


c)  Persönliche. 

Auf  die  durch  den  Tod  Wohltmanns  erledigte  Professur  für 
Acker-  und  Pflanzenbau  an  der  landwirtschaftlichen  Abteilung  der 
Universität  Halle  a.  S.  ist  Dr.  T  h.  R  o  e  m  e  r  berufen  worden,  der  sein 
Amt  bereits  angetreten  hat.  Schon  während  seiner  Hochschulstudien 
zu  Hohenheim  und  Jena  hatte  er  sich  in  erster  Linie  der  Pflanzen- 
züchtung zugewendet  und  die  von  Wohltmann  fih'  diese  in  Halle 
geschaffenen  Einrichtungei)  werden  von  ihm  gewiss  weitgehend  aus- 
genützt und  ausgebaut  werden.  Der  Pflanzenzüchtung  war  auch  die 
Dissertation  gewidmet,  die  er  in  Jena  unter  Edler  vorlegte:  „Variabi- 
litätsstudien." Auch  die  weitere  Tätigkeit  Römers,  deren  in  dieser 
Zeitschrift  bereits  gedacht  worden  ist:  Pflanzenzuchtleitung  in  Mahn- 
dorf, örtliche  Leitung  des  Fürst  Liechtenstein-Institutes  zu  Eisgrub, 
Baumwollzüchtung  im  Reichskolonialdienst,  Leitung  der  Abteilung  für 
Pflanzenzüchtung  am  Kaiser  Wilhelm-Institut  in  Bromberg,  war  diesem 
Zweig  der  Landwirtschaft  gewidmet.  Zuletzt  bekleidete  er  die  Stelle 
des  Direktor-s  der  Abteilung  für  Pflanzenzüchtung  auf  der  Zuchtwirt- 
schaft von  H.  S  t  r  u  b  e  in  Schlanstedt  und  war  eben  im  Begriff,  eine 
Stelle  als  Direktor  und  Teilnehmer  einer  in  Sachsen  in  Bildung  be- 
griffenen  Züchtervereinigung  anzutreten.     Roemer  war  Träger  des 


244  Kleine  Mitteilungen. 

von  der  Deutschen  Landwirtschafts  -  Gesellschaft  ausgeschriebenen 
Preises  aus  der  Beseler-Stiftung,  den  er  durch  die  Schrift  „Mendehsmus 
und  Bastardzüchtung  im  Pflanzenreich,  1914"  errang  und  bearbeitete 
für  die  eben  erschienene  3.  Auflage  von  Bd.  IV  des  Werkes  „Handbuch 
der  landwirtschafthchen  Pflanzenzüchtung"  die  Züchtung  der  Zucker- 
rübe. An  der  „Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung"  beteihgte  er  sich 
durch  mehrere  Arbeiten.  Über  die  ausgedehnte  Versuchstätigkeit  auf 
unserem  Gebiete,  der  er  sich  in  letzter  Zeit  gewidmet  hatte:  Gräser- 
züchtung, Lupinenzüchtung,  Technik  der  vergleichenden  Versuche  sind 
bisher  nur  vorläufige  Mitteilungen  erschienen. 

Zu  Kittnau  bei  Boguschau  starb  der  Rittergutsbesitzer  Hugo 
Müller  im  Alter  von  56  Jahren.  Er  hatte  sich  von  1892  ab  mit 
Saatgutbau  beschäftigt  und  sich  später  der  Züchtung  von  Weizen  zu- 
gewendet. Besondere  Verbreitung  fand  der  Kittnauer  Sommerweizen, 
der  auch  in  das  Hochzuchtregister  der  D.  L.-G.  eingetragen  worden  ist. 
Seinen  Ausgang  nahm  dieser  Weizen  aus  einem  1892  aus  Sachsen  be- 
zogenen Wechselweizen;  1904  wurde  mit  Massen-,  1906  mit  Individual- 
auslese  begonnen.  Dabei  wurde  der  Weizen  immer  als  Sommerform 
behandelt. 

Der  Gutsbesitzer  Louis  Boschan  verschied  am  5.  Januar 
auf  seinem  Besitz  Achleithen  in  Oberösterreich,  78  Jahre  alt.  Er  hatte 
grosses  Interesse  für  Pflanzenzüchtung  zu  einer  Zeit  gezeigt,  zu  welcher 
dieselbe  in  Oberösterreich  erst  wenig  beachtet  wurde. 

Aus  der  Firma  Fr.  S trübe,  Saatzuchtwirtschaft  Schlanstedt, 
sind  am  1.  Oktober  1919  ausgeschieden  der  kaufmännische  Direktor 
R.  Berninger,  der  landwirtschaftlich  technische  Direktor  W.  H e r - 
m  a  n  n  e  s  und  der  Direktor  der  Zuchtabteilung  Dr.  T  h.  R  o  e  m  e  r. 
Nachfolger  sind  G.  Ruft,  Dr.  Stabenow  und  Dr.  Sessous.  Mit 
der  Fortführung  seines  Werkes  betraute  S trübe  selbst  noch,  als  sein 
Leiden  sich  verschlimmerte,  Major  R.  Vörstl.  Major  Richard 
Verstl,  geboren  1877,  trat  während  gemeinsamer  IV2  jähriger 
Tätigkeit  beim  Generalkommando  mit  Hermann  Strube  in 
enge  freundschaftliche  Beziehungen.  —  Paul  Stabenow,  geboren 
1883,  entstammt  einer  alten  Landwirtsfamilie  Hinterpommerns,  be- 
suchte nach  dem  Abitur  die  landw.  Hochschule,  dann  die  Universitäten 
Berlin,  Jena  und  Greifswald.  Er  legte  die  landw.  Diplomprüfung  ab 
und  promovierte  zum  Dr.  phil.  (Nat.  ökon.).  Seit  1905  widmete  er 
sich  dem  landw.  praktischen  Berufe,  zuletzt  war  er  Administrator 
grösserer  Güter  Pommerns  und  Brandenburgs.  Ab  1.  August  1919 
wurde  er  als  Direktor  zur  Leitung  des  landw.  technischen  Betriebes 
der  Firma  gerufen.  —  GeorgeSessous,  geboren  1876,  besuchte  nach 
5  jähriger  landw.  Tätigkeit,  vom  W.-S.  1899  bis  W.-S.  1904  die  landw. 
Hochschule  in  Berlin  und  die  landw.  Abteilung  in  Jena.    Er  promo- 


Kleine  Mitteiluagen.  245 

vierte  in  Jena  nach  Ablegung  der  landw.  Diplomprüfung  mit  einer  Arbeit 
„Über  die  bei  der  Düngung  mit  Ammoniaksalzen  entstehenden  Stick- 
stoffverluste" *zum  Dr.  phil.  und  war  gegen  Ende  seines  Studiums 
2V2  Jahre  Assistent  von  Geh.  Hofrat  Prof.  Dr.  Edler  an  der  bo- 
tanischen Abteilung  der  landw.  Versuchsstationen.  In  den  Anfangs- 
semestern fand  S.  Gelegenheit,  eingeführt  durch  Herrn  Dr.  Ulrich, 
dem  er  bei  seiner  Arbeit  „Über  die  Selbstbefruchtung  des  Roggens'" 
zm-  Hand  ging,  bei  Dr.  h.  c.  v.  Lochow  in  Petkus  mit  der  Pflanzen- 
züchtung in  Berührung  zu  kommen,  um  dort  bei  der  Roggenauslese 
beschäftigt  zu  werden.  Nach  einem  letzten  Semester  im  Sommer  1904 
in  Bonn,  zwecks  Ablegung  einer  Prüfung  in  allgemeiner  Kulturtechnik 
und  Landwirtschaftsrecht  und  anschliessender  IV2  jähriger  Tätigkeit 
bei  der  Generalkommission  für  Ostpreussen,  ging  S.  wieder  als 
Assistent  nach  Jena  zurück,  um  im  Sommer  1906  bei  der  Firma 
H.  M  e  1 1  e  -  Quedlinburg  die  Pflanzenzüchtung  auf  wissenschaftlicher 
Grundlage  einzurichten.  Seine  züchterischen  Arbeiten  erstreckten  sich 
dort  während  5  Jahren,  neben  der  Züchtung  von  Winter-  und  Sommer- 
getreide, auch  auf  Futter-  und  Zuckerrüben-,  Zichorien-  und  Erbsen- 
züchtung. Eine  Anregung,  in  die  Kolonien  zu  gehen,  verlockte  S.  im 
Jahre  1912.  als  landw.  Sachverständiger  am  Kaiserlichen  Gouverne- 
ment in  Samoa  Stellung  zu  nehmen,  wo  es  neben  der  landw.  Organisation 
und  Anstellung  von  Düngungsversuchen  besonders  die  Gründung  einer 
landw.  Versuchsstation  unter  besonderer  Berücksichtigung  pflanzen- 
züchterischer  Arbeiten  zu  schaffen  galt.  Als  Nachfolger  Prof. 
Dr.  Römers  übernahm  Sessous  am  1.  Oktober  1919  die  Saatzucht- 
leitung der  Firma  Fr.  S t r u b  e - Schlanstedt.  —  Georg  Ruft,  der 
als  kaufmännischer  Direktor  eintrat,  übernahm  diese  Stelle  am 
1.  Januar  d.  J..  nachdem  er  vorher  seit  1907  bei  Amtsrat  Heine  auf 
der  Zuchtwirtschaft  Kloster  Hadmersleben  in  gleicher  Eigenschaft  tätig 
gewesen  war. 

Prof.  Dr.  K  i  e  s  s  1  i  n  g  ist  nach  München  an  die  landwirtschaftiche 
Abteilung  der  technischen  Hochschule  berufen  worden,  um  die  durch 
den  Tod  von  Hofrat  Prof.  Dr.  Kraus  verwaiste  Professur  für  Acker- 
und  Pflanzenbau  zu  übernehmen.  Er  behält  die  Oberleitung  der 
Pflanzenzuchtanstalt  Weihenstephan  weiter  bei. 

Professor  Dr.  Fruwirth  erhielt  den  Ruf  an  die  Landwirtschaft- 
liche Hochschule  in  Berlin,  nachdem  die  dortige  Professur  für  Pflanzen- 
bau und  Pflanzen  Züchtung  durch  den  Weggang  von  Geheimrat  Prof.  Dr. 
V.  Rümker  frei  geworden  war.  Fruwirth  verbleibt  aus  persön- 
lichen Gründen  an  der  technischen  Hochschule  in  Wien. 

Der  Professor  für  Pflanzenzüchtung  an  der  Hokkaido-Universität 
zu  Sapporo  in  Japan,  M.  Ak  em  i  n  e,  wurde  von  der  dortigen  Regierung 
zum  Besuch  der  Institute  für  Vererbungsforschung  und  Züchtung  nach 


246 


Kleine  Mitteilungen. 


Amerika  und  Europa  entsende^  imd  hat  Ende  Januar  die  auf  1  Jahr 
berechnete  Reise  angetreten. 

Dr.  hon.  c.  v.  Lochow  und  Geheimrat  Prof.  Dr.  Wittmack 
wurden  von  der  ..Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Pflanzen- 
züchtung" zu  Ehrenmitgiedern  ernannt. 

Nahezu  80  Jahre  alt,  schied  am  12.  Februar  dieses  Jahres  Amts- 
rat FerdinandHeine  aus  dem  Leben.  Im  Jahre  1840  am  9.  Oktober 
geboren,  hatte  er  sich,  nach  Absolvierung  der  Universität  Heidelberg 
und  nach  dreijähriger  Dienstleistung  in  der  Armee,  der  Landwirtschaft 
zugewendet,  die  er.    zuerst  auf   Rittergut  Emersleben,  dann,  bis  zum 


Schlüsse,  auf  dem  um  700  ha  grossen  Klostergut  Hadmersleben,  später 
daneben  auch  auf  Zilly,  Alikendorf  und  anderen  Wirtschaften  betrieb. 
Heine  wirkte  für  die  deutsche  Landwirtschaft  besonders  durch  die 
Einführung  und  Prüfung  einer  grossen  Zahl  fremder  Sorten,  ihm  ist  es 
hauptsächlich  zu  verdanken,  dass  das  Interesse  an  Sorten  in  Deutsch- 
land geweckt  worden  ist.  Später  befasste  er  sich  auch  mit  Pflanzen- 
züchtung, und  zwar  zuerst  bei  Zuckerrübe,  dann  auch  bei  Roggen  und 
Weizen.  An  den  Arbeiten  der  Saatzuchtstelle  der  ..Deutschen  Land- 
wirtschafts-Gesellschaft" nahm  er  ständig  regen  Anteil,  der  „Gesell- 
schaft zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzüchtung"  gehörte  er  als 
Ehrenmitglied  an.  Das  Bild  zeigt  ihn  (1)  in  Glitte  des  Saatzucht- 
ausschusses der  Deutschen  Landwirtschafts-Gesellschaft  auf  einem  Aus- 
flug zur  Besichtigung  der  Saatzuchtanstalt  in  Weihenstephan  [Vorstand 


Kleine  Mitteilung-eu.  247 

Dr.  Kiessling  (2)],  dem  sich  aruch  Prof.  Dr.  v.  T  scher  mak  und 
Dr.  F.  Heine  angeschlossen  hatte.  Die  Arbeitsfreudigkeit  bUeb  dem 
Geschiedenen  glückhcherweise  bis  in  die  letzte  Zeit,  auch  nach  dem 
schweren  Verlust,  den  er  durch  den  Tod  seines  einzigen  Sohnes  Dr. 
F.  Heine  im  Krieg  erhtten  hatte,  erhalten.  Seine  Gattin  Elisa- 
beth, eine  Tochter  Wilhelm  Rimpaus  überlebte  ihn. 

Dr.  Gustav  Fischer  wurde  als  wissenschafthcher  Hilfsarbeiter 
in  die  Saatzuchtstelle  der  Deutschen  Landwirtschafts-Gesellschaft  be- 
rufen. Nach  zweijähriger,  praktischer  Tätigkeit  in  der  Provinz  Sachsen 
studierte  Fischer,  der  im  Jahre  1889  zu  Halle  geboren  wurde,  Natur- 
wissenschaften und  Landwirtschaft  an  der  Universität  Halle.  Daselbst 
bestand  er  das  Staatsexamen  für  Landwirtschaftslehrer  und  promo- 
vierte im  Jahre  1913  bei  dem  Geh.  Reg.-Rat  Prof.  Dr.  Wohltmann 
mit  einer  Arbeit  „Die  Säuren  und  Kolloide  des  Humus"  (Kühnarchiv 
1914).  Vom  Jahre  1914  bis  Anfang  1920  bekleidete  er  am  landwirt- 
schaftlichen Institut  Halle  die  Stelle  als  Assistent  des  landwirtschaft- 
hch-physiologischen  und  bakteriologischen  Laboratoriums,  wo  er  sich 
besonders  mit  botanisch-systematischen  Fragen  der  Getreidearten  und 
Pflanzenkrankheiten  beschäftigte.  1919.  nach  Rückkehr  aus  dem  Felde, 
arbeitete  er  als  Assistent  an  der  Pflanzenzuchtstation  der  Universität 
Halle  und  hatte  zuletzt  vertretungsweise  die  Leitung  der  Pflanzen- 
zuchtstation bis  Anfang  1920  inne.  Sein  dortiges  Arbeitsgebiet  waren 
Getreide-  und  Graszüchtungen,  Sortenfragen,  Anbauprüfungen  und  Be- 
ratung praktischer  Züchter. 

•Saatzuchtinspektor  Bertram  Kalt  hat  seine  Dienststellung  als 
Vorstand  der  Pflanzenzuchtstation  des  Landwirtschaftlichen  Instituts 
■der  Universität  Halle,  die  er  seit  1914  innehatte,  aufgegeben  und  am 
1.  Januar  1920  die  Saatzuchtleitung  der  Hörning sehen  Saatzucht- 
wirtschaften übernommen.  Die  Firma,  die  sich  mit  der  Zucht  von 
Zuckerrüben,  Getreide  und  Hülsenfrüchten  beschäftigt,  umfasst 
7  grössere  Wirtschaften  der  Provinz  Sachsen  und  Anhalts  und  hat  ihre 
Zuchtstation  neuerdings  auf  der  Schlossdomäne  Ballenstedt  a.  Harz 
neu  eingerichtet. 

Um  sich  auf  das  Doktorexamen  vorzubereiten,  hat  der  seitherige 
wissenschaftliche  Hilfsarbeiter,  Diplomlandwirt  F.  Schlecht,  seinen' 
Posten  an  der  württembergischen  Saatzuchtanstalt  Hohenheim  Mitte 
März  d.  Js.  verlassen.  Als  Nachfolger  wurde  der  Diplomlandwirt  Dr. 
G.  Baur  aus  Trugenhofen  (Württemberg)  mit  der  Bezeichnung 
..Assistent"  der  Saatzuchtanstalt  bestellt.  Baur  hat  die  landw.  Hoch- 
schule Hohenheim  absolviert,  von  der  er  auch  auf  Grund  einer  Abhand- 
lung auf  dem  Gebiete  der  Dinkelzüchtung  zum  Doktor  promoviert 
wurde. 


248  Kleine  Mitteilungen. 

Nachtrag. 

Das  Referieren  für  die  in  Java  erscheinenden  Arbeiten  auf 
dem  Gebiet  der  Pflanzenzüchtung  hat  der  Direktor  der  Veredlungs- 
anstalt für  einjährige  Kulturpflanzen  zu  Buitenzorg  Dr.  L.  Koch 
freundlichst  übernoninieu,  nachdem  dem  bisherigen  Referenten,  Direktor 
van  der  Stok,  die  Direktion  der  Agrikulturabteilung  zu  Buitenzorg 
übertragen  worden  ist. 


Druckfehlerbericlitigung  bei  der  Arbeit  Cohen  Stuart. 

Die  Seitenköpfe  sollen  statt  der  Bezeichnung  Stuart  allein  den  vollen  Verfassernamen 

Cohen  Stuart  tragen. 
S.  158,  3.  Zeile  der  Fussnoten  von  unten:  statt  Specius,  Species. 
S.  160,  3.  Zeile  des  Textes  von  unten:  statt  bestehende,  bestechende. 
S.  192,  2.  Zeile  der  Fussnote  von  unten:  statt  ontkiemig,  ontkieming. 
S.  193,  1.  Zeile  von  oben:  statt  ckarakterisiert.  charakterisiert. 
S.  200  2.  Absatz  von  oben,  2.  Zeile:  statt  Zvrek,  Zweck. 


Das  nächste  Heft  erscheint  Herbst  1920. 


CTuck  Ton  Fr.  atoUbaig,  M«rcebviT|, 


Trieure 

Unkrautsamen- 
I^^^S^  Ausleser, 

Mischfrucht  -  Scheider, 

Getreide-Sortierer, 

Lagerhaus-Einrichtungen 
Reinigungs-Anlagen 

für  Saatzuchtanstalten. 


Kalker  Triearfabrik  und  Fabrik  gelochter  Bleche 

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Dresden-Neustadt  und  Augsburg-Pfersee. 


[1] 


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Edelsaatgut 

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empfehlen  wir 

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unsere  fahrbare 

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Hedemannstrasse  10  u.  11. 


Qruck  von  Fr.  StoUberg,  Merseburg, 


Band  VII,  Heft  4.  November  1920. 


Zeitschrift 


für 


Pflanzenzüchtung 

Zugleich  Organ 
der  Gesellschaft  zur  Förderung  deutscher  Pflanzenzucht, 

der 

Österreichischen  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung 

und  des 

Bayerischen  Saatzuchtvereins. 


Unter  Mitwirkung 
von 

L.  Kießling,    H.  Nilsson-Ehle,    K.  v.  Rumker,    E.  v.  Tschermak, 

München  Land  Emersleben  Wien 

herausgegeben 
von 

C.  Fruwirth, 

Wien. 


Mit  5  Textabbildungen. 


BERLIN 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey 

Ttrlkg  Dr  LandwirUeh«ft,  GkrtanbM  and  ForatirawB 

SW  11,  Hedemannstraße  10  n.  11 
1920. 


Einzelpreis  38  M.  Aboaaemeatspreis  32  M, 


Inhalt. 


I.  Wissenschaftliche  Originalarbeiten,  Aufsitze.  §«{(0 

Firbas,  Heinrich:  Über  die  Erzeugung  von  Weizen-Roggen-Bastardierungen  249 
Hansen,  W.:    Die   Mahndorf  er   Pflanzenzüchtung   bzw.   das   Mahndorf  er 

Usancenbuch 283 

III.  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflaozenznchtung. 

1.  Referate 319 

2.  Bücherbesprechungen 341 

IV.  Vereinsnachrichten. 

Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung-Wien 344 

a)  Wissenschaftliche:  V.  Kleine  Mitteilungen. 

Über  einen  Versuch  der  Züchtung  schwarzer  Farbentöne  an  der  Garten- 

primel.  Von  Dr.  Fr.  Frimmel.   .   .   .   .   .   . 346 

Winke  mit  linsenförmigen  Samen.    Von  Prof.  Dr.  C.  Fruwirth  ....  356 

Xenien  zwischen  Melonen  und  Gurken.    Von  J.  Becker 362 

Kohlensäure  und  Pflanzenzüchtung.    Von  Dr.  Hugo  Fischer 364 

b)  Andere  Sachliche: 

„Hereditas" 366 

Zadruga  za  proizvodnju  sjemenj  v  Zagrebu 367 


c)  Persönliche 367 


Erscheinungsweise:  Die  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  erscheint  in 
zwanglosen  Heften,  deren  4  zu  einem  Bande  vereinigt  werden.  Die  Hefte 
sind  auch  einzeln  käuflich,  ihre  Preise  sind  entsprechend  ihrem  schwankenden 
Umfang  verschieden  und  sind  im  Abonnement  niedriger  als  bei  Einzelbezug. 
Das  Abonnement  verpflichtet  für  einen  Band. 

Abonnements  nimmt  jede  Sortimentsbuchhandlung  entgegen  sowie  die 
Verlagsbuchhandlung  Paul  Parey,  Berlin  SW  11,  Hedemannstraße  10  u.  11. 
An  letztere  sind  auch  alle  Zuschriften  in  Anzeigenangelegenheiten  zu  richten. 
Preise  der  Anzeigen:  ganze  Seite  50  M.,  halbe  Seite  30  M.,  viertel  Seite 
16  M.  Für  alle  das  große  Gebiet  der  Pflanzenzüchtung  angehende 
Anzeigen  dürfte  die  „Zeitschrift"  das  geeignetste  Organ  sein. 

Honorar  für  den  Bogen  Text:  48  M.,  Tabellen  24  M.  Von  jedem 
Originalbeitrag  können  25  Sonderabdrücke  geliefert  werden,  wenn  dies  bei 
Einsendung  des  Manuskriptes  verlangt  wird. 


Redaktionelle  Zuschriften:  Prof.  Dr.  C  Fruwirth,  Waldhof  b.  Amstetten 

(N.-Österr.). 

Sonstige  Zuschriften  (Bezug  und  Anzeigen) :  Paul  Parey,  Berlin  SW  II, 

Hedemannstraße  10  u.  11. 


Band  VII,  Heft  4.  November  1920. 

.  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung. 

m 
I 

I. 

Wissenschaftliehe  Originalarbeiten,  Aufsätze. 


Ober  die  Erzeugung  von  Weizen-Roggen- 
bastardierungen. 

Von 

Heinrich  Firbas, 

Dr.  der  Bodenkultur, 

Es  ist  bekannt,  daß  die  Erzeugung  der  meisten  Speziesbastarde 
Schwierigkeiten  bereitet.  Auch  bei  der  Bastardierung  des  Weizens 
mit  ßoggen  ist  die  Zahl  der  gelungenen  Bastarde  stets  nur  gering. 
Um  so  auffallender  war  daher  die  Tatsache,  daß  sich  im  Jahre  1912 
im  Garten  der  Hochschule  für  Bodenkultur  in  Wien  unter  einer 
Reihe  steriler  mit  Roggenpollen  bestäubter  Weizenähren  des  roten 
Galizischen  Grannenweizens  eine  Ähre  befand,  die  eine  ganze  Anzahl 
gelungener  Bastarde  produzierte  ^).  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß 
bei  dieser  einen  Ähre,  im  Gegensatze  zu  den  anderen,  ganz  besondere, 
die  Speziesbastardierung  günstig  beeinflussende  Verhältnisse  gegeben 
waren.  Es  sollte  die  Aufgabe  vvorliegender  Arbeit  sein,  diesen  Ver- 
hältnissen, die  die  Speziesbastardierung  offenbar  in  so  hohem  Grade 
begünstigten,  auf  den  Grund  zu  kommen.  Es  waren  folgende  Ge- 
sichtspunkte, die  zu  diesem  Vorsatze  führten:  Wenn  es  gelingt,  diese 
die  Weizen-Roggenbastardierung  begünstigenden  oder  schädigenden 
Faktoren  zu  ergründen,  so  ist  anzunehmen,  daß  das  Ergebnis  auch 
für  andere  schwer  gelingende  Bastardierungen  Geltung  haben  wird. 
Es  könnte  dann  künftighin  nicht  nur  mit  demselben  Arbeitsanfwande 
eine  viel  größere  Anzahl  von  Bastarden  erzeugt  werden,  sonderndes 
wäre  vielleicht  sogar  möglich,  bis  jetzt  noch  nicht  gelungene  Spezies- 
bastarde- zu  erzeugen,  wenn  man  die  der  Bastardierung  günstigen 
Einflüsse  ,  steigert  oder  die  derselben'  schädHchen  nach  Möglichkeit 
ausschaltet.  'Diese  Erwägungen  waren  die  Grundlage  für  die  ange- 
stellten Versuche. 

Über  die  Bedingungen, -unter  denen  die  Bastardbefruchtu,ng  am 
besten    gelingt,    finden    wir    in    der    umfangreichen    Literatur    über 


')  Diese  Mitteilung  bezieht  sich  auf  von  Jesenko  gemachte  Bastardierungen. 

Zeitschrift    für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VII.  16 


250  Firbas: 

Bastardieruno;  von  Pflanzen  und  Tieren  nur  vereinzelte  Beobach«- 
tungen^)  und  diese  sind  zum  Teil  widersprechende.  Nur  in  einem 
Punkte  stimmen  sie  überein.  Alle  Forscher  suchen  die  Ursache  für 
die  bald  größere,  bald  geringere  Anzahl  gelungener  Bastardierungen 
in  einem  besonderen  Reifezustand  der  Eizelle.  Ob  diese  nun  im  Zu- 
stande ihrer  vollen  Entwicklung  oder  erst  später  für  die  Bastard- 
befrüchtung  am  geeignetsten  ist,  darüber  gehen  die  Ansichten  aus- 
einander. "Während  Gärtner,  Pflüg  er  und  Born  die  Ansicht 
vertreten,  daß  schwer  gelingende  Bastardierungen  dann  mit  der  größten 
Aussicht  auf  Erfolg  vorgenommen  werden,  wenn  die  Eizelle  den  Höhe- 
punkt ihrer  Entwicklung  erreicht  hat,  zeigen  die  'Versuche  der  Brüder 
Hertwig  mit  Seeigeleiern,  daß  diese  das  fremde  Spermatozoon  besser 
aufnehmen,  wenn  sie  eine  Zeit  nach  ihrer  Entleerung  aus  dem  Eier- 
stock bastardiert  werden.  Je  später  die  Befruchtung  geschah,  um  so 
mehr  wuchs  der  Prozentsatz  der  bastardierten  Eier,  um  nach  Erreichung 
eines  Bastardoptimums  wieder  abzunehmen.  Der  Reifezustand  des 
Sperma  bzw.  des  Pollens  scheint  eine  mehr  untergeordnete  Rolle  zu 
spielen,  besonders  bei  der  Bastardierung  der  Pflanzen,  da  anzunehmen 
ist,  daß  unter  der  stets  großen  Anzahl  der  Pollenkörner,  die  auf  die 
Narbe  gebracht  werden,  wenigstens  einige  die  Fähigkeit  besitzen, 
diese  zu  befruchten.  Auch  äußere  Einflüsse  scheinen  nach  Angaben 
Gärtners  die  Bastardbefruchtung  insofern  zu  beeinflussen,  als  Feuch- 
tigkeit und  Regen  dieser  in  noch  höherem  Grade  schädlich  siüd  als 
der  natürlichen  Befruchtung. 

Hieraus  ergibt  sich  nun  für  unsere  Weizen-Roggenbästardierungen 
•die  Folgerung,  daß  es  vor  allem  notwendig  ist  zu  untersuchen,  ob 
ein  bestimmter  Reifezustand  .der  Narbe  Voraussetzung  für  das  Ge- 
lingen der  Bastardierungen  ist.  Es  müssen  also  nicht  allein  Ähren 
im  blühreifen  Entwicklungsstadium  bestäubt  werden,  sondern  auch 
solche,  die  dieses  bereits  um  ein,  zwei  oder  mehrere  Tage  über- 
schritten haben.  Ebenso  ist  bezüglich  des  Pollens  zu  untersuchen, 
ob  es  vorzuziehen  ist,  denselben  im  frischgesammelten  Zustande  zu 
verwenden  oder  erst,  nachdem  er  ein  entsprechendes  Alter  erreicht 
hat,  oder  ob  dies  gleichgültig  ist. 

Um  diese  Versuche  durchzuführen,  mußte  Klarheit  über  die  Dauer 
der  Konzeptionsfähigkeit  der  Narbe  und  die  Haltbarkeit  des  Pollens 
herrschen.     Da  die  Literatur  uns  hierüber  keine  verläßliche  Auskunft 


^J  Gärtner,  Versuche  und  Beobachtungen  über  die  Bastardzeügung  im 
Pflanzenreich  1849.  —  E.  Pflüger,  Die  Bastardierung  bei  den  Betrachiern.  Archiv 
f.  d.  gesamte  Physiologie,  Bd.  XXIX.  —  Born,  Beiträge  zur  Bastardierung  zwischen 
den  einjieimischen  Anurenarten.  Archiv  f.  Physiologie,  Bd.  XXXII.  —  Hertwig, 
Experimentelle  Grundlagen  über  die  Bedingungen  der  Bastardbefruchtung.  Jenaische 
Zeitschrift  f.  Naturwissenschaft,  XIX.  Bd.,  1886.  —  Loeb,  Über  den  chemischen 
Charakter  des  Befruchtungsvorganges.     Leipzig  1907. 


über  die  Erzeugung  von  Weizen-Roggenbastardierungen.        ,       251 

gibt,    mußten    die    entsprechenden    Versuclie    durchgeführt    werden. 
Diesö  sollen  an  anderer  Stelle  besprochen  werden. 

Um  auch  den  Einfluß  der  äußeren  Faktoren  auf  das  Gelingen 
der  Bastardierungen  untersuchen  zu  können,  war  es  nötig,  die  Be- 
stäubungen zu  verschiedenen  Tageszeiten  und  bei  verschiedener 
Witterung  vorzunehmen  und  Tag-  und.  Stunde  der  Bestäubung  für 
jede  Ähre  genau  ^  zu'  notieren.  Da  an  der  Lehrkanzel  für  Meteoro- 
logie der  Hochschule  für  Bodenkultur  alle  meteorologischen  Daten 
evident  gefiihrt  werden ,  war  es  später  möglich ,  am  der  Hand  dieser 
Tabellen  die  EinwirkiTUg  der  Temperatur,  Feuchtigkeit,  Sonnen- 
bestrahlung zur  Zeit  des  Befruchtungsvorganges  zu  untersuchen. 


■  "Wir  gehen  somit  zur  Versuchsbeschreibung  über. 

Für  unsere  Versuche  standen  Beete  mit  einer  ganzen  Anzahl  von 
Weizenrassen  zur  Verfügung,  die  jedoch  nicht  immer  vollständig  rein 
waren.     Auf  diesen  Beeten  wurden  die  Versuche  durchgeführt. 

Es  w-ar  nicht  zu  vermeiden,  daß  in  diesen  Beeten  bei  der  engen 
Nachbarschaft  mit  anderen  gleichzeitig  blühenden  Ähren  stellenweise 
Fremdbefruchtung  durch"  Weizenpollen  erfolgte.  Da  jedoch  die  ge- 
ernteten Körner  angebaut  wurden  und  im  nächsten  Jahre  erst  die  ■ 
Zahl  der  gelungenen  Bastardierungen  festgestellt  wurde,  so  bestanden 
gegen  den  Freilandversuch  keine  Bedenken,  selbst  auf  die  Gefahr 
hin,  daß  sich  im  Kornansatz  hier  und  da  ieinzelne  Weizenkömer  be- 
finden sollten.  '  .  , 

In  vorliegendem  Versuche  wurden  Ähren  des  Bocharaweizens 
bestäubt.  Es  ist  dies  eine  Weizenrasse,  die  vor  mehreren  Jahren 
von  einer  Studienreise  aus  der  Bochara  mitgebracht  wurde  und  seitdem 
alljährlich  im  Garten  der  Hochschule  für  Bodenkultur  angebaut  wird. 
Dieser  Bocharaweizen  stellt  jedoch  keine  reine  Rasse  vor,  sondern 
vielmehr  eine  Populati.on  verschiedener  üassenformen ,  die  vor  allem 
die  gemeinsamen  Merkmale  der  Frühreife  und  der  überaus  großen 
Empfänglichkeit  gegen  Rost  besitzen.  Es  finden  sich  sowohl  begrannte, 
als  auch  halb  begrannte  und  unbegrannte  Formen.  Letztere  sind  nicht 
einmal  konstant,  sondern  spalten  wieder  in  begrannte  und  unbegrannte 
Formen. 

Ähren  dieses  Bocharaweizens  wurden  in  verschiedenem  Zustande 
ihrer  Blühreife  ^)  mit  frischgesammeltem  Roggenpollen  bestäubt.  Der 
Versuch  wurde  durchgeführt,  indem  für  jede  der  kastrierten  Ähren 
der  Tag  ihrer  Blühreife  notiert  wurde.  Dieselben  wurden  dann  ein 
oder  mehrere  Tage  bis  zu  ihrer  Bestäubung  stehen  gelassen.  Für. 
jede  Versuchsserie  wurden. je  vier  Ähren  verwendet. 


*)  Als  blübreif   wurden   diejenigen  Äbren    angesehen,  bei    denen    alle    oder 
wenigstens  fast  alle  Spelzen  gespreizt  waren. 

16*  *       " 


252      r  ,    Firbas: 


• 


Der  zur  Bestäubung  verwendete  Roggenpollen  stammte  von  ver- 
schiedenen Rassen  des  AYinterroggens,  die  im  Hoch  Schulgarten  eben- 
falls in  Beeten  alljährlich  angebaut  werden,  jedoch  teilweise  stark 
miteinander  vermischt  sind.  Es  wurde  meist  ein  Gemenge  von 
Pollen  7ATr  Bestäubung  verwendet,  der  von  mehreren  Ähren  ver- 
schiedener Rassen  stammte.  Der  Pollen  wurde  auf  Glanzpapier  ge- 
sammelt und  aus  Schächtelchen  mit  dem  Pinsel  auf  die  Narbe  auf- 
getragen.     Als  Isolierung  wurden  Pergamentsäckchen  verwendet. 

Bei  den  folgenden  Zusammenstellungen  wurden  unter  der  Rubrik 
„Kornansatz"  nur  diejenigen  Körner  verzeichnet,  von  denen  ein  Keimen 
zu  erwarten  war.  Die  bei  jeder  schwer  gelingenden  Bastardierung 
relativ  große  Zahl  von  verschrumpften  und  mißgestalteten  Körnern, 
deren  Vorkommen  bereits  Kölreuter  ^)  als  halbe  oder  Afterbefruch- 
tung bezeichnet  hat,  blieb  unberücksichtigt.  Da  aber  alle  Körner, 
die  vielleicht  doch  ein  Keimen  erhoffen  ließen,  gezählt  wurden,  so 
erklärt  sich  die  große  Zahl  der  beim  Anbau  nicht  gekeimten  Körner. 

Übersicht  über   die  Versuche  des  ersten  Jahres: 

I.   Bocharaweizen  9  X  Roggen  c?.  / 

Pollen   frisch   gesammelt,   Ähre   blühreif. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  Kornansatz-     C-ekei^te  Bastarde- 

der  Bestäubung:      bestäubten  Blüten:     -^^ornansatz .      Xö^ner:  -ßastarae. 

31.    V.  10 1^45  24  _  _  _ 

1.  VI.    9^50  26  4  3  3 

2.  VI.    9  h  35  22  7  6  6 
2.  VI.    91145  22  19  lü  16 

Polle  n  frisch  g'esammelt,ÄhreeinenTag  nach  ihr  er  Blühreife  bestäubt. 

31.  V.     9i'40  23  ü  5.5 

31.  V.    91155  22  10  8                        8 

31.  T.  10t—  27  2  2         *               2 

31.  V.  IOI12O  26  1  1                        1 

Pollen  frisch  gesammelt,  Ähre  zweiTage  nach  ihrer  Blüh  r-eife  bestäubt. 

1.  VI.  lOh  10  18  -                 1  1 

1.  VI.  lOh  15  .23  2  2  — 

1.  VI.  10h  25  29  2  2  — 

1.  VI.  10h  30  20  _  _  _ 

Pollen  frisch  gesammelt, Ähre  drei  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 

2.  VI.    8h50       .  20    _  —  —  —         ' 
2.  VI.     9h  15                         24                             11  — 

2.  VI.    9h  15  22  .  —  —  — 

2.  VI.    9h  20  23  's  3  3 


')  Kölreuter,  Vorläufige  Nachricht  von  einigen  das  Geschlecht  der  Pflanzen 
betreffenden  Versuchen  und  Beobachtungen. 


über  die  Ei-zeugung  von  Weizen-Roggenbastardierungen.  253 

Poll  en  frisch  gesammelt,  Ähre  vier  Tage  n  ach  ihrerBlübreife  bestäubt. 

TagundStunde  Anzahl  der  Kornansatz:     Gekeimte         Bastarde: 

der  Bestaubung:     bestaubten  Blüten:  Korner: 

3.  VI.  11h—  22  —  .  —  — 

3.  VT.  11h  10  24  16  6  6 

3.  VI.  11h  25  16  —  —  — 

3.  VI.  11h  30  19-  _  _  _ 

Pollen  frisch  gesammelt, Ähre  fünf  Tage  nach  ihr  er  Blühreife  bestäubt. 

4.  VI     7h  50  30  1*1  — 

4.  VI.    8h—  26  1  1  — 

5.  VI.     9h  1.5  20  —  —  — 

5.  VI.    9h  25  18    ■  1  —  — 

Diese  Versuchsreihe  widerlegt  bereits  einwandfrei  die  oben  er- 
wähnte Annahme,  daß  möglicherweise  die  Bastardierung  leichter 
gelingt,  wenn  die  Ähre  das  Stadium  ihrer  Blühreife  überschritten 
hat,  sich  ihre  Narben  also  in  überreifem  Zustande  befinden;"  er  zeigt 
im  Gegenteil,  daß  es  am  günstigsten  ist,  die  Ähre  während  ihrer 
Blühreife  zu  bestäuben.  Der  Prozentsatz  der  gewonnenen  Bastarde 
geht  bei  den  späteren  Bestäubungen  stark  zurück,  bis  er  auf  Null 
herabsinkt. 

Bocharaweizen  zeigt  sich  ferner  als  glänzendes  Objekt  für  Weizen- 
Roggenbastardierungen.  Keine  der  später  verwendeten  Weizenrassen 
gibt  auch  nur  annähernd  einen  so  hohen  Prozentsatz  Bastarde. 

II.   Ige  1  Weizen  9  X  R  0  ggen  (5^. 

Pollen  frisch  gesammelt, Ähre  einenTagnachihrerBlühreife  bestäubt. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  ^  ,  Gekeimte        -r,     .      j 

der  Bestäubung:       bestäubten  Blüten:    Kornansatz:        Körner:         Bastarde: 

4.  VI.  11  h  5  28  2  2  — 

4.  VI.  11h  10  30  1  1  _ 

4.  VI.  11  h  15  24  —  —  — 

4.  VI.  11h  20  30  _  _  _ 

Pollen  frisch  gesammelt,  Ähre  dreiTage  nach  ihrer  Blühreif  e  bestäubt. 

6.  VI.  9  h  10  22  —  —  — 
6.  VI.  9h  20  23  1  1  — 
6.  VI.  9ht:0  .22  —  —  — 
6.  VI.    9h  35                        23                            1                        1  _ 

Pollen  frisch  gesammelt,  Ähre  fünf  Tage  nach  ihrer  Blüh  reife  bestäubt. 
8.  yi.    2h  2Ö  25  _  _  _ 

8.  VI.    2h  30  ?3  -  —  •  — 

8.  VI.    2h  40  20  —  ,        —  — 

8.  VI.     2h  45  28  —  —  — 

Pollen  zwei  Tage  alt,  Ähre  einen  Tag  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 
4.  VI.  10h  45  28  _  _  _ 

4.  VI.  10h  50  20  —  —  — 

4.  VI.  11h  —  27  1  1  _ 

4.  VI.  11h  _  22  —     '  —  _ 


254  Firbas: 

Pollen  vier  Tage  alt,   Ähre  einen  Tag  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  ,- „„  "„<.^        Gekeimte        n     4.     a 

der  Bestäubung:     bestäubten  Blüten:     -^ornansatz:       j^q^^^^.  Bastarde: 

4.  YL  10^30  23  *       .      2  2  — 

4:  VI.  101' 30  24  —  —  •      — 

4.  Yl!  101'  35  20  r  1  — 

4.  VI.  lOi»  40  28  —  —  .      — 

Pollen  zwei  Tage  alt,  Ähre  drei  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 

6,  VI.'  St  30  '28  —                       —                       — 

6.  VI.    81' 40  29  —                   ■    =                       — 

6.  VI.    81^55  30  -                       —                       — 

6.  VI.    9I1  —  24  1  angefressen,  nicht  keimfähig. 

■  Bei  keiner  Ähre  wurde  ein  Bastard  erzielt. 

III.    LoGsdorfer   Bärt\veizen$><  Roggen  c?. 

Hier  und  bei  späteren  Yersuchen  konnte  nicht  immer  für  jede 
Yersnchsserie  die  gleiche  Anzahl  Ähren  verwendet  werden,  wie  es  die  ur- 
sprüngliche Absicht  War,  da  nicht  immer  Pollen  in  genügender  Menge 
zur  Verfügung  stand,  ferner  Regenwetter  es  wiederholt  unmöglich 
machte,  die  an  einem  Tage  beabsichtigte  Anzahl  Bestäubungen  durch- 
zuführen. Es  mußte  daher  unfreiwillig  eine  größere  Anzahl  Ähren 
in  vorgeschrittenerem  Entwicklungsstadium  bestäubt  werden. 

Polien  frisch   gesammelt,  Ähre   blühreif. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  Trr.rnnn.jaty      Gekeimte         Bastarde  • 

der  Bestäubung:      bestäubten  Blüten :    -l^oinansatz.       j^q^^^..  Bastarde. 

10.  VI.    4I15O  22  —  —  — 

Pollen  frisch  gesammelt,  ÄhredreiTage  nach  ihrer  Blüh  reife  bestäubt. 

9.  VI.  III12O  2.5  —  — 

10.  VI.     91110  19  —  —  — 

10.  VI,    9115O  22  —  —  — 

10.  VI,    311 50  23  -  —  — 

Pollen  frisch  gesammelt,  Ähre  vierTage  nach  ihr  er  Blühreife  bestäubt. 
9.  VI.  101»  —  19  1        angefressen,  nicht  keimfähig. 

9.  VI.  lOt  10  22  —  —    -  — 

10.  VI.     91»  45  16  —  —  — 

Pollen  frisch  gesammelt,  Ähre  fünf  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 

10.  VI.  8  h  50  26  —  —  — 

10.  VI.  911—  28  1,  1  — 

10.  VI.  911I5  28  ■                     —  —  — 

10.  VI.  9h  30  28  —  —  — 

Pollen  vormittags  gesammelt,  Ähre  blfihreif. 
10.  VI.     21145  14  —  —  -- 

Pollen  vorm.  gesammelt,  Ähre  einenTag  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 

10.  VI.     211  15  '   18  —  —  — 


über  die  Erzeugung  von  "\Veizen-*Roggenbastardierungen.  255 

Po  llenvor  m.  gesammelt,  ÄhrezweiTagB  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  KornÄnsat7-      ^^ekeimte  Bastarde- 

der  Bestäubung:    bestäubten  Blüten:     -i^ornansatz.       j^ö^jj^j..  J^astarde. 

9.  VI.    21»  15  18  '  —  —  — 

Pollen  vorm.  gesammelt,  Ähre  drei  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 
9.  VI.    3ii25  24  —  —  — 

Pollen  vorm.  gesammelt,  Ähre  vier  Tag  enach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 

9.  VI.    3h  —26  —  —  — 

9.  VI.    31' 10  22  _—  —  —  ■■' 

Pollen  vorm.  gesammelt,  Ähre  fünf  Tage  nach. ihrer  Blühreife  bestäubt. 
10.  VI.     21»  30  21  —  —  — 

10.  VI.     21150  24  —  —  — 

10.  VI-    3ii  —  ■  28   '■  —  —  — 

Die  zwei  geernteten  Körner  zeigten  sich  beim  Anbau  als  "Weizen. 

<r 
IV.    Molds   Squarehead2xRoggen'(5. 

Alle  Bestäubungen  wurden  mit  fvisch  gesammeltem  Pollen  durch- 
geführt. 

Ähre  blühreif,  drei  Versuche;  Ähre  einen  Tag  nach  ihrer  Blüh- 
reife bestäubt,  ein  Versuch ;  Ähre  zwei  Tage  nach  ihrer  Blühreife 
bestäubt,-  2  Versuche ;  Ähre  vier  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt, 
11  Versuche;  Ähre  fünf  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt,  drei 
Versuche ;  Ähre  sechs  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt,  drei  Ver- 
suche.    Bei  keinem  der  Versuche  wurde  ein  Korn  vorgefunden. 

V.    Bielers   Epp$xRoggenc5. 

Alle  Bestäubungen  wurden  mit  frisch  gesammeltem  Pollen  durch- 
geführt. 

Ähre  blühreif,  vier  Versuche ;  Ähre  zwei  Tage  nach  ihrer  Blüh- 
reife bestäubt,  acht  Versuche;  Ähre  drei  Tage  nach  ihrer  Blühreife 
bestäubt,  vier  Versuche;  Ähre  vier  Tage  nach  ihrer  Blühreife  be- 
stäubt, zwei  Versuche.  Auch  bei  Bielers  Epp  wurde  kein  einziges 
Korn  geerntet. 

-VI.    Eoter   Gralizischer   (^rannenweizen  $  x  Roggen  d. 
Pollen  frisch  gesammelt,  Ähre  drei  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  tt^^^o^o,.         Gekeimte         ,,     .      . 

der  Bestäubung:      bestäubten  Blüten:     -^^ornansatz :      j^q^j^^j..  Bastarde: 

13.  VI.  Uh  10  16  —     ■  —  ■         _ 

Pollen  f tisch  gesammelt,  Ähre  vier  Tage  nach  ihrer  Blühreif  e  bestäubt. 
13.  VI.  11h  1.5  16  _  _  _ 

13.  VI.    3h  _  17  5  1  1 

13.  VI.    3h  10  .  22  —  ^  _ 


256  Firbas: 

Pollen  frisch  gesammelt,  Ähre  fünf  Tage  nach  ihrer  Blüh  reife  bestäubt. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  -rj-  .         Gekeimte         -c     i.     j 

der  Bestäubung:       bestäubten  Blüten:    Kornansatz:      Körner:  Bastarde: 

13.  VI.  11h—  ,28  —  -  — 

13.  VI.  11  h_  20  —  —  — 

13.  VI.  11h  20  20  —  —  — 

13.  VI.  11h  25  .                    22  _  _  _ 

Pollen  vorm.  gesammelt,  Ähre  zwei  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 

13.  VI.     1  h  40  15  —  —  — 

-        13.  VI.    2h—  18  —  —  .  — 

13.  VI.    2  h  20  22-  —  -  — 

13.  VI.    2h  25  "15  '         —  —  — 

13.  VI.    2  h  35  14  2  1  1 

Pollen  vorm.  gesammelt.  Ähre  drei  Tage»nach  ihr  er  Blüh  reife  bestäubt, 
13.  VI.    2h  —  11  1  1  _ 

13.  VI.     2h  30  16  _  _  _ 

Pollei*  vorm.  ge,sammelt,Ähre  vier  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 
13.  VI.     IhSO  13  —  —  — 

13.  VI.     Ih55  17      ,  —  .  —  — 

Pollen  vorm.  gesammelt,  Ähre  fünf  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt. 
.  13.  VI.    1  h  30  21  —  —  — 

13.  VI.    2h  10  20  —  —  — 

13.  VI.    2h  15  24  —  —  —    _ 

Das  Ergebnis  sind  zwei  Bastarde  von  verschiedenen  Ähren ; 
dieses  ist  jedoch  zu  dürftig,  um  hieraus  irgendwelchen  Schluß  ziehien 
zu  können. 

VII.    Czar  ?  X  Roggen  c?. 

Auch  hier  war  der  vorangegangene  Regentag  die  Ursache  für 
die  unregelmäßige  Versuchsanordnung.  Alle  Bestäubungen  wurden  mit 
frisch  gesammeltem  Pollen  durchgeführt. 

Ähre  zwei  Tage  nach   ihrer  Blühreife  bestäubt. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  ,^  ,         Gekeimte         -r,     ^     :, 

T      -r.    ...   1  1       .1.       -r.!    ,  Kornansatz:       „..  Bastarde: 

der  Bestaubung:      bestaubten  Bluten;  Jlorner: 

13.  VI.     5  h  15  24  —  —  — 

Ähre   drei   Tage   nach   ihrer   Bl.  ühreife  bestäubt. 


13.  VI. 

11h  35 

28 

13.  VI. 

11h. 50 

20 

13.  VI. 

11h  55 

26 

13.  VI. 

5h  20 

22 

13.  VI. 

5h  30 

24 

13.  VI. 

5h  30 

30 

13.  VI. 

5  h  45 

24 

Ähre  vier  Tage  nach  ihrer   Blühreife  bestäubt. 
13.  VI.  12  h—  23  1  1 

13.  VI.    5h  10  29        ,  —  — 

13.  VI.    5  h  40  28  —  — 

Die  zwei  geernteten  Kömer  waren  AVeizenkörner. 


über  die  Erzeugung  von  Weizen-Roggenbastardierungen.  257 

VIII.    Weißer  Epp9  X  Roggen  c?. 

Die  Bestäubungen  wurden  mit  frisch  gesammeltem  Pollen  durch- 
geführt. 

Ähre  drei  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt,  vier  Versuche ; 
Ähre  vier  Tao-e  nach  ihrer  Bkihreife  bestäubt,  ein  Versuch;  Ähre 
fünf  Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt,  ein  Versuch.  Kein  Bastard 
als  Ergebnis. 

IX.    Sommerspelz  9  X  Sommerroggen  (?. 

Pollen  frisch  gesammelt,  Ähre  blühreif,  drei  Versuche;  Pollen 
frisch  gesammelt,  Ähre  einen  Tag  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt,  ein 
Versuch;  Pollen  frisch  gesammelt,  Ähre  zwei  Tage  nach  ihrer  Blüh- 
reife bestäubt,  drei  Versuche ;  Pollen  frisch  "  gesammelt,  Ähre  drei 
Tage  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt,  ein  Versuch;  Pollen  einen  Tag 
alt,  Ähre  blühreif,  zwei  Versuche ;  Pollen  einen  Tag  alt,  Ähre  einen 
Tag  nach  ihrer  Blühreife  bestäubt,  zwei  Versuche.  Beim  Sommer- 
spelz  wurde  kein  Bastard  gewonnen.  Beim  Winterspelz  wurde  jedoch 
bei  späteren  Versuchen  guter  Ansatz  erzielt. 
' '  Hier  schließen  die  Versuche  des  ersten  Jahres. 


Was  für  ein  Schluß  kann  nun  aus  den  bisherigen  Arbeiten  ge- 
zogen werden?  Vor  allem  sehen  wir,  daß  der  Grad  der  sexuellen 
Affinität  zwischen  den  verschiedenen  Weizenrassen  und  Roggen  ein 
verschiedener  ist.  Wenn  auch  bei  den  meisten  der  hier  besprochenen 
Rassen  vorwiegend  ältere  Ähren  zur  Bestäubung  gelangten,  so  kann 
dieser  Umstand  nicht  als  ausschlaggebende  Ursache  für  das  völlige 
Fehlen  von  Bastardkörneru  angesehen  werden,  schon  aus  dem  Grunde, 
da  für  viele  Ähren  das  vorangegangene  Regenwetter  die  Ursache  für 
die  verzögerte  Bestäubung  war.  Die  Veränderung,  welche  die  Narbe 
bei  regnerischem  Wetter  und  der  damit  verbundenen  niederen  Tem- 
peratur in  ein  bis  zwei  Tagen  erleidet,  ist  viel  zu  gering,  um  hier 
den  alleinigen  Grund  für  das  Fehlen  eines  Ansatzes  zu  suchen.  Auf 
das  verschiedene  Verhalten  der  Weizenrassen  bei  Bestäubung  mit 
Roggenpollen  soll  jedoch  erst  später  eingegangen  werden,  um  mehrere 
Resultate  zusammenfassen  zu  können. 

Die  gewonnenen  Bastarde  verdanken  wir  fast  ausschließlich  den 
Bestäubungen  am  Bocharaweizen.  Wie  schon  erwähnt,  widerlegt 
bereits  dieser  Versuch  die  ursprüngliche  Annahme ,  daß  Bastard- 
befruchtung bei  überreifer  Narbe  vielleicht  leichter  gelingt.  Wäre 
diese  Behauptung  richtig  gewesen,  so  hätte  aber  auch  bei  den 
folgenden  Versuchen,  da  die  Zeit  der  Blühreife  bei  den  verschiedenen 
Ährchen  einer  Ähre  eine  verschiedene  ist,  aus  der  Verteilung  des 
Ansatzes  innerhalb  der  verschiedenen  Ähren  auf  eine  besondere  Eig- 
nimg eines  bestimmten  Reifestadiums  der  Narbe  für  die  Bastardierung 


258  Firbas: 

geschlossen  werden  können.  Dies  war  jedoch  nirgends  der  Fall.  Es 
besteht  hier  also  keine  Übereinstimmung  mit  den  Seeigelversuchen 
Hertwigs.  Solange  die  Narbe  empfängnisfähig  ist,  ermöglicht  sie  auch 
Bastardbefruchtung.  Von  einem  besseren  Ansatz-  bei  späterer  Be- 
stäubung kann  jedoch  nicht  die  ßede  sein. 

Über  das  der  Bastardierung  günstigste  Alter  des  Pollens  gestatten 
die  bisherigen  Versuche  noch  kein  abschließendes  Urteil.  Beim 
Bocharaweizen  wurde  ausschließlich  frisch  gesammelter  Pollen  ver- 
wendet und  die  zwei  beim  roten  Galizischen  G-rannenweizen  erzielten 
Bastarde  berechtigen  zu  keinen  Folgerungeji.  Es  scheint  jedoch,  daß 
*die  Narbe  älteren  Pollen  nicht  bevorzugt,  denn  sonst  hätte  sich  bei 
den  mit  älterem  Pollen  bestäubten  Ähren  wenigstens  hier  und  da  ein 
Bastardkorn  zeigen  müssen. 

Über  die  Frage,  ob  meteorologische  Einflüsse  die  Bastardierung 
im  günstigen  oder  im  ungünstigen  Sinne  beeinflussen,  können  uns  die 
bisherigen  Versuche  keine  Auskunft  geben.  Die  zwei  Bastarde  Gali- 
zischer  X  ßoggen  faUen  nicht  in  die  Wagschale.  Während  der 
Arbeiten  am  Bocharaweizen  herrschte  durchwegs  heißes,  sonniges 
"Wetter.  Der  Schluß  jedoch,  daß  dieses  den  Ansatz  in  so  hohem 
Grade  begünstigt  hat,  ist  unzulässig,  da  die  Gegenprobe  nicht  vor- 
handen ist.  Auch  ist  die  Zahl  der  verwendeten  Ähren  zu  gering  und 
der  Einfluß  der  um  mehrere  Tage  verzögerten  Bestäubung  zu  groß, 
um  irgendwelche  Folgerungen  ziehen  zu  können. 

Um  ein  abschließendes  Urteil  über- den  Einfluß  äußerer  Faktoren 
auf  die  Bastardierung  zu  bekommen,  war  es  daher  nötig,  weiterhin 
eine  ansehnliche  Anzahl  Ähren  z^i  den  verschiedensten  Tageszeiten 
und  bei  verschiedenster  Witterung  zu  bestäuben.  Diese  Arbeiten 
wurden  im  folgenden  Frühjahre  durchgeführt.  Der  Einfluß  des  Ent- 
wicklungsgrades der  Narbe  auf  die  Bastardbefruchtung  ist  bereits  im 
negativen  Sinne  als  gelöst  zu  betrachten.  Da  die  Zweckmäßigkeit 
der  Verwendung  älteren  Pollens  auch  sehr  fraglich  erschien,  wurde 
zur  Lösung  dieser  Frage  nur  eine  geringe  Anzahl  Ähren  reserviert. 
Außer  diesen  wenige»  Ähren  durften,  um  etwaige  störende  Momente 
nach  Möglichkeit  zu  beseitigen,  nur  Ähren  in  gleichem  äußeren  Ent- 
wicklungsgrade —  also  im  Zustande  der  Blühreife  —  mit  frisch 
gesammeltem  Pollen  bestäubt  werden. 

Auch  diese  Versuche  wurden  wie  die  vorangehenden  auf  Beeten 
im  Freilande  dur-chgeführt. 

Es   sollen   nun   die  Versuche    des  z  w  e  i  t  e  n  Jahres   besprochen 

werden.  « 

I.    tgelweizen^xRoggend. 

8.  VI.  lOli  30  bis  10h  55,  7  Ähren;  8.  VI.  IIb  bis  nh  30,  7  Ähren; 

8.  VI.  11^30  bis  121',  G  Ähren.     Bei  keiner  Ähre  Fruchtbildung. 


über  die  Erzeugung  von  Weizeu-Eoggenbastardierungen.  259 

Um  die  Witternngseinflüsse  überhaupt  auszuschalten,  wurde  die 
Bestäubung  einiger  eingetopfter  "Weizenpiianzen  im  Zimmer  vorge- 
nommen. Der  eine  Teil  der  AVeizenpiianzen  wurde  im  Zimmer  bei 
gewöhnlicher  Zimmertemperatur  bestäubt,  der  andere  Teil  in  eineni 
Zimmer,  dessen  Temperatur  künstlich  durch  Anzünden  eines  Gasofens 
auf  25— 28"  C  gebracht  wurde.  Die  Pflanzen  blieben  auch,  wie  aus  den  No- 
tierungen ersichtlich  ist,  eine  Zeit  lang  nach  der  Bestäubung  im  Zimmer. 

Zur  Feststelluno-,  ob  der  geschlossene  Raum  keinen  schädlichen 
Einfluß  auf  den  Kornansatz  habe,  wurden  vorerst  einige  Weizen- 
pflanzen im  Zimmer  abblühen  gelassen.  Die  Vornahme  dieses  Ver- 
suches war  nötig,  da  es  nachgewiesen  ist,  daß  noch  nicht  befruch- 
tete Blüten  man^cher  Pflanzen  verderben,  wenn  der  Standort  derselben 
durch  Versetzen  in  ein  geschlossenes  Zimmer  verändert  wird  ^).  Der 
Ansatz  erwies  sich  jedoch  bei  den  Weizenpflanzen  bei  sämtlichen 
Ähren  normal,  nur  mußten  diese  rechtzeitig  ins  Freiland  gebracht 
werden,  um  einem  Verkümmern  der  .Körner  vorzubeugen. 

Es  lagen  also  gegen  die  Vornahme  der  Bestäubung  im  Zimmer 
keine  Bedenken  vor.  Um  den  ■  Einfluß  der  Temperatur  und  des 
Feuchtigkeitsgehaltes  der  Luft  des  geheizten  Zimmers  festzustellen, 
wurden  die  entsprechenden  Messungen  vorgenommen  und  die  Daten 
zweimal  täglich  notiert,  und  zwar  des  Morgens,  bevor  der  Gasofen  * 
angezündet  wurde  und  abends,  wenn  derselbe  ausgelöscht  wurde. 

Igelweizen^xßoggend 
(im  geheizten  Zimmer  bestäubt). 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  -,^  ,  Gekeimte  -o     i-     a 

der  Bestäubung:        bestäubten  Blüten:  K°^°^°^^^^=      Körner:  Bastarde: 

2.  VI.  llii_25o  C,  60%  87  —  -  — 

2.  VI.  1111  —  250  0,600/0  39  '  —  •  — 

2.  VI.     6>  —  Giis  abgedreht  (27  0  Q^  .5.30/0), 

3.  VI.     81»—     „    angezündet  ( 190  C,  560/0). 

3.  VI.  4h  — 270  c,  470/0  30  —  •      —  — 

3.  VI.  411  —  2700,470/0  35  —  —  — 

3.  VI.  411  —  2700,470/0  39  —  •  — 

3.  VI.  411  —  2700,470/0  27  —  —  - 

3.  VI.     eh  —  Gas  abgedreht  (270  Q^  460yo). 

4.  VI.     8^~     ,.   angezündet  (210  0,  470/0). 

4.  VI.    311302100,470/0       '26  —  —  — 

4.  VI.    811  —  2100,470/0  23  —  •    —  - 

4.  VI.      6I1  —  Gas  abgedreht  (280  0,  50  O/o). 

,5.  VI.     81i  —     „    angezündet  (210  0,520/o).      '                                                      "  ■ 

5.  VI.  1011  —  2400,200/0  22  —  —  — 
5.VL  1011-2400,200/0  23  —  —  — 
5.  VI.  10  ii -24  h  0,200/0  16  _  _  _ 
5.VI.  10 11  —  24110,20  0,0  ,18  —  —  — 
5.  VI.  Gas  abgedreht  (28  0,  50  O/o).  —  Am  8.  VI.  ins  Freiland  gestellt. 


^)  Gärtner,  S.  251  nachgewiesen  für  Tropaeolum  maiuSj  Lycium  barbarum 
und  europaeum. 


260  '  .  Firbas: 

IgelweizenQxE-oggenc?. 
(im  ungeheizten  Zimmer  bestäubt). 

10.  VI.  2h  30. bei   18"  C,    sechs  Ähren;    11.  VI.    10^   bei    18"  C, 

vier  Ähren.     Am  13.  VI.  ins  Freiland  gestellt. 

Weder  beim  Freilandversuch  noch  bei  den  Bestäubungsversnchen 
im  geheizten  nnd  ungeheizten  Zimmer  konnte  ein  Ansatz  verzeichnet 
werden. 

II.    Loosdorfer   Bart weizen  Q  x  Roggen  c?. 

Da,  wie  erwähnt,  aus  den  bisherigen  Versuchen  noch  nicht  zu 
ersehen  war,  ob  die  Bastardierung  des  Weizens  mit  Roggen  bei  Ver- 
wendung frisch  gesammelten  Pollens  zur  Bestäubung  besser  o-elino-t 
als  bei  Verwendung  älteren  Pollens,  so  mußte  eine  Wiederholung 
dieser  Versuche  vorgenommen  werden. 

Es  wurde  ein  Teil  der  Ähren  mit  frischem  Pollen  bestäubt,  der 
andere  mit  Pollen,  der  tags  vorher  gesammelt  wurde.  Der  Beweis, 
daß  ein  Tag  alter  und  älterer  Roggenpollen  noch  verwendbar  ist, 
wurde  inzwischen  erbracht. 

Hier  und  bei  den  folgenden  Versucheü  dieser  Art  wurde  zu  einer 
bestimmten  Tageszeit  dieselbe  Anzahl  Ähren  mit  frisch  gesammeltem 
Pollen  bestäubt,  wie  mit  tags  vorher  gesammeltem  Pollen,  so  daß 
eventuelle  störende  Witi^erungseinflüsse  bei  beiden  Versuchen  in 
gleichem  Grade  zur  Geltung  kommen  mußten. 

Bestäubung  mit  frisch   gesammeltem   Pollen. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  Kornansatz-      Gekeimte         Bastarde- 

der  Bestäubung:      bestäubten  Blüten:    ^^ornansatz.       Körner:  -Bastarde. 

9.  VI.     91145                -        41  1  —  — 

,  9.  VI.  10h  40-              .44  —      •  —  — 

*  9.  VI.  IOI15O  37  4  3  3 

9.  VI.  10^50  24  3  —  — 

9.  VI.  Uli—  22    .  —  —  — 

9.  VI.  11h  10  29  1  —  — 

9.  VI.    4h  20  30  —  —  — 

9.  VI.    4h  30  24  11  1 

10.  VI.    9h  10  22  —  —  — 

10.  VI.    9h  20  24  18  8  8 

10.  VI.    9h  30  28             '  1  —  - 

10.  VI.  10h  50  25  —  —  — 

10.  VI.  11h  _  24  —  —  — 

Bestäubung  mit  tags  vorher   gewonnenem   Pollen 
(um  5  Uhr  nachmittags  gesammelt). 

9.  VI.  9h  50  22  2  2  2 

9.  VI.  10h—  25  —  —  — 

9.  VI.  10  h—  36  —  •      —  — 

9.  VI.  10h  10  37  —  —  — 

9.  VI.  10h  20  24  —  —  — 

9.  VI.  11h  10  '  28  —  -  — 


über  die  Erzeugung  von  Weizen-Koggenbastardierungen.  261 

Bestäubung  mit  tags  vorher  gewonnenem  Poll e'n 
(um  5  Uhr  nachmittags  gesammelt).        • 

Kornansatz:      ^^^^^^^         Bastarde: 


Tag  und  Stunde 

An 

zahl  der 

der  Bestäubung: 

bestäubten  Blüten 

9.  VI.  111120 

32 

9.  VI.    4I14O 

24 

9.  VI.    4^50 

31 

10.  VI.  91140 

22 

10.  VI.     9i'50 

29 

10.  VI.  lOii- 

'19 

10.  VI.  lOii  — 

18 

10.  VI  10  h  10 

20 

10.  VI.  101120 

37 

10.  VI.  101130 

31 

1  1 

3  3 


Auf  Grund  dieses  Versuches  könnte  aus  der  Anzahl  der  gewonnenen 
Bastarde  bei  oberflächlicher  Betrachtung  geschlossen  werden,  daß 
frisch  gesammelter  Pollen  für  die  Bastardbefruchtung  günstiger  ist 
als  älterer.  Wenn  wir  aber  die  Anzahh  der  auf  die  einzelnen  Ähren 
entfallenden  Körner  betrachten,  so  sehen  wir,  daß  ein  solcher  Schluß 
verfrüht  wäre,  da  ihre  Verteilung  ganz  willkürHch  ist  und  offenbar 
unabhängig  vom  Alter  des  Pollens. 

Es  wurden  acht  Bastarde  von  einer  24  blutigen  Ähre  gewonnen. 
Es  ist  dies  ein  analoger  Fall,  wie  er  eingangs  erwähnt  wurde  und 
Anlaß  zu  unseren  Untersuchungen  gab.  Welches  waren  nun  die  Ein- 
flüsse, denen  dieser  auffallend  gute  Ansatz  zuzuschreiben  ist?  Der 
Versuch  zeigt,  daß  drei  Ähren  um  91i  10,  95120  und  9^30,  also  zu 
fast  gleicher  Zeit  bestäubt  wurden.  Von  der  um  9li  20  bestäubten 
Ähre  wurden  acht  Bastarde  geerntet,  von  den  beiden  anderen  Ähren 
nicht  ein  einziger.  Es  ist  nun  undenkbar,  daß  Witterungseinflüssen 
dieser  hervorragend  gute  Ansatz  zu  verdanken  ist,  denn  diese  müssen 
ja  bei  den  beiden  anderen  Ähren  dieselben  gewesen  sein.  Hiermit  ist 
aber  auch  die  Behauptung  widerlegt,  daß  die  Ursache  für  den  beson- 
ders guten  Ansatz  einiger  Ähren  in  irgendwelchen  äußeren  Faktoren 
gesucht  werden  kann  und  kein  Ergebnis  hätte  dies  deutlicher 
vor  Augen  führen  können  als  diese  zu  gl^cher  Zeit  bestäubten 
drei  Ähren. 

AuJer  diesen  S.Bastarden  hatte  aber  die  Ähre  noch  10  Körner, 
die  nicht  gekeimt  waren;  wir  können  also  annehmen,  daß  18  Bastard- 
*  körner  vorhanden  waren.  Der  Prozentsatz  der  gekeimten  Körner  ist 
bei  Bastarden  immer  gering,  da  diese  meist  verschrumpft  und  miß- 
bildet sind.  Es  ist  daher  aus  dem  Umstände,  daß  die  Körner  nicht 
gekeimt  haben,  zu  schließen,  daß  dies  Bastardkörner  waren,  daß  sich 
also  hier  eigentlich  18  Bastardkörner  bei  einer  24blütigen  Ähre  vor- 
fanden, von  denen  jedoch  nur  8  keimfähig  waren. 


262                                                             Firbas:  "     . 

Loosdorfer   BartweizenQx  Roggen  c? 
(im  geheizten  Zimmer  bestäubt). 

Tag  und  Stunde                   Anzahl  der          \r^^^„„^„4.„  Gekeimte         -o     ,     j 

der  Bestäubung:            bestäubten  Blüten:  Kornansatz:    .  j^q^^^^.  Bastarde 

9.  VI.  12h—                               28                        —  _                      — 

9.  VI.  12h—                                24                           1  .1                         1 

9;  VI.  12h—                                28                           1-  1                         1 

9.  VI.  12  h—  220  C;  61  o/o          25              .2  2                  -      1. 

9.  VI.  12h  —  -                             28                        —  —                      — 

•     9.  VI.  12h-                         .      .33                        -  —                      — 

9.  VI.  12h—                               36                        _             .       .  _  _     . 
9.  VI.     5  h  20  26«  C,  620/0          33         •                — 

9.  VI.    5  h  20                               26                        —  —                      — 

9.  VI.      6h  —   Gas  abgedreht  (26^  C,   62 o/o). 
10.  VI.      8h—      „   angezüitdet  (20°  C,   050/c). 

10.  VI.  11h  30  270  c,  60  0/0    20          1  1-1 

10.  VI.  11h  30             23          —  —         — 

10.  VI.  11h. 30             23   •       —  —         -• 

10.  VI.     6h  —  Gas  abgedreht  (280  C,  580/o).  • 

11.  VI.      8h—     .,    angezündet  (220  C,  590/0). 

11. VI.    9h—  260C,  620/0          22                        _-  _                      _ 

11.  VI.    9h—                               24           ,            —  —                      — 

11.  VI.    9h—                            ,26              '1  1                        1 

11.  VI.      6h—   Gas   abgedreht  (290  C,    60 ''/o).  • 

12.  VI.      8h—      „   angezündet   (22  0  C,  640  o). 

12.  VI.    3h—  280  C,  580/0          18                    ..   —  -                      — 

12.  VI.    3h—                               18                        —  —                      — 
12.  VI.     6h—  Gas  abgedreht  (28«  C,  o80,o).    Am  13.  VI.  ins  Freiland  gestellt. 


10.  VI. 

2h45 

10.  VI. 

2h  45 

10.  VI. 

2  h  45 

11.  VI. 

10h  — 

12.  VI. 

2h  — 

13.  VI. 

3h- 

15.  VI. 

2h- 

Loosdorfer   Bartweizen  Q  x:  Roggen  c? 
(im  vmgeheizten  Zimmer  bestäubt). 

180  C                   26  1  1  1         ■ 

24       .  1,1  1 

21  1  1  1 

18«  C                   22  2  2        ■        .        — 

20  1  —  — 

190  c                  16  —  —  ^ 

22  _  •         _  -.Am 
16.  VI.  ins  Freiland  gestellt.  ' 

III.  Banaterweizen  9  X  Roggen  (?. 
Während  bei  den  bisherigen  Versuchen  Perganients'äckchen  als 
Isolierung  verwendet  wurden,  wurde  hier  eine  Anzahl  .Ähren  durch 
gläserne  Isolierzylinder  gegen  Fremdbestäubung  geschützt.  Solche 
Isolierzylinder  wurden  zuerst  von  v.  Tschermak  verwendet  und  sind 
in  Fruwirths  IV.  Band  „Die  Züchtung  der 'landwirtschaftlichen  Kultur- 
pflanzen" ^)  beschrieben.  Da  dieselben  oben  geschlossen  sind,  schlägt 
sich    das   aus   der   Ähre    verdunstende   Transpirationswasser    an    den 

ij  Zweite  Auflage  1910,  S.  72;  Band  I.,  5.  Aufl.  1920,  S.  329. 


über  die  Erz;eugung  von  Weizen-Roggenbastardierungen.  203^ 

Glaswänden  nieder,   so  daß  sich  die  Ähre  in  einem  mit  Feuchtigkeit 
gesättigten  Räume  befindet. 

Es  sollte  hier  untersucht  werden,  ob  die  Art  der  Isolierung  einen 
Einfluß  auf  das  Gelingen  unserer  Bastardierungen  hat.  Auch  bei 
diesen  Versuchen  wurde  die'  gleiche  Anzahl  zu  einer  bestimmten 
Tageszeit  bestäubter  Ähren  durch  Pergamentsäckchen  wie  durch 
Isolierzylinde}'  geschützt,  so  daß  andere  Einwirkungen  nicht  in  Be- 
tracht kommen  konnten. 

Unter  dem   Isolierzylinder. 

Tag  und  Stunde  -Anzahl  der  Kornansatz:      %^t^^^^         Bastarde, 

der  Bestäubung:      bestäubten  Blüten:  Korner: 

8.  VI.  3I13O  28    ■      ,  ■      2  1  — 

8.  VI.  3h50    '  30  1.^1  1 

8.  VI.  4h  10  .33  —  —  — 

8.  VI.  4h  20  36  3  2  2    , 

8.  VI.  4h  40  39         .  1  .1                    •  — 

8.  VI.  4h  50  31  .1  —  — 

8.  VJ.5hl5  34  2  2   .  — 

9.  VI.  6h  30  früh  27  6  4  4 

9.  VI.  6h  40  30  3  ■               3  3 

9.  VI.  7h  30  36  .    —  .               —  — 

9.  VI.  7h  50  26  1  1  1 

9.  VI.  8  h  —  29  "5  3  - 

9.  VI.  8h  20  36  11  — 

9.  VI.  8h  40  27     •  3  2  •      1    • 

• 
Unter   Säckc.hen. 

8.  VI.  3h  40  35  11  1 

8.  VI.  4h—  36  11  — 

8.  VI.  4h  30  44  .        1.             .           1  1        - 

8.  VI.  4h  30  34  1    .                   —  — 

8.  VI.  5h—                   '33  1  .      —  — 

8.  VI.  5h  05  23  1        •              —  — 

8.  VI. .5h  45  26-1  1  — 

8.  VI.  5h  55  30  —  .                    -TT  —         ' 

9.  VI.  6  h  30  früh  24  1                      —        .  --      . 
9.  VI.  6h  50  25  •.        6                        2  ,2 

9.  VI.  7  h  40  30  —  —  — 

9.  VI.  8h—  .  31  '                   2  1  •                  1 

9.  VI.  8h  10  23  1  1  — 

9.  VI.  8h  15  18  1  —  — 

9.  VI.  8h  30  28  1  1  1 

"Wenn  wir  hier  von  den  2  Ähren  mit  3  und  4  Bastarden  absehen; 
so  besteht  zwischen  den  ErgelDnissen  der  Ähren  unter  dem  Isolier- 
zylinder und  denen  unter  Säckchen  kein  nennenswerter  Unterschied. 

Die  Unregelmäßigkeiten  in  .der  Verteilung  der  Bastarde  auf  die 
einzelnen  Ähren  sind  hier  weniger  auffallend  wie  beim  vorhergehenden 
Versuche,  bestehen  aber  immerhin.  Es  kann  auch  hier  der  Ansatz 
in  keinem  Zusammenhange  mit  äußeren  Faktoren  stehen. 


264  Firbas: 

IV.    Molds  Squarehead  $  X  Roggen  (?, 
Unter   dem  Isolie^z^■  linder. 


Tag  und  Stunde 
der  Bestäubung: 

Anzahl  der 
bestäubten  Blüten: 

Kornansatz: 

Gekeimte 
Körner : 

Bastarde : 

15.  VI.  10^30 

42 

4 

4 



15.  VI.  llh  — 

36 

1 

1 

1     * 

15.  VI.  llh  10 

22 

— 

— 



15.  VI.    3ii30 

37 

— . 

—    1 



15.  VI.    31^30 

*       31 

— 

— 



16.  VI.    9h  10 

51 

— 

— 



16.  VI.    9  b  10 

34 

2           : 

2 



17.  VI.    21120 

29. 

— 





17.  VI.     21130 

34 



: — 



18.  VI.  101140 

38 

1 

1 

1 

Unter   Säckchen.. 

15.  VI.  101120    . 

37 

1 

1 

1 

15.  VI.  IQiiÖO 

32 

4 

4 

— '. 

15.  VI.  llii- 

24     . 

— 

— 

— 

15.  VI.    31135 

23 

— 

— 

— 

15.  VI.    31145 

36 

— 

— 

— 

"  16.  VI.    911- 

36 

1 

1 

1 

16.  VI.    91115 

40  . 

5 

4 

— 

17.  VI.    211  15 

32 

1 

— 

— 

17.  VI.     2114O 

■  32 

1 

1 

1 

18.  VI.  IOI135 

36 

1 

1 

1 

Mochte  bei  dem  vorigen  Versuche  das  Ergebnis  bei  den  Ähren 
unter  dem  Isolierzylinder  günstiger  erscheinen,  so  ist  hier  das  Um- 
gekehrte der  Fall.  Die  Art  der  Isolierung  hat  also  alif  den  Ansatz 
keinen  Einfluß. 

V.    Czar  $  X  Roggen  J. 
Bestäubung  mit  frisch  gesammeltem   Pollen. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der         Kornansatz-      Gekeimte  T^octardp- 

der  Bestäubung:  bestäubten  Blüten:  -^^°^^''^^^^^-      Körner:      ■      -t^a^tarde. 

14.  VI.    2I13O  •      27                       —  —  — 

14.  VI.     2115O  34  ..       —  —  — 

14.  VI. '311—  23                      —  —  ■    — 

15.  VI.  Uli  50  24  .          2  2  — 

15.  VI.  12  h—  24  —  —  — 

16.  VI.  lOii  50  18  2  2  — 

16.  VI.  Uli—  30  1  1  1 

17.  VI.  311—  28  —  ,  —  - 
17.  VI.  3I1 10  26  _  _  ._ 
17.  VI.  3  h  50  -28  _  _  _ 
17.  VI.  411  —  24  -  —  — 

Bestäubung  mit  tags  vorher   gewonnenem  Polleu. 

14.  VI.    211  30  Pollen  gesam-        28                         1                         1  — 

14.  VI.    2I14O    meltl3.VI.     21'    20                         1                         1  1 

14.  VI.    2h  45       „      13.  VI.    211    28                      —                      —  — 

15.  VI.    III13O        „      14.  VI.     8i>     24                         1       '                  1            .  — 


über  die  Erzeugung  von  VVeizen-Roggenbastardierungen.  265 

Bestäubung  mit  tags  vorher  gewonnenem  Pollen. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der  Kornansatz-      C'^ekeimte  Bastarde 

der  Bestäubung:  bestäubten  Blüten :  "      Körner: 


15.  VI. 

Uli  40  p. 

ges.  14.VI.    81' 

27 

— 

— 

16.  VI. 

10  h  30 

„      15.  VI.  12  h 

26 

— 

— 

16.  VI. 

101140 

„      15.  VI.  121' 

32 

— 

— 

17.  VI. 

31^20 

..      IG.  VI.  101' 

24 

— 

— 

17.  VI. 

31120 

,.      16. VI.  lOh 

26 

1 

1 

17.  VI. 

3113O 

,.      16.  VI.  101' 

28 

1 

1 

17.  VI. 

3 1'  40 

,.      16.  VI.  101' 

28 

— 

— 

AiTcli  hier  wurde  der  Versuch,  die  Bestäubung  rnit  älterem  Pollen 
durchzuführen,  noch  einmal  wiederholt.  Wenn  die  Frage,  ob  frischer 
Pollen  für  Bastardierungen  geeigneter  ist,  nach  dem  vorangehenden 
Versuche  noch  strittig  erscheinen  konnte,  so  beseitigt  diese  Versuchs- 
reihe alle  Zweifel.  Hier  erhalten  wir  bei  Bestäubung  mit  Pollen,  der 
tags  zuvor  gesammelt  wurde,  zwei  Bastarde  gegen  einen  bei  Bestäu- 
bung mit  frisch  gesammeltem  Pollen.  Es  hatte  also  auch  das  Alter 
des  Pollens  keinen  Einfluß  auf  das  Gelingen  der  Bastardierung.  Es 
ist  anzunehmen ,  daß  mit  derselben  Hoffnuno-  auf  Erfolg  auch  älterer 
Pollen  für  Bastardierungen  verwendet  werden  kann,  sobald  dieser 
noch  befruchtuno'sfähia:  ist. 


ö 


Czar  9  x  Hoggen  S 


53  S> 


(im   ungeheizten    Zimmer  bestäubt). 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der         -rr  ,  Gekeimte       -r>     ^     j 

der  Bestäubung:     bestäubten  Blüten:   ^°^^^^'^*^=        Körner:         Bastarde: 

1  1  1 


13.  VI.  3I'  — 

190  c 

30 

15.  VI.  2 1'  30 

190  c 

23 

15.  VI.  21' 30 

22 

16.VI.  21'  — 

190  c 

26 

16.  VI.  2h- 

22 

16.  VI.  2h- 

22 

16.  VI.  2h  — 

20 

18.  VI.  9  h  30 

210  c 

16 

18.  VI.  91130 

18 

18.  VI.  9  h  30 

19 

Czar9xRoggenc? 
(im  geheizten  Zimmer  bestäubt). 


10.  VI.  3  h  45 

■290  c,  59<Vo    35 

1 

10.  VI.  3  h  45 

34 

1 

10.  VI.  3  h  45 

36 

1 

10.  VI.  3  h  45 

29 

1 

10.  VI.  3  h  45 

32 

2 

10.  VI.  61»  — 

Gas  abgedreht  (28  0  C, 

580/0). 

11.  VI.  8h  — 

..  angezündet  (22  *>  C, 

590/0). 

11.  VI.  9h  — 

260  C,  620/0    27 

— 

11.  VI.  9h  — 

28 



11.  VI.  3  h  30 

290  C,  60  0/0    26 

1 

Zeiischrift  tili-  Pflanzenzüchtung.     Bd.  VII.  ^  I7 


266  Firbas: 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der        v^^r.o^c„f^         Gekeimte        ^     .      , 

der  Bestäubung:      bestäubten  Blüten:  -'^°™^°^*^^-         Körner:         Bastarde: 

11.  VI.  SiiSO  31    .  —  —  _ 

11.  VI.   6^  —   Gas  abgedreht  (29  0  C,   600/0). 

12.  VI.  8h  —     ,  angezün.let  (22»  C,   64 «o). 

12.  VI.  2  h  30    280C,  öSO'o    26  —        .  —  — 

12.  VI.  2  h  30  24  —  —  '  — 

12.  VI.  2  h  30  22  1  1  _ 

12.  VI,  6h  —  Gas  abgedreht  (28«  C,  580'o). 

13.  VI.  ins  Freiland  gestellt. 

VI.    Roter  Galizisclier  GrannenweizenQxEoggeiic?. 

Kornansatz:      Crekeimte         Bastarde: 
Korner: 


Tag  und  Stunde 

Anzahl  der 

der  Bestäubung: 

bestäubten  Blüten 

19.  VI. 

3h  10 

30 

19.  VI. 

3  h  2Ö 

19 

19.  VI. 

3h  25 

28 

19.  VI. 

3  h  30 

2.3 

19.  VI. 

3  h. 3.5 

28 

19.  VI. 

3  h  40 

36 

19.  VI. 

3  h  45 

29 

19.  VI. 

4h  — 

20 

19.  VI. 

4h  10 

16 

19.  VI. 

4  h  10 

19 

20.  VI. 

10h  10 

14 

20.  VI. 

10  h  20 

16 

20.  VI. 

10  h  25 

20 

20.  VI. 

10  h  30 

20 

20.  VI. 

3h  20 

19 

20.,  VI; 

3  h  25 

24 

21.  VI. 

11h  50 

20 

21.  VI. 

12h  — 

19 

21.  VI. 

12  h  — 

23 

21.  VI. 

12  h  05 

17 

22.  VI. 

4h  15 

21 

23.  VI. 

3h  20 

25 

1  1  1 

13  7  7 

7  3  3 


Auch  liier  findet  sich  ein  analoger  Fall  wie  früher  beim  Loos- 
dorfer  Bartweizen,  .Von  4  gleichzeitig  bestäubten  Ähren  sind  3  steril, 
die  vierte  gibt  4  Bastarde.  Von  4  anderen,  ebenfalls  gleichzeitig  be- 
stäubten Ähren  gibt  die  erste  7  Bastarde  (von  13  Kömern),  die  zweite 
3  Bastarde  (von  7  Körnern);  die  andern  2  Ähren  bleiben  ohne  Ansatz. 
Dieser  Versuch  ist  ein  neuerliches  treffendes  Beispiel  dafür,  daß  es 
ausgeschlossen  ist,  daß  die  Bastardierung  in  irgendwelchem  Zusammen- 
hange mit  äußeren  Einflüssen  steht. 

Hot  er  Galizischei"  Grannenweizen9  x  B-oggenc?  (im 
geheizten  Zimmer  bestäubt):  16.  VI.  8^15,  24°  C,  64%,  9  Ähren; 
(im  ungeheizten  Zimmer  bestäubt):  13.  VI.  3^,  19  <*  C,  5  Ähren;  14.  VI.  8^, 
15.  VI.  8h,  16.  VI.  2h  30,  16.  VI.  2^30,  16.  VI.  2h  30,  je  1  Ähre; 
18.  VI.  9h  30,  21«  C,  4  Ähren.     Ohne"  Ansatz. 


über  die  Erzeugung  von  "VVeizen-Roggenbastardierungen.  267 

VlI.  Roter  Sächsischer  Landweizen  9  x  Roggen  S. 

18.  VI.  2  Ähren;  19.  VI.  4  Ähren;  20.  VI.  9^  15,  1  Ähre;  21.  VI. 
10h  55,  1  Ähre;  22.  VI.  4^  50,  22.  VI.  5^,  je  2  Ähren;  23.  VI.  10 ^  40, 
4  Ähren.     Ohne  Ansatz. 

VIII.  Svalöf  0315  9  X  Roggen  cT. 

19.  VI.  12  Ähren;  20.  VI.  3  Ähren;  21.VL  3  Ähren:  22.  VI.  5^  5, 
1  Ähre;  23.  VI,  2  Ähren;  24.  VI.  4  Ähren.     Ohne  Ansatz. 

IX.  WeißerEpp$xRoggen(?. 

21.  VI.  4  Ähren;  22.  VI.  3  Ähren;  23.  VI.  2  Ähren.  Ohne 
Ansatz. 

Nicht  unerwähnt  soll  noch  eine  Reihe  Bastardierungen  von 
Bocharaweizen  9  x  Roggen  S  und  'W.-Spelz9  x  Roggen  ^  bleiben.  Hier 
sind  zwar  die  angebauten  Körner  fast  durchwegs  durch  Schädlinge 
vernichtet  worden,  es  ist  jedoch  auch  aus  der  Zahl  der  geernteten 
Körner  einerseits  die  besondere  Eignung  von  Bocharaweizen  zur  Er- 
zielung von  "Weizen-Roggenbastarden  ersichtlich,  andererseits  nochmals 
die  vollständige  Unabhängigkeit  des  Ansatzes  von  äußeren  Einflüssen 
und  dem  Alter  des  zur  Bestäubung  verwendeten  Pollens. 

X.    Bocharaweizen9xRoggen(5. 
Bestäubung  mit  tags  vorher  gewonnenem  Pollen. 

Tag  und  Stunde  Anzahl  der             -j^               .    , 
der  Bestäubung:        bestäubten  Blüten: 

28.  V.  111140  14  2       . 

28.  V.  111145  21  ■  18 

29.  V.  10h  15  18  2 

30.  V.  10h  50        •  19  —               -          • 
30.  V.  llh—  13  — 

30.  V.  11h—  18  12 

31.  V.  101'  15  22  — 
31.  V.  lOh  20  .16  11 
31.  V.  lOh  80  15  1 

l.VI.    9I15O  26  — 

Bestäubung  mit  frisch  gesammeltem  Pollen.  - 
a)  Unter  dem  Isolierzylinder: 

28.  V.  11  h  50  22  13 

29.  V.    9h  45  17  1 

29.  V.  10h—  16  — 

30.  V.  9h  40  22  — 
80.  Y.    9  h  .50                          18  1 

30.  V.  10h  20  16  12 

31.  V.  9h  30  14  - 
31.  V.  9h  30  22  15 
31.  V.    9h  45  22  1 

l.VI.  10h  30  20  2 

17* 


268  Firbas: 

Bestäubung  mit  frisch  gesammeltem  Pollen, 
b)    Unter  Säckchen: 


Tag  vmd  Stunde 
der  Bestäubung: 

Anzahl  der 
bestäubten  Blüten 

Kornansatz 

28.  V.  1211  — 

22 

3 

29.  V.    9ii30 

20 

14 

29.  V.    9Ji50 

19 

— 

30.  V.  10h  — 

22 

17 

30.  V.  101'  — 

20 

15 

30.  V.  10  ii  - 

16 

14 

31.  V.    911  15 

20 

1 

31.  V.    9  h  40 

17 

4 

31.  V.  10  h  — 

17 

1 

l.VI.  10h  40 

24 

— 

XL   Wint 

e  r  s  p  6 

ilz  $  X  Ro 

ggenj. 

8.  VI.  Ih30 

32 

1 

8.  VI.  Ih35 

28 

3 

8.  VI.  Ih45 

28 

3 

8.  VI.  IhÖO 

22 

3 

8.  VI.  2  h  — 

26 

1 

8.  VI.  2h  — 

26 

3 

8.  VI.  2h  10 

22 

3 

8.  VI.  2  h  25 

24 

7 

8.  VI.  2  h  80 

28 

— 

8.  VI.  2  h  40 

30 

— 

8.  VI.  2  h  45 

26 

— 

9.  VI.  3  h  30 

27 

3 

9.  VI.  3h  45 

27 

2 

9.  VI.  3  h  .50 

26 

2 

•    9.  VI.  4h  — 

32 

2 

9.  VI.  4  h  10 

24 

'2 

10.  VI. '7  h  10 

30 

1 

10.  VI.  7  h  20 

28 

2 

10.  VI.  7h  40 

26 

2 

10.  VI.  7  h  50 

30 

7 

10.  VI.  8h  — 

25 

2 

Hier  schließen  die  Vei 

:'suche 

des  zwei' 

teil  Jahres. 

Alle  bisherigen  Versuche  zeigen  uns,  daß  es  nicht  möglich  ist, 
das  Gelingen  von  Weizen-Roggenbastardierungen  durch  äußere  Ein- 
flüsse zu  beeinflussen.  Es  wäre  nach  den  bisherigen  Ergebnissen  auch 
ein  vergebliches  Beginnen  gewesen,  die  meteorologischen  Daten 
während  der  verschiedenen  Bestäubungszeiten  zu  studieren.  Wenn 
äußere  Faktoren  überhaupt  die  Bastardierung  beeinflussen  können, 
dann  ist  ihr  Einfluß  viel  zu  gering,  um  hier  erkannt  zu  werden.  Auch 
der  Versuch,  durch  Bestäubung  im  geheizten  oder  ungeheizten  Zimmer 
die  verschiedenen  meteorologischen  Einflüsse  vollständig  auszuschalten, 
zeigt  keine  Vorteile.  Es  kann  im  Gegenteil  bei  diesen  Versuchen 
eine  Verminderung  des  Ansatzes  festgestellt  werden. 


über  die  Erzeugung  von  Weizen-Roggenbastardierungen.  269 

Da  auch  weder  die  Wahl  eines  bestimmten  Reifestadiums  der 
Narbe .  noch  die  Bestäubung  mit  Pollen  verschiedenen  Alters ,  eine 
Beeinflussung  der  Bastardbefruchtung  erkennen  ließ,  ist  der  Schluß 
zulässig,  daß  es  überhaupt  nicht  in  unserer  Macht  liegt,  diese  in 
günstigem  Sinne  zu  beeinflussen. 

Wir  sind  aber  auch  nicht  imstande  aus  den  bisherigen  Ver- 
suchen die  Ursachen  für  den  schwankenden  Ansatz  innerhalb  der 
verschiedenen  ßassen  zu  erkennen,  da  die  Bastardbefruchtung  offenbar 
unter  gewissen  Bedingungen  vor  sich  geht,  die  überhaupt  in  keinem 
Zusammenhange  mit  den  Voraussetzungen  stehen,  unter  denen  die 
verschiedenen  Versuche  unternommen  Avurden.  Wie  eingangs  erwähnt, 
hat  Gärtner  bereits  diesen  oft  rätselhaft  günstigen  Ansatz  bei  schwer 
zu  bastardierenden  Arten  beobachtet.  Er  selbst  gibt  als  Ursache  für 
diese  „Launenhaftigkeit"  bei  der  Bastardierung  „einen  eigenen  günstigen  • 
Befruchtungsmoment  in  den  weiblichen  Organen  an,  vermöge  dessen 
allein  bei  manchen  Verbindungen  eine  Bastardierung  ausschlagen  kann, 
welcher  Moment  aber  bei  Blumen  von  gleicher  Art  und  gleichem 
äußeren  Entwicklungsgrade  nicht  konstant  zu  sein  scheint  und  offenbar 
nicht  von  äußeren  Verhältnissen  abhängt." 

Diese  Erklärung  ist  aber  nach  unseren  Versuchen  unzutreffend, 
denn  die  Blühverhältnisse  des  Weizens  sind  andere,  als  diejenigen, 
der  von  Gärtner  verwendeten  Blumen.  Letztere  haben  in  einer 
Blüte  mehrere  Samenanlagen,  die  sich  in  gleichem  Entwicklungs- 
zustande befinden,  die  Blüten  einer  Weizenähre  aber  besitzen  nur 
eine  Samenanlage  und  ihre  Blühreife  ist  eine  verschiedene.  Die  be- 
sprochenen Ähren  mit  dem  besonders  guten  Ansatz  setzten  aber  fast 
in  allen  Ahrchen  Bastardkörner  an ,  und  —  was  für  unsere  Zwecke 
das  Wichtigste  ist  —  -der  Ansatz  verteilte  sich  gleichmäßig  auf  die 
ganze  Ähre,  ohne  Rücksicht  auf  den  Entwicklungszustand  der  Narbe ; 
andererseits  gab  es  bei  derselben  Sorte  eine  ganze  Anzahl  Ähren,  die 
überhaupt  keine  Bastardkörner  produzierten.  Hier  zeigt  sich  also 
gerade  das  Gegenteil  von  der  Behauptung  Gärtners,  daß  nämlich 
die  Bastardbefruchtung  nicht  an  ein  bestimmtes  Entwicklungsstadium 
der  Narbe  gebunden  ist,  sondern  vielmehr  völlig  unabhängig  von 
einem  solchen  ist.  Angenommen,  Gärtners  Behauptung  wäre  richtig, 
so  könnten  bei  der  verschiedenen  Blühreife  der  Ährchen  höchstens 
■  ein  einziges  oder  vereinzelte  Bastardkörner  bei  jeder  Ähre  durch  Be- 
stäubung in  diesem  günstigen  Befruchtungsmoment  gewonnen  werden, 
nicht  aber  entweder  eine  ganze  Anzahl  oder  gar  keine. 

Den  verschiedenen  Grad  der  sexuellen  Affinität  zwischen  den 
Weizenrassen  und  Roggen  haben  wir  schon  früher  gestreift.  Soll 
nun  die  Anzahl  der  von  den  verschiedenen  Rassen  gewonnenen 
Bastarde  miteinander  verglichen  werden,  so  müssen  jene  Ähren  un- 
berücksichtigt  bleiben,    bei  denen  die  Umstände,   unter  welchen  die 


270 


Firbas: 


Bestäubung  vorgenommen  wurde,  stören  würden.  Hierzu  gehören 
die  im  geheizten  oder  ungeheizten  Zimmer  bestäubten  Ähren  und  jene, 
die  erst  im  späteren  Entwicklungsstadium,  nach  ihrer  Blülireife 
bestäubt  wurden.  Die  Anzahl  der  auf  1000  bestäubte  BUiten  ent- 
fallenden Bastarde  schwankt  bei  den  einzelnen  Rassen  innerhalb 
ganz  erhebhcher  Grrenzen. 

In  folgendem  ist  eine  Zusammenstellung  der  bei  den  verschie- 
denen Weizenrassen  gewonnenen  Resultate  gegeben.  Hierbei  mußten 
die  Weizenkörner ,  die.  wie  erwähnt,  auf  Fremdbestäubung  zurück- 
zuführen sind,  unberücksichtigt  bleiben  und  die  Blüten,  die  dieselben 
produzierten,  wurden  so  behandelt,  als  ob  sie  überhaupt  nicht  vor- 
handen gewesen  wären. 


Rasse 


Anzahl 
der  be- 
stäubten 
Bluten 


Anzahl 
der  ge- 
ernteten 
Körner 


Bastarde 


Anzahl  der 

auf  1000 

bestäubte 

Blüten 

entfallenden 
Bastarde    i 


Keim- 
fähigkeit 


Igelweizen 

Loosdorfer  Bartweizen    . 

Banaterweizen 

Molds  Squarehead.    .    .    . 

Czar 

Roter  Galiz.  Grannenweizen 
Roter  Sachs.  Landweizen 

Svalöf  0815 

Weißer  Epp 


493 
SÜ4 
870 
730 
56.5 
485 
.546 
1195 
225 


31 

36 
8 
3 

26 
5 
1 


14 

18 

6 

3 

15 


19 

21 

8 

5 

31 


45 
50 
75 

100 

58 


Die  weitaus  größte  Anzahl  von  Bastardpäanzen  wäre  aber  beim 
Bocharaweizen  gewonnen  worden,  wenn  nicht,  wie  erwähnt,  der  An- 
bau zugrunde  gegangen  wäre.  Auf  568  bestäubte  Blüten  entfallen 
hier  160  geerntete  Körner.  Die  mittlere  Keimfähigkeit  beträgt  in 
der  angeführten  Tabelle  56  '^/o.  Angenommen,  daß  von  den  beim 
Bocharaweizen  gewonnenen  Körnern  sich  ebenfalls  56  '^lo  zu  Bastard- 
pilanzen entwickelt  hätten,  so  wären  90  Bastarde  gewachsen.  Auf 
1000  bestäubte  Blüten  würden  somit  156  Bastarde  entfallen.  Bei  den 
Bocharabastardierungen  des  ersten  Jahres  ist  das  Verhältnis  sogar 
noch  günstiger.  Die  daselbst  im  Zustande  der  Blühreife  bestäubten 
4  Ähren  produzierten  von  insgesamt  94  bestäubten  Blüten  25  Bastarde. 

Auch  beim  Winterspelz  ist  das  Verhältnis  der  geernteten  Körner 
zu  der  Anzahl  bestäubter  Blüten  recht  günstig.  Hier  entfallen  auf 
567  Blüten  49  Körner.  Angenommen,  daß  auch  hier  die  Keimfähigkeit 
56°/o  betragen  hätte,  so  wären  27  Bastarde  erzielt  worden;  dies  gibt 
auf  1000  bestäubte  Blüten  umgerechnet  48  Bastarde. 

Wir  ergänzen  nun  obige  Tabelle  durch  die  für  den  Bocharaweizen 
und  Winterspelz  rechnerisch  gewonnenen  Daten: 


über  die  Erzeugung  von  Weizen-Roggenbastardierungen. 


271 


Basse 


Anzahl 
der  be- 
stäubten 
Blüten 


Anzahl 
der  ge- 
ernteten 
Körner 


An  ge- 


Bastarde 


Anzahl  der 
I     auf  1000 
bestävibte 
Blüten         r  1  ■    1    • 
entfallenden'  fähigkeit 


nommeiie 
Keim- 


Bastarde 


in  °/'o 


Bocharaweizen 
"Winterspelz  .    . 


565 
567 


160 
49 


90 
07 


158 

48 


56 
56 


Auffallend  war  noch  die  große  Zahl  verschrumpfter,  bestimmt 
nicht  keimfähiger  Körner  beim  Winterspelz.  Während  bei  den  anderen 
Weizenrassen  nur  vereinzelte  gänzlich  verschrumpfte  Körner  in 
manchen  Ähren  vorgefunden  wurden,  waren  beim  Winterspelz  allein 
insgesamt  über  60  solcher  Körner  vorhanden.  Das  Vorkommen  solcher 
unausgebildeter  Körner  kann  entweder  darauf  zurückzuführen  sein, 
daß  durch  den  fremden  Pollen  ein  ßeiz  auf  die  Fruchthüllen  aus- 
geübt wird,  wodurch  teilweises  Wachstum  eintritt,  oder  darauf,  daß 
das  Embryo  in  der  unreifen  Frucht  vorzeitig  abstirbt. 

■  Der  verschiedene  G-rad  der  sexuellen  Affinität  und  die  Fruchtbar- 
keit und  Sterilität  der  Hybriden  ist  in  phjdogene tisch- systematischer 
Hinsicht  verwertet  worden,  v.'  T  s  c  h  e  r  m  a  k  ^)  hat  auf  Grund  der  Vor- 
aussetzung, daß  die  Abstufung  der  systematischen  iihnlichkeit  oder 
Verwandtschaft  beziehungsweise  der  stammesgeschichtliche  Zusammen- 
hang sich  erschließen  lasse  aus  der  Abstufung  der  sexuellen  Affinität 
und  dem  Grade  der  Fruchtbarkeit  der  Bastarde  zwischen  den  ver- 
schiedenen Formen,  eine  Übersicht  über  die  Stammformen  und 
stammesgeschichtlichen  Beziehungen  unserer  vier  Hauptgetreidearten 
gegeben.  Es  wäre  vielleicht  möglich,  daß  auch  hier  umfassende  Ver- 
suche über  die  sexuelle  Affinität  zwischen  den  verschiedenen  Weizen- 
rassen und  Roggen  Auskunft  geben  könnten  über  die  engere  und 
weitere  systematische  Zusammengehörigkeit  dieser  beiden  Arten. 

Es  sei  noch  erwähnt,  daß  eine  Anzahl  Forscher  die  AVahrnehmung 
gemacht  hat,  daß  sowohl  im  Tierreich  als  im  Pflanzenreich  Bastard- 
befruchtung  vor  allem  oder  ausschließlich  bei  domestizierten  beziehungs- 
weise kultivierten  Eassen  stattfindet.  Die  Brüder  Hertwig  erklärten 
diese  Erscheinung  dadurch,  daß  durch  die  Kultur  eine  allgemeine 
Schwächung  des  Individuums  stattfindet,  die  sich  vor  allem  in  den 
Geschlechtszellen  äußert.  Wie  aber  schon  oben  erwähnt  und  begründet 
wurde,  ist  nach  den  Arbeiten  der  Brüder  Hertwig  die  Schwächung 
der  Eizelle  Vorbedingung  für  das  Gelingen  der  Bastardierung.  Auch 
Kölreuter  ist  der  Ansicht,  daß  „die  Natur  der  Pflanzen  gewisser- 
maßen bastardartig"  wird,  sobald  sie  sich  auf  irgendeine  Weise  von 
derjenigen   Bestimmung  entfernen,    zu    der    sie    geschaffen    wurden. 


M  V.  Tschermak,  Die  Verwertung  der  Bastardierungen  für  phylogenetische 
Fragen  in  der  Getreidegruppe.    Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  LI.  1914. 


272  •        Firbas: 

Gärtner  hingegen  konnte  diese  Behauptung  nicht  bestätigt  finden 
und  fand  keinen  wesentlichen  Unterschied  zwischen  verwendeten 
kultivierten  und  wilden  Formen.  Auch  unsere  Versuche  lassen  auf 
kein  leichteres  Gelingen  der  Bastardbefruchtung  bei  den  kultivierten 
Rassen  schließen.  Bocharaweizen  und  Winterspelz,  bei  denen  die 
Bastardierung  unschwer  gelingt,  sind  gewiß  keine  hochgezüchteten 
Rassen,  der  Svalöfer  Squarehead  0315  hingegen  ist  gerade  als  ein 
Produkt  der  intensivsten  Hochzucht  anzusehen  und  ergab  keinen 
Bastard. 

Auffallend  ist  es.  daß  bei  den  hier  angeführten  Weizenrassen 
gerade  die  frühreifen  sich  zur  Bastardierung  mit  Roggen  im  allge- 
meinen besser  eignen,  als  die  spätreifen.  Es  ist  dies  besonders  beim 
Bocharaweizen  ersichtlich,  dessen  Blüte  beinahe  mit  der  des  Winter- 
roggens zusammenfällt.  Auch  Winterspelz,  der  ziemlich  frühreif  ist, 
gibt  guten  Ansatz.  Es  ist  möglich,  daß  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
ein  Zusammenhang  zwischen  der  Frühreife  der  Weizenrassen  und  der 
größeren  und  geringeren  sexuellen  Affinität  derselben  bei  der  Bastar- 
dierung mit  Roggen  besteht.  Diejenigen  Weizenrassen,  die  früher 
blühen,  deren  Blühezeit  also  mehr  mit  der  des  Roggens  zusammen- 
fällt, scheinen  zu  Bastardierungen  mit  Roggen  geeigneter  zu  sein  als 
die  spätreifenden  Rassen.  Daß  Beziehungen  zwischen  dem  Gelingen  einer 
Bastardierung  und  dem  Entwicklungsztistand  der  bastardierten  Pflanzen 
tatsächlich  bestehen,  ist  nachgewiesen  worden.  Nach  Beobachtungen 
von  Zederbau er^)  bei  Bastardierungen  zwischen  ungleichmäßigen 
Individuen  von  Pisum  sativum  gelingen  diese  unter  sonst  gleichen 
Umständen  besser,  wenn  die  Blüten,  die  miteinander  bastardiert 
werden,  von  Individuen  stammen,  die  sich  in  gleichen  Lebensphasen 
befinden,  als  wenn  sich  dieselben  in  verschiedenen  Lebensphasen 
befinden.  Analoge  Untersuchungen  bei  Bastardierungen  zwischen 
anderen  Pflanzenformen  sind  jedoch  nicht  bekannt. 


Sämtliche  bisher  besprochenen  Weizen  -  Roggenbastardierungen 
wurden  als  Freilandversuche  durchgeführt.  Die  Ähren  wurden  hierbei 
ohne  Rücksicht,  ob  dieselben  einer  oder  verschiedenen  Pflanzen  ange- 
hören, zur  Bestäubung  verwendet,  da  angenommen  wurde,  daß  wohl 
die  sexuelle  Affinität  zwischen  den  verschiedenen  Weizenrassen  und 
Roggen  verschieden  ist,  daß  hingegen  die  einzelnen  Individuen  einer 
Rasse  gleichwertig  sind.  Die  völlig  verschiedene  Anzahl  der  Bastard- 
korner  in  den  einzelnen  Ähren  bei  Bestäubung  unter  .völlig  gleichen 
äußeren    Verhältnissen ,     mit    demselben    Pollen    und    bei    gleichem 


^)  Zederbauer,   Untersuchungen  über   das  Gelingen  von  Bastardierungen 
zwischen  ungleichartigen  Individuen  von  Pisum  sativum.    Zeitschrift  für  Pflanzen- 


züchtung.   Bd.  III. 


Übex"  die  Erzeugung  von  AVeizen-RoggenbastardieruDgeii.  273 

äußeren  Entwicklungsstadium  der  Alire  läßt  jedoch  keine  andere 
Lösung  der  am  Beginn  der  Arbeit  aufgeworfenen  Frage  vermuten, 
als  daß  die  Individuen  einer  Rasse  in  ganz  verschiedenem  Grade 
die  Fähigkeit  besitzen,  Bastardverbindungen  einzugehen.  In  dieser 
Ansicht  wurde  ich  noch  durch  die  Feststellung  von  DrieschM 
bestärkt,  welche  Arbeit  mir  zur  Zeit  der  Durchführung  meiner  bisher 
besprochenen  Versuche  nicht  bekannt  war. 

Driesch  fand  die  Ermittlung  der  Brüder  Hertwig,  daß  längeres 
Liegenbleiben  in  unbefruchtetem  Zustande  die  Eier  der  Seeigel  ge- 
eigneter zur  Bastardierung  macht,  im  großen  und  ganzen  zutreffend,  aber 
von  einem  anderen  Faktor  im  Effekt  erheblich  übertroffen,  nämlich  von 
der  Individualität  der  die  Geschlechtsprodukte  liefernden  Eltern.  Die 
Eier  mancher  AVeibchen  sind  geeigneter  zur  Bastardierung  mit  einem 
gegebenen  Männchen,  die  Eier  anderer  nicht,  und  zwar  schwankt  der 
Grad  des  Geeignetseins  innerhalb  sehr  weiter  Grenzen.  Ferner  aber 
verhalten  sich  auch  die  Eier  desselben  AVeibchens  dem  Sperma  ver- 
schiedener Männchen  gegenüber  verschieden. 

Um  nun  Aufschluß  zu  bekommen,  ob  auch  bei  unseren  Bastar- 
dierungen bei  den  verschiedenen  Individuen  einer  Rasse  der  Grad  der 
Fähigkeit,  Bastardverbindungen  einzugehen,  ein  ungleicher  ist,  mußte 
eine  strenge  Sonderung  der  einzelnen  Pflanzen  stattfinden.  Es  wurde 
vom  Freilandversuche  abgesehen  und  in  einer  Anzahl  Töpfe  je  eine 
Weizenpiianze  gezogen.  Bei  Wahl  der  Rassen  wurde  vor  allem  Bochara- 
weizen  der  Vorzug  gegeben,  da  diesem  bisher  die  besten  Resultate 
zu  verdanken  waren;  außerdem  wurde  roter  Galizischer  Grannen- 
weizen,  Loosdorfer  Bartweizen  und  Banaterweizen  verwendet,  da  bei 
diesen  Rassen  die  Verteilung  der  Bastardkörner  auf  die  einzelnen 
Ähren  besonders  unregelmäßig  war.  Winterspelz  stand  nicht  zur 
Verfügunp-. 

Die  Kultur  in  Töpfen  bot  außerdem  den  Vorteil,  daß  es  möglich 
war,  bei  denselben  durch  Absonderung  von  anderen  Weizenpflanzen 
Fremdbestäubung  auszuschließen,  so  daß  aus  dem  Ansätze  —  sorg- 
fältigste Kastration  natürlich  vorausgesetzt  —  sogleich  auf  das  Ge- 
lingen der  Bastardierung  geschlossen  werden  konnte. 

In  folgendem  sind  nun  die  Versuche  des  dritten  Jahres  wieder- 
gegeben. 

■  Bei  den  Versuchen  mit  Bocharaweizen  wurde  für  iede  Pflanze 
ihre  Begrannung  notiert,  da,  wie  früher  erwähnt  wurde,  die  einzelnen 
Pflanzen  dieser  Rasse  in  bezug  auf  dieses  Merkmal  große  Verschieden- 
heit aufweisen.  Die  Bestäubungen  erfolgten  wie  früher  bei  blühreifer 
Ähre  mit  frisch  gesammeltem  Pollen.    Der  Pollen  wurde  von  mehreren 


')  Driesch,  Über  rein  mütterliche  Charaktere  von  Bastardlarven  von  Echi- 
niden.     Archiv  für  Entwicklungsmechanik.    Bd.  VII.    1898. 


274 


Firb  as: 


Anzahl  der 
bestäubten  Blüten: 


Ähren  verschiedener  Rassen  o-ewonnen,  um  einen  eventuell  mös^liehen 
Einfluß  von  väterlicher  Seite  auf  das  Gelingen  der  Bastardierung 
auszuschalten. 

Bocharaweizen$xRoggenc5'. 

Tag  und  Stunde 
der  Bestäubung: 

12.  VI.  12  t  — 
14.  YI.  lOi-SO 

12.  VI.  12  h.  30 

13.  VI.     211.30 

12.  VI.  12  t  30 

13.  VI.    2^30 
13.  VI.    3^30 

13.  VI.    3^30 

14.  VI.  10  h  30 

13.  VI.    3^30 

14.  VI.  Ilt- 
is. VI.  10  t  — 


Pflanze  1  begrannt.  . 
„  2  unbegrannt 
„        3  begrannt.  . 

„        4  unbegrannt 
„        5    unbegrannt 


6  balbbegrannt 


7  begrannt. 


8  begrannt. 


14.  VI.  12  t  30 
14.  VI.  12  t  30 


20.  VI. 
20.  VI. 
23.  VI. 
20.  VI. 

23.  ^7. 

24.  VI. 


10t  — 

lot- 
st— 

10  t  30 

8t  — 
411  — 


20. 
21, 
21, 


o 


h  


VI.  11t  — 

VI. 

VI. 

VI. 


.5  t  — 

8t  - 


27 
22 
23 
16 
22 
25 
21 
15 
18 
30 
20 
15 
31 
21 
18 
17 
19 
-28 
22 
17 
32 
17 
18 
17 


Kornansatz 
5 

1 


15 
16 
17 
15 
15 
1 


Bereits  in  diesen  Versuchen  ist  die  Richtigkeit  unserer  Annahme 
bewiesen,  daß  die  Ursache  für  das  völlig  verschiedene  Verhalten  ver- 
schiedener Ähren  bei  Bestäubung  mit  Roggenpollen  einzig  und  allein 
in  der  Individualität  der  Pflanze  begründet  ist.  Damit  ist  auch  die 
zu  Beginn  der  Arbeit  aufgeworfene  Frage  nach  der  Ursache  für  den 
besonders  günstigen  Kornansatz  der  einen  Ähre  des  Roten  Galizischen 
Grannenweizens  bei  den  Weizen-Roggenbastardierungen  Jesenkos 
als  gelöst  zu  betrachten.  Da  somit  die  Pflanzen  einer  Rasse  in  ganz 
verschiedenem  Grade  die  Fähigkeit  besitzen,  Bastard  verbin  düngen 
einzugehen,  so  konnte  so  lange  keine  Lösung  gefunden  werden, 
als  die  Ursachen  für  den  verschiedenen  Ansatz  in  äußeren  Einflüssen 
gesucht  wurden  und  die  Individualität  der  Pflanzen  unberücksichtigt 
blieb.  Erst  nach  Anwendung  verschiedener  Versuchsreihen,  wobei 
wir,  wie  früher,  so  auch  hier  dem  Bocharaweizen  die  schönsten 
Resultate  verdanken,  wurde  der  richtige  Weg  eingeschlagen. 

Da  auch  andere  Forscher,  besonders  Gärtner,  bei  schwer 
gelingenden  Bastardierungen  dieselbe  Wahrnehmung  von  der  Unregel- 
mäßigkeit im  Ansätze  gemacht  haben,  ohne  hierfür  eine  befriedigende 


über  die  Erzeugung  von  Weizen-Roggenbastardierungeo. 


275 


Erklärung  zu  finden,  ist  anzunehmen,  daß  die  von  Driesch  bei  See- 
igelbastardierungen und  von  mir  bei  der  Weizen-Roggenbastardierung 
gemachte  Beobachtung,  daß  neben  der  ßasse  auch  die  Individualität 
in  hohem  Grade  für  das  Gelingen  der  Bastardierung  ausschlaggebend 
ist,  als  allgemeine  Regel  bei  Speziesbastardierungen  anzusehen  ist. 
Es  gelangen   nun  noch   die   anderen  Versuche  zur  Besprechung: 


Loosdorfer  Bartweizen?  x  R*o  g  g  e  n  S. 

Kornansatz : 


Tag  und  Stunde 
der  Bestäubung: 

15.  VI.  101130 


Anzahl  der 
bestäubten  Blüten : 


Pflanze  1 


16.  VI. 

17.  VI. 
16.  VI. 

16.  VI. 

18.  VI. 
18.  VI. 
20.  VI. 
29.  VI. 
29.  VI. 

17.  VI. 

18.  VI. 
18.  VI. 


12h  — 
Mb  — 

llh  — 

111^30 
lh_ 

12^30 
llh- 

10t  _ 
lOii  — 
10h  80 

19  h  

12b  — 


86 
32 
34 
24 
25 
19 
41 
32 
24 
20 
26 
16 
20 


ö 

■3 

1 

3 
3 
1 


Roter  Galizischer   GrannenweizenQx  Sommerroggen  S . 

Tag  und  Stunde 


der  Bestäubung: 


Pflanze  1 


{; 


19. 
19. 
23. 
23. 
20. 
23. 
24. 
20. 
29. 
21. 
23. 
21. 
24. 
29. 
24. 
26. 
26. 

1. 
.  1. 
29. 

1. 
29. 

1. 


VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 

VI. 
VII. 
VII. 

VI. 
VII. 

VI. 

vir. 


I.VII. 


llh_ 

llh  — 

10  h  — 
10h  — 

11  h  30 
10  h  30 

4h_ 

llh  30 

10h  — 

5  h  30 

10  h  30 

5  h  30 

4h  — 

10  h  — 
4h  _ 

8h  30 

9h  — 
3h  — 
3h  — 

llh  30 
2  h  30 

10  h  30 
2h  30 
2h  30 


Anzahl  der 
bestäubten  Blüten: 

36 
22 
20 
24 
27 
21 
19 
24 
20 
30 
26 
28 
24 
24 
27 
24 
26 
23 
22 
26 
27 
24 
17 
19 


Kornansatz : 


2 

1 

1 
3 
1 

o 
t> 

2 
6 

5 
14 


276 


Firbas: 


B  an  a  t 

e  r  w  e  i  z 

en^xßoggen 

s. 

Tag  und  Stunde 
der  Bestäubung: 

Anzahl  der 
bestäubten  Blüten: 

Kornansatz : 

15.  VI. 

16.  VI. 

llh_ 

37 

2 

11h  30 

22 

4 

Pflanze 

1 

16.  VI. 
16.  VI. 

11  h  .30 
11h  30 

22 

24 

2 

18.  VI. 

11^30 

22 

2 

.     18.  VI. 

12  h  30 

18 

— 

n 

2    (    15.  VI. 
l     17.  VI. 

llh_ 

3h- 

45 
41 

1 
1 

15.  VI. 

11h  30 

33 

— 

3 

15.  VI. 

11h  30 

31 

— 

n 

•J 

15.  VI. 

llh30 

30 

— 

16.  VI. 

12  h  30 

20 

1 

1.5.  VI. 

r2h  — 

43 

2 

y> 

4    . 

16.  VI. 

12  h  30 

35 

1 

.     17.  VI. 

11h  30 

29 

1 

16.  VI. 

11h  — 

24 

— 

-^        , 

16.  VI. 

12h  — 

21 

2 

n 

O        ' 

17.  VI. 

11h-- 

22 

2 

18.  VI. 

11h  — 

18 

— 

Auch  hier  ist  der  Einfluß  der  Individualität  auf  die  Bastard- 
befruchtung zu  erkennen,  wenn  auch  derselbe  besonders  beim  Banater- 
weizen  weniger  auffallend  ist  als  beim  Bocharaweizen. 

"Wir  haben  ferner  erwähnt,  daß  Driesch  bei  seinen  Versuchen 
mit  Seeigeln  das  Gelingen  der  Bastardierung  von  der  Individualität 
beider  die  Geschlechtsprodukte  liefernden  Eltern  abhängig  fand.  Er 
fand  nicht  allein  die  Eier  mancher  Weibchen  in  verschiedenem  Grade 
geeignet  zur  Bastardierung  mit  einem  gegebenen  Männchen,  sondern 
auch  das  Verhalten  der  Eier  desselben  AVeibchens  dem  Sperma  ver- 
schiedener Männchen  gegenüber  verschieden.  Um  zu  untersuchen, 
ob  auch  bei  unseren  Bastardierungen  ein  Einfluß  von  väterlicher 
Seite  auf  die  Bastardierung  festzustellen  ist,  wurden  Ähren  ver- 
schiedener AVeizenpflanzen  mit  Pollen  bestäubt,  der  nur  von  einer 
Roggenähre  gewonnen  wurde.  Bei  jeder  AVeizenpflanze  wurden  auch 
Bestäubungen  mit  Pollen  vorgenommen .  der  von  mehreren  Ähren 
gesammelt  wurde ,  um  den  Ansatz  dieser  Ähren  mit  dem  Ansätze 
jener  vergleichen  zu  können,  die  nur  mit  Pollen  einer  Ähre  bestäubt 
wurden, 

•  Bei  den  folgenden  Versuchen  sind  die  Ähren,  von  denen  der 
Pollen  gewonnen  wurde,  numeriert.  In  der  Klammer  ist  die  Roggen- 
rasse  angeführt. 


über  die  Erzeugung  von  Weizen-Eoggenbastardierungen.  277 


B 

0  c  h  a  r  a  w  e  i  z  e  n  $  ><  R  o 

ggen 

s._ 

Tag  und  Stunde 
der  Bestäubung: 

Anzahl  der 

bestäubten 

Blüten: 

Korn- 
ansatz: 

Ähre,  von  welcher 
der  Pollen  ge- 
sammelt wurde: 

10.  VI.    9h  — 

19 

— 

I.  (Askanier) 

Pflanze  1  halb 

10.  VI.     9h  30 

23 

2 

II.  (Hanna) 

begrannt    .    .    | 

11.  VI.    8h  — 
13.  VI.  12h  _ 

18 
11 

3 

10.  VI.    9h  — 

30 

2 

I.  (Askanier) 

Pflanze  2  be- 

10. VI.    9  h  30 

31 

1 

11.  (Hanna) 

grannt  .   .    . 

10.  VI.   11h  — 
20.  VI.  10  h  _ 

29 

18 

2 

Pflanze  3  unbe- 

10.  VI.  10h  _ 

39 

7 

IL  (Hanna) 

11.  VI.    8h  30 

33 

6 

grannt   .    .    . 

11.  VI.    8  h  30 

35 

1 

14.  VI.    8h  — 

21 

3 

IIL  (Sperling) 

11.  VI.     9h  — 

36 

4 

Pflanze  4  unbe- 
grannt   ... 

12.  VI.    8h  — 

12.  VI.    8h- 

13.  VI.  11h  — 

31 
30 
32 

4 

1 
1 

IV.  (Petkuser) 
IV. 
V.  (Tulaer) 

19.  VI.  10  h  80 

22 

— 

11.  VI.      9h  — 

24 

23 

Pflanze  5  unbe- 

12.  VI.    8h  — 

21 

19 

IV.  (Petkuser) 

grannt  .    .    . 

13.  VI.  11h  — 
16.  VI.    7  h  30 

20 
eingetrocknet 

18 

V.  (Tulaer) 

11.  VI.  10h  30 

30 

1 

VI.  (Seelhorst) 

Pflanze  6  unbe- 

11.  VI.  10  h  30 

30 

3 

VI.  (Seelhorst) 

grannt  .    .    . 

12.  VI.    9  h  30 

22 

— 

14.  VI.  10h  _ 

11 

3 

11.  VI.  10h. 30 

34 

4 

VI.  (Seelhorsti 

Pflanze  7  unbe- 
grannt  ... 

12.  VI.  10  h  — 

12.  VI.   11h  — 

13.  VI.  11h  — 

23 
18 
16 

— 

15.  VI.  10h  _ 

13 

— 

V.  (Tulaer) 

11.  VI.   11h  — 

28 

1 

Pflanze  8  unbe- 

14.  VI.    9h  — 
14.  VI.    9h  — 

23 

— 

III.  (Sperling) 

grannt  .    .    . 

24 

— 

IIL 

14.  VI.  10  h  — 

19 

— 

12.  VI.    8h  — 

32 

2 

IV.  (Petkuser) 

Pflanze  9  halb 
begrannt  .    . 

13.  VI.  11h  — 

14.  VI.    Sh.SO 
16.  VI.    7h  .30 

31 
22 
19 

1 

V.  (Tulaer) 
IIL  (Sperling) 

17.  VI.  10  h  30 

18 

— 

12.  VI.  10  h  30 

27 

— 

Pflanze  10  unbe- 

12.  VI.   11h  — 

28 

— 

VII.  (Zeeländer) 

grannt  .    .    . 

12.  VI.    11h  — 

23 

— 

VII. 

14.  VI.  10h  — 

12 

i 

Pflanze  11  unbe- 
grannt  .    .    . 

i        12.  VI.   11  h  — 

13.  VI.  12  h  — 

1       13.  VI.  12  h  — 

33 

18 
24 

1 

VII.  (Zeeländer) 

14.  VI.  10  h — 

30 

— 

Pflanze  12  halb 

17.  VI.  10  h  — 

29 

— 

VIII.  (Loosdorfer) 

begrannt  .    . 

17.  VI.  10  h  — 

30 

— 

vin. 

19.  VI.  10  h  30 

30 

— 

278 


Firbas: 


"Wir  können  hier  keinen  Einfluß  der  Individualität  der  Vater- 
pflanze auf  die  Bastardierung  nachweisen.  Die  Ursache  hierfür  mag- 
wohl  in  dem  Unistande  zu  suchen  sein,  daß,  wenn  auch  der.  Pollen 
verschiedener  Roggenähren  in  verschiedenem  Grade  die  Fähigkeit 
besitzt,  die  Weizennarbe  zu  befruchten,  ein  Unterschied  im  Ansätze 
aus  dem  Grunde  nicht  möglich  ist ,  da  bei  der  großen  Anzahl  der 
Pollenkörner,  die  in  der  ßegel  auf  die  Narbe  gebracht  werden,  doch 
in  den  meisten  Fällen  einige  die  Fähigkeit  besitzen  werden ,  die 
ßoggennarbe  zu  befruchten. 

Es  wurde  noch  untersucht,  ob  es  für  die  Bastardbefruchtung 
•vorteilhafter  ist,  viel  oder  wenig  Pollen  auf  die  Narbe  aufzutragen. 
In  ersterem  Falle  wird  der  Narbe  binnen  kurzer  Zeit  viel  Feuchtigkeit 
entzogen;  ob  hierdurch  die  Narbe  eine  Schädigung  erfährt,  wissen 
wir  nicht.  In  letzterem  Falle  ist  bei  Pollen,  der  eine  geringere  Be- 
fruchtungsfähigkeit besitzt,  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  Befruchtung 
erfolgt,  geringer.  Die  Bestäubungen  wurden  auf  die  Weise  durch- 
geführt, daß  entweder  die  Narbe  mit  Pollen  fast  ganz  eingehüllt 
wurde  oder  nur  schätzungsweise  10 — 20  Pollenkörner  auf  die  Narbe 
aufgetragen  wurden. 


Bocharaweizen?  x  EoggencJ 


Tag  und  Stunde 
der  Bestäubung: 

Anzahl  der  be- 
stäubten Blüten: 

Korn- 
ansatz: 

Bestäubt  mit 

Pflanze  1  unbe- 
grannt  .    .    . 

f       11.  VI. 

11.  VI. 

l      11.  VI. 

3h  _ 
3h_ 

3h  — 

22 
18 
15 

— 

wenig 
viel 

n 

Pollen 

n 

Pflanze  2  unbe- 
grannt  .    .    . 

f       11.  VI. 

12.  VI. 

i      14.  VI. 

3^30 

12h  — 

llh.SO 

24 
15 
13 

1 

viel 

wenig 

viel 

)? 
n 

Pflanze  3  unbe-  f       18.  VI. 

2^30 

26' 

— 

wenig 

n 

grannt  .    .    .    ' 

l       13.  VI. 

21130 

17 

1 

viel 

r> 

Pflanze  4  unbe-  (      13.  VI. 

3h  _ 

27 

1 

)) 

j> 

grannt  .    .    .  ^ 

l      14.  VI. 

12h  — 

19 

— 

wenig 

)) 

Pflanze  5  unbe-  j       /. '  ^y' 

i       14.  VI. 

grannt       .    .\      ^^  ^.^ 

3  h  - 
12h  — 
12h- 

24 
16 
11 

.    — 

n 

viel 
wenig 

n 

,    14.  VI. 

12h  — 

24 

— 

)) 

n 

Pflanze  6-  unbe- 

19.  VI. 

10  h  30 

25 

— 

viel 

n 

grannt  .    .    . 

23.  VI. 

7  h  30 

20 

2 

)j 

n 

26.  VI. 

8  h  30 

21 

1 

j) 

» 

Pflanze  7  nnbe- 
grannt  .   .    . 

f       17.  VI. 

18.  VI. 
[      21.  VI. 

10  h  30 

r2h  — 

5h- 

28 
37 
14 

— 

n 

wenig 
viel 

n 

20.  VI. 

10h  — 

33 

— 

)) 

» 

Pflanze  8  unbe- 

20.  VI. 

10h  — 

84. 

— 

V 

!) 

grannt  .    .    . 

,  20.  VI. 

10h  — 

24 

1 

wenig 

n 

23.  VI. 

7h  30 

22 

— 

» 

n 

über  die  Erzeuguug  von  Weizen-Roggenbastardierungen.  279 

Auf  die  Bestäubungen  mit  viel  Pollen  entfallen  sechs  Kömer, 
auf  jene  mit  wenig  Pollen  ein  einziges.  Da  auch  bei  allen  anderen 
Bestäubungen  in  der  Regel  viel  Pollen  auf  die  Narbe  gebracht  wurde 
und  ein  schädlicher  Einfluß  nicht  festgestellt  werden  konnte,  so 
scheint  es  im  Interesse  des  Gelingens  einer  Speziesbastardierung 
vorteilhafter  zu  sein,  eine  große  Anzahl  Pollenkörner  auf  die  Narbe 
aufzutragen. 

Bei  vielen  der  hier  angeführten  Weizenpflanzen  finden  sich  auch' 
größere  oder  kleinere  Schwankungen  im  Ansätze  bei  den  Ähren  der- 
selben Pflanzen.  Da  diese  Schwankungen  auf  keinen  Einfluß  von 
väterlicher  Seife  zurückzuführen  sein  können,  bleibt  noch  die  Mög- 
lichkeit offen,  daß  Witterungseinflüsse  maßgebend  waren.  Da  bei 
den  früheren  Versuchen  wegen  des  überwiegenden  Einflusses  der 
Individualität  ein  Vergleich  mit  den  meteorologischen  Daten  als 
aussichtslos  erschien,  wurde  davon  abgesehen.  Es  wurde  nun  hier 
versucht,  die  Schwankungen  im  Ansätze  bei  den  verschiedenen  Ähren 
einer  Pflanze  mit  äußeren  Einflüssen  in  Verbindung  zu  bringen.  Ich 
•  habe  an  der  Hand  der  Tabellen  für  Temperatur,  Luftfeuchtigkeit 
und  Sonnenstrahlung  einen  Zusammenhang  zu  finden  gesucht,  fand 
jedoch  den  Ansatz  überall  von  den  klimatischen  Einflüssen  vollständig 
unabhängig.  Es  ist  daher  nur  möglich,  daß  der  ungleichmäßige  An- 
satz bei  Ähren  einer  Pflanze  auf  Schädigungen  zurückzuführen  ist, 
die  durch  die  Kastration  und  die  Isolierung  hervorgerufen  wurden. 
Da  auch  bei  Bastardierungen  zwischen  verschiedenen  Sorten  der  An- 
satz oft  zu  wünschen  übrig  läßt  und  Schwankungen  aufweist,  darf 
uns  dieselbe  Erscheinung  bei  schwer  gelingenden  Bastardierungen 
nicht  weiter  Wunder  nehmen. 

Nicht  bei  allen  Weizenrassen  hat  die  Individualität  der  Pflanze 
eine  gleich  große  Bedeutung  für  die  Bastardierung.  Weitaus  der 
größte  Einfluß  der  Individualität  auf  die  Bastardbefruchtung  ist  beim 
Bocharaweizen  zu  finden.  Wir  haben  hier  nur  jene  Rassen  auf  den 
verschiedenen  Grad  der  Eignung  ihrer  Individuen  zur  Bastardierung 
untersucht,  welche  bei  den  früheren  Versuchen  die  größten  Schwan- 
kungen im  Ansätze  aufwiesen  und  somit  eine  große  Verschiedenheit 
in  der  Individualität  vermuten  ließen.  Bei  anderen  Rassen  scheint 
die  Individualität  eine  geringere  Rolle  zu  spielen.  Wir  nennen  von 
den  früher  verwendeten  Rassen  den  Czar,  den  Roten  Sächsischen 
Landweizen  und  den  Molds  Squarehead.  Bei  einigen  Rassen 
scheint  schließhch  die  Bastardierung  überhaupt  nicht  oder  nur  sehr 
schwer  zu  gelingen. 

Auf  Grund  der  hier  gefundenen  Resultate  kann  auch  eine  Er- 
klärung für  die  früher  besprochenen,  widersprechenden  Ansichten 
über  den  Einfluß  der  Domestikation  auf  die  Bastardierung  gefunden 
werden:    Gleichzeitig   mit   der  Kultur   der  Pflanzen  und  Tiere   findet 


280  Firbas: 

in  der  Regel  eine  Auslese  statt.  Es  wurden  nun  in  einem  Falle  die 
Nachkommen  von  Individuen  kultiviert,  die  die  Eio'nune;  Bastard- 
Verbindungen  einzugehen,  in  hohem  G-rade  besaßen,  in  anderen  Fällen 
war  dies  nicht  der  Fall.  Es  ist  möglich,  daß  in  den  meisten  Fällen 
gleichzeitig  mit  der  Kultivierung  eine  Auslese  jener  Individuen  statt- 
gefunden hat,  die  sich  leichter  zur  Bastardierung  eignen.  Für  die 
Annahme,  daß  wilde  Rassen  aus  einer  Population  reiner  Linien  be- 
stehen, die  die  Eignung,  Bastardverbindungen  einzugehen,  in  ver- 
schiedenem G-rade  besitzen,  sprechen  auch  die  Resultate  bei  den  hier 
verwendeten  am  wenigsten  kultivierten  Rassen :  dem  Bocharaweizen 
und  dem  Winterspelz. 

Wir  haben  nun  gesehen,  daß  vor  allem  die  Individualität  der 
Mutterpflanze  ausschlaggebend  für  das  Gelingen  einer  Bastardierung 
ist;  wir  kennen  jedoch  nicht  die  Ursachen  dieser  Erscheinung. 
Äußerlich  wiesen  die  Pflanzen,  die  sich  vorzüglich  zur  Bastardierung 
eigneten,  und  jene,  die  diese  Eignung  nur  in  geringem  Grade  oder 
gar  nicht  besaßen,  keine  Verschiedenheit  auf.  Auch  beim  Bochara- 
weizen war  von  den  zwei  Weizenpflanzen,  die  fast  in  allen  Blüten« 
Bastardkörner  ansetzten,  die  eine  unbegrannt,  die  andere  halbbegrannt. 
Es  war  also  auch  hier  keine  Abhängigkeit  von  dem  Merkmal  Granne 
zu  finden.  Wir  haben  hier  die  Tatsache  der  verschiedenen  sexuellen 
Affinität  zwischen  einer  Pflanzenform  und  den  verschiedenen  Indi- 
viduen einer  anderen,  die  als  Mutterpflanzen  verwendet  wurden,  fest- 
stellen können.  Die  Erklärung  für  diese  Erscheinung  zu  finden,  dürfte 
wohl   noch  ziemliche  Schwierigkeiten  bereiten. 

Wir  sind  auf  einem  anderen  Wege  zum  Ziele  gelangt,  als  ur- 
sprünglich angenommen  wurde.  Es  sind  daher  auch  unsere  Erwar- 
tungen, die  wir  an  die  Lösung  der  Frage  knüpften,  auf  andere  Weise 
erfüllt  worden,  als  zu  Beginn  der  Arbeit  vermutet  wurde.  Wir  werden 
zwar  in  der  Lage  sein,  durch  Auswahl  jener  für  die  Bastardierung- 
geeigneten  Pflanzen  mit  demselben  Arbeitsaufwande  eine  unvergleich- 
lich größere  Anzahl  Bastarde  zu  erzeugen,  wir  werden  jedoch  weiterhin 
nicht  imstande  sein,  bisher  noch  nicht  gelungene  Bastarde  gewisser- 
maßen nach  bestimmten  Vorschriften  zu  erzeugen.  Es  wäre  dies  nur 
der  Fall  gewesen,  wenn  es  gelungen  wäre,  einen  Einfluß  äußerer 
Faktoren  auf  die  Bastard befruchtung  nachzuweisen.  Wird  beabsich- 
tigt, sehr  schwer  gelingende  oder  bisher  noch  nicht  gelungene 
Bastardierungen  zu  versuchen,  so  wird  zwecks  Arbeitsersparnis  auf 
Grrund  unserer  Erfahrungen  nur  diese  Folgerung  gezogen  werden 
können,  daß  es  ratsam  sein  wird,  möglichst  viele  Pflanzen  zu  den 
Versuchen  heranzuziehen  und  an  diesen  nur  einzelne  Bestäubungen 
vorzunehmen,  um  so  eine  möglichst  große  Anzahl  Pflanzen  auf  ihr 
Vermögen,  Bastard  Verbindungen  einzugehen,  zu  untersuchen. 


über  die  Erzeugung  von  Weizen-Roggenbastardierungen.  281 

Es   sei   zum  Schlüsse   ein  kurzer  Überblick   über  die  Ergebnisse 
unserer  Untersuchungen  gegeben. 

Die  verschiedenen  Weizenrassen  besitzen  in  verschiedenem  Grade 
die  Fähigkeit,  mit  Roggen  Bastardverbindungen  einzugehen.  Außer 
von  der  Easse  ist  das  Gelingen  der  Bastardierung  von  der  Indivi- 
dualität der  Mutterpflanze  abhängig.  Es  scheint  diese  Beobachtung, 
daß  neben  der  Rasse  das  Gelingen  der  Bastardierung  vor  allem  von 
der  Individualität  abhängig  ist,  für  sämtliche  schwer  gelingenden 
Bastardierungen  sowohl  von  Pflanzen  als  auch  von  Tieren  Gültigkeit  zu 
haben.  Nicht  bei  allen  Rassen  ist  jedoch  der  Einfluß  der  Individualität 
der  Mutterpflanze  auf  die  Bastardierung  ein  gleich  großer ;  bei  manchen 
Rassen  ist  die  Individualität  von  größter  Bedeutung,  bei  einigen  von 
geringerer,  bei  manchen  vielleicht  von  gar  keiner.  Bei  wilden  Rassen 
ist  der  Einfluß  der  Individualität  größer  als  bei  kultivierten  Rassen, 
bei  denen  bereits  eine  Auslese  bestimmter  Formen  stattgefunden  hat. 
Ein  Einfluß  der  Individuahtät  der  Vaterpflanze  auf  die  Weizen-Roggen- 
bastardierung  konnte  nicht  nachgewiesen  werden. 

Die  Art  der  Isolierung  der  Ähre  ist  für  das  Gelingen  der  Bastar- 
dierung gleichgültig.  Ebenso  haben  "Witterungseinflüsse  keinen  Ein- 
fluß auf  die  Bastardbefruchtung;  möglicherweise  ist  der  Einfluß  der- 
selben zu  e-erine:,  als  daß  er  bei  unseren  Versuchen  erkannt  werden 
konnte.  Solange  der  Pollen  befruchtungsfähig  und  die  Narbe  kon- 
zeptionsfähig ist,  ist  auch  Bastardbefruchtung  möglich.  Leichteres 
Gelingen  der  Bastardierung  bei  Bestäubung  der  Narbe  in  einem  be- 
stimmten Entwicklungsstadium  konnte  nicht  festgestellt  werden. 
Ebenso  erwies  sich  das  Alter  des  zur  Bestäubung  verwendeten  Pol- 
lens bei  unseren  Versuchen  als  gleichgültig.  Im  Interesse  eines 
leichteren  Gelingens  der  Bastardbefruchtung  scheint  es  günstiger  zu 
sein,  viel  Pollen  auf  die  Narbe  aufzutragen. 


Die  reziproke  Bastardierung,  Roggen  als  Mutter-  und  Weizen 
als  Vaterpflanze,  ist  bis  heute  nicht  gelungen.  Ich  habe  auch  eine 
Anzahl  Roggenähren  mit  Weizenpollen  bestäubt,  jedoch  durchwegs 
mit  negativem  Erfolge.  Auch  mit  Pollen  von  Bocharaweizen,  der 
sich  bei  AVeizen — Roggenbastardierung  als  Mutterpflanze  besonders 
geeignet  erwies,  konnten  keine  Resultate  erzielt  werden.  Vereinzelte 
Körner,  die  sich  bei  manchen  Ähren  vorfanden,  entwickelten  sich  im 
nächsten  Jahre  zu  gewöhnlichen  Roggenpflanzen,  eine  Folge  der  zur 
Zeit  der  Roggenblüte  nur  äußerst  schwer  zu  vermeidenden  Gefahr 
der  Fremdbestäubung:. 

Wir  zählen  hier  die  Roggenähren  auf,  die  mit  Weizenpollen  be- 
stäubt wurden: 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VII.  '  18 


282  Firbas: 

PetkuserQ  x  AVeizenJ. 
1.  bestäubt  mit  Pollen  des  Bocharaweizens.  Anzahl  der  bestäubten 
Blüten:  64.  68.  64.  50.  50.  GO.  G6.  70.  80.  64.  50.  86.  74.  70.  SO,  76, 
76,  80.  68,  74,  SO;  2.  mit  Ungarischem  Grannenweizen.  Anzahl  der 
bestäubten  Blüten:  82.  64.  56.  60,  60,  68.  68,  62,  74,  68;  3.  mitAVinter- 
spelz.   Anzahl  der  bestäubten  Blüten  64,  62,  52. 

Analoge  Beispiele  von  Bastardierungen,  die  nur  nach  einer  Dich- 
tung Vereinigung  ermöglichen .  sind  mehrere  bekannt.  Gärtner 
fand  Nicotiana  paniculataQ  x  Nicotiana  Langsdorfii  S  möglich,  dagegen 
nicht  die  reziproke  Bastardierung.  Brassica  oleracea  kann  nicht  als  2 
dienen,  ist  dagegen  als  S  zur  Bestäubung  anderer  Brassicaarten  zu 
verwenden  \).  Mirabilis  jalapaQ  x  Mirabilis  longiilora  d  gelingt  ohne 
besondere  Schwierigkeit,  die  reziproke  Bastardierung  nie  ^).  Aegilops 
ovata  und  Aegilops  cylindrica  produziert,  mit  Pollen  der  verschiedenen 
AVeizenformen  bestäubt,  verhältnismäßig  leicht  Bastarde.  Die  rezi- 
proke Bastardierung  galt  als  unmöglich,  ist  jedoch  in  zahlreichen 
Fällen  V.  Tschermak^)  gelungen,  nämlich  Spelz  und  Triticum 
dicoccoides  als  Mutter.  Aegilops  cylindrica  und  ovata  als  Yaterptianze, 
Es  ist  daher  vielleicht  nicht  gänzlich  ausgeschlossen,  daß  bei  einer 
noch  größeren  Anzahl  bestäubter  Ähren  die  Bastardierung  Roggen  9 
X  "Weizen  S  einmal  doch  gelingen  würde. 

Ich  möchte  noch  an  dieser  Stelle  Herrn  Professor  Dr.  Erich 
V.  Tschermak  für  vielfache  Anregung  iind  stete  Hilfsbereitschaft 
iü  Verehrung  meinen  wärmsten  Dank  aussprechen. 


1)  Fruwirth.  Die  Züchtung  der  landw.  Kulturpflanzen,  I.  Bd.,  1909,  S.  57, 
5.  Aufl.  19120,  S.  53. 

^)  Focke,  Pflanzenmiscblinge. 

^)  V.  Tschermak,  Über  seltene  Getreidebastarde.  Beiträge  zur  Pflanzen- 
zucht, 3.  Heft  1913. 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüehtung  bzw.  das  Mahn- 

dorfer  Usaneenbueh. 


Von 

W.  Hansen, 

Saatzuchtleiter,  Mahndorf  b.  Halberstadt. 
(Mit  5  Abbildungen.) 


Diese  Arbeit  soll  dem  Beo-ründer  der  Mahndorfer  Pflanzenzüchtnng, 
Herrn  Administrator  Hacke,  zu  seinem  25jährigen  Dienstjubiläum 
gewidmet  sein. 

Obwohl  die  Entwicklung  der  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung,  die 
praktischen  Selektionsarbeiten,  die  hier  geleistet  wurden  und  bis  auf  den 
heutigen  Tag  sich  vervollkommnen,  mit  der  Entwicklung  der  deutschen 
Pflanzenzüchtung  in  vielem  parallel  läuft,  bietet  die  Mahndorfer  Pflanzen- 
züchtung dennoch  so  viel  Individuelles  und  Charakteristisches,  daß  deren 
Veröffentlichung  von  allgemeinem  Interesse  sein  dürfte.  Eine  kurze 
Orientierung  über  Mahndorf  sowie  der  geschichtliche  Rückblick  über 
seine  Züchtung  werden  die  Entwicklung  sowie  den  gegen  war  tio-en 
Stand  der  Mahndorfer  Züchtung  zu  besserem  Verständnis  brino-en. 

Beschreibung  von  Mahndorf.  Mahndorf  liegt  5,5  km  west- 
lich von  Halberstadt  und  nordöstlich  vom  Harz,  in  dem  weiten  Tale 
der  unter  dem  Brocken  entspringenden  Holtemme.  Die  zirka  500  ha 
landwirtschaftlich  genutzte  Fläche  besteht  aus  Kalksteinverwitteruno-s- 
böden,  mit  Schotter  durchsetzten,  schwach  lehmigen  Sandböden 
und  tiefgründigem  humossandigen  Lehmalluvium  mit  verschiedenen 
Zwischenstufen.    Die  Höhenlage  der  Feldmark  beträgt  140  m  über  NN. 

Klimatisch  ist  Mahndorf  für  die  Pflahzenzüchtung  sehr  o-eeio-net. 
Durch-  die  Nähe  des  Harzes  und  die  von  Osten  nach  Westen  ver- 
laufenden Bodenerhebungen ,  die  den  rauhen  Harz-  sowie  den  Ost- 
winden keinen  Widerstand  bieten,  ist  das  Klima  verhältnismäßio-  rauh. 
Die  Saaten  werden  daher  nicht  verweichlicht,  während  der  schnee- 
arme Winter  für  die  Erhöhung  der  Winterfestigkeit  soro-t  Im 
allgemeinen  beginnt  die  Frühjahrsbestellung  Mitte  März.  Da  Mahn- 
dorf im  Regens  chatten  des  Harzes  liegt,  müssen  die  Pflanzen  fast 
alljährlich  eine  längere  Trockenperiode  überstehen,  die  in  manchen 
Jahren  an  das  kontinentale  Klima  erinnert  und  die  Zuchten  in  bezuo- 
auf  Wasserbedarf  genügsam  macht.  Die  Niederschlagsmenge  beträo-t 
durchschnittlich  500  mm  im  Jahre  mit  Schwankungen  von  430—726  mm. 

18* 


284  Hansen: 

G-eschichtlicher  Eückblick.  Seit  ca.  50  Jahren  werden  in  Mahn - 
dorf  Getreide  und  Hülsenfruchter  zu  Saatzwecken  angebaut.  Während 
der  vormundschaftlichen  Oberleitung  durch  Herrn  Amtsrat  Heine- 
Hadmersjeben  von  1878  bis  1894  war  Mahndorf  eine  Anbaustelle  für  die 
Heineschen  Zuchten.  Zu  dieser  Zeit  wnirden  in  Mahndorf  auch  zeitgemäße 
Saatreinigungsmaschinen  aufgestellt  und   die  Bodenräume  vergrößert. 

So  waren  in  Mahndorf  die  Vorbedingungen  für  die  Pflanzenzüchtung 
klimatisch  sowie  wirtschaftlich  bereits  vorhanden,  als  1895  Herr 
Majoratsherr  H.  "W.  v.  "Wulff en  Herrn  Administrator  Hacke  für  seine 
Grattin  Martha ,  geb.  Löbbecke ,  die  selbständige  Leitung  des  Martha 
Löbbecke'schen  Fideikommisses  Mahndorf  übertrug.  Von  seiner  vor- 
herigen Tätigkeit  in  Schlanstedt  bei  Herrn  Amtsrat  Dr.  R  i  m  p  a  u  und 
dem  persönlichen  Verkehr  mit  Herrn  Fr.  Strube  hatte  der  Jubilar  nicht 
bloß  Interesse,  sondern  auch  für  damalige  Zeiten  noch  unvergleichbar 
wertvolle  züchterische  Kenntnisse  sich  angeeignet,  die  während  seiner 
Hallenser  Studienzeit  durch  Besuch  der  Vorlesungen  des  damals  gerade 
nach  Halle  berufenen  Herrn  Geheimrat  von  Rümker  vertieft  werden 
konnten.  In  diesem  Jahre  ist  der  Grundstein  zu  der  Mahndorfer  Zucht 
gelegt. 

Zunächst  wurde  durch  Anbauversuche  von  jeder  Fruchtart  die 
geeignetste  Sorte  für  die  Mahndorfer  Verhältnisse  festgestellt,  die 
sich  besonders  auszeichnenden  Ähren  und  Rispen  ausgeschnitten  und 
in  einem  Zuchtgarten  als  Saatgut  für  den  Großanbau  vermehrt.  Aus 
dem  so  veredelten  Saatgut  ist  wiederum  das  Korn  der  schönsten 
Ähren  einzeln  ausgelegt  und  daraus  die  besten  Pflanzen  gruppenweise 
weitergezüchtet.  Mahndorf  stellte  sich  sogleich  bei  der  Einrichtung 
der  Saatanerkennung  der  D.-L.-G.  unter  diese  Kontrolle.  Diese  Be- 
sichtigungen, die  D.-L.-G.-Ausstellungen  und  das  Beispiel  erfolgreicher 
deutscher  Züchter  (B eseler,  Rimpau)  sowie  die  Erfolge  in  Svalöf 
waren  bestimmend,  daß  seit  1902  mit  der  Individualauslese  bei  der 
Viktoriaerbse  und  dem  Dickkopfweizen  begonnen  wurde. 

Seit  1905  werden  sämtliche  angebaute  Halm-  und  Hülsenfruchter 
in  dieser  Weise  züchterisch  bearbeitet  und  der  Zuchtbetrieb  so  weit 
vergrößert ,  daß  Herr  Hacke  zur  Bewältigung  der  züchterischen 
Arbeiten  eines  Zuchtbeamten  benötigte.  Es  wurden  anfänglich  meist 
jüngere  Herren,  die  das  auf  der  Hochschule  Gelernte  in  die  Praxis 
umsetzen  wollten,  angestellt.  Als  besonders  erfolgreich  sind  zu  nennen 
der  jetzige  Herr  Professor  Dr.  Roemer- Halle  (1907 — 1908)  und  Herr 
Professor  Dr.  Boerger-Uruguaj^  (1909—1910).  Von  19 J8  bis  1913 
gelang  es,  Herrn  Professor  Dr.  Remy-Bonn  als  wissenschaftlichen 
Berater  und  Mitarbeiter  zu  gewinnen,  wodurch  die  Mahndorfer  Arbeits- 
methode den  Bonner  Charakter  annahm. 

Zu  den  äußerst  schwierigen  wirtschaftlichen  Verhältnissen  und 
dem  Leutemangel  während  des  Krieges  kam  sehr  erschwerend  hinzu. 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancenbuch.     285 

daß  in   den  ersten  Kriegsjahren   sowie  1918  ein  Zuchtbeamter  fehlte 
und  Herr  Hacke  den  Zuchtbetrieb  wieder  allein  leiten  mußte. 

Nach  der  Beendigung  des  Krieges  wurde  der  Mahndorfer  Zucht- 
betrieb wieder  bedeutend  vergrößert.  Um  mit  derselben  Leutezahl 
eine  größere  Zahl  Nachkommenschaften  prüfen  zu  können,  mußten 
alle  Arbeiten  gegen  früher  vereinfacht  und  jede  entbehrliche  Er- 
mittlung vermieden  werden.  So  wird  nun  bei  der  Verarbeitung 
der  Mutterpflanzen  mehr  Gewicht  auf  die  Auslese  nach  Augenmaß 
als  den  zeitraubenden  zahlenmäßigen  Feststellungen  gelegt,  was  aller- 
dings an  die  persönliche  Arbeit  des  Zuchtleiters  große  Anforderungen 
stellt.  Mitte  September  müssen  aus  wirtschaftlichen  Gründen  die 
Selektionsarbeiten  an  den  Elitepflanzen  beendet  sein ;  auch  läßt  es  die 
jährlich  wiederkehrende  Mäuseplage  geraten  erscheinen,  dieselben 
möglichst  gleich  nach  der  Ernte  zu  erledigen. 

Im  Winter  1919/1920  wurde  von  den  Zuchtstätten  der  Halberstädter 
Gegend,  zu  denen  auchMahndorf  gehört, eineVerkaufsgesellschaftm.b.H  , 
Selecta  -  Pflanzenzucht  in  Langenstein,  Kreis  Halberstadt,  gegründet, 
zu  deren  Leitung  der  langjährige  kaufmännische  Leiter  der  Firma  Fr. 
Strube-Schlanstedt,  Herr  Direktor  Berning er,  ausersehen  wurde. 
Der  Aufsichtsrat  der  Selecta  besteht  aus  Herrn  Geheimrat  Prof.  Dr. 
V.  Rümker-Emersleben  als  Vorsitzenden,  Herrn  Rittergutsbesitzer 
Dr.  Pangermann- Krakow  als  Vertreter  des  kürzlich  verstorbenen 
Herrn  Qberamtmahn  W.  Rimpau-Schlanstedt  und  Herrn  Administrator 
Hacke.  Herr  Dr.  Roemer,  der  ursprünglich  auch  für  die  Selecta 
engagiert  war,  hat  den  Ruf  als  Professor  nach  Halle  angenommen. 
Die  einzelnen  Zuchtstätten  bewahren  dabei  ihre  alte  Selbständigkeit. 

Die  Zuchten.     Mahndorf  bringt  von  jeder  Fruchtart  nur  eine 
Sorte  in  den  Handel,  die  aus  dem  besten  jeweiligen  Stamme  hervor- 
geht.    Im  Handel  befinden  sich  folgende  Zuchten: 
Original  Mahndorfer  Roggen, 

„  „  Dickkopf- Winterweizen, 

n  „  Bordeaux-Sommerweizen, 

„  „  Hanna-Gerste, 

„  „  Hafer, 

„  „  frühe  Viktoria-Erbse. 

Außerdem  wird  züchterisch  an  Luzerne,  Rüben,  Mais,  Mohn, 
Raps,  Möhren  und  Gras  gearbeitet. 

Original  Mahndorfer  Roggen  ist  von  Professor  Remys 
Züchtung  aus  Petkuser  Roggen  1909  hervorgegangen. 

Zuchtziel:  hoher  Korn-  und  mittlerer  Strohertrajr,  hoher  Korn- 
anteil,  Frühreife,  Lager-  und  Winter festigkeit.  Die  Ähre  soll  keil- 
förmig, vierkantig,  10-11  cm  lang  mit  19—21  zweiblütigen  Ährchen 
dicht  besetzt  sein  und  möglichst  aufrecht  stehen.  Das  Vorkommen 
dreiblütiger  Ährchen  ist  als  ein  Zeichen   der  Wüchsio-keit  wohl  kein 


286  Hansen: 

Fehler,  trotzdem  wird  es  wegen  der  dadurch  bedingten  Ungleich - 
mäßigkeit  des  Kornes  ungern  gesehen.  —  Das  Korn  soll  graugrün, 
voll,  länglich  und  recht  groß  sein,  45 — 55  g  je  lOOU  Körner  wiegen  und 
gut  von  Spelzen  umschlossen  sein.  -Der  Halm  ist  mittellang  140 — 180  cm, 
o-ut  ausgeglichen,  mit  4 — 5  Knoten;  die  Bestockung  ist  mittelstark, 
bei  Eliten  6 — 10  Halme  je  Pflanze  zu  wählen. 

Es  ist  ein  sehr  ertragreicher  Roggen  für  bessere  sowie  geringere 
Bodenarten,  der  in  Mahndorf  Mitte  Juli  reift.  Da  seine  Winter- 
festigkeit eine  vorzügliche  ist,   eignet  er  sich  auch  für  rauhe  Lagen. 

Die  früher  parallel  verlaufende  lockere  Ähre  hat  im  Laufe  der 
Jahre  eine  keilförmige  dichtere  Form  angenommen.  Innerhalb  der 
Nachkommenschaften  steht  die  lange  parallele  Form  mit  größerer 
Frühreife,  kürzerem  Halm  und  kleinerem  gelbgrünen  Korn  in  Be- 
ziehung, während  die  kolbenförmige  Ähre,  gleichsam  als  ein  Zeichen 
der  Wüchsigkeit ,  mit  Spätreife ,  längerem  Halm ,  größerer  Winter- 
festigkeit und  grauer  Kornfarbe  verbunden  ist. 

1913  wurden  innerhalb  der  Nachkommenschaftsbeete  bei  Pflanzen 
mit  ungenügender  Ährenform  vor  der  Blüte  die  Ähren  gestutzt,  um 
eine  unerwünschte  Fremdbestäubung  zu  verhindern.  Dieser  operative 
EingTiff  wurde  in  der  Art  nicht  wiederholt,  wohl  aber  ganze  Nach- 
kommenschaften, die  schlecht  überwinterten  und  kränkliches  Aussehen 
hatten,  vor  der  Blüte  abgeschnitten. 

Vor  etlichen  Jahren  zeichnete  sich  eine  Nachkommenschaft  durch 
ihr  sehr  kurzes  Stroh  aus.  Es  ist  ein  Beweis,  daß  durch  Auslese  auch 
ganz  kurzhalmige  Roggensorten  für  Maschinenmahd  geschaffen  werden 
können.  Da  bis  jetzt  allgemein  bei  Roggen  eine  gute  Strohproduktion 
verlangt  wird,  wurde  die  kurzhalmige  Familie  nicht  weiter  vermehrt. 

1919  findet  sich  eine  Nachkommenschaft,  die  über  eine  Woche 
früher  als  andere  reift.  Die  Ähren  derselben  sind  zwar  parallel,  aber 
sehr  gut  besetzt,  das  Korn  kleiner,  doch  der  Parzellenertrag  recht  gut. 

Das  abgesiebt  größte  Korn  vom  besten  Roggenstamm  wird  auf 
größeren  Flächen,  kornweise  ausgelegt,  vermehrt  und  bei  der  Ernte 
alle  Pflanzen  durch  die  Hand  genommen  und  diejenigen  mit  schar- 
tigen und  nicht  typenreinen  Ähren  entfernt.  Daß  das  größte  Korn 
schartige  Ähren  geben  soll,  hat  dabei  keine  Bestätigung  gefunden. 
Im  Gegenteil  erhalten  wir  dadurch  einen  äußerst  kräftigen  Bestand 
und  bringen  durch  diese  Massenauslese  eine  um  zwei  Jahre  jüngere 
Veredlungsstufe  von  ausgesucht  guten  Pflanzen  zum  Verkauf. 

Bei  Roggen  als  Fremdbefruchter  sind,  wenn  man  mit  einer  ge- 
nügenden Zahl  von  Nachkommenschaften  arbeitet ,  verhältnismäßig- 
leicht  hervorragende  Plusvarianten  zu  finden.  Daher  werden  jährlich 
vom  besten  Stamm  einige  tausend  Ähren  gesammelt,  dem  Augen- 
schein  nach  auf  guten  Besatz  untersucht  und  einige  hundert  ähren- 
weise ausgekörnt.     Etwa  50 — 100  so    erhaltene   Nachkommenschaften 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  TJsancenbuch.    287 

mit  bester  Kornqualität  werden  je  in  einer  Reihe  ausgepflanzt ,  um 
eventuell  neue  Stämme  zu  gründen. 

Original  Mahndorfer  Dickkopf- Win terweizen  ist  aus 
Mettes  Squarehead,  der  sich  1900  im  D.-L.-G'.-Sortenversuch  in  Mahn- 
dorf durch  höchsten  Kornertrag  und  größte  Winterfestigkeit  auszeich- 
nete ,  mittels  Ährenauslese  hervorgegangen. 

Zuchtziel:  hoher  Korn-  und  mittlerer  Strohertrag,  hoher  Kornanteil, 
Frühreife,  Lager-  und  Winterfestigkeit,  Eostfreiheit.  —  Die  Ähre  soll 
kolbenförmig,  aber  nicht  übertrieben,  weiß  und  unbegrannt  7,5 — 8  cm 
lang  mit  25 — 28  Ährchen  dicht  besetzt  und  ohne  taube  Ährchen  sein.  — 
Das  Korn  voll  und  groß,  mit  45 — 55  g  Tausendkorngewicht.  —  Der 
Halm  soll  mittellang,  100 — 130  cm,  gut  ausgeglichen  mit  vier  Knoten, 
die  BeStockung  mittelstark  sein,  bei  Eliten  5 — 7  Halme  je  Pflanze  betragen. 

Der  Mahndorfer  Dickkopf  ist  gut  ausgeglichen,  und  spontane 
Variationen  entstehen  selten.  Durch  seine  außerordentliche  Winter- 
festigkeit, wobei  die  rauhe  Lage  am  Harz  ständig  ihre  natürliche  Aus- 
lese treibt,  gehört  der  Mahndorfer  Dickkopf  mit  zu  den  ertragsicheren 
Winterweizensorten.  Er  vermag  sich  in  rauhen  Lagen  sowie  bei 
später  Bestellung  durch  seine  kräftige  Bestückung  zu  behaupten. 

Obwohl  der  gesamte  Bestand  des  heutigen  Mahndorfer  Dickkopfs 
von  einer  Pflanze  aus  dem  Jahre  1908  abstammt,  lassen  sich  drei 
deutlich  kenntliche  Zweige  unterscheiden.  Der  früheste  Zweig  hat 
eine  längere  parallele  Ähre,  mittelgroßes  Korn  und  geringeren  Korn- 
ertrag. Der  späteste  Zweig  zeichnet  sich  durch  seine  schöne  kolben- 
förmige Ähre,  mittelgroßes  Korn,  kurzen  Halm  und  guten  Kornertrag 
aus.  Der  im  Handel  befindliche  Zweig  ist  mittelfrüh,  hat  eine  schwach 
kolbige  Ähre,  großes  Korn,  mittellangen  Halm  und  sehr  guten  Kornertrag. 

1917  sind  Bastardierungen  zwischen  dem  Mahndorfer  .und  fremden 
Sorten  vorgenommen  worden. 

Original  MahndorferBordeaux-Somm  er  Weizen  ist  aus 
Rimpaus  Rotem  Schlanstedter  Sommerweizen  herausgezüchtet. 

Zuchtziel:  hoher  Korn-  und  mittlerer  Strohertrag,  hoher  Kornanteil, 
Frühreife,  Lagerfestigkeit.  Brandfreiheit.  —  Die  Ähre  soll  8 — 10  cm  lang, 
dicht,  mit  17 — 19  gut  entwickelten  Ährchen  besetzt  und  nicht  schartig 
sein,  und  möglichst  aufrecht  stehen.  Die  Spelzen  rotbraun  und  unbe- 
grannt. —  Das  Korn  voll,  glasig,  groß,  50 — 60  g  je  1000  Korn.  —  Der 
Halm  ausgeglichen,  mittellang  110 — 140  cm,  steif  und  mit  3 — 4  Knoten.  — 
Die  Bestockung  mittelstark  und  bei  Elitepflanzen  5 — 6  Halme. 

Der  Mahndorfer  Bordeaux  ist  ein  typischer  Bordeaux-Sommerweizen. 

Die  heutige  Zucht  besteht  aus  zwei  Individualauslesen.  Die 
Pflanzen  der  einen  sind  etwas  später,  haben  eine  aufrechtere  Äliren- 
stellung  und  sind  fast  völlig  brandfrei,  wodurch  sie  für  den  Groß- 
anbau geeignet  sind.  Die  Pflanzen  der  anderen  zeichnen  sich  durch 
ihre   größere   Frühreife ,   geneigtere  Ährenstellung  und   eine    geringe 


288  Hansen: 

Brandanfällio;keit   aus;    da   sie   aucli  sehr   ertragreich   sind   und  noch 
aufspalten,  ^verden  sie  noch  nicht  verworfen. 

1919  sind  Kreuzungen  zwischen  diesen  beiden  Individualauslesen 
gemacht. 

Original  Mahndorfer  Hanna-Gerste  ist  eine  aus  dem 
Feldbestande  der  Kwassitzer  Hanna  gefimdene  Variation. 

Zu  cht  ziel:  hoher  Korn-  und  mittlerer  Strohertrag,  hoher  Kom- 
anteil ,  Frühreife ,  Lagerfestigkeit  und  Brandfreiheit.  Die  Ähre  soll 
möglichst  11 — 12  cm  lang,  dicht  mit  30  Körnern  besetzt  und  ohne 
taube  Ahrchen  sein.  Das  Kom  groß,  voll  mit  feiner  Kräuselung  mit 
60 — 67  g  Tausendkorngewicht.  Der  Halm  mittellang,  80—120  cm 
mit  5  Halmknoten,  gleichmäßiger  Länge  und  ohne  Nachwuchs.  Die 
BeStockung  mittelstark  sein  und  etwa  8  Halme  bei  Elitepflanzen  haben. 

Die  Mahndorfer  Hanna-Gerste  ist  eine  feine  Braugerste,  die  wegen 
ihrer  Anspruchslosigkeit   auch   für  trockenere  Gegenden   sich  eignet. 

Obwohl  die  ganze  Zucht  von  einer  Pflanze  aus  dem  Jahre  1907 
stammt,  zeigen  sich  dennoch  Verschiedenheiten.  AViederum  ist  der 
ertragreichste  Zweig  etwas  später ;  ein  früher  Zweig  hat  zwar  ein  sehr 
großes  Korn,  ist  aber  weniger  widerstandsfähig  gegen  Lagern,  ein 
sehr  früher  Zweig  ist  flugbrandanfällig  und  kleinkörnig.  Da  er  sehr 
lagerfest  ist  und  noch  aufspaltet,  wird  er  weiter  beobachtet. 

1919  sind  zwischen  den  besten  Mahndorfer  Nachkommenschaften 
Kreuzungen  vorgenommen. 

Original  Mahndorfer  Hafer  ist  durch  Körner-  und  dann 
Pflanzenauslese  aus  Strube-Schlanstedter  Hafer  herausgezüchtet. 

Zuchtziel:  hoher  Korn-  und  mittlerer  Strohertrag,  hoher  Kornanteil, 
Frühreife  imd  Lagerfestigkeit.  Die  Rispe  soll  gut  verzweigt,  voll  besetzt, 
mit  6 — 7  Stufen  und  ohne  taube  weiße  Ahrchen  sein,  die  meist  infolge 
zu  festen  Blattscheidenverschlusses  im  Unterteil  der  Rispe  entstehen. 
Da  die  zweikörnigen  Ahrchen  die  beste  Kornentwicklung  verbürgen, 
wird  nicht  mehr  wie  früher  auf  3 — 4  Körnigkeit  ausgelesen.  Das  Korn 
muß  gelblich-weiß,  recht  groß  sein,  40—50  g  je  1000  Körner  und  wenig- 
kleine,  taube  oder  umschlossene  Körner  haben.  Der  Halm  soll  mittel- 
lang, 120 — 150  cm  mit  5  Halmknoten  und  gut  ausgeglichen  sein.  Um 
eine  stärkere  Bestockung  zu  fördern,  müssen  die  Elitepflanzen  3  Halme 
haben;  einhalmige  Pflanzen  werden  von  der  AVeiterzucht  ausgeschlossen. 

Die  Mahndorfer  Zucht  entstammt  einer  Pflanze  aus  dem  Jahre  1904 
und  die  Zweige  der  Lidividualanslese  zeigen  nur  äußerst  geringe 
Unterschiede;  von  der  Ursprungssorte  sind  sie  jedoch  abweichend. 

Da  die  Haferzüchtung  nur  mittels  Bastardierung  zu  fördern  möglich 
ist,  wird  an  der  Verbesserung  des  Hafers  besonders  durch  Bastar- 
dierungen gearbeitet. 

Original  Mahndorfer  f r ü he  Viktoria-Erbse  ist  wohl  die 
bekannteste  Mahndorfer  Zucht.    Sie  entstand  1901  durch  Anzeichnen 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancenbuch.    289 

von   früli   und    reichlich    blühenden    Pflanzen    im    Feldbestande    von 
Strubes  gelber  Viktoria,  zweite  Absaat. 

Zuchtziel:  hoher  Korn-  und  mittlerer  Strohertrag,  hoher  Korn- 
anteil, 50 — 60°/o,  Frühreife,  Gesundheit.  Die  Blüte  und  Reife  sollen 
kurz  und  gleichmäßig  sein,  wodurch  die  Ausgeglichenheit  des  Kornes 
erzielt  wird.  Die  Hülsen  müssen  paarweise  sitzen  und  4 — 7  Körner 
bzw.  Samenanlagen  enthalten.  IVIindestens  8 — 15  Hülsen  je  Elite- 
pflanze ist  Bedingung.  Das  Korn  soll  voll,  rund,  gelb  und  reclit  groß, 
etwa  7 — 9  mm  im  Durchschnitt  und  im  Gewicht  von  300—450  g 
je  1000  Körner  sein  und  gute  Kochlahigkeit  haben.  Der  Halm  muß 
mittellang,  70 — 100  cm  sein.  Obwohl  die  Zweistengeligkeit  ein  Zeichen 
für  die  "Wüchsigkeit  ist,  werden  keine  zweistengeligen  Eliten  ge- 
nommen, da  sie  eine  ungleiche  Reife  verursachen. 

Als  eine  Eigenart  der  Mahndorfer  Viktoria  ist  ihre  robuste  Kon- 
stitution und  Ertragsicherheit  besonders  hervorzuheben.  Sie  reift 
um  zehn  Tage  früher  als  die  Ausgangssorte ,  wobei  sie  zugleich  mit 
den  ertragreichsten  Viktoriazuchten  im  Ertrage  konkurriert. 

Die  im  Handel  befindliche  Zucht  ist  gut  durchgezüchtet  und  zeigt 
kaum  eine  Aufspaltung.  Daher  sind  die  Umzüchtungsversuche ,  die 
vielfach  anderwärts  probiert  wurden,  stets  erfolglos  gewesen.  Die 
angezeichneten  Frühblüher  erweisen  sich  meist  als  krank,  wobei  die 
Frühreife  durch  Wachstumsstörungen  verursacht  wird  oder  die  Find- 
linge haben  kleines,  wertloses  Korn  mit  geringem  Ertrage.  Mit  den 
in  Mahndorf  geernteten  Findlingen  haben  wir  in  den  letzten  Jahren 
auch  wenig  Glück  gehabt,  da  die  Mahndorfer  Erbse  ein  extremer 
Plusvariant  zu  sein  scheint.  Am  hervorragendsten  sind  die  Findlinge 
aus  dem  Jahre  1914.  Der  eine  Findling  zeichnet  sich  durch  seine 
lange  Biühzeit  aus ;  er  beginnt  eine  Woche  früher  zu  blühen  als  die 
anderen  Stämme  und  blüht  noch,  wenn  alle  anderen  abgeblüht  haben. 
Sein  Hülsenbehang  ist  deshalb  bedeutend  zahlreicher,  doch  sind  die 
Hülsen  kurz  und  das  Korn  infolge  der  ungleichmäßigen  Reife  unaus- 
geglichen und  klein.  Da  dieser  sonst  sehr  ertragreiche  Stamm  noch 
spaltet,  versuchen  wir  daraus  kürzer  blühende  Mutanten  mit  größerem 
ausgeglichenen  Korn  herauszufinden.  —  Der  andere  Findling  aus  dem- 
selben Jahre  hatte  sehr  guten  Ertrag  und  großes ,  allerdings  bräun- 
liches Korn,  welches  infolge  Aufplatzens  nicht  marktfähig  war;  zudem 
war  dieser  Stamm  äußerst  spät  und  wurde  daher  verworfen. 

Um  die  Zucht  der  Mahndorfer  Victoria  weiter  zu  fördern  und 
dabei  schneller  zum  Ziele  zu  gelangen,  als  es  die  spontane  Variabilität 
erlaubt,  sind  1817  Kreuzungen  der  besten  Stämme  untereinander  ge- 
macht. Von  diesen  homozygoten  Kreuzungsprodukten  ist  eine  kon- 
stantere Nachkommenschaft  zu  erwarten,  als  wenn  heterozygotes 
Kreuzungsmaterial  verwendet  wäre.  Gekreuzt  sind  Pflanzen  von  den 
Nachkommenschaften  M,  V  und  L. 


290 

Hansen: 

Stamm 

Kornertrag 

Korngröße 

Blühdauer 

Reife 

M 
V 

gut 
mittel 

sehr  groß 
groß 

sehr  kurz 
kurz 

spät 
mittel 

L 

gut 

klein 

sehr  lang 

früh 

Ernte  1919.    Kreuzungsergebnis 

n  Fo-Generation. 

$x  J 

Kornertrag 
pro  Pflanze 

Korngröße 

Blüht 

ab  Juni         1      Zahl,  Tage 

Mx  V 
MxL 

13,0 
10,6 

401 
403 

11 

5 

13 
22 

VxM 
VxL 

10,5 
10,6 

384 
392 

11 
6 

20 
22 

LxM 
Lx  V 
LxL 

9,8 
10,8 
11.1 

400 

■      380 

380 

7 
7 
6 

22 
30 
25 

Bei  der  Kreuzung  M  x  Y  sind  die  Eigenschaften  der  Mutter- 
pflanze vorherrschend. 

Bei  MxL  ist  der  Ertrag  vermindert,  die  Korngröße  von  der 
Mutter,  die  frühe  und  lange  Blütezeit  vom  Vater. 

Bei  VxM  und  VxL  ist  der  mittlere  Kornertrag  und  die  mitt- 
lere Korngröße  von  der  Mutter,  der  Beginn  der  Blüte  aber  vom  Vater. 

Bei  LxM,  L  x  V  und  LxL  ist  der  Einfluß  der  Mutterpflanze  L 
vorherrschend.     Bei  LxM  zeigt  sich  die  Korngröße   der  Mutter. 

Um  mit  größter  Sicherheit  etwas  Brauchbares  aus  der  Kreuzung 
herauszufinden,  werden  möglichst  viele  Nachkommen  weiter  geprüft 
und  außerdem  das  verworfene  KJreuzungsmaterial  zwecks  eventuellen 
Anzeichnens  von  Findlingen  auf  größeren  Flächen  vermehrt. 

Die  Mahndorfer  Luzerne  stammt  von  einer  hervorragenden 
Pflanze  aus  der  Provencer  Luzerne ,  die  durch  Hummeln  innerhalb 
einer  Haube  zur  Selbstbefruchtung  gezwungen  wurde.  Aus  dem  so 
erhaltenen  Samen  ist  eine  besonders  schöne,  dunkelblau  blühende 
Pflanze  mit  kräftigen,  aber  nicht  groben  Stengeln  und  großer  Massen- 
erzeugung an  dunkelgrünen  Blättern  gefunden  worden.  Die  Pflanze 
ist  sehr  schnellwüchsig,  gesund  und  gegen  Rost  immun.  Durch  Ver- 
pflanzen der  Mutterpflanze  mittels  abgetrennter  Stecklinge  auf  größere 
Flächen  ist  die  Pflanze  so  weit  vermehrt,  daß  die  Zucht  als  gesichert 
erscheint,  doch  noch  nicht  in  dem  Umfano-e.  daß  sie  dem  Handel  über- 
geben  werden  kann.  Der  Bestand,  der  seit  1911  steht,  hat  sich  als 
winterfest  und  widerstandsfähig  erwiesen.  Leider  fehlt  es  in  Mahn- 
dorf wie  auch  vielfach  anderwärts  an  geeigneten  Böden  zur  Samen- 
gewinnung, da  die  Luzerne  auf  besseren  Böden  wenig  Samen  ansetzt. 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  [Jsancenbuch.     291 

Trockene,    nach   Süden   geneigte,    sonnige  Abhänge   haben   sich    zum 
Samenansatz  als  besonders  geeignet  erwiesen. 

Die  Mais  Züchtung.  Im  Frühjahr  1917  erhielten  wir  durch  die 
Liebenswürdigkeit  des  Herrn  Professor  Dr.  Hillmann,  Herrn  Pro- 
fessor Dr.  K r an tz -Döbeln  und  der  Firma  Strube-Schlanstedt  ver- 
schiedene Maisproben.  Es  waren  sechs  Sorten  aus  dem  Versuchsfeld 
Düppel,  Original  Döbelner  Mais.  Hühnermais  und  18  importierte 
Kolben  des  rumänischen  Maises,  Diese  Sorten  wurden  den  21.  Mai  1917 
auf  40x40  cm  Abstand  je  ein  Korn  pro  PÜanzstelle  ausgelegt.  Die 
Nachkommenschaften  zeigten  enorme  Unterschiede. '  "Während  die 
gezüchteten  Sorten  sowie  der  rumänische  ziemlich  ausgeglichen 
waren,  zeigten  die  Provenienzen  vom  Düppelner  Versuchsfelde  deut- 
liche Aufspaltung.  Zunächst  stand  der  gelbe  und  rotkörnige  Mais 
durcheinander,  da  eine  möglichst  vielseitige  Fremdbefruchtung  er- 
wünschtwar. Verschiedene  Nackommenschaften  des  rumänischen  Maises 
übertrafen  alle  anderen  durch  ihre  Höhe;  leider  wurden  deren  Kolben 
nicht  reif.  Die  Ernte  erfolgte  zwischen  dem  13.  September  und  5.  Ok- 
tober, wobei  die  Auslese  einzelner  Pflanzen  auf  Frühreife  und  guten 
Kolbenbesatz  stattfand.     Später   reifende  Pflanzen  wurden  verfüttert. 

1918  war  der  Mais  infolge  später  Bestellung  kurz  vor  Eintritt 
einer  Trockenperiode  gänzlich  mißraten.  Glücklicherweise  wurden 
vom  Verfasser,  der  damals  auch  den  Eckendorfer  Zuchtbetrieb  leitete, 
dort  von  denselben  78  Nachkommenschaften  je  10  Körner  ausgelegt, 
die  trotz  der  frühen  Bestellung  infolge  des  kalten  lippischen  Bodens 
erst  Ende  Oktober  ausreiften. 

1919  werden  20  in  Eckendorf  geernte  Kolben,  je  20  Korn  je 
Reihe,  in  Mahndorf  ausgelegt.  Obwohl  nur  gelbkörnige  Mutterpflanzen 
gewählt  waren,  spalteten  einige  Nachkommenschaften  und  hatten 
teils  rotkörnige  Pflanzen.  Die  lange  parallele  Kolbenform  hat  sich 
bereits  nach  zweijähriger  Auslese  ziemlich  konstant  vererbt,  ebenso 
die  Frühreife.  Die  Ernte  erfolgte  vom  17.  September  ab;  am  4.  Ok- 
tober waren  die  letzten  Pflanzen  reif. 

Da  der  Mais  als  Kulturpflanze  für  Mitteldeutschland  von  geringerem 
Wert  ist,  wird  dessen  Zucht  bei  uns  nur  studienhalber  betrieben 
und  darf  deshalb  nur  wenig  Zeit  in  Anspruch  nehmen.  Es  werden 
die  Kornerträge  der  einzelnen  Nachkommenschaften  nicht  festgestellt, 
sondern  es  findet  bloß  eine  Massenauslese  der  besten  und  frühesten 
Pflanzen  statt ;  trotzdem  ist  ein  deutlicher  Erfolg  der  dreijährigen 
Zuchtarbeit  wahrzunehmen.  Daraus  sehen  wir,  daß  es  bei  Fremd- 
befruchtem  nicht  bloß  auf  die  beste  Nachkommenschaft,  sondern  auf 
die  Wahl  der  besten  Mutterpflanzen  ankommt,  die,  nach  einheitlichen 
Auslesemomenten  gewählt,  zusammen  gepflanzt  werden. 

Der  Mais  muß  etwa  den  8.  bis  10.  Mai  gelegt  werden.  Dadurch 
ist    der  Aufgang   der  frostempfindlichen  Keimlinge   gleich   nach   den 


292  Hansen: 

gestrengen  Herren,  und  es  wird  die  Juniwänne  gut  ausgenutzt.  Auf 
jeder  Pflanzstelle,  die  mindestens  40  x  40  cm  oder  besser  CO  x  30  cm 
stehen  soll,  darf  nur  ein  Korn  gelegt  werden ;  bei  zu  dichtem  Stande 
setzt  der  Mais  keine  Kolben,  sondern  bloß  männliche  Rispen  an.  Da 
im  Sommer  1917  im  Maisbestande  Beulenbrand  auftrat,  wurde  im 
Frühjahr  1918  das  Korn  mit  Uspulun  gebeizt;  der  Beulenbrand  ist 
seitdem  nicht  wieder  beobachtet  worden.  Möglicherweise  war  1917 
die  Infektion  durch  anfliegende  Sporen  verursacht. 

Das  Zuchtziel  ist  vor  allem  die  Frühreife,  dann  der  Komertrag 
je  Pflanze,  die  zwei  gut  besetzte  Kolben  haben  soll.  Die  Idealpflanze 
soll  nicht  hoch  und  ohne  Nebentriebe,  die  auf  Kosten  der  Kolben 
gebildet  werden,  sein.  Die  beiden  Kolben  sollen  an  kurzen  Stielen 
in  aufrechter  Stellung  sitzen,  wodurch  ein  leichtes  Abbrechen  ermög- 
licht wird.  Die  Kolben  sollen  mit  nur  wenigen  Blattlieschen  bedeckt 
sein,  was  die  Reife  beschleunigt,  und  die  Spitze  verdeckt  sein,  um 
den  Wildschaden  und  das  Ungeziefer  abzuhalten.  Der  Kolben 
selbst  soll  gleich  dick,  walzenförmig,  recht  lang  mit  10 — 16  Längs- 
reihen sein  und  guten,  nicht  gedrehten  Kornbesatz  ohne  taube  Spitze 
haben.  Das  Korn  soll  klein,  gelb,  glasig  (eiweißreich),  nicht  aufge- 
platzt sein  und  locker  sitzen. 

Näheres  über  Maiszüchtung  vergleiche  „Deutsche  Maiszucht"  in 
Fühling,  Heft  5/6  von  1916,  wo  vom  Verfasser  eigene  Züchtungsversuche 
in  Schlanstedt  niedergelegt  sind. 

Die  Mohnzüchtung.  Im  Sommer  1918  wurden  aus  dem  weiß- 
blühenden Feldbestande  des  grausamigen,  geschlossenköpfigen  Mohnes 
ein  paar  tausend  runde  frühreife  Köpfe  geerntet  und  im  nächsten 
Jahre  55  ertragreichste  von  ihnen  mit  9,5 — 6,3  g  Samen  je  Kapsel 
reihenweise  ausgelegt.  Die  Nachkommenschaften  zeigen  in  der  Ent- 
wicklung, Halmlänge,  Blütezeit  und  Kopfbesatz  deuthche  Unterschiede. 
Zwei  Nachkommenschaften  scheiden  wegen  Lagerns  aus.  Elf  Nach- 
kommenschaften, die  kurzen  Stengel  hatten  und  durch  besonders 
guten  Kapselansatz  sich  auszeichneten,  hatten  zum  Teil  offene  Kapseln, 
obwohl  alle  Mutterkapseln  bestimmt  geschlossen  waren.  Da  die  offenen 
Köpfe  für  den  großen  Feldanbau  wegen  der  Verluste  durch  Ausfall 
imgeeignet   sind ,   wurden   diese   elf  Nachkommenschaften  verworfen. 

Die  runde  Kopfform  hat  sich  in  allen  Nachkommenschaften  gut 
vererbt  und  zeigte  keine  merklichen  Unterschiede;  auch  die  weiße 
Blütenfarbe  war  vorherrschend.  Von  den  55  Nachkommenschaften 
hatten  nur  vier  vereinzelte  rotblühende  Pflanzen,  und  nur  eine  Reihe 
war  rotblühend.  Große  Kapseln  enthalten  stets  mehr  Samen  wie  die 
kleinköpfigen.  Zu  große  Kapselzahl  an  einer  Pflanze  hat  kleine, 
wenig  Samen  enthaltende  Kapseln  zur  Folge.  Die  Elitepflanzen  werden 
am  besten  durch  Anstoßen  mit  der  Fußspitze  dicht  über  dem  Boden 
abgestoßen,  wobei  der  spröde  Halm  leicht  abbricht.    Zwecks  Samen- 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  CJsancenbuch.     293 

anteilbestimmung  werden  die  Kapseln  unterhalb  der  "Wulst  abge- 
brochen. Den  Kornanteil  am  Gewicht  der  ganzen  Pflanze  zu  ermit- 
teln, ist  wegen  des  geringen  Samenanteils  im  Vergleich  zu  dem 
schweren  Stamm  mit  den  anhaftenden  staubigen  Blättern  zu  unsicher 
festzustellen.  Beim  Pflanzen  werden  auf  das  40  x  40  cm  markierte  Feld 
direkt  aus  der  Tüte  kleine  Prisen  so  ausgestreut,  daß  der  Mohn  auf 
40  X  20  cm  zu  stehen  kommt. 

Zuchtziel:  hoher  Kornertrag  je  Pflanze  und  durchschnittlich  pro 
Kapsel,  hoher  Kornanteil  im  Vergleich  zum  Kapselgewicht,  kurzer 
lagerfesten  Halm,  Frühreife  und  Gesundheit.  Blütenfarbe  weiß,  dunkel 
angehaucht.  Drei  bis  vier  möglichst  gleichmäßig  entwickelte  runde 
geschlossene  Kapseln  an  einer  Pflanze.  Samenfarbe  grau;  deren 
Schattierung  ist  o-leichgiiltig.  Sobald  die  Nachkommenschaften  so  weit 
vermehrt  sind,  soll  deren  Ölgehalt  chemisch  festgestellt  werden. 

Bei  der  Rübenpolarisation,  die  nach  der  Krüger  sehen 
Methode  geschieht,  ist  vorläufig  nur  zu  erwähnen,  daß  statt  einer 
zerbrechlichen  automatischen  Pipette  eine  selbsthergestellte  benutzt 
wird.  In  einem  hohen  schmalen  Glaszylinder  ist  in  der  erforder- 
lichen Höhe  ein  Abflußloch  mit  einem  Schleifstein  eingebohrt.  Der 
Glaszylinder  steht  in  einei»  Schale ,  und  das  Bleiwasser  wird  aus 
einer  Flasche  eingegossen;  so  kann  immer  nur  dieselbe  Menge  Flüssig- 
keit in  dieser  „Pipette"  verbleiben.  Bei  einiger  Übung  wird  wenig  Blei- 
wasser verschüttet;  die  Tagesleistung  der  Pipette  genügt  vollkommen. 

Die  züchte rischen  Einrichtungen  sind  zweckentsprechend 
praktisch  und  ohne  Luxus  angelegt.  Das  Laboratorium  ist  im  Flügel 
des  Herrschaftshauses  eingerichtet  und  besteht  aus  einem  Arbeitssaal 
und  daneben  einer  Kammer  als  Aufbewahrungsraum  für  die  Hilfs- 
mittel und  Kornproben.  Über  dem  Laboratorium  befindet  sich  die 
Wohnung  des  verheirateten  Saatzuchtleiters.  Zum  Laboratorium 
gehöreü  ferner  zwei  mäusesichere  Räumlichkeiten  zum  Aufhängen 
von  Elitepflanzen  und  Aufbewahren  von  Saatkorn. 

Unter  dem  üblichen  Laboratoriumsmöblement,  wie  großen  Aus- 
lesetischen und  Schränken,  ist  zu  erwähnen  der  praktisch  eingerich- 
tete Aktenschrank  (Fig.  1).  2  m  hoch  ist  an  der  Wand  eine 
Latte  mit  zehn  Nägeln  zum  Aufhängen  von  Elitepflanzen  angebracht. 
Darunter  sind  auf  der  Wand  alle  10  cm  horizontale  Striche  gezogen, 
wodurch  die  Länge  der  an  der  Wurzel  aufgehängten  Pflanzen  ohne 
weiteres  ablesbar  ist.  Es  ist  eine  Nachbildung  einer  in  der  Pflanzen- 
zuchtstation in  Halle  vorhandenen  Einrichtung. 

Li  der  Aufbewahrungskammer  stehen  große  Regale  mit  einschieb- 
baren flachen  Kästen  zum  Aufnehmen  der  Tüten  mit  Elitekorn  und 
Ablegen  von  Beuteln. 

An  AVagen  sind  vorhanden  eine  Milligrammwage,  eine  Körner-  be- 
ziehungsweise Ahrenwage  von  Polikeit-Halle  mit  einer  ^/jo  g  genauen 


294 


Hansen: 


Ablesung  bis  20  g  und  eine  gleiche  bis  3,5  g.  Eine  ant omatische 
Pflanzenwage  von  Grotthaus-Danzig  für  Wägungen  bis  150  g.  Letztere 
hat  den  Nachteil,  daß  die  Skala  nicht  ohne  weiteres  für  große  und 
kleine  Gewichte  benutzbar  ist,  sondern  die  "Wägungen  entweder  für 
große  oder  kleine  Gewichte  eingestellt  werden  müssen,  femer  eine 
automatische  Tellerwage,  eine  gleicharmige  Präzisionswage  und  eine 
größere  Dezimalwage. 

An  kleineren  Hilfsmitteln  sind  zu  nennen:    2,20  m  Meßlatte  zum 
Bestimmen  der  Halmlänge  bei  nicht  aufhängbaren  Fruchtarten,  Meß- 
band, Meßrute,  Schnüre  zum  Fest- 
legen des  Zuchtgartens,  eine  Halm- 
schere ,      Garbenmesser ,      diverse 
Blechschwingen ,        Blechschalen, 
Pappschalen,    Papiertüten,    Stoff- 
beutel, Anhänge- und  Holzetiketten, 
Teller   und    anderer    Zubehör    zu 
Keimversuchen ,      Polarisationsin- 
ventar, Pinzetten  zu  Kreuzungen. 
Zum  Dreschen  kleiner  Garben 
wird^  ein  Ausreibekasten  (Fig.  3) 
und    ein    kleinerer    für    einzelne 
Pflanzen  benutzt;  es- ist  eine  etwas 
abgeänderte   Nachbildung    des   in 
Eckendorf  benutzten  Ausreibege- 
stelles.    Für  größere   Posten  sind 
Dreschflegel  sowie  eine  kleine  elek- 
trisch angetriebene  Lanzsche  Stift- 
dreschmaschine  mit  Schüttelwerk 
vorhanden.    Die  Svalöfsche  Hand- 
dreschinaschine ,    bei   der   die   er- 
forderliche Tourenzahl,  selbst  beim 
Antrieb  durch  2  bis  3  starke  Männer,  meist  fehlt,  wird  wenig  benutzt. 
Die  ßeinigung  geschieht  mit  der  Eöberschen  Modell  windfege  mit 
vier  selbstkonstruierten  Auffangkästen,  die  ineinander  passen,  mit  einem 
KalkschenTrieur,  kleinem  Röberschen  Siebsatz  mit  verstellbaren  Sieben, 
o-roßen  runden  Sieben,  größerer  Windfege  und  einer  Kleereibe-  undPutz- 
maschine  von  der  Maschinenfabrik  von  Paul  Lübke,  Breslau.    Der  Mais 
wird  mit  dem  Maisrebler  von  Mayfahrth  &  Co.,  Frankfurt  a.  M.  entkörnt. 
Zum  Drillen   haben   wir  kleinere  Drillmaschinen;    das  Kornlegen 
geschieht  mittels  Pflanzbrettern  mit  Dornen  (Fig.  2), 

Am  Dorf  befindet  sich  ein  eingezäunter  Dauerzuchtgarten  mit 
der  "Wetterwarte.  AVegen  des  Auftretens  von  Schädhngen  im  Dauer- 
zuchtgarten werden  jetzt  die  zur  Zucht  dienenden  Zuchtgärten  im 
Felde  zerstreut  innerhalb  der  betreffenden  Fruchtart  angelegt. 


Akten 

Bibliothek 

Wetter 

Unerledigt 

Roggen 

W.-W. 

S.-W. 

Gerste 

Hafer 

Erbsen 

Luzerne 

Möhren 
Rüben 

Gras 

Raps 
Mohn 

Mais 

Usancen 

Stammbaum 

Prospekt»' 

Pflanzen- 
schutz 

Schreibii 

tensilien 

Div. 

Div. 

320  cm 
Fig.  1.    Einteilung  des  Aktenschrankes. 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzttchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancenbuch.     295 

Der  Dauerzuchtgarten  existiert  seit  1905  und  umfaßt  die 
Fläche  von  102  x  39  m,  die  durch  einen  2,80  m  breiten  Mittelweg  in 
zwei  lange  Hälften  halbiert  wird.  Jede  dieser  Hälften  wird  durch 
60  cm  breite  Querwege  in  28  westliche  und  28  östliche  Beete  von 
3  X  17  m  geteilt.  Nach  dem  Pflügen  sind  die  Querwege  sofort  an 
Eisenringen,  die  am  Drahtzaun  angebracht  sind,  auffindbar. 

Der  Zuchtgarten  befand  sich  bis  1918  abwechselnd  in  dem  einen 
Jahre  westlich,  im  anderen  östlich  vom  Mittelwege;  die  Fruchtfolge 
war  somit  in  vierjährigem  Turnus:  Getreideeliten,  Frühkartoffeln  in 
Mist,  Getreideeliten,  Kartoffeln  ohne  Mist.  Um  die  Ungleichmäßig- 
keiten  der  Stalldüngung  zu  mildern,  wurde  1907  und  1908  nach  Ab- 
erntung der  Frühkartoffeln  weißer  Senf  eingesät,  der  vor  dem  Pflügen 
verfüttert  wurde. 


Fig.  2.     Kornleger-Pflanzbrett. 


Fisj.  3.    Ausreibekasten. 


Da  die  reifenden  Eliten  in  dem  am  Dorf  liegenden  Dauerzucht- 
garten stark  unter  Vogelfraß  litten,  mußte  einige  "Wochen  vor  der 
Ernte  ein  mit  3  qcm  großen  Maschen  versehenes  Netz  übergespannt 
werden.  Trotzdem  benutzten  die  Vögel  jede  Beschädigung  des  Netzes 
als  Ein-  und  Ausflugloch,  so  daß  trotz  des  Netzes  jährlich  Vogelschaden 
zu  verzeichnen  war  und  ständig  ein  Kind  innerhalb  des  Netzes  wachen 
mußte.  Irgendwelche  nachteilige  Erfahrungen  infolge  der  Beschattung 
durch  das  Netz  sind  in  den  zwölf  Jahren  nicht  gemacht. 

Nachdem  in  den  letzten  Jahren  der  Erbsenzuchtgarten  im  Felde 
innerhalb  des  Erbsenbestandes  angelegt  war,  folgten  1919  die  Sommer- 
früchte und  1920  alle  Zuchtpflanzen  in  die  wandernden  Feldzucht- 
gärten ,  während  der  Dauerzuchtgarten  vor  allem  als  Beobachtungs- 
garten für  die  neuangefangene  Graszucht  dienen  soll.  Den  Gras- 
stauden wird  dadurch  ein  unkrautfreier  gleichmäßiger  Stand  geboten, 
während  die  Grassamengewinnung  wegen  der  damit  verbundenen 
Verunkrautung  durch  Grassamen  außerhalb  des  Gartens  geschehen 
muß.     Die  3-m-Beeteinteilung  wird  dabei  beibehalten. 

Die  Wetterwarte  zweiten  Grades,  die  im  Dauerzuchtgarten  steht,, 
enthält  die  Baro-,  Thermo-  und  Hydroautographen,  einen  + -Thermo^ 
meter,  einen  Sonnenschein-  und  einen  Regenmesser. 


296  Hansen: 

Der  Feldzu  cht  garten.  Durch  die  Verlegung  der  Zucht- 
gärten in  das  Feld  hat  man  den  Vorteil,  daß  die  Zalil  der  zu  prü- 
fenden Nachkommenschaften  beliebig  erweitert  werden  kann,  die 
Eliten  kaum  durch  Vogelfraß  und  Würmer  geschädigt  werden  und 
das  Reparieren  und  Aufstellen  des  großen  Schutznetzes  gespart  wird ; 
dagegen  hat  der  Dauerzuchtgarten  den  Vorteil  seiner  großen  Nähe 
vom  Dorf. 

Zur  Anlage  des  Feldzuchtgartens  muß.  außer  passender  Vorfrucht 
und  Gleichmäßigkeit  des  Bodens,  auf  die  vielen  lokalen  Ereignisse 
der  Vorjahre  auf  dem  betrefienden  Plane,  \^'ie  zum  Beispiel  Lagerung 
von  Mieten,  aufgerissene  Drainage  usw.,  geachtet  werden.  Der  Feld- 
zuchtgarten darf  ferner  an  keiner  belebten  Straße  und  muß  wegen 
Vogelfraß  mindestens  1  km  vom  Hofe,  sowie  von  größeren  Busch- 
anlagen entfernt  liegen,  dagegen  der  weiten  Wege  und  des  damit 
verbundenen  Zeitverlustes  wegen  nicht  zu  weit  vom  Hofe  entfernt  sein. 

So  wird  außer  dem  Dauerzuchtgarten  benötigt:  1.  ein  Zucht- 
garten für  ßoggen  und  Winterweizen  innerhalb  eines  Winterweizen- 
feldes, 2.  für  Sommerweizen,  Gerste  und  Hafer  innerhalb  eines  Sommer- 
halmfruchtschlages. 3.  für  Erbsen  in  einem  Erbsenfeld,  4.  für  Rüben 
und  Möhren  auf  ein  Rübenfeld ,  5.  für  Raps  in  einem  Rapsfeld  und 
0.  für  Mohn. 

Die  Anlage  des  Feldzuchtgartens  (Fig.  4)  beginnt  mit  der  Fest- 
legung des  Hauptweges,  der  genau  mit  der  Richtung  der  Pilugfurche 
zusammenfallen  muß.  Dadurch  werden  alle  Parzellen  im  rechten 
Winkel  zum  Hauptweg  zu  liegen  kommen  und  gleichmäßig  durch 
alle  Unregelmäßigkeiten  der  Pflüge  getroffen. 

Das  Ablegen  des  rechten  Winkels  geschieht  nach  dem  pythagore- 
ischen Satz,  wobei  mit  der  2-m-Rute  ein  Dreieck  konstruiert 
wird,  deren  Katheten  6  und  8  m  Länge  haben,  M^ährend  die  Hypotenuse 
10  m  betragen  muß  (6^  -f  8^  =  10^  oder  3(3  +  64  =  100).  Die  Wege 
werden  durch  Pfähle  und  die  Grenzen  der  Beete  durch  Schnüre  fest- 
gelegt. Das  Legen  der  Körner  geschieht  mit  Hilfe  eines  zweireihigen 
verstellbaren  Pflanzbrettes  (Fig.  2)  mit  4  cm  langen  Holzdornen  auf 
der  Unterseite,  mittels  welcher  durch  Auftreten  auf  das  Brett  saubere 
Löcher  in  den  Boden  eingedrückt  werden.  AVegen  gleichmäßiger 
Tiefe  der  Löcher  muß  das  Beet  vorher  sauber  und  eben  abgeharkt 
sein.  Diese  Pflanzmethode  hat  sich,  von  Poppeisdorf  eingeführt, 
bei  uns  seit  Jahren  gut  bewährt.  Fängt  der  Boden  an,  an  den  Dornen 
festzukleben,  so  klebt  er  auch  an  den  Fingern  der  Mädchen,  und  das 
Pflanzen  muß  aufliören.  Nach  Fertigstellung  eines  Beetes  wird  es 
leicht  übergeharkt,  um  die  eventuell  schlecht  zugedeckten  Pflanz- 
löcher zuzuschütten.  Ein  Walzen  hinterher  beschleunigt  besonders 
bei  der  Sommerung  den  Aufgang. 

Die    Beete    werden    3  m    breit    angelegt,     wobei    die    Getreide- 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  üsancenbuch.     297 


Richtung  der  Pflugfurche. 


Gedrillt:  5.  Oktober 
Aufgang:  17.  Oktober 
Gepflanzt:  3.-4.  Oktober 
Aufgang:  n.  Oktober 
Fläche :  X  qm. 


s 


Schutzstreifen  bzw.  Rand  2  m  breit 


A 


Nachkommenschaft  E    2  m  breit 


D 


.  P  ^  S  . 
51)  ®  S 

gl' 

CS 


D 


B 


Rand  2  m  breit 


Nebenweg  1  ni  breit 


D|C|B|A|E|D|C 

Handgelegte  Nachkommenschafts-Prüfung 
I  I  I  I  I  I 


K       I       D       I       C       I       B       I       A       I       i;       I       D 

Handgelegte  Nachkommenschafts-Prüfung 

\ ! ! I  I L 


Nebenweg  1  m  breit 


Ähren-Beete 


Individualauslese- Beete 

I  M  I  I  I  I  I  I  I  M  I  i  I  I  M  I  :  I 


Hauptweg  1,20  m  breit 


40  m  breit 

Gedrillte  Vermehrung 
der  besten  Nachkommenschaft 


c 
o 


GC 


Fig.  4.    Der  Plan  eines  Feldzuchtgartens.    (Schematisiert.) 
Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VII.  19 


298  Hansen: 

eilten  auf  20  x  10  cm.  Erbsen  auf  25  x  12,5  cm  zu  stehen  kommen. 
Die  Getreidebeete,  die  miteinander  verglichen  werden  sollen,  haben 
stets  gleiche  Reihenentfernung,  wodurch  die  Ertrags ermlttlung,  die 
aus  20  besten  Pflanzen  aus  dem  lückenlosen  Bestände  geschieht,  mit 
geringeren  Fehlern  behaftet  Ist.  Auch  fällt  sofort  bei  gleicher  Reihen- 
zahl ein  verkehrt  stehendes  Etikett  In  die  Augen. 

Von  1908  ab  werden  die  Xachkommenschaftsbeete,  um  die  Boden- 
unregelmäßigkelten  zu  mildern,  auf  zwei  Parallelparzellen  angelegt. 
Jetzt  werden  die  auszupflanzenden  Nachkommenschaften  folgender- 
maßen gruppiert:  1.  die  wertvollsten  Nachkommenschaften  der  besten 
konstanten  Individualauslesen,  die  zur  großen  Feldvermehrung  erforder- 
■  lieh  sind,  werden  auf  je  zwei  Parallelzellen,  und  zwar  bei  Roggen, 
Winterwelzen  und  Hafer  je  vier  Reihen,  bei  Sommerweizen  und 
Gerste  je  2x3  Reihen  gepflanzt.  Mitunter  reicht  das  Korn  der 
Eliten  in  ungünstigen  Jahren  zu  dieser  Reihenzahl  nicht  aus,  die 
dann  auf  eine  geringere  Reihenzahl  reduziert  werden  muß.  2.  Dann 
kommt  die  Serie  der  weniger  wertvollen  Nachkommenschaften  sowie 
der  Bastardierungen,  die  nur  einmal  auf  vier  Reilien  gepflanzt  werden. 
3.  Die  dritte  Serie  hat  je  eine  Reihe;  es  sind  Ahrenfindllnge  aus  dem 
Feldbestande  sowie  der  am  wenigsten  wertvollen  Nachkommen- 
schaften von  Bastardierungen  und  anderem,  die  der  Sicherheit  wegen 
nochmals  geprüft  werden,  bevor  sie  ausscheiden.  Die  wertvollsten 
geemteten  Pflanzen  der  letzten  Serie  kommen  im  nächsten  Jalire  zur 
Vorprüfung  In  die  Vler-Relhen-Serie  beziehungsweise  gleich  zur  Haupt- 
prüfung und  Vermehrung  in  die  Zwel-Parallelparzellen-Serie. 

Reicht  das  Korn  bei  einer  Nachkommenschaft  zum  Bepflanzen  der 
beiden  Parallelparzellen  nicht  aus,  so  wird  auf  dem  Rand  das  Korn  der 
nächstbesten  Schwesterpflanze  gelegt.  Es  hat  sich  dies  besser  bewährt 
wie  das  Vollpflanzen  der  Reihe  mit  fremden  Fruchtarten,  wodurch 
die  spätere  Vermehrung  leicht  verunreinigt  wird.  Bei  Kreuzungen 
und  Familien,  die  noch  nicht  vermehrt  werden,  und  aus  denen  nur 
einzelne  Eliten  entnommen  werden,  ist  es  hingegen  gleichgültig.  Am 
w^enigsten  verträgt  sich  der  Hafer  mit  Sommerweizen,  da  die  Rispen- 
äste sich  um  die  Weizenähre  verwickeln.  Trotzdem  müssen  wir  mit- 
unter, um  die  Reihen  auszufallen,  zu  fremden  Fruchtarten  greifen. 
Roggen  und  Winterweizen  müssen  dabei  sich  gegenseitig  ergänzen; 
in  die  Gerste  kommt  der  späte  Sommerweizen,  in  den  Sommerweizen 
Hafer,  in  den  Hafer  Sommerweizen. 

Im  Spätherbst  1916  wurden  versuchsweise  die  nicht  aufgegangenen 
Pflanzstellen  der  AVinterweizenbeete  mit  Roggenkörnern  ausgelegt, 
wodurch  im  nächsten  Jahre,  abgesehen  von  dem  unästhetischen  An- 
blick, zum  Teil  aus  einem  Pflanzloch  eine  Weizen-  und  Roggenpflanze 
sich  entwickelte;  auch  mußten  die  langen  Roggenpflanzen  mehrmals 
geköpft  werden. 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancenbuch.    299 

Die  Erbsennachkommenschaften  werden  je  in  zwei  Reihen ,  die 
Erbsenbastardierungen  und  Findlinge  je  in  eine  Reihe,  je  20  Körner 
in  der  Reihe,  ausgelegt.  Zwischen  zwei  Nachkommenschaften  kommt 
eine  Reihe  Pferdebohnen,  wodurch  jede  Erbsennachkommenschaft 
durch  Bohnen  getrennt  ist.  Reicht  bei  den  zweireihigen  Nachkommen- 
schaften die  Erbsenzahl  für  die  beiden  Reihen  nicht  aus,  so  werden 
nicht  anderthalb  Reihen  mit  Erbsen  bepflanzt,  sondern  die  beiden 
Reihen  zugleich  begonnen,  wodurch  weniger  Randpflanzen  erhalten 
werden.  Auf  jeder  Reihe  des  Beetes  werden  die  beiden  äußersten 
Pflanzlöcher  der  Reihe  mit  Bohnen  bepflanzt,  wodurch  das  Herein- 
hän^en  der  Erbsen  in  die  Wege  vermieden  wird. 

Vor  der  Saat  wird  sämtliches  Korn,  auch  bei  Getreide,  auf  die 
Qualität  hin  durchgesehen  und  nur  das  beste  Korn  ausgelegt. 

Die  Prüfung  der  Individualauslesen  oder  der  Zweige  solcher 
geschah  bis  jetzt  in  50 — 100  qm  großen  Parzellen  von  30 — 40  m 
Länge  und  1,0 — 2,5  m  Breite  in  zwei-  bis  dreifacher  Wiederholung, 
wobei  die  Stammesprüfung  zugleich  die  Vermehrung  der  Stämme  war. 
Da  diese  großen  Flächen  stets  unter  Bodenunregelmäßigkeit,  beson- 
ders aber  ungleichem  Mäusefraß  zu  leiden  hatten,  werden  nun  kleine 
Parzellen  von  3  x  3  m  in  vierfacher  AViederholung  genommen.  Damit 
das  geerntete  Korn  eines  jeden  Stammes  unvermischt  mit  Nachbar- 
parzellen bleibt,  wird  die  quadratische  Parzellenform  der  langen  vor- 
gezogen. Obwohl  vielfach  die  Ansicht  vertreten  wird,  daß  die  Unter- 
schiede nur  an  gedrillten  Parzellen  ermittelt  werden  dürfen,  läßt  es 
sich  an  den  handgelegten  Parzellen  viel  einwandfreier  festslellen. 
Auf  den  handgelegten  Parzellen  stehen  die  Pflanzen  in  gleichem  Ab- 
stand voneinander  und  auf  derselben  Flächeneinheit  die  gleiche 
Pflanzenzahl,  wie  es  beim  Drillen  nie  erzielt  werden  kann.  Das  Korn 
zum  Legen  kann  vorher  handverlesen  werden,  wodurch  eine  gleich- 
mäßigere Jugendentwicklung  und  egaler  Stand  aller  Pflanzen  zu  er- 
reichen ist.  Bei  Hafer  werden  des  besseren  Vergleiches  wegen  nur  die 
Hauptkörner  gelegt.  Die  Prüfung  geschieht  an  der  zweiten  Generation. 
Hierzu  wird  das  Korn  bester  Nachkommenschaften  der  betreffenden 
Individualauslesen,  aus  denen  Eliten  zur  Weiterzucht  entnommen  sind 
zusammengeschüttet.  Dabei  sind  bei  der  Ernte  schon  alle  kränklichen 
schwachen,  einhalmigen  Pflanzen  und  solche  mit  abweichender  Ähren- 
fbrm,  die  unter  der  Nachkommenschaft  standen,  ausgeschieden.  Von 
diesen  zusammengeschütteten  Nachkommenschaften  bleibt  soviel  Korn 
übrig,  daß  außer  den  vier  handgelegten  Parzellen  noch  1 — 2  Parzellen 
von  40  X  2  m  gedrillt  werden  können,  die  zugleich  Prüfungs-  und  Ver- 
vielfältigungsparzellen darstellen.  Die  Samen  für  die  gedrillten  Stücke 
werden  gebeizt  für  den  Großanbau  vervielfältigt,  während  die  Prüfuno- 
auf den  handgelegten  Parzellen,  um  die  Krankheit sanfälligkeit  zu  er- 
fassen, mit  ungeheiztem  Kom  vorgenommen  wird. 

19* 


300  Hansen: 

Zwischen  den  größeren  Parzellen  bei  Getreide  wird,  aim  die  Ernte 
zu  erleichtern,  eine  Fehlreihe  freigelassen,  während  bei  den  Erbsen 
je  1  bis  2  Reihen  Bohnen  gedrillt  werden.  Keinesfalls  darf  aber 
wegen  Verunreinigung  zwischen  den  Getreideparzellen  als  Grenz- 
streifen eine  fremde  Getreideart  genommen  werden. 

Bei  Erbsen  geschieht  die  Prüfung  auch  in  vierfacher  Wieder- 
holung auf  quadratischen  Parzellen  von  3x3  Meter. 

Alle  Parzellen  einer  Fruchtart  führen  die  laufende  Nummer  mit 
eins  beginnend,  die  vier  Parallelparzellen  tragen  dieselbe  Nummer, 
die  mit  I  bis  IV  ergänzend  gekemizeichnet  ist.  Die  Nachkommen- 
schaften gleicher  Herkunft  werden  durch  einen  bestimmten  großen 
Buchstaben  benannt.  Die  Holzetikettes,  die  von  der  Holzfabrik  von 
R.  A.  Jahn  in  Meuselbach,  Thüringer  Wald,  stammen,  sind  30  x  3  cm 
groß.  Sie  werden  mit  Tusche  und  Pinsel  numeriert  und  darüber, 
um  die  Verwitterung  abzuhalten,  geölt.  Sie  lassen  sich  ein  paar 
Jahre  hintereinander  verwenden,  werden  eventuell  auch  abgehobelt 
und  frisch  beschrieben;    sie  werden  gleich  beim  Pflanzen  gestellt. 

Die  Anhänge etiketten  an  Garben  und  Säcken  erhalten  bloß  die 
Nummer  der  Parzelle  und  werden  möglichst  wenig  beschrieben,  um 
das  spätere  Radieren  derselben  möglichst  zu  ersparen. 

Die  Wege  im  Zuchtgarten  werden  gewölbt,  wodurch  beim  Be- 
obachten der  Pflanzen  man  nicht  auf  den  Weg  zu  achten  braucht, 
sondern   die  Richtung   des  Weges   an   dessen  Neigung  zu  spüren  ist. 

Eine  Umzäunung  der  Feldzuchtgärten  ist  für  Mahndorf  überflüssig, 
da  der  AVildschaden  unbedeutend  ist. 

Damit  die  abweichenden  Pflanzen  bei  der  Ernte  nicht  übersehen 
werden,  müssen  sie  sofort,  sobald  bemerkt,  angezeichnet  werden. 
Schwarze  Bänder  haben  sich  dabei  am  besten  bewährt. 

Die  Ernte  der  Elitepflanzen  soll  so  früh  wie  möglich  geschehen, 
wodurch  die  noch  zähen  Pflanzen  weniger  beschädigt  werden  und 
gleichzeitig  deren  Reifestadium  an  der  Grünfärbung  erkannt  wird. 
Als  Eliten  werden  nur  Pflanzen  genommen,  die  von  vier  in  gleicher 
Entfenning  stehenden  Nachbarpflanzen  umgeben  sind ,  ebenso  werden 
die  drei  äußersten  Pflanzen  in  der  Reihe  zu  Randpflanzen  gerechnet 
und  kommen  für  die  Eliteauswahl  nicht  in  Frage.  Die  Nachkommen- 
schaften werden  auf  dem  Boden  nebeneinander  gelegt  und  10,  bezie- 
hungsweise 20  augenscheinlich  beste  Pflanzen  eingebunden  und  eti- 
kettiert. An  diesen  20  Pflanzen  geschieht  die  Ertragsermittlung  der 
Nachkommenschaft.  Fünf  beste  davon  werden  als  Auslesepflanzen 
einzeln  verarbeitet,  während  an  den  15  übrigen  bloß  die  Halmlänge 
und  Bestechung  an  jeder  Pflanze,  sowie  ihr  gemeinsamer  Kornertrag 
festgestellt  wird. 

Das  Mähen  der  Parzellen  muß  mit  einer  Gestellsense  erfolgen, 
um  ein  sauberes  Einbinden  der  Garben  zu  ermöglichen. 


Die  Mahndorf  er  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorf  er  Usancenbuch.    301 


Das  Korn  der  einzelnen  Nachkommenschaften  soll  neuerdings  in 
dem  Ausreibekasten  ansgerieben  werden,  statt  daß  es,  wie  es  an  den 
15  Pflanzen  geschah,  mit  der  Hand  ausgekörnt,  oder,  wie  es  bei  größeren 
Posten  erfolgte,  in  einem  Sack  mit  dem  Flegel  gedroschen  wurde.  Die 
großen  Parzellen  von  80 — 100  qm  werden  an  Ort  und  Stelle  auf  Planen 
mit  dem  Flegel  ausgedroschen,  wodurch  jegliche  Vermischung  ver- 
mieden und  das  Einfahren  und  Abladen  an  der  elektrischen  Dresch- 
maschine, sowie  deren  Reinemachen  gespart  wird.  Nur  größere  Par- 
zellen und  Vermehrungen  werden  elektrisch  im  Hof  gedroschen. 

Die  p f  1  a n z e n z ü c h t e r i s  c h e  Buchführung  und  Be- 
wertung der  Zuchtpflanzen.  Unter  dieser  Überschrift  wurde 
vom  Verfasser  in  Band  VI,  Heft  3  und  4  dieser  Zeitschrift  von  Ecken- 
dorf aus  die  Mahndorfer  beziehungsweise  Eckendorfer  Buchführung 
veröifentlicht.  In  folgenden  Ausführungen  soll  daher  jede  Wieder- 
holimg  vermieden  werden  und  nur  die  Entwicklung  der  Mahndorfer 
Züchtung  sowie  Ergänzendes  Aufnahme  finden. 

Es  wird  erstrebt,  die  Buchführung  aus  möglichst  wenig  Akten- 
stücken anzulegen.     Sie  besteht  gegenwärtig  aus : 

1.  je  einem  Aktenstück  für  jede  Pflanzenart  und  Jahr,  Zucht- 
register genannt, 

2.  das  Stammbaumalbum, 

3.  Tagebuch,  inklusive  Keimergebnissen, 

4.  Wetteraufzeichnungen, 

5.  Korrespondenz-Sammelmappe, 

G.  Mahndorfer  Züchtung  im  Vergleich  mit  fremden  Sorten  (sämt- 
liche Sortenversuche), 

7.    das  Usancenbuch. 

Das  Zuchtregister  enthält  drei  anfangs  getrennte  Hefte  in 
Aktenformat,  die  nach  Erledigung  der  Auslesearbeiten  gemeinsam  für 
das  betreffende  Jahr  eingeheftet  werden. 

Heft  I  enthält  auf  der  ersten  Seite  den  Plan  des  Zucht^artens 
(Fig.  4)  mit  Datum  der  Saat  und  des  Aufganges,  die  Drillstärke,  die 
Gesamtfläche.  Von  der  zweiten  Seite  ab  folgen  in  diesem  Heft  die 
Beobachtungen  während  der  Vegetation  und  die  Ernteergebnisse  an 
den  Individualauslesen  (Schema  Nr.  17  und  27)  und  Stämmen  (Nach- 
kommenschaften) (Schema  Nr.  29  und  30).  Es  stellt  die  Reinschrift 
der  im  Taschenbuch  gesammelten  Notizen  dar. 

Heft  II  besteht  aus  der  ZusamitiensteUuno-  der  Nachkommen- 
Schaftseigenschaften  (Schema  18  und  28),  also  den  wichtigsten  Beob- 
achtungen während  der  Vegetation,  Ertragsermittlungen,  sowie  dem 
Durchschnitt  aus  den  Selektionsaufzeichnungen  der  einzelnen  Pflanzen. 

Heft  III  ist  das  umfangreichste,  es  enthält  die  Ausleseaufzeichnungen 
beim  Verarbeiten  der  einzelnen  Auslesepflanzen  (SchemaNr.  1(3, 22, 26, 31). 

Das  Zuchtregister  ließe  sich  auch  aus  einem  dicken  Heft  anlegen, 


302 


Hansen: 


dann  müßte  jedoch  beim  auszugsweisen  Abschreiben  der  einzelnen 
Tabellen  zuviel  geblättert  werden,  was  die  fehlerfreie  Abschrift  er- 
schweren würde.  —  Seit  190G  sind  bei  allen  Mahndorfer  Hochzuchten 
genaue  Zuchtregister  im  heutigen  Sinne  vorhanden,  während  die 
älteren  Aufzeichnungen  hauptsächlich  Ertragsermittlungen   enthalten. 

Auslese  1906.    Winter- Weizen. 


E 

Bezeichnung 

und  Nummer 

der  Pflanze 

tiC 

B 
3 

en- 
ohne 
el 

Anzahl 

A  rchi 

tektur   der   Halme 

Differenz 

in  der 

03 

2 

N 

3 

Pflanz 

gewicht 

Würz 

der 

a.     1     b. 
Hahne  Ähren 

Anzahl 

derlnter- 

nodien 

Länge  der  einzelnen  Inter- 
nodien 

Länge  der 
Halme 

längste  kürzste 

<DSS 
^   O 

03 

247 

69 

gut 

23 

3         3 

1 

56   37   21    12   5  =  131 

fest 

von 

2 

— 

58   35    18    11    5  =  127 

131 

127 

Pfl.  9 
Kl.  7 

3 

— 

62   35    18    10   2  =  127 

4 

Auslese  1907. 

26      —    1  —    14,8 


Winter-Weizen. 

4         4 


Auslese  1908,    Winter- Weizen. 


Ermittlungen  an  der  Pflanze 

Ermittlungen  am  Halme 

Ge- 
wicht 
ohne 
Wurzel 

g 

Ent- 
wickel- 
te Hal- 
me 

Etwaige  Be- 
sonderheiten 
(Habitus,  Be- 
wurzelung, 

heiten. Gesamt- 
eindruck usw.) 

e 
*3 

s 
c 

'2 

Länge  cm 

o 

.2 

3 

Gewicht  mit 
Ähre 

2.  Halmglied 

a)  Länge  cm          Et^a.ge 

b)  Gewicht  ms       Besonder- 

c)  Gewicht  auf          ^^l*'^'' 

10  cm  berechnet          „"f 
Halme 
mg 

Pflanze 

Nr. 

2 

A  3 

12,70 

3 

etwas  Nach- 
wuchs 

a 

b 
c 

! 

137,0 '    7,2 

128,01   6,3 
128,5'    6,4 

6 
6 
5 

4,18 

4,32 
3,60 

a         b         0 

94   172   183           II 

89   197    176          I— II 
142    199    140            II 

Dur 

Summa: 
chschnitt : 

393,5 
131,2 

19.9 
6,6 

17 
5,7 

12,10 
4,03 

i     



K 


27,15 


Halm- 

Dicke des  un- 

0910.   Winter-Weizen. 

klasse 

tersten  Knotens 

4 

— 

1      84 

;   8,0 

4 

1 

5,2 

1 

2  '    82 

1    7,4 

4 

1 

4,7 

I 

3 

90 

7,7 

4 

1 

4,6 

I 

4 

85 

7,8 

4 

1 

4,7 

I 

Summa : 

341 

30,9 

16 

4            19,2 

Dur 

chschnitt : 

85 

7,7 

4,0 

1 

4,8 

— 

Nachkommensctiafts-Zusammenstellung  190910.    Winter-Weizen. 


Pflanze 

zur 
Ertrags- 
bestim- 
mung 

Ertrag  in  g 

Ertrag  pro  Pflanze 

Nach- 
kommen- 
schaft 

Gesamt 

Körner 

Stroh 

Gesamt 

Körner 

Stroh 

Korn- 
anteil 

o'o 

2.  Ca 

123 

3295 

1277 

2018 

26,0 

10,36 

15,64 

38,7 

Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancenbuch.    303 


Um  die  Entwicklung  der  Ausleseaufzeichnnngen,  die  ein  Spiegelbild 
der  Auslesearbeiten  sind,  übersichtlich  und  kurz  vorführen  zu  können, 
sind  an  der  Hand  des  Winterweizens  die  jährlichen  Anslesescheinata 
für  Getreide  (Schema  Nr.  1—18)  veröffentlicht,  wobei  die  Hafer-  (Nr.  19 
bis  22)  und  Erbsen-  (Nr.  23—28)  Schemata   ergänzend  hinzukommen. 

Schema  1. 


Ähren 

Ge- 
^^"S^   wicht 

Ährchenzahl 
der  Ähre 

Von  Natur 

nicht  ent- 

wirkeltc  Ährchen 

Unbefruchtete 
Ährchen 

S-2 

o~ 

'3 

-^ 

G 
ei 

B 
u 
o 

M 

Gesamtsumme 

derKörnerder 

Pflanze 

SS 

>  ^'  'S 

f    »   N 

O  kl 

:i 

IS 

Durchschnittl. 

Korngewicht 

pro  Ähre 

Durchschnittl. 

Körnerzahl 

pro  Ähre 

Bemerkungen 

8,0 
8,0 

7,0 

3,70 
3,80 
3,00 

11 
11 
11 

— 

14 

— 

34,78 

169 

8,0 

4,73 

2,66 

54 

154 

9,0 

20 

9,5 

20 

7,2 

— 

17 

—    35,8 


132 


5,3 


Schema  2. 

120 


Schema  3. 


Ermittlungen  an  den  Körnern 

Besondere 
Bemer- 
kungen 
überd.Ver- 
halten  im 
Zuehtgarten 
(Auszug  a. 
dem  Zucht- 
garten- 
journal) 

Zahl 

der 

Körner 

Ge- 
wicht 
von 
1000 
Kör- 
nern 

g 

Korn- 
anteil 

o/o 

Ährenzahl 

Qualität, 
Farbe,  Durch- 
sichtigkeit u. 
ähnliche  Be- 
sonderheiten 

Sonstige 

Ge- 
wicht 

g 

Gesamt 
(Spindel- 
absätze) 

verküm- 
merte 

teilweise 
verküm- 
merte 

d  =  Ähr- 
chen auf 
10  cm 

Be- 
merkungen 

1,45  '      33 
1,00  1      22 
1,29  1      28 



23  !        6 

24  8 
22           7 

3 
3 
3 

— 

■    — 

— 

3,74 
1,25 

83 
28 

45,06 

29,4 

69 
23 

21 

7 

9 
3 

34,8 

1  09 

— 

Schema  4. 


— 



— 

21 
20 

1 

z 



z 

— 



*""• 





18 
19 

— 



'  ■" 

— 

z 

10,65 

215 

49,5 

39,2 

78 

1 

2,76 

25,2 





Schema  5. 


Qualitätsermittlung 

Bemerkungen  bei  der 
Vorauslese 

Sonstige  Bemerkungen 
Entwicklungsbesonder- 
heiten 

1000 
Körner 

g 

Ausputz 
durch 
2,5  mm 

O/ü 

Aussehen 

49,3 

4,3 

hervorragend 

gesund,  zl.  kurz  ausgeglichen 

— 

304:  Hansen: 

Nachkommenschaft-Zusammenstellung  1911.    Winterweizen. 


Zahl 

der 

Zur  Vermehrung 

Zur 

Aus 

lese 

Nach- 
kom- 

geern- 
Pflanz-     tete 
stellen   Pflan- 
zen 

Anzahl 
Pflanzen 

Korn- 
ertrag 

g 

Zahl  der  Pflanzen 

Eliten 

Ausschuss  gut 

men- 

Ins-! 

ge-     Eliten 
samt 

Ausschuss 

Körner 

g 

Stroh 

g 

Körner     Stroh 

schaft 

gut      schlecht 

g              g 

Ca  1 

120 

105 

40 

570 

49 

4 

7         38 

41,2 

59,6 

62 

95 

Auslese  1911.    Winterweizen. 


1z 

Länge 

der 

Pflanze 

mit 

Ähre 

cm 

Pflanze 

ohne 
Wurzel 

g 

Ährentragende 
Halme 

40 

Zahl  der 
Halme 

in 
Klassen 

I    II|III 

Durchschnitt- 
licher 
Halniwert 

Zahl  der 
Ähren 

in 
Klassen 

I  |II|III 

Durchschnitt- 
„  lieber 
Ährenwert 

Körner  wirklich 
vorhanden 

Körner- 
verlust 

Cu 

Ge- 

.     ■  Zahl 
wicht 

(T 

1000 
Kör- 
ner 

Zahl 

g 

2 

103 

29,7 

6 

5 

1 

1.1 

2   3 

1 

1.5 

12,4 

299 

41,5 

2 

0,1 

Auslese  1912—1916.    Winterweizen. 


B 
es 

Oh 

Länge 

der 
Pflanze 

mit 
Ähre 

cm 

Ge- 
wicht 

der 
wurzel- 
freien 
Pflanze 

g 

Ährenlänge 

in 

mm 

0) 

a 

'S 

a 

u 

<£ 
.  OS 

Besonder- 
heit der 
Pflanze 
und  ihrer 
Ältren 

Zahl  der 
Halme 

in 
Klassen 

I     II    111 

Zahl  der 
Ähren 

in 
Klassen 

I     11  j III 

e 

u 

1 

Korn- 
Ähren-        Verlust 
typ       a  ■=  Zahl 

i  b  =  Gewicht 

5 

134 

33,20 

68   75   68 
63   69   60 

6 

Belaubung 
mittel 

— 

3 

3 

2,5 

— 

1 

3i  3 

2,5 

I  =  2i    a=4 
11  =  4     b  =  0,19 

1 

Vorauslese  1912  13.    Winterweizen. 


Schema  9. 


Gruppe 


Pflanzen 


mit  I 

Hai-     Zahl 
men  j 


Ins- 
gesamt 
Halme 


S  — 

SS 


Bei  12  Durch- 
schnittspflanzen 
betrug  die  Halm- 
länge 

cm 


Gewicht 

a  =:  Ausschuß 

b  =  Eliten 

c  =  zusammen 


Korn  u. 
Stroh 


Kör- 
ner 


a)  Korn  "'o 

b)  1000 
Korn- 
gewicht 


Bemer- 
kungen 


Co.  33 


1 
2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
9 
10 


125 
10 
32 
46 
55 
45 
26 
25 
.8 
1 


125 

20 

96 

184 

275 

270 

182 

200 

72 

10 


a) 
b) 
c) 


373 


1434 


1701 
1682 
1696 


a)  5184 ,  1288 

b)  '130       39 


a)  =  25,0 

b)  =  40,74 


5079:36  =  141,08 


c)  5314    1327 


1  Pflanze  = 


21,72  g  Gewicht 
5,42  .,  Korn 
16,30  „  Stroh 


Geerntet  245  Pflanzen. 


Bestockung    si"  =  -^^öo. 
"    24o 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancenbuch.    305 

Schema  6. 


geerntet 

Gewicht 

von 

lOJO 
Körner 

g 

Aus- 
geputzt 
durch 
3,25  mm- 
Sieb 

Ausschuss  schlecht 

Insgesamt 

Anteil 

o/o 

Pro  Pflanze 

Bemerkungen 

Körner 

g 

Stroh 
g 

Körner 

S 

Stroh 

g 

Körner!  Stroh 

g             g 

207 

325 

310 

480 

39,2 

6,30 

9,80 

39 

3  0 

Schema  7. 


Berichtigte  Werke 
für 

"o 
o 

1 

Xi 

•i- 

a  - 

a 

Ii 

Kornbesatz  der  Spindelabsätze 

gl 

1 

Ii 

2  Ol 

f. 

0) 

3 
>> 

a 

2 

J3 

Bemer- 
kungen 

Pfl.- 

ge- 
wicht 

g 

Korn- 
ertrag 

g 

Korn- 
zahl 

1  3  5  7  9  11  13  15  17  19  21  23  25  27  29 

2  4  6  8  10  12  14  16  18  20  22  24  26  28  30 

29,8 

12,5 

301 

42,0 

a) 
b) 
c) 

7,8 
7,9 

7,1 

0  3  4  3  3   3    3    3    2    2    2    1 

1 
1 

59 

47 

53 

2,46 
2,04 

2,41 

I 
II 

I 

333433    2    2    2    2    2    0 
0  2  3333    3    2    2    2    2    1 

03332   2    2    2    2    1     1 
033433    3    3    2    2     1 

033333    3    2    2    2    1 

Schema  8. 


vorhandene  Körner 

Einschließlich  Verlust 

Kornanteil 

o/o 

S 

Zahl 

Gewicht 
von  lOCO 
Körnern 

g 

Pttanzen- 
gewicht 

g 

Körner 
g 

Körner- 
zahl 

IJ  u  a  1  i  t  ä  t 

*  9,77 

204 

47,9 

33,39 

9,96 

.  208 

29,8 

b.. 

Nachkommenschaft-Zusammenstellung  191415.    Winterweizen. 


Schema  10. 


Pflanzenzahl 

Gewicht  der  Pflanzen 

Gewicht  der  Körner 

Nach- 
kommen- 

Nach- 

schaft- 

^ 

1 

Ausschuß 

Ausschuß 

Ausschuß 

durch- 

0) 

fcß 

Bemer- 

a 

Sa. 

s 

Sa. 

3 

Sa. 

schnitt 

kungen 

» 

U      ' 

a 

V 

V 

N 

<B  35 

t:< 

sch-.ift 

» 

3- 

a 

S 

"^ 

o 

ßj 

"S 

<S) 

O  s 

Cftn 

to 

CO 

tu 

■f. 

Ol 

1— 1 

Co.  34 

5 

26 

7 

38 

151,0 

596,0 

137*5 

884,5 

53,91 

216,0 

48,40 

318,31 

28,3 

8,38 

36,2 

30Ö  Hansen: 

Vorauslese  1917.    Winterweizen. 


Laufende 
Nummer 

Nach- 
kommen- 

schaft- 
bezeich- 

nung 

Pflanzenzahl 
ohne  10  Aus- 
lesepflanzen 

Ges.  Gewicht 

pro  Parzelle 

ohne  10  Eliten 

Ges.  Gewicht 

pro  Pflanze 

Parzelle 

Korngewicht  in  Sa. 

der 
Parzelle 

Parzelle 

20 
Eliten 

Aus- 
schuß 

Sa. 

a 

b 

a               b 

a               b 

10 

Co.  3 

63 

63 

1315  i   1490 

20.8       23,6 

645 

935 

1580 

Auslese  1917  18.    Winterweizen. 


Ge- 
wicht 

der 
Pflanze 

Halm 

Ähren 

Pflanze 

Nr. 

Länge 

Zahl 

Klassen 
I     j    II       III 

Kno- 
ten 

Typ 

Nuta- 
tion 

Klassen 
I      II  ^ III 

Korn- 
gewicht 
pro  Älire 

Spindel- 
länge 

1 

33,2 

94 

81 

7 

6 

1 

— 

4 
4 
3 

II 

— 

3 

4 

—  6,9 

—  6,6 

13 

—      6,7 

1,9 

6,7 

Nachkommenschaft-Zusammenstellung  1917. 

Winterweizen. 

Nachkommen- 
schaft- 
Bezeichnung 

c 
O 

Gesamt- 
gewicht 
pro  Pflanze 
in  Parzelle 

c 

3 
< 

m  C 

n  bei 
rnte 

er- 
ceit 

Kornertrag  pro 
Pflanze 

Kornertrag 

«73 

0/0 

Rost 

Reife 

5        20          DurcU- 

wi;      wu      -^elinitt  aller 
Ell-    Eli-i     pflan„.„ 

ten      ten     pro  Parzelle 

p.  Parzelle 
von  192 
Pflanzen 

^ 

a     l     b 

*  1    "io 

10 

Co.  3 

4/1 

20.8  23,6 

85 

1 

83 

100 

V2 

3/4 

12,6  12,7       10,8 

15S0 

• 

Auslese  1919.    Winterweizen. 


Gewicht 

der 
Pflanze 

H  a 

1  m 

Ä  h 

r  e  n 

Pflanze 

Länge 

Klassen 

Nach- 
wuchs 

Sa. 

Typ 

an  2 

Nr. 

I 

II 

III 

Spindel- 
länge 

1 

42 

107      i 

3 

3 

2 

8 

K 

8,6 

8,0 

Nachkommenschaft-Zusammenstellung  1918  19.    Winterweizen. 


C        60 

,  bs 

r-2 

Kornertrag 

~ 

z 

chkomme 

schaft- 

ezeichnua 

Korn- 
ertrag 

1000 

Korn- 

gewicht 

Reife 

1         1 

er 
c 

Ol  a 

U  -4^ 

«T3 

pro  Pflanze 

1.1 

gen 

'S 

c 

<s 

5 
Eliten 

15         20 
Pfl.       Pfl. 

o 

Ol. 

«     « 

16  17  18  19 

16  17  18  19 

16  17ll8|19 

o 

II  ,1 

a 

Uli 

ü/lj 

ü/u 

4 

Co311 

ik 

3  1 

2 

2 

2  4 

4 

3 

2 

5 

2/3 

96 

3 

86 

14,9 

13,6  14,0 

54 

6 

40 

Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancenbuch.    307 


Schema  11. 


Korn- 

Zahl der 

Pflanzen 

bei  der 

Ernte 

Durch- 
schnitt- 
liches 
Korn- 
gewicht 
pro  Pflanze 

Ualm länge 

Reife 

gewicht 

pro 
Parzelle 
von  192 
Pflanzen 

Bonitiert 
an  Nach- 
kommen- 
schaft 

Gemessen 

an  zwanzig 

Pflanzen 

3     3 
r»  3- 

rt-     1 

Ähren- 
schie- 
ben 

Gelb- 
reife 

Durch- 
schnitt 

Bemer- 
kungen 

1580 

146 

10,8 

4        100  =  3      3/4 

1               1 

4 

3/4 

3/4 

Schema  12. 


Ä  h  r  c  h  e  n 

Korn 

Taub 

D 

Ver- 
loren 

■ 

Zahl 

1000     ! 

Kümmerlich 

Korn- 
anteil 

Zur  Zucht 

Zahl 

Ge- 
wicht 

Korn- 
ge- 
wicht 

Quali- 
tät 

Zahl 

o/o 

Nr. 

22 
22 

21 

1 
1 

—      ,        57 

51 

1        50 

Rest    !     159 

—  !     —         voll 

—  —      1  glasig 

— 

— 

— 

8 

22 

2 

3,3 

— 

317 

13,5 

43 

— 

•3 

— 

41 

Schema  13. 


Korn 

Ähren 

Halm 

1 

o/o 

P 

O/lJ 

Typ 

1 

s  s 

u 

Zahl  tiiutxM- 

Ährchen 

an  3 Ähren 

Korngow. 
pro  Ähre 

Klassen 

a 

2S 

Klassen 

Zur 

O  <s 

I 

II 

III 

I 

II  III 

Zucht 

o/o 

( i/'i  1 

42/50 

45 

40 

II 

6,7 

22 

3,3 

3 

1,8 

46 

46 

8 

3/4 

7,0 

73 

18     9 

1 

Schema  14. 


Ä  h  r  c  h  e  n 

Korn 

Kornanteil 

Uli 

besten  Ähren 

Gewicht 
2X50 
Körner 

1000 
Korn- 
gewicht 

Gewicht 

Qualität 

Zur  Zucht 

Zahl 
inklus.         Taub 
taub 

D 

Nr.  192Ö 

25             1 
25              2 

- 

3,0 

27   28 

55 

16,5 

voll 

39 

5 

Schema  15. 


Ähren 

Triebe 

Halmlänge 

Zur 

Weiterzucht 

•  2 

Spindel- 
lunge 

Ährchen- 
zahl 

D 

93   h 

Klassen 

C 

o 

19 

cm 

Lager 
18    19 

Form 

I 

II   III 

1920 
Nr.    Nr. 

■0/(J 

16 

17 

18 

K 

1,91 

8,2   25,3 

1 

3,1 

1,4 

39 

37 

24 



7,4 

3 

4 

3 

1 

109 

3 

2 

5     6 

308 


Hansen 


Auslese-Getreide  für  1920. 


Schema  16. 


Halm 

Gesamtgewicht 

Korn- 
anteil 

Ähren 

Korn 

0.11 

-.1 

Pflanze 

Länge 

Zahl 

der 
Pflanze 

Korn 

Form 

Be- 
satz 

'ZXtO 

o  » 

o  '^ 

Qua- 
lität 

Zur  Weite 

Zucht  im 

nächsten  Ja 

Nr. 

Nr. 

Ent- 
wickelt 

.i2 

Nachkommenschaft-Zusammenstellung 

für  1920.    (Getreide.) 

Par- 
zelle 

Nach- 

kom- 
men- 

Korner- 
trag pro 
Pflanze 

Kornge- 
wicht 
pro  Ähre 

c  'Z 
ll 

iL 

-  « 

Ol 

-3 

II 

C 

o 

Überwin- 
tert bzw. 
Hiilmin- 
thosp. 

Nr. 

schaft 

1-5 

1—5 

1-5 

1-5 

1-5 

1—5 

1—5 

1—5 

1—5 

1-5 

18  19  -Jo 

18119120 

18  19  20 

18,19120 

18 :19'20 

18|19|20 

18119120 

18|19120 

18119120 

18119120 

Hafer-Auslese  1910  und  1911. 


Ermittlungen 
an  dpr  P'fla.n?^ 

Ermittlungen    am    Hai 

m 

1    S 

11 

s 

Länge  des 

Halmes  ohne 

Rispe 

Zahl 

der  Halme  in 

Klassen 

I        II      III 

Gliederzahl 

Durchschni-tt 

des  untersten 

wurzelfreien 

Knotens 

Länge  der 
Rispe 

Anzahl  der 
Rispenstufen 

Anzahl  der 

weißrispigen 

Ährchen 

Pflanze 

Nr. 

(iewicht 
ohne  Wurzel 

Rispen- 
tragende 
Halme 

s 
tp 

u 

0. 

Besonderheiten 

1 

25,6     3 

a) 
b) 
c) 

95 
90 

80 

1        —      — 
1        —      — 
1        —   1  — 

0  1     5,5 
5  ,     5,3 
5  !    5,1 

23,5 
22,5 
24,5 

6 
6 
5 

8 
10 
22 

1  verloren 

25,6 :     3 

265 

88,3 

3 

— 

15 
5,0 

15,9 
5,3 

70,5 
23,2 

17 
5,7 

40 
13,3 

1  X  0,0264  =  0,03 

Hafer-Auslese  1912-1918. 


Schema  20. 


Rispe 


Gewicht 

o 

Rispen 


Spindel- 
länge 


Stufen 


12,2     I     28,0 
—       '     26,5 


8 
7 


weiße 


9 

4 


Ä  h  r  c  h  e  n 


körnig 


75 
56 


um- 
schlossen 


Sa. 


278 
187 


27,3 


7,5      I     13       I 


131        -     I     _ 


465 


Hafer-Auslese  für  1920. 


Schema  22. 


Halm 

Gesamtgewicht 

Kom- 
anteil 

0  (J 

Korn- 
gewicht 
pro 
Rispe 

Weiße 
Ähr- 
chen 

Korn 

Pflanze 

Länge 

Zahl 

2x50ui|i  = 

5  t£    O" 

Zur 

Nr. 

ent-      Naeh- 

wickelt;  wiich? 

1 

pro     i 

Korn 
Pflanze 

Zucht 

Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancenbucli.     309 


Getreidebeobachtungen 

und 

Ernteergebnis 

für 

1920. 

Schema  17. 

ü 

Nach- 
kom- 
men- 

schaft 

c 

Ol 

'S 

Pflanzenzahl 

3!    C 

=-s 

Reife 

Halm 

-0 

c 

CS 

a 

Besonder- 
heiten im  Ha- 
bitus 

Ähren 

Pflanzenz.b.d.E 

rute 

CJ 

C 

S5 

s 
a 

.»3 
tu 

"3 

über- 
i  §  wintert 

,  a 

3  2 

2 

c 

1^ 

1 

bc 
■t. 

< 

o 

o 

_c 

% 

o 

c 

05 

:5 

a 

CD 

3 

< 

Sa. 

a 

s 

c 

<E5 
< 

n/o 

Schema  18. 


..^ 

^1 

1-5 

18il9|20 

Kornertrag 

'3 
a 

O 

0  ij 

0) 
O 

C 
o 

'1  n 

Halm 

Bestockung 
pro  Pflanze 

|2 

3    fci 

1-5 

o   Pflanzen  b, 

3"    der  Ernte 

<  c 
o/o 

1-5 

Beson- 

o 

pro  Pflanze 

■  o 

•<< 

o 

u 

er 

c 
cm 

iß 

3 
< 

1-5 

« 

ent- 
wickelte 

Nach- 
wuchs 

derheiten 

1-5 

HI19I20 

5      15 

20 
er 

im 
Habitus 

Schema  19. 


Ermittln 


n  g  e  n 


an    den    Körner 


' 

c 

— ^  i- 

c  c 

>l 

OS 

'S 

c 

SS 

c 
o 
M 

o'o 

Aufbau  der  Ahrchen  und  blütchen 

§1 
■"  'S 

C:<) 

-4J 

iL« 

tn  ® 

^-)  ^ 

0/0  fr.  bl. 
von  100  Blüt- 
chen sind 
fruchtbar ; 

_  3 

l< 

>=    0 

^ci     2c 

1  blutig 

2  blutig 

3  blutig 

4  blutig 

^6i>  5  g.C 

1    \^^ 

TS  -^  « 

~    1          r 

^<  1       m 

ic  2  c  .2  2  j= 

caj2  2  C  c:<! 
'  ?o:<i;  '^  0  "ö 

11,47 
0,03 

181 
151 
103 

— 

— 

12     - 
17      2 
17      2 

22 

16 

4 

12 
5 
3 

65 
53 
44 

67 
53 
49 

8      3 
1       1 

102  263 

871212 
651157 

! 

82^     — 
61     - 

54!-    - 



— 

11,50 

435 
436 

26,4 

44,9 

46 

4 

42 

20 

162 

169 

4 

4 

254 

632 

197 

68,8 

1,71 

65,4 

Hafer-Auslese  1919. 


Schema  21. 


L^ 

Li 

■3J 

C 

1— 1 

Triebe 

Rispe 

Korn 

'3 

s 

es 
C 
u 
0 

0/0 

c 

a 

-4-» 

3 
0/0 

-fj 

Klasse 

S 

ja 

Sa. 

ohne 

Nuta- 

tion 

Lilnge  von 
2  besten 

3 

02 

Zahl 

ohne 

taube 

Haupt 

Neben 

Ge- 
wicht 

Haupt 
Neben 

1000 

Korn- 
gewicht 

Haupt 

Neben 

Durch- 
schnittl. 
1000  Korn- 
gewicht 

Sa.  Korn- 
gewicht 
p.  Pflanze 

g§? 

c 

I      II 

III 

3Z; 

1 

30 

115 

2 

2 

1 

4 

18,0 
18,5 

6 
6 

127 
144 

6,5 

4,7 

51 

33 

41 

11,2 

37 

47 

— 

Erbsen-Auslese  1905. 


Schema  23. 


Gesamt- 

Korn- 

"3 

1    3 

0  y 

ahl 
er  in 

Ise 

ICO 

Korn- 

ns 

Länge 

IT. 

'^  r 

iS  CO 

Korn- 

sre- 

>-T 

C 
3 

gewicht 

gewioht 

OJ   J 

"^  c 

5? 

ge- 
wicht 

wicht 

1  S 

Bemerkungen 

J 

m  j  cm 

g    g.'lOOO 

g     g/lOOO 

nLi 

=^s 

w  »^ 

0/0 

o3  « 
N  C 

6 

1 

42 

24    300 

13    900 

11 

40 

6 

34,750 

66,09 

36 

Ranke  kr.lftig  und  gesund. 

310 


Hansen: 


Erbsen-Auslese  1906  07. 


Be- 

wurze- 
lung 

Pttanzen- 
gewicht 

ohne 
Wurzel 

Halm- 
zahl 

Hülsen 

Es  enthalten  Hülsen  Körner 

tt 

blutig 

Sa. 

E 

7 

6 

5 

4 

3 

2 

5 

1          2 

1 

1 

gut 

25,5 

3 

8     .    — 

1 

8 

— 

1 

5 

2 

~" 

— 

— 

Erbsen-Auslese  1908-1918. 


s 

c 
<» 

u 

Ol 

's 
s; 

Stengel 

Hülsen 

Zahl 

de 

r  Hülse 

n 

mit 

Nachkommen- 

Länge 

'S 
.2 
5 

Sitz  des  un- 
tersten Halmes 
am  Internod. 

-  u 

Zahl 

£2 

2^ 

O  0 

Samenanlage 

schaft- 
Bezeichnung 

..3 

c 

-23 
II 

05 

von  unter- 
sten bis 
obersten 

einzeln 
doppelt 

0 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

5.  Me.  8212,1 

87,8 

1 

125 

62 

63 

15 

6 

1,9 

— 

12 

12 

1,9 

4,5 

— 

1 

— 

4  6  1 



— 

— 

54 

Erbsen-Auslese  für  1920. 


Halmlänge 

Gewicht 

der 
Pflanze 

Hülsen 

Nachkommen- 
schaft 

Zahl 

Kornanteil 
pro  Hülse 

Anlagen 

einzeln 

paarig 

Sa. 

in  zwei 
besten 

Erbsen-Beobachtungen  und  Ernteergebnis  für  1920. 


a 

Nach- 
kommen- 
schaft 

o 
'3 

Besonder- 
heiten am 
Habitus 

R  e  i 

f  e 

Pflanzenzahl  bei 
Ernte 

der 

,2  « 

blüht 

e 

Durch- 

schnitts- 
reife 

Eliten 

Rest 

1 
von      bis    Tage 

1         2 

halniig 

1         2 

halmig 

Sa. 

Erbsen-Nachkommenschaft-Zusammenstellung  1920. 


Nach- 
kom- 

0! 

u 

'S 
5 

'i- 

u 

5  , 

0  Hülse 
ner  bzw. 
nlagen 

e 

anzen  bei 
rnte  bzw. 
gesund 

o 

o 

MH 

u  t;< 

^ 

=  K^ 

« 

men- 

w 

'^ 

W 

S 

^; 

c" 

^^ 

■"aj 

o 

c    0) 

u 

?^ 

s: 

PL, 

schaft 

1—5 

1-5 

1-5 

1-5 

1-5 

1-5 

1-5 

1-5 

1-5 

1—5 

1-5 

18  19]20 

18  19  20 

18  19  20 

18  19120 

18  19  20 

18  19J20 

18  19  20 

18  19  20 

18  19|20 

18  19J20 

18  19  20 

Die  Mahndorf  er  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorf  er  üsancenbuch.    311 

Schema  24. 


Halm- 
länge , 

Befruch- 
tete 
Hülsen 

Sa. 

guter 

Körner 

Gesamt- 
summe 

der 
Körner 

der 
Pflanze 

Gesamt- 
gewicht 

der 
Körner 

der 
Pflanze 

Korn- 
anteil 

Gewicht 
von 

100  Kör- 
nern 

Durch- 
schnittl. 

Korn- 
gewicht 
pro 

Hülse 

Durch- 

schnittl. 

Kornzahl 

pro 

Hülse 

Gute 
Körner 

136 
126 
138 

8 

23 

39 

9.2 

35,9 

29,5 

1,2 

4,9 

74 

Schema  25. 


Körner 

.4^ 

Gut3 

Siebaus- 

' 

'O) 

Körner 

C'/U 

putz  o/o 
des  Gew. 

^ 

•< 

Zahl 

Gewicht 

Ä 

V? 

bo 

C5 

-*Ä 

S  ö 

1 

1 

JS 

"  t 

T  O 

S3 

CQ 

G 

es 

s 

u 

5J  bß 

o 

1« 

0,0 

aa 
o 

LH 

kleine 

wurnifra 
krank 

Sa. 

33 
p 

a 
'3 

Sa. 

o 

;.■ 

o 

U   (1 

des  Ge- 
wichts 

a 

u 

o 

<8 

>7 

S3 

3 

N 

4,5 

100 

38 

— 

16 

54 

17,1 

— 

5,8 

22,9 

450 

60 

75 

70 

gelb 

87 

1,2 



Schema  26. 


K  o 

r  n 

103  Korn- 
gewicht 

Kornanteil 

0/0 

Korn- 
qualität 

Zur 

Zahl 

Gewicht 

Zucht 

gut  über 

7  mm 

Abfall 

Sa. 

gut 

Abfall 

Sa. 

Nr. 

Schema  27. 


SS  II 


7  mm  Lochsiebung 


Abfall 

g 


Abfall 

»/o 


Sa.  Korngewicht 


der 
Eliten 


der 
Rest- 
pflanzen 


Sa. 


Durchschnittl. 
Korngewicht 


pro 
Rest- 
pflanze 


Durch- 
schnitt 

pro 
Pflanze 

der 
Parzelle 


Korn- 
farbe 

1  =  gelb 
5  =  grün 


60 

"3 

N 
o/o 


Schema  28. 


Korn  ertrag 


.-^  ® 


JSOh 
ji  o 


s 
c 
o 


Korngröße 


o  o 


US- 


.2 


0) 
60 


o 
60 


Reife 

Ha 

Im 

Hü  1 

s  e  n 

60 

blüht 

<£' 

fi 

60 

(S 

2 

"3 

OS 

'S 

2 

1« 

ß    00 

von 

Tage 

a 

3 
60 


a 


W 


312 


Han 


seil: 


Beobachtungs- 

und 

Ernteergebn 

isse 

der  Getreidestämme  1920. 

Schema  2^ 

. 

sc 

^• 

Halm 

Ähre 

Reife 

b£ 

z 

Ol 

c 

■*i 

c 

o 

1 

o 

stamm 

53 
0^ 

s 
^ 

^ 

^1 

■^3 

■sie 

" 

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I 

II 

III 

IV 

Durch- 

- 1 

1 

schnitt 

Beobachtungs-  und  Ernteergebnisse  der  Erbsenstämme  1920 

Schema  30. 

ü 

Stamm 

U 

CS 
Ph 

(D 

Besonder- 
heiten am 
Habitus 

K  e  i  t  e 

Korn- 
ertrag 

100 
Korn- 
gewicht 

55 

blüht 

■2. 
£ 

1     <t-3 

Korn- 

CS 

von 

bis 

Tage 

quali- 
tät 

I 

II 
III 

IV 

Durcli- 
schnitt 

Mohn-Auslese  1919. 


Schema  31. 


Pflanze 

Halnilänge 

Kapsel 

K  0 

r  n 

Kornanteil 

o/o 

Kornfarbe 

Nr. 

Zahl 

Gewicht 

Gewickt 

pro 
Pflanze 

Gewicht 

pro 
Kapsel 

Das  Mahiidorfer  Auslesescliema  behält  keine  starre ,  jahrelang 
unveränderliche  Form,  sondern  schreitet  mit  der  Entwicklung-  der 
pflanzenzüchterischen  Erfahrungen  und  den  Bedürfnissen  der  Zucht- 
auslese fort,  "wodurch  es  gerade  so  interessant  wird,  die  alten  Register 
mit  den  heutigen  zu  vergleichen.  Vor  allem  fällt  uns  die  äußerst 
penible  Arbeit  der  Vorjahre  auf. 

Während  heute  alles  Wissenswerte  über  eine  Zuchtpflanze  und  das 
betreffende  .Jahr  in  einem  Zuchtregister  vereint  steht,  gehörte  früher 
hierzu  ein  Vegetationsbeobachtungsbuch,  ein  Aktenstück  mit  Skizzen, 
ein  Heft  mit  Selektionsaufzeichnungen  und  ein  sogenanntes  Anbau- 
versuchsbuch für  die  Ernteergebnisse  der  gedrillten  Nachkommen- 
schaften. 

Das  Zuchtregister,  wie  es  für  1920  entworfen  ist,  stellt  das  ße- 
sume  unserer  pflanzenzüchterischen  Erfahrungen  dar.  Es  ist  ange- 
paßt an  die  äußerst  schwierigen  wirtschaftlichen  Verhältnisse  und  die 
Leuteknappheit,  wobei  der  Zuchtleiter  alle  Ernte-  und  Auslesearbeiten 
persönlich  ausführt,  beziehungsweise  die  Hilfskräfte  ständig  im  Auge 


Die  Mahndorf  er  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorf  er  Usancenbuch.     313 

"behalten  kann.  Trotz  der  Vereinfachung  der  Ansleseschemas  geschieht 
die  Auslese  in  AVirklichkeit  mit  derselben  Sorgfalt  und  Genauigkeit 
wie  früher.  Es  wird  im  Laboratorium  viel  zeitraubende  Arbeit  da- 
durch gespart,  daß  die  Auslesemomente,  die  früher  im  Buch  notiert 
wurden,  jetzt  nach  Augenmaß  bei  der  AVahl  der  Auslesepflanzen 
berücksichtigt  werden.  So  sind  alle  sekundären  Ermittlungen  fort- 
gefallen, wobei  die  Hauptauslesemomente  mehr  zur  Geltung  kommen. 
Ein  weiterer  Vorteil  der  vorgesehenen  vereinfachten  Ausleseaufzeich- 
nungen besteht  darin,  daß  in  derselben  Zeit  bedeutend  mehr  Eliten 
verarbeitet  und,  mehr  Nachkommenschaften  geprüft  werden  köimen, 
wodurch  die  Wahrscheinlichkeit,  hervorragende  Plus  Varianten  zu 
finden,  erhöht  wird. 

Da  die  Schemata  recht  deutlich  über  die  derzeitige  Auslese- 
arbeit Aufschluß  geben,  soll  nur  auf  deren  Besonderheiten  Iiinge- 
wiesen  werden. 

So  wurde  1906  die  Bewurzelung  bewertet,  eine  an  sich  äußerst 
wichtige  Ermitthmg,  wenn  sie  nur  praktisch  auch  durchführbar  wäre. 

Die  Lagerfestigkeit  am  anatomischen  Bau  des  toten  Halmes  fest- 
zustellen, ist  eine  jetzt  wohl  überlebte  Anschauung,  die  allerdings 
noch  vereinzelte  Anhänger  hat  und  merkwürdigerweise  an  einigen 
landwirtschaftlichen  Hochschulen  bis  heute  noch  ausgeführt  wird. 
Daher  wird  1906  die  Länge  der  einzelnen  Halminternodien  und  1909 
und  1910  die  Halmdicke  des  untersten  Halmknotens  gemessen.  Da 
ein  knotenarmer  Halm  lagerfester  sein  soll  wie  ein  knotenreicher, 
hat  das  Zählen  der  Halminternodien  mehr  Berechtioaino".  Die  1917 
am  Haupthalm  jeder  Elitepflanze-  ermittelte  Knotenzahl  ergab  jedoch, 
daß  ■  die  Zahl  der  Knoten  bei  allen  Eliten  annähernd  dieselbe  ist, 
beziehungsweise  an  der  Entwicklung  des  untersten  Interuodiums  ein 
Knoten  mehr  oder  weniger  gezählt  wird,  wodurch  diese  Ermittlung- 
überflüssig  wird.  1908  wurde  das  zweite  Halmglied  gemessen,  gewogen 
und  daraus  dessen  Gewicht  auf  10  cm  Läüge  berechnet. 

Die  Halmlänge  wird  heute  an  deren  Gesamtlänge  bis  zur  Ähren- 
spitze festgestellt.  Sie  wurde  auch  in  einzelnen  Jahren  bis  unterhalb 
der  Ähre  gemessen,  auch  gleichzeitig  an  allen  Halmen  deren  Länge 
einzeln  ermittelt  und  der  Durchschnitt  berechnet  oder  bloß  der  längste 
und  kürzeste  Halm  gemessen  und  daraus  als  Läno-enauso-eCTlichenheit 
deren  Differenz  notiert. 

Um  die  Halmentwicklung  festzulegen,  tauchen  1908  zuerst  die 
sogenannten  Halmklassen  auf,  wobei  in  Klasse  I  die  stärksten  Halme, 
in  Klasse  HI  die  schwächsten  eingereiht  werden.  1911  wird  diese 
Ermittlung  auch  auf  die  Ähren  erweitert.  Da  der  stärkste  Halm 
naturgemäß  auch  die  bestentwickeltste  Ähre  tragen  muß,  werden  die 
Klassen  1918  und  1919  auf  Zahl  der  Triebe  je  Pflanze  reduziert. 
Doch    1920    soU    es    noch    weiter    vereinfacht   und   nur   das   durch- 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtnng.    Bd.  VII.  20 


314  Hansen: 

schnittliche  Korngewicht  je  Ähre  berechnet  werden,  wobei  Pflanzen 
mit  stärksten  Hahnen  beziehnngsweise  Trieben  das  höchste  durcli- 
schnittliche  Korngewicht  pro  Ähre  haben  müssen. 

Das  „durchschnittliche  Korngewiclit  pro  Ähre"  erspart  zugleich 
das  Messen  der  Länge  und  Zählen  der  Ährchen  der  Ähren,  denn  die 
bestentwickelten  Ähren  mit  höherer  Ährchenzahl  haben  stets  ein  höheres 
Korngewicht.  Um  aber  die  Lockerheit  der  Ähre  zu  erfassen,  reicht 
die  D  -  Berechnung ,  also  Berechnung  der  Ährchenzahl  auf  1  cm 
Spindellänge ,  nicht  aus.  Zahlenmäßig  werden  stets  die  gut  ent- 
wickelten Ähren  lockerer  wie  die  kleinen  Ähren  erscheinen.  Daher 
wird  schon  von  1912  ab  durch  die  römische  Zahl  I — III  die  Ähren- 
dichte ausgedrückt,  wobei  I  zu  dichte,  III  zu  lockere,  während  II 
die  erwünschte  Form  darstellt.  Heute  wird  die  Form  durch  charak- 
teristische Buchstaben  wie  K  (kolbig),  D  (dicht),  P  (parallel),  L  (locker) 
ausgedrückt  bzw.  durch  deren  Zusammenstellen  wie  LK  oder  PD  die 
Form  konstruiert. 

Bis  191 G  wird  an  allen  Ähren  der  Auslesepflanzen  deren  Länge 
ermittelt  und  die  Ährchenzahl  gezählt,  1917  und  1918  wird  diese 
Ermittlung  auf  drei  Ähren  und  1919  auf  zwei  Ähren  beschränkt. 
Außerdem  wird  von  1908 — 1917  die  Zahl  Körner  jeder  Ähre  fest- 
gestellt und  dabei  das  verlorene  Korn  zuaddiert. 

1911  wird  von  Professor  Remy  im  Bonner  Sortenversuch  die 
Kleinkörnigkeit  des  Mahndorfer  Winterweizens  infolge  seiner  hohen 
Fertilität  der  Ährchen  festgestellt.  Es  wird  daher  in  dem  Jahre  nicht 
die  Korngröße,  sondern  ein  recht  guter  Kornbesatz  der  Ährchen  ge- 
wünscht und  daher  an  den  Ährchen  von  drei  besten  Ähren  deren 
Kornzahl  untersucht  (Schema  Nr.  7).  Doch  bald  begann  man  wieder 
auf  möglichst  großes  Korn,  welches  mit  hohem  Kornertrag  zudem  in 
Beziehung  steht,  auszulesen. 

1919  kommt  die  neue  Korngrößenermittlung  hinzu.  Das  Tausend- 
korngewicht wird  nicht  mehr  an  allen  Körnern  der  Pflanze  festgestellt, 
sondern  nur  an  zweimal  50  guten  Körnern,  wodurch  über  die  korn- 
zählenden Mädchen  durch  die  Abweichung  innerhalb  der  beiden  Er- 
mittlungen eine  gute  Kontrolle  ausgeübt  und ,  da  nicht  alle  Körner 
der  Pflanze  gezählt  zu  werden  brauchen,  viel  Zeit  gespart  wird.  Bei 
Hafer  wird  die  Korngrößenermittlung  einheitlich  nur  an  den  Haupt- 
körnern vorgenommen  (vgl. Bd.  VII,  H. 3  dieser  Zeitschrift:  W.Hansen: 
Die  Ermittlung  des  Einzelkorngewichtes  einer  Zuchtpflanze). 

Bei  der  Ernte  werden  bis  1917  alle  Pflanzen,  die  von.  vier  Nachbar- 
pflanzen in  der  ursprünglichen  Pflanzenentfernung  umgeben  sind,  als 
„guter  Ausschuß"  für  sich  geerntet  und  daraus  die  Eliten  gewählt, 
während  die  Randpflanzen  und  die  Pflanzen,  die  weniger  wie  vier 
Nachbarpflanzen  im  obigen  Sinne  hatten,   als  „schlechter  Ausschuß" 


Die  Mahndorf  er  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancen  buch.     315 

ohne  weitere  Ermittlung  ausgedroschen,    mit  dem  Korne   des  „guten 
Ausschusses"  vereint  wurden. 

Die  Bestückung  wurde  1912  und  1013  durch  Gruppieren  aller 
Pflanzen  des  „guten  Ausschusses"  nach  der  Halmzahl  berechnet,  die 
Halmlänge  dagegen  an  3  X  12  =  3G  Pflanzen  ermittelt. 

Von  1917  ab  wird  der  Ertrag  der  Nachkommenschaften  nicht 
mehr  an  allen  Pflanzen  des  „guten  Ausschusses"  ermittelt,  sondern 
es  geschieht  an  20  besten  Pflanzen ,  die  dem  lückenlosen  Bestände 
aus  den  beiden  Parallelparzellen  entnommen  sind.  1920  sollen  von  der 
Serie  von  weniger  wertvollen  Nachkommenschaften,  die  ohne  Parallel- 
parzellen angelegt  sind,  je  zehn  Pflanzen  und  von  den  einreihigen 
Parzellen  je  drei  Pflanzen  als  Eliten  geerntet  werden.  Als  Eliten 
Averden  in  den  beiden  ersten  Serien  je  fünf  Pflanzen,  in  den  einreihigen 
Parzellen  die  drei  geernteten  Pflanzen  verarbeitet. 

Durch  die  Nachkommenschaftszusammenstellung  (Schema  Nr.  18 
und  28)  wird  erst  der  Vergleich  der  Nachkommenschaften  unterein- 
ander ermöglicht.  Bis  1915  enthält  diese  Übersicht  eigentlich  nur 
die  Ertragsermittlung  sowie  die  Kornqualität,  1916  wird  die  Tabelle 
erweitert  und  1918  die  Eigenschaften  vorheriger  Jahre  mit  auf- 
genommen, um  die  Erblichkeit  derselben  zu  erfassen.  Um  dabei 
gleiche  Bewertungen  in  den  verschiedenen  Jahren  zu  haben,  werden 
alle  Werte  durch  die  Noten  1 — 5  ausgedrückt,  wobei  1  sehr  gut  be- 
deutet. Es  ist  die  einfachste  und  übersichtlichste  Ausdrucks  weise, 
die  auch  wenig  Eechenarbeit  macht. 

Obwohl  der  Kornanteil  an  einer  unfrisierten  Pflanze  festgestellt 
werden  müßte,  ist  die  Beeinflussung  durch  den  Nachwuchs  mitunter 
so  erheblich  und  ungleich,  daß  der  Kornanteil  verschieden  stark 
herabgedrückt  wird.  Daher  soll  von  1920  ab  bloß  die  Zahl  der  Nach- 
wüchse notiert  und  das  Gesamtgewicht  der  Elitepflanzen  ohne  Nach- 
wuchs festgestellt,  wodurch  ein  viel  einwandfreieres  Verhältnis  von 
Korn  zu  Stroh,  wie  es  der  anatomische  Bau  der  Pflanze  ergibt,  er- 
faßt werden  kann.  Da  die  Nachwuchsähren  verworfen  werden,  kommt 
als  ein  weiterer  Vorteil  hinzu ,  daß  das  Korn  von  Nachwuchsähren 
nicht  mit  ausgepflanzt  wird. 

Die  Eigenart  des  Haferausleseschemas  war  das  äußerst  zeit- 
raubende Zählen  der  Körner  einzelner  Ährchen,  um  die  Fertilität 
derselben  zu  steigern.  Doch  das  zweikörnige  Ährchen  hat  durch 
bessere  Kornausbildung  sich  derart  überlegen  gezeigt,  daß  1918  eine 
Änderung  in  dieser  Zuchtrichtung  vorgenommen  wurde ,  wobei  die 
Fertilitätsermittlung  an  Bedeutung  verlor.  Auch  die  Erfahrung,  daß 
mit  der  penibelsten  Auslese  bei  Hafer  kaum  eine  Besserung  zu  er- 
zielen ist,  veranlaßt  das  Ausleseschema  zu  vereinfachen  und  dafür 
die  Zahl  der  zu  untersuchenden  Pflanzen  bedeutend  zu  vergrößern. 
Auch  die  1919   ausgeführte  Analyse,    die  Gesamtkörner   einer  Hafer- 

20* 


g]^(3  Hansen: 

pflanze  in  Haupt-  und  Nebenkörner  zu  zerlegen  und  die  tauben  zu 
entfernen,  hat  sich  so  zeitraubend  erwiesen,  daß  künftig  die  Korn- 
größe nur  an  zweimal  50  Hauptkörnern  vorgenommen  wird.  Mit  der 
Größe  des  Hauptkornes  steht  in  deutlicher  Korrelation  die  Größe 
aller  Kömer  der  Pflanze ;  gleichzeitig  bietet  das  größere  Gewicht  der 
Hauptkörner  eine  Garantie  für  bessere  Ausbildung  der  Ährchen  bzw. 
geringere  Anzahl  vielblütiger  Ahrchen.  Auch  wird  hierdurch  das 
zeitraubende  Ablesen  tauber  Kornhülsen  gespart. 

Während  die  Getreideausleseschemata  je  nach  Bedarf  in  den  ein- 
zelnen Jahren  gewisse  Änderungen  erfahren,  findet  das  Erbsenschema 
von  1908  ab  kaum  eine  Abweichung.  Die  früher  erstrebte  Mehr- 
stengeligkeit  der  Eliten  wird,  trotzdem  sie  ein  Zeichen  von  Wüchsig- 
keit  ist,  nicht  mehr  gerne  gesehen,  da  mit  der  Mehrstengeligkeit 
eine  ungleiche  Reife  und-  Qualitätsverschlechterung  des  Kornes  ver- 
bimden  ist.  Die  Gliederzahl  des  Halmes ,  die  mit  der  Halmlänge  in 
Korrelation  steht,  und  die  Ansatzstelle  der  untersten  Hülse,  die  auf 
Grund  unseres  statistischen  Materials  nicht  immer  mit  der  Frühreife 
zusammentrifft,  werden  nicht  mehr  festgestellt.  Ebensowenig  wird  die 
Hülsenzahl  auf  je  10  cm  Halmlänge  berechnet,  da  am  kurzen  Halm  oder 
hoher  Ansatzstelle  der  untersten  Hülse  stets  die  Hülsen  dichter  sitzen- 
müssen;  es  wird  daher  bloß  die  Halmlänge  gemessen.  Die  Auslese 
auf  Paarigkeit  der  Hülsen  beginnt  1906.  Damit  die  einseitige  AiTslese 
auf  Korngröße  nicht  zu  einem  schlechten  Besatz  der  Hülsen  führt,' 
wird  auf  die  Kornzahl  der  Hülsen  geachtet,  während  das  Komgewicht 
der  Hülsen  nebensächlich  erscheint.  Anfangs  wurden  alle  Hülsen 
auf  deren  Kornzahl  untersucht;  diese  Ermittlung  wird  1908  insofern 
geändert,  daß  nicht  mehr  die  entwickelten  Kömer,  sondern  deren 
Anlagen  in  jeder  Hülse  gezählt  werden.  Von  1919  wird  die  Samen- 
anlage an  vier  besten  Hülsen  festgestellt.  Beim  Zählen  der  Körner 
einer  Pflanze  werden  dieselben  auf  ein  7  mm-Lochsieb  gelegt  und  die 
vollentwickelten  und  nicht  angefressenen  gesunden  Körner  für  sich 
als  gute  Körner,  die  aber  durch  das  Sieb  durchfallenden  und  die 
angefressenen  als  Abfallkörner  gezählt ;  das  Gewicht  der  guten  Körner 
sowie  der  Abfallkörner  wird  einzeln  für  sich  festgestellt.  Die  Korn- 
größenermittlung geschieht  an  den  guten  Körnern  über  7  mm  Durch- 
messer. Sehr  wichtig  ist  in  der  Erbsennachkommenschaft-Zusammen- 
Stellung  die  Rubrik  ^Prozent  Pflanzen  bei  der  Ernte",  da  es  den 
Gesundheitsgrad  der  Nachkommenschaft  darstellt.  Es  werden  daher 
bei  der  Ernte  die  kranken  Pflanzen  nicht  extra  notiert,  sondern  völlig 
unbeachtet  fortgeworfen. 

Um  ein  einwandfreies  und  dabei  möglichst  einfaches  Ernteverfahren 
für  die  gedrillten  Nachkommenschaften  herauszuarbeiten,  wurde  1917 
mit  verschiedenen  Methoden  gearbeitet.  Die  sogenannte  Wagner  sehe 
Methode  erwies  sich  durch  das  Wiegen  der  Gesamtmasse  der  Parzellen 


Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  bzw.  das  Mahndorfer  Usancenbuch.     317 


/i'/y 


sowie  der  beiden  zehn  Kilogramm-Proben  zu  umständlich.  Genauere 
Ergebnisse  brachten  die  drei  zehn  Quadratmeter- Ausschnitte  von  besten 
Stellen  innerhalb  der  2  m  breiten  gedrillten  Parzellen.  Es  gab  all- 
mählich die  Veranlassung,  die  Nachkommenschaftsprüfung  und  Ver- 
mehrung zu  trennen  und  die  Nachkommenschaften  an  vier  9  qm  großen 
handgelegten  Parzellen  zu  prüfen.  Das  verlesene  Korn,  welches  zucht- 
gartenmäßig  einzeln  gelegt  ist,  bürgt  dabei  lür  den  gleichmäßigsten 
Stand,  durch  die  gleiche  Saatstärke  und  gleichmäßige  Entwicklung  aller 
Pflanzen.  Es  wird  dabei  außer  der  üblichen  Vegetationsbeobachtungen 
nur  deren  Kornertrag  festgestellt, 
während  derKornanteil  dergeernteten 
Eliten  der  betreffenden  Nachkommen- 
schaft als  Stammesmerkmal  gilt.        . 

Der  Stammbaum.  Auf  der 
linken  Seite  des  50  X  35  cm  großen 
Albums  wird  in  kleinen  Kreisen  die 
Abstammung  der  einzelnen  Elite- 
pflanzen durch  rote  Linien  vonein- 
ander abgeleitet,  während  auf  der 
rechten  Seite  die  gedrillten  Nach- 
kommenschaften durch  blaue  Striche 
miteinander  verbunden  sind  (Fig.  5). 
Bei  Vermehrungen  wird  auch  der 
betreff'ende  Feldplan ,  auf  dem  sie 
gedrillt  sind,  notiert.  Um  das  Auf- 
finden der  Abstammung  zu  erleichtem, 
sind  die  Kreise  der  Nachkommen- 
schaft außerdem  koloriert.  Irgend 
welche  Eigentümlichkeiten  oder  eine 
Bewertung  der  Nachkommenschaften 
wird  im  Stammbaum  nicht  vermerkt. 

Die  Pflanze,  die  1918  die  Bezeichnung  D  G1425  trägt,  wird  im 
Stammbaum  (Fig.  5)  von  oben  herab  so  gelesen,  daß  jede  Ziffer  die 
Elitenummer  des  betreffenden  Jahres  darstellt.  Da  kaum  mehr  wie 
neun  Auslesepflanzen  von  einer  Nachkommenschaft  verarbeitet  werden,' 
ist  es  fast  immer  eine  einstellige  Ziffer.  So  wurde  1918  von  Parzelle 
D  (3142  die  Elite  5  zur  "VVeiterzucht  genommen,  1917  von  Parzelle 
D  614  die  Elite  2  usw.  Hat  man  zwei  Nachkommenschaftbezeich- 
nungen nebeneinander  stehen,  z.  B.  D  61425  und  D  62  311,  so  sehen 
wir,  daß  beide  Pflanzen  dem  Stamme  D  angehören  und  beide  von  der 
Pflanze  6  abstammen.  Diese  sofort  erkennbare  Zugehörigkeit  einzelner 
Nachkommenschaft  zueinander  ist  der  Vorteil  dieses  Stammbaumes. 
Leider  ist  damit  das  jährliche  Anwachsen  der  Bezeichnung  um  eine 
Ziffer  verbunden,  wodurch  etwa  alle  sechs  Jahre  eine  Umbenennung 


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Fig.  5. 


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31g  Hansen:    Die  Mahndorfer  Pflanzenzüchtung  usw. 

erforderlich  wird.  Da  diese  Kennzeichnung  infolge  der  großen  Nummer 
für  den  praktischen  Gebrauch  sich  wenig  bewährt  hat,  wird  auf  Eti- 
kettes und  Tüten  die  laufende  Nummer  der  Nachkommenschaften 
und  Auslesepflanzen  vermerkt-,  z.  B.  EUte  3  von  Parzelle  34  würde 
34,3  heißen,  (Näheres  Zeitschr.  f,  Pflanzenzüchtung  Bd.  VI,  Heft  3/4, 
S.  121.) 

Das  Usancenbuch.  Den  Inhalt  des  Usancenbuches  erübrigt 
sich  wiederzugeben,  da  die  Beschreibung  der  Mahndorfer  Züchtung, 
wie  sie  hier  veröffentlicht  ist,  ein  Usancenbuch  mit  Fortfall  von  Neben- 
sächlichem darstellt. 

Das  Usancenbuch  wurde  vom  Verfasser  Dezember  1917  bei  seinem 
Fortgange  von  Mahndorf  als  Nachschlagebuch  für  seine  Nachfolger 
aufgestellt,  nun  soll  eä  ergänzt  und  erweitert  dem  Jubilar  zum  An- 
denken an  die  Gründung  und  Förderung  der  Mahndorfer  Pflanzen- 
zucht gewidmet  sein. 

Mahndorf,  im  März  1920. 


III. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der 

Pflanzenzüchtung. 


1.   Referate  über  Arbeiten 

in  Zeitschriften,  sowie  über  Dissertationen,  dann  Jahresberichte  und  Bulletins 

von  Versuchsstationen. 

Einsendung  von  Abdrücken  aller  einschlägigen 
Arbeiten  erbeten. 

Einige  Herren  haben  sich  in  liebenswürdiger  AVeise  bereit  erklärt, 
für  einzelne  Länder  oder  bestimmte  sachliche  Gebiete  die  Sorge  für 
Erstattung  von  Referaten  ganz  zu  übernehmen.  1920  sind  derartige 
Vereinbarungen  getroffen  worden  mit: 

Prof  Dr.  H.  N  i  1  s  s  o  n  -  E  h  1  e  -  Lund:  Pflanzenzüchtung, 
Schweden.  —  Prof  Dr.  Gran,  Universität  Kristiania:  Pflanzen- 
züchtung, Norwegen.  -KonsulentE.Lindhard-Tystoftepr.Tjaereby: 
Pflanzenzüchtung,  Dänemark.  —  Dr.  H.  Plahn-Appiani-Aschers- 
leben,  Mehringerstraße  6:  Zucke rrübenzüchtung  in  Deutschland 
und  Österreich.  —  König],  landw.  Botaniker  A.  Howard- Pusa  (Bihar), 
Indien:  Pflanzenzüchtung,  Indien.  —  Direktor  A.  v.  Stebutt 
der  Versuchsstation  Saratow,  Rußland:  Pflanzen  Züchtung,  Ruß- 
land ^). — Direktor  Dr.  L.  Koch -Buitenzorg  (Java):  Pflanzenzüchtung, 
Java.  —  Prof.  Dr.  Th.  R ömer- Halle  a.  S. :  Pflanzenzüchtung, 
Großbritannien.  —  Direktor  E.  G  r  a  b  n  e  r  -  Magyarovär :  Pflanzen- 
zucht u  n  g ,  Ungarn.  —  Prof.  Dr.  J  e  1  i  n  e  k  -  Prag :  Pflanzen- 
züchtung,  Tscheche-Slowakei,  tschechisch.  —  Prof.  Dr.  V.  Mandekic- 
Agram  (Zagreb),  Preradovic  20:  Pflanzenzüchtung,  in  südlawischer 
Sprache. 

Für  die  hier  nicht  genannten  Gebiete  sind  zunächst  Autoreferate 
sehr  erwünscht,  wenn  solche  innerhalb  acht  Tagen  nach  dem 
Erscheinen  der  Arbeit  abgesendet  werden. 

Die  Referate  sind  entweder  als  Autoreferate  gekennzeichnet  oder 
von  dem  betreffenden  Referenten  gezeichnet ;  von  dem  Redakteur 
erstattete  bleiben  uno-ezeichnet. 


o 


Nacli  freundlicher  Mitteilung  können  Referate  jetzt  nicht  gesandt  werden. 


320  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Ackermann,  A.  Speltlike  biid  sports  in  coramon-wlieat'). 
(Hereditas  I,  S.  116 — 127,  0  Abb.)  Tedin  hatte  schon  Spelzmntationen 
in  Weizen,  Triticum  vulgare,  gefunden,  deren  hervorragende  Kenn- 
zeichen kurze  äußere  Biütenspelze  und  stärkere  Kielung  derselben, 
längeres  Stroh,  längere  und  lockerere  Ähre  sind.  Ackermann  fand 
in  F2  der  Weizenbastardierungen  Iron  X  Thule  eine  derartige  Weizen- 
ähre ,  welche  auf  einer  Seite  der  Spindel  normale  Weizenblütchen 
trug,  auf  der  anderen  Blütchen,  welche  der  spelzartigen  Mutation 
gleichen.  Alle  Früchtchen,  solche  bei  normalen  Spelzen  wie  solche 
bei  spelzartiger  Mutation,  gaben  normale  Weizenpflanzen.  Verfasser 
hält  die  aufgefundene  Bildung  aber  doch  für  eine  Chimäre,  bei  welcher 
die  spelzartige  Mutation  nur  die  Epidermis  bildet,  daher  an  der 
(leschlechtszellenbildung  nicht  beteiligt  ist  und  so  nur  normale  Weizen- 
ähren  entstehen.  Es  wurden  noch  andere  Chimären  zwischen  vulgare 
Ausbildung  und  spelzartiger  Mutation  beschrieben. 

Allard,  H.  Das  Verhalten  der  Eigenschaft  aurea  bei 
der  Bastardierung  verschiedenerVarietäten  vonNicotia 
na  rustica.  (The  American  Naturalist  LIII,  1919,  S.  234—238.) 
Eine  aus  Rußland  stammende  Form  des  Tabaks  „aurea",  welche  durch 
Weißfärbung  der  Achsen  und  der  Blattnerven  und  gelbliche  Färbung 
der  Blattfläche  gekennzeichnet  ist,  gab,  mit  normalen  grünen  Pflanzen 
bastardiert,  in  Fj  grüne  Pflanzen,  in  Fg  3  grün  auf  1  aurea.  E,ück- 
bastardierungen  mit  den  Elternformen  brachten  ein  Ergebnis,  das  der 
Annahme  einer  Veranlagung  der  Aurea-Form  :  Fehlen  der  Anlage  für 
Grün  und  der  normal  grünen  Form  :  Vorhandensein  dieser  Anlage  ent- 
spricht. Die  W^eißfärbigkeit  ist  bei  der  Aurea-Form  nicht  oberflächlich, 
sondern   die  Gewebe   der  Achsen   sind  bis  ins  innerste  weiß  gefärbt. 

Anthony  St.  and  Harlan  T.  Germination  of  barley  pollen^). 
{ Journ.  of  Agric.  ßesearch  1920,  S.  527 — 536,  1  Tafel.)  Gerstenpollen 
erwies  sich  als  sehr  empfindlich  gegenüber  Feuchtigkeit,  vertrug  weder 
stärkere  Austrocknung  noch  rasche  Wasserzufuhr,  erwies  sich  auch 
gegen  niedere  Wärmegrade  empfindlich.  Die  Narben  blieben  lange, 
vom  Tag  der  Kastration  bis  zum  sechsten  Tag  danach,  empfangsfähig. 
Der  Blütenstaub  erwies  sich  am  wirksamsten  zur  Zeit  des  Aufplatzens 
der  Beutel.  Schon  2—3  Stunden  später  war  die  Wirksamkeit  eine 
geringere ,  es  gelangen  aber  noch  einige  Befruchtungen  selbst  mit 
24  und  einmal  mit  48  Stunden  altem  Pollen,  aber  der  Verfasser  glaubt, 
daß  in  feuchterem  Klima  als  jenem  Idahos  Pollen  kaum  über  Nacht 
wirksam  bleibt.  Versuche,  Pollen  unter  verschiedenen  Verhältnissen 
imLabaratorium  länger  lebensfähig  zu  erhalten,  gaben  kein  befriedigendes 
Ergebnis. 


■■ö^ 


^)  Spelzartige  Knospenvariationen  bei  gemeinem  Weizen. 
^)  Keimung  von  Gerstenpollen. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  321 

Bach,  S.  Zweierlei  Weißlinge  von  Mais.  (Z.  f.  Pflanzen- 
zucht.    Hefts,  1020,  S.  238— 241.) 

Becker,  J.    Beiträge  zur  Züchtung  der  Kohlgewächse.' 
(Z.  f.  Pflanzenzucht.     Heft  2,  1910,  S.  Ol— 101.) 

Blakeslee  F.  and  Aver.y,  I.  M  u  t  a  t  i  o  n  s  in  t  h  e  J  i  m  s  o  n 
weed^).  (The  journ.  of  heredity  X  1910,  S.  111-120,  11  Abb.)  Bei 
Stechapfel,  Datura  stramonium,  sind  vom  Verfasser  mehrere  spontane 
Variationen  bei  Blättern  und  Früchten  festgestellt  worden,  welche 
von  den  abweichenden  Pflanzen  nur  teilweise  vererbt  wurden,  haupt- 
sächlich von  den  weiblichen  Geschlechtsprodukten  aus.  In  einem 
Falle  wiu-de  aber  auch  eine  spontan  entstandene  Form  beobachtet, 
welche  selbstfruchtbar  war,  auch  mit  anderen  Individuen  derselben 
Form ,  nicht  aber  mit  ihrer  Ausgangsform ,  fruchtbar  war  und  eine- 
neue Art  begründete. 

Bi'oili.  Solanum  edinense  Berthault,  ein  für  die  Land-' 
Wirtschaft  wertvo  Her  Kartoffelbastar  d,  (Deutsche  landw. 
Presse  1020,  S.  359 — 301.)  Aus  1914  aufgefundenen  Beeren  von.  Sol. 
etuberosum  (von  Berthault  S.  edinense  genannt)  wurden  Sämlinge 
mit  sehr  mannigfacher  Ausbildung  erhalten ,  so  daß  die  Ansicht 
Salamans,  daß  diese  Form  ein  Bastard  ist,  sehr  wahrscheinlich  wird. 
An  echten  S.-edinense-Pflanzen  wurden  1916  auch  Beeren  gefunden 
die  auch  viele  Formen  gaben,  ähnlich  wie  bei  S.  etuberosum,  einige 
darunter,  die  vS.  Maglia  sich  näherten,  so  daß  Ha  eckeis  Ansicht^ 
S.  Maglia  sei  eine  der  Stammpflanzen  unserer  Kartoffel,  an  Wahr- 
scheinlichkeit gewinnt.  S.  edinense  erscheint  dem  Verfasser  als  einzige 
unter  jenen  Formen,  die  nicht  der  Kultur  angehören,  für  die  Immunitäts- 
züchtung gegen  Phytophthora  wertvoll  zu  sein  und  werden  mit  der- 
selben Versuche  ausgeführt. 

Cohen  Stuart  C.  P.  Die  Züchtung  der  Teepflanze.  (Z.  f. 
Pflanzenzucht,  Heft  3,  1920,  S.  157—204). 

CoUins,  G.,  and  Kempton,  I.  Heritablechar  acters  of  maize. 
Lineate  leaves^).  (The  Journal  of  heredity  XI  1920,  S.  3—6.) 
Bei  Mais  zeigte  sich  eine  feine  Weißstreifung  oberer  Blätter,  die 
ungefähr  vom  zehnten  Blatt  ab  auftrat.  Die  Streifen  sind  Vio — Vi  mm 
breit  und  von  wenigen  Millimetern  bis  vielen  Zentimetern  lang.  Die 
Vererbung  erfolgte,  wie  verschiedene  künstliche  Bestäubungen  zeigten, 
ungefähr  nach  drei  normalen  zu  einer  weißgestreiften  Pflanze. 

Collins,  G.  Chimera  in  com  hybrids.  (The  journ.  ofgenetics- 
X  1919,  S.  3 — 10,  7  Abb.)  Nach  der  Bastardierung  von  Extra  Earlj^ 
Adams,  einem  weißen  Zahnmais  mit  Black  Mexican,  einem  Süßmais 
wurde  in  Fj  ein  Korn  gefunden,  das  zur  Hälfte  weiß  war,  zur  anderen 


')  Mutationen  bei  Stechapfel. 

*)  Erbliche  Eigenschaften  bei  Mais.     Linierte  Blätter. 


322  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Hälfte  so  dunkel  purpurn  wie  die  Vaterpflanze.  Die  Nachkommen- 
schaft dieses  Kornes  gab  in  vier  Kolben  408  purpurne  Stärkekörner, 
352  weiße  Stärkekörner,  172  purpurne  Süßmaiskörner  und  151  weiße 
Süßmaiskörner,  also  annähernd  die  erwarteten  Spaltungszahlen  einer 
dihybriden  Bastardierung.  Unter  den  10S8  Fg-Körnern  waren  12,  die 
wieder  eine  solche  Ausbildung  wie  die  erwähnte  zeigten.  —  Correns 
hatte  ähnliche  Fälle  damit  erklärt,  daß  der  sekundäre  Embryosackkern 
nicht  mit  dem  Endospermkern  sich  vereint,  sondern  jeder  sich  für 
sich  entwickelt.  In  diesem  Falle  ist  diese  Erklärung  nicht  anwendbar, 
da  dann  auch  die  purpurne  Hälfte  des  Samens  Süßmaisausbildung 
zeigen  müßte,  da  beide  Eigenschaften  von  demselben  (männlichen) 
Kern  bedingt  werden.  Mendel  sehe  Spaltung,  wie  E  a  s  t  und  H  a  y  e  s 
für  solche  Fälle  annehmen,  lehnt  der  Verfasser  als  ]']rklärung  ab,  da 
er  solche  nur  für  die  Geschlechtszellenbildung  in  Anspruch  nehmen 
will.  Er  denkt  an  eine  Mutation,  die  bezüglich  der  Anlage,  welche 
die  Aleuronfarbe  bedingt,  in  einer  vegetativen  Zelle  zu  Beginn  des 
Wachstums  der  Zygoten  eintrat. 

Dorsey.  A  note  on  the  dropping  of  flowers  in  the  potato^). 
(The  Journal  of  heredity  X  1910,  S.  226—228,  1  Tafel.)  Bei  vielen 
Sorten  wurde  ein  größerer  bis  sehr  großer  Prozentsatz  tauber  Pollen- 
körner in  den  Beuteln  gefunden.  Solche  Pollenkörner  sind  weiß, 
während  normale  gelb  sind.  Die  Entwicklung  der  Samenknospen  war 
in  allen  beobachteten  Fällen  eine  normale.  Ein  Zusammenhang  zwischen 
Abwerfen  der  Blüten  und  Entwicklung  der  Q  und  3  Geschlechts- 
erzeugnisse war  nicht  festzustellen,  es  muß  dasselbe  durch  andere 
physiologische  Ursachen  bedingt  sein. 

Emerson,  R.  Pistillate  flowered  maize  plants^).  (The 
Journal  of  heredity  XI  1920,  S.  65 — 76,  8  Abb.)  Von  einer  Maisschau 
zu  Lincoln  erhielt  Verfasser  eine  Maisrispe,  die  nur  Körner  enthielt, 
ohne  Reste  männlicher  Blüten.  Die  Körner  gaben,  da  durch  normale 
Pflanzen  befruchtet,  nur  normale  Pflanzen  imd  eine  derselben  selbst- 
befruchtet, normale  und  abweichende  Pflanzen,  so  daß  die  Abweichung, 
welche  Ripsensame  genannt  wird,  rezessiv  ist.  Eine  zweite  Mißbildung 
wurde  in  der  Nachkommenschaft  einer  1914  selbstbefruchteten  Mais- 
pflanze der  Sorte  Pride  of  the  North  gefunden  und  Rispenähre  ge- 
nannt. Auch  diese  Abnormität  erwies  sich  als  rezessiv.  Die  Ver- 
anlagung der  Rispenform  wurde  mit  ts,  jene  der  Rispenähre  mit 
te  bezeichnet.  Rispensame  und  Rispenähre  sind  nicht  identisch,  wie 
eine  Bastardierung  von  zwei  Pflanzen  zeigte,  von  welchen  die  eine 
für  Ripsensame,  die  andere  für  Rispenähre  heterozy gotisch  war.  Pflanzen 
der  Mißbildung  Ripsensame  sind  größer  und  kräftiger  als  solche  der 
Mißbildung  Ripsenähre  und  haben  längere  Halmglieder  und  losere  Rispe. 

^)  Bemerkungen  zum  Abwerfen  der  Kartoffelblüten. 
-)  Maispflanzen  mit  weiblichen  Blüten  in  der  Rispe. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  323 

Ernst,  A.  Über  Parthenogenesis  und  Apogamie.  (Ver- 
liandl.  d.  schweizerischen  naturforschenden  Ges.  1919,  Sonderabdruck, 
20  S.)  Derselbe:  Über  den  Ursprung  der  apogamen  Angio- 
spermen. (Viertelsjahrsschrift  der  Naturforschenden  Ges.  in  Zürich 
1917,  S.  33i3— 348.)  Die  Ansichten  des  Verfassers  über  den  in  den 
Titehi  bezeichneten  Gegenstand  sind  von  ihm  in  seinem,  an  dieser 
Stelle  (S.  51)  angezeigten  AVerke  ausführlich  dargelegt  worden.  Sie 
gehen  dahin,  die  Entstehung  der  Apogamie  —  worunter  er  apogame 
Entwicklung  von  Eizellen  bei  Verlust  der  zweigeschlechtlichen  Fort- 
pflanzung versteht  —  auf  Bastardierung  ferner  miteinander  verwandter 
Formen  zurückzuführen.  Die  beiden  erwähnten  Veröffentlichuno-en 
behandeln  den  gleichen  Gegenstand. 

Feenstra  Sluiter,  C.  Waarnemingen  en  Beschouwingen 
over  Bloei  Bevruchting  en  Zaadvormingbij  Cinchona 
Ledgeriana  Moens^).  (Mededeelingen  van  het  Kina-Proefstation 
Nr.  ü  Bandoeng  1919,  35  Seiten,  20  Abb.)  Die  Untersuchungen  wurden 
bei  zwei  Bäumen  ausgeführt,  mn  welche  ein  Gerüst  aufgebaut  worden 
war.  Zur  Erzwingung  der  Selbstbestäubung  und  bei  Bastardierung 
zum  Ausschluß  von  Insekten  wurden  die  Blütenstände  in  Käfio-e  ein- 
gehüllt,  die  aus  Bambus  und  Eisendraht  gebildet  und  mit  Gaze  über- 
zogen wurden.  In  den  einzelnen  Blütenständen  schreitet  das  Blühen 
von  unten  nach  oben  zu  fort  und  ist  innerhalb  3 — 4  "Wochen  abgeschlossen. 
Es  gibt  Bäume  mit  kurzgriffligen  Blüten,  bei  welchen  die  Staubfäden 
^Is  der  Länge  der  Blumenkronenröhren  besitzen,  und  langgriff lige,  bei 
welchen  sie  kaum  Vs  derselben  erreichen.  Die  Basis  des  Steno-els 
ist  ringförmig  von  den  Nektardrüsen  umgeben.  Die  meisten  Blüten 
öffnen  sich  am  Morgen,  und  beim  Öffnen  der  Blüten  sind  die  Beutel 
noch  geschlossen  oder  nur  an  der  Spitze  aufgesprungen.  Die  Ent- 
wicklung der  5  und  S  Geschlechtsteile  und  der  Befruchtungs Vorgang 
sind  mikroskopisch  untersucht  worden.  Einzelheiten  müssen  in  der 
Ai'beit  eingesehen  werden.  Die  Bestäubung  erfolgt  durch  Insekten, 
hauptsächlich  Hummeln  und  Fliegen;  es  scheint  dem  Verfasser  aber, 
daß  auch  Blattläuse  wirken,  letztere  besonders  bei  Regenwetter.  Bei 
langgrififligen  Blüten  erscheint  auch  Übertragung  des  Pollens  durch 
den  Wind  möglich.  Moens  und  v.  Leersum  konnten  bei  kurz- 
griffligen Blüten  keinen  Ansatz  bei  Einschluß  erzielen,  dagegen  bei 
laliggriffligen  wohl.  Dagegen  haben  die  beiden  Bäume  des  Verfassers 
keine  Früchte  geliefert,  weder  der  langgrifFlige  noch  der  kurzgriff  lige, 
die  miteinander  bastardiert  aber  gute  Früchte  lieferten.  Eant  hatte 
bei  einem  Baum  ausgesprochene  Selbstfertilität  beobachtet.  Der  Pollen 
behält  in  trockener  Luft  10  Tage  seine  Keimfliiiigkeit.    Man  hat  beim 


^)  Beobachtungen   und    Betrachtungen    über  Blühen,  Früchte    und    Samen- 
biUung  bei  Cinchona  Ledgeriana.  \ 


324  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüclitung. 

Chinabaum,  entsprechend  den  Darwinschen  Untersuchungen  über 
legitime  und  illegitime  Bestäubung  heterostyler  Pflanzen,  auch  an- 
genommen, daß  Bestäubung  zwischen  verschieden  langgriflfligen  Pflanzen 
wünschenswert  ist.  Als  Beweis  wurde  die  1905  angelegte  Pflanzung 
Poentjak  Gcdek  auf  Java  angeführt,  welche  nur  Pfropfungen  von  einem 
langgrififlichen  Mutterbaum  enthielt,  und  zwar  selbstfertil  war,  aber 
nur  schwache  Pflanzen  lieferte.  Verfasser  kommt  nach  den  bisher 
einander  widersprechendenErgebnissenbei  Selbst- imdFremdbefruchtung 
zu  dem  Schlüsse,  daß  die  Selbststerilität  und  Selbstfertilität  nicht  mit 
Kurz-  und  Langgrififligkeit  zusammenhängt,  sondern  individuell  ver- 
schieden ist.  Ist  ein  guter  selbstfruchtbarer  Baum  gefunden  worden, 
so  besteht  keine  Nötigung,  Fremdbefruchtung  zu  veranlassen.  Sind 
zwei  gute  Bäume  da,  die  miteinander  fruchtbar  sind,  so  ist,  da  die- 
selben gewiß  heterozygot  sind,  die  Möglichkeit  auch  vorhanden,  daß 
ihre  Nachkommen  minder  gut  sind.  Liefern  sie  aber  gute  Nach- 
kommen, so  kann  man  sie  durch  Stecklinge  vermehren  und  miteinander 
geschlechtlich  zusammentreten  lassen. 

Freemaii,  (x.  Linked  quantitative  characters  in  wheat- 
crosses\).  (Americ.  Naturalist  LI,  1917,  S.  683—689.)  Ein  Hart-, 
Weizen,  Triticum  durum,  mit  abgeplatteter  Ähre  (Breite  —  Dicke  Ver- 
hältnis zwischen  1  •  20  und  2  •  10)  und  harten,  glasigen  Körnern  wurde 
mit  einem  gemeinen  Weizen  mit  annähernd  vierkantiger  Ahre- 
(Breite  —  Dicke  Verhältnis  0-60  und  1-20)  und  weichem  mehligem 
Korn  bastardiert.  F,  gab  Zwischenbildung  bei  Härte  der  Körner  und 
Breite  —  Dicke  Verhältnis  der  Ähre  (1-10  und  1  •  90).  In  den  folgenden 
Generationen  verhielten  sich  die  beobachteten  Eigenschaften*  derart, 
daß  man  bei  dieser  Bastardierung  Koppelung  zwischen  den  Anlagen 
der  quantitativen  Eigenschaft,  Breite  —  Dicke  Verhältnis  der  Ähre  und 
den  Anlagen  für  die  quantitative  Eigenschaft  Kornhärte  annehmen  muß. 

Freemau,  G.  Producing  bread  making  wheats  for  warm 
climates.^j.  (The  Journal  ofheredity  IX,  1918,  S.  211—226,  5  Abb.) 
Angestrebt  wurde  die  gegenüber  Makkaroniweizen  gute  Eignung  der 
weichen  Weizen  für  Brotbereitung  mit  den  guten  Eigenschaften  der 
für  heiße  Klimate  besser  geeigneten  Makkaroniweizen,  Triticum  durum, 
zu  vereinen,  welch  letztere  einen  zu  dunklen,  zu  schweren  Teig  geben. 
Das  Ergebnis  der  Kornbeschatfenheit  nach  einer  Bastardierung  eines 
weißen.  Makkaroniweizens  aus  Algier  mit  einem  roten  weichkörnigen 
Weizen  aus  Algier  und  einem  ebensolchen  örtlich  gebauten  Weizen 
Sonora  wird  mitgeteilt.  Die  harten,  durchscheinenden  Körner  der 
Makkaroniweizen  enthalten  viel  Glutein.  so  daß  bei  Eeifung  der  Zell- 
inhalt  einschließlich   der   Stärkekömer   zusammengekittet   wird.     Die 


')  Koppelungen  qviantitativer  Eigenschaften  bei  Weizenbastardierung. 
-)  Die  Schaffung  von  Weizen  zur  Brotbereitung  in  heißem  Klima. 


•Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  325 

weichen ,  undnrchsclieinenden  Körner  der  beiden  anderen  "Weizen 
enthalten  weniger  Ghitein,  und  bei  der  Reifung  folgt  das  Schrumpfen 
des  KorninJialtes  nicht  dem  Wasserverlust,  so  daß  lufterfüllte  Räume 
"bleiben ,  welche  das  Korn  weich ,  undurchsichtig  erscheinen  Isssen. 
Bei  den  weichkömigen  AVeizen  waren  zwei  Arten  von  AVeichheit  vor- 
handen, die  echte,  welche  durch  äußere  Einflüsse  nur  wenig  verändert 
wird,  und  bei  welcher  die  lufterfüllten  Räume  zahlreich  und  fein  ver- 
teilt sind,  imd  die  „Gelbkörnigkeit",  bei  welcher  die  mehligen  Stellen 
als  scharf  umgrenzte  Flecken  erscheinen,  und  welche  durch  äußere 
Einflüsse  stark  vorändert  wird.  Die  Körner  der  Fi-Pflanze(F2-Endosperm) 
zeioi^en  Zwischenbilduns;.  Wurden  diese  Samen  in  harte  und  weiche 
Zwischenbildung  getrennt,  so  ergab  sich,  daß  Pflanzen,  deren  Körner 
alle  hart  oder  alle  weich  waren,  auch  nur  harte  bzw.  weiche  Körner 
in  der  Nachkommenschaft  gaben,  dagegen  Pflanzen,  welche  gemischte 
Kömer  zeigten,  aus  harten  Samen  Pflanzen  mit  harten  oder  solche 
mit  harten  und  gemischten  Samen  lieferten,  aus  weichen  Samen  Pflanzen 
mit  weichen  und  solche  mit  weichen  und  gemischten  Samen. 

Die  echte  Weichheit  ist  in,  der  gemachten  Bastardierung  von  zwei 
Anlagen  bedingt,  welche  das  Verhältnis  von  Glutein  und  Stärke  be- 
einflussen, die  unvollständig  dominieren  gegenüber  ihrem  Fehlen  und 
stärkere  Wirkung  zeigen,  wenn  die  Anlage  mehrmals  vorhanden  ist. 
Damit  wird,  bei  Annahme  der  doppelten  Befruchtung,  um  welche  es 
sich  ja  bei  Ausbildung  des  Endosperms  handelt,  und  dem  Vorhandensein 
von  keiner  bis  zu  jener  von  sechs  Anlagen,  eine  Abstufung  von  durch- 
scheinender bis  zu  vollständig  undurchscheinender  Beschaffenheit  der 
Körner  erzielt. 

Haagedoorn,  A.,  und  Haagedorn,  A.-la  Brand.  Partheno- 
genese by  hoogere  planten*).  (Teysmannia  XXVII,  191G,  S.  G43 
bis  636,  1  Tafel.)  Es  wurden  Bastardierungen  bei  Kürbissen  ausgeführt, 
und  zwar  Türkenbund  X  zweifarbige  Birne',  Türkenbund  X  gelber 
Buschmelonenkürbis,  Türkenbund  X  Melonenkürbis.  Bei  den  Pflanzen 
vofi  Fj  wurden  je  die  ?  Blüten  mitfeist  eines  Bleifadens  am  Öffnen 
gehindert  und  die  S  Blüte  beseitigt.  Eine  Pflanze  lieferte  Früchte 
mit  keimfähigen  Samen,  und  da  diese  Pflanzen  lieferten,  welche  einer 
gespalteten  Nachkommenschaft  entsprechen  (Fg),  so  wird  angenommen, 
daß  die  Früchte  nicht  durch  Apogamie,  sondern  durch  Parthenogenese 
entstanden  sind,  was  den  ersten  beobachteten  Fall  solcher  für  höhere 
Pflanzen  darstellen  würde. 

Hansen,  W.  Die  Ermittlung  des  Einzelkorn  gewicht  es 
einer  Pflanze.     (Z.  f.  Pflanzenzucht  Heft  3,  1920,  S.  225— 227.) 

Hayes,  H.  Natural  crossing  in  wheat^j.  (The  Journal  of 
heredity  IX,  S.  326—330,  2  Tafeln.)  ^  Die  Angaben  über   den  Eintritt 

^)  Parthenogenese  bei  höheren  Pflanzen. 
^)  Natürliche  Bastardierungen  bei  Weizen. 


326  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

von  Fremdbefruchtung  bei  Weizen  gehen  mehrfach  auseinander.  Nach 
Robbins  ist  Tr.  durum  geneigter,  Fremdbefruchtung  eintreten  zu 
lassen,  nach  Howard  tritt  solche  allgemein  bei  AVeizen  leichter  in 
heißen,  trockenen  Klimaten  ein.  Von  Hayes  wurden  nun  an  der 
Minnesota- Versuchsstation  Versuche  mit  Weizen  ausgeführt,  bei  welchen 
eine  eingetretene  Bastardierung  durch  das  nach  einer  solchen  ein- 
tretende bekannte  Verhalten  (der  Eigenschaften :  Grannen  und  Fehlen 
der  Grannen,  Behaarung  der  Spelzen  und  Unbehaartheit  derselben) 
leicht  festzustellen  war.  Die  betreffenden  Sorten  wurden  in  wechselnden 
ßeihen  nebeneinander  gebaut.  Dabei  wurden  im  Mittel  bei  Tr.  vulgare 
1,3  "/o  Bastarde  festgestellt.  Da  man  annehmen  kann,  daß  die  Zahl 
der  Fremdbefruchtungen  innerhalb  der  Form  wohl  ebenso  hoch  ist, 
so  kann  man  die  Fremdbefruchtungsfolgen  bei  AVeizen  mit  2 — 3*^/0 
einschätzen.  Zweifellos  sind  manche  behauptete  Rückschläge  nach 
Bastardierungen  und  manche  vermeintliche  spontane  Variationen  auf 
solche  Fremdbefruchtungsfolgen  zurückzuführen. 

Honing,  I.  Een  steriele  dwergvorm  van  Deli  tabak 
onstaan  als  bastaard^).  (Bull.  Deli  proefst.  Sumatra  1917,  24  S., 
2  Tafeln.)  In  Delitabak  werden  öfters  einzelne  Pflanzen  beobachtet, 
die  als  Abweichung  langstielige  Blätter,  zickzackförmige  Stengel  und 
kleinere  Blätter  aufweisen.  Eine  derartige  Pflanze  gab  eine  Nach- 
kommenschaft mit  704  normalen  Pflanzen,  1446  Pflanzen,  welche  der 
abgewichenen  Ausgangspflanze  entsprachen,  und  786  Zwerge,  die  nur 
30 — 40  cm  hoch  wurden,  langlebig  waren,  aber  nicht  blühten.  Die 
folgende  Generation  gab  von  diesen  drei  Klassen  1155,  2392  und  1108 
Individuen. 

Heusser,  C.  Over  de  voortplantingsorganenvonHevea 
Brasiliensis  MüU^j.  (Archief  voor  de  ßubbercultuur  III,  Nr.  11, 
1919,  60  Seiten,  5  Tafeln.)  Untersucht  wurde  Hevea  brasiliensis. 
Mannbarkeit  tritt  unter  günstigen  Umständen  schon  bei  dreijährigen 
Bäumen  ein.  S  und  Q.  Blüten  finden  sich  an  einem  Blütenstande  und 
öflihen  sich  von  1  Uhr  ab.  d*  Blüten  blühen  2,  ?  3 — 4  Tage  lang. 
Die  Übertragung  des  Blütenstaubes ,  der  gegen  Benässung  sehr 
empfindhch  ist,  erfolgt  durch  kleine  Bienenarten.  Selbstbestäubung 
hat  selten  Erfolg.  Auch  bei  Fremdbestäubung  ist  der  Fruchtansatz 
gering.  Der  Embryosack  ist  achtkernig;  die  Kerne  vegativer  Zellen 
enthalten  16  Chromosome. 

Heusser,  C.  Over  de  selektie  van  Hevea  Brasiliensis 
MülP).  (Archief  voor  de  ßubbercultuur  III,  Nr.  1,  1919,  5  Abb., 
1  Tafel.)  Die  Verbesserung  der  Hevea-Bestände  kann  erfolgen  durch 
Züchtung  bei  den  einheimisch  gebauten  Heveas  oder  durch  Einführung 

')  Eine  als  Bastard  aufgetretene  sterile  Zwergform  des  Deli-Tabaks. 
*)  Über  die  Fortpflanzungsformen  bei  Hevea  Brasiliensis. 
^)  Über  die  Züclitung  bei  Hevea  Brasiliensis. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  307 

neuer  Sorten  aus  Südamerika.  Auf  ersterem  "Wege  kann  durch  ge- 
schleclitliche  Vereinigung  guter  Bäume  mehrere  Generationen  nach- 
einander vorseo-aDP-en  werden  oder  durch  vegetative  Vervielfältigung 
von  guten  Bäumen.  Die  geschlechtliche  Vereinigung  wird  zweckmäßig 
so  durchgeführt,  daß  von  guten  Bäumen  Pfropfreiser  auf  Unterlagen 
gebracht  werden,  die  abseits  von  anderen  Heveas  erwachsen.  Neben 
dieser  natürlichen  Kreuzung  kann  auch  die  beschwerliche  künstliche 
ausgeführt  werden.  Rascher  führt  die  vegetative  Vervielfältigung  zu 
einem  Ex'folg.  Die  Beurteilung  der  Bäume  erfolgt  bei  beiden  Wegen 
in  erster  Linie  durch  Ermittlung  der  Saftmenge,  die  ein  Baum  liefert, 
dann  durch  Beurteilung  der  Gesundheit  desselben,  beides  natürlich 
unter  möglichst  p-leichartigen  AVachstumsverhältnissen. 

Heribert Nilssoii,N.  Zuwachsgeschwindigkeit  der  Pollen - 
schlauche.  (Hereditas  I,  S.  41 — 67.)  Bei  Oenothera  Lamarciana- 
Bastardierung  rot-  mit  weißnervig  gab  RRXrr  normale  Mendel- 
spaltung,  rrXRr  dagegen  mehr  rotnervige  Pflanzen.  Eine  Erklärung- 
fand  das  letztere  Verhalten  nach  Untersuchung  derßaschheit  des  Wachs- 
tums der  Pollenschläuche .  das  sich  bei  der  erheblichen  Länge  des 
Griffels  bei  Oenothera  P'ut  verfolgen  läßt.  Die  ß  -  Pollenschläuche 
wachsen  rascher  als  die  r-Pollenschläuche.  Es  kann  demnach  auch 
verschiedene  Geschwindigkeit  im  Wachsen  der  Pollenschläuche  in 
bestimmten  Fällen  Abweichungen  von  normalen  Spaltungszahlen  er- 
klären. Die  Temperatur  beeinflußt  die  ßaschheit,  abgesehen  von  der 
Veranlagung,  auch.  Im  speziellen  Fall  verlangsamte  niedere  Temperatur 
nicht  nur  allgemein  das  Wachstum  der  Schläuche ,  sondern  bei  dem 
r-PoUen  noch  mehr  als  bei  dem  R-PoUen ,  so  daß  der  Unterschied 
zwischen  beiden  noch  schärfer  hervortrat. 

Jeliuek.  Nächste  Aufgaben  der  Pflanzenzüchtung  und 
der  Sortenprüfung  (Z.  f.  Pflanzenzucht,  Heft  2,  1919,  S.  83—91). 

Johnson,  J.  An  improved  strain  of  Wisconsin  tabacco'). 
(The  Journal  of  heredity  X,  1919,  S.  281—288,  3  Tafeln).  1908  wurden 
35  Pflanzen  von  Conecticut  Havanna,  mit  welchem  die  große  Fläche 
auf  der  Versuchsstation  bebaut  war,  zur  Selbstbefruchtung  gezwungen 
und  die  Nachkommenschaft  der  einzelnen  Pflanzen  1919  vergleichend 
gesät.  Es  zeigte  sich,  daß  in  der  Population  drei  Typen  vorhanden 
waren,  von  welchen  jede  je  in  der  betreffenden  Nachkommenschaft 
rein  vertreten  war.  Man  versuchte  die  wünschenswerten  Eigenschaften 
von  zwei  dieser  Typen ,  Nr.  26  und  Nr.  27 ,  durch  Bastardierung  zu 
vereinen.  F^  war  Zwischenbildung  bei  den  beobachteten  Eigenschaften, 
in  F2  konnte  keine  Spaltung  beobachtet  werden,  und  es  konnte  auch 
in  weiteren  drei  Generationen  keine  solche  bemerkt  werden;  die  Form, 
welche  wesentliche  Vorzüge  besitzt,  wurde  daher  der  Verbreitung 
unter  den  Landwirten  zujreführt. 


')  Ein  verbesserter  Formenkreis  von  AVisconsintabak. 


328  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Jones,  D.  Selection  in  seif  fertilisod  lines  as  the 
"basis  for  com  impr  ovement ').  (Journ.  of  the  Americ.  Society  of 
Agronomy  12,  1920,  S.  77 — 100,  5  Abb.)  In  Individual auslesen  fort- 
gesetzte Selbstbefrnchtung  oder  ancli  Inzestzucht  läßt,  wenigstens 
bei  betrachteten  Eigenschaften,  zu  genetischer  Eeinheit  gelangen. 
Dabei  werden  durch  die  Spaltungen  sowohl  ganz  minderwertige,  als 
liervorragende,  als  —  vorwiegend  —  mittelgute  Zweige  der  Individual- 
auslese  abgeschieden.  Die  Üppigkeit  der  Zweige  sinkt,  wie  bekannt, 
mit  Zunahme  der  Zahl  der  bei  Selbstbefruchtuno'  oder  Inzestzucht 
gewonnen  Generationen  bis  zu  einem  gewissen  Punkte.  Die  gegen- 
seitige Befruchtung  zweier  solcher  Zweige  läßt  in  den  entstehenden 
Fi-Pflanzen  größere  Üppigkeit  erscheinen,  wie  dies  auch  schon  aus  viel 
früheren  eigenen  Versuchen  des  Verfassers  und  aus  Versuchen  anderer 
hervorging.  Immerhin  kann  diese  Üppigkeit  nicht  voll  zum  Ausdruck 
kommen,  weil  die  Pflanzen  aus  Samen  hervorgehen,  die  sich  aus  noch 
weniger  entwickelten  Pflanzen  gebildet  haben.  Auch  ist  die  Zahl  der 
Samen  eine  verhältnismäßig  geringere  und  ihre  Erzeugung  daher  teuer. 
Verfasser  schlägt  nun  vor,  mit  je  vier  Zweigen  zu  arbeiten,  je  zwei 
Zweige  aus  einer  solchen  Vierergruppe  geschlechtlich  zu  vereinen 
und  das  Ergebnis  dieser  Vereinigung,  die  zwei  F^- Generationen, 
wieder  zusammentreten  zu  lassen. 

Kemptoii,  I.  Brachytic  culms  in  maize-).  (The  Journal  of 
beredity  1920,  S.  111—115,  3  Abb.)  In  Fg  eines  Maisbastardes 
chinesisch  X  algerischer,  die  aus  selbstbefruchteten  Pflanzen  erwuchs, 
hatte  ein  Viertel  der  Pflanzen  kurze  Halmglieder,  ohne  daß  die  übrigen 
Teile  der  Pflanze  verkürzt  worden  wären.  Eipe  der  brachj^tischen 
Pflanzen  wurde  selbstbefruchtet  und  gab  nur  kurze  Nachkommen  und 
diese,  selbstbefruchtet,  wieder  nur  kurze.  Mit  normalen  Pflanzen 
bastardiert  gaben  sie  eine  Fj,  deren  Pflanzen  so  hoch  oder  höher 
waren  als  normale  Pflanzen,  und  eine  Fg  mit  drei  normalen  zu  einer 
kürzeren  Pflanze.  Zwei  beobachtete  andere  brachytische  Pflanzen 
vererbten  a1)weichend  von  der  erwähnten. 

Koch.  TeBepaling  van  het  korrelgewichtalscontrole 
op  de  qualiteit  van  te  leveren  exportrijst.  (Körte  Be- 
richten voor  Landbouw  etc.,  V,  1915,  17  S.)  Hier  kommt  in  Betracht 
die  Untersuchung .  ob  eine  der  möglichen  Ursachen  des  Rückganges 
der  Qualität,  der  Rückgang  im  Korngewicht,  also  Degeneration  vor- 
handen ist.  Die  während  der  letzten  acht  Jahre  zu  Buitenzorg  ge- 
führten mehr  denn  1000  Sorten  ließen  eine  solche  nicht  erkennen. 
Wahrscheinlich  ist  der  Rückgang  auf  Mischung  mit  kleinkörnigen 
Sorten  zurückzuführen. 

^)  Auslese  in  der  Selbstbefruchtung  unterworfenen  Zweigen  als  Grundlage 
der  Verbesserung  des  Maises. 

2)  Verkürzte  Halme  bei  Mais. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  CTebiete  der  Pflanzenzüchtung.  329 

Koch,  L.  De  beteekenis  van  de  b  astaardselectie  bij 
padi  en  lioe  deze  wordt  iiitgevoerd. ')  (Teysmannia  Nr.  9 — 10 
pag-e  502 — 519,  1910.  Nachdem  erwähnt  worden  ist,  daß  die  gene- 
tische Zusammensetzung  der  Formen  des  Heises  in  vielen  Punkten 
verschieden  sein  kann  und  daher  die  Zahl  der  Reisformen  in  einzelnen 
Gegenden  außerordentlich  groß  ist,  beschreibt  Verfasser,  wie  aus  der 
Bastardierung  zweier  Formen  von  Reis  eine  große  Zahl  anderer  Formen 
entstehen  kann.  Theoretisch  ist  deren  Zahl  um  so  größer,  je  größer 
die  Unterschiede  in  der  Veranlagung  der  Elternformen  sind.  Die 
Bastardierung  kann  unter  den  neuen  Formen  wertvolle  liefern,  die 
aber  nur  erhalten  werden  können ,  wenn-  die  Auslese  mehrere  Jahre 
hindurch  fortgesetzt  wird,  und  auch  dann  sind  die  erhaltenen  Formen 
noch  nicht  rein.  1910  waren  so  die  Formen,  die  aus  einer  Bastardierung 
erhalten  wurden,  die  van  der  Stock  1918/19  gemacht  hatte,  noch 
nicht  rein  und  gaben  —  12  Jahre  hindurch  nebeneinander  gebaut  — 
immer  noch  einzelne  Bastarde.  1915/16  führte  Verfasser  Bastar- 
tierungen  durch ,  insgesamt  41  Kombinationen.  Die  Ausführung  ge- 
schah in  der  von  van  der  Stock  benutzten  Weise.  Einige  Stunden 
vor  dem  Offnen  der  Blüte  (das  in  der  Regel  um  9  Uhr  vormittags 
beginnt)  wurde  die  Spitze  der  Blütenspelzen  weggeschnitten,  dann 
"wm'den  mit  einer  Präpariernadel  die  noch  niclit  geöffneten  Beutel  heraus- 
gezogen, worauf  einige  Stunden  später  die  Bestäubung  vorgenommen 
wurde ,  indem  frische  Staubblätter  der  Vaterpfianze  zwischen  die 
Spelzen  eingelegt  wurden.  Solche  Staubblätter  wurden  von  ßispen 
genommen,  welche,  mit  dem  unteren  Ende  in  Wasser,  in  einem  Raum 
standen.  Eine  Aufbewahrung  derselben  bis  24  Stunden  ist  möglich. 
Die  bestäubten  Blüten  wurden  durch  Einhüllen  des  ganzen  Blüten- 
standes in  ein  dichtes  Drahtnetz  geschützt.  83  Samen  wurden  b«i 
den  1P20  ausgeführten  Bastar^dierungen  erhalten;  ihre  Zahl  wäre 
zweifellos  größer  geworden ,  wenn  das  Wetter  nicht  sehr  regnerisch 
und  in  einigen  Fällen  die  Beutel  frischer  gewesen  wären.  Eine  der 
Kombinationen  gab  von  3'0  Bastardierungen  13  Erfolge  (43  "/o),  bei 
drei  anderen  Kombinationen  wurden  mehr  als  30  "/o  Erfolge  erhalten. 

Autoreferat.  • 

Koch,  L.  Onderzoekingen  betreffende  de  praktijk- 
w  aar  de  van  de  lijnenselectiemethodevoorver  schillende 
«enjarige  landb  ouwgewassen^).  (Teysmannia  1918,  page  1 — 36, 
96 — ^127,  150 — 191,  389 — 423).  Die  Linienauslese  wurde  -zuerst  von 
van  der  Stock  im  Jahre  1907  bei  Reis  und.  anderen  einjährigen 
Früchten  zu  Buitenzorg  ausgeführt.  Eine  größere  Zahl  solcher  Linien  • 
wurde  dann  bis  1915  begründet,  hauptsächlich  bei  Reis,  Erdnuß,  Soja. 

^)  Die  Bedeutung  der  Bastardierung  bei  Keis,   vmd  wie  sie  ausgeführt  wird. 
")  Untersuchungen  über  den  praktischen  Wert  der  Auslese  von  reinen  Linien, 
bei  verschiedenen  einjährigen  Tropenpflanzen. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüclitiing-,     Bd.  VIT.  21 


330  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Während  der  Jahre,  in  welchen  Züchtung  hauptsächlich  durchgeführt 
worden  war,  1911 — 1915,  wurden  verschiedene  Beobachtungen  gemacht, 
welche  die  Ansicht  entstehen  ließen ,  daß  Linienauslese  keineswegs 
das  Mittel  ist,  um  hervorragend  fruchtbare  Formen  zu  gewinnen.  Bei 
den  Versuchen,  die  zumeist  mit  acht  oder  mehr  Kontrollteilstück-en 
ausgeführt  worden  waren,  ergab  sich,  daß  die  Population  in  den  meisten 
Fällen  eine  unerwartet  höhere  Ernte  brachte  als  die  meisten  der  are- 
wählten  reinen  Linien.  Dagegen  wurden  Erfolge  bei  "Widerstands- 
fähigkeit gegen  bestimmte  Krankheiten  oder  bei  bestimmter  Beschaffen- 
heit erzielt.  Da  Züchtung  aber  zumeist  wegen  dei- Ertragssteigerung- 
durchgeführt Avird ,  wurde  eine  Reihe  von  Versuchen  in  Angriff  ge- 
genommen, welche  ergeben  sollte,  ob  Linienauslese  weiter  fortgesetzt 
werden  soll  oder  nicht,  und  warum  der  bisher  beobachtete  Erfolg  einer 
solchen  so  gering  war.  In  den  Jahren  1914 — 1916  wurde  Auslese  bei 
sechs  Eeisformen  dm'chgeführt.  Nur  in  zwei  von  sechzehn  Versuchen 
gab  die  aufgelesene  Reislinie  im  Vergleich  zur  Population  eine  aus- 
gesprochen gute  Ernte.  In  der  Regel  brachte  eine  Linie,  die  in  einem 
Jahr  den  höchsten  Ertrag  gab,  im  nächsten  Jahr  einen  niederen  Er- 
trag, mehr  als  einmal  einen  solchen,  der  wesentlich  niederer  war  als 
jener,  den  Linien  brachten,  die  im  Vorjahr  sich  als  im  Ertrag  minder- 
wertig gezeigt  hatten.  Nachdem  das  Klima  in  Buitenzorg  etwas 
eigenartig  ist  und  die  Ergebnisse  von  den  starken  Niederschlägen 
oder  der  feuchten  Witterung  beeinflußt  sein  konnten ,  wurden  Ver- 
suche zur  gleichen  Zeit  auf  den  Versuchswirtschaften  zu  Ngandjock 
und  Sidoardjo  ausgeführt,  die  im  mittleren  bzw.  östlichen  Teil  Javas 
liegen.  In  Sidoardjo  waren  in  zwei  von  drei  Fällen  die  gewählten 
Linien  im  Ertrag  nicht  höher  als  die  Population,  in  Ngandjock  war 
unter  sechs  Fällen  der  Ertrag  der  Linien  und  der  Population  gleich. 
Es  lag  die  Vermutung  nahe,  daß  die  hohe  Ernte  der  Population  dadurch 
bedingt  ist,  daß  Mischungen  im  allgemeinen  für  wechselnde  Verhält- 
nisse besser  geeignet  sind  als  eine  reine  Form.  Um  diese  Vermutung 
auf  ihre  Richtigkeit  prüfen  zu  können,  begann  der  Verfasser  1915  eine 
Versuchsreihe ,  in  welcher  reine  Linien ,  die  miteinander  gemischt' 
worden  waren,  mit  denselben  —  aber  ungemischten  —  Linien  ver- 
glichen wurden.  Gleicherweise  wurde  mit  Varietäten  vorgegangen. 
Meist  waren  die  Linien-  oder  Varietätengemische  derart  zusammen- 
gesetzt, daß  die  Linie  A  mit  100,  75,  50,  25  ^/o,  die  Linie  B  dann  mit 
100,  25.  50,  75*^/0  vertreten  war.  Sowohl  Ernte-  als  Bestockungs- 
verhältnisse  wurden  untersucht,  und  bei  der  Ernte  wurden  die  Pflanzen 
nach  Zugehörigkeit  zu  den  betreffenden  Linien  getrennt  und  gezählt. 
In  vier  von  acht  Versuchen  waren  die  reinen  Linie-n  und  Varietäten 
im  allgemeinen  nicht  so  gut  wie  die  Mischungen.  Die  Bestockung 
war  in  den  meisten  Fällen  bei  den  gemischten  Linien  höher  als  bei 
den  einfach  gehaltenen  Linien,  in  einem  Falle  unter  den  Vieren  aber 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  C4ebiete  der  Pflanzenzüclitung.  331 

deutlich  niederer  als  bei  den  rein  gehaltenen  Linien  oder  Varietäten. 
In  den  meisten  Fällen  Avnrden  die  Rispen  der  Form,  welche  die  andere 
nnterdrückte ,  kräftio-er ,  die  Rispen  der  unterdrückten  leichter.  Bei 
Mais  wurde  gelber  Menado  mit  Seipan  gemischt  und  rein  gesät;  die 
Mischung  gab  12*^/0  höheren  Ertrag  als  die  bei  Reinbau  der  höchst- 
tragenden Form.  AuqIi  bei  Erdnuß  imd  Soja  ergab  sich  eine  Über- 
legenheit der  Mischung.  191 6/ 17  brachte  ein  Versuch  mit  den  gleichen 
Formen  kein  bestimmtes  Ergebnis,  und  von  5  anderen-  Versuchen  zu 
Sidoardjo  gab  nur  eine  Form,  rein  gesät,  höheren  Ertrag  als  die 
Mischung.  Die  Schlüsse  aus  diesen  Versuchen  gehen  dahin,  daß :  1.  reine 
Linien  oder  Varietäten,  rein  gebaut,  bei  Reis  und  Erdnuß  nicht  not- 
wendigerweise weniger  Ertrag  alä*  in  Mischung  geben  müssen,'  und 
2.  Linienauslese  bei  Reis  ganz  unbefriedigende  Ergebnisse  lieferte. 
In  15  anderen  Versuchen  des  Jahres  1916/17  ergab  sich  eine  höhere 
Ernte  und  eine  größere  Bestockung  der  Varietäten  bei  gemischter  Saat, 
dagegen  eine  geringere  Zahl  Rispen  tragender  Halme  und  größere 
Schwankung  des  mittleren  Rispengewichtes.  Weiter  zeigte  sich,  daß 
eine  Varietät  die  andere  in  einer  Mischung  unterdrücken  kann,  die 
unterdrückende  Varietät  aber  nicht,  notwendig  die  ertragreichere  sein 
muß,  aber  gewöhnlich  die  sich  stärker  bestockende  ist,  sowie  jene 
mit  höherem  mittleren  Rispengewicht.  Es  dürfte  möglich  sein,  die 
für  bestimmte  Verhältnisse  geeignetste  Mischung  empirisch  zu  finden. 
Bei  süßer  Kartoffel  (spomoea  batatas),  14  Versuche,  konnten  keine 
sicheren  Schlüsse  gezogen  werden,  und  bei  Cassave,  ein  Versuch,  gab  die 
Mischung:  höheren  Ertrag  als  die  beste  reine  Varietät.       Autoreferat. 

Koch,  L.  Uitkomsten  vaneenige  sele  ctiepr  oe  ven  met 
padi^).  (Körte  Berichten  uitgaande  van  den  Landbouwvoorlichtings- 
dienst  van  het  Departement  van  Landbouw,  Nijverheid  ei^  Handel. 
Selectie-  en  Zaadtuin  te  Buitenzorg,  Nr.  21,  S.  1 — IG,  Juli  1919.) 
1916— 1919  gab  die  Fortsetzung  von  Versuchen  mit  reinen  Linien  und 
Mischungen  solcher  (siehe  voriges  Referat)  bei  sechs  von  zehn  Ver- 
suchen höheren  Ertrag  der  reinen  Linien,  in  acht  von  zehn  Versuchen 
geringeren,  in  sieben  von  zehn  Versuchen  gleichfalls.  Alle  Ver- 
suche zusammen  ergaben,  daß  eine  reine  Form  in.  manchen  Fällen 
höhere  Ernte  als  die  Population  geben  kann,  aber  in  späteren  Jahren  fast 
iinmer  diese  Überlegenheit  nicht  mehr  zeigt,  so  daß  unter  den  so 
wechselnden  Verhältnissen  Javas  die  Linienauslese  für  einjährige 
Früchte  nicht  befriedigt.  Autoreferat. 

Koch,  L.  De  waarde  van  stekken  en  van  knol- uitloopers 
als  bibit  voor  het  planten  van  bataten^).  (Körte  Berichten 
uitgaande  van  den  Landbouwvoorlichtingsdienst  van  het  Departement 

')  Ergebnisse  einiger  Ausleseverauche  bei  Reis. 

")  Wert  von  Stecklingen   vind  von  Knospen  je  bei  süßen  Kartoffeln   für  die 

Pflanzung. 

21  * 


332  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

van  Landbouw,  Nijverlieid  en  Handel.  Selectie-  en  Zaadtiiin  te 
Buitenzorg.  Nr.  19,  S.  1— (3,  Juli  1910.  Sowohl  Stecklinge  von  er- 
wachsenen Pflanzen  als  Knospen,  die  beide  auf  Java  zur  Erzeugung 
neuer  Individuen  verwendet  werden,  erwiesen  sich  bei  süßer  Kartoffel 
als  gleich  gut,  aber  die  letzteren  wurden  als  praktisch  wertvoller  be- 
funden. 4  Autoreferat. 

Koch,  L.  Uitkomsten  van  e-en  proefmethetgebruik 
van  ,.gedegenereerde"  cassavebibit  ^).  (Körte  Berichten  uit- 
gaande  van  de  Selectie-  en  Zaadtuinen  voor  Rijst  en  andere  eenjahrige 
inlandsche  Landbouwgewassen  van  het  Departement  van  Landbouw, 
Nijverheid  en  Handel.  Buitenzorg,  Java,  Nr,  12,  S.  1—5,  Februar 
1919.  Als  der  Leiter  einer  Cassave-Pflanzung  in  Ostjava  sich  darüber 
beklagte,  daß  aus  Westjava  eingeführte  Varietäten  degenerierten, 
wurde  von  der  Station  für  Züchtung  einjähriger  Pflanzen  zu  Buiten- 
zorg ein  Versuch  mit  dem  Vergleich  solcher,  angebhch  vollkommen 
degenerierter  Stecklinge  mit  Stecklingen  derselben  Varietät  gemacht, 
die  länger  als  zehn  Jahre  in  Buitenzorg  gewachsen  waren.  Es  wurde 
kein  Unterschied  in  der  Ernte  der  beiderlei  Stecklinge  gefunden.  Die 
Degeneration  in  der  erwähnten  Pflanzung  äußerte  sich  in  sehr  geringen 
Ernten,  die  von  „Generation"  zu  „Generation"  fielen: 
Eingeführt 100 ''/o 

1.  Generation 80 ''/o 

2.  „  '■ 65  ö/o 

3.  „,  .....     :    .       50o/o 

4.  „  .     .  ' 37  "/o 


■o.  .         „  ........      35*^'o 


In  einzelnen  Fällen  wurden  in  der  5.  Generation  auch  nur  20  bis 
30  ^k  der  Ernte  der  eingeführten  Stecklinge  erhalten.         Autoreferat. 

Koch,  L.  Uitkomsten  van  eenige  selectieproe  ven  met  padi. 
(Körte  Berichten  uitgaande  van  de  Selectie-  en  Zaadtuinen  van  het 
Departement  van  Landbouw%  Nijverheid  en  Handel,  Buitenzorg,  Java, 
Nr.  1  1916,  Nr.  5  Nov.  1917,  Nr.  6  Nov.  1917,  Nr.  8  Aug.  19182). 
Bei  Versuchen  mit  Reisvarietäten  (in  einem  Fall  mehr  als  lOO  ver- 
schiedene Formen)  ergaben  die  unbegrannten  Formen,  welche  mehr 
Ausfall  bei  der  Ernte  geben,  die  höch'sten  Ernten.  L.  Koch. 

Koch,  L.  Uitkomsten  van  onder zoekingen  over  enkele 
kenmerken  en  eigenschappen  van  het  padigewas.  (Körte 
Berichten  uitgaande  van  de  Selectie-  en  Zaadtuinen  van  het  De- 
partement van  Landbouw,  ^(^[ijverheid  en  Handel,  Buitenzorg,  Java, 
Nr.  7,   S.  1 — 4,   Nov.  1917^).     Das   Rispengewicht   war    in   drei    von 


■*)  Ergebnis  eines  Versuches  mit  der  Benutzung  von  degenerierten  Cassave- 
Stecklingen.  '^)  Ergebnisse  mit  Reiszüclitung. 

')  Ergebnis  der  Untersuchungen  des  Rispen-  und  Körnergewichtes  und  der 
Lebensdauer  von  Reis. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 


333 


fünf  Fällen  auf  fruchtbarem  Boden  höher  als  auf  wenig  fruchtbarem. 
Das  Samengewicht  war  für  die  einzelne  Form  kennzeichnend,  die 
Schwankungen  betrugen  nur  bis  10  "/o,  meist  nur  unter  4*^/o.  Die 
Lebensdauer  war  in  verschiedenen  Jahren,  trotz  einheitlicher  Wachs- 
tumsverhältnisse, verschieden,  ohne  daß  eine  Ursache  dafür  festgestellt" 
werden  konnte.  L.  Koch. 

Koch,  L.  Resultaten  van  eenige  met  mais  genomen 
proeven  van  orien  teer  enden  aard  ter  bepaling  van  den 
invloed,  welke  gedwongen  kruisbestuiving  op  het  pro- 
ductiever mögen  kan  uitoefenen^).  (Körte  Berichten  uitgaande 
van  de  Selectie-  en  Zaadtuinen  voor  rijst  en  andere  eenjarige  In- 
landsche  landbouwgewassen.  Departement  van  Landbouw,  Nijverheid 
en  Handel,  Buitenzorg  Nr.  4,  S.  1 — 6,  March.  1917.  Gelber  Menado- 
Mais  wurde  1913  mit  Madoera  -  Mais  bastardiert  und  clie  F^  mit  den 
reinen  Formen  verglichen.  Fj  ergab  um  I0*^/o  mehr  Körner  als  Menado 
imd  um  30  ^/o  mehr  als  Madoera;  Halmlänge  und  Lebensdauer  gab 
Zwischenbildung  in  Fj.  Versuche  mit  F^  nach  Fremdbefruchtung, 
die  durch  Entfernung  der  Rispen  erzwungen  wurde,  gab  bei  Saipan, 
.einer  Form,  die  nicht  ganz  rein  war,  etwa  30  "/o  mehr  Körner,  bei  den 
reineren  Formen  Madoera  und  Menado  selbst  geringere  Ernte. 

L.  Koch. 

Kotowski,  Feliks.  Zmiehnösc  i  Korrelacye  w  „czystej 
linii"  pszenicy.  Tr.  vulgare  Ostka  biala  dublanska-). 
(Polnisch:  Tj^godnika  Rolnicz3^  Krakau  1919.)  Die  biometrische  Be- 
arbeitung von  387  Pflanzen  wird  in  folgenden  Tabellen  zusammen- 
gefaßt : 


Variabilität: 


M  +  m 


o  (+  m„) 


1.  Halmlänge ..-    •    • 

2.  Gewicht  von  Halm  und  Ähre  . 
•j.  Halmgewicht 

4.  Ährengewicht 

5.  Gewicht  der   untersten  20  cm 

des  Halmes 

6.  Gewicht    der    ohersten   20   cm 

des  Halmes 


108,1  ±  0,76  cm 

4,1  ±  0,102  g 

1,68  ±  0,038  g 

2,5  ±  0,065  g 


+  7,64    (±  0,54)  cm 

±  1,02.:;  (±  0,073)  g 

+  0  3ö3  (±  0,027)  g 

±  0.653  (±  0,039)  g 


7,06 
25,01 
22,80 
26,12 


+  0,115  (±  0,008)  g 
±  0,056  (±  0,004)  g 


30,26 
43,07 


0,38  ±  0,011  g 
0,125  ±  0,005  g 

Alle  Kurven  waren  der  Queteletschen  ziemlich  genau  ent- 
sprechend. 

Auf  Grund  der  bestätigten  Korrelationen  spricht  der  Verfasser 
der  Halmlänge  keinen  züchterisch  wichtigeren  Selektionswert  zu.  Er 
behauptet,  daß  die  Auslese  der  schwersten  Pflanzen,  unter  Rücksicht- 
nahme auf  das  Gewicht  des  untersten  Halmteiles,   am  schnellsten,  zu 

'}  Ergebnis  der  Versuche  zum  Nachweis  der  Überlegenheit  der  ersten  Ge- 
neration von  Maisbastarden. 

2j  Variabilität  und  Korrelationen  in  einer  „reinen  Linie"  des  Weizens. 


334  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

Korrelationen : 


Eigenschaftspaäre: 


2  +mo 
g 


9. 
10. 

11. 
12. 
13. 
14. 


Gewicht  von  Halm  u.  Ähre 

"  "  n        V         )) 

Halmgewicht 


Ahrengewicht ...... 

Gewicht  von  Halm  u.  Ähre 


Ährengewicht 

Halmgewicht 

Ährengewicht 

Gewicht  d.  untersten  '20  cm  des  Halmes 

20 

20 
„         „    obersten  20    „     „  „ 

20 

20 


"Halmgewicht :  „ 

Ährengewicht ,. 

Gewicht     der    untersten  j 

20  cm  des  Halmes ....  ,,         ,,  „  20    „     „  „ 

Halmlänge .    Halmgewicht 

„  . , Gewicht  d.  untersten  20  cm  des  Halmes 

„  I  Ährengewicht 

„  I  Gewicht  d.  obersten  20  cm  des  Halmes 


0,948 
0,939 
0.922 
0,7ül 
0,758 
0,750 
0,602 
0,595 
0,574 

0,505 
0,465 
0,244 
0,200 
0,112 


0,010 
0,012 
0,015 
0,042 
0,043 
0,043 
0,063 
0,064 
0,067 

0,074 
0,067 
0,090 
0,094 
0,098 


ertrao;reichen  und  lagerfesten  Sorten  führt.  Selbstverständlich  unter- 
schätzt hiermit  der  Verfasser  die  unmittelbare  Feldauslese  auf  Lager- 
festigkeit  nicht:  er  äußert  sich  in  seiner  Arbeit  nicht  im  allgemeinen 
über  die  Methoden  der  Züchtung  auf  Lagerfestigkeit;  er  betrachtet 
nur  von  diesem  Standpunkte  aus  die  einfachsten  der  im  Laboratorium 
zugänglichen  Methoden.  '  v.  P. 

Leight.v,  C.  Natural  wheat  rj^e  hybrids  of  1018').  (The 
Journal  of  heredity  XI,  S.  1.28—136,  4  Abb.)  Natürliche  Weizen-Roggen- 
Bastardej,  ^\'urden  bisher  sehr  selten  gefunden.  Von  Leighty,  der 
1914  bereits  vier  solche  beobachtet  -  hatte ,  wurden  im  Verein  mit 
Eldridge  1018/19  derartige  natürliche  Bastarde  auf  der  Arlington- 
Versuchswirtschaft  und  drei  auf  der  Virginia-Versuchsstation  gefunden. 
Auf  der  erster en  Wirtschaft  werden  die  Weizenparzellen  durch  Roggen- 
streifen getrennt, .  so  daß  Bastardierung  erleichtert  wird.  Alle  Bastarde 
hatten  den  Weizen  als  Mutter.  Von  den  19  zu  Arlington  gefundenen 
Bastarden,  die  frei  abgeblüht  hatten,  bildeten  7  Körner  aus,  und  zwar 
4  Pflanzen  je  eines,  die  drei  anderen  5,  9  bzw.  22.  Das  Jahr  1917 
mußte  der  Bildung  spontaner  Bastarde  sehr  günstig  gewesen  sein,  da 
solche  in  größerer  Zahl  zu  Arlington  auch  zwischen  Gerstenformen 
beobachtet  wurden. 

.  Luiidberg,  I.  Olika  tillvaxthastighet  af  knolarne  hos 
nägra  tigida  potatissorter-j.  (Sveriges  Utsädesförenings 
tidskrift  XXX,  1920,  S.  91— 94.)  Seit  1911  verfolgt  Verfasser  diese 
Erscheinung.  Bei  Wahl  unter  neuen  durch  Bastardierungen  entstandenen 
Sorten  kann  dieses  Moment  der  verschiedenen  Wachstumsgeschwindigkeit 


^)  Natürliche  Weizen-Roggen-Bastarde. 
^)  Ungleiche    Wachstumsgeschwindigkeit 
Kartoffelsorten. 


der    Knollen     bei    verschiedenen 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflauzenzüchtung.  335 

der  Knollen  auch  beobachtet  werden.  Man  kann  so  Sorten  heraus- 
greifen, die  später  und  daher  weniger  Krankheiten  ausgesetzt  sind 
rmd  doch,  wenn  sie  frühzeitig  schon  einen  Teil  der  Knollen  bilden, 
den  Bedarf  an  Frühkartoffeln  decken  können.  So  brachte  die  neue 
Svalöfer  Sorte  7241,  bei  sehr  hoher  Ernte  zur  Zeit  ihrer  wirklichen 
Reife,  auch  bei  früher  Ernte  —  30.  Juni,  10.  Juli  —  schon  erhebliche 
Knollenmengen. 

Maas,  I.  De  vegetative  voortplanting  van  Hevea 
Brasiliensis^).  (Archief  voor  de  Rubbercultuur  III,  Nr.  2  und  7, 
1909,  7  Tafeln.)  Bei  Anlage  einer  neuen  Plantage  durch  Erziehung 
von  Bäumen  aus  Samen  sind  wieder,  je  nach  Vererbung,  gute  und 
schlechte  Bäume  vorhanden.  Rascher  kommt  man  bei  Verwendung 
der  Vermehrung,  von  guten  Bäumen  ausgehend,  zum  Ziele.  Dabei 
ist  auf  gute  Ausbildung  nicht  nur  des  Stammes,  sondern  auch  der 
Wurzeln  zu  sehen.  Die  Vermehrung  kann  durch  Augenpfropfung 
ausgeführt  werden  (Forkert-Methode,  Schildpfropfung,  umgekehrte 
T-Pfr.opfung),  durch  Achsenpfropfung  (Keil-,  Seiten-,  Krorienpfropfung 
in  die  Rinde)  oder  durch  Stecklinge  oder  Markottage.  Bei  Achsen- 
pfropfung wurde  das  beste  Ergebnis  mit  Kronenpfropfung  in  die  Rinde 
erzielt.  Markottage  gelingt  bei  V2 — IV2  Jahr  alten  Bäumen  am  besten. 
Stecklinge  gaben  auch  bei  derartig  jungen  Bäumen  besseres  Ergebnis, 
aber  bei  ihnen  war  der  Erfolg  allgemein  kein  ganz  zufriedenstellender. 
Bei  Stecklingen  und  Markotten  besitzt  die  entstehende  junge  Pflanze  . 
ihre  eigenen  Wurzeln,  was  manche  Vorteile  bietet. 

Maas^  I.  De  bloem  biologie  van  Hevea  brasiliensis-). 
(Archief  voor  de  rubbercultuur  HI,  Nr.  7,  1919,  26  Seiten,  5  Tafeln). 
Hauptaufgabe  der  Untersuchung  war  die  Feststellung,  ob  bei  Hevea 
brasiliensis  Bestäubung  innerhalb  einer  Pflanze  von  Erfolg  ist.  Li' 
einem  Blütenstand  sind  wenige  9  mit  vielen  J -Blüten  vereint.  Die 
5-Blüten  sitzen  an  den  Enden  der  stärkeren  Achsen ,  sind  größer 
als  die  S  und  besitzen  gleich  diesen  fünfteilige,  haarige  Kelche  ober 
einem  scheibenartig  verbreitertem  Blütengrund.  Der  Blütenstaub  ist 
zusammenhängend,  wird  nicht  leicht  verweht.  Ein  Baum  blüht  V2  bis 
2  Monate  lang.  Die  (5" -Blüten  öffnen  sich  zwischen  12  und  3  Uhr; 
die  9  1 — IV2  Stunden  später.  Bewölkung,  Regen  läßt  später  öffnen 
und  an  solchen  Tagen  sind  die  Beutel  bei  Offnen  der  Blüte  auch 
immer  noch  geschlossen.  Unbefruchtete  9  erhalten  sich  einige  Wochen 
lang  frisch.  Das  Autblühen  eines  Blütenstandes  geht  von  unten  nach 
oben  und  von  innen  nach  außen  vor  sich  und  verläuft  in  ungefähr 
drei  Wochen.  Die  Übertragung  des  Blütenstaubes  erfolgt  durch  Insekten. 
Unter   günstigen  Verhältnissen    selbst   werden    sicher    nicht   mehr  als 

')  Die  vegetative  Erzeugung  neuer  Individuen  bei  Hevea  Brasiliensis. 
^)  Die  Blütenbiologie  von  Hevea  brasiliensis. 


336  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtuug. 

drei  der  Samenknospen  befruchtet.  Die  Frnclitbarkeit  verschiedener 
Bäume  ist  sehr  verschieden.  Bei  den  Befruchtungsversuchen,  die  in 
Käfigen  (20 :  20,  25 :  40,  50  :  100  cm)  und  1 : 3 — 4  m  vorgenommen  wurden, 
die  mit  Gaze ,  Käsetuch  überzogen  waren ,  gab  Einschließen  allein 
keinen  oder  sehr  seltenen  Erfolg,  künstliche  Selbstbefruchtune;  dao-eoren 
wohl.  Die  Möglichkeit  erfolgreicher  Selbstbestäubune;  ist  bei  ver- 
schiedenen  Bäumen  sehr  verschieden. 

Mitscherlich,  E.  Über  künstliche  Wunderährenbildung, 
(Z.  f.  Pflanzenzucht,  Heft  5,  1919,  S.  101—111.) 

Nafziger,  T.  How  Sorghum  crosses  are  made\K  (The 
Journal  of  heredity  IX  1918,  S.  321,  322).  Zum  Kastrieren  wird  eine 
Prä^ariernadel  verwendet,  deren  Spitze  leicht  abgestumpft  ist.  Der 
Ast  mit  den  kastrierten  Blüten  wird  in  einen  Beutel  mit  paraffiniertem 
Papier  eingeschlossen.  Von  einem  Ast  werden  nur  zehn  bis  zwölf 
Blüten  so  behandelt.  In  Blüten,  welche  in  sehr  jungem  Zustand 
kastriert  werden,  welken  leicht  Spelzen  und  Fruchtknoten.  Eine  Rispe 
der  Form,  die  als  6  dient,  wird  auch  in  einen  Beutel  eingeschlossen, 
um  den  Pollen  derselben  leicht  gewinnen  zu  können.  Zwischen 
Kastration  und  Pollenaufbringung  läßt  man  an  der  Kansas  Versuchs- 
station —  woselbst  die  Staubbeutel  nicht  während  des  heißen  Tages 
austreten,  sondern  während  der  Nacht  —  im  Mittel  72  Stunden  ver- 
streichen, 48  Stunden  nach  der  Bestäubung  kann  der  Beutel  entfernt 
werden. 

Nilssoii-Ehle,  H.  Über  Resistenz  gegen  Heterodera 
Schaehtii  bei  gewissen  Gerstensorten,  ihre  Vererbungs- 
weise  und  Bedeutung  für  die  Praxis.  (Hereditas  I,  S.  1  —  34, 
4  Abb.)  Vom  Verfasser  ist  wiederholt  festgestellt  worden,  daß  einzelne 
Gerstensorten  vom  Alchen,  Heterodera  Schaehtii,  wesentlich  stärker 
angegriffen  werden  als  andere,  ohne  daß  dies  bei  der  Gerste  erheblichen 
Schaden  verursacht.  Es  hat  sich  aber  gezeigt,  daß  die  stärkere 
Schädigung  einer  Gerstensorte,  durch  die  starke  Vermehrung  der 
Älchen,  auf  die  folgende  Haferernte  sehr  ungünstig  einwirken  kann. 
Aus  diesem  Grunde  wurden  Bastardierungen  von  Gersten  versucht, 
die  zeigen  sollten,  ob  die  "Widerstandsfähigkeit,  wie  sie  sich  z.  B.  bei 
Chevallier  -  Gerste,  dann  Hannchen-,  Primus-,  Svamhalsgerste  findet, 
auf  andere  Gersten  übertragen  werden  kann,  die  vielleicht  unter  be- 
■  stimmten  Verhältnissen  geeigneter  sind.  Dieser  Versuch  wurde  unter- 
nommen, da  es  bei  Hafer  nicht  gelang,  widerstandsfähigere  Sorten 
oder  solche  Linien  zu  finden.  Es  ergab  sich  bei  Gerste  Dominanz 
der  Unempfänglichkeit  in  F^  und  Spaltung  in  Fg,  die  in  einzelnen 
Fällen  derart  verläuft,  daß  man  die  Unempfänglichkeit  als  durch  eine 
Anlage  bedingt  annehmen  kann. 


')  Wie  Sorglium-Bastardierungen  ausgeführt;  werden. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  337 

Rasmuson,  J.  Mendelnde  Chlorophyllfaktoren  bei 
Allium  Cepa.  (Hereditas  S.  128 — 134.)  Bei  Zwiebeln  (AUium  Cepa) 
wurden  Individuen  gefunden,  deren  Blätter  weiß,  gelb,  gelblich-grün 
und  zwischen  gelb  und  gelblich  -  grün  gefärbt  waren.  Nur  von  der 
gelblich-grünen  Variante  wurden  weiter  lebende  Individuen  erhalten, 
die  anderen  Varianten  gingen  wegen  fehlender  oder  eingeschränkter 
Assimilation  zeitig  zugrunde.  Nach  seinen  bisherigen  Versuchen  nimmt 
Verfasse!*  vorläufig  als  Veranlagung  an :  Z^  sowie  Zg  bedingt  die  gelbe 
Farbe  der  Keimlinge ,  Fehlen  der  Anlagen  weiße ,  Y  bei  Gegenwart 
von  Z  und  Z^  die  gelblich-grüne  Färbung,  T  die  zwischen  gelb  iind 
gelb-grün  stehende  Färbung,  Nj  und  No  ändern,  je  bei  Gegenwart 
von  Zj  Y  oder  Z.2  Y,  die  gelblich-grüne  Farbe  in  grün. 

Raum ,  S.  Ein  weiterer  Versuch  über  die  Vererb uno- 
der  Samenfarbe  bei  Rotklee.  (Z.  f.  Pflanzenzucht.  1919,  Heft  2, 
S.  149—155.) 

Rix,  CJ.  von.  Methoden  einer  exakten  Prüfung  des  Fort- 
schrittes bei  der  Zuckerrübenzucht.  (Z.  f.  Pflanzenzucht  1920, 
Heft  3,  S.  227—237.) 

Tedin,  H.  The  inheritance  of  flow^er  colou]*  in  Pisum. 
(Hereditas  I,  S.  68—97,  1  TafeL)  Bei  Pisum  ist  für  die  Vererbung 
der  Blütenfarbe  aus  den  Untersuchungen  von  Mendel,  v.  Tschermak, 
Lock,  White.  Kaianus  und  anderen  ein  Verhalten  hervoroepfano-en, 
das  als  Anlagen  annehmen  läßt:  Eine  Anlage,  die  allein  keine  Wirkung 
zeigt ,  eine  andere  Anlage ,  die  allein  Rosablüte  bewirkt  und  ein 
Zusammenwirken  dieser  beiden  Anlagen,  das  purpurne  Blüte  (in  den 
Veröffentlichungen  violette  oder  auch  rote  genannt)  bedingt.  1898  er- 
hielt Tedin  eine  Pisum  arvense  Form  Ljusröd-blomming  Gröärt,  welche 
Blüten  mit  weißer  Fahne  besitzt  wie  die  rosablühende  Erbse ,  aber 
abweichend  von  dieser,  Flügel,  die  leicht  purpurn  gefärbt  sind.  Bastar- 
dierung dieser  Form  mit  einer  weißblühenden  gab  in  F^  nur  purpurn- 
blühende Pflanzen ,  in  Fg  Spaltung  in  purpurn- :  violett- :  rosa- :  licht- 
purpurn- :  weißblühende  Pflanzen ,  wie  27  :  9  :  9  :  3  :  16.  Dadurch  er- 
gab sich,  daß  die  bisher  angenommene  einfache  Veranlagung  der 
Rosablüte  nicht  einfach  ist ,  sondern  daß  man  annehmen  muß :  Eine 
Anlage,  die  lichtpurpurne  Farbe  gibt:  A.  Eine  Anlage,  die  mit  der 
ersten  zusammen  Rosablüte  gibt:  B.  Eine  Anlage,  die  mit  der  ersten 
■zusammen  Violettblüte  gibt:  C.  Alle  drei  Anlagen  zusammen  geben 
dann  Purpurblüte ,  B  und  C  je  allein  nichts.  Danach  Avar  die  weiß- 
blühende Form,  die  Mendel  bei  der  Bastardierung  mit  purpurblühender 
und  andere  Forscher  bei  solcher  mit  rosablühender  verwendet  hatten, 
aaBBCC  veranlagt,  die  purpurne  war  AABBCC,  die  rosablühende 
AABBcc.  Die  Untersuchung  zeigt  wieder,  daß  die  Erklärung  einer 
Veranlagung,  die  nach  bekannten  Bastardierungsergebnissen  vollkommen 
zutreffend  gegeben  wird,   umgestoßen  werden  kann,  wenn  eine  Form 


338  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

aufgefunden  wird,  welche  Anlagen,  die  in  den  bis  dahin  bekannten 
Formen  nur  homozygotisch  vorhanden  waren,  lieterozygotisch 
enthält. 

Tischler,  G.  Über  die  sogenannten  „Erb Substanzen"  und 
ihre  Lokalisation  in  der  Pflanzenzelle.  (Biologisches  Central- 
blatt  40.  Bd.,  1920,  28  Seiten).  An  Stelle  des  vieldeutigen  Worte? 
Erbsubstanz  will  Verfasser  „enzymoide  Gene"  setzen,  welche  einen 
—  und  zwar  den  wichtigeren  —  Teil  der  Außeneigenschaften  bedingen, 
während  andere  durch  Anlagen  der  Piastiden  und  des  Cytoplasmas 
bewirkt  werden.  Bezüglich  der  Beziehungen  der  Gene  zu  den  Nucleo- 
proteiden  läßt  sich  hj^pothetisch  sagen ,  daß  die  Nucleoproteide  des 
Kernes  andere  als  jene  des  Plasmas  sind,  oder  die' Nucleoproteide 
des  Kernes  allein  die  Gene  oder  Vorstufen  derselben  bilden,  oder  die 
Gene  die  Nucleoproteide  nur  als  „ ergastische  Substanz"  benützen.  Zu 
einer  Topographie  der  Gene  in  den  Chromosomen  und  dadurch  zu 
einer  Erklärung  der  absoluten  und  relativen  Koppelung  zu  gelangen, 
erscheint  möglich.  Den  Austausch  von  Chromomeren,  der  die  letztere 
ermöglicht,  nimmt  Tischler,  nicht  so  wie  Morgan,  als  in  der 
Diakinese,'  sondern  in  den  Stadien  in  oder  nach  der  Synapsis  erfolgend, 
an.  Es  erscheint  nahegelegt,  daß  äußere  Einflüsse  (wie  Parasiten) 
imstande  sind ,  Gene  zu  erzeugen  oder  die  Wirkung  solcher  zu  ver- 
anlassen, die  ohne  solche  Einflüsse  nicht  in  Erscheinung  tritt, 

Tjebbes  K  en  Köcimau,  H.   Erfelijkheids  onderzoekingen 

bij  boonen^)  III  Albinisme.    (Genetica.    3  Abb.,  1  Tafel,  S.  532  bis 

538,  holländisch  mit  englischem  Resume).    Bei  einer  Individualauslese 

von  Buschfisolen,  die  blaßgelbe  Samen  tragen,  wurde  beobachtet,  daß 

ständig  ein  Prozentsatz  weißer  Keimlinge  (Weißlinge)  gebildet  wurde, 

die  nach  Entwicklung  derPrimordialblätter  abstarben.  Von  überlebenden 

oTünen   Pflanzen    gaben    zwei    1917   nur   PTÜne   Pflanzen,    eine    dritte 

Pflanze  von   einem  Teil   der  Samen  26   grüne   und  8  weiße   und   von 

einem   anderen  Teil   ungefähr  3  grüne  :  1  weißen  Pflanze.     Es  gelang 

in  zwei  Fällen,  weiße  Keimlinge  auf  gTüne  Pflanzen  zu  pfropfen  und 

je    eine    Hülse    zu    erhalten.      Das    Pfropfreis    bildete    kleine    grüne 

Fleckchen   auf  den  Blättern   und  grüne  Streifen  auf  der  Hülse.     Die 

erhaltenen  Samen  lieferten  nur  weiße  Pflanzen.    Es  erscheint  demnach 

grün  als  dominierend.    Die  Entstehung  der  ersten  Pflanze,  die  weilie 

Keimlinge    neben    grünen   gibt ,    läßt    sich   durch   Bastardierung    von- 

Blüten    einer    grünen   Pflanze   mit   Blüten   eines   weißen   Astes   einer 

sektorialen  Chimäre  erklären.     Da   aber  Bastardierungen   bei  Fisolen 

selten  sind,  erscheint  es  wahrscheinlicher,  daß  die  Anlage,  welche  zur 

normalen  Chlorophyllbildung  notwendig  ist,  in  einer  Blüte  bei  einer 

Geschlechtszelle   oder  wenige  solchen   verloren   ging  und  solche  Ge- 


^)  Vererbungsuntersuchungen  bei  Fisolen. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  339 

schlechtszellen  mit  normalen  dieser  Blüte  zusammentraten.    Auffallend 
ist  die  Bildung  grüner  Stellen  an  den  aufgepfropften  Weißlingen,. 

Ubisch,  Cr.  Y.  Anwendung  der  Vererbungsgesetze  auf 
die  Kulturpflanzen.  (Die  Naturwissenscliaften  1920,  S.  293  bis 
299,  2  Abb.)  Die  Verfasserin  tritt  dafür  ein,  daß  die  Ergebnisse  der 
wissenscbaftlichen  Forschung  auch  auf  dem  Gebiete  der  Biologie  mehr 
den  Praktikern  zugänglich  gemacht  werden  sollen.  In  der  Arbeit 
strebt  sie  bezüglich  der  Vererbungsforschung  —  eigentlich  nur  der 
Bastardierungsforschung  —  an,  die-  Nutzanwendung  der  Ergebnisse  bei 
landwirtschaftlich  wichtigen  Pflanzen  darzulegen.  Bei  Gerste  kommt 
sie  dabei  auch  auf  ihre  umfangreichen  eigenen  Arbeiten  mit  dieser 
Pflanze  zu  sprechen. 

Urban,  I.  Die  Größe  der  E-übenknäuel  und  der  Rüben - 
ertrag.  (Zeitschrift  für  Zuckerindustrie  der  cechoslovak.  Republik 
XLIV,  1920,  S.  151 — 155.)  Von  den  zehnjälirigen  Anbauversuchen 
der  Versuchsstation  für  Zuckerindustrie  in  Prag  stellte  der  Verfasser 
die  Ertragszahlen  nach  größerem  und  kleinerem  absoluten  Gewicht 
des  Saatgutes  zusammen  und  fand,  daß,  wenn  auch  beträchtliche  Ab- 
weichungen vorkamen,  doch  dem  höheren  Gewicht  der  höhere  Ertrag 
entsprach.  Er  verweist  bezüglich  der  Abweichungen  auf  den.  Einfluß 
der  Witterung  bei  der  Gewinnung  des  Saatgutes.  Bei  Gruppierung 
des  Saatgutes  in  zwei  Klassen:  absolutes  Gewicht  von  je  100  Knäuel 
.im  Mittel  aller  Jahre  1  •  895,  gegen  1  •  639  gr,  wurde  im  Mittel  aller 
Jahre  ein  Rübenertrag  von  332  •  9  gegen  322  •  4  dz  pro  ha  errechnet. 
In  den  Versuchen  scheinen  die  Ergebnisse  aller  Sorten  zusammen- 
genommen zu  sein.  Daß  die  Sorten  untereinander  sich  auch  in  Knäuel- 
größe unterscheiden,  zeigt  eine  besondere  Zuzammenstellung,  die  auch 
wieder  für  höheres  Knäuelgewicht  höheren  Rübenertrag  ergab. 

White,  0.  The  present  state  ofknowledge  ofheredity 
and  Variation  in  peas^).  (The  proceedings  of  the  American 
philosoph.  soc,  56.  Band,  1917,  S.  487  —  588.)  Die  Arbeit  ist  eine  jener 
Übersichten,  welche  bei  Pflanzen,  mit  welchen  in  letzter  Zeit  viel 
auf  dem  Gebiete  der  Bastardierung  gearbeitet  worden  ist,  so  wünschens- 
wert sind.  Es  werden  in  den  Abschnitten  derselben  bei  den  einzelnen 
Eigenschaften  die  dem  Verfasser  bekannt  gewordenen  Ergebnisse  der 
Bastardierungsversuche  anderer  und  jene  seiner  eigenen  Bastardierungs- 
versuche besprochen  und  dann  Schlüsse  über  die  Veranlagung  gezogen. 
In  einem  weiteren  Abschnitt  wird  das  besprochen,  was  über  spontane 
Variationen  bei  Erbse  bekannt  geworden  ist.  Ein  folgender  Abschnitt 
ist  den  Versuchen  mit  Auslese  gewidmet  und  ein  letzter  Erörterungen 
über  Korrelation  und  crossing  over. 


^)  Der  gegenwärtige  Stand  unserer  Kenntnis  von  Vererbung  und  Variabilität 
bei  Erbse. 


340  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  PflanzenzUchtung. 

White,  0.  Inhoritance  stndies  on  pisuni.  IV.  Inter- 
relgition  oft  ho  genetic  factors  ofPisum^).  (Journ.  of  Agric. 
Eesearch  XI  S.  1G7 — 1*J0.)  Nach  Studmni  von  34  Erbsensorten  werden 
35  bei  der  Erbse  bekannt  gewordene  Anlagen  mit  AVirknng  der  letzteren 
besprochen,  die,  nach  der  Hypothese  von  Vorhandensein  und  Fehlen, 
bei  70  oder  mehr  Eigenschaften  in  Erscheinung  tritt.  Einige  der 
Eigenschaften  werden  von  äußeren  Verhältnissen  leicht  beeinflnsst  nnd 
derartige  vom  Verfasser  beobachtete  Eigenschaften  werden  besprochen. 
Für  einige  Eigenschaften  läßt  sich ,  nach  Versuchen  des  Verfassers 
und  solcher  von  Lock,  Tschermak,  Vilmorin,  Hoshino, 
Bateson  und  Pellew,  genetische  Korrelation  bei  Bastardierung  fest- 
stellen. Die  sechs  Gruppen,  deren  jede  miteinander  korrelativ  ver- 
bundene Aulagen  enthält,  sind : 

Bl,  S  =  AVachsüberzug  der  Blätter ;  Samen  frei  in  der  Hülse, 
A,  Lf  =  B,osablüte  ;  Spätblüte. 
A,  C,  E,  Gc,  Li  =  liosablüte ;    gefärbte    Blattachsel ;    rötliche    Flecken 

der   Samen ;    gelbgrüne  zu  graubrauner   Samenhaut- 
farbe mit  braunem  Nabel;  glatte  Samen. 
^   E,  Tl  =  runde,   glatte  Samen   mit   einfachen   ovalen  Stärke- 
körnern, geringer  Wassergehalt  und  gute  Keimfähig- 
keit; Blattranken. 
G,  0  =  Grünfärbung  der  Keimlappen;  grüne  Farbe  an  Blättern^ 
Achsen  und  Hülsen. 
Zaleski,   Leopold.     W   Kwestyi   metod    analityernych   w 
selekcji    buraköw    pas te wny ch^).     („Ziemianin"    Posen  1920.) 
Der  Verfasser   macht   uns   hiermit  auf  Grund  seiner  Erfahrungen  auf 
die  täuschenden  Resultate  der  polarimetrischen  Zuckerbestimmung  in 
den  Futterrüben,  wenn  diese  erst  im  Frühling  geschieht,  aufmerksam. 
Die  Inversion,    welche   in   den   meisten  Futterrüben   viel  rascher 
als  in  den  Zuckerrüben  erfolgt,  ist  die  Ursache  dieses  Fehlers. 

Der  Verfasser  zieht  aus  seinen  angegebenen  Erfahrungen  Schlüsse, 
welche  für  die  Züchtungsmethode  der  Zuckerrübe  von  Bedeutung  sind, 

V.  P. 

ZiuiijS.  On  Variation  in  tartary  buckwheat,  Fagopyrum 
tataricumä)  (L)  G  a  e  r  t  n.  (Genetics  IV  1910,  S.  534—585,  11  Abb.) 
Bei  tartarischem  Buchweizen  wurde  eine  Zwischenvarietät  festgestellt, 
bei  welcher  der  Dimorphismus  je  an  derselben  PÜanze  sich  zeigte, 
ähnlich  wie  bei  Rotklee  mit  mehrscheibigen  neben  dreischeibigen 
Blättern.  Die  abnorme  Form  wurde  durch  fünf  Jahre  neben  einer 
Individualauslese  aus  normal  ausgebildetem  Buchweizen  studiert.  Die 
Besonderheiten  der  ersteren  sind  Bildung  überzähliger  Fruchtknoten- 


^)  Vererbungsuntersuchungen  Ijei  Erbse.  Gegenseitige  Beziehung  von  Anlagen. 
^)  Beitrag  zu  den  analytischen  Methoden  in  der  Futterrübenzüchtung,  polnisch. 
^)  Über  Variabilität  des  tartarischen  Buchweizens. 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflaiizenzüchtung.  34I 

blätter  (3 — 25),  damit  zusammenhängende  Bildung  von  vielteiligen 
Perigonen  (5  —  18  Segmente),  Fasziationen,  Bildung  von  mehr  als  einem 
Fruclitknoten  unä  mehr  als  einer  Frucht  in  einer  Blüte.  Die  Eigen- 
tümlichkeit, die  normale  und  annormale  Ausbildung  zu  zeigen,  wurde 
sowohl  durch  normal  als  durch  abnormal  ausgebildete  Früchte  über- 
tragen. Auslese  konnte  in  fünf  Jahren  keine  deutlichen  Erfolge  er- 
zielen. Beiches  Ausmaß  an  Feuchtigkeit  und  hohe  Temperatur  begünstigt 
•die  Ausbildung  der  Abnormität.  Innerhalb  der  einzelnen  Pflanze  sind 
€S  die  drei  ersten  Seitenachsen  von  unten  ab,  welche  die  Abweichungen 
bei  den  Blüten  am  stärksten  zeigen,  während  die  vierte  bis  sechste 
sie  in  geringerem  Ausmaß  aufweisen,  dagegen  die  Basis  des  Endblüten- 
standes sie  wieder  stärker  zeigt.  Ahnliche,  doch  weniger  ausgesprochene 
Verhältnisse  treten  bei  den  Achsen  höherer  Ordnung  auf.  So  wie  in 
anderen  Fällen  sinkt  die  Häufigkeit  der  Abweicbung  auch  in  diesem 
mit  der  stärkeren  Ausbildung  derselben  (der  höheren  Zahl  Perigon- 
blätter  bzw.  Fruchtknotenblätter). 

2.  Bücherbesprechuiigen '). 

Dörfler.  P  f  1  a  n  z  e  n  s  c  h  u  t  z  f  i  b  e  1.  Unter  Kleinoktav.  03  S.  Land- 
wirtschaftlicher Verlag,  Dillingen  a.  D.,  Bayern,  1920,  M.  5.  Der 
Pflanzenzüchter  wird  für  jene  Pflanzen,  die  er  züchtet,  wolil  fast  immer 
die  Handbücher  über  Pflanzenkrankheiten  zur  Beratung  heranziehen. 
Zur  raschen  Orientierung  bei  auftretenden  Krankliciten  anderer  von 
ihm  gebauter  Pflanzen  wird  ihm  aber  das  vorliegende  kleine  Büchlein 
— :  das  in  erster  Linie  für  Kleinlandwirte  berechnet  ist  —  gute  Dienste 
leisten.  An  Übersehen,  wie  fast  jedes  Buch  solche  aufweist,  ist  nur 
S.  79  Auslassen  der  Benennung  des  Gfiftes  aufgefallen.  Es  heißt  nur 
bei  Feldmäusebekämpfung :   „Mehl  und  Wasser  zu  steifem  Brei". 

East,  ^E.  aiitl  Jones,  D.  Inbreeding  and  outbreeding, 
their  genetic  and  sociological  significance.  Klein oktav, 
286  Seiten,  46  Abb.,  J.  B.  Lippincott  Comp.,  Philadelphia  und  London, 
1919,  Dollars  2,50.  Gleich  den  anderen  Bänden  der  wertvollen  Serie 
„Monographs  on  experimental  biology"  wendet  sich  auch  das  vor- 
liegende Buch  nicht  ausschließlicli  an  den  Biologen  vom  Fach,  sondern 
soll  auch  einem  weiteren  Leserkreis  dienen  und  insbesondere  auch 
praktische  Folgerungen  bringen.  Für  den  erweiterten  Leserkreis  sind 
drei  der  vier  einleitenden  Abschnitte  bestimmt.  Siebringen  Erörterungen 
über  die  verschiedenen  Arten  der  Entstehung  neuer  Individuen,  über 
die  Einrichtungen  bei  Fortpflanzung  und  über  den  Mechanismus  der 
Vererbung.     Tier-  und  Pflanzenreich  werden  in  diesen  Darstelluno-en 


')  Nur  Werke,  von  welchen  ein  Exemplar  vom  Autor  oder  vom  Verleger 
eingesendet  wurde  und  deren  Inhalt  mit  Pflanzenzüchtung  in  Beziehung 
steht,  gelangen  zur  Besprechung. 


342  Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung. 

in  gleicher  Weise  berücksichtigt.  Die  in  Europa,  infolge  der  Ver- 
hältnisse der  letzten  Jahre,  noch  weniger  bekannten  Ergebnisse  der 
Morganschen  Schule  werden  verwertet.  Ein  folgender  Abschnitt  ist 
einem  von  Pearl  mehrfach  bearbeiteten  Gegenstand ,  der  mathe- 
matischen Behandlung  der  Inzucht,  gewidmet.  Der  nächste  Abschnitt 
enthält  dann  die  Grundlagen,  auf  welchen  die  Verfasser  aufbauen: 
die  Beschreibung  der  mit  Tieren  und  Pflanzen  ausgeführten  Versuche 
mit  Inzucht.  Für  Tiere  werden,  neben  dem  alter,  bekannten,  jene 
von  King  mit  Ratten,  von  Romme  1  mit  Guineagänsen  und  Castle 
mit  der  Taufliege  behandelt;  für  Pflanzen,  neben  jenen  von  Shull 
mit  Mais ,  die  von  den  beiden  Verfassern  mit  der  gleichen  Pflanze 
ausgeführten,  vieljährigen.  Die  Versuche  von  East  und  Jones  mit 
Mais  wurden  auch  zum  weiteren  Beweis  der  Üppigkeit  nach  geschlecht- 
licher Vereinigung  zweier  solcher  Inzuchtauslesen  verwendet.  Diese 
Üppigkeit,  allgemein  die  Üppigkeit  nach  Bastardierung,  wird  in  einem 
weiteren  Abschnitt  behandelt  und  in  einem  folgenden  ihre  Ursache 
erklärt.  Bei  dieser  Erklärung  wird  von  Keeble  und  Pellews  Er- 
klärung ausgegangen,  aber  diese  durch  die  Annahme  von  Koppelungen 
ergänzt.  "Während  sich  die  zwei  letzten  Abschnitte  des  Buches  mit 
den  Verhältnissen  bei  Inzucht  und  freier  Befruchtung  beim  Menschen^ 
sowie  der  Rassen-  und  Nationenbastardierung  bei  diesem  befassen  und 
der  viertletzte  die  Rolle  von  Inzucht  und  freier  Befruchtung  in  der 
Entwicklungsgeschichte  behandelt,  wendet  sich  der  drittletzte  den 
praktischen  Folgerungen  zu ,  die  aus  dem  experimentellen  Studium 
der  Frage  für  Tier-  und  Pflanzenzüchtung  gezogen  werden  können. 
Die  Schätzung  der  Inzucht,  wie  sie  in  der  Tierzüchtung  bei  uns  seit 
den  Forschungen  von  de  Chapeau  rouge  und  Wills  dorf  mehr 
Anhänger  gefunden  hat,  wird  dabei  in  den  Vordergrund  gestellt.  Es 
wird  zunächst  für  Mais  auch  ein  neuer  Plan  für  ihre  Durchführung- 
vorgeschlagen. Gerade  bei  Maiszüchtung  war  man  und  wie'der  gerade 
in  Nordamerika  bisher,  mehr  als  bei  anderen  Pflanzen,  bemüht,  Inzucht- 
folgen möglichst  zu  verhindern.  Der  neue  Plan  ist  eine  Vereinigung- 
von  Inzucht  mit  Fremdbefruchtung,  lehnt  sich  dem  von  Shull  vor- 
geschlagenen an,  geht  aber  um  eine  Fremdbefruchtungsgeneration 
weiter.  Züchter,  die  mit  fremdbefruchtenden  Pflanzen  arbeiten, 
werden  das  Buch  mit  Erfolg  lesen ,  Biologen  werden  es  nicht  ent- 
behren wollen  und  Eupenikern  wird  es  wertvolle  Winke  geben.  Die 
Abbildungen  sind  nicht  Originale,  aber  sehr  gut  gewählt;  die  Aus- 
stattung des  Buches  ist  eine  vorzügliche. 

Leverenz,  €.  Die  meist  gebauten  landwirtschaftlichen 
Pflanzenzuchten  Deutschlands  mit  Ausnahme  der  Kar- 
toffeln. (Landwirtschaftskammer  f.  d.  Provinz  Sachsen,  79  S.  Oktav, 
Druckerei  Hermann  Kuhnt,  Halle  a.  S.,  1920,  Mk.  4.)  Der  abgebrauchte 
Satz,   daß   die  Veröffentlichung  einem  lange  gefühlten  Bedürfnis  ent- 


Neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenzüchtung.  343- 

spriclit,  trifft  hier  gewiß  zu.  Es  ist  für  den  Käufer  von  Saatgut  von 
Wert,  einen  raschen  Überblick  über  die  in  den  einzelnen  Gegenden 
vorhandenen  Züchtungen  zu  haben  und  nicht  nur  auf  zufällige  An- 
zeigen, die  nicht  immer  wirkliche  Züchtungen  treffen,  angewiesen  zu 
sein.  Sehr  zweckmäßig  ist  die  Anordnung  der  Zuchtstätten  nach 
Provinzen  Preußens  und  «nach  Staaten  und  die  Beigabe  eines  Sorten-, 
und  Züchterregisters.  Ein  Versuch  zu  einer  Beschreibung  der  Sorten 
ist  in  der  Schrift  auch  gemacht  worden  und  eine  solche  würde,  weiter 
ausgestaltet,    auch  bei  Saatenanerkennung  recht  gute  Dienste  leisten.. 


IV. 

Vereinsnachrichten. 


Gesellschaft  für  Pflanzenzüehtung'  —  Wien.  (Z.) 

Am  30.  Mai  fand  in  Graz  im  Sitznno-ssaale  der  Landwirtschafts- 
gesellschaft  die  7.  ordentliche  Generalversammkmg  der  Österreichischen 
Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung  statt.  Für  den  am  Erscheinen  ver- 
hinderten Präsidenten  der  Gesellschaft,  Herrn  Dr.  Emanuel  v.  Prosko- 
wetz,  begrüßte  Herr  Vizepräsident  Gntsdirektor  Schreyvogl  die  Ver- 
sammlung, sprach  dem  Präsidenten  der  steiermärkischen  Landwirt- 
schaftsgesellschaft, Sr.  Exzellenz  dem  Grafen  Attems  ,  den  Dank  der 
Oesellschaft  für  die  Überlassung  des  Sitzungssaales  sowie  für  seine 
Bewrüßuno-sworte  aus  und  dankte  dem  Lokalkomitee,  das  aus  den 
Herren  Landwirtschaftslehrer  Witz any,  Direktor  Jentsch,  Pflanzen- 
loauinspektor  "Winkler  und  Landesrat  Dr.  Klüse  mann  bestand, 
für  seine  ree-e  Tätio-keit.  —  Es  wurden  zunächst  folgende  Beschlüsse 
■des  Ausschusses  der  Gesellschaft  angenommen:  Die  „Osterreichische 
Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung"  führt  von  jetzt  ab  den  Titel  „Ge- 
sellschaft für  Pflanzenzüchtung  — Wien'".  Anschriften  sind  zu  richten 
an  die:  Hochschule  für  Bodenkultur,  AVien  XVIH.  Die  Beiträge  der 
Gründer  werden  von  250  auf  500  Kr. ,  die  der  fördernden  Mitglieder 
von  25  auf  40  Kr.  erhöht.  Die  ausländischen  Mitglieder  werden  ersucht, 
bis  auf  weiteres  in  ihrer  Währung  wie  bisher  den  Betrag  von  25  Kr. 
zu  entrichten.  Für  die  Eintragungen  von  Züchtungen  in  das  Zucht- 
buch der  Gesellschaft  werden  statt  200  Kr.  von  jetzt  ab  400  Kr.  ein- 
P'eh oben  werden  und  die  Diäten  der  Mitglieder  der  Zuchtbuchkommission 
erhöhen  sich  von  18  Kr.  auf  den  Betrag  von  3G  Kr.  Das  geschäfts- 
führende Ausschußmitglied  Prof.  Dr.  Erich  Tschermak-Seysenegg 
berichtete  über  den  Mitgliederstand ,  der  erfreulicherweise  seit  dem 
Jahr  191G  nicht  abgenommen  hat.  Die  Gesellschaft  zählt  2  Stifter, 
16  Gründer,  18  ausübende  Mitglieder  und  76  fördernde,  zusammen 
112  Mitoflieder.  Durch  das  Entgegenkommen  der  Mitglieder  in  der 
Czechoslovakischen  Republik,  den  Mitgliedsbeitrag  in  cechischer 
Währung  zu  zahlen,  ^vurde  der  Gesellschaft  für  Pflanzenzüchtung,  die 
ja  ihren  Mitgliedern  die  Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung  zukommen 
läßt,  aus  ihrer  finanziellen  Verlegenheit  geholfen.  —  Hieraufhielt  Herr 


Vereinsnachricliten.  345 

Landwirtscliaftslehrer  Witzany  einen  Vortrag  „Über  die  pflanzen- 
zücliterisclien  Bestrebungen  in  Steiermark",  An  den  Vortrag  schloß 
sich  eine  rege  Debatte.  Sodann  wurde  von  Herrn  Gutsdirektor 
Schreyvogl  die  Debatte  „Über  die  Neuregelung-  des  Saatgutverkehrs" 
eingeleitet,  an  der  sich  zahlreiche  Herreu,  besonders  Herr  Regierungs- 
rat Prof.  Dr.  Olschowy,  als  Vertreter  des  Staatsamtes  für  Land- 
wirtschaft, Regierungsrat  Pammer,.  Prof.  Fruwirth,  Landwirt- 
schaftslehrer "Witzany,  Direktor  Jentsch  und  andere  beteihgten. 
Nachmittag  wurde  die  steiermärkische  Landes  -  Ackerbauschule  in 
Grottenhof  besichtigt ,  '  wo  nach  einer  Begrüßung  durch  Direktor 
Jentsch  Herr  Landwirtschaftslehrer  Franz  AVitzany  seinen  schön 
angelegten  Zuchtgarten  mit  der  Roggen-,  Hafer-  imd  Weizenzüchtung 
vorführte,  die  Abstammung  der  Züchtungen  und  die  Zuchtbuchführung, 
die  als  Kartothek  geführt  wird,  erläuterte  und  einschlägige  Apparate 
und  Bilder  vorführte.  Die  Teilnehmer  der  Versammlung  wurden  von 
Herrn  Direktor  Jentsch  in  liebenswürdigster  Weise  unter  freiem 
Himmel  mit  seltenen  landwirtschaftlichen  Produkten  der  Anstalt  be- 
wirtet, auch  fehlte  es  nicht  an  hübschen  Damen,  die  uns  diesen  Nach- 
mittag verschönerten.  Herr  Dr.  Knappe,  Sekretär  der  Steier- 
märkischen  Landwirtschaftsgesellschaft,  lud  die  auswärtigen  Gäste  auf 
dem  Hin-  und  Rückwege  nach  Grottenhof  in  sein  gastliches  Heim  em 
lind  sorgte  so  bis  .zum  Schlüsse  der  gelungenen  Versammlung  für 
eine  rege  Aussprache  der  Teilnehmer.  Die  Geschäfte  der  Gesellschaft 
führt  auch  im  nächsten  Jahre  Prof.  Dr.- v.  Tschermak,  dem  der 
Dank  der  Versammlung  ausgedrückt  wurde. 

In  das  Zuchtbuch  wurde  nach  kommissioneller  Besichtigung  auf 
der  a-räflich  Piattischen  Zuchtwirtschaft  Loosdorf  aufgenommen:  als 
Nr.  16:  Orig.  Loosdorfer  ertragreiche  weiße  Fisole,  als 
Nr.  17:  Orig.  Loosdorfer  Futterrübe  Austria,  gelb. 


Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.    Bd.  VII.  22 


V. 

Kleine  Mitteilungen. 

a)  Wissenschaftliche. 

Über  einen  Versuch  der  Züchtung-  schwarzer  Farbentöne  an 

der  Gartenprimel. 

Von  Dr.  Fr.  Frimmel.  —  Eisgrub. 

Im  Jahre  1012  erschien  in  den  Verhandlungen  der  kaiserlichen 
Akademie  der  Wissenschaften  eine  Arbeit  von  F.  und  S.  Exner 
unter  dem  Titel  „Die  physikalischen  Grundlagen  der  Blütenfärbung". 
Vorliegende  Arbeit  knüpft  an  diese  Untersuchungen  an,  es  mögen 
daher  die  wichtigsten  Resultate  der  genannten  Autoren  kurz  erwähnt 
werden.  Die  Färbung  der  Blüten  wird  hervorgerufen  teils  durch 
Farbstoffe,  welche  sich  in  Lösung  befinden  —  Anthocyanine  und 
Anthoxantine  der  modernen  Terminologie,  teils  durch  solche,  welche 
in  Form  von  Farbstoffkörpem  vorkommen  —  Carotine.  Die  Farb- 
stoffe sind  entweder  in  der  Hautschicht  der  Blumenblätter  (Epiblem) 
gelagert,  oder  aber  in  tiefer  liegenden  Schichten.  Das,  was  unser 
Auge  als  Farbe  des  Blumenblattes  aufnimmt,  ist  ein  complexes 
Phänomen,  hervorgerufen  durch  die  Gesamtheit  aller  der  physikalischen 
Vorgänge ,  die  durch  den  optischen  Bau  der  Blumenblätter  bedingt 
sind.  Der  feinere  Bau  der  Blumenblätter  ist  nun  im  wesentlichen  der, 
daß  mit  Ausnahme  von  transparent  gebauten  Blumenblättern  \),  deren 
abweichender  Bau  uns  im  gegebenen  Zusammenhange  nicht  weiter 
interessiert,  das  Mesophyll  des  Blattes  als  weißer  Hintergrund  für 
die  oberflächlich  gelagerte  Farbe  dient:  das  Mesophyll  wirkt  optisch 
ähnlich,  wie  etwa  ein  zerkratzter  Spiegel,  es  wirft  alles  Licht,  das  es 
empfängt,  zurück,  aber  nicht  in  bestimmter  Richtung,  sondern  diffus. 
Diese  optische  "Wirkung  wird  in  den  meisten  Fällen ,  unter  anderm 
auch  bei  unserem  Versuchsobjekte ,  durch  Erscheinungen  der  Total- 
reflexion an  den  schiefen,  die  lufterfüllten  Interzellularen  begrenzenden 
Flächen  der  Mesophyllzellen  hervorgerufen,  in  selteneren  Fällen,  z.  B. 
bei  Ranunkulus  durch  einen  sogenannten  Stärkespiegel,  wobei  die 
schiefen  Wände  der  stark  lichtbrechenden  Stärkekörner  eine  den 
schiefen  Mesophjdlzellwänden  analoge  Rolle  spielen.     Das  Licht,  das 


^)  Vgl.  Frimmel:  „Über  Blumenfarben"-Blätter  für  Obst,  Wein,  Gartenbau 
usw.,  Brunn  1915,  Nr.  5'6. 


Kleine  Mitteilungen.  347 

also  die  peripher  gelagerten  Farbstoif schichten  })assiert  hat.  wird  aus 
dem  Innern  des  Blattes  wieder  diffus  zurückgeworfen.  Bekanntlich 
sind  die  Epiblemzellen  der  Blumenblätter  meistens  stark  papillös  vor- 
gewölbt, jede  dieser  eng  aneinanderstehender  Papillen  wirkt  nun 
ihrerseits  wieder  als  ein  optischer  Apparat  *),  der  nur  das  Licht,  das 
annähernd  längs  der  Hauptachse  der  Papille  geht,  aus  dieser  heraus- 
läßt ;  die  übergroße  Mehrzahl  aller  verschiedenst  gerichteter  Strahlen 
wird  durch  wiederholte  Totalreflexion  an  den  schiefen  Wänden  der 
Papillen  ins  Innere  des  Blattes  geleitet.  Die  Lichtstrahlen  werden 
also  sehr  oft  die  Farbstoflfschichten  passieren ,  bis  sie  endlich  durch 
diese  wiederholte  „Lichtfilterwirkung"  so  von  all  den  Lichtelementen, 
welche  der  betreffende  Farbstoff  absorbiert,  befreit  sind,  daß  ihre 
Wirkung  auf  unser  Auge  dem  entspricht,  was  wir  eine  gesättigte 
Farbwirkung  nennen.  Der  Grad  der  Sättigung  der  Farbe  eines  Blumen- 
blattes des  beschriebenen  Typus  hängt  also  nicht  nur  von  der  Menge 
des  betreffenden  Farbstoffes  oder  seiner  Farbenintensität  ab,  sondern 
in  erster  Linie  von  dem  anatomischen  Bau  des  Blattes,  speziell  der 
Papillen,  die  je  nach  ihrer  Form  eine  bald  ausgiebigere,  bald  weniger 
ausgiebige  Filtration  des  einfallenden  Sonnenlichtes  gewährleisten^). 
Bei  dem  in  obiger  Beschreibung  kurz  angedeuteten  Bautypus,  der  auch 


*)  Frimmel:  „Die  untere  Cuticula  des  Taxusblattes  —  ein  Lichtreflektor", 
Ost.  bot:  Zeitschr.  1912. 

-)  Eine  Eigentümlichkeit  der  Epiblempapillen  zahlreicher  nach  diesem  Typus 
gebauter  Blumenblätter  besteht  noclj  in  folgendem:  diese  Papillen  erscheinen  in 
der  Draufsicht  mit  feinsten  längs  verlaufenden  Cuticularstreifen  versehen ;  die  Be- 
deutung dieser  Streifung,  über  die  schon  mancherlei  Vermutungen  ausgesprochen 
wurden,  ist  auf  Grund  folgenden  Gedankenganges  zu  verstehen.  Bekanntlich  ist 
die  Orientierung  der  meisten  Blüten  eine  solche,  daß  sie  sich  dem  einfallenden 
Sonnenlichte  zuwenden.  (Als  eines  von  vielen  möglichen  Beispielen  mögen  die 
Blütenköpfchen  der  Sonnenblume  genannt  werden.)  Inwieweit  eine  automatische 
Einstellung  auf  Grund  der  spezifischen  Reizwirkung  von  Lichtsinnesorganen,  als 
welche  in  vielen  Fällen  eben  auch  die  Papillen  funktionieren  dürften,  statthat, 
bleibe  in  unserem  Zusammenhang  unerörtert.  Fest  steht,  daß  der  optische 
Apparat  des  Blumenblattes  in  zahllosen  Fällen  der  Einwirkung  des  direkten 
Sonnenlichtes  ausgesetzt  ist.  Dii-ektes  Sonnenlicht  wirkt  aber  auf  lebendes  Proto- 
plasma schädigend,  die  Blüte,  für  die  es  aus  biologischen  Gründen  vorteilhaft 
ist,  möglichst  starker  Bestrahlung  ausgesetzt  zu  sein  (weite  Sichtbarkeit,  Erreichung 
einer  ausgiebigen  gesättigten  Farbwirkung),  ist  mit  ihrer  blütenbiologisch  günstigen 
Exposition  den  physiologischen  Schädigungen  der  direkten  Bestrahlung  ihrer 
lebenden  Substanz  ausgesetzt.  Ähnlich  wie  der  Gärtner,  der  seinen  Pfleglingen 
im  Mistbeet  einerseits  möglichst  viel  Licht  zur  Verfügung  stellen  will,  anderer- 
seits die  zarten  Pflänzchen  vor  der  Schädigung  direkter  Bestrahlung  schützen 
will,  sich  dadurch  hilft,  daß  er  gerippte  Glasfenster,  z.  B.  holländische  Fenster, 
auf  die  Mistbeete  legt,  hat  sich  bei  derartigen  Blüten  durch  Vorlage  der  er- 
wähnten Cuticularstreifen  eine  Anpassung  herausgebildet,  welche  die  mit  der 
biologisch  günstigen  Lichtlage  notwendig  einhergehende  Schädigungsgefahr  durch 
direkte  Bestrahlung  des  Protoplasnaas  aufhebt.  Die  erwähnte  Cuticularstruktur 
läßt  das  Licht  nur  in  diffuser  Form  in  das  Blumenblatt  gelangen. 

22* 


34^g  Kleine  Mitteilungen. 

für  die  Gartenprimel  zutrifft,  kann  also  eine  Farbwirkiing  auf  unser 
Auee  in  verschiedener  "Weise  Zustandekommen.  Im  einfachsten  Fall 
ist  nur  ein  Farbstoff  vorhanden,  beispielsweise  rotes  Anthocyan  im 
Zellsaft  der  Epiblemzellen  gelöst.  Die  betreffende  Blüte  wird  uns 
einheitlich  rot  erscheinen:  bei  gleicher  Konzentration  des  Farbstoffes 
gesättigter  oder  weniger  gesättigt  je  nach  der  optischen  Vollkommen- 
heit der  Papillen.  Infolge  von  Übung  im  Vergleichen  des  mikro- 
skopischen Befundes  mit  dem  physiologischen  Farbeindrucke  bin  ich 
beispielsweise  imstande ,  aus  dem  Farbeindrucke  meiner  Primeln  mit 
Sicherheit  auf  das  mikroskopische  Aussehen  der  Epiblemzellen  zu 
schließen,  indem  Blüten  mit  Samtglanz  Papillen  von  einer  Form 
haben,  die  ich  in  meinen  Notizen  als  Kurvenform  bezeichne,  weil  ihr 
(optischer)  Längsschnitt  Ähnlichkeit  mit  einer  Variationskurve  hat, 
während  mattgefärbte  Blüten  eine  Form  der  Papillen  besitzen ,  die 
ich  als  Kuppeltypus  bezeichne ,  weil  ihre  Wölbung  eine  einheitliche 
Biegung  zeigt.  Es  kommt  aber  auch  häufig  vor,  daß  in  verschiedenen 
benachbarten  Zellen  verschiedene  Farbstoffe  sind.  z.B.  kommt,  bei 
unserem  Objekte  eine  bunte  Mischmig  von  Zellen  mit  blauem  Antho- 
cyan und  solchen  mit  rotem  Anthocyan  häufig  vor.  Das,  was  unser 
Auge  nun  wahrnimmt,  ist  keine  einfache  Farbwirkung  mehr,  sondern 
eine  Additionsfarbe ,  der  gemeinsame  Eindruck  der  Gesamtheit  der 
bunt  durcheinander  gemischten  verschiedenfarbigen  Elemente.  Wir 
sehen  daher  die  Blüte  weder  blau  noch  rot.  sondern  in  einem  violetten 
Tone,  der  etwa  dem  „magenta"  englischer  Autoren  entspricht.  Es  ist 
klar,  daß  in  diesem  Falle  es  nicht  nur,  abgesehen  von  der  Kon- 
zentration des  Farbstoffes,  auf  die  Form  der  Papillen  ankommt,  sondern 
auch  sehr  wesentlich  auf  das  Mischungsverhältnis  beider  Farben; 
überwiegen  die  roten  Zellen  über  spärlich  auftretende  blaue,  so  wird 
■der  physiologische  Eindruck  sich  einem  reinen  B.ot  zuneigen,  über- 
wiegen die  blauen,  so  wird  das  V^iolett  sich  mehr  und  mehr  dem 
reinen  Zellsaft  Blau  nähern.  Tatsächlich  konnte  ich  an  meinem 
Material  zahlreiche  solche  Übergangsstufen  von  Additionsfarben  be- 
obachten. Schließlich  kann  noch  ein  Fall  eintreten;  es  können  im 
basalen  Teil  der  Epiblemzelle  Carotinkörnchen  liegen,  der  .apikale 
Teil  ist  durch  Anthocyanlösung  beispielsweise  rot  gefärbt.  Es  leuchtet 
ein,  daß  das  Licht,  welches  nun  diese  beiden  Farbstoffschichten  nach- 
einander passiert,  zuerst  im  Anthocyan  gewisser  Strahlengattungeu 
verlustig  wird ,  dann  an  dem  Carotin  einen  weiteren  Teil  seiner 
spektralen  Zusammensetzung  verliert,  so  daß  also  von  dem  durch  das 
Anthocyan  charakteristisch  gefärbten  Lichte  noch  die  Absorptions- 
wirkung des  Carotins  subtrahiert  wird ;  es  entsteht  eine  Subtraktions- 
farbe ,  die  analog  der  Lichtwirkung  ist ,  welche  zwei  übereinander 
gelagerte  Lichtfilter  bei  der  Durchsicht  auf  unser  Auge  ausüben. 
Aus  dem  Gesagten  ergibt  sich,  daß  je  nach  der  verschiedenen  Lagerung 


Kleine  Mitteilungen.  349 

der  Farbstolfe  und  je  nach  den  vorkommenden  Konstruktionsvariationen 
des  anatomischen  Baues  die  verschiedensten  Farbwirkungen  Zustande- 
kommen können. 

Exners  Gedankengängen  folgend,  habe  ich  mir  im  Jahre  .1915 
folgende  Aufgabe  gestellt: 

Es  muß  möglich  sein ,  durch  Übereinanderlegen  zweier  kom- 
plementärer Farben  in  einem  Blumenblatte  den  physiologischen  Eifekt 
von  Schwarz  hervorzurufen.  Wenn  es  gelingen  sollte ,  durch  Über- 
einanderlegen zweier  Farbstoffe,  deren  einer  gerade  den  Teil  des 
Spektrums  absorbiert,  welchen  der  andere  durchläßt,  eine  völlige 
Absorbtiou  aller  Farben  hervorzurufen,  so  muß  dieses,  alle  sichtbaren 
Strahlen  absorbierende  Blumenblatt  unserem  Auge  schwarz  erscheinen. 
Ich.  will  gleich  vorwegnehmen,  daß  mir  die  Züchtung  einer  solcheii 
Farbvarietät  gelungen  ist.  Das  Material,  mit  dem  ich  arbeitete,  waren 
verschiedene  Formen  von  Gartenprimeln  (Primula  veris  x  Primula 
elatior),  welche  Herr  Professor  Tschermak^)  zum  Zwecke  seiner 
Züchtungen  von  blauen,  gefüllten  und  calycanthemischen  Formen  im 
Mendehnstitute  gehalten  hatte.  Im  Jahre  1915  machte  ich  zur  Er- 
reichung des  erwähnten  Zweckes  einige  Bastardierungen;  ich  danke 
es  der  Sorgfalt  von  Fräulein  Wasch nitius,  daß  während  meiner 
Einrückung  diese  Bastardierungen  erhalten  blieben.  Dieser  erste 
Versuch  schlug  jedoch  fehl.  Im  Frühjahr  1919  führte  ich  auf  Grund 
neuerlicher  mikroskopischer  Untersuchungen  weitere  Bastardierungs- 
versuche durch.  Eine  dieser  Bastardierungen  führte  zu  dem  ge- 
wünschten Erfolg.  Unter  den  Bastarden  waren  zwei  Individuen, 
welche  die  gewünschte  anatomische  Kombination  und  damit  den  er- 
warteten FarbefFekt  zeigten. 

Der  Gang  der  Arbeit  war  folgender: 

Zunächst  wurden  von  allen  Individuen  die  Farben  auf  Grund 
des  Code  des  Couleurs  von  Klincksieck  und  Valette  festgestellt. 
Dann  wurde  von  möglichst  vielen  Typen  der  mikroskopische  Bau 
untersucht.  Es  fanden  sich  vereinzelte  Forn/en,  bei  welchen  Carotin- 
körnchen  im  Mesenchym  vorhanden  waren.  Bei  den  meisten  ist  das 
Mesenchym  farblos.  Der  Kürze  der  Ausdrucksweise  halber  bezeichnete 
ich  mit  „M"  solche  Formen,  welche  Carotin  im  Mesenchym  enthielten. 


^)  Prof.  Tscliermak  demonstrierte  die  Ergebnisse  dieser  Züchtungsversuche 
am  21.  März  1910  in  der  zoologisch  botanischen  Gesellschaft  in  Wien.  Es  waren 
neben  einfach  blauen  Formen  calycanthemisch  blaue  Neuheiten,  ferner  gefüllte 
blaue  und  calycanthemisch  gefüllte  blaue.  Ich  bin  Herrn  Prof.  Tschermak 
nicht  nur  dafür  zu  Dank  verpflichtet,  daß  er  einen  Teil  seines  Materials  im  Eis- 
gruber  Insjiitut  beließ,  dadurch  die  Möglichkeit  gebend,  an  den  nunmehr  unter 
meiner  Obhut  stehenden  Pflanzen  weitere  Versuche  durchzuführen,  sondern  ganz 
besonders  für  freundliche  Mitteilung  von  Stammbaumdaten  aus  seinem  Zucht- 
buche, Vielehe  die  Abstammung  meiner  Ausgangspflanzen  betreffen.  Es  ist  mir 
eine  angenehme  Pflicht,  diesen  Dank  hier  auszusprechen. 


350  Kleine  Mitteilungen. 

mit  „m"  solche  ohne  Carotin  im  Mesenchvm.  Es  jribt  Formen,  welche 
Carotin  im  basalen  Teil  der  Epiblempapillen  besitzen,  den  meisten 
fehlt  es:  „P"  bedeutet  Carotin  in  der  Papille,  ,.p"  Fehlen  des  Carotins 
in  der  Papille.  Es  gibt  Formen,  bei  welchen  der  Zellsaft  der  Papillen 
ungefärbt  ist,  solche  bezeichnete  ich  mit  ,,a",  solche,  bei  denen  der 
Zellsaft  eine  gelbe  Lösung  enthält,  bezeichnete  ich  mit  „G",  solche, 
bei  welchen  der  Zellsaft  eine  rote  Anthocyanlösung  enthält,  mit  „R", 
und  solche,  bei  welchen  der  Zellsaft  eine  blaue  Anthocvanlösuno-  ent- 
hält,  mit  „P".  Bei  der  Beschreibung  des  mikroskopischen  Befundes  be- 
diente ich  mich  nun  einer  Anzahl  Formeln,  die  aus  dem  oben  Ge- 
sagten leicht  hervorgehen. 

CC  211,  MPa  bedeutet  beispielsweise:  die  betrettende  Blüte' ist 
schwefelgelb,  der  Ton  entspricht  dem  Ton  211  in  C(ode)  C(ouleurs). 
Die  Färbung  wurde  hervorgerufen  durch  das  Vorhandensein  von 
Carotin  im  Mesenchvm  (M)  und  im  basalen  Teil  der  Epiblempapillen 
(P),  Farbstofflösung  war  keine  vorhanden  (a).  Oder  CC  557  MPR. 
Die  betrettende  Blüte  hatte  einen  violetten  Ton,  der  dem  Ton  557 
in  CC  entspricht;  im  Mesophyll  und  im  basalen  Teile  der  Papille 
war  Carotin  vorhanden :  die  Papille  enthielt  außerdem  eine  rote 
Anthocyanlösung.  Es  ist  das  also  ein  Beispiel  für  eine  Subtraktions- 
farbe. Oder:  CC  578  mpR  +  mpB.  Die  betrettende  Blüte  hatte 
einen  rotvioletten  Ton,  der  dem  Tone  578  im  CC  entspricht;  das 
Mesophyll  w^r  farblos .  die  Papillen  enthielten  keine  Carotin- 
körnchen ;  es  gab  aber  zweierlei  Papillen ,  welche  bunt  durchein- 
ander gemischt  vorkamen,  und  zwar  solche  mit  rotem  Anthocyan 
und  solche  mit  blauem  Anthocyan.  Dieser  Fall  ist  ein  Beispiel  für 
eine  Additionsfarbe.  Ich  habe  an  dem  mir  zur  Verfügung  stehenden 
Materiale  im  ganzen  folgende  Farbtöne  festgestellt,  deren  anatomische 
Grundlagen  in  folgender  Tabelle  durch  Formeln  beschrieben  sind. 

CC 
Rot  ...       2     mPR 

„      ...     32     mPR  -f  mPG 
Rotorange      (52     MPR 
Orangegelb  178C  mpg 
178D  mpG 
Gelb  '.     .     .  211     MPa 


Blauviole 

tt  453 

„ 

463 

mpB 

7! 

470 

n 

477 

mpB 

V 

478 

mpR  -j-  mpB 

n 

481 

482 

» 

487 

Violett  . 

.  501 

Kleine  Mitteilungen. 


351 


cc 

Violett . 

.  502     mpB,  —  mpR  +  mpB 

» 

503 

n    ■ 

504 

n 

506 

n 

507 

5? 

526 

■n 

527     mpR  +  mpB 

VI 

528     mPR  +  mPB,  —  mpR.  +,mpB,  —  mpR 

n 

530     mpR  +  mpB 

J) 

531 

n 

532 

n 

534 

w 

536 

» 

537     mPa  +  mPR 

17 

542 

Violettrot 

.  551     mpE,  +  mpG,  —  mpK 

n 

552     mpE,  +  mpB,  —  mpR 

« 

553     mpE  +  mpB 

» 

563     mpß  +  mpB  +  mpG 

)j 

555     mPR,       MPR  +  MPB 

n 

556 

n 

557     MPR,  —  mpR  +  mpG,  —  mpR 

n 

558    mpR,  —  MPR  +  MPB 

ii 

562     mpR 

n 

563     MPR  +  MPa 

« 

567     mpR 

r 

571     MPR  +  MPa 

15 

577     MPR  +  MPa  +  MPG,      mpR  +  mpB,      mPR,      mpR 

?? 

578     mpR  +  mpB,  —  MPR  +  MPB,  —  mBR,  —  mpR 

?) 

579 

)I 

580     mPR  +  mPB,        MPR,        mpR 

« 

582     mPa  +  mPR 

J) 

587     mpR 

Aus  'der  Tabelle  geht  hervor,  daß  ein  und  derselbe  Farbton  bei 
verschiedenen  Pflanzen  auf  verschiedene  Weise  Zustandekommen  kann. 
Zum  Beispiel  der  Ton  528.  Bezüglich  der  Feststellung  des  Farben- 
tones nach  dem  CC  möchte  ich  bemerken,  daß  auch  diese  Messung, 
wie  jeder  vom  Menschen  durchgeführte  Vergleich,  Fehlerquellen  be- 
sitzt. Wollten  wir  uns  ganz  präzise  ausdrücken,  so  müßten  wir  sagen : 
Am  Tage  der  Untersuchung  hatte  die  untersuchte  Blüte,  im  auf- 
fallenden diffusen  Lichte  mit  den  Tönen  des  CC  von  einer  bestimmten 
Person  verglichen,  mit  dem  Tone  x  eine  größere  Ähnlichkeit,  als 
mit  allen  anderen  Tönen  dieses  CC. 


352 


Kleine  Mitteilungen. 


Abgesehen  von  Beleuchtungsschwankungen,  von  Verscliiedenheiten 
des  individuellen  Unterscheidungsvermögens  verschiedener  Beob- 
achter  usw.  zeigt  es  sich  auch ,  daß  die  verschiedenen  Blüten  einer 
Pflanze  einander  im  Farbton  zwar  sehr  ähnlich  sind,  aber  durchaus 
nicht  absolut  gleich  zu  sein  brauchen,  das  verschiedene  Alter  spielt 
dabei  auch  eine  Eolle,  ebenso  wie  die  Beleuchtungsverhältnisse, 
welchen  die  Pflanze  zur  Zeit  des  Aufblühens  ausgesetzt  war.  Die 
Bezeichnung  mit  einer  bestimmten  Zahl  des  CC  kann  also  nur  eine 
Bezeichnung  für  eine  große  Ähnlichkeit,  nicht  aber  für  absolute 
Gleichheit  der  Blütenfarbe  mit  dem  angegebenen  CC-Ton  sein.  Dies 
zur  Kritik  der  Fehlergrenzen  des  Verfahrens. 

Bei  den  Versuchen .  schwebte  mir  die  Kombination  mPB  oder 
MPB  vor,  d.  h.  Carotin  in  den  Papillen  und  darüber  eine  blaue  Farb- 
stofiPlösung.  Da  Gelb  und  Blau  komplementäre  Farben  sind,  war  eine 
große  Annäherung  an  Schwarz  bei  einer  solchen  Kombination  zu  er- 
warten. Mit  andern  AVorten:  Das  blaue  Anthocyan  absorbiert  bei 
einer  solchen  Kombination  einen  Teil  des  spektralen  Lichtes ,  da& 
darunterliegende  Gelb  absorbiert  einen  weiteren  Teil  des  spektralen 
Lichtes,  und  zwar  gerade  den,  welchen  das  Anthocyan  übriggelassen 
hat;  der  Erfolg  muß  daher  der  sein,  daß  im  gedachten  Idealfalle  alle 
für  unser  Auge  wirksamen  Lichtstrahlen  von  einem  solchen  Blumen- 
blatt absorbiert  werden ,  das  Blumenblatt  daher  "schwarz  erscheinen 
muß.  Ohne  die  Zahl  der  Bastardierungen,  die  ich  durchgeführt  habe, 
alle  im  Detail  zu  besprechen,  möchte  ich  kurz  berichten: 

Die  Bastardierung  Nr.  32  (( 
blau)  ergab  in  ihrer  F^  folgende  Farbentöne: 

Violett       Pflanze  Nr. 


Violettrot 


563  MPR  +  MPa)  ><  Nr.  23  (CC  501 

CtX   kJ\Z 

CC 

181 

527 

mpR  +  mpP 

179 

528 

mpE. 

173 

528 

mpR 

171 

528 

mpR  +  mpB 

214 

528 

211 

551 

. 

147 

551 

172 

552 

mpR 

182 

552 

mpR  +  mpB 

169 

553 

mpR,  +  mpB 

175 

554 

168 

555 

MPE  -f  IkIPB 

228 

557 

167 

558 

MPK  -f  MPB 

213 

577 

170 

578 

mPß 

176 

578 

mPR      . 

Violett 


Kleine 

Mitteilun 

gen. 
CC 

- 

Pflanze  Nr.  177 

578 

mpE  +  mpB 

» 

.    178 

578 

mpR 

n 

.,    180 

578 

mpE 

•.1 

:,        212 

578 

51 

.,    224 

579 

J) 

„     174 

580 

MPR 

M 

:m—    3 

:12 

P 

:  p  — .5 

:10 

P    . 

:p-    7 

:     8 

E 

:  r  =15 

:    0 

Farbe 

:  a  —  15 

i:   0 

353 


Die  Pflanzen  Nr.  167  und  168  zeigten  nun  die  gewünschte  Kom- 
bination. Pflanze  Nr.  167  hatte  einen  sehr  dunklen  „  aschvioletten " 
Ton  mit  schwarzen  Partien.  Das  'Resultat  der  mikroskopischen 
Untersuchungen  ergab  die  Formel  MPR  +  MßP.  Es  handelte  sich 
also  um  eine  Additionswirkung  zweier  Subtraktionsfarben ;  die  Partien 
des  Blumenblattes,  bei  welchen  Carotin  unter  rotem  Anthocyan  vor- 
herrschten, zeigten  einen  ins  Violette  spielenden  Ton;  die  Partien, 
und  das  ließ  sich  durch  die  mikroskopische  Untersuchung  einwand- 
frei feststellen,  welche  Carotin  unter  blauem  Anthocyan,  also 
die  gewünschte  Kombination  zeigten,  waren  schwarz,  und  zwar  nicht 
tiefschwarz,  sondern  von  einem  Ton,  der  etwa  dem  Schwarz  von  ge- 
stoßenem Koks  entspricht. 

Pflanze  Nr.  168  hatte  ebenfalls  einen  dunklen  aschvioletten  Ton, 
mit  schwärzlichen  Partien.  Die  Annäherung  an  die  gewünschte  Ge- 
samtwirkung war  in  diesem  Falle  zwar  auch  vorhanden,  die  in  ge- 
ringerer Menge  auftretenden  blauen  Papillen  ließen  aber  den  violetten 
Ton  der  vorherrschenden  MPR  Partien  mehr  hervortreten.  Mithin 
ist  es  gelungen ,  eine  Farbenkombination  künstlich  hervorzurufen, 
welche  unserem  Auge  als  schwarz  erscheint ;  die  bisherigen  Resultate 
sind  eine  Annäherung  an  den  Idealfall,  der  durch  die  Formel 
M(oder  m)Pß  gegeben  ist. 

Folgende  theoretische  Überlegung  bilde  den  Abschluß  unseres 
Versuchsberichtes. 

Das,  was  Avir  auf  Grund  unseres  Sinneseindruckes  ., Farbe"  eines 
Blumenblattes  nennen,  ist  ein  komplexes  Phänomen,  das  in  seiner 
Realität  der  Gesamtheit  des  Zusammenwirkens  mehrerer  Ursachen- 
komplexe entspricht.  Soweit  unsere  heutigen  Kenntnisse  reichen,, 
lassen  sich  diese  Ursachenkomplexe  in  drei  Gruppen  ordnen: 

1.  Die  chemische  Natur  der  Vorgänge,  welche  die  Bildung  der 
Farbstoffe  verursachen. 


354  Kleine  Mitteilungen. 

In  der  sehr  übersichtlichen  Zusammenstellung  von  Sc  hiemann') 
ist  der  gegenwärtige  Stand  des  Wissens  auf  diesem  Gebiete  nieder- 
gelegt. Man  weiß  heute,  daß  es  im  wesentlichen  zwei  Gruppen  von 
Farbstoffen,  die  bei  der  Bildung  der  Blütenfarben  in  Betracht 
kommen,  gibt:  ].  Die  Anthozyanine  (Anthocyan)  und  Anthoxantine 
(gelbe  Farbstofflösungen),  diese  kommen  gelöst  im  Zellstoff  vor. 
2.  Die  plastischen  Pigmente  (Chlorophyll,  Xantophyll,  Carotin). 

Die  Grundlage  zur  Farbbildung  überhaupt  ist  das  Vorhandensein 
eines  Glukosids  -)  (bei  einschlägigen  Erblichkeitsexperimenten  B  Grund- 
faktor für  Farbe  überhaupt).  Ufii  eine  Farbe  zu  liefern,  muß  nun  zu- 
nächst ein  gukosidspaltendes  Enzj-m  die  Bildung  eines  Chromogens 
bei  gleichzeitiger  Abspaltung  von  Zucker  veranlassen  (Faktor  C  der 
B au r  sehen  Experimente)^).  Aus  dem  Chromogen  gehen  durch 
Wirkung  verschiedenerlei  Oxydasen  (Faktoren  FRML  Baurs)  ver- 
schiedene Anthokyane  hervor. 

Trotz  mancherlei  Schwierigkeiten  haben  moderne  chemische  Unter- 


0° 


suchungen  doch  eine  Vorstellung  ermöglicht,  welche  chemischen  Pro- 
zesse die  Entstehung  der  Farben  ermöglichen  und  wie  man  diese 
chemischen  Prozesse  mit  gewonnenen  genetischen  Erfahrungen  ver- 
binden kann. 

2.  Die  physikalischen  Grundlagen  der  Blütenfärbung. 

Ich  glaube ,  daß  aus  dem  Vorstehenden  genugsam  hervorgeht, 
daß  bei  Vorhandensein  eines  und  desselben  Farbstoffes  resp.  einer 
und  derselben  Farbstoffkombination  der  Eindruck  auf  unser  Auo^e 
doch  verschieden  sein  kann,  je  nach  der  Anordnung  der  Farben 
(nebeneinander  —  Additionsfarbe,  übereinander  —  Subtraktionsfarbe) 
und  den  anatomischen  Konstruktionsvariationen  des  Blumenblattes 
(Kurvenpapillen  —  Samtglanz,  matte  Farbe  —  Kuppelpapillen).  Die 
Arbeit  Exners  gibt  uns  hierfür  die  nötigen  Grundlagen,  Für  die 
Gartenprimel  habe  ich  im  obigen  den  experimentellen  Beweis  ge- 
liefert, daß  diese  Auffassung  richtig  ist.  Wir  haben  also  erst  dann 
das  Phänomen  der  Blütenfarbe  vollständig  erfaßt,  wenn  wir  auch 
diese  Ursachengruppe  in  den  Kreis  unserer  Beobachtungen  ziehen. 

3.  Optisch  physiologische  Ursachenkomplexe*). 
Gregory^)  deutet  in  einer  Anmerkung  S.  104  seiner  Arbeit  eine 


')  E.  Schiemann:  „Neuere  Arbeiten  über  die  Bildung  der  Blütenfarbstoffe." 
Sammelreferat  in  Zeitschrift  für  induktive  Abstammungs-  und  Yererbungslehi-e, 
Bd.  XIV,  S.  80  ff. 

2)  Whel  da  Ische  Hypothese. 

')  E.  Baur:  „Vererbungs-  und  Bastardierungsversuche  mit  Anthyi-rhinum." 
Zeitschrift  für  induktive  Abstammungs-  und  Vererbungslehre,  Bd.  III,  S.  34  ff. 

*)  Vgl.  A.  Höfler:  „Psychologie",  1897,  S.  108 ff. 

^)  A.  P.  Gregory:  „Experiments  with  Primula  sinensis."  Journal  of  Gene- 
tics.  Vol.  1.  Nr.  2,  1911. 


Kleine  Mitteilungen.  355 

Scliwierig'keit  der  Farbbeurteilung  an,  die  in  dem  nahen  Nebeneinander 
verschieden  gefärbter  Farbpartien  bei  den  „Sirdars"  liegt.  Es  ist  kein 
Zweifel,  daß  Erscheinungen  von  simultanen  Kontrasten  bei  gestreiften 
und  gefleckten  Blüten  vorkommen  können,  wie  auch  sukzedane  Kontrast- 
wirkungen bei  vergleichenden  Betrachtungen  niclit  außer  dem  Be- 
reiche der  Möglichkeit  liegen.  Ich  liabe  bei  meinen  Versuchen,  die 
ja  ein  eng  begrenztes  Ziel  hatten,  von  ganz  vereinzelten  Fällen  ab- 
gesehen, nur  ganzfarbige  Formen  vor  mir  gehabt,  auch  wurde  die 
Farbe  des  Saftmales,  „Auge  der  Primel",  nicht  näher  berücksichtigt. 
Ich  habe  bisher  persönliche  Erfahrungen  über  Störungen  des  physio- 
logischen Farbeindruckes  durch  das  Nebeneinander  und  Nacheinander 
verschiedener  Farbeindrücke  nicht  gesammelt,  halte  es  aber  der  Voll- 
ständigkeit halber  für  notwendig,  auch  diesen  Ursachenkomplex  des 
Zustandekommens  dessen,  was  wir  Farbe  nennen,  zu  erwähnen.  Das 
Zusammenwirken  aller  dieser  drei  Ursachenkomplexe  ergibt  dann  den 
endgültigen  Farbeindruck. 

Zur  Erforschung  der  Genetik  der  Blumenfarben  kann  natur- 
gemäß die  Frage  nicht  so  liegen:  wie  vererbt  sich  die  rote,  blaue, 
violette  Blütenfarbe  usw.,  denn  die  „rote  Blütenfarbe"  ist  als  solche 
im  Blumenblatte  nicht  gegeben,  es  ist  der  Ausdruck  für  den  spezi- 
fischen Sinneseindruck,  den  uns  ein  großer  Ursachenkomplex  in  seiner 
Gesamtheit  vermittelt;  die  Frage  kann  nach  dem  derzeitigen  Stande 
der  Kenntnisse  nur  so  lauten: 

Wie  vererben  sich  die  Bedingungen  des  Auftretens  eines  be- 
stimmten  Anthocyans  in  einer  Zelle ,  wie  vererben  sich  die  Be- 
dingungen des  Auftretens  von  Carotin  in  einer  Zelle ,  wie  vererben 
sich  die  Bedingungen  des  Auftretens  von  verschieden  gefärbten  Zellen 
(Additionsfarbe),  wie  vererben  sich  die  Bedingungen  des  Auftretens 
von  bestimmten  Konstruktionsvariationen  des  optischen  Apparates  im 
Blumenblatte?  Da  ich  auf  Grund  meines  Materiales  mir  bisher  ein 
Urteil  über  die  Beantwortung  dieser  Fragen  bezüglich  der  Garten- 
primel  noch  nicht  erlauben  zu  können  glaube,  möchte  ich  auf  die 
wertvollen  Untersuchungen  Gregory s  zurückgreifen,  unter  der,  dem 
natürlichen  Menschenverstände  einleuchtenden  Annahme,  daß  bei  der 
Gartenprimel  die  genetischen  Verhältnisse  ähnlich  sein  dürften,  wie 
bei  Primula  sinensis.  Gregory  findet  für  Primula  sinensis  zwei  Grund- 
faktoren für  Farbe ,  ß  Rotfaktor  (vielleiclit  dem  Chromogen  ent- 
sprechend), C  Aktivierungsfaktor  (vielleicht  der  Oxydase  entsprechend), 
blau  fand  er  immer  rezessiv,  ein  Verhalten,  das  ich  für  mein  Ver- 
suchsobjekt bestätigen  kann;  wie  sich  die  verschiedenen  Hemmungs- 
formen in  die  präzisierte  Fragenstellung  einfügen  werden  und  ob  sie 
in  analoger  Weise  bei  der  Gartenprimel  nachweisbar  sein  werden, 
läßt  sich  derzeit  noch  nicht  sagen.  Die  Tatsache,  daß  Gregory 
für  „Magenta"  beispielsweise  einen  Vererbungsmodus  fand,  der  nicht  in 


356  ■        Kleine  Mitteilungen. 

allen  Experimenten  der  gleiche  war,  deutet  darauf  hin,  daß  der  so 
bezeichnete  Farbenton  bei  den  verschiedenen  Varietäten  vielleicht 
physikalisch  verschieden  verursacht  wird,  eine  Vermutuno;,  die  durch 
meine  Untersuchung  der  Farbtöne  an  Gartenprimeln  gestützt  wird. 
Aus  meinen  Experimenten  kann  ich  derzeit  folgende  Schlüsse  ziehen : 
Bei  Bastardierung  von  Formen,  deren  Epiblemzellen  keine  Farbstolf- 
lösung  enthalten,  mit  Fprmen,  deren  Epiblemzellen  FarbstotFlösung 
enthalten,  trat  ausnahmslos  Farbstolflösung  auf.  Das  A^orhandensein 
von  Farbstolflösung  ist  also  dominant  über  das  Fehlen  derselben. 
Rote  Papillen  haben  sich  in  Übereinstimmung  mit  den  Befunden 
Gregorys  als  dominant  über  andere  Farbtöne  des  Anthocians  ge- 
zeigt. Das  Vorhandensein  einer  gelben  Lösung  scheint  rezessiv  gegen- 
über dem  Fehlen  gelber  Lösung  zu  sein.  Blaues  Anthocyan-  hat  sich 
als  rezessiv  gegenüber  anderen  Farbabstufungen  gezeigt. 

Die  in  dieser  Arbeit  gegebenen  Daten  sind  die  ersten  Resultate 
einer  Arbeitsrichtung,  die  ich  für  das  Studium  der  Blütenfarben  ein- 
geschlagen habe ;  der  praktische  Erfolg  der  Züchtung  von  annähernd 
schwarzen  Formen  schien  mir  eine  Publikation  der  bisherio-en  Resul- 
täte  in  dieser  Zeitschrift  zu  rechtfertia:en. 


"Wicke  mit  linsen förmig^en  Samen. 

4 

Von  Prof.  C.  Fruwirth.  —  Wien. 

(Mit  1  Abbil.tuiig.) 

Auf  der  Zentralstelle  der  Züchtervereinigung  N  o  1  c  u.  v.  D  r  e  g  e  r 
in  Chlumetz  a.  C.  war,  in  dem  dort  von  ihrem  Leiter  und  Besitzer 
A.  V.  D  r  e  g  e  r  geschaffenen  botanischen  Garten,  bei  der  Aufarbeitung 
der  Ernte  eines  Linsenbeetes,  im  Winter  1919/20,  eine  abweichende 
Pflanze  gefunden  worden.  Dieselbe  hatte  Hülsen  wie  die  "Wicke,  aber 
die  Samen  waren  flach,  gelblichgrün  und  jenen  der  Linse  dem  Äußeren 
nach  vollkommen  gleich.  Die  Linsensaat,  in  welcher  die  Pflanze  auf- 
getreten war,  war  gewöhnliche  Handelssaat  der  Linse ,  von  welcher 
ich  1919  eine  Probe  von  Herrn  Direktor  Reif  von  der  „Planta" 
erhalten  hatte. 

Da  die  Vermutung  aufgetaucht  war,  daß  es  sich  bei  der  fraglichen 
Pflanze  um  die  Folge  einer  Bastardierung  von  Wicke  mit  Linse  han- 
deln könnte,  wurde  mir  die  Pflanze  vorgelegt  und  die  Samen  derselben 
wurden  1920  in  Chlumetz  gesät.  Die  Ernte  1920  ergab  in  Chlumetz, 
nach  freundlicher  brieflicher  Mitteilung  von  Major  v.  DregerM,  daß 
alle  Pflanzen  der  fraglichen  Abstammung,  wovon  ich  mich  im  Sommer 
1920  auch  überzeugt  hatte,  wie  AVicke  aussahen  und  daß  sie  wieder 

')  Vom  21.  August  1920. 


Kleine  Mitteilungen.  357 

■einheitlich  linsenförmige  Samen  gebracht  hatten,  während  alle  Linsen- 
pflanzen der  gleichen  Herkunft  wieder  normale  Linsenpflanzen  ge- 
liefert hatten.  Bei  einer  Kochprobe  von  Samen  der  fraglichen  Pflanze 
wurde  der  Geschmack  weniger  fein  als  bei  Linsen  gefunden;  kein 
bitterer  Geschmack  bemerkt. 

Die  wohl  erste  Mitteilung  über  angebliche  Wicken — Linsenbastarde 
machte  "Wiegmann.  Focke  führt  dieselbe  Avie  folgt  an  —  die 
•OriginalmitteilungWiegmanns  stand  mir  nicht  zur  Verfügung: — :  „Wieg- 
mann säte  Vicia  sativa  und  Ervum  lens  durcheinander,  suchte  von 
den  geernteten  Wicken  die  stärker  abgeplatteten  und  fahl  gefärbten 
Samen  aus  und  erhielt  daraus  eine  Rasse  mit  platten  fahlen  Samen. 
Die  Linsen  hatten  im  folgenden  Jahr  ein  etwas  röter  gefärbtes  Fähn- 
chen ^)."  „Aus  den  modifizierten  Wicken  erzog  Wiegmann  eine  Wicken- 
sorte mit  linsenähnlichen,  weißgelblichen,  fast  platten  Samen  ^)". 
Gärtner  hatte  einen  der  vermeintlichen  Bastarde  erhalten,  fand  die 
ausgeernteten  Linsen,  „Kichern"  auch  hi  der  zweiten  Generation  kon- 
stant, und  bezweifelte  schon  ihre  Bastardnatur  ^).  Ihm  war  auch  die 
Ansicht  mancher  Landwirte  zu  Ohren  gekommen,  daß  aus  Linsen- 
samen gelegentlich  Wicken  entstehen  und  in  kühlen,  naßkalten 
Sommern  Linsen  in  Wicken  übergehen.  Letzteres  ist  eine  ähnliche 
Ansicht ,  wie  sie  selbst  kürzlich  wieder  —  nach  20  Jahren  Tätigkeit 
der  Saatzuchtabteilung  —  lange  unwidersprochen  in  den  „Mitteilungen 
der  Deutschen  Landwirtschafts-Gesellschaft"  auftauchte.  Diesmal  war 
•es  Winterhafer,    der  sich  über  Winter  in  Trespe  verwandelt  hatte ^). 

Wicken  mit  linsenförmigem  Samen  begegnete  ich  in  diesem  Jahr 
nur  noch  von  drei  Orten.  Der  Direktor  der  ungarischen  Pflanzen- 
Zuchtanstalt  zu  Magj^arovär  sandte  mir  neben  einer  Probe  einer 
Ware,  die  als  Linse  siebenbürgischer  Herkunft  geht,  eine  Samenprobe 
einer  Form,  die  Professor  Legany  „durch  Staudenauslese"  gewonnen 
imd  Linsenwicken  genannt  hatte.  Professor  Legany,  der  jetzt 
Generaldirektor  der  Hatvaner  Pflanzenzüchtungs  -  Aktiengesellschaft 
ist,  war  so  gütig,  mir  ein  Muster  der  Ausgangspopulation  zu  senden, 
aus  welcher  die  Auslese  stattgefunden  hatte.  Er  berichtet  weiter 
aus  Hatvan  über  die  Entstehungsgeschichte  wie  folgt*): 

„Was  die  Abstammung  der  Pflanze  betrifft,  habe  ich  die  Ehre  von 
selber  folgendes  zu  berichten:  Ln  Jahre  190(),  als  ich  Professor  des 
Pflanzenbaues  der  landwirtschaftlichen  Akademie  in  Magyarövär  war, 
haben  wir  auf  unserem  Versuchsfelde  Linsen,  Wieken  und  andere 
Hülsenfrüchte  zwecks  Vorstellung  für  die  Hörer  nebeneinander  gebaut, 

1)  Pflanzenmischlinge  1881,  S.  515. 

2)  Versuche  und  Beobachtungen  über  Bastardei-zeugung  im  Pflanzenreich, 
S.  80—87  und  135. 

=')  Mitt.  d.  D.  landw.  Ges.  1920. 
*)  Brief  vom  2.  April  1920. 


358 


Kleine  Mitteiluugen. 


und  auf  der  Linsenparzelle  fand  ich  ein  bis  zwei  Pflanzen,  die  äußer- 
lich der  Wicke  ähnlich  waren;  nachdem  ich  diese  zwei  aulfallend 
abweichenden  Pflanzen  bezeichnet  und  jede  für  sich  geerntet  hatte, 
fand    ich    in   vielsamigen    Schoten    der  Linse    ähnlichen  Samen.     Den 


Ge-w*öhnliche  Wicko,  2  :  1. 


Wicke  mit  linsentorniigen  Samen,  2:1. 


gewonnenen  Samen  nächstes  Jahr  wieder  angebaut,  fand  ich,  daß  die 
Pflanzen  bezugs  ihrer  äußeren  Eigenschaften  keine  besonderen  Ab- 
weichungen zeigten,  doch  um  so  mehr  unterschieden' sich  voneinander 
die  Samen  der  o-ewonnenen  Pflanzen.  Durch  zwei  bis  drei  Jahre 
vermehrte  ich  den  Samen,  doch  ließ  meine  spätere  anderweitige  Ein- 
teilung, als  auch  der  Weltkrieg  meine  diesbezüglichen  Arbeiten  nicht 
fortsetzen,  bis  ich  vor  zwei  Jahren  die  Direktion  der  Hatvaner  Samen- 


Kleine  Mitteilungen.  359 

zueilt  A,-G.  angenommen,  das  Material  wieder  hervorgeholt  und  aus 
demselben  30  Stämme  ausgewählt  habe.  Viel  Erfolg  damit  habe  ich 
bis  jetzt  noch  nicht  gehabt.  Die  30  Stämme  unterscheiden  sich  so- 
wohl in  äußerer  Form,  besonders  aber  in  ihren  Samen  voneinander, 
da  zwischen  ihnen  gerunzelt-,  glatt-,  flach-,  rund-,  hell-  und  dunkel- 
samige  Pflanzen  vorkommen. 

Die  Pflanze  selbst  ist,  wie  ich  erwähnt  habe,  der  Wicke  ähnlich, 
die  Schoten  sind  sieben-  bis  achtsamig,  nicht  ein-  bis  zweisamig,  wie 
bei  der  Linse.  Als  Futterpflanze  habe  ich  sie  noch  nicht  erprobt, 
doch  beabsichtige  ich,  sie  auch  in  dieser  Hinsicht  zu  beobachten. 
Bei  der  Benützung  der  Samen  zu  Speisezwecken  habe  ich  mich  schon 
überzeugt,  daß  derselbe  die  guten  Eigenschaften  der  gewöhnlichen 
Linsen  nicht  zeigt.  Sie  kochen  sich  schwer  (bei  Zugabe  von  Soda- 
bicarbona  zum  Kochwasser  leichter)  und  sind  etwas  bitterlichen  Ge- 
schmackes, was  ich  mit  der  Züchtung  zu  beseitigen  versuche.  Die 
bisher  stehenden  30  Typen  sind  jetzt  dreijährig,'  und  so  kann  ich  von 
ihnen  noch  kein  Urteil  abgeben.  Was  ich  nämlich  von  der  Brauch- 
barkeit des  Samens  geschrieben  habe,  bezieht  sich  auf  das  Grund - 
material,  von  welchem  ich  dieses  Jehr  eine  größere  Anzahl  Mutter- 
pflanzen auszuwählen  beabsichtige." 

Bei  einem  Besuch  der  Pflanzeijzuchtstätte  Loosdorf  im  Sommer 
1920  zeigte  mir  Direktor  Schreyvogl  ein  Beet  mit  Wicken,  welche 
offenbar  auch  der  gleichen  Form  wie  die  von  Chlumetz  erwähnte 
Pflanze  und  die  Wicke  mit  linsenförmigen  Samen  aus  Siebenbürgen 
und  die  „Linsenwicke"  Prof.  Leganys  angehören.  Direktor  Schrey- 
vogel  hatte  Pflanzen  derselben  schon  ein  Jahr  vorher  aus  Handels- 
waare  von  Linse  ausgelesen,  die  er  von  der  Kriegsgetreideverkehrs- 
anstalt  erhalten  hatte  und  die  aus  dem  Osten  stammte.  Die- 
erwachsenden  Linsenpflanzen  geben  ihm  wieder  Linsen,  die  Wicken- 
pflanzen wieder  AVicken,  aber  eben  mit  linsenförmigen  Samen '). 

Der  Anbau  der  aus  Ungarn  stammenden  Proben  in  meinem  Zucht- 
garten ergab  bezüglich  der  Form  der  Samen  das  folgende :  Die  Popu- 
lation, welche  Prof.  Legany  gesendet  hatte,  zeigte  insofern  das 
gleiche  Bild  wie  die  Probe  „siebenbürgische  Linse"  und  die  Probe 
der  aus  Maggarovär  erhaltenen  Züchtung  ,, Linsen wicke",  als  in  allen 
drei  Proben  drei  Typen  von  Samen  vorhanden  waren  und  zwar  Samen: 

1.  Der  gewöhnlichen  Form  der  Wickensamen  entsprechende,  die 
im  Umriß  eckiger,  wie  die  Samen  der  zwei  anderen  Formen  und 
dicker  wie  diese  sind  (2,8 — 3,1  mm  dick,  5  :  5,4  mm  mittlere  Durch- 
messer, 100  Stück  7,5  g). 

2.  Der  Foim  der  Linsensamen  entsprechende,  die,  liegend,  im 
Umriß  kreisförmig  oder  kaum  gedrückt  kreisförmig,  stärkst  abgeplattet 


')  Brief  vom  25.  August  1920. 


360  Kleine  Mitteilungen. 

und  am  dünnsten  unter  den  drei  Formen  sind  (2,1 — 2.4  dick,  5,2  : 5,4  mm 
mittlere  Durchmesser,  100  Stück  4,9  g).  ' 

3.  Wesentlich  kleinere  und  bauchigere  Samen,  die  —  hegend  — 
im  Umriß  kreisförmig  sind,  an  jene  der  eiubUitigen  Erve  Vicia  monantha 
I)csf.  erinnern,  aber  kleiner  als  diese  sind  (2.5^ — 2,8  mm  dick.  4.5  : 4.5  mm 
mittlere  Durchmesser,  100  Stück-  4.1  g). 

Die  Samen  aller  drei  Formen  zeigten  grünlichgelbe  Färl)ung  der 
Samenhaut,  etwas  grünlichere  als  sie  meist  hellgefärbte  Liusensamen 
aufweisen  (code  de  couTeurs  von  Klincksieck  und  de  Valette 
Nr.  188,  193,  198  entsprechend). 

Die  Form  2  war  in  der  Züchtung  o-anz  wesentlich  häufiger, 
Form  1  in  derselben  sehr  selten.  Auch  in  der  „siebenbürgischen 
Linse''  war  die  Form  noch  häufiger,  erheblich  seltener  in  der  Popu- 
lation. Innerhalb  je  einer  Pflanze  war  die  Samenform  einheitlich, 
das  heißt  es  waren  innerhalb  einer  Pflanze  nur  Samen  eines  der 
drei  Typen  vorhanden. 

Der  Anbau  eines  Samens  der  in  Chlumetz  beobachteten  Pflanze 
gab  mir  nur  Samen  von  Typus  2. 

Die  übrigen  Erscheinungen  der  Pflanzen,  sowohl  der  aus  Ungarn 
stammenden .  als  der  aus  Chlumetz  stammenden .  waren  durchweg 
solche,  wie  sie  die  Wicke  zeigt^  Ln  Aufbau  der  Pflanze:  Zurück- 
bleiben der  zuerst  gebildeten  Achse  und  darauffolgende  reichliche 
Seitenachsenbildung  von  der  Basis  derselben,  Anordnung  der  Blüten 
an  ein-  bis  zweibiütigen  Stielen ,  glichen  die  Pflanzen  der  Wicke ; 
Farbe  der  Blüten ,  Kelchbau  und  Griffelbehaarung  waren  wie  bei 
Wicke.  Die  Nebenblätter  waren  halbnierenförmig ,  ungleich  ein- 
geschnitten gezähnt,  mit  purpurnem  Fleck  versehen,  die  Hülse  war 
kurzflaumig,  lang,  abstehend,  sechs-  bis  achtsamig,  alles  wie  bei  Wicke. 
Bei  den  Samen  war,  abgesehen  von  ihrer  Form,  auch  nichts  zu  finden, 
was  sie  von  solchen  der  Wicke  unterschieden  hätte. 

Im  anatomischen  Bau  der  Samenhaut  unterscheiden  sich  Wicke 
und  Linse  sehr  undeutlich  voneinander ,  äußerlich  zeigt  die  Wicke 
ein  etwas  weniger  ausgeprägtes  Strophiolum  und  einen  etwas  breiteren 
Nabel  als  die  Linse,  beide  Merkmale  waren  auch  bei  den  Samen  der 
untersuchten  Formen  zu  finden.  Harz  sagt,  daß  der  Nabel  bei  der 
Linse  kürzer  ist  als  bei  der  Wicke ;  diesen  Unterschied  konnte  ich 
auch  bei  typischen  Wicken-  und  Linsensamen  nicht  finden.  Die 
Pflanzen  erwiesen  sich  demnach  ausgesprochen  als  Wickenpflanzen, 
und  auffällig  war  nur  die  an  die  Linse  erinnernde  Form  und  allen- 
falls Färbung  der  Samen.  Was  die  Form  betrifft,  so  ist  mir  aller- 
dings eine  Wicke  mit  so  flachen  Samen  nicht  untergekommen,  grün- 
liche und  gelbliche  Färbungen  liommen  allerdings  vor,  wenn  auch 
die  häufigst  gebauten  Formen  dunkle  Farbe  zeigen.  A 1  e  f e  1  d ,  der 
gerade  die  Hülsenfruchter  besonders  eingehend  systematisch  bearbeitet 


Kleine  Mitteilungen.  361 

tat,  führt  auch  keine  Form  an,  welche  mit  der  besprochenen  sich 
•decken  würde.  Seine  Form  chlorosperma  kommt  näher:  „grüngelb, 
komprimiert",  aber  das  „etwas  länglich  meist  gestutzt"  stimmt  nicht  ^). 

Gegen  die  Annahme ,  daß  bei  der  in  Chlumetz  aufgefundenen 
Form  das  Ergebnis  einer  Bastardierung  zwischen  Linse  und  Wicke 
vorliegt,  spricht  eigentlich  alles.  Zunächst  gelingt  eine  künstliche 
solche  Vereinigung  —  wie  mir  in  diesem  Jahr  vorgenommene  Ver- 
suche zeigten  —  nicht,  v.  Tschermak  war  die ,  gleichfalls  von 
Wie  gm  an  behauptete,  Bastardierung  Erbse  x  Linse  auch  nicht  ge- 
lungen. Bei  seinen  Versuchen  war  dabei,  so  wie  bei  den  meinigen 
mit  Wicke  und  Linse,  auch  keine  Fruchthüllenbildung  eingetreten, 
■während  er  bei  der  Bastardierung  Erbse  x  Platterbse  in  einigen  Fällen 
3 — 4  cm,  in  einem  Fall  selbst  5  cm  lange  Hülsen  erhielt,  die  aller- 
dings ohne  Samen  waren  ^). 

Auffallend  wäre  es  auch  für  eine  Bastardierung,  daß  die  erste 
Generation  einer  solchen ,  wie  sie ,  der  Vermutung  nach ,  in  der  in 
Chlumetz  aufgefundenen  Pflanze  gegeben  gewesen  wäre ,  keinerlei 
Abänderung  der  äußeren  Erscheinung  der  Wickenpflanze  zeigt,  ebenso 
die  Pflanzen  der  zweiten  Generation  einfach  Wicken  waren  und  ledig- 
lich die  Samenform  das  Abweichende  war.  Endlich  daß,  was  ja  damit 
schon  gesagt  ist,  in  der  zweiten  Generation  keinerlei  Formengemisch 
auftauchte;  die  Form  blieb  von  ihrer  Auffindung  ab  konstant,  so  wie 
dieses  auch  bei  den  von  Wiegmann  und  Legany  aufgefundenen 
der  Fall  war.  Bei  der  Auffindung  der  Pflanze  in  Chlumetz  hatte  ich 
auch  an  die  Möglichkeit  einer  spontanen  Variation  gedacht,  wie  ich 
solche  ja  bei  Ausschluß  von  Fremdbestäubung  bei  meinen  Versuchen 
zur  Wirkung  der  Auslese  mehrfach  beobachtet  hatte  ^).  Das  Auf- 
tauchen der  gleichen  Form  an  zwei  anderen  Orten  und  die  Art  dieses 
Auftauchens  läßt  mich  eine  andere  Art  der  Entstehung  annehmen. 
Die  im  Handel  vorkommenden  Wicken  sind  mit  verschwindenden 
Ausnahmen  Populationen  aus  einer  Reihe  von  schon  äußerlich,  be- 
sonders in  Farbe  und  Form  der  Samen,  unterscheidbaren  Formen- 
Jkreisen.  Dies  ist  bei  Wicken  aus  östlichen  Gebieten  Europas  aus- 
nahmslos der  Fall,  da  Saatgutbau  oder  erst  Züchtung  daselbst  bei 
Hülsenfruchtern  noch  nicht  eingesetzt  hat.  Ich  halte  die  fragliche 
„Linsenwicke"  und  die  ihr  gleichen  anderen  Formen:  siebenbürgische 
„Linse"  und  die  Pflanze  aus  Chlumetz  sowie  die  von  Loosdorf  be- 
obachtete Form,  für  eine  solche  Form  der  gewöhnlichen  Futterwicke 
Vicia  sativa,  die  seit  langem  vorhanden  und  in  Populationen  mit 
anderen  Wickenformen  gemischt  ist.  Die  Ähnlichkeit  der  Samen  der 
fraglichen  Form  mit  jenen   der  Wicke  hat   an   einzelnen  Orten  dazu 

1)  •Landwirtschaftliche  Flora,  1866,  S.  64. 

2)  Ber.  d.  deutschen  botan.  Ges.  1902,  S.  7. 
^)  Zeitschr.  f.  Pflanzenzüchturrg. 

Zeitschrift  für  Pflanzenzüchtung.     Bd.  VII.  23 


362  Kleine  Mitteilungen. 

veranlaßt,  die  Pflanze  selbst  Linse  zu  nennen,  wie  dies,  nacli  Mit- 
teilung Direktor  Graben  OS  bei  einer  aus  Siebenbürgen  stammenden 
Population  der  Fall  war,  die  zum  großen  Teil  Pflanzen  der  fraglichen 
Form  enthält.  Auch  aus  einer  Mitteilung  Rosts  scheint  mir  dieses 
hervorzugehen.  Er  sagt:  „Noch  besser  soll  sich  die  Kultur  der  lang- 
schotigen  Linse  lohnen"  ^).  Das  ist  offenbar  unsere  fragliche  Form, 
denn  eine  echte  Linse,  Ervum  Lens  mit  langen  Hülsen  gibt  es  nicht 
und  die  einblütige  Erve  Vicia  monentha,  die  gemeint  sein  könnte, 
da  sie  auch  oft  unter  der  Bezeichnung  Linse  segelt,  wird  von  Rost 
für  sich  behandelt. 

Hier  war  nur  die  Entstehung  der  Form  zu  besprechen,  da  letztere 
wahrscheinlich  mehrfach  aufgefunden  wird,  nachdem  die  Verhältnisse 
der  letzten  Jahre  Hülsenfruchter  aus  dem  Osten  weit  verbreitet  haben. 
Nebenbei  sei  bemerkt,  daß  die  Form  aus  dem  Grunde  wertvoll  sein 
kann,  weil  sie  auch  gebundenere  Böden  verträgt  und  wohl  überhaujit, 
jedenfalls  aber  auf  solchen,  reichere  Erträge  als  die  Linse  gibt.  Aii 
das  leichte  Bittere  ihrer  Samen   muß  man  sich  allerdings  gewöhnen. 


Xenien  zwischen  Melonen  und  Gurken. 
V^on  J.  Becker, 

Markgraf,  Neusiedl  (N.-Österr.). 

La  der  gärtnerischen  Praxis  nicht  minder  wie  in  gärtnerischen 
Schriften  ist  der  Glaube  weit  verbreitet,  daß  die  gewöhnliche  Garten- 
gurke,  Cucumis  satkus  L. ,  nicht  ungestraft  in  die  Nähe  der  Melone,. 
Cucumis  nielo  L.,  gepflanzt  werden  kann,  und  daß  beide  durch  gegen- 
seitige Befruchtung  einen  höchst  unangenehmen  und  deutlich  wahr- 
nehmbaren Beigeschmack  erhielten.  Außerdem  sollen  die  mit  Melonen- 
blütenstaub befruchteten  Gurken  im  Zuckergehalt  steigen,  während 
umgekehrt  bei  gurkenbestäubten  Melonen  der  Zuckergehalt  erheblich 
sinken  soll.  Es  würde  sich  hier  also  um  Xenien  handeln,  d.  h.  um 
Beeinflussung  einer  Frucht  durch  den  Pollen  einer  anders  gearteten 
Vaterpflanze  anläßlich  einer  Bastardierung.  Um  nun  die  Richtigkeit 
dieser  Ansicht  zu  erproben,  wurden  vom  Berichterstatter,  als  Ergänzung 
anderer,  praktischen  Zwecken  dienender  Gurkenbastardierungen,  auch 
Bastardierungen  zwischen  Gurken  und  Melonen  vorgenommen.  Zur 
Verwendung  kam  die  halblange  Freilandgurke  von  Znaim  und  die 
Berliner  Netzmelone.  Gearbeitet  wurde  in  drei  Gruppen.  Bei 
der  ersten  wurden  die  weiblichen  ungeöffneten  Gurkenblüten  sehr 
zeitig  in  Reagenzgläschen  mit  "Watteverschluß  isoliert  und  die  Be- 
fruchtung nur  mit  Melonenblütenstaub  vorgenommen  und 
zwar  das  erste  Mal  am  Morgen   des  Aufblühens ,   das  zweite  Mal  am 


*)  Anbau  der  Hülsenfrüchte  und  des  Buchweizens,  187i5,  S.  53. 


Kleine  Mitteilungen. 


363 


folgenden  Morgen.  Die  weiblichen  Blüten  der  zweiten  Gruppe 
wurden  genau  so  behandelt,  nur  wurde  am  ersten  Morgen  mitMelonen- 
blütenstaub  und  am  zweiten  mit  Gurkenblütenstaub  be- 
fruchtet. Die  dritte  Gruppe  endlich  blühte  frei  ab  und  wurde 
außerdem  künstlich  mit  Melone  und  Gurke  bestäubt.  Die 
Isolierung  der  Melonen-  und  noch  zu  erwähnenden  Kürbisblüten  er- 
folgte  genau  so  wie  oben  angegeben.  Die  Gläser  wurden  durch 
n -förmig  gebogene  Drähte  unverrückbar  am  Boden  festgelegt,  ebenso 
auch  die  blühende  Ranke.  Durch  Abbiegen  und  Feststellen  nahe- 
liegender Blätter  mittels  ähnlicher  Drähte  sollte  das  grelle  Sonnen- 
licht abgehalten  werden.  Trotzdem  war  die  Bildung  von  Atmungs- 
wasserniederschlägeri  an  der  Glaswand  zuweilen  sehr  stark,  außerdem 
wurde  der  Watteverschluß  einige  Male  durch  Begießen  bei  allen 
Gruppen  naß.  Er  wurde  natürlich  sofort  erneuert.  Der  Verschluß 
selbst  blieb  aber  stets  dicht  und  wirksam.  Fäulnis  der  isolierten 
Gurkenblüte  trat  in  keinem  Falle  ein.  Die  nichtbefruchteten  kleinen 
Gürkchen  hielten  sich  meist  acht  bis  vierzehn  Tage,  trockneten  dann 
ein  und  fielen  ab. 

Das  Ergebnis  der  Bastardierungen  war  folgendes: 


Kreuzung 

Iso- 
liert 
oder 
frei 

Anzahl  der 
Bastar-      \ 
dierungen 

Ansatz 

Bemerkungen 

$xcr 

Zahl 

o/o 

Gurke  x  Melone    .    . 

/--„^i-^  r  Melone  und 
^"^^^  {  Gurke  .    .    . 

Gurke  /  ^l^elone   und 

Gurke  x  Gurke  .    .    . 
Melone  x  Gurke    .    . 
Melone  >;  Melone  .    . 

isol. 

isol. 

frei 
isol. 
isol. 
isol. 

10 

10 

10 
10 
10 
10 

2-^ 
9 

6 

10 

20 
90 

60 

1  Kernanlagen  unentwickelt,  Ge- 
schmack  nicht  außergewöhn- 
lich. 

-Kernanlagen   zum  größten  Teil 
unentwickelt;   Geschmack  ge- 
wöhnlich, einmal  bitter,   aber 
nicht  an  Melone  erinnernd. 

Es  ist  aus  der  Untersuchung  die  sonderbare ,  vielleicht  zufällige 
Tatsache  ersichtlich,  daß  fast  überall,  wo  die  Gurkenblüte  mit  Melonen- 
blütenstaub in  Berührung  kam,  eine  Fruchtbildung  unterblieb,  sogar 
in  Fällen  (Gruppe  3) ,  wo  sie  eigentlich  erfolgen  müßte.  Die  Iso- 
lierungsmethode erwies  sich  als  brauchbar,  da  die  Gurke  X  Gurken- 
bastardierungen sehr  gute  Ergebnisse  lieferten.  Eine  Geschmacks- 
be  einflussung,  also  Xenienbildung,  bei  den  aus  Gurke  X 
Melonenbastardierungen  hervorgegangenen  Gurken  war 
nicht  zu  verzeichnen. 

23* 


364  Kleine  Mitteilungen. 

■  Angefügt  kann  hier  noch  werden,  daß  ein  gewöhnlicher  Kürbis^ 
Cucurbita  maxhna  Duch.,  nnter  sechs  künstlichen  Befruchtungen  mit 
Gurkenblütenstaub  eine  Frucht  ergab.  Sie  wuchs  vollständig  aus, 
war  samenlos  bzw.  die  teilweise  gut  ausgebildeten  Samenschalen  waren 
leer.     Ein  Gurkenbeigeschmack  war  nicht  feststellbar. 


Kohlensäure  und  Pflanzenzüehtung-. 
Von  Dr.  Hugo  Fischer. 

Die  Beweise  dafür,  daß  durch  Kohlensäurezufuhr  zu  Pflanzen 
Mehrerträge  zu  erzielen  sind,  haben  sich  derart  gehäuft,  daß  bald 
wohl  die  hartnäckigsten  Zweifler  verstummen  werden.  Am  16.  Februar 
d.  J.  hat  im  Düngerausschuß  der  D.  L.  G.  der  offizielle  Bericht- 
erstatter, Prof.  D.  Meyer -Breslau,  folgendes  ausgeführt  (laut  Mittig.. 
D.  L.  G.,  1920,  9.  Stück):  „Ein  weitgehendes  Interesse  hat  die 'Kohlen- 
säuredünguno- gefunden.  Für  den  Garten-  und  Feldgemüsebau  hat 
die  direkte  Zuführung  von  Kohlensäuregas  zweifellos  erhebliche  Be- 
deutung. Wenn  gegenwärtig  die  Anlagekosten  nicht  zu  hoch  sind, 
so  würde  die  Nutzbarmachung  der  großen  Kohlensäuremengen,  welche 
bei  den  Hochofenwerken  anfallen,  nur  zu  begrüßen  sein.  Für  die 
große  Praxis  können  wir  eine  ei'höhte  Kohlensäurezufuhr  für  die 
Pflanzen  nur  durch  Stalldünger  und  Gründüngung  und  durch  die 
Förderung;  der  Gare  im  Boden  erreichen." 

Da  hätte  ich  es  also  wirklich  noch  erlebt,  daß  der  Gedanke,  für 
den  ich  viele  Jahre  lang  ^)  gestritten ,  endlich  Anerkennung  findet. 
Indem  ich  im  übrigen  auf  einige  Mitteilungen  ^)  aus  neuerer  Zeit  ver- 
weise, möchte  ich  hier  kurz  mich  darüber  äußern,  wie  ich  mir  die 
Anwendung  der  bisher  gewonnenen  Erfahrungen  in  der  Pflanzen- 
züchtung denke. 

Selbstverständiich  darf  man  nicht  erwarten,  durch  Kohlensäure- 
düngung  ohne  weiteres  vortreffliche  neue  Rassen  zu  erziehen.  Zunächst 
könnte  nur  eine  gewisse  „Nachwirkung"  (nach  Baur)  in  Frage  kommen. 
Daß  besser  ernährte  Pflanzen  ein  besseres  Saatgut  bringen,  steht  wohl 
allgemein  fest ;  nur  daß  die  guten  Eigenschaften  sehr  bald  wieder 
verloren  gehen  werden,  wenn  die  Nachzucht  schlecht  ernährt  ist» 
Nun  hat  man  „gut  oder  schlecht  ernährt"  bisher  immer  nur  auf  Stick- 
stoff, Kali,  Phosphor  usw.  bezogen  und  die  Sorge  um  die  Kohlensäure 
dem  lieben  Himmel  anvertraut.  Man  braucht  aber  nur  einmal  ernstlich 
über  das  Gesetz  vom  Minimum  nachzudenken,  um  zu  spüren,  daß  auch 

^)  Vortrag  15.  Oktober  1906,  Ges.  Naturf.  Frde.,  gedr.  Naturw.  Wochenschr. 
N.  F.  1907,  6.  Bd.,  S.  481  (!  483). 

2]  Gartenflora  1919,  68.  Bd.,  S.  165.  —  Angew.Botanik  1919,  1.  Bd.,  S.  138.  — 
FOhlings  Landw.  Ztg.  1920,  69.  Bd.,  S.  59. 


Kleine  Mitteilungen.  3(35 

Stickstoff,  Kali,  Phosphor  besser  ausgenützt,  bzw.  daß  davon  größere 
Mengen  mit  Erfolg  ausgenützt  werden  müssen,  wenn  auch  die  Kohlen- 
säure reichlicher  geboten  ist.  Bezüglich  dieser  kommt  es  nicht  auf 
die  im  Luftmeer  vorhandene  absolute  Menge ,  sondern  auf  das 
Konzentrationsverhältnis  an! 

Selbst  wenn  aber  das  bessere  Saatgut  sich  nicht  einstellen  sollte, 
so  wäre  schon  viel  gewonnen,  wennsman  solches  von  einer  vorhandenen 
Zuchtsorte  in  größerer  Menge  ernten  könnte.  Das  ist  aber  bei 
richtiger  Anwendung  der  Kohlensäuredüngung  bestimmt  zu  erwarten. 

Aber  weiter:  wie  entstehen  neue  Sorten?  Darüber  wissen  wir 
ja  noch  herzlich  wenig  zu  sagen  —  von  Bastardierungsergebnissen  sehe 
ich  hier  grundsätzlich  ab,  weil  sie  mit  meinem  Gegenstand  nichts  zu 
tun  haben.  Die  Erfahrung,  daß  lange  vor  einer  rationellen  Züchtung 
in  der  „Domestikation"  vielerlei  Rassen  entstanden  sind,  weist  darauf 
hin,  das  günstige  Ernährungsbedingüngen  dem  Auftauchen 
neuer  erblicher  Formen  (Mutationen)  förderlich  sind.  So  dürfen  wir 
auch  von  einer  gehobenen  Kohlensäureernährung  unserer  Pflanzungen 
Fortschritte  in  dieser  Richtung  erwarten.  Die  Züchtung  hätte,  wie 
sonst  auch,  die  etwa  auftretenden  Formen  zu  prüfen  und  das  Grute 
zu  behalten. 

Nicht  erwarton  dürfen  wir  bestimmt  gerichtete  Umprägung  ganzer 
Sippen  auf  einmal  („Theorie  der  direkten  Bewirkung"),  denn  dafür 
spricht  bisher  keine  Erfahrung.  Nach  den  zurzeit  vorliegenden  Be-  ' 
obachtungen  entstehen  Mutationen  einzeln  unter  tau  senden. 
Nur  bei  ungeschlechtlicher  Vermehrung  scheint  „Umprägung"  vorzu- 
kommen ;  ich  erinnere  an  den  Abbau  und  das  Blattrollen  der  Kartoffel, 
an  den  Rückgang  mancher  Obst-  und  Rosensorten.  Diese  Dinge 
scheinen  durch  direkte  Einwirkung  ungünstiger  Lebensbedingungen 
verursacht  zu  sein.  Daß  sie  sich  durch  Samen  nicht  vererben  (also 
keine  „Vererbung  erworbener  Eigenschaften"  da  ist),  dürfte  der 
wesentlichste  Sinn  der  geschlechtlichenFortpflanzung 
sein. 

Nun  ein  paar  Worte  über  Kohlen  säure  quellen.  Stallmist, 
Gründünger,  Kompost,  Moorerde,  Teichschlamm  usw.  sind  in  ihrem 
hohen  Werte  längst  erkannt;  nur,  daß  sie  in  erster  Linie  durch  Ab- 
gabe von  Kohlensäure  wohltätig  wirken,  hatte  man  100  Jahre  lang 
ganz  vergessen.  Jetzt  heißt  es,  diese  Düngemittel  gerade  daraufhin 
zu  studieren,  wie  ihr  Kohlenstoffgehalt,  in  Form  von  Kohlensäuregas, 
möghchst  weitgehend  von  den  Assimilationsorganen ,  den  Blättern, 
ausgebeutet  werden  kann. 

Von  künstlichen  Kohlensäurequellen  kämen  in  Frage :  Entwick- 
lung aus  rohem  Kalkstein  und  verdünnter  roher  Salzsäure,  oder  Ab- 
brennen von  Spiritus,  Petroleum  (rauchfrei!),  Benzol  oder  dgl.,  diese 
alle    nur    inj;  geschlossenen   Raum   (Glashaus)    mit   Nutzen  .  zu 


366  Kleine  Mitteilungen. 

verwerten ;  oder  verdichtete  (flüssige)  Kohlensäure  aus  der  Stahlflasche, 
die  durch  Röhren  an  die  Pflanzen  zu  brino-en  wäre.  Letzteres  Ver- 
fahren  ist  ja  nicht  billig,  aber  bei  hochwertigen  Kulturen  doch  wohl 
lohnend;  wird  ja  doch  dem  Züchter  sein  Erzeugnis  so  viele  Male 
höher  bezahlt  als  sonst  Ernteerträge.  All  diese  Verfahren  eignen  sich 
besonders  für  Versuche,  da  sie  eine  genauere  Abmessung  der 
gegebenen  Mengen  gestatten. 

Ferner  die  Kohlensäure  der  Abgase,  aus  Hochöfen,  Kalköfen, 
Heizungen  aller  Art;  wo  gewöhnliche  Kohle  gebrannt  wird,  sind  die 
Gase  reich  an  schwefliger  Säure,  an  Teerdämpfen  usw.,  die  eine 
umständliche  Reinigung  unbedingt  notwendig  machen;  wo  Koks  gefeuert 
wird  (wie  im  Hochofenbetrieb),  ist  die  Reinigung  viel  einfacher,  weil 
aus  dem  Koks  Schwefel  und  Teerstoflfe  fast  völlig  abdestillirt  sind  und 
vor  allem  nur  noch  der  Staub  zu  entfernen  ist.  Da  die  Verbrennung 
im  Hochofen  nur  unvollkommen,  enthält  das  Abgas  noch  viel  Kohlen- 
oxj^d,  das  erst  zu  Kohlendioxyd  („Kohlensäure"  genannt)  weiter  ver- 
brannt werden  muß  —  Heizanlagen  sind  freilich  vorwiegend  im  "Winter 
in  Betrieb,  Freilandkulturen  im  Sommer;  ob  es  sich  lohnt,  in  einer 
Art  Gasometer  die  Abgase  aufzuspeichern,  wäre  noch  festzustellen. 
Vielleicht  liegt  auch  eine  chemische,  zurzeit  wieder  zu  lösende  Bindung 
den  Kohlensäurer  im  Bereich  der  Möglichkeit.  Wo  aber  erst  eine 
Heizung  vorhanden  ist,  wäre  es  immer  noch  möglich,  auch  im  Sommer 
täghch  eine  gewisse  Menge  Koks  zu  verfeuern,  die  dann  nur  auf 
Kohlensäure,  nicht  auf  Wärme  ausgenutzt  würde.  Bei  sehr  ungünstigem, 
namentlich  stürmischen  Wetter  wäre  die  Feuerung  zu  sparen. 

Nicht  vergessen  wollen  wir,  daß  auch  die  kohlensäurereiche,  sonst 
aber  (für  unsere  Zwecke)  sehr  reine  Luft  der  Gär  kelle  r  in  gleicher 
Weise  ausgebeutet  werden  kann. 


b)  Andere  Sachliche. 

„Hereditas." 
Unter  dieser  Bezeichnung  wird  von  der  „Mendelian  Society"  zu 
Lund  in  Schweden,  deren  Präsident  Prof  Dr.  phil.  et  med.  H.  N  i  1  s  s  o  n  - 
Ehle  ist,  eine  Zeitschrift  herausgegeben,  welche  Originalarbeiten  auf 
dem  Gebiete  der  Vererbungsforschung  in  englischer,  deutscher  oder 
französischer  Sprache  bringen  wird.  Die  Zeitschrift  wird  in  Einzel- 
bänden zu  3  Nummern,  mit  zusammen  etwa  350  Seiten  erscheinen 
und  pro  Band  25  schwedische  Kronen  im  Abonnement  kosten. 
R.  Larsson  zeichnet  als  Schriftleiter,  dem  Redaktionskomitee  ge- 
hören Nilsson-Ehle,  Lundberg,  Heribert  Nilson  u.  Thulin 
an.  Das  erstausgegebene  Heft  enthält  Arbeiten.der  drei  erstgenannten 
Redaktionsmitglieder  und  solche  von  Tedin,  Bergman,  Rasmuson 
und  Akerman.  .- 


Kleine  Mitteilungen.  367 

Zadruga  za  proizvodnju  sjemenja  u  Zagrebu. 
(Genossenschaft  für  Samenproduktion  in  Zagreb.) 

Mit  erstem  Jäimer  1920  trat  obere  Genossenschaft  ins  Leben, 
welche  die  Aufgabe  hat,  die  Samenproduktion  im  ganzen  Königreiche 
S  H  S  (Serbien,  Kroatien,  Slavonien)  zu  fördern.  Die  Genossenschaft 
hat  ein  eigenes  Versuchsfeld ,  wo  verschiedene  Kulturpflanzen  ge- 
züchtet Averden.  Die  Vermehrungen  werden  an  die  Mitglieder  ab- 
gegeben. Als  wissenschaftlicher  Berater  wurde  Prof.  Dr.  V.  Mandekic 
gewählt. 


c)  Persönliche. 

Nach  Auflösung  der  landwirtschaftlichen  Lehranstalt  in  Krizevc 
wurde  Prof.  Mandekir  an  die  Landwirtschaftliche  Abteilung  der 
jugoslawischen  Universität  Zagreb  (Agram)  berufen.  .  Die  Versuchs- 
felder verbleiben  in  Krizevci  und  stehen  unter  der  örtlichen  Leitung 
von  Assistent  K  o  r  i  ö.  Assistent  D  e  m  e  r  e  c  ,  der  bisher  auch  in 
Krizevci  wirkte,  wurde,  zum  Zwecke  des  Studiums  der  Maiszüchtung 
in  den  Vereinigten  Staaten,  auf  ein  Jahr  beurlaubt.  An  der  neu- 
gegründeten landwirtschaftlichen  Abteilung  in  Zagreb  hat  Prof.  Mandekic 
den  Pflanzenbau  übernommen ,  während  die  Pflanzenzüchtung  Prof. 
Jesenko  übertragen  wurde,  der  vorher  Präfekt  am  K.  K.  Theresianum 
in  Wien  und  Dozent  an  der  Hochschule  für  Bodenkultur  in  Wien  war. 

Bei  der  Neuorganisation  der  Landwirtschaftlich  physiologischen 
Versuchsstation  der  czechischen  Abteilung  des  Landeskulturrates  für 
Böhmen  wurde  diese  vom  Staate  übernommen  und  in  zwei  Abteilungen, 
Versuchsanstalt  für  Pflanzenproduktion  und  jene  für  Tierproduktion, 
geteilt.  Die  Oberleitung  verbleibt  bei  Hofrat  Prof.  Dr.  Stoklasa. 
An  der  Versuchsanstalt  für  Pflanzenproduktion  übernahm  Dr.  N  e  m  e  c 
die  physiologische,  Ligenieur  Stadnik  die  biologische  Abteilung, 
welche  sich  mit  Pflanzenzüchtung  'in  erster  Linie  zu  beschäftigen 
haben  wird,  Dr.  Stranäk  die  Abteilung  für  Pflanzenkrankheiten  und 
Fort  jene  für  Obst-  und  Weinbau. 

Dr.  E.  H.  Lock  starb,  wie  hier  erst  "jetzt  aus  „The  Journal  of 
heredity"  bekannt  wird,  im  Jahre  1915,  während  Kriegsdienstleistung 
bei  dem  Board  of  Agriculture,  in  England.  Von  seinen  Arbeiten  sind 
hier  besonders  jene  über  Erbseubastardierung  bekannt  geworden,  die 
er  zu  Peradenyia  auf  Ceylon  ausführte  und  die  unter  dem  Titel 
„Studies  in  plantbreeding  in  the  tropics"  in  den  Annais  of  the  Royal 
Botanic  Gardens,  Batavia  erschienen  sind.  Weitere  Arbeiten  wurden 
mit  Reis  und  Kautschukpflanzen  ausgeführt.  Sein  Buch :  „Eecent 
progress  in  the  study  of  Variation,  heredity  and  evolution"  erschien 
zuerst  1906,  es  folgten  dann  zwei  von  ihm  selbst  bearbeitete  Auflagen, 


368  Kleine  Mitteilungen. 

wälirend    die   4.   von   Doncaster    durchgesehen   wurde    und    1916 
erschien. 

Dem  Vorstand  der  staatlichen  Samenkontrollstation  in  Wien, 
Regierungsrat  Pammor,  wurde  der  Titel  Hofrat  verliehen. 

Als  Nachfolger  von  B.  Kalt  wurde  Dr.  Heling  mit  der  Führung 
der  Geschäfte  eines  Leiters  der  Pflanzenzuchtstation  des  landwirt- 
schaftlichen Institutes  der  Universität  Halle  a.  S.  betraut.  Heling 
studierte  an  derselben  Universität,  legte  daselbst  1913  die  Prüfung 
für  das  Lehramt  für  Landwirtschaft  ab,  promovierte  nach  dem  Krieg 
in  Halle  mit  einer  Arbeit  über  die  Rentabilität  der  Trocknungsindustrie 
und  wirkte  seit  1.  Oktober  1919  als  Assistent  am  landwirtschaftKchen 
Institut  der  Universität. 

Herr  Dr.  Menko  Plaut,  früher  Leiter  der  Abteilung  für  Samen- 
kontrolle und  Pflanzenschutz  an  der  Landesversuchsstation  in  Bern- 
fourg,  ist  als  Saatzuchtleiter  in  die  Firma  August  Knoche-WaUwitz 
G.  m.  b.  H.  eingetreten.  Herr  Dr.  Plaut  war  vorher  als  Botaniker  am 
Kaiser  -  "Wilhelms  -  Institut  in  Bromberg  bei  Professor  Schander,  dann 
von  1910 — 1913  als  zweiter  Botaniker  an  der  Abteilung  für  Samen- 
kontrolle  der  Agric.-Chem.  Kontrollstation  der  Landwirtschaftskammer 
für  die  Provinz  Sachsen,  von  1913 — 1918  als  Abteilungsvorsteher  an 
der  Württemb ergischen  landwirtschaftlichen  ehem.  Untersuchüngs- 
station  bei  Professor  Morgen,  von  1918  bis  jetzt  als  Leiter  der  Ab.- 
teilung  für  Samenkontrolle  und  Pflanzenschutz  an  der  Landesversuchs- 
station in  Bernburg  tätig.  Seine  Veröffentlichungen'  bewegten  sich 
bisher  auf  botanischem  (Periodizität  der  AVurzel)  und  pflanzenschutz- 
lichem Gebiet  sowie  auf  jenem  der  Samenprüfung  (Bewertung  des 
E-übensamens ,  Auf be Wahrungsmethoden  von  und  Probenahme  beim 
Saatgut). 

Der  Professor  für  Pflanzenkrankheiten  an  der  Landwirtschaftlichen 
Hochschule  zu  Kopenhagen,  F.  K0lpin  Ravn,  starb,  47  Jahre  alt, 
im  Mai  dieses  Jahres  zu  Fast  Orange  (N.  Jen.)  in  den  Vereinigten 
Staaten.  Seine  wissenschaftliche  Arbeit  war  in  erster  Linie  der  Er- 
forschung von  Pflanzenkrankheiten  gewidmet,  aber  er  hatte  vor  1907 
auch  der  Pflanzenzüchtung  in  Dänemark  Beachtung  geschenkt  und 
1904  auch  eine  kleine  Schrift:  „Fortplantning  og  arvelighed"  in  dänischer 
Sprache  verfaßt. 

Dr.  Alexandro witsch  hat  die  Stellung  eines  Direktors  der  in 
der  Slowakei  befindlichen  Saatzuchtgesellschaft  „Dr.  "Webers  Matador", 
deren  Sitz  sich  in  Oponice  (ungar.  Appony)  befindet,  übernommen. 
Herr  Joiko  ist  bei  der  gleichen  Gesellschaft  als  Inspektor  angestellt 
worden. 


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