für Volkskunde 1901.
Taf. V.
Dr. Karl WeinhoM
ZEITSCHRIFT
Vereins für Volkskunde
Neue Folge der Zeitschrift für 1
begründet von M. Lazarus und H. St
Im Auftrage des Vereins
heran
Karl WVinliohl.
Elfter Jahrgang.
M "' T'x;-
BERLIN.
Verlag v n A. As her & Co
i
Inhalt
Abhandlungen und grössere Mitteilungen.
die Bedeutung des Haselstrauchs im altgermanischen Koitus und Zaul
wesen. Von K. Weinhold l IG
Die Heise der Seele ins Jenseits. Von Julius von Negelein I. AI i
Seele. II. Reiseweg der +>•<■]<■. IM. Versucht di< Seele an der Rückkehr
zu verhindern)
Von dem deutschen Grenzposten Lasern im wälschen Sadtirol
Von J. Bacher (II. Geschichten in Luserner Mundart No. 16 88. Ili.
Meinungen, Bräuche und Sprüche 1 66). .28 37.169—180.290 296. u
Geschichten aus Bamberg. 1—6. Mitgeteilt von Helene Raff
Der Ort der Hochzeit auf [sland zur Sagazeit. Von Bernhard Kahle ... -
Zwei alte Gerichtsstätten in den Bheinlanden. Von 0. Schell L. Feldkirchen
bei Neuwied; 2. Kyllburg in der Eifel; 3. Elemlingrade im B i
4. Wildb'erg im Bergischen). Tat. I und IV 17—4
Die Verwendung >ler Pflanzen durch die Kinder in Deutschböhmen und Ni<
Österreich. Von E. K. Blüm ml und A. J. Rott 19
sereime aus Anhalt. Gesammelt von 0. Härtung
Sagen aus Nordthüringen. Im Volk'' gesammeil von I;. l:. icbhardt I. Bann
sagen. II. Hezensagen. III. Schatzsagen
Braunschweigische Volksreime. Mitgeteill von 0. Schütte
Die Eiserkuchen der Zerhster Gegend. Von I . I
Die altnordischen Rätsel. Von Andreas Heusler
Ruthenische Hochzeitgebräuche in der Bukowina. Mitgeteill von tt. F. Kaindl
■
Über einige Votivgaben im Salzburger Flai bgau.
Zu Goethes Parialegende. Von Theodor Zai
Sankt Michaelsbrot Von Max Höfler. .
Der Wassermann im schlesischen Volksglauben. Von 1' Dre< l
St Hubertus-Schlüssel. Von Max Höflei ...
Beiträge zur Flora der Friedhöfe in Nieder-Österreich Von E. K. Blümml
Die Frau im Islam. Von Martin Hart mann
Ein dänisches Märchen von Petrus und dem I
J. Bolte
Abergläubische Gebräuche aus dem Mittelalter. Von G. Mi I. . .
Das deutsche Spottlied auf die Flucht d Heinrich \
geteilt von Adolf Hauffen
Zu dem Volksliede von der Tochter des Kommandanten zn i
Karl Reissenberger
Der böse Blick in nordischer Überlieferung. Von H. F. Feilb
Beilagen
IV Inhalt
halten am 25. Oktober L901 im Verein für
Volks! 1 rlin * d Mai Roedi ger 353
\ teichnis dei Schriften Weinholds. Von Mai Roediger. . 364 376
Von Jol rone Bolte l. Verbreitung
and Inhaltsübersicht; II. Die ftltesl Pa [II. Die portu-
1 .i .-im. 1\. Die italienische I V. Die Deutungen der
Zahlcnreih« 1 12 376—406
im Seelenglauben und rotcnkult. I. Von Julius von Negelein . I"*'.- 120
Von de l.i Martinieres Reise nach dem Morden. Von Bernhard Kahle. . . . 431—443
;. Ilerrecht. Mitgeteilt von Hans Schukowitz 152—455
Die Hedwig-Sohlen. Von Max Böfler. Mit Tafel VI 455-458
Kleine Mitteilungen.
Ein hochdeutscher Augensegen in einer Cambridger Handschrift des L2. Jahr-
hunderts Herausgegeben von K. Weinhold 79—82. "226
Ipfer-Bärmutter als Stachelkugel. Von M. Höfler 82
Zur Zeitschrift des Vereins für Volkskunde X. 100. Von C. F. Seybold. . . 82— 83
Blau als Trauerfarbe. Von K. Weinhold 83
Ein Viehsegen aus Mecklenburg gegen die neunerley Elven. Von R. Wossidlo 83 — 84
aus Preussisch-Litauen. Von V. Jahn hinterlassen 84
Alt-Münchener Festgebäck. Von Helene Raff 84 — 87
Ein Brauch in der Krossener Gegend. Von R. Mielke 87— 88
Karl Julius Schröer f. Von K. Weinhold 213— 214
Der Palmbusch in den Niederlanden. Von K. \V 215 — 216
I>a- Notfeuer im Braunschweigischen. Von 0. Schütte 216—217
Weiteres zu den Zanberpuppen. Von R. Mielke 217 — 218
Bäuerliche Kraftspiele am Ahersi Salzburg). Von G Zcller 218—219
Volksmeinungen von der bayerisch-österreichischen Grenze. Von Helene Raff 219—221
Sterbende werden auf die Erde gelegt. Von K. \V 221
las echte Tirolerlied (nach Zangerle . Von K. VY 222
Wochenzettel für den kärntischen Bauerntisch. Von K. \Y 222 — 223
Das Hutzahaus im Egerland. Von Jos. Köhler 223 — 224
Schwi i Blümml und Rot'. Verwendung der Pflanzen. Von
Augusl Vetter 224—226
Zu dem Cambridger Augensegen. Von K. W 226
trag zum Traum vom Schatz, auf der Brücke. Von A. Hauff en .... 226—227
enn der Himmel war Papier. Von Th. Zachariae 331
]>a- Hän ein im Braunschweigischen. Von 0. Schütte 332
Der Nikolausabend am Abersee im Salzburgischen. Von <!. Zeller 334 — 335
Sagen vom Rübezahl 336—337
Braunschweigische Sagen. Von 0: Schütte Geister; Hexen; Unruhe im" Grabe;
Spuken Kreuzstein. Schöppenstedter Streiche 333 — 340
Kröte als Gebäckmodel. Von M. Höfler 340-341
ickermärkischer Brauch bei der Brautwäsche. Von R. Pet'sch.' 341
Zum Hubertusschlüssel. Von 0. Schell 342
Zwei Volkslieder aus dem Geiselthal bei Merseburg. Von M. Adler 459 — 461
Braunschweigische Abzählverse. Von 0. Schütte 461
Drohung und Verspottung beim Versagen einer Bitte. Von 0. Schütte . . . 462
Erziehung zur Aufmerksamkeit Von 0. Schütte 462
Das Vogelnest im Aberglauben. Von H. Lewy 462—46:5
Volkstümliches aus Jonathan Swift. Von 1". Ilwof 463 — 464
Zu Heinrich Kaufring i \ o K. Euling 464 — 465
Alexander Treichel f. Von E. Lemke 465—466
Bücheranzeigen.
Archiv ti'u Religionswissen i haft, bei 1 1 1 i
vmi K Weinhold)
Bass, A.: Deutsche Sprachinseln in Südtirol am
Bernsl ein, J.: Catalogue des livrej pari mi
de J. B. A. 11 rück ner)
ßiunck, A. Volkskundliches aus Garzigar.
Dähnhardt, <>.: Heimatklänj lauen I (K Weinhold
Drechsler, P.: Das Verhältnis des Schli
K Weinhold;
Farsetti, K.: Quattro bruscelli senesi. — Befanati di
(A. Toblcr)
er, M.: Osterlandsagen. Sagen, Bilder and Geschieh!
burger Ostkreise (K. W.)
Hager, <;.: Die Weihnachtskrippe, ein Beitrag zur Volkskunde ai
bii bti R. Mielki
Herrmann, Max: Jahrmarktsfesl zu Plundersweili hungs- und Buhnen-
geschichte (R. M. Meyer)
Hoffmann von Fallersleben: Unsere volkstümlichen r.ieder, 1. Aufl. bi
von K. II. Prahl J. Bolte
John. A.: Unser Egerland IV K. \\
Justi, I'.: Hessisches Trachtenbuch II K Weinl
Kallas, 0.: Achtzig Märchen der Ljutziner Esten J. Bolte
Köhler, R.: Kleinere Schriften herausg. von J. Bolti II III K. Weinhold
Maclagan, R. Craig: The Games and Divei Irgyleshire \ Zupil
Meyer, Heinrich: Die Sprache der Buren K. V\
Deutsche Mundarten, herausg. von J. W. Nag] I. I
[Natesa Sastri , Tales of Tennalirama Rieh. Schmidt l"l
Politis, N. G.: noQoiftku I II K. Di( terich
Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus, Heft 11 19 K.Vt
Rumpe, R.: Wie das Volk denkt. Allerlei Anschauungen 5 Iheil und
Kranksein M. Bartels)
Schönbach, A. E.: Studien zur Geschichte der altdeul ch d Predi 'II l
uisse Bertholds von Regensburg zur Volkskunde M. Roedij t
Schrader, 0.: Reallexikon der indogermanischen Altertumskundi 1 II
E. Zupitza)
Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch dei I ^
K. Weinhold
Sebillol . 1'.: Contes des Lan ' u
Derselbe: Le Polklon beurs K. W. ,
Stieda, L.: Anatomisch - archäologisch Studien I: D
II: Altitalische Weihgeschenki M. Bartelf
Tiffaud: L'exercice illegal de La mede< ine dan Bas-1
Vogt, Fr.: Die Bchlesischen Weihnachtspieh J. 1
Wichmann, Y.: Wotjakische Sprachproben I II K. W.
Aus den Sitzungs-Protokollen as für Volkskunde. V n M. B
und .1. Bolte ...it Tal II -III) 109 -116. 21
Keeister
(her die Bedeutung d(>> Haselstrauchs
im altgermauischen Kultus und Zauberwesen.
Von K. Weinhold.
Die mythologische Botanik ist ein Ausschnitt der Mythologie von
mannigfachem K<iz. der durch zahlreiche Fasern mit <\<'\\ andern IVih-n
verbunden ist. Das Leben, das alle Natur erfüllt, durchdringt das kleinste
Gras, wie den mächtigen weitschattenden Baum. I>i" geheimnisvollen,
Heil uii'l Vernichtung bringenden Kräfte, welche der Mensch in unschein-
baren Kräutern durch die Erfahrung an Beinern Leibe erkannt hatte, I
ihn darin eine übermenschliche Kraft fürchten und verehren. Göttliche
oder halbgöttliche Gestalten glaubte man in den Bäumen wohnend und
wirkend und widmete ihnen ehrfürchtigen Dienst mit Gebet and Opl
Dazu kam die phantastische Übertragung der Baumgestalt auf baumai
Wolkengebilde, in denen sich die gewaltigen Naturerscheinungen von
Wind und Wetter vollzogen und die Macht der grossen Götter sich
fühlbar offenbarte. So war Grund genug, Pflanzen, Sträucher und Bäume
zu der dämonischen und mystischen Welt in Beziehung zu setzen und mit
dem Kultus in all seinen Verzweigungen zu verbinden. Nicht gerade für
alle lässt Bich «las noch wahrnehmen, wohl aber dir eine gewählte kleinere
S.har. Ich sehe hin- von den Kräutern ah und babe Bäume und baum-
artige Sträucher im Auge. Da ich auf meinem Grund und Boden zu
bleiben begehre, nenne ich nur deutsche: Mi- Esche und Eben dir
Buche und Eiche, die Weide, dann den Elxen- oder Elaenberbaum (prunua
padus), den Weissdorn (Crataegus . den 11 lunder (sambucus), den Wach-
older (juniperus) und die Hasel. Ober letztere will ich mich biei
breiten, weil alter Gläobe, deT im - Aberglauben fortwirkt, ihr
eine nuz besondere Bedeutung und deshalb auch Verehrung zuerkannt hat.
Die Hasel war ein dem Gewittergott geweihter baumaxi
Als die Dänen im Jahre 851 Dublin eroberten, macht. a zum Mit!
punkt der nordmännischen Macht. Das dort herrschende Geschlecht I
Zeii^chr. d. Vereins f. Volkskunde. 19ul.
Weinbold :
Thonars- (Tomairs-) Geschlecht; ein grosser, dem Thonar geweihter Wald,
oder Thöra-Hain (caill Tomair, Irisch) breitete sich weithin
N(1I, der Stadt längs der Küste des Liffeyflod aus. Derselbe bestund Dach
den irisc in Quellen aus Haseln. Als der christliche Irenkönig Brian von
Munster im Jahre 998 Dublin erstürmte and verwüstete, liess er den
Thonars-Hain niederhauen and verbrennen. (.loh. Steenstrup, Normannerne
;. 359, w,, bewiesen wird, dass Toraair der nordische Thonar ist: 3,350).
1>;.' Heidengötter wurden von den christlichen Bekehrern zu Unholden
o Dämonen . zu Teufeln und Hexen herabgesetzt. Wenn es mm
Doch jetzl in Luzern heisst, dass der Teufel den Hexen unter Haselstauden
oe Schweiz, [diotikon 11. 1675) mnl im Oldenburgischen, dass der
Teufel alle Bäume einmal in Haseln verwandeln werde (Strackerjan,
Aberglauben und Sagen aus Oldenburg, §349), so hört man darin die
Nachklänge von dem Glauben 1. an den Verkehr des Heidengottes mit
seinen Priesterinnen im Haselbuschj und 2. des Glaubens alter verstockter
Heiden, ihr Gott weide einst seine Heiligtümer wieder aufrichten.
Leider sind wir bei der Forschung in unsern Altertümern mehr als
gut auf Tradition verwiesen, auf von alters überlieferte, von Geschlecht
zu Geschlecht vererbte und natürlich oft entstellte Zeugnisse. Lassen sich
dieselben aber auf gesicherten Grund zurückführen, so dürfen sie ver-
wertet werden. So steht es auch mit dem folgenden.
Zweig ler Stauden der Hasel waren wie der ganze in kräftigen
Stämmchen aufschiessende, heim Nahen des Lenzes blühende Strauch
»eweiht und im Kultus verwendet. So als Opfergaben. In den
Schweizer Urkantonen glaubt man. wenn ein Kranker für sein Weh in
die Kapelle von Bertischwi] wallfahrte und dort einen Haselzweig opfere,
so werde er geheilt (Lütolf, Sagen. Bräuche, Legenden aus den fünf Orten,
S. 255). Ferner: wer den einjährigen Schoss einer Haselstaude, der auch
anderwärts als besonders kräftig gilt, breche und hinter den Altar der
Bertisrhwiler Kapelle lege, wo ein alter Rosengarten (d. i. alter Kirchhof)
i>t. der könne ganz besondere Gnaden von Gott für die Verstorbenen er-
bitten ebenda S. 371).
Dann bei alten K ul t us ha n d 1 u n ge n. Bei dem uralten Frühlings-
feuerfest des Scheibenschlagens am Sonntag nach Fastnacht werden im
nördlichen Breisgau die glühenden Holzschejben, die Symbole der wieder
aufwärts ßteigenden Sonne, mit Haselstecken geschlagen (Heilig in Ztschr.
d. Vereins f. Volkskunde IX. 350 .
Zu dem am Karsamstag neu zu entzündenden Feuer, einem von der
Kirche angenommenen alten Brauche, nimmt man in Oberösterreich als
Weihlmlz vorzüglich Holzstücke der Hasel (A. Baumgarten, Aus der
Heimat 1. i.
In den Umzügen zu. alten Festzeiten des Jahres leben verkümmerte
Reste heidnischer Ku|tprozessi< nen fort. Nicht selten linden wir dabei
Haselstäbe getragen. Haselgerten werden in llolzbeim in Bchwa
den ii-miii Knaben geführt, die an den drei Sonnl I" ten anter
Hersaguug eines Spruches von Haus zu Haus gehen r - In
deu Orten um Gmünd trag! zur Fastnacht der in Stroh gehüllte Butzeumann
eine Haselrute in der Hand Birlinger, Volkstümliches
Bei der Kirchweih zu Alten muh r in Mittelfranken am ersten Born
Jakobi geht eine Haselrute von Tänzer zu Tänzer. Wer di< rade
hat, während eine von der Tanzlinde hängende brennende Lunte h<
fallt, bekommt einen der am Baum bangenden Preise (Panzer B
Sagen und Bräuche 2, 243). Die Pranger- oder Reife die im -
burgischen vom Juni bis zum Erntefest bei den feierlichen l ingäng< n um
Felder und Wiesen zu ihrem Gedeihen und Schutz getragen werden, be-
stehen aus einer geschälten Fichten- oder Tannenstange, um welche eine
Haselrinde herumläuft, in die abwechselnd Bergblumen uud grüne Blätter
gebundeu sind .M. Eysn in Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde \
Eine besondere Stärkung gewinnt die alte religiöse Bedeutuug des
Haselstrauchs bei den Germanen aus rinn- altschwedischen Runenschrift
auf einem Grabsteine von Rök in Ostergötland, der in den Anfang
10. Jahrhunderts gesetzt wird, worauf die Worte ynd göauar liosli stehen,
die zu «Ich Worten und jarctar hgslu in einem Gedicht des isländischen
Skalden Hallvarctr Häreksblesi um 1030 stimmen. Nach übereinstimmender
Deutung von Konrad Gislason und Sophus Bugge1 wird hier 'Ii'' II
als Weltbaum bezeichnet an Stelle der gewohnten Esche.
Doch bedeutenderes ooeh lässt sich l'iir die sakrale Bedeutung der
Hasel anführen, [hre Stauden haben in < 1 < • 1 1 altgermanischen Gerichts-
versammlungen und in den Kampfordnungen eine wichtige Ver-
wendung zur Dmhegung des unter göttlichen Schutz gestellten
auf dem das Recht, sei es durch Urteil, -«ei es durch die Watten, gefunden
werden sollte. Der Gott über Kampf und Recht war bekanntlich in
ältester erkennbarer Zeit der allgebietende Himmelsgotl Hu«. Ihm mush
die Hasel ursprüglich geweiht gewesen Bein; ihre Übei auf den
Donnergott Thonar-ThörT ist bei der Abz1 »puderen
wittergottes und bei 'lern Zurücktreten des Tiut g< schehen.
Genaue Schilderungen der Haselui Dingstatt bieten die alt-
nordischen Sagas. Die Egilsäaga beischreibt Kap.: 56. ^ l- die Einrichtung
der Gerichtstätte auf der Insel Gula in Nordhordajand für den Rechte-
verband des Gulathing. Auf einem ebenen Felde vollr slettr war ein
Kreis durch I la-elstaimen (heslis kt, die von aussen mit
Schnuren umzogen waren, die man heilige Bänder (veb - fa d
Ringe sassen 36 Richter, 12 aus jedem der drei vereinig!
- ; 1- S. Bti-i?.-. Studieö übte* ■■- '
deutsch von Krenner. S. 530; M
I Weinhold:
i i . in Jansen Gerichtsfelde [ringvollr) lag eine besondere
Hril . die Dach der Grägas von dem Goden am Vorabend
^gesprochen ward. Besonders geheiligt war der abgegrenzte
pingmark), den die Elaselstangen mit den heiligen Bändern um-
achlossen ').
Von der Umhegung der Dingstätten durch Seile oder Schnuren and
Stangen oder Pfahle wissen wir auch aus Deutschland'), nur wird die
Hasel nicht ausdrücklich dabei genannt. Doch heissl es in einer Züricher
Öffnung von L412 Schweiz. Idiotikon 2, L675) und in dem Weistum von
Borsikon (Grimm, Weistümer 1. 49 : Gericht solle man unter der Basel-
staude halten. Der Stab des Richters ferner, auf den die Eide abgelegt
wurden, war in alter Zeit eine Haselgerte, eine hasla, wie << in der lex
liilmaria 67, •'» heisst. Ich trete wenigstens Heinr. Brunner (Deutsche
Rechtsgeschichte "2. 429) bei dm- Deutung- der Worte der betreffenden
Stillt' in circnlo et in hasla (var. in collore) id est in ramo auf den
Ridring und den Stall des Richters durchaus bei.
Bin Rechtssymbol ist die Hasel in «mimt Aargauer Öffnung von 1456
Schweiz. Idiotikon 2, L675), wonach der Eigentümer eines vom Maier
gepfändeten Viehs, wenn derselbe es nicht um ein bescheidenes Lösegeld
freigeben will, es dadurch Lösen darf, dass er einen einjährigen Ha>ei-
sclm>s in das Dach des Maierhauses steckt.3)
Dir Zweikampf und noch mehr die Yolksschlacht galten den Germanen
als eine religiöse, inner der Gegenwart des Kriegsgottes stellende und von
ihm geleitete Handlung, die mit Gelübde, Gebet und Opfer verbunden
war. Der angreifende Heerkönig wie der zum Zweikampf fordernde
Manu bestimmte die Stelle dr> Treffens und wie nordgermanische Quellen
aussagen, haselte der FordereT den Platz, d. h. Hess ihn mit Haselstecken
marken. Darüber habe ich in meinen Beiträgen zu den deutschen Kriegs-
altertümern S. '-'f. (Sitzungsberichte der Preuss. Akademie d. Wissensch.
L891, S. 5.")lf.) gehandelt.
Das hasla voll ist bei grösseren Scharen der Kämpfer nicht buch-
stäblich zu nehmen, sondern bedeutet dann nur das Walfeld bestimmen.
Zweikämpfen war es Brauch, den Platz mit drei Furchen zu umziehen
und in die vier Ecken je eine Stange (hoslur) zu stecken: patt er vollr
hasladr, er Bva er gert, dann ist das Feld genäselt, wenn so geschehen
i>r. Kormakssaga c. ]<».
1 \ _1. auch Kour. Maurer, Die Bekehrung des norwegischen Stammes, II, 219. —
Auf Island, wo keine Hasristraucher wachsen, ward das Wort beibehalten, die Hascl-
stangen aber durch andere Holzstälie ersetzt.
2) J. Grimm, Rechtsaltertümer, S. 810 (4. Ausgabe, II, 434). Meine Beiträge zn den
deutschen Kri> igsaltertümero, 11 f.
8) Vgl. auch die von Brunner a. a. 0. Anm. 81 erwähnte Verwendung einer virga
corilina als l'estuca in einer französischen Urkunde von 868.
Sicher ah Zeugnis, dass dieses Haseln auch in Deutachlai
gewesen ist, können wir die örtlich in Schwaben erhalten« l
anziehen, beim Wettringen dem Hosenlupf) den Pinta mit IIa
abzustecken Birlinger, Volkstümliches aus Schwabei
innerung an die Haselung schwebte wohl auch Konrad eon R<
dem Dichter der Kaiserchronik 7130 f. vor, als er nach dei fabeil
Schlacht des Baiernherzogs ide\{ n die Römer b<
König Severus fällt, den Biegreichen Herzog Beinen Ger bei dem I
brunnen als Marke der Eroberung in den Boden Btossen IS
Dem grossen Himmelsgotte geweiht, der über den Segen und <li<-
Wetter der Wolken, über Sturm und Streif unter <l<ni Menschen
in seinem Kultus verwendet, müssen der Hasel ausgezeichnete wunderbare
Kräfte innewohnen. Der beim Nahen des Lenzes schon blühende, Bommer-
verkündende, im Herbst fruchtreiche Strauch ward zum leitenden M
des göttlichen Kraftstromes.
Schutz des Friedens und heiliger Ruhe haben wir bereits von ilu
gehen sehen. Weiter verfolgen wir ihre Wirkungen in der Abwehr <!••>
schädlichen und feindlichen, in der Erhaltung und Spendung des ll<-il-
Weit verbreitet im bajuwarischen Gebiete1) ist der Glaube, dass der
Blitz in keinen Haselnussstraucb schlage und dass die Haselzweige, be-
sonders die belaubten, das Haus, an das Bie angesteckt Bind, "<I<t auch
den Menschen, der Bie an sich trägt, vor Blitzgefahr Benutzen. In dem
Palmbuschen isr der Stecken gewöhnlich ein geschälter Haselstab, _•■■ hält,
damit uicht die Hexen zwischen Rinde und Holz schliefen und die I.
des Holzes hemmen ^Leoprechting L69). Er würde schon allein den I
abwehren, ist aber durch die blühenden Weidenzweige und die and«
kräftigen Zuthaten, <li<- den priesterlichei 3 ?or dem Altar nm Palm-
sonntage erhielten, noch von — * « • i t < - der Kirche gestärkt.
Hasel gehört nach herrschender Meinung neben der Weide durchaus in
den Palmbusch (Zeitschr. f. Volkskunde 8, 226 . In»1 eich werden
in den Buschen drei Haselzweige im Dreieck eingebunden und in die
Mitte des Ganzen ein kleines, nur aus Ha* - chtes Bund
gesteckt (Baumgarten 1. 135). .
Aber nicht Mos-* der Palmbusch, auch d II
zweige schützen gegen das Gewitter. 9 len entweder in
gitter geflochten Schönwerth, Aus i ilx: Baumgarten 1.
135 oder zwischen die Dachbalk« chon, wenn man
drei Stifte aus Haselholz in das G -<-: Panzer 2
Em Dorfe Oberinn im nur. kthale gegen d<
Bammeln sie zu Mariae Heimsu« -;
1) Pan/.er 2, 200. Leoprechtü e
Heimat 1, 135. Zeitschrift d. V Volkskuu
Sagen aus Tirol, S. 793.
Weinhold:
zweige and bewahren Bie im Hause, um es gegen den runder (Donner)
und bösen Zauber zu schützen (Hey] 8. 7
In der Oberpfalz soll der Haselstrauch als Gewitterschutz in den
Gärten der Bauernhöfe gepflanzt werden Wuttke, Volksaberglaube § 142).
Die liegende leitet die blitzableitende Eigenschaft der Hasel davon,
die li. Maria während eines Gewitters anter einem Haselstrauch
Schutz gefunden habe1). Örtlicher and anbestimmter geben die Ober-
inner dem Haselzweig jene Kraft, weil Maria einst über den Bergrücken
ob ihrem Dorfe, den 8am, gegangen and unter einem Haselstrauche
rastet habe Hey! 793 . A.ber die h. Maria vertritt hier nur einen Heiden-
gott, den germanischen Thonar, der nicht rastete and Zuflucht suchte.
Bondern der -einer geweihten Staude mich im Donnerwetter Friede hält.
Wenn der Haselstab gegen das Wildfeuer, den Blitz, solche Kraft
hat, bo ist Beine Hilfe gegen gewöhnliches Feuer noch begreiflicher.
lün Schweizer Peuersegen wird gesprochen, nachdem mit einem Hasel-
stocke ein Kreis gezogen and in denselben Kreuze und zwei Merzen ge-
zeichnet sind (Vernaleken, Alpensagen, 4-Mi). Im Badischen ist ein Hasel-
zweig ein wesentliches Stück in dem Krauter- und Blumenbusch, der zu
.Marin Himmelfahrt in <\f\\ Kirchen geweiht wird und den Brand löscht:
die l-'eiiersltrnnsr wie die Brand genannte hitzige Krankheit (B. II. Meyer,
Badisches Volksleben, S. 106).
Auch gegen den Wind schützt die Hasel. Die Windsbraut kann
dem zum Rösten auf ein Linnen gestreuten Flachs nichts anhaben, wenn
das Leintuch mit drei oder Bieben oder neun Haselzweigen ansperlt (an-
gepflockt ist (Baumgarten 1. 1<>. L-5.")).
Der Wind ist ein dämonisches Wesen, das der verschiedensten Ge-
staltung fähig ist. Die wilde oder Nachtjagd, die Teufelsjagd, wird durch
Haselzweige, die ins Kren/ gelegt und dadurch für den Christenmenschen
verstärkt wurden, zur Umkehr gezwungen (Baumgarten 1, 136). In Grau-
bünden und in Vorarlberg heisst es. ein Hasel- und ein Holunderzweig
kreuzweise gebunden schütze vor dem Wüetenheer (Vonbun, Beiträge zur
deutschen Mythol - 3. 127, Chur 1862). Wenn unserem Strauche solche
Macht vor einer ganzen Schar von Dämonen beigemessen wird, darf man
sich nicht wundern, dass er überhaupt verdächtiger oder böser Geister
Herr wi r< 1 .
W er zur Nachtzeit an verrufene Orte gehen muss, nehme einen Hasel-
Btab mit, denn er schützt nach bayerischer Meinung gegen alles Böse
(weil die Hasel von der .Mutter (iottes begnadet wurde. Meine Zeitschr.2)
B, "-'.»6).
1) Baumgarton 1. 135. Looprechting S. 98. Alpenburg, Mythen und Sagen aus Tirol,
2) Der Kürze w _ die von mir herausgegebene Zeitschrift des Vereins für Volks-
kunde so citiert
Mit Haselgerten trieben einmal zwei IV en in dei MOlilimatte
zu A;ir;iu umgehenden Geisl von da auf den I liubel am Rorabn
wohin sie ihn bannten (Rochholz, Sch^ '' •■
Nr. 104). AimIi die feurigen Männer werden durcl - i]
rute vertrieben oder ganz rernichtel (Schweiz, [diotik
die Haselblüte verjagt den bösen Geist aus dem Behexten,
Sonnenaufgang gesammelt ward. Nach Sonnenaufgai
sie die Hexerei Bartsch, Sagen aus Mecklenburg 2,
Verzauberungen werden durch die Hasel gelöst. Wird die zur
Schlange verwandelte weisse Frau mit einer einjährigen II
rührt, so ist sie erlöst, die Wiege ihres Befreiers -"II aus Haselhoh
macht sein1). So unscheinbar dieser Satz lautet, eine bo alte mythis
Vorstellung liegt darin: die verwünschte weisse Frau isl die ober den
Winter gefangene sommerliche Wolkengöttin, die durch das Früh!
gewitter befreit wird. Der Haselstab i>r .las Symbol des Blitz« •
Ger oder Speer sind allbekannte Waffen des Hiramelsgottes.
In einer englischen, aus dem 17. Jahrhundert stammenden Anweisung
Feen zn fangen, werden die dreijährigen Haselruten zur Citation der Feen
verwendet (meine Zeitschr. 5, 26). Nach den Akten des Hexenpn
gegen windische Weiber aus Marburg a. d. Drau 1546 befreiten die
Schläge mir drei Haselgerten den durch Frauenhaare Iten Teufel
(meint- Zeitschr. 7. 189).
In ganz anderem Sinne als in der Sage von der weissen Frai
die Haselrute den Schlangen gegenüber, in der weit verbreiteten
Meinung, dass sie «las Gewürm abwehre und banne. Die Legende
zählt, dass ein Haselstrauch die h. Maria gegen eine aufspringende Schlang
schützte, als sie im Walde Brdl ren für das Jesuskind pflückte
Dank habe die Jungfrau dem Strauche die Kraft verliehen, alles Vo
g ,„ Ottern und anderes kriechendes Gewürm zu behüten Vonbun,
Volkssagen aus Vorarlberg, Wien ls.7. S. 7"). Die Legende ist natürlich
jünger als der Glaube an die Kraft der II S «. die
erklären will.
Mir der einjährigen Haselgerte kam. man die n eil
damit gezogenen Kreis bannen, worin si« sterben müssen W. Hertz Die
Sage vom Giftmädchen, S. 17. Ann, PKniui I
55) berichtet, dass die Betonica Schlangen in einen damil n Kreis
Launen könne, worin sie sich sei .1 '" Süddeutschi.
verbreitet, dass drei Streiche mit der Haselrute, auch *ofal eil
Nattern töten (Zingerle, Sittei Baumgarten 1,
1 EhTe schleiche Sag« h ' \) '
Gottschee 9H, eine Kreier Säbci bürg, Mythe«
2) Von hier in die Grimmschen Kinder- und B
andere Sammlungen ül - n-
Weinhold:
bcIk aber Dach Schweizer Bericht dreijährig und ganz gerade sein
weiz. [diotikon _. 1'
In einem \"n Fr. Panzer Bayer. Sagen and Bräuche 1, 191) mit-
Märchen schlägt der Frankfurter Kaufmannssohn «Ich sieben-
köpfigen Drachen* mit einer Haselgerte einen Kopf mich dem andern
dreimal ab. Der schwedische Aberglaube vrerfährt milder und lässt der
Schlange durch Berührung mii der Haselgerte nur das Gift nehmen
Dybek Etuna L848, -
Wenn an die abwehrende und schützende Kraft der Hasel gegen ge-
fährliche Wesen so fest geglaubi ward, lau- die Ausdehnung auf ihre Macht
-• -ii drohenden Schaden überhaupt nahe Die argen Verwüstungen
des Wildes jagdlustiger Herren in den Saatfeldern <\i>\' Bauern, wogegen
die Leibeigenen hilflos waren, konnten wohl ihre Gedanken auf mystische
Schutzmittel leiten, und so gab es in Pommern dieses Rezept: Brich am
Karfreitag vnr Sonnenaufgang stillschweigend eine Rute vom Haselstrauch,
die in einem Jahre aufgeschossen ist. Mache davon einen Ring und leg-e
diesen am den Arm. mir welchem Du das Getraide aussäest, so wird das
Wild die Säten nicht berühren (U.Jahn. Hexenwesen und Zauberei in
Pommern. Stettin 1886, Nr. 720). Hiernach wird die frühere Umzäunung
der Felder mit Haselsträuchern wohl den Zweck <\fs Schutzes gegen
schädigende Tiere gehabt haben; in Oberösterreich bestunden die Gehäge
der Feldmarken grösstenteils aus Haselstauden, jetzt sind sie ausgerottet
(Baumgarten 1. 135). Im Berner Oberland machte man die Hage eben-
falls aus Haselsträuchern (Schweiz, [diotikon 2, 1676). Salis-Seewis und
Matthisson gedenken der Haselhecken und -Zaune in ihren Gedichten
mm, I). Wörterb. 2, 531. 534).
Fremdes Vieh darf man in der Schweiz nicht mit jedem Stecken,
sondern nur mir einjährigem Haselschoss aus seinem Felde treiben (Schweiz.
Idiotikon •_'. 1675 . Die beim Gericht verwendete Hasel bezeugt das Recht
des Eigentümers, seinen Besitz zu schützen. Kein aus der schützenden
und. wie wir sehen werden, segnenden Kraft der Hasel ist abzuleiten, dass
der Hirtenstab von Haselholz sein muss. Er darf nie leichtsinnig weg-
»rfen weiden, sondern der Hirt muss. wenn er einen neuen nehmen
uil1- den alten in drei Stücke zerbrechen (Wuttke, Volksaberglaube, § 684).
In jedem oberösterreichischen stall steckt ein Haselzweig, damit Glück
und Segen drin bleibe (Baumgarten 1. 135). Drei Kreuze, aus sechs
Haselzweigen gemacht, legt man. ehe das Einführen des Viehes von der
Weide in den Stall beginnt, auf den Boden jedes Barn. Ebendort schneidet
man das innere, nur aus Haselzweigen bestehende Büschel im grossen
Palmbuschen nach der Segnung ganz klein und giebt es dem Vieh zwischen
zwei Broten, oder 1 nickt es in die „Viehstöri".
Mischt man de,, Kühen gedörrte männliche Hasenkätzclien unter das
Salz, 80 geben sie reichlich Milch (Schweiz. Idiotikon 2, 1676). Wenn es
..im Stall fehlt", d. Ii. wenn die Kflhe zu weni«» Milch f?obi»n, |
im Lechrain die ßiedende Milch mit zwei einj iten, 'Ii-' am
Palmsonntag geweiht wurden Leoprechl
einer Schweizer litterarischen Quelle von L646 - K
Anken wird entwandt^ da ist d ine Wei nnt»n un
bauren, dass Bie drei Haselschoss vor Sonuenaul ■'
die ueue Milch zum Feuer wird gesetzt und mit dem Haselhoh
Schwüngen und verletzt, 'Im- Hexiu \v « ■ 1 1 zu thun, dass siel
Schweiz. Idiotikon •_'. 1671 h jetzt isl Luzerner Brauch, den
Rahm, wenn er nicht buttern will, mit drei Haselzweigen zu Bchla
ebenda .
Im Lechrain streicht man der Kuh beim ersten Austrieb im Frühjahr
mit einem Haselstecken über den Rücken, in der Meinung, damit fremden
Kühen zu Gunsten der seinen die Mihi, zu nehmen Leoprechting 9 I."
Hier i.sr <\<t alte segnende und weihende Hirtenbrauch, das Vieh beim
ersten Austrieb im Leu/ mir dem Stabe zu berühren, /um neidischen
I [exenbrauch entartet1).
Auch auf die Rosse wirkt das wundersame Holz. Im Kanten ;
hieb man an einem heiligen Sonntag während dem Kirchengeläute i
wärts gewandt «'inen Haselstock in den heiligen drei Namen aus dem I
um de,, Hafer der Pferde damit umzurühren (Schweiz. Idiotikon 2
Nimm von Haselstauden die Kätzchen, gieb sie dem Rosse m itter,
so wird es fest und mutig (Bartsch, Mecklenb. Sagen 2, 154), Im. .et ein
Mecklenburger Rezept.
Ami: ,h,. Getreide in der Scheune Bteht unter de,,, segnenden
Einflüsse de. Strauches. In Ostpreussen schneidet man im Frühlir,
grünen Haselstock und beim ersten Gewitter macht man damit Qb«
reidehaufen ein Kreuz, dann halte,, 9ich die Körner jalirela
dorben (Wuttke § 662 . Di" uralte Beziel a de,- Hasel /um Gewitter
tritt hier wieder hervor.
h, den Weingegenden der Schweiz braucht man die H auch
zut Frischhaltung de. Wein, im Fasse Schweiz I
So ist e. wohl verständlich, da., die W Stallgeräte mit
Vorliebe aus Haselholz gefertigt wurde,,. Obei h bis
neue Zeit geschah ' Baumgarten 1. I
Nicht minder begreiflich ist die II . Ifc Iche die H
brechen, Krankheiten und Wunden de. menschlichen Leibe*
Will man das Fieber los werden, so kaufe man eine,, Hasel
l^msüdslavisehenBi nenza*
den Honiu- zu nehmen d
2) Ganz vereinzelt und allen,
• die Mitteilung ans Wälschnoven I
und Eschenheiz alles schwinde,
im Weinhold:
ohne zn handeln, oder breche ihn vor Bonnenaufgang im Walde, gehe mir
ihm in die Kirche und lege ihn in eine Ecke, bete drei Vaterunser und
Avemaria und gehe Fort. Wer den Stab an >i<h nimmt, bekommt das
Fieber und wird es nur los, wenn er den Stab in drei Stücke bricht und
verbrennt Grohmann, Aberglaube aus Böhmen, Nt 117!; Wuttke § 183
Unter den neun vor Tagesanbruch geschnittenen Hölzern, die man
das Schwinden oder Abmagern in einem Säckchen bei sich trägt,
darf Haselholz nicht fehlen [Voubun, Beiträge zur Mythologie, 126).
Wer eine Haselgerte bei Bich hat, ist schwindelfrei (Grohmann l
In <lrr Nacht ;uii' Peter Paul (29. Juni) schneidet mau in Mecklen-
burg stillschweigend Haselruten and zwar von unten nach oben. Hat nun
jemand eine Schnittwunde, so betupft man die Ruten mit dem Blute, um-
wickelt Bie mir einem Lappen von einem Mannshemde und trägt sie an
seinem Leibe bis zur Heilung der richtig verbundenen Wunde <\i-< Ver-
letzten. Legt man Bie früher ul». s<> bricht die Wunde wieder auf (Bartsch,
"_'. 293. .">71). Eine Wunde im Hein durch einen Beilhieb geschlagen,
hört durch Bestreichen mit dem kleinen Stück eines Haselzweiges sofort
zu hinten auf uud heilt gut (Strackerjan, Aberglaube aus Oldenburg, 1,80).
Nicht bloss Heilung bringt der wundersame Strauch; auch zu dem
Lehen Belbst, zu Liebe und Fruchtbarkeit steht er in enger Beziehung.
Als aphrodisiacum dient Haselholzrinde in einem Rezept aus dem 1~>. Jahrb.
(Weimar. Hs. 0. 565, Bl. L51): Wenn einer nit mynnen mag, item wenn
ein fraw einem thet, «las er nicht möcht mynnen. der nein jung hasel-
Btaudenrinden, da sich ein ast an den andern reicht; dieselben rinden nym
und prenn sie zu pulver. dasselb pulver nym und trincks in wasser etlich
.venu du wilt. so Bchaffstu mit einer frawen nach deinem willen.
D - Mittel hilft also nicht bloss gegen gewöhnliche Impotenz, sondern
bricht auch den Zauber, der Bie erzeugt hat.
Aus dem Blühen der Hasel im Vorfrühling deutet man grosse oder
geringe Fruchtbarkeit des Jahres (Schweiz. Idiotikon 2, 1676). Viel Hasel-
nüsse, viel Kinder und besonders viel uneheliche (Baumgarten 1. 136.
Grohmann, Aberglauben, 1.00). Der Westfale sagt: Wann et viel Nüete
giet, dar giet et 6k viel Heäurenblägen Woeste in Zs. f. Mythol. 2, 96).
In der Mettennacht (Christnacht) werden beiratshalber die Haselstauden
lüttelt Baumgarten 1, 136).
Ein alter westfälischer Bauer erzählte von seiner Freite, dass er lange
nicht zu Strii 31 äike) kommen kennte, bis er die Dieme, die er gut
leiden mochte, unter einem Haselstrauch traf. Da hatte er sofort das
Jawort (Kuhn, Westfäl. Sagen, 2, 45). Bin westfälisches Liedchen lautet:
Aiiien Busk met Haselnüeten stäit an uesem Deike; bai de Dochter friggen
well, maut de Meäuer streiken (ebenda). In die Haselnüsse gehen,
1 Mitgel ilt von Dr. R. Petsch.
bedeutet in volksmassigen Liedchen ' das,
Lyriker bluonjen rösen an der h< , n«nuen. I
bei Herder (Volkslieder 1. 109. Li i
Mädchen Rosen brechen gehn Wohl in «li.- grüne ;i
sie da am Wege stehn? Ein Hase] die
Die westfälische Redensart: die Krähe bringt m
in Z8. f. Mvtli. _'. 96) bedeutet: ich bekomme einen Manu, und
<lcm eben Abgeführten in enger Beziehung, während
breitete Bewerfen und Beschütten der Braut mit Getreide- and I
kernen, auch Nüssen, nur die Übertragung der Fruchtbarkeit aul
bedeutet Meine Deutschen Frauen im .M.i and die Haseln um
hier keinen eigenen Sinn hat.
Durch keine andere Verwendung ist die Hasel volkstümlich
geworden, denn als Wünschelrute*), d. i. als Quellen- und Schatz-
finderin. Es wäre nur W iederholung des längst über die ^ Irute
Geschriebenen, wollte ich mich hier ausführlich über Bie verbreiten '
Für uns ist 'Ins wichtigste, dass die beste Wünschelrute nach deute
Volksglauben vom Haselstrauch, namentlich der Weisshasel zu hei
Zeit (Dreikönig, Fastnacht, Karfreitagnacht, Johannisnacht, Mariae Heim-
suchung) anter besonderen Gebräuchen und Sprüchen geschnitten w
Sie ist gewöhnlich ein sich oben gabelnder zwieselichter Zweig, Bell
ein einfacher kurzer Stab; der einjährige junge Schoss ist auch hierzu am
tauglichsten.
Zwei Werte sucht und findet sie: Wasser und Gold, beides hängt eng
zusammen, denn die Haselzwiesel ist <hi> irdische Bild des himmlischen
zackichten Blitzes, der das Wasser der Wolken und damit auch der l
weckt, und in dem and durch den das goldene Gewitterfeuer flammt
als Gold in <lic Erde aufgenommen, durch das Blitzsymbol wieder ent-
deckt wird
', Mannhardt in der Zeitschrift f. d. Mythologie ! llerlei durcheil]
gemischt wird.
2) Besser ist der Anfang in Wolf-. Schmeltz i 14: 1 wo]\
zum Tantze gan, Sucht Rosen auf der II
3 I ranz baguette divinatoir« . engl, forked
auch Zeigrnte genannt: Alpenburg, Sagen, ■
Volkskunde 2, 158.
4) Vgl. namentlich W. Schwartz in m<
5) Wuttke, Aberglaube, § 1 13. I in l'omnv i
t Kunde deutscher Vorzeit 18 : 3 thal 19— 21 Kahla
EL Meier, Schwab. Sagen, 244. Pan i Alpenbui
Beiträge. 127. Schweizer. Archiv f. Volks*
— Andr. Gryph. Leo Aimenius IV, 2: Die Ruthe die ich necl
Nacht ! üie gleiche Sonnen stund, aus vielen Haselsiräucl
— Sam. Butschky, Wohlbebanter Nürnberg
Etoehteutsche Cancelley, Bresslan B f.
1
Weinhold:
rte ist der ganze Strauch gesetzt, wenn nach ucker-
nKirk uiit.-r einem Haselstrauche am Wellberge bei Blanken-
,1,.,- l-.: , dem im Berge verborgenen Schatz sein soll (Kulm
and Schwarte, Nordd. Sagen, So v-l , oder nach badischer Sage an einer
Istande die Schlüssel zu dem versunkenen Schloss von Burgstadel
hangen (Baader, Volksa. a. Baden, No. 1£
An Stelle «l-'s Schal iheint die gleichbedeutende Glücksblnme
in einer Salzburger Sage Vernaleken, Alpensagen, S. 156), wonach eine
ron einem neunsprossigen Haselstrauch in der Neujahrsnacht ge-
Bchnitten, in der Walpurgisnacht zu der Grlücksblume auf dem hohen
Groll weist.
Unter alten grossen Haselsträuchen wohnen geheimnisvolle Wesen,
der Haselwurm und die Alraune.
Der Glaube an den Haselwurm lebt besonders in Tirol.1) Er wird
meist als weisse Schlange gedacht, zuweilen dick wie <'in A\ ickelkind, oft
auch als solches erscheinend, zuweilen auch buntglänzend. Wem es glückt
einen Haselwurm zu fangen und der ein Stück von ihm is>r. versteht die
Sprache der Vögel and Tiere, der Kräuter und Blumen, kann sich un-
Bichtbar machen, sieht alle verborgenen Schätze und wird unermesslich
reich. Aber es gelingt wenigen ihn zu fangen. Schon dass er nur unter
II sein wohnt, auf denen eine Mistel wächst, beweist seine Seltenheit.9)
Übrigens sei bemerkt, dass auch die Serben nach Afanassjew glauben,
unter eiu.T Hasel, worauf eine Mistel wächst, wohne stets eine Schlange
mit einem Edelstein auf dem Kopfe Fr. Th. Koppen, Geograph. Yerbreit.
d. Holzgewächse des europ. Russlands und des Kaukasus. St. Petersburg
In den Schweizer Urkantonen sind die Alraunen an Stelle der Hasel-
würmer getreten, teuflische Wesen in Kindsgestalt, oft einem Fisch ähnelnd.
die ihrem Besitzer das (leid vermehren; aber «1er dritte, der sie hat, ver-
fällt dem Teufel (Lütolf, Sagen der fünf Orte. s. 192). Auch hier ist die
! auf weisser Haselstaude das Anzeichen für den Fund (Schweiz.
Idi-.tiken 1. 17 1. 2, 1676).
Fhe wir an- zu der Haselstaude als Zaubermittel wenden, sei noch
len Kraft gedacht, die übrigens schon in der Weisung
von Quellen und Schätzen sieh äussert.
1 Alpenburg, Myl Ztschr. !'. österr. Volkskunde 2. lös. — Leöprechting 98
ii Bäumen gewordenen Haselstanden die seltenen weissen
Bchlan) in der .Mitte haben.
"-' N M ru Prof. Englers haben weder er noch Prof. Ascherson
Miste] auf der 11.. E Boltz, Über die Flora Südrusslands Mitteil. d.
natiir. \ 1863/64, S. 82— 97), fand im Kreise Umea die
nur auf einer einzigen Hasel die Mistel. C. G.
. Chloris borus« - i Mistel aufCorylus an, aber ohne Fundort.
Nach den Prozessakten einer 1587 a t*n Mecklenburg'
(Jerdrut Schwarte, brauchte dieselbe zwei Haselruten, um beiden Kranken
zu erkunden, ob es eine böse oder eine gute Stunde sei 'Bartsch, Meckl.
- Bin wegen Zauberei eingi zogen« i Mecklenburger bekannte
L586, dass man erfahren könne, "l» ein Mädchen noch Jungfi venu
man einen mit Hasenblut bestrichenen Haselstock ihm vor di< I
werfe. Dann müsste sich derselbe emporrichten, wo es unehrlich
ebenda 32).
Wenn man von einer Haselstaude einen sich gabelnden Zweig nachts,
während es zwölfe schlägt, abschneidet und denselben zwischen 12 i auf
drei Streiche in eine angebohrte Birke treibt, so kann man nach All.
Meinung herausbringen, ob mau eine gute Ehe haben werde oder nicht
(Reiser, Sagen, Gebräuche u. Sprichwörter des A.llgäus, II. I •"■ l
Nach norwegischem Aberglauben bedeuten rote Blüten an den II
sträuchern Krieg (Liebrecht, Zur Volkskunde, S. 329
Eine alte irische Sage sei hier angefügt. Sinned, 'Im Tochtei
Lodan Lucharglan, dem Sohne von Ler, au- dem Lande der Verheissung,
ging va\ Oonnlas Quelle, die unter dem Meere i>t. um sie zu sehen. \
dieser Quelle stehen die Haselstauden der Weisheit Wissenschaft) und
der Begeisterung (Poesie). In 'Im- gleichen Stunde brechen au ihnen
Früchte, Blüten und Blätter hervor, und dann fallen zugleich Regenschauer
auf die Quelle und eine purpurne Woge erhebt Bich. Sinned ging «im
Haselstamlr «Iit Begeisterung suchen, aber 'Im Quelle überdeckte sie, und
als Sinned ans Land wieder gekommen war, starb sie. (The V<
Bran at the land of the Living, edit. by Kuno Meyer I. 214. London \%
Als voraussichtige Warnerin vor leichtsinniger Hingabe erscheint Frau
Hasel in dem verbreiteten alten Volksliede1) vom Mädchen und der Ha
Sie mahnt die zum Tanz oder zum Buhlen gehende Magd, ihre Ehre zu
hüten; nach den meisten Texten kommt die Warnung zu spät.
Auch das alte Lied vom ülinger kennt die Hasel, welche 'las vom
mordlustigen Liebsten in den Wald entführte Mädchen geheimnisvoll warm.
In den Texten der Gruppe, welche den Mordplan durch die rettenden
Brüder vereiteln lässt, ist eine Turteltaube der Hasel beigegebi In
1) ühland, Alte Volkslieder, No. 25. Herder, Volkslieder, 1. 109
Liederhort, No. 174 a—i. Hoffmann u. Richter, Bcbles. Volkslieder, No. 100-102. M
Volkslieder a. d. Kuhländchen, S. 29-31. In d i m der Saar (Kohl
Volkslieder, No. 7, dazu S. 86»), in den sehen (Röcke! No. IS) and dem N i
Text (Wolfram No. 59) hat d*r Lorbeerbaum die Rase! verdrängt! in dem Lii
Nordfranken (Schleicher. Volkstüml. aus Sonneberg, S 113) der Sadelbaom.
2) Erk-Böhme, Liederhort, No. 41, a-e. g i l>aa Uottscheer Lied bei A. ti
Gottschee, No. 70 kennt nur die Taube ohne Hasel. 70b nur die sich verneigei
70 a Taube und Tanne (statt der Hasel).
Weinhold:
der zweiten Gruppe mit tragischem Ausgange ward der alte Zug vergessen;
["2b be Erk-Böhme heissl es nur: Bie gingen miteinander fort, sie
kamen an eine Hasel dort.
Die ältesten Zeugnisse für die Hasel als Zaubermittel bietet die
norwegisch-isländische Sitte des treniö*, d. i. der Errichtung einer Schimpf-
stange nidstong . die zut Verhöhnung und 8chädigung eines Feindes auf-
kr ward. Man nahm eine Haselstaude heslistong) *), schnitt ein
Spottbild des Gegners hinein Bamt der Schadeformel (nid), steckte auch
zuweilen noch einen Rossschädel darauf and richtete die Stange nach der
;id des Feindes. So that Bgill Skallagrims Sohn, als er Norwegen
geächtet verlassen mu igen König Erich Blutaxt und dessen Gemahlin
Gunnhild. Er sprach dabei diesen Spruch (formali): „Hier stelle ich auf
die Schimpfstange und wende diesen Hohn gegen König Erich und die
Königin Gunnhild"; dabei drehte er die Stange landeinwärts; „ich wende
diesen Schimpf gegen die Lancteeister, welche dieses Land bewohnen, so
dass alle wild herumfahren sollen und keiner das Seine finde, bis sie
nicht den König und die Königin aus dem Lande getrieben haben!"
Dann kehrte er auch den Pferdeschädel in das Land hin und ritzte die
Runen des Spruchs in die Stange Egilssaga c. 57, ^ 55f.).2)
Das früher besprochene Inihaseln eines Kampfplatzes findet einiger*
massen Entsprechendes in der Umhaselung eines Ortes zum Zauberschutze
■I Feinde. Von einem voigtländischen Schnapphahn aus der Z< it des
dreissigjährigen Krieges, namens Kresse, wird erzählt, derselbe habe einmal
Dorf Staiz, als feindlich Volk anzog, mit Haselruten umsteckt, welche
jenes für lauter Musketiere ansah und deshalb stille abzog. Wenn auf
en wurde, fing er die kleinen Kugeln in seineu Hemd-
ärmeln auf, die grösseren wehrte er mit einer Haselgerte von sieh ab
E Köhler, Volksbrauch im Voigtlahde. Leipzig L867, S. 549). Hier ist
srer Gaukel- und Zauberspuk auf die uralte Grundlage heidnischer
Sitte ü. durch Umfriedung eines Ortes mit der Hasel denselben
unter deu Schutz des Kriegsgottes zu stellen.
Uralt ist auch der Regenzauber, der bei grosser und langer. Dürre
mit einei- Kute öder einem Stalle vollzogen wird, die man in ein Wasser
schlägt. Sofort Bteigen Wolken auf und entladen sich (meine Abhandlung
zur Geschichte des heidnischen Ritus, S.23: Abhandlungen d. Berlin Akad.
der Wissenschaften 1896). Dass dabei die Haselrute gebraucht wurde.
sich an sich vermuten, ist aber aus der Schweiz durch Hexen'prozress-
akten von 1625 belegt, wonach der Teufel einer Hexe einen Haselitab
überreichte, den sie in fliessendes Wasser schlagen niusste. worauf ein
Platzregen niederging (Schweiz, [diotikon 2. 1 * '< 7 .
1 Auf Island nmsste ein anderes H<>lz die Hasel vertreten.
Sri Fimi:ir J'öntsons Anmcrk! in seiner Ausgäbe und oamchtiieh Konr. Äiaurer:
ir, i\ 64 f
Über die
Die Haselgerte ist auch der Zauberstab bei vvuuderl ten
Im Dallenwyl, im II nannt «li«- Tablete, stellt
Heuens ein Bergmännchen Zwei _ ein, das g i
wenn Regen oder Gewitter das Heu zu verderben drohte. Dam \ et
zwei Haselzwicken (Zwieselruten . stellte &ich in <lie <• lilug
gewaltig um sich, worauf das Heu vom Boden sich erhub, aufwirb«
nach dem Gaden sich hinbewegte uud zu allen Offnungen d<
Bog, während das Mandli fortwährend gegen das einfliegende !!•
losschlug (Lütolf, Sagen aus den fünf Orten, lv '
vmi einem Knecht erzählt, der im Grosshaus zu Uurtnellen diente und
schwersten Arbeiten spielend verrichtete. Gleich dem Bergmännlein aui
der Tableten jagte er mir einer Haselrute bei drohendem Regen
draussen liegende Heu in den Gaden hinein (ebenda 2 I
Bei dem Zauber, einen Dieb zu zwingen, das Gestohlene zurückzu-
bringen, fehlt die Hasel nicht. \n> dem 1 7. Jahrhundert 167-1
Schweizer Akten (Schweiz, [diotikon 2, 1676 . dass manche ein Feuer aus
lauter häslenem Holz anmachen, darüber «-in Gefäss mit Wasser stellen,
drei Eier von einer ganz schwarzen Henne hineinwerfeu und das siedende
Wasser schlagen. Die Schläge treffen den Dieb, der mm Bchleunigsi
Gestohlene au seinen Ort zurückbringt.
Ebenso wirkt die Haselrute uach böhmischem Aberglauben (Grohmann
Nr. 975) züchtigend in die Ferne, wenn eine Kuli verhext ist. Man kocht
die Milch, legt einige Schwanzhaare .Im- Kuli hineiu und peitscht dei
mit einer frischen einjährigen Haselgerte. Alsbald kommt d
brüht und mir blauen Striemen am Leibe und bittet ihr ein Brot zu
borgen. Wird es verweigert, bo um-- Bie sterben.
Nach Thüringer Meinung kann man v< Mi isi : i
heilen, wenn mau mit einem am Karfreitag ler eil i
vor Sonnenaufgang vom Haselstrauch geschnitteuei - man
schweigend bis zum Gebrauch verborgen hielt, dreimal um deu
Menschen oder das Vieh in den drei höchst »on herumgi
-einen Nur abnimmt und auf diesen Losp
Unholden getroffen und lassen den Men • >
Sagen und Gebräuche aus Thüringen, •_'. -
Der Aberglaube ist weil verbreite man eh I " 'lurch
prügeln könne, wenn man auf ein K PPcn
indem man an den Gemeinten d< inen Namen nennt,
einjährigen Haselgerte schlägt. P ■ indem man n
schaut und die drei höchst« ten bei den drei Schnitten i
bestimmten Zeiten geschnitt« n: am Karfreit ;
E. Meier. Sagen aus Schwaben, 3. 245), in der Johannisi
§ 396) am Neuinmnl. ■ ' Dienstag fällt R<
Jauer Bese-nnngen in der Z ' für de
j(l vuii N egolein:
S|.i-u. - bönwerth, \u> der Oberpfalz, •"-. 201. Kuhn, Westfälische
Wunderlich,' aus dickem Aberglauben hervorgekommeu, mit sehr altem
Staube bedeckt and dadurch verkrüppelt and entstellt, erscheint das meiste,
das sich in der Volksmeinung und Überlieferung an den schönen Basel-
Btrauch haftet Aber wir können « I **n Stauh wegfegen uml «las Entstellte
mehr oder minder auf das ursprüngliche zurückbringen. Wir sind von
der nachweislichen Verwendung der Hasel im altgermanischen Kultus aus-
gi i Sie diente darin als heiliges Werkzeug, denn sie wajr ein
heiliges Symbol. Der Baselstab galt als Waffe des Himmelgottes, und so
wohnte eine beilige Kraft in ihm, die zum Nutzen der Menschen nach
den verschiedensten Richtungen ausströmte.
D - Wort llasrl. alnl. hasala, das mir zufälliger Ausnahme des Gotischen,
allen germanischen Dialekten gehört, entspricht dem lateinischen corylus
und wohl auch dem altirischen coli (aus cosl). Die Bedeutung des zu
Grunde liegenden Stammes ist noch nicht festgestellt.
Die Reise der Seele ins Jenseits.
Von Julius von Negelein.
I. Abreise der Seele.
Während im allgemeinen die geistige Entwicklung der Völker eine
stete [deenveränderung zu Gunsten eines intellectuellen Fortschritts er-
kennen lässt, zeigt sich auf dem Gebiete des Seelenglaubens ein anderes
Phänomen. Die Quellen, aus denen er seit Urzeiten fliesst, weisen mit zu
unerbittlicher Notwendigkeit auf die Rückkehr zu denselben Ausgangs-
punkten hin, als dass eine derselben jemals für uns zu versiechen beginnen
könnte. Stets wird die Furcht vor dem Toten mit der Liebe zu dem
Toten, die Hoffnung, ihn in einer anderen Welt wiederzusehen, mit der
schauerlichen Gewissheit seines Befangenseins von einer undurchbrech-
lichen Grabesruhe streiten. So muss jeder einzelne Todesfall dem gegen
die Bindrücke des Naturlebens noch unabgestumpften Sinne des gesund
empfindenden Menschen ein reiches Feld widerstrebenden Fühlens, Denkens
1) Vgl. auch Baumgarten, Aus der Heimat, 1, 136. 2, 14. In Bayern wird statt des
Haselstecken eine Wacholdergerte in gleicher Art zum selben Zwecke gehraucht: Höfler,
Wald- und Baumkult, S. 110.
and Handelns werden, Btets abei werden die VIol • ■ der in d< I
der Völker und Zeiten sich so überaus ms eilenden
Bcheinangen des Seelenglaubens Bich als dieselben überall notwendi
und deshalb überall vorhandenen erweisen. Die überraschende Gleichheit
der hierher gehörigen Sitten and Gebräuche uul den verschiedenen Konen
des Erdballs entspringt den naturgesetzlich notwendigen u
tionen auf die immer gleichbleibenden Erscheinungen von Tod und Sterben.
Nicht die einzelne Kasse, nicht der ein/., lue Stamm hat den Glaub«*!
runden, dass der Tote vielleicht noch der Speise bedürft nein,
jeder einzelne Todesfall erschafft diese Vorstellung von neuem. I >••- 1 im 1 1»
isl es unmöglich, eine Geschichte des Seelenglaubens anter Zugrunde-
legung der landesüblichen Stammeseinteilungen zu schreiben \ I die
Rasse, sondern das psychologische Motn in -einer räumlichen und zeit-
lichen Begrenztheit kann hier die Einheit sein. Nie musa die Philo!»
strenger naturwissenschaftlich verfahren, als da, wo Bie eine Analyst
Seelen vor Stellungen zu liefern versucht
Die folgende Darstellung geht von der Überzeugung aus, dass die
Paradoxie zwischen der handgreiflichen Thatsache, da— der Tote als ein
noch mit eventuellem Leben begabtes Wesen aufzufassen Bei, und der
verhältnismässig modernen Lehre von dem völligen Verlust des G
anmittelbar nach Eintritt des Todes, das menschliche Gemül stets überall
zunächst zu dem Glauben getrieben hat, der regungslose Körper be*
noch Latent die ihn aoeh vor kurzem offensichtlich belebende Seele. W i
wulh-n dabei grundsätzlich auf alle Spekulationen verzichten, ja uns Belbst
der Betonung der Analogie zwischen Schlaf und Ted enthalten1 . viel]
Lediglich ans zahlenmässigem Material, das Bich natürlich bis ins l nend-
liche vermehren liesse, den Nachweis versuchen, dass die - mch
oach dem Tode noch in Verbindung mit dem Körper'*' Btehe, da«
sich „zunächst, doch auf sehr verschieden bemessene Zeit, noch in der
Nähe des Körpers aufhalte"8) und dass dem Letzt
nicht verwest ist, ein potenzielles Lehen zugeschrieben wird, .1
Lebhafter ventiliert wird, je weniger der Leichenverfall f< ritten
i-r4 . Die Stationen des zunehmenden Verwesungsprozesses gelten in dem
schematisierenden Aberglauben der Völkei jennassen an
Tage geknüpft, die jene markieren -dien: vor allem gilt dies v lern
1 Am besten zeigt wohJ Caspari, I • bichte der Menschh
früheste Mensch mit kindlich naiyer Anschamu
haltendem Schlaf versunkene indiffen
2 Lazarus und Steinthal, Zeitechr. ychologie XII
3 Lippert, Seelendaube. IT. VgL auch Lexikon unh 1
18. Jahrhunderts) unter: Blut der ents. Iten Körper: „Nacl
welche einen Astralgeist annehmen, soll sieh die Seele nach den I
Körper aufhalten."
4) Vgl. Wuttke, Aberglauben, 43!».
ZeitM-br. (i. Vereins f. Volkskunde.
Lein ;
:;.. :.. 9. und H). Tage1) -- Zahlen, die ohnedies überall als heilig gelten
iin.l infolgedessen meisi formelhafl angewendet werden. Ferner spielt
stete der Begr&bnistag eine grosse Rolle. Die in der ihm voransgehenden
Nacht Qberall am Bärge angezündeten Kerzen sind «1er beste Beweis dafür.
man erst nach erfolgtem Begräbnisse die Gfrabesnacht angebrochen
n wollte.9) In Bayern werden drei Seelenämter abgehalten: am 1..
7 and 30. Tage nach dem Tode.3) Als besondere Gedächtnistage hebt
man daselbst hervor den 7.. 30. und den Jahrestag des Todes.4) In ganz
Bayern i>i es gemeinsame Sitte, dass sich die Nachbarn, so lauge die
Leiche im Hause liegt, anderwärts selbst bis zum 30. Tage, im Todes-
hause versammeln, um bei der Leiche mehrere Stunden lang zu wachen
und Rosenkränze 7.11 beten.5) Man erwäge, dass diese Gebete vernunft-
gem&ss nur der verscheidenden, nicht der verschiedenen, bereits im Jen-
seits befindlichen Seele gelten können, wie die auf die Gräber gesetzten
Speisen die materielle Anwesenheit des noch nicht völlig Verschiedenen
voraussetzen. In Bayern hat der Hochzeitslader am Grabe des Ver-
storbenen am 7. und 30. Tage nicht nur einen eigenen Abdankungsspruch
feierlich abzuhalten, sondern es trägt auch nach dem Gottesdienste, bei
welchem im Opfergange durch die drei nächstverwandten Frauen Kerzen,
ein zinnerner Krug mit Geld zum Wein und für vier Kreuzer Semmel
am Altar niedergelegt werden, die Totenfrau zwei Lichter auf das Grab6):
und in der Gegend von Fronau i. B. gilt oder galt die Sitte, dass man
sieben Taue nach der Beerdigung kleine Brotlaibchen, die man „Spende"
(d. h. Totenspende) nannte, uuter die Armen verteilte7). Nach dem Glauben
meiner ostpreussischen Heimat bleibt die Seele bis zum Begräbnis in der
Leiche8), beim Begräbnis setzt sie sich auf den Sargrand, wie in der
Pfalz9) «»der aber sie legt sich erst auf halbem Wege in die Truhe hinein.
die dann erst schwer wird. Sie bleibt im Hause, bis man sie hinauswirft.
indem man Stuhle und Tische umkehrt, wenn der Kondukt auf halbem
^ ege ist und den Strohhaufen erreicht hat, auf dem sie sodann noch die
1 Vgl. Lippert, Christentum, 414, der besonders Zahl 3 hervorhebt, die 9 und 40
ungerechtfertigterweise auf das Voigtland und Ostpreussen einschränkt.
2 \)ir Wach- und Bet-Abend, der dem Begräbnistage vorausgeht, wird in Deutsch-
land wohl überall inne gehalten. Die Sitte, Kerzen an den Sarg zu stellen, ist ebenso
allgemein Die Kerzen haben im Aberglauben mystische Eigenschaften: sie erlöschen bis-
weilen von selbsl und dürfen nicht ausgepustet werden, d. h. sie sind Symbole des von
»elbsl erlöschenden Lebenslichtes.
3 Bavaria, Zeitschrift für bayerische Volkskunde, 186f>, S. 983.
4) Ebenda L860, S. 413.
5) Ebenda 1860, S. 411.
6) Lbenda 1860, S. 993.
7) Ebenda 1863, S. 324.
B Vgl. auch u. a. Wnttke, Abergl., 429; Toppen 108.
9) Bastian, Verbleibsorte der abgeschiedenen Seele, 20.
Die B 8
letzte irdische Rast halten kann.1). Damit steh! in einem Widerspruch,
der nur durch die früher allgemein gewesene Sitte der Leichenmahlzeiten
auf Gräbern erklärlich ist, die Einladung des Toten zum Sitzen, damit er
seine eigenen Leichenfeierlicbkeiten mit ansehen könne, die Spi
die ihm namentlich auch in titanischen Gegenden unter d
worfen werden, der Stuhl, der bei der Rückkehr vom Begräbnis für den
Toten an der Thür und alsdann heim Leichenmahl am Tisch für ihn leer
steht. A.uch am A.bend des Sterbetages wird ein Stuhl für den l
bereit gestellt; ein solcher steht bei der Leiche bis zum Begrabe
sagt dann bei uns: „Er (d. h. der Tote, dessen Namen man niemals
nennt) setzt sich darauf."' Die Sitte, das Begräbnis am dritten I
nach Eintritt des Todes zu veranstalten, spricht '»Im.. hin dafür, dass man
bis dahin den Körper mit einem gewissen Leben begabt glaubt. Anch
die Zeit, in der man das „Wiederkommen" des Toten für möglich hielt,
ist hier wichtig: oft sind es die ersten drei i in Ostpreussen aber
/. B. die ersten 40 Tage*). Die Zahlen schwanken auch hier zwischen
den angegebenen Grenzen.8) Ja, man hat dieselben BOgar religiös zu
sanktionieren versucht: 4<> Tage lang nach dem Tode, wie Christus nach
der Auferstehung, muss jeder Gestorbene noch auf Erden wände
Den bayerischen Gebräuchen entsprechen diejenigen anderer katholischer
Gegenden: stets hebt sich in der Trauerzeit der ;;.. 7. und 30 Tag als
kirchlich begangener Festtag hervor.7) An diesen Tagen werden Trauer-
mahlzeiten abgehalten, bei *\^v dritten Mahlzeit (am 30. Tage weiden die
Kleider i\<'^ Verstorbenen verschenkt und zugleich geht hier die Aus-
scheidung ilr^ Erbes vor sich8), d. h. bis zu dieser Zeit glaubte mau den
Toten noch im Anrecht auf den Besitz Beiner Habe befindlich. In Schwaben
wird vier Wochen (30 Tage lang jeden Abend zu Hanse ein Rosenkranz
gebetet; das weibliche Geschlecht brennt fiir den angehörigen Verstorbenen
sogar ein Jahr lang heim Gottesdienst den V\ Das Jahr bat,
wie wir sehen werden, im Totenkult ebenfalls eil inschneidende
deutung. Im alten Deutschland wurde das Erl - oder Seel-Bier in der
1) Bekannter Gebrauch in < I inch i B.
fange der Kultur. •_'. 26.
2; Siehe auch Toppen 111. Anm. 3
3) So z.H. nach oldenbnrgischem Gl and liäui
4) Siehe im folgenden; auch private I
5) Im Voigtland sprichl man /.. B.
Köliler. Voigtland. 443.
6) Wuttke 441.
7) Rochholz. Deutsch, r G\a<
8) Rochholz, S. 302. Hier t
dass die Leichen der französischen Könige nach ihrem Tode T resp. 4'1 ]
Tische bedient wurden: Bastian, Verbh Anm. 1.
9) [Rochholz -203]. Birlinger, S
von \
am 7. oder 30. Tage nach dem Tode getrunken1) and an den-
selben Tagen Schmausereien mit Spenden aus der ßrbschaftsmasse ge-
geben -) Im alten Preusaen hielten die Verwandten ihre Totenmahle am
und 40 Tage.*) Bea Lera bedeutsam ist es, dass, wenn sich die
Seele aue dem Leibe scheidet, sie nach deutschem Aberglauben in der
ersten Nacht bei St. Gertrud, der zweiten bei St. Michael, der dritten da,
sie verdient hat, weilt*), die Reise ins Jenseits also am dritten Tage
nach täglichen Stationen zurückgelegt hat5), ein schon den Aveatatexten
bekannter Zug.
Noch deutlicher als bei den germanischen Völkern zeigt sich dieselbe
[deengruppe bei den Slaven. Hier ist die Thatsache, dass man dem
Körper, wenn die Seele ihn eben verlassen, noch ein gewisse- Leben zu-
schrieb*), dass man den Toten mit den Lebenden noch halb und halb in
Verkehr dachte7), und dieser Verkehr erst mit der vollendeten Verwesung
erlosch, bereits häufig erkannt.8) Bei den Knssen wiederholt sich das
Totenmahl am 9., 20. und 40. Tage nach «lern Tode.9) Als der Serben-
fürst Milosch Obrem. witsch I. im Jahre 1860 gestorben war. stand auf
- ii leerem Bette ein Öllicht, das 40 Tage lang fortzubrehnen hatte.10)
Hier ist 'las Öllicht, wie viele Analogien beweisen, ein direktes Substitut
für den Teten. Nun den Bulgaren berichtet A. Strausz, das> bei der
Leichenklage /um Tuten wie zu einem Lebenden gesprochen wird.11;
.Man giebt ihm Auftrage für die vorausgegangenen Angehörigen ins Jen-
seits mit u. s. w. Bis zum Morgen nach ihn- Beerdigung scheint dem
Leichnam sogar das Gehör geblieben zu sein: er kehrt nach Hau>e zurück,
wenn in 'lieser Zeit am Grabe geweint »»der geredet wird.12) Drei Tage
nach dem Leichenbegängnis gehen täglich in der Frühe 3— 5 Weiber zum
(jrabe, zünden Licht an und setzen Wein und Wasser auf das Grab.18)
Doch stellt man auch in der Stube, wo der Tote verstorben ist. drei Tage
lau- Butter und Wein für die noch immer im Hause herumirrende Seele
1 Weinhold, Altnordisches Leben, 501.
2; Ebenda, Anm. 5.
l ippen 111, Anm. 3. und diu dort citierten Quellen.
4) Grimm, Mvthol.4, 2, 699.
Vgl. auch Grohmann. Mäuse, 34; Simrock, Mythol.. 40:!.
Bei den Sudslaven bezeugt: Zeitschr. f. Volkskunde 1, 180. Vgl. auch Grohmann,
■glaube, 188.
T Grobmann a. a. O. 187.
be Erek, EinL in die slav. Litt.-Gesch., 418. Grohmann, Abergl., 190. Derselbe
meint ebenda 191, dass die Thatsache (??!), dass dem Toten Haare und Nägel im Grabe
weiter wüchsen, die L'rsache zu der materialistischen Vorstellung von dem Weiterleben
i oten im Grabe sei.
10) Rochholz a. a. O. 196.
11 Strausz, Die Bulgaren. Leipzig 1898. S. 427.
12) Ebenda 4531'.
13, Ebenda 451.
Die ]
auf.1) Ebenso lange, in mancher Häusern abei auch I" I hindurch,
wird früh and abends an die Stätte, wo der I
gelegt und darauf eine brennende Kerze angezündet
nämlich ooch tOTage lang nach dem Tode Im Hause verweil«
an manchen Orten zwölf Monate hindurch wird am •
40. Tages „prinos" gemacht, wobei man einen Widdei
Nach 9 Tagen erscheinen die Geister von ungetaufl gestorbenen Kindern
als Vampyre, Bogen. I strel, wieder.*) Die Seele 'I"-- Erwachsenen im
aber 40 Tage lang auf Erden herum, dann erst zieh! sie ins Jensei ts ein.*)
Diesen Tag friert man, indem ''in Weib mir einem Priester zum Grabe
geht und ein Gebäck, etwas Bolivo and eine Flasche Wein auf den II
stellt. Der Geistliche bete! und räuchert, ebnet das Grab, worauf er in
dasselbe «'in Loch gräbt und in dieses Wasser nnd etwas von den Speisen
einscharrt.6) — Bezüglich der specifisch slawischen Vorstellung, nach der
die Seelen von Verstorbenen !>i- zu ihrem endgiltigen Tode um Bäume
flattern, verweise ich auf meine Notiz im Globus.7) Ober Totengebräuche
in Bosnien und «Im- Herzegowina sind wir seit einiger Zeil durch Lilok
gut nnterrichtet. 8) Dort werden die Totenmahlzeiten in manchen Gegenden
am 7.. 4C Tage, nach einem halben Jahre oder einem Jahre geha
In anderen Gegenden gehen die überlebenden am dritten Tage nach dem
Begräbnis mit Brut. Käse u. s. w.. Branntwein zum Grabe. Am 7 I
nehmen sie auch Opferwein mit, um das Grab zu begiessen.*) [n Sarajewo
geht man am 3., 7.. 40. Tage, 7« .lalir und am Jahrestage nach der B
erdigung auf den Kirchhof, zündet am Grabe eine Kerze an, räuchert es
und betet für die Seele des Verstorbenen.10 Dieselben Zeiten für den
Totenkultus werden bei den muslimischen Bosnjaken eingehalten
der Meinung mancher Bosnjaken hält sich die Seele des Verstorbenen im
Sterbehause auf und schwebt besonders um seine Kleider 6 7 l'.-i_
Doch glauben die orientalisch-orthodoxen Leute dii I dass die
Seele des Verstorbenen nicht sofort in den Himmel fahre, Bondern Bich
nach der Trennung vom Leibe noch i" !'..-• nifhalto und acht
gebe, dass ihrem einstmaligen Leibe kein Li • •■ Deshalb brennt
man (v-1. Anni. ■_'. S. 21) in Trebrinje im Ha torbenen 10 I
Lang nach dem Tode eine Kerz ler Lampe Man zündet auch nachts
eine Kerze am Grabe an. In Saraji kl man durch \0 Tage je
eine Kerze und einen Teller gekochten Weizens in die Kirch ler stellt
den Weizen an die Stelle, wo der T gen hat.13 Auch die bosnischen
und herzegowinischen Muslems - - di< Seele bis zum I
1) Strausz a. a. 0. 446. - 2) 1 31, 453. -
194. - 5) Ebenda 458. - <: Globus, J
8) Lilek in dem S.Bande der ethnolog. Mitteüungei
9} Ebenda 409. - 10) Ebenda 411. - 11 Ebenda 420. - 12] Ebenda 4
a. a. O. 408.
22 v"" Nfogelein:
oach der Beerdigung in das Baue zurückkehren könne.1) Wir sehen:
Vorstellung ist echl Blavisch und deshalb auf deutschem Boden nur
in «Iimii von Slaven beeinflussteD Ostpreussen zu finden.
Gehen wir quo zu den asiatischen [ndogermanen über, so finden wir
natürlich auch bei ihnen den universellen Gedanken, dass «1er Tote sich
in der Nähe des Grabes aufhalte. Dies ist z. 15. bei den Armeniern be-
zeugt.1 Dieselben kennen als Tage der Kultushandlungen für den ein-
zelnen Toten zunächst den Tag nach dein Begräbnis, sodann den .siebenten
Tag.") Davon sind die Pesttage des Ahnenkults, der auf ganz anderer
Basis erwächst, natürlich streng zu scheiden. Nach einer Woche ist der
Tote zur Stätte des Gerichtes gekommen, seine Wanderung vorbei.*) Eine
ander.- [deenreihe aber konnte sich damit nicht begnügen, den 'roten
dorthin zu verfolgen. Sie heftete sich enger an den nach 7 Tagen noch
kaum in der Verwesung begriffenen Leichnam und liess die Seelenpflege
ersl nach einem Jahre aufhören.*) Dann ist der Tote wirklich tot, bereits
iüs Jenseits eingegangen. Wie die stets im Frühling sich erneuernde
Wiedergeburt der Natur, wie ihr stets sich im Herbst wiederholendes
Absterben auch den .Menschen in den Kreislauf des ewigen Werdens und
Vergehens mit hineinreisst, so vernichtet der erste Donnerschlag des
Lenzes alle Geister des verflossenen Jahres und giebt dem Lebendigen
dem Toten gegenüber sein Recht.*) Ein volles Jahr lang also kann der
Tote zur Umgebung Beiner Wohnung zurückkehren.6) Nach dem Glauben
der Tscherkessen kann der Tote acht Tage nach dem Begräbnis zum
Gastmahl im Verwandtenkreise zurückkehren, weshalb man nach Ablauf
der ersten Woche das aufgezäumte Schlachtross des Verstorbenen vor sein
Grab führt und ihn zum Schmause einlädt.7) Wenn ein reicher Kirgise
stirbt, so wird ebenfalls am 7. Tage das Volk versammelt und ein Gast-
mahl gegeben.8) Nach der Lehre der altpersischen Avestatexte hält sich
die Seele drei Tage lang in der Nähe des Kopfes auf: das gilt von den
guten und bösen Seelen, doch empfinden schon in dieser Zeit dieselben
einen Vorgeschmack der Belohnung oder Strafe, die ihrer wartet.9) Nach
Ablauf dieser Zeit verbleibt die Seele des Guten am Orte der Erlösung,
unter Bäumen and in Düften weilend9), die des Bösen aber besucht nach
jüngerer Leine ihre Verwandten an den fünf Schalttagen, die auf die
Besuchstage der Seligen folgen.10) Nach mittelpersischer Überlieferung
hält sieh die Seele drei Tage lang da auf, wo der Kopf lag.11) Man ver-
gleiche damit die Substituierung des Körpers durch einen Stein (s. oben).
Nach der Leine der vedischen Ritualbücher bleibt die Seele des Ver-
1) Lilek a. a. 0. 419. — 2) Abeghian a. a. 0. 18 und 24. — 3) Ebenda 22f. —
enda 18. — 5) Strausz a. a. 0. 454. — 6) Ebenda 18 und 23. — 7) Bastian, Vor-
stellungen von der Seele, 13. — 8) Zeitschr f. Ethnologie 3, 307. — 9) Yasht 22: Geiger,
Altiranisches Leben, 263. — 10) Bastian, Vorstellungen u. s. w., 35. — 11) Mainyo-i-Rharad
Cap. 2.
Btorbenen mit dem Körper eine Zeil ! irendd« -
wird die Ceremonie der ekkodistaQraddhS vollzogen, nach einem •'•
(oder drei .Monaten) erfolgt mit Aufnahme in den Kreis dei Manei
Bapindakarana, zuletzt erst das eigentliche Manenopfer, das pitrmedha
verhindern soll „neues Unheil zu stiften" . *) l ber die B remonien
im modernen Indien sind wir Behr ausführlich z. B. durch Di
richtet, [ch hebe folgende Einzelheiten hervor: Während de» Wege« eur
Stätte der Verbrennung hält man dreimal an, öffnet jedesmal den Mund
des Töten und wirft in denselben ein wenig feuchten, rohen Reis bim
damit der Tote zugleich essen und trinken könne. Di<
begründet, dass der Scheintote dadurch ins Leben zurückgerufen werden
könnte und der wirklich Tute wieder auflebe, wenn die Todesgottheif
sich vielleicht in ihm vergriffen und aus Versehen einen Falschen abgeholt
hätte.*) Am zweiten Tage der Begräbnisfeierlichkeiten giebt der I
einem Brahmanen Reis, Erbsen und Gemüse, die er in ein angebrauchtes
Linnengewand wickelt und dies zwar zu Gunsten des Toten, in dei
Wartung, dass der Keis. das Öl, die Erbsen und das Wasser, welches man
ihm bereits dargebracht hat, nicht ausreichen, seinen Durst und Hm
zu befriedigen und er in der anderen Welt keine Gelegenheit mehr haben
werde, seine Blosse zu bedecken.'J Vom Ablauf des dritten raget
zum neunten Taue wiederholen sich dieselben Gebräuche and bezwecken,
es zu verhindern, dass der Tote Hunger und Durst erleide "der nackt
bleibe und wollen ihm eine schnelle Wiedergeburt ermöglichen.
Bei den semitischen Völkern tritt der Totenkultus zurück. Bekanntlich
hat Frey ihn bei den Hebräern äberhanpt geleugnet. Die Völkerpsych«
verwirft mit Entschiedenheit diesen Versuch, den einzelnen Stamm an-
der geistigen Gemeinschaft der Völker herauszureissen and ihn vom Zwange
unumstösslicher Naturgesetee zu befreien. Denn in dem Bestreben, dem
im scheinbaren Schlummer befindlichen Körper bo lange die Attribut«
Lebens zuzuerteilen, bis der scheinbare Schlaf von den Sympt« n der
Verwesung- abgelöst wird, manifestiert sich nicht- anderes als das I
heitsprineip des menschlichen Geistes. So lange die in Bewegung
Kugel ihres Weges rollt, bis die Keil ■ sie zum 8tehen bringt, wird
der menschliche Geist sich von der tröstlichen Selbsttäuschung eines Weiter-
lebens des schon erkalteten Körpers nicht ganz befreien können Di«
Beduinen der vorislamischen Zeit nahmen in ihren Gedichten häufig einen
jedes Fortleben nach dem Tod.- negierenden Standpunkt ein. In dm. alten
1) Hillebrandt, Rituallitterarur, 90 Umenkult, --'2. Ol
Veda, 555.
2) Hillebrandt a. a. 0. 90.
3) Moeurs des peuples de Finde.
4) Ebenda 206.
5) Ebenda 211.
■ > j von Negelein:
Liedern wird der Gedanke nach allen Riebtungen hin variiert, dass mit
dem Tode alles ms Bei' Doch war diese [dee mehr dem aufgeklärten
lalismus einiger Sänger ;.l> dem Gemül der grossen Menge eigen,
stehen wir es, dass, trotz dieses religiösen Nihilismus, Gebräuche
existierten, nach denen /. B. Freunde am Grabe eine- Mannes zu seiner
Erinnerung tranken und etwa den Rest des Bechers auf sein Grab aus-
schütteten.*) Hierin eeigen sich Kote der Anschauung, dass der Tote als
Doch nirlit ganz verschieden, noch nicht aus der Gemeinschaft der Lebende»
Man giebt deshalb dem Toten seinen Anteil weiter.
Ihm den Hebräern von der Speise, bei den Arabern von dem Tranke.
Noch in anderer Weise Betzen die Verwandten und Freunde die Gemein-
schaft mit dem Verstorbenen fort. Sic besuchen sein (irab und halten
Bich daselbst Lange auf. Bie lassen ein Zelt über dasselbe schlagen und
können sich nicht von «1er Stelle losreissen. Wer am Grabe eines Be-
kannten vorüberkommt, ruft ihn beim Namen und grüsst ihn. Der Tote
hört sein ynh,i und antwortet: ..x<u avu. Ja, man schwört bei des Toten
Leben und -las vor einer Zeit, in der der Gedanke eines wirklichen zweiten
Lebens, wie der Koran es beweist, den Mekkanern als der reine Aber-
witz erschien.2; Als Analogie zu der bulgarischen Auffassung (S. 20. Anm. 1'-')
im es bemerkenswert, dass der Verstorbene, wenn er zu Grabe getragen
wird. Äusserungen thut, die alle Tiere vernehmen, nur der Mensch nicht.
Er hört das Klappen der Schuhe des Gefolges und versteht, was man ihm
zuruft Er hat zu leiden unter dem Wehgeschrei der Seinigen.4) Die
muslimische Doctrin älterer und jüngerer Zeit entsagt ebenso wenig wie
die talmudische der Vorstellung, dass die Seele sich nicht früher ganz von
ihrem Leibe und dem Irdischen befreien kann, als bis dieser der völligen
Vernichtung anheimgefallen ist.6) Wie im slavischen Aberglauben sitzt
im muslimischen der Verstorbene auf seinem auf den allgemeinen Be-
gräbnisplatz getragenen Sarge, oder es folgt sein Geist der Leiche bis
zum Grabe.6) In der vorausgehenden Zeit der Begräbnisvorbereitungen
fühlt derselbe alle Schrecken des Grabes voraus, er hat schwer unter der
rohen Behandlung seiner irdischen Sülle zu leiden und bittet deshalb die
Überlebenden, Beine Kleider Langsam und vorsichtig auszuziehen, das
Leichenwasser nicht zu warm und nicht zu kalt zu machen, ihm das Ge-
Bicht nicht zu verbinden u. b. w. Er klagt über die ewige Trennung von
den Verwandten und weint über das Scheiden aus dem Leben.7) Ist der
L) Wellhausen, Rest< arabischen Heidentums, 185.
Ebenda 183, vgL Bussen 3. 164.
3) Vgl. Wellhausen, Skizzen, 3, 162.
I Wellhausen a. a. 0. 186.
5 Wolf, Muslimische Eschatologie, 8. 78, Anm. 117. Bastian, Vorst.. 27.
6) EbemL
7) Ebenda 41 ff.
I >i.- Reise der Seele ras Jenseits. 25
' I ' . » r . einmal gebettet, bo besacht sein Geist den abgestorbenen Leib am
3., .">. and 7. Tage and weint aber den zunehmenden Leichenverfall.1)
Alan sagt auch: der Gläubige erleide die Strafe im Grabe 7 Tage, der
Ungläubige 1" Tage lang, d. Ii eine so lange Zeit nimmt die Wanderung
der 8eele ins Jenseits in Anspruch.") Ein volles Jahr aber dauert der
konnex zwischen dem < i fisr and dem im Grabe geborgenen Leib. Der
Tote sieht, wer für ihn betet and um ihn trauert.3) Als interessante V< r-
mittlung zwischen den verschiedenen Auffassungen, nach denen die Seele
in der Nähe des Leibes Bitzen und doch zu Gott eingehen muss, findet sich
auch die Angabe, «Ii«' Engel machten zu Bäupten des Toten ein Fenster
and zeigten ihm den für ihn bestimmten Ort im Paradiese.*) Der Talmud
steht diesen Vorstellungen des arabischen Semitentums nicht fern. In
einei- viel citierten Stelle erklärt er die Gebeine des Toten für ehrwürdig,
weil nach dem Begräbnis <li«' Eabal «I«' garmin, der Manch der Knochen,
um das Grab schwebe.6) Die Seele hält sich beim Grabe noch 30 Tage
lang auf. indem sie hofft, sie kehre wieder zum Körper zurück.6) Bier
zeigt Bich «li«- [dee des Leichnams als eines noch mit potentiellem Lehen
I _ toten Körpers besonders klar lebendig. Dem entspricht, dass man
die Toten, obgleich der jüdische Ritus bekanntlich das sofortige Begräbnis
vorschreibt, doch in den drei ersten Tagen nach Eintritt des Todes unter-
suchen darf, «1. h. man ihres wirklichen und definitiven Ablebens nicht
sicher ist.7)
Nur anhangsweise Beien «Ii«' klassischen Volker erwähnt, über deren
religiöse Gebräuche uns eine grosse und leicht zugängliche Litteratur zur
Verfügung Bteht. Nach Ciceros Ausspruche glaubte man im Volke, dass
die Toten unter der Erde den Rest des (im Diesseits nicht ausgelebten)
Lebens verbrächten.8) Dem entspricht die Auffassung des Schattens und
der Manen. Dass die Sitte der Verbrennung ihm nicht widerstreitet, _■ in
u. a. daran- hervor, dass z.B. die Leiche <les Achilleus 17 Tage über der
Erde blieb, die des Bector 9 Tage9), und die Leichenspiele «Ii«- /«dt bis
zur Bestattung ausfüllten, man also dem verfallenden Körper bo lange als
mösrlrch irdische Freuden zukommen lassen wollte. Auch das Blutopfer
des Odysseus, durch das dieser den Geistern «Im Sprache wiederverleiht,
gehört als Rest eines alten Kuhn-, der Tier- und Meiis< lieimpfer zu Ehren
der Manen kannte, hierher.
I) Wulf a. a. 0 76 f.
•2 Ebenda 65.
3) Ebenda 78.
4) Ebenda 59.
5) Vgl. z. B. Rochholz. Glaube und Brauch, 220.
6) Bereschith rabba c. 100 bei Frey a. a. 0. 2CMi, Anni. -->. vgl. 120, Anm. 6.
7) Zeitschr. f. Geschichte d. Judentums 3, 216 f.
8) „Sub terra censebant reliquam vitam agi mortuorum, Cicero- bei Bastian, Eiern. 26.
9) Homer eo 63, Q 664. Buchholz, Realien zu Homer II. 2, 296.
ron N egelein:
Die verstände«- und gefühllosen Schatten Homere erhalten bei Voll-
ziehung des atavistischen Gebrauchs blutiger Opfer die ihnen von Alters
lirr zustehende Gabe der Rede wieder.1) Die klassische Zeil kannte
Grabraahlzeiten am 3 . 9. and 30. Tage nach erfolgtem Begräbnis.*) Nach
Ablauf der dreitägigen Fastenzeit wurde das Totenmahl vorgenommen.
Am dritten Tage wurde an dem mir Eppich bekränzten Grabe ein Toten-
opfer dargebracht, das Hauptopfer aber fand am 9. Tage statt, wenn nicht
der 10. dazu genommen wurde, wie es uns einmal berichtet wird.3; Endlich
fand eine mit Opfer und Totenmahl verbundene Feierlichkeit am 30. Tage
Dach dem Begräbnis statt.4) In ( alymnos findet die Seele des 'Föten erst
am ■!<>. Tage Ruhe.
Die vorausgehend verwerteten Materialsammlungen, die sich leicht
verzehnfältigen liessen, werden bereits in ihrer jetzigen Gestalt zum Er-
weis der Behauptung ausreichen, dass alle indogermanischen sowohl, wie
die semitischen Völker mit überraschender Konkordanz <len Seelensitz
muh Eintritt des Todes für eine bestimmte und beschränkte Zeit in den
Körper verlegten, und dass der Monismus von Geist und Materie um bo
strikter aufreiht erhalten wird, je weniger die fortschreitenden Anzeichen
des Leichenverfalls die Frage nahe legten: Wohin ist das Leben, das der
zerfallenden Hülle nicht mehr eigen sein kann, entwichen? Wohin hat es
die Heise angetreten? Die irdische Sorgfalt, die den ewigen Schlummer
durch keinen Lärm und kein Weinen, die ewige Nacht durch kein Licht,
die Apathie des Todes durch keine Lockspeise zu durchbrechen vermag,
'hat sich dem Verhängnis gegenüber als unzureichend erwiesen ■ die
Seele ist verreist. Ehe wir ihre Spuren ins Jenseits zu verfolgen ver-
suchen wollen, sei es vergönnt, die entwickelte Idee des Aufbruchs zur
Reise bei niederstehenden Völkern zu erkunden, um dieselbe so als eth-
nischen Elementargedanken zu erweisen. Wir können hier den reichen
und zuverlässigen Materialsammlungen Bastians unbedingt folgen. Die in
der Nähe des Grabes verbleibende Seele des Irokesen irrt zum Leichen-
feste umher.'') Dann tritt sie bei den Algonkin eine viertägige Reise
an. ) in Efate musste die Seele sechs Daseinsstufen passieren,, .unter
welchen sie überhaupt erst starb.7) Bei den Khands werden die Toten
ohne weiteres verbrannt, alter nach zehn Tagen versammeln sich die
Verwandten und Freunde und trösten sich mit einem gemeinschaftlichen
Mahle und massigem Trinken (Totenschmaus !). In Borneo weilt der
(;,1>I Vlr|' Tage im Hause und erhält Reis gestreut, wird dann aber
ifegt, unter Zerbrechen eines Gefässes.") Bei einer Gelegenheit er-
klärten die eingeborenen Tonganesen einem Europäer, ein vor mehreren
1 Vgl. in meiner Anzeige von Abeghians Arbeit im Globus den Abschnitt über
Totenopfer. — 2 Müller, Bandbnch der klassischen Altertumskunde, 219. Vgl. Schümann,
Griech. Altertümer«, II, 572. - 3) ß 665. — 4 Müller, ebenda, 223, — 5) Bastian,
Elem., 26. — 6) Ebenda 19. — 7) Ebenda 23. — 8) Bastian, Vorst., 34.
IM.' Reise der Seele ins Jenseits. j ,
Monaten begrabener Mensch lebe Doch.1) I>«t Leichnam des jflngsl
Verstorbenen wird bei den Ureinwohnern von Pormosa drei Tage laug
unter dem Bette aufbewahrt, dann ersi begraben.*) Nach der Vor-
stellung der (welcher?) Indianer treibt sich die Seele noch ein Jahr
Lang in der Nähe des Körpers umher und will durch Feste versöhn! sein '
l>ie Eskimos glauben, der Tupilak, der Geist des Verstorbenen, um-
Bchwebe noch drei Taue nach dem Hinscheiden den entseelten Körper.*
In Holontalo pflegen die reichen Leute die ersten vierzig Tage lang
denselben mit Blumen und Geld zu bestreuen.8 Auf Neu- Guinea uimmt
man zunächst einen kurzen Aufenthalt des Teten unter der Erde, dann
erst den Aufbruch zur Heise zum allgemeinen Versammlungsorte der
Abgeschiedenen an.8) Nach der Ansicht der Huronen verweilt ein Teil
der Seele beim Grabe7); ähnliches glaubt man auf Madagaskar8), in
Finnland9) und sonst vielfach10), so z. B. bei den Dacotah, bei denen
eine der vier Seelen neben der Leiche verweilt: und bei den Ghond, wo
ebenfalls eine Seide beim Körper bleibt, um allmählich zu verwesen.11)
Der Versuch, die Scheinexistenz des schlummernden Leibes durch Zu-
führung von Nahrung zu verlängern, hat bei einzelnen Völkern dazu ge-
führt, Speisen und (ietränke dem 'Toten direkt einzutrichtern.18 Ich
erinnere an das parallele Einflössen von Nektar und Ambrosia in der
griechischen Mythe. Bekannt ist es. dass dem 'Toten am Bonnj Schnaps
zugeführt wird13; und dass man ihm Speisen und (ietränke durch eine am
Kopfende i\cs Grabes gelassene Öffnung hinabschüttet." Die Tschuwaschen
thun das Gleiche am Gedenktage der Seelen.10) Bei den Sioux wird in
jedem Sarg die Öffnung gelassen und aus gleichem Zweck mögen sich
die runden Löcher erklären, die man an den Steinplatten der Dolmen in
Indien, Gallien, im Kaukasus u. s. w. findet.16) Die 'Toten der Tangale
werden in sitzender Stellung (vgl. die prähistorischen Gräber!) bis an
den Kopf eingegraben. Die Bube bestatten ihre 'Toten in sitzender
St. dlun-'. und zwar so. dass der Kopf aus der Erde herausschaut.17) Odentes,
eines verkümmerten Sonnengottes der Goldküste, Wohnort wird so her-
gestellt, dass ein Knabe getötet wird: er wird stehend bestattet, so dass
der Kopf hervorsieht. Auf Anietyum wurden die Vornehmen in >\<-v Erde
begraben, so dass nur der Kopf heraussteckte. Auf den Gilberts- Inseln
herrschte der gleiche Brauch.17) Sicherlich ist hier immer das Bestreben,
dem Toten möglichst direkt Nahrung zuzuführen, für die Art der Toten-
bestattung massgebend gewesen.
1) Tylor 1,424. - 2 Zeitschrift für Ethnologie 25, 334. — 3) Lippert, Seelonglauben,
30. — 4) Zeitschrift für Ethnologie IT. Kl. - 5) Archiv für Religionswissenschaften 2,
207. — 6) Bastian, Eleur, 75. — 7) Bastian, Vorst. 17. — 8) Ebenda 13, Eiern. 84. —
d) Tylor 2, 80. - In) Ebenda -j, 27 ff. — 11) Bastian, VoiM.. 1*. - 12) Bastian, Eiern., 80.
— 13) Zeitschrift für Ethnologie 2», 122. — 14) Bastian. Vorst, 34. — 15] Ebenda 35. -
16) Ebenda 13. — 17) Frobenius, Ursprung der Kultur I, 331.
Bacher:
Die weitverbreitete Sitte des Mfamifizierens deT Leichen, die «loch
auch nur den Zweck gehabt haben konnte, das im Körper befindliche
Leben mögliche! lange zn erhalten, wollen wir grundsätzlich übergehen,
weil die Zeit, die hier der Totenreise vorausgehen Bollte, eine unabsehbar
Bein mus8te. Auch der Glaube an die Auferstehung von den Toten
setzt in der Darstellung des Ezechiel die Erhaltung von deren Knochen
voraus. Dem entspricht aufs vollkommenste die moderne Volksanschauung.1)
Doch haben wir es hier bereits mir einem Monismus von Kraft und Stoff
/u timn. der, mehr spekulativ als empirisch begründet, eine endlos.«
\ ereinigung beider Elemente voraussetzt und deshalb die uns hier be-
Bchäftigende Frage nach dem .Momente der Trennung von Seele und
Leib nicht aufwirft. Wir haben die menschliche Seele bis zu dem
Punkte in> Au-- gefasst. der ihre Scheidung vom Körper als vollendet
bezeichnen h'is>r. und fragen nun: in welche mythischen Gebilde kleidet
sich die [dee dieses Scheidens? Können wir den Geist, den wir, da er
Beine Bulle verliess, abreisen sahen, noch auf der Reise verfolgen?
Ko u i gsberg i. Pr.
Fortsetzung folgt.)
Von dem deutschen Grenzposten Lusern im wälschen
Südtirol.
Vom Karaten Josef Bacher in Unterfennberg bei Margreid in Südtirol.
(Fortsetzung von Bd. X, S. 417.)
16. Da n < ven/.rat < von strlan.
1)' kmd ■>]■ sain g«?Wfsl se'm al.' bdn-
and*ron dar bdrba Tita hat-m auggonturt
.i -tori'b on 's muom Bärbd» is se'm
-t ls ö . . . . on e>t bil-a-mar nein-m
insel dUrmfia zo köda-'s-aa aü\:
In an stroax oidar gga Lfva l's-da
d alta waih' on hat g;nump a
kin vi) siin sun on is gant ;ius az velt
l(i. Die von den Hexen Übrig-
gelassene.
Die Kinder waren dort alle beieinander
und der Vetter Johannes (Baptist) erzählte
ihnen ein Geschichtchen und die Base
Bärbele war auch dort .... und jetzt will
ich mich bemühen, es euch zu sagen:
Einmal war drunten in Leve ein altes
Weib und nahm ein Kind ihres Sohnes
und ging hinaus auf das Feld, zu holen
1 [eh verweise auf Schiller, Räuber V, I: „Das nackte Gefilde begann zu kreissen
and aufzuwerfen Schädeln, Rippen und Kinnbacken und Beine, die sieb zusammenzogen
in menschliche Leiber und daberströmten unüberseblicb, ein lebendiger Strom." Vgl. aueb
die bildlichen Darstellungen der italienischen und niederländischen Meister.
Von dem deutschen Grenzposten Lnsern im «fälschen Sudtirol.
29
bo nema a di*ai t$gn, on bäl-'a ia gaw^st
aus az velt diza waib . hat- a -
kin se'ro af a zail vö patatn on is gant
in pa akar zo nema äbs d- tfgn. Bala-
män (h)at-s gahgarl an sr^a, on sl is
kein bahems bavem <) /.' s$ga von kint
on \ int nem#ar 's kint af kuana sait.
AlÖra d rwisl >■ »n wfga on ge'al hfiani
mrarai' loat bäs I »Mi t - ro srak on küt
Bain siiii. bäs-da is gasfgat. On er hat
darwist in w§ga on is gant a ggaman
zo pita, as-s- d gf'm helf zo giana
zo stia\a 's kin. 'n to momento al > da
laut vd Lv\> Bain gaw^st ümar zo süaxa:
a tnal sain gant pa veldar, a töa! pa
wäldar, on a töal sain gant in pa sca
zo visa; ma al< hä'm gamöxt kearn
bidrüm ana kin. In tä' darnS sain-sa
wui r gant zu siia.\a-'s: ma niamat
liat-'s net g ■■vunt't. Drai tag» hä'm-s'-as
g'sfia\t on balaman (h)ä'm-sa g^saug^t
an Mi Front' un hä'm-'s g-'sögg in-an-a
saülana stfl; ma zo giana in zo nema-'s
säin-sa net u'west gäat. AlÖra sain-sa
kent äba gga Lfva un hä'm ganump
kübln on sain gant ;iu Öbar disa stnl
un hä'm ä_häi)n an man on hä'm-an
abamolart, on er hat g<mump 's kin m
arm on dena hat-ar ge't an zuk an da
kühl on il sohl, bo-da sain gaw§st an
al' da 5bar sait. ha'm-n ;iugv<zög4. On
bal-dar an is gewtjst, hä'm-sa gavörst 's
kin. /." s$ga, ber-d'as bat vörtgatragg,
on 's kin hat köt: „Da is kent a -nana
\ -rau on hat-m-' gamüdlt in sn a süana
dek oii hät-ma g^tragg ;iu an dasei stfl,
bfj-dar-ma hat gavuntat" . . . on da laut
ha'm-'s g^vorst z' sega. bäs-"s-'n hat
ge't z' esa, on 's kin hat köt: „Sa hat-
mar ge't gi'ilas pryat on öpfl.'* On älöra
hä'm-sa darwist »n weg' on sain kent
huam betn kin. On d - laut hä'm-an
ab pensärt, ke da hä'm-'s vörtgahat da
strian, on vö dansel tags ha'm-s -ar ala
köt da gavenzrata von strian.
Bich einige I isolen httlsen . und als sie,
dieses Weib, draussen auf dem Felde w ar,
[i gte sie das Kind dort auf eine Erd-
äpfelzeile und ging hinein bei Acker, die
Fisolen zu pflücken. Da hörte Bie einen
Schrei, und sm kam behende, nachzu-
schauen vom Rinde und findel aichl mehr
das Kmd nirgends. Dann macht Bie Bich
auf den Weg und gehl heim, mehr tot
als lebend vor Schrecken and Bagt ihrem
Sohne, was geschehen ist. und er machte
sieh auf <\rn Weg und ging in die < h -
meinde(kanzlei) zu bitten, dass Bie dun
Bilfe geben zu gehen, | um das Kmd zu
suchen. In einem Augenblick waren alle
Leute von I.eve herum zu suchen: ein
Teil ging aber die Felder, ein Teil aber
Widder und ein Ted ging (ruderte über
den See, (um) (auf ZUÖSCben : allein alle
mussten wieder umkehren ohne Kmd.
Am folgenden Tage gingen sie wieder,
es zu suchen; jedoch niemand fand i -
Drei Tage suchten sie es, und dann
schauten sie hinauf zum (Berg Fronte
und sahen ^s drinnen in einer grausi{
Felswand, allein hineinzugehen, es zu
holen, waren sie nicht imstande. Dann
kamen sie hinunter nachLeve und nahmen
Seile und gingen hinauf ober diese Fels-
wand und hängten einen Mann an und
Messen ihn herab, und er nahm das Kind
in den Arm und dann gab er einen Zuck
in das Seil, und die. welche droben auf
der Oberseite waren, zogen ihn hinauf,
und sowie er hinauf war, fragten sie das
Kind (um zu sehen . wer es fortgetragen
habe, und das Kmd sagte: „Es kam eine
schöne Frau und wickelte mich ein in
eine schöne Decke und trug mich hinauf
in jene Felswand, wo ihr mich gefunden
habt" . . . und die Leute fragten es. um
zu erfahren) was sie ihm zu essen gegeben
habe, und das Kmd Bagte: „Sie gab mir
- Brot und Äpfel." Lud dann
nahmen sie den Weg und kamen heim
mit dem Kinde. Und die Leute dachten
sich alle, die Hexen hatten es fortgehabt,
und von diesem Tage an hiessen sie sie
alle die von den Hexen Übriggelassene.
Bacher:
17. 's - n.iiilarl
is gant a püabl - von
dB poval. Bäl- -
-( m afn Ggosbdsi säin-?n zünganl
. man-n (»ii hä'm-'a gyvörst z -
ast, bö-da is il - Rögga Dampf,
od diza ptkabb hat köl nJ ja, iiaba
niilll' DiaiMl. i l>öas-<s hol: kein l>t
iniar. i zt>.i'-s*-;is (i lim-» -as ~ On alöra
diu /wn.i man n sain gaot betn püabD,
on bdl-sa Bain g<w£st Dämp dar rögga,
h&'m-sa _ hijari als a g-dürna. äs-'s-n
bä'm g'DQÖXt sopm d< öarn zöa n<;t zo
ktina ~-ind.it. On bäl-da na-hat-g-dat 's
rna, ha'm-sa köt dj mann: „Gea
»;>t. sndidarl-', gea poranahi, od zöag-as
de rögga r-rt". on 's püabD is gant
\< ran on is gant in pa rögga, on da
nian^n sain- n nagant. Bäl-sa sain g -
wifßt in af d' mit dar rögga, sain-sa
neroear g - _uat zo gmna vürsn-.i.
ombröm af d*> mit hä'm-sa g-vunt-t an
haof slaggn, on alöra dis' man-n hä'm
k<it ggan püabl?: „Ben snäidarD, est
g nfia, wetar in gea-bar net; fst
nim-dar äu da dar disan slaggn!" On
's püabb hat ägjva&n zo läxa on bat
köt: .< ) nemp-s'-as nor iar-ändr ■> da knotn;
i bil küaiK i gea est", on alöra d>
man n hä'm r>n ge't a swanzjga on vümf
ggn on hä'm köt: „Ben gda gst, »näi-
darl»!u on alöra 's püabla hat-s' n<> g-
rörst /.' B$ga, ombröm sa kö'n-an „snai-
darL>tt, on d^ man <n hä'm köt: „Gga
do barst kern n a snaidarD." On
alöra 's pftabb is duvarkeni vö dar
_i im is gant durx hi'ntar a vaü\t
za -;iu_.i zfia ■/.' sega. bas-da ttian d-»
man n. on se'm hat-'s g«segg, ke sa
ha'm äug-mump an sak vol slaggn vor
uaii od sain gant. Alora 's ptiabb is
hnani is ö. Bäl-'s is gawest htiam,
hat-'s äuvarg-nump d< »laggn zo zpaga
sain laut, on im , >,ii na slaggn
sain-'s g</w§st vümf I \Ur.
Dena säin-da higant a drai. vlar jär,
un güat-< laut hä'm g^holft ,m püabl-'
17. Das Schneiderle.
Einmal ist ein Bübchen von den (Fa-
milien iMuzüberdieAlmen hineingegangen
um Zieger. Als es drinnen im Costegin
war. gingen ihm zwei Männer zu und
fragten es (um zu erfahren), ob es wisse,
wo die Rocca Dampf wäre, und dieses
Büblein sagte: „Ja, ja, meine lieben
Männer, ich weiss es wohl, kommt mit
mir, ich zeige sie euch." Und dann
en diese zwei Männer mit dem Büb-
lein. und als sie nahe der Höhle waren,
hörten sie lauter Geheule, (so) dass sie
sich mussten verstopfen die Ohren, um
nicht taub zu werden. Und als das Ge-
brülle nachgelassen hat te), sagten die
Männer: -Geh jetzt. Schneiderle, geh vor-
aus und zeig uns die (Fels-; Höhle jetzt-,
und das Büblein ging voran und ging bei
der Höhle hinein, und die Männer gingen
ihm nach. Als sie in der Mitte der Höhle
waren, waren sie nicht mehr imstande,
vorwärts zu gehen, denn in der Mitte
fanden sie einen Haufen Schlacken, und
dann sagten diese Männer zum Büblein:
„Wohlan, Schneiderle, nun ist's genug,
weiter hinein gehen wir nicht; jetzt nimm
dir auf da von diesen Schlacken!" Und
das Büblein begann zu lachen und sagte:
„0, nehmt (sie) euch nur ihr die Steine;
ich will keine, ich geh jetzt", und dann
gaben ihm die Männer einen Zwanziger
(.^ö Kr.) und fünf Schlacken und sagten:
..Gut, geh jetzt Schneiderle!" Und dann
fragte sie das Büblein noch (um zu er-
fahren}, warum sie (zu) ihm „Schneiderle"
sagen, und die Männer sagten: „Geh, geh,
du wirst werden ein Schneiderlein." Und
dann kam das Büblein heraus von der
Höhle und ging hinüber hinter eineFichte,
zuzuschauen (um zu sehen), was die
Männer thun, und dort sah es, dass sie
einen Sack voll Schlacken jeder aufnahmen
und gingen. Dann ging das Büblein heim
(es) auch. Sobald es war daheim, nahm
es die Schlacken heraus, den Seinigen
zu zeigen, und anstatt Schlacken (zu sein)
waren es fünf Thaler.
Dann vergingen bei drei, vier Jahre,
und gute Leute halfen dem Büblein mit
Von dem deutschen Grenzposten Lasern im wüschen s iult i r« >1 :;|
bei an pisb -vlt, 011 alöra 's pttablj is etwas Geld aas), und da ging dasBttblein
gant zo lirna zo m&Xfi » snaicUr, <»n zu lernen (den) Schneider (zu machen),
vu se'ni aain -da äuvarkent d< „snai- und von dorther rühren die „Scbneidarla8
darla*, bo-da nö aain >n tä' vö haut az (-Familien), die noch heutzutage in Luse^ni
Lasern, sind.
B< merk.: »'s snäidarb": I)a es in Bus. tu nur drei eigentliche Schreibnamen [riebt:
Nicolussi, Gasperi und Pedrazza, so fing mau schon frühe an, durch Zunamen die einzelnen
Familien zu unterscheiden und zwar so, dass die eigentlichen ßchreibnamen im gewöhn-
lichen Verkehr der Laserner untereinander gar nicht mehr genannt werden. Am meisten
Bind die Zunamen notwendig beim Schreibnamen Nicolussi, da über 160 Familien den
Schreibnamen Nicolussi haben. Solche Zunamen sind z. B. Castellan, Leck, Blnz u. s. w.
Officiell werden dann die Familien oder einzelne Personen nach Folgendem Beispiel be-
zeichnet: Nicolusai-Leck, Peter Nicolussi-Castellan .... Bald aber genügte auch der
eini'aclie Zuname nicht mehr; so zweigte sieh z. B der Zuname Castellan aus in Paul&z,
Weiss u. s. w.; in unserem Falle ist es der Zuname Mnz. der durch die Familien Schneider
eine Aufzweigung erhielt, also Nicolussi-Muz-Schneider. Audi der Schreibname Gasperi.
den ungefähr 25 Familien führen, muss mit Zunamen versehen werden der deutlichen
Unterscheidung halber, z. B. Gasperi- Canaru, Gasperi -Knüpple oder Knapp), Gasperi
Pecher, Gasperi - Dreizehne. — Vor Einführung der deutschen Schule in Lasfrn waren
diese Zunamen möglichst italianisiert, z. B. Caneppele statt Knappte, Baiz statt Weiss,
Moz (spr. Mos) statt Muz u. s. w ; weniger gelang dies bei Pecher die Luserner spreel i o
ganz genau Be-c.r. während von ital. Beamten, z. B. bei Gericht, IVkr ausgesprochen
wird; und Dreizehne, welch letzteres Draizene geschrieben wurde. Bei dem Schreib-
aamen Pedrazza, den nur etwa sechs Familien führen, ist bisher ein unterscheidender
Zuname nicht gebraucht worden — Wie schon erwähnt gebraucht die Bevölkerung beinahe
ausschliesslich nur den Zunamen. Sic sagen z. B. di Kastila die Familien Castellan:
di Lekro die aus der Familie Beck: di mgntsan die Familien Mensch; di Müz die
von der (oder dem Familie(n) Mutz u. s. w. „is gant <) n§ poväi": die Kinder
von Lnsfrn gehen zur Sommerszeit, wenn die Almwirtschaft in Betrieb ist, täglich in die
näher gelegenen Almhütten, am frischen Zieger zu erhalten, der dann eine beliebte Zu-
speise zur .pult" (Bolenta) abgiebt. Wird dieser Zieger Borgsam zubereitet, so schmeckt
er ähnlich wie Maibutter. - Ggostedsi (ital. Costegino) ist eine Ahne neben dem B
und in ihr befindet sich „Rdgga Dampf", von den Italienern „la rocca damf genannt,
eine Höhle, „worin hundert Schafe Baum hätten-'.
18. Dar orgg. 18. Der (N)org
Vor an ♦.'• 1 1 ; i jär pan sumar sdin-da Vor etlichen Jahren im Sommer waren
g >wfst vmr man 'ii in an BisaU \Vi>d< vier Männer (Irinnen im Wiesele, das
zo mana 's hew ». Heu zu mähen.
Balamff, m gian^n äin^ d^ sun, sn Allmählich bei Sonnenuntergang nah-
drai hä'm g^nump d^ s$JD?st af d<> aggsl men zu dreien die Sense auf die Achsel
on sain kent auvar hüam. Vör-sa sain und kamen heraus heim. Bevor sie fort-
pamrt zo kema, ba'm-sa gartiaft »n gingen am heraus-) zukommen, riefen
ändar on hä'm gjvörst z' sega, be-dar sie dem andern und fragten (um zu er-
kmt. on er hat köt: „Na, nouet, am Iah rem. ob er komme, und er sagte:
garstn biU rivan", on d; andarn altfra „Nein, noch nicht, zuerst will ich be-
hä'm darwist m wega on sain kent. endigen", und die andern dann machten
sich auf den Weg und kamen heraus .
Dar ändar hat garift her spat on Der andere beendigte spät (dieArbeit,
bäl-dar is g^west vert>, hat-ar a pisU und als er fertig war, rastete er ein biss-
g^rast/t on dena is-ar partfrt on is kent chen und dann brach er auf und kam
er Ö; ma 's is aromäi g^west spät pa (heraus) er auch; allein es war nunmehr
Bacher
dar na\t on st tunkl, as-ar-da
m\i hat I 'n dfsar man is kent
_..n\ in . mh bal-dar i- g wfet gga dar
hüll.' \on kraiiz. hät-ar - \ mit t m orgg,
on darsei hat-n nvt gawölt läsan pasarn
im alöra «lar man hat auvargannmp sai
iiir-sar um hat-n -vi b in >ti\ 9H orgg
ml dena hat-ar ganump da kear äu z(ia
ihn grfsat termar on is hfiam garift
-iar t^at \<i Srak. Iluam as-ar is g -
w$st hat-ar köt sain laut, bäs-d'-an is
In tä' darnS hä'm augavaiMD a drai
maii'H on sain gant z" st;ga, be-'a is
bär, gg» dar hat ab^g/sto.\t ?n orgg; ma
bal-sa Bain gaw?st gga dar hülb</ von
kraiiz. haVm-s'-an gamörf halte m pau\
zo la\a. umbrüm dar man hat gvhat
Bi'm sti.\ "ii an grisate knot, on vo
dansel täga an ansei man hii'm-s'-an herta
köt: dar orgg.
m der Nacht und dunkel, bo daes
er nichts sah. Und dieser Mann kam
tastend, und als er war bei der Wasser-
grobe am Kreuze, stiess er auf den Orgg,
und derselbe wollte ihn nicht vorüber-
lassen und da nahm der Mann sein
Messer heraus und gab (ihm) sieben
Stiche dem Orgg und dann wendete er
sich hinauf gegen den grauen Grenzstein
und langte daheim an beinahe tot vor
Schrecken. Heim gekommen sagte er
den Seinigen, was ihm begegnet ist.
Am nächsten Tage machten sich einige
Männer auf und gingen zu sehen, ob's
wahr ist, dass er den Orgg erstochen hat;
allein als sie dort bei der Wassergrube
am Kreuze waren, mussten sie sich den
Bauch halten vor Lachen, denn der Mann
hatte sieben Stiche versetzt einem grauen
Steine, und von jenem Tage an haben
sie (hat man) diesem Manne stets gesagt:
der Orgg.
19. Dar wil man on das
wil waib-'.
In an ströa\ i's-da g'west a man
un a waib?, bo-da hä'm g-mat zwr}a
kindar. a püabla on a diarnla. Balamäio
's waiba is gastorbat on dar man is ga-
keart zo borata-s^. Das naüg^ waiba is
— t güat betn kindar a ganzas jär.
Dena hät-s'-ar g'kyaft si ö das a kin
on dena hat sa Sgava»» zo saina zni\t
betn zwoa ändarn kindar on hat herta
köt ggan man. as-ar s< vörttraiba da
zwya kindar. Ma dar man hät-ar nia
lt volgn, ombröm da kindar hät-ar-
s-' g^halt -t gearn.
In an taga dar man is gant an äldar
vrüa aus az velt, on vort äs-ar is ga-
w ■_■ - 1- hat-sa ge't a säkla äs vor-nan an
kind-T on hat köt: „Ge.it est in pa walt
na bolz, ma 5 on dena
an kearn bidräm kent herta na dar äsa,
on asd ha"m-sa gatänt da kindar. Da
stiafmüatar hat gasikt da kindar in pa
walt. zoa ;is-da-sa vres epar a gawilt,
on invez i da kindar sain gant on kent.
19. Der wilde Mann und das
wilde Weib.
Einmal war ein Mann und ein Weib,
welche zwei Kinder hatten, einen Knaben
und ein Mädchen. Mit der Zeit starb
das Weib und der Mann hat sich wieder
verheiratet. Das neue Weib war gut mit
dvn Kindern ein ganzes Jahr. Dann hat
sie sich gekauft (sie) auch (eins) ein
Kind und dann hat sie angefangen bös zu
sein mit den zwei andern Kindern und
hat stets gesagt zum Mann, dass er sie
fortjage die zwei Kinder. Allein der Mann
hat ihr nie folgen wollen, denn die Kinder
bat er (sie) gehabt gerne.
Eines Tages ging der Mann in aller
Frühe hinaus aufs Feld, und als er fort
war. gab sie den Kindern je ein Säcklein
Asche und sagte: „Geht jetzt hinein in
den Wald um Holz, aber gehet säend die
Asche, und dann bei der Rückkehr gehet
immer den Aschenspuren nachw: und so
haben (sie) gethan die Kinder. Die Stief-
mutter hat'te) geschickt die Kinder hinein
in den Wald, damit sie fresse etwa ein
wildes Tier, und statt (dessen) sind die
Kinder gegangen und gekommen. Und
Von dem deutschen Grenzposten Lnsern im w&lschen Südtirol.
On &bas, bäl-da Bain hdam g^rift ds
kmd r. ia-s -> • darzürnt on bat-s
maxt gian /." slfiva Bna
In t;V darnS dar vatar is widar ganl
az vrlt. on dis.i /ni\t stiafmüatar bat-
n nSge't a säkla salz ?n kindar on bat-
sa widar u-ikt nä holz. D< kindar
Bain Man- 's salz on sain ganl
in wait in pa walt on bal-sa hä'm
hat yvnua holz, ha'm-sa nemear _ -
vuntt ii weg* zo keara bidrum, om-
bröm 's is gaw§st nas von tau on 's
salz • _ - (g*w6st zorgänt. Alöra
d' arm Mi kindar hä'm oemear gawist,
bo zo giana on Lnvfza bas zo kema
/.fm hfiamat, säin-sa gan( wetar in pa
walt
Balaman bä'm-sa gasegg a baüsl > on
sain zliagant on hä'm gamägg t (ga-
meggat . on dena is auvarkent das wil
waiba on hat köt: „0 haha maina kin-
dar, wo mäi säit-ar kent! äs-da hüara
kint dar wil man. mst-ar-as." On d>
arm. ui kind r hä'm köt: As-da sai, I
da ^ot dar hear bil; wiar liaint. as'-ar-
as dalat. pläi'-bar da." „Beß", hat-'s
köt das wil waiba, _i balt-as da, ma
iar-ändf mo\t gian in untai 's pet on
stian stila on swaign." „Ja ja", bä'm-
Ba köt d- kindar: dena das wil waiba
bat-an ge't epas /.' esa, on dena hät-
- -a _ maxi gian in dntar da lot^r.
Balaman is kent dar wil man on hat
_ smekt: „mf mf, da -tinkt-'s na kristna
elais, da simkt-'s na kristna vlais; wem
häst-(d)o an bans, waiba?" „Niamat",
hat's köt das wil waiba, „swaiga, is on
trink, on. dena gea z' slava!" Ma dar
wil man hat-'s net gawölt gl^a'm on
hat widar ägavaJDffl zu smeka, on alöra
das wil waiba hat -an ziiau -trit-t on
hat-an gamaxt gian z slava.
Ma dar wil man is net gawfsl
i. slava on hat gavörst das wil waiba
on hat köt: -Kil-mar waiba, bas-
stinkt na kristna vlai-." „Ja", bat-'s
köt das wil waib?, _i ktl-dar-s a>-do-
mar vorhöa-t ni.\t zo tüana." -Ja".
hat-ar köt dar wil man, _i vorhöas-dar-'s.
Zeitschr d. Vereins t. Volkskunde. 1901.
abends, Ale die Kinder heim kan
ward.' sii iml machte sie bcW
gehen ohne Abendet
Am nächstei di i Vater
wieder aufs Feld, and 3tief-
mutterhat ihnen, den Rindern, mitgegeben
ein Säcklein Salz und hat sie wieder um
Bolz geschickt In.' Kimm. das
Salz säend und gingen weit hinein in den
Wald, und wie - Holz hatten,
landen sie nicht mehr den \\ , •_ zurück
zukehren, denn es war nass vom Tan
und das s.dz ist war zergangen. Nun
WUSSten die armen Kinder nicht mehr.
wohin zu gehen, und statt heimwärts zu
kommen, r in den Wald
hinein.
Endlich sahen sie ein Häuschen und
sie gingen hinzu und klopften, und dann
kam heraus das wilde Weih und 3:
J) meine lieben Kinder, wohin seid ihr
nur gekommen! wenn heim kommt <lrv
wilde Mann, l'risst er euch." Und die
armen Kinder sagten: .. Ks sei. was Gott
will: wenn Ihr uns hier lasset, so) bleiben
wir heute abend- da." „Gut", sagte das
wilde Weib, „ich behalte euch da, aber
ihr müsset gehen hinein unter das Bett
und stiM bleiben und schweifen." ..I i
ja-, sagten die Kinder; dann gab ihnen
das wilde Weih etwas zu essen, und
dann machte sie sie hineingehen unter
die Bettstatt
Mit der Zeil kam der wilde Mann und
roch: „mf mf, da riecht's nach Christen-
lleiseh. da riecht's nach ( 'hnstenlleiseh :
wen hast du da im Hause. Weib?" .Nie-
mand-, sagte das wilde Weih, .schweige,
iss und trink, und dann geh schlafe
Allem der wilde Mann wollte es mein
en und fing wieder an zu riechen,
und dann verwies es ihm das wilde
and machte ihn schlafen gehen.
Jedoch der wilde Mann konnte nicht
schlafen und fragte das wilde Weib und
nir, Weih, was da so riecht
nach Christenfleisch." „Ja", sagte (es)
das wilde Weih, _ ich sau dir's. wenn
du mir vcrheissest, nichts zu thun." „Ja",
■■ der wilde Mann. ..ich verheisse d
34
Bach« r:
p.,\i-. on ;il"i.i das « il waibj bat-
köt „Jdato _i.-M-. hät-ar köt,
dar wil man, .. 's diarnb halt-bar-'s ror
maserl • on b pflabl • vor temporal l •".
b ■ ii at; 's dfarn] i hat
ilfl d m \\ il uailf m dar arbal von
hau>. OD 's piiab|. ha 'm-s'-as g'legg 'il
Btal zo mv§ta
In an tagj hat-ar köt <lar wil man:
„Est waib möxt-mä gfan z" s$ga, be-
da a tciiij.ii!' I I • is \(i;i-i ganüa", on
's diarnl • bat- rl on is -ant vor-
ana nidar mi ^tal on hät-"s-<n köt <m
pHabls "ii lai h;ii-'s-.'n ge't a sprüs l
on hat köt: „Rek-an auvar 's sprüs^b
n wil man", on asÖ hat-'s ^tänt an
c'-tlm i.iiahl'. bal-da is gant dar
wil man /.' S$ga, be-> is vüast: in\ «//..<
bäs zo ivka-n-'D auvar 's 1'inaH' vin-
arl'. hat-">-n auvargarekt 's sprüsata.
Balamao hat-'s vorlört 's sprüsafc, on
bal-da is gant dar wil man. hat-Vm
auvarg<*moxt rekan 's rimrl* on alöra
dar wil man hat köt: .,0. as<1 bol. est
pist-(d)o vua>t u-Mnia". on is gant äu
dan wil waib», on bat köt: _Est
waib - temporebb is vöast ganua;
morgn gea-d-s zo neraa 's ga'vaterlaüt,
on du, intanti rt pin, ma\ öbar-
l>;_n n kesl vol h t was-r on boröat
■ !• prüa; mar auvarkenwn 's temporeUala
zo bäka an 's holz "
On asd ha'm-sa gatant. Bal-'s auvar
Ar-t 's tempore 1^1», hat-s' n ge't di
hak on h.»t- n g<?z$ag4 d* e>t (äst) on
hat köt, äohak kluä kluä; ma
's tempore! I, hat .-ha! kilan bäkstok,
on alöra hat-'s köt gga d»n wil waib»:
la. wfa tiian ana bäkstok?"
on das wil waibs is gant on is-s*-s<*
nidarg-pükt zo lirna - 's, on 's püabl
bät-ar hTg^hakt n köpf on dena hat-'s
laib on bat-»n g : ■_•_ ai
kesl zo siada on »n kopl bal ■ '• - n
- .-- n pet on hat - an züagadekt
'.n dena d zw$a kindar
ich Ihue nichts", und dann sagte es ihm
das wilde Weib. „Gerade recht", sagte
der wilde Mann, ..das Mädchen behalten
wir als Magd und das Hüblein als Masi-
Bttlck", und SO thaten sie; das Mädchen
half dem wilden Weibe bei der Arbeit
des Hauses, und das Hüblein thaten sie
in den Stall zu mästen
Eines 'laues sagte der wilde Mann:
„Jetzt Weib, muss man gehen zu sehen,
ob das Maststückchen fett genug sei",
und das Mädchen horte es und ging vor-
aus hinunter in den Stall und sagte es
dem Hüblein und zugleich gab es ihm ein
dünnes) Holzstäbchen und sagte: -Recke
(ihm) heraus das Stäbchen dem wilden
Mann", und so that das Hüblein etliche
Tage, wenn der wilde Mann ging zu sehen.
ob es fett sei: anstatt ihm das Fingerlein
herauszurecken, hat es hervorgereckt das
Stäbchen.
Allmählich verlor es das Stäbchen,
und als der wilde Mann kam. musste es
ihm herausrecken das Fingerlein und dann
sagte der wilde Mann: .,0, so wohl, jetzt
bist du fett genug", und ging hinauf zu
dem wilden Weibe, und sagte: -Jetzt.
Weib, ist das Maststückchen fett genug;
morgen geh ich zu holen die Gevattern,
und du. während ich fort bin, lasse über-
setzen (über das Feuer) den Kessel voll
mit Wasser und bereite die Brühe; mach
heraufkommen das Maststückchen, (um)
das Holz aufzuhacken.
Und so thaten sie. Als das Mast-
stückchen herauf war. gab sie ihm die
Hacke (Axt) und zeigte ihm die Aste und
e, dass es sie aufspalte klein klein;
aber das Maststückchen hatte keinen Hack-
stock, und (dann) sagte (es) zum wilden
Weibe: „Schauet daher, wie (soll ich)
thun ohne Hackstock'?" und das wilde
Weib ist gekommen und hat sich nieder-
ückt, es zu lehren (zeigen), und das
ßüblein hat ihr abgeschlagen den Kopf
und dann hats genommen den Leib
(Rumpf) und hat ihn gelegt in den Kessel
zum Sieden und den Kopf hats (ihn) ge-
legt ins Bett und hat ihn zugedeckt
ordentlich, und dann die zwei Kinder
Von dem deutschen Grenzposten Lasern im wüschen Südtirol.
35
hä'm-an gauump a pisls gell on sain
\ oDiiant.
A pish spntai' Is zöagant dar wil
man un 's g<»vatarlaüt on hä'm nfamat
gavuntal m haus on hä'm g^sögg, gge 's
vjais Mi kesl is gasötat, on sc hä'm
uui zo esa on hä'm ge8t das wil
waib» ana zo wi'sa (zo wöasai. was-sa
esan. Balaman is-an äuvarkent a bant
i'n betn ü-viUrat on alöra hä'm-sa gas^
-sa hä'm gest
Dar wil man is darsrakt on lai dar-
zürnt on hat gawölt naloavan an ki'ndar.
ma d' andarn hä'm-an net g-dat gian.
[ntanto da kindar sain gant hriam
on hä'm gavnntat toat on bogräbat da
stiafmuatar on aldra sain-sa gastant se'm
bet sain \ .aar.
On dar wil man on 's yvatarlai.it
hä'm g gatill das wil waib?, on dena
hä'm-sa bogräb^t dan köpf, on dena 's
g'rätarlaül is gant huam on dar wil
man is n>' herta in sn walt, ma dar is
kent güat on vrist küan-andra kindar.
haben ihnen sich genommen cm biss-
chen Geld und Bind entgangen.
Ein iiissi ihen später kam herbei der
wilde .Mann und die ( ie\attern und landen
niemand im Hause und sahen, dass das
Fleisch im Kessel gesotten sei, und sie
fingen an zu essen und assen das wilde
Weib ohne zu wissen, was sie essen.
Allmählieh kam ihnen (beim Schöpfen)
eine Hand mit dem Pingerringe daran
heraus, und dann sahen sie, was ii<
gegessen hatten.
Der wilde Mann erschrak und wurde
zugleich zornig und wollte den Rindern
nachlaufen, aber die anderen liessen ihn
nicht gehen.
Inzwischen sind (waren) die Kinder
heimgegangen und hatten die Stiefmutter
tot und begraben gefunden und dann
blieben sie dort bei (mit) ihrem Vater.
Und der wilde Mann and die ße-
vattern beweinten das wilde Weib, und
begruben dann den Kopf, und dann gingen
die Gevatterleute beim und der wilde
Mann ist noch immer drinnen im Walde,
aber er ist gut geworden und frissl
keine Kinder mehr.
20. Dar alt striü.
In an stroay is-da gawfst a man
on a waiba, bö-da hä'm gahat a diarnla.
Dis' drai laut sain galfbat batnandar
HS-be drai esl. Dena dar man isgastorbat
on hat hintargalat da witova bet-(d)ar
to\tar. Disa zwöa laiit sain ö g h/h I
as-be da griatn laut
In an mal is-an züagant a saüladar
losgatar ältar man on hat-an gavörst da
herbaga dfsan zwya laut. .,•);'". hä'm-sa
köt disa zwöa laut, „bar bartn-as legn
epr-af-ana sait"; dena hä'm-s'-an ge't
epas /.' esa on dena hä'm-s'-an galegg
au an a kamar z" släva. In fcä' darna
dar man is äugastant un is gant ümar
pa wäldar zo lesa au g<gra-. on hiil-s
is gawöst pala naxt, is-ar wular kent z"
slava ggan zwöa wäibarlaüt, on
hät-ar jjatänt an etlan tä^a.
20. Der alte Hexenmeister.
Einmal war ein Mann und ein Weib,
welche ein Mädchen hatten. Diese drei
Leute Lebten miteinander wie drei Engel.
Dann starb der Mann und hinteiiiess
die Witwe mit der Tochter. Dn>e
zwei Leute lebten auch wie die <:uten
Leute.
Lines Abends kam (ihnen, herzu ein
abscheulicher, schielender, alter Mann
and bat (sie) um (die) Berberge diese
zwei Leute. ...Ia". sagten sie. diese zwei
Leute. _wir werden Laich, unterbringen
etwa an einem Orte": dann gaben sie
ihm etwas zu essen und dann wiesen
sie ihm (dr)oben eine Kammer an zum
Schlafen. Am nächsten Tage stand der
Mann auf und ging bei (in den) Wäldern
umher, zu sammeln Kräuter, und als es
beinahe (bald) Nacht war, kam er wieder
zu Schlafen zu diesen zwei Krauen, und
so that er etliche Tage.
\ in deutschen Qransposteo Lusorn im wüschen Südtirol.
Bali ' - iii kenl Btüfo
DD disan all man. OD -n an
mal bat-sa köt d< mu.ttar gga dfsan
man: .. Est mal Munt- mö) t-ar-as
in antlarn gg uaiti.in.. uinbriim da
kämar nüa- On alöra dar
man hat köt: „Be», $st |.i n- - vcrt- i ö;
a \ ort, ort \"i-'l- ■ gSa ktt-mar,
B . illla vor disa zait. bö-do-
mar hast ge't /' släva." ...\'i\r. hat-'s
köt 's waiba, _uil-< net.a On alöra
dar man hat k<H: „Ben, gpas mö\;-.-dar
hät-ar ge'1 a kreadas
nl U im hat köt: „Sea diza 4l?la, on
bäl-do wil, as-da herkem a saüla wetar,
mm an äisran löfl <>n mis nid-r ra da
ula on Uli:
Unlo bi-< int«i
Söto tera sggonto;
Varda di noii toggar
Ne di Lr_ua (qua ne di la
Prrr äu pa käm<\ . . . . ~
on lai dtsar man is gant pa kam >\
an <»n ha'm - an nini r mear andarsl -
Dj fcoxtar intanto ;is-da is gasegat
diza is-sa vörtgaw^st, on bäl - sa zila is
kein, da mualar hat-'s-ar köt. D^ diarn
is dar>rakt zo Ivaia aso, ma da alt is
-. ala lusta zo haba da lila.
A drai jär sp$tar da diarn is bo-
na t on hat g -numj) ^n sun von an
w : ri
In an täg^ disa Bptisa is gaw^st
Be'm ggan beart bat-sa gakoxt *n v,)1'-
mas. Balaman is se'm garift a rösnar
bat an tsötatn ros on hät-ar gavörst zo
trinka. on dena hat-ar köt. dar is Sta6
darsrakt, ombrum bäl-dar is gasest an
da lest stikl zo rfva n wega, hat-ar
gahyart höggn äu ?□ air on kö'n: -Ho
man I» ■{ »nsal bohenkata ros, kü - dar
dö'm darsei süan sptisa »n lant, ggf d-v
toat n Hag." 1) • g
is kent bais a be-da inaur. umbröm d^
Piza-Päz »st Bai muatar, on hat
Allmählich wurden die beiden Leute
überdrüssig, diesen alten Mann dort zu
haben, und eines Abends sagte die Mutter
zu diesem Mann: „Jetzt, mein Mensch,
mÜ88l Ihr Euch ein anderes Quartier
suchen, denn die Kammer brauche ich
(sie) selber." l'nd dann sagte der Mann:
_(iut. jetzt bin ich) fertig ich auch; ich
gehe fort, und bevor ich gehe sag mir.
was ich dir schulde für diese Zeit, wo du
mir hast zu schlafen gegeben." ..Nicht-".
Bagte das Weib, „will ich (nicht). u Und
dann sagte der Mann: ..Nun. etwas rnuss
ich dir doch geben" und gab ihr ein
irdenes (kreidenes) Häfchen und sagte:
„Da (hast du, nimm) dieses Häflein und
wenn du willst, dass herankomme ein
schreckliches Gewitter, nimm einen
eisernen Löffel und rühre hinein in den
Hafen und sag:
Onto bisonto Onto bisonto
Sotto terra sconto: Unter der Erde versteckt:
Varda di non toccar Hüte dich zu berühren
Ne di qua ne di lä — "Weder hier noch dort —
Prr hinauf zum Rauchfang . . . . "
und dabei ging dieser Mann (durch) den
Schornstein hinauf und (sie) haben ihn
nimmer mehr (anders) gesehen.
Die Tochter ist, während dies geschah.
fort gewesen, und als sie herzu kam.
sagte es ihr die Mutter. Das Mädchen
erschrak, solches zu hören, allein die Alte
war ganz vergnügt, den Hafen zu besitzen.
Etwa drei Jahre später hat sich das
Mädchen verheiratet und hat den Sohn
eines Wirtes genommen.
Eines Tages war diese Gattin dort am
Herde hat sie gekocht das Mittagessen.
Da kam dort an ein Fuhrmann mit einem
hinkenden Rosse und verlangte (von) ihr
zu trinken, und dann sagte er, er sei so
erschrocken, denn als er in der letzten
Steilung war zu beendigen den Weg, habe
er gehört schreien (dr)oben in der Luft
und sagen: „Ho Mann mit jenem hinken-
den Rosse, sag (ihr) droben jener schönen
Gattin im Dorfe, dass die Piza-Paza tot
(ist) im Hag (liegt).- Die Frau wurde
weiss wie die Mauer, denn die Piza-Paza
war ihre Mutter, und (sie) wechselte ge-
Raff: Geschichten ans Bamti ;'>(
l.ii g<*weggsl< "s vurta im is gani /.' schwind die Schürze and ging zn sehen.
be-da sai müatar is dahüam. Ma ob ihre Mutter daheim sei. Allein sie fand
3j h;,t - -\nnt l 's hau- ler OH da lila das Haus leer und den Hafen des Alten
\ , t\,n all hat-s -s gJVUUt't al'n luart. fand sie ihn) auf dem Herde, und unlen
on nular na dar ula is-da g-*wfst dar heim Hafen war der eiserne Löffel, und
äisra löfl, on se'm hat-s < darkent, gge so erkannte sie. dass die Mutter beim
d' müatar i- gant pa Uüi»<\ au. On Rauchfang hinaufgefahren sei. Und sie
si hat audarwisl on is gant »n Bäg, machte sieh auf und ging in den Hag,
on se'm liat-s<-da gavuntel d< müatar und dort fand sie die Mutter tot: und
tuat: im dasei is _ we-t dar gawin, dies war der Gewinn, den sie hatten, den
bö-sa bä'm g<?hat zo ggba de berhagj alten, schielenden, hässlichen .Mann zu
d<n all lösgat' saüla man: ombrüm in- beherbergen; denn anstatt ein Mann zu
veZJ bas ZO saina a man as-b» ala d) sein, wie alle andern, war es ein Hexen-
andara is-'s g*w§st a striu. meister.
Bemerk.: „Häg oder Lanzf)" wird ein Teil des Bergabhanges zwischen l.avräü
(Lavarone) und Ggaln6ts Caldonazzo) genannt. — cU sposa is gswl - i 'm ggan heart
hat-s? gakoxt ... " dieser eigentümlich gebaute Satz müsste vollständig Lauten: da
sposa is g w?s1 ggan leart ou se'm hat-sa gakox< • ••"; ähnlichen Sätzen werden wir noch
begegnen. Auch anderweitig unvollständige Sätze sind bisher bereits vorgekommen, z. B.
in „'s lo\ von gelt": _ . . . . on se sem zo büata" .... „on vort". Auf solche Weise
die Luserner ihren Erzählungen eine lebendige, anschaulicbe Darstellung. — spdsa wird
gewöhnlich für „Gattin- gebraucht, während „Braut" oder „Verlobte- noviza heisst; sie
bat sich verlobt = se is-sa-s-? gamaxt noviza.
Geschichten aus Bamberg.
Mitgeteilt von Helene Raff.
1. Die lächelnde Mutter Gottes.
Wie in <len siebziger Jahren die Cholera so arg in München war und
es kamen auch sonst in Bayern, ganz besonders zwischen München und
Bamberg, häufig Cholerafälle vor — da hatten die Bamberger schreckliche
Angst, sie könnte zn ihnen kommen. Es ging mancher von Grund aus in
sieh, und viele verlobten sieh zur .Mutter Gottes von der oberen Pf'arr".
die ein wunderthätiges Gnadenbild ist. damit sie die Krankheit fernhalte.
Zum gleichen linde that auch der damalige Pfarrer von der oberen Pfarr',
ein recht christlicher Herr, alle Tag ein Gebet - und einmal am Sonntag
ist er ganz beglückt und zuversichtlich auf die Kanzel gestiegen und hat
äagt: ..Kinder, thut's Euch nicht fürchten, die Cholera kommt nicht,
denn heute, als ich um Abwendung gebetet habe, hat unsre liebe Frau
mir zugelächelt." Das wollten nun viele nicht glauben, aber doch gii
richtig hinaus, denn eine Stunde vor Bamberg waren die letzten Cholera-
fälle, zur Stadt hinein ist sie nicht gekommen.
Raff:
2. Der nächtliche Ruf.
Der Bürgermeister 7on Bamberg war ein kernfester Mensch; er stellte
• cht einen Mann vor und war auch noch nicht alr. Einmal hatte er
Ebenda noch eine Besprechung in Gemeindesachen gehabt, und dar-
nach musste natürlich auch ein Schoppen getrunken werden — darüber
war es späte Nacht geworden. Der Bürgermeister wohnte hinter'm Dom-
platz, wo jedes Band weiss, dass es bei Nacht nicht richtig ist: wie er
nun «las Dombergl hinaufgeht, hört er sieh von rückwärts dreimal laut
Keim Namen rufen. Er schaut -ich überall um und sucht, aber niemand
war zu sehen und alles wieder still. Da ist er sehr ernst heimgegangen
und hat seinen Leuten gesagt: „Passt auf, das bedeutet mir was" — und
richtig i>r er drei Tage drauf am Schlagfluss uestorben.
3. Die Erscheinung im Bischofspalast.
I".- ist sehun lange her. da haben die Bamberger einen Fürstbischof
gehabt, der war nicht eben unrecht, aber nicht gar so fromm wie ein
Bischof sein soll und mehr aufs Trinken aus als aufs Fasten. Sein Vater
— manche sagen, der war der nämliche, manche sagen, er war frommer
wie sein Sohn und nicht immer zufrieden mit seinen Sachen — hat auch
noch gelebt und war recht rüstig. Da giebt der Bischof eines Abends
ein grosses Essen, bei dem"s denn am Wein nicht gefehlt hat. Es war
schon Mitternacht, da schickt der Bischof einen Diener ins Vorzimmer,
um Karten zu holen, und nach einer Minute kommt der Diener ganz ver-
dattert und schlohweiss zurück und sagt: „Ach, Bischöflich«' Gnaden,
draussen auf dem Stuhl sitzt Ihr Herr Vater, der hat ein langes Hemde
an und ganz starre Augen." — Der Bischof hat recht mit dem Diener
geschimpft und ist dann selbst zur Thür gegangen — da sieht er draussen
im Vorzimmer seinen Vater, ganz wie's der Diener beschrieben hat: aber
gleich darauf war nichts mehr da. — Am nächsten Tage ist dem Bischof
angesagt worden, dass sein Vater in der Nacht, eben um die Stunde, wo
er sich im Palast selten liess, gestorben war; darnach ist dann der Bischof
mehr in sich gekehrt und viel geistlicher geworden als vorher.
4. Die beiden Schi Id wachen.
Am Dom zu Bamberg ist tun steinernes Juugfraueubild mit einer
wirklichen Leinenbinde um die Augen; das hat sieben Dachziegel in der
Hand und heisst die blinde Gerechtigkeit. Das Bild soll zum Andenken
gemacht sein, weil einmal eine schöne Jungfrau unschuldig zum Tode
verurteilt war und. da man sie am Dom vorbei zur Hinrichtung führte,
niederkniete und bat. unser Herr möge sie zum Zeichen ihrer Unschuld
lieber hiei- zur Stelle sterben lassen als von Henkers Hand. Da fielen
die Ziegel vom Dach und erschlugen sie; so kam ihre Schuldlosigkeit an
den Tau. - Aber geheuer ist es dort herum nicht, denn wenn dem Bild
Geschichten aus Bamberg. :;:t
die Binde vor den Augen verfault ist, so hört man Dachte ein Weinen
uii'l Wimmern, bis eine neue Binde hergeschafft wird, and die Schild-
wachen an der Residenz haben dann keine Ruh'. So stehn einmal ihrer
zwei bei Nacht auf Posten und hören allerhand Gewinsel und spukhaftes
Gethu'; zuletzt säur der eine: „Horch', Kamerad, so kläglich thm sie um
ihr Bindlein; magst Du hier einen Augenblick allein sein, so will ich
schauen, <las> ich ihr eins bring'." ..<> du Narr", sagte der andere,
„von mir aus plärrt sie wie sie mag; was geht's uns an?" — Wie er kaum
ausgeredet hatte, kriegte er eine Watschen, so dass er hintüber fiel und
\<>i- Schreck fast die Fraisen bekam. In Zukunft hat keiner sich dort
mehr bo grobe Keilen zu führen getraut.
5. Der Dombaumeister.
Den Dom halten zwei Baumeister gebaut, und der eine ist dem andern
dadurch Herr worden, dass er mit dem Teufel einen Pakt gemacht hat,
und da sind alle Nacht zwei Kröten gekommen, die zerstörten, uns dm-
andre geschafft hatte. Der dem Teufel Ergebene kam so natürlich zu
leichtem Sieg und vollenden' den Dem. aber wie das geschehen war, stand
der Teufel da und wollte seinen Lohn; der Baumeister sprang verzweiflungs-
voll vom Dach herab: da fuhr der Teufel hinterdrein und schlug ihn an
eine Hausmauer gegenüber, dass das Hirn aus dem Schädel spritzte. An
dem Haus, wo das geschah, ist eine breite Stelle zu sehn, wo der Bewurf
rötlich und breiartig ausschaut — das soll des Baumeisters Gehirn sein.
6. D ie K u tsche i m Renta m t.
AU das Bamberger Rentamt nach Hallstatt überführt wurde, sagten
die Bamberger dem Rentamtmann gleich zuvor, dort könnte er sich genug
sehen und hören, denn es spuke im Hallstatter Amtsgebäude. Aber er
gab nichts darauf. — Nun. wie es halt sein will, einmal bei der Nacht
wachen alle Einwohner im Rentamt auf, weil die Stadelthür aufgemacht
wird und die grosse alte Amtskutsche fährt im schnellsten Trab heran-.
nach Bamberg zu. Dann war wieder Ruhe, aber über eine Weile kommt
die Kutsche zurück und rumpelt ins Haus, und in der Küche fängt ein
Rennen und Laufen an, als ob Feuer gemacht und Wasser zugesetzt
würde Da steht der Amtmann mir ein paar Leuten auf, um nachzu-
schauen, ahei im Stall war alles am Platze, und der Knecht verschwor
sich, dass nicht ans Pferd noch an die Kutsche sei gerührt worden ; ebenso
war die Küche dunkel und leer, und der Herd war kalt. — In der
nächsten Nacht ist plötzlich eins von den Kindern schwer krank worden,
da hat man mit der Kutsche den Doktor von Bamberg müssen holen und
nachher in der Küche Thee und Arzneien kochen — ganz um die gleiche
Zeit, wo in voriger Nacht der kann war. Da hat man freilich gesehen,
dass es sich angezeigt hat.
pi Kahle:
Der Orl der Hochzeil auf Island zur Sagazeit.
Von Bernhard Kahle.
In dieser Zeitschrift Bd. \. S. L65 schreibt 0. Schell in seinem Auf-
satz Bergische Hochzeitsgebräuche: „Die Hochzeit wurde im Haust- des
Bräutigams begangen; das ist beachtenswert und schon von Weinhold,
eutgegen Engeltofts Meinung, festgelegt worden als allgemein - deutscher
Gebrauch. Denn nur unter dieser Voraussetzung kann von einer Heim-
holung, von einem Brautzug oder Brautlauf nach altgermanischer Aus-
drucksweise die \in\e sein." Es interessierte mich nun. zu sehen, inwie-
weit dieser Satz zu den altisländischen Verhältnissen stimmt; ich sage
ausdrücklich altisländisch, nicht altnordisch oder altwestnordisch, da wir
über das altnorwegische Familienleben nur dürftig unterrichtet siud, wäh-
rend uns für das altisländische die Quellen um so reichlicher in den
Prosaerzählungen rliessen. Das Resultat meiner Untersuchung lege ich
hier in Kürze vor.
über den Vorgang bei der Hochzeit äussert sich Weinhold. Altnord.
Leben, 246, folgendermassen: „Die Festlichkeit hat die volle Übergabe
der Braut und ihren Eintritt in das Haus des Mannes zum Zweck. Daher
bilden die Fahrt zum Brauthause, der Zug (Lauf) mit der Braut zum
Hofe des Bräutigams, die Einführung hierin und die Bewirtung die Be-
standteil.' der altnordischen und überhaupt der germanischen Heiratsfeier."
Und ebenda: „Zwischen Bräutigam und Brautvater entstand ein "Wettstreit,
wer diese Hochzeit ausrichten solle. Der Sache nach kam es dem jungen
Manne zu. der seine Häuslichkeit damit einweihte und zu dem notwendig
di>- Heimführung geschehen musste. Aber reichere (ieschlechter be-
trachteten dies allgemach wie eine \ erkürzung ihres Rechtes und wie ein
Zugeständnis von Armut: sie hielten deshalb darauf, dass man den Braut-
laut' bei ihnen trinke. Es bedurfte also einer besonderen Bedingung vom
Bräutigam, dass der Hochzeitsschmaus in seinem Hofe gehalten werde,
und die Bewilligung ward vom Brautvater nur als nachgeben in einem
Rechte und als besondere (.anist und Ehre gegen den Bräutigam dar-
gestellt."
Wir wollen nun zunächst die Frage untersuchen, wo auf Island die
Hochzeit stattfand. Dass dies gewöhnlich im Hause der Brauteltern der
Fall war. führt Kahind1,- au. während Hildebrand sagt, dass die Hochzeit
entweder vom Vater der Braut oder vom Bräutigam ausgerichtet wurde,
ohne sich weiter darüber zu äussern, was das gewöhnliche war.2) Die
I Aarb. f. nurd. oldk. og hist. 187« i, S. 307 u. Pauls Grdr.1 II-, S. 219.
2) Lifvet pl Island ander sagotiden, S. ;»7.
Der • »rt der Eochzeit aal [sland zur Sagazeit. II
vini Lehmann angeführten1) Schriften von Thorlacius') und Engelsl
(so und nicht Engeltoft, wie Schell a. a. 0. schreibt, lantet der Name),
sind mir Leider hier nicht zugänglich.
[ch gebe nun im folgenden eine Übersicht über <lir mir bekannten
Fälle, in denen der Ort der Hochzeil ausdrücklich angegeben ist. Diese
Znsammenstellung erhebt nicht den Anspruch auf absolute Vollständigkeit,
wird aber, denke ich, genügen, um die Frage zu entscheiden, welche« die
gewöhnliche Sitte auf [sland war.
1. ,i Die Hochzeit findet im Hause der Brauteltern statt.
pörpr 1 n gunna rsnii mit Guprün Osuifrsdöttir Laxdela 35. 1<>1*)-.
Bolli porleikss. mit derselben ebenda 43, 135; Bolli Bollas. mir
pördis Snorrad. ebenda 70, 211. Glümr Oleifss. mit Hallg<
Hoskuldsd. Njäl. 13,64. Morpr Valgarpss. mit pörkatla Gissurard.
ebenda 65, 300; Hrütr Heriolfss. mit Dunr Marpard. ebenda 2, 5;
porvaldr Ösuifrss. mit Hallgerpr Hoskuldsd. ebenda 10, t5. Skald-
Hrafn mit Helga porsteinsd, Gunnlaugs. (ed. Mogk) 8, 19. porvaldr
porgilss. mit Sigripr Klakka-Ormsd. Vatnsdala 44. 71 (in Fornsögur ;
porgrimr mit porbiorg Skipad. ebenda 323 52. porgils pörparsson
mit Helga pöroddsd. Flöam. s. (Forns.) 31, 156. porkell Geitiss. mit
Jörunn Einarsd. Liösvetn. s. (Reykjav. L896) L2, 34; Finnbogi mit
Hallfripr Eyiolfsd. (Reykjav. L897) 29, •"»•"». ülugi Hrolfss. mit puripr
Grimkelsd. Harpars. og Holmveria (Reykjav. 185)1) 11, 20; Indripi pör-
raldss. mir porbiorg Grimkelsd. ebenda 19, 42. Helgi Äsbiarnars.
mir porlaug Bessa<l. Fliötdola («'.I. Kälund) ."»•',>; derselbe mit pordis
Biarnard. ebenda s. 35; Eyvindr Calfss. mit pörarna Eyiulfad. pörpar
s. Hrepn (ed. Vigfi'isson) 8, L01; porgils A^rason Vigastyrs. 21, 334
(Islend. II'2): Barpi Gupmundars. mir Aupr Snorrad. ebenda I". 392;
Uni Andripars. mit Helga porgrimsd. Kjalnesinga b 17. l."»l (Islend.
II2). porkell Gunnvaldss. mit Helga porgeirsd. Landn. II. 4, 72
[slend. ["). Gullpörir mit [ngibiorg Gilsd. Gullpöriss. (ed. Kälund)
ü. 20. porvaldr vipforli mitVigdis Ölafsd. Bisk. sog. 1.41t'. Bersi
mit Steingerpr porkelsd. Kormakss. 7. 14. Ölafr mir Helga ^ 1 1 _i 1 1 i 1 -
dard. Sturlunga II. s. 16; Sturla pörpars. um [ngibiorg porgeirsd.
ebenda t3; Klsengr Kleppiarnss. mit Guprün porvarpsd. ebenda 132;
porfinnr Onündars. mit Ingibiorg Gupmundard. eben« In 143; Gizurr
porvaldss. mit Ingibiorg Snorrad, ebenda 265f.; porvaldr Vatz-
1) Verlobung und Hochzeil nach den uordgermanischen Rechten des früheren Mittel
alters, S. 3.
2) Borealium veterum matrimonia cum Komanonini [nstitutis collata 1784.
3) Forsög til en Skildring af ^uiiKl-k jönnets huusligc og borgerlige kaar hos
Skandinaveina.
4) Die in der altnordischen Sagabibliothek enthaltenen Ausgaben citi.-re ich nach
diesen. Die erste Zahl giebt hier, wie auch sonst, das Kapitel, die zweite die Seite an.
\-> Kahle:
firpingr mit pördia Snorrad. ebenda 264 und 266. Kolbeinn uugi
Arnörss. mit Hallbera Snorrad. ebenda 279; Hrafn Oddzson mit
|'..in,r Sturlad. Bturl. II. s. 66; Oddr pörarinss mit Rand&linn
Philippusd. ebenda <v 1 . Helgi porbiarnars. mir pöra Hafsteinsd.
Vemundars. 14. 269ff. (islend. II1).
Wahrscheinlich gehört hierher auch die Hochzeit des Üläfr Hos-i
kuldss. mit porgerpr Egilsd.; wenn auch nicht ausdrücklich gesagt
wird, dass sie bei Egill stattfand, so ueissi es «loch gleich, nachdem er-
zählt worden ist. dass porgerpr mit ihm vermählt wurde „fuhr sie zur
Wohnung mit ihm nach HiarparhoJt", Egilss. 78. 255. Die drei Hoch-
zeiten des Viglundr mit Ketilripr Hölmkelsd., des Sigurpr spaki
mit Helga porgrimsd. und des Gunnlaugr ofliiti mit Ragnhildr
Helgad. wurden zusammen gefeiert. D->r Ort wird nicht genannt, doch
ist es jedenfalls nicht das Haus eines der Bräutigame gewesen, da es
ueissi ..darauf fuhr jeder heim zu seiner Wohnstätte", Viglundars. (ed.
380U 21,91. Ks wird also gemeint sein, dass die Hochzeit im Hause
der Eltern einer der Bräute war. Da jedoch die ganze Saga unhistorisch
zu sein scheint, kann man diese Fälle überhaupt übergehen. Ebensowenig
dürfen Fälle gerechnet werden, bei denen der Bräutigam ein Ausländer
war. wie der Norweger Geirmundr gnyr, der sich mit puripr Olafsd.
verheirate Laxd. 29, 84. oder wenn er. erst ins Land gekommen, überhaupt
noch keine Besitzung hatte, wie Geirr Ivetilss., dem Skallagrimr erst
nach desseu Hochzeit mit seiner Tochter pörunn Land anweist. Egilss.
39, 114.
1») Die Hochzeit findet bei dem Vormund der Braut statt.
pöroddr skattkaupandi mit der verwitweten puripr, beim Bruder.
dem Goden Snorri, Eyrb. 29, 1<»4 Hoskuldr prainss mit Hildigunnr
Starkapard., beim Oheim. Xjal. 97, 007. Suertingr Hafr-B i arnars.
mir Hüngerpr pöroddzd., bei einem Verwandten der Braut, Gunnl. 11, 19.
Herst ein n Blundketilss. mit puripT <i unnarsd., auf Wunsch des Vaters
bei seinem Schwager und Pflegevater seiner Tochter. Hßnsnapöriss. (ed.
Heusler] 11, 17. Porbiorn piöpreks. mit porgerpr Oddleifsd., beim
Bruder, Hävarpars. (Reykjav. 1896) 4, 13. porsteinn mit Guprün. bei
einem Verwandten der Braut, bei dem sie früher Wirtschafterin war,
Liösvetn. (ßeykjav. 1896) 13, 38. Grimr mit der Nichte der Ingimunds-
söhne in deren Hause Finnb. 34, 65. Griss mit Sigripr Snäkollsd.,
beim Oheim, Suarfd. 15, 150 (Islend. II1). präinn Sigfüss. mit por-
gerpr Hallgerpard., bei ihrem Stiefvater, auf dessen Hochzeit mit ihrer
Mutter. Xjal. :;». l:).if. Sighuatr Sturlus. mit Halldöra Tümas.: der
Vormmid der Kraut richtet die Hochzeit im Hause eines anderen aus,
weil den Sturlusöhnen der Weg in seine Wohnung zu beschwerlich war,
Sturl. I. 200; Grimr Suertingss. mit pördis pörolfsd., bei ihrem
Oheim. Egilss. 77, 254f.5 ürsekia Snorras. mit Arnbiorg Arnörsd, bei
Der oh der Bochzeit auf [stand zur Sagazeit. 1:,
ihrem Bruder, ebenda 314. porgeirr biskupss. mit Guprün por-
varpsd.; die Hochzeit finde! a Halsi >i:nt. Sturl. I. 95, wo der Wohnsitz
ihres Vaters war, ebenda 99.1)
Hierher zu stellen sind wohl auch:
porgrimr porsteinss. mit pordis Sürsd., wahrscheinlich im Hause
der Brüder der Braut, wenn es auch nicht ausdrücklich gesagt wird, < J i > 1 ; i
s. SiiiNs. I. lo (ed. Gislason). Sturla Sighuatss. mit Bolveig Ssemun-
dard., bei porvaldr Gizurars., dem die Brau! and ihre Mutter dieVer-
waltung ihres Vermögens übertragen hatten. Muri. i. 262.
c) Die Brau! richte! selbst die Hochzeit aus.
Dir> i>r Qatürlich nur ausnahmsweise der Fall: porkell Eyiolfss.
mit der Witwe Guprün Osuifrsd. Obwohl Snorri gopi, ein Verwandter
der Braut, sich bereit erklärt hatte, die Hochzeit auszurichten, schlägt die
stolze and reiche Witwe sein Anerbieten mit der Begründung aus, es ver-
schlage ihr nichts, die Hosten dafür aufzubringen, sie welle weder die
Mühe ihres Bräutigams ooeh irgend eines anderen in Anspruch nehmen.
D 38 dies Vorgehen etwas ganz Ungewöhnliches war. erhellt aus der Ant-
wort Snorris: ..Oft zeigst du das Guprün, dass du eine ganz hervor-
ragende Frau (kuennskorungr) bist. Laxd. 68, 205. Selbst scheint
auch Guprün pörpard. ihre Hochzeit mit Sinmun porvarpss. aus-
gerichtet zu haben. Sie war eine selbständige Erbtochter, and es wird
wenigstens kein Vormund genannt. Auch scheint die Hochzeit bei ihr
stattgefunden zu haben, wenigstens wird nur kurz berichtet, dass, nachdem
die Ehe geschlossen, för Simun i bü mep henni, was wohl soviel heissl
wie: er trat in ihre Wirtschaft ein, d. h. er nahm bei ihr Wohnung. Hätte
ilie Hochzeit bei ihm stattgefunden, so wäre «lies sicherlich erwähnt worden,
ebenso wie alsdann angeführt worden wäre, dass er mit seiner Frau 7on
da in deren Besitztum abergesiedelt wäre. Dass er seil. st eine Besitzung
gehabt habe, wird nirgends berichtet, ist auch nicht wahrscheinlich. Sein
Vater, porvarpr kamphundr, war Dienstmann (hüskarl) in Laufas,
also war er überhaupt eigentlich keine seiner Frau ebenbürtige Partie,
was auch ausdrücklich hervorgehoben wird, wenn es von ihm heisst: „Er
hatte zahlreiche Freunde (vinssell mapr) und das schien eine gleiche
Partie mit ihr.-- Was ihm also an Vermögen und Stand abging, ersetzte
er durch seine Freundschaften. Sturl. I. L34f., vgl. 1. 171.
[in folgenden setze ich. soweit Gründe angegeben werden oder er-
kenntlich sind, weshalb die Hochzeil nicht im Hause der Braut u. s. w.
stattfindet, diese möglichst kurz hinzu.
1) Im Text steht fälschlich Guprün porgeirsd. Dass aber die Tochter des por-
varpr, des Sohnes des porgeirr Hallason, es war. die -ich mit porgeirr, dem
Bisehofssohn verheiratete, wird Sturl. I, 8s ausdrücklich gesagt. Der Index II. SturL II.
431 und das Geschlechtsregister des Bischöfe Gupmundr, ebenda 493, geben denn auch
das Richtige an. Ob ein Fehler in der Handschrift oder ein Versehen des Herausgebers
vorliegt, entzieht sich meiner Kenntnis
Kahle:
2. a) Die Hochzeil findel im Hause der Eltern des Bräutigams statt.
Oläfr feilan mit Ufdfs Konälsd., im Hause seiner Grossmutter
sein S'ater \v;u- tut — . die, eine Königswitwe, die ganze Gegend in Besitz
genommen hatte, also die mächtigste Persönlichkeit war, Laxd. 2. 12.
Oläfr päe mit £>orgerpr Egilsd., Laxd. 23,67. Hier wird ausdrücklich
»eben, dass besonders verabredet wird, dass die Hochzeit bei den
Kl rem des Bräatigame Bein sollte, „die Hausfrau sollte man ihnen ins
Haus führen0 und das wird als eine ehrenvolle Bedingung bezeichnet, vgl.
die Anmerkung Kälunds. porgrimr Helgas, mit Arndis pörpars.,
Kialn. ■_'. 4<»<» (Islend. II'J). Hallr Gizurarson mit [ngibiprg Sturlad.,
Smrl. II. 154 f.
b) l>i<' Hochzeit findet im Hause des Bräutigams statt.
porvaldr Halldörss. mit Guprün ösuifrsd., der Bräutigam ist der
Sohn eine» Goden, und der Sdiwiep'rvarer sagt selbst, <lass sie nicht gleich
vornehm wären. Laxd. 24, 98. Kiarran. von mütterlicher Seit-' aus
irischem Königsgeschlecht stammend and Dienstmann Olafs Tryggva-
sons, mir Hrefna Asgeirsd., aus gutem bäuerlichem Geschlecht, «las
sich aber mit dem Kiartans nicht messen konnte. „Nicht lässt Kiartan
sichs anders gefallen, als dass die Hochzeit in Hiarparholt seinem
Wohnsitz) sei". Laxd. t5, 142. Gunnarr v. Hliparendi mir der ver-
witweten Hallgerpr. Er galt als der tapferste Mann Islands und war
sein- angesehen. Njäl. 33, 12*. Grimkell mit Signy Valbrandsd., der
Bräutigam ist (Jude. Harpars. og Holmv. 3, 4: derselbe mir Sigripr por-
biarnard., ebenda 10, 20. porir Hrafnkelss. mit der verwitweten
porgerpr, er i>r Sohn eines Goden. Pliötsd; s. 2. Hpskuldr Dala-
Kollss. mir Jörunn Biarnard., Laxd. 18, 18. Biorn wird zwar ein
Mann von hoher Abkunft (störättapr) und reich (aupigr at fe) genannt,
und seine Tochter war die beste Partie in den Westfjorden, aber Hos-
kuldr war Gefolgsmann des Königs Häkon Apalsteinsföstri und wurde
auf Island ein grossei Häuptling. Gunnarr mir Rannveig. Über ihre
beiderseitige Herkunft wird weiter nichts mitgeteilt, auch der Ort, wo die
Hochzeil stattfindet, nicht, jedenfalls gründet das neue Ehepaar erst nach
der Verheiratung sich eine Wohnstätte, aber es wird gesagt, dass der
itigam das Gastmahl ausrichtet (liyr hann pä veizlu), Fliötd. 28 ff.
Hallstein mit der verwitweten Droplau<r. ebenda K)5f. Sturla i
Huammi mir Gupnj Bopvarsd., Sturl. [,52. pörpr Sturlus. mit Val-
gerpr Arnad.. die er schon vorher in sein Haus genommen hatte. Ähnlich
harre auch porgrimr Ottarss. die Pflegetochter Skiiris, nach dessen
Ermordung schon verlier in sein Haus genommen, und rer verheiratete
sich alsdann mir ihr", also fand wahrscheinlich die Hochzeit in seinem
Hause Btatt, Vemundars. 30,319 (Islend. II1). pörir tott Arnpörss. mir
Herdis Einarsd.. Smrl. 11. 179. Seine Hochzeit mit der Gröa Älfsd. scheint
Gizurr porväldss. selbst bei sich ausgerichter zu haben, Srurl. II, 102,
Der ' 'r; der Hochzeit auf Island zur S |.">
und die Hochzeit, zu der Bischof Magnus Kinarss. Dach Bkälholl
einladet, i>t doch wohl auch seine eigene gewesen, wenn es auch nicht
ausdrücklich gesagt wird, Bp. I. 77.
Di.' Hochzeit findet bei einem Verwandten des Bräutigams sutr.
Aiiiori' r.in |«>k i n u r mir pordis Gizurard., im Hause seines Vetters
Glümr, auf dessen Veranlassung, Vigagl. c 11 (Islend. n1, 351 . Asbiorn
Hrafnkelss. mit Oddbiorg Glümsd., wahrscheinlich, woferu die in den
Text aufgenommene Lesart das richtige hat. im Man-'' Beines Bruders,
zugleich mit dessen Hochzeit, Fliötsd. s. 4. Helgi Arngrimss. mit Olof
Hol lad., im Hause des Oheims des Bräutigams, zugleich mit der Hochzeit
von dessen Tochter, Kialn. c. 17 (Islend. II '"'. 454). Snorri Sturlus. mir
Herdis Bersad., bei seinem Bruder Sighuatr, Sturl. I. 11<' und 202.
<l) Die Hochzeit findet bei einem Freund oder Beschützer desMannes statt.
porkell Sigurpss. mir pöra porgrimsd., im Hause Finnbogis,
der den Freiwerber gemacht hatte; jedoch werden 'li.- zur Hochzeit uötigen
Vorräte vorher aus dem Gehöft des Bräutigams geholt, Finnb. s. 30, ."»7
(Reykjav. L897). Griss Ssemingss. mit Holfinna Waldad., bei Mär,
einem Freunde des Griss, 'Im' gleichfalls Preiwerber gewesen war und
die Partie ausgesucht hatte, Hallfr. I. 89 Porns.). Hrafn Brandss. mir
Guprün ßörpard., hei Grimr Snorras., dem( refolgsherrn des Bräutigams,
Sturl. i. 135. \udripr mir puripr, der Schwester des pormöpr, bei
Helgi biöla, dem Herrn der Gegend, der ihm Land angewiesen und auf
Beinen Wunsch auch die Prau ausgesucht hatte. Mit den Söhnen Helgis
hatte Andripr Bundesbrüderschaft geschlossen, Kialn. c. 2 (Islend. II'-', I«1"
Scheidet man die ganz zweifelhaften Fälle aus. so ergeben sich folgende
Zahlen für die einzelnen Gruppen: la :;7. 1») 15, <•; •_'. zusammen 54;
2a) :>. 1») 13, c) -1. d) -1. zusammen 24. Die Hochzeit wird also von der
Verwandtschaft dw Braut in etwas mehr als doppelr >•> vielen Fällen als \"i.
seiten des Bräutigams oder dessen Verwandtschafl "dm- Freundschaft aus-
gerichtet. Dies Verhältnis würde allein sehen genügen, um die Sitte, dass
die Hochzeit im Hause der Brauteltern stattfand, als die herrschende zu
erweisen. Dazu kommt, dass in diesem Falle meist nur die einfache That-
Bache berichtet wird, während wir sahen, dass, wenn von dieser Sitte ab-
gewichen wurde, sehr häufig ein besonderer Grund angeführt wird oder
doch ersichtlich i>r. wie dass vornehmere Geburt und Stand oder auch wohl
_ sserer Reichtum die Veranlassung gegeben haben; oder aber es t'ühlr
derjenige, der für einen andern, der etwa sein Ding- oder Gefolgsmann
war. den Freiwerber machre. die Verpflichtung, nun auch für die Aus-
richtung der Hochzeit zu sorgen. In einigen Fällen mag auch der Um-
stand mitgesprochen haben, dass es Bich um eine Witwe handelte. \\ ir
werden also annehmen dürfen, dass in der weitaus grössten Menge >\>'\
Fälle, in denen uns nur die Thatsache des Schliessens einer Heirat be-
richtet wird, die Hochzeit im Hause der Brauteltern stattgefunden hat.
Kahle: Der Ort '1<t Hochseil auf Island zur Sagazeit.
Bestandteile!] der altnordischen Hochzeit führt Weinhold
a.a.O. auch auf, nach der Fahrt zum Brauthause, den Zug zürn Hause des
Bräutigams und die feierliche Einführung der Braut in dieses.
Davon finden wir in der isländischen Sagalitteratur, so weit ich sehe
keine spur. Hatte die Hochzeit im Hause der Brauteltern u. s. w. statt-
gefunden, dann begab sich das junge Paar nach Schiusa der Festlichkeiten
in das Gehöfl des jungen Eh< 'iuii ii i tes . und zwar <duie dass jemals irgend
«>in besonderes Gefolge erwähnt, oder dass von einer besonderen feier-
lichen Einführung der jungen Fran in ihre Stellung berichtet wird.
Der Bericht lautet in der Regel in aller Kurze: „Nach der Hochzeit fuhr
sie (die junge Frau) heim mit ihm dem jungen Ehemann)." So oder
ähnlich Xjal. II, 4.r». 14. 64. 65, 300; pörp. s. Hrepu 8, 101; Kialn. 17.
455 (Isl. LI8); Bgilss. 77. 255. 78. 2f>5: Sturl. I. 43. 132. 143. 262. 279.
Oder der Erlann fuhr mit seiner Frau heim: Gunnl. 11. Ii); Liösvetn. 12,36;
Finnb. 2'. 55; Fliötsd. :i">: Plöam. 31, 156; Gullpöriss. 9, 20. Als einmal
drei Hochzeiten zu gleicher Zeit gefeiert worden waren, heisst es: „Und
es begab sich jeder nach seiner Wohnung," Viglund. '21, 91. Auf ein fest-
liches Geleit darf man nicht etwa aus Xjal. 34. 133 f. schliessen wollen,
wenn es da heisst, dass nach der Hochzeit der Brautvater westwärts und
die Rangseingar, zu denen der junge Ehemann Gunnarr gehörte, zu
ihren Wohnungen ritten. Hier hatte das junge Ehepaar einfach denselben
Weg wie ein Teil der geladenen Gäste. Ebenso wenig ist daran zu
denken, wenn erzählt wird, dass porgils Arason angeritten kommt von
seiner Hochzeit, und dass der Gode Snorri mit ihm war, insgesamt zu
80 Mann, Viga-Styr ok Heiparv. 33, 378 (lsl. II2).
Zuweilen bleibt das junge Paar zunächst bei den Schwiegereltern,
meistens den Winter ober, denn die Hochzeiten fanden ja mit Vorliebe
im Herbst -tatt: so z. 15. ebenda l<>. 393; Laxd. 43. 135: 70, 211. In
einem solchen Fall würde die feierliche Überführung der jungen Frau in
das Haus ihres Gatten überhaupt keinen rechten Sinn mehr gehabt haben.
\\ ir ersehen als«) aus allem, dass ein feierliches Geleit, eine Über-
führung der Braut in ihre neue Wohnstätte, woselbst sie dem ihrer
harrenden jungen Ehemanne in förmlicher Weise überliefert worden wäre.
nach dem Zeugnis der Sagas nicht stattgefunden zu haben scheint. Dass
diese Sitte, die wir ja nach den Ausführungen Weinholds als eine ur-
sprünglich zur germanischen Hochzeit gehörige betrachten dürfen, auf Is-
land nicht geübt wurde, lag in den Verhältnissen des Landes begründet.
Bei den weit, oft eine "der gar mehrere Tagesreisen voneinander entfernt
aden Höfen der die Ehe eingehenden Parteien, verbot sich ein feier-
liches Geleit von einer Wohnung zur andern von selbst.
i I eidelberg.
Schell: Zwei alte Gerichtsstätten in den Rheinlanden. |,
Zwei alte Gerichtsstatten in den Rheinlanden.
Von 0. Schell.
Mn Tafel I.
1. Feldkirchen hei Neuwied.
In Nu. lo der Monatsschrift des Bergischen Geschichtsvereine schreibt
Walther Lindner: »Die Gemeinde Feldkircb am Nordrande des Neuwieder
Backens nmfassi fünf Ortschaften mit evangelischer Bevölkerung. Die
alt«-, gemeinschaftliche Kirche Liegt bei dem Orte Wallendorf, und vor
dem idyllisch gelegenen Pfarrhause steh! eine uralte Gerichtslinde, von
einer halbkreisförmigen Steinmauer eingeschlossen. An dei offenen Seite
dieser Blauer, vor der Linde, befindet sich der noch wohlerhaltene steinerne
Tisch, auf drei Seiten von Steinbalken umgeben. Daneben erheb! sich
der gleichfalls aus Steinen hergestellte Pranger, dessen Flalseisen die
älteren Einwohner noch in Fahrfeldkirch gesehen haben, und zwar im
dortigen „Backes", «lern früheren Gemeinde-Backhaus, .j<'tzt noch Versamm-
lungshaus der Gemeinderäte.0
Diesen Mitteilungen Läset sich noch einiges hinzufügen, was von nicht
unerheblicher Bedeutung ist. Zunächst einige Massangaben. Die Bank,
welche den Tisch umgiebt, ist ungefähr 2 m lang und besteht, wie auch
der Pranger, ans Basalt, während der Tisch aufgemauert und oben mit
einer Platte versehen ist. Letztere ist quadratisch und hat einen Durch-
messer von 75 cm. Auf dem Pranger ist ein etwas verwittertes Wappen
(rechtsschreitender Hahn zu sehen. Der Pranger hat am oberen Ende
einen Einschnitt, welcher in der Halshöhe eines Mannes wie mir ein
Bauer demonstrierte] angebracht ist. und welcher zur Fesselung des armen
Sünders diente.
Noch wird jährlich einmal unter dieser lande eine Versammlung aller
Männer der Ortschaften Fahr, Wollendorf, Gönnersdorf und Hüllenberg
abgehalten. Feldkirchen (nicht Feldkirch, wie es in der Monatsschrift des
B. G.-V. heisst; man vergl. Paul Vogt, Die Ortsnamen im ßngersgau,
Neuwied L890, S. 36. 49) seihst kommt als Ortschaft nicht in Betracht, da
hier nur die Kirche mit einem Pfarrhause steht. An der Spitze dieser
Volksversammlung steht ein Achterausschuss, kurzweg die Achte genannt,
wozu jede Ortschaft zwei Glieder stellt. Jährlich wird die Eälfte der
Achter neu gewählt. Diesen acht Männern liegt die Aufsicht über die
Gemeindewaldungen ob. Nach den Mitteilungen dortiger Bauern nahm
einst der Richter, später noch der Bürgermeister an diesen Sitzungen teil.
Seit etwa 5 — 6 Jahren hat sieh auch >\w Bürgermeister von diesen Ver-
sammlungen zurücko-ezoffen.
'.: /.w. i . ■. ii in den Bheinlaaden.
• kurzen Mitteilungen Bind vollkommen hinreichend, uns einen
Hinblick in diese Einrichtung, welche in der jetzigen Verfassung nur ein
sehr verblasster Überrest alter Rechtsinstitutionen ist. zu gewähren. Wir
hall. -ii in dieser Linde mit 'lein Steintisch, den Bänken and dem Pranger
offenbar eine alte Gerichtsstätte vor uns: und /.war niuss liier einst ein
Markengericht gehegl worden sein, welches « 1 i « * Markgenossen zu bestimmten
Zeiten (meist mehrmals im Jahre) vereinigte, um über «las gemeinsame
Gut, den Gemarkenwald, und die Anrechte der einzelnen an denselben,
zu heraten. Ausgeschlossen ist keineswegs, ilass an derselben Stelle auch
ein Gericht mit weitergehender Kompetenz abgehalten wurde, wie es bei-
spielsweise in Elberfeld 'Im- Fall war. wo unter der Gerichtslinde «las
Markengericht sowohl als das Landgericht abgehalten wurde.
Oft führte ein Adlicher oder -ein Vertreter den Vorsitz in den Ver-
sammlungen der Markengenossen, beraten von einer bestimmten Anzahl
von Schöffen. In diesen Versammlungen wurden neu eingetretene Marken-
genossen aufgenommen und vereidigt, wie auch die zu entrichtende Kur-
mut festgesetzt. Ausserdem wurden Waldfrevel zur Anzeige gebracht, mit
den gebührenden Strafen belegt, und andere < iemarkensachen erledigt.
Diese ( ierichtshefugnisse sind allmählich aus deu Händen der einfachen
Bauern in die rechtskundiger Juristen gelangt, und man hat jenen nur
noch Aufseherrechte über den gemeinsamen Wald belassen. Aber die alte
Gerichtsstätte ist noch immer, wie in früheren Zeiten, der Schauplatz der
Wahl der Aufseher, welche, wie die alten Schöffen, hochgeachtet in ihren
( Ortschaften sind.
Bezüglich der rechtlichen Festsetzungen im alten Engersgau, wozu
unsere Ortschaften gehören, sei auf J. Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer,
II. '.'.V.i. Günther 5, Xu. 113 verwiesen; hinsichtlich des Alters der Ort-
schaft Feldkirchen auf Beyer IL '218 und P. Vogt, Die Ortsnamen im
Engersgau, Neuwied. 1890.)
2. Kyllburg in der Eifel.
Wenn man durch das langgezogene Städtchen Kyllburg den schmalen
nicken weiter hinansteigt, gewahrt man zwischen den Resten der
alten Burg und der bautechnisch bedeutsamen Stiftskirche rechts am Wege
eine ummauerte Erhöhung mit steinernem Thoreiugang, während vou der
anderen Seite eine kleine Steintreppe neben einer alten Steinbank auf
diesen Platz hinaufführt. Der Platz bildet ein stumpfes Dreieck vou 30,
.')i> und ."•<> Schritt. Vier stattliche Linden beschatten denselben. Unter
ihnen erhebt -ich eine runde Steinsäule von etwa 3 m Höhe, welche mit
einem steinernen Kreuz gekrönt ist. Auf dem Schaft der Säule liest mau:
Renovatum 1786. Darunter befindet sich ein verschnörkelter Namenszug
und an dem Kreuz eine Bausmarke (-£). Ein kleiner oblouger Steintisch
steht vor der Saide.
Blünniil und Rott: Die Verwendung der Pflaosen durch die Kinder. 4«)
Die Vermutung, welch»' sich bei einer genaueren Prüfung des Platze»
sofort aufdrängt, ea hier mit einer alten Gerichtestätte zu thun zn haben,
bestätigt die \ olkstradition.
In Verbindung mit dieser Gerichtsstätte darf man drei eingemauerte
Steinbilder unterhalb derselben bringen. Auf dem ersten erblickt man
• ■inen Adler: auf dem /weiten liest man: „Stifts Kiwheif und ist auf
demselben eine Schwurhand eingehauen. Der dritte Stein weist ein
Wappen auf.
Kl Werfe M.
Die Verwendung der Pflanzen durch die Kinder
in Deutschbölimen und Niederösterreich.
Von E. K. Blümnil und A. J. Rott.
In dem folgenden Aufsatz soll ein Ausschnitt aus dem Leiten und
Treiben der Kinder vorgelegt werden, nämlich die Art und ^ eise, wie
sie verschiedene Pflanzen zu ihrer Unterhaltung und namentlich in ihren
Spielen verwenden. Es ist darauf bisher sehr wenig geachtet, mindestem
sehr wenig darüber aufgezeichnet worden: was darin geschah, stellen wir
gleich nachher zusammen und vermehren das Vorhandene im folgenden
durch Sammlungen aus Deutschböhmen und durch Nachträge zu dem für
Niederösterreich früher geleisteten. Vergleichungen mit dem aus anderen
österreichischen Kronländern uns Bekannten sind beigefügt. Die mit
Abkürzuugssiglen augeführte Litteratur ist dii -•
B. H. E. K. Blümml und Fr. Höfer, Die Beziehungen der Pflanzen zu den Kinderspielen
in Niederösterreich. Zeitschrift für österreichische Volkskunde. V. Jahrgang. Wien
1899. S. 132—135 (für Niederösterreich).
1). T. K.W. von Dalla Torre, Die volkstümlichen Pflanzennamen in Tirol und Vorarlberg
nebst folkloristischen Bemerkungen zur Flora des Land... Innsbruck A. Fdlinger)
1895. 8*. 76 S. (für Tirol und Vorarlberg).
Pf. A. Pfeiffer, Einige oberösterreichische Trivialnamen der Pflanzen. V-rhandl. der k. k.
zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. XLIV. Jahr-. Wien 1894. 8. 35-48
(für Oberösterreich).
Seh. A. Schott, Über Pflanzen- Volksnamen im Böhmerwalde. IV. Deutsche botanische
Monatsschrift. XVII. Jahrg. Arnstadt 1899. S. 4(»-42, 73— Tti.
Sehr. H. Schreiber, Wiesen der Randgebirge Böhmens and ihre Verbesserung. Staab
(Selbstverlag) 1898. gr. 8. VII u. 251 S.
Tsch. Er. Tschernich, Deutsche Volksnamen der Pflanzen aus dem nördlichen Böhmen.
Beilage zum Programm des k. k. akademischen Gymnasiums in Wien (I. Bez.) für
das Schuljahr 1896/97. Wien 1897. gr. 8°. 32 S.
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
;,i , Bli'unml und Etotl :
Willi. Fr. Willi. •Im. Volkstümliche Pfiansennamei im südlichen Hange und Fusse des
mittleren Ersgebirgt I tgebirgs-Zeitung XIX. Jahrg. 1898. 8.73 77,108 105,
121—124, L50 158, 172 L74, 200 -202, 228 225, 247—249 (alle für Böhmen).
Die andere noch zum Vergl »iche angezogene Litteratnr wird bei den einzelnen Nummern
aiiL.-- g< ben.
lieh der eintelnen Abkürzungen auf Verbreitung «rtee zu bemerken, dass „allgemein*
mir für Deutechböhmen and aicht für Niederöaterreich, letzteres wird stets durcb X.-ö.
gekürzt, gilt, wahrend 15. Böhmerwald, PL Pilsener, PI. Planer. Eg. = Egerer
ml, Erz. Erzgebirge, Et Riesengebirge und N. Nordböhmcu bedeutet.
1. Ahorn (Acer spec). Di»- Früchte, hauptsächlich von Acer plata-
aoides L. und A. pseudoplatanus L. und /.war sowohl im grünen als auch
reifen Zustande, werden gespalten und als „Nasenzwicker" (B.. Pi., PI..
I Erz.) oder als ..Xasenstiefl" (Wien) auf die Nase gesetzt, während
sie im reifen Zustande auch gerne in dm Eöhe geworfen werden (B.. Pi.,
PL, \l j da Bie »ich beim Berabfallen fortwährend drehen, so dass sie den
Namen „Schmetterling" (Pi.. Et.) erhielten. Aus den Blättern werden
Körbchen gefertigt (B.).
2. Akazie (Robinia Pseudacacia L.). Die Stacheln dienen als Nägel
and zum Aneinanderheften der Blätter (N.-Ö. Oberhollabrunner Bezirk).
3. Apfel (Pirus malus L.). Derselbe wird durch Zickzackschnitte
quer in zwei Eälften geteilt (B., PI.. Eg., Erz.), und wird ein so zer-
Bchnittener Apfel „Schnupftabaksdose" genannt (B.). Die Kerne dienen
zum Schnellen (allgemein). Die Schale eines ganzen Apfels wird nach
rückwärts über den Kopf geworfen, wobei sie Figuren bildet, die mit
Buchstaben Ahnlicheit haben, aus denen verschiedenes (welches Mädchen
ein Knabe gern hat u. a.) erraten wird (Eg. selten, und Frischbier: Am
Urquell III. 2-17. wonach der Name des ersehnten Geliebten aus der
Figur der Schale erraten wird. Ein anderes Apfelorakel teilt Wilh. S. 201
mir: Am hl. Abende zerschneidet jedes Familienmitglied einen Apfel und
aus d<T Zahl der mitzerschnittenen Kerne wird auf die Zahl der noch zu
lebenden Jahre geschlossen).
4. Arnika (Arnica mputana L.). Die Blüten werden in die Fenster
gegeben, damit kein Blitz einschlägt (Eg.), doch müssen sie am Vorabende
vor Johannia (24. Juni) gesammelt werden (Westböhmen, Sehr. S. 126),
denn ihre Blütezeit fällt um den 24. Juni (..Hannstag- im Böhmerwalde),
daher auch ihr Volksname im Böhmerwalde „Hannslblume" lautet (Seh.
S. 74). Vgl. auch Ehrenpreis (Veronica chamaedrys L.).
5. Bärlapp (Lycopodium clavatum L.). Zu Kränzen (|B.]: auch
Sehr. S. 1 lö gieht an. dass die beschuppten Stengel allgemein zu Kränzen,
Pussdecken u. s. \\. verwendet werden, während Louis Keller [Beiträge
zur Flora von Kärnten. Verhandl. der k. k. zoologisch - botanischen Ge-
sellschaft in Wien. XL1X. Bd. Wien 18!>9. S. 363— 386] S. 366 mitteilt
dass in Kärnten | im Drauthale| ein anderer Bärlapp [Lycopodium compla-
natum L.| zu Allerseelen als grüner Aufputz zu Grabkränzen Verwendung
Die Verwendung der Pflansen <iur«-h die Kinder. .'il
findet). Die Keimkörner Sporen) Drudl lil (nach Sehr. 8. 1 t"> im
Böhmerwalde Hexenmehl oder Hexenstaub, im Riesengebirge Pimperlin-
pulver) genannt (PI.) — wurden, als noch Bolz als Beleuchtungsmateria]
diente, in die Flammen geworfen (IM.).
6. Bartflechte (Usnea barbata I..). Zu Barten (B., IM.. R.).
7. Binsen (Juncus Bpec.) Dienen zum Flechten füi N.-<». B. II.
>. 133, No. 3), zum Verfertigen von Sesseln, Körbchen für \.-<>. B. II.
*> 133, No. .">. für Böhmen [Erzgebirge] Willi. S. 17.">: Junge Hädchen
flechten Körbchen daraus) und Hüten (allgemein; auch Sehr. S. 88 bemerkt,
dass die Binsen in den Randgebirgen Böhmens zu Geflechten, and das
Mark der Halme zu „Kirmeskränzen" benutzt werden).
v Birke (Betula alba L.). Der Stamm wird angebohrt, damil der
Saft heransfliesse, der getrunken wird (PL, X).
9. Bittersüss Solanum dulcamara L.). Die Stengel werden gekaut
(PL, PL).
10. Blasenstrauch (Colutea arborescens L. . I>i" Früchte dienen
zum Klatschen (allgemein, für N.-Ö. vgl. B. II. 8. 133, No. 5).
11. Bohne (Phaseolus vulgaris L.). .1«' nach der Gattung haben die
Bohnen verschiedene Werte und Benennungen, so: Kaiser oder Türk,
Bummerl, Peterkappl allgemein); Fleischhacker (rot und weiss-. Schwefl-
küchal (gelb und genau eiförmig), weisse Bunn, Tscheckla (Erzgebirge,
Büdliches und mittleres, nach Wilh. S. 2dl): kleine Bunn, Pfärebunn,
Kaulärsche (nördliches Böhmen nach Tsch. S. 28), Sträusselbohne (länglich,
wri>> oder gefärbt mit roten oder gelben Sprenkeln um die Haftnarbe),
Fasanein (braune oder iure, gelbgesprenkelte), Kaularsch. -In [rund kirschen-
ähnlich. Teplitz nach G. Laube, Volkstümliche Überlieferungen aus Teplitz
und Umgebung (Beiträge zur deutschböhmischen Volkskunde. I. Band,
2. Heft. Prag 1896. gr. 8°. . S. 70]. Nur in einzelnen, von Wäldern
umschlossenen Dörfern wird die Bohne wenig oder gar nicht /um Spielen
benutzt. Solche Bohnenspiele sind: 1. Grad und üngräd, wobei --raten
wird, ob ein Kind eine gerade oder ungerade Zahl von Bohnen in der
Hand hat: dieses Spiel, im Cechischen „Suda licha", wovon der Name
„Soda licha" (N.) stammt, erlernten die deutschen Kinder ursprünglich
von den cechischen, wenigstens war es in Nordböhmen so, worauf -1er
dortige ähnliche Name hindeutet. (Ähnlich unserem Spiele ist das bei
G. Laube a. a. 0. S. 71 unter No. 7: Schutnroten mitgeteilte Spiel, welches
jedoch grüne Erbsenhülsen mit den grünen Samen verwendet.) 2. „Mäusl,
Bauer, König", wobei eine Bohne gespalten und geworfen wird. (Im R.
wird statt der Bohne ein rundes Holzstückchen der Länge nach gespalten
und damit geworfen und heisst das betreffende Spiel: „Richter, Gerichts-
diener und Angeklagter). •">. Andere Bohnenspiele sind noch: „Ins Löchl",
„StreiNas- von streifen und ..Hei. h das" von hoch, höher. (Vgl. auch
G. Laube a. a 0. S. 70, No. 4: „Bunnschuppeln" und No. .V. ..Bunnsehieben\
Blfimml uii'i Koti :
auch Willi 8.201 atreift das Spiel „Bunnä8chie[b]mu, in Elbogen „TscbS-
16188611.)
l;'. r,..\i>i Bovists spec. Lycoperdon spec.)'. Die jungen Boviste
■i „Hexeneier" (PK), Haseneier (Eg.), Quarksäcke (Erz.), die alten
aksbeutl" (PI., in Tirol [Lienz] Dach D. T. 8. 11 „Blasbalg"). Aus
den letzteren werden die Sporen, die des „Teufels Schnupftabak" (Pi.,
auch N.-<>.. nach Pf. S. II auch hier und da in Oberösterreich so, nach
1). T. S. 11 in Tirol Judentabak heissen, ausgestäubt (allgemein), kommt
einem jedoch solcher Sporenstaub in die Vugen, so kann man blind worden
B PL, R .
13. BrunnenkreBse (bitteres Schaumkraut, Cardamine amara L.).
Wird I'. Eg., K.: auch Sehr. S. 112 sagt, dass C. a. «lern Menschen
Bchon im Winter and zeitlich im Frühjahre einen Salat und ein Suppen-
kraut liefere).
11. Buche (Fagus sylvattöa L.). Die Buchein werden gegessen (ß..
PL, N.-Ö.). Das faule phosphoreszierende Holz wird an einen dunklen
Ort gegeben, um in der Nacht jemanden zu erschrecken (ß.. PI.).
15. Distel 'Carduus spec, Cirsium spec). Mit den Dornen wird
auf Blätter gestochen und geschrieben (PI.. Erz., für X.-O. vgl. B. H.
s. 133, No. 8).
16. Distel, nickende (Carduus nutans L.). Böse Knaben stechen
mir den Blütenköpfen — ■ Pudlhunde genannt -- andere Kinder (PL), oder
sie binden dieselben Bullenbeister — an eine Schnur und schwingen
sie gegen andere Kinder (Kg.).
17. Dorsche (Brassica napus L. var. esculenta D. ('.). Dieselbe wird
ausgehöhlt, ein Gesicht ausgeschnitten und abends, mit einem Lichte im
Innern versehen als ein Totenkopf aufgestellt (B., PL, Eg., Erz., für N.-O.
Vgl B. II. S. l-'il. No. 29 unter Cucumis [soll dort richtig Cucurbita und
nicht Cucumis heissen] Pepo L.).
18. Dotterblume (Caltlia palustris L.). Beliebt zu Sträussen (all-
in). Wird auch wie die Hahnenfassarten (Ranunculus spec. s. d.)
unter d;i< Kinn gehalten, damit man sieht, ob jemand viel Butter oder
Schmalz gegessen hat (PL, PL Erz., N.: nach Willi. S. 248 unter Trollius
europaeus L. . schliessen Kinder im Erzgebirge nach dem mehr oder weniger
gelblichten Schein, den eine unter das Kinn gehaltene Blüte dieser Art
(Tr. europaeus L.) hervorbringt, auf die Zahl der „Pfunde Butteru, die
jemand schön genossen, oder, dass man sieht ..wie fett einer ist" (B.).
19. Eberwurz (Carlina acaulis L.). Die Blütenboden werden ge-
n (R., auch Sehr. S. 101 führt dies für die Kinder an),
'20. Ehrenpreis (Veronica chamaedrvs L.). (!e^yitterblümel (nach
Sehr. s. 76 Donnerblümla [R.], Wetterblüml [B.] und blaues Gewitter-
blümel [B., K.|. nach Willi. S. 248 führt Veronica arvensis L. und Lobelia
Krimis L. im Erzgebirge den Namen Donner- und Gewitterblume, während
Dil Verwendung dor Pflan^eo facch <\\<- Kinder.
Tsch. s. .".l.i den Name« Gewitterblum für Noxdböhmen anführt, der Bioh
[Gewitterbleaml] aueb in N.-<>. [Kodetschlag] findet). Eteissi mau solch
tili Blümchen ab, so kommt ein Gewitter 1!.. während nach Karl L. Petters
[Mitteilunger < i<*s nordböhmischen Exkursionsklubs. 11. Jahrg Leipa I
S. 802] bei einem Hau-«' kein Ehrenpreis abgepflücki werden boII, da
Bonst der Blitz einschlagt).
21. Eiche (Quercus spec). Eicheln and Schüsselchen (Fruchtbech(
dienen zum Spielen, letztere besonders den Mädchen zum Kochen (allg.).
Aus den ausgehöhlten Eicheln und Kastanien (Aesculus hippocastanum L.
s. dort) werden verschiedene dürre Blätter geraucht (Pi ). Die Blätter
werden mir Fichten- und Kiefernadeln zu Kränzen zusammengesteckt P
N.), trockene auch mit Bürsten geschlagen, damit man das Blattgerippe
erhält, «las man in Bücher legi (Eg., Erz., PI.) oder auf das man auch
öfter Bildchen klebt (Eg-, Erz., für N.-ö. B. II. 8. 133, tfo. 10).
22. Eisenhut (Aconitum napellns L.). Aus der Blüte werden die
zwei kleinen Blumenblätter herausgebogen und das Bind die Pferdchen an
der Kutsche all-. Murin), daher ihr Dialektname „Kutschapfädlä (IM.
Kutschpferdchen; nach Seh. s. 7:> heissen im B. alle Aconitum -Arten
ffcössln, nach Sehr. S. 141 heissen die Blüten von A.c. nap. im R. and Eg
„Kutschir. im I!. und B. „Kalessn", im Eg., I">. und R. „Rössl", im I!.
auch „Pferdlein", nach Tsch. S. 8 in N. „Pfärreiter" Pferdereiter und
..Kutschl". in N.-Ö. „Kalesswägn" ; alle dies.- Namen entstanden aus dem
umstände, dass [nach Tsch.] „die Blüten, besonders nach Entfernung des
helmartigen Blattes an eine mit zweiPferden bespannte Kutsche erinnern".)
23. Engelsüss (Polypodium vulgare L). Der süsse Wurzelstock
wird gekaut (X.. R.).
•_'4. Erbse (Pisum sativum L.). Wird mittels eines gespaltenen Holzes
fortgeschnellt ( Erz. .
25. Erdapfel (Solanum tuberosum L.). Die in Scheiben zerschnittenen
Knollen sehen eine Ladung für Knallbüchsen, die aus Federkielen bestehen,
ab (allgemein, für N.-Ö. 15. H. S. 133, No. L3), dienen auch zu Spinnrädern
(Pi.. X.) und zu ..Fledermäusen-, wobei eine Feder in den Erdapfel ge-
steckt und als Fledermaus in die Höhe geworfen wird PL, Erz. Die
Beeren dienen zum Schleudern, indem sie an zugespitzte hölzerne Sp
eckt und mittels derselben weil weggeschleudert werden (B., IM.. I ..
N.)3 in X. heisst diese. Spiel „Schnetteln". Die trockenen Blätter werden
in Pfeifen aus Holunderästen gerauchl PL, Eg.).
26. Erdt re (Fragaria vesca L. . Kid- and Heidelbeeren (s, d.)
werden an Schmielen gesteckt allgemein). Eine Beere, die dem Kinde
beim Pflücken entfällt, gehört den arme,, Seelen und wird nicht mehr
aufgehoben (ß.. R): gehen die Kinder mit Beeren an einem Kreuze o<ter
einer Kapelle vorbei, so opfert jede, drei Beeren (PL, Eg. doch nur an
einigen Orten).
| Maninil und Bott:
_ i
Feuerlilie (Liliam bulbiferum L. . Mundartlich „Feuabloma"
PL, in N. iiiich Tscb. S. -J4 „Feuernilge", nach Willi, s. 174 am Passe
des I Ire. „Feuernölg", im Erz. „Feuerblum"). Mit dem Blütenstäube
machen »ich die Kinder «Im- Nasen gelb (allgemein).
Pichte (Picea vulgaris Link = A l)i<-s excelsa I). C). Das Hulz
findet zu verschiedenen Schnitzereien, zu Pfeilen (Pfitsch'pfal PL), Schindel-
flinten, Säbeln, Wasserrädern u. a. (allgemein, auch in N.-O. ß. H. S. 133.
N it. zu Stangen zum Stelzengehen (B., Pi., PI. Erz.) und zu den
ken" der Spiele Verwendung. Solche Steckenspiele'sind «las „Schekern",
i auf ein aufgestelltes Stückehen Holz (Schek'r05 Sau) geworfen wird
(B., PL); das ..S;iu ins Loch treiben", wobei mit Stocken ein beiderseits
zugespitztes Holz in ein Luch getrieben wird (B.. PL, beide Spiele werden
immer Beltener) nnd das „Schpacek-Spiel", wobei ein Stück Holz weiter-
geschlageu wird (allgemein: dazu vgl. G. Laube a. a. 0. S. 70 unter Xo. 6:
Patschet oder Spatzek für Teplitz, B. H. S. 133 Xo. 16 und Anmerkung
und R. Weissenhofer, Jugend- und STolksspiele in Niederöeterreich. Zeit-
schrift für österreichische Volkskunde. Y. Jahr-.. 1899 |S. 49—56. 113
bis 119], S. 50 für X. -(').). Letzteres Spiel heisst im R. ..Titschkerl-Spiel"
(wie in N.-Ö. vgl. B. II. S. 133, Anm.). in N.-Ö. nebst „Flohspiel" und
„Titschkerlspiel" (B. H. s. oben), auch ..Rädnschlägir (Oberhollabrunner
Bezirk) und ..Schnackspiel" (Retz. R Weissenhofer a. a. O. S. 50). Das iü
Engelform an der Kinde gefundene Harz wird gekaut, weil man davon
weisse Zähne bekommt und ..Käupech" genannt (B.. PL), auch wird das-
selbe in warmes Wasser gegeben und daraus, wenn es weich geworden ist,
verschiedene Tiere geformt (PL).
29. Pingerhut (Digitalis spec). Die Blüten werden an die Finger
gesteckt (PL).
30. Flieder (Syringa vulgaris L.). Die Blüten werden im Daumen -
gelenk aufgestellt (allgemein, auch in N -Ö. vgl. B. H. 8. 133. No. 15),
die int'inandergesteckten Blüten in Büchern gepresst (allgemein). Die
Blätter werden mit Fichten- und Kiefernadeln zu Bändern und Kränzen
zusammengesteckt (PL, PL [teilweise]. Lg.. Erz., s. auch Eiche) und dienen
auch zum Klatschen (Pi.. Eg.) und Pfeifen (Wien und Umgebung); letzteres
wird dadurch erreicht, dass ein Blatt mit beiden Händen vor den Mund
gehalten und dann Luft darauf geblasen wird, wodurch ein eigentümlich
schriller Ton erzeugt wird, der so lange anhält, bis das Blatt durchreisst.
Die Kindo (der Bast) wird (N.-Ö.) im Frühjahre beim „in den Saft gehen"
als besonders leicht abgehend von den Knaben zu Pfeiferin abgeklopft
(vgl. auch \\ eide und Vogelbeerbaum), wobei verschiedene Sprüchlein
hergesagt werden (auch Wilh. S. 225 teilt dies für das südliche Erz-
gebirge mit).
31. Föhre (Pinus silvestris L.). Aus der Rinde werden Schiffchen,
Tiere u. a. geschnitzt (allgemein, auch N.-Ö. vgl. B. H. S 133, No. 16).
I»i' Verwendung der Pflanzen durch üi' Kinder. 55
32. Frauenmantel [Alchemilla vulgaris I.. Die Blätter stellen
Bauernweiber dar Li. .
33. Gerste (Hordeum vulgare L.). Eine in den Ärmel gesteckte
Ähre wird nach oben geschoben l'i . Y. IL; in O.-Ö. wird dazu die Ihre
von Seeale cereale L. verwendet, die auch dort al> und zu „Schliafhansl",
in N.-O. ist der „Schliafhansl" die Ahn- von Sordeum murinura L. | IL II.
s. i:;i. Nu. 35], aeisst [Pf. S. 47]).
34. Getreide (Seeale cereale L. und Triticum vulgare Vill.). Die
Halme zum Pfeifen, zum Trinken and zum Erzeugen von Seifenblasen
(allgemein, N.-(b). wobei dieselben an einem Ende kreuzweise eingeschnitten
uml ausgebogen werden, die dann beim Aufziehen des Seifenschaumes in
das Röhrchen eine grössere Oberfläche zum Saften der Blase bieten. Auch
wird mit Strohhalmen ins Wasser geblasen, damit dasselbe sprudeil I '._
Die Blätter werden zum Pfeifen verwendet (allgemein).
35. Glockenblume (Gampanula spec, besonders C. rotundifolia Lj.
Die Blüte zum Klatschen (allgemein, daher besitzt C. rot. auch die Volks-
namen Knockblume [KnackblumeJ und Knollblume [KnallblumeJ, beide
im K. nach Sehr. S. 62 .
36. Goldregen (Cytisus Laburnum L.). Die Hinten werden zum
Aussaugen des süssen Saftes uns der Blumenröhre hier und da (so in
Wien, ehemalige Gemeinde Weinhaus u s. w.) benutzt (vgl- auch B. II.
S. 132. No. 1 unter Akazie u. s w.).
.'17. Grashalme. Zum Zusammenbinden von Blumensträussen (allg.),
auch werden dieselben den Bremsen (Tabanus spec.) in den Sinterleib
gesteckt und dieselben dann damit fliegen gelassen (allgemein).
38. Hafer (Avena sativa L.). .Mit den abgestreiften A Indien bewerfen
sich die Kinder gegenseitig, so viele davon hängen bleiben, so viele Kinder
bekommt der Böworfene oder so viele Sünden hat er (Kg.)-
39. Sahnenfuse (Kanuneulus spec). Ist die eigentliche Schmalz-
oder Butterblume, s. Dotterblume (Caltha palustris L.).
40. Hainsimse (Luzula campestris D. C), mundartlich „KonäsbräQta
(PI., nach Sehr. S. 77 im Erz. „Khannesbra[u]tu, nach Willi. S. 174 fährt
im südl. Erz. Luzula pilosa L. den Namen Johannesbrot und zwar wegen
ihres johannesbrotfarbigen Blütenstandes), von den Dobrzaner Kindern
auch „Rauehfangkehrer" genannt und zwar der dunklen Ahrenfarbo und
der Ähnlichkeit der Ähre mit einem Rauchfangkehrerbesen wegen (nach
Seh. S. 41 heisst im B. Phyteuma nigrum Schm. wegen ihrer dunkel-
violetten Ähren so, dasselbe gilt auch in N.-<>. fflj Poterium Smi-nisorba
Scop.. das in Braunsdorf [V. ü. M. B. Gerichtsbezirk Oberhollabrunn]
wegen der dunkelbraunen Blütenähren so genannt wird). Ist zu den ersten
Sträussen im Frühlinge sehr beliebt (PL, PL).
41. Haselstaude (Corylus avellana L.). Die Nnssschale dient zu
Pfeifchen (PL)., die Zweige zu Angelruten und Spazierstöckchen (allgemein)-
Dlüiiiini und B
l-_v Heidelbeere 0 accinumMyrtillus I. b. Erdbeere Pragaria resea L.).
13. Herbstzeitlose (Colchicum autumnale !-.)• Die Samenkapseln
sind Schiffchen (Erz.).
U. Herzblnine Dielytra spectabilia D.C.). Nachdem man die
beiden grossen Blumenblätter weggenommen hat, erhält man eine mensch«
liohe eine Tänzerin, \l).
15. Hirschstreuling (Elaphomyces granulatus [Nees| Fries) vulgö
Hirschbrunst" (PL). In die trockenen Schwämme wird ein Loch gemacht,
die Sporen werden herausgegeben and man bat dann «'in Pfeifchen (PI.,
das „M§ia-Pfeiflau (Moospfeifchen) genannt wird (Bg.).
16. Um In im in- (Sambucus oigra L.). Die Äste zu Wasserspritzen
^allgemein für N.-Ö:, vgl. B. H. S. 133, No. 19). zu Knallbüchsen (B., Pi.,
mich N.-»». B. II. s. 133, No. L9, die in Tirol nach 1). T. S. S2 „H»ler-
lniclis- und „H61erspritzu, in Siebenbürgen [Nösnerland] nach G. Kisch,
KTösner WörteT and Wendungen. Beilage zum Programm des evang. Ober-
gymnasiums A. B. in Bistritz [Siebenbürgen], Bistritz 1900 |178S.|. S. 89
..kn«»U- heissen), und «las Mark zu Stehaufmännchen (allgemein, für N.-O.
B. II. S. 133, No 19), welch letztere durch Einstecken eines Zweckend
erreicht werden >ü<ll. Erz. Wilh. S. 224). Aus den Ästen werden auch
Pfeifen gemacht, aus denen grössere Knaben Erdäpfel-, Königskerzen- und
Rosenblätter rauchen (PI., Eg.). Drei Kreuzlein aus Holunderzweigen
werden am Walpurgis-Abend in den Rasen, der vor die Stallthüre gelegt
wink gesteckt, damit keine Hexe in den Stall komme (PI., etwas Ähnliches
findet sich zu Gottschee, nur werden dort aus den zu Ostern geweihten
Palmruten [von Salix spec] kleine Kreuzlein geschnitten und dann auf
Thüren gegen Hexenspuk angenagelt, s. Job. Satter. Volkstümliche Ptianzen-
oamen aus Gottschee. Beilage zum Programm des k. k. Staats - Unter-
gymnasiums zu Gottschee für das Schuljahr 1897/98. gr. 8°. Gottschee
!_'l s. ;. S. 18). In diesen Käsen können aber auch Zweige ver-
schiedener anderer Bäume gesteckt werden (B.
47. Käsepappel (Malva spec). Die Früehte zum Essen (nach Sehr.
s. 74 liefern auch die jungen Blätter für Crosse ein Gemüse) und Spielen
(allgemein, für N.-Ö. vgl. B. H. S. 133, No. 21).
Kalnius (Acorus Calamus L.). Die inneren /arten Blätter werden
£ern< ssen PI., K«.: am Pusse des mittleren und am südlichen Hange
des Erzgebirges werden die Wurzeln von den Kindern gern ..ausgeknatscht".
wilh. s. 12:
l'.t. Katzenpfötchen (Gnaphalium dioecum L.). Beliebt zn Sträussen
£ allgemein).
50. Kirsche Prunus cerasus L. et Pr. avium \..). Die Früchte als
Ohrgehänge und die Kerne zum Schnellen1) (allgemein, für N.-G. B. H.
1) Auch in Franz Freiherr Gaudys „Schülerliebe"' spielt ein von der Hand des
Fräuleins Minna Grasmeier, aus Nebra uebürtiir. preschnellter Kirschenkern die Hauptrolle.
Die Verwendung <l«-r Pflanzen durch die Kinder. .'x
s. i:;t. N - > . 23). Das Kirschgummi Niklas- oder Katzenpech.) wird
gessen, nachdem es zuvor „gesponnen", d. Ii. in feine Fäden ausgezogen
wurde (allgemein, b. auch Pflaumenbaum, Prunus domestica L.).
51. Bulette (Lappa officinalis MI. Die Blütenköpfe zum Bewerfen
(allgemein, für N.-Ö. Ii. II. 8. 134, No. 27), zu Körbchen für N.-<">. B. II.
S. 134, No. 27). Teppichen und Kreuzlein IM.. Pi., Erz.)- die Blätter zu
Schirmen (Erz., für N.-Ö. vgl. B. II. 8. L34, No
52. Knöterich, bitterer (Polygonum persicariaL. et lapathifolium L.).
- Sauerampfer (Rumex acetosa L. .
53. Königskerze (Verbascum spec. . Die Blätter werden geraucht
(PI., Eg.), s. Holunder Sambucus nigra L.
54. Kohl (Brassica oleracea L. var. capitata I..). Die Blattstiele
geben „Kühe" ab (B.. PI., Eg.), die Stengel dienen als Wassereimer and
Trompeten B.3 PI., Pi., Eg.).
55. Kornblume (Centaurea cyanus L.). Zu Sträussen and Kränzen
(allgemein, für N.-Ö. vgl. B. IL S. L34, No: 25 i.
56. Kornrade (Agroeterama githago L.). Durch Zusammendrücken
des Kelches drehen sich die Blumenblätter und es entsteh! eine „Uhr"
(R, teilweise auch PI.). Die Samen werden gegessen (R., B.). obwohl
derselbe giftig sein soll, doch auch Sehr., der ans dem B. stammt, teilt
S. 81 mit, "dass er als Kind die Samen oft ohne Nachteil ass
.".7. Krausemünze (Mentha crispa L.). Wird gerne in die Bücher
gelegt und in die Kirche mitgenommen (PI.), s. auch Stabwurz (Artemisia
abrotanum L.).
58. Kürbis (Cucurbita Pepo L. . Die Früchte geben Totenköpfe
(Pi. N.. N.-Ö) ab. >. auch Dorsche (Brassica oapus !.. var. esculenta
D.U.).
59. Lärche (Larix deeidua M i 11 L. europaea D.C. Mit den
Langen dünnen Zweigen bekränzen sich die Knaben gerne die Hüte B.,
PI.. B.
60 Löwenzahn (Taraxacum officinale Wigg . Die Schäfte zu Ketten
(allgemein, für N.-Ö. vgl. B. II. S. 134, No. 32, für Tirol, in welchem
Lande die Pflanze der Ringel wegen [s. ... „Ringelblüml« ...,d m Würtem-
berg „Kettenblume« heisst, D. T. S. «IT), wobei die hohlen Stengel zuerst
ineinander gesteckt, wodurch ein Ringel (Sehr. S. L24, D I - 67) ent-
steht, und dann diese Ringe zn Ketten ineinander geflochten werden.
Hauptsächlich beschäftigt dieses Spiel die Mädchen, während die Knaben
die holden Stengel zu Brummern allgemein) und Parzern (Erz. nach
Wilh S ->47 nach D. T. S. <iT auch in Tirol und in der Schweiz, E. L.
Rochholz. Alemannisches Kinderspiel und Kinderlied aus der Schweiz.
der später die Relegier** des Friedrich Gotthelf Fistel voi Scholpforta und &
Lebensabenteucr veranlasste.
Blüininl mitl li'nit .
Leipzig 1857, 8. 171. No. 288. Die Kinder blasen nämlich in den hohlen
Stengel und erzeugen einen trompetenartigen Ton, daher die ganze Pflanze
Im Defereggenthale [Tirol, D. T. 8.67] Pfegg, dim Pfeggl [Wind] heisst)
verwenden. Auch Spiralen I'.. PI, Eg., Erz., R., für N.-<">. vgl. B. H.
S. 134, No. 32 . „Leinwandstösse" (B.) genannt, werden daraus verfertigt.
Der Fruchtstand nach Tsch. 8.37 in X. ..Laterne", nach Sehr. S. 128 im
B. „Laterne", im Nordgau „Lambl" [auch in Gottschee nach Satter S. 1!»:
nLämp< •■• wird abgeblasen, was „Lichtausblasen" heisst (allgemein, Sehr.
s. L24, für \.-<>. B. II. 8. 134, No. 32, für Vorarlberg, wo der Fruchtstand
„Todtenliechtle" heisst, D. T. 8.67). So viel Früchtchen an den Kleidern
des Angeblasenen hängen bleiben, so viele Sünden hat er (Eg-.. vgl. auch
Hafer . So oft man auf «Ins abg< blühte Körbchen (Laterr) blasen muss,
um alle Früchtchen beseitigt zn haben, so viel Uhr ist es (Wilh. S. 247
für da-* mittlere und südliche Erzgebirge). Mit den hohlen Schäften wird
auch in das Wasser geblasen, damit es sprudelt (Eg.). vgl. auch Getreide
and Pferdekümmel.
61. M a ss I ie liehen (Bellis perennis L.). Gänkblemla. — Dieselben
werden im Frühlinge an Fäden zu Kränzen aneinander gereiht (PL. Erz.)
oder es werden aus den Stielen mit den Blüten kleine Kränzchen geflochten
(Wien), auch werden sie öfter als Orakelblume benutzt (dasselbe geschieht
auch in O.-Ü.. Pf. S 38 und in der Schweiz, E. L. Kochholz a. a. O.
s. 172—173, Nb. 280), s. auch Wucherblume (Leucanthemum).
S2. Mehl beere (Sorbus aria Crtz.). In N.-Ö. (Oberhollabrunner
Bezirk) werden die Beeren als „Mälbe'dl" (Mehlbeerl) gegessen.
63. Milchstern (Ornithogalum umbellatum L.). Die Blüte wird
gegessen (R.).
64. Mohn (Papaver somniferum L.). Die Narben der Kapsel dienen
als Stern zum Spielen (Erz.).
65. Moos (Musci). Zur Ausstattung von Krippen (allgemein, für
N.-O. vgl B. H. S. 134, No. 36). Bei ärmeren Leuten wird es über Winter
in die Fenster gegeben, und legen die Kinder dann als Schmuck Vogel-
oder Schneebeeren darauf (allgemein).
66. Mutterkorn (Claviceps purp Urea Tul.). Wird manchmal von
den Kindern gegessen (Eg., PL. R.).
67. Xarcisse (Xarcissus poeticus L.). Wird gerne in die Kirche
mitgenommen (PI.).
Nessel (Urtica dioeca L. et urens L.). Wird von schlimmen
Kindern in Blnmensträussen versteckt, damit sich derjenige, der daran
riecht, brenne (B.. PI. und a. 0.). Böse Knaben schlagen mit Nesseln
sogar anderen Kindern in das Gesicht.
69. Nussb an m ( Juglans regia L.). Die Schalen liefern Nusshämmerchen
(allgemein), die im R. „Pinkerinke*' heissen. Von den Blättern, die in
Die Verwendung ilcr Pflanzen durch die Kinder. 59
X.-n. ancli geraucht werden, werden die I v i | • ( » < • t i l>l<>s- gelegt, doch bo,
dass der Blattumfang nicht verletzt wird, was als eine Kunst gilt (Erz.).
Tu. Pestwurz (Petasites albus Gärtn. et officinalie Mönch.). Die
grossen Blätter dienen zu Schirmen (R.), s. auch Kirn«' (Lappa
71. Pfaffenkäppchen (Evonymus europaeus L . Die Früchte werden
zu Kränzen aneinander gereiht (B.).
72. Pferdekümmel (Anthricua sylvestris Hofim. . Die Stengel za
Pfeifchen (IM.. Eg., Erz.). Blasrohren (K.)- ,mi' /uni Hineinblasen in das
Wasser, damit es sprudelt (Eg.), s. auch Getreide and Löwenzahn.
7:;. Pfingstrose (Paeouia officinalis I..;. im Dialekte „Popplrä^sn"
(Tl.. in ( ).-(">. nach Pf. S. 45 „Boberrosn«, in Tirol nach D. T. S. 16
„Pfingstpappel", in N.-(). „Bäblrosn", in N. nach Tsch. S. 27 llinl. Hänl,
wegen dieses Namens vgl. das folgende). Nach dem ^breissen der
Blumenblätter bleiben „Häuerl and Hennerl" (Hähnchen und Hennchen)
stehen (PI., Kr/... X.). Die Blumenblätter werden zum Pfeifen und Klatschen
verwendet (allgemein), sowie auch gerne in Bücher gelegt allgemein .
74. Pflaumenbaum (Prunus domestica K.). Die Missbildungen ver-
ursacht durch Exoascus pruni Fuck.) von Früchten (mundartlich „Sausäck
[Dobrzan|. Wassersäck [B.], Bettlmann" [PJ.|) werden gegessen (allgemein).
Auch das Harz, sogenanntes Niklas- oder Katzenpech, wird, nachdem es
zuerst in feine Fäden ausgezogen (gesponnen wurde, gegessen (allgemein,
s. auch Kirsche). In die Früchte werden Pflöckchen gesteckt und man
bildet so Tiere nach (Pi.).
75. Preisseibeere (Vaccinium vitis idaea L.) s. Weide (Salix spec).
76. Reiherschnabel (Erodium cicutarium L'Herit.). Die Früchte
Bind Uhrzeiger (N.. vgl. auch für N.-Ö. B. H S. L34, No. 41).
77. Rohrkolben (Typha latifolia L.). Die Kolben werden geraucht
(PI.)-
7s. Rohrschilf (Phragmites communis Trin. ). Zu Pfeifchen, in
welche hinein gebrummt oder gesungen wird (Pi . X.. R.).
79. Rohr, spanisches (Arundo Donax L.). Zu Pfeilbogen und zum
Rauchen als Pfeifenrohre (allgemein, für N.-Ö. vgl. B. H. S. l.ll. N... 42).
80. Rose (Rosa spec). Die Plätter werden geraucht (PI.. Eg
81. Rosskastanie (Aesculus hippocastanum L.). Die Früchte zum
Spielen (allgemein), zu Spinnrädern (PL s. auch Eiche) und zum Hinein-
werfen ins Feuer (Pi.), da sie darin knallen. Aus den ausgehöhlten
Kastanien wird geraucht (Pi , s. Eiche), während die Blätter zum Rauchen
(Wien und Umgebung) dienen, auch werden die Blattrippen bloss gelegt
(R., s. auch Eiche und Nussbaum).
82. Sauerampfer (Rumex acetosa L.). Wird gekaut (allgemein,
besonders häufig im R., auch in Schlesien, vgl. Gerhart Hauptmann. Die
versunkene Glocke [ein deutsches Märchendrama, 35. Aufl. Berlin 1897.]
I. Akt, S. 8, Z. 8. wo der Waldschrat sagt: ..Kaue ein Stückchen Sauerlump*).
liluinml und B
Blattei eu Brei geklopft geben das „Ampferbrot" (PL). Manchen
Kindern wird bitterer Knöterich (Polygonum persicaria L. et lapathifolium
um Kauen gegeben, indem mau Bagt, der Bei aoch besser als Sauer-
ampfer. Lasst es Bioh anführen, so wird es rech! ausgelacht (B.).
Sauerklee (Oxalis acetosella I..)- Wird gegessen (allgemein,
nach Sehr s. HO dient er beim Volke In den Randgebirgen Böhmen«,
/.um Stillen des Durst m Appetitlosigkeit and als Gemüse).
B4. Schierling (Aethusa oynapium L.). Ein Stengel mit aufgetriebener
Blattscheide gilt als Pistole PI. .
Schlehe (Prunus spinosa L.\ Die Früchte werden gegessen
\ -i ». < Iberhollabrunner Bezirk).
Schöllkraut (Chelidonium majus L.). Der Saft wird zum Ver-
treiben der Warzen (R.), besonders der Pingerwarzen (südlicher Hang und
Pubs des mittleren Erzgebirges Dach Willi. S. 153, wo diese Pflanze auch
znkraut neisst benutzt (auch in O.-Ö.. Pf. S. 40: in Tirol wird nach
D. T. >. 64 dazu nebst Euphorbia spec. [s. Wolfsmilch] auch Sedum acre
L. verwendet, welches dort den Namen Warzenkraut, im Drauthale:
Warzengras führt).
87. Seidelbast (Daphne piezereum L.). Wer an den Blüten riecht.
bekommt eine grosse Nase i PI. .
38 Sonnenblume (Helianthus annuus L.). Die Früchte werden
i (IM. N . i ;
Stabwurz. Wermut (Artemisia abrotanum L.). Wird gerne in
die Bücher gelegt and, wie Krauseminze (s. d.), in die Kirche mitge-
Dommen PL).
. Stachelbeere (Ribes grossularia L.) s. Weide (Salix spec).
91. Taubnessel (Lamium spec). Die Blüten werden ausgesaugt
allgemein, für N.-O. vgl. B. II. S. L32, No. 1) und die zerschnittenen
igelstücke zu Kränzen aneinander gereiht (B.).
92. Traubenkirsche (Prunus Padus L). Die Zweige schmücken
am Palmsonntage die Palmbüachel. Zu diesem Behufe werden dieselben
Bchon einige Wochen zuvor abgeschnitten und zu Hause ins Wasser gesteckt,
damit sie bis Palmsonntag ausschlagen (\\.. I'i.. PL).
ismeinnicht Myosotie palustris With.). Beliebt zu Sträussen
(allgemein; Sein-. S. 75 sagt: wie überall, so gilt sie auch in unserem Ge-
biete [Randgebirge Böhmens] als Sinnbild der 'Treue und wird zu Kränzen
verwendet oder abgeschnitten, auf Teller im Zimmer aufgestellt).
94. Vogelbeerbaum (Sorbus auenparia L.). Die Früchte an Fäden
!_r«'r«il,r. gelten als Halsketten und Armbänder (B.. teilweise PL, Erz.. R.),
im ausgefrorenen Zustande werden sie gegessen (B.. PI). Aus den
Zweigen werden Pfeifchen und Brummer gemacht (allgemein s. auch
Flieder und Weide) and, damit die Rinde besser abgeht, wird sie zuvor
geklopft, wobei verschiedene, oft derbe Sprüchlein gesagt werden (all-
Die Verwendung der Pflanzen durch die Kinder. ß]
gemein1 ; auch in N.-»> . w,, jedoch die Pfeiferin aus Flieder [Syringa
Tulgaris I. 8. oben] und Weide [Salix spec. B. II. B. 135 Nb. 51] gemacht
werden. Bind solche Spräche in Anwendung, vgl. diesbezüglich II Klose:
Kinderreime beim „Pfeiferlmachen* im n.-ö. Schneeberggebiete. Zeitschrift
für österreichische Volkskunde. II. Jahrg. 1896, S. 77—78; auch Böhmen
besitzt Sammlungen solcher Reime, bo: .1. Böhm, Bastlösereime [aus
Trautenau], Am Urquell, •'!. Bd., S. 254; I". Eübler, Bastlösereime ans «lern
Gebiete des Jeschken- und [sergebirges, Jahrbuch <\r^ deutschen Gebires-
Vereins für das Jeschken- und tsergebirge, \ I. Bd. 1896, s. I_ 50; eine
umfangreiche Sammlung stell! II. Ankert. Bastlösereime aus Deutsch-
böhmen, Mitteilungen des uordböhmischen Exkursionsklubs, L9. Jahrg1.,
Leipa 1896, S. :;i 42 und 20. Jahrg., Leipa 1897, S. 164—169 vor.).
Solche Sprüche sind:
I. Pfeif »'1, Pfeif "'I gäih o.
Zeich da Kätzn d' Haut o
Bis am Schwoaz, bis am Schweiz,
Blei iu;i Peif 'I gau" gonz.
(B.. teilweise PI. H. Ankert teilt a.a.O. 19. Jahrg., S. 38 und 20. Jahrg.
S. 16(J folgende ähnliche Sprüche unter No. 52 — 55 und No. KU mit:
1. Piepe, Piepe, malo [langsam]. 3. Pfifo, pfifo, zui ma da Rozen d' Haut o,
Zieh' der Ratzen 's Fahl o, Bis an Schwonz, las im Schwonz,
Zieh' ser übern Schwanz, Bleibt ma Pfeif'rl dennerst gonz.
Piepe, Piepe, bleibe ganz! [Eisenstein im B. No. 54.]
[Drum, Neder, Höflitz (B.), No. 52.] 4 pfWfV,rl pfeiferlj pfifo?
2. Pfeifl, Pfeifl, Pfiff — o! Zuig mr dr Kotz d' Haut o
Zö ich da[n] Ratza Haut o — Übrn Ropf un übrn Schwonz
Bis am Schwaa[n]z, Wird mei Pfeiferl wiedr gonz.
Bleibt ma[n] Pfeifl [Stubenbach im B. No. 55.J
Dennaht gaa[n]z. [Plan, No. ")3.]
5. Pfeifrl, Pfeifrl, pfif o,
Zoich'n Stoia [Stier] d' Haut o,
Bis am Schwonz, bis am Schwonz.
Bleibt ma Pfeifrl derma wida ganz.
[Neugramatin bei Bischofteinitz, No. 104. J,
II. Pfiffer], Pfeiferl, gäih o'a
Rreigst an raudn Thäla.
Wenst ma niat o'a göihst,
Schmeiss i di am Mist.
(Eg. Ankert teilt a. a. O. keinen ähnlichen Vers mit.)
III. Neu1; gung Hund onta da Strich.
Wann da ul scheisst, wiad da ona scheich.
(PI. Ankert teilt a. a. O. '20. Jahrg , S. 1H6 unter No. 99 etwa- Ähnliches mit:
1) Vgl. unsre Zeitschrift IV. T t — TG mit Literaturnachweis), VI, 99— 101. 295£,
VII, 62—66.
Blfimml Mini Bott :
Neu n janga Bond anta da Stöicb,
Da alt dazou ia a a Voicb. (Planer Gegend.])
[V. Biala, Biala, Pfeifla.
<;. In da Hund BcheUsa. PI. .
(Ankert hat a. a. O. XX. Jahrg. 8. lfifi unter No. 101 einen Vers, dessen
ngszeilen unserem Sprache ähnlich lauten:
ßiera, biera, Pfeifen —
s Boitaa Hund gäiht scheissen.)
>.i5. Wegerich Plantago spec). Die Blätter werden von den Blatt-
stielen abgerissen und zeigen die nun herausstellenden Fäden (Gefäss-
bündel) der Blattrippen an. wie viele Mädchen ein Knabe gern hat (B..
Pi.; I». T. 8.52 giebt für Tirol bei Plantago major I. an: „Man pflegt
aus der Zahl der beim Zerreissen des Blattes heraushängenden „Fäden"
[Fibrovasal stränge] die Zahl der Lägen |wohl des betreffenden Tages?)
zu erschliessei
i)B. Weide (Salix Bpec). Die Zweige von Salix caprea L. (Palm-
weide werden am Palmsonntage geweiht (allgemein), wobei in die Palm-
büschel auch grüne Zweige von Traubenkirsche Prunus Padus L.), Stachel-
beere Ribes grossnlaria L.), Preisseibeere (Vaccinium vitis idaea L.) u. s. w.
gesteckl werden (15.. Pi.. PI., dazu vgl. auch R. v. Enderes. Der Palm-
Btrauss. Wiener Pamilienjournal [Beilage zum Wiener Tageblatt] 1894.
No. 7v v 316). Geweihte Knospen werden auch hier und da noch ver-
schluckt, um vor Halsschmerzen gesichert zu sein (für N-O. vgl. B. H.
S. 13."». No. .">1 ; für das Ganze1) A. Ritter v. Perger [Über den Gebrauch
unserer heimischen Pflanzen bei kirchlichen und weltlichen Festen. Ver-
handlungen der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. Bd. XI.
1861, S. 279 -284], S. 282). Dort, wo der Vogelbeerbaum (Sorbus aucu-
paria I.. selten ist oder fehlt, werden aus den Zweigen Pfeifchen und
Brummer gemacht (für N.-Ö. vgl. B. H. S. 135, No. 51; s. auch Vogel-
1 rbaum und Flieder), auch dienen dieselben zu Pfeilbogen (allgemein)
oder zur Herstellung einer Art Sehlitten ("Wiedlwäge. Heuwäge. B.. Pi,
teilweise auch PL, Erz., N.). In einen gespaltenen Zweig giebt man unten
einen Stein und lässt denselben dann als .. Wassermann! • schwimmen
(Pi.. Erz .
97. Weinrebe (Vitis vinifera L.). Die frischen, grünen und saftigen
Ranken der Reben, sogen. „Granckerl" werden in den n.-ö. Weingegenden
von den Kindern wegen ihres sauren Geschmackes ausgesaugt. Die Blätter
werden geraucht (N.-l
Weissdorn (Crataegus oxyacantha L.). Die Früchte (Mehlfasserln)
werden g< _:>'ssen (allgemein).
1 Vgl auch M. Eyra in ansrer /eitsclirift VIII, 226.
Die Verwendung der Pfiaoseii durch die Kinder. <;.;
99. Weizen (Triticum vulgare L l. Zwei Hai werden zu einem
Bändchen zusammengeflochten, das dann auf dem Hute getragen wird B
PL, PL), vgl. auch Getreide.
L00. Wiesenbocksbart (Tragopogou pratensis I. . I>i<- Stengel
Zuckerstenge] — werden wegen ihres süssen Geschmackes gerne gekaut
(PL, in Tirol nach D. T. S. 68 essen die Kinder den Baftigen Blütenboden
wie Artischocken .
101. Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis L.) Nach dem
Abstreifen der Ahrchen wird die Blütenspindel zum Andrehen der Haare
benutzt (allgemein).
102. Wiesenklee (Trifolium pratense L ). Die Blüten werden aus-
gesaugt (allgemein, für N.-(>. vgl. B. II. s. 132, No. 1).
103. Wilde Kose (Rosa canina L.). Die von den Samen befreiten
Früchte, besonders die gefrorenen, werden im Winter gegessen (allgemein)
oder ausgesuzzelt (N. -<">.). Die Blätter werden geraucht (l'l . Bg., b. auch
Rose).
1<»4. Wolfsmilch Euphorbia spec). Der Saft soll die Warzen ver-
treiben (allgemein und \. -().. auch Willi. S. 247 und in der Schweiz,
E. L. Rochholz a. a. 0. S. 18<>. No. 305; daher führt nach I). T. s. :;i
Euphorbia cyparissias L. im Drauthale den Namen „WaTzengras"). Vgl.
auch Schöllkraut.
10"). Wucherblume (Chrysanthemum Leucanthemum L.). Gilt all-
gemein als Orakelblume. Beim Ausreissen der Randblüten werden ver-
schiedene Sprüchlein gesaut, so.
„Sie (er) liebt mich vom Herzen, mit Schmerzen, ein wenig oder gar nicht."
(Allgemein)
„Sie (er) liebt mich vom Herzen, mit Schmerzen, über alle Blassen, kann von
mir nicht lassen, ein wenig oder gar nicht."
(B., Erz., für letzteres auch Wilh. B L73.
..Sir (er) liebt mich von Herzen, mit Schmerzen, insgeheim, ganz allem, cm
wenig oder gar nicht.- Et., für das Erz. Wilh - 17 .
„Edelmann, Betlmann. Kaiser. König, Jungfrau, Drecksau." (PI
(Nach diesen Anfangsworten, die auch das folgende Sprüchlein enthält,
heisst unsere Pflanze in N. „Edelmönblume" [nach bTnothe, Wörterbuch
der schlesischen Mundart in Nordböhmen (Hohenelbe L888 . 8. 200].
ebenso in O.-ö. nach den Anfangsworten eines Spruches [s. nächsten], den
Kinder, um ihren künftigen Beruf zu erforschen, heim Zerzupfen >\c\- Blüte
herabsahen [nach Pf. S. 4 1]
„Kaiser, Konig. Edelmann.
Bürger, Bauer, Bettimann.
Schuster, Schneider, Leinwandweber.
Kaufmann. Doktor. Totengräber.- (Eg., Erz.i
ü\ Haltung:
(Aach M. Kronfeld, Zauberpflanzen and Amulette, Wien 1898, führt
!'ur Grosse ähnliche Reime an, die über den Beruf des Bräutigaüfl
beiden, bo: „Edelmann, Bettelmann, Bur [Bauer] . . . „Edelmann,
Major . " H. b w N-
„Liebst du mich, liebst du mich nicht" rPi.)
„Soll ich, soll ich nicht.- (Eg
- werden von den Bändern in Wien auch die Westenknöpfe gefragt.)
..Ja. nein." (Allgemein.)
Die Blüten werden von dem Blütenboden abgelöst, in die Höhe geworfen
und auf dem Handrücken aufgefangen. So viele Blüten (Zungenblüten)
nun auf diesem liegen bleiben, so viele Kinder bekommt man einst (B.,
PL, Erz., X.. R.) "der so viele Läuse hat man (Pi.).
10«5. Zittergras (Briza media L.). Kleine Kinder schlottern (klappern)
damit (PI.), daher die Pflanze auch „Schlodala" heisst (PI., Sehr. S. 55 führt
als \ 'olksiiamen für den Böhmerwald: Schlodala, Schlapperl, Schlatterl,
für Ostböhmen und Böhmerwald: Scbepperln [Schebala B., Scheterla Ost-
böhmen] an, auch in Schwaben nach Schmid, Schwäbisches Wörterbuch
[Stuttgart 1831], S. 548 „Zitterle"; auch eine Apfelart [Schlattereppl] giebt
es, deren Kerne nach dem Reifwerden im Innern der Kapsel klappern
[echlattern] s. Willi. S. 201).
Wien und Pilsen.
Bastlösereime aus Anhalt.1)
Gesammelt von Oskar Härtung.
Pipe, willst du nicht geraten, Pfeifchen, willst du nicht geraten,
Schmeiss ich dich in unsern Garten; Schmeiss ich dich in Schinders Garten;
Kommt die Kuh, Kommen Schinders Raben,
dich zu; Stecken dich in'n Graben;
Kommt die Maus, Kommen Schinders Hunde,
Knsst dich aus; Beissen dich zu Grunde. Cöthen.
Kommt der Storch, Päppert, Päppert, werde was!
(ll('h 'lor(h: Sonst kommst du in den Graben,
Kommt das Kalb, Da fressen dich die Raben,
Frisst dich halb: Da fressen dich die Müllermücken,
Kommt das Schwein. Die in deinem WaQste stecken>
Prisst dich über und düber 'nein. Schab ab> schab ab? >nen Löffel voll Saft.
Cöthen. Radegast.
lj Vgl. Fiedler, Volksreime und Volkslieder aus Anhalt - Dessau. Dessau 1847.
S. 97 ff. R. Andr^e, Braunschweiger Volkskunde. Braunschweig 1896. S. 330 ff.
Bastlösereime am Anhalb.
Dadel-Dndelsäckchen, bist du bald
Bist da nicht geraten,
Schmeiss ich dich in Schinders Garten.
Komm! Schinders Band,
Bei8St dich w und :
Komm! Schinders Kalb.
Prisst dich halb;
Kommt Schinders Kuh.
Prisst dich ganz dazu
Aken und Trebbicban.
Sippe, sappe, söpe,
Ich mach mir eine Flöte
Von Thymian und Majoran.
Dnd willst du nicht vom Baste gähn,
Dann schmeiss ich dich in'n Graben,
Da fressen dich die Raben. Wörbzig.
Pfeifchen. Pfeifchen, willst da ab!
Sonst schmeiss ich dich in Schinger
Kommt die Kuh, [Schäfers Garten.
Scharrt dich zu:
lvimmt das KaJb,
In -st dich halb;
Kninmt die Gans.
Frisst dich ganz. Löbnitz.
Pfeifchen, willst du nicht geraten,
Schmeiss ich dich in Schinders Galten.
Kummen Sehingers Knechte,
Hauen dich zurechte;
Kommen Schingers Mägde,
Harken dich zurechte;
Kommt Herr Schinger selber
Mit seine jungen Kälber.
Pfeif lein, zieh' ab! Pfeiflein, zieh ab!
Einen ganzen Kessel voll Salt!
Oster-Nienborg.
Päpert, Päpert, du musst raten,
Sonst schmeiss ich dich in Pfeifers
Kommt die Kuh, [Garten.
Frisst dich ruh;
Kommt das Schwein,
Frisst dich "rein.
Päpert, du musst fertig sein! Wulfen.
Pfeifehen, Pfeifchen, willst du ab!
Sonst schmeiss ich dich in'n Graben.
Kommt Sehinders Hund,
Der beisst dich in'n Mund;
Kommt Schinders Karnickelbock,
Der sa^t: Ich habe 'n neuen Rock.
Zieh ab. zieh abl
Bin Theeköpfchen voll Salt! Trinnm.
Pfeifchen, Pfeifchen, willst du nicht
aten,
Werf ich dich in Schinderschabers Garten.
Kommen die Haben.
Werfen dich in'n Graben;
Kommen du' Mücken,
Stecken dich in'n Rücken:
Kommen die Schwalben,
Büngi i dich an den allerhöchsten ( ra
Rathmannsdoi f.
Tippe, tape, Flöte,
Mache mir 'ne Plöte.
Wenn du mir keine machen willst.
Schmeiss ich dich in'n Graben,
Da Kummen dann die Raben;
Klimmt das Kalb.
Krisst dich hall»:
Kommt die Kuh.
Rollt dich zu. Würflau.
Pfeifchen, geh ab!
Pfeifchen, geh ab,
Sonst schmeiss ich dich in I: iben.
Kommt die ( [ans,
Frisst dich ganz:
Kommt das Kalb.
Fris>t dich halb:
Kommt die /.icke.
Bist du Qicke.
SchÖpp ab! SchÖpp ab! 'mm Löffel voll
Salt! Piethen.
Pfeifchen, Pfeifchen, geh doch ab!
Wenn du nicht willst ab-ehn.
Schmeiss ich dich in Müllers Graben.
Da Iressen dich die Raben;
Kommen Müllers Tauben,
Die fressen ilieh in'n Gaumen;
Kommt Müllers Kalb,
Frisst dich halb:
Kommt Müllers Kuh,
Die scharrt dich zu. Maasdorf.
Pfeifchen, Pfeifchen, ich klopfe dich.
Wenn du mich liebst, dann ziehst du dich.
Wenn du dich nicht ziehen thust,
Schmeiss ich dich in'n Graben,
Da fressen dich die Raben. Maasdorf.
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1SOI.
Härtung:
hen, Pfeifchen, lau «lu raten,
Schmeiss ich «lieh in Bfttllera Garten,
Kommt das Kalb
Und friasl dich halb;
ixmnmi die Biene
und stirbt dich
Tüchtig, tüchtig. Maasdorf.
hen, Pfeifchen, willst da raten,
Schmeiss ich dich in Webers Garten,
Kommen Webers Bunde,
Pressen dich zn Grande;
Kumint Webers Kuh.
dich halb zum Tode zu. .Maasdorf.
Pfeifchen, Pfeifchen, willst du ab,
Sonst schmeiss ich dich in das Grab.
Kommt der Schinder Bock,
Beisst dich in den Rock;
Kommt die Schinder Schmidten,
Die beisst dich in den Rücken. Dohndorf.
Pfeifchen, Pfeifchen, platze nicht.
Sonst wirst du meine Pate nicht.
Schmeiss ich dich in'n Graben
Bei die alten Raben:
Kressen dich die Müllermücken.
Die dich hinten und vorne zwicken.
Zehmitz.
Pelle, pelle, Weide.
Wenn du dich nicht pellen willst.
Komm'n die tollen Hunde,
Geissen dich zu Grunde;
Kommt das Kalb,
Beisst dich halb:
Kommt die Kuh.
rrt dich zu. Elsdorf.
Holde, holde Weide,
Gieb mir Saft und Seide,
Gieb mir Saft und süssen Dreck,
Schipp es mit der Schippe weg!
Schab ab! Schab ab!
Drei Löffel voll Salt!
Wenn du das nicht thust,
Schmeiss ich diHi in'n Graben,
Fressen dich die Raben.
en dich die Müllerwecken,
Die in deinem Bette stecken. Sporen.
Schrab, Bchrab,
Käsenapp!
Will mein Pfeifchen noch nicht ab.
ich dich in'n Graben,
1 n ssen dich die Uaben;
Komm'n die kleinen Schweinichen,
Fressen dich allcinichen.
Schrab ab, schrab ab. 'nen Löffel voll Saft!
Trinum.
Klopfe, klopfe, Pfeifchen!
Willst du nicht geraten.
Schmeiss ich dich in'n Dorn.
Zieh ich dir ein Beinchen aus,
Da mach' ich mir ein Pfeifchen draus.
Neudorf, Kr. Ballenstedt.
Päpe, Päpe, lass dir raten,
Komm mit in den Müllergarten,
Kommt die Kuh,
Nickt dir zu;
Kommt die alte Midiermücke,
Frisst sich hinten und vorne dicke.
Sandersleben.
Huppert, Huppert, lass dir raten,
Geh doch nicht in Schäfers Garten,
Kommt die Kuh,
Frisst dich zu:
Kommt das Kalb,
Frisst dich halb:
Kommt der Hans,
Frisst dich ganz. Nienburg a. S.
Hoppe, hoppe, Pipe,
Wennehr werste (wirst du) ripe?
Morgen, morgen Abend.
Wenn du denn nich ripe werst.
Schnitten mer dek in'n Graben,
Fräten dek de Mücken un de Maden.
Frose, Kr. Ballenstedt.
Hoppe, hoppe, Pipe,
Wennehr werste ripe?
Hüte oder morgen?
Morgen um Sechse
Kömmt de öle Hexe,
Schmit dek in'n Graben,
Da fräten dek de Mücken un de Maden.
Frose.
Pipe, Pipe, Bastian,
Lät minen Brummer gähn!
Wenn de den nich gähen lätst (lässt),
Schmit ek dek in'n Graben,
Fräten dek de Mücken un de Maden.
Frose.
Bastlösereime ans Anhalt.
Pfeifchen, Pfeifchen, lass dir raten,
«i.'h ja nicht in Müllers Garten.
nicht in den Hof hinein,
bekommst da Angst und Pein.
\\ erben.
Pfeifchen, Pfeifchen, willst dn raten,
Dann bekommst dn Gänsebraten.
Schöpp ab, schöpp ab!
Einen ganzen Kessel voll Saft! Wulfen.
Pipchen. Papchen, schäle dich,
!■ ich werd ärgerlich. Cöthen.
Schah ab, schab ab,
i Teilet- voll Salt.
Minen Teller voll Pflanzen,
Der Schneider, der Schneider mnss
tanzen. Drosa.
Schab ab. schab ab.
Drei Kessel voll Satt.
Drei Kessel voll Rüben.
Mein Pfeifchen, mein Pfeifchen mnss
stieben. Trebbiehau.
Päper, geh ab!
Eine Schüssel voll Satt.
Eine Schüssel voll Wanzen,
So mnss der Päper tanzen. Cöthen.
Holle, holle Weide,
S..tt. Salt, Seide!
_ ein Männchen auf den Berg,
Hatte grüne Höschen an.
Als . >s u ied( r 'ruatei Kam.
Hau' Höschen an.
Schal> ab, -'hall ab,
Drei Löffel roll Saft!
Salt. Saft, Sc, de!
Hohle, hohle Weide!
Ging ein Mann den Berg hinan,
w ic er \\ ieder 'runterkam,
War da- Pfeifchen anfgethan.
Nienburg a
Hänschen ging zum Berg hinan.
Hat ein rotes Höschen an.
AU er wieder runter kam,
Mus- das Pfeifchen lixen-, (ixen-, fixen-
fertig sein. WnJfingerode.
Zapf, zapf, Pfeife,
Auf dem Miihlenteiche
Da steht ein Mann.
Der heisst Johann.
Der hat so rote Strümpfe an. Cöthen.
9, Xiclös,
Mache mir mein Pfeifchen los!
Hans, Hans,
Lass mein Pfeifchen ganz!
Axmagret, Annagret,
Muhe, dass mein Pfeifchen geht!
Cöthen.
In Zeundorf nehmen die Knaben die abgeschnittene Weidenrute in
die Hand und sagen:
Schmied, Schmied, mein Pferd ist lahm.
Wie viel Nägel soll es haben'/
Darauf nennen sie irgend eine Zahl, etwa fünf, sechs, Bieben, oder
irgend eine andere und klopfen dann ebenso oft auf die Kitte. Lässt sich
die Schale dieser nach >\rr genannten Zahl von Schlägen noch nicht ab-
zielten, so wiederholen sie den Spruch und das Klopfen.
Dessau.
Beicbhardl i
Sagen aus Nordthüringen.
Im Volke gesammelt von K. Reichhardt.
I. Bannsagen.
1. Wenn man bannen will, bo mnss man sich einen Zaunpfahl zu ver-
schaffen suchen, welchen ein „Seheidemann", also .'in geschiedener Ehe-
mann, in den Zaun gesetzt hat. WeDn diesen Zaunpfahl ein Hirt in
seinen Eürdenzaun, ein Gärtner in seinen Gartenzaun u. s. w. setzt, so
bannen sie damit die Spitzbuben, welche in ihre Besitzung eindringen
wollen.
2. Der gebannte Spitzbube. Der alte, längst verstorbene Förster
in Königsthal verstand das Bannen. Sobald er einen Spitzbuben" auf seinen
Diensrlämlereieii sali, ging er um denselben im Kreise herum. Wenn der
Kreis geschlossen war. murmelte er einen Spruch, und dann konnte sich
der Dieb nicht von der Stelle bewegen. So blieb ihm denn nichts übrig.
als den herzukommenden Förster flehentlichst zu bitten, ihn frei zu lassen.
Der Frnstei- hielt den Gebannten jedesmal erst eine tüchtige Strafrede
und Hess sie wieder frei, indem er um sie den Kreis wieder zurückging.
3. Die gebannte Hexe. In Immenrode lebte ein Mann, welcher
bannen konnte. Dieser bannte eine Frau, welche als Hexe verschrieen
war. in einen Dorneiizaun. Sie musste so lange darinnen bleiben, wobei
sie Bich schrecklich zurichtete, bis er sie durch seine Sprüche wieder löste.
■4. Der Schäfer. Ein alter Schäfer in Steigerthal konnte bannen.
\\ enn er des Nachts in seiner Schafbucht bei den Schafen lag. so bannte
er die Spitzbuben, welche Schafe hatten stehlen wollen. Am anderen
Morgen sassen die Diebe denn auf der Umzäunung fest, die gestohlenen
Schafe auf dem Rücken, ohne dass sie sich von der Stelle zu bewegen
vermochten. Erst auf ihre flehentlichen Bitten wurden sie vom Schäfer
wieder befreit.
5. Der Zwiebeldieb. In Ilfeld lebte ein Mann, welcher einst in
der Nacht ans seinen Büchern ersah, dass ihm ein Dieb auf seinem Acker
Zwiebeln stahl. Er sprach seinen Spruch, und alsobald war der Dieb
rantj so dass er nicht von der Stelle konnte. Am anderen Morgen
ging der Mann auf das Feld. Schon von weitem bat ihn der Dieb, er
möge ihn doch von seiner Qual erlösen. Das that dieser auch und da
ihn der Mann dauerte, so liess er ihm die Zwiebeln, ja er gab ihm noch
Geld dazu, warnte ihn aber davor, je wieder auf Stehlen auszugehen, da
es ihm snn>t Bchlimmer ergehen würde.
- 'ii aue Nordthärinj
6. Der Kohldieb. Ein alter Lehrer in Obersachswerfen verstand
• las Bannen. Einstmals war ihm in der Nacht Kohl gestohlen worden.
\U er das am anderen Morgen merkte, ging er in den Garten. und nahm
das .Mass der Fusstapfen des Diebes, indem er sie in Papier anaschnitt.
Dann sprach er seinen Spruch darüber. Kaum war dies geschehen, so
kam seine Magd atemlos ans dein Dorfe zu ihm gelaufen und erzählte
ihm, dass das Bein ihres Vaters zu schwellen anfange. Da Bagte ihr 'I<t
Lehrer: „Ich will Deinem Vater helfen, wenn er zu mir kommt und zn-
giebt, 'lass er den Kohl gestohlen hat." Das Mädchen sagte das seinem
Vater, und so schwer es diesem wurde, er musste Bich dazu entschliessen,
zum Lehrer hinken und ihm alles gestehen. Darauf' mnrmelte dieser
-einen Spruch und die Schwellung des Beines verschwand.
7. Der gebannte Wagen. Ein .Mann fuhr mit seinem Wagen ruhig
des Weges, Ins er in die Nähe von Gudersleben kam. Dort blieb der
Wagen plötzlich halten, es hatte ihn jemand gebannt. Er Btieg vom
Wagen, versuchte die Räder zu lockern nml den Weg, welcher tiefe
Gleise hatte, zu ebnen. Alter alles half nichts, die Pferde zogen nicht
an und der Wagen kam nicht vorwärts. Da wurde der .Mann wütend und
schlng auf die Pferde los. Mit einem Male brachen einige Speichen, die
Pferde zogen an, und das Geschirr vermochte sich wieder von der Stelle
zu bewegen.
8. Die gebannte Diingerfuhre. [n Stöckey lebte ein Bauer, welcher
das Bannen verstand. Vor seinem Tode lehrte er seinen Sohn diese
Kunst, dann starb er. Der Sohn machte jedoch keinen Gebrauch davon.
Nun sah er einstmals einen Knecht eine Fuhre Dünger mit vier Pferden
auf der Landstrasse fahren. Da kam ihm plötzlich die Neigung, einmal
zu erprohen, was es mit dem Bannen für eine Bewandtnis habe. Er sprach
seinen Spruch und alsobald standen die Pferde; es war keine Möglichkeit
vorhanden, sie von der Stelle zu bringen. Der Hauer erschrak selbst voi
dem. was er angerichtet hatte. Er nahm die Peitsche, ging damit im Kreise
um das Geschirr herum und murmelte seinen Spruch dazu. AJsobald zogen
die Pferde wieder an. Das Bannen hat der Bauer nicht wieder geübt und
auch seine Sohne nicht darin unterwiesen, denn er hatte genug von dem
einen Male, wo er die Wirkung des Bannes kennen gelernt hatte.
II. Hexensagen.1)
9. Das liehexen des Viehes. Bin altes Weil, darf nicht in einen
fremden Viehstall kommen. Geschieht dies dennoch, so muss die Alte
das Vieh schlecht machen, also etwa sagen: ..Ist das aber ein erbärmliches
Meli!" Lobt sie es dagegen, so wird es dadurch behext und wird krank.
1) Vgl. auch meinen Artikel „Die Drostin von HaiWungen", Bd. VI, S. 78— 82 dieser
Zeitschrift.
7o Reichhardt:
10. Die K.it/.'. Ein Bauer in Mauderode hatte eine Kuh. von
welcher er keine Milch bekam. Das kam ihm sonderbar vor. und er be*
BchloBs, dem Grande nachzuspüren. Deshalb stellte er sich in der nächsten
N ; u • 1 1 1 auf die Lauer. Da sah er, wie eine schwarze Katze in den Stall
kam and der Kuh am Euter die Milch aussog. Am folgenden Morgen
erkundigte er sich bei Leuten, welche das wussten, danach, was er dagegen
zu thuu habe. Da erhielt er den Kar. er solle aus sieben Wählern der
Grafschaft Eohenstein Eichenstöcke schneiden and die Katze damit schlagen.
1 1 - that der .Mann denn auch und sehlug mit den sieben Stöcken in der
nächsten Nacht so auf die Katze los. dass sie wie tot <la lag. Darauf
wart' er sie zum Stalle hinaus. Am nächsten Taue starb eine alte Frau
im Dorfe, vod welcher man sich erzählte, dass sie eine alte He\e sei.
11. Der Ziegenbock. Eines Tages kam eine Frau zu einem Hauern
in Liebenrode, um sich von diesem einen Scheffel Korn zu kaufen. Sie
hatte aber kein Geld und wollte dieses später bringen. Der Bauer
hatte alier keine Neigung, auf das Geschäft einzugehen, denn er glaubte,
er werde doch kein Geld bekommen, deshalb sagte er, er habe schon
alles verkauft. Die Frau musste also wieder gehen, alter kaum hatte sie
.las Gehöft verlassen, so begann der Ziegenbock, welcher bisher immer
munter auf dem Hofe umhergesprungen war. ängstlich zu meckern und
dann hin und her zu taumeln. Der Bauer ahnte nichts Gutes, als er das
sah: er wusste gleich, dass das mit der Frau zusammenhing, welche er
abgewiesen hatte. Deshalb schickte er sofort nach ihr und liess sie zurück-
kommen. Das that die Prau, und nun sagte der Bauer, es habe sich ge-
zeigt, 'lass ei noch Kern habe, er wolle ihr welches ablassen. Dann sagte
er der Frau auch: ..Seht nur einmal meinen Ziegenbock an, wie kläglich
der thut." Die Frau ging auf den Bock zu. fasste ihn beim Barte und
sprach: „Ei, du dummer Bock, was machst du denn für Dummheiten."
Kaum hatte die Prau diese AYorte gesprochen, so war der Bock wieder
gesund.
12. Die melkende Hexe. In AYiedigshof lebte eine Frau, von der
man -ich erzählte, dass sie eine Hexe sei. Sie stand auch im Verdachte,
sie die Kühe einer Bäuerin heimlich melkte; es war alter noch nicht
gelungen, sie dabei zu erwischen. Sie verstand es. sich unsichtbar zu
machen. Ihre Macht ober das Vieh hatte sie dadurch erlangt, dass sie je
dreimal an einem Montag und Freitag von dem Bauer etwas geborgt hatte.
Da alle Bemühungen des letzteren fruchtlos gewesen waren, so liess er
sich endlich einen Mann kommen, welcher das Bannen verstand. Dieser
lies- sich von dem Bauer einen Sack geben, sprach über denselben unter
Nennung des Namens der Hexe seinen Spruch, dann band er ihn mit drei
Knoten zusammen. Darauf forderte er den Bauern auf. den Sack mit
einem Stocke zu bearbeiten. Dieser liess sich das nicht lange gesagt
• n aus Nordthüringen. 7 1
sein im 1 1 schlug mit dem Stocke wacker auf den Sack los. Alsobald hörte
er, dass jene Frau, welche eine Hexe war. krank darniederläge and furcht-
bare Schmerzen auszustehen hätte.
13. Die Hexe von Salza. In Salza lebte eine Frau. die alte Apeln,
welche als Hexe verschrieen war. Sie lebte von dem Bande) mii Geflfl
>ic kaufte auf den Dörfern Hühner, Gänse and Tauben auf, brachte Bie
zur Stadt und verkaufte sie dorl wieder. Die Kinder aeckten die alte
Frau dadurch, dass sie die Stimmen der von ihr geführten Tiere oach-
ahmten. Die Alte ärgerte sich darüber, dass Bie, wie die Sage geht, die
Kinder behexte. Die Gewalt, die Kinder zu behexen, bekam Bie dadurch
aber diese, dass Bie sie freundlich anredete^ ihnen auch wohl Geld gab
und so an sich lockte. Alsdann stellte sie drei Prägen und richtete Bie
sm ein, dass die Kinder auf jede Präge mit „Ja" antworten mus
Hatten die Kinder das gethan, so hatte die alte Apeln die Mach! der
Übertragung einer Krankheit auf die Kinder. Eines Tages fand man die
Alte erschlagen im Sethebache bei Salza liegen. Der Mörder isi oichl
ermittelt worden.
14. Der Schmiedegesell. Eines Tages ging ein wundernder
Schmiedegesel] seines Weges mit wundgelaufenen Füssen. Da kam ein
Wagen gefahren, und der Schmiedegesel! bat den Fuhrmann, er d
ihn mitfahren lassen. Der Fuhrmann aber antwortete aicht einmal auf
die lütte. Im oächsten Gasthofe hielt der Fuhrmann an. und auch i\>-v
Schmiedegesel] kehrte dort ein. Wiederum hat er den Fuhrmann, ihn
mitzunehmen, alier auch jetzt ging dieser auf die lütte nicht ein. Da
trat der Schmiedegesel] an <\-,[* Fenster und sah scharfen Flick»- auf die
Pferde. Als nach einer Weile der Fuhrmann weiter fahren wollte, begann
eines von den Pferden zu lahmen. Das Fein desselben schwoll bald so
an, dass es getötet werden musste. Der Schmiedegesel] hatte das {'i'r^l
behext.
15. Der Scharfrichter. In [mmenrode waren eins! einem Bauern
200 Thaler gestohlen worden. So eifrig man auch nach dem Diebe forschte,
man bekam ihn aicht heraus. Da wandte Bich der Bauer an den Scharf-
richter von Ellrich, welcher Zahn hiess and von dem man wusste, das
hexen konnte. Derselbe kam auch, liess -ich alles erzählen, dann nahm
er ein Blatt Papier und machte Zeichen darauf, die aber niemand ver-
stehen konnte. Darauf zog er eine kleine Gabel aus der Tasche. .Mir
dieser Gabel stiess er fortwährend auf das Papier los. welches er an eine
Ecke des Tisches gelegt hatte. Kaum war dies geschehen, als sich dran
vor dem Hause eine Stimme vernehmen liess. indem ein Mann rief:
..Xachbar. Nachbar helft mir. ich sterbe." Aber der Scharfrichter hörte
auf das Geschrei nicht, sondern stach immer schneller mit Beiner G
auf das Papier los. Da riss der Bauer das Fenster auf und sah, wie
~-j Reichhardt: Sagen rua Nordthüringen.
••in Mann vor Schmerzen an deT Erde wälzte. Da ri<'t' er ihm zu: „Warte
nur. nun kenne ich Dich, l)u Spitzbube!" Nun hörte der Scharrrichter
auf, mit seiner Gabel auf das Papier loszustechen. Der .Mann vor dem
Fenster aber gestand seinen Diebstahl "'in.
III. Schatzsagen.
16. Das Licht. Auf der Feldmark bei Bodenrode an der Nixeier
Chaussee siebt man des Nachts häufig ein Licht brennen, denn es liegt
dort «'in Schatz der Nikolaikirche <les wüsten Dorfes Bodenrode vergraben.
17. Der alte Weidenstumpf. Im Setheborn bei Liebenrode war
ein alter Weidenstumpfj auf dem es brannte. Nun wusste mau, dass dort
ein Schatz zu heben sei. Zwei .Mädchen Hessen sich den Spruch zur
Hebung desselben sagen und machten sich in der nächsten Nacht schweigend
auf. Das eine Mädchen versteckte sich, als sie zur Stelle waren, hinter
den Weiden, die dort standen, das andere trat hinzu und sagte den Spruch.
Assobald begann ein eiserner Topf sich aus der Erde zu heben. In dem-
selben Augenblicke erschien aber auch ein grosser Hund mit feurigen
Augen. Das Mädchen, welches sich versteckt hatte, schrie vor Schreck
bei dem Anblicke laut auf, augenblicklich aber verschwand Hund und
Sehatz.
18. Der Knecht als Schatzgräber. In der Nähe von Wiedigshof
lieg! an einer bestimmten Stelle ein Schatz vergraben. Eines Nachts
hörte ein Knecht, welcher Hans Rumpf hiess, eine Stimme, die ihm zurief:
..Hans Rumpf, geh' dorthin, wo der Schatz vergraben liegt, es soll Dein
Glück sein." Der Knecht dachte nicht weiter daran, was ihm in der
Nacht geschehen war. Aber auch in der nächsten Nacht hörte er dieselbe
Stimme und dieselben Worte wieder. Am nächsten Morgen erzählte er
dem Hofmeister sein Erlebnis. Dieser machte ihm Mut, der Stimme zu
folgen and in der nächsten Nacht nach dem Orte zu gehen, von welchem
die Stimme gesprochen hatte. Das that denn auch der Knecht. Als er
an < >rr und Stelle war. gewahrte er vor sich eine Thür, an welcher ein
Schloss hing. Als er im Begriff war. mit einer mitgeführten Rodehacke
das Schloss zu erbrechen, sah er sich zur Seite plötzlich eine Gestalt
auftauchen, welche eine Flinte auf ihn anlegte. Da konnte er sich nicht
halten und stiess Laute des Schreckens aus. \n demselben Augenblicke
verschwand die Thür vor seinen Augen.
19. Der Schatz bei Trebra. In der Nähe von Trebra war ein
Schatz vergraben. .Man hatte davon gehört und es war auch mittels einer
Wünschelrute gelungen, den Platz zu ermitteln, wo der Schatz lag. So
machte man sich denn eines Nachts daran, den Schatz zu heben. Yon
den Schatzgräbern war bei der Arbeit kein Wort gesprochen worden, und
Schütte: Braunschweigische Volksreime.
bo war denn alles im besten Zuge, als plötzlich ein Wagen angefahren
kam, welchen ein Kutscher ohne Kopf lenkte. In demselben Augenblick,
wo der Wagen nahe herangekommen war, erhob sich ein .gewall
Wind, die Laterne verlosch und die Schatzgräber liefen entsetz! davon.
Rntta bei Kemberer.
Braunscliweigische Volksreime.
Mit_.'t« ih von Otto Schütte.
Es giebt unzählige Volksreime1] Teilweise eignen sie sich für das
Kindesalter und werden von den Kindern auf «Iit Strasse gerufen, wenn
si<> zusammenstehen und sich unterhalten, sei es d egnet, sei ea
dass die Sonne scheint, sei es dass die Früchte reiten. Blanche der Reime
schliessen sich an Vor- und Nachnamen an, die meisten aber enthalten
Wahrheiten, die auf einerlangen Lebenserfahrung beruhen. Blanche haben
auch ihren (irmnl in »1er Reimlust <\(^ Volkes allein.
Beileberen, Heileberen
Et1 ik geren,
Et' ik alle Dage geren.
AVer will mik denn dal verweren,
Dat ik raupe Heileberen.
< rele (sc. Birne)
Fade mik in de Kehle.
Bannenregen, mak mik nich uatt,
Mak de ölen Wiwer natt,
Aber mine Grossmutter nich.
Ei< genblatt, mak mik nich natt.
Mak alle bösen Kinder natt.
Et langet an tau renen,
1)' Voss hat wat in en Tänen.
Et langet an tau snien.
De Voss hat wat in en Knieen.
Et fanget an tau sloten,
De Voss hat wat in en Knoken.
Et fanget an tau dauen.
De Voss hat wat in en Klauen.
Sechs mal sechs ist 36,
Und der Mann ist noch so fleissig.
Und die Frau will Kailee kochen.
Hat der Mann das Geld versoffen.
Sechs mal sechs ist 36,
lud ilry Mann ist noch so ilc i ~
Und die Frau ist ärgerlich,
Haut den kleinen Friederich
.Mit dem Besen in den Nacken.
Dass ihm gleich die Glieder knacken
Wihnachtsmann. du güe Gast,
Wenn de wat im Sacke hfl
Baste wat. denn seit dik nedder.
Haste nist. denn pack dik weddei.
Segg eraal: Pensterschiwe.
Dine .Mutier hat en Kind im LiwP
emal : Kerkenslöttel.
Bit op en Werken köttel.
Fünf Bücher Mose,
Flicke mine Ho
Das Buch der Richter,
.Mak s' en betten dichter.
Das Buch Ruth.
Is se all wedder kaputt.
1) R. Andree, Braunschweiger Volkskunde. Brannschweig 1896. S. 317 ff. 341 ff.
Schatte: Braunschweigische Volksri
Alle Menschen müs beo,
Nur der kleine David Dicht,
i ! i ben,
Wenn sie ganz zerrissen ist
Alle Menschen müssen sterben,
Nur der K.tni i Rü£ emeier Dicht,
Wer will Beinen Klnnzfoss erben,
\\ er ihn kennt, der nimmt ihn nicht.
Köpken glatt an Fäutjen glatt,
Dat is de halbe Brntschatt.
Snei an ea Wannen,
Prn K. hat witte Lennen.1)
Kort im dick
Hat kein Geschick,
_ un snar
Dat let rar,
Aber en Mäken von mine Mate
Ziert de ganze Rosmarienstrate.
Ein hübsches Mädchen sehn
lud nicht dürfen küssen
lleisst an der Quelle stehn
Und dann noch dürsten müssen.-')
Hübsch mnss er sein.
Kein mnss er Bein,
' reld mnss er haben,
Sporen muss er tragen,
Dann kann er nach mir fragen.
Allnagrade tritt Hans
In 't Wams
Un Gretjen in 't Lifstücke.
En Barsch in Swae8)
In en Mäken im Bae
Kann immer noch en Paar weren.
Täneweidage
Is keine Plage,
Aber en Schatz hebben un den nich
seihn alle Dage,
Dat is ne Plage.
Ole I stet nich,
!)<• nie halt de Düwel nich.
Kole Hanne — warme Liebe,
Warme Hanne — Liebe ohne Enne.
Wie Bchön lacht üscli de Morgensteren '),
Lütje Biäkens friet geren,
< rrote noch vel leiwer.
Lütje Flöhe, grote Flöhe
Bücket op en Lennen.
Krieg' ik se mit den Tauen nich,
Su krieg' ik sc mit ^\e\\ Hannen.
Denn slag" ik se up de Kuppe,
Denn knacket se wie de Nötte.
Aleke"' von Dörpe,
Wat kost iüe Gans?
..Narr ut der Stadt.
Licl: en Buren et Gat.'"
Anna Kapanna.6)
Anneken ■- Panneken Postpapier.
Einmele — Semmele.
Hanne — Slapanne
Slöpt geren bim Manne,
Hat hundert Saldaten,
Kann "t lachen nich laten.
Edeward — de Zicke blarrt,
Gii" se wat tau freten.
Gifst se nist. sau wetste wat,
Sau deit se dik wat bläken.
Edeward — de Zicke blarrt,
Gif se wat tau supen,
Da kann se gut na pupen.
Ewald — de Hose knallt.
Fritze — mit der Mütze.
Fritze — schit in de Mütze,
Schit in en Sack,
Dann ward 't Tabak.
Fritze — schit in de Mütze,
Smit t in de Luft,
Dat 't gut bufft,
Drägt "t na Linken,
Dat et gut stinket.
1 Wurde früher (vor 60 Jahren) spottweise in Schöningen zu Sylvester umgesungen.
•_' Froher Inschrift an einem Topfofen zu Hohenbüchen.
rwaden: ein Gras oder Getreide mähender Bursch. — Im Bade: ein eben
Mädchen.
4) VgL bei Andree a. a. 0. 342 den mit Nun ruhen alle Wälder anfangenden Reim.
5) Ak-ke, Alke = Adelheid, alter Spottname niederdeutscher Bäuerinnen.
6) K. Andree a. a. 0. S. 3321'.
Loose: Die Eiserkv nd.
Heinrich — von Scheinig Brand Bchitl in t Land,
ll.it Snurtjen am Beine, bitt ap t Blech,
Hat einen verloren, Barns i> t w
Kriegt klapps einen hinder de Ohren. Kumml Dackstein,
,, ,D .; Wollt t ok mal Beihn.
Hennig — twei rennig,
Kartuffelnsalat, der Gand
Haste kein Geld, so licke mit im Ars. I'"°"' ™r en Marse witt?
Jakob sperr 'n Ars op.
I i;i iis — ist nicht zu Hau-.
Hanne schitt in de Paune.
Julias Bteig u|> en Busch,
..,,,„", Kelbe — 8i hm m »1«' Elbe.
Da brok de Husch,
Da fei de leiwe Jalias Kasten - haste keinen Gasten?
Mit 'n Marse in en Dorenbusch, Haste keinen Weiten,
Da brok e sik de Nase af, Kannste Kasten nich heiten,
Da kreg he 'n summen Hacken. Kruse - is nich tau Hu
Krischan sehnt in de Dischlan. Kuthe ''" Danz is Jetz ute'
Hei stickt et Geld in e Tute
Kunrat allunderlat ,- , „. -, , ,, ,
l n kriegt wecke mit de Rute
Schitt en Hucken in t \ eriatt. . . c
An de Snute.
Kunrat - allunderlat Meier hat en Ding un tw<
Schitt en Pott vull Pekedraht, Osterloh - den bitt de Floh.
Ga er m!dde m " Winkel> Sitt mit en Arae im Hawerstrob.
W o et nich stinket. ...
Schütte - sehnt m de Hütte,
Behme — sitt mit 'n Ärse im Lehme. Schilt bitau schitt in en Schauh.
Kugel — Bengel Bohnenstengel. Tappe — frit ut en Nappe.
Bra unschw eis:.
Die Eiserkuchen der Zerbster Gegend.
Von K. Loose.
!u Zerbsl und seiner Umgegend werden Waffelkuchen gebacken, denen
anstatt des Gitters oder in Verbindung mit demselben vielerlei anderer
Bilderschmuck aufgeprägt ist und welch.' dort zu Lande Eiserkuchen all-
gemein genannt werden. Ihr Verbreitungsgebiet ist im Westen und Süden
von der Elbe scharf begrenzt; es schliesst Dörfer bei Coswig a. E., Nedlitz,
Wiesenburg und Ortschaften bei Beizig ein, ohne dass mit dieser Angabe
die Grenzen nach Osten und Norden genau bezeichnet sein Bollen, un-
bekannt sind diese Kuchen mir ihrer mannigfaltigen Zeichnung im übrigen
Anhalt und - nach allerdings nur gelegentlichen Erkundigungen — in
der Magdeburger Gegend, der Altmark, Mark Brandenburg und in anderen
deutschen Gauen, so dass es den Anschein hat, als wären sie jetzt auf das
beschriebene Gebiet ausschliesslich beschränkt.1)
1) [über die westfälischen tserkauken: Woeste, Wörterbuch der westfäl. Mundart, 8.118;]
I
Ererbter Sitte gemäss wurden sie zu Neujahr und Fastnächten, sonst
aber im Laufe des Jahres nur zu dem Zwecke gebacken, Schwerkranken
iiml Wöchnerinnen des Dorfes ein Freundschaftszeichen damit zu ver-
ehren. Zu Neujahr wurden, wie aus einem Orte sicher bezeugt ist, aus
jedem Gehöft 7 Eiserkuchen dem Kantor geschickt, welche zu dessen
Dienstbezügen gehörten. An die Hirten wurden Eiserkuchen geschenk-
weise ui'Iim anderen Gaben verabreicht, wenn sie Neujahr den Bauern
ihre Wünsche für das Gedeihen des Viehes darbrachten. Desgleichen er-
hielten die Kinder, welche zu dieser Zeit bis zu ihrem 7. Lebensjahre von
ihren Paten einen mit Zuckerzeug, Äpfeln. Strümpfen <><\cr Handschuhen
gefüllten „Bündel" sich zu luden pflegten, mit diesem zugleich Eiserkuchen
_e.rh.Mikt. Zu Fastnachten wurden in Dörfern bei Rosslau die Bauern.
welche vom Hause des Schulzen aus in jedes Gehöft unter Vorantritt der
Musikanten zogen, überall, auch in den Häusern der Ärmeren, ausser mit
Wurst und Schinken, Hier und Branntwein mit Eiser- und anderen Kuchen
bewirtet (vgl. 0. Härtung über ackerbauliche Altertümer in den Mitteilungen
Ai's Vereins für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde, VII. Band).
Nicht nur weil diese bäuerlichen Sitten allgemach schwanden, sondern
auch weil das Backen <\*'\- gar dünnen Kuchen für die Hausfrauen recht
mühsam ist. gehört jetzt nicht mehr wie ehedem eine Eiserkuehenform
zum Geräte jeder Wirtschaft. Immerhin ist ihr Vorhandensein und Ge-
brauch noch keine Seltenheit. Aus 14 Ortschaften (Zerbst einbegriffen)
wurden bisher Abdrücke von 69 Kucheneisen gesammelt, von denen etwa
zwei Dritte] eine Jahreszahl haben. Das älteste derselben, von dessen
Vorder- und Rückseite ein Bild in verkleinertem .Mass gegeben ist (Fig. a, b),
wurde 1571, das Dächst älteste L679, das jüngste 1863 angefertigt. Der
Zeitangabe ist häufig »du Familienname beigefügt. Mehrere Eisen zeigen
deutlichere oder undeutlichere Spuren der Umarbeitung, bei welcher reich-
haltigere Musterungen in der Kegel durch einfachere ersetzt oder Namen
getilgt wurden. Man wird annehmen dürfen, dass die Umformung geschah,
wenn Haus und Huf nicht auf ein Kind vererbt, sondern an einen Fremden
verkauft war. während die leiblichen Erben Ae^ Hofes das überkommene
I. - ii unverändert weiter benutzten.
Die ein/einen Höfe oder Häuser unterschieden sich voneinander durch
die Musterung der Kuchen und es sind weder in einem Dorfe noch in
benachbarten Dörfern, es sind überhaupt noch nicht zwei gleiche Kuchen-
eisen gefunden worden. Zwar kehren gewisse Zeichen immer wieder,
wie Kren/, Baum Busch), Blume, Kugel, doch ist ihre Gruppierung überall
«•ine verschiedene.
efertigt wurden die Formen vom Schmied, welcher auf die Wahl
der Zeichen und Bilder den grössten Einfluss gehabt halten wird. Am
häufigsten verwandte er das Kreuz, welches äusserst selten fehlt. Es hat
die Grundgestalt oder -f- und ist aus einfachen Linien, aus Schnüren.
l»i> Eiserkuchen di r /• • od. ( 7
uns Gabel und Strich, aus gekreuzten Schwertern, welche an die Bächsischen
Kurschwerter erinnern, oder aus gekreuzten Säbeln gebildet, wenn nicht
«11«- letzteren etwa eine Schere darstellen sollen. Über die Mitte mancher
Kreuze ist ein Querstrich, eine Gabel oder «'in /.weites Kren/, eine Kugel
oder Blume gelegt, In Einzelfällen gehl ein Strich von der .M i 1 1 . ■ nur
nach einer Richtung aus. "der ist er Deben das Kreuz gezeichnet Bis-
□ D5
¥:^^^
,/ Vorder*
v -
" x\
.
3 %& Vi
h Rückseite.
weil. Mi sind die Kreuzwinkel all ler nur einige, auf gleiche "der ver-
schiedene Weise mit Kugeln und Blumen gefällt. Am Ende der Kreuz-
arme findet man oft eine Blume, Kugel, Eichel, ein Herz. Viereck oder
Sechseck, oder einen angelegten Haken. Ein vollständiges Hakenkreuz
bietet keiner der vorliegenden Abdrucke. Hin und wieder ist ein Kren/.
mit Kreis, Oval. Herz oder Schild umrandet. Unterbrochen ist solche
l'mranduno; nur auf einem Kuchen.
Loose: Die Euerknchen der Zerbster Gegend.
Baum, ii.idist dem Kreuz das beliebteste Ornament, ist auf
mannigfache Weise gezeichnet: die Emden der Zweige laufen in Eicheln.
Blumen, Kugeln, Sechseck ler Ureuze ans; ein and derselbe Baum ist
öfters mit verschiedenen Bolchen Figuren ausgestattet; dann und wann ist
Stamm durchkreuzt, die Spitze gegabelt, sitzen Vögel in den Zweigen;
in einem Fall ist der Baumstamm wie von einer doppelköpfigen Schlangt'
nmw unden.
Andere Zeichen und Bilder sind der Drudenfuss (auf 3 Kuchen), das
Dreieck, Viereck, Sechseck, Achteck, der Haken, die Gabel, der einfache
Strich, die Schnur, die Rose, der Ball, die geschlängelte Linie unseres
Paragraphenzeichens, das Schaf, die Sichel (Mond?), das Hufeisen (?),
• - Birund, die Mandorlaform, das Herz, «'in mit Stacheln besetzter Kreis
(Sonne?), das Mühlenbrot, die in der Zerbster Gegend „buntes Tuch*1
genannte Figur, der Rost, das Gitter, dessen Felder in der Regel mit
Kugeln, Blumen oder dergl. ausgefüllt sind, der Schützenvogel.
Kleinere Figuren wie Blumen, Kügelchen finden sich auf vielen
Kuchen, sowohl im Innern als im Rande, in grossen Mengen: ihre An-
ordnung und die Teilbarkeit ihrer Gesamtzahl durch 3, 5 oder 7 macht
deutlich, dass dem betreffenden Schmied diese Zahlen bedeutsam waren.
Das Muster von l.">71 hat auf der einen Seite 5. auf der anderen 3 ver-
einzelte Blumen.
Grössere Figuren, wie der Baum besonders, sind, wenn sie paarweise
angetroffen werden, nicht immer gleichmässig gestaltet. Die beiden
korrespondierenden Kuchenränder sind häufig, die beiden Kuchenflächen
durchweg voneinander verschieden. In Xamen ist ein Minuskel- unter
Majuskelbuchstaben , in Zahlen eine verkehrt gestellte Ziffer keine
Seltenheit.
An etlichen Kuchenrändern ist eine offen gelassene Stelle oder ein
quer durchgelegter Strich, der zum sonstigen Randmuster nicht passt, auf-
fällig, an anderen weist die Behandlung der Ecken Unregelmässigkeiten
auf. sei es dass drei Ecken mit Zeichen gefüllt wurden, während die vierte
leer blieb, oder dass das Umgekehrte der Fall ist. Einige Kuchen haben
erhalb des Randes noch kleine Kreuze oder Blumen.
Die Inschrift: „Dieser Kuchen schmeckt gut zum Trunk" ist mehrmals,
.Zum Andenken" und ..Soli deo gloria" nur einmal gefunden worden.
Grossmühlingen, Kr. Bernburg.
Weinhold: Kleine Ifitteil
Kleine Mitteilungen.
Ein hochdeutscher Angensegen
in einer Cambridger Handschrift des L2. Jahrhunderts.
Berausgegeben von Karl Weinhold.
M. El. James beschreibt in seinem Descriptive Catalogne of the Mannscripts in
the Library of Peterhouse, Cambridge 1899, S. 158 unter Nb. 130 ein lateinis
Bomiliarinm aus dem 12. Jahrhundert Auf fol. CCXIX1 zwischen einer F
Martyram und einer auf der folgenden Seite beginnenden Bomilienfolge ist ein
deutscher Segen eingetragen, mit der Überschrift Nbtum sii omnibus in Christo
ßdelibus; Überschrift und Segen von verschiedenen, abernochdem 12. Jahrhundert
angehörenden Händen. M. James hat den deutschen Segen abgedruckt, aber eine
neue Vergleichung der Handschriften erschien wünschenswert, und mein verehrter
Kollege, Herr Prof. Dr. Alois Brandl. der mich auf das Ganze aufmerksam machte,
vermittelte sie mir bei Herrn Prof. Dr. Karl Breul in Cambridge. Derselbe
schickte mir eine sorgsame Kopie, die ich hier zum Abdruck bringe, und für die
ich ihm schönsten Dank ausspreche. Der Segen ist in elf Zeilen geschrieben:
1. Ich befwer hivte dinr hir bi dem hailigen ipe der Geh zemartervnne gap
•_'. durch alle man kvnne per fanetam mariam matrem dom'ni ün iefu xpi
3. vnde bi dem hailigen blvte daz vz vuferf herren Bten ran vnde bi der
I. hailigen gebvrte vnde bi der hailigen vfferte vnd bi dem hailigen irrabe
.">. vnd bi d>'in vrtailichem tage daz vel vnd die liir vnd die suzblatrun
6. div wazer blater vnd der herbrate vnd allez daz gefuhte. N. daz in
7. dinem avgen l'i daz hivte Beb winnende fi und daz rehte gefvne
8. drinne wahfende l'i fecüdum uoluntate tuam dne. In nomine dnl
'.>. im ihv x]n difiv worl Ben dir war vnde vefte vnd figehaft def
10. helfe mir div hailige gotef craft def helfe mir div wihe minfrawe
11. sanete marie. amen.
Dieser in Oberdeutschland im 12. Jahrhundert auf eine leere Sudle des spätei
nach Cambridge geratenen lateinischen Homiliars eingeschriebene Segen g
kranke Augen ist der älteste deutsche Augensegen, der meines Wissens erhalten
ist. Er steht mit anderen jüngeren in näherer oder fernerer Verwandtschaft, wie
die Anmerkungen im einzelnen beweisen sollen, und beruht auf einer geistlichen
lateinischen Formel, die ich hier nicht genauer verfolgen will. Es kann an dieser
Stelle genügen auf folgende Fassungen, die man mit unserer deutschen vergleichen
wolle, zu verweisen:
Conjuro te et omnem oculorum dolorem per corpus et sanguinera domini nostri
Jhesu Christi et per quinque vulnera ejus, per mortem quam in patibulo crucia
passus est ut recedas ab oculis X. famuli dei
(Gothaer Hs.. Germania XXXII. 4.'>5.)
Oremus. Salva domine Jhesu Criste oculos famuli tui. X. et expella maculain
et omnem dolorem oculorum per sanetum corpus et sanguinem tuum et preciosum
Signum S. crucis in quo suspensus fuisti pro nobis miseris peccatoribus.
(ebenda S. 456.)
4.
5.
grabe : ta
6.
herbrate : gelohte
9.
10.
Bgehaft : craft
0.
11.
wihe : Marie.
Weinhold:
Die Beschwörung ist in Pi alten; aber besondere im Anfang brechen
■ ■ durch:
i. 2. martermne ; mankynne
2. domini : chrifti
:'•. blvte : fiten
l. gebvrte : vfferte
Es ist also wdlil bei der Beschwörungsformel im Anfang ein Gedicht benutzt
worden, ebenso wie am Bchlnss gereimte Formeln aus anderen geistlichen Ge-
dichten verwendet wurden.
Einzelne Anmerkungen:
1. Di isl auf eine einzelne Person, deren bestimmter Name in Z. 6
Beine Stelle durch X. angedeutet erhält, formuliert; so auch in den lateinischen
Beschwörungsformeln.
hir f. dem dolor der lat. Formeln entsprechend. In Wund- und anderen
Segen gebraucht, wie die Stellen bei Schindler, B. Wb. 1 -. 1155 zeigen. Aus der
litterarischen Sprache nur durch Lohengrin 7<>58 von der helle hir belegt. Ahd,
bei Notker hirlich, vehemens; hirlichi vehementia. Das ablaut. Zw. hern, schmerzen,
erscheint im Prät. gehar in einem Wundsegen, Haupt, Zs. f. d. A. VI, 4n7.
Krist sieh ze martermne gap Spervogel, M. Frühl. 30, 13.
2. Lies allez, oder beim Versuch den alten Vers herzustellen mit Streichung
des alle: gap durch manehvnne, vgl. Vorauer Ged. 5, 6 unde er manchvnne an
sine Btat gewunne, 96, II vur mankunni.
•'>. Nach den schwachen Dativen in 3. 4. sollte man auch hier vrtailichen er-
warten; indessen ist die starke Dativform nach bestimmtem Artikel genug belegt.
Mhd. Gr. §525. — dem vrtailichem tage, als am Tage des jüngsten Gerichts, ist
nicht häutig: Wolfr. Wilh. 454, 25 (dagegen 13, 4. 134, 23. 424, 25 Entscheidungstag).
Georg 352. 1772 (hier nur in INI).
daz vel. entsprechend der peius oder peius injusta der lat. Segen, Häutchen
über der Pupille, Star: so daz vel von der sehun kome. Frz. Pfeiffer. Arzneib I, 34
Wiener Sitz.-Ber. 1863, S. 127). swem daz vel si für daz onge gegangen II, 7('
(ebenda S. 139). die vertreibent daz vel in den äugen, Megenberg 368, 15. daz
benimt den äugen daz vel und die vinsternüss 373. IG. Das Wort dauert in gleicher
Bedeutung in den folgenden Jahrhunderten fürt: vel der äugen Z. d. V. I'. Volksk.
!. 323. die feil in oder an denen Augen Germ. 26, 236. augenfel Diefenb. Gl. 141.
augfel Germ. 26, 235. feil und pladern German. 17, 76. für bladern und feilen
26, 235. Auch im sogen. Albertus Magnusbuche findet sich noch Fell der Augen.
Gleichbedeutend mit vel mag das gevvib sein, das S. Maria nach dem S.
Blasier Augensegen von 1617 der hl. Ottilia versegnetc mit dem hürbraten, den
weissen und roten Mailen und Flecken, allem getrib und allem ungefüeg, was dir
so wehe in deinen äugen tuot (Mone, Anzeiger VI, 46-'!). Angelsächsisches gevif
iinden wir im Rezept einer Augensalbe, die helfen soll vip fleän on eägan (weisse
Flecken im Auge) and vip gevif, and vip mist (Xebel) and vip ter (Thränenllussj,
and vip vvrmas Würmer) and vip dead flaesc (totes Fleisch), vgl. Frz. Dietrich
bei IL.upt Z. f. d. A. XIII. 202f.
vel und bläter werden, wie unter vel schon belegt ist, als Augenleiden öfter
nebeneinander genannt: in Z. 5. 6 sind die suzblatrun und die wazerblater hinter-
einander aufgeführt, blätera blutete bläter bedeutet dasselbe wie Blase, hier ein
auf dem Auge entstandenes Bläschen. In einer niederösterreichischen Besegnung
(German. 26, 235) heisst es: Windblader und Steinblader, Augenblatter gehe aus
dem Aug in Baum, aus dem Baum in Ast, aus den Ast in den Giepfel, aus den
Kleine Mitteilungen. S|
Giepfel in eine willde ramarey in die wilde Römerie), wo kein Mann Math mal
mäht), kam Bann grätb (ki Buzblatrun kann ich sonst nicht nachwi
Fielleicht wäre bluotbhitrun zu mutraasaen.
Bin schwäbischer Augensegen kennt noch die Blattern:
tts sein Atem
Vertreib! dir dein Blattern,
l Qsers Herrgott sein Blul
[s1 für die Augen gut.
E. Meier, Deutsche Sagen, Sitten find Gebräuche an- Schwaben, Stuttgarl 1862, S. 515.)
/wischen 5 und <> ändert sich die Satzbeziehung. Vorher war von dem ein-
leitenden ich befwer direkt das Objekt abhängig: daz \el. die bir, die Buzblatrun.
Das Folgende ist /.war auch von befwer abhängig, aber das Objekt ist durch einen
daz-Satz ausgedrückt, dessen Subjekte im Nominativ vorausgestellt sind.
6. der herbrate. Dasselbe Wort auf ein Augenleiden verwendet, giebl dei
St. Blasier Augensegen (Mone, Anzeiger AT. 4<>3: .Maria versegnel Bani Ottiiia ihre
Augen und hürbraten, dm weissen und den roten, den Mail II- Nagel) und den
Flecken. Entstelltes Herbran für Augenschmerzen hat eine Mecklenburger Be-
schwörung: Ketelhaken, ik klag di, De Heerebran dei plagen mi, Sei plagen mi
wol Nacht un Dag, Dat ik ni ruhen mag. Im Namen Gottes neunmal mit dem
Kesselhaken über dorn schlimmen Auge gekreuzt.
Berebran ist entstellt aus Herbrand, ein niederdeutscher Name des Drachen.
mittelniederdeutsch bei Schiller-Lübben 2, "244; aus neuerer Zeil für den Feuer-
drachen des Aberglauben bekannt: in Westfalen biärbrand: Woeste, Volksüber-
lieferungen aus der Grafschaft Mark, S. 40. A. Kuhn, Westfäl. Sagen, 2, 26. heär-
brand, Jahrb. d. Vereins f. niederd. Sprachforschung, Jahrg 1877, S. 129.
Unter den ethischen Geistern des Münchener Nachtsegens erscheinen neben-
einander herbrote und berbrant, die aufgeforderl werden, in ein anderes Land zu
fahren: Herbrote unde Herbrant vart uz in ein andir laut! Schwerlich kann man
die beiden Namen anders als llerbraht und Herbrant deuten, den sunufatarongOS
des Hildebrandsliedes Hiltibraht joh Hadubrant oder Hadubrahl und Biltibrant,
wie die Namen wechseln, vergleichbar. Es sind Heroennamen, die auf mythische
Geister übertragen sind, auf Krankheitsdämonen, wie im Nachtsegen und in unserer
Augenbeschwörung, oder wie im westfälischen Aberglauben auf vorbedeutende und
feurige Erscheinungen. Beachtenswert ist, dass in einem voigtländischen S
gegen hitzige und blöde Augen der Drache als Vertreter des Dämons dieser
Krankheit erscheint: Die Rose und der Drache die zogen miteinander zu Bache,
Drache Drache Drache im Namen Gottes, E. Kohler. Volksbrauch im Voigtlande,
Leipzig 1867, S. 408. Heribrand, der westfälische Feuerdrache, der Herddämon,
den im mecklenburgischen Segen der gesegnete Kesselhaken vertreibt, dickt sich
mit dem Herbracht, herbrat, der in Oberdeutschland den Augen feindlich ist.
7. Die Überlieferung ist unter dem Einfluss der veränderten Konstruktion ge-
stört. Ich vermute es ist zu lesen: daz ez hiute fwinende fi. Vgl. was dir so
wehe in deinen äugen tuot, das soll aus dir zerechwinen und vergohn. als die
seind zerschwinen und zergangen die got den berren band gebunden und gelangen:
S. Blasier Segen, Mone, Anzeiger 6, 463.
Der formelhafte Gegensatz von swinen und wahsen ist bekannt.
9. diu wort sin mir geweere als unserm herren wäre. Müllenb. Scher., Denk-
mäler XLVII. 3, 37. daz diu wort müessint sin als war als das wort das got
selber sprach, do er himel und erd an Bach, und und diu wort sigent an die wasser
also vest alsdas paternoster ist in der mess, Mone, Anzeiger 3, 285. diu wort sin
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskuude. 1901. 6
Hflfler:
und eeste als daz heiig paternoster daz der priester in der stillmessen sprach,
(i.Miiian. 90, 410. disi wort miie/zen heut sein als statch als die vi I beylig gotz
chraft, diai worl Bein beul also res! sicut Banctus paternoster, Zs. f. d. A. 24, 72.
10. 11. des helfe diu wihe min fronwe sant Marie, Den km. XLV11. 4,91. 92
a belf mii die weis mein fraw Band Marei, Z. f. d. A. 24, 20«.
diu schirm bi diu frie min fronwe Banl Marie. Tobiassegen 71. 72. beschirm uns
hint diu frie, min frow sant Marie, Johannisminne 3. 1 (Uhland, Alte Volkslieder,
Die Opfer-Bännutter als Stachelkugel.
Unter obiger Überschrift brachte im 10. Jahrg. dieser Zeitschrift (1900) S. 420
Ben Dr. W Hein eine ganz lehrreiche Abhandlung über ein Gebärmutter-Votiv
in Gestalt eines sogen. Igels oder Kastanie, das nur im Gebiete des Kastanien-
baumes auf deutschsprechendem Boden vorkommt Dass die Kastanie (Igel) dem
opfernden Volke als Vorbild für das Opferbild der Gebärmutter gedient hat, ist
ganz sicher aus Namen. Form und Verbreitung des Votivs zu entnehmen. Warum
aber hat das Südtiroler Volk nun geiade die stachelige Kastanienfrucht dazu her-
genommen? Einesteils spielt Volksetymologie herein (Igel = Egel), andernteils
sucht das Volk bei seinem notorischen Mangel an anatomischen Kenntnissen innerer,
menschlicher Organe tastend bald da bald dort nach dem Bilde eines solchen
Organs. Findet es in den alten medizinischen Kräuter- und Heilbüchern kein
Vorbild, um ein Organ votiv darnach herstellen zu können, so greift es auf die ihm
bekannteren inneren Organe der schlachtbaren Haustiere über und entlehnt sich
aus der Anatomia culinaris oder aus der Veterinärmedizin seine Vorbilder. Über
diese Quelle der populären deutschen Krankheitsnamen hat der Unterzeichnete
bereits 1894 auf der Naturforscher- Versammlung zu Wien aufmerksam gemacht.
Desselben ..Deutsches Krankheitsnamenbuch", das trotz aller Gunst der kompetenten
Kritik gerade in medizinischen Kreisen die ihm gebührende Beachtung nicht er-
fährt, giebt uns auch den Aufschluss S. 254 b, warum Igel = Gebärmutter ist:
„Die bei der Umstülpung des entbundenen und vorgefallenen Tragsackes der
Kuh sichtbare frucht- (kalb-) ähnliche Geschwulst, die mit blumenkohlartigen,
gestielten, leichtblutenden Warzen (Rosen = Decidua serotina), wie mit Blutegeln
besetzt ist. heissi [gelkalb."
Igel = Egel, „einen Igel stechen" = coire (ebenda S. 250). Das Muttersiech-
tum, wegen dessen also ein Igel (Kastanie) als Votivgabe geopfert wird, ist dem-
nach der Mutter-Vorfall (Uterus prolapsus), und wegen dieses leidenden Organ-
zustandes, der mit dem „Egelkalb" bei dem Uterus prolapsus der Kuh verglichen
wird, greift die Volksetymologie zum Kästen - »Igel", um die Krankheit abbilden
zu können.
Bad Tölz. M. Höfler.
Zur Zeitschrift des Vereins für Volkskunde.
Bd. X. S. 100 (1900).
Die von Herrn Dr. G Jacob mitgeteilte und von ihm nach den Specimens
riture arabe wohl als neueren Datums angesehene arabische Erzählung
von den zwei poesiekundiiren Töchtern, die durch Ergänzung eines zuge-
hörigen Halbverses zu Rächern ihres Vaters werden, findet sich schon in dem
Kleine Mitteilungen.
i miii (| || 1400 11. Chr. von dem Agyptei ^bschihi verfassten Allerwelts-
udabbuch Mostatraf. dem seither verbreitetsten Kompendiana leinerei muslimischer
Bildung, am SchlusB des 8. Kapitels in dem Abschnitt über die Beredsamkeit der
Flauen: Arab. Text, Ausgabe Kairo 1308, I. S. 52; »nders auch die franzöa
Obersetzung von Rat 1899, I. S. 177 (welche über hau pl (Im ganzen Bildungs- und
Anekdotenschatz allgemein zugänglich macht . Auch Härder hat diese Anekdote
in seine „Arabische Konversations-Grammatik", Heidelberg 1898, S. 390 aufge-
nommen (im Schlüssel S. 68 übersetzt). Ein früherer Beleg ist mir für diese wohl
viel ältere I Seschichte nicht bekunnt.
Tübingen. « '• P. Seybold.
Blau als Trauerfarbe.
Als \or längerer Zeit ein Kollege bei mir anfragte, ob ich zu dvr in der
Schwalm (Hessen Üblichen blauen Trauerfarbe Entsprechendes kenne, musste ich
mein Nichtwissen gestehen. Inzwischen habe ich mich etwas verbessert. Vor-
nehmlich ist auf Blau als kirchliche Trauerfarbe zu verweisen, die in der Passions-
zeit und in der Karwoche in der Alt, ir- und Kanzelbekleidung vor aller Augen trat
und eine Rückwirkung auf ausserkirchliche Trauerzeichen haben musste.
In dem handschriftlichen Ueldtschen Trachtenbuch (Nürnberg 1560— 80, in
der v Lipperh eideschen Bibliothek giebt Bl. 118 das Bild einer Witwe „in der
andern veränderten kleidung". Sie trägt einen blauen Rock mit langen pelz-
gefütterten Hängeärmeln, gelbliche (Jnterärmel, gelblichen schmalen Gürtel und
ein weisses Schleiertuch. Das Si einsehe Museum in Salzburg besitzt zwei
Trachtenbildchen aus dem 18./19. Jahrh.: eine Pinzgauerin in der Hauptklag, eine
Bäuerin bei Weilen im Pongau in der Hauptklag: jede trägt einen faltenreichen
blauen Rock und ein grosses weisses Umschlagetuch Mitteil, von Frl. M. I
in Salzburg). — In der ganzen Oberpfalz schliesst den Begräbniszug eine alte
Krau im blauen Schur/. Das ist dann auf die Umgänge um die Saatfelder und
auf Wallfahrten übertragen worden, bei denen ebenfalls das Letzte im Zuge ein
blaues Fürtuch sein miiss Schönwerth. Aus der Oberpfalz, 1, 255. 3, L76).
Im Herzogtum Sachsen-Altenburg hatten die Weiher bei Begräbnissen und beim
Abendmahlgang Kopf und Kinn mit einem seht blau gestärkten Schleier um-
wickelt (Priese, Historische Nachricht von den merkwürdigen Ceremonien der
Altenburgischen Bauern 1703. Neudruck, Schmölln 188' -
Wenn die Braut oder der Bräutigam Trauer hat, so ersetzen bei den deutschen
Bauern an der ungrisch-steirischen Grenze, den Heanzen, die Burschen Bochzeit-
knechte das rote Band ihrer mit einem Rosmarinzweig geschmückten Astrachan-
mütze durch ein blaues Bunker in unsrer Zeitschrift X. 299 .
K. Weinhold.
Ein Vieksegen aus Mecklenburg gegen die neunerlei Elven.
Auf dem Hausgute Gross - Schuresow bei Bützow in Mecklenburg war im
Jahre 1891 das alte Viehhaus abgebrochen worden. Als im November 1892 das
beim Abbruch gewonnene Holz von Gutstagelöhnern zu Brennhol/ zerschlagen
wurde, fiel aus einem d('V Balken ein Papierzettel heraus, der dann bald darauf
durch Vermittlung meines Vetters * i'ull. der auf dem Gute als Volontär sieb auf-
Raff:
hielt, in meine Uände gelangte \ui diesem Zettel steht in 7 Kolumnen der
n:
Neunerlei Elvcu die saugen sich zusammen sie sprachen wir
wollen in Hanf chrichtian Sinlo >-in bofstedi gehen In das vieh
bans and Baugen 'las vi<-h Ihr Mut und Heisch aus und I • h gehre
che Sir Ihre gebeine nnd ich wil sie ihr bertz brechen Es sprach aber
im-, r lieber ben Jesus < 'lui-t m- das soll ihr Nicht thun N <• tz
d ■• 11 - V •/ ii' I ii' i Jesus christus
II I in I 1 I n.
Wann. R. WoSSidlo.
Segen aus Prcussiscli-Litauen.
Gegen die Schmerzen.
t kern i- röte! Mannke: Hat e f6de Böskcs.
Hat e rodel Södke, Wat will dat rode Bfannke?
Hat e rodel Crächke, Es will die Schmerzen von N. N.
rödel Rockke nu^treiben.
Hat «• rodet Westke, So lät se gäne
Hat «■ rodet Hemdke, Von de Plütz bis an de Lewer,
Häl e rode Schokes, Von de Lewer liis an de gröte Te.
Hat e rüde Strümpkes, Im Namen (Joffes des Vaters f u.s. w.
Gegen die Pogg.
- die Schmerzen rausgehen aus N. N.
U'nser Herr .lesus Christus ging auch aus seiner Krippe raus,
Lass die Schmerzen gehen in das rote atlantische Meer.
Es ruscht,
Es brüscht.
Poggr, Pogg, Pogg!
Im Namen Gottes des Vaters r u. ■-. w.
Von l*. Jahn hinterlassen.
AltOliiuckeiier Festgebiick.
Von Helene Raff.
Man kann mitunter die Rede hören, dass, wer keinen Kalender hat, in die
Küche schauen solk'. um zu wissen, was für ein Tag sei; wenn man statt „Küche"
genauer bezeichnend „Backofen" sagt, so hat der Saiz insofern Recht, als der
Eackolm mit Sicherheit die hohen Festtage anzeigt. In Bayern sind, wie durch-
gehends im deutschen Süden. Mehlspeisen und Gebackenes überhaupt beliebt; der
ade trifft gewöhnlich jeden Sonntag ein Gericht „Strudel- oder „Spritzstrauben*
- eine Brandteiomasse. welche durch eine hölzerne Butterspritze gedrückt wird —
auf dem Küchenzettel. Die Kirehweihsonntage werden mit Kirchweihnudeln, runden
in Schmalz gebackenen Krapfen, gefeiert, welche ebensowenig wie die mit Ein-
gemachtem gefüllten Faschmgskrapfen (in Norddeutschland Pfannkuchen genannt)
besondere Eigentümlichkeiten der Form oder des Geschmacks aufweisen. Nur zu
einigen der christlichen Hauptfeste hat die Sitte bestimmter, nicht allgemeiner
Gebäckarten sich erhalten.
Kleine Mitteil
An Ostern werden den Kleinen neben der Fülle von kunstreichen Rauchen
und Lämmchen, welche der Zuckerbäcker feilhält, noch zwei trotz ihrer Einfachheit
hüelist beliebte Gebäcke beschert, das „Ostermandl" und der „Osterhas" Ersterer,
ans Befenteig gefertigt, hat die ungefähre Form eines Menschen, <ler. mit beiden
Händen sich ein gefärbtes Hühnerei vor den Leib ball Fig. i . der Osterhas ist
gleichfalls ;uis Hefenteig, sieht aber nur in der oberen Hälfte annähernd hasen-
massig aus. während sein Unterteil mehr dem einer Henne gleicht, die ihr Nestaui
dem Schwänze trägt. In dies Nesl isl ebenfalls ein Hühner« i e
Fig. I. Fig. 2.
Weder zu Pfingsten noch zu Johannis oder einem der Marientage herrsch! der
Brauch, etwas anderes als Kuchen und Nudeln zu hacken: dagegen bring! Aller-
heiligen und Allerseelen, das ernste Totenfest, eins der merkwürdigsten Gebäcke,
den sogen. „Seelenzopf". In allen Grössen, Preislagen und Teigarten ziert er die
Schaufenster: seine bescheidenste Gestalt ist die geflochtene Zopfform, während er
in verkünsteltem Zustande einen ovalen Kranz mit Querbalken darstellt. Dann
besteht er aus feinem Hisquit- oder Makronenteig, dick belegt mit kandierten
Früchten und Zuckergnss; seinen Hauptschmuck aber bilden bunte, auf Draht
Baff:
kte Papierblumen, ganz gleich denen, «reiche am Allerseelenfeste die Gräber
l\ ist Brauch, dass die Paten ihren Patenkindern einen solchen Seelenzopf
zum Geschenk machen. Fig. 3 zeigt einen einfachen and Fig. -l einen verkünstelten
■ nzopf.
AI- Vorläufer des Christfestes erscheint Bank! Nikolaus, der von den Kindern
Ersehnte und Gefürchtete. Sein Abbild als heiliger Bischof mit dem Krummstab,
und da- des Pelzmärtels mit Sack und Rate ist nun der Mittelpunkt der Zucker-
bäckerei, gewöhnlich in Lebkuchen- oder Marzipanmasse. Für den Beiligen selbst
ist die Darstellungsweise eine geradezu künstlerische, da die ersten Vertreter der
Bäckergilde sich neue Können nach (\cn prächtigen alten des Nationalmuseums
haben machen lassen. — Pig. .r> zeigt einen solchen Nikolaus aus der Bäckerei
von Anton Seidl, dem nunmehr verstorbenen Bruder Gabriel von Seidls, der uns
das neue National museum erbaute. — - Die Pelzmärtel dagegen pflegen derbe groteske
Figuren zu Bein, denen durch aufgetropften Zackerguss einige Zeichnung verliehen
wird [Pig. 6). — Ausserdem fertigt man noch Teufel, Bauern und seit neuester Zeit
„Bergfex'n" als Xiklogebäck. doch sind dies moderne Zu thaten, die mit dem Feste
nichts zu thun haben.
Piff. 7.
Fig. 9.
Von den /.ahllosen Weihnachtsgebäcken am volkstümlichsten ist das Kietzen-
brot, das äusserlich wie wirkliche kleine runde oder längliche Brotlaibe aussieht;
inwendig mit getrocknetem Obst, Rosinen. Mandeln u. a. gefüllt ist. — Die feineren
Süssigkeiten aber, Honigkuchen und Marzipane insbesondere, weisen wieder die
kunstreichen Überlieferten Formen auf, wie deren das bayerische Nationalmuseum
eine grosse Fülle umschliesst. Zwei davon, die „Edeldame" und der „Reiter"
V und 8 sind, vorzüglich nachgebildet, vom Hof-Wachszieher und Lebküchler
M Ebenböck aufs neue in den Handel gebracht worden. Mindestens 1/2 Dutzend
solcher Fdeldamen und Reiter finden sich in dem betr. Schranke des Museums,
alle in Kostümen des 17 und 1*. Jahrhunderts; desgleichen stattliche Herren zu
Fuss, Herren und Damen nebeneinander, sowie martialisch dreinschauende Kriegs-
männer (Fig. 9). Ein Adelndes Musikantenpaar, ja selbst ein Kaiser ist in der
Sammlung: daneben sieht man Fische, schön ausgeführte Wappen, Herzen und
Kleine Min. ilungen.
87
Vierecke mit eierlichera Ornamentschmuck. Eine häufig wiederkehrende
die des Wickelkindes, eines allein oder gleich wiederholt, wie aal Fi
minder oft begegnen wir religiösen Darstellungen: dei Matter Gottes
Kinde (Fig. 11). der drei heiligen Frauen, der Geburt Christi odei
1 '< i m i>t
Nicht
mit drm
Anbi
Fig. LI.
Fig. LO.
dar Birten. Fig. 12. welche das letztere Motu darstellt, ist nach einer Marzipan-
form aus Privatbesitz aufgenommen, doch sieht man in der Sammlung des Museums
ganz ähnliche. — So greifen Altes und Neues ineinander, Zeugnis dafürfablegend,
dass auch auf dem kleinsten Gebiete was der Gestaltungskraft des
Volkes entstammt, auf Umwegen immer wieder zu diesem zurückkehrt.
Ein Brauch in der JKrossener liegend.
Ie einzelnen Dörfern bei Krossen (Rädnitz, Leitersdorf, Blumberg) sah ich
vor mehreren Jahren zur Osterzeit die Dorfstrasse in einer recht freundlichen
Weise ausgeschmückt. Die breiten, zwischen dem Damm und den Häusern
gelegenen Fusswege waren durch weissen Sand, Asche oder zerstampfte Ziegel-
88
Mirlk.-: Kleine Mitteilungen.
abfalle mit geometrischen Zeichnungen bedeckt, die besonders reich vor den
Wohnhäusern ausgestaltet waren. Der Haupteingang hob sieh dabei durch wirkungs-
volle Zeichnungen noch weiter hervor (Fig. 1 und 2). An Ort und Stelle konnte
ich mir in Erfahrung bringen, dasa diese Verzierung in den nördlich der Oder
ewischen (Crossen und Züllichau gelegenen Dörfern eine alte Überlieferung war,
dass aber den Zweck und die weitere Verbreitung niemand anzugeben vermochte.
Später fand ich >ivn Brauch \or einem Hause in dem bei Werder a. H. gelegenen
Dorfe Kemnitz an einem Septem ber-Sonn tag ganz vereinzelt wieder, hier aber zu
Fig 1. Leitersdorf.
Fig. 2. Leitersdorf.
//,
Ä&S^
XXXXXXXX ^w^^fe^
LlMMMhMllll>miiyill|ll IIHi'UltMNMM^UjMIII'f "j"'!
JDa.rrL77T .
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u
a.m rrv
Fig. 3. Kemnitz.
'^\ ^-\ /y^ /.^ i
i ! J Ua a a a a a
D eines eben eingezogenen jungen Paares (Fig. 3). Von Herrn Lehrer Gander
in Guben erfuhr ich denn weiterhin, dass dieser den Brauch aus dem Munde
eines aus der Krossener Gegend stammenden Dienstmädchens kennen gelernt
aber mit Verlegung auf die Pfingstzeit. Da also weder Zweck, Heimat,
Ausdehnung noch zeitliche Anwendung feststeht, noch auch meines Wissens dar-
über litterarische Hinweise vorhanden sind, so bringe ich den Brauch hier in der
Hoffnung zur Kenntnis, dass von anderen Seiten ergänzende Mitteilungen gemacht
werden.
Berlin- Robert Mielke.
Znpitza: Bacheranz« i|
Bücheranzeigen.
0. Schrader, Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde
Grundzüge einer Kultur- and Völkergeschichte Alteuropas. Erster
Ealbband Aal musikalische [hstrumente). Strassburg, Trübner,
1901. 560 s. gr. 8°.
Die harmlosen Zeiten der linguistischen Paläontologie sind vorbei. Spät, aber
nachdrücklich, ist uns die Erkenntnis gekommen, dass nie und nirgends die Kultur
eines Volkes aus seiner Sprache allem sich ermitteln liisst. Am wenigsten die
der Indogermanen, denn bei diesen kommt noch eine b< sondi re Schwierigkeit
hinzu: vom Wortschatz des Indogermanischen wird immer der am wenigsten wissen,
der das Problem seiner Rekonstruktion am schärfsten erfasst. rVer für die indo-
germanische Altertumskunde alles Heil von der Prähistorie erwartet, übersieht die
ganz eigenartige Lage, in der sich diese Wissenschuft befindet Sie hat Material
in Hülle und Fülle, die Sammlungen Buropas beherbergen reiche Überreste der
materiellen Kultur verflossener Jahrtausende, und täglich fordert i\rr Spaten neue
Schätze zu Tage. Allein diese Zeugen uralter Vergangenheil sind stumm, die
Beile und Schwerter verraten nicht, wer sie geschwungen, die Thongefüsse nicht.
wer in ihnen gekocht, aus ihnen getrunken hat. Eine Altertumskunde auf Grund
der vorgeschichtlichen Funde wird in den meisten Fällen namenlos bleiben müssen
In die indogermanische Urzeit dringen wir auf diesem Wege nicht ein. Das
Unglück ist aber nicht allzu gross, denn über die Seiten der Kultur eines
Volkes, die uns im Grunde am meisten interessieren, belehren uns die Fundobjekte
ja überhaupt nicht Hin einsichtiger Historiker, Ed. Meyer, ist von jeher für die
Auffassung eingetreten, dass die Erschliessung der ältesten Kulturzustände und
Wohnsitze der historisch bezeugten Einzelvölker die wichtigste und dankbarste
Aufgabe auch für den sei. der eigentlich darüber hinaus will. Im vorliegenden
Buche kommt diese Anschauung vollauf zur Geltung. Was über die ältesten Zu-
stände der Inder. Griechen. Römer u. B. W. verlautet, wird unter geeigneten Btich-
wörtern zusammengestellt, verglichen und, wo es angeht, aus geraeinsamer "Wurzel
abgeleitet. Letzteres ist zweifelsohne ein plenura opus aleac, denn auf diesem Ge-
biete ist noch viel weniger als auf dem rem sprachliche,, gemeinindogermaniBch
gleichwertig mit urindogermanisch. In extremen Fallen, also wenn ganz singulare
oder andererseits bei allen primitiven Völkern vorkommende Sitten. Gebräuche
und dergl. bei sämtlichen oder den meisten tndogermanen bezeugt Bind, darf die
Zurückfuhrung auf die Urzeit einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit bean-
spruchen. In die erste Kategorie gehören etwa die Hochzeitsbräuche S. 353ff),
in die zweite der Brautkauf, die Blutrache. In der Mehrzahl der Falle ist eine
Entscheidung der Frage, ob spätere Entlehnung, zufällige Übereinstimmung oder
Urverwandtschaft vorliegt, vorläufig mindestens ganz unmöglich. Auch hier ist
das Unglück zu verschmerzen, denn der Schwerpunkt der Forschung hegt in den
Einzelvölkern, und für deren Kulturentwicklung in späterer, historischer Zci
kommt es auf eins heraus, ob einige ihrer ältesten Gerätschaften und Wallen.
sittlichen und religiösen Anschauungen nun auch wirklich aus der Urzeit stammen
oder nicht.
Xii|>ilz;i:
Bin ausserordentlich reiches Material ist in dem Bchraderschen Buche auf-
li Dan alle Artikel würdigen and beurteilen zu tonnen, müsste man Indo-
germanist nnd Semitist, Botaniker, Zoologe, Anthropologe, Prähistoriker und Ethno-
in einer Person Bein. Di«' Specialisten werden zweifellos imstande sein, so
mancherlei zu ergänzen oder auch zu berichtigen, hoffentlich lockt gerade das
Schradersche Buch kleinere und _i — n Monographien über diesen oder jenen
strittigen 1 *u n k t hervor Die verschiedenen indogermanischen Einzelvölker sind
verschieden bedacht Der Bauptanteil fällt naturgemäss denen zu. über die wir
am besten unterrichtet sind, bezw. für die am meisten vorgearbeitet ist. also den
Griechen, Römern, Indern und Germanen. Die übrigen treten gegen diese zurück.
man« hmal mehr als erwünscht und auch nötig ist. Die vorgetragenen Wort-
deutungen und Gleichungen Bind nicht immer ganz auf der Höhe (so sollte die
Verknüpfung von Baar mit aisl haddr eigentlich abgethan sein, dürfte Hose [380]
nicht zu bulg. kus gestellt weiden . auch werden gelegentlich Wörter angeführt,
die nicht existieren ae. ced 'Boot'278) oder doch sehr unsicher sind (z.B. ir.
ong 'Herd'). Im übrigen gehe ich auf die rein sprachliche Seite nicht naher ein
und lasse einige /wanglose Bemerkungen zu einzelnen Artikeln folgen.
S. .'Hill'. Alle Leute. Der Brauch, sich alter Leute durch Tötung oder Aus-
setzung zu entledigen, mag zum Teil in abergläubischen Vorstellungen begründet
sein. Die afrikanischen Bongo behaupten, dass alte Leute die Wälder nachts als
Teufel durchstreifen, dass sie mit hosen Geistern Rats pflegen, um den jüngeren
Tod und Verderben zu bereiten. An plötzlichen Todesfällen sind die Alten schuld,
Vgl. Schweinfurth, Im Heizen von Afrika, I, 336. Ein Beleg für viele. — 45 ff.
Arzt. Es hätte erwähnt werden sollen, dass die Trepanation ein der europäischen
Vorzeit wohlbekannter chirurgischer Eingriff gewesen ist. Analogien (bei den
beutigen Bewohnern von Montenegro, Albanien und der Herzegowina, sowie bei
verschiedenen 'Naturvölkern') lassen darauf seh Hessen, dass die Trepanation bei
Geistes- und Nervenkrankheiten, sowie bei Schädel Verletzungen vorgenommen
wurde, vgl. z. B. Korrespondenzbl iL deutschen Ges. f. Anthropologie XXXI (1900).
18 ff. wo zahlreiche Litteraturangaben zu linden sind. Die diesbezüglichen Funde
auf deutschem Beden behandelt R. Lehmann-Xitsche in einer Münchener Dissertation
vom Jahre 1898, die den Titel führt: "Beiträge zur prähistorischen Chirurgie nach
Funden aus deutscher Vorzeit'. — öl ff. Aussetzungsrecht. Für die baltischen
Verhältnisse kommen besonders zwei Bullen de- Pabstes Honorius III. vom 15. Mai
und 15. Juni 121m in Betracht. In der ersten heisst es: • . . inter alia enormitatis
facinora, que perpetrant, femini sexus soboles. quoteunque mater pariat. inhumana
immanitate perimunt, preter unam, tanquam propagationi velint humani generis
obviare, vgl. Mierzyriski, Mythologiae Lituanicae Monumenta IL 14 ff., wo weitere
sje. Die Sitte der Kinderaussetzung spielt hinein in eine galindische Legende
bei Petrus Dusburg., Cronica Terre Prussice, III. c. 4), die um so interessanter
ist. je weniger wir ihr an die Seite setzen können. Die von Brückner. Archiv f.
slav. Phil. XXL 22 IL behandelte Legende berichtet folgendes. Die Galinden (die
V'j.i.. ■ - ■> des Ptolemaeus, vgl Müllenhoff D. A. II, 19) hatten sich so stark vermehrt,
dass ihr Land sie nicht mehr ernähren konnte. Man gebot daher, alle Xeugeborenen
weiblichen Geschlechts zu töten. Das half aber nichts, denn die Mütter umgingen
das Gebot. Nunmehr wurden auf Grund einmütigen Beschlusses allen Frauen die
Brüste abgeschnitten, damit sie nicht mehr nähren könnten. Die Frauen wandten
sich in ihrer Not an eine heilige und im Ruf einer 'prophetissa' stehende Ge-
schlechtsgenossin. Diese verkündete den Galinden. die Götter wollten, dass sie
alle ohne Wallen in den Krieg gegen die Christen zögen. Das geschah. Die
Bücheran ■> \\ en. ;i |
Galraden machten reiche Beute, wurden aber auf der Rückkehr »amtlich erschl
da ihre Waffen losigkeit ruchbar geworden war. Brückner ha! a man
-.■Stute mir die kleine Abschweifung . das 3 in dei Legende das wahre Moth
der Verstümmelung der Frauen verkannt und. Das Abschneiden der milch-
spendenden Brüste ist ein symbolischer Zaubei rsnol und Dürre.
Ich möchte hier darauf hinweisen, dass die Notii des Paradoxographua Vatic.
Rohdii *2.>: <>. k /.ra cra.;v >] ityopia /..■
:: '.t.:>.: rü)p ■/.'.■/.<■■ auf dieselbe Anschauung führt. 56 ff. Bad. Wenn es eines
Beweises bedarf, dass auch die Slaven das Baden in Flüssen liebten, wird er
durch die bekannte Stelle der Vita Sturm i erbracht, wonach man am 144 aul der
Strasse von Thüringen nach .Mainz an der Fulda badende Slavenhaufen traf.
60. Bar. Es konnte angeführt werden, dass die Arkadei sich von einer Kann
herleiteten Zur Sage von Callisto vgl. Röscher, Mytholog. Lexikon s. v, wo die
Versetzung an i\<'n Himmel meines Erachtens mit Unrecht als junger V.u.
wird. — 7G ff. Bestattung. Ans den Angaben über die Bestattungsweise der
Kelten und Germanen (78- könnte man den Eindruck gewinnen, als sei bei den
ersteren nicht wie bei den letzteren der Periode des Leichenbrandes eine solche
der Beerdigung vorausgegangen. Aber 3 I Jahrhunderte vor Cäsar, als die später
verschwundenen Streitwagen noch m vollem Gebrauch waren, begrub man in der
Champagne die Tuten (vgl. Revue Celtique XX. 119). Das 'premier äge de In
nach der französischen Bezeichnung ist durch Bestattungsgräber /. B. Annoisin-
Chatelans) neben Brandgräbern vertreten Chantre, Premier äge du fer, II . In
der Bronzezeit überwog das Verbrennen, doch ist das aus der- Steinzeil her be-
kannte Begraben nie ganz erloschen. — 98 ff. Blutrache. Die Blutrache war,
wie zu erwarten, auch den alten Preussen wohlbekannt. Petrus Dusb. III. •'•: Si
homieidium committitur inter eos, nulla potesl eomposicio intervenire, nisi priua
ille horaieida vel propinquus ejus ab occisi parentibus oeeidatur. — 106 ff Bohne.
Sehr, giebt an. dass bei den Ägyptern die Bohne aus religiösen Gründen nicht
gegessen werden durfte. Bekanntlich galt dasselbe Verbot für die Pythagoräer
und Orphiker. Pythagoras fand nach der Sage äeinen Tod, weil er ein Bobnenfeld
nicht zu überschreiten wagte und daher von seinen Verfolgern eingeholl wurde.
In Rom durfte der Flamen diaÜS die Bohne weder essen noch nennen. Alles
dies gehört in C\vn Kreis der totem istischen Vorstellungen vgl. ■ B S. Reinach,
Rev.Celt.XXF, 278ff., der weite,,. Litteratur angiebt). - 109 ff. ßrautkauf.
Für die Preussen bezeugt durch Petrus Dusb. III. ö uxorea suas emunt pro certa
summa peeunie. — 116 ff. Buche. Zu <|><v: fagus buohha gesellt seh nunmehr
kurd. Im/, 'Art Ulme'. Meiner Ansicht nach müssen wir ehrlich zugeben, dass
auch dieses Wort in der Frage nach der Urheimat völlig wertlos ist. da wir seine
ursprüngliche Bedeutung auf keine Weise ermitteln können. 165 ff. Eid. Sehr
interessant ist die Schilderung des Eides, >\c\\ der litauische Fürat Kiejstu! 1361
vor Ludwig von Ungarn ablegte, Mierz. 11. 76ff. 79 ff. K. liess einen roten Ochsen
kommen und öffnete ihm die Halsader. Das Blut echoss nei.oi.: em gutes Zeichen.
Nunmehr wurde das Tier enthauptet, und zwischen Kopf and Rumpf hindurch-
schreitend, also in dem Blute watend, schwor der Fürst, so sollte es ihm ergehen,
wenn er sein Wort bräche. Er brach es übrigens doch. Heinrich <U-i Lette be-
richtet: Livones et Lettin inter se conjurarunt et gladiorum calcatione conjurationem
Buam paganorum more confinnarunt. Wie leblose Gegenstände, /. B Sei, werter.
Aussagen kontrollieren können, geht recht deutlich hervor aus einer Stelle am
Anfang der mittelirischen Erzählung 'Das Krankenlager Cuchulinns'. Die Ulster-
leute hielten jährlich am Sommerende ein Fest in Mag Murthemni ab. An di
Zii|ii)/.a:
Helden wetteifernd ihre Thuten im vergangenen Jahre zu preisen und
die Zungen der erschlagenen Feinde vorzulegen (die Kelten waren Kopfjäger so
_iii wie die Dayaks, (loch man sieh in Irland später mit den Zungen).
Ea lag mihe, zur Erhöhung der Zahl ein paar Rindszungen i inzuschmuggeln Daher
war eine Kontrolle nötig. Diese übten die Schwerter aus. 'denn sie wendeten sich
i sie (ihre Herren . wenn sie betrogen Es sprachen nämlich Dämonen aus
ihren Wallen ZU ihnen und diese wäre:» somit Bürgen für sie1. — 204. Erziehung.
Ich vermisse eine Erwähnung der aus dem german. Norden wohlbekannten Sitte
vornehmer Familien, die Kinder frühzeitig zur Erziehung aus dem Hause zu geben,
i is bei Indern (vgl. z. 15. Zs. f. Rsw. V, 417), Iren. Kymren (Rhys und
Brynmor Jones, The Welsh Peoplc, 8. 206f . vgl. auch Post, Entwicklungsgesch.
d. Familienrechts, 37, Grundr. d. ethnol. Jurispr. I. (.»7. — 255 ff. Freund und
Feind. Die Sitte der Blutsverbrüderung wird hier nur für die Germanen
belegt. Sic wird auch von den Skythen berichtet, vgl. Lucian Toxaris, 37. Die
Skythen sehneiden sieh in ^\cn Finger, fangen das rinnende Blut in einem Gelasse
auf. tauchen die Spitzen der Schwerter hinein und trinken zu gleicher Zeit daraus,
Auch hei den Kelten rauss die Sitte bestanden haben. Im Ausgang der Republik
und später führen Aeduer und Arvcrner den ganz singulären Titel 'Fratres et con-
sanguinei populi Homani'. Dieser wird verständlich als Konzession der Römer an
die gallische Nationalste der Blutsverbrüderung (vgl. Hirschfeld, Sitzungsber pr.
Akad. 1897, 1106 ff). In der mittelirischen Sage 'Der Rinderdiebstahl von Cuailnge'
sind Cuchulinn und Per Diad Blutsbrüder, wodurch die Tragik ihres gewaltigen
Zweikampfes noch erhöht wird. vgl. Zimmer, KZ. XXVIII. 463 ff., El. Hüll, The
Cuchullin Saga. 1*6 ff. Angesichts der gallischen Sitte braucht man nicht mit
Zimmer, Zs. f. d A. XXXII, 306 in dieser Episode den Einfluss der Vikinger zu
suchen. Über Blutsbrüderschaft bei aussereuropäischen Völkern z. B Kohler, Zs.
gl. Rechtsw. V. 434ff. XI, 424. — 269 ff. Gastfreundschaft. Hochberühmt
war im Mittelalter die Gastfreundlichkeit der heidnischen Preussen. — -304 f.
Gottesurteil. Die recht interessanten irischen Ordale findet man bequem in den
irischen Texten von Stokes und Windisch III, 1*3 ff., in den Anmerkungen werden
namentlich auch kymrische Parallelen beigebracht. - 332 ff. Häring. Scadinavia
wird auf Grund von ir. scatan, kymr ysgadan 'Häring', ac. sceadd, nc. shad
' Maifisch ' als 'Häringsinsel' gefasst. Sehr hübsch, nur stimmen die Laute nicht
recht. \v. scatan und kymr. ysgadan können sich nun und nimmermehr verhalten
wie cretim und credu 'glauben', denn letztere sind durch späte Zusammenrückung
zweier Worte entstanden. Ich verfolge diesen Punkt hier nicht weiter. Auffallend,
ja geradezu unbegreiflich ist Schraders fragender Ansatz * Scodanus für Codanus
smus. Wie der Name der Stadt Danzig, in ältester Form Gyddanizc beweist,
ist lür Codanus von einem *Küdan- auszugehen, vgl. Kossinna IF. V-II, 2s 7 ff.
- 335. Hase. Der Hase spielte auch im Aberglauben der Litauer eine Rolle.
In der russ. Bypatiuschronik findet sich zum Jahre 1252 die Notiz, dass der nur
scheinbar zum Ciiristentum bekehrte Litauerfürst Mindog nach der Begegnung mit
einem Hasen nichts weiteres unternahm (so offenbar zu ergänzen, vgl. Mierz. I.
L'iH und 151). Die Litauer scheinen einen Gott in Hasengestalt verehrt zu haben.
336 ff. Haus. Dass die gallischen Häuser floXo :i6eiq waren, also Rundbauten,
bestätigt die Archäologie. In Frankreich haben das alte Bibracte, sowie das
einstige gallische oppidum Mareens zahreiche Proben des Rundbaues geliefert, in
Spanien Citania und Sabroso (Hübner, Rom. Herrschaft in Westeuropa, S. 232 ff.).
Vgl. auch die runde Hütte mit Strohdach, die die gall. Göttin Nantosvelta (aus
Saarburg) in der Hand hält (Jb. d. Ges. f. lothr. Gesch. VII, 155 f.). Für Wales
Bücheranzeigen.
ist der Rundbau noch im späteren Mittelalter durch Giraldus in seiner Descriptio
Carabriae I. c. .10 und IT bezeug! (vgl Rhys and l> Brynmor Jones, The Welsh
People, S. 200), zum irischen Hause vgl O'Gurrj Mannen and Customs L, CCXCVII.
Bin Seitenstück zu den rechteckigen Häusern der Pfuhlbauer bildel jetzt di<
Heilbronn te Wohn statte aus neolithischer Zeit, vgl. Schliz, Korrespbl. 1900,
S. 23 und desselben Abhandlung 'Eine neolithische Wohnstätte bei Heilbroni
aus Fundber. aus Schwaben VII (1899). Die Verschiedenheit der 11
ethnisch deuten zu wollen, wäre verfehlt. Gerade die ältesten deutschen Haus-
urnen scheinen viereckig zn sein, vgl Globus l.\l. 111 - > 4 T II. bamme.
Die Sitte des Männerkindbelts klingt vielleicht in einem seltsamen Zuge der irischen
nach Angeblich infolge eines Fluches werden die Ulsterleute periodisch von
einer unüberwindlichen Schwäche befallen cess nöiden), von der Weiber und
Kinder verschont bleiben. Vgl. E Hüll, Cuch. Saga, 292 und Sitzungsber -
Ges. d. Wissensch , phil.-hist. Kl. 1884, 336 ff. Übrigens kann man noch heute
jemandem anwünschen, er solle so schwach werden, wie ein Weib in Kii
vgl. Larminie, West-lrish Folktales, S. 101 f. 353 ff. Heirat. Bei den ver-
schiedensten Völkern der Erde isl der Verkehr des jungvermählten Paares in den
erstem Jahren gewissen Beschränkungen unterworfen. Mann und Krau dürfen sich
nicht bei Tage sehen oder sprechen, der Name darf nicht genannt werden u. dgl.
Auch bei *\vn [ndogermanen sind Spuren derartiger Gebräuche erhalten, [n Sparta
durfte der junge Ehemann nur heimlich zur Nachtzeit zu seiner Frau schleichen
(Plutarch Lykurg 1.0). In der altindischen Legende von Pururavas und der A]
ürvaei (schon im Rigveda, die Prosaerzäblung im Catapathabrähm.) ist das B -
stehen der Ehe an die Bedingung geknüpft, dass Urv. ihren Mann nicht unbekleidet
sieht, 'denn dies ist die Sitte der Frauen'. Die Erzählung gehört ja bekanntlich
in einen grossen Zusammenhang, vgl. z. B. A. Lang, Custom and Myth'. J. Ki
Melusinensage. - 367 ff. Herd. Die litauische 'Göttin des brennenden Herd»-'
Polengabia (Matergabial ist jetzt durch Brückner, Archiv f. slav. Phil, XXII. i'Tl
aus der Well geschafft worden Diese Gabia ist nicht anderes als die russ
Gapka Gafija, d. i. die heilige Agathe, von der das polnische Sprichwort zu -
weiss: chleb s"wi<;tyAgaty od ognia strzeze chaty. - 370f. Himmel nden.
Die Rolle, die der Osten in der Orientierung spielt, hätte vielleicht etwas aus-
führlicher dargelegt werden können. Für die Brahmanen besteht die Vorschrift,
beim Essen das Gesicht nach Osten zu wenden Baudh. II. ~. 12. 1. im Ritual tritt
der Osten sehr stark hervor .Einiges bei I.eist. tue Gentium, 153). Für die Ger-
manen vgl. Grimm. DRA . MIT. 813, Myth. 28 (Beten nach Osten, doch auch nach
Norden, E. H. Meyer. Myth.. 187). Bei den [nselkelten bedeutet 'rechts' zugleich
;südlich". Damit darf man in Verbindung bringen, dass bei den kontinentalen
Galliern die Toten noch in römischer Zeit mit dem Gesicht nach Osten bestattet
wurden (vgl. Sablon. Jahrb. d Ges. f. Gesch. Lothr., VII. 195). Übrig* - ist die-
selbe Orientierung auch sonst bezeugt, z. B. auf dem Glasinac, Korrespbl. XXV 94
133, in Pommern, Mecklenburg, Posen u. s. w. aus slavischer Zeit Zs. f Ethn.
Verh. XXX [1898], 8. 95). Gelegentlich mischen sich zwei Orientierungsweisen,
z. B. nach O. und N., wie bei Buchheim, Amt Messkirch, Baden Hallstattzeit , vgl
Centralbl. III, 141. Dass Männer in anderer Richtung bestattet wurden als Frauen,
ist meines Wissens in Europa noch nicht beobachtet worden, doch könnte ein
solcher Brauch uns nicht überraschen. Er existiert thatsächlich in Afrika, bei den
Bongo und Niamniam (Schweinfurth, im Herzen Afrikas, i. 332, II 412 ff.
Katze. Die Hauskatze ist in Indien schon zur Zeit des Atharvaveda bekannt
gewesen, vgl. Geldner. Ved. Stud. I, 313. - 454 ff. Kopfbedeckung. Die
m| Wemhold:
ntümlichen 'Jesuiterhüte' der Situlenkunst hätten wohl mit einem Wort erwähnt
frerdeo können. ' tl. Körperbeschaffenheit. Bei allen Völkern indo-
anischer Zunge können wir in historischer Zeit eine Verdrängung des Monden
(and langschädligen) Typus durch den brünetten (kurzschädligen) konstatieren,
Problem Bcheint einheitlich, kann aber in Wahrheil nur dadurch der Lösung
geführt werden, dass die speciellen Verhältnisse jedes einzelnen Landes
für sieh untersucht werden. Eine der frappantesten Thatsachen ist. wie bekannt,
das Verschwinden des blonden, blauäugigen Typus bei den Kelten Cd. i. den
Trägern eines keltischen Idioms). Bei den Bewohnern von Wales steht die Sache
ja nicht so schlimm, man wird da immer auf die Angabe des Tacitus, Agricola 11.
zurückgreifen: Silurum colorati vultus. torti plerumque crines et posita contra
Hispania Qiberos veteres traiecisse easqne sedes occupasse fidem faeiuat Es ist
keineswegs undenkbar, dass die Siluren (zum Namen vgl. den spanischen Silurus.
Avien 433, die heutige Sierra de Tejeda, s. Unger, Philologus Suppl. IV, 1882,
B) wirklich Iberer waren, und dass mit ihnen die sogen. Schwertstäbe aus
Spanien gekommen sind (M. Äluch. Kupferzeit, 133 ff.). Hier wäre man also sicherer
i des dunklen Typus habhaft geworden. Aber die grosse Masse der vor-
keltischen Bewohner Britanniens gehörte einer ganz anderen Menschenart an.
Tacitus berichtet: rutilae Caledoniam habitantium comae, magni artus Germanicam
originem adseverant. Diese Bewohner Caledoniens sind natürlich die sogen. Pikten,
die einst die ganze Insel innehatten und von den Kelten allmählich in den nörd-
lichen Teil zurückgedrängt worden sind (man vgl. auch die ursprüngliche Aus-
dehnung des Namens SXß'uuv mit der späteren, Alba — Schottland). Die Pikten
waren auch die Ureinwohner Irlands (Zimmer. Zs. d. Savigny-Stift. f. Rechtsgeseh.
Rom. Abt., XV, '214). Die irischen Kelten waren vermutlich von Haus aus wie
ihre britischen und kontinentalen Verwandten blond und blauäugig, wir erleben
es hier also, dass aus der Vermischung zweier blonder Rassen eine dunkle her-
vorgeht. Immer wieder kommt hier der Laie auf die Vermutung, dass es eine
spontane Änderung des Typus giebt. dass dieser eben nicht konstant ist. Erwähnt
sei noch, dass in der mittelirischen Sage das Haar besonders von schönen Frauen
buide 'blond' genannt wird, so bei Etain, Emer. Derdriu. Cuchulinn wird im all-
gemeinen schwarz gedacht, doch giebt es auch ganz abweichende Schilderungen
von ihm.
Ich schliesse mit dem Wunsche, dass das Buch Schraders recht viele Benutzer
finden möge. Niemand wird es aus der Hand legen, ohne reiche Belehrung
empfangen zu haben. E. Zupitza.
Archiv für Religionswissenschaft, herausgeg. von Prof. Dr. Th. Achelis.
Dritter Land. Heft :i. 1. Tübingen, Freiburg i. B., und Leipzig. .!. ( '.
L. Mohr (P. Siebeck . L900.
Dil beiden ersten Hefte des '6. Bandes des Archivs sind in unserer Zeitschr. X,
348 f. angezeigt worden Aus dem Inhalt von Heft 3. i hoben wir hervor: Die
Allgemeine Einleitung in die .Mythologie aus dem Nachlasse des würdigen H.
Stemthal von R. M. Meyer herausgegeben. Prof. Meyer macht mit Recht darauf
aufmerksam, dass in dieser fragmentarischen Studie ein letzter klassischer Aus-
druck der philosophisch-vergleichenden Schule in der wissenschaftlichen Mythologie
vorliege und dass sie schon deshalb historischen Wert habe. — Unter dem Titel
Buchreligion und Schriftauslegung erörtert Prof. H. Holtzmann in Strassbur«- das
Bücheranzeigen.
wechselnde Verhältnis der Schriftansiegang zu der heiligen Litteratur der Vorzeit,
insbesondere zn den heiligen Büchern des späteren Judentums und des Urchristen-
tums. — Prof. R. .Müller behandelt auf Grand neuer buddhistischer and tibe-
tanischer Quellen die von ihm schon einmal berührt - on Uppalavanpä im
Zusammenhange mit dem ganzen Material, zu dem die Albanus- und Gregorius-
legende gehören. Von tl^-i kleineren Beiträgen seien die umfänglicheren genannt:
II. Schukowitz, Über die Rosengärten, d. i. alte Friedhöfe wie er fälschlich zu
meinen scheint nur der kleinen Kinder : auch sonsl ist manches anfechtbar, da«
er hier schreibt. Dasselbe muss ich über die Mythologischen Studien im Gebiete
des Baidermythus von Fr. Losch arteilen, die an desselben Verfassers Buch:
Halder und der weisse Hirseh (Stuttgart 1892) sich anlehnen, das bei manchem
Anzuerkennenden doch unmethodisch und ohne Beherrschung dvs Stoffes geschrieben
ist. Jetzt zieht Herr Losch auch das Spiel mannsgedichi von König Oswalt zu dem
Baiderkreise, wegen des Hirsches und der Quellener weckung! K. Weinhold.
Kleinere Schriften von Reinhold Köhler. H. Band. Kleinere Schriften
zur erzählenden Dichtung des Mittelalters. Herausgegeben von
Johannes Holte. .Mit einem Bildnis Köhlers und zwei Abbildungen.
Berlin. E. Felber, L900. S. XII. 700. 8°. III. Band. Kleinere
Schriften zur neueren Literaturgeschichte. Volkskunde und
Wortforschung. Herausgegeben von Johannes Holte. Mit drei
Abbildungen. Heidin. E. Felber, 1900. S. KV. 659. 8°.
Dem ersten Bande der Kleineren Schriften von Reinbold Köhler, den wir in
unsrer Zeitschrift IX. L02 anzeigten, sind verhältnismässig rasch der zweite and
dritte gefolgt, mit denen die Sammlung schliesst. Es braucht nur an die hervor-
ragende, oder lieber einzige Stellung im Gebiete der Stoffkunde aller erzählenden
Dichtung erinnert zu werden, die It. Köhler erreicht hatte, an seine umfassende
Kenntnis alles volkstümlichen Lehens, um die grosse Bedeutung dieser Sammlung
der zerstreuten kleinen Aufsätze des Weimarschen Doktor Ulwissend zu bezeichnen.
Dazu kommt, dass .Johannes Holte der Herausgeber ist. der dem Verstorbenen
sehr erfolgreich nacheifert und der ausser der sorgsamen Behandlung der Köblerechen
Drucke und Handschriften Ergänzungen aus offener Hand spendete. So besitzen
wir in diesen drei Bänden ein unentbehrliches Hand- und Nachschlageöuch für
alle oben bezeichnete Forschungsgebiete, das Köhlers Andenken Behr lange erhalten
und dem trefflichen Sammler und Herausgeber viel Dank verdienen wird.
In dem zweiten Hände bilden den Gegenstand der Köhlerschen Forschungen
meist ..einzelne Erzählungsstoffe, Motive, poetische Formeln, denen ei durch alle
Länder und Jahrhunderte nachspürt, am sie miteinander zu vergleichen".
Der dritte Hand zerfallt in vier Abteilungen: 1. Zur neueren Litteraturgeschichte,
2. Zur Volksdichtung (Lied. Spruch. Rätsel, Sprichwort . 3. Zum Aberglauben and
Volksbrauch, 4. Zur Wortforschung. Hier vor allem tritt die weilumfassende Be-
lesenheit und Sachkunde R. Köhlers hervor, seine fiberall einsetzende Forschung
im einzelnen, zugleich seine strenge Sachlichkeit Wenn di nmlung im
übrigen nur bereits Gedrucktes, alter Ergänztes und Nachgeprüftes bietet, so ent-
halt der dritte Band auch bisher Ungedrucktes (No. 25. 29. 59. 63). Das un-
qualifizierbare Verhalten des Prof. Dr. Anton Herrmann in Budapest, der 1892 vor
Holt, :
Köhlers Schwestern ein Manuskript entlehnte und es hartnäckig zurückbehält, hat
den Abdruck dieser Reliquie hier unmöglich gemacht
Erinnert sei zum Schiusa an die durch .) Bolte und ESrich Schmidt aus dem
Nachhisse herausgegebenen Aufsätze K. Köhlers Über Märchen und Volks-
lieder Berlin, Weidmannsche Buchhandlung, 1894, vgl. nnsre Zeitschrift IV, 1)8),
die mit den Kleineren Schriften innerlich zusammenhangen. K. Weinhold.
Friedrich Vogt, Die Schlesischen Weihnachtspiele. .Mir Buch-
schmuck von W. \\ islicenus, sowie -I Gruppenbildern der Batzdorfer
Weihnachtspiele. Leipzig, 15. G. Teubner, 1901. S. XVI. 500. 8°.
.Mit •_' Tafeln. (Schlesiens volkstümliche Überlieferungen, Sammlungen
und Studien der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde, heraus-
a geben von Friedrich Vogt, Band 1.)
In reicher geschmackvoller Ausstattung tritt die erste grössere Veröffentlichung
der vor sechs Jahren begründeten schlesischen Gesellschaft für Volkskunde am
Jahrhundertendc vor i\vn Kreis der Freunde deutschen Volkstums. Dass wir von
Vogt eine wohldurchdachte, sorgsame Arbeit erhalten würden, stand zu erwarten.
Er hat sich jedoch keineswegs auf eine saubere Edition der zahlreichen, durch die
Mitglieder der Gesellschaft zusammengebrachten Texte beschränkt, sondern zugleich
eine Rekonstruktion und Entwicklungsgeschichte geliefert, die wir geradezu als
musterhaft bezeichnen dürfen. Hatte K. Weinhold 1853 in seinem grundlegenden
_ Weihnacht-Spiele und -Lieder in Süddeutschland und Schlesien'- von dem
germanischen Feste der Wintersonnenwende ausgehend die Weihnachtsfeier der
christlichen Kirche des Mittelalters geschildert, um dann unter Einflechtung zahl-
reicher unedierter Texte die volksmässigen Weihnachtspiele des 16. — 19. Jahrb.
durchzugehen und auch die Entwicklung des Weihnachtsliedes zu skizzieren, so
disponiert Vogt sein Buch nach den drei Klassen der 'schlesischen Weihnacht-
spiele: 1. Adventspiele. 2. Spiele von Christi Geburt und o. Herodesdramen und
Sternsingerspiele. Von diesen drei Arten wird nur die erste und dritte auch für
sieh allein aufgeführt, die Geburt Christi aber stets entweder mit dem Advents-
besuche des Christkindes oder mit dem Dreikönigspiele vereinigt. Wahrend die
beiden letzten Stücke naturgemäss auf die Erzählung der Evangelien zurückgehen,
ans in den Adventspielen ein Stück germanischen Heidentums in christlicher
Vermummung vor. Hier tritt ein bekränztes und verschleiertes Mädchen, welches
bristkind vorstellt, in die Häuser, um nach dem Fleisse und der Frömmigkeit
der Kinder. zu fragen, wobei ihm seine Begleiter, die Engel Gabriel und Immanuel,
Petrus und Ruprecht (auch Duprick oder Josef geheissen), Auskunft erteilen, und
die guten Kinder mit Gaben aus seinem goldenen Wagen belohnen. Klar zeigt
nachdem er die verschiedenen Fassungen der schlesischen und der übrigen
deutsehen Adventspiele besprochen, dass diese nicht aus den von gelehrten Schul-
männern in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bearbeiteten Adventspielen
in- Altenburg, Görlitz. Nürnberg, Zittau u. s. w.) erwachsen sein können, sondern
nach Form und Charakter ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Dies Kinderexamen
durch den heiligen Christ aber ist wiederum eine protestantische Umgestaltung der
mittelalterlichen Nikolausspiele, in denen der Schutzpatron der Schüler an seinem
Gedenktage durch Umzüge und Dramatisierung der auf ihn bezüglichen Legenden
gefeiert wurde. Neben der Gestalt des kinderfreundlichen Bischofs Nikolaus lebt
Bücberani 97
nun in den Volksspielen von Christkinde^ Einkehr auch die Erinnerung an « i ■ « -
Erscheinung einer heidnischen Schicksalsgöttin, die in Südd< atschland Frau Ben
in Mitteldeutschland Krau Bulda oder Holle heisst, und die Sitte der Um I
mummter Gesellen zur Weihnachtszeil (Perchtenlaufen fort An jene mahnt noch
die w< deierte Krau der Adventspiele and ihr goldener Wagen; der N>
ihres zottigen Begleiters Ruprecht wird nicht mit Grimm als Hruodpei hl Ruhm-
glänzender, == Wuotan), sondern als Rühpert, der rauhe Bercht entsprechend dem
nd. Rükläs = rauher Nikolaus gedeutet. — In den Kapiteln, welche den Bchlesischen
Christigeburt- und Berodesdramen g sind, geht Vogl die älteren I
beitungen dieser Stolle durch und zeigt, wie in den eingelegten Liedern und ein-
zelnen Zügen die mittelalterliche Tradition und das Vorbild des Hans Bachs und
anderer Dramatiker seiner Zeit sich bis auf den beutigen Tau lebendig
Aus Cochems Leben Jesu von 1680 stammt, wie Bchon Ammann erkannte, die
Scene des Prozesses wider den gefallenen Menschen und das Gesprüch /wischen
dem Pilger und dem getreuen Hirten. Auch in diesen Abschnitten i-t die Unter-
suchung mit Vermeidung alles überflüssigen Ballastes knapp und tasslich geführt.
Unter den in die Abhandlung eingestreuten Texten sind neben verschiei
Adventspielen und Sternsingerliedern das Batzd orfer Weihnachtspiel (S. 247), ein
in neun Varianten vorhandenes Sternsingerspiel S. 317). ein Schmiedeberger Drei-
königsspiel s 33:2) und drei Berodesdramen aus Breslau, von der Beuscheuer
und aus Friedersdorf (S. 340) hervorzuheben. Wo die Melodien der Liedereinl
zu erlangen waren, sind sie jedesmal mitgeteilt. Die Darsteller des Batzdorfei
Weihnachtspieles werden uns nach photographischen Aufnahmen vorgeführt.
interessant ist der S. 33ü geführte Nachweis, das- ein Batzdorfer Dreikönigslied
wörtlich aus einem tschechischen Liede übersetzt ist. das seinerseits freilich wieder
auf ein deutsches Original zurückgeht. Da aber Vogt die Volksüberliefern
nicht bloss für die Wissenschaft, sondern auch für das Leben nutzbar machen
wollte, hat er drei Stücke beigegeben, die er für Aufrührungen bearbeitet und
1899 selber in Breslau zur Aufführung gebracht hat: 1. ein aus dvn verschiedenen
Riesengebirgsfassungen zusammengestelltes Adventspiel (S. 122), 2. ein schon durch
Yolkmer bekannt gemachtes Glatzer (Lichtenwalder) Christkindelspiel (S. 257 .
3. einen Glatzer Herodes, den schon Pfarrer Scholz aus den Friedersdorfer und
Reinerzkroner Aufzeichnungen mosaikartig gewonnen hatte (S. I- S rgfäll
merkungen legen über die benutzten Vorlagen im ein/einen Rechenschaft ab.
Berlin. Johannes Bolte.
Max Herrmauii, Jahrmarktsfest zu Plundersweilern. Entsteho
und Bühnengeschichte. Nebsl einer kritischen Ausgabe des Spiele
und angedruckten Versen Goethes, sowie Bildern und Notenbeilagen.
Berlin. Weidmannsche Buchhandlung, 1900. 292 8. 8°.
Die vortreffliche und methodisch sehr interessante Untersuchung Berrmanns
hat insofern noch besondere Bedeutung, als sie an einem glücklichen Einzelfall
die nahen Berührungen von Volkskunde und Literaturgeschichte an den Tag legt.
Wohl geht sie in erster Linie literarhistorischen Problemen nach, indem sie
Goethes geniales Scherzspiel in dem ganzen Verlauf seines litterarischen Lebens
verfolgt, von dem ersten Auftauchen der Konzeption bis zu den letzten Ausl
seines theatralischen Nachlebens. Weil aber das „Jahrmarktsfest« derjenigen Periode
Zeitschr d. Verein* f. Volkskunde. 1901.
Meyer:
a Leben angehört, in dei er zu «Irr volkstümlichen Dichtung die engsten
hangen unterhielt, so führt Herrmanna eingehendes Quellenstudium ohne
n interessante Gebiete der Volkskunde ein. Das wirkliche Jahrmarkts-
ine volkstümliche Schaustellung, die stets auf die erregte Teilnahme
reise rechnen kann. Daraus geht dann bald eine Übersetzung dieses
bunten Treibens aus dem Markt auf die Bühne hervor: die Gebildeten sollen —
bei Goethe der Anschauung dieses Volkslebens teilhaftig werden, ohne
sieb selbst mitdrängen und Btossen lassen zu müssen. Mit glücklichem Eifer hat
rierrmann Bühnenspiule zu diesem Typus aus verschiedenen Litteraturen gesammelt.
Und ferner: einzelne Gestalten aus dem Jahrmarktstreiben werden gewissermaseen
von der Strasse in die Stube beraufgerufen. Die mannigfaltigen „Ausrufe" werden
in einer besonderen Litteratur gesammelt: die stehenden Ankündigungsrufe von
Milchmädchen und Kohlenmann — wieder ein von Goethe benutzter volkstümlicher
Typus Endlich lebt aber schon inmitten des Jahrmarktstreibens selbst ein drama-
tischer Ansatz: der Guckkastenmann führt gleichsam Ausstattungsstücke, der
Schattenspiel mann Pantomimen in kleinem Massstabe vor, während neben ihnen
das Affentheater die eigentliche Bühne verkleinert wiederholt. (Ein hübsches
Dichterspiel der verdienten Frau Elise Mcntzel hat kürzlieh den jungen Goethe in
der Mitte dieser volkstümlichen Marktscenen dargestellt.) So entwickeln sich auch,
zwischen -Volk" und „Gebildeten" schwebend, Volkslieder, die an das Jahrmarkts-
treiben symbolisch oder realistisch anknüpfen und ganz direkt auf den Dichter
von Plundersweilern gewirkt haben. Eine ganze neue Welt von volkstümlicher
Halbkunst wird in Herrmanns Buch uns wie in den kleinen, aber deutlich um-
rissenen Bildern des Guckkastenmanns sichtbar, und ein vortreffliches Register ge-
stattet uns obendrein, die sonst schnell verschwindenden Schattenrisse festzuhalten
and wieder aufzufinden. Auch geschickt ausgewählte Bilder verdeutlichen, was
Goethe vorfand; scheinen doch auch die typischen Darstellungen der bildenden
Kunst auf die Figuren seines Jahrmarktsfestes gewirkt zu haben. So erhalten
auch die Freunde der Volkskunde reiche Belehrung aus diesem wichtigen Beitrag
zur „Goethe-Philologie", dem nicht unverdient das Glück zu teil ward, noch un-
gedruckte Couplets von Goethe bringen zu dürfen!
Berlin. Richard M. Meyer.
Oskar Kallas, Achtzig Märchen der Ljutziner Esten, gesammelt. (Ver-
handlungen der Gelehrten Estnischen Gesellschaft. 20. Bd., 2. Heft.)
Jurjew (Dorpat), Schnakenburg 1900. (Leipzig, K. F. Koehler).
s. 83—405. 8°.
Im russischen Gouvernement Witebsk nahe bei der Stadt Ljutzin leben mitten
in die lettische Bevölkerung eingesprengt einige Tausend katholischer Esten, deren
essante Kultur. Bräuche, Lieder, Rätsel und Märchen 0. Kallas 1893 im Auf-
trage der finnischen Litteraturgesell Schaft genauer erforscht hat. Nach ihren eigenen
Überlieferungen sind ihre Vorväter „vor 4 — <> Geschlechtern" aus dem „Lande der
Schweden" infolge der Drangsale der Leibeigenschaft und des Krieges nach Polen
ausgewandert, ein Ereignis, das in der zweiten Bälfte des 17. Jahrh. stattgefunden
haben muss, da Livland 1710 russisch wurde. Ihr lutherisches Bekenntnis haben
sie in der Fremde mit dem katholischen vertauscht; auch ist ihnen das Bewusst-
sein, dass es ausser ihnen noch andere estnisch redende Stammesgenossen gebe,
abhanden gekommen. Mit Staunen und Freude wurden daher die estnischen
Bücherai 99
Zeitungen und das Neue Testament in da« ihnen K
nommen.
Die Überlieferungen dieser lange isolierten Gemeinden mil denen dei
nischen Heimat zu vergleichen, bal natürlich 1 deree
Interesse. Denn wenn die Ljutziner Esti n auch manche Lieder und M
ihren lettischen und russischen Nachbarn übernommen haben, bo darf man doch
als ziemlich sicher annehmen, dass was mit der Volksdichtui s
übrigen Esten übereinstimmt, schon vor mehr als 2UO Jahren von den Auswandrern
bracht wurde; di'nn als auch hier dii I jede
Verbindung mit dem Mutterlande auf. In der vorliegenden Arbeil [riebt nun
Kallas ausser einer gut orientierenden ethnographischen Einleitung die 80 Märchen,
die er aufzeichnen konnte, im Originaltext S. und in einer Verdeutschung
;S. 115 202), die bei L 2 Stücken vollständig ist, bei den übrigen aber ßich auf
eine kürzende Inhal tswiederg rankt. Wenn auch vergleichende Anmerk
fehlen, so zeugt doch die Zusammenordnung der verwandten Nummern von der
Umsicht und Sorgfalt des Herausgebers. Neben vielen in ganz Europa und weiterhin
verbreiteten Märchen- und Schwanktypen finden wir auch eigentümliche Stücke,
wie 21. 25. 43 — 19. 52. 55: gut erzählt sind besonders die Fuchsmärchen.
Zur ersten Orientierung über die wertvolle Sammlung, die wir hiermit allen
Märchen forschem bestens empfehlen, mögen noch einige Verweise auf bekanntere
Parallelen folgen: Xo. 1 'Der Schützli Steinkönigs': vgl. zum Anfange Grimm,
KHM. Xo. 136 Eisenhans), zu den ausgeschnittenen Drachenzungen Köhler, Kleinere
Schriften 1, 399. 430. No. 2 6 'Domka und Adamka': vgl. Grimm No. 60 'Die
zwei Brüder'. — No. 7 -Der entflohene Königssohu': Köhler 1. 388 und 330.
Xu. 9 'Erbsenheld, Eicbenbieger und Bergewalzer': Köhler 1. 437. 543. No. 11
•daun der Königssohn': Köhler l, 418. 553 (Tierschwä^ No. 12 'Jaan der
Königssohn': Köhler 1, 161 (vergessene Braut); der Eingang kehrt in No. 34 ander.
— Xo. 13 -14 'Der Retter der Königstochter': Köhler l, 145. 432 Traum von
künftiger Erhöhung und 330 (Grindkopf). — Xo. lö 17 'Die klugen Brüder und
der einfältige Bruder': Köhler 1. 55. 551. — Xo. 18 'Die klugen Brüder und der
einfältige Bruder': Köhler 1, 539; zum Eingange Gonzenbach, Sicilianische Märchen
No. 64. Xo. 19—20 -Der in eine Sehlange verwandelte Mann': Köhler !
zur Aufgabe 'nicht nackt, nicht bedeckt' ebenda 1, -117. — Xo. 22 23 'Die K gin
und ihre zwölf Söhne': Gonzenbach Xo. ö (Gespräch der Schwestern ui
verleumdete Frau); zum Schlüsse S. 148, Gonzenbach Xu. 25 und Köhli
— Xo. ^4 -Die kämpfenden Brüder': Grimm No. 25 'Die si ben Rabei . eigen-
tümlich umgestaltet. — No. 2ü 'Der Däumling': Grimm Der
Mann und der Wind': Grimm Xo. 36 (Tischleindeckdich a s. w. . — No. 2
•Gottes Sinn, des Hechtes Zunge': Köhler 1. 405. onto No. 30 31
•Bruder. Schwester, des Bruders Knechte': Köhler 1,304 (treulose Schwester, treue
Hunde). — No. 32— 33 'Der Wunderring': Köhler 1,440. Xo. ■ Schwarzen
Lehrling': Grimm Xo. 68. Köhler 1. 138. ' 'Der Bettelknabe bekommt
des Kaufmanns Habe': Köhler 1'. 357. 679. No. 37 'Der Aschenkönig': Köhler
1, 556 (der gestiefelte Kater). - No. 38 'Die VVirtstochter und da imädchcn
heizen die Badestube': Staufe Xo. 48 in dieser Zeitschrifl No. 39 'Die
Wirtstochter und das Waisenmädchen in der Unterwelt': Grimm Xo. 24 Frau
Holle). — Xo. 40—42 -Der Bösen Tochter und die Waise': eine Verbind _
Märchen von Aschenputtel und der vertauschten Braut, s. Köhler I 1 der
Wunderkuh und dem aus ihren Eingeweiden entsprossenen Apfelbaume s. Montanus,
Schwankbücher 1899, S. 592. — No. 50 Die ermordete Schwester": Köhler. Auf-
|IH>
Wi-inliold:
slieder 1894, S. T'> die Ballade von der sprechenden Harfe). — No. 56
Bruder und der arme Bruder': a) Köhler, Aufsätze S. 99; b) Köhler.
Kl Schriften 1,409. - N • 58 'Der Sohn tötet den Vater': zum Biegen der jungen
Birke *gl. Köhler 3, 42 No. 59 'Ein Mann sucht des Lebens Ungemach': Bolte-
Seelmann, VI. Schauspiele L895, S. 42. Montanus S. 626. 658 (Buhler als Teufel
Poren). — No. 60 "Der schlechte Sohn': Pauli. Schimpf und Ernst No. 326
[Geld im Brote). — No.61 'Der gute Sohn' (tötet bei Hungersnot den Vater nicht):
Köhli ; — No. 62 'Hans der Dieb': verschiedene Streiche aus den Märchen
vom Meisterdieb Köhler 1. 210. 307. 415. 447) und dem Volksbuch Salomon und
Marl.oir \. d. Hauen. Narrenbuch 1811, S. 249. 264. 506). — No. 63 'Das einfältige
Weib': Frey, Gartengesellschaft No. 1. Köhler 1,71.341. — No. 64 'Gott und der
Grimm No. 198 und diese Zeitschrift 8, 21. — No. 6? 'Des Weibes List':
Bolte, Ztschr. f. vgl. Littgesch. 7. 456 No. 4. 11,70 (Teufel kastriert). — No. 70
■i),! Gehörnte und der Bär': Köhler 1, 72 (Schrate! und Wasserbär). — No. .2
'Der Fuchs als Gänsehirt': Köhler 1, 106. — No. 73 'Des Fuchses Stücklein':
Köhler I, 71. 107. 197.
Berlin. Johannes Bolte.
Osterlaudsagen. Sagen. Bilder und Geschichten aus dem Altenburger
Ostkreise. Herausgegeben von Prof. Dr. M. Geyer. Altenburg. A.
Tittels Verlag, 1901. S. XVI. 211. 8°.
Das Landgebiet, dem die Sagen und Geschichten dieses Buches angehören,
ist der Ostkreis des Herzogtums Sachsen- Alten bürg oder die Altenburger Pflege
mit der Hauptstadt. Mythische Sagen sind nur zum kleineren Teil hier gegeben,
überwiegend sind es geschichtliche Überlieferungen, die dann auch meist schrift-
lichen Quellen entnommen sind, so den Kollektaneen des Monstaber Pfarrer Tauch-
witz (f 1633), den Nachrichten und dem Tagebuch des P. M. Sagittarius (1660 — 70),
der Kirchengalerie des Hofprediger Sachse (Dresden 1841 f.) u. a. Der Herausgeber
hat den einzelnen Stücken erläuternde Anmerkungen beigegeben. Wir glauben
gern, dass die Altenburger in dem Büchlein, das die Geschichten einfach und
schlicht wiedergiebt, gern lesen werden. Für mythologische Forschung bietet es
wenig:. K- ^ •
Paul Sebillot, Contes des Landes et des Greves (le I. vol. de la biblio-
theque du glaneur breton). Rennes, Hyac. Cailliere. 1900. S. XL 306. 8°.
Les coquillages de Mer. Paris, J. Maisonneuve, 1900. S.V.
109. kl. 8°.
Das erste dieser beiden neuen Bücher des unermüdlichen Herrn P. Sebillot
bringt Geschichten aus dem französisch sprechenden Teil der Cötes-du-Nord und
aus der Ille-et-Vilaine. Alle sind nach 1882 gesammelt, und daher ist keine in
den drei Bünden der Contes populaires de la Haute-Bretagne gedruckt, wohl aber
wurden die meisten in einer ganzen Anzahl von Zeitschriften hier und da verstreut
veröffentlicht. Aus der Ille-et-Vilaine wurden nur 10 der 41 Erzählungen gewählt,
weil die dort erzählten Geschichten weniger eigentümlich und originell sind als
die der Cötes-du-Nord. Die interessantesten sind die Sagen von den Höhlen an
der Meeresküste, die in der Bai von Saint-Malo und der von Saint-Brieuc sich
Bficheranseig KM
finden. Hingewiesen sei auf nur Variante der weil verbreiteten Polyphein
(No. 20, le geant qui n'avait qu'un oeil S. I98f. . dann No. 30 die Geschichte vom
Gevatter Tod (le compere la Blort, wo also der Tod nicht weiblichen Geschlechts
ist. wie sonst im französischen, sondern männlichen, gleich dem niederbretonischen
Anku : No. 31 la Morl el le bonhomme, eine Variante des Schmidts von Jütei
Nu. 28 l'homme qui vendit sa peau an diable, wo der Teufel durch den pri<
liehen Sohn des dem Teufel verschriebenen nm Beine Beute geprellt wird. - Den
Schluss machen zehn komische Geschichten, ziemlich /ahme, da P. Sebillot die
bedenklichen hier ausschloss. Die Basse-Bretagne kennt sie nicht, wohl aber die
Haute-Bretagne und noch mehr die 111 e-et-V ilaine. Auch anter jenen zehn
wir mehr oder minder verbreiteten Motiven.
Les coquillages de Bier sind der Beginn einer Reihe volkskundlicher
Monographien, die unter dem Titel Melanges traditionnistes von dvn Herren P.
Sebillot und Julien Vinson in Aussicht stehen. In dem vorliegenden Büchlein
werden im 1. Abschnitt die lebenden Schaltiere nach Namen. Sprichwörtern, Rätseln,
Sagen und Aberglauben medizinischer Verwendung behandelt Im 2. Kapitel er-
scheinen die Muscheln und Gehäuse nach gleichen Richtungen. Es ist die er-
irte Passung eines in der Revue d'Ethnographie 1886 erschienenen Artikels
K. W.
Tales of Tennalirama (The famous court jester of Southern [ndia).
Madras 1900. S. VI. 16. 8°.
Pandit S. M Natesa Sastri, ein südindischer Gelehrte!-, der weiteren Kreisen
bisher wohl nur durch seine Veröffentlichungen im [ndian Antiquary bekannt
■ n ist. hat im vergangenen .Iahte eine Sammlung von 17. bezw. 16 Eulen-
spiegelstreichen unter dem Titel „Tales ol Tennalirama- herausgegeben, die für
die Folkloristen immerhin von Interesse ist. zumal ja derartige Anekdoten gerade
in Indien nicht allzu häufig zu einem Ganzen vereinig! n, so beliebt Witz
und allerlei Schwanke sonst auch in Indien stets gewesen sind. Im ECatbäsarite
wiire auf Buch 61 zu verweisen: hrner muss hier der Sukasaptati gedacht weiden.
wenn auch die hier beliebten Scherze, dem Grundgedanken des Buches entsprechend,
sehr eintönig sind. Der Held ist der Hofnarr eines Königs Rrsnadeva Räya, der
las XVI. Jahrhundert gehört; seine Streiche sind noch heute m Südindien
wohlbekannt, und seine Witze gehen dort jetzt noch von .Mund zu Mund. Nach
unserem Geschmacke smd die mitgeteilten Schwanke freilieb recht albern - der
Übersetzer macht in der Vorrede selbst darauf aufmerksam aber sie Bollen
auch gar nicht etwa ästhetisches Wohlgefallen erwecken, sondern vielmehr dem
Folkloristen bei seinen Untersuchungen willkommene I en bieten und neue
chtspunkte eröffnen; ausserdem gewährt uns das Buch «'inen tiefen Einblick in
das Treiben an indischen Königshöfen. Der beschränkte, despotische und launen-
hafte Herrscher: der lüsterne Hauspriester; die geldgierigen Brahmanen; die Hol-
dichter und -gelehrten, die so häufig in Angst und Sorge sind, es könnte ihnen
durch einen fremden Nebenbuhler ihre einträgliche Pfründe mit I treitig
gemacht werden - das alles sind Typen, die für die indische Welt so charakte-
ristisch sind: sie begegnen uns in der L.ttcratur auf Schritt und Tritt, z. B. auch
im Bhojaprabandha, und sind für den Kulturhistoriker über allen Zweifel sicher
bezeugt. Auf dem Gebiete der vergleichenden Märchenkunde wird der Kenner
gewiss auch manchen alten Bekannten wiedererkennen: und was den Finger- und
Zeichensprachen-Scherz S. 37 anlangt, so wäre dazu etwa nachzulesen, was Vat
](>•_> Bolte:
na im Kämasütra S. 33 und Yasodbara S. 39 darüber bemerkt; übrigens er-
innert die Stelle auf das lebhafteste an ein Kapitel im Rabelais! Prof. Zachariäe
oich auf Köhler, Kleine Schriften, [, 513 und II. 179 ff. - Als Probe
7: „When the mother of the Räyar (das ist der König) was about to
jhe wanted a mango fruit to eat: bat before it was brought she expired. The
Räyar was yery sorrj that he was not able to fnlfil the last wishes of his mother,
and Bending for some Brähmans he said to them: — „My mother set her heart
on a mango fruit, but died before it was given her. By what means can I appease
her soul?" To this theyreplied: — „If you make mango fruits of gold and present
them as gifts to Brähmans on the occasion of the annual ceremony of yonr mother
her soul will be paeified." The Räyar believed it and made the gifts aecordingly.
Next day Tennäliräma invited to his bouse all those Brähmans who had reeeived
Bach gifts saying that the annual ceremony of his mother was taking place in his
house. There he heated the handle of an iron ladle and cauterized each guest in
two places. They all went away weeping and reported the matter to the Räyar.
The Räyar sent for Tennäliräma and said. ..Why did you do this outrageous aet?"
Be said: „My mother in her last moments was suffering from convulsions in her
band and feet. Cauterizing was recommended. But before the hot handle of the
iron ladle could be brought she expired. To appease her soul, I acted in this
manner.'* On hearing this explanation the Räyar laughed long and loud.u — Auf
v. 37 sind die Anmerkungen zu streichen. Zu beziehen ist das Buch durch Otto
Harrassowitz, Leipzig.
Halle a. d. S. Richard Schmidt.
HLoftniaim von Fallersleben, Unsere volkstümlichen Lieder. Vierte Auf läge,
herausgegeben und neu bearbeitet von Karl Hermann Prahl. Leipzig.
W. Bngelmann, 1900. S. Till. 349. 8°.
Mehr als dreissig Jahre sind seit dem Erscheinen der 3. Auflage von Hoff man r.s
trefflichem Verzeichnis volkstümlicher Lieder verstrichen, und die Liederforschung
hat seitdem nicht gerastet, sondern manchen Schritt vorwärts gethan. Von vielen
namenlos umlaufenden Texten und Weisen ist durch tüchtige Gelehrte, wie Max
Friedländer, John Meier, Arthur Kopp u. a., Urheber und Entstehungszeit aufgedeckt
und sicher gestellt worden. Insbesondere hat Meier für eine grosse Anzahl von
m. die von Volksliedersammlern aus dem Munde des Volkes aufgezeichnet
und als dessen Erzeugnisse betrachtet worden waren, die Herkunft aus dem Kreise
der Kunstdichter erwiesen und darauf seine Theorie gegründet, dass zwischen
Kunstlied und Volkslied überhaupt kein organischer Unterschied bestehe, sondern
das Wesen des letzteren im Anempfmden und Zurechtstutzen des zuvor von einem
Einzelnen Geschaffenen liege. Durch solche Einzelarbeiten ermutigt, hat sich Prahl
entschlossen, ihren Ertrag in einer umgestalteten Ausgabe des Hoffmannschen
Werkes zusammenzufassen, und wir dürfen uns dessen freuen.
Mit anerkennenswertem Fleisse hat er nicht allein die gedruckte Litteratur
studiert, sondern auch den hsl. Nachlass Hermann K estners und Hoffmanns von
Fallersleben verwertet und ist auf ihren Pfaden selbständig weiter geschritten.
Ausgeschieden hat er Hoffmanns einleitende Charakteristik neuerer Sammlungen
und eine Reihe von Liedern, die heut nicht mehr als Volkslieder zu betrachten
sind, dafür aber so viele neue Lieder eingesetzt, dass ihre Zahl bis auf 1350 Nummern
(einige nachträgliche Einschaltungen ungerechnet) angewachsen ist. Eine praktische
Bücheranzi igen. H >.">
Neuerung ist ferner die Vereinigung der biographi ■ ichrichten über Dichtei
and Komponisten mit dem Namensverzeichi lern der Vorrede angehii
chronologisch«' Liederregister ist an den Schiusa pesteilt.
Leider wird unser Wohlgefallen an dem stattlichen und im ganzen recht zu-
verlässigen Werke, das weiteren Bestrebungen auf diesem Gebiete als willkoran
Grundlage dienen wird, einigermassen getrübt durch da I tändnis des Verf.s,
er nicht Musiker sei und daher die Melodiennachweise aus zweiter Hand
schöpfen müsse. So sind in der That manche Kompositionen libergangen, die
angeführt werden mussten; Georg Försters Frische Liedlein sollen 1665 ged
sein: Lindpaintner heisst konsequent Lindpaitner, Carl Loewe, dw überhaupt
stiefmütterlich behandelt wird, erscheint stets als Karl Löwe, Chr. Kalkbrennei
als Kaltbrenner, T. H. Baylj als Bagly u. s. w. Manche [nkonsequen:
ferner die Datierung der Lieder. No. 751 'Jetzund kömpt die Nacht herbey',
eine Dichtung des L639 verstorbenen Opitz, führt die Dberschrift -vor 164F
während sie doch schon in Opitz' Teutschen Poemata 1624, S. 92, gedruckl
Über die Geschichte dieses Stückes vgl. Holte. Zs. f. dtsch. Phil 25,34; Serapeum
1870, 154; Bäumker, Das kathol. deutsche Kirchenlied 2, 254 und Musica
1896, No. 24; eine schwedische Übersetzung von Joh. Paulini bei Banselli, Samlade
Vitterhetsarbeter 6, 259 (1863). No. 9£8 'Sassa geschmauset' soll seil 155*4
druckt 17.37) existieren, weil damals Schildo den verbreiteten lateinischen !
meter -Fde bibe lüde, post mortem nulla voluptas' citiert. Das trochäisch gebaute
Lied 'Gestern Abend ging ich aus' (No. 493) soll aus dem 16. Jahrh. stammen.
weil llusemann 1575 eine gereimte lateinische Hasenklage aufgezeichnet (warum
wird da nicht lieber z. B. Hans Sachs, Fabeln und Schwanke ed. Goetze No 165
genannt?): der gleichen Zeit soll die No. 412 'Es ritten drei Leite,- zum Thore
hinaus' angehören, deren zweite Strophe damals in anderen Liedern vorkommt.
No.436 -Ls wollt ein Ktiferle wandern' erhält gar das Zeugnis 'seit dem 13. Jahr-
hundert'. In all diesen Füllen ist aber nicht scharf geschieden zwischen dem
.Motiv und seiner vorliegenden Ausgestaltung; gelang es nicht, letztere zu datieren.
so musste eben das Datum in der Überschrift fortbleiben. Hingegen konnten
Uhlands Lieder leicht mit Hilfe der kritischen Ausgabe von Bartmann und E. Schmi.it
noch genauer datiert werden. - Mehrfach hatte, auch die litterarischen Hirn
auf neuere, in Zeitschriften verstreute Liederforschungen reichlicher bemess«
dürfen: Böhmes Sammlungen, so wenig sie strengeren Ansprüchen genügen, sollten
z. B. bei No. 332, 817, 849 n. a. angeführt weiden.
Ein paar anspruchslose Nachträge mögen folgen. No. 68 'An einem Mü-
der rauschend schoss' steht dänisch bei J. Madsen, Folkeminder fra Hanved
ved Plensborg 1S70, S. 133. No. 317 'Ein Beiz, das sieh mit Sorgen quält
vgl. Altpreuss. Monatschr. 31, 689 No. ' No. 332 'Ein niedliches Madchen.
vgl. Köhler-Meier, Volkslieder von der Mosel No. 200, No. 127 'Es wai
junges Mädchen', vgl. die Bearbeitungen von Weisse Die Liebe auf dem Landi
1768) und Löwen (Romanzen der Deutschen "2, 178. 177? No. 441 'Ee
drei Bursche', vgl. meine Bemerkung über Uhlands Vorbild in Runzes A
von Loewes Werken 10, VII (1901). - No. 590 'Ich bin der Doktor Eisenhart
vgl. A. Kopp in der Zeitschrift für Kulturgeschichte FMK». No. 840 Mag auch
die Liebe weinen', vgl. Krummacher. Pestbüchlein 1, 136 (2. Auflage 1810).
No. 1105 'Über die Beschwerden dieses Lebens', vgl Stieglitz in Steglitz A. Kopp).
Die Friedenspfeife 1893, S. 41. - - No. 117'.. 'Was bracht me i dm- Schwyz
auf ein Lied des 17. Jahrh. zurück: vgl. Bolte, Der Bauer im deutschen Liede
1890, No. 7 (Acta germanica 1, 2U7).
|n4 Weinhold:
Die Präge, <il> antei die Schar der ron Prahl aufgenommenen, heute volks-
tttmlichen Lieder nichl dies oder jenes fehlende Stück aufgenommen zu werden
nte, will ich nicht erörtern; hier wird der persönliche Geschmack meist
verschieden arteilen. Nur auf den Ursprung eines bekannten Liedes möchte ich
noch kiuv hinweisen. Bei Ditfnrth (Fränkische Volkslieder 2, 129 \o. 173. 1855)
steht folgender in Bamberg aufgezeichneter Text:
Schwarzbraunes Mädchen, du hast ein Bchönen Kopf, juhe!
1 schöne Kopf ist deine,
Das Beizen dran i-t meine,
Schwarzbraunes Mädchen, du hast ein schönen Kopf. 4 Str.
ähnlich im Leipziger Commersbucb 1869, 8. 174. Das Urbild dazu ist ein
< redicht 'Susannchen' in der von Wilhelm Müller herausgegebenen 'Askania. Zeitschrift
für Leben. Litteratur und Kunst' 1, 4G9 (Dessau 1820), auf das ich durch eine in
Reinbold Köhlers Nachlass vorgefundene Notiz von K. Elze aus dem Jahre 1873
aufmerksam wurde. Der Verfasser, der sich hinter dem Initialen L. birgt, ist
vielleicht Otto Heinrich Graf von Loben, der an der Askania mitarbeitete:
1. Susannchen, Susannchen. :'>. Susannchen. Susannchen,
Mit deinem Schwanenhals; Dein Aug" ist himmelblau:
Der Hals der ist zwar deine, Das Aug" das ist zwar deine,
Das Hälseu doch ist meine, Das Angeln doch ist meine,
So hüls" ich dich die ganze Zeit So äugeln wir die ganze Zeit
In lauter trauter Lieb' und Freud". In lauter trauter Lieb' und Freud*.
2. Susannchen, Susannchen, 4. Susannchen, Susauncheii.
Du bist mein liebes Herz; Im stillen kleinen Haus!
Das Herz das ist zwar deine. Das Haus das i-t zwar deine,
Das Herzen doch ist meine. Das Hausen drin ist meine,
So herz' ich dich die ganze Zeit So hausen wir die ganze Zeit
In lauter trauter Lieb" und Freud". In lauter trauter Lieb' und Freud". L.
Berlin. Johannes Holte.
Heimatkläuge aus deutschen Gauen. Ausgewählt von Oskar Dähnhardt.
T. Aus Marsch und J leide. Mit Buchschmuck von Robert Engels*
Leipzig. 15. (I. Teubner, 1901. S. XIX. 170. 8°.
Dr. O. Dähnhardt, Gymnasiallehrer in Leipzig, . ist uns schon durch die zwei
Bändehen Volkstümliches aus dem Königreich Sachsen (1898) und seine Natur-
geschichtlichen Volksmärchen (1898) als eifriger Freund der Volksüberlieferungen
und für seinen Beruf begeisterter Lehrer bekannt. Derselbe Zug geht auch durch
eue Buch, eine fein ausgewählte Chrestomathie plattdeutscher Dichtungen in
Heim und schlichter Rede, in denen sich das innere Leben, das Denken und
1 üblen der niedersächsischen Stämme trefflich ausspricht. Es liegt dem Heraus-
geber am Heizen, ein Buch für die Jugend und ihre Lehrer herzustellen, ein Stück
\ olkskunde, die der kleinere Schüler mit Freuden ins Herz schliesst und aus der
ere sein Vaterland verstehen lernt. In der richtigen Hand wird das Buch
sreich auf die jungen Seelen wirken: aber auch ältere werden gern und mit
Gewinn diesen Beimatklängen lauschen, die in wohlgestimmtem volltönigem Geläut
aus Marsch und Heide uns erfreuen und erheben.
In zwei weiteren Bändchen werden die mittel- und oberdeutschen Gaue vor
uns vorüberziehen. K. Wein hold.
Hü 10;")
A. / '. //(»/./ t 0 Vi 1 1 <i QOl ii m i. TdfXOC, I .:•■< /.' '■ . \l, ,,„,,./, .■,,iihi.
68 -71; 110—113.) 7-.Y 'A&rjvatg, n L899.
I.WYIII und 600 S. 699 S. gi
Unter dem bescheidenen Titel „Sprichwörter" verbirg! Bich h R i
in der europäischen Sprichwörterforschung eine Epoche bilden wird, Bowohl durch
Beinen Ornfang wie durch seinen Inhalt. Es will zwar nur eine möglichst \oll-
Btändige Sammlung neugriechischer Sprichwörter Bein, indessen Bchon die eine
Thatsm luv dass die ersten beiden vorliegenden Bände nur den Buchstaben A, d. h.
Sprichwörter enthalten, deren Hauptstichwort mit \ beginnt, zeigt mein
nur. dass wir es hier mit einem gross angelegten Sprichwörterlexikon zu tliun
haben, sondern auch, dass dabei aoeh etwas Anderes im Spiele sein mus
der grosse Reichtum der beutigen Griechen an den Erzeugnissen d< r Spruch-
weisheit würde nicht hinreichen, am etwa zehn starke Bände ZU lullen
auf 30 viel dürfte das Werk voraussichtlich anwachsen. Aber es« entspricht auch
gar nicht einem bloss registrierenden Wörterbuch; eher liesse es sich als ein ver-
gleichendes Wörterbuch der neugriechischen Sprichwörter bezeichnen,
indem nach dem Muster der sprachvergleichenden Methode zu jedem neugriechie
Sprichwort alle seine europäischen, zum Teil auch aussereuropäischen Verwandten,
und /.war in der Ursprache nebst griech. Übersetzung, aufgeführt werden, wie
auch die griechischen dialektischen Varianten eines jeden. Diese gewallige Arbeit
konnte dem Verf. nur möglich sein bei einer vollständigen Beherrschung d<
samten Sprichwörterlitteratur. Er hat in der Einleitung des 1. Bandes Belbst
Rechenschaft über seine Quellen abgelegt, und wir entnehmen daraus, dass er von
fremden Sammlungen benutzt bat: 2 polyglotte, N italienische, 14 französische,
4 spanische. 3 rumänische, 4 keltische. 7 albanesische, 1 holländische, 6 deutsche,
l' bulgarische. 1 serbische. 2 russische, je 1 litauische und armenische, 5 asiatische,
3 arabische, 7 türkische und je 1 hebräische, lappische und japanische Dazu ist
in den zahlreichen, oft ganze Abhandlungen bildenden Erläuterungen zu einzelnen
Prägen (vgl. z. B. !. 436 ff. über „Brot und Salz essen™: 562ff. .Wer andern eine
Grube gräbt u. s.w."; II. (3041V. über das goldne Ei; 643ff. ober das Ohrensummen;
226ff. über die Zwölfzabl des Gefolges; 621 ff. über den Einfluss bestimmter Monate
auf das Wetter u. s. w.) fast die ganze folkloristische Litteratur herangezogen worden,
bo dass man ein Werk deutschen Gelehrtenfleisses vor sich zu haben glaubt,
jedenfalls ein solches, auf das die junge griechische Wissenschaft mit Stolz
blicken kann.
Denn dass in erster Linie die griechische Lokallitteratur nach gedruckten und
ungedruckten Quellen in reichlichstem Masse ausgebeutet ist, braucht kaum bemerkt
zu werden. Allein 139 gedruckte Sammlungen standen dem Verf. zu Gebote,
wozu noch zahlreiche handschriftliche aus den verschiedensten Gegenden griechi-
scher Zunge kommen, die sich auf etwa 18000 Nummern belaufen, BO dw
ganze Werk etwa 25000 Sprichwörter enthalten wird. Dm einen Begriff zu s
von der Fülle des Stoffes, der hier aufgehäuft ist, führe ich einige der hau
Stichworte an. nach denen das Ganze angeordnet ist. Unter „Liebe", „lieben"
(xyxny, «.yxnSi) sind 70 Nummern vereinigt nur die griechischen Sprichwörter
werden gezählt); unter „kaufen" (a-,:,:*» 26, unter Schwester und Bruder
02&p<f>o's -r) 43, unter „Luft" ■■ unter „Blut" {tu/u 25, ante« ..trüget
„Trägheit« 44, unter „hören" (dxovw) 73, unter „Fuchs" ((ftejrov) 50; „Wahrheit"
umfasst 59 Nummern; -Mann- (&Jp*s) 81; »Mensch" 72; „Der Adl -
48; ,Geld« (otVffpa) 40; rEiu («5-yO 7; -,)hr" C*™) 49 Nummern. Dabei ist
rieh:
allerdings zu bedenken, dasfi viele davon nur Varianten sind, deren jeder eine
immer angewiesen ist. Das isi aber ein offenbarer Mangel der Anlage
und zugleich ein Grnnd für die Breil Ganzen. Wären alle diese unter einer
Iforra znsaromengezogen, bo wäre nicht nur viel Raum gespart worden, sondern
auch die Übersichtlichkeit hätte dadurch gewonnen, zumal jetzt die zusammengehörigen
Stüekr oft an ganz verschiedene Stellen eines Stichwortes zerstreut sind und nur
durch ein etwas unpraktisches System von Verweisungen zusammengehalten werden.
In dieser Beziehung hätte das .Material einer stärkeren „Durchknetung" bedurft.
Jedenfalls wird das Werk, wenn es sich auch etwas in die Länge ziehen wird
zeitlich und räumlich — , eine unschätzbare Leistung darstellen und für die
'•ich ende Volkskunde eine unerschöpfliche Fundgrube bilden eben durch
die Heranziehung des gesamten nichtgriechischen Sprichwörtermaterials. Man darf
dalur gespannt sein auf die Ergebnisse, die der Herausgeber im letzten Bande
zusammenzufassen gedenkt. Da jedoch darüber noch Jahre hingehen werden, die
beiden vorliegenden Bände aber schon genug Stoff in sich bergen, um einen vor-
läufigen Einblick in die Verteilung desselben zu erlauben, konnte es sich Ref. nicht
jjen, dem Herrn Herausgeber vorzugreifen und die zwei Bände daraufhin
durchzuarbeiten, wieviel und welche Sprichwörter darin allgemein europäisch, welche
nur osteuropäisch, bezw. „balkarisch", und welche ausschliesslich griechisch sind.
Die erste Gruppe, welche die meisten Sprichwörter umfasst, interessiert uns
am wenigsten. Ks sind meist alte Bekannte mit wenig veränderten Zügen. Um
so anziehender ist die zwar nur kleine zweite, osteuropäische, bezw. Balkangruppe,
denn ich zählte von ihr nur etwa 134 Nummern unter 35 Stichworten. Da die
meisten davon für osteuropäische Auffassung bezeichnend sind, führe ich einige
daraus an, wobei ich mich auf die in mehr als zwei Sprachen verbreiteten be-
schränke: ..Die ungeladene Pistole erschreckt zwei" (afaiavoc, A: griech., serb.. russ.).
-Ich sprach und ich hörte" (axoi/cu 35: griech., rum., tlirk.). — „Wo man von
viel Kirschen (Trauben, Birnen) spricht, nimm ein kleines Körbchen mit (axtniw
47 55: griech., alban., serb.. rum.); entspricht dem Sinne nach unserm: „Viel
Geschrei und wenig Wolle". — r^ir haben Salz und Brot gegessen" (ahtc 7:
griech.. alban., türk., arab., russ.). Dazu giebt Politis eine lehrreiche Studie über
die Sitte. ..Klopfe nicht an andrer Thüre, dass man nicht an deine klopfe"
'/./.:; L56: griech., türk., russ.). — »Wer um andre Thränen vergiesst, dem ver-
siegen seine Augen" y././.z: 166: griech., rum.. türk.. doch auch deutsch). — „Hier
reibsl du mich und dort juckt es mich" :■/./.:> 22 und 50: »riech., alban., rum.).
„Der Mensch ist stärker als Eisen und schwächer als Glas- [avbptvnoq 45);
türk. „ . . . schwächer als eine Rose"; russ. „Der Mensch ist stärker als Stein und
schwächer als Wasser*. - „An der Unvermählten Thüre stehen hundert, und
einer ist der Esel- (d. h. der sie bekommt): griech., rum., russ. (avvnctvopog 5, 6).
Ein echt osteuropäisches Sprichwort — wenigstens der Form nach — ist äritpa
31, 37, 3!*: S| weisses Geld für schwarze Tage (griech.. alban., serb.,
rum.. türk., russ. und venetianisch; in letzteres offenbar erst eingeführt). —
„Weiss ist auch der Schnee, doch — ihn die Hunde" (io-npez 11—13: griech..
alban.. rum.: von schönen, aber verdorbenen Menschen). — -Der scharfe Essig
BChadet seinem Gefäss- (d-i-L: griech., alban., serb.. türk.. armen.).
W enn ich nur die in -wenigstens drei Sprachen verbreiteten Sprichwörter
herausgehoben habe, so geschah dies vor allem darum, weil es mir zweifelhaft
erscheint, dass so viele sich nur in zwei Sprachen finden sollen, zumal, wie
meistens, in so weit auseinander gelegenen wie das Griechische und Rumänische
oder das Griechische und Russische. Hier fehlen — davon bin ich fest überzeugt
II 1 1 1,
die verbindenden Mittelglieder des Südslawischen. Geradi die Sttdslavi
.loch im Mittelalter die byzantinische Kultur und damit a \
.ms erster Band erbalten, und erst durch sie kam sie zu dei
diese offenbare Lückenhaftigkeit i i nicht auf mai
Boadern auf unzulänglicher Ausschöpfung der Quellen beruht, - ■ auf
i,i- Verzeichnis dieser; denn es geht daraus hervor, dass Pol
Südslavische und auch für das All
bekannt geblieben sind, auf die schon G. Meyer, i hr III. 398 f. hin-
gewiesen hat. z.B, för das Südslavische Kreks Einleitung in Uur-
geschichb -' 788ff., sowie die Sammlung in dun Sbornik des Bulgar. Unterrichl
roinisteriums I. 218f., III. 246ff., IV. I94ff., V. • HIT., VIII, 231 ff.,
IX, 187 ff. Für das Albanesische vermisst man die allei r schwer zu •
langendi S ■ kurra von Mitkos, sowie die eine Anzahl Sprichwörtei ent-
haltenden Grammatiken von Rossi Rom 1866) und Jarnik Leipzig
Durch die Benutzung dieser Quellen würden sieher wesentliche Züge für das Bild
des osteuropäischen Sprichworts gewonnen werden.
Durch Politis' Sammlung werden wir nun auch in den Stand gesetzt,
dritte Gruppe dw spec. griechischen Sprichwörter festzustellen, was für die Er-
kenntnis des griechischen Volkscharakters natürlich höchsl wichtig ist. Die Zahl
rselben ist ziemlich gross und beweist, dass die Griechen einen wertvollen Schatz
von Spruch Weisheit ihr einen nennen können. Einige charakteristische und zugleich
häufige Proben davon seien noch h riffen: ..Wen du liebst, den Bcbimpl
auch mal. und wen du hassest, grüsse" -, • - ■ • „Ein müssigei Mönch s
auf die Fliegenjagd" x< .*-•:: 3 l< „Die Schwester schätzl den Bruder .
einem goldnen Kreuz, und der Bruder die Schwester gleich einem Sack voll Stroh4,
(a&X<f»j 2). — Giebt es Galle unter Gatten, Kämpfe unter Brüdern?
0>j--/..|,:: 11). — Ebenso bezeichnend als häufig ist: ..In einem Land, das nicht viel
abwirft, lass dich ja nicht lange nieder" -^..ok. r:. „Ich hörte es und
Schweiss brach mir aus. ich sah es, da trat er wieder zurück" F.» ■_
„Der Geizhals glaubt, er gewinnt und merkt nicht, wie er verliert* ' ■
- „Des Geizigen Hain, kommt in Verschwenders Hände" ebenda 21
„Kommt nur in die Mühle. Hunde, braucht kein Mahlgeld zu bezahlen"
4—11: von Leuten, die ihr Eigentum den Zerstörern preisgeben; die Hunde fress
gern dim Müllern das Mehl auf). - Weit verbreitet ist auch: „Der Fuchs hatte
Arbeitsleute gemietet und ging dann auf den Heuschreckenfai ■ !1 l3:
von Leuten, die ihre Arbeit Fremden überlassen und ihrem Vergnügen nachgehen).
— „Was hat der Fuchs im Bazar zu suchen?" [ebenda M -47). - „Wahrheit
ohne Lügen ist wie Speise ohne Salz" a s.w. . ..Sprich die
Wahrheit und du hast Gott zum Heller- ebenda 16 - „Manolis war ein andrer
worden, d. h. er trug die Kleider ander-- 2 -4). - „Hier ist der Mönch
und dort seine Kutte" iXkov 12, L5, 18, ..Kauf dir im Mai kein
Pferd und nimm zu Ostern keine Frau" (•'/.:-,:■ I. 3, I. 20: weil nämlich i
die Pferde am besten gefüttert und zu Ostern di< Mädchen am meisten geputzt
sind). — .,Des Bauers Arbeit zeigt sich erst auf der Tenne" («Xii
der Sünder Lande ist der Ungerechte Richter" (*/**P™ /.:'- 7, 8). - „Der Weinstock
braucht einen Weinbauer und das Schiff Matrosen"
sollst du sterben, Mann, oder ich will Witwe werden" [ävtp*s 2a, 40a, 45: charak-
terisiert mit falscher Antithese solche, die anscheinend den Ansprüchen andrer
nachgeben, in Wahrheit aber alles für sich beanspruchen). — „Dir ward ein b
Schicksal, Mann; alle sind ertrunken und du bist entkommen'- (ebenda 50,
Bnohoranseigen.
prichl etwa dem deutschen: Unkraai vergeh! nicht). »Das Land hilft dir,
da 80 tapfer scheinst8 I 5: von solchen, die einen Zweck er-
ben, weil ihnen die On ad). „Gott macht wohl Verwaiste,
doch ir macht auch ihr Geschick" „Gott behüte dich vor
einem neugebackenen Reichen und vor einem stolzen Armen" («.p^ovras 3, 33, 37,
„Es Seien di< Sterne herab and es Prassen .sie die Schweine" (am-po 5, (!,
8, 11: von Vornehmen, die ins Unglück geraten sind und deren Reichtum in ge-
meine Hände füllt . „Er hat Eier und Körbe verloren" (av^o 39, 47, G5: von
einem grossen, anerwarteten Verlust . »Eier sind nicht zum Einsalzen, sondern
/um Sieden" ebenda 31, 44a, 82, 82a : so sagt der liebenswürdige Gastfreund,
wenn er sieht, dass die Gäste allzu ängstlich im Zugreifen sind). - Doch damit
mu88 es genug sein. Auf viele andere anziehende Probleme, zu deren Lüsung
Politis' Werk- erheblich beitragen wird, als z. B. ist der Ursprung- der Sprichwörter,
ob sie auf altgriechische, auf Fabeln, Märchen oder auf die Bibel zurückgehen
Letzterer scheinen besonders viele zu sein), wie ihre geographische Verbreitung
sich verhält zu dem Vorkommen in fremden Sprachen (die nur in einzelnen
tden vorkommenden scheinen am wenigsten aussergriechische Reflexe zu
haben . alles dies wird uns der Herr Verfasser am besten selbst sagen können,
wenn er die Summe aus seinem Werke ziehen wird. Möge es ihm vergönnt sein,
' 188 es recht bald geschehe! Der Dank aller Freunde der Volkskunde ist ihm
schon jetzt sicher. Denn sein Werk ist von internationaler Bedeutung und ver-
dient internationale Verbreitung. Der billige Preis (6 Frc. der Band) wird auch
dazu beitragen.
-München. Karl Dieterich.
Wie (las Volk denkt. Allerlei Anschauungen über Gesundheit und Krank-
sein. Vom Standpunkte des Arztes beleuchtet von Dr. med. Robert
Etumpe. Braunschweig (Friedrich Vieweg & Sohn) 1900. VIII und
131 S. kl. 8°.
Der Verfasser hat sich die Aufgabe gestellt, die Ansichten und Meinungen des
Volkes - und nicht immer nur der untersten Schichten desselben — über die
Krankheiten und über die Gesundheitspflege, wie sie dem praktischen Arzte so
häufig entgegentreten, nach dem heutigen Standpunkte der medizinischen Wissen-
schaft daraufhin zu prüfen, ob sie auf einem berechtigten Untergrunde ruhen, oder
ob sie unberechtigt und vielleicht sogar auch schädlich sind. Um seinen reich-
haltigen Gegenstand in übersichtlicher Weise anzuordnen, spricht er die haupt-
sächlichsten Abschnitte der menschlichen Entwicklung und des menschlichen
Lebens der Reihe nach durch: die ersten Lebenstage, die Zahnung, die Pubertät,
Ehe, das Wochenbett, das Säugen, das Altern und das Sterben, und fügt darauf
noch eine Besprechung der im Volke bekanntesten Krankheiten an. Er ist be-
müht, dasjenige, was bei diesen Dingen im Körper vorgeht, in populärer Dar-
stellung einem weiten Leserkreise begreiflich zu machen. Dann nimmt er bei
jedem einzelnen Abschnitt die kritische Beleuchtung der hierher gehörigen An-
schauungen der Volksmedizin und der Volksgesundheitslehre durch. Wer sich
also von den Volkskundeforschern für diese letzteren interessiert, der findet sie in
diesem Buche in systematischer Beziehung zusammengestellt.
Ref. möchte hier aber darauf aufmerksam machen, dass alles, was in das
Bereich der Volksmedizin im weiteren Sinne hineingehört, nicht ohne weiteres
als ein unmittelbarer und ursprünglicher Ausdruck der Regungen und Äusserungen
ii.-. 109
übt Volksseele angesprochen werden darf. Nicht «
welche heutigen Tagea das Volk auf dies«
vergangenen Zeiten, auch die Meinung di schaftlichen und gelehrten \r/t.-
gewesen. So isl es also ofl veraltete Magistralmedizin, welche im Volke noch
unerschüttert ihr Dasein fristet Lai dauert haben, bis
diese Lehren so tief in das Volk eil n waren, ihm allmählich in
Fleisch and Blut übergegangen sind. War aber id einmal ern
dann vermochten auch die Jahrhunderte nicht diese Ansichten wieder dem Voll e
zu rauben, obgleich die gelehrten Medizinei issen und ver-
worfen hatten. Aus den untersten Schichten de-« Volkes drangen Bie dann schritt-
weise auch in die gebildeten Kreise hinein, auf dem für derartige I1 wohn-
lichen Wege, d. h. durch die Wochen- und Kinderstuben. Nun haften Bie natürlich
auch hier: denn Belten wohl wird es einem Arzte gelingen eine Neuerang in dem
Krankenzimmer durchzuführen, wenn eine erfahrene weibliche Verwandte oder
Vertrauensperson eine gegenteilige Meinung vertreten sollte.
Der Verfasser bringt für das soeben Erörterte, wahrscheinlich unbeabsi
einige treffende Belege, indem er zeigt, dass die gleiche Anschauung, wie das
Volk sie verteidigt, auch schon der alte Hippokrates gehabt habe. Nun i
aber keineswegs notwendig, anzunehmen, dass in dem Volke noch aus vorchrist-
licher Zeit diese Anschauungen haften geblieben Bind, denn wir dürfen nicht
geasen, dass die Lehren des Hippokrates noch bis in das 17. Jahrhundert hinein
die wissenschaftliche Medizin sämtlicher Kulturvölker Europas beherrschten. Also
nur vor wenigen Jahrhunderten brauchen derartige Meinungen in unserem Volke
sich festgesetzt zu haben, und das ist ja in der Volkskunde keine ungewöhnliche
Erscheinung. Die von dem Verf. getroffene Anordnung, alle die volkstümlichen
Ansichten, welche er bespricht, durch gesperrten Druck besonders augenfäll
machen, wird dem Volkskundeforseher, der das Buch zu benutzen gedenkt, di<
Übersicht wesentlich erleichtern. ^1;IX Bartels,
Aus den
Sitzung-Protokollen des Vereins für Volkskunde.
Freitag, den 23. November 1900. Berr Geheimrat Dr. Mas Bartels sprach
über den Schmied und erläuterte seinen Vortrag durch mehr als 50 Projektions-
bilder. Er ging diesem Künstler und Handwerker durch alle Zeiten und L
nach, behandelte seine Gerate, ihre Ausbildung und Anwend »wie Beine
Leistungen nach allen Seiten, wobei auch der Kurschmiede und berühmter Schmiede
aus Sage und Legende gedacht und des heiligen Eligius. des Schutzpatroi
Schmiede, nicht vergessen wurde. Dem überaus inhaltreichen Vortrag im einzelnen
hier zu folgen, ist ausgeschlossen.
Freitag, den 28. Dezember 1900. Herr Geheimrat Weinhold legt
Schweizer Trachtenwerk vor, von dem Z. VIII, 358 gehandelt serdem
Abgüsse von eisernen Formen, in denen zu Neujahr und Fasnacht, auch für Kranke
und Wöchnerinnen Eiserkuchen gebacken wurden. Sie sind zum Teil mit Gnu.
menten versehen, die der Kunstfertigkeit der die Formen liefernden Dorfschmied<
lln liger:
ausstellen. Die Formen stammten sämtlich aus dem An-
haltischen und gehörten in die Jahre 1571 18( Sodann berichtete Herr Ober-
Richard Wossidlo aus Wann liber Sammelfahrten, deren Ei-
.:iiii Teil in den beiden Bänden der Mecklenburgischen Volksüberliefe-
I. deren oben S. 104f. Dnd im 7. Bande unsrer Zeitschrift
s. 213 f. rühmend gedacht ist. Angeregt zu seinen Bestrebungen wurde er durch
den um die nii tsche Sprach- und Geschichtsforschung hochverdienten, 1893
verstorbenen Gymnasialdirektor Karl Ernst Herrn. Krause in Rostock noch ani
dem Gymnasium. Dem Studenten spendete ein alter Lehrer in der Rostocker
die ersten Beiträge; ein Rademacher erzählte ihm tagelang und Mitglieder
der Familie desselben ergänzten diese Mitteilungen. Bei dem von nun an eifriger
benen Sammeln unterstützte ihn Max Dreyer, der Verfasser des Probekandi-
daten, und als der Vortragende nach Wismar and Waren übersiedelte, begannen
».eine systematischen Sammelfahrten, mit denen ihn später der Verein für mecklen-
burgische Geschichte und Altertumskunde beauftragte und wofür die mecklen-
burgischen Regierungen und Landstände als erste in Deutsehland Mittel anwiesen.
Berr Wossidlo ^i:i^ nun näher auf die Technik seines Verfahrens ein. Er rühmte
Unterstützung seiner Arbeiten nicht nur durch viele Lehrer, sondern
auch durch einfache Leute, einen Büdnersohn in der Hagenower Heide, eine
Fischerfrau u. 8. w. Es ist nicht leicht, den Leuten das Gewollte begreiflich zu
machen und sie zum Reden zu bringen. Mit Segen u. dgl. halten sie oft zurück,
ms Furcht vor dem Pastor, denken auch mitunter, dass der Sammler mit der
Steuerbehörde in Verbindung stehe. Für einen Klennermaker (Kalendermacher;
sieht man ihn an. einen Dichter, weil er updik teert (nach Diktat aufschreibt), für
einen Naturforscher, und nicht selten wird er bedauert und ihm geraten, sein Ge-
schäft, das keinen Tagelohn bringt, an den X;igel zu hängen, oder man hält ihn
gar für verrückt. Im allgemeinen ist das Volk aber offen und zutraulich, nur
muss der Frager die Mundart beherrschen. Altes Sprachgut hat sich am besten
im Südwesten Schwerins gehalten. Schwer zu sammeln sind Reime. Einzelne
men offenbarten eine erstaunliche Gedächtniskraft und nicht selten kommt
über die Zuhörer der Erzählungen eine weihevolle Stimmung. Am Schluss der
Sitzung wurde der Vorstand durch Zuruf wiedergewählt.
ü»;. Januar 1901 beging der Verein die Feier seines zehnjährigen Be-
stehens. Um ihre Einrichtung hat sich Herr Fabrikant Sökeland in unver-
ner Arbeit die grössten Verdienste erworben und gütige Spender nahmen
der Kasse die Kosten ab. Zu allgemeiner Betrübnis war es dem verehrten Vor-
sitzenden. Herrn Geheimrat Weinbold, der den Verein von Anbeginn geleitet
und liebevoll gehegt hat, um einer Erkrankung willen nicht möglich, dem Fest-
abend vorzustehen, und der anwesende-zweite Vorsitzende, Berr Geheimrat Virchow,
Übertrag dies Geschäft dem ersten Schriftführer Prof. Dr. Roediger. Er verlas
den Bericht:
Bericht über den Verein für Volkskunde.
1891-1900.
Von Karl Weinhold.
Am 23. Januar 1891 versammelte sich in der Aula des K. Wilhelmsgymnasium
zu Berlin eine stattliche Anzahl älterer und jüngerer Männer, auch an Frauen
fehlte es nicht: es war die erste Sitzung des Vereins für Volkskunde, der damit
in die Öffentlichkeit trat. Im Sommer 1890 waren rege Verhandlungen zwischen
Protokolle. 111
Mitgliedern des Vereins für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschi
Leitern der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwi fi und ai
Freunden der Volkskunde über die Bildung des neuen Vereins worden;
ursprüngliche Absicht, mir eine neue Abteilung des anthropoli infzu-
thun, war an Statutenbestiramungen gescheitert, und 1890
in einer grösseren Versammlung der Verein für Volkskunde qi m Namen
gebildet, die Batzungen waren entworfen und die Berausg ibe einer Vereinsz« itschrift
an Stelle der Laaarus-Steinthalschen Zeitschrift, welche die Herausgeber and di< \ •
aufgaben, beschlossen worden. Die Bestätigung und Bestallung sollte nun die
Sitzung bringen. In derselben entwarf zuerst Prof. K. W
hold die Aufgaben der Volkskunde und bezeichnete die Z
Rat Dr. A. Meitzen sprach über Land und Leute der enden, in dem
die älteste feste Beimatderin Europa einwandernden Germanen erblickte. Gymnasial-
lehrer Dr. Ulrich Jahn stellte sodann sechs Personen in .•(•hier Vierländer Tracht
vor, deren Schmuck und Stickereien er eingehend beschrieb. Stadtrath Priedel
endlich die Nächbildung einer schwedischen Stickerei aus. die ein Mi
darstellt. Hierauf wurden der Vorstand und der Ausschuss durch Stimmzettel
ihlt und der Verein war nun mit 143 Mitgliedern ins Lehen getreten.
Vorstand bildeten die Herren Weinhold, Virchow, D. Jahn, Minden, Alexander
Meyer Colin. \V. Schwanz und A. Meitzen. Zum Obmann des Ausschusses wurde
IC. Friede! gewählt. An die Sülle von ü. Jahn ist dann als erster Schrift-
führer zuerst Herr Alexander Brückner, dam, Herr Max Etoediger eingetreten Die
übrigen genannten haben durch Wiederwahl ihre Stellen noch inne, mil Ausnahme
des 1«99 von uns durch den Tod geschiedenen Herrn Wilh. Schwanz, als di
Nachfolger Herr Sökeland eintrat.
Der Grundriss der ersten Sitzung ist für alle übrigen beibehalten worden.
Zwar war es mein möglich, sie an Vorlagen und Vorführungen licher
ustände so reich auszustatten als die erste, zumal unser Verein grundsätzlich,
mit Rücksicht auch auf das Museum deutscher Volkstrachten und Hausgeräte, aul
eigene Sammlungen verziehtet hatte. Aber wenn auch zeitweise es nach d
spärlicher zuging als der Vorstand wünscht-, ganz unterbrochen wurden
Aus- und Vorstellungen nicht und seil einiger Zeit suchen wir jedesmal
etwas Interessantes in Bild oder Sachen auszulegen.
Den Schwerpunkt gründen wir freilich in die Vorträge, die in grosser Fülle
die verschiedensten Punkte des weiten Gebietes der Volkskunde berührten und
verhandelten, und an die sich, wenn die knappe Zeit i ■ mehr oder minder
fördernde Unterredungen angeschlossen halten. Danken müssen wir allen, welche
diese Vorträge übernommen haben, denn gerade in Berlin, wo an jeden einzelnen
die vielseitigsten Ansprüche sich andrängen und wo nein nnmer in den Hunderten
•am Vereinen auf eine lohnend zahlreiche Zuhörerschaft gerechnet werden darl
n der Konkurrenz dei Sitzungen, Beratung ellschalten, bringen die
Vortragenden ganz andre Opfer als in kleinenn 0 Crotzdem haben sn
bereit gefunden, grössere Mitteilungen zu gi ben, darunter nicht wenige zu mehreren,
ja bis zu zwölf Malen. Ihnen allen inkt!
Wenn die Vorträge nur den Berliner Mitgliedern des Vereins zu gute kommen
können, bietet die Zeitschrift des Vereins, im Auftrage heia::
Karl Weinhold, die Mittel auch den Auswärtigen die Arbeiten im Diet
Sache zur Kenntnis zu bringen: ja um ganz Deutschland, sowie alles Ausland
über das. was wir bringen und leisten, zu unterrichten. Durch unsre Z
sind wir für Deutschland in den Wettstreit mit England, Skandinavien, Niederland,
1 [•) Roedig" r:
merika, Prankreich, Italien und den Blavischeo Ländern in Bezug auf den
Ausbau der Volkskunde, dea Folklore, der Traditions populaires eingetreten. Die
Zahl nn8rer Mitarbeiter an den abgeschlossenen zehn Bänden belauft sich auf 199.
die rerstreul sind von Island bis Neapel, von Nordamerika bis Bulgarien.
Der Kern freilich isi und bleibt Deutschland. Die deutsche Volkskunde roi
allem zu (Ordern, haben wir von Anfang uns vorgesetzt, die deutsche im vollsten
Arndtschen Umfang dieses Wortes, und so freuen wir uns .sehr, dass die Deutschen
terreich ganz besonders treue Mitarbeiter an nnsrer Zeitschrift geworden sind.
Die Gründung nnsers Vereins bat in den einzelnen Ländern des Reichs Nach-
folge gefunden, und darüber hinaus entstanden in Wien für ganz Österreich, in
Zürich für die ganze dreisprachige Schweiz Gesellschaften für Volkskunde mit
litterarischen Organen. In Breslau, Dresden. Prag und Eger, in Würzburg, in
jen haben sich Vereine gebildet, teils für ganze deutsche Staaten, wie die
Königreiche Bayern und Sachsen, für Deutsch - Böhmen, teils iur einzelne alte
Länder, wie Schlesien, das Egerland, für Oberhessen, die rüstig sammeln und in
kleineren Zeitheften wie zusammenfassend in Büchern ihr fruchtreiches Leben er-
freulieh betbätigen. Anderwärts thaten sich ohne Vereinsbildung Freunde des
Volkslebens und seiner Geschichte zusammen, wie in Freiburg im Breisgau. die
durch Umfragen, mündlich und schriftlich gethan, bienengleich den Stoff zusammen-
trugen, und den verarbeiteten in stattlichen Büchern ausgestellt haben. So besitzen
wir die Braunschweiger Volkskunde von Richard Ar.dree (1896), die Sächsische
Volkskunde von Robert Wuttke (1900. 2. A. 1901), das Badische Volksleben im
19. Jahrhundert von Elard Hugo Meyer (1900). Grossartig angelegt ist die Sammlung
der Mecklenburgischen Volksüberlieferungen, die im Auftrage des Mecklenburgischen
Geschichts- und Altertumsvereins und mit Unterstützung der Mecklenburgischen
Regierungen und Stände Riehard Wossidlo mit wunderbarem Erfolge ausführt.
Und als eine Anleitung und eine unterrichtende Übersicht über den ganzen weiten
Volksplan dient das gute Werk: Deutsche Volkskunde (1898) von E. Hugo Meyer.
Es wird nicht anmasslich erscheinen, wenn wir dieses fast plötzliche Auf-
flammen der lange schon glimmenden Feuerbrände dem frischen Hauche zuteilen,
der von der Gründung unsers Berliner, für ganz Deutschland bestimmten Vereins
für Volkskunde ausgegangen ist. Schon die Chronologie der Vereinsstiftungen
bezeugt es. Und schon darum dürfen wir von der Gründung unsers Vereins als
einer bedeutenden, für die wissenschaftliche Volksforschung folgenreichen That
reden, deren heute in festlicher Versammlung zu gedenken wir das Recht erworben
haben. Wir wissen sehr wohl, dass alles menschliches Thun ein Stückwerk bleibt.
wir kennen die Hemmungen unsers guten Willen, wir müssen uns in vielem be-
scheiden: aber wir wollen auch die Zuversicht nicht sinken lassen, dass der Verein
für Volkskunde in Berlin in seiner zweiten Dekade nicht bloss seinen guten Namen
behaupten, sondern lebenskräftig aufstreben werde, als ein thätiges nützliches Wesen
zur Erkenntnis des deutschen Volkes, eine Verbindung deutscher Männer und
Flauen zu Ehren des grossen Vaterlandes!
Darauf hielt Herr Prof. Dr. Heusler einen Vortrag übet altnordische
Rätsel, den unsre Leser umgestaltet im nächsten Hefte der Zeitschrift finden
werden. Sodann führten Damen und Herren aus Malchin, denen wir ebenso
wie ihrem Führer, Herrn Oberlehrer Richard Wossidlo für ihre uneigennützige.
gütige Hilfe zu herzlichstem Danke verpflichtet sind, eine von Herrn Wossidlo
zusammengestellte Scene .Winterabend in einem mecklenburgischen Bauernhause1"
auf. die Herr Sökeland, von dem auch der folgende Bericht über diese Aufführung
herrührt, durch erläuternde Worte einleitete. Das Lebensbild sollte zeigen, wie
'He. I 13
zu früheren Zeiten in einem wohlhabenden Bauernhause wohl der Abend verbracht
wurde. Um die Darstellung in jedei Hinsicht stilgerechl zw machen, hatte das
Museum für die deutschen Volkstrachten u\u\ Ei
Bühne aus seinen Beständen niii schönen alten geschnitzten Stühlen, einem Tisch,
wertvollem Bss- and Trinkgeschirr, einer Kredenz a. s.w. auch di
alten Trachten waren zum Teil seinen Beständen entnommen, zum anderen Teile
stellte sie Herr Rohde in Retina zur Verfügung. Wir sehen die alte Bauern-
stube, inmitten derselben den grossen Tisch; am ihn sitzl der Bauer mil Famili«
und Gesinde beim Abendessen. Der Lmbiss ist beendet, es wird abgeräumt, and
nun gruppieren sich sämtliche Insassen des Hau-'--, im ganzen zehn Personen
alle in farbenfrohen Trachten des Schweriner Landes, im Zimmer zur F< ierabend-
beschäftigung. Diesen Moment stellt unser erstes Bild dar. Vorn rechts befinden
sich die beiden Mägde beim Spinnrade, dann kommen die Töchter mil Bandarl
beschäftigt. Im Hintergrunde die Bäuerin, „Vadders" Weste flickend, neben ihr
der Bauer mit .-einer Pfeife. Links eorn schnitzt der Hütejunge an einer Kelle;
dann folgt Yadder Behrens, der Kuh fütterer, mil einem Korbe beschäftigt; Jochen,
der Grossknecht, mit seiner Peitsche, und Grossmutting im Lehnstuhl am warmen
Ofen. Ein stimmungsvolles Bild, welche- allgemein fesselte. Draussen heult dei
Sturm, wie der Hausherr feststellt, und Grossmutting fürchtet, dass ..iiwer Nacht
dei willJagd kümmt". Nun wird sie von den Töchtern und den Mägden bestürmt,
etwas von der wilden Jagd zu erzählen. Sie erzählt aber nicht von der wilden
sondern vom Nibelungenlande. AI- jemand in alten Zeiten einmal dorthin
Kam. seien da an einer Stelle lauter Zwerge gewesen, und die hätten Särge gebaut.
Jedesmal, wenn dann ein Sari: fertig geworden, sei ein Name darauf geschrieben
worden und dann sei der Mensch, dessen Namen dei- Sarg trug, gestorben. Al-
nun wieder ein neuer Sarg kam. habe der Jemand gefragt: »Kür wen ist denn
dieser bestimmt?" und die Antwort erhalten: ..Dat is sin S;n_ Nun mu
Vadder Behrens etwas „Grugliches" erzählen. Er berichtet sehr anschaulich von
zwei verwaisten Kindern, die von der Mutter allerhand Zaubi rkünste erlernten, bis
der Oheim dahinter kam. Aul' seine Veranlassung urteilte <l .-• Gericht sie ab und
bestrafte sie mit dem Tode. Bald darauf erschienen dem Oheim zwei schwarze
Raben, aus deren Gekrächz er deutlich hören konnte: „Einmal geaworen,
verloren". — Bei den Insassen der Bauernstube hat die grauliche Stimmung nun
ihren Höhepunkt erreicht, deshalb muss auf „Muttings" Wunsch zu Heiter« m
übergegangen werden. Es kommen Rätsel an die Reihe. Aus deren grosser Anzahl,
die Schlag auf Schlag folgten und auf die nicht nur die Insassen des II
aufmerksam achteten, wollen wir nur zwei vom Kuh fütterer . ae heraus-
greifen. 1. Wat is dat Beste an de Flöh? Dat se keene Hufeisen bebben; Bus
brekens us de Ribbcn kort im kleen. 2. Welches sind die beiden dümmsten
Kreaturen'.-1 Die Ziege und eine Mutter mit ihrem Kinde. Denn wenn die 5
auch die ganze Raufe voll Futter hat. ruft sie doch immer noch: „Miähr, miähr.
und trotzdem die Mutter ihr Kind auf dem Arme hat und deutlich sieht, fra_
immer: „Wo bit de denn, min lütt Kinding? Wo bit de denn, min lütt?" Zu
dem nun losbrechenden Jubel erklärt aber Mutting: „De Mannslüd weern to drist!
Annmarick, stud dat mal un Bing uns dat schöne Lied von de twee Königskinner!"
Annmariek lässt sich auch nicht nötigen und Bingt mit weicher, wohllautender
Stimme alle Verse dieses weit bekannten wehmütigen Sanges. Reicher Beifall
bei offener Scene lohnte dafür. Als Hochzeitsbitter angezogen trug nun Jochen,
der Grossknecht, seinen Spruch vor. In langer launiger Rede lud er alle An-
wesenden zur bevorstehenden Hochzeit ein. Die zu erwartenden kulinarischen
Genüsse wurden sehr ausführlich geschildert:
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
1 I I ''"' l:
.20 forte Och en an 20 fette Bwin l H de lüttste 1 i-k auf den Grand
in 40 l'i il'n •null dabei du; schon 100 rund- u. b, \\.
Darauf kamen die früher bei Hochzeiten allgemein üblichen Leberreime, während ein
mit Grün und Blumen gezierter Teller von Band zu Hand ging. Grossmutting begann:
„T>ie Leber i>t vom Eecht und niclit \on einem Lamm.
Unser Ben Christus ist mein Bräutigam."
Dass es bei dem jungen Volke an gegenseitigen Hieben und Neckereien nicht
fehlte, lässl sich denken. Von der einen Magd hörte man:
„Wenn Junggesellen küssen un hebben keeu Boart.
Dann hei dal Küssen irar keen Oart-
und der Kuhfütterer meinte: _(» warn alle Berge doch von Butter, und möchten
die Thäler gefüllt mit Grütze sein. Wenn dann die liebe Sonne schien, dann
llöss die Butter in die Grütz hinein, dat mot een schönes Freten sin." Nun musste
Grossmutting etwas singen. Sie sang:
„Wie grüu, wie grüu sind doch die Tann."
Auf Ermunterung durch den Bauern sang darauf Thriendört, die zweite Tochter,
mit Jochen, dem Grossknecht, zweistimmig:
„Hans hatte grossen Durst, Bist ja mein liebster Kerl.
Da> macht die Leberwurst. Bist ja mein Hans."
Dann folgte die erste Magd mit dem lustigen:
..Uli Mann wili riden, an het kecu Pierd."
Zum Schluss soll nun auch Vadder Behrens singen, er erklärt aber: „Een Hals
tom Slingen heb ick woll, aber keen tom Singen": statt dessen wolle er etwas
anderes, auch so ein Stück aus der alten Zeit zum besten geben, nämlich einen
Schäl'ergruss. Jochen und er ziehen sich als Schäfer an und tragen den ausser-
ordentlich humoristisch wirkenden Schäfergruss vor, der Kuhfütterer als Schaf-
meister, der andere als Geselle. Der Gruss beginnt mit der Frage des Schafmeisters
an den zugereisten Gesellen: .Wo kürnmst du her?'' Dieser antwortet: „Von der
Oberresidenz", und nun beginnt ein Examen, in dessen Verlauf der Geselle zeigen
mu88, ob er etwas lernte und ob sein Hund etwas versteht. _Wie heet din Hund?"
..Min Hund heet Fix." „Fix? Fix is nix!" „Min Hund heet Guillaume." „Dat
is en Name." Zum Schluss des Examens erklärt der Schafmeister: -Wenn din
Hund keene Hündin un wenn er en beeten gröter un wenn er nich so bunt war.
dann war et en Staatshund." Nach der Ansicht Berufener ist der Schäfergruss
die schönste Stelle im ganzen Stück. Hier in Berlin brachte er seine volle Wirkung
nicht hervor, weil gerade hierbei leider das Plattdeutsche nicht voll verstanden
wurde. Piek, die erste Magd, brachte nun den Erntekranzspruch, häufig von
Beifall unterbrochen, zum Vortrag. In der Einleitung bittet sie um Nachsicht,
wenn sie nicht alles glatt aufsagen könnte, denn:
^Gestern Abend wollt ich studeeren,
Da kam mein Peiusliebster anzumarscheeren.
Da hat er dann bei mir gesessen
Und da hab ich das Studeeren vergessen."
Im weiteren Verlauf wünscht sie mit vielen Knixen der gesamten Familie des
Gutsherrn so viel Glück, „so viel Tropfen vom Himmel regnen". Die Mamsell
und der Entspekter kommen auch noch einigermassen gut davon, weniger erbaut
werden aber die Mägde von den ihnen gewidmeten Wünschen gewesen sein. Zum
Schluss ruft sie:
-Spielet auf Musikanten!"
Protokolle. 1 1 5
und während diese einige l I einer lasti i hören laset irl die
Rednerin tanzend :
..In mir l anzi d äoll ei gähn,
Dal im- die Röcke öberslahn."
Hierdurch ist die Lust zum Tanzen bei Herrschaft und Gesinde geweckt. Als der
Bauer auf seine Frage, oh man nicht noch etwas tanzen wolle, allerseits Freudig)
Zustimmung findet, schickt er den Hütejungen mit der von Mutting angezündeten
alten Laterne zum Nachbarsohne: „sie wollten mich en Beeten mit de Been speelen".
Nach kurzer Zeit traf dieser ein und nun begannen in der rasch ausgeräumten
Stube eine Keihc interessanter Volkstänze. Die .Mitwirkenden hatten in bunter
Reihe einen Kreis geschlossen, and während alle unter Begleitung der Musil.
..Freut euch des Lebens" sangen, tanzte Gr088mutting. Dann folgte der Hauer mit
Mutting. Sie sangen:
„Mann knmm her. will'n danzen! Manu, dal geiht np Böcken,
l'ru, ick hem kein Schau! — Mau immer Instig tan!"
Hieraul' die älteste Tochter. -Mutter Witsch" singend, dann die zweite. \on der
man hörte:
„Zwei Ochsen, zwei Kälber, eine schwarzbunte Kuli.
Die schenkt mir mein Vater, wenn ich heiraten t Im" u. -. w.
Der Nachbarsohn, der Grossknecht, die beiden schmucken Mägde, der Kuhfüttert r
und der Hütejunge, jeder musste einen Solotanz zum besten geben, während die
übrigen seinen Tanzreim mitsangen. Beim Hütejungen tanz sang man:
..Lütt Mann is de lenk entwei.
Vadder.soll t Geld ut'n Büdel Bäuk'n
Un lütt Mann 'n Röcking köpen"
und beim Kuhfütterer, dessen Sprünge die grösste Heiterkeit hervorriefen:
„Ich und mein altes Weih Sie mit (hui Bettclsack,
Können schön tanzen, bli mit dem Käuzen- U.S.W.
•letzt folgten auf Mahnung des Bauern Gruppentänze; zuerst der alte, jetzt mir noch
wenig bekannte Kiekebusch, ein Tanz von schöner Wirkung, zu dem alle sai
„Kiekebusch, ick seihe di! —
Dat du mi seihst, dal freu* I mi."
Dann, durch Grossmutting veranlasst der Schustertanz. Während gesungen wird:
..Du kleiner Schuster du, Ine Schuh die sind entzwei,
Du flickst mir meine Schuh. Der Schuster i-i dabei",
kniet jeder Tänzer vor seiner Tänzerin. Diese stellt ihren Fuss auf >L^ vor-
gebogene linke Knie des Tänzers, der mit A^n Armen die Bewegungen
Schusters macht. Xach Schluss obigen Vierzeilers sinnigen alle Tänzer rasch
auf, umfassen ihre Mädchen und tanzen einige Takte mit ihnen; dann knieen sie
nieder und das Spiel beginnt von vorn. Unser Bild zeigt die-, Bcene sehr an-
schaulich. Nachdem aller Augen sich eine Zeit hin- an dem wunderhübschen
Tanz mit seiner Gruppierung erfreut, bittet Grossmutting, nun auch noch ihren
liebsten Tanz _,Gah von mi" zum besten zu geben. Auch hier lassen sieh die
Tänzer nicht lange zureden. Unter Singen des Text"-.
„Gab von mi, gab von rai,
Ick mag di nich >eilm",
zur eigenen Dame, mit ganzer Wendung zur fremden:
,Komm to mi, komm tu mi,
Du bist ja so schön"
-
I | ,; Ro» digi i : Protokolle.
wird auch diese] schöne Tun/ anter mehrfacher Wiederholung zn Ende geführt,
und damit isl auch «las hochinter« Bsaote, lehrreiche und vergnügliche Stück au.-.
Brausender Beifall lohnte den Darstellern. Es war. wie allgemein anerkannt
wurde, ganz ausgezeichnet gespielt worden. Man sah aber auch den Mitwirkenden
an. mit welchem Eifer Bie sich in ihre Rollen vertief! hatten und welche Freude
es ihnen machte, in Berlin v.w\ vor einem so empfänglichen Publikum aufzutreten.
Interessant war uns u. a. auch, die verschiedene Wirkung zu beobachten, die das
Stück in Malchin und in Berlin hervorrief. Während in Mecklenburg besonders
die rein plattdeutschen Stellen wirkten, waren in der Reichshauptstadt die hoch-
deutschen die wirksameren: die plattdeutschen Partien verstand man hier nicht so
gut, wie schon oben beim Schäfergruss angedeutet wurde. Im ganzen überstieg
aber der Erfolg weit alle Erwartungen. Herr Wossidlo hat sich mit diesem Stück
und seiner Binstudierung ein grosses Verdienst erworben. Wir haben auf diese
Weise wieder einmal kennen gelernt, wie viel Schätze noch in unserem Volkstum
stecken und wie verhältnismässig leicht gute und gediegene Unterhaltung zu be-
schallen ist. wenn sich nur mehr Leute linden wollten, um Bestrebungen, wie sie
das Museum für die deutschen Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes
and der Verein i'i'w Volkskunde betreiben, zu unterstützen. Beide Vereine geben
sich redliche Mühe, aber beide würden weit mehr leisten können, wenn die Mit-
guederzahl sich steigerte. Unserer Ansicht nach ist nichts geeigneter, dem ver-
derblichen und öden Unwesen der vielen Specialitäten- und Varietetheater Abbruch
zu thun. als derartige gut geleitete Volksuntcrhaltungen. Viele im Volke haben
Freude an solcher gesunden Zerstreuung. Vielleicht finden sich auch noch andere
Dichter, die nach der Übersättigung mit den stark nach französischen Vorbildern
duftenden Erzeugnissen einmal unser eigenes Volk mehr studieren und zum
Ausgangspunkt nehmen. Wie das von Herrn Prof. Hamdorf in Malchin gegebene
Beispiel zeigt, bei dessen volkstümlichen Unterhaltungsabenden unser Stück zuerst
aufgeführt worden ist, hätte auf diese Weise jede kleine Stadt, ja selbst manches
Dorf die Möglichkeit, für gute Unterhaltung zu sorgen. Als Gewinn nebenbei
winden Darsteller und Zuschauer ihr eigenes Volksleben von früher und jetzt
kennen lernen, und da mit der besseren Kenntnis desselben auch die Liebe zu
ihm und zur Heimat wachsen muss, so ist es in letzter Linie die Vaterlandsliebe,
die Nutzen von diesen Bestrebungen haben würde. [H. Sökeland.]
Beim gemeinsamen Abendessen dankte Herr Geheimrat Dr. Virchow den
zahlreichen Gästen für ihr Erscheinen, insbesondere aber den Malchiner Herr-
schaften. Herr Geheimrat Dr. Johannes Schmidt trank auf den Verein und
seinen ersten Vorsitzenden, Herr Syndikus Dr. Minden auf die Damen. Einen
hohen Genuss bereitete Herr Privatdocent Dr. Max Friedländer der Gesellschaft
durch den Vortrag mehrerer Lieder, und Herr Prof. Marelle steigerte die fröhliche
Stimmung durch ein in wirksamer Weise halb gesungenes, halb gesprochenes
französisches Scherzgedicht. Nach der Tafel machte eine liebenswürdige Freundin
des Vereins durch ihr Klavierspiel ein Tänzchen möglich, das früher ein Ende
nahm, als die angeregten Gespräche, denen erst der nahende Morgen ein Ziel
setzte. Wir wurden durch unerwartet reichen Besuch erfreut, denn der grosse
Saal des Architektenhauses vermochte nicht sämtliche Speisende zu fassen. Dass
unsere Gäste sich wohl bei uns gefühlt haben mögen und samt den Mitgliedern
befriedigt waren, ist der Wunsch und die Hoffnung des Vorstandes.
Max Roediger. [H. Sökeland.]
rifl des Vereins für Volkskunde 1901.
Alte Gerichtstätte zu Feldkirchen bei Neuwied.
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1Ü01.
]],S 1 1. il -Li .
folgen 1893), beschäftigt sich hauptsächlich mit den drei Fragen:
midi dem Wert der beiden handschriftlichen Redaktionen; nach dem ur-
sprünglichen Bestand und der Ordnung der Rätselkette; nach Alter und
Heimat der Strophen.
Der grössere Teil der Bervarar saga und mit ihm die Rätsel sind in
zw.-i Passungen auf uns gekommen.1) Beide haben aus selbständiger
mündlicher Oberlieferung geschöpft (vgl. Heinzel S. !». 21. F. Jönsson,
Haukshök S. KCULLff.). Ob daneben auch eint' gemeinsame schriftliche
Quelle benutzt wurde, ist fraglich: Die Gedichte der Saga scheinen in
der That ein Beispiel für das ./ersingen' eines poetischen Textes zu ge-
währen, ein in der eddischen Überlieferung sehr seltener Fall. In den
Gatur zeigt sich die Abweichung der beiden Redaktionen am stärksten in
der Reihenfolge der Rätsel und im Wortlaut der prosaischen Auflösungen
(sieli unten S. 135. 137). Weniger stark in dem Bestände der Reihe: der
Text H bringt 35 Rätsel (die Schlussfrage abgerechnet), der Text R 29,
wovon nur eines in der längeren Reihe fehlt, so dass H sieben, R eine
Plusstrophe besitzt und die Summe 36 beträgt. Zahlreich, aber im ganzen
nicht tiefgreifend sind die Unterschiede der beiden Fassungen im poetischen
Wortlaut: eine sehr lange getrennte Überlieferung hat hinter den beiden
ersten Aufzeichnungen offenbar nicht gestanden.
Wir stellen die zuletzt genannten Abweichungen, die in den Rätsel-
strophen selbst, hier zusammen. Die Rätsel werden gezählt nach der
Reihenfolge in H.
H hat die vermutlich ursprünglichere Lesart in diesen 24 Fällen2):
H R
1, 2. (er) ek haffVti i gaer. (pat) i gaer haföa.
Der Keimstab ist h.
2, 2. ... gerffak. . . . geröa.
2, 4. vegr var undir. var peim vegr undir.
3, 4. mioör ne mungat. ne enn heldr mungat.
3, 6. po gekk ek . . . ok gekk ek . . .
4, 3. ok hefir hann paar fyrr of farit. ok hefir hann fyrrurn um farit.
6, 5. en viö" Mord" [lies iprd"] sakask. ok iortf sakask.
9, 4. ökyrrir tveir. ökvikvir tveir.
16, 0. skialli hvitara. skildi hvitara.
17, 5. vara pat . . . ei var pat . . .
1*, 4. 5. maer viiT meyiu myg of getr. par til er mog um getr.
19, 2. 3. er um sinn dröttin väpnalausar er sinn dröttin vapnlausan vega.
vega [lies besser vegask].
1) In der Hauksbtfk, um 1325, und in der Hs. 2845 4° der alten kgl. Sammlung in
Kopenhagen, 15. Jahrh. Die alte Hauksbok selbst bricht in der Auflösung des zweiten
Rätsels ab und wird für das Folgende durch zwei Papierabschriften vertreten (hl uud h2
in Bugges Ausgabe). Wir bezeichnen die erste Fassung mit H, die andere mit R (cod. regius).
2) Die abweichenden Worte, die neutral oder in R ursprünglicher sind, stehen in
runden Klammern.
1 >i<- altnordischen B
119
21,
•21,
21,
23.
23,
24,
25,
28,
31,
32,
32,
2. er ganga Byrgiandi er ganga raargar Byrgiandi.
5. . . . enar hvitfoldnu. . . . enar hvitfoldnoa.
6. ok eigu i vindi at vaka. <>k eigu f»r i rindi vaka.
2. er ganga brimserkium f. er ganga i brimskerom.
F. Jönsson a. a. 0. S. 513 zieht brimskerinm ,Brandung8klippen' vor,
da brimserkium ,Brandungshemden' das l.'atsel zu durchsichtig mache.
Aber der Felsengrund, worüber die Wogen rollen, wird in Zeile 1 all
das , harte Bett1 der Frauen vorgeführt; wäre >t schon vorher als ihr
Pfad genannt, so würde die Anschauung gestört
5. . . . enar hvitfoldnu. . . . enar hvitfolduilu konur.
6. iör (er andarvani). pa iör (var andarvanr).
6. ok rennr sem hann mä [1. wahrsch. ok fylgia ])vi margir miok.
mit Bugge: ok rennr er renna mä].
6. gefr lif sumum.
firnm steht schon in Zeile 4.
6. ok optast (öhreinn).
3. ok eru sextan saman.
2. sölbiorgum i.
3. vertfunjr vaka.
gefr lif firum.
ok iafnan heldr (saurugr).
siittir allir saman.
sölbiorg of ä.
ba<3" ek vel lifa.
1,
5,
6,
8,
16,
17,
18,
19,
19,
20,
22,
22,
24,
26,
28,
Umgekehrt darf R als ursprünglicher gelten an folgenden 21 Stellen:
H R
1. hafa ek pat vilda. hafa vildak.
3. konungr, gettu . . . vittu . . .
v ist Keimstab: konungr könnte nicht stablos vorausgehen, auch ist
die Anrede des Königs gegen den Stil der Kätscl (unten S. 132).
ok orila tefill. orefa tefill.
. . . votn ok veisur. . . . votn ok vi??.
Der Versbau verbietet den Schluss L - .
hoUVum [I. oldum] hann bergr. holöum [I. oldum] bergr.
fyrir Doglings dumm. fyrir Dellings durum.
7. skapti rettara, (skialli) hvitara. (skildi) hvi'tara, skapti rettara.
8. pä er fyrir eyiar ütan
yriVigr sa er ker geröl.
6. 22, 0. ok eigupaerpessvaroaratvera.
5. alla daga.
6. en hinar fegri fryia.
5. pser a vetrum viff siou bera.
2. er margar ganga saman.
4. 5. myrgum hafa manni paer . . .
6. iör er (andarvani).
8. lif sitt gumi.
1. 2. fiörir ganga, fiörir hanga.
])ö var fyrir eyiar utan
yrtfigr, s;i er gonVi.
ok eigut pa>r (par) varder vera.
um alla daga.
en hinar fegri fara.
paer um vetr bera.
er ganga margar saman.
myrgum mynnum hafa paer . .
(pä) iör var (andar vanr .
lik sitt gumi.
fiörir hanga, fiörir ganga.
Die meisten der vielen auswärtigen Gegenstücke stellen das ,hängen'
dem ,gehn' voraus.
28, 6. (ok optast) öhreinn. (ok iafnan heldr) saurugr.
öhreinn ergäbe überschüssigen Keimstab.
34, 1. sat ek a segl. sat ek ä segli.
36, 5. i eyra Baldrs. i eyra Baldri.
36, 6. äö'r hann var . . . äör hann vseri . . .
9*
|-J(I II'-llil-T.
1) So nach B berichtigt; H d.h. die beiden Papierabschrifteii,h 1 und h 2) hat einen
verderbten Text.
'-' Dass i: hier ein margar einschiebt, ist ein zweifelloser versüberladender Fehler.
Daran sohliessl sieh der ejuzjge Fall, wo eine Vermischung zweier
oder dreier Strophen stattgefunden hat. Di«' beiden ersten Wellenrätsel.
\ '1. 22, orrlnen ihre zweiten Halbstrophen in !l anders ;ils in R:
II R
badda bleika rporgurn nionnum
hafa | a-r (.'nur hvitfuhlnu hal'a psdt at nieini onbt.
ok eigU i vindi at vaka. rid pat nuinu f>ser sinn aide ala.
mprgtrrn hftia manni hadda blcikii
\<;iv al nieini komit. hal'a paer enar hvi'tfolduöu,
ok eigxrl j>ar |>ar i/aröer Vera;1) ok cigut paer |>ar vartfer vera.
Die Schlusszeile der ersten Strophe in II (ok eigu i vindi at vaka)
kehrt in R wieder als Schluss eines dritten, in II nicht vertretenen Welleu-
rätsels (Strophe _1 in R).
Es hi^st Bich zeigen, dass die Zusammenfügüng dieser Bausteine in Ü
besser ist als in H. Die Zeile niorgum hafa manni nimmt sich in H
hinter der Halbstrophe:
hveriar rd \<xr meyiar,
er margar ganga saman
at forvitni foihir
wegen des wiederholten m-argr weniger gut aus als hinter dem Helming:
hveriar rd |'ier snötir,
er ganga2) syrgiandi
at forvitni fpöbr.
Der Schlnssvers:
ok eigut paar |mr variier vera
gehört hinter paer enar hvitfoldftu (-folduSu), wie in R: der Gedanke ist:
die Frauen haben keine Männer, obwohl sie den Kopfputz, den Weissen
faldr der Verheirateten tragen. ländlich schliesst sich auch der erste
Strophenschluss in Et:
rid pat mnnu paer sinn aldr ala
an den Gedanken ..Manchen haben sie Verderben gebracht' passender an
als die /eile in II:
ok eigu i vindi at vaka.
Somit hat der Text R diese beiden Wellenrätse] in anscheinend ur-
sprünglicherer Ordnung bewahrt.
An den folgenden Stellen ist eine Entscheidung, ob H oder R den
Vorzug habe, nicht */.n treffen:
Dil altnordischen l I _' '.
ii i;
l. .r>. B. ok hefir munna tva, er heftf mumm kvd
s.i er a gulli einn gengr. ok ii gulli einu ■-
"). _'. it ferr mold ylir. er liör moW yftr.
3, .'). visar helin l. heliar] til. visar a helrq
12, 7. ferr hart sü v;ctr. I'ram liör BU vaetr.
1-4. 6. berr ßat ofar . . . ok berr ofar . .
Ursprünglich wohl: berr ofarr kne en kviö.
17. 6. ne hamri klappat. ne harari al klappat.
19, l. enar iorpsku [1. iorpu] hh'fa. enar iärpari lilila.
22, 5. . . . at meini komit. . . . ;tl raeini ortfif.
28, 4. tveir bundum veriask [1. veria . tveir hundum varöa.
•_'9, 2. er sefr i oskugnia. er sefr i psgrüa.
"29, 3. ok er af griöti rinn gorr. ok af griöti einu gorr
32, 7. 8. en oepandi olker stööu. en oepanda olker stob'.
Die erst.- Lesart ist metarisch korrekter, sachlich weniger antreffend.
35, l. en einn hala. ok cinn Inda.
Dazu kommen noch eine Anzahl äusserlicher Schreibversehen. Es
sind in II etwa doppelt so viel wie in R; dies beruht ohne Frage darauf,
dass der grösste Teil von II nur in den jungen Abschriften bewahrt ist.
Sehen wir von diesen oberflächlichen Fehlem ab, s usseu wir die
beiden Texte H und R, was den poetischen Wortlaut der Rätsel betrifft,
als ziemlich gleichwertig anerkennen.
Besonder.- Aufmerksamkeit verdienen die gemeinsamen Fehler der
beiden Fassungen. Wir rechnen folgendes hierher:
1. Unebenheiten der Form, die vermutlich von Anfang an den Yersen
anhafteten, nicht auf späterer Verderbnis beruhen;
S, ti. en lotuni til solar snvr:
das stablos vorangestellte Nomen fötum ist hart.
20, 4. 5. hvitan skiold paer um vetr ä veteum II bera;
um den Stabreim zu gewinnen, hat eine Papierhandschrift haust, eine
and. -tr havetr an Stelle von vetr eingesetzt (vgl. Bugges Ausgabe S. 250 .
Aber im Blick auf den folgenden Vera en svartan um sumar musa man
das einfache vetr unbedingt beibehalten, bo dass der fragwürdige Reim
hv: v vorliegt.
2. Schreibfehler, worin zwei Handschriften unabhängig zusammen-
treffen konnten:
6, I. hpläum statt dos durch den Stabreim geforderten oldum (Bugge .
19. Ii 2. Hveriar ro 1 aer brdöirj
er um sinn dröttin:
8er Stabreim fehlt, vermutlich ist l.rudir (das auch in der Anfangszeile
von Rätsel 17 und 23 steht) für ein anderes Wort eingetreten: die An-
gaben setzen drösir ein: da aber die Rätsel sonst nirgends den Haaptstab
122 Header;
in <lic Schlussbebung «1fr Langzeile verlegen, müsste man mit Ettmflller
(Lesebuch B. 38) umstellen:
er um dröttin sinn,
und dies ist nicht rätlich, da stabendes Pronomen vor seinem Substantiv
beliebi ist (vgl. Ih.v. KU, 5. \ af. 7, 2. Grimn. 52, 5. Lok. 12, % 40,2);
man hat also snütir anzunehmen (wie in Rätsel 21).
22, 6 (= R "20, (i) ist auf beiden Seiten die Negation in eigut aus-
gelassen.
34, 3. blods hold statt blods hol (= asdr, Ader). Ein Missverständnis
des Wortspiels schon in der mündlichen Überlieferung ist hier schwerlich
anzunehmen.
•"-. Entstellungen, die zwar den Sinn antasten, aber doch schon der
mündlichen Überlieferung zuzutrauen sind:
Kätsel 17 (das Ei der Schwäne) lautet:
baru brü'Vir
bleikhaddatfar,
ambättir tvaer,
ol til skemmu;
vara pat hondum horfit
ne hamri at (f. H) klappat,
H: pä er fyrir eyiar ütan R: po var fyrir eyiar ütan
orftigr s.i er ker goröi. or<Tigr sä er gorcfi.
Nach der Lesart von R müsste man die ganze zweite Halbstrophe auf
ol beziehen, was keinen Sinn giebt: das weder mit Häuden noch mit dem
Hammer behandelte ist das Biergefäss, die Eierschale. Den Text von H
könnte man mit geringer Änderung logisch machen, z. ß. mit Bugge:
pä er fyrir eyiar ütan
orffigr ker gorcTi,
oder noch besser mit Beibehaltung des doppelt überlieferten sä er und
näherem Anschluss an R:
pö var fyr eyiar ütan
orcfigr, sä er ker gorcH.
Diese Lesart würde nicht unbedingt verwehren, das pat in Z. 5 auf das
ker in Z. 8 zu beziehen; aber der Satzbau wäre für unsere Rätsel be-
fremdend künstlich; da jenem pat in der Zeile unmittelbar vorher das
Neutrum ol vorangeht, würde sich die Anknüpfung des pat an ol fast un-
vermeidlich einstellen. Als ursprüngliche Form möchte ich vermuten in Z. 4:
ylker til skemmu,
alles übrige nach R. Diese Änderung, wobei der gewünschte Sinn ein-
wandsfrei herauskommt, ist nicht gewaltsam; metrisch gerechtfertigt wird
sie durch die schweren Füllungen der zweiten Halbstrophe. Schon in der
mündlichen Überlieferung mag das ker aus Z. 4 in den Schlussvers geraten
sein (wie in H).
Die altnordischen Et I 23
"24, 3. ä sat \vd<h ;i n&i,
so auch im cod. Worin, der 8. gramm. Abb. (Isl. gramm. Litt. 2, 31). Das
Richtige ist ä sat nar ;i näi, wie die genannte gramm. Abb. in der Beehr.
AM. 748 I 4° hat. Das die Lösung vorwegnehmende oadr branohi nicht
durch ein Sehreibversehen hereingekommen zu sein: auch mündlich um-
laufende Rätsel enthalten Verderbnisse, w i • ■ man ans den Varianten der
Rätselsainnilungeii ersehen kann.
Ob nicht auch in der ersten Zeile des Wortspielrätsels No. :14 eine
Entstellung vorliegt? Sie lautet:
sat ek a segli (segl H).
Eine sichere Deutung ist mir nicht bekannt (vgl. Bugges Ausg. S. 361);
als Auflösung bringt II: far saztu ä \egg, R: par saztu ä veg. Statt segli
erwartet man ein mit d anlautendes Stabwort: der 2. Vers lautet:
sa ek daurta meiin ;
ich habe an sat ek a digli gedacht: ,auf dem Tiegel, Kessel'; ä digli = ä
velli (zu vellir, fervefaciens) = ä velli (zu vollr, Feld). Doch würden
dann die beiden Homonyma nur in einem Casus obliquus zusammen-
stimmen (velli)!
4. Zwei Fälle, wo man kaum umhin kann, einen Fehler in einer ge-
meinsamen schriftlichen Vorlage anzunehmen. Es handelt sich um stablose
Zeilen, deren Form nicht wohl unabhängig durch zwei Aufzeichner oder
Abschreiber entstanden sein kann.
27, 1. 2. Miok var fonkun
nosgäs vaxin;
vor fordum schiebt h2 fyrre ein. Um den Stabreim zu erhalten, setzt eine
Papierhandschrift n»r statt miok, eine andere nög; Bugge schreibt varp
für var und erblickt darin ein Reimwort zu vaxin. Aber nosgas inuss
Stabträger sein, und das verlorene Wort mit dem n-anlaut wird an der
Stelle von forSum zu suchen sein. Schwerlich miok var oaestum (nuper).
Im Hinblick auf neuisländisches sa eg fyrir sunnan svartan köttinn vaga
(Jon Arnason No. 962, vgl. No. 942. 944), mecklenburgisches keem'n diert
ut nuurden (Wossidlo No. 424a), wo eine Himmelsgegend ohne inneren
Bezug auf den Gegenstand aufgeführt wird1), möchte man vermuten:
miok var fyr nori'an.
Die zweite Stelle gehört der Schlussfr;i^i' an:
3<i, 3. a<Tr hann va>ri (var H) ä bäl huf^r.
Die den Stabreim herbeischaffende Besserung der Papierhandschriften . . . ä
bäl um borinn (vgl. Vegtamskvida 11, 7) ist wohl die einzig mögliche.
1) Vgl. auch Svend Vonved C 4:'». 44 (Gnmdtvig 1, 244) die Rätsel lösung:
for «sten stod den fisk i llod,
for vesten staar de foler i stod,
for norden blaescr den haarde vind.
Die Entstellung dieser einfachen Form kann man «reder der mündlichen
lieferung noch swei selbständigen Abzeichnungen zutrauen;
Die Frage, oh hinter den beiden Redaktionen II und R eine gemein-
Bchaftliche Aufzeichnung stehe, könnte jedoch nur auf Grund des ganzen
Sagatextes beantwortet werden. Di«- Rätselstrophen für sich geben durch
ihr«- gemeinsamen Fehler, wie wir Bähen, nur unsicheren Anhalt zur Be-
jahung der Frage
Die Rätselreihe ist in die Handlung der Saga hineingestellt. Das
Wesentliche an der Rahmenerzählung ist dies:
Bin Schuldiger soll sich frei kaufen können dadurch, dass er Rätsel
Btellt, die der König lleidrek nicht zu lösen vermag.1) In der Gestalt
.Irs Schuldigen Gestumblindi aber erscheint Odin, der wahre Gestumblindi.
und nachdem alle seine Rätsel geraten sind, stellt er eine letzte Frage,
dir der König nicht beantworten kann, und an der er den Gast erkennt:
er hat das Spiel verloren, und da er sich an dem Gotte vergriffen hat, ist
im- einem baldigen ruhmlosen Tode verfallen.
Zwei voneinander trennbare Vorstellungen sind hier vervvoben: das
Halslösungsmotiv, und zwar in der häufigeren Form, dass der Straffällige
nicht durch Rätselraten, sondern durch Stellen einer unlösbaren Frage
sein Leben erwirkt. Sodann das Motiv: der weise König hat sich auch
einmal mit dem weisesten der Götter gemessen, und ihm unterliegt er.
Odin ist nicht nur der grosse Zauber- und Runenkünstler, und der Kenner
der forn s]>ioll fira: auch Rätsel weiss er aufzugeben wie kein Zweiter.
Als odins n-ätur. Odinsrätsel, geben sich thatsächlich die Fragen der
Hervarar saga.
Für die Personen der Erzählung ist daher das episch - dramatische
Im fresse an dem Auftritt, ein anderes als für den eingeweihten Hörer der
Saga: jene sehen den Befreiungsversuch des Verbrechers, dieser den Wett-
kampf zwischen dem Gott und dem König;
I);is zweite der genannten Motive gehört echt nordischer Anschauung
an: es stellt sich neben die geistigen Siege Odins in den Grimuismäl.
Vafßrüctnismal, auch dem zweiten Odinsbeispiel. Das erste Motiv, das
der Ealslösung, ist mehr internationaler Art; vgl. Petsch S. 15ff. Aber
bei «Ion Bonstigen Baislösungen pflegt ein Rätsel gestellt zu werden, das
der Beantwortung spultet und sogleich die Befreiung herbeiführt. In
unserem Falle haben wir einen langen Dialog, einen Wettkampf ohne
Wechsel der Rollen, dieselbe äussere Form, die in den Alvissmäl-und den
Fiolsvinnsmäl angewendet ist.
1 Der Text II lüut das überladende Motiv bei: er soll die Königstochter bekommen,
•wenn er Sieger bleibt.
Die altnordischen Rätsel. !*_'."•
Die beiden letztgenannte!] Gredichte nebst den VTnftrüdnisiuäl hat maii
1 1 ; i 1 1 1 i la" :''s weitere Rätselstücke neben die Heidreks gätur gestellt. A.ber
offenbar mit Unrecht Denn sie prüfen nicht die Ratekunst, Bondern die
Gelehrsamkeit; es sind Wisseusproben, [seine Rätsel. Zwar ist die Grenze
zwischen diesen zwei Dingen flüssig: die Wissensfrage kann sich in die
verhüllende Sprache des Rätsele kleiden. So sehen wir es in manchen
Strophen des Rigvedaliedes I. 164, das Haug, Sitzungsberichte der bayr.
Akademie 1875, 2, 457ff., erläutert hat1 ; z. B. Strophe 44:
„Drei Behaarte erscheinen, (jeder zu sein.!' Zeit; einer von ihnen
mäht während des Jahres ab; einer beRchaut das All durch (seine) Hilfe-
leistung (es beschützend): von einem sieht man den Lauf, aber nicht die
Gestalt«;
nach Haug: A.gni in verschiedenen Gestalten und Regionen. AI- reine
Prüfung der Kenntnis würde die Frage vom umgekehrten Ende angefasst,
etwa so: in welchen drei Handlungen erscheint Agni? Allein die be-
treffenden Eddalieder, im besondern die Vafprüänismäl, legen in ihre
Praxen keinerlei Versteckspiel und sondern sich dadurch von dev Rätsel-
gattung aufs deutlichste ab:
Dies führt ans auf jene Strophe der Heidreks gätur, die den drama-
tischen A.bschluss <\<-< Dialogs Lüdet. Die Frage na. dt Odins letzten
\\«.rten an Baldr. Es ist klar, dies ist kein Rätsel, sondern eine Wissens-
probe. Als solche steht sie stillos am Ende unserer Scene, dagegen ist
sie — inhaltlich übereinstimmend, im Wortlaut verschieden — der ange-
messene Schlnss <\f* Kataloggedichtes Vafprüdnismal.
Es sieht wie ein wunderliches Spiel des Zufalls aus, dass auf >\<'v
einen Seite die Rätselkette mit einer Wissensprol adigt, auf der andern
Seite eine Reihe von mythologischen Wissensfragen in ein Rätsel ausläuft.
Dies ist nämlich der Fall in der Vegtamskvidä. Die Halbstrophe 12:
hveriar rö E>ser raeyiar,
er at muni grata
ok a himin verpa
balsa skautum?
isl nach Anlage und Ausdruck der nächste Verwandte anserer Gatur, im
besondern der Wellenrätsel.8) Nun hat man mit Rech! bemerkt Fiunur
Jönsson, Litt. bist. 1, 147. Niedner, Ztschr. f. d. Altert 41, 310), dass
Odins Abschiedsworte an Baldr dasjenige wären, was man als Schlnss der
Vegtamskvida fast notwendig erwartete: auch das Kenntlichwerden Odins
vor der Seherin würde durch diese Frage weit besser begründet als durch
die vorliegenden Rätselzeilen. So wie die Vegtamskvida aberliefert ist.
1 Die kurzen Charakteristik.,, der Götter Kigveda 8, 29 (übers bei Geldnei «nid
Kägi, Siebenzig Lieder, No. 53) erheben kaum den Anspruch Rätsel zu Bein, da sie den
Verstand nicht auf Umwege führen.
2) Bugge, Studien S. 263ff., Wimmer, Lsesebog4 S. 156 deuten die Balbstrophe auf
die Wellen. Unland, Schriften 3, 187 auf die Wolken.
126 Bender:
kann der poetische Sinn, wie mir scheint, nur der sein: «II«* Frage ,wer
wird Baldr beweinen?' wird von Odin nicht mehr, wie die vorausgehenden
an, direkt gestellt, Bondern in ein Rätsel verkleidet; an der geheimnis-
vollen Unlösbarkeil erkennt die Vplva den Gott. Dem Dichter muss dieses
absichtlich dunkel gehaltene liütsel als ebenso anratbar gegolten haben,
wie auch die letzten Werte an Baldr niemand wnsste und wissen durfte,
und wer >ich heute um die Antwort bemüht, der geht über die dichterische
Intention dieser Abschlussfragen hinaus.
.Man wird natürlich nicht .annehmen, dass Heidreks gätur und Yegtams-
k\ida dnrch einen seltsamen unerklärlichen Tausch zu ihren jetzigen
Schlussfragen gelangt seien! Aber auch den Gedanken, dass die Rätsel-
scene einst einen anderen, stilvolleren Ausgang hatte und erst nach dessen
Verlast <lie Anleihe bei den Vafprüdnismäl machte, werden wir verwerfen.
Das Thema .Odins AVorte an den toten Baldr1 war traditionell, als die
anlösbare Frage par excellence: es konnte auch als dramatische Spitze
eines Rätselwettkampfes zur Not gebraucht werden, zumal es die erforder-
liche Eigenschaft hatte, Odins Maske zu lüften.
Dass die Heidreks gätur einfach aus den Vafprüdnismäl entlehnt
hätten, dagegen spricht der stark abweichende Wortlaut:
HeiiTr. 36 Vafpr. 54
hvat mselti Oftinn hvat madti Oefinn,
i eyra Baldri, ädr ii bäl stigi,
äffr hann vaeri a btil haför. sialfr i eyra syni.
Der Helming links ist, sobald man die schlagende Emendation . . . ä
bäl um borinn (oben S. 123) einführt, tadellos. Die andere Fassung hat
zwei störende Formhärten: das stabende ädr (statt bäl) und das stablose
eyra (dem folgenden Nomen untergeordnet).1)
Die Sage von König HeicErek bot also einen episch - dramatischen
Rahmen dar für eine Folge von Rätseln. An diesen Rätseln selbst haben
wir dreierlei zu unterscheiden: ihren Inhalt, ihre dichterische Ausgestaltung,
ihn- Verbindung zur Rätselreihe.
Nach ihrem Inhalt haben die Rätsel Verwandte in fremden Litera-
turen bezw. Volksüberlieferungen, wie Müllenhoff, Zeitschr. für deutsche
Mythologie 3, 1 ff . (1855) zuerst im einzelnen gezeigt hat (vgl auch
öhland, Schriften 3, 184 ff. 6, 260fr.). Die Rätselstoffe gehörten, wie
die Sprichwörter, wie die Märchen und Novellen, zu den Wandermotiven,
1) Es sieht so aus, als sei der Text der Vafpr. ursprünglich für episches Versmass
geprägt worden:
hvat madti Baldri,
ädr ä bal stigi,
Odinn i eyra
Die altnordischen Bitsei. 127
die sich schon vor den Zeiten ütterarischen Austausches über <\\<- Völker
rerbreiteten. Blosse Übereinstimmung im ( i egenstande der Präge genügt
nicht, um Verwandtschaft aufzustellen; z. B. haben die beiden .Brücken-
rätsel, «las neuisländische bei Jon Arnason Nb. 270:
För eg yfir fjüriHnn snar,
ii faknum tres övönduno,
fjerar vorn i fjalirnar,
ilatar ;i baöum löndnm
und das unserer Saga N«>. _:
sä ek a veg ?cga.
vegr var undir
ok vegr yfir
ok vegr ä alla vega
keine Berührung miteinander. Erforderlich ist, dass derselbe Zug zur
Kennzeichnung des Gegenstandes gewählt werde; Übereinstimmung im
Motiv. So kann auch bei ungleichem (Jegenstande Motivähnlichkeit und
unter Umständen thatsächlicher Zusammenhang vorhanden sein (mehrere
Beispiele im folgenden).
Wenn wir uns demnach auf entschiedene Motivähnlichkeit beschränken,
so finden wir unter alten und neuen Rätseln auffallend wenig Gegenstücke
zu den 36 Heidreks gatur. Diese nehmen, im ganzen betrachtet, eine
abgesonderte, einsame Stellung ein. Selbst die färöische Ballade Gätu
Rima, der eben unsere Sagascene zu Grunde liegt, hat bis auf zwei oder
drei Fälle, Str. 22ff.1), neue llätselinhalte eingeführt.
Aus den etwa 90 altenglischen Rätseln des 8. Jahrh. (in Grein-
Wülkers Bibliothek 3, 183 ff.) lassen sich wohl nur die folgenden Stücke
vergleichen:
No. 17 der Anker:
oft ic sceal wip waege winnan and wip winde feohtan,
somod wip pam saecce, ponne ic secan gewite
eorpan ypum peaht
Ic him paet forstonde, gif min steort polap
and mec stipne wip stanas moton
fasste gehabban:
neben unserer Gata No. (!:
Hverr er sa hinn mikh,
er morgu ra W-
ok horfir til heliar halfr?
oldum hann bergr,
en vi«5" iord" sakask,
ef hann hefir ser veltraustan vin.
1) Da hier nur die Antwortstrophen bewahrt sind, bleibt die Form der Fragen und
ihre Übereinstimmung mit den alten Gätur zweifelhaft.
I 2^ 11' neler;
No. -.7 das Blatterschwein, neben der Gäia No. 1*J: vgl. unten S. 142.
No. 58 die Hagelkörner1):
ßeoa lyl'i byreö lytlo wihtc
ofer beorghleopa, ßa sind blace swipe,
Bwearte, aalopade — - — — ;
neben unserem Rätsel No. 1<>:
bvitir Qiugendr •
liellu liösta.
en Bvartir i sand grafask.
l>ie Ähnlichkeit ist überall nur eine sehr entfernte, ein (mittelbarer)
Entstehungszusammenhaug kann nur bei dein Rätsel vom Mutterschwein
in Betracht kommen. Noch geringfügiger ist der Anklang des Rätsels
No. 51, »las Feuer, an Gäta No. ^9. Die zehn bis zwölf übrigen Rätsel.
die vielleicht (oft ist ja die Deutung ganz unsicher) im Gegenstande mit
den nordischen Fragen übereinstimmen, zeigen keine Motivverwandtschaft.
Die Bechs Reichenauer Rätsel (10. Jahrb., MSI). No. VII) bieten keine
Parallele, ebensowenig das Traugemundslied (um 1200, MSD. No. XL VIII).
die Rätselsammlung der Weimarer Hschr. (15. Jahrb., Köhler, Kl. Sehr.
3, 499 ff.) und das Strassburger Rätselbuch (von 1505, herausg. von Butsch
Strassburg 1876).
Unter den neueren Sammlungen von Volksrätseln stellt sich die islän-
dische von Jon Arnason (Islenzkar Gätur. Kph. 1887), mit ihrer statt-
lichen Zahl von 1194 Nummern, abseits vou den übrigen. Einige dieser
Rätsel nämlich verraten deutlich eine unmittelbare, litterarische P^inwirkung
der alten HeiSreks gätur, die seit dem 17. Jahrb. auf Island wieder bekannt
waren und mit der anderen Eddadichtung abgeschrieben wurden. Die
klarsten Fälle sind diese:
Die beiden Eirätsel, No. 764:
i hverju bäru meyarnar
mjü'Vina til skemmunnar?
paff var hvorki meÖ" höndum gert
ne hamri slegid
and Ne L038: (der Anfang abweichend, dann) päd var hvorki meS höndum
gerl e.la med hamri smidad. Vgl. Gata No. 17 oben S. 122.
Das Rätsel von der .Mühle No. 814 hat seinen Schluss:
maer hvar elur meyu vifl
mög n reginfjalli
unserem Angelikarätsel No. 18 entlehnt (... a reginfialli, elr viel kvän
kona, mal- vid meyiu mog of getr).
Ausserdem halte man No. 1099 die Sonne ( . . . en vom nii vargar
tveir med henni) neben Strophe 15 ( . . . ok keppask um pat vargar
■ nach Trauhnanns Deutung: nacli Dietrich die Schwalben oder Staare oder
.Mücken!
Die altnordischen Rätsel. L29
avullt)1.; X<>. 684 die Wellen bverjar eru breinar meyar bvitfaldaSar,
aldrei nema i viudi vaka aeben Strophe 21, oben S< 120? No. 683 die
Schneehühner (bverjar em avalH a hvi'tum Ula-dum a vetram an dokkvuni
a suinrin) neben Strophe 20 (hvitan skjold pees ä Metrum bera, en svartan
um siiuiar).
Bei dieser Sachlage können wir kein einziges der neuisländischen
Rätsel mit Sicherheit als unabhängiges Gegenstück der Heidreks gätur
hinnehmen; die Ähnlichkeit kann immer auf Nachbildung der litterarisch
überlieferten alten Strophen beruhen.
In anderen Sammlungen linde ich an bemerkenswerten Gegenstü
zu unseren G;itiir folgendes.
In erster Linie das ehrwürdige Kuhrätsel (No. 28), das von den Alpen
bis zum Polarmeer vielleicht nirgends fehlt. Der altnordischen Passung:
ßörir hanga,
lidrir ganga,
tveir veg \isa.
tveir h und um var.'a.
einn eptir drallar
ok optast saurugr
kommt, so viel ich sehe; die dänische am nächsten bei Grundtvig, Garn]
danske minder. 2. Aus;;.. 1. 223):
Fir hengen, fir sprengen, tow viser Vaej, tow virjer fir e Hun, se
gammel Man kommer slonten aebag aetter.
Die übrigen zahllosen Varianten bauen von den Leiden Zügen des
Wegweisens und des Hundeabwehrens zum mindesten den einen fallen
ii. Die gemütliche Schlusswendung (cd; optast saurugr) kehrj nirgends
wieder. Vgl. Müllenhoff a. a. O. S. 4 f. Landstad S. 807. Faerosk Antho-
logi 1. 324, No. 35. Svenska Landsmälen VII. 1. No. 125. Jon Arnason
No. 254. 255! Rochholz, Kinderlied S. 221. Wossidlo S. 80. Renk in
diesei Zeitschrift 5, 151. Kehler. Kl. Sehr. 1. 267. Jedenfalls haben
wir hier nicht blosse Motivgemeinschaft vor uns, sondern eine poetisch
geprägte Urform liegt zu Grunde. Es frag! sich, ob wir sie uns stabreimend
oder endreimend zu denken haben. In den altisländ. Versen isl sozusagen
der Schein des Stabreims gewahrt: die beiden ersten Langzeilen erzielen
die Stäbe nur durch Wiederholung der Zahlwörter, die erste hat daneben
den ohrenfälligen, zweifellos ursprünglichen Endreim, die zweite übertönt
den Stab t durch die Binnenallitteration veg: v isa J ; in der tadellos stabenden
1) Allerdings ist die Vorstellung von den Sonnenwölfen auf Island noch lebendig,
Jon Arnason, pjödsögur 1, 658 f. 2, 549.
2) Man darf nicht in veg: visa: Tarda die drei Stäbe der Langzeile erblicken;
dein Hauptstab könnte nicht hunchun stablos vorangeschickt sein. Auch in >lrr Sammel-
frage, No. 7, kommt die Betonung der be ten Verse:
hverr byggir ha" fioÜ,
hverr fellr i diüpa dali
besser zu ihrem Recht, wenn man Binnenstabreim annimmt (h: h, d: d).
130 Bender:
dritten Langzeile ist der letzte Kurzver.- vermutlich Zugabe. Die Grund-
ir möchte ein Gemisch von Bndreim and Binnenstabreim gewesen
sein '); Vgl unten S. 1 33.
Die Ähnlichkeit geht in keinem zweiten Falle so weit, dass ein ge-
meinsamer Wortlaut als Grundlage zu erschliessen wäre; ausgenommen
etwa die zwei einfachen Zeilen in No. 7:
hverr andalauss lifir,
hverr aeva pegir
Beben den Versen des norwegischen Rätselgedichts (Landstad S. 370 Str. 4):
hot er de<V, som tyt og aldri ü'ger . . .
og hot er ded', som andelaust liver;
Antwort: Wasserfall und Fisch.
Dei- Heiter zu Pferd wird in den Volksrätseln häufig durch die Zahl
der summierten Glieder gezeichnet, z. B. bei Wossidlo No. 424a:
keem 'n diert ut nuurden, hadd vier uhren,
hadd söss fööt, hadd'n langen start.
Indem der heidnische oder wenigstens mythenkundige Nordmann hier
seinen einäugigen Göttervater und dessen achtbeiniges Ross einsetzte,
gelangte er erst zu der richtigen Pointe, einem überraschenden Zahlen-
verhältnis, ohne dass dabei der schlichte sprachliche Ausdruck im mindesten
gesteigert wurde:
No. 35. Hverir rö peir tveir,
er tiu hafa foetr,
augu priu,
en einn hala?
Zu der toten Schlange, die auf der Eisscholle treibt (Strophe 24), hat
Bugge S. 358 seiner Ausgabe neunorwegische Rätsel gleichen Gegenstandes,
doch weit einfacherer Form angeführt. Mit den verschiedenen Eirätseln,
die den Inhalt dem Bier, die Schale einem absonderlich gezimmerten
Gefäss vergleichen, hat die malerisch reich ausgestattete Str. 17 (oben S. 122)
nur eben diese beiden Grundmotive gemein. Die im Schädel nistende
Ente (Str. 27) berührt sich auch nur dem allgemeinen Umriss nach mit
den Rätseln vom .Lebendigen im Toten' (unten S. 141).
Geringfügige Anklänge, wie die Vergleichung des Mistkäfers mit der
Sau (Str. 1 1 : Dybeck Runa 1850, No. 33. Svenska Landsmälen VII. 4.
No. 102*]), das ,Kopf unten, Wurzel oben', hier auf den Lauch, dort auf
den Eiszapfen oder die Oberzähne angewandt (Str. 8: Gätu Rima y. 16.
1) Vergleichbar die altdeutschen Segenssprüche MSD. 1, 16— IS und in andrer Weise
das Sprüchlein der Sturlunga saga 1, 249:
Loptr er i Eyium, hitr lundabeiu,
Saemundr er ä heidum, etr berin ein.
2 Die Spinn.nrätsel bei Jon Ärnason No. 219. 942. 944 verbinden den schwarzen
Eber der Strophe 11 mit einem Motiv aus Strophe 14.
Die altnordischen Et&tael. 13 1
Landsted EL 372, No. 14. S. 809, Nr. 22. Jon Ärnason N'o. 574), würden
sich noch weiterhin anreihen lassen, und ausgebreiteten Beleeenheit könnte
wohl noch die eine und andere Parallele beifügen. Aber soviel wird, wie
ich glaube, in Geltimg bleiben: moderne Rätselsammlungen wie etwa die
von Wossidlo und von Jon Ärnaaon erscheinen sowohl unter sich wie auch
mit Sammlungen der Reformationszeil nah verwandt, dagegen von der
Rätselreihe der Hervarar saga durch einen grossen abstand getrennt
Es ist zu bemerken, dass auch die Menge der altnordischen Sprichwörter
in dem modernen Gnomenschatze befremdlich wonig \' erwandte hat. In-
dessen wird man doch nicht annehmen, dasa fttnf Sechstel der Beidreka
gatur auch ihrer inneren Form nach dem Auslande gefehlt hätten, auf
Island bodenständig waren. Das Material an angelehrten Rätseln, das uns
das Mittelalter zur Vergleichung darbietet, ist zu dürftig, unmittelbar auf
nordische oder gar isländische Heimat weisen nur ein paar unsrer Gatur
hin (unten S. 140).
Die zwei Vorgänge: die poetische Ausgestaltung der Rätsel und
ihre Verbindung zur Reihe könnten an und für sich zusammenfallen;
d. h. der Mann, der den Wettkampf König lleidreks darstellen wollte,
hätte die Rätselmotive in Prosa oder in einer ihm nicht zusagenden Vers-
form angetroffen, und er selbst hätte dann die uns vorliegenden Strophen
gebaut: die von ihm gedichtete Reihe könnte später durch Zuthaten ver-
mehrt worden sein. Von dieser Voraussetzung geht F. Jönsson a. a. 0. aus.
Ebensowohl möglich ist aber, dass der Hersteller der ( Jestumblindi-Scene
einzeln umlaufende, fertigt* Rätselstrophen zusammentrug; dass er also im
wesentlichen Sammler war.1) Das Vorhandensein stabreimender Binzel-
rätsel im Island des 12. Jahrhunderts kann nicht befremden; die Annahme
wäre selbst dann kaum zu entbehren, wenn man den Grundstock unserer
Strophen einem Dichter zuschreibt, denn dieser hätte doch wohl Vorbilder
haben müssen, und die späteren Zuthaten würden dem Schatze der Einzel-
rätsel entstammen. 2)
Für die erste Auffassung, die Hand eines Dichters, spricht, soviel ich
sehe, kein Umstand: die andere Auffassung kann sich auf folgende vier
Thatsachen berufen.
1) Diese Auffassung deutet Müllenhoii an, a. a. O. S. 5. Heinzel S. 89 drückt sich
unbestimmter aus: „auch die Gesamtheit der Rätsel, welche Gcstumblindi-Odin dem König
Heidrek vorlegt, wird nicht gleichzeitig mit der Geschichte von dem Konflikt zwischen
Heiflrekr und Gestumblindi entstanden sein/
2) Wenn Olafs grammatische Allhandlung (verfasst um 1250), nachdem sie die erste
Hälfte des Eisschollenrätsels angeführt hat, fortfährt: pesskonar ffgüru kylluin ver gätu,
ok er hon iafnan sett i skäldskap, so bedeutet dies wohl nicht, Rätsel in Versform seien
häufig gewesen, sondern Umschreibungen, die dem Rätsel innerlich verwandt sind, pflege
man in der Dichtung anzuwenden. Die Stelle steht Islands gramm. Litt. 2, 114. Ähnlich
in der Laufäss Edda SnE. 2, 633.
Häusler:
Zuerst ein Punkt, der allein genommen nichts zu beweieen vermöchte!
Die Rätsel selbst enthalten nirgends eine Anspielung auf die Personen
Uesprächs oder auf den sagenhaften Zusammenhang — wobei von den
Kehrreimen, der Zuthat des Ordners, natürlich abzusehen ist. Ein paar
scheinbare Widersprüche Bollen rasch berührt werden:
1. 3 Liest der Texi II i
koDoogr, getta hvai f>at rar,
:uii Anrede des Königs. Die Zeile isl verderbt, das Richtige hat die
Hachr. R:
\iim hvat pat rar;
-nililosr Substantiv zu Anfang ist fehlerhafter Einscbub.
In dem Eingangsrahmen (Str. stf.):
bvat er pat undra,
er ek üti sä
fyrir Dellings durum
liest II doglings statt Dellings, und Bugge 8. 356 ist geneigt, dies für das
Richtige /.u halten: doglingr wäre HeiSrekr also eine Anspielung auf
die Sagascene. Alter ryr Dellings durum ist »loch sicher die alte Formel
mit geheimnisvollem Anklang, dieselbe wie in den Hävamäl 160. o, und
auch bei der Schreibung Dpglings hat der mythische Eigenname vorge-
schwebt, der auch in den Handschriften der Snorra Edda in diesen beiden
Formen auftritt (vgl. 3Iouk. ßeitr. <!. 525).
Das nur in II überlieferte Pfeilrätsel No. 13 lautet:
ovarlega (1. ofarlega) flygr,
armlod (I. arnhlio.V? ; gcllr,
bardar ein hillm:
Die entstellte Schlusszeile wird von Bugge ergänzt zu:
haröar rö, hilmir! greipr:
durch diese Konjektur würde eine Anrede an den König geschaffen, die
je -eil ist als bedenklich bezeichnet. Vorzuziehen wäre da wohl der
Dativ liiliui: „gefährlich sind dein Fürsten die Klauen." Aber auch dies
befriedigt uicht; denn da die vorausgehenden Verse auf den leibhaftigen
Adler zutreffen, mu>> die Schlusszeile ein klares einschränkendes Element
bringen, das die Deutung auf den Pfeil hinlenkt; ein solches läge z. B. in:
haröar ro hiälmum greipr,
man vergleiche bryngag] ,yoluQris loricae* als Umschreibung für Pfeil:
hlifum statt hiälmum läge weiter von der handschriftlichen Lesart ab.1)
Demnach ist nirgends eine Hindeutung auf König lleidrek anzuerkennen;
lie Rätsel sind neutral, setzen keine bestimmte epische Situation voraus.
1 AK Vera _ vermute ich: aridiod gelr ,.•■.- das fliegende Weser singt ein (zaube-
Adleriied", vgl. vargliod UHu. I. 42, 3, auch Darradarliüd 10 (Niala c. 157) ist
gewiss sigrliöda, geirliöda zu lesen. l>as Verbau gala würde gut in das Bild vom Vogel
passen.
1 1 altnorriiscl
Zweitens i>r mir der Annahme des rätselsammelnden Ordners leichter
vereinbar die Ungleichheit des Strophen masses: zwei Diirt.'i der Rätsel
-iml im anomischen Masse (Liödahättr), ein Drittel i pischen Fornyr-
dislag) v erfasst. Nun hat allerdings I'. Jonsson in Beiner Abhandlung <li''
Sir(i]ilicii epischer Form zu den nachträglichen Erweiterungen der Reihe
gerechnet. Allein, die Ausscheidung dieses Drittels wird weder durch die
äussere Überlieferung noch durch Reihenfolge, Inhalt oder Stil der Rätsel
nahe gelegt; Bie findet ihre Begründung nur in der Annahme, die wir hier
auch vnii anderen Seiten zu widerlegen suchen, in der Voraussetzung des
einheitlichen Dichters, und selbst anter dieser Voraussetzung zögert man.
die metrische Zwiespältigkeit als etwas Unursprüngliches anzusehen, (lab
... doch in der isländischen Überlieferung des L 2. Jahrhunderts diesen
Zeitraum nimmt auch F. Jonsson an Gedichte genug, skaldische und
eddische, die <lm beiden Masse mischten, gleichviel ob die Mischung ur-
sprünglich war oder erst durch Zersingen bewirkt. - Im besondern spricht
die Beseitigung der epischen Strophen das Rätsel von Odin auf
Sleipnir, das im epischen Masse gehalten isr: es steht in beiden Texten
vor der mythologischen Schlussfrage und soll offenbar die Überleitung
dazu bilden, [ch finde es wahrscheinlicher, dass dieser Gedanke auf den
Ordner, als dass er auf einen [nterpolator zurückgeht. Darauf möchte ich
kein Gewicht legen, dass Rätsel 1. eine gnomische Strophe, die zweifellos
zum ursprünglichen Bestände gehört, Ausweichungen der Form zeigt, die
an das beim Kuhrätsel 1 bachtete erinnern (oben S. L29): der zweite
Helming
lyrta lemill,
r hi tefill
ok orrfa upphefill
hat durchgehenden Bndreim bezw. Assonanz, dagegen Lückenhaften oder
abnorm gestellten Stabreim. Nach einem blossen Schreiberverderbnie etwa
l\tta statt yta) sieht es nicht ans.
Sobald wir in der Rätselscene eine Sammlung schon vorhandener
Strophen erblicken, kann die metrische Uneinheitlichkeit nicht befremden.
i, _,.,, den einen Dichter der Rätsel zeugt drittens die grosse l q-
gleichheit des Stils. Sir erstreckt sich ebenso auf die innere wie auf die
äussere Form. Manche Rätsel sind von primitiver Einfachheit der An-
schauung, manche gefallen sich in malerischem Beiwerk oder in kühn
phantasievoller Ausdeutung der Wirklichkeit. Die einen entfernen sich in
Wortschatz und -Stellung- kaum von der Prosa, die anderen greifen zu
gesteigerten dichterischen Ausdrncksmitteln. Die ganz verschiedene G
der Eingänge, der Rahmenelemente fällt besonders in die Ohren. Dm
einen halbwegs gleichartigen Grundstock übrig zu behalten, müsste man
in der Ausscheidung sehr schonungslos vorgehen.
Xeitvclir. d. VereiDS f. Volkskunde. I
i:;i
Hcueli i :
l>a- viert« \r-iini.Mii liegl darin, dass aur die Rätselfragen in Versen,
die Auflösungen in Prosa gehalten Bind. Schon ein isländischer Schreiber
des 17. Jahrhunderts hielt dies für eine Verderbnis and setzte die Ant-
worten ebenfalls in Verse am — wobei denn freilich Stil and Versbau
auf Schritt and Tritt das junge Machwerk verraten. In dieser anechten
tfestalt wurde die Rätselreihe, nach einer seither verlorenen Bandschrift,
,,n Stephanus Biörnonis gedruckt Hervararsaga ok Beidreks kongs. Hafhiae
178;», und darnach in den späteren Ausgaben (vgl. besonders Fornaldar
.,,_m i. \\\| bis Bugge die echten alten Texte vorlegte. Aber auch
Biuree ooch \'r . S'. 241. 263. 370} nahm an, dass die Prosa - wenigstens
DO ' y
teilweise Verse ersetze, and Beinzel S. 29 rechnet „Prosa statt der
Verse in der Auflösung der Rätsel" zu den Abweichungen vom Ursprung-'
liehen. .Mir V. Jönsson a. a. 0. S. 514 können wir diese Ansicht nicht
teilen. Ks wäre anerklärbar. 'Ins- die poetische Form nur in den Ant-
worten durchgängig zerstört, in den Prägen im ganzen wohl bewahrt worden
wäre. Vielmehr haben wir in dieser Verbindung von Rätselvers und
Lösungsprosa einen ursprünglichen Zug zu erkennen: die einzeln um-
laufenden Rätsel, die der Summier vorfand, hatten Versform, ihre Lösungen
nicht — das normale Verhältnis in der Rätselgattung, wie jedes Sammel-
werk zeigen kann1,: verlangt man doch von dem Ratenden nicht, dass er
Verse improvisiere oder gar eine schon geprägte Lösung- auswendig wisse.
Diesen Stand der Dinge behielt der Sammler einfach hei. Hätte er als
Dichter eine Rätselkette aeu gedichtet, dann wäre allerdings zu erwarten.
dass er zugleich auch die Lösungen in Verse gebracht, dass er also ein
wirkliche- Rät'selgedicht hergestellt hätte. Aber ein Rätselgedicht- wie
das Traugemundslied, wie das norwegische Volkslied Pä grönaliötheicti (Land-
-rad s. 369ff. . diefäröische Gätu Rima, das Kranzsingen (Unland, Volkslieder
1. 7 ff.), neuere Wechselstrophen zwischen Jungling und Mädchen (z.B. bei
Wossidlo S. I23ff.) — wellen die Beidreks gätur nicht sein: sie sind eine
durch äusserliche Ilafreu verbundene Rätselsammlung, and einer solchen
gebührt die ursprüngliche, prosaische Form der Auflösungen.
Es ist nicht ausgeschlossen, das- der Sammler zu einzelnen seiner
Rätsel ein.- versifizierte Lesung vorfand: er musste die dann naturgemäss.
wollte er seinen eigenen Plan nicht durchkreuzen, in Prosa umsetzen.
Spuren von poetischer Fassung zeigt, wie ich glaube, nur die Lösung der
- tmmelfrage, No. 7 bloss in H überliefert):
hrafn byggir iafnan ä häm liollum, en dogg i'ellr iafnan i diiipa dali,
fiskr lifir andalauss, en piötandi l'ors pegir aldregi;
man beachte besonders das stallende Epitheton ornans piötandi. Dass
auch die Antwort auf die mythologische Schlussfrage unserem Sammler in
1 l nter den 1194 Nummern der neuisländischen Sammlung sind etwa acht Neuntel
der Rätsel in Versen, poetische Auflösungen finden sich nur fünl.
Di< iltnordischen r 135
gebundener Bede vorlag, ist sehr wahrscheinlich. Aber die allenfalls her-
zustellenden \ erse dürfen wir nicht in den Text dei ne einsetzen,
• l;i König Eeidrek nicht zu guter Letzt aus der Rolle fallen und eine
Strophe improvisieren kann!
Von der hier begründeten Auffassung aus halten wir es für aussichtslos,
einen IVil der Strophen zu entfernen, um < • i n « • 1 1 möglichst einheitlichen
Kern übrig zu behalten. Denn an eine zusammengetragene Reihe ron
Strophen dürfen wir nichl den Massstab anlegen wie an ein individuell
geformtes Spruchgedicht von der Art der rlävamäl Teil I. Und über die
l ngleichartigkeit im Stil kämen wir, wie schon bemerkt, doch nicht
liinv,
Was die Zahl der Rätsel anlangt, so mag immerhin die Absicht der
Erzähler und später der Abschreiber im ganzen auf Vermehrung gegangen
sein. Aber um gerade die Plusstrophen der beiden Passungen als \n-
wüchse zu erweisen, fehlt es an bestimmtem Anhalt. Bei der obscönen
Präge X<>. 30 /.. I!.. einem Plusrätsel von II. sind die beiden Möglichkeiten
• lass der erste Ordner sie des Gottes nicht würdig fand (Heinzel S. 39 ,
und dass ein späterer Schreiber Anstoss an ihr nahm, doch wohl gleich-
wertig. Die Behandlung desselben Gegenstandes in mehreren Rätseln
inuss nicht notwendig der ursprünglichen Anlage abgesprochen werden.
Finden wir doch sogar in einem echten einheitlichen Rätselgedicht, dem
norwegischen Pa grönalidheidi, zweimalige Vorführung der Sonne in
Str. 16. 1 7 und 20. 21 .
Wenn die Reihenfolge der Rätsel in den beiden Texten so stark
abweicht, so ist daraus wühl weniger auf Willkür der Abschreiber zu
schliessen als auf die Freiheit, die dein mündlichen Vortrag in diesem
Punkte zustand. Ihre feste Stelle hatten die drei ersten Rätsel: siegeben
sich als neuliche Erlebnisse des Rätselstellers und bilden dadurch eine
\n Einführung (F. Jönsson a. a. 0. S. 517), ohne dass sie irgendwie auf
das Schicksal Gestumblindis und die besonderen Umstände bei seinem
Gang zum Königshofe Bezug nähmen. Die Erwähnung des gestern ge-
trunkenen Bieres, des Weges über die Brücke, des unterweg genen
Taues erinnert an die ebenfalls persönlicher gehaltenen Eingangsfi
des Trangemundsliedes :
w;i laege du hinaht?
oder wä mite wsere du bedaht?
oder in welre hande w ise
bejageste kleider "der spis
Ferner hat das letzte Rätsel, das von dem reitenden Odin, seine wohl-
begründete Stellung vor der unlösbaren Odin-Baldr-Frage oben S. 1-
In der Anordnung der übrigen Rätsel scheint die Fassung R stellen-
weise ein Streben nach Verbindung des stofflich Verwandten zu verraten:
Blasebalg hinter Goldschmiedehammer ;>'«■. I. 5), saugende Ferkel, trächtige
in*
11. .,-].. ■
Sau, Kuh beisammen (No. 25 27 . Doch geht dies nicht über einzelne
Anläufe hinaus. Dagegen wirkt in dem Texte II unverkennbar der Orond-
Batz, den man als den näher liegenden gelten lassen muss: die Räte! mit
gleichen Hingängen gehören zusammen. Vor allem stehen die neun Strophen
mit dem breiten Etahmenelemenl hvat er [>at undra . . . (oben S. 132) ge-
schlossen hintereinander No. 8- L6); ebenso die sechs Strophen mit dem
Anfang hveriar i-" No. L8 23). Von den vier Prägen mit hverr er sä
hinn (No. 4 — <'». 29), von den fünfen mit ek sa oder sa ek (Xo. 21. ■"><>.
32 34) halten bloss je dreie zusammen. Dir beiden Eingänge hvat er
|.at dyra (No. 25. 26) folgen einander dies auch in I! No. L6. 17,. die
beiden hverir rö peir stehen getrennt (No. 31. -':">). Folgerichtig ist daher
auch dieser Gesichtspunkt nicht durchgeführt.
Worauf sich die ursprüngliche Anordnung begründet haben mag, ist
nicht /.u entscheiden.1)
Die Thätigkeit des Sammlers äussert sich in <\vn Kehrreimen, <1 i« -
er den Rätseln anhängte. Den mündlichen Einzelrätseln kann die be-
schliessende Langzeile:
Heiörekr konungr,
hyggöu at g-ätu
noch nicht angehört haben. Auch in den beiden Fällen, wo sie die Acht-
zahl 'Im- Kurzverse auffüllt (No. 28. 30 . kann man sie nicht als not-
wendigen Bestandteil* der Fornyröüslagstrophe bezeichnen (Heinzel S. 39) :
hier liegen eben sechsversige Gruppen vor, neben den achtversigen und
den vierversigen, wie auch in so manchen Eddaliedern; bei Xu. 2s. dem
berühmten Kuhrätsel, kann kein Zweifel sein. da>s es einmal unabhängig
von König Heictrek bestand. Allgemeinere Aufforderungen zum Raten
kennen wir aus den altenglischen Rätseln: ned, hwset ic marne! rece, gif
|,ii cunne! u. ähnl. Neuere Formeln Ihm Petsch S. ')Xi\.
Der wiederkehrende Satz, der die Lösungen einleitet,
er gata |nn. Gestumblindi, getit er [>eirar (|>essar R)
wird von den Herausgebern als Gruppe von drei Kurzversen aufgefasst,
während I-1. Jöusson a. a. 0. S. 514 den Verscharakter bezweifelt. Bugge
Ausg. S. 235 denkt daran, das dritte Stück halte einst gelautet:
getit er gatu [>eirar;
dann wäre das Ganze ein LiöSahatthelming. Wahrscheinlicher ist mir.
dass das blosse:
gÖÖ er gata |>in. getit er |>eirar,
eine regelmässige Langzeile, als formelhafte Einleitung von Rätsellösungen
1) Die IT Rätsel, die F. Jönsson als ursprünglich heraushebt, stehen nach a. 0.
S. 516f. in dieser Reihe: 1. Bier, 2. Brücke, :>. Tau, 4. Goldschmiedehammer, 5. Blasebalg,
»;. Spinn--. 7. Lauch. S. Angelika, i'. Eisscholle, 10. Bretspiel, 11. Bretspiel, 12. Feuer,
13. >iebe). II. Bretspiel. 15. Schneehütmer, L6. Anker, 17. Wellen. Eine Ordnung nach
dem Gegenstande wäre jedenfalls auch hier nur in sehr loser Weise befolgt.
Itnordisch
vorlag; indem der Ordner den Namen der S Gcstumbliudi, ein-
schob, gelangte er zu der ungewöhnlichen dreigliedi Stabroimgruppe
Die Auflösungen selbst hatten keine Qberlieferte fest Form: ihre
Stilisierung war 'lern jeweiligen Erzähler anheimgestellt, und unsere beiden
Sagatexte gehen in diesem Punkte am weitesten auseinander. Darüber
ausführlich F. Jönsson s. 514 f. Die sachlich treffendere Deutung
Rätsels findet sich ungefähr ebenso ofj in II wie in 1!: manche Fälle sind
neutral. II neigt zu breiterem Ausdruck, nur in vier Fällen So. I. ''
20. 31 ist i; wortreicher. Vor allem aber lieb! '■> II. die epische Situation
in lebendige Erinnerung /.u bringen, die beiden Rätselkämpfer aus ihrer
Rolle heraus sprechen zu lassen: IJ tlmr dies nur in 2 Fällen, II in II.
Die Frage, was da- .1 rsprünglichere* sei. wird man hier nicht aufwerfen
wollen: Bchon dem allerersten Erzähler dieser Rätselscene stand der eine
\\ eg so um offen wie '1er andere.
I >ass /.um Teil Missverständnisse in den Lösungen stecken, haben
Bugge und F. Jönsson gezeigt. .Mir Bugge S. ■"'•'>7 bin ich der Meinung,
■ lass dir Auflösung von Rätsel No. 17 (oben S. 12*2) in 'lern Texte II nur
scheinbar einen phantastischen Irrtum enthält. Sie lautet:
]>at eru aeöar tvaer, paer er eggium verpa; eggin era eigi gor me<1 hamri
ne hondam, en piönusturaeyiar biiru du i eggskurninni:
nachdem der betreffende Schreiber bis zu ne hondum gekommen ist, fällt
ihm ein, dass der Ausdruck ambättir bäru I noch eine Erläuterung be-
dürfe, und die giebt er mir den Worten: „die (von dir so genannten
.Mägde' trugen das .liier in der Eierschale".
anderseits glaube ich in zwei weiteren Lösungen ein bisher nicht
bemerktes Missverständnis zu erkennen.
Rätsel No. 2 bezeichnet die Brücke als ,~Weg der Wege'1 :
v< ur var andir
ok vegr yfir
ok vegr .i alla vi
Die Auflösung besagt, in II und R sachlich übereiustii ;nd: unter
dir hattest dn den Fluss, über dir und zu beiden Seiten flogen \
,das war deren Weg'; sie bezieht also den Schlussvers auch noch auf die
Luft. In Wirklichkeit muss er auf den Erdweg, die Erde schlechthin den
foldvegr) -«dien: denn es ist klar, dass die drei Zeilen drei verschiei
.Wege' meinen, Fluss, Luft, Erde.
Rätsel No. 10, nur in II überliefert, lautet:
hvi'tir fliügendr
hello h'
en svartir i sand grafa
Die Prosa erklärt dies für Hage] und Regen. Das Richtige ist
Hage] allein. Man übersetze: „als weisse fliegende schlagen sie auf die
1) s;i ek ä veg vega, speetavi in viam viarum, nichl aspexi in via i
Bender:
Felsplatte auf, aber als schwarze [wenn sie geschmolzen und durchsichtig
geworden sind] graben Bie sich in den Sand." Wir haben somit hier
keine Sammelfrage; die Schlusszeile würde auch nicht genügen, um die
Regentropfen zu kennzeichnen.
AU Entstehungszeil der Rätselscene wird man das 12. Jahrhunderi
annehmen dürfen: in diesem Zeiträume traten die sogen. Fornaldar sogur
in Blüte, in deren Kreise die Hervarar saga zu den altertümlicheren ge-
hört. .Mir der Saga kann auch der Rätselkampf nur auf Island, der
Heimat der Pornaldar sogur, die Rundung, die kunstmässige Gestaltung
erlangt haben. I>i'' Rätselkette im ganzen wirkt nicht als eine Sammlung,
die in gelehrter, litterarischer Absicht unternommen wurde.1) .Mir den
mancherlei wissenschaftlichen, philologischen Bestrebungen, die in dem
Island des 12713. Jahrhunderts in so merkwürdiger Weise auftreten und
in dem Skaldenlehrbuch Snorris ihre bedeutendste Schöpfung hervorbringen,
kann man sie nicht in Zusammenhang setzen. Sic will keine .jungen
Skalden' belehren, wie sie ja auch nicht als Excerpt aus litterarischen
Denkmälern entstanden ist. sie giebt sich durchaus als Unterhaltungs-
litteratur.
Das Alter <\e\- einzelnen Rätselstrophen - am dies hier gleich anzu-
schliessen entzieht sich der Bestimmung. F. Jönsson a. a. O. S. 520
bemerkt, dass in Rätsel No. 25 die Liödahättvollzeile:
ok er iärni kringt utan
ein utan mir Kürze verlangt, eine Form, die erst mir <lvni 12. Jahrhundert
auftritt. War also die Strophe älter, so wird es einst:
ok er iärni ütan kringt
gelautet haken (so druckte Ettmüller in seinem Lesebuch . Über die
Heimat der Rätselinhalte vgl. oben S. \-2Vi'. Wie viele der Bätsei-
strophen als originale westnordische Dichtung entstanden, wissen wir
nicht; den Anteil von .Mutterland und Insel zu sondern, kann man nur in
ein paar Fällen wagen: ausser dem Obsidianrätsel (unten S. 140) möchte
ich für eigenartig; isländisch halten: das überkünstliche Homonymenrätsel
unten s. ] 12f.), die kenninggewürzte Strophe 27 von der Fnte im Schädel
[unten S. 141 und wohl auch das humorvoll übermütige liärsel von den
saugenden Ferkeln No. 32 unten S. 14ti).
Es bleibi uns übrig, die Rärsel unabhängig von ihrer Umrahmung,
als Kulturzeugnisse und dichterische Gebilde, nach ihren bezeichnenden
nschaften zu betrachten.
Die Stoffe sind zu zwei Dritteln der Natur entnommen: während das
Steinreich einen Vertreter hat (Xo. 16 Obsidian). das Pflanzenreich zwei
1 Eine andere Ansicht spricht F. Jönsson aus a. a. 0. S. 519f. Litt. hist. 2, 162.
I >ie Itnoi tischen ] 1 ;;m
N « . . 8 Lauch. N". L8 Angelika), giobi das Tierreich zwöl! Präge«
wobei das Fehlen der heimischen Raubtiere Fuchs, Wolf, Bär, ^dler be-
merkt werden mag. Die Elemente und meteorischen Bruchei nungen sind
sehr reichlich, mir elf Rätseln bedacht.
Das übrige Drittel bring! Erzeugnis menschlichen Gewei
darunter Dicht weniger als drei verschiedene Bretspielarten.
Sein Gepräge erhall das Stoffgebiet, verglichen einerseits mit mehr
gelehrten Rätseln wie deu altenglischen, anderseits mil neueren Rätsel-
massen, vor allem durch diese negativen Züge:
es fehlt alles Fremdländische, alles, was nicht dem Beobachtungsfelde
des Nordländers, ja sogar des Isländers auf der eigenen [usel angehörte
es fehlen gewisse modernere Kulturgegenstände, mil denen sich sonsl
das Volksrätsel gern abgiebt, wie die Geige, der Spiegel, der Wetterhahn :
: 1 1 1 < • s mir der Schreibekunst Zusammenhängende: Tintenfass, Feder, die
24 Buchstaben. Den weitverbreiteten Fragen aus der volkstümlichen Tier-
kunde des Mittelalters1) gehört nur der Fisch als der ohne A-tem lebende
an (Xo. 7):
es fehlt alles Biblische, das in der späteren echt volksmässigen Rätsel-
litteratur so beliebt ist: auch die Gegenstände des Gottesdienstes wie die
Glocke, die Hostie;
es fehlt endlich, wie nicht anders zu erwarten, 'las Ritterliche. Ro-
mantische, 'las dem altdeutschen Traugemundsliede schon ein paar be-
zeichnende Farben leiht.
So erscheint die Welt, die sich in den Heidreks gätur spiegelt, als
eine nordische, vorlitterarische, vorchristliche, vorritterliche. Deragemäss
darf man wohl sagen: es ist die Vikingzeit, deren Kultur in unseren
Rätseln lebt. Nicht als ob damit über das Uter der Motive oder der
Verse ausgesagt würde! Halten doch die grossen neuen Kulturmächte,
das Christentum am 'las Jahr 1000, das litterarische Schreiben vier
.Menschcnalter später, das Lehen auf Island nicht so tief durchdrungen,
dass eine beschränkte Ä.uslese von Rätselstrophen ihre Spuren tragen
müsste. Den Stempel der Vikingzeit führen die Gätur insofern, als keine
Zeile in ihnen das Neue der späteren Epochen voraussetzt. Es ist auch
nicht vorzugsweise der Gedankenkreis des Seeräubers and Eroberers, in
den uns die Rätsel einführen.2 Kriegerische Gesinnung äussert sich in
der Wahl der Stoffe nur zweimal: tfo. 13 der Pfeil, No. 26 der Schild;
niul vnll ,1,.,, so beliebten Tieren des germanischen Schlachtfeldes streift
uns nur der Rabe und zwar als Bewohner der hohen Berge (No. 7). A.ber
mindestens ebenso bemerkenswert, wenn wir andere Sammlungen daneben
halten, erseheint das Felden aller Fragen aus >\>>v eigentlich bäuerlichen
1 Der Vogel ohne Zunge u. ähnl.; vgl. besonders Köhler, Kl. Sehr. 3, 519ff.
_' Vgl. F. Jönsson a. a. 0. S. 519.
1 |i i Heu
Wirtschai I genstände wie Pflug, Rechen, Butterfass. Mühlstein, Back-
ofen l ii'l in der poetischen Ausmalung drängt sich doch die Freude
aiu Kampfe mehrmals unverkennbar vor: der Inker „schirmt die Menschen
und verfehdet Bich mit der Erde" No. 6); der Blasebalg .. si<« j<*r den
Wundeulauch*, d.h. das Schwert (No. 9 ; * 1 i « - Bretsteine „erschlagen ein-
ander waffenlos ti\v ihren Herrn" (No. 1!' ; die Schneehühner sind Ge-
fährtinnen, die mir weissem min- schwarzem Schild die Lande dnrchzieheu
So. 20 . \iicli das eigenartigste aller Rätsel, das von dem Schwein mit
den Ferkeln No. 32 . entführt uns durch seine Einkleidung aus der fried-
lichen Enge des isländischen Bauernhofes an den Fürstenhof mit seinem
streit- und trinkbaren Herrengefolge.
Ein paar ausgesprochen nordische Züge fehlen dem Gesamtbilde
nicht: die von den mythischen Wölfen verfolgte Sonne (No. 15 und Odin
auf seinem Rosse Sleipnir (No. 35 . dies die beiden einzigen aus dem
Mythus schöpfenden Rätsel, denn wenn die Wellen in den Prosaäuflösungen
die .Töchter /Egirs' genannt werden, so ist diese Anspielung in den Strophen
selbst nicht gegeben: die Vergleichung mit Frauen war auch ohne den
sagenhaften Hintergrund hier ebensowohl möglich wie bei den Kohlen,
den Bretsteinen und anderen Gegenständen. Als nordisch darf man auch
ansprechen die Pflanze Angelika auf dem Gebirg (No. 18) und die in die
felsige Bucht rollenden Meereswogen , No. 23); dazu das Wortspielrätsel
No. --I . das auf dem norrönen Sprachschatz fusst.
ausschliesslich isländisch, dem Inhalte nach, ist das Rätsel No. 16,
das die auffallenden Eigenschaften des vulkanischen Gesteins Obsidian
schildert1):
„Härter als Hörn,
schwärzer als ein Kalte.
weisser als ein Eihäutchen.
stracker als ein Schaft."
Nach ihrer inneren Anlage sondern sich drei Rätsel ab: sie enthalten
«•ine zwar nicht \'ür den sagenhaften König, aber doch für den natür-
lichen Menschenverstand — unratbare Aufgabe; sie bringen nicht eine
beliebig zu wiederholende Beobachtung, sondern ein zufälliges, sehr indi-
viduelles Erlebnis. Dadurch stellen sie sich in die Gruppe der sogen.
Halslösungsfragen, zu deren Wesen die Unratbarkeit gehört.
R tsel Nu. 27. die Ente, die zwischen Kinnladen und Gaumendach
eines Rinderschädels ihr Nest gebaut hat, ist ein deutlicher Vertreter der
Gattung. Das allgemeine Motiv gebendes Getier, das in einem Gerippe
1 Wie venig die frohere Forschung geneigt war, der in isländischer Sprache uber-
Dichtung isländisches Ursprung einzuräumen, mag diese Bemerkung- aus den
Antiquites Busses I, 113 1850 zeigen: l'existence de cette enigme nous renvoie princi-
palemenl am contrees de- Carpathes, qui sont ... le seul lieu ou Ton rencontre Fobsi-
dienne au nord des Alpes en Europe.
l>ie altn ■ 14 1
haust' kehr! in mannigfachen Spielarten wieder: bald ist ps eine Vog
bald eine Rattenfamilie, bald ein Stock Bienen <"l<-r ein Fliegenschwarm :
der Aufenthaltsort meist ein Pferdeschädel <»<|«.r -Skelett 9tatt d<
aber auch der Leichnam eines Erhängten oder endlich auch ein abgestorbene]
Baumstamm oder ein Kornbehälter; der Gegensatz des Lebendigen zum
Toten wird häufig betont. Vgl. Wossidlo No. 967 mit den Nachweisen
S. 323, dazu Antiquar. Tidsskrifl 1849 51, s. 315ff. No. 55 (färöisch).
Svenska Landsmälen VII. I. No. 131. Jon Arnason N o 298 S03
<lm> ausdrücklich als Halslösungsfrage bezeichnet . In der dichterischen
Ausführung entfernt sich unsere Gäta sehr weit von diesen Gegenstücken:
>ir führ! das nistende Tier anschaulich vor und legt den Nachdruck darauf,
die ungewöhnliche l mgebung des Nestes durch skaldische Umschreibungen
noch rätselhafter zn machen; ja man kann sagen, zum ,Rätsel* wird die
Strophe überhaupt nur durch diese Umschreibungen:
„gar sehr war vor Zeiten '
die Nasengans (Ente herangewachsen,
die kindergierige, die trug
Zimmerholz zusammen baute ihr Nesl ;
schirmten sie
dii strohbeissenden Schwerter Rief
dazu lag des Trankes
Dröhnfelsen Gaumendach oder Schädel im allgem. darüber."'
Ebenfalls jenseits der Lösbarkeit liegt das Eisschollenrätsel No. _' t
vgl. oben S. 130), worin wieder der Gegensatz von Leben und Tod.
auch in anderer Weise, eine Rolle spielt.
Und drittens darf man zu den unratbaren Prägen rechnen No. 12:
„zehn hat es Zun.
zwanzig Augen,
vierzig Beine,
rasch bewegt sich das W i
(nach R: vorwärts schreitet das Wesen ~:
dass dies gerade eine San mir nenn Jungen im Leibe s< i, war-' aus dem
Wortlaut nicht zu entnehmen. Zwei ueuisländische Rätsel Jöu Arnason
tfo. 147. 448 bestätigen, dass man ebenso gut an eine entsprechend g< -
segnete Hündin oder Katze denken kann. Es tritt hier ein besondere!
Umstand herzu. Der Rätselsteller hat das Tier -Iran—.,, gesehen also
wieder -las zufällige einmalige Erlebnis , und nun lässt der König die
San schlachten, und es zeigt sich, dass die Zahl der Jungen richtig geschätzt
war. Die Prosasätze, die dies erzählen, sind nicht müssige Zugabe, sondern
gehören notwendig zum Verständnis des Ganzen. Bugge hat Studien
s. 163) daraufhingewiesen, dass dieses Motiv schon in der antiken Dichtung
vorkommt. Vgl. noch Ohlert. Rätsel und Gesellschaftsspiele der alten
1) Zu dieser verderbten Zeile vgl. oben S. 123.
Eleu
i n-ii Berlin 1886) S. 36ff. Immisch in Fleckeisens Jahrbüchern t'i'ir
Philol. Suppl.-Band 17. 160. Das alte Gedicht ,Melampodie', das
einige dem Hesiod zuschrieben, erzählt einen Wettstreit zwischen den
Sehern Kalchas and Mopsos in Kolophon. Vfopsos errät, dass ein eben
vorübergehendes Mutterschwein mir zehn nach einem anderen Excerpt
um drei) Jungen trächtig gehe, darunter ein männliches (bezw. ein weib-
liches). Wie die- zutrifft, stirbt Kalchas aus Gram. Man sieht, es handelt
sich hier wie auch bei den übrigen Fragen des Seherwettkampfes —
nicht um ein wirkliches Rätsel, sondern um eine Scharfsinnsprobe. Dei
Zug steht im Zusammenhang mit einer anübersehbaren Reihe von Anekdoten
orientalischen Ursprungs, worin eine verwickelte Naturerscheinung mit
wunderbarem Spürsinn erfasst wird.1) In unserer Saga ist die Frage zwar
als Rätsel stilisiert; aber sie hat sich von dem begleitenden äusseren Vor~
gang and von der erfolgreichen Bewährung des Scharfblicks noch nicht
-_ döst. Es L8i «'ine mittlere Stufe. Einen Schritt weiter thut das Rätsel
Aldhelms Scti Aldhelmi opera ed. (üles p. 266: De scrofa praegnante):
Nunc mihi sunt oculi bis seni in corpore solo
Bis ternumque Caput, sed caetera membra gubernat.
Nam gradior pedibus suö'ultus l)is duodenis,
Sed oovies deni sunt et sex corporis ungues.
Synzygias nurnero pariter simulabo pedestres.
Populus et taxus. viridi quoque fronde salicta
Sunt invisa mihi, sed fagos glandibus uncas,
Fructiferas itidem üorenti vertice quercus
Diligo. sie numeros-u simul min spernitur ilex.
Hier isl die für das wahre Rätsel notwendige Eindeutigkeit vorhanden.
Die thätliche Spürsinnsprobe fällt weg: das Kätsel ist selbständig geworden.
Das altenglische Rätsel Xo. H7 hat mit dem Aldhelms sehr wenig geniein:
>■- ist in seinem mittleren Stück dunkel, aber auf eine kenntliche Be-
schreibung der Tierart scheint es ebenfalls auszugehen — im Gegensatze
zu dej' Heidreks gäta.
Die aneigentlichen kfitsel. die auf einem Wortspiel beruhen, haben
einen Vertreter in unserer Reihe, No. 34. Es liegt hier nicht blosse Ver-
tauschung von Homonyma vor. wie sie auch den neueren Volksrätseln
geläufig ist l'etsch S. 28 ff.); sondern das Homonymum wird weiterhin
durch ein Synonymum ersetzt. Der Gedanke valr bar a-di ..ein Falke
trug eine Eidergans" wird demnach verkleidet in: däuetir nieiin bäru
blödshol ..tut.' .Männer trugen eine Bluthöhle": denn:
I Falke
\ Schlachtfeldleichen = tote Männer,
1> Vgl. z.B. in dieser Zeitschrift 4. 347 11. Reiche Zusammenstellungen giebt Bolte
zu Wetzeis Reisen der Söhn.- Giaffers S. 198 ff', von der Leyen, Das Märchen in den
Göttersagen der EiM;: S. 74.
Die all 1 I : ;
| Eiderg
•' '"' | Ader Bluthöhh
Schon die Griechen wandten genau dieselbe \n doppelter Wortvei
tauschung an; /.. B. ■>:>■ xaradiafiov i-t /.u deuten als I
utövos iihu:. weil yrjg atas Aiag und xai >■•/■
Tekafx(bvog\ sieh Ohlert a.a.O. s. L6*2. In der altisländischen Litteratur
tritt das Spielen mit Homonymen besonders häufig hervor; ja es wird von
den Skalden geradezu zum System ausgebildet: manche tenningar beruhen
darauf, wenigstens oach der von Snorri gegebenen Erklärung (Sn. Edda,
herausg. v. F. Jönsson S/80. 33. 95 113), und für gewisse Spielarten in
Snorris Liste der Versraasse ist die Homonymenvertauschung wesentlich
(ebenda S. 156); vgl. auch Olafs gramm. Abhandlung c. II tsl gramm.
Litt. •_'. 66f.)-*) Die Hauptstelleu in der Sagalitteratur sind Kröka-Refg
aaga S. :>4 ti\ und Eiriks saga mälspaka bei Saxo Grammaticus j
Auch in der neuisländischen Zeit wird das künstliche Wortspielrätsel viel
gepflegt, vgl. die Strophen der Laufäss Edda (Sn. Edda, herausg. von Sv.
Egilsson s. 239) und zahlreiche Rätsel in Jon Arnasons Sammlung.
Die sämtlichen übrigen Strophen sind richtige Sachenrätsel. Die Rat-
barkeit, das erforderliche Mass von Deutlichkeit kann man ihnen bei nicht
zu strengen Ansprüchen wühl allen zuerkennen, ausgenommen die kurzen
Fragen des Sammelrätsels.
Jede Strophe behandelt einen -- unter Umständeu zusammengesetzten
— Gegenstand, mit einziger Ausnahme von No. 7. einem Plusrätsel von
II: dies ist eine ,Samnielfrage' von genau demselben Bau, wie er die
Strophen des Traugemundsliedes, die Schlussgruppe ausgenommen, beherrsch!
und auch schon in einigen der vedischen Ratestrophen erscheint (Haug
a.a.O. S. 171. 1:97. Wilmanns Zeitschrift f. d. Altertum 20,250 : in viel
Zeilen je eine stofflich und sprachlich unabhängige Frage3):
„wer bewohnt die hohen Berg
wer lallt in die tiefen Thäler?
wer lebt ohne Atem?
wer schweigt niemals
Antwort: der Rabe, der Tan. der Fisch, der Wasserfall. Diese
Form haben auch zwei Strophen im Hattalykill Rognvalds N
wobei die Antworten den /.weiten Helming füllen; die eine der Strophen
lautet:
li Zu der ersten Zeüe des Rätsels vgl. oben S. 123. Auch die vierte Zeile wurde
schon von den alten Schreibern ungleich aufgefasst und hat bei den Herausgebern sehr
verschiedene Deutung gefunden.
2) Das raffinierteste in dieser Richtung leistet eine Stelle der Laufäss I SnE. ed.
Arnam. 2, 632 f., womit zu vergleichen ebenda 3, 548.
3) Zweigliedrige Sammelfragen begegnen häufig; eine fünfgliedrige äieh in dies»
Zeitschrift 7, 387, V. 82— 86, sie geht auf eine viergHedrige zurück, bei Kühler. Kl. Sehr.
3, 473.
]|| H. u-l. -
hverr ryd'r hvassar • ■__
tuen' bryüar mal varg i
hverr gorir bialma äkürir?
breri styriar?
Haraldr rauä hvassai • sjgiar
herr brytiar mal vargi;
hiälmskür g0rir Bogni:
Biarrandi reo gunni.
Dagegen Str 4<» in Snorris llattaml ist anders geartet: die vier Prägen
gehen auf ein und denselben Gegenstand, so wie die Fragen in der Scbluss-
gnippe <lr> Traugemundsliedes. Vgl. auch < I i« • achtgliedrige Fragenreihe
ritualen Inhalt- Hävamäl 144.
Dir von ans hervorgehobene Ongleicbartigkeit des Srils zeigt sich
schon im Blick auf die Rahmenelemente1). Etwas mehr wie die Hälfte
der Strophen behilft sich ohne diesen Bestandteil. In den übrigen treffen
wir die sechs Arten ron Rahmen: einfaches ,ich salr (ek sa öder sack) in
.V>. "_'4. 30. :;•_'. 33; das breit entfaltete archaisierende hvat er |>at nndra . . .
oben S. 132 neunmal, in No. 8 H'>: sodann die persönlicher gehaltenen
Wendungen ,icb >ass . . . ich salr in No. 34, .von Hause zog ich aus. von
Hause brach ich auf, ich sali . . . ■ in No. 2 ich trank . . . • in No. •">.
.halten möcht ich, was ich gestern hatte: merke, was das war- in No. 1.
Der Kern der Rätsel zeigt als beherrschendes .Motiv ausnehmend oft
die Belebung des Leblosen: den 22 Belegen dafür stehen nur vier Strophen
gegenüber, die den toten Gegenstand als solchen aufführen: No. 2 die
Brücke, No. 3 >\*'r Tau. No. 16 der Obsidian, auch No. 17 das Ei (denn
die Eierschale, der eigentliche Gegenstand des Rätsels, wird mit dem
.Biergefäss' verglichen). Auch Lebendiges wird ebenso oft in ein anderes
Lebewesen verkleide! (No. 11 der .Mistkäfer als Klier. No. 20 die Schnee-
hühner als kriegerische Jungfrauen, No. 24 der Wurm als blinder Beitender,
No. 32 die Ferkel als Hofgefolge, No. 34 der Falke als , tote Männer'),
wie es ohne eine solche Umwandlung vorgebracht wird (No. 12 die Sau.
N>"- I I die Spinne, No. 27 die Ente, No. 28 die Kuli. No. 35 Odin auf
Sleipnir). Die Personifikation wird meist mit äusserst lebendiger An-
schauung festgehalten — ..der mythischen Belebung sein- nahe" nennt sie
1 hland 3, ls<! — . sie unterwirft sieh alle die Einzelheiten, die von dem
ustande ausgesagt werden: man vergleiche beispielsweise die intensive
Belebung in dem Rätsel vom Anker No. 6 «dien S. 127). Das Angelika-
rätsel No. ks (oben S 128) verdankt sein ganzes Motiv, das Zeugen des
Weibes mit dem Weibe, der doch mehr oder weniger zufälligen Ein-
kleidung der Engelwurzstauden in weibliche Wesen.1)
1 Diesen Ausdruck gebraucht Petsch in der mehrmals angeführten Schrift, der ich
mancherlei Anregung verdanke. Für die stilistische Betrachtung schienen mir in dem vor-
liegenden Falle andere Einteilungslinien nützlicher als die von Petsch S. 83£f. gezogenen.
2) Der Weinstock als kindergehäreude Jnugfrau findet sich in der Anthologia graeca
und bei Symphosius. Ohlert a. a. 0. S. 152.
1 >ic altnordischen l [45
Dagegen fehlen ganz die Jchrätsel' (worin der zu ratende Gegenstand
sich in <1it ersten Person einfuhrt), diese schon bei den Griechen, bei
Symphosius, Aldhelm, in der altengli sehen Sammlung und im- lebenden
\ olkarätsel so beliebte Form.
Die Belebung ist überwiegend um einer Benennung verknüpft, die
zu Anfang steht und dem Phantasiebild von vornherein den bestimmteren
l mris- giebt: ..wer sind die Gespielinnen . . ?" No. 25. 26; und specieller:
„ein Pferd sali ich..." No. 30; auch die substantivierten Ldjektiva zu
Anfang Bind als Benennungen zu bedachten: „wer isl der schallende..?"
No. I ii. ähnl. Wo die Benennung fehlt, da behält die Belebung etwas
Allgemeineres, Farbloseres [No. 8 der Lauch, No. 9 der Blasebalg, No. 1"
der Hagel, No. L"> die Sonne), wenn nicht die spätere Beschreibung be-
zeichnende Linien nachträgt, wie in dem Pfeilrätsel No. 13 (oben S. L32),
wo wir das adlerhafte Wesen vor uns sehen, oder auch in dem Eeuer-
rätsel N... 29
Benennung findet sich auch zweimal ohne Belebung: bei der Brücke
No. •_'. die als ,Weg der Wege', und bei dem Tau No. ■">. der als .Trank-
gleich zu Anfang benannt wird.
Die ausser der Benennung (a) in unsern Gätur angewandten Mittel
der Beschreibung unterscheiden wir folgendermassen : es werden angegeben
b) Eigenschaften (Farbe, Form, Zahl: innere Eigenschaften); c) Handlungen,
d) begleitende Umstände, Umgebung, e) ,hemmende Elemente' d. h. Züge,
die einer naheliegenden falschen Deutung vorbeugen.
Diese viererlei Angaben zusammen mit der Benennung treten in -ehr
ungleicher Mischung auf. \h'\- Versuch, die sämtlichen Heidreks-Bätsel
in die hierdurch bestimmten Abteilungen zu gruppieren, führte zu einem
wenig anschaulichen Gesamtbilde; ich begnüge mich deshalb hier, eine
Auswahl von ausgeprägten Stiltypen gegeneinander zu stellen.
I. Lanier Benennung: No. 1 'las Bier: .
..der Leute Lähmer,
der Wune Binderer
und der Worte Anreger";
mir der letzten Zeile vergleiche man den Ausdruck mäls heilsa für ,Met'
im llartatal Str. 25. Das Rätsel bat trotz seiner einfachen Anlage etwas
Künstliches, weil es seinen Gegenstand ganz abstrakt kennzeichnet. Ein
nichtig volkstümliches Bierrätsel /.. B. bei Landsrad 8. 812 No. 17.
II. Lauter Eigenschaften: hierher die drei Rätsel vom Obsidian No.lt;
(oben s. Ut>). der Kuh No. 28 (oben S. 129), den. reitenden Odin No. 35
(oben S. 130): sie gehören stilistisch /.u den einfachsten und volksmässigsten.
III. Benennung 4- Handlung: No. 5 der Nebel:
„wer ist der Gewaltige,
der über die Erde hin zieht?
er verschlingt Seen und Wald:
1 |», Ueuslei .
den Windzug fürchtet er,
aber Männer nicht,
und rerttbl Feindschaft wider die Sonne."
\inli die übrigen Rätsel dieser Form geben ••in«- ganze Reihe von
Handlungen: No. 20 die Schneehühner, No. 30 der Webstuhl; die beiden
Wellenrätsel in dem Texi R No. 19. 21,
l\. Benennung hemmendes Element: No. 3 der Tau:
„was für ein Trank ist das.
den ich gestern trank?
es war weder Wein noch Wass
weder Met noch Bier
noch irgendwelche Speise.
doch ginn ich durstlos von dannen."
V. Eigenschaft -f- Eandlung: No. 1-4 die Spinne:
..Beine bat es achte.
aber vier Augen,
trägt die Knie höher als den Bauch :"
Ferner hierher No 9 der Blasebalg, No. H> die Hagelkörner (oben
S. 137). No. 12 die trächtige Sau (oben S. 141). No. 13 der Pfeil (oben
s. 132). Auch dies einer der einfachen Rätseltypen.
VI. Benennung (a) -j- Eigenschaft (b) -f- Handlung (c): Xo. 19 die
Bretsteine:
..wer sind die Frauen (a).
die um ihren Herrn
waffenlos (b) sich erschlagen (c)?
Die braunen- (b) stehn zur Abwehr
Tag aus. Tag ein (c).
ilier die leuchtenderen (b) rücken aus (c).H
Auch die beiden anderen Bretspielrätsel N<>. 25. 31) kann man hierher
stellen, ausserdem No. 4 der Goldschmiedehammer, Xu. 24 die Eisscholle.
VII. Benennung (a) -- Eigenschaft (b Handlung(c) -f Umstand(d):
Nu. 32 die saugenden Ferkel:
„ich sah im Sommer es tranken die Jarle (a)
beim Niedergang der Sonne (d) schweigend (b) das Bier (c),
die Bofmannschaft (a) wachen c . aber schreiend stand
gar nicht vergnügt (b): das Biergeiass (d)."
Hier isi auch ein einleitender Rahmen vorhanden (Zeile 1), es ist die
reichste Form innerhalb der Heidreks gätur. Zu derselben Gruppe nocli
Nu. 20 m 1! und Nu. •_':; die Wellen. Nu. 26 der Schild.
VIII. Benennung (a) - Eigenschaft (b) - Handlung (c) -f hemmendes
Element (e): Nu. n der Mistkäfer:
-einen schwarzen (b) Eber (a)
sah ich im Kote schreiten (c).
und keine Borste erhob sich ihm auf dem Rücken (e)."
Di< altnordischen I; 117
Das Rätsel vereinigt auf engstem Räume einen grossen Reichtum von
Zügen, ohne sich doch vmi der Haltung eines guten VolksrätseU zu
fernen.
Unter den Eigenschaften der Gegenstände wird verhältnismässig oft
die Farbe aufgegriffen; auch ein bezeichnendes Zahlen Verhältnis; auf-
fallend selten dagegen die Form in anmittelbarer Benennung.
Die Handlungen des Gegenstandes werden mit mehr Liebe gezeichi
als im modernen Volksrätsel, auf den Verba in den Gätur liegt viel Nach-
druck. Darauf beruht in erster Linie das reichere poetische Leben, das
diesen altnordischen Rätseln eignet.
.Man hat die Landschaftsmalerei der Heidreks gätur gelobt. In der
Thal erstreck! sich «Im scharfe. feine Ueobachtungsgabe, wovon unsere
Strophen Zeugnis ablegen, auch auf den Naturschauplatz. Aber was die
Verse selbst uns vorzaubern, enthält sehr wenig an landschaftlichen Zügen.
Die Meereswogen, die A.ngelikapflanzen auf dem Gebirge standen ihren
Dichtem gewiss recht lebhaft vor dem A.uge; aber die sprachliche Dar-
stellung personifiziert so durchgreifend, dass von dem landschaftlichen
Stoffe fast nichts äbrig bleibt: in 'lern Wellenrätsel No. 23 nur der eine
Satz „es geht ihr Zug der Bucht entlang", in «lern Engelkrauträtsel No. 18
nur ihs Wort „ä reginfialli" : alles Andere muss sich erst der Rätsellöser
zum Naturgemälde wandeln. Die altenglischen Rätsel vom Sturm No. 2— 4)
bieten ein lehrreiches Gegenstück: wenn sie unvergleichlich farbigere
Landschaftsbilder malen, so liegt das, abgesehen von der grossen Aus-
führlichkeit, daran, dass die Phantasie des Dichters weit mehr an «lern
Naturvorgange selber haften bleibt. So steckt auch innerhalb unserer
Gätur am meisten direkte Landschaftsanschauung in zwei Strophen, deren
Verpersönlichung unbestimmter gehalten ist: No. 5 der Nebel, No. 10 die
Hagelkörner. Sehr selten auch fügt der Dichter einen entbehrlichen, die
Scenerie malenden Nebenumstand bei: ..vor den Inseln draussen" in 'lern
Birätsel No. 17. „bei Sonnenuntergang" in dem Rätsel von den Ferkeln
No. 32.
Anderwärts finden wir das umgekehrte Verfahren: 'las landschaftliche
Bild bringt erst der Dichter des Rätsels zu dem Gegenstand hinzu. So
bei Wossidh» No. 31 e das Ei:
.,in einem weissen Berg blüht eine gelbe Blume . . . ":
So. 33a der Brief:
„auf einem weiss
da steht eine Rose rot ..."-.
Nicht wenige der Rätsel haben eine entschieden gehobene Stimmung,
was schon in dem ausseralltäglichen Wortschatz, bei No. 8— 16 auch in
dem mythisch anklingenden Rahmen begründet ist. Einigemale erreicht
es eine geradezu heroische Haltung, verwandt mit dem Tone altgermanischer
II. ii-!. r: Die altnord Rätsel.
Ileldenuo« in So. ö NTebel. So. 6 Anker, No. 13 Pfeil, Nu. 19 Bret-
steine \ 26 Schild. \nf der anderen Sein- --| »i< ■ 1 r «'in gemütlicher Humor
in <l«'n Rätseln vom Biere und von der Kuh (No. 1 und 28 . und die
witzige Ironie, womit Strophe 3"2 die Ferkel in adelige Krieger verkleidet,
gemahnt uns an die Laune des ersten Odinsbeispiels und der Härbarzliöd.
Dasa Bich ein anständiger Rätselstoff in obscöner Hülle birgt, erweisi
-ich durch umfassende, unbeschnittene Sammlungen wie zumal die von
V\ "!.ll<> als das eigentliche Lebenselemenl neuerer volkstümlicher Kätsel-
kunst, und schon der sogen. Cynewulf kann sich darin nicht Leicht genug
thun. Daneben nimmt sich «las einzige Beispiel in unserer Saga, No. :>(|
'das Weben mii dem Bespringen einer Stute verglichen), massvoll und
uidüstern aus. Di«' Zurückhaltung nach dieser Seite erscheint bezeichnend
für das altnordische Schrifttum, diese vermutlich decenteste 'Im- mittel-
alterlichen Litteraturen.
Überblicken wir die Gätur im ganzen, so stellen sie sich ohne Fr
zu den allerbesten Erzeugnissen der Rätseldichtung. Sic haben einerseits
mehr Fülle um! Bewegung, stellen -ich die poetische Aufgabe weit höher
;ils ilie meisten Volksrätsel der letzten Jahrhunderte; Anderseits wahren
loch einen echten Rätselstil, sie zerfliessen nicht zu epischer Breite
und Weichheit: davor schützt sie sehen das strophische Band. Sie behalten
immer noch das Gepräge <\i'r Spruchdichtung, die zugespitzte Schärfe und
straffe < rliederung.
Fragen wir. wieweit diese Rätsel volkstümlich waren, so müssen wil-
den besonderen gesellschaftlichen Verhältnissen Islands Rechnung tragen,
und dann kann die Antwort nur lauten: sie waren durchaus volkstümlich,
d. h. dem Verständnis '\>-v weltlichen Bevölkerung, der Bauern und Fischer,
zugänglich, ebenso wie die grosse Menge der eddischen und skaldischen
Gedichte und der Sagawerke. Einen gelehrten, buchmässigen Charakter
hat keine der Gätur; nirgends eine Anspielung, die etwas von klerklig list,
lateinischer Bildung voraussetzte. Das Wahrscheinliche ist. dass die Rätsel
sämtlich für die mündliche Weitergabe, nichi mit der Feder in der Hand
gedichtet wurden. Etwas anderes i>r die Frage, wiefern den Strophen
das zukomme, was wir im Blick auf neuere Produkte volksmässigen
1: tselstil nennen würden. Ohne subjektive Abschätzung kommt man liier
nicht ans. weil innere wie äussere Eigenschaften <\rv Gatur auf die Wage
v.w legen sind, und weil in der modernen Volksänigmatik so vielerlei
zusammenströmt. 1)
ungefähr ein Drittel der Heidreksrätsel darf mau wohl als richtige
Volksrätsel in dem angedeuteten Sinne bezeichnen: No. '■> der Tau. No. 7
die Sammelfrage, No. 8 der Lauch, Xo. 1<> der Hagel, No. 1 1 der Mistkäfer,
1 Von der nenisländischen Sammlung kann man den Massstab nicht hernehmen^
da sie S'*hr viele entschieden kunstvolle, uneinfache Gebilde umfasst.
von Ncgelcin: I lic Reise dei 1 |;i
\u. ]•> das trächtige Schwein, So. II die Spinne, No l"> die Sonne, No. 16
der Obsidian, Nb. 28 die Kuh, Nb. 35 der Reiter. Man könnte sich diese
Strophen ohne weiteres in eine deutsche Mundarl übertragen denken. Am
wenigsten primitiv, dem Volksrätsel am fernsten stellend, erscheinen etwa
Nb. I das Bier, No. 6 der Anker, Nb. 17 das Ei, No. 27 die Eute im Schädel,
Nb. 32 die Ferkel, Nb. 34 die Homonymenfrage. Di«- übrigen nehmen
eine mittlere Stufe der Kunstmässigkeil ein.
Die Reise der Seele ins Jenseits.
Von Julius von Negelein.
(Fortsetzung von S
II. Reiseweg der Seele.
Es miiss auffallen, dass die Zahl der Tage, die der Tote zur völligen
Trennung von allem [rdischen braucht, stets, wie wir sahen, von dem Be-
gräbnis-, aicht vmi dem Todestage an gerechnet wird. Das isi wichtig
Nicht der Todestag ist es, der den noch den vollen Schein des Lebens
bewahrenden Körper1 uns für immer entreisst, sondern der Moment, in
dem die irdisch.- Hülle von uns durch die schwere Deck.' der Grabeserde
getrennt wird. Die Liebeserweisungen, die der unbestatteten Leiche gelten
konnten - «las in ihre Hand gelegte brennende Licht, mit dem man die
Grabesnächt erhellen wollte das ihr aufs Herz gesetzte Brot, das sie er-
nähren sollte9) — hörmi damit auf, 'lem Toten zu nützen, und langsam,
aher unabweislich, drängt sich eine mehr spiritualistische Anschauung in
.las Gebiet der Seelenvorstellungen ein. Erst da, wo der Leichnam .lern
körperlichen Auge si.h zu entziehen beginnt, können Spekulation oder
Phantasie ihn mit frischem Leben ausstatten. Sicherlich war nichts der
Förderung eines speeifischen Seelenbegriffs so hinderlich, als das uralte
Aussetzen des Toten. Mag -las zähe Festhalten an der Materie selbst
noch Opfer am Grabe. Brennen von Lichtern u. s. w. als Liebesdienste
für die persönlich und räumlich vorhanden geglaubt Anwesenheit des
abenen auf beschränkte Zeit zulassen -- sicherlich setzt mit derVer-
schleierung des schauerlichen Bildes der Verwesung eine diesem Proz
1) Lonau, Albigenser, sagt treffüch den Sinn dieses Gedankens wiedergebend, von
dem Leichnam, er sei ..das tote Nichts, das starr und still noch immer das Verlorene
scheinen will."
2) Armenischer Brauch bei Abeghian a. a. 0. '.».
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 191 1.
150 \"n Ncgelein:
zwar parallel gehende, ihn aber ideell verschönernde [deengruppe ein.
Zum erstenmale beginnt der Tote ;ils ein ganzes, als begriffliche Ein-r
heil gefassf zu werden. Deshalb handelt es sich jetzt oicht mehr um
die Pflege Beines Leibes; nicht mehr darum, <lm etwa verwesenden Teile
es Körpers durch Frische zu ersetzen1) -- wie das der strikt durch-
geführte Materialismus fordern müsste . Bondern darum, den jeder Pflege
Entzogenen Beinen anheimlichen Weg in> Jenseits ungehindert gehen zu
lassen und ihn an einer eventuellen. <lie Oberlebenden schädigenden Rück-
kehr zu verhindern. Es entfernt sich der Tote von uns begrifflich immer
mehr, je länger ihn der Käsen deckt. Diese begriffliche Entfernung wird
anter dem Bilde eines räumlichen Weiterrückens, einer Reise dargestellt.
So kommt die Sage von dem Totenwege auf. Damit ist al>er auch
zugleich der Charakter dieser Sage gegeben. Wie der Totenweg selbst
nichts anderes als die objektivierte Empfindung der ideellen, sich immer
mehr vergrößernden Spaltung zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen
Tod und Leben ist. so wird der ihn betretende Tote zum Träger der
Empfindungen der Überlebenden. Daher die überall wiederkehrende Sage
von der Trauer des Toten auf seinem düsteren Wege.2) Wir wollen uns
jedoch im engen Rahmen dieser Darstellung jeder Beschreibung des 'Toten-
pfades enthalten und uns beschränken, seine ideelle Existenz zu erweisen
und den Spuren des Toten zu folgen, bis sie unserem Auge entschwinden.
unser Volksmund braucht unter den zahlreichen Wendungen für
..sterben" häufig Ausdrücke wie: einpacken, abspazieren, losziehen, sich
1) Die Auferweckung von den Toten hat (vgl. Anm. 1. S. 28) stets diese Voraussetzung.
Vcrgl. da- Märchen von der Auferweckung eines Toten durch Petrus, der dessen Knochen
erst in der richtigen Weise zusammenstellen mnss, um seine Zauberformel wirksam zu
machen, und siehe das Einsetzen der künstlichen Schulter l>ci Pelops u. s. w. Siehe auch
Rochholz, Deutscher Glaube und Brauch, Kapitel über Knochenkultus. Die alten Gesichts-
masken der Felsengräber hatten wohl den Zweck, das verfallende Antlitz durch ein unver-
wesliches zu substituieren. Man vergleiche auch ein hässlichen Versuch Ottos IT., Karls d. G.
Leichnam dadurch wiederherzustellen, dass man ihm eine goldene Nase an Stelle der ver-
ansetzte.
2 Hier kehren mit grosspr Hartnäckigkeit immer dieselben Vorstellungen von dem
mit Nadeln oder spitzen Messern gepflasterten Totenwege wieder: im deutschen Märchen
liüt die Seele über eine Schwertbrück« zu laufen. Tundalus hat eine mit Messcm und
Stacheln besetzte Brücke über den Höllengrund zu passieren (Bastian, Verbleibsorte, l3f.):
nach deutscher Auffassung ist der Weg zur Unterwelt mit scharfen und spitzigen Scheer-
messern besetzt (Bastian. Eiern., \\ . die brittischen Barden haben den Höllenweg ähnlich
geschildert: Grimm, Myth.4, 2, 696, und die slavische Vorstellung entspricht dem genau:
Grohmann, Ahcrgl., 194f. Manchmal schliessl sich da< .Motiv an. dass der Tote, wenn er
als Gespenst die ]., benden besuchen will, die spitzen Nägel, welche auf dem Wege ein-
geschlagcn sind, zählen mu<> (so ist z. B. der Weg zum Grabe in Klein-Russland mit
Mohnkörnern bestreut, welche der Vampyr aufzulesen hat, ehe er wiederkommen kann:
i.r. f. Etbnol 21. 143). Damit hängen unzweifelhaft wieder alle diejenigen Sagen
zusammen, die von Elfen, Zwergen und Heinzelmännchen berichten, dass dieselben vor
Küekkchr zu menschlichen Wohnungen hingepflanzte oder gestreute Grashalme,
Erbsen u. s w. zählen müssen. J'.lben und Zwerge sind Toten<reistcr.
I >ic Reise der Seele in 1 ."i 1
;mt' die Wanderschaft begeben, ins ferne Land gehen, in die bessere Well
wandern u. s. w.1 Dem entsprechen die mythischen Auffassungen der
verschiedensten Völker. Die Rfiris, ein bengalischer Stamm, rüsten i 1 1 1*« •
Toten beim Begräbnisse so ;ms. ;ils ob Bie eine lange Reise vorhätten.
Vollständig angekleidet, bewaffnet, mil Kappe and Fouragesack versehen,
liegt der Körper in einem tiefen Grabe, dessen Seiten durch eingerammte
Pfahle gestützt werden, damit die Erde Dicht auf den Toten falle.') Nach
Ansicht der Indianer Nordamerikas müssen die Toten Monate lang wandern,
um <l;is im Westen gelegene Land zu erreichen.8) Die Schatten der Odjib-
wäer verfolgten einen weiten und betretenen Pfad, der nach Westen führt.'
Den Minna- und Blandass steht ein langer Weg bevor, bis sie zu ihren
Fruchtinseln gelangen.6) Bei den Kowzas winde der Tote mit ßlokassim
begraben, wie auch in Kalifornien, um für die lange Reise durch Schuhe
gerüstet zu sein: Schuhe fand man auch in schwäbischen Gräbern.6 Be-
sonders aber ist Begriff und Ausdruck: ..weite Wege wandeln" für „sterben"
urgermanisch. Der Tod wird häufig „der lange Gang" genannt, [n der
Edda heissl es: „Sie (Brunhild) Hess sich nicht verleiden den langen Gaug." 1
Zinn Totenreich der Zwerge führt im Märchen stets ein weiter Weg. Die
heidnische Hellja lag tief unten uach Norden d. h. nach Mitternacht) hin.
\1> Hermoär zu Baldr gesandt wurde, ritt er nenn Nächte lang durch
dunkle, tiefe Thäler.8) Zu dieser weiten Wanderung ins Totenreich,
welche die meisten zu Fuss machten, bedurften sie guter und festgebundener
Schuhe . . . Dies war ein Gebrauch, der bei sächsischen und hochdeutschen
Stämmen ebenfalls bestand. [n den Alemannengräbern am Lupfen fanden
sich als Grabmitgaben ausser Früchten und Trinkgefässen, worin ursprünglich
gewiss ein Getränk gegossen war. Lichtstöcke, ein Wanderstab und Schuhe.8
Bei der auch in Deutschland herrschenden Meinung von >\f\- weiten
Wanderung des Verstorbenen dürfen wir annel n, dass ihm neue
und derbe Schuhe auch zur Zeit der Hügelbestattuug mitgegeben ward.
Eine lanjre, enge Gasse führte in die Hölle der heiligen Theresia.11} Dem-
zufolge heisst die dem Sterbenden gereichte Kommunion „Wegzehrung"
oder „viaticum".19) Aber selbst der Islam sagt in einer arabischen Schrift,
auf den Toten bezüglich: Du gehst einen weiten Weg und Dir fehlt die
Reisekost.18) In Griechenland war neben der Hadesvorstellung and wohl
älter als diese die Idee von dem Entrücktwerden durch die Schicksals-
1) Köhler. Voigtland 386, berichtet, dass das voigtländische „gehen" ebenfalls
„sterben" bedeute. Vgl. in dem bekannten Volks- und Studcntcnlied: „Ein Sträu
am Hute- den Vers: ..Nun hat er verlassen die Irdische Bahn, da tritt er die bimml
Wanderschaft an." - 2i Zeitschr. f. Ethnol. 5. 200f. H Buchholz, BomeriBche Realten
i. 1, 32. — 4) Tylor 2, 76. — 5) Bastian, Elem., 78. 6 /.HNchr. !'. Ethnol. I
Hier verweise ich auf Sartoris Arbeit über die Bedeutung des Schuhes im Volksglauben
im 4. Bande der Zeitschr. f. Volkskunde. — 7) Sigurdarkvida 3, 12. - Grimm, Myth.*,
2, 669. — 9) Weinhold. Altnord. Leben. 494. 10) Weinheld, Totenbestattung, Anm. 1.
— 11) Bastian. Elem , 23. — 12 Rochholz a. a. 0. 191. — 13) Wolf a. a. 0. 38.
11
I ;,•_< \"ii V gcleiii :
Göttinnen, die Keren, lebendig. Zum psychologischen Verständnis der Idee
vom Totenweg dringen wir am sichersten vor, wenn wir hören, dass nach
der Anschauung der Westatexte mich die Seele, die ins Paradies gelangen
soll, diesen (dreitägigen Weg zurückzulegen hat. Ahuramazda verbietet
i Erforschung der Wanderung zum Paradiese mir den Worten: „Fragel
lie ine Paradies gegangene Seele) nicht; sie kommt auf dem grauen-
rollen Wege der Trennung de- Leibes und der Seele."1) Hier wird
also ganz klar die dem Totenpfade zu Grunde liegende Idee der Scheidung
\«»n Leib und Seele, <\<-± materialistischen und animistischen Princips, als
solche angegeben. her Beweis dafür, duss die Konservierung des Körpers
jedem eigentlichen Seelenglauben im Wege steht, liegt auch darin, dass
/ !'» auf Bali der Tote mittels der Verbrennung sogleich in Indraloka
eingeht, während ihm sonst ein langer Wanderweg bevorsteht.2)
Wir halien die [dee des Totenweges bei den verschiedensten Völkern
wiedergefunden. Wir wollen jetzt versuchen, die Eigenart dieses finsteren
Pfades zu ergründen, soweit dies zur Konstatierung seiner gesonderten
Existenz notwendig ist. Abgesehen davon, dass er überall als beschwerlich
und finster gilt3), ist er namentlich auch der gerade Weg, der keine
Kurven und hin- und herführende Schlingungen kennt — so gerade, so
unabweislich in ein unbekanntes Land führend, wie der Tod selbst. Dafür
einige Belege:
Das wütende lirer in Hossdorf durchzieht die Häuser geradeaus.
Im Würtembergischen zu Neubrunn durchzog das wütende Heer immer
drei Häuser, in welchen drei Thüren gerade hintereinander waren und
ebenso «las Nachtvolk auf dem Klaeslefeld. *) Ganz unbezweifelbar hängt
damit der noch heute seihst in gebildeten Kreisen vorhandene Aberglaube
zusammen, dass der Blitz da einschlägt, wo zwei hintereinanderstehende
Thüren offen sind; denn der wilde Jäger mit seinem wütenden Heer ist
ein seelenentführender Sturm- und Grewitterdämon. ■ Das zwischen dem
litauischen und deutschen Kirchhof gebaute Haus in Kagnit stürzte zu-
sammen, weil es den Geistern der Verstorbenen im Wege stand. Die
Scheune in Oberkainsbach mnss stets offen stehen, sonst wird sie von
einem durchfahrenden Geisterzug des Rodensteiner zertrümmert.4) Man
vergleiche nun den Rat. den der wilde Jäger im Mecklenburgischen häufig
giebt: ..Halt dm Mittelweg*, d. h.: „Kreuze mir nicht den Pfad.1'6) Er
zerreisst diejenigen, welche sich ihm in den Weg stellen. So verbietet
auch ein ostpreussischer Aberglauben, den Weg zu kreuzen, den eine
Leiche gefahren ist. Eine Analogie dazu bietet die alte Idee von dem
Totmi- oder Eelwege, der. wenn kein Unglück geschehen soll, lediglich
1 Geiger, Altiran. Leben, 281. — 2) Bastian, Zeitschr. f. Ethnol. 21, 123. — 8) Vgl.
Anm. 2 auf S. 150 und den vorausgegangenen Hinweis auf die stereotype Mitgabe von
Lichtern (Lämpchen in das Grab. — 4) Bastian, Ztschr. f. Ethnol., 21, 149. — 5) Partsch,
Mecklenburgische Sagen, I. 1 iL
1 1 1 . • 1 1
für Leichenzüge reservier! bleiben muss1) und ferner gehört die über-
raschende Thatsache hierher, dass die Häuser der Nordinsel Neu-Seelanda
längsrichtig gebaut waren, um den Serien das Durchstreifen zu ermöglichen.*)
Audi der V^eg der Krankheitsdämonen komml hier in Betracht, denn Bie
sind den Seelen der Verstorbenen ihrer Nanu- Dach nahe verwandt, ja
vielfach aus diesen entstanden, oder ihre rräger. Der Weg der Pest
ist nach der Anschauung der Balkanvölker gerade; ihr Weg isl die breite
Landstrasse, sie liebt die Steige and Pfade mein and meidet die von Ge-
strüpp und Dornen besetzten Wege.8 Das Gleiche gilt von den Mahren.
In den zahllosen Sagen, die von ihnen berichten, heissi ee gewöhnlich,
dass sie verschwinden, wenn man ihnen die Öffnung zeigt, durch die sie
einwanderten.*) „"Wo wir hinein, da müssen wir heraus", sag! Mephisto-
pheles in Goethes Faust. Wenn dem so ist, so ist es Sache der Lebenden,
dein Toten den Weg ins Jenseits zu eröffnen, indem man Beine Schritte
derartig zu beeinflussen versucht, dasg Bie ihn geradeaus und natürlich von
den Lebenden hinweg führen. I)as ist um so wichtiger, als man dem Vor-
wärts- uml Rückwärtsgehen mystische Bedeutung zuschrieb.5) Bier greift schon
der Glaube an die Wichtigkeit der Pussspur ein. Ihr adhäriert die Wesenheit
des .Menschen; wer meine Spur ergriffen hat, hat mich ergriffen.6) Das
vedische Gebet bei der Totenbestattung bittet den Toten, Beine Strasse zu
ziehen für sich allein, geschieden von dem Wege der .Menschen.'; Im
dieses zu erreichen, trägt mau den Toten überall mit den Füssen nach
vorn aus dem Hause heraus. Wuttke bezeichnet dies als allgemein-
deutsqhe Sitte8 . und Etochholz führt eine Anzahl hierher gehöriger Be -
spi.de an.*) Mau kann den Gebrauch z. B. aus Pommern10), Ostpreussen " .
der Oberpfalz18), Braunschweig18), Mecklenburg1*), den .Marschen an der
Dnterweser15) und Tirol1*) belegen. Doch reicht derselbe auch bis zu
anderen Völkern und seihst bis nach Armenien hin.") Er linder Bich bei
den Pehuenches"), im ältesten1";, wie im alten1''') und aeuen80) Griechen^
land: ebenso in Kein21). .Man scheint selbst das zurückgehende Gespenst
eines Tieres zu furchten. Wenn ein Haustier Btirbt, so vergräbt m; -
au der Thür und zwar so, dass der Kopf nach dem Ausgang zu gerichtet ist.
Dann stirbt kein anderes Haustier ihm nach."8) - Eine Konsequenz
1) Weinhold, Totenbestattung, 88. — 2 Bastian, Verbleibsorte, 78: — 3 Zeitschr. f.
Volkskunde 9, 200. - 1 Laistner, Rätsel der Sphinx. 1 ti. — 5 Zeitschr. f. Etbnol. 15,
H3ff. _ 6) Vgl. Sartori a. a. 0. 42ff. — 7) Vgl. Schröder, Indische Litt. u. Kult Kap. I.
Goldner und Kaegi, 70 Lieder des Rigveda. —8) Wuttke, Aberglauben, 434. — 9 I
holz, Glaube und Brauch, 1cj7. - 10) Bastian. Verbleibsorte, 56. — 11 Toppen 1<
12) Bavaria 1863, S. 322. — 13' Andree, Braunschweig. Volkskunde, 292. — 11 Alpenburg
a. a. 0. 2G7. - 15) Zeitschr. f. Volkskunde 9, 54. - L6 Privatmitteilung eines Armi
— 17) Bastian, Eiern., G7. — 18) Iwan von Müller, Handbuch d. klass. Altertumskunde,
2U weist auf Homer T 212 hin. — 11» Schoemann, Griechische Altertümer*, II. 567. -
20) Schwartz, Ztscbr. f. Ethnol. 9, 284 21 Buchholz a. a. 0. II, 2, 294. - 22) Wuttke
a. a. 0. 407. Ganz eigentümlich ist die entgegengesetzte jüdische Sitte, den Leichnam
i;,l von Negelein:
diese) Anschauung zeigt Bich /.. B. in «Irin Aberglauben, dass der räufling
der Slovaken, wenn man ihn zufallig mit den Füssen der Thüre zuge-
wendet hingelegt hat, Bterben muss. l) Wenn das bulgarische Kind zu
gehen beginnt, bo darf es beim ersten Ausgang aus dem Hause nicht
rückwärts hinausschreiten.') Die Murava. die wendische Mahr, der Geist
Updrückens, entweicht, wenn man die Schuhe nicht mit den Spitzen
nach dem Bett, aondern abgewendet hinstellt oder an die Thür einen
Pantoffel legt mit dem Schnabel nach aussen. Ähnliches findet sich in
Mecklenburg und Tirol.3) Man sieht, wie der Dänion durch die irre-
leitende Pussspur getäuscht werden soll. Häufig findet man ein Umdrehen
von Gegenständen zu gleichem Zweck: man dreht seinen Pantoffel, sein
Hemd, einen Dachziegel, den Satte] des Reitpferdes*) um. Besonder-
interessant aber ist folgende Einzelheit: Nach der indischen Sage der Urans
wird unter den Gespenstern besonders der Tschorail gefürchtet: das ist
der Geist einer im Wochenbett verstorbenen Frau, welcher auf Grabsteinen
sit/.t und umgekehrte Ftisse hat.5) Wir sehen, dass die Idee, der Tote
könne nur geradeaus seines Weges gehen, so konsequent durchgeführt ist.
dass man seine Rückkehr nur unter der Annahme verstehen konnte, seine
Füsse seien plötzlich umgebogen worden. War es nun dem Menschen
versagt, das Reiseziel zu kennen - die Heise führt ebeu zu einem schritt-
weisen objektiven und subjektiven Verschwinden des Reisenden — so war
doch der Trieb, in das Totenland einen Einblick zu erhalten, im Menschen
zu mächtig, als dass er auf jede Hoffnung, von dem Toten Kuude zu er-
halten, ganz hätte verzichten wollen. Wohin der Weg führte, das wusste
niemand überall hören wir von dem Hause des Todes als der Region
des Kummers, der Finsternis, <\v<. Schweigens sprechen6) - so bemühte
man sich wenigstens, den Reiseweg der Seele zu beobachten und ihr den
gefährdenden Rückzug abzuschneiden. Beides aber geschah, indem man
ihre Spur verfolgte und diese eventuell vernichtete. Ein solches Verfahren
ums- uralt sein. Es führt über die Aera des selbstbewussten Willenlebens
der .Menschheit hinaus bis zu dem Zeitalter des Vorwaltens tierischer
Instinkte. Der Indianer verehrt, ja vergöttlicht den Hund, er benennt sich
mit llundenanien und nimmt dieses Tier als Vorfahr in seinen Stammbaum
auf, weil er ihn in der Kunst überlegen weiss, die Fährte des Wildes zu
mit dem Kopf voran hinaus zu tragen. Dies geschieht offenbar, weil im Kopf die Seele
lokalisiert gedacht wird: Zeitschr. d. deutschen Palästina-Vereins 6, l£8f.
1 Ethnolog. Mitteilungen aus Ungarn 5, 30.
2 Strausz, Bulgaren, 298
3) Alpenburg a. a 0. -2G7.
I Letzteres ist Sitte bei den Kirgisen: Zeitschr. f. Ethnologie III. 307.
5) Zeitschr. f. Ethnologie (,;, 344.
ypisch für diesen Vorstellungskreis ist die hebräische Scheöl- Auffassung, die ich
bei anderer Gelegenheit mit den entsprechenden indogermanischen Mythengebilden ver-
gleichen zu können hoffe.
I>i>- Reise der S 1 55
erkunden. Spürnase zu Bein und zu heisseu war ihm eiii Ideal. Die
Wüste Arabiens wäre für den Beduinen jeder Poesie bat n. wenn
nicht die Spur seines Kamels and des abgebrochenen Zeltes seiner Ge-
liebten sich dem gelben Sande aufgedrückt hätte.1 Deshalb isi die Er-
kenntnis der Fussabdrücke bei den alten Arabern Ins auf den heutigen
Tag zu einer völlig selbständigen Kunst geworden.*) Doch noch ein
anderes Element spielt in die Völkersitte mir hinein, [ch hoffe, es bei
anderer Gelegenheit darthun zu können, was ich bereits an einem Beispiel
gezeigt habe8), dass der Begriff des Eigentums dem Gefühl der leiblichen
und lebendigen Zugehörigkeii des betreffenden Gegenstandes zum Menschen
erwuchs. Die Kraft der Riesen and Zwerge unserer Sagen knüpft sich
gewöhnlich an die unmittelbare Berührung ihres Leibes mir einem kon-
kreten Besitztum, das, abgelegt, den Träger seiner magischen Macht beraubt.
Im Aberglauben ist die Vorbedingung für die Wirksamkeil eines Zaubers
stets in der Berührung des die Zauberwirkung vermittelnden Dinges auf
blossem Leibe gegeben. Die subjektive Eigenart der lebenden Person
ri'ilr sich dem in unmittelbarem Kontakt mir ihr stehenden Gegenstande
gewissermassen durch Überströmen eines geistigen Pluidums derartig mir.
dass Besitzer und Besessenes zu einer begrifflichen Einheit verschmelzen.
Wenden wir diese Idee auf die Pussspur an, so erkennen wir, dass auch
sie, and sie in erster Linie, die Trägerin der ganzen menschlichen Sub-
jektivität Bein muss. Die Spur des Töten muss bei ihrer Berührung den
Lebenden töten, wie /.. B. die zweier einander beissender Hunde Zank
verursachen muss.*) Daher die in manchen Gegenden Bayerns, bo namentlich
am rechten Ufer des [nnthales, von den Einzelhöfen b erabführenden
Totenwege, die ausschliesslich nur mir Leichen befahren werden6), sowie
mannigfache Zaubergebräuche der Gegenwart. In Bulgarien nimmt die
Hebeamme am Tage nach der Geburt «las Kind auf den Ann und halt
ein Sieb, in das sie die Pusslappen des \ aters hineingelegt hat, über das
Kind, damit es wenn es ein Knabe ist — dereinst auch Vater werde.6)
Ganz offenbar zeigt sich hier das Bestreben, die I Eigentümlichkeit der
Vaterschaft auf das Kind durch die hier offensichtlich aus den Pusslappen
herausdestillierte Eigenart ihres Trägers zu übermitteln. Zahllos sind die
Getränke, vermöge derer man Heilungen auszuführen versucht, indem man
dem Patienten den Abdruck seiner eigenen Pussspur eingiebt. Demi die
Volksmedizin heilt Gleiches mir Gleichem. Die Spur als Krankheits-
1) Vgl. Jacob, Leben der vorislamischen Beduinen unter dein Kapitel: Kamel.
2) Ich verweise hier abermals auf P. Sartoris Arbeit im I. Bande der Zeitschr. f. Volk
künde. Im folgenden sind selten Belege gegeben, die sich dort bereits finden.
3) Globus a. a. 0.
4) Wuttke a, a. 0. 253.
5) Bavaria I. S. 412. München Im.".
6) Strausz a. a. 0. 294.
] ",c von Ni gelein :
_ ■riii musa auch das angestiftete l nheil gutmachen. *) So ist denn
auch die Pussspur des Toten vom höchsten diagnostischen Wert für den
l beigebenden und deshalb die Bemühung verständlich, etwa Staub oder
;iu die Stelle zu streuen, die uns Bein Wiedererscheinen hoffen oder
befürchten lässt. Überaus instinktiv i.st in dieser Beziehung der Beriebt
Nottrotts über die Erfolge der Gossnerschen Mission unter den Kolhs,
einer indischen Völkerschaft. *) Der Tote, dessen Körper man eben ver-
branni hat, wird von dem Pahan [Oberpriester), dem Teufelspriester und
den Gästen nach vollendetem Leichenschmaus auf einem Felde, «las ihm
angehört hatte, gesucht: „Wo bist du jetzt? JJist du in der Chatu (einem
tufgestellten Wassergefäss oder bisl du unter dem Dornstrauch?" Da
keine Antwort erfolgt, wendet sich der Teufelspriester zu den Umsitzenden,
die gemütlich ihr Sukull rauchen: „Nun was weiss ich, wo er ist!1' Jetzt.
wendet sich der Zug zu <lem Bauernhause, «las der Familie des Gestorbenen
angehört hatte, zurück. Sie finden es verschlossen ; mit dem Stocke schlägt
der Pahan dreimal auf das niedrige Dach und fragt, wer drinnen ist. Er
will erforschen, ob der Verstorbene sicdi in seinem Hause aufhalte. Und
richtig, eine Stimme antwortet aus demselben: „Ich bin hier, was bringst
du da draussen, bringst du Freude oder Schmerz?" Die Antwort lautet:
„Für Trauer bringe ich Freude" und sofort öffnet sich die Thür und ein
Mann, der sich vorher heimlich hinter dieselbe gestellt hatte. trij;t heraus.
Alle, der Pahan an der Spitze, blicken nun in das Haus, um zu sehen.
ob in der fingerdick auf dem Erdboden gestreuten Asche noch weitere
I Bier seien ein paar besonders typische Erscheinungen des Volksglaubens erwähnt;
In Bulgarien holt die Heilkünstlerin gewöhnlich von den Orten, wo der Kranke in letzter
Zeit gegangen etwas Erde; ferner Wasser ;ms den Quellen, aus denen er getrunken.
Wasser and Erde mengt sie zusammen, hält den Brei über den Ranch gewisser Kräuter
und wäscht dann damit den Kranken. Den Rest gicsst sie über den Ort, den der Kranke
in letzter Zeit betreten hat: Strausz a. a. 0. 42o. Bei einer ungenannten Kinderkrankheit
wird das Blut aus der Ferse des Kindes diesem zu trinken gegeben: ebenda 407. Di<-
Heilkünstlerin legt auch bei gewissen Fällen von dem Herde Asche auf die Erde und
den Kranken blosslüssig in die Asche treten: dann nimmt sie, von neun bis- eins
nach rückwärts zählend, aus der Fussspur etwas Asche, giebt dem Kranken davon zu
trinken, den Iiesl aber gicsst sie an einen Raum oder auf einen Stein. (Das letztere Ver-
fahren gründet sieh auf den so weil verbreiteten Aberglauben, dass man Krankheiten in
Bäume bannen könne). Oder sie legt Asche vor den Herd, und auf dieselbe eine Schaufel.
mit der das Brot in den Ofen geschoben wird. Nun treibt sie den Kranken mit dem
Besen über die Schaufel hinweg und während sie ihm den Kücken mit dem Besen schlägt.
spricht rfc eine Zauberformel. Dann geht der Kranke noch i inmal über die Schaufel
hinweg. Nun wird die Schaufel weggenommen und die Asche untersucht: wenn sich
etwas, etwa eine hoble, darin lindet, so gilt da- als die Krankheit: ebenda 390. Der
letztere Gebrauch beabsichtigt offenbar, mit der Brotschaufel, einem geweihten Instru-
— das Brot und alles, was zu .-einer Bereitung dient, ist immer heilig — , den
Krankheitsdämon aus dem Körper des Leidenden in der "Weise zu vertreiben, dass man
ihn au< der Ferse des Patienten nia> Unglück heftet sich an die Ferse l in die Asche
bannt, wo er sich irgendwie bemerkbar machen muss.
•_' Vgl. Sonntag, Toten bestattung, 37 ff.
\)ie Itcisc der -
Spuren enthalten seien, als die an der Thür von dem Manne herrührenden.
Man isl befriedigt, als mar nichts entdeckt. »Auf seinem Felde ist er
nicht", sagt einer, ..in seinem Hause auch nicht, wer weiss, wo er ist?**
..<>!> er aber in der Nacht nicht wieder in sein Haus kommt?" meint ein
anderer; „wo -"11 er schlafen, weun er kein" Stätte gefuuden hat?"
„Gewiss, er kann noch kommen"*, bestätigt ein anderer der Pahan .
„darum macht die Asche glatt und bindet die Thüre zu, dass niemand
hineinkomme.- Nach dieser Weisung wendet sich der Mann seinem Hause
zu, und auch die übrigen Gäste zerstreuen sich. Kaum graut der Morgen,
als sich auch schon vor dem Hause eine ziemliche Menge Menschen ver-
sammelt hat. die nur auf den Teufelspriester wartet, um das Hau- zu
untersuchen. Die nächsten Angehörigen des Verstorbenen sind natürlich
am ersten auf dem Platze: geht es sie doch am nächsten an. ob ihr Haus
künftig '1er Tummelplatz eines Geistes, vielleicht eines bösen ßonga, sein
werde, oder ob sie weiter in Frieden unter dem Dache wohnen können.
Da tritt der unheimlich aussehende Mann auch schon in den lief und . . .
nun untersucht der Pahan genau die auf den Boden gestreute Asche. Aber
><» sorgsam er auch bis in den äussersten Winkel >]n'irt. er findet nichts
und erklärt heraustretend, <ler Verstorbene müsse wohl hei Singbonga,-
dem guten »iotte... einen Wohnort gefunden haben, auf «1er Erde gehe
er nicht umher. Die Freude der Angehörigen ist gross, und sofort gehen
sie daran, das Haus von der Asche zu reinigen und wieder wohnlich zu
machen." Deutlicher als hier können wir die Idee der Furcht vor dem
Teten und der .Mittel, die Einwirkung des (leiste- eines Verstorbenen aus
dem Auftreten von dessen Fussspuren zu erkennen, nicht zu linden wünschen.
Ein schöner Beweis für den spontanen Parallelismus in der Verkörperung
ethnischer Elementargedanken liegt nun aber in der Thatsache, da>s wir
in einem ostpreussischen Braue] in ganz entsprechendes Mittel linden.
der Geister der Verstorbenen gewissermassen ansichtig zu werden. Am
tfeujahrstage wird nämlich in meiner Heimat die Ofenbank für die Seiden
freigehalten, das Feuer im Herd.- oder im Ofen angezündet und auch in
manchen Gegenden ein Licht die Nacht hindurch brennen gelassen;
sodann Sand vom Ofen bis zur Thüre (oder auf der kuhrischen Nehrung
rings um den Tisch herum1]) gestreut. .Man erwartet dann ich habe
diese Erwartung mehrmals aussprechen hören — . dass die Teten, welche
ja in den Zwölften erscheinen, ihre Spuren im Sande zurücklassen werden.
Ganz unzweifelhaft verfolgt das Streuen von Saud vor der Thür eines
Totenlmuses denselben /weck, denn man erzählt hei uns Sagen von
1) Gerade im litauischen and lettischeu Aberglauben spiell der Familientisch als
Opferherd für den Ahnendienst noch eine - - Rolle: das auf dem 'lieh.- liegende
Brot darf nicht durch Verletzung mit sebarfen Instrumenten entheiligt werden („das
thut den Seelen weh"). Brotkrumen werden stillschweigend den Ahnen auf die Erde
geworfen u. s. w.
Kaindl :
Gespenstern, deren Zurückkommen man an den Pusseindrücken in diesem
Sande erkannt hätte. So fügt Bich alles zusammen, am den Beweis dafür
zu liefern, dass man auf das Vorhandensein and die Bpecifische verderben-
bringende Eigentümlichkeit der Geister Verschiedener vorzüglich aus dem
auftreten von ihrer Pussspur schloss. Es fragt sich nun: wie vernichtet
man die Pussspur and damit « l< >n Geist selbst? wie verhindert man die
Rückkehr desjenigen, dessen Abreise man nun einmal zu verzögern sich
ohnmächtig fohlte?
Ki'i nigsberg i. Pr.
Schluss folgt.)
Rutheniscke Hochzeitgebräuche in der Bukowina.
Mitgeteilt von Dr. K. Fr. Kaindl.
Die ruthenischen Hochzeitgebräuche zeichnen sich durch ihre Mannig-
faltigkeit, die zahlreichen Lieder, endlich durch Spuren althergebrachter
Rechtsgebräuche (Kauf der Braut, Botmässigkeit des Weibes) aus. .Mit
der Gegend Vorgebirge, Gebirge (Karpaten). Flachland — wechseln
auch einzelne der Gebräuche, wenn auch der Hauptverlauf' der Feier der-
selbe bleibt.1 Wir beginnen mit der Schilderung der Hochzeit bei den
nithenischen Vorgebirglern (Pidhirjany) zwischen Wiznitz und Ber-
liniiiet am Sereth.
I.
Kinder werden in ihrer Unmündigkeit niemals verlobt. Der junge
.Mann heirarer erst nach erreichter Grossjährigkeit und nachdem er der
Militärpflicht Genüge geleistet hat. d. i. nach dem zurückgelegten 24. Lebens-
jahre. Da- .Mädchen dagegen heiratet, entsprechend ihrer körperlichen
Bntwickelung, zumeist vom 18. Jahre angefangen, ausnahmsweise wohl
auch früher.
Nur sehr selten werden im Volke Ehen nach der Eingebung des
Herzens geschlossen. Im allgemeinen sind es Konvenienzehen , welche
durch Vermittlung der Werber (starosty) zu stände gebracht werden, wobei
die beiderseitigen Eltern (swaty) bestimmend einwirken. Ihnen fügen sich
die Brautleute ziemlich willenlos. Die Werbung (swatanie) besorgen stets
li Tür das Zustandekommen der im folgenden mitgeteilten Sammlung von Hocbzeit-
gebräuchen bin ich dem Herrn Konsistorialrat A. Manastyrski, ferner den Herren Pfarrern
Gramatowicz und Kozariszczuk zu besonderem Danke verpflichtet.
Ruthenische Hochzcitgebräucho in der Bukowina.
die Freunde des Vaters des Bräutigams oder < i i « * Freunde des letzteren,
wenn dessen Vater nicht mehr lebt. Bevor mau zur Werbung achreitet,
findet zumeist erst ein Familienrat statt.
Die Werbung findet gewöhnlich im Herbste nach der Ernte statt.
Zu diesem Zwecke kommen die Werber in das elterliche Haus der in
Aussicht genommenen Braut zur Abendzeit und bringen daselbst ihre Ab-
sicht zum ausdrucke. Die Eltern des Bräutigams und dieser selbst Bind
nicht zugegen, um sich nicht der etwaigen Absage persönlich auszusetzen.
]);i- Mädchen wird höchstens der Hof lichkeii wegen um ihre Einwilligung
befragt. Nachdem die Werber von den Eltern des Mädchens die Zustimmung
erhalten haben, wird dem von den Werbern mitgebrachten Branntweine
zur Bekräftigung des Jawortes (stowo) fröhlich zugesprochen, ohne die
Bewilligung: der Eltern kommt selten eine Ehe zu stände; das Volk hält
eine solche Verbindung für unzulässig und unglücklich. Nur wenn die
Eltern tot sind, verfügen die grossjährigen Kinder frei über ihre Hand.
während die minderjährigen durch die Vormundschaft beschränkt werden.
Gewöhnlich heirater der älteste Sohn und die älteste Tochter zuvor: nur
wenn die älteren heiratsunfähig sind, gehen ihnen die jüngeren voran.
Dagegen ist die Heirat der männlichen Geschwister durch jene der weib-
lichen und umgekehrt nicht behindert. Zumeist heiraten junge Leute aus
demselben Orte, die demselben Bekenntnisse und derselben Nationalität
angehören. Unter Blutsverwandten ist gemeiniglich die Ehe erst im 6. Grade
gestattet, auch Gevatterschaften gelten als kanonische Hindernisse, die auch
vom Volke streu- beobachtet winden. Eine Verlobung wird nur in den
zwingendsten Fällen, etwa bei Krankheit, unsittlichem Lebenswandel und
dergl. rückgängig gemacht. I >t ein Teil an der Lösung des Verlöbnisses
schuldig, su leistet er dem anderen Teile für die etwa bereits aufgelaufenen
Kosten Ersatz.
Schon heim Trinken <]>■> Slowo wird auch über die Aussteuer der
Braut (drestra und Mitgift (wind) der Brautleute verhandelt. Die end-
gültigen Verabredungen darüber werden vor 'lem Hochzeittage durch du-
beiderseitigen Schwiegereltern getroffen. .Mitunter wird ein schriftliche]
Heiratsvertrag geschlossen. Das Mädchen erhält gewöhnlich die häusliche
Ausstattung, Kleider, Wäsche. Bettzeug, eine Truhe (sb-ynia), Geld und
Viehstücke; nur äusserst selten werden Grundstücke dem Mädchen als
Heiratsgut gegeben, weil diese in der Regel den männlichen Erben zu-
gedacht sind.
Zwischen der Werbung und >\>v Hochzeit wisilu verstreicht gewöhnlich
ein Zeitraum von sechs Wochen, während welcher die Vorbereitungen
getroffen werden. Durch den Ertrag der Fruchtfechsung ist der Landmann
um diese Zeit im stände, die nötigen Auslagen zu bestreiten. Natürlich
sind die Vorbereitungen nach den Vermögensverhältnissen sehr verschieden.
In jedem Falle sucht man aber das Möglichste zu leisten. Im Hause der
l(j(j Kaindl:
Braut wird für diese die längs! vorbereitete Aussteuer vollendet; der
Bräutigam besorgl sich neue Pestkleider. Hierzu kommt die Vorbereitung
der Geschenke. Der Bräutigam (rnoiodej beschenkt das Mädchen mit
gelben neuen Stiefeln (zouti czobotu und mit einem weissen Kopftuche
(vokrywalo\ 'las am zweiten Hochzeittag den Kopf der Kraut bedeckt
Die Braut {»m/n,/,!) dagegen beschenkt ihren Bräutigam mit einem neuen
Hemde und einem Halstuche, ausserdem muss «Im Braut, wenn sie in
■ las Haus des Bräutigams eingeführt wird, für den Schwiegervater, die,
Schwiegermutter und die Anverwandten des Bräutigams beliebige Geschenke
mitbringen. Für die Hochzeit werden ferner «-in oder auch mehrere
Schweine, Bowie Geflügel gefüttert and geschlachtet. In der Mühle wird
Getreide gemahlen. Dann wird mit dem Priester verhandelt. Audi ver-
gisst man nicht, rechtzeitig mit den Musikanten einig zu werden, denn
ohne diese ist eine rechte Bauernhochzeit undenkbar. Bemerkt muss noch
werden, dass diese Vorbereitungen sowohl im Hause der Eltern des Bräutigams
als der Braut vor sich gehen, weil die Hochzeitfeier in beiden stattfindet,
Schliesslich gehört zu den Vorbereitungen auch die Wahl der Trauzeugen,
d. i. des Brautvaters (butko) und der Brautmutter (matkä)', ferner die der
Brautjungfern (diitzki), welche die Braut, und die der Brautführer (druzby),
welche den Bräutigam zur Trauung begleiten. Druzki und druzby bedienen
auch die Gäste beim Hochzeitmahle. Schliesslich gehören zum Hochzeit-
zuge der Braut und des Bräutigams einige junge Bursche, welche Bojaren
beissen.
Am Vortage der Hochzeit sind bereits alle Vorbereitungen getroffen.
Im Mause der Braut wird an diesem Taue gegen 2 Uhr nachmittags
der Tisch in die Mitte des Zimmers gestellt, mit einem weissen Tischtuche
gedeckt und darauf zwei Brote oder ein paar Kolatschen1) mit einem
Stössel Salz, daneben eine irdene Schüssel voll schönen Immergrüns gestellt.
Die Braut, auf das Schönste gekleidet, erwartet ihre Kranzeljungfem.
svelche bald im Sonntagsstaate erscheinen und nach der üblichen herzlichen
Begrüssung, die Braut in ihre Mitte nehmend, sich zum Tische setzen.
Hierauf wird das auf dem Tische befindliche Immergrün, welches zum
Brautkränze bestimmt ist, ausgewählt, sortiert und sorgfältig geputzt.
Nachdem dies geschehen ist. erscheint die Mutter der Braut im Zimmer,
setzt sich nieder und legt ein Polster auf ihren Schoss. Über demselben
beginnt sie dann die geputzten Blätter auf ein rotes, wollenes Band, politekß
genannt, aufzunähen. Hierbei wird gesungen:
Oj zelenenkij barwinku, 0 grünes Immergrün,
Kupuwalam tia na rynku, Ich kaufte dich am Kingplatz,
Zamykalam tia u skrynku, Verwahrte dich im Schrank.
A leper tia ruszu Jetzt taste ich dich an
Ta| zaplakaty muszu. Und muss weinen.
1) Das sind kranzförmig geflochtene Kuchen aus Weizenmehl.
Ruthenische Hochzeitgcbräuch»1 in der Bukowina. 161
Bierauf übergiebt die Mutter die Arbeit ihren nächsten Freundinnen
zur Fortführung. Diese singen hierbei:
Daj mamko holku Gieb Mütterchen die Nadel
Taj nytku /. szouku, und den Seiden faden,
Zaczenaty winoezok Anzufangen das Kränzlein
Motodi na holouku. Der Braut fürs Köpriein.
Der Kran/, wird mit Flittergold verziert; ist er schliesslich fertig, so
wird gesungen:
De se dila. NN o ist denn,
Ta de se podila Ja wo ist
Moiodoji nanty; Die Mutter der Braut?
Czomu ne prystupyt Warum kommt sie nicht
Taj ne wikupyt Und kauft nicht
Winoezok wid swaszoezok. Das Kränzlein von den Nähterinnen ?
Die Mutter, welche inzwischen ihren Hausfrauenpflichten nachging,
erscheint nun wieder und muss den Krau/, von den Angehörigen gegen
.■ine kleine Gabe auslösen, wobei gesungen wird:
üj my winky szyfy 0 wir haben Kränze genäht
Taj holoezky polomyly, Und die Nädelchen zerbrochen;
Treba natu hroszi daty. Man muss uns Geld geben.
Szoby holky pokupuwaty. Damit wir uns Nadeln kaufen.
Hierauf wird die Braut von der Mutter frisiert-, inzwischen wird
g sungen:
Stawajko ridna mamko na stilczyk Steige Mütterchen auf den Schemel
Taj dosiahny iz swotoka hrebinczyk, Und reiche vom Deckbalken den
Kamm herab,
Zaczesaty rosu kosu pid vvinezyk. Zu kämmen den blonden Zopi' für
den Brautschmuck.
Eudy moja rosa kosa majaty, Mein blonder Zopi' wird glänzen,
Ty budysz ridna maty plakaty, Du Mütterchen wirst weinen.
Bo ne budy komu rano wstawaty, Denn niemand wird zum Frtth-
aufstehen da
Na horodi zilieezko potywaty, Im Garten die Pflanzen zu I
Budysz nmmko polywaty samaja Du selbst Mütterchen wirst begiessen
To piznymy taj ranymy zoriaray Am Abend und am Morgen
Taj bustymy i dribnymy slozamy. Mit dichten kleinen Thränen.
Dabei wird der Kranz von Vater und Mutter auf den Kopf der Drauf
gelegt und der Braut Glück, Gesundheit und langes Leben gewünscht.
Hier wird gesungen :
Czomu motodenka ne tuzysz? Warum trauerst du Bräutchen nicht?
Üze bilsze diwoezkou ne budysz. Du wirst nicht mehr Mägdelein
Uze weezirne milianieezko zabudys Die Abendunterhaltung wirst du ver-
gessen,
Z parubkamy na rozmowi ne budysz. Mit den Burschen wirst du nicht mehr
plaudern.
]i;-_< Kaindl:
Schliesslich \n i r< l der Braut and den Kraazelmädchen je ein Kolatschen
an den rechten Arm gebunden, Ist dies alles geschehen, so werden Braut
and Kran zel Jungfern ins Dorf ausgeschickt, um die Huchzeitgäste persönlich
einzuladen, sie sin«! hierbei von Musikanten begleitet; auch Branntwein
iiiul Kolatschen werden mitgetragen. Bei den Vornehmsten wird der
Vnfang gemacht; gewöhnlich geht man zum Pfarrer zuerst, weil er in der
Gemeinde der Angesehenst ist. Nachdem die Gäste geladen sind, ver-
Bammeln sich alle und setzen sich zum Nachtmahle; während der Mahlzeit
werden Geschenke zwischen Braut und Bräutigam ausgetauscht.
Inzwischen hat sich im Hause der Eltern des Bräutigams ganz Ahn-
liches zugetragen, wie im Hause der Braut. Auch der Bräutigam hat mit
seinen Brautführern die Gäste geladen, die sich am Abend in seiner Eltern
Hause versammeln. Nun schickt die Braut dein Bräutigam durch ihre
Bojaren ein Hemd und ein zu diesem Zwecke eigens ausgenähtes Tüchel
icnkd). Beim Empfange dieser Sachen wird gesungen:
Nasza soroczka iz samoho terra. Unser Hemd ist aus reinem Flachs.
Xaszi czoboty iz safijanu, Unsere Stiefeln aus Safianleder.
Nasza soroczka iz ceroczkamy, Unser Hemd ist mit Stickereien.
Xaszi czobitky iz pidkiukamy: Unsere Stiefel sind eisenbcschlagen:
Xaszu soroczka swaszoczky szyly. Unser Hemd nähten die Nähterinnen,
X'aszi czobitky szewczeki szyly. Unsere Stiefel die Schuster.
Der Bräutigam übernimmt diese Gaben und als Gegengeschenk über-
mittelt er der Braut ein Paar gelbe Stiefel und ein weisses Tuch (pokri/waio).
Während die Braut diese vom Bräutigam geschickten Gaben empfängt.
wird gesungen:
Taj rychtuj sc. moloda, rychtuj se. 0 richte dich, richte dich. Braut,
Tai w ^outi czoboty uzuj se. Ziehe die gelben Stiefel an,
Taj wozmy wsi worohy pid nohy. Nimm alle Feinde unter die Füsse.
Szobj sc wstupyly z dorohy. Damit sie aus dem Wege weichen.
In diesem Austausche der Geschenke bestellt die ganze Wechsel-
beziehung zwischen dem Bräutigam und der Braut an diesem Tage. Darauf
wird in beiden Häusern getrennt die ganze Nacht getanzt, gescherzt und
gelacht. Dieser Polterabend wird ruthenisch nzawodenya genannt. Er
tindet gewöhnlich an einem Samstag statt.
Am nächsten Morgen, zumeist einein Sonntag, wird früh der Feiertags-
staat angelegt Im Hause der Braut und des Bräutigams finden sich ge-
trennt die Gäste und die Würdenträger bei der Hochzeit ein. Letztere
erhalten kleine Sträusschen aus [mmergrünblättern mit Schaumgold ver-
ziert (kwitkie). Hierauf werden Anstalten getroffen, um in die Kirche zur
Trauung zu -eben. Zu diesem wichtigen Gange erbittet sich die Braut
durch einen eigens dazu bestellten Redner den Segen der Eltern. Dieser
wird folgendermassen erteilt. Die Eltern setzen sich auf eine Bank, auf
dem Schosse Brot und Salz haltend; die Braut kniet vor ihnen nieder,
während der dazu bestimmte Kedner folgendermassen spricht:
Ruthenischc Hochzcitgebräucln in der Bukowina.
16.J
kniet eure Tochter vor • lott, \ or
Vater and .Minier, and bittet um dei
Segen; vielleicht bat sie euch einmal
beleidigt, erzürnt, «Mich nicht gehorch!
oder euch nicht < renüge gethan; des-
halb bittet sie euch, ihr zu verzeihen
und sie zu segnen.
Prykliakajy donika wasza pered
Bohom, pered oteem i matereu, i
prosyt o blahoslowenie; raoze oiiii
was koly ukoryla. hniwala. ne sta-
chala abo ne dohodyla. to prosyt
was. ati\si\ proszczaly i jiji biaho-
slowyty.
Nach dieser Anrede segnen tue Eltern die Braut, indem >ie Ihren
Kopf mit Brot und Salz berühren, sie küssend und umarmend. Nach
diesem nimmt die Mutter die Braut bei der Hand und umgeht den in der
.Mitte des Zimmers stehenden Tisch dreimal, dieselbe mit Weihwasser
besprengend und ihr Weizen unter die Püsse streuend. Darauf nimmt
die Braut Abschied, indem sie den Eltern die Hände küsst, und schickt
sich zum Gange zur Kirche (d. i. zur Trauung) an. Hierbei wird gesungen:
Stupyla moloderika iz poroha: Das Bräutchen trat von der Schwelle:
Buwaj meni moja mamko zdorowa. Lebe wohl mir mein Mütterchen.
Taj perszyj raz, molodenka, perszyj raz
Poktony sia mojij mamei do sto raz,
Ho bohato twoja mamka kieltuwala,
Doky sych pokloniu sia doczekala.
Diakuja tobi moja mamko za twij chlib,
Szos" mene wyhoduwala na sej swit.
Nun erfolgt die Abfahrt zur Kirche. Di
Kranzelmädchen und der Brautmutter die für s
Vor allein, mein Brüutehen. vor allem
Neige dich dem Mütterchen hundertmal,
Weil es viel dem Mütterchen gekostet
Bis es diesen Dank erlebte. hat,
Ich danke dir Mütterchen Wir dies Brot,
Dass du mich aufgezogen hast.
Braut besteigt mit den
bestimmten Wagen; die
altere der Brautführerinuen trägt ein mit Federn, Bändern und Blumen
geschmücktes Tannenbäumchen. Die anwesenden Frauen werfen der Braut
in den Busen Zucker, Brot, Salz. Knoblauch und Geld: Zucker, damit ihr
das Leben süss sei; Brot und Salz, damit der Hausfrau es nie daran fehle;
Knoblauch als Schutz gegen Zauber; endlich das Geld als Wahrzeichen
künftigen Reichtums.
Auf dem Wege zur Trauung \\
A u nediliu rano
More se rozihrato;
A ne more toto braje,
Ale sonce se kupajc:
To ne sonce se kupajc,
To molodyj potopaje
Ta na moledu pokrykaje:
„Molodyczko, holuboczko,
Ratuj mene z moria!"
,,„Ta ne moja tota wola.
Ratuwaty tebe z moria,
Ani czouna, ani wesla,
gesungen :
Am Sonntag-Morgen
Wogte das Meer:
Nicht das M< er wogt,
ndern es badet die Sonne;
Es badet nicht die Sonne.
Es sinkt der Bräutigam anter
Und ruft der Braut zu:
„Bräutchen, Täubchen,
Kette mn h aus dem Meere!"
„„Es hängt nicht von mir ab,
Dich zu retten aus dem M<
Ich habe weder Schiff, noch Ruder,
Alles hat der Sturm entführt. uu
Usc buria taj widnesla."
Also singend gelangt man bis zur Kirche. Hier wird Halt gemacht
und auf das Erscheinen des Bräutigams gewartet, wenn er nicht schon da
i.;i
Kai.,
igt; denn auch dieser hat sich inzwischen, begleitet von den Seinen, aus
dem elterlichen Hause zur Kirche aufgemacht. Sind Bräutigam und Braut
erschienen, bo gehen beide in die Kirche, wo sie das Sakrament der Ehe
empfangen. Nach der Trauung begiebi sich die Braut (wieder ohne
Bräutigam, der mit den Seinen zunächst ins elterliche Haus zurückkehrt)
mit ihren Angehörigen in die Wohnung ihrer Eltern zurück. Auf dem
Heimwege wird gesungen:
Oj niy u cerkwi luily.
Szczos- my tarn wydiJy?
Dwa winci na stiuei,
Molodym na liolouci.
A | ope, pope", batko nasz,
A pope jich i zwinezau,
Dwojc dity /. mezy nas,
Odno dctialko X. N .
Druha X. X.
A diakujem popoezkowy,
Swomu batiezkowy,
Szo nas ne zabawyu
Xe bohato u nas prawyu,
Lesz zoutoho czerwonoho
Will pana molodoho.
() wir waren in der Kirche,
\Vras haben wir dort gesehen?
Zwei Kranze am Tischchen.
Den Brautleuten am Kopfe.
0 Pope, Pope, Väterchen.
Du hast sie getraut,
Zwei von unseren Kindein.
Ein Kindchen N. X.,
Das andre X. X.
Wir danken dem Pfarrerlein,
Unserem Väterlein,
Dass er uns nicht aufhielt
Und von uns nicht viel forderte,
Xur einen Dukaten
Vom Herrn Bräutigam.
Die Braut wird von ihren Eltern am Eingange des Hauses mit Brot
und Salz empfangen, worauf .sie zwischen ihren Eranzelmädchen nebst
den übrigen Angehörigen zum Tische sich setzt. Auf diesen wird auch der
Hochzeitbaum gestellt. Während gespeist wird, kommt der Bräutigam
mit seinen Angehörigen in den Hofraum des Hauses. Sobald man hei
der Tafel der Braut hiervon Kunde erhalten hat. wird daselbst gesungen:
Oj stij ziatiu za woroty Steh, o Schwiegersohn, hinter dem
Xa zeleni paporoty! Am grünen Farnkraut! [Thorc
Taj naj na tia snizok ide, Mag auf dich Schnee fallen,
Taj naj na tia inetil mete Mag Schneesturm dich umwehen
Ta na koni woroniji Lad die schwatzen Pferde
Taj na druzby molodiji. Und die jungen Brautführer.
Während das Lied gesungen wird, schickt der im Hofraum wartende
Bräutigam seine Bojaren mit seinem Kolatschen, den er am rechten Arm
getragen hat. zur Braut, welche ihn gegen den ihren austauscht. Darauf
rieten die Brautführer ins Zimmer ein und kaufen die Kranzelmädchen
in kleine Beträge aus. d. h. sie bewegen die Kranzelmädchen von der
Seite der Braut zu weisdien. Andererseits erhalten die Brautführer von
den Brautmädchen ebenfalls kleine Geschenke. Bei diesem Auskaufen
wird folgendes gesungen:
U nas druzba krasnyj Unser Brautführer ist schön
Jak raisiad jasnyj, Wie der helle Mond,
Posiahne w kyszeniu Er greift in die Tasche
Ruthenischc Uochz« • in der Bukowina. 1»'.;.
Ta wytiahne hroszyj zmeniu, und zieht eine Handvoll Geld bereue
Ta ne mnoho, druzbo, ne mnolio, Nicht u.-l. Brautführer, nicht \nl
l.w. odnoho czerwonoho! Id<>- ten!
Hierauf verabschieden sieh die Krauzeljungfern von der Braut, wobei
gesunken wird:
Zaplakala druzeczka, Das Brautmädchen brach inThräneo
Zaphikaly obi: Beide Brautmädchen weinten:
„Cy ne zal se widdawaty .Tluu dir nicht leid zu heiraten
Towaryszko tobi?" Gefährtin?"
_..()j cy zal, cy ne zal, „nO i thut oder nicht.
Ne budu kazaty, Ich werde es nicht sag
Jak sc budesz widdawaty, Wenn du dich verehelichen wirst,
Tohdy budesz zuaty."" Dann wirst du es wissen.""
Endlich verlassen Brautführer und Kranzelniädchen das Zimmer. An
die Stelle der Kranzelmädchen setzt sich nun der jüngste Bruder >\>'\-
Braut, oder, wenn ein solcher nicht da ist. der nächste jüngste männliche
Verwandte. Ist dies geschehen, so tritt der Bräutigam mit seinen Gästen
ins Zimmer ein, nähert sich dem Tische und kauft von dein eben erwähnten
Anverwandten der Braut diese für einen geringen Betrag. Hierauf wird
gesungen :
Oj tatar, bratezyk, fcatar 0, ein Tatar. Brüderchen, ein Tatar
Prodau sestru za talar, Verkaufte dieSchwester für einen Thaler,
Rosu kosu za szustak, Den blonden Zopf für ein Sechs
Rumniane lyezko taki tak. Dasrosige Gesichtchen geradezu umsonst
Sodann stehen alle vom Tische auf, nur die Brautmutter mit der
Braut bleiben sitzen. Letztere verschleiert ihre Augen und beugt das
Haupt über ihren Kolatschen. Eines der angesehensten Familienglieder
nimmt sodann das auf dem Tische stehende Hochzeitbäumchen in eine Hand
und reicht die andere dem Bräutigam; dieser ergreift die Hand eines
dritten u. s. w., bis alle Hochzeitgäste eine Kette bilden. Nun umgehen
Bie den Tisch dreimal, wobei gesungen wird:
Na kalynoczei dwi jahidozki. AufderSchneeballstaudesindzweiBeeren.
Rozszyriaj swatu chatu Erweitere Vater deine Hütte
Taj kalynowi stiny, und deine Wände aus Schneeballholz,
Szoby bojary sity; Damit die Bojaren niedersitzen;
Sily bojary süy, Es sich die Bojaren,
Az se zdrehnuly stiny. Dass die Wände zitterten.
Beim umgehen des Tisches berührt der Bräutigam, während er bei
der Braut die zwei ersten Male vorbeigeht, den Schleier derselben. Beim
drittenmale hebt er den Schleier auf und setzt sich neben seine Braut.
Nun wird gesungen:
Oj zietiu, zietiu emberiu (?) 0 Schwiegersohn. Schwiegersohn
Wiwywaj rantuch z paperrä, Wickle aus dem Papiere das Handtuch,
Ta pokryj swoju druzynu Bedecke deine Gefährtin
l rozwesery rodynu. und erheitere die Familie.
12
Zeitsclir. ü. Vereins f. Volkskunde. 19U1.
Kaindl:
Während dieses Lied gesungen wird, wickelt der Bräutigam em Stück
weisse Leinwand, welche er mitgebracht bat, auseinander and übergiebt
dem jüngsten Bruder der Braut, ron welchem er diese vorher gekauft
hatte. Dieser breitet sodann die Leinwand auf zwei einjährige Schosse
\.in einem Weidenbaum, hebt sie mittels der Stöckchen in die Höhe,
schwenkt Bie liin and her and bedeckt zuletzt mit der Leinwand den
Kopf der Braut. Die Weidenbaumschosse werden gleich in kleine Stücke
zerbrochen. Hierauf wird gegessen, getrunken, gespasst and gelacht.
Schliesslich wird gesnngen:
„Oj l'lysnula koliasoczka na mosti. ..Aul' der Brücke wurde ein Wäglein
sichtbar,
A bzczoz toto moja mamko za hosti?fc Was für Gäste sind das Mütterchen?fc
„„Oj do tobe. 111 i j synoczku, do tebe, _..<) zu dir, mein Söhnchen1), zu dir,
Cboczut tebe wzietv wid mono." Sie wollen dich von mir nehmen.""
„Cy ja tobi mamko ne detyna, „Bin ich nicht dein Kind. Mütterchen,
Cy ja tobi po szczyrosty ne robyla, Habe ich dir nicht redlich gearbeitet.
Szo ty mene dajysz priczki Dass du mich weg giebst
Protyu niczki." Da die Nacht naht?u
Während dieses Gesanges schickt sich der Bräutigam an, mit der Braut
in das Haus seiner Kitern zu ziehen. Auch die Aussteuer der Braut wird
auf dem Wagen, den die Brautleute benutzen, mitgenommen. Die Braut
nimmt Abschied von ihren Eltern, von welchen sie mit gebratenen Hühnern.
Kolatschen, Brot und Schnaps versehen wird, damit sie nicht mit leeren
Händen zu den Schwiegereltern komme.
Beim Weggehen wird gesungen:
Ne phicz moja mamko za mnoju, Weine nicht. Mütterchen, um mich.
Ta ne wse ja zaberaju z soboju, Ich nehme nicht alles mit mir,
Lyszaju dribni slozv po stohi Ich lasse kleine Thränen beim Tische
A husti slidy p<> dworiu. Und zahlreiche Spuren im Hofe.
So zieht die Braut unter San- und Klang mit dem Bräutigam und
begleitet von allen ihren Hochzeitgästen mit Ausnahme ihrer Eltern, welche
zu Hause bleiben, bei den Schwiegereltern ein. Vor der Eingangsthüre
wird folgendes gesungen:
Dtwory mamko nowyj dwir, Öffne, Mütterchen, das neue Thor,
Weiienm tobi newistoezku w twij Wir führen das Schwiegertöchterchen
dim, in dein Haus.
l.'twory mamko wikonce, Öffne. Mütterchen, die Fenster,
Wederao tobi newistoezku jak sonce. Wir führen dir das Töchterchen wie
eine Sonne.
Die Eltern des Bräutigams kommen entgegen, empfangen ihre Schwieger-
tochter mit Brot und Salz und laden sie mit den übrigen angelangten
(lasten ins Zimmer und zugleich auch zum Tische ein. an dem die früheren
1) Darutfter i>t die Braut zu verstehen.
Rutbenische Sochzeitgebräuche in der Bukowina. lt'.T
schon sitzen. Ee wird sodann lustig • r, und gezecht. Dazwischen
wird, wie übrigens auch schon im Hause der Braut, getanzt. Der Tanz
findet auf dem Hof ler bei schlechtem Wetter im geräumig
Vorhause statt, denn die Stube bietel hierfür keinen Raum. Es Bei auch
uoch erwähnt, dass Braut und Bräutigam stets auf dem Ehrenplatze bei
Tische sitzen, also unter der Ostwand des Hauses, an welcher auch die
1 leiligenbilder hängen.
Nach Mitternacht oder auch erst gegen Tagesanbruch geleitet die
Brautmutter die Brautleute in eine eigens hierzu vorbereitete Schlafkammer.
Beim Auskleiden isr der Bräutigam der Braul behilflich, worauf diese
zuerst das Bett besteigt. Am nächsten Morgen dürfen die Brautleuti
lange die Schlafkammer nicht verlassen, als bis sie von der Brautmutter
wieder abgeholt werden. Nachdem das junge Ehepaar sich in die Kammer
zurückgezogen hat, begeben sieh die Graste, auch die Brautmutter, nach
Hause
Am nächsten Morgen gehen die Brautführer zur Brautmutter, am sie
in das Hochzeitshaus zu geleiten. A.uf dem Wege singen sie:
Szczaslywa bodyna hodynoezka nastaia Das glückliche Stündchen ist gekommen,
fiiotoderika za matkon pisl.ila. Die junge Frau hat um die Mutter geschickt,
Pislala cztery koni, pietej wiz, Sic schickte vier Pferde, als fünften den
Wagen,
A szestoho ßrmaneczka, szoby matku Als sechsten den Fuhrmann, damit er die
prewiz. Mutter bringe.
Z namy mntoczko, z namy Mit uns Mütterchen, mit uns
Na kalynowi sany, Auf den Schlitten aus Schneeballholz,
Na kedrowi mosty, Über die Brücke aus Cedernholz,
Du swoieh finiu u hosti. Zu deinen Kindern ZU Gast.
Die Brautmutter wird bei ihrer Ankunft auf das Freundlichste em-
pfangen und begiebt sich allsogleich zu den Brautleuten in die Schlaf-
kammer. Nun erfolgt durch die Brautmutter, oder auch durch die sie
begleitenden Weiber, die Feststellung >\>'\- bis zur Brautnaeht bewahrten
Jungfräulichkeit der jungen Ehefrau. Ist diese festgestellt, so wird im
Il..fe des Hauses eine r<>te Fahne aufgepflanzt. Dies geschieht auch, wenn
der Bräutigam selbst schon früher die Blume gepflückt hat: er verrät eben
dann den .Manuel der Braut nicht. Findet dagegen der Bräutigam sich
getäuscht, so wird zwar die Gültigkeit ^l^-v Ehe nicht bestritten, wohl wird
a'her das junge Weib häufig allgemeinem Spotte preisgegeben. So schiebt
man ihm bei der folgenden Festtafel einen Löffel mit einem Loche unter.
singt Spottlieder u. dgl.
Wenn die jungen Eheleute unter Leitung der Brautmutter die Schlaf-
kammer verlassen, wird gesungen:
Wichody molodenka iz komory, Komm, o junge Frau, aus der Kammer,
Pokazy swoje lyczko rodowy. Zeige dein Gesichtehen der Familie.
l-J
1158
l\ aindl : Ruthenische Bochzeitgebr&uche,
Hierauf werden sie in das Gastzimmer gebracht. Hier wird die Frau
ihres jungfräulichen Kopfschmuckes, giordane genannt, entledigt, von der
Brautmutter frisiert und ihr Kopf nach Weiberari mit einem Handtuche
eingewickelt. Dann setzt man sich zu Tisch.
\uf dmu Tische Bind aeben anderen Ess- und Trinkvorräten zwei mit
roten Bändern aneinander gebundene Flaschen, parowi szepe*) genannt,
nebst zwei Schnapsgläsern aufgestellt. Nim werden die Kolatschen, welche
Bräutigam und Braut während der Hochzeit am rechten Arm getragen
haben, in kleine Stückchen zerbrochen, auf einen Teller gelegt und mit
Honig übergössen. Sodann wird ein zweiter Teller mit Weizenkörnem
gefüllt und inmitten derselben jene zwei Schnapsgläschen aufgestellt. Die
Braut giesst nun aus den zwei mit roten Bändern verbundenen Flaschen
in die Gläser den Schnaps ein, und bewirtet die Gäste nach der Reihen-
folge ihrer Würde. Jeder muss beide Gläser leeren, dem jungen Ehepaare
hierbei Glück wünschend; sodann legt jeder eine kleine Gabe in Geld für
Ibe nieder. Die anwesenden Frauen spenden auch Flachs, Leinwand,
Kopftücher u. dgl. Diese Gaben heissen pounecia, und der ganze Vorgang
wird propij genannt.
[st diese Ceremonie zu Ende, so wird wieder gezecht und gegessen.
Schliesslich begeben sich alle GJäste nach Hause.
Am dritten Tage gehen die Brautleute mit Kolatschen und Salz zum
Pfarrer, um durch rituell vorgeschriebene Gebete sich Gottes Segen zu
erflehen. So endigt die Hochzeit.
Nun bringt die junge Frau die nächsten Tage mit den häuslichen
Beschäftigungen zu. Sie ordnet ihre Wirtschaft. Ihren Mädchenschmuck
und ihren Brautkranz bewahrt sie als teures Vermächtnis für ihre Nach-
kommen auf. Erst am Sonntag werden dann gewöhnlich die ersten
Besuche gemacht und zwar zuerst bei den Eltern des Mannes, dann
beim Brautvater und bei der Brautmutter, endlich bei den Eltern der
Frau. Bei diesen Besuchen bringt das junge Ehepaar Brot, Salz und
Branntwein zum Geschenk. Dass diese Besuche mit Belustigungen und
Selnnausereien verbunden sind, ist selbstverständlich. Diese Sitte heisst
mieiny9).
Das Vermögen ist unter den Eheleuten gemeinsam und wird „unser
Gut (nasse dobro " genannt. Die Frau beansprucht als ihr freiverfügbares
Taschengeld etwa den Erlös von Geflügel, Eiern, den Verdienst vom
Spinnen. Weben und Nähen. In ihre häuslichen Geschäfte darf sich der
.Mann nicht meugen. Die Ehe (malzenstwo) gilt dem Volke für unauf-
löslich. Ehebruch wird zumeist verheimlicht. —
1) Die gepaarten Flaschen rumänisch säpu = Flasche .
2) Diese Bezeichnung dürfte doch mit zmieniety = wechseln, also hier Gegenbesuch
erstatten, zusammenhängen.
Bacher: Von dem deutschen Grei Luscm im wälschen Südtirol.
169
Am Schlüsse mag noch bemerkt werden, das9 in den Hochzeitgebräuchen
eine Änderung eintritt, weuu die Mutter der Braut tot ist. In diesem
Falle wird statt der ersten fünf Lieder folgendes gesungen:
Dibrowa welekaja,
Szo u tobi pniu ranoho,
Zelenoho ni odnoho.
Hej moloda molodenka,
Szo 11 tebc mamiu mnoho.
Ridnenkoji ni odnoji.
Twoja maty w hrobi lezyt,
Na ehrest ruki der/vt.
0 Boha se prosyt:
.. l'usty tnene, Boze, domiu,
Swoje ditie sporidety
Taj na posah poradety."
Oj tarn Imly. ae tatary,
Uze twoje ditia ubraly,
Ubraly jeji jak kwitoczku
Posadyiy seritoezku.
Oj ne uwes tut rid.
Ne wsia tut rodenoezka,
Piszliu woronu w czuzu storonu
Po ridnu rodynoezku,
Piszliu seneciu w seru zemrieciu
Po iidnonku sestrecia.
Czernowitz in der Bukowina (Osterreich)
(Schluss folgt.
r Eichenwald,
In dir sind viric Stämme,
Keiner ist aber grün.
Bei du junges Bräutchen,
Viele Mütter sind hier versammelt,
Aber nicht deine leibliche.
I >.-!■ i Mutter lieg! im ( rral
Halt die Hände übers Kreuz geschlagen
Und bittet Gott:
„Lass mich. Gott, inich Hause,
Mein Kind in Ordnung zu bringen
Und dasselbe auszustatto
(). dort sind Menschen, nicht Tatar«
Sie haben schon dem Kind angekleidet,
Sie schmückten es wie ein Blümchen
und Hessen die Waise sich niedersetzen.
0 hier ist nicht dry ganze Stamm.
Nicht die ganze Kamill .
Ich werde die Krähe in die Fremde 3ch
Nach der leiblichen Familie,
Ich werde dieMeise in die kalte Erde senden
Nach dem leiblichen Schwesterchen.
Yon dem deutschen Grenzposten Lnsern im wälschen
Südtirol.
Vom Karaten Josef Bacher.
etzung von Zeitschrift XI. :.T.
•_M. Di alt un di juio stria.
Tor hündart jär is da g »wfst an älta
on al-> hä'm köt, ke s' is a stria. In
sal haus fs-si-da g^west aluä on nidar
na d-m sal haus is-da gJwfst 's haus
vö sain sun. Disar sun hat gvhat a
yinas diarnla, on di'za diaml< is herta
gant z' släva bet-dar nona.
•_M. Die alte und d ie j u ng e Hexe.
Vor hundert .Jahren war eine Alte,
von der alle sagten, sie sei eine Hexe.
In ihrem Hause wohnte sie allein und
unterhalb bei ihrem Hause befand sieh
ihres Sohnes. Dieser Sohn hatte ein junges
Töchterchen, und dieses Mädchen kam
stets, um bei der Grossmatter zu schlafen.
17c
BalamuB ^n a mal 's diarnl
warnt, gge d ■ nöna ie I an is
ans 11 haue on dena is herkeni
• i] . on bal-da na-hat-iHat
säüla wetar, di nöna is ganl h«lrum m
li -; .' . "ii ;imi - j ,i-n
• •tla mal.
n .in -ü",!-, g diainL hat-si
will..' rl äustian im 's diarnl
staut is ■• on is-ar nS-gant aus n
} "ii se in bat- - _ - - m üntar
-n heart is-da a lo\. on in -n diza lo\
sain-da g?w§st :i kiita ilMa. an di nöna
-int on (h at g^mist bet-an äisran
lötl nular >n a ü\4> on lai bat-S -8 - -
hmirt rpas bruntl(n), on dena hat-s
. sf'gg. Un is is gant on (h at
_nump n äisra löll on hat gymist
nular «?n üUl->. bö-da hat g<?mist di nöna
on dena is-'s lai gdieft on is gant pa
ki'ni'x au »n d ■ wolkn^n. Dena is h€r-
kcnt a säüla wetar, on bäl-da na-hat-
_ i.u 's wetar hat-'s g<?vunt<t d-> nöna
on dena säin-sa gakeart b-druni p<>t-
nandu- on sain gant pa lü'iu-'v nidar.
> diarnl i hat-s - g-^segg Ipad«? tu haba
_ t int asÖ, un di imna hat-'s hi-g^-
swöagjt, on dena hat-s'-as g-dirnt to
mäva di strfa.
In an tagd "ii vatar von diarnD l's-
•n darkränkt a-n oggs, on er hat g*rüaft
n vetronarjo on a pär man<n. bo-da-
sa-n-an yorstian nS n vix, un knand->r
hat nei darkcnt, bas-vor-an beata-da
hat dar Oggs. ün disar man, il-r vatar.
hat-'s- n köt an diarnl . on 's duirnU-
bat köt: ..I. lasel is ni^t, i pesr'- n bol
i i .. - • >ii is kent äu n hau- vö
dar Unna on di ggs is lai g<?w§st g.*-
sunt. ün alöra ihr vatar hat-'s gavörst
/.' s.;y.i. hia-'s hat grftänt to pesra -m
gg8, oii 's diarnl < hat-'s- <n köt, bia-'s
hat g-tant. on d r vatar is darsräkt un
- gant <»n [Ji at-'s köt m i'af on hat
köt, dar sPgat-'s liahar töat sai kin.
- to wisa. gge 's-is a stria, un alöra
hat-ar köt dar tat': ..Ja. a säüla sävan
is-'s bol. un as-do-'s wil mä-van ster'm
Da eiues Abends merkte das Mädchen,
dir Grossmutter aufgestanden und
m die Küche hinausgegangen war, worauf
dann ein schreckliches Gewitter heran-
ah dann dies schreckliche Gewitter
nachgelassen hatte, kam die Grossmntter
wieder in die Stube zurück. So geschah
aige Abende.
Einmal hörte das Mädchen sie wieder
aufstehen, und auch das Mädchen stand
auf und ging ihr nach hinaus in die
Küche und sah dort, wie unter dem
Herde ein Loch war. und in diesem
Loche befanden sich eine Menge Häflein.
und die Grossmutter ging hin und rührte
mir einem eisernen Löffel drin in einem
Häflein. und zugleich hörte es sie etwas
brummen, und dann sah es sie nicht
mehr. Und es (das Mädchen; ging hin,
nahm den eisernen Löffel und rührte im
Häflein drinnen, in welchem die Gross-
mutter gerührt hatte, und schwebte dann
empor znm Schornstein hinaus und fuhr
hinauf in die Wolken. Darauf brach
ein abscheuliches Unwetter herein, und
als es nachgelassen hatte, fand das Mäd-
chen die Grossmuter und beide kehrten
mitsammen zurück zum Schornstein hin-
unter. Das Mädchen reute es, solches
gethan zu haben, aber die Grossmuttcr
beruhigte es und lehrte es die Hexenkunst.
Eines Tages erkrankte dem ATater des
Mädchens ein Ochse. Er rief den Tier-
arzt und einige Männer, die beim Vieh
etwas verstehen, und keiner erkannte,
was für eine Krankheit der Ochs habe.
Dieser Mann, der Vater, sagte es dem
Töchterchen. und das Mädchen sprach:
_()h. das macht nichts, ich heile den
Ochsen schon" und ging hinauf in das
Haus der Grossmutter und der Ochs war
sofort gesund. Der Vater fragte es dann,
wie es gethan habe, den Ochsen zu heilen,
und das Mädchen erklärte es ihm, wie
es gethan habe, und der Vater erschrak
und ging hin und sagte es dem Priester
und bemerkte, er sähe sein Kind lieber
tot, als zu wissen, es sei eine Hexe. Da
sagte der Priester: ..Ja. eine missliche
Sache ist das allerdings, und wenn du
Von dem deutschen 1 1 - ädtirol.
171
lirn--il' i. Ina du hast zo ttiana:
k 1 111 - - i to pai\la-'s im zo hori\la-'s
im ilü sntänto borget g läb<d (g<>würmp
..-I wäsar, on dena hak-bar-
pislJ 'ii an zSarn, on dena h~; - bar-
's tmiar m das lal>. wäsar, on se'm
Stirb ^t-'s bet-an stiasan luat. l'n
ha'ni - s,t g -laut . on 's diarnl
störtet1
Dena sain-sa gant /. s?ga vo dar
i, on hä'm-sd ne(d mear g«?vunt4,
__- a stal, an aimar-
m€ar-ändarst hä'ra-su net s " di
tiöna, n$ !i ■■__-.
um Sterben bringen willst, lehre iob
dich, wie du zu thun hast: Jetzt geh ich
hin, es Beicht zu hören und zu versehen,
und du bereite indes
lauea Wasser, dann schneiden wir ihm
ein bisschen in eine Zehe und l< ,
lann in das laue Wasser hinein, und
dort stirbt es dann eines sanften Todes.
So thaten ßie, and das Mädchen Btarb.
Dann gii um bei der < I
mutter Nachschau zu hallen, und fanden
weder sie noch den Ochsen im Stall,
und nimmer mehr haben sie die Gr<
imitier, oder i\»-n < Ichsen gesehen.
D<?r man. bö-da hat vorkoaft 22. Der Mann, welcher die Seele
di seal 9n taüvl. dem Teufel verkauft hat.
In an >trua\ is-da g<?w§st a ji'mar
man, bö-da net hat i; hat Lust zo ärbata,
on zo giana zo petla hat-ar-sa _ semp.
On \" d-nsed hat-ar net g-'Wist. bia zo
tuana, zo gvwina-'n-an /.' esa. On er
<*n an mal hät-ar grüatt »n taüvl, as-
ar- n pren gelt. On dar tai'n 1 is kein
on hat- -ii -'pivni. an sak vol gelt on
hat köt: ,,Da han-9-dar-san gapreBB an
sak vol gelt, ma oma diza gelt wil-a
hä'm dai seal on las-d-' aö da zwoanz-dc
j;ir, on dena kirn-- to nema-s<».a Disar
arm man hat agmump 's gelt von taüvl
un is g9west äldar luste zo bäba-'s.
Bal-da pah sain ausg^wf st di zwgan-
z k jär, dar man hat % lieft tu vorta-s*
von taüvl, un alura hat-ar fi^vium zu
lüana g-revt.
In an mal l's-ar gant sn di kirx an
- r Liaba Vrau, as-s'- >n
helf. Dena is-ar gant liuam. Bal-dar
- 2 >west hr.am. ls-m züagant dar taüvl
Einmal war ein junger .Mann, welcher
keine Lust zu arbeiten hatte, und betteln
zu gehen schämte i r sich. Daher wu
ei nicht, wie er sieh das Essen verdienen
könnte. Er rief nun eines Abends den
Teufel, auf dass er ihm Geld bringe. Der
Teufel kam (wirklich und brachte ihm
einen Sack voll Gold und sagte: „Da bab'
ich dir einen Sack voll Geld gebracht,
■ um dieses l leid w ill ich deine Seele
haben und ich; lasse dich noch zwanzig
Jahre hin-; dann aber komme ich sie zu
holen." Diesei arme Mann nahm das
Geld vom Teufel an und war ganz fröh-
lich, es zu besitzen.
Wie die zwanzig Jahre bald am waren.
fing der Mann an. sich zu fürchten vor
dem Teufel und begann dann recht-
schaffen zu leben.
Eines Abends ging er in die Kirche
und bat ansere liebe Krau, dass sie ihm
helfe. Sodann ging er heim. Zu Banse
kommen 'ring ihm der Teufel zu und
1) Diese höchst sonderbare Ansicht über die Gewall eines Vaters and Mitwirkung
Pri stersj d ren Übereifer das Kind in vorliegender Sage zum Opfer fiel, wird heut-
zutage von niemand mehr festgehalten, was aber nicht ausschliesst, dass di
geschichtliche Thatsache geglaubt wird von so manchen, besonders älteren Frauenspersonen.
Es dürfte bei dieser Sage wohl die Erinnerung an die Heienprozesse vergangener /
einigermassen sich noch erhalten haben. Mit der Erwähnung der B< ichte und Kommunion
im gegenwärtigen Stücke dürfte auch die Drohung, oder mitunter blosse Neckerei, zu-
sammenhängen, womit häufig kleine Kinder geschreckt werden: „Pait. i m;i\-di pai.xtn
T.m faf!" = Warte, ich lasse den Priester kommen, um dich Beicht zu hören!
172
Bacher:
im li )al köt : ,1 si - > ke - tüat-dar ant
•i iba-mar rork$afl dai B^al, ma lti-
san, 's is-da nö aas, bö-da-dar mög
helvan: i las-dar ii" /an Bi'm täga, on
dena kim-<. on as-do wöast. wfavl «c-
-da Bdin-da n main gärt, senk-a-
dar als-'s gelt, bö-d'-»-dar hau ge't, on
las-dar dal se'al Ö." Dar man is - -
\N'.'V' Äldar läßt* In liuaia aso. on hat
imp 's wori ron tattvl.
Bal-da \'Ht gain ^hi-i drai
dar man hat widar a->h</ft zu vörta-
- . ambrdm dar hat net gawist, bia zo
tüana u> giana n gärt vmi taüvl zo zelq
(1- Wff
Balamao ts-ar gan< pa wega von laut
aus, im !i:at bokent an alts wailc On
dfsa alt hat-'- n ägakent, ke dar hat
epas, bä-d'- ii geal lez, on Bi hat- n gv-
vörst z' sr-a. was-ar hat. im dar mar.
hat-'s-ar köt. „Bern heu". hat-s< köi di
ah. ..h;il-do ni\t ändarst hast zo saina
traur/. du vört-'d < niyt. an las-ma tüan
iin to zi;la di \\v.
Dena dar man is gant hiiam on da
alt is ü gant, bo-8J hat gabat to giana,
Bal-'s is _ wr-t aha- an kernen 4?
ii;iyt- da ah is -ant to köava-n-ar a pisla
pigl on dena is-sa -ant huam an (h)at
ob gatrent di zfax von pet un dena is-
boplglt vö z" iintr st z' Öbrast, on
dena ls-sj gabeglt (gaweglt) in-an ch
v.d'rn von pet. Bal-sa is auvarkent
von yfdarn, hät-ma net darkent. be-'s-is
a rögl 6dar bas-vor-a vi_\ 's-is, un
a-M fs-SJ gant in-an gärt von taüvl.
A waila spetar is - ar ziiagant dar
taüvl un b)at ägasmekt diza dink un
h at köt: ..In main gärt säin-da naün-
ii aiinz k weg da on i pin gant hintar
un vtir vd vart, ma a sola säüla dink
hau- --da ma g>segga, on dena is-ar-
- . k< lart im hat köt ggan gartnar:
..Sau- -da diza dink bil-a net. as-do-
mar-'s Srfiarst; las-as gian bintar on vür,
bö's bil. on tfia-d"--n net lezas!" on dena
dar taüvl is gant na saina weg' on dar
gartnar is -ant tu arbata.
.. Ich soh's. dass es dir leid thut
mir deine Seele verkauft zu haben: je-
doch hön bi nueh ein Ding, das
dir hellen kann: ich lass dir noch si'
I ige Zeit und dann komm' ich, und wenn
du wcisst, wie vieh Weglein in meinem
Garten Bind, schenk" ich dir das ganze
Geld, welches ich dir gegeben habe, und
lasse dir auch deine Seele." Der Mann
war ganz fröhlich, solcb.es zu hören und
ging auf das Wort des Teufels ein.
Als drei Tage vorbei waren, fing der
Mann wiederum an sich zu fürchten,
denn er wusste nicht, wie er in den Garten
des Teufels gelangen könnte, um die
Wege zu zählen.
Nun ging er durch die Strassen des
Dorfes und begegnete ein altes Weib.
Diese Alte sah es ihm an, dass er etwas
habe, was für ihn misslich sei. und fragte
ihn. was er habe, und der Mann teilte es
ihr mit. „Nun nun", sagte die Alte, ..wenn
du nichts anderes hast, traurig zu sein,
so fürchte dich nicht und lass mich
machen, die Wege zu zählen."
Alsdann ging der Mann heim, und
auch die Alte ging ihre Wege.
Sobald es Abend war bei Anbruch der
Nacht, ging die Alte sich ein bisschen
Harz zu kaufen, und dann ging sie heim,
trennte den Bettüberzug auf und bestrich
sich (mit Pech; von zu unterst bis zu
oberst und wälzte sich dann in den Bett-
federn. Wie sie von den Federn heraus-
kam, konnte man nicht erkennen, ob das
ein Vogel, oder was für ein Tier es sei.
und so ging sie in den Teufels-
garten hinein.
Kine Weile später ging ihr der Teufel
zu. roch dieses Ding an und sagte: „In
meinem Garten sind neunundneunzig
Weglein, und ich bin (darauf) für und
um gegangen vielmals, aber so ein ab-
scheuliches Ding hab' ich nie gesehen.*
Dann wendete er sich und sagte zum
Gärtner: „Schau da dieses Ding will ich
nicht, dass du mir's anrührst; lass es für
und um gehen, wo es will und thu ihm
nichts zu leide!" Dann gingderTeufelseine
Wege, und der Gärtner ging zu arbeiten.
Von dem deutschen Greni im wfilschen Südtirol.
Bäl-sa vort sain g^wgst al
da alt i- gant kräblan > fit itar
von gärt on denn ls-bj angestaut an is
häam. Dahüam hat-s -da g^vuntd
.Mi man zu päita1), /.' s^ga, be-s^ £pas
hat getaut. Od si alöra hat- n köt. v.
da hat köt dar taüvl. ()n er is hüain-
gant aldar 1 n~i .
Bäl-da aus sain g wesl di si'm
dar taü\ I is kent on hat- n g \ i »rst /'
be-dar-'s w^ast, wiav] weg«* da
säin-da »n sain gärt, an dar man hat-'s
_ .\ ist g w "a>l im li at-'s- n köt. Un
alöra dar taüvl is darzürnt2 an h ai
vorvlüaxt »n man an das saüla (link.
bo-da is - >\\ §st n sain gäi t. ma s
hai-n ni.\t mear g<?holft, orabrüm dar
man hat -'s- »n ki i . blavl w gg ■
sain-da m gärt.
I )n dar taüvl is vörtgant Itirnan > an
li at-s i m'mar g lat segn von man. ( )n
dar man hat guiüzt 's gelt, bo-d'-ar oö
hat g -hat. un h al g taut g 're\t an h al
olft dar ahn un is auvarkent a s
tar lnavatar man.
Als beide Fort waren, kroch die Ute
Ins zum ( ritter d(
auf und ging heim. Zu Haus.' tral
den .Mann, der wartete, um zu erfahr
ob sie etwas gethan habe, und
teilte ihm dann mit. was der Teufel
_t hatte. I heim IVol
Mutes.
Als die sieben Tage vorbei w
kam der Teufel und fragte ihn, ob er
.\ isse, wie viel Wege es in seinem
( iarten gäbe, und der Mann w assti
und sagte i s ihm. Da wurde der Teufel
zornig und verfluchte den Mann und das
heuliche Ding, das in seinem < Iarten
gewesen war. allein es hat ihm nichts
mehr genützt, denn der Mann Bagti
ihm recht, w ie \ iele W ege im < Iarten
wären.
Der Teufel ging heulend rorl ai I
Hess sieh nicht mehr sehen vom Manne.
Der Mann aber hat das Geld verwendet,
welches er noch hatte, bat rechtscl
hülfen und ist ein
guter, braver Mann gew orden.
23. Di trüt.
In an >lroa\ is-da g«»w§st a jimas
näügas pär spdsan, un an an mal sain-
sa gant /.' slava, un »n pet as-sa sain
gnvgst, ha'm-sa gdioart gian laisa laisa
pa stüb' in, un als a slr<Jax dar sp
d mear gewest göat tu niara-s>. ne
zo reda un (h)at <£g ■ vaim za kraista, un
alöra di spösa hat-san gewarnt un (h)at-
ge't an supf un alöra er Imt-s ' widar
_ mögg rtiarn un (h)at widar gm
r<;"n un (h)at köt, gga bäl-sa ha'm _ -
hoart g-fan pa stüb«* in, als n str^ax
is- »n gaspruioio epas afn laib on dena
is-ar nemear gawest guat ne tu rüara-
Sa, ne to reda. on bal-s"- -n si hat ge't
an supf. is widar vörtgant dasei swer
23. Die Trute.
Einmal war ein ju i eues Ehe-
paar, und eines Abends gingen sie
schlafen, und als sie im Bette waren.
horten sie ganz leise zur Stube hen
n. und auf einmal war der Gemahl
nicht mehr im stände sich zu rühren,
noch zu reden und hat angefangen zu
stöhnen, und dann) die Frau mi
dies und gab ihm eil : ■ worauf
er wieder Bich rühren und reden konnte
und sagte, dass, sobald sie zur Stube
hin. ; i hatten, ihm auf ein-
mal etwas auf den Leih gesprui -
und er sodann nicht mehr im stände
sieb zu rühren, oder zu
en, und als sie ihn schupfte, sei di
1) Zu ergänzen etwa: bo-da is gawgsl sc'm zu päita.
2) Man erwartet hier einn rückbezügliche (reflexive) Wendung des
taüvl is-sa-sa darzürnt. Um jedoch de.. Zustand zu bezeichnen, wird die obenstehende
Form angewandt; ähnlich auch: 's is I & verrostet, 's is darrist
zerrissen: dar krank ist äugadekt der Kranke ist zugedeckt - dar krank Es-sa-sa
dekt = der Kranke hat sich zugedeckt.
171
Bacher:
to-dar i';it gshai afu laib. Die
- üt un (li |at niäjDi
g u ist, i dasei. In tä1 dai n8
sain . stanl dis < zw na laut on
dena bä'm-sa-'s-ar k « »t dar raüatar um
-. im si hat ag-<\ann tu la\a un
b .it köt, gg< 's is di trüt. Äbas bal-sa
sain gant z' slava is-'s wid _ i a-
be "s mä] in tä' vorft, un asd is-'s _ -
i an etlan t - . on dar spüs is herta
kent lezar. umhrüni di trüt hat- □ s -
tutsK 's plüat.
In an mal dar spüs invezj \\
_iai:a /.' -lava is - ar - - a :_ lüant na
dar tür vo dar stüba bet n ggaviz von
n d hänt. an cl i spüsa is gant »n
pet. Balaraau hät-ar-s • g h'>art er gian
di trat pa stiagj au. im Cm-, bal-s? is gj-
\\ r>t af d' tür, hät-ar-ar vürgalegg 's
ggaviz, on d' trüt is gant <m ggavi'z un
is kent a ro>. Un alöra dar spüs is gant
to rüava ?n smit tu boslaga d> vtias von
ros >- zo lega d<? aisandar an ros). Dar
smit is augastaat von pet un is gant on
h)at-"s boslagg, on dena is-ar wldar
gant hüam un (h)at gavuntat sal waib
'ii pet1) hat-'s g/\vcal)/t vo beata, om-
brüm s'-is g^west si di trüt: on lai as
be-dar hat g:hät ii>-mägg4 di negl in d,'
Bchwerc Ding wieder gewichen, das er
auf dem Leib gehabt hatte. Die Ge-
mahlin horchte, und auch sie wusste
nicht, was dies sei. Am nächsten Tage
Standen dies«' zwei Leute auf und sagten
ler Matter des Ehemannes, und sie
ling an zu lachen und sagte, dies sei die
Träte. . abends, als sie schlafen gingen,
bah i ■> wieder, wie am Abend zuvor,
und so ging es einige Tage lang fort,
und der Gemahl wurde stets schwächer.
da ihm dieTrute (das) Blut gesaugt hatte.
Eines Abends lehnte sich der Gemahl
nahe der Thür der Stube mit einem
Rossgebiss in den Händen auf. anstatt
schlafen zu gehen, und die Frau ging
zu Bette. Da hörte er die Trute die
Stiege heraufgehen, und er legte ihr.
als sie an der Thür war. den Zaum vor.
und die Trut ging ins Gebiss und wurde
ein Ross. Dann ging der Gemahl (hin),
den Schmied zu rufen, um das Ross zu
beschlagen. Der Schmied stand vom
Bette auf, ging und beschlug es und ging
dann wieder heim und fand (da) sein
AVeib im Bette, wie es ächzte vor Schmer-
zen, denn sie war die Trute; und gerade
so, wie er die Nägel in die Hufe des
Rosses eingeschlagen hatte, waren die
vtias von ros, säin-da g wr-t i'jwruäggat Nägel in die Hände und Füsse seines
di negl in da hänt on in da vtias vö sain Weibes eingeschlagen. Wie der Schmied
waiba. Bal-d'-ar hat gasegg asö dar smit, solches sah, kehrte er wiederum zum
is-ar gakeart bdrüm ggan spüs un (h)at- Gemahl zurück und bat ihn, dass er ihn
an g^pit't. äs-ar-an las auszlagn di negl die Nägel vom Rosse herausziehen lasse,
von ros, umbrüm sa-nö sal waib' niö.\t denn sonst müsse sein Weib sterben vor
ster m vö weata in cü hänt on in d' vüas.
Un alöra hä'm-sa darkent, bela Vis di
trüt, on dar smit hat-an gmiüxt vorhöasn
n spüs za straita zuar sain waib', un
as-'s nemear gea zo tütsla - n - n 's
plüat.
Un dena hät-ar- <n äus-g lat-ziagn di
negl von ro> un ;h at-ar vorzaigat, on dar
smit is gant hüam un hat ingamäggat an
nag] in d> maur un (h)at köt ggan waiba,
Schmerzen in den Händen und Füssen.
Da erkannten sie, welche) wer die Trute
sei. und der Schmied musste dem Gemahl
verheissen, seinem Weibe einen Verweis
zu geben, und sie solle nicht mehr ihm
Blut auszusaugen gehen.
Sodann liesser ihn die Nägel vom Rosse
herausziehen und verzieh ihr, und der
Schmied ging heim und schlugeinen Nagel
in die Mauer hinein und sagte zum Weibe,
hat lu>t zo tütsla an da laut, as- sobald sieLust habe, an den Leuten zu sau-
- gi ,i zo tütsla an nägl, un aso hat-sa gen,sollcsiehingehen,andemNageIzusau-
gatant un is nimar niear andarst gant zu gen, und so hat sie gethan und ist niemehr
tütsla n spüs. gegangen vom (jungem Gemahl zu saugen.
1 Eine bei Gesprächen manchmal mitunterlaufende Zusammenzielmug.
Von dem deutschen Grenzposten Luscro im wälschen Südtirol.
24. A diarn, bo-da LS g *w fsi a t rm.
In an strfjax sain-da gant zw^a
iliarnm von an perga nldar zn giana n
.1 tfil ggan ar mül zo nema-n-^n a ggargj
mel. Bäl-sa sain gaw§st gga dar mül,
bä'm-sa gakgaft 's mel, un dena ha'ni-
--,1- auganump un sain g-*keari badrum.
Bäl-sa sain gawfst af lial'ni weg ,
bä'm-sa nidargalegg tu rasta, un uana is
»ntsläft, un lai is - ar kent a bubu pa
maul äuvar, on dena is-SJ se'm g stant
sovl as-be a töata. Da andar dfarn, bal-
s i hat . - _ . . is-s' darsrakt un (h at
inii tu sutla un tu rüava dar -nl-
slävatn; ma di sntslävata [s-s^-sa net ga-
rüart, ombröm sa hat ni\t gah^art. A
pisla spetar iV-ar widar gant dar bübu
n maul im pa hals nldar, im dena is-><
darwekt. Alfira da andar diarn hat-s<?
gavörst /.' sega, bas-vor-an beate si bat,
5-sa se'm is g'West a Solana waila
as-be a töata. im dasei, bo - da is -
west »ntsläft, bat köt: -Ben i kn-dar- s,
ma i pit- d . ku gga niamat nixt: i
pin a trut. on pal-d'-< pin gaw§st ant-
släft, pin-' vörtgawest za tutsla plüat
von-an man au n üsar laut." D andar
bat-ar vorhnast to küda nixt gga nia-
mat. on dena säin-sa kent fiuam.
A drai jär sp^tar di>< zw$a diarnan
hä'm gahat epas to köda (= zo straita)
b-tnändar un alöra bat-sa-'s-ar köt se'm,
bo-da sain gawest a küta laut, un (h)at
köt: „Swaiga du on kü net au d<n an-
dar, ombrüm äs-ma bil ko'n as-be-'s-is:
du pist a trat." Un alöra da andar is
vörtgakeart gäülana im (h)at nimar _ -
-tnt i b t niamat.
24. Ein Made bcn als Trute.
Einmal gingen zwei Mädchen von
einem Berge hinab in das Thal zu einer
Mühle, um eine Bürde Mehl zu holen.
Als sie bei der Mühle waren, kauften
das Mehl, nabmei lann auf
und kehrten wieder zurück.
IIa sie die Eälfte Weges zui
bauen, stellten sie nieder um zu rasten,
und eine schlief ein, und es kam ihr
dabei eine Bummel zum .Munde heraus,
und sie blieb dann dort los . vt ie
eine Tute. Das andere Mädchen, als
solches sah, erschrak und ftng an die
Eingeschlafene zu schütteln und zu rufen;
allnn die Eingeschlafene rührte sieb nicht,
denn sie borte nichts. Ein bisschen später
ging ihr die Bummel wieder in ^Im Mund
(zurück) und zum Hals hinunter, und
dann wachte sie auf. Alsdann fragte das
andere Mädchen sie, um zu erfahren,
was für eine Krankheit sie habe, dass
sie dagelegen ist eine solche Weile, wie
eine Tote, und die, welche eingeschlafen
war. saute: „Wohlan, ich sag's dir, aber
ich bitte dich, sage zu niemand etwas:
ich bin eine Trute, und als ich einge-
schlafen war. bin ich fort gewesen. Blut
zu saugen von einem Manne droben in
unserem Dorfe." Die andere verhii ss
ihr, ZU niemand etwas zu sagen, und
dann gingen sie heim wärts).
Etwa drei Jahre später hatten diese
zwei Mädchen miteinander zu zanken,
und da bat sie es ihr vorgehalten dort,
wo eine Menge Leute waren und sagte:
_Du schweig und schimpfe nicht andere
aus. denn will man sagen, wie e> ist: du
bis! eine Trute." Und dann machte sich
die andere weinend fori und hat nimmer
mit jemand gestritten.
25. Di ptial an — a trat.
In an >tma.\ i's-da gawest a pua
un a dfarn, zwöa ptiallaüt. Disa zwoa
laut hä'm-sa gdialt t gearn anänd <r.
Balamän dar pua hat UgavanuD tu
giana urnanandar bet'n tseln an da an-
darn haüsar, un an an mal t's-ar gant
Die Gel iebte — ei ne Trute
Einmal waren ein Barsche und ein
Mädchen, zwei Verliebte. Diese zwei
Leute hatten sich einander gern.
Allmählich fing der Bursche an. her-
umzugehen mit den Kameraden in (die
andere(n) Häuser, und eines Abends ging
Bacher:
a bans, on Be'm bä'm-s'-Jti auköl
v\\ \{ dar ptial n. im .ii i:>'
dam i to vena dfsa dfarn,
<m il i sa diarn hat- i; _ vörst / 9i
bö-d'-ar is g'w§s1 äla dfsa zait, bö-d'-
nc-niear is _ »w^sl to vena Dil
dar pua hät-s-ar köt, on lai hat-ar köt,
bainl is-'a das lest mal, bo-d'-ar-8J
tu vena, ombrüm r bil-s > net. Un
im diarn bat -'s-ar am - -taut, un
(h at agnann tu gaüla un (hat köt:
„Ben g£a, i bart-dar-'s zäln.ft In dar
- angjstant un is gant vort.
In t:V damfi daz äbas dar pi ■; 1-
gant /.' släva au-af-a tets, un balaman
hat-ar gdn'iart gian pa häntstäagj au un
pa tet- in. un als a str^ax is-ar nemear
_ »wesl guat tu ruara-s>. un asö is-.ro
an etla rnäl, l'i'n as-da disar
püa nemear is g^west guat to giana
üniar vo lez, bö-d'-ar is g«/west.
En a mal is-'ii kent in sint, k< 's-
möx Silin ch trat, bö-d'-^n geat za tüt-
sla 's pluat, un er ?n t;V darnS hat-ar-
9i\ g-nump an hamar un is gant au-af-
d' tets an is-s<?-s<? äug^lüant na-dar tür.
Balaman hat-ar gdiöart gian pa stiaga
au lais<? lai-', un er hat g^sangst un
(l^at gasegg, ggj 's-i's-a kaz. ün er.
bal-sa is gawest z' jjbivst, hat-ar-ar ge't
an ströax afn köpf petn hamar. un disa
kaz hat ge't an saülan sniäuBElar1) un
alt Öbar d • stiag.» ab».
En tu' darna dar piia is kent vo
dar tets äta un (h)at bokent sal püalan
betn köpf ängapunt^t, un alora hat-ar
■ a 8-is d - trut, un hat-'s g»-
- am, äs-ar-ar hat g^hat ge't
(oder: as-ar-ar hat g'hät ge't) di züa.
26. Di drai Mariala.
In an strüax säin-da gvwest drai swes-
tarla. bo-da hä'm u diattöatvatarunmiiatar,
un (h>Vm gahat vd suln, bö-d'- n hi'ntar-
ha'm-g^lat sain^ laut, bal-sa sain g^storbst.
er in ein Haus, und dort erzählte man
ihm viel Übles über seine Geliebt", und
dar. ml' dieses Mädchen zu
besuchen, und 3 Mädchen fragte ihn.
wo er diese ganze Zeit hindurch gewesen
sei, in welcher er nicht mehr sie zu be-
suchen gekommen war. Und der Bursche
ihr und fügte hinzu, heute sei
es der letzte Abend, au welchem er >.u
ihr auf Besuch komme, denn er wolle sie
nicht (mehr). Und dieses Mädchen bat
es geschmerzt, und sie) fing an zu weinen
und sagte: „Gut, gehe, ich werde dir's
zahlen." Und der Bursche stand auf
und ging fort.
Am nächsten Taue abends ging der
Bursche schlafen hinauf auf den Dach-
boden, und allmählich hörte er (etwas)
zur Leiter hei auf und über dcnDachboden
hineingehen, und auf einmal war er nicht
mehr im stände sich zu rühren, und so
geschah ihm etliche Abende, bis dass
dieser Bursche nicht mehr im stände war.
herumzugehen vor Schwäche.
Eines Abends fiel ihm ein, es müsse
dies die Trute sein, die komme Blut zu
saunen, und er nahm sich tags darnach
einen Hammer, ging auf den Dachboden
und lehnte sich neben der Thür auf. Nun
hörte er sie die Stiege heraufgehen ganz
leise, und er schaute und sah, dass es
eine Katze (ist) war. Und er gab ihr. als
sie zu oberst war, einen Schlag auf den
Kopf mit dem Hammer, und die Katze
gab einen abscheulichen Schrei von sich
und fiel über die Stiege hinab.
Am folgenden Tage kam der Bursche
vom Dachboden herunter und begegnete
seine Geliebte mit verbundenem Kopfe,
und alsdann erkannte er, wer die Trute
ist, und er war froh, dass er ihr den
26. Die drei Marielein.
Einmal waren drei Schwesterlein, die
Vater und Mutter (tot) verloren und viele
Schulden hatten als Hinterlassenschaft
nach dem Tode der Ihrigen (ihrer Eltern).
■ läuimln miauen: davon werden die Hauptwörter: sniaurawlar (Katzenlaut) und
süi.iuimlarin oder sniäoBBlaran = beharrliche Hervorbringerin dieses Katzenlautes gebildet.
Von dem deutschen Grenzpo teu Lusern im wälschen Südtirol.
1
Balaroäo diseln, bö-da hä'm g hui tu
bäba s gelt, hä'm-'a g wölt bä'ra, un di
.Hin Mi kindar ^v\t hä'm-sa kuäs g^hat,
on a ' bä'm g hat a pisl i g^plätra \ on
haus un 's haus, bö-sa dfin sain g w§st,
un (h)ä'm Mi ge'l dasei n -ulman n.
Dena bä'm-sa köt disj arm<?n kindar:
„Bia bärt - bar tüan est ana haus?"
„Vör't-bar-as ni\i-, hat-'s köt das eltai
_got dar hear bart-as hei van; gst gSa-
ibar d weit to süaxa-n-as an plaz
tu giana /.' stiana", — un (h ä'm andar-
wi-t on sain gant. In kern an di naxt
sain-ScJ _ rd'i in an walt, an mi disan
walt sain-Srf gant zo vorlur un h)ä'm
nemear g*wist af w£la sait zo giana
im aldra hä'm-sa köt: »Beo, est stea-
bar da im maxan-as iU1 ;l haüsk", an
hä'm-sa g«rtant. Sa hä'm ztiag tragg
räisar im (h)ä'm-an augamaxt a haüsl?,
im dena hä'm-s'-»n hYg<?hakt 's här un
m a ni.iii drai wait- zöpf (drai zöpf
vö vll straiaan) un petn zöpf hä'm-s'- 8
kt 's liaii-l'. Dena is ingant das
eltarsto swestarl^ z' sfga, be-'s is grQas
uMiiia 's haihh vor ah drai. un bal-'s
m is gvwest, hat-'s züag^sperl 's tttrla
un (h)at-s^ not ing-dat d-' andarn. un s-?
hä'm äudarwist im sain gant pa walt in
gaülan?.
Balamaa hä'm-sa bokent an man an
bet-ana purd ■> vlekan un darsei hat-s^
_ vörst /.' sf'ga. bas-sa hä'm, äs-sa
gaül(n). un so ha'm-'s- n köt. „Eben",
bat-ar köt dar man. „dasei is ni\t: vor
uas raax-3-'s an i 's haüsl?, un vor das
an dar bart ttian got dar hear", on lai
dlsar man hat agavaßE) to maxa-'s au.
im (h)at-'s gadekt bet vlekan, un dena
is ingant das mitar diarnb un (h)at gs>-
spert 's türb un alora das jtbaarste is
se'm g^stant alua un is hat äudarwist
un is gant pa walt in gaülana.
Bal-'s is g^we.-t an tyggo vür, hat- s
bokent an man an pet-anar purd' äisan
un dlsar man hat-'s g^vörst z' -
bäs-,;>s hat, un is hät-"s-<<n köt, bas-d'-
<>n hä'm g^tänt di zwga swestarla. „E
be»", hat-ar köt dar man, „swaiga un
gaül net! i max-dar 1 au n.is a haüsl.?",
Mit der Zeit wollten di<
haben, und die armen K dien
keines, sie hatten nun ein bi ö
te und das Baus, worin sie wohl
und gaben dasselbe den < rläu bigern. Dar-
auf sprachen diese armen Kinder: _ w
werden wir mm anfangen ohne Bau
in wir nicht verzagt (fürchten wir
nicht las älti sie. „< Sott der II
wird uns helfen; jetzt gehen wir in die
Welt hinaus, um uns einen Dienstplatz
/u suchen", und sie machten sich
und gingen. Bei Anbruch der Nacht I
ten sie in einem Walde an und verirrten
sich in diesem Wald und wussten nicht
mehr, nach welcher Ricbtui
sollten, und sprachen dann: „Wohlan,
bleiben wir da und erbauen wir uns ein
Häuschen", und so thaten Bic Siebrachten
Reiser herzu und bauten ein Baus«
auf. und schnitten sich dann das Haai
und machten drei breite Zöpfe drei Zöpf
aus vielen Baarstrangen) und mit i\vn
Zöpfen deckten sie das Häuschen. Dann
das älteste Schwesterchen hinein,
um zu sehen, ob das Häuschen gross genug
sei für alle drei, und als es drinnen war.
sperrte es das Thürlein zu und liesE
andern nicht hinein, und sie machten sich
auf und gingen weinend den Wald hinein.
Nach einer Weile begegneten sie einem
Manne beladen mit einer Bürde Bretter
und derselbe fragte sie, was sie hätten,
dass sie bo weinten, und sie sagten's ihm.
„Ei nun" der Mann, „das macht
nichts: für eines mache ich das Bäuschen
(auf,, und für das andere wird Gott
gen", und Bogleich linv, dieser Mann an.
,i bauen, und deckte es mit Brettern,
und dann ging das mittlere Mädchen hin-
ein und schloss das Thürlein, und das
jüngste stand nun allein da und machte
sich auf und ging weinend den Wald hinein.
Als es ein Stück vorwärts war. be-
iete ihm ein Mann, beladen mit einer
Bürde Bisen und dieser Mann fragt«
was ihm fehle, und es sagte es ihm. was
ihm die zwei Schwesterlein getban hätten.
..hi nun", sagte der Mann, „schweig und
weine nicht! ich baue dir ein Häuschen",
178
im l.ii hät-ar- ._ maxi aisrn haüsl •
im b . »dekl bet disran platn, un
i hät-ar- n g maxi drai äisran •
um h at köl „£ _ I, im
in- n haüsl ' un sper di ttlr an
oiamat of*, an as-da «.-par llls xv'l
m Mi per t'niz;i. glüan « i i n$gl un
pk-m aus <l »>t'l n. ke 5a stfan lai tö^at."
ün dena dar man is mint.
In d^nsel wart, bo-da sain g?west di
drai diarnla, is-da g^wfst an altar pfr,
bo-da herta (härta hat g'W^ast als,
bas- - t in dmsel walt, im Gr is
partlrt un is gant tu stiaYa das rarst
haüsl ' un (h at - 's grünt t. un alora
hät-ar- <n g riiai't un (h)at köt: „Hö Ma-
naD, töa-mar ofe!" an 's <liarnl< hat köt:
_.\u-na. i tüa-dar net of«1", un alora bat-ar
köt dar pär: -Ben. as-do-mar net ofctüast
b in gäatn, tua>t-idio-mar ofr bi't'nzniv.tn".
un lai l's-ar gant au als dax un (h)at of<»
g proxt 's dax un is nfdar gant un (h)at-'s
g^vrest, un dena is-arg keart b-drum.
's mal darna i's-ar wular gant to sea\a
das ändar haüsl > un hat-'s g-»vunt t un
hat g-riiaft-m diarnla un (h)at köt: „Hö
Maria!-, ai i . tna-mar of !" _Na". hat-
's köt 's diarnl . ..i tüa-dar nivt of-»."
-Ben", hät-ar köt, „as-to-mar net of*
ttiast betn guatn, tüast-*(d o-mar ofe betn
zni\t". un is gant als day un (h)at augw-
zcrt d' rlekan un is nfdargant un h
st an dena is-ur gant bMrum.
In t;V darna i's-ar gant to süa\a 's
haü>D vu d Mi jünaiM - swestarU un (b)at-
s vunt-t. im bäl-d'-ar hatgasegg. gg
1 sola starb s. i's-ar darsräkt, un dena
bat-ar g^ruaft m dfarnD un 1 h)at köt:
„Hö .Manal'. ai 1 tua-mar ofe!" _Xa-na".
hat-'s köt 's diarnl'/, ..i ttia mamut ofo.'-
„Ben", hät-ar köt dar par, _i bgas an
akar pöan; äi I . bar gian-SJ tu nema!"
_Nä". hat-'s köt 's diarnl?, haut kinw
net, ma morgn kirn-'.- „Beo", hät-ar
köt dar par, „morgn gea-bar." „Ma \\>
vrtia gea-bar?" hat-'s köt 's diarnl?.
..Di a> t". hät-ar köt dar par. „Un bo
is dar akar?" hat-'s köt 's dfarnb.
und sofort machte er ihm ein eisernes
Bäuschen und deckte es mit eisernen
Blatten, und dann machte er ihm drei
eisei undsagte: ..Da hast du drei
2 I. und jetzt geh hinein ins Häuschen
und schliess die Thür, und thu niemand
auf, und wenn etwa jemand mit Gewalt
hinein will, glühe die Nagel und recke
ihnen dieselben hinaus, sie bleiben (dann
gleich tot." Und dann ging der .Mann.
In demselben Walde, wo die drei
Mädchen waren, hauste ein alter Bär.
welcher stets alles wusste, was im Walde
rorgehe, und er machte sich auf und ging,
das erste Häuschen zu suchen, und fand
i s, und dann rief er ihm (dem Mädchen
und sagte: ..Ho Mariele, mach mir auf!"
und das Mädchen sagte: -Nein, nein, ich
mache dir nicht auf", und dann sagte der
Bär: -Gut. wenn du mir nicht aufmachst
mit Gutem, machst du mir auf mit Bösem",
und dabei ging er hinauf aufs Dach, riss
es auf und stieg hinunter und frass es.
und kehrte dann wieder zurück.
Am nächsten Abend ging er wieder.
das zweite Häuslern zu suchen und fand
es und rief dem Mädchen und sagte: -Ho
Mariele, komm, mach mir auf." -Nein".
das Mädchen, ich mach dir nicht
auf." „Gut", s?gte er, ..thust du mir nicht
auf mit Gutem, thust du's mir mit Bösem".
und stieg aufs Dach und riss die Bretter
auf und stieg hinunter und frass es und
kehrte dann zurück.
Tags daraufging er das Häuschen des
jüngsten Scbwesterlein zu suchen und
fand es, und sobald er gesehen hatte.
dass es ein so starkes sei, erschrak er.
und rief sodann dem Mädchen und sagte:
-Ho Mariele. komm, thu mir auf!" ..Nein,
nein", sagte das Mädchen, -ich thue
niemandem auf." -Gut", sagte der Bär.
-ich weiss einen Acker (voll) Bohnen:
komm, wir gehen, sie zu holen!" -Nein".
sagte das Mädchen, „heute komme ich
nicht, aber morgen komm" ich." ..Gut",
sagte der Bär. -morgen gehen wir."
..Aber wie früh gehen wir?" sagte (fragte)
das Mädchen. „Um acht Uhr", sagte der
Bär." -Und wo ist der Acker?" sagte das
Von dem deutschen G im wälschen Südtirol.
17:'
„Se'm so im asö", hut-ar köt dar pär,
im hat- n köt, bo-da is dar akar. „B
-t". hat's köl 's «1 iainl '. ..im morgn
di a\t< ai 1 !- Un dar pär is gant.
In tä darnä 's diarnl > is aug stant
di seggs» im i- gant tu nema di pöan,
un bäl-da is gant d »r pär za rüava-n-
m, hat-'s m ausgvlaxt un (h at köt: „Gea
du pär, i pin da is- -s i i di puan
[In dar pur alöra hat köt: „Ben, i
an akar rä'm; ai I), bar gian - sa zo
nema!" ..Na haut net", hat-'s köt 's
diarnl». „ma morgn gea-bar." „Bi
hat-ar köt dar pär, bar gian di slban >
morgn." »Ja", hat-'s köt 's diarnl«»,
..ma kii - mar. bö-d'-ar is dar akar."
„Se'm asö im aso". hat-ar köt dar par.
un h at - ?n köt, bo - da is dar akar.
..Ihm.-, hat-'s köt 's diarnl», „im morgn
di siban i ai 1 ." In alo'ra dar par is
-
In tä' dama "s diarnl' is angestaut
di vümv» an is gant tu nema di rä'm,
un net böl as-'s is g»west bdrum betn
rä'm, 13 gant dar par un h at- n g<-
rüal't Mi diarnl». „llahä". hat-'s köl 's
diarnl», ..du pist wu! kent vri'ia. ma du
pist kent haut ö gar za spat. i pin da
siad--s< i di ra'm." Alma dar par hat
köt: ..lim.. i lnia> an akar fcsüggn; äi I .
b«ir gian-sa to nema!" „Xa-nä". hat-'s
köt 's diarnh. haut net, morgn kirn-»;
ma du moxst-mar kü'n, bo-d'-ar is disar
akar. „Nt-nä", hat-ar köt dar par, „i
kü-dar-'s net." „Ben", hat-'s köt 's
köt "s diarnl», ombrüm du w^ast kqana
tsüggn." „Ja", hat-ar köt dar par.
sain sein aso im asö", un hat-s'-'ii g->-
lirnt. -im morgn". hat-ar köt dar par,
„stea-bar au • n aldar vrua im gia
zu nema." ..•la-. hat-'s köt 's diarnl»,
.. : gst, un morgn ai 1)!"
In tä" darna 's diarnl' is äug»stant
vör'n tag-* un is gant zo nema di tsüg
un dar par is ö äug stant <n äldar vrtia
un is gant ggan häusl» un i h)at-»n ge-
rauft un (h)at köt: „Hö Marial», ai 1 .
bar gfan zo nema ti tsüggn!" Ma s
Marlal» is no net g»w§st b»drum. rll"
haut pal* vin-»-d'". hat-ar köt dar par,
hen. .. I >orl so und dei I täi .
und sagte ihm. wo der Acker ist »Gut
jetzt" Mädchen, -und m<"
um acht Ihr komm!" Und der Bär -
Am nächsten I agi sta id das Mädchi n
um sechs Uhr auf und ging, die Bol
zu holen, und als der Bär kan
rufen, lachte es ihn aus and sagte: -'
geh, da Bär, ich bin da und es
die Bohnen " Und der Bär sagte dann :
.. Wohlan, ich weiss einen Acker Ku
kimnn. wir gehen sie zu holen!" .. \
heute nicht", sagte da> Mädchen, „a
morgen gehen wir." „Gut", sagte der Bär,
„morgen gehen wir um sieben Uhr." „Ja
sagt.' das Mädchen, -jedoch sag nur. wu
der Acker sich befindet." ..1 )orl so un 1
sagte der Bär, und sagte ihm, wo
der Acker sei. ..< int", sagte das M d
-und morgen um sieben Uhr komm!"
Und dann ging der liiir.
Am nächsten Tage stand das Mädchi n
um fünf Uhr auf und ging die Rüben zu
holen, und kaum dass es mit den Rüben
wieder zurück war. kam der Bär und riet
dem Mädchen. „Haha", sagte das .Mad-
ehen. _du bist wohl früh gekommen, aber
doch Inst du auch heute zu spät, ich bin
da und, siede ich die Rüben." Da sagte
der Bär: -' rut, ich weiss einen Acker
Kürbisse: komm, w ir gehen sie zu holen!"
.. \- ,n nein-, sagte das Mädchen, -heute
nicht, morgen komm ich; allem du musst
mir sagen, wo dii r ist" »Neil
nein", sagte der Bär, „ich sag dir's nicht "
„Recht", sagte das .Madchen. ..denn du
weist keine Kürbisse." „Ja", sagte der
Bär, „sie sind dort so und so", und be-
zeichm tc sie ihr, „und morgen",
der Bär, ..Mehen wir auf m aller Frühe
und gehen, sie za luden." „Ja", sagte das
Mädchen, „geh jetzt, and morgen komm!"
I ags darauf stand das Mädchen vor
Tagesanbruch auf and - Kürbisse
zu holen, und der Bär stand auch in aller
Frühe auf und ging zum Häuschen, rief
ihm und sagte: „Bo Mariele, komm, wir
gehen die Kürbisse zu luden!" Allem
das Mariele war noch nicht zurück. _Ilo
heute linde ich dich bald", sagte der Bär
\ Grenzposten Lasern im falschen Südtirol.
- ganl ,iu- .na i) dkar. Bal-d'-ar
-; 11 akar, s dlarnl i hat- >n
rnt, im LS hat ausg !i"li da grpasarsi
9 i an i- \ orporg *t in drin
I >ar pSr is gant an hat-'s i
ikar im er is gant un (h)at aug<»nump
. : -"iisiir-t i tsügga un isg k'arl b drum
haüsU an is gant an als tax im
il köt: „Disa \ .ni vo»»ea8t-(d)o-inar
ambröm bal-do kinst zo gfana m
•u haüsD, spriB-a aldar an \;u >- tl .""
Un dena is-ar-s< aidarg<degg an is mt-
släft.
's iliarni' ntanto is ao berta g-»wesj
in an (.U tsügga, un bal-sa bat g<*höart sn
par snarxln is-'s kern laisJ laiss \>> dar
tsügga auvar un is kent äba »n haüsD
un (h at _ -lost di ttir un -n siösan d>
und ging hinaus dem Acker zu. Wie er
bald am Acker war. gewahrte ihn das
Mädchen, höhlte den grössten Kürbis
aus und verbarg -ich darin.
Der Bär kam und sah es nicht im
Acker and ging hinzu) und nahm den
-im Kürbis auf und kehrte zum
Hauschon zurück und stieg auf das Dach
hinauf und sagte: ..Diesmal entgehst du
mir nicht, denn sobald du kommst, um
ins Häuschen zu gehen, springe ich hin-
unter und fange dich." und dann li _
er sich nieder und schlief ein.
Das Mädchen war indessen noch immer
drinnen im Kürbis, und sobald sie den
Bären schnarchen hörte, kam es leise
leise aus dem Kürbis heraus und kam
hinab in das Häuschen und schloss die
ttir dar par is d<?rwekt un (h)at g^höart Thür und beim Schliessen der Thür er-
s diarnla i'n »r\ haüsD an er is-s -s
darzürnt, „'s is nixt, be-do ajoma pist
in; du barst äuvar kernen ö — — i
hän-da a süana tsügga z'esa" — un lai
hat-ar g^köart umanüm di tsügga un
h)at g«*segg :s lox, un alora hat - ar
darkent gge 's diarnl* hät-ar-'s hüam-
. j'itMni er.
Intanto 's diarnl- hat Sg^zünfot 's
vaür un (h)at g<?gltiant di negl un dena
hat-s^-s? g"st<;kt pa tax au un bat-sa
gamaxt gian g9räd<? in pa pau\ '<n par.
un dar par hat ge"t a drai lürnar un is
_ \ alt \on tax äb> un is ggrepait.
Un 's dfarnU is auvarkent von haüsD
un hat- n abo^zögat di haut Ja par un
dena is-"s gant in d< stat tu vorkgava-s >.
Na-di weg-; hat-'s bokent an man, bo-
d -m hat aug^ma^t 's haüsD, an darsei
hat-'s g Vi rst /' s?ga, bo-'s geat, un is
hat- s- n köt, un dar man is gant betn
wachte der Bär und hörte das Mädchen
im Häuschen drin und er wurde zornig.
..Es macht nichts, wenn du auch drinnen
bist: du wirst herauskommen auch
ich habe da einen schönen Kürbis zu
essen" — und dabei wendete er den
Kürbis um und um und sah das Loch
und erkannte dann, dass er das Mädchen
heimgebracht hatte.
Inzwischen machte das Mädchen das
Feuer an und glühte die Nägel und steckte
sie durchs Dach hinauf und liess siegerade
hineingehen in den Hauch des Bären,
und der Bär stiess einige Schreie aus.
fiel vom Dache herab und verendete.
Das Mädchen kam aus dem Häuschen
heraus, zog dem Bären die Haut ab und
ging dann in die Stadt um sie zu verkaufen.
Auf dem Wege begegnete es den Mann.
der ihm das Häuschen aufgebaut hatte,
und dieser fragte es, wohin es gehe, und
es sagte es ihm, und der Mann ging mit
dlarnl* un h at- n g«?holft tu vorköava dem Mädchen und half ihm die Haut ver-
di haut un dena hat-ar's gjvüartan rext kaufen, und dann führte er es zu Gericht
un sem bä'm-s' -n ge't an häuf gelt an und dort gab man ihm eine Menge Geldes
ggiinto, as-'s hat _ tot t n par, un dena dafür, dass es den Bären getötet, und
is-'s gaot bet'n man un is herta gdplltet dann ging es mit dem Mann und blieb
bet ?nsel (in as-'s is gastorbat stets bei demselben, bis es starb.
ünterfennberg bei Margreid (Südtirol).
Fortsetzung folgt.)
Eysn: über einige Votivgaben im Salzbi ibgau.
81
Über einige Votivgaben im Salzburger Flachgau.
Von Marie Eysn.
Unter den mannigfachen Weihgeschenken an den kleinen Wallfahrts-
orten um Salzburg findet man einige, die in neuerer Zeit nur noch selten,
andere, die gar nicht mehr dargebracht werden. Zu letzteren gehören
jene Thongefässe, welche die Form eines menschlichen Kopfes
haben. Sir sind auf der Töpferscheibe gemacht, hell, schwach gebrannt,
Augen, Augenbrauen, Nase und Ohren Bind im Relief aufgesetzt, doch
fehlen letztere, sowie die Augenbrauen oft gänzlich oder sind nur mit
schwarzer Farbe aufgemalt. Sir sind oben offen und Btehen auf flachen
Boden, wie Fig. 1 aus St. Alban bei Lamprechtshausen. Neben dii
Fig. l
und weit zahlreicher kommen andere Köpfe vor, welche oben konvex, unten
aber offen sind und meist «dnru längeren Hals haben. Wendet man sie
um. so dass die Halsöffnung nach oben kommt, um Bie mir irgend etwas
zu füllen, su bleiben sie durch ihre kugelig abgerundete Form uicht stehen,
auch isr das Gesicht dann verkehrt: Fig. 2 aus St. Valentinshaft im obersten
Mattigthal. Sir sind durchschnittlich 12— 16cm hoch und haben 12 I8cw
im Umfang; kleinere sind selten, und nur einmal kam ausnahmsweise ein
gut modellierter weiblicher Kopf vor, dessen Rückseite eingeritzte Linien
zeigt, die aufgestecktes Haar andeuten (Fig. 3).
.Man hat hier für beide Formen keinen Namen nirhr. und nur an
einem einzigen Ort ihres Vorkommens wusste man noch aus Überlieferung,
dass die „Köpft" mit Getreide gefüllt geopfert wurden, doch nicht mehr
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
Bjbü:
ii welchem Zweck. Jedoch verwendet man diese einstmals dargebrachten
„Köpft" heute noch gegen Kopfleiden and findet Bie in den betr. Kirchen
meist auf einem an dt r Mauer aeben oder hinter dem Altar angebrachten
Brette stehen, von < 1 < ■ 1 1 1 der Leidende einen herunternimmt, auf seinen
Kopf stellt, damit dreimal den Altar umschreitet and ihn dann wieder auf
den früheren Platz zurückgiebt. Durch diese Art der Benutzung verringert
sich ihre Zahl allmählich, denn hält der Träger sich nicht sein- stramm,
so gleitet der Thonkopf leicht ab, fällt zu Heilen, und er wird durch
keinen neuen mehr ersetzt.
Auch Nachbildungen von Beiligenköpfen lässt man sich in Salzburg
und im angrenzenden Bayern gegen Kopfschmerz aufsetzen. Das kleine
Museum \mii Reichenhall besitzt zwei aus Holz geschnitzte „St. Johanns*-
köpfe", welche jenem Zwecke in dem Kirchlein auf dem St. Johannshögel
gedient haben; und in <\rv alten gotischen Klosterkirche auf «lern Nonn-
berge zu Salzburg wird am '>•>. Juni, dem Todestage der hl. Erentraut
( Aiindrud VIII. saec), sowie am [. September, dem Übertragungstage ihrer
Reliquien, der aus Silber getriebene und vergoldete Kopf der Heiligen
aus dem Jahre 1316 den Gläubigen auf das Haupt gesetzt als Hilfe gegen
Kopfweh. Im Salzburgischen kommen diese „hohlen Köpfe" selten und
nur im nördlichen Teile des Flachgaues vor (ebenso auch noch in dem
angrenzenden Ober-Österreich), in Wallfahrtskirchen, wo sich Bild oder
Figur des hl. Koloman befinden, oder in Kirchen, welche Heiligen geweiht
sind, denen das Eaupt abgeschlagen wurde, wie St. Alban, St. Johannes.
St. Valentin.
Am linken Ufer der Salzach, im bayrischen Gebiet, wo derselbe Volks-
-rainm wohnt wie am rechten österreichischen Ufer, wurden diese Thon-
fcöpfe wiederholt gefunden, so in der Kolomanskirche bei Lebenau1), zu
St. Koloman bei Pridolfing2), Taubenbach bei Simbach und Haselbach
nächst Braunau8). In der Kolomanskapelle zu Hochstatt am Chiemsee
fand J. Arnold ganz ähnliche hölzerne Votivköpfe, die ihm als .,Opfer
n Kopfweh und für das Heiraten" bezeichnet wurden; zu Langwinkel
alter fand derselbe Forscher solche aus Thon, und hier wurden sie „bei
Kopfschmerz und von Heiratslustigen und Schwangeren mit dreierlei Ge-
treide überschüttet und gefüllt dargebracht"*). 31. Höfler erklärt, dass
1 .1. Würdinger, Oberbayr. Archiv, Bd XXXIV, S. 335 (1874-75).
2) M. Höfler, Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns, Bd. IX, S. 134.
3) Nach briefl. Mitteilung von H. v. Preen, von dem in den Mitteil. d. Anthrop. Ges.
in Wien, IM. XXXI -X. F. XXI), Heft 2 gleichzeitig ein eingehender Bericht über dieselben
erscheinen soll.
4) Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns, Bd. VIII, S. 40 (1888).
M. Hüüer, Über Votivgaben und Bd. IX, S. 31 Votivgaben beim St, Leonhardskult in Ober-
bayern. — W. v. Schulenburg, Zeitschrift für Ethnologie 1888, S. 157. — In der Bavaria,
Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern, I, 1001 (München 18G0) berichtet F. Dahn
von der Kirche des hl. Hermann bei Bischofmais im Bayrischen Wald: „Auch findet man
I ber einige \ otivgabon im Salzbai
die Kopfdreier (so heissen Bie in Oberbayern durch den „Dreyer ein
Gemenge \ Ireierlei Getreidearten, welches im Oberland angebaut /.u
werden pflegt"1 . den Namen erhalten haben. J. Undsel weist auf ihre
grosso Ähnlichkeit mir den italischen Gesichtsurnen hin"), wie das auch
W. \. Schulenburg nicht entgangen ist. W. .M. Schmidt bringt noch den
weiterer Namen „kedere Köpfl" für sie bei, berichtet aber ihr Vorkommen
im Nils- mid Rotthal, and in der Bildlichen Oberpfalz und dass sie „von
ledigen Personen am die Neigung einer gewissen Person des anderen G
schlechtes, von Eheleuten aber, am Kindersegen zu erhalten, mit dreierlei
geschenktem 8) Getreide gefüllt geopfert wurden.'
Bindemittel zwischen diesen Rüddeutschen Votivgefässen in Kopfform
and den italischen Gesichtsurnen können die in Wien h uster Zeit
fundenen, aus römischer Zeit stammenden Urnen bilde», über welche
Fr. Kenner berichtet hat (Geschichte der Stadt Wien, I. S. L35, Fi
und Pr. Kenner, Berichte über römische Punde in Wien, 1901, S. 59, 72.
Pig. 54. 75).
Gleichwie diese modernen Gesichtsurnen im Verschwinden begriffen
sind, ebenso sind es jene Holzschnitzwerke, welche bei Erkrankung
innerer Organe geopfert wurden und an deren
Stelle jetzt kleine Nachbildungen aus Wachs getreten
sind.
Diese einfachen, von den Dorftischlern hergestellten
Schnitzwerke, Lungin genannt, sind 35 -5b cm lang
und bestehen zumeist aus Luftröhre, Lunge, Herz und
Leber und der schwach angedeuteten Wirbelsäule (Fig. 1).
Die ornamental behandelten Lungenflügel, sowie das
Herz sind stets rot, die gleichgrossen Leberlappen
hi-auu. die Trachea, deren Knorpelringe durch eine
Schraubenwindung dargestellt sind, Qebst den übrigen
Teilen hell bemalt oder in Holzfarbe belassen. Oft-
mals sind obigen noch das ein ler andere Organ
beigefügt, wie Magen, Blase u. a., dann aber meist
unverhältnismässig vergrössert, als sollte es als eigent-
licher Sitz der Krankheit besonders hervorgehoben
werden (Fig. 5, 6 und 7). Die glatte Rückseite trägt
i/i
4t
UU-
dort häufig die rohen Köpfe von gebranntem Thon, in denen Gerstenkörner eingescbJ
sind: man opfert sie wegen chronischen Kopfleiden."
1) Schmeller 1'. 561.
2) Zeitschr. f. Ehnologie, Bd. XXII, S. 390): J. ündset, I ber italische G<
urnen. L. Lindenschmit, Die Altertümer unserer heidnischen Vorzeit, Bd. I, Heft VI, r.VL
Fig. 8. 10. 13. Mainz 1858.
3) „In Almosen ersamblet" (1511 .
4) Oberbavr. Archiv, Bd. 49, Heft 2 (1896): \Y. M. Sehmidt, Moderne Gesichtsurnen.
13
]>l
st der Jahreszahl meisl Namen und Wohnort des Opfernden,
der jüngsten Bteht: »Crescenzia Brandstätter ans Thalgau L850.a
Fie:. (?.
Auf einex
Fig. 5.
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Fiff. T.
/.
Fig. 8.
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Neben diesen Gebilden finden sich noch solche, die dem Beschauer
unverständlich sein würden, kämen sie nicht an den gleichen Orten vor
wie jene, aus deren Formen sie zusammengeschrumpft
sind. Fig. 8 zeigt eine solche dreilappige Figur, die
rotbraun angestrichen ist und um deren emporstehendes
rundes Holzstück eine spiralförmige weisse Linie läuft.
Der gut erhaltene Anstrich zeigt, dass es eine Votiv-
gabe aus neuerer Zeit ist. Diese verschiedenen Schnitz -
werke liudet man in kleinen Wallfahrtskirchen (Etten-
berg, St. Pankratz bei Weitwörth), in Waldkapellen
bei als heilsam gerühmten Quellen (Augenbründl bei
Friedburg), am häufigsten aber vor dem Bilde oder
der Statue des hl. Leonhard. wie in Heiligenstatt, wo
sie ueben zahlreichen Yotivtafeln aufgehängt sind,
zwischen Ketten, Fesseln, weiten Eisenringen, Sensen. Bruchbändern,
Pessarien. roten Seidenfäden, Eisennägeln, menschlichen Zähnen und Haar-
zöpfen, wächsernen Körperteilen und Tierfiguren, unter welchen Krücken
und schwere, rohe, zur Sühne herbeigeschleppte Holzkreuze liegen. Die
-8— ->
l ber einige Votivgaben im Saltburger Flacbgau.
Bilder auf den Täfelchen, die einen Zeitraum von zwei Jahrhunderten
umfassen, and die Weihgeschenke daneben zeigen, dass der hl. Leonhard
weit öfter bei menschlicher Krankheil and Not, denn ;ils Patron für Rosse
and Rinder angerufen wird. So stellt auch das Altarbild in der Kirche
von St. Leonhard bei Grödig am Untersberg eine Gruppe leidender Menschen
dar, und darunter findet man kleine, * -10cm langt Weihgeschenke aus
dünnem Wachs, der moderne Ersatz für die oben beschriebenen aus Holz,
bei denen sieh aber nur noch Trachea and Herz zwischen kleinen form-
losen Wülsten erkennen hissen.
unverändert aber haben sich an einigen Orten im Herz«. -nun Salzburg
die „lebendigen Opfer" erhalten, wenn mich ihre Zahl in letzter Zeil sehr
zurückgegangen ist
In der Marienkirche zu Grossgmain, dem alten Qduona and einst viel-
besuchten Wallfahrtsort, hängen an den beiden [nnenwänden der Turmhalle
zwei mächtige Votivtafeln mit vielen einzelnen Darstellungen von Unglücks-
falle^ daranter immer die Angabe des Motivs der Opfernden, dieWunder-
thätigkeit and das gelobte Opfer. Die Mehrzahl der Bilder ist durch
atmosphärische Einflüsse fast verloscht und die Schrift anleserlich geworden.
Am Rande einer der Tafeln liest man aoch: renovirt 1535, 1687, 1778.
Nachstehend -ehe ich einige der noch lesbaren Angaben von dieser
Tafeln.
Ein Kind war ertrunken in einein Bade, da das die muetter vernam
mit betriebten Herzen, hat sie das Kind her verlobt mir einem lebendigen
Opfer und ward wider lebendig.
Bans Schnell hat sich verlobt mir einem lebendigen Opfer in einem
schiffpruch zu Venedig, von stunden ist er erledigt worden.
Ein saw hat ein Kind das häupl gar erpissen und zerissen und ward
hm- versprochen mit einem lebendigen Opfer und ward gesundt.
Ein Mägdlein hat sich erhenkel an einer zerissenen Pfaid, die da hangi
für ein Handtuch, die Muetter erschroken verlobte das Kind mit einem
lebendigen Opfer and ward wieder lebendig.
Ein ehrbarer Burger zu Reichenhall war übet ••in Wasserdurchlass
abgefallen, in solchem Fall verlobte er sich zu V. I.. F. auf die Gmain
mit einem lebendigen Opfer und wind erlöst.
Ein Kind von einer todt muetter gebracht ist zur tauff komen, alspald
der Vater sich verlobt hat mit einem lebendigen opfer.
Es lässt sich aus den Inschriften nicht entnehmen, woraus das „lebendige
Opfer- bestund, aber der lebende Hahn und die lebende schwarze Herne
sind nebst Tauben heute noch das gebräuchliche Weihgeschenk.
Vor etwa 25 Jahren stund in der Apsis der Kirche zu Orossgmain
noch ein hölzerner Hühnerstall, in welchen die Opfernden die Tiere ein-
schlössen, nachdem sie dieselben während der .Messe dreimal um den
Altar ffetras-en hatten. Letzteres geschieht noch jetzt, doch wird das Huhn
| m; Zachariae:
dann gleich in den Pfarrhof gebracht, von wo dafür ein geringes Entgelt
an die Kirche abzufahren ist. Viel zahlreicher sind solche Opfer in dem
nahen Marzoll, dessen Kirche dem hl. Valentin, dem Helfergegen Epilepsie,
geweibl and wo auch seine Statue ist . zu der die Frauen gern ihre Vm-
Hucht nehmen, «leren Kinder an Eclampsie erkrankt sind Die Rückseite
et Utares i-t durch zwei kleine Gitterthürchen unterbrochen, durch welche
der Opferude die Tiere nach dreimaliger I mkreisung des Altars während
des Gottesdienstes einläS8t. Noch werden jährlich in 50 Hühner und
70 — 80Tauben dargebracht, doch soll vor 50 Jahren die Zahl der Opfer dag
Zehnfache erreicht halten. Äusserst selten bringt man ein junges Lamm dar.
Ebenso werden dem hl. Veit Vitus), der bei Veitstanz, wie bei allen
epileptischen und hysterischen Krämpfen angerufen wird, zu St. Veit bei
Goldegg, wo auch eine Statue <\r> hl. Valentin ist, lebende Hühner gebracht.1)
In y\{'\- Kirche zu (Jntereching mit der Holzskulptur des hl. Veit, sowie zu
St. Koloman bei Lebenau dienen hohe Drahtgitter hinter dem Altare zur
Aufnahme der lebenden Opfer, und ein Hühnerstall in dem kleinen Wall-
fahrtsort von Valentinshaft verrät genügend die Art der Weihgeschenke.
Die Mirakelbücher von Imhenhofen und die „Wunderzeichen des hl.
Wolfgang am Abersee" erwähnen wiederholt der ..lebendigen Opfer", dar-
unter auch des Huhns.
l'm Eching, Ibm. Eggeisberg war es vor nicht langer Zeit noch Brauch.
bei Erkrankung eines Familiengliedes eine schwarze Henne in die Herd-
grube zu vermauern, und im Salzburgischen hört man nicht selten jemand,
der schon lange erwartet, wird und endlich kommt, mit den Worten be-
grüssen: „Jetzt hätt" i bald a schwarze Henn' verlobt."
Salzburg.
Zu Goethes Parialegeiide.
Von Theodor Zachariae.
(Vcrgl. unsre Zeitschrift II, IG ff.)
Im ersten Bande seiner Zeitschrift Orient und Occident (1862) S. 719
bis 732 hat Benfey eine Abhandlung über (ioethes Gedicht: Legende
Werke 1 8-10. I. 200) und dessen Indisches Vorbild veröffentlicht. Erzeigt
1) In dem Präget Dom auf dem Hradschin. der dem hl. Veit geweiht ist, steht die
Bildsäule dieses Landespatrons Böhmens mit einem schwarzen Hahn, Grohmann, Aber-
glauben aus Böhmen, S. 74, Anm. Am Veitstage (15. Juni) wallfahrteten früher viele
Böhmen zu den Eibquellen und opferten dort schwarze Hühner, 'Weinhold, Quellen-
verehrung, S. 4-k Auch im Elsass wurden dem hl. Veit auf seinen Altar schwarze Hühner
geopfert. Stöber, Sagen des Elsass, S. 25y. 1. A.
Zu ' roethi Parialegende. I «7
darin, dass Goethe den Stoff zu seinem Gedichte aus 0. D;i|»|>
[Nürnberg 1681) entlehn! hat. Die Dappersche Darstellung geht mittelbar
— zurück auf eine alte indische Legende, deren wahrscheinlich älteete
Gestalt im ßffahäbhärata vorliegt. Benfej teilt die BiahSbhäratalegende in
deutscher Übersetzung mit1) and bemerkt, dass Bich mehr oder minder
ausgeführte Darstellungen der Legende auch in anderen sanskritischen
Werken, lies lera in den sogen. Puränas, vorfinden. IM-' Darstellung im
Cilikäpuräna weicht von der im Mahäbhärata fast gar Dicht ab; die Passung
der Legende im Bhägavatapuräna wird, da sie in einem Punkte mit der
Dapperschen und Goethischen Passung übereinstimmt, in deutscher Über-
setzung gegeben. Benfej wendet sich jetzt zu der Darstellung der Legende,
wie sir sich bei Dapper findet, und teilt sie im vollen Wortlaut mit.8
An- einer Vergleichung dieser Darstellung mit Goethes wunderbare!
Schöpfung ergiebt sich, d;i>> zwischen beiden «•in., breite Kluft liegt. In
einem -'du- wesentlichen Punkte schliesst sich Goethe eng an die alt.'
indische Legende an. Auf den ersten Anblick könnte man daher glauben,
dass eine undere treuere Quelle, als die I dappersche Darstellung der Legende,
die Grundlage des Goethischen Gedichtes bilden müsse. Allein Benfe)
bat die Schriften über Indien, von denen sich annehmen lässt, dass Goethe
sie gelesen, vergebens durchforscht. Es kann keinem Zweifel unterlit
dass Goethen die Legende nur durch Dappers A.sia bekannt geworden ist.
Dafür spricht auch der Umstand, da>> Goethe seihst in Wahrheit und
Dichtung bemerkt, er habe die Indischen Pabeln aus Dappers Reisen
zuerst kennen gelernt und gleichfalls mit grosser Lust in -einen Märchen-
vorrat hineingezogen. Die Abweichungen der Goethischen Legende von
der Dapperschen Passung erklären sich aus Goethes wunderbarer dichte-
rischer Gestaltungsfähigkeit. .Mit einer Ausnahme. Am auffallendsten ist
bei Goethe die Vertauschung der Köpfe, die sich weder bei Dapper Doch
in «1er alten indischen Legende findet, während sie doch ebenfalls indischen
1' früher schon mitgeteilt von Wilson in s einet englischen I bersetznng des \ isnu-
puräna, London 1840, S. 401 f. Wilson, Works IX (1868), 19ff.
2) (ianz dieselbe Darstellung bei Philipp Baldaeas, Wahrhaftige Ausführliche
Beschreibung der Berühmten Ost-Indischen Küsten Malabar und Coromandel, als auch der
Insel Zeylon, Amsterdam 1672, S. 4!)1 ff. Heide Darstellungen stimmen meist fast wörtlich
überein; der Hauptunterschied zwischen Dapper und Baldaeus besteht darin, dass
letzterer Vistnum (d. h. Visnu] statt Mahadeu gebraucht. 80 beginnt die Erzählung hei
Baldaeus: '»Seine (des Prassaram Mutter Reneca hatte durch ihre Gottesfürchtigkeit von
Vistnum ein Tuch überkommen, welches Wasser hielt, so dass es nicht durchlief
tropfte, in welch Tuch sie täglich aus dem Fluss Ganges Wasser höhlt..' Woher es kommt,
dass Dapper und Baldaeus so genau übereinstimmen, habe ich hier nicht zu untersuchen.
Über Baldaeus vgl. Bhode, Über religiöse Bildung, Mythologie und Philosophie der Hindus
(Leipzig 1827), I, 150. Benfey scheint das hochinteressante Werk des Holländers Baldaeus
gar nicht gekannt zu haben, sonst würde er nicht >agen, dass die falsche Schreibweise
'Altar' für Avatüra, deren sich Goethe in Wahrheit und Dichtung bedient, nur bei Dapper
vorkomme (Or. u. Occ. I, 728). Baldaeus gebraucht die Form 'Altar" beständig.
] >v Zai b irii
l rsprungs ist Daa indische Märchen, worin die Vertauschuog der Köpfe
die Hauptrolle spielt, isl die Bechste Erzählung der Sammlung Vetäla-
pancariinsatikä. Von hier gelangte die Erzählung in die persischen
Bearbeitungen der Sukasaptati, in die Bücher, die den Titel Tu ti Nameh
führen. Eine dieser Bearbeitungen, die des Qädiri, wurde von [kei
nach einer englischen Übertragung ins Deutsche übersetzt (Stuttgardt 1822).
Goethe Lernte diese Obersetzung bereits im Jahre 1820 können.1) Hier
— in der 24. Erzählung des Qädiri - fand Goethe das Motiv von der
Vertauschung der Köpfe vor.
Soweit Benfey. Seine Behauptung, dass Goethe die Vertauschung der
Kippte aus [kons l bersetzung des Tuti Nameh entlehnt habe, ist gläubig
Dachgeschrieben worden von Oesterley in seiner Übersetzung der Baitäl
Pachisi (Bibliothek orientalischer Märchen and Erzählungen, 1. Bändchen.
Leipzig 1873), S. L96. An Oesterley schliesst ßich Tawney an in seiner
Übersetzung des Kathäsaritsägara, vol. II. p. 264, Note. Auch der verehrte
Herausgeber dieser Zeitschrift (siehe II. 47 f.) steht augenscheinlich noch
unter dem Banne der Benfeyschen Ausführungen. Weinhold meint. Goethe
habe das .Motiv von der Vertauschung der Köpfe in Ikens Buch gefunden:
und weiter: die herrliche Beziehung der Legende auf die Parias sei Goethes
volles Eigentum.
Aber Benfey befand sich im Irrtum. Drei Jahre vor dem Erscheinen
von Benfeys Abhandlung hatte Düntzer in seinen Erläuterungen zu Goethes
lyrischen Gedichten die Quelle der Goethischen Legende nachgewiesen.
Nicht Dappers Asia in Verbindung mit Ikens Übersetzung des Tuti Nameh
i-i Goethes Quelle, sondern die Geschichte von der Mariatale, der Frau
des Büssers Schamadagini und der Mutter des Parassurama, in Sonne rats
Reise nach Ostindien und China (Deutsch Zürich 1783), I. S. 205 ff. In
einer Berichtigung (Orient und Occident II, 97) hat Benfey seinen Irrtum
eingestanden; bei Sonnerat ist. bemerkt er hier, die Legende ganz so
mitgeteilt, wie sie Goethe nachgedichtet hat. Später hat Benfey seinen
Freunden gegenüber die Abhandlung über Goethes Gedicht "Legende' als
die missratenste aller seiner Arbeiten bezeichnet (siehe Bezzenberger in
den Beiträgen zur Kunde der indogermanistdien Sprachen, VIII. 241). Ks
ist allerdings unbegreiflich, wie Benfey. der doch Sonnerats Keise aus-
drücklich unter den Büchern nennt, die er nach Goethes Quelle dnrch-
forscht habe < >r. und Occ. T, 72S). die Geschichte von der Mariatale bei
1 Auf S. 154 — 155 seines Buches berichtet Iken, dass er [vor der Drucklegung des
Buches] einige Erzählungen als Proben eines noch unbekannten Originals Sr. Excellenz
dem Herrn Geh. Rat von (Juetlie zur Beurteilung übersandt habe, und dass sich diese
Proben einer günstigen Aufnahme zu erfreuen das Glück hatten. Weiterhin teilt Iken
mit, dass i inige Bruchstücke seiner Übersetzung im Dezemberheft des (mir nicht zugäng-
lichen) Morgenblattes von 1821 erschienen sind. (Diese Angaben fehlen bei Benfey, Orient
und Occident I, 729.)
Zu '
Sonnerat ganz hat übersehen können. Ein a [erbarer Zufall ist es
um Benfeys eignen Ausdruck zu gebrauchen -■ der ihn zum Besten
hatte.
Obwohl nun Düntzer1) in der zweiten Auflage seiner Erläuterungen
11. 4.">lf. den Sachverhalt bereits klargelegt hat. bo habe ich ea doch für
nötig »ehalten, auch in dieser Zeitschrift Doch einmal darauf hinzuweisen,
dass sich Benfey zwar geirrt, seinen Irrtum aber bald Dach dem Erscheinen
seines Aufsatzes aber Goethes Legende berichtigl hat. Zugleich möchte
ich eine Präge aufwerfen, eine Frage, die allerdings für den Goetheforscher
von untergeordneter Bedeutung, für den indischen Philologen jedoch von
eicht geringem Interesse ist. — die Präge nach der Herkunft der S< irat-
schen Legende. Wie, wann und wo vollzog sich die Umwandlung der
alten indischen Legende zur Parialegende? Ich will versuchen, diese Präge
zu beantworten, so weit es mein Material gestattet.
Mariatale — bei Baldaeus S. 456 ff. heisst sie Patragali") • i-i
eine südindische Volksgöttin, die grosse Göttin der Parias (Sonnerat I. 206 ;
nie i>t die Göttin der Blattern, die Göttin, die <li<' Blattern erweckt und
hinwegnimmt (Baldaeus 459 . Als Göttin der Blattern entspricht sie der
nordindischen Sitalä, über die man sich am besten in dem vortrefflichen
Buche von Crooke, An introduction tu the populär religion and folklore
of Northern tndia, Allahabad 1894, p. 7sff. unterrichten kann. Von der
Ifariatale sagt Sonnerat: 'Die [ndier bezeugen vor dieser Göttin viele
Purcht und richten ihr in allen Flecken Tempel auf: Aber man -teilt
bloss ihr Haupt in das innere Heiligtum, und die [ndier an- den echten
Stämmen verehren auch nur dieses; ihr übriger Körper wird an die Thüre
des Tempels gestellt und daselbst von den Parias angebetet.' I m diese
merkwürdige Sitte zu erklären, oder auch, um die halb göttliche, hall»
unreine Natur der Mariatale verständlich zu machen'', hat man, so scheint
1) Düntzer teilt auch die Sonneratsche Legende im WorÜaul mit: danach bei
H. Baumgart, Goethes* 'Geheimnisse' und seine 'Indische- Legenden', Stuttgart 1896,
B.87f. Dieselbe Legende im Auszug l>>-i Rhode, I ber religiöse Bildung der Hindus, II.
257 (vgl 154 f.}. Hatte Benfej das Buch tron Rhode (das die ältere, jetzt fast verg<
Litteratur über indische Mythologie getreulich verzeichnet benutzt, so wäre ihm vermutlich
weder die Sonncrat che Legende, noch da M von dem, was ich in dieser Abhandlung
vorzubringen vermag, entgangen. — übrigens irrt Düntzer, «renn ei II 452 schreibt,
dass die Vertauschung der Köpfe im indischen Märchen des Pantschatantra 1,-1 erscheine.
Bent'ey im Or. u. Occ. I. 729 sagt nur, dass man wegen der Vetälapaucavimsati
i'bers.-tzung des] Pantschatantra I. "_'l vergleichen möge.
2 Siehe auch Rhode a. a. 0. II, 254.
:») Ähnlich Rhode II. -_'.">7. Nachdem er 'Im Sonneratsche Legende mitgeteilt bat,
fährt er fort: 'Der Sinn dieser Zusammensetzung des Körpers der Mariatale scheint die
Zusammenschmelzung einer Göttin der l'rbewohner, der Pareas. mit der Kali der Hindns
darzustellen.' Vgl. dazu namentlich Crooke p. 78: As she FSifalä] comes to be pr< i
into soine form of Kall or Dcvl, shc is provided with a regulär fane.
190 Zacharia
es, die Ifariatale an die Stelle der Etenukä in der alteu Legende gesetzt1)
und zugleich das Motn von der KopfvertauBchung hineingebracht
Wann die l mwandlung der alten Legende zur Parialegende statt-
gefunden bat, dürfte Bchwer festzustellen Bein. Die Heimat der Paria-
legende Im aber ohne Zweifel die Gegend Indiens, die Sonnerat haupt-
sächlich bereiste, die Gegend, \\<» er die 'Nachrichten' gewann, die er in
-einem Buche vorträgt: das Land der 'Tamuler', die Koromandelküste
Sonnerat I. L65. 1 7 _' . 177 . oder allgemeiner, Südindien. Sonnerat gieb<
die Quelle, der er seine Parialegende entnommen hat, nicht an. Er musa
jedoch einen guten Gewährsmann dafür gehabt haben, — ■ denselben viel-
leicht, dem er die 'Fabeln deT Indier' verdankt, die er 1. 117 ff. mitteilt
and mit den bemerkenswerten Worten einleitet: 'Die Indier haben mora-
lische Fabeln, deren hohes Alter beweist, dass wir diese Art von Sitten-
lehre keinem ainleren als diesem Volke zu «hinken hahen.2; Die hier
folgenden, welche ganz wörtlich and ungeschminkt übersetzt sind, werden
sehr deutlich beweisen, das- die meisten Fabeldichter aus dieser Quelle
geschöpft halten." Es ist meines Eraehtens sehr wahrscheinlich, dass
sich die Sonneratsche Legende in irgend einem Werke vorfindet, das in
einer südindischen Sprache, im Tamil oder etwa im Telugu, abgefasst ist.
Jetzt steht Sonnerat mit. seiner eigentümlichen Parialegende nicht
mehr allein da. In dem Jahre, wo Benfey seinen Aufsatz über Goethjea
Legende veröffentlichte (1862), erschien in Madras der dritte Band von
William Taylors Oatalogue Raisonnee of Oriental Alannscripts.3) Auf
S. 207 — 211 analysiert Taylor ein Telugnwerk Namens Parasurämavijaya.*)
Da die Handschrift lückenhaft ist. so ist die Analyse anvollständig. Das,
1 Dass es gerade eine Legende von Parasuräina ist. <1 1 ■ - zur Parialegende umgeformt
wurde, beruht gewiss nicht auf Zufall. J'ara-uräma hat für Südindien — wo Sunnerat die
Legende kennen lernte — eine ganz besondere Bedeutung; wird doch die Enstehung des
Landes Malcalon (- Malayälam), 'welches wir die Küste Malabar nennen', dem Para>urüma
trieben: Sonnerat I, 141 (vgl. :'>1). Vgl. ferner die Auszüge aus Baldaeus u. a. bei
Rhode I, 192ff.; Graul. Reise nach Ostindien. III, 226. 332 (Anm. 75); Taylor, A
Catalogue Raisonnee of Oriental Manuscripts I, 1621'. 667: Wilson. Works IX, 24. Die
alten Legenden von Parasuräma zusammengestellt bei Muir, Original Sanskrit Texts, I2,
11211'. Zufolge der Tamulischen Tradition, berichtet Sonnerat I, 141, lebt dieser Gott
[Parasuräma] noch auf der Küste Malabar, wo man ihn unter einer schrecklichen und
widrigen Gestalt abbildet. Dafür malt man ihn auf Koromandel grün, mit einem viel
sani'tereu Gesicht und giebt ihm in eine Hand eine Axt und in die andere einen Fächer
aus Palmenblättern.
2 Wie man sieht, i>t die Benfeysche Theorie von dem Ursprung und der Wanderung
der Fälteln und Märchen mindestens so alt wie Sonnerat.
3) Pischel i Vorrede zu seiner Ausgabe des Rudrata und Puiyyaka S. 9) bezeichnet
diesen Katalog als 'curiously unscieutilie, but not at all useless'. Ich selbst habe eine
Variante zu der Geschichte Canis (in der Historia Septem Sapientum) aus Taylors F.uch
mitgeteilt in den Göttingischen Gelehrten Anzeigen von 1892, S. 649, Anm. 1.
I Nach Wilson, The Maekenzie Collection2 (Madras 1882) p. 290 heisst der Verfasse*
des Werkes: Bhavaerna.
Zu i loeth« - P 1 ;i I
was uacb Taylors Meinung fehlt, ergänzt er 'aus anderen Quellen'. \
S. 210 heisst es:
Towards r h» ■ close of the poem, tbe Brahmam remind /' fi
of the fault, concerning bis mother, which is rather equivocallj expressed;
luit ntusr probably alludes to the following circumstauce :
Jamadagni's wife, the mother of Pdrasu Unna, was uai I Renuca;
and one daj for a mental transgressi f strict conjugal fidelity, the father
in anger told Pdrasu Rdma, to take Ins axe, and cur off" her head. He
obeyed, and cut off tbe bead of his mother, near a parclieri, or harnl«
outcast people; as well as the heads of some of those persons, ou their
opposing bis design. The father, approving his proceeding, asked whal
reward he required; when he requested, that bis mothers bodj might be
re-animated. The father consented to bis request, having at the same time
power to t'ultil it: and gave directions to his son, as tu the mode in which
the head and body should In' joined together, promising bim to re-unite,
and re-animate them. In the burry "t' the moment, instead of Ins mother's
head, Pdrasu Rdma applied the bead of an outcast woman, u< his mothers
lifeless trank: when the whole became re-animated. Ir is stated, thal on
rhis legend the Pariars (or outcasts) fonnd their worship of various local
nurnina, being none other than ideal forms ->t' the wife of Jamadagni, con-
sidered to In- divine, as having given birtb to an alleged incarnation of
the ilivinitv.1)
Bier haben wir also die Sonneratsche Legende mit der Kopfvertauschung
und der Beziehung auf die Parias: mir wird bei Taylor dm- Kopf einer
Verworfenen auf den leblosen Rumpf der .Mutter gesetzt, und diese li«-i->r
Renukä, nicht .Mariatale. Seine Quelle giebt Taylor ebensowenig an wie
Sonnerat.
Noch eins. Wenn Benfej meinte Orient und Occident I. 728f.), dass
Goethe kraft seiner wunderbaren dichterischen Gestaltungsfähigkeit an die
Stelle des Tuches, worin Renukä bei Dapper das Wasser heimträgt, das
freiwillige Hallen des Wassers zu einer krystallenen Kugel gesetzt habe,
1 Erst nachdem ich diese arbeit abgeschlossen hau.', sah ich, dass Taylor bereits
im zweiten Bande seines Catalogue Baisonnee, Madras L860, tntroduetion p. I.\\I\
Parialegcnde gegeben hat. Ich teile auch diese Fa ung im Wortlaut mit. da i
Anfang der Fassung bei Taylor III, 210 in Willkomm. ihr V. tort: Jamadogni was
h rigid or sage; who with his wife Renuca and his son Kamn, live.l in a Bort ofhern
in some place north of India The wives of such sages wero pati vrüta, pre-( minentlj
(haste: and so cold, that ice did not melt when held by their fingers. [f it did, that was
proof positive of libidinous thought at least, if not more. One day Jamadngni -Mit his
wife to a river to fetch a block of ice; and, on her bringing it, it was fonnd to be partiallj
dissolved in her hands. In great wrath the sage commanded his son to Btrike off her head.
which he did with (pdrasu) an axe. Some women of the villagers parat] interposed, and
Rdma Struck off their heads likewise. The sage, repenting his rashness, propos< 'i to r<
his dead wife; but, in the hurry of the monrnnt joined her head t<> a pariah's body, and
the head of another para to hör body. Hencc the Pariahs worhip Renuca as a goddess.
[i)2 Zachariao: Zu Goethes Parialegende.
... wissen wir ja jetzt durch Düntzer, dass Sonnerats Reise Goethes
Quelle war. Vbej gerade der von Benfey berührte Zug: Die schöne Frau
des hohen Braraen bedarf beim Wasserholen keines Kruges, keines
Eimers;
Seligem Herzen, Frommen Händen
Ballt sich die bewegte Welle
Herrlich zu krystallner Kugel
!■ Zug lässt sich auch Doch anderwärts nachweisen. In Paris erschien 178*
ein Buch unter »lern Titel: Bagavadam ou döetrine divine, ouvrage Indien;
cauonique; sur l'etre Bupreme, les dieux, les geans, les bommes, les diverses
parties de l'univers, etc. Dieses Buch ist die französische Übersetzung
eines tamulischen Werkes, das eine Umarbeitung und zugleich eine
Abkürzung des alten Bhägavatapuräna repräsentiert. Es ist. wenn ich nicht
irre, identisch mit dein Werke, das Taylor. ( atalngue Haisonnee III, 94ff..
zum Teil analysiert hat. Näheres bei Rhode, Über religiöse Bildung.
Mythologie and Philosophie der Hindus I, 112ff. und bei Gildemeister.
Bibliothecae Sanskritae Specimen (Bonnae ad Rh.. 1847) p. 56 n. Eine
deutsche Übersetzung des Bagavadam ist in der mir nicht zugänglichen
Sammlung Asiatischer Originalschriften I. Zürich 1791. enthalten. Im
französischen Original wird die Geschichte von der Tötung und Wieder-
belebung der ßenukä wie folgt erzählt (S. 267f.):
Bcnougueij femnie d' Yemadacny, alla un jour chercher de l'eau a la
foutaine; eile vif un ange Guetidarver qui passoit en l'air, et il etoit d'une
rare beaute, eile le considera avec trop de complaisance pendant quelques
nioments. Bientöt eile reprit courage, et rejeta un mouvement d'amour
qu'elle avoit senti. Cependant lorsquelle voulut prendre de leau ä son
ordinaire sans vase ni cruche, en la ramassant comme une boule.
cela lui fut impossible. La purete de Tarne qu'elle avoit perdue, lavoit
t'ait decheoir de Ce privilege. Son epoux ayant ainsi reconnu sa flaute,
ordonna ä ses enfants de la tuer. Parasramen seul deferant it la parole
de son pere. la tua. et aussi ses freres rebelies it ses ordres. Tont le
monde desapprouvoit cette cruaute; mais Yemadacny satisfait de l'obeissance
de Parasramen lui demanda ce qu'il souhaitoit de lui. Celui-ci -demanda
la vie de sa mere et de ses frerfes. Le Patriarche lui remit sa Baguette
et il les ressuscila.'
II alle a. d. Saale.
Eföfler: Sankt Michaelsbrot. [93
Sankt Michaelsbrot.
Vor, Dr. Max Höfler.
Die beutigen deutschen Gebildbrote erscheinen als sogen, Kultgebäcke
zu bestimmten Zeiten und zwar an christlichen Pesttagen, sowie an weltlichen
oder Familienfeiertagen; erstere sind hauptsächlich Neujahr, Weihnachten,
Ostern, Pfingsten, Lastenzeit (Fassnacht), Allerseelen. Martini, Nikolaus;
letztere sind die Sippen- und [nnungsfeste (Schützenfeste /.. B. . Bochzeiten,
Wochenbett, Taufe u. s. w. Dass diese Gebäckfor 0 niclrl arsprünglich
den christlichen Festen ihre Existenz verdanken können, ergiebl - i « ■ h aus
den frühzeitigen, diesbezüglichen Verboten <\i'v Kirche, die so und >o ofr
wiederholt wurden, und weiterhin ;ms der Thatsache, dass die Gebräuche
ilvs Volkslebens aus verschieden-zeitlichen Entwickelungsstufen der Kultur-
epochen sich gebildet haben. Wie die Volksgebräuche Glieder einer langen
kulturgeschichtlichen Kette sind, an der jedes Glied seihst wieder aus ver-
schiedenem, altem und jüngerem Materiale oder Schichten gebildet ist, so
entsprechen auch die heutigen Kultgebäcke vom einfachsten und ältesten
Brei bis zu dem feinsten modernen Tortengebäcke den verschiedenen Zeit-
epochen des deutschen Volkstums: Die Hauptkultzeiten des germanischen
Jahres sind nach dem für die Volkswirtschaft ausschliesslich massgebenden
Sonnenstande die mit dem Frohnfasten verbunden gewesenen vier Zeiten
(quatuor tempora, Quatember, Frohnfasten): die Sommer-Soi nwende
(Sommer -Weihnachten), die Winter -Sonnenwende (Winter -Weihnachten .
die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche, die Herbst-Tag- und Nachtgleiche;
jede war wahrscheinlich mit einer L— 2 wöchentlichen Vor- und Nachfeier
verbunden. Mit dem Abschlüsse der landschaftlich verschieden langdauerndeu
Weidezeit begann für den wirtschaftlich thätigen Germanen <\<>\- Winter,
und mit dem Winter begann das germanische Neujahr. Die Verwechselung
dieses germanischen Neujahrs mit dem später kirchlich eingeführten und
auf verschiedene Zeiten festgesetzten christlichen Neujahre erklärt auch
die Verwirrung in der Deutung der verschiedenen Volksgebräuche, die
sich an verschiedenen Festtagen des Jahres bis auf die Neuzeit erhalten
haben. In die Zeit drs germanischen Neujahr- fällt nun auch das Sankt
.Michaelsfest der christlichen Kin-he. Mit dem Zeitpunkte der herbstlichen
Tag- und Nachtgleiche begannen die Tage der A.ussenarbeif kürzer zu
werden; das Abend- oder Lichtwirken. die Ahendarbeü wurde länger; das
Niedergehen des Sonnenrades gab das Zeichen, dass auch die elbischen Nacht-
gestalten thätiger zu werden anfingen; die Geistereinflüsse wurden stärker.
In der Versöhnung dieser heim niedersten Sonnenstande am meisten thäl
Marengestalten, d. li. in der Totenfeier liegt nun vor allein der Grund zu
den mit einer festgesetzten Speiseordnung (Fasten = „festgebundene Speise-
l.i.j Höfler:
Ordnung) einhergehenden grossen Volksopfern, die nicht nur den Göttern,
sondern oocb mehr den gefürchteten Seelen .Minen) der abgestorbenen
Sippengenossen galten. Das Speiseopfer ist ursprünglich nur ein Seelen»
opfer. Den zur Zeit des höchsten, namentlich aber des niedersten Sonnen-
standes am häufigsten wiederkehrenden Geistern der Ahnen mussten be-
stimmte, sie günstig stimmende Lieblingsspeisen vorgesetzt werden; ins-
aders galt dies beim Beginn eines neuen Jahres, dessen kommende
Fruchtbarkeit im ganzen von der Gunst und dem Wohlwollen der elbischen
Geister wesentlich abhing. Wer eine andere als die so durch Brauch und
Herkommen üblich gewordene Speise an einem solchen Tage der Wieder«*
kehr der GeisteT zu sich nahm, dem schnitten diese nach der Volkssage
den Bauch auf und füllten ihn mit Häckerling, oder er wurde von ihnen
im Alptraume zur Rachequal getreten.
Diese zeitweise nur erschei in mden Geister (Totenvolk und dessen
Anführer) leben nun in der Volkssage unter verschiedenen Namen (Wode.
Perchta, llulda Helle. Schimmelreiter, wilder Jäger, wildes Gejaid, Tyrann.
alter Landrichter. Spinnerin. Frohnfastenmütterli u. s. w.) fort. Ihre Tage1
dos Wiederkehrens sind also eigentlich Totenfeste. Da von der Gunst
dieser Geister auch der glückliche Ausfall der kommenden oder erfolgten
Ernte abhing, so konnten Toten- und Erntefeier sogar zusammenfallen:
daher erklärt sich auch, dass die Totenfeier der alten Marsen beim Tempel
der nahrungverleihenden und erntespendenden Göttin Tanfana, der Gemahlin
des Tins. in diese Zeit um Oktoberanfang fiel; dies war die Zeit der
blutigen und unblutigen Dankopfer für die erhaltene Erntefülle, aber auch
die Zeit der Versöhnung der Toteugeister, der Sühneopfer für die Ver-
storbenen, von deren Gunst die Fidle der Ernte abhing. Bei den Angel-
Sachsen und Schweden hiess darum der Oktober und November Blötmönath
schwed. blotmänad) = Opfermonat; bei den Niedersachsen, Niederländern.
Friesen und Dänen Schlacht- oder Ochsenmonat; bei den alten Isländern
gormänactr (Schlachtmonat); bei den Deutschen ist seit dem 13. Jahrh.
landschaftlich Fulinänt, Fülmönet, volle man für den September in der
Regel, sehen für den November belegt (Weinhold, Die deutschen Monate
namen, Halle 1869, S. 59).
Solche Totenfeste lebten auch im Christentum e fort und scheinen als
solche im christlichen Allerseelentag vereinigt worden zu sein. Mit diesem
germanischen Totenfeste unmittelbar nach der Erntezeit oder im Beginn
des "Winters, am germanischen Neujahre erklären sich auch die verschiedenen*
auf den St. Michaelstag fallenden Volksgebräuche, die jetzt noch zum Teil
üblich sind und deren hier erst Erwähnung gemacht worden muss. ehe wir
auf da.- eigentliche Thema, das Michelbrot, eingehen können, wobei daran zu
erinnern ist. dass St. .Michaelstag. St. Nikolaustag, Weihnachten und Neujahr
als Schimmelreitertage mit Geschenkspenden im Volksbrauche identisch sind.
was sich eben nur durch das germanische „Neujahr" erklären lässt.
Sankt Michael I1'.'
St. Michael, der sacer Mars Christianorum and praepositus paradisi.
dessen Kirche zu Rom am 29. September t93 eingeweiht wurde, und
dessen Bildnis auf dem frühereu deutschen Reichsbanner Btand, isr der
Führer der Seelen vor Gottes Gericht, die er mit der Wage bemisst am
jüngsten Tage, Patron der sterbenden und der verstorbenen Seelen, mit
dessen l\nlt die ersten christlichen Missionare bestrebt waren, die volks-
wirtschaftlich so wichtigen germanisch-heidnischen Totenfeste zu ersetzen
Die ältesten Kirchen Süddeutschlands sind darum die St. Michaelskirchen.
In deT Schweiz sind St. Michael namentlich häufig die Friedhofkapellen
geweiht. Am Sonntag nach Michaelis wird noch die Missa aurea pro de-
fanetis in katholischen Kirchen gelesen; lauter deutliche Zeichen dafür,
dass ehemals auf diesen Tag eine Totenfeier fiel. St. Michaelsschlaf is1
darum der ewige Schlaf oder der Tod. Der Freitag ror St. Michaelis
heisst in ünterfranken der Eelltag (Hella = Todesgöttin). Die in den
Lüften nnd mit den Winden einherziehenden Seelengeister, an deren Spitze
Woden mit seinem Geisterheere umzog, flogen in dieser Zeit nach der
herbstlichen Tag- und Nachtgleiche mit den Äquinoctalstürmen durch die
Länder. Von der Gunst dieser Seelengeister hing, wie schon gesagt, die
zukünftige Erntefülle ab; daher hal der Micheliswind, wie der Allerseelen-
oder Neujahrswind, das ganze Jahr «Ins Vorrecht; daher isr St. Michael
Wetterpatron. „Donuert der Michel viel Arbeil die Sichel" (d. h. im
neuen Jahre); darum sind auch die Galläpfel am St. Michaelstage nach
ihrem [nhalte ein Prognostikon für die Fruchtbarkeil des kommenden
Wirtschaftsjahres. Ein altes Lied (Scheible IX. 243) lautet: „Ayns zyts
nach sant michelstag, da der summer endes pflag, alle die feld beröbei
Bind und das lob der kalte wind zerfüret und zerströbet." Auch die am
St. Michaelstage volksüblichen Verbote des Kornsäens (Herbstsaat), der
Feldarbeit, A(^ Spinnens hängen mit dem gefürchteten bösen Einflüsse
der Seelengeister auf die Saal nnd Frucht nnd mit der früheren Stellung
des Heiligentages als Eohe Zeit oder Hochfesl zusammen, dessen Erinnerung
sich bis auf den heutigen Tag so erhalten hatte.
.Mit dieser höchst bedeutsamen germanischen Totenfeier war der Ge-
dächtnistrank, der Minnetrunk verbunden, der in nordischen Sagas als
„Michaelsminni" erwähnl ist: darum ist „auf Michaelis Kirchweih im
Himmel und auf Erden" (Oberbayern . d. h. sowohl die Verstorbenen im
Himmel, deren Minne getrunken wird, als die ilberlebenden Sippegenossen
auf Erden, die Gemeinde, haben ihren mit Opfertrunk verbundenen Fest-
tag, mit dem die (südd. Meinwoche (Gemeinwoche . (niederd. hillige
men-weke) begann, in der die Sippegenossen nach uraltem Brauche zum
gemeinsamen Totenfeste sich vereinigten, daher St. Michaelstag im Eng-
lischen ganging-day (Grangtag^ heisst.
Noch heute ziehen ohne geistliches Begleite die Bauern dv> Isarwinkels
auf 6— 8 Stunden Entfernung als Sippen zur hochgelegenen St. Michaels-
196 Höfler:
kirche in Gaissaoh, wo ein rHellwegu üdcI «'in „heiliger Acker", sowie
zahlreiche Kohlenreste und Steinkreise nnter Gräberhügeln, ein „um*
gehender- Landrichter ohne Kopf u. s. w. auf das frühere Vorhandenseil
einer heidnisch-bajuwarischen Toten-Kultstätte deutlich genug hinweisen.
An die mii diesem Tage zusammenhängenden Opfer erinnern auch
* 1 i * * nach demselben benannten Blumen, mit welchen vermutlich die Opfer»
geschmückt wurde: Colchicum autumnale (Michelblume), Hypericum
perforatum 'Jage -Michel nd.), Chrysanthemum tanacetum (Michelkraut).
Gerichtstage und Opfertage fallen im germanischen Kalender zusammen.
Sr. Michaelstag, als ehemaliger germanischer Festtag, erscheint aucli
als herbstlicher Zins- und Dingtag. Ein Volksding' mit Märkten (Messen),
Schlichtung von Streithändeln and Erlegung der Zehenten war mit jedem
solchen Volksfeste verbunden; daher war die heute noch übliche „Galli-
Sriff unmittelbar nach Michaelis, in der Galli- Woche, als Zeit der Ge-
meindeabgaben festgesetzt: darum heisst „Michel" in der Schweiz auch die
letzte Garbe; daher ist der „Michel-Hahn" ein Zinshahn. d. h. eine das
ursprüngliche Huhnopfer ersetzende oder ablösende Abgabe, an die auch
die englische „Michaelis-Gans" (Kulm und Schwartz, Nordd. Sagen, S. 517)
erinnert. Auch die Volkssage (ebenda 172), dass Ochsen oder Pferde
immer dann fielen, so oft die Bildsäule <\^-^ hl. Michael im frühereu Kloster
Michaelstein hei Blankenburg a. H. am Amtshause von ihrer Stelle genommen
wurde, ist ein Hinweis auf das frühere Tieropfer, das am St. Michaelistage
gebräuchlich war und dessen Unterlassung Tierseuchen zur Folge haben sollte.
Da<> mit Sr. Michaelstag ein neues Wirtschaftsjahr, das Neujahr, be-
gann, erhellt nicht nur aus dem Vorrechte des Michaeliwindes fürs ganze
Jahr, sondern auch aus dem Yolksbrauche, dass in Aichach (Oberbayern)
-ler Gemeindehirte von Michaelis bis wieder auf Michaelis gedungen wurde?
denn das war ein ganzes Jahr mit Anfang und Ende; auch im Havellande
-ehr zu Michaelis die Dienstzeit der bäuerlichen .Mägde um (Kuhn und
Schwartz, Nordd. Sagen, S. 401).
Die gabenspendenden und opferempfangenden Dämonen zogen am
Beginne des neuen Jahres durch die Gaue: darum ist in «ler Schweiz St.
Michael als personifizierter Kalendertag des germanischen Neujahrs, wie
■ ttristkind oder St. Nikolaus, ein Gabenspender (und Gabenempfänger):
St. .Michael fliegt dort während der Vesper als Erzengel in den Häusern
umher, um braven Kindern zu bescheren (Einsiedler Kalender 1851). Darum
..hinter es auch, nach dem Schweizer Yolksausdrucke. am St. Michaelstage
dem Klaus aus dem Himmel", d. h. St. Michael und St. Nikolaus haben
Anspruch auf die deiche Kultzeit; darum treten sowohl St. Michael als
St. Nikolaus als Schimmelreiter, d.h. als Seelenführer, die lebenspendend
und geschenkeempfangend erscheinen, auf.
Das Opfer, welches die Totengeister erhielten, war am St. Michaels-
ein von den Sippegenossen zusammengetragenes Speiseopfer, das zur
Sankt Michaelsbrot.
1!»'
Zeit des Beginns des Abend- oder Lichtwirkens dargebracht wurde. Ein
Oberbleibse] dieses Kultopfers ist der Dimer Lichterschmaus, der sächsische,
hannoversche, Würzburger und schwäbische Lichtbraten, der niedersächaische
Krüselbraden u. s. w. Im Münsterlande werden am St. Michaelstage Heringe
als Fastenspeise am Vorabende zum gemeinsamen Sippe-) Essen ., wie
ehemals die BLultspeisen zum Opfermahle, gesammelt oder zusammen-
getragen. Aus der Masse des zusammengetragenen, vegetabilischen Ma-
terials, der „Samtregede", ergab sich das lokal verschiedene Michelsbrot,
»las zwar ursprünglich ein Brei gewesen sein wird, das aber später am
häufigsten Weckenform angenommen hatte. Zeitliche Vorläufer dieses
Kultbrotes waren die in der unglücklichen Saatwoche, in der die Seelen
besonders rührig Bind, in der sogen. Burkartswoche, im Hennebergschen
üblichen Borkeiswecken (Fig. I), welche «'inen ungemein langen schmalen
nun i ■ ■ ■/ liiUii
Keil oder Zwick mit sein vielen Teilfurchen «Hier Querrissen, also ein
deutliches Sippe - Opferbrot darstellen. Dasselbe wird in Würzburg am
St Nikolaustage gebacken; wieder ein Beweis, dass auch St. Nikolaustag
einen Teil des germanischen Neujahrs übernommen hatte. Sonst war der
Borkeis- oder Burkartswecken am Burkartsmarkte am Dienstag nach
St. Burkart als Patenbrot geschenkt wurden. In einem uiederdeutschen
Kinderliedchen tieisst es darum: „Buckäucken vom Haiverstadt, bring1
nun klen' Kindiken wat!" d. h. tauen Burkartsweck vom Krammarkte.
„Beim Feste der Goldenen .Messe zu Hildesheim, die zum Schlüsse
der sogen. Gemeinwoche, 14 Tage nach Michaelis, begangen wurde, hatte
das Hildesheimer Stift alle herbeigekommenen Gäste und Fremden nach
altbestimmter Nenn zu bewirten. Aher das dabei allen gleichraässig
Zukommende war ein grosses Zweckbrot. Als der Kloster-Reformator
Bruschius eben zur Zeit dieses Festes das Stift besuchte, erhielt er neben
den übrigen aatzungsmässigen Gerichten, dem bestimmten Quantum Tafel-
wein und den vorgeschriebenen vier Schillingen Zehrgeld ein ,weis
Weckenbrot von solchem Umfange vorgesetzt, dass nach seiner Versicherung
alle damaligen Tischgenossen zusammen daran genug gehabt hätten" Roch-
holz, Deutscher Glaube und Brauch, I. 310). Hier lag sicher eine alte,
früher von den Sippengenossen unterhaltene. Bpäter auf das Stift über-
tragene Totenopferspende vor. wofür auch schon die weisse "au das Toten-
mehl erinnernde) Farbe >\c> Weckens und dessen zur Verteilung geeignete
I rrösse spricht.
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
Uöfler:
\in Tage oacfa St Michael, am 1. Oktober (Remigius), fand zu Her-
ford Reg.-Bez. Minden), -las heut.' ooch durch seine Zuckerwaren bekannt
ist, die altsächsische Weckings- (Wittekinds-) Spende, d. h. die Verteilung
der TLmpensemmeln an die Schüler statt, um das Angedenken des am
Nordhofe bei Enger begrabenen Sachsenherzogs Widukind zu feiern. Die
benachbarten Höfe und Dörfer steuerten nach ihrer besonderen Pflichtigkeit
bei: das ganze Kirchspiel schmauste mit" (Rochholz a. a. 0. I, 313).
D 3es aus Semmelmehl hergestellte Gebäck muss nach seinem Namen
ein eckiges (mnd. die timpe, westfäl. der timpen, Zipfel), vielleicht ein
• ivi/.i|>!lirli.'s Brot gewesen - < • i 1 1 . das der Timpendreher (mnd. timpendreier)
ii. a. zum Timpkenfeste herstellte und das auch zum honigsüssen Timpen-
brei verwendel wurde1): es wird identisch sein mit dein Salz ufeler Timpen-
stuten.
In Westfalen erhielt früher das Gesinde auf Michaelis (die Zeit des
wirtschaftlichen Jahresanfangs) eine Tonne Bier und Stutenbrei, d. h.
eine mit Stutweckenbrot eingeschnittene Milchsuppe (Schiller-Lübben,
Mnd. Wörterbuch, 4, 455). Diese Stutwecken, die der Stütner (1520 stutenär)
herstellte und die als ..Stutenbrot" jetzt noch bei ostfriesischen Leichen-
begängnissen verteilt werden, haben ihren Namen von ihrer Gestalt, die
wie der obersächsische Stollen und hamburgische Kloben die Vereinigung
des stangenförmigen Weckens mit dem weibliehen aidotov darstellt. Das
Stützel ist das Deminutiv zu Stute und hat deutlich die ( unnusforrn:
dabei- muss Stuten als Backwerk in seiner Etymologie dem sächsischeil
Stellen oder bayerischen Stützen entsprechen «»der dem Frankfurter Weck-
stotzen. Als „Stute" (ndl. stuite, mnd. 1631 stoete, stuyte = panis triticeus
quadratus, uropygium) gehört das Wort dem nd. Sprachgebiete an und hat
te Verbreitung von Holland und Schleswig an bis Köln und Halle.
Die rundkonvexen Bauernstuten im Bergischen mit einer deutlieh an
die Rima vulvae erinnernden tüchtigen oberen Kerbe oder Kluft sind die
wahren typischen Stuten. Audi die Quedlinburger Mutzstützel haben die
gleiche Cumiusform wie die Maultasche oder Maulschellen (Mutschellen,
Mutzelen); kurzum etymologisch und nach der Form haben wir es dabei
mit einem beute als obscön geltenden Gebildbrote zu thun. wie beim
Spaltgebäcke des Stollens.
1329 legte der Bischof Heinrich zu Naumburg dem Bäckergewerbfl
daselbst als Entgelt für das erteilte [nnungs-Privilegium auf. g-leichmässig
an dem (älteren Neujahrstage) St. Michaelstage, und am Geburtstage
('hrisri der auch einmal Neujahrstag war) 12 Gulden .Meissner und zwei
lange Weizenbrote, Stollen genannt, zur bischöflichen Hofstatt zu ent-
richten (Lepsius, Kl. Schriften, 1. 253). Diese Stellen (Fig. 2) sind, wie
1) Nach ' Wörterbuch der westfäl. Mundart, Norden 18S2, S. 271 ist der
Timpenbri 'ine Kaltschale au- Branntwein, Zucker und Pffefferkuchen, die auf Hochzeiten
gereicht wird.
Sankt Michaclsbrot
2 3agt, verlängerte Kloben oder weckenlange, pfostenartige Spaltgebäcke,
<lie die phallische Wecken- oder Keilform mit der des (hani burgischen ]
Klöwen (zu klieben = spalten) (Fig. 3) and des thüringischen Schiedchens
(zu scheiden spalten) (Fig. 4) vereinigen. Charakteristisch für diese
drei Gebäckformen ist der obere Längsspalt und die keilförmig« I
1 Wecken and der Längsgespaltene Stollen Bind eben Fruchtbarkeits-
symbole, die als frühere Opferbrote den <li<' Fruchtbarkeit beeinflussenden
Seelengeistern oder Gottheiten beim Beginn eines ueuen Jahres dargebracht
wurden. 1>it obersächsische Stollen ist also durchaus nicht ein specielles
Weihnachtsgebäck (man wollte sogar ein Wickelkind in seiner Form
licken).
Fig. 2.
'
Fijr. I.
In Flandern bäckt man zum Michaelistage eine Art Weissbrot, Voti-
erte -.mannt, die man den Kindern des Nachts heimlich unter das Kopf-
äsen steckt, damit sie dieselben am Morgen des früheren Neujahrs)
beim Erwachen ümlmi. ähnlich den Ostereiern, die man muH, im Bette
versteckt.1)
Dass die Zeit von St. Michaelis eine germanische Kultzeit war, erhellt
auch aus dem englischen Brauche der Michaelskuchen. „Die protestan-
tischen Einwohner der im Westen von Schottland liegenden [nsel Skye
haben auf Michaelistag einen Aufzug zu Pferde in jeder Pfarre. Ei
Familien backen dazu St. Michaelscakes, welche auch St. Michaelsbannok
(Hafer- oder Erbsenmehlkuchen) heissen. Ebenso halten die Einwohner
1) Nach Schuermans, Algeraeen Vlaamscb Idioticon, Leuveu 1S65-70,
Tolard, vollaerd ein langer Kuchen, der zu Weihnachten und Neujahr in Uestflandern
eken wird.
14*
•Jini Höfler: Sankt Ifichselsbrot.
des Dorfefl Kilbar in derselben Gegend auf St. Michaelia einen gros
umritt and ziehen dabei um die Kirche. Sobald diese Feier vorbei ist.
eilt jede Familie nach alter Gewohnheit den Michaeliskuchen zu backen,
von welchem an diesem Tage alle Familienglieder and mich die Fremden
essen. Za St. Kilda war es bis kürzlich unter den Insulanern allgemeine
Sitte, in jeder Familie auf St. Michaelistag einen Laib Brot oder einen
Kuchen von Brot zu hacken, angeheuer gross und von verschiedenen lb-
standteilen am den Segen für alle diese Feldfrüchte zu erlangen). Dieser
Kuchen gehörte dem Erzengel Michael (<1. h. dem Totenführer) und heissi
nach ihm. Ein jeder in der Familie. Fremder wie Dienstbote, bekam
seinen Teil von diesem Schaubrote und hatte somit Anrecht auf die
Freundschaft und den Schutz dieses Heiligen" (Jahn, Opfergebräuche, 'J4'.»).
Au anderen Orten erhält dieses Michaelbrot der Pfarrherr an St. Michaels-
kirchen, z. B. in dem schon oben erwähnten Pfarrorte Gaissach bei Tölz,
wohin der ganze Ismwinkel die runden Altarlaibe am Kirchweihtage
(St. Michaeltag) aus uralter Gepflogenheit brachte und am Kirchenaltar
opferte. Dieser Brauch gab sogar Anlass, dass in unmittelbarer Nähe von
Gaissach unterm „Heimweg1) eine Ortschaft „Pfistern" (pistrina) entstand.
in der die Bäckerei, die doch sonst nur eine Hausarbeit, wenigstens in
den dortigen bäuerlichen Kreisen war und noch ist. schon sehr früh als
ein eigenes Dorfgewerbe ausgeübt werden konnte infolge des Concursus
populi zur uralten Sepultur daselbst.
Auch die Schweizer haben ein eigenes St. Michaelsbrödli.
Die erste Woche nach St. Michael war die heilige Mein- oder Gemein-
woche. ad. Meneweke, die Woche der goldenen Messe, missa aurea pro
defunetis in Niedersachsen, von der die „drei goldenen Samstagnächte-
iliren Namen halten, die in die drei Wochen nach Michaelis fallen. Auch
an diesen mit dem Totenkulte zusammenhängenden Tagen fanden (nach
Höfer 1. 306) Wallfahrten mit Semmelopfergaben statt, und es wurden
für die Verstorbenen der ganzen Gemeine Messen gelesen.
Eine zeitlich etwas hinausgeschobene Gebäckspende, die aber ebenfalls
mit dem Totenkulte der Herbst-Tag- und Nachtgleiche Zusammenhang hat.
bilden die Bchlesischen Gebäcke am St. Hedwigstage (17. Oktober), über
welche künftig berichtet werden soll.
Aus obiger Zusammenstellung der Michaelsbrote mit den am St. Michaels-»
tage volksüblichen Gebräuchen ergiebt sich zur Genüge, dass das germa-
nische Neujahr mit einer ganz ausgesprochenen Totenfeier und einem
Erntefeste verbunden war.
Erklärlich und selbstverständlich ist es, dass sich nun im Laufe der
Jahrhunderte von diesem germanischen Neujahre verschiedene Gebildbrote
li In den Niederlanden heisst dieser Totenweg likweg Leichenweg), uoo<l-weg, ree-weg
(vgl. Be-B
Drechsler: Der Wassermann im schlesischen Volksglauben. 20J
auf andere Neujahrstage, 8t. Nikolaus, Weihnachten und das moderne
Neujahr übertragen haben müssen, nachdem der Jahresbeginn durch <li<'
rerschiedenen Kalender der christlichen Kirche einmal vom St. JAichaels-
taga verschoben worden war. Eis ist sogar zu erwarten, dass durch den
Einflusa der Kirche an den christlichen NeujahrB tagen die ehemal
heidnischen Gebildbrote sich noch mehr häufen. Dadurch erklär! es sich
auch, dass am St. Michaelstage die Zopfgebäcke, das typische germanische
Totenbrot, fehlen, da sie ganz and gar entweder auf 'las moderne Neujahr
oder auf den christlichen Totenfesttag Allerseelen übertragen wurden,
während die Erntefeier- oder Fruchtbarkeitsgebäcke inniger am wirtschaft-
lichen Neujahrs- oder dem St. Michaelstag haften geblieben waren.
Bad Tölz.
Der Wassermann im schlesischen Volksglauben.
Von Dr. Paul Drechsler.
Nach altem Glauben sind Quellen und Brunnen, Bäche und Flüsse,
Seen und Teiche belebt, aus ihnen kommen die Kinder, hierher kehren
ihre Seelen nach dein Tode. Aus diesem Seelenglauben erklärt sich die
Verehrung des Wassers bei allen Völkern; vgl. Mogk im Grundriss der
german. Philologie, IM. S. 296. Ins Wasser darf man weder spucken
ooeh harnen. Letzteres gilt auch nach christlicher Umdeutung für einen
Frevel, der nichts anderes bedeute! als dem liehen Gott ins Angesicht
harnen, und wer ins Wasser spuckt, spuckt nach lebendigem Glauben in
Oberschlesien und der Grafschaft Glatz der Mutter Gottes ins Antlitz.
Andererseits spuckt man im polnischen Oberschlesien Beuthen < > .-S., Zabrze)
ins Wasser, wenn man die Pferde in die Schwemme reitet oder sie im
Wasser tränkt, um durch das Spucken böse Wirkungen, hier Bauchschmerzen
der Pferde, abzuwenden, denn Geistern ist das A.usspeien der Menschen
zuwider: Grimm, Mythologie, S. 481. 565.
Auf den alten Seelenglauben geht mich die Wunderkraft mancher
Quellen und Brunnen zurück, und allenthalben <riebt es muh in Schlesien
Wunderbrünnel und wunderkräftige Heilquellen, so die vielen Hedwigs-
brunnen, der Mirakelbrunnen bei Liegnitz (Schles. Proyinzialblätter L864,
S. 336) u. v. a.
In Brunnen und Teichen wohnen elbische Wesen, wohnt Frau Holle1 ,
1) Mar ihr der Hollenberg bei Striegan geweiht, auf dem früher ein Wunder-
brünnel floss?
■jii-_> Drechsler:
.in deren Stelle Bpäter rielerorten die Jungfrau Maria tritt, und wohnt
iders der Wassermann oder Wassernix Bunzlauer Monatschrifl
1791, S. 106 mir seinem Weibe, der \\ assernixe, Wasserlisse, Wassi -
lixe oder Wassermannin (Mitteil, der Schles. Gesellschaft, 1. S. 1 r>N und
seinen Töchtern, den Nixen. Letztere Btecken in der Klodnitz und in
den Teichen um Zabrze in den dorl häufigen grossen Wasserlilien ihre
K ■ •{ »t« • herror. In Niederschlesien bis aber Breslau hinauf, hier and da
im Gebirge, Reichenbach, an der Neisse, der Oder, in der Gegend von
Löwen und Brieg herrscht die weibliche Gestalt und Namensform "Was s
lisse vor: wo polnisches Sprachgebiet anfängt, tritt scharf umrissen der
Wassermann (wodne chlup, Topielec oder Utopletz) auf.
Wie der Wassermann, wenn auch nicht die kleinen Rinder, sc» docjb
wenigstens «las neugeborene Vieh bringt (Glatzer Vierteljahrsschrift, III.
S. 1 tO), so zieht er die lebenden Wesen, besonders die Kinder, wenn sie
an seinem Ufer spielen, an einem unsichtbaren Stricke in die Tiefe. Für
diesen (Hauben bringt W. .Müller in Geschichte und System der altdeutschen
Religion, Göttingen 1844, S. .".7.") Anm. 4 ein älteres Zeugnis aus der vita
S. Sulpicii bituricensis (-}- 614) in act. Beued. sec. 2, p. 172 bei: „si aliquis
causa qualibet ingrederetur eundem (sc gurgitem), repente funibus daemo*
niacis circumplexus amittebat crudeliter vitam." Statt eines Strickes bedient
sich der Wassermann auch, wie die nordische Meeresgöttin Ran, eines
Netzes, vgl. Kuhn. Mark. Sagen. S. 371, oder, in Miedersachsen, aber auch
in Mittel- und Oberdeutschland, eines Ifakens, daher Hakemann genannt
(Mogk a. a. 0. S. 297). Seine älteste Natur ist wild und menschenfeindlich,
entsprechend der unheimlichen, oft verderblichen Gewalt der tiefen Wasser:
Y-l. Weinhold, Beitrag zur Nixenkunde auf Grund schlesischer Sauen in
der Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. V, S. 122. Eigentümlich is!
dem Wassermann das unheimliche Kichern und Lachen, eine lautliche
Malerei des plätschernden, ans Ufer klatschend anschlagenden Wassers.
Ähnlich bedeutet im Griechischen y.ay ■/'/.< uo ..laut lachen" und „plätschern,
sprudeln". („Sprudeln" gebraucht man im Schlesischen auch gern für «las
„Kirmeln" (Lustäusserung) und Lachen kleiner Kinder."; Auch hört mau
ihn im Wasser oft glucksen1) (Katscher, Beuthen O.-S.).
Besonders hasst der Wassermann die Müller, weil die .Mühlräder den
freien Fluss des Wassers hemmen, sich dienstbar machen und in den
.Machtbereich des Wassergeistes gleichsam störend eingreifen. Daher geht
zur Julzeit das mächtigste schwedische Wasserwesen, dcv Neck, aus seinem
stillen Wasser in alle Ströme und zerbricht die nicht gehemmten Mühl-
l) Bekanntlich fahrt man auf diesen Gluckton und seine ursprünglich niederdeutsche
Bezeichnung kielen das Wort Kielkropf zurück ((irimin, D. Wb., 5, (581). Diese Er-
klärung kennt auch Fischer in seinem Buche vom Aberglauben 1791, S. 57: „ — Kielkropf
(so heissen die Nickertskinder, weil es in ihrem Kropf stets kiehlt oder kluchzet)."
1 1) r Wassermann im
räder: B. II. Meyer, German. Mythologie, S 131. Von der Feindschaft des
Wassermanns gegen den Müller weiss das Volk viel zu erzählen.
Der Wassermann stritt sich oft mit einem Müller herum, der gegen
ihn rücksichtslos war and seiner Macht spottete. Eines Tages hatte der
Müller am Mühlrade etwas zu thun und musste ins Wasser. l>.i stieg es
plötzlich höher und höher, umflutete ihn von allen Seiten und drohte ihn
zu ersticken. Da merkte der Müller die Nähe des Wassermanns, beschwor
ihn. sein Leben zu schonen, und versprach, ihm dafür Bieben Leben zu
opfern.1) Sofort fiel »las Wasser, und der Müller konnte sein Rad aus-
bessern und den Bach verlassen. Kurz darauf warf Beine Hündin Bieben
Junge. Er trug diese zum Mühlbach und warf Bie mit den Bpöttischen
Worten hinein: „Hier, Wassermann, hast du die Bieben Versprocher,
Nicht lange darauf fiel ein Kind des Müllers in den Mühlgraben und er-
trank. Ihm folgte bald das zweite und dritte in den nassen Tod. Da
wurde es »lern Müller nur zu klar, dass sich der Wassermann die
sprochenen Opfer hole. So sehr sich auch die zwei letzten Kinder der
Müllersleute vor dem Wasser in acht nahmen und von den anderen bewacht
wurden, bald zog man sie als Leichen ans Ufer. Ah mau das fünfte Kind
aus dem Wasser hob, glitt die Müllerin aus. fiel in den Graben und ertrank.
Voller Verzweiflung stürzte sich der Müller jetzt selber ins Wasser, und
der Wassermann hatte die sieben versprochenen Lehen (Beuthen O.-S.,
Tarnowitz, Rybuik, Sorau).
Tritt in dieser verbreiteten Sage die Leibliche Erscheinung des Was
manns hinter seinem Elemente ganz zurück, so zeigen ihn andere Sagen
in verschiedenen Gestalten. Oft erscheint er in Oberschlesien als lisch.
der am Dfer auf- und niederschnellt, um Vorübergehende anzulocken, ihn
fangen zu wollen; vgl. dazu Weinhold a.a.O. S. 123, wo reichliche, aber
nur norddeutsche Litteraturaugaben verzeichnet sind. Ein anderes Wasser-
tier, dessen Gestalt dm- Nix annimmt, ist die Gans Beuthen O.-S.). Die
Vogelgestalt bezeugt auch folgende Erzählung eine. Gewährsmannes aus
der Umgegend von Beuthen 1900): „Vor 30 Jahren, als ich noch ein Kind
war, wateten wir zu unserem Vergnügen in den Dorfteich. Plötzlicherhob
sich aus dem Wasser eine Gestalt, das war der Wassermann. Er sah aus
wie ein grosser Adler, hatte auf dem Kopfe eine rote Zipfelmütze und
stand auf den Beinen. Er flatterte mit den Flügeln und schlug um sich.
und als wir flüchteten, verschwand er lachend im Wasser,"
Um Beuthen, Tarnowitz und Lublinitz stellt sich die Einbildung des
Volkes den Wassermann auch als Hund vor, in <\>'v Gegend um Ratibor
als schwarzen Pudel. Mir wurde voriges Jahr erzählt: Vater. Mutter und
Tochter gingen an einem Sommerabende (d. h. nach dem Lbendläuten
an der Bäche spazieren. Da erblickten >ie im Wasser den Wassermann,
1) Vgl. zu diesem Zuge Grimm, Kindn- und Hausm&rehen, X-. 181.
•_'ol Drechsler:
ii .in- wie ein 1 1 ni)*l. Er schwamm aber nicht, wie es ein Hund zu
thun pflegt, -'>nd. tu watete in dem Bache hin wie »du Mensch, auf den
Hinterbeinen aufrecht stehend. Was aber d;is Merkwürdigste war. er er-
schien jeder Person in anderer Grösse und Farbe. Auch der schottische
waterkelpie erscheint als Seebund, vgl. E; H. Meyer a. a. O. 8. 131. öfters
ii iTiim r der Wassermann die Gestalt eines Pferdes an. So heisst er im
schottischen Hochland geradezu riverhorse, und auch auf Island hat der in
Elossgestalt erscheinende nykur den Namen „Wasserpferd" (vatnahestr).
Mogk, Grundriss, 111. S. 296; vgl. auch Liebrecht, Gervasius, S. 133.
Aiuli dazu stimm! der schlesische Glaube. Im polnistdien Oberschlesieti
wird folgendes gern erzählt: Ein .Manu ging über Land; sein Weg fahrte
an einem Bache hin. Da sah er am Ufer im Sande einen grossen Fisch
auf- und abschnellen. Er eilte hinzu, packte geschwind den Fisch und
steckte ihn in seinen Brotsack, den er umgehängt hatte. Als er erfreut
weiterschritt, wurde ihm der Sack immer schwerer. Plötzlich hörte er
aus dem Wasser eine Stimme fragen: ..Mann, wo steckst du denn?" —
..S.-it einer halben Stunde hier im Sacke!" antwortete es an seiner Seite.
Da winde es dem .Manne grauerlich; auch war die Last nicht mehr zu
ertragen. Er warf den vermeintlichen Fisch hin und sieh da! ein kleine-
nacktes Männlein sprang lachend zu seinem Weibe ins Wasser: es war
der Wassermann.
Nach geraumer Zeit ging der nämliche Mann wieder über Land.
Auch diesmal führte ihn der Weg an einem Wasser hin. über eine Wiese.
Da sah er ein gesatteltes Pferd in seiner Nähe grasen, und weit und
breit war kein Mensch zu sehen, dem es hätte gehören können. Behutsam
näherte er sich dem schönen Pferde und ergriff seine Zügel. Gewiss ist
• - aus dem Dorfe fortgelaufen, dachte er bei sich: ich will es mitnehmen.
I m bequemer fortzukommen, schwang er sich in den Sattel und ritt
auf dem mutigen aber willigen Posse dem nahen Dorfe zu. Kurz vor
seinem Ziele lag der Dorfteich. Bei ihm hielt das Pferd an, der Mann
stand plötzlich auf der Erde und vor ihm der Wassermann und sagte:
..Neulich hast du mich getragen, heute habe ich dich getragen: wir sind
quitt." Lachend verschwand er im Wasser. — Dieser neckische Zug am
W assermann begegnet in Sagen sehr oft. Auch zeigt diese Sage, dass der
Nix einen ihm geleisteten Dienst mit gleicher Münze zurückzahlt: vgl.
W . Midier. Gesch II. System u. 8. W., S. 374f.
In Zabrze wurde mir vor kurzem erzählt: Ein .Müller hatte in der
Nähe seiner Mühle eine Wiese. Jedesmal, wenn er das Gras abgemäht
hatte und zum Trocknen liegen liess. kam in der Nacht ein fremdes
schwarzes Pferd und frass ihm eine ..Kappe" Heu. Der Müller wusste
sich keinen Kat und erzählte es schliesslich dem Pfarrer. Dieser riet
ihm: ..Nimm einen geweihten Strick, geh um Mitternacht auf die Wiese
und fang das Pferd ein. Aber hüte dich, ihm jemals Wasser zu geben!"
Der Wassermann im schlesisehcn Volksglauben. 20f)
Der Müller befolgte den Rat und fing das Pferd, das ihm bei der fielen
Arbeit zu statten kam. Einmal war er in die 8 gangen and hatte
seinem K 'hte hinterlassen, er Bolle das Pferd futtern. !>••!• Knecht iliai
bemerkte, dass das Pferd sehr mager war und sprach halblaut voi
Bich hin: Wie kommt's nur. dass der Gaul bei dem Pntter ao mager ist?
Da hörte er zu seinem Erstaunen das Pferd reden and Bagen: <Üel> mir
etwas Wasser! Der Knecht brachte 'las Verlangte. Da bat ihn das Pferd,
er möchte ihm doch ein bisschen den Strick abnehmen. Der Knecht that
auch 'las. Kaum war 'las Pferd frei, so war es im Wasser verschwunden.
Der Knecht hörte nur noch eine Stimme, die ihm zurief: Sag deinem
Herrn, dass ich ihn dafür, dass er mich gefangen hat, ertränken werde!
\ - der Müller nach seiner Rückkehr alles erfuhr, erschrak er sehr und
hütete sich vor dem Mühlgraben. Später kam er einmal an einen Fluss:
<la sprang ein kleiner Mann heraus und zog ihn in die Tiefe.
Diese Verwandlungsfähigkeit stellt den Wassermann neben den be-
kannten griechischen Meergreis Proteus, der sich in alle möglichen Ge-
stalten zu wandeln vermochte; durch die Annahme der Rossgestalt tritt
er zu dem Meerbeherrscher Poseidon, der auch als Ross erscheint. Bei
allem handelt es sich um Veranschaulichungen des in rasch wechselnder
Mannigfaltigkeit dahinflutendcn Wassei s.
Nicht immer rauscht das Wasser verderbenbringend. Sein sanft an-
schlagendes und in regelmässigem Wechsel zurücksinkendes Wellenspiel
bestrickt das Gemüt mir übermächtigem Zauber, dem es sich willig hin-
giebt, ohne sich jedoch des Granens vor der geheimnisvoll dämonischen
Macht des Wassers ganz erwehren zu können. Wie dieser Steigerung des
Naturgefühls die duftigsten Blüten der Dichtkunst entspriessen (man denke
an Goethes „Fischer"), so entspringt ihr im Volksglauben die Auffassung
der Wassergeister als lach- und tanzlustiger, frohsinniger Wesen, die
besonders den vertrauten Verkehr mit warmfühlenden Menschenkindern
suchen, für die die Verbindung allerdings zuletzt zumeist mit Leid endet.
Hier finden zahlreiche scblesische Sagen ihre Beleuchtung und Erklärung.
Idi berücksichtige nur solche vom Wassermann.
Bei Dombrowa, in der Nähe von Beuthen, ist ein Teich. An Beinern
Ufer hüteten drei Mägde die Kühe. Da sprang auf dem Wasser auf einmal
ein kleiner Instiger Mann herum und lockte die Mädchen zum Tanze.
Schon wollten sie herangehen, da kam ein Jäger aus dem Walde und
warnte sie. dem Männlein zu folgen: es sei der Wassermann; er würde sie
packen und in die Tiefe ziehen. Doch die eine von den Mägden ging
nahe heran, und da ihr das Männlein rufe Bändet und Schmuck zuwarf.
folgte sie ihm aufs Wasser, und sie tanzten zusammen. Da liess Bich
auch die zweite verlocken und tanzte mit ihm. Jetzt wellt.- er sich auch
mit der dritten Magd benecken. Di.' aber sprach: „Komm nur. du kleiner
Schwindler!" Weil sie sresegnetes Brot bei sich hatte, warf sie ihn
206 l1 echsler: Der Wassermann im schlesischen Volksglauben.
damit, packte ihn dann und Bchlug ihn mit der linken Hand, so dass er
sich nicht zu helfen wusste. Endlich Hess sie ihn los, und er verschwand
mit den beiden Mägden in die Tiefe. Ähnliches erzählt man vielerorten.
Prägen wir nach der leiblichen Erscheinung-, durcli die er sich der
menschlichen Bildung annähert, bo hören wir in Schlesien:
Der Wassermann ist ein kleines ältliches Männlein von Kindergestalt.
Er hat grüne Zähne, langes zottiges Haar, zuweilen mit grünen Wasser-
pflanzen durchflochten, trägi eine rote Kappe und rote1) Strümpfe; sein
Gesicht ist greisalt mit Glotz- oder Fischaugen. Wegen der roten Kleidung
erscheint der Wassermann in oberschlesischen Sagen auch als roter Husar
Beuthen 0;-S., Zabrze). Auf die roten Strümpfe zielt auch ein schlesisches
Kinderspiel, «las Wassermannspiel. Ein Kind steht in einer Vertiefung,
die oVn Wassergraben vorstellt, die anderen Kinder springen am Ufer
herum und singen spottend dabei:
„Wassermannel, zieh mich rei(n)!
Ich hö-'n rüt'n Strnmp verlorn.
Ich möcht'n garne wieder hon."
(Kreis Leobschütz und Kreis Brieg.)
Der Wassermann hascht nach den Kindern und sucht eines von ihnen
in die Tiefe zu ziehen; vgl. Weinhold, Zeitschr. Y. 54.
Ähnlich tanzen an der Tauber die Kinder am Ufer herum und rufen:
Wasserfrale, Wasserfrale, zieh mi nei di Tauber!" E. H. Meyer, Badisches
Volksleben, 1900, S. .31f. - Im polnischen Oberschlesien, wo der Wasser-
mann noch heute eine grosse Holle spielt, beschreibt man ihn als ein
nacktes graues .Männlein, das mau im Wasser glucksen höre oder in mond-
hellen Nächten auf dem Dfer oder auf «lern Flusswehre sitzen sehe. Oft
läuft es aus einem Wasser ins andere; dann trägt es ein rotes Gewand
oder rote flatternde Bänder, die es auch am Ufer hinbreitet, um Kinder
damit anzulocken, (lern zieht der Wassermann auch Jünglinge in die
Tiefe und verheiratet sie in seinen prachtvollen Wohnungen (vgl. Wolf,
Beiträge, 2,290) mit seinen Töchtern oder behält sie zu seiner Bedienung:
Lompa in Schles. Provinzalbl. 1862, S. 395; vgl. Liebrecht. Zur Volkskunde.
S. 357. Vor dem Palaste des Wassermanns liegt auch nach schlesischen
Sagen eine Wiese; über sie müssen die (wohl ursprünglich nur vom Wasser-
mann hinuntergezogenen) Toten. So erscheint der Wassermann als Todes-
theit wie die Ran. Dies meint auch ein hierzulande geläufiges polnisches
Sprichwort: ..Der kann's noch weit bringen oder: der wird schon fort-
kommen, wenn ihn die Liska nicht aussaugt", d. h. nicht ins Wasser
zieht und durch Aussaugen des Blutes (Lebens) tötet. Vgl. zu der Redensart
..der Nix hat sie gesogen" Wolf, Beiträge, 2, 292. Vielleicht hängt mit
diesem Worte Liska die schlesische Form Lisse, Wasserlisse zusammen.
1) Vgl. Wolf, Beiträge, :.'. 282: Liebrecht, Gcrvasius, S. 121.
Höfler: >t. Hubertus S< hlüss< I. -jul
Sie begegnet bei Gryphius im Peter Squenz: die Wasser-Lüss, bei Rössler,
wir der Schnabel gewachsen, s. LCJ5:
iinse Uder-Lissc
Treibt och ihre Kniff und Riss
los zu Johannis fordert der Wassermann jährlich drei Opfer Benthen
O.-SV. in der Gegend am Liegnitz, Leobschütz, Katscher begnügt er sich
mit einem. Wer abends badet, fällt ihm gewöhnlich zum Opfer.
Der Wassermann ist 1). 'sonders in ganz Oberschlesien zti Hause. Doch
findet er sich auch in der Grafschaft, wo er einen Sack auf dem Rücken
trägt, an der Neisse und an der Oder an mehreren Stellen; wer die betritt,
muss sofort versinken. Um Wohlau lockt er mir dem Rufen: „Hol über!"
die Menschen ins Verderben.
Wer geweihtes Brot bei sich trägt oder sich neunmal geweihtes
Johannisbrot (vgl. oben Johannistag) in die Kleider näht oder zweimal
gebähtes Brot isst, über >\>-n hat der Wassermann keinen Fug; vgl. Mitteil,
der S.ddes. Gesellschaft für Volkskunde, 1. S. 26. Auch mit einem _
weihten Stricke ist er zu fangen, mir der linken Hund zu bewältigen,
oben 204. -206.
Zabrze O.-S.
St. Hubertus-Schlüssel.
Von Dr. Max Softer.
Umstehende Abbildung giebt zwei St Hubertus-Schlüssel wieder.
welche mir durch Vermittelüng des Herrn Reuling an- dem Besitze des
Herrn Weber, Porstmeister im Spessart, überlassen wurden. Dieselben
waren begleitet von einer gedruckten Gebrauchsanweisung, die auf ihrer
Aussenseite beschrieben ist. Diese sogen. „Schlüssel" sind aus lasen
gefertigte, 12 bezw. 5 cm lange Nägel, deren Kopfe petschaftartig ver-
breitert und flach sind. Diese Fläche dient als Brandmarke und soll ein
Jägerhorn darstellen, welches an einer SchKuge hängt. Nach der er-
wähnten, nachstehend abgedruckten Gebrauchsanweisung wird dieser Nagel
an dieser Fläche glühend gemacht und hei der Hundswut der Tiere
entweder auf «lie Bissstelle oder was ganz wichtig ist — auf die Srirn
des wütenden Tieres bis zur schmerzauslösenden Nervenschicht ^\^v Haut
aufgedrückt, ersteres als Cauterium der Bissstelle, letzteres als Brandmarke
auf der Stelle der Hirn- und Nervengeister. Es würde den verfügbaren
Raum weit überschreiten., wölke ich hier Alter. Zweck und Ursprung
dieses Huhertuskultes und der volksmedizinischer Behandlung der Hundswut
Hüll.
eingehender besprechen; ich erlaube mir diesbezüglich auf die beste Mon<£
graphie zu verweisen: La rage ei 8t. Hubert (Paris, A. Picard 1887) von
Henri Gaidoz, der das Thema gründlich und meisterhaft behandelte. Hier
möge nur kurz erwähnt sein, dass «! i<> ursprüngliche und älteste Legende
des Sr. Hubert nichts von dessen Jäger- und Hunde-Patron at weiss, dass
sein Kuh im wildreicheu Hochwalde der Ardennen entstand, von wo et
sich durch Prankreich uud Deutschland namentlich unter den Jägern und
Porstleuten, welche die Gefahr wütender Wölfe und Hunde kannten, aus-
breitete; dass dieser hörn tragende Nage] unter Beibehaltung des Namens
„St. Hubertus-Schlüssel" den eigentlichen „goldenen" Schlüssel verdrängte.
welchen nach der späteren Legende St. Hubert vom heil. Petrus, bezw.
von einem seiner Nachfolger,
erhielt, der aber verschwunden
sein soll und durch einen in
Sainte Crojx de Liege aufbe-
wahrten ..kupfernen" Schlüsse]
aus dem IX.dahrh. ersetzt worden
war. Solche bei der Hundswut
der Tiere und des Menschen
benutzte Bogen. Schlüssel gab es
auch in Deutschland und seinen
Nachbarländern mehrere, so gab
es einen St. H ubertusschlüssel
in Wappendorf, sowie in Gro-
ningen (Würtemberg), der hohl-
eisenartig war und mit dem der
Schmied die gebissenen Personen
unter dem linken Daumenballen
brannte: einen St. Peters-
Schlüssel (hauptsächlich in
Frankreich und Italien, ausserdem im Maestricht); St. Martins-Schlüssel
im Bordeaux -Lande; St. Dionys-Schlüssel in Rozieres im Jura. St.
Ullrichs-Schlüssel in Augsburg und (1829) in Wessobrunn in Ober-
bayern. Auch mit «lern Aldinger Schlüssel von Aldingen bei Tübingen
brannte man (1756) die bei Menschen gesetzten Wunden, die vom Bisse
wütender Tiere herstammten; auch holte man sich diesen Schlüssel von
Aldingen zu diesem Zwecke. Über St. Ruprecht-Schlüssel (1879) zu
Westhausen bei Ellwangen schreibt A. Birlinger (Aus Schwaben, I, 106).
\ber oicht bloss der Heilige wechselte, auch die Form dieser „Schlüssel1'
war wechselnd: hornartig, kreuzförmig, ringgestaltig u. s. w., kurzum, aus
dem Wechsel der F'-rm <\vs Schlüssels und des Heiligen lässt sich schliessen,
dass es sich bei dieser volksmedizinischen Behandlung der Hundswut um
31 Hubertus S< hlü
eine je nach der Lokalität verschiedene Ausübung einer älteren, von einer
Kultperson vollzogenen Schädel - Kauterisationsmetbode bandelt. Diese
schloss sich wahrscheinlich an die uralte Trepanation des Schädels der
Besessenen an oder wird sich vielmehr von dieser ableiten. Man wollte
ehemals wohl den im Schädel sitzenden Dämon durch eine künstliche
Öffnung desselben herausbefördern oder vertreiben; vielleicht ist das
Brennen der Stirn bei wütenden Menschen, Pferden, Hunden und bei
dreh wurmkran ken Schafen !) nur das Überbleibsel der früheren eig
liehen Trepanation, «leren Ausführung oder Technik nur wenigen eigen
war und die dann allmählich vom Stirnschnitte und von der Brandmarke
ersetzt wurde. Doch ist dies, wie gesagt, nur eine hier ausgesprochene
Vermutung.
Ks folgt nunmehr zum Schlüsse die dem St. Hubertus-Schlüssel bei-
gegebene ( rebrauchsanweisung.
( i ründli eher Bericht
Zum Brauch der Schlüsseleu des Heilig
Huberti.
Die eisene Schlüsselen oder Hörner | so die Heilige Stol des Heiligen Huberti
berührt | und unter gewöhnlichem Gebet! worden haben die Krallt das
Vieh so damit bezeichnet von allem Wüten zu beschützen das Vieh al
mit rasender Sucht oder Zufall behaut | also gleich zu heilen: oder wenn es stirbt
nachdem es damit bezeichnet \ geschehet solches ohne Schaden.
Folget wie man sich dieses Schlüssels
S e b rauchen soll.
Sobald als man spuret, daß einiges Vieh von einem anderen so wül
gebissen worden j muss der Schlüssel glüend gemacht werden und so es füglich
geschehen mag auff den Schaden so aber nicht | aulf der Stirn | biß zum lebhaften
Fleisch gedruckt werden.
Nachmahlen aber fünft oder neun Tag lang nach ewrer Andacht betten fünft*
Vatter- Unser und Englische Gruß | zu der Ehren Gottes seiner glorwürdigen
Mutter | und des Heiligen Huberti, und in wahrenden fünft oder neun Tagen dem
gebissenen Viehe täglich vor allem anderen Essen ein Stück gesegneten Bn
oder aber gesegnete Haber langen. Es muß also gleich geschehen , dennn die
Erfarnuß lernet daß es gefährlich soye lang zu wai
Es wird auch gar nützlich se\n daß das beschädigte Viele' inwahrenden
neun Tagen eingeschlossen werde | aulf daß das Gifft nicht durch unmäßige Be-
wegung au!) gebreitet werde.
Hierneben wird auch angezeigt | daß Kein bessere Artzney oder Muni zu
linden ! ^v^vn allem rasenden Zufall i als daß man sich bey zeit in die Bruder-
schafft des Heiligen Huberti einschreil.cn lasse | und weffen ihres Viehes
jahrlichen Zinß nach ihrem Belieben und Andacht außrichte | gleichwie in i
Orten zu geschehen pfleget welche deßwegen befreyet worden seynd und täglich
befreyet werden: daß aber solches geschehe | Gott dem Herrn die Ehre und dem
Heiligen Huberte
210 Blümml:
Solche Wirckung angesehen im gnugsamb kundbahr | in welcher Ehr der
gemelte Schlüssel gehalten werden soll | wird auch hierneben angezeigt | daß nichts
anders damit zu brennen als allerley Vieh, da zu selbiger Schlüssel allein ist ver-
ordinirel worden.
(Auf der Rückseite mit Tinte geschrieben)
tXeceu de Mr. Devver poenitent. de S: Hubert1) le 4juilliet 1757.
Bad Tölz.
Beiträge zur Flora der Friedhöfe in Xiederösterreicli.
Aon E. K. Blüinml.
Geradeso wie die Flora der Bauern gärten dem Gebiete der Volkskunde
angehört, ebenso gehört auch die Flora der Friedhöfe am Lande dem
Forschungskreise dieser Wissenschaft zu. Leider ist jedoch über diesen
Gegenstand noch wenig veröffentlicht worden und sind dem Verfasser dieses
nur drei diesbezügliche Arbeiten bekannt und zwar: 1. Franz ünger, Die
Pflanze als Todtenschmuck und Gräberzier, Wien 1867, 27 S.; 2, Franz
Woenig, Die Pusztenflora der grossen ungarischen Tiefebene, Leipzig 1900,
worin als 5. Kapitel „Ein Blick in die Pasztengärten und Friedhöfe"
(S. 39 — 43) und .'S. nieine Anzeige dieses Buches in den „Mitteilungen dei
Anthropologischen Gesellschaft in Wien-', XXX. Band, Wien 1900, S. 157
bis l.")8. die einige diesbezügliche Angaben über Niederösterreich bringt.
Verfasser dieses ist es nun gelungen, in verhältnismässig kurzer Zeit
50 solcher-Friedhofspflanzen, deren Aufzählung unten folgt, in nur wenigen
Friedhöfen aufzufinden. Zunächst möge auf eine Äusserung Ungers (a. a. ( ).
S. 22) hingewiesen werden: „Ausser diesen (Cupressus, Hedera, Tinea,
Buxu8; Sedum, Saxifraga. Rosa canina, Dlmus, Populus, Monis, Calendula
und Eucalyptus) halten sieh wohl noch viele andere Pflanzen gleichfalls
auf die Gräber begeben oder sonst, wie bei Leichenceremonien ein-
gedrängt, sie sind jedoch kaum als Charakterpflanzen zu betrachten.
indem sie den Sinn, den mau ursprünglich in die Grabespflanzen legte,
keineswegs verraten." Dazu wäre zu bemerken, dass es doch noch einige
Charakterpflanzen giebt, die oben nicht angeführt wurden und zwar 1. der
Rittersporn (Delphinium consolida L.). der schon den alten Griechen ge-
1) Uuter „poenitent de S. Hubert" versteht sich hierbei ein zu St. Hubert (ein in
den belgischen Ardennen zwischen Namur und Luxemburg gelegenes, ehemals Andage
oderAndain genanntes Städtchen, wohin man 825 den Leichnam des hl. Hubertus gebracht
mi! dem St. Hubertus - Schlüsse] oder mit dem Stirnschnitte behandelter Mann
[Mr. Weber?), welcher daselbst seine Beicht penitence) oder Busse abgelegt hatte.
Beiträge ixu Flora der Friedhof* in Niederösterreich. 211
meinsam mit Delphinium Ajacia L. als Trauerblume galt, 2. Lilium candidum
L. (weisse Lilie), die dem Volksglauben nach der Sitz der Seele des \ i ;
Btorbenen ist (man vgl. M. E. Marriage, Poetische Beziehungen dea Menscher
/.ur Pflanzen- und Tierwelt im heutigen Volkslied auf hochdeutschem
Boden. Alemannia, KXVI. Jahrg., Bonn L898, S. 127 135 und die dort
führte Litteratur über diesen Gegenstand) und '■'<. Salix babylonica I
(Trauerweide). In der unten folgenden Aufzählung wurdeu die Charakter-
prlanzen mit einem bezeichnet, während jene Pflanzen, die auf daa
Capitulare „De villi» imperatoris" Karls des Grossen zurückgehen gut er-
läutert wurde dasselbe durch Kurt Sprengel, Geschichte der Botanik,
I.Band, Altenburg und Leipzig L817, S. 194 198 und Anton Kerner, Flom
der Bauerngärten in Deutschland. Verhandlungen des zoologisch-botanischen
Vereins in Wien, V. Bd., 1855, S. 787 ff.) und daher mit denen der Bauern-
gärteu übereinstimmen, mit *~. und jene Pflanzen, die später ala Zierpflanzen
verwendet wurden und daher auch Eingang in die Friedhöfe fauden, mit
bezeichnet werden.
Wichtig erschien es dem Verfasser, bi i jeder Pflanze auch den Fried-
wo er dieselbe fand, mitzuteilen, um dadurch gleichzeitig einer Be-
arbeitung der Friedhofspflanzen nach geographischen Gesichtspunkten vor-
zuarbeiten. Bei jenen Pflanzen, die sich in allen diesbezüglich durch-
suchten Friedhöfen landen, wurde von einer Mitteilung der Fundorte
abstand genommen. Die auf Friedhofspflanzen durchsuchten uiederöster-
reichischen Friedhöfe sind nun folgende: F. Egelsee (V. 0. AI. I'...
Bezirkshauptmannschaft und Bezirksgericht Krem- . R. Roseidorf, Br.
Braunsdorf, G. = Goggendorf und Si. Sitzendorf (alle im V. U. M. B.,
Bezirkshauptmannschaft und Gerichtsbezirk < Iber-Hollabrunn . Fr. Fr; n-
dorf und X.-S. = Nieder-Schleinz (V. F. M. B., Bezirkshauptmannschaft
I »ber-Hollabrunn, Gerichtsbezirk Unter-Ravelsbach) und B. Burgschleunitz
V. 0. M. B., Bezirkshauptmannschaft Hörn, Gerichtsbezirk Eggenburg).
*++ 1. Antirrhinura majua L., Löwenmaul. Si (für Ungarn Woenig a. a. < ». s 40
•_'. Aster bellidiflorus Willd., Aster. Si. (für N.-Ö. Blüraml a. a 0. 8. L57).
3. Aster chinensis L. und
I. Aster Tripolium L., Aster. Si., G., Br., R., B., N.-S., Fr. lur N.-Ö.
Blümml a. a. 0. S. 151 ,
5. Begonia boliviensia U.C. I '•■ .. Si.
6. Borago officinalis F, Boretsch. Si.
+ 7. Buxus sempervirens L, Buchs. F.. Si. für Ungarn Wi 0. S. 41
und Unger a. a. 0. S. 20 führt diese PQanze ala eine in Europa beliebte
Grabespflahze an).
+ 8. Calendula officinalia F.. Totenblume. Allgemein für N.-Ö. G. I
Ritter von Managetta, Flora von Nieder - Österreich, II. Bd., Wien 1893,
S. 1223; für Ungarn Woenig a. a. 0. S. 39; für Süddeutschland im all-
gemeinen Unger a. a. 0. S. 20).
9. Canna indica L. F.
*TT 10. Cheiranthus Cheiri F., Goldlack. Si.
17.
18,
L9.
20
+ + +
Blfimml: l tax Plön der Friedhof« in Niederösterreich.
11. Chrysanthemum coronarium I... Goldblume. Si.
12. Delphinium consolida I... Rittersporn. Hr., Fr., Si.
Dianthua barbatua 1... Bartnelkc. E., Fr., G.
II. Qianthus caryophyllus I... Nelke. K. Si.
15. Bupaterium cannabinura I.. Wasserdost. F.
16. Gladiolua communis L., Schwertlilie. Br., G.. Si., Fr, N.-8., B., B.
üedera helix I.., Bphen. 1! . F.. Si. Unger a. a. 0. S. "21 für Griechenland}.
FJelianthus tuberosus L., Topinambur. <i.
Hyssopus officinalis L, Hyssop. Fi-., Si. (für Ungarn Woenig a. a. 0. S. 40 .
[beria atnbellata I.. Bauernsenf. G.
21. Irapatiens balsamina I... Balsamine. Br., G., Si.
22. Lactuca muralis Gärtn., Mauersalat. <j. (dürfte wild und nicht angepflanzt
sein).
'23. Lilium candidum L., Weisse Lilie. Si.
"24. Linum usitatissimum L, Flachs. Fr., G., Si.
2.">. Malva Alcea L, Pappelrose. Si.
20. Matthiola annua Sweet., Blauer Feigel. Br.. G., R, Si.
27. Nigella damascena L., Gretchen im Busch. Fr., G., Si. (für Ungarn Woenig
a. a. 0. S. 40).
2H. Paeonia officinalis L., Pfingstrose. Fr.. G.. Si.
29. Papaver somniferum L , Mohn. Br., Si.
30. Pelargonium zonale Ait , Pelargonie. - Br , B.. F.. Fr.. N.-S., R,, Si.
31. Khcum australe Don., Rhabarber. Si.
32. Robinia pseudacacia L, Akazie. Fr.
33. Rosa canina L , Hundsrose. Fr., G., Si. Nach Unger a. a. 0. S. 18 — 1"
war die Hundsrose auch im alten Griechenland eine Grabespflanze, wie
aus interessanten Stelen von Kypros hervorgeht. Die Früchte dieser
Pflanze werden gleichzeitig mit denen von Symphoricarpus racemosa Mchx.
s. No. II und denen von Ligustrum vulgare L. (in Wien) zu Allerheiligen
zum Verfertigen von auf den Gräbern eingelegten Kreuzen und Kränzen
verwendet (allgemein).
34. Rosa centifolia L., Böse. Br , G.. Si.
'■''■). Salix babylonica L., Trauerweide. F., Si. (für Ungarn Woenig a. a. 0.
S. 40. für X.-Ü. Bliimml a. a. 0. S. 157).
36. Saponaria officinalis L., Seifenkraut. Br., B., Fr., G., Si. (für X.-Ü. Bliimml
a. a. ( ). S 157; war ehemals eine Gartenpflanze, und schon Carus Sterne,
Herbst- und Winterblumen, Prag 1886, S. 368 weist darauf hin, dass sie
sich in Friedhöfen findet).
•'17. Satureja hortensis L., Sadarei. G.
Sedum albuni F.. Mauerpfeffer. Si.
39. Sedum japonicum Sieb. Fr., G., Si. (Unger a. a. 0. S. 22 führt für die
österreichischen und bayerischen Gebirgsländer Sedum sexangulare L. und
S. Tclephium L. au .
40. Silene otites Sm., Leimkraut. Si.
4 1. Symphoricarpus racemosa Mchx., Schneebeerstrauch. R., Si. Der Strauch
heisst „Schneeball", die Früchte „Todtnbiär" und werden letztere zu Aller-
heiligen in Form von Kreuzen auf die Gräber gelegt (Oberhollabrunner
Bezirk allgemein). Diese beiden Volksnamen finden sich bei P. Höfer und
M. Kronfeld, Die Yolksnamen der niederösterreichischen Pflanzen, Wien
L889, nicht.
Weinhold: K Leine Mitti ilnnj •_' L3
f++ 42. Tagetes patula I... Studentenblume. Fr.
■ 43. Tanacetum vulgare L. (Chrysanthemum vulj h , Katzenschwanz. I.
11. Thuja occidentalia I.. Br., B., E., I'r.. N.-S.. i;.. Bi. für X.-o. «;. Beck
a.a.O. I. Bd., Wien 1890, S. 1»'. Nach ünger a. ...<). S. 1 ■• i/i
diese Pflanze im kalten Klima Cupressus fastigiata D.C.
h++ 45. Typhoides arundinacea Mönch. (Phalaris arundinacea I.. ?ar. picta L.,
Bandgras. E., Si.
46. Verbascum thapsiforme Schrad., Königskerze. Fr. (wohl wild and oicht
angepflanzt).
**+ 47. Verbena chamaedryfolia Juss., Eisenkraut Bi.
48. Vinca minor L., Singrün. E., Fr., G., Si. War ehemals bei Bestattungen
9ehr beliebt, und im 18. Jahrhundert durften weder Jungfrauen noch Jüng-
linge bestattet werden, deren Leichen nicht mit einem Kran/.«- dieses
Krautes geschmückt waren (s. Unger a. a. 0. S. 20—21 I.
*"** 49. Viola tricolor L., Dreifaltigkeitsblurae. Br., Gr., Si.
•0. Viola odorata L., Veilchen. Si. Vielleicht konnte auch das Veilchen als
Charakterpflanze aufgeführt werden, es möge dabei an Shakespeare. Hamlet,
V. Aufzug, 1. Scene (Shakespeares dramatische Werke, aerausg. durch die
deutsche Shakespeare-Gesellschaft, VI. Bd., Berlin 1869, S. 146) erinnert
werden, wo Laertes in Bezug auf seine Schwester OpheL
Legt sie in den Grund,
Und ihrer schönen unbefleckten Hülle
Entspriessen Veilchen!
Soweit reicheD die Ergebnisse der bisherigeu Erforschung der Fried-
hofsflora in Nieder-Österreich, die gewiss noch eine Erweiterung und Ver-
tiefung zulassen werden, was auch vmi Seite des Verfassers angestrebl wird.
Wien.
Kleine Mitteilungen.
Karl Julius Schröer f.
Am 16. Dezember 1900 [starb zu Wien K. J. Schröer, emer. ord. Professor der
deutschen Litteratur an der technischen Hochschule, der auch an ousrer Zeitschrift
mitgearbeitet und die Wissenschalt der Volkskunde in verschiedenen Zweigen
gefördert hat. Wir widmen ihm ein Wort der Erinnerung.
K. J. Schröer war ein Deutschungar. Die Eltern waren Tobias I Gottfried Schröer,
Professor am Presburger evangelischen Lveeum, unter dem Namen Christi n Oeser
als Verfasser eines litterargeschichtlich-ästhetischen Lehrbuches bekannt, und Eleonore
Theresia Langwieser, jene geistvolle Frau, mit der K. v. Iloltei in langem Brief-
wechsel gestanden. In Presburg ward diesem Paare der Sohn Karl Julius am
11. Januar 1825 geboren. Er erhielt seine Bildung auf dem evang. Lyceum seiner
Vaterstadt von 18-43-46, besuchte dann die Universitäten Leipzig, Halle und Berlin
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
•jl | Weinhold:
und trat darauf als Suppleni Beines Vaters bei dem Presburger Lyceum ein. Im
Sommer 1849 Behickte ihn der Statthalter ron Ungarn, Baron Geringer, unerwartet
mit wichtigen Briefen in das österreichische Hauptquartier zum Höchstkomman-
dierenden, Peldzeugmeister v. Haynau, und dieser behielt ihn als seinen Sekretär
bei sich. Erat im September gelang es ihm, davon enthoben zu werden. Er
ward dann zum supplir. Professor für deutsche Litteratur an der Pester Universität
ernannt Seine definitive Anstellung, die der Universitätssenat im Oktober 1851 in
Wien beantragte, scheiterte aber bei Graf Thun an seinem protestantischen Be-
kenntnis. So nahm er denn Anfang 1852 die Professur der deutschen Sprache
und Litteratur an der Presbarger Oberrealschule an, in der er bis 1861 blieb, wo
ihm das beginnende Anstürmen dr< Magyarentums gegen alles Deutsche seine
Stellung verleidete. Er bewarb sich um das ausgeschriebene Direktorat der ver-
einigten evangelischen Schulen in Wien und erhielt es Anfang 1861. Nach fünf
Jahren gab er dieses Amt auf und trat 1866 als Docent für deutsche Litteratur an
die technische Hochschule über. Im November 18G7 erhielt er eine ausserordentliche
Professur, 1891 das Ordinariat. Nach Vollendung des 70. Jahres trat Sehr, be-
stimmungsgemäss in den Ruhestand, Dezember 1895. Leider waren seine letzten
Lebensjahre durch schwere Krankheit heimgesucht, in der die Liebe seiner treff-
lichen Gattin, Frau Hermine von Kohänyi, und seiner Kinder sein Trost und Licht
waren. An dem Tage nach der Enthüllung des Wiener Goethedenkmals, für das
er jahrelang eifrig gewirkt und gekämpft, schloss er seine Augen. —
Schröer ist litterarisch sehr thätig gewesen: besonders hat er sich mit Goethe
beschäftigt und in seinen Vorlesungen wie in Büchern davon Kunde gegeben.
Seine sechsbändige Ausgabe von Goethes Dramen in Kürschners Nationallitteratur.
dann der in drei Auflauen verbreitete kommentierte Faust seien nur angeführt.
Wir müssen uns hier auf seine Beteiligung an den Arbeiten für Kenntnis der
Sprache und des geistigsittlichen Lebens des Volkes beschränken. Als Presburger
Schulprogramm erschien 1855 sein Beitrag zur Mythologie und Sittenkunde aus
dem Volksleben der Deutschen in Ungarn. Durch mein Buch: Deutsche Weihnacht-
spiele und -Lieder aus Süddeutschland und Schlesien (Graz 1853) angeregt, forschte
er in deutschen Gegenden Ungarns nach entsprechendem, und die Frucht waren
die wichtigen „Deutsche Weihnachtspiele aus Ungarn" (Wien 1858, dazu ein Nach-
in einem Presburger Programm, Presburg 1<S58. 4°). Im selben Jahre er-
schienen die Ergebnisse einer Forschungsreise in die Zips, um die dortige deutsche
Mundart nach Laut- und Wortbestand aufzunehmen: Beitrag zu einem Wörterbuche
der deutschen Mundarten des ungrischen Berglandes, Wien 1858 (dazu Nachtrag
im selben Jahre). Dazu gehören als Fortsetzungen: Versuch einer Darstellung
der deutschen Mundarten des ungrischen Berglandes, Wien 1864. Die Laute der
deutschen Mundarten des ungrischen Berglandes 1864 (sämtlich in den Sitzungs-
berichten der Wiener Akademie). Später besuchte Schröer die deutsche Sprach-
insel von Gottschee in Krain zu gleichem Zweck. Was er gewannen, gab er in
seinem Ausflug nach Gottschee, Beitrag zur Erforschung der Gottschewer Mundart
(Wien 1869) und Weitere Mitteilungen über die Mundart von Gottschee (Wien
1870). Es sind das Arbeiten, besonders die über das ungrische Bergland und die
deutschungrischen Weihnachtspiele, die ihren Wert behalten werden; sie sind von
jener warmen Liebe zu dem Deutschtum mitten in fremder gefährlicher Umringung
getragen, die Schröer erfüllte. Warmherzigkeit und Begeisterung für das Gute
und Schöne waren hervorstechende Charakterzüge des Vielen lieben Mannes.
K. Weinhold.
Kleine Mitteilungen. -jl.'>
Der Piilmhusck in den Niederlanden.
Wir haben in nnsrer Zeitschrift wiederholt Mitteilungen über den Palmbusch
in Tirol, Steiermark. Österreich and Salzburg, sowie in Oberbayern erhalten III. M
und Tafel 1. VI II. 226. 445. \. 227). Der oberrheinische Palmen ist jüngst 7on
E. H. Meyer in seinem Badischen Volksleben Strassburg 1900 S 92 f. genau
beschrieben worden. So wird es denn auch nicht aninteressant sein, von dem
Palmpaasch in den Niederlanden das zu vernehmen, was in der Volksku
Tijdschrift vuor Xederlandsche Folklore (Gent, Deventer XII. 229. XIII, 52. 81. 104
berichtet worden ist.
Der Palmpaasch ist in Nord-Niederland, namentlich im Osten, sehr bekannt.
Kr besteht aus einem Stock, der mit Bachsbaumzweigen buxus Bempervirena I.
und allerlei Leckereien umgeben ist und wird am Palmsonntag von Kindern in den
Oiten herumgetragen, indem sie singen:
Palm, palmpaschen! hei, koerei!
Nog- maar eene zondag, dan krijgen wij een i -\'.
Meli ei is geen ei. Twee ei een half ei,
Drie ei een Paaschei!
Aber es giebt auch verschiedene Formen des Palmpaasch, worüber \erv
wird auf Ter Gouw, Yolkvermaken (1871), S. 202 — 2(>.">. für die gesungenen Liedchen
auf Nederl. Baker-en Kinderrijmen 4. A. (1894), S. 71. 72 und auf Boekcnoogen.
Onze Rijmen in der Zeitschrift De Gids 1894, S. 290.
Herr Dr A. Beets in Leiden, der die Präge aach dem Osterpalm in der Volks-
kunde anregte, beschreibt daselbst XII. 230 einen sehr grossen Palmpaasch, den
er am Palmsonnabend 1900 aus Kampen in Overyssel erhielt. Das Hauptstück
daran war ein 35 cm hoher Schwan aus Brotteig mit 14 kleinen Schwänchen in
zwei Reihen auf dem Rücken und einer Schwanfrau auf dem Kopf, alles mit Bux-
Eweigen und Fähnchen besteckt und mit Schnüren von kleinem Gebäck, Fi
und Rosinen behangen. Das Ganze war auf einen Dreizack aus Weidenzwi
gesetzt, in dessen Mitte eine Apfelsine lag. Alles zusammen war 80 < n* hoch.
Im Anschluss hieran beschrieb (Volkskunde XL11. 52) Herr L. Knapper! in
Assen (Drenthe) einen Palmpaasch, den er Ostern Kss'.i in Purmerend kaufte
An einem 6U cm langen Stock waren von unten an gerechnet befestigt ein Apfel,
eine Feige, ein ausgeblasenes Ei, eine Apfelsine, wieder ein leeres Ei. ein Kormten-
brötchen, dann noch ein Apfel und eine Feige, und an dem linde ein Schwänchen
aus Kuchenteig. Ausserdem zierten den Palm in dem untersten Apfel zwei Papier-
fiihnchen, links blau, rechts orange, und zwei Stechpalmzweige. Im nächsten Apfel
stak an Kupferdraht ein aus Papier geschnittenes Pferd mit zwei Stechpalmzwi •
ebenso war das Korintenbrötchen mit zwei Fähnchen, einem papiernen Pferde und
mit zwei Stechpalmzweiyen besteckt, die das Schwänehen beschatteten.
In Dockum in Friesland kannte man den Palmpaasch vor einigen Jahren
noch; der Teigvogel hiess aber hier eine Ente.
In Deventer (Volkskunde XIII. 81) hat der Palmpaasch den alten Namen
verloren und den neuen Krekelink bekommen. Ein Weissbrotgebäck in Rad form
ist das Hauptstück. Die Felgen sind dick, die Speichen dünn. In die Felgen
sind in gewissen Abständen Hölzchen gesteckt, die durch Guirlanden aus Drähten
verbunden sind, worauf Rosinen oder Korinten gezogen wurden. In den Speichen
stecken hier und da Hölzchen mit Rosinen, Fähnlein aus buntem Papier und kleine
Schwänchen mit einem Palmzweiglein auf dem Kopf. Ganz kleine Schwänchen
sind zwischen die Speichen eingebacken. Mitten auf dem Rade sitzt eine Apfelsine
15*
216 Wriniiold:
an einem Stöckchen. Das Ganze isl ziemlich dicht mit Palmzweigchen besetzt
und auf einem horizontal liegenden hölzernen Andreaskreuz befestigt, das auf
einem mit buntem Papier beklebten Tragstocke ruht. Wenn die Kinder mit ihrem
Krekelink bei den Bauern herumgehen, singen sie:
Pallem, Pallempaosen, ei koerei, ei koerei!
Dan houwo hebben we) no^ ieene zündag, <lan bouwe'n ei.
[een ei, < l-i t is gien ei,
Maar twiee ei, dat is'n pallempaos-ei.
Im Limburgschen werden nach der Beschreibung von Dr. J. Schrijnen
Volkskunde XIII, 106 f.) die Palmhoutjes oder Palmbessems nicht mit einem
Schwan, sondern einem Hahn gekrönt. Auch in Amsterdam finden wir diesen
Vogel: v. Reinsberg-Düringsfeld beschreibt die dortigen Palmpaschen als Kränze
oder Brezeln aus Brotteig, in denen ein Kreuz liegt, das an einen schön verzierten
Stab gebunden wird. Zwischen Kreuz und Kranz in den vier Winkeln liegen
kleine gebackene Hähnchen, ebenso auf dem Kranz; oben auf dem Stock sitzt ein
etwas grösserer Hahn von Teig. Der ganze Palm ist mit Buchsbaum geschmückt
(Das festliche Jahr S. 124).
Am Palmsaterdag wird in Roermond und Venlo und anderen limburgischen
Orten ein Markt mit Gestellen für den Palmpaasch gehalten, die aus einem Dreizack
von Weidenzweigen mit vielen Palmruten daran bestehen. Diese Gestelle werden
aufgeputzt, und in der Nacht bringen dann die Engel die Palmhoutjes den Kindern.
Diesem niederländischen Palmpaasch ist in der Herstellung und Ausstattung
der oberrheinische Palmen verwandt, der eine 10 — 12 Fuss lange Gerte oder Stange
von verschiedenem Holz zum Halt hat, an deren Spitze eine Krone sitzt, von der
bunte Seiden- oder Papierbänder. Äpfel und bekränzte Heiligenbilder herabhängen;
unter der Krone ist ein quirl förmiger Büschel von Wacholder oder Buchs befestigt.
Aber der oberrheinische Palmen wird in der Kirche geweiht und seine Bestandteile
haben die Kraft geweihter Dinge. Das ist bei dem niederländischen Palmpaasch
vergessen, da die Orte, von denen er geschildert ist, auf protestantischem Boden
liegen. Aber im katholischen Venloo tragen die Kinder ihre Palmhoutjes in die
Kirche und lassen sie gleich den Palmtakjes und Palmbundeis der gläubigen
Menge weihen (Volkskunde XIII, 107).
In seiner einfachsten Gestalt, als buchsbaumgeschmückter Stock, ist der Palm
gleich den schlesischen „Sommern" nur die Verkündigung des Frühjahrs in der
Hand gabenheischender Kinder und hat mit den kirchlichen „Palmen" gar nichts
gemein. Auch die Äpfel gehören nicht hierzu, sondern zu den Bäumchen und
Zweigen der Frühjahrszeichen. Das Gebäck, das eine Gabe für die Kinder ist,
welche die Lenzbotschaft bringen, hat sich in dem niederländischen Palmpaasch
fast zur Hauptsache entwickelt. Die Schwangestalt ist charakteristisch für das
Wasserreiche Land, in dem sich auch die Schwansagc eine Heimat gesucht hatte.
K. W.
Das Notfeuer im Brauuschweigischeu. x)
So viele Orte ich auch auf meinen häufigen Fusswanderungen und Radfahrten
in unserem Herzogtum berührte, fast überall wussten mir die alten Leute vom
„wilden Feuer" zu erzählen, sei es aus eigener Anschauung, sei es aus Mitteilungen
ihrer Eltern, mochte es nun im eigenen oder in einem naheliegenden fremden
1) Vgl. R. Andree, Braunschweiger Volkskunde, S. 312— 31(5.
Kleine Mitteilungen. 21 7
Dort'e entfacht sein. Aber der anbestimmten .V man habi
dem Rotläufe der Schweine durch ein Stück Bolz ein Loch gebohrt und ■
Flachsstrick so lange hindurchgezogen, ins es Feuer gegeben habe, und d<
wenig sichereren, man habe in Schöningen etwa 1840 in einem Hohlwege bei der
Saline ein Feuer angezündet und die kranken Schafe hindurchgetrieben, sl
folgende vier bestimmteren Angaben:
In Rennau. hart an unserer Greuze, war im Jahre 1820 eine Schwi
Da rieben zwei Brüder nach Sonnenuntergang zwei Bölzer so lange, bis sie in
Brand gerieten. Es wurde dann Feuer in einem Hohlwege entfacht, an di
beiden Seiten eine Hecke war, und die leidenden Schweine hindurcl und
zwar mit bestem Erfolge.
In Nfordsteimke war 1830 eine Schweineseuche ausgebrochen. Da ent-
zündeten zwei Brüder dadurch Feuer, dass sie ein dünnes Brett in einem Loche
im Eckständer rieben, bis es in Brand kam. Das Feuer wurde mit Zunder auf-
gefangen und in einem Hohlwege mit Stroh, Holzschuhen und Schuhschiarmen
alten, zerrissenen Schuhen) genährt. Dreimal wurden die Schweine hindurch-
getrieben.
In Papenrode wurde 1850 ein Notfeuer entzündet. Zwei Brüder setzten an
der Drehbank des Stellmachers zwei Hölzer in Brand, fingen das Feuer mit Zunder
auf und trugen es nach einem Hohlwege, der von Hecken eingefasst war. Durch
diesen wurden die kranken Schweine hindurchgetrieben.
In Xaensen wurde das letzte Notfeuer Mitte der fünfziger Jahre des 10. Jahr-
hunderts angezündet. Hier rieb der Drechsler ein Stück Holz trocken mit einem
stumpfen Eisen, bis Feuer kam. Dann wurde von jedem Besitzer Stroh gebracht,
und der Hirt ging mit den Schweinen durch das Feuer hindurch. Einen Teil der
Asche nahm sich jeder mit und gab sie den Schweinen ins Futter.
Braunschweig. Otto Schutt..
Weiteres zu den Zauberpuppen.
Die von Feilberg (Zeitschrift X, S. 420) gegebene und von R. Andrer IX.
S. 33ö) angedeutete Erklärung der Zauberpuppen als Dragednkker bezw. IL
männchen findet eine geradezu entscheidende Bestätigung in einer merkwürd
Erzählung aus Herzhorn (Holstein), die von dem dort lebenden Diakonus Hieronymua
Saucke (1694—1739) in seiner „Stormaria oder Hardes-Hörnischen Chronica- auf-
gezeichnet ist und sich handschriftlich in dem dortigen Pfarrarchive befindet,
liüllenhoff hat in seinen Sagen (S. 2» »9) nur den Anfang, D. Detlefsen in seinei
Geschichte der holsteinischen Eibmarschen die ganze Erzählung abgedruckt (Bd. II.
S. 427), der die folgende Inhaltsangabe entnommen ist.
Diese Erzählung, die bei Saucke unter dem Titel „Von der sogenannten
Teuffels Poppe Mönöloke, welche die Leute vormals, umb reich zu werden, h
in ihren Kisten sitzen gehabt, auch Von den guten Johann" steht, beginnt mit den
bezeichnenden Worten: „Es hat kurz vor den keyserlichen Kriege sich allhie, ja
durchgehens im lande begeben, dass ein Gespräch unter den Leuten auskommen.
so dass, wenn einer Stillschweigens reich geworden, man von ihm gesaget, es
sehet ihm die Mönöloke aus dem Schubsack.- Er berichtet dann, dass diese
Mönöloke eine Teufelspuppe aus weissem Wachs gewesen und erzählt mit Namen-
nennung aller Beteiligten, wie ein Mann zu einer Nachbarin geht, um sich einen
Kornsack zu leihen, wie er die Frau nicht antrifft und von der Tochter an einen
218 Zell«:
Kasten gewiesen wird and dort die mit Rillen an den Füssen versehene Puppe
findet. Aul' seine Präge erklärt das Kind: „Wenn meine Mutter Säcke nähet, so
wachse! sie den Zwirn damit, welches sehr gut." Nun bricht sich der Nachbar
einen Uhus ah und nimmt ihn mit. um auch etwas von dem Zauber zu haben.
Als die Mutter heimkehrt und dvn Sachverhalt erfahrt, geht sie zu dem Nachbar
und fordert den Fuss zurück. Die Sache wird aber ruchbar und gelangt durch
den Verwalter, der die Puppe einzieht, an den Landdrosten. Der Nachbar muss
L 00 Thaler, die alte Frau eine nicht genannte Busse zahlen. Saucke fügt dann
weiter hinzu, dass der Schwager des Verwalters, bei dem die Puppe deponiert
blieb, sich dieser mehrfach bemächtigte und dadurch reichen Ertrag auf Fisch-
und Jagdzügen hatte. Schliesslich ist die Zauberpuppe von Soldaten aus einer
„kleinen Lade" geraubt und fortgeschleppt werden.
Don seltsamen Namen Mönöloke bringt Detlefsen a. a. Ü. mit dem gotischen
manleika, dem althochdeutschen mannalihho = Menschenbild, Mannesgleich, zu-
sammen. R. Mielke.
Bäuerliche Kraftspiele am Abersee (Salzburg).
An den Ufern des Abersees (S. Wolfgangssee im Salzburgischen) besonders
in der vom Verkehrswege ziemlich abseits gelegenen Ortschaft Ried am Fusse
des Schafberges haben sich in der Bevölkerung zwei höchst originelle Kraftspiele
erhalten, die zu gelungener Durchführung eine ganz riesige Muskelstärke er-
fordern.
Die robuste Art dieser beiden Spiele ist so eigenartig, dass man mit Recht der
Vermutung Raum geben darf, sie stammen in ihrer Urwüchsigkeit aus längst ver-
flossenen Zeitläufen und haben sich in einer Gebirgsgegend erhalten, welche durch
ihre noch bis vor wenigen Jahrzehnten bestandenen Weltabgeschiedenheit einen
günstigen Boden für derartige Volkseigentümlichkeiten bot.
Hier in kurzen Zügen eine Beschreibung jener beiden Spiele, welche, wenn
auch selten, so doch ab und zu bei besonderen Festlichkeiten oder Anlässen unter
freiem Himmel, meist auf einer Wiese, vor versammelten Zuschauern von den
kräftigsten Bauernburschen der Umgebung ausgeführt werden.
1. Das Morschen oder Modern.
Auf die Schultern eines aufrechtstehenden Mannes (A) setzt sich ein zweiter
(B) derart, dass dieser seinem Partner den Rücken kehrt. A umklammert Füsse
und Schenkel des auf ihm Sitzenden, diesen so auf Schultern und Nacken fest-
haltend.
B lässt nunmehr seinen Oberkörper bei hochgestreckten Armen über des A
Rücken herabfallen und schlägt mit geballten Fäusten wuchtig in die beiden Knie-
kehlen des aufrechtstehenden A in der Absicht, diesen zu Fall zu bringen. Trotz
der auf ihm ruhenden Körperlast und trotz der Verschiebung des Gleichgewichtes,
welche B durch das Fallenlassen seines Oberkörpers hervorbringt, ist hingegen A
bestrebt, seine Kniesehnen möglichst straff anzuspannen, um so dem dawider ge-
führten Sehlage zu begegnen. Gelingt dem A dieser Widerstand nicht, knickt er
er mit den Knieen ein, oder kommt derselbe gar zum Sturze, so sind seine
Muskeln und Sehnen ..morsch" oder „moderig", und daher der Name des Spieles.
Kleine Mitteilungen. •_' ] '.)
■1. Das Stock k 1 1 eben mlcr Holzspalten.
Zur Durchführung dieses Kraftspieles sind sechs Männer erforderlich, die Bicb
m zwei gleich starke Parteien sondern.
I. Partei. Zwei Bauernburschen (A und B liegen mit troll ausgestrecktem
Körper neben-, besser gesagt aufeinander am Boden, 30 das- die l'u
dem Kopfe des B gegenüber sind. Mit Armen und Hunden umklammert jeder die
Püsse seines Partners und presst sie mit voller Kraft an Bich. Zwischen ihren
Körpern, womit sie gleichsam einen Baumstamm oder Holzblock darstellen, lieg!
ein dritter Bursche (C), welcher einen in den Block eingedrungenen Keil bildet,
Sein zwischen A und B eingeklemmter Körper ist möglichst spitzwinke] ogen,
so zwar, dass Kopf, Arme und'Füsse auf der einen Seite des „Baumstammes"
vorstehen, während sein Gesüss auf der entgi etzten hinausragt.
II. Partei. Weitere zwei Männer (D und E) fassen nunmehr den sechsten
Mitspielenden (F) derart, dass sie je einen Ann und Fuss des !•' hochziehen,
wodurch auch dessen Körper, ähnlich jenem des C in einen spitzen Wmki
bracht wird.
Nach diesen Vorbereitungen beginnt das eigentliche Spiel, indem I) und E
den von ihnen gehaltenen Körper des F in schwingende Bewegung setzen, die
gesteigert wird, bis der Unaussprechliche Ars F mit voller Wuehi auf das Hinter-
teil des C stösst, welcher dadurch aus seiner Umklammerung durch A und P>
geschleudert werden soll.
Die grösste Muskelkraft haben bei diesem Volksspiele die den Holzblock
bildenden A und B aufzubieten, um ungeachtet des heftigen Stosses, welchen C
durch F empfängt, diesen zwischen ihren Körpern festzuhalten, die Spaltung
Holzes durch den Keil gleichsam verhindernd, während (' und P im wählen Sinne
des Wortes eine leidende Rolle spielen müssen.
Ohne zerrissene Kleider, Verletzungen, ja selbst Blutvergiessen geht
diesem Kraftspiele wohl selten ab.
Salzburg". Gustav /eller.
Yolksineiiiungeii von der bayerisch-österreichischen Grenze.
1. Die Hallthurmer Pestungswerke.
Wia noch koa Weg durch'n Wald herauf war im die rieln Handel zwischen
die Boarischen herüb'n und den Bischöflich Salzburgischen drüb'n gwen san. wor
die ganzi Passhöh so vermauert, dass koa Murmentel net durch hol scblieff'n
könna. Da is aaf'n gross'n Thurn, der wo noch bei der Bahnstation sieht, a Wächter
gestanden, der jed'smal, wenn er von Weiten was bot orucka sehg'n oder nur vom
Hören gespannt hot, zu die andern Wächter bot nüberschrein müss'n; die harn
nachher zruckgeschrie'n und im ganz'n Wald hot's gehallt - dessweg'n hoasst ä
da heunt noch bei'n Hallthurn. Es wären auch die Festungsmauern uet zu'n d«-r-
zwingen g'wen, wenn net oamöl Oaner aus'n Feindlichen Haufen den hoamlichen
Gang ausgründen hätt', der von die Untersberger Manndl'n gegraben is und mitten
in die Festung führt, da wo's Nixloch liegt.1) Daraufhin is d Festung zu Fall
1) Das zwischen den Besten der sehr ansehnlichen Hallthurmer Festungsmauern
gelegene sogen. Nixloch führt thatsächlich in einen unterirdischen Gang, durch den ein
Erwachsener sich nur mühsam hindurchzwängen kann: doch ist derselbe jetzt teilweise
verschüttet.
220 Baff:
kcmma, aber die .Manen) siech; ma noch Btundenweil im Wald, dö a Trumm an
dort a Trumm; an bei der Nacht thuat'a oft noch an langgezognen Schroa, wie
wenn die Wachtersleut' einand rufen thaten
"2. Das Bedauern.
heim Fuchswirt in Ballthurm war Schlachttag; eine der Dirnen, die Lisi.
stand draussen vor der Thür und gab aaf die Frage, warum sie nicht hineingehe.
zur Antwort: ..Weil drin a Fäckl abgstochen werd, un dös derbarmt mi so viel.
an damit das Vieh net so arg leid'n muss, geh' i aussi." — Da sie nicht gleich
verstanden ward, erklärte sie sich näher: -Wenn Dans in der Stub'n is. das
gar /' viel Bedauern mit der Kreatur hat, ko dös Schlachtvieh net versterb'n.
sondern muss si umanandquälen, bis dasjenige, wo also barmherzi is, aus'n Haus
-cht. Mei' Vata war a Metzger, un wenn dem amöl a Kaibl net glei auf's Erst'
hi worn is. hat er laut gefragt, wen von die Hausleut dös Thierl gar a so der-
barmt? der soll si schleimen, dass er ausser kimrat, denn ehnder wird dös arme
Viech net hin, wenn aa :s Herz eam mittendurch gestochen waar. Mit die Christen-
leut is's sehiei- net viel anders — die leiden aa länger un versterben härter, bald
zu ein grosser Jammer is. Die alt' Wirtin hot:s sehn verzählt, dass sie net hat
heim bleib'n derf'n bei an Todesfall von ihre Leut', weil sie si so bekümmert
hot, dass in ihren Beisein das Sterbende net hat verscheid'n könna."
3. Vom Auskehren.
Die Wirtin zu Melleck hot erst a Magd gehabt, dös war eine Schlampen un
eine Raffel. Die Stub'n hot s' net alli Tag' ausgefegt, blos vor'n Sonntag, un
nachher bot s' die Thür aufgesperrt, an Reiserbes'n g'numma un Alles, was in'n
Weg war. hinum herum bei der Thür ausser gekehrt. Wer aber so thut, der
kehrt's Gute mit'n Bös'n aus'n Haus; ordentliche Leut' nehmen a Schauferl her,
laden dös Sach bedachtsam drauf un stauben 's bei'n Fenster naus. Dessweg'n
hot aa d' Frau die Magd net g'halten; sie hot alleweil geforchten. die kunnt' ihr
z'letzt noch "s Glück ausserfeg'n.
4. Überschätzter Wert.
Im Österreichischen drüb'n war a alt's Wei", was sie mühsam mit der Milli
von ihre zwoa Geiss'n ernährt hot. Amol so sitzt s' an der Strass'n un strickt un
lasst die Geiss'n gros n, nachher kimmt a hocher Herr daher, der auf Sommer-
frisch' in der Gegend war. un fangt mit ihr's Reden an. Wia er's gespannt hot,
dass die Alt' so arm dran is, hot er ihr well'n a Geiss abkaufen; sie aber hot si
einbildt', er macht grad an G'spass, un zur Antwort geb'n: sie losst si' net der-
bleck'n. Jetz hot er's ihr auseinand g'setzt, dass 's eam Ernst is, aber sie hot
net mög'n un gesagt, koane Geiss ko sie nit herlass'n, sie muass dervö leb'n.
Darauf thut der Herr in sein' Eifer ihr recht a hoch's Gebot auf die eine Geiss
— da hebt das alt' Wei" zu'n Weinen an un sagt: TJetz höbt's Ös derzwung'n,
denn jetz muss i's geben, ob ich schon net will, Üs höbt's die Geiss überboten.
dös is gerad so wia wenn sie war beschrieen word'n — ich hätt' nia mehr a
Glück dermit. also muss i' s' jetz verkaufen." Un sie höt's Geld mit Weinen
ang'numma un die Geiss dem Herrn nach Haus trieben.
5. Die Gcdenkladen.1)
Auf dem ganzen Weg von Schnaizlreut bis Lofer sind an den Häusern dunkle
Holzbretter, mit und ohne Bemalung, angenagelt; es ist immer das mittelste Brett
1) Über die Toten- oder Rgbretter vgl. unsre Zeitschrift IV, 403. VIII, 205—209. 346.
Kleine Mitteilu "_'"_' 1
von denen, worauf ein Toter aufgebahrt _ I achrifl „Gedenk-
laden des ehrengeachteten V X." oder „Christliches Andenken an di< tugendsame
\. X.a — nebst dem Datum des Todes und einem frommen Spruch. Manche
Bauswand ist völlig von solchen Brettern bedeckl and trägt die Totenliste
ganzen Familie. Ein Mann aus Unken, wegen der düstern Bitte befragt, antwortete
mit der Gegenfrage: „Soll eines Menschen Andenken denn in seinem Hau- nicht
zurückbleiben?" — und fügte hinzu: ein solches Brett aus Mutwillen oder Ei
nutz zu entfernen, sei schwere Sünde, wofür die Seele des verunehrten Gestorbenen
dem Thäter keine Hube lassen werde.
München. Helene Raff.
Sterbende werden auf die Erde gelegt.
In der Vita Bennonis episcopi Osnabrugensis cap. - Monumenta German.
bist. Script. KU 81), die im 11. Jahrh. vom Abt Norbert von [bürg geschrii
ist1), wird erzählt, dass der Bischof Benno, als er im Sterben liegt, unter dm
les Abts und der Mönche aus dem Bett auf eine Decke am Pussbi
gelegt wird (in tapetico deponitur) und dort verscheidet.
Der Brauch. Sterbende aus dem Bett zu heben und auf Stroh auf den Hoden
zu legen, ist noch heute aus mehreren deutsehen Landschaften nachweisbar
(A. Wuttke. Der deutsche Volksaberglaube der Gegenwart, § 724 und gehört zu
den mancherlei Volksmitteln, den Todeskampf zu beschleunigen und zu erleichtern.
In Ostpreussen wird der Sterbende zuweilen, wenn er zu schwer stirbt, an-
dern Bett gehoben und auf Stroh oder ein Kissen auf die Erde gelegt (E. Lemke.
Volkstümliches in Ostpreussen, 1, 56. Mohrungen 1884 . Um einem Sterbenden
den Tod zu erleichtern, bettet man ihn in Schlesien (Bunzlauer Gegend auf Stroh
auf den Wechsel, d. i. auf die Stelle, wo die Enden der Stubendiele mit der
Querdiele zusammenstossen (Mitteil. d. Schles. Gesellschaft f. Volkskunde VIII. 14).
In sächsischen Dörfern Siebenbürgens legt man. wenn anderes nicht hilft, den
schwer Sterbenden vom Federbett weg auf Erbsstroh, denn unter den Federn
könnten Taubenfedern sein, auf denen ein Mensch nicht ersterben kann. S«hw er-
sterbende Kinder legt man samt dem Bette auf die Stelle, wo sonst der Tisch
steht, also auf den Passboden (G. Schuller, Volkstümlicher Glaube und Brauch
Tod und Begräbnis im Siebenbürger Sachsenlande. Schässburg L863, S. 40 .
In der Oberpfalz legt man den Kranken, der nicht ersterben kann, auf den
Fussboden auf Stroh (Bavaria II. 1. S. 322
Ein eigentümliches Missverständnis hat den Brauch im Vogtlande, wo er bis
ins 19. Jahrb. bekannt war. verändert: wenn einem Sie, Lenden der Tod BChwer
wurde, stieg jemand auf den Hausboden und drehte eine Schind. d im Dache am.
An die Stelle des Fussbodens der Stube ward hier der Dachbodi t and
und dann ein Sympathiemittel für Erreichung des Zwecks erfunden (Witzt
Sagen, Sitten und Gebräuche in Thüringen. S. 261. Wien 1878 K. W
1) Scheffer -Boiehorst, Norberts Vita Bennonis eine Fälschung? in den Berliner
Sitzungs- Berichten 1. 132ff. 1901.
-_'•_'•_> Weinhold:
Über das echte Tirolerlied.
In den Ennsbrucker Nachrichten vom 13. 14. März L901. No. 60. < » 1 unter
dem Strich hat sich Berr Bans Zangerle ober die Pflege des echten deutschen
sliedea in Tirol und tlber die Bedrängnis und Gefährdung desselben mit
voller Kenntnis der Verhältnisse ausgesprochen. Die Feinde sind die gewerbs-
B m grossen Mengen erzeugten „Salon-Tiroler", die von den meist unter
falscher Flagge segelnden, in irgend einer imitierten Tiroler Tracht in der Welt
herumreisenden „Tiroler National - Sängergesellschaften" mit allerlei Faxen auf-
getischt werden. Dann die abgeschmackten und nichtsnutzigen, nicht selten zoten-
haften Wiener Bänkellieder, die von den Soldaten der seit mehreren Jahren in
Wien und Linz stehenden Tiroler Kaiserjäyer-Regimenter bei ihrer Heimkehr
mitgebracht werden. Dem echten Tirolerliede entgegen wirken vielfach auch die
zahlreichen deutschen Gesangvereine im Lande, welche die angeblichen Kärntner-,
Steirer- und Oberösterreicher Lieder von Koschat, Gauby, Blümel u. a. mit Vor-
liebe pflegen und künstlichen Ersatz dem echten Liede vorziehen, das durch seine
natürliche Lebensfreudigkeit sich scharf unterscheidet von der Empfindelei und
Süsslichkeit des sogen. Liedes im Volkston. Herr Zangerle verweist als auf eine
Mustersammlung des wahren Tiroler Volksgesangs auf die „Echten Tiroler Lieder.
Unter Mitwirkung mehrerer Freunde herausgegeben von Franz Friedrich Kohl.
Wien 1899", die unsre Zeitschrift bereits im 10. Bande, S. 109 gebührend em-
pfohlen hat.
Wir wollen über den Vortrag des Tirolerlieds noch einiges aus Hrn. Zangcrles
Aufsatz herausheben.
Der Tiroler singt sein Lied auf den Bergen ohne Instrumentbegleitung, im
Thal zur „Quitarre"; im Unterinnthal und seinen Seitenthälern zur Zither. Hack-
brett und Maultrommeln sind fast verschwunden. Am häufigsten wird der ein-
stimmige, wie der meist zweistimmige weibliche Gesang von Zither und Laute
begleitet,
Die Männergesänge hört man meist vierstimmig. Träger der Melodie ist der
erste Tenor oder zuweilen ein kräftiger Bariton. Die hohen Töne der beiden
Tenore, manchmal auch des ersten Basses (e f g) werden fast ausschliesslich mit
Fistelstimme gesungen. Der erste Bass, im Volke der Grade oder der Aushalter
genannt, singt, soweit die Harmonie es gestattet, fast durchaus die Quinte zur
Melodie. Der zweite Bass singt ganz schlicht den Grundton.
Der Jodler scheint früher in Tirol durchaus nicht so häufig gewesen, als
heute, wo er selbst im Schnaderhüpfl manchmal jedem Strophenverse zugefügt
wird. Ja es werden in Tirol selbst Jodler, ohne sich einem Liede mit Worten
anzuschliessen, ein-, zwei- und auch drei- und vierstimmig gesungen. Trotz aller
Vorliebe der heutigen Tiroler für den Jodler ist derselbe nach dem Urteil von
Hrn. Z. nicht so reich entwickelt als in Steiermark. K. W.
Wochenzettel für den kärntischen Uauerntisch.
Aus der Gemeinde Stockenboj.
Erstes Frühstück (Fruastik) bei Tagesanbruch, Sommers um 4—5 Uhr.
Plentern d. i. schmarrenartige Polenta aus Mais(Türken oder Kukurutz)-
töehl, mit abgekochter (gsottner) süsser Milch.
Kleine Slitteilun 223
Zweites Frühstück (Vorjauaen oder Halbmittag) um 9 10 Uhr.
ächwarzbrol (Roggenbrot) mit saurer Milch oder mit Käse K - oder
mit Gselchtm Räucherfleiscb) oder um Speck und mit Schnaps, d. L
echtem Obst- oder Beerenbranntwein, der leider irom Kärntner Landvolk
übermässig genossen wird.
Mittagessen Jansen, slnvenisch jnshina, Ableitung von jug, Süd, Mittag).
Tägliches Vorriclu oder Vormahl i-t im Sommer Salat mil selbst-
gemachtem Essig and saurem Rahm oder Leinöl. Das eigentliche Mahl
besteht
Sonntags aus Grerstbrein, d. i. Brei oder Mus aus enthülster Gerste g'rolltem
Gerschtl), gekocht in der Brühe von gselchtem Schwein- oder Rindfleisch,
welches in Würfel geschnitten, eingelegt wird. Dazu im Sommer grüner
Kopfsalat oder frische Gurken (Murkn), im Herbst Krautsalat Köpflsalatl
mit Kartoffeln (Grundhirn. Flötzhirn) oder Konen roten Kühen) und Brot
Montags: Störzerknödel, d. s. Knödel aus Mehl und gesottenem oder geselchtem
Fleisch in der Fleischbrühe, mit Sauerkraut oder Salat.
Dienstags (Erchtigs): Plenten mit Schmalz (zerlassener Butter) oder Speck und
saure Milch.
Mittwochs (Mittigs): Nudeln, d.s. Nocken gefüllt meisl mit Schotten oder Topfen
(weichem Molkenkäse), gemischt mit Brei aus Hirse oder Pfenich (Kolben-
hirse, panicum) nnd Kerbelkraut, oder gefüllt mit Klötznmöl (zerriebenen
gedörrten Birnen) und Kartoffelhrei. oder mit Mohn (mägn) oder Obst-
gehäcksel.
Donnerstags (Pfinztigs), wie Sonnl
Freitags, wie Mittwochs.
Samstags, wie Dienstags, oder Mehlbrein .Mus aus Maismehl) gemischt mit Hirse.
Wiid statt des gewöhnlichen Hirses Fenich genommen, so heisst es
Kleinbrein.
VespeTbrot (Schpätjausn) um 3—4 Uhr: Schwarzbrot mit saurer Milch oder mit
Branntwein oder mit Obst.
Nachtmahl um 7 — 8 Uhr, gewöhnlich Hirsebrei in Wasser gekocht mit Speck;
dazu saure Milch oder Milchsuppe mit Brotschnitten, oder Farferln (d. i.
zerriebene Teigbrocken) mit Speck in Wasser oder ohne Speck in Milch
gekocht. Ei wird selten den Farferln beigemischt.
Samstagsabend werden PlatÜen (tellerförmige Kuchen), oder Germnudeln mit Salat
(im Sommer) gegessen: darnach Milch mit eingebrockten Nocken oder
Plattlern
An den grossen Feiertagen, den Kirchtagen, Kindlmalen (Taufschmausen), Hoch-
zeiten, Bestattungen (Begräbnissen) giebt es eine Menge anderer Speisen.
worüber man sehe E. Schatzmayr, Deutschlands Norden und Süden,
Braunschweig 1870, S. 28— 31. K. W.
Das Hutzaliaus im Egerland.
Sowie die Mädchen des Egerlandcs zur Winterszeit ihre Rockenstuben hatten,
so sammelten sich die jungen Burschen in den rHutzahüusenr\ um die langen
Winternächte in Geselligkeit zu verbringen. Hutzen gehen heisst auf Besuch gehen,
Schmeller, B. Wb. 1-, 1195; Hutzenhäuser sind also Häuser, in denen man auf
Besuche eingerichtet ist.
224 Kolli- \
Die Besitzer dieser Bntzahäuser waren keine Bauersleute, sondern Bäusler
mit ein wenig Feldbau und einer oder zwei Kühen. Sie lebten meist in Dürftig-
keit, aber wegen ihres sicheren and dreisten Auftretens hei der bäuer-
lichen Bevölkerung ein gewisses Ansehen, wenn auch nicht bei den Alten, so
doch bei den Jungi - waren die in alle Verhältnisse des Dorfes und der
i inzelnen Familien ihten und somit oft wichtige Vertrauenspersonen, als
welche sie dann jedi hcit in .schlauer Weise für sich und ihre
/.wecke ausnützten. Doch mussten >ie dabei viel Unannehmlichkeiten mit hin-
nehmen: 80 eine jeden Winterabend von Neugierigen überfüllte, qualmende Stube,
welche den nächsten Morgen einer gründliehen Reinigung bedurfte, manche un-
ruhige schlaflose Nacht, manch derbes Wort. Der Vorteile halber aber nahmen
sie diese und noch andere Widerwärtigkeiten gern in den Kauf.
Die Unterhaltung im Butzahaus war verschieden. War „Geld beim Zeug",
dann füllte ein „Färbl" oder „Einundzwanzig-Spiel" ') die Zeit des Abends aus:
kam einmal der gewandte und gewohnte Erzähler der Räuber- und Schauer-
geschichten herein, dann lauschte alles in atemloser Stille diesem; sollte der
„Nikles" irgendwo seinen Unfug treiben, von hieraus wurde er geschickt; wollte
man einem Missliebigen im Dorfe einen Schabernack anthun, z.B. den Wirtschafts-
auf das Dach stellen, hier wurde es ausgetüpfelt: konnte man zu Zeiten
durch „Spiessrecken" 2) einen guten Bissen erlangen, von hier aus gingen die
Töpfe: kam die Zeit des Schweineschlachtens, des Pökelfleisches, des geräucherten
Fleisches, dann wurde Lug und Trag getrieben, um Fleisch aus der Speisekammer,
aus dem Fasse oder aus dem Hauch fange der Besitzer — oft der eigenen Eltern —
zu bekommen: im Butzahause war der Schmaus. Zuweilen fing man die Gänse
und Enten in der Nacht aus dem Teiche oder aus dem Stalle, um sie in Gemein-
schaft zu verzehren. Hier trieb man auch das „Tischlrucken"3) und das „Sieb-
laufen"4).
Der Jlutzavota" und die „Butzamouta" aber gingen bei all diesem Treiben
nie leer aus. Wer keinen Teil an all dem daselbst hatte, das war die „Wawa*
(Grossmutter im Hause, die jeden Abend ihr Spinnrad drehte und allen Vorgängen
gegenüber blind und taub und stumm zu sein schien. Und -hinta da Höllu
'hinterm Ofen) sassen zuweilen zwei Liebende, gleichfalls für ihre Umgebung
teilnahmslos, denn obwohl hierzulande gewöhnlich nur aus praktischen Rücksichten
geheiratet wurde, so schlich sich doch auch nicht selten die echte Liebe in die
Herzen zweier Egerländer ein.
-Mühlessen bei Eger. Jos. Köhler.
Schwäbische Beiträge zu Blümini und Kott, Verwendung der Pflauzeu.
(Oben S. 4'.i ff.
ide wie die Taubnessel (No. Ol) giebt die Akelei (Akelei, Aquilegium
nilgare) in ihren spornähnlichen Blumenblättern den „g'schlürigen" Knaben und
Mädchen einen süssen Trunk.
1 -Färbl- und _Einundz\\;<nzi:_'--S]delu, letzteres gewöhnlich „Hoppen" genannt, zwei
in früheren Zeiten hier sehr gebräuchliche Hazardspiele.
i' Iieim „Spiessrecken" schickte man in die Häuser, wo Kindtaut'- oder Hoehzeits-
schinause abgehalten wurden, Töpfe, um Kücheln, Fleisch, Knödeln u. a. zu erhalten.
3) Das „Tischlrucken" bestand darin, dass mau von einem in Bewegung gesetzten
Tischlein Auskunft über die Zukunft verlangte.
4) Das „Sieblaufeir. ein abergläubisches Mittel, um Diebstähle zu erkundschaften.
Kleine Biitteilui j-j;,
Die Früchte der Essig Berberis i ien Bich bei unserer
Jugend einer sehr grossen 1'.' liebtheit. Diese Beeren bilden stets in dem faventar
der Hosentasche eines Buben aus den Leebauen einen Hauptbestani
Zu ll. Buche. Die jungen Blatttriebe werden mit besonderer Vorlii
Zu 25. Die Früchte der Kartoffel heissen im Ries, Gegend um Nördlinj
im bayerischen Nordschwaben, Stucka und werden dort von den Kindern als
Wurfgescb - intzt, indem man sie an spitzige Holzstäbe spiesst und l'ort-
Bchleudert.
Das „Hasaschättele" Aegopodium podagraria liefert in seinen jungen Trieben
schon um Ostern herum Material zu Nesteben für die Osterhaseneier; auch werden
die Blättchen dieses Krautes zum Bemustern der mit einem Abend von Zwiebel-
schalen braun gefärbten Ostereier sehr häufig benutzt.
Zu 4:;. Herbstzeitlose. Im Ries nennt man die Früchte dieser Giftpflanze
„Heemutschla", man steckt vier kleine kurze Hölzchen darein, und das Kind bildet
sich dann eine kleine Viehherde als Spielzeug.
Das Hietatäschla (Hirtentäschchen, capsella bursa pastoris liefert den Gärtner
spielenden Kindern in seinen Früchtchen das für den Einkauf nötige Geld.
Zu 4<i. Holunder. Aus etwa 30— 35 cm langen und ungefähr 3 cm starken
Aststücken wird das Mark herausgenommen. In die dadurch entstandene Röhre
wird mittels eines Stöpsels, welcher leicht in dieser Röhre sich auf- und nieder-
bewegen lässt und unten einen verdickten Handgriff hat. aus gewöhnlich mit
Speichel angefeuchtetem Wergstück ein Pfropfen gebildet und mittels jenes Stöpsels
bis an die vordere Öffnung der Röhre geschoben. Dann wird ein zweitt
Wergstück angefertigt und mit kräftigem Stosse in die Röhre hineingetrieben, so
dass ein lauter Knall entsteht und die zuerst hineingestossene Wergkugel hinaus-
getrieben wird. Dieses Spielzeug wird „Holderknalle" geheissen und erfreut sich
bei der Rieser Jugend der grössten Beliebtheit.
Der „türkische Holder" (Syringa vulgaris) liefert „de schwäbische Mädla"
einen sehr billigen, schönen und zugleich wohlriechenden Schmuck. Die Blüten-
kelche werden ineinander gesteckt, bis ein Ring oder eine Kette entstein. Solcher
Schmuck gilt als was besonders Feines, es gehört aber Kunstfertigkeit da/u.
Die Frucht des Löwenzahns gilt kleinen Kindern als Laterne und wird, wo
sie nur zu erhaschen ist, gierig ausgeblasen und mit den Fingern nach dem
davonlliegenden Samen gehascht.
Zu 61. Massliebchen (Bellis perennis). Die kleinen, auf dem dicken Frucht-
boden aufsitzenden Blütchen werden abgelöst, in die Höhe geworfen und mit dem
Handrücken aufgefangen. Wieviel nun solcher Blütchen auf dem Handrücken zu
fallen kommen, soviel Kinder wird man dereinst erhalten. (Haunstetten, 6 km
südlich von Augsburg.)
Papaver Rhoeas, Mohn. Die kleinen Mädchen machen ..Docken", d. 1. Puppen,
indem sie die Blumenblätter zurückbiegen; die Samenkapsel mit den Staub!
bildet das Köpfchen und die Blumenblätter das Kleid.
Zu 81. Die Früchte Rosskastanie werden durchlöchert an Schnüre gefasst
und von kleinen Kindern als Halsschmuck getragen.
Saponaria officinalis, das Seifenkraut, liefert im Sommer badenden Knaben
und Mädchen billiges SeifenmateriaL denn aus dem Kraut und hauptsächlich aus
der Wurzel wird ein seifenartiger Schaum gepresst, der die der Seife bedürftigen
jugendlichen Körper säubern soll.
\\ ■ inholjd: Kleine Mitteilungen.
Di. W';i ssei -nisfii (nuphar luteum) soll man nicht I) rechen, denn wo sie
wachsen, hat das Wetter im Wasser geschlagen. Aber man reisst sie doch hier
und da heraus und macht aus den der Reife nahen Fruchtknoten - Butterbitpia "
und „ölkrfigia".
Zu 95. Die Wegerichblüte wird in Oberschwaben von den Kindern als
_ Butterbrötle" gegessen.
Zu LOOl Der Wiesenbocksbart heisst im Ries: Guggl und auch Met. und
wird meistens von den Kindern ganz und gar verzehrt: in der Gegend gegen das
AI Lau zu nennt man ihn auch ..Purzenstengel".
Augsburg. A umist Vetter.
Zu dem Cambridger Augensegen.
Zeitschrift XI, 79.)
Z. 5 für suzblatrun ist zu lesen scuzblatran, wie zu lernen ist aus dem Deutschen
Krankheitsnamenbuch von M. Höfler, München 1899, S. 5"2. 877.
Zu G wäre zu verweisen gewesen zunächst auf die Althochdeutschen Glossen
von Steinmeyer und Sievers III, 476, 30 — 34: ordiolus est parnissima et purulenta
collectio in pilis palpebrarum constituta in medio lata, ex utroque condueta, ordei
grannro simulans hertprat, wozu Steinmeyer anmerkt: bisher unbekannter Name
des Gerstenkorns. Er deutete das Wort, und hält noch jetzt daran fest, als rhartes
Fleisch". Auch hier hätte von mir auf Höflers Deutsches Krankheitsnamenbuch
verwiesen werden sollen. S. 879, der die Bedeutung Gerstenkorn betont und
schriftlich den weissen und den roten hürbraten des St. Blasier Augensegen daraus
erklärt, dass das Gerstenkorn unreif rot ist und durch die Eiterung weiss wird.
HÖfler verweist auch auf weitere Wortbelege in der Zeitschrift Alemannia, die ich
genauer und durch andere vermehrt hier geben will.
Aus cod. palat. genn. "_,44 : Alemannia XXV, 2G4 ich segen dir aus deinen
äugen das weis und das rodt und den frischen herbroten und das flos und das
feil -- S. 265. du seiest bloter, du seiest male, du seiest fliech — du seiest rüde
oder du seiest laider her brate.
Ebendaher: Alemannia XXVI I. 108 bistu feil oder augenfeil, prafell, aug-
geschwer, vngenant giht, schus, wetter, der herbrant, der nagell, das hippischert,
das maslaid. — S. 110. das das feil noch der nebel noch der nagel noch der
herbrodt noch der zinck noch der zamse noch das geschos noch das gehilb noch
das rberbluet noch die bloter noch das dobent gesuecht nicht mer in den äugen
zunemen.
In dem Segen gegen Fleck im Auge, den H.Zahler, Die Krankheit im Volks-
glauben des Simmenthals (Bern 1898), S. 106 mitteilt, heisst es: was hest in deinen
äugen den nagel oder den fläcken den weissen oder den rotten oder den bluts-
rodten oder den heirbratden und die siben und sibentziger lei gesucht.
K. W.
Nachtrag zum Traum vom Schatz auf der Brücke.
Zu Zeitschrift X, 432.)
In den „Blättern für pommersche Volkskunde" 9, S. 49f. teilt nun A. Brunk
eine sehr interessante Passung dieser Sage aus Garzigar in Hinterpommern mit.
Bartels: Büchcranzi 227
Da-- Ergebnis spielt sich hier auf der „grünen Brücke" in Berlin ab. I
werde ich erst jetzt darauf aufmerksam gemacht, dass V. rille in Veckenstedta
Zeitschrift für Volkskunde 3, B 132 — 136 noch ei _ echische \
bringt und auf ein verwandtes Motiv in 1001 Nacht ed. Weil. 1890, IV -
hinweist. A. Banffen.
Bücheranzeigen.
L. Stieda, Anatomisch-archäologische Studien. 1. über die alt«
bildlichen Darstellungen der Leber. .Mir 5 Abbildungen auf Tafel i.
II. Anatomisches aber alt-italische Weihgeschenke (Donaria). Mit
28 Abbildungen auf den Tafeln II. III und 1\. V. Sonderabdruck
ans Bonnet-Merkels Anatomischen Hefter (Band 15. 16). Wiesbaden,
Verlag von J. F. Bergmann. 131 S. gr. 8°.
Die Sitte, Nachbildungen menschlicher Körperteile, wie wir sie aus o
deutschen Alpenländern und durch Heinrich Heines bekanntes Gedicht aus der
Wallfahrtskirche in Kevelaar kennen, ist, wie zahlreiche archäologische Fände
beweisen, auch im heidnischen Altertum gebräuchlich gewesen. Allerdings waren.
soviel wir wissen, diese antiken Votivgaben nicht aus Wachs gefertigt worden,
wenigstens sind uns keine solchen erhalten geblieben; was davon auf uns ge-
kommen ist. das besteht aberwiegend aus gebranntem Thon; einige wenige Stücke
sind auch aus Marmor. Der Verfasser behandelt nur die in Italien gefundenen
Douaria, deren er eine sehr grosse aus eigenem Augenschein kennen gelernt hat.
Die Mehrzahl derselben stammt aus dem alten Tempel des Äskulap auf der 1
insel in Rom. dessen Cella vor vielen Jahrhunderten unterspült und in den Tiber
hinabgestürzt war. und dessen in dieser Cella niedergelegten Votivgaben frommer
Stifter bei den Baggerarbeiten der Tiber - Regulierang im Jahre loben
wurden; ferner aus Veji, Civita Lavinia, Civita Castellana u. s. w. und endlich
auch aus einem Heiligtum der Diana in Nemi, welche Göttin als Geburtshelferin
verehrt und hierdurch auch wohl zur Helferin in allerlei anderen Leiden des
Körpers wurde. Aber auch bei anderen Ausgrabungen hat man solche römischen
Exvntis gefunden. Über die Häufigkeit derselben, von denen sich viele Stücke
in den verschiedensten Museen Europas linden, erhalten wir eine Vorstellung,
wenn wir hören, dass in dem Museo nationale in Rom von der Nachbildung
eines einzigen Körperteils (eines Unterleibsorgans der Frauen) 102 Exemplare vor-
handen sind. Diese Votivgaben sind gewöhnlich aus einem rötlichen Thon«' her-
gestellt, und bei vielen Stücken vermag man noch die deutlichen Spuren einer
Bemalung zu erkennen.
Es handelt sich um ganze oder halbe Köpfe. Augen. Ohren, Nasen, Lippen,
Hände, Füsse. Brüste und Unterleibsorgane, und dann noch um eine sehr merk-
würdige Gruppe, welche aufgeschnittene Bäuche darstellt. Für die plastische
Wiedergabe von Krankheitssymptomen bieten diese Donaria keinen Anhalt: denn
es handelt sich hier in allen Fällen um gesunde Körperteile. Das ist für uns
■_»•> Bartels:
vollkommen begreiflich, denn der Kranke erbittet durch die Weihgabe ja
natürlicherweise nicht ein krankes, sondern ein völlig gesundes Glied. Würde er
ein krankes Glied opfern, dann könnte sich die Gottheit ja dieses als Beispiel für
sein Gnadengeschenk wählen. Über den Zeitpunkt, wann die Kranken oder deren
je derartige Exyotis in den Tempeln niedergelegt haben, ist man ver-
schiedener Ansicht gewesen. Die einen meinten, dass es bei der Erkrankung, die
alliieren, dass es naeli der glücklich erfolgten Heilung stattgefunden habe. Wahr-
scheinlich ist beides vorgekommen, doch das erstere war gewiss das bei weitem
häufigere.
Übrigens haben auch wohl nicht alle diese Nachbildungen von menschlichen
Körperteilen mit Erkrankungen etwas zu thun. Hände mit den ausgestreckten
drei ersten und dem eingeschlagenen vierten und fünften Finger, sogen. Schwur-
hände, sind vielleicht das sichtbare Zeichen eines abgelegten Gelübdes gewesen,
während Küsse, und namentlich solche mit angeschnürter Sandale, vermutlich das
Weihgeschenk entweder für eine bevorstehende oder für eine glücklich vollendete
Reise gewesen sind.
Noch nicht hinreichend sicher erklärt in ihrer anatomischen Bedeutung sind
die oben erwähnten Gebilde, die in so auffallend grosser Menge sich gefunden
haben. Übereinstimmung über sie herrscht nur darin, dass sie nach der allge-
meinen Annahme bei Beschwerden des weiblichen Körpers geopfert worden sind.
Schwer verständlich, auch in anatomischer Beziehung, sind die Darstellungen des
geöffneten Unterleibs. Der Verfasser weist überzeugend nach, dass sie keinen
(Gegenbeweis gegen die allgemeine, wissenschaftliche Anschauung liefern, dass den
alten Römern die Anatomie des menschlichen Körpers durch die Anschauung
geöffneter Leichen unbekannt gewesen sei. Denn wir haben hier nicht den Aus-
druck wissenschaftlicher Kenntnisse auf dem Gebinde der menschlichen Zer-
gliederungskunst, sondern nur die schematischen Darstellungen von unwissenden
Handwerkern vor uns, welche ihre Anschauungen von geschlachteten Tieren her-
genommen haben. Unter welchen Umständen oder bei welchen Erkrankungen
Stücke geopfert wurden, das ist bisher noch unaufgeklärt.
\ orangestellt hat der Verfasser die Beschreibung von drei Altertumsfunden,
welche untereinander eine grosse Übereinstimmung besitzen. Es sind flache Ge-
bilde mit abgerundeten Ecken, aus deren oberer, konvexer Fläche sich eigentümlich
gestaltete, kegelförmige Portsätze erheben. Das eine Stück, aus Bronze gefertigt,
wurde bei Piacenza gefunden. Es ist von den Archäologen erst für ein Acker-
gerät, dann für das Modell eines etruskischen Tempels und endlich für die Dar-
slellung einer Leber gehalten worden. Ein anderes, um vieles älteres Stück, aus
.Marmor, fand sich in Babylonien, und das dritte Exemplar hat die Marmorfigur
eines Mannes in der Hand, die den Deckel einer etruskischen Aschenurne in dem
Museum von Yolterra bildet. Der Verfasser tritt dafür ein, dass es sich hier bei
allen drei Stücken um die Darstellung von Schafslebern handele, und er weist
durch anatomische Untersuchungen nach, dass von allen Haustieren das Schaf die
in ihrer Gestalt und Form am meisten Variationen bietende Leber besitze, und
dass dieselbe aus diesem Grunde in ganz hervorragender Weise geeignet sei, den
Opferbeschauern als günstige Grundlage für ihre Orakelsprüche zu dienen. Die
beiden Stücke aus Piacenza und Babylonien hält er für Lehrmodelle für die
Priesterschüler der Haruspices; dafür spricht bei der babylonischen Leber eine
Einteilung der Oberfläche in kleine Quadrate. In der Figur des Verstorbenen in
"\ olterra muss man dann einen einstmaligen Opferpriester erkennen.
Bücheran
sehr gute Abbildungen auf 5 Tafeln, die zum grössten Teile in Autotypie
ausgeführt worden sind, hat der Verfasser zum besseren Verständnis seinem Werke
igeben. Eine Portsetzung dieser Untersuchungen, für welche der Verl
als Professor der Anatomie ganz besonders berufen ist, hat derselbe in Aussicht
eilt. Es muss hier, wie wir gesehen haben, noch manche volkskundliche
Präge ihrer endgültigen Lösung entgegengeführl werden. \\.w Bartels.
Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. Von Am n E. Schön-
bach. 2. Stück: Zeugnisse Bertholds von Regensburg zur
Volkskunde. Aus den Sitzungsberichten der Wiener Akademie.
philos.-hist. Klasse, Bd. CXLII, tfo. VII. Wien, Gerolds Sohn, L900.
L56S. 8°.
Soweit als man die Predigten des grossen Minoriten Berthold für die Kultur-
gi schichte ausnutzte, hielt man sieh an die deutschen, da von den lateinischen
nicht (dien viele gedruckt sind. Um so dankenswerter ist. dass Schönbach hei
Beinen umfänglichen und eindringenden Studien über die mittelalterliche l'i
in Deutschland unter Benutzung der gedruckten Heden und von sechs oder sieben
handschriftlichen Sammlungen gerade die lateinischen Aufzeichnungen ausgebeutet
hat. und zwar im besonderen für die Volkskunde. I)a>s er diesen Begriff meld
zu eng fasste und allerlei heranzog, was sich mit der Gelehrsamkeit des Mittel-
alters berührt, war wohlgethan. So linden wir gleich zu Anfang einen Hinweis
auf Ansätze zum Seelenglauben in der kirchlichen Lehre und mit der Legende
von der heil. Ai'ra dürfte es zusammenhängen, wenn in Augsburg Venus Ver-
ehrung genossen haben soll. Parallel dazu Astaroth in Baiern. Nur sehr vor-
sichtig deutet Sch. hierbei auf die nicht unangefochtene Göttin Ostara. hätte aber
die Personen- und Ortsnamen mit üstar als erstem Teil lieber nicht heranziehen
sollen, da Ostar in ihnen, wie entsprechende Bildungen mit West, Süd, Nord
lehren, nur Lage oder Herkunft in oder von Osten bezeichnet und ihr häufigeres
Vorkommen im deutschen Osten nicht erstaunen kann. Gelehrten Anstrich hat
auch noch Bertholds Deutung der deutschen Namen der Wochentage, wobei Dienstag
- natürlich als dies servitii gefasst — einen merkwürdig frühen Beleg für das
Eindringen dieser Bezeichnung in Bayern an Stelle <\r< heute noch dort üblichen
Eri- Er- Erchtag liefert. Aul eine nicht ganz sichere Stelle über Wassergeister
folgt eine, tue Sch. auf gespenstische Rosse beziehen möchte. Es imi^ aber in
dem Worte demonum der Verbindung equi demonum umbratici ein Fehler stecken,
nicht sowohl deswegen, weil in den verwandten Stellen hei equi umbratici, equi
umbratiles das demonum fehlt, als deswegen, weil man sich gespenstische Rosse
kaum als scheu und furchtsam denken wird und der Zusammenhang lehrt, dass
hier leibhaftige Pferde verglichen werden. Vielleicht im statt demonü zu lesen
dementes. Umbraticus, um!>ni/<l> aber isl cm Pferd, wenn es an der umbra, mhd.
scheme, nhd. Schemen leidet, einer Augenkrankheit, die es am deutlichen Sehen
hindert: vgl. Lexer 2, 698. I). Wl No. 5. Di- Konjektur zu Ulrich
von Lichtenstein kann ich gerade wegen der von Seh. citierten Verse aus der
Virginal nicht annehmen.) An anderen Stellen aber ist wirklieh vom nächtlichen
Reiten der Dämonen und Hexen die Rede.
Da die Termini technici in den Predigten gern deutsch gegeben weiden, kann
uns Sch. aus ihnen den bis jetzt ältesten mhd. Beleg für Werwolf liefern. Eis
folgen Angaben über die Tauf- und Sterbekerze, über Wahrsagerinnen und Wahr-
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901
merkwürdig die Enthauptung als Strafe! — und andere Gauner, über
allerhand ans Heidentum gemahnende in stisi he Wesen: Holden und Un-
holden, Bilwisse, Nachtfahren und Nachtfrauen, Maren, Traten Alpe;. Die saugen
Fräulein werden als felices dommm hier zum erstenmale ausdrücklich genannt; man
rüstet ihnen zur Nacht einen Tisch mit Speisen. Verschiedene Arten von Zauber
und Aberglauben stellen mit religiösen Oarimonien und Anschauungen in Verbindung:
Zauber mit der Hostie. Parodien der Taufe, das Tutbeten (tnortbeten) u. s. w. Zum
Zauber mit Wachsbildern wäre noch auf unsre Zeitschrift '.', 332 f. zu verweisen.
Behufs der Weissagung werden Fingernagel, Schwerter, Wasser, Knochen beschaut:
ein Verfahren mit Schafschädeln wird nicht klar. An der Stelle, die vom Eisatz
des herausgenommenen Herzens durch Stroh handelt, scheint mir noch ein zweites
erwähnt zu sein, das Seh. nicht heraushebt: de palea pro corde, quod puer sit mutatus
— das Verwechseln der Kinder, worauf auch eine später erwähnte Äusserung
führen dürfte. Sie bleibt leider, wie so manche andere, dunkel, weil diese Predigten
nicht völlig ausgearbeitet sind, sondern nur Anhaltspunkte für das Gedächtnis
geben und sich nicht selten mit Stichworten begnügen. Neben das Niederwerfen
des Handgeldes, des ersten Erlöses, durch den Verkäufer stellt sich das nicht er-
wähnte Bespeien. Über den Angang sagt Berthold u. a.: Si • ccurrit sanctus sacerdos,
timet malum; si canis immundus, scabiosus, sperat Immun. — similiter, si lupus et
lepos. Seh. hält den unreinen, räudigen Hund für identisch mit dem Wolf, wo-
gegen sich doch similiter sträubt.
Eine höchst lehrreiche und anziehende Erörterung von 15 Seiten wird den
Namen der Betonica offtcinalis und ihrer Rolle im Aberglauben gewidmet. Sie
ergiebt, dass im Grunde nichts volkstümlich Deutsches daran ist, was Seh. denen
warnend vorhält, die den Aberglauben zur Grundlage der Mythologie machen
möchten. Der Glaube an die Wirkungen der Betonica wurzelt in der antiken
Gelehrsamkeit. Ähnlich stehts mit dem Glauben an die Kräfte von Steinen, deren
Berthold ebenfalls gedenkt. Hier hätten S. (.>8 die Steinbücher herangezogen werden
können, was nur S. 53 f. geschehen ist. Merkwürdig ist der stählerne Schild im
Weinberg als Abwehr von Unwetter.
Zu den litterarischen Gebieten leiten uns andere Excerpte hinüber. Im An-
schluss an sie sind S. 5H — 89 die Klassen der Spielleute und ihre Bezeichnungen
sorgsam untersucht worden. Von einigen Bedenken, die ich hege, erwähne ich
nur. dass in ahd. scern das n nicht wurzelhaft sein kann, weil das Verbum scerfy
und scherzen, scherz, schätz davon abzutrennen wirklich kein Grund vorliegt und
wir an lat. scurra. griech. maipui und xdpba.%, skr. kürdati unzweifelhafte Verwandte
besitzen (E. Zupitza, Die german. Gutturale 155). Sie führen aber alle auf die
Grundbedeutung Springer, Tänzer, nicht Karrikierer, antardri, wozu stimmt, dass
in den ältesten Stellen scirno als Glosse für scurra dient, das zugleich durch
tümdri wiedergegeben wird, d. h. eben Springer, Tänzer. Vgl. auch thymelicut
scirno. Ferner kommen zur Sprache Volkslied und Volksepos, — Crimhilt.
Chreimhilda, mit dem treffenden Beiwort amara, in der milderen Auffassung der
späteren Zeit; mit dem rumor de Ditrico, der nur aus aliquibus verbis besteht,
kann schwerlich Eckenlied oder Laurin gemeint sein, sondern nur eine kürzere
Ballade — , der starke Boppe (wichtig!), märchenhafte Züge, Sprichwörter und
Redensarten, die der Tierfabel nahe stehen, und andere. Qui amant bella, moriuntur
gladio verdiente als Sprichwort bezeichnet zu werden: es specialisiert den Spruch
„Wer sich in Gefahr begiebt. kommt darin um-. Adolescens arbor o prineipio in
aliam partem flexa vix unquam in c mtrarium flecti potest hat nicht den Sinn „Was
ein Häkchen werden will, krümmt sich bei Zeiten'', sondern von „Jung gewohnt
Bü( In i.' '• igen.
,ih gethan". „Ein X für ein U machen" finde! hier eine neue und beachtena
Beleuchtung. Hocbzeitsbräuche, die Krönung der Maikönigin warum denn gerade
ein Bauermädchen? Der rusticua vorher hat ja damit nichts zu schaffen! reihen
sich an. Xu grübeln giebt das Abziehen des pil(l)eus fiospitalis. Strafen für ver-
brecherische Tiere und Menschen, das Bahrrecht berührt Berthold. Die drei
ictus mortis halte ich aber nicht im- Todesstrafen, sondern für drei Angriff« des
Todes auf den Menschen, drei Stadien des Absterbens. Beim Stigmatisieren der
Verbrecher und dem französischen T. I'. ihr Bagnosträflinge fiel mir Andersens
Human 0. 'I'. ein: mit diesen Buchstaben zeichnete das Zuchthaus tugthuus] von
Odense seine fnsassen. An der eigenartigen Einsetzung des kärntischen Hei
Bind auch die Rechtsaltertümer 2, 353 ff. nicht vofübergi i
In den Beigaben teilt Seh. aus der Fülle seiner Sammlungen noch eine -
Zahl von Segen und Beschwörungen mit und liefert Zusätze zum Hauptteil. Meine
Angaben konnten seinen Inhalt ganz und gar nicht ausschöpfen, auch von den
umsichtigen Erörterungen der einzelnen Stellen und der Masse der literarischen
Nachweise keinen Begriff geben. Aber hindeuten muss ich noch auf die metho-
dischen Winke für die Ausnutzung derartiges .Materials und auf die ruhige Ab-
schätzung seines Wertes für die Volkskunde, wobei im besondern die Segen
klassifiziert und gewürdigt werden. Die Mahnung, die mittelalterlichen Hand-
schriften auszubeuten, möge Gehör linden und ebenso reiche Erträge hervorrufen,
wie diese vorbildliehe Arbeit uns bietet.
Berlin. Max Roediger.
Knisella Farsetti, Quattro bruscelli senrsi preceduti da iino Studio
sul bniscello in genere. Pirenze, Seeber, 1899. XI.. Is 8. 8°
Wie der Begriff der volkstümlichen Dichtungsart zu bestimmen sei, die man
in Toskana bruscello nennt, ist nicht leicht zu sagen. Dass das Volk selbst die
verschiedenen Namen, mit denen es seine im Freien sieh vollziehenden Aufführungen
% oii Unterredungen in strophischer Form zwischen mehreren Personen bezeichnet,
so sorgfältig voneinander scheide, wie es für den wissenschaftlichen Beobachter
bequem sein würde, scheint mir nicht gewiss. Die Bevoi ler Oktave als
Form d.r dichterischen Rede, die Verknüpfung der Oktaven untereinander durch
Reim zwischen dem Schluss der einen und dem Beginn der anderen, daneben
Verwendung kürzerer Strophen für die Scenenschlüsse sind wohl den meisten
bruscelli eigen. Daneben aber geht die grösste Ungleichheit in Bezug auf die
Gebiete einher, denen die Stoffe entnommen sind: ist hier die Götterwelt der
Alten, dort die antike Heldensage die Quelle, aus der geschöpft wird, so sieht
anderwärts der Zuschauer sich vorgeführt, was in -einer Umgebung sich täglich
vollziehen kann, oder hat er Gelegenheit, lächerliches Gebahren seiner Zeitgenossen
in lustiger Verzerrung dargestellt zu finden.
Ist manchmal eine kleine, einfache Handlung er auch eine lä
Reihe von Begebenheiten in wenige Strophen von Heden und Gegenreden zu-
Bammengefasst, so ist anderswo über das blosse Auftreten und Sichselbstvorstellen
göttlicher Persönlichkeiten kaum hin; - n. Natürlich ist auch «las gestaltende
Vermögen der (zum Teil bekannten) Urheber solcher Spiele sehr ungleich: manche
sind Lesens und Schreibens kaum mächtig und nicht immer sicher, das Mass des
elfsilbigen Verses richtig zu treffen, andere versuchen höher gehenden Anforderungen
zu genügen. Die Verfasserin giebt über die heute noch nicht seltenen Aufführungen
16
Pobler:
der i'iiisivlh. über rrüherc Versuche, die Gattung auch akademisch zu verfeinern,
über die Weise des musikalischen Vortrags dankenswerte Auskunft, die man zu
dem von D'Ancona und von ßiannini Gesagten gern hinzunehmen wird: versuch!
dann festzustellen, wie der bruscello vom muggio sich unterscheide (beide sind
nach dem als Mittelpunkt des Schauplatz..- aufgepflanzten Bäumchen benannt) und
teilt endlich vier in ihrer Ungleichartigkeii gui gewählte Proben der Gattung mit.
Kurz nach Ai^v besprochenen Schult hat die Verfasserin im nämlichen Verlag
eine zweite erscheinen lassen:
Befanate del contado toscano edita con im" introduzione. L900. XXXIN.
36 s. 8°.
Sie handelt in der Einleitung von dem Aufkommen der kirchlichen Feier
des Tages der heil, drei Könige und dem Zusammenhang solcher Feier mit
den Anfängen des geistlichen Schauspiels und andererseits mit den sehr wenig
erbaulich gewordenen Weisen, den Vorabend der epifania in den Gassen der
Städte und auf dem Lande mit Lärm und Herumfahren eines weiblichen Popanzes
zu begehen, dessen Name befana (aus epifania, mit Anlehnung an beffa) zum In-
begriff lächerlicher Hässlichkeit in Wcibesgestalt geworden ist. Sie kommt dann
auf die Bräuche zu sprechen, die heute mit dem Herumfahren der Befana sich
verbinden, das Singen von Liedern, in denen milde Gaben erbeten werden, und
die mannigfachen Weisen diesen Zweck mit dem Singen von der Befana zu ver-
binden. Eine längere geistliche und durchaus nicht volksmässige, sechs kürzere
weltliche und endlich eine noch vor zwei Jahren zur Aufführung gekommene
dramatische (gleichfalls durchaus weltliehe) Befanata reihen sich an, in welcher
letzteren das eigentlich fremde Element des Entzweisägens einer Alten und das-
jenige komischer Testamente mit aufgenommen sind oder vielmehr das der eigent-
lichen Befana völlig verdrängt haben, so dass man sich fragen darf, ob diese an
sich ganz bemerkenswerte Probe etwas roher Bauerndichtung in den Kreis der
Befanate zu ziehen ausreichender Grund vorhanden ist. Adolf Tobler.
Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus. Aus dem Munde des
Volkes gesammelt von Di'. Karl Heiser. Kempten, Köselsche Buch-
handlung. Heft 17. IS. 19 (Bd. IL 449— (540). 8°.
Von diesem wichtigen Werke für das Volkstum des Allgäus, das wir von
Anfang an mit Teilnahme begleiteten (zuletzt X, 10G), liegen wieder drei Hefte
vor. Das 17. und der grösste Teil des 18. Heftes enthält eine Darstellung der
.Mundart des Allgäus oder genauer dessen Mundarten, da das Allgäu teils dem
alemannischen, teils dem schwäbischen Dialekt angehört und diese sich wieder
spalten. Dr. Reiser ist nicht bloss ein geborener Allgäuer, sondern auch germa-
nistisch geschult und mit der neueren Mundartenforschung vertraut. So erhalten
wir denn hier eine sehr beachtenswerte wissenschaftliche Übersicht über die Volks-
sprache des schönen Alpengaus. Die Lautlehre erhält, wie die Sachen zur Zeit
liegen, den Hauptraum. Indessen sind auch für Deklination und Konjugation die
charakteristischen Verhältnisse klar und übersichtlich vorgetragen.
Dieser grammatische Abschnitt leitet den dritten Teil des ganzen Werkes ein,
der ausserdem die Sprichwörter, Redensarten, Volksreime und den Wortschatz
Bü< In rai
des Allans bringen wird. Der l!> -i des 18. und da • Hefl enthält die
Sprichwörter, die alphabetisch nach Schlagwörtern in Grup|
Bind in mundartliche Form gefasst, das Ganzi wertvoller Beitrag zur
deutschen Sprichwörterkunde. K W .
Drechsler, Paul, Das Verhältnis des Schlesiers zu seinen Haus-
tieren und Bäumen. Ein Beitrag zur deutschen Volkskunde. Beilage
zum Jahresbericht des Progymnasiums zu Zaborze, L001. Zabrze 1901.
S. ls. 4°.
Das erste Osterprograram des im oberschlesischen Kohlen- und Büttenbezirk
neu entstandenen Progymnasium in Zaborze-Zabrzc bringt eine Abhandln
Direktors, Dr. Paul Drechsler, der den Lesern unsrer Zeitschrift bereits näher
bekannt ist. Unter den Lehrern unsrer Mittelschulen gewinnt die Erkenntnis immer
mehr Boden, da— es nützlich sei, die Schüler auf das hinzulenken, das sie im
eigenen Volke als ureigene Art und Sitte umgiebt. Und so hat denn auch Dr. P. Dr.
sieh für das Programm ein seinen Schülern, aber auch allen Freunden der Volks-
kunde anziehendes Thema gewählt, die Darstellung, wie sich der Schlesier zu
Beiner nächsten Umgebung in Haus und Hof, den Tieren und zu den Bäumen des
Gartens verhält. Der Verfasser hat seit lange in den verschiedensten Gegenden
Schlesiens lleissig gesammelt und auch seine früheren Schüler an anderen Schulen
des Landes als Quellen benutzt. So verwertet er nun ein reiches Material. Die
Namen. >el>un<j' der Tiere, das Verhältnis zu den Kühen, zu dem Hunde, die Bräuche
DD "
zum Schutz des Stalles. Lei Aus- und Eintrieb, hei den Pesten des Jahres
Parailienereignissen treten namentlich hervor, und damit wird das verbunden, das
die Obstbäume aL fast belebte Zugehörige zum Leben des Bauses erscheinen
lässt. Die Abhandlung steht in naher Beziehung zu einer umfassenden Darstellung
von Sitte, Brauch und Volksglauben der Schlesier, die Dr. P. Drechsler als zweiter
Band der von der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde ausgehenden -Volks-
tümlichen Überlieferungen Schlesiens" im Teubnerschen Verlage in Leipzig bald
herauso-eben wird. K- Weinhold.
Hessisches Trachten buch von Ferdinand Justi. Zweite Lieferung mit
8 Trachtenbildern. Marburg, Elwertsche Verlagsbuchhandlung, 1901.
(S. 15— 42 Text.) fol.
Die erste Lieferung dieses für die deutsche Trachtenkunde wichtigen Werkes
haben wir in unrer Zeitschrift Bd. X. S. LH angezeigt. Wir freue,, uns der zweiten,
die acht neue Bildtafeln (5 ganze Gestalten. 3 einzelne Kleidungsstücke und den
Anfang der Beschreibung der Trachten der einzelnen Bezirke bringt Der Herr
Verfasser erinnert zunächst noch einmal kurz an die Entstehung der Volkstrachten,
wie er sie in der ersten Lieferung dargelhan: eine ungeschickte Nachahmung der
vornehmen und reichen Tracht, mit einzelnen selbständigen Veränderungen, vor
allem mit der nötigen Anpassung an die Bedürfnisse des Landlebens; die Tracht
bleibt aber schon wegen der dauerhaften Stoffe hinter der städtisch mehr
und mear zurück; manche Teile der Kleidung werden zäher restgehalten als dir.
anderen, manche rascher der vornehmen Mode nachgebildet. Die Volkstracht ist
also aus zeitlich verschiedenen Teilen zusammengesetzt und Aufgabe der Trachten-
Weinhold : Büchoranzcigen.
künde i»t- Aller und Herkunft der einzelnen Stücke zu bestimmen, was nur bei
der Beschränkung auf kleine Gebiete möglich wird.
Prof. I'Vrd. .1. behandelt nun zuerst die Tracht im Bieidonbacher Grunde oder
dem Perfgau (pagus Pernaffe), der sich in das Ober- und in das Untergericht teilt
Er stellt gleich an die Spitze den grossen Unterschied zwischen der Männer- und
Frauentracht. Die erstere schliesst sith der städtischen möglichst an und ist sehr
anscheinbar: bei einem Pfingstreigen, dem Hr. -I. I«'.'1.' hinter Steinperf zusah,
schien ihm als ob Edelfräulein mit ihren Knechten tanzten. Er stellt die Männer-
tracht also zunächst ganz in den Hintergrund und beschäftigt sich allein mit der
weiblichen, indem er die einzelnen Stücke sehr eingehend beschreibt Die ganze
Kleidung besteht aus dem langärmlichen Leinenhemd, dann dem sogen. Büffel,
einem ärmellosen anschliessenden wollenen grünen Kleide, über dem ein Armel-
leibchen oder ein feines Oberhemd liegt. Das Überkleid teilt sich in ein weites
offenes Mieder (Saratbrust, oder Brust), das mit schmalem geblümtem Bande ver-
schnürt wird. Diese Verschnürung hält auch das darunter liegende gestickte
Brusttuch fest, das eigentliche Zierstück der hessischen Frauentracht. Hr. J. handelt
hier im besonderen über die hessische Stickerei, die mit Vorliebe Rose, Tulpe
und Grasblumc (Nelke] zur Darstellung wählt. Den zweiten Teil des Oberkleides
giebt der Rock oder Kittel. Hiernach werden Schürze, Strümpfe, Schuhe be-
schrieben, sowie die Haartracht (Zöpfe) und die Mütze. Letztere ist im Perfgau
eine den um den Kopf gelegten Zopf bedeckende und für den Hinterkopf aus-
geschnittene kegelartige Röhre, die aus steifem Papier gemacht wird, das mit
Tuch überzogen ist. Herr J. weist (S. 24. 25) nach, dass sich hierin die mittel-
alterliche brabantische Mütze erhalten hat, die mit der Herzogin Sophie von Brabant,
der Tochter der hl. Elisabeth, 1248 nach Hessen gekommen ist.
Im Untergericht des Perfgaus ist die weibliche Kleidung im wesentlichsten
dieselbe. Leider kommt das Brusttuch in der Gegenwart hier ab und wird durch
das sourcn. Tuch, das ihm auch im Obergericht schon hinderlich ist, ein baum-
wollenes Halstuch, verdrängt. Die Mütze, die den elliptisch hinten aufgesteckten
Zopf bedeckt, heisst Stülpchen und ist von der brabantischen Mütze des Ober-
gerichts verschieden. Das Stülpchen besieht aus einer am Hinterkopf sitzenden,
13 cm hohen Röhre, die unten an den Seiten Ohrlappen mit kleinen Schuppen hat,
und aus der eigentlichen Mütze, deren Boden eine flache runde Scheibe bildet.
Gotische gestickte Ornamente bedecken die Röhre wie die Scheibe. Herr Justi
weist diese Kopfbedeckung auf Bildwerken des ausgehenden 15. und des IG. Jahr-
hunderts nach. Jedenfalls ist das dem Obergericht im Perfgau eigentümliche
Stülpchen sehr alt. Beim schwarzen Traueranzuge und in der Kirche ist es weiss.
Die weissen Abendmahlstülpchen sind mit sehr schöner weisser und schwarzer
verschiedenartiger Stickerei geschmückt.
Unter No. II wird die Frauentracht westlich der Lahn beschrieben. Vor liegt
als erstes Stück der Kreis Marburg. Die Teile der Kleidung sind dieselben, aber
mit Besonderheiten. So wird über dem Büffel ein weissleinenes knappes Mieder
getragen, das Kimmctche oder Halstuch, mit weiten glockenförmigen Ärmeln, die
bis an den Ellbogen reichen und die Hemdärmel bedecken. Herr J. macht über
diese Ärmel eine' lehrreiche geschichtliche Ausführung (S. 32 — 34). Über das
Oberkleid samt dem oft prächtig gesticktem Brusttuch wird noch ein zweites
ivimmetche (das schwarze oder obere; getragen, das indessen jetzt von dem Motzen,
einer schwarzen vorn zugehakten Oberjacke, verdrängt ist. Schwarz ist überhaupt
die Farbe der ganzen Kleidung bis auf die weissen Strümpfe, und eine solche
Kirchgemeinde macht einen ungemein ernsten feierlichen Eindruck. Die jetzige
Jugend stellt sich leider in Gegensatz hierzu und nimmt bunte Tracht an.
Boed
Der Berr \ erfasser bandelt dann von der Bchwarztucbenen Mutze, der Schneppe-
kapp, und ihrem etwaigen Alter; dann über den Trauermantel und den Bchwarzen
Schleier, die beide arsprünglich zur feierlichen Tracht tiberhau] I . keines-
nur bei Begräbnissen. Im Kreis Eschwege heissl der Mantel „der Hauken*4,
dasselbe Wort wie die Heuke der Limburger Chronik zn 1349. 1351. Herr J.
spricht nun über diese im Nordwesten und besonders in den Niederlandi n bekannten
Heuken, deren Namen (wie arsprünglich die Sache aus dem spanischen Arabien
stanmii (arab. haik).
Das hier Mitgeteilte wird die Bedeutung des Justischen Werk« b für die deutsche
rrachtenkunde erraten lassen. Bemerken will ich noch, dasa die technische Aus-
führung der Bildtafeln mir gegen das erste Hefl im Portschritt begriffen erscheint.
K. Wem ho Id.
\ns den
Sitzung-Protokollen des Vereins für Volkskunde.
Freitag, den 22. Februar 1901. Herr Geheimrat Friede! sprach über
Fischereigeräte und legte dahin gehörige Gegenstände aus dem Märkischen
Provinzial-Museum vor, die aus der ältesten bis in die Neuzeit reichten. Denn
die Spuren der Fischerei gehen sehr weit zurück, obwohl die gemeiniglich an-
genommenen Etappen der menschlichen Entwickelung: Jagd and Fischerei, Hirten-
leben, Ackerhau keineswegs allgemeine Gültigkeit halten. Ergiebige Fischerei ist
ohne Werkzeuge unmöglich. Sie setzt alter, wie paläolithische Funde in Frankreich
und Belgien beweisen, schon frühzeitig ein, auch in Amerika. Die beste Übersicht
liefert das Werk von Rau, Prehistoric fishing in Europe and North-America, her-
ausgegeben vom Smithsonian Institute 1884. Der Vortragende wies nach, dass
die Geräte sowohl für die stille, wie für die bewegte Fischerei eine merkwürdige
Übereinstimmung und Dauer der Formen erkennen las» ' bei komplizierten
Stricknadeln für Netze oder bei Otterfallen. Statt des Eisens wendet man noch
jetzt gern Stein und Knochen an. Von hervorragender Schönheit war eine neo-
lithische Harpune. Es wurden auch Stücke jt, die in junger Zeit beim
Fischhandel dienten, z.B. ein Masshecht. Darauf verlas Herr Sökeland den
Kassenbericht des Schatzmeisters für L900, wobei der wiederum bewilligte und
so notwendige Beitrag des hohen Ministeriums mit ehrerbietigem Danke zn er-
wähnen war. Da die Aufstellung für richtig befunden war, erhielt der Hen
Schatzmeister Entlastung. In den Ausschuss wurden -.wählt Fräul. Lemke und
die Herren Friede], Bartels. Mielke, Bastian. Brich Schmidt. Bolte, Marelle, Voss,
Brandl, Heusler, Moebius. Schliesslich erörterte Herr Prof. Dr. Martin Hartmann
die Stellung der Frau im Islam in einen. Vortrag, der in der Zeitschrift weiter
ausgeführt erscheinen wird.
Freitag, den 22. März 1901. Herr Fabrikant Sökeland führte Wünschel-
ruten in Thätigkeit vor und erklärte ihre Bewegungen aus der Art. wie sie
gehalten werden, bei gewolltem oder unwillkürlichem Anstoss durch den Ti
Das dazu prädestinierte Holz ist die Hasel oben S. 11), doch benutzt man auch
Roedigi i: Protokolle.
anderes Bolz, auch .Metall, überhaupt alles, \\a^ m der Hand federn kann. Die
/.fit des Schneidens und die Sprüche dabei wechseln. Gewöhnlich ist es eil
gabeliger Zweig; wird er zerstört, so arbeiten die einzelnen Stücke. Der Gebrauch
Einte ging vom Wasser- und Schatzsnchen aus, gewann aber immer weiteren
Umfang. Znersl in Prankreich, dann auch in Deutschland bediente sich ihrer die
Justiz zur Entdeckung von Dbelthätern; denn die Rute zeigt, so behauptete man.
die leinen Atome an, die aus dem Körper des Verbrechers ausdämpfen. Auch
die Cntrene der Frauen sollte sie anzeigen, verborgene Reliquien: Wahrsager
benutzten sie. Dass Satan dabei die Hand im Spiele habe, wurde behauptet und
bestritten. Man suchte auch das Perpetuum mobile und Flugmaschinen aus
Wünschelruten zusammenzusetzen. Dieses Treiben, worüber man sich aus Zeidlers
Pantnmvsteriuni unterrichten kann, währte bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts;
der Quellen findenden Wünschelrute erstand sogar noch ein Verteidiger unter den
Zuhörern. Das sogen, side tische Pendel, das Herr Sökeland noch spielen
liess, nimmt seine Richtung unter dem ungewollten Einflüsse des Haltenden. —
Über Shakespeares Hexen sprach sodann Herr Prof. Dr. Brandl. Am wichtigsten
sind die Hexen im Macbeth. Sic sind dort Symbole, verkörpern die Schicksals-
mächte, denen der Held sich nicht entziehen kann. Es wird dadurch seiner Gestalt
eine unheimliche Grösse gegeben und zugleich Mitleid mit ihm erweckt. Erfunden
bat sie Shakespeare nicht, sondern fand sie schon in seiner Quelle Holinshed, der
ein Freund von Sagen war. Hier sehen wir bei der ersten Begegnung Nornen,
bei der zweiten eine Hexe. Holinshed wieder entnahm die übermenschlichen
Wesen dem älteren Chronisten Winthoun. Germanisches, Antikes, Biblisches
mischt sich in ihrer Ausgestaltung bei Shakespeare. Bei der ersten, unerwarteten
Begegnung im Sturm und Regen auf der Heide sind sie noch deutlich germanische
Windgöttinnen, denen aber das Wissen der Xornen und die Bosheit der ebenfalls
germanischen Hexen anhaftet. Stellt Hekate sie zur Rede, so ist das antike Bei-
mischung Das zweite Mal werden die Hexen aufgesucht. Wieder spielt Hekate
hinein, aber auch von germanischen Elfen ist die Rede und dazu lassen sie Er-
scheinungen auftreten, wie die Hexe von Endor 1. Sam. 28; und wie diese den
erschrockenen Sau! erquickt, heitern die Hexen Macbeth durch Musik und Tanz
auf. Beim Publikum machten diese Scenen einen ungeheuren Eindruck und
weckten Nachahmungen: es sei nur an Byron und Goethe erinnert. Hexengläubig
war Shakespeare nicht, so wenig wie die Mehrzahl seiner Zeitgenossen, wenn-
gleich Rückfälle in den alten Wahn selbst der englischen Justiz nicht erspart
blieben. Hätte der Dichter an Hexen geglaubt, so würde er sich gescheut haben,
sie als poetisches Mittel zu verwenden. — Zum Obmann des Ausschusses wurde
Herr Fr i edel gewählt.
Dienstag, den 2. April 1901, hatte Herr Geheimrat Friedel unter Beistand
des Herrn Kustos Buch holz die Güte, den Mitgliedern des Vereins und ihren
Angehörigen die neu geordneten Sammlungen des ihm unterstellten Märkischen
Provinzial-Museums zu erklären. Er beschenkte bei dieser Gelegenheit unsre
Bibliothek mit der reich ausgestatteten Festschrift der Museums-Direktion beim
25jahrigcn Bestehen des Museums, die über die Geschichte und Leistungen der
Anstalt unterrichtet und eine Abhandlung des Herrn Friedel über das einzig da-
stehende Rönigsgrab von Seddin in der Westpriegnitz enthält, der sechs Tafeln
Abbildungen beigegeben sind. Die Funde ruhen im Museum.
Max Roediger.
Die Frau im Islam
Von Martin Bartmann.
„Ich kenne in der ganzen Weltgeschichte keinen handgreiflicheren
Beweis für den vielangefochtenen Satz von den kleinen Ursachen und
grossen Wirkungen, als dass noch im L9. Jahrhundert uher 200 Millionen
Menschen von jedem sittlichen Emfluss edleren weihlichen Wesens aus-
geschlossen sind and immer ausgeschlossen bleiben müssen weil im
Jahre 625 ein fahriges vierzehnjähriges Ding von Araberin ein Baisband
im Werte von ein paar Mark verloren hatte."
Mit diesen Worten schliesst A.ugusi Müller den Abschnitt seiner Ge-
Bchichte des [slams, in dem er den Zwischenfall mit der „Mutter der
Gläubigen", der Lieblingsfrau des Propheten, 'Ä'ischa, behandelt (8. 133 f.).
Der Fall "Ä'ischa, an sich anbedeutend, ist in der That für die äussere
und innere Entwicklung <!«'> islamischen Orients von hoher Bedeutung
ereworden. \us den Berichten, die vorliegen, lässt sich mit einiger Sicher-
heit folgendes Bild gewinnen.8)
'Ä'ischä war vom Propheten auf einen Beutezug mitgenommen worden
(im vierten Jahre nach der Obersiedlung von .Mekka nach Medina). Bei
äer Rückkehr, nicht weit von Medina, verlor die vierzehnjährige junge
Frau die Fühlung mir der Karawane: sie vermisste eine Muschelhalsschnur,
und während sie danach suchte, war man aufgebrochen mit ihrer Sänfte,
in der man sie sitzend wähnte. Es war Nacht, und der Armen blieb
nichts übrig als am Lagerorte auszuharren, bis mau sie holte, sie schlief
ein. Am Morgen kam ein Mann vorüber, der sie früher gesehen. Er er-
kannte sie wieder. Sie warf ihr Kopftuch über. Er Hess sie auf sein
1) Erweiterter Abdruck des am 22. Febr. 1901 im Verein für Volkskunde von P I
Dr. M. Hartmann gehaltenen Vortrags.
2) Der Hauptbericht liegt vor im hadit al'ufk Buchäri ed. Kairo, .Main» . 1309
25; nach ihm gieht die Erzählung der 'A'ischa Sprenger, der sie »von ihren B< wu:
verbessert (?) und von Zohry redigiert" nennt, Leben und Lehre des Moharam
In der Kette bei Buchäri a. a. 0. isl Zolin nicht erwähnt: dort isi ■■■ r i daktor Ibn
Bchihäb, der eingestanden die Brocken von vier ungleichwertigen Gewährsmannern Trwa
b.Azzubair, Sa'id b. Almusaijab, 'Alqama b.Waqqäg und Tbaidalläh b. 'Abdallah b.
b. Mas'üd) zusammengeschwei-st hat.
Zeitschr. d. Vereius f. Volkskunde. 1901.
238 Bartmann:
Kamel steigen, das er führte. Am Mittag holten Bie das Beer ein. Die
Zungen waren geschäftig. Der Prophet selbst zweifelte. Zwei
anensmänner hat er um Rat, darunter seinen Vetter and Schwieger-
sohn 'All. "Ali riet ihm. gegen die verdächtige Gattin die Scheidung aus-
zusprechen, eine Stellungnahme, die ihm den unauslöschlichen Hass der
Gekränkten eintrug und damit schweres Unheil über die Muslims brachte.1)
Mohammed folgte nicht.-) Sein Einlenken — er hatte die Verdächtige,
die vor Erregung ernstlich erkrankt war. etwa einen Monat lang vernach-
lässigt — kleidete sich in die Form einer Offenbarung. Ks wird nirgend
im Islam bestritten, dass die Verse im Anfang der 24. Sure, die von der
untreuen Frau handeln, sich auf den Fall 'Ä'ischa beziehen. Gott ver-
kündete (Vers 11 — 19)8).: „Die da mit Lügen kommen, | Ein Trupp von
euch: o haltet dies | Nicht für ein grosses Übel; | Es ist für euch nur
besser. 1 Denn jedem Mann von ihnen bleibt | Was er gewirkt von Sünde:
| Dnd wer davon beging das schwerste, | Dem wird auch grosse Strafe.
(1*J) Wenn aber ihr dergleichen höret, j O möchten gläubige Männer oder
Frauen j Dann bei sich selbst das beste denken | Und sagen: Das ist
offenbare Lüge. (13) 0 möchten sie darüber doch j Tier Zeugen bringen,
oder wenn | Sie keine Zeugen bringen, | So sind vor Gott sie Lügner.
(14) Und wäre nicht die Gnade Gottes über euch | Und sein Erbarmen j
Hienieden und in jener "Welt, j Euch hätte längst betroffen j In dem, worin
ihr euch ergiesset, schwere Strafe, | Wenn ihr's mit euern Zungen auf-
nehmt, | Und sagt mit euern Mündern | Wovon ihr doch kein Wissen
habt, | Und haltet's für gering, doch ist's bei Gott ein Grosses. (15) 0
miichtet ihr. wenn ihr es höret, sprechen: | Uns steht nicht zu, davon zu
reden, Behüte! das ist arger Lug. (16) Gott malmet euch, dass ihr nie
wieder solches thut, , Wenn ihr wollt Gläubige heissen. (17) Gott offen-
baret euch die Zeichen, | Und Gott ist weis' und kundig. (18j Die so da
wünschen, dass auskomme Schmähliches | Über die, so da glauben, | Der-
selben wartet Strafe peinvoll (19) In dieser Welt und in der andern; |
und Gott weiss, und ihr wisset nicht."
Drin peinlichen Geklatsch war durch die göttliche Bestimmung. Un-
treue der Gattin kann nur durch vier Zeugen erwiesen werden, ein Ende
gemacht. Aber es sollte den bösen Zungen zugleich eine scharfe Lektion
erteilt werden, und so wurde ferner verkündet (V. 4): „Doch die be-
schmitzen züchtige Frauen | Und dann nicht kommen mit vier Zeugen, |
1) Die spätere Geschichtsfälschung lässt die Mutter der Gläubigen über ihr Verhalten
gegeu 'Ali Reue empfinden und die faule Ausrede des qadar maqdür, des Verhängnisses,
gebrauchen, s. Albaihaql, kitäb almahasin walmasäwi ed. Schwall}' 322f.
2) Sprenger a. a. 0. nimmt an, ' A'ischa sei in der That auf den Rat 'Alis von
Mohammed Verstössen worden.
3) Ich folge bei dieser und den andern hier mitgeteilten Qur'änstellen der form-
vollendeten Übersetzung Rückerts. Von denen, die bei Rückert fehlen, gebe ich eigne
Übersetzung.
Die Frau im [slam.
So streichet ihnen achtzig Streiche, ' Und aehmel nie mehr Zeugnis an
rön iliiMMi. | Dieselben Bind A.htrünnige." Zwei der Hauptankläger Hessen
siofa als aufrichtige Gläubige die Strafe gefallen.1)
Die Geschichte ist unerfreulich. Sie widerl ans geradezu an, weil
hier um einer Bifersuchtregung willen der Apparai der göttlichen [nspiration
in Bewegung gesetzt wird. Aber roil welchem Rechl arteill Müller, der
Islam von heute sei von jedem sittlichen Einfluss edleren weiblichen
\\ « -.'iis ausgeschlossen und müsse es immer bleiben, weil vor 1300 Jahren
die 14 jährige 'Ä'ischa ein Halsband verlor? Müller deduziert: es sei doch
klar, dass einem Manne, der zur Erhärtung der Untreue Beiner Frau vier
Augenzeugen braucht, nichts übrig bleibt, als sie einzusperren. Sonderbare
Logik! Als ob die Araber nicht ebenso gut wie alle andern Völker des
Orients and Occidents gewusst hätten, was in allen Volksbüchern von
dem Vorbild des Pantschatantra bis in die neuesten Heftchen „gedruckt
in diesem Jahr" zu lesen ist, dass der Eifersüchtige, der die Gattin hinter
Bchloss and Riegel hält, erst recht genarrt wird! I>ie Schwierigkeit, den
Schuldbeweis zu erbfingen, konnte höchstens Anlas- für Heu Muslim
werden, bei dem geringsten Verdacht das ihm gesetzlich zustehende Recht
der Scheidung auszuüben. Müller behauptet auch, das angebliche Schleier-
gebot sei eine Folge des Falles 'Ä'ischa. Das ist ein Irrtum. Die Stelle
des Qur'äns, die allein in Betracht kommt2), gehört in die Zeit nach dem
Abenteuer der Lieblingsfrau des Propheten. Die Hauptsache ist aber,
«lass sich bei näherem Betrachten dieser Stelle das ganze Gerede von dem
Verschleierungsverbot in eitel Dunst auflöst. Ks heisst Sure 33,59: „Du,
o Prophete. sprich zu «leinen Frauen, | Zu deinen Töchtern und den
Weibern j Der Gläubigen, sie sollen senken | Auf sich ein Teil von ihren
riienvürfen. | So ist's geschickter, dass man sie erkenne, doch [richtiger:
und infolgedessen] nicht kränke." Wenn die meisten Exegeten und Rechts-
lehrer ans dieser Stelle folgern, dass die Muslime (Muhammedanerin) das
1) Mistah und Hamna, die Tochter des Dschahsch, s. Sprenger 3, <>7.
2 Müller sagt nur allgemein a. a. 0. „Ferner wurde ihnen und den andern Weibern
der Gläubigen vorgeschrieben, sich in Gegenwart von Fremden zu verschleiern." Damit
kann nur die gleich zu besprechende Stelle Sure I mi int sein, denn nur in ihr isl
von einem allgemeinen Gebot die Bede. Gewiss war Müller irregeleitel durch Sprenger,
der 3. G4 ' Ä'ischa erzählen lässt: „Es war damals schon da- Gebot, dass die Frauen rieb
verschleiern müssen, geoffenbart worden." Bei Buchäri beissi es ba'da mu unzil-
alhidschäbu; diese Worte können sich allein auf die einzige Stelle deB Qur'äns beziehen,
in welcher das Wort hidschäb in Bezug auf Frauen vorkommt, Sure 33, 53. Dort bandeil
es sich aber nur um die Frauen des Propheten, und selbst in Bezug auf rie ist die Vor-
schrift so gefasst, dass sich die gut bezeugte Thatsache, da-- Frauen des Propheten in
Gegenwart männlicher Besucher unverschleiert waren (vgl. auch 'Ä'ischa in der Kamel-
schlacht), sehr wohl mit ihr vereinigen lässt; es heisst in der angeführten Qur'änstelle:
„Und wenn ihr seine Frauen bittet um Gerät, | So bittet so, dass zwischen sei ein Vor-
hang. | Das ist euch unverzüglicher für eure Herzen und für ihre Herzen, | Und nicht zu
kommt es euch zu kränken | Den Abgesandten Gottes, | Noch zu heiraten seine Frauen je
nach ihm; | Denn das war euch bei Gott ein grosses."
17*
_' (ii Hai tmann:
iit zu verhüllen habe, bo isi das ein wichtiges Beispiel dafür, wie
iv Sitte die Auslegung der heiligen Bücher und die Aufstellung
religiöser und rechtlicher Satzungen beeinflusst. Auch ist von Bedeutung,
da.ss in einem bestimmten Fall der Frau ausdrücklich die Nichtverhüllung
des Gesichtes zugestanden wird, nämlich heim Gebet, wenn auch zuzugeben
ist, dass diese Bestimmung jene andere von der Gesichtverhüllung vor
nicht blutsverwandten Männern nach islamischer Rechtsansohauung nicht
ausschliessen würde.
Doch viel wichtiger als die Frage: Sind die theoretischen Klügeleien
der Rechtsgelehrten gerechtfertigt? ist <lie andere nach den Thatsachen,
die wir aus d^w besten historischen Quellen entnehmen. Da zeigt sich, es
geht aus unzähligen Berichten hervor, dass bis ins zweite Jahrhundert
nach der Flucht, also bi> etwa 750 u. Z. die Frau in reger Weise am
geselligen und öffentlichen Leben teilnahm. Das ist sehr unwahrscheinlich,
wären schon damals die Frauen zur Gesichtverhüllung verurteilt gewesen.
Dass diese auch vor dem Islam nicht bestand, wenigstens nicht obli-
gatorisch war. dürfen wir annehmen. Freilich wissen wir über die Stellung
der Frau in Arabien vor dem Islam nicht viel Sicheres. Eines ist gewiss.
dass die vorislamische Araberin gleich beim Eintritt ins Leben mit dem
Leben Bchwer zu kämpfen hatte. „(60) Wird ihrer einem angesagt ein
Mädchen, | So wird sein Antlitz dunkel, | Und Ärger würget ihn. (Gl) Er
birgt sich vor den Leuten ob | Der Schmach des Angesagten; | Wird er 's
behalten mit Verachtung? j Oder verscharrt er es im Staub? | Wie übel ist
ihr Urteil!" So lässt sich (iott in der 16. Sure vernehmen. Und an zahl-
reichen andern Stellen werden die Araber ermahnt, nicht ihre Kinder zu
töten. Dass die Mädchen vorzugsweise von diesem Schicksal betroffen
wurden. wissen wir auch aus andern Berichten. Ihnen war mit Vorliebe
das L'is des lebendig Begrabenwerdens zugedacht. Im Gegensatz zu dem,
was heut als im Orient allgemein üblich gilt, ermahnt der Prophet die
Gläubigen, die Kinder beider Geschlechter mit gleicher Freude zu begrüssen.
Die Hauptsorge Muhammeds war. die Stellung der Frau in der Ehe
zu regeln. Unter seinen Landsleuten fand er in diesen Dingen eine grosse
Willkür. Das ist «las Kennzeichen des vorislamischen Arabiens, dass seine
Bewohner nicht einer Gleichartigkeit in der Lebensführung sich erfreuten.
Vom beduinischen Standpunkte aus war das ein Vorzug, denn der Beduine
liasst den Zwang. Aber Arabien besass zu Muhammeds Zeit auch eine
nicht unbeträchtliche Menge von sesshaften Bewohnern, eine Anzahl grösserer
Verkehrscentren. Die verschiedenen Institutionen, die sich fanden, mit-
einander zu vergleichen und ein System daraus zu machen, wäre eine
höchst schwierige Arbeit gewesen. Die Aufgabe Hess sich leichter lösen:
unter den Arabern lebten zahlreiche Juden1), und die hatten das, was
1) Über sie s. meinen Vortrag „Muhammed und die Juden" in: Allgemeine Zeitung
identums 1891, No. 6 — 9.
I lie Frau im [slam. ■_' | 1
jenen fehlte: era ausgebildetes Gesetz. Die BefruchtuugeD, die Muhammed
\,,ii Beinen jüdischen Landsleuten erhielt, Bind bekannt. Die Form, anter
welcher die Legenden von den Bogen. Erzvätern and andere biblische
Stoffe im Qur'än erscheinen, deckt Bich auffallend mit der der legenden-
haften jüdischen Litteratur. In Bezug auf die Frau isl ihm Beine Ver-
trautheit mit «lem jüdischen Wesen besonders aützlich geworden. Die
Bestimmungen des jüdischen Gesetzes sind nachweislich zum Teil von ihm
übernommen worden. Das Eauptsächlichste ist folgendes:
Der Mann darf bis vier Frauen heiraten (Surr 1. 3).1) Die Wald ist
nicht an den Glauben gebunden, wenigstens nicht in Bezug auf Frauen,
die zu den Buchbesitzern (ahl kitäb, d.h. Christen and .luden) gehören;
denn wenn es auch Sure 2, •_)_<» beisst: „Und heiratet nicht die Viel-
götterinnen, bis sie glauben, und fürwahr, eine gläubige Sklavin isl bi
als eine (freie) Vielgötterin, mag sie auch gefallen", so wird diese Be-
stimmung durch den Vers Sure 5, 7 eingeschränkt: „Erlaubt Bind euch
die Züchtigen von den Gläubigen und die Züchtigen ron denen, die vor
euch das Buch erhalten haben, wenn ihr ihnen ihren Lohn [ihre Mitgift]
gebt.1' Zu bemerken ist dazu, dass andrerseits die in der ersten der beiden
Stellen (Sure 2, 220) gegebene weitere Vorschrift „Verheiratet nicht au
Vielgötterer, bis sie glauben, fürwahr, ein gläubiger Sklave ist besser als
ein (freier) Vielgötterer, mag er euch auch gefallen" bedingungslos ist,
dass also eine Muslime unter keinen Umständen einen Nichtmuslim heiraten
darf.2) Besonders sympathisch berührt uns die Aufforderung, sich nicht
durch Rücksieht auf Vermögen leiten zu lassen und die Ehe auch bei
Armut beider Teile im Vertrauen auf Gott einzugehen (Sure 24, 32
„Verheiratet die Gattenlosen unter euch, i Die Frommen mich von euren
Knechten | Und euern Mägden! wenn sie arm sind. | Gott wird sie machen
reich von seiner Gnade, | Und Gott ist weit umfassend, kundig." Aber
andererseits soll der junge Muslim nicht blind drauf los heiraten und wo-
möglich deich von der Erlaubnis der Vierzahl der Krauen Gebrauch machen.
1) Die Talmudistcn setzten fest, dass kein Jude über 4 Weibei zugleich, ein I
höchstens 18 haben sollte. Bei den Aschkenazim isl seit etwa 1450 die Einehe die I
bei den Sel'ardiin scheint das nicht der Fall zu sein: we war es in Beirut um 1880
stadtkundig, dass ein dort wohnhafter angesehener jüdischer Kaufmann zwei Frauen hatte.
2) Die ratio ist klar: Heiratet die Muslime einen Fremden, so RUH Bie ab, di
meinde wird kleiner: auch wird in der ersten Zeit di ä Islams in Arabien Mangel an Krauen
geherrscht haben, obwohl man bei den besseren wirtschaftlichen Verhältnissen, die der
beutemachende Islam mit sich brachte, nicht mehr nötig hatte, die Töcht( r, das fri
unproduktive Kapital, aus der Welt zu schaffen, übrigens wurde es mit der rigo
Vorschrift nicht immer streng genommen, namentlich wenn die Staatsraison oder die Gewalt
ein Wörtlein mitsprach. Jedenfalls befand sich die kasehgarische Muslime, die nach der
Eroberung von Kaschgar im Jahre 1759 in den Harem d K'ien-long
aufgenommen wurde, und der zu Ehren der Fürst 'ine Moschee nahe dem Paläste bauen
liess, sehr wohl dabei, und aueb ihre Glaubensgenossen nahmen, ächeint es, keinen Ar
daran (s. Deveria in Journal Asiatique 18i)7, II, 44 ?).
242 Hartmann:
Darum Btehj Sure I. 3 der Weisung: „Spendet gern deu Fraueu ilire
Mitgift, und wenn sie euch gutwillig etwas davon erlassen, so verzehrt es
mir Behagen" die Ermahnung gegenüber: „Wenn ihr aber fürchtet, dass
ihr nulit gerecht seid5 bo heiratet nur eine Frau oder was eure Pechte
hält" (eine Sklavin). Ferner heisst es Sure 24, 33: „Enthalten aber sollen
sie sich, | Die keine Heirat finden^ | Bis Gott sie machet reich von seiner
Gnade." Die Konkubinenwirtschaft, die im Islam später so allgemein
wurde, und die so grosse Verheerungen angerichtet hat, ist im Qur'an
durchaus gemissbilligt. Nur die Unfähigkeit, für eine rechtmässige Gattin
die Mitgift zu zahlen und sie angemessen zu unterhalten, giebt ein Anrecht
auf das Halten einer Sklavin. Wer eine oder mehr rechtmässige Frauen
hat. soll mit ihnen leben ..züchtig, nicht Unzucht Treibend und nicht
Konkubinen nehmend" (Sure 5, 7).
An zahlreichen Stellen spricht der Qur'an von Mann und Frau neben-
einander, denen in gleicher Weise gute und schlechte Handlungen ver-
golten werden: „Ich lasse nicht verloren gelm eine Handlung irgend eines
unter euch. Mann oder Frau" (Sure 3, 193); „Wer aber Gutes thut, von
Männern oder Fraun, | Und ist dabei ein Gläubiger, | Dieselben führen
wir zum Garten, | Sie werden nicht verkürzt um eine Faser" (Sure 4, 123).
Die frommen Ehegatten werden auch im Paradiese vereint sein: „Ja die
Genossen | Des "Wonnegartens heute sind | Beschäftigt froh, Sie selbst
und ihre Frauen, | Im Schatten auf Kuhbetten hingelehnet" (Sure 36, 55.
56); ferner: „Die da geglaubt an unsre Zeichen, | Und waren Gottergebne,
Geht ein zum Garten, ihr und eure Fraun, durchwonnet!" (Sure 43, 69. 70).
Ebenso schuldig wie die Männer sind die Frauen, wenn sie die Botschaft,
mit der Gott den letzten aller Propheten und ihren Schlussstein gesandt,
nicht annehmen: ..AI »er strafe die Heuchler und Heuchlerinnen, | Götzen-
diener und ( iötzendienerinnen, | Die meinen über Gott die schlimme
Meinung, [ über sie die Umkreisung | Des Schlimmen, Gott zürnt über
sie | Und fluchet ihnen und bereitet ihnen | Die Hölle, schlimm ist sie zur
Einkehr" (Sure 48, 6). Die angeführten Stellen stehen freilich nicht ganz
in Einklang mit einer Ansicht von der Frau, die Muhammed dem Judentum
entnommen hat. Es ist bekannt, wie das Alte Testament von der Frau
spricht, und dass es nur der natürliche Ausfluss jener alttestamentlichen
Stellungen i>t. wenn der «lüde im täglichen Gebete Gott dafür dankt,
dass er ihn als Mann, nicht als Weib, erschaffen. Ähnlich rohe An-
schauungen finden sich auch im Qur'an: Die Frauen werden bezeichnet
Sure 4.'!. 17 als ..die aufwachsen im Putz und ohne Vernunft streiten."
Der Mann hat zu befehlen, die Frau hat zu gehorchen, und ist sie un-
gehorsam, so wird sie geprügelt. Es heisst Sure 4, 38: „Die Männer
-elieii vor den Weibern, | Weil Gott gab Gnadenvorzug einem vor dem
andern. ; Und auch weil sie aufwenden ihr Vermögen. | Ehrbare Frauen
aber sind j Gehorsam and bewahren das Geheimnis, weil sie Gott bewahrt.
Die Frau im rslam. ■• \.\
| Doch deren Widerspenstigkeit Ihr fürchtet, Dieselbigen vermahn el und
Bcheidet ench von ihrem Lager, Und schlaget ßie! doch wenn sie euch
gehorchen, Suchet gegen sie keinen Weg! Denn Gott ist hoch und
mächtig."
Freilich, gleich darauf folgt ein Spruch, der diese harte Bestimmung
erheblich mildert. Es kommt nämlich nur darauf an, ob Bich die Frau
eine gemeine, rohe Behandlung gefallen lässt, ob sie in das Hineinwerfen
in <lie Rolle eines Tiers willigt. Muhammed h.it sich sehr weisi
jede Frau hat den Mann, den sie verdient, und lässt Bich eiue die Miss-
handlungen eines rohen Patrons gefallen, so verdient sie ihn. Lässi sie
Bich sie nicht gefallen, so giebt ihr Gott selbst das Mittel an die Eand,
dem unwürdigen Zustande abzuhelfen (Sure 4, 39): „Befürchtet ihr Zer-
würfnis eines Ehebundes, ■ So bringt zur Stelle einen i Schiedsrichter von
des .Mannes Seite, | Und einen von i\i-^ Weibes Seite. | Und wenn die
beiden sich vertragen, j So wird Oiott ihren Bund befestigen, Denn Gott
ist weis" und kundig'."1) Vertragen sie sich aber nicht, so erfolgt die
Trennung, die auch vom Richter festgesetzt werden kann. Es sind (dien
dem Missbrauch der Kochte, die der rslam dem Mann zu Ungunsten <\<'V
1) Von ehelichem Zwist handeln noch die Sprüche Sure 1, 127 und 129: „Fürchtet
eine Frau von ihrem Gatten Ungerechtigkeit oder Vernachlässigung, bo ist's keine Schande
für sie beide, dass >ie Frieden zwischen sich schaffen, denn der Friede ist besser; Bind
doch die Seelen der Menschen selbstsüchtig erschaffen; seid ihr aber gütig und meidet
Ungerechtigkeit, so weiss Gott, was ihr thut. (129) Und trennen sich die Gatten, so hilft
Gott jedem darüber fort aus Fülle seiner Macht, und Gott ist weitumfassend, kundig."
Das Einzelne haben dann die Rechtsgelehrbn später i'<>t ir« 1. 14-1 , "der vielmehr: in der
islamischen Gemeinde haben sich für das Verhalten in ehelichen Zwistigkeiten feste Nonnen
gebildet, und diese sind dann von den grossen Rechtslehren] bei Ausbau de Sj
wandt worden. Dass dann die einmal in Rechtsbüchern festgelegten Arten der Behandlung
solcher Fälle völlig in das Bewusstsein des Volkes übergingen und 30 wiederum die
gelehrte Forschung die Volkssitte beeinilusste, darf kaum erwähnt werden. Eis muss aber
auf die gewöhnlich nicht genügend beachtete Seile des islamischen Rechtes hinge?
werden, dass es ausserordentlich biegsam ist, und dass es, soweit Qur'än und Sunna nicht
scharf ausgesprochene Einzelvorschriften enthalten (und das ist selten der Fall . der Rück-
sicht auf den bestehenden Brauch ('urf) und der Verwendung der menschlichen G<
thätigkeit zur Auffindung des Angemessensten einen weiten Spielraum lässt. Das ist auch
gerade im Eherecht der Fall. Nach den Sitten der verschiedenen islamischen Länder und
nach dem persönlichen Standpunkt der Rechtslehrer gestalten sich auch in Dingen der
setzgebung und in Fragen der Behandlung der Frau nach allen Richtungen die
Einzelvorschriften recht mannigfaltig. Dass diese sich in den Rechtsbüchern zu einer nna
oft wunderlich erscheinenden Kasuistik auswachsen, und dass diese Kasuistik mit Vorliebe
in der Erörterung aller möglichen und oft unmöglich scheinenden physiologischen Zustände
förmlich schwelgt, wird dem nicht wunderbar erscheinen, der die Arbeitart der mittel-
alterlichen Theologen kennt. Die islamische Rechtsforschung steht ja noch heut auf dem
Standpunkte der Scholastik, ebenso wie die pseudowissenschaftliche Forschung ein
Teiles der christlichen Theologie es noch heut thut. Frappante Analogien in di 1
angedeuteten Hinsicht, d. h. in der weitschweifigen Erörterung physiol gischer Zustände,
die vielmehr in den Bereich des Mediziners und Psychologen als in den des Theologen,
d. h. im Islam Rechtsforschers gehören, finden sich in den Werken über die Theologia
Moralis, die in der römischen Kirche Geltung halten, auch in den neuesten.
244 Hartmann:
Frau gewährt, Grenzen gezogen. -Man nimmt bei uns gewöhnlich an. das
islamische Recht gestatte dem Manne, die Frau mit einem schweren
Schimpfwort aus dem Hause zu jagen, weil sie die Suppe hat anbrennen
lassen. Es ist richtig, dass der Muslim die Gattin Portschicken kann, ohne
ihr oder irgend jemandem einen andern Grund angeben zu müssen als
„Sic vul«) vir Julien--, und das ist unzweifelhaft eine Härte, die, so nackt
und Bchroff hingestellt, uns «las tiefste Mitleid mit der islamischen Frau
fühlen lässt, freilich kaum grösseres als mit der Frau i\ri Frankenwelt,
die auch in Kulturstaaten ersten Ranges bis in die neueste Zeit durch
den geschlossenen Bund an einen verachtungs- und hassenswerten .Mann
mit unlösbaren Fesseln gebunden war und selbst dem Zwange der täglichen
Lebensgemeinschaft, dem Unterworfensein unter Rohheiten und Nichts-
würdigkeiten nur mit Aufbietung eines grossen Apparates entgehen konnte.
Im Islam scheint das Gegenteil der Fall zu seit), die Verbindung so lose.
das> t\w .Mann jeden Augenblick die Trennung aussprechen kann, die
Frau, wenn sie nur einigermassen geschickt ist, den Mann zum Aussprechen
der Trennung veranlassen, und wenn er das durchaus nicht will, leicht
durch richterliche Einmischung eine Befreiung erlangen kann. Man weiss
aber nicht, dass die Trennung an eine Anzahl wirtschaftlicher Bedingungen
geknüpft ist, dass sie für den sie äusserlich herbeiführenden Teil nicht
unerhebliche materielle Opfer mit sich bringt. Nun muss man zugeben.
dass der Begüterte durch das Abfindungsprinzip, das in weitem Umfange
das Eherecht des Islams beherrscht, zu Übergriffen geradezu verleitet
wird, und da>> die Frau, die vermögenslos und zu selbständigem Erwerb
unfähig in die Ehe tritt, das grösste Interesse hat, sich wenigstens den
befristeten Teil der Mitgift zu sichern, und sich dem Verlust nicht aus-
setzen wird, den sie erleidet, wenn sie loskommen will. Das Leben sorgt.
wie schon bemerkt, dafür, dass der Bund nicht zu lose ist, und die meisten
Muslims überlegen es sich sehr wohl, ehe sie das Band, das sie übrigens
in der Kegel nur mit einer und nicht selten zärtlich geliebten Frau ver-
bindet, durch ein heftiges Wort zerschneiden.
Es giebt von der Scheidung ein zweimaliges Zurück ohne weitere
Formalitäten, und sogar ein drittes, das freilich an die Zwischenehe der
Frau mit einem andern Mann gebunden ist. Ebenso kann der Mann die
Wirkung der besonderen Art von Trennung, die durch das AVort „du
sollst für mich sein wie meine Mutter" herbeigeführt wird, aufhebeu,
indem er einen Sklaven befreit; eine Bestimmung, die des Humors nicht
entbehrt: ein Sklave wird frei, ein andrer spannt sich erst recht fest in
das .loch, dem er ungestüm entlaufen wollte. So hängt denn wirkliche
dauernde Trennung an tausend Fäden, und die Zahl verstossener und ver-
lassener Ehefrauen wird in den Frankenländern eher grösser sei» als im
Islam. Dem gegenüber ist freilich im gesamten Islam nur in ganz ver-
einzelten Fällen die erhabene Form der Ehe zu finden, die in unsern
Die Frau im [slam.
innerlich am meisten vorgeschrittenen Kulturländern, wenn Dicht die Rezel,
bo doch recht häufig ist, die innige Lebensgemeinschaft, die auf liebe-
vollem Sichineinanderfinden and dem Sichausgleichen zu Bchöner Harmonie
beruht. Im Orieni ist vorwiegend die Ehe ein Ausserliches, bo Bim
auch die Konflikte, and so ist es auch die Beilegung dieser. In den
Kulturländern ist ja mir dem innerlichen ausreifen der Prau notwendig
auch die Erscheinung verbunden, dass tiefere Wesens^ erschiedenheii zwischen
Ehegatten zu der innem Trennung führt, für welche die äussere dann nur
hoch eine gleichgültige Erscheinungsform ist.
Ist in der Ehe die Prau nach dem Wortlauf des l - an den
Willen des Mannes gebunden, bo ist sie ausser der Ehe vollständig frei,
und niemand hat das Hecht, einen Zwang auf sie auszuüben. Nur in
zwei Punkten teilt sie nicht vollständig die Rechte des Mannes: sie gilt
in Nachlasssachen und heim Zeugnisablegen vor dem Richter nur als ein
halber .Mensch. Das erscheint uns als eine Barte, wir werden es milder
beurteilen, wenn wir bedenken, dass bei den heidnischen Arabern und
nach dem jüdischen Gesetz die Prau in Nachlasssachen und in Zeugnis-
Bachen noch viel schlechter gestellt ist: die Tochter ist bei Vorhandensein
von Söhnen völlig ausgeschlossen vom Erbe, und vor dem israelitischen
Richter gilt nur der freie Israelit als Zeuge, nicht die Prau. Dass Mu-
bammed der Prau so viel Hecht erkämpfte, muss hoch anerkannt werden.
Oh und in welcher Weise seine Bestimmungen ßich mit den heute geltenden
Anschauungen der Kulturvölker werden in Einklang bringen lassen, muss
hier unerörtert bleiben. Mir ist unzweifelhaft. da->s sich ein Ausgleich
finden wird, der auch den Muslims Btrengerer Observanz annehmbar i-i.
Erste Bedingung ist. dass der Islam ßich freimacht von dem überwuchernden
Beiwerk, das die Theoretiker um die einfache Lehre de- Propheten
schlungen haben, und das zwischen ihr und dem fränkischen Empfinden
eine schier unüberbrückbar scheinende Kluft geschaffen.
Ganz konnte die Theorie nie das volle reiche Leben unter ihren
grauen Zwang beugen. Wundersam ist es gemischt und bleibt es, m
auch die feinsten Systematiker die strammsten Schablonen ersinnen, all
seine tausend Regungen hineinzuzwängen. Gewiss, unheilvoll, höchst un-
heilvoll war die Wirkung, die das Spinthisieren der islamischen Juristen
ober möglicherweise sich ergebende Rechtsfalle übte, unheilvoller noch,
das- diese Spinthisierereien weltfremder Grübler zur Lebensregel wurden.
In Fesseln geschlagen wurde die Entwicklung der Völker, die unter dem
Banne dieser ( iesetzesmache standen, und ihre Rache war. dass sie der
Rechtsbildung keine neuen >:,i\'\^ und Kniffe zuführten. Nur ein Element
der islamischen Gesellschaft ist fast ganz von diesem Prozess verschont
geblieben, das Element, aus dem der junge Islam seine Hauptkraft
und das in den ersten Jahrhunderten seines Bestehens noch mächtig und
glücklich in ihm wirkte, die Beduinen. In dem vorislamischen Arabien
Hart mann:
w.w dieses Element das herrschende. Es war ein physisch und moralisch
gesundes Volk, diese Söhne und Töchter der Steppe und vor allem besasseij
sie das, was das höchste Gut des Menschen ist: Persönlichkeit. Dass
Muhammed und seine Nachfolger, auch noch die Staatshäupter und Staats-
männer der ersten zwei Jahrhunderte des Islams, vor diesem Besten
Respekt hatten, das die Araber in den neuen Glauben mitbrachten, ist
das Geheimnis des wunderbaren Erfolges, mit welchem ein bis dahin fast
unbekanntes Volk über die Welt dahinfegte, das eine der beiden Reiche]
die sich in die Macht teilten, völlig zertrümmernd, dem andern die besten
Stücke abreissend.
Persönlichkeit — in den mächtigen Reichen ausserhalb Arabiens war
dieses Höchste des Individuums mit Füssen getreten worden. In Bvzanz
und in Ktesiphon sass der Wurm, der die Macht der beiden Weltreiche
zerfrass: das war die kleine Schaar, die jeden Einzelwillen unbarmherzig
brach, wenn persönliches Interesse oder Laune es gebot, sich versteckend
hinter dem mit der Maske der Göttlichkeit versehenen Fürsten, soweit
dieser nicht selbst zu herrschen sich anschickte, statt nur unter der Herr-
schaft der Höflinge zu regieren, wobei es dann manchmal noch schlimmer
zuging. Muhammed stellte in Bezug auf das Verhalten der Menschen
gegen Gott grosse Anforderungen: hier wurde unbedingtes Sichfügen ver-
langt, und obwohl die Bewegungfreiheit des Einzelnen dadurch nicht
unerheblich behindert, ihm ein höchst lästiger Zwang auferlegt wurde,
hierbei gewöhnten alle Araber sich schnell, ein Opfer zu bringen. Aber
für das Verhalten gegen Menschen wurden ihnen keine Zumutungen ge-
macht. Der ersten Zeit des Islams sind alle Beschränkungen der Persön-
lichkeit, die ausserhalb der Rechtsordnung liegen, völlig fremd, und diese
Rechtsordnung vermeidet es ängstlich, mehr festzulegen, als für ein ge-
ordnetes Zusammenleben dringend nötig ist. In allem spricht sich der
Grundsatz aus: alle Muslims sind einander gleich, es giebt keinen Unter-
schied der Abstammung nach Familie oder Volk; Führer soll sein, wer
am besten die Interessen der islamischen Gemeinde wahrzunehmen weiss.
Mit diesem Prinzip wurde gebrochen, und der Verfall bereitete sich
vor, als der Chalifenhof vom Persertum1) verseucht wurde, und als damit
eine Richtung in dem religiösen und zugleich in dem sozialen Leben zur
Herrschaft gelangte, die dem Geiste des Religionsstifters völlig zuwider
1) Die Perser, mit denen die Araber bei ihrem Eintreten in die Geschichte bekannt
und von denen sie alsbald beeinilusst wurden, hatten eine fertige, uralte Kultur. Die
Frage nacb deren Ursprung sei hier nur gestreift. Wie -weit sind Erscheinungen der alt-
persischen Kultur und Sitte der Berührung mit dem äussersten Osten, China, zuzuschreiben?
Stammt nicht dorther die persisch,. Haremswirtschaft? Für die Vergleichung liefert China
gutes Material: „in d n Encyclopädie t'u-su-tsi- c'öng sind 58 chinesische Bände
ipön) lediglich dem Leben des Weibes in allen seinen Phasen gewidmet" (Hirth, Zur
Kulturgeschichte der Chinesen, München 1S9S, S. 7 [S.-A. aus Beil. Allg. Ztg.]).
I üe I r.tn Im Islam. ■_' 1 7
war: die Fesselung des Individuums in den Schranken kleinlicher Einzel-
bestimmungen «It'S l(eclit>
Auf die Stellung der Frau hatte das Eindringen des Persertuma den
Bchwerstwiegenden Einfluss. Nicht mir Unrecht gelten die Bewohner
Persiens seit den ältesten Zeiten als in hohem Grade der Lüge zuneigend.
Durch und durch anehrlich war das Verhältnis zwischen Fürs! and Volk,
denn dem Volke wurde vorgemacht, der dem gemeinen A.uge Bich ver-
bergende Fürst sei etwas Gottähnliches, and das Volk gab Bich den Schein,
als glaube es das, die Wissenden aber, 'li'- Haruspices, kicherten. 1 n-
redlich war auch das Verhältnis von Mann und Weih. Scheinbar i-t «1<t
.Mann der unumschränkte Herr im Hause, in Wirklichkeil ist er der Sklave
nicht der rechtmässigen Gattin, Bondern der Nebenfrau, die in den per-
sischen Harems in zahlreichen und schlimm ausgewachsenen Exemplaren
vertreten war. \U die Araber b< die Geschichte eintraten, herrschte d
Treiben im Sasanidenreiche genau so wie vor ihm in «lein der Ajrsaciden
und der Acliäineniden. und von Persien aus hatte es sich die Welt voll-
kommen unterworfen, die den damaligen Kulturlümme] züchtete. In Byzanz
ging es nicht anders zn als in Ktesiphon, und wie hier hatte die Sitte des
Hofes den verderblichen Einfluss auf das ganze Land geübt. Man glaube
nicht, dass das oströmische Reich als ein christliches sich in Bezug auf
wüstes Treiben von dem persischen wesentlich unterschied. Namentlich
über die Stellung der Frau herrschten hier dieselben Vorurteile wie in
dem feindlichen Reiche, mit dem man sich in die Weltmacht teilte.
Die Frauen Bässen hei öffentlichen Anlässen hinter dem Gitter wie in der
übrigen Welt >\i>-< Orients, und wie es noch heut üblich ist. bewacht von
den unglücklichen Kreaturen, die das Verbrechen, das die Menschheit an
ihnen beging, noch immer mit den Plagen gerächt haben, die sie aber
die beiden Geschlechter brachten, von denen sie- keinem ganz an-
gehören: die freien und würdigen Frauen zu Sklaven herabwürdigend
halfen die Eunuchen den unfreien und unwürdigen hei allen Abscheulich-
keiten, und wieder mit deren Hilfe beherrschten sie nicht selten voll-
kommen die. die sich Herrscher in Haus und Reich wähnten. Es ist
nun höchst beachtenswert, dass sich Arabien vor dem Main und auch in der
ersten Zeit nach dem Islam von der allgemeine ientalischen Kohkubinen-
und Eunuchenwirtschaft völlig frei -ehalten hat. Man wende nicht ein.
dass ja im Qur'an selbst von Nebenweibern die Rede ist; die Art. wie es
hiebt, zeigt jedem, der sehen will, da- es Bich dabei nur um ein nicht
gerade empfohlenes Auskunftmittel handelt (vgl. die oben S. 242 angeführten
Stellen).1) Iu keinem Falle dürfen wir den Main \ur die unwürdige
1: Von Eunuchen wird selbst in den grösseren Y.rk.'hr-cenrren Arabiens wenig zu
sehen gewesen, sie werden kaum mehr als dem Namen nach bekannt . in. Nicht
mit Sicherheit ist die Erwähnung der nichtswürdigen Verstümmelung im Qnr'än fest-
zustellen, doch mag zugegeben werden. aders an sie der Prophet in dem nurün-
Bartmann:
Stellung der Frau im Orient verantwortlich machen, sie war da, ehe er da
war. in i i Ausnahme des kleinen Stückes Arabien, und dieses hat sich
tapfer gegen die Verseuchung mir dem ihm fremden Wesen gewehrt. Man
könnte vielleicht sauen, der Islam hätte die zerfressene alte Welt durch*
Bäuern, einen neuen bessern Zustand herbeiführen sollen. Jedenfalls darf
nicht das christliche Prankenland aus Nichterfüllung solcher Forderung
einen Vorwurf herleiten, denn mit Recht würde der Islam fragen: wie
sah es denn nach vierzehn Jahrhunderten der Herrschaft der christlichen
Lehre am Hofe des aUerchristlichsten Königs und in den edelsten Familien
seines Landes an-0
Es ist ein trübes Bild, das der islamische Orient zeigt, seitdem die
Kraft der jugendfrischen ersten Träger des Islams, der Araber, gebrochen
ist. Selbst der schlimmste Verfall konnte aber nicht ganz gewisse Rechte
ans den Gesetzbüchern verbannen, die der Frau in den Quellen zugesichert
waren. Da half man sich durch eine Perfidie: man versetzte die Frau
von vornherein in eine schiefe Lage, in eine Lage, die ihr die Ausübung
jener von Gott selbst ihr verbürgten Rechte geradezu unmöglich machte.
Man trat frech mit der Scheinvorstellung auf: 1. die Frau dürfe vor
niemandem als den nächsten Blutsverwandten ihr Gesicht zeigen, 2. der
Frau sei jeglicher gesellige Verkehr mit andern als jenen untersagt.
Damit war ihr das Todesurteil gesprochen. Der Gesichtsschleier ist ja
nur der Exponent der wunderlichen Vorstellung, dass die Frau an sieh
etwas Anstössiges sei, er stellt aber ausserdem das Prinzip der völligen
Trennung der Geschlechter dar. Das Verbot des geselligen Verkehrs mit
nicht blutsverwandten Männern bedeutet für die Frau die Unmöglichkeit,
von Leben und Welt mehr zu sehen, als ihre nächste Umgebung sie
sehen zu lassen fähig oder gewillt ist. Die Frau soll nicht lernen, sie
soll sich nicht unterrichten, sie soll vor allen Dingen um Gotteswillen
nicht ihre Rechte kennen lernen, damit man sie nach Laune und Willkür
wie eine Sache behandeln kann. Aber auch die Ledige und selbst das
Kind soll nicht lernen. Für das Mädchen ist keine Schule da. Ist es
bessern Standes, so bringt man ihm wohl die Anfangsgründe des Lesens
und Schreibens bei. dafür wird ihm dann aber erst recht jede Ausbildung
in gewerblichen Fertigkeiten vorenthalten als unschicklich und nur be-
stimmt \'i\v die. die damit sich das Brot verdienen müssen. Worauf das
alles hinaus will, liegt klar zu Tage, und ganz offen wird es ausgesprochen
in einer kulturhistorisch nicht unwichtigen Thatsache, die bisher nicht
gewürdigt scheint: in Egypten wird die Frau, ob alt ob jung, wenn sie
nicht reiche Kleider anhat, und man ihr deshalb mit dem Titel „Madame"
verse 4, 118 gedacht hat: ..Dem [Satan] fluchte Gott, er aber sprach: | Ich will von deinen
Knechten nehmen | Den mir beschiednen Teil, und will sie irreleiten, | Will sie zu Wunsch
und Wahn verführen, | Will ihnen heissen, dass sie sollen | Des Viehes Ohren stutzen, | Will
ihnen heissen, dass sie sollen | Verstümmeln Gottes Schulung."
1 >ie Iran im Islam. _' |'.t
u> es
(ja sitr) schmeichelt, angerufen: ja nlije, d.h. o Unmündige. Di<
anwenden, sind sich dabei der ursprünglichen Bedeutung des Wortes kaum
bewusst, aber 'las ist es eben: gedankenlos werden dem rechtlosen weib-
lichen Geschlecht « 1 i * * schwersten Beleidigungen ins Gesichl geschleudert,
gedankenlos werden Bie von ihm hingenommen: „es war ja immer boj
iinsere Mütter and Grossmütter waren ja glücklich dabei."
Man wende nicht ein, dass es bedeutende Frauen in Politik, Poesie
und Wissenschaft auch im dekadenten Islam gegeben habe. Diese Frauen
harten nichts weniger im Sinn, als das Los ihrer Schwestern zu bessern,
den Stand des weiblichen Geschlechts zu heben.
Muss es ewig so bleiben? ist keine Hoffnung, dass eine ÄJiderung des
Zustandes eintritt, der das tiefe Mitgefühl jedes wahrhaften Menschen-
freundes erwecken muss? Keine Frage ist, dass die, die unter diesem
Zustande leiden, das Beste thun müssen. An ihnen ist es, zu zeigen, dass
sie die Unwürdigkeit ihrer Lage empfinden, und dass sie eine Änderung
herbeizuführen entschlossen sind, an ihnen ist es, die ganze Kraft ^\t^
Geistes und Willens für das hohe Ziel einzusetzen. Die Schwierigkeiten,
die sie zu überwinden haben, sind ungeheure. Auch im Frankenlande
fielen, als die Frauenbewegung begann, die seichtesten Köpfe mit albernen
Witzen über die Heldinnen her, die oft unter Entbehrungen und Bitter-
nissen einen Kampf kämpften, dessen Bedeutung die meisten ihrer Gegner
auch nicht einmal ahnten, während auf der anderen Seite die „Ernsten"
etwas vim falscher Kultur <>der gar von Untergrabung <\<t Familie und
der Gesellschaft faselten. Die Frauen des Islams, die für die Frauensache
ernst arbeiten, müssen darauf gefassi sein, nicht bloss Spott von Witzlern
lud Anzweifelung von den Stützen der Gesellschaft zu ernten, nein, sie
müssen auf Gefährdung von Leib und Leben gefasst -"in. Wenigstens in
den Ländern mit islamischer Regierung. Denn in ihnen allen i>r die
Macht in den Händen von Personen, die. wenn nicht selbst allen wirk-
lichen Portschritt im tiefsten Innern grimmig hassend, die Dunkelmänner
gewähren lassen müssen, denen nichts heiliger ist als das Forterben der
Iwigen Krankheit ..Gesetz, und Sitte."
Sonderbar! Nicht unter islamischer Herrschaft, sondern unter un-
gläubiger, winkt dem Islam Hoffnung auf Erneurung, die mit Hebung ^\^v
trau beginnt. In Egypten, wo der islamische Kürst nur noch eine Schein-
rung führt und die Ungläubigen die wahren Herren sind, hat eine
Bewegung von unabsehbaren Folgen eingesetzt. Ihre Bedeutung liegt
nicht. darin, dass sie mit einer gradezu elementaren Gewalt, mit einer in
dem schlaffen und trägen, im Traditionsdusel verkommenden Orient ganz
ausserordentlichen Macht aufgetreten ist. Denn nichts bürgt dafür, dass
morgen anderes die Geister packt und die Frage von der i Inung
verschwindet. Aber das ist sicher, dass sie sich nicht mein- völlig aus
der Welt schaffen lässt. Dazu hat sie in der öffentlichen Meinung Egyptens
250 Hartmann:
denn eine Bolche giebt ea auch dort — zu tief Wurzel gefasst. Ein
ödere glücklicher Umstand har der Bewegung sofort den grossen
Charakter gegeben, dessen sie bedurfte, um auf die schwerfällige Masse
zu wirken, nicht auf einen kleinen Kreis von social -organisatorischen
Ejcperimentlem und philosophierenden Feinschmeckern beschränkt zu
bleiben. Frauen härten nichts ausgerichtet, selbst mit Begabung und
starkem Willen: denn noch haben sie in Egypten keine Stimme, und noch
isr die Schar der Kämpferinnen an Zahl und Schulung zu unbedeutend.
Auch nicht ein besitz- und titelloser Habenichts trat für die neue Idee
ein. Die Rechte der Frau hatten in Egypten das Glück, einen männlichen
Vertreter zu finden, der mit lebhaftem Geist und guten Fähigkeiten und
Kenntnissen den Besitz reichlicher Mittel und eine angesehene Stellung
verbindet, und allenthalben als ein Mann von durchaus ehrlicher Gesinnung
und besten Absichten geschätzt wird. Kasim Bey Amin [qäsim aminj.
Hat am einheimischen Berufungsgericht in Kairo, hat mit wachem Auge
die socialen Verhältnisse seines Heimatlandes beobachtet und auch die der
Frankenländer sorgfältig studiert. Er hat sich davon überzeugt, dass die
erste Bedingung zu einer Wiederbelebung seines islamischen Heimatlandes
und zur Beseitigung der Fremdherrschaft, die natürlich allen Egyptern
verhasst ist. die Hebung des weiblichen Geschlechts ist. und er hat dieser
Überzeugung in packender Weise zuerst in seinem Buche tahrir almar'a
d. h. die Befreiung der Frau, erschienen in Kairo 1899, Ausdruck gegeben.
Das Buch erregte einen wahren Sturm. Die gesamte Presse Egyptens.
die nicht unbeträchtlich ist, beschäftigte sich damit. Durchschlagend für
seinen Erfolg war. dass der äusserst fähige und weitsichtige Herausgeher
der grössten Kairenser Tageszeitung, des in allen Teilen der islamischen
Welt verbreiteten Blattes Almu'aijad, Herr 'Ali Jüsuf, der sich in der
Hauptsache auf Seite des Verfassers stellte, Monate hindurch Zuschriften
über das umstürzlerische Buch von freundlicher und feindlicher Seite auf-
nahm. Vor wenigen Wochen nun ist ein neues Buch des Kasim Bey Amin
erschienen unter dem Titel almar'a algadida d. h. die neue Frau, und
wieder hat es einen Sturm in den Geistern entfacht. J) Uuter den Stimmen,
die bisher darüber laut geworden sind, wiegt am schwersten die des
egyptischen .Ministers des Innern Mustafa Fehmi Pascha. In der Nummer
des Almu'aijad vom 29. Januar d. J. ist ein Brief von ihm an Kasim Bey
Amin abgedruckt, in welchem er seine volle Zustimmung zu den in der
„Neuen Frau" vertretenen Ansichten ausspricht. Bedingungslos tritt er
für die Notwendigkeit einer gründlichen Erziehung des weiblichen Ge-
schlechtes ein, auf der allein das Glück der Familie und der Fortschritt
1) Einige Mitteilungen über dieses Buch und im Anschluss daran über freiere
Regungen im modernen I^laD E<:yptens machte Dr. Ernst Härder in dem Artikel rDie
,neue Frau' im Orient", Tägl. Rundschau, Unterhaltungsbeilage No. 42 vom 19. Febr. 1901.
I lii f "r;iu im [slam. •_',', \
der menschlichen Gesellschaft beruhe; zugleich erkennt er an, dass eine
solch«1 gründliche Erziehung and Bildung dea weiblichen Geschlechts nicht
piöglich sei mit der bisherigen Schleierwirtschaft.
Wie sich die zu der neuen Bewegung verhalten, die sie zunächst an-
geht, die islamisch. mi Frauen selbst, Lässt sich noch nicht sagen. Es
scheinen bemerkenswerte Äusserungen aus ihrer Mitte noch nicht vorzu-
liegen. Doch hat seit längerer Zeit die Frau energisch die Partei des
fielangefochtenen Kasino Bey ergriffen, die man in-. .fern als an der Spitze
per Frauenbewegung im arabischen Orient stehend betrachten kann, als
ne .las einzige arabische Blatt herausgiebt, das sich selbst als Frauenblatt
bezeichnet und von einer Frau geleitet ist. die Zeitschrift Anis algalis
d. h. der Vertraute des Freundes. Frau Alexandra Avierino, <ler griechisch
brthodoxen Familie Churi in Beirut in Syrien entsprossen, bringt in der
letzten Nummer ihres Monatsblattes vom 31. Januar d. .1. einen längeren
Artikel filier die „Neue Frau" und tritt t'iir .li.- Anschauungen de- Verfas
ein. wie nicht anders zu erwarten war. Denn die mutige und geschickte
Frau hat bereits mehrfach in ihrer Zeitschrift in sympathischer Weise
über die fränkische Frauenbewegung berichtet und hat auch selh-t 8chon
unabhängig von Kasim Amin für die Hebung des Unterrichts ihrer Landes-
jgenossinnen das Wort ergriffen. Als Christin durfte sie natürlich an die
religiösen Vorstellungen der islamischen Bevölkeruni; nicht rühren. Sie
harte dadurch Misstrauen erweckt und der Sache nur geschadet. Jetzt,
wi. von den angesehensten Muslims des Lande- das angebliche Schleier-
gebot als eine Erfindung der Theologen gebrandmarkt ist. darf sie freier
sprechen. Sie wird nicht allein bleiben. Immer fester wird -ich in die
Köpfe und Herzen auch der islamischen Frauen der Gedanke graben: Nur
der gewinnt sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss.
Ein schrmer Anfang ist gemacht. Freilich noch lange werden die
Strenggläubigen widersprechen und sich immer von neuem darauf berufen,
das Prinzip sei nun einmal durch Gottes Gebot geheiligt: die Frau
muss gehorchen und muss auch die übelste Behandlung des .Mannes ohne
zu murren wie ein Hund über sich ergehen lassen. Gehorchen! wie sagt
Iphigenie?
Von Jugend auf hab ich gelernt gehorchen
Erst meinen Eltern und dann einer Gottheit.
Und folgsam fühlt ich immer meine Seele
Am schönsten frei.
Freiheit im Gehorsam, durch den Gehorsam, Gehorsam in der Freiheit
und durch die Freiheit. Lasst, ihr Muslims, eure Frauen sich frei ent-
wickeln, gebt ihrem Empfinden, ihrem Denken Nahrung, opfert ihnen vor
allem einen Teil eures Selbst, eures Eigensinns, eurer Eigensucht, dann
werdet ihr sie nicht ungehorsam linden. Dann werden sie euch dienen,
nicht weil das Gesetz es verlangt, sondern weil ihr Herz danach verlangt,
.'•>•_'
Bolte:
dann werden sie ench Dicht durch Launen and Ränke kränken, durch
kindischen Trotz zu heftigem Wort oder gar zu sie and euch entwürdigender
thätlicher Züchtigung euch reizen; sie hebend werdet ihr von ihnen ge-
hoben, hinausgehoben aber den Islam, wie ihr zumeist ihn heut versteht.
zu dem Islam, den eure Boten bekannt, zu dem auch wir uns bekennen,
zur liebenden Ergebung, zur ergebenden Liebe, die in der Vernichtung
- Ich das [ch befreit.
Denn wo die Liebe waltet, stirbt
Das Ich, der finstere Despot.
So lasst ihn sterben in der Nacht
Und atmet frei im Morgenrot.
Ein dänisches Märchen von Petrus und dem Ursprünge
der bösen Weiber.
Von Johannes Bolte.
Vor zwanzig Jahren gab Viggo Säby zu Kopenhagen einen merkwürdigen
dänischen Prosaschwank des 17. Jahrhunderts in sauberem Neudrucke heraus.
A^v in Deutsehland kaum Beachtung gefunden zu haben scheint:
En Lystig Tractat Om S. Peders Trende Duttre, Deris Herkonist oc Giftermaal,
saa oc hvor fra de onde Qvinder haffver deris Oprindelse saare kortvillig at lsese
J Nu Nyligen til Trycken Fordansket Äff N. H. C. R. Prentet Aar 1667. 4 Bl. b°.
Da der dänische Anonymus N. H. C. K. sich nur als Übersetzer be-
zeichnet und sich, wie Säby bemerkt. Germanismen zu schulden kommen
lässt, wird man dem letzteren beipflichten müssen, wenn er in dem Büchlein
eine Reproduktion einer bisher unbekannten deutschen Flugschrift sieht.
Zur Ermittlung dieses Originals mochte ich auffordern, indem ich die
neiden den Kern des Traktats bildenden Märchen hier in deutscher Sprache
wiedergebe.
Zur Zeit da unser Herr und Sankt Petrus in der Welt wanderten,
kehrten sie in einem Schmiedekrug ein, wo sie gut aufgenommen wurden.
Und im Rausche verlobte Petrus einem Schmiedegesellen seine Tochter
Petronella. Bald darauf kam ein andrer und bat auch um sie. Petrus
hatte die erste Zusage vergessen und versprach sie ihm auch. Eine Stunde
oder zwei danach kam der dritte Schmiedegesell zu ihm und sagte: „Guter
alter Vater, ich habe erfahren, dass Ihr eine schmucke Tochter habt; kann
1 -i ti dänisches Märchen von dem Ursprung) dei
ich nicht mit Euch handelseins aber ßie werden?" Petrus auch
diesem Gesellen seine Tochter zu.
Ä.ber als am andern Morgen Petrus erwachte and bedachte, das
drei Töchter verlobt hatte and < 1< >«*! i aur eine daheim hatte, rerdn
um seine Zusagen, and er bat den Herrn, ihm ein paar Töchter zu schaffen,
damit er seinem Versprechen nachkommen könne and die Schmiedegesellen
nicht ärgerlich würden and ihm seine Stirn zerschlügen. Darauf böII der
Herr erwidert haben: „Petrus, du hast ja eine Tochter, die schöne und
fromme Petronella1); die beiden andern will ich dir verschaffen. Zu der
ersten Kroatin-, die diT morgen früh an '1er Thür begegnet, wenn du
v.un llert aufstehst, seilst du sagen: (inten Morgen, meine Tochter!
Dann wird sie zu einem schmucken Mädchen werden. Und übermorgen
ebenso."
Was geschah? Am ersten Morgen traf er eine San. Petrus -
..(inten Morgen, meine Tochter!" und alsbald ward sie ein schmuckes
Mädchen. Am zweiten Morgen traf er an der Thür eine Gans. Petrus
jagte: ..(inten Morgen, meine Tochter!" und flugs verwandelte sie sich
und ward ein schönes Mädchen und Bagte: Keg geg, lieber Vater, hier
hin ich." So hatte Petrus drei Töchter für seine drei Schwiegersöhne.
Bald darauf wurden die Hochzeiten festgesetzt auf denen jeder seine
Braut heimführte. Was geschah? Eine Woche später oder zwei rüstete
Petrus ein .Mahl und lud -eine drei Schwiegersöhne dazu, und als das
Mahl vorüber war. fragte Petrus den ersten: „Lieber Sohn, wie gefälll
ineine Tochter, wie stellt sie sieh an?" Er aufwertete: „Väterchen, sie
[st wohl hübsch, tüchtig und schön; aber sie ist sehr schweinisch und
schmutzig." „Ja", sprach Petrus. „Söhnchen, du mussl mit ihr zufrieden
sein: denn ihre .Mutter war ebenso beschaffen." Damit redete Petrus
den zweiten an: ..Und wie gefallt dir nieine Tochter?" Er antwortete:
„Dass sie schmutzig ist. kann ich nicht behaupten; aber sie i>t -ehr ein-
fältig und gänsedumm." Petrus antwortete: ..Ihre Mutter war ebenso, und
ein Sprichwort tieisst: Die Tochter tanzt in il^v Mutter Hemde.- Dann
sprach er /.um dritten: „Und wie gefällt dir meine Tochter?" Er ant-
wortete: „Vater, ich habe ein ehrlich.-, frommes, züchtiges, bäusHches
und gutes Weib, sie ist auswendig und inwendig fromm, und wird kein
Gebrechen oder Mangel an ihr erfunden." Petrus antwortete: „Ja, Bie
ichlägt nach ihrer Art: denn ihre Mutter war ebenso."
Die Schwiegersühne verwunderten sich aber -'ine Worte und wollten
wissen, wie das zusammenhinge, bis Petrus ihnen erzählen musste, wie
-ich mit diesen drei Töchtern verhielt. Von diesen drei Töchtern >\>->
hl. Petrus haben, wie einige meinen, verschiedene Frauen in de,- Web
ihren Ursprung genommen.
1) Petronilla erscheint auch sonst in deT Legende ab Tochter des Petrus.
1 8
Zeitschr. <i. Vereins f. Volkskunde. 1901.
-),.] Bol'>'
11.
\1> unser Herr und Petrus einstmals durch einen Wald wanderten,
sah Petrus den Teufel anter einer Linde bei einer hübschen Jungfrau
stehen, sie küssen und liebkosen. Darüber ward Petrus zornig und sprach:
„8chöpfer, siehst du, wie der Bösewicht das junge Blut verführt? Soll
man so die Jugend erziehen?" Darauf soll der Herr -(-antwortet haben:
„Lass ihn. Petrus! Denn der Teufel ist von jeher ein Schalk." Petrus
sprach: „Willst du, Herr, so schlage ich ihm den Kopf ab." Darauf soll
der Herr geantwortet haben: ..Petrus, wenn dein Fischermesser nicht
scharf ist. so lass es bleiben! Denn den Teufel erschlägt man nicht wie
Hornvieh." Petrus aber schlich sich sacht von hinten heran und hieb so
kräftig zu. dass beiden, dem Teufel und dem Mädchen, von dem einen
Schlage das Haupt abfiel.
Petrus warf die Wehr von sich, fiel auf seine Knie und rief: „Schöpfer,
Schöpfer, ich habe übel gethan, dass ich die schöne Jungfrau enthauptete.
Gieb ihr das Leben wieder, da du alle Dinge vermagst!" Der Herr ant-
wortete: „Petrus, das Blut ist noch warm; setz, ihr rasch den Kopf auf,
so wird sie lebendig." Petrus ward von Herzen froh, lief hin und vergriff
sich; denn er ergriff den Teufelskopf und setzte ihn dem Mädchen auf.
Da ward sie lebendig, sprang auf, fluchte und keifte, schlug ihn mit den
Fäusten und schalt ihn wegen seines doppelten Missgriffes. Petrus wollte
ihr nun den Kopf wieder abhauen, damit sie ihren eignen Kopf wieder
bekäme; aber das ward ihm nicht erlaubt.
Von diesem Weibe sollen, wie einige meinen, alle bösen Weiber
ihren Ursprung haben, da viele Frauen schöne und stattliche Venustöchter
sind und doch einen Teufelskopf oder Mund haben.
Man erkennt leicht, dass diesen beiden Märchen die satirische Absicht
innewohnt, zu zeigen, dass auf vier Weiber nur ein gutes kommt; ^ie
übrigen gleichen der Gaus, dem Schweine oder dem Teufel. Bevor wir
jedoch der Quellenfrage nähertreten, und uns nach parallelen Erzählungen
Hinsehen, müssen wir bemerken, dass in Dänemark mehrere jüngere Varianten
existieren, die vermutlich aus dem Volksbuche von 1607 abstammen und
für dessen Beliebtheit Zeugnis ablegen. So erwähnt Feder Syv, der be-
kannte Sprachforscher und Volksliedersammler (1631 — 170*2), ein Lied
über die drei Töchter Sankt Peters; Svend Grundtvig besass ein in
Vendsyssel aufgezeichnetes Volksmärchen, das allerdings verschiedentlich
vom Volksbuche abwich1); und gedruckt liegen uns vor zwei im wesent-
lichen übereinstimmende jütische Volksschwänke bei Kristensen, JyskeFolke-
minder 4. 336, No. 430 und Danske Skamitesagn 1900, S. 105, No. 50.
1) Diese beiden Nachweise liefert Sabv in seiner Vorrede.
Bio dänisches Märchen ?on dem l reprunge der bö en Weiber. 255
Dagegen möchte ea schwer fallen, eine dem ersten Märchen des Volks-
buches entsprechende balgarische Erzählung1), in der nur Btatf Petras
Noah, statt Sau und Gans aber Katze und Esel genannt werden, gleichfalls
aus dem dänischen Drucke abzuleiten. Wir werden eher eine Verbindung
mit dem deutschen Originale des letzteren annehmen, wenn wir die folgende
böhmische Sage2) betrachten, in der Jesu- ganz an die Stelle seines
Jüngers Petrus getreten ist uml letzterer nur als stummer Zuschauer dem
Wunder beiwohnt.
Jesus kam auf seinen Wanderungen in ein Dorf, in dem die Männer
strickend, spinnend und waschend vor der Thür Bässen. Er fragte den
ersten, warum er eine Arbeit verrichte, die nur Weibern gezieme. Der
Mann antwortete: „Ich habe kein Weib." Darauf verhiess ihm der Herr
eiu Weib zu senden. Und ebenso that er bei den übrigen Bewohnern
des Dorfes, die er mit Weiberarbeiten beschäftigt antraf. Als er dann
mit Petrus weiterzog, begegnete ihnen nach einer^Veile auf der Landstrasse
eine Gans. Jesus verwandelte sie in ein Weib und sandte sie BOgleich in
das Haus des ersten Mannes. Ebenso that er mit einem Pfau, den er als
Weib zu dem zweiten Mann gehen hiess, mit einer Katze. Taube, Schlange,
Elster, Biene, Ricke, Krähe, Eule, einem Fisch und einer Sau. Nach
Jahr und Tag kehrte der Herr wiederum in dem Dorfe ein und fragte
den ersten Hauswirt, wie er mit seinem Weibe zufrieden sei. ..Ach. Neu-.
seufzte der Mann, ..mein Weib ist gar einfältig und schnattert den ganzen
Tag wie eine Gans." „Sie verleugnet ihren Ursprung nicht", meinte
Jesus lächelnd und schritt weiter. Und so hörte er auch in den an. lein
Häusern meist Schlechtes von den Weibern; sie waren stolz wie ein Pfau,
naschhaft wie eine Katze, falsch wie eine Schlange, geizig wie eine Elster,
hässlich wie eine Eule, unsauber wie eine Sau. Einige aber waren zärtlich
wie eine Taube, sanft wie ein Reh und fleissig wie eine Biene. Die
Weiber besassen eben die Eigenschaften der Tiere, aus denen sie ent-
standen waren. Darum giebt es noch heutzutage bo verschiedene Arten
von Weibern.
Offenbar reihen sich diese drei engverwandten Schwanke, der dänische,
der bulgarische und der tschechisch.', den zahlreichen ungalanten Satiren
• •in. die einzelne Eigenschaften der Frauen mit bestimmten Tieren in
Verbindung bringen und deshalb diese Krauen v.»n den entsprechenden
Tieren abstammen lassen. So berichtet eine rabbinisebe Tradition, die
Hans Sachs 1557 in einem Sprachgedichte „Der Hundschwanz" behandelte
und spätere Erzähler mit Behagen variieren8), wie Gott eine Gehilfin für
1) Strauss, Die Bulgaren, 1898, S. U.
21 YValdau in den von A. Luksic herausgegebenen Slavischen Blättern 1, 241 (1865):
„Die Weiber im Dorfe."
3) H. Sachs, Folioausgabe 2, 4, Ttb = Fabeln und Schwanke ed. Goetee 1, 522,
No. 182; vgl. 2, XVII. Zincgref -Weidner, Apophthegmata 4, 414 (1655) citiert als Ge-
lb"
256 ]J"-
Adam erschaffen wollte und < hin Schlafenden eine Rippe aus dem Leibe
nahm, habe ein llmnl «Ich Knochen gepackt, am damit zu entlaufen. Abe*
der Herr erwischte ihn, schnitt ihm den Schwanz ab und schuf daraus
1 Nach weit älteren Datums sind zwei yon Stobaios aufbewahrte
griechische Gedichte des Simonides von Amorgos und lies Phokylides
von Mih't1). die wohl beide einen alten Yolksspruch reproduzieren. Sie
stimmen darin zu dem dänischen Schwanke, dass sie mehrere Tiere namhaft
machen, während ihnen eine scherzhafte Motivierung dieses Ursprunges
der Weiber, wie sie sowohl das dänische Volksbuch wie die angebliche
rabbinische Überlieferung bietet, durchaus mangelt. Nüchtern und kühl
erzählt Simonides, Gott habe des Weibes Sinnesart verschieden geschaffen,
teils von der Sau. teils vom Fuchse. Hunde, von der Erde, vom Meere, vom
Esel, Wiesel, von der Stute, vom Affen oder von der Biene:
Xcogig ywatxog &sog srtoitjosv vöov
Tu TigcÖza' T)tr fiev §]• vos tolvvtqixog <jtc.
Von den neun Typen böser Weiber des Simonideischen Frauenspiegels
erscheinen bei dem um ein Jahrhundert jüngeren Phokylides nur drei
wieder, nämlich die von der Stute, der Sau und der Hündin herstammenden;
die vierte Art. die der guten Frauen, leitet er. wie sein Vorgänger die
zehnte, von der Biene ab. Beide Gedichte wurden im Zeitalter der
Renaissance bewundert und nachgebildet: das des Phokylides 15(5*2 durch
Hans Sachs2), der Frölichs elf Jahre zuvor erschienene Verdeutschung des
Stobäus benutzte, das des Simonides durch ßnchanan und Taubmann in
lateinischen Versen, sowie durch Fitz. Kachel und Henrici in deutschen
Reimen.8) Am freisten verfährt dabei der Leipziger Gelegenheitspoet
wäfrrsmann einen Doktor Langenberg; vgl. Stiefel in der Nürnberger Festschrift Hans
Sachs-Forschungen 1894, S. U'>S. De Geest van Jan Tamboer 1664, p. 210 = Der Geist
von Jan Tambaur (um 1690) S. 190 = Mancherley artige annehmliche Historien, Augspurg
Bl. 1) 7a: ..AVeiber sind von einem Hundsschwantz gemacht" (Männer von eiuem
Katzonrücken). Tho. Moore, Works 182G, p. 467: 'The rabbinical origin of women.' Vgl.
Birch, Notes and Qneries 6. Ser. 4, 302 (1881). De Gubernatis, Die Tiere in der indogerm.
Mythologie 1874, S. 369*. De Mont en de Cock, Vlaamsche vertelsels 1898, S. 448:
-De oorsprong der vroinv. Gaster, Magazin f. d. Litt, des Auslandes 1879, 59G (nach
[spirescu, Snöve sau Povesti populäre 1875, p. 92). A. Strauss, Die Bulgaren 1898, S. 45
■Hunds- oder Tenfelsschwanz). L. Schischmanoff, Legendes religieuscs bulgares 189G, p. 33
Tenfelflschwanz . Krauss, Sitte und Sage der Südslaveu 1885, S. 184. Leite de Yascon-
cellos, Tradic<~es po]». portnguezes 1832, p. 200 (Hunds- oder Katzenschwanz). Marelle,
Eva, Affenschwantz, Quene-d'chat 1888, p. 9 = Herrigs Archiv 76, 233.
1) Poetae lyrici Graeci ed. Bergk 2, 446 No. 7 und G9 No. 3 (1882).
2) Folioausgabe 5, 3, 372b = Fabeln ed. Goetze 2, 634 No. 385: vgl. S. XXIII.
3) Buchanan, Poemata 1665. p. 401 (Iamhon lib. 1). Taubmann, Melodaesia 1615,
p.570: .Gynaeceum poeticum". Titz, Gedichte hsg. von Fischer 1888, S. 113: „Poetisches
Frauenzimmer-. Kachel, Teutsche Satyrische Gedichte 1664, No. 1. [Chr. Fr. Henrici],
Picanders Gedichte 5, 185 (1751). In Prosa giebt Joh. Sommer, Ethographia mundi 2, 62
(1610) die Erzählung des Simonides wieder. — Die Gedichte von Buchanan, Taubmann
und Titz hat Klenz in seiner fleissigen Dissertation (Die Quellen von J. Rachels erster
Kin dänisches Märchen von dein i i Weiber. ■_'."(,
Henrici mir der Fabel des Simonidee, die er gleich Tanbmaom and Titz
zum Schmucke einer Bochzeitsgratulation ausnutzt. Bin „Tausendkünstler"
Gfispinus, erzählt er, hatte Bieben Söhne, <li«' gern freien wollten tmd
ihrem Vater die erkorenen Bräute vorstellten. Dieser lobte «lie Schönheil
der Jungfrauen, griff dann jedoch nach seinem Zauberstabe, um auch ihre
Herzen zu prüfen.
Die erste halte schwarze Augen,
Durchdringend und verschmitzt and fr
und was am meisten konnte taugen,
So war auch Freundlichkeit dabey.
Der Alte streckte mit dem Stabe
Die Hand nach ihrem Herzen aus.
Und sieh! es sprang im vollen Trabe
Ein rasend Tygerthier heraus.
Nicht hesser erirtdits den andern Schönen; bei ihnen zeigt sich eiae
Schlange, ein Alle, eine Grans, ein Schwein, ein Sperling und ein Krokodil.
Hier bricht llenrici die Erzählung ab, um dem Hochzeitspaar zu versichern,
das> bei ihnen Gleiches nicht zu befürchten sei. Die Frage nach der
Herkunft dieser inneren Verwandtschaft zwischen Weib und Tier berührt
er gar nicht.
Parallel liehen diesen Nachahmungen des Simonides geh* eine Gruppe
von Erzählungen einher, die man zuweilen fälschlich in direkte Äibhängigkeil
von dem griechischen [ambographen hat bringen wollen.1; Johannes
Agricola-; erläutert 1529 das Sprichwort -Die Weiber haben drei Häute"
in folgender WeiBe: ..Die Weiber haben erstlich ein hundshaut; da- ist,
wann man Bie schilt «.der straffet, so bellen sie hinwider wie ein hund:
Biff hilf. Die ander haut ist ein sawhaut; da muß man scharf hawen, sol
man hindiiirhhawen: wirf sie aber getroffen, die >;iwli;mi. bo kreiBse< sie:
Och och, wie ein saw. Die dritt haut isi die menschenhaut; wer die trifft,
,1er hört «'in Bolche stimm: Ach hertzlieber mann. Ich wil alles thun, was
dir ijeD !>r.» _ Hier ist als«, nicht von mehreren Frauen die Rede, die
jede einem andern Tier verglichen werden, sondern «•in und dasselbe Weib
hat verschiedene tierische Laster, «lie nur durch die beliebte Prügelkur
- itire Freiburg L. 11. 1899) mit Rachels Satire verglichen, dabei aber auch Scheffers gleich
zu erwähnende lateinische Dichtung hineingezogen, ohne ihre Abhängigkeit von Bans Sachs
zu erkennen.
1) Vgl. darüber Stiefel in dieser Zeitschrift 8, 163.
9) Sprichwörter (1534) No. 414. - Danach u. a. Fischart, Ehzuchfcbüchlein 1&78
(Werke heransg. von Hauffen 3, 265). Sommer, Ethographia mumh 2, 63 1610 A.nhr.
Metzger, Meisterlied vom 21. Juli 1626 (Göttänger cod. mscr. philol. L96, S. 418). \.
Wossidlo, Mecklenburgische VolksüberÜefernngen 1, 154, No. 568 (drei Arten Frauen:
Hühner-, Gans- und Schweinsart). -- Für das Alte- dieser Vergleiche verdient die von
Klenz S. 25 citierte Stelle aus Joa. Nevisanus, Sylva nupbalis lo22 Bl. 87a angefahrt zu
zu werden: „Septem mulierum proprietates, sanetas in ecclesia, angelos in accessn, daomones
in domo, bubones in fenestra, picas in porta, capras in horto, fetorem in lecto. Vgl.
Scheffer bei Sommer, Ethographia mnndi 2, 71 (1610).
25g Bolte:
vertrieben werden können. Die Zahl der Haute erscheint dann in einem
1539 gedichteten Spruche des Hans Sachs1) auf das dreifache gesteigert:
nenn Häute hat ein einziges böses AAT«'ib, nämlich von Stockfisch, Bär,
Gans, Hund. Hase, Pferd, Katze, Sau und endlich Mensch, und auch hier
meint ein Freund des Dichters jede Haut besonders durchbläuen zu müssen;
allein der wackre .Meister entgegnet ihm, solches zieme einem Bieder-
mann nicht:
Man inus mit krieg nicht halten haus,
Sunder mit frid und freuntschaft mer.
Das zweite Märchen des dänischen Volksbuchleins, zu dessen Be-
trachtung wir uns nunmehr wenden, erhebt noch schärfere Anklagen wider
die bösen Weiber, indem es sie nicht der Abstammung von Tieren, sondern
vom Teufel selbst beschuldigt. Es erfreut sich keiner geringeren Verbreitung
als das erste; doch vermag ich kein älteres Zeugnis beizubringen als eine
Stelle aus der 1672 (also fünf Jahre nach dem dänischen Drucke) er-
schienenen deutschen Bearbeitung von Shakespeares 'Taming of the Shrew':
„Kunst über alle Künste Ein bös Weib gut zu machen."2) Hier bedauert
der als Vorredner auftretende geduldige Hiob, dass der Bändiger der
bösen Katharina nicht schon zu seiner Zeit gelebt habe: „Ich hätte bei
ihm wollen lernen, einem bösen Weibe den Irrthum auss dem eigensinnigen
Gehirn zu treiben oder den Teufelskopf, welchen sie ihrem eigenen
Bekäntnüss nach aufsetzen, bei sich liegen zu lassen." Es scheint nach
dem Wortlaut allerdings, als ob der Autor hier nicht auf die Enthauptung
durch Petrus und dessen Vertauschung der Köpfe, sondern eine abweichende
Erzählung anspiele.
Fast völlig stimmt dagegen ein 1719 im Druck veröffentlichtes Gedicht
von Christoph Frieder ici8) mit dem dänischen Schwanke überein:
1) Folioausgabe 1, 5, 5l9b = Fabeln ed. Goetze 1, 164, No. 54; vgl. 2, XIII. 4, 132.
- Danach z. B. Schades Wissenschaftl. Monatsblätter 1878, 173. Huberinus, Spiegel der
Hauszuclit 1565 (W. Kawerau, Die Reformation und die Ehe 1892, S. 49). Seb. Scheffer,
Poemata 1572 Bl. 193 = Melander, loci atque seria 1603 No. 485 = Ellinger, Deutsche
Lyriker des 16. Jahrh. 1893 S. 45 = Klenz 1899 S. 22 = Sommer, Ethographia mundi 2, 67
(1610. Mit deutscher Übertragung). Seelmann, Mnd. Fastnachtspiele 1885, S. 78 (v. J-
1641). Zwei Folioblätter des 17. Jahrh. in Berlin und Nürnberg (Weller, Annalen 2, 485
u. 487, No. 1035 u. 1052). Der visierliche Exorcist S. 18 (an dem Alamodisch - techno-
logischen Interim 1675). Riederer, Das Poetische Schertz-Cabinet 1713, Bl. D3a, No. 63.
Stranitzky, Ollapatrida des durchgetriebenen Fuchsmundi 1711, S. 225 = 1886, S. 168.
Gregander, Leben F. W. v. Kyau 3, 20 (1751). Berliner Ms. germ. qu. 616, No. 191.
Wiener Hs. 14914, S. 1024, No. 162.
2) Herausgegeben von R. Köhler 1864, S. 6.
3) Christophorus Friederici, Oel und Wein, gegossen auf die Wunden der Lebendig-
Toden, oder Curieuser Zeit - Vertreiber ... In deutlichen Teutschen Versen Monathlich
herfür gebracht, Zweite Spendage. Anno 1719. Franckfurt, zu finden in der Buch-Gassen
(Berlin Yk 1741), S. 49—59.
Ein dänisches Märchen von dem Ursprünge d< Weibi r.
259
Die ausfündig gemachte JTeuffels-Köpfe.
l.
Ich hab mich hin und her befraget,
Wie und woher es immer komm,
Was man von denen Weibern saget,
Daß deren wären wenig fromm.
Und daß (wer sucht es zu vergraben?
Sie alle Teuffels-Köpfe haben.
Ich kunte nirgends Nachricht kriegen,
Ein Jeder wollt, dass mans verbürg.
Doch musst sich eines Tages fügen,
Daß ich in die CathoFsche Kirch
In einer Reichs-Stadt bin gekommen.
Wo ich es ohngefehr vernommen.
3.
Ein lust'ger Pater, den ich kennte,
Hielt eben damahls die Sermon:
Der klatschte gleichsam in die Hände
Und discurrirte nett davon.
Ich hoffe niemand zu verstören,
Wann wir Ihn selber reden hören:
4.
Wie unser Heiland noch auf Erden
In Tagen seines Fleisches war
Und seine Jünger offt begehrten,
Daß er einmahl spatzieren fahr,
Und wo nicht fahr, doch etwan gienge,
Damit er frischen Athem fienge,
So hat der Herr sich überwunden
Auf Ihrer Aller grosse Bitt
Und nahm zu Fuß auf etlich Stunden
Den lieben Jünger Petrum mit,
Der gern sich (wie der Pfaff gedachte)
Zu unserm lieben Herren machte.
6.
Sie giengen über Feld und Lande
Bald dahin und bald dort herum.
Der Petrus hatte Anverwandte
Nächst bey der Stadt Capernaum;
Drum wollten sie auch diese Strassen
Sich ihre Füsse trag-en lassen.
Kaum giengen si>- dreylnindert Schritte
So sah'n sie einen grossen Streit
Der Jünger gieng auf JEsti Bitte
Hinzu und fragt, was das bedeut,
Was das vor eine neue Mähre
Und vor ein toll Gefechte w
8.
Allein wie man Ihm ohne Zweiffei
Nicht gleich Bericht gab, wie es passt,
So sah Er selber, wie der Teuffel
Ein altes Weib beym Kopf gefast,
Und wie Sie, ob er gleich nicht siegte,
Von ihm viel hundert Dachteln kriegte.
9.
Gestalt das Weib auch ausdermassen
War hitzig, rasend, wild und toll,
Ihn suchte sie beim Halß zu fassen.
Und wann ich nichts verschweigen soll,
Sie hätt ihm bald, wie man gesehwatzet,
Die Augen aus dem Kopff gekratzet.
10.
Hat er zwo Kopf-Nüß ihr versetzt t.
Gab sie ihm deren wieder vier:
Hat Er Ihr Arm und Hein verletzet,
Erdrosselt Sie den Teuffel schier,
Weil das Gefechte lange währt''
Und keines abzusteh'n begehrte.
11.
Warum Sie sich also ■/< rschlagen,
Darum befragt man Haus vor Haus;
Doch Niemand kunt die Ursach sagen,
/war endlich brach der Handel aus,
Daß Sie sich beederseits besoffen
Und es zwei Batzen angetroffen.
12.
Der Teuffel blieb so viel dem Weibe
Als Debitor vor Pension.
Drum käme Sie Ihm so zu Leibe
Und fordert den verdienten Lohn,
Daß leichtlich unter diesen Tollen
Ein Mord hätt draus entstehen sollen.
260
Bolte:
L3.
Der Petrus Bähe lang den Hamid
Mit grimmigen I reberden zu.
Ablegt Er eilig seinen Mantel [dn -
Und sprach: "Was, Teullel, machst doch
dn im Frieden nicht zu Leben?
Gleich will ich dir dein Tranck-Geld
ben-1
14.
Der Teuffel sah sich um und stutzte
Und fuhr heraus: 'Herr Petre, meyn,
Wie sieht Er aus so gar verdutzte!
Er laß sein Eiffersüehtig-seyn !'
Doch hinterrücks hat es geheissen:
'Dem Kahl-Kopf will ich Feigen weisen.'
15.
Damit zuckt Petrus seinen Degen,
Den er trug heimlich an dem Leib
Zumahl auf seiner Reise wegen,
Und haut dem Teuffel und dem Weib
Auf einem Streich und trefflich munter
Die zwey verfluchte Köpff herunter.
16.
Indem kommt Er zum Heyland wieder;
Doch der war nicht damit content,
Er sprach : 'Thun das auch andre Brüder?
Verdammt sind deine Mörder-Händ.
Du sollst mit deinen grauen Haaren
Hinunter in die Grube fahren.
17.
Du alter Gecke bist so hitzig.
Lern doch die Sanfftmuth einst von mir!
Der Eiffer macht dich aberwitzig.
Gleich geh und packe dich von hier!
Du sollst nicht mehr wie andre Frommen
An meine grüne Seite kommen.'
18.
Den Petrum fleng es an zu reuen,
Er bat den Rabbi gleich um Gnad;
Er soll Ihm dasmahl nur verzevhen,
Weil Er es ja nicht gerne that;
Der Eiffer hab Ihn überloffen.
Daß er Sie durch die Bälß getroffen.
19.
Mcm ileyland gab mit dem Bedinge
Dem Petro ungesäumt Pardon,
Daß Er hin zu den Toden gienge,
So trag Er doch das Lob davon,
1'm Ihnen statt des Degen-Wetzen
Die Köpll'e wieder auffzusetzen.
20.
Sanct Peter durfft 'Ich mag nicht' sagen;
Er that. was Ihm sein Meister schafft,
Er wills in seinem Nahmen wagen
Und in desselben Wunder-Krafft,
Wiewohl er (weiß nicht, ob aus Possen)
Darbey hat einen Bock geschossen.
21.
Dann da die Köpffe lagen drunten
Und er Sie nicht mehr recht erkennt,
Auch das war in den Abend-Stunden,
Da schon der Tag lieff meist zu End,
Gleich da, wie sich die Sonn verkrochen.
Die Demmerung ist angebrochen.
22.
So krieget er des Teuffels Kopffe
In seine Hände ohngefehr,
Den setzt Er auf des Weibes Schopffe
In Meynung, daß er Ihrer war,
Wie Gegentheils dem Teuffel dorten
Des Weibs Kopf aufgesetzt ist worden.
23.
Seytdem (rieff drauf gantz laut der Pfaffe)
Hängte unsern Weibern immer an.
Der Teuffel wurd der Menschen Affe,
Und wann Ihn niemand bänd'gen kan,
Kan Ihn doch ein alt Weib betäuben
Und leichtlich in ein Bocks-Horn treiben.
24.
Woraus ich dann den Ursprung schopffe,
Die alte Weiber nicht allein,
Sie haben Alle Teuffels-Röpffe,
Sie mögen noch so junge seyn.
So wirds im Reden und im Schreiben
Bey lauter Teuffels-Köpfen bleiben.
Die weiteren Scheltreden des Dichters wider die bösen Weiber, die
noch 19 Strophen einnehmen, übergehen wir und lassen es auch dahin-
I
Em dänisches Märchen von dem l rspronge der bösen Weiler. 261
gestellt, ab seine Quellenangabe, er habe die Geschichte von einem Amts-
bruder Abrahams a St. Clara als Predigtmärlein vernommen, aufWahrheit
beruhe. Verweilen wir nur noch einen Augenblick bei der wichtigsten
Abweichung von der dänischen Erzählung! Jene berichtet, Petrus sei
aber die Liebkosungen entrüstet gewesen, mit denen der Teufel ein junges
Mädchen bethörte; bei Friedend dagegen aueht er den erbitterten Streit
zu schlichten, den ein altes Weib mit dem Teufel ausficht. Die meisten
späteren Versionen stimmen hierin zu Friederici, und tn der Thai scheint
dieser die ursprüngliche Tradition bewahrt zu haben, die uns an den auf
Bilderbogen des 17. Jahrhunderts erscheinenden Kampf zwischen Weib
und Teufel1), an die ältere Novelle von Belfegor9) oder die von der Alten,
die schlimmer ist als der Teufel8), gemahnt.
Eine entstellte Passung im Vade Mecum für lustige Leute 7. 22,
[Jo. 35 („Wodurch die bösen Weiber in die Welt gekommen." Berlin,
A. Myüus 1777 setzt an die Stelle des rasch zufahrenden Apostels einen
beliebigen Reiter, der den Teufel Notzucht verüben sieht; nachher heiraten
der Teufel und das Mädchen einander, und von ihnen stammen die argen
Frauen ab. Ferner gehören hierhei «'in siebenbürgisches Gedicht
„Die böse Frau" bei Firmenich, Germaniens Völkerstimmen 2, 826, ein
pommerscher Volksschwank „Warum die Weiber den Teufel im Kopfe
haben" (Blätter f. pommersche Volkskunde 1, 166. 1893), zwei vlämische
JHärchen bei A. Joos (Vertelsels van het vlaamsche Volk 3, 74: „Van het
Wijf «m h.-r Serpeot." 1891) und I\ de .Munt en A. de Cock (Vlaamsche
Vertelsels 1898, S. 341: „Waarom de Vrouw iets duivelachtigs heeft"),
mehrere französische Erzählungen (Wallonia 1. 171: „La femme et le
jiiable." Thuriet, Traditions populaires de la Haute-Saöne L892, p. 169:
fcPourquoi les femmes ont la tete du diable." Revue des traditions pop.
•_>. 62 und 10, 661), zwei italienische (De Nmo, üsi e costumi abruzzesi
4. 68. 1887: ..San Pietro rappiccica le teste." Pitre, üsi e costumi del
popolo siciliano 4. 84. 188^: Christus und Paulus;, eine catalanische
(A. Mestres, Tradiciöns catalanas = Folklore catala L, 59, No.25: „L'equi-
vocaciö de Sant Pere." 1895), zwei portugiesische [Leite de Vasconcellos,
Tradicöes populars portuguezes 1882, p. 200f. Braga, Contos trad. do povo
portuguez 1883, 2, 158) und eine litauische Variante Veckenstedt, .Muhen
der Zamaiten 1883, 1, 283, No. 75).4)
1) Lübecker Spiele von 1462 und 1170 (Goedeke, I frundriss' 1. 177). B. v. Lichten-
berg, Über den Humor bei den deutschen Kupferstechern L897, 8. 52, Taf. 11. Bolte,
Zeitschr. f. Volkskunde 8, 24 und Archiv f. neuere Sprachen 102, 253. Kunst über alle
Künste 1864, S. 39, 9.
2) Dunlop- Liebrecht, Prosadichtungen S. 27:1.. Bcnfey, Pantschatantra 1, 519—534.
H. Sachs, Fabeln 1, 502, No. 177 u. s. w. Eine ausführlich.- Untersuchung bereitet Adolf
Gerber vor.
3) Oesterlev zu Kirchhofs Wendunmut 1, 366. R. Köhler. Kleinere Schriften 3, 12.
4) Ich vervollständige hier einige Ztschr. 8,465 zu p. 341) gegebene Notizen, indem
ich zugleich dankbar von einigen Citaten B. Köhlers und Feilbergs Gebrauch mache.
Bolte: Ein d&nisohes M Irenen von dem Ursprünge der bösen Weiber.
Die Verwechslung, deren sich Petras beim Wiederaufsetzen der ab-
tlagenerj Köpfe Bcbuldig macht, wird schon manchem Leser Goethes
wundervolle Legende vom Paria ins Gedächtnis gerufen haben, in der der
Sohn des Brahmanen das Haupt der Mutter auf den Leib der gleichfalls
enthaupteten Verbrecherin fügt. Goethe fand diesen Zug in der ihm aus
Bonnerats Reise nach Ostindien 1, 205 (1783) bekannten Geschichte der
Mariatale vor, während Benfey1) irri,^ eine Entlehnung aus den 25 Er-
zählungen eines Dämons vermutete, in denen eine Frau die Köpfe ihres
(Jatten und seines Freundes vertauscht. Ob nun die letztgenannte alt-
indisfhe, öfter nacherzählte Geschichte2) auf unsern Schwank eingewirkt
hat. möchte ich vorläufig weder behaupten noch in Abrede stellen. Das
Abnehmen und Vertauschen oder Umschmieden von Weiberköpfen wird
aber seit 1650 öfter auf französischen und deutschen Bilderbogen dar-
gestellt und in Gedichten erläutert.8) Ein solcher Holzschnittbogen könnte
auch die deutsche Vorlage des besprochenen dänischen Traktätchens ge-
wesen sein.
Nicht identifizieren kann ich folgende Verweisung Köhlers: „Wigström, Skämtssägner frän
Skäne No. 7."
1) Orient und Occident 1, 729; vgl. 2, 97. Weinhold in dieser Zeitschrift 2, 47.
Zachariae diese Zeitschrift 11, 191.
2) Katha Sarit Sagara transl. by Tawney 2, 264. R. F. Burton, Vikram and the
Vampire, Tales of Hindu devilrj 1893. Oesterley, Baital Pachisi 1873, S. 195, No. 6.
Iken, Touti Nameh 1822, S. 104, No. 24; vgl. Pertsch, Zs. der d. morgenl. Ges. 21, 530.
De Guberuatis, Die Tiere, 1874, S. 235. Kosen, Tuti Nameh 2, 1G9. D. Lescallier, Le
trönc enchante, contes indiens trad. du persan 1808, 1, 194. Wieland, Dschinnistan =
Werke :><>, 115 ed. Hempel: nach H. Pajon, Histoire des trois fils d'Ali Bassa (Cah. des ft'-es
34, 206). In einem altrussischen Märchen setzt, wie Viehoff (Goethes Gedichte 1869, 1, 282)
bemerkt, der Erzengel Raphael aus Versehen des Teufels Kopf auf den Rumpf eines Ge-
richtsschreibers. — Vielleicht darf ich dabei noch an die Schwanke erinnern, in denen ein
abgeschlagener Kopf nicht vertauscht, sondern verkehrt aufgesetzt wird. So sucht in
einem teilweise auf italienischen Quellen beruhenden picaresken Romane „Das Teutsche
Gespenst Aufbore Casparo Lolivetta* Leipzig 1684, S. 219—237) Flaminio Veraldo den
Tod, -wird aber von einer alten Frau, dem Leben, geheilt; sie haut ihm nämlich den Kopf
ab und setzt ihn dann verkehrt auf, bringt ihn aber nach zwei Stunden wieder in Ordnung.
Bei Schonwerth, Aus der Oberpfalz 3, 303 (1859) schlägt Petrus bei einer Rauferei einem
Burschen das Haupt ab, setzt es dann verkehrt auf und entschuldigt sich bei Jesus, der
Kerl sei ein Seiler, der bei der Arbeit ohnehin immer rückwärts gehe. Vgl. R. Sigismund,
Was das Schwarzburger Land erzählt S. 23 und F. Müller, Siebenbürgische Sagen No. 172
= 2. Aufl. No. 232. Bei Abraliam a St. Clara (Etwas für Alle 3, 229. 1711 = Werke, Passauer
Ausgabe 14, 352) ist Mars an Stelle des jähzornigen Petrus getreten : den Kopf setzt Vulcac
auf Jupiters Befehl wieder auf.
3) Vgl. meine Zusammenstellung über den Meister Lustucru und Moscheroschs Köpf-
kram im Jahrbuch f. Gesch. Elsass-Lothringens 13, 165: dazu noch Poirters, Het masker
van de wereldt afgetrocken 1741, S. 343—351.
von Negelein: Die I 263
Die Reise der Seele ins Jenseits.
Von Julius von Negelein.
(Schluss von S. 158.
III. Versuche, die Seele an der Rückkehr zu verhindern.
Dass Gespenster und Krankheitsdämonen ineinander Gibergehen, i>t
bereits hervorgehoben worden. Ks ist deshalb wichtig festzustellen, dass
man sich letzterer ebenso wie ersterer zugleich mit der Vernichtung ihrer
Spur zu entledigen versuchte und dass der heutige Volksbrauch ebenfalls
entsprechende Verfahren kennt. Auf Rügen legi mau. um sich vor
dem Mahrreiten zu schützen, einen abgefegten, stumpfen Besen unter das
Bett, damit die Hexe keine Macht mehr daran habe und ihn nicht zum
Reiten benutzen könne.1) Der Besen ist wie das Sieb ein Sitz der weib-
lichen Krankheitsdämonen, die eine späte Zeit Hexen genannt bat, wie
alle heidnischen Gottheiten gleichen Geschlechts. Es liegt hier die sehr
richtige hygienische Idee zu Grunde, dass der Staub der Wohnungen der
wichtigste Infektionsträger ist.2) Deshalb sind alle Reinigungsinstrumente
Attribute von Krankheitsdämonen. Die Zugehörigkeit einer ideellen oder
wirklichen Persönlichkeit zu einem Tier oder Gegenstand wird aber in
Sage und Mythe stets dadurcli ausgedrückt, dass man erstere auf letzteren
stehen oder reiten lässt. Deshalb reiten die Hexen auf Sieben. Schaufeln
und Besen.3) Der Alp, der den Kranken besuchen will, benutzt also
in dem obigen Falle den Besen als Reitinstrument, erkennt ihn aber als
ungeeignet und hört auf, den Kranken zu quälen. Man erwäge, dass das
Alpdrücken gewöhnlich als der Flug einer dämonischen Seele aus ihrem
eignen Leibe zum Zweck des Besuches des Patienten gedacht wurde.
Es liegt mithin der Mystik, die sich selbst am den Besen herum
spinnt der Gedanke zu Gfrunde, dass man die Spur der Dämonen in dem-
selben gefangen hält. Ihr Dasein ist s<> unauflöslich an das die Quint-
essenz ihrer Wesenheit, den Staub, beherbergende Instrument (den Besen,
die Schaufel u. s. w.) gebunden, dass selbst die lokalen Verschiebungen
des einzelnen Dämons nur unter Vermittlung jenes Prägers ihre- Wesens
gedacht werden konnten. Unter diesem Gesichtspunkt erklären sich viele
1) Zeitschrift für Ethnologie 23, 454.
2) Ich verweise auf den vortrefflichen Aufsatz von Höfler über Krankheitsdämonen
im 2. Baude des Archivs für Religionswissenschaft.
3) Vgl. das allgemein-mythische Reiten von Göttern auf Tieren, die ihre Wesenheit
symbolisieren oder ältere Formen derselben darstellen: die Sonnengötter der Indogermanen
reiten auf Rossen oder lassen sich von denselben fahren, die semitischen Licht-
götter reiten auf den Sonnenvögeln, die babylonischen stehen vielfach auf attributären
Tieren.
•_»t; j von Nogelein:
Volksbräuche. — .Man darf die Füsse eines Menschen nicht „anfegenaj
eonsl wird er krank.1) In Slavonien sägt man: Willst «lu «lieh jemandes
für immer entledigen, so lade ihn zu dir ein, bewirte ihn und sobald er
fort ist. kehre die Stube hinter ihm aus.2) An dem Tage, an welchem
der Bausvater verreist, darf man die Stube nicht kehren, sonst kommt ei
Dicht zurück oder es trifft ihn ein Unglück.3) Am Marthatage (ersten
März, der für Frühlingsanfang gilt4) fegt man in Bulgarien das Haus
sehr sauber aus, um es vor den vielen bösen Geistern das Jahr hindurch
zu Benutzen.*) Nach Sonnenuntergang soll man daselbst den Schafstall
nieln fegen, sonst erkranken die Tiere, d. h. ihre Spur wird zugleich mit
dem Mist den Nachtdämönen überliefert6): nach Berliner Aberglauben
bindet man einen Besen an den Puss und zieht ihn so um den ganzen
Garten herum.1) Hier ist die rationalistische Erklärung, dass es sich um
ein einfaches Ausfegen von Raupen handele, nicht angebracht. Die Insekten
sind für den Volksglauben stets Geister, Eiben, die man bespricht, be-
schwört, wie Menschen und Almen mit Milch und Butter speist und sogat
enthauptet.8) So will man hier ihre Spuren, nicht sie selbst vernichten.
Zugleich spielt das Ziehen eines geweihten Kreises die landesübliche
Rolle.
Genau analog ist die Behandlung des Toten. In meiner ostpreussischen
Heimat wird, wenn der Tote „auf halbem Wege" ist, das Haus sorgfältig
gereinigt und der Kehricht weggetragen; auf halbem Wege sucht man ja,
wie erwähnt, die Entfernung des Toten auf jede mögliche Weise zu er-
reichen. — Wenn nach beendigter Totenmahlzeit der altslavische Priester
die Geister der Verstorbenen aus dem Hause treiben will, so fegt er das
Haus aus.9) Auf Glasinar und in Gacko wird das Haus gekehrt, sobald
der Tote zur Bestattung gehoben worden ist. Der betreffende Besen wird
verbrannt.10) Es ist in Bulgarien verboten, die Thürschwelle zu kehren:
sonst werden dem Mädchen, dass dies Gebot übertritt, die Brüste gross,
was als unschön gilt.11) Die Thürschwelle ist sehr häufig der Wohnsitz
der Seelen, die unter dem Eingang zum Hause gedacht werden — von
Indien bis Deutschland hin.12) Am Tage nach dem Tode eines Familien-
angehörigen wird in Bulgarien das Haus gefegt und gereinigt, „damit das
Glück von neuem einziehe".18) Nach abgehaltenem Totenmahl fegt in
Samogitien der Priester die Stube, um die vorher gesättigte Seele zu ent-
1 Mecklenburgischer Aberglaube (Privatinformation). — 2) Unsre Zeitschr. f. Volks-
kunde 1, 152. — 3) Strausz, Bulgaren, 2;-2. — 4) Also wieder der Zusammenhang der
i mit dem Jahreskreislauf! Siehe im vorigen. — 5) Strausz 335. — 6) Ebenda 2883
— 7) Ztschr. f. EthnoL 15, 93. — 8) Bezüglich des letzteren i.-t der mir bekannte aber
glänbische Gebrauch interessant, dreimal mit der Sichel über das Kornfeld zu schlagen.
um Raupen eu vertreiben. Hier sollen offensichtlich die Geister der Raupen, die
menschenähnlich gedachten Dämonen, enthauptet werden. — 9) Tylor 2. 39. — 10) Lilek
a. a. 0. 407. — 11) Strausz 299. — 12) Die Belege hierfür werden in einem späteren Aufsatz
folgen. — !•"., Strausz 451.
Die Reise der See] 285
fernen.1) Auf Borneo wird der Geis! eines Verstorbenen, den man tier
lang mir Reis bewirtet hat, naehher ausgefegt und dabei seine Speiße-
_• 'fasse zerbrochen.9) Die Tonquine&en vermeiden die Reinigung des
Hauses während des Festes. \\<> die Serien der Verstorbenen zur Neu-
jahrsvjsite in ihre alten Häuser zurückkehrten.8) In Kongo wird das
Bterbehaus ein Jahr hindurch nicht [„damit nicht der Staub den
Empfindlichen Geisterleib verletze"??].*) In Koni war das Recht, die
Leichenhäuser zu reinigen, auf die ßverriatores beschränkt Der /.u-
lammengefegte Kehricht wird wohl überall bei Seite geschafft sein, 1 1 i < * r
und da wir«! er auf den Kirchhof getragen.') Mir Betsohuanenstämme
sollen ihre Häuptlinge innerhalb ihrer Hürden begraben und dann das
Vieh ein paar Stunden lang an der Stelle herumtreiben^ um alle Spuren
des Toten zu verwischen..*)
Andere Bandlungen versuchten der Pussspur auf direkterem Wege zu
Leihe zu gehen: man lässt das Rasenstück, auf dem der Feind gestanden,
im Rauch vertrocknen7), man vergräbt die Spur des Gegners in einem
Grabe8), man nagelt sie mir einem Sargnagel fest'') [wodurch man schon
zu Plinius Zeit10) Pferde zum Lahmen brachte, wie noch heute].11) Daher
die Furcht wendischer Hauern, den Mi-t von der Stelle zu geben, auf der
das Vieh gestanden.12) Man versucht sogar Geister festzunageln, wenn
man bei den Bulgaren und Altserbeh, sobald man die Leiche emporgehoben,
in die Aufbahrangsstelle einen Nagel hineintreibt, um die Todesfrau an
jene Steile zu bannen." Bei den alten Arabern wurde bisweilen die
Ergreifung eines Räubers dadurch moglieh gemacht, dass man seine Spur
in einer darüber geworfenen Schüssel anffing.1*)
Wir haben diese .Mittel zur Vernichtung der Fu>>s]>ur erwähnt, weil
sie sämtlich der Vertilgung von Totengeistern ihrer Natur nach hätten
dienen können; wir haben sie so kurz wie möglich skizziert weil wir
nicht zu erweisen imstande sind, dass sie diesem Zwecke wirklich jemals
-••dient haben. Die jetzt zur Besprechung kommenden, den gleichen
Zweck verfolgenden Mittel waren hingegen nachweislich direkt zur l'n-
Bchädlichmachung des Toten bestimmt und zwar in der Weise, dass man
entweder die Spur als solche vernichtete oder dem rii« kk.direnden Geist
den Weg verbaute oder den Ausmarsch ins Jenseits ihm unmöglich zu
Aachen versuchte.
1) Zeitschr. f. Ethnol. 21,121. — 2 Bastian, ryloi 1. 14s. B
Verbleibsorte, 34. — l Bastian, Vorst., 34, Verbleibeorte, 34. tjlor 1,44s. _ 5 B;
Verbleibsorte, 56. — 6) Livingstone, Südafrika and Madagaskar", •">:>. — 7) Sartori a. a ' ».
Wuttke a.a.O. 173. Grimm, Myth.4, 2, 915. Andree, Braunscnw, Volkskunde, 307. P<
Deutsche Pflanzensagen, 89. — 8) Litterator bei Sartori a. a. 0. Bezzenberger, Litauische
Forschungen, 69. — 9) Wuttke 389. Bartsch a. a. O. 235 f. - 10] Pliniua 28, 10 bei
Grimm. Mytb.4, 2, 943. — 11) Aberglaube aus Ostpreussen, vgl. Sartori a. a. 0., Grimm,
Mytb.4, 2.915 u.a. — 12) Schulenburg, Wendische Sagen, 160. — 13 Unere Zeitschrift
für Volkskunde 1. 157. — 14 1 Wellhausen, Skizzen, :'., 152.
von Negelein :
Den li.irt'iissiiicn Kongobewohnern wurde das Umgehen ihres Gespenstes
durch Dornenbeetreuung „gelegt", die vom Grabe aus den Totenpfad ent-
führte1); die Da\ak umgeben die Grabstätten mit spitzen Pfählen2);
«•ix'iiso die Bewohner von Borneo.3) .Mehrfach wird der Weg, auf welchem
die Leiche aus dein Banse nach dem Grabe geschafft ist, mit Bambu
versperrt, damit das Gespenst nichr zum Krankmachen zurückkehren
kann*), oder das Grab anderswie eingehegt6); oder man sperrt die
Hütte des Toten ab.6) Domenumzäunung fand Livingstone auf seiner
Reise Dach Südafrika und Madagaskar. 7) Sie zeigt sich aber auch sonst
bisweilen. Auf die Versuche, Eiben, Heinzelmännchen, Zwerge und
Yampvre durch Streuen von Mohnkörnern, Erbsen u. s. w. zu ver-
scheuchen, machten wir bereits aufmerksam. Was zeigt sich in diesen
Sagengebilden im letzten Grunde anderes als der Versuch, durch hin-
gestreute Reiser, Brotkrumen u. s. w. den verschlungenen Weg ins Todes-
dickicht entweder zu zeigen oder durch entsprechende Mittel ihn zu ver-
bauen? — Die Hexen kommen nicht in ein Gehöfte, wenn man ver-
schiedenes Kraut auf die Fusssteige gestreut hat.8) Hexen, Nymphen
und Geister haben eine Idiosynkrasie gegen gewisse Kräuter und zweifellos,
wenn auch für mich einstweilen noch nicht nachweisbar, sind magisch
wirkende Kräuter, wie Weihrauch, namentlich als Austreibungsmittel gegen
Dämonen bekannt gewesen.
Bisweilen bindet man die Füsse des Toten zusammen, ihn an der
Wiederkehr zu verhindern. Dies geschah im ältesten Indien.9) Bei den
Tupis in Südamerika werden dem Leichnam alle Glieder fest zusammen-
gebunden, damit der Tote seine Freunde nicht mit seinem Besuche be-
unruhigen könnte.10) In Fidschi geschah das Gleiche zu gleichem Zweck.11)
Die ägyptischen Troglodyten begruben ihre Toten, indem sie ihnen mit
Wegdornruten den Hals gegen die Beine banden.12) Die Bewohner von
Dahome binden die Füsse des Toten fest zusammen.13) Doch selbst in
Armenien fesselt man die Zehen der Leiche mit einem Faden aneinander,
um ihre Wiederkehr zu verhindern. u) — Nicht selten verwischt man die
Totenspur durch Ausgiessen von Wasser. Dies ist z. B. auch noch in Ost-
preussen Sitte. Früher (kaum irgendwo noch heute) wurde bei uns das
zum Waschen der Leiche gebrauchte Wasser vor der Thür ausgegossen,
1) Bastian, Elem., 18, Verbleibsorte, 14, Vorst., 30. — 2) Bastian, Verbleibsorte, 14.
— 3) Ebenda 40. — 4) Ztschr. f. Ethnol. 21, 147. — 5) Ebenda 6, 359. — 6) Livingstone
a. a. 0. 336 f. — 7) Zeitschi-, i'. Ethnol. 6, 359 berichtet dies von dem indischen Volk der
Maler. — 8) Schulenburg, Wendische Sagen, 161. — 9) Der wedische Gebrauch der „den
Schritt verwischenden Fussfessel" bedarf einer speciellen Untersuchung und hat sie ge-
funden: Roth, Festgruss an Boethling, 98. Bloomfield, American Journal of Philology,
Vol. XI, JSo. 3, S. 355. Ebenda XII, No. 4, Artikel: The meening of the root yup. —
10) Lippert, Kulturgeschichte d. Menschheit I, 113 f. Sartori a. a. 0. 423. — 11) Zeitschr.
f. Ethnol. 21, 144. — 12) Strabo 16, 17. — 13) Bastian, Verbleibsorte, 40. — 14) Abeghian
a. a. 0. 12.
Die Reise der Seele ins Jenseits.
und das sollte bedeuten: wenn der Tote zurückkommen will, so ist das
für ihn ein See und er kommt nicht hiuüber.1) Der ausgetragenen Leiche
wird in Franken Wasser Dachgegossen.9) Dasselbe ist z. r> auch aus
Bayern bezeugt, wo noch die richtige Begründung für den Brauch angegeben
wird3) and ebenfalls vom Leohrain*) and sonst mehrfach.*) Bei den
muslimischen Bosniaken wird «las Zimmer oder der Ort, wo der Tote
relegen hat, mit Wasser besprengt, damit er Dicht wiederkehre.6)
Sehr weit verbreitet ist die Sitte, heim Tode eines Familienmitgliedes
das Fenster zu öffnen. Auch darin liegt eine indirekte A.bwehr gegen
Ben Toten: er soll daran verhindert werden, auf dem gewöhnlichen Wege
ins Zimmer zurückzukommen. Der Brauch ist in ganz Deutschland ver-
breitet.') Er findet sich in Mecklenburg8), Brauuschweig"), Bayern10),
im Voigtlande11), wo man schon vor dem Tode der Seele den Austritt
auf diese Weise gestatten will, bei den Böhmen, die dem in die Höhe
strebenden Geiste vorzugsweise die obersten Fenster öffnen1*), ja selbst
in Armenien115), bisweilen mit der interessanten Modifikation, dass man
die Fenster nur einen Augenblick offen lässt14): man fürchtet die Rück-
kehr des Geistes auf demselben Wege.
Die Thür des Totenhauses, durch welche die Leiche zum Kirchhof
getragen wurde, ist damit zum Ausgangspunkt des unheimlichen Toten-
pfades geworden. Man meidet sie, wie man das erste Betreten einer
Brücke, eines Hauses meidet: die Gottheit will ihr Opfer haben. .Man
sehliesst deshalb die Thür, wenn jemand gestorben. Vergisst man dies.
so stirbt der erste der durch dieselbe Hineingehenden dem Toten nach.1")
Oder: man macht nach eingetretenem Todesfall sofort die Haust hure zu.
Die zuerst ins Haus kommende Person zeigt dann, von welchem Geschlecht
die nächststerbende sein wird.16) In der Lika schliesst man gleich Dach
dem Hinaustragen des Verstorbenen die Hausthüre ab, damit niemand
hinauskönne. So verhindert man, dass nicht bald jemand im selben Haus
dem Toten nachfolge oder nachgehe.17) Die Alfaren schliessen die Thür
bei der Geburt eines Kindes, damit dessen Seele nicht herauskönne1'1).
dagegen machen die Bulgaren bei gleicher Gelegenheit Thür und Fenster
auf.19) Rs scheint also, als ob verschiedene Theorien über die Inkarnationen
der Seele entgegengesetzte Handlungsweisen verursacht hätten: während
die einen das Neugeborene mit einem Leben begabt glauben, das. nur
flüchtig an den zarten Leib geheftet, vor dem Entschlüpfen durch Ein-
1) Toppen a. a. 0. 108. — 2) Bastian, Eiern., 67. — :'.) Bavaria 1865, S. 988 und 1868,
S. 323. — 4) Bastian, Eiern., 60. — 5) Bastian, Vorst., 30. — 6) Lilck a, a. 0. 41!». —
7) Wuttke429, vgl. 444. — S) Bartsch a. a. 0. 237. — 9 Andree, Braunschw. Volksk . 224,
266. — 10) Bavaria 1867, S. 407 und 1803, S. 322. Zeitschr. f. Volkskunde 8, 397. —
— 11) Koehlera a. 0. 251 und 440. — 12) Grohmann a. a, O. 193. — 13) Mitteilung eines
Armeniers. — 14) Rochholz, Glaube und Brauch, 171. — 15 Wuttke 435. - 16) Ebenda
430. — 17) Unsre Zeitschrift für Volkskunde 1. 157. - 18) Bastian, Elem. II, Vorw. 31.
— 19) Strausz a. a. O. 293.
von Negelein:
Sperrung bewahrt werden muss. nehmen die anderen — dies ist das völker-
psychologisoh Gewöhnliche die Beseelung des Kindes im Momente der
Gehurt an und wollen deshalb dein eintretenden Geist Thür und Thor
öffnen. Nur andeutungsweise Bei hier erwähnt, dass es also derselbe'
Geisterweg ist, auf dem die den alten Körper verlassende und den neuen
aufsuchende Beele wandelt Wer könnte die Identifizierung beider unter-
38 i und hier nicht die überall auftretende Lehre ron den sich stets neu
inkarnier enden Ahnengeistern wiederfinden? — Häufig wird die Thür
«Irin Fenster gleich gesetzt — verrichtet sie doch im primitiven Hanse
beinahe dieselbe Funktion — und. wie dieses, nach dem Tode eines Haus-
genossen geöffnet.1) Da aber das Fenster stets geschlossen gehalten
werden kann, so eignet es sich zum Ausgangspunkt des Totenpfades mehr
als die Thüre, durch die schon mancher Lebende dem Toten nach ins
Schattenreich gewandelt sein mag: deshalb Verfielen verzweifelte Eltern
in Ostpreussen sowohl w7ie in Bulgarien darauf, den Rest ihrer Kinder
sich dadurch zu erhalten, dass man das letzte der schnell hintereinander
Verstorbenen zum Fenster hinausreichte: die Sitte ist mehrfach bezeugt.')
Dem entsprechend will man die junge Frau eines Mannes, der schon
mehrmals AVitwer geworden, dadurch erhalten, dass man sie nicht durch
die Thür. sondern durch das Fenster ins Haus einziehen lässt8) und einem
Kinde den Eintritt in das (eigentliche, d. h. christliche) Leben (bei der
Taufe) dadurch sichern, dass man den Täufling beim (lange nach der
Kirche wie bei der Rückkehr durch das Fenster reicht.4) In Grönland
scheint der Brauch, den Toten durch das Fenster hindurch fortzuschaffen,
allgemein üblich zu sein.5) Doch selbst in Ostpreussen ist er beobachtet,
wie auch in Thüringen, wo man die Leiche eines Selbstmörders zum
Fenster hinaustransportiert hat. Selbstmörder pflegen ohnedies immer
..spuken zu gehen".6) — Besonders interessant sind die häufig vorkommenden
Fälle, in denen man besondere, meist bald wieder zu verschliessende
Öffnungen in der Mauer des Sterbehauses schafft, um durch diese den
Körper hindurchzuziehen. Die Leiche des Siamesen wird durch ein in die
Wand gebrochenes Loch, die Fasse voran, und dann dreimal in schnellem
Kaufe um das Haus getragen, damit sie den Eingang vergesse und keinen
Spuk treibe.7) Den gleichen Brauch befolgt der Grönländer, wenn er im
Sommerzelt ein eignes Loch zum Herausbefördern des Toten macht.8)
Südafrikanische Wilde handeln ebenso.9) Die Ojibway begraben den Ver-
storbenen eiligst, damit er nicht andere nachziehe und bringen ihn nicht
zur Thür, «ondern zu einem an der Seite gebrochenen Loch aus dem
1) Grimm, Aberglaube, b64, vgl. auch z. B. Toppen 108. — 2) Bastian, Eiern., 67.
Wuttke 367 und 737. Toppen 112. — 3) Wuttke 350. — 4) Ebenda 367. — 5) Rochholz,
Glaube und Brauch, 197. Tylor 2, 26. — 6) Lippert, Christentum, 391 f. Wuttke 444.
— 7) Lippert, Kulturgesch. d. Menschheit I, 113f. Sartori, Zeitschr. f. Volkskunde 4, 442f.
Tylor 2, 26. — 8) Rochholz, Gl. u. Br., 197. — 9) Lippert, Christentum, 391 f.
Heise der Seele ins Jen 269
Haust..1: Die üuskolgee begraben den Verstorbenen in einem Loche des
Hause*.*') Bei den AUuukin wurde der Tote durch eine Öffnung der
Bütte, der Thfir gegenüber, hinausgetragen, unter klopfendem Lärm
durch den man die Totengeister verscheuchen wollte).8) l>ie Hottentotten
bandeis ebenso.4) Die Samojeden hüten sich, die Toten durch die Thür
ihrer fürte hinauszutragen, sie machen zu diesem Zweck eine eigne
Öffnung, die sie nachher wieder sorgfältig verkleben, in <l.-r Meinung,
dass der irrende Geist nun den Rückweg nicht mehr finden werde.8) Der
König -von Somo-Somo auf den Pidschi -Inseln lies- Beinen sterbenden
Körper durch ein Loch, das man in die Wand der Bütte machte, heraus-
lietVirdem. während die zu seiner Begleitung getöteten Weiber durch die
Thür herausgetragen wurden.6) Weiber wie Kinder und Sklaven sind
- • -■ 1 en 1 1 s. deshalb bedarf es hei ihren Leichen einer besonderen Prophy-
e nicht. - Doch auch in Indien darf unter gewissen, ungünstigen Kon-
- ■■ ■'! lutiuiien die Leiche weder durch die Thür, noch durch das Fenster
zum Sauce herausgetragen werden. Es ist absolut notwendig, zu diesem
Zwecke eine Öffnung in der Mauer zu schaffen.7) Bei den Wakikuyu
darf der Bestatter, d. h. derjenige, welcher den Leichenweg bahnt, beim
Rückwege nach Hause nicht durch das Dorfthor schreiten, sondern inuss
sich einen Weg durch den Dorfzaun brechen.8) Sollten wir in dem nor-
dischen Urlauben, dass /.. I!. der Nisk zu Owschlag in einein Loche in der
Wand wohnt«-9}, nicht einen Nachklang derselben Sirte zu sehen haben?
Durfte doch nach altnordischem liitus der Tote nicht zur Thüre heraus,
zu welcher die Lebenden ein- und ausgingen. .Man legte also in der
Wand, welche hinter dein Kopf lag, ein Stück nieder und trug ihn hier
rückwärts hinaus; oder man grub unter dem eirund der südlichen Wand
.■in Loch, durch welches der Leichnam gezogen ward. Das scheint1 all-
gemein germanisch zu sein, denn wir finden Gleiches in Ober- und Nieder-
Deutschland bei den Leichen von Missethätern und Selbstmördern beob-
achtet, die nicht zur Thür, sondern unter der Schwelle oder der Wand
hinausgeschleppt wurden.10)
Der letzte derWege, den die irdische Bulle v Sause der Lebenden
ausgehend zu wandeln gezwungen werden kann, um nie mehr zurück-
zukehren, geht durch das Dach. ..Hier ist das Fenster, dort die Thüre.
ein Rauchfang ist dir auch gewiss" — damit bezeichnet Goethes Paust
dem Mephistopheles die Wege, die ein ööllengeist wandeln kann, oft
1) Gerland und Waitz, Anthropologie, 3, I'.''.'. 2] Bastian, Zeitschr. f. Kthnol., 6,
304. — 3) Bastian, Verbleibsorte, 20 vgl. 40. -1 Tylor 2, 26. - 5) E. Sim
d Gl. d. Völker au eine Fortdauer d. Seele, S. 268. — 6 Sonntag a.a.O. 88, vgl. Chri t-
riiann und Oberländer, Oceanicn, die Inseln der Südsee, 32. — 1) DuKoi's S 25. —
8 Zeitscbr. f. Etbuologie 10, 404. — 9; Müllenhoff, Sagen, 322. — 10) Weinhold, Altuord.
Leben, 476.
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901. I'1
■_>7< I roo Nogelein:
rohen Teufel durch den Rauchfang, wie in der Odyssee Athene als Schwalbe
sich dieses Weges bedient. Die Bexen des Mittelalters wählen den gleichen
fang. Geister gehen nach wendischem Aberglauben gern durch eine
Dachöffnung des Hauses1); offenbar hat durch den Rauchfang ein regez
Seelenverkehr stattgefunden. In einem Landhause bei Zürich darf eine
Öffnung im Dache uie zugelegt werden, weil da immer ein Geist ins Haus
kommt.2) Eine Seele, die umgehen soll, reisst heim Abseheiden ein Loch
in das Dach, so glaubt man im Aargau.8) Der nordische Niss, ein Haus-
geist, ist in den Giebelluken zu sehen oder in Schleswig in dem Eichen»
balken des Hauses.4} Diesem Glauben entsprechend, deckt man hier und
da beim Tode eines .Menschen das Dach ab. um der Seele den Austritt
zu erleichtern6), oder man nimmt einen Dachziegel ans dem Hause0).
derer in älterer Zeit sogar drei7), oder mehrere8), dreht auch wohl eine
Schindel einfach um, dem Sterbenden den Todeskampf zu verkürzen9),
oder bemühte sieh etwa auch, die entwichene Seele in einem Loche auf-
zufangen, das man an der Decke der Hütte gemacht hatte, um die so
Eingefangene dann dem Toten wieder einzuhauchen. Dieser Brauch ist
ans Madagaskar bezeugt.10) Zum Verständnis des Parallelismus zwischen
Fenster und Dachluke in dieser Volkssitte sei bemerkt, dass man z. B. in
Ostpreussen, aber auch wohl in anderen deutschen Provinzen gläserne
Ziegel als ein Mittelding zwischen Dachbedeckung und Fenster auf den
Häusern sieht; dass ferner im alten Deutschland die sogen. Tungkeller
ihr Oberlicht durch eine Dachluke bekamen und in Island der Brauch
herrschte, mit der Eihaut eines Kalbes Dachluken zu überziehen.11) Die
Chinesen machen ein Loch in der Wand, um beim Tode die Seele heraus-
zulassen.12) In Indien ist es eine rituelle Pflicht von der höchsten "Wichtig^
keit. dass man dem Toten am Todestage in seine Wohnung ein kleines
Wassergefäss hinstellt, über das man vom Dache aus einen Faden herab-
hängen lässt. Diese Vorrichtung nmss der armen Seele des jüngst Ter-
Btorbenen zu gute kommen, da diese die ersten zehn Tage hindurch längs
dem Faden herabsteigt, um das Wasser zu trinken. Weil sie aber nieln
trinken kann, ohne zu essen, setzt man auch einen Reisnapf hinzu.13)
Deutlicher als hier kann sich die Auffassung nicht zeigen, dass der Pfad
der Seide von oben herab auf die Erde zurückführt. Von oben kommt
das Leben und seht nach oben wieder zurück.
1) Schulenburg, Wendische Sagen, 164. — 2) Wuttkc 444. — 3) Bastian, Verbleibs-
orte, 60. — l) Müllenboff, Sagen, 332. 337. — 5) Bastian a. a. 0. 10, vgl. 39. —
6) Wuttke 4-29. — 7) Grimm, Myth.4, 2, 988. — 8) Bavaria 1865. S. 365. — 9) Wuttke 429.
Grimm a. a 0. — 10) Sonntag a. a. 0. 117. Siehe die dort citierte Litteratur. — 11) Zeit-
schrift für Ethnologie 29, 599. — 12) Tylur 1, 447, vgl. Bastian, Verbleibsorte, 20. —
131 Dubois a. a. 0. 209.
Die Reise der fci I •_' ] \
Wir sind um Schlüsse angelangt, unsere Untersuchung lehrte, dass
die Seelenvorstellung gerade da, wo Bie am volkstümlichsten war, wo
sie am unmittelbarsten sich dem menschlichen < J < • 1 1 1 1 i t . • aufdrängte —
denn wo musste dies mehr der Fall Bein als bei der Wegschaffung des
Toten? — einen absoluten Monismus von Seele upd von Leib, Geis!
und Körper darstellt; dass marj das Bild des Lebens, die im schein-
baren Schlummer befangene Leiche, noch mir Leben ausgestattet glaubte
im,! die Bedürfnisse desselben ihr um bo unbedingter zugestand, je
täuschender der Schein des Lebens auf ihr lag. Je grösser die räumliche
und begriffliche Trennung zwischen Tod und Leben in Begräbnis und
Leichen verfall wurde, um so mehr Hess die Sorgfalt der Überlebenden
nach, die jetzt die begriffliche Scheidung unter dem parallel laufenden
Vorstellungsbilde einer Reise sich zum Bewusstsein brachten. Der Antritt
der Reise ist meist mit dem Begräbnis als dem Akte gegeben, der die
erste undürchbrechliche räumliche und damit auch ideelle Scheidung ver-
anlasst; die Stationen derselben, rein temporäre Elemente, heften sich an
traditionell geheiligte, hier also bestimmte Entwicklungsphasen darstellende
Zahlen, ihr Abschluss aber naturgemäss an den Augenblick, mit dem man
die Verwesung einerseits und den absoluten Mangel jeder Verbindung mit
der Welt des Lebens andererseits als vollkommen hinstellt, umgekehrt
wird jede Wiederaufnahme >\i'r metaphysischen Beziehungen zwischen
Toten und Lebenden, wie Bie sieh räumlich namentlich durch den Weg
Brgiebt, auf welchem die Leiche fortgeschafft wurde, und wie sie überhaupt
durch jedes sich aufdrängende Erinnerungsmoment an den Toten zu Btande
kommen mnss. als eine Rückkehr von der Reise ein Geister-
besuch u.s. w. appereipiert und daher eine Vernichtung dieser Erinnerungs-
knale — der wirklichen sowohl (durch Zerstörung der Wohnung des Ver-
storbenen u.s.w.) wie auch der rein ideellen (durch Verwischen einer
aus der Reisevorstellung sich ergebenden imaginären Fussspur) - - an-
gestrebt. Das Beharrungsvermögen hauen wir als den psychologisch
leitenden Faktor für die Konstruktion der Vorstellung von dem Toten
und den Selbsterhaltungstrieb als die entsprechende Grundbasis für die
j&erstörungsversuche des letzteren kennen gelernt. Damit Bind aber zwei
der leitenden Instinkte der Menschennatur als völkergeschichtlich vorhanden
und mythologisch bildungsfähig erwiesen.
Königsberg i. Pr.
19*
Hertel:
Abergläubische Gebräuche aus dem Mittelalter.
Von Prof. Dr. <;. Hertel.
In der Bibliothek des Domgymnasiums in Magdeburg befinden >\>-\\
zwei Handschriften1), welche ausser Werken meisl theologischen Inhalts
auch interessante Mitteilungen aber Aberglauben enthalten. In dem ersten
Codex (No. 113) steht auf Blatt 350 v— 377: Johannis Wuschilburgfc
s. theologie professoris necnon iuris canonici licentiati tractatus de super-
Btitionibus ei miraculis. Der Traktat ist wahrscheinlich -wie die ganze
Handschrift in Erfurt entstanden, obwohl sich der Verfasser in der Erfurter
1 niversitäts-Matrikel nicht findet. Die Zeit der Entstehung ist das 15. Jahr-
hundert, wie aus der mehrmaligen Erwähnung der Hussiten hervorgeht
N-m1i genauer iässt sich die Zeit dadurch bestimmen, dass der vom Ver-
fasser <>ft citierte Traktat des Wilhelm von Paris 1469 gedruckt ist. Man
darf wohl annehmen, dass dieser ihm gedruckt und nicht handschriftlich
vorgelegen hat, zumal er auch von dem Verfasser des andern Codex benutzt
ist. 1483 ist die Handschrift mit Wuschilburgks Traktat schon im Besitz
eines Magdeburger Klerikers gewesen, so dass er also in den siebziger
Jahren entstanden sein muss.
Der Hauptinhalt des lateinisch geschriebenen Traktates ist natürlich
theologischen Inhalts. Mit vieler Gelehrsamkeit wird der Aberglaube als
Irrlehre und Götzendienst (ydolatria) nachgewiesen, wozu nicht nur zahl-
reiche Stellen aus der heiligen Schrift, aus den Legenden und den Kirchen-
vätern, sundern auch aus den Werken mehrerer theologischen Schrift-
steller herangezogen werden. Die ganze Ausführung hat wenig wissen-
schaftlichen Wert, dagegen sind die an mehreren Stellen eingefügten
Mitteilungen über abergläubische Gebräuche der Zeit höchst interessant
und beachtenswert.
Die zweite Handschrift (Cod. Xo. 193) enthält auf Blatt 345v— dbfy
gleichfalls lateinische Praecepta quaedam propter superstitiones.
Auch in diesen ist die Tendenz die, dass der Aberglaube als Sünde nach-
gewiesen wird. Die hier angeführten abergläubischen Gebräuche finden
sich nun zum Teil auch in der ersten Handschrift, manchmal sogar ziemlich
abereinstimmend im Ausdruck. Demnach haben beide Verfasser dieselbe
Quelle benutzt, und dieses ist der schon oben genannte Tractatus de fide
et legibus Wilhelmi episcopi Lugdunensis eximiique sacre pagine doctoris
Parisiensis"). Näheres über Wilhelmus Parisiensis — so wird er immer
1 Eine Beschreibung der Handschriften und eine kurze Inhaltsangabe hat Dr. Hermann
Dittmar in dem Programm des Domgymnasiums von 1880 gegeben.
2) In der Inkunabel der Königl. Bibliothek in Berlin ist als Jahr des Druckes 1460
angegeben. In dem Exemplar in der Bibliothek des Königl. Domgymuasiums hier habe
ich eine Angabe des Jahres nicht linden können.
abergläubische Gebräu* Mittelalter. 273
citiert — vermag ich nicht anzugeben. I >a nun beide Verfasser diesen
Traktat benutzt haben, so müssen auch die Praecepta propter Buperstitiom -
am Ende des L 5. Jahrhunderts entstanden Bein. Auf diese Zeit weistauch
der Charakter der Handschrift in beiden Cod
Der Traktat Wilhelms von Paris ist ein ziemlich umfangreiches Werk,
welches auch sehr gelehrt aioh über Glauben nnd Unglauben verbreitet
and besonders eingehend aber das jüdische Gesetz und seine Eigentümlich-
keiten handelt. Da sind dann auch gelegentlich interessante Nachrichten
über alte Gebräuche eingestreut, von denen in unseren Codices einzelne
Abschnitte aufgenommen Bind. Aber dooh finden Bich in diesen noch eine
Menge selbständiger Mitteilungen, auch eigene Frlehnisse, wie z. B. die
Erzählung von dem Kreuz in der Bamberger Diöcese, bei Wuschilburgk
Was von eigentlichen abergläubischen Gebräuchen hier erzählt wird,
soll im folgendes in der Hauptsache mitgeteilt werden; was an- Wilhelm
von Paris entlehnt ist. wird besonders bemerkt werden. Die Handschriften,
die schon an und für sich schwer lesbar sind, sind zudem nicht ohne
Fehler, besonders die zweite. In dieser linden sich aber mehrere Glos
die einigere seltenere Worte in deutscher Form wiedergeben. Der Schluss
von Wuschilburgks Traktat lautet: et sie terminatur ista inhabilis köcke-
lerev (Gaukelei, Possenzeug).
Aus dem Cod. No.'113 teile ich folgendes mit:
Geweihte Dinge werden angewendet, um Gesundheit zu erwerbei
oder Krankheiten zu beseitigen bei Menschen wie bei nnvernünfti
Vieh, Fruchtbarkeit der Bäume und Äcker herbeizuführen, gegen Donner
und Hagel; z.B. Weihwasser, Besprengungen mit Wachs von Osterkerzen
oiler anderen geweihten Kerzen. Palmen. Kräuter, ein aus Palmenholz
gemachtes Kreuz.
Auch nicht geweihte Dinge verwendet man. Bäder zu \\ eih-
nachten und Aschermittwoch schützen gegen Fieber. Zahnschmerz n. a.
Wer am Aschermittwoch badet oder den Kopf wäscht, hat in dem Jahre
keine Rückenschmerzen, und in demselben Jahre boII man nicht am
Dienstag baden. Fett, welches übrig ist von den Kuchen (paetillis) am
Aschermittwoch, hebt man auf als Salbe für gewisse Gebrechen, besonders
wenn man mit dem Fusse in einen eisernen Nagel getreten ist. Fand-
leute, welche die Kälber absetzen (ablactare) wollen, fangen damit an an
dem Tage, auf welchen Weihnachten gefallen ist (tali die, qualis fuit
nativitas domini).
.Man sagt, in welchem Hause in der Weihnachtsnaoht ein Ton
gehört wird, in dem stirbt in demselben Jahre jemand. Ferner, wer am
Weihnachtstage auf dem Wege zur oder von der Kirche hinfallt, stirbt in
dem Jahre. — Am Aschermittwoch prüfen sie die Sonne: wenn dies«
morgens schnell erglänzt, soll es gut sein, frühmorgens Lein zu säen. -
Am Abend vor Johannis Baptistae reissen sie einen Feuerbrand aus dem
274 Herte!
dann angezündeten Feuer und tragen ihn in den Garten, damit nicht die
Würmer das Gemüse verderben und zernagen. \ni Donnerstag in
den Quatembern essen manche kein Fleisch, um damit das FiebeT in
dem Jahre abzuhalten. Andere fasten und thun Gelübde gegen das Fieber
und andere Krankheiten oder um Reichtümer und Ehren zu erlangen;
besonders berühmt sind die, welche nach Aachen wallfahrten und auf
den Gräbern dort beichten, um der Armut zu entgehen und Reichtümer
zu erwerben.
Gegen «!i ■ fallende Sucht wird ein Aberglaube beobachtet lud dein
heiligen Valentin mit dem Ziehen von Lichtern (observatur aput S. Valen-
tiiinm cum extraccione candelarum?): — Knaben und Greise werden mit
Roggen gewogen (ponderaciones puerorum vel senum ad equalitatem sili-
uinis). — Weih oder Wasser giesst man auf Lebensholz (lignum vite) und
giebt es zu trinken gegen das Fieber. Andere nehmen einen Nagel, von
dem es lieisst. dass er die Hand des Erlösers durchstochen habe, durch-
bohren damit Groschen und geben davon (!) zu trinken gegen das Fieber
und andere Krankheiten. Andere verwenden Oblaten, die bei der Messe
z. B. der heil, drei Könige am Altar am Tage SS. Fabiani et Sebastiani
gereicht sind, oder vom Brot, welches über dem Kruzifix am Karfreitag
gereicht ist. Geistliche reichen dem Vieh Weihwasser gegen den Biss
der Wölfe. Hirten segnen die Herde, dass kein wildes Tier. Wolf oder
Bär sie verletze; dies thun sie vor Sonnenaufgang. Oder am Sonntage
gehen sie um die Herde herum, indem sie Worte sprechen, die von der
Kinhe verboten sind. Andere Hirten nehmen die ihnen gereichte Hostie
mit oder kaufen eine von den Chorknaben (campanatoribus) und verwahren
sie in ihren Stäben oder in ihren Kleidern gegen den Raub der "Wölfe.
Andere räuchern sich mit geweihten Kräutern und Palmen, schliessen sich
mit Kreisen ein beim Geltären (in puerperio). schneiden mit .Messern in
die Schwellen, verbrennen Haare und Nägel (ungues). Andere schreiben
auf das Evangelium: Lutum fecit ex sputo, andere: Jesus transiens per
medium illorum ibat: andere schreiben gegen das Fieber oder Zahn-
schmerz auf einen Apfel, Oblate. Blei oder Lorbeer (lauribacca); andere
rechen die Pferde, die Würmer haben. Andere machen Zaubermittel
(malificia) zur Liebe oder zum Hass.
Wenn jemand Kückenschmerzen hat, soll er sich treten (calcari) lassen
von einem Weibe, welches Zwillinge geboren hat. dann wird er gesund.
Wenn ein Junges (vitulus) Zahnschmerzen (!) hat, soll mau es mit
der Hose eines .Mannes oder Weibes (braca virili sive feminali) reiben,
dann weicht der Schmerz. -- Bauernfrauen heften, wenn eine Kuh des
Nachts auf dem Felde geblieben ist. eine Sichel in die Schwelle (subli-
minare), damit das Tier vor den Wölfen sicher sei.
Kohlsamen, in Weihwasser angefeuchtet, ist vor den Erdflöhen
sicher.
\ rgläubische G« br&u< n Mittelalter.
Wenn ein Knabe nach der Taufe innerhalb von acht Tagen Btirbt,
nehmen abergläubische Weiber ein Band oder ein Stück Holz von der
Länge des verstorbenen Knaben, aberziehen es mit Wachs .für einen
Pfennig and beten mil gebeugten Knien vor dem Kruzifix, bis das Holz
verbrannt ist Was Bie dann von Gotl erbitten, erlangen sie.
Wenn ein Kind (puer) krank ist, legen Bie ea auf die Schwelle
des Hauses sjegen die Sonne und gehen dreimal herum (faciunl trea ■ ircuitus .
indem Bie den \ ers sprechen:
Du bist raeyn Qeisch and meyn Mut.
Das sey dir ?or den rechen gut.
Ferner, einen mit einer bestimmten Krankheil behafteten Kuaben
trauen sie zu einer sprudelnden Quelle und baden ihn darin (ex hoc) an
drei Tagen vor Sonnenaufgang und nehmen von dein Wasser etwas mit
und tragen den Knaben in eine Pferdekrippe, die sie mit dem Wasser
->en. indem sie den Keim sprechen:
Loß dich hing' und Ieber von dem ripp,
als das l'uiir von der cripp.
Ferner Kinder, die häufiges Erbrechen haben, legen sie auf einen
Zaun (super sepem) und lassen die ausgeltrorhene Ma>se von den Vögeln
fressen: dann wird das Kind gesund.
Wenn ein Todkranker kurz vor seinem Ende einen Apfel isst, kann
er das heil. Abendmahl nicht aehmen und wird verdammt.
Wenn jemand in einem Hause Btirbt, so taugi <\>'v Lein, der in dem
Hause ist. nicht zum Samen, es sei denn, dass man für ein Ei anderen
Lein kauft und liinzutliut: auch tragen sie den Lein oicht durch die Thür
des Gestorbenen, sondern durch die Hinterthür, wenn Bie ihn auf den
Acker bringen wollen.
Worten und Schriften wohnt vieler Aberglaube inne. Wenn diese
nach Art von Segenswünschen, Gebeten oder Beschwörungen vorgebracht
werden, legen ihnen manche Zauberer Bolche Krafl bei, dass Menschen
und Tiere dadurch sterben. So heissl es von einem jüdischen Zauberer1)
im Leben des heil. Silvester, dass er durch das blosse .Mm In von Worten
Stiere getötet habe, indem er hinzufügte, da» kein Mensch jene Worte
hören oder jene Schriften sehen könnte, ohne sofort zu sterben. Deshalb
habe er jene Worte lernen müssen, indem sie in Weihwasser geschrieben
wurden, wo die Buchstaben beim Entstehen auch gleich wieder vergii
Einige murmeln diese Worte den Pferden in die Ohren oder hängen sie
ihnen an den Hals, um die Würmer zu töten.
Sünde ist es, wenn Priester den Leih Christi um ein brennendes
Haus tragen. — Ein Hufnagel oder ein anderer in die Wand geschlagener
Xa-el oder einer unter dem Hufe eines schlecht beschlagenen Pferdes
1) Wilhelm von Paris, Pars IX, Kap. 14.
276 Hertel:
wird gebraucht, um Fäulnis (putredinein, Eiter) hervorzurufen "der enfl
e auszuschlagen.
Manche glauben, wenn sie Worte des heil. Evangeliums gesehriebet
bei Bich tragen, könne ihnen kein Übel zustossen, sie könnten nicht ge-
fangen oder verwundet werden oder ertrinken. .Mir diesen Worten dürfen
aber keine anderen Zeichen nls höchstens ein Kreuz aufgezeichnet werden.
— Beim Sammeln von Heilkräutern sollen keine Besprechungen oder
Gebräuche angewendet, sondern nur d;is Hebet des Herrn gesprochen
werden. - (her Kinder und Kranke darf man singen (carrainare), aber
nichts abergläubisches, sondern Heiliges; denn es kommt vor, dass aber
einen Apfel oder Gürtel (lebete gesprochen werden.
Einige glauben, dass durch 15 Paternoster 15 Sünder bekehrt und
15 aus dem Fegefeuer erlöst und 15 Gerechte in der Gerechtigkeit bestärkt
werden. Dem heil. Gregor wird zugeschrieben, dass in jeder Messe eine
Seele aus dem Fegefeuer befreit und ein Sünder bekehrt wird.
Mit gewissen Worten und Gebeten, die nicht den Vorschriften Gottes
entsprechen, wird eiu Trank geweiht, der haustus sancti Johann is
heisst. In manchen Gegenden finden bei der Hochzeitsmesse Weihungen
des Weines statt und Trinkgelage (bibiciones) in der Kirche, als ob man
im Gasthause wäre.
Die verschiedenen Zeiten, Jahre. Monate, Tage werden sorgfältig
beobachtet: die einen gelten für glückbringend, andere für unglücklich,
und ebenso wird den Namen der Tage und Monate eiue gewisse Kraft
beigemessen. So wird der Name des Tages, an dem man den Donner
zuerst gehört hat, an die Wand der Häuser geschrieben zum Schutze
gegen Blitzschlag. Auch Tag und Stunde eines Kampfes (duelli) wird
angemerkt, um daraus den Ausgang zu erkennen. Manche Tage sind
günstig, manche ungünstig für den Beginn eines Unternehmens, mögen
es nun die sogen, ägyptischen Ta^e1) sein oder andere, wie der 1. Januar.
Die ägyptischen Tage gelten für unglücklich, weil an ihnen die Ägypter
mit den Plagen heimgesucht wurden. Ebenso gilt der Tag der un-
schuldigen Kinder (28. Dezember), ja sogar jeder Wochentag, auf
welchen jener in dem Jahre fällt, für unglücklich.
Vorbedeutend für das Glück oder Unglück eines Tages, Monats oder
Jahres sind die Handlungen, die jemand zuerst thut2), z. B. wenn
einer beim Aufstehen aus dem Bette zuerst den linken Teil oder Fuss
bewegt, oder den linken Schuh eher als den rechten erfasst, oder das
Kleidungsstück, welches er zuerst anziehen muss. verkehrt und nicht richtig
anfasst; solche Anfänge eines Zeitabschnittes gelten für unglücklich.
1) Wilhelm von Paris, Pars IX, Kap. 15.
enda Kap. 16.
Abergläubische Gebräuche au lem Mittelalter. 277
Wenn einer ein NTest1) findel mir dem brütenden Weibchen oder mit
Jungen und es bei sich verwahrt, von dessen Hause wird Fruchtbarkeit
und 0bertlus8 niemals weichen. AJte Weiber glauben, dass das Finden
eines kleinen Stückchen Eisens besser sei als eines grossen Stückes
Goldes oder eines Hellers als einer grossen Münze (obolus-nummus).
Unglück bringt es, wenn man auf einen Stier oder ein Schaf stösst,
(ilück dagegen, wenn man einen Wolf oder eine Schlange Dracher
oder Kröte trifft. Die Barbaren gehen in diesem Unsinn sogar ».weit.
dass sie jedes Wesen, welches sie an einem Tage zuerst treffen, anb
mag es auch ein Schwein oder ein lluml sein.
Ein aus drei gelegentlich gefundenen Nägeln hergestellter eiserner
Ring wird mit Erfolg gegen Krankheiten getragen.
In einer Stadl <ler Bamberger Diözese sah der Verfasser ein an einer
Bildsäule hängendes Kren/, welches die Bewohner der Stadt und Um-
gegend wegen seines Alters allgemein den heiligen Geist nannten, denn
sie glauben, dass mehr Göttliches (plus nnminis) in alten, als in neuen
Bildern sei. Darum sagen alte Weiber, dass Bilder erst 60 Jahre nach
ihrer Herstellung Kraft erhielten. Darum wurden jenem alten Holzkreuz
wegen seines hohen Alters viele Wunder zugeschrieben, andrerseits stand
das Sakrament des Abendmahls nur in geringer Ehre. Sie hatten es mit
9 Überzügen (Röcken, tunicis) bekleidet, von denen 6 aus Seide und ."»
aus feinem Leinen (byssus) waren: diese konnten nur unter grosser Gefahr
weggenommen werden.
Nicht minder interessant sind die in der andern Handschrift angeführten
abergläubischen Gebräuche.
Manche wollen die Zukunft verkünden aus dem Schwatzen (garritus
der Vögel, dem Finge oder anderen Bewegungen derselben. Diese heissen
auguria (!), zu deutsch wogelwicken2). ■ Ander«- sprechen bei den
Götzenaltären nichtswürdige Gebete und bringen unheilvolle (funesta) Opfer
dar (.der erhalten durch Gebräuche und Feierlichkeiten die Antworten der
Dämonen: diese heissen arioli, zu deutsch alterwicken. Andere ans
gewissen Beschaffenheiten und Zuständen von Leichen (ex quibusdam dis-
posicionibus et habitudinibus) in Farbe, Gestall und Lage der Glieder;
diese heissen nigromantici, deutsch swertekunsten. Andere versuchen
die Zukunft vorherzusagen ans dem Niesen und dem Springen (? saltu
der Glieder: diese heissen salisatores. deutsch sprinckunsten. Wenn
nämlich irgend ein Teil der Glieder sieh Bpringend bewegt hat (salierit .
sagen sie. dass irgend etwas besonders Glückliches oder Trauriges geschieht.
— Andere prophezeihen auB Losen (sortibus) und heissen Bortilegi, deutsch
gheluckekunsten. — Wenn mau ein Buch öffnet, glauben sie die Zukunft
1) "Wilhelm von Paris, Pars IX. Kap. IT.
2) nd. wicken, zaubern, wahrsagen, wogelwicken - Vogelwicken.
lern, worauf 'las Auge zuersl fällt, zu erkennen. — oder wenn ein
Schuh geworfen and gefragi wird, ob der Werfende in dem Jahre zu
Hause bleiben oder nach auswärts kommen werde. — Andere, die aus
den Linien der Hand wahrsagen, heissen ciromantici, deutsch hantwicken.
andere aus dem Knistern (sonitu) und der Gestalt des Feuers; diese
ii piromantici, deutsch wuerwicken. — Andere wollen die Zukunft
erkennen aus dem Beschauen eines Spiegels (speculi) oder eines Schwertes
(spate) oder eines Fingernagels.
Manche wenden zqr Abwehr von Krankheiten gewisse Sprüche (vocalei
prolaciones) an oder Schriften von unbekannten Worten oder von bekannten
Zeichen (caracteribus), die sie an den Mals binden, oder Aufschriften auf
Äpfel, oder sie stossen einen Hufnagel (gunfum, teutonice hoefnagel) durch
eiuen Zettel gegen den Zahnschmerz.
Bin Überbleibsel des Götzendienstes ist die göttliche Verehrung des
Feuers.1) Dahin gehören: Krleuchtungen (illustrationes) durch Feuer
oder angezündete Lichter, das Springen durch das Feuer oder das Hin-
durchtragen der Kinder zum Zweck der Gesundheit u. a. Oder sie ver-
brennen Haare und Nägel und üben andere Gebräuche mit dem Feuer.
Besondere Kraft wird den Feuern zugeschrieben, die am Abend vor
Johannis Baptistae angezündet zu werden pflegen. Auch hier springen und
tragen sie hindurch oder gehen um das Feuer herum, weil sie das Feuer
wie * i ort verehren.
Zufällige Begegnungen werden sorgfältig in acht genommen.
Wenn, einein auf «lern Wege ein Hase oder Schaf begegnet, so gilt das
für da- Zeichen eines Unglücks, glückbringend dagegen ist es, wenn man
einen Wolf oder eine Schlange trifft.
Wer beim Wandern anstösst, soll nach Hause umkehren.
Wem Mäuse das Gewand zernagen, wird Unglück haben.
Die, welche solche Beobachtungen anstellen, heissen augures, deutsch
wedderwi cken.
Die einzelnen Zeiten sind für ein Unternehmen teils glückbringend,
reil> unheilvoll. Wenn man zu einer bestimmten Stunde zu einem Kriege
oder einer Seefahrt auszieht, so gerät es wohl, zu einer andern, so missrät
es. Der Montag ist Für >l^\\ Anfang eines Unternehmens unglücklich.
Wenn einem am .Montag von einem Gläubiger Geld abgefordert wird, so
zahlt es der Schuldner nicht, weil er es übelnimmt.
Die ägyptischen Tage gelten bei vielen wegen der Plagen für unheilvoll.
Auch die Anfangshandlungeh8) gelten für bedeutsam.
Kauf leute und Gastwirte und andere legen dem Preise, den sie zuerst
erhalten, eine besondere Bedeutung für einen günstigen oder ungünstigen
1) Wilhelm von Paris, Pars IX. Kap. :'>.
2 : Dieser Abschnitt stimmt mit dem oben S. 276 mitgeteilten überein.
abergläubische Gebr Suche aus dem Mittelalter. 279
Verkauf ihrer Waren bei; auch kommt ea auf die Person des Käufers
dabei an.
Manche verehren den Neumond, indem sie sprechen dieses oder
ähnliches:
Biß gud welchome, nuwer maen, bolder aere,
Mach mir myaes gudes raere.
Dabei zeigen sie ihm die offenen Börsen (bursa) and ihr Geld, oder
schütteln und bewegen es, indem sie dadurch Glück für den Monat zu
erlangen glauben und Vermehrung ihrer Reichtümer. Den Blond nennen
jene Himmelskönig (celi regina .
Auch gefundene Sachen haben abergläubische Bedeutung, z. B. ein
Vogelnest1). Wenn mau ein Vogelnest findet, die Mutter wegfliegen
lässt, die Jungen aber behält, so bringt dies Glück und ein solcher wird
lange leben. — Ebenso ist der Fund von einem Eisenstückchen verheissungs-
voller als der von einem grossen Stück (leides. Besonders der Fund einer
N ade | i>t glückbringend.
Manche bewahren in ihren Schränken [? servitiis) einen toten Eis-
I (amiculam), eingewickelt in seidene Tücher (pannis) und mit goldenen
Ringen um den Hals, weil sie glauben, «iass es ihnen, bo lange sie diesen
aufbewahren, nicht am Unterhalt (temporalia) fehlen wird, und das> sie
an Wohlstand und Ehren zunehmen. Manchmal wird ein solcher toter
Vogel auch unter den Altai' gelegt, wenn Me^s,. gelesen wird.
Auch mit dem Kopfe eine- toten Hundes treiben einige Unfug
zur Erlangung der Gesundheit oder zu anderen Zwecken.
Wieder andere glauben, dass gewisse Geister (numina quedam) die
Sauser besuchen und die Gefässe, die sie offen oder schlecht zugedeckt
gefunden halten, austrinken und essen, und sie dann wieder füllen. Wenn
sie aber die Gefässe zugedeckt und für sich verschlossen finden, werden sie
beleidigt und es droht daher dem Haus.' Unglück, her Verfasser leitet
den Ursprung dieses Aberglaubens davon ab. dass die Ungläubigen ihre
Gefässe offen halten wollten und keine Deckel darauf legten, damit sie
zum Götzendienst geeignet seien und damit sich Reptilien (!) wie Mäuse,
Wiesel und Eidechsen darin fingen, weil solche den bösen Geistern an-
genehmer wären, als andere.
Dies sind etwa die in beiden Handschriften enthaltenen abergläubischen
Gebräuche. Viele von ihnen haben sich Ins auf unsere Zeit erhalten und
geben dadurch den Beweis, wie fest jene uralten Anschauungen und Ge-
bräuche mit dem Leben eines Volkes verwachsen sind, und dass es keine
Gewalt giebt, sie auszurotten, und sollt.' es selbst eine so grosse sein, wie
sie der christlichen Kirche und der Wissenschaft zu Gebote steht.
1) Wie oben S. 277.
Mas;debur2;.
•
Kahn!!:
Ruthenische Hochzeitgebräuche in der Bukowina.
Mitgeteilt von Dr. R. Fr. Kain<ll.
(Vgl. oben S. 169.)
II.
Einen ähnlichen Verlauf nimmt die Hochzeitfeier bei den Ruthenen
im Flachland. Man vergleiche Kaindl, Die Ruthenen in der Bukowina. L
(Czernowitz 1881»). Hier mögen daher nur die meist abweichenden Lieder-
texte mitgeteilt werden, welche am citierten Orte weder im Urtext mit-
geteilt noch vollständig angeführt sind. Sie rühren her aus dem rusniakischen
Dorfe Slobodzia Banilla am unteren Czeremosz. Ihre Yergleichung mit
den im vorhergehenden Abschnitte mitgeteilten ist interessant.
Beim Nähen des Brautkranzes:
„Podaj inamko holku
Taj nytoczku z szouku,
Näj pryszyju try lystoczki barwinoczki
Molodenky na holouku."
„;,Oj winczyku, barwinczyku.
Kupuwalam tia u rynku,
Zamykalam tia u skrynku,
Teper tia ruszu.
Zaplakaty nruszu.""
-Müttereben reich die Nadel
Und den Seidenfaden,
Dass ich drei Blätter Immergrün
Dem Bräutchen näh zum Kopf kränz.1"
„„Ach, du Kranz aus Immergrün,
In der Stadt kauft ich dich,
In der Truhe barg ich dich,
Jetzt muss ich dich räumen,
Und mein Leid beweinen.""
Beim Nähen der Hochzeitzier für den Bräutigam:
Czertene more hralo,
Sonce sia kupalo,
Molodyj potopaje,
Za molodenkou zahybaje.
Dvva pauny zemliu stoczyly.
Dwa bratezyky u misto chodyly.
Taj szouczyku nakupyly.
Taj winoezok nakupyly.
Dwa kaezury zemliu stoczyly,
Dwi sestryci u misto chodyly,
Taj pozlitky nakupyly,
Das rote Meer tönet (braust),
Die Sonne badet sich;
Bräutigam vergeht vor Sehnen
Nach der Braut, der schönen.
Zwei Pfaue stampften die Erde,
Zwei Brüderchen gingen nach der Stadt,
Kauften dort Seide.
Kauften Immergrün.
Zwei Entriche stampften die Erde,
Zwei Brüder gingen nach der Stadt,
Kauften das Flittergold,
Vergoldeten den Kranz.
I winoezok nazlotyly.
Wenn dem Bräutigam das Hemd und Schnupftuch gebracht wird,
wird am Wege dahin gesungen:
Oj iszla, iszla, neutomyla sy,
Sita pid duba, zaholyla sy,
Sila pid duba, taj chechechocze,
Do mene chiopei, bo my sia eboczy,
0 sie ging, ging, ermüdete nicht,
Setzte sich unter den Eichenbaum und
entblösste sich,
Setzte sich unter den Eichenbaum und
kicherte:
Zu mir Bursche, weil ich Besehren habe.
Ruthenische Hochzeitgebräuche in der Bukowina.
Oj icha, icha Pentelyicha,
Chepenke. prypinke, bida z horicha,
Dajty my micha ne dirawoho,
Zrobiu warn chlopcia kuczerawoho.
[ick aus der S
erlöcherten Back,
So mache ich euch einen lockigen Knahen.
Beim Bräutigam angekommen, wird gesungen:
Oj czy wy swaty w lisi rosiy,
Bzczo wy ne zuajete, czo my pryjszly,
Oj my ne pryjszly, tut noezuwaty,
Lysz my pryjszly, tut pohuliaty.
Oj prosym my was. ne barite nas,
Szczo nasze diio, widradite nas.
Auf dem Wege in die Kirche:
Kuda my sia wyradzajem,
Czy w lis, czy \v dibrowu,
Ani w lis. ani w dibrowu,
Lysz do Bczoho domu.
( )j ne more toto hraje,
Mnlndenka potopaje.
Taj na diediu pokiykaje:
..Oj neriku, ty mij neiiku,
Ratuj mene z moria."
_..To ne moja, synku, wolia;
Ale toho synku. pana,
Szczo z nym budesz sliubok brala.""
Auf dem Wege aus der Kirche
Hej my w cerkwi buh',
Bohu sia moJyiy,
Taj Bohowy nebesnomu;
I popowy napastnomu,
A diakowy bezczasnomu,
Palamarewy smarkaczewy.
Hej my w cerkwi buly,
Szczos my tarn wydily
Dwa winoczki na prystoli,
Moloderikym na holowi.
Bei Ankunft der Braut vor ihr«
: : Wyjde nene protyu mene : :
Z pleczenymy kolaczamy
I z dobrymy wolyczkamy.
Czomu nene ne wychodysz,
Czomu mia sia ne pytajesz,
Czy daleko my chodyly,
Czy harazd tarn my hostyly?
Harazd, nenko, harazd,
Daly slubok zaraz.
Seid ihr, Vater, im Wald aufgewachsen,
Dass dir nicht u isset, warum \\ ir kau
( ) wir kamen nicht, hier /u nachten.
Sondern wir kamen, uns zu unterhalten.
O wir bitten euch, haltet uns nicht auf,
Lassei uns unser Vorhaben ausführen.
Wohin geht die Kei.se heut.
In den Wald and Hain so weit?
Nicht zum Hain und Wald ihr Leute,
In die Kirche ziehn wir heute.
Ach, es tiint das Meer nicht so,
Das Bräutchen weint vielmehr.
Ruft den Vater an im Schmerz:
„Liebes trautes Vaterherz,
Rette mich aus diesem Meere."
...Wenn dies. Kind, mir möglich wäre;
Das häng! ab V OH jenem Herrn.
Der dich wird zur Frau begehren.""
Aus der Kirch" wir wiederkehren,
Beteten zu Gott, dem Herren.
Zu dem Herrn, der uns erschallen:
Dankten unserm schlimmen Pfaffen,
Auch dem Kirchensänger trotzig,
Und dem Kirchendiener rol
Aus der Kirch' u ir gehen,
Haben dort gesehen
Kränze zwei auf dem Altare,
Dann aufgesetzt dem jungen Paare.
r Eltern Hause:
:: Komm lieb Mutter mir entgegen ::
Mit Kolatschen schön geflochten
Und mit gutem Willen.
Willst du mich denn nicht begi
Willst von mir du gar nichts wi
Ob von ferne wir gelangen,
Wie es uns dort ist ergangen?
Trefflich, Glück hab ich erschauet,
Gleich hat man mich angetrauet.
Kaindl:
Beim Einziehen in das Haus:
Nasza moioda wid Slubn pryjszfa, Jetzt kommt die Braut von der Trauung
K stolowy nawertaje: Und wendet sich zum Tische:
„llrj stoie, Btote, rozhiko moja, „Tischehen, Tischchen mein, es onus
geschieden sein.
Meni, neneczko, z tobou." Von dem Mütterchen mein.':
Oj /.ilv. Äitv. barwinkom wije, Ach ein grosses Leid zieht durchs Immer-
grün,
Ne kalynka sia tomyt, Nicht die Schneeballstaude knickt,
Molodenka Bia kionyt, Den Abschiedsgrass nickt vielmehr die
Braut.
Witcewy, matyronci. Denn sie zieht vom Vater, von der Mutter.
Beim Auflegen des Handtuches auf den Kopf der Braut:
P.ile pokrywaio, Weiss ist die Umhüllung dein,
Wicznc zawywaio; Ewig wird sie sein:
Oj budesz ho zawywaty, Wirst damit dich stets umgeben.
I nikoty ne skydaty. Immerdar durchs ganze Leben.
Heim Abschied der Braut von ihren Eltern vor dem Weggeben mit
dein Bräutigam:
Oj ne tuzy moja mamko za mnoju, Traure nicht nach mir, lieb" Mütterchen,
heute.
Ta ne wse ja zaberaju z soboju: Denn nicht alles schaff mit mir ich bei
Seite:
Lyszaja ty dribni slozy po stoiu, Lasse zum Danke heisse Zähren im Hause.
Szcze dribnijszi. zalibnijszi po dworu. Noch heissere Thränen aber da draussen.
Beim Eintreffen der Braut vor dem Hause der Schwiegereltern:
Oj ntwory mylyj swaty wikonce, Öffne Heber Swat das Fenster vor Wonne
Wedemo ty newistoezku jak sonce; Denn wir bringen die junge Frau gleich
einer Sonne:
Oj ntwory myla nenko worota, Lass liebe Mutter das Thor öffnen der
Holden,
\\ 'ezemo ty newistoezku jak z zlota. Ihr, die wir bringen, der Goldnen.
Oj ntwory mylyj swaty siu chatu, Schnell die Riegel vom Hause entfernet.
Wezemo ty newistku rohatu. Denn wir bringen die junge Frau euch
gehörnet (!).
Beim Einzug in das Haus:
Hopa. hopa, hop;i- Hopp, hopp, hopp,
Ne zahubjt kodasza, Verliert nicht den Kodasch1),
Ro nasz kodasz ne welyczkyj. Denn unser Kodasch ist nicht gross.
Ta wsadyu sia do mebiyczky. Doch drängt er sich zur Müllerin,
A melneczka dobra bula. Diese war aber gut,
Koho liubyt, wse zabula. Wen sie liebt, sie vergisst's.
1) Aus dem Rumänischen (von cauda) = der Letzte. Dämlich der letzte, jüngste
Burseh im Zuire.
Ruthenische II brauche in der Bukowina.
Am dritten Hochzeitstage singen die Gäste vor Erscheinen des jungen
Ehepaares:
Zu wse nam dobre, rysz odno hydno, Alles war gut, nur eins ans verdrii
Bzo molodial tutk\ De wydno.
Dem Brautführer:
Oj u pole, pole staweszczy,
Z.iuia/atv druzbu wuzyszczem.
Ta za szczo joho zwiaznly?
Szczo wzian X. X. will raamy.
l'ni die junge Frau zu necken:
Poncciilczyku. zradczyku,
Zradyu-jes* nam diwoezku,
Wczera bula u winoezku,
A sehodnia w rantuszoezku.
Vor der Einladung zum I
Oj stawleno, postawleno,
Lyszeri nas ne proszeno,
Szczoby my jily, pyly,
Brecznu woliu robyly.
Sej dim weselyly ....
Byjte kotoezke u labky,
Do zapicznoji babky,
Szczoby sia dohadaia.
Nam peezeni data ....
ijssen:
man ila- junge Pürchcn verrais
Im Feld ist ein Teich.
Man fesselte den Brautführer mit einem
Rutenbund.
Wofür hat man ihn gebunden?
Weil er die X. \. von der Mutter nahm.
( > Montag ' . du Verräter,
Hast uns das Mädchen verraten;
1 restern war es im Kranz.
Beute sclmn im Handtuch.
Speis und Trank ist hingestellt,
Doch es an der Bitte fehlt,
Dass wir Durst und Bunger stillen,
Und bezeugen nnsern Willen.
Dieses Haus mit Freud erfüllen u. s. w.
Schlag! dem Katzchen auf die Pfötchen,
ünserm alten Küchenmädchen,
Dass sie sich doch mög erbarmen.
Braten reichen uns den Annen u. s. w.
III.
Auch die Hochzeit bei den Gebirgsruthenen Huzulen) nimmt
in den Hauptzügen denselben Verlauf. .Mau vergleiche Kai ndl. Die
Huzulen (Wien 1893). Hervorzuheben ist, dass bei diesen Ruthenen keine
bestimmten Hochzeitlieder gesungen werden.
Hier folgen zunächst Hochzeitgebräuche aus dem Huzulendorfe Ploska
am Putillabache.
Zur Brautschau (obzorynie) geht der Vater, der Sohn und ein Freund.
Haben diese, nachdem sie in ein Haus gekommen sind, ihre Absicht merken
lassen, so schenken sie von dem mitgebrachten Branntwein ein und bieten
das Gläschen den Eltern, dann dem Mädchen an. Trinken diese, so gilt
dies als Zeichen der angenommenen Werbung. Hierauf wird sogleich das
..Jawort" getrunken (slon:<> zapywaty).
Die Vorbereitungen zur Hochzeit geschehen wie anderwärts. Sie
rinden in beiden Häusern statt, nur bei Armen wird sie in einer
Wohnung: zusammen abgehalten. Als Trauzeugen werden °;ern die Tauf-
1) Die Hrautnacht findet zumeist \ : statt.
•_'s | Kaindl:
paten der Brautleute gewählt l>i<- Einladungsformel für die Gäste lautet:
,Es verneigen sich euch (grüssen euch) der Vater und dio Mutter der
Braut {kniahynia moiodqja, d. h. junge Fürstin), auch wir verneigen uns
und bitten, dass Ihr nicht verschmäht, zur Hochzeit zu uns zu kommen."
Die (iästf bringen Geschenke, and /.war Butter, Speck, eine Schussel voll
Getreidekörnern, zwei geflochtene Kolatschen, Tücher und Handtücher für
die Braut. All«- diese Gesehenke zusammen heissen kolacz, wahrscheinlich
weil das Wichtigste derselben der Brotkuchen ist. Deshalb sagen die
Gäste beim überreichen der Geschenke: „Wir bitten auf Kolatschen";
und die Antwort «larauf lautet: „Wir danken schön: möget Ihr so prächtig
und ansehnlich Bein, wie Eure Kolatschen."
Am Vortage der Hochzeit wird der Kranz genäht. Jede anwesende Frau
näht ein bis zwei Blätter. Ist er fertig, so wird die Braut auf folgende
Weise zum Empfange desselben eingeladen: „Wir bitten Söhnchen (!)
anter den Kranz; von uns klein, von Gott berühmt und gross.1' Dabei
wird zunächst der Kopf dreimal mit dem Kranze berührt, und dann dieser
erst aufgesetzt. Der Braut pflegt man auch das Gesicht mit Honig zu
bestreichen, damit ihre Zukunft süss sei. Nach der Aufsetzung des Kranzes
bewirtet die Braut die Gäste mit Schnaps und wird von ihnen beglück-
wünscht. Dann gehen alle in den Hof und tanzen dort. Hierauf begeben
sich wieder alle, die Braut mit sich führend, ins Haus. Hiervon hat diese
Sitte den Namen zawodyui, Heimführung (za/codyty = hineinführen). Beim
Bräutigam findet die Feier ganz ähnlich statt. Auch ihm wird ein Kranz
auf die .Mütze gesetzt. Diese mit dem Kranze gezierte Mütze nimmt er
vor niemandem ab und behält sie auch bei Tische auf; denn er ist nun
kniaz (Fürst). Der Bräutigam schickt an diesem Abende zur Braut und
diese zu ihm eine Botschaft, ohne dass diese Geschenke an Kleidungs-
stücken überbrächten. Ebenso sind ähnliche Geschenke au die Anver-
wandten hier nicht Regel. Die Hochzeitbäumchen werden dagegen auch
liier für die Braut und den Bräutigam geschmückt. Man schneidet sie
vormittags in glücklicher Stunde, damit Gott das junge Paar vor bösen
< reistern schütze.
Die Trauung findet am Donnerstag oder Sonntag statt, und zwar
immer am Vormittag zur glückbringenden Zeit, zum Schutz gegen böse
Geister and Zauber. Wenn die Braut das Haus verlässt, um zur Kirche
zu reiten, giesst sie hinter sich ein Glas Wasser aus, damit das Glück wie
sser komme. Die Brautleute haben an ihrer rechten Hand kleine, aus
getrocknetem zähem Käse gemachte Ringe befestigt (Kolatschen); ausser-
dem hängen ihnen um den Hals gewöhnliche Brotkolatschen über den
Mantel herab. Die Braut bindet diesen mit dem Handtuch um, das am
nächsten Tage dazu dient, ihren Kopf nach Weiberart zu umwickeln. Auf
dem Ritte zur Kirche beobachtet man allerlei Vorzeichen. Schlechtes
AVetter deutet auf böses Schicksal: entweder stirbt einer der Ehegatten
Rathenischc 11 rauche in < 1 < i- Bukowina.
bald oder das Eheglück \\ iri 1 auf eine andei tört. Manche -
. dass auch die Kinder, Enkel und Urenkel unglücklich würden und
die Nachkommenschaft das siebente Glied nichi erreichen werde. ßb<
weissag! man Unglück, wenn der Braut der Kolatsohen, welchen sie am
Tuche um den Hals befestig! trägt, herunterfällt oder gar zerbricht
Während des ganzen Rittes muss sie schweigen. Sobald sie bei < !«-r
Kirche den Bräutigam erblickt, begrüsst sie ihn, mit dem Kolatschen
winkend. Er gieb! ihr einen leichten Schlag mit der Peitsche, zum Zeichen,
dass er nun die Herrschaf! über sie ergreift. Welches von den Brautleuten
früher die Kirchenschwelle überschreitet, wird im Hause die Oberherrschaft
führen; ebenso welches zunächs! den Teppich vor dem Altar betritt Die
Braut soll bei der Trauung (vrinczanjt ein Stück Zucker im Busen tra
damit ihr immer süss sei. Beugt die Kraut bei der Trauhandlung den
Kopf unter das Evangelienbuch und fällt ihr hierbei der Kranz herab, so
ist dies ein Unglück verheissendes Vorzeichen. Dasselbe bedeutet die
Begegnung eines Leichenzuges bei der Kirche. Der Verlust des Trauri
zeigt den nahen Ted an. Nachdem die jungen Leute die Kirche verl
halten, giebt der Bräutigam der Braut wieder einen Schlag. Nun bitten
beide ihre Gäste zum Besuche und verteilen an diese sogleich die am
Halse hängenden Kolatschen.
Die Braut eilt zunächst nach Hause, wo sie von ihrer Mutter und
ihrem Vater empfangen wird. Jene gieb! ihr Eonig zu kosten; diesei
reicht ihr Brot und Salz. Der Bräutigam kommt etwas später, ohne zuvor
sein Elternhaus aufgesucht zu haben. Jetzt findet der Austausch der K
kolatschen statt: Der Bräutigam bindet den von der Braut erhaltenen an
Beine Hand, sie den von ihm bekommenen an die ihre. Der Bräutigam
A<'\\ Uruder der Braut von «leren Seite mit der Peitsche weg und
giebt ihr zum drittenmale einen Schlag. Bei Tische trinken die Brautleute
einander zu: dann küssen sie -ich dreimal, und die Braut gieb! dem
Bräutigam Speise in den .Mund.
Der Bräutigam bringt sein Hochzeitbäumchen mit. So lange er im
Bause der Braut weilt, stehen beide Bäumchen auf dem Tische.
Die weiteren Vorgänge sind den oben S. L65 ff. beschriebenen in den
Hauptzügen gleich.
Am Schlüsse noch einige Bemerkungen über hierher gehörige Gebräuche
ans der Ortschaft Saden im Suczawathal. Wenn der Zug der Braut zum
Hause ihrer Eitern gekommen ist, bleiben die Gäste vor dem Hausestehen,
werden hier mit Getränken bewirtet und tanzen wohl auch. Sodann wird
jedem geehrten Gaste ein Kolatschen, >\>r an einem Handtuche hängt und
an dem überdies ein buntes Tüchlein mit einer Bchöm a S 1 ge-
heftet ist. mit dem Handtuche um den Hals . Indem 'dann
alle die Hände reichen, begeben sie sich ins Ihm-.
21 >
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde, lyul.
II UitVrll:
Nach der Verehelichung i>r das Weib anrein, „weil Blut floss". Sic
nniss sich daher in die Kirche zum sogen. „tavioidu begeben. Die Frau
n diesem Zweck«1 aber ihr Kopftuch den Brautkranz; der Mann
kommt in der mir einem Sträusslein geschmückten Pelzmütze, die er als
Bräutigam trug. Vor der Kirchenthür beten sie bis der Priester kommt
and sie hineinführt, um über ihnen zu liefen und sie mit Weihwasser zu
besprengen.
Ebenso ist das Weib nach dem Kindbette unrein und wird erst durch
• ■ine ähnliche kirchliche Ceremonie aus diesem Zustande befreit.
Schliesslich halten sich die huzulischen Weiber auch während de*
menses für unrein und glauben, während dieser Zeit in die Kirche nicht
gehen zu dürfen. So erzählte dem Berichterstatter ein Pfarrer folgenden
Fall. In der Georgskirche zu Suczawa liegt bekanntlich die Mumie des
Landespatrons der Bukowina, des hl. Johannes Novi. Zu derselben strömen
fast das ganze Jahr hindurch fromme Pilger, besonders ist dies aber am
Johannestage (14. Juni), an welchem der grosse Ablass stattfindet, der
Fall. Aus weiter Ferne kommen an diesem Feste die Wallfahrer, um am
Grabe des Heiligen zu beten. Unter diesen befand sich vor einigen Jahren
eine Huzulin, welche aus ihrem fernen heimatlichen Dorfe kommend, von
der Krankheit überrascht worden war. Da sie es für eine Sünde hielt, in
diesem Zustande in die Kirche zu gehen, so wandte sie sich in ihrer Ver-
zweiflung an den Geistlichen, um ihn um Rat zu fragen. Diesem gelang
es erst dadurch sie zu bewegen, in die Kirche zu gehen, dass er ihr er-
klärte, die Sünde, welche sie dadurch begehen würde, solle auf ihn fallen.
Czernowitz in der Bukowina (Osterreich).
Das deutsche Spottlied auf die Flucht des Königs
Heinrich von Polen. 1574.
Mitgeteilt von Adolf Hauifen.
Als der letzte jagelionische König von Polen Sigismund II. August am
7. August 1572 gestorben war. musste der polnische Adel das bis dahin nur
theoretische Recht der Königswahl nun thatsächlich ausüben. Verschiedene
Bewerber bemühten sich um die frei gewordene polnische Königskrone.
Endlich wurde am 15. Mai 1573 Heinrich von Anjou, der zweite Sohn der
Königinmutter von Frankreich Katharina von Medicis zum König von Polen
gewählt. Diese Wahl erregte in Deutschland namentlich in protestantischen
Kreisen Erbitterung und Spott, weil Heinrich hier wegen seines Anteils
Das deutsche Spottlied auf die Fluchl des König *on Polen.
an den Greueln der Pariser Bartholomäusnacht 157"_' allgemein verhasst
war. So wurde Bchorj auf die Wahl Heinrichs ein Bpottlied gedichtet:
.. Dass die Pollacken Narren Beindt
Erweis! ihr jüngste Wahl gar fein" u. s. w.
(24 Reimpaare abgedruckt im Anzeiger des germanischen Nationalmuseum
Heinrich kam am 26. Januar 1574 nach Krakau, beschwor die Pacta
conventa und wurde am L5. Februar gekrönt. Er fühlte Bich in Polen
Behr unglücklich, wie in der Verbannung, and sehnte sich glühend nach
Paris zurück. Schon nach wenigen Monaten, am 13. Juni, erhielt er die
Nachricht, dass sein Bruder König Karl IX. am 30. Mai gestorben und
dass ihm hierdurch die Krone Prankreichs zugefallen Bei. Nun dachte
Heinrich nur noch an die Heimreise. Seine Umgebung Buchte ihn zu
halten, er müsse noch die Verhältnisse ordnen, noch Beinern jüngeren
Bruder Franz von Alencon die Nachfolge auf dem polnischen Thron sichern
u.s.w. Heinrich hörte nicht darauf. In der Nacht v..m 16. auf den
17. Juni floh er, nachdem er Bich kostbare Juwelen des Kronschatzes mit-
genommen, wie ein tjbelthäter aus dem Schlosse zu Krakau und beeilte
Bich, da er verfolgt wurde, die österreichische Grenze zu erreichen. Da
er das Jahr vorher bei den deutschen Fürsten die Zeichen einer feind-
seligen Stimmung deutlich bemerkt hatte, wählte er jetzt den Weg über
Wien und Oberitalien nach Frankreich, wo er erst im September ankam.1)
Die im höchsten Grade würdelose Flucht Heinrichs aus Polen erregte
natürlich allgemeines Missfallen und laute Schadenfreude, die am kräfti
in einem deutschen Spottlied zum Ausdruck kam.
Wir kennen dieses Spottlied bereits in einer jüngeren Fassung, in
dem sogen. Ambraser Liederbuch 1582 Bibliothek >\<^ litterarischen Vereins
Bd. 12, No. 152). Ich halie nun die ältere und vollständigere Fassung in
einem Flugblatte gefunden, da- in einem Mischbande der Münchener Hof-
und Staatsl.ildhdh.de (4°. L. eleg. m. 7:-}o) mit dem „Oflfenlichen Aus-
schreiben", dem deutschen Keveille matin und anderen Schriften der Jahre
1574 und 1575 zusammengebunden ist. Das Flugblatt Belbsl i>t ohne
Datum, aber sicher bald nach dem behandelten Ereignis, also wahr-
scheinlich m>ch 157 1 gedruckt wm-den. Da- dieses von einem unbekannten
Verfasser herrührende Lied viel gesungen und rasch volkstümlich geworden ist.
ergiebt sich daraus, dass die um acht Jahre jüngere Fassung des Ambraser
Liederbuches um zwei Strophen weniger und zahlreiche grössere und
kleinere Änderungen aufweist Da- Münchener Flugblatt hat Druckfehler
und Versehen, so dass einige der Ambraser Lesarten vorzuziehen sind.
Die Melodie, nach «1er das Spottlied gesungen wurde: ..Was wollen wir
auf den Abend thun" war sehr beliebt; und ihres parodistischen Charakters
wegen dem Texte gut angepa
1) Vgl. u. a. H. Martin, Histoire de France
•2) Vgl. Erk-Böhme, Deutscher Liederhort 3, So. 1120.
Hauffe.n:
Die Anfangsworte: Pomey, Pomey Bind vielleicht eine Verballhornung
des polnischen: Pomagaj Hilf! Es pflegen ja auch sonst deutsche historische
Lieder mit dem Ausruf „Hilf" odei „Helft« anzuheben.
Ich gebe oun den Münchener Text mit den wichtigeren Varianten der
Ajnbraser Passung. Das Münchener Plugblatt hat nur zwei Blätter in Quart:
La
vom grollen lob
Ein Bchftn New
zierlich Lied
vnd rühm der Polen | wie sie jren
weit vnnd hochberümptcn König
erwöhlt ; vnd wie er das König-
reich widerumb verlassen hat.
(Bildnis Heinrichs
Im Thon.
Was wollen wir auf! den Abend thun |
schlaffen wollen | K.
[lb]
1.
Pomey, Pomey ihr Polen.
Gott grüß euch allzugleich,
Ewern Konig l'ollt jhr holen,
So fern in Franckenreich,
Darumb ruft dich fein
Yerkaufft den Ochsen, behalt die Schwein.
.luch hoi'cha hobo dey!
Die Raut die war euch bitter, '
Der adler dir gram,
Darumb fchickt jr auß ewer Ritter
Vnd manchen Edelman
Mitt grol'l'em pracht vnd prallen
Eweren Konig in zu hollen.
Juch . . .
Darumb laß dichs nicht verdrießen
Und mach dich auff die fart,
Ir werts wol geniefl'en
Bey euwers König zart.
Kr il't gar mild vnd lobenswert,
Gab euch ein Elel für ein Pferd
Juch hofcha hobo dey.
Wie il't euch nun gerahten
Der junge Königes Mann.
Der lb vil Ritterlichen thaten
Zu Pariß hat gethan.
Danek habt jr ftoltzen Polil'chen Knaben.
Ein folchen König wolt jr haben
Juch . . .
Il't das nicht groffe l'ehande.
Euch Polen allzugleich,
Das jhr in difen Landen,
Darzu im Römifchen Reich,
Nicht wußten einen Herren
Der ewer König l'olt werden
Juch . . .
Ewer König leßt euch bitten
Zu einem abendt tantz
Vnd thut euch freundtlich l'chicken
Von Lügen einen krantz,
Daran l'olt jr Polen riechen,
Ewer König thut lieh bald kriechen
Juch . . .
Anin-rk.: Di- Zahlen über den Strophen und die Interpunktion rühren von mir her.
\uth sind im Original die Verse nicht abgesetzt. Amb. hat 1, 4f. .ruft euch zu, fchmiert
die fclmh, | verkannt den ochfen, behalt die kuh.« In 1,5; 2, lf. steht oben, wie mir
scheint, mir irrtümlich die -2. Pers. Sing.: Amb. bat hier überall richtig: euch. V. 4, 2
adler nach Amb.: im Manch. Flugblatt steht irrtümlich alter. Gemeint sind hier die
Wappenbilder der übrigen Bewerber, die durch die Lilie Frankreichs (V. 6, 4) verdrängt
wurden. Mit dem Adler spielt das Lied auf den Kaiser Maximilian II. an, der den poln.
rn für seinen Sohn Erzherzog Ernst erworben hätte. V. 5, 3 f. Anspielung
auf di- Parisex Bluthoclueit, August 1572.
1 las deul sehe Sp ittlied auf >li I von Polen.
7.
Nun tanzt ihr Polnifchen knaben
Zu Crackaw aulT der \
Den König wollt jhr haben,
Der war der aller beft.
Drumb baben mit acht, balt gute wacht,
Das euch der König nicht entweich
Ihr miiit jetzt dien brey für fiibh)
Juch . . .
2a
\\ rie fchmecken euch die Braten,
Darzn der küle Wein?
Sind das nicht lanie zotten,
Ihr feind gefchlaffen ein!
Darüber ii't ewer König entrannen,
Die Polifche Krön mit lieh genommen
Juch . . .
Ein fprichwort bey den alten
Hat man geredt auffa best,
Für ein fauler Vogel wirdt der gehalten.
Der befcheißt fein eigen Neft,
Alfo hat ewer König gethon,
Ein gut lob hat er nach gelan.
Juch . . .
10.
Darum b rath ich euch Polen,
Euch allzusamen gleich,
Thut ewern König- holen.
Ziecht mit in Franckreicb,
Waget leib vnnd darzu Gut,
Wehret ewerm König fein vbermuth
Juch . . .
Darumb thut euch Gefeilen
All bey den Teutfchen bau ff,
Thut euch zufammenftellen
Vnnd ziehet mit hinnauff.
Da iit fo mancher redlicher Mann.
Der Leib \ ml
Juch . . .
L2.
Wer boI euch nun bekla
w ei I der liebe < rott,
[r müßt euer lebenlang trag
Den Bon vnd auch den fpott
Di« Polen haben iich volgefoffen,
Darüber ii't jr König entloffen
Juch . . .
13.
Ewer König beut euch ein gute nacht.
[r Polen allzugleich,
Hat lieh bey zeit daruon gemacht,
llt wider in Franckreich,
Die Polifche Krön mit lieh genommen.
Ein Schaubhut folt ir wider bekommen
Juch . . .
1 I.
Der \ ns das Liedlid erftmal fai
Fein will gelungen bat,
In Sachfen ii't er wol bekant
In einer freyen Statt.
Die Polen feind I
Der Vogel ift ja entpfl
Juch hol'cha hobo dey.
Ende.
Aninerk.: V. 7, 7 ist überschüssig. In Ami», laute! Strophe überhaupt fasl
Kau/, anders. Strophe 8 u. 9 fehlen in Amb. ganz. V. 8, 6 Anspielung darauf, dass Heinrich
Edelsteine der Krone mitgenommen hat. V. 13 ibhul in Amb. fchaftshut, wa
falsch ist. Der Schaubhut, der schlichte Strohhut, als Kopfbedeckung der einfachen I
•wird zur Krone in Gegensatz gestellt.
Werlins Liederhandschrift vom Jahre 1646 (München bring! mir einer
abweichenden Melodie nochmals die erste Strophe unsere. Spottliedes
wieder mit neuen Lesarten (V. 5 f. Nun ruft dich bald und fchmiert die
Schuh, verkauft den Ochfen und die Kuh). Vgl. Erk-^öhme, Deutscher
Liederhort 2, No. 299.
Prae.
290
Bach
Von dem deutschen Grenzposten Lnsern im wälschen
Südtirol.
Vom Karaten Josef Bacher
Vgl oben XI. 180.)
-1. Dar Peatar Supf.
In an >tröa\; säin-da gawest zwna
puabla vo Ggalnets, bö-da hä'm y -hat
töat di müatar. un dar vätar is g*ki;art
zo boräta. Di stiafmüatar is gawest a
z'nixta un hat g-tänt vil ]</z^s <>n kindar.
In an tägy dls-^ kindar sain vonnänt
un sain kent pa Las äuvar, un bäl-sa
sain gawfst /.' iJbrost, ha'm-sa g<?vunt<?t
a tiav.^s lox, un nidar na dlsan lo\ is-
da g-'wrst a °;rpasar ler\. un sf1 sain-s<?
gwgit in untar dfsan ler\ un sain se'm
g^stant drai tüga.
Balamän hä'm - sa g,?hat an saülan
hünar. iis-sa nemcar hä'm g-nnögg. „Ben".
h<vm-sa köt disa kindar, 's-is pösar, as-
bar ster'm vo hünar, bas zo giana hüam."
Ma dar hünar is herta kent mearar, un
das jun hat köt: ..'s-is pesar, as-bar spriio^n
nidar da. bas zo sterha vo hünar." „Ja",
hat-'s köt das alt. „sprio-bar nidar: ma
spris du vorS, ombrtim sa-no du sprisst
not." -Ben". hat-*s köt das jun. ..i han-
da a suaD: §st hän-bar-as a ppadd b/t-
nandar, un du sprißst vora un zi:-
m- na mi ö.a Un asÖ ha'm-sa gatant,
un bal-'s s -t zu spriioa, hat-'s köt
das ah: „Peatar supf!" un das jun hat
g^spert di gagn un hat ge't an supf an
prüadarl^. un .sain gasprußß pöad' l>.t-
nand.r pa lox nidar: ma tpat sain - sj
net gestaut.
ßal-da di Ggalnets r hä'm gewarnt,
gge da veln di kindar sain-sa-s^ gant to
süuxa un hä'm-sa gavuntat z' üntwst m
lox, un se'm di kindar hä'm-an köt, bäs-
sa hä'm köt. un dena sain-s^ g^storb4.
Un vö dansei tag» an ansei lox hä'ni-
s'-an härta köt: Dar Peatar Supf.
•_'7. Peter Schupf.
Einmal waren zwei Küblein von Cal-
donazzo, die ihre Mutter tot hatten, und
der Vater hatte sich wieder verheiratet
Die Stiefmutter war bös und that den
Kindern viel Übles.
Eines Tages entgingen diese Kinder
und kamen (über) den Las herauf, und
als sie zu ober^t waren, fanden sie eine
tiefe Schlucht, und drunten bei dieser
Schlucht war ein grosser Lärchenbaum,
und sie begaben sich unter diese Lärche
hinein und blieben dort drei Tage.
Mit der Zeit hatten sie einen schreck-
lichen Hunger, (so) dass sie (es) nicht
mehr (aushalten) konnten. ,, Wohlan-,
sagten diese Kinder, .,es ist besser, dass
wir sterben vorHunger, als heimzugehen:-
Allein der Hunger wurde immer grösser,
und das junge (Büblein) saute: -Es ist
besser, da hinabzuspringen, als vor Hunger
zu sterben." -Ja", sagte dasalte. „springen
wir hinab: aber springe du voran, denn
sonst springst du nicht." -Gut", sagte das
juntje. ..ich habe da ein Seilchen; jetzt
hängen wir uns beide miteinander an, und
du springst voran und ziehest mich auch
nach." Und so thaten sie, und als das alte
zu springen (bereit) war, sagte es: -Peter
schupf!^ und das junge schloss die Augen
und gab dem Brüderlein einen Schupf, und
sie sprangen beide miteinander in die
Schlucht hinab : j edoch tot blieben sie nicht.
Als die Bewohner von Caldonazzo be-
merkten, dass die Kinder abgängig seien,
gingen sie zu suchen und fanden sie zu
unterst in der Schlucht, and dort sagten
ihnen die Kinder alles, was sie gethan und
gesagt hatten, und darauf starben sie.
Von jenem Tage an nannte man jene(s)
(Loch) Schlucht stets: Peter Schupf.
Von dem doul tirol. 291
Bemerk.: Anlass zu die er Sage gab - reiche aal
zwischen Caldonazzo and Monter vere lo ch dein ■
ahnenden Wanderer ;. • v Schluchl wen fühl
N am > 11 „öggsnwEga" Ochsenweg und man gelang! durch einen ^ nach dem
schon erwähnten Montaruf and hat dann den beschwerlichen \ '■■■
überwunden. Moni ruf isl ein gern besachtes einfaches, landliches Gasthaus, von wo aus
man bequem auf ebener Strasse in 5 das Dorf Luslrn erreich!
28. Das arm Nöb^l .
In an -tröav sain - da g<\\ gst
müatar. lY>ad < hä'm gahal a kiita kindar,
un an an sünta ha'm-sa galat dahüam di
/.«na £ltarstn diarnla ggan kindar, wo-sa
hä'm gahat in da wiag . an sf sain _
gga mis.
OD
Di diarnla, inveza bäs zo stlana se m
ggan kindar, sain-sa gant aus af'n w
z spila. Un se'm nämp »n w§g
hä'm gasptlt, is-da gawest a venstar vön-
ar stuba vön-ar andarn famildsa, on disa
diarnla sain gant an sain g kräblt pa
äisandar von venstar au un hä'm _
in <m da stüba.
Balamäfi) ha'm-sa s
lata mänl > betn här gga p< rg • an bet-ar
kurzan prüax un bei waisan hosan an
hrt-an loatn ggorpetla an hei -an haspl
in da liiint gian nidar an an pa sti I". un
bal-'a is gawfst nämp n venstar hat- -
ag •lavt di kindar. Un disa kindar hä'm
ztiagasäug t an mänl'. fin-as-da pala sain
kent di müatar vo mis. Balamaia sain- n
kint ,'ii sint di kindar. un sa sain gant
hü am.
In bal-da sain kein di müatar v<>
mis, hä'm-s'an köt, bas-sa hä'm .
un di müatar hä'm-'s köt - n andarn laut,
un di andarn hä'm köt, ggi wesl
das arm Nöbala, ombröm bal-'s is g w§si
ti'.at. is-'s g »wesl \ - i so.
Di laut, bo-da sain g, stant an hau-.
- sa hä'm gasegg 's Nöbala, hä m- s
not gawölt gl^a'm. On an an mal \±-
- -sa nidarg legg /.' sliava a töxtar von
patru un a spüsa. Un di tö\tar is lai
antslaft, un di spüsa hat ga]
Balamaia hat-sa gahgart gian p -
au an man, un sT hat gasaug t un (hat
gasejjg si ö di'za mänla, un si hat-ar
I ' le.
Einmal waren zwei Mütter. Beidehatten
eine Schar Kinder, und an ein« m Boni
Hessen sie zu Bause die zwei ältesten
Mädchen bei den Kindein. weicht
in der Wiege hatten, und si zur
Mess
Die Mädchen, anstatt bi i den Kindern
zu bleiben, gingen hinaus auf den \R
zu spielen Und dort nahe dei '
wo sie spielten, war ein Fenster einer
Stube, (die einer andern Familie
und diese Mädchen gingen hm und kro-
chen an den Eisenstangen des Fensl
hinauf und schauten in die Stube hinein.
Nach einiger Zeil sahen sie ein kleines
hinkendes Männlein mit gesträubten Haa-
ren in kurzer Böse und weissen Strümpfen
und rotem Gilet und mit einem Haspel in
Ai'i] Händen auf- und abgehen in derSti
und als e.s nah« d< m Fensti i war. lachte . ä
die Kinder an. Und diese Kinderschauten
dem Männlein zu. ■
von der Messe kamen. Da endlich kamen
ihnen die Kinder in den Sinn, and
n heim.
Und als die Mütter kamen von der
M,... die Kinder . wa
hen hätten, and die M ten's
den andern Leuten, und die andi !
las versti
denn als es tot v
| );. 1.. Ute, dil IUI llalis. Wohnten. Wo
de- Kr ä ■ In "
hatten, wollten es nicht glauben.
gten sich ein.
{\c< Hau und eine Gattil
schlafen. Und die Tochter schliel
ein. und die Gattin bi ;■
Da hörte sie einen Mann in
auf; [und ah; gehen, und sie
und auch sie sah dieses Männlein, un
l</kt ii köpf, un 's nianl- is gant Uli
ti .it-.n gazögai pari l;iil<\ar uu Bi hat
ii'i n v&tar vm sain >|)ü-. as-ar
• in is. an dar v&tar is
gant ji ga an bal-d'ar is g w$st af »Ii
im vö dar stüba, 's Nöbala is gaspruBB
Öbar 's p- t bi un (h)ai g vaxm an köpf
vö dar to\tar un bat-sa gazögai ctbar 's
p<;t nidar. Un di diarn hat ge't an sr^a,
un 's Nobala is lai vorswüntat.
deckte sich den Kopf zu, und das Männ-
lein ging bin) und zog (ihr) an den Lein-
tüchern, und sie rief dem Vater ihres Ge-
mahls, dass er komme, um nachzusehen,
wer dort sei, und der Vater kam und als
er an der Stubenthür war, sprang das
Nöbele über das Bett hin und fasste den
Kopf der Tochter und zog sie über das 1 Jen
hinunter. Und das Mädchen that einen
Schrei, und das Nöbele verschwand sofort.
Aus züa Mi lan98 dar patrü von haus
is gant zo perga an Bisala er un ala saina
laut ;ius vö dar töxtar an vö dar spüsa.
Balamau ^n an mal hä'm-sa widar ga-
höart gian pa stüba au un se hä'm ga-
saugat un (b)am widar gasegg s Nob4a,
un sa hä'm-an untargadekt an köpf, un
altfra 's NSbala hat ge't drai nistln betn
haspl dar spüsa, un dena is-'s gant.
In tä' darna säin-sa augastant disa
zwya laut un di spüsa hat darwist an
wega un is gant zo perga un hat-'s-ar
köt säindar swigar, un sal swigar hat-'s-
'ii köt-an patrfl, un er hat gavaiaw an
wfga un is kent an lant un is gant ggan
faf un hat-'s-m köt als, bas-da is ga-
segat sain laut, un lai hat-ar g^saft drai
misan vor 's Nöbala, on vo dansei mal
aus hä'm-sa-'s nemear gasegg.
Gegen den Frühling zu ging der Haus-
herr auf die Ahne ins „Wieseleu und alle
seine Leute ausser der Tochter und der
Gattin. Da eines Abends hörten sie wieder
über die Stube gehen und schauten und
sahen wieder das Nöbele, und sie deckten
sich den Kopf zu, und da gab das Nöbele
drei Streiche mit dem Haspel der Gattin.
und dann ging es.
Am folgenden Tage standen diese zwei
Leute auf, und die Gattin machte sich
auf den Weg und ging auf die Ahne und
sagte es ihrer Schwiegermutter, und ihre
Schwiegermutter sagte es dem Haus-
besitzer, und er machte sich auf den Weg
und kam (heraus) ins Dorf und ging zum
Priester und sagte ihm alles, was seinen
Leuten geschehen, und zugleichordnete er
dreiMessen fürs Nöbele an, und seit jenem
Abende hat man's nicht mehr gesehen.
29. 's k i n on dar wurm.
En an strö^ax is-da gawest a müatar
hrt-an kin VÖ zwöa jär nidar >n da ro-
völt von Pöläz.
Un an an mal bat-s'an ge't a hülza
süsala drin b<d pult un milx disan kin
un hat-'s g »legg aus afn wega z' esä
diza kin. Un balamam di müatar hat-'s
art re'n 's kin. un si hat galüsant
un hat gahöart disa wört: „Papäuggnö-
Lla ö, net äla mila!u an lai hat-'s ga-
jukt betn löfl afn köpf von wurm.
L'n di müatar hat gasaugat un is dar-
sräkt un is gant un hat g^nump 's kin
un (h)at-'s nemear gasozt afn wega z' esa.
29. Das Kind und die Schlange.
Einmal war eine Mutter mit einem
Kinde von zwei Jahren drunten in t\cn
Gewölben der (Familien) Pauläz.
Und (einmal) eines Nachmittags gab sie
(ihm) dem Kinde ein hölzernes Schüssel-
chen, worin Pult und Milch, und setzte
(es) das Kind hinaus auf den Weg, um
(dort) zu essen. Nach einiger Zeit hörte
die Mutter das Kind reden, und sie horchte
und hörte diese Worte: „Iss auch Knöll-
chen (Bröcklein) auf, nicht bloss Milch!"
und dabei schlug es mit dem Löffel auf
den Kopf der Schlange.
Und die Mutter schaute und erschrak
und ging und nahm das Kind und hat es
nicht mehr an den Weg gesetzt zu essen.
Ymi dem deutschen Grenzposten Lu ern im - Südtirol.
30, - - lal - k in. '
Be'ra in ' laut i's-ila gaw$st a waibla,
wn-ila is gant Mi an tag- aus az velt to
ärbata an hat nag nump-ar das jü Barste
kin. WO 8 1 lial g hat. lai in d • w ■
an (h)at agdieft to arbata. Sa is herta
gant \ iiisn 'U ,i:-l»atant' un | li al nemcar
umgasaugat, wäs-da tfiat s kin. Bai b«j
hat -'hat garift is sa gant widrüm (b<>-
drum) un (h)at _ von km. Ma
dar srak, WO s- hat g-vaim is _
is, ambro m sai kin is nemcar
west dasei, ambröm das sai kin is
wfst aas dar stianarstn von laut, un
das-sel, wo sa hat gavuntat an da w
is gawfst a saülas, 's hat- n ii'äuna
mear g-dixt; ma liiiam hat-sa-as gamöxt
träg'n als u.is. Mn la pasiön is herta
kent urnasar, ombrüm si hat darkont.
(gge) 's kin is plint. Un si un ala di
laut hä*m gagl^abat un glya'm ii" haut.
gge da hat-'s-ar argataust a stria aus
az velt.
Da ■ 1 1 au -i hte K i od.
Dorfe war ein v-
lein, das eim nufs Feld hh
2 zu arbeiten, und ßie nahm da
Rind, das sm hatte, nur so in di r Wiege
mit sich. Als sie aaf dem Acker war,
setzte sie die Wii r und i'n .„
zu arbeiten, sie ging stets weiter bei
der Arbeit und sah sich nicht mein- am,
was das Kind mache. Sobald sie fertig
orden war, ging sie zurück und sei
vom Kinde nach. Jedoch der Schrecken,
den sie erhielt, war gr088, da ihr Kind
nicht mehr dasselbe war. denn ihr Kind
war eine.s der schönsten des Dorfes, und
jene-, das sie in der Wiege vorfand, war
ein hässliches, es hat ihm nicht einmal
mein- gleichgesehen; jedoch heimtra
musste sie es dessenungeachtet. Aber das
Leid wurde immer grösser, denn sie er-
kannte (entdeckte . dass d is Kmd blind
sei. Und sie und alle Leute glaubten
und glauben noch heute, eine Bexe habe
es ihr auf dem Felde draussen vertauscht.
31. a striarats kin.
Ma hat g gl^abat un gl^abat aö haut
von an waiba, wo-da is gant tu pötla,
gge to lasa-'s rörtgian äna ggaril
epas lezas an haus. A sd epas l's-da
vörkent in a haus un di laut ggontarn-
s nö haut; das-sel is gawfst a so:
In an sunta antanto dar -röasan
mis2) is gant diza waiba -<n a haus un
(h)ät-da g-wuntt a waiba pet-an Julian
km. Se hat gavörst epas, a~we si herta
31. Bin verhextes Kind.
Man hat geglaubl und glaub! noch
heute von einem Weibe, das betteln
gangen i8t, dass. wenn man es ohne
Alumnen fortgehen lässt, etwas Übles im
Hause sich ereigne So etwas kam vor
in einem Bause, und die Leute erzähl»
mich heut'': das war
An einen; Sonata- während de- I !
amtes ging dieses Weib in ein Haus und
fand da ein Weib mit einem kleinenKinde.
Sic bat um etwas, wie sie stets that;
1) Die Nummern 30 bis einschliesslich 33, dann die Melodien in IM Kinderiieder
und -Sprüche) 2, 3, 5, 7, ferner einige Nummern in IV (Meinungen, Brauche and Spi
venhmke ich dem Luserner Mädchen Josefa Gasperi, einer nahen Verwandten der zn Be-
ginn der Luserner Geschichten erwähnten Ursula Gasperi, welche den weiten
Anteil an dem Zustandekommen der vorliegenden Sammlung hat. Einige Sprüi
besonders No. 2(55 der Abteilung IV vermittelte mir jenkommender V
Oberlehrer an der deutschen Staats-Volksschule in Trient, Namens Matthäus Nicolussi aus
lius&n, welcher einst dem unvergesslichen Dr. [gn. Zingerie als junger Schüler bei An-
fertigung des Lus. Wörterbuches behilflich war. Eine Lehrerin in DeutechtiroL Mana
Gasperi, Schwester der Ursula, hat für die Abteilung IV auch dankenswerte Beiträge
geliefert.
2) grg'asa mis = gesungene Messe, auch Amt oder Hochamt genannt
._,,,,
Bacher:
bat gatant; ma 's waibj hät-ar ni\t
ombröm saüw swlgam
swfg arlaüt bä'm vörtgahat ala di -liisl-
ilar1 . Bal-sa-'a ar hat köl disarn, i's-sa
ganl 7.on\ ' un is gant mürmlan > aus pa tür.
Vort as-> i- g'??t hat a^-lirft to
,sräiga 's kin un to ridla sa aus
wöata. D' arm müatar hat-s- pr^pio
gas§gg Inail-. si is nemear gawest gÄat
t<> swoaga-'s In. Si bat-sa provart aL3),
ma als hat n i v t g 'helft.
's kin is dena an a pär täga gastorbat,
an si hä'ra ge't di sult an waiba un kö'n,
ä >\< :t a stria.
Un dnpo äs-da is gasegat d^rsel ggäso,
we-s-> ;'iiuia kemat hündart vert af-an tag?,
ab di hündart vert göbatn-s'-ar, bäs-sa
vörst, umbriim im-ii andarn nimp-'s-an
niamat aus von köpf, ke:s kin is gastorbat
pegn dar stria.
allein das Weib konnte ihr nichts geben,
weil ihre Schwiegereltern alle Schlüssel
fort hatten. Als sie es dieser sagte,
wurde sie zornig und ging murmelnd
zur Thiir hinaus.
Als sie fort war, fing das Kind an zu
schreien und sich zu winden vor Schmer-
zen. Die arme Mutter wusste sich gar
nicht zu helfen, sie war nicht mehr im-
stande, das Kind zu beruhigen. Sie ver-
suchte alles, alter alles half nichts.
Das Kind starb dann in ein paarTagen,
und sie gaben die Schuld dem Weibe
und sagen, es sei eine Hexe gewesen.
Und seit diesem Vorfalle, wenn sie
auch hundertmal im Tage käme, aile
hundertmal gäben sie ihr, was sie ver-
langt, denn ihnen redet es niemand aus,
dass das Kind wegen der Hexe gestorben
sei.
32. Di pöa(d)n d^ggän;.
Dar daggäno vö Leva is gant an an
str^ax tu vena an daggäno vö Persan.
St/m bä'm-sa garedat von wetar, un dar
daggäno vö Leva hat köt, d'-ar is gdat
to maxa herkeiuan a säüla wetar un
darsei vii Persan hat köt, gge er, äs-ar
bil, is-ar guat tu mäxa-'s saurn als an
sain hol-4). D^r d'ggäno vö Leva hat-'s
net gawölt glpa'm un is gant hüam. Dar
daggäno vö Persn6) hat köt dena ggan
mesnar: „Sau6), das earst wölkanla,
bo-du sl'st, ai-mar to rtiava subito!"
32. Die beiden Dekane.
Der Dekan von Leviko ging einmal
den Dekan von Pergine zu besuchen.
Dort redeten sie vom Wetter, und der
Dekan von Leviko sagte, er sei imstande
ein schreckliches Gewitter heranziehen zu
machen, und jener von Pergine sagte, er,
wenn er wolle, sei imstande, den ganzen
Bagel in seinen Hof (Platz vor dem Hause)
kommen zu machen. Der Dekan von
Leviko wollte es nicht glauben und ging
heim. Der Dekan von Pergine sagte dann
zum Mesner (Küster): „Schau, sobald du
das erste Wölklein siehst, komm, mich zu
rufen sogleich!"
1) Das Weib konnte also die Kästen und Truhen, worin die Speisevorräte verwahrt
waren, nicht öffnen, um davon der Bettlerin etwas zu geben.
2 Der Ausdruck: 's kin ridlt-sa äu vo wiata, oder: dar w.'ata ridlt-'s au 's
kin wird besonders von den Erscheinungen der Krampfanfälle bei Kindern und Erwachsenen
gebraucht .
:; Diese Redensart wird stets so, also mit Auslassung des Hauptwortes gebraucht in
der Bedeutung alle Mittel, oder alles anwenden. Ähnlich ist auch: i hän-ar provärt
ganoa = ich genug ausgehalten, zu erdulden, zu ertragen gehabt.
4 d. h. i r si i imstande v.n bewirken, dass der Hagel nur auf den Platz beim Pfarr-
hause niederfalle und nicht die umliegenden Felder verheere.
ut Persan hört man häutiger Pers mi, wobei dann das e gedehnt klingt.
6 Mit dem Worte „sau" beginnt ■wieder einmal ein eigentümlicher Satzbau, wie solche
in anderer Form schon mehrfach in den bisher mitgeteilten Sprachproben (Geschichten)
kommen sind.
Von dem deutschen < !r< n.
Kur/' zail iIh|iu is gant dar ra^snar
to ruava-'n-'ii. ombrura 's hat Sgah^fl
zo g ahilba-s >. I).i!' il ggano is gant az
v£nstar pet-'n libar in il > liäni an h ;it
n iiiniu a saüla wetar. Aldra
h;it-ar- mi limg legg di stdla im (h)at
eft zu waiga 's wetar. A f^rza tu
waiga hät-ar g swizt as wia an (Ja. Dar
säur is kent, 's hat parfrt, gge-da bil
valn di weit, an bal-'s n8-hat-g'hät g>-
lat. hat ar gasikt »n ra^snar /.' s^ga, bo-
da is g 'v;ili dar säur.
Dar m$snar hat u \ unl i n säur aln
mi hof, un drin at di mit an daggano wo
Leva i'»ai.
Kurze Zeit darnach ging di r Küster, ihn
zu rufen, denn es hatte begonnen wolkig
zu werden sich, zu umwölken Der Dekan
ging zum Fenster mit dem Buche in der
Hand und sah in \ schreckliches
Wetter. Da legte er die Stola am und Bng
an /.u segnen das Wetter. Vor lauter
nen schwitzte er wie ein Ei Der Hagel
kam. es Bchien, als wolle das Weltall
stürzen, und als es nachgelassen hatte,
schickte er dm Küster, am nachzusehen,
wohin der Ilaurl gefallen sei.
Der Küster fand den ganzen Hagel im
Platze, und inmitti n di n I >ekan
von Leviko tot.
33. Sambinelo.
in an täga is-da gawest dik dar n§bl.
A v. ail" is gant nä holz an sei täga in
an d- Li jamaüwalt). Üi laut
hä'm-'s-an köt vör-'s is gant, as-'s net
haut is-da dar nebl an da earda
un mä's glan zu vorlur. Ma is hat m'a-
mat ausgalüsant un is gant als aas. In
as-'s is g'est mi walt. hat-'s-'ii gamaxt
's holz un dena hat -'s anganump di
Als a -iniii' hat- ._ mänla
_ rüstat ruat rora im n. bö-d'-an hat
.\t muKi as-s'-an nagea iman. 's
waibla is-an herta nSgant un 's mänla
anv^za tu vüara-'s g*rada, bat-s'-as ga-
vüart herta tiavar in pa walt, fin-as-da
's waiba hat nemear gawist, bö-'s-is,
un a so hat s'-as limargavtiart vlaron-
zw^anzak ürn herta pet-dar jgarg äf-an
ruggn.
In täga darna sain gant di laut zo
Büaxa-'s, un hä'm-'s gavuntat in ._
trögla von Predsöndo (an ggamaüwalt
herta pet-dar ggarga afn ruggn.
Alöra hat s'-an ggontart il g
un di laut hä'm köt:
..Ja alora pist-du gawest in d<> trit
von sambinelo."
33. (Irr nebel.
Eines Tages war dichter Nebel. Ein
Weib ging denselben Tag am Holz hinein
in die Löcher < remeindewald I lii Leute
hatten sie gewarnt vor ihrem Weggehen,
sie solle nicht gehen, heute krieche der
Nebel auf der Knie, and sie könne sieh
verirren. Allem es das Weib horchte auf
niemand und ging dennoch. Als es drinnen
war im Walde, sammelte sie das Holz und
nahm dann die Bürde auf (dieSchulti
Auf einmal sah es ein Männlein, rot
angezogen, vor sich, welches ihr winkte.
da-- ne ihm nachgehe. Das Weiblein s
ihm immerfort nach, und das Männlein,
anstatt sie direkt zu führen, führte
immer tiefer in den Wald hinein, bis
Weih nicht mehr WU8Ste, WO es Bei, und
so führt« ierundzwanzig Stunden
immer mit der Bürde auf dein Kücken
herum.
- darauf gingen die Leute, i
suchen, und fanden es drinnen bei den
Tröglein von Predsöndo (im < remeinde-
wald immerfort mit der Bürde auf dem
Rück'
Nun erzählte sie ihnen dt'U Kall, und
die Leute sagten:
„Ja dann bist du in den Tritten von
Sambinelo gewesen."
Vor a vüxza sexza jär is gasegat a Vor fünfzehn, sechzehn Jahrenge
so „i an man ö vö Lusem. Darsei is so auch einem Manne aus Lusern. Der-
296 Schell:
; . i i- arm \<>k. D<?rse] ie gant m Belbe war der verstorbene Nok. Dieser
11 (1 Fratn von Ggamp ?nä swäm. Da- ging in die Pratn dos Camp hinein um
liuaiii lia'm-s'-ii g'pu-t äbas, ma dar I'ilze. Daheim erwarteten sie ihn abends,
is oiraar g^rlfl häam. Saina laut hä'm allein er kam nimmer heim. Seine Leute
pensärt, gge dar bart in-sain-g keari dachten (dann), er werde etwa irgendwo
^par-af-ana sait. In tä dypo is-ar widar eingekehrt sein. Am folgenden Tage kam
ni\t kent un aliua h;Vm-s> ^'ina\t laiitn er noch nicht, und dann Hess man alle
al< di ggloggn zöa-as-da glan vil laut Glocken lauten, auf dass viele Leute
zo BÜaxa-'n-an. gehen, ihn zu suchen.
S< hä'm-an g*vunt-<t äu »n Gaso Sie landen ihn droben im Gaso nahe
namp-»n-ar hülbs aln ansemanirl. On an einer Pfütze ganz verwirrt. Und die-
d^sel liülb/ tragg nö haut »n näm: „di selbe Pfütze trägt noch heute den Namen:
hülb=» von Nok", on d> laut kü'n, gge „Die Hülbe von Nok';, und die Leute
d<>rsel ii is gawest ?n da trit vö sam- sagen, derselbe sei auch in den Tritten
binelo. von Sombinelo gewesen.
Unterfennberg bei Margreid (Sudtirol).
(Fortsetzung folgt.)
Zwei alte Gerichtsstätten in den Rheinlanden.1;
Von 0. Schell.
(Mit Tafel IV.)
1. Remlingrade im Bergischen.
Unweit des Kir%hdorfes Remlingrade, an einem Kreuzwege, erhebt
sich eine alte Linde, im Volksmunde „Vehmlinde" genannt. Eine genauere
Untersuchung des Baunies ergiebt, dass es eigentlich nur ein starker Ast
ist, der aus einem im Boden fast verborgenen, knorrigen Stammende all-
jährlich neues Leben treibt.
Nach dem Remlingrader Weistum (Hofesrolle), welches Herr Woeste
im 9. Bande der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins. (S. 39 ff.)
veröffentlicht hat, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Wir unter
dieser Linde die alte Dingstätte dieser Gegend, welch erstere dank der
Pietät der dortigen Bevölkerung erhalten blieb, zu suchen haben. Der
Name „Vehmlinde" giebt nur eine festere Unterlage für diese Auffassung^
denn dieselbe Bezeichnung kommt bei Wildberg vor. Beide Orte liegen
aber hart an der Grenze von Westfalen, dem klassischen Boden der Vehme,
so dass. eine Übertragung dieses Namens leicht möglich war, namentlich
in einer Zeit, in welcher die alten Rechtsinstitutionen den Lebenden fremd
geworden waren.
1 Man vergleiche S. 47 ff. dieses Bandes der Zeitschrift.
Zwei alte < ■• : ich! jsl Lttet it
Die betreffende Stelle im Remlingrader Weistum hal folgenden Wort-
laut: „Werl sacke, dal eimand dat liff verbori bette, den Bai men Deinen
v 1 1 . 1 foren an dat craitze vnder die linde \ n< 1 richten dan darouer, wai
recht is, dan van der linden mir an di vnd doin eme dair syn recht."
Wir begegnen also in Remlingrade wie in Kyllburg (diese Zeitschrift,
Band XI. S. 48) einem Kreuze unter der Gerichtslinde, wodurch mau
offenbar die Heiligkeit des Ortes erhöhen wollte, was im Hinblick auf das
Recht des dortigen Hofesgerichts, Todesurteile zu fällen (dat liff verborl .
leicht begreiflich erscheint.
Der Hof zu Remlingrade gehörte demselben Weistum zufolge zu den
äusserst seltenen Freihöfen des ehemaligeu bergischen Landes, «Imm ■■-
lautet dort: „duse vorss. hoff is so fry, wert sacke dal eymand dat liil
rerbort bedde vnd quei ff disen hoff, die is yar vnd dach fry, vnd wan
rar vnd dach vmbe wer vnd queme dan ses schride van der fryet, vnd
weider angefangen oder gebunden off den hoff oder fryet, so Bai he] ouer
yar vnd dach fry syn."
2. Wildberg im Bergischen.
Harr an der ehemaligen Grenze von Berg and .Mark, wo sich nun
Rheinland und Westfalen scheiden, wo sich die Wasserscheide zwischen
&ieg und Ruhr hinzieht, liegt das alte Wildberg, eins! Woleberg oder
[Wolberg genannt. Sehr alte Silbergruben befinden sich dort, welche auch
heute noch reiche Erträge bringen. Hier ist die älteste Münzstätte des
Bergischen Landes zu suchen, welche aber Graf Adolf im Jahre 1275 mit
Genehmigung König Rudolfs in «las befestigte Wipperfürth verlegte. W ild-
berg ist demnach eine der ältesten Siedelungsstätten der einstigen Graf-
schaft Berg in dem Ins zur Gegenwart herab wenig erschlossenen Hinter-
lande desselben. Dort muss schon früh, durch die oben angedeuteten
umstände dringend geboten, ein Gericht (wahrscheinlich mit weitgehenden
Befugnissen) eingesetzt worden sein.
Auf einer Anhöhe bei Wildberg liegt an einem kleinen Waldvorsprung
der sogen. Fronberg, ein seil Jahren im Rückgange begriffenes Gehöft,
an dem auch verschiedene Sagen haften. Nur wenige Schritte von diesem
feehöfte entfernt, am Waldrande, von wo aus man die ganze Umgegend
überschauen kann, steht eine mach- im Umfang haltende Linde,
in der ganzen Umgegend unter dem Namen „Vehmlinde" bekannt. Diese
Linde ist noeli anscheinend von einer gemauerten, fast kreisförmigen Er-
höhung umgeben, welche aber heute von Strauchwerk und Rasen uber-
deckr ist.
Dass auch diese Linde den Namen „Vehmlinde" trägt, kann nach den
Ausführungen über die Gerichtslinde von Remlingrade leicht erklärt weiden.
Vielleicht tragen aber (man vergleiche die obigen Mitteilungen übel Rem!
rade), nur Bolche Gerichtslinden diesen Namen, unter denen auch üb«
Leib und Leben gerichtet wurde. Leider ist eine zu geringe Anzahl
all.-r Dingstätten heute nachweisbar, um solche Schlüsse mit Sicherheit
ziehen zu können.
Elberfeld.
Zu dem Volksliede
von der Tochter des Kommandanten zu Grosswardein.
Aon Karl Reissenberger.
Das Volkslied von der Tochter des Kommandanten zu Grosswardein,
das durch „Des Knaben Wunderhorn" (I, 64, 1806) unter dem Titel „Die
Eile der Zeit in Gott" zur allgemeinen Kenntnis gebracht wurde, ist uns
auch in anderen Fassungen bekannt geworden, die Bolte in der Zeitschrift für
deutsches Altertum 34, 18. 36, 95 übersichtlich zusammengestellt hat. Einen
Nachtrag brachte er in dem zweiten Baude der von ihm herausgegebenen
Kleineren Schriften Reinhold Köhlers1) S. 226. Doch kommen zu den von
ihm gebotenen Belegen noch zwei Versionen aus dem siebenbürgischea
Sachsenlande, die von A. Schullerus in dem Korrespondenzblatt des Verein!
für siebenbürgische Landeskunde XVI. S. 129 f. und XIX, S. 120 f. mit-
geteilt wurden. Das von Stöber (Sagen des Elsasses S. 23) und nachher
von anderen citierte Gedicht von A. Nodnagel (Sieben Bücher deutscher
Sagen und Legenden, Darmstadt 1839, S. 132 f.) wird von Bolte erwähnt,
alier mit der Bemerkung, er habe es nicht gesehen. Ich habe es gelesen,
jedoch die Überzeugung gewonnen, dass es gar nicht in diese Zusammen-
stellung gehört, da es eine freie Gestaltung des Stoffes durch Nodnagel ist.
Über das Verhältnis der volkstümlich überlieferten Fassungen unseres
Liedes zu einander soll hier weiter nicht gehandelt werden, wohl aber
über die Herkunft i\es in denselben enthaltenen Stoffes.
In seinem Buche über die Siebenschläferlegende (Leipzig 1883) S. 40 ff.
hat .1. Koch unter Berufung auf Stöber a. a. 0. und Hertz (Deutsche Sage
im Elsass S. 263 ff.) das Lied in den weiteren Kreis dieser Art von Legenden
einbezogen und im besonderen neben C. W. Müllers „Der Mönch von
Eeisterbach" gesetzt. An letztere Dichtung erinnert bei unserem Volks-
liede auch R. Boxberger in seiner Ausgabe von „Des Knaben Wunderhorni
(I, 166fl*. der Eempelschen Bibliothek) und Gustav Heinrich (Ung. Kevue
1886. S. 818ff.). Für ..sehr ähnlich" der mittelhochdeutschen Legende von
1 Vgl. meine Besprechung in der Zeitschrift für das .Realschurwesen XXVI, S. 35811,
Zu dem Volksliede von der Tochter des Kommandanten. 299
dem Mönche Felix erklärt W. Grimm gelegentlich des Abdruckes derselben
aus der Gothaer Handschrift (Altd. Wälder II. 8. 71 f .las Lied von der
Tochter des Kommandanten zu Grosswardein and ebenso bringt Franz
Pfeiffer in den Münchener gelehrten Anzeigen L851, 8. 735 ff. dieses Volks-
lied mit dem mittelhochdeutschen Felix in Verbindung. Während alle
Vorhergehenden 'las Volkslied von der Tochter des Kommandanten zu
Grosswardein ohne weitere Beschränkung zu jenen l berlieferungen in
Verwandtschaft setzen, denen stofflich „Der Mönch von Heisterbach" oder,
was dasselbe besagt, die mittelhochdeutsche Legende von 'lern Mönche
Felix (vgl. auch v. d. Hagen, Gesamtabenteuer III. 613ff.) angehört, sieht
Bolte (Ztschr. f. d. Altertum 34, 28 ff.) in anserem Volksliede eineVariante
einer in der Volkspoesie Deutschlands, Hollands, Skandinaviens häufig
behandelten Legende, die man etwa die Entführung einer heidnischen
Jungfrau durch Christus nennen könnte and deren verschiedene Gestaltungen
Bolte in drei Gruppen teilt: A) den Blümelmacher, P>) die Sultanstochter,
1 die Tochter des Kommandanten zu Grosswardein. Allerdings lenkt
auch noch Bolte der /.weite Teil des Liedes in die Legende von dem
Brutler Felix über. ..Als Theresia (die Tochter des Kommandanten^ nach
zwei Stunden heimkehrt, erkennt sie niemand in der Stadt, denn inzwischen
sind 120 Jahre vergangen, man schlägt in alten Chroniken nach und bringt
ihr Speise, sie aber verlangt nach dein Sakrament und verscheidet, nach-
dem sie es erhalten." Bei Erk-Böhme, Deutscher Liederhort III. s. si:;iV.
steht das Volkslied von der Tochter des Kommandanten zu Grosswardein
zwar auch unmittelbar hinter den Fassungen des „Blümelmachers" und der
„Sultanstochter", aber eine Ansicht über die Herkunft und Zugehörigkeif
unseres Volksliedes ist dort nicht ausgesprochen.
.Mich dünkt, dass unser Volkslied auch in seinem ersten Teile aus der
Legende von dem Bruder Felix stammt und nicht aus der von dem Blümel-
macher herzuleiten ist. Daran!' weisen Bchon die Unterschiede zwischen
der letzteren und «lern Volksliede von der Tochter des Kommandanten.
Wie Bolte selber hervorhebt, verlegen die im Bänkelsängertone gehaltenen
Reimereien der Gruppe C die Handlung auf christliches Gebiel und
übergehen demgemäss die Sehnsuchf der Jungfrau nach dem Meister der
Blumen ganz. Sodann wird die Jungfrau in der Gruppe C nicht in ein
Kloster oder vor die Himmelspforte geführt, sondern in den freudenreichen
himmlischen Garten. Was aber in dem Volksliede von >\<-f Tochter des
Kommandanten zu < rrosswardein Motiven in den hei den anderen Gestaltungen
ähnlich ist. das kann aus der Mönchslegende und ihren Varianten erklärt
werden.
Bevor ich dies weiter ausführe, halte ich es für notwendig, die Über-
lieferungen, in deren Kreis die Felixlegende gehört (nach Bolte, Köhlers
Kleinere Schriften II, S. 239 ..von dem verzückten .Mönche, den ein \
ius Paradies leitet") näher ins Auge zu fassen und wenigstens im all-
ReisseDberger:
gemeinen1) zu gruppieren, lS<i solcher Sichtung ergebeD sich mir zwei
Gruppen: die eine wird durch die Felixlegende selbst, die andere durch
die von Schwarzer in der Ztschr. f. d. Philol. NIM. S. 338 f. mitgeteilte lat.
„Visionslegende" *) vertreten. Obwohl nun die letztere uns in einer Hand-
schrift aus dem L3. Jahrhundert erhalten ist, das mittelhochdeutsche Gedicht
erst in Handschriften des IL and L 5. Jahrhunderts, und obwohl wir dieses
Beiner Entstehung nach nicht vor die zweite Hälfte '\f<, 13. Jahrhunderts
setzen können, so ist die Gestalt der Sage, wie sie in der Felixlegende
vorliegt, entschieden altertümlicher und orsprünglicher als in der Visions-
ade. Die Felixlegende steht zweifellos der Urform näher, aus der
beide Fassungen geflossen sein müssen. In der Felixlegende ist auch die
Mönchslegende konsequent durchgeführt. Der über die himmlische Selig-
keit nachgrübelnde Mönch wird durch den süssen Gesang- eines Vögleins
verleitet, ihm zu folgen. Durch die wonnevollen Töne glaubt er sich der
Erde entrückt (110 ff. er hete gesworn, daz das himelisch paradis waere
da in allen wis). Darüber vergehen hundert Jahre, während er nur wenige
Stunden verflossen nieint. Er kehrt zum Kloster zurück, man kennt ihn
jedoch dort nicht, und erst durch die Auskunft eines alten siechen Mönches
and das Totenbuch des Klosters wird festgestellt, dass er der vor hundert
Jahren verschwundene Mönch Felix sei. In der Visionslegende ist dieser
Stoff umgestaltet und erweitert. An die Stelle des Mönches ist ein gottes-
förchtiger, keuscher Herzogssohn getreten. Dieser wird von seinen Eltern
genötigt, sich zu verheiraten. Alles ist zur Hochzeit bereit. Vorher reitet
der fromme Jüngling zu einer Kirche, um zu beten. Auf dem Rückwege
trifft er einen Engel in Gestalt eines Greises auf einem weissen Maultier,
den er zu seiner Hochzeit einladet. Der Gast erscheint, ersucht jedoch
den jungen Mann bei seinem Scheiden, nach drei Tagen den Besuch zu
erwidern. Auf dem beigestellten Maultiere gelangt sodann der Jüngling
in das Land der Seligen, das mit den lebhaftesten Farben geschildert wird.
Er glaubt sich drei Stunden verweilt zu haben, statt deren sind dreihundert
Jahre vergangen, als er heimkehrt. Unterdes ist aus dem Schlosse ein
Kloster geworden, das seine Eltern schmerzerfüllt über sein Verschwinden
gegründet haben. Der Abt, hocherfreut über die wunderbare Rückkehr
des verloren Geglaubten, lässt ein Mahl anrichten, doch der Herzog altert
und stirbt, sobald er irdische Speise berührt.
Den hier in allgemeinen Zügen skizzierten Inhalt der Visionslegende
geben später einige Varianten mit mehr oder weniger grossen Abweichungen
wieder: eine mitteldeutsche Fassung, die 1811 Vulpius in seinen Kuriosi-
1) Genaueres hoffe ich in einer Specialuntersuchung über das Gedicht von dem
Mönche Felix zu geben.
2) Ich behalte diesen von Schwarzer eingeführten Titel der Kürze halber bei, obwohl
ich soust dem von Köhler, Ztschr. f. d. Philol. XIV, S. 96 ff. gebrauchten Titel ^Legende
vom italienischen jungen Herzog im Paradiese" den Vorzug geben möchte.
Zu dem Volksliede von der Tochter de Kommandanten. ;;m|
täten, 1. s. 179 — 189 in lerriisierter Sprache und mit manchen kleinen
Auslassungen und jüngst Bolte in Köhlers Kleineren Schriften II. S. 228f.
korrekt und vollständig herausgegeben hat, eine lat. Legende, die Mustaüa
in den Wiener Sitzungsberichten, Bd. 48 skizziert hat, die Geschichte von
der Hochzeit des LOringue in Korners Chronik, das schweizerische Märchen
Ni». 1.") bei Sutermeister und das kärntnische ..Der KönigBsohn im Paradiese"
in der Catinthia (1866, S. 48f.)3 sowie das tschechische Lied von Theophilus
bei Peifalik (Wiener Sitzungsberichte, Bd. 39). Di«' X u ^; 1 1 1 1 1 n • • 1 1 •_ • • 1 1 < ■ r- i ir In « ■ i t
aller dieser Versionen1) und ihr Verhältnis zur Visionslegende hal bereits
Eteinhold Köhler in der Zeitschr. 1'. deutsche Philologie XIV. 8. 96f.8) mit
<len Worten festgestellt: „Es sind dies alles verschiedene Passungen einer
und derselben Legende, die man bezeichnen kann als dir Legende von
dem jungen Herren oder Pursten, bei dessen Hochzeil ein Enge] gegen«
wärtig ist und der bald nach seiner Hochzeit den Engel im Paradiese
besucht und dort nur Stunden verweilt zn haben glaubt, in der r li.it aber
Jahrhunderte verweilt hat und bei seiner Rückkehr an der Stelle Beines
Schlosses ein von seinen Hinterbliebenen gegründetes Kloster findek"*)
Aus der mündlich fortgepflanzten und vielfach geänderten Überlieferung
■dieses Stoffes ist. wie ich glaube, auch hervorgegangen, was nicht bloss
den zweiten, sondern auch den ersten Teil des Volksliedes von der Tochter
des Kommandanten zu Grosswardein ausmacht. Ks ist wohl einer der
letzten Ausläufer der Visionslegende, den wir da vor uns haben. Ans dem
verlorenen Bräutigam ist in der Überlieferung und Dichtung des Volkes
eine verlorene Braut geworden, an deren Seite der weltliche Bräutigam4)
ganz selbstverständlich ist. Aber auch «ler Umstand braucht uns nicht zu
wundern, dass einer Jungfrau gegenüber der himmlische Freund oder
Gefährte zu einem Bräutigam wird, der zur Besiegelung der Verlobung
ihr ein Ringlein giebt und von ihr Kosen empfangt. Das entwickelt sieh
alles ganz konsequent. Der huhe Stand wie die grosse Frömmigkeit der
Hauptperson ist wie in der Visionslegende, ebenso sind die Motive
blieben, dass sieh jene infolge ihrer Religiosität Bchwer zur Ehe versteht;
von den Eltern dazu gedrängt wird und sich nach einer überirdischen
Person sehnt. Dass diese in unserem Volksliede Jesus ist wie in den
Versionen vom Blümelmacher und von der Sultanstoohter, weist nicht
1) Zu welchen Bolte (Köhlers Kl. Sein-. II. S. 225) Doch ein Märchen aus M&hren
bei Vernaleken, Osten-. Kinder- und Haosmärchen, No. oO, Anm. hinzufügt,
2) Nun auch Kl. Sehr. II, S. 225.
3) Leider hat R. Köhler die hier versprochene Monographie über diesen Gegenstand
nicht mehr geliefert. Doch hat Bolte bei dem Wiederabdrucke der oben genannton Ab-
handlung einige Ergänzungen gebracht, für die wir ihm sehr dankbar sein müssen.
4) Der weltliche Bräutigam, welcher von den Eltern der Jungfrau aufgedrängt wird,
fehlt übrigens sonst in der Gruppe A und B und findet sich nur in der fnzigkofener
Fassung. Diese, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts überliefert, aber nach Bolte erheblich
früher entstanden, stellt die älteste Gestalt der Legende von dem Blümelmacher dar.
21
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
302 Reissenberger:
notwendig auf diese Dichtungen als Quelle hin. Entführt doch in der
[nzigkofener Legende, also der ältesten Fassung des Blümelmacher, auch
nicht Jesus, Bondern ein Engel die Jungfrau. Und so kann denn auch.
bei dein Übergänge von dem Stoffe der Visionslegende zu dem des Volks-
liedes aus dem Engel Jesus geworden sein. Dass die Braut, um ihr Herz
zu erleichtern, ins Freie, in den Harten geht, dort Jesuin anruft und mit
ihm zusammenkommt, ist in der Visionslegende und ihren Varianten auch
bereits vorgebildet. Hier begiebt sich der Jüngling heimlich von der
Eochzeit hinweg zu einer Kirche, die am Fusse des Berges liegt, um dort
zu beten. Bei dieser Gelegenheit trifft er mit dem Engel zusammen.
Deutlicher treten die Beziehungen des Volksliedes zu der Visionslegende
jedoch darin hervor, dass die Braut von dem Bräutigam in den himmlischen
Garten geführt wird, der von Blumen und Früchten, von Musik und Gesang
erfüllt ist, und in welchem silberweisse Bächlein klar und rein fliessen.
Dadurch wird man lebhaft an die Schilderungen erinnert, wie sie in der
Visionslegende und in deren Varianten gegeben werden. In der Visions-
legende heisst es (Zeitschr. f. d. Philol. XIII, S. 342) von dem Herzogs-
sohne unter No. 10: „Superatis angustiis venitur ad planiora, pulchris
pulchriora succedunt et postremo pulcherrima terra se offert, cui nunquam
ille similem conspexisset. Aer lenis et lucidus, campi lati planique pre
oculis omnes illi spectandi prebuere delicias. Lilia rose violeque per campos,
sed et onmis florum nobilitas solum obtexerat et tanquam purpura distincta
eoloribus pulcra varietate vernabat. Arbores hinc florifere illinc pomifere
spargebantur diverse generibus statuque diverse, ut sui decoris plenitudinem
ostentarent et terre de suo nichil aufferrent. Aves in arboribus rare speciebus
et vocibus clare. auditu visuque amabiles, uullam ignobilium ac quicquid
est corvini generis admittentes, sed lete ac mansuete omnes, siquidem
maledictio spinarum et veprium ibi non est, tribulus, Urtica, cardus aut
cicuta non apparet, omne postremo arborum vel herbarum genus ignobile
ibi non germinat, nil denique nisi quod tactu, quod olfactu, quod visu
similiter et usu complaceat." In der md. Legende (Kl. Sehr. II, S. 232)
wird erzählt: „Vnd als balde do quam er vff eyn wiet schön feit, des er keyn
ende gesehin konde; vnde da was sulcher grossser lust, das er nicht anders
wolt wenen, dan es were das paradiss. Da waren schone beürae myt allirley
Busssen vnd edelu fruchten. Etliche hatten ire czittigen fruchte, etliche
stunden yn der bluth. Da was eyn liplicher boden myt gras vnd myt
blumen alles von edelm geroche. Da waren schone vnde luter flussse,
dar vss BCheyn das golt vnd allirley edelgesteyne. Do was dye sussest
melodye von allirley fogel gesang, als ab es engel weren. Da was sulcher
grossser lust vnde freude, das es keyn totlicher mensch nort gedencken
mocht. das der jungeinig meynete, das nichtes lustigers noch freydenrichers
geseyn mocht yn hymel vnd vff erden." In der von Mussafia skizzierten
Erzählung der Wiener Hofbibliothek kommt der Jüngling „in eine wunder-
Zu dem Volkslied« tob der rochter d< Kommandanten. 303
liebliche Gegend". Die Luft ist hell und milde, lachende Fluren, blumige
Wiesen, Bäume mit Blüten und Früchten empfangen ihn, überall Dufl and
Glanz. Die Vögel begrüssen mit süssem Gesänge seine Ankunft. Körners
Erzählung von der Hochzeit des Loringus (Germ. IX 5. 267) erwähnt nur
ene wunnelike wise. Aber in dem kärntnischen Märchen gelangt der junge
König nacheinander in drei Gärten, die Leute sind alle freundlich gegen
ihn und geben ihm Obst und Blumen. Und in drm schweizerischen Märchen
in.; Sutermeister S. .">!• stehen der junge Herzog und sein Begleiter mit
einem .Mali' auf einer grünen Heidr. welche ganz mit Rosen und Rosmarin
bewachsen ist. und die Luft ist allenthalben voll Balsamduft.
In dem Volksliode von dm- Tochter des Kommandanten zu Grosswardein
fordert Jesus die Braut nach einigem Verweilen in Beinern himmlischen
Garten auf, min zurückzukehren: „Meinen Garten habt Ihr nun beschaut;
icdi will Euch geben das Geleit in Euer Land, es ist nun Zeit." Ähnlich
lautet es in der md. Legende (Kl. Sehr. II. S. 235): ..Nu. über bruder,
du hast eyns teyls gesehin, das dyn hercz begert hat. Szo ist es im
czit; das du von hynnenn scheiden salt; dan du magst auch zu disssen
cziten nicht bey uns bleibin." Bei Korner ruft der himmlisch»' Freund
Loringus zu: „de tid is dat du seist, wo id to hüs Behauen is". und auch in
dem kärntnischen Märchen wird der Jüngling darangemahnt, daes er heim-
kehren solle.
Näher der Visionslegende und ihren Varianten, als der bisher be-
sprochen«' Teil do> Volksliedes, steht dessen /.weiter, wie das Bohon oben
angedeutet wurde. Die Veränderungen, die mit den Örtlichkeiten vor-
gegangen sind, fehlen allerdings im Liede. Die Braut kommt heimkehrend
vor die Stadt und hegehrt, als Tochter des Kommandanten. Linlass. Der
habe keine Tochter, wird ihr erwidert. Doch wird an ihrer Kleidung ihr
hoher Stand erkannt, und sie wird vor die Herren der Stadt geführt, aus
der sie vor zwei Stunden gegangen zu sein behauptet. „Die alte Schritt"
bringt auch hier, wie schon in der Felixlegende und in den meisten anderen
Fassungen dieses Stoffes, die Lösung. Die Jungfrau ist unverändert, doch
bei der Berührung irdischer Speise naht der Tod, und sie empfängt aber
ihr Verlangen noch das Sakrament wie in der Visionslegende.
Was den zweiten Teil des Liedes betrifft, so kann demnach kein
Zweifel sein, dass dieser auf die Visionslegende und ihren Variantenkreis
zurückgeht. Aber auch der erste lässt sich daraus herleiten, wie ich
meine, ohne dass es nötig wäre, zwei nach ihrer Herkunft verschiedene
Bestandteile des Volksliedes anzunehmen. Allerdings sind die Verände-
rungen, welche der erste Teil erfahren hat. grösser als die des zweiten.
Aber welche Arerdunkelungen und Verstümmelungen, Erweiterungen und
anderweitigen Umgestaltungen nehmen wir sonst in dm, Überlieferungen
wahr, die sich im .Munde des Volkes von Geschlecht zu Geschlecht, von
Land zu Land fortpflanzen! lud so kann wohl auch das Volkslied von
21
304 Feüberg;
der Tochter des Kommandanten au Grrosswardein in seinem ganzen Um-
fange als Ankömmling ödes, um die ol>en gebrauchte Bezeichnung zu
wiederholen* ak einer der Letzten Ausläufer der Visionslegende angesehen
werden.
Bielitz. Österreich. Schlesien.
Der böse Blick in nordischer Überlieferung.
Von Dr. H. F. Feilberg.1)
Im grossen Reiche <les Aberglaubens kann man einzelne ziemlich wob]
begrenzte Provinzen, wenn man genauer zusieht, entdecken; eine solche
ist die. worin das böse Auge oder der böse Blick regiert. Unter Natur-
völkern nimmt das menschliche Auge einen besonderen Platz ein, wovon
sich etwas unter uns civilisierten Völkern in den „Resten" wiederfindet.
die wie Stücke zertrümmerter Gebäude aus der Zeiten Schutt noch immer
hervorragen. In der mittelalterlichen skandinavischen Überlieferung findet
man wie anderswo Erzählungen von Menschen, die sich in Tiere ver-
wandeln und dadurch unkenntlich werden, wenn sie sich nicht durch un-
menschliches Auge verraten: am Auge wird der Mensch (selbst der Gott)
in der tierischen Verhüllung erkannt.
Mit dem Blicke eines Mensehen ist es eine eigene Sache. Etliche
Menschen sind geistersichtig, sie haben irgendwie diese Fähigkeit erwürben:
andere, gewöhnliche Menschen sind es nicht, können aber unter besonderen
Umständen geistersichtig („synske") werden, wenn sie durch ein natürliches
oder ein künstlich hervorgebrachtes Loch hindurchschauen. Wenn Fuhr-
mann oder Reiter bei Nacht von geisterhaften Wesen aufgehalten werden
und nicht aus der Stelle kommen können, gucken Kutscher oder Reiter
durch das Loch, das durch Zusammenhalten der Ohren eines Pferdes oder
eines Hundes gebildet wird. Man sieht dadurch, wie durch ein Schlüssel-
loch in ein verschlossenes Zimmer, in die verborgene AVeit der Geister
hinein, entdeckt, wer das Pferd aufhält, ob es ein Spukgeist, ein Teufel,
ein Y\ ichtel i-r. So erkläre ich mir wenigstens die Sache.
Der Versuch kann auf mannigfache Art variiert werden. Man guckt
durch die Halfter, das Zaumzeug, das Pferdegebiss, die Halskoppel, das
Geschirr des Pferdes oder unter dessen Bauch, durchs Loch von einem
Lederstück aus einem Sarge, durch ein Stück Papier, durch ein Astloch,
1) Abkürzungen: (D.) Dänemark, (N.) Norwegen, (S.) Schweden.
D( i b< -• Blick in nordi
durch eius der Löcher eines Melkstahls, durch «-in Loch an einem Toten-
kopfe, durch die Kehle eines Wolfes, durch einen natürlich durchlöcherten
Stein, durch eine Öse von drei Haaren einer Wichtelfran erebildet, durch
eine Egge, einen Hemdärmel, ein Sieb, durch die Hohn' eines Webstuhles,
eine Haarlocke, ein Tuch, durch den eigenen Arm oder den eines anderen,
immer aber durch ein Loch.
Hierzu kommt noch der Blick aber die rechte oder linke Schulter
oder durch die Beine hindurch.
Auf diese Weise wird dem Menschenauge eine magische Kraft ver-
liehen. So lange mau durchs Loch hineinguckt, schau! mau das verborgene
Land und Beine Bewohner, wer sie auch sein mögen: mau wird geister-
sichtig.
1. Das böse Aul;«' ist von Natur magisch, ist oftmals ohne das Wissen
oder den Willen des Besitzers giftig, and (so kann es wohl in aller Kürze
ausgedrückt werden) es verderbt, macht krank, tötet durch sein (übt alles
was sein Blick troffen mau.
Im Dänischen hat das Volk verschiedene Ausdrücke für die anheil-
bringende Wirksamkeit des bösen Auges; ..ar forse" wird wühl am nächsten
durch „versehen" wiedergegeben werden können; „ildese", „slemse" ist:
übel "der schlimm ansehen; „overse" entspricht dem englischen „to over-
loök", übersehen, etwas starr ansehen, so dass mau alle Einzelheiten über-
sieht.*) Allgemein wird von einem gesagt, er habe „ei ondl öjeu, „ei
ondt öjesyn", d. h. ein Krisen Anne, einen bösen Blick, oder auch «et slemt
oje", ein schlimmes Auge. Aus dem Schwedischen habe ich mir die Ab-
drucke angemerkt: „ha skarnsk auga" (Gotland), „ha fiil ögfäl" (Väster-
botten), und in der schwedischen Reiohssprache: „ha nn.hr- oder „elaka
ögon" alles dasselbe: böse Augen haben.
Noch giebi es zwei besondere Ausdrücke: „skagese" ist der eine, er
lässt sich wohl am leichtesten durch „hurensehen" übertragen, indem mau
den Blick eines anzüchtigen Weibes als unheilbringend betrachtet hat,
wenigstens wenn er ein nacktes, neugeborenes Kindlein oder die entblösste
Brust einer säugenden .Mutter traf. Dot andere ist „uglese", einen wie
die Eule anblicken, oder ..ulvese--. einen wie ein Wolf anblicken. Beide
Formen und Deutungen der Dialektwörter sind möglich und lassen Bich
verteidigen. Ober „ulvese- später; die Eule hat auch betreffend ihren
tötenden Blick einen hr.sen Ruf. sieh z. B. Gaidoz, Melusine IV. IM aus
Italien.
2. Wie verhält es sich nun aber hiermit? Ist also die Wirk im.
bösen Auges dem Willen des Besitzer- unterworfen oder nicht?
Ans Italien, dem Lande des mal'occhio, wird von dem verstorbenen
1) Vgl. verschieren, beswögen, Möllenhoff, Sagen, 560a, Schütz--. Holst. Idiot. IV, 43.
Feilberg:
Pabste l'i" Nono erzählt, dasa die lu'iiiicr vom Mittelstand)' den FinHuss
Beines bösen Blickes tni hohen Grade fürchteten. Die Fremden sind et
aen, welche Spalier Längs seinem Wege bildeten. Sobald die römischen
Dam. mi ihn von Ferne entdeckten, eilten sie in Seitengassen oder kehrten
sieh mn. damit sie nicht seinem l.licke ausgesetzt würden; die Männer
Buchteten in Bntiken oder Alleen; die Weiher ans der Campagna machten
knieend das Fioa-Zeichen tinter ihren Schürzen, und die Bewohner der
ewigen Stadt scheuten gewöhnlich die St. Peters-Kirche an den grossen
Festtagen.1) Nim kann doch kein vernünftiger Mensch annehmen, dasa
das Oberhaupt der katholischen Kirche mit Wissen und Willen Böses
thne und seinem eignen Volke Schaden zufügen wolle, sobald er seine
Hand über dasselbe segnend ausstrecke. Giebt es böse Menschen, deren
Gift durch böse Augen ausstrahlt, so giebt es andere, denen ein böses
Auo-e ein unheilvolles unglückbringendes Vermächtnis ist. dessen Macht
sie auf keine Weise zu entgehen vermögen, und das ihr Leben unglücklich
macht. Besser versteht man, dass König Victor Emmanuel bei Solferino
auf einer Anhöhe gegen die Österreicher das Fica-Zeichen machte oder
dass Crispi, um nicht durch die bösen Augen der Opposition zu leiden,
sich mit roten Korallen wappnete.8) Hier ist der Wille zu schaden un-
zweifelhaft.
Fs ist nun ganz eigentümlich, dass in nordischer Überlieferung das
böse Auge öfters als eine unheilvolle Naturgabe, unter welcher der Besitzer
seufzt, hervortritt. Einige Menschen, so heisst es, haben böse Augen ohne
es zu wollen. Eine Witwe, Bodil Mikkelsdatter, war deswegen bekannt;
wenn man mit Brauen beschäftigt war, wo sie hinkam, wurde eilig das
Bier verhüllt; niemand wurde doch auf sie zornig, sie konnte nicht
dafür. Anderswo wird erzählt, dass eine Bettlerin, die von einer Bauern-
frau einen Krug Milch erhielt, dieselbe bat, ein Kreuz über den Krug zu
machen: „Ich habe, weisst du ja, ein böses Auge!" 3) Ähnliches trifft man
auch in Deutschland an. Strackerjan (Aberglaube aus Oldenburg I, "2t>9.
210. II, 116. 419) sagt: „Der böse Blick ist nicht immer freiwilliger
Zauber, sondern mitunter auch eine unselige Eigenschaft guter Menschen.
Die Hexen aber üben das ,Entseheir oder ,Schiereir absichtlich." Von
der Insel Man heisst es, dass das böse Auge in gewissen Familien erblich
sei und dass auch gute und wohlwollende Menschen mit der furchtbaren
Gabe des „overlooking" gequält sein können.4)
1) Melusine IV, 419.
2) Melusine VIII, 108. Ons Volksleven VII, 159.
:', Jydske Sainl. I3, 59. Kristensen, Sagn VII. 212. 737. Anholt <i3. 135.
4) Folklore II, 511; „the evil eye" war in gewissen Familien erblich und uurde
bewusst gegen Unfreunde angewandt. Walt. Gregor, Folklore of N. East of Scott., p. 34;
vgl. Urquell VI. 273. 232 bei galizischen Judeu.
Der böss Blick in nordi rlieferong. .'<n7
3. Man kann sich doch auch den bösen Blick erwerben. Unbewusst
geschieht es, «renn ein entwöhntes Kind abermals an die mütterliche Brosl
gelegt und gesäugt wird. Bin solches nenn! man „Tvädäggling" (S.),
Zwiegesäugtes, es erhält böse Augen und wird unglücklich in allen unter-
nehmen.1) Mit Wissen und Willen kann sich der erwachsene Mann diese
böse Marin verschaffen, wenn er sich von einem Weibe Bäugen Lässt; fchut
er solches, heisst ea weiter, müssen alle lebendigen Schöpfungen, den
Menschen ausgenommen, vor seinem Blicke Bterben. Dasselbe gilt doch
wohl auch von Frauen (X.).") Eine englische Anweisung*), etwas Ähn-
liches zu erreichen. Bcheint mir nicht gah.2 klar. Der Mitteiler hat in
Yorkshire ein altes Weih, das an das böse Auge glaubte, angetroffen.
Sie erzählte von einem jungen Mädchen, das von dem bösen Blickt
troffen, von langsam zehrender Krankheit ergriffen wird und stirbt, niemand
weiss, wovon. Er fügt dann hinzu, dass er der Alten das Geheimnis, wie
man das böse Auge erhalten könne, entlockte. Man soll alle Nächte an-
sehen, his man neun Kröten gefunden habe; die sollten an eine Schnur
gebunden miteinander in ein Loch in der Erde begraben werden and so
wie die Kröten unter der Erde hinsterben, so verzehrt sich das Leben
der Person, die du mit bösem Auge angeblickt hast und sie Btirbt ohne
irgend eine Krankheit. Dieses scheint mir eher ein sympathetisches
Mittel, wodurch man einem Menschen ein Leiden zufügt als die Wirkung
des bösen Auges.
In einer dänischen Sage wird noch erzählt, wie ein Prediger, nachdem
er einen Spukgeist gebannt hat, sich die Augen volle neun Tage zubinden
lässt. Erklärung wird nicht gegeben.*) Möglich wäre immer, dass mau
durch Anblick eines höllischen Geistes das böse Auge erwerben könne.
Ich bin jedoch nicht in Besitz von Hinweisen, welche hier Licht bringen
könnten; die Erzählung mag ein loser Vogel sein.
4. Unter denen, die das böse Auge haben, nehmen in <)t<v Neuzeit
•die Hexen den eisten Platz ein, ich dürfte vielleicht sagen, den einzigsten;
Huren und Verbrecher, geheime sowohl als offene, müssen gewiss dazu
gerechnet werden, treten jedoch im Vergleich mir den Hexen sehr In den
Schatten. Meistens offenbaren sie bei den täglichen häuslichen Arbeiten,
wenn sie beim Buttern. Backen zusehen, ihre Bosheit, ohne jetzt hierauf
einzugehen, will ich eine Reihe von Beispielen der Macht ihrer bösen
Augen anführen.
So wird irgendwo in Pühnen erzählt, dass auf einer Bauernhufe ein
alter Mann starb, und der Zufall wollte, dass der Sarg nicht bei dem
1) Rääf, Ytre Hiirad I, 129.
2) Folkevennen XI, 475. 87.
3) Choice Notes, Folklore 129.
4) Kristensen, Sagn IV, 162. .">i;!>.
Feül
Sohne der Hexe, welcher Zimmermann war. bestellt wurde. Was geschah?
l>s war vun dein Tage an unmöglich zu buttern. Der Hausvater suchte
bei • * i 1 1 * ' 1 1 1 Klugen Uats. er biess Niels, wurde gewöhnlich der kluge Niels
genannt. Das erste Mal wurde ihm jedoch nicht geholfen, weil die Hexe
den Hufner auf dem Wege zum Klugen gesehen hatte. Dreimal wurde
noch der Weg vergeblich versucht, es gelang der Hexe jedesmal, den
wandernden .Mann zu sehen, und er musste unverrichteter Sache wieder
nach Hause kehren. Erst das vierte Mal kam er ungesehen an der Hexe
vorüber und nun konnte die Hausmutter wieder Butter erlangen.1)
Hier eine andere Geschichte vom nördlichen Jütland. wo eine gewisse
Lisa Mette eine berüchtigte Hexe war. Ihr Sohn war bei einem Bauern
im Dienst und zog sich eines Tages von dessen Viehknecht eine ernstliche
Ohrfeige zu. Hin paar Tage später kam der Yiehknecht an Lisas Wohnung
vorüber, wurde von ihr angesprochen, bald darnach erkrankte er. wurde
kränker und kränker. Ins er gar nicht weiter konnte. Nun Avurde ihm
gesagt, er solle die sehr berühmte kluge Frau in Vindbläs, deren Wirk-
samkeit noch nach ihrem Tode bis auf den heutigen Tag von Wunder
umgeben ist. um Hilfe ansprechen. Sie gab dem kranken Viehknecht ein
Rezept für die Apotheke, aber mit der bestimmten Warnung, Lisa Mette
dürfe ihn nicht in den ersten drei Tagen sehen. Gelänge ihr das. so
wäre er rettungslos verloren. Seine Frau war den ganzen ersten Tag auf
Wache uud hielt die umherschleichende Lisa Mette weg, ebenso am zweiten
Tage. Wie es aber geschah, wusste niemand zu erklären, auf einmal
stand die Hexe in der Stube, ging an das Bett des Kranken, und brach,
da sie an der verzweifelten Frau vorüberging, in ein schallendes Gelächter
ans. Eine Zeit lang lag der Viehknecht noch schwer krank, dann starb
er unter grossen Schmerzen. ..Hätte die Frau doch irgend etwas in die
Hand genommen und damit die Hexe blutig geschlagen, so würde der
Zauber alle Macht verloren haben!" so schloss die Erzählerin.8)
Sieht eine Hexe Messer oder Schere, womit jemand seine Nägel ge-
schnitten hat. so kann sie dem Manne ein Leides anthun. Man entgeht
dem Übel, wenn man gleich nach dem Gebrauche in ein Stück Holz
schneidet.3) Und gelingt es der Hexe, irgend ein Stück von den Gerät-
schaften, die zum 1 bittern gehören, anzublicken, kann sie alles verzaubern
und man muss das Ganze von neuem wieder machen lassen.4)
Verschiedene Vorsichtsmassregeln müssen, wenn die Hexen am St.
Johannisabehd zum Blockberg reisen, in acht genommen werden. Sie
fahren in grossen Scharen auf Besenstielen durch die Luft; sehen sie das
grasende Vieh des Bauern, dann wird es krank. Darum wird in der
1) Skattegravercn IX, 79. 254.
2) Kristensen, Sagn VII, 235.
3) Kristensen, Folkeminder IV, 399. 572.
4) J. Kamp. Folkeminder. 211. 187.
l><r böse Blick in nordische] i berlieferung.
Johannisnacht alles Vieh in den Ställen eil Und ihr bl
Blick li.it M;icht nicht nur über Vieh, sondern auch ober die Saaten des
Bauern. Er setzt längs jedem Flachsfelde Weidenreiser, damit «•> nicht
unter den sengenden Augen der bösen Weiber wo]
Kin Beispiel aus Schwelen ist folgendes Noch immer, wenigstens
zu unserer Zeit um 1881, wurde allgemein von solchen bösen Hexen-
künsten geredet. Ein böses Weib war es. immer drehte sie sich bo in
der Kirehenfhiir. dass sie rücklings eintrat, und es gelang ihr immer auf
dieselbe Weise in private Häuser einzugehen. Eines Tages passte sie
einem Dienstjungen auf. Er kam mit einem Sacke voll flachsenen Ga
«las zum Bleichen geschickt wurde. Der Junge oiusste an ihrem Hause
vorbei passieren, and da sie in der Thüre stand, wünschte sie das Garn
zu sehen, was er ihr nicht auszuschlagen wagte. Der Sack wurde ge-
öffnet, nur einen Augenblick rupfte sie ein wenig hin und her in den
Fitzen, alier ;ils das Garn gewoben werden sollte, versuchte es die Haus-
mutter ein Mal nach «lein anderen, immer vergeblich, die Röhre „legte
sich". So wurde ihr geraten, ausgeliehene Röhren zu benutzen, es ging
auf keine Weise anders, es ist wahr, was ich Ihnen erzähle; am Ende
wurde ein neugeborenes, blindes Kätzchen dreimal durch die Scheide
geführt. Das half wenigstens soviel, dass das angefangene Stück Leine-
wand fertig gewoben werden konnte, das übrig gebliebene Garn tnusste
sie als Einschlag verwenden.-)
In Norwegen, so scheint mir es wenigstens, sind sehr altertümliche
Züge dieses Aberglaubens bewahrt. Eine gewisse Maren wurde, als sie
mit ihren Zauberschwestern, die bei des Teufels „Osterspiel" gewesen
waren- und in grossen Haufen auf Besenstielen vorüber ritten, von einem
Schützen erkannt: er rief ihren Namen und augenblicklich war ihre Luft-
fahrt zu Ende, >ie fiel herunter und brach ihr Hein, wurde gefänglich
pingezogen und zum Feuertode verurteilt. Als sie auf den Scheiterhaufen
geführt wurde, erbat sie als eine Gnade, dass ihr die Binde von den
Augen ein wenig weggenommen werden möge. Es wurde ihr bewilligt,
man war aber so vorsichtig, sie mit dem Gesichte gegen die Felsen und
nicht gegen Felder und Wiesen zu kehren, und wo ihr Blick traf, welkte
alles, die fernen Wälder standen, als ob sie vom Feuer versengt waren.*)
Ich nenne diesen Zug altertümlich, weil man in der Sagalitteratur Ent-
sprechendes antreffen kann. In der Laxdaela Kap. '■'<! i>t ein Bericht von
einem der auf Island häufigen Farailienfehden. Halbjörn Schleifsteins
wird von seinen Feinden ergriffen, ein Balg über Beinen Kopf gez
von Hrut und seinen Söhnen auf die - führt; erst dort wurde er vom
Balge befreit, während sie ihm einen Stein um den Hals knüpften. .Mit
, 1) Kristensen, Sagn VII, 108. 38»;, 103. 355.
2) Wigström, Folkdiktniug II, 350.
3) Asbjörnsen, Norske Huldre-Eveutyr3. HC
310 Feilt
schielenden Augen schaute Halbjörn nach dem Lande. „Ks war ein
Onglückstag", sprach er, „da wir bei Camsnäs anlangten und mit Thorleik
-zu fluni bekamen, und das wünsche ich, dass Thorleik hinfort keine guten
Tage erlebe und dass alle, welche sich in seinem Hause setzen, einen
schweren Sitz erhalten!" So geschah es auch teilweise. Darauf ertränkten
Bie ihn and ruderten zurück. Was liier nicht deutlich ausgesprochen wird.
die Macht Beines bösen Auges, wird im nächsten Kapitel (38) von seinem
Bruder Stigande erzählt. Er wurde durch die List eines Weibes gefangen
genommen. Sie zogen auch ihm schlafend einen Balg über den Kopf.
Stigande erwachte, da sie aber viele um einen waren, widersetzte er sich
nicht. Nun fand sich aber am Balg ein Loch, wodurch es Stigande zu
blicken möglich wurde. An der Seite der Berghalde war ein schönes
Stück Land mit reichem Graswuchse. Da es aber von seinem Auge ge-
troffen wurde, war es. als ob ein Wirbelsturm darüber hinfuhr, und von
der Zeit an wuchs dort kein Gras mehr. Die Stelle wurde Brenna (die
verbrannte) genannt.
Hierher ziehe ich noch einen Bericht aus der Landnama II] . Kap. 4. Ein
Überfall ist geplant und gelingt; da erscheint die alte Hexe Ljöt, rücklings
gehend, vorüber gebeugt, den Kopf zwischen den Füssen, ihre Kleider
auf ihrem Kücken. Jökul hieb Hrolleifs Kopf ab und warf ihn in das
Gesicht der Ljöt, da sprach sie, dass sie zu spät gekommen wäre, „oder
die Erde würde sich vor meinen Augen umgekehrt haben und Ihr wTürdet
alle wahnsinnig geworden sein.'- In Yatnsthela Kap. 26, wo derselbe Auf-
tritt erzählt wird, fügt der Verfasser noch hinzu, dass ihr Blick abscheulich
war, und dass sie. hätte sie ihre Feinde gesehen, ehe sie von ihnen ge-
sehen würde, sie toll geworden und auf dem Wege wie verwilderte Tiere
umhergesprungen wären.1)
Indem ich die besonderen Fälle, wo das böse Weib durch die Beine
rücklings sieht, verlasse, ziehe ich ein paar andere Beispiele an. Aus
Island wird von einem Zauberweibe erzählt, dem ein Schafknecht, da es
bei einem Geräusche aufblickte, in die Augen sah. Er wurde sogleich
ohnmächtig, und es dauerte Lange, ehe er wieder zu Besinnung kam. Ein
anderes Zauberweib, -larngerdur. hatte so böse Augen, dass alles Lebendige.
wae sie sterbend ansah, gleich verfaulte. Es wird durch den Anfall
eines Hundes getötet; sterbend starrte es den Hund an, welcher in Staub
aufgelöst wurde: sie starben beide, sowohl das Weib als der Hund.2)
Von Svanhild giebt es zwei Berichte: der alte Soraner Mönch Saxo
redet von der schotten Frau ritterlich, sagt« dass es verlautete, ihre Schön-
heit wäre s<> wunderbar, dass selbst den Pferden grauete. ihre reizende
Glieder durch ihre schmutzigen Hufe zu zertreten. Erst als Svanhild auf
1 Sieh Beilage IV.
2) Arnason. Thjodsügur II, 91. I, 250—51.
Der böse Blick in nordischer l t > • ■ r 1 i • • f • • r 1 1 n ^ ;;il
»las Gesicht gelegt war. traten sie < U «* Pferde nieder. Es Bebeint ••in. mm
diese ganze Darstellung fremd und der Bericht in der Völsunga-I*
(Kaj». 40) wahrscheinlicher: ds Svanhild ihre Angen aufschlug, wagten die
Pferde ea nicht, sie /.u zertreten, ein Balg wurde über ihren Kopt gez<
und nun Liese sie ihr Leben.1) So versteht ea das Volk. \ <.n einer
anderen Person Saxoa dürfte ea auch gelten, dass sie, wenigstens \sie wir
dir Sache jetzt ausdrücken würden, ein böses A.uge gehabt habe, Dämlich
Olr. welcher so scharfe A.ugen hatte, dass, \\a> andere durch Waffen ihren
Feinden gegenüber ausrichteten, das vermochte er durch seine A.ugen, die
auch wohl den Stärksten erschreckten. Ein Mädchen, das er ansieht,
wird beinahe vor Furcht ohnmächtig, und bei einer Gelegenheit Bchloss
er die Augenlider, um die Anwesenden nicht zu verscheuchen.8) Noi
ein Beispiel aus 0. Tryggvesons Saga Kap. 208) teile ich mit. Der
König, so heis>r es. bestimmte, dass Sigurd von Hunden zerrissen werden
sollte. Nackt ausgezogen war er und an den 1 landen gebunden. Kein
Hund alier -ritt ihn an. denn Sigurda A.Uge war SO scharf, dass sie sich alle
weg von ihm kehlten. Am Ende zerriss ihn der Hund des Königs, Vige.
Bier oiusa doch die Bemerkung eingeschoben werden, dass ein scharfer,
durchdringender Blick oft den Helden als Zier beigelegt wird. So hm^st
es von dem norwegischen König Olaf dem Heiligen, er habe sehr schöne,
funkelnde Angen, die alle, die ihn. wenn er zürnte, anblickten, erschreckten
(Saga Ol. II.. Kap. 25, Snorre 151, 287, Biunchs Übersetzung).
So in den Zeiten Längst vergangen. Von den [nseln Ösel, Mon, Dago,
an der russischen Ostseeküste, von Schweden bewohnt, wird berichtet, .las
es dort .Menschen gebe, deren Augen «-ine magische Kraft besitzen, einen
bösen Einflusa auf Menschen, Tiere, Gegenstände, teilweise von ihrem
Willen unabhängig, ausüben.") In den Winkeln aller Länder durften
entsprechende Vorstellungen zu finden sein. In der etwa.- korrigierten
schwedischen Übersetzung von dem Werke eine- Engländers über Sitten
in Schweden, schreibt der Verfasser, was mir auch aus mündlicher .Mit-
teilung sonst bekannt ist, dass das Volk plötzliche Krankheitsfälle dem
Kinfluss des bösen Blickes zuschreibt, das Pferd verliert den .Mut („blir
modstulen"), und Zauberweiber können schon durch ihren Blick töten.*)
Aus dem Volksglauben eines [ridianerstammes Nordamerikas kann hier
der Vergleichung wegen angeführt werden, dass, wenn ihr Volksheld aus-
ging und die Bergziegen anblickte, fielen sie tot um. und -eine Augen
töteten alle und alles, das er ansah. '
1) Müller-Saxo 414. 4.
2) Müller-Saxo 368, 4. 371, 5. 20.
3) Melusine III. 108. Holzmayer. Verh. d -lUdiait VII. 78, Porpal
Ein solches Auge nennt der Esthe: böses, neidisches, tückisches Auge, die Wirkungen
sind unzählig.
4^ Lloyd, Svenska Almogens Plägseder (1871 . S. 0<>.
5) Journal of Am. Folki. IX, 258. Tsetsaut-Indianer
.,1-j Feilberg:
."> Ich lasse hiermit, vorläufig wenigstens, Zauberer and Zauberinnen
fahren, um eine andere Gruppe zu betrachten. So wirds von « l«-n Alten
hier in Jütland gesagt, dass, wenn jemand fastend von einem Weibe oder
einer Katze li» ■ s « ■ 1 1 » ■ 1 1 wird, er erkrankt, doch mit dem bestimmtet] Vor-
behalt, dass er zuevsl von ihnen, ehe <t Bie entdeckte, gesehen wurde.1)
So heisst es ganz im allgemeine]}. Di«' Weiber scheinen allerdings, so
wie man die Sache zu unsrer Zeit versteht, am meisten bösangig zu sein.
doch u'ilt «las nicht von guten, jungen, Bchönen Frauen; dagegen sind un-
keusche, besonders ältere Weiber mir triefenden Augen, wenn sie geheim
Unzucht treiben, gefährlich. Man hat das Wort „skögese", um dies aus-
zudrucken, gebildet; wenn eine im geheimen unzüchtige Frau („Lönhore*}
ein schwangeres Weib oder ein neugeborenes Kind oder die blosse Brust
einer säugenden Mutter sieht, so folgt darnach notwendig Krankheit für
Mutter oder Kind.8) Ja, die Sache ist im Grunde noch ernstlicher, denn
nach südschwedischem Volksglauben braucht nur ein unzüchtiges Weib,
während das Kind noch ungetauft daliegt, über die Schwelle zu treten,
oder die Mutter von eiuer solchen während ihrer Schwangerschaft Besuch
zu erhalten8), und die bösen Folgen treten ein. Noch ist eine Sitte in
Schonen erinnerlich, eine Sitte, deren Aufhören noch in unseren Tagen
von alten Weibern bedauert wird, dass alle Dienstmädchen des Kirchspiels
von den Frauen untersucht wurden und die in Verdacht von geheimer
Schwangerschaft stehenden mussten sich das Umbinden eines Tuches um
den Kopf gefallen lassen. Es könnte diese Sitte als ein Ausbruch des
Sirtlichkeitsgefühls der verheirateten Frauen betrachtet werden, und es
mag vielleicht ein solcher gewesen sein: doch ist es nicht das allein.
sondern zugleich eine Vorsichtsmassregel, denn wenn ein solches Mädchen
von einer schwangeren Frau barhaupt gesehen wurde oder sie träte in
das Haus einer solchen, erkrankte das noch ungeborene Kind am Huren-
übel („Horeskäver", d. h. an Skropheln. durch den Blick einer Hure ver-
ursacht).*)
Mir den schlechten Frauenzimmern werden schlechte Menschen, Per-
soneu, welche Schlechtes gethan ohne dafür zu leiden, Mörder, Misse-
thäter zusammengestellt. So heisst es aus Schweden: Wenn eine geheime
Hure oder Diebe, Mörder, Missethäter die entldössteJBrust einer schwangeren
Frau oder eines neugeborenen Kindes sieht, bekommt das Kind Skropheln.6)
Wenn ein Verbrecher, dessen Schuld nicht ans Licht gebracht ist, besonders
ein unzüchtiges Weil», dessen Schuld niemand kennt, eine entblösste Stelle
1) Kristeusen, Folkeminder VIIF, 275, 66.
2) J. Kamp. Fnlkemindcr 211, 187. Jydske Saml. IV, 239.
3) Wigström, FMkdiktning IT, 219.
4) Wigström, Allmogeseder. S. 51: sieh Beilage I.
5) Cavall., Wärend f. 37S.
Der böse Blick in nordischer l bcrlieferung. ;;i:;
am Leibe eines Kindes sieht, wird das Kind krank.1) Geschieh! es, das«
Bohlechte Menschen die entblösste Brust einer Bangenden Fraa Behen, ver-
liert sie die Milch; darum verhüllet sie immer ihre Brust. Bin Kind
kann von einem Bösewichte „übersehen" werden und wird dann krank.')
6. Zunächst bemerke ich, das* man in der Sagazeil sorgfältig einem
Blicke von dem noch geöffneten Auge eines Toten auswich. In der Eyr-
byggja Kap. .'i.'j erschein! es am deutlichsten. Thorolf war gestorben, da
ging Ainkell in «las Saus, nahete sich Thorolf von hinten und bat jeder-
mann, sich zu hüten ihm von vorn oahe zu treten, so lange dem Toten
nicht „nabjargir" geleistet war. Darnach hüllte er ein Tuch um den Kopf
Thorolfs und verfuhr mir ihm nach Gewohnheit. Zu „näbjargiru, Leichen-
hilfe, gehörte, dass man Augen and Lippen des Toten schloss Eine,
soweit mir bekannt, einzelstehende Erzählung kann hier angezogen werden.
Der Wiedergänger, welcher die Bauerntochter verfolgt, will sich mit ihrem
Anblick begnügen. Arnthorr, welcher das durchgesetzt hat, hüllt ein gro
Tuch um ilmi Kopf des Mädchens, dass sie weder sehen Doch hören kann.
Da Ragt der Draus:, wäre sie nicht auf die Weise verhüllt gewesen, würde
er sie wahnsinnig gemacht halten.4) Hierher, scheint mir, gehörl auch
die Erzählung von Grettes Kampf mit dem Wiedergänger (Hain,
stark auch Gretter war. er musste seine letzten Kräfte, um Gläni zu fallen,
anwenden. Da sie so auf der Knie ringend lauen, zogen die Wolken von
dem Munde, da öffnete Glam die Augen weit, und Gretter hat selber
gesagt, dass dieser Anblick <\cv einzigste war. der ihm je Furcht ein-
geflösst habe.6) Von der Zeit an fürchtete sich Gretter immer, wenn es
zu dunkeln anfing. Es ist in diesen Berichten des Toten \im-. dass die
Lebendigen fasciniert; so ist es im Mittelalter Volksglaube gewesen; wahr-
scheinlich sind noch dunkle Spuren davon in neueren Spukerzählungen
überliefert, wenn es heisst, das- Menschen, denen allerlei Spukgeister oder
Wiedergäneer heiiegrnet sind, wunderlich oder grar wahnsinnig werden.
Da die Elfen im nordischen und keltischen Volksglauben wohl ohne
Zweifel ursprünglich Seelen der Toten öind, könnte, was in einem eng-
lischen Bericht sich vorfindet, auch hier angeführt werden: wenn jemand
von dem Auge eines Elfen (fairy) getroffen würde, müsste er Bein Kel.cn
lang deswegen leiden.6)
Ich kann mit mythischen Wesen fortfahren. Im dänischen Aberglauben
sind die sogen. Bergleute („Bjärgmänd" diejenigen, die mau wohl am
1) Jonsson, Folktro i Möre 3
2) Kristeusen, Sagn VII, '274: dess. Folkeminder VT, i 1». rg] '.blander
Wässbo Härad S. 29 (S.): Melusine V. 161. VII. 251. VIII. 134; Pitre l i [V, 243.
3) Weinhold, Altaord. Lehen. S. 474. vgl. Egil Skallegrimfi 8. Kap.51, vgL !ii.rS.3m.
4) Arnason I, 299.
5) Grettes S. Kap. 35.
6) Denham, Tracts I, 116.
314 Feilberg:
häufigsten antrifft. Sie wohnen in den Hünengräbern und unterhalten'
Behr oft allerlei Verhältnisse mit «lein ansässigen Bauern. So hatte einst
ein „Bergmann" während eines Gewitters Obdach in der Wohnstube des
Bauern gesucht und sich ganz rahig neben den Ofen gesetzt, alle aber
im Hause fürchteten sich vor ihm. Sie hatten einen sehr starken Dienst-
kiieclit damals, der griff den Fremden an und es gelang ihm, ihn auf-
zuheben und fortzuschleppen. Nun geschah es aber, dass der „Bergmann"
im Ringkampfe um sich griff und den Bettumhang zerriss; im Bette aber
lagen, wie es in früheren Zeiten ganz allgemein war, die eben gebackenen
Brote, um langsamer abgekühlt zu werden: der „Bergmann" aber sali das
Brot, ehe er zur Thür hinausgeworfen wurde. Alle waren froh, da sie
seiner los wurden; als aber das Brot angeschnitten wTurde, wrar es un-
geniessbar, sie waren gezwungen, den Ofen für ein neues Gebäck zu
heizen.1)
Mit den Bergleuten sind die „Trolle" verwandt, sie gehören vielleicht
mehr Norwegen und Schweden als Dänemark an. Da sass einmal ein
Troll am Abhänge des Berges und der Bauer kam an ihm vorübergegangen.
„Du sitzt hier?" sprach der Bauer. „Das thue ich", antwortete der Troll.
..Wonach siehst du?" „Ich sehe die Knechte an, die dort unten pflügen,
es wäre drollig, ihnen einen Streich zu spielen." „Wie das?" fragte der
Bauer. „Ich möchte sie alle verwildern, dass sie kreuz und quer pflügen."
..Das kannst du nicht!" „Das kann ich!" sprach der Troll und fing an,
den Acker und die Leute, die unten pflügten, anzustarren. Nur einen
Augenblick dauerte es, so fingen die Knechte nach allen Seiten, kreuz
und quer, aufwärts und abwärts zu pflügen an, nur einer verblieb in der
Furche. „Siehst du?" sprach der Troll. ..Jawohl", antwortete der Bauer.
..woher kommt es aber, dass der eine ruhig seine Arbeit fortsetzt, während
alle die anderen irregehen?" ..Das Pferd ist erstgeboren, der Knecht ist
erstgeboren und er hat „Flogrogn" (Eberesche au einem anderen Baume
gewachsen) im Pfluge.2)
Der Troll ist hier, wie oftmals in der Yolkssage, ganz gutmütig und
kann mit der Macht seiner xVugen scherzen. In der Edda sind alle Ge-
stalten wilder und unheimlicher. Thor besuchte den Riesen Hymir, der
Bpät abends heim von der Jagd kam. ..ihm war. als er kam, der Kinn-
wald gefroren."
„Heil dir, Hymir, sei hohes Muths,
der Sohn ist gekommen in deinen Saal,
den wir erwartet vom langen Wege.
Ihm folgt hierher der Freund der Menschen,
unser Widersacher Weor genannt.
li Kristensen, Folkeminder VIII, 27. 54. Skattegraveren I, 9, 7.
2) Aasen, Pröver af Landsmaalct i Norge (1853), S. 4, vgl. Melusine V, 300, das
böse Auge bringt Leute zum Irregehen (Albanesen\
Der böse Klick in nordischer l berlieferong.
Du siehst sie sitzen an des Ende,
so bangen sie, dass die Säule sie '
Die Säule zersprang \<>n des Riesen Sehe,
entzweigebrochen sah man den Ball
Mit den mythischen Gestalten des nordischen Volksglaubeos bin ich
jetzt fertig, ob die vielen anderen auch in Besitz des Pascinierenden k.ugee
sind, ist wahrscheinlich, mir sind aber keim- Aufzeichnungen darüber
bekannt.
7. Ein paar Völker giebt es, die wegen ihrer Zauberkunst und der
Macht ihrer Augen bekannt sind. Zuerst die Pinnen, die, welche wir
jetzt gewöhnlich Lappländer nennen. Es heisst von ihnen, dass, wenn sie
ergrimmen, die Erde sich vor ihrem Angesichte umkehre, und erscheint
vor ihren Augen ein lebendiges Wesen, srfir/.t es gleich tot nieder. Om
dieser unheilbringenden .Macht ihrer Augen zu entgehen, verbirgt sich vor
ihnen der norwegische König Erik in ihrer „Gamme", und da sie ein-
schlafen sind, zieht er durch die Hilfe der wunderschönen Gunild einen
Balg über ihre Köpfe, und so wurden sie \mi den Begleitern des Königs
getötet. ")
Mir den Lappländern verwandt sind wohl die Bjarmer und Amadoxer,
die von Olaus Magnus in seiner llistoria de gentibus septentrionalibns
besprochen werden. Die Bjarmländer wohnten östlich von „Gandvig",
der Zauberbucht, dem jetzigen Weissen Meere, und oft wird in den Sagas
von den abenteuerlichen Fahrten der Nordländer nach ihrer Heimat er-
zählt. Die Bjarmer und Amadoxen, sagt Olaus. können Menschen sowohl
durch ihren giftigen Blick als durch Zauberworte und andere Greuel
binden. Der Mensch verliert dadurch «las Bewus8tsein, alle Freiheit und
wird besinnungslos. *)
8. Hiermit verlasse ich vorläufig die Menschen, um mich zu ver-
schiedenen Tieren zu wenden. Es wird von Marder und llri> erzShlt,
dass sie bei Nacht auf dem Rücken liegend Hühner anstarren, bis sie
verzaubert herunterfallen (D.). Gegen den Fuchs wird dieselbe Be-
schuldigung vorgebracht (X.). Sollte der Wolf einen Manu sehen, el r
von ihm entdeckt wurde, wird er heiser. Das Mittel, wodurch der Mensch
seine Stimme wieder zurückerhalten kann, ist, dass er dreimal in einen
Ofen oder in eine Rübengrube: „Gieb mir den Gebrauch meiner Stimme
zurück!" ruft.*) Dieser Aberglaube scheint sich in weiten Kreisen vor-
zufinden, in Deutschland, Prankreich und als antiker Aberglaube in [talii
1) Hymiskvida 11, Simrocks Übersetzung.
2) Olaf Tryggvesens S. Kap.:'.. Munoh, Snorre. S. 52: sieh Beilage III
3) Melusine III, 107, Citat von Olans Magnus, Antwerpen 1561, 1 verso, dessen Buch
mir nicht zugänglich gewesen ist: sieh Beüage II.
4) Gaslander S. 49. Cavall., Wärend I, 339 8.
5) Wnttke Kap. 271. Rolland, Faune popul. I. 117. I'linins, Hisr. nat VIII
316 l.'ill.-r-:
Sieht der Wolf den Jäger an, gehl sein Scham nicht los.1) In Norwegen
wird dem Wolfe eine besondere Macht zum Binden zugesprochen. Sieht
ein Eirte den Wolf, ehe er von ihm gesehen ist, bo muss er ihm gleich:
..klums naai!" entgegenrufen, dadurch wird der Wolf „geklumst" (bezaubert),
so dass, wenn er mit offenem Rachen kommt, er ihn nicht wieder1 zumachen
kann und umgekehrt, und dieser Zustand dauert so lange, bis man ihn
aus dem (iesiclit verliert. Während dieser Zeit kann er nichts rauben,
und wenn er in die Schafherde fällt, so Bchlägt er nach den Schafen mit
dem Schwanz und die Getroffenen folgen ihm nach, um von ihm zerrissen
zu werden, wenn Beine Bezauberung vorüber ist. Sieht dagegen der Wolf
den Hirten zuerst, so wird dieser bezaubert uud sprachlos, in welchem
Falle es gut ist, wenn er in den Rockkragen oder Handschuh, kurz in
etwas Wollenes, oder auch über die beiden Gelenke des Daumens beisst,
oder endlich sich so viel wie möglich bückt: thut er dies, dann geht die
Bezauberung über."')
Von solchen bösen Tieren, wie die oben genannten, versteht man.
dass ihr Blick Unheil stiften kann; wie aber des Menschen Freund, das
Pferd, dazu kommt Böses zu thun, verstehe ich nicht. Es wird bestimmt
und von einem sehr kundigen Forscher, dem längst verstorbenen norwegischen
VolksBchullehrer Storaker, in einem Aufsatze über das Pferd in der Xorske
trist. Tidskrift ausdrücklich gesagt: man muss sieh hüten seinen Milcheimer
so zu tragen, dass das Pferd hineinsehen kann. Geschieht es, so wird die
.Milch unbrauchbar. Meines Wissens steht dieser Zug ganz vereinzelt da.
es ist nicht leicht etwas darüber zu sagen.3)
Dass Schlangen die Zauberkraft des bösen Blicks besitzen, ist wohl
allgemeiner Volksglaube. Die Schlange hat eine solche Macht in ihren
Augen, dass sie durch ihren blossen Blick Vögel anziehen kann. Viele
haben es gesehen und erfahren, dass die Schlange mit offenem Rachen
liegt, während der Vogel in immer kleineren Kreisen um sie fliegt, bis er
am Ende jämmerlich schreiend in den Schlund der Schlange hineinfliegt,
da. einige wollen wissen, dass der Vogel gleich zu singen angefangen habe,
als die Schlange getötet wurde.*)
Ob die strahlenden Augen an den Schwanzfedern des Pfauhalms im
nordischen Volksglauben wie anderswo6) Unheil mit sich führen, ist mir
unbekannt.
Ich gehe jetzt auf eine Gruppe ganz fabelhafter Tiere über, unter
denen der Basilisk, durch die allgemeine Verbreitung der Sagen über
1) Nyland IV, 88 (Finnland).
•2) Folkeveimen XI, 4.">4. 265. Liebrecht, Volkskunde, 334. 180. Aasen erklärt „klumsa"
von Menschen: sprachlos machen, von Tieren, ein solches am Beissen hindern.
3) S. 19 im Sonderdrucke, Kristiania 1871.
4) Folkevennen XI, 474. 479 (N.}.
5) Vgl. Revue de trad. pop. I, 47. II, 195. VI. 473.
Der böse Blick in nordi :;i ,
ihn. obenan steht. In einer Mettonne oder ans einem Eiahnenei entstanden,
tötet er alle, die er anblickt. Sieht einem ein Basilisk in die Augen,
wird man gebunden, kann sich nicht fortbeweg ei Hand aocb Puss
rühren, darum inuss man sich dem Tiere immei von hinten nähern, Oder
es heisst gar: sobald der Basilisk eine Person ansieht, fallt big augen-
blicklich um; oftmals wohnt das Tier im Brunnen, m dass
die Frau beim Wasserschöpfen hinunterblickt und vom Basilisl gesehen
wird, sinkt sie tot nieder, sieht er aber sein eigenes Bild, in einem
Spiegel /.. B., sn mnss er sterben, darum i-i es immer das sicherste, dass
der Brunnenreiniger, ehe er hinabsteigt, sich mir Spiegeln umhäi
Aus Schonen wird ähnliches berichtet.8)
Zn der greulichen Sippe dieses Ungetüms gehören noch ein paar
wundersame Gestalten aus Island. Zuerst nenne ich den Sk off in, welcher
wohl am nächsten dem Basilisk entspricht. Nach einigen i-t er aus dem
Hahnenei entstanden, nach anderen, wie mir vor einigen Tagen ein blander
erklärte, ein Bastard von einem Kater nnd einer Füchsin. Alles was dieses
Untier anblickt, sinkt tut um. So geschah es einmal auf Island: der Kirchen-
dienst war vorüber und die Versammelten gingen auseinander, aber alle, die
zur Thür hinaustraten, Helen toi um. Der Pastor wusste Rat. Nachdem er
einen Spiegel an eine lange Stange festgemacht hatte, streckte i r, selber
innen stehend, die Stange mit dem Spiegel aufwärts, damit der oben im
Kirchturme sitzende Skoffin sein eignes Bild sehen möchte und sterben.
So wurden die Menschen gerettet. Sein nächster Verwandter i-t Sku
baldnr. Bastard eines Fuchses und einer Katze, auch ein scheussliches
Ungetüm („skrymsli", „meinvaettur"), das alles Lebendige durch -einen
Blick tötet. Der dritte ans diesem Geschlechte i-t der Drctarköttur,
der mit einer Leiche auf «lern Kirchhofe begraben, dort drei Jahre unter
der Erde zugebracht hat: sein Auge isi auch so i>r>se. da-- niemand weder
Mensch noch sprachloses Tier -einen Blich 'dme zu sterben aushalten kann.
Die Leiden letzten Untiere können nur mit Silberknöpfen erschossen werden.*)
unter den fabelhaften Tieren sei noch der Lintwurm genannt; alles
was er anblickte, stark4) Aus dem nördlichen Norwegen i-t der Weiss-
wurm („Hvidorm-) wegen seines bösen Blickes berüchtigt, d. h. wenn er
eine Person ansieht, ehe dieselbe von dem Wasser, worin der Wurm lebt,
1) Kristensen, Sagn II. 226. 214. 216; Folkeminder III, 81. HS. IV. ».1.
Thiele, Folkesa-n II, 300: vgl. Pitrd Usi IV. 171. 86; Pliniu . Bist, nat VIII. 83; Melusine
IV. 571. V, 16.
2) Hazelius VI, 27.
3) Arnason. Thjodsögur I. 013; Urdarköttur soll sonst der Nai
felis catus, sein! SkuggabaMur ist von dem isl. Dichter Matth. Jochnmsen ab S
Teufels benutzt. Zu dieser Sippe dürften ans Prankreich ein D dragon in
Meertier, halb Pferd, halb Schaf gehören (Bosquet, Normandie
Catoblepas des Plinius (Hist. nat. VIII. 32), welche alle durch .1-., Blick ihrer
Pnheil anrichten.
4) Kristensen, Sagn II, 17'.». 11.
Zcitscbr. d. Verein- f. Volkskund .
318 Feflberg:
getrunken hat; man wird dann wahnsinnig. Hat man aber aus dem Wasses
getrunken, ist er machtlos.1) In Schweden Bagt man von einem Menschen,
dei wegen eines bösen Angei verdächtig ist: ..lian glor som an amma!"")
otzt wie eine Omme). Es ist schwer bestimmt zu sagen, welches
Ker die Omme ist; mir ist vor Jahren die Larve einer Stinx Ligustri
mit Furcht und Beben gezeigt. Andere zeigen als solche verschiedene
/ottige Larven. In Schweden fürchtet man ihren Blick, doch auch wie
bei uns ihren Hauch. Der „Bläseorni", der Wurm, welcher bläst, vermag
Gift durch sieben Kirchenmauem zu blasen, nicht aber durch ein einzelnes
Paar von gestrickten Strümpfen.3)
9. Also die, welche das böse Auge haben, Menschen, phantastische
Gestalten des Volksaberglaubens, Tiere, stören, verderben, töten; niemand
entgeht dem unheilvollen Einflüsse ihrer Blicke; am meisten werden Kinder
und junge Tiere davon angegriffen, doch auch dann und wann ältere. Sa
wird von einem hartherzigen Gutsbesitzer erzählt, dass er bei einem armen
Manne Auspfändung veranstaltete. Das alte Weib im Hause bat, dass sie
zum Eenster getragen werden möge, damit sie den Gutsbesitzer sehe.
K> geschah, und sobald er von ihrem Blicke getroffen war, rief er zu seinem
Knecht: „Meine Beine sind gebrochen, setze mich in den ^Vageu!"*)
Auch werden Braut und Bräutigam vermahnt, vor dem Altar dicht neben-
einander zu stehen, damit nicht böse Augen zwischen ihnen sehen mögen
und Zwietracht verursachen.5) 80 wird auch in Schweden gesagt: wenn
böse Augen oder eine schwangere Frau (!) eine AVunde ansehen, könne
dieselbe nimmer geheilt werden.6) In Verbindung hiermit führe ich an,
dass der Schmerz geschlachteter Tiere durch das böse Auge verlängert
wird. Auf einem (lehöfte waren die Leute mit dem Schlachten einer
Kuh beschäftigt, das Tier lag gebunden auf der Erde, die Hausfrau hatte
«las Messer in ihrer Hand bereit zum Stechen, als die alte Hexe hinzutrat.
Die Frau stach ein Mal nach dem andern, aber kein Blut kam, und sie
war wegen der Leiden des Tieres ganz unglücklich. Eben als die Hexe
wegging, kam ein alter Bettler zur Thür herein und da er hörte, was los
war. nahm er das Messer, wetzte es ein paar Mal, und als die Frau
wiederum stach, strömte das Blut wie aus einer Schleuse hervor. Der
Bettler wurde durch Butterbrot und Schnaps für seine Hilfe belohnt.7)
1) Hagemann, Blandt Lapper og Bumänd, S. 57.
2) Cavall., Wärend I, 336 (S.).
3) Mein Jütisches Wörterbuch unter bläseorni und omme: vgl. Pomm. Volkskunde VII,
164. Die Kreuzotter rühmte sich: „Ich beisse durch Eisen und Stahl!" Gott aber sagte zu
ihr: „Du sollst nicht einmal durch einen Wollfaden beissen!": sieh unsre Zeitschrift IX, 212.
4) Kristensen, Sagn IV, 201. 678.
5 Nyland IV, 24 (Finnland).
6) Annnson VIII, 109 (S.); sieht ein Mensch mit bösem Blicke eine offene Wunde,
heilt sie nimmer. Cavall.. Wärend I, 376 (S.).
7) Aminson V, 103. Kristenseu, Folkeminder III, 25S. 340.
I». r böse Blick in nordi rung. M\\
Wenn mau aus Beinern Bette aufsteht, aiusa man genau aufpassen, data
die Bettdecke aber die Lagerstätte gelegt ist. damit Bie kein Bchieleadea
Aul:.' sehen möge. Kinst kam eine alte bösi u Besuoh. Eis wurde
bemerkt, dass sie an das Bett tretend, die Decke hob and hineinsah.
Niemand wagte, sich in «las Bett zu Legen Da kam es einem ein, die
Katze zu nehmen and Bie ins Bett zu legen. Gleich wurde die Katze
krank, schlich >ich einige Zeit elend herum and starb.1)
Ahm', wie schon früher bemerkt, Kinder and junge Tiere sind für die
.Macht des bösen Blicks besonders empfänglich. Wird ein band . aber-
se!ieir\ erkrankt es an den Skropheln; wird es anruhig, so hat ein Weil»
mit bösen Augen «iie entblösste Brust der Bangenden .Mut; en. Von
einer alten Frau wird gar gesagt, <lass alle neugeborene Kinder, dii
ansieht, in kurzem sterben. Ein Kind, <las von bösen Angen verzaubert
war. konnte gar nicht geheilt werden, weil es ah genug war, um ein
Vaterunser hersagen zu können. Am sichersten ist. den Fremden, der
zufällig in eine Stube tritt, wo sich ein Kind aufhält, zu bitten, das Kind
anzurühren, damit es nicht von seinem Blicke an Skropheln erkranl
In meinen ersten Predigerjahren, in den Fünfzigern des L 9. Jahrhunderts,
geschah es einmal, was zu der Zeit keine Seltenheit war. dass es uns un-
möglich war. zu buttern. Alle Mittel wurden versucht, alles vergebena
So kam eines Abends der Grossknecht zu mir. um sich Erlaubnis, einen
„klugen Mann" zu holen, zu erbitten. Im Gespräcl rfuhr ich, dae
Men>. dien gebe, welchen die Bauern nimmer ihres bösen Blicks wegen in
ihre Ställe zu treten erlauben. In späteren Jahren habe ich dasselbe
mehr als einmal bei Nachfragen erfahren. Wenn Bolche Personen in den
Stall hineinkommen, die Kühe ansehen oder gar befühlen*), werfen die
Kühe ihre Kälber oder verlieren ihre Milch, oder es wird anmöglich zu
buttern. Beispielsweise kann erzählt werden, dass eine Bettlerin vor Jahren
in ein Gehöft hineintrat. Missvergnügt mit ihrem Almosen, Bah Bie im
Weggehen in den Stall hinein, am oächsten Tage war jedes Tier krank.*;
1) Thiele, Overtru No. L92. Kristensen, Sagn VII, 366. I
2 Kristensen, Sagn VI, 27G. VII. 138. 483. "_'T I : Folkemii Stmdblad,
Gammeldags Seder och Bruk-, 3S2. Vgl. Müllenhoffj 212, .klein« Kinder hütet
man vor ihrem (der Hexen) Blicke*. Henderson, Notes on the Folklore, 1ST. _wlien a
child pines or wastes away the cau^e i< commonly looked forin witchcraft orthi
vgl. Ous Volksleven IV, 9. 16: wenn Personen mit schwarzen Augen oder ein Schärft
ungetaufte Kinder oder Jungvieh anblicken, v der krank, Urquell VI....
(Pommern).
3) Kristensen, Folkeminder IV, 398. 562; vgL P. de Hont, A. ie Cock, Volkskunde
VII, 7, „men wachte zieh wel het vee aan verdachte lieden te toonen . . . vooral op
kinderen, varkens en rundvee hebben zy het gennint".
4) Feilberg, Fra Heden, S. 50. Kristensen, 8agn VII. 212. 732. 743: „wenn 'ine gut
milchende Kuh plötzlich aufhört Milch zu geben, so ist sie . . . verhi v lurch
den bösen Blick einer ungünstigen Nachbarin", Blätter f. Pomin. Volkskunde VII, -_'4. 15.
21: „some persons eies are very offensive .... 'Twas reported of one in N. W. tliat he
Feill
Wenn «las alte Weib auch nicht gerade Unheil anstiften will, so verniag
es 'loch durch Beinen Blick allerlei Schabernack zu thun. Von einem
Bolohen wird erzählt, dass es Kühe auch mitten im Winter durchgehen
machen konnte. Viele Bähen, als «las Weib einst eine Kuh anblickte, dass
ihren Schwanz erhob und weglief. Einst kamen ein paar Männer
mir Ochsen gefahren and traten hei der Alten ein, sie waren etwas besoffen
und mögen grob mit ihr gescherzt haben. Auf einmal trat sie zum Fenster:
..Was ist mit Buren Ochsen los? sie laufen ja über alle Felder!" So war
es, und die beiden Männer hatten vollauf zu thun,, die Ochsen wieder ein*-
zufangen.1) Hier führe ich an. was von den Uebriden erzählt wird, dass
eine Person im Besitz des bösen Auges so scharf die Pferde eines
pflügenden .Mannes anstarrte, dass sie ganz machtlos stehen blieben und
umfielen, ohne imstande zu sein, sich wieder aufzurichten.2)
Die Ferkel sind durch das Auge übelwollender Menschen allerlei
Krankheiten ausgesetzt. „Wir hatten einst das schönste Ferkel und die
Frau bemerkte eben: „Käme die Hexe doch nicht es anzusehen!" Sie
kam aber am nächsten Sonntage, süss und kriechend in ihren Worten, wie
gewöhnlich. Das Ferkel stand aussen im Hofe, und sobald es von ihr
entdeckt wurde, trat sie zu ihm hin, strich es längs dem Rücken: ..Wie
ist das Ferkel doch gross und fett!" Von dem Tage an stand das Ferkel
auf seinen Beinen nicht mehr, liegend frass es, und wir mussten es bald
schlachten."3) Es giebt mehr solche Geschichten. Ein Bauer hatte auf
dem Markte zu Viborg ein Ferkel gekauft. Nach Hause gekommen, zog
er es aus dem Sacke, das Ferkel war aber ganz toll, wollte immer auf-
wärts, ja, gar auf den Boden hinauf. Eine „kluge Frau'- wurde um Kar
angegangen, sie sagte gleich, dass jemand das Tier mit bösen Augen an-
gesehen hatte. Das war richtig; ein Mann auf dem Markte hatte in den
Sack hineingeblickt. Dem Ferkel wurde etwas eingegeben und es wurde
wieder gesund.*) in Farsö ist ein „kluger Mann", der ein grosses Ver-
trauen unter dem Volke besitzt, er ist ein ganz ausgezeichneter Helfer,
wenn jemandes Ferkel ..übersehen" worden sind. Ist das der Fall, so
stehen ihre Haare verkehrt, sie schreien ohne Unterlass. können alles.
had such urentes oculos, that he bewitched his owne cattel, sit ftdes pene", Aubrey, Re-
maines of Gentilisme (1881), S. 80; „in the Highlands if a strauger looks at a cow, the
common neople think that the animal will waste away froin the evil eye", Ch. Notes,
Folklore, S. 257: „some are of so venomous a Constitution . . . that they pierce and kill
. . . what»ver creature they first set theyr eye on in the morning: so was it with Walter
Grahame, who killed his own cow . . . and shot a hair with his eyes . . . such was the in-
fection of ane evill eyeu, Kirk, Commonwealth of Elves (1893), S. 54: „the evil eye is still
cast upon horses and cattle and even upon childreu ", J. of Amer. Folkl. VI. 66 (Isle of
Man), vgl. Henderson, Folklore, 189.
1) Kristensen, Folkeminder VI, 179. 24S.
2) Folklore IX, 90.
3) Wigström, Folkminnen I, 142 (S.)-
4) Kristensen, Sagn VII, 213. 739 (JD.).
Der b( ■•■ Blici in nordi rlieferung. 321
was man ihnen rorgiesst, auffressen und werden «loch nie sau. I>
Kluge Bchreibt ein Rezept, häng! dem kranken riere einen Zettel in
einem kleinen ledernen Beute] am den Bals und Bie genesen.1}
Ein j>aar Bemerkungen noch und ich bin mir den Tieren fertig. Der
Bettler Betet seinen Stab vorwärts and glotzt des Bauers Hund mit grossen
Augen an and er geht unberührt am Tiere vorüber.*) Sofern die Gänse
in der Begattungszeil durch böse Lugen angesehen werden („slems»
steckt man in einen Federkiel des Gänseflügels eine Nähnadel und alles
wird wiederum gut.8)
10. Ich komme jetzt auf verschiedene Arbeiten, die in des B
Heimat häufig vorfallen. Ganz im allgemeinen kann gesagt werden,
wenn einer von denen, die den bösen Blick liai.cn. irgend eine Arbeil
ansieht, sie missraten wird.*)
Zuerst «las Brotbacken. Nimmer muss man einem Fremden in den
Ofen zu sehen erlauben, so lange der ..schwarze .Mann- nic'm ausgejagt
ist, d. 1). so lange der Ofen nicht zu glühen angefangen hat. Geschieht
solches, wird das' Brot missraten.6) Es sollte einst auf einem Gehöfte im
Kirchspiel Linie (D.) für die vorstehende Beerdigungsfeier gebacken werden.
Alles ging schön in Ordnung, der Teig war gegoren und die Brote Bollten
eben in den Ofen gesetzt werden, als ein altes Weib zur Thür hereintrat
Sie sah die Brote an, strich mit ihrer Hand über sie hin. ..nun wünsche
ich Euch Glück", sprach sie, „zu der Arbeit!" und die Leute meinten, sie
halte dadurch die Brote ..versehen". Gewiss ist. dass die Brote Bchön
aussahen; als sie aber aus dem Ofen genommen wurden, waren sie ganz
klitschig und ungeniessbar; sie mnssten ein neues Gebäck versuchen, und
da die Alte sich wieder einstellte, wurde vor ihr die Thür geschlossen.*)
Es ist jet/.t zu verstehen, dass man nimmer ein Brot mit dem angeschnittenen
Ende gegen die Ausgangsthür liegen lassen darf: es könnte von bösen
Augen gesehen werden, wodurch das Gebäck -einen Nahrungswert ver-
lieren würde. 7)
So darf auch kein Fremder in die Küche, wenn die Hausfrau mit
Bierbrauen beschäftigt ist. zugelassen werden. Es ist geschehen, dass
eine Hexe bei dieser Arbeit eingetreten ist. da- Bier wurde von Ungeziefer
1) Kristensen, Folkeminder VI, 15'.'. 226 D. olklore VIII. 118: »people seid,
she had the evil eye and if she looked evilly al somebody's pigs, then tbe piga would fall
ill and die-* (Suffolk).
2) Kristensen, Sagn VI, 345. 955.
3) Thiele III, No. 289.
4) Cavall., Wärend I, :'.TG ;S.J.
5) Thiele III, No. 233. Kristensen, Folkeminder VI, 294 413. J. Kamp 171.
6) Kristensen, Folkeminder VIII, 292. 502; Sagn VII, 212, 736. rgl Blätter
f. Pomm. Volkskunde III, 185: -rührt eine Frau den Kuchen ein, so darf niemand dabei
zusehen, sonst gerät der Kuchen nicht."
7) Thiele III, No. 184.
322 F,il:
erfüllt, lief in der Bierkufe umher und war ganz ungeniessbar. Y\ o man
das böse Auge fürchtete, wurde die Kufe sorgfältig mit einer Decke ver-
hüllt: da war das Bier geborgen; sonst konnte das Bier, so wird bestimmt
versichert, obenans überkochen.1)
Ganz besonders scheint das böse A.uge dem Buttern und allem, was
dazu geh&rt, gefährlich. „Niemand darf in den Milcheimer in der Zeil
zwischen dem Melken und dem Seihen der Milch der bösen Augen wegen
sehen. Meine Mutter erlaubte niemand in die Gelte zu blicken", erzählte
eine Bauernfrau. Ausserdem wird behauptet, man müsse genau darauf
achten, wenn eine Kuh. die eben gekalbt hat, das erste Mal gemolken
werden soll, dass man geschwind eine Schürze über den Eimer wirft,
damit böse Augen das erste Mass Milch nicht sehen, die Zitzen der Kuh
werden sich dami gesund halten. Im grossen Ganzen kann gesagt werden,
dass man keinem Fremden erlaube in den Milchkübel zu blicken und bei
Melken, Seihen, Buttern anwesend zu sein.2) Dem Angeführten entsprechend
heisst es aus Norwegen, dass, wenn der Kübel über den Hofraum getragen
wird, deckt man ihn mit einer Decke zu oder mit einein männlichen
Kleidungsstücke, Kittel, Hose, Schurzfell u. s. w.8)
Wo es dennoch geschieht, dass jemand unversehens, wo gebuttert
wird, eintritt, muss er über die Thürschwelle hineinspringen, damit er die
Butter nicht wegnehme.4) Im Kirchspiel Kjermind (D.) war eine alte
Frau, Kok-Stine genannt, die so ungewöhnlich dick war, dass man sie
leichter rollte als schob. Sie ging überall hin Milch betteln, und niemand
durfte ihr Milch- oder Buttergefäss anzublicken erlauben. „So stand ich",
erzählte die Bäuerin, „eines Tages mit Buttern beschäftigt, da die Mutter
ausrief: „Da kommt ein böses Weib, achte darauf, dass es nicht ins Butter-
gefäss hineinblicke!" Ich hatte mich doch nimmer um solches gekümmert
und blieb ganz ruhig bei meiner Arbeit. Die Alte trat ein, erhielt ein
bisschen Milch, stand einen Augenblick uns anblickend da; am Ende trat
sie ans Buttergefäss hin: „Ich muss wohl ein wenig das Gefäss anfassen,
dass ich nicht, wie du wohl fürchtest, deine Butter wegnehme!" Sie
wusste ja genau, was mau von ihr glaubte, stampfte ein paar Mal mit dem
Butterstiele, womit sie die Butter von sich schob und konnte uns nichts
nehmen. Ich erhielt auch Butter augenblicklich."6)
1) Kristensen, Sagn VII, 74, No. '246; 212, No. 735. 737: Folkeminder IX, 73. 773.
2) Kristensen, Folkeminder VI, 291. 376: Sagn VII, 3<>2. 1145. J. Kamp 212, 188?
vgl. Gr. Myth. III4 451. 503: zum KuhmclkeH lasse mau niemand Fremdes in den Stall.
3) Liebrecht, Volkskunde 318, 45, vgl. "Wuttke, Aberglaube, No. 706: Tragi man ein
Milch- oder Buttergefäss, leer oder gefüllt, über die Strasse, so bindet man eine Schürze
darüber oder bedeckt sie sonstwie, weil sonst böse Leute hineinsehend es behexen oder
der Kuh die Milch nehmen könuen; No. 709: Die Butter darf man nur verdeckt über die
Strasse tragen, sonst kann ihr etwas angethan werden.
4) Kristensen, Folkeminder VI, 291. 377.
5) Kristensen, Folkeminder VI, 181. 251; Sagn VII, 212, 736: vgl. Bartsch, Sagen II,
136. 599: Wer schielt, „kein gut Auge hat*-, darf nicht beim Buttern zugegen sein, sonst
Der I ■-• Blick in oordi rliefernng.
Elfl folgt hieraus auch, dasa all« l chatten, die zum Buttern
hören, wenn Bie nicht benutzt werden, so hingestellt werden müssen, dasa
sie niemand sieht, denn alles kann durch Hexen verzaubert werden,
gegen man nichts vermag, ohne alles von neuem wieder anzuschaffen.1)
Natürlich kann mau sich, wenn mau solches versteht, an der Hexe rächen:
ist es anmöglich vom Rahme Butter zu erhalten, wird eine Tasse voll
Etber das Feuer gesetzt, darin entdeckt man das Bild der Hexe, die mit
bösen Angen den Rahm ansah.2) Kennt man den Ubelthäter, bo hat man
Mitte] genug ihn zu strafen.
Es giebt auch andere häusliche Arbeiten, die durch das böse ^.uge
vernichtet oder wenigstens gestört werden können. In alten Zeiten
ist mir solches aus der Kindheit erinnerlich) benutzte man kleine eiserne
oder thönerne Lampen mir Dnschlitt oder Thran gefüllt nnd mit Ducht
vom Marke einer Binsenart (Juncus conglomeratus oder erfusus), die von
• lein Boden herabhängen. Bei festlichen Gelegenheiten wurden Lichter
ssen. So geschah es einmal, dass sie in Dagbjärg I» mit dieser
Arbeit beschäftigt waren, die Mutter hatte ein kleines, thönernes Butter-
fass, das aber zum Lichtergiessen nicht zu brauchen war, dazu war immer
ein hölzernes Butterfass, «las nachher rein gemacht werden kennte, nötig.
So waren denn die Leute mit dieser Arbeit im vollen Gange, der ge-
schmolzene Talg im Butterfass, in welchen die Dochte getaucht winden.
und der Talg hatte begonnen die Dochte wohl anzufassen, da trat ein
Mann aus Engedal hinein, sah die Arbeit an und verliess uns wieder.
Jetzt war es ai>er mit dem Lichtergiessen vorüber, der Talg Bammelte
sich in Klumpen an den Dochten, nichts war zu thiin. wir mussten alles
wieder abkratzen und von vorn anfangen, dann erst wurden wir damit
fertig.8)
Dass Hexen durch ihren bösen Blick ein Gewebe in Unordnung
bringen können, ist schon besprochen worden.4)
Im Jägeraberglauben hat das Auge auch eine Rolle gespielt; bei uns
ist davon nur wenig aufgezeichnet worden. Wollten die Jäger ohne den
alten Schützen auf die Jagd gehen, war es ihm immer genug, ehe sieden
Edelhof verliessen. sie anzusehen, Bie wurden dann höchstens einen einzigen
Fuchs den ganzen Tag schiessen können.') Ein Jagdgewehr kann „gebunden"
bekommt man keine Butter: sieh noch YVuttk.- No. 708. Folklore Journal VII. -
cast a quick glance on the churn and without Bpeaking another word, rashed l'roin the
house. The cream was churned all that daj into night and all the neil day, but n<>
butter was got (Skotl.); Melusine V, 295 aus Schottland, Frankreich, I Black',
Folk Mediciue, 22 (Schott 1 .
1) J. Kamp 211. 137.
2) Skartegr. X, 28. 61.
3) Kristensen, Folkeminder VIII. 291. 409.
4) Vgl. Äminspn VIII, 110.
5) Kristensen, Sagn VI, 245. 724 D.\ vgl Folklore II, 244 [Finnland .
;;_'.} Feilberg:
len, wenn jemand, mit der Hand Beine Geschlechtsteile anfassend, < l;i^
Gewehr, womit ein anderer zieh, starr anblickt, dann geht der Sehnst
nicht los.1) Auf ähnliche Weise verhält es sich mit dem Fischfang;
sieht ein böses Auge das Netz, wird nichts gefangen.9)
und Hexen können noch mehr Böses ausrichten. Ks war die Nacht
Helgesen, die nach Island bestimmt schon mehrere Tage fertig zur Abreise
lag. .Jeden Morgen kam al>er ein altes Weib, das man als Hexe ansah,
aus ihrer Thür und betrachtete eine Weile das Schiff, was ja genug war.
um Unglück über dasselbe zu bringen. Das Schiff musste am Ende fort,
obschon das Weib auch am Tage der Abfahrt es mit ihren bösen Augen
angestarrt hatte. Nimmer wurde von ihm später gehört, es ging, wie man
sagt, mit Mann und Maus unter.8)
11. Auch an leblosen Gegenständen vermag das böse Auge seine
Marke zu hinterlassen. Ein AVeib, das im Verdacht eines bösen Auges
war, kam einst zu dem „Klugen", Christen Spielmann. Einer Hexe kann
auch etwas übel geraten. Um sicher zu gehen, brachte er sie dazu, in
einen Spiegel zu sehen. Da sie wieder ihre Augen wegkehrte, fanden
sich an der Oberfläche zwei dunkle Flecke, die mau vergeblich wieder
abzuputzen versuchte.4)
Ein ergötzliches Beispiel der Macht des bösen Auges aus der Heimat
unserer alten Stammgenossen in Yorkshire muss mir erlaubt sein, mit-
zunehmen. Im 19. Jahrhundert wurde ein Yorkshire-Farmer als schuldig
am Absterben eines Birnbaumes angesehen. „Sieh mal, Herr!" sagte der
Erzähler, „sieh mal den Birnbaum dort! Vor wenigen Jahren war es ein
grüner, fruchtbarer Baum. Es ist aber die Sitte des Besitzers, dass er
jeden Morgen, sobald er seine Thür öffnet, den Baum dort ansieht, damit
er keinen vorübergehenden Fremden anblicke, und jetzt, sehen Sie, der
Baum ist gestorben."5)
Ja. sonderbar genug! während in Dänemark der Glaube an den bösen
Blick auch in den finstersten Winkeln kaum zu finden sein möchte, wird
aus England behauptet, dass derselbe bis über die Mitte des 19. Jahr-
hunderts aucJi unter Gebildeten sich erhalten habe. Geschah es doch, dass
wenn Mr. Hawker, ein Geistlicher, einem Menschen mit einer besonderen
Pupille, zu einer Zeit licht und hell, zu anderer durch ein Häutchen ver-
1) Kristensen, Folkeminder IX, 75. 703.
2) Säve, Hafvets Sagor, '20.
3 Kristensen, Sagn VII, 213. 742.
4) Kristensen, Sagn VII, 213. 740—41 (D.).
5) Black, Folkmedicine, 22. Haiti, u. Wilkinson, Folklore, <J9: vgl. Folklore VIII, 11:
„If you plant a tree or trees, and you are very anxious that they should thrive . . . you
must not look out of the window at them on an empty stomach. There is a blasting
mfluence in your eye . . . the explanation is: a hungry man looking on the trees, they
thereby become syrnpathetically starved.
I U i I Blick in i
dunkelt, oder mit einer doppelten Pupille mit zwei R riuged t v.
oder mir dem linken Auge grosser als dem rechten, begegnete, er oimmer
vergass, den Daumen in die bekannte Stellung ben dem Zeige- und
Langfinger, um dem Übel abzuwehren, zu Betzen.1] [ch kann mir auch nicht
eine Mitteilung aus Schottland versagen: viele Personen, besonders rothaarige
Weiber haben den bösen Blick; alle Tiere, die Else! ausgenommen, ja
srllist Rinder werden dadurch geschädigt (blinked : sie zehren hin and
sterben;*)
12. Wie entgeht man der Einwirkung des bösen Auges? All
wehrenden Mittel siml gewiss den heilenden vorzuziehen. -Man deckt ent-
blösste Stellen Beines Körpers zu. ..Dem bösen Auge entgehl man am
besten, wenn man seinen Hals mit einem Tuche, zudeckt." Tritt eine
verdächtige Person zur Thür herein, wirft man geschwind ein Tuch über
«las Kindlein oder man bedeckt Bein Lager. *) Es entspricht dieses der
pommerBchen Sitte: man stelle die Wiege nie so, dass die Blicke der in
das Zimmer tretenden Personen direkt an)' das Kind fallen können.4) Wie
man sieh durch die Decke gegen das böse Auge wehrt, so kann eine
Decke über die schädigende Person geworfen (wovon schon ein paar
Beispiele gegeben sind), der bösen Wirkung steuern.
Wo man abeT den bösen. Blick fürchtet, wehrt man sich auf ver-
schiedene Weise. Das südeuropäische „Ficaa- oder „Hörner" - Zeichen
könne ich aus dem Norden durchweg nicht, ich habe wenigstens niemand
angetroffen, der etwas davon wusste. Dagegen schein! man die rote Farbe
als abwehrende zu kennen. Ganz deutlich sind die Mitteilungen jedoch
nicht Einer Bauernfrau, die sehr Bezauberung fürchtete, wurde von der
vielberühmten „klugen" Windbläsfrau der Rat erteilt, Bie solle eine Brille,
von welcher ein roter Faden hänge, tragen (1).). Aus Schonen heissl es,
dass, wenn eine Kuh durch das böse Auge bezaubert Bei, müsse man
weisse und rote Korallen samt „Höllensamen" unter das Pflaster des
Standes im Stalle hinlegen: dann werde das Tier wie. Irr gesund.') Hoch
wird gesagt, dass, wenn eine geheime Hure die entblösste Brust einer
schwangeren Frau oder eines neugeborenen Kindes Behe, erhalte das Kind
„Höre - Skerfvan" (Huren - Skropheln ; darum tragen alle verheicai
Frauen nach alter Sitte Halsketten, wie man um den Hals eines Kindes
1) Black 22.
2) Folklore VIII, 1<5 (Inuislinven).
3) Skattegr. VII, Ol, IN«. Kristensen, Sagn IV. 61fi, 18.
4) Urquell VI, 173.
5) Kristensen, Sagn VII, 229, 882-83. Wigström, Folkminnen I, 142, \-\. n I
was among the Romans, as amoiig ourselves, tied round the ueck of inlaiits to pi
them from the evil eye . . . A piece of red, worsted thread round the cows' tails . .
secured the cattle from the evil eye, Black, Folk-Medicine, S. 22. 112.
Peilberg:
immer einen wollenen Faden bindet.1) Es fehlt hier, wie man sieht. die
genauere Beschreibung des Anmiete and der Farbe.
In der roten Farbe hat man seit dem Mittelalter oder wohl gar früher
Hilfe gegen Krankheit und Schinerz gesucht; sie ist ja übrigens, sonderbar
genug, durch Finsens Entdeckung des heilenden roten Lichtes bei Kinder**
blättern zo Ehren gekommen. Mit dieser Farbe mag auch das Holz der
Eberesche in Verbindung stehen, und so erzählte ein alter Mann aus Jüt-
landj dass sein Vater immer ein Stück Holz von einer wilden Eberesche
aus Furcht vor den bösen Augen seiner Nachbarfrau in der Binde seiner
Hosen eingenäht hatte.2) Ein sicheres Mittel ist auch der Hexe das Blut
ablassen. Muss ich annehmen, dass jemand den bösen Blick habe, so
fliue ich am besten, wenn er mir auf meinem Felde entgegentritt, ihn zu
schlagen bis er blute.*5)
Unter die Abwehrmittel gehört auch das Feuer. Eine Bettlerin, die
mit der empfangenen Gabe unzufrieden war, kam am Stalle des Gehöftes
vorüber, öffnete die Thür und starrte mit bösen Augen das Vieh an. Am
nächsten Tage war jedes Stück Vieh krank. Da der Bauer gleich begriff.
woran die Schuld lag, setzte er der Hexe nach und bewog sie für schönes
Geld mit ihm zurückzukehren. Wieder am Hause angelangt, ergriff sie eine
Feuerschaufel mit glühenden Kohlen angefüllt und stiess dieselbe mit
solcher Gewalt im die Mäuler der Tiere, dass das Blut floss, wonach sie
gleich wieder gesund wurden. Ist ein Mensch von bösen Augen versehen,
so schlägt man mit Stahl und Stein Feuer über ihn. Ist ein Besuchender
des bösen Auges verdächtig, kann es geschehen, dass man dem Weggehenden
Feuer nachwirft (S.).4)
Damit ein Kind auf keine Weise vom bösen Blicke versehen werden
könne, muss man eine Katze über der Wiege schwingen, was so geschieht.
Man erfasst die Katze au den Beinen, darnach schwingt man sie hin und
her, bis man sie gewaltsam auf den Platz des Kindes in der Wiege hinab-
wirft. Es ist nämlich unmöglich auf andere Weise sie dort einige Augen-
blicke ruhig zu erhalten; das Kind ist dann sicher.5)
Ist das Kind von einer Hure versehen worden und hat Skropheln
bekommen, so wird es gesund, wenn man die erste beste Gelegenheit
benutzt, ihr den Hintern des Kindes zu zeigen. Hiervon kann eine Ge-
schichte erzählt werden. Ein Erwachsener kann vom Wolfsblick getroffen
werden (..blive ulveset"). ein Kind vom Hurenblicke („blive skjögeset").
wenn die Hure des Kindes entblössten Kopf oder die Sohlen seiner Füsse
oder die nackte Brust der Mutter sah. Am besten ist. wenn man in
1) Cavall., Wärend I, 378.
2) Kristensen, Folkeminder VIII, 2G5. 451.
3) Kristensen, Folkeminder IX, 18. 116.
4^ Kristensen, Sagn VII, 214, 743. 733. Hazelius V. 37.
5) Kristensen, Folkeminder VI, 255, 31.
I ' : ; Blick in B -
lolcheni Falle der Sure den blossen Hintern des Kindi en kann.
Bin betrogenes Mädchen wohnte mir vrin.Mn Kinde in einem Dörfchen
Jütlands, and mir dem Wickeln des Kindes beschäftigt, entdeckte sie
ausserhalb des Fensters ein berüchtigtes, etwas loses Weib. »Ach, was
ist jetzt zu thun?" sagte das Mädchen. Die alte Frau, < li« • innen am
Webstuhl sass, antwortete: „Gieb mir geschwind dein Kind!a Dem ein-
tretenden Weibe hielt Bie den Hintern des Kindes entgegen: „Schau ihm
mal zuerst in den blanken Arsch, nachher kannsl du Bein anderes Knde
anseilen !" 1)
13. -letzt komme ich zu den Heilungen, die auf verschiedene \^
herbeigeführt werden können. Eine Anweisung lautet: ist ein Kind „skjö-
geset", so muss man. w<> möglich, sich das Manns- oder Frauenhemd des
Obelthäters ohne sein Wissen verschaffen, in diesem Hemde muss das
Kind schlafen and wird dann wieder heil.-) Auch ist mir bekannt, dass
ein solches krankes Kind mir der Hand eine- Toten gestrichen werden ist
Demnächst bespreche ich eine Reihe Mittel, die wohl unter die
Stellung von einer bildlichen Wiedergeburl zusammengefasst werden können,
obwohl auch der Gedanke au Abstreifen oder Überführung de. Übels auf
andere Gegenstände die Vorstellung mit I influssl haben mag. Ein Mittel,
das mit kranken Kindern auch anter solchen umständen benutzt wird,
ist. das Kind lebendig zu begraben and wieder aus dem Grabe auf-
zunehmen, wodurch doch wohl ohne Zweifel ein Absterben und eine Auf-
erstehung bezeichnet wird. Bin Paar von den ausführlichsten Gebräuchen
führe ich an. Ist (du Kind durch den Blick einer Hure getroffen, schneidel
man aus einem neuen Grabe drei Rasenstücke, stellt zwei lotrecht, das eine
waserecht aber die beiden lotrechten, so, das ein Lech gebildet wird: Fl
Das kranke Kind wird gewöhnlich oach Sonnenuntergang oder vor Sonnen-
aufgang nackt, den Kopf voran, mit der Senne, schweigend, durch dies
Loch dreimal gezogen. [st dies vorüber, nimmt die Mutter ihr Kind,
es dreimal um die Kirche, die Kirchenthür jedesmal anrührend. Nach
Hause gehend darf sie nicht durch das Pförtchen de, Friedhofs -ehm.
sendem muss mit ihrem Kinde über die ümwallung klettern und zu Hause
gekommen nicht durch die Thür gehen, sondern das Kind durch das Fenster
hineinbringen. Ein einzelnes Rasenstück mir Loch an einer Kreuzscheide,
wo die Felder von vier Eigentümern zusammenstossen, gegraben, Kann
auch ,uute Dienste thun.8) Andere äquivalente Mittel sind: das Kind durch
ein Messgewand oder ein Kumtkissen zu ziehen. In einer Erzählung
der Kranke, dass er fühlte, als er durch das Kissen gezogen wurde, wie
das Übel „unten aus ihm wegglitt", und er wurde gleich gesund. *)
1) Kristensen, Folkeminder VIII. 328. 558. Thiele III. BTo. 492.
2) Jvilske Saml. III, 94.
3) Jydske Saml. P, 55. III, 94. Kristensen, Sagn IV,
4) Skattegr.VII,39,90. Kristens . Folkem. VIII, 328; vgl. unsre Ztechr. II. 81. MI. 1-
IVilberg:
Noch andere Heilmethoden geben auf Getränke, die der versehene
Mensch einnehmen muss, Anweisung. Ist jemand vom bösen Blicke gec
troffen, muss er zu einer Brücke, aber welche gute und böse Menschen
schreiten, hingehen und drei Taut' nacheinander von dem Messenden
i anter der Brücke trinken.1) Das lässt sich hören, schwieriger
aber scheint das andere Mittel für gewöhnliche Menschen zu benutzen.
Ist ein Kind von einem bösen Menschen versehen wurden, pisst die Mutter
in ihren rechten Schuh und lässt ihr Kind am Morgen dreier Donnerstage
daraus trinken, so wird es gesund.*) In Schweden muss der linke Schuh
der heimlichen Hure herbeigebracht werden, woraus das Kind trinken
muss.*) Eine ausführliche Anweisung ist aulgezeichnet worden und lautet:
..Ist das Kind vom Blicke einer Hure getroffen, so nimm einen Fingerhut
voll Milch und mische einen Tropfen von deinem eiguen Wasser darunter.
Du musst dir demnächst den rechten Schuh dessen, welcher dir verdächtig
ist, zu verschaffen suchen, gieb dem Kinde daraus au einem Sonntag- oder
Dontoerstagmorgen zu trinken, aber vor dem Aufgang der Sonne. Du
musst zugleich das Kind an diesen drei (!) Morgen in einem langen weissen
Tuche wägen. Ist das ausgerichtet, so knüpfe drei Knoten in ein Tuch
und wirf es vor den Hund, nimm es wieder fort und lege es, wie es ist,
unter die Füsse des Kindes, bis es am anderen Morgen wieder benutzt
wird. In selbigem Kleide musst du den Hund an denselben Tagen wägen."
Hier ist die Aufschrift dunkel, die Fortsetzung ist wohl auch ziemlich
überflüssig, nur sei bemerkt, dass die Brust des Kindes zuletzt mit Pflaumen
gerieben werden muss und mit einem Stück Papier von einem Zuckerhute
gedeckt. 4)
Man kann auch von elbischen Wesen Hilfe erwarten, wenn man die
Sache versteht. Hat ein loses Weib das Haus besucht und muss man
Krankheit (Skropheln) fürchten, so geht man an die See und spricht dreimal
zu der Seefrau (ihr Ruf ist ja eben nicht der beste): „Ich bitte um Wasser
für mein krankes Kind als Heilmittel gegen Magenskropheln („Magskäver"),
Gliederskropheln („Ledskäver") und alle Arten von Skropheln („Skäver").
Der Seefrau, verstehst du ja wohl, darf man nichts sagen, das anzüglich
sein könnte.6) Hat man seinen Eimer gefüllt, so dankt man der Seefrau
und badet das Kind im heimgetragenen Wasser; auch kann man ihm
davon 9 Tropfen eingeben, weiss man nicht gewiss, an welcher Art Skropheln
das Kind leidet.
1) Vgl. Folklore VIII, 92: draw water between sunset aDd sunrise from a strearo
crossing a public road, which has been passed over by the living and the dead (Schottl.),
Mittel gegen dasselbe Übel.
2) Kristensen, Folkeminder VI, 364, 100 (D.).
3) Jonsson, Möre 7. Cavall., Wärend I, 402.
4) J. Kamp 366, 1119.
5 .Man nennt darum nicht -Hurenskrophelu".
Der böse Blick in n .,
Hat man nicht voraus versacht, das Kind die flblen Folgen
ron loser Weiber Besuch zu Benutzen, indem man ein Loch in »'in Dielen-
brett in der Nähe der Thürschwelle gebohrt, mit Wasser von der Seefrnu
erbettelt, gefüllt hatte, bo maes man Bolches thun, wenn man das letzte
Mal Wasser gegen Skropheln bettelt. Man bewahrt in diesem Bohrloch
so viel v.»n dem Wasser auf, dass man dem Kinde davon dreimal 9 Tropfen
eingeben kann.1)
(riebt es inwendige Mittel, so giebt es auch auswendige, um die M
des bösen A.uges zu lähmen: man muse nm 12 Uhr auf einem Kreuz
drei Messerspitzen voll Erde aufsammeln, dieselben in einen Lappen ein-
genäht um den Hals des Kindes binden und es damit schlafen lassen,
fährt auch «las Kind in der Mitternachtsstunde in die Kirche and bindet ihm
Band, dort vor dem Altar aufgesammelt, in einem Säckchen um den Hals.*)
\ chträglich füge ich noch hinzu, dass in Schottland eine kleine,
herzförmige lirosche nicht ungewöhnlich an einem der Unterröcke, me -
hinten, zur Abwehr des bösen Auges getragen wurde. Leidet ein Kind
an einer zehrenden Krankheit, so winl das Übe] oft der Macht i
Auges angerechnet. Vor Sonnenaufgang wird es zn einem GTobsehmied
von der 7. Generation gebracht und nackt auf den Audi"-- gelegt. Dei
Schmied erhebt seinen Hammer, als ob er auf das glühende Eisen schlagen
wollte, führt ihn aber ganz leise über den Körper des Kindes herab, l-t
dies dreimal gethan, wird das Kind von der Stunde an gesund. In dem
nordwestlichen Schottland benutzt man unter solchen umständen ßilb<
und goldenes Wasser. Ein Schilling und ein Sovereign werden insWj
womit das Kind bespritzt wird, geworfen.*) Die .Marin des bösen iuges
bei einem Menschen wird, wenn man ihm nüchtern dreimal ins Gesicht
spuckt, vernichtet.4)
Eine vereinzelte Bemerkung, mit welcher ich nichts anzufangen ver-
Hiag, Bei endlich hinzugefügt. Es wird von Kristensen erwähnt, dass man.
wenn eine Kuh eben gekalbt hat und das erste Mal gemolken wird
schwind eine Schürze über den Eimer werfen muss, damit weder Sonne
noch anderes Licht, noch hr»se Menschenaugen es treffen mögen.*) Wie
das aufzufassen ist, weiss ich nicht, [st die Sonne als Auge eines G
aufgefasst? Vgl. Grimm, Muh.- 665, Tylor, Auf. d. Civilis. I. 345 [st
dieser Fall damit zusammenzustellen, dass >\<'\- Troll vom luge der Sonne
getroffen in Stein verwandelt wird, ein Motiv, das in nordischen v
und Märchen überaus häufig vorkommt?
1) Wigström, Folktro och Sägner, 135, 440.
2 Kristensen, Sagn IV, 580, 09. Sk VII.:;
3 W. Gregor, Folklore of the N. ] 3cot , S. 8. B Folklore
X. Countries, 187.
4) Black, Folk-Medicine, 184.
5) Kristensen, Sagn VII, 302, 1145.
Peilberg: Der böse Blick in nordischer Überlieferung.
fadem ich hiermit Bchliesse, bleibt die Präge zurück: ist hier alles
Phantasie und Einbildung, oder sollte eine Wirklichkeit, eine Realität
dieser Vorstellung zn Grunde liegen? Einer meiner Universitätslehrer,
der längst verstorbene Professor Forchhammer in Kopenhagen, trug- in
filier seiner Vorlesungen den Satz, vor, das Volk nimmt richtig wahr,
deutet aber die gemachte Wahrnehmung sehr oft phantastisch. Ist das
wahr, wie ich glaube. -<> dürfte unter diesem Aberglauben eine wirkliche
Observation von der Gewalt des Bcharfen Blicks eines Auges sich bergen.
Bekannt genug ist es ja, dass man den bissigen Hund durch festes An-
blicken fern von sich halten kann.
Ks scheint ebenso eine allgemeine Wahrnehmung, dass Raubtiere und
Schlangen eine gewisse Macht durch ihren Blick auf ihre Beute besitzen.
Auch sind in den letzten Jahren unter den vielen Versuchen, die sich
mit der Ergründung von Suggestion und Hypnotismus beschäftigt haben.
Verhältnisse sehr sonderbarer Art entdeckt worden, die einigermassen er-
klären oder doch begreiflich machen können, wie das Volk eine Theorie
wie die von dem bösen Blicke ausbilden konnte. Ist einmal ein solches
Motiv heimisch im Volksglauben geworden, so wird es immerfort wuchern
und neue Sprossen treiben. Das Schauspiel des norwegischen Dichters
IL Ibsen, „Fruen fra Havet" wird allen bekannt sein. Sie ist glücklich
verheiratet, — auf einmal erscheint ein Fremder, sein Wesen, seine Stimme,
besonders aber sein Blick lähmt, bezaubert sie, wie der Blick der Schlange
das erschrockene Vögelein. Es dürfte von ärztlicher Seite mehr als eine
Schrift, die Fascinationen dieser Art schildern, vorliegen; ich kann hier
auf einen ähnlichen Fall, von Prof. Preyer in seinem Buche: Ein merk-
würdiger Fall von Fascination (1895) geschildert, hinweisen. Seine Heldin
heisst, wie Ibsens, Ellida, die mit einem braven Manne verheiratet ist.
Hier erscheint auch ein Fremder, der sie mittels Drohungen, Heftigkeit,
Stimme, besonders aber durch seinen Blick, deu „Tigerblick" bezwingt.
So oft sie dieser Blick traf, wurde sie, obschon völlig wach, Automat,
fahl, blass, ihre Gesichtzüge erstarrten, ihre Hände wurden kalt, das Reden
wurde ihr schwierig. Mit eingedrückten Ellenbogen und vorgestreckten
Händen folgte sie ihm wider ihren Willen — und doch liebte sie ihren
.Mann und ihr Kind.
Sollten nicht ähnliche Fälle, die einst wahrgenommen worden sind,
bei primitiven Völkern den (Hauben an den Zauber des bösen Blicke
haben entstehen lassen?
Askov bei Vejen, Jütland.
(Die Beilagen folgen im 4. Heft.)
Zachariae: K
Kleine Mitteilungen.
I iid wenn der Himmel war Papier.
Reinhold Köhler hat in zwei Aufsätzen wiederholt in Beinen Klei
Schriften [II, 293—318) die dichterische Formel „Und wei der Bimmel war
Papier" in verschiedenen Gestaltungen and Anwendungen durch eii Zahl
von Litteraturen hindurch verfolgt. Ich gestatte mir hier einen I. • Nachtrag
zu geben, auf die Gefahr hin, 'las«, das. was ich anzuführen habe, anter den Nach-
trägen Köhlers vorkommt, die sich seit dem Jahre 1892 in Budapesi befinden and
von dort nicht zarückzuerlangen sind (s. diese Zeitschr. XI, S. 95 f. .
Philipp Baldaeus behandelt in seinem Buche über Indien (Beschri
der Ost - Indischen Küsten Malabar und Coromandel u. b. \\.. Amsterdam 1672
S. 4G7 ff. die zehn Verwandlungen oder Altare (skr. avatara) <\<-± Gottes Vi-.nu.
Seinen Bericht über den achten Altar, d. h. die Verwandlang des Yimui in den
Krsna, schliesst er auf S. 550 mit folgenden Worten:
„Die Heyden bezeugen einhälliglich wann schon das gantze Meer Dinten
wäre j die gantze Erde Papier | und alle Einwohner in hundert tausend Jahren
nichts anders tähten dann schreiben | tag und nacht so wäre es nicht möglich )
alle Wundertahten Kisna in Schriften zu verfassen I die er allein in Zeit von
hundert Jahren verrichtet hat | in der dritten Weltzeit ' Duapersinge genanl welche
gewähret hat acht hundert vier und sechzig tausend Jahr."
Man beachte, dass bei Baldaeus nicht der Himmel, sondern die Erde als
Papier gedacht wird. Vgl. dazu Köhler a. a. 0. S. 29«. 303f.
Die hundert tausend Jahre bei Baldaeus erinnern an die rausende von Welt-
altern in der Väsavadattä des Subandhu: sieh Benfey bei Kohler 8. 306 f.;
eine metrische Fassung der Väsavadattästelle habe ich mitgeteilt in der Guru-
püjäkaumud! (Festgabe zum fünfzigjährigen Doktorjubiläum Albrechl Weber dar-
gebracht von seinen Freunden und Schülern. Leipzig 1896) S.
Zu der aus Baldaeus angeführten Stelle findet sich auf S. 550a folgende Rand-
bemerkung: „Desgleichen wird von Christo Jesu auch bezeuget Job 21: 35. von
welchem also diese Heyden ohne zweifei etwas müssen gehöret haben."
Die Stelle im Evangelium Johannis 21, 25 lautet: „Es Bind auch viele andere
Dinge, die Jesus gethan hat, welche, so sie Bollten eins nach dem andei
schrieben werden, achte ich, die Welt würde die Bücher mein begreifen, die zu
beschreiben wären."
Wie Baldaeus, so giebt auch ü. Dapper in seinem Bache: Asia Oder: Lus-
führliche Beschreibung Des Reichs des Grossen Afogols Und i ii rheila
Von Indien | Nürnberg 1681, S. 58ff. eine Darstellung der Verwandlungen
leiblichen Erscheinungen des Visou. Diese Darstelluni; ist, wenn ich rech!
zu einem grossen Teile aus Baldaeus abgeschrieben. Den aus Baldaeus -
angeführten Worten entspricht folgende Stelle bei Dapper 8. 102 ziemlich genau:
„Und obgleich | wie die Brahminen bezeugen alle Seelen zu Dinten der
ganze Erdboden zu Papier , und alle lnnwohner 100000. Jahr Tag und Xadu un-
ausgesetzt schreiben würden | so wäre es doch unmöglich alle Wunderwerk'
Kisnas | die er in der Zeit seiner Regierun- von 100. Jahren auf El richtet
i zu beschreiben."
„Seelen" bei Dapper Druckfehler für „Seeen" (?).
Halle a. d. S. Theodor Zachariae.
;.};;._) Srliiittr:
\h\> Häuseln Im Braunschweiglschen.1)
Seitdem die Gesangvereine sich auf dem Lande gebildet haben, hat man in
den meisten Ortschaften von der alten Sitte des Hanseins abgelassen und giebt
nur etwas zum besten, wenn man in einen Verein eintritt. Wo aber das Hänseln
ooeb stattfindet, sind meist die früheren Bräuche aufgegeben, man begnügt sich
mit Trinken und dem Gesänge von Soldatenliedern. Das war früher anders.
Man muss sich wundern, welch -rosse Fülle studentischer Lieder auf den Dörfern
bekannt gewesen ist:
Ich nehm' mein Glaschen in die Hand. (Der erste Vers dieses Liedes,
das in den ßreslauer Burschenliedern steht, fehlt auch im all-
gemeinen deutschen Kommersbuche).2)
Lasset die feurigen Bomben erschallen.
So leben wir.
Der Papst, der fahrt nach Rom. (Eine Umwandlung des bekannten
Liedes vom Abt von Philippsbrunn.)
Ihr Brüder, wenn ich nicht mehr trinke.
Trinkt. Brüder, trinkt.
Ein lustiger Bruder weiss immer noch Rat.
Bald tanz' ich.
Europa hat Ruh'.
Sind wir nicht zur Herrlichkeit geboren?
In einigen Ortschaften sang man besondere Lieder. In Volkmarsdorf be-
kamen vor dreissig Jahren die Enken beim Hänseln, für das auch die Ausdrücke
„Einkaufen, Bengeln und Hulligen" gebraucht wurden, einen Hut aufgestülpt, ein
Glas Bier in die Hand, und dann sang man im Anklänge an den Landesvater:
„Der tolle Hut, Ein Hundsfott, der uns schimpfen tlmt.
Der steht dir gut, Die Hasen, die da laufen,
Den thu ich dir aufsetzen Hie Burschen, die da saufen,
Und mich daran ergötzen. Die Mädchen, die da haben das Geld,
Mein Bruder, sauf nur zu! Die brauchen wir auf dieser Welt."
Darauf redete der Altknecht den Enken an: „Mein Sohn, wenn du auf Wache
kommandiert wirst, musst du aussehen wie ein Bär, Rotz von der Backe, Haare
unter dem Tschako, und als wenn du zehn Teufel gefressen hast zum vi zum
vallera. Nun, mein Sohn, setz an! Aus, aus, aus!"
In Lamme ging man, nachdem in der Wirtsstube getrunken war, auf die
Däle, auf die der Schlachtetisch gesetzt war. Auf diesen mussten sich die Enken
einer nach dem andern mit dem Leibe legen, der Kopf wurde niedergehalten und
sie kriegten die „ Blitze Bratze". Vorher aber begann der Altknecht zu singen
und alle stimmten ein, indem sie die Mützen abnahmen:
„'rein, 'rein, 'rein! Dafür soll er die Pritsche hän
Es fehlt der letzte Mann, Vom Hacken in den Nacken,
Der hat uns was zu Leide gethan, Dat Avschlock sali ne smacken!"
Wer sofort nach dem Gesänge die Mütze nicht wieder aufsetzte, bekam die
Pritsche wieder.
1) Vgl. R. Andree, Braunschw. Volkskunde, S. 236 und Braunschw. Magazin 189$
S. 197 und 1899, S. 31.
2 Vgl. Hoffmann v. Fallersieben. Unsere volkstüml. Lieder. 4. Auflage von Prahl.
Leipzig 1900. S. 139.]
Kleine Mitt< düngen.
In Gross-Dah [um, wo das Hänseln in früherer Zeit an dem 6. bitt-
fand, Bang man neben dem Fürsten von Thoren auch:
„Hin- Mtz.'ii die drei Könige mil ihr
Si.- fressen and Baafen, bezahlen nichl
o< eh< Uje Quadrille,
Charmante Margret,
Schöne Spielewerke
l'ihl schöne Rarität."
In Harvesse, wo man auch heute noch häufig gleich auf dem Felde beim
Roggenmähen hänselt, indem man beim .Malun an dem zu Hänselnden vorbei und
um ihn herum mäht, so dass er wie ein begossener Pudel in der Mitte Bteht,
Bingt man:
„Ins versoffene Lager ziehen wir.
Da giebt es hübsche Mädchen, Wein oder Bier
l'nsre ganze Gesellschaft, die soll leben.
Das geschieht dem H<rrn zu Ehren.
Der Berr soll leben vivat hoch."
Wenn der Bnke sein (ilas Schnaps, den er selbst hatte holen müssen, aus-
getrunken oder einen grossen Schluck aus der Flasche genommen hatte
der Chor:
„Das- du, mein Bruder, gut saufen kannst.
Das sieht man dir an der Nase an,
Du hast einen guten Meister gehabt,
Der dir das Saufen geleimt hat."
In Rautheim, wo sich der Gehänselte am Schlüsse mit den Worten bedankte:
„Ik bedanke mik for de ganze Gesellschaft un den guen Willen", stimmte man
dreimal hintereinander das Lied an:
„Prost, Bruder, prost !
Morgen komml der Trost.
Morgen kommt der Mann ron Celle,
Bringt den Beutel mit dem Gelle,
Prost, Bruder, prost!"
In Engeln stech sang man in der Weise des kirchlichen Absingens beim
Hanseln einen Wechselgesang. Der Altknecht fing an und ein anderer antwortete:
„a) Peiter Christian, bist du nicht mein getreuer Kn
b) Was bin ich schuldig für den B
a) Geh hin zu den Bauern und sag', sie möchten ans schicken ein \
b) Ja, die Bauern haben sich%ganz and. rs bedacht und haben uns einen Pfennig
mitgebracht, einen Pfennig, einen kling Man- Glori \
(Ob vollständig?
Wurden die Enken mancherwärts zuletzt durch einen Pfuhl -eineben oder
mussten sie durch eine Kiepe oder ein offenes Fass ohne Boden kriechen, wobei
es anSchlägen nicht fehlte, so mussten sie in Söllingen durch cm „Hängbimme"
(Hemd ohne Ärmel) schlüpfen, in Wahrstedt aber BChlug man sie beim S]
vom Stuhle, auf den sie sich hatten setzen müssen, mit der Schaufel vor da
säss. Milder war man in Flechtorf. Dort zogei - der älteste hiess
der Heerbengel — den zu Bengelnden über ein Bierfaes, und es wurde mit dem
Dreschflegel nicht der Enke, sondern das Fass geschlagen das*
Wie die Enken, so wurden auch die Mädchen gehänselt, und auch heute noch
geschieht es, z. B. in Eischott und Delligsen. Weitere Kunde habe ich nicht er-
langen können. Wie sie aber vor vierzig Jahren etwa in Dibbesdorf eingeweiht
93
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
:;:; I Zeller:
wurden, wenn sie zum erstenmale zum Melken auf die Weide kamen, so wird es
auch anderswo gewesen sein. Hier fasste Bie ein Mädchen unter die Arme und
ein paar andere an die Beine, und dann wurden sie mit dem Gesasse auf die
Erde gestoppt. In Eischott behandelt man sie zarter. Dort zieht man die
Mädchen bei der [Lindtaufe, wenn sie zum erstenmale Gevatter stehen, über den
Tisch oder setzt sie auch nur sanft darauf. In Delligsen aber beschränkt man
sich darauf, von den Mädchen, die erstmalig bei der Roggenernte thätig sind, ein
..Einstandsgeld" zu nehmen, das 25 — 40 Pfennige beträgt, wofür Bier oder süsser
Schnaps gekauft wird.
In dem letztgenannten Orte werden auch die Frauen gehänselt. Wenn nämlich
eine junge Frau zum erstenmale nach ihrer Verheiratung Kuchen oder Brot backt,
so muss sie im Backhause den anwesenden Flauen eine Flasche Kirschschnaps
zum besten geben.
Braunschweig. Otto Schütte.
Der Nikolausabend am Abersee im Salzburgiscken.
In dem Thale, welches den Aber- oder St. Wolfgang-See umschliesst, sind
mehrere kleine Gemeinden, deren Häuser ziemlich weit verstreut liegen. In diesen
Gemeinden findet sich eine uralte Sitte, den Abend des Nikolaus-Tages (6. Dezember)
durch einen Mummenschanz zu feiern.
Sobald es Xacht geworden ist, versammeln sich die Burschen einer Gemeinde
bei einem aus ihrer Mitte, jeder bringt sich seine Vermummungsstücke mit, und
unter Singen und Spässen wird das Ankleiden bewerkstelligt. Alte Pelzjacken
werden umgekehrt, dass die rauhe Innenseite nach aussen kommt, andere hüllen
sich in langhaarige Bock- oder Ziegenfelle, um sich selbst zum zottigen Untier zu
machen, wieder andere binden vorn und hinten lange, mit Russ geschwärzte
Schürzen um; dann werden Tiermasken aufgesetzt von den verschiedensten Sorten,
ein Hirschgrind, ein Ochsenkopf, Gemskopf, Bock, Fuchs, Bär — alles muss Dienste
thun, und je hässlicher, desto besser — , je scheusslicher der Kopfschmuck aus-
sieht (den Perchten-Masken ähnlich), um so schöner wird er befunden. Um den
Leib werden Stricke oder Ketten befestigt, daran bei dem einen oder anderen eine
grosse Kuhglocke oder alte ungeheuere Schellen-Rollen hängen: die Hände werden
geschwärzt, auch in umgekehrte Pelz-Fäustlinge gesteckt und auf solche und ähn-
liche Weise der Grossteil der Versammelten ausstaffiert. Diese bilden den Chorus
oder Tross. *>
Der unvermeidliche Klaubauf ist ganz in schwarze Bockfelle gehüllt, hat eine
Teufels- oder gehörnte Tiermaske auf dem Kopfe und trägt die schwersten Ketten,
um recht rasseln zu können, in den Händen. Stöcke, Besenstiele, Mistgabeln oder
dergleichen sind weitere Beigaben beim Chor.
Nun kommt die Hauptperson, der heil. Nikolaus. Dieser kleidet sich in lange,
weisse Tücher nach Art des Priestergewandes, hat Inful und Stab gleich einem
Bischöfe. Das Gesicht ist durch eine ordentliche, anständige Larve gedeckt. Der
heil. Nikolaus bekommt einen, manchmal auch zwei Begleiter in Gestalt von
Hirten mit Zistel oder Tragkorb versehen, worin sich die Geschenke befinden,
welche er. mit seinem Gefolge umherziehend, an die „Braven" austeilt.
Eine Art Soldat oder Nachtwächter mit Hellebarde bewehrt, ist der Anführer
des Zuges und zugleich derjenige, welcher Ordnung macht und Ruhe gebietet,
wenn der Zug bei einem Hause ankommt.
Klrii;
Sobald daa Ankleiden und Vermummen rollend uze
Schar, denn es sind ihrer meist über 15 20 l I der
Zug, der durch einen Höllenlärm, durch Singen, Ju breien, PI iten,
Schellen, Rasseln, weithin, ja durchs ganze Thal vernehmbar ist Licht wird
nicht mitgenommen.
.Mit solchem Lärm und Gepolter wird nun von Hau- zn II l mir m
der eigenen Gemeinde, gezogen and vor dem Hanse, wo Kinder smd. Halt gemacht;
bei allen Fenstern hineingebrüllt und hineingesungen, bis endlit h der Anführer
Ruhe gebeut. Di< iser stellt sich nun zur Hausthüre, pocht einigemale tücht .
und spricht: „Vater öffne uns dein Haus, es kinnnit zu < ia-t Herr Nikol
Hierauf geht der Hausvater zur Hausthüre und antwortet den draussen Befindlichen:
„Seid ihr brav und fein, lass ich euch herein- und öffnet von innen di<
In der Stube hatte sich längst, sobald man den Zug näher kommen bö
Gross und Klein. Alt und Jung versammelt und im Kreise um den grossen i
enge aneinander gedrückt, insbesondere die Kinder, denen man den ruhigere] I
winkel einräumt. Aber auch die erwachsenen Töchter, Dirnen oder Dienstboten
weihlichen Geschlechtes suchen sich hier Plätze zn erobern, um rückenfrei, d. h.
rückensicher zu sein, weil sie sich vor dem „Gestohlenwerden" zu fürchten haben.
Jetzt wälzt sich der wilde Chor in die Stube, wo der Kann nochmals von
neuem ertönt, Ins der Anführer Ruhe schallt.
Da tritt der Herr Nikolaus (Nigla hervor and an den Tisch, schaut nach den
Kindern und fragt diese der Reihe nach aus. Die kleineren lässt er das heil.
Kreuz machen, andere das Vaterunser beten, oder er stellt Prägen au- dem Kate-
chismus u. s. w. Ist dies vorbei,, so werden die Kinder von Beiner Hand mit
Nüssen, Äpfeln, Lebkuchen, gedörrten Zwetschken und dergl. beschenkt, dann
wünscht er Glück und Segen dem Hause und friedlich gute Nacht und wendet
sich zum Gehen.
Ist der Herr Nikolaus zur Stubenthüre hinaus und sind junge Dirnen da. dann
hält der Chorus seine Jagd und sucht die eine oder andere zu baschen. Daa
giebt nun ein Gelächter und eine Schadenfreude, wenn eine richtig erfassl und
fortgeschleppt wird. Es geschieht der „Gestohlenen" auch nichts, als da
einige Minuten von den wilden Gesellen die lauter Bekannte sind mit..
und dann wieder freigelassen wird: aber bis dieses geschieht, wenn es auch nur
Augenblicke dauert, ist doch die Gestohlene schon überall berusst und wärzt,
kommt also wie ein Mohr in den Kreis ihrer Leute zurück, von de:,-!) si<
mals recht ausgelacht wird, dass sie sich „nicht besser hat wehren n Weht!
sich aber eine Dirne recht tapfer, am besten durcl !
so dass sie nicht von dem Kreise getrennt und zur Stube hinausgebracht wird.
dann wird das wilde Heer tüchtig verlacht und verhöhnt. Audi lässt der Anführer
nicht lange Zeit zum Raube, sondern drängt zum Abz
Draussen wird das Hausthor wieder geschlossen und der Zug johlt und jan
schreit und lärmt fort in die dunkle Nacht hinein /um nächsten Hau», w
Besuch beabsichtigt und bis die Runde gemacht ist. Dann gehen die Bm
lustig auseinander, und am nächsten Sonntage unterhalten sie sich in der Schenke
bei einem Kruge Bier über den Nikolaus-Abend und die dal
■teuer.
Cii /.'Her.
Salzburg.
Jahn:
Silben vom Rübezahl.
Die nachfolgenden Sagen wurden 1882 von dem damaligen Breslauer Studenten-
Dlrich Jahn auf einer Fnsswanderung aus dem Munde der Erzähler aufgezeichnet
und mir übergeben. [K. W.]
Rübenzal.
Ein Gebirgsbauer erzählte: Rübenzal1) oder Eulenspiegel nennen ihn die Leute:
sein eigentlicher Name aber ist der Berggeist. Ruft man ihn Rübenzal, was gleich
Rübenschwanz ist, so hört er allerdings sofort; doch fühlt er sich schwer beleidigt
und spielt dem Spötter die grössten Possen.
Gar oft hat er schon derartige Leute, die ihn im Gebirge geärgert haben,
durch Wind auf entfernte Berge geblasen; und wenn die Ärmsten dann trostlos in
der Irre umherliefen, so war ihm das eine wahre Herzensfreude. Das hat ihm
dafür aber auch den Namen Eulenspiegel eingebracht.
(Mündlich aus Raspenau und Mildenau in der Herrschaft Friedland in Böhmen.)
Rübenzal schenkt Laub.
Einer Frau, welche für ihre Ziegen Futter holen wollte, schenkte der Rübenzal
einst einen ganzen Sack voll Laub. Wie das Weib nun im Stalle den Tieren das
Futter reichte, schwollen denselben die Leiber gewaltig an, und nach kurzer Zeit
fielen sie tot hin.
Nachdem sich der Berggeist an der Angst und dem Jammer der armen Frau:
genug geweidet hatte, machte er das Vieh wiederum lebendig.
(Mündlich aus Raspenau und Mildenau, Herrschaft Friedland.)
Rübenzal auf Hochzeiten.
Rübenzal oder der Berggeist ging ehemals oft auf die Bauernhochzeiten in
Rengersdorf. Dort tanzte er mit den Mädchen; für gewöhnlich aber trieb er aller-
hand Unfug. Trotz alledem sah man sein Kommen gern, denn er brachte den
Hochzeitleuten regelmässig die reichsten Geschenke mit.
. (Mündlich aus Rengersdorf bei Marklissa, Kr. Lauban.)
Rübenzal und Rengersdorfer Bauern.
Rübenzal traf einst Rengersdorfer Bauern, die sich im Gebirge verirrt hatten.
Diensteifrig erbot er sich sie zurecht zu weisen und führte sie nun bis in die tiefe
Nacht hinein auf Kreuz- und Querwegen herum. Als es endlich so dunkel ge-
worden war, dass man die Hand nicht mehr vor dem Auge erkennen konnte,
verschwand er plötzlich, und die armen geprellten Bauern mussten die Nacht über
in der Wildnis zubringen.
(Mündlich aus Rengersdorf bei Marklissa, Kr. Lauban.)
Rübenzal beschenkt eine arme Frau.
Einst traf der Rübenzal im Walde eine arme Frau beim Holzlesen. Er half
dem Weibe bei ihrer mühsamen Arbeit, und als sie damit fertig war, gab er ihr
noch obendrein ein paar Reiser mit dem Bemerken, sie solle dieselben ja recht
sorgfältig aufbewahren.
1) Zu dem Namen Rübenzal (ruobenzagel) sei auf das siebenbürgisch - sächsische
Ropenzügel, Roppenzuogel (J. C. Schuller, Beiträge zu einem Wörterbuche der siebenbürg. -
sächs. Mundart, S. 51. Prag 1865) aufmerksam gemacht, womit jetzt ein verhütteter Mensch
bezeichnet wird, das ursprünglich aber einen Zwerg oder Kobold benannt hat. Kobold-
sagen bilden einen grossen Teil der Rübezahlsagen. K. W.
Klein M
Anfangs wollte die Frau die unscheinbaren Hölzchen Fortwerfen, behielt sie
aber doch schliesslich hei sich. Wie sie aber zu Banse die Reisei wiedei ;
hatten sie sich in reines Gold verwandelt
(Mündlich aus Elengersdorf bei Marklissa, Kr. Lauban.)
Rübenzal spieli die Fiedel.
Der Rübenzal oder der Berggeist wohnt eigentlich in der Schneekoppe Bi
hat früher noch andere Berggeister gegeben, die man „Ganner" nannl
machten einem diese nur ..blauen Dunst" vor; eigentliche Mach! hat immer nur
der Rübenzal gehabt.
Er versteht die Menschen auf alle mögliche Weise zu ärgern. So führt er
Leute, die ihn verspottet haben, auf Irrwege and macht ans dem Bchönsten Wetter
die gräulichsten Gewitter. Man nennt ihn auch den Geigen friede) oder den Fiedel-
fritze, weil er so gern fiedelt.
Sitzt er mal auf einem Felsen, und kommt da allerlei [astiges \ olk an, die
rufen: „Fiedelfritze, Fiedel fritzo." Da ward der Rübenzal böse und fing an zu
geigen; und wie er geigte, mussten alle tanzen und konnten nicht eher ausruhen,
bis sie ihm die schönsten Worte gegeben hatten, er möge doch nur mit dem
Fiedeln wieder aufhören.
Überhaupt liebte er die Eulenspiegeleien, weshalb mau ihn auch oft Eulen-
spiegel nannte. Wer aber ehrbar war und ihn nicht ärgerte, dein hat der Rübenzal
nie etwas gethan. Ja er half den Verirrten oft wieder auf den richtigen Weg und
erwies sich in jeder Beziehung als ein durchaus mitleidiger Geselle.
(Von einem alten, 80jährigen, Leinweber ans Liebwerda, Berrschafl Friedland
in Böhmen, wie er es von Grossvater und Urgrossvater oft gehört bat.
Die Prinzessin vom Kynast und der Fiedelfritze.
Auf der Burg Kynast lebte einmal eine Prinzessin, die war schwang
Tages ritt sie aus und kam in eine öde Waldgegend, wo der Fiedelfritz sass und
geigte. Spöttisch rief sie ihm zu: „Fiedelfritze, Fiedelfritze 1"
Wie sie nun bald darauf über einen Bach kam. lag drinnen ein Totenkopf.
welcher die Prinzessin so recht angrinste. Voller Schreck ritt dieselbe jetzt nach
Hause und genas eines Knäbleins, welches in allen Stücken aussah wie ein a
Menschenkind, nur statt des Kopfes hatte es einen abscheulichen Totenschädel.
A'iele Ärzte suchten das Kind zu heilen, abei keinem mochl ingen.
Da ritt die Prinzessin ganz traurig in den Wald und begegnete einem allen Manne,
welcher ihr sagte, er wisse wohl einen guten Doktor, der dem Kinde helfen könne.
Und als die Prinzessin sehr bat, versprach der Alte, den Arzt am andern I
auf das Schloss senden zu wollen.
Wirklich kam derselbe auch am folgenden Morgen an; und nach einiger Zeit
bekam das Kind Fleisch auf dem Schädel und noch ein bisschen, da war es wie
ein anderer Mensch.
Hocherfreut wollte die Prinzessin den Arzt reichlich belohnen, doch di
nur: „Ärgert künftig den Fiedelfritz nicht mehr- und verschwand.
(Mündlich von einem «Ojähr. Leinweber aus Liebwerda, Bi i
Schütte:
Br&unschweigische Sa^en.
I. Geister.
a) Spukgeist.
Einst ging ein Mann von Vechelde bei Braunschweig nach Wiertne. Als er
nach dem Busche Kam, schien es ihm, als stände da jemand. Er sagte guten
Abend, bekam aber keine Antwort. Ua sagte er: „Ik segge noch einmal guden
Abend", erhielt aher wieder keine Antwort. Das dritte Mal wollte er zufassen.
Da kriegte er aber einen Schlag an den Kopf, dass ihm gleich der Hut so weit
wegflog, dass er ihn nicht wiederfand. Der Schlagende aber war ein Geist ge-
wesen.
b) Mann ohne Kopf.
Im Ochsenbruche bei Sophienthal, unweit Braunschweig, war es nicht richtig.
Einst gingen zwei Männer dahin, um Weiden zu holen. Da sahen sie einen Mann
ohne Kopf dastehen, sodass sie es nicht wagten, Weiden zu stehlen.
II. Hexen.
a) In Schöningen legt eine Frau noch heutigen Tages, wenn eine Käsefrau
kommt, die, wie sie glaubt, ihrer Enkelin etwas angethan hat, einen Reisbesen
vor die Thür. Denn über ihn können Hexen nicht gehen, sondern müssen zurück.
b) Auf Lodahls Hofe in Gross-Dahlum bei Schöningen starb vor vierzig Jahren
immer viel Vieh. Da sagte jemand, es sei behext. Der Besitzer solle einmal ein
Stück Knäuel kochen. Sobald dies ins Kochen käme, würde es klopfen. Aber er
solle vorher Fenster und Thüren schliessen und niemanden einlassen. Wer dann
klopfe, behexe das Vieh. Es dauerte auch nicht lange, da kam die Nachbarin,
eine alte Frau, und klopfte, aber es wurde nicht aufgemacht. Darauf rodete man
das Knäuel unter der Schwelle des Pferdestalles ein, und von da ab starb kein
Vieh mehr.
III. Unruhe im Grabe.
a) Auf dem Amte in Gross - Dahlum geht allnächtlich um zwölf Uhr eine
Mamsell mit einem Bunde Schlüssel umher.
b) Ein junges Mädchen, das bei Kahmanns in Gross-Dahlum diente, war
plötzlich gestorben, ohne 25 Pfennig, die sie sich geborgt hatte, zurückgegeben zu
haben. Das Hess ihr im Grabe keine Ruhe. Sie erschien jeden Mittag um 12 Uhr
beim Essen in der Stube. Endlich schickte man zum Pfarrer, und der fragte sieT
was sie hätte. Da antwortete sie, sie hätte von ihrer Mitmagd 25 Pfennige geborgt,
aber vor ihrem Tode nicht zurückgegeben. Das Hesse ihr keine Ruhe, denn ihre
frühere Mitmagd verfluche sie. Da sprach der Pfarrer, ihre Schuld sei vergeben,,
und der lebenden Magd redete er zu, die Gestorbene nicht mehr zu verfluchen.
Nnn fand sie Ruhe im Grabe und kam nicht wieder.
IV. Spukende Tiere.
1. Welthund.1)
a) Vor dem Thore Alversdorfs bei Schöningen sass der Welthund auf einem'
Steine. Er lief auch in den Gassen des Dorfes umher und hatte Augen so gross
wie eine Butterschwarbe.
1) Th. Voges, Sagen aus dem Lande Braunschweig. Braunsehweig 1895. No. 112.
114. 118. 119. 120. 121.
Klein»
b Aul' dem w _ ibke nach Warberj - h der
Welthund, t hat aber niemanden] etwas, der ihn zufrieden lieas. Eines \
nach eingetretener Dunkelheil ging dort ein Mann und wollte
Pfeife anstecken. Schon hatte er Pinkeschwamm als er am 1
Feuer sali. Da dachte er, dann Bollst du dir gleich was aufnehmen, griff ab<
die feurigen Augen eines grossen Hundes, der ihm sofort an die Kehl
Von dem Schrecken wurde der Mann so krank, dasa er bald
-. Der blaue Kater.
Up dem Etysbarge (Rii -lutter) hat it sik. as d<
ofte seihn laten de blaue Kater — an hat de Lüde vorferi D
(Joh. von Scheppau [+ L667 . 3. Osterpredigl B. I
3. Der eiserne Bulle.
Ein eiserner Bulle geht bei Alversdorf im Nackenthale auf einer Wiese, die
rings von Bergen umgeben ist.
4. Pferd mit einem Strohschwanze.
In Ingeleben bei Schöningen ging ein Pferd mit einem strohernen Schwänze.
Kinos Abends kam jemand in Kimekes Stube und sagte, ihr Pullen stände \oi
dem Hofe. Da sagte der Vater zu seinen Söhnen: BHe je wedder en Stall open-
elaten? Halt et rin!" Als sie es aber in den Stall brachten, sahen sie. das
einen Strohschwanz hatte. Da Hessen sie es schnell wieder hinaus. Eine -imune
aber erscholl, für diesmal sollten sie keine Strafe haben, aber in Zukunft sollten
sie stehen lassen, was ihnen nicht gehorte.
V. Kreuzstein.
Bei Wahrstedt, unweit Öbisfelde, stand früher ein Kreuzstein, der sich jede
Nacht um 12 Uhr herumdrehte.
VI. Schöppenstedter Streiche.
1. Ziege auslauten.
In Wangelnstedt bei Stadtoldendorf erkrankte die alte Krau eines Landwirtes,
der dicht bei der Schule wohnte, gefährlich. Demselben Landwirte war aber auch
eine Ziege krank geworden und gestorben. Sein Nachbar, der von der Bchlimmen
Krankheit der Ziege gewusst hatte, fragte ihn: „Is Be daute?" -da", sagte der
Mann. Das hörte der Schulmeister und läutete sofort die Ziege aus. denn er
hatte gedacht, die Krau wäre gestorben.
2. Ehrung des Bullen.
In Lenne bei Stadtoldendorf war Sommermusik. Aul dem Platze bei der
Kirche war ein Zelt aufgeschlagen und alles in vollem Schwünge. Als aber der
Hirt zurückkehrte, wollte der Bulle sein Recht behaupten und auf dem gewohnten
Wege in seinen Stall zurückkehren. Da fand er den Weg durch das Zell
und brüllte: „Wat is denn düt?" Der Vorsteher, der da meinte,
Vorgesetzter, antwortete: „Gnädiger Herr, es ist Ball." D ler Bulle: BNa
nu, na nu!~
3. Grabschrift in Kenne.
In demselben Kenne soll auf dem Kirchhof ein Grabstein liegen mit folgender
Inschrift:
„Hier unter diesem Leichenstein Dass ei ein Ochse werden sollt',
Da liegt des Tischlers Ochsen Söhnelein. Drum nahm er ihn aus dieser
Der liebe Gott hat nicht gewollt, Wohl in sein liebes Himmelszelt."
340
Höfler:
Ich habe aber den Sinn trotz mehrfachen eifrigen Suchens nicht finden können,
wiewohl mehrere Leute in benachbarten Dörfern ihn gesehen haben wollten und
mir sogar die Stelle genau bezeichneten, wo er läge.
4. Tanzlust in Lcnne.
Bei einer Beerdigung war gerade Tanzvergnügen in der Wirtschaft. Als man
mit der Leiche vor dem Wirtshanse angekommen war, machte man Halt und ging
hinein, um erst einmal zu trinken. Dabei kamen die Leidtragenden in Geschmack,
fingen an zu tanzen und vergassen ganz den Sarg, der auf der Strasse stand.
5. Mainzholzen wird verkauft.
Dem Dorfe Mainzholzen bei Stadtoldendorf wurde einst vom Staate eine Steuer-
last von achtzehn Thalern jährlich auferlegt. Die glaubte der Gemeinderat nicht
aufbringen zu können. Er richtete daher an das Staatsministerium ein Schreiben,
dass die Gemeinde bereit sei, lieber ihren ganzen Besitz für achtzehn Thaler zu
verkaufen.
Braunschweig. Otto Schütte.
Kröte als Gebäckmodel.
Das Münchener neue Xational-Museum birgt gegenwärtig (Mai 1001) in seinen
Nebenräumen eine Sonderausstellung „München im XVIII. Jahrhundert". Unter
den vielen für Volkskunde höchst wichtigen Ausstellungsgegenständen (vor allem
u. a. der geradezu einzige Leinwandschrank) fiel darin dem Unterzeichneten als
bisher ihm Neues auf das aus Kupfer ge-
triebene Model einer hierorts sonst bloss
in Eisen oder Wachs hergestellten Votiv-
kröte, deren Abbildung anbei steht. Das
Model hat die gewöhnliche Grösse und
Form eines sogen. Gugelhupfs oder Napf-
kuchens, d. h. es ist ein in Kupfer ge-
triebener Hohl-Model für ein etwa 15 cm
hohes Hefegebäck, welches sonst meist
einen Fisch (Karpfen), eine Melone, Traube,
Muschel1), Schnecke, Krebs, also frutti
dimare darstellt. Der Venediger Kupfer-
handel brachte wohl auch die Kupfer-Model
für solches Gebäck nach Süddeutschland
und in die besseren bürgerlichen Küchen
Das betreffende Kröten-Model stammt aus
der bayerischen Hofküche der Münchener
Residenz und stellt eine Schildkröte dar,
genau so wie sie in Wachs an verschiedenen
Wallfahrtsorten und zu verschiedenen Zeiten
geopfert wird (s. Beiträge zur Anthropologie
Bayerns IX, 1891, 109. Abbild. 16 u. 20); in bürgerlichen Küchen war dies Model
dem Unterzeichneten bis jetzt unbekannt. Viele solcher Gebäck-Model mögen
wohl auch als Sulzformen verwendet worden sein; ursprünglich aber waren sie
für Teigformen bestimmt. Dieses Küchengebilde, das von der Küste des Mittel-
1) Auch das Fastengebäck im Beiram zu Kairo hat Muschelform.
Kleine Mitteilt
nteeres kam, erklärt vielleicht auch, warum an deutschen Knitorten die „Schild-
kröte", die doch nie in Süddeutschland (auss< beimisch war,
in Wachs geopfert wird. Der Künstler fWachszieher, I nach
der Form des kupfernen Küchen-Models her, w< I
darstellt. Die vom Eisenschmied hergestellten Votivkröten aber sind fast aus«
schliesslich nur einheimische Kröten (Krotten, Brotzen, Böppin, Mets Rana buffo ;
d. h. das Schildkröten-Yotiv ist importiert, das Kröten-Votn
einheimisch.
Ein anderes Napfkuchen-Model dieser Sammlung aus der bayerischen BofkUche
zeigt auf seinem Grunde auch eine Weiberfratze; es ist dies vermutlich dii
Bäbe, Baba, oder das dieser exogenen Dämonin dargebrachte Kuchenopl
Baba siehe Schöppner, Sagenbuch 1, 200. Ztscbr. t. österr. Volkskunde L896,
Spiess, Idiotikon, 18. Weinhold, Schles. Wörterbuch, 7. Schmeller I. 190 l r-
quell IL 149. Archiv f. Religionswissenschaft 1900. Bavaria III. 295. 8ch<
Kloster IX, 70. Verhandl. d. Berliner Anthropolog. Gesellschaft 189
M Böfler.
Eiii uckermärkischer Brauch bei der Brautwäsche.
In Joachimsthal in der Uckermark herrscht noch folgender Brauch: Wenn die
Brautwäsche für ein junges Paar gewaschen ist, so wird der Trockenplatz reich
mit Kränzen und Gewinden geschmückt, ehe das erste Stück Wäsche über die
Leine gehängt wird. Später tritt dann die älteste Waschfran auf die Brant zn
und spricht:
Ich habe vernomm* n.
Dass die Jungfer Brant ist gekommen.
Wir haben der Jungfer Braut ihre Wasche gehangi Q
Sie wird sie empfangen,
Und wird sie so erhalten,
Wie sie ihre Mutter hat gehalten.
Nehmen Sie mir es übel,
So nehme ichs Ihnen gern wieder vom Stiebel.
Uie Jungfer Braut soll leben
Und der Herr Bräutigam daneben!
Vivat hoch, hoch, hoch!
Dann geht alles im langen Zuge um den Trockenplatz herum; roran die Braut
mit ihrer Familie, dann die Waschfrauen und wer etwa Bonsi bei derW
hilflich gewesen ist. Dabei wird nach den Klängen einer Ziehharmonika _• bub
Schürt den Ketel nt,
Dat is mine Brut;
Soll sie dat nich sin,
Schleit «1er Kuckuck drin.
Backebeern und Klüte.
Endlich wird unter der flatternden Wäsche ein Tanzchen veranstaltet, und die
Braut muss den Waschfrauen zutrinken und ein Trinkgeld spenden.
Ich wüsste den hübschen Brauch bis jetzt nicht in anderen Teilen unseres
Vaterlandes nachzuweisen und wäre für jede weitere Nachricht dankbar.
Würzburg. Robert Petsch.
3 !•_- Zupitza :
Zum Hubert UNseliliissel.
Zu den von Dr. Max Höfler auf 8. 208 dieses Jahrgangs der Zeitschrift des
Vereins für Volkskunde verzeichneten Orten, an welchen St. Hubertusschlüssel
aufbewahrt wurden, möchten wir ergänzend Hardenberg bei Elberfeld hinzufügen.
L. Bender schreibt darüber in Picks Monatsschrift (III, S. 597) folgendes: „Als
1682 die Regentin der Bergischen l'nterherrsehal't Hardenberg, Isabella Margaretha
von Benisa. verwitwete von Schaesberg, ihren Unterthancn durch ihre häufigen
Verordnungen, die Hunde festzulegen, lästig wurde, und diese sich darüber beklagten,
rechtfertigte sie sich damit, dass sie einen Brief des (katholischen) Pastors Off er-
mann in dem benachbarten Niederwenigen vorzeigte, worin derselbe sich von ihr
den St. Hubertusschlüssel erbat, weil ein toller Hund seine Schweine gebissen."
Elberfeld. 0. Schell.
Bücheranzeigen.
0. Schröder, Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde,
Zweiter Halbband (Musikalische Instrumente — Zwölften). Strassburg,
Trübner 1901. S. XL u. 561—1048. gr. 8°.
Der zweite Band des Schraderschen Werkes (vgl. das erste Heft dieses Jahr-
ganges S. 89 ff.) bringt zunächst die Vorrede, in der Schrader seine Methode aus-
einandersetzt und gegen Angriffe in Schutz nimmt. Im allgemeinen kann ich die
besonders gegen Kretschmer und Kossinna gerichteten Ausführungen formell und
sachlich nur billigen. Eine rein linguistische Paläontologie ist ein Unding. AVer
aber die Linguistik aus der Altertumsforschung ganz und gar verbannen will,
schüttet wieder einmal das Kind mit dem Bade aus. Der Wert der Lehnwörter
ist zumal von Kossinna viel zu niedrig geschätzt worden. Vereinzelt beweisen
sie nichts, wohl aber, wenn sie in geschlossenen Gruppen auftreten. Wir wissen,
dass der kontinentale Sport aus England gekommen ist; der Altertumsforscher wird
es in ein paar Jahrtausenden, wenn andere Beweise fehlen, aus den englischen
Sportausdrücken mit dem besten Gewissen von der Welt folgern dürfen. In der
wichtigen Frage nach dem Ursprung des irischen Christentums versagen alle Argu-
mente, mit Ausnahme der sprachlichen, vgl. Zimmers Artikel „Keltische Kirche"
iu der Realencyklopädie für protest. Theologie und Kirche, Bd. 10, S. 212. In
ausserordentlich zahlreichen Fällen lässt sich freilich angesichts einer Wortgleichung
nicht sagen, wo und wann Entlehnung stattgefunden hat, ja ob überhaupt eine
solche im engeren Sinne vorliegt. Für die Altertumskunde sind solche Reihen
völlig unfruchtbar. Wir stehen z. B. meines Erachtens der Gleichung ai. ayas :
lat. aes : got. aiz machtlos gegenüber und müssen auf ihre kulturgeschichtliche
Ausdeutung einfach verzichten. Schrader ist hier anderer Ansicht und schreibt
den ungeteilten Indogermanen die Bekanntschaft mit dem Kupfer zu. Möglicher-
weise hat er Recht. Mehr lässt sich nicht sagen, und das ist für uns alle, die
wir nach wissenschaftlicher Erkenntnis streben, eigentlich recht wenig. Wer sich
mit indogermanischer Altertumskunde befasst, muss eben lernen, sich zu bescheiden,
dies predigt implicite noch mehr als explicite das vorliegende Buch.
Bei der grossen ' v ,;|s kann i
r erwandern, dass einige und /war nicht ganz ui Lrrtümei mit unter-
laufen. Das S. 622 mit arcas verglichene irisch i diu ar d „Pfeil" ist ein miss-
verstandenes di-burgun „werfen". B. 725 dän. 01 ■_ :- ist ki
wegs gentlich Nagel", sondern altdsl. lykill. - l kymr. llwyth ist ir. In
nicht slicht. S. 861 gr. i •: ■. att. - „Tempel" Kann aicht
mit '"•<;. ..Schill-, zusammenhängen.
564 ff. Mutterrecht. Bei den brittischen Reiten glaubt ma für
die Pikten bezeugten Mutterrechts zu linden, vgl. Rh i People, 8. 37 il.
Es wäre das eine sekundäre Übertragung. - 371 ff. Nahrung, [n das Kapitel
der Speiseverbote gehört ein uralter Zug, den die mittelirisch
des Cuchulinn bewahrt bat C. darf nicht vom Fleisch des Tien
Namen er trägt (cü = Hund). Als er es dennoch thut. wird die Hand, mit d<
das Fleisch ergreift, gelähmt. Ohne Zweifel ist der Name Cuchulinn wirl
totemistisch: als man von solchen Vorstellungen nichts mehr wusste, erfand man
zu Beiner Erklärung die bekannte Sage (El. Hüll, The I = I39ff.). -
Orakel. Weissagende Frauen sind keineswegs auf Griechen und Germanen be-
schränkt — t'>20 ff. Pfeil und Bogen. Fs hätte sieh wohl verlohnt die ver-
schiedenen Typen des Bogens. wie sie bei idg. und anderen Völkern vorkommen,
kurz zu beschreiben. Man unterrichtet sich darüber bei v. Luschan, Zeitschr. I".
Ethnologie, 31 (1898), Verh. S. 221 ff., Festschrift f. 0. Benndorf 1898, 189 ff. b-
kann nichts schaden, wenn man versteht, warum es den Freiern eigentlich so
schwer fiel, den Bogen des Odysseus zu spannen oder vielmehr zu bespani
Wurfpfeile (?) werden bei den Kelten des Altertums namhaft gemacht von Bti
1\. 4, ;»: i<m $s ti xc. ',::,-<(<■ :.y.;: '->!.'.. -/. y ::; oux Ij; »7x1 )
ßokwTepov y.y.: l-'l.yi:. ■ ULotklffTOL /.:>.: r.Z'.i 77.: ... .. .'.:. Auch die
Kymren des Mittelalters schleudern Pfeile laut Giraldus Descr. Cambriae lb
— 663 f. Rechts und links. Die Rechtshändigkeit des überwiegenden Teils
der Menschheit scheint doch einwandsfrei aus der stärkeren Blutzufuhr in der
linken Gehirnhälfte erklärt werden zu können. - 669 ff. Religion. Einer der
meines Erachtens am wenigsten gelungenen, allerdings auch schwierigsten Artikel
des Werkes. Faktisch wissen wir von der Religion des Urvolks nichts, aber auch
gar nichts, denn die durch ein vergleichendes Studium aller Völker des Erdballs
blossgelegtc Grundschicht religiöser Vorstellungen (Seelenglaube, Totem ismus
lässt sich zwar auch für die Indogermanen einigermassen is nachwi
ist aber eben nur die indifferente Unterlage des weiteren Baues, von dem wir in
erster Linie etwas wissen möchten. Und da \ insere Hilfsmittel vollständig.
Wenn Schrader S. 681 folgenden Satz aufstellt: -In dem Vordergrund der Ver-
ehrung müssen die grossen Naturmächte, und unter ihnen wieder der Himmel
(dyäüs), gestanden habend so sagt er bei weitem mehr, als wir wirklich ver-
antworten können. Im Eingang des Artikels werden die Belegstellen angeführt,
aus denen hervorgehen soll, dass die Religion der altidg. Einzelvölker wirklich in
der Verehrung „des Himmels und der von ihm ausgehenden und mit ihm zu-
sammenhängenden Naturmächte" gipfelte. Hur bestraft sich der philolog
Hang, litterarisch bezeugte Meinungen zum Range sachlich erwiesener Fakten zu
erheben. Wenn man bedenkt, dass die Nachrichten, auf denen Schrader
grösstenteils nichts weiter sind als dunkle Gerüchte, aufgegriffen nnd
von Leuten, die den fremden Geist weder verstehen wollten noch verst h< n koi
so wird man sich hüten, einen solchen Ontergrund noch weiter zu 1. Da
gilt auch für Caesars Angaben über die germanische Religion, wie schon Grimm
:; | | Zupitza:
und Mttllenhoff gesehen haben. Ich zweifle keinen Moment daran, dass auch das
[Jrvolk den Himmel irgendwie verehrt, zum mindestens mythisch verarbeitet hat,
etwa nach Art des griechischen Uranusmythus oder der Rangi- Papa-Sage der
Maori. Aber dass wir im Himmelskalt den Ausgangs- und Mittelpunkt der id^.
in überhaupt zu seilen haben, ist eine persönliche Überzeugung, die niemand
zu teilen verpflichtet ist. Ferner scheint mir Schrader, darin keinem geringeren
als H l'sener folgend, die Bedeutung der litauischen Sondergötter für die Re-
konstruktion einer älteren und ältesten Religionsstufe zu überschätzen. Einer Ver-
wendung des litauischen Materials muss eine eingehende Prüfung seiner Quelle
vorausgehen. Diese Quelle ist bekanntlich das Büchlein des Lasicki „De diis
Samagitarum". Sie strömt recht trüb. Ehe man aus ihr schöpft, müssen die Um-
stände, unter denen die Arbeit entstand, die Zeitlage, das Verhältnis zwischen
Laskowski und Lasicki u. s. w. sorgfältig geprüft und erwogen werden. Brückner,
der in seinen Aufsätzen _Litwa. ludy i bogi'" in der Bibl. Warszawka 1897 u. 9$
auf diese Notwendigkeit aufmerksam gemacht hat, zieht jetzt im Archiv f. slav.
Phil. XXII, 569 ff. Dinge an den Tag, die den libellus in höchst bedenklichem
Lichte erscheinen lassen. Also Vorsicht! Die Namen dieser Sondergötter sind
zum Teil ganz junge Bildungen, auch ihre Verständlichkeit ist verdächtig. Die
Litauer haben einst grosse Göttergestalten besessen, für sie ist jedenfalls der
Zustand, den Lasickis Arbeit schildert, sekundär. Dass er darum sachlich sehr
alt sein kann, soll nicht bestritten werden, aber die Übereinstimmung mit den
römischen Indigitamenta nimmt nun doch ein anderes Gesicht an. Auch den
-mythologischen" dainos bringt Seh. ein ungerechtfertigtes Vertrauen entgegen,
sie unterliegen samt und sonders dem Verdacht, Kunstprodukte zu sein. — 724.
Schleuder. Diese altertümliche Waffe, die Strabo IV. 4, 3 den Kelten zuschreibt,
ist den mittelirischen Sagentexten ganz geläufig. Cuchulinn bedient sich ihrer mit
grösstem Erfolge. Der irische Name ist cranntaball, er deutet darauf hin. dass
auch Holz zur Herstellung der Schleuder verwendet wurde, vgl. Maclagan, Games
of Argyleshire 229 f. und Tafel IL Man schleuderte natürlich Steine. Die Sage
weiss ausserdem zu berichten, dass die Ulsterleute sich Wurfkugeln aus einer
Mischung von Kalk und dem Gehirn erschlagener Feinde bereiteten. Einem solchen
Geschoss fällt König Conchobar zum Opfer. — 878 ff. Urheimat. Der Artikel
ist massvoll gehalten, doch sollte Ratzel nicht nur citiert. sondern auch gründlich
verarbeitet werden. Wir können noch sehr viel von ihm und seiner Behandlung
der Urheimatsfrage lernen. - 987. Ziegel. Eine Erwähnung verdienten die um-
fangreichen prähistorischen Ziegelbauten (Briquetages) des Seillethais in Lothringen
(Korrespbl. f. Anthrop. XXXII, 26). E. Zupitza.
Unser Egerland. Blätter für Egerländer Volkskunde. Zeitschrift des
\ ereius für Egerländer Volkskunde in Eger. Herausgegeben von
Alois John. Vierter Jahrgang. Eger 1900, Verlag des Vereins.
S. 66. 4°.
Unter den deutschen Landvereinen für Volkskunde ist der Egerländer ein sehr
rühriger. Sein Stifter und Leiter, der Schriftsteller Alois John in Eger, weiss durch
mannigfache Veranstaltungen das Vereinsleben in regem Flusse zu halten, von
wackeren Genossen unterstützt und durch den patriotischen Sinn der Egerländer
getragen. Das Vereinsblatt, das er herausgiebt, das sechsmal im Jahre erscheint,
beweist auch nach aussen und in die Weite, wie verständig die Aufgaben der
I'.ü.li. hu', igen.
Volkskunde in Eger genommen werden. So bieten denn die vier vollstand
Jahrgänge bereits recht schätzbar.- Material für die Kennti Volks-
lebens nnd Landes. Ans dem vierten Jahrg 0 möchte ich auf die mancherlei
Sagen aufmerksam machen, auf den umfänglichen Artikel II. Uhls über dii
brauche, Aberglauben, Volksdichtung in Absroth, auf die aktenmässigen Erhebo
ober einen Bauernhof vor 200 Jahren, auf das Bild der hl. Kummernuss in der
Franziskanerkirche zu Eger, auf die Mitteilung über den auch Goethe bekannten
Scharfrichter K. lluss und seine Sammlungen jetzt in Königswarl , auf die -
Neidköpfe in Eger u. s. w. Möge der Verein wenn- gedeihen, g;< I oben durch das
Bewusstsein, auf einem wichtigen Vorposten zu Btehen, di s ihm
anvertraut ist. K. \\
Deutsche Mundarten. Zeitschrift für Bearbeitung des mundartlichen
Materials. Herausgegeben von Dr. Job. Willibald Nag] zo Wien.
Bd. I, Heft 4. Wien, C. Fromme, 1901. 8. I VI. 269 383. 8°.
Wir hatten von dieser Zeitschrift in Band VI. VII. IX kurze Nachricl
Nach längerer Pause ist nun das Schlusshel't des 1. Bandes 1895 L901 aus-
gegeben worden, das wie auch die vorausgehenden Befte grösstenteils von Hrn. X.
selbst herrührt. Dankenswert ist die Fortsetzung d< r Mundartenbibliographii
F. Mentz.
Meyer, Heinrich, Die Sprach«' der Buren. Einleitung, Sprachlehre
und Sprachproben. Göttingen, Franz Wunder, L901. s. \\l. 105. x
In der Festschrift, welche Göttinger Gelehrte Pfingsten 1900 der Jahres-Ver-
sammlung des Hansischen Geschichtsvereins und des Niederdeutschen Sprach-
vereins darbrachten, fand sich ein Aufsatz über den Ursprung der Burensprache
von Dr. Heinr. Meyer, Assistenten an dem Göttinger Institut für das Grimmsche
Wörterbuch. Es ist sehr dankenswert, dass der \ erfa8Si r Beine Aufgabe, sehr er-
weitert und tiefer gegründet auf ein weil reicheres Material, unterstütz! auch durch
einen geborenen Kapholländer, für weitere Kreise noch einmal gelöst hat, und so
die Sprache des tapferen wackeren Burenvolkes uacb Ursprung und Wesen ms
klare Licht stellt und selbst zu praktischen Zwecken ihre Kenntnis m Beiner Arbeil
vermittelt. Er hält sich deshalb von der sprachwissenschaftlichen Behandlung
Stoffes absichtlich fern und setzt keine gelehrten Kenntnisse für das \ erständnis
der Grammatik voraus.
Die Heimat der Burensprache ist in Nordholland zu Buchen: von hier und
besonders aus Amsterdam werden die ineisten der ursprünglichen Ansiedle]
17. Jahrhunderts gewesen sein. Aber sehr früh gestaltete snh das Kapholländ
um, unter welchen Einflüssen ist noch nicht ganz klar, nach Dr. Mey< rs Vermu
in dem mündlichen Verkehr der holländischen Afrikafahrer unter Bich und mit
den Küstenbewohnern, besonders den malaiischen Portugiesen oder Kreolen, mit
denen sie am meisten zu thun hatten. Die grammatischen Endungi ver-
loren, die sprachlichen Mittel wurden überhaupt vereinfacht und so diese merk-
würdige Sprache geformt, die kaum Grenzen zwischen den Wortklassen kennt,
die dürftigsten Konjugations- und Deklinationsformen besitzt und daher auch eine
ungemein einfache Syntax hat. Bis vor wenig Jahrzehnten hat diese Sprache nur
im mündlichen Verkehr gedient; unter dem Drucke der im öffentlichen Leben zur
346 Weinhold:
Herrschaft dringenden englischen Sprache im Kapland( winden von patriotischen
Huren, besondere der Genootskap van Regte Afrikaners, seit 1874 Versuch'
macht, ihr Idiom zur Schriftsprache zu erheben. Aber der neue Freistaat Trans-
vaal nahm nicht das Afrikanische, sondern das Holländische als Staatssprache an.
und sii stehen nun drei Sprachen, das Englische, das Holländische und die Buren-
sprache auf dem Plan um die Oberhand in Südafrika. Über diese Verhältnisse
und alles einschlägige Geschichtliche und Litterarische giebt „die geschichtliche
Einleitung" Dr. Meyers Auskunft.
Auf die Grammatik der Burensprache folgt noch eine Sammlung von Sprach-
proben, die von lehrreichen, nützlichen Anmerkungen und einem Wortregister
begleitet ist. K. W.
Bä8S, Alfred, Deutsche Sprachinseln in Südtirol und Oberitalien.
Eine volkskundlich - sprachwissenschaftliche Untersuchung. Leipzig,
Selbstverlag des Verfassers, 1901. 8°.
Dieses Buch bietet auf 104 Seiten n0 wohl die umfangreichste Sammlung alles
dessen, was über die Örtlichkeit und Volkskunde aller deutschen Sprachinseln in
Welschland gesagt werden kann und laut Schriftennachweis bisher geschrieben
wurde. Eine sprachwissenschaftliche Erörterung jedoch enthält es nur in geringem
Masse, der Verfasser verweist vielmehr auf Sprachproben, die in einem anderen
Heft enthalten sein sollen. Die Darstellung ist grossenteils „touristisch", mitunter
weitschweifig. Sehr eingehend wird Lusern behandelt, die vom welschen Schul-
verein -Lega nazionale" am meisten befehdete und darum wichtigste Enclave Süd-
tirols. Eine Landkarte und einige Ansichten gewähren dem Auge angenehme Rast.
Mit stiller Wehmut liest man den Abschnitt über die 7 und 13 Gemeinden in
Oberitalien, die dem deutschen Volk aller Voraussicht nach verloren sind. Eine
Zierde des Werkes bildet das reichhaltige Verzeichnis von deutschen Seelsorgern
in der Provinz Vicenza. welche im 14., 15. und 16. Jahrhundert für die unter dem
Löwen von San Marco hausenden Deutschen wirkten. Tempi passati! sagt der
Italiener. Volle Anerkennung verdient der Sammelfleiss des Verfassers, und noch
mehr seine Liebe für den Gegenstand, eine Liebe, die sich dem Leser unwill-
kürlich mitteilt. Möge sein Weckruf beitragen, das Interesse für die deutschen
Inseln in Welschtirol zu steigern, damit selbe aus dem Kampfe um ihr altes
Volkstum siegreich und heil hervorgehen. Nach der urkundlichen Darstellung des
tirolischen Geschichtsforschers Rudolf Kink, dem der Verfasser verständnisvoll
beipflichtet, siedeln sie dort schon seit dem 12. und 13. Jahrhundert, haben also
ein Anrecht auf die Forterhaltung der Muttersprache und auf die Teilnahme der
Stammesbrüder.
Margreid in Südtirol. Joh. Steck, Pfarrer.
A. Brunck, Volkskundliches aus Garzigar. Druck und Verlag von
Straube in Labes, 1901. S. 60. 8°.
Garzigar ist ein Dorf im östlichen Hinterpommern, in einem verdeutschten
Striche Kassubiens, wo Herr Oberlehrer Dr. Brunck fünf Ferienwochen zubrachte,
in denen er fleissig und mit guter Unterstützung volkskundlich Interessantes sammelte.
Das vorliegende Heft ist aus den Nummern 3. 4. 6. 7. der Blätter für Pommersche
Volkskunde, Jahrg. 1901 zusammengedruckt. Es enthält Märchen, Schwanke und
3 1 7
Schnurron (S. 4—36), Volksglaube ler and Eteimi I
55 — 60), and bezeug! aufs aene den merkwüi ichtnm, den Pommern
jetzt .m alten volkstümlichen l berlieferungen hat, z tuch die } en»
schalt des pommerellischen Volkstums mit dem meckli hen.
K. Craig Bfaclagan, The Games and Diversions of A.rgyleshire Pul
the Folk-lore Society, XLVII). I. Ion, D. Nmt. 1901. VII, 270 S.
Das alte Airer Göidel (Land der Gaelen . das heutige ^rgyleshii
eine der ersten Etappen des erobernden [rei »n Irland kommend
den Pikten nach Osten zurückwarf. Heute wird es von einer teils -
englisch sprechenden Bevölkerung bewohnt. Im Verein mit Mitarbeitern, die im
Vorwort namhaft gemacht werden, hat Maclagan versucht, einen Teil des reichen
Schatzes volkstümlicher Tradition zu heben. Er beschränk! sich auf Mitteilung
ab. Vergleiche, zu denen das bekannte Werk von Mrs. Gomme diese
Ztschr. iV. 223; IX. L03 geradezu herausfordert, werden absichtlich venu
Der Leser findet ohne besonderes Suchen manchen alten Bekannten. Eine Nach-
prüfung des Gegebenen ist natürlich ausgeschlossen. ••■ Zupitza.
Katalog dziel tresci przyslowiowej Bktadajacych bibljoteke. [gnacego
Bernsteina. Catalogue des livres paremiologiques composanl La biblio-
theque de Lgnace Bernstein. Varsovie 1900 Bd. 1. XX u. 560
Bd. II, 650 S. Lex. 4°. (Zu beziehen durch Otto Barrassowitz in
Leipzig.)
Ein reicher Warschauer Bürger, Herr [gnaz Bernstein, war 1865 durch
einen Zufall, durch einen in Berlin gehörten Vortrag über die Weisheit der Völker
in ihren Sprüchen, über deren ethisch.' und völkerpsychologische Bedeutung, zum
Sammeln einer Bibliothek der Sprichwörter aller Völker und Zeit«
und handschriftlicher, selbständiger Werke und Ausschnitte aus Zeitschriften, an-
geregt worden. Xach fast vierzigjährigem Sammeln entstand eine Spnchwi
Bibliothek, die ihresgleichen auf der Welt nicht hat; sie umfasst 1761 einzelne
Nummern, darunter grosse bibliographische. Seltenheiten, in über 150 Sprachen, in
Sprachen sogar wie Ambundu, Uganda, Ronga u. s. w. Besondei ht ist
natürlich auf die slarischen Sprachen gelegt, namentlich auf das Polnische, da-
mit 300 Nummern der Drucke vertreten ist; von den 70 Handschriften .st „her
die Hälfte polnisch.
Diese Bibliothek ist nun nicht bloss Frucht der zufälligen Sammelwut
Mannes, dessen Mittel ihm gestatteten, alle Antiquariate der Welt für - eiali
sich dienstbar zu machen: sie hat bereits erfreuliche, bleibende m tftliche
Verdienste auf ihrer Rechnung. Denn das grosse polnische Sprichwörterlexikon
von S. Adalberg, über welches wir seinerzeit 1895 in der Zeitschrift 1
ist erst durch diese Bibliothek und ihre Bestände ermöglich! worden, di<
Sammler dem Arbeiter willig zur Verfügung stellte: ein zweites Verdienst
die Herausgabe des Katalog derselben, der für die gesamte Sprichworterkunde
der Welt einen ausserordentlich reichhaltigen und belehrenden gewahrt
Die Ausstattung des Werkes ist eine monumentale: Drugnhns 0^"«^
musste alle möglichen Schriften liefern: in Warschau wurden die über 300 ^Repro-
duktionen, meist der Titelblatter der verschiedensten Seltenheiten, hergestellt, der
:,|v Weinhold: Bücheranzeigen.
erklärende Text ist polnisch, mir Titel and Vorrede sind auch französisch. Die
Bedeutung dieses Katalogs für jeden, der sich mit Sprichwörtern beschäftigt, bedarf
keiner weiteren [Hervorhebung und es wäre nur zu wünschen, dass auch für andere
Gebiete, nicht nur speoiell fürs Polnische, diese Mustersammlung ausgenützt würde.
Das Sprichwort unter allen Schöpfungen des Volksgeistes seiner Natur nach am
meisten kosmopolitischen Stempels, verlangt gebieterisch eine komparative, möglichst
weit ausholende Behandlung; die Ähnlichkeit der Sprichwörter bei den meisten
Völkern ist längst aufgefallen; es giebt sehr interessante, specielle Berührungen.
z. B. der südslavischen und russischen Sprichwörter mit den griechischen; Ent-
lehnungen und Beeinflussungen spielen hier eine weit grössere Rolle, als man
noch bis unlängst anzunehmen gewohnt war. Für alle diese Arbeiten der Zukunft
bildet schon der Bernsteinsche Katalog eine Hilfsquelle ersten Ranges, wenigstens
durch das Verzeichnen der einschlägigen Litteratur, durch die bequeme, zuverlässige,
reichhaltige Einführung in die vorhandenen Bestände: doppelt glücklich freilich
bleibt derjenige, der diese Schätze selbst für die Wissenschaft wird flüssigmachen
können; die aufgewandte Mühe wird durch neue, interessante Ausblicke auf die
viel verschlungenen Pfade ethnischer Berührungen, Austausche, sicher gelohnt
werden. Möchte doch die reiche Sammlung im Sinne der Düringsfeldischen Arbeiten
möglichst bald und fruchtbar ausgenützt werden.
Berlin. A. Brückner.
Wotjakiscke Sprachproben. Herausgegeben von Yrj ö Wich man n.
I. Lieder, Gebete und Zaubersprüche. Helsiugfors, finnische
Litteratur-Gesellschaft, 1893. S. XX. 200. 8°. — IL Sprichwörter,
Rätsel, Märchen, Sagen und Erzählungen. Ebenda 1901. S. IV
und 200. 8°.
Die Wotjaken gehören zu den finnisch-ugrischen Völkern im östlichen Russland.
Ihre Sprache, die in ziemlich viel Dialekten gesprochen wird, hat seit einigen
Jahrzehnten die Aufmerksamkeit der finnländischen und ugrischen Sprachforscher
auf sich gezogen, und bei dieser Gelegenheit sind auch für die Volkskunde Früchte
abgefallen. Die Sprachproben konnten eben nur dem Volksmunde entnommen
werden. In den vorliegenden zwei Bänden, welche in dem Jahrbuch der finnisch-
ugrischen Gesellschaft in Helsingfors XI, 1. XIX, 1 erschienen, hat Herr Yrjö
Wichmann die volkskundlichen Sammlungen, die er als Stipendiat der Gesellschaft
auf wiederholten Reisen zu den "Wotjaken machte, veröffentlicht. Der erste Band
bietet die verschiedensten Lieder in vier Dialekten: Hochzeit- und Liebeslieder,
Loblieder, Festlieder, Rekrutenlieder, vermischte, Scherzlieder, Klagelieder der Braut
beim Abschied, der Gatten und der Eltern beim Tode der Angehörigen. Dann
folgen Gebete (die Wotjaken sind russische Christen) und Zaubersprüche und Be-
schwörungen, alles uns fremdartig, von einer anderen Kulturstufe. Das gilt natürlich
auch für die im zweiten Teil erschienenen Sprichwörter und Rätsel und mehr oder
minder für die 5.3 Märchen und Sagen. Es finden sich unter denselben Stoffe,
die uns im Westen auch bekannt sind, z.B. No. 51 Die Hebamme und der Wasser-
geist. Während unser Wassermann sich der helfenden Frau dankbar erweist, zum
Teil auch noch in kommenden Geschlechtern, ist der Wassergeist hier undankbar
und roh. In No. 28 Der Wassergeist und der Bär erscheint eine Variante der
verbreiteten Geschichte von dem dummen Teufel, der von der Feldfrucht, die der
Mensch säet, das eine Mal die obere, das andere Mal die untere Hälfte zu seinem
de.
Schaden wählt vgl. ansre Zeitschr. VIII, 21 lie Bären
von einem Menschen ;ii>. der sich Baare über dei Leib wünschte, als er
nackt auf einen Baum kletterte and die Zweige ihn schlagen, [i N
wir in echt wotjakischem Gewände jener Fabi
aber tue natürlichen Verhältnisse, die der mittelhochdeutsche Dichter der Stricker
in seinem Kater als Freier and auch andere Weinhold, Mittelhochd
bnch, 4. A . S. 166) bearbeitet haben. Auch Geschichten Dach Bchö]
fehlen nicht. Nb. 4'.». 50. Von mythischen Wesen tritt der Wald{
der Wassergeist auf. Die Geschichten sind nicht aninteressant, [ch will nui
wähnen, dass der Wassergeist seine Tochter einem Wotjakenknaben verheiratet
und dass das Paar eine Zeitlang bei den menschlichen Eltern lebt, dann aber zu
dem Vater der Frau geht und hier bleibt. Der deutsche Wassermann straft den
Verkehr Beiner Töchter mit den Menschensöhnen. Jedenfalls verdienen
Wotjakiscben Sprachproben des Herrn V. Wichmann die Aufmerksamkeit aller
Volkskundijren. K ^
Aus deu
Sitzungs- Protokollen des Vereins für Volkskunde.
Freitag, den 2»;. April 1901. Herr Robert Mielke wies die l. Liel
des grossen, vom Verbände Deutscher Architekten- und [ngenieur- Vereine heraus-
enen Werkes „Das Bauernhaus im Deutschen Reiche und in seinen Grenz-
gebieten" vor, das bei G. Kühlmann in Dresden erseheint, für Subskribenten 60,
sonst 80 Mk. kostet und 120 Tafeln enthalten wird. S.ine Bedeutung für das
Studium des deutschen Hauses leuchtet ein. Darauf gab Herr Oberlehrer Dr.
Schulze-Veltrup eine Geschichte der westfälischen Bauernhöfe. Die
alten Sachsen, die von Karl dem (.rossen dem mächtigen Frankenreich einverleibt
wurden, lernten durch die Klöster Werden, Essen, Corvey, Herford, Fn
hörst u. a. die Segnungen des Christentums kennen: diese Pflanzstätten der Kultur
haben belehrenden Einfluss auf Acker- und Wiesenbau. Nicht allem als Raufleute
an der Ostsee, im fernen Russland, in Bergen and im Stahlhof zu London, sondern
auch als vorzügliche Kolonisten treffen wir die Westfalen Bchon im 12. Jahrh. in
dem Eibgebiet und bald darauf in Holstein, Mecklenburg, Pommern, Preussen und
Livland. Der westfälische Bauernhof ist noch heute das unverfälschte Bild der
germanischen Ansiedlungsform; mit seinem angeheuren I in dem M
und Vieh nebeneinander hausen, und den zerstreut liegende ebäuden macht
derselbe einen patriarchalischen Eindruck, der die Beschreibung, die Tacitus in
seiner Germania von den deutschen Änsiedlungen giebt, in uns wach ruft. Etwa«
abseits von der Landstrasse liegt das Gehöfte inmitten stattliche) Eichen, Buchen
und Linden. Der westfälische Bauer bat noch Ehrfurcht vor den Liehen, und es
kostet ihn nicht selten grosse Überwindung, dieselben zu fällen. Von der alten
Villikations- und Markenverfassung haben sich an einigen Stellen noch !;• -
halten Der Villicus oder Schulze war im 11. Jahrh. noch Beamter des Grund-
herrn; als sich dann im 12. und 13. die alte Hofesverfassung änderte, wurde er
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 2 l
350 -,,r:
erst Zeit-, dann Erbpächter der Baihufe. Er ttbte die niedere Gerichtsbarkeit aus.
die aber im Jahrhundert der Reformation sehr eingeschränkt wird. Die Besitzer
der l athufen «raren glebae adscripti. Auch wurden Güter nach römisch-fränkischer
an Coloni gegeben. Die Hörigkeit der meisten Böfe gründete sich zunächst
auf ein«' Schutehörigkeit Besonders im L2. und 13. Jahrh., wo die Zustände auf
dem Lande immer ansicherer wurden, begaben sich die freien Bauern in den
Schutz eines geistlichen oder weltlichen Grossen und bezahlten für diesen Schulz
Abgaben; damit sind sie vom Heerbann frei und gegen Übergriffe und Willkür
besonders der aufkommenden Ministerialen, die bald eine Macht wurden, gesichert.
Diese Abgaben wurden aber später nicht selten von dem Herrn willkürlich er-
weitert und die Bauern wurden bedrückter; sie werden zum Teil sogar leibeigen.
Die Abgabe, die das Volk am schwersten traf, war das Mortuarium, Kurmede oder
auch Besthauptrechi genannt, Die Reformation lindert die Leiden der Bauern
nicht. Auch durch harte Kriege (den niederländisch-spanischen, den 30jährigen,
die Kriege Bernhards von Gahlen und den 7jährigen) hatten die westfälischen
Gemeinden sehr zu leiden: schwere Kontributionen wurden ihnen auferlegt; aber
treu haben die westfälischen Bauern auf ihrer ererbten Scholle ausgehalten. Erst
der Anfang des 19. Jahrh. bringt ihnen die langersehnte Freiheit wieder. Ungeteilt
geht der Hof auf einen der Söhne über, bald auf den ältesten, bald auf den
jüngsten, je nachdem Majorat oder Minorat Sitte ist. [Schulze-Veltrup.] —
Herr Geheimrat Meitzen knüpfte hieran Bemerkungen über die Vorgeschichte
Westfalens.
Zum Schlüsse sprach Herr Robert Mielke über niederdeutschen Bauern-
schmuck. Derselbe hat neuerdings Beachtung gefunden und ist in vielen Museen
gesammelt worden (Hamburg, Altona, Glückstadt, Meldorf, Apenrade, Kiel, Lübeck,
Lüneburg, Braunschweig, Berlin). Er unterscheidet sich in der Technik und den
Gebrauchsformen nicht unwesentlich von süddeutschem, Tiroler und schweizerischem
Schmuck, der auch in der Bewertung als Hochzeitsgabe anders geartet ist. Der
Hochzeitstag ist im allgemeinen der Geburtstag des Schmuckes — schon seit dem
16. Jahrh., in dem besondere Hochzeitsmedaillen mit entsprechenden Inschriften
geschaffen wurden. Indessen lässt sich das Alter der in unseren Sammlungen ver-
einigten Stücke selten über das 18. Jahrhundert zurückverfolgen, obwohl es an An-
deutungen über das hohe Alter einzelner Formen nicht fehlt. So lassen sich
skandinavische und holsteinische Ringe in Schlangenform mit einem solchen aus
einer Amrumer vorgeschichtlichen Graburne in Beziehung setzen, so deutet auch
eine Bemerkung Thietmars von Merseburg, nach der Seeräuber bei einem Überfall
Stades 994 den Frauen allein die Ohrringe rauben — die danach einen besonderen
Wert gehabt haben müssen — , auf eine alte Überlieferung der merkwürdigen
Ohrgehänge- in Ost- und Westfriesland hin. Es ist auch nicht ausgeschlossen,
dass die eigenartige friesische Goldhaube sich bis zu den salischen Franken zurück-
verfolgen lässt, falls eine malbergische Glosse der Lex Salica richtig gedeutet ist.
Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts bilden sich immer mehr landschaftliche und
örtliche Gruppen aus, die wie die Tracht zu Erkennungsmarken einzelner Kirch-
spiele wurden, was andererseits wieder eine blühende, selbst auf Dörfern sich
festsetzende Goldschmiedekunst in Niederdeutschland erstehen liess (Lüneburg,
Rotenburg, Stade, Buxdehude, Winsen, Vierlande [Neuengamme, Bergedorf], Elms-
horn, Krempe, Glückstadt, Schönberg in der Probstei u. a.). In dieser landschaft-
lichen Gruppierung stehen — von Holland abgesehen — Ostfriesland und die nord-
friesischen Inseln obenan, von deren Bewohnern die Chronik des Häuptlings Unico
Manninga bereits für das 16. Jahrhundert eine besondere Vorliebe für Schmuck
Protokolle.
bezeugt. Bemerkenswert anter den Schmackgegenstäi lande
sintl Baisketten, Spangen, Ohr- und Pingen blosser, Hefteln, Schnallen,
Nadeln, die neben einer vollen, üppigen Drarisslinie eine hohe Vollen
Filigrantechnik zeigen. Die aordfriesischen Inseln haben sich nicht nur als i
Gruppe mit besonderen Verschiedenheiten abgetrennt, Bon
einen besonderen Typus bewahrt, wie er anch in den Holsteiner ESlbroarschen und
in Ditmarschen sich herausgebildet hat (Kremper-, Wilstermarsch, Osten feld .
Osten zu wird das Filigranwerk einfacher, in der Elendsburger Gegend und mehr
noch nach Lübeck und Schwerin hin immer massiger and schwerer. Allein die
Probstei hat die gute Filigrantechnik bewahrt: sie dürfte auch die Heimat einer
artigen, ersichtlich aus den Verschnürungen einea Kettenmieders heraus-
gestalteten Spange sein, die sich über ganz Holstein und über den Gi
Hannovers bis nach Braunschweig hin verbreitet hat. Eine Brücke zu d
bilden die hannoverschen Eibmarschen (das Alte Land, Kehdingen) und die Vier-
lande mit besonderer Ausbildung des Schmuckes. In der Provinz Hannover Belbst
sind Anklänge an Ostfriesland nachweisbar, indessen leiten die Einzelformen -
zu der südhannoverschen Gruppe mit Braunschweig einerseits, mit dem nördlichen
Westfalen andererseits über, wenn auch städtischer und mitteldeutscher Einfluss
hier stark hervortreten. [Robert Mielke.] Seinen Vortrag illustrierte der Redner
durch Besprechung ausgewählter Stücke aus der dem Museum für Volkstrachten
gehörigen, überaus reichen Sammlung von bäuerlichen Schmuckstücken, die L892
in Chicago ausgestellt war.
Freitag, den 17. Mai 1901. Im Anschluss an den Vortrag des Herrn Ge-
heimrate Friedel über Fischerei in der Märzsitzung des Vereins (oben S
legte Herr Sökeland aus den Beständen des „Museums für deutsche Volkstrachten
und Erzeugnisse des Hausgewerbes" eine interessante Schlagfalle vor. die in
den oberbayerischen Seeen zum Fangen der Hechte benutzt wird: ferner drei aus
Holz geschnitzte, sehr eigenartig geformte Schwimmer für Angelschnüre, die an-
geblich aus dem Pyritzer Weizacker stammen sollen. Der eigenartigen, fast an
ägyptische oder indische Vorbilder erinnernden Form wegen hat die Museums-
verwaltung Zweifel, ob die Abstammung richtig angegeben sei. Herr Geheimrat
Friede! glaubt bestimmt versichern zu können, dass die vorgelegten Schwimmer
nicht in Deutschland in Gebrauch gewesen sein können. Weiter legt Herr S. eine
unter dem Namen Lungl in Süddeutschland bekannte, in Holz ausgeführte Nach-
bildung innerer, menschlicher Organe — Speiseröhre, Lunge, Herz, Leber u. 8. w. —
vor, die als Votivgabe in vielen Kirchen der Umgegend Salzburgs gefunden wird.
Frl. Marie Eysn in Salzburg schenkte diese Nachbildung dem Trachtenmuseum.
Ausführliche Beschreibung und Abbildung findet sich im vorliegenden Bande
S. 183 ff. unsrer Zeitschrift. Sodann wurden von Herrn S. sogen. Trudensteine
vorgelegt, welche ebenfalls Frl. Eysn dem Trachtenmuseum stiftet.'. Diese Steine
waren und sind zum Schutz gegen die Trudcn (Hexen an den Fenstergittern der
Pferdeställe in Orten der Salzburger Gegend befestigt. Es sind gewöhnliche Qach
geriebene Steine in verschiedener Grösse und Form, aber alle mit einem natürlich
entstandenen Loch versehen, welches das besondere Kennzeichen zu sein scheint.
Der Glaube an das Verhexen des Viehes ist bekanntlich leider auch heute
noch, und nicht nur auf dem Lande, sehr verbreitet. Um zu sehen, inwii
dieser Aberglaube bei seinen eigenen Leuten vertreten sei. fragte Herr Sökeland
vier derselben, ob ihnen bekannt sei, dass man zum Schutz gi - Behexen
des Viehes oder der Pferde durchlochte Steine an das Fenster des Stalles hänge
oder ob sie sonst etwas vom Behexen wüssten. Die Antworten lauteten: Nb. 1,
Roediger: Protokolle.
Schlesien gebürtig: „Nee, bo was macht man bei uns nich, das is ja Unsinn,
das hilft ja auch nich. Aber bei uns in Schlesien legi man einen Reisbesen unter
Schwelle der Stallthür. Wenn ein neues Stück Vieh oder ein Pferd in den
Stall kommt, muss es drüber schreiten und dann kann nie etwas passieren." No. 2,
.mrnern Btammend. ..Sterne an t Fenster? Nee! Daran glauben wir in
Pommern nich. Aber wenn man bei uns ein neues Stück Vieh bekommt und
will nun gegen alles sicher sein, dann legt man ein Stück Brot unter die Thür-
schwelle, über die das Tier gehen muss. dann ist man gesichert. Denn das ist
wirklich wahr und dafür habe ich Beweise, dass einem manchmal das Vieh von
einem anderen verhext wird, so dass es von Stunde an nicht mehr annimmt."
No. 3, aus Wilmersdorf bei Berlin stammend, schon älterer Mann, früher lange
Berliner Droschkenkutscher. Kutscher: „Nee, Herr S., mit die Steene, an so'n
Unsinn jloobten wir nich." S.: „Dann kam also in Wilmersdorf ein Verhexen des
Viehes überhaupt nicht vor?- K.: „Ratierlich kam det vor! Ick sage Ihnen, wir
hatten arme Bauerfamilien, die konnten machen wat se wollten, et half allens
mscht - S.: „Was war denn mit diesen Leuten?" K.: „Na, allet Vieh wat se
kriegten, janz eenjahl. Ferde oder Kühe, allens krepierte, un weil det jar nich
anders wurde, da war et ja janz sicher, det der Stall uf irgend eene Weise ver-
hext war. Un da haben se denn nachgesucht, um et zu finden. Aliens wurde
rausgerissen, det Flaster uffgenommen, un da haben se't ooch gefunden. Wie
se unter't Flaster rinbuddelten, da fanden se'n eisernen Topp mit'n Deckel druff,
un wat war drin? Injeseefte Wäsche war drin! Xu war ja allens klar.
Beese Menschen hatten mit den Topp unn die injeseefte Wäsche den Stall verhext.
Da musste ja det Vieh sterben!" S.: „Woher wissen denn aber schlechte Menschen,
dass ein Topf mit eingeseifter Wäsche so schädlich ist?" K.: „Ja, sehen Se,
Herr S.. der Topp un die Wäsche alleene machen det doch ooch nich; bei det
[nbuddeln is der Topp mit die Wäsche un der Stall besprochen. Det sind
so'ne Menschen, die haben, wie meine Mutter sagte, noch een siebentet Buch
Mosis, da steht all so wat drin." An das Besprechen des Viehes glaubte ferner
No. 4 — aus der Provinz Posen gebürtig — unbedingt. Die wiedergegebene
Unterhaltung kann wohl als Beweis dafür dienen, wie allgemein auch heute noch
an das Verhexen des Viehes geglaubt wird. — Zum Schluss wurden dann noch von
Herrn Sökeland eine sogen. Knudelmühle und ein Stein vorgelegt, die Herr Pastor
Handtmann in Seedorf bei Lenzen dem Trachtenmuseum überwies. Die Knudel-
mühle, welche noch viel in Lenzen gekauft wird, dient zum Massieren, während
mit dem Stein Zahnschmerzen und Gicht geheilt werden können. [Sökeland.]
Herr Prof. Dr. Bolte behandelte, von Roseggers Roman „Der Gottsucher*
ausgehend, das in ganz Europa verbreitete Gesprächslied von den heiligen
Zahlen 1 — 12, seine Verwendung in Märchen, Weihnachts- und Nachtwächtef-
liedern, Deutungen der Spielkarten und weltlichen Parodien. Seinen Ursprung
suchte er nicht in dem erst im 15. Jahrh. auftauchenden hebräischen Liede aus
der Pesach-hagadah (Echad mi jodea), sondern in der vor 440 entstandenen Zahlen-
symbolik des Bischofs Eucherius von Lyon, die in letzter Instanz auf die mystische
Spekulation der Pythagoräer zurückgeht, [Bolte.] An der Diskussion beteiligten
sich die Herren Minden, Rieh. M. Meyer, Sökeland, Friedel. Eine Ab-
handlung über dieses Thema wird in unsrer Zeitschrift erseheinen.
Max Roediger.
Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 1901.
Die Remlingrader Vehmlinde.
Karl Weinhold.
G-edächtnisrede, gehalten am 25. Oktober 1901 im VereiE
für Volkskunde zu Berlin,
vun Max Roedfger.
Anders, als wir es vermuter and hoffen durften, treten wir am heul
Tage nach der Sommerruhe zu unseren winterlichen Vereinigungen wieder
zusammen. Lange hatten wir der Leitung unseres ersten Vorsitzenden
entbehren müssen, selbst bei der Feier des zehnjährigen Bestehens unseres
Vereins war es ans versagt, ihn zu begrüssen. Alna- mir dem Fortschritt
Frühjahrs besserte Bich das Befinden des Leidenden: eine Sitzung des
Vorstandes hielt er am 21. Juni frisch und ohne Beschwerden ab, und als
er gegen die Mitte des .'uli auf 'li<' Reise Dach Nauheim ging, schien es
mir und anderen, die Genesung sei nur noch zu festigen. Das war auch
Beine eigene Meinung. Nicht bloss der Form wegen hatte er Beine Kollej
für den Winter angekündigt und den Mitgliedern des Germanischen
Seminars anzeigen lassen, was er zu betreiben gedächte, damit -i«' -i «1 1
darauf rüsten könnten: sein Vertrauen in die Zukunft Btand fest. Leise
Mahnungen der besorgten Gattin wies er fast ärgerlich zurück. I od sie
hat doch schärfer gesehen. Weinholds Nachrichten über den Eünfluss der
Bäder lauteten bald ungünstig, und am 15. August verschied er.
der Begrüssung des Gesundeten eine Totenfeier, ein Rückblick auf eine
abgeschlossene Erdenlaufbahn Btatt der erhofften Glückwünsche für ein
neues Lebensjahr.
Denn morgen wäre Karl Weinhold 7s Jahre alt geworden. Er ist
am 26. Oktober 1823 zu Reichenbach in Schlesien geboren, wo -'-in Vater
Prediger war. Karl war das älteste, blieb aber nicht das einzige Kind
im Hause: sechs andere folgten, aber nicht so wuchsen die knappen Mittel
der Familie. Dennoch lebte er keine freudenleere Jugend. In die er-
wartungsvollen Schauer der Adventszeit mir dem pelzverhüllten Ruprecht.
den Besuchen des Christkindes im Geleit von Gabriel und Petrus, dem
im Nachbarhaus erbauten Krippel, in den Glanz deö Christbaumes mir den
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901
:;.')! Roedi
darunter ausgebreiteten Gaben läset uns Weinhold in seinem Weihnachts-
buch hineinschauen und die heiligen drei Könige mit den goldenen Kronen
and den weissen, buntbebänderten Kleidern an uns vorüberziehen.
Frühzeitig, als der Knabe erst fünf Jahre zählte, begann der private
Unterricht, schon mit sechs Jahren führte man ihn ine Lateinische ein
und setzte ihn an dae Klavier. Zu Ostern L834 trat er in die öffentliche
Schule und machte Bich bald darauf ans Griechische. Regeres Interesse
für Geschichte knüpfte sich zunächst an die Schicksale der Vaterstadt,
und Ausflüge weckten den Sinn für Natur und schärften den Blick für
die Eigentümlichkeiten der Heimat, denen auch die Mutter ihr Augenmerk
zuwandte. Am Gründonnerstage 1838 wurde Karl konfirmiert und kam im
Oktober nach Schweidnitz auf das Gymnasium, für dessen Secunda er sich
im Examen reif erwiesen harre. 1*40 rückte er in die Prima auf.
Yen dem Treiben auf dem Gymnasium hat Meinhold in dem liebe-
vollen und aufschlussreichen Lebensbilde des Grafen Moritz Strachwitz.
das er der Gesamtausgabe von dessen Gedichten voranstellte, 1*77 er-
zählt. Der Rektor Dr. Julius Jleld gab der Prima das Gepräge. Durch
die Lektüre des Horaz, Homer, Sophokles Offnere er den Schülern die
Augen für das klassische Altertum, trug ihnen daneben die Geschichte
der deutschen Litteratur vor und suchte sie namentlich für Goethe zu er-
wärmen. Aber auch der neueren Dichtung verschluss er sich nicht und
gönnte ihr Platz in der für die Primaner von ihm gegründeten Bibliothek.
Im Winter veranstaltete er Abendunterhaltungen, bei denen sie vor ge-
ladenen Gästen sich als Musiker oder Deklamatoren hören Hessen. Heimlich
that man sich zu einem Verein oder Comment, wie dergleichen damals
hiess. spärer daneben zu einem kleinen Kränzchen Auserwählter zusammen.
strebte, sich der dumpfen, stockenden Zeit in schwärmerischer Erhebung
zu entringen, genoss die moderne Poesie und versuchte sich, dem den
Schlesien] angeborenen Triebe folgend, selbst im Dichten. Bei Weinhold
bricht, wühl ein Erbteil vom Vater her. die Gabe, ein treffendes und
eigenartiges Wort zu finden, früh hervor und kräftigt sich später unter
dem unverkennbaren Einflüsse .Jacob Grimms. Er hat sich auch gern und
zu allen Zeiten poetisches Form bedient für ernsten und scherzhaften
Inhalt, hat noch in Kiel bei kleinen Aufführungen agiert und bewies als
Erzähler und Reiseschilderer scharfe Beobachtung und eine unverächtliche
Gestaltungskraft. So steuerte er denn auch alsbald zu dem Musenalmanach
der Breslauer Studenten auf das Jahr 1843, den der damalige Privatdocent
Gustav Freyrag als gequälter Berater der „stolzen Knaben" seufzend zum
Druck rüstete, vier Gedichte bei, seine erste Arbeit, die unter die Presse
kam. Aber bedeursamer, als dass der ihm befreundete Strachwitz ihn
zum Dichten anregte, war es für Weinhold, dass er durch ihn Percys
Balladensammlung sowie die Yilkina- und Yölsungasaga in Übersetzungen
kennen lernte und dass ihm damals als erste altdeutsche Originale Ett-
müllers K uiii « li Lusrin and von dei Hagens Nibelungemuisgahe in die
Hände fielen. l>a- bestandene Abiturientenexamen machte diesen Xu-
Bammenkünften im März 1842 ein Ende, and am 23 April liess sich
Weinhold in Breslau immatrikulieren.
Zuvörderst als studiosus theologiae, wie dem Pastorensohn am nächnten
lag. Allein schon 1843 beginn! er an der Hand von Grimms deotucher
und Bopps Sanskrit-Grammatik sich ernstlich mir diesen Sprachen si be-
schäftigen, hört im Winter Altnordisch bei Th lor Jacobi anter den
Zuhörern war auch Albreeht Weber, <\>-v Meister des Sanskril und
tritt 1*14 förmlich in die philosophische Fakultät über. Sein« Wendung
zun) Deutschen war entschieden, und zwar durch Jacobi.
Dieses begabten, feinsinnigen Forschers Leistungen haben erst nach
dem vorzeitigen Tode des kränklichen Mannes, als der Betrieb der
deutschen and vergleichenden Grammatik reger ward, volles Verständnis
and die ihnen gebührende Anerkennung gefunden. Weinhold war er
Lehrer and Freund zugleich. Er fährte ihn nicht nur in <li<- Grammatik
und alte Litteratur and Kultur ein, sondern gab ihm auch Beispiel and
Antrieb für die wissenschaftliche Behandlung der oeuereu Litteratur,
namentlich durch seinen Aufsatz ober Goethes Tasso, and unterstützte den
Schüler noch kurz vor seinem Tode lebhaft, da Weinhold zuerst als volks-
kundlicher Sammler an «li»' Öffentlichkeit trat.
In di'u Erinnerungen an Jacobi heb! Weinhold den ausgeprägl
provinziellen CharakteT der Breslauer Universität hervor. Er deutet an.
dass es ihm, als er Ostern 1845 nach Berlin zog, erging wie acht Jahre
früher seinem Lehrer: ihn befiel anfangs ein beimwebartiger Kleinmut.
..Dann aber arbeitete er sich bald in die Denen Verhältnisse mir ihren
weiteren Aus- und Einsichten und dem rascheren Flosse des Lebens" ••in.
Anhalt gewatete ihm, dass er Albrecht Weber dort wiederfand, mir dem
ihn von nun an treue Freundschaft bis zum Tode verknüpft hielt, uml
dass er einen gleich beständigen Bund mit seinem älteren Landsmann
Julius Zacher schloss, an den ihn Jacobi gewiesen hatte. Ihre \Ä
haben sich von da an mehrfach gekreuzt und verschlungen.
Weinhold hörte Vorlesungen bei Karl Lachnaann. Wir sehen ihn
in WYinhülds Mitteilungen aber Lachmann leibhaftig auf der Strassi
dahmschreiten, und er neben Vahlen hat ihn uns durch veröffentlichte
Briefe menschlich näher gerückt un<\ von dem Rufe der Kälte befreit
Auf Jacob und Wilhelm Grimm „schaute sein junges, von Begeisterung
für deutsch.- Art und Geschichte erfülltes Herz mir aller \mla.hr-. Jacob
rühmt er als warm und Lieder. „Seine wunderbare Natur- sog ihn
Vor allem an. seine Forschung- und Darstellumgsweise hat sich ihm am
tiefsten ein-edrückt. Die Alemannische Grammatik ist Jacob „in treuer
Verehrung gewidmet". Persönlich haben diese Begründei der deutschen
Philologie nur kurze Zeit auf ihn gewirkt: er war damals sehen mit seiner
356 üiger:
Doktordissertation beschäftigt, dem Spicilegium formtilaram, Formel-
sammlangen aas den ältesten Dichtungen aller Germanen, durch die, in
Erweiterung eines Jacob Grimmschen Vorbildes, nicht nur der Stil ihrer
Poesie, sondern auch ihre Lebensanschauungen und -Einrichtungen auf-
geklärt werden sollten. Er wurde daraufhin. 22 Jahre alt, am 14. Januar
1846 in Halle zum Doktor promoviert.
Damit waren die Lehrjahre abgeschlossen. Es ging nun schnell Tor-
warts. Durch Heinrich Leo unterstützt, konnte sich Weinhold am 15. April
1847 in Halle als Privatdocent habilitieren. Er reichte eine Abhandlung
über das eddische Gedicht Völuspä ein, die nicht gedruckt worden ist.
aber in einem kleinen Aufsatz in der Zeitschrift für deutsches Altertum
eine Spur hinterlassen hat. Nordische Zeugnisse sollten ihm auch die Be-
deutung des rätselhaften, durch seine Natur ganz für sich dastehenden
<i"rres Loki enthüllen, und wenn der hiermit zuerst den schlüpfriges
Boden mythologischer Untersuchungen Betretende es auch so weniu: zu
allgemeiner Anerkennung seiner Resultate brachte, wie irgend ein anderer
Forscher über Loki vor oder nach ihm, so hat er doch das Material voll-
ständig vereinigt und besonnen geprüft und etliche bedeutsame Gesichts-
punkte richtig festgelegt. Die kleinen Aufsätze über Niördr und ver-
wandte Wörter und Frau Zucht erschienen gleichfalls in dieser Zeit, und
in einem Nachtrag zu der Grimmschen Notiz „Frau kein wildes Tier"
spricht er von seiner Sammlung schlesischer Sagen, Märchen und Gebräuche,
macht einen oberschlesisch - slavischen Hochzeitsbrauch bekannt und an
anderer Stelle ein gläzisches Christkindelspiel. Damit rühren wir an die
Bande, die den treuen Schlesier, wo er auch immer weilte, an die Heimat
gefesselt haben. Die Beschäftigung mit ihr durchzieht seiu ganzes Leben
als eine Frucht der Heimatliebe, die in seinem Elternhause gepflegt ward*
Ich deutete bereits Jacobis Anspornen und Helfen bei diesen Unter-
nehmungen an. Ernstlich setzen sie 1846 seit der Rückkehr des jungen
Doktors nach Reichenbach ein. Er beobachtet das volkstümliche Leben
Schlesiens, trägt Sagen und Märchen zusammen, wendet sich aber vor-
nehmlich der Mundart zu. Als Jacobi ihn in Reichenbach besucht, wird
beschlossen,, ganz Schlesien für die Sammlungen aufzurufen. Jacobi
wusste den neu gegründeten Verein für Geschichte und Altertümer
Schlesiens zur Teilnahme anzuregen, und 1847 ging Weinholds „Auf-
forderung zum Stoffsammeln für eine Bearbeitung der deutsch-schlesischen
Mundart" ins Land. Die Stürme des Jahres 1848 verwehten die Blätter,
die von. Jacob Grimm das Prädikat musterhaft bekamen. Weinhold aber
hielt zäh an seinem Plane fest, auch als ihm seine Sammlungen 1850
durch Feuer vernichtet worden waren. 1N52 handelte er präludierend und
noch unsicher über Deutsches und Slavisches aus der deutschen Mundart
Schlesiens in der neu begründeten Zeitschrift für vergleichende Sprach-
forschung, trat aber bereits 1853 mit der gewichtigen Schrift „Über deutsche
ß< l& J- in de auf K. ild.
Dialektforschung" hervor, deren ersten Teil eine Neubearbeitung
„Aufforderung" bildet Der weite Dmfang dessen, was Weinhok) untei
Dialektforschung damals versteh! und immer verstanden hat, eröffnet sich
uns: nicht bloss Grammatik, Bondern Zusammentragen de« ganzen mundart-
lichen Sprachschatzes Dach Gruppen, die das gesamte Leben, Fühlen
und Denken desVolkes umfassen and bo zugleich den uichtgrammatischen
Zweigen der Volkskunde Stoff liefern. Weinhold beschränkt sich in
unserem Buch auf die Grammatik, aber er hebl Beine Darstellung auf
eine höhere Stufe, indem bt Verwandtes in anderen Dialekten vergleicht.
Er ist auch spürer nicht am Schlesischen haften geblieben and hat sich
immer mehr zum Dialektforscher ausgebildet. Es Bei gleich erwähnt, das«
er dem siechen Mittelniederdeutschen Wörterbuch durch Bein Eintreten
auf der Philologenversammlung zu Innsbruck 1874 das Lehen rettete und
den hiesigen Studenten für das Jahr 1899 und 1900 die Preisaufg
Btellte, den Berliner Dialekt zn untersuchen. Beiträge zu einem Bohlesischen
Wörterbuch gab er ls">4 und 55 auf knappen 100 Seiten, und Bie blieben
»las beste Hilfsmittel für das Schlesische, «las er Belbst erst im vergangenen
Jahre durch einzelne weiter ausgeführte Artikel in den Mitteilungen der
Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde überholt hat. Schlesien in
sprachlicher Hinsicht hat er auch einmal im allgemeinen geschildert und
zur Aufhellung Beiner Ortsnamen beigetragen. An Schlesiens mytho-
logischen Resten, seinen Märchen, Sagen, Bräuchen ist er in Beinen ver-
gleichenden Studien aie vorübergegangen, hat auch einzelnes davon mit-
geteilt; einen kurzen Gesamtüberblick aber bietet das inhaltreiche, mit
voller Beherrschung des Stoffes geschriebene Büchlein „Die Verbreitung
und die Herkunft der Deutschen in Schlesien", das Mundart und Namen.
Recht, Geldeinteilung und Elansanlage, Sagen und Aberglauben, Sitten und
Gebräuche oeben den historischen Zeugnissen benutzt, um Bein Ziel zu
erreichen. Und es fügte Bich, dass seiner Forschung Lauf das Ende an
den Anfang schloss, indem er ober den Bchlesischen B »1 Rübe-
zahl sich äusserte, schlesische Weihnachtspiele anzeigte und in Beinern
letzten Vortrag in der Akademie am 18. Oktober 1900 die Zeitpartikeln
des schlesischen Dialekts behandelte. Heut vor einem Jahre ward er im
Druck ausgegeben.
Diese schlesischen Arbeiten wollte ich zusammenfassen, nehme abei
nun den chronologischen Faden wieder auf.
In Halle traf Weinhold Zacher an und katalogisierte mit ihm Förste-
manns Bibliothek. Dann aber liess er den Freund hinter sich und rückte
schon im März 184'.i in das durch Jacobis Tod erledigte Gxtraordinaria!
zu Breslau. Bald begannen Verhandlungen wegen einer Professur in
Krakau, und am 18. April 1850 zog er in die Universitätsstadt der
Jagellonen ein. Trauriges hatte er alsbald mir ihr zu erdulden, denn der
grosse Brand am 18. Juli 1850 zerstört.' auch seine Häuslichkeit und Beine
Roedigi r
Sammlungen, und aur durch einen Zufall wurde das fertige Manuskript
der „Deutschen Frauen im Mittelalter" gerettet. Als glücklicher Bräutigam
hatte er das Buch 1*17 in Mulle begonnen, nun konnte er am 12. August
1850 sieh mit seiner erwählten Heimatgenossin Anna Ellger vermählen
and aber der Asche des Junggesellen sitzes den eigenen Hausstand er-
richten. Freilieh rnusste er sparsam gehalten werden, aber das gerettete
Werk zeugt nirht von Unlust. Der Glanz aufsteigenden Eheglücks und
leiner Fraaenverehrung ruht auf seinen Blättern; der Dankbarkeit gegen
Mutter und Gattin giebt die Vorrede der ersten und die Widmung der
/.weiten Auflage Ausdruck; „Fromm Weib des Lebens Heil!" steht auf
der letzten Seite. Eiu besseres Geschlecht von Männern erwartet Wein-
hold in den trüben, gebeugten Tagen jener Zeit durch Deutschlands
Frauen, und wohl uns. dass dreissig Jahre darauf die Schlusssätze anders
lauten durften. Aber ein Zeichen der Zeit war es auch, dass so Lange
Jahre verstreichen mussten, ehe dieses warme, auf ernste Forschung und
umfassende Gelehrsamkeit begründete, trotzdem zu allen Gebildeten
redende Buch eine zweite Auflage erleben konnte. Die dritte folgte ihr
nach fünfzehn Jahren.
Schon acht Monate nach der Begründung wurde der junge Hausstand
nach Graz verlegt oder, wie Weinhold mit berechtigter Vorliebe für die
altere und echtere Form des verdeutschten Slavennamens schreibt, nach
Graz in der Steiermark. Hier kam Weinhold für eine Reihe von Jahren
zur Ruhe, und die dort verlebte Zeit war wohl die sonnigste im Leben
des Ehepaares. Feste Freundschaft wurde mit Karl von Holtei geschlossen,
der ein Jahr vorher nach unstätem Wanderleben gleichfalls hier sesshaft
geworden war und sich zur Abfassung seiner Romane sammelte. Wein-
hold widmete dem „teuren Freunde" l<s<i2 von Kiel aus seinen Vortrag
über Martin Opitz und gedenkt dabei der „traulichen Abende, die wir in
Graz während einer Reihe von Jahren selbdrei verlebten, wo von der
Heimat, ihrer Art, ihrer Rede- und Denkweise so gern gesprochen und
auch Opitz oft genannt ward". Holteis Schlesischen Gedichten bar er
18Ö7 ein Glossar beigefügt, das er später erweiterte und überarbeitete;
Holtei hat er mehr als eine poetische Spende gewidmet und ihm am
_M. Januar 1878 in Breslau den Gruss Schlesiens zum 80. Geburtstagsfeste
dargebracht. Von den weiteren Freunden erwähne ich nur den Zoologen
< »skar Schmidt, der später als Weinhold den Weg nach Krakau und Graz
gezogen war und dessen Sohn Erich den alten Freund des Hauses in Berlin
als Kollegen begrüssen sollte. Von den Schülern muss Matthias Lexör
genannt werden: noch kurz vor seinem 1 8i»2 erfolgten Tode hier Wein*
holds Gast, in Graz sein Helfer beim Sammeln der Weihnachtspiele und
Lieder, und von ihm zu seinem Kärntischen Wörterbuch angeregt.
In der Steiermark hat sich Weinhold heimisch gemacht. Er hat mit
liebevoller Sauberkeit Handschriften der reichen Grazer Bibliothek abge*
Gedächtnisrede auf Karl Weinhold,
»schrieben und sie gelegentlich verwertel oder von ihnen Kunde gegeben.
Er war ein eifriges Mitglied des historischen Vereins and I»<«lt in den
Untersuchungen über den Dichter Grafen 1 1 1 1 - • ■ von Montfort und den
ihm verwandten Minnesinger von Stadeck von der litterarischen stark zur
historischen Forschung ab. Er ha( den Anteil Steiermark^ an der deutschen
Dichtkunst des 13. Jahrhunderts festzustellen versucht Er hat ein i - . • i « • 1 • -
haltiges steirisches [diotikon angelegt. Er hat vor allem dem lebend
Volkslied und Volksbrauch auf vielen Fahrten durch «las Land nachgespürt,
hat den Historischen Verein zur Sammlung der steirischen Volkslieder
und Volksreime angeregt, die ihm unterstellt ward and zu der er
Leitung in einem Aufruf vom Jahr 1858 and Proben in den Mitteilungen
des Vereins 1859 lieferte. Rosegger and Heuberger and besonders
Schlossar haben dies von Weinhold begonnene Werk mit reichem Erfolge
fortgeführt. In der Stille war vor ihnen deT Freund und Gönner der
Steiermark, Erzherzog Johann von Österreich, in dieser Richtung thätig
gewesen, Prinz Johann, den das Volk selbst im Liede gefeiert hat. Er
unterstützte Weinhold durch Hergabe von Liedern und anders Aufeeich-
aungen aber Volkstümliches, woraus der Verstorbene, eigene Funde hinzu-
fügend, uns im 8. Band unsrer Zeitschrift Proben darbot Es Bei hervor-
gehoben, dass Weinhold schon in Graz aber Volkskunde las, wohl als
erster Universitätslehrer, wie auch nach langer Pause aeine letzte Vor-
lesung in Berlin im Winter 1900/] von Altertums- und Volkskunde handelte.
Er /urrsr hat auch damals Weihnachtspiele und Weihnachtlieder aus dem
Dunkel hervorgezogen, nachdem er als Vorläufer jenes gläzische Christ-
kindelspiel in der Zeitschrift rar deutsches Altertum vorauBgesandt, das nun
verbessert in dem schon erwähnten umfänglichen Werke Weihnacht-Spiele
und Lieder aus Süddeutschland und Schlesien, Graz 1853, wiederkehrte.
Zugleich entwarf er darin die Geschichte dieser Poesie, gab Proben für
ihre Entwickelungsphasen und deckte die Quellen des Weihnachtsfestea in
der heidnischen Feier der Wintersonnenwende auf, die christlich umge-
staltet und mit christlichen Zuthaten versetzt ward. Er hat an dieser Meinung
späteren Angriffen gegenüber festgehalten und Bie im l. Band um
Zeitschrift kurz, aber wirksam verteidigt. Karl Julius Sehn. er und Lexer
folgten bald mit weiteren Weihnachtspielen und -Liedern nach, ihnen eine
lange Reihe Anderer; keine Sammlung ahm- hat Weinhold mehr gefreut,
als die der schlesischen von Friedrich Vogt, de,' mich in der Quellenfrage
auf seine Seite trat.
Der Archäologie näherte sich Weinhold ebenfalls in dieser Grazei
Zeit, wo Ausgrabungen dazu lockte. Ober mehrere neu aufgedeckte
Gräber hat er in den Mitteilungen des Historischen Vereins für Steiermark
gehandelt und zusammenfassend die Fundberichte aber heidnisch,- Toten-
bestattung a.is Deutschland und der Schweiz in dm, Sitzungsberichten
der Wiener Akademie, deren korrespondierendes Mitglied er 1854, deren
360 Boediger:
wirkliches er 1860 ward, in systematische Ordnung gebracht. In
Kiel ist er später noch einmal auf die Einteilung' der Heidengräber
zurückgekommen. 1-1- führte ihn zur Archäologie aber auch die Be-
schäftigung mit den altnordischen Zuständen. Aus ihr ging 1855 das
dem Vater gewidmete Werk Altnordisches Lehen hervor, das die äusseren
und inneren Zustände, vorwiegend freilich mit Hilfe der altnordischen
Litteratur behandelte. Wieder nimmt hier Weinhold die Führerstelle
ein und ist im Grunde mit seiner umfassenden, zuverlässigen Darstellung
selbst den Skandinaviern voran. Auch hier strebte er über die gelehrten
Zwecke und Kreise hinaus nach erziehlicher "Wirkung: er wollte „die matte
und charakterlose ( iegen wart" aufrütteln und stärken. Das ist begreiflicher-
weise dem Buche, wie anziehend und inhaltreich es ist, in noch minderem
Masse gelungen, als dem verwandten über die deutschen Frauen. Erst in
den letzten Jahren wünschte der Verleger eine neue Auflage, Weinhold
lehnte sie jedoch ab, da er ein neues Buch für nötig hielt.
Die akademische Abhandlung über die Riesen des germanischen
.Mythus bleibt im Norden, bei den Gebilden, die die Phantasie seiner
Bewohner aus der rauhen Natur des Landes oder in unbeholfener Spekulation
schuf. Von der Entstehung bis zur Zerstörung der Welt greifen sie in ihre
und der Götter Geschichte ein, verbinden sich zuweilen mit ihnen, be-
kämpfen sie noch öfter. Bis jetzt kann man nirgends besser als bei
Weinhold diese mythischen Begebenheiten verfolgen.
Xach Prag zu gehen, hatte Weinhold abgelehnt, aber Müllenhoffs
Nachfolger in Kiel zu werden, nahm er 1801 an und begann seine Thätig-
keit im Herbst mit Vorlesungen aber deutsche Grammatik und Goethe.
Sie deuten zwei Richtungen an. die seine Forschung dort verfolgte. Ich
spreche an dieser Stelle von beiden kurz.
Seines Vortrags über Opitz gedachten wir. Das Komische im alt-
deutschen Schauspiel zu verfolgen, konnten ihn die Seitenstücke zu den
Weihnachtspielen anleiten. Über Goethe und Schiller hatte er schon in
Graz gelesen und bewies sein auf der Schule gewecktes, durch Jacobi ge-
nährtes Interesse für ersteren von nun an durch allerhand kleine Beiträge
sowohl als durch die Edition dos Tasso in der Weimarer Ausgabe, womit
er direkt an Jacobi anknüpfte. Auch Goethes unglücklicher Jugendgenosse
Lenz hat ihn viel und bis zuletzt beschäftigt, zeitweilig der Maler Müller.
Papiere, die ihm in Kiel zugänglich wurden, riefen das Buch über Boie
und einen Aufsatz aber den zum Stolbergsehen Kreise gehörigen Schönborn
hervor. Anderes sei übergangen.
Kühn war der Schritt, den er mit seiner Alemannischen Grammatik 1863
unternahm: es galt eine Vorführung der historischen Entwickelung des
Dialektes von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart, fast ohne Vorarbeiten,
nur aus den Quellen. Es war eine gewaltige Arbeit. Sie konnte natürlich
nicht in allen Punkten gelingen, und Weinhold selbst hat sie in dem Seiten-
lächtnisrede auf l\arl Weinhold.
stück, der Bäurischen Ghrammatik, die das österreichische mit umfasst, 1S,'T
hier and da korrigiert. Pur das bajuvarische Sprachgebiet boten wenigstens
Schmellers Arbeiten kräftige Hilfe, auch Lei ntisohes Wörterbuch.
Schmellers Andenken, als dessen Schüler Weinhold sich bekannte, ist der
Band gewidmet, 'Irr erste, wissen wir, Jacob < ■ rim m. Ihm musste Wein-
hold noch im selben Jahre L863 die Totenrede halten.
Den Kieler gelehrten Gesellschaften and einem wissenschaftlichen
Kränzchen Bchloss er sich an, verfolgte mit regem Interesse die politischen
Ereignisse in den Herzogtümern and führte zu den Zeiten der Krise ein
genaues Tagebuch. 1872 überbrachte er die Glückwünsche «Im- Universität
Kiel zur Einweihung der Strassburger, im selben Jahre nahm er als ihr
Vertreter im Herrenhaus an den Abstimmungen aber «Im Kirchengesetze
teil. Er hatte ein paar Monate vorher «las Rektorat aiedergelegt, aachdem
er es zwei Jahre hintereinander geführt. Wackernage] in Basel zu er-
setzen, lehnte er L870 ab.
Trotz all diesen Ablenkungen ruhte weder die eigentlich philologische
Arbeit, besonders auf dem Gebiete des Uthoch deutschen — ich erwähne
nur die von Grammatik und Glossar begleitete Ausgabe des [sidor — . uoch
auch die antiquarische. Die Abhandlungen über die deutschen Zwölfgötter,
die Polargegenden Europas mich den Vorstellungen des deutschen Mittel-
alters, über die Fried- und Freistätten, die Jahrteilung, die Monatnamen.
dir LVrsmiemiammi des Kirim' Stadtbuchs, Wesen und Recht der alt-
deutschen Familie gehen uns Daher au. auch dir Schrift über dir gotische
Sprache im Dienste des Christentums, die er 1870 seinem Vater /.um
50jährigen Amtsjubiläum widmete. Im folgenden Jahre verlor m- ihn. die
Mutter blieb ihm Ins in ihr 85. Lebensjahr, luv L883 erhalten.
Im April 1876 t'as>tr Weinhold wieder in der Heimal Fuss: er war
zum zweitenmale nach Breslau berufen worden. Seine Lehrthätigkeil
konnte sich hier reicher und fruchtbringender entfalten, wir dir von ihm
für Arbeiten seiner Schüler begründeten Germanistischen Abhandlungen
bezeugen. Das Handbuch der Mittelhochdeutschen Grammatik erwies sich
als wünschenswert und ward so dankbar aufgenommen, dass es nach
wenigen Jahren rinn- aeuen Auflage bedurfte. Spendete es doch /.um
ersten Male eine Gesamtdarstellung dm- ober- und mitteldeutschen Mund-
arten vom 12. bis ins 14. Jahrhundert und führte wenigstens /.um Teil
die Alemannische und Haifische Grammatik fort. Au- dem anhange >\>--
trefflichen, längst eingebürgerten, 1850 zuerst erschienenen Mittelhoch-
deutschen Lesebuches ging dir Kleine mittelhochdeutsche Grai atik
hervor. Auch die Ausgabe des Pilatus und der Dichtungen des Franzis-
kaners Lampreeht von Regensburg gehört in dir Sphäre des Mittelhoch-
deutschen. Daneben legte Weinhold von seiner Beschäftigung mit Lenz
und Goethe durch mehrere Schriften Zeugnis ab und waltete L879/80 <\>->
Rektorates.
:;i:-j Roediger:
i Jahre Kühlte Weinhold, als er nochmals und zum letzten Male den
Schauplatz Beines Wirkens wechselte and, wiederum als Nachfolger Mfillen-
hoffs, Ostern 1889 einem Rufe nach Berlin folgte. Er war in dem Alter.
wo man. zumal nach so rastloser arbeit, ausruhen für erklärlieh und er-
laubt gehalten hätte, and entfaltete im geraden Gegensatz dazu, wie mit
frischer Kraft begabt, die regste, vielseitigste Thätigkeit. Er kam allen
Ansprüchen des Lehramts und des Ordinariates der grossen Universität
mich, erfüllte alle Pflichten eines Mitgliedes der Akademie, hielt Vorträge
in der altangesehenen Mittwochsgesellschaft, begründete diesen Verein für
Volkskunde, leitete ihn länger als zehn Jahre und galt ebenso lange seine
Zeitschrift heraus: stand zehn Jahre an der Spitze der von Dilthey ins
Leben gerufenen Litteraturarchiv-Gesellschaft und trug als Siebziger die
schweren Lasten des Universitäts-Rektors. Wenigstens blieben Dank und
Anerkennung nicht aus. weder von seifen des Staates noch der Freunde,
Schüler und Amt.sgenossen. Die Feier seines 70. Geburtstages bewies es. in
grossartigerer Weise noch sein goldenes Doktorjubiläuni am 14. Januar IDOL
Zu allen Ehren fügte die Göttinger juristische Fakultät dem Manne, der
als Supplent Jahre lang in Graz über deutsche Reichs- und Reclitsgeschiohte
gelesen und von seiner jugendlichen Abhandlung über Reipus und Achasius
an bis zu der vom Tius Things und darüber hinaus so manchen fördernden
Beitrag zum altdeutschen Recht gespendet hatte, der in seiner Rektorats-
rede kräftig and erfolgreich für ein Wörterbuch der deutschen Rechts-
sprache eingetreten war. den Doctor iuris honoris causa.
Still wurde am .">. März 1898 das 50jährige Professorenjubiläum. still
1900 die goldene Hochzeit begangen. Weinholds letzte Schwester Laura.
die verständnisvolle Helferin bei seinen schlesischen Sammlungen, die auch
zu unserer Zeitschrift beigetragen hat. war nicht lange vorher gestorben,
und so mancher alte und jüngere Freund und Arbeitsgenosse in den
letzten Jahren. Zuerst Zacher: dann Lexer, Ignaz A'ictor Zingerle. der
Schlossherr von Gufidaun, dem für Belehnung mit dem Hexenturm Wein-
hohl einmal in einem scherzhaften mittelhochdeutschen Poem gedankt
hatte: Steinthal, Schwarte, Jahn. Ihnen allen und noch manchem anderen
erwies er. den Dienst, ihr Leben und Wirken für die Geschichte aufzu-
zeichnen. Er empfand diese Verluste als leise Mahnungen. Der Tod
klopfte an. trat nicht, wie in jener Inschrift, die der Verblichene uns einmal
mitteilte, anangekündigt zu ihm herein. „Wie lange noch ich den leitenden
Stab führen werde, liegt in Gottes Hand", schrieb er im Jahre 1900. Er
war nicht mehr so wetterfest wie früher, aber noch gleich unermüdlich in
der Arbeit und Forschung.
Sie gehörte jetzt weit überwiegend der .Mythologie und Volkskunde.
In rascher Folge erschienen die grossen akademischen Vorträge und Ab-
handlungen über den Wanenkrieg, über Kriegsaltertümer, (Glücksrad und
Lebensrad, über das Märchen vom Eselmenschen, die altdeutschen Ver-
til Karl Weinhold.
winaohungsfornieln , über heidnische Riten, die Kennzahl, die Quellen-
Terehmng. An> nnsrer Zeitschrift schliessen Bich ihnen an der Auft
Aber den Wettlanf, den Haseistrauch and, abgesehen ron der Menge der
Anzeigen und Reoensionen, schier anzählige kleinere Beiti ^ . Ulem ist
Weinhold gerecht geworden, was aach Beinern Programm, von der physischen
Erscheinung abgesehen, der volkskundliohen Forschung zufallt: Nahrung,
Tracht und Wohnung, Sitte and Beschäftigung, Religion and Aberglaube,
Dialekte, Formeln, Namen, die Poesie in ihrem ganzen umfange, die
Kunst. Und wenn wir hinzunehmen, was er sonsl als Phih Bistet
and die ganze Fülle ermessen, so ergreift ans sraunrii.lt' Bewunderung
aber die Ausdehnung und Bereitschaft seines Wissens, «II«- Schärfe and
Findigkeit Beines Blicks, das Geschick Beiner Kombinationen. Bi war noch
«■in Philolog nach alter Art, der die ganze Flur zu beackern trachtete,
nicht mit kleinen Streifen Bich begnügte. Kein besserer Herausgeber der
Zeitschrift war denkbar, aber niemand kann auch ihr und den Zielen des
Vereins treuer dienen, als er es rliat.
Denn unser Verein und die Wirkungen und Erfolge, die sich an
erkanntermassen an ihn und Beine Zeitschrift knüpften: Aufschwung und
wissenschaftliche Vertiefung der Volkskunde, waren Beines Altera Freude
und Stolz. Wie viel mehr Arbeit hat er der Zeitschrift zugewandt, als
vor Augen liegt! Wie viel Beiträge Bind durch ihn erst geformt, ange-
schrieben und druckfähig gemacht worden, wie viel Übersetzungen I
selbst angefertigt oder anfertigen lassen! Alles in der Stille "I I\ '
und Rühmen, ohne des Zeit- und Geldaufwandes und der Arbeit zu achten.
Nie hat er sich seine Auslagen ersetzen lassen, nie hat er das ausgeworfene
Redaktionshonorar angenommen und ist darüber hinaus noch dem Verein
ein stiller Wohlthäter gewesen. Mancherlei Sammlungen und Aufzeich-
nungen hat er ihm testamentarisch zugewiesen, und dies Vermächtnis ist
von seiner Witwe noch freigebig vergrössert worden. Beiden danken wir
von Herzen.
Weinhold erschien manchem stolz und anzugänglich: allein er war
frei von Überhebung, hielt nur darauf, dass ihm zu teil wurde, was er nach
Verdienst und Stellung beanspruchen durfte und verschwendete nicht gern
Zeit und Worte. Sein Herz war liebevoll und teilnehmend, und er zögerte
nicht zu helfen, wo er konnte. Er war ernst, besonders in den letzten
Jahren, wo mancherlei Trübes ihn befiel, aber kein Feind der Freud. • und
des Scherzes, den auch er zu üben verstand. Seine Meinung und sein
Urteil hat er nie verhohlen uder verhüllt: man wusste Btets, wie man mit
ihm daran war. und war seiner sicher — denn er war treo und ehrlich,
und krumme Wege ist er nie _
Er war erfüllt von jenem Gefühl der Pflicht, mit dem. wie er kernig
in seiner Rede heim Antritt des Berliner Rektorat inde Teil
unseres Volkes jeden Morgen aufsteht und jeden Abend Bich niederlegt, und
;;r,4 ßoediger:
wollte Belbst in der Letzten Krankheit nicht eher ruhend sich erholen, als bis
er vrosste, dase wenigstens für Seminar und Vorlesung iresonrt sei. An seinem
Todestage wollte er sich erheben, «Im er ins Kolleg gehen müsse. Sein
Abschiedswort an mich galt unserer Zeitschrift, and aus Nauheim noch hat
der vom Tode Gezeichnete den Text unseres Glückwunsches zu Virchows
80. Geburtstag eingesandt. „Pflicht zur Arbeit ist die Losung für uns alle!"
— d;is rief unser Meister als Rekter Kidlegen und Studenten zu, daran
soll uns sein Bild mahnen, das von nun an auf unsere Versammlungen blicken
wird. Arbeiten wir daran, ein jeder nach Pflicht und Vermögen, dass seine
Schöpfung bestehen bleibe und gedeihe, dem deutschen Volkstum zum
Nutzen, Weinholds Namen zur Ehre!
Chronologisches Verzeichnis der Schriften Weinholds.1)
1843.
Muscn-Almanach der Universität Breslau auf 184)5. Herausgegeben von Dr. Freytag.
| Breslau.] Darin: Drei Gedanken. Meine Liebe. Mein Rittertum. Nachbarlich. S. 91— 95.
1846.
Spicilegium forniularum quas ex antiquissimis Germanorum carminibus congessit
Carolas W. Phil. Dr. Halis. 32 S.
1847.
Aufforderung zum Stoffsammeln für eine Bearbeitung der deutsch-schlesischen Mundart.
Reichenbach, 28. Febr. 1847. (Benutzt in der Schrift Über deutsche Dialektforschung 1853.)
1848.
Zu Völuspä. Ztsclir. f. deutsches Altertum 6, 311—318.
Ein gläzisches Christkindelspiel. Ebenda S. 340— :»19. (Verbessert in den Weih-
muhtspielen, 1853, S. 110 ff.)
Xiördr. Nordr. Niörun. Norn. Neorxu. Ebenda S. -iliOf.
Frau kein wildes Tier. Ebenda S. 462—464.
Frau Zucht. Ebenda S. 464 f.
1849.
Die Sagen von Loki. Ztscbr. f. deutsches Altertum 7, 1 — 94.
Reipus und Achasius. Ebenda 539 — 544.
1) Dankbar hebe ich die Unterstützung hervor, die mir bei dieser Zusammenstellung
Frau Geheimrat Anna Weinhold, Joh. Bolte und Herr Direktor Dr. Ippel von der
Königlichen Bibliothek haben angedeihen lassen. Auch den Herren Professoren Grün-
hagen und Vogt in Breslau sowie Dr. Max Herrmann in Berlin bin ich für gütige
Mitteilungen verpflichtet. Letzterer wies mir einige Stücke nach, die in der Bibliothek
deutscher Privat- und Manuskriptdrucke zu Berlin aufbewahrt werden. Aus der Zeitschrift
unseres Vereins sind nur die Artikel aufgenommen, zu denen sich Weinhold durch Unter-
schrift bekannt hat.
\ • rzeichnis di r Schrift n W< ini
|sj(t.
Mittelhochdeutsches Lesebuch Mit einer Laut- and Formenlehre :' (hoch-
deutschen und einem WortreneichniE . Wien. N III. !- - ■•!.
Recensionen in der Zeitschr. f. d. mn. 1. S. Lehrbfichei
für Obergymnasien [Beilhack un<l Vollmer, tJbersichi der sprachlichen und litl
Denkmäler. Kehrein, Proben. Henneberger, Lehrbuch, Schädel und Kohlrausch, Eiern«
Irach. Gödeke, Elf Bücher deutscher Dichtung . Elandbucb derdeul
Litteraturgeschichte. 915—917 Auras und Gnerlich, D buch.
1851.
Berichtigungen zu Weinholds Mittelhochdeutschem Lesebuche. Ztschr. t d.
Gymn. 2, 170—172.
Die deutschen Frauen in dem Mittelalter. Ein Beitrag zu den Hausaltertüm« i
Germanen. Wien. VI, 498 S. VgL 1882. L897.
Receusioneu in der Zeitschr. f. d. österr. Gymn. 2, S. 61 65 Biselein, Sprachlehre
für Schulen. F. Bauer. Nhd. Grammatik. Vilmar, Grammatik. Halm. Grammatik
bis 224 Küster, Die poetische Litteratur der Deutschen. 329—332 Ph. Wackernagel, Edel-
steine deutscher Dichtung. 471 — 475 Diefenbach, Pragmatische deutsehe Bprachlehre.
555—557 Stamm, Vorschule zum Ulfila. 727 — 7."»5 Götzinger, Deutsche Bprachlehre.
feller. Leitfaden zum Studium der deutschen Sprache. 817—826 Schäfer, Grundri
Geschichte der deutschen Litteratur. W. Wackernagel, Geschichte der deutschen Litteratur I
Hiilebrand. Die deutsche Nationallitteratur. 871—874 Heyse, Deutsche Schulgrammatik
. Leitfaden. E. Schäfer, Leitfaden beim unterrichte in der deutschen Sprache.
1852.
Deutsches und Slavische.- aus der deutschen Mundarl Schlesiens. Zeitschr. f.
Sprachforschung 1, 245—258.
Über deutsche Rechtschreibung. Zeitschr. f. d. 5sterr. Gymn. 3, 93
Recensionen ebenda S. 44-47 J. Zingerle, Tirols Anteil an der Üonal-
littoratur. H. Kurz, Geschichte der deutschen Litteratur. BartheL Die deutsche National
litteratur. 159— 472 Schmitt, Ayrer. Guttmann, Opitz. J. Herrmann, Gryphius. Pi
Lohenstein. 638- (342 Kelle. Lehrbuch der deutschen Sprache. Zeising, Grammatik dei
deutschen Sprache. Zeising. Leitfaden.
1853.
Über deutsche Dialektforschung, die Laut- und Wortbildung und
schlesischen Mundart. Mit Rücksicht auf Verwandtes in deutschen Dialekt
Wi.n. VI, 144 S. Vgl. 1847.
Weihnacht-Spiele und Lieder aus Süddeutschland und Schlesien. Mil Einlei
und Erläuterungen. Mit einer Musikbeilage. Graz. VIEL, 456 S. Neu< Titel-
Wien 187.").
Zur Kenntnis der deutschen Philologie. Mit Rücksicht auf ihn
Österr. Blätter f. Litteratur u. Kunst. Beilage zur Österr.-Kaiserl. Wiener Zeitung No. 44
bis 47. 50-52.
Zur Beurteilung der Beckcrschen Grammatik. Ztschr. f. d il— 7R
Recensionen ebenda S. 119-121 Huhn. Geschichte der deufe
Sengschmitt, Österreichische Volkssprache. Bahr, Das deutscl Baumgarten, M I
Bernd. Ayrenhoff. Graf. Goethes Leben. 385 F. Bauer, Nhd. Grammati] unm,
Das Nibelungenlied. 577—579 W. Wackernagel ite der d< ratur.
H. Kurz, Geschichte der deutschen Litteratur. Sehr dchte der ratur.
1854.
Die Bauernspiele iu Innerösterreich. Deutsche Wochenschrift, her»
S. 147— 15G.
Deutsche Philologie. Ebenda S. 239-247.
Über Dichtungen in den deutschen Mundarten. Ebenda S. 641-
Roedi
Recensionen in der Zeitschr. f. d. öaterz. Gymn. 5, S. 38 — 40 Kehrein, Grammatik
der "li'l. Sprache; Schulgrammatik. Lüning, Scliulgrammatik. 313 — 316 Schaefer, Tabellen
zur deutschen l.itteratur. San-Marte, Walther von Aquitanien. Barthel, Leben Hartmanns
von Au<\ 552-554 J. W. Wolf, Deutsche Götterlehre. Colshorn, Deutsche Mythologie.
1855.
Zum 24. Januar 1856. 4 S. [Gedicht zu Holteis Geburtstage.)
Beitrage zu einem schlesischen Wörterbuche. 1. Abt. A— I.. 55 S. 2 Abt. M— Z
S. .".:> — 11U. Anhänge zum 14. und 16. Bande der Sitzungsberichte der phil«».-histor. Klassi
der Wiener Akademie. Vgl. 1900.
Recensionen in der Zeitschr. f. d. österr. Gymn. 6, S. 56—58 Hofl'mann und Schade.
W riniarisches Jahrbuch I. 377 — 379 Pangkofer und Frommann, Deutschlands Mundarten
I — II. 379f. f.übben, Wörterbuch zu der Nibelungen Not. 611 — 613 Schier, Vergleichuug
der slavischen Sprache mit der deutschen. Schöpf, Volksmundart in Tirol. Schopf, Ulrich
von Liechtenstein. K. Werner, Kulturgeschichte vou Iglau. Schuldramen in den Piaristen-
schulen (anonym). Schröer, Lesebuch für Mittelschulen.
1856.
Altnordisches Leben. Berlin. VIII. 512 S.
Das deutsche Weihnachtsfest. Die Grenzboten Jahrg. 1856, 4, 441 — 448.
Recensionen in der Zeitschr. f. d. österr. Gymn. 7, S. 283 f. Januta. Übersetzung von
Psalmen aus dem 14. Jahrb. Haltrich, Zur deutschen Tiersage. Schröer, Beitrag zur
deutschen Mythologie aus Ungern.
1857.
Über den Dichter Graf Hugo VIII. von Montfort, Herren zu Bregenz und Pfannberg.
Mitteilungen des Historischen Vereines für Steiermark 7, 127 — 180.
Über das Bruchstück einer Handschrift von Philipps Marienleben. Ebenda S. 181— 1S4.
Gunnlaug Schlangenzunge. Ein altnordisches Dichterleben. (Nach dem Isländischen.)
In: Für den Friedhof der evangelischen Gemeinde in Gratz in Steiermark. Erzählungen,
vermischte Aufsätze und Gedichte von 126 deutschen Gelehrten. Schriftstellern und Dichtern.
. . . Braunschweig. Wien und Gratz. S. 250—263.
Karl von Holtei, Schlesische Gedichte. 3. Auflage. Mit einem Glossar von K. W.
Breslau. Für die 9. Aufl. (1865) und auch später noch überarbeitet und erweitert.
Züge aus dem Leben der süddeutschen Bauern des 13. und 14. Jahrhunderts. Ztschr.
f. deutsche Kulturgeschichte, herausg. von Müller und Falke 2, 467 — 477.
Auf einer steirischen Alm. Westermanus Illustrierte Monatshefte 2, 259 — 261.
Über einige Reihen oberdeutscher Geschlechtsnamen. Deutsche Mundarten 4, 198—20?.
Die deutschen Mundarten. Über Frommanns Monatsschrift. III. Bd. Die Grenzboteu
Jahrg. 1857, 1, 321—332.
Recensionen in der Zeitschr. f. d. österr. Gymn. 8, S. 288 f. Lexer, Der Ablaut in der
deutschen Sprache. 289 Schuster, Wodan.
1858.
Aufruf zu einer Sammlung der steirischen Volkslieder und Volksreime. Graz im
April 1858. Der Ausschuss des Histor. Vereines für Steiermark. 2 S.
Über ein zu Strassengel aufgedecktes Grab. Mitteilungen des Histor. Vereines für
Steiermark 8, 140—150.
Die Riesen des germanischen Mythus. Sitzungsberichte d. Wiener Akademie, philos.-
histor. Kl., Bd. 26, 225—306.
I ber den ersten der beiden durch v. Karajan iüngst veröffentlichten Sprüche aus
heidnischer Zeit. Ebenda 28, 281—284.
1859.
Ein schön neu Lied in verschiedenen Tönen zu singen von einem Junker aus der
Schlesien wie es ihm wunderlich ergangen ist. Sehr nützlich und lieblich zu lesen und
hören. Zuvor im Drucke nicht gesehen. [Holzschnitt: Zwei Ritter.^ Gedruckt in diesem
Jahr. 8 S. (Zu K. von Holteis Geburtstag, 24. Jan.)
Golegenheits-Spiel zum 24. Januar 1859. N- ' i r uck* .
Beate Frau A. Weinhold. Rate! K. Weinhold
Steirische Bruchstücke artdeui chdenknu
- iermarh '.', 51 60.
über das deutsche Volkslied in Steiermark. Ebenda B
Die heidnische Totenbestattung in Deutsehland. L. Abi
Wiener Akademie, philos.-histor. Kl., Bd. 29, 117—204. 2. Abt. (mit ' I
171—226.
rede auf Schiller, Am 10 November 1859 in der !
ii. Zum Besten der Schillerstiftung gedruckt Gl
1866.
Über den Anteil Steiermarks an der deutschen Dichtkunst des 13. Jahrbu
Vortrag, gehalten in der feierlichen Sitzung der Wiener Akademie am 21. M
Wien. 35 S.
den Beilaul mit besonderer Bücksicht auf den alemanniscl
Sitzungsher. der Wiener Akademie, philos.-hist. Kl.. Bd 151.
Der Minnesinger von Stadeck und sein Geschlecht. Ebenda 8. L52
Vor hundert Jahren. Ein deutsch nbild. Erzählung in I
der Grazer Tag<
1861.
Grab-Altertümer aus Klein Glein in üntersteiermark. Mitteilun
Vereines für Steiermark 10, 265—96.
1862.
Martin Opitz von Boberfeld. EinVortrag in der Barmonie zn Kiel am L6
gehalten. Kiel. 31 S.
Über die deutsche Jahrteilung. Rede, am 6. Oktober 1862 gehalten. Schrift
Universität zu Kiel Bd. 9, 1862. VI. 3. 20S. I .
Mittelhochdeutsches Lesebuch. 2. umgearbeitete Auflage. Wien. VII, 286 8. V(
1850. L874. 1891.
Schlesien in mythologischer Hinsicht. Schles. Provinzialbl&tter N. I'. L, I
Schlesien in sprachlicher Hinsicht. Ebenda 2, 521 524.
1863.
Alemannische Grammatik. Grammatik der deutschen Mundarten. 1.
alemannische Gebiet.) Berlin. XVIII, 477 S.
Bemerkungen gegen Hern. Pro£ Franz Pfeiffers - *on Weinholdfl Mittelhoch-
deutschem Lesebuch. Zeitschr. f. d. österr. Gymn. N, ö I, 8. 1— 4. 1
ebenda 13, 723—30 Pfeiffers Becension.
Rede auf Jakob Grimm. An der Kieler I oiversil it ai !. Nov. 18
der Universität zu Kiel Bd. 1". 1863. VI, l.
1864.
Über die deutsehen Fried- und Freistatten Einladungsschrift. Schriften der I
zu Kiel, Bd. 11, 1864. VI, 1. 19 8. 4 .
Mitteilungen zur Altertumskunde der Her Holstein und
bürg. Heransgeg. von Prof. Dr. K. W. KtoL 24. Bericht der Bchlesw. Ii
Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vatarlindiacher Altertümei
Die Einteilung der Heidengräber. 3 1-1-''
maerker I. 42—49 Anzeige von Kembb\ Hr. Gaufea,
Karl Bartsch, Schlesische Märchen und Sagen. Sehka. Previnziatt
S. 224-226, und 4 (1865), S. 25-27. 91. Naeh Ansögen aus Weinholds I - »unter
Sammlung.)
Rocdiger:
IMS.
Über das Komische im altdeutschen Schauspiel. Jahrb. f. Littgesch. von Gosche 1, 1-44.
Nekrolog auf Wilhelm Junghans von W[einhold]. fOtto| R|ibbeck]. Chronik der
Universität K i ■ 1 1865, 8. 4 — 6.
1S67.
Jahrbücher für die Landeskunde der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
Bd. '.'. Darin S. 31—39 Beitrag zur Kunde von Kiel im XV. und XVI. Jahrhundert.
S. 40—106 die Personen-Namen des Kieler Stadtbuchs von 1264-1288. S. 142—150 Über
Franz Hegewisch. S. 101 — 154 Sigmunds von Herberstein Reise durch Holstein und
Schleswig. S. 155—157 J. M. Lappenberg.
Bairische Grammatik. (Grammatik der deutschen Mundarten. 2. Teil. Das bairische
Gebiet.) Berlin. XVI, 394 S.
1868.
Heinrich Christian Boie. Beitrag zur Geschichte der deutschen Litteratur im 18. Jahr-
hundert. Halle. X, 389 S. (Dazu eine berichtigende Selbstanzeige Zeitschr. f. deutsche
Philol. 1, 378 ff.)
1869.
Der Tannewetzel und Bürzel. Zeitschr. f. deutsche Philol. 1, 22 — 24.
Die deutschen Zwölfgötter. Ebenda S. 129—132.
Selbstanzeige von Boie (1868). Ebenda S. 378-388.
Die deutschen Monatnamen. Halle. [Der germanist. Abteilung der 27. Versammlung
deutscher Philologen und Schulmänner zur Begrüssung in Kiel am 27. Sept. 1869.]
Ei du goldne Tafellust, Lass dich nun besingen. Tischlied, gesungen bei der Philo-
logenversammlung in Kiel 1869. 6 Strophen nach der Melodie Mihi est propositum. 1 S. 4".
Zum 26. [korrigiert in 16.] November 1869. (Festspiel in Versen.) 8 S.
Friedrich Heinrich Jacohi. Preuss. Jahrbücher 24, 645—678. (Bespricht Zoeppritz,
Aus Jacobis Nachlas*.)
1870.
Die gotische Sprache im Dienste des Christentums. Festschrift zu dem 50jährigen
Amtsjubiläum seines Vaters Herrn Pastor primarius K. Weinhold in Reichenbach in Schlesien
von Dr. K. W., ord. Professor an der Universität Kiel. Halle. 38 S.
G. F. E. Schönborns Aufzeichnungen über erlebtes. Herausgeg. mit Einleitung und
Beigaben. Zeitschr. d. Ges. f. d. Gesch. d. Herzogt. Schleswig, Holstein und Lauenbuii:
1. 129—220.
Bruchstücke von vier Handschriften des jüngeren Titurel. Ztschr. f. deutsche Philol.
2, 80—108.
Bericht über die Verhandlungen der Germanistischen Sektion auf der 27. Versammlung-
deutscher Philologen und Schulmänner zu Kiel. (Am 27. — 30. September 1869.) Ebenda
S. 216—219.
Recension von Andresen, Sprache J. Grimms. Ebenda 8.376 f.
1871.
Die Polargegenden Europas nach den Vorstellungen des deutschen Mittelalters.
Sitzungsber. der Wiener Akademie, philos.-histor. Kl., Bd. 6S, 783—808.
Recensionen in der Zeitschr. f. deutsche Philol. 3, S. 244— 216 Haym, Romantisch.-
Schule. 370—372 Redlich, Poetische Beiträge zum Wandsbecker Bothen. 481— 4*3 v. Raumer,
Geschichte der germanischen Philologie.
1872.
Über die Bruchstücke eines niederfränkischen Gesprächbüchleins. Sitzungsber. der
Wiener Akademie, philos -histor. KL, Bd. 71, 767—806.
Von dem geselligen Ton der höfischen Zeit unsers Mittelalters. Zeitschr f. deutsche
Kulturgeschichte, herausgeg. von Müller, N. F. 1, 31 — 36.
Anton Matthias Sprickmann. Ebenda S. 261 — 290.
Maler Müller und Goethe. Preuss. Jahrbb. 30, 51 — 67.
Vera Lei i dda
1873.
Die deutsche geistige Bewegung \..r hundert Jahrei
1-873. Bchriften der Universität zu Kiel Bd. 20, L878. VI i .
Walwein, Der Abenteuer Vater. Ein Bild an tachr
f. deutsche Külturgesch., N. I . 2, 129 155.
I»i. Zimmerische Kronik über d ienburgis<
Schleswig und Solstein. Zeitschr. d. Ges. f. d. Gesch in u.
Lanenbnrg 3, 125—130.
IS74.
l>i.' altdeutschen Bruchstück Bischof illa de ßde
catholica contra Jndaeos. Nach der Pariser und Wiener Hs. mit Abhandlung und G
herausgegeben. Bibliothek der ältesten deutschen Litteratur-Denkm&ler. VI. Bd I
hörn. 133 S.
Zur Erinnerung an Hoffmann von Fallersleben. Schles. Provinzialbl&tter, N i. I!
121—1
Dr. Rudolf Usinger, ord. Prof. der Geschichte an der üniversitäl Kiel, i
lauf. Schriften der Universität zu Kiel Bd. 21, 1874. VI, 4 I -
Zur Erinnerung an Theodor Jacobi. Zeitschr. f. deutsche Philol. 5
Recension von Andrescn, Altdeutsche Personennamen. Ebenda S. I20f.
J. M. R. Lenz ist Verfasser der Soldaten. Ebenda S. 199 201.
Beiträge zu Maler Müllers Leben und Schriften. Archiv für Littgesch. •
Mittelhochdeutsches Lesebuch. Mit einer kurzen Grammatik des Mhd. und einem
Glossar. 3. durchgesehene Auflage. Wien. IV, 277 S. Vgl. 1850. 18
Wesen und Recht der altdeutschen Familie. Zeitschr. f. deutsche Kulturgeschichte
N. F. 1. 1—21.
Baudissin, Gräfin Karoline Adelheid Cornelia v. All-, deutsch« Biograp]
Jahresbericlit für 1873 — 74 an die Gesellschaft erstattet. Ztschr. d. Ges. f. Seh
Holstein-Lauenburg. Gesch. 5, 390
|s7l>.
Die Sprache in den altdeutschen Predigten und Gebeten, tn Wackernagels All
Predigten i . Basel, S. 146—516. Nach der Schlussbemerkung 1871 goschri
Karl Simrock. Ein Nachruf. Schles. Presse vom 25. Juli, No. 511.
Boie, Heinrich Christian. Allgem. deutsche Biographie :'., 85.
Brückner, Ernst Theodor Johann. Ebenda S. '■■
Brun, Friederike. Ebenda S. 438.
usion von Andnv-. Ti. Deutsche Volksetymologie. Ztschr. f. deutsch Philol. i
1877.
Mittelhochdeutsche Grammatik. Ein Handbuch. Paderborn. XII, 525 S. Vgl
Zu dem deutschen Pilatusgedicht. räche und Heimat. Zeitschr. f. deutsche
Philol. 8, 253-288.
Schildereien aus Tirol. Von Ign. V. Zingerle. Seh
1878.
Rede bei der Feier des 80. Geburl url von Holteia am 24. Januar 187& Mit
Prolog von Max Kalbeck. Zum Besten der Holteistiftung -.druckt. Breslau.
Seiner Hochehrwürden Herrn August Baumj c von Fürstenau zum 30. .März
1878 in Freundschaft gewidmet von K. W., Dr. phü. Prüf. ord. Vratislav. Der pfaffeheit
ist gar not guoter künste unde guoter wisheit. Br. Berthold von Reg
wovon 4 S. ein Gedicht in Blankversen.
Ein unbekanntes Gedicht Höltys. Archiv f. Littgesch. 7. 187—194.
Grätin Aenes zu Stoiber?. Von ihr und über sie. Ebenda S. 204 — :
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
870 1; l]-'v
IST«).
Anmerkungen zu dem Text der Schweidniteer Chronisten im XL Baude der 8criptoree
rerum Silesiacarom [Breslau 1878). ZtBchr. d, Vereine t Gesch. u. Altertümer Schlesiens
iL 678- 681.
1880.
Lamprecht von Regensbnrg, Sand Francisken Lehen and Tochter Syon. Zum '-rstcn
Mal heransg. von K. W. Paderborn VI, 645 S.
August Baomgart, Biblische Festblüten für das evangelische Kirchenjahr. Mit einem
Vorwort von Prof. Dr. K. W. Striegan. [Baomgart gehörte dem Strachwitzschen poetischen
Kränzchen an. Gedichte, daher auch das Vorwort (S. III — V) in Blankversen.]
Ein Tag in Vilnöss. Schles. Presse vom 26. Sept . erste Beilage zu No. 676.
Recension von Bintz, Leibesübungen des Mittelalters. Litteratnrbl. f. germ. u. rom.
Philol. 1, 269.
Recension von Amelie Sohr. Heinrich Rückert in seinem Lehen und Wirken dargestellt.
Schles. Presse No. 865.
1881.
Kl< ine mittelhochdeutsche Grammatik. Wien. IV, 100 S.
Karl von Holtei. Westennanns Illustr. deutsche Monatshefte 50, 228—245.
Recension von Staub uud Tobler, Schweizerisches Idiotikon, 1. Heft. Litteratnrbl. f.
germ. und rom. Philol. 2, 393 f.
Recension von Schlossar, Volkslieder aus Steiermark. Ebenda S. 429 — 431.
1882.
Die deutschen Frauen in dem Mittelalter. "2. Aufl. 2 Bände. Wien. VI, 413 und
375 S. Vgl. 1851. 1897.
Recension von Henning, Das deutsche Haus. Litteraturbl. f. germ. u. rom. Philol.
3, 409—413.
Drei Gedichte von Jac. M. R. Lenz. Zu Weihnachten 1882 einbeschert von K. W.
Als Handschrift gedruckt. 4 S.
1883.
Mittelhochdeutsche Grammatik. 2. Ausgabe. Paderborn. XII, 604 S. Vgl. 1877.
Luther als Vorbild für das deutsche Haus. In: Luther- Vorträge, gehalten zu Breslau
aus Anlass des 40< »jährigen Luther-Jubiläums. Breslau. S. 53 — 85.
1884.
Dramatischer Nachlass von J. M. R. Lenz. Zum eisten Male herausg. und eingeleitet
von K. W. Frankfurt a. M. VIII, 337 S.
Recension von Staub und Tobler, Schweizerisches Idiotikon, H. 1—6. Litteraturbl.
f. germ. u. rom. Philol. 5, 352 f.
Philo vom Walde [Johann Reinelt], Schlesien in Sage und Brauch. Mit einem Vor-
wort [S.VIIf.J von K. W. Berlin.
' 1885.
Jakob Grimm, /um 4. Januar 1885. Die Nation No. 15, S. 197 — 199.
1880.
Gustav Freytag. Deutsche Dichtung 1, 29—31.
Fürst von Pückler-Muskau. Daheim 22. Jahrg., No. 47, S. 740—746.
Zur Notiz. Litterar. Centralbl. No. 30, S. 1038. (Ankündigung des Neudrucks von
Lenzens 1782 erschienener Sizilianischer Vesper; vgl. 1887.")
1887.
Die Sizilianische Vesper. Trauerspiel von J. M. R. Lenz. Herausgegeben von K. W.
Breslau. VIII, 72 S.
Ein Brief lein Goethes an Lenz. Chronik des Wiener Goethe Vereins 2, 27 f.
Verzcichi • ; - I
Zur Entwickelungsg aamen im
Vereins f Gesch. u. Altertümer Schl< sii n
Die Verbreitung and die Herkunft der Deutschen
deutschen Landes- nnd Volkskunde herausg. von \. Kirchi -jii.
art.
Isss.
Gräfin Auguste zu Stolberg über Goethes Werther. I hronil
3, 23f.
Julius Zacher. Beitrag zur Geschichte der deutschen Philologie. Zeil
Philologie 20, 385—429.
Ein Buch über Schlesien. National-Ztg. vom i. Dezember.
Schlesien. 3 Bde.
ISS'.I.
Tius Things. Zeitschr. f. deutsche Piniol. 21, 1— lti.
Friedrich Becker. Nekrolog. Ebenda S. 73 — 75.
Recensionen. Ebenda S. 122— 125 Socin, Schriftsprache und Dialekte.
Sprache Dlrichs von Eschenbach. S. 254f. Specht, Gastmähler und Trink
• hen.
Hede bei Enthüllung des Denkmals Walthers von der Vogelweide zn Bozen am
15. September 1889 gehalten. Als Handschrift des Verfa ■» gedruckt Reichenbach in
Schi. 8 S. Wiederholt im Archiv f. d. Studium der neueren Sprachen und Litteratm
1890), S. 115—117.
Knebel über Goetlm 1780. Von Knebel an Lavater. Chronik des Wiener Goethe-
Vereins 4, 53—55.
Anfang eine< phantastischen Romans von Lenz, von dessen eigner Hand. Mi! an
merkungen. Goethe-Jahrbuch 10. 46—70. 89 105.
Goethes Werke herausgegeben im Auftrage der Grossherzogin Sophie von Sach
10. Bd. Weimar. Darin Torquato Tasso herausgegeben von K.W. Vergl. dazu den Bericht
im Goethe-Jahrbuch 11 [1890 . 210.
IsOO.
Was soll die Volkskunde leisten? Zeitschr. f. Völkerpsychol. 20, 1
Goethe oder Lenz? Zum Gedicht: „Ach, bist du fort?", ('hronil, .! sWienei
Vereins .">, 18f.
Antrittsrede bei der Aufnahme in die Berliner Akademie. 3. Juli 1890. Sitzung I
der Berliner Akademie L890 XXXIV, S. \
Über den Mythus vom Wanenkrieg. Ebenda XXIX, S. 611—626.
Recensionen: Zeitschrift für deutsche Philologi : f. Lüning, Die Natur. 247f.
Becker, Wahrheit und Dichtung bei Dlrich von Licht« d
Archiv f. d. Studium der neueren Sprachen u. Litteraturen
der Begriffe. 150 Joerres, Sparren . . . von Sprache, Sprüchen and Spielen I52f. Horch,
Zur Kritik des Kürenbergers. Holz. Zum Rosengarten 341 -34 1 Walther, Deutsche Bibel-
übersetzung des Mittelalters I. s5, 62f. Kauffmann, Geschichte der schwäbischen Mm.
63 Löwe, Dialektmischung im Magdeburgischen Gebiet) • , Marien-
leben. ."»20f. Horäk. Entwickelung der Sprache Hallen I
I8»l.
Zeitschr. des Vereins f. Volkskunde l hi a. Darin: Zur Einleitung
S. 1—9. Volksüberlieferungen aus Eisenerz 215. über Bielensteins Grenzen der I
344. Die Regenkatze 144. Kakukakilla 441. Todesnachrichten: 1 103.
Jos. Zingerle :U4. A. Birlinger 449. A. Kretschmer 450. Anzeigen: 8. L06 Bucher,
Zunftorduungen von Krakau. 112 Dania. 221 Schweizerisches Idiotikon. 225 £ Sehlossar,
Deutsche Volksschauspiele. *J29 Philo vom Walde, Dorf hexe. 345 Brenner u. Hart mann,
Bayerns Mundarten. 345 Hartland, Science of fairy tales. 346 Andree, l'lut-agen. 4511
E. H. Meyer, Eddische Kosmogonie. 454 Questionnaire de Folklore. Bulletin de Folklore.
liger:
Pineau, Contes populaires du Poitou. 465 Brüder Grimm, Deutsche Sagen. 458
Wilhelm, Aberglaube im Karlsbad-Duppauer Gelände. Martiny, Aberglaube im Molkerei-
Widmann, Brucker St. Nikolaus-Spiel.
Beiträge zu den deutschen Eriegsalterrümern. Sitzungsber. der Berliner Akademie
L891 XXIX, S. 543-567.
Mittelhochdeutsches Lesebuch. L AufL Wien, VI, 286 S. Vergl. L850, 1862, 1875.
Hans von Vintler. Deutsche Revue IT. 121 — r_'i ■.
Gedichte von J. M. R. Lenz. Mit Benutzung des Nachlasses Wendelins v. Maltzahn.
Berlin. XXII, 328 S.
Zur Erinnerung an Theodor Corner. Beilage No. 222 zur Allg. Zeitung No. 264 vom
23. September.
Recension von Richard Gosche. Erinnoruugsblätter für seine Freunde. Deutsche
Litteraturzeitung No. 15, Sp. 545f.
Recension von Brandstetter, Prolegomena zu einer Geschichte der Luzerner Mundart.
Archiv f. d. Studium u. s. w. 86, 309.
Wolfram von Eschenbach von Karl Lachmann. 5. Ausgabe. Berlin. (Von W. besorgt.
Seine Vorrede S. XLVI.)
1892.
Zeitschr. des Vereins f. Volkskunde 2 herausgegeben. Darin: Zu Goethes
Parialegende S. 46 — 50. Nachtrag zu der Sage von den sieben Grafen 206f. Erlöschen
der Altarkerzen 208. Nekrologe: H. Frischbier 87. M. v. Eexer 208. J. Zingerle von
Summersberg 442. E. L. Rochholz 446. Anzeigen: S. 87 Ploss u. Bartels, Das Weib in
der Natur- und Völkerkunde. 88 Glock, Symbolik der Bienen. Meyer, Gerinanische
Mythologie. 9«) List. Deutsch-mythologische Landschaftsbilder. 95 Jacobs, Celtic Fairy
Tales. Hyde, Beside the Uro. Brenner u. Hartmann, Bayerns Mundarten. 211 Leeb,
Sagen Niederösterreichs. Frauziszi, Kärntner Alpenfahrten. 211f. Bulletin de Folklore.
212 Ammann, Passionsspiel des Böhmerwaldes. 213 Kollmaun, Deutsche Puppenspiele.
214 Kotelmann, Gesundheitspflege im Mittelalter. 328 Stöber u. Mündel, Sagen des
Elsasses. 329 Monseur, Le Folklore Wallon. 329 f. The Folklorist.
Glücksrad und Lebensrad. Abhandlungen der Berliner Akademie 1892. 27 S. 4".
Mit 2 Taf.
M. v. Leier. Zeitschr. f. deutsche Piniol. 25, 253 — 255. Allgem. Zeitung Beil. No. 99.
Zur Erinnerung an Ignaz Zingerle von Summersberg. Allgem. Zeitung Beil. No. 230.
Recensionen im Archiv f. d. Studium u. s. w. Bd. 88, S. 85 Walther, Deutsche Bibel-
übersetzung des Mittelalters II. S6 Brandstetter, Reception der Schriftsprache in Luzern.
91 Horäk, Entwiekelung der Sprache Hallers, Schluss. 91 Längin, Sprache des jungen
Herder. 91f. Willomitzer, Sprache und Technik Hebels. 89, 341 f. Walther, Deutsche Bibel-
übersetzung des Mittelalters, Schluss. 342 f. Olbrich, Goethes Sprache und die Antike.
1893.
Zeitschr. des Vereins f. Volkskunde 3 herausgegeben. Darin: Der Wettlauf im
deutschen Volksleben S. 1 — 23. Der Wolf mit dem Wockenbriefe. Märchen, erläutert von
K. W. 195—205. Schwur unter dem Rasen 224 f. Volksreime auf Bettlerhoehzeiteu 228
bis 230. Anzeigen: 107f. Staub u. Tobler, Schweizerisches Idiotikon. 109f. Günther,
Aus dem Sagenschatz der Harzlande. HOL Pineau, Le Folklore du Poitou. 111 Harou.
Folklore de la Belgique. Ulf. Hofer, Weihnachtspiele. 112 Branky, Eulennamen. 2301*.
Symons, Ontwikkelingsgang der Germaansche Mythologie. 231 Sander, La Mythologie du
Nord. 232f. Gaidoz. In vieux rite medical. 2331 Cox, Cinderella. 338f. Jacobs and
Nutt, Folk-lore Congress 1891. 339f. Uppsalastudier tillegnade Sophus Bugge. Germanistische
Abhandlungen für K. v. Maurer. 342 Brenner u. Hartmann, Bayerns Mundarten. 344
Merkens, Was sich das Volk erzählt. 466 Jacobs, More English Fairy Tales. 467 Harou,
Traditionisme de la Belgique. Folklore de Godarville. 467 La Comtesse Martinengo-
Cesaresco, La poesie populaire. 467 f. Lewalter, Deutsche Volkslieder aus Niederhessen.
Recensionen im Archiv f. d. Studium u. s. w. 90, S. 403 Eicke, Rolandsage in Deutsch-
land und Frankreich. 408 v. Greyerz. Neuere Sprachentwickelung in der deutschen
Vi rz< i h ds,
Schweiz. 408f. Brandßtetter, Luzerner Kanzleis] r
Dialekt, Nachtrag. 409 H !. Kroiznach ia ftump. H8f. Jel
Volksmundarten. 419 8eitz, Niederd utsche Allitl itiner
spiel.
Germanische Philologie. In l»i- n Universitäten, für die Univei
ansstellong in Chicago 1893 anter Mitwirkung zahlreicl geben
von W. Lexis. •_' Bde. Berlin. Bd. 1. -IT:. 481.
Rede bei Antritt des Rectorats gehalten . . . zu Berlin am 16. Okt. :■
über das Märchen vom Eselmenschen. Sitzung Berliner
XXIX. S.475-
|s«M.
Zoitschr. des Vereins i Volkskunde 4 herausgegeben. Mann: B
ächten der Jesuiten S. 91. Abermals der Schwur unter dem Rasen 214f. Sammln
der volkstümlich. -ii Überlieferungen in Deutschland 2171 Das Lied vom I urdian
334. Steyermarckischer ßaufjodl 335f. 459f. Nachrichten aus che der Volks-
kunde 33<Jf. 450. Aus der Steiermark 451f. Schlesische Sagen 462 158. i
Zungenbandes 458 f. Anzeigen: R. Köhler, Aufsätze über Märchen und Volkslied
Tille, Geschichte der deutschen Weihnachl LOOf. John, Litterarisches Jahrbuch 101 f.
Bartels, Medizin der Naturvölker 102. v. d. Steinen, Dnter den Naturvölkern Central-
Brasiliens 104f. A. u. P. Hörn, Priedr. Tribukeits Chronik 105. Pitre, Bibliografia delle
Tradizioni popolari d'italia 2181 Rand, Legends of the Micmacs 219£ Gomme, A Dictäo-
nary of British Folklore I, 1 223. Eckart. Niederdeutsche Rätsel 224. Annuairc des
Traditions popnlaires 337f. Schweizerisches [diotikon 338. Erk u. Böhme, Deut
Liederhort 3381 Chatelain, Folk-Tales ofAugola 340 343. 3 illot, Li travaui publice
- mines 343. Beyer. Ferienwanderungen 344. Schwartz, Prähistorischer Volksglaube
im Humer 4G0. Georgeakis ei Pineau, Le Folklore de Lesbos 461 -463. Wardrop, Georgian
Folk Tales l»'.:->>. Hein, Verbreitung der Totenbretter 4631 Brenner u. Hartmann, Bayerns
Mundarten 464. Doehler, Dnser Vogtland 4641 Merkbuch, Alt er tu r aufzugraben 465.
Zur Bedeutung der Zahl Neun. Am Ur-Quell 5, 11
Mitteilungen über Karl Lachmann. Sitzungsbor. der Berliner Akademie 1894 XXXIII,
S. «551-1-
Hans Sachs-Forschungen. Festschrifl zur vierhundertsten Geburtsfeier des Dichters.
Im Auftrage der Stadt Nürnberg berausg on A. L. Stiefel. Nürnberg. DazuV<
von K.W. S. III -VI.
1805.
Zeitschr. des Vereins f. Volkskunde 5 heran Darin: Zur süddeul
Namenskunde S. 1191 Beitrag zur Nixenkunde auf Grund schlesischer Sagen 121
Die Widderprozession von Virgen und Prägratten nach Lavanl im Pusterthal
Über ein schlesisches Wiegenlied -J14 216. Nachrichten aus dem Bereiche der Volks-
kunde 217. Zu den Anfängen dcrWcbekuusI 3251 Zur Uillebille 3271 Heinrich Pröhle t
3291 Arbeiten von Stanislaus Trat.. 3301 Vom heiligen Ulrich 416 124. I
(Das Notfeuer im Braunschweigischen 1521 Ludwig Tobler anzeigen:
Ratzel, Völkerkunde 1081 2171 Hartland, rhe legend of Perseus [ 1101 Jacobs, More
Celtic Fairy Tales 111. Erk u. Böhme, Deutscher Liederhort 1121 Hansjakob, Schi
ballen 114. Hauffen, Gottschee 220. Tyson and Windle, The Pygmies 2211 Gander,
Niederlausitzer Volkssagen 2221 Kuck och Carl af Petersens, P
Le Braz, La legende de la Mort 33:'.. \ ä l innschweig 334. Dr.
Volkslieder aus Westpreu '.'. Zu der Recension von Strack, Blutsaberglaub<
Hardy and Nutt, The Denham Tracts 4621 Reiser, Sagen des Allg
Volkstümliches aus Meiderich 166. Fortier, Louisiana Folkl
et Curiosites des 3I.-ti.-rs 467. Hcllmann, "• rische Volksbücher ;
Die altdeutscli.-n Verwünschungsf S B 1896
XXXI. S. 667—703.
Recension von Längin, Deutsche Handschriften in Karlsruhe im Archiv für das
Studium u. s. w. 94. 4-_'ll'.
; ; 7 I liger :
is'.lti.
Zeitschr. des Vereins f. Volkskunde 6 berausgegeben. Darin: Ethnographical
Survcy über Britannien 101. Der Tod der ist ein grober Mann 211. Beschwörung des
Alps 218—215. Märchen vom Hahnreiter 320—322. I>i'- Schweizerische Gesellschaft für
Volkskunde '.'>-'■>. Zusätze 411. 4 4-j. Gegen Bücherdiebe. Klostcrinschrift 446. f Dr. Fritz
Staub h IT. anzeigen: i'tu. An introduetion tu Folk-lore 103. Hartland, The Legend
of Perseus II 103. Meyer and Nutt, The Voyage of Bran 104. Brenner u. Hartmaim,
Bayerns Mundarten II 106. Drechsler, W. Scherffer und die Sprache der Schlesier 106 f. Larseni
l»ansk Soldatensprog 107. Jacobs, Barlaam and Josaphat 228. Schweizerisches Idiotikon
111 226. Cutrera, 1 riecottari 22S. Hellmann, Bauern-Praktik 228. Lang, Mytlies. eultefl
et religion, traduit par Marillier 3291'. Reiser, Sagen des Allgäus 331. Laube, Volks-
tümliche üeberlieferungen aus Teplitz 331. Lincke. Rübezahlforschnngen 382. Bergen
and Newell, Current Superstitions 332f. Edwards. Bahama Songs and Stories 341. Mielke,
Volkskunst 341f. Katalog der Lipperheideschen Sammlung 343. Hartland, The Legend
of Perseus III 451f. Andree. Brannschweiger Volkskunde 453f. Haas, Rügensche Sagen
and Märchen 1 54 f. Schröder, Die Tänzer von Kölbigk 455f. A.. K.. H. Bielenstein. Studien
zur lettischen Archäologie u. s. w. 456f. Kaindl, Festkalender der Rusuaken und Huzulen
457. Trombatore, Folklore Catanese 459f. Nag], Deutsche Mundarten 461f.
Zum Gedächtnis des 18. Januar 1871. Rede bei der Erinnerungs-Feier der Universität
in Berlin am 18. Januar 1896. 22 S. 4°.
Zur Geschichte des heidnischen Ritus. Ahhandl. der Beil. Akademie 1896. 50 S. 4°.
1M)7.
Zeitschr. des Vereins f. Volkskunde 7 herausgegeben. Darin: Zu dem Märchen
von Tod und Begräbnis des armen Sperlingsweibchens 159—162. Weiteres zu der Hi.il-
kraft gewisser Familien 212. Rat J. S. Grüners Werk über die Sitten und Gebräuche des
Egerländer Volkes 329. Verein für sächsische Volkskunde 329. Zwei alte Gerichtsstätten
404f. Der Wildemännlestanz von Oberstdorf 427 — 437. Fruchtbarkeit im hohen Alter
417. Anzeigen: Köhler und Meier. Volkslieder von der Mosel und Saar 108. Zibrt,
Rychtafske Prävo 109. Thätigkeitshericht des akademischen Vereins für tirolisch-vorarl-
bergische Heimatkunde 109. Wossidlo, Mecklenburgische Volksüberlieferungen I 213f.
Knoop u. Haas, Blätter für Pommersche Volkskunde 214. Eskuche, Siegerländische Kinder-
liedchen 214. Schumann, Kultur Pommerns in vorgeschichtlicher Zeit 21<i. Wandbilder
der Völker Österreich-Ungarns 216f. Schweizer - Trachten I 217. Katalog der Lipper-
heideschen Sammlung 217 f. Lutsch, Das Bauernhaus 218. Kaiudl, Haus und Hof bei
den Huzulen und Rusnaken 218f. Böhme, Kinderlied und Kinderspiel 3321 Reiser,
Sagen, Gebräuche, Sprichwörter des Allgäus 333. Pitre, Indovinelli, Dubbi, Scioglilingua
del popolo Siciliano 333f. Sapper. Das nördliche Mittel-Amerika 385f. Matthews. Navaho
Legends 336. Schriften von Prato 337. Ludw. Tobler, Kleine Schriften zur Volk- und
Sprachkunde 447 f. Olrik, Folkeminder 448. Renk, Im obersten Innthal 448 f. Courthion,
Les veillees des Mayens 440. Sebillot. Petite legende doree de la Haute-Bretagne 450 f.
Nagl, Deutsche Mundarten 454. Heierli, Die Schweizer-Trachten II 454f.
Die deutschen Frauen in dem Mittelalter. 3. Aufl. 2 Bde. IV, 393 und 353 S.
Vergl. 1851, 1882.
Die mystische Neunzahl bei den Deutschen. Abhandlungen der Berliner Akademie
1897. 61 S. 4 .
Recension von Mayer u. Rietsch, Mondsee-Wiener Liederhandschrift im Archiv f. cL
Studium u. s. w. 99, 136.
1898.
Zeitschr. des Vereins f. Volkskunde 8 herausgegeben. Darin: Professuren für
Volkskunde 97. Hirtensprüche 336—339. Ein Diebsegen 346. Zur Hillebille 347. Vom
Verein für Egerländer Volkskunde 847. Aus Steiermark. Volkstümliches in alphabetischer
Reihe 439—448. Das tausendjährige Jubiläum der Wurst 4.">6f. Die Ausstellung nieder-
ländischer Trachten in Amsterdam 458. Anzeigen: Mitteilungen aus dem Museum für
[ rzeichnis
deutsche Volkstrachten zu Berlin 99f. :
Sagen aus dem Kreise Kolb< LI 6. Ha
Naturgeschichtliche Volksmärchen 1 » !« ". t . Löwen timi 1081
Wandbilder der Voll I II !"'.tf
4».'J. Nyrop, ECulturhistoriske Skizzer [ 111. R VI nhold,
Verehrung der Quellen 230f. Weineck, Knecht Ruprecht 231. Bahlma
Märchen n - w. 233. Ammann, Volksschauspi
Volkstrachten und Bauernhäuser 236f Müllenhofl Di Natur
Dähnhardt, Volkstümlich
Steiermark 357. John a. < zerny, Egerländer Volkslieder 16
Zahler, Die Krankheit im Volksglauben
Die Verehrung der Quellen in Deutschland. Abhandlungen dei idemie
1898. 69 S. I .
189».
Zeitschr. des Vereins f. Volkskunde 9 heran Darin: Die alte Qerichts-
,il Banco de la Resön zu Cavalese im Fleimser Thal in Südtiro] 68 71 Das
englische Kinderspiel Sally Water R9. Franz Magnus Böhme t 95f. Noch einmal die
Amsterdamer Ausstellung nationaler Trachten vom Aug. bis No '• Die
und die Drihe. Zur Geschieht.- der "Weberei 205—207. Fledermaus und Maulwurf
Chajim Steinthal t 208E, Sand Kum rnu 124. Wilhelm Schwa
Kinderpuppengräber Gredlgräber in Nieder-Österreich 388. anzeige! Die
Donauländer 96f. Zibrt, Literatura kulturue historicka" a et]
Litanen 97. Denneti and Kingsley, Notes on the Folklore ol 0. Köhler,
Kleinere Schriften I 102. Reiser, Sagen u. - \\ des Allgäus 102f !• tschrift für Prot
Lemke 103. Gomme, Thi Draditional Games 103—105. Frömmei, Kinder-Reime n
105. Schweizerisches [diotikon 105.. Kaindl, Ethnographische Streifzuge in dei
karpathen 106. Ammann, Volksschauspiele aus dem Böhmerwalde II 220. Petsch
träge zur Kenntnis des Volksrätsels 222f. Söbillot, Litteraturi orale de l'Auvei
Teit and Boas, Tradition, of the Thompson River Indians 224£ Höfler, Deutsches krank
heitsnamen-ßueh 342. Haas, Schnurren u. s. w. von der tnsel Rügen 342. Söbillot,
Legendes ioeales de La Haute-Bretagne 343. Sebillot, LaVeillei I8f, Scherman
u. Krauss, Allgemeine Methodik der Volkskunde 448f. Mas Müller, Nouvellei
mythologie, traduites par Job 452. Pichler, Aus den Tiroler Bei
Dansk Bondeliv 457f. Chauvet, Folklore Catalan 458f. Gittee, l uriositös de
enfantine 459f. Nagl, Deutsche Mundarten 161. Bächtold, Kleine Schriften 46l£ \
1900 am Schlu
11(00.
Zeitschr des Vereins f. Volkskunde 10 hera i. Darin: Zn den -
Bächsischen Zauberpuppen 99f. Laura Weinhold t 102. Zum Hochzeitscharivari
Ulrich Jahn t 216—219. Ein oberbayrischer Palm 227 Das Halmmessen 22*3
wendfeuer in Tirol 335 f. Anfrage aber Gebräuche und Aberglaube, die sich an
des Hirses knüpfen 339f. Anzeigen: Achelis, Archiv für Rcli uschafl II
Wossidlo. Mecklenburgische Volksüberliel • ' lkstümliches in
Ostpreussen III I05f. 1: n 3. w. d( Ulgäus 106. Sebillot, La
enchautee 106. Maria Pitiv. Le Feste di Santa Rosalia in Palenno e della Assunta in
Messina 107. Olrik. Dan Gusinde, Neidhart mit den. Veilchen 110.
Schiepek, Satzbau der Egerländer Mundart I 111. Justi, II Lrachtenbuch 1 111t.
Troels-Lund, Himmelsbild und Weltanschauung U2f. Lerond, Lothringis« he Sammelmapp«
233. Pitre, Fest.' patronali in Sicilia 235—237. Achelis, Archiv fürReligii chafl
348f. Skeat and Blagden, Malay Magic 350 P Volks-
märchen 350f. Weise, Die deutschen \ me und Landschaften 351£ Wuttke n.
E. H. Mever, Der deutsche Volksaberglaul t G( g< owarl her, E] hi
Kunze, Der Birkenbesen ein Symbol des Donar 454. Renk, Der I Üpei
v. Jan, Erzählungen aus dem Wasgau 455. Aus der Vergangenheit und I von
Boltr:
1. 1 ii 4"it;. Ainmaiiii, Volksschauspiele aus dem Böhmerwalde III 456f. Lange,
Lieder ;ms dex japanischen Volksschule; Japanische Kinderlieder 157 f. Erding, Studien
über Heinrich Kaufringer 458.
Proben aus 'lern Schlesischen Wörterbuche. Mitteilungen der Schles. Gesellschaft f.
Volkskunde, herausgeg. von P. Vogt, Jahrg. 1900, Heft VII, No. 2, S. 19— 26. Breslau.
VgL L855.
Die Zeitpartik. In des sclilesischen Dialekts. Sitzungsber. der Berliner Akademie 1900
\\\I.\. S. SGO— 8S6.
Recension von Bächtold, Kleine Schriften im Archiv f. d. Studium u. s. w. 105, 372 f.
Vgl. 189!» am Schluss.
1901.
X. its.hr. des Vereins f. Volkskunde 11, Heft 1—3 herausgegeben. Darin: über
die Bedeutung des Haselstrauchs im altgermanischen Kultus und Zauberwesen 1 — 16. Ein
hochdeutscher Augensegen in einer Cambridger Handschrift des 12. Jahrhunderts 79 — 82.
Blau als Trauerfarbe 83. Bericht über den Verein für Volkskunde 1891—1900 110—112.
Karl Julius Schröerf 213f. Der Palm busch in den Niederlanden 215f. Sterbende werden
auf die Erde gelegt 221. Über das echte Tirolerlied 222. Wochenzettel für den kämtischen
Bauerntisch 222 f. Zu dem Cambridger Augensegen 226. Sagen vom Rübezahl 33(> f.
Anzeigen: Achelis, Archiv f. Religionswissenschaft 94 f. Rh. Köhler, Kleinere Schriften II— III
95 f. Geyer, Osterlandsagen 100. Sebillot, Contes des Landes et des Greves; Les coquillages
de mer 100 f. Dähnhardt, Heimatklänge aus deutscheu Gauen I 104. Reiser, Sagen u. s. w.
des Allgäus 232 f. Drechsler, Das Verhältnis des Schlesiers zu seinen Haustieren und
Bäumen 233. Justi, Hessisches Trachtenbuch II 233 — 235. John, Unser Egerland 344f.
Nagl, Deutsche Mundarten 345. Heinr. Meyer, Sprache der Buren 345 f. Wichmann, Wot-
jakische Sprachproben 348f. Im vorliegenden Heft: Schweizerisches Idiotikon IV. Sebillot,
Le folklore des pecheurs.
Recension von Vogt, Schlesische Weihnachtsspiele im Archiv für das Studium u. s. w.
106, 369 f.
In: Litterarische Mitteilungen. Festschrift zum zehnjährigen Bestehen der Litteratur-
archiv-Gesellschaft. Berlin: Goethes Christel. Facsimile S. 14. J. M. Miller an H. Chr. Boie
15—20. Heinrich Heine au Karl Simrock 105 f. D. F. Strauss an H. v. Treitschke 108 t
Kine geistliche Auslegung des Kartenspiels.
Von Johannes Bolte.
I. Verbreitung und Inhaltsübersicht.
Verschiedentlich begegnet uns in den europäischen Volkslitteraturen
des 10. Jahrhunderts eine geistliche Deutung der Spielkarten, in den
Rahmen einer schwankhaften Erzählung eingefasst. Ein Soldat, der während
des Gottesdienstes ein Kartenspiel hervorzieht und betrachtet, wird des-
wegen bei seinem Offizier angezeigt und soll bestraft werden; doch weiss
er sich, indem er die Karten als sein Gebetbuch und seinen Kalender
rühmt, so gut zu verantworten, dass ihn sein Vorgesetzter mit einem Geld-
geschenke entlässt. Die weite Verbreitung dieser Geschichte wird man
Eine geistliche Aus
aus der nachfolgenden Zusammenstellung erkennen, für die ich pii
Notizen Reinhold Köhlers und FeilbergH dankbar benutz!
Französisch A I .
A) Explication morale da Jen de Cartes, anecdoti curieusi ei intei
nuin de Louis Bras-de-Fer, engagi an service da Roy, Braxel el Pari rl von
J. G. J. Breitkopf!, Versuch den Ursprung der Spii Ikarten zu erforsch« n I am. f.
— Eine Ausgabe 'Bruxclles L77&1 citiert Chatto, Facl and specnlations on the origin and
history of playing cards 1848, p. 320.)
IJ Hi>toire du jeu de cartes du grenadier Richard, ou explication du jeu di
quante-deux cartes en forme de livre de prieres, par Hadin, employe au mh
finances 1809. 12°. (Vgl. G. Brunet, Notice bibliographique sur Icb carb
p. 9-11.)
C) Histoire da jeu de cartes du grenadier Richard. Abgedruckt bei M M. A
ronnand, Les sonvenirs prophetiques d'une Sibylle, sur les cai le ~"n
arr. -Station 1814, p. 34t> 356: 'In soldat, nomine Richard Middleton'... Scheini I
einige Auslassungen mit B übereinzustimmen.
1> Lnzel, Legendes chretiennes de la Basse-Bretagne 2, 231 1881 : Lejeud<
servant de livre de messe' 1841 erzählt . — Vgl. Prato, Archivio delle tradis. pop. 11. 271.
13, 5S7.
E) Colsou, Ce qu'ou peut voir dans an jeu de cartes. Wallonia 3, 64
Nach zwei Sandschriften, von denen eine nm 1860 in Lüttich entstanden ist: 'Sermon
Le '}>'\i de cart< s'.
Englisch !•' .1 .
F) The Perpetua] Almanack, or Gentleman - Soldier's Player Book. Printi
.1. Catnach, ■_'. Blonmouth Court, Seven Dials. Abgedruckt bei Chatto, Origin and I
of playing cards 1S48, p. 320-323.
G) Cards Spiritualised; or the Soldier's Almanack, Bible, and Prayerbook: Showing
how one Richard Middleton was taken before the .Mayer of ihr Citj b( was in. for osing
a Pack of Cards in the Cburch during divine servier: being a droll, merry, andhumorous
aecount of an odd affair that happened to a Private Soldier in the 60< Regiment,
castle. — Abgedruckt bei Ed. S. Taylor, The history <>f playing cards, Londoi
p. 442— 444 und danach bei Mrs. John King van Rensseker, Ch< devil'a pictnre-1
A history of playing- cards 1893, p. 180— 184. VgL auch Ch. S. Burn. . Folk-loro Journal
7, 315 f. (1889) and Gaster, Folk-lore 1, 133 (1890). - Eine gereimte französische I
setzung verfasste der Chevalier J. B. F. E. de Chatelain vermutlich odruckt in
Beautes de la poesie anglaise 181 — — ' "< 1 ,
II, A new Game at Cards, betweeii a Nobleman in London and
- Vgl. Singer, History of Playing Cards 1816, p. 53*, «hatte 1848, p.323f. and Taylor
1865, p. 445.
J) Gartenlaube 1875, 596: 'Ein religiöser Kartenspieler5 Lee in Gl
In Glasgow lässt auch G die Geschieht.; sich zutragen).
Schwedisch [K— 11 .
K) En Nöjsam Historia, Om den förwandlade Kortleken, Nyttjad til Almana*
Bönebok; Ganska lustig att läsa ... och efter mailgas ästundan an för föi en tili
1) Nachdem ich schon gelegentlich in dieser Zeitschrift
auf den Stoff hingewiesen, fand ich in ReimVM Köhlers Nachla« X und V.
Herr Dr. H F. Feilberg machte mich freundlichst auf N und Z aufmerksam, woraut ich
in dem auf der Kopenhagener Bibliothek aufbewahrten Nacl
Umschau hielt; und Fräulein Dr. Marriage sandte mir eine Kopie von Qa.
37*< Bolte:
Trycket befordrad och fran Engelskan öfwersatl aj S. 1». N samt med Tülämpning försedd
ai (Jnderteckna L814, Tryckt hos Directör, 8v. Rask och fäi ej ai nägon efter-
trycka 16 - - Ferner ebenda 1818. 1837. Stockholm 1823. 1828. 1832. Norrköping
1827. Wisbj 1- beräe 1832.1834. Westerwik 1836. Fahlun 1843.
Jönköping 1833. L844. Bke jo 1846 etc.
i. En l'ritänkares «pickhet, som nyttjat sin Kortlek tili Amanacha och Böncbok.
Saofardig Berättelse. Linköping 1824, Tryckt i Petreska Uoktryckeriet. 8 S. 8".
M Berättelse om en Betjent will namn Jean, som förklarade sin Kortlek bade fite
dess Almanach och Bönebok. Malmö 1823. Tryckt Berlingska Boktryckeriet. 8 S. 8°. —
Ferner Lui fönköping 1832. Norrköping 1803. Linköping 183:'.. (Vgl. Bäckström,
Svenska folkböcker 1848 •_', öfversigt S. 153 f.)
Dänisch N— P).
N En smuk Eistorie om en Tjener Navnlig Jan, som brugte ei Spil Kort til >in
Almanach og Bonnebog, samt hvorledes han af sine Medtienere blev anklaget t'or hans
Herre, men formedelst sin Snedighed slap lykkelig og vel for sine Medtieners BeskyldningL-r.
Trykt 180:'.. 4 Bl. 8° (in Svend Grundtvigs hsl. Nächlass Bd. 22. -wo auch ein Druck von
1799 citien wird). En meget smuk Historie . . . Trykt hos Thiele (Kopenhagen). - En
smnk Fortaelling. Om en Tjenner ved Navn Jan, som bmgte et Spil kort til sin
Almanack og Bönnebog. Trykt og faaes hos Th. Petersen iHjorring. Folioblatt um 1830,
mit grossem Holzschnitt (Grundtvigs Nächlass 22). — Christiania o. J.
0) Grundtvig, Gamle danske Minder 2, 309 No. 448: 'Den fromme Tjener (1857 . —
Aus Westjütland.
P) Feilberg. Die Zahlen im dänischen Volksglauben. Zeitschr. d. Vereins f. Volks-
kunde 4, 253—255 (1894? = Dania 2, 199 (1893): aus Vejen in Jütland.
Deutsch (Q— U).
Qa Das I artenspiel in der Kirche. Gedruckt in diesem Jahr. — Flugblatt in 8°,
wahrscheinlich in Hannover zwischen 1805 und 1814 gedruckt ^London. British Museum
11 521 ee 28, No. 54). unten S. 382 nach einer Abschrift von Fräulein Dr. M. E. Marriage
abgedruckt.
Qb) Das ganz neue Kartenspiel. Verlag von H. Haake in Bremen. — Folioblatr. um
1875 gedruckt Hannover, Kestnermuseum).
R) Pröhle, Kinder und Volksmärchen 1853, S. 219, No. 68: 'Ein Windbeutel legt das
Kartenspiel von einer guten Seite aus". — Nach der Handschrift eines Soldaten.
Sa) Archut, Die Kartenpredigt. Blätter f. pommersche Volkskunde 3, 53 f. (1895). —
Aus dem geschriebenen Hefte eines Soldaten.
Sli A. Haas, Schnurren, Schwanke und Erzählungen von der Insel Rügen 1899, S. 5,
No. 5: 'Die Spielkarten". Nach einer alten Handschrift. — Vgl. Rogasener Familien-
blatt 1, S. 13. .
T "Wossidlo, Mecklenburgische Volksüberliefcrungen 1, 235, No. 986: 'Deutung der
Spielkarten": vgl. S. 327 (1897). a; gereimt: "Ich will es Ihnen sogleich erklären, Es dient
hier zum Gebetbuch mir" . . . b) in Prosa.
0 Beuschel, Das geistliche Kartenspiel. Zeitschr. für österreichische Volkskunde 6,
154-156 (1900' : 'Es war einmal eine Kirchenparade zum Gottesdienst befohlen, Das
Regiment stellt sich zusamm und macht sich auf die Sohleir ... 19 Str. zu 4 Zeilen: aus
Nordböhmen.
Niederländisch (V.
V) Bols, Honderd oude vlaamsche Liederen 1897, No. 50: *Hct geestelijk KaartspeF,
12 Str. zu 12 Zeilen. Anfang : 'Een «iuirsch soldaat g'heel sterk en kloek Kwam in de kerk
zonder verduiken, In plaats van eenen kerkeboek Een gansch spei kaarten te gebruikeu.'
— Ebeii'la wir i auf z\\'i ahn]
ipel1 nach der W< ise:
!■ Rachhändlers \ an Pa m< l No. 84 u
in Antwerpen \
V\ .
W Daran, Romane
Flugblatte. Anfang: 'Em] . Madr< Wolf,
Studien zur spanischen Nationallitteratui
Vorlage zu fussen.
Porl ch \
\ Puras verc1 J. E. da I
kl. 8°. Weimar, Reinh Köhlers Nachläse I - gedruckt
V .
Y Difesa di ut äoldato pruss - äalani in Florenz .
seitig bedruckt, offenbar um 1^''» entstanden, über dem Text ein Holzschnitt, der einen
ischen Soldaten vor einem sein Kartenspiel haltenden Offizier stehend dai
Weimar, Reinh. Köhlers Nachlass. — Unten S i icki Vgl. Dixon, N I
Queriea 1. - 219 (186b mnini, Rassegna padovana di storia ! L891
Archivio 11. 267.
! - I änd isc h /. .
Z ülafur Davidsson, fslenzkar Skemtanir 1888 92 S.340f.
Diese Fassungen, denen sich gewiss manche andere anreihen la
sind teils fürs Volk gedruckte Plugschriften AJBFGHKLMNQabVbcWXl
r.'iis von Gelehrten aus .lern Volksmund Ler handschriftlicher Über-
lieferung veröffentlich! DEOPRSabTÜVaZ). Gereimt Bind our TaUVW;
die übrigen Fassungen zeigen prosaische Form.
Bei der Betrachtung des Inhalts haben wir zwischen der epischen
Einkleidung and der Zahlendeutung zu unterscheiden. Zumeist isl der
Eeld '1er Erzählung ein Soldat: erfährt die Namen Louis Bras-de-Fe \
odeT Richard l'.W X . genauer Richard Middleton < FG oder Richard Lee
(J), auch Fian/. Sah oder Pipi 'l'ahlutV I) Das italienische Flugblatt
\ macht ihn. offenbar in Erinnerung an das 18 alossene Waffen-
bündnis mir Prens8en, zu einem preussischen Soldaten; «las damische Lied
(Y) zu ein. an deutschen Soldaten; sonst wird in der Regel voran
dass .ha- Eeld der eigenen Nation angehört, obwohl der englische Nanu
Middleton in der französischen Fassung C auffällig ist. In einem englischen
Volksbuche und mehreren von diesem abhängigen skandinavischen Er-
zählungen (HMNO; vielleicht auch KL) i-t der Kartendeuter kein Soldat,
sondern ein Bedienter (Jean in M; Jan NO . der von seinen Kameraden
beim Herrn verklagt wird. Di-' gesondert dastehende isländische Anekdote
(Z) bringt die Geschichte mit dem Pfarrer Thorsteinn Petursson in Stadar-
bakka in Verbindung. Der Schluss besteht darin, das.- der < Iffizier oder
Dienstherr den Kartenliebhaber nicht bestraft, Bondern mit einer Belohnung
entlässt. Nur die französische 'Histoire du grenadier Richard' (C) lässt
Bolte:
den Obersten zugleich eine Strafe and eine Beförderung aussprechen:
'Richard, vous aurez trois mois de cachot; vous etes simple füsilier; en
äortant de prison, je vous avancerai en grade.'
Geben ans 9chon diese Gemeinsamkeiten and unterschiede Fingerzeige
aber das Verwandtschaftverhältnie der einzelnen Recensionen, so ist «lies
auch bei der Auslegung der Zahlen der Fall. Gewöhnlich erscheint zu
jeder Zahl nur eine Deutung, nur die französischen Passungen BC und
die portugiesische \ geben mehrere (bis zu 12) an, die wir jedoch nicht
alle wiederholen wollen.
D - W bedeutet den einen Gott (CDEFGHJOPQabRSabTUVWXYZ),
ein. -n Glauben, eine Taufe (EVX) u. s. w.
Zwei das alte und neue Testament (CHWX). Leib und Seele (CZ .
Gottvater und Christus DFGJ), die zwei Naturen Christi (EPQabRSabTbXY),
die beiden Schacher (Eb), Tugend und Laster (H . die beiden Sakramente
(O). die beiden Gesetzestafeln (X).
Drei die Dreieinigkeit (CDEFGJOPQabRSabTbYWXYZ), die Tage,
die .Jonas im Walfisch verweilte (H), die Grazien (H).
\'ier die letzten Dinge: Ted, Gericht. Hölle. Paradies I EVX), die
Evangelisten (DEbFGJOPQabRSabTbVWXY), die Jahreszeiten (CH), die
Stände (Z).
Fünf die klugen Jungfrauen (DEcFGJWX), die Wunden Christi
(EOPQabRSabTbYXYZ), die Sinne (CH).
Sechs die Schöpfungstage (CDKcFGHJOQabRSTbYWXY), die Arbeit*
tage (P), die Bitten im Vaterunser (!) (H), die Pilgerreise des Menschen
(Z. nach der isländischen Bezeichnung dieser Karte 'Post').
Sieben den Ruhetag (CDEFGJPQRSabTbYWYZ), die Worte Christi
am Kreuz (CO), die Sakramente (CUX), die Bitten im Vaterunser (TaX),
die Weltwunder (CH), die Planeten (H).
Acht die Familie Xoahs (CKcF( iHJOPQabRSabTbVWXYZ), die Selig-
preisungen der Bergpredigt (CDHTaUX). die Calvarienberge (E).
Neun die undankbaren Aussätzigen (CEcFI UPQabRTbVWY), die
Engelchöre (CSabTaU), die Jungfrauen, die Christus anbeteten (E), die
Musen (II \\ die Stunden, während deren Christus am Kreuz hing (OZ).
Zehn die zehn Gebote (DEFGHJOPQabRSabTüYWXYZ).
\ un den Buben legt der Erklärer den Treffbuben oder Kreuzbauer
(EFGHJOPQabRSabTaü; Klaverzot Vb; Cavallo X) oder Pikbuben (PV)
bei Seite, um ihn nachher auf den Verräter Judas und seinen eigenen
Angeber zu beziehen; die übrigen deutet er auf die Knechte, die Je>um
mißhandelten (CDPQabSaUYbY) oder auf die hl. drei Könige (E).
Die Damen bezeichnen entweder die Königin von Saba (CDEFGJT
VbWX; wobei PGJ die (leschichte einschalten, wie Salomon die gleichge-
kleideten Mädchen und Knaben beim Händewaschen unterschied) oder Maria
(COPQabSabVZ) und die drei Frauen am Grabe Christi (QabSabTaUY).
Eine geistli« he lnsl< jm ;;s]
Die Könige Gott PGJRSabXZ), dei I aerrscher BFG Herodes
(P) und die hl. drei Könige CDPQaSabTbVbl . die Richter Christi R
oder die Evangelisten Tal
Die vier Farben die Jahreszeiten (HOPY); Rot und Schwarz das
Blut und Leiden Christi I. I arreau (Raute) Tendroil oii für placee la
croix de Jesus-Christ' (C"\ oder die rier Ecken der Kirche (PQabRSabY);
Pique (Schippen) den Speer (CQabRSabVl oder das Grab Christi P .
Coeur die Liebe Christi (CQabSabVT oder die Andacht des Kirchgäi
(P); Treue "1 union, le zele ei L'amour des trois feiumes qui alleren! au
tombean I das Kreuz (PQabRSabV) oder die Dornenkr N
Die 12 Kartenbilder bedeuten die Monate (CEOPSabTbVXI . die
52 Karten die Wochen CDEHOPSbTbVWX), die 365 Points die Tage des
Jahres (CDEHJSbTbWXY).
Leider sind uns die Passungen A. B und II nicht zugänglich, und wir
können schon deswegen über die Entstehung der Erzählung, die man ent-
weder nach Frankreich oder nach England setzen wird, vorläufig aicht in>
Klare kommen. Wenn ahm- auch, wie es scheint, das Büchlein erst! in
dm* zweiten Hälfte des 1*. Jahrhunderts zusammengestellt sein Bollte,
bo sind seine Elemente doch erheblich älteren Ursprungs. Geistliche
Deutungen des Kartenspiels erscheinen schon im L5. Jahrhundert
mehrfach1); ans dem 17. führe ich an Joseph a S. Barbara [Geestelyk
Kaert-Spel met Herten Troef, oft het Spei der Liefde. Antwerpen 1666)
und Andreas Strohl (Das Geistliche Teutsche Karten-Spil, d. i. Ausführliche
Erzehlung, wasmassen das Israelitische Volck im Alten Testamei
wunderlich vermischt, und hin und wieder getrieben wurden. \ ier Thail.
Sultzbach 1691. 1" . deren für nnsem Geschmack ungeniessbare Werke
wiederholt aufgelegt wurden; aus dem 18. ein niederländisches Lied 'Een
geestelijck tydt-verdryf, of het kaerte-spel der Godt-minnende Zielen, vol
wondere en seer schoone Kenielsche Meditation', über das Bols") nach
einmn Liederbuche von 1717 berichtet. Auch die Häufung von vielen
Aufzählungen der verschiedensten Art, die wir in den Fassungen !'•< \
antrafen, lässt sich in Schwankbüchern des 17. und 18. Jahrhunderts mehr-
fach nachweisen8) und erinnert an ältere Priameln und Satiren wie Huttens
1) Ingold, Das. goldene Spiel 1882, S. 61; dazu XXV. XXX Jobannce ron
Geiler). Bernardinus Senensis, Opera 1. 196a (IT i ninus, 8amma 2, tit. l. i
§ «. Singer. Efistorj of playing carda 1816, p.24f. — Ferner Kirchhof, Wendunmut
Guarinoni, Grewel der Verwüstung Menschlichen Geschlechts 16K
2) Oude vlaauische Liederen I8v»7. S. L16.
3) C. A. M. v. \Y.. Kurtzweiliger Z«'itvertreiber 1666, 8.614—521
Schola curiositatis s. antidotum melancholiae 1, 192-195. Das Einmahl Eins cum notis
variorum, Dreßden u. Lpz. 1703 (365 S. 8°). J. F. Biederer, Die Zahl ITT.« -in
älteres Buch über die Zahl Drei habe ich nicht gesell
-
Bolte:
Vodiscus oder die Quaterniones raundani1 . Bndlich begegne! uns die zur
Einrahmung der Kartendeutung dienende Anekdote bereits in einem ähn-
lichen, von Singer8 angeführten älteren Schwanke, in dem jedoch statt
äoldaten ein Predigermönch < i 1 * - Hauptrolle spielt. Dieser zieht in
der Kirche statt des Breviers aus Versehen ein Spiel Karten aus der Tasche,
t'asst sich aber schnell und trägt seinen Zuhörern eine erbauliche Auslegung
der Karten vor. Wann, wo und von wem diese einzelnen Züge zu einem
Ganzen vereinigt wurden, «las bleibt, wie gesagt, vorderhand noch eine
offene Prasre.
II. Die älteste deutsche Fassung ((Ja).
Zwey ganz neue auserlesene Lieder. Das erste: Testament eines durstigen Bruders.
Wenn ich dereinstens nicht mehr trinke, &c. ]>as Zweite: Wann ich ein Vöglein war. &c.
Das Cartenspiel in der Kirche. Einige scherzhafte Fragen und Antworten. Gedruckt in
diesem Jahr. v .
Das Cartenspiel in der Kirche.
Hin Regiment machte einst an einem Sonntage Kirchen-Parade, ein
Soldat setzte sicli beim Eingang in die Kirche, und wie man dachte er
nehme ein Gehet- oder Gesangbuch, zog er ein Spiel Carten« aus der
'Pasche und legte selbige auseinander vor sich her. Der Feldwebel so
dabei stand sah ihm zu und befahl ihm: er sollte seine Carten in die
Taschen stecken und solches nicht wieder thun; der Soldat gehorchte dem
Feldwebel nicht und verantwortete sich auch nicht, sondern betrachtete
sein Cartenspiel beständig. Während der Zeit war die Kirche wieder aus,
der Feldwebel wartete vor der Thür auf den Soldaten bis er aus der
Kirche kam, führte ihn dann zu seinem Major und verklagte ihn um das
was er in der Kirche gesehen hatte.
Der Major: Wie du hast dich unterstanden in der Kirche Carten zu
spielen? Verantworte dich sogleich oder du sollst ohne Gnaden Gassen
laufen.
Der Soldat: Wenn sie mir gnädig erlauben so werde ich mich hin-
länglich verantworten. Die Kirche ist ein heiliger Ort und ich habe
niemand in seiner Andacht gestöhrt sondern alle in Ruhe gelassen.
Der Major: Ich merke es ist nicht wahr, verantworte dich besser
oder ich schicke dich sogleich in Arrest.
Der Soldat (Hierauf zog er seine Carten wieder aus der Tasche,
zeigte sie dem .Major und saute): Sobald ich ein Aß sehe das zeiget mir:
1) Vgl. auch 'Quaternio. Ein schöner Tractat, in welchem 1'25. stuck von vier dingen,
Auli dem H. Lehrer Thoma vonn Aquin gezogen, Nit minder nutzlich dann lustig zu lesen",
o. J. 1558 (Innsbruck, Ferdinandeum). Andere Beispiele bei Uhl, Die deutsche Priamel 1897.
•_') Researches into the History of Playing Cards 1816, p. 532. — Eine ähnliche Ge-
schichte aus 'The Women's Advocate or the Fifteen real comforts of Matrimony' (1683)
steht bei Chatto. Origin of playing cards 1848, p. 321.
Eine geistliche \u
daß ein Gotl ist der Himmel und Erde erschaffen bat; eine zwei: die
Naturen in Christo nemlich die gottliche and menschliche; eine drei: die
drei Personen in der Gottheit; eine vier: die vier Evaugelisten Matthäus
Marcus Lucas und Johannes; eine 5: die •> Wunden Christi; eine 6: daß
Gott 6 Tage gearbeitet und am 7 geruhet welches wir aber nicht thun
sondern ihm dienen müssen; eine s zeiget mir an: die achte die in der
Arche das Leben erhalten haben, das ist Noab sein Weib und ihrer Söhne
Weiber; eine 9: die 9 undankbar Gesundgewordenen weil nur einer Gott
t'ur Beine Gesundheit gedankt hat; eine 10: die zehn Gebote Gottes welche
Gott Mnsr auf dem Berge Sinai gegeben hat. Wie nun der Sul.hu alle
Paß-Karten durchgegangen war nahm er den Kreutz-Bauer. legte ihn auf
die Seit.' und sagte): Dieser war nicht ehrlich, die andern drei sind Schinder-
knechte welche Christum den Herrn auf Befehl Pilati gegeiselt haben;
das Herz Bagt mir daß Gott seine Kirche habe zum Gotteshaus bauen
Lassen; die Schellen zeigen mir daß alle Kirchen viereckigt Bind; die
Schuppen zeigen mir »las Speer Nägel und die dornene Krone welche
Christum den Herrn durch Mark und Bein gedrungen; so bald ich ein
Kreutz -ehe stell ich mir das Kreutz vor an welchem Christus dei Herr
gekrenziget ist: die vier Könige zeigen mir die vier Könige aus Mohren-
Land; die vier Damen zeigen mir die vier Weiher welche zum Grabe
kamen Christum den Herrn zu suchen. Ich sage ihnen daß mir ein Spiel
Carten sowohl zu meiner Andacht dient als ein Gebet- oder Gesangbuch.
Der .Major: Du sagst mir aber doch nichts von dem Kreutz-Bauer
weichein (sie) du auf die Seite gelegt hast um! sagtest er wäre nicht
ehrlich.
Der Soldat: .Mein Herr Oberst-Wachtmeister wenn ich ohne Strafe
soll ilavon kommen, so will ich es sagen.
\)i'\- Major: Sag nur her mein Sohn, es soll dir nichts geschehen.
Der Soldat: Der Kreutz-Bauer welchen ich auf die Seite gelegt und
gesagt habe: er wäre nicht ehrlich, das ist der Verräther Judas; oder dieser
Feldwebel welcher hier steht und mich bei Ihnen verklagt hat
])<■]• Major: Da (und schenkte ihm Bechs Louisd'or) mein Sohn! trink
meine Gesundheit, dn bist >\f\- allerpolitisch[t]e Windbeutel den ich je
gesehen habe, tch habe viel Leute gesehen die in den Carten studirl
haben, es ist ihnen aber unmöglich gewesen solches zu linden was du mir
jetzt gesaut hast.
111. Die portugiesische Fassang (X).
Puras verdades d'um soldado chamado Ricardo. Cnriosas chi
postas, «nie eile deu, quando na occasiäo de '-stur a ouvir missa, ;il>riu um bar all
cartas, sendo depois mandado prender por um sargento da compauhia. Nova tradu«
uova edioäo augmentada com os versos dedicados ;i morte do alferes Brito. Por Tiburcio
Pedra. Vende-se na livraria de J. E. da Cruz Coutinho, editor. 15 — Rua do Almada IT.
Porto. 16 S. 12°.
;-,M Bolte:
11 Soldado ouvindo missa por um baralho de cartas.
um sargento da companhia d'este militar (em Buenos -Ayres) que
julgou acto escandaloso am Beu Bobordinado estar u'aquelle logar täo entertido
com aa cartas de jogar o prendeu a sahida da egreja, e sem querer ouvir
aa Buaa razöes o levou a presenca do commandante para applicar ao soldado
o castigo condigno.
(> commandante que era dotado d'uma severidade austera. para mantei
a disciplina no corpo confiado ao seu commando, tambem era cordato,
attencioso e justiceiro, e por isso interrogou o soldado da seguinte inaneira:
Porque motivo, assistindo ä missa entre teus camaradas, te tornaates
ti lioso pelo teu comportamento, rebelde para com as leis da disciplina,
irreverente para com o logar. sem respeito para com os teus superiores,
e escandaloso para com o publico? Pensavas que esse desacato näo chegaria
ao meu conhecimento, e que näo saberia castigar um mau soldado?
Mau soldado. meu commandante? Mau soldado? . . . Eu que fui coa-
decorado por ter tomado uma bandeira ao inimigo, e que fui elogiado
pela parte que tomei, com a minha companhia, na ultima batalha, e que
nunca recebi seuäo elogios dos meus superiores. durante toda a minha
carreira militar, e agora pelo simples facto de possuir um almanak illustrado.
ou porque face de um baralho de cartas um livro instructivo de religiäo.
ou um innocente passatempb quando quero distrahir-me, chamam-me um
mau soldado! . . .
Näo coniprehendo nada do que dizes. explicate depressa se queres que
te attenda.
Ja que V. Sa- me da licenca, eu explico a rasäo porque uso do baralho
de cartas. como meio economico para evitar a coni})ra de um livro de
oracöes. E tirando o baralho de cartas da algibeira, diz ao commandante:
Este az representa-me um so Deus rerdadeiro, uma so Igreja, um so
baptismo, um so Pontifice e uma so arca de Noe; uma e a egreja Catholiea.
onde se rem de salvar os que n'ella vivem e morrem como fieis christaos.
— Mostrando o dois, disse: Este nie faz lembrar as duas taboas da lei. a
duas naturezas de Christo, os dois patos era que se sustentou o mundo,
os dois pontos do P. Nosso, oracäo e peticäo, novo e velho testamento,
dois minutoö cresce o dia na Primavera, e dois minutos mingua cada dia
no Outomno. — Mostrando o tres, disse: Lembra-me a tres pessoas da
rrindade, as tres potencias da alma. as tres virtudes theologaes, as
tres leis, natural, espiritual, e de graca, os tres inimigos da alma, os tres
reis Magnos, as tres Marias, as tres oousas para a salvacfio, jejum, esmolaa,
e oracäo, os tres filhos de Xoe, os tres reis que tiveram os judeos, Aud,
David e Salomäo, os tres cravos que pregaram a Christo na Cruz, tres
cousas fazem a um hörnern nobre e famoso no mundo: virtudes, armas, e
letras. — Mostrando o quatro, disse: Lembra-me os quatro evangelistas.
Eine geistlich Auslegung des Kai i ■
ob quatro novissimoa do hörnern, ae quatro partes 'I" mundo, ob qu
heroes da fama, Viriato, Anibal, Sipiäo, Pompeo, oa l dona da [greja latina,
e 08 1 da grega; quatro Bäo as mala formosaa cidadea da Buropa: Roma em
[talia, Pari/, em Franca, Lisboa em Portugal e Londrea em Inglaterra, por
sua grande povoacäo e commercio. - Mostrando o cinco, disse: Lembra-me
as ciuco virgens loucas, oa cinco sentidoa corporai ico mandamentoa
da [greja, as cinco cidades abrazadas com fogo do Ceo, aa cinco ch
de Christo, cinco vezes chorou Christo no Presepio, na Circumcisäo, na
Resurr ei cäo de Lazaro, vendo a cidade de Jerusalem e quando expirou na
Cruz. Mostrando o seis, disse, que Dens fez o muudo ao 6° dia da
Bemana e os seis peccados contra o Espirito Santo. Mostrando o sete
disse: Lembra-me oa sete Sacramentoa da Egreja; os sete dons 'I" l)i\iih>
Espirito Santo: a-< sete obras de miserici rdia, corporaea e espirituaes; a>
Bete peticöes do Padre Nosso; os Bete peccados mortaes; oa Bete psalmos
penitenciaes ; as sete luxes do candieiro da arca «I" testamento, Bete annos
serviu Jacob a Labäo Beu tio, por casar com a formosa Raquel sua prima,
na Bete monteß estä fundada Lishoa: S. Vicent«', Graca, o Caatello, Santa-
Anna. Trindade, Chagas, e Santa Catharina. Biostrando o oito, disse:
Lembra-me as oito pessoas que se salvaram do Diluvio, e as oito bema-
venturancas — Mostrando o nove, disse: Lembra- as nove muzas do
Parnazo com que os poetaa adornavam oa grosseiros povoa da terra.
Mostrando o dez, disse: Lembra-me os dez .Manila ntos da Lei de Deus.
— Mostrando a BOta, disse: Lembra-me a rainha de Sabä que veio admirar
a sabedoria de Salomäo. — Mostrando o rei, disse: Este me faz lembrar o
rei do ceo a quem devo o ser que tenho. — Guardou as cartas e nada
disse do cavallo.
Grandemente te tens defendido, disse o commandante, e de certo näo
mereces o castigo que te tinlia determinado; näo deixo de reparar que näo
dissestes nada do cavallo?
0 soldado respondeu: En podera lembrar-me do cavallo P... que
estä no ceo, como dizem os poetas, ma se V. s • proraette de oäo castigar,
direi o melhor que representa. E tendo o consentimento de. commandante,
disse: Aquelle cavalla representa o snr sargento que me trouxe ä presenca
de V. S sein ine querer ouvir.
Mas. retorquiu o commandante, tambem quero que me digas, como te
serve o baralho de almanak, como dizes?
ä.s 12 tiuuras. me fazem lembrar os doze apostolos, os doze mezes do
anno, os doze patriarchas, os bois de Methab que Bustentaram o mar em
si; os doze pares de Franca, oa doze mezea do Bacrificio, os doze Bignos;
todo o baralho tem cincoenta e duaa cartas que Bäo 52 Bemanaa do anno
que fazem 366 dias, de sorte «[im eile me Berve de Livro de 0] athe-
cismo. folhinha, e de devertimento quando jogo.
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 190L
Boli
Ficou o commandante satisfeito com n- respostas do soldado; recora-
mendou-lhe que aäo uzasse mais das oartas na egreja, e soltou-o. Valeu
ao Boldado a agudesa d'engenho; eosargento ficou confundido por ser vencido
por aquelle, que julgava de menoa intelligencia.
IV. Die italienische Fassung (Y).
Difcsa di im Soldato I'russiano condannato a dieci ^iri di verghe, passaado in
mezzo a "200 uomini, per avcre in Chiesa. cd in tut to il tempo della Mcssa contemplato
un mazzo di carte.
I'.ia un giormo di festa, e come vi e il costume e dovere che i Soldati
vaimo alla Mcssa: succede che mentre un Reggimento Prussiano era alla
Messa, uno dei Soldati invece di prendere in mano qualche libro di de-
vozione, si levo di tasca un mazzo di carte da gioco e se ne stette per
tutto il tempo della Messa meditandole ad una ad una. — II Sergente che
l'osservö gl'impose di deporle, ma il Soldato ne rispose, ne obbedi, e seguitÖ
La Bna meditazione sin a tanto che la Messa non fu terminata.
11 Sergente sdegnato di un tale affronto, terminata la Messa lo conduce
dal Maggiore, narrandogli il tutto. II Maggiore acceso di sdegno conti«»
costui gli disse: Come tu ardisci in Chiesa tener le carte da giuoco in mano,
invece di libri devoti? Ebbene, se tu <lunque domani non saprai difenderti,
passerai per dieci giri di verghe fra 200 uomini. — Allora il Soldato rispose
al Maggiore: Lei dice bene che il luogo e santo, e che ognuno deve
attendere alle sue meditazioni, come io pure attendeva alle mie. — Non
basta ci<> per scusarti, dice il Maggiore, preparati «lunque domani a subire
il castigo annunziato. — Allora il Soldato ripigliö il mazzo di carte di
tasca, e disse al Maggiore: Ecco la mia difesa, facendo ad una ad una la
seguente spiegazione:
Qualora io vedo un asso, rifletto che vi e un Dio solo creatore del
Cielo e della terra. II due, mi significa che vi sono due nature in Cristo,
cioe divina e umana. II tre, me significa le tre persone ed un solo Dio.
II quattro, i quattro Evangelist!, cioe Matten, Luca, Marco, e Giovanni.
II cinque, le ciuque piaghe di Christo. II sei, mi fa considerare i sei giorni
della creazione del mondo. II sette, che dopo i sei giorni della creazione
del mondo, il settimo si riposö. L'otto, mi rappresenta le otto persone
che si salvarono dal Diluvio nell' Area, cioe Noe, sua moglie, con tre loro
figli, e le loro mogli. II nove, i nove uomini risanati dal Signore che
ingrati non gli rese le dovute grazie. II dieci mi fa rammentare i dieci
comandamenti che Mose ha ricevuti da Dio sul monte Sinai tra mezzo a
lampi e tuoni.
Dopo il Soldato prese tutte le figure e messe a parte solo il fante di
picche dicendo: Tu disonorato infame non devi rimanere fra gli altri.
Questi poi (cioe li altri tre) sono i manigoldi che hanno croeifisso il nostro
Eine geistliche Ausli
Signore Gesli Cristo. Le quattro dame rimostrano Riaria colle fere donne
che visitarono il s. Sepolcro. I quattro I!''. mi ßignificano i !!•• fcfagi che
vennero dall1 Oriente ad adorare il Re incomparabile, cioe Gesa Cristo
appena nato. <>mii qua! volta i<> vedo le < : i rt < • a fiori, mi \i<-u.' in mente
che il Redentore invece di essere coronato di fiori fu coronato di pungen-
tissime Bpine. Videndo picche mi fa memoria la Lancia, i chiodi, che gli
trafissero il costato, mani e piedi dell' adorato aostro divin Redentore.
Vedendo i cuori mi rammentano il grande amore di cui arse Gesü morendo
per noi. Vedendo i quadri mi danno a conoscere che La Chiesa ai dilatb
per tutte le altre parti de! mondo. Di piii osservo che aelle carte vi sono
."»tili punti, e 366 sono i giorni dell' anno. Le Figure Bono 12, e L2 Bono
i incsi dell' anno I quattro colori significano le quattro Btagioni. Le
bestemmie che mandano i giueatori mi ricordano quelle che i Giudei
mandavano a Gesu Cristo. II denaro che giuocano ßignificano le 3 oete
per le quali fu da Giuda venduto. L'allegria poi che Begue sul giuoco, mi
rammenta l'allegria di quelle anime Sante de! Limbo Dell' atto che vengono
da Diu liberate. D -Dritt«, ed il rovescio delle carte mi significano il Paradiso
e l'Inferno. Altro Don saprei ilirle, o Signor töaggiore, in mia difesa boIo
ch'io vo meditando molto meglio an Mazzo di carte che sopra a qualunque
altro libro di divozione.
A-llora il Maggior gli domanda che vuo] dire quel fante a picche che
hai me880 ;i parte dicendo che era an infame e an disonorato! - Questo
(rispose il Boldato e quello che mi ba condotto qui davanti V. S. Illu-
Btrissima per farmi gastigare.
II Maggiore adendo ana tale difesa, lo assolve immediatamente dal
Buaccennato gastigo e colmu d'applauso la Bua prontezza di Bpirito.
[mparate dunque a dubitare male bu dei vostri Pratelli, Be oo, figurerete
sempre come il fante di picche.
— Stamperia Salani —
V. Die Deutungen der Zahlenreihe 1- 12.
Wir müssen zum Schlüsse der weitverzweigten Sippe gedenken, in
die sich die obigen Volksbüchlein durch die geistliche Auslegung der
Kärtenzahlen 1 — 10 einreihen, and in aller Kürze auf die in vielen Liedern
und Märchen enthaltenen Listen der heiligen Zahlen 1- 12 und ihrer Be-
deutungeneingehen. Denn obwohl verschiedene verdiente Forscher dieser
interessanten Gruppe Aufmerksamkeit geschenkt haben1 . so mangeU es doch
1) Ich nenne hier nur Pratos umfänglichen Aufsata 'Le dodici parole della Terira1 im
Archivio delle tradizioni popolari 10-15 :i891-1896), Feilberg in dieser Zeil chrift U 253
und Köhlers Kleinere Schriften 3, 369. - Auch der 1890 zu Hannover v« i \ olks-
liedforscher Hermann Kestner hat Kollektancen ober dies Thema hinterlassen, ans denen
ich einige unedierte Fassungen entnommen habe. Böhmes Nachweise (Deutscher Lieder-
hort 3, 829 f. 1894) sind leider recht lückenhaft und durch Druckfehler entstellt.
L'7*
Bohr:
bisher an einer vollständigen and eingehenden Untersuchung. Möge die
folgende bescheidene Zusammenstellung des mir zur Zeit bekannten Materials
zu einer solchen anregen!
Von den deutschen Zahlenliederu1) enthält die älteste Aufzeichnung,
das 1768 gedruckte Züricher Kinderlied 'Guter Gesell, ich frage dich", in
Form von Präge und Antwort die Zahlendeutungen: 1 Gott, 2 Tafeln Mosis,
3 Patriarchen. 4 Evangelisten, ."> Bücher Mosis, 6 Krüge zu Kana, 7 Gaben
des heiligen Geiste-. 8 Stück der Seligkeit, 9 Chöre der Engel, 10 Gebote,
11 tausend Märterer, 12 Artikel des Glaubens; und zwar werden bei jeder
folgenden Strophe die Antworten der vorhergehenden mit wiederholt. Noch
altertümlicher alter klingt der von Schröer mitgeteilte Text aus der 1778
entstandenen Handschrift des Ragendorfer Weihnachtspiels. Er gehört zu
den Rätselfragen, welche die Darsteller dieser Schauspiele einander auf-
zugeben pflegten:
Grüß euch Got, Meistersinger hochgeboren!
Gott hat dich z einem Meistersinger außerkoren.
Ich frag dich mit meinen Witz und Sin also fein,
Sag mir, was das erste Stück im Himmel mag sein.
Dank euch Got, Meistersinger, mit aln dein Fragen,
Daß du mich so trostreich tust befragen.
Daß erste Stück wil ich euch wol sagen,
Ir wert mich um das ander weiter fragen
Von Gott dem Herrn.
Das erste ist Got der Herr auf dem Perg Sinai,
Der allein lebt und schwebt im Himmel und auf Erden.
Dadurch hoffen wir alle selig zu werden
Von Got dem Herr.
1) Schweiz (Ulrich, Sammlung jüdischer Geschichten 1768, S. 138. Rochholz, Alem.
Kinderlied 1857, S. 2G7), Elsass (Stöber, Elsäss. Volksbüchlein2 S. 62. 147), Oberösterreich
vZiska, Österr. Volksmärchen 1822, S. 95. Tschischka-Schottky 1841, S. 35), Tirol (Zingerle,
Sitten, Bräuche und Meinungen 1857, S. 150. Deutsche Mundarten 3,509. 6,224», Steier-
mark (Schlossar 1881, No. 7. Rosegger, Der Gottsucher* 1886, S. 572), Ungarn (Schröer,
Nachtrag zu den deutschen Weihnachtspielen, Progr. Presburg 1858, S. 10), Nassau (Wolfram
1894, No. 6. Erk-Böhrae No. 2131), Rheinland .Simrock 1851, No. 335. Schmitz 1, 113.
linker 1892, No. 30. Erk-Böhme No.2l3l), Franken (Ditfurth 1855 2, 302, No. 399),
Böhmen (Erk, Liederhort 1856, No. 198. Berggreen. Folkesange og Melodier 5, No. 48. 1863),
Westfalen (Biermann, Der kleine Liederfreund, Münster 1852, S. 82. Sachse, Über Volks-
und Khulerdichtung, Progr. Berlin 1869, S. 20 = Archivio 14, 490. Erk-Böhme No. 2131),
Oldenburg (Strackerjan, Aberglauben und Sagen 1867 2,50: Vechtaer Pfiugstlied), Altmark
iParisius 1879, No. 4 A— ß), Brandenburg (Erk-Irmer 2, 1, 48, No. 41. 1841). — Einige
unedierte Fassungen aus Wien, Salzburg, Aulendorf in Bayern, Rheinfranken, Münsterland,
Meppen, Northeim besass Kestncr, der sie zum Teil durch L. Erk erhalten hatte. Da die
Texte keine besonderen Eigentümlichkeiten bieten, übergehe ich sie und gebe nur die
Singweisen wieder. Zu der dritten Melodie bei Erk-Böhme 3, 827 trage ich nach, dass
laut einer Mitteilung Erks an Kestner vom März 1877 dies von Lewalter zu Niederreifen-
berg im Untertaunuskreise aufgezeichnete Kinderlied beim Filetstricken gesungeu wurde.
Eine geistli«
Während die Zahlendeutungeu hier ober das flbliche Mass hinan- bis
24 fortgesetzt werden1), weist uns die Anrede 'Meistersinger1 ins 16. Jahr-
hundert zurück, in die Zeit, da der Meistergesang durch Hans Sachs zu
erneuter Blüte gebracht und durch die wandernden Handwerker weithin
bis nach Danzig und Königsberg, nach Mahren und l ngarn verpflanzt
wurde.*) Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir auch indem verderbten
ersten altmärkischen Texte8):
Singe, da bist wohlgemut,
Sago mir nun wieder das erste Gebot . . .
und in der brandenburgischen Passung:
Ach Serie, -ei dorn Wi .1)1- elllllt
Und sage mir doch wiederum das erste Gebot . . .
dieselbe Anrede 'Singer' "der 'Meistersinger1 einsetzen und nebenbei auch
den Ausdruck 'Gebot1 für eine Entstellung erklären.
Zu den von Erk, Ditfurth, Böhme, Parisius und Wolfrain veröffent-
lichten Melodien möchte ich noch einige von Hermann Kestner gesammelte
Varianten hinzufügen :
1. W. v. Zuccalmaglio L866 aus Rheindorf in Rheinfranken.
/TN ^
Gu - ter Freund, ich fra-ge dich. Gu - ter Freund, was fragst du mich?
fc== ==
-ZI
3EESS
-• — | — »■
rd=r:
Sag mir, was isi Ei
and Eins isi Gotl allein,
m
^j=r=?ft^->-r\ r^=j=g^^
der da Lebt und der da schwellt im [Timmel und auf Er - den.
1 13 ist Himmel und Erde, 1 l Sonn und Monachein, 15 Adam und Eva, 16 Salomon,
17 Sara und Abraham, 18 Mos.- und Axan, 19 Ahsalem, 20 Simson, 21 Gabriel Michael
und Kabuel, 22 Menschwerdung, 23 Bescl idung, 24 Johannes Taufe. Mau sieht, •
willkürliche Zusätze, die mit den Zahlen nichts zo thun bähen. Vgl. äbrigen
Fcj 1879, p. 260.
2 Ünrch die Thätigkeü derselben Kreise sind ja auch geistliche Dramen Ha
Sachs im bayrischen und österreichischen Volke bis in unsere I epflanzt worden.
— Fremden Singern legte man auf der Schule Fragstücke vor: anbescheidene und un-
christliche Fragstücke verbot der Rat zu Freiburg L Hr. 1674; vgl H. Schreiber, Das
Theater zu Freiburg 1837. S. I '.'.
3) Auch der zweite, ziemlich entstellte altmärkü Parisius Nb. II. . der an-
dern Anfange des 19. Jahrhunderts stammt, beginnt:
0 Meisl er, meii
Lob und Dank
Preis' drin G(
Hier wird 7 als der Sonnenschein, 8 als der Jungfrauen Schon vgl dazu Köhler,
Kl. Schriften 3, 22), 1» als Gotl i£ ler Kirchengang gedeutet, was nir.
sonst vorkommt und offenbar auf einer Verderbnis der Überlieferung beruht.
Bolte:
'1. L. Erk ;ni> dem filünsterland.
E : .
8-2— 0-. * _ 0 | -r- „ TT?!— ». »-— f »— „- . E?=
Ga - ter Freund, ich l'ra - ge dich. Gn-ter Frennd, was fragst du mich?
f*=r-p-p-Tf^
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Sag mir. was ist Ei - ne?
Ein - mal - ein ist Gott allein.
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der da lobt uml der da schwebt im Himmel und auf Er - den.
3. B. Hölscher aus Münster.
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Gu - ter Freund, ich fra - ge dich. Gu - ter Freund, was fragst du mich:
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Sag mir, was ist Ei - ne?
Eins und Eins ist Gott allein,
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d.r da lebt, der da schwebt im Hirn - mel und auf Er - den.
4. A. und A. von Haxthausen 1866 aus Westfalen.
Lehrer Schüler
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Lieber Freund, ich fra - ge dich. Gu - ter Freund, was fragst du mich?
Lehrer Schüler
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Sag mir, was ist Ei - nes? Eins und eins ist Gott allein,
— fr
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ffi====*=S
*-• — * — ^41
der da lebt und der ila schwebt im Himmel und auf Er -den.
5. Bibliothekssekretär Kühle in Eannover 1865 ausNortheim bei Einbeck.
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Lieber Freund, ich fra - ge dir. Liebster Freund, was fragst du mir?
Sag mir. wer ist Eins? Hins und Eins ist Gott allein,
Eine geistlii be Aus!
I J -T— i-
-6 — js-
ÜHÜ I
1/ • • • I
der nur kann im Bimmel sein, im Himmel and auf Er* den.
6. Ohne Quellenangabe.
--2— Z*=I-N ~ — s-h
-4—*-
&
t-sM ; g
II
Gu-ter Freund, ich fra g;< dir. I reund, was fragsl du mir?
'- 0 0
-0—
■0- ^T
Ei - ne?
Ein -mal ein isl Gott allein,
Sa^ mir, was is<
4er da Lebt, der da schwebt im Him-mel and auf Er - den.
Gleichartige Wechsel- oder Einzelgesänge treffen wir bei den Vlam-
ländern1), Dänen9), Schweden8), Norwegern4 und Engländern8), den
Franzosen6), Italienern7), Spaniern8), Rumänen"), Neugriechen10), den
1 Coussemaker, Chants pop. des Flamands 1856, No. 13 Erk-Böhm«
Lootens-Feys, Chants pop. flamands 1879, p. 260. Rond den Heerd 3, 367. Revut des trad.
pop. 13, 503 Archivio IT. 014.
•_■ Thiele, Folkesagn 3, 14'',. Nyerup-Rasmussen, üdvalg af d. • 1821 .
Grundtvig, Gamle danske Minder 2,68! Berggreen, Folkesange I ;, No.211 (1869). B
\ for danske Folk 1868, S. 220 Kristensen, Jj Folkeminder LI, 201 1891)
und Danske Dyrefabler 1896, S. L65f. Feilberg in dieser Zeitschrift 1, 251.
:; Dybeck, Svenska visor 2, 8 1-47 . Ru wurm, Eibofolke 2, 120 (1855). \
götlands fornminneforenings tidsskrift 2, ''.1 (1872) Archivio 3, 61.
4) Lindemann, Aeldre og nyere üorske Fjeldmelodier 1,82 No. 128 1858 : T<
visen'. Ahlström, 300 aordiska folkvisor p. 154, no.252a. 2J
:, Gilbert, Christmas carola 1823, No. 13. Sandys, l hri tu
135 und Christmas tide8 p. 238. 327. Sylvester, Cbristmas carols 1861, p L36 I haj
Populär rhymes L870, p. 44. 12. Notes & Queries L. Ser. 9, 325. A -
3 90 183.10,412. L99. 11, 213. 5. Ser. 12, !
12 48'. 7 Ser 1,96. US •■ HS. 7,264. W. II. I
Wighl dialect 18S6. p. 102. Tylor, Anfänge der Kultur l. 87 L8
Magazine 13 (1889), 328. 439. 556. Newell, Journal of american folklore 4. 216
° 6) Tarbe, Romancero de Champagne 1, 3 (1863 . Arbaud, • pop. de la Pro-
vence 2 42 Vrchivio 14. 479). Montel-Lambert, Chants pop. du Languedoc 188
Revue des Langues romanes 3,211 L872 archivio 14, L77 I trad. pop
10, 600. 11, 114. 396. Gagnon, « Jhants pop. du Cauada 1865, p 299. ! «tod
benutzt. Archivio 14, 480). Bcauquier, Chansons pop. recucilli.
p. 302 (Tanzlied). ■ , . . , ,
7) Mit Rahmenerzählung: Giannini, Rassogna padovana di stona 1 (1891
Andrea Vituri in Padua 1468 gemachte Aufzeichnung nach Archivio 11 lodexe
parole de la Adversita coi täte', in einer Oxforder H< I
Archivio 12, 86. Busk, Folklore of Rome Vi Finamore, ra-hz. p,
1 * 126(1885). Andrews, Contes ligures 1*92, No. 4o. Archivio 1, 411
10 "499-508 11 265 12, 378. 532. 571. - Ohne Rahmenerzählung: Bernoni, Pref
Bolte:
Bretonen1' and Basken18), den Wenden18), Böhmen"), Russen") und
Litauern. So lautel /.. B. ein in Brest äblicher Kinderreim, den Luzel
Dach einer Aufzeichnung von I,. I\ Sanve brieflich an Köhler mitteilte:
— Do quoi y a-t-il un? (bis)
— N'y a qu'un seul Dien
Qui regne dans les cieux. etc.
Letzte Strophe:
- De quoi y a-t-il douze? (bis) Aux noces de Cana en Galilee,
- Les douze apötres, Les cinq livres de Moise,
Les onze mille vierges, Les quatrc evangelistes,
Les dix commandements, Les trois patriarches,
Les neuf choeurs des anges, Les deux testaments,
Les huit b.;atitudes, L'ancien et le nouveau,
Les sept sacrements. N'y a qu un soul Dieu
Les six urnes qui furent changees Qui regne dans les cicux.
In Gettana und Perleda bei Ravenna zeichnete Prof. Godeliard Müller
ans Hildesheiin 1865 folgendes Kinderlied auf16):
Str. 1. — Eh uno! eh uno!
II prim' ch'e nato al mondo
E stato il nostro Signor etc.
12. — Eh dodece! eh dodece: I sei gai in cantoria,
1 dodece apostoli, Le sante cinque piaghe,
Le undece mille vergini, I quattro Evangelisti,
I dece coramandamenti, I santi tre re magi,
I nöff cori degli angeli, La luna e il sol,
I vott portun' di Roma, II primo ch'e nato al mondo
Le sett' allegrezz' della Madonna. E stato il nostro Signor.
pop. veneziane 1872, p. 34. Ferraro, Canti in dial. logodurese 1891, p. 40. Arcliivio 7, 557.
10. 264. 508—511. 12, 87. 573. 17, 513.
8) Archivio 2,104. 14, 477 f. Segarra, Poesias populäres 1862, p. 4. 131. Biblioteca
de las trad. pop esp. 2, 18". Briz, Cansons de la terra 3, 3 (1871). Milä y Fontanals,
Romancerülo catalan 1882 No. 52. — Portugiesisch: Coelho, Romania 3, 269 und
Revista lusitana 1, 246 — 254. Archivio 11, 272. 14, 181. 474. Mit Rahmenerzählung:
Archivio 2, 100. 10, 512 f.
9) Hasdeu. Cartile poporane alc Romänilor 1880, p. 567—608. Gaster, Literatura
popolara romana 1883, p. 468. Archivio 11, 267. 14, 484.
10) Sanders, Volkslehen der Neugriechen 1844, S. 328. Neoettrjvixa 'AväXsxta 2, 30,
Amn. (1874 . Eine hsl. Fassung aus Athen folgt weiter unten.
11) Villemarque, Chants pop. de la Bretagne 1,4 (1846): vgl H. d'Arbois de Jubain-
ville, Revue crit. 1867, 2, 321—327. Revue celt. 2, 58. 6, 500 = Quellien, Chansons des
Bretons L889, p. 195. Luzel et Le Braz, Soniou Breiz-Izel 1890 1, 89: 'Les vepres de
Cornouaüle' (Archivio 10, 514) und 95: 'Les vepres des grenonilles\ Über die Melodie
vgl. Fleischer, Sammelbände der internationalen Musikgesellschaft 1, 38—53 (1900).
12) Cerquand, Legendes du pays basque 2, 25. Vinson, Folklore du pars basque 1883,
p. 11 = Sebillol Contes des provinces 1884, p. 146. Archivio 11, 269.
13) Haupt-Schmaler, Volkslieder der Wenden 2, 120 (1841).
14) Wenzig, Westslavischer Märchenschatz 1857, S. 293. Waldau, Böhmische Granaten
2, 86 (1860).
15) Archivio 2, 227. 11, 268.
16) Handschriftlich in Kestners Nachlass.
Eine u- • • t - 1 1 i . } ; iels.
An- Calabrien sandte Girolamo de Rada in Cerigliano ls7l folgenden
Dialog des Volkes an Hermann Kestner:
Le i red i ci pa ro Ic dell d m im n d.
Sir. I. ( 'In \ ene a dire ano ?
— Unu sulu Dm chi c'ha creatu
12. Chi vene a dire dodicir l.' cinque piaghe 'ii Ci
— Li dodici apostoli ili Cristu, Li quattru Evangelisü
L'undici patriarchi, Luca, Maren, Giuanni eGiammal
La deeima di Oristn, che cantavano l'Evangelo avanti
Li nove cori d'angioli, Christo,
Le otto aninie giuste, Tre Ii Ire pairiarchi,
Li Bette 'legrizzi della Madonna. I.u Sole e la luna,
A sei canta In galin e gallinella, E ann sulu Diu che si ha creatu.
1 3. Chi vene a dire tredici ?
— Tredici nun ci e puntn :
Va lu diavnln e la an schiantu.
In Atiion waren, wie Andr. Bruskos Ls~l an Kestner schrieb, folgende
Verse bekannt:
fiövos 6 0 Erna za fix atr/gia,
\vo i] llavayia, <,/-"' v,'//
l'nia i) 'Ayia Tgiäg,
■ ,/ oi EvayyeXiazai, \ixa elv al evtoXai,
ll,i \ . rro ograi, "Evdsxa o\ II
\(0O> ■ | '■■,,ru/.nl.
Ans Russisch-Litauen Btamml eine bisher gleichfalls ungedruckte
Version, die von Herrn Geh. Hot'rar Hug<» Woher in Weimar für R. Köhler
verdeutscht winde:
— 0 Gesell, du bist ein Gottesgelehrter,
Was ist im Himmel?
— Ein, ein Herr I rotl
Im Himmel und auf Erden etc.
Letzte Strophe:
— 0 Gesell, du bist ein Gottesgelehrter, Sechs Kardinäle,
Was ist im Himmel? Fünf klage Jungfrauen,
— Zwölf grosse Propheten, Vier Bücher der l »ten,
Elf Stühle der Jünger, Drei ol gel,
Zehn Gebote Gottes, Zwei Tafeln Mo
Neun Chöre Erzengel, Ein Herr Gott
Aeht Patriarchen, 1'" Himmel und auf Erden.
Sieben Sakramente.
Die skandinavischen Lieder beginnen meist: 'Steh auf, Sankt
Simeon, und sag mir, was Eins ist!' Wer aber dieser Simeon ist, wird
nicht gesagt. Die portugiesischen Passungen dagegen bezeichnen den
Prager ausdrücklich als den Teufel und den Antwortenden als den Schutz-
engel :
394 Boke:
— Schurzengel, mein Freund!
— Schutzengel bin ich, aber dein Freund nicht
— Sag mir die heiligen Worte!
Diesen Eingang macht uns in mehreren portugiesischen, spanischen,
baskischen und italienischen Aufzeichnungen eine besondere Rahmen-
erzählung verständlich. Ein armer Mann nimmt seine Zuflucht zum
Teufel und erhält unter der Bedingung Hilfe, dass er ihm nach Ablaufeines
Jahres die 'zwölf Worte der Wahrheit' angebe; sonst sei er ihm mit Leib
und Sede verfallen.1) Der verhängnisvolle Tag kommt heran; da erscheint
dem verzweifelnden Manne ein hilfreicher Heiliger (St Martin, St. Nicolaus,
Sr. CyprianuSj der Schutzengel, einmal auch das Bild des Jesuskindes)
und beantworter. als der Böse an die Thür pocht, dessen Fragen über die
Zahlen 1 — 12. Obwohl das hohe Alter dieser Legende durch zwei mir
leider nicht zugängliche italienische Fassungen aus dein 15. Jahrb.. bezeugt
wird, ist doch die Zahlendeutung nicht von Anfang an mit einer solchen
Erzählung verbunden gewesen, sondern hat in früherer Zeit für sich allein
existiert.
Es ist sehr wohl denkbar, dass die Zahlenlied aus einem lateinischen
Dialoge "Die mihi, quid est unus' herstammt, der im mittelalterlichen
Gottesdienste Verwendung gefunden zu haben scheint, dessen ältere Ge-
schichte aber noch zu erforschen bleibt.2) Er kommt zuerst in einer
Motette der 1G02 verstorbenen venezianischen Musikers Theodor Clinius
und 1646 in Hans Mikkelsen Ravns Heptachordum Danicum p. 41 — 70
Adam est primus homo) vor.3) 1617 benutzte ihn der Stettiner Drama-
tiker Heinrich Kiehnann, als er in seiner zur Jahrhundertfeier der Re-
1) Diese Bedingung erinnert an die Aufgabe, den Namen des Zwerges Rumpel-
stilzchen zu erraten Grimm, KHM. No. 55. Köhler in dieser Zeitschrift (5, 172 zu Gonzen-
bach No. 84).
2) Erk, Liederhort 1856, S. 409 (Clinius vor 1(102). Coussemaker 1850, p. 132 (nach
Villemarque 1, 25. der aus einer 1650 gedruckten Sammlung von Gueguen schöpft. Feilberg
in dieser Zeitschrift 4, 251 Havn 1646). Notes & Queries 4. Ser. 2, 557. 7, 23. Mich. Weber,
Lateinisches Gesangbuch für Studierende 1825, S. 15 'Die mihi, quaeso, die mihi, quot sint
Dii.' Melodie im Anhange S 5). — Eine scherzhafte, halb weltliche Parodie: .'0 lector
b'ctorum, die iniln, quid est unus. Unus est oeconomus, qui regnat super ancillas in culina
nostra' steht b.-i Wagenseil, Jüdisch - tcutsche Red- und Schreibart 1699, S. 97; Kopp,
Deutsches Volks- und Studentenlied 1899, S. 208: Kindleben, Studentenlieder 1781, S. 72;
Tgl. Erk-Böhme ?>, 831. Steht auch in einer Merseburger Handschrift von C. F. Guno
(um 1730). Deutsch nach Wesselofsky im Archivio 14, 482: vgl. 490. — Ein ähnliches
geographisches und ein inammatisches Fragelied bei M. Wehev 1825, S. 21 und 24.
3) Möglicherweise sind aus jenem lateinischen Dialoge auch die Texte geflossen, die
man im Mittelalter den gebräuchlichen Melodieformeln der acht Tonarten (Tropen) unter-
Legte: 'Adam primus homo, Noe seeundus, tertius Abraham, quatuor Evangelistae, quinque
libri Mosis, sex hydriae positae, Septem scholae sunt partes, sed octo sunt partes Forkel
Allgemeine Geschichte der Musik 2, 174. 1801. Bäumker in Wetzer -Weites Kirchen-
lexikon2 12, !•
formation verfassten Komödie1 den Papsl inmitten Beiner Geistlichkeit
vorführte.
Papa mit seinen Cardinälln, Bischöffen, Münchi B
Weiwasser Träger kompt vnnd wird .mir einem Stuel _ Papa
extollil vocem: 'Oho li irurn, die mihi quid sil unom.'1 Monachi
et caeteri respondent: 'Vnus esi Dominus Deua omnipotens, qui regnat in
coelis. Sancta Maria."
Die letzte Strophe lautet:
Duodecim Domini Discipuli, Undecim Apostoli, Decem Buni praeeepta,
Novem sunt Musae, Octo sunt partes. Septem sunt artes, Sex hydriae
positae in Cana Galileae, Quinque libri Moysis, Quatuor Evangelistae,
- Patriarchae Abraham tsaac ei Jacob, Duae tabulae Moysis, Vnna
est Dominus. Dens omnipotens qui habitat in coelis, Sancta Maria.'
Längst Ist jedoch noch ein anderer Ursprung vermute! wurden. Schon
1699 wies Wagenseil*) darauf hin, dass das Lied 'Einig, das weiß ich,
einig- is unser Gott', welches 'die Juden, Bonderlich die Weibsbilder anter
denenselben, sowo] sonsten als sonderlich an dem Oster-Pesl zu Bingen
pflegen', entweder zufolge 'einem alten lateinischen Trinkliede, so von den
München herkommen boII, gemacht worden sei odei dass die Juden zu
diesem lateinischen Liede lO lector lectorum'8) die Anleitung gegeben
bätten. I);i> jüdisch-deutsche Lied erwies sich nun als eine freie l ber-
setzung eines hebräischen Dialoges 'Echäd raijödea, der seit dem 15. Jahr-
bnndert der Liturgie des Passahfestes8 angehängt wurden war und dei
wörtlicher wiedergegeben folgendermassen beginnt:
1) H. Kielmann, Tetzelocramia, daß isl eine lustige Oomoedie von Johan Tetzela
Ablaßkrara 1617. Wittenberg, Bl. fjb Al.t 2, Scene 2). — Fast wörtlich benutzt Martin
Rinckbart I [ndulgentiarius confusus, oder Eißlebische Mansfeldische Jubel-Comoedia 1618,
Blatt M3b 1885, S. 155: Akt 4. Sc. 11) diese Stelle.
2 [utonatio Papae:
Oho lec-tor lec-to-rum die mi - hi quid -it unum?
3 Im 3. cjn. »i 1 11 i ». - 1 des Musikalischen Zeitvertreibers von 1648 steht, \\i.- mir Fräulein
Dr. M. E. Marriage mitteilt, Folgende Parodie: 'Sex hydriae appositae in Cana Galilaeae,
Qninque libri .Moysis, Quatuor Evangelistae, Tres Patriarchae Abraham
Dnae sunt tabulae Moysis, ünus esl Herr Calmeiser, <|"' regnat in Bcholis.'
4) Belehrung der Jüdisch-Teutschen Red- und Schreibart I
folgt in hebräischen und deutschen Lettern auf S. 1<»'>: or i-t wiederhol! bei C. A. Teuber,
Muthmaßung von dem jüdischen Osterlicde 11 6 Erk-Böhme! denschatz,
Kirchliche Verfassung 'In- heutigeu Juden 1,307 H ter, Iduna um! Hei
1812, 15;): Ulrich, Sammlung jüdischer i
5) Vgl. oben S. 394, Anm. 2.
6) D. Casscl, Di- Pesach-Hagada, 8. Aufl. rauche
und Rechte für Pesach 1863, S. 60. Bei ang< 10,4 ; vgl-
Erk-Böhme 3, 829 f. Über die Zeil des Liedes Zunz, I
Juden 1832, S. 126 1892. S. 133. Darmestetcr, Romania 1,223. - In der jüdisch-
deutschen Übersetzung (oben Anm. 4) sind d i Bämtlich fortgefallen, und es sind
entsprechend den deutschen Liedern (oben S. 3881; die Worte 'der da lebt, der da schweht'
iu die erste Strophe eingefügt worden.
3(.Ki
Bolto:
Eins wer weiss es? Eins, ich weiss es.
Ums ist unser Gott im Himmel und auf Erden.
— Zwei wer weiss es? Zwei, ich weiss es.
Zwei sind des Bundes Tafeln,
Eins ist unser Gott im Himmel und auf Erden.
Die .Melodie dazu lauter nach Berggreen so:
S^Jrfe
E - kad mi jo - de - a? E
kad
J°
E-
*
^^^^m
kad e - lo - bäj - nu sehe ba - scha - ma - Jim
Sch'na-jim mi jo - de
-liTi s —
u - va - a - rez.
ll
;\ - rez
ma - Jim
Kästner dagegen hat 1867 in Hannover eine abweichende Weise ver-
nommen, die ich mit Weglassung seiner Klavierbegleitung hier wiedergebe,
sie zugleich aus dem ursprünglichen F-inoll um einen Ton transponierend:
E-chad
he - nu, sehe ha- scha- ma- Jim u - ha
Es folgen dann 3 Väter. 4 Mütter (Sara, Rebekka, Loa, Kabel), 5 Bücher
der Thora, 6 Ordnungen der Mischna, 7 Tage der Woche, 8 Tage bis zur
Beschneidung, 9 .Monate bis zur Geburt, 10 Gebote Gottes, 11 Sterne (die
Joseph im Traume sah). 12 Stämme Israels. 13 Eigenschaften Gottes.
Somit erscheinen überall statt der christlichen Deutungen alttestam entliche.
Während nun Wagenseil die Frage nach der Priorität offen Hess, haben
fast alle Späteren, die sich mit dem Zahlenliede beschäftigten, die hebräische
Fassung für das Original und die christliche für die Nachahmung erklärt,
wobei vielleicht die Beobachtung mitwirkte, tlass auch ein andres bei
Kiii.- geistlich
Wagensei] abgedrucktes Lied der Pesael lab 'Ein Zicklei]
Qber dem verwandten deutschen Kinderliede 'Der Bauer schickt den Jäckel
ans' grösseren Anspruch auf Originalitäl zu besitzen Bchien.1)
An sich isi es jedoch ebenso denkbar, dass ein jüdischer Dichter dem
christlichen Präge- und A.ntwortliede von dem theologischen Werte der
Zahlen sein Glaubensbekenntnis in gleicher Katechismusform entgegenstellte.
Für diese Möglichkeit fällt ins Gewicht, dass es schon seit der ersten
Hälfte des 5. Jahrhunderts eine entsprechende christliche Auslegung der
Zahlen 1 l_. freilich nicht in Gesprächsform, gab. sie rührt von dem
Bischöfe Eucheriuß von Lyon her, der sie in seinem Werke über geist-
liche Auslegungen biblischer Worte und Begriffe vortrug"), und isi von
Rabanus Maurus, Bridfertus u. a. weiter fortgepflanzt worden. Im letzten
Grunde freilich geht diese Zahlensymbolik, die den ganzen mittelalter-
lichen Gottesdienst, die kirchliche Kunst und Poesie beherrscht8), auf die
mystische Spekulation der Pythagoräer*) zurück, die in den Zahlen nicht
mehr Prädikate rinn- anderen Substanz, Bondern die Substanz der Ding«
selbst sahen und die Dinge als Abbilder der Zahlen bezeichneten.
Auch im Orient begegnen uns Seitenstücke, sowohl muhammedanische
als buddhistische und altpersische.") In einer vielleicht noch vor die
Sas8anidenzeit zurückreichenden Pehlevi- Erzählung giebt der Zauberer
Akht dem Gösht-i Fryano im Rätselwettkampfe zehn Fragen auf: Was ist
.las Eine? Was die Zwei? u. b. w. bis Zehn. Der Lehre Zoroasters gemäss
lauten die Antworten: 1 die Sonne, 2 das Einatmen und Ausatmen, •'; die
guten Gedanken, Worte und Thaten, 1 Wasser, Erde, Bäume und Tiere u. s. w.
Natürlich wechseln die Deutungen in den muhammedanischen und bud-
dhistischen Fassungen. In jenen ist 1 Gott, in diesen die Nahrung als
Hauptursache des Lebens, 2 in jenen Sonne und Mond, in diesen Wesen
und Form u. b. w.
Lenken wir nunmehr den Blick zurück auf die weiteren europäischen
Verwandten unsrer Zahlendeutungen, s<. fallen uns zunächst die geistlichen
1) Erk-Bölmi.' No. 2133; vgl. E. Köhler, Kleinere Schriften 8, I nennt
P. Delitzsch, Zur Geschichte der jüdischen Poesie 1886, B. 81 das aramäische 'Chad gadja1
eine Nachahmung des deutschen Volkslii
2) Eucherius. Formular spiritalis intellegentiae cap. 1": De mim P
lat. 50, 7i ;;» Uorpus script. ecclesiasr. lat. 81, 39). Rabanne Mam
Bridfertas zu Beda (Migne 90,693). Pseudo-Melito iPitra, 8picilegium 8olesmen8e 8
Archivio 13, 585).
3) Vgl. die Znsammenstellungen bei Otte, Kunstarchäolog : ■ u,s,,'*'n Mittel-
alters5 1, 489 (1883) und Kraus, Geschichte der christlichen Kunst 2, 1, 142. Was
'Zahlendämon- bei einem karolingi>chcn Dichter oder vielmehr Überarbeiter für Wirrwarr
angerichtet hat, zeigt hübsch Winterfeld, Archiv f. ältere deutsche Geschicl
4) Über den Neupjthagoräer Nikomachos vgl. Zeller, Philosophie der Griechen 3,2, 122
(1881); ebenda 391 über Philo. 635 über Amelius, 702 über Iambliehi -.
5) Köhler,. Kleinere Schriften 3, 365.
Bolte :
Stundenlieder ins Auge. Im 1630 ist folgende lateinische Morsren-
D O o
an dacht1) für Klosterbrüder aiedergeschrieben:
Prima sonat: Prirao fratres habitemus in unum.
Hora secunda sonans duo suggerit: Ite. ?enite!
Tertia: Continno celebretnr trina potestas.
Quarta est: Bis duo sunt lux evangelia nobis.
Quinta est: Quinque deum veneremur sensibus unum.
Sexta: Dies sex urget opus, totidemque labora!
Septima: Sola deo sit septima sacra dierum.
Octo pios octava canit, quos arca reclusit.
Fert nona, Christe, noveru, quos permittendo beasti.
Decima verba docet decem moderamina vitae.
[mpare gandentem resonas undecima Judam.
Sortege completos bis sex duodeciraa fratres.
Ein deutsches Lied2), das zuerst 1631 in Corners Grossem katholischen
Gesangbuch No. 20 auftaucht, mahnt beim ersten Glockenschlage an den
einen Gott, dann an Leib und Seele, die Dreifaltigkeit, die vier letzten
Dinge, die fünf Wunden Christi, die sechs Schöpfungstage, die sieben
Gaben des heiligen Geistes, die acht Seligkeiten, die neun Engelchöre,
die zehn Gebote, die elfte Stunde, in der die Arbeiter für den Weinberg
gedingt wurden, und endlich an die zwölf Apostel. — Aus Friedrich Spees
Lied auf alle Stunden des Tags3) hebe ich nur hervor, dass er auf eine
geistliche Deutung von 11 verzichtet:
Von Elfen find ich sonders nicht.
Nur dass man geht zum Essen.
Last nehmen dann, was zugericht,
Und Gottes nicht vergessen!
Ausserordentlich unbeholfen klingt folgendes bisher unedierte Gedicht
des 1 7. Jahrhunderts, das ich dem Berliner 31s. germ. qu. 1036, Bl. 22a
entnehme; ein ohne Ort und Jahr erschienenes Flugblatt4) bietet stellen-
weise einen besseren Text.
1) Notes & Queries 4. Ser. 2, 390 (nebst einer englischen Übersetzung: 'Wben watch
strikes one, then thinke yet in one band'). Sandys, Christinas carols 1833, p. 133 (Man's
duty, or meditation for the twelve hours of the day). Deutung der geistlichen Horae bei
Gul. Durandus, Rationale divinoruin oi'ficiorum lib. 5, cap. 5 — 10.
2) Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied 5, 1266, No. 1515: 'So offt ich schlagen
hör die Stund'. Die Melodie bei Bäumker, Das katholische deutsche Kirchenlied 2, 244.
3) Spee, Güldenes Tugendbuch 1649, S. 594: 'Ein Glaub allein, ein Gott allein.'
4) Drey Schöne Geistliche Lieder. Das Erste, Ich weiß mir, ein Blümlein ist hübsch
vnd fein. Das Ander Lied. O Christe Morgensterne, Leucht vns mit hellem schein. Das
dritte Lied. Von den XII. stunden des Tages, So ein jeder Christen mensch, wenn die
Vhr schlegt, betrachten mag. Im Thon, Hört auff mit weinen vnd klagen. Die Geistliche
Vhr. Das ist, was der Mensch alle Tag, Zur jeden Stund betrachten mag, Begreifft in
einer kurtzen Summ, Den Christlichen Catechismum. 4 Bl. 8°. (Berlin, Hymn. 7029.)
Eine geistlich« Auslegen piels.
Die gaistlich Ur.
Zwellff Stund! im Thag sindt. Christus Bpricht.
Wer gerechl darin wandelt, der Btosl sich nicht
Das ist auff ain jeglichen Stundl im I
Was ain Christenmensch beibrachten ma
Begreiffl in einer kurtzen Sum
Den [christlichen] Cattacissmum.
Wans 1 schlecht.
Ain ainger Gotl in Ewigkaitt,
Der Hirael vnd Eni bat beraitt,
Den sollen wir von Hertzen rain
Firchten. lieben, eren allein.
Wans •_' schlecht.
Zway Menschenbildt im Baradeis
Erschueff Gott Man vnd Weib mit l'leis.
Il.itt dazumal] der. Ehstandt auffgerichtt,
Ainander zu verlassen nicht.
Wans 3 schlecht.
Drey Pershonnen allermeist,
Gott Vatter, Son, hailliger Gaist,
Die betten wir als ainen an,
Wie Abraham [schon] hat gethon.
Wans 4 schlecht.
Vier hailli:: Evangelisten
Haben virgeschriben vns Christen
Des Herren Zukunfft in die Weltt,
Sein wortt vnd werekh klerlich erzellt.
Wans 5 schlecht.
Yinff Wunden rott am Chreitzesstam
Erlitt das wäre Gotteslamb,
Dardurch wir [all] sindt worden haill.
Erlangt ewiges Erbthayll.
Wans 6 schlecht.
Sechs Werekh der Barmhertzigkeil
Soll ain Christ ieben alle Zeitt,
Semes Glaubens Fricht zu zaigen an.
So wurtt er am jingsten Tag woll bestan.
Wans 7 schlecht.
Siben Bitt hau vns Christus der Ben
i lellernett im Vatter \ nsser,
In wellichen wir von Gott dem Herren
Der Seilen \ nd Leibs Baill begeren.
Wans 8 schlecht.
Acht Thag nach der baillige n I leburtt
Jesus «las Kindt beschnidten wurdt,
Durch welliches vns ist gerichttet auff
Das Bundtzaichen, die baillige Tauff.
Wans 9 schlecht.
In der neindten Stundt verschiden isl
Am Creitz das wäre Lamb Je88U8 Christ.
In wellichem vns sein Leih vnd Bluetl
Im Abenttmall wurtt dargereicht zu guetl
Wans 10 schlecht.
Zehen Gebott sind vns gegeben
Von Gott, darin wir vhmt Leben
Sollen Bpieglen, wie mir sollen wandlen
Vor Gott, mitt vnssern Nesten bandlen.
Wans 11 schlecht.
Ailff gerechter Jinger Christus hett.
Donnen er sich offenbaren det,
Gab inen den Schlisse! der Ruy,
Er streckt sich selbs auff alla ain Diener threy.
Wans 12 schlecht.
Zwelf Artickell in vnserim christelichen Glaben
Bekinen wir ain hertzlichs Vertrauen
Zu Gott: der well vns allen <,'eben
Durch Jessum Christ das ewig Leben.
Ob diese im 17. Jahrhundert auftretenden Moralisationen des Glocken-
schlages zuerst von einem katholischeo Autor ersonnen wurden, ist zweifel-
haft, da schon 1597 im evangelischen Dresdener Gesangbuche ein gleichartiges
100
Bolte:
Stundenlied1) erscheint, das vielfach abgedruckt and /. B. auch von Kirchhof
1603 in Beiner Schwanksammlung 'Wendunmut'2) benutzt wurde. Es nennt
einen Gott, zwei Menschen im Paradies, die Dreieinigkeit, vier Evangelisten,
fünf Wunden Christi, sechs Werke der Barmherzigkeit, sieben Bitten im
Vaterunser, acht Tage bis zur Beschneidung Christi, die neunte Stunde,
in der Christus Btarb, zehn Gebote, elf fromme Jünger, zwölf Artikel des
Glaubens. — Ein dänisches Lied, das, wie Svend Grundtvig8) bemerkt,
seit 1712 in Plugblättern vorkommt und auch in schwedischer Passung*)
mindestens seit 1701 existiert, weiss jedesmal statt einer Zahlendeutung
nicht weniger als sieben vorzuführen. Ich teile es nach einem etwa 1800
erschienenen Plugblatte6) mit: kTrende Gudelige Viser. Den Forste: Jeg
tilstaaer, at alting er etc. Den Anden: En Yise vil jeg siunge etc. . . .
Trvkt i dette Aar.' 4 Bl. 8°.
Erindring om hvert Klokkeslet.
1.
En Yise vil jeg siunge
Om nogle Skrifters Tal
Og det met Mund og Tunge,
Som I nu höre skal
Dens Kraft og Indehold,
Hvad han har at frembsere,
Det gaaer fra Eet til Tolv.
3.
To Mennesker Gud giorde,
To Lovens Tavler gav,
To Testamenters Orde,
To Lys paa Himlen brav,
To Navne Jesus Christ,
To Naturer i Christo,
To Veie er forvist.
Een Gud Alting regierer,
Een Troe og saugt Haab,
Een Jesum • Preiser kiere,
Eet Livsens-Ord, een Daab,
Een Himmel med Behag,
Een Soel oplyser Verden,
Een sidste Dommedag.
Tre Engler körn til Sodom,
Tre Troes Artikler er,
Tre Personer i Guddom,
Tre Patriarker kier,
Tre Vise af 0sterland,
Tre Qvinder ud til Graven,
Tre Maend i Ovnens Brand.
1) Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied 5, 324, No. 514: '0 Mensch, mit Fleiss
bedenk all Stund*. Ein Flugblatt von 1598 in Berlin Eh 4160: 'Ein schön new Geistlich
Lied, von den Zwölff stunden. Im Thon, Es ist gewislich an der zeit etc. Gedruckt zu
Magdeburg, Key Wilhelm Roß, 1598.' 4 Bl. 8°; ein andrer Einzeldruck vom Jahre 1609,
vermutlich zu Hamburg erschienen, liegt ebenfalls in Berlin Yd 7853, 1: 'Zwey schöne
andechtige Lieder. Allen frommen Christen sehr tröstlich zu singen. Das 1. Von den
zwölff Stunden, 0 Mensch mit Fleiß hedenck all Stund' etc. Über die Verbreitung vgl.
A F. W. Fischer, Kirchenliederlexikon 2, 195 (1879). — Das vou Köhler, Kleinere Schriften
3, 274 citierte Gedicht bei Bernh. Schilling, Vier Predigten von Gewittern (Erfurt 1613)
S. 106 vermag ich augenblicklich nicht nachzuschlagen.
2) 7, 197: 'Merck und erinnere dich, so es schlägt eins, dass nur ein gott, in einem
unzertrennlichen göttlichen wesen seye' u. s. w.
3) Hsl. Nachlass 32b (Kaempevisernes Efterklang A 58).
4) In Grundtviga Nachlass 19 liegt ein 1767 zu Gefle gedrucktes Flugblatt: 'Twenne
Gudeliga Wisor, De fromma Christna til fägnad, och de syndaktige til upmuntriug til
Gudaktighet. Den Första: Min Födelse-dag, förtjenar at jag etc. Den Andra: En Wisa
wil jag sjunga, om Tal etc.'
5) Gruudtvigi Nachlass 19.
Eine gcisl
Firc Evangelister,
rd,
Kiii- er Aarsens-Tidcr,
Piro Propheter stör,
Piro V< ic i Verden er,
Fire er Elcmcntcr,
Piro storc Monarkier.
Fem erc Mose-I3
Fem Sind Mcnnesket har,
Fem erc Lasrestykker,
Fem Christi Vnnder var,
Fem Bred, fem tusind Mand,
Fem Jomfruer de klogc,
Fora daarligc paa Stand.
7.
Sex Stccnkar udi Cana,
Sex Arbcidsdage du har
Sex Dago sankes -Manna.
Sex Timer Merket var.
Sex Alcn Goliath stserk,
Dagc Gad og skabte
äti ■ Vserk.
8.
Syv Ord mon Jesus tale,
Syv Banner i Fader-Vor,
Sv\ Dago i Ugcr alle,
Sy\ Verdens (Jnder stör,
Syv fulde Ax oprandt,
Syv Aar paa Tcraplen
Syv nve Bast Samson bandt.
9.
Otto Siele (lud pristc
1 Nose Ark paa Stund,
Otte Salighcdcr viste
Christus vor Frelsermand.
For os stör Smerte har
Otte I'.'-'- af Alder,
Da hau oraskaaren var.
N i - . '•'
N 3
Aand<
Ni I
Xi hundred1 Aar Adan
\i Spcdalsk udi n
11.
Ti PI
Ovcr Phai Skiel,
Ti Spedalske blev rena
\r Guds S..n Christo seh
i l Btrax belbredet giort,
Ti Jomfruer omtal
Ti cre Guds Bud-I
El leve i rd forladc
Dcros ende Frclsere;
Ellevc \c 1 Borde! sadde,
For dem
Da hau opstanden var;
Ellevc bestandig blevc
Om Christo vidne bar.
13.
Tolv var de smaa Prophetcr,
Toh Israels Sla3gtcr var,
Tolv var < Ihristi Aposllcr,
Tolv Maaneder i et Aar,
Tolvt1 Aar Christus laerte dem.
Tnl
T,d\ Porte for Jerusalem.
1 \.
[edes \il \i ende
Vor 5 ' ";d-
le,
Naar vi bortvandrc ßkal,
Og giv 03 IJnnm ■
At vi harn lo
Altid
Ein niederländisches Seitenstück hierzu bietet uns ein aui
Berliner Bibliothek (Zf 7591, Bl. 7) aufbewahrtes Fingblatt ein End
des 18. Jahrhunderts:
Zeitschr. d. Vereins £ Volkskunde. 1901.
!"•_'
Bolt<
Gecstclyk Uer-slag
Op fle Wvse: Ik drink den Dieuwen Most.
1.
Christene menschen al
In ilii droef aerdsche dal,
Hin- wel op let en in u\v herl vast prent!
D word bedayd'toudennieuM Testament;
W'ant al 't gene gy liier hoort,
•it op Christus heyhg Woörd.
Wilt dit heyliglyk mediteeren
II et geen ons ieder uer
( Jael leeren de Schriftuer!
Slael de Klok een, peyst wel
Eenen Herne! en een Hei. [leeft,
Ook eenen Godt. Schepper van al dat
Een Maegd, die den Zone Godts gebaert
Een Aerde, een Zee. een Dal, [heeft,
Een dood, een Serpent den mensch
bragt 10t val.
Ook een Geloof en een waere Kerke,
In 't Paradys gaf Godt
Aen Adam een Gebod.
Wahneer de Klok slaet vier.
Peyst, wat gehuyl getier,
Als eens vier winden zullen opstaen
En wy menschen ons lest oördeel ontfaen.
Vier tyden geeft ons 't jaer,
Vier Evangelisten beschryven "t klaer
Christus woörd van 's weerelds eynde
Met geknersel en getier
Vergaen zal door het vier.
6.
De Klok vyf oeren slaet.
Denkt uwen Godt, die gaet
Met vyf Broeykens in de Woestyne groot;
Vyfduyzend mannen spyst inhongers-nood.
Vyf Keykens nam den Held
David, daer hy den Rcus heeft nie geveld,
Vyf dwaese Maegden ende vyf wyse,
Vyf Wonden kreeg Godts Zoön
Aen "t Kruvs voor ons rantzoen.
3.
Slaet de Klok twee, hoort aen.
Godt regeert Zon en Maen. [ons gaf,
Twee groote lichten den Schepper aen
Twee dooden Godt verwekten uyt hetgraf,
Twee steene Tafeis wel
(i;d Godt Moyses voor't volk van Israel,
Waer in klaer stond hun Wet geschreven,
Twee mannen inen ook zand
Nae het beloöfde Land.
Wie ten zes aeren leeft,
Peyst, op zes dagen heeft
Den goeden Godt Hcmel en Aerd na wensch
Geschapen. al wat behoefd den mensch.
Cana in Galile
Zes Krnyken Wyn van water Jcsum de.
Zes dagen mögt men het Manna raepen
In de Woestyne wel
Voor het Volk van Israel.
Komt de Klok dry te slaen,
Dry Koningen die gaen [heyd.
Met hun verstand op Godts Almogend-
Dry Peraoonen ook eenen Godt beleyd,
Dry aeren naer den noen hong Godt
en mensch [rantzoen,
Aen't Kruys, stierf de dood voor ons
Den derden dag is hy verreien.
Petrus drymael misdaen,
Drymael kraeyde den Haen.
Slaet de Klok zeven. mensch.
Denkt, zeven Woordekens [zoete tael
Sprak Godt aen 't Kruys. ook met een
Gaf zyn Apostels in het Avondmael
Syn Lichaena tot een spys,
Syn dierbaer Blocd voor drank toot een
Do zeven heylige Sacramenten. [gepeys,
Ook den zevensten dag
Een-ieder rüsten mag.
I'.inr geistlich* |,i i
12
Zoo luu'si de Klok slael acht, Slael de Klok elf, m<
Neml d.ii in iiw gedacht: tc saem, Den Vader dea huysgezind
Acht dagen oud was Godl i Mensch Gael wedei uyt en werk-volk .
Kreeg de Hesnydenis en Jesus Naom. Om r arbeyden in's Heeren Wj
Acht Zaligheden leert beert, [edei nen loon
«null alle menschen, die toi dea Elf Apostelen bezitten Go on,
Acht menschen Godl in d' Ark van Nur ()m dal sy zyn getrouw geblei
Acht wonderheden deed spaerde, In smert, moeyl en arrebi
Godl aen Elias den Prophcet Kroonl Godt, die 't zclvcr zeyd,
10. 13.
Als t negen ueren slaet, Slael de Klok twclf, mensch,
Denkt, dai den Beer dan gael kruyd Wecsl gedachtig, dal Godts G
Hneren Werk-lien in den Akker, om t Zond in 't herl van twelf Apostels al,
Te wieden en te roeyen het quaed uyt. Want sy li<>dts woörd pickten met blj
Wel negen maenden was Twaelf Macnden heeft een Jaer,
David in zonden, eer Godt hem genas. Twaelf Planeten maeken 't ons kenl
Togen negen ueren was d' aerde duyster, Twaelf geslachten der Israelieten,
Zon en Maen zonder kracht, Twaelf steenen door Godts last
Als Godt riep: t is rolbragt. Aen Arons borstlap vast.
11. II.
Mensch, als de Klok slaet tien, Och goedertieren Godt,
Wilt ten Hcmelwaert zien, heeft Plant uw Wet en Gebod
Peyst: Goeden Godt, die my geschapen In onse ziel op dit droef Iracnen dal,
En in uw Wet my tien geboden geeft. Dat men u eert en keune boven al!
Denkt de ongeloovigheyd Den Wyser, die is rond.
Aen Thomas van tien getuygen gezeyd. Wie weet syn dood, wat tyd wal ui
Tien zwaere placgen in Egypten Wilt du gestadig mediteeren
Godt Pharo over /.and Godts Gebod ieder uer!
<)ni synen tegenstand. Want i\<'n tyd vliegl snel deur.
Weil wertvoller als diese trockenen Reimereien ist ein deutsches
NTachtwächterlied, das die Stundenrufe 9 12 nud I I mit geistlicher
Zahlensymbolik ausstattet und \\<dil aus dem 18. Jahrhundert herstammt:
'Hört, ihr Herrn und lasst euch sauen.'1
Warum uns dieselben Zahlendeutungen häufig, wenn auch entstellt, in
englischen Weihnachtsliedern entgegentreten, ist meines Wissens noch
nicht ausgesprochen worden. Den Anlas- dazu ual> offenbar die Zwölfzahl
der heiligen Taue von Weihnachten bis zum Dreikönigstage, wie durch
den Refrain eines bei Sandys" abgedruckten Textes deutlich bezeugt wird :
1) Erk-Böhme, Liederhort No. 1 - STg] R Köhler, Kleinere Schiifti
und 273 f. — Dagegen fehlt in dem Kindcrliede 'Ammenuhr' (Arnim-Brentano, Wunder-
horn 2. 734 ed. Birlinger - Crecelius. Böhme, Kinderh'cd 1897, S. 71, jegliche Zahlen-
deutung.
2) Christmas carols 1*33. p. 135 Gilbert 1823, No. 13. Über die anderen englischen
Texte s. oben S. 391 .
|H4 Bolte:
In those twelve days, and in those twelve daya let U8 be glad,
I'.m God of bia power bath all tbinga made.
Bin Seitenstück zu den oben behandelten Auslegungen der Spiel-
karten, auf die ich hier nicht mehr einzugehen brauche, bildet die mittel-
alterliche Legende von der Entstehung dea Würfels. Wie Reinmar von
Zweter erzählt, schuf der Teufe] ihn zum Verderben der Menschen und
setzte auf sein»' sechs Felder die Zahlen 1— tf. um dadurch Gott, Bimmel
und Knie, die Dreieinigkeit, die Evangelisten, die fünf Sinne des Menschen
und die sechswöchigen Pasten zu verhöhnen.1) Peter Suchenwirl deute!
die Zahlen L— 12, andere die Zahlen 1- 18, die man mit zwei oder drei
Würfeln erhalten kann, in ähnlicher Weise.8)
Während nun all diese Reihen von Zahlendeutungen an den geist-
lichen und biblischen Personen und Begriffen festhalten, setzen andere
Lieder und Märchen, denen man bisweilen die parodistische Absicht
anmerkt, an ihre Stelle weltliche Auslegungen. So antwortet in einer
ditmarsischeu Erzählung8), deren Verlauf den oben S. 391 f. erwähnten
italienischen und portugiesischen Märchen entspricht, der Bauer dem Teufel
uach Anweisung eines fremden Wandrers: 'Eins ist eine Schiebkarre. 2 eine
Karjide. 3 ein Dreifuss, 1 ein Wagen, 5 die Finger an der Hand. 6 die
Werkeltage in der Woche, 7 das Siebengestirn.' — Erotische Ausdeutungen
giebt in dem kyprischen Liede von den hundert Sprüchen4) der Liebhaber
auf die Fragen der spröden Jungfrau nach den Zahlen 1 — 10 und den
folgenden Zehnern bis loo. Auch in mehreren anmutigen italienischen
Liebesliedern knüpft der Jüngling seine Werbung litaneiartig an die
Zahlen 1—12, zumeist reizvoll mit dem Keime spielend.5) So beginnt ein
ing aus den Bergen von Lucca:
1) Reinmar von Zweter, hcrausgeg. von Roethe 1£S7, S. 46G. 599. Vgl. Bolte, Nd.
Jahrbuch 19, 92. 21, 145 f. (Prosalegende. Josep. Bamberger Verse von 1489. Klingler).
Arnoul Greban, Mystere de la passion 1878 v. 257461'.
2) Liederbuch der Hätzlerin 1840, S. 205; dazu Gcuther. Studien 1S99, S. 127. Ingolt.
Goldenes Spi-1 ls^2, S. 52 und XXVII (Job. tlcrolt). 2L Sünden bei Bernardinus Senensis,
Opera 1, 195b; vgl 3, 24Gb (1745): Antoninns, Summa 1511, tom. 2, tit. 1, cap. 23. § 6:
Barletta, Sermohes 1571. p. 148b: Nd. Jahrbuch 19, 93.
Miilb'nhoff, Sagen aus Schleswig 1845. S. 303, No. 415. Seitenstücke weisen
Köhler, El. Schriften 3, 3702 und Feilberg in dieser Zeitschrift 4, 253 f. nach. Prato,
Archivio 14, 488. J. Cortils y Vieta, Etliologia de Blaues (Folk-lore catalä 3. 1886), p. 89:
LNou mentidas o nou veri
4) Sakellarios, 7a Kvagiaxa 2,42 (1891): vgl. Liebrecht, Zur Volkskunde 1879, S. 164.
Wlislocki, Volksdichtungen der Zigeuner 1890, S. 308 = Zeitschrift für vergl. Literatur-
geschichte 2, 355.
5) Giannini, Canti popolari della montagna lucchese 1889, p. 240—247. Casetti-
Imbriani, Cauti pop. delle provincie meridionali 2, 191. 445 (1872). Gianandrea, Canti
pop. inarchigiani 1875, p. 259. Corazzini, I componimenti minori della lett. ital. 1877,
p. 2)8—211.
105
Uno La mi dama porta bi
Porta bruno pei su' ma .
Aniami, bella: nun m
Dua La mi 'dama e piü bella della tua:
S im e vero, racciam giu .
Trea La mi 'dama e 1
E su' padre 'un me Li \ u
Quattro Tutte !<■ yecchic mi chiamuno I malto,
Alle giovanni mm ni l'a.
u. s. w . l>i<
lici I. < ompita la dozzina.
La mi 'dama si chiama Catcrina.
All' amorc 'an vo' piü l'a'.
Aniiimi. bella: nun m' abbandonä!
In Scher/, li nlcrn wird die Form des Zahlenliedes zu einer steigernden
Lufzählung von den Mahlzeiten eines zarten Fräuleins an sechs ragen .
von den Geschenken, die ein Liehhaber seinem Mädchen oder ein Vater
Beiner Tochter zur Aussteuer macht8), oder zu freien (Heimspielen 8) ver-
wandt.
Ferner stehen auch verschiedene Arbeitslieder, die beim Klöppeln
und Strick. 'ii gesungen werden und die Zahl der Maschen '"Irr Nadeln.
bei der sich der mechanisch Beschäftigte irgend etwas denken wollte, mit
einem Reimwori oder einer An Auslegung begleiten, in einem gew
Zusammenhange mit den geistlichen Zahlenliedern. Wenn gleiche
Bücher in seinem trefflichen Buche 'Arbeil und Rhythmus' 1899, S
eine >n|c|ie Beeinflussung bestreitet, so vergleiche mau nur die in den
Dörfern von tlle-et-Vilaine übliche Zahlenliste der Strickerinnen: I ne,
le pere; Deux, le tils: Trois, le Saint-Esprit; «Juane evangelistes; Cinq
plaies de Notre-Seigneur; Si\ commandements de i I - 3 • crements;
1 Mir. Volksmärchen aus Schwaben LS52 ' - Gesell, ich frage dich.'
Also deutliche Parodie). Cenac Moncant, Litt. pop. d
zum Weihnachtsfest). Lootcns-Fcys 1879, p. 261. Giannini, Canti lu< 188!), p. 216.
2) Gagnon 1865, p. 80. 356. Conssen
l'Oucst 1, 267 1866). Durieux et Bruycll Holland, Chai
populaircs 1. 317 (1883). A. Wolf. Volkslieder ai No. 17. D
Fontaine, Luxemburg. Kinderreime 1877, S. 49. Halliwcll, Nursery rhym - L84.
Chambers, Populär rhymes 18-17, p. L98 und
3) Archivio 10,517 (aus Paris ; 11,271 Traditio
J. Cortils y Vieta, Ethologia de Blänes L886, p. 138 A la una la mi mala : -Mihi j
tanals 1882, p. 61 (Las non veritats Nyerup 256, Anm. -
das vlämische Lied von den 12 Gläsern Coussemaker No. 119 vielmehr
der verschiedenen Trünke (Boltc, Nd. Korr. ilatl 21, 56J Ui
Zedier ;Bolte, Nd. Jahrbuch 19, 167; Nd. Korrespondenzblatt 18, 76. 21, 55. 83 , die
gleichfalls gern an der Zwölfzahl festhalten.
mg von Negclcin:
Unit beatitudes; Neuf choeurs des anges; l>i\ commandements de Dieu;
Onze mille vierges; Douze apötres'1) u. s. w. bis 20.
Zu so vielfältiger Verwendung der mystischen Zahlenspielerei in Sage
und Brauch des Volk.- geselle sich zu guterletzt noch eine listige Nutz-
anwendung, die in eiuem arabischen Schwanke8^ ein armer Schulmeister
davon macht. Er fragt auf dem .Markte einen etwas einfältigen Schuster
nach dem Preise eines Paars Pantoffeln. 'Zwölf Pfennige', ist die Antwort.
"Freund*', sagt er, "du bist von der Sekte Mulhad, die die zwölf Monate
verehrt'1 — -Nun so gieb elf.' "Ei, das riecht nach Aberglauben an
Josephs elf Brüder." — -Zehn." — "Das hiesse der zehn Jünger des Pro-
pheten spotten." — -Alier neun." — "Glaubst «In, ich sei ein Jude, der an
die neun Gebote .Muses glaubt?" -Dann acht.' — "Aber das ist ja die
Zahl der Engel, die den Thron Gottes tragen." — -Nun. wenigstens sieben.'
'Scheust du dich nicht, die Ltdire der Sabäer zu bekennen, die soviel
auf sielten halten?" — 'So bleiben wir bei sechs stehn!" — "Das ist die
Zahl der Schöpfungstage." — -Aber wenigstens fünf.' — "Das ist ja die
Zahl der gesetzmässigen täglichen Gebete." — -Nun. so schliessen wir mit
vier ab." — "Nein, den vier rechtgläubigen Sekten will ich nicht zu nahe
treten." — -Drei.' — "Was. kannst tlu vergessen, dass die Religion tue
Zahl drei durch tu». Monate Redscheb, Schaban und Ramasan heiligt?" —
•Zwei.' — "Ei, der abscheuliche Manichüer." — 'Nun, dann einen." —
"Gottloser, eins ist nur Gott.'' Da sagt der Schuster: 'Nimm die Pantoffeln
in Gottes Namen hin; sonst verleidest du mir meinen Glauben ganz und gar.
Berlin.
Das Pferd im Seelenglauben und Totenkult.
Von Julius von Negelein.
I.
Eine höchst eigentümliche Ceremonie des vedischen Rossopfers
schreibt den an diesem beteiligten Priestern vor. den Schwanz des Opfer-
rosses anzufassen. ..Denn die Menschen kannten den Weg zur Himmelswelt
nicht, alter das Pferd kannte ihn. So nimmt es sie zur Himnielswelt
1) Mielck, Nd. Korrespondeuzblatt 4, 64 (Maschenmerkreim aus Wismar: 1—20).
A. Müller, Volkslieder ;;us dem Erzgebirge 1883, S. 214. 224. Oben S. 3881. Feilberg in
dieser Zeitschrift 4, 2491'. Lootens-Fcys IST!», p. 262 (77 Domen iu der Dornenkroue Christi).
Orain, Folklore de Fllle-et-Vilaiue 1897, p. 30 = Melusine 3, II. Melusine 1,217. 8.1)5. —
Auch ebenda 1, 78. Archivio U. 177— 180 i Abzählreime der Kinder). Über die Verwendung
zum Tanzliede in Frankreich und Spanien vgl. oben S. 391 f. und Prato, Archivio 14,480
2) Hammer, Rosenöl 2, 273 (1813. Ohne Quellenangabe).
1 >a- Pferd iui Seelenglaubi a ku!t. \* \\
mit."1" In seiner aphoristischen Sprache drückt liier der altindische rexl
den Gedanken ans, dessen Verfolgung uns zu beschäftigen haben wird:
die [dee, dass das Ross ver _■■ seines glücklichen Instinktes den .Menschen,
sei er lebendig oder tot, in nie unermesslichen Fernen zu tragen imstande
sei. in denen der Völkerglaube das gelobte Land, das Paradies, die Gegend
der Glasberge vermutete'). Im ganzen Bereich der Religionsübuugen
dürfte sich keine naivere Ceremonie als die eben beschriebene finden,
kein naiverer Versuch, des Unerreichbaren sich zu bemächtigen. \u die
Stell»1 des blosses tritt sehr häufig die Kuh. Nach den Vorschriften der
altindischen Ritualbücher sollen die Teilnehmer an einem Leichenbegängnis,
nachdem sie gebadet und neue Kleider angelegt haben, einen Stierschwanz
anfassend, zu ihrem Dorf zurückkehren8). Noch heute führ! man an das
r eines Sterbenden eine Kuh mit ihrem Kalbe. Die erstere isl reich
geschmückt. .Man lässt sie an den Kranken herantreten, der sie beim
Schwanz ergreift, und zu gleicher Zeit rezitiert der Purohita ein üiantram
(liturgische Formel), damit sie (die Kuh' den Kranken wohl-
behalten zur anderen Welt hinüberführe*). Auch nach dem Zeug-
üisse anderer Berichterstatter bringet] die Hindu- sterbenden Brahmanen
eine schwarze Kuh. um sich die Überfahrt über die Vaitarani, den Codes-
fluss, zu >ichern. und halten sich oft heim Sterben am Schwanz einer Kuh
fest, als "h sie wie ein Hirt herüberschwimmen wollten''. Die
Begründung isl hochwichtig: dieselben Spuren, die dem vordringenden
Arier den Weg durch das Dickicht <\i.-v indischen Einöden wiesen und
ebneten"), sollten ihm die Entdeckung des unbekannten Landes er-
möglichen. Wie sich der Hirt am Schwänze der Kuh. am Schweif des
Rosses über Bäche und Weiler hinüberschwang, so wollte er auf gleiche
Weise sich über den Totenfluss hinübersetzeu lassen. Ähnlich, • [deen
sind der späteren Zeit nicht fremd. Das Anklammem an den Schweif
des Rosses bekundete Zugehörigkeit zu diesem und eventuell seinem
Reiter, z. B. auch im deutschen Mittelalter1 Tete oder zum Ted,, ver-
1) Apastambacrautasütra 13, t erläutert durcli Taittiriyabrähma 3, 12, I
2) Ich verweise hier ant meinen Aufsatz oben S. 16 ff.
31 Hillebrandt, Rituallitteratur 92: vgl. Kätyayanacrautasürra 21. 3, I
4) „aiin qu'elle (la vache) le conduise par an bon chemiu dans l'autre m
Dubols, Munirs des peuples de L'Inde 208.
5) tylor, Anfänge d. Kultur 1. 466f. Colcbrooke, l 177. Ward, Hindooa li.
62. 284. 331. Audi in Ostpreussen setzen die „Pferdejungen" auf gleiche Weis
VVeüer weg.
6) Vgl. Pischel u. Gelduer, Vedische Studien 2. 287ff zu gavyiiti; da deutet
zunächst die von dem Vieh festgetretenen Wege, dann z. B. in Rigveda 10, 14. 2 den Weg
ins Jenseits, „den unsere Vorfahren gingen."
7) Wenn in Speier der neue Bischof von Bruchsal her seinen Einritt hielt und aus
der Stadt Verbannte sich an seinen Zaum. Sattel oder selbst an da- Pferd hielten oder
hingen, so durften sie mit in die Stadt. . . . Noch im dreissigjährigen Kriege, wenn
eine Stadt mit Sturm genommen wurde. Hessen die Soldaten den. der sich losgekauft
hatte, den Schweif oder Bügel des Pferdes anfassen und führten ihn so sicher durch
10b
von Negelcin:
dämmte1 Verbrecher wurden auf Pferde oder Pferden an den Schwanz
o-ebunden, um \<>n diesen ..in «las bessere Land" mitgenommen zu werden.
D Coggenburger Etheinthaler banden im Jahre L541 einen Verstorbenen
einem Pferde an den Schweif und Hessen ihn zu Grabe Bchleifen, und
ein Jahr darauf Landen sie einen Toren nackend auf ein Pferd und führten
ihn zu Grabe8 . Der heilige Stephan wurde an ein Ross nach seinem
Tode gebunden, und man begrub den Heiligen da, wo das Ross stehen
blieb"). Man Hess sicdi in einer gewissen Kulturepoche, einem ethnischeo
Elementargesetz zufolge überhaupt gern von der unbeirrten Sicherheit des
Tieres Leiten' , vornehmlich natürlich desjenigen Tieres, das für das
betreffende Volk von grösster socialer Bedeutung war. also des Pferdes
bei den [ndogermanen, >\r^ Kameeies bei den Semiten. Die den Tieren
zugeschriebene Divinationsgabe erhebt dieselben zum Rang von Geistern,
8ie is< also ein ausschliessliches Produkt der sogen, animistischen Periode.
Kulturell wirksam zeigt sie sieh zunächst in der Sitte, durch Tiere.
namentlich also durch Pferde, unter denen wieder der Schimmel bevorzugt
war5), social wichtige oder social geweihte Plätze bestimmen zu lassen
oder aus (\t'v Richtung, die das freigelassene Koss einschlägt, die Zukunft
zu enträtseln. Wenn der zur Schichtung des altindischen Feueraltars not-
wendige Thon gegraben wird, erwartet man von dem voranschreitenden
Pferd das Zeichen, wo gegraben werden soll6). Der Weg. den ein ge-
weihtes Pferd läuft, deutet bei den Buräten Glück oder Unglück an. Man
setzt einem solchen eine Schale Milch auf das Kreuz und lässt es ohne
Zaum frei. Läuft es nach Osten oder Süden, so beweist dies Glück, nach
• n oder Norden aber nicht viel Glück7). Im christlichen Mittelalter
wird das Pferd nur einmal als Wegweiser genannt und zwar in der Weise,
dass es den Platz zu einer Kirche anweist8). Maulesel und Rind treten
bisweilen an die Stelle des Pferdes9), Maultiere sollen wegweisend bei
das Gewühl der Menge: Grimm, Rcchtsaltcrtümer4 1, 368f. Nach färöischer Sage fasst
ein altes Troll -Weib einen entlaufenden Dieb an den Schwanz des Pferdes, um ihn zu
fangen: Liebrecht, Volkskunde 317 f.
1) Das Festbinden von Verrätern auf Pferde kommt z. B. auch in Griechenland und
Siam vor: Liebrecht, Volkskunde 102.
5 Rochholz, Deutscher Glaube und Brauch 1, 163.
3 Jahns, Ross und Reiter 1, 390.
4 Wcllhausen, Rest- arabischen Heidentums 201; Wellhausen, Skizzen 3, I47f.: Man
eine Kamelin laufen, um zum Wasser geführt zu werden .... denn das Tier handelt
auf höheren Befehl. Durch die Suche nach verlorenen Tieren wird man seiner Bestimmuno'
zugeführt. Vgl. Wellhausen, Beste 196 1. : das Kamel soll bei den heidnischen Arabern,
wenn jemand sich in der Wüste verirrt hat, selbständig den richtigen Weg findet), wenn
man es betragt hat.
V7gl. Zeitschr. f. Ethnol., Jahrg. 1901, S. 79 ff.
I Hillebrandt a. a. 0. 183.
: Klemm. Allgem. Kulturgesch. 8, 115. Hopf, Tierorakel 1888 S. 74 f.
s Hopf a. a. 0. 74. Müllenhoff, Sagen 111.
9) Vgl. meiuen Anm. 5 citierten Aufsatz über die volkstüml. Bedeutung der weissen
Farbe in der Zeitschr. f Ethnol.
Das Pfi rd im kult.
der Gründung des Klosters Maulbronn aufgetreten sein1 Nach alter
schwäbischer Sage hat ein Esel den Ort, wo das Kloster Allerheili
ergründet werden sollte, angezeigt Rine Kuli zeigl dem Oadmua
< )ir seiner Ansiedlung, Kühe zeigen in einer schwedischen Sage w
ins ,1,.,, OH an, wo eine Kirche gebaut werden soll,
weisen die Stelle für den Kirchenbau, ein schwarzer Stier den für den
Schlossbau an (Müllenhoff 1 1 2 f 0 ■ ■ • • Ochsen zeigen .11- Stelle, wo
im W;i>scr dahergeschwommenes, hölzernes Kreuz aufgerichtet werden
soll, und «'in Ochs im es, der den Platz für die Errichtung des Kl<
Ochsenhausen weist8). Das Ross war als.» in christlicher Zeil dazu be-
stimmt, den Baugrund \'\\v Kirchen, wie in heidnischer den für Opferplätze
zu erwählen4). Ganz eigentümlich mutet uns die Verquickuug beider
Elemente an. die uns leint. \\ ie christliche Gotteshäuser direkt aus Wodans-
tempeln entstanden, dabei aber als Wahrzeichen ihres heiduiscln n l
.las Bufeisen (etwa in der Form des Attributes zu dem Ross
Heiligen) unverändert beibehielten5). Eine an. lere Beurteilung verdii
die alten Heiligtümer, die an der Stelle der Trappen de9 Wotan-
Baldr-Hosses entstanden sind. Hier ist die mythisch aus dem Hufschlag
der Götterpferde entstandene Quelle das Primäre.
Die Geisterhaftigkeit des Rosses zeigt sich namentlich in seinen
Orakeln. Die altindischen Ritualbücher bewahren bei Beschreibung des
Pferdeopfers6 den von ihnen bereits völlig missverstaudenen Brauch,
Pferd (das zum Zweck des glücklichen Gelingens eines be^
atehenden Feldzuges geschlachtet wird) dadurch zum Wiehern zu
bringen, dass man ihm Stuten zuführt. Unwillkürlich .lenken wir dabei
an die List des Darius, die ihn zum König machte7). Dass .las alt-
indische Ritual sieh des gleichen Orakels häufiger l. "diente, lehrt die
sogen. kärlristi-Ceremonie8), welche in der Weise veranstaltet wird, dass
man ein Pferd zum Wiehern bringt. Wenn es wiehern sollte "der sich
schüttelt .»der Kot ..der Harn lässt, so regnet es bald. Im allgemeinen
aber bedeutet das Schnaufen des in dem gesamten Altertum ausschliesslich
zu kriegerischen und socialen Zwecken verwandten Tieres einen bevor-
stehenden Kampf und Glück in demselben. Daher die Provozierung
des Wieherns in dem altindischen Brauche und die Verabredung bei ^^-v
persischen Königswahl. Die semitische Traumprophetie tritt dem gegen-
über als em die beiden Rassen scheidendes Element bei den [ndogermauen
völlig zurück9). Wie das holländische „wichelen" zugleich ..wiehern- und
1) Glimm, Mytli.4 3, 329. — 2) Birlinger, Vtl. aus Schwaben 1. 3S9.
a ., 0 78 _'4)Vgl. Petw ' 199. - ö Jachns, Ross and Reiter I
Weinhold, Quellenverehrung (33. - 6 z. B. Apastambacrautasiitra 13,5-7.
1 189- 3 84; T. .V.. Justin 1, 10, 5. Menzel, Odin 174. Gubcrnatis, Die
Anm 4. - 8) Hillebraudt a. , 0.1! 9) Über die von den heidnischen Beduinen
angenommene Bedeutung der Traumvisionen bei Beginn eines Krieges vgl. Ja.
der vorislamischen Beduinen 127.
.j ](i von Nru'-li'in:
„wahrsagen- bedeutet1), so schreiben Germanen seil ältester Zeit dem
die vorbedeutende Mahnung zum Kampf zu. Nach Tacitus' gall
3 hnaufen und Wiehern des Eiosses als vorbedeutend, und weder beim
Volk noch bei den Edeln und Priestern gab es ein Wahrzeichen, das für
zuverlässiger gehalten wurde. Abergläubische horchen Weihnachts 1*2 Uhr
auf Scheidewegen, au Grenzsteinen: vermeinen sie nun Schwertgeklirr
und Pferdegewieher zu hören, so wird im künftigen Frühling ein Krieg
entstehen8). Noch spät gaU das Gewieher der Pferde den abergläubischen
Soldaten als Vorbedeutung4 . Slavische Stämme meinen noch heute in
dem ungewöhnlich starken Wiehern und Schnauben «ler Rosse die Pro-
phezeiung baldigen Krieges finden zu könuen6). In 'las Familienleben
greift das Wiehern «Ics Rosses als glückbringendes Vorzeichen6), namentlich
als Vorverkündigung baldiger Ehe ein. Wenn ein Mädchen, das an der
Thür des Pferdestalles lauscht, ein Pferdewiehern hört, so verheiratet es
>i<'h im nächsten Jahre7). Namentlich in der Zeit der Zwölften, dem ge-
heiligten Beginn des heidnisch-germanischen .Jahres, prophezeien die Rosse.
Mägde horchen um jene Zeit au der Schwelle des Pferdestalles auf das
Wiehern der Hengste, und vernehmen sie es, so wird bis zum 24. Juni
Sommersonnenwende !j ein Freier erscheinen8). Auch den Slaven in der
Lausitz bedeutet das Wiehern eines Pferdes am Weihnachtsabend dem es
erlauschenden Mädchen, dass es sich im nächsten Jahre verheiraten wird9).
Schon früh ist dem Pferde, wie allen weissagenden Tieren, die Gabe
der menschlichen Rede zugesprochen worden. Aus den vedischen Texten
ist mir allerdings kein Beispiel dafür bekannt, obwohl dieselben den
Tieren im ganzen einen Teil des allgemeinen Sprachvermögens zu-
erkennen10), wie auch die bekannte auimistische Idee, dass das Tier die
Geister der Verstorbeneu spüre11) resp. die Wehklage des zu Grabe ge-
tragenen höre12), sich seihst bei den Semiten findet. Über das bekannte
analoge Phänomen auf germanischem Boden braucht man kein Wort zu
verlieren: das Scheuen, Schaudern, Schnaufen der Rosse sagt den Tod an.
1) Ersch and Gruber, Rcalencyklopädie unter „Orakelpferd" und Hopf a. a. 0. 69.
2) Tacitus, Germania 9 und 10; vgl. Jaehns 1, 26i'. Grimm, Myth.4 •_», '.»32.
3 « rrimm a. a. 0.
I Jaehns l. 428. Grimm, Myth.4 2, 548.
5 Grohmann, Aberglaube aus Böhmen und Mähren 53: ders., Mäuse 31.
6 „Wer Pfcrdegewicher hört, soll Üeissig zuhören," heisst es in der Rockenphilo-
sophie, .denn sie deuten rjlück an"; Jaehns 1, 374.
7 Wuttke, Aberglaube I85f.
8) Grimm, Myth.4 2, 932.
9) Hopf 74.
10 liigveda 8, 100, 11. Kausitakibrähmana 30, 7. Aitareyabrähm'ana 2, 17.
11) Wellhansen, Reste 151.
12 Nach Ansicht der heidnischen Araber hören alle Tiere, was die zu Grabe getragene
Leiche eagt, nur der Mensch nicht: Wcllhausen, ebenda 151, Anm. 7. Die Wehklage des
zu Begrabenden ist ein speciell semitischer Zug: siehe oben S. 24.
ulieu und Totonkult. 1 1 I
Wir werden darauf zurückzukommen habeu. Die Tod verkündende
Sprache der Rosse der Glaube an sie fehl! keinem indogermanischen
Volk) ist zweifellos der liest eines universell gewesenen Tier- und Ahnen-
kultus, der später in den Dienst der Veueration nntliropomorph
heiten trat. Sicht etwa weil .Ins I ! • •-- im Diensl des Frey stand, wurde
es mir dem Attribut der Prophetie ausgestattet, sondern weil es als Ahnen-
wesen und deshalb als prophetisch galt, eignete der aufkeimende Kult
des l'i«'\ es sicli an, ohne die dem Tierkult eigentümlichen Klein«
völlig ertöten zu können1). Zu diesen gehört in erster Linie die Gabe
der prophetischen Rede, für die das klassische Beispiel der Rosse des
Achill, die diesem den Tod verkünden, bekannt ist"). Auf römischem
Boden rindet sich die Nachricht, dasa dem Augustus ein Esel seinen Sieg
bei Actium prophezeit habe8). Caesar erfuhr von sein. 'in nienschen-
füssigen Ross, dass er die Welt erobern werde4). Man achtete bei den
Etruskern beim Einzug des neuen Magistrats auf den Zugang der Rosse
und zog daraus politische Schlüsse8 . Die Redegabe ist namentlich bei
den Rossen der altdeutschen Helden ein stehendes Attribut. Ein Haupt-
merkmal, Helden zu erkennen, ist, 'las- ihnen kluge Pferde eigen Bind,
mit denen sie Reden führen6).
Der Aberglaube der deutschen Lande kennt diese Fähigkeit der Pferde
nicht minder7) als die bulgarische Sage8) und der ar nische Mythos9).
Der katholische Ritter de Cabrerus pflegte Bich stets bei seinem Pferde
Rat zu holen10;. Die Auähnlichuug des Rosses an Beinen Reiter kommt
1 Vgl. Zeitschr. f. Ethnol., Jahrg. 1901, S.80ff. Das Verhältnis wird gewöhnlich so
äst, dass man das Tier als blosses Werkzeug einer Gottheit auffasst, also eine ganz
sekundäre Entwickelüngsphasc als primär betrachtet. So sagt z. B. auch Unchboh,
Homerische Realien I. 2, 168 f und ebenda 193 fast mit denselben Worten, dass ..
Tieren wegen des in ihnen wohnenden natürlichen Instinkts die göttliche Natur
lauterer und ungetrübter hervortritt."
2 Hias 19, 407ff. 4151t'. Buchholz, Homerische Realien 2, I b: l berhaupl ist
das sociale Verhältnis der homerischen Griechen zu ihren Tieren fa I bes und
inniges, namentlich das Verhältnis des Kämpfers zu seinem Schlachtrosse, mit welchem
er iin genauesten Umgang lebt und eine Art von Verständnis unterhält welches ihn mit-
unter sogar veranlasst, sein Tier, als oh es mit Vernunft begabt wäre, an-
zureden. So fordert Hektor seine Itosse auf. ihm ihre Pflege zu vergelten und die
Achäer rasch zu verfolgen 0 185). Achilles spricht zu seinen R n Xanthos und
Balios, Antilochos feuert beim Wagenrennen die mit Worten an: '/' W2.
3) Nachricht des Plutarch bei Ho]
4) Jachns 1, 363, Anm. 2.
5j Hopf 68; Grimm, Myth.< 2, 944; vgl. noch Cicero, de div. I, 85, Liviu
Vcrg. Aen. 3, 537; 10, 860; LI, 89, Valcri i Maximus I, ü, 6, Claud., Rapt. Pi
St .. Theb. 6. 424.
6) Grimm, Myth.4 1, 325, vgl. 2,
7) Vgl. Grimm, Wörterbuch unter Pferdesprachc.
8) Strausz, Bulgaren 2i
9) Abeghian, Armenischer Volksglaube 101 f.
10) Bastian, Zeitschr. f. Ethnol. 1. li';.
I j 2 vom N egelein:
völkergeschichtlich nachweisbar durch die seelische Syihpathie des ersteren
mit letzterem zum Ausdruck1), die durch die Redegabe vermittelt wird.
Wie deshalb der arabische Beduine behauptet: ..Ks (das Pferd) versteht
all. >s wie ein Sohn Adams, nur dass ihm die Sprache tVli lt ••a). plaudert
der nordamerikanische Indianer mit seinem Ross, als ob <>s Vernunft
hätte3). Gleich dem Tatos <\<-v Ungarn*) redet im deutschen Märchen
Palada, deren abgeschlagenes Haupt"') die (iahe der Prophetie sieh he-
wahrt. .Man vergleiche das redende Haupt *\r> .Mimir.
Den germanischen Stämmen, die ja die gespensterhaft Umherirrenden
ohne Kopf darzustellen pflegten, galt das Haupt als Seelensitz. Auch
den Pommern und Esthen*) hatte das Pferd weissagende Kraft. Der
Sterndeuter Kaiser Friedrichs II., Scotus, führte neben anderen Vorzeichen
für den Ausgang eines beabsichtigten Unternehmens als Orakeltier unter
anderen das Pferd an. Ks mag diese Schrift des gelehrten Scotus aus
dem 13. Jahrhundert als der letzte Versuch gelten, dtjn Tierorakeln wissen-
schaftlichen Anstrich zu gelten7), die sich aVier bis über das Ende d<-<
Heidentums hinaus erhalten haben. Eigentümlich ist es, dass beim ger-
manischen und griechischen Pferdeopfer die aus den Eingeweideteilen des
Rosses sich ergebenden Omina eine grosse Rolle gespielt halten müssen,
während die altindischen Ritualbücher nichts dergleichen kennen, das
Bestreben, die Zukunft zu erforschen, vielmehr bei dem vedischen Opfer
überhaupt völlig zurücktritt. Die ominöse Zauberkraft des Opfertieres
spielt dort gar keine Rolle. — Als divinatorisches Wesen tritt uns das
\) „Das Pferd als vertrauter Geführte des Menschen wird fast ganz menschlich ge-
fasst; das Heldenpferd spricht, verteidigt seineu Reiter, lacht und weint: ja manch-
mal hat es fast menschliche Gestalt": Gubernatis 262, vgl. Anm. 43.
2) bei Brehm, [Kerleben1 4, 27.
: i Tylor 1. 460.
4) Mannhardt, Zeitschrift für deutsche Mythologie 2,269; Schwartz, Poetische Natur-
anschauung 2, 134.
5) Vgl. S.40S, Anm. 9: Die Volkstümlichkeit der Vorstellung von dem Reden der Rosse
geht auf das Einhcitsbewusstscin von Ross und Weiter zurück, für das sich das Prototyp
in Wodan und seinem Sleipnir findet. Ein altes Rätsel fragt: wer sind die zwei, die zum
Thing fahren? Drei Augen haben sie zusammen, zehn Füsse und einen Schweif und reisen
so über Land? — Die Lösung ist der einäugige Odhin auf dem achtfüssigen Sleipnir, vgl.
Jaehns 1, 345. Wotans Ross blickt bei Haddings Entführung hinter dem Mantel hervor:
ßimrock8 241: d. h. in der späteren Sprache des Christentums: der Teufel zeigt plötzlich
seinen Pferdefuss. Als Drosselbart, d.h. Pferdebart, ist Wotan halb Mensch, halb Ross.
Nach Tiroler Glauben wohnt ein Wildg'fahr id. h. ein Wesen, das wild dahinfährt) im
Rofnerwaldgute bei Naturns unweit Merau. Das bat eine Gestalt, als ob zwei Pferde
zusammengewachsen wären, mit nur einem Kopfe und nur einem Schweife, aber an jeder
Seite zwei paar Beine: Alpcnburg, Mythen und Sagen Tirols, 54. Hier zeigt sich noch
ganz deutlich der alte Sleipnir, dem gegenüber der Reiter vergessen ist. Die eingeborenen
Amerikaner ergriffen beim Anblick der eisten Spanier, die ihren Boden betraten, als vor
einem vermeintlichen Doppelwescn schleunig die Flucht; Deutsche hippologischo
Presse 12, 412. — Mimirs und Faladas Haupt vergleicht schon Simrock, Myth.G, 533.
6) Grimm. Myth.4 2, 553. Anm. 2.
7 Michael Scotus in seiner Physiognomia (c. 56 bei Hopf a.a.O. 31 u 70.
Das Pferd im - I ult. 1 1 :;
Pferd namentlich im livländischen Kult entgegen. ••in
Blutopfer (Menschenopfer) dar, ohne dass das liei :elpford daril
entschieden Iiät t .-. ob das Opfer dem * ; » . r t angenehm bt nicht, und
/.war kam es darauf an, ob das Pferd über einen auf d I
Spiess mit dem Lebens- oder mit dem Podesfuss
norwegischen Volksglauben gill das Pferd durchau
Audi bei den Slaven war die prophetische Gabe des heilig
geschätzt. Pferdekultus findet sich in allen Haupttempeln d< ä n in
Riedegost .... in Axkoni d in Stettin bei Pommern'), wobei
Überschreiten von Speeren durch die weissagenden Rosse angewendet
wurde.
Die Jahreswende übt auf die attributiven Gaben des I nicht nur
eines potenzierenden, sondern auch materiell verändernden Einfluss aus.
Mit dem Glauben an 'las jetzt gerade hervorragend entwickelte Ver-
mögen der Prophetie*) verbindet sich die Furcht vor diesem Vormögen;
denn dem Propheten schreibt mau in leicht verständlicher Begriffsübertraj
schicksalbestimmenden Einfluss zu. Die in Norwegen herrschende 8
jedem einzelnen Stück Vieh am Weihnachtsabend Bein ^.bendfutter mit
den Worten zu reichen: „Friss gut, gedeihe gut, heute A.bend ist Weihnacht-
abend"6), und der auf den Lettischen Teilen der kurischen Nehrung fest-
gehaltene Brauch, am Sylvesterabend den Pferden kurz vor Mitternacht
noch einmal Putter zu bringen' . Bind als Besänftigungsversuchi
üImt der in der Prophetie der Pferde Bich verkörpernden Schicksalsmacht
aiitV.uta~.-mi. Denn von der Zeit der Zwölften, die ja den im Verlaut
Jahres Verstorbenen ein gespensterhaftes Leben wiedergiebt, erwartet mau
vor allem die Beantwortung der Frage nach der Daum- der eigenen
Existenz in dem kommenden Jahreskreislanf eine Frage, die bald als
berechtigt gilt, bald als «las Schicksal herausfordernd verworfen wird.
Daher gesellt sich zu dem als Bolchen hingestellten Glauben, dass man
durch Schlafen im Pferdestall, Liegen in der Pferdekrippe7), Belauschen
der Tiere an dem Stallthor8) u. s. w. in jenen Tagen zukünftig« D
erfahren kann, die abergläubische Warnung vor diesen Handlung
und ein ganzes Heer von Sagen, das davon erzählt, wie Neugierige mit
furchtbaren Ohrfeigen von Geisterhand abgespeist w< seien8
die Prophezeiung ihres baldigen Todes hätten mitanhören müssi
gerät das Ross, dessen frühzeitige Verwendung im Tmmikult wir bereits
kennen gelernt haben, in den Verdacht, als Verbündeter der Macht des
1) Hopf 37 - 2) Liebrecht, Volkskunde 328. - 3) Hanns« h, Di. \
slavischen Mythus 015f. - 4) Vgl. z. B. Jaehns 1. 295. Weinhohl in A ifl für
Volkskunde 1, 218. - 5) Liebrecht 312. - I Information. Hyth.
2,932. Jaehns 1.295. - 8) Privatinformation. - 9 Vgl. Liebrech
Alpensagen 342; Mythen 291. Panzer, Beitrag zur deutschen Mythol .gii 1. 224.
reich, Realien S. 734.
I ] | \mh Npgcleiii :
Todes aufzutreten. Unzweifelhaft liar die typische Eigenart des Pferdes
diesen Glauben befestigen geholfen. ..l)a> Pferd kann sich verwundern,
kann ßtutzen, kann über anbedeutende Dinge wie ein Kind er-
schrecken . . ."1). ohne erklärlichen Grund gerät es häufig in Furcht,
wird unbändig, nervös. Wie sollte nicht der Glaube, dass es z.B. die
Gabe des /.weiten Gesichts besässe2), damit unmittelbar als eine Art
causaler Erklärung zusammenhängen? Sein Schaudern, seine Nacht-
schweisse, die unerklärliche Verwirrung seiner Kammhaare — das Alles
verlangt eine auf dem Gebiete der Dämonologie liegende Erklärung. Noch
ein Paktor von hoher Wichtigkeit kommt hinzu. Erteilte der Animismus
dem Rosse die (iahe der namentlich das Todeslos einschliessenden Pro-
phetie, so machte die Vorstellung von dem Entrücktwerden i\<^ Ver-
storbenen durch fremde .Mächte »dien dieses Hess als schnellstes Tier zum
Trauer des Entrückungsgedankens. Nirgends sicherer als hier können
wir von einem „indogermanischen" Gedanken reden: indische, germanische
und slavische Vorstellungen fallen völlig in «lern Glauben an diese Funktion
des Bosses zusammen. Erkannte man den Toten als entschwunden, so
war man eben gezwungen, das flüchtige Koss der heimatlichen Steppe,
das ohnehin der natürliche Sitz des Lebendigen gewesen war. als Träger
des befreiten Geistes anzunehmen. Eine schöne und überraschende Analogie
liegt in i\w Thatsache, dass den Semiten der Strauss als schnellster
Wüstenvogel zugleich Gespensterreittier ist3). So wird das lioss zum
Todestier nax ^oyi)y. und alles, was an ihm unerklärlich erschien, dieser
Tendenz untergeordnet. Sein Wiehern und Schnauben scheint den Todes-1
ritt des Erkrankten zu verkünden, sein nächtlicher Schweiss beweist, dass
der (ieist des Erschöpften bereits in ein anderes Land herübergegaugen
ist, sein Blick prophezeit dem Manne, den er erwählt, dass dieser sich
zum langen Ritte rüsten müsse4); scheut es. so fürchtet es sich vor den
an der Schwelle des Hauses lauernden Todesdämonen oder den Geistern,
die am Kirchhofe oder sonst irgendwo Wache halten5). Ein mächtiger
Hebel zur Befestigung und Variation dieser Ideen liegt in der kultur-
geschichtlichen Thatsache, dass man die Leichenwagen mit Pferden be-
spannte. So wurde der Träger ins bessere Land zum Führer ins Jenseits
und deshalb in patriarchalischen Verhältnissen mindestens so unheimlich, wie
es für einen gebrechlichen Greis die Bretter sein müssen, die der Schreiner
zur Sargherstellung liefert. So verstehen wir es. dass einerseits in Gebirgs-
gegenden, wo der Stier die Holle des Pferdes am Leichenwagen übernimmt.
zugleich auch mit dessen Attributen, nämlich der Prophetie u. s. w.. aus-
1) Brcbm, Tierleben ' 4, 83.
2) Jaelms 1, 259, Anm. 1.
31 Wellhausen, liest- 152.
1 Nach ostpreussisehen; Aberglauben stirbt derjenige, den das Pferd am Leicben-
wagen auffällig ansiebt.
5) Allgemein-deutscher Glaube, doch siebe auch Schulenburg, Wendische Sagen 139 f.
1 >;i- IM« 1 i im l; ■ ult.
gestattet wird1 . uud das« andererseits, /.. B. auf der kurischen Nehn
wo dea tiefen Sandes wegen der Sar*j zum Kirchhof n wird, die
abergläubische Furcht vor dem Pferde Belten anzutreffen und in den vor-
kommenden Ausnahmefällen meisl auf Entlehnung zurückzuführen i-t.
Dagegen zeigt sich diese Scheu vor dem Tiere auf dem benachbarten
ostpreussi sehen Pestlande noch in vielen Gebilden, am deutlichsten aber
in den uordgermanischen Ländern. Träumt man dorl von Pferden
bedeutet es etwas Schlimmes"). Wenn das Pferd sich schüttelt oder noch
d;is Geschirr am Leibe hat, so stirbt ein Mensel Soll das Pferd zur
Stadt gehen, um Medikamente zu holen, und will nicht von der Stelle,
so wird nach slovakischem Aberglauben der Kranke sterben; denn das
Ross „wittert den Tod"*). Wenn ein Pferd beim Leichenzuge gähnt,
wird l>al<l jemand aus der Familie sterben, meinen die Südslaven. Kin
südslavischer Bauer sagte: „Das Pferd reisst den Rachen auf, als wollte
es eine Seele verschlingen"6). Es ist zu erwägen, ilass den Slaven die
Seele mir dem Lufthauch identisch ist. — In allen diesen Fällen handelt
<■> sich im Sinuc des heutigen Volksglaubens wohl um unbewusste I
phetie. Dass diese aus der Form bewusst er Weissagung hervorgegangen
ist, lehren die angedeuteten Beispiele der Verkündigungen des Xanthos
und Balios. der Hengste des Schill, und des Rosses Sigurds, des Grani,
an Gudrun.
Du*. Pferd bleibt da, wo es in den Dienst eines bestimmten Religions-
systems und seiner Lehren tritt, seiner alten Aufgabe treu. Galt der FJod
als eine entrückende Macht und das Pferd als Träger des Entrückungs-
Gedankens, so wurden eben beide mir einander identifiziert und so der
Tod zum Pferde gemacht. Dies.- Lehre wurde wieder empirisch wirksam,
indem man einzelnen Rossen, namentlich solchen, die Bich durch ihre
Farbe auszeichneten, die gedachte Funktion der Entrückung zuschrieb*
Nach altgermanischer Auffassung reifer Ai'\- Tod zu Pferde \^<r Hei und
ihrem Boten wird gleich linderen Göttern ein Pferd zugestanden haben1
Die nordische Sitte, der Hellja auf Kirchhöfen ein lebendige» Pferd ein-
1 Vgl. Zeitschr. f. Volkskunde tO, 50. In der Schweiz glaubt man. dass, wenn die
Rinder bei der Tränke den Kopf starr emporrecken, sie über dea Herrn baldigei
trauern. Ein Bauer, der sich Weihnacht» um Mitternacht in den Futterbarron l<
nahm, dass die beiden Stiere sich besprachen, wie bald sie ihn zn Grabe lühreii mfi
und starb im Schreck darüber: Hopf TT.
2) Norwegischer Aberglaube bei Liebrecht, Volksku
3) Liebrecht 326. — Ähnliche Züge teilt 2. B. Strackerjan in seinen oldenburj
Sagen mit: „wenn <hi* Pferd seine Nüstern aufbläht, die Mähne sträubt, den Kopf hin-
und herwirft, die Ohren spitzt, schnaubt und wiehert, dam. Icn zukünftig
Leichenzug." Vgl. Jaehns 1. 403
4) Ethuol. Mitteil, aus Ungarn 5, 30.
o) Zeitschr. f. Volkskunde 1, 180.
6) Ich verweise hier auf den citierten Aufsatz ü1 lkstümliche Bcdeutnnj
"weissen Farbe.
7' Grimm, Myth.4 2, T0J. vgl. ebenda !
1 1 ii von Nogclcin :
zugrahen, ehe dieselben ihrem Dienste übergeben wurden1), wird, zumal
wenn mau sich des Aberglaubens erinnert, dass auf den Friedhöfen immer
der jüngst Verstorbene Wache halten muss, als ein naiver Versuch ver-
ständlich, den Tuten durch das Ross der Todesgöttin schnell und sicher
in die l nterwelt gelangen zu lassen. Dass die Todesgöttin ihrem Rose
aüber funktionell ganz zurücktritt, lehrt die Thatsache, dass <lie Be-
sänftigungsversuche <lem Tiere, nicht ihrer Reiterin gelten, dass man
dem Tode im Sprichwort Hafer anbietet, und die alten Skandinavier von
der Hei. die in Pestzeiten auf einem dreibeinigen Pferde reitet, sich durch
eine gleiche (iahe thatsächlich loszukaufen versuchten2). Neugriechische
Lieder stellen den Fährmann der Toten, Charon, zu Pferde dar. Die
Ungarn nennen die Totenbahre St. Michaels-Pferd. In der Schweiz und
anderswo gilt os als eine Todes-Ankündigung, wenn am Fenster eines
Schwerkranken des A.bends ein Ross von der Strasse her sichtbar wird8).
Mit dem Beherrscher der Seelen, dem Hades der altgriechischen Mythe,
wurde sein Ross eng' verbunden4). Homer nennt ihn xXvtotzcdäos, bei
welchem Beiwort sich ihn der Dichter auf raschem Gespann dahin fahrend
denkt6).
Von der Erscheinung *\^s Todes ist die des Teufels nicht zu trennen.
Die mythische Figur des Todes war dem priesterlichen Fanatismus eben
Teuflisch. So wird der alte Todesritt zum Höllenritt, das Ross zum Teufels-
tier'J. Die Pferde stehen im Jenseits nach der Auffassung der Oberpfalz
bei den in der Hölle Befindlichen. Sie sind Weiss7). Italienische und
Südtiroler Sagen kennen in der charakteristischen Gestalt des Orco, d. h.
I »reiis. des pferdegestaltigen Teufels, eine ähnliche Darstellung des Todes.
Der Orco erscheint als ein weidendes Pferd in der Nähe der Strasse und
nähert sich schmeichelnd dem Vorübergehenden. Aber wehe dem, der es
wagt, den schmucken Gaul zu besteigen! Denn kaum fühlt derselbe die
gesuchte Last auf seinem Rücken, so verlängern sich seine Beine immer
höher und Iniher. sodass der erschreckte Reiter aus schwindelnder Höhe
1 Furtwängler, Idee des Todes 37, Amn. 12. Grimm, Myth.4 2, 93G, vgl. ebenda 704.
2) ■/.. B. Pcrger, Pflatizcusagcn 115. Man füttert den Wind: Grundriss f. german.
Piniol.'-' :;. 334. Der Norddeutsche lässt die letzten Hahne für Wotan sein Pferd. Ebenso
lässt der Schwede die letzten Halme für Odens Pferde. In Mecklenburg rief man: Wode,
Wode hole dinem Posse nu Foder: Grundr. f. germ. Piniol. 3, 338.
3 Gubernati?, Die Tiere 226, Anm. L
4) In der Sammlung Sabouroff 1, 25; vgl. Gubernatis, Die Tiere 226, Anm. 4.
5) Buchholz, Homerische Realien 3, 1, 3;)4. Seine ebenda 3431'. geäusserte Ansicht,
dass das Epitheton y.lvt6ji<oXog sich lediglich auf den Raub der Pcrsephone beziehe, ist
zweifellos falsch
G) Nach ungarischer Überlieferung ist das Pferd aus dem Teufel entstanden, der
von Gott verflucht wurde, den Pflug zu ziehen Deshalb darf man dem Pferde nicht recht
trauen: Strausz, Bulgaren S MV. Im deutschen Volksglauben erscheint der Teufel als
Pferd in den Sagen von Zcno, vom Bruder Rausch und in Legenden: Grimm, Myth4 2, 83U
7) Rochholz, Deutscher Glaube und Brauch, 2 11.
Das Pferd i S kalt 1 1 .
kaum mehr den Erdboden unter sich sieht, und dann geht es fori
in die grauseste W ildnis, bis endlich der unglückliche aus Beiner l.uft-
region niederstürzt und sich »lücklich Benutzen muss wenn er, an P
und Händen erbärmlich zerzaust, sich aus dem Dorngebösche herauswinden
kann. Im übrigen stinkt er wie der Teufel, und man darf auf sein Rufen
oicht antworten1 . Die Motive des nur scheinbar gefährlichen Lufti I
des Gestanks der Erscheinung und des Verbots, ihr durch Anrufen lästig zu
lallen'-), sind freilich Züge, die von der Natur des nordischen, wilden Jfl
entlehnt Bind, der pferdegestaltige Teufel aber ist, wie der Name
italisches Eigentum. Hierher gehört auch die Sage von dem am Hoch-
leger in der Hinterduz bausenden Berggeist. Er ist ein unnahbares, ent-
setzliches Ross. welches, dem Orco gleich, Pestgeruch und Grabesdufl
aushaucht. Ks ist vielen Schützen und Gemsjägera bereits verderblich
o-ewesen. Es Bpringt, wenn es jemanden angegriffen hat, wieder nach der
Gletscherwand zurück, von der es gekommen ist*).
Hurten wir im Vorausgegangenen den Strauss als rräger des
mitischen Entrückungsgedankens dem indogermanischen Ross gegenüber-
gestellt, so wellen wir jetzt dasselbe Tier als Mitglied eines dämono-
logischen Systems mit «lein inzwischen ebenfalls zum Teufel gewordenen
Pferde vergleichen. Der Strauss ist eines der wichtigsten [nkarnationen
oder Reittiere der Ghul*), die Ghul entführt oft einzelne Personen, nament-
lich in die Wüste' . Wenn jemand spurlos verschwindet, bo Bind die
(iinn daran Schuld. Eine Ghul raubte das Söhnchen des Abu ösaid, indem
dieselbe sich als .eine Wärterin ausgab; der berühmte Sinän b. Abi Haritha
wurde als steinalter .Manu von den Ginn entführt und in ihr Land gebracht;
von Qaisaba b. Kulthum al Saküni glaubten -eine Leute dasselb«
wurde freilich in Wahrheit von einem feindlichen Stamm gefangen ge-
halten. Dass die entsprechenden indogermanischen Sagen das entrückende
Ross unmittelbar zu einem Todesgenins Btempeln, geht am besten aber-
mals aus dessen Parbe hervor. Wo feurige Hengste Prinzessinnen auf
ihren Kücken laden und zu schwärzen Burgen u. b. w. tragen, Kranke
,„ler .lern Teufel Gelobte dämonische Rosse besteigen und sich von ihnen
entführen lassen, da sind diese Tiere gewöhnlich schwarz, d.h. sie ti
die Schattenfarbe des Höllenreiches an sich. Erinnert sei noch daran.
1) \lpenbunr. Mythen un.l Sagen Tirols 57f.
• Di 3 so häufig in der Sagenlitteratnr york<
Es handelt steh bei der Erscheinung dee wilden Ja,
wertenden eine nach Schwefel riechende Pi r b ,
schleudern des Blitzes als Strafe für die Störung der nerspraoh*
In Ostpreussen ist es noch heute verboten, bei dem Q.
sonst schlägt es ein.
3) Alpenburg a. a. 0. 210.
4) Wellhausen, Keste 152.
5) Ebenda 15&.
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
L1K
vipii Nceolein:
■in kohlschwarzer Etappe den Ditrich von Bern abholt1) und gleich-
o-eartete Pferde Verdammte zur Hölle befördern. In der hundertfach
variierten Leonoren-Sage Bitzt statt de6 Todes ein Toter auf dem Ross ).
Besonders zu untersuchen wäre eine ganze Gruppe von Sagen, in denen
einzelne Renner, sei es als Jagdtiere, sei es als Reittiere, ihre Verfolger
oder Herren zu düsteren Burgen, zu Dickichten, namentlich aber in Berg-
böhlen tragen. Die Sagen Pirdosis von den Abenteuern Rustems auf
seinem Zug zur Entsetzung des Kai Ka'us mögen muslimische Vorlagen
halicn. Zu beachten aber sind ähnliche Züge in dem Sagenschatz der
1001 Nacht. Armenien und Südrussland kennen Entsprechendes8).
Nach armenischem Glauben entrücken Devs auf Pferden öfter zeit-
weise oder für immer männliche Personen. Der König Ardavast soll von
seinem Leibross entrückt wurden sein und auf dem Berge Ararat von
Devs angeschmiedet gehalten werden. Die ihn begleitenden bei ihm
wachenden Hunde lecken jährlich seine Ketten dünn, so dass von ihm in
jeder Osterzeit eine Zerstörung der Erde zu erwarten ist. Um dies zu
verhindern, schlagen die armenischen Schmiede am Karfreitag mit dem
Hammer dreimal auf den Amboss und verstärken so die Ketten4). — Schein-
entrückungen durch Rosse, wie sie der armenische (s. o.), südtiroler (s. o.)
u\\(\ deutsche Aberglauben kennen, haben einst sicherlich eine grosse Rolle
gespielt. Sie müssen mit der Sturmuatur des wilden .Jägers zusammen-
hängen. Unter den von mir auf der kurischen Nehrung gesammelten Er-
zählungen findet sich manche Einzelheit, die von der Entrückung einzelner
Gegenstände (Beile u. s. w.) und Pflanzen (Bäume) durch den im „Kriesel"
d.h. Kreisel, der Windhose verborgenen Teufel berichtet. Der Windteufel
der Nehrung ist eine ausschliesslich in dem genannten Naturphänomen sich
manifestierende Gottheit es ist nicht im entferntesten daran zu denken, dass
1) Zeitschr. f Ethnol. IT, 137. Grimm, Myth.4 2, 831.
2 Grimm ebda. Mecklenburgische Fassung: Bartsch, Mecklenburgische Sagen 1,142.
Slavische Fassung: Zeitschr. f. Volkskunde 9, 217 (mit sehr ausführlicher Litteraturangabe' :
Schulenburg, "Wendische Sagen 138. [Erich Schmidt, Charakteristiken2 1, 189.]
3) Herr Studiosus Thopdschian teilte mir gütigst folgendes mit: Ihm sei aus seiner
armenischen Heimat eine dem Ardavast- .Mythus sehr ähnliche Sage bekannt. Hier wie
dort vollbringt das Pferd eine Strafe in Vollziehung des väterlichen Fluches: es entführt
mit sich den Reiter in die Wohnung der Geisterwesen, die gewöhnlich in einem Berge
li<-gt. Während indes in der Ardavastsage das Ross seinen Herrn eigenmächtig dorthin
trägt, gilt in dem Mher-Mythus ein Rabe als das geleitende Wesen. Mher verfolgt diesen
auf der Jagd und wird so zu eiuer Grotte geführt, die ihn samt seinem Tiere gefangen
hält. — In Südrussland ist eine Sage von dem Helden Marko Karelewitsch bekannt.
Derselbe ist nach einem grossen Kampfe von Gott in eine Grotte gesperrt. Er hat sein
Schwert in die einen Felsen umkleidende Erde gestossen und schläft. Sein Ross frisst
inzwischen von dem auf dem Felsen wachsenden Grase. So kommt das Schwert immer
mehr und mehr zum Vorschein. Wenn es ganz herausgekommen ist, so tritt der Held
wieder an das Licht der Sonne.
4) Auch diese Mitteilungen verdanke ich Herrn Thopdschian. Die sich in einen
Berg verlierende wilde Jagd des noch mit seinen Hunden ausgestatteten Todesgottes
taucht hier zu deutlich auf, als das.- man auf sie besonders hinzuweisen brauchte.
nglaubi d and I ütenkult. II'.1
wir es hier etwa mir einem abstrakten „seeltMiraubenden" Dämon oder der
Personifikation der „Gewitterwolke" zu thuu haben, die ab Mixtum compo-
situm von Feuer, Wasser, Lieh! und Finsternis der altmythologischeu 8chulc
überhaupt sehr bequem war und ^tatsächlich ja noch alle denkbaren Deutungen
zulässt, wie man einen Fausthandschuh bekanntlich auf jede Hand zwäi
kann. Mit Bolchen speciellen Sturmdämi n muss das ganze Heer der
Sagen es zu thun haben, die von Pferden berichten, deren Reiter plötzlich
in die l.nt't gehoben, weite Strecken getragen, dann aber, * • li n < • erheb-
lichen Schaden zu nehmen, von dem Rücken des Tieres abgeschleudert
wurden1). !n dem letztgenannten Zug findet sich das Moment der alten
Gutmütigkeil der Heidengötter wieder. Allerdings Bpielt auch die Bpätere
Teufelsauffassung, nach der der Feind Gottes nicht ernstlich, sondern nur
durch Phantasmagorien zu schaden im stände ist, mit hinein. Zugleich
finden sich die alten, noch zu erwähnenden ballucinatorischen Teufels- und
Gespensterritte hier bereits angedeutet.
Die Darstellung des Teufels in Pferdegestalt hat noch eine /.weite.
sein- tiefgehende und weitreichende Wurzel. Zu den sichersten Zeugen
dieser allgemein - indogermanischen Mythenbildung gehört die Therio-
morphisierung des Blitzes in Rossesform "). Loki nimmt in der nordischen
Mythe Rossesgestalt an und zeugt in solcher8) - ein strikter Beweis für
die ürsprünglichkeit der tierischen Figur. Der zum Hausgeist »ewordene
ebenfalls nordische Niss kann sich wie Loki in Pferdegestalt verwandeln*
Der 'Teufel der deutschen Sage zeigt gerade in seiner Eigenschaft als
Gewitter- und Blitzgottheit (den Pferdefuss u. s. w. auf Dächer berab-
Bchleudernd) Rossesgestalt*) oder Rossesteile; Blitze werden durch Schii •!
angezogen. Der Teufel hat die Fähigkeit bebalten, sich nach Belieben
in einen Rappen verwandeln zu können";. Pferde, welche an den Vorder-
füssen keine Narben haben, sind Teufel7). Ja die vom Teufel be-
günstigten Personen hal.en immer die besten Pferde8) und benutzen sie
nach Belieben. Hier sin«! Pferd und Mantel auch der letztere |
-■inen Inhalier ja bekanntlich durch die Lüfte alte, verschiedenen Gott-
heiten beigegebene Wnnschdinge, deren Ruhm Belbst <\i-v heutigen
bekannt ist. Die Tiroler erzählen9 . dass einst in der Nähe der Sardatscher
Kapelle in jeder Nacht ein gesatteltes Pferd gestanden habe; es wurde
dazu benutzt, mir Blitzesgeschwindigkeit zu den entferntesten Teilen der
Alpen zu reiten, um sich dürr bei einem Mädchen aufzuhalten und nachher
ebenso geschwind wieder zurück zu Bein. Wer diesen Kirr machte,
1) Vgl. z. B. Zeitschr. f. Volkskund« 7. L32.
2) Hier hoffe ich ein namentlich untei Heranziehung der yedischeu Mytholog r-
„arheitetes Beweismaterial alsbald veröffentlichen zn können.
3) Bekanntlieh entspringt Sleipnii aus der Vereinigung von Loki mit Svaditfl
4) Zeitschr. f. Volkskundi -.264. - Simrock, Deut
G Weinhold in der Zeitschr. f. Volkskunde 1.215. -- 7 Ehenda 218. - - Bari
Volkssagen ans Mecklenburg 1. 130. — 9) Alpenburg 211.
29
Feilh
verlor aber Beine Seele. Eis handelt sich also wieder um «Ich Seeleo
entführenden Teufel. Zweifellos is< es uns oiclrt mehr möglich, diese oder
jene Sage auf dieses oder jenes Grundsubstrai der in ihm vorkommenden
Ceufelserscheinung zurückzuführen, also etwa behaupten zu können, dass
wir es das eine .Mal mit dem menschenraubenden Gewitter-, das andere
Mal mit einem Windgott zu thun haben. Die Zuteilung zu dieser oder
jener altmythischen Persönlichkeit hat vielmehr nur ganz beschränkten
hypothetischen Wert.
Fortsetzung folgt.)
Der böse Blick in nordischer Überlieferung.
Von H. F. Feilberg.
(Schluss von S. 304—330.
1. Beilage (Das Gänsegehen).
(Zu S. 312.)
Alle Gänse des Dorfes grasten auf der Gemeinwiese den ganzen
Sommer hindurch und nach der Ernte auf den abgemähten Kornfeldern.
Damit jede Familie die ihrigen unterscheiden könnte, hatten die ver-
schiedenen Gehöfte jedes ein Kennzeichen, das eine einen Kerb in dem
rechten, das andere in dem linken Fusse der Gänse u. s. w. Wenn die
Herbstweide vorüber war und die Gänse eingesetzt werden sollten, ver-
sammelten sich am bestimmten Tage alle verheirateten Frauen im Dorfe
und gingen von Haus zu Haus, von einem Gfehöfte zum anderen, unter-
suchten alle Gänse und trugen Sorge, dass jedes Gehöft genau die seineu
empfing, welcher Umgang Gänse gehen genannt wurde. Hast du, lieber
Leser, je erfahren, welchen Lärm eine Gänseherde, wenn man unter sie
tritt, hervorbringen kann, und hast du je erlebt, wie gewaltig einige
Dutzend W eiber toben können, so wirst du dir vorstellen können, zu
welchem Geräusch ein solches Gänsegehen Veranlassung gab. Nach dem
I mgange, wobei keiner .Mannsperson, den Dorfvorsteher ausgenommen,
Zutritt verstattet wurde, hatten die Frauen abends eine lustige Zeche.
wozu jede Bier und Branntwein mit sich brachte, die unter lautem Reden
und Lachen ausgetrunken wurden, indem der Lärm im Verhältnis zu dem
Schwinden des Branntweins in der Flasche stieg. Später kamen die
.Männer, um ihren Frauen bei der Verzehrung der Gaben Gottes Hilfe zu
leisten, was sie mit Vergnügen unter dem lauten Gespräche der Frauen
thaten. ..Wisst Ihr, Schwestern", sprach eine Frau, „diese Nacht besuchte
I
Der b Blick in
ein Dieb unsere Speisekammer. Er Btieg durchs Fenster und Betzte die
Füsse in meinen Sanermilch-Kübel. \K mein Alter das Platschen i
rief er: „Wer da?M sprang aus Beinern Bette, und glaubt Ihr mir, der
Dieb machte Bich geschwind ans dem Staube ^ zündeten Lieh! an,
uml als wir hinkamen, fanden wir Beine hölzernen Schuhe in der «auren
Milch. M)er, Gottlob, der Kübel war gerettet Natürlich wai etwas
umhergespritzt, «las hatte abeT nichts zu Bagen.« Ja glücklich bisl
Do, Schwester; Du verlorsl Deine Sauermilch nicht." So unbedeutend
auch die Geschichte ist. ist Bie doch charakteristisch und beweist, wie vor-
urteilsfrei die Mägen der Bauern damals waren.
Lue Lnlass dieses Gänsegehens geschah auch anderes; es war. in
gangenen Jahren wenigstens, Sitte, .las.- alle unverheirateten Mädchen
des Dorfes gemustert wurden. Wie es damit herging, kann man aus dei
folgenden < rerichtsverhandlung ersehen.
Auszug aus den Protokollen des ttardesgerichts zu Indershöf
(Schonen) Anno L704.
Das Dienstmädchen Banna Larsdotter in Ändershöf hat alle Männer
des Dorfes nebst ihren Kranen in einer schriftlichen Beschwerde vor das
Gericht geladen.
Sie beklagt sich darüber, dass die Genannten durch die Hebamme
sie haben untersuchen und melken lassen; dass Bie ihr zu Schaden und
Schimpf zu ihrem Brotherrn gegangen seien, dass Bie in der Abwesenheit
ihres Brotherrn von ihnen mit Gewalt weggeführt worden und ihr die
Hände gehalten und Unehre in der Anwesenheit der Predigerfrau angethan
wäre, indem sie ihr ein Tuch wie den Huren um den Kopf gebunden
hätten
Der Dorfälteste, der mit einem Teil der Bauerfrauen da war. bezeugte,
dass die Krane,,, wenn sie wie gewöhnlich «las Gänsegehen verrichtet
hätten, bei ihm „Gänsezeche« fGäsegille hielten und alle Dienstmädchen,
wie immer geschehe, vorforderten, um zu sehen, ob einer etwas fehle.
Banna aber hielt sich zurück, weshalb sie des Dorfvorstehers Dienst-
mädchen zu ihr schickten; Bie wollte aber nicht kommen; da gingen sie
etliche der Bauerfrauen suchen. Als sie endlich erschien, waren die Dorl
mädchen alle im Hause versammelt, worauf die Kran-., bald das eine,
bald «las andere Mädchen anfassten und ihre Brüste untersuchten. Da .
Reihe an Hanna gekommen war, schien es ihnen, als ob Bie nicht wie die
anderen wäre, weshalb sie von ihnen für verdächtig gehalten und
gesagt wurde, sie solle ein Tuch um ihren Kopf binden; sie habe aber
gemeint, das sei nicht notwendig, wogegen P. Franzens Kran gesagt habe:
„Du musst es thun; denn du wirst ja sonst mir. meineu Kindern, meinem
Vieh zum Schaden barhaupt gehen«, worauf Hanna antwortete: „D.
glücklicherweise nur wenige Kühe.« „Es geht dich nichts an, ob und
4 •_'•_» boübcrg:
wib Ich habe; du hast verdient, mit dem Tuche ;iiit' der Strasse zu gehen."
„Meinetwegen kann ich ein Tuch um den Kopf nehmen und weder dir
noch anderen zum Verdrnss ausgehen." Darauf antwortete der Dorfvor-
- r « ■ 1 1 < • i : „Jetzt sprichst du die Wahrheit." Nun aber forderte die Prediger-
frau, dass Hanna zu ihr kommen soll«', weswegen sie der Dorfvorateher
mir seiner Frau Buchte; sie hatte sich aber auf dem Hoden verborgen, wo
der Vorsteher sie auch entdeckte und sie bat, zur Predigerfrau herunter-
zugehen, was sie anfänglich ausschlug; doch ging sie zuletzt. Als sie an-
langte, redete die Predigerfrau sie an: sie untersuchten wieder ihre Brüste,
die nach ihrer Meinung nicht waren, wie sie hätten sein sollen; sie wollten
ihr darum ein Tuch umbinden-, sie wollte es aber nicht erlauben und
sagte, hätte sie es verdient, wolle sie ein Tuch selbst umbinden, womit
sie schieden. Die Hebamme sagte aus. ihr sei nicht erlaubt, ihre Brüste
anzuführen um deswillen, dessen sie verdächtigt wäre: dies alles sei aber
aus alter Gewohnheit anlässlich des Gänsegehens geschehen.
Ihr Anwalt replizierte, dass dies eine widerrechtliche Sitte sei, Acr
Hanna sei eine Ehrenbeleidigung- zugefügt.
Der Vorsteher und die Gerichtsmänner sagten aus. dass es allgemeine
Sirte in den Dörfern sei, dass die Frauen, wenn sie das Gänsegehen
hielten, zugleich die Brüste der Dienstmädchen besichtigten, weil sie ohne
allen Grund wähnten, wenn irgend ein Mädchen, das sich nicht richtig
gehalten, barhaupt mit geflochtenem Haare umherginge, so würden
schwangere Weiber, ihre Leibesfrucht und ihr Vieh dadurch Schaden
leiden und mir besonderer Krankheit behaftet werden.
Als gefragt wurde, ob sie etwas Ungebührliches von Hanna wüssten,
antworteten die Zeugen nein: sie hätten Hanna nur wegen ihrer Weigerung.
ihre Brüste vorzuzeigen, für verdächtig gehalten.
Der Spruch des Gerichts lautete, dass die verklagten Frauen
3 Thaler Brüche und an Hanna als Ersatz für den erlittenen Schimpf
8 Thaler Silber zu entrichten härten.
Der ganze Bericht ist zu finden bei Nicolovius (N. Loven), Polklifvet
i Skyrts Härad (Skäne 1868) 8. 52 f.
2. Beilage.
(Zu S. 315.)
In der mittelalterlichen Litteratur kommen nicht selten Erzählungen
vor, wonach irgend ein Kämpfer die Kunst versteht, das Schwert seines
(iegners stumpf zu machen. Ich führe einige Beispiele aus der nordischen
Litteratur. aus den Sagas. Saxo und Volksliedern an. Öfter wird hier
bestimmt gesagt, dass der Berserk oder Wiking das Schwert seines Gegners
ansieht; der böse Blick muss also auch hier wirksam gewresen sein.
Gunlaug Ormstunge (Schlangenzunge) hatte einem Wiking Thorgrim
Geld geliehen, das dieser aber später nicht zurückzahlen wollte; er wurde
l ». t 1 23
deshalb von Guulaug zum Zweikampf Diesei erzählte e« den«
König, welcher Bagte: ..Das wird nicht gut geheu, dieser Mann macht alle
Schwerter stumpf ; du sollst deshalb meinem Ri i: Mit dein Schwerte,
das ich dir gebe, sollst du kämpfen; dasjenige, das du soust gebrauchst,
kannst du ihm zeigen." AU der Kampf angehen sollte, fragte Thorgrim
nachdem Schwerte. Gunlaug zeigte ihm das eigue, das er au« der Scheide
zog; das, welches ihm der König geschenkt hatte, hing an einer Schlinge
an seinem Ann»'. „Das ist nur klein!" sprach der Wiking, da er en an-
gesehen hatte, „eine aolcheWaffe fürchte 1 < - 1 1 nicht." Damit hieb er auf
Gunlaug \<»: dieser ergriff aber das ihm vom König geschenkte Schi
und schlug Thorgrim die Todeswunde.1
Bei Saxo liest man eine ganze Reihe solcher Erzählungen. Grini tritt
Halfdan entgegen. Dieser ahnte, dasa Bein Schwert von dem Blicke
seines Gegners stumpf gemacht worden sei; darum wart' er ea auf den
linden und zog ein anderes hervor. I>s heisst, er wusste, dasa jenea
Schwert ..ad hostilem obriguisse conspectum" (Müllers Saxo, S .328 unten .
Der Wiking, Yisin. „omnem telorum aciem ad hebetudinia habitura boIo
conspectu redigere solebat", weshalb Starkad sein Schwert in einem Pell*)
verbirgt, damit es von dem Blicke Visins nicht Schaden leide (Saxo,
S. 280, 1<0- — In Sürla pattr k. 9 Fornald. N. I. 1829, S. M)6) rät Hedinu
[var, Högne von hinreii anzufallen: denn kein Mensch könne ihm von vorn
uahetreten und ihn töten; er habe nämlioh den negishjälmr') in den
A.ugen. Fritzner übersetzt dies: einen Schrecken einjagenden Helm:
Grimm (Mythol.8, S. 217) sagt: „Oe- i augum bezeichnet jenen fürchter-
lichen, scharfen Blick der A.ugeu, den andere nicht aushalten. Der
bekannte Schlangenblick, "nur i auga, war etwas ähnliches;" vgl. III.* s_'.
In Sturlaug8 Saga Starfsama Kap. 9 sagt das Weib zu Sturlaug: ...Mit
diesem Schwerte musst du mit Kol kämpfen; hu"' dich aber, ihm das
Schwert zu zeigen, sollte er dich auch bitten!" lud später Kap
als der Kampf angehen sollte, sprach Kol: „Sturlaug, zeige mir dein
Schwert!" Das that er. Kol starrte die Schneide scharf an und sagte:
...Mit diesem Schwerte wirst du nicht siegen; geh lieber nach Hause!"
Als der Kampf anfing, warf Sturlaug das Schwert, das er Kol gezeigt hatte,
weg und ergriff unter seinem Zeugstücke*) den Vefreyunaut. Kol fi
„Woher hast du V.? Hätte ich gewusst, dasa du V. hüte., wäre ich
nicht mir dir in Zweikampf gegangen."5)
Noch führe ich Svarfdoela an.6; „D - Schwert", sprach der Jarl,
1) Gunlaug Ormstunges Saga Kap. 7, in Petersens Übel II '-''
0840) benutzt.
2) Saxo S. 056,23: „obdueto panniculis ferro."
3) Vgl. Flatoyjarbuk I, --s-'. Mannhardt, Germanische Mythen, 8.
4) Weinhold, Altnordisches Leben, S.
5) Fornald. N. III, 606. 608.
6) Islendinga Sögur (1830 II. 133.
[24 Peilberg:
..will Molde verwunden; er macht aber jede Waffe, die er ansieht, stumpf;
darum mussl du Sorge tragen, dass <t es nicht sehe, che du damit auf
ihn Loshaust.*1
Beispiele, in denen das Ansehen oder die Augen des Gegners nicht
genannt werden, sind mir aus Saxo bekannt: ,.hostile ferrum carminibus
obtundere Bolitum" (Saxo S. 179,28); „peritus uebetandi carminibus ferri8
Saxo s. 323, 11).
\u> den Volksliedern kann angeführt werden:
41. Iml kom kongens moder. 42. Thet vaar Hueting Heffridssen,
gammel oc graa som gred (?); band hende met suerdet hotte:
det vil ieg for sandigen sige: kos hun sonder hans gode suerd,
her yppis fuld underlig leeg. det brast i tre stycke.1,)
Das heisst: „Ein trat die Mutter des Königs, alt und grau wie — ? — .
Das Bage ich in der Wahrheit: liier steht ein sonderbarer Kampf. Es
war Hvitting Herfredssön, mit dem Schwerte er ihr drohte: sie zerbrach
durch ihren Zauber sein Schwert in drei Stücke." Doch ist zu bemerken.
dass „kyse" gewöhnlich „erschrecken, einschüchtern" bedeutet, und man
konnte niutmassen. dass es durch ihren Blick geschah. Prof. S. Bugge
hat in seiner Ausgabe der Yölsunga Saga (Christiania 1865) S. 195:
„Kjösa meedr frä mögum" verdolmetscht: ..durch zauberkräftige Wünsche
(..Galder") Mütter von Söhnen entbinden-.
Ferner Grundtvig, DgF. 1, 161, No. IIA: ,.Orm Ungersvend og Bermer-
Rise", Str. 37 f.:
Och dyt daa suarede den haffue-konne, Hör du, Worein hind unge suenn.
wyd halfssens bunde hund sad: dit suerd dit er forgiort:
„Her du. Worem bind unge suenn, dukast hindelügangeafTuiditom hoffuit.
dit suerd dit er forgiort. saa stik du oddenn y iord!"
Zu deutsch: ..Es sprach dann das Meerweib, am Boden des Meeres es
sass: „Merke, du junger Kecke Orm, dein Schwert ist verzaubert! Schwing
es dreimal um deinen Kopf und stecke seine Spitze in den Boden!"
In der Ballade „Ravengaard og Memering" (Grundtvig. DgE. 1, 205.
No. 13) verspricht Minimering, gegen Ravengaard vai kämpfen, wenn er
das Schwert Adelring erhalte. Als dies geschehen ist und der Zweikampf
angehen soll, fordert Ravengaard (Str. 25): ,.Du sollst mir schwören, dass
du vom Schwerte Adelring nichts weisst." — „So wahr mir Gott helfe,
ich weiss nur seinen Griff über der Erde." ist Mimmerings Antwort. Die
Form dieses Schwurs erklärt sich daraus, dass beide Kämpen zwei
Schwerter, das eine bis an den Griff in die Erde gesteckt, haben. Als
der Kampf anhebt, beugt sich jeder zur Erde und ergreift das hinein-
gesteckte Schwert. — Eine ganz ähnliche Episode finden wir in der
1) Grundtvig. Danmarks gamle Folkeviser 1, 126 (No. 8: „Kong Diderik i Birtirigs-
landu, Str. 41 f.).
I »er b i Blick in n
Wilkina-Saga. ' König Dietrich hat vom \ da» Schwer! Miinun.
dem Kampfe mi! Sigurd Svend erhalten. Am Tage darnach schwör! der
König, nach der Aufforderung Sigurds: „So wahr helfe mir Gott, als ich
nicht weiss, das9 Miinungs Spitze aber der Erdi ler sein Griff in
jemandes Hand." Er hatte das Schwer! hinter sich in die Erde
und stützte seinen Röcken an den <'iilV. — In den beiden letzten
Erzählungen erschein! das Verbergen der Schwertspitze unter die Erde
nicht al> ein .Mittel, um sich gegen Bezauberung zu wehren. - lern nur
al> eine Kampflist, um den Sieg zu erhalten.
Ein sehr zahmes Beispiel des Stumpf machens durch den Blick biete!
folgende Erzählung*): „Ich lernte das Holzschuhmachen in Bratbjerg II
Harde D.). Dor! war eine Nachbarfrau, deren Mutter der Hexerei be-
schuldig! wurde. „Es scheint mir", sagte ich eins! zum Meister, „dass « I i < •
Frau dort einem so scharf anstarrt." — ...in.- sprach der Meister, „sie
vermag es so zu machen, dass dein Nabenbohrer nicht schneiden kann,
I>;iv ist der letzte liest, den ich von «lein mittelalterlichen Glauben an die
zauberische .Macht des A.uges, ein Schwert stumpf zu machen, angetroffen.
An Kundigere möchte ich die Frage richten, ob nicht die Formen der
Helmkämme, Drachen, Vögel und anderes, dann und wann wenigstens, <lie
Bedeutung, gegen den bösen Blick zu schützen, gehab! haben können.
:j. Beilage.
Zu s. 315.
Eine Reihe von Beispielen kann angezogen werden, in denen man
sich, meis! Weihern gegenüber, vor .lern Zauber des bösen Blickes
schützt, indem man eiuen Balg über den Kopf dessen, der verdächtig
ist, zieht. Ks wird nicht bestimmt gesagt, dass man sich vor den Augeu
einer solchen Person fürchtet, aber die Analogie erlaubt doch wohl im
Hinblick auf entsprechende Erzählungen jenen Schli
Eyrbyggja Saga, Kap. 20: Geirridr warf den Mantel von Bich und ging
zu Katla. ergriff einen Seehundsbalg, den sie mitgebracht hatte, und zog
ihn über Katlas Kopf. Hiermit' wurde Katla gesteinigt. Rolf Krakea
- _i. Kap. 30: Bödvar zog den ledernen Sack über den Kopf der Königin
Hvit, schnürte ihn um ihren Hals zusammen und schlug sie tot.
Lodinkins Saga, Kap.3: Grim liess Grimhild ergreifen und ihr einen Balg
über den Kopf ziehen, wonach sie zu Tode gesteinigt wurde.
In Arnasons Isländischen Märchen habe ich denselben Zug angetroffen.
II. 420: Bin Balg wurde über den Kopf der Königin \ und bo
ertränkte man sie. — II. 431: Den. bösen Weihe wird ein Balg über ^u
Kopf gezogen, und sie wird gestein - ü, W2: Ganz ebenso, nur mit
dem Unterschiede, dass sie verbrannt wird.
1) Eafns Übersetzung, Kap. 200.
2) Kristensen, Sagu VII, 213,
I •_>(') Feilberg:
l'in Mann er handelt es Bich in folgenden Fällen. Gisle Surssons
Kap. 34, 6: Gisle ergreift Thorgrim Nef, ein Balg wird ihm über
den Kopf gezogen, er wird gesteinigt. — Aus neuerer Zeit bringt die
Zeitschrift Melusine (111. 506 nuten) ein Beispiel, «las mir sonst anbekannt
ist. In üpernivik in Grönland wurde 1828 ein Zauberer hingerichtet. Vor
seinem Gesicht brachte man einen Petzen Tuch an, seine Augen zu
decken, dass er nicht aufs neue Bähe. Weitere Auskunft vermag ich aber
diese Sache nicht zu geben.
4. Beilage.
Zu S. 310.)
Das isländische Zauberweib schreitet bei Ausübung ihres Zaubers in
sonderbarer Stellung, gebückt und durch ihre Beine hindurch-
schauend, nach rückwärts. In ihrer Stellung könnte auch ein sympa-
thetisches .Moment liegen: Wie sie sich umdreht, soll die ganze Gegend
ihren Feinden verkehrt scheinen. Doch kommt dieselbe widernatürliche
Körperstellung unter anderen Verhältnissen, wo mir Sympathie aus-
geschlossen scheint, öfters vor und regt die Frage an. was die Hexe
damit bezwecken will. Eine befriedigende Erklärung für alle mir be-
kannten Fälle zu geben vermag ich nicht: andere mögen glücklicher sein.
Ein paar Mal erscheint dieser Ritus mit dem anderen, ebenso unerklär-
baren, einem den blossen Hintern zeigen, verbunden, so dass ich
beide zusammen behandeln möchte.
Einem den Hintern zeigen. - dieses Gestus werden wohl einige ver-
ehrliche Leser dieser Zeitschrift, wenn sie auf dem Lande unter der
Bauerbevölkerung aufwuchsen, aus ihrer eigenen Knabenzeit als eines In-
begriffs <!es schmählichsten Hohnes sich erinnern. Er gehört nicht einem
einzelneu Volke, noch einem einzelnen "Weltteile, noch einer einzelnen
Zeit an: sieh z. B. Pitre, Usi II, 372a 5: IV. 323; .Melusine III, 211: Sittl.
Gebärden der Griechen und Römer S. 124: Andree, Parallelen II. .31.
Demnächst nenne ich die Entblössung des Hintern als Rechtssitte;
sieh Liebrecht. Zur Volkskunde S. 427.
Drittens ist sie ein Zauberritus, und hierbei muss ich ein wenig
verweilen. Zunächst führe ich die Worte von II. Gaidoz, Melusine II,
185 Aiim . an: „L'incantation <|iii consiste ä se retourner et ä montrer ä
son ennemi La partie la moins noble de son corps. Les gens mal eleves
ont conserve eette pratique, comme insulte grossiere, saus se douter qu' ä
lorigiue ce füt une incantation." So ist es ohne Zweifel, durch
diesen (iestus übt man Zauber. Er wird sowohl benutzt, um den Wind
zu rufen (Melusine II. 185), als ihn zu drehen (Bassett, Sea Phantoms
S. 142. Italienische Seeleute). Wenn der Fischer auf offenem Meere vom
Sturm überrascht wird und einen erstgeborenen Sohn unter seinen See-
leuten hat. mus> dieser geschwind seine Hosen fallen lassen und, während
I>.i böse Blick in Dordii I _' i
seine Kameraden Sankt Barbara uud Sankl Francis« ua anrufen, dem
l awetter Beinen blossen Hintern zeigen; der Sturm wird dann gleich inne-
halten (Rivista delle tradiz. pop. I. 391: Italien . In Frankreich hat Sebillot
eine ergötzliche Geschichte vom Nordostwinde aufgezeichnet Als die
Fischer nicht gegen den Wind ankommen, ergreifen sie jenes Mittel, zuerst
der eine, dann der zweite in Gesellschaft mit ihm, alles vergeblich. Glück-
licherweise ist aber eine Dann' am Bord, Bie wird gebeten, es auch zu ver-
suchen, und kaum hatte Rose den besprochenen Gestus gemacht, als der
Wind innehaltend sich schämte and flüchtete.1) Wenn man einem bösen
Wirbelwinde den Blossen zeigt, musa er einen verschonen.8 A.uch gegen
Hagel kann dieser Zauber benutzt werden. Wenn gar uichl auf-
ziehenden Hagel hilft, bücken sich die nackten huzulischen Zauberinnen
und zeigen dem Hagel den blosser Hintern." Die Kaffern meinen, dass
der Regen zurückgehalten werden könne, wenn der Zanberer sich auf den
Kopf stellt und dem Himmel den Hintern zeigt.*)
Während diese Beispiele alle auf eine Abwehr des Unwetters hin-
weisen, lehren andere, dasa man dadurch auch den Sturm rufen kann.
Ein Bauer ging mit einem Handwerksgesellen desWegea nach Waldthurn.
Da sagte der letztere: „Wie schön wäre es heute zum Wetter machen!"
Der Baner meinte, wenn er es könne, möge er es versuchen. So ging
der Geselle in eine Wiese, dahin, wo ein Brunnfluss war. und Btiesa drei-
mal mit dem nackten Mint. tu ins Wasser. Sogleich stieg Rauch auf, der
allmählich zu einer kleinen, dann zu einer schwärzen Wetterwolke ward.
Bin schreckliches (Jngewitter brach los.6) Aus einem ganz anderen
Teile Europas kann ein ähnlicher Zauber herangezogen werden, aus Lapp-
land. Vor allem fürchteten die Lappen die Räuberzüge der Tschuden,
die überall raubten und mordeten. So wurde einmal eins ihrer Räuber-
schiffe auf dem .Meere -oeheil. Uli« 1 die Wehr- lllld mach t lo8G 1 1 Lappen
w-ussreii keine Hilfe. Da sprach ein altes Weih: „Ruft mich nur. wenn
das fremde Schiff mitten im Sunde ist!" Daa geschah, das Weih ging
hinaus, liesa ihre Hosen herunter und bückte sich, ein Zauberlied Bio
mit ihrem Hintern gegen die Tschuden. Augenblicklich brach ein Sturm
1,,.. so entsetzlich, dass sich die Lappen kaum festhalten konnten; die
feindlichen Schiffe wurden zerschlagen, und alle Tschuden kamen um."
Hinsichtlich de. Drachen kann ich midi kurz fassen. Wenn man
ihm die blanke Scheibe dea Hintern zukehrt, lässt er etwas von -inen
Gelde fallen, das man sich dann aneignen kann: Müllenhoff, Sagen S. 206,
1 Sebillot, CoDtes des Manns, 8: 249.
2) Rochholz. Naturmythen, S. 65 Ann».
3) Weinhold, Heidnische Ritus, S. 35, nach Kaindl, Die Ruthcnea I
4) Weinhold, Kitas, S. 26, nach v. Adrian, Wetterzauberei, S. 54.
.",) Schönwerth, Aus der Oberpfalz 111. 184, und Weinhold, 1 23.
6) Qvigstad og 'Sandberg, Lappiske E?entyr, S. 16,
428 Peilberg:
5; Wuttke, Aberglaube, §49, 111: A. Kulm. Nordd. Sagen, S. 5, I.
IJ1. 208; l. Jahn, Sagen S. 135, 165; Blätter für Pomm. Volkskunde IV.
s 142; Weinhold, Ritus, S. 11; Schulenburg, Sagen, S. 102, 103.
Auf gleiche Weise wehr! mau sich gegen Spukgeister and sonst
unheimliche Erscheinungen. Eiu .Manu beehrte den Burggeist mit einer
sehr unanständig lautenden Einladung und veranschaulichte sie. um ganz
verstanden zu sein, damit, <lass er die Hosen fallen Hess: natürlich musste
der Geis! weichen.1) Bei uns erzählt man von einem Manne, welcher dea
Nachts von einer unheimlichen brennenden Torfmiete verfolgt wurde-, er
ergriff am Ende das Letzte Mittel, kehrte ihr den Blossen zu, und sie ver-
schwand augenblicklich.8)
Eine lustige Anwendung von diesem Ritus teilt A. de Cook in der
Genter Zeitschrift Volkskunde VII, 183 mit. Wenn ein Bursche zum
Militär einberufen wird und beim Loosziehen. um vom .Militärdienst frei
zu werden, eine hohe Nummer wünscht, so muss er in eine gewisse Kapelle
hineingehen und dem dort befindlichen Heiligenbilde den blossen Hintern
zeigen; dann erhält er die gewünschte Nummer. Der Grund davon ist
freilich nicht leicht zu begreifen.
Ein Fall ist noch übrig. Wenn ein Bienenschwarm wegziehen
will, kann man ihn am Wegfliegen dadurch hindern, dass man ihm das
<irsäss zeigt. Liebrecht, Zur Volkskunde. S. 355, 24; Blätter für pommersche
Volkskunde [1,26. V!. 75: Weinhold. Ritus, S. 45.
Hiermit vergleichen wir nun folgenden komplizierteren slavischen
Brauch: ..Du musst dich bücken und durch die Beine hindurchschauen,
wo du willst, dass sich der Bienenschwarm festsetze" (Urquell 111, 98, 11).
Diese Stellung ist ja ganz unmöglich, ohne den Bienen den Hintern zu-
zukehren, und es ist (du Zauber, der den Schwann am Wegfliegen hindern
soll. Von Entblössung ist hier keine Bede; doch scheint sie in den beiden
folgenden Stellen aus der Sagalitteratur stattgefunden zu haben. In der
Landnäma 111,4. heisst es ausdrücklich von Lj 6t: „hiin hafdi höfudit milli
föta scr. en kladin ä baki ser." In der (iullthoris Saga, Kap. 178).
wo eine ähnliche Begebenheit berichtet ist, wird ausdrücklich dasselbe
gesagt. Es wurde gekämpft, da entdeckte Thurid Drickinn, dass eine
Frau auf den Platz hinter dem Hause lief, die hatte ihre Kleider auf
dem Rücken, den Kopf aber nach unten gekehrt und sah den Himmel
zwischen ihren Pässen. Thurid lief aus der Hausfestung, erfasste sie an
den Ilaaren und riss ihr die Haut hinten loss. Das Weib packte Thurid
am Haare und riss ihr das Ohr und die Haut der einen Wange ab. Dann
aber fing Thores Waffe zu beissen an. — Der Bericht ist nicht ganz
deutlich, und von dem bösen Blicke wird nichts gesagt; augenscheinlich
1) Rocbholz, Naturmythen, S. 65.
2) Kristensen, Sagn II, 503, 73.
3) Ausgabe von Maurer, S. 73: von Kalund (1898), S. 38.
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|:;n Feilberg: Der böse Blick in nordischer Überlieferung.
gebunden worden ist, umwickeln; Behaut er dann nach liiuten durch die
Beine hindurch, so kann er den gespenstischen Leichenzug, «Ich Vorspuk
vor dem Sterben eines Menschen, sehen.1) — Geht ein Mann sm Char-
freitag nur in Hemd und Unterhose auf den Friedhof und blickt daselbst
durch Beine ausgespreizten Beine hindurch, sieht er seine zukünftige
( ..itrin. '-) Will ein Mädchen Beinen Zukünftigen kennen lernen, muss es
sich in der Neujahrsnacht vor das Ofenloch stellen, sich bücken and
zwischen den Beinen hindurchschauen.8) Wenn anverheiratete Personen
erfuhren wollen, ob sie sich im kommenden Jahre verheiraten werden
(.der ob sie noch ledig bleiben, müssen sie in der Sylvesternacht /.wischen
11 und 12 Ihr Feuer im Ofen machen, sich rückwärts davor stellen und
zwischen den Beinen durch ins Feuer sehen. Erldicken sie dann Braut
und Bräutigam, so verheiraten sie sich, sehen sie nichts, bleiben sie
ledig.*) Ans inner freundlichen .Mitteilung' des Herrn Dr. F. S. Krauss
kann ich noch hinzufügen, dass gewöhnlich derjenige, der von einem
Banne, einer Krankheit oder einem Zauber durch Beschwörungen oder
Besegnungen befreit werden soll, während der Procedur in vorgebückter
Stelluni;- durch seine Beine schauen muss. Auch Diebe glauben ihre
Spuren zu verwischen, wenn sie vor dem Verlassen des Thatortes sich
durch ihre Beine hindurchsehauen. (Südslavisch.)
Wie man sieht, wird bei diesen Gelegenheiten immer etwas, das die
Macht des Hirns verstärkt: Geisterstunde, Sylvesternacht, Friedhof. Hemd
und Unterhose (was wohl eine Neuerung für die Nacktheit sein wird), ein
Srrick. mit dem eine Leiche gebunden war. das Ofenloch hinzugefügt, um
so noch sicherer als durch jenen einfachen Ritus in die verborgene \\ elt
hineinzuschauen und das Menschenauge noch mehr zu schärfen.
Endlich kommt diese Stellung' in der Sagazeit auch einmal als Rechts-
gebrauch vor. Wenn der Zweikampf beginnen sollte, wurde ein fünf
Ellen langes Tuch (feldr) auf dem Boden ausgebreitet, dessen Enden
durch Schlingen an Pflöcken (rjösnur) befestigt wurden. Der Mann, der
«lies alles in Ordnung brachte, musste zu den Pflöcken so hingehen, da>s
er den Himmel zwischen Al'h Beinen sah und das Ohrläppchen mit einem
Spruche anfasste.6)
1) A. Lang. Cocklanc and Common Sense, S. 2."»7.
■2 unsere Zeitschrift IV. 395 Ungarn).
:'. Kuhn, Westfäl. Sagen 11,111,330
4) Blätter für pommersche Volkskunde VI. 25, 4fi: Knoop, Volkssagen aus Hinter-
pommern, S. 179,220; YVuttke, Aberglauben, S 358.
5 Weinhold, Altnord. Leben, S. 299: Konnaks Saga, S. 86; Petersen, Isländernes
Färd. IT, 290: vergl. Fritzner, sub verbo.
\ skoi bei Vejen, Jütland.
Kable : Von de la Martini« i S
Von de la Martiniöres Reise nach dem Norden.
Von Bernhard Kahle.
Im Jahre 1653 Begelten drei Schiffe der vmn dänischen König
Friedrich III. errichteten nordischen Kompagnie nach Norwegen und den
nordischen Ländern, um Handel zu treiben. Auf einem dieser (Schiffe
befand sich der Wundarzt Pierre Martin de la Martiniere, der die Reise
mitmachte, um die Merkwürdigkeiten jener Länder kennen zu lernen.
Über diese Reise li.it er eine ausführliche Beschreibung veröffentlicht, die
einstmals, ihrer Verbreitung nach zu urteilen, sehr beliebt gewesen Bein
niuss. Es existieren eine ganze Anzahl französischer, englischer, hollan-
discher und deutscher Ausgaben. Die älteste Bcheint die in der Bibliothek
des British Museums befindliche zu sein: de La Martiniere, Pierre Martin.
Voyage des Pais Septeutrionaux, Paris L671. ■s". I>ie älteste deutsche
Ausgabe acheint zu sein: Herrn Martiniere Neue Reise in die nordischen
Landschafften. Das ist: Eins Beschreibung der Sitten, Gebräuche, Aber-
glauben, Gebäuden uud Kleidung der Norweger, Lapländer, Killopen. Boran-
dianer, Siberianer, Samojeden, Zemblaner und Eisslander, Sampt einem
Bedencken über den [rrthum unserer ßrdbeschreiber, wo nemlich Grönland
und Nova Zembla liegen, uud wie weit ßie sich erstrecken. Aus drin
Englischen ins Deutsche übersetzt Durch Johann Langen, Hamburg und
Glückstadt 1675. 1". Diese Übersetzung stammt also nicht direkt buh
dem französischen Original, Bondern geht auf ein englisches Bindeglied
zurück. Wahrscheinlich auf A New Voyage into the Northems Countries;
being a description of the manners . . . and liabits of the Norwegians,
Laponians etc. J. Starkey, London 1674 12°.
Aus der ältesten deutschen Ausgabe hat Thoroddsen in Beiner Geschichte
der isländischen Geographie II. S. 223ff. einen ausführlichen Auszuj
Island betreffenden Partien des Buches gegeben. Es liegt mir nun eine
andere deutsche Ausgabe vor, die im Titel den Namen Martiniere« ver-
schweigt: Reise uach Norden, worinnen die Sitten. Lebensart und Aber-
glauben dein- Norwegen, Lappländer, Kiloppen, Borandier, Syberier.
Mosscowiter, Samojeden, Zemblaner und [ssländer, accarat beschrieben
werden. Zum andernmahl gedruckt und mit den annehmlichsten Nordischen
Curiositäten vermehret. Leipzig, Bej Gottfried Leschen, 1706. 12°.
Wie derTitel des Buches anzeigt, hat - geg< nüberdem von Thoroddsen
benutzten, eine zweifache Vermehrung erfahren: einmal den als Anhang
hinzugefügten Abschnitt" über die nordischen Kuriositäten, sodann aber
auch die Beschreibung der Sirren der Mosscowiter, d. h. der Russen.
Martiniere selbst ist auf seiner Reise gar nicht nach Russland gekommen,
!;;•_' Kahle:
und in der Ausgabe von 1706 wird der Bericht über die russischen Bräuche,
wie wir sehen werden, einer Reisebekanntschaft in <len Mund gelegt.
Gleichwohl halten Wir keinen Grund daran zu zweifeln, dass wir es in
lieser eingeschobenen Partie mir wirklich bestehenden russischen Sitten
i r Zeit zu tltim haben. Sitten ähnlicher Art herrschen zum Teil heut
noch bei Russen wie Südslaven. Herr Prof. Leskien hatte die Güte, die
deutsche Ausgabe vmi 1675 durchzusehen, und teilte mir mit. dass der
Abschnitt über die Russen sich nicht in jener befindet. Wir haben also
die geschilderten Sitten erst für den Anfang des 18. Jahrhunderte als
belegt anzunehmen.
Da diese Reisebeschreibung jetzt ziemlich in Vergessenheit geraten
sein dürfte, sie aber doch immerinn mancherlei enthält, was für die Volks-
kunde von Interesse ist. so möchte ich einiges daraus mitteilen. Ich be-
nutze dabei die Ausgabe von 170b. Die Island betreffenden Stellen über-
gehe ich, da sie von Thoroddsen ausführlich genug behandelt worden sind.
Martiniere steckt noch tief im Zauber- und Wunderglauben seiner
Zeit, ausserdem aber scheint er auch ein wenig- Münchhausen gewesen zu
-ein. denn er berichtet recht wunderbare Geschichten als selbsterlebt.
\uch lässt er sich offenbar allerlei aufbinden.
Als die Schiffe, an der Küste Norwegens hinsegelnd, in die Gegend
des Polarkreises gekommen waren, trat Windstille ein. Da es nun bekannt
war. das» die Bewohner der Küsten des 'Finnischen Meeres" Zauberer
seien und 'nach ihrem Willen die Winde disponiren" könnten, beschlos?
man. sich einen solchen Schwarzkünstler zu verschaffen. Man schickte
ein Boot an Land und traf in einein Dorf auch wirklich einen an. Er
verkaufte ihnen in der That Wind, wenn auch nicht bis zur mirmannischen
Küste, wie sie gewünscht hatten, denn so weit reichte seine Macht nicht.
Als Lohn erhält er 10 Kr. und 1 Pfund Tabak. An eine Ecke des Vorder-
mastsegels bindet er ein Stück Leinentuch, eine Drittel Elle lang und vier
Pinger breit. In das Tuch waren drei Knoten eingeschlagen. Als der
Schiffspatron den ersten Knoten löst, erhebt sich sofort ein günstiger Fahr-
wind; als der Wind sich ändern will, lösen sie den zweiten Knoten und
endlich, als - wieder Windstille eintrat, den dritten. Da erhebt sich aber
ein so gewaltiger Sturm, dass sie glauben. Gott wolle sie austilgen aus
gerechter Rache, wegen des Verbrechens, so sie begangen, dass sie sich
an die Zauberer gehalten. Doch kommen sie schliesslich glücklich ins
Varangermeer (S. 30ff.). Als sie von dort wieder weiterfahren, beschenken
sie die Küstenbewohner mit Branntwein und Tabak, damit sie den Reisenden
nicht hinderlich sein und ihnen guten Wind verschaffen möchten. Sie er-
halten denn auch wirklich günstige Fahrt (S. 77). Auch die Isländer
können Wind an die Schiffer verkaufen (S. 305). *)
1) Über die Kunst den Wind zu fesseln vgl. Grimm, Myth.4, S. 910 und Schwartz.
diese Zeitschrift HI, 448 ff. Die Lappen standen von altersher in dem Ruf, Wind machen
Von de La Martini« i S rden.
In Varanger verlasst der Arzt nun die ti esellschaft und macht
im Winter eine Reise durch die Lappischen Gegenden bis /um Orl Kola,
;mi Tnlom gelegen, da wo sich dieser, sic-h fjordartig erweiternd, sich ins
nördliche Eismeer ergiesst, also im russischen Lappland. Von dort kehrt er
wieder zu den Schiffen zurück. Von den Lappen, ihren Gebräuchen und
ihrem Aberglauben erzählt er nun in den Kapp. XI \\ S 39 76 allerlei
wunderbare und interessante Dinge
Obschon die dänischen (d. h. norwegischen) Lappen der Religion uacfa
Lutheraner aind und Priester zu ihrer Unterweisung haben, bo hängen 8ie
doch dem Teufel an, weil sie tust alle Zauberer Bind. Audi Bind Bie Behr
abergläubisch. Wenn sie /.. B. einem verdächtigen Tier begegnen, kehren
sie sofort wieder um und gehen dann den ganzen Tag nicht aus ihrem
Sause. Wenn Bie beim Fischen nur einen Fisch im Netze finden, hören
sie sofort mir dem Fischen auf (S. 41). 'In jedem Baus ist eine grosse
Bchwarze Katze, die Bie Behr wert halten, und mit der Bie reden, als wenn
sie Verstand hätte. Sie thun nichts, das vi,, ihr nicht kommunizieren,
indem Bie dafür halten, dass ihnen dieselbe in ihrem Vornehmen behilflich
Bei, und ermangeln nicht, alle Abend aus ihren Hütten zu gehen, sie um
Rat zu fragen, Gestalt ihnen dann dieselbe aberall, Bowohl auf der Fischerei
als der Jagd nachfolget. Obgleich dieses Tier seinem üisehen nach,
welches erschrecklich ist. die Gestalt einer Ratze hat, so habe ich doch
geglaubet und glaube es noch, dass es ein Hausteufe] sei' (S. 11;. Die
Lappen Bchildert M. als csehT tölpisch, unhöflich und vortrefflich
Bonderlich die Weiher, welche sich mir allen Ankommenden gemein machen,
wann Bie es unwissend ihrer Männer thun können (S. 1*2).
Die Heise wird in Rentierschlitten angetreten.
Diese Rentiere sind gar merkwürdige Geschöpfe.
Vor der Abreise flüstert der Wirt, dem Bie gehören, ihnen etwas ins
Ohr. nach Meinung des Verfassers den Ort der Bestimmung, und nun -ein
es in rasender Fahrt auf ungebahnten Wegen davon, dass die Reisenden
glauben, der Teufel trüge Bie weg, bie m Abend zu einem Dorf
kommen, vor dessen vierter Wohnung die Elentiere ganz plötzlich halt
machen. Die Geschichte mit den Rentieren wiederholt Bich am folgenden
Tag; aber das Dorf, indem sie am STachmittag halt machen, ist menschen-
leer. Deshalb beschliesst man weiter zu reisen. Nur mit Mühe kann der
Führer die Rentiere dazu bewegen, weil ihnen dieser Ort bestimmt war.
Er nmsste allerlei wunderbare Ceremonien vornehmen Er ging allein in
den Wahl, kam darauf zurück und redete Beinen Tiere,, ins Ohr. Das
zu können. Wenn Gebhardl in Beinei Übersetzung des Tborodd Bache« D
Aum 1 sagt, dass der Windverkauf der 'Finnen- auf Island wohlbekannt »rar, M i
wohl ein Versehen, entstanden dadurch, dass die Norweger und Isländer die Lappen
Finnen nennen, während diese Kvaenen heissen, ?gL Fritzner, Ordbop- I, 41.
weiteren Wiklund, Ark. f. nord. fil. X, 103ff.
Zeitschr d. Vereins f. Volkskunde. 1901.
134 Kahle:
wiederholte er rier- Ins fünfmal, worauf sie sich bequemten, fortzugehen,
jedoch nicht ao geschwind liefen als zuvor (S. 50 ">(»).
Interessant ist die Beschreibung eines Leichenbegängnisses bei den
•In * ii Lappen, [ch gebe sie wörtlich wieder: 'Wie wir in dem Hause
dieses Verstorbenen waren, sahen wir ihn von einem halben Dutzend dieser
vornehmsten Freunde von denen Bärenhäuten darauf er lag, wegnehmen^
und in innen hölzern Sarg Legen, nachdem sie ihn in eine Leinwand ge^
wickelt und das Gesicht wie auch die Hände unzugedecket gelassen hatten,
in deren eine sie einen Beutel mir einer Summe (leides, womit er den
Eingang ins Paradeis bezahlen könnte, und in die andere ein von einem
Priester unterschriebenes Passport gaben, damit er es S. Petro geben und
er ihn frei passieren lassen möchte. Sie setzten aucdi ein klein Fässlein
Branntewein, gedarrten Fisch und Rentierfleisch neben ihn. unterwegs
davon zu essen und zu trinken, weil er eine sein- lange Heise zn thnn
hätte. Zündeten hernach rings um seinen Sarg herum viel Tannenwürze]
an, welche wie Lichter brannten1), weineten und heuleten, und machten
wunderliche Geberden. Wie alles solchergestalt beschickt war, thaten sie
viel Gänge in der Prozession um ihn herum und fragten ihn, warum er
gestorben wäre, ob ihn seine Frau erzürnet, ob man ihn an einer Sache
notleiden lassen, ob er Hunger oder Durst ertragen, ob er Schaden an der
Jagd oder an Fischen, und nicht gute Kleidung gehabt hätte, wobei sie
alle weineten, hincketen und viel andere Posituren, wie sinnlose Leute
macheten. Einer von ihren Priestern, der ein Zuschauer dieser Leichen-
ceremonien war, sprengete zuweilen mit einem Sprengwedel geweihet
Wasser auf diesen Körper und desgleichen thäten die Leidtragenden auch'
(S. 68 .
Diese moskovitischen Lappen sind nämlich ebenso wie die Moskoviter
selbst Nicolai ten, d. h. der heil. Nicolaus, einer der sieben Diakone der
Apostelgeschichte, steht in hohem Ansehen bei ihnen. Sie stellen ihn dar
als einen Pilgrim mit langem Rock, niedergelassener Mütze, mitten um
den Leib mit einem breiten Gürtel umgürtet und einem Stock in der
Hand. Ein beigefügter Holzschnitt veranschaulicht den Heiligen (S. 68f.).
1) So setzt man auch in Ostpreussen, der Lausitz, der Oberpfalz und dem Voigtland
C— 8 brennende Lichter um einen Sterbenden, in Böhmen stellt man der abgeschiedenen
Seele ein brennendes Lieht hin, ebenso in Pommern, Schlesien, Westfalen, Baden, wo das
Licht so lange brennen muss, wie die Leiche über der Erde ist, vgl. Wuttke, Deutscher
Aberglaube8, $^ 723, 726, 721». Nach E. H. Meyer, Germ. Myth. § 101 scheinen diese
brennenden Lichter nicht nur böse Geister abhalten, sondern auch die Seele der Ver-
storbenen an der Rückkehr verhindern zu sollen. Diese Erklärung erscheint mir bei
weitem wahrscheinlicher als die unlängst in dieser Zeitschr. XI, 18 von v. Negelein gegebene,
'dass man erst nach erfolgtem Begräbnisse die Grahesnacht angebrochen wissen wollte1.
Dazu die Anm. '1: 'Die Kerzen haben im Aberglauben mystische Eigenschaften: sie er-
löschen bisweilen von selbst und dürfen nicht ausgepustet werden, d. h. sie sind Symbole
des von selbst erlöschenden Lebenslichtes/ Diese Erklärung ist viel zu abstrakt, so denkt
das Volk nicht.
\ de la M
Manches in diesen Begräbnissitten, b< reit es die christlichen
Zythateii betrifft, beruhl offenbar auf russischem Rinfluss. \\ ie <lie Schiidol
der russischen Begräbnisse zeigt, die Bp \mh die Totenl
zeigt viel Ähnlichkeit mit der russischen, doch finden sich Bolche ja bei
fielen Völkern, ohne class man eitige Beeinflussung anzunehmen
braucht1
•So bald ale einer den Geisl aufgegeben hat, mach! man alle Fenster
in der Kammer auf, wo er gestorben ist, bringet •■in Becken roll sjewe
Wasser hinein, seine Seele darinnen zu baden"), und ha< ä ihm ein
Stück Brot von Kern aufs Haupt zu legen, dass er auf der grossen H
'lif er zu t ] 1 11 ii hat, nicht vor Hunger sterben ge, ein Paar bcIii
Schuhe an die Püsse zu ziehen, etliche Kopeken oder Stü( ken Münze in
>'-iin*n Mund zu stecken, und dem St. Nicolaus zur Nachricht von dem
Leben und Wandel des Verstorbenen ein Attestat von dem Prälaten d
Orts in die Hand zu geben.' Dann wird die Leiche bis zur Beerdi
in der Kirche aufgebahrt. Die Witwe muss gr — e Trauer an den
legen und mietet Klageweiber zur Unterstützung Die prächtigsten Be-
gräbnisse sind die, bei denen die meisten solcher Weiber Bind. Ihre
Klagen lauten folgendermassen :
'Ach! nnin lieber Schiit/., warum hast du mich verlassen? Thal ich
n'nht alles, was du wolltest? Sorgete ich nicht vor dein Haus? Habe
ich dir nicht schöne Kinder gegeben? Hattest du nicht alles überflüs
oder sie sagen wohl: 'Weswegen bist du gestorben? Hattest du nicht eine
Bchöne Frau? artige Kinder, und Boviel Branntwein, als dir nötig war?
(S. 145 147).
Bei der Besprechung der Tierwelt Lapplands erwähnt ML auch eines
fabelhaften Vogels, 'der lichtgrau, dick nnd gross ist wie ein Hammel,
einen Kopf wie eine Katze, -ehr Feurige und rot Augen, einen \ ■ i 1« r-
schnabel und dergleichen Klamm hat, womit er die Hasen und ander
Federwildpret fähet' s. 7<; .
Im weiteren Verlauf seiner Reise kommt M. dann nach Sibirien, wo
er mehrere vom 'grossen Knez1 Verbannte trifft. Einer von ihnen war ein
lothringischer Edelmann, früher Oberster eines Regiments skowitischer
Reiterei, der, -einer Angabe nach fälschlich, in den Verdacht der Untreue
gekommen, auf drei Jahr verbannt worden war. Ein anderer dii
glücklichen war ein 'Oberk missarius des grossen Kuezes', ein dritter
1 Solche 'halbgesungenen, freien rhythmischen Totenklagen', von
weibern oder Frauen der Verwandtschaft gesungen, finden sich z.B
in Nordungarn, Siebenbürgen und Gottschee, vgl. E. H. Meyi r, Ü<
2) Aus demselben Grunde stellt man in Mecklenburg einen Eimer v
in Böhmen ein Glas Wasser und ein Handtuch, oder man schüttet, in Baden, al
Sterbchausc befindliche Wasser aus, w< 3eele ihren Weg dur<
habe, vgl, Wuttke a. a. 0. § 725,
30
i:;r, Kahle:
Generalleutnant. Sir mussten eine bestimmte Zahl Zobel fangen, sonst
wurden sie mir Peitschen von sehr dickem und hartem Leder aber den
ganzen Leib auf der blossen Haut gezüchtigt. Der Lothringer giebt nun
angeblich dem Arzt auf seine Bitte eine Schilderung von der Religion
und den Bräuchen der Moskowiter, aus der ich folgendes anführe:
Am Pfingstfest füllet man die Kirchen mir AJnornzweigen an. welches
die Russen vor den Maulbeerbaum halten, und legen sich in der festen
Einbildung darauf, dass der heilige Geist über diese Zweige herabfahre,
wie das .Manna vormals in der Wüsten auf die Eichblätter gefallen sei'
S. 1 lü). Die Pfarrer schneiden ihre Ilaare niemals ab, noch putzen sie sich
den Hart. Sie müssen verheiratet sein. 'Also dependiret ihr Priestertuiu
von ihren Weibern und endiget sieh mit ihnen: derohalben heiraten sie
jung, damit sie bei guter Zeit eine Pfründe bekommen mögen, und
traktiren ihre Weiber besser, als die andern nicht thun."1) Der Gebrauch,
den sie sonst hatten, die Fremden zur Annehmung ihrer Religion zu er-
kaufen, ist aufgehoben. Wann einer der seinigen absaget, es sei ein
Katholik oder Reformirter, so muss er auch seiner ersten Taufe renunriren,
seinen Vater und seine Mutter verschwören, und dreimal über seine Achsel
speien." Angeblich sollen von 200 Fremden, die die russische Religion
angenommen haben, fast keiner eines natürlichen Todes gestorben sein
(S. 119—123).
Von Interesse sind auch die Hochzeitsbräuche der Russen. Die meisten
Heiraten werden durch dritte Personen geschlossen. Fünf oder seehs
Freundinneu des Freiers besehen sich die erwählte Jungfrau nackt, und
wenn sie ein Leibesgebrechen hat. so sucht sie dies möglichst zu korri-
gieren.8) Er stdbst bekommt sie meistens erst zu sehen, wenn er mit ihr
in der Hochzeitskammer ist. Wenn die Verehelichte aus der Kirche geht,
wirft der Küster Hopfen auf sie und wünscht ihr soviel Kinder, als dieser
Hopfen ist8), und ein anderer, der ein Hammelfell, mit den Haaren nach
1) Auch vom Priester der Südslaven erwähnt Krauss, Sitte und Brauch der Süd-
slaven, 525 f., dass er seine Frau besser behandelt, als es sonst zu geschehen pflegt, nicht
weil er ihr besser gesinnt wäre, sondern weil er nach kanonischem Recht nur einmal ver-
heiratet sein darf. 'Er muss sein Weib demnach aus Vorsicht schonen, damit sie ihm vor
der Zeit nicht ins Grab fahre.'
2) Der Zweck dieser Besichtigung dürfte die Feststellung der Jungfräulichkeit
gewesen sein, und das 'Leibesgebrechen', das die Braut zu korrigieren sucht, bezieht sich
vielleicht auf irgend welche beabsichtigte Vorspiegelung erhaltener Jungfräulichkeit;
wenigstens berichtet Bloss, Das Weib in der Natur- und Völkerkunde I3, 310, aus Süd-
lussland, dass die Braut sich gleichfalls, bevor sie dem Bräutigam überlassen Avird, vor
Zeugen entkleiden muss. damit festgestellt werde, ob sie nicht etwa Täuschungsmittel bei
sich habe".
3) Über die Sitte des Bestreueus der Braut handelt ausführlich v. Schröder, Die
Hochzeitsbräuche der Esten, 8. 1 1 2 ff . ; vgl. auch G. Meyer, Essays und Studien 1, 141.
Sie findet sich bei zahlreichen indogermanischen wie auch finnisch-ugrischen Völkern.
Man verwendet dazu hauptsächlich Getreidekörner, Erbsen, Reis. Russland eigentümlich
scheint es, dass Hopfen dazu verwendet wird, und von da mag der Brauch auch zu den.
Von de la M
aussen, trägt, begleite! sie and wünsch! ebenfa) soviel Kinder
bekommen möge, als Bein Kleid Haare hat.1 Kann wird der Bräu!
von jungen Männern, die Braut, die ganz eingehall! ist" . von alten Weibern
in das Haus des jungen Ehemanns geführt, der Priester trag! das Kreuz
voran. Darauf setzen sich die Verehelichten /.n Tisch, haben Bro! und
Salz vor sich, essen aber nichts davon." Während dessen singen ju
Knaben and Mägdlein 'dermassen »eile und unzüchtige Brautlieder und
Gedichte, dass sie nich! ärger Bein können1 *
Nach dem Aufstehen von Tisch wird das junge Paar vou einer alten
Frau iiimI dem Priester in die Kammer geführt. Die Brau! wird vermahnt,
ßich gegen ihren Bräutigam freundlich und gehorsam /u erweisen, der
Bräutigam hinwieder, seine Frau, wie es ihm gebührt, zu lieben. Der
Bräutigam hat In dem einen Beiner Halbstiefe] eine Peitsche, In dem
andern einen Edelstein oder etwas Geld. Er befiehl! nun Beiner Braut,
ihn auszuziehen. Greift sie zuerst den Stiefel mit dem Edelstein, so erhäl!
sie diesen, das isr ein glückliches /.eichen, greif! sie aber den andern, so
ist das von übler Vorbedeutung, und sie erhält einen Streich mit der
Peitsche von ihrem Manne: das ist der Anfang dessen, was sie in Zukunft
wird auszustehen haben.
griechisch-katholischen Pinnen in Ostfinnland gekommen jein. Dass durch da^ Bestreuen
der Braut Fruchtbarkeit verliehen werden soll, tritt verschiedentlich zu Tag* B
ziemlich genau mit dem oben Angeführten übereinstimmend, wenn in Böhmen und 8cbJ
Erbsen oder Graupen auf dir Brautleute geworfen werden; es herrsch! dabei der Qlaube,
soviel Körner auf dem Kleide der Kraut liegen bleiben, soviel Kinder » haben,
vgl. Mannhardt, Quellen und Forschungen 1.1. S. 360, Wuttke a. a. 0 567. VToi einigen
Jahren sah ich in Stockholm wie ein junges, den höheren Ständen angehörend*
das einen Dampfer bestieg, um zum weiter nördlich gelegenen Wohnsitz des Hannes zu
fahren, von der ihnen zum Schill das Geleii gebenden Hochzeitsgesellschaft mit
beworfen wurde. Offenbar war dieser an Stelle einer heimischen Körnerfrucht
Doch erwähnt weder Schröder diese Sitte aus Schweden, noch habe ich si.- in Nyare bidr.
t. känned. om de svenska Landsm., in denen öfter schwedische Hochzeitsgebräuchi
schildert werden, gefunden. Hopfen gill übrigens in Steiermark als Mittel gegen Unfrucht-
barkeit Junge Hopfensprossen mit Spargelsamen werden mit Wein angi 9ala!
dagegen genossen, vgl. Ploss a. a. 0. I. I'-I. Vgl. übrigens auch Weinhold, Deutsche
Frauen im Mittelalter I . 382.
1) Diese Sitte kann ich von anderwärts im Wind'' die. F. dl i
dazu benutzt, um die Braut hei der Ankunft im Hochzeitshanse darauf ZU
darüber Schröder a. a. 0. 88 ff . Es hebt z. B. der Val Bräu! an !■■
Wagen und setzt sie auf einen mit den Haaren na« h oben gekehrten 1'
2) Über das Verhüllen der Brau! vgl. \. Schrot i 'tl.
3) Über die gemeinsame Speise n Paares, vgl. v. Schröd
Krauss, Sitte und Brauch der Südslaven, 400 u. 450ff. G. 1,142. Da
Taar nicht* davon geniesst. ist vielleicht ein Mißverständnis, wenigstens wird i davon
gekostet haben. Salz und Brot, wie in unserm Fall, ist die Speise auch bei
vgl. v. Schröder 82 und 220.
4) Über Hochzeitslieder bei finnisch-ugrischen, sowie indogermanischen Völkern, vgl.
v. Schröder a. a. 0. 182ff., sowie die daselbst angefüh tur.
Kai
Na.li einem mir nicht zugänglichen Buch 'Heiraten und Hochzeiten
aller Völker der Erde', Leipzig, 8. 34f. erwähnt Mannhardt. Wald- and
Feldkulte I. S. 301 gleichfalls den russischen Brauch, dass der Bräutigam
in einen Stiefel eine Peitsche steckt, jedoch Dicht, dass der andere Stiefel
einen Edelstein enthält. Dazu stellt Sartori in dieser Zeitschrift IV. 171
die von Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer l", S. '-'14 angeführte, durch
p überlieferte Geschichte, dass Vladimir, als er im Jahre 980 um
Ragvalds Tochter warb, von dieser mit den Worten verschmäht wurde:
'Ich \\'\\\ den Sohn einer Magd nicht entschuhen.' Dies dürfte der älteste
Beleg für diese Sitte in Russland sein. Dass man nun in diesem Schlag
mit der Peitsche, wie Sartori im Anschluss an <lie nur vermutungsweise
9prochene Ansicht Mannhardts will, einen 'Schlag mit der Lebensrute'
zu sehen hat. der die Fruchtbarkeit und Geburt zurückhaltenden Dämonen
austreiben soll, scheint mir unwahrscheinlich. Die einfachste Erklärung
wird auch hier die beste sein: der Schlag mit der Peitsche zeigt eben an.
wer die Herrschaft in der Ehe führen wird, wie solch vorbedeutende
Handlung ja vielfach bei Eingehung der Ehe vorgenommen wurde, wie
das Setzen des rechten Fusses auf den linken der andern Partei u. ä. m.1)
Das junge Paar schliesst sich alsdann zwei Stunden lang in seine
Kammer ein: "die Alte wartet auf der Braut Jungfrauschaftzeichen, und
so bald als sie solches hat, bindet sie ihre über die Schultern zerstreuten
Haare wieder hinauf und gehet, von ihren Eltern das Abricias zu fordern'
S. 124 — 127). Den Sinn des Wortes Abricias herauszubekommen, habe
ich mich vergeblich bemüht. Auch Prof. A. Brückner und Prof. Leskien
vermochten es nicht zu deuten. Doch hat man nach dem Zusammenhang
der ganzen Stelle sicherlich ein Geldgeschenk darunter zu verstehen. Ich
vermute, dass die Alte das mit Blut besprengte Laken oder Hemd als
Zeichen, dass die Braut noch jungfräulich war. den Litern zeigte. Vi ir
haben keinen Grund daran zu zweifeln, dass diese Sitte wirklich bei den
Russen bestand. Wie grossen Wert man auf dieses Jungfrauschaftszeichen
li In Slavonien nimmt der Bräutigam der braut in der Hochzeitskammer den
Mädchenkranz ab, sie aber zielit ihm die Stiele! aus, v. Schröder a. a. 0. 172. Krauss
a. a. 0. 459 berichtet von ebendaher das Gleiche, erwähnt aber noch, dass die Braut
alsdann dem Bräutigam einen Schlag mit dem Stiefel auf den Kopf giebt, 'zum Zeichen,
dasa sie die Herrin im Hause sein wird'. Dazu bemerkt er in Anm. 1, dass dies auch in
Deutschland weitverbreitete Sitte sei, und dass daher die Redensart stamme: 'die Frau
will den Mann anter den Pantoffel bringen'. Ob diese Sitte wirklich in Deutschland weit
verbreitet ist. entzieht sich meiner Kenntnis, die Redensart aber "leitet man gemeinhin von
dem oben erwähnten in Deutschland weitverbreiteten Brauch ab, dass Braut wie Bräutigam
es versuchen, dem andern Teil während der Trauung zuerst auf den Fuss zu treten. N\ cm
es gelingt, wird die Herrschaft im Hause haben, vgl. Gr. D. W. VII, 142f5. Auch Russen.
Eisten und Letten üben das Auf-den-Fuss-treten, vgl. v. Schröder a. a. 0. 79f., ebenso die
Slavonier. vgl. Krauss a. a. 0. 396. Dagegen ist die Sitte, dass der Braut bei der Hoch-
zeit die Schuhe ausgezogen werden, ziemlich weit iu Deutschland bekannt, vgl. Sartori
a. a. 0. S. 1(19 ff.
Von de la Martini*
zeigt, wie mir Prof Brücknci
noch im vorigen Jahrhundert die Moskau h ifleute triuni| mit
dem betreffenden Laken durch die Strassen der Stadt fahren. Und I
■ Mi verweist mich auf den Hochzeitsbrauch der Südslaven, dei
bei Krauss, Sitte und Brauch der Südslaven, S ildert rindet:
Das Beilager in Bulgarien. 'Spät abends, nachdem sich alle G
schon entfernt, verfügen sich die Brautleute in ihre Schlaf kammer B<
Bie sich niederlegen, schliessen sie die Thüre, vor welcher der Djever
Brautführer und die alten Weibei vom Hause warten, um zu h<
«las Mädchen ihre Jungfräulichkeit bewahrt hat. Spätestens nach einer
Stunde muss der Bursche aufstehen und Bericht erstatten, ob er die Braul
unberührt gefunden. Zu Lügen getraut er sich \\"!il nicht, weil er fürchten
muss, dass die alten Weilirr «las Bett und das Hemd der Braut unter-
suchen werden. Wenn die Braut ihre Jungfräulichkeit bewahrt hatte,
gerät alles ausser sich vor Freude; die Dudelsackpfeifer spielen auf, man
feuert die Gewehre ab, dem Kum (Trauungsbeistand) und dem Vater der
Braut wird Raki angeboten, der Bräutigam aber ist verpflichtet, ein
Geschenk von einigen Dukaten zu geben'. ' Das Geschenk, das
hier der Bräutigam zu geben hat, ist vielleicht dasselbe, eben 'las rätsel-
hafte A.bricias. «las nach unserer Reisebeschreibung die Brautoltern geben
müssen. Auch bei den Ruthenen in der Bukowina wird die Jungfräulich-
keit der Braut am Morgen nach der Hochzeitnacht durch die Brautmutter
oder auch durch sie begleitende Weiber festgestellt. Lst dies geschehen,
bo wird im Hofe des Hauses eine rote Fahne aufgepflanzt. Dies geschieht
auch, wenn der Bräutigam selbst schon früher die Blum.' gepflückt hat:
ei verrät eben dann den Mangel der Braut nicht. Vgl. Kaindl, diese Zeit-
schrift XI. S. 167. Es scheint aber in diesem Fall keine Untersuchung
des Bettzeugs und Hemdes stattzufinden, sondern die aussage des Bräutigams
genügt, [st aber vielleicht die rote Fahne ein Ersatz für ursprünglich zur
Schau ausgehängtes Linnenzeug?
Eis werden selten, besonders anter vornehmen Leuten, Heiraten voll-
zogen, ohne dass einige Zauberei vorkommt, die man u. a. den Nonnen
Schuld giebt, die ihr vornehmstes Geschäft damit treiben. Der Bericht-
erstatter will einen jungen Menschen wie rasend aus seiner Frauenkammer
kommen gesehen haben, der sich die Haare ausraufte und schrie, da*
verderbt und behext sei. Mau wendet sich dann an weise Hexenmt
die «las Zauberwerk für Geld aufheben und den Nestel lösen, den andere
geknüpft haben. Montags, Mittwochs und Freitags verbieten die
Liehen Gesetze, Gemeinschaft mit den Weibern zu haben. W«
Gebot übertritt, mnsa sich baden, ehe er in die Kirche geht") Wei -
1) Von mir gesperrt.
2) Über Vorschriften, welche die Ausübung des Beischlaft in . ten und
unter bestimmten Umständen vorbieten, vgl. Plosa a. ... 0. I S. ?24. Bei den Juden v.-r-
wo
Kahle
zum zweitenraale verheiratet, darf nur las anter die Halle gehen, die
Kirche selbst aber Dicht betreten, and wer die dritte Frau nimmt, wird
in den Bann gethan.1) Ist eine Frau anfruchtbar, soll man sie bereden,
ins Kloster zu gehen; thut sie dies nicht gutwillig, darf man sie mit
Prügeln hineintreiben (S. I30f.).
Die kleinen Kinder lässt man nur von den nächsten Verwandten und
vertrautesten Freunden Behen und verbirgt sie vor den Fremden, damit
diese nicht 'einen Übeln Anblick auf sie werfen mögen'. Die Kinder sind
--•■In- fest und stark und saugen nicht länger als einen Monat oder auf's
höchste zwei an ihren Müttern, darnach giebt man ihnen ein Hörn oder
eine Art eines silbernen Trinkgeschirrs, wie ein Hörn gemacht, woran
,mten ein trockenes Kuheuter gebunden ist. und dessen bedienen sie sich
zum Saugen'. Schon mit zwei Jahren fangen sie an, die Fasten zu halten
(S. 136).
Die Heiligenbilder sind sehr hässlich. Wenn das Gemälde eines
Bildes erloschen ist. trägt man es an einen Ort. Gottesmarkt genannt, und
tauscht das Seine mit etwas Geld für ein neues um. Man darf nämlich
nicht sasen. man habe ein Bild gekauft. Die verloschenen wirft man mit
einigen Stücken Geld in den Fluss und sagt dabei: -Gehab dich wohl, mein
Bruder, oder Gott sei mit dir, mein Bruder". Die Bilder heissen Nikolasse
(S. 150f.).
Diese Bilder treiben dann, wie an späterer Stelle (S. J 13t.) erzählt
wird, den Fluss hinunter und werden von den krimschen Tataren auf-
gefangen, die, Muhammedaner, ihren Spott mit dem Bilderdienst der
Russen treiben und behaupten, es wäre besser, die Sonne, die ein herr-
licher Körper sei. anzubeten, als hölzerne Bilder. Das seien schöne
Götter, sie brieten Pferdefleisch damit. Überhaupt ist das gemeine Volk
unreinigte jeder Akt ehelicher Beiwohnung beide Teile bis an den Abend: Mann und Frau
mussten sich hinterher baden (3.Moses 15, 18), vgl. Ploss ebenda. Auch in der römisches
Kirche ist der eheliche Umgang an gewissen Tagen und zu bestimmten Zeiten, wie
■wahrem! der Fasten- und Busszeit, untersagt. So verordnete Pabst Nicolaus I. in seinen
Respousa ad consnlta Bulgarornm No <;:'.: 'Während des ganzen Sonntags (Tag und Nacht,
boII der eheliche Umgang ausgesetzt werden', vgl Schmitz, Die Bussbücher und die Buss-
disciplinen der Kirche, I, S. 287: weitere Belege im Register S. 847 unter 'Ehelicher Um-
gang verboteu etc.' und II, S. 785 unter 'Ehelicher Verkehr zeitweilig verboten*. I>i^
Waschung nach dein Beischlaf vor Eintritt in die Kirche, ordnet auch das Bussbuch
Thoraas v. Canterburys an unter No 29, vgl. Schmitz a. a. 0 I, S. 547, weitere Belege
II. 541 und 578.
1 'Als eine Gewohnheit einzelner Partikularkirchen bezeichnet Basilius die Bestrafung
der zweiten Ehe mit zweijähriger Busse, die der dritten Ehe (polygamia, fornicatio belluina
von ihm benannt;» mit einem fünfjährigen Ausschluss aus der Gemeinschaft', vgl. Schmitz
a a. 0. I, S. 43f. Im allgemeinen sah aber die römische Kirche die Sache milder au,
entweder war die zweite Ehe direkt erlaubt oder sie wurde doch nur mit einer milden
Strafe belegt. Nur die dritte und weiteren Ehen scheinen immer mit Strafen belegt
worden zu sein, doch waren auch diese im allgemeinen nicht schwer, vgl. ebenda I, 847,
die Stellen im Register unter -Ehe, wiederholte' und II, 7?»5 unter 'Ehe, zweite und dritte1.
I I 1
in Russland so dumm, dasa es den lil. Nikolaus für den wahren !.'•
der Welt hält. Er sei von Italien auf einem Mühlstein bis in einen Hafen
in der Mähe \"ii ^rchangel geschwommen. Wei das nicht glaubt
Bein Leben in < refahr (S. 2 II f. ,
Einige Bräuche Bind noch die folgenden. I De grosse Künde
sich nach Abschlaguug des Wassers nicht zu waschen, anstatt des Pap
welches wir insgemein an unsere Orten zur Kommoditäl haben, bedienen
sich wohlpolierter kleiner Schäuflein von Tannenholz1. Wenn ••m
Russe mir einer Engländerin oder Holländerin schlaft, so hall mai
für ein sein- grosses Laster; Dicht aber bo, wenn eine Russin mit einem
Fremden I nzucht treibt, weil dann die Kinder, die entstehen können, in
der russischen 1 1 • - 1 i ü i < ► 1 1 aufgezogen werden können 8. Isv Wenn sie
eine Frau grüssen, bo küssen Bie diese auf die rechte Backe. Die in den
letzten zwanzig Jahren erworbenen Güter werden den Jüngsten zug
'Die schlechte Parole eines Menschen, der einen Bari hat, uilf bei ihnen
mehr als eines andern Eid oder Schwur, der keinen hat.5 Sir bemühen
Bich die Zähne Bchwarz zu machen, zu diesem Zweck bedienen Bie Bich
eines Sekrets, mir dem Bie auch die Augäpfel schwarz färben. Lange
Augen (?) und kleine Stirnen halten Bie für Schönheit. Deshalb ver-
bergen auch die russischen Frauen einen Teil der Stirn unter ihrer Haube.
Kleine Füsse und dünne Leiber scheinen ihnen eine Ungestalt. Sie
wenden alle Mittel an, um sich fett zu machen, 'debauchieren deswi
über die Massen sehr, bleiben ganze Tage im K'-tr liegen und bringen
sie mit Schlafen und Branntwein trinken zu' S. 187—190).
Von einer sonderbaren Tortur wird in dem Kapitel über das richter-
liche Verfahren berichtet. Wenn jemand alle möglichen Martern, die ihm
zugefügt worden sind, standhaft ertragen hat, wird dies als letzter Versuch
gemacht, 'dass ihm auf dem Kopfe ein Kran/, überaus ioren
und Wasser tropfenweise darauf gegossen wird, und dasselbe soll, wie
man Bagt, der empfindlichste Schmerz unter allen .Man. tu Bein, weil man
nicht einen Tropfen Wasser giessen könne, der nicht zum Herzen gehen
und Bolches wie ein Pfeil durchstechen Bolle' (S. L9*2f. Noch nicht lange
ist es her, dass die Russen den Brauch angenommen haben, Verbrecher
aufzuhängen, denn man glaubte, die Seele eines Menschen, der erwürg!
würde, müsse unten ausfahren, welches ihn 'pogano1 machte S 194
Der Fisch Belluga hält sich in der unteren Wolga auf. Wenn der
Fluss infolge der Schneeschmelze grosses Wasser hat, verschlingl der
I' äch Kieselsteine, um schwerer zu werden und so dem Laufe de«
widerstehen zu können (S. 198).
1) Herr Trof. A. Brückner harte di< gkeit, mir I -
Stelle zu schreiben: "Da.- pogano ist ,hässlich', eigentlich »heidnisch', and h auf
den Aberglauben vom erhängten Judas, dem der L, benshauch .acht dm Hund,
sondern per intestina herausfuhr. Die Lippen harte ihm ja der Heilan i
I |-_> Kühle: Von 'i>- la Martini. •!•.- Reise nach dem Norden.
Die Samojedeu haben zahme Hirsche, die sie zwei and zwei an
Schlitten Bpannen. Es lieg! hier wohl eine Verwechslung mit Rentieren
\t»r. Die Töchter 1 : i — > r man vor der Verlobung nicht sehen. Sie werden
für Hirsche verkauft, und zwar «>t'r schon im Alter von 6 oder 7 Jahren,
damit der Bräutigam ihrer Jungfrauschaft sicher Bei. Die Männer sind
sehr eifersüchtig, deshalb werden die Frauen viel genauer eingescblo — h
als in Italien. Dnd wenn die Männer auf die Jagd ausziehen, legen sie
ihnen Maschinen an. um zn verhindern, dass sie untreu werden. Also
ganz wie die alten Kreuzfahrer.1) Sic sind grosse Zauberer, hüten sich
aber, diese Kunst vor den Russen auszuüben, aus Furcht, angeklagt zu
werden. Bei einer Mahlzeit, die ein englischer Kaufmann einigen Samo-
jedeu gab, herrank sich einer vollkommen. Da kam eine alte Frau, rührte
ihn an die Stirn und sagte ihm einige Worte ins Ohr. Sofort war der
Rausch verflogen und der Mann so vernünftig, wie wenn er den ganzen
Tai: nichts getrunken hätte (S 201 — 203). Die Samojedeu. zu denen der
Verfasser später seihst kommt, sind Sonnenanbeter. Sie beten zur Sonne
auf den Knien Liegend mit ausgestreckten Armen (ß 260).
Vom Grüssen verschiedener Völker wird gesagt, dass die Polen sich
hochmütig grüssen und sieh nicht so sehr verneigen wie die Russen; die
Tartaren umfassen die Kniee ihrer Oberherren, die gemeinen Leute setzen
•den Finger nach dem Daumen auf den Mund uud schütteln dabei den
Kopf ein wenig. 'Die Manier der Circassen im Grüssen ist gröber und
tölpiseher: sie fragen alle Tage: Sind deine Knechte, deine Kühe. Schafe.
Pferde, Ziegen. Böcke. Schweine. Hähne und Hühner noch bei guter
Gesundheit?' 8. 220f.).
Ihre Heise führt die dänischen Kaufleute auch nach der Insel Zembla.
Die Einwohner beten teils, auf den Knieon Liegend, die Sonne an, teils
auf Hügeln stehende Bäume, die in tölpiseher Weise zn menschlichen
Figuren geschnitzt sind. In diese Figur setzt sich der Teufel und erteilt
Orakel. Ein solcher Götze heisst 'felizo'. wie im Text, fetitzo wie in der
Kapitelüberschrift steht, offenbar das portugiesische feitico, Fetisch (S. 262
Ins 265 .
Von Zembla segeln die Schiffe nach Grönland. Auf der Rückfahrt
von da nach Dänemark sehen sie sich genötigt, Island anzulaufen. Der
Arzt besucht die Hekla und weiss allerlei merkwürdige und fabelhafte
Dinge über Island und seine Bewohner zu berichten. Da von diesem
Bericht, wie schon erwähnt. Thoroddsen eine ausführliche Inhaltsangabe
giebt, übergehe ich ihn hier. Endlich gelangen sie glücklich wieder nach
Kopenhagen. Es folgt alsdann noch eine ausführliche Abhandlung 'von
dem Missbrauche di-s Einhorns und den Tugenden seines Horns'. Mit
dem grössten Ernst worden alle Nachrichten von diesem fabelhaften Wesen
1) Vgl. über die Keuschheitsgürtel Ploss a. a. O. I, 303. [A. Schultz, Das hölische
Lebeu- 1, ö;'5. Bonneau, Curiosa 1887, p. 22G.]
Bacher: Von dem di ul
von Pliniua an geprüft und auf ihre GlaubwC I», ,
Verfasser kommt zu folgendem Schlnss: Mm m fügli<
zu glauben, dase das rechte Einhorn ein Schwär den ich in AI
gesehen habe, welcher ein Born, so gross ils i Widders
das Viin der Stirne aach dem bregma und der sutun und
sich gegen die sagitalem erstreckte .... oder eine Frau, rben
war, dass sie sich in ein Hörn, bo ihr gerade und dünne, von d< I
wie Ochsenhörner, and anderthalb Schuh lang auf der Stirne hinaus stund,
liar abschneiden lassen1 S 315).
Eine schöne Abbildung beider Wundergeschöpfe ist bei
l ber die angeblichen Tugenden dieses Horns äussert sich
dass, wenn es überhaupt eines giebt, mi<l gesetzt, dass diejei
Homer, die mau dafür ausgiebt, solche auch wirklich sind, sie keine
anderen haben, als das Hirschgeishorn und das Elfenbein, dessen man
sich bedient, ''las Speien, Nasenbluteu und den Durchlauf zu stillen,
welches durch die anziehende Kraft geschieht, so diese Hörner haben,
■ las man nicht eine Kraft, sondern eine notwendige Malignität nennen
sollte, weilu sie durch ihre Auhaltungen von ihrer irdischen Substanz
ursachet, die Gänge der Adern und Pulsadern verstopfet. S Ul- - v 1 7 .
Eine geographische Betrachtung und noch ''in paar Bemerkungen
über die Samojeden machen den Schlnss des merkwürdigen, interessanten
Buches. Der der Ausgabe von 1706 angehängte Abschnitt Continuatio
nordischer Kuriositäten1 beschäftigt sich hauptsächlich mit verschied«
Reisen nach Spitzbergen und Grönland und l berwinterungen daselbst,
giebt Beschreibungen der arktischen Natur und ist von geringerem tntei
Heidelberg.
Von dem deutschen Grenzposten Lusern im fälschen
Südtirol.
Vi. m Karaten Josef Bacher.
Vgl oben S 28.
III. Meinungen, Bräuche und Sprüche.
Dm- Gang durch 'las Leben geschieht durchaus nicht auf glatt
Halm. s.'U.st wenn der Mensch nicht mit Nah u kämpfen I
Schon gleich in den ersten Tagen des menschlichen Dase
wisse Bräuche genau und streng beobachtet und eingehalten werden, um
«las Kind vor späterem Unheil zu bewahren. I» treue Obhut darf
444 Bacher:
auch später nicht fehlen, um das Kind recht zu erziehen. Es! dann das
Borgsam geh" Bchöpf in die Blütezeil des Lebens eingetreten, bo
giebt es auch für dieses Alter Oberlieferungen, feststehende Anzeichen,
aus denen man Erfolg oder Missgeschiok beim Sehnen, Trachten und
Streben der entwickelten Jugend erkennen mag, besonders für die Fälle,
die noch im dunklen Schosse der Zukunft sich bergen. Kommt endlich
die Zeit heran, welche den einschneidenden Wendepunkt im Leben bildet
durch Gründung einer eigenen Familie, so hat die von den Vorfahren er-
eil, te Überlieferung das Verhalten hei diesem wichtigen Schritte zu regeln.
Das Alltagsleben bietet ferner in den verschiedeneu Lagen des Menschen,
in seinen Beziehungen zum Nebenmenschen, zn den Tieren, zu den Pflanzen
und unbelebten Wesen Gelegenheit genug, die vielgestaltigen Erscheinungen
nicht ausser acht zu lassen, die in gesunden und kranken Tagen sich au
den Menschen herandrängen, bis endlich das unabwendbare Verhängnis,
dem alle Lebewesen unterliegen, der Tod, an ihn herantritt; jedoch auch
nach dem Tode schwindet das Andenken an den Dahingeschiedenen nicht.
und so mancher Überlebende kommt noch in die Lage, sich mit einem
schon Verstorbenen befassen zu müssen.
Dem Gesagten zufolge soll der hierher gehörige Stoff gegliedert werden
in Meinungen. Bräuche und Sprüche bei 1. Geburt und Taufe, 2. Kindes-
alter, 3. Reifer Jugend, 4. Verlobung und Hochzeit. 5. Vorkommnissen im
alltäglichen Leben, und 6. Krankheit und Tod.
Um hierüber ein möglichst vollständiges Bild geben zu können, habe
ich nicht bloss meine eigenen diesbezüglichen Sammlungen benutzt, sondern
an geeigneten Stellen auch die in Ignaz v. Zingerles Luserner Wörterbuch
(vgl. diese Zeitschrift 1900, Heft 2, S. 154) enthaltenen Aufzeichnungen
verwertet. Auf diese letzteren wird stets an seiner Stelle verwiesen werden
durch das Zeichen Z mit beigesetzter Zahl, welche sich auf die Nummern
im Anhange des erwähnten Wörterbuches bezieht.
1. Geburt und Taufe.
1. Bfa-mä tüat, bäl-da börUt a Wie man thut. wenn ein Kind
kin: Di ggomaw geat >n haus augvhänio geboren wird: Die Hebamme geht ins
bet-anar gryasan gajöf, un -bal-da is kent Haus mit einer grossen Tasche um und
af d*> weit 's kin. rixt4-s'-*s her süä sobald das Kind auf die Welt gekommen
>üa. un dena z$agJt-s;-as <n andar kindar, ist. richtet sie es schön schön her, und
as-d'-arar sain an haus. dann zeigt sie es den andern Kindern,
falls deren im Hause sind.
Wie man den neugierigen Fragen der Kinder um die Herkunft des
Neugeborenen begegnet und denselben vorbeugt, steht bei Z.. 1:
ßäl-da is gebortet a kin, köt-mä -an Sobald ein Kind geboren wird, sagt
ändar kindar, di niuatar hat g<?nump "s man den andern Kindern, die Mutter
kin durx an tfd von Üasn gga dar vrau habe geholt das Kind drüben im Üaschen-
Pervpga (oder Pertega), bo-da hat di thale bei der Frau ßerchta, welche die
Von d :
l I.
ki'ndar. bo-da nö net sain _ borkt in
gr^as • \ äsar vol-bet w.i -
■_'. Ba I -s.i t »in an a kin: Di
mär' boroat I I »t 's kin, a-l
hat /.' saina, an dena sikt-8J zo rtiava
rdtarlaüt. Bdl-da se'm is's gjvdtar-
laiit. di ggomärj nimp 's kin afn arm
un dena ak b^tnandar ggan tat"
zo nia\a-'s insrai'm; dena glan-sa
dar kii'x- 's g »vatarlaüt nioyt saugn
bol du zo p«'.a g l'-n ii ggrSdo, om-
Lröm s<-ii" s kin kint a trüt.
3. Bal-da 's kin is g<t6al't. kearn-
sa badrum zo träga hüam 's kin. I»
müatar. bdl-sa se'm nvan. m<i\t-s< küsan
d> hant ^n g^vatarlaüt, on dena sizan-sa-
3J zo ti^ /' esa »n vormas Ödar >l tsai
on dena gian-sa hüam.
I. .\ • ; . sp$tar dar ggompär<?
sikt sal waib<, 6dar epar das bet-anar
zuä pryat un an süan prok smalz1) zo
träga 's dar müatar von kin: wian-J : -
sp$tai g< .a d i ggomärc ö zo träga d
ziiä bet pr$at un smalz.
."). As-da 's gwatarlaüt is nur. n-
vPz* bäs zo träga CÜ zuä boroaln-s'-<n
gelt in an a ggärt im l§gn-'s dntar d
vSs von km.
6. 's wail) < bo-da ia - »valt m str^a
(padsoläda) vörtd-s - zo väna m vr\\»l
fin as-s-v net is g<*w§st to m:i\a-s - wa
un as-s' hetat z<* mü\.a gian aus von
Kind m
.
W 'i n man ein K ind tau N l I •
Bebammi
wie aicha gehört, und dani die
Paten rufi 5 ind,
nimmt die Hebamme
Arm. and dann g alle mit*
ander zum Priester, das K
zu las on gehen sie ;
Die Paten müssen wohl a< h
lo recht zu beten, denn soi
das Kind eine Trat
ild 'las Kind getauft ist, ki
vir wieder zurück, am das Kind beim
zu tragen. Die .Mutter muss, wenn man
dort ankommt, den Paten die Hand kü~
und dann setzen sie sich zu Tisch» . um
da- Mittag- oder Nachtmahl einzunel □
und dann gehen sie die Paten heim.
Ach; später schickt di i Tauf-
pate sein Weib oder Bonst jemand mit
einem Handkorb roll Brot und einem
schönen Stück hinter, um es der Mutter
des Rindes zu überbringen; wenig rag
später geht die Patin auch, um den Hand-
korb mit Brot und Butter zu brii
WCnn die Paten reich Bind, richten Bie
Bich( leid in Papier eingewickelt her, und
anstatt den Korb zo I mter
die -Falsch'- Wickelbinde) de- Kindes.
Das Weih, welches ins Stroh gefallen
ist Wöchnerin . fürchtet sich eerhext zu
werden, solange Bie ni< ht
um sich aufsegnen zu lassen, and wenn
haus ?pr-epas zo tüana, nimp-s'-ar das Bie notgedrungen aus dem Hau- heraus-
bat ir, Ödar a alts ments "dar as nimp- geben muss, etwa- zu thuu, bo nimmt Bie
ar a kin pa-dar hant: äs-s< se'm is lai sich jemand mit, entweder eine alte P<
aliia, nimp-s'-ar 's waigawasar un dena
yg-s'-ar a ürr)asa pft um-n hals, un
das-sel haltet ht'ntar ^n wil
Da X. X. dlsan wi'ntar hat gahat an
pua un m an täg<? hat-s^ g^möxt -
»n stal. z' s5ga von vi^. umbröm dar
.■ nimmt Btch ein Kind bei der
Hand: wenn sie Hort nur allein i-t. nimmt
dasWeihwaflser and legtsichdann
um i\nt Hals Bi t- B
kränz, und tttzt vor \
Die N N. gebar diesen Winter
Knaben, und eines I [
dl gehen, un
1) „Smalz" bedeutet „Butter«; da ä hmaJz" bei ' mit
dem Ausdrucke _g9s6tats smalz".
man is rört-g w$st, im 8i hat-ar
o ti u in |> 's w.u. -u Raar im i- - -- _ M'im:
dena li.ii-s--sap.-ai' -mump a bözD «m dj
f, dena bat-s'-ar g<legg dm a [jr^asa
zusehen, denn ihr Mann war fort, und
sie nahm Weihwasser und segnete sich:
dann nahm sie davon in einem Fläschchen
in der Tasche, feiner legte sie sich einen
t un is gant n stal pa dar naxt, an grossen Bot-) Rosenkranz um und s
dar wil- hat-s. net gavaaiD. in der Nacht in den Stall, und der Hexen-
zauber hatte ihr nichts an.
2. Kindesaiter.
Sogleich kann man bei einem Kinde schon im voraus bestimmen, ob
es ein wohl- oder übelgestalteter Mensch werden wird:
7. As - da- n -a kin is saüla ?n di Wenn ein Kind ist hässhch in der
wiag<», kint-'s a süä ments an plaz, on Wiege, wird es ein schöner Mensch im
is süä n di wlag9, kint-'s saüla Platze, und ist's schön in der Wiege,
9n p]az wird es hüsslich im Platze.
8. 's gaüln von kindar: As di kindar Das Weinen der Kinder: Wenn die
gaüln vil, ko'n di waibar: e, las-sa-sa Kinder viel weinen, sagen die Weiher:
gaüln. gge antanto as-sa gaüln, ggresart- Ei, lass sie weinen, denn während sie
n 's herz. weinen, wächst ihnen das Herz.
Wie den Kimlern etwas Übles widerfahren kann (Z., 5—7):
9. As-ma tragg abas spat a kin aus Wenn man abends spät ein Kind aus
von haus, vai»n-"s ?n wi'Ls. dem Hause trägt, wird's verhext.
10. As-ma hat-'s g-plätra von an Wenn man die Wäsche eines Kindes
kin pa dar navt aus-af-an weg., vai.n- bei der Nacht auf dem Wege draussen
's-m wifcs, un n kin. bo-ma-'s- m aleo-g hat. wird sie verhext, und dem Kinde,
n ausge'm epas lez?s. welchem man sie anzieht, kann etwas
Übles widerfahren.
11. As-ma wiai; t a lera wlaga, Wenn man eine leere Wiege wiegt,
kint bea an paux n kin, bo-ma dena bekommt das Kind, welches man dann
hineinlegt, Bauchweh.
Misst man, wie gross ein Kind sei,
wird's Kind nicht mehr grösser.
drin! egg
12. Mest-ma. wia grpas-da is a kin.
kint-'s ni\t mear yroasar. (Z. s.
13. Äs-mä grltlt Öbar a kin. kint-'s
nixt ra^ar gröasar. (Z. 9.)
Schreitet man über ein Kind weg, -
wird's nicht mehr grösser.
Wie man Kinder behandelt und erzieht:
11. In an klüan kin möxt-m'-ari Einem kleinen Rinde rouss man alles
ge'm als. was >s sigg esan, sa-nö pltia- geben, was es essen sieht, sonst blutet
tVt-,n 's herz. (Z. 10.) ihm das Herz.
15. As mü zda-lat-saugn a juiws Wenn man ein junges Büblein zu-
puabK un ge't-n net zo kösta, slintet schauen lässt, und man giebt ihm nicht
,s herz. zu kosten, schlindet das Herz.
16. Di kindar mÖYt-ma-s- pükan Die Kinder muss man bücken (ge-
(g^wen-n) juu>, umbrüm bal-s* sain gr^as, wohnen) jung, denn sobald sie gross
is-'s vert-. sind, ist's vorbei.
17. As mä'a kin lat saugn 9n spetsOj Lässt man ein Kind in den Spiegel
sigg-'s m taüvl. schauen, so sieht's den Teufel.
Von dem deutschen i
I 1.
18. As-da ausvalt a zati □ an kin,
möx-'s- i) nenn >n an jukai ir-'n
öbar-'n köpf.
10. Bäl-da ausvalt ;i zan n an kin.
ni(i\-'>-'n neni-n un jükan- n m ■
von ar maus an kö'n: „Maus, da lu-t-
il o n alt /.an. prno-mur pal an naügn!"
Tüats a-sö, kint- n pal a naüg
Mi plaz vii di'n ahn. /■ I
t rian kindar äna zo wäsa in d i
kirx, stiat usar li.il" vrau \iaiv. >n
ana to sauga-s Z H.)
\\ -lallt.
muss i - ihi
hm vverl
fällt, mu- ü nehmen und ihn
ein Mausloch M
da hast du den alten . nur
bald cren neu imml
ihm bald ein neui Stelle
Iten.
Gehen Kinder ui
Kirche. 80 schaul sie unsere lii
vierzehn Tage nicht mehr an.
Wenn ''in Kind die Schüsse] zerbrochen hat, sagt die Mutter zu ihm:
Jetzt schöpfe ich dii di i Mu* in
21. Est söpf-i-dar-'s aus »n a g§lbar
Das unreife Alter wird einem K
»ehalten :
2-2. Du pist nö-net tnikan hi'ntar d-
ium — du pist im nas hintar di öarn
— du pist ii" a plödar, an »n plödar
han-i nel lust to lüsna aus ni\.t.
einen Bolzschuh.
naben oder Mädchen folgendermas
Du bist noch nicht trocken hinter den
Ohren du last noch nass hinter
( diivn - du last tan unreife' Schu
und ich habe nicht
Beachtung zn schenk* [horchen
... R ei fe J agend.
Di,. Liebe wird in diesem Abschnitte vorwiegend behandelt, das Hoffen
und Erwarten das Fürchten und Zagen, das Schweben im Zweifel, den
dann gewisse Erscheinungen lösen sollen.
As - da a juiM diarn geat in Wenn ein junges Mädchen nacl
Pine, kn'n-sa. • - ■• zo pita-n- ar an geht, Bagt man. sie gehe, um sich einen
p^al Geliebten zu erbitten.
Pine ist ein Wallfahrtsort etwa 1 7, Stunden nördlich von Pergine
gelegen, wohin die Bevölkerung Italienisch- und Deutschtirols gern sich
wen, ler. um in besonders wichtigen und schweren Anliegen die Fürsprache
und Vermittlung der Madonna sich zu erfleh«
24. As-da d< püaten senkt a p?tfc Wem di
an piial. haltn-sa härta liabar un marin dem G< henkt, h
pal» anandar, ambröin di pet pintet. einander immer li
i inander, denn der Rosenkranz bind
Unter „Rosenkränzlein" ist Dicht etwa ein Kranzchen ron Rosen zn
verstehen, sondern die in eine Schnur gefassten, oder meist gekettelten
Korallen zürn Abbeten des Rosenkranzes.
Auch Briefe sind in diesen. Alter begreiflicherweise ><-hv ersehnt, und
es fehlen auch hierfür gewisse Anzeichen nicht:
4 IS
Bacher:
20. A8-da > "l-iia\t ma-yt 'ii su
kint letar.
2G. As - da gßat daz äbas a iärl'ala
ums §par das, das-sel rann letar >n tä
liarna'.
27. As-da függat 's vaür. kint letar
ödar-da keman vremaga tu vena.
28. Sövl vfin. a-be-da ggreggn di
viHar Mi ar diarn, sövl ptiaJ hat sa. Z.H.)
Wenn das Ollicht einen -Putzen"
macht, kommt Brief.
Wenn abends ein(e) (Motte) Schmetter-
ling um jemand her um fliegt, so erhält
derselbe 'inen) Brief am Tage darnach.
Wenn das Feuer knistert, kommt Brief,
oder es kommen Fremde auf Besuch.
So vielmal. wie einem Mädchen die
Pinger knacken, so viel Liebhaber hat sie.
Anzeichen treuer Liebe und Verhalten, um sich diese zu sichern:
29. La vero amör si disgiista sete
völte: di piial-laüt moxan-sa darzürnan
on dena wldar haltn gearn si'm vart,
un alöra haltn -s'-sa gearn härta fin as-
sa ster'm.
30. As-da 's wetar is lez, as geat
wint un snea, un dar püal geat zo
vna da püalan. haltat-sa-sa guat, om-
brum si is si'xar, gge d'-ar haltat-s«< gearn.
31. As-da dar püal möxt glan at-
d-/ arbat, un 's mal vdr-d'-ar geat vort
(vörtgeat), geat zo vena &> ptialan un
steat se'm fin spet pa dar naxt, is - sa
si\ar. ke d'-ar haltat-sa gearn.
Die wahre Liebe zerwirft sich sieben-
mal: die Verliebten müssen erzürnt werden
(miteinander) und dann sich wieder gern
haben siebenmal, und dann haben sie
sich immer gern bis sie sterben.
Wenn das Wetter schlecht ist, wenn es
Schnee weht, und der Liebhaber geht die
Geliebte zu besuchen, ist sie glücklich,
denn sie ist sicher, dass er sie liebt.
Wenn der Liebhaber auf (die) Arbeit
gehen muss, und er geht am Abende vor
seiner Abreise die Geliebte zu besuchen
und bleibt dort bis spät in der Nacht,
so ist sie sicher, dass er sie liebt.
32. As-da-an-ar diarn öfr-pintat-ar
a hös odar 's vürta, hat-sa an sint dar
püal.
33. En täga vö dan naüga jäx d-<
ptiaLn senkt a waisas tüax *n püal.
Zeichen, welche Zerwürfnisse unter Verliebten bedeuten
Wenn einem Mädchen ein Strumpf oder
die Schürze aufgeht (sich losbindet), so
hat sie der Geliebte im Sinne (denkt an sie).
Am Neujahrstage schenkt die Geliebte
dem Geliebten ein weisses Tuch.
34. As-da zw^a pnal-laüt haltn a
kin in d> tyav betnändar, is-'s in diflzal »,
as-sa neniii anandar.
35. As - da a püal senkt a mesar
säindar püabn, spetar darzünvn-sa-sa
un nem-ui net anandar. umbröm 's mesar
hakt.
36. As-da a diarn swenzt an an
täg>, bo-'s reaw, hat-sa zorna an püal
— oder: As-da a diarn wäst, on an
täga, bö-sa hat zo swenza, as-'s reüB,
hat sa zorna -m püal.
Wenn zwei Verliebte ein Kind zur
Taufe halten, ist's schwerlich, dass sie
einander heiraten.
Wenn ein Liebhaber seiner Geliebten
ein Messer schenkt, so erzürnen sie sich
später und heiraten einander nicht, denn
das Messer schneidet.
Wenn ein Mädchen schwänzt (rein-
wäscht) an einem Tage, an dem es regnet,
so hat sie ihren Liebhaber zornig — oder:
Wenn ein Mädchen wäscht, und am Ta#e,
wo sie reinwaschen muss, regnet es, so
hat sie ihren Geliebten zornig.
Von dem deutschen 1 1
II l
37. As-da a dfarn limargeat an hat Wi eil Mädchei beim Umher
aug^k&ui d' padana von gg
zorns .'li ptial.
\-i;i-n-;i pUa bokent n l
naüga jär an alta waitw, bat-ar kuä
_ dük spezialments ?n gjpüala.
stUl]
Wenn «'in Ba
einem alten w
• ilück, i esond
Dass aber übertriebene, masslose Liebe nicht Bchon den Himmel für
alle Zeiten in Bich schliesst, besagt folgender Spruch:
39. 's galeka geat o gvdreka. — Das Bich) Li
\ s< lekan gär zo ?il, darsaurt-'s Wenn sie sich gar zu viel 1<
spftar.
u na • sauer.
4. Verlobung und Hochzeit,
Wie schon im •">. Abschnitte mehr oder weniger deutlich bei den
Sprüchen, die sich auf die Liebschaft beziehen, die Absicht and Aussicht
auf Ehe hervortritt, so dass eine leere Liebelei ausgeschlossen erscheint,
so ist ^tatsächlich das Sinnen und Trachten der meisten jungen Leute —
man kann sagen: aller, die überhaupt eine Liebschaft haben -- aufdi
ersehnte Ziel irdischer Glückseligkeit gerichtet. Was Wunder daher, wenn
Sprüche, die auf diesen Gegenstand Bezug haben, die als Orakel zur
hüllung der Zukunft dienen, nicht in Vergessenheit geraten Bind.
Eine günstige oder ungünstige Aussicht auf Ehe und den mehi
weniger nahegerückten Zeitpunkt derselben erkennl man auf dem:
4d. As-mä kfrt vorS <n an püa,
1 jär borat-t-ar-s- net.
41. As-da geat a dtarn iH-'ii a haus
un as-m'-ar züakert bet-'n pfsom, bo-
i ät »t-s-'-s i aet das-sel jär.
Wenn man vor einem Barschen keim
(mit dem Besen . bo verheirab
mi selben Jahre nicht.
Wenn ein Mädchen in «'in Haus hin-
eingeht und man kehrt mit d. m I •
gegen Bie, bo n rh< iratel im
selben Jahre aicht.
42. Bal-da di jui.ai laut h^arn n
gguggo, hdggn-sa stark un kü'n: „Ggiiggo hol n, rufen si laut
basüggo, fiöl del" päw züggo1 . BÖI amenVal
una bona mära: quanty a,w mi det-t<
da maridäre?" an döna z.dn-sa btavl du mir bis) zur ^
värt d'-ar ■.. t, un kS'n, sa stäan .... zählen sie, wie oft er ruft, und
sövl jär, vdr-sa-s^ boratn; an as-ar nix« büeben noch Jahre am
miar ggugg.t, bal-sa nSlasan zo vörsa, una wenn er oiebt mehr ruft,
kö'n-s'-sa borätn-sj nö das-sel jär, Ödar zu fragen aufhören,
s, borätn-s, nia. Giraten sich noch im .
sie verheiraten sich nie.
1) zueco, italienisch, eigentlich Kürbis.
2) Italienische Schriftsprache: quauti anni mi dai tu.
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 1001.
Bacher:
43. As-d'-a diam lat sia'n 's wasar,
nii/t z' spüala au, Mi das-sel jär
hc.r.it -l-> ->' oet. (/.. 12.)
•I 1. As-da a diarn ~i<ai süä an petn
oratar, inöx-sa nein m an saülan man:
- . st^al saüla, mä\lt - s. an siian
man.
45. As-da-n-a diarn v!l slöt^rt1) an
vil darnezt-s<. bäl-SJ wäst. mav.l'-s< an
baraba.
Wenn ein Mädchen das Wasser, das sie
zum Spülen braucht, sieden lässt, so ver-
heiratet sie sich im selben Jahre nicht.
Wenn ein Mädchen mit den Finger-
ringen schiin erscheint, muss sie einen
hässlichenMann nehmen (heiraten): wenn
sie hüsslich erscheint, heiratet sie einen
schönen .Mann.
Wenn ein Mädchen viel (Wasser)
schüttet und sich viel nass macht, wenn
sie wäscht, bekommt sie einen Sanier
als Mann.
Die Zeit von der Verlobung bis zur Hochzeit:
4(J. As-da a noviza limargeat a!ua
pa dar naYt. kint-s< enstriart.
-17. A lüstaga noviza, a trauraga spüsa
- a träuivga noviza, a lustaga spüsa.
48. Bal-mä sait noviza. bent-mä halba
aarat.
19. Di noviza senkt-an novizo di
spüs-fgat; er ir senkt-ar 's spüsvürta, di
äua un 's hals-tüax.
Der Hochzeittag:
50. En taga, bo-sa maxi n), stlan-sa
au an aldar vrua an gfan an da kir.\ zo
pdixta-sa un zo borixta-sa; dena kearn-
s* badrum an iaglas gga sain haus, un
uian odar sikan to rüava an laut, bo-da
sain galädat ggan hgasat. Dena bal-'s
rif't tu laüta. dar novizo un d-;seln, bo-
da sain galädat ggan hgasat, gfan zo
aema da noviza. Bal-sa vört-gian von
haus vö dar noviza. sal muatar gi't-an
's waigawasar aln poa'n, un dena gian-
ii d-* kir^. Intanto äs-sa sain in an
Wenn eine Verlobte zur Nachtzeit
allein herumgeht, wird sie verhext.
Eine lustige Braut, eine traurige Gattin
— eine traurige Braut, eine frohe Gattin.
Wenn man im Brautstande ist, wird
man halb verrückt.
Die Braut schenkt dem Bräutigam das
Hochzcithemd: er schenkt ihr die Hoch-
zeitschürze, die Schuhe und das Halstuch.
Am Hochzeittage stehen sie auf in aller
Frühe und gehen in die Kirche zu beichten
und zu kommunicieren; sodann kehren sie
zurück ein jedes in sein Haus und gehen
oder schicken die Leute zu rufen, welche
zur Hochzeit geladen sind. Sodann, wenn
es das letzte Mal läutet, gehen der Bräuti-
gam und die zur Hochzeit geladenen Gäste
die Braut abzuholen. Sobald sie vom Hause
der Braut fortgehen, giebt (ihnen) ihre (der
Braut) Mutter das Weihwasser beiden, und
dann gehen sie in die Kirche. Während sie
da kiry is-da epar üandar borgatnt an in der Kirche sind, ist der ein und andere
plaz tu siasa. bereit, auf dem Platze zu schiessen.
Die Kleidung der Brautleute bietet nichts Besonderes; es wird das
Festtagsgewand getragen, welches an anderer Stelle erwähnt werden soll.
Die Braut trägt nicht Kranz und weisse Schürze, wie bei den Hochzeiten
auf dem Lande in Deutschtirol.
51. As d'a BpÜsa n ta" von hgasat Wenn eine Braut am Hochzeittag ein
hat a swarzas gawänt. wil-'s mdanan, sa schwarzes Kleid anhat, bedeutet dies,
hä'm küä i^lük. (Z. 13.) dass sie kein Glück haben.
1) slötarn = beim Waschen ringsum mit Wasser bespritzen, aus Übereilung oder
Unachtsamkeit Wässer verspritz«!!, nass machen.
Von dorn deutschen Grenzposten Lusern im •
I.M
52. Bal-sa s;iiii g ni.i\li, kdarn-sa ren die
badrurn dd spüslaüt un ala dasein, bo-da Brautleute und alle jene, di
hatten, wieder zurlick, and wo der W i
ist, Rnden sie den Zaun auf-
crerichl
aain ganl bei iman ändar, un bö-da dar
W$ga i- das ''iar-t'. veiiMi-sa bor^atat
Ml zau.
.").".. En /.au ma\an-s- n bei Man Mi.
püaman un als bäs-8a aain güal tu j
züar, un darsei, bo-da vüarl da spüsa,
raöxt iiusni'iii n an zaü un vört-jukan als,
us-sa roögn pasarn.
54. Is-da-n-a spüsa slipfl danfdar
n tau », bö-s m. i vlt. kö'n-sa, ke s i bat
kuä g lük.
55. Dena gian-sa an hau- vö dar
spüsa /.' esa -n vörmas, an dena stlan-
sa si'in lin da drai.
Den Zaun mach! man mil Stai
Baum Strünken and allem, was mau her-
aschaffen imstande i-!. und der Braut-
führer muss den /aun wegräumen
alles fortwerfen, damit sievorüber körn
Wenn eine Braut am Tage der ! I
zeil niederfällt, sagl man. sie habe kein
( rlück.
Sodann gehen sie in das Hau
Braut, das Mitlagmahl einzum hmen, und
bleiben dorl bis drei Uhr.
Bei diesem Mahle wird je nach den Vermögensverhältnissen gut und
reichlich aufgetischt. Die Art der Speisen biete! aber nichts Besonderes,
weil es dabei etwas vornehmer hergehen soll, also eigentlich lusernische
Küche ausgeschlossen wird. — über die Nahrung der Luseruer und die
Zubereitung und Namen der Speisen boII an anderer Stelle eingehendere
Erwähnung geschehen.
56. Bal-'s is pal < da drai, Ifgn -sa-
s i ,/n weg ' tu giana huam, an bal-da
da spüsa grttast saina laut, hfft-sa B to
gaüla, un da andarn läxan-sa aus. un
dena gfan
57. Bäl-da sain draiza laut ggan an
huasat. stirbat uäs vö dan-seln dräizan
\or-da aus is 's jär.
58. I'.iil-ila-s' boratal a witovar Ödar
a witova, da kindar un lai tfabas a
gryasa dlarn ö mäggn-an nii da fanan
un lasan not na. lin as-s'-an nel gs'in
/. esa un zo trinka.
59. Bal-da da spüslaüt sain huam
(an haus von spüs), da spüsa mü.vt -
voräna in pa ttir, un af da tür vint-sa-
du an po>om an si mü\t-m äuneman
un lögn-Mi äf-ana sait, an dena möxt-
sa küsan ala dasein, bo-da sain an haus.
Dena sizan-sa-sa zo tis im esan da
60. Bal-sa häni gest, siiaan-sa un
trinkan un sain lust; fin spet pa dar
naxt; dena da vraünt un d^ tseln [
Wenn es bald drei Uhr ist, inachi
sich auf den Weg heimzugehen, and wenn
die Brau! von den EhrigenAbschied nimmt,
mit sie ZU weinen, und die an<i
lachen sie aus, und dann gehen
\\ ,,,,. dreizeh Pei sonen bei ein« r
Hochzeit sind, stirbl eines dieser drei-
zehn im Laufe eines Jahres.
\\ , ,;,, ein W itwer oder eine Witwe
beiratet, ächlagen die Kinder und wohl
auch manches erwachsi u< Mädchen auf
neu und hören damit nicht auf,
bis ihnen zu essen und zu
trinken geben.
Wenn die Brautleute heim i im 1 1
des Bräutigams sind, muss
zur Thur hineingehen, und an der
'l'liür findet sie einen Bi : sie muss
ihn aufheben und ihn irgendwohin stellen.
und dann muss sie alle jene kü
im Hau-' sind. Sodann - tz< ■ sie
zu Tische und essen das Nachmahl.
Wenn sie gegessen hai
und trinken und sind fröhlich bis spät
in die Nacht hinein: sodann gehen die
:;!
152
Schukowitz:
hiiam, un cU spflslaüt gian zo vena d<>
laut \n dar Bpäsa, un denn keurn-sa
• .11:1111 liiiam.
61. Hiil - da a natigss pär spOsan
gian in <<n a haus du earst vSrt, möxan-
su tietn dbar'-n pDsom: alora kenwn-s«?
net rastriart (Z. 14.)
<'>•_'. Das wal»>< £*p<;i von spüsan
:ln;ist:
Vita, doltsesa quatördase dsörni; a
in speriamo fiiigge viviamo; mTsere noi:
debite e fiöi!
63. As-da-n a spüsa hat <m «roas
zearn klttanar, bäs dm andar nldar na,
steat-sa witova pal'.
G4. As - da - n a wailv äbazlag^t 's
späsgdvnorat, dartrinkt-ar dar man.
65. Da earst na\t, bo-da zwQa juia;
bonitat* laut gian z slava, kö'n-sa, gge
das -sei, bo-da darlöst 's liaxt da-sel
na\t, stirb- 't pel r.
66. D> earstn wöxan döpo g<?rnäxlt
hpast-niä-s.? kütarwoxan.
Unterfennberg bei Margreid (Südtirol)
(Fortsetzung folgt.)
Verwandten und Freunde heim, und die
Brautleute gehen, um die Angehörigen
der Braut zu besuchen, und dann kehren
sie wiederum heim.
Wenn ein neues Brautpaar das erste
Mal in ein Haus eintritt, müssen sie
über einen Hesen schreiten: dann werden
sie nicht verhext.
Das walsche Gebet der Brautleute
lautet:
Leben, Süssigkeit vierzehn Tage; auf
dich hoffen wir, so lange wir leben; o
wir arme: Schulden und Kinder!
Wenn eine Gattin die grosse Zehe
kleiner hat, als die Nebenzehe, wird sie
bald Witwe.
Wenn ein Weib den Trauring abzieht
(abstreift), ertrinkt ihr der Mann.
Wenn in der ersten Nacht zwei junge
verheiratete Leute schlafen gehen, sagt
man, dass jenes (von beiden), welches
das Licht in derselben Nacht auslöscht,
früher stirbt.
Die ersten Wochen nach der Hochzeit
heisst man Flitterwochen (— Lachwochen).
Das Kellerrecnt
Mitgeteilt von Dr. Hans Schukowitz.
Die Herbergsitten und Gastgeberbräuche fussen in ihren ältesten
Traditionen zum grossen Teile in den Dorfordnungen. Ich teile im
folgenden ein Kellerrecht vom Jahre 1614 mit. Es ist auf Pergament
geschrieben, in einen metallenen Rahmen gefasst und wurde bis in die
siebziger Jahre in den gräflich Kinsky scheu Kellereien zu Matzen im
Marchfeld aufbewahrt. Heute befindet sich das Manuskript in meinem
Besitze. Volkskundlich und sittengeschichtlich ist es von AVert, insofern
mau hierin eine Quelle eines Teiles der noch heute im niederösterreichischen
Kellern« \:,:\
Weinland äblichen Wmzersitten vor Bich hat. Vuch rechtsgeschichtlich
mag es interessant erscheinen als volkstümlicher Kommentar zu den alten
„Wirtsgesetzen" and „Schankknechtordnungen". Grimm, Deutsches Wörter-
buch, Bd. V [von K. Hildebrand], Sp. 520 Kellerrecht: Rech! und Gewohnheil
eines öffentlichen, herrschaftlichen Kellers.)
Keler-Recht,
lurch Schickhung tmtis des allmächtigen und durch R
liehen Oberkhaiten ist festgesetzt und worden and allhir in
schafft zu Mazzen in Nieder Ostreich zur Dafürhaltung i-t ansgehäni khl
Darnach sein alldort, wo Moßth, Jungwein und Allurin aufbewahrt Bein i I
vorwehrt und verhothen. wie folget: v t t
Zum Erst: Daß keins allhir sein Bandt erhob zum Schwur1 an in puncto,
dal', man die Wahrheit will beschwören oder sein ehrlich Gcbahrung
testiren oder KJiauff und Verkhauff miteinand abthue. Ewer Kedi
und nein und was darüber sey von Falsch! spricht der Ber Jhesu. und
Wahr ist allein im Wein und Lug und Trugh sein nit drein Deßohn-
ht sey es kein Widter Recht, so Eyns Bandtschlag göh am Gebindt,
daß himit sein Mansehr woll bezeigen. Merk es wohl!
Zum Ander: Daß keins allhir Schlecht- sin und redt allein oder mit andern. Dei
algegenwertig Gotl ist wahrhaft in dem Wunder Kelch des Altai
and schawei Alls, so auch im Unstern Keler geschiecht Merk das
wohl!
Zum Dritt: Daß Eyns hir kein Wörtl fluecli oder sakramentire weder bei Arl
noch bei Trunckh, sey es im Preßhoff8 beim Jungwein, Bey es im i
haus-), sey es beim Altwein im Areckh*), noch im Weil
äten hat Brodt und Wem und darumb ist die Ackhererd
eihet und ihr Frucht gebenedeyt, so sie hervorbringet. Merl
wohl!
Zum Viert: Mög Nimandi Ungezucht treiben zwischen den Gebindt oder im
Baissen6). Ob Maus, ob Weibspersobn sein gleich strafffellig. D
es ledtig Leyt. sollen sie mit KJöhrruthen7 gezüchtet oder w
zu Handten sein, geschlagen werden und gleich wie die räudtig Hundt
mag man sii austreiben. So der Berr Jhesa thatt mit den laih
Judengezicht in sein hailig Thempl. und rsohn alll
braucht das ehlicb Gemachl, seye ihr Pruchl
ehrenthugendthafft Ehgelöbnuß Bey verwischel für all Gezeithen.
wohl!
Zum Finllt: Soll alsamb ein jedt wißen, wie schandthaffl
Eyns sich über Maßen besaufl en unvernunffl
das da kein Zyl khennet und Maaß. Wißl göttlich M
hab gehungert und gedurst. Merkt es wohl!
1) Vgl Birlinger, Aus Schwaben 1874 II, - -') Preßhoff
3) Göhrhaus = Vorkeller. Gärraum. - 1 Areckh Kellernebenrauro. -
Weingarten. Weinberg. - 6) Halssen Kellerhals, 0 f
= Weinsatz. Die Kleeruthe (Klörruthe ist ein Kellerwerkzeug, mit dem die uberflü
Weinhefe ans dem Fasse gestrichen wird.
I."i4 Schukowiti: Das Kellerrecht.
Zum Sechst: Daß den Reiher oimals Geitz and ander Gelusl bestricken. So Eyner
in Labtranckh erbit, göb er Ihm. Ein gastlich Wohlthatt gesegnet der
Almechtig Gott, daß Theurung, Mißerndt und Bangernoth fernbleibt. Und
wo imer Blathsfreindi und Bekhennt zum gutt Tranckh beisamb sein,
mögen lastig und in Eren sie sein, fridlibendt, keins ohrblaßen, Zankh
und Flueeb und Meineid wohl beiseytlaßen, unehrbar Gerödt weidlich
meiden. Sie sollen achtung hau, wie Unser Her Jhesu friedsam b mitsein
Jünger das letzt Abendtmahl gegeßen. Merkt das wohl!
Zum Simbt: Hast ein theur Gasth, gib ihm ein gutt Trunekh und Sprech': Gesegne
es dir Gott und sein Hailing! Und verkürtz ihn nit, so er dir wohl be-
khennt und zu letz reich ihm von dein Best1) und sprech: Lob, solang
mein Best gelobt! Nimals fall es aber ein Gast bei, so ihn die Neygird
peinigt, ohn vnbefuagt Erlaubnaß an frembd Gebindt zu klopfhen, weillen
er will willen, was vol, was nit. Des beriembt sich kein honett Man
oder Weib. Merks wohl!
Zum Acht: Magst du nit jeden Gast ohn Unterschidt von all deinen Faß verkosten
lasen. Das zimbt nit. weckhst sonst Neidt und mißrath dir dein Baugueth.
Merks wohl!
Zum Newnt: Verneidt aber nit dem Frembd ein Gasttrunckh, auff daß nit Armen-
iluech dein Vih und Hausstandt vermidt2). Merk es wohl!
Zum Zehent: Sollst kein Stundt gestohlen Gutt in dein Kcler verborgen halten.
Es ist ein Aaß und verpesth dein ehrlich Leib. Merk es wohl!
Zum Elfft: Nimb nit. so Naschsucht dich verfüren wil, von frembd Weinbern.
Gestohlen Wein vergingt ein lüstern Zung. Merks wohl!
Zum Zwölfft: So ein verfolgt Mensch fliht auf Weinbergrundt und Kelterbann3),
mag er Schutzrecht han und thu ihm nichts! Merks wohl!
Zum Dreizehent: Soll der Kelher fleißig Achtung haben, daß aljar der Sant Urbani
Trunekh gescheh4) und der Sant Johannes Mintrunckh in all Gebindt ein-
gegoßen wirdt6) und mag söhen, in puncto Gsundtkosthen6), daß nit
sonderlich vil vergaidt wirdt.
Zum Virzehent und Endt: Soll ein jedt Kelher und Pressjunkhcr behuetsamb sein
mit dißer edl Gottes Gab. Soll nit leicht die Benediction eines Pfaff
hindterlich wegschüben, so ihm Genadt bringhet und Sögen. Soll sich
imer und jedter Zeyt den golden Spruch der hl. Schrifft vor Aug und
Sin halten, der also laut: Accipite et bibite ex co omnes!7)
1) Den ältesten Wein nennt der niederösterreichische Winzer seinen „Besten" und
pflegt hiervon bloss guten Freunden kosten zu lassen. (Mannersdorf, Pyrawarth, Hadres )
2 Ein unter dem Winzervolke um Gumpoldskirchcn bei Wien gebräuchliches
Sprüchwort lautet: Verntnd "n andern net's Glasl am Mund — Kriagst a feists Wamparl
— Bleibst pumparl g'sund!
3) Kelterbann = Bannkreis des Kelterraums.
4) Der beil. Bischof Urban ist Patron der Weinernte. An seinein Tage (25. Mai)
wird dem Hausgesinde ein doppelter Festschoppen vorgesetzt. (Um .Matzen und Hom.)
."») Am Festtag des hl. Johannes (27. Dezember) pflegt die Kirche Wein zu weihen,
wovon der Landmanu teils dem Hausgesinde verkosten lässt, teils in jedes Fass des
Kellers giesst. Über Jobannissegen, Minnetrunk siehe: Birlinger, Augsburg. Wörterbuch,
München 1864, S. 419 f. Schindler, Bayer. Wörterbuch l2, 1206. 1617.
6) Des Gastes erster Trunk gilt dem Wirt als „G'sundtnmk", des Wirtes letzter als
Gsundtruuk" des Gastes. [Regel im n.-österr. Weinlandc.)
7) Matth. XXVI. 27. Es gilt als bobe Ehre, der Kirche den Messwein spenden zu
dürfen. (Stillfried.1)
Höfli r: Die II Icn.
Der liebe getbreue Gott, dei vrerleihe und göbe durch Christum J
ainigen Erlößi r and Seeligmac] i göttlich Hülfl
KLeller Recht lesen und wohl verstehn, Itlich dti und
Zeytt des Löhens befolgen, so rei hl und sittij
M.i/./on am Set. Johannia I im 161 I
1 1 i'az In Steiermark.
Die Hedwig -Sohlen.
Von Dr. Max Bttfler.
Mit Tafel VI
Eines der interessanteren volkstümlichen Gebildbrote ist das in Bn
Neisse, Trebnitz und anderen schlesischeu Orten für den L 7. Oktober, den
Tag der beil. Hedwig, gebackene und von den Pilgern zum Grabe dieser
Heiligen in Trebnitz gekaufte Gebäck „Strumpf-Sohlen", auch „Hedi
Sohlen" genannt, dessen Abbildung Fig. 1 I beigegeben ist. IM*' heil.
Hedwig1 . welche häufig barfüssig mit einem Paar Schuhe in der Hand
abgebildet wird, starb 1243 als Herzogin von Schlesien. Nach ihrer
Legende soll sie dieses Sohlengebäck in Breslau als Vrmenspende gestiftet
haben2), welches heute den Sonntagsbissen der ärmeren Bevölkerung in
Trebnitz und in der Grafschaft Glaz bildet. Es ist dies ein Baches, zäh-
teigiges, fettes Hefenteig-, auch Honigteig-Gebilde, welches die Form einer
fussblattartig abgeschnittenen Schuhsohle "der eines ausgetretenen Frauen-
strumpfes hat.
Bei den volksüblichen Gebildbroten vereinigen sich nun nicht selten
zwei sonst selbständige Opferformen; dieses Gebäck wird die Um-
wechselung oder Ablösung einer älteren Schuhsohlen spende in natura
sein, in Vereinigung mit einem Brotopfer Opferfladen). I> Bich
dabei um ein herkömmliches Totenopfer handeln dürfte, erhellt wohl aus
verschiedenen Momenten. Vor allem wallfahren die Pilger zum „Grabe"
der Heiligen; weiterhin fällt der Heiligentag zwischen St. Michael, der
germanischen Totenfeier (s. Ztschr. d. Vereins f. Volkskunde 1901, S.
und Allerheiligen, der christlichen Totenfeier. So wie man die Fiscbzinae
in Brot-Zinsfischen abtrug, so konnte auch eine ältere Sohlenspende auch
einmal in der Form eines Sohlen-Gebildbrotes an die Armen erfolgen.
1) Der Wirksamkeitsglauben, der an verschiedenen schlesischen H
hattet, hat wohl seinen Ursprung im Seelenkulte. Die lil Hedwig übernahm als Kalender-
heilige viele Volksgebräuche des schlesischen Volkes, namentlich ans
liehen Totenfeier.
2) Die in den „Bildern der Hedwigs! gende" vonWol&kron 1846 abgebildet
brote zeigen diese Sohlenform nicht.
i;„. Höfler:
Die meisten älteren Arnaenspenden1) aber knüpfen sich qu der Allerseelen-
oder Totenkult an (Homeyer, Der Dreissigste 1864 8. 138. 159), und gewie*
bestand in frühesten Zeiten schon die Tendenz, ältere, heidnische Toten-
opfer und Beigaben ins Grab in irgend einer Form abzulösen und in eine
christliche mildthätige Art umzuwandeln unter symbolisierender Beibehaltung
der ursprünglichen äusseren Form. Solche Umwandlungen von Opfergaben
in solche aus Teig sind ebenso häufig wie die in Wachs oder Eisen. Bei
Armenspenden, die, wie gesagt, sehr häufig mit dem Toten- (Armeseelen-)
Kulte zusammenhängen, ist die Umwandlung einer herkömmlichen Opfer-
gabe in eine solche aus Brotteig ohnehin sehr naheliegend und begründet.
Dass aber Schuhe eine Armenspende waren, erhellt aus einer Testaments-
yerfügung vom Jahre 1554, wonach die Kirchengeschworenen zu Hamburg
bei St. l'eter sollen „alle jar jegen Michaeli (also zur Zeit der germanischen
Totenfeier) vor teyn marck Lübsch (lübeckscher) jarlicher renthe gades-
schoe (Gottesschuhe} mit enckelen salen, wo tho Hamborch gewontlich,
so vele man dar thor tydt darvor kopen kau. bestellen und maken lathen"
(Schiller-Lübben 11. 129). Auch in Basel fand am St. Lukastage, ebenfalls
in der Zeit der herbstlichen germanischen Totenfeier, eine Spende der
Lukas-Schuhe an die armen Schüler statt (Schweizer Idiotikon III. 1254).
Was einstmals dem heidnischen Toten gebührte oder gegeben wurde, er-
hielten später die armen Seelen oder die Armen zur irdischen Leibesnot-
durft. Jedenfalls ist die Spende wirklicher Schuhsohlen an die Armen an
anderen Orten bevorzugt. — Nun heisst im Hennebergischen das Trauer-
oder Totenmahl noch der Totenschuh, wenn auch ohne Schuhspende, so
doch sicher in Erinnerung an das alte, beim Tode gebräuchliche Opfer
von Schuhen. Der Brauch war allgemein in Deutschland und auch bei
den germanischen Völkern, dass man dem Toten Schuhe anzog: namentlich
bei den Wöchnerinnen sollte man dies nie unterlassen: wenn sie nach
ihrem Tode „wandeln" müssten, sollte ihnen das Schuhzeug zur Erleichterung
dienen. Die ältesten Gräberfunde lehren, dass man den männlichen Toten
nicht nur Waffen, Werkzeuge, Schmucksachen. Trinkhörner, sondern auch
Kämme und Schuhe, den weiblichen auch Fäden und Schuhe mit ins Grab
gab; dies war ein eigener Toten schuh, der im Altnordischen den Namen
helskör hatte (Golther, Germ. Myth. !»•_')• ,n Stargardt wurde derselbe (neben
Bürsten. Kamm. Brot und einem unter das Kinn gelegten Rasen heimischer
Erde) dem Toten noch lange in den Sarg gelegt. In der Oberpfalz erhält
die Leiche ebenfalls Schuhe. .,damit die Seele Ruhe habe und nicht wieder-
kehre". Stirbt eine Frau (Lütolf, Sagen aus den fünf Orten 1865, S. 551)
im Kindbette, so kommt sie als Geist allnächtlich 6 Wochen lang, um ihr
Kindlein zu pflegen; darum soll man der Leiche Schuhe anziehen, damit die
Verstorbene auf ihren Besuchen nicht barfuss gehen müsse. In Stöbers Sagen
des Elsasses 1. 93. 143 (1892) klagt die verstorbene Wöchnerin: „Warum
1) XI. Jahrb. eleemosynao pro victu pauperum, in panperum recreatione (Homeyer 111).
Illdl.
habt Ihr mir keine Schuhe angelegt? Ich muss durch Disteln und Dornen
und über Bpitzige Steine" (Rochholz, Adomann. Kinderlied i \inh im
A.argau i^r es ( Haube, dass man einer verstorbenen \\ öchnerin ein Paar Schuhe
in den Sarg geben muss, damit Bie den Weg zu ihrem Kinde wiederfinde
ebenda 354). Der englische Aberglaube besagt: „Einmal im Leben muss
man einem Armen ein Paar Schuhe Bchenken; denn Bonst muss man nach
dem Tode aber einen weiten dornbewachsenen Raum ^ehen; hat man
aber jenes gethan, so wird einem am Rand der Strei Mann
begegnen, welcher einen Schuh bringen wird, so dass man unverletzt dar-
über fortkommen mag." Der Schuh, den jener einmal im Leben beschenkte
\rmr Beinern Wohlthäter im Todesthal wiederbringt, ist beschrieben in
der Visio Godeschalci (Haupts Zeitschr. IX. 181 Solcherlei Schuhe Bind
deshalb eisenbeschlagen. Müllenhoff (Altertumskunde V. 11 l bringt das
erste litterarische Zeugnis (1189) für den aus England früher schon be-
kannten, später auch sonst im deutschen Volksglauben nachgewiesenen
Totenschuh: in einer Sage wird eine überaus breite and anmutige Linde
erwähnt, welche über und über mir Schuhen behangen war. die denjenigen
gereicht wurden, die im Leben Barmherzigkeit geübt hatten, um mittels
,1er Schllhe eine 2 Meilen Weite. mit Derilell .1'lcllt he-etzte Heide /ll
passieren. '
In den Alamannen - Gräbern auf «lern Totenfelde von Oberflacht am
(württembergischen) Lupfen (O.-A. Tuttlingen) fand sich ausser den
dalenriemen bei manchen Leichen auf jeder Seite je ein Holzfuss in Form
eines Leistens. Diese hölzernen nachgemachten Glieder waren der Zoll
für den Fährmann oder auf der Totenbrücke, oder an der Hellapforte für
den höllischen Thorwärtl, der diese Lösemittel U\v die leiblichen Glieder,
die sonst verfallen gewesen waren, in Empfang nehmen Bollte (Historische
Jahrbücher f. d. Rheinland XXXII. 95 . Nach Weinhold Utnord. Leben
l-j;; waren die altgermanischen Schuhe aus einem Stück ungegerbten
Leders, das mit Riemen über dem Fusse zusammengehalten ward, die
durch Löcher längs des Fussblattes gezogen wurden, der Schuh war ohne
besondere Suhle. Sine war es, dass vor dem Schlüsse des Grabhügels ein
Nächstverwandter noch hineinging und dem Tute,, den neue,, und derben
Hel-Schuh festband, auf dem er ins Reich der Hella wandern sollte
Weinhold, Totenbestattung, Anm. I). (Ausführlichere, über den Toten-
schuh siehe Sartori in der Ztschr. d. Vereins f. Volkskunde 1894, S. 122.
Dieser altgermanische Heil-Schuh verwandelte sich unter dem Einflüsse
des Christentums in Schuhspendei I diese wieder in eine Brotspende
in der Gestalt .dum- Schuhsohle. In den Deutschen - . von Grimm I
No. 238. 236) werde, darum aud, Kindern Schuhe von Brot
1) Vielleicht sind die blntfarbencn Fussspuren der heiL \l
Bildern der Hedwigslcgende« von Wolfskron abgebüdet sind, eine fa
übernommen, Erinnerung an lies. Vorstellung ; chwerlichen Seelenwandernng.
i;,s Uöfl< r: l >ic Hi iwig-Sohlen.
Vereinigung mehrerer Totenopfer Brol Schuh, Brot -}- Schmuck,
Brot Haaropfer, Brot {- Trunkuapf etc.) zu einem Gebildbrote findet
sich, wie erwähnt, öfter. Es ist ferner höchst wahrscheinlich, dass sich
die Fussschuhe in Handschuhe umwandelten. Nach Etochholz (Alem.
Kinderlied 353^ geschieht es im Aargan noch, dass bei Sterbefällen die
hauptsächlichsten Leichenbegleiter von Seite der Leidtragenden mir Hand-
schuhen beschenkt werden. Auch im Bergischen Monatsschrift des berg.
Geschichts-Vereins 1894, Ö. 131. 165) erhalten die Leichenträger Handschuhe.
Im Aargau kauft der Taufpate auch Taufhandschuhe aus Lebkuchenteig
(Alem. Kinderlied 353). Allerdings finden sich mich sonst Handschuhe als
Neujahrsgesehenk (Handgift) [1508, L512] (Mones Zs. II. 188. 189), «loch
sind dies dann mehr Unterthänigkeitszeichen (Schweiz. Archiv f. \ olks-
kuude II. L21). unter den Lebkuchen-Modeln in Oberbayern finden sich
nicht selten auch solche, die Handschuhe vorstellen; allerdings sind solche
Handschuh-Gebäcke nicht mehr an die Seelen-Kultzeit gebunden, werden
alier dies wahrscheinlich früher gewesen sein.
Schliesslich mnss noch betont werden, dass es auch an anderen Orten
Gebäcke giebt, die den schlesischen Schuhsohlen ganz ähnlich sind, aber
vom Volke anders benannt werden, z. B. in Mainz: Ohrfeige (Fig. 9),
weil wie von einer flachen Platthand breit geschlagen; in Hamburg: Harter
Kuchen (Fig. 8), der sich etwas dem rautenförmigen Mainzer Hartkuchen
Pig 6J in der äusseren Form nähert: in Südholland: Dorische Zool (Fi.
ein brauner, flacher, spröder, blätternder Honigkuchen in Sohlenform: im
Elsass: die etwas länglicher gestreckten, aber auch sohlenartig flachen.
gezacktrandigen Ochsenzungen (Fig. 13), die auch sonst in Süddeutschland
„Zungen" heissen; in Holland: Arnheemsche Meisjes (Fig. 12), ein sohlen-
artig flaches, kleines Butterteiggebäck mit Zucker bestreut. Die schwä-
bischen „Wiebele" (Fig.ll), die im Holsteinschen Geduldskuchen (Patience-
Gebäck) heissen. sind kleinste Miniatursohlen, die in Mecklenburg in der
That Schuhsohlen, in Wiesbaden Schühchen oder Pantöffelchen (Fig. 10)
genannt werden; selbst das Hamburger Judasohr (Fig. 7). ein sohlen-
artig flaches, mehr rundes Gründonnerstag-Gebäck, hat Ähnlichkeit mit
Schuhsohlen, nur unterscheidet ein spitzdreieckiger Keilschnitt am sonst
runderen Rande (oder ein Einriss) das Judasohr vom Bchlesischen Sohlen-
gebäck; auch der Würzburger Michaelsweck hat Sohlenform.
Bei (\cv Hartnäckigkeit, mit der gerade die Opferbeigaben beim Toten-
kulte sich erhalten haben, ist es höchst wahrscheinlich, dass sich auch
der germanische Totenschuh im Volksbräuche forterhielt; seine Umwandlung
in ein Gebildbrot ist eine naheliegende Folge der allgemeinen Tendenz
zur Ablösung der früheren Opfergaben in natura.
Bad Tölz.
Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 1901.
1
Strumpfsohlc
aus Leipzig
Hedwigssohle
aus Schlesien
^.
Strumpfsohlen ans N
Dortsche /<>"]
aus Südholland
Hartkuchen
tfainz
Judasohr
aus Haiiitiur^
10
Schuhsohlen
du- Mecklenburg
Scliührli.ii
aus Wiesbaden
Pantöffelcheii
11
Wiebele auf
llart.T Kuchen
Hamburg
Ohr!
tftubl
>
V
Aarnheemsche M
aus Südholland
13 14
üchsenzn
:
'■.
Kleine Mitteilungen.
Zwei Volkslieder ans dem Geiselthal bei Merseburg.
In dem geschriebenen Liederhefte eint
nachstehendes Lied; als besonderen Vorzug pries die Schreil zum
Unterschied von den anderen 'wahr' sei. Eine Oinfi
Gebiet zwischen Anerstedt, Salza, Kosen, Naunibu ls and di
thal sowie Freiburg a. I bekannt und nach der Melodie: Seht ihr di R
vor dem Wagen - viel gesungen ist. I<di veröffentliche es zugleich a
schönes Beispiel, wie Volkslieder entstehen und weiter leben and dun h ihr
Weiterleben die Kunde von Ereignissen bewahren, die in den -
loschen ist.
1.
Hört, Jungfraun, welch' ein Schreckenskundc, Von Sub bis Dach I
Die äich zutrug in iinsrer Stadt. Und bei Scbulpforta auf die Bahn,
Von einem falschen Liebesbundc, Sie thal ihr Haupt auf Schienen l(
Den falsche Lieb gestiftet hat.2) Weil eben der Zug von Naumburg kai
Ein Mädchen, noch so jung an Jahi'i d ,
Verführt durch Männerschmeichelei* .
Sie hatte bei äi( li selbst erfahren
Und wns>: e, Mut i
I >ie Schaffner hatten sie batti
Sie bremsten mit gewalt'ger Hand, i- ;
Allein der Zug, der blieb nichl stehen,
[hr Haupt ' rollt -ank blutrot in den 3
Den ganzen Tag rang sie die Hände
Und sprach: „Ach Gott, verläse mich nicht!"
Weil ihre eigne Schuld sie kränkt.' —
äuchte Buh und fand sie oicht
hfiler von 8chulpforta bi
Weil niemand sie gekennet bat,
Aus Mitleid sie so ■ bSn '
< lotl lohne ihre edle 'I hat.
Ach I • !| dir ihr.
I Hew< weiflung ti
Ihr war da icht mehi
V"om Mutterherzcn ganz v erstossi n.
■ ,in g 3ie i Hl Tage mittags ans:
Sie hatte bei Bit h selbst beschlossen,
Nichl wiederzukehren ins Vater Eltern)haus. Ihr wollt n Rot □ nicht mehr blühn."
1 Näheres darüber: Adler, Volks- und Kit I ■ »n Halle
1901, S. 15, Anm. 2.
2 In einigen Niederschriften fehlt 'iuU "
auch: -Man fü) aus Hcrzi nsgrunde, — Wa fo »cht I
'Nehmt es zu Herzen tief zu Grunde, — Was . . .
3 Ein Mädchen in den schönsten Jahren.
4) Verführt durch eines Jünglings Hand.
5) Sie hatte in sich seihst erfahren - W« tör I olgi n
Zeile 2 und 4 werden umgestellt.
7) Eines Sonntags oder des Donnerstags mittas
8) Sie ging von Naumburg aus nach K. — Und so
9) Warft, bis der Zug von Naumburg kam.
10) Und Annas Haupt rollt in den Sand.
11) Strophe S fehlt in den meisten Niederschriften, ist daher vielleicht Zuthat.
160
Adler und Schütte:
So das Lied. Da nun die Bahn erst am L9. Dezember 1846 dem Verkehr
geben ist, 80 schien es mir nicht unmöglich, den historischen Gehalt des
• /u ergrttnden. [cta wendete mich also zunächst an den Direkten- von Schul-
pforta, Herrn Prof. Dr. Muff, und seinem liebenswürdigen Entgegenkommen, sowie
den freundlichen Bemühungen des Herrn Redakteurs K. Schuppe in Naumburg
verdanke ich die erlangte Auskunft.1)
Zunächst fand sich weder in den Akten der Staatsanwaltschaft etwas über den
Fall — derartige werden nicht so lange aufgehoben, sodann wusste man auch in
Pforta nichts von dem Begräbnis. Dagegen gaben Leute, die den Fall erlebt hatten,
folgende Kunde: Vor etwa 32 Jahren nahm sich ein junges Mädchen Marie S . . .
aus Bergsulza (Verwandte und Jugendfreundinnen von ihr leben noch) auf die
angegebene Art das Leben. Sie war das Opfer eines Mannes geworden, der ihr
verschwiegen hatte, dass er verheiratet war.
Auch den Verfasser des Liedes gelang es ausfindig zu machen. Vermutungs-
weise ward der Kantor von Suiza genannt. Herr Lehrer Faust in Auerstedt ver-
mochte dann aber als Verfasserin eine Bäuerin aus Auerstedt festzustellen, Frau
Schlegel.
Wir erhalten also folgenden Vorgang: Die Verzweiflungstat eines betrogenen
Mädchens hat die Gegend erregt, vielleicht um so mehr, als der gewissenlose Ver-
führer unter den Leuten lebte. Schliesslich fand sich jemand, hier eine Frau aus
dem Volke, die die Geschichte nach einer vielgesungenen Weise in Verse brachte.
So drang das Lied über den engeren Kreis hinaus und erhielt einen gewissen
Nimbus dadurch, dass man sich mit geheimem Gruseln zuraunen konnte: „Das
Lied ist aber wahr." Je weiter es sich jedoch vom Schauplatz der That entfernte,
und je mehr Zeit seit der That verstrich, um so mehr zersetzte sich der Sang.
Gab er anfangs den Tag der That, so ward die Angabe nachher unsicher und an
manchen Stellen singt man nur noch „eines Tages". War zunächst der Weg der
Unglücklichen von Suiza über Kosen in die Pfortaer Gegend genau bestimmt, so
schwand der Name von Suiza, an einigen Orten verdrängt durch das später zu
nennende Naumburg, anderwärts ohne Ersatz. Kosen hielt sich meist durch seine
Stelle im Reim, doch auch dieser Name ward zu „jedem1* missverstanden.
Schliesslich drang — wohl aus anderen vielgesungenen Liedern — in Strophe 6
der Name Anna ein. der richtige ist ja Marie. Natürlich traten auch alle anderen
Änderungen ein, die mündliche Überlieferung mit sieh bringt. Nicht alle Strophen
werden überall gesungen, Zeilen werden umgestellt, Worte geändert. So berichtet
das Lied von dem Unglück weiter, während die amtlichen Aufzeichnungen ver-
stummt sind.
Diesem Liede füge ich aus derselben Quelle ein zweites derselben Art bei,
ohne dass ich hier zur Erläuterung das Geringste hätte thun können.
1. Ich hab sie treu geliebet
2 Jahr in stille(r Freud?2),
Und keine Stund betrübet
War ich an ihrer Seit.
2. Ich ward von ihr gerissen
Zum Dienst fürs Vaterland,
Sie schwur mir unter Küssen
Treu Lieb" in jedem Land.
3. Von ihrem Schemen Haupte
Schnitt sie ein Lockenhaar,
Ich trug's an meiueni Herzen
Ein und ein halbes Jahr.
4. Doch ach, sie Hess sich blenden
Trotz Schwur und Druck der Han<
Sie that ihr Herz verschenken.
Das mir einst zugewandt.
1) Beiden Herren möchte ich auch hier meinen herzlichen Dank aussprechen.
■2 Fehlt in der Niederschrift.
Kl' II: !
IM
.">. Doch ach, da- Schioksa] trollt«,
lcli sollt1 sie wiedersehn:
Zur Landwehr mnsst ich w
Zurück oaeh Erfurl gehn.
6. Da hab ich sie gesprochen
in einem Gastwirtshans,
Sie aber »b 111 sich |
und ging zur ThÜT hinaus.
. . 1 ),is bal mich tief gekränk
[ch fasste den Entschluss,
.Mein Leben gleich zu enden
Mit ihr durch einen Schuss.
8. Drauf hal> ich sie ermordet
Wohl in der Augustastrs
's war um die zwölfte Stunde,
Und i cli ward Leichenblass.
9. Jetzt kam sie angegangen,
Blutrot war ihr Gesicht,
Ich legte an mit Bangen,
1 loch zittern that ich nicht.
Halle a. S.
10. I'
' I .!
I
Ihr war nicht mehr
11. Ich wo
Mit ihr bi
Wie glücklich
i li nun o
12. tch wurde i
Zur Stadthauptwacti
l>en Berg hinabgeführet,
l nd ~tr ht
18. I »ie ich nur -■> geliebet,
Wie Jüngling I
Nur sie hali' ich gel
Luise Bagemann.
II. \ or uichts ich dann ■
Wenn 30 m< in i
I.- Btirbl Karl Gottfried Hocke
1 len I od für Lieb
M. Adln-.
Uraunschweigische Abzählverse.
Auf dem Berge Sinai
Sass der Schneider Kikeriki,
Seine Frau, die alte Grete,
Sass auf dem Berge und nah' ,
Jenichen, Dienich< i
Zuckerrosiiiechen .
Kling klang aus.
Uu jerantje deutinat.
Ule par du kindinat,
Ober formi lakkida,
Uler muler Jon,
Da kam ein Dieb Larron,
Wollt mir stehlen meinen Kessel chaudron,
Da nahm ich den Stock baton
Und schlug den Dieb larron
Aus meinem Haus maison.
Elleren, helleren,
Sack vull Teueren,
Kuippele knappele baut/.
Braunschweig.
Eins, zwei, drei,
Krisehan Ic
Krischan legi en Pul
Eins, zwei, drei.
Eins, zwei, drei.
Lischelaschelei,
Lischelasche Ah
24 Kindei
Enne wenne "
im..
Woll ut iiiin-T Bibel Ie
Kamin de Bock un aamm • -
Drang je hen n
König säe hi bop
Mändopp
jan
.ii.
Otto Schütte.
1) In der Handschrift war.
2) V"l B- Andree, Braunschweiger Volkskunde 1896 B 821.
3) Mit diesem teilweisen Kauderwelsch wurde vor 40 Jahren in Braunschweig viel
abgezählt.
Schütte, Li'wy und Ilwof:
Drohung and Verspottung beim Versagen einer Bitte.
Während die Kinder der alten Griechen, wenn sie bei der Rückkehr der
Schwalbe ihr Liedchen Bangen und eine Gabe heischten, beim Versagen ihrer
Bitte mit Worten drohten, denen man anmerkte, dass sie nicht ernst gemeint
waren und siel) gleichsam entschuldigten, dass sie ja Kinder seien, sind unsere
Jungen grüber und ausfallender in ihren Aussprüchen. Wird den zu Neujahr um-
aden Kindern in Schöningen keine Gabe gegeben, so rufen sie wohl:
„Dill Dill Dill
IH wenn se mik nist geben willt,
Sau schit ik op on Süll."
und in Braunseli weig riefen sie früher beim Martensingen:
„Märten Märten Lille,
Dat Kind sitt up en Sülle,
Et hat den Arsch wit opedan,
Da könnt se alle riudergan."
Natürlich alle die, die der Bitte um eine Gabe nicht entsprochen hatti n.
Braunschweig. Otto Schütte.
Erziehung zur Aufmerksamkeit.
Das Volk, das sich meist derb ausdrückt, sucht auch in derber Weise seine
Mitmenschen zum Aufpassen zu erziehen. Hat jemand aus Unaufmerksamkeit
etwas nicht verstanden und fragt „wat?a, so bekommt er die Antwort: „"Watte
nich, Bomwulle" oder ., Water is kein Beir". Sagt er „ik dachte", so rauss er
hören: „Dachte (Dochte) sind keine Lichte'" oder es wird ihm erwidert: -Denken
daut de Puter, klauke Lue. de wett datt all.'1 Solche Erwiderungen zu hören ist
unangenehm, der Mensch wird aber dadurch zur Aufmerksamkeit erzogen.
Braunschweie1. Otto Schütte.
Das Vogelnest im Aberglauben.
Herr Prof. Dr. G. Hertel erwähnt (unsere Zeitschrift für Volkskunde XI, 27!»)
nach einer dem Ende des 15. Jahrhunderts angehörenden Handschrift als Beispiel
dafür, dass auch gefundene Sachen abergläubische Bedeutung haben, folgendes:
«Wenn man ein Vogelnest findet, die Mutter weglliegen lässt. die Jungen aber
behält, so bringt dies Glück, und ein solcher wird lange leben ~
Dieser Aberglaube beruht offenbar auf einer Bibel stelle, und nicht das
Finden des Nestes oder das Behalten der Jungen ist die Hauptsache, sondern das
^liegenlassen der Mutter. Im Deuteronomium XXH, 6 findet sich das Gebot:
-Wenn ein Vogelnest sich vor dir findet auf dem Wege, auf irgend einem Baume
oder auf der Erde, Küchlein oder Eier, und die Mutter ruht auf den Küchlein
oder auf den Eiern, so sollst du nicht die Mutter auf den Jungen nehmen.
Fliegen lassen sollst du die Mutter, die Jungen aber darfst du dir nehmen, auf
dass es dir wohlgehe und du lange lebest." Die Verheissung am Schlüsse
findet sich nur noch bei einem einzigen anderen Gebote im ganzen Pentateuch:
-Ehre deinen Vater und deine Mutter!" (Deut. V, 16). Und diese Thatsache spricht
für die Auffassung (S. P. Hirsch, Der Pentateuch V, 323 f.; Dillmann. Xum. Deut,
u. Jos.2 343), dass die Vogelmutter deshalb vom Gesetze geschützt wird, weil sie
in der Erfüllung ihrer Mutteraufgabe begriffen ist.
M glicht st dessell
Handschrift erwähnte Aberglaube tlehnl a
Wilhelmi . . Parisiensis, Zeitschrift für Voll -
\i'-i findet mit dem brütenden Weibchen
wahrt, \ on d ssen I [anse w ird I
Mü I hausen im EU iss
Volkstümliches aas Jonathan Swift.
1. Ein beliebtes Kinderspiel ist in Steiermark mäuerln*. Zw< K
werfen kleine Münzen an eine Mauer daher der Name und
.Münze auf Kopf oder Schritt auffällt, hat ihr Eigentümer gewonnen odei vei
Ein ähnliches Spiel war in Englaud im IT. und Ib. Jahrhundei
Der • itiriker und Humorist Jonathan Swift schreibt in
über die heutige Erziehung" mir liegt die Übersetzung: „Satyrische und ernsthafte
Schriften von Dr. Jonathan Swift. Zürich bey Orell & Co. 175» lie betre '
Stelle II. 131 132 : „Er der hochadeliche junge Herr vve
Amme, dass B tchtümer erben wird und nicht nötig hat, sich mit
Büchern abzugeben. Diesen Unterricht vi licht;
und sein _ Crosl ist, wenn er sich etwan davonstehlen und mit dem Kan
diener, oder mit dem kleinen Mohren.
Günstling ist wie er drm\ unfehlbar einen voi einem vertrau!
Herzensfreunde hat), um einen Pfenning spännen kann.- Und in der Anmerkung
hierzu heisst es: „Das Sp larin, dass man Pfenninge odi
Münzen an die Wand schlag St. Wer 08 30 trifft, d
andern seine mit den Fingern erspannen kann, der hat
Rochholz, Alem. Kinderlied und Kinderspiel 1857 S 127.
•_'. In dem berühmten Märchen von der Tonne findet sich (in
genannten Stelle: „Eine andere I
äurch er I.mi I I der Papst gar sehr berühn len, wai
allgemeine Einpöke - - Weihwassei , Denn da er bemerkt batt<
hnliche Art einzupökeln, deren sich unsere Haus
nichts als Fleisch und einige Gattungen
werden, so erfand Peter ' K
Pökelbrühe für Häusei 5 Mi Kinder ui
er diese Dingi und gut erhalten konnte, als Insekten in Ai
Nun schien zwar ikelbrühe in Ansehung
nens von derjenig nicht unl
salzung unseres Rindfleisches und ui
wirklieh gar öfters mit sehr gutem
in Ansehung ihrer ungemeinen Wirl
Peter nur eil spitze voll \ Pulv< r Piraperlimpin die K
des Weihwass von dem gewöhnliche) W
hineinthat, so richtete er Wun - damit au
das Besprengen, wobei man sich nac
War es ein Haus, das man e npöl
Spinnen. Hatten und Wieseln verwahrt bli(
dass er weder räudig, noch toll, noch hungrig ward
fehlbares Mittel wider die Kräze und Läuse, heilte den Ki
und die Patienten konnten dabei ungehindert ihren Bi
Tisch oder im Bette-
|(; | Ilwof, Kuling und Lemke:
Was Swift an dieser Stelle in ziemlich boshafter Weise von dein Gebrauche
geweihten Wassers bei den Katholiken vor zweihundert Jahren erzählt, trifft
heute noch zu. In den katholischen Kirchen (von den Alpenländern weiss ich es
aas eigener Anschauung) ist last immer in der Nähe der grossen Thüre ein
hölzerner Kübel mit Weihwasser gefüllt. Die frommen Kirchengänger nehmen
nach dem Sonntagsgottesdienste ein Fläschchen desselben mit nach Hause,
lullen damit das Weihwassergcfäss, welches daheim zunächst der Thüre hängt;
uns demselben besprengen sie sich die Stimc bei Aus- und Eingängen. Es wird
aber noch weiter benutzt. Wenn ein Haus neu erbaut ist, durchschreitet man
alle Räume und besprengt sie reichlich mit dem geweihten Wasser, um dadurch
alles Böse abzuhalten; als besonders kräftig gilt das Wasser, welches an gewissen
Festtagen, zu Ostern, am Stephanitage (26. Dezember), und am heil. Dreikönigtage
geweiht wurde: von den zwei ersteren tragen die Landleute Krüge voll von der
Kirche nach Hause, um das ganze Jahr hindurch damit auszureichen. Mit dem-
selben werden die Felder besprengt, um gute Ernten zu erzielen; als Arznei wird
es den Menschen und den Haustieren, besonders dem Rindvieh eingegeben.
Kinder, welche an Ausschlägen auf dem Kopfe (an Grind) leiden, werden damit
bestrichen, um Heilung zu bringen. Wenn das Vieh zum erstenmale im Frühling
den Stall verlässt oder wenn es auf die Almen getrieben wird, wird es mit ge-
weihtem Wasser besprengt. In den „Rauchnächten", d. i. von Weihnacht bis
Dreikönig wird der ganze Bauernhof durchschritten, das Haus, der Stall, die
Tenne u. s. w.; voran geht ein Mann, mit einem Gefäss voll glühender Kohlen
mit Weihrauch, ihm folgt ein anderer mit dem Weihwassergefässe, und die ganze
übrige Familie macht den Schluss. Alle Räume werden eingeräuchert und mit
geweihtem Wasser besprengt.
Graz in Steiermark. Franz llwof.
Zu Heinrich Kaufringer.
Bei meinen Bemerkungen über die zwölfte Novelle Heinrich Kaufringers
(Germanistische Abhandlungen XVIII, 84 ff.) ist mir eine wichtige Stelle der Stcr-
zmger Spiele (hsg. von 0. Zingerle 1886) entgangen. Im '2i). Stück: Die zween
Stenndt, Vers 1239 ff. hält der Pfarrer folgende Traurede:
Veni, kum her, Martine!
i2io da gib ich dir ain weit) zu der ee
Vnd dir, Katrina, ein elichn mau
vnnd schlafft bey ain ander wol vnd schon
Vnnd fuert ain frolich leben.
von zehn i'artl muest es mir aius gebenn.
1215 DarautT sprecht bayd ja,
so gib ich enckh zusamen da
In nomine paters.
nimpt ers, so hat ers.
Got geb, das euch bayden wol geling!
Vers 1244 beweist allerdings noch nicht die Thatsächlichkeit jener Forderung,
aber wohl, dass die Vorstellung volkstümlich und dem Publikum geläufig war.
Dem Stoff des ersten Gedichtes 'Der Einsiedler und der Engel' hat nach Gaston
Paris die beste Behandlung Anton E. Schönbach, Mitteilungen aus altdeutschen
Handschriften, siebentes Stück (Sitzungsberichte der Kais. Akademie der Wissen-
schaften in Wien, phil.-hist. Klasse, Bd. 148, Wien 1901), S. 38ff. gewidmet. Von
Kl.
Wichtigkeit isl auch, was Schönbach 8. 60 f. Kaufri a dei
von ihm herausgegebenen Legende ausführt
Dferkwttrdig isl es, dass der im 19. Gi
aificierte Vergleich der Well mil dem Schachs] alte oriental rallele
bat, wie ich Merx, [dee and Grandlinien einer all i . Mystik,
akademische Pestrede eon Heidelberg 1892, S. 26 entnehme. Vergleicl H
zu Reinmar von Zweter 150, in.
Die Quelle des 20. Gedichtes Von den Vorsprechen wei I Edward Sehr
Quellen and Parallelen zu Boner Zeitschr. dir deutsches Altertum I! - 426 nach
Weitere Verbreitung des Traktats von der frommen Müllerin Raufringer X<>. IT.
Studien S. 92f. ergiebl sich aus Köhler-Boltes Zusammenstell angen in Eleinbold
Köhlers Kleineren Schriften 2, 393, and aus der Wolfenbütteler Bandschrifl
30,8. »" 3345 von Heinemanns Katalog II. 4,355), Blatt 240ff. [Über die
liehe Hausmagd rgl. auch Singer, Zeitschr. f. dtsch. Altertum 45, IT.". Priebsch,
Deutsche Handschriften in England 2, 8, No. 12 Eine dänische Bearl itui
Prosa in Svend Grundtvigs Nachlass ls im betitelt: Eüre-Krands for Di
frygtige Tieneste-Pige Susanna. Hrorledea Eremiten blev af Engelen overbeviisl
ora, at Susanna var endnu fuldkomnere end han. Trykl dette Aar am 1800)].
Das Motiv des fremden Kleides (Raufringer No. 10, Studien
Unland, Abhandlung über die deutschen Volkslieder 3 8, 221 als rolksmässig an
(Schriften 3, 274. MT2. HMS 3, 43«, 3). Audi der Witz de« B li 3tudien
S. 39) ist vrolksmässig: Unlands Volkslieder No. 287, 10.
Zu Kaufringer Xo. 8 vgl. Köhlers Kleinere Schriften 1. 393; zu So. !J Köhler
:i. 1»>2; zu No. 6 KpumaBia 7. ,380; zu No. 13 das. T. 26.
Zu Studien S. />* Zarncke /.um Narrenschiff 110, 13. 8.24 der Studien. '/.. 14
wäre „der König vom Odenwald" mit Hinweis auf Schroeder, Arilin lürlh-
Geschichte und Altertumskunde N. I''. III. 1. I2f. :»-2 in Anführungszeichen zu
set/en. Einige Druckfehler hat V Piquet, Revue critique vom 29. April 1901,
NU. 1 7. S. 335 verbessert.
Königsberg i. Pr. K. Eu 1 1
Alexander Treichel
Am 4. Augusi 1901 starb im fasl vollendeten 64. Lebensjahre der unermüdliche
Forsche!' Alexander Treichel, der sieh besonders am die l ■ de seiner
heimatliehen Provinz Westpreussen dauernde Verdienste erworben hat, d<
Arbeiten aber auch oft darüber hii n und dei rwärta den
Weg zeigten. Zunächst war es ihm um das Heranschaffen des Materials zu thun;
er hat indessen gleichfalls nach verschiedenen Richtungen ho
und in kleinen Monographien manche Frage nach Möglichkeil erschöpf!
tnsweg, zum Teil im be\\ • _ iben dei l dl und im Verkehr mit
vielen bedeutenden Männern, zum Teil auf dem Lande und m Verbindung mil
einlachen Volke, entsprach den verschiedenen Neigungen, die sich in \. T. rer-
einigten. Er war am 28. August 1837 in Alt-Pal« Kreis B< oren,
besuchte das Gymnasium zu Neustettin wo er eine noch best« rdlich
anerkannte litterarische Schüler - Vereinig innt
gründete) und bezog nach 1859 abgelegtem Abiturientenexamen i^,:" die Berliner
Universität. Hier studierte er zwar Jura und Cameraita, doch beschäftigten ihn
nicht minder Naturwissenschaften, Prähistorie und Volkskunde, denen er sich denn
auch nach einigen Jahren vollständig zuwandte. Nach Beendigung seiner Studien
Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde. 190L
\\ einhold un<l Bartels:
verblieb er zunächst in Berlin, ein thätiges Mitglied vieler Vereine; so war er
7 Jahre hing- im Vorstande des botanischen Vereins der Mark Brandenburg. Auf
Jen Wunseli seiner Mutter siedelte er nach Westpreussen über, d. h. er übernahm
das Beiner Mutter -.hörende (ebenfalls im Kreise Berent gelegene) Gut Hoch-
Paleschken. liier konnte er nun dem Volkstümlichen bis in die aussei sten Winkel
nachgehen, und er empfand dabei die denkbar grösste Genugthuung. Prähistorie
und Botanik, Philatelia (seine Riesen-Sammlung steht jetzt zum Verkauf) und
noch viel anderes wurden gleicher Weise unermüdlich gepflegt, dabei wurde ein
ungeheuer grosser Briefwechsel nicht vernachlässigt und jedem Anfragenden die weit-
gehendste Auskunft gegeben. A. T.s eigenartige Persönlichkeit und seine grosse
Liebenswürdigkeit werden ihm bei allen Freunden und Bekannten ein treues Ge-
denken sichern. Leider war das letzte Jahr seines Lebens von grausamen Qualen
erfüllt: er starb an völliger Erschöpfung, nachdem ihm — im Zusammenhang mit
Krebsleiden — 10 Monate vorher der ganze Kehlkopf entfernt worden war. — Von
seinen Arbeiten seien nur folgende hier genannt: Volkstümliches aus der Pflanzen-
welt; Volkslieder und Volksreime aus Westpreussen: Über die Pielchen- oder
Belltafel; Sprache zu und von Tieren; Das Beutnerrecht; Handwerksansprachen:
Armetill. Bibernell und andere Pestpflanzen: Hochzeitsgebräuche. — Eine grosse
Anzahl Manuskripte harrt noch der Veröffentlichung. E. Lemke.
Bücheranzekeii.
Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen
Sprache. — Vierter Band. Bearbeitet von A. Bachmann, R. Schoch,
H. Bruppacher, E. Schwyzer, E. Hoffmann-Krayer. Frauenfeld, Verlag
Ton J. Huber, 1896—1901. 4°.
Mit Freude begrüssen wir die Vollendung des 4. Bandes des grossen schweizer-
deutschen Wörterbuches, eines stattlichen Quartanten von 12n Bogen! Ursprünglich
hatten die wackeren Männer, die das Werk begannen, Fr. Staub und L. Tobler,
gemeint, den Umfang desselben auf das Mass berechnen zu können, das es jetzt
erreicht hat. Wenn es nun über Erwarten in die grössere Fülle sich ausdehnt, so
hat das einen für die deutschen Schweizer sehr rühmlichen Grund. Jedes neue
Heft weckt neue Sammellust, und so strömt denn unaufhörlich frischer Stoff herbei,
der den früher gesammelten fast verdoppelt hat.
Wir haben in unsrer Zeitschrift das Schweizerische Idiotikon von Anfang an
mit teilnehmendem Zuruf begleitet und den Reichtum nicht bloss des Materials,
sondern auch die Einsicht, Sorgfalt und wirtliche Ordnung der Arbeit zu loben
gehabt. Fast ist ein neues Geschlecht jetzt an der Arbeit, aber es ist das Vorbild
der Gründer durchaus von ihm fest in Ehren gehalten. So ist denn dieser vierte
Band eine treffliche Fortsetzung der Vorgänger, und getrost können wir schon jetzt
das Schweizerdeutsche Wörterbuch an die Spitze aller Dialektlexika unsrer Sprache
stellen; jedenfalls bleibt es nicht hinter dem vorzüglichen Bayrischen Wörterbuche
J. A. Schindlers zurück. K. Weinhold.
Sebillot, Paul, Le Folklo re des P< I
T. XI. III Paris, -I. Mais« imeuY< . 1901 XII 389 ä
Das neue Buch von P. Si I Lilol behandi Stand Volks-
■l der Fischer mit s< im d I ■
- die französischen Fischer w< schildert,
Länder, aher et H sich, dass, weil die Quellen
die der Bretagne im Vordergrunde stehen. — Das Bucl nitte:
i. Das Leben des Fischers von der Geburl bis zum Tode; Haus und häusliches
::: Kirchliche Bräuche und Fest U I üben,
auch auf süssem Wasser Die Fahrten nach Neufondland und Isl 111. rl
der Fischer, Lieder, Spottnamen and d< i
Das Buch enthält viel Interessantes und
K. w.
Tiffaud, L'exercice illegal de la medecine dans le Bas-Poitou. Les toucheurs
et les guerisseurs. These pour le doctoral en medecine. Paris I :
72 s. 8°.
Der Verfasser macht uns mit verschiedenen Proben der Volksmedizin in der
ehemaligen Provinz Poitou bekannt, wie sie namentlich unter der ländlichei
völkerung daselbst noch weit rerbreitel sind. Die meisten sind sympathetischer
Natur und gewöhnlich verbunden mit kräftiger Besprechung. Es finden Bich hierfür
vielerlei Vergleichungspunkte in verschiedenen anderen Ländern Europas. Ganz
besonders in Kraft und Ansehen zur Bekämpfung von allerlei Seh. .dm und Ge-
brechen steht in diesen Landesteilen der Toucheur. Das im dei Heilktl
welcher durch blosses Berühren, durch Bandauflegen zu heilet
Auch bei diesen Massnahmen muss eine unverständliche Formel gemurmelt werden.
Der Verfasser erinnert daran, dass es für ein göttliches Privilegium der R
von Frankreich galt, dass sie, namentlich am Tage ihrer Krönung durch M
auflegen die Kröpfe zu heilen vermochten. Ludwig XTV. soll an -mein Kröi
nahe an 2000 Menschen die Hand auf ihre [Schäden aufgelegt haben l -
weiden über diesen Gegenstand auch noch viele andere i te Mitteile
gemacht. Die gleiche Kraft in noch erweitert« m Masse soll nun nach dem Glauben
des Volkes von Poitou auch gewissen Menschen verliehen Bein, die sie. ohne
Entgelt zu fordern, aher natürlicherweise nicht ., reiche Geschenkt
genzunehmen, zum Beil und Begen ihrer leidenden Mitmenschen ausüben.
Der Beruf der Toucheurs ist dort so verbreitet, wohl kaum ein eh
Dorf oder eine einzige Ortschaft giebt, die nicht mindi
Heilkünstler besässen. Das Volk s. t/t ein ganz unb< Vertrauen auf ihre
Macht, und der Zuspruch, welchen Bie von weit and breit hei o, isl ein
ganz unglaublicher. Dass sie bei ihrer Kundschaft eifrigsl dafür -
das Vertrauen auf die wissenschaftliche Heilkunde -rundlich zu untergraben und
diese als schadenbringend und die übernatürliche Kraft
wirksam machend hinzustellen, das wird jeder dem V mben.
Toucheur kann nun aber nicht jeder werden, sondern er muss für iligen
Beruf vom Geschick, oder vielmehr von Gott, eigens ausert
man daran zu erkennen, dass der Betreffende de,
aber in ununterbrochener Reihe, ohne n Mädchen
wurde. Die Geburt eines solchen siebenten Bohnes ist nun aber bekanntern
kein sehr häufiges Vorkommnis. Jedoch auch hierfür hat das Volk ein gutes
168
Mielkc: Büchoranzeiffen.
kunftsmittel gefanden. Es schreibt nämlich die gleiche Fähigkeit, als Toucheur zu
wirken, auch denen zu, welche als Säugling in der Wiege mit ihrer Hand einen
Maulwurf totgedrttckt haben. In einem Falle wurde der Toucheur in seinen Fleil-
massnahmen von seiner Gattin unterstützt. Dieselbe behauptete dann, dass sie als
Wiegenkind ebenfalls einen Maulwurf mit der Hand totgedrückt habe. Je plumper
der Betrag dieser Heilktostier ist. um so höher pflegen sie im Ansehen zu stehen,
und desto fester ist der Glaube an ihre übernatürliche Macht — ganz so, wie bei
uns. Der Verfasser macht dann noch einige Vorschläge, wie dem oft recht schäd-
lichen Treiben dieser Zauberkünstler zu steuern sei. Ich kann diese hier über-
sehen, aber ich halte sie auch sämtlich für wirkungslos, wie das ja leider auch
bei uns die alltägliche Erfahrung lehrt. Max Bartels.
Hager, Georg, Die Weihnachtskrippe. Ein Beitrag zur Volkskunde und
Kunstgeschichte. München 1901. Gesellschaft für christliche Kunst. 9 JC.
Das bayerische Nationalmuseum ist durch die Freigebigkeit eines Privatmannes
in den Besitz der reichhaltigsten Sammlung von Weihnachtskrippen gelangt, jener
Weihnachtskrippen, die im Volksleben der katholischen Völker noch heute eine
Rolle spielen. Es ist damit auch für die Volkskunde ein Stoff erschlossen, der
bei der Schwierigkeit vergleichender Studien bisher auf die litterarische Seite be-
schränkt geblieben war, soweit sie in den Weihnachtsspielen zum Ausdruck kommen
konnte. Dass diese Sammlung gleich in einer umfangreichen und mit Bildern
üppig ausgestatteten Veröffentlichung der Forschung zugänglich gemacht wird, ist
um so dankbarer anzuerkennen, als die Weihnachtskrippe eine vorher in diesem
Masse nicht zu übersehende Bedeutung für die Kunstgeschichte besitzt. Vielleicht
ist diese künstlerische ßethätigung die einzige bis in das 19. Jahrhundert hinein,
bei der die Einheit zwischen der Volkskunst und der beruflichen Höhenkunst
noch nicht zerrissen ist, bei der volkliche Anlage und zeitliche Strömungen
künstlerisch zum Ausdruck kommen. Der Verfasser untersucht den Ursprung der
Sitte, um im Anschluss daran die verschiedenen Gruppen, die er in der tirolerischen,
der altbayerischen mit der Münchener und Tölzer Untergruppe, der des übrigen
Deutschlands und der italienischen mit der römischen, neapeler und sizilianischen
Abzweigung erkennt. Nachdem die Krippe allein schon sehr früh als Symbol der
Geburt Christi Anwendung gefunden, verbindet sie sich mit dem geistlichen Schau-
spiel, um sich schliesslich als eine selbständige Kunstschöpfung von ihm loszulösen.
Von Franziskus von Assisi berichtet man, dass er Krippe und Stall — aber noch
ohne Staffage — im Freien aufgestellt habe. Je mehr das schauspielerische Bei-
werk zurücktrat, um so voller entwickelte sich das bildnerische Element, bis es im
14. und 15. Jahrhundert, mit Anlehnung an die gleichzeitige Blüte der gotischen
Schnitzaltäre zum selbständigen Kunstzweig emporwuchs. Die Beziehungen zur
flandrischen Bildhauerschule scheinen dadurch bestätigt zu werden, dass die erste
Krippe dieser Art in der Stadt Löwen — der Verfasser schreibt Louvain — er-
wähnt wird. Waren es zunächst die Franziskaner, die zur Verbreitung der Weih-
nachtssitte beitrugen, so pflegten sie im 17. Jahrhundert vornehmlich die Jesuiten;
im 18. Jahrhundert sucht man sie bereits in der Kirche durch behördliche Mass-
nahmen einzuschränken, was wiederum die Verpflanzung in das Haus bewirkt.
Für die Trachtengeschichte ist der Realismus dieser Kunst, der nicht nur in der
Treue gegen die kleinste Einzelheit sich bewährt, sondern auch mit Ausnahme
von Maria und Joseph alle dargestellten Personen in das Zeitkostüm kleidet, von
erheblicher Bedeutung.
II.-.
Beate ist die Krippe wohl aberall in ihrer km i atung
geschwächt, nicht aber in ihrer volkstümlich« irk»
einzelne von drin Verfasser geführte Voll tantischen
aden scheint sie fast erloschen; do i and dort
Reste erhalten haben. Für Berlin lässt Bicfa ans d( □ K Jahrhm
aoeh ein Ausläufer in dem äogi tannten „Guck
Münchener Sammlung nicht bekannt zu Bein Bcheint, d< n noch in
Familien zu linden sein dürfte. \| • lk&
An- Jen
Sitzungs- Protokollen des Vereins für Volkskunde.
Freitag, den 2.'>. Oktober 1901. Die erste Sitzung nach dem am 15. \
erfolgten Ableben des ersten Vorsitzenden und Begründers des Vereins galt dem
Gedächtnisse Karl Weinholds, dessen getreues Bildnis auf dem Vorstands!
aufgestellt war. Herr Prof. Dr. Max Eto eine ausführliche Darstellung
vom Leiten und Wirken des Verstorbenen, die an der Spitze di<
abgedruckt ist.
Freitag, den 22. November 1901. Herr Prof. Roediger teilte mit,
der Vorstand nach dem Ableben de- ersten Vorsitzenden, des Berrn Geheimrats
Weinhold, sich gemäss § ls der Statuten ergänzt und für den R — ihn
zum Vorsitzenden und Herrn Prof. J. Bolte zum Schriftführer und Redakteui
Zeitschrift gewählt habe.
Darauf sprach Herr Geh. Sanitätsrat Dr. Bartels aber märkische Spinnst
erinnerungen Er knüpfte dabei an die Berichte rinn- sechzig Dame an,
die ihre Kindheit in Ützdorf bei Bernau verlebt und verschiedene S]
jener Zeit aufbewahrt hatte. Diese Schilderungen der häuslichen Gewohnheiten,
der Gebrauche und Luder der Spinnstubenabende, der Behandlung des Fl»
und des Bopfens werden in einem der nächsten Hefte der Zeitschrift einem
weiteren Leserkreise zugänglich gemacht werden. An der darauf folg Debatte
bei siligten sieh die Berren Sökeland, Minden, Schulze-Veltrup, der aber den frül
Hausbetrieb des Bierbrauens im Münsterlande berichtete, und Bolte.
Fabrikant Sökeland nahm einen Vorfall der letztei bei dem ein Fahrer
der Berliner elektrischen Strassenbahn den leibhaftigen Teufel neben Bich gesehen zu
haben behauptete, zum Anlass, um auf die weite Verbreite anter
dem Volke und den Gebildeten hinzuwe " mehrere Stell«
Martin Hagens 1899 erschienenem Buche 'Der Teufel im I 1 • llen*.
Freitag, den 13. Dezember 1901. tm Anschluss an die Ben die
Herr Geheimrat Bartels in der vorigen Sitzung über das früher in
braute Hausbier vorgetragen hatte, Betzte Herr Sökeland dem •
eines von ihm nach demselben Rezepte aus Mohrrüben. /
brauten Getränks vor. Diese Zubereitungsart kann nicht
einen billigen Preis des Zuckers voraussetzt, wi< durch die rfolgte
Einrichtung von Fabriken für Runkelrübenzucker ermöglicht wurde. — Ferner
zeigte Herr Sökeland mehrere bei den Salzburger Bauernkomödien gebrauchte
Bolte: Protokolle.
Holzmasken, die sich im Besitze des Berliner Museums fttr deutsche Volkstrachten
befinden, and verwies dazu auf die Abbildungen ähnlicher Masken, die kürzlich
das Wissen für alle (1, No. 36f. zu W. Hein. Das Prettauer l'austus-Spiel) gebracht
hat. — Endlich teilte derselbe mit. dass die früher (s. oben S. 352) vorgelegte.
ans Lenzen stammende 'Knudelmühle" oder Massagewalze kein altes einheimisches
Bauerngerät, Bondern erst lStt4 von dem Drechsler in Lenzen nach einem kleineren
knöchernen Modell geschnitzt worden sei. Zwei ähnliche japanische Geräte be-
finden sich in den ethnologischen Museen zu Leiden (abgebildet in Siebolds Archiv
für die Wissenschaft Japans) und Berlin. Trotz des augenscheinlich nicht hohen
Alters des Instrumentes haben sich in Lenzen an seine Anwendung schon aber-
gläubische Bräuche angeknüpft; das Streichen wird mehrfach in Form des Penta-
grammas geübt und dabei der Name der Dreieinigkeit gemurmelt. — Hierauf hielt
Herr Oberlehrer Dr. M. Kuttner einen mit lebhaftem Interesse aufgenommenen
Vortrag -Streiflichter auf Corsica' unter Vorlegung von photographischen Bildern.
Er berichtete über seine im letzten Juli von Marseille aus unternommene Be-
reisung Corsicas, bei der er hauptsächlich die historische Grundlage von Prosper
Merimees berühmter Novelle 'Colomba' erforschen wollte. Es gelang ihm auch,
nicht bloss die Quelle von Merimees 'Matteo Falcone' (1829), der durch Chamissos
Gedicht (1830) auch uns Deutschen zugeführt worden ist, in einer Novelle Renuccis
'La delazione punita' zu entdecken, sondern auch in Olmeto Nachkommen der
Colomba Bartoli (geb. 1768 in Fozzano, gestorben 93jührig) zu finden, die ihm
von jener heldenhaften Frau erzählten und einen an sie gerichteten Brief Merimees
vom 6. Januar 1855 zeigten. Ausserdem aber studierte er Land und Leute auf-
merksam. Ajaccio, das im Winter als Kurort aufgesucht wird, lässt im Sommer
seine Besucher Tropenhitze fühlen und bietet ausser einigen Erinnerungen an
Napoleon I. wenig Bemerkenswertes. Tiefer ins Volksleben führten Ausflüge auf
den Mont Pozzo di 13orgo, der Route du Salano und Reisen mit der Postkutsche.
Nur l/a7 der Insel ist bebautes Ackerland, 5/„ Wald und Fels, 21/21 aber nehmen die
als Schlupfwinkel der mit den Gesetzen in Konflikt geratenen Corsen bekannten
Maquis ein. Einen ehemaligen Banditen Bellacoscia. der 46 Jahre im Maquis zugebracht
hatte und durch Carnot begnadigt worden war. lernte der Vortragende selbst kennen.
Die Volkssprache ist ein italienischer Dialekt. Die Bauern wissen Stellen aus
Tassos Befreitem Jerusalem und Ariosts Rasendem Roland auswendig. In den
Fole (fabulae) der Corsen herrscht der Glaube an Hexen (stiege), die häufig als
Saum auftreten, an den bösen Blick, an das Unheil, das die Donnerstags Spinnenden
trifft Die Sitte der Totenklagen (voceri), der von einer Brüderschaft bestellten
Begräbnisse, der Blutrache (Vendetta) ist oft geschildert worden. Die Innigkeit
der Familienbeziehungen tritt darin hervor, dass die meisten Frauen in Trauer
gehen. Gross ist die Ehrfurcht vor dem Tode; wenn ein Leichenzug vorübergeht,
werden Thüren und Fensterläden geschlossen. Irrsinnige sucht man zu heilen,
indem man sie eine Nacht lang in die Kapelle eines Heiligen einschliesst. Patri-
archalische Einfachheit herrscht in den ärmlichen Hütten der teilweise von der Käse-
bereitung lebenden Berghirten. — In der dem Vortrage folgenden Diskussion hob
Berr Titzenthaler hervor, dass er im Innern Corsicas oft blonde und blauäugige
Familien gefunden habe. Herr Kuttner lehnte im Hinblick auf die vielen kriege-
rischen Berührungen der Corsen mit anderen Völkern ab, hieraus bestimmte Schlüsse
zu ziehen und erwähnte, dass man neuerdings der Urbevölkerung nicht mehr
keltische, sondern berberische Abstammung zugeschrieben habe. — Vorher war
der bisherige Vorstand von der Versammlung durch Zuruf wiedergewählt worden.
Johannes Bolte.
Registe r.
Die Namen der Mitarbeiter ~iml kursn gedruckt.
Aberglaube, mittelalterlicher 272 279.
Abersee 2l8f.
Abholung der Braut 166.
Abricias 438.
Abschied der Braut l»i.">: der Brautjungfern 165.
Abzählverse 161.
Achelis, Th. 94.
Adler, M Volkslieder 459—461.
Adolescens arbor 230.
Adventspiele 96.
Agricola, Joh. 257.
Ahorn 50.
Akelei 224.
Aldhelms Rätsel 142.
Alemannische Grammatik i
Allgäu 282
Alp 263.
Altarwicken 277.
Alte Leute 90.
Altenglische Rätsel 127.
Altertumskunde, indogermanische 89.
Altnordisches Lebi n 360. Rätsel 117—149;
Entstehungszeil 188f.; Stoffe I38f.; volks-
tümliche Elemente 14s.
Alvismal 124.
Ambraser Liederbuefa 287.
Arnika "
Amin: Kasim Bej A. 2501
Ammenuhr 103.
Andree, R. 112.
Angan is 2 1 • i f. 278. 411.
Anhalter Bastlösereime 64.
Anmäuerln 463.
Apfel 50. 274. 276.
Arabische Erzählung zwei poesiekundige
Töchter) 82f.
Arbeitslieder mit Zahlendeutung 105.
Archiv für Religionswissenschaft '.»41'.
Ardavast (armenische Sage) 4ls.
Areck (Kellen 453.
Argyleshirc, Spiele :'>47.
Armenspenden 456.
Arnhemsche Meisjes iGebäck) 158.
Aschermittwoch 273.
Aujre: s. Blick.
isegen, < ambridger 79. 2
Ausruf
tiung 'ler Kilnl
Avierino, Alexandra 251,
Baba Dämonin) 34 1
Babe Wawa 224.
Bacher, J. l.u- rn 28
143—452.
II. 273.
Baldaeus, Ph 187. 381.
Baidermythus 95.
Balg über das böse Aug< gezogen 309f. 316.
425 f.
Bamberger Geschichten 37.
Bannen 68f.
Barbara, Jos a S R
Bär vom Mädchen überlistel I78f.
Bärlapp •""
Bartels, Maa 109. 169. Reo. 1' 81
16« f
Basüisk 316 f.
der ' irade, der i.oshalt< r 5
Bastlösereime 61. ,;4
Bai lorfer Dreikönigslied, x\ eihnachtspi*
Bauernhöfe in Westfalen 849f -schraai I
Beduinen 245; vorislami
Befana 282 B ranal
iben: symbolisches B. als Heilmittel 827
jung in Polen
Beine: durch die B. rückwärts Beben 310
Mal an einzi In i ;
Benfey, Th. 186ff.
Berchta 144.
in. .1. Bprichwörterbibli I
Berthold von Regensburg 229.
Den 276.
449. 1-1 1.
I ttung 31.
Bibel 462.
oschwarm zurückha
Bierbrauen: böser Blick 321 f. Hau
Binden der Glieder d 266.
Binsen 51.
Blitz wehrt die Hasel ;ib 4.
47-2
■
Imacher Lied) 299.
lilümml, E K. Pflanzen 19—64 Friedhöfe
210—218.
Bläter BO
Blau Trauerfarhe 83.
Blick, böser 804—330. 120-430. 440.
Blonder Typus 94.
Blutbrüderschaft 92.
Blutrache 91.
Blutschande 95.
Böhme, 1'. M. 387 f.
Bohne 51. 91. Bohnenspiele 52.
Bojaren 160. L64.
/;./'//, . Juh. Petrus und <li<' bösen Weiber
252—263. Auslegung des Kartenspiels 37 (i
bis 406. Rec. 96f. 98— 100. 95. 298. 352.
Berichte L69f.
Boppe, der -tarke_230.
Borkeiswecken 197.
Botanik, mythologische 1.
Bovist 52.
Brabantische Mütze 234.
Brandl, A. -J36.
Braunschweiger Reime 73. 461 f.
Brautabholung 166. -abschied von den Eltern
1621 151. bestreut 11. 43G. -fuhrer (druäby)
160. 451 -geschenke 160. 162. 168. -Jungfern
160—162. 164. 165. -kammer 167. -kauf
91. 165. -kränz (ruthenisclier) 160. 280. 284.
-lieder (rutbenische) 160. 169. -orakel 430.
450f. -wasche 341.
Brief der Liebsten 448.
Brot und Salz I63f. 166. Brotbacken: böser
Blick 321. vgl. Gebildbrote.
Brückner, .1. Rec. 347 f.
Brunck, A. 3461'.
Bruscello 231.
Bruskos, A. 393.
Brust, Samtbrust (Mieder) 234. Brusttuch 234.
Brüste abgeschnitten 91. Grosse B. 264.
Buche 91. 225.
Büffel (Unterkleid) 234.
Burensprache 345.
Bnrkartswoche 197.
Buttern; böser Blick 322f.
Butzemann 3.
Chatelain, J. B. F. E. de 377.
Clinius, Th. 394.
Cochem: Leben Jesu 97.
Contes des Landes et des Greves 100.
Coquillages de mer 101.
• lorsica 470.
Crimhilt, Chreimhilda amara 230.
Crucifix 277.
Cynewulf 14t;.
Dachöflnung für die Seele 269 f.
Dähnhardt, 0. 104.
Dänisches Märchen von Petrus 252 ff. Stunden-
lied 400.
Dapper, 0. 187. 331.
Dekan Wettermacher 2(.»4.
Die mihi, quid est unus 3'. »4 f.
Dieterich, K. Rec. 103— 1<>8.
Distel 52.
Dombaumeister 39.
Donaria (Votivgaben) 227 f.
Dornen 266.
I forsche 52.
Dortschr Znol (Gebäck) 458.
Dotterldunii- 52.
Drechsler, P. 233. Wassermann 201. 207.
Dreier l retreide) 183.
Dreissigste 19. 456.
Dreizehn 393. 451.
Drudenfuss 78.
Drufbi, dru/.ki 160.
Düntzer 188.
Dublin 1.
Eberesche 326.
Egerland 223. 345.
Ehescheidung im Islam 243f.
Ehrenpreis 52.
Ehrentraut. St. 182.
Eiche 53.
Eid 91.
Einhorn 442 f.
Einsiedler und Engel 464.
Eisenhut .~)3.
Eiserkuchen 7."). 109.
Eisvogel 279.
Elven, neunerley 83.
Engersgau 48.
Erbscheidung 19.
Erdapfel 53. -beere 53.
Erk, L. 388 f.
Erstgeborener gegen Zauber gefeit 314.
Erziehung 92.
Estnische" Märchen 98.
Eucherius von Lyon :'»97.
Eulenblick 305.
Eulenspiegelstreiche, indische 101.
Euling, K. Kaufringer 464 f.
Eunuchen 247.
Eva aus einem Hundsschwauz erschaffen 256.
Ex votis 227 f.
Eysn, M. Votivgaben 181—186. 351.
Familientiseh 157.
Parferln 223.
Farsetti, K. 231 f.
Fascination 330.
Fegen; an- 264.
Feige machen 306. 325.
Feüberg, II. /'. 377. Der böse Blick 304— 330.
420-430.
Feldkirchner Gerichtsstätte 47.
Felices dominae 230.
Fell der Augen 80.
Fenster geöffnet beim Sterben 267.
Feuer 278. heilkräftig 326.
Feuerlilie 54.
Fichte 54.
Fieber 274.
Fiedelfritze (Rübezahl) 337.
Finnen als Zauberer 432.
Fiolvinnsmäl 125.
Fisch Wassermann 203f.
Fischer 467. Fischereigeräte 235. 351.
Flieder 54.
Frau im Islam 237—252. Urspruug böser
Frauen 252-262. Vgl. Weib.
Friedel. E. 235. 236. 351.
Friedend, Chph. 258 f.
Friedhofsüora 210-213.
Fuchs, Blick 315.
Fundsachen 277.
- Fussspuren des F<
roten 154. 168.
öaissacb -200.
'.'alinden 90.
Gans Wassermann 208.
G&nsegehen schwedische Bitte 1201'.
en des Teufels 172.
Gastfreundschaft 92.
Gehildbrote 84f. 1981 340f. 155f.
Gebote 2751
Geburl nnd Taufe in I.usrn 4441 Symbolische
Gebun Heilmittel 827.
fJedenkladen 2-Ji>.
Gednldskuchen 458.
I leisterhafte W< - d 279.
' leistersichtig 804 f.
Gerader Weg der Toten 152. 154.
Gerechtigkeit, blinde 38.
Gerichtsstätten, alte 47-49. 296-298.
Gesichtsurm'ii l*ö.
Gesichtsverhüllung 2391
Gestumblindi (Odin) 124.
Getreide 55. G durch die Hasel 9.
G.-opfer in Köpfen 181 f.
i ..•will, gevif 80.
Gewittertopf 36.
Geyer, M. L00.
Ghul 417.
Glockenblume 55.
Godeschalci visio 457.
Goethe, Paria 1861 262. Plundersweilen '.»7 f.
Gösht-i Fryano 397.
Gottesschuh 456. -urteil 92.
I lottschee 214.
Grab: Öffnung am Kopfende 27. -kreuze 212.
-kultus 24. -schriften (komisch) 339. -spen-
den 18.
Grasblume Nelke 234. -halm 55.
Grimm, J. 354.
Grossgmain 185.
Grundtvig, S. 377. 400.
Guckkasten 169.
Gulathing 3.
Gütergemeinschaft, eheliche 168.
Hadin 377.
Hager, G
Halm. Henne als Opfer I8öf.
Hähnchen, gebackenes am Palmpaschen 216.
Hainsimse 55.
Hakemann Wassermann' 202.
Hallthurner Werke 219.
Halslösungsrätsel 140.
Hamdorf, Prof. 116.
Handauflegen heilt 467.
Handschuh 458.
Handtmann, E. 852.
Hänseln 332.
Harn Heilmittel 328. nicht ins W
Harter Kuchen 458.
Hartmann, M. Frau im Islam 237 — 2o2.
Hurt um/, 0. Bastlösereime 64—67.
Hasaschättel 225.
Hase 92.
Haselstrauch 1—16. Gerichtsbaum 4. Welt-
baum 3. Fördert Wirtschaft uud Stall 9;
schützt das Vieh 81: gegen Blitz 5: teuer 6;
Schlangen 7 v. n 8
Wind
6; II und I • , .
schlagi m :' . bei l 1 1
hecken - Zauber 11. 14 16.
Haselung der I >i
Haselwurm 12.
Hasla Richteratab I LI I.
Hauff w, A. Sp • Heinrieb von I'
286—289. Traum vom Seh
Hauken, Heuke M
Haus 92. Hansmagd, _-■ i I
Haxthaus \ 90.
Hasardspiel di t Egerländer 224.
Hebamme 98
Hechtfalle
Hedwig, St. 4f5. -brunnen 155. bli
bis 158.
HeifJrekB gatur 1 IT ff.
Heiligenbilder in i jeworfi i
Heiligenköpfe aufg< ' 182
Heimfuhrung der Braul U ü
Heinrich von Anjou, König von Polen 28
Heiral 93 Hi Lratsalti t L68.
Helschnh 4.r>7.
Hemde beilkräftig 827.
Henrici, C F. 256f.
Hi rbracht, Herbrat, Herbrol Vx 81.226. II ti
pral 226.
Herbran, Herbrand 81. 2
Herbsl Hochzeit 159. —
Herd
Herford 198
Herrmann, Max 971
Herta, G Abergläubische Gebräuche 272
bis 279.
Horvararsaga 117.
Herz durch Stroh ei
Herzog im Paradiese
Hessii i bto nbui h 288.
Heusler, .1. L12. Käts« MIT 14'.'.
Hi li d 2. 29. 1691 -•■'
zum Blocksberg 8081 H
Hexenmeister •
Hildesheim 197.
Hiltibrahl und Hadubrani 81.
Hin iden 98.
Hintern '• f. 4261
Mir Schmei i B0.
Hirse 228.
Hirten 27 1. Hirtenstab von Hasel B.
Hochzeitgebrauche auf Man. I 10 16; in 1
ruthenischi
bia [69. Hoi hzekbäumi
- ||.,, hz< it( ■ i benke 168. 284
zeiüader IIb. Hochxeitlieder 160—169
II, , 584. Hochieitsträusschen B
kie 162.
Hoffmann von Fallersleben 102.
Höfler M Hedwigsohler
Schlüssel 207—210. Kröti al Gi
Michaelsbrol 198—201. i
Holder 225.
Holle 201.
Hollenberg 201.
Höllenweg 15 >. Hellweg 196.
Hölscher, B. 3
Holtei, K. v. 3 -
Beeist« r.
I mann, II. 94.
1 1 - . 1 z ♦ ' i- 1 1 « - Lungeln als Votive 18:5—185.
Hostie 274 f.
rtns-Schlüssel 207—210. 342.
Hufnagel 276. 278.
Huliii. schwarzes als Opfer 185f.
Hund l"'i. Hand Wassermann 202. Hunds-
kopf 279. Hundsrose 212. Hundsschwanz,
daraus das Weib 256. Hundswul 207f.
Hutzahaus (egerländisches 223. Hutzengehn
223.
Huzulen 283.
Ibsen, H. 330.
Ichrätsel 145.
[gelkalb 82.
Iltis, Blick 315.
Iltoof, /'. Swift 463 f.
Indische Begräbniscercmonien 23. Vgl. Kulen-
spiegel.
Irrnebel 295.
Islam, Frau im 237—252.
Isländische Hochzeit 40f.
Italienisches Flugblatt Soldato prussiano)3SGf.
Jacobi, Th. 355.
Jahn, C Segen 84. Rübezahl 336 f.
Jahrmarktsfest zu Plundersweilen 97.
Jausen 223.
.Iisus macht aus Tieren Weiber 25.">.
Jodler 222.
Johannisbrot 207. -feuer 278. -segen 27(1. 454.
-tag 207. 273.
John. A. 344 f.
Judasohr (Gebäck) 45s.
Juden und Araber 240.
Jüdisches Lied: Echäd mi jödea 395 f.
Jungfräulichkeit der Braut lb7. 438f.; der
Mägde untersucht 421 f.: durch Hasel 13.
Jnsti, F. 233-235.
Kahle, B. 390. Hochzeit auf Island 40—46.
De la Martinieres Reise 431—443.
Kaindl, E. F. Hochzeitsirebräuche 158—1119.
281 i— 28G.
Kallas, O. 98—100.
Kärntner Speisezettel 222f.
Kartenspiel geistlich ausgelegt 376—387.
Kartoffeln 223. 225.
Kästenigel 82.
Katze 93: heilkräftig 326: Ratgeber 433.
Kaufringer, H. 464f.
Kehrreim 136.
Kellerrecht 452—455.
Kerze heim Toten 18. 20f.
Kesselhaken 81.
Kestner, H. 387. 396.
Keuschheitsgürtel 442.
Kichern des Wassermanns 202.
Kiekebusch-Tanz 115.
Kielkropf 202.
Kielmann, H. 394 f.
Kimmetche (Mieder) 2:14.
Kind und Schlange 292. K. und Stiefmutter 290.
K. ausgesetzt 90: K. durch bösen Blick ge-
schädigt 318 f.: K. verhext 293; K. vertauscht
293. Kindesalter in Lus.'rn 446f. Kindtaufe
445f. Kinderreime 7 3 f. 461 f. K. -segen 183.
Kirclihofblumen 210f.
Kleeruthe 153.
Kiezenbrot 86.
Kloben (Gebäck) i:im.
Klötzenmehl 223.
Knöterich •'■".
Knudelmühle 352. 470.
Koch, John 298.
Kochen: Knäuel k. wider Hexen 338.
Kohl. Fr. Fr. 222.
Köhler, Jos. Hutzahaus 223f.
Köhler. Reinh. 95f. 331. 377.
Kohlsamen 274.
Kolatschen 160. 164. 168. 284.
Koloman. St. 182.
Köpfe, hölzerne als Votivgaben I82f.: thönerne
181f. — verkehrt gesetzt 262: vertauscht
188. 191. 254. 262.
Kopfbedeckung 93. -dreier 183. -leiden ge-
heilt 182.
Korner, Herrn. 301.
Kornrade 57.
Kraftspiele am Abersee 218 f.
Krankheitsdämonen 81. 263.
Kranzeljungfern 160; vgl. Brautjungfern.
Kräuter 285.
Krekeling 215
Kreuz über Getränk schlagen 306.
Krippe 275.
Krossen: Schmuck der Dorfstrassen 87 f.
Kröte vergraben 307. Gebäckmodel 340.
Kuckucksruf 449.
Kuh zeigt den Bauplatz 409. Kühe durch
bösen Blick geschädigt 319: durch die Hasel
geschützt 8 f.
Künste (Zauber) 277.
Kutsche, vorbedeutende 39.
Kuttner, M. 470.
Kyllburger Gerichtsstätte 48.
Lachmann, K. 355.
Landschaftsmalerei 147.
Lappen Zaubrer 4321'.
Laxdeela Saga 309.
Leber ex voto 228. Leberreime 114.
Leiche 269. 277. Leichenwache 18.
Leinsamen 275.
Lemke, E. Treichel 465 f.
Lenorensage 418.
Leonhard, St. 184.
Li wy, II. Vogelnest 462f.
Lichtergiessen: böser Blick 323.
Liebesorakel 63f 448. 449.
Lieder, volkstümliche 103. 332 f. Vgl. Braut-
wäsche, Hasel, Heinrich, Tochter, Und,
Volkslieder, Zahlen.
Links gegen den Wassermann 206.
Lintwurm 317.
Lisse 202. 206.
Ljutziner Esten 98.
Loben, 0. H. von 104.
Loosc, F. Eiserkuchen 75 — 78.
Losch, Fr. 95.
Lösung der Rätsel 137.
Löwenzahn 57.
Lukasschuh 456.
Lungeln. hölzerne Votivbilder 183 f. 351.
Lusernische Geschichten 28—37. 1(59— 180.
290—296. Meinungen und Bräuche 443—452.
Lustucru. Meister 262.
Maasslieb
Macbeth 2
Maclagan, l; < !raig 847.
Malchin 112.
Manenopfer 25.
iM-n. estnis« he
Marder, Blick 815.
Maria and die Hasel 6f. M. diu wihe -
Mariatale, südindische Göttin 189.
Marielein, drei 176—180.
Märkisches Museum Berlin) 236.
Marriag( . E. M. 377. 395.
Martini, iv. P. M. de la 431ff.
Masken aus Salzburg 475f.
Matzen: Kellerrecht 452.
Mecklenburger Winterabend 112—118.
Meinwoche (menweke 195.
Meistersinger 388f.
Meitzen, A. :'>50.
Merimee, P. 470.
Meyer, E. H. 112. Beinr. 345f.
i/ er, R. i/ 94. 352. Rec. 97f.
Michael, St. 195. Gabenspender 196. Beziehung
zu den Toten 195. — Michaelsblumen 196.
-brot 193-201. -kuchen 199.458. -tag 195f.
Mieder 234.
Mielke, R. 349. 350 f. Brauch 87 f. Zauber-
l»uppell 217 f.
Minden, G. 352.
Mönch Felix von Heisterbach 2
Mönöloke Zauberpuppe 217f.
.Muni aus Eifersucht Lied) 460f.
Mors: tres ictus mortis "231.
Morschen oder Modern (Spiel 218.
Moses: 7. Buch Mosis 352.
Motzen (Jacke 234.
Müller und Wassermann 202 t'.
Müller, E. 95. Godehard 392.
Müllerin, fromme 465.
Mummerei, Umzug 334.
Münchner Festgebäck 84 t'. Krippen 468.
Mundartliche Chrestomathie 1U5. Allgäuei
Mundart 232.
Muslimischer Totenglaube 24.
Mutter der Gläubigen 237. M Gottes lächelnd
37. Gestorbene M. pflegt ihr Kind 456f.
Xachhochzeit 168.
Nachtwächterlied 403.
Nackt beim Zauber 429.
Nadel 279. 321.
Nag< 1 275.
Nageln 265.
Nagl, J. W. 345.
Natesa Sastri 101.
Nebel s. Irrnebel.
Negelein, J. v. Reise der Seele 16—28. 14'.»
bis 158.263—272. Pferd im Seelenglauben
406-42(i.
Nestelknüpt'en 43'.».
Neujahr, germanisches 193 f. 196.
Nicolaus, St. 196.434. -abend 334. -gebäck
86. -spiele 96. Niklas (Umzug i 224.
Niederlande : Palmbusch 215. Stundenlied l< llf.
Nixen 202. Nixloch 219.
Noah 255.
Norgg (Orco) 31.
Notfeuer in Braunschweig 2 16 f.
Nudeln 223.
ii
i »laus M
I »nun.
• Ipfer, lel
Opfer-Bärma
Orco 81. LH
' Ornament
i >st( rlandssageu 100.
r i 215.
Palm, geweihter 273f.
Palmbusch 5. 215f.
paasch 216.
Pantoffel der Gattin 188. P. G
Parialegende I
Paroimiai 105.
ilied 395f.
Paternoster 81 f. 276.
Pelzmäntel 86.
Perchtenlaufen '.'7.
P r 246.
Schnpf 290.
Petras, St. köpf) Teufel and Weib 253. -
hter 252.
Petsch, /,' Brautwäsche 841.
Pferd, Blick 316. prophetist h 410f. im 8
iahen und Totenkuli 406 120. al I
tu lirer 414. Wassermann 204. als '
weiser 408. — Durch B geför
Pferdeopfer 406. 412. -wiehern glückb
I09f
59.
Pfistern 20 I.
Pflanzen im Leben der Kinder 49
Pflaumenbaum
Phokylides 256.
Picander Henrici
Pilger uu'l getreu t Hirl '.'7.
Pine Wallfahrtsort 447.
Pins l.\ hatl B
Piza-Paza 36.
Plattien 2
Plenten 222.
Plundersweiler Jahrmark
: Volksmedicin
' G
Pomey poma
. lad i R
Prahl, K. H. 102—104.
Tran.
Prato, 8. ■
b ii | Kell ;
Pythagoräisi he Zahlensymboli
Quellen 201. 275.
Bada. G. de 393.
Raff, U. Festgebäck 84—87. ichten
-39. Volksmeinunj —221.
endorfer W piel 38b.
Register.
i. Aldhelms 142: alteuglische 127; alt-
_ii.rlii.-chr L42; altnordische 117 — 149; is-
ländische 112; mecklenburgische 113: der
Meistersinger 388 f.; Reichenaner 129. -
[chratsel 145; Rahmen 144: Stoffe 126. 144.
i bn&chte 1**4.
Ravn, H. Bf. 394.
Reformbewegnng für die Frauen in Ägypten
250.
//. ichhardt, /.'. Sagen 68—73.
Reifstangen 3.
Reinmar von Zweter 404.
Reise der Seele ins Jenseits 16 — 28. 149—158.
Reiseausrnstung der Toten 151.
Reiser, K. 232f. '
/,'. igst nbt rw r. K. Tochter des Kommandanten
zu Grosswardein 298— 304.
Remlingrade, Vehmlinde 296.
Rentiere 433f.
Rinckhart, M. 39.").
Ring, eiserner 277.
Roediger, M. Weinhold 3.">3— 376. Rec. 229
bis 231. Berichte llo. 116. 235f. 349—352.
469.
Rogga rocca) Dampf :'>0.
Romeuie, die wilde 81.
Rosengarten 95.
l!o<enkranz Liebesgeschenk 447.
Ross: s. Pferd.
Ro>skastanie 59.
Rot heilkräftig 325. Rote Kappe und Strümpfe
hat der Wassermann 206.
Hott, A. J. Pflanzen 4M— 64.
Rübezahlsagen 33(if.
Rückwärtsgehen 153.
linmpe, R. 108f.
Ruprecht 1>7.
Russische Bräuche 436.
Ruthenische Huclizeits^ebräuche 158 — 169.
280—286.
Sachs. Hans 97. 256. 258.
Sagen, Bamberger 39: Braunschweiger :'>38:
thüringische 68 f.
Salat 223.
Salige Fräulein 230.
Sammelrätsel 143.
Samojeden 442.
Samstagnächte, goldene 200.
Sauerampfer 59.
Säugen, einen Erwachsenen 307.
Sauve, L. F. 392.
Saxo Grammaticus -">10.
Scandinavia 92.
Scern (.Scherz) 230.
Schachspiel 465.
Schäfergruss 114.
Schafsleber 228.
Schatzsageu 72.
Schaufel 156.
Scheibenschlagen zu Ostern 2.
Schell, O. Gerichtsstätten 47—49. 296—298.
Hubertus-Schlüssel 812.
Scheme (Augenkrankheit) 22'.*.
Schiedchen ^Gebäck) 199.
Schielender unheilbringend 319.
Schildbürgerstreiche 339.
Schimmelreiter 194. 196.
v-hlangen "'■ Blick 316. S. und Kind 292.
Schleiergebot, muslimisches 239. 248. Schleie-
rung der Braut lflöf.
Schlesien und die Haustiere 233. Mundart
:'>56f. Volksüberlieferungen 356f.
Schlüssel 208.
Schmied 10!>. Schmiedehammer heilt 329.
Schmidt, Rieh. Rec. 101 f.
Schnaps 223.
Schneebeerstrauch 212.
Schöllkraut 60.
Schönbach, A. E. 464. Berthold von Regens-
burg 229—231.
Schöppenstedter Streiche 339.
Schrader, O. 89—94. 342—344.
Schröer, K. J. 213 f.
Schuh der Braut ausgezogen 438. Spende 456
bis 458. Vgl. Heischuh, Lukasschuh, Toten-
schuh.
Schukotvitz, II. 95. Kellerrccht 452—455.
Schulze-Veltrup, W. 349 f.
Schustertauz 115.
Schütte, 0. Hänseln 332— 334. Notfeuer 216f.
Sagen 338— :'.40. Volksreime 7.°»— 75. 461 f.
Erziehung zur Aufmerksamkeit 462.
Schwänchen am Palmpaasch 215.
Schwanz der Kuh, des Pferdes halten 406f.
Sehwarze Tracht 234.
i Schweizer. Idiotikon 466.
■ Schwelle 275.
Schwert durch Anblicken stumpf gemacht 422f.
Sebillot, P. 100 f. 467.
Seele: Reise der S. ins Jenseits 16—27. 149
bis 158. 263-271.
Seelbier 19. Seelenämter 18. Seelen<rlaube
17. 229. Seelenzopf 85.
Segen, litauischer 84. Vgl. Sprüche.
Seifenkraut 225.
Selbstmord einer Verführten (Lied) 455 f.
Semitischer Totenkultus 23.
Seybold, C. /•'. Arabische Erzählung 82f.
Shakespeares Hexen 236.
Siebeuter Tag nach dem Tode 22.
Sieblaufen 224.
Silvesteraberglaube 413. 430.
Sinieon, St. 893.
Simonides von Amorgos 256.
Singrün 213.
Skoffiu 317.
Skuggabaldur 317.
Slavische Vorstellungen vom Tode 22.
Sleipnir 1 10.
Sökeland, H. 112. 235 f. 351f. 469f. .
Soldat in der Kirche karteuspielend 376ff.
! Sonne angebetet 442: von Wölfen verfolgt 140.
Sonn erat 188.
Spännen, spengeln 463.
Spee, Fr. 398.
Speiseopfer 194. 196.
Spiele in Argyleshire 347.
Spielkarten: s. Kartenspiel.
Spiessrecken 224.
Spinnstube 469.
Sposa 37.
Sprichwörter, Allgäuer 232; altnordische 131;
neugriechische 105. Vgl. Bernstein.
Sprüche (Segen) 275. 278.
Spucken, ins Wasser 201.
Spuksagen 338.
: Stabwurz 60.
17
■ i Rec. 346.
Steinthal. 11. 94.
Steirische Volkslieder BI
Sterben: Ausdrücke dafür 150f. durcl B
dauern verlängerl 220.
Sterbende auf die Erde gelegt 221.
Sterzinger Spiele 464.
Stickerei, hessische 284.
Stieda, 1.. 227 229.
1 dem Bräutigam ausziehen 437.
Stiefmutter 290.
Stockklieben Spi.-l; 219.
Stollen Gebäck 198.
Strauss (Vogel 414. 117.
Strick, geweihter 204: des Wassermanns 202.
Strobl, A 881.
Strophenmass der altnordischen Rätsel 133.
Studentenlieder
Stülpehen •_':'■ 1.
Stundenlieder, geistliche 398 f.
Stute ;Gebäck)l98. Stutenbrei, Stutwecki L98.
Sultanstochter [Legende 299.
Suiza: Lied 459f.
oild 310.
Swift, .1. 463f.
swinen 81.
I g der Reise der Seele 26; im Totendiensl
ls— •_'•_': aoglöckliche in Ägypten 276. JTS.
Tänze, mecklenburgische 115.
Tennalirama: Tales of T. 101.
Tenor 222.
Teufel 2. 254 258. T. betrogen 171. T. und
Schutzengel 393f. T. in PferdegestäH 416.
419. Teufelskopf 258f. -glaube •
Thonar 2.
Thoroddsen, Th. 131.
Thüringische Sagen 68—73.
Tiere, spukende 338 £ T. und Weiber v< .
glichen -253. 255ff.
Tiffau.l 167.
Timpenbrei, Timpensemmel 198.
Tirolerlieder 222.
Toblei; Ä. Rec. 231 f.
Tochter des Kommandanten von Grosswardein
-
Tod erleichtert 221.
Todesgottheit zu Pferde 415. Todesorakel U3.
Tomair Thonar 2.
Tote: Augen zudrücken 313; beim Begräbnis 19;
Qoch lebend 17: auf ein Pferd gebunden 408.
Totenbestattung 359. -bretter 221. -brücke
150. -feier I93f. 195. -gaben 434. 156 f.
-klagen 433. -mahlzeiten 20.21.26. -opfer
(antike) 26. 155. -schuh 151. 156. -spende
18. 21. -volk 194 f. -weg 150. 152. 155.
Trachten, hessische 233.
Trankopfer 24.
Traubenkirsche 60.
Trauerfarbe 83.
Traum vom Schatz auf der Brücke 226.
Trauung, ruthenische I63f.
Treichel, A. f 465f.
Trepanation 90.
Troll, Blick 314.
Trudengeschichten 17:'>— 176. -stein 351.
Ohr, geistliche 399.
ümbra, scheme (Augenkrankheit) 229.
l mzäunungeo mil Haseln 3f -
21 1 Weihnachtspi«
[Jnxüi Blick
Urbar.
Ordarkötttu
Vafthrudnisi
Valentin, St LS
Vebgnd 8.
Vehmlinde 29a 5
Veilchen 213
V< it. St. -
Verein für Volkskunde, Sl ier li"f.
Vergissmeinnicht 60.
Verhexen des Viehs 351.
Vermauert in den Herd I ■
Vetter, I Pflanzen 224—!
\ ichutz durch di Hai : if.
Mecklenburg 82. Vieh verhex! 351.
treiben i 241.
beerbaum 60.
Vogelnest --'77. 27'.». 462 f.
\ . Fr. 96 f.
Volard, vollaerd 199.
insichten über Krankheiten 108. -foi
Wandlungen 109. -künde Universität
lesung 359; s. Verein, -lieder aus
GeiselthaJ 459—461; b. Lied, -medicin 467.
-rätsei s. RätseL -trachten :
Völsui 311.
Völnspä 356.
Vorhochzeit, ruthenisch 160. zawoi
Vornamen: Reime darauf 7 1 f.
Vorzeichen der Trauungen 284. VgL Bi
orakel, [Jebesoral
Votivgaben 102. 181 186 227.
Wahrsagen 277 f.
Waisenmädchen, drei Rfärchi I i
w ass< r zur Kristallkugel 191 f.
\\ ass< rau8guss 266.
Wasserlisse, Wassernixe 202.
Wassermann, schlesischer 201 — 207. Feind der
Müller 202ff. Gestali 206. Seh
ihn 204f. 207. Tanzlustig 205. I ii i
wandlnngi d 208 f.
. II 393
W< i bselbalg 2 !
Wecken I
Wegerich 62.
Weib, alt- ' L72. W . anrein
prang der bösen Weiber ^ .
und Tiere vei 258. 265f,
Weide 62.
Weihnai bten '.'7. •_•'. i k 86. I
cble-
sisch«
Weih 3f.
Weinhold, K. I":».
Bauern tisch 222 f. Bericht 110—112. Blaa
Haselstranch 1— 16. Palmbusch 2l6f.
Rübezahl 336£ 8
auf die Erde 221. I
94f. ' '•'. lOOf. 104. 232. 233f. 34 1 f. !
466f. — Biographie 354-364. 469. Schriften-
verzeichnis 364—:
m
Ri -ister.
\\ . Frau 7. \\. rotenpferde 116.
irm 317.
Werbang 159.
Werlin 289.
\\ ert übersrliät/t 221.
Werwolf: ältester Beleg 229.
Wettermachen L70. 294.
Wichmann, F.
Wicken zaubern 277.
Wiebele Geb&ck) 4."»8.
Wildberger Vehmlinde 297.
Wilde Jagd 6. 152.
Wilder Mann, wildes Weib 32.
Wildschad« n -.
Wilhelmus Parisiensis 272£ 463.
Wind ''. Vundzauber 432.
Wolf 274. Blick 315. VgL Werwolf.
w olfsmilch 63.
Worte: zwölf W. der Wahrheit 394. Wort-
spielrätsel 142.
Wössiälo, //. 11« ». 112. UG. Viehsegen 83 f.
Wotjakische Bprachproben 342.
Wucherblume 63.
Wüetenheer 6.
W anderbrunnen 201.
Wünschelrute 11. 235f.
Würfel Legende) 404.
W'usehilburg, Johannes 272.
Wnttke, R. 112.
\ für D 231.
Zacharicu
bis 192.
331.
/'/;. Goethes Parialegende 186
Und wenn der Himmel war Papier
Zahlen 1 bis 12 geistlich gedeutel 3871 -1 ' >• '• -
well lieh 404 : erotisch 404f. — Zahlendeutung
352. 381.
Zahn ins Mausloch 447.
Zangerlej H. 222.
Zauberpuppen 217 f.
Zaun 275.
Zi cherkataloge 405.
Zeiten, un-lückliche 276.
Zeller, G. Kraftspiele 218f. Mkolausabend
334 f.
Zerbst 75.
Zingerle, J. V. 444.
Zips 214.
Zither 222.
Zittergras 64
Zupf 234.
Zopfgebäcke 201.
Zuccalma»lio, W. v. 389.
Zupitza, /:. Rec. 89-94. 342-344. 347.
Züricher Kinderlied 388.
Zwölften 4t)3. 413.
Druck von Gebr. Unger in Berlin; Bernburger Str. 30
PS
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C«IS ;*^
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